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D eutscher Bundestag

94. Sitzung

Bonn, den 6. November 1963

Inhalt:

Eingeschlossene in Lengede . . . . . . 4299 A Fragen der Abg. Frau Dr. Kiep-Altenloh:


Gesetz zur Regelung von Abzahlungs-
Die Abg. Bartsch und Härzschel treten in geschäften
den Bundestag ein . . . . . . . . . 4299 A
Dr. Bucher, Bundesminister 4302 A, B, C, D
Abg. Dr. Müller-Emmert — Wahlmann .ge- Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) . . 4302 C, D
mäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Dr. Dörinkel (FDP) 4302 D
Bundesverfassungsgericht 4299 B

Glückwünsche zu den Geburtstagen der Fragen des Abg. Dr. Müller-Hermann:


Abg. Bruse, Kraus und Weltner (Rinteln) 4299 B
Hausbrandversorgung
Fragestunde (Drucksache IV/1598) Schmücker, Bundesminister 4303 A, B, C, D
Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 4303 B
Frage des Abg. Dr. Furler: Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . . 4303 C
Einbeziehung der Gemeinde Büsingen
in das deutsch-schweizerische Zollge-
biet Fragen des Abg. Schmidt (Kempten) :
Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 4300 A Nachrichtenansage der Deutschen Bun-
despost
Frage des Abg. Dr. Eppler:
Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 4303 D,
Aktion „deutsch-französische Freund 4304 A
-schaft"
Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 4304 A
Dr. Carstens, Staatssekretär . . 4300 C, D,
4301 A, B, C, D, 4302 A
Dr. Eppler (SPD) . . . . . . . . 4300 C Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg:
Börner (SPD) 4300 D, 4301 A Verschmutzung der stehenden Ge-
Dr. Rinderspacher (SPD) . 4301 A, B, D, wässer durch Ölschleim
4302 A Bargatzky, Staatssekretär . . . 4304 B, D
Sänger (SPD) 4301 B Dr. Dr. h. c. Friedensburg
Frau Meermann (SPD) . . . . . 4301 C (CDU/CSU) 4304 D
Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 4301 D Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) . . 4304 D
II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Fragen des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Fragen des Abg. Rollmann:


Gleichbehandlung der Schwerbeschä- Ausfuhr von Schlachtpferden
digten im öffentlichen Dienst Schwarz, Bundesminister . 4309 D, 4310 A
Höcherl, Bundesminister 4305 A Rollmann (CDU/CSU) 4310 A

Frage des Abg. Gscheidle: Fragen des Abg. Ritzel:


Verfassungswidrige dienstliche Anord- Erhöhung des Milchpreises
nungen
Schwarz, Bundesminister . . . . 4310 B, C
Höcherl, Bundesminister . . . . 4305 B, C
Ritzel (SPD) . . . .. . . . . . 4310 C
Gscheidle (SPD) 4305 C
Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen:
Frage des Abg. Sänger:
Einhaltung der Tierschutzbestimmun-
Berücksichtigung der Zonenrandgebiete gen bei Tiertransporten
bei der Materialbeschaffung
Schwarz, Bundesminister . 4310 D, 4311 B
Höcherl, Bundesminister 4305 D, 4306 A
Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 4311 A, B
Sänger (SPD) 4305 D, 4306 A
Frage des Abg. Stooß:
Frage des Abg. Hammersen:
Gefährdung des Erbsenanbaus . . . 4311 B
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Messen
Frage des Abg. Schmidt (Kempten) :
Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 4306 B, C
Senkung der Beiträge zur Arbeitslosen-
Hammersen (FDP) 4306 B versicherung
Blank, Bundesminister . . . . 4311 C, D
Frage des Abg. Dr. Wuermeling:
Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 4311 D
Haushaltsmittel für erhöhte Leistungen
an Kriegsopfer, für Erhöhung des Kin-
Fragen des Abg. Kubitza:
dergeldes und für Weihnachtszuwen-
dungen an Bundesbeamte Abwanderung von Fachkräften der Be-
rufsberatung
Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 4306 C, D,
4307 A, B Blank, Bundesminister . . . . 4312 A, B
Dr. Wuermeling (CDU/CSU) 4306 D, 4307 A Kubitza (FDP) 4312 A
Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 4307 B
Frage des Abg. Josten:
Fragen des Abg. Hörmann: Erstellung von Soldatenheimen
Freikarte für Rentner der Städtischen von Hassel, Bundesminister . . . 4312 B, D,
Verkehrsbetriebe Freiburg 4313 A
Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 4307 B, C, Josten (CDU/CSU) 4312 C
4308 A Cramer (SPD) 4312 D, 4313 A
Hörmann (Freiburg) (SPD) . . . . 4308 A
Mündlicher Bericht des Vermittlungsaus-
Fragen des Abg. Faller: schusses zu dem Zweiten Gesetz zur Ä n-
Einschränkung der Broteinfuhr aus der derung beamtenrechtlicher und besol-
. . . . . . . . . . . 4308 B dungsrechtlicher Vorschriften (Druck-
Schweiz
sache IV/1559)
Frage des Abg. Glüsing (Dithmarschen) : Dr. Schäfer (SPD) 4313 B

Zuckerrüben Dr. Rinderspacher (SPD) 4313 D


Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 4308 C, D, Wagner (CDU/CSU) 4314 B
4309 B, C, D Dürr (FDP) 4314 D
Glüsing (Dithmarschen) (CDU/CSU)
4308 C, D, 4309 A Mündlicher Bericht des Vermittlungsaus-
Schwarz, Bundesminister 4308 D, 4309 A, B schusses zu dem Gesetz zur Änderung
des Reichs- und Staatsangehörigkeitsge-
Sander (FDP) 4309 A setzes (Drucksache IV/1560)
Klinker (CDU/CSU) . . . . . 4309 B Pütz, Minister des Landes
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 4309 C, D Nordrhein-Westfalen 4316 D
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 III

Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll
des Grundbuchverfahrens (Drucksache vom 7. November 1962 zur Verlängerung
IV/351); Schriftlicher Bericht des Rechts- der Geltungsdauer der Erklärung vom
ausschusses (Drucksachen IV/1580, zu 18. November 1960 über den vorläufigen
IV/1580) — Zweite und dritte Bera- Beitritt Argentiniens zum Allgemeinen
tung — 4317 B Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache
IV/1583) — Erste Beratung — . . . . . 4319 A
Entwurf eines Gesetzes über die Fortset-
zung aufgelöster saarländischer Unter- Entwurf eines Gesetzes zu dem Europäi-
nehmen (Drucksache IV/1481); Münd- schen Übereinkommen vom 9. Dezember
licher Bericht des Wirtschaftsausschusses 1960 über die Zollbehandlung von Palet-
(Drucksache IV/1564) — Zweite und ten (Drucksache IV/1585) — Erste Bera-
dritte Beratung tung — 4319 A
Kulawig (SPD) . . . . . . . . 4317 D
Entwurf eines Gesetzes zu dem Wiener
Übereinkommen vom 18. April 1961 über
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und diplomatische Beziehungen (Drucksache
Ergänzung des Gesetzes über Bergmanns- IV/1586) — Erste Beratung — . . . . . 4319 B
prämien (Drucksache IV/1188); Schrift-
licher Bericht des Wirtschaftsausschusses
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
(Drucksache IV/1570) — Zweite und
vom 17. Oktober 1962 mit Irland zur
dritte Beratung — 4318 A
Vermeidung der Doppelbesteuerung usw.
(Drucksache IV/1588) — Erste Beratung — 4319 B
Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll
vom 9. Dezember 1961 zur Verlängerung Entwurf eines Gesetzes zu dem Ü berein-
der Geltungsdauer der Erklärung vom kommen Nr. 114 der Internationalen Ar-
12. November 1959 über den vorläufigen beitsorganisation vom 19. Juni 1959 über
Beitritt Tunesiens zum Allgemeinen Zoll- den Heuervertrag der Fischer (Drucksache
und Handelsabkommen (Drucksache IV/1592) — Erste Beratung — . . . . . 4319 C
IV/1431); Schriftlicher Bericht ides Außen-
handelsausschusses (Drucksache IV/1558)
— Zweite und dritte Beratung — . . . 4318 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Europäi-
schen Übereinkommen vom 21. April 1961
über die internationale Handelsschieds-
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände- gerichtsbarkeit (Drucksache IV/1597) —
rung des Gesetzes vom 22. Juni 1954 über Erste Beratung — . . . . . . . . . 4319 C
den Beitritt der Bundesrepublik Deutsch-
land zum Abkommen über die Vorrechte
und Befreiungen der Sonderorganisatio- Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinba-
nen der Vereinten Nationen vom 21. No- rung vom 17. Dezember 1962 über die An-
vember 1947 usw. (Drucksache IV/1482) wendung des Europäischen Übereinkom-
— Erste Beratung — . . . . . . . . 4318 C mens vom 21. April 1961 über die inter-
nationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
(Drucksache IV/1595) — Erste Beratung — 4319 C
Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll
vom 15. September 1962 zur Änderung
des Abkommens vom 7. Dezember 1944 Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
über die Internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1962 mit dem Großher-
(3. Änderung des Abkommens über die zogtum Luxemburg über den Verzicht auf
Internationale Zivilluftfahrt) (Drucksache die Beglaubigung und über den Austausch
IV/1573) — Erste Beratung — . . . . 4318 D von Personenstandsurkunden usw. (Druck-
sache IV/1596) — Erste Beratung — . . 4319 D

Entwurf eines Gesetzes 2u dem Überein-


Entwurf eines Gesetzes über steuerliche
kommen vom 29. März 1962 zur Grün-
Maßnahmen zur Förderung von privaten
dung einer Europäischen Organisation für
Kapitalanlagen in Entwicklungsländern
die Entwicklung und den Bau von Raum-
(Entwicklungshilfe-Steuergesetz) (Druck-
fahrzeugträgern (ELDO) (Drucksache
sache IV/1476) — Erste Beratung —
IV/1581) — Erste Beratung — 4318 D
Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 4319 D
Entwurf eines Gesetzes zu dem Ü berein- Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 4321 A
kommen vom 14. Juni 1962 zur Gründung Dr. Atzenroth (FDP) 4327 B
einer Europäischen Weltraumforschungs-
Organisation (ESRO) (Drucksache IV/1582) Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) . . 4328 B
— Erste Beratung — . . . . . . . . 4319 A Dr. Artzinger (CDU/CSU) . . . 4330 A
IV Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Antrag betr. Studienkommission zur Aus- Fünfte Verordnung zur Änderung des
arbeitung von Vorschlägen für das Be- Deutschen Zolltarifs 1963 (Mate und tro-
amtenrecht (SPD) (Drucksache IV/1351) pische Hölzer) (Drucksache IV/1514) . . 4347 C
Gscheidle (SPD) . . . . . . . . 4330 C
Sechste Verordnung zur Änderung des
Höcherl, Bundesminister . . . . . 4332 A Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontin-
Dr. Bieringer (CDU/CSU) 4333 D gente — gewerbliche Waren) (Drucksache
Dr. Miessner (FDP) . . . . . . 4334 D IV/1515) 4347 C

Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 4335 A Siebente Verordnung zur Änderung des


Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontin-
Antrag betr. Krankenpflege (SPD) (Druck- gente — Agrarwaren) (Drucksache IV/
sache IV/1405) 1516) 4347 D
Frau Dr. Hubert (SPD) 4335 D
Achte Verordnung zur Änderung des Deut-
Frau Dr. Schwarzhaupt, schen Zolltarifs 1963 (Zollaussetzung für
Bundesminister . . . . . . . 4337 B Japanpapier) (Drucksache IV/1517) . . . 4347 D
Frau Engländer (CDU/CSU) . . . 4338 D
Zwölfte Verordnung zur Änderung des
Frau Dr. Heuser (FDP) 4340 A
Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontin-
Frau Schanzenbach (SPD) . . . 4341 A gente — Werkblei und Feinstzink)
(Drucksache IV/1518) . . . . . . . 4347 D
Antrag betr. internationale Polizeikonven-
tion (SPD) (Drucksache IV/1505) . . . 4341 D Dreizehnte Verordnung zur Änderung des
Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollaussetzung
für Divinylbenzol) (Drucksache IV/1519) 4348 A
Antrag betr. Altersgrenze für Seeleute
(Abg. Hermsdorf, Wehner u. Gen.) Fünfzehnte Verordnung zur Änderung des
(Drucksache IV/1526 [neu]) 4342 A Deutschen Zolltarifs 1963 (Kakaomasse)
(Drucksache IV/1520) 4348 A
Antrag betr. Rüdesheimer Verkehrspro-
blem (Abg. Arndgen, Schwabe, Hammer- Siebzehnte Verordnung zur Änderung des
sen u. Gen.) (Drucksache IV/1530) . . . 4342 A Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollaussetzung
für chemische Erzeugnisse usw.) (Druck-
Antrag betr. Auslieferung des ungarischen sache IV/1521) 4348 A
Staatsangehörigen Geza Gyöfri nach
Frankreich (SPD) (Drucksache IV/1527) 4342 A Neunzehnte Verordnung zur Änderung des
Deutschen Zolltarifs 1963 (Wein) (Druck-
sache IV/1522) 4348 B
Antrag betr. Rückführung von Argoud
(SPD) (Drucksache IV/1528)
Zwanzigste Verordnung zur Änderung des
Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . . . 4342 B
Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontingent
Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 4343 A für gesalzenen Seelachs) (Drucksache IV/
Dr. Gradl (CDU/CSU) 4343 D 1523) 4348 B
Busse (FDP) 4346 A
Dreiundzwanzigste Verordnung zur Ände-
Erler (SPD) 4346 C rung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zoll-
aussetzung für gamma-Picolin und Coba-
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für lamine) (Drucksache IV/1600) . . . . . 4348 B
Inneres über den Antrag der Abg. Gün-
ther, Iven (Düren), Dr. Hoven u. Gen. Bericht des Außenhandelsausschusses über
betr. Öffnungszeiten beim Grenzübergang die Neunte und Zehnte Verordnung zur
Wahlerscheid—Rocherath (Drucksachen Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963
IV/1367, IV/1566) 4347 B (Drucksachen IV/1460, IV/1461, IV/1545) 4348 C

Mündlicher Bericht des Ausschusses für Bericht des Außenhandelsausschusses über


Inneres zu den Mitteilungen des Bundes- die Elfte Verordnung zur Änderung des
ministers des Innern vom 15. Januar und Deutschen Zolltarifs 1963 und über die
19. Februar 1963 zu dem Beschluß des Verordnung zur Aufhebung der Anglei-
Bundestages betr. Einführung der Fünf- chungszölle für Fondantmasse, Kekse und
Tage-Woche in der Bundesverwaltung Waffeln (Drucksachen IV/1462, IV/1463,
(Drucksachen IV/913, IV/1026, IV/1524) 4347 B IV/1546) 4348 C
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Bericht des Außenhandelsausschusses über Mündlicher Bericht des Ausschusses für


die Sechzehnte und Achtzehnte Verord- wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
nung zur Änderung des Deutschen Zoll- den Antrag des Bundesministers der Fi-
tarifs 1963 (Drucksachen IV/1487, IV/1491, nanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche
IV/1557) 4348 D der ehem. Lüttich-Kaserne in Göttingen
(Drucksachen IV/1399, IV/1540) . . . . 4349 C
Mündlicher Bericht des Ausschusses für
wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
den Antrag des Bundesministers der Fi- Antrag .des Bundesministers der Finanzen
nanzen betr. Veräußerung eines Teils der betr. Veräußerung einer Teilfläche der
ehem. Höfer-Kaserne in Homburg (Druck-
Graf-Goltz-Kaserne in Hamburg-Rahlstedt
sachen IV/1378, IV/1511) . . . . . . 4348 D (Drucksache IV/1579) 4349 C
Mündlicher Bericht des Ausschusses für
wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
den Antrag des Bundesministers der Fi- Mündlicher Bericht des Ausschusses für
nanzen betr. Veräußerung der ehem. wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
Fort-Kaserne in Landau (Drucksachen IV/ den Antrag des Bundesministers der Fi-
1442, IV/1536) . . . . . . . . . . 4349 A nanzen betr. gesellschaftsrechtliche Neu-
ordnung im Kernforschungszentrum Karls-
ruhe (Drucksachen IV/1211, IV/1561,
Mündlicher Bericht des Ausschusses für
IV/1562) 4349 D
wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
den Antrag des Bundesministers der Fi-
nanzen betr. Veräußerung einer Teil-
fläche des Industriehofes Eschwege Mündlicher Bericht des Immunitätsausschus-
(Drucksachen IV/1404, IV/1537) . . . . 4349 A ses betr. Genehmigung zur Durchführung
eines Strafverfahrens gegen den Abgeord-
Mündlicher Bericht des Ausschusses für neten Gontrum (Drucksache IV/1547) .
wirtschaftlichen Besitz des Bundes über Bauer (Würzburg) (SPD) 4350 A
den Antrag des Bundesministers der Fi-
nanzen betr. Veräußerung einer Teil-
fläche des ehem. Marine-Munitionsdepots
in Kiel-Dietrichsdorf (Drucksachen IV/ Übersicht 17 des Rechtsausschusses über
1440, IV/1538) 4349 B Streitsachen vor dem Bundesverfassungs-
gericht (Drucksache IV/1535) 4351 C
Mündlicher Bericht des Ausschusses für
wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
den Antrag des Bundesministers der Fi- Nächste Sitzung 4351 D
nanzen betr. Veräußerung von bundes-
eigenem Gelände in Brunsbüttelkoog
(Drucksachen IV/1465, IV/1539) . . . . 4349 B Anlage 4353
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4299

94. Sitzung

Bonn, den 6. November 1963

Der Bundesrat hat in der gleichen Sitzung beschlossen, gemäß


Stenographischer Bericht § 77 Abs. 5 des Zollgesetzes gegen die
Sechzehnte Verordnung zur Ä nderung des Deutschen Zoll-
tarifs 1963 (Angleichungszoll für Dextrine und Stärke)
Beginn: 15.02 Uhr
Achtzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zoll-
tarifs 1963 (Getrocknete Weintrauben)
Einundzwanzigste Verordnung zur Ä nderung des Deutschen
Vizepräsident Dr. Dehler: Die Sitzung ist er- Zolltarifs 1963 (Angleichungszölle für Waffeln und Kekse)
öffnet. keine Bedenken zu erheben. Seine Schreiben sind als Druck-
sachen IV/1576, IV/1577 und IV/1578 verteilt.
Unsere Gedanken und unsere Hoffnungen sind Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 23. Ok-
tober 1963 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr.
auch in dieser Stunde bei den Eingeschlossenen in Interministerieller Filmprüfungsausschuß — Drucksache IV/1504 —
Lengede. beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1575 verteilt.
Der Herr Bundesminister für Familie und Jugend hat unter
dem 5. November 1963 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD
Für die verstorbenen Abgeordneten Dr. Klein betr. Deutscher Jugendbuchpreis — Drucksache IV/1552 — be-
(Berlin) und Höfler sind mit Wirkung vom 23. Ok- antwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache IV/1606 verteilt.
tober 1963 der Abgeordnete Bartsch und mit Wir- Der Präsident des Bundestages hat am 11. Oktober 1963 gemäß
§ 76 Abs. 2 GO den Ersten Raumordnungsbericht — Drucksache
kung vom 28. Oktober 1963 der Abgeordnete IV/1492 — an den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und
Härzschel in den Bundestag eingetreten. Ich begrüße Raumordnung — federführend — und an den Ausschuß für
Kommunalpolitik und Sozialhilfe — mitberatend — überwiesen.
die neuen Mitglieder in unserer Mitte und wünsche Der Präsident des Bundestages hat am 28 Oktober 1963 gemäß
ihnen eine gute Zusammenarbeit. § 76 Abs. 2 GO den 2. Halbjahresbericht über die Auswirkungen
der EWG-Marktorganisationen auf dem Agrargebiet für die Zeit
(Beifall.) von Januar bis Juni 1963 — Drucksache IV/1548 — an den Aus-
schuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend
—, an den Wirtschaftsausschuß und an den Außenhandelsaus-
Gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundes- schuß — mitberatend — überwiesen.
verfassungsgericht rückt für den verstorbenen Ab- Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß
des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen
geordneten Dr. Klein (Berlin) aus der Reihe der nicht überwiesen:
mehr Gewählten der Abgeordnete Dr. Müller- Verordnung des Rates zur Aufstellung der Anhänge der
Emmert als Wahlmann nach. Verordnung Nr. 36/63/EWG des Rates über die soziale
Sicherheit der Grenzgänger — Drucksache IV/1591 —
an den Ausschuß für Sozialpolitik — federführend — und an den
Ich spreche folgende Glückwünsche zu Geburts- Ausschuß für Arbeit — mitberatend — mit der Bitte um Vorlage
tagen aus. des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. Dezember 1963
Verordnung des Rates zur Ergänzung des Anhangs D der
Am 26. Oktober wurde der Herr Abgeordnete Verordnung Nr. 3 und des Anhangs 6 der Verordnung Nr. 4
(besondere bilaterale Bestimmungen für die Saisonarbeit-
Bruse 60 Jahre alt. nehmer) — Drucksache IV/1603 —
(Beifall.) an den Ausschuß für Sozialpolitik mit der Bitte uni Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. Dezember 1963
Ebenfalls am 26. Oktober feierte Herr Abgeordneter Verordnung des Rates zur Ergänzung der Verordnung Nr. 37
Kraus den gleichen Geburtstag. des Rates über die Kriterien für die Festsetzung der Schwel-
lenpreise für bestimmte Arten von Mehl. Grobgrieß und
(Beifall.) — Drucksache IV/1604
Feingrieß —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten —
Am 5. November hat Herr Abgeordneter Weltner federführend — und an den Außenhandelsausschuß — mitbera-
tend — mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor
(Rinteln) seinen 65. Geburtstag begangen. dem Plenum am 8B. November 1963
(Beifall.) Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß
des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehende Vor-
lage überwiesen:
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden Zweiundzwanzigste Verordnung zur Ä nderung des Deutschen
ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht Zolltarifs 1963 (Verlängerung der Zollaussetzung für Me-
lasse) — Drucksache IV/1601 —
aufgenommen:
an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 25. Oktober 1963 den Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 15. Januar 1964
nachstehenden Gesetzen zugestimmt:
Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Zu der in der Fragestunde der 93. Sitzung des
Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Fünftes
Änderungsgesetz zum AVAVG) Deutschen Bundestages am 25. Oktober 1963 gestell-
Gesetz zur Ä nderung des Einkommensteuergesetzes
ten Frage des Abgeordneten Hammersen Nr. XI/7
Gesetz zu dem Protokoll vom 16. Dezember 1961 über den
ist inzwischen die schriftliche Antwort des Herrn
Beitritt Dänemarks und anderer Mitglieder des Europarats zu Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 26. Oktober
dem Übereinkommen vom 17. April 1950 über Gastarbeit-
nehmer 1963 eingegangen. Sie lautet:
4300 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Vizepräsident Dr. Dehler
Die Brücke über die Bundesbahnstrecke Darmstadt-Goddelau Beabsichtigt die Bundesregierung, der am 7. September 1963 in
im Zuge der B 26 nordwestlich von Darmstadt erhielt bei der Schwäbisch Gmünd gegründeten „Aktion deutsch-französische
genehmigten, dem Bau zu Grunde liegenden Planung 1957 — Freundschaft" Mittel zuzuwenden, die im Bundeshaushalt für die
also vor Verabschiedung des Ausbauplan-Gesetzes — die Ab- Durchführung des deutsch-französischen Vertrages vorgesehen
messsungen, wie sie für 4spurige Bundesstraßen gelten. Diese sind?
sind infolge der niedrigeren Ausbaugeschwindigkeit kleiner als
die Elemente bei den Autobahnen. Sie entsprechen dem Regel-
querschnitt 28,5 gegenüber dem Autobahn-Regelquerschnitt 30.
Bitte, Herr Staatssekretär.
Die jetzt durchgeführten Umbauarbeiten erstrecken sich lediglich
auf die Straßenanschlusse und die Leit- und Mittelstreifen, deren
Verbreiterung durch den Ausbau der B 26 zur Autobahn not- Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
wendig geworden ist. Die Entscheidung zum Ban der Autobahn-
eckverbindung unter Einbeziehung der B 26 erfolgte erst 1960. Amts: Auf die Frage des Herrn Abgeordneten Dr.
Damals war die zur Beseitigung des schienengleichen Bahnüber- Eppler darf ich wie folgt antworten: Die Bundes-
gangs erstellte Brücke schon über 1 Jahr unter Verkehr. Die
Annahme, daß das Bauwerk etwa versetzt oder gar weggerissen regierung hat der „Aktion deutsch-französische
werden müßte, trifft nicht zu; es bleibt erhalten und wird nur
angepaßt.
Freundschaft" keine Mittel zugesagt, die im Bundes-
haushalt für die Durchführung des deutsch-französi-
Wir kommen zur Tagesordnung. Ich rufe auf schen Vertrages vorgesehen sind.
Punkt 1:
Fragestunde (Drucksachen IV/1598, IV/1602).
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
des Herrn Abgeordneten Dr. Eppler.
Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäfts-
bereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe zunächst
auf die Frage I/1 — des Herrn Abgeordneten Dr. Dr. Eppler (SPD) : Herr Staatssekretär, halten Sie
Furler —: es aber für möglich, daß diese Organisation in Zu-
Ist die Bundesregierung bereit, sich bei der schweizerischen
kunft Mittel aus diesem Fonds erhält?
Regierung für eine baldige Unterzeichnung und Ratifizierung des
deutsch-schweizerischen Staalsvertrages über die Einbeziehung
der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das deutsch-schweize- Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
rische Zollgebiet einzusetzen, und zwar unabhängig von dem ver-
einbarten Junktim zwischen diesem Vertrag und dem am 22. Fe- Amts: Ich kann diese Frage deswegen nicht beant-
bruar 1957 paraphierten deutsch-schweizerischen Staatsvertrag worten, Herr Abgeordneter, weil die Verfügung
über die Bereinigung der Grenze im Bereich Konstanz—Neu-
hausen am Rheinfall (Grenzbereinigungsvertrag) ? über diese Mittel dem deutsch-französischen Jugend-
Herr Dr. Furler wird durch den Herrn Abgeordne- werk und den innerhalb dieses Jugendwerks vor-
ten Biechele vertreten. — Bitte, Herr Staatssekretär. gesehenen Organen zustehen wird. Die Organe sind
bisher noch gar nicht gebildet.
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage
Amts: Ich beantworte die Frage des Herrn Abgeord- des Herrn Abgeordneten Dr. Eppler!
neten Dr. Furler wie folgt:
Die Bundesregierung ist bereit, sich im Sinne der Dr. Eppler (SPD) : Wenn es also so ist, daß die
Anfrage für eine baldige Unterzeichnung und Ratifi- Bundesregierung direkt gar keinen Einfluß auf die
zierung des deutsch-schweizerischen Staatsvertrages Vergabe dieser Mittel hat, sondern ,die autonome
über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Institution, von der Sie sprechen, möchte ich fragen:
Hochrhein in das deutsch-schweizerische Zollgebiet Wie ist es dann möglich, daß schon im Bulletin der
einzusetzen. Bundesregierung vom 10. September — zu einer
Die Bundesregierung hat bereits in Bern Sondie- Zeit, wo , das deutsch-französische Jugendwerk noch
rungen in diesem Sinne aufgenommen. Dabei wurde gar nicht gegründet war — sehr weitreichende und
erkennbar, daß die schweizerische Seite nicht bereit sehr kostspielige Pläne dieser Aktion veröffentlicht
zu sein scheint, die Unterzeichnung des Vertrages werden konnten?
betreffend Büsingen vorzunehmen, ehe nicht deut-
scherseits gewissen Änderungswünschen bezüg- Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
lich des anderen deutsch-schweizerischen Vertrages Amts: Ichglaube, Herr Abgeordneter, daß gegen
über die Grenzbereinigung im Raum Konstanz- die Veröffentlichung von Plänen nichts einzuwen-
Neuhausen entsprochen worden ist. Zwar ist die den ist. Eine andere Frage ist, wieweit für die Aus-
schweizerische Regierung bisher noch nicht an die führung dieser Pläne die erforderlichen Mittel zur
Bundesregierung mit dem Wunsch herangetreten, Verfügung gestellt werden.
in Neuverhandlungen über diesen letzteren Vertrag
einzutreten; da jedoch nach Abschluß der Parla- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
mentswahlen in der Schweiz nunmehr jederzeit mit zatzfrage des Herrn Abgeordneten Börner.
einem solchen Schritt gerechnet werden muß, wird
zur Zeit von der Bundesregierung und der Landes- Börner (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich Ihre
regierung von Baden-Württemberg vorsorglich ge- Antwort so auffassen, daß die Bundesregierung der
prüft, ob und in welcher Weise schweizerischen Meinung ist, es sollten grundsätzlich keine be-
Wünschen zur Änderung des Grenzbereinigungsver- stehenden Vereinigungen, die das deutsch-franzö-
trages entsprochen werden könnte. Dies geschieht sische Verhältnis schon vertieft und gepflegt haben,
mit dem Ziel, die baldige Unterzeichnung und Rati- Mittel aus dem Titel des deutsch-französischen Ju-
fizierung beider Verträge zu ermöglichen. gendaustauschs erhalten?

Vizepräsident Dr. Dehler: Keine Zusatzfrage. Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Ich rufe auf die Frage I/2 — des Herrn Abgeord- Amts: Herr Abgeordneter, das habe ich nicht gesagt
neten Dr. Eppler —: und ganz gewiß nicht sagen wollen. Ich glaube, daß
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4301
Staatssekretär Dr. Carstens
in jedem einzelnen Fall geprüft werden muß, welche Vizepräsident Dr. Dehler: Frau Abgeordnete
Vereinigungen und Verbände mit diesen Mitteln Meermann wollte eine Frage stellen. Bitte, Frau
gefördert werden sollen. Abgeordnete Meermann!

Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu- Frau Meermann (SPD) : Herr Staatssekretär,
satzfrage des Herrn Abgeordneten Börner. entspricht die Zusammensetzung des Kuratoriums
der Bezeichnung, die im Bulletin vom 10. September
verwandt wurde, daß es sich nämlich um eine
Börner (SPD) : Würden Sie es für im Geiste des überparteiliche Vereinigung handele?
Abkommens wünschenswert halten, daß — bevor
man neue Kontakte durch Organisationen oder so-
gar staatliche Stellen schafft — die Pflege der Kon- Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
takte und die Finanzierung dieser Kontaktpflege Amts: Ich bin ganz sicher, daß dies den Tatsachen
von den Stellen und Institutionen durchgeführt wer- entspricht, Frau Abgeordnete. Aber auch das ist
den sollten, die das schon jahrelang gemacht haben? eine Frage, für die das Auswärtige Amt nicht zu-
ständig ist.
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Amts: Ich glaube, Herr Abgeordneter, man sollte Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage.
hier keine Priorität aussprechen; aber sicherlich
sollten bewährte Institutionen in die Förderung ein- Frau Meermann (SPD) : Herr Staatssekretär,
bezogen werden. halten Sie es denn für üblich, daß man ein Kura-
torium, wenn alle seine Mitglieder der gleichen Par-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage tei angehören, als überparteilich deklariert?
des Herrn Abgeordneten Dr. Rinderspacher. (Abg. Wehner: Bei der Partei ja!)

Dr. Rinderspacher (SPD) : Herr Staatssekretär, Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß die Amts: Ich glaube, Frau Abgeordnete, Ihre Frage
Veröffentlichung im Bulletin vom 10. September geht von einem falschen Ausgangspunkt aus.
so gedeutet werden kann, daß die Gründung dieses
Kuratoriums in allen Punkten den Vorstellungen (Unruhe bei der SPD.)
der Bundesregierung entspricht?
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen Dr. Mommer zu einer Zusatzfrage.
Amts: Es tut mir leid, ich habe Ihre Frage nicht
verstanden. Meinen Sie, ob die Gründung den Vor- Dr. Mommer (SPD) : Herr Staatssekretär, könn-
- ten Sie dann einen Namen nennen, der nicht bei
stellungen der Bundesregierung entspricht oder
nicht? dieser einen Partei einzurangieren wäre?

Dr. Rinderspacher (SPD) : Ja, ob die Bundes- Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
regierung in dieser Gründung all ihre Vorstellungen Amts: Herr Abgeordneter, es tut mir leid, ich habe
verwirklicht sieht. die Liste der Mitglieder des Kuratoriums nicht vor
mir.
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen (Abg. Wehner: Mein Name ist Hase, kön
Amts: Herr Abgeordneter, ich kann diese Frage nen Sie sagen!)
nicht beantworten. Sie liegt zweifellos außerhalb — Herr Abgeordneter, Sie verwechseln mich jetzt
der Zuständigkeit des Auswärtigen Amts. mit dem Staatssekretär des Bundespresse- und In-
formationsamts. — Aber ich möchte noch einmal
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage sagen, daß für die Zusammensetzung des Kura-
des Herrn Abgeordneten Sänger. toriums das Bundesministerium für Familie und
Jugend federführend und zuständig ist und ich daher
Sänger (SPD) : Herr Staatssekretär, würden Sie die Frage nicht beantworten kann.
es für im Sinne des deutsch-französischen Vertrages
liegend halten, wenn Mittel, die der gesamten Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
deutsch-französischen Verständigung dienen sollten, Dr. Rinderspacher zu einer zweiten Zusatzfrage.
Organisationen zur Verfügung gestellt werden, die
nur einseitig zusammengesetzt sind? Dr. Rinderspacher (SPD) : Herr Staatssekretär,
würden Sie uns, nachdem Sie zweimal gesagt haben,
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen daß Ihr Haus nicht zuständig ist, genau sagen, wer
Amts: Herr Abgeordneter, ich glaube, es kommt für die Beantwortung dieser Frage zuständig ist?
darauf an, alle Institutionen, alle Organisationen
und alle Verbände, die sich dem Ziel der deutsch- Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
französischen Verständigung widmen, in geeigneter Amts: Ich habe es soeben gesagt, Herr Abgeord-
Weise zu fördern. neter.
4302 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Dr. Rinderspacher (SPD) : Entschuldigen Sie, regierung das Ergebnis dieser Umfrage noch abwar-
dann habe ich es nicht gehört. ten möchte, bevor sie sich darüber schlüssig wird,
ob sie einen Gesetzentwurf vorlegen soll.
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Amts: Der Herr Bundesminister für Familie und Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zusatz-
Jugend. frage Frau Dr. Kiep-Altenloh.
(Abg. Wehner: Der ist gerade bei Franco!
— Heiterkeit.) Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) : Herr Bundes-
minister, sind die Antworten, die bisher aus den
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen, Ländern eingegangen sind, so, daß Sie glauben, daß
Herr Staatssekretär. die bisherige Gesetzgebung genügen würde, oder
sind Sie doch der Ansicht, daß — ähnlich wie etwa
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- in unseren Nachbarländern Schweiz und Oster-
bereich des Bundesministers der Justiz. Ich rufe die reich — etwas erneuert werden müßte?
Frage II/1 — der Abgeordneten Frau Dr. Kiep-
Altenloh — auf:
Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Die Stel-
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Gesetz vom 15. Mai
1894 zur Regelung von Abzahlungsgeschäften nicht ausreicht, um lungnahmen der Länder gehen mit einer einzigen
die beteiligten Bevölkerungskreise vor unüberlegten Zahlungs- Ausnahme dahin, daß Änderungen des Gesetzes er-
verpflichtungen zu schützen?
forderlich wären. Und zwar werden hier mehrere
Bitte, Herr Minister. Gedanken genannt. Einmal ist es die Einräumung
eines unbedingten Rücktrittsrechts bei Abzahlungs-
Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Wenn es geschäften im Reisegewerbe, sdann das Verbot nach-
die Frau Antragstellerin gestattet, möchte ich die träglicher Gerichtsstandsvereinbarungen gegenüber
beiden Fragen gemeinsam beantworten. dem Käufer. Schließlich wird auch überlegt, ob nach
österreichischem Vorbild ein Ratenbrief eingeführt
(Frau Dr. Kiep-Altenloh: Ja!)
werden soll, in dem der eigentliche Preis und der
bei Teilzahlung entstehende Gesamtpreis einander
Vizepräsident Dr. Dehler: Dann rufe ich auch gegenübergestellt wenden.
die Frage II/2 — der Abgeordneten Frau Dr. Kiep-
Altenloh — auf:
Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer weiteren
Ist die Bundesregierung bereit, einen Entwurf eines Gesetzes
zur Regelung von Abzahlungsgeschäften vorzulegen, in dem — Zusatzfrage Frau Dr. Kiep-Altenloh.
ähnlich wie in Österreich und in der Schweiz — stärkere Siche
rungen eingebaut sind, z. B. durch die Möglichkeit, innerhalb
einer angemessenen Frist vom Vertrag zurückzutreten, oder Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) : Sind in Ihrem
durch die Bestimmung kürzerer Laufzeiten für die Teilzahlungen?
Ministerium, Herr Bundesminister, schon Vorarbei-
- ten für einen Entwurf gemacht worden?
Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Es ist
sicher richtig, daß das Abzahlungsgesetz den Ab-
schluß von unüberlegten Geschäften nicht hindert. Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Jawohl,
Ich betrachte das aber auch nicht als die Hauptauf- diese Vorarbeiten sind bereits im Gange.
gabe dieses so wie überhaupt eines Gesetzes, und
ich möchte mir deshalb erlauben, Ihre Frage dahin Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zusatz-
gehend erweiternd auszulegen, ob das Abzahlungs- frage der Herr Abgeordnete Dörinkel.
gesetz ausreicht, Mißbräuche und Übervorteilungen
zu verhindern. Dr. Dörinkel (FDP) : Herr Minister, werden im
Auch dazu ist zu sagen, daß sich in der Vergan- Rahmen dieser Prüfung auch Erwägungen darüber
genheit gezeigt hat, daß es nicht völlig hierzu aus- angestellt, daß die wechselrechtlichen Verpflichtun-
reicht. Mißbräuche sind vor allem im Reisegewerbe gen der privaten Käufer unter Umständen einer
aufgetreten. Rücktrittsmöglichkeit den Boden entziehen können?
Ich darf dazu auf die Antwort meines Herrn
Amtsvorgängers Bezug nehmen, die er auf eine Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Sicher
ähnliche Frage am 24. Oktober 1962 gegeben hat. bietet diese Frage besondere Schwierigkeiten. Ich
Seiner damaligen Ankündigung entsprechend sind habe deshalb ja auch verschiedene Möglichkeiten
die Landesjustizverwaltungen um Äußerungen über genannt. Es ist noch keineswegs gesagt, ob wir zu
das Ausmaß der Mißstände und um Stellungnahme dem Vorschlag eines Rücktrittsrechts kommen wer-
dazu gebeten worden, wie diesen Mißständen ent- den.
gegengetreten werden könne. Diese Äußerungen
sind unter rechtlichen Gesichtspunkten erbeten wor- Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen,
den und liegen auch vor. Herr Minister.
Außerdem hat aber noch das Bundeswirtschafts- Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts-
ministerium eine entsprechende Umfrage unter bereich des Bundesministers für Wirtschaft. Ich rufe
wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten bei den Län- die von dem Abgeordneten Dr. Müller-Hermann
derressorts eingeleitet. Das Ergebnis dieser Um- gestellte Frage III/1 auf:
frage liegt noch nicht vor. Deshalb muß ich Ihre Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß für die Haus-
brandversorgung im kommenden Winter auch bei starkem Frost
zweite Frage dahin beantworten, daß die Bundes ausreichende Mengen zur Verfügung stehen?
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4303

Schmücker, Bundesminister für Wirtschaft: Herr Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Präsident! Herr Kollege! Ich bitte damit einverstan- Schmidt (Braunschweig) zu einer Zusatzfrage!
den zu sein, daß ich die Fragen III/1 und III/2 im Zu-
sammenhang beantworte. Schmidt (Braunschweig) (SPD) : Herr Minister, ist
der Bundesregierung bekannt, daß der Kohlengroß-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ja. Ich rufe also handel die Abgabe der Hausbrandarten wie Nuß
auch die ebenfalls von dem Abgeordneten Dr. kohle, Eiformbriketts, Braunkohlenbriketts und
Müller-Hermann gestellte Frage III/2 auf: Schwelkoks an den Kohleneinzelhandel sehr häufig
Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, zur Verbesse- mit der Zwangsabnahme von Zechenkoks, der als
rung der Hausbrandversorgung das Kontingent für Importkohle
entsprechend aufzustocken?
Hausbrand nicht immer erwünscht ist, koppelt und
daher eine gerechte Verteilung der Hausbrandkohle
seitens des Großhandels an den Einzelhandel nicht
Schmücker, Bundesminister für Wirtschaft: Zur gewährleistet ist?
ersten Frage möchte ich sagen: Niemand ist in der
Lage, die klimatischen Verhältnisses des kommen-
den Winters vorauszusehen. Wenn wir keinen star-
Schmücker, Bundesminister für Wirtschaft: Herr
Kollege, wenn das der Fall sein sollte, kann man
ken Winter bekommen, werden wir sicherlich auch
dem nur begegnen, indem man das Angebot ver-
keine Schwierigkeiten haben. Aber es muß vorsorg-
größert, so daß eine Verlockung zu solchen Verfah-
lich damit gerechnet werden, daß ähnliche Verhält-
ren nicht mehr besteht.
nisse auftreten wie im vergangenen Winter. Des-
wegen hielt es die Bundesregierung für notwendig,
Vorsorge zu treffen. Sie hat heute einen Verord- Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
nungsentwurf verabschiedet, der eine Erhöhung des Schmidt zu einer weiteren Zusatzfrage!
Kohlezollkontingents um 400 000 t vorsieht. Dieses
Zusatzkontingent soll ausschließlich für Hausbrand Schmidt (Braunschweig) (SPD) : Herr Minister, ist
einfuhren zur Verfügung stehen. Damit glaubt die Ihnen bekannt, daß ich eine ähnliche Frage, wie
Bundesregierung alle nur erdenkliche Vorsorge für Herr Kollege Müller-Hermann sie heute gestellt
eine gesicherte Hausbrandversorgung im kommen- hat, schon voriges Jahr in diesem Hause gestellt
den Winter getroffen zu haben. habe und daß Herr Staatssekretär Westrick die
Ich möchte nur noch betonen, daß das Ausmaß Frage ungefähr ähnlich beantwortet hat, wie Sie das
und die Art der Kontingentierung so gewählt sind, heute getan haben, wir uns aber trotzdem auch in
daß nach unserer Auffassung wirtschaftlich nachtei- diesem Winter bei der Hausbrandversorgung in
lige Folgen für den Bergbau nicht entstehen größeren Schwierigkeiten befinden?
könnten.
- Schmücker, Bundesminister für Wirtschaft: Sie
haben mehrere Fragen angeschnitten. Es ist mir
Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zusatz- nicht bekannt, daß Sie seinerzeit eine Frage gestellt
frage Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg!
haben. Ich kann darauf nur antworten, daß jetzt die
Bundesregierung alles getan hat, um Vorsorge zu
Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) : Nach- treffen.
dem der Herr Bundesminister die Frage nur bezüg-
lich der Kohle beantwortet hat, darf ich die Frage Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen,
stellen, ob auch bezüglich der Einfuhr von Heizöl Herr Minister.
Vorsorge getroffen worden ist, da dort ja im vori-
gen Winter wesentlich größere Engpässe aufgetre- Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbe-
ten sind als bei der Kohle. reich des Bundesministers für das Post- und Fern-
meldewesen. Ich rufe die von dem Abgeordneten
Schmidt (Kempten) gestellte Frage IV/1 auf:
Schmücker, Bundesminister für Wirtschaft: Dar- Was hat die Bundesregierung dazu veranlaßt, bei der Deut-
über ist nicht gesprochen worden. schen Bundespost im Rahmen des Fernsprechdienstes eine eigene
Nachrichtenansage für Fernsprechteilnehmer einzurichten?

Vizepräsident Dr. Dehler: Eine zweite Zusatz- Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
frage! rium für das Post- und Fernmeldewesen: Gestatten
Sie, daß ich beide Fragen zusammen beantworte?
Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) : Hält es
die Bundesregierung dann nicht für erforderlich, da Vizepräsident Dr. Dehler: Einverstanden. Ich
im vorigen Winter sehr erhebliche behördliche Ein- rufe also auch die Frage IV/2 — desselben Frage-
griffe hinsichtlich der Heizölversorgung notwendig stellers — auf:
gewesen sind, nun gerade auch bezüglich des Heiz- Aus welcher Quelle stammen die. durch die Nachrichtenansage
öls Vorsorge zu treffen? im Rahmen des Fernsprechdienstes der Deutschen Bundespost
verbreiteten Nachrichten?

Schmücker, Bundesminister für Wirtschaft: Heiz- Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-


öl ist liberalisiert. Wenn darüber hinaus etwas not- rium für das Post- und Fernmeldewesen: Der Fern-
wendig werden sollte, will ich gern Ihre Anregung sprech-Nachrichtendienst ist ein Teil der von der
prüfen lassen. Deutschen Bundespost seit 1930 betriebenen Fern-
4304 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Staatssekretär Dr. Steinmetz
sprech-Ansagedienste. Die Zahl dieser Dienste linien enthalten u. a. Empfehlungen darüber, wie
wurde im Laufe der Zeit dem allgemeinen Bedürfnis
Ölfeuerungsanlagen zweckmäßigerweise hergestellt,
entsprechend vermehrt. Zur Zeit betreibt die bedient und überwacht werden. Das Bundesministe-
Deutsche Bundespost rund 20 verschiedene Fern- rium für Gesundheitswesen prüft, ob es ratsam ist,
sprech-Ansagedienste. Im Zuge dieser Entwicklung auch gesetzliche Vorschriften darüber zu erlassen,
wurde im Jahre 1956 auch der Fernsprech-Nachrich- welche Anforderungen an die Herstellung und den
tendienst eingeführt. Ähnliche Ansagedienste be- Gebrauch von Olfeuerungsanlagen zu stellen sind,
stehen bei vielen ausländischen Fernmeldeverwal-
um die Verschmutzung durch Ruß auf ein Mindest-
tungen. Von einer eigenen Nachrichtenansage der
maß zu beschränken. Schon jetzt scheint allerdings
Bundesregierung kann keine Rede sein.
die Einführung einer gesetzlichen Überwachungs-
Auf Grund eines entsprechenden Vertrages wird pflicht für die in Betrieb befindlichen Olfeuerungen
der sendereife Text des Fernsprech-Nachrichtendien- zur Zeit nicht durchführbar, da geschultes Personal
stes von der Deutschen Presseagentur an die in ausreichender Zahl nicht zur Verfügung steht.
Deutsche Bundespost übermittelt. Die Deutsche
Presseagentur trägt für diesen Zweck allein die re- Die Lösung des Emissionsproblems bei häuslichen
daktionelle Verantwortung. Die Anrufer des Fern- Feuerungen würde auch durch einen verstärkten
sprech-Nachrichtendienstes erhalten jeweils vor Be- Einsatz gasförmiger Brennstoffe erleichtert werden,
ginn der Nachrichtenansage einen entsprechenden bei deren Verbrennung belästigende Emissionen
Hinweis. Er lautet stets: „Sie hören den Fernsprech- nicht auftreten. Das Bundesministerium für Gesund-
Nachrichtendienst der Deutschen Presseagentur." heitswesen hat die Vertreter der Länder auf der
konstituierenden Sitzung der Länderarbeitsgemein-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage! schaft für Fragen der Luftreinhaltung bereits am
20. Juni 1963 auf diese Möglichkeit hingewiesen und
Schmidt (Kempten) (FDP) : Herr Staatssekretär, untersucht zur Zeit in enger Zusammenarbeit mit
darf ich das so verstehen, daß seitens der Bundes- dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft die Frage,
regierung über die Bundespost keinerlei Einfluß auf durch welche Maßnahmen die Einführung der Gas-
diese Nachrichtenansage genommen wird? feuerung in die Haushaltungen beschleunigt werden
kann.
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
rium für das Post- und Fernmeldewesen: In keiner Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
Weise, Herr Abgeordneter! Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg!

- Ihnen, Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) : Herr


Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke
Staatssekretär, ist die Bundesregierung, wenn die
Herr Staatssekretär.
Dinge so liegen, nicht der Ansicht, daß die Lösung
Die Frage des Herrn Abgeordneten Dröscher aus dieses Problems allmählich dringlich wird und daß
dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wis- nun wirklich auch einmal Maßnahmen ergriffen
senschaftliche Forschung ist zurückgestellt. werden müssen?
Ich rufe auf 'die Frage des Herrn Abgeordneten
Dr. Friedensburg aus dem Geschäftsbereich des Bun-
Bargatzky, Staatssekretär im Bundesministerium
für Gesundheitswesen: Wir teilen diese Ansicht
desministers für Gesundheitswesen:
durchaus, Herr Abgeordneter. Wir bitten aber zu
Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung gegen
die zunehmende Verschmutzung namentlich der stehenden Ge- bedenken, daß die exekutiven wie die legislativen
wässer durch den Ölschleim zu ergreifen, der sich aus den Ab- Probleme außerordentlich kompliziert sind und daß
gasen — besonders der Ölheizungen — niederschlägt und der die
Verwendung der Gewässer zum Baden, Trinken und Waschen zu ihrer Lösung eine gewisse Zeit benötigt wird.
immer mehr unmöglich macht?

Bitte sehr, Herr Staatssekretär! Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weiteren Fra-
gen, Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg? — Dann
Bargatzky, Staatssekretär im Bundesministerium eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Kiep-
für Gesundheitswesen: Ich darf die Frage des Herrn Altenloh!
Abgeordneten Professor Dr. Friedenburg wie folgt
beantworten. Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) : Gibt es eine
Möglichkeit, bei auftetenden Verschmutzungen nach-
Es ist der Bundesregierung bekannt, daß aus zuspüren, woher sie stammen? Haben Sie Erfahrun-
häuslichen Ölfeuerungen, die nicht einwandfrei in- gen darüber, ob von solchen Möglichkeiten zu Nach-
stalliert oder schlecht gewartet werden, Ölruß aus- forschungen Gebrauch gemacht wird?
tritt, der sich in der Nachbarschaft niederschlägt und
so auch auf stehenden Gewässern einen Ölrußfilm Bargatzky, Staatssekretär im Bundesministerium
bilden kann. Die technischen Vorkehrungen, die ge- für Gesundheitswesen: Die Behörden der Länder
troffen werden müssen, um den Rußauswurf aus prüfen weitgehend, woher die Verschmutzungen
Ölfeuerungsanlagen zu begrenzen, sind in Richt- kommen. Ich darf daran erinnern, daß in einigen
linien der Kommission „Reinhaltung der Luft" beim Ländern, so beispielsweise in Nordrhein-Westfalen,
Verein Deutscher Ingenieure aufgeführt. Diese Richt eingehende Vorschriften über Messungen von Luft-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4305
Staatssekretär Bargatzky
verunreinigungen bestehen, die es insbesondere Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
erlauben, auch den Quellen der Störungen nach- Herr Abgeordneter Gscheidle.
zugehen.
Gscheidle (SPD) : Herr Minister, würden Sie es
Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weiteren Zu- nicht im Interesse der Rechtsklarheit für richtig hal-
satzfragen. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. ten, dem Bundestag doch den Entwurf eines Ge-
setzes zur Ergänzung des § 56 des Bundesbeamten-
Die Frage IX/11 — des Herrn Abgeordneten Drö- gesetzes zuzuleiten?
scher — ist zurückgestellt.
Ich rufe dann auf die Fragen aus dem Geschäfts- Höcherl, Bundesminister des Innern: Wir haben
bereich des Bundesministers des Innern, zunächst es damals, wie gesagt, gemeinsam im 1. Bundestag
die Frage VII/1 — des Herrn Abgeordneten Schmitt- beschlossen. Ich weiß nicht, ob wir etwas Gemein-
Vockenhausen —: sames ohne weiteres aufgeben sollten, nachdem es
Ich frage die Bundesregierung, wann der Bundesinnenminister
sich bisher bewährt hat.
das in der Fragestunde der 39. Silzung des Deutschen Bundes-
tages vom 9. Oktober 1962 angekündigte zusammenfassende
Rundschreiben über die Gleichbehandlung der Schwerbeschädigten Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage,
im öffentlichen Dienst erlassen wird.
Herr Abgeordneter Gscheidle.
Bitte, Herr Minister!
Gscheidle (SPD) : Würden Sie Ihre Rechtsauffas-
Höcherl, Bundesminister des Innern: Das zuge- sung noch einmal überprüfen, wenn ich Ihnen in
sagte zusammenfassende Rundschreiben ist bereits einem persönlichen Gespräch solche Fälle nennen
gefertigt. Es konnte aber den Bundesressorts noch würde?
nicht zugestellt werden, weil inzwischen insbeson-
dere von der Arbeitsgemeinschaft der Hauptver- Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich wäre
trauensmänner und der Vertrauensmänner der für das persönliche Gespräch sehr dankbar.
Schwerbeschädigten im Geschäftsbereich der obersten
Bundesbehörden Wünsche in bezug auf Änderung Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
und Ergänzung einiger Bestimmungen vorgebracht Frage VII/3 — des Abgeordneten Sänger — :

worden sind. Die Prüfung dieser Anregungen konnte


Ist die Bundesregierung bereit, zu dem bis vor kurzem ge-
noch nicht abgeschlossen werden. Ich werde sie übten Brauch zurückzukehren und bei der Beschaffung von
Materialien zur Versorgung von Bundesdienststellen (Bundes-
nachdrücklich betreiben und beschleunigen. grenzschutz) in den Zonenrandgebieten vornehmlich oder aus-
schließlich Unternehmen dieser Gebiete heranzuziehen?

Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die Bitte, Herr Minister!
Frage VII/2 — des Herrn Abgeordneten Gscheidle—:
Ist der Herr Bundesinnenminister der Auffassung, daß ein Höcherl, Bundesminister des Innern: Die bevor-
Beamter die Ausführung einer gegen das Grundgesetz verstoßen- zugte Berücksichtigung von Firmen aus den Zonen-
den dienstlichen Anordnung auch ohne ausdrückliche gesetzliche
Regelung ablehnen darf, wenn der nächsthöhere Vorgesetzte randgebieten beruht nicht auf einem Brauch, wie es
nach § 56 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes auf der Durch-
führung der Anordnung besteht? in der Frage heißt, sondern auf den von der Bundes-
regierung in dieser Sache erlassenen Richtlinien
vom 31. März 1954, die für die Dienststellen meines
Höcherl, Bundesminister des Innern: Bei dieser Geschäftsbereiches im Gemeinsamen Ministerial-
Frage handelt es sich um eine hypothetische und blatt veröffentlich worden sind. Es ist mir bisher
theoretische Frage, praktisch um eine Rechtsaus- kein Fall bekanntgeworden, in dem gegen diese
kunft, die für einen Fall gewünscht wird, den ich Richtlinien verstoßen worden wäre.
mir eigentlich gar nicht vorstellen kann. In diesem
Falle ist vorausgesetzt, daß sowohl der erste wie Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
der nächsthöhere Dienstvorgesetzte verfassungs- des Herrn Abgeordneten Sanger.
widrige Anweisungen geben. Ich möchte sagen,
wenn es einen so „wildgewordenen" Mann, der
eine solche Anweisung veranlaßt, geben sollte, ha- Sänger (SPD): Dann darf ich die soeben gestellte
ben wir eine rechtliche Lösung, die wir gemein- Frage meines Kollegen Gscheidle wiederholen:
sam schon im 1. Bundestag gegen die Stimmen der Wären Sie bereit, wenn ich Ihnen in einem per-
Kommunisten beschlossen haben. In § 56 des Bun- sönlichen Gespräch Fälle dieser Art zeigte, nach-
desbeamtengesetzes steht genau, wie man sich bei zuprüfen, ob die Richtlinien wirklich eingehalten
einer so außerordentlichen Lage zu verhalten hat. werden?
Es geht dabei nur um zwei Fälle, die Sie kennen:
In den Fällen, in denen die Strafbarkeit vorhanden Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol-
und ersichtlich ist, kann die Ausführung verweigert lege, wir könnten uns die Arbeit sehr erleichtern,
werden, und ebenso, wenn die Menschenwürde wenn dieses persönliche Gespräch vor der Frage
durch die Ausführung einer solchen Anordnung ver- stattfände. Dann könnten wir die Frage bereits
letzt würde. Mit dieser Regelung, die wir gemein- erledigen.
sam beschlossen haben, haben wir bisher gute Er-
fahrungen gemacht, so daß es, glaube ich, durchaus Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage,
bei dieser Regelung bleiben kann. Herr Abgeordneter Sänger.
4306 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

0 Sänger (SPD) : Würden Sie bereit sein, zu glau- Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
ben, Herr Minister, daß es eine größere Zahl solcher Herr Kollege, die Finanzämter haben bei der An-
Einzelfälle gibt, so daß wir daraus und auch aus dem wendung des geltenden Rechts im Rahmen der Be-
Text der Ausschreibung, die von Bonn ausgegangen steuerung von Messe- und Ausstellungsgesellschaf-
ist, entnehmen müssen, daß es sich nicht mehr nur ten niemals enge Maßstäbe angelegt; wenigstens
um die Nichtbeachtung der Richtlinien handelt, son- habe ich davon bisher im Einzelfall nichts gehört.
dern daß tatsächlich schon Ausschreibungen über Dies gilt auch insbesondere für die Bemessung der
das gesamte Bundesgebiet stattfinden? Abschreibungssätze, die im übrigen nach den Um-
ständen des Einzelfalles von den dafür zuständigen
Landesfinanzbehörden zu ermitteln sind. Das fest-
Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol- zustellen liegt nicht im Bereich der Möglichkeiten,
lege, mein Glaubensvermögen ist ,außerordentlich die der Bundesminister der Finanzen hat.
entwickelt,
(Heiterkeit bei der .SPD) Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weitere
und nachdem Sie behauptet haben, daß eine solche Frage? — Frage VIII/2 — des Herrn Abgeordneten
Mißachtung vorliegt, möchte ich Ihnen auch nicht Dr. Wuermeling —:

widersprechen. Aber ich hätte doch ganz gerne die Welche Haushaltsmittel des Jahres 1963 hat die Bundesregie-
rung vorgesehen a) für Erhöhung der Leistungen der Kriegs-
Einzelheiten gesehen. opferversorgung, b) für Erhöhung des Kindergeldes, c) für
Weihnachtszuwendungen an Bundesbeamte?

Bitte, Herr Minister!


Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weiteren Fra-
gen. Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
Wir kommen zu den Fragen aus , dem Geschäfts- Ich beantworte die Frage des Herrn Abgeordneten
bereich des Bundesministers der Finanzen. Ich rufe Dr. Wuermeling wie folgt.
auf die Frage VIIl/1 — des Abgeordneten Hammer-
sen —: Zu a) und b) : Im Bundeshaushaltsplan für das
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die
Rechnungsjahr 1963 sind keine Mittel für die Er-
Wettbewerbsfähigkeit zwischen den deutschen und ausländischen höhungen der Leistungen an Kriegsopfer und für
Messen — insbesondere in der Besteuerung — sicherzustellen?
die Erhöhung des Kindergeldes vorgesehen. Falls
Bitte, Herr Minister! noch für das Rechnungsjahr 1963 Leistungsverbesse-
rungen für die Kriegsopfer beschlossen werden soll-
ten, müßten entsprechende Deckungsüberlegungen
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
im Rahmen eines Nachtragshaushalts 1963 ange-
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich be-
stellt werden.
antworte die Frage des Herrn Abgeordneten Ham-
mersen wie folgt. Die Bundesregierung mißt dem Zu c) : Die Weihnachtszuwendungen an Bundes-
deutschen Messewesen auf Grund seiner gesamt- beamte werden unter Inanspruchnahme des Ver-
wirtschaftlichen Aufgaben besondere Bedeutung bei. stärkungstitels für Personalausgaben im Einzel-
Sie stellt daher mit Befriedigung fest, daß sich die plan 60 geleistet werden können.
deutschnM Aelugnitrao
eine Ruf geschaffen haben, der .die Wettbewerbs- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
fähigkeit der deutschen Messewirtschaft gegenüber Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling.
dem Ausland sichert. Die deutschen Messe- und
Ausstellungsgesellschaften sind, wie ihre Erfolge Dr. Wuermeling (CDU/CSU) : Herr Bundesmini-
zeigen, stark genug, um auch ohne besondere ge- ster, sind Sie mit mir darüber einig, daß sowohl un-
setzliche Maßnahmen, namentlich auf steuerlichem seren Kriegsopfern ihr Recht werden muß als auch
Gebiet, ihre Stellung weiter zu festigen. Steuerlich den Bundesbeamten ein gleiches Recht wie das der
werden die Voraussetzungen für diese Entwicklung Landes- und Kommunalbeamten nicht vorenthalten
dadurch gewährleistet, daß im Rahmen der Anwen-
werden kann, daß aber beides nicht auf dem Rücken
dung der bestehenden Steuergesetze der besondere
der Familien geschehen darf — die letzte Kinder-
Charakter der Messen und Ausstellungen berück-
geldanpassung von 1959 liegt bekanntlich am läng-
sichtigt wird, soweit dies das geltende Recht zuläßt.
sten zurück —, die nicht wie die Kriegsopfer und
die Beamten Übergangszahlungen erhalten haben?
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
Herr Abgeordneter Hammersen. Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
Herr Kollege, ich kann es mir nicht verkneifen,
Ihnen zu sagen, daß ich den Zusammenhang zwi-
Hammersen (FDP) : Herr Minister, darf ich Sie
schen der Hauptfrage und der Zusatzfrage nicht er-
fragen, welche konkreten Möglichkeiten die Bun-
kennen kann. Trotzdem möchte ich Ihnen die Zu-
desregierung sieht, um inländische Messen und
volkswirtschaftlich wichtige Ausstellungen zu för- satzfrage beantworten.
dern, nachdem die deutschen Messen und Ausstel- Bei der Aufstellung und bei der parlamentarischen
lungen nach dem Zusammenbruch von 1945 früh- Bearbeitung des Haushaltsplans 1963 sind im Wege
zeitig und maßgeblich dazu beigetragen haben, daß der Gesetzgebung alle Ausgabenansätze gestrichen
die Exporterlöse einen so wichtigen Anteil am Ge- worden, für die noch keine gesetzliche Grundlage
samtumsatz der deutschen Wirtschaft haben? vorhanden war. Es war also nicht möglich, höhere
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4307
Bundesminister Dr. Dahlgrün
Ansätze für die Kriegsopferversorgung und für das Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
Kindergeld im Haushaltsplan 1963 unterzubringen. Für die Verwaltung der Lohnsteuer ist nicht der
Im Prinzip beantworte ich Ihre Zusatzfrage mit Ja. Bundesminister der Finanzen, sondern das Finanz-
ministerium des jeweiligen Landes, im vorliegenden
Falle das Finanzministerium Baden-Württemberg,
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage? zuständig. Dieses hat auf Rückfrage mitgeteilt, daß
— Herr Abgeordneter Wuermeling!
die Presseberichte den Sachverhalt in wesentlichen
Punkten unrichtig wiedergeben.
Dr. Wuermeling (CDU/CSU) : Darf ich Ihrer Ant-
wort entnehmen, Herr Bundesminister, daß die in Es trifft nicht zu, daß den Rentnern der Städti-
der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers schen Verkehrsbetriebe Freiburg für die ihnen ge-
vom 18. Oktober als Richtlinie der Politik ausdrück- währten Freifahrkarten ein Steuerbescheid zuge-
lich proklamierte Vordringlichkeit des Ausbaues stellt wurde. Das Finanzamt ist bisher nicht an die
des Familienlastenausgleichs bei Ihren Finanzpla- einzelnen Pensionäre herangetreten; es beabsichtigt
nungen gebührend berücksichtigt wird, nachdem auch nicht, dies zu tun. Richtig ist vielmehr, daß das
nach heutigen Pressemeldungen in der FDP die zuständige Finanzamt mit der Stadt Freiburg wegen
Absicht bestehen soll, die Kriegsopferrenten- einer Pauschalversteuerung für die den Rentnern
erhöhung auf Kosten der Familienlastenausgleichs zur Verfügung gestellten Freifahrkarten verhandelt.
maßnahmen vorzunehmen? Es ist zu erwarten, daß die Stadtverwaltung die
Steuer pauschal übernimmt und der einzelne Pen-
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: sionär somit von der Lohnsteuernacherhebung nichts
Von dieser letzteren Behauptung habe ich bisher merkt.
noch nichts in der Praxis gemerkt. Die Bundesregie-
Es ist ferner nicht zutreffend, daß den aktiven Be-
rung ist dabei, eine Dringlichkeitsvorstellung zu ent-
diensteten der Verkehrsbetriebe wegen der Frei-
wickeln. Daß dabei die Familie nicht an der letzten
fahrkarten Steuer vom Lohn abgezogen wird. Rich-
Stelle stehen wird, glaube ich schon heute sagen zu
tig ist vielmehr, daß die Zurverfügungstellung der
dürfen.
Freifahrkarte an die aktiven Bediensteten als steuer-
freier Vorgang angesehen ,wird.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
des Herrn Abgeordneten Schmitt Vockenhausen.
- Schließlich ist es auch nicht richtig, daß statt des
jetzt zur Erörterung stehenden Steuerbetrages von
Schmitt - Vockenhausen (SPD) : Herr Minister, 3,60 DM je Jahr vorher eine Steuerforderung von
gilt die frühere Feststellung des Kollegen Wuerme- 50 DM erhoben worden wäre.
ling, daß die Bundesrepublik die schlechteste Fami-
liengesetzgebung hat, noch oder nicht mehr?- Grundsätzlich möchte ich zu der Angelegenheit
bemerken, Herr Kollege, daß zum steuerpflichtigen
Arbeitslohn außer dem Barlohn auch Sachzuwen-
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: dungen gehören, soweit sie einen ,geldwerten Vor-
Ich bitte Sie, Herr Kollege, Herrn Dr. Wuermeling teil 'darstellen. Freifahrkarten sind solche Sachzu-
danach zu fragen. wendungen mit einem geldwerten Vorteil. Das
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP.) Finanzamt hat im vorliegenden Fall bei aktiven Be-
diensteten die Freifahrkarten nur deswegen steuer-
frei gelassen, weil es davon ausgegangen ist, daß
Vizepräsident Dr. Dehler: Die Frage VIII/3 —
diese mit den Fahrkarten vornehmlich den Weg
des Herrn Abgeordneten Dröscher — wird zurückge- zwischen ihrer Wohnung und ihrer Arbeitsstätte zu-
stellt. rücklegen. Wenn Arbeitnehmer die Kosten für der-
Die Frage VIII/4 — des Herrn Abgeordneten Hör- artige Fahrten selbst tragen, so können sie ihre Auf-
mann —: wendungen als Werbungskosten abziehen. Es wird
Ist der Bundesregierung bekannt, daß den Rentnern der Städti- daher bei der Lohnbesteuerung seit langem allge-
schen Verkehrsbetriebe Freiburg für die ihnen gewährte Frei-
fahrkarte ein Steuerbescheid wegen eines „geldwertigen Vor-
mein zugelassen, daß die Zurverfügungstellung von
teiles" in Höhe von 3,65 DM jährlich zugestellt wurde und daß Fahrkarten für den Weg zur Arbeitsstätte an aktive
den Bediensteten der Verkehrsbetriebe dafür Steuer vom Lohn
abgezogen wird? Arbeitnehmer steuerfrei bleibt. Dieser Gesichts-
punkt trifft jedoch für Rentner und Pensionäre nicht
Bitte, Herr Minister! zu, die die Freifahrkarten nur für private Zwecke
benutzen. In diesen Fällen ist der Vorgang grund-
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: sätzlich steuerpflichtig. Jedoch wird der Besteuerung
Herr Präsident, ich bitte um das Einverständnis, die im allgemeinen nur ein Teilbetrag des tatsächlichen
Fragen 4 und 5 zusammen beantworten zu dürfen. Verkaufspreises der Fahrkarte zugrunde gelegt,
weil davon ausgegangen wird, daß Renter und Pen-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auch die sionäre ihre Fahrtausweise im allgemeinen nicht
Frage VIII/5 — des Herrn Abgeordneten Hörmann voll ausnutzen.
— auf:
Billigt die Bundesregierung die ursprüngliche Absicht, die
Rentner der Städtischen Verkehrsbetriebe Freiburg für die ihnen Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
gewährte Freifahrkarte mit 50 DM im Jahre zu besteuern, und
die jetzige Vereinbarung nach Frage VIII/4? Herr Abgeordneter Hörmann.
4308 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Hörmann (Freiburg) (SPD) : Darf ich fragen, Herr Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
Minister, ob Sie nachgeprüft haben, warum diese Herr Präsident, da es sich um eine Frage aus dem
Zeitungsmeldungen, auf die die Fragen bezogen steuerlichen Bereich handelt, darf i c h sie beant-
sind, angeblich falsch sind? worten.

Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: Vizepräsident Dr. Dehler: Bitte, zur Beantwor-
Nein, Herr Kollege, dafür habe ich keine Anhalts- tung der Herr Bundesminister der Finanzen.
punkte. Als Sie Ihre Fragen einreichten, haben wir
sofort mit dem Finanzministerium in Baden-Würt- Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
temberg telefonisch Verbindung aufgenommen. Vorgenannte Frage beantworte ich namens der Bun-
Schriftlich hätten wir die Antwort hierauf nicht desregierung wie folgt.
rechtzeitig bekommen.
Die Bundesregierung hat in der Kabinettssitzung
vom 23. Oktober 1963 eine Erhöhung des Mindest-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage? preises für Zuckerrüben , der Ernte 1963 von 6,75 DM
— Bitte, Herr Abgeordneter Hörmann! um 50 Pf auf 7,25 DM je 100 kg bei einem Zucker-
gehalt von 15,5 % abgelehnt. Sie sieht sich aus die-
Hörmann (Freiburg) (SPD) : Herr Bundesfinanz- sem Grunde und auch in Anbetracht der angespann-
minister, sehen Sie die Möglichkeit, die Rentner in ten Situation des Bundeshaushalts nicht in der Lage,
solchen Fällen, in denen soziale Leistungen in Form dem Bundestag eine Senkung der Zuckersteuer zum
einer Freifahrkarte gewährt werden, von einer Be- Zwecke der Erhöhung des Rübenpreises vorzuschla-
steuerung auszunehmen? Halten Sie den Verwal- gen.
tungsaufwand für zweckmäßig?
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: Glüsing, eine Zusatzfrage.
Wenn darauf abgestellt werden müßte, mit jedem
einzelnen Rentner zu verhandeln, würde es wohl Glüsing (Dithmarschen) (CDU/CSU): Herr Bun-
nicht zweckmäßig sein, das zu tun. Da hier aber ein desminister, sind Sie nicht auch der Meinung, daß
Unternehmen erhebliche Aufwendungen macht, kann die Bundesregierung, wenn man für die Zucker-
ich es dem Finanzamt nicht übelnehmen, wenn es rübenbauern einen Anreiz schaffen würde, indem
sich — es muß es nach den gesetzlichen Bestimmun- man den Zuckerrübenpreis um 50 Pfennig je Dop-
gen sogar tun — mit den Unternehmen in Verbin- pelzentner anhöbe, viel mehr an Verbrauchersub-
dung setzt und eine Regelung zu erreichen versucht. ventionen bei der Einfuhr von Zucker sparen würde
Im Einzelfall — da stimme ich Ihnen zu, Herr Kol-
als das, was die beantragte Steuersenkung aus-
lege — wäre das nicht sinnvoll.
machen würde?

Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen, Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
Herr Minister. Welche Auswirkungen die Erhöhung der Anbau-
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- fläche haben würde, vermag ich — das muß ich
bereich des Bundesministers für Ernährung, Land- Ihnen offen sagen, Herr Kollege — vom Finanz-
wirtschaft und Forsten. ressort nicht zu beurteilen.
Ich rufe auf die Fragen IX/1 und IX/2 — des Ab-
geordneten Faller —:
Vizepräsident Dr. Dehler: Aber vielleicht
könnte sie der Herr Bundesminister für Ernährung,
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das badische Bäcker-
handwerk in einer Resolution verlangt hat, die tägliche Höchst-
Landwirtschaft und Forsten beantworten?
einfuhrmenge an Brot aus der Schweiz auf 250 Gramm zu be-
schränken?
Teilt die Bundesregierung die Meinung der Grenzbevölkerung Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
zwischen Lörrach und Konstanz, daß die von dem badischen
Bäckerhandwerk geforderte Einschränkung der Broteinfuhr aus
wirtschaft und Forsten: Nein,
der Schweiz auf 250 g täglich praktisch einer Broteinfuhrsperre
und damit einer unbilligen Härte gleichkommen würde?
Vizepräsident Dr. Dehler: Haben Sie eine wei-
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant- tere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Glüsing?
wortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt
noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungs- Glüsing (Dithmarschen) (CDU/CSU) : Ich nehme
bericht abgedruckt. die Anregung gerne auf, Herr Präsident. Vielleicht
Ich rufe auf die Frage IX/3 — des Herrn Abge- ist der Herr Bundesminister in der Lage, dazu etwas
ordneten Glüsing (Dithmarschen) — :
zu sagen.
Ist die Bundesregierung bereit, nachdem der Kabinettsbeschluß
vorliegt, in diesem Jahr keine Preiserhöhung bei Zuckerrüben Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
vorzunehmen, mit Rücksicht auf die gestiegenen Kosten im Rü-
benanbau die Zuckersteuer um den Betrag zu senken, der er-
wirtschaft und Forsten: Herr Präsident, ich bedauere,
forderlich ist, um den Doppelzentner Rüben im Preis um 0,50 DM dem Herrn Kollegen Glüsing darauf keine Antwort
anzuheben, ohne daß der Zucker tür den Verbrauch teurer wird?
geben zu können, weil sich nicht arithmetisch aus-
Bitte, Herr Minister! rechnen läßt, um wieviel der Zuckerverbrauch stei-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4309
Bundesminister Schwarz
r gen würde, wenn eine entsprechende Steuervergün- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
stigung einträte. des Herrn Abgeordneten Schmidt (Gellersen). Bitte
sehr!
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
satzfrage! Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Herr Minister,
können Sie darüber Auskunft geben, warum die drei
Glüsing (Dithmarschen) (CDU/CSU) : Herr Bun- zuständigen Ressorts, Finanzministerium, Landwirt-
desminister, ich glaube, meine Frage ist nicht richtig schaftsministerium und Wirtschaftsministerium, sich
verstanden worden. Darf ich noch einmal wieder- bei den Beratungen über den entsprechenden An-
holen: Sind Sie nicht auch der Meinung, daß, wenn trag im Ausschuß geweigert haben, Erklärungen
für den Zuckerrübenbauern wegen der gestiegenen abzugeben?
Unkosten ein besonderer Anreiz mehr Zuckerrüben
anzubauen, dadurch geschaffen wird, daß der Zucker- Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
rübenpreis erhöht wird, der Eigenbedarf in der Bun- Ich habe Ihre Frage in den letzten Worten nicht
desrepublik eher gedeckt werden kann und daß verstanden. Die drei Ressorts haben — —
dann weniger Weltmarktzucker zu noch höheren
Preisen eingeführt zu werden braucht und die Bun- Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD): . . . sich bei den
desregierung damit die Verbrauchersubventionen Ausschußberatungen über den Antrag auf Erhöhung
spart? des Zuckerrübenpreises geweigert, Erklärungen ab-
zugeben.
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten: Herr Abgeordneter, ich bin Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
der Überzeugung, daß Sie recht haben, wenn die Überhaupt Erklärungen abzugeben?
Weltmarktpreise so bleiben, wie sie derzeit sind,
d. h. wenn sie über den deutschen liegen. Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Jawohl.

Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
des Herrn Abgeordneten Sander. Das ist mir nicht bekannt.
(Abg. Wehner: Hört! Hört!)
Sander (FDP) : Herr Bundesminister, sind Sie nicht
auch der Überzeugung, daß diese doch aus politi-
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Würden Sie be-
schen und nicht aus sachlichen Gründen abgelehnte
reit sein, daß bei Gelegenheit nachzuholen?
Erhöhung des Zuckerrübenpreises dazu beitragen
wird, daß im nächsten Jahr die Subventionen aus
der Bundeskasse wesentlich höher sein werden? Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
Aber selbstverständlich.
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Minister!
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Schönen Dank!
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land- Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
wirtschaft und Forsten: Herr Kollege Sander, ich Frage IX/4 — des Herrn Abgeordneten Rollmann —:
bin der Auffassung, daß das, was Sie jetzt im Au-
Wieviel Anträge auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen
genblick fragen, nicht mehr mit der zugrunde liegen- für die Ausfuhr von Schlachtpferden wurden seit dem 18. August
den Frage korrespondiert. Dennoch will ich Ihnen 1961 bei der Außenhandelsstelle für Erzeugnisse der Ernährung
und Landwirtschaft gestellt?
die Antwort gern in der Richtung geben, daß ich
Ihnen sage: ich teile Ihre Auffassung. Bitte, Herr Minister Schwarz!

Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-


Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage wirtschaft und Forsten: Herr Präsident, ich bitte die
des Herrn Abgeordneten Klinker.
Fragen 4, 5 und 6 des Herrn Abgeordneten Rollmann
bei meiner Antwort zusammenfassen zu dürfen.
Klinker (CDU/CSU) : Herr Bundesfinanzminister,
wie hoch beziffern Sie die Mehreinnahmen aus der
Vizepräsident Dr. Dehler: Gut, dann rufe ich
Zuckersteuer in diesem Jahr? Sie wissen, daß wir
zusätzlich die Fragen IX/5 und IX/6 — des Herrn
eine sehr große Zuckerrübenernte haben.
Abgeordneten Rollmann — auf:
Wieviel Ausnahmegenehmigungen für die Ausfuhr von
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich bin der Mei- Schlachtpferden wurden von der Außenhandelsstelle für Erzeug-
nisse der Ernährung und Landwirtschaft erteilt?
nung, daß ein Sachzusammenhang nicht besteht.
Aus welchen Gründen wurden Ausnahmegenehmigungen für die
Ausfuhr von Schlachtpferden erteilt?

Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:


Ich bin im Moment nicht dazu in der Lage, darauf Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
zu antworten, weil ich die Zahlenunterlagen nicht im wirtschaft und Forsten: Seit Inkrafttreten des Ge-
Kopf habe. Darf ich Ihnen die Frage schriftlich be- setzes zur Änderung und Ergänzung des Tierschutz-
antworten? gesetzes vom 18. August 1961, wodurch die Aus-
4310 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Bundesminister Schwarz
fuhr von Schlachtpferden verboten wurde, sind bis anlassung bemüht, eine weitgehende Koordinierung
zum 25. Oktober 1963 bei der Außenhandelssteile herbeizuführen. Ich verspreche mir hiervon eine Be-
für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft, ruhigung bei den betroffenen Verbraucherkreisen.
Frankfurt/Main, insgesamt 1828 Anträge auf Er-
teilung einer Ausnahmegenehmigung für die Aus- Vizepräsident Dr. Dehler: Damit ist die Frage 8
fuhr von Schlachtpferden gestellt worden. Die — des Herrn Abgeordneten Ritzel — auch schon be-
Außenhandelsstelle hat in dem gleichen Zeitraum antwortet, nehme ich an. — Bitte, Herr Abgeord-
1808 Ausnahmegenehmigungen für die Ausfuhr von neter Ritzel, zu einer Zusatzfrage.
Schlachtpferden erteilt. Die Ausnahmegenehmigun-
gen wurden erteilt, da die vom Gesetzgeber in § 3 a Ritzel (SPD) : Ich habe eine eigentliche Antwort
Abs. 2 des angeführten Ergänzungsgesetzes gefor- auf meine Frage 8 vermißt. Darf ich fragen, Herr
derten Voraussetzungen zur Wahrung des Tier- Minister: Welchen Anteil haben Landwirtschaft,
schutzes gegeben waren. Molkereien und Zwischenhandel? Ich hätte gern
einige konkrete Zahlen von Ihnen gehört, Herr
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, Minister.
Herr Abgeordneter Rollmann.
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
Rollmann (CDU/CSU) : Sind Sie nicht der Auf- wirtschaft und Forsten: Herr Kollege Ritzel, auf
fassung, Herr Minister, daß durch die große Zahl diese Frage habe ich noch nicht geantwortet.
der Ausnahmegenehmigungen, die erteilt worden
sind, praktisch die Ausnahme zur Regel gemacht Vizepräsident Dr. Dehler: Bitte Herr Minister,
worden ist? dann zur Frage IX/8 — des Herrn Abgeordneten
Ritzel — :

Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land- Welchen Anteil haben Landwirtschaft, Molkereien und Zwi-
schenhandel an dem Ertrag der Milchpreiserhöhung, auf den
wirtschaft und Forsten: Herr Kollege, die Grundlage Liter berechnet?
für die Genehmigung bildete immer das Gesetz, und
das Gesetz hat diese Voraussetzungen geschaffen. Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten: Auf diese Frage darf ich wie
Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weitere Zu- folgt antworten. Von den 6 Pf Preiserhöhung je
satzfrage. Liter lose Milch entfällt 1 Pf auf den Handel; die
übrigen 5 Pf kommen der Landwirtschaft zugute.
Ich rufe auf die Frage IX/7 — des Herrn Abgeord-
Da jedoch der weitaus größte Teil der an Molkereien
neten Ritzel —:
gelieferten Milch als Werkmilch und nur ein Sechstel
Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirkung der Milchpreis-
erhöhung in bezug auf die Ernährung der Kinder, den- Verbrauch bis ein Fünftel als Trinkmilch verwertet wird, ist
von Milch im Haushalt und im Ausschank in den Kantinen? die effektive Erhöhung je Liter an Molkereien ge-
Bitte, Herr Minister! lieferter Milch natürlich geringer. Unter Anwendung
des neuen Ausgleichssystems, das das Hohe Haus
durch Gesetz vom 22. Juni 1963 beschlossen hat,
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land- kommt dem Milcherzeuger somit 0,8 bis 1 Pf mehr
wirtschaft und Forsten: Die Bundesregierung ist sich
je Liter Milch zugute.
darüber im klaren, daß durch die Milchpreiserhö-
hung insbesondere kinderreiche Familien betroffen Bei der Preisregelung für in Flaschen abgegebene
sind. Sie muß aber auch darauf hinweisen, daß der Trinkmilch wurden die seit 1956 erheblich gestiege-
Milchpreis trotz der gestiegenen Unkosten viele nen Abfüll- und Transportkosten der Molkereien
Jahre unverändert geblieben und in dieser Zeit die zusätzlich berücksichtigt. Für einen Liter Milch in
Lage der kinderreichen Familien durch die Gewäh- Flaschen beträgt demnach die Erhöhung 8 Pf. Soweit
rung und die späteren Erhöhungen des Kindergeldes die Landwirtschaft bisher diese Mehrkosten für ver-
verbessert worden ist. Eine weitere Verbesserung kaufsfertig verpackte Trinkmilch über entsprechende
durch die Erhöhung des Kindergeldes steht bevor. Minderung der Auszahlungspreise der Molkereien
hat tragen müssen, wird sie jetzt hiervon entlastet.
Zwar ist der Verbrauch von Milch in den Haus-
halten vorübergehend etwas zurückgegangen; es ist
aber auch zu beobachten, daß die Verbraucher zum Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weitere Zu-
Teil statt der Marken- oder Flaschenmilch wieder satzfrage.
lose Milch beziehen. Weiter sind aber auch schon die Frage IX/9 — des Herrn Abgeordneten Schmitt-
ersten Anzeichen für eine Rückkehr zur Marken- Vockenhausen —:
oder Flaschenmilch vorhanden.
Auf welche Weise ist sichergestellt, daß die Tierschutzbestim-
mungen bei Tiertransporten, vor allem bei Transporten durch die
Nach den Bestimmungen der jetzt geltenden Milch- Deutsche Bundesbahn, eingehalten werden?
preisverordnung können die Länder Abschläge bei
Lieferungen an Großabnehmer, mithin auch an Kan- Bitte, Herr Minister!
tinen, festsetzen. Die Länder haben diese Abschläge
in der Tat unterschiedlich festgesetzt; nach Ansicht Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
der Großabnehmer waren die Abschläge zu gering wirtschaft und Forsten: Für die Durchführung der
bemessen. Das hat den Unwillen dieser Abnehmer Vorschriften des Tierschutzgesetzes sind nach dem
erregt. Die Länder sind gegenwärtig auf meine Ver Grundgesetz die Länder zuständig. Im Rahmen die-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4311
Bundesminister Schwarz
ser Zuständigkeit ist es ihre Aufgabe, die Einhal- Ich danke Ihnen, Herr Minister.
tung der tierschutzrechtlichen Vorschriften — hier Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts-
beim Transport von Tieren — zu überwachen. bereich des Bundesministers für Arbeit und Sozial-
Bei Tiertransporten durch die Deutsche Bundes- ordnung.
bahn erfolgt die Überwachung der Einhaltung der Frage X/1 — des Herrn Abgeordneten Schmidt
Vorschriften des Tierschutzgesetzes auch durch die (Kempten) —.
Bediensteten der Deutschen Bundesbahn, und zwar
in enger Zusammenarbeit mit den Landesbehörden. Welche Veranlassung hatte der Herr Bundesarbeitsminister, die
an ihn am 15. Mai 1963 gerichtete Anfrage nach einer Senkung
Sie sind insbesondere durch zusätzliche den Tier- der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung negativ zu beant-
worten, obwohl diese Senkung im August 1963 im Kabinett
schutz betreffende Bestimmungen in der Eisenbahn- erfreulicherweise beschlossen wurde?
verkehrsordnung sowie durch innerdienstliche An-
weisungen verpflichtet, auf die Einhaltung der tier- Bitte, Herr Minister!
schutzrechtlichen Vorschriften zu achten. Ich darf
noch bemerken, daß von der Deutschen Bundesbahn Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozialord-
für den Transport von Pferden besondere Richt- nung: Herr Kollege Schmidt, ich habe Ihre damalige
linien ergangen sind, die den Schutz der Pferde Anfrage nicht absolut negativ beantwortet. Denn
sicherstellen sollen. in der Sitzung vom 15. Mai haben Sie mich nicht
gefragt, ob die Beiträge zur Arbeitslosenversiche-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, rung gesenkt werden könnten, sondern Sie haben
Herr Schmitt Vockenhausen.
-
präzise gefragt, ob die Möglichkeit bestehe, den
Beitrag von 1,4 auf 1 v. H. zu senken. Darauf habe
ich geantwortet, daß eine Herabsetzung des Bei-
Schmitt Vockenhausen (SPD) : Herr Minister,
-
trages auf 1 v. H. nicht möglich sein werde. Ich
kann nicht der Herr Bundesminister für Verkehr
habe weiter erklärt, daß die Bundesregierung über
diese Frage einmal beantworten? Gerade in den
den ab 1. Januar 1964 zu erhebenden Beitrag erst
letzten Wochen und Monaten sind doch wieder er-
entscheiden werde, wenn die angeforderte Stellung-
hebliche Vorwürfe wegen Nichteinhaltung dieser
nahme des Verwaltungsrates der Bundesanstalt
Vorschriften erhoben worden. Ich würde sehr be-
vorliege.
dauern, wenn ich Sie danach fragen sollte, der Sie
hier nicht so ganz zuständig sind. Inzwischen kam das, und dann ist, wie Ihnen ja
bekannt, die Senkung vorgenommen worden.
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten: Herr Kollege Schmitt- Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Vockenhausen, wenn Sie diese Frage an den Herrn Schmidt zu einer Zusatzfrage.
Kollegen Seebohm richten, wird er ganz bestimmt
Veranlassung nehmen, sie zu beantworten. Im übri- Schmidt (Kempten) (FDP) : Herr Minister, in der
gen darf ich darauf hinweisen, daß gerade von sei- mir anschließend noch zugegangenen schriftlichen
ten des Verkehrsministeriums in engster Zusam- Darstellung weisen Sie genauso wie damals in Ihrer
menarbeit mit der Deutschen Bundesbahn alles ge- Stellungnahme darauf hin, daß die Bestände zurück-
tan wurde, was nur irgendwie möglich war, um gegangen seien. Das war auch die Begründung Ihrer
die Transportsicherheit zu bessern. damaligen Stellungnahme. War damals am 15. Mai
also überhaupt keine Überlegung zu einer Senkung
Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer weiteren vorhanden, oder war die Bundesregierung bereits
Zusatzfrage Herr Schmitt Vockenhausen.
- in entsprechende Beratungen eingetreten?

Schmitt Vockenhausen (SPD) : Herr Minister,


-
Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozialord-
ist Ihnen bekannt, daß ich die Frage allgemein an nung: Aber sicher! Ich habe ja damals gesagt — ich
die Bundesregierung gestellt habe, so daß ich an- nehme das alte Protokoll zur Hand —: „Schon jetzt
nehmen durfte, daß Herr Bundesverkehrsminister kann aber gesagt werden, daß eine Herabsetzung
Seebohm darauf antworten würde? des Beitrages auf 1 v. H. zur Zeit nicht möglich sein
wird." — Vorher hatte ich gesagt, daß die Bundes-
regierung, wenn die hierzu vor einigen Wochen
Vizepräsident Dr. Dehler: Vielleicht kann das angeforderte Stellungnahme des Verwaltungsrates
nachgeholt werden. — Ich danke Ihnen, Herr Mini- vorliege, bereit sei, eine Herabsetzung in Erwägung
ster.
zu ziehen. Was dann ja auch erfolgte. Ich glaube,
Frage IX/10 — Herr Abgeordneter Stooß —: Herr Kollege Schmidt, es ist nur ein kleines Miß-
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um für die Zukunft verständnis zwischen uns.
die Wirtschaftlichkeit des Erbsenanbaues und der Konserven-
industrie zu sichern, damit auch der so vie] propagierte Vertrags-
anbau aufrechterhalten werden kann, nachdem die großen Ein-
fuhren von Gemüsekonserven den Erbsenanbau in Deutschland
Vizepräsident Dr. Dehler: Fragen X/2 und X/3
gefährdet und der Konservenindustrie große Verluste gebracht — des Herrn Abgeordneten Kubitza —:
haben?
Was für Ursachen und Gründe hat die seit einigen Jahren
Ist der Herr Abgeordnete Stooß nicht im Hause? — festzustellende Abwanderung von Fachkräften der Berufsbe-
ratung?
Nicht da. Dann wird die Frage schriftlich beant-
Wird durch die Abwanderung der Fachkräfte die Wahrnehmung
wortet. der Aufgaben der Berufsberatung beeinträchtigt?

Frage IX/11 ist zurückgestellt. Bitte, Herr Minister.


4312 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozialord- gestimmt, wo Soldatenheime in den kommenden
nung: Herr Kollege Kubitza, ich glaube, ich darf die Jahren im Rahmen der dafür zur Verfügung stehen-
beiden Fragen zusammenhängend beantworten. den Haushaltsmittel im einzelnen errichtet werden
(Abg. Kubitza: Ja!) sollen. In diesem Jahr sind bzw. werden folgende
Vorhaben begonnen: Augustdorf, Büchel, Allendorf,
Wie Sie wissen, habe ich hier keine eigene Zustän- Baumholder und Stetten am kalten Markt.
digkeit im Personalbereich. Ich habe daher den
Für 1964 ist — neben der Fortführung der im
Herrn Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeits-
Jahre 1963 nicht beendeten Vorhaben — vorge-
vermittlung und Arbeitslosenversicherung zu Ihren
sehen, in 14 Standorten mit dem Bau von neuen
Fragen gehört, und er hat mir wie folgt geantwortet.
Soldatenheimen zu beginnen. Dabei sollen nach
Eine Abwanderung von Fachkräften der Berufs- Möglichkeit folgende Standorte berücksichtigt wer-
beratung ist in stärkerem Maße nicht zu verzeich- den: Lechfeld, Putlos, Faßberg, Wilhelmshaven, Nör-
nen. Bei Errichtung des Berufsförderungsdienstes venich, Leck, Eggebeck, Kropp-Jagel, Delmenhorst,
der Bundeswehr sind einige Fachkräfte zu dieser Münster-Handorf, Meßstetten, Külsheim, Roding
Dienststelle übergewechselt. Im übrigen hält sich und Oberviechtach.
die Abwanderung in normalem Umfange, wie sie
1965 wird der Bau der im Jahre 1964 begonnenen
auch bei anderen Behörden festzustellen ist.
Soldatenheime fortgeführt. Zumindest in gleichem
Zu Ihrer zweiten Frage: Die Wahrnehmung der Umfang wie 1964 sollen darüber hinaus neue Sol-
Aufgaben der Berufsberatung wurde durch eine Ab- datenheime errichtet werden. Daneben wird laufend
wanderung von Fachkräften aus der Berufsberatung versucht, im Rahmen der zur Verfügung stehenden
nicht beeinträchtigt. Mittel auch geeignete Objekte zur Errichtung von
So weit der Präsident der Bundesanstalt. Soldatenheimen anzumieten oder anzukaufen.

Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage? Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
— Herr Kubitza! des Herrn Abgeordneten Josten.

Kubitza (FDP) : Herr Minister, da Sie die zweite Josten (CDU/CSU) : Herr Minister, gehen Sie bei
Frage verneint haben, darf ich fragen, ob die zu Ihrer immerhin erfreulichen Mitteilung davon aus,
leistende Arbeit der Berufsberater auf Kosten der daß der Verteidigungsetat wie vorgesehen auf 20
Qualität oder der Gesundheit geht? Milliarden DM erhöht wird, oder gehen Sie von dem
jetzigen Stand unseres Etats aus?
Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozialord-
nung: Darüber ist nichts bekanntgeworden. Die Bun- von Hassel, Bundesminister der Verteidigung:
-
desanstalt teilt mit, daß sie trotz einer geringen Ab- Ich glaube, es ist nicht Gegenstand der heutigen
wanderung — wie bei allen Behörden — in der Fragestunde, zu klären, wie hoch der Etat im näch-
Lage sei, diese Aufgabe voll zu erfüllen. Daß die sten Jahr sein wird. Auf alle Fälle darf ich Ihre
Bundesanstalt daneben — überhaupt in ihrem ge- Frage aber dahin beantworten, daß das Verteidi-
samten Bereich — ihr Personal von 1952 bis heute gungsministerium alles versuchen wird, das Pro-
um 25 % vermindert hat, ist ja hinreichend bekannt; gramm so rasch wie möglich zu verwirklichen und
der Grund ist, daß das Arbeitsvolumen durch die mit den Fragen der Betreuung des Soldaten, ob es
Vollbeschäftigung geschrumpft ist. Ich glaube, Herr sich nun um Soldatenheime, Offiziersheime oder
Kollege, wir können einigermaßen zufrieden sein. Unteroffiziersheime oder um Sportplätze handelt,
fertig zu werden.
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen,
Herr Minister. Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Cramer zu einer Zusatzfrage!
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts-
bereich des Bundesministers der Verteidigung.
Cramer (SPD) : Herr Minister, warum sind in sol-
Frage XI/1 — des Herrn Abgeordneten Josten — :
chen Orten, in denen sich schon lange eine Garnison
Welche Pläne hat die Bundesregierung für die kommenden
zwei Jahre zur Erstellung von Soldatenheimen?
befindet, bisher keine Soldatenheime errichtet wor-
den? Fehlten dafür die Mittel oder die Grundstücke,
Bitte, Herr Minister. oder ging es dabei um die Frage der Trägerschaft?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung:
Bisher bestehen 18 Soldatenheime in der Bundes- von Hassel, Bundesminister der Verteidigung:
republik und ein Heim in Cagliari auf Sardinien. Es war eine Frage der fehlenden Mittel. Die Bundes-
Alle diese Heime werden von der Bundesarbeits- wehr hat sich zunächst ausschließlich damit beschäf-
gemeinschaft für Soldatenbetreuung für die Bundes- tigen müssen, den Forderungen der NATO nachzu-
wehr betrieben. Die Zahl dieser Soldatenheime wird kommen und die nach unserer Auffassung notwen-
in den kommenden Jahren erheblich vergrößert wer- digen Streitkräfte aufzubauen. Alle anderen Fragen
den, da sich derartige Einrichtungen vor allem in haben deshalb zurückgestellt werden müssen.
den besonders zu betreuenden Standorten vorzüg-
lich bewährt haben. Mit der Bundesarbeitsgemein- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage
schaft für Soldatenbetreuung wird Jahr für Jahr ab des Herrn Abgeordneten Cramer.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4313

Cramer (SPD) : Herr Minister, wir haben doch Der Bundesrat beantragt in seinem Vermittlungs-
jahrelang Etats gehabt, bei denen die Mittel nicht begehren, die vom Bundestag eingefügte Nr. 27 zu
völlig verbraucht worden sind — ich denke jetzt streichen. Der Bundesrat führt zur Begründung aus,
nicht speziell an die Soldatenheime, sondern an den daß die Herausnahme einer Beamtengruppe aus der
Globalbetrag des Einzelplans 14 —: Wäre es da Besoldungsgruppe A durch die Einführung einer be-
nicht möglich gewesen, damals schon diese Soldaten- sonderen Besoldungsordnung für Lehrer (L) dazu
heime zu bauen? führen müsse, daß weitere Beamtengruppen ähn-
liche Forderungen aufstellen würden. Es dürfe je-
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: doch der Grundsatz der Einheit der Beamtenbesol-
Wenn Reste entstanden, weil die Aufgaben aus die- dung nicht aufgegeben werden.
sem oder jenem Grunde in dem Augenblick noch Der Bundesrat beantragte darüber hinaus, in Art. I
nicht durchgeführt werden konnten, so war dem § 1 als Nr. 27 den § 54 mit folgender Fassung einzu-
Verteidigungsministerium nicht die Freiheit ge- fügen:
geben, die dafür zur Verfügung stehenden Mittel für
andere Zwecke, beispielsweise für Soldatenheime, § 54
zu verwenden. (1) Die Endgrundgehälter der Besoldungs-
gruppen A 1, A 5, A 9 und A 13 müssen sich zu-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen, einander verhalten wie hundert zu hundertdrei-
Herr Minister. ßig zu zweihundert zu dreihundertdreißig.
Wir können die Fragestunde nicht fortsetzen, weil (2) Das Endgrundgehalt der Volksschullehrer
die Zeit abgelaufen ist. Die übrigen Fragen werden darf 75 vom Hundert des Endgrundgehaltes der
in der Sitzung am Freitag behandelt. Studienräte nicht übersteigen. Das Endgrundge-
halt der Mittelschullehrer beträgt mindestens
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung: 78 vom Hundert, höchstens 82 vom Hundert des
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- Endgrundgehalts der Studienräte; innerhalb
schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes dieses Rahmens ist das Endgrundgehalt unter
(Vermittlungsausschuß) zu dem Zweiten Ge- Berücksichtigung des Amtsinhaltes und der Aus-
setz zur Änderung beamtenrechtlicher und bildungsanforderungen zu bestimmen.
besoldungsrechtlicher Vorschriften (Druck- (3) Für die Berechnung der Endgrundgehäl-
sache IV/1559). ter im Sinne der Absätze 1 und 2 gelten un-
Der Bericht wird erstattet vom Herrn Abgeord- widerrufliche Stellenzulagen nicht als Bestand-
neten Dr. Schäfer. Ich erteile ihm das Wort. teile des Grundgehalts. Geringfügige Abwei-
chungen wegen der Abrundung der Grundge-
haltssätze bleiben außer Betracht.
Dr. Schäfer (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich darf als Berichterstatter des Ver- Der Vermittlungsausschuß ist mit Stimmenmehr-
mittlungsausschusses zu der Drucksache IV/1559 heit dem ersten Vorschlag des Bundesrates gefolgt.
folgendes ausführen. Er lehnte jedoch den weiteren Antrag auf Einfügung
des soeben vorgetragenen § 54 ab. Es wurden
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 83. Sitzung Bedenken dagegen erhoben, daß durch diesen § 54
am 28. Juni 1963 auf Grund des Schriftlichen Berichts in das in die Zuständigkeit der Länder fallende Leh-
des Ausschusses für Inneres den von der Bundes- rerbildungswesen eingegriffen würde, es aber den
regierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ländern überlassen bleiben müsse, welchen Bil-
Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes mit der dungsweg sie für die Lehrer vorschreiben und welche
Maßgabe angenommen, daß die Überschrift des Ge- Einstufung sie demgemäß für erforderlich halten.
setzes wie folgt gefaßt wird:
Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses, die
Zweites Gesetz zur Änderung beamtenrecht- Nr. 27 zu streichen und § 54 nicht aufzunehmen, ent-
licher und besoldungsrechtlicher Vorschriften spricht dem Vorschlag des Innenausschusses des
Es wurde außerdem gegenüber dem Ausschußbe- Bundestages, wie er hier vorgelegt war.
richt folgende Änderung eingefügt: Ich darf namens des Vermittlungsausschusses bit-
In Artikel I § 1 wird eine neue Nummer 25 a ten, seinem Vorschlag zuzustimmen.
eingefügt:
„25 a. § 52 Abs. 2 erhält folgende Fassung: Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort zur Ab-
gabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Dr. Rin-
(2) Für Lehrer und Hochschullehrer können derspacher.
besondere Regelungen mit Mindestgehältern
vorgesehen werden.` "
Dr. Rinderspacher (SPD) : Herr Präsident! Meine
Die Nr. 25 a ist in der endgültigen Fassung Nr. 27. Damen und Herren! Im Namen der sozialdemokrati-
Der Bundesrat hat in seiner 260. Sitzung am schen Fraktion habe ich folgende Erklärung abzuge-
12. Juli 1963 beschlossen, den Vermittlungsausschuß ben.
anzurufen. Der Vermittlungsausschuß hat in seiner Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion be-
Sitzung vom 23. Oktober 1963 den in der Drucksache dauert den Beschluß des Vermittlungsausschusses.
IV/1559 enthaltenen Vorschlag beschlossen. Im ein- So erfreulich es ist, daß der von Rheinland-Pfalz im
zelnen ist dazu folgendes zu bemerken. Bundesrat eingebrachte Antrag, in dem eine Nivel-
4314 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Dr. Rinderspacher
lierung des Endgrundgehalts der Volks- und Mittel- Im zweiten Fall ist der Vermittlungsausschuß dem
schullehrer vorgesehen war, im Vermittlungsaus- Antrag des Bundesrats nachgekommen. Er emp-
schuß keine Mehrheit .gefunden hat, so unerfreulich fiehlt, im zweiten Gesetz zur Änderung beamten-
ist die Ablehnung der vom Bundestag beschlossenen rechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften
Vorschrift, die den Ländern die Möglichkeit geben in Art. I § 1 die Nr. 27, nach deren Inhalt es den
sollte, eine eigenständige Lehrerbesoldung — die Bundesländern in der Zukunft möglich wäre, eigene
sogenannte L-Besoldung — einzuführen. Besoldungsordnungen L einzuführen, zu streichen.
Die Gründe für diese dadurch verhinderte beson- Wir haben bereits dargelegt, daß es nach unserer
dere Lehrerbesoldung waren schon bei der Bera- Auffassung nach wie vor unmöglich ist, über die Ein-
tung des Gesetzes im Deutschen Bundestag so über- führung eigener Besoldungsordnungen L ohne eine
zeugend dargelegt worden, daß die Mehrheit des nochmalige Beratung mit den Ländern hier zu ent-
Hauses in namentlicher Abstimmung dem SPD-An- scheiden.
trag zustimmte. Die Sozialdemokratische Partei Der Herr Bundesinnenminister hat sich zu diesem
weiß, wie notwendig und dringend alle Maßnahmen Gespräch bereit erklärt. Wir halten diese Beratung
sind, den Lehrerberuf anziehender zu gestalten und für erforderlich, wenn wir uns über alle Konsequen-
einen Ausgleich für die im Verhältnis zu anderen zen klar werden wollen, die sich aus einer mög-
Laufbahnen zu geringen Aufstiegsmöglichkeiten zu lichen Auflösung der bisherigen gemeinsamen Be-
schaffen. Das Gesetz sollte dazu beitragen, die be- soldungsordnung A ergeben würden.
sorgniserregenden Lücken beim Lehrernachwuchs Daß die Bemühungen, für die Lehrkräfte aller
zu füllen, um unser Volk nicht kulturell und wirt- Schulgattungen eine gerechte und angemessene Be-
schaftlich absinken zu lassen. soldung zu erzielen, durch diese Verhandlungen
(Beifall bei der SPD.) weder gehemmt noch verhindert werden, beweisen
die jüngsten Entwicklungen in den Bundesländern.
Wir bedauern deswegen im Interesse der Zukunft Ich erwähne hier als Beispiel nur den Antrag der
unseres Landes den Beschluß des Vermittlungsaus- CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, für die
schusses und können ihm nicht zustimmen. Die Zu- Volksschullehrer künftig die Besoldungsgruppe A 11
stimmung zur Harmonisierungsnovelle und die von als Eingangsgruppe vorzusehen.
uns angeregten Verbesserungen in diesem Gesetz
bleiben davon natürlich unberührt. Das Zweite Gesetz zur Änderung beamtenrecht-
licher und besoldungsrechtlicher Vorschriften konnte
In der Überzeugung, daß die Gründe weiterbe- bis heute nicht in Kraft gesetzt werden. Es enthält
stehen, welche die Mehrheit der Mitglieder dieses neben der wünschenswerten Klarstellung einer
Hauses bewogen haben, unserem Antrag vom Reihe beamtenrechtlicher Bestimmungen wesentliche
28. Juni 1961 zuzustimmen, beantragen wir nament- Besoldungsverbesserungen im sozialen Bereich und
liche Abstimmung. Ich darf zur Technik der Abstim- im Bereich der Familie. Es liegt deshalb im beson-
mung noch hinzufügen: Wer für die L-Besoldung ist, deren Interesse aller Angehörigen des öffentlichen
muß bei der Abstimmung jetzt mit nein stimmen. Dienstes, daß dieses Gesetz baldmöglichst wirksam
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD.) wird. Wir wollen dazu unseren Beitrag leisten, in-
dem wir dem Antrag des Vermittlungsausschusses
zustimmen.
Vizepräsident Dr. Dehler: Das Haus ist für
diese Belehrung sicher dankbar. (Beifall bei der CDU/CSU.)

Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat der Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort zur Ab-
Abgeordnete Wagner. gabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Dürr.

Wagner (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da- Dürr (FDP) : Herr Präsident! Meine Damen und
men und Herren! Die Fraktion der CDU/CSU stimmt Herren! Die Mehrheit der FDP-Fraktion hat bei der
dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zu. Er dritten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs
berücksichtigt nach unserer Auffassung die gegen- mit der Mehrheit des Hauses dafür gestimmt, den
wärtige Situation im Bereich des Beamten- und des Ländern die Möglichkeit für eine eigenständige Leh-
Besoldungsrechts. rerbesoldung zu geben. Durch die Anrufung des
Vermittlungsausschusses trat die von niemanden
Der Bundesrat hatte an den Vermittlungsaus- gewünschte Nebenfolge ein, daß das Inkrafttreten
schuß einen Antrag mit zwei Schwerpunkten gerich- der übrigen Bestimmungen des Gesetzes verzögert
tet. Im ersten Teil hat er beantragt, für die Gehälter wurde.
der Volksschullehrer und der Mittelschullehrer
Höchstsätze festzusetzen. Dies ist nach Auffassung (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Es wird aber
unserer Fraktion nicht möglich. Über die Ausbil- gezahlt!)
dung der Lehrer und über ihren Auftrag bestimmen Der weitaus größte Teil der Bundesländer hat sich
allein die Länder. Deshalb kann auch die Höhe der nun gegen die Möglichkeit einer sogenannten L-
Lehrerbesoldung, die weitgehend von diesen Vor- Besoldung gewandt. Der Bundesrat vertritt die An-
aussetzungen mitbestimmt wird, nur durch die Län- sicht, das Gesetz bedürfe seiner Zustimmung. Das
derparlamente festgelegt werden. Wir begrüßen es ist leider noch nicht völlig geklärt. Angesichts dieser
darum, daß der Vermittlungsausschuß in diesem Lage erhebt sich die Frage, ob eine Ablehnung des
Punkt dem Antrag des Bundesrats nicht gefolgt ist. Vorschlags des Vermittlungsausschusses durch den
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4315
Dürr
Bundestag uns der Möglichkeit einer eigenständigen Frau Engländer Dr. Pflaumbaum
Besoldung für Lehrer näherbringen würde oder ob Etzel Frau Pitz-Savelsberg
Dr. Even (Düsseldorf) Dr. Poepke
gar die Gefahr besteht, daß wir der Möglichkeit der Falke Porten
L-Besoldung nicht näherkommen, aber das Inkraft- Dr. Franz Frau Dr. Probst
treten der übrigen Vorschriften weiter verzögern. Franzen Dr. Ramminger
Eine weitere Verzögerung des Inkrafttretens des Ge- Dr. Fritz (Ludwigshafen) Rasner
Gedat Rauhaus
setzes hält meine Fraktion aber nicht für vertretbar. Gehring Frau Dr. Rehling
Nicht zuletzt die strittige Rechtsfrage der Zustim- Frau Geisendörfer Dr. Reinhard
mungsbedürftigkeit hat zu unterschiedlichen Mei- Dr. Gerlich Riedel (Frankfurt)
nungen in meiner Fraktion geführt. Deshalb ist eine D. Dr. Gerstenmaier Rollmann
Gibbert Rommerskirchen
Zustimmung meiner politischen Freunde zum Vor- Giencke Ruf
schlag des Vermittlungsausschusses unbeschadet Dr. Gleissner Ruland
ihrer grundsätzlichen Einstellung zur Lehrerbesol- Dr. Götz Scheppmann
dung zu werten. Dr. Gossel Schlee
Gottesleben Schlick
(Beifall bei den Regierungsparteien.) Dr. h. c. Güde Dr. Schmidt (Wuppertal)
Freiherr zu Guttenberg Schneider (Hamburg)
Frau Haas Frau Schroeder (Detmold)
Vizepräsident Dr. Dehler: Meine Damen und Haase (Kassel) Schulhoff
Herren! Es ist namentliche Abstimmung beantragt Dr. Hahn (Heidelberg) Schwarz
worden. Der Antrag wird hinreichend unterstützt. Harnischfeger Frau Dr. Schwarzhaupt
Härzschel Dr. Schwörer
Es ist klar: wer den Vorschlag des Vermittlungsaus- Dr. Seffrin
Dr. Hauser
schusses bejaht, also für die Streichung der Nr. 27 Heix Seidl (München)
in Art. I § 1 — betreffend die Lehrerbesoldung — Dr. Hesberg Dr. Serres
ist, stimmt mit Ja, wer diesen Vorschlag ablehnt, Hesemann Dr. Siemer
Hilbert Dr. Sinn
mit Nein. Ich bitte die Stimmzettel einzusammeln. Höcherl Spies
Meine Damen und Herren, die Klingelanlage ist Dr. Höchst Stauch
Hörnemann (Gescher) Dr. Stecker
ausgefallen. Darum lasse ich vorsorglich noch ein- Hösl Stein
mal über Telefon ausrufen. Ich bitte Sie, sich des- Holkenbrink Dr. Steinmetz
wegen etwas zu gedulden. Hoogen Stiller
Horn Dr. Stoltenberg
Die Klingelanlage ist inzwischen wieder in Ord- Dr. Huys Storch
nung. Sind alle Stimmen abgegeben? — Dann kann Frau Jacobi (Marl) Storm
ich die Abstimmung schließen. Ich bitte, die Aus- Josten Strauß
Dr. Jungmann Struve
zählung vorzunehmen. Dr. Kanka Sühler
Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Katzer Teriete
Kemmer Dr. Toussaint
vorläufige Abstimmungsergebnis bekannt. Es haben Dr. Kempfler Unertl
abgestimmt mit Ja 218 Abgeordnete, mit Nein 174, Frau Klee Varelmann
enthalten haben sich 10. Von den Berliner Abgeord- Klein (Saarbrücken) Verhoeven
neten haben 7 mit Ja gestimmt und 12 mit Nein. Klinker Dr. Vogel
Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses ist also Knobloch Vogt
Dr. Knorr Wagner
angenommen. Krug Dr. Wahl
Frau Dr. Kuchtner Dr. Weber (Koblenz)
Endgültiges Ergebnis: Kühn (Hildesheim) Wehking
Kuntscher Weigl
Ja: 218 und 7 Berliner Abgeordnete
Lang (München) Weinzierl
Nein: 173 und 12 Berliner Abgeordnete Leicht Frau Welter (Aachen)
Enthalten: 10 Lemmrich Wendelborn
Lenze (Attendorn) Wieninger
Ja von Bodelschwingh Leonhard Dr. Wilhelmi
Dr. Böhm (Frankfurt) Lermer Dr. Willeke
CDU/CSU Böhme (Hildesheim) Leukert Windelen
Dr. Adenauer Brand Dr. Luda Winkelheide
Adorno Frau Brauksiepe Maier (Mannheim) Dr. Winter
Dr. Aigner Dr. Brenck Majonica Wittmer-Eigenbrodt
Dr. Althammer Brück Dr. Martin Dr. Wuermeling
Arndgen Bühler Maucher Wullenhaupt
Dr. Arnold Dr. Burgbacher Meis Ziegler
Dr. Artzinger Burgemeister Memmel Dr. Zimmer
Baier (Mosbach) Dr. Conring Mengelkamp Dr. Zimmermann (München)
Baldauf Dr. Czaja Menke
Dr. von Merkatz Berliner Abgeordnete
Balkenhol van Delden
Dr. Barzel Deringer Mick Dr. Dr. h. c. Friedensburg
Bausch Dr. Dichgans Missbach Dr. Gradl
Becker Diebäcker Müller (Aachen-Land) Hübner
Berberich Dr. Dittrich Müller (Remscheid) Lemmer
Dr. Besold Drachsler Dr. Müller-Hermann Frau Dr. Maxsein
Biechele Draeger Müser Müller (Berlin)
Dr. Bieringer Dr. Dr. h.c. Dresbach Nieberg Stingl
Fürst von Bismarck Ehnes Niederalt
Frau Dr. Bleyler Ehren Dr. Dr. Oberländer FDP
Blöcker Eichelbaum Oetzel Dr. Atzenroth
Frau Blohm Dr. Elbrächter Frau Dr. Pannhoff Busse
4316 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Vizepräsident Dr. Dehler


Dr. Dahlgrün Dr. Dr. Heinemann Seither Frau Funcke (Hagen)
Dr. Dörinkel Frau Herklotz Frau Seppi Frau Dr. Heuser
Dorn Hermsdorf Seuffert Dr. Imle
Dr. Emde Hirsch Steinhoff Dr. Kohut
Dr. Hamm (Kaiserslautern) Höhmann Stephan Logemann
Hammersen (Hessisch Lichtenau) Striebeck Mauk
Frau Dr. Kiep-Altenloh Höhne Strohmayr Dr. Mende
Kubitza Hörauf Dr. Tamblé Mertes
Dr. Löbe Hörmann (Freiburg) Wegener Mischnick
Dr. Mälzig Frau Dr. Hubert Wehner Ollesch
Margulies Hufnagel Welke Peters (Poppenbüll)
Dr. h. c. Menne (Frankfurt) Hussong Welslau Sander
Opitz Iven (Düren) Weltner (Rinteln) Schmidt (Kempten)
Ramms Jacobs Frau Wessel Dr. Stammberger
Reichmann Jahn Wilhelm Dr. Supf
Dr. Rutschke Jürgensen Zühlke Wächter
Scheel Junghans Walter
Dr. Schneider (Saarbrücken) Junker Berliner Abgeordnete Weber (Georgenau)
Spitzmüller Kaffka Bartsch Zoglmann
Frau Kettig Frau Berger-Heise
Fraktionslos Killat Braun
Dr. Koch Frau Krappe
Gontrum Koenen (Lippstadt) Liehr (Berlin)
Kohlberger Frau Lösche
Enthalten
Frau Korspeter Mattick CDU/CSU
Kraus Neumann (Berlin)
Nein Dr. Kübler Dr. Schellenberg Glüsing (Dithmarschen)
Kulawig Dr. Seume
CDU/CSU Kursbaum Urban
Brese Lange (Essen) FDP
Wellmann
Frau Kalinke Langebeck Burckardt
Lautenschlager Dr. Effertz
Lemper FDP
SPD Ertl
Lenz (Bremerhaven) Dr. Achenbach Dr. Hellige
Frau Albertz Dr. Lohmar Dr. Aschoff Kreitmeyer
Anders Lücke (Osnabrück) Dr. Bucher Freiherr von Kühlmann -
Arendt (Wattenscheid) Maibaum Dr. Dehler Stumm
Auge Marquardt Deneke Dr. Miessner
Bading Marx Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dr. Rieger (Köln)
Bäumer Matthöfer Dürr Soetebier
Bals Matzner
Bauer (Würzburg) Frau Meermann
Bazille Marten Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Dr. Bechert Metter
Behrendt Dr. Meyer (Frankfurt) Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
Berkhan Meyer (Wanne-Eickel) schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes
Beuster Dr. Mommer (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur
Frau Beyer (Frankfurt) Müller (Erbendorf) Änderung des Reichs- und Staatsangehörig-
Biegler Müller (Nordenham)
Blachstein Müller (Ravensburg) keitsgesetzes (Drucksache IV/1560).
Börner Müller (Worms) Den Bericht für den Vermittlungsausschuß erstattet
Dr. h. c. Brauer Dr. Müller-Emmert
Bruse Nellen Herr Minister Pütz. Ich erteile ihm das Wort.
Büttner Dr. Nissen
Busch Peiter Pütz, Finanzminister des Landes Nordrhein-West-
Cramer Peters (Norden)
Dr. Deist Dr. Pohlenz ' falen: Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren!
Diekmann Porzner Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am
Frau Döhring Priebe 19. Juni 1963 auf Grund eines Schriftlichen Berichts
Frau Eilers Ravens des Ausschusses für Inneres den von der Bundes-
Frau Dr. Elsner Regling
Dr. Eppler Rehs regierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Erler Dr. Reischl Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeits-
Eschmann Reitz gesetzes mit einer ergänzenden Übergangsregelung
Faller Dr. Rinderspacher angenommen. Der Bundesrat hat in seiner 260. Sit-
Felder Ritzel
Figgen Dr. Roesch zung vom 12. Juli 1963 beschlossen, den Vermitt-
Folger Frau Rudoll lungsausschuß anzurufen. Dieser schließlich hat in
Franke Sänger seiner 6. Sitzung vom 23. Oktober 1963 den in der
Dr. Frede Saxowski Drucksache IV/1560 enthaltenen Vorschlag beschlos-
Frehsee Dr. Schäfer sen.
Frau Freyh (Frankfurt) Frau Schanzenbach
Geiger Scheuren Im einzelnen trage ich dazu vor:
Gerlach Schmidt (Braunschweig)
Gscheidle Dr. Schmidt (Gellersen) Es ist der Zweck des Gesetzentwurfes, die Staa-
Haase (Kellinghusen) Dr. Schmidt (Offenbach) tenlosigkeit von ehelichen Kindern deutscher Mütter,
Hamacher Schmidt (Würgendorf) die nach dem Wortlaut des § 4 des Reichs- und
Hansing Schmitt-Vockenhausen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. Juli 1913 ein-
Dr. Harm (Hamburg) Schröder (Osterode) tritt, möglichst zu vermeiden. Nach dem Gesetzent-
Hauffe Schwabe
Heide Seibert wurf sollte dieses Ziel in der Weise erreicht wer-
Heiland Seidel (Fürth) den, daß auch das eheliche Kind einer Deutschen
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4317
Finanzminister Pütz
durch die Geburt die Staatsangehörigkeit der Mutter Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses
erwirbt, wenn es sonst staatenlos wäre. In der vom (12. Ausschuß) (Drucksachen IV/1580, zu
Deutschen Bundestag beschlossenen Übergangsrege- IV/1580).
lung für die Zeit seit Inkrafttreten des Grundgeset- (Erste Beratung 28. Sitzung)
zes bis zum Inkrafttreten dieses Änderungsvorschla-
ges sollte festgesetzt werden, daß in dieser Zeit Es liegt der Schriftliche Bericht des Rechtsausschus-
geborene eheliche staatenlose Kinder deutscher Müt- ses vor. Ich danke dem Berichterstatter, Herrn Ab-
ter zwar staatenlos bleiben, aber bis zur Vollendung geordneten Seidl. Wird eine Ergänzung gewünscht?
ihres 25. Lebensjahres erklären können, daß sie die —Das ist nicht der Fall.
deutsche Staatsangehörigkeit erwerben wollen. Dies Wir treten in die Beratung ein. Ich rufe auf die
würde rechtliche Wirkungen erst für die Zukunft ha- Paragraphen 1, — 3, — 3 a, — 4, — 5, — 6, — 7, —
ben. 7 a, — 8, — 9, — 10, 11, — 12, — 14, — 15, —
Der Vermittlungsausschuß ist mit seinem Vor- 16,-17,-18,-19,-20,-20 a, - 21,-22, -
schlag jedoch der Auffassung des Bundesrates ge- 23, — 24, — 25, — 26, — 27, — 28, — 29, — 30, —
folgt, der sich an die jüngste Rechtsprechung des 30 a, — 31, — 32, — 33, — 34, — 35, — Einleitung
Bundesverwaltungsgerichts in einem Urteil vom und Überschrift. — 'Das Wort wird nicht gewünscht.
21. Dezember 1962 anlehnt. Danach hat durch die Wer zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. —
allgemeine Regelung des Art. 3 des Grundgesetzes, Gegenprobe! — Enthaltungen? Ich stelle einstimmige
der die Gleichheit aller vor dem Gesetz vorsieht, Annahme in zweiter 'Beratung fest. Ich schließe die
auch der § 4 des Reichs- und Staatsangehörigkeits- zweite Beratung und eröffne die
gesetzes seit dem Stichtag für den Eintritt der dritte Beratung.
Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau —
1. April 1953 — eine Ergänzung erfahren: — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz
so, wie es vorliegt, zustimmt, erhebe sich. — Gegen-
Die seit diesem Tag geborenen Kinder einer Deut- probe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstim-
schen sind bereits durch die Geburt deutsche Staats-
mig angenommen.
angehörige, wenn sie sonst staatenlos sein würden.
Sie können jedoch nach dem Vorschlag des Ver- Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:
mittlungsausschusses .die deutsche Staatsangehörig-
keit biss zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten Zweite und dritte Beratung des vom Bundes-
des zu beschließenden Gesetzes mit rückwirkender rat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
Kraft ausschlagen. über die Fortsetzung aufgelöster saarländi-
scher Unternehmen (Drucksache IV/1481);
Der Vermittlungsausschuß ist in Übereinstimmung
mit dem Bundesrat der Ansicht, daß durch diese Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschus-
Regelung klare und eindeutige Tatbestände geschaf- ses (16. Ausschuß) (Drucksache IV/1564).
fen werden. Die seit dem 1. April 1953 geborenen (Erste Beratung 84. Sitzung)
Kinder sind seit ihrer Geburt deutsche Staatsange- Das Wort zur Ergänzung des Mündlichen Berichts
hörige und bleiben es, wenn sie nicht oder nicht hat Herr Abgeordneter Kulawig (SPD).
rechtzeitig diese Staatsangehörigkeit ausschlagen.
Für die in der Zeit zwischen dem 24. Mai 1949 — Kulawig (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
Inkrafttreten des Grundgesetzes — und dem 1. April und Herren! Wie der Begründung des von der Bun-
1953 — Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
— ,Geborenen bedarf es nach Meinung des Vermitt- über die Fortsetzung aufgelöster saarländischer
lungsausschusses keiner Übergangsregelung. Ihnen Unternehmen — Drucksache IV/1481 — zu entneh-
kann durch vereinfachtes Einbürgerungsverfahren im men ist, sind auf Grund des D-Markbilanzgesetzes
einzelnen Fall zum Erwerb der deutschen Staatsan- für das Saarland vom 30. Juni 1959 etwa 55 Gesell-
gehörigkeit verholfen werden. schaften mit beschränkter Haftung und eingetragene
Genossenschaften aufgelöst worden. Ein Teil dieser
Namens des Vermittlungsausschusses bitte ich das Unternehmen — etwa 20 — sind gegen den Willen
Hohe Haus, seinem Vorschlag zuzustimmen. der Beteiligten aufgelöst worden, weil aus verschie-
denen Gründen die Fristen für die Anmeldung des
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke dem Beschlusses über die Neufestsetzung der Kapitalver-
Herrn Minister für seinen Bericht. Erklärungen wer- hältnisse bzw. über die Änderung des Status nicht
den nicht abgegeben. Wir kommen zur Abstimmung. eingehalten werden konnten.
Wer den Vorschlag des Vermittlungsausschusses Der Wirtschaftsausschuß, der den ihm überwiese-
billigt, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! nen Gesetzentwurf beraten hat, ist der Auffassung,
— Enthaltungen? — Der Vorschlag ist einstimmig daß den Gesellschaften wegen ihrer erheblichen
angenommen. volkswirtschaftlichen Bedeutung für das Saarland
und weil die Kosten einer Neugründung für sie eine
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: untragbare Belastung bedeuten würden, die Mög-
lichkeit gegeben werden soll, die Fortsetzung zu
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
beschließen.
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Erleichterung des Grundbuchver- Ich bitte Sie deshalb, dem Antrag des Ausschusses,
fahrens (Drucksache IV/351); den Gesetzentwurf mit der Maßgabe, daß in § 1
4318 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Kulawig
Abs. 1 Satz 1 sowie in § 2 Abs. 1 Satz 1 die Worte Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Urban. Der
„innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Bericht wird nicht mündlich ergänzt. Ich danke dem
Gesetzes" durch die Worte „bis zum 31. Dezember Herrn Berichterstatter.
1964" ersetzt werden, im übrigen unverändert nach
der Vorlage anzunehmen, zustimmen zu wollen. Ich rufe auf Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Einlei-
tung und Überschrift. — Wer zustimmt, gebe bitte
ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke dem — Einstimmige Annahme.
Herrn Berichterstatter. — Wortmeldungen liegen
nicht vor. Einzelberatung! Ich rufe' auf: §§ 1 mit der Ich schließe die zweite und eröffne die
soeben vom Herrn Berichterstatter erwähnten Ände-
rung, — 2 ebenfalls mit dieser Änderung, — 3, dritte Beratung.
— 4, — 5, — Einleitung und Überschrift. — Wer
zustimmt, geben bitte Handzeichen. — Gegenprobe! Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zu-
— Enthaltungen? — Der Gesetzentwurf ist in zwei- stimmt, möge sich bitte erheben. — Gegenprobe! —
ter Beratung einstimmig angenommen. Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme
fest.
Ich eröffnet die
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8:
dritte Beratung.
Erste Beratung des von der Bundesregierung
Wer dem Gesetz in dieser Fassung zustimmt, erhebe eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Ge-
sich. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle setzes zur Änderung des Gesetzes vom
einstimmige Annahme fest. 22. Juni 1954 über den Beitritt der Bundes-
republik Deutschland zum Abkommen über
die Vorrechte und Befreiungen der Sonder-
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf: organisationen der Vereinten Nationen vom
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- 21. November 1947 und über die Gewährung
desregierung eingebrachten Entwurfs eines von Vorrechten und Befreiungen an andere
Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des zwischenstaatliche Organisationen (Druck-
Gesetzes über Bergmannsprämien (Druck- sache IV/1482).
sache IV/1188) ;
Das Wort wird nicht gewünscht. Es ist vorgesehen,
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschus- den Entwurf an den Ausschuß für auswärtige Ange-
ses (16. Ausschuß) (Drucksache IV/1570). legenheiten — federführend — und an den Haus-
(Erste Beratung 76. Sitzung) haltsausschuß — mitberatend — zu überweisen. —
-
Dazu liegt der Schriftliche Bericht des Wirtschafts- Keine Einwendung. Es ist so beschlossen.
ausschusses vor, den der Herr Abgeordnete Kulawig
erstattet hat. — Es wird keine Ergänzung gewünscht.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
Ich rufe auf: Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Ein- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
leitung und Überschrift. — Wer zustimmt, gebe bitte dem Protokoll vom 15. September 1962 zur
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Änderung des Abkommens vom 7. Dezember
Einstimmige Annahme. 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt
(3. Änderung des Abkommens über die Inter-
Ich schließe die zweite und eröffne die nationale Zivilluftfahrt) (Drucksache IV/1573).
dritte Beratung. Keine Wortmeldungen. Vorgesehen ist Überweisung
an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmelde-
Wer dem Gesetz zustimmt, erhebe sich bitte. —
wesen. — Keine Erinnerung. Es ist so beschlossen.
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist ein-
stimmig angenommen.
Tagesordnungspunkt 10:
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von der Bundesregierung
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
desregierung eingebrachten Entwurfs eines dem Übereinkommen vom 29. März 1962 zur
Gesetzes zu dem Protokoll vom 9. Dezember Gründung einer Europäischen Organisation
1961 zur Verlängerung der Geltungsdauer der für die Entwicklung und den Bau von Raum-
Erklärung vom 12. November 1959 über den fahrzeugträgern (ELDO) (Drucksache IV/1581).
vorläufigen Beitritt Tunesiens zum Allgemei-
nen Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache Das Wort wird nicht gewünscht. Vorgesehen ist die
IV/1431); Überweisung an den Ausschuß für Atomkernenergie
und Wasserwirtschaft — federführend — und an
Schriftlicher Bericht des Außenhandelsaus den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und
schusses (17. Ausschuß) (Drucksache IV/1558). den Haushaltsausschuß zur Mitberatung. — Keine
(Erste Beratung 84. Sitzung) Erinnerung. Ich stelle fest, daß so beschlossen ist.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4319
Vizepräsident Dr. Dehler
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Hier ist die Überweisung an den Finanzausschuß I
Erste Beratung des von der Bundesregierung vorgesehen. — Das Haus hat so beschlossen.
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
dem Übereinkommen vom 14. Juni 1962 zur Punkt 16 der Tagesordnung:
Gründung einer Europäischen Weltraumfor- Erste Beratung des von der Bundesregierung
schungs-Organisation (ESRO) (Drucksache eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
IV/1582). dem Übereinkommen Nr. 114 der Internatio-
Keine Wortmeldungen. Vorgesehen ist Überwei- nalen Arbeitsorganisation vom 19. Juni 1959
sung an den Ausschuß für Atomkernenergie und über den Heuervertrag der Fischer (Druck-
Wasserwirtschaft — federführend — und an den sache IV/1592).
Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und den Vorgesehen ist die Überweisung an den Ausschuß
Haushaltsausschuß — mitberatend. — Ich stelle fest, für Arbeit. — Es ist so beschlossen.
daß so beschlossen ist.
Tagesordnungspunkt 17:
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von der Bundesregierung
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom
dem Protokoll vom 7. November 1962 zur 21. April 1961 über die internationale
Verlängerung der Geltungsdauer der Erklä- Handelsschiedsgerichtsbarkeit (Drucksache
rung vom 18. November 1960 über den vor- IV/1597).
läufigen Beitritt Argentiniens zum Allgemei- Die Überweisung soll hier an den Rechtsausschuß
nen Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache erfolgen. — Es ist so beschlossen.
IV/1583).
Keine Wortmeldungen. Vorgesehen ist Überweisung Ich rufe Punkt 18 auf:
an den Außenhandelsausschuß. — Es ist so be- Erste Beratung des von der Bundesregierung
schlossen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der
Vereinbarung vom 17. Dezember 1962 über
Tagesordnungspunkt 13: die Anwendung des Europäischen Überein-
Erste Beratung des von der Bundesregierung kommens vom 21. April 1961 über die
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
dem Europäischen Übereinkommen vom (Drucksache IV/1595).
9. Dezember 1960 über die Zollbehandlung Hier ist ebenfalls die Überweisung an den Rechts-
von Paletten, die im internationalen Verkehr ausschuß vorgesehen. — Es ist so beschlossen.
verwendet werden (Drucksache IV/1585).
Keine Wortmeldungen. Vorgesehen ist die Über- Tagesordnungspunkt 19:
weisung an den Finanzausschuß. — Es ist so be- Erste Beratung des von der Bundesregierung
schlossen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
dem Abkommen vom 7. Dezember 1962 zwi-
Wir kommen zu Punkt 14 der Tagesordnung: schen der Bundesrepublik Deutschland und
dem Großherzogtum Luxemburg über den
Erste Beratung des von der Bundesregierung Verzicht auf die Beglaubigung und über den
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu Austausch von Personenstandsurkunden so-
dem Wiener Übereinkommen vom 18. April wie über die Beschaffung von Ehebefähig-
1961 über diplomatische Beziehungen (Druck- keitszeugnissen (Drucksache IV/1596).
sache IV/1586).
Die Vorlage soll an den Ausschuß für Inneres
Hier ist die Überweisung an den Ausschuß für überwiesen werden. — Es ist so beschlossen.
auswärtige Angelegenheiten — federführend —
und an den Rechtsausschuß — mitberatend — vor- Ich rufe den Punkt 20 der Tagesordnung auf:
gesehen. — Ich stelle fest, daß so beschlossen wor-
den ist. Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über
steuerliche Maßnahmen zur Förderung von
Wir kommen zu Punkt 15: privaten Kapitalanlagen in Entwicklungslän-
Erste Beratung des von der Bundesregierung dern (Entwicklungshilfe-Steuergesetz) (Druck-
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu sache IV/1476).
dem Abkommen vom 17. Oktober 1962 zwi-
schen der Bundesrepublik Deutschland und Das Wort zur Begründung des Entwurfs hat der
Irland zur Vermeidung der Doppelbesteue- Herr Bundesminister der Finanzen.
rung und zur Verhinderung der Steuerver-
kürzung bei den Steuern vom Einkommen Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß den
(Drucksache IV/1588). Entwicklungsländern bei ihren Bemühungen um den
4320 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Bundesminister Dr. Dahlgrün


Aufbau gesunder Volkswirtschaften durch Leistung wie das erhofft wurde, wenn auch der Zeitabschnitt
von Entwicklungshilfe geholfen werden sollte, ja seit Inkrafttreten , dieses Gesetzes und dieser Förde-
geholfen werden muß, ist in Übereinstimmung mit rungsmaßnahmen verhältnismäßig kurz ist.
den anderen westlichen Industriestaaten schon seit
Jahren die Auffassung der Bundesregierung gewe- Die Bundesregierung schlägt deshalb mit dem Ent-
sen. So wertvoll eine durch Kapitalhergabe und wurf ,des Entwicklungshilfe-Steuergesetzes eine we-
technische Hilfe aus öffentlichen Mitteln geleistete sentliche Verbesserung und Erweiterung der steuer-
Entwicklungshilfe ist, sie bedarf der Ergänzung lichen Maßnahmen zur Förderung von privaten Ka-
durch entsprechende Leistungen der privaten Wirt- pitalanlagen in den Entwicklungsländern vor. Die
schaft. Gerade die Leistungen der Privatwirtschaft vorgeschlagenen Maßnahmen sollen nicht nur
sind geeignet, in besonderem Maße einen sinnvollen steuerliche Hemmnisse, die Investitionen in den
wirtschaftlichen Aufbau der Entwicklungsländer .zu Entwicklungsländern entgegenstehen, beseitigen; es
fördern. Unter den Hilfeleistungen der privaten soll wohl damit auch ein stärkerer Anreiz zu sol-
Wirtschaft haben die Investitionen deutscher Unter- chen Investitionen gegeben werden.
nehmungen in den Entwicklungsländern schon heute Nach eingehender Prüfung der in Betracht kom-
eine hervorragende Bedeutung. Sie vermitteln am menden Maßnahmen ist die Bundesregierung zu der
besten und am unmittelbarsten zum wirtschaftlichen Auffassung gelangt, daß das angestrebte Ziel nicht
Aufbau erforderliche Erfahrungen und regen eigene allein durch eine gewinnmindernde Rücklage, die
wirtschaftliche Initiativen in den Entwicklungslän- nach einigen Jahren gewinnerhöhend wieder aufzu-
dern an, auf die es entscheidend ankommt. lösen ist, erreicht werden kann. Sie schlägt deshalb
Deshalb ist die Bundesregierung schon seit langem die Zulassung eines verbleibenden Bewertungs-
abschlages vor. Der deutsche Unternehmer soll künf-
bestrebt, die private Investitionstätigkeit in den
tig bei einer Kapitalinvestition in den Entwicklungs-
Entwicklungsländern durch geeignete Maßnahmen
ländern einen verbleibenden Bewertungsabschlag
zu fördern. Ziel dieser Maßnahmen war es, die mit
bis zur Höhe von 15% des als abnutzbares Anlage-
Investitionen in den Entwicklungsländern verbun-
vermögen investierten Kapitals vornehmen können.
denen besonderen Risiken politischer und wirt-
Daneben soll wie bisher eine steuerfreie Rücklage
schaftlicher Art zu mildern, die häufig für die pri-
gebildet werden können, jedoch künftig bis zur
vate Wirtschaft die ordnungsgemäße Kalkulation
Höhe von 50% der um den Bewertungsabschlag
eines Vorhabens zerschlagen haben.
verminderten Anschaffungs- oder Herstellungs-
Hinsichtlich der politischen Risiken ist durch die kosten. Diese Rücklage soll erst nach sechs Freijah-
Bundesgarantien eine im allgemeinen befriedigende ren in sechs weiteren Jahren gewinnerhöhend auf-
Lösung gefunden worden. Es kommt hinzu, daß gelöst werden. Ich erinnere: bisher nach drei Frei-
sich das politische Risiko durch den Abschluß soge- jahren in fünf weiteren Jahren.
nannter Investitionsförderungsverträge verringert.
Eine entsprechende Regelung zum Ausgleich des be- Eine weitere wesentliche Verbesserung der
sonderen wirtschaftlichen Risikos ist angesichts der steuerlichen Förderungsmaßnahmen ist für den Fall
zahlreichen Faktoren, die in diesen Ländern auf der Einbringung von Maschinen und sonstigen
den Erfolg einer Investition einwirken können, nicht Sachgütern in Unternehmen in Entwicklungsländern
möglich. Im übrigen handelt es sich beim wirt- vorgesehen. Werden Maschinen und sonstige Be-
schaftlichen Risiko um einen Teil des allgemeinen triebseinrichtungen, die zu einem inländischen Be-
Unternehmerrisikos, das dem Unternehmer nicht triebsvermögen gehören und deren Buchwert stille
voll abgenommen werden soll und abgenommen Reserven enthält, in eine Kapitalgesellschaft in
werden kann. einem Entwicklungsland eingebracht 'oder in einen
Betrieb oder eine Betriebsstätte in einem Entwick-
Mit Rücksicht auf diese Risiken und als finanzielle lungsland überführt, mit dem ein Doppelbe-
Starthilfe wurde schon durch 'das Steueränderungs- steuerungsabkommen besteht, so sind nach den
gesetz 1961 die Möglichkeit geschaffen, private Ka- steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften die stil-
pitalanlagen in Entwicklungsländern steuerlich zu len Reserven aufzulösen und zu versteuern. Da
begünstigen. Der durch dieses Gesetz neu geschaf- diese Folge naturgemäß ein starkes Hemmnis für
fene § 34d .des Einkommensteuergesetzes ermäch- Investitionen in Entwicklungsländern sein kann,
tigte die Behörden der Finanzverwaltung, bei be- sieht der Gesetzentwurf vor, daß in diesen Fällen
stimmten Kapitalanlagen in Entwicklungsländern von der Besteuerung der stillen Reserven abge-
eine gewinnmindernde Rücklage bis zur Höhe von sehen werden kann.
33 1/3 v. H. ,der investierten abnutzbaren Anlage-
güter zuzulassen. Diese Rücklage ist nach dieser Be- Schließlich verdient auch die Tatsache, daß dem
stimmung nach drei Jahren in fünf gleichen Jahres- Steuerpflichtigen auf die im Entwicklungshilfe-
raten gewinnerhöhend ,aufzulösen. Durch die Begün- Steuergesetz vorgesehenen Förderungsmaßnahmen
stigung sollte insbesondere der Tatsache Rechnung ein Rechtsanspruch eingeräumt werden soll, hervor-
getragen werden, daß der Erfolg von Investitionen in gehoben zu werden. Die Gewährung der steuer-
Entwicklungsländern im allgemeinen erst nach ge- freien Rücklage nach § 34 d des Einkommensteuer-
raumer Zeit übersehen werden kann. gesetzes war in das Ermessen der Finanzbehörden
Es muß nun leider festgestellt werden, daß § 34,d gestellt.
des Einkommensteuergesetzes die Investitionstätig- Die Bundesregierung ist sich darüber klar, daß
keit der deutschen Unternehmen in ,den Entwick- über die Frage, auf welche Weise die Entwicklungs-
lungsländern nicht in dem Ausmaß gefördert hat, länder am wirkungsvollsten unterstützt werden
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4321
Bundesminister Dr. Dahlgrün
können, sehr verschiedene Meinungen herrschen regierung mit Anträgen zu bombardieren, die die
können. Sie hat sich für die im Entwicklungshilfe- Bundesregierung in ihrer finanziellen Verantwor-
Steuergesetz vorgesehenen Maßnahmen entschie- tung, Herr Finanzminister, in Bedrängnis bringen
den, weil sie glaubt, daß diese besonders geeignet könnten. Natürlich gibt es auf dem Gebiete der
sind, das angestrebte Ziel zu erreichen, und weil sie Durchführung von Direktinvestitionen in den Ent-
unserer Wirtschaftsordnung am besten entsprechen. wicklungsländern noch viele gute Vorschläge. Aber
Selbstverständlich bedürfen die Maßnahmen noch alle diese guten Vorschläge kosten Geld. Auch manche
eingehender Beratung in den beteiligten Ausschüs- Frage, die gestern vormittag in dem Hearing, das die
sen. sozialdemokratische Fraktion mit der Wirtschaft
Daß den Entwicklungsländern geholfen werden durchgeführt hat, aufgeworfen wurde, ist schon in
sollte und geholfen werden muß und daß das am unserem Entwurf des Jahres 1962 nachzulesen. Es
nachhaltigsten und sichersten durch die unmittel- ist uns schon schwergefallen, solche Fragen wie die
bare, persönliche Übertragung der Kenntnisse unse- einer Ausweitung auf den Handel und ähnliche zu
rer erfahrenen Kaufleute und Techniker auf privat- beantworten. Ich habe gehört, daß in dem Hearing,
wirtschaftlicher Grundlage erfolgen kann, steht mei- das Sie gestern morgen veranstaltet haben, gegen-
ner Überzeugung nach außerhalb jeden Streites. über dem Gesetzentwurf eine recht freundliche
Stimmung herrschte. Es ist also auch zu hoffen, daß
(Beifall in der Mitte und rechts.) die Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion bei
den kommenden Gesetzesdiskussionen eine wirt-
Vizepräsident Dr. Dehler: Der Gesetzentwurf schaftsfreundliche Stellung einnehmen werden.
ist eingebracht und begründet worden.
Das Entwicklungshilfe-Steuergesetz ist ein begrü-
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat ßenswerter Schritt zu einer Stiländerung in unserer
der Abgeordnete Dr. Fritz. Entwicklungshilfe. Staatliche Mittel werden in zu-
nehmendem Maße durch private Leistungen ersetzt
Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) : Herr Prä- oder — ich möchte lieber sagen — sollen in zuneh-
sident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU- mendem Maße durch private Leistungen ersetzt wer-
Fraktion begrüßt die Regierungsvorlage. Unsere den. Die öffentlichen Leistungen der Entwicklungs-
Fraktion setzte sich schon 1961 für eine Förderung hilfe betrugen noch vom Jahre 1950 bis zum Jahre
der deutschen Kapitalinvestitionen in den Entwick- 1961 — allerdings bei einer etwas geringeren abso-
lungsländern ein. Die damaligen Bemühungen fan- luten Höhe — rund 53%. Sie stiegen aber, als die
den, wie der Herr Finanzminister vorhin erklärt hat, Entwicklungshilfeleistungen absolut zunahmen, im
im Steueränderungsgesetz 1961 ihren Niederschlag. Jahre 1962 auf etwa 71% an. Obwohl die Gesamt-
zahlen, die dieser Rechnung zugrunde gelegt werden,
Aber diese Maßnahmen — das wurde bald auch
etwas irreführend sind, scheint mir doch das Ver-
im Parlament erkannt — waren ungenügend, und
- hältnis zwischen öffentlichen Leistungen und priva-
außerdem erfolgte die Durchführung — auch darauf
ten Leistungen, wie es jetzt besteht, ungesund zu
hat der Herr Finanzminister vorhin hingewiesen —
sein.
nach einer einengenden Auslegung.
Das vorliegende Steuergesetz soll eben auch mit-
Deshalb legte der Diskussionskreis „Entwick-
helfen, die privaten Leistungen mehr in den Vor-
lungshilfe" der CDU/CSU-Fraktion im Frühjahr 1962
dergrund zu schieben. Wenn wir andere Länder zum
einen Entwurf vor, nach dem die steuerlichen Ver-
Vergleich heranziehen, beispielsweise Großbritan-
günstigungen für Direktinvestitionen in den Ent-
nien, können wir feststellen, daß in der Bundesrepu-
wicklungsländern wesentlich verbessert werden
blik von jeder Mark, die wir in der Entwicklungs-
sollten. Dieser Vorschlag wurde damals ausgiebig
politik investieren, rund 25 Pf auf private Leistungen
diskutiert, auch mit der deutschen Wirtschaft.
entfallen. In Großbritannien z. B. liegt dieses Ver-
Kurze Zeit darauf wurde von der Arbeitsgemein- hältnis wesentlich günstiger. Dort bringt die private
schaft Entwicklungsländer der deutschen Wirtschaft Wirtschaft rund 50% der Investitionen in den Ent-
ein zweiter Vorschlag vorbereitet. Schließlich hat wicklungsländern auf. Darauf hat Herr Minister
das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam- Scheel kürzlich bei der Eröffnung der Industriemesse
menarbeit einen dritten Vorschlag ausgearbeitet, in Berlin hingewiesen.
der zum Teil auf den anderen beiden Vorschlägen
aufgebaut hat. Allerdings sind die Gesamtzahlen, die kürzlich
vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlicht
Auf dieser Basis entstand dann der jetzt vorlie- wurden, etwas irreführend. Unsere Entwicklungs-
gende Regierungsentwurf. Er ist bescheidener als un hilfeleistungen insgesamt betragen nicht — wie man
ser ursprünglicher Vorschlag, er ist auch bescheide- beim oberflächlichen Durchlesen annehmen kann —
ner als die Vorschläge der Wirtschaft und die Vor- 21 Milliarden DM. Diese Zahl gibt dem deutschen
schläge des Bundesministeriums für wirtschaftliche Volk ein falsches Bild über die Entwicklungshilfe.
Zusammenarbeit. Hier sind — man kann es nicht anders sagen —
Trotzdem ist diese Gesetzesvorlage zu begrüßen. Apfel und Birnen addiert worden. Es handelt sich
Sie dient einerseits dem Gedanken unserer Ent- bei den 21 Milliarden DM sowohl um verlorene Zu-
wicklungshilfe und berücksichtigt auf der anderen schüsse als auch um Kredite der öffentlichen Hand,
Seite auch unsere doch nicht einfach zu bewältigende um Kredite der Privatwirtschaft, um Investitionen
Haushaltslage. Wir hatten und wir haben nicht vor, der Privatwirtschaft, um Wiedergutmachungszahlun-
auf dem Gebiete der Entwicklungshilfe die Bundes gen an Israel usw. Den meisten dieser Leistungen
4322 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Dr. Fritz (Ludwigshafen)


stehen Gegenleistungen gegenüber. Die ohne Ge- einfach pflanzen und von Staats wegen Wachstum
genleistung gewährte Hilfe ist wesentlich geringer, befehlen.
wenn man von der genannten Summe alle anderen Wenn wir einmal die Verschuldung der Entwick-
Zahlen subtrahiert. Der Gesamtbetrag der Entwick- lungsländer betrachten, die die 10-Milliarden-DM-
lungshilfe braucht unsere Steuerzahler also nicht — Grenze pro Jahr ungefähr erreicht hat, und feststel-
wie das offensichtlich geschehen ist — sonderlich zu len, daß durch eine Verlängerung der Zahlungsziele
beunruhigen, dieses Problem nicht gelöst werden kann, dann er-
Alle Leistungen mit Hilfscharakter, die etwa unter kennen wir um so mehr die Bedeutung, die Privat-
Entwicklungshilfe fallen können, sind vielleicht nur investitionen auch in diesem Bereich in den Ent-
mit 12 Milliarden DM anzugeben. Davon sind 7 Mil- wicklungsländern haben können.
liarden DM öffentliche Mittel und etwa 5 Milliarden Drittens. Die wirtschaftspolitische Betrachtung der
DM private Mittel. Wenn man den Begriff der Ent- Entwicklungshilfe ist für uns zweifellos eine ord-
wicklungshilfe noch enger auslegt, kommen wir nungspolitische Betrachtung. Im System der Markt-
vielleicht auf eine Leistung in Höhe von 8 Milliar- wirtschaft sind Staatshilfen, wie wir sie jetzt zum
den DM. Dabei sollte man in unserer Öffentlichkeit großen Teil geben, doch recht problematisch. Ich
doch beachten, daß der weitaus überwiegende Teil darf in diesem Zusammenhang auf die Kritiken von
davon nur aus Krediten und nicht aus Zuschüssen Herrn Professor Röpke und von Herrn Professor
besteht. Das Verhältnis von öffentlichen Krediten Meyer, Bonn, hinweisen.
und Zuschüssen, wie sie beispielsweise im Rahmen
der technischen Hilfe gewährt werden, beträgt 7 : 1. Viertens: Der Weltmarkt erfährt in der gegen-
Wenn wir dann die Zuschüsse, also Gelder, die wir wärtigen Zeit unter anderem auch durch die Ent-
den Entwicklungsländern schenken, noch besonders wicklungshilfe eine gewaltige Strukturänderung.
betrachten, dann stellen wir fest, daß es sich um Man kann von einer zweiten weltweiten industriel-
Zuschüsse zur Vermehrung von Wissen und Können len Revolution in der zweiten Hälfte des 20. Jahr-
in den Entwicklungsländern handelt. Ich will nur hunderts sprechen. Von dieser Revolution sind auch
eine Zahl nennen: Wir haben aufgebaut und bauen wir in der Bundesrepublik, mit oder ohne Entwick-
gegenwärtig noch auf 64 Gewerbeschulen. Mit den lungshilfe, betroffen. Deshalb wird eine langfristige
Zuschüssen allein auf diesem engen Gebiet in allen deutsche Strukturpolitik im Rahmen unserer Wirt-
möglichen Entwicklungsländern können wir beim schafts- und Gesellschaftspolitik in den kommenden
Abschluß dieser Planungen ständig rund 16 000 Jahrzehnten von der Tatsache bestimmt werden, daß
junge Menschen ausbilden. neben dem Zusammenschluß in größeren Wirt-
schaftsräumen weltweit wirksame Kostenfaktoren
Wir sollten uns, wenn wir die Entwicklungshilfe- zunehmend unsere Wettbewerbsfähigkeit draußen
zahlen betrachten, auch daran erinnern, daß 60 bis in der Welt bestimmen. Man kann es ganz ruhig
70%alerListung derFomin und offen sagen: Manche lohnintensiven Produktio-
Bundesrepublik zurückfließen, sei es als Gehälter, nen in Deutschland werden durch diese weltweite
als Aufträge, Leistungen, sei es als Lieferungen der Entwicklung ihre bisherige Position nicht mehr ohne
deutschen Wirtschaft. Ich sage das ganz offen, weil weiteres halten können.
uns, nämlich den Politikern, die Mißverständnisse,
die durch die gewaltigen Zahlen in der Öffentlich- Hieraus ergibt sich natürlich für unsere Politik
keit entstehen, im Grunde genommen mehr zu schaf- eine zwingende Folgerung. Wir müssen dann näm-
fen machen als gewisse Vorteile im Vergleich der lich versuchen, begünstigt durch die bestehende
internationalen Entwicklungshilfeleistungen, auf die Vollbeschäftigung in der Bundesrepublik, die Ent-
die Zahlenangaben ursprünglich angesetzt waren. wicklungshilfe als eine Strukturhilfe für eigene be-
drohte Branchen zu sehen. So hat das Entwicklungs-
Im übrigen können wir bei einem Vergleich mit hilfe-Steuergesetz, dessen Entwurf uns vorliegt, u. a.
den Leistungen der anderen Staaten feststellen, daß auch eine strukturpolitische Bedeutung für uns sel-
auch dort erhebliche Abstriche zu machen sind, wenn ber in der Bundesrepublik. Es wäre auch nicht
man von den gesamten Leistungen die Leistungen schlecht, Entwicklungshilfe mehr unter dem Ge-
abzieht, die auf Gegenseitigkeit beruhen. Dann wird sichtspunkt einer binnen- und außenwirtschaftlichen
das gesamte Tableau der Entwicklungshilfe nicht nur Strukturpolitik aufzufassen. Das heißt, wir fördern
in der westlichen Welt, sondern — wohlgemerkt! — auf der einen Seite die Strukturverbesserungen in
auch in der östlichen Welt wesentlich geringer. den Entwicklungsländern, und wir erleichtern mit
Hilfe , der Entwicklungspolitik auf der anderen Seite
Was bezwecken wir nun mit dem vorliegenden
die Anpassung der deutschen Wirtschaft an den
Steuergesetzentwurf? Erstens soll er, innen- und
weltwirtschaftlichen Wandlungsprozeß, von dem
finanzpolitisch betrachtet, eine Entlastung der öf-
wir uns nicht ausschließen können.
fentlichen zugunsten der privaten Leistungen brin-
gen. Zweitens sollen die Privatinvestitionen den Das Mittel der Entwicklungshilfe ist also durchaus
Entwicklungsländern eine ökonomisch sinnvolle Un- ein legitimes Instrument des Staates, um die eigene
terstützung bringen, die an einer mangelnden Unter- Strukturpolitik zu unterstützen. Wir können z. B. ge-
nehmerschicht leiden, die auf das falsche Pferd der fährdete deutsche Branchen anregen, wenigstens die
fast vollkommenen Wirtschaftslenkung gesetzt ha- unternehmerische Leistung, das Wissen und Können,
ben und deshalb früher oder später infolge ihrer den Arbeitsplatz eines Stammes von Facharbeitern
Wirtschaftspolitik Schiffbruch erleiden müssen, den durch die Ansiedlung in bestimmten Entwicklungs-
Ländern, die oft meinen, man könne Unternehmen ländern zu erhalten, i n diesem Fall vor allein in den
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4323
Dr. Fritz (Ludwigshafen)
Randzonen Europas, die sich dafür besonders an- Sie ist es in der Tat! Warum sollten wir das
bieten. eigentlich auch der Ehrlichkeit halber nicht den Ent-
Ein für uns in diesem Zusammenhang höchst inter- wicklungsländern sagen! Exportförderung in die
essanter Fall ereignete sich kürzlich in der Schweiz. Entwicklungsländer bedeutet doch gleichzeitig,
Produktionsverlagerung, internationale Arbeits- wenn sich die Wirkung des Exports vollzogen hat,
teilung erfolgte dort aus der Überlegung, daß es eine Förderung des Exports aus den Entwicklungs-
besser sei, gewisse Produktionen der Wirtschaft im ländern. Der deutsche Kapitalgüterexport schafft
Ausland durchzuführen, als die Zahl der Gast- Produktionen in den Entwicklungsländern, er schafft
arbeiter in der Schweiz weiter zu erhöhen. Der auch kaufkräftige Schichten durch die erzielten Ein-
Schweizerische Bundesrat hat deshalb eine Entschei- kommensverbesserungen in den Entwicklungslän-
dung getroffen, daß Rohstoffe, die zuvor eingeführt dern. Zwangsläufig bedeutet das doch für die Ent-
wurden, oder eigene Rohstoffe exportiert, draußen wicklungsländer eine Verringerung von Einfuhren
— in Italien oder anderen Ländern — zu Halb- von Konsumgütern aus den Industrieländern, bis
fertigprodukten verarbeitet und dann wieder in die das Gesamteinkommen gestiegen ist und neue Kauf-
Schweiz zurückimportiert werden konnten, wo dann kraft für neue Bedürfnisse geschaffen ist. Dies be-
die Weiterverarbeitung zu Fertigerzeugnissen er- deutet aber auf der anderen Seite eine Vergröße-
folgte. rung des Konsumgüterexports aus den Entwick-
lungsländern wiederum in die Industrieländer.
Das sind Überlegungen, die wir früher oder spä- Ich möchte im Rahmen dieser Betrachtung ein
ter auch in unserem Kreise anstellen müssen. Aller- Beispiel geben. Die deutsche Landwirtschaft hat
dings muß dann auch der im Entwicklungshilfe-
auch bei solchen Überlegungen besondere Export-
Steuergesetz jetzt begonnene Faden systematisch
chancen. Nur muß man sich dann etwas von der
weitergesponnen werden. Gedankenassoziation frei machen, landwirtschaft-
Doch gäbe es, wenn unsere Politik eines Tages lichen Export nur als Export von Überschüssen zu
einer solchen Richtung folgen sollte, einige Fragen sehen. Landwirtschaftlicher Export wird dann ein
zu klären. Wie steht es beispielsweise mit dem Ver- Export von hochwertigen Gütern sein, die mit bei-
kauf deutscher Anlagen für die Entwicklungsländer? zutragen haben, die landwirtschaftliche Entwicklung
Wie steht es mit einer möglichen Vermietung und in den Entwicklungsländern zu fördern. Saatgut,
ähnlichem mehr? Stillegung drinnen ist immer ein Zuchtvieh und ähnliches wird dann im Vordergrund
gräßliches Wort, zum Teil aber, bei Strukturver- unserer landwirtschaftlichen Exportüberlegungen zu
änderungen, sind Stillegungen nicht umgehbar. Sie stehen haben, und nicht ausschließlich der Export
müßten dann eben weitgehend verbunden werden von Überschußgütern, wie wir das nach dem ameri-
mit dem Wort: Fabrikanlagen nach draußen. kanischen Beispiel da und dort exerziert sehen.
Aber wir können ja nicht so kurzfristig denken. Wir sehen für die nächsten Jahrzehnte einen
Wir sollten uns auch überlegen, daß in den künfti- Strukturwandel auf dem Exportmarkt in den Ent-
gen GATT-Konferenzen manches auf uns zukommen wicklungsländern. Wir sehen einen Strukturwandel
wird im Hinblick auf eine liberale Handelspolitik in der gesamten Weltwirtschaft, auf den wir, die
gegenüber den Entwicklungsländern und daß wir Bundesrepublik Deutschland, uns auch im Export
uns auf die Dauer solchen Einsichten kaum ver- viel stärker einzustellen haben, als das heute offen-
schließen können. Deswegen haben wir durchaus sichtlich geschieht. Wir müssen uns mehr der inter-
ein legitimes Interesse — auch im Sinne der Ent- nationalen Konkurrenz stellen, als das bisher der
wicklungsländer —, Entwicklungshilfe als ein Mittel Fall gewesen ist. Für manche — ich sage das ganz
der binnendeutschen Strukturpolitik zu betrachten. offen — wird es ein böses Erwachen geben, auch
Das vorliegende Gesetz gibt uns einen gewissen für manchen Unternehmer, wenn er die Konsequen-
Ansatzpunkt hierfür. zen im eigenen Bereich nicht rechtzeitig zieht. Den-
Weiterhin: Ein Land, das etwa an dritter Stelle im ken wir doch hierbei nur an die Parole des ameri-
Welthandel steht und dessen Wirtschaftswachstum kanischen Präsidenten Kennedy: „Exportieren oder
weitgehend von der Außenhandelssituation abhän- sterben!" Die Hauptstoßrichtung der US-Export-
gig ist, muß notgedrungen Entwicklungshilfe auch offensive geht in die Entwicklungsländer. Dabei ist
unter den Außenhandelsaspekten betrachten. Dabei offenes Nahziel, den amerikanischen Export um
gibt es eine gewisse Gesamtbetrachtung der Pro- 10% zu erhöhen. Denken wir an den Clay-Report
bleme, vom kurzfristigen Export angefangen über mit allen seinen Konsequenzen!
den Export von Wissen und Können, den Export Die unter dem Motto Entwicklungshilfe betrie-
von Anlagegütern in die Entwicklungsländer bis hin bene Exportförderung anderer Konkurrenzländer
zur Direktinvestition, die wir im Augenblick beson- wird die deutsche Ausfuhr in manche Länder erheb-
ders fördern wollen. Vielleicht haben wir eine solche lich beeinträchtigen, ja, sie wird jetzt schon beein-
Gesamtbetrachtung gegenüber den Entwicklungs- trächtigt. Die Entwicklungshilfe finanziert die soge-
ländern bisher da und dort zu sehr vernachlässigt, nannten „Commodities", und zwar in einem Aus-
möglicherweise aus der Angst, es könnte in den Ent- maß, daß mehr oder weniger der gesamte Import-
wicklungsländern falsch verstanden werden, wenn bedarf des jeweiligen Landes gedeckt wird. Das Pro-
wir unserem Volk bei der Betrachtung dieses lebens- blem ist insofern akut, als einige Industrieländer
wichtigen Exportinteresses sagen: Die Entwicklungs- zu strikten Lieferbindungen bei ihren Exporten in
politik der Bundesrepublik ist gleichzeitig die größte diese Länder übergegangen sind. Es ist für uns alar-
Exportanstrengung, die Deutschland in seiner Wirt- mierend, wenn man die konkreten Zahlen aus eini-
schaftsgeschichte je gemacht hat. gen Ländern betrachtet.
4324 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Dr. Fritz (Ludwigshafen)


Ich darf als Beispiel den Export von Stickstoff- Hier wäre manches vorzuschlagen, um die Situa-
düngemitteln in einige Länder nennen, nach Viet- tion zu verbessern: Schaffung der Voraussetzungen
nam beispielsweise. Durch umfangreiche Finanzie- bei der Verwaltung und auch im parlamentarischen
rung von Düngemittellieferungen bei gleichzeitiger Geschäftsgang für eine wesentliche Abkürzung des
Lieferbindung haben die Vereinigten Staaten den gesamten Verfahrens dieser Abkommen und viel-
Anteil an Stickstoffimporten nach. Vietnam inner- leicht eine sinngemäße Anwendung der Bestimmun-
halb von zwei Jahren von 1 % auf 50% erhöht. gen der unterzeichneten Verträge unter Umständen
Das gleiche gilt für. Südkorea, das gleiche gilt für schon vor der Ratifizierung, womöglich eine Straf-
Pakistan, das gleiche gilt für andere Länder Ost- fung und Vereinfachung der Vertragstexte im Inter-
asiens. esse einer Beschleunigung des Verfahrens ohne Ver-
Ich darf an die Situation auf dem Lastkraftwagen- zicht auf Mindestbedingungen — die Schweizer
markt in Pakistan erinnern, wo unsere Chancen haben ein ähnliches Beispiel gegeben —, die Auf-
durch die Lieferbindungen im Rahmen der Ent- stellung eines Zeitplans — das scheint mir mit am
wicklungshilfe wesentlich gesunken sind. Ich darf wichtigsten zu sein — für den Abschluß der nächsten
an die Situation hinsichtlich des Exports von Last- Verträge mit den wichtigsten Investitionsländern.
kraftwagen in den Kongo, hinsichtlich des Exports Sonderregelungen in Investitionsförderungsverträ-
von feuerfestem Material in die Türkei erinnern. gen, die aus politischen oder wirtschaftspolitischen
Es gibt sehr viele Beispiele, die heute in der deut- Gründen zugestanden werden, müssen von Bundes-
schen Wirtschaft doch alarmierend wirken. garantien aufgefangen werden. Unabhängig von bi-
lateralen Investitionsförderungsverträgen sollten
Das alles hängt natürlich damit zusammen, daß die Bemühungen um die Schaffung eines multilate-
wir heute versuchen, unsere Wirtschaft mehr an ralen Abkommens, wie es beispielsweise jetzt im
der Situation in den Entwicklungsländern zu inter- Rahmen der OECD vorgesehen ist, nach wie vor
essieren, nicht nur durch den kurzfristigen Export, gefördert werden. Dabei sollte man aber auch Anre-
sondern auch durch das Long-term-Geschäft, das gungen, wie sie von Abs seit Jahr und Tag gegeben
Anlagegeschäft und schließlich durch die Direkt- werden, über internationale Konventionen nicht ver-
investition. Das jetzt vorliegende Steuergesetz ist gessen.
ein guter Anfang. Auf seinen Inhalt im einzelnen
einzugehen, hat heute wenig Sinn, da ja in den Wenn wir die Entwicklungsländer durch Direkt-
Ausschüssen Zeit für Beratungen sein wird. Aber investitionen, durch steuerliche Maßnahmen unter-
ich muß in die Betrachtung doch noch einige Nach- stützen wollen, müssen wir natürlich auch an die
Finanzierungsbasis, an eine weitergehende Finan-
barbereiche einbeziehen, die unmittelbar neben die-
zierungsbasis denken. Wir haben im ERP-Sonder-
sem Gesetz, unmittelbar neben dem Problem der
Direktinvestitionen zu finden sind oder mit ihm zu- vermögen einen gewissen Betrag — ich glaube, rund
20 Millionen , DM — vorgesehen. Auch hier sind die
sammenhängen.
Bedingungen zwar erleichtert worden, aber im Zu-
Eine Steuerpolitik in der Bundesrepublik als In- sammenhang mit dieser Position wind von seiten
vestitionsanregung in den Entwicklungsländern er- der Wirtschaft darauf hingewiesen, daß die Kredit-
fordert auch in den Entwicklungsländern eine ent- linie des Refinanzierungsfonds in Höhe von 20 Mil-
sprechende Behandlung nicht nur auf steuerlichem lionen DM für das Jahr 1963 erst Anfang August
Gebiet. Tatsächlich sind hier manche Mängel zu freigegeben wurde. Von dem Kreditplafond des Vor-
finden. Von seiten eines potentiellen Investors sind jahres in Höhe von ebenfalls ,20 Millionen DM sind
zwei Hauptforderungen an die Steuerpolitik eines wegen des zögernden Abrufs der Mittel durch die
Entwicklungslandes zu stellen, erstens die Rechts- WirtschafnogößeBrävfüba,sodß
sicherheit und zweitens erträgliche und nach Mög- zur Zeit erhebliche Möglichkeiten für ,die Gewäh-
lichkeit günstige Steuerbelastung. Beide Komponen- rung von Refinanzierungskrediten bestehen. Ich
ten eines positiven Steuerklimas müssen gemein- glaube, das war nicht der Sinn des Gesetzes, nicht
sam vorhanden sein. Insbesondere werden noch so der Sinn des ERP-Vermögens, daß diese Verzöge-
verlockende Steuervergünstigungen wenig nützen, rung nun eingetreten ist.
wenn sie nicht mit der Garantie eines längeren Be-
Andere Kredithilfen für Unternehmen in den Ent-
standes in einem verständigen Steuersystem kom-
wicklungsländern stehen zur Diskussion. Man sollte
biniert sind. Das bedeutet natürlich, daß wir neben
von unserer Seite her diese Bemühungen recht posi-
dem steuerwirksamen Steuergesetz auch darauf
tiv beurteilen. Die Arbeitsgemeinschaft „Entwick-
achten müssen, daß die Doppelbesteuerungsabkom-
lungsländer" hat einen Vorschlag gemacht, öffent-
men und Rechtsschutzabkommen mit den Entwick-
liche Mittel als langfristige Kredite unmittelbar an
lungsländern in einer schnelleren Folge vollzogen
Niederlassungen usw. zu geben. Da öffentliche Mit-
werden und auch viel mehr Abkommen geschlossen
tel für diesen Zweck zur Zeit nicht verfügbar sind,
werden, als das heute der Fall ist. Hier muß ich
überlegt man sich, ob man refinanzierte Währungs-
leider der Bundesregierung sagen, daß trotz mehr-
kredite oder Direktkredite aus Gegenwertmitteln
jähriger Bemühungen bis jetzt erst 15 Investitions-
einsetzen kann.
förderungsverträge abgeschlossen und paraphiert
wurden. Die Wirtschaft ist in stärkerem Maße am Nun, die Frage des Einsetzens der Gegenwertmit-
baldigen Abschluß solcher Abkommen mit möglichst tel für die Finanzierung der Direktinvestitionen
vielen Entwicklungsländern interessiert, vor allem, steht im Augenblick nur in einem Land, in Pakistan,
wenn das Steuergesetz seine richtigen Auswirkun- zur Diskussion. Vielleicht wird sich die Situation
gen haben soll. dann ändern, wenn die Entwicklungsländer nicht
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4325
Dr. Fritz (Ludwigshafen)
mehr so wie heute in der Lage sein werden, ihren Es wäre auch manches zu den Hermes-Richtlinien
Verpflichtungen in harter Währung nachzukommen, zusagen,dirBfzmnstevorhi-
und wenn wir uns eines Tages vor der Notwendig- wähnt hat. So ganz, wie der Herr Bundesfinanz-
keit sehen, Rückzahlungen in weichen Währungen minister es gesagt hat, ist die Wirtschaft mit der
entgegenzunehmen, ,auf Gegenwertfonds anzusam- Neufassung der Richtlinien nicht einverstanden. Es
meln und diese Gegenwertfonds wieder sinnvoll in geht vor allem darum, eine Erweiterung des
dem betreffenden Land einzusetzen. Gewiß, wir Deckungsumfangs auf die unmittelbaren politischen
drängen uns nicht danach, weil mit ,der Bildung von Risiken zu erreichen. Nach der gegenwärtigen Re-
Gegenwertfonds schwierige Finanzprobleme auch gelung wird doch einiges, was nicht unbedingt in
für die Entwicklungsländer verbunden sind. das Unternehmerrisiko gehört, dem Unternehmer
angelastet. Aber darüber ist in einem anderen Rah-
Die Deutsche Gesellschaft für Entwicklungshilfe men zu diskutieren. Man muß das aber auch im Zu-
wurdegünt.WihabusmEnwcklg- sammenhang mit den Direktinvestitionen sehen und
hilfeausschuß kürzlich darüber unterhalten. Sie hatte soweit auch long-term-Geschäfte als Direktinvesti-
einen relativ guten Start. Wenn man sich an die tionen anzusprechen sind.
harte Kritik der Wirtschaft erinnert, die laut wunde, Es geht auch nicht immer darum, in den Entwick-
als diese Gesellschaft vor einem Jahr gegründet
lungsländern Direktinvestitionen vorzunehmen. Es
wurde, und wenn man feststellt, daß die Wirtschaft
gibt einige Dinge, die wir vielleicht noch etwas zu
inzwischen über eine recht gute Position in dieser
wenigbrückshta,wiebplsd
Gesellschaft verfügt und ,daß das Urteil der Wirt-
Vergabe von Herstellungs- und Verfahrenslizenzen
schaft im allgemeinen positiv ist, so kann man nur
indeEtwcklugsär.Abeihnauc
feststellen, daß die Wirtschaft damals zu Unrecht
schon einige Schwierigkeiten auf diesem Gebiet auf
die Gefahr sah, diese Gesellschaft würde politisiert
uns zukommen, beispielsweise Schwierigkeiten, die
werden. Ich glaube, weiter braucht man hierzu
uns im Patentwesen — ich sage es ganz offen — in
nichts zu sagen, wenn man die Zusammensetzung
Indien gemacht werden, wo ein nationales Gesetz
des Aufsichtsrats und anderer Organe der Gesell-
für Notfälle vorbereitet wird, das den Patentschutz
schaft betrachtet. Sie arbeitet zufriedenstellend.
gefährdtunmi agzbestmnB-
Wenn man die englische Schwestergesellschaft be-
reichen den Patentschutz sogar abschaffen will, bei-
trachtet,. die eine viel längere Anlaufzeit als die
spielsweise in der Heilmittelindustrie, wodurch un-
deutsche Entwicklungshilfegesellschaft benötigte,
sere deutsche pharmazeutische Industrie relativ
kann man nur sagen: Hoffentlich geht die Entwick-
stark betroffen werden wird.
lung bei unserem Unternehmen so weiter.
Für die kleineren deutschen Unternehmen ist
Es wäre noch manches zur Finanzierung bei- natürlich der vorliegende Gesetzentwurf auch nur
spielsweise durch die Privatbanken zu sagen, die eine beschränkte Hilfe. Es wird noch eine Beratungs-
immer mehr eine besondere Bedeutung im- Rahmen hilfe hinzutreten müssen, wie sie im Augenblick von
des langfristigen Entwicklungshilfegeschäfts erlan- der Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit
gen. Es wäre auch manches zu sagen über den Zu- durchgeführt wird, wie sie aber auch RKW und an-
sammenhang zwischen AKA-Finanzierungen und dere Organisationen gegenwärtig in Form kosten-
Hermes-Geschäften bzw. KfW-Finanzierungen. Dazu loser Beratungen für Kleinstunternehmen durchzu-
sind von der Wirtschaft Fragen gestellt worden, die führen beginnen.
von den Verantwortlichen in den genannten Kredit- Es wurde in diesem Zusammenhang auch vorge-
instituten und auch von der Bundesregierung eigent- schlagen, sogenannte Marktgarantien, Markterschlie-
lich noch zu beantworten sind. Es stellt sich einmal ßungsversicherungen einzuführen, um es kleineren
die Frage, wie weit das Banksystem überhaupt erwei- Unternehmen zu ermöglichen, bei einem Struktur-
tert werden kann, wieweit wir in den Entwicklungs- wandel ohne größeres Risiko neue Märkte zu er-
ländern Entwicklungsbanken mitfinanzieren kön- schließen und sich vielleicht auch auf neuen Märkten
nen, wie es teilweise schon von seiten des Staates niederzulassen. Das ist noch in der Diskussion. Es
geschieht, wobei sich aber auch die Privatbanken wird sich zeigen, ob dieser Vorschlag, der von seiten
engagiert haben. Es ist weiter die Frage, wie die der Wirtschaft kommt, aufgegriffen werden kann
Kreditkosten für das langfristige Geschäft herabge- oder ob ihm doch zu viele Bedenken auch von seiten
mindert werden können. Auf dem X. Bankierstag der Regierung entgegenstehen.
wurden all diese Probleme. angesprochen. Es wur-
den viele Vorschläge gemacht, die auch von seiten Ich muß ganz kurz noch etwas zum Finanzierungs-
der Regierung zu prüfen wären. instrument der Kapitalhilfe sagen. Wir haben unge-
fähr 7,5 Milliarden DM für 65 Entwicklungsländer
Offensichtlich trägt das deutsche Refinanzierungs zugesagt. Es sind etwa 250 Projekte, die wir gegen-
system der Tatsache nicht genügend Rechnung, daß wärtig draußen finanzieren. Ein bedeutendes Finan-
die dem deutschen Ausführer obliegende Aufgabe, zierungsinstrument, das auf viele Jahre hin wirk-
Finanzierer seiner Abnehmer zu sein, bei zuneh- sam ist. Wir sehen aber in der ganzen Problematik
mender Verlängerung der Zahlungsziele zu einer der rund 250 Projekte auch die Nachteile einer staat-
hohen Verschuldung und übermäßigen Aufblähung lichen Kapitalhilfe, u. a. das Problem der Prestige-
der Bilanz des deutschen Exports vor allen Dingen projekte. Wir haben ja erst letzthin in unserem
in die Entwicklungsländer führt. Das ist eine der Ausschuß über das eine oder andere Projekt in die-
Kritiken, die auf dem Bankierstag an der Finanzie- sem Zusammenhang gesprochen. Wir befürchten
rung geäußert worden sind. manchmal, daß auch bei einer Beschränkung auf
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deutsche Lieferungen der Kreis der Begünstigten zu lungsland tätig ist, ob als Diplomat, ob als Lehrer,
eng ist, auch wenn man die Zulieferer, wie es sie als Monteur oder als Ingenieur, muß sich auch in
beispielsweise in Rourkela damals in großer Zahl gewissem Sinne als ein Botschafter für Deutschland
gab, dazurechnet. Denken wir dabei auch an die in diesem Entwicklungsland draußen fühlen. Leider
Marktverstopfungen, die ich vorhin erwähnte, im ist diese Einstellung nicht immer zu finden. Viel-
Zusammenhang mit den Vereinigten Staaten und leicht ist der Grund darin zu suchen, daß wir zu lange
ihren engen Lieferbindungen nicht nur für Anlage- von der Welt abgeschlossen waren; vielleicht erlaubt
güter, dann können wir den Sinn der Kapitalhilfe es aber auch die Vollbeschäftigung nicht immer, die
nicht nur in der Anlagefinanzierung und Anlage- geeigneten Menschen auch in die Privatinvestitionen
lieferung sehen. nach Übersee zu senden.
Das Problem des Long-Term-Geschäfts spielt hier Die Wirtschaft muß, wenn sie die Direktinvestitio-
eine Rolle, und dabei insbesondere der Manage- nen in den Entwicklungsländern fördern will, besser
ment-Übergang. Manchmal hat man den Eindruck, und systematischer als bisher auf den Auslandsein-
als würden hierbei unserer Regierung von den satz ihrer Leute achten, und dazu gehört bei jedem
deutschen Firmen gewissermaßen Findelkinder von u. a. ein Wissen um die politischen Probleme der Bun-
beachtlicher Größe vor die Tür gesetzt und als desrepublik Deutschland und um die Weltpolitik.
müsse die deutsche Bundesregierung dann für diese Meine Damen und Herren, nichts ist schlimmer als
aufkommen. Wir sollten darauf achten, vielleicht bei der Ohne-mich-Deutsche in einem Entwicklungsland.
den Hermes-Bewilligungen, daß bei Long-Term-Ge- Wir benötigen im Rahmen der Wirtschaft sicherlich
schäften die Frage des Management-Übergangs eini- keine Agitatoren. Wir brauchen aber draußen Men-
germaßen geregelt wird, damit wir nicht nachher schen, die sich zu ihrem Land und zu seinen Lebens-
noch für privatwirtschaftliche Leistungen aufzukom- fragen bekennen und die auch die Probleme kennen.
men haben.
Das hängt eng mit einer anderen Sache zusammen,
Ein Finanzierungsproblem ergibt sich natürlich die uns immer wieder Kummer bereitet, nämlich mit
auch im Rahmen der internationalen Töpfe, die auch der Öffentlichkeitsarbeit als Zusammenarbeit zwi-
für die Direktinvestitionen von Bedeutung sind. Bei schen Staat und Wirtschaft. Hier sind viele Wünsche
der Weltbankfinanzierung sind wir einigermaßen offen. Der Fall Rourkela ist in vielen Dingen ein
günstig beteiligt. In der EWG-Finanzierung haben klassischer Fall, der das recht deutlich gezeigt hat.
wir erhebliche Bedenken. Es sind einige Vorschläge Jede Aktion einer deutschen Firma in einem Ent-
gemacht worden, die vielleicht die Stellung der wicklungsland wird schon von einer bescheidenen
deutschen Wirtschaft bei der Berücksichtigung der Größenordnung an draußen als ein Politikum gewer-
deutschen Aufträge durch die Europäische Wirt- tet. Es heißt dann draußen nicht: Krupp oder Demag
schaftsgemeinschaft verbessern können. hat dieses getan, sondern es heißt immer: Die Deut-
Einen Satz müssen Sie mir noch im Zusammen-
- schen haben diese Fabrik gebaut. Die Privatwirt-
hang mit den Direktinvestitionen erlauben. Er be- schaft wird damit draußen auch zur Repräsentanz
zieht sich auf die technische Hilfe. Wir alle wissen, des Staates; sie muß sich dann aber auch als eine
daß die Errichtung von Fabriken auch mit Hilfe des solche Repräsentanz fühlen, muß ihre Projekte dem-
vorliegenden Gesetzes draußen in den Entwicklungs- entsprechend in der Öffentlichkeit der Entwicklungs-
ländern nicht genügt. Nicht nur der Staat, auch die länder einführen. Daß ein Werk draußen funktio-
Wirtschaft benötigt draußen Menschen, die dort auf- niert, ist noch nicht entscheidend; es muß auch in
bauen und erhalten und das Wissen und Können der richtigen Weise dargeboten werden. Der Staat
vermitteln. Deswegen haben auch die Betriebe die muß dann aber auf der anderen Seite die Wirtschaft
Pflicht, z. B. Lehrlingsausbildung draußen in den unterstützen, muß sie draußen als ein Politikum an-
Direktinvestitionen durchzuführen. Warum sollte erkennen, was nicht immer geschieht.
der Staat es nicht auch honorieren, wenn die deut-
Wenn wir so viel von Direktinvestitionen in den
schen Unternehmen bereit sind, draußen Lehrlings-
werkstätten über das betriebsnotwendige Maß hin- Entwicklungsländern sprechen, müssen wir natürlich
auch darauf hinweisen, daß die Entwicklungsländer
aus aufzubauen? Es hat einige Vorteile für den
oft Sorge vor einer Überfremdung haben, daß sie
Staat. Die erweiterten Lehrwerkstätten sind wirk-
meinen, wir wollten unsere Unternehmen draußen
lichkeitsnahe, das heißt, besser auf die Bedürfnisse
nicht im Sinne der Partnerschaft aufbauen, sondern
des Landes zugeschnitten als staatliche Lehrwerk-
stätten. Ihre Bezuschussung ist für den deutschen eine neue Form der wirtschaftlichen Hegemonie
Staat billiger als die Schaffung eigener Einrichtun- schaffen, die das alte System des Kolonialismus ab-
gen, das Risiko für unseren Staat ist geringer, und löst. Das ist in unserer Zeit nicht mehr gegeben; wir
unser Staat hat dann auch nicht das leidige Personal- haben nicht diese Absicht. Unsere Hilfe — auch im
problem zu bewältigen. Rahmen der Privatwirtschaft — ist eine durchaus
ehrlich gemeinte Hilfe. Wenn die Entwicklungs-
Ich glaube, das Bundesministerium für wirtschaft- länder gegenüber gewissen Überfremdungen miß-
liche Zusammenarbeit hat eine solche Anregung trauisch sind, sollten wir sie in den Diskussionen
schon aufgenommen; soviel ich weiß, liegen auch draußen auch daran erinnern, daß die ausländischen
schon sechs Anträge von seiten der deutschen Wirt- Investitionen in der Bundesrepublik doch auch einen
schaft vor. Auch die Industrie hat, wenn sie Direkt- erheblichen Umfang haben und trotzdem in der
investitionen durchführen will, zuwenig Menschen, Öffentlichkeit bei uns keine größere Diskussion aus
die geeignet sind, diese Investitionen draußen zu einer Angst vor Überfremdung eingesetzt hat und
leiten und darin zu arbeiten. Wer in einem Entwick daß wir eben versuchen, all diese Investitionen des
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4327
Dr. Fritz (Ludwigshafen)
Auslands in der Bundesrepublik zu benutzen, um setzvorlage ist; das geht schon daraus hervor, daß
einen Wertzuwachs zu schaffen zum Nutzen unserer der federführende Ausschuß der Finanzausschuß sein
gesamten Volkswirtschaft und zum Nutzen unseres wird.
ganzen Volkes.
(Vorsitz: Präsident D. Dr. Gerstenmaier.)
Damit, meine Damen und Herren, darf ich dem
Entwicklungshilfe-Steuergesetz einen erfolgreichen Welche Bedeutung die Entwicklungshilfe im Rah-
und schnellen Weg durch dieses Hohe Haus wün- men unserer Außenpolitik hat, wird leider von der
schen. Masse unserer Bevölkerung noch immer nicht ge-
(Beifall bei den Regierungsparteien.) nügend gewürdigt, und wir werden auch das große
Interesse, das notwendige Interesse für diese Fragen
nicht durch unsere Reden an dieser Stelle wecken.
Vizepräsident Dr. Dehler: Der Herr Kollege Das muß mit anderen publizistischen Mitteln in die
Dr. Fritz hat ein sehr interessantes Vademekum über
große Masse getragen werden. Die Mittel, die uns
sämtliche Probleme der Entwicklungshilfe gegeben.
für die Entwicklungshilfe zur Verfügung standen
Mit der Vorlage, Herr Dr. Fritz, hat das nur sehr be-
und stehen, sind immer beschränkt gewesen. Auch
dingt einen Zusammenhang gehabt. Ich wollte Sie
der Herr Bundesfinanzminister und Herr Fritz haben
nicht unterbrechen; es hat mich sehr interessiert;
darauf hingewiesen, daß wir diese Mittel nicht un-
aber an sich sollen die Darlegungen der Redner zur
beschränkt erhöhen können. Wir mußten deswegen
Sache gehören, von der Sache nicht abweichen.
von manchem Vorhaben Abstand nehmen, das wir
(Zurufe von der SPD: Sehr wahr! — Sehr gerne verwirklicht hätten. Herr Dr. Fritz, ich bin
richtig!) überzeugt, daß von der Erfüllung einer Reihe von
Nur die steuerlichen Maßnahmen zur Förderung Wünschen, die Sie jetzt hier vorgetragen haben,
von privaten Kapitalanlagen in Entwicklungslän- auch wieder Abstand genommen werden muß, ein-
dern sind Gegenstand des Entwurfs; aber ich wollte fach deswegen, weil uns die Mittel zu ihrer Reali-
Sie nicht stören, das Haus war Ihnen offensichtlich sierung fehlen.
dankbar. Das ist einer der Hauptgründe, weswegen wir
Das Wort hat Herr Dr. Atzenroth. diesem Gesetz unsere Zustimmung geben; denn ob-
wohl die Bundesrepublik mit ihren eigenen Leistun-
(Abg. Frau Beyer [Frankfurt] : Ich hatte mich gen für Kapital- und technische Hilfe zu den vier
lange vorher gemeldet!) großen Ländern — neben Amerika, England, Frank-
— Nein, Herr Dr. Atzenroth hatte sich vorher reich — gehört, ist der Anteil an der privaten Hilfe
gemeldet. bisher verhältnismäßig gering geblieben. Ich habe
(Erneuter Zuruf der Abgeordneten Frau hier eine Aufstellung für die Jahre 1956 bis 1962.
Beyer [Frankfurt].) Danach beträgt unser Anteil an der privaten Hilfe
- ein Zehntel der amerikanischen Hilfe.
Dr. Atzenroth (FDP) : Ich wollte einer Dame Das Ziel, das wir uns mit diesem Gesetzentwurf
nicht zuvorkommen. gesetzt haben, liegt aber nicht nur auf dem finan-
ziellen Gebiet. Wir wollen auch erreichen, daß die
Vizepräsident Dr. Dehler: Sind Sie damit ein- Erfahrungen und die Initiative der privaten Wirt-
verstanden, daß zunächst Frau Beyer das Wort schaft in stärkerem Maße zum Zuge kommen als bis-
nimmt? her. Diesem Zweck sollen die steuerlichen Maßnah-
men dienen, auf die jetzt auch ein Rechtsanspruch
(Erneuter Zuruf der Abgeordneten Frau
gegeben wird, was ein besonderer Vorzug gegen-
Beyer [Frankfurt].)
über der bisherigen Lage ist. Der Einsatz privaten
— Also bitte! Kapitals, unternehmerische Erfahrung und Fachwis-
sen werden an vielen Stellen Möglichkeiten er-
Dr. Atzenroth (FDP) : Meine Damen und Herren! schließen, die in den Entwicklungsländern den Auf-
Es ist selbstverständlich, daß die Freie Demokrati- bau gesunder Volkswirtschaften fördern. Die Steuer-
sche Partei dieser Gesetzesvorlage ihre Zustim- einnahmen auch dieser Länder werden steigen,
mung geben wird; denn den Gedanken zu verwirk- wenn die dort errichteten Betriebe ihre Produk-
lichen, die deutschen Anstrengungen für die Ent- tion erfolgreich aufgenommen haben. Schließlich
wicklungshilfe durch stärkere Einbeziehung der wird auch eine Entlastung der Zahlungsbilanzen die-
privaten Initiative wirkungsvoller zu gestalten, ist ser Länder eintreten.
auch immer unser Anliegen gewesen. Eine besonders wünschenswerte Form des priva-
ten Einsatzes wäre die Bildung von Partnerschaften,
Der Herr Bundesfinanzminister hat die Gesetzes- die dann zu engerem Kontakt mit den Übersee-
vorlage eingehend begründet. Herr Dr. Fritz hat märkten führen könnten.
darüber hinaus ein sehr langes Referat über alle
möglichen Fragen der Entwicklungshilfe gehalten. Die steuerlichen Entlastungen, die in diesem Ge-
Er hat den § 39 der Geschäftsordnung weidlich aus- setz vorgesehen sind, sind für die Unternehmer
genutzt. Ich glaube, in Ihrem Interesse zu handeln, beträchtlich. Selbstverständlich gehen die Wünsche
wenn ich ihm darin nicht folge, sondern mich be- der deutschen Wirtschaft noch darüber hinaus. Mir
schränke auf einige Bemerkungen zu dieser Geset- liegt hier eine Aufstellung vor, nach der bei der
zesvorlage, die ja im wesentlichen eine Finanzge Ausnutzung des § 34 bei einer Kapitalanlage von
4328 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Dr. Atzenroth
100 doch Steuerersparnisse im Jahr in Höhe von 19 Wir wissen alle, daß das Genehmigungsverfahren,
entstehen können. Demgegenüber ist der Steuer- das damals eingeführt worden ist, viel zu kompli-
ausfall, der mit ungefähr 50 Millionen DM veran- ziert und unelastisch gewesen ist. Der Finanzmini-
schlagt ist, leicht zu tragen, wenn die entwicklungs- ster hat soeben gemeint, daß die Genehmigung
politische Wirkung ein Vielfaches dieser Summe Ermessen der Landesregierungen gelegen habe,
ausmacht, und davon sind wir überzeugt. darauf sei es zurückzuführen, daß nur eine solch ge-
Ich darf noch eine kritische Bemerkung anbringen. ringe Inanspruchnahme zu verzeichnen gewesen sei.
Die vorgesehenen Erleichterungen werden — das Wir müssen uns wohl alle sagen, daß das Ergebnis
ist unvermeidlich; Herr Dr. Fritz hat das auch schon unerfreulich gewesen ist und daß die vorgesehene
zum Ausdruck gebracht — in erster Linie von gro- Regelung der Sache nicht gerecht geworden 'isst. Auch
ßen Unternehmungen in Anspruch genommen wer- der Bericht der OECD, der in der Begründung des
den, die schon über Auslandserfahrungen und Aus- Gesetzentwurfs erwähnt wird, macht deutlich, daß
landsverbindungen verfügen. Erwünscht wäre es wir mit dem, was wir bisher getan haben, nur sehr
aber, daß auch kleinere und mittlere Betriebe in schlecht abschneiden im Vergleich mit anderen Län-
die Entwicklungsländer gehen. dern.

Die Vergünstigungen sollten auch nicht auf die Ich möchte allerdings gleich dazusagen, daß es
Anlageinvestitionen und auf den Ertrag 'beschränkt dafür eine Anzahl berechtigter Gründe gibt. Erstens
werden. Hier einen Weg zu finden, wird Aufgabe hat die deutsche Industrie in den letzten Jahrzehn-
der Beratungen im Finanzausschuß sein. Eine Be- ten zweimal nahezu ihr gesamtes Auslandsvermö-
tätigung in den Entwicklungsländern erfordert näm- gen verloren. Der zweite wesentliche Grund ist der,
lich auch einen besonderen Umfang des Umlaufver- daß die Länder, die in dem OECD-Bericht besser ab-
mögens. Dafür sind keine Vergünstigungen vorge- schneiden — Frankreich, England, Italien — noch
sehen. Schließlich sollte auch der Handel von den vor kurzer Zeit Kolonialrechte besessen haben oder
Förderungsmaßnahmen nicht ausgeschlossen wer- noch besitzen; es ist selbstverständlich, daß sie in
den. diesen Ländern stärker investieren. Außerdem ist
es nur natürlich, daß die Privatwirtschaft immer
Wir haben jedenfalls das größte Interesse an nach den wahrscheinlichen Verdienst- und Gewinn-
einer baldigen Verabschiedung dieses Gesetzes und chancen handelt. Das Recht dazu können wir ihr
begrüßen daher die Vorlage. nicht bestreiten. Wir sind uns auch alle darüber
(Beifall bei den Regierungsparteien.) klar, daß diese Gewinn- und Verdienstchancen bei
Investitionen in Entwicklungsländern oft auf lange
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat Zeit geringer sind, vor allen Dingen, wenn man sich
die Frau Abgeordnete Beyer. wirklich an den wirtschaftlichen Interessen des je-
weiligen Entwicklungslandes orientiert. Das Risiko
Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) : Herr Präsident! ist größer. Wir sollten also sagen, daß mit den vor-
Meine Damen und Herren! Es ist nicht meine Ab- gesehenen Maßnahmen ein Ausgleich für das grö-
sicht, hier Grundsätze für eine Entwicklungspolitik ßere Risiko geschaffen werden soll.
darzulegen. Herr Dr. Fritz, Sie rennen mit Ihren Die sozialdemokratische Fraktion erkennt auch a n,
Ausführungen, glaube ich, offene Türen ein. Es was die Bundesregierung sagt, daß beim wirtschaft-
kommt hier und heute nur darauf an, ob das, was lichen Aufbau der Entwicklungsländer die privaten
mit diesem Gesetz gewollt ist, der Aufgabe, die wir Kapitalanlagen eine sinnvolle Ergänzung der öffent-
erfüllen wollen, auch in jeder Hinsicht gerecht wird. lichen Hilfen darstellen. Man kann hierdurch Erfah-
HerD.Fitz,ausdmGrnehbwiauc rungen vermitteln, und man kann Anregungen für
gestern zu dem Hearing eingeladen. Ich meine, daß die Arbeit geben. Es sollte aber — das möchte ich
es unser gutes Recht ist, Vertreter der Wirtschaft ergänzend sagen — auch Aufgabe der Industrien
zu hören. Im übrigen ist das nicht nur gestern, son- und Unternehmen sein, beim Aufbau auch die Ge-
dern schon wiederholt geschehen. Ich glaube, wir staltung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zu
haben durch unsere Haltung immer wieder bewie- berücksichtigen. Denn letzten Endes stehen diese
sen, daß wir berechtigten Wünschen der Wirtschaft Menschen -- soeben hat Herr Dr. Fritz von Rourkela
in jeder Hinsicht Rechnung tragen. gesprochen — plötzlich vor völlig neuen Aufgaben,
vor neuen Umweltbedingungen und damit auch vor
(Lebhafte Zustimmung bei der SPD.)
neuen Gefahren. Dafür müssen unter Umständen zu-
Damit komme ich zu dem Gesetzentwurf selber. sätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Das
Aus den Ausführungen der beiden Redner ist klar- alles müssen wir berücksichtigen, und wir müssen
geworden, daß in allen Fraktionen Einmütigkeit diese Maßnahmen auch unter diesem Gesichtspunkt
darüber besteht, einen stärkeren Anreiz für private beurteilen.
Investitionen zu geben. Wir sind auch alle in der
Wir sind mit der Bundesregierung ebenfalls darin
Auffassung einig, daß die im § 34 d des Steuerände-
einig, daß Kapitalhilfen und technische Hilfen un-
rungsgesetzes 1961 vorgesehenen Maßnahmen un-
vollkommen bleiben, wenn sie nicht durch private
zureichend waren. Ich möchte daran erinnern, daß
Investitionen ergänzt werden.
bereits damals mein Kollege Seuffert gesagt hat, es
sei erforderlich, daß das Finanzministerium ganz Nun möchte ich zu den einzelnen Bestimmungen
eindeutige Regelungen herausgebe, wenn diese kommen. § 1 des Gesetzentwurfs sieht erstens einen
Maßnahmen wirklich von Erfolg gekrönt sein sollen. Bewertungsabschlag von 15 % des als abnutzbares
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4329
Frau Beyer (Frankfurt)
Anlagevermögen investierten Kapitals vor. Das be- Herren, wir haben starke Bedenken dagegen, daß
deutet — ich möchte das einmal klarmachen —, daß Portugal und Spanien einbezogen werden.
nur 85 % aktiviert werden müssen und bewirkt —
(Sehr gut! bei der SPD.)
ich glaube, das macht es erst deutlich —, daß im
Endeffekt 7 1/2 % Steuern geschenkt werden. Ich Hierfür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Ich
möchte das an einem Beispiel erläutern. Wenn man beginne mit Portugal und erinnere an die umstrit-
100 000 DM investiert, werden 7500 DM maximal an tene Politik dieses Landes in den eigenen afrikani-
Steuern geschenkt. Wir glauben, daß eine solche schen Kolonien. Ich möchte zweitens sagen, daß
Maßnahme nicht zu hoch angesetzt ist. Die „Steuer- Portugal und Spanien an sich zu den alten europäi-
rundschau" spricht sogar von einem zu niedrigen schen Kulturstaaten zählen, daß sie aber heute noch
Prozentsatz. Wir glauben aber, daß hier ein Anfang ein autoritäres Staatssystem haben. Wir müssen uns
gemacht ist, und mit dem Ergebnis werden wir uns daher insgesamt sehr ernsthaft die Frage vorlegen,
eines Tages beschäftigen müssen. Ich komme im ob wir die noch bestehenden undemokratischen
letzten Teil meiner Ausführungen auf diesen Punkt Systeme in Westeuropa durch solche Maßnahmen
noch zurück. stützen wollen. Meine Fraktion verneint dies ein-
Zweitens sieht der § 1 eine gewinnmindernde deutig.
Rücklage von 50% vor. Nun muß man diese ge- Zu klären bleibt noch, ob wir eine Einspruchsmög-
winnmindernde Rücklage rechnen abzüglich der lichkeit im Gesetz verankern sollen. Zur Begrün-
15 %, so daß sie — von den verbleibenden 85% dung darf ich folgendes ausführen. Mit diesem Son-
genommen — in Wirklichkeit nur 42,5 °/o beträgt. dergesetz wird das von uns allen nicht mehr ge-
Das wiederum entspricht nur einer Steuerstundung wollte Genehmigungs- und Kontrollverfahren ab-
— wiederum von 50% Steuern — von 21 bis 22 %. gebaut. Damit wird jede Kapitalanlage in einem
Bei meinem Beispiel von 100 000 DM Investitions- Entwicklungsland steuerbegünstigt. Es müssen aber
kapital bedeutet dieser Prozentsatz etwa 21 000 nicht immer förderungswürdige Anlagen sein. Es
bis 22 000 DM Steuerstundung, die nach sechs Jah- kann z. B. sehr unterschiedliche Meinungen in den
ren in den darauffolgenden sechs Jahren mit jähr- einzelnen Entwicklungsländern über diese und jene
lich einem Sechstel wieder abgebaut werden müs- Kapitalinvestitionen geben, und das könnte sich als
sen, so daß im Endeffekt eine Steuerstundung von Politikum auswirken. Es könnte sogar jemand auf
22 000 DM für etwa 9 bis 10 Jahre herauskommt. den Gedanken kommen, eine Rüstungsindustrie in ir-
Auch das kann man nicht als zu hoch ansehen. gendeinem Land aufzubauen, und das könnte dann
zu großen Schwierigkeiten, ja zu nationalen Kom-
In § 1 Abs. 2 wird näher ausgeführt, was begün- plikationen führen.
stigt wird. Dort wird auch von gewerblichen Lei-
stungen gesprochen. Wir werden im Ausschuß zu Wir sind also der Auffassung, daß wir an Hand
klären haben, was darunter zu verstehen ist. Be- dieser Beispiele in der Ausschußberatung über-
kannt ist uns allen, daß, um in den Entwicklungs- prüfen sollten, ob man in das Gesetz nicht eine
ländern Produktionsstätten zu schaffen, oftmals sehr Einspruchsmöglichkeit einbauen sollte, mit der man
große Lagerhaltung vorher erforderlich ist. Es gibt etwa das Auswärtige Amt betrauen könnte. Eine
auch Betriebe, die ohne große Lagerhaltung nicht solche Einspruchsmöglichkeit ist meiner Meinung
auskommen; ich denke z. B. an die pharmazeutische nach ein sicheres Ventil und wirkt bestimmt er-
Industrie. Wir wissen, daß etwa Abfüllmaschinen zieherisch auf alle diejenigen, die die Absicht haben,
eine sehr hohe Leistung pro Maschine haben und in den Entwicklungsländern zu investieren.
daß deswegen natürlich ausreichend Ware vorhan- Ich möchte nun noch auf das zurückkommen, was
den sein muß. Man kann auch an Ersatzteillager ich am Anfang bereits angeschnitten habe. Man
denken. Es wäre im Ausschuß zu klären, ob nicht sollte einen jährlichen Bericht erbitten. Wir betre-
unter bestimmten Voraussetzungen auch Rohmate- ten hier Neuland. Wir wissen, daß die in § 34 d des
rialien mit einbezogen werden können. Die ganze Einkommensteuergesetzes vorgesehene Maßnahme
zukünftige Investition gründet sich unter Umstän- unvollkommen war. Wir wissen nicht, ob das, was
den auf eine entsprechende Anerkennung. Wir müs- nun geschaffen werden soll, wirklich dem entspricht,
sen natürlich prüfen, inwieweit das Ganze genau was wir eigentlich wollen, und ob es die von uns
abzugrenzen ist. gewünschte Wirkung haben wird. Denn im End-
§ 2 bringt Sondervorschriften für Kapitalanlagen effekt hat die Bundesregierung sicher recht, wenn
durch Sacheinlagen, z. B. Maschinen. Nun sind diese sie in ihrer Vorlage sagt, daß mit der Zunahme der
Maschinen sehr oft schon in der hiesigen Bilanz privaten Kapitalinvestitionen unter Umständen we-
auf den niedrigsten Wert oder gar auf Null abge- nigstens in gewisser Hinsicht eine Entlastung der
schrieben. Mit den Bestimmungen, die jetzt in § 2 öffentlichen Haushalte verbunden sein kann, —
festgelegt worden sind, soll verhindert werden, daß immer auf Jahre hinaus gesehen. Infolgedessen soll-
solche Anlagen bei Verbringung in ein Entwick- ten wir möglichst jährlich einen Bericht bekommen,
lungsland reaktiviert werden müssen und infolge- an dem wir uns orientieren können und an Hand
dessen unter Umständen eine Auflösung von stillen dessen wir gegebenenfalls auch neue Vorschläge
Reserven und damit eine neue Besteuerung erfolgt. machen können.
Diese Maßnahme war ebenfalls notwendig. Wir hal- Wir hoffen, daß dieses Gesetz den Entwicklungs-
ten sie für richtig und zweckmäßig.
ländern wirklich dienen wird. Wir sollten aber --
In § 4 werden die Länder aufgezählt, die als Ent- das möchte ich auch im Hinblick auf die Ausfüh-
wicklungsländer gelten sollen. Meine Damen und rungen des Herrn Ministers noch einmal sagen —
4330 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Frau Beyer (Frankfurt)


möglichst schnell zu einem Abschluß kommen. Es Der Gesetzentwurf soll überwiesen werden an
ist allgemein bekannt, und auch Herr Dr. Fritz hat den Finanzausschuß — federführend —, an den
es in seinen Ausführungen durchblicken lassen, daß Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsord-
ein neues Gesetz kommt. Infolgedessen ist natürlich nung und zur Mitberatung an den Entwicklungshilfe
bei der Industrie eine gewisse Zurückhaltung fest- ausschuß und den Außenhandelsausschuß. Das Haus -
zustellen. Das ist uns auch bei dem gestrigen ist einverstanden? — Kein Widerspruch; es ist so
Hearing sehr deutlich gesagt worden. Wir sollten beschlossen.
also keine Zeit verlieren. Gestern wurde mit Recht
gesagt: Wer schnell hilft, hilft doppelt. Unter die- Ich rufe auf Punkt 21:
sem Gesichtspunkt sollten wir an die Arbeit gehen.
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
(Beifall bei der SPD und in der Mitte.) betr. Studienkommission zur Ausarbeitung
von Vorschlägen für das Beamtenrecht (Druck-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat sache IV/1351).
Herr Abgeordneter Dr. Artzinger.
Ich frage, ob das Wort zur Einbringung gewünscht
wird. — Herr Abgeordneter Gscheidle!
Dr. Artzinger (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Nur ungern ergreife ich das Gscheidle (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
Wort. Ich hätte es aus ästhetischen Gründen viel und Herren! Wer die Arbeit des Deutschen Bundes-
netter gefunden, wenn meine charmante Vorred- tages auf beamtenrechtlichem Gebiet nur nach sei-
nerin die letzte Rednerin in dieser Debatte gewesen nen besoldungspolitischen Entscheidungen mißt,
wäre. Aber Sie haben eine solche Fülle von Stich-
kommt sicherlich zu keiner gerechten Beurteilung.
worten geliefert, Frau Beyer, daß ich auf eine Er-
widerung nicht ganz verzichten kann. Die Reinigung des deutschen Beamtenrechts von
nationalsozialistischem Gedankengut und die Neu-
Über das allermeiste, was Sie gesagt haben, soll-
schaffung eines demokratischen, staatsbejahenden
ten wir uns — so würde ich vorschlagen — im Aus-
Berufsbeamtentums bleibt eine Leistung, an der wir
schuß unterhalten, weil es sich hier um für dieses
Sozialdemokraten — ausweislich der Protokolle —
Gremium doch zu enge Fachfragen handelt. Im gan-
zen entnehme ich Ihren Ausführungen, daß Sie die einen entscheidenden Anteil haben. In Dankbarkeit
umstrittenen Probleme — etwa das Problem, wie- erinnern wir uns dabei auch an die Arbeit des Vor-
weit das Umlaufvermögen begünstigt werden kann sitzenden des früheren Beamtenrechtsausschusses
— im Ausschuß zur Sprache bringen werden. Wir Dr. Kleindinst.
werden das gleichfalls tun. Wahrscheinlich ist Ihnen Auch der Sozialstaatsgedanke — der in unserem
aber auch die Stellungnahme des Finanzministe- Grundgesetz als Staatszielbestimmung enthalten ist
riums dazu bekannt, die nicht ganz leicht - auszu-
— hat sich in den vergangenen Jahren positiv auf
räumen sein wird. eine Reihe von beamten- und besoldungsrechtlichen
Lassen Sie mich abschließend nur auf eines hin- Gesetzen und Rechtsvorschriften ausgewirkt. Eine
weisen. Wir sind uns doch alle, soweit wir das weitere Fortbildung ist jedoch notwendig und mög-
Steuerrecht einigermaßen kennen, im klaren, daß lich. Dabei muß unseres Erachtens nicht nur die Ent-
dieses Gesetz lediglich eine Fortentwicklung des wicklung in der Bundesrepublik beachtet, sondern
§ 34 d des Einkommensteuergesetzes ist. Dabei ist müssen auch die Erfahrungen anderer Länder, ins-
allerdings zu berücksichtigen, daß es daneben die besondere der in der EWG zusammengeschlossenen,
sehr beachtlichen Steuervergünstigungen des § 34 c ausgewertet werden. Von diesem Standpunkt be-
des Einkommensteuergesetzes gibt und außerdem trachtet, ergibt sich für den Gesetzgeber eine Fülle
die Vergünstigungen, die durch nun doch immerhin von Aufgaben.
schon fünf Doppelbesteuerungsverträge geschaffen Den auf diesem Gebiet tätigen Abgeordneten
worden sind. wurde in der Vergangenheit oftmals bedrückend
Trotzdem sind auch wir der Meinung — das hat deutlich, wie wenig die allseitige Arbeitsbelastung
mein Kollege Fritz zum Ausdruck gebracht —, daß Zeit läßt, um das notwendigste Informationsmaterial
wir hier einen erfreulichen Fortschritt zu verzeich- zusammenzutragen und aufzubereiten. Bei allem an-
nen haben. Wir haben den Eindruck, daß die Wirt- erkennenswerten Bemühen der beteiligten Ministe-
schaft im ganzen zufrieden ist, und wir freuen uns rien war diese Hilfe jedoch jeweils nur auf den zur
darüber. Wir sind , der gleichen Meinung wie Sie, Diskussion stehenden Gesetzentwurf gerichtet. Die
daß schnell handeln doppelt handeln heißt. Ich bitte, Neuordnung und Weiterentwicklung eines leistungs-
den Entwurf dieses Gesetzes an den Finanzausschuß fähigen Berufsbeamtentums ist aber nur aus einer
— federführend —und zur Mitberatung an den umfassenden Betrachtung und mit einer in die Zu-
Haushaltsausschuß und Entwicklungshilfeausschuß kunft gerichteten Zielsetzung möglich. Viel Zeit und
zu überweisen. Ärger könnten erspart werden, wenn auch auf diesem
Gebiet möglichst viele objektive Tatbestände ermit-
(Beifall bei der CDU/CSU.) telt und damit dem Meinungsstreit entzogen wür-
den. Solche unumstrittenen Orientierungspunkte
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite- fehlen. Sie in allseitigem Interesse zu schaffen be-
ren Wortmeldungen? Dann ist die erste Lesung be- wegte uns zu dem Antrag auf Einsetzung einer Stu-
endet. dienkommission zur Ausarbeitung von Vorschlägen
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4331
Gscheidle
für das Beamtenrecht. Ich hoffe, es gelingt mir, mit samten öffentlichen Dienstes. Selbstverständlich
der Darstellung, was nach unserer Meinung Aufgabe kann hier niemand in die Verantwortung des Par-
der Kommission sein, wie sie sich nach unserer Mei- laments eingreifen. Aber unsere Entscheidungen
nend zusammensetzen soll und wem ein Vorschlags- könnten auch hier erleichtert werden, wenn die für
recht eingeräumt wird, die bereits in der Öffentlich- eine Besoldungspolitik wesentlichen Punkte einmal
keit genannten Bedenken zu zerstreuen. geklärt und damit für die Zukunft dem Streit ent-
Im wesentlichen haben wir uns vorgestellt, daß zogen würden.
das Beamtenrecht unter vier Gesichtspunkten unter- Bei diesem Aufgabenkatalog kommt sicherlich
sucht, Anregungen geprüft, Vorschläge erarbeitet der Einwand: Wer soll denn das tun, und bis zu
und die dazugehörigen Unterlagen erstellt werden welchem Zeitpunkt können wir hier mit Ergebnissen
sollten. rechnen? Lassen Sie mich auch dazu einige klare
Feststellungen treffen.
Der erste Gesichtspunkt wäre die Vereinfachung
und Vereinheitlichung des Beamtenrechts, der zweite Die Unabhängigkeit der Kommission sollte vor
die Fortentwicklung unter Beachtung der in- und allem dadurch sichergestellt werden, daß Sachver-
ausländischen Erfahrungen in Wirtschaft, Gesell- ständige aus allen mit der Aufgabenstellung im Zu-
schaft und im öffentlichen Dienst, der dritte die Mög- sammenhang stehenden Fachgebieten vorgesehen
lichkeit zur Objektivierung und Versachlichung der werden. Dazu gehört unseres Erachtens, daß der
Besoldungspolitik und der vierte, wie die Einheit- Kommission neben Verwaltungsjuristen Sachver-
lichkeit in personalwirtschaftlichen Grundsatzfragen ständige aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit und
in Bund, Ländern und Gemeinden herbeigeführt wer- aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht angehören,
den kann. daß Rechtslehrer des öffentlichen Rechts, Vertreter
An Hand einiger Beispiele möchte ich Ihnen auf- des Bundesrechnungshofes sowie Vertreter des Bun-
zeigen, was hinter diesen vier Punkten steht. Wir despersonalausschusses beigezogen werden, Organi-
sind der Meinung, daß auch im Hinblick auf eine sationsfachleute, Betriebswirte und Betriebssozio-
Rationalisierung der Verwaltung die Dienstbezüge, logen zu Wort kommen und die Vertreter der
Pensionen, Reisekosten usw. wesentlich einfacher Spitzenorganisationen — nämlich des Deutschen
berechnet und das Laufbahn- und Prüfungswesen Gewerkschaftsbundes und des Deutschen Beamten-
so weit wie möglich in Bund und Ländern vereinheit- bundes — in der Kommission ihren Sitz haben. Wir
licht werden sollte. Zu einer Fortentwicklung des sind jedoch hinsichtlich der Zusammensetzung für
Beamtenrechts gehören ausreichende und geeignete jede gute Anregung offen. Vorschlagsberechtigt
Unterlagen über in- und ausländische Erfahrungen sollten neben dem Deutschen Bundestag und dem
und eine Übersicht über die mutmaßliche Entwick- Bundesrat für ihre Vertreter die Spitzenorganisatio-
lung des öffentlichen Dienstes hinsichtlich des Auf- nen der Gewerkschaften sein. Das Auswahlrecht
gabenumfanges und -inhalts und der zu erwartenden unter den Vorgeschlagenen hätte die Bundesregie-
Änderungen in der Arbeitserledigung. - rung im Einvernehmen mit dem Bundesrat.

Überall dort, wo dem öffentlichen Dienst betrieb- Die Kommission sollte möglichst umgehend ihre
liche Aufgaben zugewiesen sind, die er nur erledigen Arbeit aufnehmen. Ihr Hauptaugenmerk sollte sich
kann, wenn er den in diesen Arbeitsbereichen Be- zunächst darauf richten, bereits vorhandenes Mate-
schäftigten abnormale Arbeitsbedingungen auferlegt rial in geeigneter Form zusammenzustellen und dem
— z. B. Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, Parlament und der Regierung zur Verfügung zu
Überzeitarbeit, Mehrbelastungen, Schichtdienst —, stellen. Andere Punkte werden sicherlich mehr
müssen adäquate Entlohnungsformen gefunden wer- Arbeit verursachen, eigene Erhebungen bedingen
den. Dabei sollte auch dem Leistungsgedanken mehr und die Zuziehung weiterer Sachverständiger not-
als bislang Rechnung getragen werden. wendig machen.

(Zustimmung bei der SPD.) Niemand denkt jedoch daran, inzwischen die
Arbeit auf diesem Gebiet hier ruhen zu lassen; die
Erkenntnisse beim Erstellen von Stellen und - vorliegenden und in absehbarer Zeit zu erwarten-
Organisationsplänen, beim Bewerten und Bemessen den Regierungsentwürfe auf diesem Gebiet müssen
von Dienstgeschäften sollten dort, wo eine allge- selbstverständlich auch zukünftig ohne Verzug be-
meingültige Aussage möglich ist, zu Grundsätzen handelt werden. Auch ist nicht beabsichtigt, mit die-
verdichtet und damit eine praktikable Form geschaf- ser Kommission eine neue Institution zu installie-
fen werden, um die verschiedene Entwicklung auf ren. Vielmehr handelt es sich um einen zeitlich zu
diesem Gebiet in Bund, Ländern und Gemeinden befristenden einmaligen Auftrag.
aufhalten zu können.
Wir halten es aber für ,sinnvoll und notwendig,
Nicht zuletzt sollte der Versuch gemacht werden, vorsorglich und rechtzeitig die bestmöglichen Ar-
die Diskussion über die Anpassung der Beamten- beitsunterlagen für die zukünftige gesetzgeberische
bezüge an die allgemeine Einkommensentwicklung Arbeit auf diesem Gebiet bereitzustellen, um dem
zu versachlichen. Dazu gehören die Aufbereitung Auftrag zu einer Weiterentwicklung eines leistungs-
von statistischem Material, die objektive Feststel- fähigen Berufsbeamtentums unter Berücksichtigung
lung von Vergleichs- und Stichmännern sowie die der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamten-
Überprüfung einer amtsgerechten Eingruppierung tums und der durch das Grundgesetz gewährleiste-
insbesondere leitender Herren sowohl in bezug auf ten sozialstaatlichen Ordnung gerecht werden zu
die private Wirtschaft als auch innerhalb des ge können.
4332 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Gscheidle
Ich darf Sie, meine Herren von .den Regierungs- an die Kühlthau-Novelle, an die Gesetze zur Besol-
parteien, darauf hinweisen, daß unser schon vor dungserhöhung, die Harmonisierungsnovelle, die
zwei Jahren eingebrachter Antrag betreffend eine wir heute praktisch verabschiedet haben, die stän-
Sozialenquete nunmehr in der Regierungserklärung dige Verbesserung des Rechts der 131er-Gruppen,
fröhliche Urständ feiert. Das i st für Sie vielleicht ein der Wiedergutmachungsbestimmungen, die laufen-
Anlaß, sich zu überlegen, ob Sie diesmal nicht gleich den Verbesserungen im Ortsklassenverzeichnis, Ju-
zu Beginn aus vollem Herzen ja sagen sollten. biläumszuwendungen, Einführung von Schul- und
(Beifall bei der SPD.) Mietbeihilfen, Verdoppelung der Höchstsätze für
laufende Unterstützungen. Weiter sind in Vorberei-
Wir bitten, der Überweisung unseres Antrages an
tung die strukturelle Überleitung, die Änderung des
den Ausschuß für Inneres 'zuzustimmen.
Disziplinarrechts, das Weihnachtsgeldgesetz, das
(Beifall bei der SPD.) Schlußgesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes, ein
neues Reise- und Umzugskostengesetz und mög-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat licherweise auch eine Neuregelung des Ortsklassen
der Herr Innenminister. rechtes.
Ein Teil von dem, was sich der Antrag zum Ziel
Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Prä- gesetzt hat, ist bereits Gegenstand eingehender
sident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Prüfung, und zwar auch von sachverständiger Seite,
Herr Kollege Gscheidle hat sehr weit in die Nach- ohne daß eine neue Institution und ohne daß ein
kriegsgeschichte der Besoldungsentwicklung in der neues Gremium zu den vielen, die wir bereits in
Bundesrepublik zurückgegriffen. Er hat anerken- fast unübersichtlicher Weise haben, geschaffen wer-
nende Worte gefunden für Herrn Dr. Kleindinst, für den müßte. Sie haben bereits einmal den Auftrag
die Rechtsentwicklung, für di e sozialstaatliche Ent- erteilt durch einen Beschluß des Bundestages über
wicklung und sogar — was ich ihm ganz hoch an- die Dienstpostenbewertung. Der Auftrag des Bun-
rechne — für die Arbeit der Ministerien auf diesem destages lautete, eine einheitliche Dienstpostenbe-
Sektor. Ich möchte einiges Ergänzendes zu dem sa- wertung in verschiedenen Ebenen herbeizuführen.
gen, was Herr Kollege Gscheidle vorgetragen hat.
(Zuruf von der SPD: Es passiert aber
Niemand wird sich dein Umstand verschließen nichts!)
können, 'daß er in seinen Ausführungen und vor — Es wird sehr intensiv daran gearbeitet. Sie sehen
allem unter den vier Punkten, die er vorgetragen
an der Zeit, die von der Beschlußfassung bis zu den
hat, Aufgaben genannt hat, die von ständiger und Vorschlägen notwendig ist, um welch schwierige
bleibender Bedeutung sind. Die Aufgaben auf die- Aufgaben es sich handelt. Ich glaube, daß die
sem Sachgebiet sind uns allen gemeinsam gestellt.
Schwierigkeit der Aufgabe an der dafür nötigen
Aber ich habe den Eindruck, daß es eine neue Sekte
- Zeit gemessen werden kann. Das werden Sie mir
gibt, und zwar die Sekte der Kommissionsgläubigen;
bestätigen. Weiter ist ein Auftrag erteilt worden,
das ist eine ganz moderne Erscheinung. Sie wissen
die Frage der Stellenpläne zu untersuchen. Auch
ja, wie das mit den Kommissionen ist: Die meisten
daran wird gearbeitet.
Kommissionen haben die Aufgabe, ein Begräbnis
erster Klasse vorzubereiten. Das ist die eine Seite. Was den berühmten Rechtsvergleich mit dem Aus-
land betrifft, meine Damen und Herren, so darf ich
Es gibt ferner Kommissionen, die zu Ergebnissen darauf hinweisen, daß der Ausschuß für öffentliche
kommen, auch zu ganz guten Ergebnissen. Aber was Verwaltung der Westeuropäischen Union, in dem
müssen wir feststellen? Diese Ergebnisse bekommen die Bundesrepublik durch das Bundesinnenministe-
ein Eigenleben. Sie sind ,gesalbt mit , dem Expertenöl, rium vertreten ist, laufend an der Rechtsverglei-
dem kostspieligsten und teuersten, das es gibt. Die chung arbeitet. Untersuchungen über das Dienst-
Interessenten der verschiedensten Art stürzen sich recht der internationalen Organisationen durch den
auf die Ergebnisse und operieren mit ihnen. Europarat finden laufend statt. Es gibt darüber Pu-
Aber, meine Damen und Herren, auch der Kollege blikationen. Der Deutsche Beamtenbund hat in Zu-
Gscheidle hat es bestätigt: Unsere Aufgabe, unsere sammenarbeit mit dem Institut für Völkerrecht und
Verantwortung kann uns niemand abnehmen. Wir, ausländisches Recht der Universität Hamburg rechts-
Regierung und Parlament, haben aus ,der Verfassung vergleichende Untersuchungen auf dem Gebiete des
den Generalauftrag und die Generalvollmacht, uns europäischen Dienstrechtes angestellt und laufend
diesen Aufgaben zu widmen und sie zu erledigen. darüber publiziert.

Der Herr Kollege Gscheidle hat zwar in seinen Über die Versachlichung der Besoldungspolitik
Eingangsworten etwas Angenehmes, durchaus Be- könnte meines Erachtens eine Kommission, die durch
achtenswertes und Positives festgestellt, doch wurde Gesetz eingesetzt worden ist und die die wirtschaft-
ein Teil davon in seinen weiteren Ausführungen liche Entwicklung beobachten soll, gleichzeitig gut-
wieder zurückgenommen. Darum darf ich ganz kurz achtlich tätig werden, ohne daß es notwendig wäre,
aufzählen, was sich die Ministerien und auch das eine weitere Institution zu schaffen.
Parlament in seinen Beratungen in diesen vielen Im übrigen darf ich ein warnendes Wort zu der
Jahren zu diesem Thema, also einer fortschritt- Frage „ausländisches Recht im öffentlichen Dienst
lichen und modernen Weiterentwicklung des Besol- und deutsches Recht" sagen. Wir haben kürzlich bei
dungsrechtes oder des Rechts des öffentlichen Dien- einer anderen Gelegenheit im Rahmen der dienst-
stes insgesamt, haben einfallen lassen. Ich erinnere rechtlichen Beurteilung einer Frage durch eine ge-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4333
Bundesminister Höcherl
me i nsame europäische Einrichtung feststellen kön- schaft dann am besten pflegt, wenn man die gegen-
nen, daß das deutsche Dienstrecht vor allem für die seitigen Rechtssphären ganz genau abgrenzt. Es
Beteiligten außerordentliche Vorzüge in der recht- war bisher nicht üblich, eine solche Beteiligung
lichen Sicherstellung, in der Verankerung von Mög- des Bundesrates vorzusehen, und ich glaube, wir
lichkeiten aufweist, die andere Rechtskreise nicht sollten nicht einen präjudiziellen Akt für eine solche
kennen. Man orientiert sich im europäischen Dienst- Verwischung der gegenseitigen Zuständigkeiten
recht oft nach den Spitzenbezügen oder nach höhe- schaffen. Ich bin vielmehr für eine saubere Tren-
ren Bezügen, vergißt aber, daß die Rechtsstellung nung und möglichst auch eine saubere Freundschaft
sehr ungesichert ist und bei weitem nicht an das in dieser Frage.
Niveau heranreicht, das wir als Selbstverständlich- Was die Mitglieder und die Berufungsformalitäten
keit kennen und das laufend verbessert wird. betrifft, so bin ich der Meinung, daß die richtige
Der Antrag wäre auch viel überzeugender, Herr Stelle die Bundesregierung ist, wobei es durchaus
Gscheidle, wenn Sie vor wenigen Monaten, als wir möglich ist, sich mit Ihnen zu verständigen und
über einen wesentlichen Bestandteil der Vereinheit- die Zusammensetzung so vorzunehmen, daß auch
lichung des Dienstrechts oder des Besoldungsrechts Sie Ihre Zustimmung geben können. Aber schon aus
zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu entschei- Gründen der allgemeinen Zuständigkeit glaube ich,
den hatten, sich nicht einer Ä nderung der Verfas- daß die Bundesregierung die richtige Stelle wäre.
sung versagt hätten. Im übrigen bin ich der Meinung, daß die Vorschläge
(Abg. Gscheidle: Das war das falsche
nicht dem Bundestag unterbreitet werden sollten.
Mittel!) Wir haben ein Beispiel in der Wahlkreiskommis-
sion, die ebenfalls einen Bericht erstattet hat — und
— Nein, das war nicht das falsche Mittel, sondern zwar an die Bundesregierung —, den ich Ihnen vor-
Sie haben sich damals versagt, obwohl die Länder, zulegen die Ehre hatte. Auch hier müßte dieser Weg
die von Ihrer Partei geführt werden, durchaus auf gewählt werden. Die Initiative liegt bei uns und
dem Standpunkt der Bundesregierung stehen. Sie muß auch bei uns liegen, zumal bei so wichtigen
haben Einwendungen gebracht, die nicht durch- und so entscheidenden Dingen.
schlagen.
So darf ich Sie bitten, in den Beratungen im
(Abg. Gscheidle: Das ist überhaupt kein Innenausschuß und in den beteiligten Ausschüssen
Argument!) wenigstens einen Teil der Überlegungen, die ich
Sie können gar nicht bestreiten, daß der Bundesrat hier vorzutragen die Ehre hatte, bei Ihrer Entschei-
unsere Stellung bestätigt hat und daß Sie ursprüng- dung mit zu berücksichtigen.
lich sogar bereit waren, dasselbe zu tun, daß Sie sich (Beifall bei der CDU/CSU.)
aber — aus welchen taktischen Überlegungen auch
immer — am Schluß doch nicht entschließen konnten, Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
diesem Vorschlag zuzustimmen. Wir werden - Ihnen
der Abgeordnete Dr. Bieringer.
einen neuen Vorschlag machen. Vielleicht findet er
Ihre Zustimmung.
Dr. Bieringer (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
(Abg. Gscheidle: Sie müssen einen besse Damen und Herren! Unser Grundgesetz stellt in
ren machen!) Art. 20 Abs. 1 fest, daß die Bundesrepublik Deutsch-
— Wir werden uns bemühen. Ob wir Ihre völlige land ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat
Zufriedenheit erreichen können, weiß ich natürlich ist. Diese Feststellung beinhaltet für uns alle zu-
nicht. gleich eine Forderung, die Forderung nämlich, daß
(Abg. Matzner: Aus der Sache heraus!) alles das, was in diesem Hohen Hause beschlossen
— Aus der Sache heraus. Aber es ist furchtbar
wird oder früher einmal beschlossen worden ist,
schwer, Ihre Zustimmung zu erreichen, vor allem von uns immer wieder auf seinen sozialen und auf
mit zunehmender Nähe des Wahltermins wird es
seinen rechtsstaatlichen Gehalt neu durchdacht wer-
den muß.
immer wieder schwieriger, und das scheint mir nicht
die Begründung aus der Sache heraus zu sein, son- Das gilt selbstverständlich auch für das Recht der
dern es scheinen andere Gründe zu bestehen. Beamten. Auch hier ist es nicht nur möglich, son-
Nun, meine Damen und Herren, noch ein ernstes dern sogar geboten, modernen Entwicklungen, so-
Wort zu Ihrem Antrag. Ich werde mich nicht gegen fern sie tatsächlich einen Fortschritt bedeuten, Raum
die Vereinbarung stellen, daß der Antrag an den zu gewähren. Es wird deshalb zu prüfen sein, ob
Ausschuß überwiesen werden soll. Aber ich muß eine Studienkommission der Art, wie sie der vor-
Sie doch auf einige verfassungsrechtliche Bedenken liegende Antrag fordert, ein geeignetes Mittel sein
kann, der sinnvollen Fortentwicklung des Beamten-
hinweisen, die sich aus der bisherigen Formulierung
rechts zu dienen.
ergeben. Diese schlägt vor, daß die Studienkommis-
sion im Einvernehmen mit dem Bundesrat gebildet Gestatten Sie mir dazu in aller Kürze gleich einige
werden soll. Meine Damen und Herren, das wäre kritische Bemerkungen. Jeder Fortschritt des Beam-
ein Novum. Ich bin bestimmt aus vielen Gründen tenrechts, dessen Möglichkeit ich ja betont habe, ist
für ein sehr enges, gutes und freundschaftliches Ver- bei uns von vornherein inhaltlich dadurch bestimmt,
hältnis zwischen dem Bund und den Ländern; ich daß das Grundgesetz in Art. 33 Abs. 5 die herge-
brauche das nicht zu betonen und nicht besonders brachten Grundsätze des Berufsbeamtentums garan-
zu begründen. Aber ich glaube, daß man Freund tiert. Wir bekennen uns voll und ganz zu dieser
4334 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Dr. Bieringer
Vorschrift, weil wir uns zum besonderen Status der Schließlich wurde bei der Begründung des vor-
Beamten bekennen und stets bekannt haben. Der liegenden Antrags noch darauf hingewiesen, daß
Charakter des öffentlichen Dienst- und Treueverhält- die vorgesehene Kommission auch dazu dienen
nisses zwischen Staat und Beamten bringt es aber könne, die Besoldungsgespräche zu versachlichen.
ganz zwangsläufig mit sich, daß die Möglichkeiten, Die Besoldung der Beamten wird durch Gesetz ge-
Beamte einerseits und Bedienstete in Wirtschaft und regelt. Deshalb wurde auch von Ihnen, Herr Kollege
Industrie andererseits miteinander zu vergleichen, Gscheidle, mit Recht betont, daß niemand, keine
beschränkt sind. In dem uns vorliegenden Antrag Kommission, kein Gremium, diesem Hause die Ver-
wird von einer Anpassung des Beamtenrechts an antwortung für eine gerechte und geordnete Besol-
die veränderten europäischen Verhältnisse in Indu- dungspolitik abnehmen kann. Ich bin allerdings
strie und Gesellschaft gesprochen. Die Erfahrungen auch der Meinung, daß das nicht auszuschließen
aus der Wirtschaft des In- und Auslandes scheinen braucht, daß uns aufbereitetes statistisches Material
mir aber aus den genannten Gründen hier nur sehr für diese Arbeit zur Verfügung gestellt wird. Ich
bedingt verwertbar zu sein. Das mag weniger für bezweifle allerdings, daß die hier beantragte Stu-
Fragen der inneren Organisation gelten, etwa die dienkommission für diese Aufgabe geeignet sein
Frage einer rationellen Gestaltung des Arbeits- wird. Wir werden uns darüber unterhalten müssen
ablaufs und ähnliches. Wohl aber gilt das für das — auch darauf hat der Herr Innenminister schon
Recht der Beamten, das hier für uns allein zur De- hingewiesen —, ob wir uns dafür nicht besser der
batte steht. Selbst für eine Anpassung unseres Ergebnisse bedienen sollten, die der Sachverstän-
Beamtenrechts an das Recht der Beamten in anderen digenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaft-
europäischen Ländern sind uns die Schranken ge- lichen Entwicklung, wenn er installiert ist, hoffent-
setzt, die sich aus Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes lich bald zutage fördert.
verfassungskräftig für uns alle ergeben. Es bestehen bei uns aus den angeführten Gründen
Zur Frage der einheitlichen Stellenbewertung, die Bedenken, ob die beantragte Kommission eine wirk-
vorhin bei der Begründung der Vorlage angeführt same Arbeit leisten könnte. Wir verschließen uns
worden ist, darf ich auf die Entschließung verweisen, aber der Ausschußberatung des Antrages nicht und
die hier gefaßt worden ist, als wir vor der Sommer- sind deshalb mit einer Überweisung an den Aus-
pause die sogenannte Harmonisierungsnovelle ver- schuß für Inneres einverstanden.
abschiedeten. Damals haben wir die Bundesregie- (Beifall bei den Regierungsparteien.)
rung ersucht, einheitliche Richtlinien zur Bewertung
der Dienstposten innerhalb des Bundesdienstes zu Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
erarbeiten und Verhandlungen mit den Ländern zu der Herr Abgeordnete Dr. Miessner.
führen, um auch in den Ländern und in den Kom-
munalverwaltungen die vielfach voneinander abwei-
chenden Bewertungen der Dienstposten zu verein-
Dr. Miessner (FDP) : Herr Präsident! Meine Da-
men und Herren! Auch die FDP war stets der Auf-
heitlichen. Wir haben soeben mit Befriedigung vom
fassung, daß die Diskussion über Fragen des
Herrn Innenminister gehört, daß diese Arbeit bereits
in Angriff genommen worden ist. Beamtenrechts versachlicht werden sollte. Denn es
war für alle Beteiligten, vor allem aber für die
Der Bund hat aber — darauf muß in diesem Zu- Beamten selbst, in den vergangenen Jahren immer
sammenhang hingewiesen werden —, soweit es die eine wenig erfreuliche Situation, wenn öffentlich
Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der über ihr Gehalt gestritten wurde. In den Augen der
Länder, der Gemeinden und der anderen Körper- übrigen Bevölkerung mußte bei dem öffentlichen
schaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen Tauziehen zwangsläufig der Eindruck entstehen, als
angeht, nach Art. 75 des Grundgesetzes nur das ob die Gehälter im öffentlichen Dienst zu wieder-
Recht, Rahmenvorschriften zu erlassen. Das Bundes- holten Malen aufgebessert würden, während es sich
verfassungsgericht hat sich in einem Urteil vom in Wahrheit immer noch um ein und denselben
1. Dezember 1954 zu dieser Rahmengesetzgebungs- Vorgang handelte.
kompetenz des Bundes geäußert. In der Begründung Für den Sektor des Besoldungsrechts hatte daher
dieses Urteils heißt es, daß dem Landesgesetzgeber die FDP bereits früher einen Antrag auf Einsetzung
das Recht zusteht, die Bewertung der Dienstaufgaben eines Besoldungsbeirates eingebracht. Es kam der
und die darauf beruhende Einordnung der verschie- FDP dabei nicht sosehr auf die Bezeichnung dieser
denen Beamtenkategorien in Besoldungsgruppen Institution als vielmehr darauf an, dem Parlament
nach seinen Bewertungsmaßstäben vorzunehmen. die Möglichkeit zu geben, sich auf objektive Grund-
Dabei könnten — so fährt das Bundesverfassungs- lagen zu beziehen. Man könnte übrigens insofern
gericht fort — diese Bewertungsmaßstäbe durchaus auch daran denken — wie Sie, Herr Bundesinnen-
von den Maßstäben anderer Landesgesetzgeber oder minister, hervorgehoben haben —, diese Grund-
von den Maßstäben des Bundesgesetzgebers abwei- lagenuntersuchung für die Besoldung dem schon
chen. Sie sehen, welche Schwierigkeiten sich aus vorhandenen Sachverständigenrat zuzuweisen. Denn
dieser Verfassungslage auch für die Zielsetzung auch der Sachverständigenrat soll ja nicht selbst
Ihres Antrages ergeben. entscheiden, sondern — ich zitiere die gesetzliche
Über das Schicksal jenes Entwurfs, durch den die Bestimmung für den Sachverständigenrat — „soll
Zuständigkeiten des Bundes bei dieser Rahmen- zur Erleichterung der Urteilsbildung bei allen wirt-
kompetenz etwas erweitert werden sollten, hat der schaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie in
Herr Innenminister vorhin schon gesprochen. der Öffentlichkeit beitragen".
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4335
Dr. Miessner
Der SPD-Antrag geht nun über die reinen Besol- fragen sind wir für die Hilfe der Wissenschaft dank
dungsfragen hinaus, indem er diese Studienkommis- bar.
sion noch für eine Reihe anderer Fragen einsetzen Ich bin traurig darüber, daß Sie hier sehr abwer-
will. Auch dies sollte im Ausschuß gründlich ge- tend über die Mitarbeit der Wissenschaft in Kom-
prüft werden. Sicher werden dann aber auch man- missionen gesprochen haben. Die eigenen Initiati-
cherlei Bedenken zutage treten, die bei einer Begren- ven, von denen Sie gesprochen haben, in allen Eh-
zung auf die Besoldungsfrage vermieden worden ren! Aber wir sind uns darüber klar: die Gesamt-
wären. — Dies zunächst als kleine kritische Anmer- schau, die wir anstreben, und die Verbesserung
kung zu dem SPD-Antrag. könnten durch eine solche Kommission wesentlich
Immerhin erhofft die FDP von einer Behandlung gefördert werden; darüber ,gibt es keinen Zweifel.
der Vorlage im Ausschuß jedenfalls, daß eine frucht- Wir sind bereit, in dieser Frage mit uns reden
bare Diskussion über den ganzen Fragenkomplex zu lassen, wenn wir nur zu dem Ziele kommen.
zustande kommt, wobei sicherlich auch ihr eigener Wenn es an der Frage der Einschaltung des Bundes-
früherer Vorschlag hinsichtlich eines Besoldungs- rates scheitern sollte, würden wir im Ausschuß mit
beirates wieder in die Diskussion einbezogen wer- uns darüber reden lassen. Uns kommt es nicht
den wird. darauf an, wer die Kommission einsetzt, sondern
Die FDP stimmt daher der Überweisung an den uns kommt es darauf an, daß sie eingesetzt wird,
Innenausschuß zu. daß sie arbeitet und zu Ergebnissen kommt. Wenn
(Beifall bei den Regierungsparteien.) sie alle dazu beitrügen, wäre dem öffentlichen Dienst
in unserem Lande und damit uns allen gedient.
(Beifall bei der SPD.)
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
der Herr Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Damen
und Herren, die Aussprache ist geschlossen. Vorge-
Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Herr Präsident! sehen ist Überweisung an den Ausschuß für Inneres.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch aus — Das Haus ist damit einverstanden, es erhebt sich
anderen Gesprächen des Herrn Innenministers weiß
kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
ich, daß bei ihm in den letzten Wochen eine Art
Wahlterminpsychose ausgebrochen ist. Herr Mini-
ster, auch bei auf unserer Seite optimistischen Er- Punkt 22 der Tagesordnung:
wartungen für die nächste Bundestagswahl, — Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
Ihren Wahlkreis Regensburg werden Sie doch wohl betr. Krankenpflege (Drucksache IV/1405).
1965 noch behaupten.
Wird das Wort zur Begründung des Antrages ge-
(Zurufe von der CDU/CSU.) - wünscht? — Frau Abgeordnete Dr. Hubert.
Ich wollte hier nur sagen, meine Damen und Her-
ren: ich freue mich, daß Sie eigentlich gar nicht so
sehr gegen unseren Antrag sind, sondern sich hier Frau Dr. Hubert (SPD) : Herr Präsident! Meine
— vor allem der Herr Bundesinnenminister und die Damen und Herren! Als im Mai 1957 in diesem
CDU/CSU — eigentlich nur redlich abgequält haben, Hohen Hause das Gesetz über die Krankenpflege
so eine Art berufsmäßige Kritik zu bringen an dem, angenommen wurde, versagte die sozialdemokrati-
was wir vorgeschlagen haben. sche Fraktion diesem Gesetz ihre Zustimmung, und
zwar erstens deshalb, weil wir dieses Gesetz für
Überrascht bin ich allerdings über das, was der
völlig unzureichend hielten, um in der Bundesrepu-
Herr Innenminister über den Beitrag der Wissen-
blik den Krankenschwestern eine einheitliche und
schaft und von der Stellungnahme wissenschaftlicher
den heutigen Erfordernissen der medizinischen
Kommissionen zu Sachproblemen hier gesagt hat.
Wissenschaft entsprechende Ausbildung zu gewähr-
Das steht in absolutem Gegensatz zu der Regie-
leisten, zweitens, weil wir einen bloßen Schutz der
rungserklärung, die der Herr Bundeskanzler vor
über 14 Tagen hier abgegeben hat. Wir stehen zu Berufsbezeichnung für keiner gesetzlichen Regelung
dem und möchten das nicht nur als eine schöne bedürftig hielten — denn dadurch wurde ja keines-
Rede anläßlich der Regierungserklärung ansehen, wegs verhindert, daß in zunehmendem Maße unaus-
sondern wollen uns auch in der Praxis daran halten, gebildete Kräfte in der Krankenpflege tätig wurden;
die Wissenschaft zu Sachproblemen heranzuziehen. und eine gute Ausbildung konnte sich auch schon
vor dem Gesetz jeder auf eigene Verantwortung
Sie haben hier in bezug auf unseren Antrag mit hin verschaffen —, und drittens, weil dieses Gesetz
kleiner Münze gezahlt. Ich kann Ihnen eine Reihe keinerlei Ansätze bot, um dem schon damals be-
von solchen Kommissionen nennen, deren Einset- stehenden Mangel an Krankenschwestern, an Kran-
zung die Regierung selbst beschlossen oder bei kenpflege überhaupt — auch an Krankenpflegern —
deren Einsetzung sie mitgewirkt hat. Denken Sie an irgendwie entgegenzuwirken.
den Vorschlag der Sozialenquete! Mein Kollege
Gscheidle hat davon gesprochen. Denken Sie an .die Die Entwicklung hat unsere Befürchtungen leider
Enquete über die Stellung der Frau im Beruf und bestätigt. Unsere damaligen Vorstellungen werden
im Leben, worüber wir vor wenigen Wochen hier inzwischen von vielen Seiten geteilt, nicht nur von
noch gesprochen haben! Denken ,Sie nur an den Jah- der Deutschen Krankenhausgesellschaft, sondern
reswirtschaftsbericht! Kurzum, in zahlreichen Sach auch von den verschiedensten Schwesternverbänden.
4336 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Frau Dr. Hubert


Meine Damen und Herren, nach Berechnungen, die tritt in die Ausbildung in andere Berufe abwandern,
von verschiedenen Seiten angestellt worden sind, ohne dann wieder in die Krankenpflege zurückzu-
haben wir heute einen Mangel von annähernd kehren. Wir müssen also diese Zwischenzeit sinn-
30 000 Krankenschwestern. Während sich die Zahl voll überbrücken. Da wir der Meinung sind, daß für
der ausgebildeten Krankenschwestern in der Zeit die erhöhten Anforderungen beim Examen über-
von 1959 bis 1961 nur um etwa 1300 erhöht hat, hat haupt auch eine bessere Vorbildung notwendig ist,
sich die Zahl der unausgebildeten Kräfte um mehr müssen die Volksschülerinnen in Schwesternvor-
als 3000, sogar um über 3400 gesteigert. Das Schlimme schulen oder in Berufsfachschulen so weit gebracht
dabei ist, daß diese Pflegekräfte sehr ungleich in werden, daß sie dann den Anforderungen an die
unseren Krankenhäusern verteilt sind. Es gibt Ausbildung gewachsen sind und die Zwischenzeit in
Krankenhäuser, die gut mit ausgebildeten Kranken- sinnvoller Weise überwinden können. Sie können
schwestern versorgt sind; es gibt aber gleichzeitig in dieser Zeit dann auch das Haushaltsjahr, das
Krankenhäuser, in denen bis zu 50% unausgebil- heute im Krankenpflegegesetz vorgeschrieben ist, in
dete Kräfte in der Pflege tätig sind. Wir sind der die Vorbildung schon einbauen und diese Zeit damit
Meinung, daß das ein Zustand ist, der im Interesse vielleicht verkürzen.
unserer Kranken nicht länger tragbar ist. Daß wegen der ständigen Entwicklung der Medi-
Auch die Ausbildung unserer Krankenschwestern zin auch die Berufsfortbildung für Krankenschwe-
ist außerordentlich uneinheitlich. Das konnte auf der stern gesetzlich festgelegt werden sollte, versteht
Grundlage dieses Gesetzes auch kaum anders sein, sich fast von selber.
da dieses Gesetz nur eine Mindestzahl von 400 Stun- Wenn man einen solchen Beruf anziehender ge-
den Theorie vorsieht, während schon damals, als stalten will, müssen auch die notwendigen Auf-
wir das Gesetz verabschiedeten, an manchen Schulen stiegschancen vorhanden sein. Es müssen aber auch
bis zu 800 Stunden erteilt wurden und man heute für die gehobenen Stellungen im Schwesternberuf
der Meinung ist, daß entsprechend den höheren An- — die leitenden Schwestern, die Schulschwestern --
forderungen eine Anzahl von mindestens 1200, ja, noch besondere Ausbildungen vorgesehen werden.
manche sagen sogar: 1500 Unterrichtsstunden not-
wendig ist. Daß diese erforderliche Stundenzahl für Dennoch werden wir dem Mangel im Pflegeberuf
Theorie nicht in eine zweijährige Ausbildung hin- nicht gerecht werden, wenn wir nicht der im Aus-
eingepreßt werden kann, ist inzwischen auch allge- land schon lange vorhandenen Erkenntnis Rechnung
mein anerkannt worden. Man braucht dazu eine tragen, daß auch in der Krankenpflege heute nicht
dreijährige Ausbildung; denn die Schwester ist ja mehr alle Aufgaben in einer Hand vereinigt werden
heute in zunehmendem Maße die Mitarbeiterin des können. Es gibt durchaus junge Leute, die Lust
Arztes bei vielen sehr komplizierten diagnostischen und Liebe dazu haben, kranke Menschen persönlich
und therapeutischen Maßnahmen. Wir erleben in zu pflegen und zu versorgen, die aber die Anforde-
den USA und in England immer häufiger, daß rungen scheuen oder sich diesen Anforderungen
-
Schwestern sogar noch ein medizinisches Studium nicht oder noch nicht gewachsen fühlen, die bei der
anschließen und daß ihnen da Teile ihrer Schwe- heutigen anspruchsvollen Ausbildung der Voll-
sternzeit angerechnet werden. schwestern gestellt werden müssen. Aus diesem
Die Ziffer 1 unseres Antrages, den ich hier für Grunde sind wir der Meinung, daß wir den auslän-
meine Fraktion zu begründen habe und der die dischen Beispielen folgen sollten. In den angelsäch-
Bundesregierung auffordert, uns möglichst schnell sischen Ländern haben wir die sogenannte practical
eine Novellierung des zur Zeit bestehenden Kran- nurse; aber auch in der Schweiz, in Finnland und
kenpflegegesetzes vorzulegen, bezieht sich auf die in anderen europäischen Ländern finden wir die
Anpassung der Ausbildung an die wissenschaft- Krankenpflegerin oder Hilfspflegerin oder Kranken-
lichen Fortschritte. Wir sind der Meinung, das helferin, wie immer man sie nennen will. Der Name
Examen sollte aus den eben von mir skizzierten spielt keine Rolle; über ihn wird man sich leicht
Gründen erst nach dem dritten Jahr abgelegt werden einigen können.
müssen. An die Ausbildungseinrichtungen müssen Diese Kräfte sollen nach einjähriger Ausbildung
ferner erhöhte Anforderungen gestellt werden. in der Krankenpflege tätig werden. Es soll aber
auch die Möglichkeit vorgesehen werden, daß die
Es kommt aber auch darauf an, dem Mangel an
in einem Jahr ausgebildeten Krankenpflegerinnen
Krankenschwestern zu begegnen, d. h. wir müssen
später Vollschwestern werden können, indem sie,
mehr Menschen für den Beruf der Krankenschwester
wenn sie persönlich dazu geeignet sind, in Sonder-
und des Krankenpflegers zu gewinnen suchen. Wir
kursen dafür herangebildet werden.
haben viele Begabungen unter unseren Volksschüle-
rinnen, besonders auf dem Lande, wo die Möglich- Dann einer der wichtigsten Punkte unseres An-
keiten zu einer weitergehenden Schulbildung oft trags: Dieses Krankenpflegegesetz darf nicht nur
nicht gegeben sind. Diese jungen Menschen müssen die Berufsbezeichnung schützen; denn dann ver-
wir für die Krankenpflege gewinnen. Wir sind uns hindern wir nach wie vor nicht, daß in steigendem
wahrscheinlich alle darüber einig, daß für die Aus- Maße ungelernte Kräfte tätig werden. Man soll nicht
bildung der Krankenschwester ein Alter von 18, unterschätzen, was es für die persönliche Pflege
mindestens aber von 17 Jahren vorausgesetzt wer- bedeutet, ob eine Schwester auch im Betten und in
den muß, nicht nur um der Krankenschwestern selbst der persönlichen Versorgung eines Kranken aus
willen, sondern auch um der Patienten willen. Es gebildet ist. Der Kranke kann sich ja nicht den
ist heute sehr oft so, daß die jungen Menschen in Menschen aussuchen, von dem er gepflegt wird.
der Zeit zwischen der Schulentlassung und dem Ein- Er weiß, wenn er im Krankenhaus ist, auch gar
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4337
Frau Dr. Hubert
nicht, ob die betreffende Person eine ausreichende nächst einmal zur Beratung vorgelegten Referenten-
Ausbildung hat oder nicht. Darum also Schutz der entwurfs noch mit berücksichtigen zu können.
Berufsausübung!
Dieser Entwurf, der den Verbänden zugegangen
Es geht auch nicht an, daß geeigneter Nachwuchs ist, beruht in den grundsätzlichen Fragen der Vor-
aus finanziellen Gründen davon abgehalten wird, und Ausbildung auf ganz ähnlichen Vorstellungen
diesen so bedeutungsvollen und so verantwortungs- wie denen, die der Antrag der SPD-Fraktion ent-
vollen Beruf zu ergreifen. Aus diesem Grunde sind hält. Ich möchte deshalb auch nicht im einzelnen auf
wir der Meinung, daß Bund und Länder in Zusam- diese Fragen eingehen. Was z. B. über die Pflege-
menarbeit dafür sorgen müssen, daß nicht nur die vorschulen gesagt worden ist, entspricht durchaus
Ausbildung, sondern auch die berufsvorbereitende einer weitgehenden Praxis, wie sie insbesondere
Schulbildung kostenlos ist und daß während dieser bisher von den größeren Schwesternschaften und
Zeit ein Ausbildungsgeld aus öffentlichen Mitteln Trägern entwickelt worden ist. Es entspricht auch
gezahlt wird. Ein Beruf, in dem wir einen solchen den Vorstellungen, die wir vertreten.
Mangel haben und der für unsere Volksgesundheit
so lebensnotwendig ist — wenn dieser Mangel nicht Der Entwurf, den wir vorgelegt haben, bezieht
behoben werden kann, könnte er unter Umständen auch die Vorschläge ein, die in den Ziffern 5 und 6
eines Tages zum Zusammenbruch der ganzen Ver- des SPD-Antrags enthalten sind, nämlich die Rege-
sorgung in den Krankenhäusern führen —, recht- lung der zweiten Form der Pflegetätigkeit, der Tä-
tigkeit der Pflegehilfskräfte. Dieser Beruf hat sich
fertigt auch größte finanzielle Anstrengungen, um
Nachwuchs für diesen Beruf zu gewinnen. in der Praxis der letzten Jahre entwickelt. Es ist
durchaus an der Zeit, ihm jetzt eine gewisse gesetz-
(Beifall bei der SPD.) liche Regelung zu geben. Die Krankenhausgesell-
Meine Damen und Herren, aus den angeführten schaft hat die Notwendigkeit dieses Berufes bejaht
Gründen bitte ich Sie, unseren Antrag dem Aus- und Richtlinien für die entsprechende Ausbildung
schuß für Gesundheitswesen zu überweisen. Ich und Tätigkeit ausgearbeitet. Der Zeitpunkt, dies nun
hoffe, daß wir ihn dort sehr zügig behandeln kön- auch vom Bundesgesetzgeber her mit aufzugreifen,
nen, damit uns die Bundesregierung möglichst scheint mir gegeben. Bei dem bedrückenden Per-
schnell einen in diese Richtung gehenden Entwurf sonalmangel in der Krankenpflege wird man auf
einer Novelle zum Krankenpflegegesetz vorlegt. diese Kräfte nicht verzichten können.

(Beifall bei der SPD.) Zu einem Punkt möchte ich noch Stellung nehmen,
nämlich zu Ziffer 7 des Antrags, zu der Frage, über
die auch Frau Hubert ausführlich gesprochen hat:
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat ob nicht nur die Berufsbezeichnung, sondern auch
die Frau Bundesgesundheitsministerin. die Berufsausübung in der Krankenpflege geschützt
werden soll. Das ist allerdings ein Punkt, in dem
Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge- ich anderer Meinung bin. Die nach langen Debatten
sundheitswesen: Herr Präsident! Meine Damen und sowohl in den Ausschüssen wie im Plenum erarbei-
Herren! Der Antrag, den die SPD-Fraktion uns tete Stellungnahme des Parlaments bei Erlaß des
heute hier vorlegt, zerfällt für mich gewissermaßen Krankenpflegegesetzes 1957 vertrete ich auch heute
in zwei Teile. Mit einem Teil — z. B. in den Ziffern noch. Es sprechen eine Reihe von Gründen dafür.
1, 2 und 5 — rennt er offene Türen ein, dem ande- Zunächst einmal ist eine Zeit des schwersten Man-
ren Teil muß ich widersprechen. gels an Krankenschwestern, an Krankenpflegeper-
Ein Referentenentwurf für eine Änderung des sonal, keine geeignete Zeit, die Berufsausübung zu
Krankenpflegegesetzes ist schon vor Wochen den regeln, d. h. denjenigen, die nicht eine bestimmte
beteiligten Fachkreisen zur Stellungnahme zuge- Vorbildung nachweisen können, die Tätigkeit und
schickt worden. Er ist auch inzwischen den Ländern die Mithilfe im Krankenhaus zu verbieten.
und den beteiligten Bundesressorts zugegangen. In Übrigens ist der Schwesternmangel, worauf immer
der Beratung des Krankenpflegegesetzes im Jahre wieder hingewiesen worden ist, keine Nachkriegs-
1957 waren die Auffassungen darüber, wie die Aus- erscheinung, auch keine besondere deutsche Erschei-
bildung der Krankenschwestern und der Kranken- nung, sondern leider eine ziemlich weltweite Er-
pfleger zu gestalten sei, sehr verschieden. Diese scheinung, und es darf auch nicht vergessen werden,
Auffassungen haben sich in den letzten sechs Jah- daß in vielen anderen Berufen ebenfalls Mangel
ren, seit das Gesetz in Kraft ist, abgeklärt. Die besteht. Wir glauben aber nicht, daß wir dem Kran-
Deutsche Krankenhausgesellschaft, in der die mei- kenhaus in seiner Notlage helfen, sondern wir glau-
sten Schwesternverbände vertreten sind, hat nach ben, daß wir ihm die Arbeit erschweren würden,
langen Vorarbeiten Vorschläge vorgelegt, die, wie wenn wir nunmehr Bestimmungen treffen wollten,
mir scheint, eine gute Grundlage für eine Änderung die bestimmte 'Tätigkeiten der geprüften Kranken-
der Ausbildung sind. Das hat es uns erleichtert, eine schwester vorbehalten und es verbieten, daß in der
solche Neuregelung auch gesetzlich vorzubereiten. Station eingearbeitete Kräfte zu Hilfstätigkeiten, die
auch Pflege sind, herangezogen werden, — Kräfte,
Darüber hinaus ist der Bundesgesundheitsrat um
die in vielen Krankenhäusern seit langem und mit
ein Votum zu den Fragen der Vor- und Ausbildung
guter Erfahrung tätig gewesen sind.
der Krankenschwestern gebeten worden. Wir hof-
fen, dieses Votum rechtzeitig zu bekommen, um Im Mai 1957 hat bei einer Debatte über diese
es bei der endgültigen Fassung des von uns zu- Frage einer der Kollegen dies so ausgedrückt: Wenn
4338 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Bundesminister Frau Dr. Schwarzhaupt
Sie im Krankenhaus das geschulte Pflegepersonal Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge
nicht zur Verfügung haben, und Sie verbieten die sundheitswesen: Selbstverständlich ist die Abgren-
Beschäftigung eines anderen Menschen, der zur zung schwierig. Wir wollen ja auch mit der Ein-
Hilfe bereit und in der Lage ist, dann fällt die Pflege führung dieser zweiten Ausbildungsform nicht einen
eben aus. — Ich glaube, in einer Zeit eines so Schutz der Berufsausübung, sondern wir wollen eine
schweren Mangels müssen wir dem Krankenhaus zweite Ausbildungsform geben. Alle bisherigen Er-
eine gewisse Elastizität lassen, eine gewisse Ver- fahrungen sprechen dafür, daß von dem Zeitpunkt
antwortung in der Heranziehung von Hilfskräften, an, in dem voll ausgebildetes Krankenpflegepersonal
die geeignet sind. Von keiner Seite, vor allem nicht in ausreichendem Maße vorhanden wäre, ein gesetz-
von der Krankenhausgesellschaft oder von den licher Schutz der Berufsausübung überhaupt nicht
Schwesternschaften, die in diesen Problemen erfah- notwendig wäre, denn die Tendenz der Kranken-
ren sind, wird ein Schutz der Berufsausübung, der häuser geht durchweg dahin, voll ausgebildete
die Praxis des Krankenhauses in vieler Weise er- Schwestern zu gewinnen. Das ist das Ziel, in dem
schweren würde, verlangt. wir alle einig sind: die Gewinnung ausreichenden
Es kommt noch etwas anderes dazu: daß es außer- Pflegepersonals mit einer guten Ausbildung.
ordentlich schwer ist, den Begriff der Krankenpflege Wenn wir die Berufsausübung durch nicht voll
so zu definieren, daß er in einem Verbotsgesetz ein- ausgebildetes Personal verböten, würden wir den
geführt werden kann, das allen Personen außer herrschenden Mangel nur vergrößern und außerdem
denen mit einer bestimmten Vorbildung die Kran- die jetzt schon bestehende Arbeitsüberlastung in der
kenpflege verbietet. Die Weltgesundheitsorganisa- Krankenpflege noch weiterhin vermehren. Das wol-
tion hat vor Jahren in einer Studie darauf hingewie- len wir nicht. Der Gesetzgeber soll in bezug auf die
sen, daß eine solche Verbotsgesetzgebung deshalb Berufsordnung nicht ein Prinzip vertreten, es darf
schwer möglich ist, weil sie eine Legaldefinition des ihm nicht auf das Prinzip ankommen, sondern es
Begriffs Krankenpflege erforderlich machen würde. muß ihm ankommen auf die Hilfe für das Kranken-
Die Definition, die die Fraktion der SPD bei der haus, auf die Hilfe für die Schwestern.
Debatte im Jahre 1957 angeboten hat, ist so allge-
mein gehalten, daß sie zu den größten Schwierig- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gestatten Sie
keiten in der Rechtsprechung führen würde. Hier- eine weitere Zwischenfrage? — Bitte!
über sind sich wohl alle Juristen klar. Der Kranken-
pflegeberuf mit seinen vielfältigen Tätigkeiten ist
nun einmal ein sehr umfassender Beruf, der zu
Frau Schanzenbach (SPD) : Frau Ministerin,
glauben Sie nicht, daß man sich mit Übergangs-
ständigen Überschneidungen mit den Tätigkeiten
bestimmungen helfen könnte?
anderer Berufe in der Gesundheitspflege führt. Das
Krankenhaus stellt eine elastische Gemeinschaft dar.
Es bedarf daher einer gewissen menschlichen- Frei- Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge-
heit in der Zuweisung von Aufgaben und Tätig- sundheitswesen: Ich würde die jetzige Zeit, die Zeit
keiten. Wir würden, wie ich schon sagte, dem Kran- eines so großen Mangels nicht für geeignet halten,
kenhaus nicht helfen, sondern ihm seine Arbeit er- irgendwelche einschränkenden Verbotsbestimmun-
schweren, wenn wir hier mit rechtlichen Stricken gen einzuführen, auch nicht übergangsweise. Ich
eingrenzen wollten, was allein die Schwester tun glaube, daß wir zunächst einmal den Schritt tun
darf und was eine Hilfskraft ohne volle Ausbildung sollten, den wir vorgeschlagen haben: eine Regelung
tun darf. der Ausbildung der nicht voll ausgebildeten, der
nicht Voll-Krankenschwester, eine Hebung der
Im übrigen bin ich mit Ihnen darin einig, daß die Krankenschwesterausbildung. Im übrigen sollten
Schwesternausbildung einer Ergänzung und Hebung wir dem lebendigen, menschlichen und elastischen
bedarf. Auch wir sind für die dreijährige Ausbildung. Verlauf im Krankenhaus einen Spielraum lassen.
Wir sind auch der Meinung, daß die Ausbildung der
Pflegehelferin geregelt werden muß. In der Praxis Es gibt noch eine Reihe anderer Punkte, zu denen
hat sich unseres Wissens niemals eine Schwierigkeit etwas zu sagen wäre. Ich möchte aber den weiteren
daraus ergeben, daß der ausschließliche Vorbehalt Verlauf der Debatte abwarten.
der Berufsausübung für die vollausgebildete Schwe- (Beifall bei den Regierungsparteien.)
ster nicht Gesetz geworden ist.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gestatten Sie Frau Abgeordnete Engländer.
eine Zwischenfrage?
Frau Engländer (CDU/CSU) : Herr Präsident!
Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge- Meine Damen und Herren! Vorab möchte ich mit
sundheitswesen: Bitte sehr. Freude feststellen, daß sowohl der Antrag der SPD
als auch der von Frau Ministerin Dr. Schwarzhaupt
Frau Dr. Hubert (SPD) : Darf ich Sie fragen, ob umrissene Referentenentwurf der Regierung bewei-
nicht dann die Abgrenzung zwischen der voll aus- sen, daß alle Parteien sich darum bemühen, der Per-
gebildeten Schwester und dieser Pflegehelferin, die sonalnot in den Krankenhäusern Herr zu werden.
jetzt allgemein anerkannt wird, genauso schwierig Wenn auch tatsächlich mehr ausgebildete Schwe-
wäre wie die Abgrenzung zwischen einer einjährig stern als früher in Arbeit sind, so ist ihre Zahl
ausgebildeten und einer nicht ausgebildeten Kraft? doch nicht in dem Maße gestiegen wie die durch
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4339
Frau Engländer
die modernen technischen Heilmethoden bedingte Einrichtung der Schwesternvorschule entsprochen
Mehrarbeit. Es kommt hinzu, daß die Heilung des worden. Wir können und wollen keinesfalls auf die
Patienten in der heutigen unruhigen, problemgela- gute Volksschülerin verzichten. In diesen Schulen,
denen Zeit oft wesentlich davon abhängt, ob er die meist mit Internaten verbunden sind, werden
sich umsorgt fühlt, ob er sich auch in seinen inneren Mädchen mit abgeschlossener Volksschulbildung zu
Nöten, die nur zu oft Mitursache seiner Krankheit pflegerischen Berufen hingeführt. Die Zeit zwischen
sind, verstanden fühlt. Das kann aber nur sein, Schulentlassung und dem möglichen Beginn der
wenn Arzt und Schwester auch für diesen Teil seiner Schwesternausbildung soll der Berufsfindung und
Krankheit ein offenes Ohr und Zeit haben. der allgemeinen Fortbildung der Schülerinnen die-
nen. Das gibt ihnen dann den gleichen Start wie
Vor sechs Jahren sagten Sie, Frau Dr. Hubert, den nach zehn Schuljahren entlassenen Schülerinnen.
in der Bundestagsdebatte zum Krankenpflegegesetz,
der Schwesternmangel in den Krankenhäusern Ihren Antrag zu I/3, die Berufsfortbildung gesetz-
könne dadurch behoben werden, daß man den lich zu gewährleisten, halten wir wenigstens so
Schwestern andere Lebens- und Arbeitsbedingungen lange für undurchführbar, wie der Personalmangel
gibt, andere Wohnverhältnisse für sie schafft, ihnen das Herausnehmen der Pflegekräfte aus ihrer Arbeit
kürzere Arbeitszeiten einräumt und sie nicht mit illusorisch machen kann. Das sollte den Schwestern-
berufsfremder Arbeit belastet. Die ersten drei Be- verbänden überlassen bleiben. Vergessen wir nicht,
dingungen sind — unterstützt durch staatliche Mit- daß sie mit Beisteuerung erheblicher Eigenmittel
tel — durch Erhöhung der Pflegekosten und durch Schwesternfortbildungsschulen errichteten, unterhal-
Rationalisierungsmaßnahmen in den meisten Kran- ten und mit zu fördernden Schwestern beschicken,
kenhäusern erfüllt. Trotzdem ist der Schwestern- auch ohne gesetzlichen Zwang. Die Bezuschussung
mangel nicht kleiner geworden. Es bleibt also zu und dadurch Förderung der Fortbildungsschulen
hoffen, daß die Befreiung von berufsfremder Arbeit sollte den Ländern und dem Bund ein wesentlich
gelingt und daß dann der Mangel an Pflegepersonal verstärktes Anliegen sein.
wirklich behoben ist.
Zu I/4: Dem Erfordernis einer zusätzlichen Aus-
Wie schon meine Vorrrednerin sagte, schlug die bildung für den beruflichen Aufstieg zur leitenden
Deutsche Krankenhausgesellschaft vor, den Erfah- Schwester und Schulschwester kommt in den mei-
rungen mehrjähriger Versuche entsprechend, die sten Fällen die geübte Praxis entgegen. Deshalb
Arbeit der Krankenschwester zu entlasten und sie sollte man das in der heutigen Situation nicht ge-
gleichzeitig dadurch zu heben, daß man die ein- setzlich vorschreiben. Auch hier gilt das zu Punkt 3
fachen pflegerischen Arbeiten durch Krankenpflege- Gesagte: Ein Krankenhaus ist keine Verwaltung,
helferinnen und Krankenpflegehelfer ausführen der Dienst im Krankenhaus muß elastisch funktio-
läßt. Diese Helfer sollen einen neuen, eigenständi- nieren. Wir sollten den Organisationen Spielraum
gen Krankenpflegerberufsstand darstellen. Ange- lassen, ihre bewährten Mitarbeiter verantwortlich
sichts der geringeren beruflichen Anforderungen an den für sie geeigneten Stellen einzusetzen.
setzt dieser Stand nicht eine so anspruchsvolle Be-
I/5 und I/6 behandeln die Berufsbezeichnung und
rufsausbildung voraus, wie sie für Krankenschwe-
die Berufsausbildung für den schon behandelten
stern und Krankenpfleger geboten ist. Es ist zu
neuen Beruf der Krankenpflegehelferin. Daß diese
hoffen, daß viele junge Mädchen dieses eine Aus-
bei Bewährung und zusätzlicher Ausbildung die
bildungsjahr mitmachen werden. Dann würden auch
Möglichkeit haben werden, Krankenschwestern zu
alle, die später abspringen, um Hausfrau und Mutter
werden, ist wohl ganz selbstverständlich.
zu werden, gut vorbereitet sein.
Die Entwicklung der letzten Jahre, vor allem die Unter I/? schlägt der SPD-Antrag vor, daß das
Anpassung an die Länder der westlichen Welt ma- Krankenpflegegesetz nicht nur die Berufsbezeich-
chen eine verbesserte Ausbildung in einer Schwe- nung, sondern auch die Berufsausübung schützen
sternschule notwendig. Darum sollte das Schwe- soll. Das müssen wir leider aus denselben Gründen
sternexamen erst nach vollen drei Jahren der guten wie 1957 auch heute ablehnen. Diese Gründe sind:
Ausbildung in einer Schwesternschule gemacht wer- Mangel an Krankenpflegepersonal, Schwierigkeiten
den können. Es fällt also die Möglichkeit des Exa- einer klaren Abgrenzung gegenüber anderen Beru-
mens nach zwei Jahren mit abschließendem obliga- fen, deren Tätigkeit sich mit den Tätigkeiten dieser
torischem praktischem Jahr aus. beiden Berufe überschneidet, und die Erfahrung,
daß überall voll ausgebildetes Krankenpflege-
Ob es möglich ist, ein Zwischenexamen ähnlich personal verwendet wird, soweit es ausreichend
dem Physikum bei der Arztausbildung vorzusehen, vorhanden ist.
oder ob in einzelnen Fächern die Beurteilung der
Der II. Abschnitt der Anfrage der Fraktion der
Schulen mit gewertet werden kann, sollte in die
SPD beschäftigt sich mit ,dem Ersuchen, in Zusam-
Überlegungen einbezogen werden.
menarbeit mit den Ländern die Kosten für die Vor-
Punkt I/2 Ihres Antrags fordert als Voraussetzung und Ausbildung und das Ausbildungsgeld aus öffent-
für die Aufnahme in die Schwesternschulen eine lichen Mitteln sicherzustellen, wobei eine Einkom-
zehnjährige Ausbildung oder einen anderen dieser mensprüfung und die Anrechnung von Sachbezügen
Ausbildung entsprechenden Abschluß. Hierüber muß nicht stattfinden sollen. Auch wir wären natürlich
im Ausschuß Genaueres gesagt werden. Diesem glücklich, wenn diesem Antrag weitgehend gefolgt
Wunsch ist ja in den meisten Schwesternverbänden werden könnte und wenn ,der Bund diese Mittel zur
— bei manchen schon seit 10 Jahren — durch die Verfügung stellte. Das muß, wie der Antrag richtig
4340 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Frau Engländer
sagt, in Zusammenarbeit mit den Ländern gesche- lischen Vorbildung für den Eintritt in die Berufsaus-
hen. Da muß, wegen der Dringlichkeit in bezug auf bildung gelten. Das gewährleistet einmal, daß uns
die zu versorgende Bevölkerung, jede Möglichkeit nicht wie bisher wertvolle Kräfte für die pflege-
gründlich geprüft werden und auch im Zusammen- rische Tätigkeit verlorengehen und in andere Be-
hang mit anderen Ausbildungsgebieten gesehen rufe abwandern. Zum anderen können wir der Be-
werden. rufsgruppe, die auf der Mittelschule und der höhe-
Die Bezuschussung der Krankenpflegeschulen ist ren Schulbildung basiert, ein qualifizierteres Aus-
in den Ländern recht verschieden. Im Land Nord- bildungsziel setzen. Im ersten Falle sprechen wir von
rhein-Westfalen wurde schon 1955 eine Million DM Krankenpflegehelferinnen und -helfern, im zweiten
dafür gegeben. Es muß jedenfalls vermieden wer- Falle von der Krankenschwester respektive dem
den, daß die Schwesternschulen, -vorschulen und Krankenpfleger. Beides sollen für sich abgeschlos-
-fortbildungsschulen die Mutterhausschwestern- oder sene Berufsbilder darstellen, wobei aber auch an
karitativen Heime weiter geldlich belasten. Hier- die Möglichkeit gedacht ist, aus der Pflegehilfe mit-
über und über die anderen Punkte der Anfrage wer- tels zusätzlicher Ausbildung in die Krankenpflege
den wir ja im Ausschuß weiterberaten. aufzusteigen.

Ich bitte, den Antrag an den Gesundheitsausschuß Wenn wir unseren Schwestern und Pflegern die
zu überweisen. berufliche Anerkennung und Gleichstellung mit
ihren ausländischen Kollegen verschaffen wollen,
(Beifall bei den Regierungsparteien.) können wir meines Erachtens die Verantwortung
dafür nicht nur einzelnen Schwesternverbänden über-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat lassen, die sich bisher schon in vorbildlicher Weise
die Abgeordnete Frau Dr. Heuser. in ihren Ausbildungslehrgängen den Erfordernissen
unserer Zeit angepaßt haben, sondern müssen als
Frau Dr. Heuser (FDP) : Herr Präsident! Meine Gesetzgeber das unsere tun, um ein gleich gutes
Herren und Damen! Der Antrag der SPD wird uns Ausbildungsniveau für alle zu gewährleisten.
zu einem Zeitpunkt vorgelegt, wo ein entsprechen- Zu den einzelnen Punkten der Vorlage ist zu
der Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums sagen, daß sich in 1, 2 und 6 eine weitgehende
den Ländern und interessierten Verbänden bereits Übereinstimmung mit dem Referentenentwurf fest-
zur Stellungnahme zugeleitet worden ist. stellen läßt. Das ergibt sich auch aus meinen vor-
(Zuruf von der SPD: Er ist immerhin vom herigen Ausführungen.
1. Juli!) (Zuruf von der SPD: Sie kennen ihn ja gar
nicht!)
Insofern scheint uns die Diskussion im Moment ver-
früht. Denn dieser Antrag wird, wenn er Zu Punkt 3 wäre zu sagen, daß uns eine finanzielle
- in den Förderung der Berufsfortbildung zunächst vordring-
Ausschuß kommt, ja doch nur im Zusammenhang
mit der Regierungsvorlage behandelt werden kön- licher erscheint als eine gesetzliche Regelung, die
nen. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß wir zum jetzigen Zeitpunkt wegen des noch bestehen-
hier nicht eine äußerst dringliche Aufgabe zu be- den Personalmangels undurchführbar wäre.
arbeiten hätten, deren Behandlung auch wir hier Bei Punkt 4 begrüßen wir die zusätzliche Ausbil-
gerne sehr viel früher gesehen hätten. Denn überall dung zum beruflichen Aufstieg. Derartige Lehr-
da, wo Traditionsgebundenheit einerseits und die gänge werden bereits seit geraumer Zeit von den
Erfordernisse, die uns der Fortschritt vorschreibt, an- Verbänden durchgeführt. Ob man den Verbänden
dererseits nicht rechtzeitig miteinander in Einklang völlig freie Hand in der Gestaltung solcher Lehr-
gebracht werden, werden Schwierigkeiten entstehen, gänge lassen oder eine gesetzliche Regelung fordern
die der Sache schaden. Je länger es dauert, bis sie und damit einem unterschiedlichen Ausbildungs-
erkannt und angegangen werden, desto einschnei- stand besser begegnen sollte, müßte geprüft werden.
dender werden die Maßnahmen sein müssen, um sie
Wenn es, wie ich vorher ausgeführt habe, unser
zu beseitigen. Bestreben ist, den Berufsstand selbst mit allen nur
Zwei Probleme sind es, die — eng miteinander möglichen Mitteln zu fördern und zu heben, muß
verwandt — uns im Krankenpflegewesen seit Jah- sicher auch, wie in Punkt 7, an den Schutz der Be-
ren Sorge gemacht haben: erstens der Mangel an rufsausübung gedacht werden, obwohl wir vor der
pflegerischem Personal und zweitens der Ausbil- Frage stehen, wie sich eine solche Maßnahme in der
dungsstand. Der Mangel wird nur zu beheben sein, Praxis — das heißt eben immer noch: Mangel an
wenn wir einen möglichst großen Kreis von jungen Kräften — auswirken würde. Ich denke daran, daß
Menschen den pflegerischen Berufen zuführen kön- man diesem gegenwärtigen Mangel und den daraus
nen. Der Ausbildungsstand wird nur zu heben sein, entstehenden Schwierigkeiten vielleicht durch Über-
wenn wir gewisse Differenzierungen innerhalb des gangsbestimmungen begegnen könnte.
Berufes selbst schaffen. Endlich wäre zu II zu sagen, daß wir alle Maß-
Über den Weg, der dahin führen soll, besteht nahmen begrüßen, die, was die Kosten der Ausbil-
weitgehend Übereinstimmung, auch soweit es den dung betrifft, dazu geeignet sind, die pflegerischen
hier vorliegenden Antrag und den Entwurf des Mi- Berufe gegenüber den anderen konkurrenzfähig zu
nisteriums betrifft. Es sollen zwei verschiedene Be- machen. Ob man aber so weit gehen soll, sie besser
rufsgruppen geschaffen werden und für sie ver- zu stellen als die anderen, müssen wir nach dem
schiedene Voraussetzungen bezüglich der schu Gleichheitsgrundsatz bezweifeln.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4341
Frau Dr. Heuser
Abschließend möchte ich wünschen, daß es uns Gerade das wollen wir mit diesem Punkt 7 er-
bald gelingen möge, im gemeinsamen Bemühen eine reichen: daß nicht ausgebildete Kräfte nicht für die
Neufassung des Krankenpflegegesetzes zu verab- Krankenpflege eingesetzt werden, daß aber auch die
schieden, die den veränderten Anforderungen die- Krankenschwestern nicht für Putzarbeiten und son-
ses Berufes gerecht wird und doch nichts von dem stige Arbeiten, die nicht zu ihrem Beruf gehören,
vermissen läßt, was immer oberstes Gesetz dieses verwendet werden.
Berufes sein wird, nämlich der Dienst am kranken
Menschen. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zwi-
(Beifall bei den Regierungsparteien.) schenfrage I

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat Dr. Dittrich (CDU/CSU) : Frau Schanzenbach, Sie
Frau Abgeordnete Schanzenbach. sprachen eben von Putzfrauen und Putztätigkeit.
Können Sie uns denn eine Definition der Kranken-
Frau Schanzenbach (SPD) : Herr Präsident! pflege überhaupt anbieten?
Meine Damen und Herren! Darf ich in Anlehnung
an das, was Frau Dr. Heuser eben gesagt hat, fest- Frau Schanzenbach (SPD) : Die Definition kann
stellen, daß der Antrag der SPD-Fraktion zu diesem ich Ihnen jetzt im Augenblick nicht anbieten. Aber
Krankenpflegegesetz vom 1. Juli 1963 stammt. Wir zu den Tätigkeiten einer qualifizierten Kranken-
kennen keinen Referentenentwurf, von dem hier schwester gehört jedenfalls nicht das Putzen eines
nun dauernd gesprochen worden ist. Uns ist er nicht Bodens.
bekannt, wir wissen also nicht, was darin steht. (Beifall bei der SPD.)
Aber nach dem, was die Frau Ministerin zu dem Ich war etwas erstaunt darüber, daß die Frau
Punkt 7 unseres Antrages vorgetragen hat, könnte Ministerin zu unserem Punkt II, der die Finanzierung
ich mir denken, daß wir sehr verschiedener Meinung dieser Ausbildung betrifft, nichts gesagt hat. Wenn
sind und daß gerade dieser Punkt von einer ganz wir wissen, daß in der Bundesrepublik ein Notstand
besonderen Wichtigkeit für die Novellierung des herrscht — und der Schwesternmangel ist ein Not-
Gesetzes sein wird. Ich kann mir denken, daß sich stand —, dann muß man Außergewöhnliches tun,
sehr lebhafte Debatten im Ausschuß entfalten wer- um diesen Notstand zu beheben. Bis vor kurzer Zeit
den. Denn wir sind der Meinung, daß wir, wenn hat die Ausbildung zur Krankenschwester noch
diesem Punkt 7 nicht Rechnung getragen wird, in etwas gekostet. Auch heute sind beim Besuch der
der Frage der Ausbildung der Krankenschwestern Vorschulen von den Eltern noch ganz respektable
und der Krankenpflegerinnen nicht weiterkommen. Ausbildungsbeiträge zu zahlen. Wenn die Eltern
Es geht doch darum, daß abgegrenzt wird, was die aber bei vielen anderen Berufen keine Aufwendun-
Aufgaben einer Krankenschwester, einer Pflegerin gen für die Ausbildung ihrer Kinder haben, dann
und einer Putzfrau sind, und daß die Frau, die Kran- müssen wir als Gesetzgeber dafür sorgen, daß auch
kenschwester wird, wirklich weiß: Das ist ihre Auf- bei diesem wichtigen Beruf die wirtschaftliche Vor-
gabe, und daß ihr nicht von einer Oberin im aussetzung gegeben ist, daß jedes fähige und jedes
Krankenhaus alle möglichen Arbeiten zugewiesen bereite Mädchen diesen Beruf ergreifen kann.
werden können. Natürlich wissen wir genau wie (Beifall bei der SPD.)
Sie, daß im Augenblick aus dem Notstand in den
Krankenhäusern heraus viele Schwestern Arbeiten Darum ist der Punkt II genauso wichtig wie der
verrichten müssen, die nicht zum Berufsbild der Punkt 7. Aber ich glaube, hier liegt der grundsätz-
Krankenschwester direkt gehören, und es wird liche Unterschied zwischen der Auffassung der Re-
draußen wahrscheinlich gar nicht sehr gut aufge- gierung und der der Opposition. Wir hoffen und
nommen, wenn man sich für den Punkt 7 im Augen- wünschen, daß unsere Vorstellung im Ausschuß zum
blick sehr einsetzt, so wie wir ihn uns vorstellen. Zuge kommt; denn mit Ihrer Vorstellung, Frau
Aber für die Zukunft muß man dem Rechnung tra- Ministerin, werden wir der großen Notlage nicht
gen, was wir im Punkt 7 fordern. Sonst wird dieser gerecht, die wir in den Krankenhäusern haben.
Beruf von den jungen Mädchen nicht als interessant (Beifall bei der SPD.)
angesehen, sonst haben sie immer das Gefühl, sie
werden für alle möglichen Arbeiten im Krankenhaus Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite-
verwandt, nur nicht für die, für die sie ausgebildet ren Wortmeldungen; die Aussprache ist geschlossen.
sind. Deshalb bin ich der Auffassung, daß der
Punkt 7 einer der entscheidendsten Punkte in die- Der Antrag soll an den Ausschuß für Gesundheits-
sem Gesetz sein wird. wesen überwiesen werden. Ist das Haus damit ein-
verstanden? — Kein Widerspruch; es ist so beschlos-
Wenn wir auch den Referentenentwurf nicht ken- sen.
nen, Frau Ministerin, so kennen wir doch das Rund-
schreiben, das den Verbänden zugegangen ist. Was
darin steht, stimmt nicht mit dem überein, was Sie Punkt 23 der Tagesordnung:
hier ausgeführt haben. In dem Schreiben steht fol- Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
gender Satz: betr. internationale Polizeikonvention (Druck-
Das immer stärkere Eindringen nicht ausgebil- sache IV/1505).
deter Kräfte in die Krankenpflege ist uner- Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird
wünscht. nicht gewünscht. Vorgesehen ist Überweisung an
4342 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
den Ausschuß für Inneres als federführenden Aus- rung darüber erst später schlüssig werden könne,
schuß und an den Ausschuß für auswärtige Angele- wenn die Ermittlungen abgeschlossen seien.
genheiten zur Mitberatung. — Kein Widerspruch; Ende März wurde in einer Kleinen Anfrage das-
es ist so beschlossen. selbe Thema berührt. Die Antwort war, die Ermitt-
lungen seien noch nicht abgeschlossen, man habe
Punkt 24: Rechtshilfeersuchen an französische Behörden ge-
Beratung des Antrags der Abgeordneten richtet und müsse deren Erledigung abwarten.
Hermsdorf, Wehner und Genossen betr. In einer Kleinen Anfrage vom Mai wurde dieselbe
Altersgrenze für Seeleute (Drucksache IV/ Frage aufgeworfen, und wiederum hieß es: Die Er-
1526 [neu]). mittlungen können nicht abgeschlossen werden, da
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird keine Antwort aus Frankreich. Erst wenn diese Ant-
nicht gewünscht. Der Ausschuß für Sozialpolitik soll wort vorliegt, kann sich die Bundesregierung schlüs-
sich mit der Sache befassen. Ist das Haus einverstan- sig werden, ob sie eine Rückführung beantragen
den? — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen. will.
Abermalige Kleine Anfrage im September, wieder-
Punkt 25: um die Antwort: Frankreich antwortet nicht, die Er-
mittlungen sind nicht abgeschlossen; die Bundes-
Beratung des Antrags der Abgeordneten regierung kann sich nicht schlüssig werden, ob sie
Arndgen, Schwabe, Hammersen und Genos- die Rückführung beantragen will.
sen betr. Rüdesheimer Verkehrsproblem
(Drucksache IV/1530). Verehrte Damen und Herren, so geht das nicht
weiter. In der Fragestunde vom 8. März hat Pro-
Das Wort wird nicht gewünscht. Vorgeschlagen
fessor Carlo Schmid bereits die Frage aufgeworfen,
ist Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post
ob es die Bundesrepublik als ein souveräner Staat
und Fernmeldewesen als federführenden Ausschuß
nicht ihrer Selbstachtung schuldig sei, solch einen
und an den Ausschuß für Kommunalpolitik und So-
Vorgang, wie er sich in München abgespielt habe,
zialhilfe zur Mitberatung. — Das Haus ist einver-
nicht länger auf sich beruhen zu lassen. Der Bundes-
standen; es ist so beschlossen.
justizminister antwortete damals, die Bundesregie-
rung sei in der Tat der Ansicht, daß sie es der
Punkt 26: Selbstachtung der Bundesrepublik schuldig sei, die-
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD sen Vorgängen Gewicht beizumessen und etwas —
betr. Auslieferung des ungarischen Staats- ja, nun: wann und wie? — zu tun. Ich meine, daß
angehörigen Geza Gyöfri nach Frankreich die Selbstachtung der Bundesrepublik einen ener-
(Drucksache IV/1527). gischen Schritt erfordert, und deshalb stellen wir
- Ihnen den Antrag, den Sie vor sich haben.
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird
nicht gewünscht. Vorgeschlagen ist Überweisung an Ich möchte in diesem Zusammenhang an einen
den Ausschuß für Inneres als federführenden Aus- anderen Vorgang erinnern. Am 9. März 1935 wurde
schuß und an den Rechtsausschuß zur Mitberatung. der deutsche Staatsangehörige Berthold Jakob durch
— Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen. die Hitlersche Geheime Staatspolizei aus der Schweiz
zwangsweise entführt, um ihm in Deutschland den
Punkt 27: Prozeß zu machen. Die Schweiz verlangte die Rück-
führung. Hitler tobte, aber Hitler beugte sich, und
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
betr. Rückführung von Argoud (Drucksache am 18. September 1935, also nach einem halben Jahr
IV/1528). nur, wurde Jakob in die Schweiz zurücküberstellt.

Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter (Abg. 'Dr. Mommer: Hört! Hört!)
Dr. Heinemann hat das Wort. Die Schweiz hatte also die Achtung, die alle Welt
ihr schuldig ist, durchgesetzt.
Dr. Dr. Heinemann (SPD) : Herr Präsident! Meine (Sehr wahr! bei der SPD.)
Damen und Herren. Sie alle erinnern sich, daß am
25. Januar dieses Jahres der französische Staats- Und wir? Fragezeichen! Das ist jetzt das Thema
angehörige Argoud aus München gewaltsam entführt unseres Antrages. Ich denke, wir sollten uns die
und nach Frankreich verbracht worden ist, wo er sich Eidgenossen zum Vorbild nehmen,
seitdem in Haft befindet. Das war eine Verletzung (Beifall bei der SPD und rechts)
deutschen Hoheitsgebietes, das war ein Verbrechen.
und ich hoffe, daß Frankreich sich dem Verlangen
Münchner Justizbehörden ermitteln seitdem. Von
auf Rückführung des hier unter verbrecherischen
Münchner Gerichten sind fünf Haftbefehle ergangen.
Umständen gewaltsam entführten Argoud nicht ver-
Der Bundestag hat sich viermal mit dem Vorgang schließen wird.
beschäftigt, erstmalig am 8. März in einer Frage-
stunde, wo unter anderem die Frage aufgeworfen Meine Damen und Herren, e s sollte der Selbst-
wurde, ob die Bundesregierung beabsichtige, die achtung aller Staaten entsprechen, daß sie sich kei-
Rückführung des französischen Staatsangehörigen nes Menschen außerhalb der Legalität bemächtigen.
Argoud in die Bundesrepublik zu beantragen. Da- (Beifall bei der SPD und den Regierungs
mals wurde geantwortet, daß sich die Bundesregie parteien.)
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode - 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4343

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat Da der Sachverhalt durch die Ermittlungsbe-
der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts. hörde noch nicht hinreichend hat geklärt wer-
den können, kann die Bundesregierung auch
jetzt noch nicht abschließend zur Frage einer
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen Rückführung von Argoud in die Bundesrepublik
Amts: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! zum Zwecke der Rückgängigmachung der Ver-
Zu der hier aufgeworfenen Frage der Rückführung bringung aus München nach Frankreich Stellung
von Argoud aus Frankreich hat sich die Bundes- nehmen.
regierung bereits wiederholt geäußert, wie der Herr
Abgeordnete Heinemann soeben ausgeführt hat. So weit das Zitat der früheren Mitteilung des Herrn
Bundesministers der Justiz an den Bundestag!
Die Frage war Gegenstand Kleiner Anfragen der
SPD-Fraktion vom 13. März, vom 14. Mai und vom Die Ermittlungsbehörde hat den Sachverhalt auch
6. September dieses Jahres. heute noch nicht geklärt, weil die französische Re-
gierung die beiden Rechtshilfeersuchen des Ober-
Die Kleine Anfrage vom 13. März wurde durch staatsanwalts beim Landgericht München I, die mit
den Herrn Bundesminister der Justiz unter Ziffer 2 Noten vom 29. März und 29. April dieses Jahres
wie folgt beantwortet — ich darf diese Antwort noch an das französische Außenministerium geleitet wur-
einmal in die Erinnerung zurückrufen —: den, noch nicht erledigt hat.
Die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit, (Hört! Hört! in der Mitte.)
die Überstellung des französischen Staatsange-
hörigen Argoud zu betreiben, damit er von Die Bundesregierung hat nichts unterlassen, uni auf
den zuständigen deutschen Strafverfolgungs- die Erledigung der beiden Rechtshilfeersuchen zu
behörden wegen etwaiger auf dem Gebiet der dringen. Sie ist wiederholt wegen der Erledigung
Bundesrepublik begangenen strafbaren Hand- der Rechtshilfeersuchen sowohl bei der hiesigen fran-
lungen verfolgt werden kann. Die amtliche zösischen Botschaft als auch durch die deutsche Bot-
Überstellung des Oberst Argoud durch französi- schaft in Paris beim französischen Außenministe-
sche an deutsche Behörden zu diesem Zweck rium vorstellig geworden. Die französische Regie-
könnte nur im Wege einer Auslieferung er- rung hat geantwortet, daß die Anhörung zahlreicher
folgen. Eine Auslieferung Argouds aus Frank- Zeugen notwendig und daher die Erledigung dieser
reich in die Bundesrepublik ist aber aus Rechts- Rechtshilfeersuchen sehr zeitraubend sei.
gründen unmöglich.
In der Tat enthält das Rechtshilfeersuchen des
(Abg. Wehner: Das ist ja unglaublich!) Oberstaatsanwalts in München das Ersuchen, eine
große Anzahl von Zeugen zu einer großen Anzahl
Argoud ist französischer Staatsangehöriger.
von Fragen zu vernehmen.
Nach Artikel 5 des französischen Auslieferungs-
-
gesetzes vom 10. März 1927 wird die Ausliefe- Weiterhin hat die französische Regierung mit-
rung nicht bewilligt, wenn die Person, die geteilt, daß die Erledigung sich auch dadurch ver-
Gegenstand des Ersuchens ist, französischer zögere, daß einige Zeugen sich zur Zeit außerhalb
Staatsbürger ist. Frankreichs aufhielten.
(Abg. Wehner: Sind wir also ein Dorado für Die Bundesregierung wird auch weiterhin mit
Entführungen!) Nachdruck auf die Erledigung der Rechtshilfe-
Artikel 2 Abs. 1 des deutsch-französischen Aus ersuchen hinwirken, damit der Sachverhalt von der
lieferungsvertrages vom 29. November 1951 be- Ermittlungsbehörde aufgeklärt werden kann. Erst
stimmt insoweit, daß Personen, deren Auslie- nach Aufklärung des Sachverhalts kann, wie der
ferung nach den Gesetzen des ersuchten Staates Herr Bundesminister der Justiz dem Bundestag be-
verboten ist, nicht ausgeliefert werden. reits mitgeteilt hat, die Bundesregierung zu der
Frage der Rückführung vor Argoud Stellung neh-
Soweit unter der „Überstellung" men.
— ich zitiere immer noch den Herrn Bundesminister (Abg. Wehner: Das war eine buchhalte

der Justiz in seiner Antwort vom 27. März 1963 rische Erklärung!)
lediglich eine Rückführung von Argoud in die
Bundesrepublik zum Zwecke der Rückgängig-
machung der Verbringung aus München nach
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
der Herr Abgeordnete Dr. Gradl.
Frankreich zu verstehen sein sollte, ist eine
abschließende Antwort der Bundesregierung
noch nicht möglich, weil der Sachverhalt durch Dr. Gradl (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
die Ermittlungsbehörden noch nicht hinreichend Damen und Herren! Der Fall Argoud ist eine denk-
geklärt ist. bar unerfreuliche Angelegenheit und ist durch das,
was uns der Herr Staatssekretär soeben gesagt hat,
(Rufe von der SPD: Noch nicht? Hört! Hört!)
nicht erfreulicher geworden. Ich sage das ohne jede
Dann ist auf die Anfragen vom 14. Mai und Kritik. Ich akzeptiere die Erklärung des Herrn
6. September 1963 durch den Herrn Bundesminister Staatssekretärs, daß die Bundesregierung nichts
der Justiz dem Bundestag folgendes mitgeteilt wor- unterlassen hat, um auf die Erledigung der Rechts-
den: hilfeersuchen hinzuwirken.
4344 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Dr. Grads
Auf der anderen Seite steht aber fest — auch das ster, meine ich, ist dieser Vorgang anzusehen, und
ergibt sich aus der Aussage des Herrn Staatssekre- ich würde sagen, daß es zwar keineswegs gleich-
tärs —, daß die französische Regierung die beiden gültig ist, wer ihn entführt hat — das wollen wir
Rechtshilfeersuchen bisher noch nicht erledigt hat. ja gerade herausbekommen —, daß es aber dennoch
Das heißt, der Fall Argoud befindet sich nach wie sekundär gegenüber dem Faktum ist, daß er ent-
vor in einem geheimnisvollen Dunkel, und zwar führt worden ist.
insbesondere deshalb, weil die deutschen Ermitt- (Zurufe von den SPD: Sehr wahr!)
lungsbehörden ihr Ermittlungsverfahren nicht ab-
schließen konnten; sie konnten es nicht abschließen, Dazu muß ich für meine politischen Freunde einige
weil die französische Regierung die Rechtshilfe- kurze Bemerkungen machen.
ersuchen nicht erledigt hat. Das ist der eine Grund. Erstens. Der Oberst Argoud hat zweifellos für
Ich glaube, man wird zugeben müssen, daß die Er- das, was er zuvor getan hat, für sein früheres Ver-
mittlungen für die französische Regierung sicherlich halten, schärfste Kritik verdient, wenn man nor-
sehr schwierig sind; hier handelt es sich um Vor- male Maßstäbe anlegt. Bei dieser Kritik geht es
gänge, die sehr in Untergrundbewegungen hinein- nicht um seine Motive. Wir wissen, daß die alge-
spielen. rische Krise das französische Volk und die führen-
(Zurufe von der SPD.) den Kreise Frankreichs in einen Konflikt von echter
Ich möchte es unterstellen; und tiefer Tragik gestürzt hat. Das wollen wir nicht
verkennen, auch in diesem Zusammenhang nicht.
(Zuruf von der SPD: Unangenehm, aber
Aber Herr Argoud hat an der Spitze einer Organi-
nicht schwierig!)
sation gestanden, die diesen Konflikt mit terro-
— Ich könnte mir vorstellen, daß es schwierig ist. ristischen Mitteln zu bewältigen suchte, und diese
(Abg. Wehner: Kein Mensch kann über Organisation war in der Anwendung ihrer Mittel
seinen Schatten springen!) und ihrer Methoden alles andere als wählerisch.
Man wird sich noch lange an die Gewaltakte erin-
Immerhin wäre ich geneigt — und ich glaube, nicht nern, mittels deren sie ihre Ziele zu erreichen ver-
nur ich, sondern viele hier —, anzunehmen, daß suchte. Sie hat Menschenleben nicht geschont, und
für eine westeuropäische Regierung und Verwal- Illegalität war für diese Organisation, bei der Herr
tung ein schnelleres Ermittlungstempo hätte mög- Argoud ein führender Mann war, eine Selbstver-
lich sein sollen. ständlichkeit.
(Beifall.)
Warum sage ich das?
Es ist auch keine erfreuliche Situation, daß die Bun-
desregierung immer wieder wegen der Rechtshilfe- (Abg. Wehner: Sicher nicht, um die Illega
ersuchen in Paris bei der französischen Regierung lität der Entführung zu rechtfertigen!)
vorstellig werden muß; es ist, glaube -ich, jetzt — Ich sage das sicher nicht, um die Entführung zu
schon fünf- oder sechsmal geschehen. Schließlich rechtfertigen. Ich sage es, um gerade vor diesem
sind jetzt mehr als drei Vierteljahre in der Sache Hintergrund die Unbedingtheit unseres rechtsstaat-
vergangen, und wir stehen praktisch noch genau lichen Standpunktes um so deutlicher zu demon-
dort, wo wir vor drei Vierteljahren gestanden ha- strieren.
ben. (Beifall bei den Regierungsparteien und bei
Aber nun, meine Damen und Herren, noch ein der SPD.)
Wort zu dem Sachverhalt selbst! Was die Ermitt- Wir wollen und wir können es nicht hinnehmen, daß
lungen auch immer ergeben mögen, einiges steht ja auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland, die
heute wohl schon unbestreitbar fest, insbesondere. ein Rechtsstaat sein will und nach ihrem Grund-
daß der Herr Argoud nicht aus eigenem freiem gesetz ein Rechtsstaat sein muß, Illegalität mit Ille-
Willen von München nach Paris gefahren ist, son- galität beantwortet wird.
dern daß er illegal und gegen seinen Willen aus
(Beifall bei den Regierungsparteien und bei
München herausgeholt worden ist und später in
der SPD.)
Paris im Gewahrsam französischer Behörden wieder
aufgetaucht ist, Das, was Argoud zuvor getan hat oder andere hat
(Abg. Lemmer: Man nennt das Menschen tun lassen, war unbestreitbar gegen Recht und Ge-
raub!) setz, auch nach internationalen Grundsätzen von
Recht und Moral. Und dennoch verlangt das Wesen
das heißt, er ist entführt worden.
unseres Rechtsstaates wie eines jeden Rechtsstaates,
(Zurufe von der SPD: Menschenraub!) daß auch einem solchen Mann der Schutz des Rechts-
Das ist das Faktum, und dieser Vorgang wird noch staates zuteil wird. Wir Deutsche müssen in diesem
ernster, wenn man bedenkt, daß dieser Mann im Punkte besonders empfindlich sein, und wir sind es,
Juli 1961 von einem französischen Militärgericht in denn wir haben der Welt und uns selber das schreck-
contumaciam zum Tode verurteilt worden ist. liche Schauspiel des nationalsozialistischen Unrechts-
staates und seiner Unrechtspraktiken gezeigt.
Nun gut, wir wissen, daß der Prozeß nach fran- (Beifall bei den Regierungsparteien und bei
zösischem Prozeßrecht jetzt, da sie ihn haben, neu der SPD.)
aufgenommen werden muß. Das alte Urteil ist hin-
fällig. Nichtsdestoweniger weiß man aber, was auf Um so mehr haben wir darauf bedacht zu sein, daß
diesen Mann möglicherweise zukommt. Um so ern der rechtsstaatliche Schutz gegen illegale Angriffe
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4345
Dr. Gradl
und Zugriffe jedermann zuteil wird; ich wiederhole: Deshalb, weil wir mit Frankreich, mit diesem Land,
jedermann, das heißt: auch dem Übeltäter, das heißt: befreundet sind, nicht im landläufigen flachen Sinne
auch Herrn Argoud. Es darf nicht so sein, daß bei des Wortes, sondern weil es sich um eine Freund-
uns im Land irgend jemand vogelfrei ist — niemand, schaft handelt, die lange ersehnt worden ist, die in
auch Herr Argoud nicht! unserem Volk tief verwurzelt ist und die dieser
Bundestag noch vor wenigen Monaten mit seiner
Noch .aus einem anderen Grunde, glaube ich, müs-
einmütigen Zustimmung zu dem Vertrag über die
sen wir in diesen Dingen sehr empfindlich sein.
deutsch-französische Zusammenarbeit bestätigt hat.
Viele Deutsche sind nach dem Kriege durch kommu-
nistische Machthaber und ihre Hilfsorgane ver- (Beifall im ganzen Hause.)
schleppt worden. Jeder von uns hier kennt zahllose
Um so mehr, so meinen wir, müssen wir darauf be-
Fälle, und ganz besonders denken wir an die schwe-
dacht sein, daß nicht einmal ein Schatten von ille-
ren Fälle von Menschenraub, die von Beauftragten
galem Geschehen auf diese Freundschaft fällt. Die
des Zonenregimes insbesondere in Westberlin vor-
Sauberkeit der deutsch französischen Freundschaft
genommen worden sind. Es genügt, wenn ich als
-

ist bei diesem Münchener Geschehen um Argoud


Beispiel nur einen Namen nenne: Walter Linse.
irgendwie mit im Spiel.
(Abg. Matthöfer: Heinz Brandt!)
(Abg. Wehner: Sehr wahr!)
— Man könnte viele nennen! Wir werden nicht auf-
hören — sicher nicht —, gegen diese Schandtaten zu Auch Freundschaft darf uns nicht hindern, einem
protestieren, und wir werden nicht aufhören, uns illegalen Vorgang bis an die Grenze unserer Mög-
für die Opfer einzusetzen. Gerade deshalb aber kön- lichkeiten nachzugehen.
nen wir es nicht hinnehmen, daß von irgendeiner
fremden Gewalt oder Gruppe auf unserem Boden Meine Damen und Herren, das sind die Über-
eine eigenmächtige Selbsthilfejustiz verübt wird, legungen, mit denen wir dieses Geschehen um den
wie es im Fall Argoud geschehen ist. Fall Argoud betrachten.
(Beifall im ganzen Hause.)
Wir würden mit unseren Protesten gegen kommu- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gestatten Sie
nistische Unrechtstaten unglaubwürdig, eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Weh-
(Sehr richtig! in der Mitte) ner?

wenn wir anderes Unrecht dieser Art duldeten. Wir


dürfen um alles in der Welt nicht den Eindruck auf Dr. Gradl (CDU/CSU) : Bitte schön, Herr Wehner!
kommen lassen, daß wir in solchen Fällen mit ver-
schiedenen Maßstäben messen, Wehner (SPD) : Herr Kollege Dr. Gradl, Sie haben
(Beifall im ganzen Hause) soeben gesagt: bis an die Grenze dessen, was wir
- im Rahmen dieser Beziehungen vermöchten. Darf
je nachdem, aus welcher Himmelsrichtung der Übel- ich fragen, ob nicht das Problem der Rechtsstaatlich-
täter kommt oder in welche Himmelsrichtung er ent- keit ein Gegenstand von Konsultationen sein könn-
führt wird, je nachdem, ob er Kommunist oder Anti- te? Oder sind die Grenzen für unser Verhalten
kommunist ist oder sonst eine politische Überzeu- schon dort zu sehen — ich muß es nach dem Bericht
gung hat. Auch deshalb glauben wir, daß der Fall des Herrn Staatssekretärs so ansehen —, wo es um
Argoud so ernst genommen werden muß. das buchhalterische Aufrechnen geht, wie viele Male
Und eine dritte und letzte Feststellung: In den man in den Vorzimmern vorgesprochen hat?
Fall Argoud ist ein befreundetes Land — Frank-
reich — irgendwie verwickelt. Ob Staatsorgane an Dr. Gradl (CDU/CSU) : Ich meine, daß die Grenze
der Entführung beteiligt waren, das Wissen wir der Möglichkeiten nicht in irgendwelchen Paragra-
nicht. phen gesucht werden sollte, sondern wenn ich sage,
(Abg. Dr. Mommer: Doch! Wir wissen es die Grenze der Möglichkeiten soll ausgeschöpft wer-
alle sehr gut!) den, dann meine ich damit wirklich die äußerste
— Wir wissen es nicht! Grenze, die in den Beziehungen zwischen zwei Län-
dern und Regierungen, die miteinander befreundet
(Abg. Dr. Mommer: Doch! Wir wissen es, sind, besteht.
Herr Gradl!)
(Beifall bei den Regierungsparteien und bei
— Keiner von uns kann es beweisen! der SPD.)
(Abg. Dr. Mommer: Doch! Argoud selber hat Ich sagte schon: das sind die Überlegungen, mit
es aus dem Gefängnis bezeugt, daß es so denen meine politischen Freunde von der Christlich
ist!) Demokratischen und Christlich-Sozialen Union in
diesem Hause den Vorgang beurteilen. Sie erwarten,
Argoud ist Beteiligter! Wir können uns darüber
daß die Bundesregierung im Sinne dieser Überle-
im Ausschuß unterhalten. gungen tätig bleibt, energisch tätig bleibt und, so-
Auf jeden Fall hat diese befreundete Regierung weit zusätzlich möglich, tätig wird. Es darf draußen
Argoud in ihrem Gewahrsam, und unser Rechtshilfe- auch nicht der Eindruck entstehen, ein so ernster
ersuchen steht bei ihr an. Dies macht den Fall zwei- Vorgang könnte mit uns durch Verzögerungstaktik
fellos irgendwie zusätzlich heikel, Warum heikel? und Zeitablauf vielleicht doch erledigt werden.
4346 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Dr. Gradl
In diesem Sinne schlagen wir vor, den Antrag den handlungen, die dort geschehen sind und noch ge-
beiden zuständigen Ausschüssen zu überweisen, d. h. schehen, und die Welt reagiert im Rahmen des
dem Auswärtigen Ausschuß als federführendem Aus- Möglichen darauf. Sollen wir wirklich gezwungen
schuß und dem Rechtsausschuß. Wir erwarten dann, werden, auch den Mächten gegenüber, mit denen
daß beide Ausschüsse im engen Benehmen mit der wir alliiert sind, die mit uns die gleiche grundsätz-
Bundesregierung dem unerfreulichen Vorgang auf liche Staatsauffassung haben, ja, die wir gern und
der Spur bleiben. hoffentlich recht, recht lange als unsere Freunde be-
zeichnen, in ähnlicher Weise vorzugehen, wie wir
(Beifall bei den Regierungsparteien und bei
es nach dem Osten hin tun müssen? Ich meine, es
der SPD.)
wäre nicht unbillig, von einer befreundeten Nation
zu verlangen, daß ein Staat, der so steht, wie wir
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat hier in der Bundesrepublik stehen, nicht in Situatio-
der Herr Abgeordnete Busse. nen gebracht wird, die es erforderlich machen, solche
Fragen, wie ich sie hier stelle, aufzuwerfen. Ich
Busse (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr ver- glaube, es ist nicht unbillig und unabhängig von
ehrten Damen und meine Herren Kollegen! Nach der Recht und Paragraphen, wie Herr Gradl bereits
sehr abgewogenen und der Sachlage in weitestem sagte, wenn wir dies Verlangen eindeutig zum
Maße Rechnung tragenden Darlegung des Herrn Ausdruck bringen.
Kollegen Gradl kann ich im wesentlichen nur sagen:
Wir glauben, daß wir in der Ausschußberatung
er hat das ausgeführt, was ich an seiner Stelle ge-
zu einer klaren, einheitlichen Stellungnahme kom-
sagt hätte.
men werden, und stimmen daher der vorgeschlage-
Auch wir sind der Meinung, daß, wenn irgendwer, nen Ausschußberatung zu.
dann wir in der Bundesrepublik jede, aber auch
(Beifall bei den Regierungsparteien und bei
jede Veranlassung hätten, für die Einhaltung abso-
luter Rechtsstaatlichkeit Sorge zu tragen. Dazu Abgeordneten der SPD.)
haben wir Veranlassung einmal um unserer selbst
willen, um ein Bild zu korrigieren, das durch eigene Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
schwere Schuld in der Vergangenheit entstanden Herr Abgeordneter Erler.
ist, andererseits aber auch aus unserer Stellung in
der gesamten Welt heute. Immerhin sind wir in der
vordersten Front einer irgendwie gearteten Kampf- Erler (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
linie, und wenn bei irgendwem, so muß bei uns und Herren! Lediglich die unbefriedigenden Darlegungen
von uns mit aller Sorgfalt darauf geachtet werden, des Sprechers der Bundesregierung veranlassen
daß rechtsstaatliche Grundsätze nicht nur nicht ver- mich, in dieser Sache, in der das Haus einer Meinung
letzt werden, sondern daß selbst der Anschein - ver- ist, noch einmal um das Wort zu bitten.
mieden wird, als ob solche Verletzungen bei uns
Von uns hat kaum jemand — ich glaube sagen
möglich wären, ohne daß sie in diesem Hause ge- zu können: niemand — irgendwelche Sympathien für
rügt würden. Wir haben uns in der Vergangenheit
Argoud und seine Taten. Das können auch unsere
eindeutig von diesen Grundsätzen leiten lassen. Ich
französischen Freunde mit gutem Gewissen zur
stelle in diesem Zusammenhang freilich — und dar-
Kenntnis nehmen. Aber Argoud ist in Deutschland
über wollen wir im Ausschuß einmal sehr offen
entgegen unserem Recht geraubt worden. Er be-
sprechen — die Frage, ob hier tatsächlich von der
findet sich im Gewahrsam französischer Behörden.
Regierung bereits alles getan ist, was man nach den
Ausführungen, die gerade Sie, Herr Kollege Gradl, Die französischen Behörden sind damit Nutznießer
gemacht haben, von ihr hätte erwarten können. Ich eines Raubes geworden. Es ist nicht gut, wenn jetzt
weiß nicht, ob die Antwort auf das Rechtshilfeer- die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung
suchen heute wirklich noch erforderlich ist oder ob und der französischen Regierung lediglich um das
nicht unabhängig davon der bekannte Sachverhalt Rechtshilfeersuchen kreisen, um aufzuklären, wie
es ermöglicht und rechtfertigt, bereits heute die For- die Gewalttat stattgefunden hat. Das ist die zweite
derung zu stellen, die der Antrag beinhaltet. Ich Angelegenheit. Die erste ist, wiedergutzumachen,
habe bei der Erklärung des Herrn Staatssekretärs was angerichtet worden ist.
vergeblich auf eine Begründung dafür, warum wir (Beifall bei der SPD.)
noch so dringend auf die Ergebnisse des Rechtshilfe-
Das andere hat Zeit, nämlich die Täter zu ermitteln
ersuchens angewiesen sind, gewartet. Wir werden
und zu prüfen, ob sich die deutsche Justiz mit diesen
diese Dinge im Ausschuß sehr klar und deutlich an-
Tätern befassen kann und befassen wird. Das ist
sprechen, und ich glaube, daß wir aus der gemein-
ein zweiter Akt. Aber zunächst kommt es darauf
samen Grundeinstellung heraus auch zu gemein-
an, Argoud zurückzustellen und damit das Unrecht
samen Resultaten kommen werden.
wiedergutzumachen.
Wir sollten bei dieser Gelegenheit — das möchte
ich eindeutig unterstreichen — aber auch unseren Was dann mit Herrn Argoud geschieht, ist auch
Gesprächspartner nicht außer acht lassen. Wir haben dine andere Sache. Da haben auch wir nach Recht
dem Osten gegenüber eine schwere Situation. Wir und Völkerrecht zu verfahren. Aber auf alle Fälle
bemühen uns, dieser Situation Herr zu werden. Wir war es doch bisher wohl so, daß nur totalitäre Regi-
klagen den Osten vor der Weltöffentlichkeit an. me sich mit dem Makel des Menschenraubs be-
Wir rufen das Weltgewissen auf gegen die Unrechts fleckten. Gesittete Regierungen und erst recht be-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4347
Erler
freundete Regierungen können einen solchen Makel betreffend Einführung der Fünf-Tage-Woche
nicht auf sich sitzen lassen. in der Bundesverwaltung (Drucksachen IV/913,
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der IV/1026, IV/1524).
Regierungsparteien.) Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordne-
Mir tut es zutiefst leid, daß gerade die deutsch- ten Schmitt-Vockenhausen, ob er das Wort wünscht.
französische Freundschaft durch diesen Zwischenfall (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Ich verzichte!)
in ein schiefes Licht gebracht wird. Gerade um dieser — Wird sonst das Wort gewünscht? — Das ist nicht
Freundschaft willen müssen wir unseren französi- der Fall.
schen Freunden sagen: Nicht die Tatsache, daß wir
die Wiederherstellung des Rechts wünschen, ver- Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache
stößt gegen den Geist der Freundschaft, sondern die IV/1524 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein
Tatsache, daß gegen das Recht verstoßen und dann Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
das verletzte Recht nicht wiederhergestellt worden Angenommen.
ist, verstößt gegen den Geist der Freundschaft.
Punkt 30:
(Beifall bei der SPD.)
Beratung der von der Bundesregierung vorge-
Daher glaube ich, daß wir der Bundesregierung
legten Fünften Verordnung zur Änderung des
mit auf den Weg geben können: Die Ausschußüber-
Deutschen Zolltarifs 1963 (Mate und tropische
weisung wird dafür sorgen, daß nicht etwa durch Hölzer) (Drucksache IV/1514).
Verschleppungsmanöver, Auslandsreisen von Zeu-
gen und andere Hilfsmittel der Bürokratie dem Bun- Ich frage, ob das Wort zu dieser Vorlage ge-
destag diese Angelegenheit aus den Augen kommt. wünscht wird. — Das ist nicht der Fall. Die Vorlage
Wir behalten sie im Auge, bis dem verletzten Recht soll an den Außenhandelsausschuß überwiesen wer-
Genüge •getan ist, und wir bitten ,die Bundesregie- den. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
rung, nicht nur in den Vorzimmern nachzufragen und
Noten zu schicken, sondern unter Umständen in ge- Punkt 31:
eigneter Weise eine hohe politische Ebene zur Be- Beratung der von der Bundesregierung vor-
sprechung dieses Falles zu benutzen. gelegten Sechsten Verordnung zur Änderung
(Beifall im ganzen Hause.) des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontin-
gente — gewerbliche Waren) (Drucksache
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite- IV/1515).
ren Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Wird das Wort dazu gewünscht? — Das Wort
Vorgesehen ist Überweisung an den Ausschuß für wird nicht gewünscht. Vorgeschlagen ist Überwei-
auswärtige Angelegenheiten — federführend — und sung an den Außenhandelsausschuß. — Kein Wider-
an den Ausschuß für Inneres — nicht an den Rechts- spruch; es ist so beschlossen.
ausschuß, Herr Dr. Gradl, so ist es vereinbart —
zur Mitberatung. Das Haus ist einverstanden? — Punkt 32:
Es ist so beschlossen. Beratung der von der Bundesregierung vor-
gelegten Siebenten Verordnung zur Änderung
Punkt 28: des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontingente
Beratung des Schriftlichen Berichts des Aus- — Agrarwaren) (Drucksache IV/1516).
schusses für Inneres (6. Ausschuß) über den
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht
Antrag der Abgeordneten Günther, Iven
gewünscht. Vorgeschlagen ist Überweisung an den
(Düren), Dr. Hoven und Genossen betreffend
Außenhandelsausschuß — federführend —, zur Mit-
Öffnungszeiten beim Grenzübergang Wahler-
beratung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirt-
scheid—Rocherath (Drucksachen IV/1367,
schaft und Forsten. — Das Haus ist einverstanden?
IV/1566).
— Es ist so beschlossen.
Herr Abgeordneter Brück, wünschen Sie als Be-
richterstatter das Wort? — Der Berichterstatter ver- Punkt 33:
zichtet.
Beratung der von der Bundesregierung vor-
Ich stelle den Antrag des Ausschusses zu Abstim- gelegten Achten Verordnung zur Änderung
mung. Wer dem Antrag des Ausschusses auf Druck- des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollaussetzun-
sache IV/1566 zuzustimmen wünscht, den bitte ich gen für Japanpapier) (Drucksache IV/1517).
um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun-
gen? — Angenommen! Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird
nicht gewünscht. Vorgeschlagen ist Überweisung
Punkt 29: an den Außenhandelsausschuß. Das Haus ist einver-
standen? — Es ist so beschlossen.
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für Inneres (6. Ausschuß) zu den Mit-
teilungen des Bundesministers des Innern Punkt 34:
vom 15. Januar und 19. Februar 1963 zu dem Beratung der von der Bundesregierung vor-
Beschluß des Bundestages vom 29. Juni 1961 gelegten Zwölften Verordnung zur Änderung
4348 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontin- zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963
gente — Werkblei und Feinstzink) (Druck- (Zollaussetzung für gamma-Picolin und Coba-
sache IV/1518). lamine) (Drucksache IV/1600).
Keine Wortmeldungen. Vorgeschlagen ist Über- Keine Wortmeldungen. Es ist Überweisung an den
weisung an den Außenhandelsausschuß. — Kein Außenhandelsausschuß vorgeschlagen. — Kein Wi-
Widerspruch; es ist so beschlossen. derspruch; es ist so beschlossen.

Punkt 35: Punkt 41:


Beratung der von der Bundesregierung vor-
Beratung des Berichts des Außenhandels-
gelegten Dreizehnten Verordnung zur Ände-
ausschusses (17. Ausschuß) über die von der
rung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollaus-
Bundesregierung erlassene Neunte und
setzung für Divinylbenzol) (Drucksache IV/
Zehnte Verordnung zur Änderung des Deut-
1519). schen Zolltarifs 1963 (Drucksachen IV/1460,
Keine Wortmeldungen. Der Außenhandelsaus- IV/1461, IV/1545).
schuß soll sich mit der Vorlage befassen. — Kein
Meine Damen und Herren, hier nimmt das Haus
Widerspruch; es ist so beschlossen.
nur zur Kenntnis, es wird also nicht abgestimmt. —
Liegt ein Antrag aus der Mitte des Hauses vor? —
Punkt 36: Ein Antrag liegt nicht vor. Das Haus hat den Bericht
Beratung der von der Bunderegierung vor- unter Tagesordnungspunkt 41 zur Kenntnis genom-
gelegten Fünfzehnten Verordnung zur Ände- men.
rung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Kakao-
masse) (Drucksache IV/1520).
Dasselbe gilt für die Punkte 42 und 43:
Keine Wortmeldungen. Es ist Überweisung an
Beratung des Berichts des Außenhandels-
den Außenhandelsausschuß vorgeschlagen. — Kein
ausschusses (17. Ausschuß) über die von der
Widerspruch; es ist so beschlossen.
Bundesregierung erlassene Elfte Verordnung
zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963
Punkt 37: und über die von der Bundesregierung erlas-
Beratung der von der Bundesregierung vor- sene Verordnung zur Aufhebung der Anglei-
gelegten Siebzehnten Verordnung zur Ände- chungszölle für Fondantmasse, Kekse und
rung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollaus- Waffeln (Drucksachen IV/1462, IV/1463, IV/
setzung für chemische Erzeugnisse usw.) 1546) .
(Drucksache IV/1521). - Beratung des Berichts des Außenhandelsaus-
Es ist Überweisung an den Außenhandelsausschuß schusses (17. Ausschuß) über die von der Bun-
vorgeschlagen. — Kein Widerspruch; es ist so be- desregierung erlassene Sechzehnte und Acht-
schlossen. zehnte Verordnung zur Änderung des Deut-
schen Zolltarifs 1963 (Drucksachen IV/1487,
Punkt 38: IV/1491, IV/1557).
Beratung der von der Bundesregierung vor- Auch hierzu liegt kein Antrag aus der Mitte des
gelegten Neunzehnten Verordnung zur Än- Hauses vor. Das Haus hat von den Berichten
derung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Wein) Kenntnis genommen. Die Punkte 42 und 43 sind
(Drucksache IV/1522). erledigt.
Keine Wortmeldungen. Es ist Überweisung an
den Außenhandelsausschuß — federführend — und Punkt 44:
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten zur Mitberatung vorgeschlagen. — Kein Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
Widerspruch; es ist so beschlossen. schusses für wirtschaftlichen Besitz des Bun-
des (28. Ausschuß) über den Antrag des Bun-
Punkt 39: desministers der Finanzen betreffend Ver-
äußerung eines Teils der ehemaligen Höfer
Beratung der von der Bundesregierung vor-
Kaserne in Homburg (Saar) an die Firma
gelegten Zwanzigsten Verordnung zur Än-
derung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zoll- Robert Bosch GmbH in Stuttgart (Druck-
kontingent für gesalzenen Seelachs) (Druck- sachen IV/1378, IV/1511).
sache IV/1523). Wünscht der Herr Berichterstatter, Herr Abge-
Keine Wortmeldungen. Vorgeschlagen ist Über- ordneter Dr. Mälzig das Wort? — Der Berichterstat-
weisung an den Außenhandelsausschuß. — Kein ter verzichtet. Wird sonst das Wort gewünscht? —
Widerspruch; es ist so beschlossen. Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache
Punkt 40: IV/1511 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein
Beratung der von der Bundesregierung vor Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
gelegten Dreiundzwanzigsten Verordnung Angenommen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4349
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Punkt 45: Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
Ist angenommen.
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für wirtschaftlichen Besitz des Bun-
des (28. Ausschuß) über den Antrag des Bun- Punkt 49:
desministers der Finanzen betreffend Veräu- Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
ßerung der ehemaligen Fort-Kaserne in Lan- schusses für wirtschaftlichen Besitz des Bun-
dau (Pfalz) an das Land Rheinland-Pfalz des (28. Ausschuß) über den Antrag des Bun-
(Drucksachen IV/1442, IV/1536). desministers der Finanzen betreffend Ver-
Herr Abgeordneter Dr. Mälzig als Berichterstat- äußerung einer Teilfläche der ehemaligen
ter verzichtet. Stimmt das Haus dem Antrag des Lüttich-Kaserne in Göttingen an die Gothaer
Ausschusses auf Drucksache IV/1536 zu? — Kein Lebensversicherung a. G. (Drucksachen IV/
Widerspruch; es ist so beschlossen. 1399, IV/1540).
Der Herr Berichterstatter, Abgeordneter Dr. Mäl-
Punkt 46: zig, verzichtet. Keine Wortmeldungen.
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache
schusses für wirtschaftlichen Besitz des Bun- IV/1540 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein
des (28. Ausschuß) über den Antrag des Bun- Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
desministers der Finanzen betreffend Ver- Angenommen.
äußerung einer Teilfläche des Industriehofes
Eschwege an die Firma Massey-Ferguson Punkt 50:
GmbH in Kassel (Drucksachen IV/1404, IV/ Beratung des Antrags des Bundesministers
1537). der Finanzen betr. Veräußerung einer Teil-
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Dr. Mäl- fläche der Graf-Goltz-Kaserne in Hamburg-
zig, verzichtet. Wird sonst das Wort gewünscht? — Rahlstedt an die Firmen Geyer-Werke GmbH
Das Wort wird nicht gewünscht. und Deutsche Wochenschau GmbH (Druck-
Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache sache IV/1579).
IV/1537 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um Keine Wortmeldungen. Mit der Sache soll sich
ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? der Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes
— Angenommen. befassen. — Ist das Haus mit der Überweisung ein-
verstanden? — Kein Widerspruch; es ist so be-
Punkt 47: schlossen.
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für wirtschaftlichen Besitz des Bun- Punkt 51:
des (28. Ausschuß) über den Antrag des Bun- Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
desministers der Finanzen betreffend Ver- schusses für wirtschaftlichen Besitz des Bun-
äußerung einer Teilfläche des ehemaligen des (28. Ausschuß) über den Antrag des
Marine-Munitionsdepots in Kiel-Dietrichsdorf Bundesministers der Finanzen betreffend ge-
an die Stadt Kiel (Drucksachen IV/1440, IV/ sellschaftsrechtliche Neuordnung im Kern-
1538) . forschungszentrum Karlsruhe; hier: Über-
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Dr. Mäl- tragung des Geschäftsanteils des Bundes an
zig, verzichtet. Keine Wortmeldungen. der Kernreaktor-Bau- und Betriebsgesell-
schaft mbH (K I) an die Gesellschaft für Kern-
Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache forschung mbH (K II) (Drucksachen IV/1211,
IV/1538 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein IV/1561).
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
Angenommen. dazu:
Bericht des Haushaltsausschusses (13. Aus-
Punkt 48: schuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
(Drucksache IV/1562).
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für wirtschaftlichen Besitz des Bun- Ich frage, ob das Wort gewünscht wird. — Die
des (28. Ausschuß) über den Antrag des Herren Berichterstatter, Abgeordneter Dr. Balke
Bundesministers der Finanzen betreffend und Abgeordneter Dr. Stoltenberg, verzichten zur
Veräußerung von bundeseigenem Gelände in Erleichterung des Hauses. Wird weiter das Wort
Brunsbüttelkoog an die Firma Deutsche Erd- gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
öl-Aktiengesellschaft in Hamburg und ihre Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen
Beteiligungsgesellschaften (Drucksachen IV/ wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ge-
1465, IV/1539). genprobe! — Enthaltungen? — Ist angenommen.
Der Herr Berichterstatter, Abgeordneter Dr. Mäl-
zig, verzichtet. Punkt 52:
Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
IV/1539 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein schusses für Wahlprüfung, Immunität und
4350 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963

Präsident D. Dr. Gerstenmaier


Geschäftsordnung (1. Ausschuß) — Immuni- im Schwarzwald, im Odenwald und in der Rhön. Die
tätsangelegenheiten — betreffend Genehmi- Finanzierung dieser Bauvorhaben erfolgte in der
gung zur Durchführung eines Strafverfahrens Hauptsache durch Zuschüsse des Bundes und durch
gegen den Abgeordneten Gontrum gemäß ERP-Darlehen. Hierzu kamen weitere Beträge aus
Schreiben des Bundesministers der Justiz Zuschüssen der Länder Hessen und Baden-Württem-
vom 6. April 1963 (Drucksache IV/1574). berg, aus Bausparverträgen, kurzfristigen Bankkre-
Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Abgeord- diten und Wechseln.
neter Bauer (Würzburg). Der Verdacht strafbarer Handlungen ergibt sich
insbesondere aus folgendem:
Bauer (Würzburg) (SPD) : Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Ich bedaure, daß ich Sie zu Bei der Beantragung öffentlicher Zuschüsse und
vorgerückter Stunde noch mit einer Materie befas- Darlehen hat der Abgeordnete Eigenkapital ange-
sen muß, die etwas komplizierter ist als die voraus- geben, das überhaupt nicht vorhanden war. Der
gegangenen Punkte. Prüfungsbericht enthält über die behaupteten Eigen-
kapitalbeträge keine näheren Angaben, jedoch kann
Auf Drucksache IV/1574 liegt der Antrag des Im- angenommen werden, daß ohne Vorhandensein
munitätsausschusses vor, die Immunität unseres Ab- eines bestimmten Eigenkapitals die beantragten
geordnetenkollegen Gontrum aufzuheben. Dieser Zuschüsse und Darlehen nicht gewährt worden wä-
Antrag geht zurück auf einen Brief des Herrn Bun- ren.
desministers der Justiz vom 6. April 1963. Dieser
Brief wiederum fußt auf einem Brief des Herrn hes- Neben den bereits fertiggestellten 50 Ferienhäu-
sischen Ministers der Justiz vom 28. März 1963. Das sern waren weitere geplant. Der Verein hat Rech-
Ganze wurde in Gang gesetzt durch eine Äußerung nungen aus den Monaten März und April 1961 in
des Herrn hessischen Generalstaatsanwalts vom Höhe von über 186 000 DM vorgelegt, die von dem
6. März. In diesem Brief heißt es — und das ist das Vereinsarchitekten als „sachlich richtig und fest-
Wesentliche —: gestellt" bescheinigt wurden, in Wirklichkeit aber
Das hessische Landeskriminalamt in Wiesbaden nur fingiert waren. Ob Aufwandsentschädigungen,
hat am 18. September 1962 gegen den Abgeord- Bürokostenpauschale, Reisekosten für den Präsiden-
neten (Gontrum) von Amts wegen Strafanzeige ten, die Ehefrau und den Vizepräsidenten angemes-
wegen Verdachts der Untreue und des Be- sen waren oder ob hierin der Tatbestand der Un-
trugs erstattet. Wegen derselben Beschuldi- treue liegt, bedarf noch der Klärung in einem gege-
gung hat ein Privater in Bonn Strafanzeige bei benenfalls später einzuleitenden Ermittlungsver-
fahren. Der Prüfungsbericht enthält keine Angaben
der Staatsanwaltschaft in Bonn erstattet. . . .
über den Wert der Aktiva. Das von dem Vereins-
Die Angelegenheit geht zurück auf einen Bericht architekten erstattete Wertgutachten, das von einem
in einem, wie man heute etwas prononciert sagt, Gesamtwert der bereits erstellten Ferienwohnungen
Nachrichtenmagazin und ist von einer Frankfurter von 3 215 690 DM ausgeht, wird in dem Prüfungs-
Tageszeitung aufgegriffen worden. Der Tatbe- bericht als wesentlich überhöht bezeichnet, ohne daß
stand ist folgender. der Bericht Angaben über den nach der Ansicht der
Prüfer tatsächlichen Wert der Ferienhäuser enthält.
Der Bundestagsabgeordnete Gontrum soll als Prä-
sident des Vereins Deutsche Familien-Ferienerho- Durch den Ausschuß wurde natürlich auch die
lung e. V. in Gießen öffentliche Gelder bewirt- Gegenäußerung unseres Abgeordnetenkollegen
schaftet und mit Hilfe fingierter Rechnungen Bun- Gontrum gehört. Er stellt zunächst einmal fest, daß
deszuschüsse erhalten haben. Nach einer durch das nach seiner Meinung strafbare Handlungen von den
Bundesfamilienministerium im September 1961 ver- Beamten begangen wurden. Er meint da die Prü-
anlaßten Prüfung der Geschäftsführung und der fungsbeamten des Bundesfamilienministeriums und
Vermögenslage des Vereins soll eine Verschuldung erhebt Gegenklage, und zwar wegen Geheimnis-
in Höhe von etwa 700 000 DM festgestellt worden bruchs, Verletzung des Briefgeheimnisses, Nötigung
sein, die zumindest zum Teil auf schuldhaftes Ver- usw. Herr Gontrum erklärt weiter, daß weder der
halten des Bundestagsabgeordneten zurückzuführen fragliche schriftliche Prüfungsbericht — das sagt er
sein soll. Inzwischen hat der Bundesminister für in seinem Brief vom 17. Januar 1963 — ihm bis
Familien- und Jugendfragen eine Abschrift des in heute vorgelegt worden sei noch der verantwort-
Rede stehenden Prüfungsberichts vom 10. Oktober liche Vorstand des Vereins jemals zu einer Stel-
1961 zur Verfügung gestellt, aus dem sich für den lungnahme zu einem solchen Prüfungsbericht aufge-
Prüfungsstichtag ein geschätzter Gesamtbetrag der fordert worden sei.
Schulden des Vereins von 1 303 973 DM ergibt.
Nun ist an dem ganzen Fall immerhin interessant,
Aus dem Prüfungsbericht ergibt sich weiterhin daß seitens des Bundesfamilienministeriums zwei
folgendes — ich ziehe nur das Wesentliche heraus Beamten Aussagegenehmigung für das Verfahren
—: Zur Zeit der Prüfung bestand der Verein Deut- gegen Gontrum erteilt worden ist, jedoch die Ge-
sche Familien-Ferienerholung aus sieben Mitglie- nehmigung zur Aussage in dem von dem Beschul-
dern, zu denen außer dem Abgeordneten selbst noch digten angestrengten Verfahren sowie die Geneh-
die Ehefrau, die Tochter und ein Schwiegersohn ge- migung zur Verfolgung der Beamten nach § 353 b
hört haben. Der Verein besaß zum Zeitpunkt der Abs. 4 des Strafgesetzbuches nicht erteilt worden
Prüfung 50 Ferienhäuser im Vogelsberg, im Harz, ist.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4351
Bauer (Würzburg)
Es dürfte außer Zweifel stehen, daß der Abgeord- Politischen her recht entfernten Qualifikation zu
nete Gontrum zu den Prüfungsergebnissen des Mi- verzeichnen sind, d. h., daß sie mit den beispiels-
nisteriums nicht gehört wurde, sondern zunächst ein- weise und in und nach Wahlkämpfen geläufigen Be-
mal durch die Presse von den Anschuldigungen leidigungs- und Verleumdungstatbeständen nicht
erfahren hat. Weiter geht aus den Unterlagen her- verglichen werden können.
vor, daß dem Kreisverbandsvorsitzenden einer Par- Da sich nach den Unterlagen schließlich unter-
tei in Hessen, der viele Jahre diesem Haus als schiedliche Behauptungen scharf gegenüberstehen,
prominentes Mitglied angehört hat, von dem Prü- der Ausschuß jedoch nach den Regeln seiner Tätig-
fungsbeamten des Ministeriums sehr detaillierte keit eine Beweiswürdigung nicht vornehmen kann,
telefonische Auskünfte in der Sache erteilt worden verbleibt zur Klärung des wirklichen Sachverhalts
sind und daß, wie es beanstandet wurde, dieser Be- nur das Strafverfahren. In diesem Sinne hat sich der
amte seitens des Ministeriums gedeckt wurde. Ausschuß auch bei einer Stimmenthaltung ausge-
Herr Gontrum führt in seiner Gegendarstellung sprochen. Es wird empfohlen, diesem Beschluß
weiter aus: beizutreten.
Der Bericht der Prüfungsbeamten ist offensicht-
lich deswegen so unzureichend und kommt zu Präsident Dr. Dr. Gerstenmaier: Ich danke
so falschen Feststellungen, weil in ihm zwar dem Herrn Berichterstatter.
Passiva registriert wurden, aber in fahrlässiger Ich frage, ob das Wort gewünscht wird. — Das
Weise scheinbar alle Aktiva des Vereins baga- Wort wird nicht gewünscht.
tellisiert und als „irreal" bezeichnet wurden
oder bewußt völlig unbeachtet blieben. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen
wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ge-
Er sagt weiter: genprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Gegen-
Darüber hinaus muß gerichtlich geklärt wer- stimme angenommen.
den, ob und inwieweit die Beamten bei ihrer
sogenannten Prüfung eventuell Amtsanma- Ich rufe auf Punkt 53:
ßung, Amtsmißbrauch, Falschbeurkundung, Beratung der Übersicht 17 des Rechtsaus-
üble Nachrede, Aussageerpressung und Dro-
schusses (12. Ausschuß) über die dem Deut-
hung, Bruch des Briefgeheimnisses, unerlaubte
schen Bundestag zugeleiteten Streitsachen
Beschlagnahme, rechts- und gesetzwidrige Ver-
vor dem Bundesverfassungsgericht (Druck-
fügungsgewalt über einen privaten Verein . . .
sache IV/1535).
sich angemaßt ... haben.
Ich frage, ob zu diesem Antrag das Wort ge-
Ich kann natürlich nicht in Details eingehen, aber
wünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht.
bei der Lektüre der Akten ergeben sich interessante
Einzelheiten. Herr Gontrum sagt schließlich, er Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen
habe mit seiner Frau freiwillig jahrelang das ganze wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ge-
Privatvermögen als Bürgschaft und Pfand für die genprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist an-
Schaffung großer gemeinnütziger Werte und Anla- genommen.
gen zugunsten ganzer Familien eingesetzt, so daß Damit, meine Damen und Herren, sind wir am
bei Belastung von 1,3 Millionen DM insgesamt Ende unserer Tagesordnung. Ich muß am Freitag-
Vermögenswerte von 2,5 Millionen DM übernom- vormittag das Plenum des Bundestages um 9 Uhr
men werden konnten. zu einer Fragestunde einberufen. Ich bitte die Her-
Meine Damen und Herren, es kann wohl, ohne ren Ausschußvorsitzenden, den übrigen Tag für
Widerspruch zu erregen, unterstellt werden, daß Ausschußsitzungen in Anspruch zu nehmen. Die
der Abgeordnete Kollege Gontrum so gut wie aus- Präsenzpflicht kann nicht aufgehoben werden. Die
schließlich über politische Querverbindungen zur nächste Sitzung wird also für Freitag, den 8. No-
Durchführung dieser Projekte gekommen ist. Gleich- vember, 9 Uhr, einberufen.
wohl mußte der Ausschuß wenigstens nach bisheri- Die Sitzung ist geschlossen.
ger Praxis seinem Beschluß die Tatsache zugrunde
legen, daß Tatbestände einer vom unmittelbar (Schluß der Sitzung: 20.27 Uhr.)

Berichtigungen

Es ist zu lesen:

82. Sitzung Seite 4015 C Zeile 8 statt „Gesetzesvor-


lage" : Gesetzeslage;

92. Sitzung Seite 4239 B Zeile 7 von unten statt


„Sachunkunde" : Sachkunde;

Seite 4258 C Zeile 25 statt „Positiv" : positiv.


Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4353

Anlage zum Stenographischen Bericht

Anlage 4bgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich


Klinker * 8. 11.
Liste der beurlaubten Abgeordneten Dr. Kopf 9. 11.
Dr. Kreyssig * 6. 11.
Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Kriedemann* 6. 11.
Dr. Krümmer 6. 11.
a) Beurlaubungen
Leber 6. 11.
Dr. Aigner * 8. 11. Lenz (Brühl) * 6. 11.
Dr. Arndt (Berlin) 31. 12. Lücker (München) * 8. 11.
Dr. Dr. h. c. Baade 8. 11. Mauk * 6. 11.
Dr.-Ing. Balke 6. 11. Metzger 14. 11.
Bauer (Wasserburg) 8. 11. Michels 7. 11.
Bauer (Würzburg) 6. 11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 8. 11.
Bauknecht 6. 11. Dr. Morgenstern 9. 11.
Bergmann * 6. 11. Freiherr von Mühlen 24. 11.
Berlin 20. 11. Neumann (Allensbach) 9. 11.
Bewerunge 6. 11. 011enhauer 31. 12.
Biermann 6. 11. Paul 9. 11.
Birkelbach * 8. 11. Dr.-Ing. Philipp * 8. 11.
Dr. Birrenbach 9. 11. Pöhler 9. 11.
Dr. Bleiß 8. 11. Richarts * 8. 11.
Dr. von Brentano 8. 11. Riegel (Göppingen) 8. 11.
Buchstaller 8. 11. Dr. Schmid (Frankfurt) 9. 11.
Dr. Danz 9. 11. Schultz 8. 11.
Dopatka 8. 11. Dr. Seffrin 6. 11.
Eisenmann 6. 11. Dr. Starke 6. 11.
Even (Köln) 6. 11. Stooß 6. 11.
Flämig 6. 11. Frau Strobel * 6. 11.
Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 6. 11. Struve 6. 11.
Dr. Frey (Bonn) 6. 11. Dr. Süsterhenn 9. 11.
3) Fritsch 30.11. Weber (Georgenau) 15. 11.
Gaßmann 8. 11. Weinkamm* 8. 11.
Gewandt 8. 11. Werner 10. 11.
Glombig 6. 11. Wienand 9. 11.
Goldhagen 16. 11. Wischnewski 6. 11.
Günther 8. 11. Frau Zimmermann (Brackwede) 6. 11.
Haage (München) 6. 11.
Hahn (Bielefeld) * 8. 11. b) Urlaubsanträge
Dr. von Haniel-Niethammer 6. 11.
Hellenbrock 6. 11. Freiherr zu Guttenberg 15. 12.
Hörmann (Freiburg) 6. 11. Dr. Hoven 30. 11.
Illerhaus * 8. 11. Frau Renger 15. 11.
Jacobs 6. 11. Schoettle 31. 12.
Dr. Jaeger 9. 11. Seifriz 15. 12.
Kahn-Ackermann 15. 11. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell 15. 12.
Frau Kipp-Kaule 8. 11. * Zur Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parla-
Dr. Kliesing (Honnef) 9. 11. ments

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