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Plenarprotokoll 13/60

D eutscher Bundestag
Stenographischer Bericht

60. Sitzung

Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Inhalt:

Tagesordnungspunkt 1: Tagesordnungspunkt 2:
Befragung der Bundesregierung (Kon- Fragestunde
zeption zur langfristigen Unterbrin- - Drucksache 13/2527 vom 6. Oktober
gung von Bundesorganen und -behör- 1995 -
den sowie nationaler und internationa-
ler Organisationen in der Bundesstadt Konsequenzen für den Bau des For-
Bonn (Bonn-Konzept); Bericht der Bun- schungsreaktors (FRM II) in Garching bei
desregierung zur Umsetzung des Über- Betreibung der geplanten Neutronenquel-
einkommens über die biologische Viel- le mit leicht angereiche rtem Uran (LEU)
falt in der Bundesrepublik Deutsch-
land) MdlAnfr 1
Horst Kubatschka SPD
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5045 B
Antw PStSekr Bernd Neumann BMBF . 5053 A
Editha Limbach CDU/CSU 5046 D ZusFr Horst Kubatschka SPD 5053 B
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5047 A ZusFr Wolfgang Behrendt SPD 5053 D
Otto Reschke SPD 5047 B ZusFr Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5047 D DIE GRÜNEN 5054 A
Ingrid Matthäus-Maier SPD 5048 B ZusFr Dr. Bodo Teichmann SPD 5054 D
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5048 C Zukünftige Uranlieferungen durch Ost-
Peter Conradi SPD 5048 D europa und Gespräche über Uranlieferun-
Ingrid Matthäus-Maier SPD gen Rußlands an die EURATOM
5049 A
MdlAnfr 2
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5049 B Horst Kubatschka SPD
Editha Limbach CDU/CSU 5050 B Antw PStSekr Bernd Neumann BMBF . 5054 D
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5050 B ZusFr Horst Kubatschka SPD 5055 A
Otto Reschke SPD 5050 C ZusFr Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5050 D DIE GRÜNEN 5055 D
Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE ZusFr Siegfried Hornung CDU/CSU . 5056 A
GRÜNEN 5051 B
Flugerlaubnis für Tiefflug-Manöver im
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5051 B 150-Meter-Band mit Bundeswehr-Torna-
Ingrid Matthäus-Maier SPD 5051 C dos im Rahmen von Übungsflügen der
„schnellen Eingreiftruppe " von den
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5051 D
Standorten Schleswig und Lechfeld
Ulrike Mehl SPD 5052 A MdlAnfr 9, 10
Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär BMU 5052 B Arne Fuhrmann SPD
II Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Antw PStS'in Michaela Geiger BMVg . . 5056 C, Verschlechterung der Beziehungen zwi-
5057 B schen Letten und Nichtletten aufgrund
ZusFr Arne Fuhrmann SPD . . . 5056 C, 5057 B des Wahlerfolges der Partei des Joachim
Siegerist
Errichtung einer Lärmschutzanlage im MdlAnfr 25, 26
Bereich der Autobahnbrücke „Rhödaer Gernot Erler SPD
Grund „ bei Breuna im Zuge der A 44 Antw StMin Dr. Werner Hoyer AA 5062 B, 5062 D
MdlAnfr 11 ZusFr Gernot Erler SPD 5062 C, 5063 B
Alfred Hartenbach SPD
ZusFr Dr. Barbara Hendricks SPD . . . 5064 A
Antw PStSekr Johannes Nitsch BMV . 5058 A
ZusFr Steffen Tippach PDS 5064 B
ZusFr Alfred Hartenbach SPD 5058 A
Menschenrechtslage in den Vereinigten
Bedeutsamkeit von Flußüberflutungsräu- Arabischen Emiraten; Bemühungen um
men im Hinblick auf den vorsorgenden Aussetzung des Todesurteils gegen die
Hochwasserschutz, z. B. am Rhein 13jährige Philippinin Sarah Balabagan
MdlAnfr 15 MdlAnfr 27, 28
Dr. Barbara Hendricks SPD Steffen Tippach PDS
Antw PStSekr Ulrich Klinkert BMU . . . 5058 D Antw StMin Dr. We rner Hoyer AA 5064 B, 5064 C
ZusFr Dr. Barbara Hendricks SPD . . . . 5059 A ZusFr Steffen Tippach PDS 5064 D

Berücksichtigung deutscher Interessen bei Nächste Sitzung 5065 C


dem beabsichtigten Deichverstärkungs-
programm der Niederlande
Anlage 1
MdlAnfr 16
Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5067* A
Dr. Barbara Hendricks SPD
Antw PStSekr Ulrich Klinkert BMU . . . 5059 B
Anlage 2
ZusFr Dr. Barbara Hendricks SPD . . . . 5059 C
Anzahl der in den letzten fünf Jahren nicht
Regulierung des Zugangs zu Breitbandka- zur Hauptverhandlung erschienenen An-
belnetzen; Anwendung der Telekommuni- geklagten und durchschnittlicher Zeit-
kations-Verleihungsverordnungen des Re- raum von der Tatentdeckung bis zur
gulierungsrats beim Bundesminister für Hauptverhandlung; Einführung einer
Post und Telekommunikation Hauptverhandlungshaft
MdlAnfr 19, 20 MdlAnfr 3 - Drs 13/2527 -
Dr. Hermann Pohler CDU/CSU Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN
Antw PStSekr Dr. Paul Laufs BMPT 5060 A, 5060 C
SchrAntw PStSekr Rainer Funke BMJ . . 5067* C
ZusFr Dr. Hermann Pohler CDU/CSU . . 5060 B,
5060 C
Anlage 3
Verwahrung von Geldmitteln durch den Auflagen an die Erwerber beim Verkauf
ehemaligen deutschen Botschafter in Spa- bundeseigener Wohnhäuser oder Kaser-
nien, Dr. Guido Brunner, auf Anweisung nen
„Bonner Auftraggeber"
MdlAnfr 4 - Drs 13/2527 -
MdlAnfr 21, 22 Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE NEN
GRÜNEN SchrAntw PStS'in Irmgard Karwatzki BMF 5067* D
Antw StMin Dr. Werner Hoyer AA . . . 5060 D
ZusFr Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ Anlage 4
DIE GRÜNEN 5061 A, 5061 C
Aufhebung des Beschlusses des EU-No-
menklaturausschusses über die Klassifizie-
Betreuung deutscher K riegsgräber in Staa-
rung der CD-ROM-Laufwerke für PC als
ten des ehemaligen Ostblocks; Stand des
Videorecorder
Abkommens mit der Ukraine
MdlAnfr 5 - Drs 13/2527 -
MdlAnfr 23, 24
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/
Dr. Klaus Rose CDU/CSU
CSU
Antw StMin Dr. Werner Hoyer AA . . . 5061 D SchrAntw PStSekr Dr. Kurt Faltlhauser
ZusFr Dr. Klaus Rose CDU/CSU . 5062 A, 5062 B BMF 5068* D
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 III

Anlage 5 Anlage 9
Zuschüsse des Bundes zur überbetrieb- Kritik an der Sprachenförderung des Aus-
lichen Lehrlingsausbildung wärt igen Amtes und Maßnahmen zur Ein-
richtung einer zentralen Instanz
MdlAnfr 6 - Drs 13/2527 -
Dr. Egon Jüttner CDU/CSU MdlAnfr 29 - Drs 13/2527 -
Dr. Elke Leonhard SPD
SchrAntw PStSekr Dr. Hein rich L. Kolb
SchrAntw StMin Dr. Werner Hoyer AA . 5030' B
BMWi 5069* A

Anlage 10
Anlage 6
Bereitstellung von Bundesgrenzschutz -
Anzahl der bewilligten Berufsunfähig- beamten auf Wunsch von Landesregierun-
keitsrenten (mit und ohne juristische Aus- gen, z. B. bei Chaos-Tagen oder zum
einandersetzung); Höhe der Ausgaben der Schutz von Castor-Transpo rten
Berufsgenossenschaften für Gutachten,
Anwälte und Gerichtskosten MdlAnfr 30 - Drs 13/2527 -
Dietrich Austermann CDU/CSU
MdlAnfr 7, 8 - Drs 13/2527 -
SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 5070* D
Peter Dreßen SPD
SchrAntw PStSekr Rudolf Kraus BMA . . 5069' C
Anlage 11
Zusammenarbeit zwischen der GSG 9 und
Anlage 7 der Policia Nacional von Nicaragua; Anfor-
Genehmigung der durch Nordrhein-West- derungen deutscher Polizeihilfe durch die
falen überarbeiteten Planunterlagen für Botschaft von Nicaragua
den Lückenschluß der Bundesautobahn 1 MdlAnfr 31, 32 - Drs 13/2527
(Tondorf/Mehren) SPD -BerndReut r
MdlAnfr 12 - Drs 13/2527 - SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 5071* A
Dr. Elke Leonhard SPD
SchrAntw PStSekr Johannes Nitsch BMV 5069* D Anlage 12
Volle Anrechnung der in der früheren
Anlage 8 DDR verbrachten Gesamtaufenthaltszei-
ten vietnamesischer Bürge rinnen und Bür-
Einführung eines Recyclingsystems für ge- ger im Zuge des deutsch-vietnamesischen
brauchte Textilien Rücknahmeabkommens
MdlAnfr 13, 14 - Drs 13/2527 - MdlAnfr 33, 34 - Drs 13/2527 -
Marion Caspers-Merk SPD Dr. Christine Lucyga SPD
SchrAntw PStSekr Ulrich Klinkert BMU . 5070* A SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 5071* B
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5045

60. Sitzung

Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Beginn: 13.00 Uhr

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Liebe Kolleginnen tern Hauptnutzfläche werden auch langfristig voll
und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. belegt sein. Weitere rund 100 000 Quadratmeter
Hauptnutzfläche müssen in bestehenden Mietobjek-
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: ten abgedeckt werden.
Be fr agung der Bundesregierung Meine Damen und Herren, als ich im September
dem Koordinierungsausschuß der Ausgleichsverein-
Die Bundesregierung hat als Themen ihrer heuti-
gen Kabinettssitzung erstens „Konzeption zur lang- barung mit der Region Bonn die Grundzüge dieses
Konzeptentwurfes vorgestellt habe, waren es vor
fristigen Unterbringung von Bundesorganen und
allem die städtebaulichen Aspekte, die den ungeteil-
Bundesbehörden sowie nationaler und internationa-
ten Beifall von Stadt, Region und L an d gefunden ha-
ler Organisationen in der Bundesstadt Bonn" und
ben. Den Bonner Vorstellungen entsprach zudem un-
zweitens „Bericht zur Umsetzung des Übereinkom-
sere Überlegung, alle Ministeriumsstandorte in bun-
mens über die biologische Vielfalt" mitgeteilt.
deseigenen Liegenschaften zu erhalten und die
Das Wort für den einleitenden Bericht hat der Bun- Standorte durch die räumliche Zusammenfassung
desminister für Raumordnung, Bauwesen und Städ- von Politikbereichen sowie durch die Zuordnung
tebau, Dr. Klaus Töpfer. von entsprechenden Behörden und Einrichtungen
funktional und wirtschaftlich zu nutzen. Eine wich-
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord- tige Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die
nung, Bauwesen und Städtebau: Frau Präsidentin! Frage einer angemessenen Ausgestaltung der lang-
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bun- fristigen Nutzung im engeren Parlamentsviertel.
deskabinett hat heute das sogenannte Bonn-Konzept Lassen Sie mich aber vorher noch auf einige an-
beschlossen. Das Konzept regelt die Unterbringung dere, ganz besondere Entscheidungen hinweisen,
der in Bonn verbleibenden Bundesbehörden und der die für das Profil der Bundesstadt Bonn von Bedeu-
nach dem Berlin/Bonn-Gesetz als Ausgleich nach tung sind. So ist festgelegt, daß der Bundesrech-
Bonn zu verlagernden Behörden sowie nationaler nungshof, der von Frankfurt nach Bonn verlegt
und internationaler Institutionen. wird, in dem alten Postministerium, also einem Teil
Das Bonn-Konzept ist ein weiterer wich tiger Bau- des gegenwärtigen Außenministeriums, unterge-
stein für die fristgerechte Umsetzung des Beschlus- bracht wird; dies geschah mit voller Zustimmung
ses des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991 auch des Bundesrechnungshofes selbst. Wir werden
und der von Parlament und Regierung ge troffenen das Bundeskartellamt im Axe-Haus mit den entspre-
Folgebeschlüsse. Mit diesem Konzept wird die chenden nutzbaren Flächen des gegenwärtigen Bun-
notwendige Planungssicherheit für die be troffenen despräsidialamtes unterbringen können. Zudem wer-
Behörden und Einrichtungen, insbesondere aber den wir den beiden Ministe rien, die noch in besonde-
auch für die Bundesstadt Bonn und für die gesamte rer Weise einer Unterbringung bedurften, nämlich
Region geschaffen. Ich darf auf einige Punkte hin- das Bundesumweltministerium und das Bundesge-
weisen: sundheitsministerium, mit dem neuen Postministe-
rium eine auf Dauer sinnvolle Standortmöglichkeit
Bei mehr als 40 vom Bonn-Konzept erfaßten Behör- eröffnen können. Das sind Bereiche, die, wie ich
den und Einrichtungen mit rund 20 000 be troffenen glaube, außerordentlich gut in die Gesamtprofilie-
Arbeitsplätzen wird deutlich, daß dies für uns eine rung dieser Stadt passen.
große Herausforderung war. Die Konzeption zeigt im
Ergebnis, daß der Bund in der ehemaligen Bundes- Zum engeren Bereich des Parlamentsviertels: Wir
hauptstadt und jetzigen Bundesstadt Bonn, entgegen waren der Überzeugung, daß es sinnvoll ist, in
manchen Besorgnissen keinerlei innerstädtische Bü- diesem Gebiet, auch auf Grund der historischen
robrachen hinterlassen wird. Die verfügbaren bun- Bedeutung dieses Standortes, einen Schwerpunkt für
deseigenen Gebäude mit rund 520 000 Quadratme- die Ausgleichsbereiche Bildung und Wissenschaft-
5046 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Bundesminister Dr. Klaus Töpfer


sowie Entwicklungspolitik ausbaufähig und dauer- ses Senders noch einmal aufgegriffen worden ist. Es
haft anzusiedeln. ist ganz einsichtig, daß gerade eine solche für die
Bundesrepublik Deutschland in die gesamte Welt
Das bedeutet im Konkreten, daß der Bundes- hinaus ausstrahlende Einrichtung für die Bundes-
minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und stadt Bonn eine ganz besonders gute Ergänzung ih-
Entwicklung seinen Dienstsitz in das gegenwärtige res Profils darstellt. Es ist untersucht worden, inwie-
Bundeskanzleramt verlegen wird und daß wir ent- weit der sogenannte Schürmann-Bau dafür geeignet
wicklungspolitische Einrichtungen, die etwa aus Ber- ist. Es hat sich ergeben, daß eine solche Nutzung
lin nach Bonn verlegt werden, in den Liegenschaften sehr gut möglich ist. Das Kabinett hat deshalb heute
des sogenannten Tulpenfeldes unterbringen werden, beschlossen, daß der Schürmann-Bau saniert und für
was auch mit Blick auf die Nutzung von dortigen lo- die Nutzung der Deutschen Welle fertiggebaut wer-
gistischen Einrichtungen außerordentlich sinnvoll er- den soll,
scheint.
(Zustimmung des Abg. Peter Conradi
Der zweite Schwerpunkt im heutigen Bezirk des [SPD])
Parlaments wird der Ausgleichsbereich Bildung und
Wissenschaft sein. Im Abgeordnetenhochhaus wer- mit einem Konzept, das jetzt durch entsprechende
den insbesondere das Bundesinstitut für Berufsbil- Verträge mit den Unternehmen noch abgesichert
dung und das Deutsche Institut für Erwachsenenbil- und natürlich mit dem Haushaltsausschuß des Deut-
dung einen sehr guten Standort finden können. An- schen Bundestages abgeklärt werden muß. Unser
dere, ergänzende Einrichtungen dieser A rt kommen Ziel muß es sein, dabei die Wirtschaftlichkeit der Lö-
hinzu, so daß wirk lich eine sich wechselseitig ergän- sung in den Vordergrund zu stellen, ohne daß wir die
zende Nutzung dieses so wich tigen Gebäudes mög- städtebauliche und architektonische Qualität dieser
lich wird. Diese Planung ist in besonderer Weise Baumaßnahme Not leiden lassen.
auch deswegen vorgenommen worden, weil nicht zu-
Ziel ist auch, in einer außergerichtlichen Regelung
letzt auch von diesen Institutionen eine besondere die Sanierung auf Kosten möglicher Schädiger
Nachfrage nach der guten Infrastruktur dieses Parla- durchführen zu lassen und durch einen entsprechen-
mentsbereiches ausgeht. Das gilt z. B. für diesen Ple- den Vergleich Anforderungen anderer an diesem
narsaal, aber in hohem Maße auch für viele kleinere
Bau bisher Beteiligten nicht mehr gegen den Bund
und größere Sitzungssäle, die, wie wir alle wissen,
gelten zu lassen.
für die Arbeit des Parlamentes notwendig sind und
nach dem Umzug in eine Folgenutzung eingebracht Insgesamt ist dies, wie ich meine, ein Gesamtkon-
werden können. zept für die Bundesstadt Bonn, das außerordentlich
klar zeigt: Hier ist auf Dauer etwas aufgebaut, und
Es wird also hier ein Schwerpunkt für Entwicklung hier wird nicht durch Rutschbahneffekte oder ähnli-
sowie Wissenschaft und Forschung gebildet. Damit ches die Perspektive dieser Stadt und dieser Region
wird die Zukunftsprofilierung dieses Standorts unter- in Frage gestellt.
strichen; vorhandene Infrastrukturen und infrastruk-
turelle Investitionen können dadurch gut genutzt Ich betone noch einmal, daß ich mich freue, die
werden. breite Unterstützung in der Region und auch vom
Land NRW bekommen zu haben. Daß die mögliche
Diese konzeptionellen Überlegungen waren auch Verlagerung der Deutschen Welle keinen unmittel-
der Ansatzpunkt dafür, daß überprüft worden ist, in- baren Beifall do rt findet, wo dieser Sender möglicher-
wieweit die in Bonn zu gründende Ins titution CAE- weise in Zukunft nicht mehr ist, ist nachvollziehbar.
SAR einen Standort im unmittelbaren Parlamentsbe- Ich habe auch Verständnis dafür, möchte aber deut-
reich erhalten könnte. Diese Möglichkeit ergibt sich lich sagen, daß es nicht in erster Linie eine Frage ist,
dann, wenn die auf dem Gelände der Gronau bisher wie man eine Bausubstanz füllt, sondern wie eine sol-
vorgesehenen Baumaßnahmen nicht in der gleichen che Einrichtung auch in die Gesamtprofilierung die-
Größenordnung weitergeführt werden können. Es ist ser Standortregion hineinpaßt, ohne daß sie damit
dann möglich, diese Liegenschaft als Standort für dem Rheinland insgesamt verlorengeht.
CAESAR mit heranzuziehen. Der Bundesforschungs-
minister hat hierzu ein entsprechendes Standortgut- Recht herzlichen D ank, Frau Präsidentin.
achten in Auftrag gegeben, das drei Standorte unter-
sucht. Hierüber wird abschließend zu entscheiden Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als erste Fragestel-
sein, wenn die Bewertungen dieser drei Standorte lerin Frau Limbach.
vorliegen. Die Prüfung des Standortes Gronau ist
deswegen aufgenommen worden, weil auch von die-
ser Einrichtung Nutzungen für vorhandene Infra- Editha Limbach (CDU/CSU): Es ist ganz offensicht-
struktur im Parlaments- und Regierungsviertel aus- lich, daß die Frage der Nutzung bundeseigener Ge-
gehen können. bäude in dieser Stadt und das Unterbringungskon-
zept für die Ministerien, die mit erstem Dienstsitz
Meine Damen und Herren, dies hat wiederum hier sein werden, und für die zweiten Dienstsitze de-
dazu geführt, daß unabhängig von den uns vom rer, die in Berlin sein werden, wie aber auch die Un-
Haushaltsausschuß ohnedies aufgetragenen Über- terbringung für Institutionen und Behörden, die hier
prüfungen, inwieweit die Deutsche Welle in diesen hinkommen, von außerordentlicher Bedeutung für
Parlamentsbereich gebracht werden kann, und un- die Entwicklung der Stadt ist; denn die Bundesstadt
abhängig von der Notwendigkeit der Nutzung des Bonn muß auf beides achten, auf den Teil, der sozu-
Schürmann-Baus, die Frage der Unterbringung die- sagen Aufgabe der Regierung und des Bundestages
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5047
Editha Limbach
ist, wie sie es im Beschluß seinerzeit versprochen ha- Schluß haben Sie irgendwo den Schürmann-Bau ge-
ben, aber auch auf den Teil, den wir mit Unterstüt- nannt. Ich habe die ganz herzliche Bitte, daß man der
zung des Bundes auch selbst bewältigen müssen, Öffentlichkeit reinen Wein einschenkt.
nämlich hier Neues anzusiedeln. Wenn ich das Kon-
Erstens. Warum ist bisher die Vorlage be treffend
zept sehe, dann erscheint es mir auf den ersten Blick
den Umgang mit dem SchürmannBau vom Bundes-
sehr sinnvoll.
finanzministerium nicht veröffentlicht worden?
Mich würde aber schon interessieren: Ist in diesem
Zweitens. Wo ist Ihre Vorlage in Sachen Schür-
Konzept, zu dem der SchürmannBau und die Deut-
mannBau, die seit Monaten - Ende Mai ist sie ange-
sche Welle, wie Sie ausgeführt haben, gehören, auch
kündigt worden - im Kabinett sein und do rt zur Ent-
vorgesehen, die Gebäude, die jetzt noch nicht na-
scheidungsreife gebracht werden soll?
mentlich aufgezählt sind, wie das Palais Schaumburg
und andere, mit einzubeziehen, z. B. wegen ihrer Nach einem Vorbericht im Haushaltsausschuß im
historischen Bedeutung? Und ist vorgesehen, auch März war dieser Bericht für Mai angekündigt wor-
die Ausstattung dieser Gebäude z. B. mit techni- den. Der Juni, der Ju li, der August und der Septem-
schen Einrichtungen so zu gestalten, daß die Zusam- ber sind ins Land gegangen. Die Schätzungen spre-
menarbeit zwischen der Bundeshauptstadt Berlin chen ja von einer Viertelmillion DM Stillstandskosten
und der Bundesstadt Bonn auch auf diesem Gebiet pro Monat. Das heißt, allein die vier Monate Untätig-
problemlos ablaufen kann, daß a ll das, was an Kom- keit haben Stillstandskosten von einer Mi llion DM
munikationsmöglichkeiten vorhanden ist, genutzt verursacht. Die Zeit läuft ja weiter. Der Oktober ist
wird, so daß nicht hinterher Reibungsverluste entste- bald um. Wir werden dann bald in den Dezember
hen, die das hier vorgestellte Konzept gefährden hineinkommen. Abgesehen davon, wann wir die
könnten? Vorlage endlich zur Kenntnis nehmen können, ist die
Frage: Wann kann die Regierung dem Parlament
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord- endlich einen Baubeschluß präsentieren? Wann trifft
nung, Bauwesen und Städtebau: Frau Kollegin Lim- das Kabinett die Entscheidung, den Schürmann-Bau
bach, es ist heute das sogenannte Grobkonzept der weiterzubauen? Ich habe das zumindest aus der heu-
Nutzung beschlossen worden. Wir werden jetzt die tigen Berichterstattung über die konzeptionelle
Detailklärungen weiterführen, bis hin zu den Fragen Situation nicht heraushören können. Die Frage einer
der technischen Ausstattung einzelner Einrichtun- Konzeption hat ja irgendwo etwas damit zu tun, daß
gen für neue Nutzungsmöglichkeiten. Daß die Kom- das, was im Rohbau steht und was seit mehr als zwei
munikationsinfrastruktur zwischen Bonn und Berlin Jahren in der Diskussion ist, zumindest politisch ent-
leistungsfähig entwickelt werden muß, ist absolut schieden werden muß und daß die politischen Gre-
sicher. Das kann ich zumindest für die gesamte mien, d. h. der Haushaltsausschuß, aber auch die
Funktionsfähigkeit der Bundesregierung und sicher- Fraktionen, endlich einmal über Ihre Entscheidung
lich auch des Parlaments hier festhalten. Federfüh- zum Weiterbau informiert werden müssen.
rend für diese Aufgabe ist der Bundesinnenminister.
Ich bin sicher, daß er ein sehr leistungsfähiges Kon- Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Minister.
zept verwirklicht.
Ich glaube, ich kann noch einmal unterstreichen, Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord-
daß wir alles daransetzen müssen, um für die histori- nung, Bauwesen und Städtebau: Kollege Reschke,
sche Bedeutung dieses Standortes eine wirk lich ich glaube, ich habe eigentlich recht deutlich gesagt,
überzeugende Folgenutzung zu bekommen. Ich daß das Bundeskabinett heute beschlossen hat, die-
meine - das ist nicht nur meine persönliche Mei- sen Bau zu sanieren und für die Deutsche Welle fer-
nung, sondern eine Entscheidung insgesamt -, daß tigzustellen. Dies ist heute beschlossen worden; das
aus dem Zusammenwirken von Entwicklungspolitik, habe ich mitgeteilt. Daß diese Aufgabe vergleichs-
von Wissenschaft und Forschung und der Multiplika- weise viele zusätzliche technische, wirtschaftliche
tion der Nachrichten aus Deutschland über diese und und planerische und auch rechtliche Gesichtspunkte
andere Aufgaben eine außerordentlich gute Dauer- mit sich bringt, ist ganz unstrittig. Deswegen ist im
profilierung für die Bundesstadt Bonn erwachsen Hinblick auf eine weitere Detaillierung noch Erhebli-
kann. Dies hat sicherlich auch dazu geführt, daß die- ches beizutragen. Aber die Grundentscheidung ist
ses Konzept eine doch sehr positive und umfassende gefallen.
Zustimmung aus der Standortregion gefunden hat, Ich bin natürlich auch gem bereit, darüber in den
wobei ich die verständliche Ablehnung der einen zuständigen Ausschüssen im Detail weiter zu berich-
Standortverlagerung aus der Sicht der Stadt Köln nur ten. Wir müssen zwischen Maßnahmen, die jetzt un-
noch einmal erwähnen darf. mittelbar auch zur Sicherung der Baustelle notwen-
dig sind, dem, was im Rahmen der Entwicklung des
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Danke. Sanierungskonzeptes und zur Umsetzung dieser Sa-
nierung durchgeführt wird, und dem unterscheiden,
Herr Reschke. was dann an Zeit und Kosten insgesamt bis zur Fer-
tigstellung des Gebäudes aufzubringen sein wird.
Ott o Reschke (SPD): Herr Minister, Sie haben eben Wir, auch die Mitarbeiter meines Hauses, haben sehr
das Abgeordnetenhochhaus, im Volksmund „Langer intensiv daran gearbeitet, so daß ich schon meine,
Eugen" genannt, erwähnt. Dann haben Sie von den daß wir Ihre Frage sehr klar und deutlich beantwor-
Liegenschaften in der Gronau gesprochen. Zum ten können: Es ist jetzt - wie Sie meinen: end lich; ich
5048 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Bundesminister Dr. Klaus Töpfer


sage: wirk lich - die Entscheidung gefallen, dieses netts steht, ist meine Frage: Haben Sie in der Kabi-
Gebäude in saniertem Zustand im Hinblick auf die nettssitzung heute dazu etwas beschlossen, und
Aufgabenstellung der Deutschen Welle weiterzu- wenn ja, was? Welche Meinung hat das Kabinett in
bauen. dieser Frage?

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Zusatzfrage. Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord-
nung, Bauwesen und Städtebau: Frau Kollegin
Matthäus-Maier, der Bundesrat hat bis zur Stunde
Ott o Reschke (SPD): Ich kann für die SPD-Fraktion den Beschluß, hier in Bonn zu sein. Deswegen geht
nur begrüßen, daß heute im Kabinett die Entschei- dieses Konzept davon aus, daß der Bundesrat hier in
dung zum Weiterbau gefallen ist. Ich habe die ganz Bonn ist. Die im Zusammenhang mit dieser Entschei-
herzliche Bi tt e, Herr Minister, daß Sie der Öffentlich- dung erforderlichen Flächen sind nicht weiter ver-
keit und uns mitteilen, wann der erste Bauauftrag plant worden.
vergeben wird - damit es weitergeht, die Sanierung
beginnen kann und ein Baufortschritt erkennbar ist -
und wann die Verfahren beim Landgericht durch Ingrid Matthäus-Maier (SPD): Eine Nachfrage: Hat
eine außergerichtliche Vereinbarung beendet wer- sich der Bundeskanzler auch im Kabinett in diesem
den. Das sind die beiden wichtigen Fragen, die ge- Sinne geäußert? Dies wäre für die Region wich tig,
löst werden müssen, bevor sich der erste Kran am weil er vor ein paar Wochen öffentlich das Gegenteil
Bau wieder drehen kann. gesagt hat.

Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord-


Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord-
nung, Bauwesen und Städtebau: Ich kann Ihnen nur
nung, Bauwesen und Städtebau: Ich kann Ihnen den
noch einmal sagen, daß das Konzept, das ich vorge-
Tag heute nicht angeben; das ist, glaube ich, auch
legt habe, einvernehmlich in der gesamten Bundes-
nicht Sinn der Sache. Ich kann Ihnen nur sagen:
regierung beschlossen wurde. Wir haben, solange
Heute ist die Entscheidung getroffen worden, den
SchürmannBau weiterzubauen. Jetzt können wir der Bundesrat als selbständiges Verfassungsorgan
die Entscheidung hat, hierzubleiben, darüber auch
alle Voraussetzungen schaffen. Die unmittelbaren Si-
nicht zu richten. Wir müssen die Räumlichkeiten ent-
cherungsmaßnahmen bedürfen, wie Sie wissen, kei-
sprechend zur Verfügung stellen.
nes weiteren Bauantrages. Das können wir direkt
machen; vieles andere ebenfalls. Dies habe ich - dafür habe ich mich hier zu bedan-
ken - auch im Ältestenrat vortragen können. Das war
Auch ich hoffe, daß sich do rt die Baukräne bald eine wich tige Grundlage, denn es kann nicht sein,
wieder drehen. Ich sage noch einmal, daß das auch
daß wir über Gebäude, über Liegenschaften disku-
im Hinblick auf den Zeitablauf notwendig ist. Denn
tieren, die in hohem Maße das Profil dieses Hohen
es gibt ja einen Zeitrahmen, innerhalb dessen die
Hauses geprägt haben, ohne daß der Ältestenrat da-
Deutsche Welle mit einem neuen oder sanierten Ge- von vorab unterrichtet ist. Dafür, daß dies möglich
bäude ausgestattet werden muß. Wenn wir das nicht
war, möchte ich mich noch einmal recht herzlich be-
in der zur Verfügung stehenden Zeit schaffen, be-
danken.
kommen wir auch von daher Probleme. Also ist auch
meine klare Zielsetzung, möglichst schnell die von
Ihnen angesprochenen vertraglichen Regelungen zu Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Kollege Conradi.
schaffen.
Peter Conradi (SPD): Ich habe eine Frage im Zu-
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Danke. sammenhang mit dem Umzug des Bundeskanzler-
amts bzw. mit dem Freiwerden der Gebäude hier.
Frau Matthäus-Maier. Nachdem die Ausschreibung des Wettbewerbs über
die bauliche Gestaltung des Kanzleramts und die
Entscheidung für einen Entwurf die ganze Sache
Ingrid Matthäus-Maier (SPD): Mit dem heutigen
mehr als ein Jahr verzögert haben, ist jetzt zu hören,
Konzept setzt die Bundesregierung ja das um, was
das Bundeskanzleramt in Berlin sei frühestens im
am 20. Juni 1991 und in den folgenden Beschlüssen
Jahre 2001 fertiggestellt. Kann der Bundestag davon
vom Bundestag schon festgelegt worden ist. In dem
ausgehen, daß der Bundeskanzler seine im Ältesten-
Beschluß vom 20. Juli heißt es:
rat gegebene Zusicherung, er werde, wenn das Par-
Der Deutsche Bundestag empfiehlt dem Bundes- lament in Berlin ist, do rt ausreichend präsent sein,
rat, in Wahrnehmung seiner föderalen Tradi ti on aufrechterhält und daß er gegebenenfalls Mieträume
seinen Sitz in Bonn zu belassen. - die es ja in Berlin in großer Zahl gibt - bezieht?
Das hat der Bundesrat ein halbes Jahr später auch so
beschlossen. Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord-
nung, Bauwesen und Städtebau: Herr Kollege Con-
Zur Überraschung und Empörung der Region radi, ich kann jetzt nicht für den Bundeskanzler spre-
Bonn hat der Bundeskanzler vor wenigen Wochen chen und zu seiner vermeintlichen oder tatsächlichen
gesagt, der Bundesrat solle den längst überfälligen Aussage, die Sie zitiert haben, Stellung nehmen. Ich
Beschluß fassen, nach Berlin umzuziehen. Da der kann auch nicht bestätigen, daß das Bundeskanzler-
Bundeskanzler offensichtlich an der Spitze des Kabi- amt in Berlin erst im Jahr 2001 fertig wird. Ich bleibe
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5049
Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
bei der Entscheidungsstruktur, daß der Bundestag dem Haus Carstanjen eine hervorragende Liegen-
und die geschlossenen Teile der Bundesregierung schaft für diese Einrichtungen verfügbar gemacht
zwischen 1998 und 2000 in Berlin funktionsfähig sein haben -, daß das, da wir so weit gekommen sind, an-
sollen. dere Entwicklungen erleichtern wird.
Ich möchte deutlich unterstreichen - ich weiß, daß Der Kollege Blüm hat heute über die mögliche Ver-
viele, die heute anwesend sind, das genauso sehen -, lagerung der regionalen Organisa tion der Internatio-
daß die Umsetzung dieses Beschlusses entscheidend nalen Arbeitsorganisation hierher gesprochen. Es
mit unterstützt wird von einer klaren Posi tion in be- kommt an vielen Ecken etwas in Bewegung, ohne
zug auf die Bundesstadt Bonn. Wenn wir diese bei- daß ich sagen kann, dieses oder jenes sei abgeschlos-
den Elemente verbinden, ist der gesamte Prozeß sen. Ich möchte davor warnen, das einfach nur klein-
leichter umzusetzen. Ich habe überhaupt keinen An- zureden, wie ich überhaupt sagen möchte, Frau Kol-
laß, daran zu zweifeln, daß diese Posi tion auch der legin - -
Bundeskanzler vertritt und daß sie auch für seine
Entscheidung zum Bundeskanzleramt in Berlin gilt. (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Bisher hat
noch keiner etwas klein- oder großgeredet!
Ich habe gefragt!)
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Frau Matthäus-
Maier, noch zu diesem Punkt des Berichtes der Bun- - Ja, gut. Sie haben gerade freundlicherweise ge-
desregierung? - Bitte. sagt: Da ist noch nicht viel passiert. Das nenne ich
kleinerreden. Ich weiß nicht, wann Sie etwas groß-
Ingrid Matthäus-Maier (SPD): Herr Bundesminister, reden.
in den diversen Beschlüssen des Bundestages war Ich möchte die Kollegin, die in dieser Region in be-
vorgesehen - Sie haben heute Details dazu genannt -, sonderer Weise politisch tätig ist, dazu anregen, ein-
möglichst internationale Organisationen in Bonn an- fach einmal zu sagen: P rima, das ist eine gute Sache.
zusiedeln, um es zu einem Zentrum entwicklungspo- Andere aus der Region haben das gesagt. Sie haben
litischer Arbeit zu machen. Bisher ist das nicht ganz es begrüßt und gesagt: Das ist gut. Der Kollege
so gelungen, wie wir alle das gehofft haben. Clement aus Nordrhein-Westfalen hat gesagt: Das ist
Könnten Sie darstellen, wie viele Arbeitsplätze ein gutes und überzeugendes Konzept; wir sollten es
nach den bisher erfolgreich abgeschlossenen Ver- jetzt so machen. Daß wir daran weiter zu arbeiten ha-
handlungen - ich glaube, es handelt sich um zwei ben, es detaillieren müssen, ist doch ganz selbstver-
Organisationen - hierher verlegt werden können? ständlich: Es sind 20 000 Arbeitsplätze berührt;
Können Sie gleichzei tig mitteilen, ob Sie noch Hoff- 43 Institutionen verändern ihre Standorte, können
nung haben in bezug auf andere inte rnationale Or- hierhergebracht werden. Daß ich Ihnen nicht ab-
ganisationen? Und teilt die Bundesregierung die schließend sagen kann, wer in welche Etage des
Meinung der nordrhein-westfälischen Landesregie- Langen Eugen zieht, ist wahr, ist richtig. Aber ich
rung - und setzt sie sich entsprechend dafür ein -, könnte mir vorstellen: Über diese Probleme werden
daß der Ausschuß der Regionen der Europäischen wir noch hinwegkommen, wenn wir wissen, wie das
Union hier nach Bonn geholt werden sollte? Standortkonzept in den Einzelteilen schließlich aus-
sehen wird. Es tut dieser Stadt, dieser Bundesstadt
Bonn sehr gut, so zu handeln.
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord-
nung, Bauwesen und Städtebau: Frau Kollegin
Matthäus-Maier, ich selbst bin, wie Sie sicher wissen, Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Bitte, Frau Matt-
eine Zeitlang Vorsitzender der Kommission für nach- häus-Maier.
haltige Entwicklung der Vereinten Nationen gewe-
sen. Ich konnte mitverfolgen, wie schwierig es ist,
Standortentscheidungen der Vereinten Nationen mit Ingrid Matthäus-Maier (SPD): Entschuldigen Sie,
zu beeinflussen. Da gibt es einen Standortwettbe- Herr Minister, ich habe eine Zusatzfrage. Nachdem
werb rund um die Welt. Sie meine Presseerklärung offensichtlich leider nicht
gelesen haben - ich habe beide Ansiedlungen hoch-
Daß es der Bundesregierung geglückt ist, zwei erfreut zur Kenntnis genommen und das auch öffent-
wichtige Institutionen hier nach Bonn zu holen, ist lich gesagt -, möchte ich Sie nur darauf aufmerksam
eine tolle Sache. Der internationalen Profilierung die- machen, daß ich Ihnen eine Frage gestellt hatte. Sie
ser Stadt wurde damit eine Tür geöffnet. haben sie bedauerlicherweise - angesichts Ihres En-
(Beifall bei der CDU/CSU) gagements - nicht beantwortet.

Ich meine, das sollten wir nicht kleinreden. Vielmehr Eine Frage war: Können Sie sagen, um wie viele
sollten wir deutlich machen, daß es eine ganz wich- Arbeitsplätze es ging?
tige Sache ist, daß Bonn erst einmal als Standort von
Meine zweite Frage: Unterstützen Sie die Forde-
UN-Einrichtungen vermerkt ist.
rung von Nordrhein-Westfalen und auch aus der Re-
Ich habe die Klimarahmenkonvention mit verhan- gion, und zwar parteiübergreifend - die meisten
delt, und ich weiß, was es bedeutet hat, daß Kollegin Dinge dieser Art finden parteiübergreifend statt; des-
Merkel, Kollege Hoyer, der Außenminister und an- wegen hat mich Ihr Zungenschlag ein bißchen ge-
dere das durchgesetzt haben. Ich bin davon über- wundert -, den Ausschuß der Regionen nach Bonn
zeugt - auch angesichts der Tatsache, daß wir mit zu holen?
5050 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord- ten betrifft. Nur, wir sind immer der Meinung gewe-
nung, Bauwesen und Städtebau: Zur ersten Frage: sen, daß diese Wahrscheinlichkeit eher geringer ist,
Ich kann Ihnen aus dem Stegreif nicht sagen, wie weil die Situa tion in Bonn - anders als in Berlin - die-
viele Mitarbeiter im Sekretariat der Klimarahmen- sen Ausgleich aus den vorhandenen Beständen eher
konvention in Bonn angesiedelt werden. Dabei muß ermöglicht.
man fragen: Was ist die Erstausstattung eines sol-
Ich freue mich, daß wir auch in der Personal- und
chen Sekretariates? Sie wird nicht gewaltig groß
Sozialkommission des Deutschen Bundestages unter
sein. Welche Entwicklung ist damit aber möglicher-
weise verbunden? Ich könnte auf einige Details ein- dem Vorsitz von Herrn Kollegen Klose dieses Papier
einstimmig verabschiedet haben. Ich danke an dieser
gehen, möchte es aber dem Kollegen Klinkert über-
Stelle auch den Kolleginnen und Kollegen der Frak-
lassen, das aus der Sicht des Umweltministeriums
tionen, die daran mitgearbeitet haben. Es war eine
darzustellen.
ganz wichtige Grundlage, Unkenntnisse zu beseiti-
Zur zweiten Frage möchte ich sagen: Natürlich gen; denn aus Unkenntnis, auf Grund fehlender In-
wird die Bundesregierung immer alle Bemühungen formation kommen viele Unsicherheiten und damit
unterstützen, die geeignet sind, zusätzliche interna- Ängste und Besorgnisse von Menschen. Ich glaube,
tionale Profilierungen für diese Stadt und diese Re- wir sollten alle gemeinsam - wie in der Vergangen-
gion zu erreichen. Das gilt natürlich auch für das, heit - bemüht sein, Unkenntnisse abzubauen und da-
was Sie hinsichtlich des Ausschusses der Regionen mit mehr Sicherheit und Abbau von Angst zu ermög-
gesagt haben. Das ist in besonderer Weise auch von lichen. Deswegen noch einmal: Es gilt das gleiche
der Landesregierung vorangebracht bzw. verfolgt unter gleichen Bedingungen, also Wohnungsfür-
worden. Ich glaube, das kann nicht einer allein ma- sorge in Berlin wie in Bonn, wenn die Situation das
chen, sondern wenn, dann muß das von Bund und erforderlich machen sollte.
Ländern weiter vorangebracht werden. Ich gehe da-
von aus, daß auch das Außenministerium das genau Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Danke. - Herr
so sieht. Reschke.
Wo immer eine Chance besteht, das hierhinzubrin-
gen - in Kenntnis von Brüssel, Luxemburg, Straß- Ott o Reschke (SPD): Herr Minister, natürlich ha-
burg und anderen Wettbewerbern um diesen St and- ben wir keine Ängste, etwas, was Sie sagen, zu be-
ort -, wird die Bundesregierung das mit Freude und grüßen, zumal es sich hier um Schularbeiten h andelt,
Nachdruck tun. Sie macht das auch deswegen, weil deren Erledigung seit vier Jahren aussteht. Aber das
es unserem internationalen Erscheinungsbild sehr haben nicht Sie zu verantworten. Wir begrüßen aus-
gut tut, wenn solche bedeutsamen Einrichtungen drücklich, was hinter dem Bonn-Konzept steht, näm-
auch in unserem Lande angesiedelt werden. Wenn lich na tionale und internationale Institutionen nach
sie dann auch noch in der Bundesstadt Bonn sind, ist Bonn zu holen.
das um so besser.
Aber für mich kommt es darauf an, daß jetzt hier
und heute für diese Region - da gibt es noch einiges
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Frau Limbach. zu besprechen - eine klare Antwort gegeben wird
unter dem Stichwort: Kommt CAESAR, oder kommt
Editha Limbach (CDU/CSU): Herr Bundesminister, CAESAR nicht? Was ist mit CAESAR? Da muß ein-
Sie haben erfreulicherweise die zugesagten Aus- mal ganz klar gesagt werden, was Sache ist. Eine
gleichsmaßnahmen, die auch im Unterbringungs- wichtige Frage im Gesamtkonzept ist für mich: Fin-
konzept vorgesehen sind, also die Unterbringung det CAESAR auch im Schürmann-Bau statt?
von Behördeninstitutionen, die für Bonn vorgesehen
sind, darstellen können. Behördeninstitutionen be- Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord-
stehen aber nicht nur aus Schreibtischen, sondern nung, Bauwesen und Städtebau: Herr Kollege
auch aus den dazugehörenden Menschen. Diese Reschke, um es klar zu beantworten: Natürlich
Menschen brauchen Behausungen, brauchen Woh- kommt CAESAR; CAESAR kommt nach Bonn. Die
nungen. Gehen Sie davon aus, daß im Zuge dieses Voraussetzungen sind geschaffen. Die Finanzie-
ganzen Projektes auch in Bonn nicht nur p rivat, son- rungsregelungen sind geklärt, auch was die Bauinve-
dern auch von Bundesseite noch Wohnungen gebaut stitionen, die Investitionen von 190 Millionen DM be-
oder gefördert werden müssen? trifft. Dazu wird uns aus dem zuständigen Ministe-
rium gesagt, daß von den 190 Millionen DM etwa die
Hälfte wirk lich Bauinvestitionen sind. Das andere
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord- sind Ausrüstungsinvestitionen im Gebäude.
nung, Bauwesen und Städtebau: Frau Kollegin Um-
bach, wir haben in dem Wohnungskonzept „Umzug" Es gibt - ich darf es noch einmal sagen - gegen-
auch die Tatsache be trachtet, daß durch den Umzug wärtig eine Untersuchung, die Kollege Rüttgers in
etwa von Berlin nach Bonn oder von Frankfurt nach Auftrag gegeben hat, insgesamt drei Standorte in
Bonn ergänzende Wohnungsangebote geschaffen Bonn auf die beste Eignung für diese Einrichtung zu
werden müßten. Wir haben in das Konzept hineinge- überprüfen. Darunter ist die Gronau, in unmittelba-
schrieben, daß, wenn die Voraussetzungen und die rer Nachbarschaft des Schürmann-Baus. Ein zweiter
Grundlagen gleich sind, auch eine vergleichbare denkbarer Standort sind die Liegenschaften des so-
Förderung vorgesehen wird, sowohl was die Fami- genannten ehemaligen Zementwerkes auf der ande-
lienheimförderung als auch was die Fragen der Mie- ren Rheinseite. Das ist, glaube ich, hier bekannt.
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5051
Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
Das Ergebnis dieser Untersuchungen, das Für und Wenn bei uns die Informationen nicht vorhanden
das Wider, wird, wie uns mitgeteilt worden ist, noch sind, kommen wir gern auf Ihre zurück. Ich kann Ihre
im Oktober abschließend vorgelegt. Dann werden Informati on nur entgegennehmen. Ich weiß nicht, ob
wir zusammen mit dem Kollegen Rüttgers zu ent- sie den Tatsachen entspricht. Doch ich kann mir vor-
scheiden haben, wie das am sinnvollsten geregelt stellen, daß die Rahmengrößen in etwa so stimmen
werden kann. können.

Ich sage noch einmal: Es war meine Verpflichtung, Herzlichen Dank.


darauf aufmerksam zu machen. Erstens. Wenn wir im
Besitz dieses Grundstückes verbleiben, wie jetzt vor-
getragen, werden wir auf dem Grundstück Fläche Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Frau
haben, um eine solche Einrichtung do rt bauen zu Matthäus-Maier.
können. Zweitens. Dieser Standort brächte erhebli-
che Verbundvorteile in der dargestellten A rt der Mit-
nutzung von vorhandener Infrastruktur im Regie- Ingrid Matthäus-Maier (SPD): Herr Minister, Sie ha-
rungs- und im Parlamentsbereich mit sich. Drittens. ben erwähnt, daß Institutionen aus anderen Städten
Es wäre eine gute Möglichkeit, auch Verbundvorteile - so steht es in den Beschlüssen - nach Bonn kom-
zu dem jetzt noch weiter zu bauenden Schürmann- men: Rechnungshof und Kartellamt. Nun war heute
Bau in dem gesamten Bereich von Ver- und Entsor- das personalwirtschaftliche Gesamtkonzept nicht
gung und anderen Bereichen zu nutzen. Deswegen Gegenstand der Diskussion im Kabinett.
war es meine Verpflichtung, darauf aufmerksam zu
machen, daß dies so ist. Dennoch: Glauben Sie nicht auch, nachdem sich
die kritischen Stimmen mehren, die meinen, hier
Ich bin denen, die beteiligt waren, dankbar, daß werde besonders etwas für Bonner Beamte get an ,
sie mitgegangen sind: vom Kollegen Rüttgers bis hin daß Sie darauf aufmerksam machen sollten, daß das
zu der Frau Oberbürgermeisterin dieser Stadt, die personalwirtschaftliche Gesamtkonzept für alle gilt,
eben nicht gesagt hat, das sei Ausgleichsmaßnahme die im Bundesgebiet auf Grund der Beschlüsse zum
und dürfe in dem Zusammenhang nicht gesehen Umzug gezwungen werden, sei es von Frankfu rt
werden, weil es damit nichts zu tun habe. nachBodervlinachBo?Ste
nicht darauf aufmerksam machen, daß das für alle
Ich glaube, daß wir die wenigen Tage, bis das Gut- gilt, also auch für die Richter am Bundesverwaltungs-
achten vorliegt, warten sollten, um dann auch wirk- gericht, die von Berlin nach Leipzig umziehen müs-
lich abschließend zu entscheiden: Jawohl, das ist sen? Es handelt sich hier also nicht um ein Schmuck-
sinnvoll. Aber Sie werden auch verstehen, daß ich kästchen oder um ein Geschenk für sogenannte Bon-
sehr froh bin, daß wir heute diesen Kabinettsbe- ner Beamte. Meinen Sie nicht, daß Sie das ein biß-
schluß fassen konnten, daß ich mich aber in dieser chen deutlicher machen sollten?
Frage noch nicht abschließend festlege, ob CAESAR
hierhin oder an einen anderen Standort in Bonn
kommt. Es ist besser, noch einige Tage zu warten, Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord-
auch wenn dies möglicherweise eine Rüge der Oppo- nung, Bauwesen und Städtebau: Frau Matthäus-
siti on zur Folge hat, wir hätten wieder nicht entschie- Maier, zunächst bin ich ganz Ihrer Meinung, daß wir
den. mit sehr viel Nachdruck und Überzeugungskraft
klarmachen müssen, daß hier nicht ein Umzug mit
goldenen Verbesserungen angeboten wird. Man hört
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Lippelt. das natürlich, aus sehr vordergründigen Mo tiven. Ich
möchte gern wissen, was diejenigen, die darüber so
vordergründig reden, sagen würden, wenn sie selber
Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Be tr offene eines solchen Umzugs wären, wenn sie
Herr Minister, um den Bedürfnissen der Kollegin den Umzug mittragen müßten, ob sie wollen oder
Matthäus-Maier nach Quantifizierung der Arbeits- nicht. Das hier zu sagen, daran liegt mir.
plätze nachzukommen: Würden Sie bestätigen, daß
ich als Nicht-Bonner auf Befragen der UN vielleicht Ich nehme auch gern das auf, was Frau Kollegin
richtig gehört habe, daß die Klimakonferenz 60 bis Limbach gefragt hat: Das gilt für den Wohnungsbe-
70 Arbeitsplätze bringen wird und das Volunteers reich ebenso wie für das personalwirtschaftliche Ge-
Program ca. 300? samtkonzept. Ich kann an dieser Stelle natürlich nur
für die Frage Bonn/Berlin bzw. Berlin/Bonn spre-
chen, nicht mit Blick auf die Beschlüsse der Födera-
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord- lismuskommission.
nung, Bauwesen und Städtebau: Herr Kollege, ich
danke Ihnen sehr herzlich. Ich bin immer darüber er- Ich möchte es noch einmal sagen: Es geht nicht um
freut, wie nachhaltig die Bundesregierung von der irgendeine besonders günstige Regelung für die eine
Oppositi on, besonders vom Bündnis 90, unterstützt Richtung, nämlich von Bonn nach Berlin, sondern es
wird. geht darum, faire, sozialverträgliche Voraussetzun-
gen dafür zu schaffen, daß Bundestag und Bundesre-
(Vorsitz : Vizepräsident Dr. Burkhard gierung in Berlin funktionsfähig arbéiten können,
Hirsch) ohne daß die Region Bonn ihr eigenes Profil verliert.
5052 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Wir haben Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Vielen Dank. -
zwar noch Zeit - knapp drei Minuten -, aber keine Herr Kollege Kubatschka, ich hatte Ihren Hinweis
Fragen mehr. auf die „biologische Vielfalt" als eine Scherzbemer-
kung betrachtet und wußte nicht, daß es dazu ein
(Horst Kubatschka [SPD]: Wir haben noch Übereinkommen gibt.
die „biologische Vielfalt" ! - Katrin Fuchs
[Verl] [SPD]: Wir haben noch ein zweites Aber nun ist die Zeit für die Befragung der Bundes-
Thema!) regierung tatsächlich abgelaufen.

Bitte sehr. (Ulrike Mehl [SPD]: Eine kleine Frage


noch!)
- Na gut. Ich kann Ihnen nicht widerstehen.
Ulrike Mehl (SPD): Herr Präsident, ich möchte noch
das Thema biologische Vielfalt ansprechen. Die Bun- (Heiterkeit)
desregierung hat heute über den Bericht zur Kon-
vention über die biologische Vielfalt diskutiert.
Dazu habe ich zwei Fragen an die Bundesregierung: Ulrike Mehl (SPD): Es gibt im November die Ver-
tragsstaatenkonferenz. Deswegen ist mir wichtig,
Erstens. Befaßt sich der Bericht auch mit der Frage nachzufragen, was - das hängt sicherlich mit dem
der Ökologisierung der Landwirtschaft a) in der Eu- Bericht zusammen - von der Bundesregierung auf
ropäischen Union und b) in Deutschland? der Vertragsstaatenkonferenz insbesondere hinsicht-
lich der Sicherheit im Umgang mit genetisch verän-
Zweitens. Welche S trategie verfolgt die Bundesre- derten Organismen vertreten wird. Wird die Bundes-
gierung, um die Landwirtschaft in Deutschl and zum regierung einem Bio-Safety-Protokoll zustimmen?
Zwecke der Umsetzung der biologischen Vielfalt um- Wenn nicht, warum nicht? Was, glaubt die Bundes-
weltverträglicher zu machen? Wird die Bundesregie- regierung, ist hinsichtlich der Rechte auf Zugang zu
rung dazu das Instrument der Gemeinschaftsaufgabe den genetischen Ressourcen und deren umweltver-
„Agrarstruktur und Küstenschutz" nutzen? Wenn ja, träglicher Nutzung und gleichzeitig der Sicherung
in welcher Weise, mit welcher Zielrichtung wird das der souveränen Rechte der Herkunftsländer zu re-
geschehen? Wird das auch in Richtung Finanzierung geln? Was wird die Bundesregierung in diesen Fra-
und Umsetzung von Biotopschutzmaßnahmen und gen vertreten?
damit der Konvention über die biologische Vielfalt
gehen?
Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
desministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit: Frau Kollegin Mehl, das von Ihnen ange-
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Bitte, Herr sprochene Bio-Safety-Protokoll sieht die Bundesre-
Staatssekretär. gierung als ein Instrumentarium an, das zumindest in
Deutschland im vorhandenen Gesetzeswerk bereits
berücksichtigt ist. Dessenungeachtet glauben wir,
Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär bei der Bun- daß einige Teile davon durch ein zusätzliches, völker-
desministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktor- rechtlich gültiges Protokoll geregelt werden können,
sicherheit: Frau Kollegin, der Bericht zur Umsetzung beispielsweise die grenzüberschreitenden Bewegun-
des Übereinkommens über die biologische Vielfalt gen von genmanipuliertem Mate rial. Dies ist der
umfaßt das gesamte Spektrum des Artenschutzes Standpunkt, mit dem die Bundesregierung nach Ja-
und des Naturschutzes. Dabei spielt natürlich auch karta gehen wird.
die Landwirtschaft - nicht nur die nationale - eine
große Rolle. Der Bericht geht u. a. darauf ein, wie Ich bitte um Verständnis, daß ich Ihnen den zwei-
den Entwicklungsländern bei dem Zusammenspiel ten Teil Ihrer Frage schriftlich beantworte.
von Ökonomie und Ökologie geholfen werden kann,
und dies auch unter dem Aspekt, wie eine umweltge- (Ulrike Mehl [SPD]: Gerne!)
rechte landwirtschaftliche Produktion stattfinden
kann. Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Damit ist die
für die Befragung der Bundesregierung vorgesehene
Dies bezieht natürlich auch die Probleme der deut-
Zeit abgelaufen. Ich beende damit die Befragung.
schen Landwirtschaft ein. Der Bericht h andelt
schwerpunktmäßig davon, wie die biologische Viel-
falt in Deutschland gesichert werden kann. Er geht Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
nicht so tief in Details, wie Sie gefragt haben. Aber er
sieht ausdrücklich vor, daß die biologische Vielfalt Fragestunde
letztendlich auch über eine umweltgerechte Land- - Drucksache 13/2527 -
wirtschaft gesichert werden muß. Dazu wird es eine
ganze Reihe gesetzlicher Festlegungen geben, an Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
denen die Bundesregierung zur Zeit arbeitet. Ich er- riums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und
innere an das Bundesnaturschutzgesetz. Ich denke, Technologie auf. Zur Beantwortung steht Herr Parla-
daß hierbei die Landwirtschaft ihrer Rolle gerecht mentarischer Staatssekretär Neumann zur Verfü-
werden wird. gung.
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5053
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Ich rufe Frage 1 des Kollegen Kubatschka auf: Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung
Wie reagie rt die Bundesregierung auf die Ergebnisse der Unter- und Technologie: Dieser Sachverhalt ist mir nicht be-
suchungen amerikanischer Wissenschaftler des Argonne Natio- kannt. Aber wenn ich mir den Text der Argonne-Stu-
nal Laboratory (ANL), die im Auftrag und mit finanzieller Unter-
stützung des US-Energieministeriums Möglichkeiten unter-
die ansehe und in der englischen Fassung davon ge-
suchten, die geplante Neutronenquelle statt mit hochangerei- sprochen wird, daß, um LEU beim FRM II gebrau-
chertem Uran (ITU) mit nicht mehr in Atombomben einsetzba- chen zu können, eine Intensität von 6 bis 6,5 Gramm
rem leicht angereiche rtem Uran (LEU) zu be tr eiben, und welche pro Kubikzentimeter entwickelt werden müßte, und
Konsequenzen ergeben sich daraus für den Bau des Forschungs-
reaktors (FRM II) in Garching?
an anderer Stelle davon gesprochen wird, daß die
Dichte von 6 bis 6,5 Gramm pro Kubikzentimeter er-
folgreich entwickelt werden könnte, muß ich unter-
stellen, daß diese Dichte noch nicht vorhanden ist
Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bun- und im Augenblick auch nicht entwickelbar ist. Inso-
desminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung fern habe ich Ihre Frage indirekt beantwortet.
und Technologie: Bei der Studie des Argonne Na tio-
nal Laboratory handelt es sich im wesentlichen um Aber es ist wohl richtig, anzunehmen, daß, wenn
eine Parameterstudie, mit der versucht wird, zu zei- die Studie den Zweck hat, eine Alte rnative aufzustel-
gen, daß ein dem FRM II vergleichbarer Reaktor mit len, bei Vorhandensein verdichteteren Brennstoffes
Uran von 20 %iger Anreicherung gebaut werden dies in der Studie mit Sicherheit zum Ausdruck ge-
kann. Die Studie geht ganz wesentlich von der Ver- kommen wäre.
fügbarkeit und Einsatzbereitschaft dichterer Brenn-
stoffe mit niedrigerer Anreicherung aus, als sie in
FRM II vorgesehen sind. Nach Kenntnis der Bundes-
regierung sind derar tige Brennstoffe für einen Ein- Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre zweite Zu-
satz in einer Hochleistungsquelle nicht verfügbar. satzfrage.
Arbeiten zur Entwicklung und Erprobung eines der-
artigen Brennstoffs wären risikoreich, d. h. vom Er-
gebnis her offen, zeitaufwendig und kostspielig. Da- Horst Kubatschka (SPD): Herr Staatssekretär, ist
mit ist deutlich, daß es auf absehbare Zeit zum Ein- die Bundesregierung bereit, über die Ergebnisse der
satz von HEU, d. h. hochangereichertem Uran, im Studie der amerikanischen Wissenschaftler sowohl
FRM II keine Alternative gibt. unter Einbeziehung der Fachleute der TU München
als auch unabhängiger Nuklearforscher zu diskutie-
Die Argonne-Studie schlägt im übrigen eine Ände- ren?
rung des Designs des Reaktorkerns vor, da nur so -
auch unter Annahme dichterer Brennstoffe - ein An-
reicherungsgrad von 20 % erreichbar erscheint. Die Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
Studie kommt zu dem Ergebnis, daß in jedem Falle desminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung
eine erhebliche Leistungserhöhung des Reaktors not- und Technologie: Die Bundesregierung ist dazu
wendig wäre und damit erheblich höhere Bau- und selbstverständlich bereit. Sie ist auch gehalten, das
Betriebskosten. Reaktortechnische und vor allem si- zu tun, weil Sie zu jeder Sitzung eine entsprechende
cherheitstechnische Probleme wurden dabei nicht Frage stellen und diese Frage dazu führt, daß ich
behandelt. Die Argonne-Studie liefert keine überra- mich auf den Sachverhalt erneut vorbereite - mit all
schend neuen Erkenntnisse, die ein Überdenken er- den Dingen, die Sie hinterfragen. Insofern können
fordern. Sie davon ausgehen, daß dies - ich rechne damit, daß
sich das in Zukunft so fortsetzen wird - ein regelmä-
Schließlich ist festzuhalten, daß der FRM II we- ßiger Diskussionsprozeß sein wird. Aber solange
sentliche Stufen des Genehmigungsverfahrens keine neuen Erkenntnisse vorhanden sind - sie sind
durchlaufen hat und daß mit einer baldigen Entschei- nicht vorhanden - und es, bezogen auf den Neutro-
dung der Genehmigungsbehörden über die Bauge- nenfluß, auch keine Alternative gibt, die beim FRM II
nehmigung zu rechnen ist. zugrunde gelegt werden kann, sehen wir keine Ver-
anlassung, von unserer Posi tion abzugehen.

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege,


Ihre Zusatzfrage. Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Eine Zusatz-
frage, bitte.

Horst Kubatschka (SPD): Herr Staatssekretär, ist es


richtig, daß die im sogenannten Modell II der ameri- Wolfgang Behrendt (SPD): Herr Staatssekretär,
kanischen Wissenschaftler angeführte Urandichte, stimmen Sie mir zu, daß die Tatsache der Finanzie-
der sogenannte superdichte Modellkem, von 6 bis rung der ANL-Studie durch das amerikanische Ener-
6,5 Gramm pro Kubikzentimeter bereits 1993 von gieministerium die Ernsthaftigkeit des amerikani-
Wissenschaftlern einer französischen Firma im Labor schen Kooperationsvorschlages unterstreicht, nach-
getestet wurde und Ergebnisse erreicht wurden? dem die Bundesregierung noch im August 1995 be-
Diese Firma dürfte der Münchener Universität nicht tont hatte, es liege kein offizielles und formales An-
unbekannt sein. gebot vor?
5054 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bun- vertretbar ist, auf niedrigangereichertes Uran umstel-
desminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung len. Ich nenne hier die GKSS, KFA in Jülich, Hahn-
und Technologie: Ich stimme Ihnen zu, daß alles das, Meitner-Institut usw. Dennoch war auch im Rahmen
was die amerikanische Regierung betreibt, ernsthaft des damaligen RERTR-Programms deutlich gewor-
ist, so auch die Absicht, zu überprüfen, ob es möglich den, daß in bestimmten Situationen - wenn for-
ist, der Zielsetzung der Amerikaner zu folgen, also schungspolitisch notwendig - zu Forschungszwek-
auch in diesem Fall, beim FRM II, auf hochangerei- ken auf hochangereichertes Uran zurückgegriffen
chertes Uran zu verzichten. werden kann.

Diese Absicht wird seit vielen Jahren ernsthaft vor- Das Ergebnis ist, daß im übrigen auch in den USA
getragen. Wir sind in einem ständigen Dialog. Wir nach wie vor etwa 20 Reaktoren mit hochangerei-
machen gemeinsame Workshops, sowohl in Amerika chertem Uran bet rieben werden, auch in Europa
als auch hier, und sind trotzdem zu dem Ergebnis ge- mehrere, weil eine bestimmte Qualität, wie wir sie im
kommen - dies bei Kenntnis der Amerikaner -, daß FRM II in München haben, nur mit hochangereicher-
es zu dem, was wir in Garching vorhaben, im Augen- tem Uran zu erzielen ist. Insofern differenzieren wir
blick keine technologische Alternative gibt. hier sehr.

Aber es ist richtig - das kann ich nicht bestreiten -, Das ist auch der einzige Reaktor, auf den wir uns
daß es die Amerikaner aus einer Reihe von Gründen konzentrieren wollen, mit einem besonderen Ergeb-
lieber hätten, daß wir diesen Reaktor mit niedrigan- nis. Im übrigen steht dies nicht im Gegensatz zu die-
gereichertem Uran betreiben würden. sem Reduzierungsprogramm. Es steht auch nicht im
Gegensatz zum Nichtverbreitungsvertrag für Atom-
waffen, der kürzlich erneut diskutiert und verlängert
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Zu einer weite- wurde, in dem diese Möglichkeit der Nutzung zu
ren Frage Dr. Lippelt. Forschungszwecken zugelassen wurde.

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Vielen Dank. -


Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nächste Zusatzfrage, Professor Teichmann.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie eben noch einmal
betont haben, daß die Genehmigung bald bevor-
steht: Wird Ihnen nicht angst und bange, wenn Sie Dr. Bodo Teichmann (SPD): Herr Staatssekretär
sehen und hören, daß die Amerikaner ein Abreiche- Neumann, ich schließe an die Frage von meinem Kol-
rungsprogramm für ihre Forschungsreaktoren laufen legen Kubatschka an: Kann die Bundesregierung be-
haben und sich sehr darum bemühen, daß nun end- stätigen, daß mit dem sogenannten superdichten Mo-
lich auch die Deutschen vernünftig werden? Macht dellkern und dem dadurch größeren LEU-Design
Ihnen dieser Alleingang, bei dem Sie die Baye rn und mehr Raum für die Anordnung von Experimentier-
Garching unterstützen, nicht außenpolitisch Sorgen, einrichtungen um die Neutronenquelle beim geplan-
oder gibt es in Ihrem Ministerium keine außenpoliti- ten Forschungsreaktor München II zur Verfügung
schen Aspekte? stehen würde?

Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bun- Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung desminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung
und Technologie: Mich erfreut es erst einmal, daß Sie und Technologie: Die Frage geht wirklich sehr in die
- das ist für mich neu - die amerikanische Politik zur Möglichkeiten technologischer Experimente hinein.
Grundlage Ihrer Fragen machen. Ehe ich Ihnen als Nichtnaturwissenschaftler etwas
Falsches sage, bevor ich Ihnen etwas bestätige,
(Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE würde ich gerne nachfragen und Ihnen die Antwort
GRÜNEN]: Das werden Sie öfter erleben!) schriftlich geben.
Aber ich begrüße das; denn meistens liegen die
Amerikaner durchaus richtig und im Konsens mit Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Dann rufe ich
uns. die Frage 2 des Kollegen Kubatschka auf:
Sie müssen aber differenzieren: Die weltweiten Be- Wie reagiert die Bundesregierung auf Äußerungen des Pres-
mühungen - auch im Forschungsbereich -, do rt , wo sesprechers der Projektgruppe Neuer Forschungsreaktor der
Technischen Universität München, Gerd von Hassel, in der
es möglich ist, Reaktoren zu bauen und zu betreiben, „Süddeutschen Zeitung" vom 26. September 1995, daß nach
die mit niedrigangereichertem Uran, also nicht bom- Verbrauch der 400 kg Uran - etwa ab dem Jahre 2011 oder 2012 -
benfähigem Uran, auskommen, sind zu unterstützen „Osteuropa" als Lieferant in Frage komme, und ist es richtig,
und werden unterstützt. Diese Bemühungen finden daß bereits Gespräche zwischen dem Ministe rium für Atomener-
gie der Russischen Föderation (Minatom) und der Europäischen
ihren Ausdruck auch in dem sogenannten RERTR- Union über Uranlieferungen Rußlands an die Euratom stattge-
Programm, diesem Anreicherungsreduzierungspro- funden haben?
gramm, an dem wir beteiligt sind.

Dies hat dazu geführt, daß wir auch in Deutschland Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
eine Reihe von Reaktoren do rt , wo es technologisch desminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5055
Parl. Staatssekretär Be rn d Neumann
und Technologie: Die zitierte Äußerung des Presse- Horst Kubatschka (SPD): Herr Staatssekretär, wird
sprechers der Projektgruppe geht auf ein sprach- die Bundesregierung bei der EU bzw. bei Euratom
liches Mißverständnis zurück. Nach Rücksprache mit vorstellig werden, um in der Frage des Handels mit
dem betreffenden Pressesprecher hat dieser glaub- HEU eine einheitliche Position, nämlich im amerika-
haft versichert, „aus Europa" gesagt zu haben. Wie- nischen Sinne, zu forde rn?
dergegeben wurde „Osteuropa" . - So das Ergebnis
unserer Nachfrage.
Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
Ich füge darüber hinaus hinzu: In der Gemein- desminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung
schaft hat die Euratom-Versorgungsagentur die und Technologie: Wir können gern, wenn dies not-
rechtliche Verpflichtung, Lieferquellen für die Ver- wendig ist, nochmals mit Euratom in Kontakt treten,
sorgung der Gemeinschaft mit Kernbrennstoffen zu um möglichst einheitlich vorzugehen. Auf der ande-
finden, und führt zu diesem Zweck Gespräche mit ren Seite darf nicht verkannt werden, daß es in Ame-
potentiellen Lieferanten, wozu auch Rußland gehört. rika und aus Amerika ein anderes Interesse gibt:
Sie handelt dabei in eigener Zuständigkeit. Ich kann nicht nur wegen der mit der Nutzung potentiell ver-
Ihnen aber versichern - wie ich das schon in der letz- bundenen Gefahren, sondern auch aus innenpoliti-
ten Fragestunde getan habe -, daß es keine Ver- schen Gründen. Solange die Amerikaner sich sper-
handlungen bezüglich der Versorgung von For- ren und nicht bereit sind, Forschungsreaktoren zu
schungsreaktoren in Deutschland mit hochangerei- beliefe rn, wie das früher der Fall war, kann es durch-
chertem Uran aus russischen Beständen gibt. aus im deutschen Interesse sein, sich auf dem euro-
päischen Markt insgesamt umzusehen. Das tut Eura-
tom.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege
Kubatschka, Ihre Zusatzfrage. Ich nehme Ihre Anregung aber gerne auf, um diese
Thematik mit Euratom nochmals zu besprechen.

Horst Kubatschka (SPD): Herr Staatssekretär, auch


ich habe recherchiert: Der Journalist, der berichtet Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Die nächste
hat, glaubt nicht an den Hörfehler. Er hat „Osteu- Frage hat der Kollege Dr. Lippelt.
ropa" bestätigt. - Aber das nur nebenbei.

Ich möchte schon wissen, wie die Bundesregierung


die Gespräche in Moskau beurteilt. Sieht sie darin Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
nicht eine Brüskierung der amerikanischen Seite, die Herr Staatssekretär, könnte es sein, daß die amerika-
sich gegen den Handel mit HEU gewandt hat? nische Seite zwischen der Versorgung von For-
schungsreaktoren, die noch nicht mit abgereichertem
Uran auskommen können, also gewissermaßen Alt-
Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bun- beständen, und der Versorgung eines Reaktors un-
desminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung terscheidet, der entgegen dem Geist des seinerzeiti-
und Technologie: Für die Belieferung von Reaktoren gen Übereinkommens „Nuclear Fuel Cycle Confe-
mit Uran zu friedlichen Zwecken, zu Forschungs- rence" neu gebaut wird?
zwecken ist, wie Sie wissen, unter Kontrolle der EU
die Versorgungsagentur bei Euratom zuständig. Sie Könnte es sein, daß Sie für Bayern nach Rußland
ist verpflichtet, Forschungsreaktoren, die es bereits müssen, weil Sie von Amerika, wenn der Anfangsbe-
gibt, mit hochangereichertem Uran zu versorgen. Ich stand verbraucht ist, nichts bekommen?
denke z. B. an ILL Grenoble - Sie kennen diese Ein-
richtung - oder an Orphée oder den HFR in Petten
und andere. Die Versorgung von solchen Reaktoren, Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
unabhängig vom FRM II, ist nach wie vor zu sichern. desminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung
Ich nehme nicht an, daß Sie in der SPD-Fraktion da- und Technologie: Erstens habe ich deutlich gemacht,
für eintreten, das ILL dichtzumachen. Im Gegenteil: daß es, um den FRM zu betreiben - es geht ja erst in
Sie haben mehrfach gefordert, die dort vorhandenen den Jahren 2000/2001 los -, bereits vorvertragliche
Plätze auszubauen und zu nutzen. Die Versorgungs- Verhandlungen gibt, die sicherstellen, daß zu diesem
frage wird also nach wie vor existieren. Zweck nicht auf den russischen Markt gegangen
werden muß.
Von daher ist es angemessen, immer unter Einhal-
tung bestehender Verträge - davon gehen wir aus -, Zweite Aussage: Natürlich kann ich mir vorstellen,
mit potentiellen Lieferanten zu reden. Insofern sehe daß die Amerikaner differenzieren - wir differenzie-
ich keine Probleme, wenn mit den Russen darüber ren ja auch - und daß sie es im Hinblick auf die
geredet wird. Ich füge hinzu: Dennoch besteht keine Nichtverbreitung lieber sähen, wenn überhaupt
Notwendigkeit, auf russische Bestände zur Versor- keine solchen Reaktoren genutzt würden, obwohl sie
gung des FRM II zurückzugreifen. - das füge ich immer hinzu - diese selbst weiterhin
nutzen werden.

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Ku- Drittens - dies möchte ich deutlich sagen -: Das,
batschka, Ihre zweite Frage. was wir in Garching vorhaben - das bestreitet inzwi-
5056 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Parl. Staatssekretär Be rnd Neumann


schen keiner mehr -, ist im Umfang, in der A rt und Ich rufe die Frage 9 des Abgeordneten Arne Fuhr-
Weise, im Ablauf und was die Doppelkontrolle durch mann auf:
Euratom und IAEO angeht, so abgesichert, daß in
Trifft die Auskunft des Luftwaffenamtes in Köln zu, daß Bun-
diesem Falle Bedenken im Hinblick auf eine Zweck- deswehr-Tornados von den Standorten Schleswig und Lechfeld
entfremdung in bezug auf bombenfähiges Mate rial im Rahmen von Übungsflügen der „schnellen Eingreiftruppe"
überhaupt nicht begründet sind und selbst von Ihren Tiefflug-Manöver im 150-Meter-Band nach Anmeldung f li egen
Kollegen, den Kollegen vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dürfen?
NEN, nicht mehr vorgebracht werden.
Michaela Geiger, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
desminister der Verteidigung: Herr Kollege Fuhr-
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Dann kommt mann, die Tiefflugregelung in Deutschland hat sich
eine Zusatzfrage des Abgeordneten Ho rnung. durch die Unterstützung des schnellen Einsatzver-
bandes der NATO im ehemaligen Jugoslawien nicht
verändert. Seit 1990 gilt, daß der Tiefflug unter
Siegfried Hornung (CDU/CSU): Herr Staatssekre- 300 Metern und damit auch in einer Höhe von
tär, können Sie sich vorstellen, daß wir im Jahre 2012 150 Metern auf wenige Ausnahmen beschränkt ist.
- dieser Zeitpunkt ist hier genannt worden - nicht Danach dürfen die Krisenreaktionskräfte maximal
mehr nur von einem russischen Markt, sondern dann 700 Stunden pro Jahr unterhalb von 300 Metern flie-
in der Tat von einem europäischen Markt sprechen gen. Dies gilt natürlich auch für die Krisenreaktions-
können, so daß dann der Begriff „Osteuropa", wie er kräfte der Standorte Schleswig und Lechfeld.
hier vermerkt ist, in einem ganz anderen Licht zu se-
hen ist? Das ist die Weisungslage. Ich kann mir nicht vor-
stellen, daß von autorisierter Stelle im Luftwaffenamt
eine davon abweichende Auskunft gegeben wurde.
Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung
und Technologie: Herr Kollege, ich kann es mir nicht Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre erste Zu-
nur vorstellen, sondern ich fände es auch im Inter- satzfrage, Herr Fuhrmann.
esse der Sicherheit liegend, daß ein solches Mate rial,
das ja auch zweckentfremdet genutzt werden kann,
Arne Fuhrmann (SPD): Frau Staatssekretärin, wie
unter die Gesamtkontrolle von Euratom kommt. Es
erklären Sie sich trotz Ihrer Antwort die Tatsache,
ist durchaus im Interesse Europas, wenn sich alle, die
daß z. B. in der Region Dahlenburg - das ist östlich
mit diesem Material zu tun haben, und alle, bei de-
von Lüneburg in der Göhrde, etwa in Richtung auf
nen es möglicherweise erzeugt wird, diesen strengen
die Elbe zu - im Laufe eines einzigen Tages mehr-
Aufsichtskriterien stellen müssen, denen wir uns
fach bis zu 21 Tiefflieger in der Stunde gezählt wur-
Gott sei Dank zu unterziehen haben. Insofern beant-
den - mit Ausnahme der Nachtstunden -, von denen
worte ich Ihre Frage eindeutig mit einem Ja.
mehr als die Hälfte in einem Band unterhalb von
300 Metern flogen?
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Damit sind wir Die Menschen do rt , die diese Flüge zählen, sind so
am Ende dieses Geschäftsbereichs. Vielen Dank, geschult, daß ich ihnen unbesehen zubillige, ent-
Herr Staatssekretär. scheiden zu können, ob ein Flugzeug in einer Höhe
von 300 Metern oder tiefer fliegt. Wie sollen diese
Die Frage 3 aus dem Geschäftsbereich des Bundes- Menschen Ihre Antwort verstehen, daß insgesamt
ministeriums der Justiz wird schriftlich beantwortet. nur 700 Stunden im Jahr Tiefflüge stattfinden dür-
Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. fen?
Die Fragen 4 und 5 aus dem Geschäftsbereich des
Bundesministeriums der Finanzen werden ebenfalls Michaela Geiger, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als desminister der Verteidigung: Herr Abgeordneter,
Anlagen abgedruckt. was speziell an diesem Tag los war, kann ich Ihnen
natürlich nicht sagen. Das müßte man überprüfen.
Auch die Frage 6 aus dem Geschäftsbereich des Eines aber ist natürlich klar: Wir brauchen die Tief-
Bundesministeriums für Wirtschaft wird schriftlich flüge, da wir die Grundbefähigung unserer Piloten
beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abge- erhalten müssen.
druckt.
Die Häufung dieser Flüge hängt sehr oft mit den
Die Fragen 7 und 8 aus dem Geschäftsbereich des Witterungsverhältnissen und anderen Dingen zu-
Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung sammen. Manchmal, wenn es lange Schlechtwetter-
werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Ant- perioden gegeben hat, nimmt das Flugaufkommen
worten werden als Anlagen abgedruckt. vielleicht in bestimmten Gegenden zu. Insgesamt
aber gilt das, was ich Ihnen gesagt habe: Seit 1990
Damit sind wir beim Geschäftsbereich des Bundes- haben wir sehr strenge Regelungen für den Tiefflug.
ministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung Ein Tiefflug unter 300 Metern ist generell verboten
steht die Parlamentarische Staatssekretärin Michaela und beschränkt sich lediglich auf wenige Ausnah-
Geiger zur Verfügung. men.
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5057

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre zweite Zu- Michaela Geiger, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
satzfrage, Herr Fuhrmann. desminister der Verteidigung: Ich kann das natürlich
nicht nachvollziehen, weil ich nicht weiß, mit wem
Arne Fuhrmann (SPD): Frau Staatssekretärin, ich Sie gesprochen haben. Es kann sein, daß der Infor-
widerspreche Ihnen da nicht. Ich interessiere mich mationsstand unterschiedlich war.
nur für die Beantwortung der Frage, wie es denn, Tatsache ist, daß es spezielle Ausbildungs- oder
nachdem mir vom Luftwaffenamt in Köln ähnliches Übungsflüge in Deutschland zur Vorbereitung auf
gesagt wurde - daß nur in Einzelfällen unter be- den Einsatz der Luftwaffe in Jugoslawien nicht gibt.
stimmten Voraussetzungen und nach Anmeldung Die Besatzungen durchlaufen ihr normales Ausbil-
Staffelführer bzw. Piloten die Entscheidung darüber dungs- und Übungsflugprogramm in Deutschland
treffen, ob sie im 150-Meter-Band üben -, trotz allem und im Ausland. Die speziellen Ausbildungs- und
möglich ist, daß in einer Region, die bis dato zumin- Übungsflüge für den Einsatz im ehemaligen Jugosla-
dest von deutschen Kampffliegern „unbefleckt" ge- wien fanden bzw. finden über Italien, über der Ad ria
blieben ist - allerdings auf Grund des Soltau-Lüne- oder über den Einsatzräumen des schnellen Einsatz-
burg-Abkommens durch Truppen europäischer Nach- verbandes in Bosnien-Herzegowina statt.
barn in anderer A rt und Weise geschädigt wird -, an
mehreren Tagen hintereinander nicht einzeln, son-
dern im Verband Tiefflug im 150-Meter-Band geübt Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre zweite Zu-
wird. satzfrage.

Michaela Geiger, Parl. Staatssekretärin beim Bun- Arne Fuhrmann (SPD): Ich muß jetzt noch einmal
desminister der Verteidigung: Damit die Piloten nicht sehr deutlich werden. Auf meine Frage 9 haben Sie
immer dieselben Gebiete mit Fluglärm belasten, er- nicht geantwortet, daß die Tiefflüge im 150-Meter-
folgt die Tiefflugausbildung am Tage generell nicht Band nicht im Zusammenhang mit der Ausbildung
auf festgelegten Strecken, sondern nach dem Prinzip der schnellen Eingreiftruppe stünden. So habe ich
der freien Streckenwahl. Diese freie Streckenwahl Ihre Antwort verstanden. Jetzt aber beantworten Sie
dient in erster Linie der Entzerrung. meine Frage zur Auskunft, die ein Kollege von mir
bekommen hat, daß Tiefflüge im 150-Meter-Band in
Warum es speziell in diesem Gebiet zu solchen gar keinem Falle in einem Zusammenhang mit der
Häufungen gekommen ist, lasse ich gerne überprü- schnellen Eingreiftruppe stehen. Genau darum geht
fen. Ich gebe Ihnen die Antwort schriftlich. es.
Ich möchte von Ihnen wissen, ob es richtig ist, daß
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Keine weiteren einer meiner Kollegen vom Ministerium die Auskunft
Fragen. bekommen hat, in keinem Falle seien Tiefflüge im
Dann rufe ich die Frage 10 des Kollegen Arne 150-Meter-Band mit der Ausbildung der schnellen
Fuhrmann auf: Eingreiftruppe in Zusammenhang zu bringen. Es war
nicht speziell in bezug auf Bosnien gefragt. Ich
Trifft es zu, daß auf eine entsprechende Anfrage einem Mit-
glied der Fraktion der CDU/CSU schriftlich vorn Bundesministe-
möchte darauf eine klare Antwort haben.
rium der Verteidigung mitgeteilt wurde, es bestünde kein Zu-
sammenhang zwischen Tiefflügen im 150-Meter-Band und
Übungen der „schneien Eingreiftruppe"?
Michaela Geiger, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
desminister der Verteidigung: Ich nehme an, daß Sie
jetzt zusätzliche Flüge meinen. Diese gibt es sicher-
Michaela Geiger, Parl. Staatssekretärin beim Bun- lich nicht. Es gibt die Ausbildungsflüge. Das können
desminister der Verteidigung: Herr Abgeordneter, Sie offenbar nicht genau trennen: Die Flugzeuge
das trifft zu. Das Bundesministerium der Verteidi- üben einmal zu Hause und einmal im Ausland.
gung hat einem Mitglied der CDU/CSU-Fraktion auf
Anfrage mitgeteilt, daß kein Zusammenhang zwi- (Arne Fuhrmann [SPD]: Aha!)
schen der Tiefflugausbildung in Deutschland und Insofern ist die Auskunft, die ich Ihnen gegeben
dem Einsatz von Kräften der Luftwaffe zur Unterstüt- habe, zutreffend.
zung des schnellen Einsatzverbandes der NATO im
ehemaligen Jugoslawien besteht.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Damit sind wir
am Ende dieses Geschäftsbereichs. Vielen Dank,
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre Zusatz-
Frau Staatssekretärin.
frage, bitte.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
Arne Fuhrmann (SPD): Das verblüfft mich insofern, riums für Verkehr auf. Zur Beantwortung steht der
als in vielen Fällen eine gegensätzliche Auskunft Parlamentarische Staatssekretär Nitsch zur Verfü-
durch das Luftwaffenamt in Köln nicht nur mir per- gung.
sönlich, sondern auch betroffenen Bürgern aus der Ich rufe die Frage 11 des Kollegen Alfred Harten-
Region gegeben worden ist. Deshalb zur Präzisie- bach auf:
rung noch einmal meine Frage: Wie kommt es, daß
völlig unterschiedliche Auskünfte gegeben werden? Wie sahen die Ergebnisse der letzten Lärmmessungen im Be-
reich der Autobahnbrücke „Rhödaer Grund" an der Bundesau-
Weiß der eine vom anderen nichts, oder gibt es einen tobahn A 44 aus, und ist in diesem Bereich die Errichtung von
bestimmten Grund dafür? Lärm- und Schallschutzmaßnahmen geplant?
5058 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bun- sionsgrenzwerte hindeuten, wird nach der Sechzehn-
desminister für Verkehr: Sehr geehrter Herr Kollege ten Verordnung eine entsprechende Berechnung
Hartenbach, zum ersten Teil Ihrer Frage kann ich Ih- durchgeführt, aus der eventuell diese Maßnahmen
nen mitteilen, daß keine Lärmmessungen im Bereich abgeleitet würden.
der Talbrücke bei Rhöda durchgeführt worden sind
und ich Ihnen deshalb keine Ergebnisse nennen (Abg. Alfred Hartenbach [SPD] meldet sich
kann. Ich beziehe mich hier auf eine Antwort der zu einer weiteren Zusatzfrage)
hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung, die
uns zugegangen ist.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege,
Zum zweiten Teil der Frage: Es sind keine Lärm- Sie haben Ihr Kontingent erschöpft; es tut mir
schutzmaßnahmen an dieser Talbrücke geplant. schrecklich leid.

Ich sehe keine weiteren Fragen aus dem Haus.


Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Eine Zusatz-
frage. Die Frage 12 der Abgeordneten Leonhard wird
-
schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage
Alfred Hartenbach (SPD): Herr Staatssekretär, gibt abgedruckt.
die Öffnung der Grenzen und die damit etwa verdrei-
Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
fachte Verkehrsbelastung auf dieser Autobahn der
Bundesregierung Anlaß, in naher Zukunft Lärm- Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
schutzmaßnahmen durchzuführen? riums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentari-
Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bun- sche Staatssekretär Ulrich Klinkert zur Verfügung.
desminister für Verkehr: Die Grundlagen für die
Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen sind in Die Fragen 13 und 14 werden ebenfalls schriftlich
der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen ab-
Bundes-Immissionsschutzgesetzes geregelt. Danach gedruckt.
führen wir Lärmschutzmaßnahmen dann durch, Ich rufe die Frage 15 der Kollegin Dr. Barbara Hen-
wenn wesentliche Änderungen an den Bauwerken dricks auf:
durchgeführt werden, die zu einer Verschlechterung
der Lärmschutzsituation führen. Welche Bedeutung mißt die Bundesregierung Überflutungs-
räumen von Flüssen - z. B. des Rheins - im Hinblick auf den vor-
(Alfred Hartenbach [SPD]: Diese Antwort ist sorgenden Hochwasserschutz zu, und kann die Bundesregie-
nicht zufriedenstellend, Herr Staatssekre rung darüber Auskunft geben, ob solche Überflutungsräume an
jedem Abschnitt eines Flußlaufes, also z. B. am Oberrhein eben-
tär!) so wie am Niederrhein, von gleichwertiger Bedeutung für den
Hochwasserschutz sind?
- Ich gehe jetzt auf Ihre Frage hinsichtlich des zuneh-
menden Verkehrs ein.
Es gibt im Sinne dieser Sechzehnten Verordnung Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
Möglichkeiten, Lärmsanierungen im Rahmen der desministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
haushaltsrechtlichen Möglichkeiten durchzuführen, sicherheit: Frau Kollegin Dr. Hend ricks, die Bundes-
wenn der Beurteilungspegel bezüglich der Immissi- regierung hält es für eine der wichtigsten Maßnah-
onsgrenzwerte eine Lärmsanierung angezeigt er- men im Hinblick auf den vorsorgenden Hochwasser-
scheinen läßt. Diese Situation ist aber nach den Infor- schutz, natürliche Überschwemmungsgebiete zu er-
mationen, die wir haben, an dieser Brücke im Mo- halten oder, soweit es möglich ist, diese wiederherzu-
ment nicht gegeben. stellen. Diese Auffassung hat Frau Bundesministerin
Dr. Merkel in der von ihr am 9. Februar 1995 im
(Alfred Hartenbach [SPD]: Eine zweite Zu Deutschen Bundestag abgegebenen Regierungser-
satzfrage, Herr Präsident!) klärung zum Thema Hochwasser schon deutlich her-
ausgestellt.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Bitte schön. In Konsequenz schlägt die Bundesregierung in ih-
rer Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Bundes-
Alfred Hartenbach (SPD): Gibt es gleichwohl für rates vom 10. März 1995 zur Änderung des Wasser-
Sie keine Veranlassung, auf Grund der auch von Ih- haushaltsgesetzes vor, bei Hochwasser über-
rem Hause festgestellten erheblich gestiegenen Ver- schwemmte Gebiete kraft Gesetzes zu Überschwem-
kehrsbelastung - ich wiederhole meine Frage fast mungsgebieten zu erklären und ihre Nutzung durch
wörtlich - an dieser Stelle, in unmittelbarer Nähe ei- generelle Regelungen oder im Einzelfall einzu-
ner Wohnsiedlung, eine Lärmmessung durchführen schränken sowie Überschwemmungsgebiete, die als
zu lassen oder anzuordnen? Rückhalteflächen geeignet sind, wiederherzustellen,
sofern nicht überwiegende Gründe des Wohls der
Allgemeinheit entgegenstehen.
Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister für Verkehr: Wenn es Sachverhalte gibt, Die Bundesregierung sieht sich in dieser Haltung
die auf eine erhebliche Überschreitung der Immis- im Einklang mit maßgeblichen Vertretern der Län-
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5059
Parl. Staatssekretär Ulrich Klinkert
der, wie dies zuletzt anläßlich der Sachverständigen- stellen haben schon im Frühjahr dieses Jahres her-
anhörung des Umweltausschusses des Deutschen ausgestellt, daß die zur Zeit laufenden bzw. in Vorbe-
Bundestages am 25. September 1995 deutlich wurde. reitung befindlichen Deichverstärkungsmaßnahmen
auch dem Schutze der auf deutscher Seite gelegenen
Spezifische Aussagen über die Wirkung der am Region am unteren Niederrhein dienen werden. Im
Rhein vorhandenen und neu zu schaffenden Überflu- Rahmen des von der Internationalen Kommission
tungsräume werden erst möglich sein, sobald der von zum Schutze des Rheins in Arbeit befindlichen Ak-
der Internationalen Kommission zum Schutz des tionsplanes „Hochwasser" ist darüber hinaus beab-
Rheins in Vorbereitung befindliche Aktionsplan sichtigt, alle bisher lediglich regional ausgerichteten
„Hochwasser" fertiggestellt ist. Generell gilt, daß vorsorgenden Hochwasserschutzmaßnahmen auf
jedes Überschwemmungsgebiet Hochwasserspitzen eine international abgestimmte Basis zu stellen. Erste
ermäßigt und den Ablauf der der Hochwasserwellen Arbeitsergebnisse sollen bis Ende dieses Jahres vor-
verzögert. liegen.

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre erste Zu- Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre erste Zu-
satzfrage. satzfrage, bitte.

Dr. Barbara Hendricks (SPD): Herr Staatssekretär,


Dr. Barbara Hendricks (SPD): Ist der Bundesregie-
darf ich Sie vor dem Hintergrund dieser Aussage
rung bekannt, daß die niederländische Reichsregie-
ganz präzise fragen: Würde sich die Bundesregie-
rung vor dem verständlichen Hintergrund der großen
rung auch für die Rückverlegung von Deichen ein-
Gefahr, die in den Niederlanden in den letzten zwei
setzen?
Jahren durch Hochwasser entstanden ist, insbeson-
dere auch am Flußlauf der Maas, beschlossen hat, zu-
Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär bei der Bun- nächst Deichverstärkungsprogramme an der Maas
desministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktor- und erst in einem zweiten Schritt Deichverstärkungs-
sicherheit: Die Bundesregierung hält jede Maß- programme am Niederrhein durchzuführen, so daß
nahme für sinnvoll, natürliche Überschwemmungs- erst, wenn dieser zweite Schritt vollzogen wäre, die
gebiete wiederherzustellen. Dazu gehört, wo es an- Region Unterer Niederrhein auf diese Weise ge-
gebracht ist, auch die Rückverlegung von Deichen. schützt würde?

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Zweite Zusatz- Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
frage. desministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit: Es gibt eine enge Abstimmung in der In-
Dr. Barbara Hendricks (SPD): Sieht die Bundesre- ternationalen Kommission zum Schutze des Rheins.
gierung eine Möglichkeit, die auf diese Weise Betrof- Do rt werden alle diese Fragen koordiniert. Ein Zwi-
fenen - sprich: im Regelfall Landwirte - in einer A rt schenergebnis dieser Kommission wird mit dem Ak-
zuentschädig, Nuznsverltiwa tionsplan zum Ende diesen Jahres vorliegen. Ich
kompensieren würde? gehe davon aus, daß innerhalb dieses Rahmens eine
vernünftige, zweckentsprechende Abstimmung vor-
genommen wird.
Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
desministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktor- Im übrigen verhält es sich ja so, daß es hier nicht
sicherheit: Man muß mit allen Betroffenen ins Ge- um pa rt ielle Interessen Deutschlands oder der Nie-
spräch kommen. Man muß von Fall zu Fall prüfen, derlande geht. Denn eine Überschwemmung wirkt
wo eine Entschädigung angebracht ist. Es gibt auch sich möglicherweise in beiden Ländern gleich stark
Fälle, wo dies tatsächlich nicht der Fall ist, weil ge- aus. Also setze ich voraus, daß hier vor allen Dingen
gen den Rat und gegen die Entscheidung z. B. eine fachliche Kriterien zu einer Prioritätenliste führen
Bebauung vorgenommen wurde. Aber grundsätzlich werden.
schließe ich eine Entschädigung nicht aus.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre zweite
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Dann rufe ich Frage?
die Frage 16 der Abgeordneten Dr. Barbara Hen-
dricks auf:
Dr. Barbara Hendricks (SPD): Danke schön.
Hat die Bundesregierung auf die niederländische Reichsregie-
rung eingewirkt, damit diese bei ihrem beabsichtigten Deich-
verstärkungsprogramm auch die Interessen der auf der deut- Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Damit sind wir
schen Seite gelegenen Region Unterer Niederrhein, die noch im am Ende der Fragen auch dieses Geschäftsbereichs
Januar 1995 durch drohenden Deichbruch auf niederländischer
Seite extrem gefährdet war, berücksichtigt? angekommen. Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Herr Staatssekretär. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-


riums für Post und Telekommunikation auf. Zur Ver-
fügung steht uns der Parlamentarische Staatssekre-
Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär bei der Bun- tär Dr. Laufs.
desministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit: Vertreter niederländischer Regierungs- Die Fragen 17 und 18 sind zurückgezogen worden.
5060 Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch


Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Dr. Pohler Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
auf: minister für Post und Telekommunikation: Herr Kol-
Auf welche Weise wird der Zugang zu Breitbandkabelnetzen
lege Pohler, die Telekommunikations-Verleihungs-
reguliert für Anbieter von digitalen kommunikativen Diensten, verordnung wird ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttre-
die nicht dem Rundfunk zuzuordnen sind? tens Anwendung finden. In der vom Regulierungsrat
beim Bundesminister für Post und Telekommunika-
tion am 26. Juni 1995 beschlossenen Entwurfsfas-
Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
sung ist vorgesehen, daß die Verordnung am Tag
minister für Post und Telekommunikation: Herr Kol-
nach ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in
lege Pohler, A rt und Weise des Zugangs zu diesen
Kraft tritt. Nachdem die Rechtsförmlichkeitsprüfung
Netzen hängen davon ab, wer die betreffenden
durch das Bundesministerium der Justiz abgeschlos-
Netze betreibt. Was die Breitbandkabelnetze der
sen ist, wird angestrebt, daß die Veröffentlichung im
Deutschen Telekom AG bet rifft, so dienen diese Ver-
Bundesgesetzblatt noch im Oktober erfolgen wird.
teilnetze der Übertragung von Hörfunk und Fern-
sehen. Weitere Telekommunikationsdienste werden
zur Zeit hierüber nicht übertragen. Dies gilt auch für Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre Zusatz- -
digitale kommunikative Dienste. frage, bitte schön.
Soweit digitale kommunikative Dienste, z. B. ver-
mittelte oder multimediale Dienste, künftig über
Dr. Hermann Pohler (CDU/CSU): Welche Voraus-
diese Breitbandkabelnetze übertragen werden, muß
der Zugang zu diesen Netzen offen, transparent und setzungen müssen bei Bewerbungen gegeben sein,
diskriminierungsfrei erfolgen. damit die Verleihung so schnell wie möglich erteilt
wird?
Für private Breitbandkabelnetze gelten die Rege-
lungen der Telekommunikations-Verleihungsverord-
nung. Die Nutzung dieser Empfangs- und Verteilan- Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
lagen für andere Zwecke als den Empfang und die minister für Post und Telekommunikation: Herr Kol-
Verteilung von Rundfunksignalen wird als „zusätz- lege Pohler, es ist selbstverständlich, daß alle An-
liche Nutzung" bezeichnet. Dafür können nach der träge unverzüglich geprüft und beschieden werden.
Telekommunikations-Verleihungsverordnung „wei- Bei vollständig vorliegenden Anträgen, die natürlich
tere Verleihungen im Einzelfall" erteilt werden, vor- alle notwendigen Kriterien umfassen müssen, wie sie
ausgesetzt, daß hierdurch der Kernbereich der Mo- in der Verleihungsverordnung vorgesehen sind, also
nopole, insbesondere der des Netzmonopols, nicht dort, wo keine präzisierenden Nachfragen erforder-
ausgehöhlt wird. lich sind, wird die Verfahrensdauer etwa sechs bis
acht Wochen betragen. Dies gilt ohne Unterschied
für alle Fälle, die unter § 25 der Telekommunika-
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Eine Zusatz- tions-Verleihungsverordnung fallen.
frage, Herr Kollege.

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Damit sind wir


Dr. Hermann Pohler (CDU/CSU): Herr Staatssekre-
am Ende auch dieses Geschäftsbereichs. Vielen
tär, wir müssen ja damit rechnen, daß der Bereich
Dank, Herr Staatssekretär.
Teleshopping in Zukunft eine immer größere Bedeu-
tung erhalten wird. Wie wird dieser Bereich im Ka- Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärti-
belnetz behandelt werden? gen Amtes. Zur Beantwortung der Fragen steht
Staatsminister Dr. Werner Hoyer zur Verfügung.
Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
minister für Post und Telekommunikation: Herr Kol- Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Dr. Lippelt
lege Pohler, zwischen dem Bund und den Ländern ist auf:
noch nicht abschließend geklärt, ob und gegebenen- Auf welchen „Bonner Auftraggeber" und „engen Berater von
falls welche multimedialen Dienste den rundfunk- Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl" bezog sich Ex-Botschafter
rechtlichen Regelungen der Länder unterliegen. Te- Dr. Guido Brunner, als er am 26. September 1995 vor dem spani-
leshopping als Verkaufsveranstaltung mit direkter schen Untersuchungsrichter behauptete, dieser habe ihn ange-
wiesen, das SEAT-Geld in Verwahrung zu nehmen?
Bestellmöglichkeit über einen Rückkanal hat nach
Auffassung des Bundesministers für Post und Tele-
kommunikation mit freier öffentlicher Meinungsbil- Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
dung, also mit Rundfunk, nichts zu tun. Amt: Herr Kollege Dr. Lippelt, die Bundesregierung
hatte der spanischen Regierung auf ein entsprechen-
Dr. Hermann Pohler (CDU/CSU): Danke schön. des Ersuchen mitgeteilt, daß Botschafter a. D.
Dr. Guido Brunner dem spanischen Gericht zu dem
angesprochenen Fragenkomplex als Zeuge zur Ver-
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich rufe die fügung steht. Dr. Brunner hat daraufhin am
Frage 20 des Abgeordneten Dr. Pohler auf: 26. September 1995 vor einer spanischen Untersu-
Wann und in welchem Umfang wendet die Bundesregierung
chungsrichterin unter Ausschluß der Öffentlichkeit
die vom Regulierungsrat verabschiedeten Telekommunikations als Zeuge ausgesagt. Ein Protokoll dieser Aussage
Verleihungsverordnungen an? liegt der Bundesregierung nicht vor.
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5061
Staatsminister Dr. Werner Hoyer
Dr. Brunner hat gegenüber dem Auswärtigen Amt Aussage wenigstens ein Körnchen Wahrheit ist, ha-
auf Befragung zu Presseberichten im Anschluß an ben Sie ein Dementi erhalten?
dieVrnhmugklät,abesichngmr
Form geäußert und hinsichtlich eines eventuellen
Weisungsgebers keinerlei konkrete Hinweise, etwa Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
auf das Bundeskanzleramt oder das Auswärtige Amt, Amt: Ich bin der festen Überzeugung, daß im Bun-
gegeben. Zu weitergehenden Äußerungen war deskanzleramt genauso präzise nachgeforscht wor-
Dr. Brunner im Hinblick auf das laufende Verfahren den ist wie im Auswärtigen Amt. Die Antwort ist die
nicht bereit. gleiche. Man muß auch sehen, daß Ruhestandsbe-
amte auf der einen Seite natürlich nicht den gleichen
Pflichten und Auskunftspflichten unterliegen wie ak-
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre Zusatz- tive Beamte und daß sie auf der anderen Seite mit
frage, Herr Lippelt. guter Begründung das Recht in Anspruch nehmen
können, ihre jeweiligen Gerichtsverfahren durchzu-
ziehen.
Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Staatsminister, die „dpa"-Meldung, die Sie ge-
lesen haben werden, ist hinsichtlich möglicher Spe- Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Lippelt,
kulationen durchsichtig und gleichzei tig für einen ich kann davon ausgehen, daß Ihre Frage 22 damit
ehemaligen Mitarbeiter des Bundeskanzleramts, der beantwortet ist:
inzwischen verstorben ist, belastend. Glauben Sie
nicht, daß es Aufgabe des Auswärtigen Amtes oder Hat er auf Weisung des Bundeskanzlers gehandelt, oder was
des Bundeskanzleramtes wäre, diesen Verstorbenen hat sich dieser „Bonner Auftraggeber" dabei gedacht, als er
Dr. Guido Brunner entsprechend anwies (FAZ vom 28. Sep-
in Schutz zu nehmen gegenüber einer Behauptung, tember 1995/dpa vom 27. September 1995)?
die nun in die Welt gesetzt worden ist?
Man kann zwar sagen, von Herrn Brunner wurde Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
das sachlich so dargestellt; aber damit wurde ja et- Das ist so.
was in die Welt gesetzt. Meinen Sie nicht, daß Sie
den verstorbenen hohen Mitarbeiter des Bundes-
kanzleramtes in Schutz nehmen müßten? Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Dann rufe ich
die Frage 23 des Abgeordneten Dr. Rose auf:
Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Mit welchen Staaten des ehemaligen „Ostblocks" gibt es noch
Amt: Herr Kollege, ich bin für diese Frage ausgespro- Schwierigkeiten in der Be treuung deutscher Kriegsgräber, und
chen dankbar; denn genau darum geht es: sicherzu- was sind ggf. die Grande dafür?
stellen, daß nicht an einem ehemaligen hohen Mitar-
beiter des Bundeskanzleramtes, der mittlerweile ver- Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
storben ist, jetzt etwas hängenbleibt, was auszuräu- Amt: Herr Kollege Dr. Rose, nach der politischen
men er nicht die Ch ance hat. Wende in Mittel- und Osteuropa hat sich die Betreu-
Umgekehrt geht es darum, dem ausgeschiedenen ung deutscher Kriegsgräber in der Region erheblich
Botschafter Dr. Brunner die Chance zu geben, sein verbessert und kann in den meisten dieser Länder als
Recht zu finden. Wenn er auf Grund der beiden Ver- zufriedenstellend bezeichnet werden. Eigene Kriegs-
fahren, die in Madrid und in Hamburg laufen, gegen- gräberabkommen haben wir bisher mit 15 Staaten im
wärtig weitere Auskünfte nicht erteilen wi ll, dann ehemals kommunistischen Machtbereich verhandelt,
muß man ihm das, um ihm diese Chance tatsächlich von denen inzwischen sechs unterzeichnet sind.
zu belassen, zugestehen. Wir sind aber außerordent-
Wenn Schwierigkeiten bei der Herrichtung von
lich daran interessie rt , diese Sache aufzuklären. Von
Kriegsgräberstätten auftreten, sind diese zumeist
daher wird es an Bemühungen - weder des Auswär-
nicht grundsätzlicher Natur, sondern beruhen auf
tigen Amtes noch des Bundeskanzleramtes - nicht
dem Verhalten lokaler oder sonstiger nachgeordne-
fehlen.
ter Stellen.
Alle Bemühungen, die ich, nachdem ich Ihnen in
diesem Zusammenhang eine Frage beantwortet Weißrußland hat sich noch nicht zum Abschluß ei-
hatte, angestellt habe, um mich zu vergewissern, ob nes Kriegsgräberabkommens bereit erklärt.
die damaligen Auskünfte richtig waren, haben bis- Schwierigkeiten bei der deutschen Auslands-
her nicht zum Auffinden irgendwelcher Unterlagen kriegsgräberfürsorge gibt es auch noch in der
oder zu persönlichen Aussagen geführt, die mich zu Ukraine. Während der Volksbund Deutsche Kriegs-
einem anderen Urteil brächten. gräberfürsorge im überwiegenden Teil der Ukraine
bisher auch ohne Kriegsgräberabkommen recht gut
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Zweite Zusatz- arbeiten konnte, gibt es auf der Krim Probleme, die
frage. mit den dortigen Autonomiebestrebungen in Zusam-
menhang stehen dürften.

Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):


Auf die Rückfrage, die Sie wahrscheinlich im Bun- Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre Zusatz-
deskanzleramt gestellt haben werden, ob an dieser frage, Herr Rose.
5062 Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Dr. Klaus Rose (CDU/CSU): Nachdem mir gesagt Die Bundesregierung wird wie bisher gemeinsam
wurde, Herr Staatsminister, daß in der Ukraine echte mit ihren Partnern in der Europäischen Union die von
Schwierigkeiten bestehen und das möglicherweise den genannten Institutionen bereitgestellten Instru-
auch an dem fehlenden Abkommen liegt, frage ich mentarien zur weiteren Förderung des Ausgleichs
Sie, ob man nicht mehr Druck - im besten Sinne des zwischen den Bevölkerungsgruppen Lettlands nut-
Wortes natürlich - von seiten der Bundesregierung zen bzw. Lettland zum intensiven Gebrauch solcher
machen kann, um dieses Kriegsgräberabkommen zu Instrumentarien ermuntern. Dies hat die lettische Re-
erreichen und diese Probleme lösen zu helfen. gierung in der Vergangenheit wiederholt anerkannt.

Die Bundesregierung hat keine Anhaltspunkte da-


Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen für, daß sich als Folge der Wahl, bei der vor allem die
Amt: Selbstverständlich, wir stimmen da völlig über- wirt schaftliche Entwicklung in Lettland für das
ein. Wir werden, wenn nicht noch eine unange- Stimmverhalten entscheidend gewesen zu sein
nehme Überraschung eintritt, heute nachmittag z. B. scheint, das Verhältnis von Letten und Nichtletten in
mit Moldawien unterzeichnen. Ich rechne mit dem Lettland verschlechtert hat.
Abschluß des Abkommens mit der Ukraine in der un-
mittelbar bevorstehenden Zeit. Ich hoffe, daß dann
insbesondere die Probleme, die uns auf der Krim Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre Zusatz-
große Sorgen machen, beseitigt werden können. frage, Herr Erler.

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Eine zweite


Zusatzfrage? Gernot Erler (SPD): Herr Staatsminister, ich ent-
nehme Ihrer Antwort, daß die Bundesregierung über
den Ausgang der lettischen Parlamentswahlen und
Dr. Klaus Rose (CDU/CSU): Nein. die Informationen, die wir bisher über eine mögliche
Regierungsbildung in Lettland erhalten haben, we-
nig besorgt ist. Ich bin überrascht und frage in die-
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Dann ist ver- sem Zusammenhang, wie sich diese Sorglosigkeit er-
mutlich auch Ihre Frage 24 beantwortet: klären läßt, wenn doch bereits bekannt ist, daß ein
Wann ist mit einem Kriegsgräber-Abkommen zwischen Drittel der Bevölkerung nicht an den Wahlen teilneh-
Deutschland und der Ukraine zu rechnen? men konnte - im wesentlichen die russische Bevölke-
rung - und daß ein weiteres Drittel an den Wahlen
nicht teilgenommen hat, so daß die Parlamentswahl
Dr. Klaus Rose (CDU/CSU): Ja. nur auf der Basis von einem Drittel der Wahlbevölke-
rung überhaupt zustande gekommen ist, und daß die
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Dann rufe ich zweitstärkste Partei auch noch jene Volksbewegung
Frage 25 des Abgeordneten Erler auf: für Lettland war, an deren Spitze ein Deutscher steht,
Herr Joachim Siegerist, ein Mann, der wegen rechts-
Wie reagie rt die Bundesregierung auf den Ausgang der Parla- radikaler Umtriebe bei den sogenannten deutschen
mentswahlen in Lettland, und welche politischen Maßnahmen
wird die Bundesregierung gemeinsam mit den Staaten der Euro-
Konservativen in der Bundesrepublik verurteilt wor-
päischen Union ergreifen, wenn im Gefolge dieser Parlaments- den ist, dessen Bewegung unter Staatsschutzaufsicht
wahlen sich das Verhältnis zwischen Letten und Nichtletten in stand und der ausdrücklich einen Wahlkampf gegen
Lettland verschlechtert und neue Spannungen mit der Russi- den russischen Teil der Bevölkerung gemacht hat.
schen Föderation entstehen?
Können Sie eine solche Sorglosigkeit angesichts die-
ser Entwicklung hier vor dem Haus so vertreten?
Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
Amt: Herr Kollege Erler, die Bundesregierung nimmt
das Ergebnis der lettischen Parlamentswahl zur Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Abgeord-
Kenntnis, die nach Aussagen der OSZE-Beobachter- neter, Sie sind dabei, sich Ihre Frage 26 zu verder-
mission unzweifelhaft fair und geheim abgelaufen ben. Ich sage das nur.
ist.
Frage 26:
Gegenwärtig kann die Bundesregierung nicht ab-
schätzen, wie sich eine künftige lettische Regierung Welche Möglichkeiten kann und wird die Bundesregierung
gegen die Gefahr ergreifen, daß sich eine solche mögliche Ver-
zusammensetzen wird. Das neue Parlament wird sich schlechterung der politischen Lage Lettlands mit dem Namen
am 7. November konstituieren. Nur der lettische Prä- des deutschen Staatsbürgers Joachim Siegerist verbindet und
sident ist berufen, einen Kandidaten mit der Regie- dadurch eine Rufschädigung der gesamten deutschen Politik in
rungsbildung zu beauftragen. Rechnerisch sind ver- der Ostseeregion entsteht?
schiedene Konstellationen denkbar.
Herr Staatsminister, bitte.
Die Bundesregierung ist davon überzeugt, daß die
Republik Lettland, unabhängig von der Zusammen-
setzung ihrer zukünftigen Regierung, die durch den Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
Beitritt zum Europarat, zur OSZE und zum Stabili- Amt: Ich nehme an, daß wir diesen Themenkomplex
tätspakt akzeptierten Prinzipien und Verpflichtun- sowieso mehr oder weniger geschlossen aufrufen
gen weiterhin in vollem Umfang einhalten wird. können, wenn der Kollege einverstanden ist.
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5063
Staatsminister Dr. Werner Hoyer
Es ist keineswegs so, daß wir sorglos wären. Ich Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
bin dezidiert der Auffassung, daß wir gut beraten Amt: Manchmal kann man sich vor denjenigen, die
sind, die Situation sehr genau zu beobachten, die an- meinen, Freunde zu sein, überhaupt nicht hinrei-
gesprochenen Instrumentarien zu nutzen und ihre chend schützen. Das ist hier sicherlich der Fall.
Nutzung immer wieder anzubieten.
Es ist zweifellos so, daß die Bundesrepublik das Er-
Es kann überhaupt keine Rede davon sein, daß wir gebnis der Wahlen in Lettland zur Kenntnis nehmen
es ohne Besorgnis hinnehmen können, wenn eine muß und die weitere Entwicklung exakt zu beobach-
mögliche Verschlechterung der politischen Lage ten hat und - es versteht sich bei aller Sorge, die ich
Lettlands mit dem Namen eines deutschen Staats- auf Grund der Zusatzfrage, für die ich dankbar bin,
bürgers in Verbindung gebracht würde. Auf der an- deutlich zum Ausdruck gebracht habe - daß sie nicht
deren Seite übt Siegerist seine politische Rolle in den Eindruck erwecken darf, als würde sie in die in-
Lettland als lettischer Staatsbürger aus. nenpolitischen Angelegenheiten Lettlands in unan-
gemessener Weise hineinfunken. Hier ist eine
Zu dem bei der Hamburger Justiz gegen ihn schwierige Gratwanderung zu bestehen.
schwebenden Strafverfahren wegen Aufstachelung
zum Rassenhaß, Volksverhetzung und Beleidigung Wir gehen davon aus, daß wir alle Kanäle des Kon-
kann die Bundesregierung natürlich nicht Stellung taktes und der Kooperation mit der lettischen Regie-
nehmen. rung sowohl bilateral als auch im Rahmen der euro-
päischen Institutionen hierfür nutzen.
Die Bundesregierung geht davon aus, daß ihre Po-
litik und das Bild Deutschlands im Ostseeraum nicht
am Auftreten dieses Doppelstaaters gemessen wird Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre dritte
und daß von der Entwicklung in Lettland keine Ent- Frage.
wicklungen ausgehen, die im Hinblick auf die wei-
tere Behandlung des Europaabkommens, das mit Gernot Erler (SPD): Herr Staatsminister, im Wahl-
Lettland geschlossen worden ist, irgendwelche Ge- kampf hat die Nutzung von deutschen Hilfslieferun-
fahren bringen. gen in der Kampagne der Volksbewegung für Lett-
Das sind natürlich Dinge, bei denen wir vermuten land, also der Bewegung des Herrn Siegerist, eine
müssen, daß sich Lettland unverzüglich an die Um- herausragende Rolle gespielt. Hat die Bundesregie-
setzung des Weißbuches begeben wird. Jede Regie- rung angesichts der möglichen Prestigebeeinträchti-
rung eines Landes, das der Europäischen Union bei- gungen, die darin liegen könnten, daß Hilfslieferun-
treten will, muß sich der Tatsache bewußt sein, daß gen in dieser Weise für innenpolitisch fragwürdige
jede Annäherung an die europäischen Institutionen, Ziele genutzt werden, einen Anlaß gesehen, einmal
die im lettischen Wahlkampf von allen Parteien als die Herkunft und die A rt der Verwendung dieser
erstrebenswert bezeichnet wurde, die Einhaltung an- Hilfslieferungen zu überprüfen?
spruchsvoller Standards, etwa hinsichtlich des Ver-
hältnisses der Titularnation zu anderen Bevölke- Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
rungsgruppen und zu Nachbarstaaten, erforderlich Amt: Ich kann diese Frage nicht konkret beantwor-
macht. Vor allem Europarat, OSZE und Stabilitäts- ten, ich bin ihr im Vorfeld dieser Fragestunde nicht
pakt setzen solche Maßstäbe und bieten zugleich die nachgegangen. Ich bin aber gern bereit, diese Infor-
entsprechenden Instrumente. mation nachzuliefern, zumal sie mich selber interes-
siert.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege
Erler, wenn Sie die Fragen gemeinsam beantwortet Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre letzte Zu-
haben wollen, hätten Sie die Möglichkeit, noch zwei satzfrage.
weitere Zusatzfragen zu stellen.
(Gernot Erler [SPD]: Drei weitere!) Gernot Erler (SPD): Herr Staatsminister, glauben
Sie, daß es eine besondere Verantwortung der Bun-
- Richtig.
desrepublik und der Bundesregierung für den weite-
ren Fortgang der Regierungsbildung und der politi-
Gernot Erler (SPD): Vielen Dank, Herr Präsident. schen Begleitung des Geschehens in Lettland ange-
sichts der Tatsache gibt, daß dieser deutsche Staats-
Herr Staatsminister, ich bin froh darüber, daß Sie in
bürger fragwürdiger politischer Provenienz eine
der zweiten Beantwortung die Sorgen etwas deut-
solch herausragende Rolle in diesem baltischen Staat
licher zum Ausdruck gebracht haben, und komme
spielt?
noch einmal auf meine erste Frage, die Ihnen vor-
liegt, zurück. Können Sie noch einmal sagen, welche
Möglichkeiten die Bundesregierung für Reaktionen Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
hat? Beziehen Sie sich ausschließlich auf gemein- Amt: Lettland ist ein befreundetes Land, mit dem wir
same Maßnahmen im Rahmen der Europäischen sehr enge Kontakte pflegen und dessen Aufnahme in
Union oder des Europarates, oder gibt es auch bilate- die europäischen Institutionen wir bald erhoffen. Von
rale Möglichkeiten, die politische Linie von Herrn daher haben wir ein Interesse daran, daß der Demo-
Siegerist sozusagen zu entmutigen, der erklärt hat, er kratisierungsprozeß und der Prozeß der Entwicklung
wolle in Lettland für die deutsche Wi rt schaft den ro- von Marktwirtschaft, von Rechtsstaatlichkeit, von der
ten Teppich ausrollen? Herrschaft des Rechts und der Anerkennung der
5064 Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Staatsminister Dr. Werner Hoyer


Menschenrechte in Lettland konsequent weite r be- benenfalls bei der Regierung der Vereinigten Arabi-
schritten wird. schen Emirate.
Insofern bieten wir unsere guten freundschaft-
lichen Dienste gerne an. Es ist aber nicht unsere Auf- Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Zusatzfrage?
gabe, in den innenpolitischen Prozeß eines befreun-
deten Landes einzugreifen. (Steffen Tippach [PDS]: Nein!)
Dann rufe ich die Frage 28 des Abgeordneten
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Eine Zusatz- Tippach auf:
frage der Kollegin Hendricks.
Unterstützt die Bundesregierung den Appell des Europä-
ischen Parlaments an die Regierung der Vereinigten Arabischen
Dr. Barbara Hendricks (SPD): Herr Staatsminister, Emirate, das gegen Sarah Balabagan verhängte Todesurteil aus-
Sie haben in Ihrer ersten Antwort auf die Frage 25 zusetzen, und wie gedenkt sie, sich darüber hinaus bei der Re-
des Kollegen Erler gesagt, nach Beobachtungen in- gierung der Vereinigten Arabischen Emirate für die 17jährige
Philippinin einzusetzen?
ternationaler Wahlbeobachter sei die Wahl fair und
geheim abgelaufen. Will die Bundesregierung diese
Bewertung vor dem Hintergrund der Tatsache teilen, Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
daß ein Drittel der Bevölkerung von der Teilnahme Amt: An dieser Frage können wir die Umsetzung des
an der Wahl ausgeschlossen war? soeben abstrakt Dargestellten trainieren. Die Bun-
desregierung teilt die große Besorgnis des Europäi-
Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen schen Parlaments, unterstützte demgemäß eine ge-
Amt: Diese Beantwortung möchte ich mir gegenwär- plante Demarche der Troika der Europäischen Union
tig nicht anmaßen, weil ich bisher nur referiert habe, bei der Regierung der Vereinigten Arabischen Emi-
daß die OSZE-Delegation zu dieser Bewe rt ung ge- rate wegen des Todesurteils gegen die philippini-
kommen ist. Das andere betrifft die Frage des Um- sche Staatsangehörige Sarah Balabagan.
gangs der Titularnation mit den anderen Bevölke-
Auf ausdrücklichen Wunsch der philippinischen
rungsteilen. Dazu ist die Diskussion in Lettland si-
Regierung sah die EU von der Demarche bislang ab.
cherlich noch nicht ausgestanden.
Das Todesurteil gegen Frau Balabagan ist bislang
Die Bundesrepublik und die Bundesregierung wei- nicht rechtskräftig. Wenn meine neueste Information
sen der Frage der Behandlung von Minderheiten, zutrifft, ist das Verfahren auch erneut bis zum Ende
auch von ethnischen Minderheiten entsprechend des Monats verschoben. Die Bundesregierung bleibt
den Prinzipien, zu denen wir uns in Europa verpflich- an dieser Frage dran und ist weiterhin an einem
tet haben, eine ganz besondere Bedeutung zu. engen Kontakt mit der philippinischen Regierung in-
teressiert.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Eine weitere
Zusatzfrage hat der Kollege Tippach. Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ihre Zusatz-
frage, Herr Tippach.
Steffen Tippach (PDS): Der Kollege Erler hat meine
Frage im wesentlichen vorweggenommen. Ich
möchte daher nur noch anmerken, daß ich Ihnen, Steffen Tippach (PDS): Gedenkt die Bundesregie-
Herr Staatsminister, dankbar wäre, wenn Sie die In- rung initiativ zu werden, wenn die Europäische
formation über die Zusammenhänge von Hilfsliefe- Union im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung
rungen und Hilfsorganisationen und die Frage, ob nicht interveniert?
dafür Bundesmittel aufgewendet werden, geben
könnten, sobald Sie nähere Auskünfte eingeholt Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
haben. Amt: Ja, die Bundesregierung wird sich im Zweifel
Danke. für die Begnadigung von Frau Balabagan einsetzen.
Wir wissen, daß die Möglichkeit der Einflußnahme
begrenzt ist, aber wir werden es versuchen. Zunächst
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich rufe die müßte, wenn es soweit kommen sollte, ein rechtsgül-
Frage 27 des Abgeordneten Tippach auf: tiges Urteil abgewartet werden.
Wie beurteilt die Bundesregierung die Menschenrechtslage in
den Vereinigten Arabischen Emiraten, und auf welche A rt und
Weise versucht sie, auf eine Verbesserung der Menschenrechts- Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Eine zweite
situation hinzuwirken? Zusatzfrage?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen


Amt: Herr Kollege Tippach, die Bundesregierung be- Steffen Tippach (PDS): Vielen Dank.
we rt et die Menschenrechtslage in den Vereinigten
Arabischen Emiraten zwar nicht in jeder Hinsicht als Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Vielen Dank.
optimal, jedoch im regionalen Vergleich als erträg-
lich. Einzelnen Fällen von Menschenrechtsverletzun- Die Frage 29 der Kollegin Dr. Leonhard wird
gen geht die Bundesregierung zusammen mit den schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage
europäischen Pa rt nern nach und interveniert gege- abgedruckt.
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5065
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Wir sind damit am Schluß der heutigen Tagesord-
Auswärtigen Amtes. Vielen Dank, Herr Staatsmini- nung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen
ster. Bundestages auf morgen, Donnerstag, den
12. Oktober 1995, 9 Uhr ein.
Die Fragen aus dem Bereich des Bundesministe-
riums des Innern - das sind die Fragen 30 bis 34 - Die Sitzung ist geschlossen.
werden schriftlich beantwortet. Die Antworten wer-
den als Anlagen abgedruckt. (Schluß der Sitzung: 14.45 Uhr)
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5067*

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 Anlage 2

Liste der entschuldigten Abgeordneten Antwort


des Parl. Staatssekretärs Rainer Funke auf die Frage
entschuldigt bis
Abgeordnete(r)
einschließlich
des Abgeordneten Manfred Such (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 13/2527 Frage 3):
Altmann (Pommelsbrunn), BÜNDNIS 11. 10. 95 Welche konkreten Erkenntnisse liegen der Bundesregierung
Elisabeth 90/DIE aus den letzten fünf Jahren über die Zahl von nicht zur Haupt-
GRÜNEN verhandlung erschienenen Angeklagten sowie über die durch-
schnittliche Dauer von der Tatendeckung bis zur Hauptverhand-
Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 10. 95*** lung vor, und welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregie-
rung aus diesen Erkenntnissen oder aber aus deren Fehlen hin-
Bindig, Rudolf SPD 11. 10. 95 * sichtlich des möglichen Bedarfs an der Einführung einer soge-
Eymer, Anke CDU/CSU 11. 10. 95 nannten Hauptverhandlungshaft sowie deren Rea li sierbarkeit?

Fograscher, Gabriele SPD 11. 10. 95 ***


Erkenntnisse über die Zahl nicht zur Hauptver-
Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 11. 10. 95 handlung erschienener Angeklagter und über die
Graf (Friesoythe), Günter SPD 11. 10. 95 *** durchschnittliche Dauer von einer Tatentdeckung bis
Heym, Stefan PDS 11. 10. 95 zur Hauptverhandlung lassen sich den amtlichen
Statistiken nicht entnehmen. Aus Erfahrungsberich-
Heyne, Kristin BÜNDNIS 11. 10. 95
ten der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen
90/DIE
Praxis ist jedoch bekannt, daß eine sofortige Ver-
GRÜNEN
handlung im beschleunigten Verfahren nicht selten
Hirche, Walter F.D.P. 11. 10. 95 daran scheitert, daß der Beschuldigte für die Durch-
Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 11. 10. 95 führung der Hauptverhandlung nicht zur Verfügung
Dr. Jacob, Willibald PDS 11. 10. 95 steht. Das geltende Recht beschränkt nämlich die
Festhaltebefugnis der Strafverfolgungsbehörden in
Kemper, Hans-Peter SPD 11. 10. 95 den Fällen, in denen die Voraussetzungen für einen
Lummer, Heinrich CDU/CSU 11. 10. 95 ** Haftbefehl nicht vorliegen, auf die zur Feststellung
Dr. Maleuda, Günther PDS 11. 10. 95 der Identität unerläßliche Dauer, maximal auf zwölf
Stunden. Die Anwesenheit des Beschuldigten ist
Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 11. 10. 95 aber für eine Hauptverhandlung unverzichtbar. Soll
Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 11. 10. 95 in geeigneten Fällen eine Aburteilung einer Tat mög-
Rübenkönig, Gerhard SPD 11. 10. 95 lichst auf dem Fuße folgen, wie durch die mit dem
Schloten, Dieter SPD 11. 10. 95 ** Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober
1994 vorgenommenen Änderungen des beschleunig-
Schmidt (Aachen), Ulla SPD 11. 10. 95 ten Verfahrens beabsichtigt, so ist für die Fälle, in de-
Schönberger, Ursula BÜNDNIS 11. 10. 95 nen die unverzügliche Entscheidung im beschleunig-
90/DIE ten Verfahren wahrscheinlich ist, jedoch Anhalts-
GRÜNEN punkte für ein Fernbleiben des Beschuldigten von
Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 11. 10. 95 der Hauptverhandlung vorliegen, Vorsorge für seine
90/DIE Anwesenheit zu treffen. Dies setzt nach den erwähn-
GRÜNEN ten Erfahrungsberichten auch ohne statistische Er-
kenntnisse der erfragten A rt voraus, daß in der Straf-
Dr. Schubert , Mathias SPD 11. 10. 95 prozeßordnung zur Sicherung der Hauptverhand-
Schuhmann (Delitzsch), SPD 11. 10. 95 lung im beschleunigten Verfahren unter bestimmten,
Richard „eng begrenzten" Voraussetzungen ein vorläufiges
Dr. Stadler, Max F.D.P. 11. 10. 95 *** Festnahmerecht und ein neuer Haftgrund vorzuse-
hen sind.
Steen, Antje-Marie SPD 11. 10. 95
Terborg, Margitta SPD 11. 10. 95 **
Teuchner, Jella SPD 11. 10. 95
Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 11. 10. 95
Anlage 3
Dr. Wieczorek, Norbert SPD 11. 10. 95
Zierer, Benno CDU/CSU 11. 10. 95 Antwort
der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Frage des Abgeordneten Manfred Such (BÜNDNIS 90/
Versammlung des Europarates DIE GRÜNEN) (Drucksache 13/2527 Frage 4):
** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen
Union Welche sozialen Kriterien außer der Höhe des Kaufpreisge-
bots berücksichtigt die Bundesregierung beim Verkauf bundes-
*** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparla- eigener Wohnhäuser oder Kasernen hinsichtlich der Erwerber,
mentarischen Union deren beabsichtigter Nutzung sowie absehbarer Geschäftsge-
5068* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

bahren bei Weitervermietungen des Objekts, und mit welchen gig an Wohnungsbaugesellschaften oder an son-
Auflagen oder sonstigen Instrumenten kann die Bundesregie- stige Dritte veräußert werden, wenn diese sich zur
rung bei solchen Verkäufen - im Sinne einer wohnungsmarktpo-
litischen Steuerung - dafür Sorge tragen, daß die Käufer die Ob- nachhaltigen Instandhaltung der Wohnungen ver-
jekte Wohnungssuchenden zu angemessenen Bedingungen an- pflichten und die Wohnungen ebenfalls für minde-
bieten? stens zwanzig Jahre zu ortsüblichem Mietzins ver-
mieten.
Beim Verkauf bundeseigener Grundstücke sind
die planungsrechtlich zulässigen Nutzungsmöglich- In allen vorgenannten Fällen trifft der Bund im
keiten zugrunde zu legen, die sich aus der Bauleit- Kaufvertrag Vereinbarungen über die Erfülllung der
planung der Kommunen oder - in einer Vorstufe geforderten Verbilligungsvoraussetzungen sowie
dazu - aus kommunalen Planungskonzepten erge- über die Auflagen zur zweckentsprechenden Nut-
ben. Steht die künftige Nutzung des Grundstücks zung während des Zeitraums der Nutzungsbindung.
fest, erfolgt die Veräußerung entweder aufgrund ei- Im Falle eines Vertragsverstoßes ist in der Regel der
ner Ausschreibung in der örtlichen und überörtlichen nachgelassene Kaufpreisanteil mit Zinsen in Höhe
Presse oder auf der Grundlage einer Wertermittlung. von 2 v. H. über dem Diskontsatz der Deutschen Bun-
Der Bund darf seine Grundstücke nach dem Haus- desbank nachzuzahlen. Neben dieser Nachzahlungs--
haltsrecht grundsätzlich nur zu ihrem vollen Wert verpflichtung vereinbart der Bund - außer bei Ge-
veräußern. bietskörperschaften - zusätzlich eine Vertragsstrafe
für schuldhaftes Verhalten des Käufers.
Für Grundstücke, auf denen neuer Wohnraum ge-
schaffen wird, sowie für vorhandene Wohnungsbe- Außerdem bietet der Bund bebaute oder unbe-
stände läßt der Bundeshaushaltsplan, abweichend baute Grundstücke, die sich zur Bildung von selbst-
vom Grundsatz der Veräußerung zum vollen We rt , genutztem Wohneigentum eignen, gezielt Familien
die Einräumung von Verbilligungen zu: mit Kindern an. Dabei nimmt es der Bund in Kauf,
wenn das Ausschreibungsergebnis wegen der Be-
- Beabsichtigt der Erwerber, das Grundstück für schränkung des Bieterkreises auf Familien mit Kin-
den sozialen Wohnungsbau zu verwenden, ge- dem um bis zu 20 v. H. hinter dem örtlichen Markt-
währt ihm der Bund einen Preisnachlaß in Höhe wert zurückbleibt. Erfüllt der Erwerber die Voraus-
von bis zu 50 v. H. vom vollen Wert des Grund- setzungen für eine Förderung im sozialen Woh-
stücks. Dies gilt bei selbstgenutztem Wohnraum nungsbau, so wird auch hier eine Verbilligung einge-
auch für die Fälle, in denen die Voraussetzungen räumt.
des sozialen Wohnungsbaus nach den jewei li gen
Landesbestimmungen zwar erfüllt sind, Fördermit- Familien mit Kindern werden nur dann vorrangig
tel jedoch wegen Ausschöpfung des Verpflich- berücksichtigt, wenn die bei Erwerb zugrunde ge-
tungsrahmens nicht bewilli gt werden können. Der legte häusliche Gemeinschaft mit Kindern voraus-
Preisnachlaß wird u. a. mit der Auflage gewährt, sichtlich noch mindestens zwei Jahre nach Bezug des
daß das Grundstück für 15 Jahre durch Personen Erwerbsobjekts fortbestehen wird. Der Erwerber
genutzt wird, die dem Berechtigtenkreis des sozia- muß sich verpflichten, das Objekt mindestens für
len Wohnungsbaus angehören. acht Jahre selbst zu nutzen und es während dieses
Zeitraums nicht weiterzuveräußern. Für den Fa ll ei-
- Handelt es sich bei dem Kaufobjekt um ein Grund- ner schuldhaften Vertragsverletzung wird eine Ver-
stück mit Geschoßwohnungen, legt der Bund zur tragsstrafe von mindestens 10 v. H. des Kaufpreises
Ermittlung eines ermäßigten Kaufpreises nicht die vereinbart.
Marktmiete, sondern den Mietzins für den öffent-
lich geförderten sozialen Wohnungsbau zugrunde,
wenn sich der Erwerber verpflichtet, die Wohnun-
gen für die Dauer von mindestens 20 Jahren zu
einem entsprechend niedrigen Mietzins an Wohn- Anlage 4
berechtigte im Sinne des § 5 Wohnungsbindungs-
gesetz zu vermieten. Dies gilt nur bei Veräußerun- Antwort
gen an Gebietskörperschaften oder von diesen ge-
tragenen Wohnungsbaugesellschaften. des Parl. Staatssekretärs Dr. Kurt Faltlhauser auf die
Frage des Abgeordneten Dr. Martin Mayer (Siegerts-
- Ehemals von der Westgruppe der russischen S tr eit- brunn) (CDU/CSU) (Drucksache 13/2527 Frage 5):
kräfte genutzte Geschoßwohnungen können un-
entgeltlich - vorrangig an Wohnungsbaugesell- Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um den Be-
schaften aber auch an sonstige Dritte - abgegeben schluß des EU-Nomer..klaturausschusses, CD-ROM-Laufwerke
für PC als Videorecorder zu klassifizieren und damit einem er-
werden, wenn diese sich verpflichten, die Woh- höhten Importzoll zu unterwerfen, rückgängig zu machen?
nungen nach einem konkreten Vorhabenplan in-
nerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren nach
Es geht bei der Entscheidung des Nomenklatur-
Eigentumserwerb zu sanieren und zu ortsüblichem
ausschusses nicht um eine Erhöhung der Importzölle,
Mietzins für mindestens zwanzig Jahre zu ver-
sondern um die richtige Einreihung von CD-ROM-
mieten.
Laufwerken in den gemeinsamen Zolltarif der EU.
- Geschoßwohnungen, die bis zum 2. Oktober 1990 Bis auf Schweden waren sich alle EU-Mitgliedstaa-
zur Unterbringung von Mitgliedern der ehemali- ten und die Kommission darin einig, daß CD-ROM-
gen NVA und deren Familien genutzt wurden, Laufwerke in Position 8521 eingereiht werden müs-
können um 50 v. H. unter dem vollen Wert vorran sen, d. h. zu klassifizieren sind. Eine Rückgängig-
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5069*

machung der Entscheidung ist für die Bundesre- Anlage 6


gierung nicht. möglich. Zum einen hat sie mit der
Mehrheit der übrigen Mitgliedstaaten der Maß- Antwort
nahme zugestimmt und zum anderen liegt das Vor-
schlagsrecht bei der Kommission, der bei Fragen der des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Fragen
Einreihung eine hohe Entscheidungsbefugnis einge- des Abgeordneten Peter Dreßen (SPD) (Drucksache
räumt wurde. 13/2527 Fragen 7 und 8):
In welcher Höhe haben die Berufsgenossenschaften in den
Die hohe wirtschaftliche Bedeutung der Einrei- letzten Jahren für Gutachten, Anwalts- bzw. Gerichtskosten
usw. im Zusammenhang mit juristischen Auseinandersetzungen
hungsentscheidung ist bei der Kommission bekannt. bei der Bewilligung von Berufsunfähigkeitsrenten Finanzmittel
Sie hat deshalb in den Verordnungsentwurf - durch aufgewendet?
den die Einreihungsentscheidung umgesetzt werden Wie viele Berufsunfähigkeitsrenten sind in den letzten Jahren
soll - eine Formulierung aufgenommen, die es er- ohne eine juristische Auseinandersetzung bewilligt worden,
laubt, die derzeit bestehende Zollaussetzung bei be- und welchen Anteil machen diese an allen Bewilligungen (also
stimmten CD-ROM-Laufwerken zu der neuen Posi- unter Einschluß solcher, bei der ein juristischer Konflikt vorlag)
aus?
tion 8521 mitzunehmen. Die Bundesregierung (hier
das federführende BMWi) tritt für eine möglichst um-
fassende Zollbegünstigung für CD-ROM-Laufwerke Ich bitte Sie um Verständnis, daß ich in der Kürze
bei Position 8521 ein. der zur Verfügung stehenden Zeit die von Ihnen er-
betenen Angaben nicht recherchieren konnte. Die
Bundesregierung selbst verfügt nicht über derar tige
Statistiken. Ich habe jedoch veranlaßt, daß über die
Spitzenverbände der gesetzlichen Unfallversiche-
rung bei den mehr als 100 Unfallversicherungs-
Anlage 5 trägern nach entsprechendem Zahlenmaterial nach-
gefragt wird. Dabei geht es sowohl um die aufge-
Antwort brachten Gutachtens-, Anwalts- und Verfahrensko-
sten aufgrund von Rechtsstreitigkeiten als auch um
des Parl. Staatssekretärs Dr. Hein rich L. Kolb auf die den Anteil von Rentenbewilligungen ohne Rechts-
Frage des Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/ streitigkeiten an der Gesamtzahl der erteilten Ren-
CSU) (Drucksache 13/2527 Frage 6): tenbescheide. Gerade die letzte Verhältniszahl er-
scheint auch mir interessant, weil sie nach meiner
Was unternimmt die Bundesregierung, damit der prozentuale Überzeugung verdeutlichen wird, daß auch in der
Anteil der Zuschüsse des Bundes an der überbetrieblichen Lehr- gesetzlichen Unfallversicherung das Anerkennungs-
lingsausbildung nicht noch weiter sinkt? verfahren ohne anschließende gerichtliche Überprü-
fung der Regelfall ist.
Der Förderung überbetrieblicher Lehrlingsunter- Soweit mir die Unfallversicherungsverbände
weisungen im Handwerk (2. bis 4. Lehrjahr) kommt gaben zu den von Ihnen gewünschten Informationen
vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Lehrstellen- zur Verfügung stellen können, werde ich Sie darüber
-situation besondere beschäftigungs-, wachstums schriftlich unterrichten.
und berufsbildungspolitische Bedeutung zu. Sie
dient der Ergänzung der betrieblichen Ausbildung
und stärkt das duale System: Gefördert werden Lehr-
gänge für Handwerkslehrlinge auf der Grundlage
von Rahmenlehrplänen mit dem Ziel, den persönli- Anlage 7
chen Leistungsstandard besser und schneller an die
moderne wirtschaftlich-technische Entwicklung an- Antwort
zupassen.
des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die
Frage der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard (SPD)
Die Bundesregierung hat die Mittelansätze trotz (Drucksache 13/2527 Frage 12):
angespannter Haushaltslage von 60,9 Millionen DM
im Jahre 1994 (Ist) auf 67,5 Millionen DM in 1995 Wann ist mit einer Genehmigung der überarbeiteten Planun-
(Soll) erhöht. Für 1996 ist nach dem Haushaltsent- terlagen zu rechnen, die das Land Nordrhein-Westfalen für den
nordrhein-westfälischen Teil des Lückenschlusses der Bundes-
wurf mit einer weiteren Anhebung auf 69,5 Millionen autobahn 1 (Tondorf/Mehren) nach Einbeziehung von Einwen-
DM zu rechnen. dungen und neuen Rechtsgrundlagen, insbesondere im Bereich
des Umweltschutzes, dem Bundesministerium für Verkehr zuge-
leitet hat?
Die zusätzlichen Mittel werden für die verstärkte
Einbeziehung von Auszubildenden aus den neuen
Die Genehmigung der eingereichten Unterlagen
Bundesländern, die Verlängerung der jährlichen Un-
wird zur Zeit nicht mit Nachdruck betrieben, weil die
terweisungsintensität im gesamten Bundesgebiet
Bestätigung der Planung durch die laufende Umwelt-
und für eine Anhebung der Zuschüsse für die einzel-
verträglichkeitsstudie noch aussteht.
nen Lehrgänge eingesetzt. Eine weitere Absenkung
des Anteils der Zuschüsse des Bundes an den Ge- Wenn das Land Nordrhein-Westfalen dieses Ver-
samtkosten der überbetrieblichen Lehrgänge wird fahren abgeschlossen hat, könnte innerhalb von we-
damit vermieden. nigen Monaten die Genehmigung erfolgen.
5070* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995

Anlage 8 Die Förderung der deutschen Sprache im Ausland


ist eines der wesentlichen Elemente der Auswärtigen
Antwort Kulturpolitik der Bundesregierung. Im Auftrag des
innerhalb der Bundesregierung für die Auswärtige
des Parl. Staatssekretärs Ulrich Klinkert auf die Fra- Kulturpolitik zuständigen Auswärtigen Amtes erfül-
gen der Abgeordneten Marion Caspers-Merk (SPD) len verschiedene Mittlerorganisationen mit jeweils
(Drucksache 13/2527 Fragen 13 und 14): spezifischen Zuständigkeiten eigenverantwortlich
Gibt es bei der Bundesregierung Überlegungen, nach dem Aufgaben der Sprachförderung. Das bestehende
Vorbild des Dualen System Deutschland GmbH ein entspre- Mittlersystem hat sich bewährt und bietet auch wei-
chendes Recyclingsystem für gebrauchte Textilien einzuführen, terhin eine adäquate und effiziente Organisa tions-
und wenn ja, wie weit sind diese Überlegungen gediehen?
form. Es ist der beste Garant dafür, daß sich Projekte
Teilt die Bundesregierung die Befürchtungen der be troffenen frei von staatlicher Einflußnahme und politischer
Organisationen, daß bei Einführung eines derartigen Systems Gängelung entfalten können. Mit seinen dezentrali-
die Erfassung und Vermarktung von Alttextilien den karitativen
Organisationen, die bisher einen Großteil ihrer satzungsgemä-
sierten und auf dem Prinzip des Pluralismus grün-
gtßenWAorhblfaiusdpwjck erSamlung denden Strukturen, die die Aufgaben zwischen
und Verwertung von Alttextilien finanzieren, entzogen wurde, Bund, Ländern und Gemeinden, staatlichen Stellen -
und hat dieser Gesichtspunkt in den bisherigen Überlegungen und privaten Trägern auf verschiedene Schultern
eine Rolle gespielt?
verteilen, entspricht dieses System unserem födera-
len Staatsverständnis. Eine solche Struktur erfordert
Zu Frage 13: eine kontinuierliche Abstimmung und Koordinierung
Die Duales System Deutschland GmbH ist von der der einzelnen Aktivitäten. Das Auswärtige Amt
deutschen Wirtschaft gegründet worden, um den in- nimmt diese Aufgabe konsequent wahr und ist dabei
dividuellen ordnungsrechtlichen Vorgaben der Ver- - wo immer nötig und angezeigt - um eine noch en-
packungsverordnung durch kollektive Übernahme gere Abstimmung mit den einzelnen Trägern der
der Produktverantwortung gerecht zu werden. Der Sprachförderung bemüht. Die Einrichtung einer zen-
Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber tralen Instanz zur Koordinierung der Sprachpolitik
vor, inwieweit die Wi rtschaft für den Bereich Texti- mag theore tisch Synergiegewinne versprechen. In
lien ähnliche Systeme ohne ordnungsrechtlichen der Praxis dürfte sie jedoch eher zu Substanzverlu-
Rahmen zu schaffen beabsichtigt. Allerdings geht sten durch mehr Bürokratie und mehr Adminis tration
die Bundesregierung davon aus, daß die be troffene führen. Darüber hinaus ist in Politik und Öffentlich-
Wirtschaft im Rahmen des § 22 Kreislaufwirtschafts-/ keit keine Akzeptanz für die Auflösung des Mittler
Abfallgesetz die ihr zugewiesene Produktverantwor- systems und die Aufgabe eines Teils der Kulturhoheit
tung wahrnimmt. der Länder, die ein solcher Schritt unweigerlich be-
deuten würde, zu erkennen.
Zu Frage 14:
In der Erfassung von Alttextilien sind heute sowohl
caritative wie gewerbliche Sammler und Verwerter
tätig. Die Bundesregierung geht davon aus, daß im Anlage 10
Rahmen der Umsetzung der Produktverantwortung
allen in der Erfassung und Verwertung von Alttexti- Antwort
lien Erfahrenen die Möglichkeit gegeben ist, ein ih- des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die
rem Erfahrungsschatz entsprechendes Tätigkeitsfeld FragedsAbontDirchAuseman
zu behaupten. Insoweit ist zu erwarten, daß die cari- (CDU/CSU) (Drucksache 13/2527 Frage 30):
tativen Organisationen angemessen einbezogen wer-
den können und auch weiterhin ihre satzungsge- Ist die Bundesregierung angesichts der Gefährdung von Be-
amten des Bundesgrenzschutzes infolge evtl. Fehlentscheidun-
mäße Arbeit auch durch die Erfassung und die Ver- gen der Landesregierung Niedersachsen bei Einsätzen wie den
wertung von Alttextilien finanzieren können. „Chaos-Tagen" bereit, Bundesbeamte auch zukünftig für Ein-
sätze auf Wunsch betroffener Landesregierungen bereitzustel-
len, wenn z. B. eine betroffene Landesregierung den Einsatz der
Landespolizei, zum Beispiel zum Schutz von Castor-Transpor-
ten, wegen einer angeblichen Gefährdung der Beamten ab-
lehnt?
Anlage 9
Aufgrund der berufstypischen Risiken polizeilicher
Antwort Tätigkeit kann eine individuelle Gefährdung der ein-
gesetzten Beamten und Beamtinnen niemals voll-
des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage
kommen ausgeschlossen werden. Grundsätzlich sind
der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard (SPD) (Druck-
Fehlentscheidungen geeignet, Risiken zu verursa-
sache 13/2527 Frage 29):
chen bzw. zu erhöhen.
Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik an der Sprachen-
förderung des Auswärtigen Amtes, die nach Einschätzung von Laut Artikel 35 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes
Experten unkoordiniert ist, zu wenig Unterstützung von seiten in Verbindung mit § 11 Absatz 1 Nummer 1 und Ab-
der Bundesregierung erfährt und darüber hinaus in Landesho- satz 4 Satz 1 des Gesetzes über den Bundesgrenz-
heiten zersplittert ist, da die Bundesländer ihrerseits Sprachen- schutz wird ein Anspruch der Bundesländer auf Un-
politik betreiben, und welche Maßnahmen plant die Bundesre-
gierung zur Einrichtung einer zentralen Instanz, die die natio- terstützung durch den Bundesgrenzschutz erst dann
nale Sprachenpolitik koordiniert? begründet, wenn zuvor alle dort vorhandenen perso-
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5071*

nellen und materiellen Möglichkeiten ausgeschöpft Trifft es zu, daß nach dem deutsch-vietnamesischen Rücknah-
sind. meabkommen für vietnamesische Bürgerinnen und Bürger mit
einer Arbeitserlaubnis in der DDR insofern eine Benachteili-
Für den Fall eines Unterstützungsersuchens einer gung besteht, als Zeiten ihres Aufenthaltes in der DDR nicht
bzw. nicht vollständig auf die Gesamtaufenthaltszeit angerech-
Landesregierung, dem - was die Bundesregierung net werden, was dazu führt, daß vietnamesische Bürgerinnen
allerdings ausschließt - eine Ablehnung des Einsat- und Barger zum Teil geringe Aufenthaltszeiten anerkannt be-
zes eigener Polizeikräfte wegen angeblicher Gefähr- kommen, obwohl sie das doppelte bzw. dreifache der Zeiten be-
dung zugrundeliegt, sind somit die rechtlichen Vor- reits in Deutschland (einschließlich Aufenthaltszeiten in der
DDR) verbracht haben?
aussetzungen nicht gegeben.
Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die Zugrundele-
gung von tatsächlichen Beschäftigungszeiten für die Anrech-
nung von Aufenthaltszeiten vietnamesischer Bürgerinnen, die
während ihres Aufenthaltes in Deutschland mehrere Kinder ge-
boren haben, nur geringe Aufenthaltszeiten erwachsen, obwohl
Anlage 11 durch die Geburt der Kinder und ihre Eingliederung in die Ge-
sellschaft für die betreffende Familie ein hoher Sozialisierungs-
grad eingetreten ist, und was gedenkt die Bundesregierung ge-
Antwort gen diese Form der Benachteiligung der vietnamesischen Bür-
gerinnen zu tun?
des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fra-
gen des Abgeordneten Bernd Reuter (SPD) (Druck-
sache 13/2527 Fragen 31 und 32): Zu Frage 33:
Plant die Bundesregierung eine Zusammenarbeit zwischen Der aufenthaltsrechtliche Status von Ausländern in
der GSG 9 und der Policia Nacional von Nicaragua? Deutschland bestimmt sich ausschließlich nach dem
Hat die Botschaft von Nicaragua mit deutschen Stellen Kon- Ausländerrecht der Bundesrepublik Deutschland.
takt zu diesem Zweck aufgenommen? Das deutsch-vietnamesische Rückübernahmeabkom-
men vom 21. Juli 1995 regelt lediglich das Verfahren
Zu Frage 31: der Rückübernahme von ausreisepflichtigen vietna-
mesischen Staatsangehörigen und trifft keine Rege-
Nein.
lung hinsichtlich des aufenthaltsrechtlichen Status
von vietnamesischen Staatsangehörigen in der Bun-
Zu Frage 32: desrepublik Deutschland.
Nein.
Zu Frage 34:
Die Anrechnung von Aufenthaltszeiten ist im Aus-
länderrecht vorgesehen im Rahmen der Vorschriften
Anlage 12 über die Verfestigung des aufenthaltsrechtlichen Sta-
tus von Ausländern nach den §§ 24 bis 27 und 35 des
Antwort Ausländergesetzes. Keine dieser Vorschriften sieht
vor, daß für die Aufenthaltsverfestigung nur Zeiten
des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fra- einer Beschäftigung angerechnet werden. Anzurech-
gen der Abgeordneten Dr. Christine Lucyga (SPD) nen sind vielmehr die Zeiten des Besitzes der in den
(Drucksache 13/2527 Fragen 33 und 34): Vorschriften genannten Aufenthaltsstatus.

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