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94. Sitzung
Inhalt:
Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll
des Grundbuchverfahrens (Drucksache vom 7. November 1962 zur Verlängerung
IV/351); Schriftlicher Bericht des Rechts- der Geltungsdauer der Erklärung vom
ausschusses (Drucksachen IV/1580, zu 18. November 1960 über den vorläufigen
IV/1580) — Zweite und dritte Bera- Beitritt Argentiniens zum Allgemeinen
tung — 4317 B Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache
IV/1583) — Erste Beratung — . . . . . 4319 A
Entwurf eines Gesetzes über die Fortset-
zung aufgelöster saarländischer Unter- Entwurf eines Gesetzes zu dem Europäi-
nehmen (Drucksache IV/1481); Münd- schen Übereinkommen vom 9. Dezember
licher Bericht des Wirtschaftsausschusses 1960 über die Zollbehandlung von Palet-
(Drucksache IV/1564) — Zweite und ten (Drucksache IV/1585) — Erste Bera-
dritte Beratung tung — 4319 A
Kulawig (SPD) . . . . . . . . 4317 D
Entwurf eines Gesetzes zu dem Wiener
Übereinkommen vom 18. April 1961 über
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und diplomatische Beziehungen (Drucksache
Ergänzung des Gesetzes über Bergmanns- IV/1586) — Erste Beratung — . . . . . 4319 B
prämien (Drucksache IV/1188); Schrift-
licher Bericht des Wirtschaftsausschusses
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
(Drucksache IV/1570) — Zweite und
vom 17. Oktober 1962 mit Irland zur
dritte Beratung — 4318 A
Vermeidung der Doppelbesteuerung usw.
(Drucksache IV/1588) — Erste Beratung — 4319 B
Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll
vom 9. Dezember 1961 zur Verlängerung Entwurf eines Gesetzes zu dem Ü berein-
der Geltungsdauer der Erklärung vom kommen Nr. 114 der Internationalen Ar-
12. November 1959 über den vorläufigen beitsorganisation vom 19. Juni 1959 über
Beitritt Tunesiens zum Allgemeinen Zoll- den Heuervertrag der Fischer (Drucksache
und Handelsabkommen (Drucksache IV/1592) — Erste Beratung — . . . . . 4319 C
IV/1431); Schriftlicher Bericht ides Außen-
handelsausschusses (Drucksache IV/1558)
— Zweite und dritte Beratung — . . . 4318 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Europäi-
schen Übereinkommen vom 21. April 1961
über die internationale Handelsschieds-
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände- gerichtsbarkeit (Drucksache IV/1597) —
rung des Gesetzes vom 22. Juni 1954 über Erste Beratung — . . . . . . . . . 4319 C
den Beitritt der Bundesrepublik Deutsch-
land zum Abkommen über die Vorrechte
und Befreiungen der Sonderorganisatio- Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinba-
nen der Vereinten Nationen vom 21. No- rung vom 17. Dezember 1962 über die An-
vember 1947 usw. (Drucksache IV/1482) wendung des Europäischen Übereinkom-
— Erste Beratung — . . . . . . . . 4318 C mens vom 21. April 1961 über die inter-
nationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
(Drucksache IV/1595) — Erste Beratung — 4319 C
Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll
vom 15. September 1962 zur Änderung
des Abkommens vom 7. Dezember 1944 Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
über die Internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1962 mit dem Großher-
(3. Änderung des Abkommens über die zogtum Luxemburg über den Verzicht auf
Internationale Zivilluftfahrt) (Drucksache die Beglaubigung und über den Austausch
IV/1573) — Erste Beratung — . . . . 4318 D von Personenstandsurkunden usw. (Druck-
sache IV/1596) — Erste Beratung — . . 4319 D
Antrag betr. Studienkommission zur Aus- Fünfte Verordnung zur Änderung des
arbeitung von Vorschlägen für das Be- Deutschen Zolltarifs 1963 (Mate und tro-
amtenrecht (SPD) (Drucksache IV/1351) pische Hölzer) (Drucksache IV/1514) . . 4347 C
Gscheidle (SPD) . . . . . . . . 4330 C
Sechste Verordnung zur Änderung des
Höcherl, Bundesminister . . . . . 4332 A Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontin-
Dr. Bieringer (CDU/CSU) 4333 D gente — gewerbliche Waren) (Drucksache
Dr. Miessner (FDP) . . . . . . 4334 D IV/1515) 4347 C
94. Sitzung
Vizepräsident Dr. Dehler: Keine Zusatzfrage. Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Ich rufe auf die Frage I/2 — des Herrn Abgeord- Amts: Herr Abgeordneter, das habe ich nicht gesagt
neten Dr. Eppler —: und ganz gewiß nicht sagen wollen. Ich glaube, daß
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4301
Staatssekretär Dr. Carstens
in jedem einzelnen Fall geprüft werden muß, welche Vizepräsident Dr. Dehler: Frau Abgeordnete
Vereinigungen und Verbände mit diesen Mitteln Meermann wollte eine Frage stellen. Bitte, Frau
gefördert werden sollen. Abgeordnete Meermann!
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu- Frau Meermann (SPD) : Herr Staatssekretär,
satzfrage des Herrn Abgeordneten Börner. entspricht die Zusammensetzung des Kuratoriums
der Bezeichnung, die im Bulletin vom 10. September
verwandt wurde, daß es sich nämlich um eine
Börner (SPD) : Würden Sie es für im Geiste des überparteiliche Vereinigung handele?
Abkommens wünschenswert halten, daß — bevor
man neue Kontakte durch Organisationen oder so-
gar staatliche Stellen schafft — die Pflege der Kon- Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
takte und die Finanzierung dieser Kontaktpflege Amts: Ich bin ganz sicher, daß dies den Tatsachen
von den Stellen und Institutionen durchgeführt wer- entspricht, Frau Abgeordnete. Aber auch das ist
den sollten, die das schon jahrelang gemacht haben? eine Frage, für die das Auswärtige Amt nicht zu-
ständig ist.
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Amts: Ich glaube, Herr Abgeordneter, man sollte Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage.
hier keine Priorität aussprechen; aber sicherlich
sollten bewährte Institutionen in die Förderung ein- Frau Meermann (SPD) : Herr Staatssekretär,
bezogen werden. halten Sie es denn für üblich, daß man ein Kura-
torium, wenn alle seine Mitglieder der gleichen Par-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage tei angehören, als überparteilich deklariert?
des Herrn Abgeordneten Dr. Rinderspacher. (Abg. Wehner: Bei der Partei ja!)
Dr. Rinderspacher (SPD) : Herr Staatssekretär, Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß die Amts: Ich glaube, Frau Abgeordnete, Ihre Frage
Veröffentlichung im Bulletin vom 10. September geht von einem falschen Ausgangspunkt aus.
so gedeutet werden kann, daß die Gründung dieses
Kuratoriums in allen Punkten den Vorstellungen (Unruhe bei der SPD.)
der Bundesregierung entspricht?
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen Dr. Mommer zu einer Zusatzfrage.
Amts: Es tut mir leid, ich habe Ihre Frage nicht
verstanden. Meinen Sie, ob die Gründung den Vor- Dr. Mommer (SPD) : Herr Staatssekretär, könn-
- ten Sie dann einen Namen nennen, der nicht bei
stellungen der Bundesregierung entspricht oder
nicht? dieser einen Partei einzurangieren wäre?
Dr. Rinderspacher (SPD) : Ja, ob die Bundes- Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
regierung in dieser Gründung all ihre Vorstellungen Amts: Herr Abgeordneter, es tut mir leid, ich habe
verwirklicht sieht. die Liste der Mitglieder des Kuratoriums nicht vor
mir.
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen (Abg. Wehner: Mein Name ist Hase, kön
Amts: Herr Abgeordneter, ich kann diese Frage nen Sie sagen!)
nicht beantworten. Sie liegt zweifellos außerhalb — Herr Abgeordneter, Sie verwechseln mich jetzt
der Zuständigkeit des Auswärtigen Amts. mit dem Staatssekretär des Bundespresse- und In-
formationsamts. — Aber ich möchte noch einmal
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage sagen, daß für die Zusammensetzung des Kura-
des Herrn Abgeordneten Sänger. toriums das Bundesministerium für Familie und
Jugend federführend und zuständig ist und ich daher
Sänger (SPD) : Herr Staatssekretär, würden Sie die Frage nicht beantworten kann.
es für im Sinne des deutsch-französischen Vertrages
liegend halten, wenn Mittel, die der gesamten Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
deutsch-französischen Verständigung dienen sollten, Dr. Rinderspacher zu einer zweiten Zusatzfrage.
Organisationen zur Verfügung gestellt werden, die
nur einseitig zusammengesetzt sind? Dr. Rinderspacher (SPD) : Herr Staatssekretär,
würden Sie uns, nachdem Sie zweimal gesagt haben,
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen daß Ihr Haus nicht zuständig ist, genau sagen, wer
Amts: Herr Abgeordneter, ich glaube, es kommt für die Beantwortung dieser Frage zuständig ist?
darauf an, alle Institutionen, alle Organisationen
und alle Verbände, die sich dem Ziel der deutsch- Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
französischen Verständigung widmen, in geeigneter Amts: Ich habe es soeben gesagt, Herr Abgeord-
Weise zu fördern. neter.
4302 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Dr. Rinderspacher (SPD) : Entschuldigen Sie, regierung das Ergebnis dieser Umfrage noch abwar-
dann habe ich es nicht gehört. ten möchte, bevor sie sich darüber schlüssig wird,
ob sie einen Gesetzentwurf vorlegen soll.
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Amts: Der Herr Bundesminister für Familie und Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zusatz-
Jugend. frage Frau Dr. Kiep-Altenloh.
(Abg. Wehner: Der ist gerade bei Franco!
— Heiterkeit.) Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) : Herr Bundes-
minister, sind die Antworten, die bisher aus den
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen, Ländern eingegangen sind, so, daß Sie glauben, daß
Herr Staatssekretär. die bisherige Gesetzgebung genügen würde, oder
sind Sie doch der Ansicht, daß — ähnlich wie etwa
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- in unseren Nachbarländern Schweiz und Oster-
bereich des Bundesministers der Justiz. Ich rufe die reich — etwas erneuert werden müßte?
Frage II/1 — der Abgeordneten Frau Dr. Kiep-
Altenloh — auf:
Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Die Stel-
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Gesetz vom 15. Mai
1894 zur Regelung von Abzahlungsgeschäften nicht ausreicht, um lungnahmen der Länder gehen mit einer einzigen
die beteiligten Bevölkerungskreise vor unüberlegten Zahlungs- Ausnahme dahin, daß Änderungen des Gesetzes er-
verpflichtungen zu schützen?
forderlich wären. Und zwar werden hier mehrere
Bitte, Herr Minister. Gedanken genannt. Einmal ist es die Einräumung
eines unbedingten Rücktrittsrechts bei Abzahlungs-
Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Wenn es geschäften im Reisegewerbe, sdann das Verbot nach-
die Frau Antragstellerin gestattet, möchte ich die träglicher Gerichtsstandsvereinbarungen gegenüber
beiden Fragen gemeinsam beantworten. dem Käufer. Schließlich wird auch überlegt, ob nach
österreichischem Vorbild ein Ratenbrief eingeführt
(Frau Dr. Kiep-Altenloh: Ja!)
werden soll, in dem der eigentliche Preis und der
bei Teilzahlung entstehende Gesamtpreis einander
Vizepräsident Dr. Dehler: Dann rufe ich auch gegenübergestellt wenden.
die Frage II/2 — der Abgeordneten Frau Dr. Kiep-
Altenloh — auf:
Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer weiteren
Ist die Bundesregierung bereit, einen Entwurf eines Gesetzes
zur Regelung von Abzahlungsgeschäften vorzulegen, in dem — Zusatzfrage Frau Dr. Kiep-Altenloh.
ähnlich wie in Österreich und in der Schweiz — stärkere Siche
rungen eingebaut sind, z. B. durch die Möglichkeit, innerhalb
einer angemessenen Frist vom Vertrag zurückzutreten, oder Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) : Sind in Ihrem
durch die Bestimmung kürzerer Laufzeiten für die Teilzahlungen?
Ministerium, Herr Bundesminister, schon Vorarbei-
- ten für einen Entwurf gemacht worden?
Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Es ist
sicher richtig, daß das Abzahlungsgesetz den Ab-
schluß von unüberlegten Geschäften nicht hindert. Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Jawohl,
Ich betrachte das aber auch nicht als die Hauptauf- diese Vorarbeiten sind bereits im Gange.
gabe dieses so wie überhaupt eines Gesetzes, und
ich möchte mir deshalb erlauben, Ihre Frage dahin Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zusatz-
gehend erweiternd auszulegen, ob das Abzahlungs- frage der Herr Abgeordnete Dörinkel.
gesetz ausreicht, Mißbräuche und Übervorteilungen
zu verhindern. Dr. Dörinkel (FDP) : Herr Minister, werden im
Auch dazu ist zu sagen, daß sich in der Vergan- Rahmen dieser Prüfung auch Erwägungen darüber
genheit gezeigt hat, daß es nicht völlig hierzu aus- angestellt, daß die wechselrechtlichen Verpflichtun-
reicht. Mißbräuche sind vor allem im Reisegewerbe gen der privaten Käufer unter Umständen einer
aufgetreten. Rücktrittsmöglichkeit den Boden entziehen können?
Ich darf dazu auf die Antwort meines Herrn
Amtsvorgängers Bezug nehmen, die er auf eine Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Sicher
ähnliche Frage am 24. Oktober 1962 gegeben hat. bietet diese Frage besondere Schwierigkeiten. Ich
Seiner damaligen Ankündigung entsprechend sind habe deshalb ja auch verschiedene Möglichkeiten
die Landesjustizverwaltungen um Äußerungen über genannt. Es ist noch keineswegs gesagt, ob wir zu
das Ausmaß der Mißstände und um Stellungnahme dem Vorschlag eines Rücktrittsrechts kommen wer-
dazu gebeten worden, wie diesen Mißständen ent- den.
gegengetreten werden könne. Diese Äußerungen
sind unter rechtlichen Gesichtspunkten erbeten wor- Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen,
den und liegen auch vor. Herr Minister.
Außerdem hat aber noch das Bundeswirtschafts- Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts-
ministerium eine entsprechende Umfrage unter bereich des Bundesministers für Wirtschaft. Ich rufe
wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten bei den Län- die von dem Abgeordneten Dr. Müller-Hermann
derressorts eingeleitet. Das Ergebnis dieser Um- gestellte Frage III/1 auf:
frage liegt noch nicht vor. Deshalb muß ich Ihre Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß für die Haus-
brandversorgung im kommenden Winter auch bei starkem Frost
zweite Frage dahin beantworten, daß die Bundes ausreichende Mengen zur Verfügung stehen?
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4303
Schmücker, Bundesminister für Wirtschaft: Herr Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Präsident! Herr Kollege! Ich bitte damit einverstan- Schmidt (Braunschweig) zu einer Zusatzfrage!
den zu sein, daß ich die Fragen III/1 und III/2 im Zu-
sammenhang beantworte. Schmidt (Braunschweig) (SPD) : Herr Minister, ist
der Bundesregierung bekannt, daß der Kohlengroß-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ja. Ich rufe also handel die Abgabe der Hausbrandarten wie Nuß
auch die ebenfalls von dem Abgeordneten Dr. kohle, Eiformbriketts, Braunkohlenbriketts und
Müller-Hermann gestellte Frage III/2 auf: Schwelkoks an den Kohleneinzelhandel sehr häufig
Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, zur Verbesse- mit der Zwangsabnahme von Zechenkoks, der als
rung der Hausbrandversorgung das Kontingent für Importkohle
entsprechend aufzustocken?
Hausbrand nicht immer erwünscht ist, koppelt und
daher eine gerechte Verteilung der Hausbrandkohle
seitens des Großhandels an den Einzelhandel nicht
Schmücker, Bundesminister für Wirtschaft: Zur gewährleistet ist?
ersten Frage möchte ich sagen: Niemand ist in der
Lage, die klimatischen Verhältnisses des kommen-
den Winters vorauszusehen. Wenn wir keinen star-
Schmücker, Bundesminister für Wirtschaft: Herr
Kollege, wenn das der Fall sein sollte, kann man
ken Winter bekommen, werden wir sicherlich auch
dem nur begegnen, indem man das Angebot ver-
keine Schwierigkeiten haben. Aber es muß vorsorg-
größert, so daß eine Verlockung zu solchen Verfah-
lich damit gerechnet werden, daß ähnliche Verhält-
ren nicht mehr besteht.
nisse auftreten wie im vergangenen Winter. Des-
wegen hielt es die Bundesregierung für notwendig,
Vorsorge zu treffen. Sie hat heute einen Verord- Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
nungsentwurf verabschiedet, der eine Erhöhung des Schmidt zu einer weiteren Zusatzfrage!
Kohlezollkontingents um 400 000 t vorsieht. Dieses
Zusatzkontingent soll ausschließlich für Hausbrand Schmidt (Braunschweig) (SPD) : Herr Minister, ist
einfuhren zur Verfügung stehen. Damit glaubt die Ihnen bekannt, daß ich eine ähnliche Frage, wie
Bundesregierung alle nur erdenkliche Vorsorge für Herr Kollege Müller-Hermann sie heute gestellt
eine gesicherte Hausbrandversorgung im kommen- hat, schon voriges Jahr in diesem Hause gestellt
den Winter getroffen zu haben. habe und daß Herr Staatssekretär Westrick die
Ich möchte nur noch betonen, daß das Ausmaß Frage ungefähr ähnlich beantwortet hat, wie Sie das
und die Art der Kontingentierung so gewählt sind, heute getan haben, wir uns aber trotzdem auch in
daß nach unserer Auffassung wirtschaftlich nachtei- diesem Winter bei der Hausbrandversorgung in
lige Folgen für den Bergbau nicht entstehen größeren Schwierigkeiten befinden?
könnten.
- Schmücker, Bundesminister für Wirtschaft: Sie
haben mehrere Fragen angeschnitten. Es ist mir
Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zusatz- nicht bekannt, daß Sie seinerzeit eine Frage gestellt
frage Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg!
haben. Ich kann darauf nur antworten, daß jetzt die
Bundesregierung alles getan hat, um Vorsorge zu
Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) : Nach- treffen.
dem der Herr Bundesminister die Frage nur bezüg-
lich der Kohle beantwortet hat, darf ich die Frage Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen,
stellen, ob auch bezüglich der Einfuhr von Heizöl Herr Minister.
Vorsorge getroffen worden ist, da dort ja im vori-
gen Winter wesentlich größere Engpässe aufgetre- Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbe-
ten sind als bei der Kohle. reich des Bundesministers für das Post- und Fern-
meldewesen. Ich rufe die von dem Abgeordneten
Schmidt (Kempten) gestellte Frage IV/1 auf:
Schmücker, Bundesminister für Wirtschaft: Dar- Was hat die Bundesregierung dazu veranlaßt, bei der Deut-
über ist nicht gesprochen worden. schen Bundespost im Rahmen des Fernsprechdienstes eine eigene
Nachrichtenansage für Fernsprechteilnehmer einzurichten?
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine zweite Zusatz- Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
frage! rium für das Post- und Fernmeldewesen: Gestatten
Sie, daß ich beide Fragen zusammen beantworte?
Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) : Hält es
die Bundesregierung dann nicht für erforderlich, da Vizepräsident Dr. Dehler: Einverstanden. Ich
im vorigen Winter sehr erhebliche behördliche Ein- rufe also auch die Frage IV/2 — desselben Frage-
griffe hinsichtlich der Heizölversorgung notwendig stellers — auf:
gewesen sind, nun gerade auch bezüglich des Heiz- Aus welcher Quelle stammen die. durch die Nachrichtenansage
öls Vorsorge zu treffen? im Rahmen des Fernsprechdienstes der Deutschen Bundespost
verbreiteten Nachrichten?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär! Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weiteren Fra-
gen, Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg? — Dann
Bargatzky, Staatssekretär im Bundesministerium eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Kiep-
für Gesundheitswesen: Ich darf die Frage des Herrn Altenloh!
Abgeordneten Professor Dr. Friedenburg wie folgt
beantworten. Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) : Gibt es eine
Möglichkeit, bei auftetenden Verschmutzungen nach-
Es ist der Bundesregierung bekannt, daß aus zuspüren, woher sie stammen? Haben Sie Erfahrun-
häuslichen Ölfeuerungen, die nicht einwandfrei in- gen darüber, ob von solchen Möglichkeiten zu Nach-
stalliert oder schlecht gewartet werden, Ölruß aus- forschungen Gebrauch gemacht wird?
tritt, der sich in der Nachbarschaft niederschlägt und
so auch auf stehenden Gewässern einen Ölrußfilm Bargatzky, Staatssekretär im Bundesministerium
bilden kann. Die technischen Vorkehrungen, die ge- für Gesundheitswesen: Die Behörden der Länder
troffen werden müssen, um den Rußauswurf aus prüfen weitgehend, woher die Verschmutzungen
Ölfeuerungsanlagen zu begrenzen, sind in Richt- kommen. Ich darf daran erinnern, daß in einigen
linien der Kommission „Reinhaltung der Luft" beim Ländern, so beispielsweise in Nordrhein-Westfalen,
Verein Deutscher Ingenieure aufgeführt. Diese Richt eingehende Vorschriften über Messungen von Luft-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4305
Staatssekretär Bargatzky
verunreinigungen bestehen, die es insbesondere Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
erlauben, auch den Quellen der Störungen nach- Herr Abgeordneter Gscheidle.
zugehen.
Gscheidle (SPD) : Herr Minister, würden Sie es
Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weiteren Zu- nicht im Interesse der Rechtsklarheit für richtig hal-
satzfragen. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. ten, dem Bundestag doch den Entwurf eines Ge-
setzes zur Ergänzung des § 56 des Bundesbeamten-
Die Frage IX/11 — des Herrn Abgeordneten Drö- gesetzes zuzuleiten?
scher — ist zurückgestellt.
Ich rufe dann auf die Fragen aus dem Geschäfts- Höcherl, Bundesminister des Innern: Wir haben
bereich des Bundesministers des Innern, zunächst es damals, wie gesagt, gemeinsam im 1. Bundestag
die Frage VII/1 — des Herrn Abgeordneten Schmitt- beschlossen. Ich weiß nicht, ob wir etwas Gemein-
Vockenhausen —: sames ohne weiteres aufgeben sollten, nachdem es
Ich frage die Bundesregierung, wann der Bundesinnenminister
sich bisher bewährt hat.
das in der Fragestunde der 39. Silzung des Deutschen Bundes-
tages vom 9. Oktober 1962 angekündigte zusammenfassende
Rundschreiben über die Gleichbehandlung der Schwerbeschädigten Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage,
im öffentlichen Dienst erlassen wird.
Herr Abgeordneter Gscheidle.
Bitte, Herr Minister!
Gscheidle (SPD) : Würden Sie Ihre Rechtsauffas-
Höcherl, Bundesminister des Innern: Das zuge- sung noch einmal überprüfen, wenn ich Ihnen in
sagte zusammenfassende Rundschreiben ist bereits einem persönlichen Gespräch solche Fälle nennen
gefertigt. Es konnte aber den Bundesressorts noch würde?
nicht zugestellt werden, weil inzwischen insbeson-
dere von der Arbeitsgemeinschaft der Hauptver- Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich wäre
trauensmänner und der Vertrauensmänner der für das persönliche Gespräch sehr dankbar.
Schwerbeschädigten im Geschäftsbereich der obersten
Bundesbehörden Wünsche in bezug auf Änderung Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
und Ergänzung einiger Bestimmungen vorgebracht Frage VII/3 — des Abgeordneten Sänger — :
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die Bitte, Herr Minister!
Frage VII/2 — des Herrn Abgeordneten Gscheidle—:
Ist der Herr Bundesinnenminister der Auffassung, daß ein Höcherl, Bundesminister des Innern: Die bevor-
Beamter die Ausführung einer gegen das Grundgesetz verstoßen- zugte Berücksichtigung von Firmen aus den Zonen-
den dienstlichen Anordnung auch ohne ausdrückliche gesetzliche
Regelung ablehnen darf, wenn der nächsthöhere Vorgesetzte randgebieten beruht nicht auf einem Brauch, wie es
nach § 56 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes auf der Durch-
führung der Anordnung besteht? in der Frage heißt, sondern auf den von der Bundes-
regierung in dieser Sache erlassenen Richtlinien
vom 31. März 1954, die für die Dienststellen meines
Höcherl, Bundesminister des Innern: Bei dieser Geschäftsbereiches im Gemeinsamen Ministerial-
Frage handelt es sich um eine hypothetische und blatt veröffentlich worden sind. Es ist mir bisher
theoretische Frage, praktisch um eine Rechtsaus- kein Fall bekanntgeworden, in dem gegen diese
kunft, die für einen Fall gewünscht wird, den ich Richtlinien verstoßen worden wäre.
mir eigentlich gar nicht vorstellen kann. In diesem
Falle ist vorausgesetzt, daß sowohl der erste wie Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
der nächsthöhere Dienstvorgesetzte verfassungs- des Herrn Abgeordneten Sanger.
widrige Anweisungen geben. Ich möchte sagen,
wenn es einen so „wildgewordenen" Mann, der
eine solche Anweisung veranlaßt, geben sollte, ha- Sänger (SPD): Dann darf ich die soeben gestellte
ben wir eine rechtliche Lösung, die wir gemein- Frage meines Kollegen Gscheidle wiederholen:
sam schon im 1. Bundestag gegen die Stimmen der Wären Sie bereit, wenn ich Ihnen in einem per-
Kommunisten beschlossen haben. In § 56 des Bun- sönlichen Gespräch Fälle dieser Art zeigte, nach-
desbeamtengesetzes steht genau, wie man sich bei zuprüfen, ob die Richtlinien wirklich eingehalten
einer so außerordentlichen Lage zu verhalten hat. werden?
Es geht dabei nur um zwei Fälle, die Sie kennen:
In den Fällen, in denen die Strafbarkeit vorhanden Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol-
und ersichtlich ist, kann die Ausführung verweigert lege, wir könnten uns die Arbeit sehr erleichtern,
werden, und ebenso, wenn die Menschenwürde wenn dieses persönliche Gespräch vor der Frage
durch die Ausführung einer solchen Anordnung ver- stattfände. Dann könnten wir die Frage bereits
letzt würde. Mit dieser Regelung, die wir gemein- erledigen.
sam beschlossen haben, haben wir bisher gute Er-
fahrungen gemacht, so daß es, glaube ich, durchaus Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage,
bei dieser Regelung bleiben kann. Herr Abgeordneter Sänger.
4306 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
0 Sänger (SPD) : Würden Sie bereit sein, zu glau- Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
ben, Herr Minister, daß es eine größere Zahl solcher Herr Kollege, die Finanzämter haben bei der An-
Einzelfälle gibt, so daß wir daraus und auch aus dem wendung des geltenden Rechts im Rahmen der Be-
Text der Ausschreibung, die von Bonn ausgegangen steuerung von Messe- und Ausstellungsgesellschaf-
ist, entnehmen müssen, daß es sich nicht mehr nur ten niemals enge Maßstäbe angelegt; wenigstens
um die Nichtbeachtung der Richtlinien handelt, son- habe ich davon bisher im Einzelfall nichts gehört.
dern daß tatsächlich schon Ausschreibungen über Dies gilt auch insbesondere für die Bemessung der
das gesamte Bundesgebiet stattfinden? Abschreibungssätze, die im übrigen nach den Um-
ständen des Einzelfalles von den dafür zuständigen
Landesfinanzbehörden zu ermitteln sind. Das fest-
Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol- zustellen liegt nicht im Bereich der Möglichkeiten,
lege, mein Glaubensvermögen ist ,außerordentlich die der Bundesminister der Finanzen hat.
entwickelt,
(Heiterkeit bei der .SPD) Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weitere
und nachdem Sie behauptet haben, daß eine solche Frage? — Frage VIII/2 — des Herrn Abgeordneten
Mißachtung vorliegt, möchte ich Ihnen auch nicht Dr. Wuermeling —:
widersprechen. Aber ich hätte doch ganz gerne die Welche Haushaltsmittel des Jahres 1963 hat die Bundesregie-
rung vorgesehen a) für Erhöhung der Leistungen der Kriegs-
Einzelheiten gesehen. opferversorgung, b) für Erhöhung des Kindergeldes, c) für
Weihnachtszuwendungen an Bundesbeamte?
Hörmann (Freiburg) (SPD) : Darf ich fragen, Herr Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
Minister, ob Sie nachgeprüft haben, warum diese Herr Präsident, da es sich um eine Frage aus dem
Zeitungsmeldungen, auf die die Fragen bezogen steuerlichen Bereich handelt, darf i c h sie beant-
sind, angeblich falsch sind? worten.
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: Vizepräsident Dr. Dehler: Bitte, zur Beantwor-
Nein, Herr Kollege, dafür habe ich keine Anhalts- tung der Herr Bundesminister der Finanzen.
punkte. Als Sie Ihre Fragen einreichten, haben wir
sofort mit dem Finanzministerium in Baden-Würt- Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
temberg telefonisch Verbindung aufgenommen. Vorgenannte Frage beantworte ich namens der Bun-
Schriftlich hätten wir die Antwort hierauf nicht desregierung wie folgt.
rechtzeitig bekommen.
Die Bundesregierung hat in der Kabinettssitzung
vom 23. Oktober 1963 eine Erhöhung des Mindest-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage? preises für Zuckerrüben , der Ernte 1963 von 6,75 DM
— Bitte, Herr Abgeordneter Hörmann! um 50 Pf auf 7,25 DM je 100 kg bei einem Zucker-
gehalt von 15,5 % abgelehnt. Sie sieht sich aus die-
Hörmann (Freiburg) (SPD) : Herr Bundesfinanz- sem Grunde und auch in Anbetracht der angespann-
minister, sehen Sie die Möglichkeit, die Rentner in ten Situation des Bundeshaushalts nicht in der Lage,
solchen Fällen, in denen soziale Leistungen in Form dem Bundestag eine Senkung der Zuckersteuer zum
einer Freifahrkarte gewährt werden, von einer Be- Zwecke der Erhöhung des Rübenpreises vorzuschla-
steuerung auszunehmen? Halten Sie den Verwal- gen.
tungsaufwand für zweckmäßig?
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: Glüsing, eine Zusatzfrage.
Wenn darauf abgestellt werden müßte, mit jedem
einzelnen Rentner zu verhandeln, würde es wohl Glüsing (Dithmarschen) (CDU/CSU): Herr Bun-
nicht zweckmäßig sein, das zu tun. Da hier aber ein desminister, sind Sie nicht auch der Meinung, daß
Unternehmen erhebliche Aufwendungen macht, kann die Bundesregierung, wenn man für die Zucker-
ich es dem Finanzamt nicht übelnehmen, wenn es rübenbauern einen Anreiz schaffen würde, indem
sich — es muß es nach den gesetzlichen Bestimmun- man den Zuckerrübenpreis um 50 Pfennig je Dop-
gen sogar tun — mit den Unternehmen in Verbin- pelzentner anhöbe, viel mehr an Verbrauchersub-
dung setzt und eine Regelung zu erreichen versucht. ventionen bei der Einfuhr von Zucker sparen würde
Im Einzelfall — da stimme ich Ihnen zu, Herr Kol-
als das, was die beantragte Steuersenkung aus-
lege — wäre das nicht sinnvoll.
machen würde?
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen, Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
Herr Minister. Welche Auswirkungen die Erhöhung der Anbau-
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- fläche haben würde, vermag ich — das muß ich
bereich des Bundesministers für Ernährung, Land- Ihnen offen sagen, Herr Kollege — vom Finanz-
wirtschaft und Forsten. ressort nicht zu beurteilen.
Ich rufe auf die Fragen IX/1 und IX/2 — des Ab-
geordneten Faller —:
Vizepräsident Dr. Dehler: Aber vielleicht
könnte sie der Herr Bundesminister für Ernährung,
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das badische Bäcker-
handwerk in einer Resolution verlangt hat, die tägliche Höchst-
Landwirtschaft und Forsten beantworten?
einfuhrmenge an Brot aus der Schweiz auf 250 Gramm zu be-
schränken?
Teilt die Bundesregierung die Meinung der Grenzbevölkerung Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
zwischen Lörrach und Konstanz, daß die von dem badischen
Bäckerhandwerk geforderte Einschränkung der Broteinfuhr aus
wirtschaft und Forsten: Nein,
der Schweiz auf 250 g täglich praktisch einer Broteinfuhrsperre
und damit einer unbilligen Härte gleichkommen würde?
Vizepräsident Dr. Dehler: Haben Sie eine wei-
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant- tere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Glüsing?
wortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt
noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungs- Glüsing (Dithmarschen) (CDU/CSU) : Ich nehme
bericht abgedruckt. die Anregung gerne auf, Herr Präsident. Vielleicht
Ich rufe auf die Frage IX/3 — des Herrn Abge- ist der Herr Bundesminister in der Lage, dazu etwas
ordneten Glüsing (Dithmarschen) — :
zu sagen.
Ist die Bundesregierung bereit, nachdem der Kabinettsbeschluß
vorliegt, in diesem Jahr keine Preiserhöhung bei Zuckerrüben Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
vorzunehmen, mit Rücksicht auf die gestiegenen Kosten im Rü-
benanbau die Zuckersteuer um den Betrag zu senken, der er-
wirtschaft und Forsten: Herr Präsident, ich bedauere,
forderlich ist, um den Doppelzentner Rüben im Preis um 0,50 DM dem Herrn Kollegen Glüsing darauf keine Antwort
anzuheben, ohne daß der Zucker tür den Verbrauch teurer wird?
geben zu können, weil sich nicht arithmetisch aus-
Bitte, Herr Minister! rechnen läßt, um wieviel der Zuckerverbrauch stei-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4309
Bundesminister Schwarz
r gen würde, wenn eine entsprechende Steuervergün- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
stigung einträte. des Herrn Abgeordneten Schmidt (Gellersen). Bitte
sehr!
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
satzfrage! Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Herr Minister,
können Sie darüber Auskunft geben, warum die drei
Glüsing (Dithmarschen) (CDU/CSU) : Herr Bun- zuständigen Ressorts, Finanzministerium, Landwirt-
desminister, ich glaube, meine Frage ist nicht richtig schaftsministerium und Wirtschaftsministerium, sich
verstanden worden. Darf ich noch einmal wieder- bei den Beratungen über den entsprechenden An-
holen: Sind Sie nicht auch der Meinung, daß, wenn trag im Ausschuß geweigert haben, Erklärungen
für den Zuckerrübenbauern wegen der gestiegenen abzugeben?
Unkosten ein besonderer Anreiz mehr Zuckerrüben
anzubauen, dadurch geschaffen wird, daß der Zucker- Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
rübenpreis erhöht wird, der Eigenbedarf in der Bun- Ich habe Ihre Frage in den letzten Worten nicht
desrepublik eher gedeckt werden kann und daß verstanden. Die drei Ressorts haben — —
dann weniger Weltmarktzucker zu noch höheren
Preisen eingeführt zu werden braucht und die Bun- Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD): . . . sich bei den
desregierung damit die Verbrauchersubventionen Ausschußberatungen über den Antrag auf Erhöhung
spart? des Zuckerrübenpreises geweigert, Erklärungen ab-
zugeben.
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten: Herr Abgeordneter, ich bin Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
der Überzeugung, daß Sie recht haben, wenn die Überhaupt Erklärungen abzugeben?
Weltmarktpreise so bleiben, wie sie derzeit sind,
d. h. wenn sie über den deutschen liegen. Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Jawohl.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
des Herrn Abgeordneten Sander. Das ist mir nicht bekannt.
(Abg. Wehner: Hört! Hört!)
Sander (FDP) : Herr Bundesminister, sind Sie nicht
auch der Überzeugung, daß diese doch aus politi-
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Würden Sie be-
schen und nicht aus sachlichen Gründen abgelehnte
reit sein, daß bei Gelegenheit nachzuholen?
Erhöhung des Zuckerrübenpreises dazu beitragen
wird, daß im nächsten Jahr die Subventionen aus
der Bundeskasse wesentlich höher sein werden? Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
Aber selbstverständlich.
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Minister!
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Schönen Dank!
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land- Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
wirtschaft und Forsten: Herr Kollege Sander, ich Frage IX/4 — des Herrn Abgeordneten Rollmann —:
bin der Auffassung, daß das, was Sie jetzt im Au-
Wieviel Anträge auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen
genblick fragen, nicht mehr mit der zugrunde liegen- für die Ausfuhr von Schlachtpferden wurden seit dem 18. August
den Frage korrespondiert. Dennoch will ich Ihnen 1961 bei der Außenhandelsstelle für Erzeugnisse der Ernährung
und Landwirtschaft gestellt?
die Antwort gern in der Richtung geben, daß ich
Ihnen sage: ich teile Ihre Auffassung. Bitte, Herr Minister Schwarz!
Bundesminister Schwarz
fuhr von Schlachtpferden verboten wurde, sind bis anlassung bemüht, eine weitgehende Koordinierung
zum 25. Oktober 1963 bei der Außenhandelssteile herbeizuführen. Ich verspreche mir hiervon eine Be-
für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft, ruhigung bei den betroffenen Verbraucherkreisen.
Frankfurt/Main, insgesamt 1828 Anträge auf Er-
teilung einer Ausnahmegenehmigung für die Aus- Vizepräsident Dr. Dehler: Damit ist die Frage 8
fuhr von Schlachtpferden gestellt worden. Die — des Herrn Abgeordneten Ritzel — auch schon be-
Außenhandelsstelle hat in dem gleichen Zeitraum antwortet, nehme ich an. — Bitte, Herr Abgeord-
1808 Ausnahmegenehmigungen für die Ausfuhr von neter Ritzel, zu einer Zusatzfrage.
Schlachtpferden erteilt. Die Ausnahmegenehmigun-
gen wurden erteilt, da die vom Gesetzgeber in § 3 a Ritzel (SPD) : Ich habe eine eigentliche Antwort
Abs. 2 des angeführten Ergänzungsgesetzes gefor- auf meine Frage 8 vermißt. Darf ich fragen, Herr
derten Voraussetzungen zur Wahrung des Tier- Minister: Welchen Anteil haben Landwirtschaft,
schutzes gegeben waren. Molkereien und Zwischenhandel? Ich hätte gern
einige konkrete Zahlen von Ihnen gehört, Herr
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, Minister.
Herr Abgeordneter Rollmann.
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
Rollmann (CDU/CSU) : Sind Sie nicht der Auf- wirtschaft und Forsten: Herr Kollege Ritzel, auf
fassung, Herr Minister, daß durch die große Zahl diese Frage habe ich noch nicht geantwortet.
der Ausnahmegenehmigungen, die erteilt worden
sind, praktisch die Ausnahme zur Regel gemacht Vizepräsident Dr. Dehler: Bitte Herr Minister,
worden ist? dann zur Frage IX/8 — des Herrn Abgeordneten
Ritzel — :
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land- Welchen Anteil haben Landwirtschaft, Molkereien und Zwi-
schenhandel an dem Ertrag der Milchpreiserhöhung, auf den
wirtschaft und Forsten: Herr Kollege, die Grundlage Liter berechnet?
für die Genehmigung bildete immer das Gesetz, und
das Gesetz hat diese Voraussetzungen geschaffen. Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten: Auf diese Frage darf ich wie
Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weitere Zu- folgt antworten. Von den 6 Pf Preiserhöhung je
satzfrage. Liter lose Milch entfällt 1 Pf auf den Handel; die
übrigen 5 Pf kommen der Landwirtschaft zugute.
Ich rufe auf die Frage IX/7 — des Herrn Abgeord-
Da jedoch der weitaus größte Teil der an Molkereien
neten Ritzel —:
gelieferten Milch als Werkmilch und nur ein Sechstel
Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirkung der Milchpreis-
erhöhung in bezug auf die Ernährung der Kinder, den- Verbrauch bis ein Fünftel als Trinkmilch verwertet wird, ist
von Milch im Haushalt und im Ausschank in den Kantinen? die effektive Erhöhung je Liter an Molkereien ge-
Bitte, Herr Minister! lieferter Milch natürlich geringer. Unter Anwendung
des neuen Ausgleichssystems, das das Hohe Haus
durch Gesetz vom 22. Juni 1963 beschlossen hat,
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land- kommt dem Milcherzeuger somit 0,8 bis 1 Pf mehr
wirtschaft und Forsten: Die Bundesregierung ist sich
je Liter Milch zugute.
darüber im klaren, daß durch die Milchpreiserhö-
hung insbesondere kinderreiche Familien betroffen Bei der Preisregelung für in Flaschen abgegebene
sind. Sie muß aber auch darauf hinweisen, daß der Trinkmilch wurden die seit 1956 erheblich gestiege-
Milchpreis trotz der gestiegenen Unkosten viele nen Abfüll- und Transportkosten der Molkereien
Jahre unverändert geblieben und in dieser Zeit die zusätzlich berücksichtigt. Für einen Liter Milch in
Lage der kinderreichen Familien durch die Gewäh- Flaschen beträgt demnach die Erhöhung 8 Pf. Soweit
rung und die späteren Erhöhungen des Kindergeldes die Landwirtschaft bisher diese Mehrkosten für ver-
verbessert worden ist. Eine weitere Verbesserung kaufsfertig verpackte Trinkmilch über entsprechende
durch die Erhöhung des Kindergeldes steht bevor. Minderung der Auszahlungspreise der Molkereien
hat tragen müssen, wird sie jetzt hiervon entlastet.
Zwar ist der Verbrauch von Milch in den Haus-
halten vorübergehend etwas zurückgegangen; es ist
aber auch zu beobachten, daß die Verbraucher zum Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weitere Zu-
Teil statt der Marken- oder Flaschenmilch wieder satzfrage.
lose Milch beziehen. Weiter sind aber auch schon die Frage IX/9 — des Herrn Abgeordneten Schmitt-
ersten Anzeichen für eine Rückkehr zur Marken- Vockenhausen —:
oder Flaschenmilch vorhanden.
Auf welche Weise ist sichergestellt, daß die Tierschutzbestim-
mungen bei Tiertransporten, vor allem bei Transporten durch die
Nach den Bestimmungen der jetzt geltenden Milch- Deutsche Bundesbahn, eingehalten werden?
preisverordnung können die Länder Abschläge bei
Lieferungen an Großabnehmer, mithin auch an Kan- Bitte, Herr Minister!
tinen, festsetzen. Die Länder haben diese Abschläge
in der Tat unterschiedlich festgesetzt; nach Ansicht Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
der Großabnehmer waren die Abschläge zu gering wirtschaft und Forsten: Für die Durchführung der
bemessen. Das hat den Unwillen dieser Abnehmer Vorschriften des Tierschutzgesetzes sind nach dem
erregt. Die Länder sind gegenwärtig auf meine Ver Grundgesetz die Länder zuständig. Im Rahmen die-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4311
Bundesminister Schwarz
ser Zuständigkeit ist es ihre Aufgabe, die Einhal- Ich danke Ihnen, Herr Minister.
tung der tierschutzrechtlichen Vorschriften — hier Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts-
beim Transport von Tieren — zu überwachen. bereich des Bundesministers für Arbeit und Sozial-
Bei Tiertransporten durch die Deutsche Bundes- ordnung.
bahn erfolgt die Überwachung der Einhaltung der Frage X/1 — des Herrn Abgeordneten Schmidt
Vorschriften des Tierschutzgesetzes auch durch die (Kempten) —.
Bediensteten der Deutschen Bundesbahn, und zwar
in enger Zusammenarbeit mit den Landesbehörden. Welche Veranlassung hatte der Herr Bundesarbeitsminister, die
an ihn am 15. Mai 1963 gerichtete Anfrage nach einer Senkung
Sie sind insbesondere durch zusätzliche den Tier- der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung negativ zu beant-
worten, obwohl diese Senkung im August 1963 im Kabinett
schutz betreffende Bestimmungen in der Eisenbahn- erfreulicherweise beschlossen wurde?
verkehrsordnung sowie durch innerdienstliche An-
weisungen verpflichtet, auf die Einhaltung der tier- Bitte, Herr Minister!
schutzrechtlichen Vorschriften zu achten. Ich darf
noch bemerken, daß von der Deutschen Bundesbahn Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozialord-
für den Transport von Pferden besondere Richt- nung: Herr Kollege Schmidt, ich habe Ihre damalige
linien ergangen sind, die den Schutz der Pferde Anfrage nicht absolut negativ beantwortet. Denn
sicherstellen sollen. in der Sitzung vom 15. Mai haben Sie mich nicht
gefragt, ob die Beiträge zur Arbeitslosenversiche-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, rung gesenkt werden könnten, sondern Sie haben
Herr Schmitt Vockenhausen.
-
präzise gefragt, ob die Möglichkeit bestehe, den
Beitrag von 1,4 auf 1 v. H. zu senken. Darauf habe
ich geantwortet, daß eine Herabsetzung des Bei-
Schmitt Vockenhausen (SPD) : Herr Minister,
-
trages auf 1 v. H. nicht möglich sein werde. Ich
kann nicht der Herr Bundesminister für Verkehr
habe weiter erklärt, daß die Bundesregierung über
diese Frage einmal beantworten? Gerade in den
den ab 1. Januar 1964 zu erhebenden Beitrag erst
letzten Wochen und Monaten sind doch wieder er-
entscheiden werde, wenn die angeforderte Stellung-
hebliche Vorwürfe wegen Nichteinhaltung dieser
nahme des Verwaltungsrates der Bundesanstalt
Vorschriften erhoben worden. Ich würde sehr be-
vorliege.
dauern, wenn ich Sie danach fragen sollte, der Sie
hier nicht so ganz zuständig sind. Inzwischen kam das, und dann ist, wie Ihnen ja
bekannt, die Senkung vorgenommen worden.
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten: Herr Kollege Schmitt- Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Vockenhausen, wenn Sie diese Frage an den Herrn Schmidt zu einer Zusatzfrage.
Kollegen Seebohm richten, wird er ganz bestimmt
Veranlassung nehmen, sie zu beantworten. Im übri- Schmidt (Kempten) (FDP) : Herr Minister, in der
gen darf ich darauf hinweisen, daß gerade von sei- mir anschließend noch zugegangenen schriftlichen
ten des Verkehrsministeriums in engster Zusam- Darstellung weisen Sie genauso wie damals in Ihrer
menarbeit mit der Deutschen Bundesbahn alles ge- Stellungnahme darauf hin, daß die Bestände zurück-
tan wurde, was nur irgendwie möglich war, um gegangen seien. Das war auch die Begründung Ihrer
die Transportsicherheit zu bessern. damaligen Stellungnahme. War damals am 15. Mai
also überhaupt keine Überlegung zu einer Senkung
Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer weiteren vorhanden, oder war die Bundesregierung bereits
Zusatzfrage Herr Schmitt Vockenhausen.
- in entsprechende Beratungen eingetreten?
Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozialord- gestimmt, wo Soldatenheime in den kommenden
nung: Herr Kollege Kubitza, ich glaube, ich darf die Jahren im Rahmen der dafür zur Verfügung stehen-
beiden Fragen zusammenhängend beantworten. den Haushaltsmittel im einzelnen errichtet werden
(Abg. Kubitza: Ja!) sollen. In diesem Jahr sind bzw. werden folgende
Vorhaben begonnen: Augustdorf, Büchel, Allendorf,
Wie Sie wissen, habe ich hier keine eigene Zustän- Baumholder und Stetten am kalten Markt.
digkeit im Personalbereich. Ich habe daher den
Für 1964 ist — neben der Fortführung der im
Herrn Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeits-
Jahre 1963 nicht beendeten Vorhaben — vorge-
vermittlung und Arbeitslosenversicherung zu Ihren
sehen, in 14 Standorten mit dem Bau von neuen
Fragen gehört, und er hat mir wie folgt geantwortet.
Soldatenheimen zu beginnen. Dabei sollen nach
Eine Abwanderung von Fachkräften der Berufs- Möglichkeit folgende Standorte berücksichtigt wer-
beratung ist in stärkerem Maße nicht zu verzeich- den: Lechfeld, Putlos, Faßberg, Wilhelmshaven, Nör-
nen. Bei Errichtung des Berufsförderungsdienstes venich, Leck, Eggebeck, Kropp-Jagel, Delmenhorst,
der Bundeswehr sind einige Fachkräfte zu dieser Münster-Handorf, Meßstetten, Külsheim, Roding
Dienststelle übergewechselt. Im übrigen hält sich und Oberviechtach.
die Abwanderung in normalem Umfange, wie sie
1965 wird der Bau der im Jahre 1964 begonnenen
auch bei anderen Behörden festzustellen ist.
Soldatenheime fortgeführt. Zumindest in gleichem
Zu Ihrer zweiten Frage: Die Wahrnehmung der Umfang wie 1964 sollen darüber hinaus neue Sol-
Aufgaben der Berufsberatung wurde durch eine Ab- datenheime errichtet werden. Daneben wird laufend
wanderung von Fachkräften aus der Berufsberatung versucht, im Rahmen der zur Verfügung stehenden
nicht beeinträchtigt. Mittel auch geeignete Objekte zur Errichtung von
So weit der Präsident der Bundesanstalt. Soldatenheimen anzumieten oder anzukaufen.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage? Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
— Herr Kubitza! des Herrn Abgeordneten Josten.
Kubitza (FDP) : Herr Minister, da Sie die zweite Josten (CDU/CSU) : Herr Minister, gehen Sie bei
Frage verneint haben, darf ich fragen, ob die zu Ihrer immerhin erfreulichen Mitteilung davon aus,
leistende Arbeit der Berufsberater auf Kosten der daß der Verteidigungsetat wie vorgesehen auf 20
Qualität oder der Gesundheit geht? Milliarden DM erhöht wird, oder gehen Sie von dem
jetzigen Stand unseres Etats aus?
Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozialord-
nung: Darüber ist nichts bekanntgeworden. Die Bun- von Hassel, Bundesminister der Verteidigung:
-
desanstalt teilt mit, daß sie trotz einer geringen Ab- Ich glaube, es ist nicht Gegenstand der heutigen
wanderung — wie bei allen Behörden — in der Fragestunde, zu klären, wie hoch der Etat im näch-
Lage sei, diese Aufgabe voll zu erfüllen. Daß die sten Jahr sein wird. Auf alle Fälle darf ich Ihre
Bundesanstalt daneben — überhaupt in ihrem ge- Frage aber dahin beantworten, daß das Verteidi-
samten Bereich — ihr Personal von 1952 bis heute gungsministerium alles versuchen wird, das Pro-
um 25 % vermindert hat, ist ja hinreichend bekannt; gramm so rasch wie möglich zu verwirklichen und
der Grund ist, daß das Arbeitsvolumen durch die mit den Fragen der Betreuung des Soldaten, ob es
Vollbeschäftigung geschrumpft ist. Ich glaube, Herr sich nun um Soldatenheime, Offiziersheime oder
Kollege, wir können einigermaßen zufrieden sein. Unteroffiziersheime oder um Sportplätze handelt,
fertig zu werden.
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen,
Herr Minister. Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Cramer zu einer Zusatzfrage!
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts-
bereich des Bundesministers der Verteidigung.
Cramer (SPD) : Herr Minister, warum sind in sol-
Frage XI/1 — des Herrn Abgeordneten Josten — :
chen Orten, in denen sich schon lange eine Garnison
Welche Pläne hat die Bundesregierung für die kommenden
zwei Jahre zur Erstellung von Soldatenheimen?
befindet, bisher keine Soldatenheime errichtet wor-
den? Fehlten dafür die Mittel oder die Grundstücke,
Bitte, Herr Minister. oder ging es dabei um die Frage der Trägerschaft?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung:
Bisher bestehen 18 Soldatenheime in der Bundes- von Hassel, Bundesminister der Verteidigung:
republik und ein Heim in Cagliari auf Sardinien. Es war eine Frage der fehlenden Mittel. Die Bundes-
Alle diese Heime werden von der Bundesarbeits- wehr hat sich zunächst ausschließlich damit beschäf-
gemeinschaft für Soldatenbetreuung für die Bundes- tigen müssen, den Forderungen der NATO nachzu-
wehr betrieben. Die Zahl dieser Soldatenheime wird kommen und die nach unserer Auffassung notwen-
in den kommenden Jahren erheblich vergrößert wer- digen Streitkräfte aufzubauen. Alle anderen Fragen
den, da sich derartige Einrichtungen vor allem in haben deshalb zurückgestellt werden müssen.
den besonders zu betreuenden Standorten vorzüg-
lich bewährt haben. Mit der Bundesarbeitsgemein- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage
schaft für Soldatenbetreuung wird Jahr für Jahr ab des Herrn Abgeordneten Cramer.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4313
Cramer (SPD) : Herr Minister, wir haben doch Der Bundesrat beantragt in seinem Vermittlungs-
jahrelang Etats gehabt, bei denen die Mittel nicht begehren, die vom Bundestag eingefügte Nr. 27 zu
völlig verbraucht worden sind — ich denke jetzt streichen. Der Bundesrat führt zur Begründung aus,
nicht speziell an die Soldatenheime, sondern an den daß die Herausnahme einer Beamtengruppe aus der
Globalbetrag des Einzelplans 14 —: Wäre es da Besoldungsgruppe A durch die Einführung einer be-
nicht möglich gewesen, damals schon diese Soldaten- sonderen Besoldungsordnung für Lehrer (L) dazu
heime zu bauen? führen müsse, daß weitere Beamtengruppen ähn-
liche Forderungen aufstellen würden. Es dürfe je-
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: doch der Grundsatz der Einheit der Beamtenbesol-
Wenn Reste entstanden, weil die Aufgaben aus die- dung nicht aufgegeben werden.
sem oder jenem Grunde in dem Augenblick noch Der Bundesrat beantragte darüber hinaus, in Art. I
nicht durchgeführt werden konnten, so war dem § 1 als Nr. 27 den § 54 mit folgender Fassung einzu-
Verteidigungsministerium nicht die Freiheit ge- fügen:
geben, die dafür zur Verfügung stehenden Mittel für
andere Zwecke, beispielsweise für Soldatenheime, § 54
zu verwenden. (1) Die Endgrundgehälter der Besoldungs-
gruppen A 1, A 5, A 9 und A 13 müssen sich zu-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen, einander verhalten wie hundert zu hundertdrei-
Herr Minister. ßig zu zweihundert zu dreihundertdreißig.
Wir können die Fragestunde nicht fortsetzen, weil (2) Das Endgrundgehalt der Volksschullehrer
die Zeit abgelaufen ist. Die übrigen Fragen werden darf 75 vom Hundert des Endgrundgehaltes der
in der Sitzung am Freitag behandelt. Studienräte nicht übersteigen. Das Endgrundge-
halt der Mittelschullehrer beträgt mindestens
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung: 78 vom Hundert, höchstens 82 vom Hundert des
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- Endgrundgehalts der Studienräte; innerhalb
schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes dieses Rahmens ist das Endgrundgehalt unter
(Vermittlungsausschuß) zu dem Zweiten Ge- Berücksichtigung des Amtsinhaltes und der Aus-
setz zur Änderung beamtenrechtlicher und bildungsanforderungen zu bestimmen.
besoldungsrechtlicher Vorschriften (Druck- (3) Für die Berechnung der Endgrundgehäl-
sache IV/1559). ter im Sinne der Absätze 1 und 2 gelten un-
Der Bericht wird erstattet vom Herrn Abgeord- widerrufliche Stellenzulagen nicht als Bestand-
neten Dr. Schäfer. Ich erteile ihm das Wort. teile des Grundgehalts. Geringfügige Abwei-
chungen wegen der Abrundung der Grundge-
haltssätze bleiben außer Betracht.
Dr. Schäfer (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich darf als Berichterstatter des Ver- Der Vermittlungsausschuß ist mit Stimmenmehr-
mittlungsausschusses zu der Drucksache IV/1559 heit dem ersten Vorschlag des Bundesrates gefolgt.
folgendes ausführen. Er lehnte jedoch den weiteren Antrag auf Einfügung
des soeben vorgetragenen § 54 ab. Es wurden
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 83. Sitzung Bedenken dagegen erhoben, daß durch diesen § 54
am 28. Juni 1963 auf Grund des Schriftlichen Berichts in das in die Zuständigkeit der Länder fallende Leh-
des Ausschusses für Inneres den von der Bundes- rerbildungswesen eingegriffen würde, es aber den
regierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ländern überlassen bleiben müsse, welchen Bil-
Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes mit der dungsweg sie für die Lehrer vorschreiben und welche
Maßgabe angenommen, daß die Überschrift des Ge- Einstufung sie demgemäß für erforderlich halten.
setzes wie folgt gefaßt wird:
Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses, die
Zweites Gesetz zur Änderung beamtenrecht- Nr. 27 zu streichen und § 54 nicht aufzunehmen, ent-
licher und besoldungsrechtlicher Vorschriften spricht dem Vorschlag des Innenausschusses des
Es wurde außerdem gegenüber dem Ausschußbe- Bundestages, wie er hier vorgelegt war.
richt folgende Änderung eingefügt: Ich darf namens des Vermittlungsausschusses bit-
In Artikel I § 1 wird eine neue Nummer 25 a ten, seinem Vorschlag zuzustimmen.
eingefügt:
„25 a. § 52 Abs. 2 erhält folgende Fassung: Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort zur Ab-
gabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Dr. Rin-
(2) Für Lehrer und Hochschullehrer können derspacher.
besondere Regelungen mit Mindestgehältern
vorgesehen werden.` "
Dr. Rinderspacher (SPD) : Herr Präsident! Meine
Die Nr. 25 a ist in der endgültigen Fassung Nr. 27. Damen und Herren! Im Namen der sozialdemokrati-
Der Bundesrat hat in seiner 260. Sitzung am schen Fraktion habe ich folgende Erklärung abzuge-
12. Juli 1963 beschlossen, den Vermittlungsausschuß ben.
anzurufen. Der Vermittlungsausschuß hat in seiner Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion be-
Sitzung vom 23. Oktober 1963 den in der Drucksache dauert den Beschluß des Vermittlungsausschusses.
IV/1559 enthaltenen Vorschlag beschlossen. Im ein- So erfreulich es ist, daß der von Rheinland-Pfalz im
zelnen ist dazu folgendes zu bemerken. Bundesrat eingebrachte Antrag, in dem eine Nivel-
4314 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Dr. Rinderspacher
lierung des Endgrundgehalts der Volks- und Mittel- Im zweiten Fall ist der Vermittlungsausschuß dem
schullehrer vorgesehen war, im Vermittlungsaus- Antrag des Bundesrats nachgekommen. Er emp-
schuß keine Mehrheit .gefunden hat, so unerfreulich fiehlt, im zweiten Gesetz zur Änderung beamten-
ist die Ablehnung der vom Bundestag beschlossenen rechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften
Vorschrift, die den Ländern die Möglichkeit geben in Art. I § 1 die Nr. 27, nach deren Inhalt es den
sollte, eine eigenständige Lehrerbesoldung — die Bundesländern in der Zukunft möglich wäre, eigene
sogenannte L-Besoldung — einzuführen. Besoldungsordnungen L einzuführen, zu streichen.
Die Gründe für diese dadurch verhinderte beson- Wir haben bereits dargelegt, daß es nach unserer
dere Lehrerbesoldung waren schon bei der Bera- Auffassung nach wie vor unmöglich ist, über die Ein-
tung des Gesetzes im Deutschen Bundestag so über- führung eigener Besoldungsordnungen L ohne eine
zeugend dargelegt worden, daß die Mehrheit des nochmalige Beratung mit den Ländern hier zu ent-
Hauses in namentlicher Abstimmung dem SPD-An- scheiden.
trag zustimmte. Die Sozialdemokratische Partei Der Herr Bundesinnenminister hat sich zu diesem
weiß, wie notwendig und dringend alle Maßnahmen Gespräch bereit erklärt. Wir halten diese Beratung
sind, den Lehrerberuf anziehender zu gestalten und für erforderlich, wenn wir uns über alle Konsequen-
einen Ausgleich für die im Verhältnis zu anderen zen klar werden wollen, die sich aus einer mög-
Laufbahnen zu geringen Aufstiegsmöglichkeiten zu lichen Auflösung der bisherigen gemeinsamen Be-
schaffen. Das Gesetz sollte dazu beitragen, die be- soldungsordnung A ergeben würden.
sorgniserregenden Lücken beim Lehrernachwuchs Daß die Bemühungen, für die Lehrkräfte aller
zu füllen, um unser Volk nicht kulturell und wirt- Schulgattungen eine gerechte und angemessene Be-
schaftlich absinken zu lassen. soldung zu erzielen, durch diese Verhandlungen
(Beifall bei der SPD.) weder gehemmt noch verhindert werden, beweisen
die jüngsten Entwicklungen in den Bundesländern.
Wir bedauern deswegen im Interesse der Zukunft Ich erwähne hier als Beispiel nur den Antrag der
unseres Landes den Beschluß des Vermittlungsaus- CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, für die
schusses und können ihm nicht zustimmen. Die Zu- Volksschullehrer künftig die Besoldungsgruppe A 11
stimmung zur Harmonisierungsnovelle und die von als Eingangsgruppe vorzusehen.
uns angeregten Verbesserungen in diesem Gesetz
bleiben davon natürlich unberührt. Das Zweite Gesetz zur Änderung beamtenrecht-
licher und besoldungsrechtlicher Vorschriften konnte
In der Überzeugung, daß die Gründe weiterbe- bis heute nicht in Kraft gesetzt werden. Es enthält
stehen, welche die Mehrheit der Mitglieder dieses neben der wünschenswerten Klarstellung einer
Hauses bewogen haben, unserem Antrag vom Reihe beamtenrechtlicher Bestimmungen wesentliche
28. Juni 1961 zuzustimmen, beantragen wir nament- Besoldungsverbesserungen im sozialen Bereich und
liche Abstimmung. Ich darf zur Technik der Abstim- im Bereich der Familie. Es liegt deshalb im beson-
mung noch hinzufügen: Wer für die L-Besoldung ist, deren Interesse aller Angehörigen des öffentlichen
muß bei der Abstimmung jetzt mit nein stimmen. Dienstes, daß dieses Gesetz baldmöglichst wirksam
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD.) wird. Wir wollen dazu unseren Beitrag leisten, in-
dem wir dem Antrag des Vermittlungsausschusses
zustimmen.
Vizepräsident Dr. Dehler: Das Haus ist für
diese Belehrung sicher dankbar. (Beifall bei der CDU/CSU.)
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat der Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort zur Ab-
Abgeordnete Wagner. gabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Dürr.
Wagner (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da- Dürr (FDP) : Herr Präsident! Meine Damen und
men und Herren! Die Fraktion der CDU/CSU stimmt Herren! Die Mehrheit der FDP-Fraktion hat bei der
dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zu. Er dritten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs
berücksichtigt nach unserer Auffassung die gegen- mit der Mehrheit des Hauses dafür gestimmt, den
wärtige Situation im Bereich des Beamten- und des Ländern die Möglichkeit für eine eigenständige Leh-
Besoldungsrechts. rerbesoldung zu geben. Durch die Anrufung des
Vermittlungsausschusses trat die von niemanden
Der Bundesrat hatte an den Vermittlungsaus- gewünschte Nebenfolge ein, daß das Inkrafttreten
schuß einen Antrag mit zwei Schwerpunkten gerich- der übrigen Bestimmungen des Gesetzes verzögert
tet. Im ersten Teil hat er beantragt, für die Gehälter wurde.
der Volksschullehrer und der Mittelschullehrer
Höchstsätze festzusetzen. Dies ist nach Auffassung (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Es wird aber
unserer Fraktion nicht möglich. Über die Ausbil- gezahlt!)
dung der Lehrer und über ihren Auftrag bestimmen Der weitaus größte Teil der Bundesländer hat sich
allein die Länder. Deshalb kann auch die Höhe der nun gegen die Möglichkeit einer sogenannten L-
Lehrerbesoldung, die weitgehend von diesen Vor- Besoldung gewandt. Der Bundesrat vertritt die An-
aussetzungen mitbestimmt wird, nur durch die Län- sicht, das Gesetz bedürfe seiner Zustimmung. Das
derparlamente festgelegt werden. Wir begrüßen es ist leider noch nicht völlig geklärt. Angesichts dieser
darum, daß der Vermittlungsausschuß in diesem Lage erhebt sich die Frage, ob eine Ablehnung des
Punkt dem Antrag des Bundesrats nicht gefolgt ist. Vorschlags des Vermittlungsausschusses durch den
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4315
Dürr
Bundestag uns der Möglichkeit einer eigenständigen Frau Engländer Dr. Pflaumbaum
Besoldung für Lehrer näherbringen würde oder ob Etzel Frau Pitz-Savelsberg
Dr. Even (Düsseldorf) Dr. Poepke
gar die Gefahr besteht, daß wir der Möglichkeit der Falke Porten
L-Besoldung nicht näherkommen, aber das Inkraft- Dr. Franz Frau Dr. Probst
treten der übrigen Vorschriften weiter verzögern. Franzen Dr. Ramminger
Eine weitere Verzögerung des Inkrafttretens des Ge- Dr. Fritz (Ludwigshafen) Rasner
Gedat Rauhaus
setzes hält meine Fraktion aber nicht für vertretbar. Gehring Frau Dr. Rehling
Nicht zuletzt die strittige Rechtsfrage der Zustim- Frau Geisendörfer Dr. Reinhard
mungsbedürftigkeit hat zu unterschiedlichen Mei- Dr. Gerlich Riedel (Frankfurt)
nungen in meiner Fraktion geführt. Deshalb ist eine D. Dr. Gerstenmaier Rollmann
Gibbert Rommerskirchen
Zustimmung meiner politischen Freunde zum Vor- Giencke Ruf
schlag des Vermittlungsausschusses unbeschadet Dr. Gleissner Ruland
ihrer grundsätzlichen Einstellung zur Lehrerbesol- Dr. Götz Scheppmann
dung zu werten. Dr. Gossel Schlee
Gottesleben Schlick
(Beifall bei den Regierungsparteien.) Dr. h. c. Güde Dr. Schmidt (Wuppertal)
Freiherr zu Guttenberg Schneider (Hamburg)
Frau Haas Frau Schroeder (Detmold)
Vizepräsident Dr. Dehler: Meine Damen und Haase (Kassel) Schulhoff
Herren! Es ist namentliche Abstimmung beantragt Dr. Hahn (Heidelberg) Schwarz
worden. Der Antrag wird hinreichend unterstützt. Harnischfeger Frau Dr. Schwarzhaupt
Härzschel Dr. Schwörer
Es ist klar: wer den Vorschlag des Vermittlungsaus- Dr. Seffrin
Dr. Hauser
schusses bejaht, also für die Streichung der Nr. 27 Heix Seidl (München)
in Art. I § 1 — betreffend die Lehrerbesoldung — Dr. Hesberg Dr. Serres
ist, stimmt mit Ja, wer diesen Vorschlag ablehnt, Hesemann Dr. Siemer
Hilbert Dr. Sinn
mit Nein. Ich bitte die Stimmzettel einzusammeln. Höcherl Spies
Meine Damen und Herren, die Klingelanlage ist Dr. Höchst Stauch
Hörnemann (Gescher) Dr. Stecker
ausgefallen. Darum lasse ich vorsorglich noch ein- Hösl Stein
mal über Telefon ausrufen. Ich bitte Sie, sich des- Holkenbrink Dr. Steinmetz
wegen etwas zu gedulden. Hoogen Stiller
Horn Dr. Stoltenberg
Die Klingelanlage ist inzwischen wieder in Ord- Dr. Huys Storch
nung. Sind alle Stimmen abgegeben? — Dann kann Frau Jacobi (Marl) Storm
ich die Abstimmung schließen. Ich bitte, die Aus- Josten Strauß
Dr. Jungmann Struve
zählung vorzunehmen. Dr. Kanka Sühler
Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Katzer Teriete
Kemmer Dr. Toussaint
vorläufige Abstimmungsergebnis bekannt. Es haben Dr. Kempfler Unertl
abgestimmt mit Ja 218 Abgeordnete, mit Nein 174, Frau Klee Varelmann
enthalten haben sich 10. Von den Berliner Abgeord- Klein (Saarbrücken) Verhoeven
neten haben 7 mit Ja gestimmt und 12 mit Nein. Klinker Dr. Vogel
Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses ist also Knobloch Vogt
Dr. Knorr Wagner
angenommen. Krug Dr. Wahl
Frau Dr. Kuchtner Dr. Weber (Koblenz)
Endgültiges Ergebnis: Kühn (Hildesheim) Wehking
Kuntscher Weigl
Ja: 218 und 7 Berliner Abgeordnete
Lang (München) Weinzierl
Nein: 173 und 12 Berliner Abgeordnete Leicht Frau Welter (Aachen)
Enthalten: 10 Lemmrich Wendelborn
Lenze (Attendorn) Wieninger
Ja von Bodelschwingh Leonhard Dr. Wilhelmi
Dr. Böhm (Frankfurt) Lermer Dr. Willeke
CDU/CSU Böhme (Hildesheim) Leukert Windelen
Dr. Adenauer Brand Dr. Luda Winkelheide
Adorno Frau Brauksiepe Maier (Mannheim) Dr. Winter
Dr. Aigner Dr. Brenck Majonica Wittmer-Eigenbrodt
Dr. Althammer Brück Dr. Martin Dr. Wuermeling
Arndgen Bühler Maucher Wullenhaupt
Dr. Arnold Dr. Burgbacher Meis Ziegler
Dr. Artzinger Burgemeister Memmel Dr. Zimmer
Baier (Mosbach) Dr. Conring Mengelkamp Dr. Zimmermann (München)
Baldauf Dr. Czaja Menke
Dr. von Merkatz Berliner Abgeordnete
Balkenhol van Delden
Dr. Barzel Deringer Mick Dr. Dr. h. c. Friedensburg
Bausch Dr. Dichgans Missbach Dr. Gradl
Becker Diebäcker Müller (Aachen-Land) Hübner
Berberich Dr. Dittrich Müller (Remscheid) Lemmer
Dr. Besold Drachsler Dr. Müller-Hermann Frau Dr. Maxsein
Biechele Draeger Müser Müller (Berlin)
Dr. Bieringer Dr. Dr. h.c. Dresbach Nieberg Stingl
Fürst von Bismarck Ehnes Niederalt
Frau Dr. Bleyler Ehren Dr. Dr. Oberländer FDP
Blöcker Eichelbaum Oetzel Dr. Atzenroth
Frau Blohm Dr. Elbrächter Frau Dr. Pannhoff Busse
4316 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Kulawig
Abs. 1 Satz 1 sowie in § 2 Abs. 1 Satz 1 die Worte Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Urban. Der
„innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Bericht wird nicht mündlich ergänzt. Ich danke dem
Gesetzes" durch die Worte „bis zum 31. Dezember Herrn Berichterstatter.
1964" ersetzt werden, im übrigen unverändert nach
der Vorlage anzunehmen, zustimmen zu wollen. Ich rufe auf Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Einlei-
tung und Überschrift. — Wer zustimmt, gebe bitte
ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke dem — Einstimmige Annahme.
Herrn Berichterstatter. — Wortmeldungen liegen
nicht vor. Einzelberatung! Ich rufe' auf: §§ 1 mit der Ich schließe die zweite und eröffne die
soeben vom Herrn Berichterstatter erwähnten Ände-
rung, — 2 ebenfalls mit dieser Änderung, — 3, dritte Beratung.
— 4, — 5, — Einleitung und Überschrift. — Wer
zustimmt, geben bitte Handzeichen. — Gegenprobe! Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zu-
— Enthaltungen? — Der Gesetzentwurf ist in zwei- stimmt, möge sich bitte erheben. — Gegenprobe! —
ter Beratung einstimmig angenommen. Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme
fest.
Ich eröffnet die
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8:
dritte Beratung.
Erste Beratung des von der Bundesregierung
Wer dem Gesetz in dieser Fassung zustimmt, erhebe eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Ge-
sich. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle setzes zur Änderung des Gesetzes vom
einstimmige Annahme fest. 22. Juni 1954 über den Beitritt der Bundes-
republik Deutschland zum Abkommen über
die Vorrechte und Befreiungen der Sonder-
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf: organisationen der Vereinten Nationen vom
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- 21. November 1947 und über die Gewährung
desregierung eingebrachten Entwurfs eines von Vorrechten und Befreiungen an andere
Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des zwischenstaatliche Organisationen (Druck-
Gesetzes über Bergmannsprämien (Druck- sache IV/1482).
sache IV/1188) ;
Das Wort wird nicht gewünscht. Es ist vorgesehen,
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschus- den Entwurf an den Ausschuß für auswärtige Ange-
ses (16. Ausschuß) (Drucksache IV/1570). legenheiten — federführend — und an den Haus-
(Erste Beratung 76. Sitzung) haltsausschuß — mitberatend — zu überweisen. —
-
Dazu liegt der Schriftliche Bericht des Wirtschafts- Keine Einwendung. Es ist so beschlossen.
ausschusses vor, den der Herr Abgeordnete Kulawig
erstattet hat. — Es wird keine Ergänzung gewünscht.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
Ich rufe auf: Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Ein- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
leitung und Überschrift. — Wer zustimmt, gebe bitte dem Protokoll vom 15. September 1962 zur
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Änderung des Abkommens vom 7. Dezember
Einstimmige Annahme. 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt
(3. Änderung des Abkommens über die Inter-
Ich schließe die zweite und eröffne die nationale Zivilluftfahrt) (Drucksache IV/1573).
dritte Beratung. Keine Wortmeldungen. Vorgesehen ist Überweisung
an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmelde-
Wer dem Gesetz zustimmt, erhebe sich bitte. —
wesen. — Keine Erinnerung. Es ist so beschlossen.
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist ein-
stimmig angenommen.
Tagesordnungspunkt 10:
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von der Bundesregierung
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
desregierung eingebrachten Entwurfs eines dem Übereinkommen vom 29. März 1962 zur
Gesetzes zu dem Protokoll vom 9. Dezember Gründung einer Europäischen Organisation
1961 zur Verlängerung der Geltungsdauer der für die Entwicklung und den Bau von Raum-
Erklärung vom 12. November 1959 über den fahrzeugträgern (ELDO) (Drucksache IV/1581).
vorläufigen Beitritt Tunesiens zum Allgemei-
nen Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache Das Wort wird nicht gewünscht. Vorgesehen ist die
IV/1431); Überweisung an den Ausschuß für Atomkernenergie
und Wasserwirtschaft — federführend — und an
Schriftlicher Bericht des Außenhandelsaus den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und
schusses (17. Ausschuß) (Drucksache IV/1558). den Haushaltsausschuß zur Mitberatung. — Keine
(Erste Beratung 84. Sitzung) Erinnerung. Ich stelle fest, daß so beschlossen ist.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4319
Vizepräsident Dr. Dehler
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Hier ist die Überweisung an den Finanzausschuß I
Erste Beratung des von der Bundesregierung vorgesehen. — Das Haus hat so beschlossen.
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
dem Übereinkommen vom 14. Juni 1962 zur Punkt 16 der Tagesordnung:
Gründung einer Europäischen Weltraumfor- Erste Beratung des von der Bundesregierung
schungs-Organisation (ESRO) (Drucksache eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
IV/1582). dem Übereinkommen Nr. 114 der Internatio-
Keine Wortmeldungen. Vorgesehen ist Überwei- nalen Arbeitsorganisation vom 19. Juni 1959
sung an den Ausschuß für Atomkernenergie und über den Heuervertrag der Fischer (Druck-
Wasserwirtschaft — federführend — und an den sache IV/1592).
Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und den Vorgesehen ist die Überweisung an den Ausschuß
Haushaltsausschuß — mitberatend. — Ich stelle fest, für Arbeit. — Es ist so beschlossen.
daß so beschlossen ist.
Tagesordnungspunkt 17:
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von der Bundesregierung
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom
dem Protokoll vom 7. November 1962 zur 21. April 1961 über die internationale
Verlängerung der Geltungsdauer der Erklä- Handelsschiedsgerichtsbarkeit (Drucksache
rung vom 18. November 1960 über den vor- IV/1597).
läufigen Beitritt Argentiniens zum Allgemei- Die Überweisung soll hier an den Rechtsausschuß
nen Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache erfolgen. — Es ist so beschlossen.
IV/1583).
Keine Wortmeldungen. Vorgesehen ist Überweisung Ich rufe Punkt 18 auf:
an den Außenhandelsausschuß. — Es ist so be- Erste Beratung des von der Bundesregierung
schlossen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der
Vereinbarung vom 17. Dezember 1962 über
Tagesordnungspunkt 13: die Anwendung des Europäischen Überein-
Erste Beratung des von der Bundesregierung kommens vom 21. April 1961 über die
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
dem Europäischen Übereinkommen vom (Drucksache IV/1595).
9. Dezember 1960 über die Zollbehandlung Hier ist ebenfalls die Überweisung an den Rechts-
von Paletten, die im internationalen Verkehr ausschuß vorgesehen. — Es ist so beschlossen.
verwendet werden (Drucksache IV/1585).
Keine Wortmeldungen. Vorgesehen ist die Über- Tagesordnungspunkt 19:
weisung an den Finanzausschuß. — Es ist so be- Erste Beratung des von der Bundesregierung
schlossen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
dem Abkommen vom 7. Dezember 1962 zwi-
Wir kommen zu Punkt 14 der Tagesordnung: schen der Bundesrepublik Deutschland und
dem Großherzogtum Luxemburg über den
Erste Beratung des von der Bundesregierung Verzicht auf die Beglaubigung und über den
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu Austausch von Personenstandsurkunden so-
dem Wiener Übereinkommen vom 18. April wie über die Beschaffung von Ehebefähig-
1961 über diplomatische Beziehungen (Druck- keitszeugnissen (Drucksache IV/1596).
sache IV/1586).
Die Vorlage soll an den Ausschuß für Inneres
Hier ist die Überweisung an den Ausschuß für überwiesen werden. — Es ist so beschlossen.
auswärtige Angelegenheiten — federführend —
und an den Rechtsausschuß — mitberatend — vor- Ich rufe den Punkt 20 der Tagesordnung auf:
gesehen. — Ich stelle fest, daß so beschlossen wor-
den ist. Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über
steuerliche Maßnahmen zur Förderung von
Wir kommen zu Punkt 15: privaten Kapitalanlagen in Entwicklungslän-
Erste Beratung des von der Bundesregierung dern (Entwicklungshilfe-Steuergesetz) (Druck-
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu sache IV/1476).
dem Abkommen vom 17. Oktober 1962 zwi-
schen der Bundesrepublik Deutschland und Das Wort zur Begründung des Entwurfs hat der
Irland zur Vermeidung der Doppelbesteue- Herr Bundesminister der Finanzen.
rung und zur Verhinderung der Steuerver-
kürzung bei den Steuern vom Einkommen Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß den
(Drucksache IV/1588). Entwicklungsländern bei ihren Bemühungen um den
4320 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Dr. Atzenroth
100 doch Steuerersparnisse im Jahr in Höhe von 19 Wir wissen alle, daß das Genehmigungsverfahren,
entstehen können. Demgegenüber ist der Steuer- das damals eingeführt worden ist, viel zu kompli-
ausfall, der mit ungefähr 50 Millionen DM veran- ziert und unelastisch gewesen ist. Der Finanzmini-
schlagt ist, leicht zu tragen, wenn die entwicklungs- ster hat soeben gemeint, daß die Genehmigung
politische Wirkung ein Vielfaches dieser Summe Ermessen der Landesregierungen gelegen habe,
ausmacht, und davon sind wir überzeugt. darauf sei es zurückzuführen, daß nur eine solch ge-
Ich darf noch eine kritische Bemerkung anbringen. ringe Inanspruchnahme zu verzeichnen gewesen sei.
Die vorgesehenen Erleichterungen werden — das Wir müssen uns wohl alle sagen, daß das Ergebnis
ist unvermeidlich; Herr Dr. Fritz hat das auch schon unerfreulich gewesen ist und daß die vorgesehene
zum Ausdruck gebracht — in erster Linie von gro- Regelung der Sache nicht gerecht geworden 'isst. Auch
ßen Unternehmungen in Anspruch genommen wer- der Bericht der OECD, der in der Begründung des
den, die schon über Auslandserfahrungen und Aus- Gesetzentwurfs erwähnt wird, macht deutlich, daß
landsverbindungen verfügen. Erwünscht wäre es wir mit dem, was wir bisher getan haben, nur sehr
aber, daß auch kleinere und mittlere Betriebe in schlecht abschneiden im Vergleich mit anderen Län-
die Entwicklungsländer gehen. dern.
Die Vergünstigungen sollten auch nicht auf die Ich möchte allerdings gleich dazusagen, daß es
Anlageinvestitionen und auf den Ertrag 'beschränkt dafür eine Anzahl berechtigter Gründe gibt. Erstens
werden. Hier einen Weg zu finden, wird Aufgabe hat die deutsche Industrie in den letzten Jahrzehn-
der Beratungen im Finanzausschuß sein. Eine Be- ten zweimal nahezu ihr gesamtes Auslandsvermö-
tätigung in den Entwicklungsländern erfordert näm- gen verloren. Der zweite wesentliche Grund ist der,
lich auch einen besonderen Umfang des Umlaufver- daß die Länder, die in dem OECD-Bericht besser ab-
mögens. Dafür sind keine Vergünstigungen vorge- schneiden — Frankreich, England, Italien — noch
sehen. Schließlich sollte auch der Handel von den vor kurzer Zeit Kolonialrechte besessen haben oder
Förderungsmaßnahmen nicht ausgeschlossen wer- noch besitzen; es ist selbstverständlich, daß sie in
den. diesen Ländern stärker investieren. Außerdem ist
es nur natürlich, daß die Privatwirtschaft immer
Wir haben jedenfalls das größte Interesse an nach den wahrscheinlichen Verdienst- und Gewinn-
einer baldigen Verabschiedung dieses Gesetzes und chancen handelt. Das Recht dazu können wir ihr
begrüßen daher die Vorlage. nicht bestreiten. Wir sind uns auch alle darüber
(Beifall bei den Regierungsparteien.) klar, daß diese Gewinn- und Verdienstchancen bei
Investitionen in Entwicklungsländern oft auf lange
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat Zeit geringer sind, vor allen Dingen, wenn man sich
die Frau Abgeordnete Beyer. wirklich an den wirtschaftlichen Interessen des je-
weiligen Entwicklungslandes orientiert. Das Risiko
Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) : Herr Präsident! ist größer. Wir sollten also sagen, daß mit den vor-
Meine Damen und Herren! Es ist nicht meine Ab- gesehenen Maßnahmen ein Ausgleich für das grö-
sicht, hier Grundsätze für eine Entwicklungspolitik ßere Risiko geschaffen werden soll.
darzulegen. Herr Dr. Fritz, Sie rennen mit Ihren Die sozialdemokratische Fraktion erkennt auch a n,
Ausführungen, glaube ich, offene Türen ein. Es was die Bundesregierung sagt, daß beim wirtschaft-
kommt hier und heute nur darauf an, ob das, was lichen Aufbau der Entwicklungsländer die privaten
mit diesem Gesetz gewollt ist, der Aufgabe, die wir Kapitalanlagen eine sinnvolle Ergänzung der öffent-
erfüllen wollen, auch in jeder Hinsicht gerecht wird. lichen Hilfen darstellen. Man kann hierdurch Erfah-
HerD.Fitz,ausdmGrnehbwiauc rungen vermitteln, und man kann Anregungen für
gestern zu dem Hearing eingeladen. Ich meine, daß die Arbeit geben. Es sollte aber — das möchte ich
es unser gutes Recht ist, Vertreter der Wirtschaft ergänzend sagen — auch Aufgabe der Industrien
zu hören. Im übrigen ist das nicht nur gestern, son- und Unternehmen sein, beim Aufbau auch die Ge-
dern schon wiederholt geschehen. Ich glaube, wir staltung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zu
haben durch unsere Haltung immer wieder bewie- berücksichtigen. Denn letzten Endes stehen diese
sen, daß wir berechtigten Wünschen der Wirtschaft Menschen -- soeben hat Herr Dr. Fritz von Rourkela
in jeder Hinsicht Rechnung tragen. gesprochen — plötzlich vor völlig neuen Aufgaben,
vor neuen Umweltbedingungen und damit auch vor
(Lebhafte Zustimmung bei der SPD.)
neuen Gefahren. Dafür müssen unter Umständen zu-
Damit komme ich zu dem Gesetzentwurf selber. sätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Das
Aus den Ausführungen der beiden Redner ist klar- alles müssen wir berücksichtigen, und wir müssen
geworden, daß in allen Fraktionen Einmütigkeit diese Maßnahmen auch unter diesem Gesichtspunkt
darüber besteht, einen stärkeren Anreiz für private beurteilen.
Investitionen zu geben. Wir sind auch alle in der
Wir sind mit der Bundesregierung ebenfalls darin
Auffassung einig, daß die im § 34 d des Steuerände-
einig, daß Kapitalhilfen und technische Hilfen un-
rungsgesetzes 1961 vorgesehenen Maßnahmen un-
vollkommen bleiben, wenn sie nicht durch private
zureichend waren. Ich möchte daran erinnern, daß
Investitionen ergänzt werden.
bereits damals mein Kollege Seuffert gesagt hat, es
sei erforderlich, daß das Finanzministerium ganz Nun möchte ich zu den einzelnen Bestimmungen
eindeutige Regelungen herausgebe, wenn diese kommen. § 1 des Gesetzentwurfs sieht erstens einen
Maßnahmen wirklich von Erfolg gekrönt sein sollen. Bewertungsabschlag von 15 % des als abnutzbares
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4329
Frau Beyer (Frankfurt)
Anlagevermögen investierten Kapitals vor. Das be- Herren, wir haben starke Bedenken dagegen, daß
deutet — ich möchte das einmal klarmachen —, daß Portugal und Spanien einbezogen werden.
nur 85 % aktiviert werden müssen und bewirkt —
(Sehr gut! bei der SPD.)
ich glaube, das macht es erst deutlich —, daß im
Endeffekt 7 1/2 % Steuern geschenkt werden. Ich Hierfür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Ich
möchte das an einem Beispiel erläutern. Wenn man beginne mit Portugal und erinnere an die umstrit-
100 000 DM investiert, werden 7500 DM maximal an tene Politik dieses Landes in den eigenen afrikani-
Steuern geschenkt. Wir glauben, daß eine solche schen Kolonien. Ich möchte zweitens sagen, daß
Maßnahme nicht zu hoch angesetzt ist. Die „Steuer- Portugal und Spanien an sich zu den alten europäi-
rundschau" spricht sogar von einem zu niedrigen schen Kulturstaaten zählen, daß sie aber heute noch
Prozentsatz. Wir glauben aber, daß hier ein Anfang ein autoritäres Staatssystem haben. Wir müssen uns
gemacht ist, und mit dem Ergebnis werden wir uns daher insgesamt sehr ernsthaft die Frage vorlegen,
eines Tages beschäftigen müssen. Ich komme im ob wir die noch bestehenden undemokratischen
letzten Teil meiner Ausführungen auf diesen Punkt Systeme in Westeuropa durch solche Maßnahmen
noch zurück. stützen wollen. Meine Fraktion verneint dies ein-
Zweitens sieht der § 1 eine gewinnmindernde deutig.
Rücklage von 50% vor. Nun muß man diese ge- Zu klären bleibt noch, ob wir eine Einspruchsmög-
winnmindernde Rücklage rechnen abzüglich der lichkeit im Gesetz verankern sollen. Zur Begrün-
15 %, so daß sie — von den verbleibenden 85% dung darf ich folgendes ausführen. Mit diesem Son-
genommen — in Wirklichkeit nur 42,5 °/o beträgt. dergesetz wird das von uns allen nicht mehr ge-
Das wiederum entspricht nur einer Steuerstundung wollte Genehmigungs- und Kontrollverfahren ab-
— wiederum von 50% Steuern — von 21 bis 22 %. gebaut. Damit wird jede Kapitalanlage in einem
Bei meinem Beispiel von 100 000 DM Investitions- Entwicklungsland steuerbegünstigt. Es müssen aber
kapital bedeutet dieser Prozentsatz etwa 21 000 nicht immer förderungswürdige Anlagen sein. Es
bis 22 000 DM Steuerstundung, die nach sechs Jah- kann z. B. sehr unterschiedliche Meinungen in den
ren in den darauffolgenden sechs Jahren mit jähr- einzelnen Entwicklungsländern über diese und jene
lich einem Sechstel wieder abgebaut werden müs- Kapitalinvestitionen geben, und das könnte sich als
sen, so daß im Endeffekt eine Steuerstundung von Politikum auswirken. Es könnte sogar jemand auf
22 000 DM für etwa 9 bis 10 Jahre herauskommt. den Gedanken kommen, eine Rüstungsindustrie in ir-
Auch das kann man nicht als zu hoch ansehen. gendeinem Land aufzubauen, und das könnte dann
zu großen Schwierigkeiten, ja zu nationalen Kom-
In § 1 Abs. 2 wird näher ausgeführt, was begün- plikationen führen.
stigt wird. Dort wird auch von gewerblichen Lei-
stungen gesprochen. Wir werden im Ausschuß zu Wir sind also der Auffassung, daß wir an Hand
klären haben, was darunter zu verstehen ist. Be- dieser Beispiele in der Ausschußberatung über-
kannt ist uns allen, daß, um in den Entwicklungs- prüfen sollten, ob man in das Gesetz nicht eine
ländern Produktionsstätten zu schaffen, oftmals sehr Einspruchsmöglichkeit einbauen sollte, mit der man
große Lagerhaltung vorher erforderlich ist. Es gibt etwa das Auswärtige Amt betrauen könnte. Eine
auch Betriebe, die ohne große Lagerhaltung nicht solche Einspruchsmöglichkeit ist meiner Meinung
auskommen; ich denke z. B. an die pharmazeutische nach ein sicheres Ventil und wirkt bestimmt er-
Industrie. Wir wissen, daß etwa Abfüllmaschinen zieherisch auf alle diejenigen, die die Absicht haben,
eine sehr hohe Leistung pro Maschine haben und in den Entwicklungsländern zu investieren.
daß deswegen natürlich ausreichend Ware vorhan- Ich möchte nun noch auf das zurückkommen, was
den sein muß. Man kann auch an Ersatzteillager ich am Anfang bereits angeschnitten habe. Man
denken. Es wäre im Ausschuß zu klären, ob nicht sollte einen jährlichen Bericht erbitten. Wir betre-
unter bestimmten Voraussetzungen auch Rohmate- ten hier Neuland. Wir wissen, daß die in § 34 d des
rialien mit einbezogen werden können. Die ganze Einkommensteuergesetzes vorgesehene Maßnahme
zukünftige Investition gründet sich unter Umstän- unvollkommen war. Wir wissen nicht, ob das, was
den auf eine entsprechende Anerkennung. Wir müs- nun geschaffen werden soll, wirklich dem entspricht,
sen natürlich prüfen, inwieweit das Ganze genau was wir eigentlich wollen, und ob es die von uns
abzugrenzen ist. gewünschte Wirkung haben wird. Denn im End-
§ 2 bringt Sondervorschriften für Kapitalanlagen effekt hat die Bundesregierung sicher recht, wenn
durch Sacheinlagen, z. B. Maschinen. Nun sind diese sie in ihrer Vorlage sagt, daß mit der Zunahme der
Maschinen sehr oft schon in der hiesigen Bilanz privaten Kapitalinvestitionen unter Umständen we-
auf den niedrigsten Wert oder gar auf Null abge- nigstens in gewisser Hinsicht eine Entlastung der
schrieben. Mit den Bestimmungen, die jetzt in § 2 öffentlichen Haushalte verbunden sein kann, —
festgelegt worden sind, soll verhindert werden, daß immer auf Jahre hinaus gesehen. Infolgedessen soll-
solche Anlagen bei Verbringung in ein Entwick- ten wir möglichst jährlich einen Bericht bekommen,
lungsland reaktiviert werden müssen und infolge- an dem wir uns orientieren können und an Hand
dessen unter Umständen eine Auflösung von stillen dessen wir gegebenenfalls auch neue Vorschläge
Reserven und damit eine neue Besteuerung erfolgt. machen können.
Diese Maßnahme war ebenfalls notwendig. Wir hal- Wir hoffen, daß dieses Gesetz den Entwicklungs-
ten sie für richtig und zweckmäßig.
ländern wirklich dienen wird. Wir sollten aber --
In § 4 werden die Länder aufgezählt, die als Ent- das möchte ich auch im Hinblick auf die Ausfüh-
wicklungsländer gelten sollen. Meine Damen und rungen des Herrn Ministers noch einmal sagen —
4330 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Überall dort, wo dem öffentlichen Dienst betrieb- Die Kommission sollte möglichst umgehend ihre
liche Aufgaben zugewiesen sind, die er nur erledigen Arbeit aufnehmen. Ihr Hauptaugenmerk sollte sich
kann, wenn er den in diesen Arbeitsbereichen Be- zunächst darauf richten, bereits vorhandenes Mate-
schäftigten abnormale Arbeitsbedingungen auferlegt rial in geeigneter Form zusammenzustellen und dem
— z. B. Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, Parlament und der Regierung zur Verfügung zu
Überzeitarbeit, Mehrbelastungen, Schichtdienst —, stellen. Andere Punkte werden sicherlich mehr
müssen adäquate Entlohnungsformen gefunden wer- Arbeit verursachen, eigene Erhebungen bedingen
den. Dabei sollte auch dem Leistungsgedanken mehr und die Zuziehung weiterer Sachverständiger not-
als bislang Rechnung getragen werden. wendig machen.
(Zustimmung bei der SPD.) Niemand denkt jedoch daran, inzwischen die
Arbeit auf diesem Gebiet hier ruhen zu lassen; die
Erkenntnisse beim Erstellen von Stellen und - vorliegenden und in absehbarer Zeit zu erwarten-
Organisationsplänen, beim Bewerten und Bemessen den Regierungsentwürfe auf diesem Gebiet müssen
von Dienstgeschäften sollten dort, wo eine allge- selbstverständlich auch zukünftig ohne Verzug be-
meingültige Aussage möglich ist, zu Grundsätzen handelt werden. Auch ist nicht beabsichtigt, mit die-
verdichtet und damit eine praktikable Form geschaf- ser Kommission eine neue Institution zu installie-
fen werden, um die verschiedene Entwicklung auf ren. Vielmehr handelt es sich um einen zeitlich zu
diesem Gebiet in Bund, Ländern und Gemeinden befristenden einmaligen Auftrag.
aufhalten zu können.
Wir halten es aber für ,sinnvoll und notwendig,
Nicht zuletzt sollte der Versuch gemacht werden, vorsorglich und rechtzeitig die bestmöglichen Ar-
die Diskussion über die Anpassung der Beamten- beitsunterlagen für die zukünftige gesetzgeberische
bezüge an die allgemeine Einkommensentwicklung Arbeit auf diesem Gebiet bereitzustellen, um dem
zu versachlichen. Dazu gehören die Aufbereitung Auftrag zu einer Weiterentwicklung eines leistungs-
von statistischem Material, die objektive Feststel- fähigen Berufsbeamtentums unter Berücksichtigung
lung von Vergleichs- und Stichmännern sowie die der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamten-
Überprüfung einer amtsgerechten Eingruppierung tums und der durch das Grundgesetz gewährleiste-
insbesondere leitender Herren sowohl in bezug auf ten sozialstaatlichen Ordnung gerecht werden zu
die private Wirtschaft als auch innerhalb des ge können.
4332 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Gscheidle
Ich darf Sie, meine Herren von .den Regierungs- an die Kühlthau-Novelle, an die Gesetze zur Besol-
parteien, darauf hinweisen, daß unser schon vor dungserhöhung, die Harmonisierungsnovelle, die
zwei Jahren eingebrachter Antrag betreffend eine wir heute praktisch verabschiedet haben, die stän-
Sozialenquete nunmehr in der Regierungserklärung dige Verbesserung des Rechts der 131er-Gruppen,
fröhliche Urständ feiert. Das i st für Sie vielleicht ein der Wiedergutmachungsbestimmungen, die laufen-
Anlaß, sich zu überlegen, ob Sie diesmal nicht gleich den Verbesserungen im Ortsklassenverzeichnis, Ju-
zu Beginn aus vollem Herzen ja sagen sollten. biläumszuwendungen, Einführung von Schul- und
(Beifall bei der SPD.) Mietbeihilfen, Verdoppelung der Höchstsätze für
laufende Unterstützungen. Weiter sind in Vorberei-
Wir bitten, der Überweisung unseres Antrages an
tung die strukturelle Überleitung, die Änderung des
den Ausschuß für Inneres 'zuzustimmen.
Disziplinarrechts, das Weihnachtsgeldgesetz, das
(Beifall bei der SPD.) Schlußgesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes, ein
neues Reise- und Umzugskostengesetz und mög-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat licherweise auch eine Neuregelung des Ortsklassen
der Herr Innenminister. rechtes.
Ein Teil von dem, was sich der Antrag zum Ziel
Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Prä- gesetzt hat, ist bereits Gegenstand eingehender
sident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Prüfung, und zwar auch von sachverständiger Seite,
Herr Kollege Gscheidle hat sehr weit in die Nach- ohne daß eine neue Institution und ohne daß ein
kriegsgeschichte der Besoldungsentwicklung in der neues Gremium zu den vielen, die wir bereits in
Bundesrepublik zurückgegriffen. Er hat anerken- fast unübersichtlicher Weise haben, geschaffen wer-
nende Worte gefunden für Herrn Dr. Kleindinst, für den müßte. Sie haben bereits einmal den Auftrag
die Rechtsentwicklung, für di e sozialstaatliche Ent- erteilt durch einen Beschluß des Bundestages über
wicklung und sogar — was ich ihm ganz hoch an- die Dienstpostenbewertung. Der Auftrag des Bun-
rechne — für die Arbeit der Ministerien auf diesem destages lautete, eine einheitliche Dienstpostenbe-
Sektor. Ich möchte einiges Ergänzendes zu dem sa- wertung in verschiedenen Ebenen herbeizuführen.
gen, was Herr Kollege Gscheidle vorgetragen hat.
(Zuruf von der SPD: Es passiert aber
Niemand wird sich dein Umstand verschließen nichts!)
können, 'daß er in seinen Ausführungen und vor — Es wird sehr intensiv daran gearbeitet. Sie sehen
allem unter den vier Punkten, die er vorgetragen
an der Zeit, die von der Beschlußfassung bis zu den
hat, Aufgaben genannt hat, die von ständiger und Vorschlägen notwendig ist, um welch schwierige
bleibender Bedeutung sind. Die Aufgaben auf die- Aufgaben es sich handelt. Ich glaube, daß die
sem Sachgebiet sind uns allen gemeinsam gestellt.
Schwierigkeit der Aufgabe an der dafür nötigen
Aber ich habe den Eindruck, daß es eine neue Sekte
- Zeit gemessen werden kann. Das werden Sie mir
gibt, und zwar die Sekte der Kommissionsgläubigen;
bestätigen. Weiter ist ein Auftrag erteilt worden,
das ist eine ganz moderne Erscheinung. Sie wissen
die Frage der Stellenpläne zu untersuchen. Auch
ja, wie das mit den Kommissionen ist: Die meisten
daran wird gearbeitet.
Kommissionen haben die Aufgabe, ein Begräbnis
erster Klasse vorzubereiten. Das ist die eine Seite. Was den berühmten Rechtsvergleich mit dem Aus-
land betrifft, meine Damen und Herren, so darf ich
Es gibt ferner Kommissionen, die zu Ergebnissen darauf hinweisen, daß der Ausschuß für öffentliche
kommen, auch zu ganz guten Ergebnissen. Aber was Verwaltung der Westeuropäischen Union, in dem
müssen wir feststellen? Diese Ergebnisse bekommen die Bundesrepublik durch das Bundesinnenministe-
ein Eigenleben. Sie sind ,gesalbt mit , dem Expertenöl, rium vertreten ist, laufend an der Rechtsverglei-
dem kostspieligsten und teuersten, das es gibt. Die chung arbeitet. Untersuchungen über das Dienst-
Interessenten der verschiedensten Art stürzen sich recht der internationalen Organisationen durch den
auf die Ergebnisse und operieren mit ihnen. Europarat finden laufend statt. Es gibt darüber Pu-
Aber, meine Damen und Herren, auch der Kollege blikationen. Der Deutsche Beamtenbund hat in Zu-
Gscheidle hat es bestätigt: Unsere Aufgabe, unsere sammenarbeit mit dem Institut für Völkerrecht und
Verantwortung kann uns niemand abnehmen. Wir, ausländisches Recht der Universität Hamburg rechts-
Regierung und Parlament, haben aus ,der Verfassung vergleichende Untersuchungen auf dem Gebiete des
den Generalauftrag und die Generalvollmacht, uns europäischen Dienstrechtes angestellt und laufend
diesen Aufgaben zu widmen und sie zu erledigen. darüber publiziert.
Der Herr Kollege Gscheidle hat zwar in seinen Über die Versachlichung der Besoldungspolitik
Eingangsworten etwas Angenehmes, durchaus Be- könnte meines Erachtens eine Kommission, die durch
achtenswertes und Positives festgestellt, doch wurde Gesetz eingesetzt worden ist und die die wirtschaft-
ein Teil davon in seinen weiteren Ausführungen liche Entwicklung beobachten soll, gleichzeitig gut-
wieder zurückgenommen. Darum darf ich ganz kurz achtlich tätig werden, ohne daß es notwendig wäre,
aufzählen, was sich die Ministerien und auch das eine weitere Institution zu schaffen.
Parlament in seinen Beratungen in diesen vielen Im übrigen darf ich ein warnendes Wort zu der
Jahren zu diesem Thema, also einer fortschritt- Frage „ausländisches Recht im öffentlichen Dienst
lichen und modernen Weiterentwicklung des Besol- und deutsches Recht" sagen. Wir haben kürzlich bei
dungsrechtes oder des Rechts des öffentlichen Dien- einer anderen Gelegenheit im Rahmen der dienst-
stes insgesamt, haben einfallen lassen. Ich erinnere rechtlichen Beurteilung einer Frage durch eine ge-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4333
Bundesminister Höcherl
me i nsame europäische Einrichtung feststellen kön- schaft dann am besten pflegt, wenn man die gegen-
nen, daß das deutsche Dienstrecht vor allem für die seitigen Rechtssphären ganz genau abgrenzt. Es
Beteiligten außerordentliche Vorzüge in der recht- war bisher nicht üblich, eine solche Beteiligung
lichen Sicherstellung, in der Verankerung von Mög- des Bundesrates vorzusehen, und ich glaube, wir
lichkeiten aufweist, die andere Rechtskreise nicht sollten nicht einen präjudiziellen Akt für eine solche
kennen. Man orientiert sich im europäischen Dienst- Verwischung der gegenseitigen Zuständigkeiten
recht oft nach den Spitzenbezügen oder nach höhe- schaffen. Ich bin vielmehr für eine saubere Tren-
ren Bezügen, vergißt aber, daß die Rechtsstellung nung und möglichst auch eine saubere Freundschaft
sehr ungesichert ist und bei weitem nicht an das in dieser Frage.
Niveau heranreicht, das wir als Selbstverständlich- Was die Mitglieder und die Berufungsformalitäten
keit kennen und das laufend verbessert wird. betrifft, so bin ich der Meinung, daß die richtige
Der Antrag wäre auch viel überzeugender, Herr Stelle die Bundesregierung ist, wobei es durchaus
Gscheidle, wenn Sie vor wenigen Monaten, als wir möglich ist, sich mit Ihnen zu verständigen und
über einen wesentlichen Bestandteil der Vereinheit- die Zusammensetzung so vorzunehmen, daß auch
lichung des Dienstrechts oder des Besoldungsrechts Sie Ihre Zustimmung geben können. Aber schon aus
zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu entschei- Gründen der allgemeinen Zuständigkeit glaube ich,
den hatten, sich nicht einer Ä nderung der Verfas- daß die Bundesregierung die richtige Stelle wäre.
sung versagt hätten. Im übrigen bin ich der Meinung, daß die Vorschläge
(Abg. Gscheidle: Das war das falsche
nicht dem Bundestag unterbreitet werden sollten.
Mittel!) Wir haben ein Beispiel in der Wahlkreiskommis-
sion, die ebenfalls einen Bericht erstattet hat — und
— Nein, das war nicht das falsche Mittel, sondern zwar an die Bundesregierung —, den ich Ihnen vor-
Sie haben sich damals versagt, obwohl die Länder, zulegen die Ehre hatte. Auch hier müßte dieser Weg
die von Ihrer Partei geführt werden, durchaus auf gewählt werden. Die Initiative liegt bei uns und
dem Standpunkt der Bundesregierung stehen. Sie muß auch bei uns liegen, zumal bei so wichtigen
haben Einwendungen gebracht, die nicht durch- und so entscheidenden Dingen.
schlagen.
So darf ich Sie bitten, in den Beratungen im
(Abg. Gscheidle: Das ist überhaupt kein Innenausschuß und in den beteiligten Ausschüssen
Argument!) wenigstens einen Teil der Überlegungen, die ich
Sie können gar nicht bestreiten, daß der Bundesrat hier vorzutragen die Ehre hatte, bei Ihrer Entschei-
unsere Stellung bestätigt hat und daß Sie ursprüng- dung mit zu berücksichtigen.
lich sogar bereit waren, dasselbe zu tun, daß Sie sich (Beifall bei der CDU/CSU.)
aber — aus welchen taktischen Überlegungen auch
immer — am Schluß doch nicht entschließen konnten, Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
diesem Vorschlag zuzustimmen. Wir werden - Ihnen
der Abgeordnete Dr. Bieringer.
einen neuen Vorschlag machen. Vielleicht findet er
Ihre Zustimmung.
Dr. Bieringer (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
(Abg. Gscheidle: Sie müssen einen besse Damen und Herren! Unser Grundgesetz stellt in
ren machen!) Art. 20 Abs. 1 fest, daß die Bundesrepublik Deutsch-
— Wir werden uns bemühen. Ob wir Ihre völlige land ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat
Zufriedenheit erreichen können, weiß ich natürlich ist. Diese Feststellung beinhaltet für uns alle zu-
nicht. gleich eine Forderung, die Forderung nämlich, daß
(Abg. Matzner: Aus der Sache heraus!) alles das, was in diesem Hohen Hause beschlossen
— Aus der Sache heraus. Aber es ist furchtbar
wird oder früher einmal beschlossen worden ist,
schwer, Ihre Zustimmung zu erreichen, vor allem von uns immer wieder auf seinen sozialen und auf
mit zunehmender Nähe des Wahltermins wird es
seinen rechtsstaatlichen Gehalt neu durchdacht wer-
den muß.
immer wieder schwieriger, und das scheint mir nicht
die Begründung aus der Sache heraus zu sein, son- Das gilt selbstverständlich auch für das Recht der
dern es scheinen andere Gründe zu bestehen. Beamten. Auch hier ist es nicht nur möglich, son-
Nun, meine Damen und Herren, noch ein ernstes dern sogar geboten, modernen Entwicklungen, so-
Wort zu Ihrem Antrag. Ich werde mich nicht gegen fern sie tatsächlich einen Fortschritt bedeuten, Raum
die Vereinbarung stellen, daß der Antrag an den zu gewähren. Es wird deshalb zu prüfen sein, ob
Ausschuß überwiesen werden soll. Aber ich muß eine Studienkommission der Art, wie sie der vor-
Sie doch auf einige verfassungsrechtliche Bedenken liegende Antrag fordert, ein geeignetes Mittel sein
kann, der sinnvollen Fortentwicklung des Beamten-
hinweisen, die sich aus der bisherigen Formulierung
rechts zu dienen.
ergeben. Diese schlägt vor, daß die Studienkommis-
sion im Einvernehmen mit dem Bundesrat gebildet Gestatten Sie mir dazu in aller Kürze gleich einige
werden soll. Meine Damen und Herren, das wäre kritische Bemerkungen. Jeder Fortschritt des Beam-
ein Novum. Ich bin bestimmt aus vielen Gründen tenrechts, dessen Möglichkeit ich ja betont habe, ist
für ein sehr enges, gutes und freundschaftliches Ver- bei uns von vornherein inhaltlich dadurch bestimmt,
hältnis zwischen dem Bund und den Ländern; ich daß das Grundgesetz in Art. 33 Abs. 5 die herge-
brauche das nicht zu betonen und nicht besonders brachten Grundsätze des Berufsbeamtentums garan-
zu begründen. Aber ich glaube, daß man Freund tiert. Wir bekennen uns voll und ganz zu dieser
4334 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Dr. Bieringer
Vorschrift, weil wir uns zum besonderen Status der Schließlich wurde bei der Begründung des vor-
Beamten bekennen und stets bekannt haben. Der liegenden Antrags noch darauf hingewiesen, daß
Charakter des öffentlichen Dienst- und Treueverhält- die vorgesehene Kommission auch dazu dienen
nisses zwischen Staat und Beamten bringt es aber könne, die Besoldungsgespräche zu versachlichen.
ganz zwangsläufig mit sich, daß die Möglichkeiten, Die Besoldung der Beamten wird durch Gesetz ge-
Beamte einerseits und Bedienstete in Wirtschaft und regelt. Deshalb wurde auch von Ihnen, Herr Kollege
Industrie andererseits miteinander zu vergleichen, Gscheidle, mit Recht betont, daß niemand, keine
beschränkt sind. In dem uns vorliegenden Antrag Kommission, kein Gremium, diesem Hause die Ver-
wird von einer Anpassung des Beamtenrechts an antwortung für eine gerechte und geordnete Besol-
die veränderten europäischen Verhältnisse in Indu- dungspolitik abnehmen kann. Ich bin allerdings
strie und Gesellschaft gesprochen. Die Erfahrungen auch der Meinung, daß das nicht auszuschließen
aus der Wirtschaft des In- und Auslandes scheinen braucht, daß uns aufbereitetes statistisches Material
mir aber aus den genannten Gründen hier nur sehr für diese Arbeit zur Verfügung gestellt wird. Ich
bedingt verwertbar zu sein. Das mag weniger für bezweifle allerdings, daß die hier beantragte Stu-
Fragen der inneren Organisation gelten, etwa die dienkommission für diese Aufgabe geeignet sein
Frage einer rationellen Gestaltung des Arbeits- wird. Wir werden uns darüber unterhalten müssen
ablaufs und ähnliches. Wohl aber gilt das für das — auch darauf hat der Herr Innenminister schon
Recht der Beamten, das hier für uns allein zur De- hingewiesen —, ob wir uns dafür nicht besser der
batte steht. Selbst für eine Anpassung unseres Ergebnisse bedienen sollten, die der Sachverstän-
Beamtenrechts an das Recht der Beamten in anderen digenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaft-
europäischen Ländern sind uns die Schranken ge- lichen Entwicklung, wenn er installiert ist, hoffent-
setzt, die sich aus Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes lich bald zutage fördert.
verfassungskräftig für uns alle ergeben. Es bestehen bei uns aus den angeführten Gründen
Zur Frage der einheitlichen Stellenbewertung, die Bedenken, ob die beantragte Kommission eine wirk-
vorhin bei der Begründung der Vorlage angeführt same Arbeit leisten könnte. Wir verschließen uns
worden ist, darf ich auf die Entschließung verweisen, aber der Ausschußberatung des Antrages nicht und
die hier gefaßt worden ist, als wir vor der Sommer- sind deshalb mit einer Überweisung an den Aus-
pause die sogenannte Harmonisierungsnovelle ver- schuß für Inneres einverstanden.
abschiedeten. Damals haben wir die Bundesregie- (Beifall bei den Regierungsparteien.)
rung ersucht, einheitliche Richtlinien zur Bewertung
der Dienstposten innerhalb des Bundesdienstes zu Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
erarbeiten und Verhandlungen mit den Ländern zu der Herr Abgeordnete Dr. Miessner.
führen, um auch in den Ländern und in den Kom-
munalverwaltungen die vielfach voneinander abwei-
chenden Bewertungen der Dienstposten zu verein-
Dr. Miessner (FDP) : Herr Präsident! Meine Da-
men und Herren! Auch die FDP war stets der Auf-
heitlichen. Wir haben soeben mit Befriedigung vom
fassung, daß die Diskussion über Fragen des
Herrn Innenminister gehört, daß diese Arbeit bereits
in Angriff genommen worden ist. Beamtenrechts versachlicht werden sollte. Denn es
war für alle Beteiligten, vor allem aber für die
Der Bund hat aber — darauf muß in diesem Zu- Beamten selbst, in den vergangenen Jahren immer
sammenhang hingewiesen werden —, soweit es die eine wenig erfreuliche Situation, wenn öffentlich
Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der über ihr Gehalt gestritten wurde. In den Augen der
Länder, der Gemeinden und der anderen Körper- übrigen Bevölkerung mußte bei dem öffentlichen
schaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen Tauziehen zwangsläufig der Eindruck entstehen, als
angeht, nach Art. 75 des Grundgesetzes nur das ob die Gehälter im öffentlichen Dienst zu wieder-
Recht, Rahmenvorschriften zu erlassen. Das Bundes- holten Malen aufgebessert würden, während es sich
verfassungsgericht hat sich in einem Urteil vom in Wahrheit immer noch um ein und denselben
1. Dezember 1954 zu dieser Rahmengesetzgebungs- Vorgang handelte.
kompetenz des Bundes geäußert. In der Begründung Für den Sektor des Besoldungsrechts hatte daher
dieses Urteils heißt es, daß dem Landesgesetzgeber die FDP bereits früher einen Antrag auf Einsetzung
das Recht zusteht, die Bewertung der Dienstaufgaben eines Besoldungsbeirates eingebracht. Es kam der
und die darauf beruhende Einordnung der verschie- FDP dabei nicht sosehr auf die Bezeichnung dieser
denen Beamtenkategorien in Besoldungsgruppen Institution als vielmehr darauf an, dem Parlament
nach seinen Bewertungsmaßstäben vorzunehmen. die Möglichkeit zu geben, sich auf objektive Grund-
Dabei könnten — so fährt das Bundesverfassungs- lagen zu beziehen. Man könnte übrigens insofern
gericht fort — diese Bewertungsmaßstäbe durchaus auch daran denken — wie Sie, Herr Bundesinnen-
von den Maßstäben anderer Landesgesetzgeber oder minister, hervorgehoben haben —, diese Grund-
von den Maßstäben des Bundesgesetzgebers abwei- lagenuntersuchung für die Besoldung dem schon
chen. Sie sehen, welche Schwierigkeiten sich aus vorhandenen Sachverständigenrat zuzuweisen. Denn
dieser Verfassungslage auch für die Zielsetzung auch der Sachverständigenrat soll ja nicht selbst
Ihres Antrages ergeben. entscheiden, sondern — ich zitiere die gesetzliche
Über das Schicksal jenes Entwurfs, durch den die Bestimmung für den Sachverständigenrat — „soll
Zuständigkeiten des Bundes bei dieser Rahmen- zur Erleichterung der Urteilsbildung bei allen wirt-
kompetenz etwas erweitert werden sollten, hat der schaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie in
Herr Innenminister vorhin schon gesprochen. der Öffentlichkeit beitragen".
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4335
Dr. Miessner
Der SPD-Antrag geht nun über die reinen Besol- fragen sind wir für die Hilfe der Wissenschaft dank
dungsfragen hinaus, indem er diese Studienkommis- bar.
sion noch für eine Reihe anderer Fragen einsetzen Ich bin traurig darüber, daß Sie hier sehr abwer-
will. Auch dies sollte im Ausschuß gründlich ge- tend über die Mitarbeit der Wissenschaft in Kom-
prüft werden. Sicher werden dann aber auch man- missionen gesprochen haben. Die eigenen Initiati-
cherlei Bedenken zutage treten, die bei einer Begren- ven, von denen Sie gesprochen haben, in allen Eh-
zung auf die Besoldungsfrage vermieden worden ren! Aber wir sind uns darüber klar: die Gesamt-
wären. — Dies zunächst als kleine kritische Anmer- schau, die wir anstreben, und die Verbesserung
kung zu dem SPD-Antrag. könnten durch eine solche Kommission wesentlich
Immerhin erhofft die FDP von einer Behandlung gefördert werden; darüber ,gibt es keinen Zweifel.
der Vorlage im Ausschuß jedenfalls, daß eine frucht- Wir sind bereit, in dieser Frage mit uns reden
bare Diskussion über den ganzen Fragenkomplex zu lassen, wenn wir nur zu dem Ziele kommen.
zustande kommt, wobei sicherlich auch ihr eigener Wenn es an der Frage der Einschaltung des Bundes-
früherer Vorschlag hinsichtlich eines Besoldungs- rates scheitern sollte, würden wir im Ausschuß mit
beirates wieder in die Diskussion einbezogen wer- uns darüber reden lassen. Uns kommt es nicht
den wird. darauf an, wer die Kommission einsetzt, sondern
Die FDP stimmt daher der Überweisung an den uns kommt es darauf an, daß sie eingesetzt wird,
Innenausschuß zu. daß sie arbeitet und zu Ergebnissen kommt. Wenn
(Beifall bei den Regierungsparteien.) sie alle dazu beitrügen, wäre dem öffentlichen Dienst
in unserem Lande und damit uns allen gedient.
(Beifall bei der SPD.)
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
der Herr Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Damen
und Herren, die Aussprache ist geschlossen. Vorge-
Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Herr Präsident! sehen ist Überweisung an den Ausschuß für Inneres.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch aus — Das Haus ist damit einverstanden, es erhebt sich
anderen Gesprächen des Herrn Innenministers weiß
kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
ich, daß bei ihm in den letzten Wochen eine Art
Wahlterminpsychose ausgebrochen ist. Herr Mini-
ster, auch bei auf unserer Seite optimistischen Er- Punkt 22 der Tagesordnung:
wartungen für die nächste Bundestagswahl, — Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
Ihren Wahlkreis Regensburg werden Sie doch wohl betr. Krankenpflege (Drucksache IV/1405).
1965 noch behaupten.
Wird das Wort zur Begründung des Antrages ge-
(Zurufe von der CDU/CSU.) - wünscht? — Frau Abgeordnete Dr. Hubert.
Ich wollte hier nur sagen, meine Damen und Her-
ren: ich freue mich, daß Sie eigentlich gar nicht so
sehr gegen unseren Antrag sind, sondern sich hier Frau Dr. Hubert (SPD) : Herr Präsident! Meine
— vor allem der Herr Bundesinnenminister und die Damen und Herren! Als im Mai 1957 in diesem
CDU/CSU — eigentlich nur redlich abgequält haben, Hohen Hause das Gesetz über die Krankenpflege
so eine Art berufsmäßige Kritik zu bringen an dem, angenommen wurde, versagte die sozialdemokrati-
was wir vorgeschlagen haben. sche Fraktion diesem Gesetz ihre Zustimmung, und
zwar erstens deshalb, weil wir dieses Gesetz für
Überrascht bin ich allerdings über das, was der
völlig unzureichend hielten, um in der Bundesrepu-
Herr Innenminister über den Beitrag der Wissen-
blik den Krankenschwestern eine einheitliche und
schaft und von der Stellungnahme wissenschaftlicher
den heutigen Erfordernissen der medizinischen
Kommissionen zu Sachproblemen hier gesagt hat.
Wissenschaft entsprechende Ausbildung zu gewähr-
Das steht in absolutem Gegensatz zu der Regie-
leisten, zweitens, weil wir einen bloßen Schutz der
rungserklärung, die der Herr Bundeskanzler vor
über 14 Tagen hier abgegeben hat. Wir stehen zu Berufsbezeichnung für keiner gesetzlichen Regelung
dem und möchten das nicht nur als eine schöne bedürftig hielten — denn dadurch wurde ja keines-
Rede anläßlich der Regierungserklärung ansehen, wegs verhindert, daß in zunehmendem Maße unaus-
sondern wollen uns auch in der Praxis daran halten, gebildete Kräfte in der Krankenpflege tätig wurden;
die Wissenschaft zu Sachproblemen heranzuziehen. und eine gute Ausbildung konnte sich auch schon
vor dem Gesetz jeder auf eigene Verantwortung
Sie haben hier in bezug auf unseren Antrag mit hin verschaffen —, und drittens, weil dieses Gesetz
kleiner Münze gezahlt. Ich kann Ihnen eine Reihe keinerlei Ansätze bot, um dem schon damals be-
von solchen Kommissionen nennen, deren Einset- stehenden Mangel an Krankenschwestern, an Kran-
zung die Regierung selbst beschlossen oder bei kenpflege überhaupt — auch an Krankenpflegern —
deren Einsetzung sie mitgewirkt hat. Denken Sie an irgendwie entgegenzuwirken.
den Vorschlag der Sozialenquete! Mein Kollege
Gscheidle hat davon gesprochen. Denken Sie an .die Die Entwicklung hat unsere Befürchtungen leider
Enquete über die Stellung der Frau im Beruf und bestätigt. Unsere damaligen Vorstellungen werden
im Leben, worüber wir vor wenigen Wochen hier inzwischen von vielen Seiten geteilt, nicht nur von
noch gesprochen haben! Denken ,Sie nur an den Jah- der Deutschen Krankenhausgesellschaft, sondern
reswirtschaftsbericht! Kurzum, in zahlreichen Sach auch von den verschiedensten Schwesternverbänden.
4336 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
(Beifall bei der SPD.) Zu einem Punkt möchte ich noch Stellung nehmen,
nämlich zu Ziffer 7 des Antrags, zu der Frage, über
die auch Frau Hubert ausführlich gesprochen hat:
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat ob nicht nur die Berufsbezeichnung, sondern auch
die Frau Bundesgesundheitsministerin. die Berufsausübung in der Krankenpflege geschützt
werden soll. Das ist allerdings ein Punkt, in dem
Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge- ich anderer Meinung bin. Die nach langen Debatten
sundheitswesen: Herr Präsident! Meine Damen und sowohl in den Ausschüssen wie im Plenum erarbei-
Herren! Der Antrag, den die SPD-Fraktion uns tete Stellungnahme des Parlaments bei Erlaß des
heute hier vorlegt, zerfällt für mich gewissermaßen Krankenpflegegesetzes 1957 vertrete ich auch heute
in zwei Teile. Mit einem Teil — z. B. in den Ziffern noch. Es sprechen eine Reihe von Gründen dafür.
1, 2 und 5 — rennt er offene Türen ein, dem ande- Zunächst einmal ist eine Zeit des schwersten Man-
ren Teil muß ich widersprechen. gels an Krankenschwestern, an Krankenpflegeper-
Ein Referentenentwurf für eine Änderung des sonal, keine geeignete Zeit, die Berufsausübung zu
Krankenpflegegesetzes ist schon vor Wochen den regeln, d. h. denjenigen, die nicht eine bestimmte
beteiligten Fachkreisen zur Stellungnahme zuge- Vorbildung nachweisen können, die Tätigkeit und
schickt worden. Er ist auch inzwischen den Ländern die Mithilfe im Krankenhaus zu verbieten.
und den beteiligten Bundesressorts zugegangen. In Übrigens ist der Schwesternmangel, worauf immer
der Beratung des Krankenpflegegesetzes im Jahre wieder hingewiesen worden ist, keine Nachkriegs-
1957 waren die Auffassungen darüber, wie die Aus- erscheinung, auch keine besondere deutsche Erschei-
bildung der Krankenschwestern und der Kranken- nung, sondern leider eine ziemlich weltweite Er-
pfleger zu gestalten sei, sehr verschieden. Diese scheinung, und es darf auch nicht vergessen werden,
Auffassungen haben sich in den letzten sechs Jah- daß in vielen anderen Berufen ebenfalls Mangel
ren, seit das Gesetz in Kraft ist, abgeklärt. Die besteht. Wir glauben aber nicht, daß wir dem Kran-
Deutsche Krankenhausgesellschaft, in der die mei- kenhaus in seiner Notlage helfen, sondern wir glau-
sten Schwesternverbände vertreten sind, hat nach ben, daß wir ihm die Arbeit erschweren würden,
langen Vorarbeiten Vorschläge vorgelegt, die, wie wenn wir nunmehr Bestimmungen treffen wollten,
mir scheint, eine gute Grundlage für eine Änderung die bestimmte 'Tätigkeiten der geprüften Kranken-
der Ausbildung sind. Das hat es uns erleichtert, eine schwester vorbehalten und es verbieten, daß in der
solche Neuregelung auch gesetzlich vorzubereiten. Station eingearbeitete Kräfte zu Hilfstätigkeiten, die
auch Pflege sind, herangezogen werden, — Kräfte,
Darüber hinaus ist der Bundesgesundheitsrat um
die in vielen Krankenhäusern seit langem und mit
ein Votum zu den Fragen der Vor- und Ausbildung
guter Erfahrung tätig gewesen sind.
der Krankenschwestern gebeten worden. Wir hof-
fen, dieses Votum rechtzeitig zu bekommen, um Im Mai 1957 hat bei einer Debatte über diese
es bei der endgültigen Fassung des von uns zu- Frage einer der Kollegen dies so ausgedrückt: Wenn
4338 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Bundesminister Frau Dr. Schwarzhaupt
Sie im Krankenhaus das geschulte Pflegepersonal Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge
nicht zur Verfügung haben, und Sie verbieten die sundheitswesen: Selbstverständlich ist die Abgren-
Beschäftigung eines anderen Menschen, der zur zung schwierig. Wir wollen ja auch mit der Ein-
Hilfe bereit und in der Lage ist, dann fällt die Pflege führung dieser zweiten Ausbildungsform nicht einen
eben aus. — Ich glaube, in einer Zeit eines so Schutz der Berufsausübung, sondern wir wollen eine
schweren Mangels müssen wir dem Krankenhaus zweite Ausbildungsform geben. Alle bisherigen Er-
eine gewisse Elastizität lassen, eine gewisse Ver- fahrungen sprechen dafür, daß von dem Zeitpunkt
antwortung in der Heranziehung von Hilfskräften, an, in dem voll ausgebildetes Krankenpflegepersonal
die geeignet sind. Von keiner Seite, vor allem nicht in ausreichendem Maße vorhanden wäre, ein gesetz-
von der Krankenhausgesellschaft oder von den licher Schutz der Berufsausübung überhaupt nicht
Schwesternschaften, die in diesen Problemen erfah- notwendig wäre, denn die Tendenz der Kranken-
ren sind, wird ein Schutz der Berufsausübung, der häuser geht durchweg dahin, voll ausgebildete
die Praxis des Krankenhauses in vieler Weise er- Schwestern zu gewinnen. Das ist das Ziel, in dem
schweren würde, verlangt. wir alle einig sind: die Gewinnung ausreichenden
Es kommt noch etwas anderes dazu: daß es außer- Pflegepersonals mit einer guten Ausbildung.
ordentlich schwer ist, den Begriff der Krankenpflege Wenn wir die Berufsausübung durch nicht voll
so zu definieren, daß er in einem Verbotsgesetz ein- ausgebildetes Personal verböten, würden wir den
geführt werden kann, das allen Personen außer herrschenden Mangel nur vergrößern und außerdem
denen mit einer bestimmten Vorbildung die Kran- die jetzt schon bestehende Arbeitsüberlastung in der
kenpflege verbietet. Die Weltgesundheitsorganisa- Krankenpflege noch weiterhin vermehren. Das wol-
tion hat vor Jahren in einer Studie darauf hingewie- len wir nicht. Der Gesetzgeber soll in bezug auf die
sen, daß eine solche Verbotsgesetzgebung deshalb Berufsordnung nicht ein Prinzip vertreten, es darf
schwer möglich ist, weil sie eine Legaldefinition des ihm nicht auf das Prinzip ankommen, sondern es
Begriffs Krankenpflege erforderlich machen würde. muß ihm ankommen auf die Hilfe für das Kranken-
Die Definition, die die Fraktion der SPD bei der haus, auf die Hilfe für die Schwestern.
Debatte im Jahre 1957 angeboten hat, ist so allge-
mein gehalten, daß sie zu den größten Schwierig- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gestatten Sie
keiten in der Rechtsprechung führen würde. Hier- eine weitere Zwischenfrage? — Bitte!
über sind sich wohl alle Juristen klar. Der Kranken-
pflegeberuf mit seinen vielfältigen Tätigkeiten ist
nun einmal ein sehr umfassender Beruf, der zu
Frau Schanzenbach (SPD) : Frau Ministerin,
glauben Sie nicht, daß man sich mit Übergangs-
ständigen Überschneidungen mit den Tätigkeiten
bestimmungen helfen könnte?
anderer Berufe in der Gesundheitspflege führt. Das
Krankenhaus stellt eine elastische Gemeinschaft dar.
Es bedarf daher einer gewissen menschlichen- Frei- Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge-
heit in der Zuweisung von Aufgaben und Tätig- sundheitswesen: Ich würde die jetzige Zeit, die Zeit
keiten. Wir würden, wie ich schon sagte, dem Kran- eines so großen Mangels nicht für geeignet halten,
kenhaus nicht helfen, sondern ihm seine Arbeit er- irgendwelche einschränkenden Verbotsbestimmun-
schweren, wenn wir hier mit rechtlichen Stricken gen einzuführen, auch nicht übergangsweise. Ich
eingrenzen wollten, was allein die Schwester tun glaube, daß wir zunächst einmal den Schritt tun
darf und was eine Hilfskraft ohne volle Ausbildung sollten, den wir vorgeschlagen haben: eine Regelung
tun darf. der Ausbildung der nicht voll ausgebildeten, der
nicht Voll-Krankenschwester, eine Hebung der
Im übrigen bin ich mit Ihnen darin einig, daß die Krankenschwesterausbildung. Im übrigen sollten
Schwesternausbildung einer Ergänzung und Hebung wir dem lebendigen, menschlichen und elastischen
bedarf. Auch wir sind für die dreijährige Ausbildung. Verlauf im Krankenhaus einen Spielraum lassen.
Wir sind auch der Meinung, daß die Ausbildung der
Pflegehelferin geregelt werden muß. In der Praxis Es gibt noch eine Reihe anderer Punkte, zu denen
hat sich unseres Wissens niemals eine Schwierigkeit etwas zu sagen wäre. Ich möchte aber den weiteren
daraus ergeben, daß der ausschließliche Vorbehalt Verlauf der Debatte abwarten.
der Berufsausübung für die vollausgebildete Schwe- (Beifall bei den Regierungsparteien.)
ster nicht Gesetz geworden ist.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gestatten Sie Frau Abgeordnete Engländer.
eine Zwischenfrage?
Frau Engländer (CDU/CSU) : Herr Präsident!
Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge- Meine Damen und Herren! Vorab möchte ich mit
sundheitswesen: Bitte sehr. Freude feststellen, daß sowohl der Antrag der SPD
als auch der von Frau Ministerin Dr. Schwarzhaupt
Frau Dr. Hubert (SPD) : Darf ich Sie fragen, ob umrissene Referentenentwurf der Regierung bewei-
nicht dann die Abgrenzung zwischen der voll aus- sen, daß alle Parteien sich darum bemühen, der Per-
gebildeten Schwester und dieser Pflegehelferin, die sonalnot in den Krankenhäusern Herr zu werden.
jetzt allgemein anerkannt wird, genauso schwierig Wenn auch tatsächlich mehr ausgebildete Schwe-
wäre wie die Abgrenzung zwischen einer einjährig stern als früher in Arbeit sind, so ist ihre Zahl
ausgebildeten und einer nicht ausgebildeten Kraft? doch nicht in dem Maße gestiegen wie die durch
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4339
Frau Engländer
die modernen technischen Heilmethoden bedingte Einrichtung der Schwesternvorschule entsprochen
Mehrarbeit. Es kommt hinzu, daß die Heilung des worden. Wir können und wollen keinesfalls auf die
Patienten in der heutigen unruhigen, problemgela- gute Volksschülerin verzichten. In diesen Schulen,
denen Zeit oft wesentlich davon abhängt, ob er die meist mit Internaten verbunden sind, werden
sich umsorgt fühlt, ob er sich auch in seinen inneren Mädchen mit abgeschlossener Volksschulbildung zu
Nöten, die nur zu oft Mitursache seiner Krankheit pflegerischen Berufen hingeführt. Die Zeit zwischen
sind, verstanden fühlt. Das kann aber nur sein, Schulentlassung und dem möglichen Beginn der
wenn Arzt und Schwester auch für diesen Teil seiner Schwesternausbildung soll der Berufsfindung und
Krankheit ein offenes Ohr und Zeit haben. der allgemeinen Fortbildung der Schülerinnen die-
nen. Das gibt ihnen dann den gleichen Start wie
Vor sechs Jahren sagten Sie, Frau Dr. Hubert, den nach zehn Schuljahren entlassenen Schülerinnen.
in der Bundestagsdebatte zum Krankenpflegegesetz,
der Schwesternmangel in den Krankenhäusern Ihren Antrag zu I/3, die Berufsfortbildung gesetz-
könne dadurch behoben werden, daß man den lich zu gewährleisten, halten wir wenigstens so
Schwestern andere Lebens- und Arbeitsbedingungen lange für undurchführbar, wie der Personalmangel
gibt, andere Wohnverhältnisse für sie schafft, ihnen das Herausnehmen der Pflegekräfte aus ihrer Arbeit
kürzere Arbeitszeiten einräumt und sie nicht mit illusorisch machen kann. Das sollte den Schwestern-
berufsfremder Arbeit belastet. Die ersten drei Be- verbänden überlassen bleiben. Vergessen wir nicht,
dingungen sind — unterstützt durch staatliche Mit- daß sie mit Beisteuerung erheblicher Eigenmittel
tel — durch Erhöhung der Pflegekosten und durch Schwesternfortbildungsschulen errichteten, unterhal-
Rationalisierungsmaßnahmen in den meisten Kran- ten und mit zu fördernden Schwestern beschicken,
kenhäusern erfüllt. Trotzdem ist der Schwestern- auch ohne gesetzlichen Zwang. Die Bezuschussung
mangel nicht kleiner geworden. Es bleibt also zu und dadurch Förderung der Fortbildungsschulen
hoffen, daß die Befreiung von berufsfremder Arbeit sollte den Ländern und dem Bund ein wesentlich
gelingt und daß dann der Mangel an Pflegepersonal verstärktes Anliegen sein.
wirklich behoben ist.
Zu I/4: Dem Erfordernis einer zusätzlichen Aus-
Wie schon meine Vorrrednerin sagte, schlug die bildung für den beruflichen Aufstieg zur leitenden
Deutsche Krankenhausgesellschaft vor, den Erfah- Schwester und Schulschwester kommt in den mei-
rungen mehrjähriger Versuche entsprechend, die sten Fällen die geübte Praxis entgegen. Deshalb
Arbeit der Krankenschwester zu entlasten und sie sollte man das in der heutigen Situation nicht ge-
gleichzeitig dadurch zu heben, daß man die ein- setzlich vorschreiben. Auch hier gilt das zu Punkt 3
fachen pflegerischen Arbeiten durch Krankenpflege- Gesagte: Ein Krankenhaus ist keine Verwaltung,
helferinnen und Krankenpflegehelfer ausführen der Dienst im Krankenhaus muß elastisch funktio-
läßt. Diese Helfer sollen einen neuen, eigenständi- nieren. Wir sollten den Organisationen Spielraum
gen Krankenpflegerberufsstand darstellen. Ange- lassen, ihre bewährten Mitarbeiter verantwortlich
sichts der geringeren beruflichen Anforderungen an den für sie geeigneten Stellen einzusetzen.
setzt dieser Stand nicht eine so anspruchsvolle Be-
I/5 und I/6 behandeln die Berufsbezeichnung und
rufsausbildung voraus, wie sie für Krankenschwe-
die Berufsausbildung für den schon behandelten
stern und Krankenpfleger geboten ist. Es ist zu
neuen Beruf der Krankenpflegehelferin. Daß diese
hoffen, daß viele junge Mädchen dieses eine Aus-
bei Bewährung und zusätzlicher Ausbildung die
bildungsjahr mitmachen werden. Dann würden auch
Möglichkeit haben werden, Krankenschwestern zu
alle, die später abspringen, um Hausfrau und Mutter
werden, ist wohl ganz selbstverständlich.
zu werden, gut vorbereitet sein.
Die Entwicklung der letzten Jahre, vor allem die Unter I/? schlägt der SPD-Antrag vor, daß das
Anpassung an die Länder der westlichen Welt ma- Krankenpflegegesetz nicht nur die Berufsbezeich-
chen eine verbesserte Ausbildung in einer Schwe- nung, sondern auch die Berufsausübung schützen
sternschule notwendig. Darum sollte das Schwe- soll. Das müssen wir leider aus denselben Gründen
sternexamen erst nach vollen drei Jahren der guten wie 1957 auch heute ablehnen. Diese Gründe sind:
Ausbildung in einer Schwesternschule gemacht wer- Mangel an Krankenpflegepersonal, Schwierigkeiten
den können. Es fällt also die Möglichkeit des Exa- einer klaren Abgrenzung gegenüber anderen Beru-
mens nach zwei Jahren mit abschließendem obliga- fen, deren Tätigkeit sich mit den Tätigkeiten dieser
torischem praktischem Jahr aus. beiden Berufe überschneidet, und die Erfahrung,
daß überall voll ausgebildetes Krankenpflege-
Ob es möglich ist, ein Zwischenexamen ähnlich personal verwendet wird, soweit es ausreichend
dem Physikum bei der Arztausbildung vorzusehen, vorhanden ist.
oder ob in einzelnen Fächern die Beurteilung der
Der II. Abschnitt der Anfrage der Fraktion der
Schulen mit gewertet werden kann, sollte in die
SPD beschäftigt sich mit ,dem Ersuchen, in Zusam-
Überlegungen einbezogen werden.
menarbeit mit den Ländern die Kosten für die Vor-
Punkt I/2 Ihres Antrags fordert als Voraussetzung und Ausbildung und das Ausbildungsgeld aus öffent-
für die Aufnahme in die Schwesternschulen eine lichen Mitteln sicherzustellen, wobei eine Einkom-
zehnjährige Ausbildung oder einen anderen dieser mensprüfung und die Anrechnung von Sachbezügen
Ausbildung entsprechenden Abschluß. Hierüber muß nicht stattfinden sollen. Auch wir wären natürlich
im Ausschuß Genaueres gesagt werden. Diesem glücklich, wenn diesem Antrag weitgehend gefolgt
Wunsch ist ja in den meisten Schwesternverbänden werden könnte und wenn ,der Bund diese Mittel zur
— bei manchen schon seit 10 Jahren — durch die Verfügung stellte. Das muß, wie der Antrag richtig
4340 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Frau Engländer
sagt, in Zusammenarbeit mit den Ländern gesche- lischen Vorbildung für den Eintritt in die Berufsaus-
hen. Da muß, wegen der Dringlichkeit in bezug auf bildung gelten. Das gewährleistet einmal, daß uns
die zu versorgende Bevölkerung, jede Möglichkeit nicht wie bisher wertvolle Kräfte für die pflege-
gründlich geprüft werden und auch im Zusammen- rische Tätigkeit verlorengehen und in andere Be-
hang mit anderen Ausbildungsgebieten gesehen rufe abwandern. Zum anderen können wir der Be-
werden. rufsgruppe, die auf der Mittelschule und der höhe-
Die Bezuschussung der Krankenpflegeschulen ist ren Schulbildung basiert, ein qualifizierteres Aus-
in den Ländern recht verschieden. Im Land Nord- bildungsziel setzen. Im ersten Falle sprechen wir von
rhein-Westfalen wurde schon 1955 eine Million DM Krankenpflegehelferinnen und -helfern, im zweiten
dafür gegeben. Es muß jedenfalls vermieden wer- Falle von der Krankenschwester respektive dem
den, daß die Schwesternschulen, -vorschulen und Krankenpfleger. Beides sollen für sich abgeschlos-
-fortbildungsschulen die Mutterhausschwestern- oder sene Berufsbilder darstellen, wobei aber auch an
karitativen Heime weiter geldlich belasten. Hier- die Möglichkeit gedacht ist, aus der Pflegehilfe mit-
über und über die anderen Punkte der Anfrage wer- tels zusätzlicher Ausbildung in die Krankenpflege
den wir ja im Ausschuß weiterberaten. aufzusteigen.
Ich bitte, den Antrag an den Gesundheitsausschuß Wenn wir unseren Schwestern und Pflegern die
zu überweisen. berufliche Anerkennung und Gleichstellung mit
ihren ausländischen Kollegen verschaffen wollen,
(Beifall bei den Regierungsparteien.) können wir meines Erachtens die Verantwortung
dafür nicht nur einzelnen Schwesternverbänden über-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat lassen, die sich bisher schon in vorbildlicher Weise
die Abgeordnete Frau Dr. Heuser. in ihren Ausbildungslehrgängen den Erfordernissen
unserer Zeit angepaßt haben, sondern müssen als
Frau Dr. Heuser (FDP) : Herr Präsident! Meine Gesetzgeber das unsere tun, um ein gleich gutes
Herren und Damen! Der Antrag der SPD wird uns Ausbildungsniveau für alle zu gewährleisten.
zu einem Zeitpunkt vorgelegt, wo ein entsprechen- Zu den einzelnen Punkten der Vorlage ist zu
der Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums sagen, daß sich in 1, 2 und 6 eine weitgehende
den Ländern und interessierten Verbänden bereits Übereinstimmung mit dem Referentenentwurf fest-
zur Stellungnahme zugeleitet worden ist. stellen läßt. Das ergibt sich auch aus meinen vor-
(Zuruf von der SPD: Er ist immerhin vom herigen Ausführungen.
1. Juli!) (Zuruf von der SPD: Sie kennen ihn ja gar
nicht!)
Insofern scheint uns die Diskussion im Moment ver-
früht. Denn dieser Antrag wird, wenn er Zu Punkt 3 wäre zu sagen, daß uns eine finanzielle
- in den Förderung der Berufsfortbildung zunächst vordring-
Ausschuß kommt, ja doch nur im Zusammenhang
mit der Regierungsvorlage behandelt werden kön- licher erscheint als eine gesetzliche Regelung, die
nen. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß wir zum jetzigen Zeitpunkt wegen des noch bestehen-
hier nicht eine äußerst dringliche Aufgabe zu be- den Personalmangels undurchführbar wäre.
arbeiten hätten, deren Behandlung auch wir hier Bei Punkt 4 begrüßen wir die zusätzliche Ausbil-
gerne sehr viel früher gesehen hätten. Denn überall dung zum beruflichen Aufstieg. Derartige Lehr-
da, wo Traditionsgebundenheit einerseits und die gänge werden bereits seit geraumer Zeit von den
Erfordernisse, die uns der Fortschritt vorschreibt, an- Verbänden durchgeführt. Ob man den Verbänden
dererseits nicht rechtzeitig miteinander in Einklang völlig freie Hand in der Gestaltung solcher Lehr-
gebracht werden, werden Schwierigkeiten entstehen, gänge lassen oder eine gesetzliche Regelung fordern
die der Sache schaden. Je länger es dauert, bis sie und damit einem unterschiedlichen Ausbildungs-
erkannt und angegangen werden, desto einschnei- stand besser begegnen sollte, müßte geprüft werden.
dender werden die Maßnahmen sein müssen, um sie
Wenn es, wie ich vorher ausgeführt habe, unser
zu beseitigen. Bestreben ist, den Berufsstand selbst mit allen nur
Zwei Probleme sind es, die — eng miteinander möglichen Mitteln zu fördern und zu heben, muß
verwandt — uns im Krankenpflegewesen seit Jah- sicher auch, wie in Punkt 7, an den Schutz der Be-
ren Sorge gemacht haben: erstens der Mangel an rufsausübung gedacht werden, obwohl wir vor der
pflegerischem Personal und zweitens der Ausbil- Frage stehen, wie sich eine solche Maßnahme in der
dungsstand. Der Mangel wird nur zu beheben sein, Praxis — das heißt eben immer noch: Mangel an
wenn wir einen möglichst großen Kreis von jungen Kräften — auswirken würde. Ich denke daran, daß
Menschen den pflegerischen Berufen zuführen kön- man diesem gegenwärtigen Mangel und den daraus
nen. Der Ausbildungsstand wird nur zu heben sein, entstehenden Schwierigkeiten vielleicht durch Über-
wenn wir gewisse Differenzierungen innerhalb des gangsbestimmungen begegnen könnte.
Berufes selbst schaffen. Endlich wäre zu II zu sagen, daß wir alle Maß-
Über den Weg, der dahin führen soll, besteht nahmen begrüßen, die, was die Kosten der Ausbil-
weitgehend Übereinstimmung, auch soweit es den dung betrifft, dazu geeignet sind, die pflegerischen
hier vorliegenden Antrag und den Entwurf des Mi- Berufe gegenüber den anderen konkurrenzfähig zu
nisteriums betrifft. Es sollen zwei verschiedene Be- machen. Ob man aber so weit gehen soll, sie besser
rufsgruppen geschaffen werden und für sie ver- zu stellen als die anderen, müssen wir nach dem
schiedene Voraussetzungen bezüglich der schu Gleichheitsgrundsatz bezweifeln.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4341
Frau Dr. Heuser
Abschließend möchte ich wünschen, daß es uns Gerade das wollen wir mit diesem Punkt 7 er-
bald gelingen möge, im gemeinsamen Bemühen eine reichen: daß nicht ausgebildete Kräfte nicht für die
Neufassung des Krankenpflegegesetzes zu verab- Krankenpflege eingesetzt werden, daß aber auch die
schieden, die den veränderten Anforderungen die- Krankenschwestern nicht für Putzarbeiten und son-
ses Berufes gerecht wird und doch nichts von dem stige Arbeiten, die nicht zu ihrem Beruf gehören,
vermissen läßt, was immer oberstes Gesetz dieses verwendet werden.
Berufes sein wird, nämlich der Dienst am kranken
Menschen. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zwi-
(Beifall bei den Regierungsparteien.) schenfrage I
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat Dr. Dittrich (CDU/CSU) : Frau Schanzenbach, Sie
Frau Abgeordnete Schanzenbach. sprachen eben von Putzfrauen und Putztätigkeit.
Können Sie uns denn eine Definition der Kranken-
Frau Schanzenbach (SPD) : Herr Präsident! pflege überhaupt anbieten?
Meine Damen und Herren! Darf ich in Anlehnung
an das, was Frau Dr. Heuser eben gesagt hat, fest- Frau Schanzenbach (SPD) : Die Definition kann
stellen, daß der Antrag der SPD-Fraktion zu diesem ich Ihnen jetzt im Augenblick nicht anbieten. Aber
Krankenpflegegesetz vom 1. Juli 1963 stammt. Wir zu den Tätigkeiten einer qualifizierten Kranken-
kennen keinen Referentenentwurf, von dem hier schwester gehört jedenfalls nicht das Putzen eines
nun dauernd gesprochen worden ist. Uns ist er nicht Bodens.
bekannt, wir wissen also nicht, was darin steht. (Beifall bei der SPD.)
Aber nach dem, was die Frau Ministerin zu dem Ich war etwas erstaunt darüber, daß die Frau
Punkt 7 unseres Antrages vorgetragen hat, könnte Ministerin zu unserem Punkt II, der die Finanzierung
ich mir denken, daß wir sehr verschiedener Meinung dieser Ausbildung betrifft, nichts gesagt hat. Wenn
sind und daß gerade dieser Punkt von einer ganz wir wissen, daß in der Bundesrepublik ein Notstand
besonderen Wichtigkeit für die Novellierung des herrscht — und der Schwesternmangel ist ein Not-
Gesetzes sein wird. Ich kann mir denken, daß sich stand —, dann muß man Außergewöhnliches tun,
sehr lebhafte Debatten im Ausschuß entfalten wer- um diesen Notstand zu beheben. Bis vor kurzer Zeit
den. Denn wir sind der Meinung, daß wir, wenn hat die Ausbildung zur Krankenschwester noch
diesem Punkt 7 nicht Rechnung getragen wird, in etwas gekostet. Auch heute sind beim Besuch der
der Frage der Ausbildung der Krankenschwestern Vorschulen von den Eltern noch ganz respektable
und der Krankenpflegerinnen nicht weiterkommen. Ausbildungsbeiträge zu zahlen. Wenn die Eltern
Es geht doch darum, daß abgegrenzt wird, was die aber bei vielen anderen Berufen keine Aufwendun-
Aufgaben einer Krankenschwester, einer Pflegerin gen für die Ausbildung ihrer Kinder haben, dann
und einer Putzfrau sind, und daß die Frau, die Kran- müssen wir als Gesetzgeber dafür sorgen, daß auch
kenschwester wird, wirklich weiß: Das ist ihre Auf- bei diesem wichtigen Beruf die wirtschaftliche Vor-
gabe, und daß ihr nicht von einer Oberin im aussetzung gegeben ist, daß jedes fähige und jedes
Krankenhaus alle möglichen Arbeiten zugewiesen bereite Mädchen diesen Beruf ergreifen kann.
werden können. Natürlich wissen wir genau wie (Beifall bei der SPD.)
Sie, daß im Augenblick aus dem Notstand in den
Krankenhäusern heraus viele Schwestern Arbeiten Darum ist der Punkt II genauso wichtig wie der
verrichten müssen, die nicht zum Berufsbild der Punkt 7. Aber ich glaube, hier liegt der grundsätz-
Krankenschwester direkt gehören, und es wird liche Unterschied zwischen der Auffassung der Re-
draußen wahrscheinlich gar nicht sehr gut aufge- gierung und der der Opposition. Wir hoffen und
nommen, wenn man sich für den Punkt 7 im Augen- wünschen, daß unsere Vorstellung im Ausschuß zum
blick sehr einsetzt, so wie wir ihn uns vorstellen. Zuge kommt; denn mit Ihrer Vorstellung, Frau
Aber für die Zukunft muß man dem Rechnung tra- Ministerin, werden wir der großen Notlage nicht
gen, was wir im Punkt 7 fordern. Sonst wird dieser gerecht, die wir in den Krankenhäusern haben.
Beruf von den jungen Mädchen nicht als interessant (Beifall bei der SPD.)
angesehen, sonst haben sie immer das Gefühl, sie
werden für alle möglichen Arbeiten im Krankenhaus Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite-
verwandt, nur nicht für die, für die sie ausgebildet ren Wortmeldungen; die Aussprache ist geschlossen.
sind. Deshalb bin ich der Auffassung, daß der
Punkt 7 einer der entscheidendsten Punkte in die- Der Antrag soll an den Ausschuß für Gesundheits-
sem Gesetz sein wird. wesen überwiesen werden. Ist das Haus damit ein-
verstanden? — Kein Widerspruch; es ist so beschlos-
Wenn wir auch den Referentenentwurf nicht ken- sen.
nen, Frau Ministerin, so kennen wir doch das Rund-
schreiben, das den Verbänden zugegangen ist. Was
darin steht, stimmt nicht mit dem überein, was Sie Punkt 23 der Tagesordnung:
hier ausgeführt haben. In dem Schreiben steht fol- Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
gender Satz: betr. internationale Polizeikonvention (Druck-
Das immer stärkere Eindringen nicht ausgebil- sache IV/1505).
deter Kräfte in die Krankenpflege ist uner- Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird
wünscht. nicht gewünscht. Vorgesehen ist Überweisung an
4342 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
den Ausschuß für Inneres als federführenden Aus- rung darüber erst später schlüssig werden könne,
schuß und an den Ausschuß für auswärtige Angele- wenn die Ermittlungen abgeschlossen seien.
genheiten zur Mitberatung. — Kein Widerspruch; Ende März wurde in einer Kleinen Anfrage das-
es ist so beschlossen. selbe Thema berührt. Die Antwort war, die Ermitt-
lungen seien noch nicht abgeschlossen, man habe
Punkt 24: Rechtshilfeersuchen an französische Behörden ge-
Beratung des Antrags der Abgeordneten richtet und müsse deren Erledigung abwarten.
Hermsdorf, Wehner und Genossen betr. In einer Kleinen Anfrage vom Mai wurde dieselbe
Altersgrenze für Seeleute (Drucksache IV/ Frage aufgeworfen, und wiederum hieß es: Die Er-
1526 [neu]). mittlungen können nicht abgeschlossen werden, da
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird keine Antwort aus Frankreich. Erst wenn diese Ant-
nicht gewünscht. Der Ausschuß für Sozialpolitik soll wort vorliegt, kann sich die Bundesregierung schlüs-
sich mit der Sache befassen. Ist das Haus einverstan- sig werden, ob sie eine Rückführung beantragen
den? — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen. will.
Abermalige Kleine Anfrage im September, wieder-
Punkt 25: um die Antwort: Frankreich antwortet nicht, die Er-
mittlungen sind nicht abgeschlossen; die Bundes-
Beratung des Antrags der Abgeordneten regierung kann sich nicht schlüssig werden, ob sie
Arndgen, Schwabe, Hammersen und Genos- die Rückführung beantragen will.
sen betr. Rüdesheimer Verkehrsproblem
(Drucksache IV/1530). Verehrte Damen und Herren, so geht das nicht
weiter. In der Fragestunde vom 8. März hat Pro-
Das Wort wird nicht gewünscht. Vorgeschlagen
fessor Carlo Schmid bereits die Frage aufgeworfen,
ist Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post
ob es die Bundesrepublik als ein souveräner Staat
und Fernmeldewesen als federführenden Ausschuß
nicht ihrer Selbstachtung schuldig sei, solch einen
und an den Ausschuß für Kommunalpolitik und So-
Vorgang, wie er sich in München abgespielt habe,
zialhilfe zur Mitberatung. — Das Haus ist einver-
nicht länger auf sich beruhen zu lassen. Der Bundes-
standen; es ist so beschlossen.
justizminister antwortete damals, die Bundesregie-
rung sei in der Tat der Ansicht, daß sie es der
Punkt 26: Selbstachtung der Bundesrepublik schuldig sei, die-
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD sen Vorgängen Gewicht beizumessen und etwas —
betr. Auslieferung des ungarischen Staats- ja, nun: wann und wie? — zu tun. Ich meine, daß
angehörigen Geza Gyöfri nach Frankreich die Selbstachtung der Bundesrepublik einen ener-
(Drucksache IV/1527). gischen Schritt erfordert, und deshalb stellen wir
- Ihnen den Antrag, den Sie vor sich haben.
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird
nicht gewünscht. Vorgeschlagen ist Überweisung an Ich möchte in diesem Zusammenhang an einen
den Ausschuß für Inneres als federführenden Aus- anderen Vorgang erinnern. Am 9. März 1935 wurde
schuß und an den Rechtsausschuß zur Mitberatung. der deutsche Staatsangehörige Berthold Jakob durch
— Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen. die Hitlersche Geheime Staatspolizei aus der Schweiz
zwangsweise entführt, um ihm in Deutschland den
Punkt 27: Prozeß zu machen. Die Schweiz verlangte die Rück-
führung. Hitler tobte, aber Hitler beugte sich, und
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
betr. Rückführung von Argoud (Drucksache am 18. September 1935, also nach einem halben Jahr
IV/1528). nur, wurde Jakob in die Schweiz zurücküberstellt.
Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter (Abg. 'Dr. Mommer: Hört! Hört!)
Dr. Heinemann hat das Wort. Die Schweiz hatte also die Achtung, die alle Welt
ihr schuldig ist, durchgesetzt.
Dr. Dr. Heinemann (SPD) : Herr Präsident! Meine (Sehr wahr! bei der SPD.)
Damen und Herren. Sie alle erinnern sich, daß am
25. Januar dieses Jahres der französische Staats- Und wir? Fragezeichen! Das ist jetzt das Thema
angehörige Argoud aus München gewaltsam entführt unseres Antrages. Ich denke, wir sollten uns die
und nach Frankreich verbracht worden ist, wo er sich Eidgenossen zum Vorbild nehmen,
seitdem in Haft befindet. Das war eine Verletzung (Beifall bei der SPD und rechts)
deutschen Hoheitsgebietes, das war ein Verbrechen.
und ich hoffe, daß Frankreich sich dem Verlangen
Münchner Justizbehörden ermitteln seitdem. Von
auf Rückführung des hier unter verbrecherischen
Münchner Gerichten sind fünf Haftbefehle ergangen.
Umständen gewaltsam entführten Argoud nicht ver-
Der Bundestag hat sich viermal mit dem Vorgang schließen wird.
beschäftigt, erstmalig am 8. März in einer Frage-
stunde, wo unter anderem die Frage aufgeworfen Meine Damen und Herren, e s sollte der Selbst-
wurde, ob die Bundesregierung beabsichtige, die achtung aller Staaten entsprechen, daß sie sich kei-
Rückführung des französischen Staatsangehörigen nes Menschen außerhalb der Legalität bemächtigen.
Argoud in die Bundesrepublik zu beantragen. Da- (Beifall bei der SPD und den Regierungs
mals wurde geantwortet, daß sich die Bundesregie parteien.)
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode - 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4343
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat Da der Sachverhalt durch die Ermittlungsbe-
der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts. hörde noch nicht hinreichend hat geklärt wer-
den können, kann die Bundesregierung auch
jetzt noch nicht abschließend zur Frage einer
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen Rückführung von Argoud in die Bundesrepublik
Amts: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! zum Zwecke der Rückgängigmachung der Ver-
Zu der hier aufgeworfenen Frage der Rückführung bringung aus München nach Frankreich Stellung
von Argoud aus Frankreich hat sich die Bundes- nehmen.
regierung bereits wiederholt geäußert, wie der Herr
Abgeordnete Heinemann soeben ausgeführt hat. So weit das Zitat der früheren Mitteilung des Herrn
Bundesministers der Justiz an den Bundestag!
Die Frage war Gegenstand Kleiner Anfragen der
SPD-Fraktion vom 13. März, vom 14. Mai und vom Die Ermittlungsbehörde hat den Sachverhalt auch
6. September dieses Jahres. heute noch nicht geklärt, weil die französische Re-
gierung die beiden Rechtshilfeersuchen des Ober-
Die Kleine Anfrage vom 13. März wurde durch staatsanwalts beim Landgericht München I, die mit
den Herrn Bundesminister der Justiz unter Ziffer 2 Noten vom 29. März und 29. April dieses Jahres
wie folgt beantwortet — ich darf diese Antwort noch an das französische Außenministerium geleitet wur-
einmal in die Erinnerung zurückrufen —: den, noch nicht erledigt hat.
Die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit, (Hört! Hört! in der Mitte.)
die Überstellung des französischen Staatsange-
hörigen Argoud zu betreiben, damit er von Die Bundesregierung hat nichts unterlassen, uni auf
den zuständigen deutschen Strafverfolgungs- die Erledigung der beiden Rechtshilfeersuchen zu
behörden wegen etwaiger auf dem Gebiet der dringen. Sie ist wiederholt wegen der Erledigung
Bundesrepublik begangenen strafbaren Hand- der Rechtshilfeersuchen sowohl bei der hiesigen fran-
lungen verfolgt werden kann. Die amtliche zösischen Botschaft als auch durch die deutsche Bot-
Überstellung des Oberst Argoud durch französi- schaft in Paris beim französischen Außenministe-
sche an deutsche Behörden zu diesem Zweck rium vorstellig geworden. Die französische Regie-
könnte nur im Wege einer Auslieferung er- rung hat geantwortet, daß die Anhörung zahlreicher
folgen. Eine Auslieferung Argouds aus Frank- Zeugen notwendig und daher die Erledigung dieser
reich in die Bundesrepublik ist aber aus Rechts- Rechtshilfeersuchen sehr zeitraubend sei.
gründen unmöglich.
In der Tat enthält das Rechtshilfeersuchen des
(Abg. Wehner: Das ist ja unglaublich!) Oberstaatsanwalts in München das Ersuchen, eine
große Anzahl von Zeugen zu einer großen Anzahl
Argoud ist französischer Staatsangehöriger.
von Fragen zu vernehmen.
Nach Artikel 5 des französischen Auslieferungs-
-
gesetzes vom 10. März 1927 wird die Ausliefe- Weiterhin hat die französische Regierung mit-
rung nicht bewilligt, wenn die Person, die geteilt, daß die Erledigung sich auch dadurch ver-
Gegenstand des Ersuchens ist, französischer zögere, daß einige Zeugen sich zur Zeit außerhalb
Staatsbürger ist. Frankreichs aufhielten.
(Abg. Wehner: Sind wir also ein Dorado für Die Bundesregierung wird auch weiterhin mit
Entführungen!) Nachdruck auf die Erledigung der Rechtshilfe-
Artikel 2 Abs. 1 des deutsch-französischen Aus ersuchen hinwirken, damit der Sachverhalt von der
lieferungsvertrages vom 29. November 1951 be- Ermittlungsbehörde aufgeklärt werden kann. Erst
stimmt insoweit, daß Personen, deren Auslie- nach Aufklärung des Sachverhalts kann, wie der
ferung nach den Gesetzen des ersuchten Staates Herr Bundesminister der Justiz dem Bundestag be-
verboten ist, nicht ausgeliefert werden. reits mitgeteilt hat, die Bundesregierung zu der
Frage der Rückführung vor Argoud Stellung neh-
Soweit unter der „Überstellung" men.
— ich zitiere immer noch den Herrn Bundesminister (Abg. Wehner: Das war eine buchhalte
—
der Justiz in seiner Antwort vom 27. März 1963 rische Erklärung!)
lediglich eine Rückführung von Argoud in die
Bundesrepublik zum Zwecke der Rückgängig-
machung der Verbringung aus München nach
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
der Herr Abgeordnete Dr. Gradl.
Frankreich zu verstehen sein sollte, ist eine
abschließende Antwort der Bundesregierung
noch nicht möglich, weil der Sachverhalt durch Dr. Gradl (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
die Ermittlungsbehörden noch nicht hinreichend Damen und Herren! Der Fall Argoud ist eine denk-
geklärt ist. bar unerfreuliche Angelegenheit und ist durch das,
was uns der Herr Staatssekretär soeben gesagt hat,
(Rufe von der SPD: Noch nicht? Hört! Hört!)
nicht erfreulicher geworden. Ich sage das ohne jede
Dann ist auf die Anfragen vom 14. Mai und Kritik. Ich akzeptiere die Erklärung des Herrn
6. September 1963 durch den Herrn Bundesminister Staatssekretärs, daß die Bundesregierung nichts
der Justiz dem Bundestag folgendes mitgeteilt wor- unterlassen hat, um auf die Erledigung der Rechts-
den: hilfeersuchen hinzuwirken.
4344 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Dr. Grads
Auf der anderen Seite steht aber fest — auch das ster, meine ich, ist dieser Vorgang anzusehen, und
ergibt sich aus der Aussage des Herrn Staatssekre- ich würde sagen, daß es zwar keineswegs gleich-
tärs —, daß die französische Regierung die beiden gültig ist, wer ihn entführt hat — das wollen wir
Rechtshilfeersuchen bisher noch nicht erledigt hat. ja gerade herausbekommen —, daß es aber dennoch
Das heißt, der Fall Argoud befindet sich nach wie sekundär gegenüber dem Faktum ist, daß er ent-
vor in einem geheimnisvollen Dunkel, und zwar führt worden ist.
insbesondere deshalb, weil die deutschen Ermitt- (Zurufe von den SPD: Sehr wahr!)
lungsbehörden ihr Ermittlungsverfahren nicht ab-
schließen konnten; sie konnten es nicht abschließen, Dazu muß ich für meine politischen Freunde einige
weil die französische Regierung die Rechtshilfe- kurze Bemerkungen machen.
ersuchen nicht erledigt hat. Das ist der eine Grund. Erstens. Der Oberst Argoud hat zweifellos für
Ich glaube, man wird zugeben müssen, daß die Er- das, was er zuvor getan hat, für sein früheres Ver-
mittlungen für die französische Regierung sicherlich halten, schärfste Kritik verdient, wenn man nor-
sehr schwierig sind; hier handelt es sich um Vor- male Maßstäbe anlegt. Bei dieser Kritik geht es
gänge, die sehr in Untergrundbewegungen hinein- nicht um seine Motive. Wir wissen, daß die alge-
spielen. rische Krise das französische Volk und die führen-
(Zurufe von der SPD.) den Kreise Frankreichs in einen Konflikt von echter
Ich möchte es unterstellen; und tiefer Tragik gestürzt hat. Das wollen wir nicht
verkennen, auch in diesem Zusammenhang nicht.
(Zuruf von der SPD: Unangenehm, aber
Aber Herr Argoud hat an der Spitze einer Organi-
nicht schwierig!)
sation gestanden, die diesen Konflikt mit terro-
— Ich könnte mir vorstellen, daß es schwierig ist. ristischen Mitteln zu bewältigen suchte, und diese
(Abg. Wehner: Kein Mensch kann über Organisation war in der Anwendung ihrer Mittel
seinen Schatten springen!) und ihrer Methoden alles andere als wählerisch.
Man wird sich noch lange an die Gewaltakte erin-
Immerhin wäre ich geneigt — und ich glaube, nicht nern, mittels deren sie ihre Ziele zu erreichen ver-
nur ich, sondern viele hier —, anzunehmen, daß suchte. Sie hat Menschenleben nicht geschont, und
für eine westeuropäische Regierung und Verwal- Illegalität war für diese Organisation, bei der Herr
tung ein schnelleres Ermittlungstempo hätte mög- Argoud ein führender Mann war, eine Selbstver-
lich sein sollen. ständlichkeit.
(Beifall.)
Warum sage ich das?
Es ist auch keine erfreuliche Situation, daß die Bun-
desregierung immer wieder wegen der Rechtshilfe- (Abg. Wehner: Sicher nicht, um die Illega
ersuchen in Paris bei der französischen Regierung lität der Entführung zu rechtfertigen!)
vorstellig werden muß; es ist, glaube -ich, jetzt — Ich sage das sicher nicht, um die Entführung zu
schon fünf- oder sechsmal geschehen. Schließlich rechtfertigen. Ich sage es, um gerade vor diesem
sind jetzt mehr als drei Vierteljahre in der Sache Hintergrund die Unbedingtheit unseres rechtsstaat-
vergangen, und wir stehen praktisch noch genau lichen Standpunktes um so deutlicher zu demon-
dort, wo wir vor drei Vierteljahren gestanden ha- strieren.
ben. (Beifall bei den Regierungsparteien und bei
Aber nun, meine Damen und Herren, noch ein der SPD.)
Wort zu dem Sachverhalt selbst! Was die Ermitt- Wir wollen und wir können es nicht hinnehmen, daß
lungen auch immer ergeben mögen, einiges steht ja auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland, die
heute wohl schon unbestreitbar fest, insbesondere. ein Rechtsstaat sein will und nach ihrem Grund-
daß der Herr Argoud nicht aus eigenem freiem gesetz ein Rechtsstaat sein muß, Illegalität mit Ille-
Willen von München nach Paris gefahren ist, son- galität beantwortet wird.
dern daß er illegal und gegen seinen Willen aus
(Beifall bei den Regierungsparteien und bei
München herausgeholt worden ist und später in
der SPD.)
Paris im Gewahrsam französischer Behörden wieder
aufgetaucht ist, Das, was Argoud zuvor getan hat oder andere hat
(Abg. Lemmer: Man nennt das Menschen tun lassen, war unbestreitbar gegen Recht und Ge-
raub!) setz, auch nach internationalen Grundsätzen von
Recht und Moral. Und dennoch verlangt das Wesen
das heißt, er ist entführt worden.
unseres Rechtsstaates wie eines jeden Rechtsstaates,
(Zurufe von der SPD: Menschenraub!) daß auch einem solchen Mann der Schutz des Rechts-
Das ist das Faktum, und dieser Vorgang wird noch staates zuteil wird. Wir Deutsche müssen in diesem
ernster, wenn man bedenkt, daß dieser Mann im Punkte besonders empfindlich sein, und wir sind es,
Juli 1961 von einem französischen Militärgericht in denn wir haben der Welt und uns selber das schreck-
contumaciam zum Tode verurteilt worden ist. liche Schauspiel des nationalsozialistischen Unrechts-
staates und seiner Unrechtspraktiken gezeigt.
Nun gut, wir wissen, daß der Prozeß nach fran- (Beifall bei den Regierungsparteien und bei
zösischem Prozeßrecht jetzt, da sie ihn haben, neu der SPD.)
aufgenommen werden muß. Das alte Urteil ist hin-
fällig. Nichtsdestoweniger weiß man aber, was auf Um so mehr haben wir darauf bedacht zu sein, daß
diesen Mann möglicherweise zukommt. Um so ern der rechtsstaatliche Schutz gegen illegale Angriffe
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4345
Dr. Gradl
und Zugriffe jedermann zuteil wird; ich wiederhole: Deshalb, weil wir mit Frankreich, mit diesem Land,
jedermann, das heißt: auch dem Übeltäter, das heißt: befreundet sind, nicht im landläufigen flachen Sinne
auch Herrn Argoud. Es darf nicht so sein, daß bei des Wortes, sondern weil es sich um eine Freund-
uns im Land irgend jemand vogelfrei ist — niemand, schaft handelt, die lange ersehnt worden ist, die in
auch Herr Argoud nicht! unserem Volk tief verwurzelt ist und die dieser
Bundestag noch vor wenigen Monaten mit seiner
Noch .aus einem anderen Grunde, glaube ich, müs-
einmütigen Zustimmung zu dem Vertrag über die
sen wir in diesen Dingen sehr empfindlich sein.
deutsch-französische Zusammenarbeit bestätigt hat.
Viele Deutsche sind nach dem Kriege durch kommu-
nistische Machthaber und ihre Hilfsorgane ver- (Beifall im ganzen Hause.)
schleppt worden. Jeder von uns hier kennt zahllose
Um so mehr, so meinen wir, müssen wir darauf be-
Fälle, und ganz besonders denken wir an die schwe-
dacht sein, daß nicht einmal ein Schatten von ille-
ren Fälle von Menschenraub, die von Beauftragten
galem Geschehen auf diese Freundschaft fällt. Die
des Zonenregimes insbesondere in Westberlin vor-
Sauberkeit der deutsch französischen Freundschaft
genommen worden sind. Es genügt, wenn ich als
-
Dr. Gradl
In diesem Sinne schlagen wir vor, den Antrag den handlungen, die dort geschehen sind und noch ge-
beiden zuständigen Ausschüssen zu überweisen, d. h. schehen, und die Welt reagiert im Rahmen des
dem Auswärtigen Ausschuß als federführendem Aus- Möglichen darauf. Sollen wir wirklich gezwungen
schuß und dem Rechtsausschuß. Wir erwarten dann, werden, auch den Mächten gegenüber, mit denen
daß beide Ausschüsse im engen Benehmen mit der wir alliiert sind, die mit uns die gleiche grundsätz-
Bundesregierung dem unerfreulichen Vorgang auf liche Staatsauffassung haben, ja, die wir gern und
der Spur bleiben. hoffentlich recht, recht lange als unsere Freunde be-
zeichnen, in ähnlicher Weise vorzugehen, wie wir
(Beifall bei den Regierungsparteien und bei
es nach dem Osten hin tun müssen? Ich meine, es
der SPD.)
wäre nicht unbillig, von einer befreundeten Nation
zu verlangen, daß ein Staat, der so steht, wie wir
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat hier in der Bundesrepublik stehen, nicht in Situatio-
der Herr Abgeordnete Busse. nen gebracht wird, die es erforderlich machen, solche
Fragen, wie ich sie hier stelle, aufzuwerfen. Ich
Busse (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr ver- glaube, es ist nicht unbillig und unabhängig von
ehrten Damen und meine Herren Kollegen! Nach der Recht und Paragraphen, wie Herr Gradl bereits
sehr abgewogenen und der Sachlage in weitestem sagte, wenn wir dies Verlangen eindeutig zum
Maße Rechnung tragenden Darlegung des Herrn Ausdruck bringen.
Kollegen Gradl kann ich im wesentlichen nur sagen:
Wir glauben, daß wir in der Ausschußberatung
er hat das ausgeführt, was ich an seiner Stelle ge-
zu einer klaren, einheitlichen Stellungnahme kom-
sagt hätte.
men werden, und stimmen daher der vorgeschlage-
Auch wir sind der Meinung, daß, wenn irgendwer, nen Ausschußberatung zu.
dann wir in der Bundesrepublik jede, aber auch
(Beifall bei den Regierungsparteien und bei
jede Veranlassung hätten, für die Einhaltung abso-
luter Rechtsstaatlichkeit Sorge zu tragen. Dazu Abgeordneten der SPD.)
haben wir Veranlassung einmal um unserer selbst
willen, um ein Bild zu korrigieren, das durch eigene Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
schwere Schuld in der Vergangenheit entstanden Herr Abgeordneter Erler.
ist, andererseits aber auch aus unserer Stellung in
der gesamten Welt heute. Immerhin sind wir in der
vordersten Front einer irgendwie gearteten Kampf- Erler (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
linie, und wenn bei irgendwem, so muß bei uns und Herren! Lediglich die unbefriedigenden Darlegungen
von uns mit aller Sorgfalt darauf geachtet werden, des Sprechers der Bundesregierung veranlassen
daß rechtsstaatliche Grundsätze nicht nur nicht ver- mich, in dieser Sache, in der das Haus einer Meinung
letzt werden, sondern daß selbst der Anschein - ver- ist, noch einmal um das Wort zu bitten.
mieden wird, als ob solche Verletzungen bei uns
Von uns hat kaum jemand — ich glaube sagen
möglich wären, ohne daß sie in diesem Hause ge- zu können: niemand — irgendwelche Sympathien für
rügt würden. Wir haben uns in der Vergangenheit
Argoud und seine Taten. Das können auch unsere
eindeutig von diesen Grundsätzen leiten lassen. Ich
französischen Freunde mit gutem Gewissen zur
stelle in diesem Zusammenhang freilich — und dar-
Kenntnis nehmen. Aber Argoud ist in Deutschland
über wollen wir im Ausschuß einmal sehr offen
entgegen unserem Recht geraubt worden. Er be-
sprechen — die Frage, ob hier tatsächlich von der
findet sich im Gewahrsam französischer Behörden.
Regierung bereits alles getan ist, was man nach den
Ausführungen, die gerade Sie, Herr Kollege Gradl, Die französischen Behörden sind damit Nutznießer
gemacht haben, von ihr hätte erwarten können. Ich eines Raubes geworden. Es ist nicht gut, wenn jetzt
weiß nicht, ob die Antwort auf das Rechtshilfeer- die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung
suchen heute wirklich noch erforderlich ist oder ob und der französischen Regierung lediglich um das
nicht unabhängig davon der bekannte Sachverhalt Rechtshilfeersuchen kreisen, um aufzuklären, wie
es ermöglicht und rechtfertigt, bereits heute die For- die Gewalttat stattgefunden hat. Das ist die zweite
derung zu stellen, die der Antrag beinhaltet. Ich Angelegenheit. Die erste ist, wiedergutzumachen,
habe bei der Erklärung des Herrn Staatssekretärs was angerichtet worden ist.
vergeblich auf eine Begründung dafür, warum wir (Beifall bei der SPD.)
noch so dringend auf die Ergebnisse des Rechtshilfe-
Das andere hat Zeit, nämlich die Täter zu ermitteln
ersuchens angewiesen sind, gewartet. Wir werden
und zu prüfen, ob sich die deutsche Justiz mit diesen
diese Dinge im Ausschuß sehr klar und deutlich an-
Tätern befassen kann und befassen wird. Das ist
sprechen, und ich glaube, daß wir aus der gemein-
ein zweiter Akt. Aber zunächst kommt es darauf
samen Grundeinstellung heraus auch zu gemein-
an, Argoud zurückzustellen und damit das Unrecht
samen Resultaten kommen werden.
wiedergutzumachen.
Wir sollten bei dieser Gelegenheit — das möchte
ich eindeutig unterstreichen — aber auch unseren Was dann mit Herrn Argoud geschieht, ist auch
Gesprächspartner nicht außer acht lassen. Wir haben dine andere Sache. Da haben auch wir nach Recht
dem Osten gegenüber eine schwere Situation. Wir und Völkerrecht zu verfahren. Aber auf alle Fälle
bemühen uns, dieser Situation Herr zu werden. Wir war es doch bisher wohl so, daß nur totalitäre Regi-
klagen den Osten vor der Weltöffentlichkeit an. me sich mit dem Makel des Menschenraubs be-
Wir rufen das Weltgewissen auf gegen die Unrechts fleckten. Gesittete Regierungen und erst recht be-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963 4347
Erler
freundete Regierungen können einen solchen Makel betreffend Einführung der Fünf-Tage-Woche
nicht auf sich sitzen lassen. in der Bundesverwaltung (Drucksachen IV/913,
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der IV/1026, IV/1524).
Regierungsparteien.) Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordne-
Mir tut es zutiefst leid, daß gerade die deutsch- ten Schmitt-Vockenhausen, ob er das Wort wünscht.
französische Freundschaft durch diesen Zwischenfall (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Ich verzichte!)
in ein schiefes Licht gebracht wird. Gerade um dieser — Wird sonst das Wort gewünscht? — Das ist nicht
Freundschaft willen müssen wir unseren französi- der Fall.
schen Freunden sagen: Nicht die Tatsache, daß wir
die Wiederherstellung des Rechts wünschen, ver- Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache
stößt gegen den Geist der Freundschaft, sondern die IV/1524 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein
Tatsache, daß gegen das Recht verstoßen und dann Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
das verletzte Recht nicht wiederhergestellt worden Angenommen.
ist, verstößt gegen den Geist der Freundschaft.
Punkt 30:
(Beifall bei der SPD.)
Beratung der von der Bundesregierung vorge-
Daher glaube ich, daß wir der Bundesregierung
legten Fünften Verordnung zur Änderung des
mit auf den Weg geben können: Die Ausschußüber-
Deutschen Zolltarifs 1963 (Mate und tropische
weisung wird dafür sorgen, daß nicht etwa durch Hölzer) (Drucksache IV/1514).
Verschleppungsmanöver, Auslandsreisen von Zeu-
gen und andere Hilfsmittel der Bürokratie dem Bun- Ich frage, ob das Wort zu dieser Vorlage ge-
destag diese Angelegenheit aus den Augen kommt. wünscht wird. — Das ist nicht der Fall. Die Vorlage
Wir behalten sie im Auge, bis dem verletzten Recht soll an den Außenhandelsausschuß überwiesen wer-
Genüge •getan ist, und wir bitten ,die Bundesregie- den. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
rung, nicht nur in den Vorzimmern nachzufragen und
Noten zu schicken, sondern unter Umständen in ge- Punkt 31:
eigneter Weise eine hohe politische Ebene zur Be- Beratung der von der Bundesregierung vor-
sprechung dieses Falles zu benutzen. gelegten Sechsten Verordnung zur Änderung
(Beifall im ganzen Hause.) des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontin-
gente — gewerbliche Waren) (Drucksache
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite- IV/1515).
ren Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Wird das Wort dazu gewünscht? — Das Wort
Vorgesehen ist Überweisung an den Ausschuß für wird nicht gewünscht. Vorgeschlagen ist Überwei-
auswärtige Angelegenheiten — federführend — und sung an den Außenhandelsausschuß. — Kein Wider-
an den Ausschuß für Inneres — nicht an den Rechts- spruch; es ist so beschlossen.
ausschuß, Herr Dr. Gradl, so ist es vereinbart —
zur Mitberatung. Das Haus ist einverstanden? — Punkt 32:
Es ist so beschlossen. Beratung der von der Bundesregierung vor-
gelegten Siebenten Verordnung zur Änderung
Punkt 28: des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontingente
Beratung des Schriftlichen Berichts des Aus- — Agrarwaren) (Drucksache IV/1516).
schusses für Inneres (6. Ausschuß) über den
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht
Antrag der Abgeordneten Günther, Iven
gewünscht. Vorgeschlagen ist Überweisung an den
(Düren), Dr. Hoven und Genossen betreffend
Außenhandelsausschuß — federführend —, zur Mit-
Öffnungszeiten beim Grenzübergang Wahler-
beratung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirt-
scheid—Rocherath (Drucksachen IV/1367,
schaft und Forsten. — Das Haus ist einverstanden?
IV/1566).
— Es ist so beschlossen.
Herr Abgeordneter Brück, wünschen Sie als Be-
richterstatter das Wort? — Der Berichterstatter ver- Punkt 33:
zichtet.
Beratung der von der Bundesregierung vor-
Ich stelle den Antrag des Ausschusses zu Abstim- gelegten Achten Verordnung zur Änderung
mung. Wer dem Antrag des Ausschusses auf Druck- des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollaussetzun-
sache IV/1566 zuzustimmen wünscht, den bitte ich gen für Japanpapier) (Drucksache IV/1517).
um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun-
gen? — Angenommen! Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird
nicht gewünscht. Vorgeschlagen ist Überweisung
Punkt 29: an den Außenhandelsausschuß. Das Haus ist einver-
standen? — Es ist so beschlossen.
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für Inneres (6. Ausschuß) zu den Mit-
teilungen des Bundesministers des Innern Punkt 34:
vom 15. Januar und 19. Februar 1963 zu dem Beratung der von der Bundesregierung vor-
Beschluß des Bundestages vom 29. Juni 1961 gelegten Zwölften Verordnung zur Änderung
4348 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. November 1963
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontin- zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963
gente — Werkblei und Feinstzink) (Druck- (Zollaussetzung für gamma-Picolin und Coba-
sache IV/1518). lamine) (Drucksache IV/1600).
Keine Wortmeldungen. Vorgeschlagen ist Über- Keine Wortmeldungen. Es ist Überweisung an den
weisung an den Außenhandelsausschuß. — Kein Außenhandelsausschuß vorgeschlagen. — Kein Wi-
Widerspruch; es ist so beschlossen. derspruch; es ist so beschlossen.
Berichtigungen
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