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D eutscher Bundestag

84. Sitzung

Bonn, den 9. Oktober 1963

Inhalt:

Nachruf auf die Abg. Keller, Funk, Gerns Frage des Abg. Sander:
und Dr. Menzel
Ländereien der Salzgitter AG
-

Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 4085 A


Kattenstroth, Staatssekretär . . . 4090 D,
4091 B, C
Die Abg. Deneke, Frau Haas, Dr. Gerlich
und Dr. Pohlenz treten in den Bundestag Sander (FDP) . . . . . . . . 4091 B
ein 4086 C
Fragen , der Abg. Frau Schanzenbach:
Glückwünsche zu den Geburtstagen der
Abg. Dr Gossel, Frau Wessel, Frau Dr.
, Medikamente, die überholt sind . . 4091 C, D
Kiep-Altenloh, Bundesminister Dr. See-
bohm, Frau Welter, Metter, Stephan,
Heix, Dr. h. c. Brauer, Dr. Pflaumbaum Frage ,der Abg. Frau Herklotz:
und Stauch 4086 C Gebührenordnung für Hebammen
Frau Dr. Schwarzhaupt,
Zusammenstellung der über und außer-
- Bundesminister 4092 A, B
planmäßigen Haushaltsausgaben für das
Frau Herklotz (SPD) . . . . 4092 A, B
erste und zweite Vierteljahr des Rech-
nungsjahres 1963 . . . . . . . . . 4086 D Bazille (SPD) . . . . . . . . 4092 B
Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 4087 A
Frage des Abg. Dröscher:
-
Neuer Versuch mit Mikrophonen im Plenar Verfälschtes Eigelb
saal 4098 A
Frau Dr. Schwarzhaupt,
Fragestunde (Drucksache IV/1500) Bundesminister 4092 C, D
Frage des Abg. Kühn (Hildesheim) : Dröscher (SPD) 4092 C, D
Sexualverbrechen an Kindern
Fragen des Abg. Dr. Stecker:
Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 4090 A
Dienstreise zur Posener Messe im
Frage des Abg. Diebäcker: Privatflugzeug . . . . . . . . . 4092 D
Diplomvolkswirte und Diplomkaufleute
im Bundesschatzministerium Fragen des Abg. Dr. Müller Emmert:
-

Kattenstroth, Staatssekretär . . 4090 B, C


Zu hohe Kaufkraftzuschläge für die Be-
Diebäcker (CDU/CSU) . . . . . . 4090 C diensteten der Botschaft in Wien . . 4093 A
II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Fragen des Abg. Geiger: Frage des Ab. Hübner:


Amnestie für ehemalige Fremden- Versorgungsbezüge von Beamtenwit-
legionäre 4093 B, C wen
Höcherl, Bundesminister 4097 B
Frage des Abg. Gewandt:
Beziehungen zwischen der EWG und Frage des Abg. Wienand:
Lateinamerika
Nummer 32 des „Stern" — jugend-
Dr. Carstens, Staatssekretär . 4093 C, D, gefährdende Schrift
4094 A
Höcherl, Bundesminister . . . 4097 B, C, D,
Gewandt (CDU/CSU) . . 4093 D, 4094 A 4098 A
Wienand (SPD) 4097 C, D
Frage ides Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) :
Dürr (FDP) 4097 D, 4098 A
Kettenschutz für britische Panzerfahr-
zeuge
Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 4094 B Frage des Abg. Ritzel:
Neuregelung des Reisekostenrechts
Höcherl, Bundesminister . . . . 4098 B, C
Frage des Abg. Metzger:
Ritzel (SPD) ... . . . . . . 4098 B, C
Israel-Klausel in Lieferverträgen mit
Ägypten
Dr. Carstens, Staatssekretär • 4094 B, C, D, Fragen ides Abg. Bazille:
4095 A Auslieferung des aus der Fremden
Sänger (SPD) 4094 C legion entflohenen Ungarn Geza Gyöfri

Ritzel (SPD) 4094 D Höcherl, Bundesminister . . . . 4098 C, D,


4099 A, B, C, D, 4100 A
Dr. Schafer (SPD) 4095 A
Bazille (SPD) 4098 D
Dr. Mommer (SPD) . . . 4098 D, 4099 B
Fragen des Abg Ertl:
Dr. Schäfer (SPD) 4099 A, B
Folterungen von Häftlingen in Südtirol
Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . 4099 C
Dr. Carstens, Staatssekretär 4095 B, C, D,
4096 A Blachstein (SPD) 4099 D
Ertl (FDP) . . . . . . . . . 4095 B, C Börner (SPD) . . . . . 4099 D, 4100 A
Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 4095 C Ritzel (SPD) 4100 A
Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . . 4095 D
Fragen des Abg. Langebeck: -
Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Abholzungen im Bereich des Truppen
übungsplatzes Brönnhof 4100 B
Registrierung und Betreuung von
Nichtseßhaften 4096 A
Frage des Abg. Dr. ,Schmidt (Wuppertal) :
Fragen ides Abg. Nellen: Betriebsprüfungen und Reisekosten
vorschriften
Nachwuchs für die Führungskräfte
in Bundesbehörden und europäischen Dr. Dahlgrün, Bundesminister 4100 D, 4101 B
Gremien 4096 B Dr. Schmidt (Wuppertal)
(CDU/CSU) 4101 A, B
Frage ides Abg. Dr. Kempfler:
Unterbliebener Bau eines Luftschutz- Fragen des Abg. Biegler:
raumes in München Lärm durch den Prüfstand der Luther-
Höcherl, Bundesminister . . . . 4096 C, D Werke in Mainz
Dr. Kempfler (CDU/CSU) 4Q96 D Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 4101 B, C

Frage ,des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Frage des Abg. Dröscher:


Gasstab Gesetzentwurf betr. Verwaltungskosten-
Höcherl, Bundesminister 4097 A zuschüsse
Schmitt-Vockenhausen 4097 A Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 4101 D
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 III

Frage des Abg. Benda: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände-
rung des Jugendarbeitsschutzgesetzes
Bereitschaft zur Versetzung nach Berlin (SPD) (Drucksache IV/1346) — Erste Bera-
Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 4102 A, B tung —

Benda (CDU/CSU) . . . . . . . 4102 B Behrendt (SPD) 4107 A


Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 4102 C Scheppmann (CDU/CSU) 4109 D

Fragen des Abg. Fritsch: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Bundeswahlgesetzes (Drucksache IV/1376)
Bedrohung der Waldwirtschaft des
— Erste Beratung — . . . . . . . . 4110 D
Bayerischen Waldes durch Holzein-
fuhren 4102 D
Entwurf eines Siebzehnten Gesetzes zur
Änderung des Lastenausgleichsgesetzes
Fragen des Abg. Schultz:
(17. ÄndG LAG) (Drucksache IV/1383) —

Weinrechtsausschuß der EWG-Kom- Erste Beratung —


mission
Mischnick, Bundesminister . . . 4111 A
Schwarz, Bundesminister . . . 4103 B, C, D,
Zühlke (SPD) 4111 C
4104 A
Kuntscher (CDU/CSU) 4112 D
Dürr (FDP) 4103 D
Dr. Danz (FDP) 4114 A
Rehs (SPD) 4114 D
Frage des Abg. Rollmann:
Ausfuhr von Schlachtpferden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der
Schwarz, Bundesminister . . 4104 A, B, C Reichsabgabenordnung (Abg. Meis, Etzel,
Freiherr von Kühlmann-Stumm u. Gen.)
Rollmann (CDU/CSU) . . . . . 4104 B (Drucksache IV/1395) — Erste Bera-
Ritzel (SPD) 4104 C tung — 4115 D

Frage des Abg. Logemann: Entwurf eines Gesetzes über die Umzugs-
kostenvergütung und Trennungsentschä-
Richtlinien für die Zinsverbilligung 1963
digung für die Bundesbeamten, Richter
Schwarz, Bundesminister . 4104 D, 4105 B im Bundesdienst und Soldaten (Bun-
Logemann (FDP) 4105 B desumzugskostengesetz BUKG) (Druck-

sache IV/1441) — Erste Beratung 4115 D


Frage des Abg. Müller (Erbendorf) :


Entwurf einer Finanzgerichtsordnung (FGO)
§ 89 des Bundesversorgungsgesetzes . 4105 B (Drucksache IV/1446) — Erste Bera-
tung - 4116 A
Frage des Abg. Liehr:
Beschleunigte Berufsausbildung von Entwurf eines Gesetzes über Umstellung
italienischen Arbeitnehmern der Abgaben auf Mineralöl (Drucksache
IV/1473) — Erste Beratung — . . . .
Dr. Claussen, Staatssekretär . . . 4105 C,
4106 A Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 4116 A
Liehr (SPD) . . . . . . . . . 4105 D Dr. Stecker (CDU/CSU) 4118 A
Dr. Bleiß (SPD) 4119 D
Frage des Abg. Cramer: Dr. Imle (FDP) . . . . . . . 4123 A
Frist für die Umstellung von Angestell- Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 4124 D
tenversicherungs-Renten auf Witwen-
Eisenmann (FDP) . . . . . . 4127 A
rente
Dr. Claussen, Staatssekretär 4106 A, B, C
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Cramer (SPD) 4106 B Einkommensteuergesetzes (SPD) (Druck-
Dr. Schäfer (SPD) 4106 C sache IV/1347) — Erste Beratung 4127 C

Sammelübersicht 19 und 20 des Petitions- Entwurf eines Dritten Umstellungsergän-


ausschusses über Anträge zu Petitionen zungsgesetzes (Drucksache IV/1457)
(Drucksachen IV/1467, IV/1478) . . . . 4107 A — Erste Beratung — .. 4127 D
IV Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Ände- Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
rung und Ergänzung des Wertpapierbe- vom 13. November 1962 über die Ände-
reinigungsgesetzes (Wertpapierbereini- rung des Vertrages zur Gründung der
gungsschlußgesetz) (Drucksache IV/1459) Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
— Erste Beratung — . . . . . . . . 4127 D zum Zwecke der Assoziierung der Nieder-
ländischen Antillen (Drucksache IV/1474)
— Erste Beratung — . . . . . . . . 4129 B
Entwurf eines Gesetzes über die Fortset-
zung aufgelöster saarländischer Unter-
nehmen (Drucksache IV/1481) — Erste Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll
Beratung — 4127 D vom 16. Dezember 1961 über den Beitritt
Dänemarks und anderer Mitglieder des
Entwurf eines Gesetzes über die Sicherstel- Europarats zu dem Ubereinkommen vom
lung von Leistungen auf dem Gebiet der 17. April 1950 über Gastarbeitnehmer
Wasserwirtschaft usw. (Wassersicherstel- (Drucksache IV/1173); Schriftlicher Bericht
lungsgesetz) (Drucksache IV/1448) — des Ausschusses für Arbeit (Drucksache
Erste Beratung — IV/1418) — Zweite und dritte Beratung — 4129 C

Dr. Bechert (SPD) . . . . . . . 4128 A


Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 4128 B Einkommensteuergesetzes (FDP, CDU/
Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 4128 B CSU) (Drucksache IV/974) ; Schriftlicher
Bericht des Finanzausschusses (Druck-
Dürr (FDP) 4128 C
sache IV/1480) — Zweite und dritte Be-
ratung — 4129 D
Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag
vom 19. April 1962 mit der Republik
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und
Guinea über die Förderung von Kapital- Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsver-
anlagen (Drucksache IV/1394) — Erste mittlung und Arbeitslosenversicherung
Beratung — 4128 D (Fünftes Änderungsgesetz zum AVAVG)
(Drucksache IV/1312) ; Schriftlicher Be-
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen richt des Ausschusses für Arbeit (Druck-
vom 4. Juli 1962 mit der Regierung von sachen IV/1493, zu IV/1493) — Zweite
Beratung —
Ceylon zur Vermeidung der Doppelbe-
steuerung usw. (Drucksache IV/1424) — Dr. Nissen (SPD) . . . . . . 4130 B
Erste Beratung — 4128 D
Rasner (CDU/CSU) 4131 A

Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll


Antrag betr. Zuckerrübenpreis 1963/64
vom 9. Dezember 1961 zur Verlängerung
(Abg. Sander, Peters (Poppenbüll), Dr.
der Geltungsdauer der Erklärung vom
Effertz, Logemann, Walter, Ertl, Dr. Frey
12. November 1959 über den vorläufigen -
[Bonn], Struve u. Gen.) (Drucksache IV/
Beitritt Tunesiens zum Allgemeinen Zoll-
1416) 4131 B
und Handelsabkommen (Drucksache
IV/ 1431) — Erste Beratung — . . . . 4129 A
Antrag des Bundesministers der Finanzen
betr. Zustimmung zur Überlassung jun-
Entwurf eines Gesetzes zu dem Sonderab-
ger Anteile an wirtschaftlichen Unter-
kommen vom 7. Dezember 1957 mit dem nehmungen an andere Bezieher als den
Königreich Belgien über Arbeitslosenver-
Bund
sicherung (Drucksache IV/1434) — Erste
Beratung — 4129 A hier: Kapitalbeteiligung des Landes
Nordrhein-Westfalen und des Ver-
eins für die bergbaulichen Interes-
Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom sen an der Treuhandstelle für Berg-
7. Mai 1963 mit der Republik Österreich mannswohnstätten im rheinisch
über Kriegsopferversorgung und Beschäf- westfälischen Steinkohlenbezirk
tigung Schwerbeschädigter (Drucksache mbH in Essen
IV/1435) — Erste Beratung — . . . . . 4129 B
(Drucksache IV/1389) 4131 B
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
vom 16. März 1962 mit der Schweizeri- Antrag des Bundesministers der Finanzen
schen Eidgenossenschaft zum deutschen betr. Veräußerung einer Teilfläche der
Lastenausgleich (Drucksache IV/1451) — ehem. Lüttich-Kaserne in Göttingen
Erste Beratung — 4129 B (Drucksache IV/1399) . . . . . . . . 4131 C
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 V

Antrag des Bundesministers der Finanzen Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsaus-


betr. Veräußerung einer Teilfläche des schusses über den Vorschlag der Kom-
Industriehofes Eschwege (Drucksache IV/ mission der EWG für eine Verordnung
1404) 4131 C des Rates betr. die Änderung der Verord-
nung Nr. 17 (Drucksachen IV/1455,
IV/1498, zu IV/1498) 4132 C
Antrag des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung einer Teilfläche des
Mündlicher Bericht des Sozialpol. Aus-
ehem. Marine-Munitionsdepots in Kiel-
schusses über den Vorschlag der Kom-
Dietrichsdorf (Drucksache IV/1440) . . . 4131 C
mission der EWG für eine Verordnung
des Rates zur Änderung des Artikels 42
Antrag des Bundesministers der Finanzen der Verordnung Nr. 3 über die Soziale
betr. Veräußerung der ehem. Fort Ka- - Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und
serne in Landau (Drucksache IV/1442) 4131 D der Artikel 69 bis 72 der Verordnung
Nr. 4 usw. (Drucksachen IV/1452, IV/1499)
Antrag des Bundesministers der Finanzen Kohlberger (SPD) 4132 D
betr. Veräußerung von bundeseigenem
Gelände in Brunsbüttelkoog (Drucksache Verordnung über die Senkung von Ab-
IV/1465) 4131 D schöpfungssätzen bei der Einfuhr von ge-
schlachteten, Gänsen (Drucksache IV/1503)
Bauknecht {CDU/CSU) . . 4133 C, 4134 C
Bericht des Bundesrechnungshofs über die
Prüfung der Bundesmonopolverwaltung Bading (SPD) 4133 C
für Branntwein für die Geschäftsjahre Rasner (CDU/CSU) 4133 D
1958/59 und 1959/60 (Drucksache IV/1429) 4132 A
Dr. Mommer (SPD) 4134 B

Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ubersicht 16 des Rechtsausschusses über


Inneres über den Vorschlag der Kommis- Streitsachen vor dem Bundesverfassungs-
sion der EWG für eine Verordnung des gericht (Drucksache IV/1501) 4134 D
Rates zur Bestimmung der Gruppen von
Beamten und sonstigen Bediensteten der Bericht des Außenhandelsausschusses über
Gemeinschaft, auf welche die Artikel 11, die Fünfte Verordnung zur Änderung der
12 Absatz 2 und Artikel 13 des Proto- Ausfuhrliste und Zehnte Verordnung zur
kolls über die Vorrechte und Befreiun- Änderung der Einfuhrliste (Drucksachen
gen der Gemeinschaft Anwendung finden IV/1436, IV/1437, IV/1508) 4135 A
(Drucksachen IV/1454, IV/1496) . . . . 4132 A
Bericht des Außenhandelsausschusses über
die Vierte Verordnung zur Änderung des
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Deutschen Zolltarifs 1963 (Zucker und
Inneres über den Vorschlag der Kommis- Melasse) (Drucksachen IV/1447, IV/1507) 4135 A
sion für eine Verordnung Nr... des
Rats (EAG) über die Gewährung einer Nächste Sitzung 4135 D
Entschädigung für beschwerliche Arbeit
(Drucksachen IV/933, IV/1497) . . . . 4132 B Anlagen 4137
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84. Sitzung

Bonn, den 9. Oktober 1963

Stenographischer Bericht er zunächst als Gutsverwalter und landwirtschaft-


licher Sachverständiger tätig. Später bewirtschaftete
er den eigenen Hof.
Beginn: 14.03 Uhr
Nach 1945 stellte sich Friedrich Funk in den Dienst
der Genossenschaften. Seine politische Mitarbeit be-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Die Sitzung gann auch er in der Kommunalpolitik. Als Partei-
ist eröffnet. loser wurde er in den Kreistag Gerolzhofen gewählt.
Meine Damen und Herren, nach der Beendigung In der Erkenntnis aber, daß die großen politischen
der Sommerpause heiße ich Sie hier im Plenum Aufgaben unserer Zeit von einzelnen gar nicht be-
herzlich willkommen. Die Arbeit in diesem Hause wältigt werden können, sondern große, tragfähige,
hat zwar längst wieder begonnen, aber mit den politisch denkende Zusammenschlüsse brauchen, hat
Plenarsitzungen beginnen wir heute wieder. sich Friedrich Funk 1949 der CSU angeschlossen. Seit
dem Beginn des Bundestags hat er in diesem Haus
Es tut mir aufrichtig leid, daß die ersten Worte, den Wahlkreis Schweinfurt vertreten.
die ich hier an dieses Haus richten muß, Worte des
Gedenkens sind, In drei Wahlperioden hat Friedrich Funk im
Petitionsausschuß mitgearbeitet. Außerdem war er
(die Abgeordneten erheben sich) in drei Wahlperioden Mitglied des Ausschusses für
und zwar Worte des Gedenkens an vier in der Atomenergie und Wasserwirtschaft.
Zwischenzeit verstorbene Kollegen. Friedrich Funk war unverheiratet. Ich spreche sei
Am 21. Juli verstarb unser Kollege Ernst Keller ner Fraktion, der CDU/CSU, die herzliche Anteil-
an den Folgen einer Operation. nahme des Hauses aus.
Ernst Keller wurde am 11. September 1900 in Am 20. August verstarb in einer Kieler Klinik
Neheim geboren. Nach seiner kaufmännischen Aus- unser Kollege Heinrich Gerns. Heinrich Gerns wurde
bildung arbeitete er als Unternehmer in der Metall- am 22. April 1892 in Bothfeld bei Hannover geboren.
industrie. Er studierte Technik und Volkswirtschaft. Im ersten
In der Erkenntnis, daß die parlamentarische De- Weltkrieg war er Kommandeur der Fliegerschule
mokratie unserer Zeit auf die aktive Mitarbeit des Lübeck-Blankensee, im zweiten Weltkrieg war er -
freien Bürgers in der politischen Partei unter keinen Oberst der Luftwaffe. Seit 1920 bekleidete Heinrich
Umständen verzichten kann, faßte Ernst Keller nach Gerns in der Landwirtschaft Schleswig-Holsteins lei-
dem 2. Weltkrieg zunächst dort mit an, wo die po- tende Stellungen im Genossenschafts- und Sied-
litische Mitarbeit normalerweise beginnt, nämlich in lungswesen. In jenen Jahren schloß er sich der
der Kommunalpolitik. Er war einer der Mitbegrün- Deutsch-Nationalen Volkspartei an. In ihren Reihen
der des Ortsverbandes Neheim-Hüsten, dann war er gehörte er von 1928 bis 1931 dem Deutschen Reichs-
Vorsitzender des Kreisverbandes Arnsberg der FDP tag an.
und seit 1953 Vorsitzender ihres Bezirksverbandes Heinrich Gerns hat sich in seiner nach innen ge-
Westfalen-Süd. kehrten Weise mit Deutschlands Vergangenheit aus-
Dem Deutschen Bundestag gehörte Ernst Keller einandergesetzt. Eine Folge davon war, daß er nach
seit 1957 an. Er war Mitglied und Stellvertretender 1945 an dem Aufbau der Christlich-Demokratischen
Vorsitzender des Außenhandelsausschusses. In zwei Union teilnahm. Von 1947 bis 1949 war er Mitglied
Wahlperioden gehörte er außerdem dem Ausschuß des Plöner Kreistages, seit 1952 Vorsitzender des
für Mittelstandsfragen an. Kreisverbandes Plön der CDU. Dem Deutschen Bun-
destag gehörte unser Kollege Gerns seit seinem
Meine Damen und Herren, ich spreche der Familie Bestehen an. Er vertrat in diesem Hause von Anfang
Ernst Kellers und der Fraktion der FDP im Namen an den Wahlkreis Plön-Eutin/Nord. In allen Wahl-
des Hauses meine herzliche Anteilnahme aus. perioden war er Mitglied des Verteidigungsaus-
schusses. In der ersten und zweiten Wahlperiode
Nach langer Krankheit verstarb am 5. August war er u. a. Mitglied des Ausschusses für Gesamt-
unser Kollege Friedrich Funk. deutsche und Berliner Fragen. Seit 1953 war er Mit-
Er wurde am 3. Oktober 1900 in Neuses am Sand glied der Beratenden Versammlung des Europarates.
geboren. Nach dem Studium der Landwirtschaft war Im Jahre 1956 ehrte ihn der Agrarausschuß der Be-
4086 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Präsident D. Dr. Gerstenmaier


ratenden Versammlung des Europarates mit der Ich spreche seiner Familie und seiner Fraktion,
Wahl zu seinem Ehrenpräsidenten. der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die
Ich spreche der Familie unseres Kollegen Gerns herzliche Anteilnahme des Hauses aus. — Ich danke
und seiner Fraktion — der Christlich-Demokrati- Ihnen.
schen- und der Christlich-Sozialen Union Deutsch- Meine Damen und Herren, als Nachfolger der
lands — die herzliche Anteilnahme des Hauses aus. verstorbenen Kollegen sind in dieses Haus eingetre-
ten Herr Abgeordneter Deneke mit Wirkung vom
Am 24. September erlag unser Kollege Dr. Walter 26. Juli 1963, Frau Abgeordnete Haas am 9. August
Menzel nach längerer Krankheit einem Herzschlag. 1963, am 24. August 1963 Herr Abgeordneter Dr.
Walter Menzel wurde am 13. September 1901 in Gerlich, am 30. September 1963 Herr Abgeordneter
Berlin geboren. Er studierte Rechts- und Staatswis- Dr. Pohlenz.
senschaften und Volkswirtschaft. Nach dem Asses- (Beifall.)
sorenexamen trat er in die Preußische Justizverwal-
tung ein. Von 1931 bis 1933 war er Landrat in Ich begrüße die neuen Kollegen in unserer Mitte
Weilburg an der Lahn. Im Jahre 1933 verlor Walter und wünsche ihnen eine gute Zusammenarbeit.
Menzel mit dem Zusammenbruch des Rechtsstaates
Meine Damen und Herren, ich spreche folgende
in Deutschland Amt und Brot. Unter Not und Mühen
Glückwünsche zu Geburtstagen aus.
gelang es ihm später, sich als Rechtsanwalt in Berlin
niederzulassen. Am 1. Juli wurde der Herr Abgeornete Dr. Gossel
71Jahrelt.
Als junger Student hatte sich Walter Menzel,
(Beifall.)
von der Sozialistischen Arbeiterjugend und den
Jungsozialisten herkommend, schon 1921 der Sozial- Am 6. Juli feierte Frau Abgeordnete Wessel Ge-
demokratischen Partei Deutschlands angeschlossen. burtstag.
(Beifall.)
Nach 1945 stellte er sich, wieder in den Reihen
der SPD, mit besonderer Hingabe in den Dienst des Am 30. Juli hatte Frau Abgeordnete Dr. Kiep-
Wiederaufbaus Deutschlands. Seit 1946 war er Mit- Altenloh Geburtstag.
glied des Parteivorstandes der Sozialdemokratischen (Beifall.)
Partei. Er gehörte dem Zonenbeirat für die britische Am 4. August feierte Bundesminister Dr. Seebohm
Zone an und war Mitglied des nordrhein-westfäli- sein60.Gburtag
schen Landtags. Von 1946 bis 1950 war Walter
Menzel Innenminister und stellvertretender Mini- (Beifall.)
sterpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. Am 7. August feierte Frau Abgeordnete Welter
Geburtsag.
Walter Menzel gehört als Mitglied des Parlamen- (Beifall.)
tarischen Rates zu den Vätern des Grundgesetzes.
Er gehört auch zu denen, die in besonderer Weise Am 26. August feierte Herr Abgeordneter Metter
die Last und die Not der deutschen Geschichte in sein60.Gburtag;
den vergangenen Jahrzehnten und insbesondere (Beifall)
auch die Sorge um das Land Preußen mitgetragen
am 31. August Herr Abgeordneter Stephan 'seinen
haben. Ich habe keinen Zweifel, daß diese Last eine
65. Geburtstag.
der Hauptursachen für seinen viel zu frühen Tod
(Beifall.)
gewsnit.
Am 2. September wurde Herr Abgeordneter Heix
Dem Deutschen Bundestag gehörte Walter Menzel
60Jahrelt.
ebenfalls schon seit 1949 an.
(Beifall.)
Seit Beginn seiner parlamentarischen Arbeit war
Am 3. September wurde das Mitglied des Hauses
er Parlamentarischer Fraktionsgeschäftsführer der
Dr. h. c. Brauer 76 Jahre alt,
SPD und Mitglied des Ältestenrates. Der Präsident
dieses Hauses hat Walter Menzel für hingebungs- (Beifall)
volle Mitarbeit dort — besonders in den ersten am 19. September wurde das Mitglied des Hauses
Jahren seiner eigenen Amtsführung — viel zu Dr. Pflaumbaum 72 Jahre alt;
danken.
(Beifall)
Dem Ausschuß für Inneres hat Walter Menzel
während drei Wahlperioden angehört. In der ersten und am 25. September feierte der Abgeordnete
Wahlperiode war er Vorsitzender eines Unter- Stauch seinen 65. Geburtstag.
suchungsausschusses, in der dritten Wahlperiode (Beifall.)
Mitglied des Vermittlungsausschusses. In der ersten
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat am
und zweiten Wahlperiode war er Vorsitzender des
1. Juli und am 29. August 1963 gemäß § 33 Abs. 1
Ausschusses zum Schutze der Verfassung.
der Reichshaushaltsordnung die Zusammenstellung
Meine Damen und Herren, Walter Menzel hat der über und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben
-

den Wunsch gehabt, in aller Stille beigesetzt zu wer- imBetragvon10DMudarübefs


den. So blieb uns nichts, als den Kranz mit den erste und das zweite Vierteljahr des Rechnungsjah-
Farben des Bundes auf das Grab dieses getreuen res 1963 übersandt. Sie sind nach einer interfraktio-
Kollegen zu legen. nellen Vereinbarung dem Haushaltsausschuß zu
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4087
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung
überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? — von Zeugen und Sachverständigen sowie des Gesetzes über
Kein Widerspruch; es ist so beschlossen. die Entschädigung der ehrenamtlichen Beisitzer bei den
Gerichten
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird Gesetz zu der Zusatzvereinbarung vom 28. März 1962 zur
die heutige Tagesordnung erweitert um die Durchführung und Ergänzung des Abkommens vom 25. April
1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem
Beratung des Berichts des Außenhandelsaus- Königreich Griechenland über Soziale Sicherheit

schusses über die von der Bundesregierung Gesetz zu dem Vierten Protokoll vom 16. Dezember 1961 zum
Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen
erlassene Fünfte Verordnung zur Änderung des Europarates
der Ausfuhrliste und Zehnte Verordnung zur Gesetz zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlen-
Änderung der Einfuhrliste (Drucksachen bergbau
IV/1436, IV/1437, IV/1508) Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-
Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1963 (ERP-Wirt-
Berichterstatter: Abg. Dr. Löhr schaftsplangesetz 1963)
Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der
und um die Verordnung Nr. 19 (Getreide) des Rates der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft
Beratung des Berichts des Außenhandelsaus- Erstes Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften.
schusses über die von der Bundesregierung
Zum Gesetz zur Änderung. des Gesetzes zur Durchführung der
erlassene Vierte Verordnung zur Änderung Verordnung Nr. 19 (Getreide) des Rates der Europäischen Wirt-
schaftsgemeinschaft und zum Ersten Gesetz zur Änderung miet-
des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zucker und rechtlicher Vorschriften hat der Bundesrat Entschließungen gefaßt,
Melasse) (Drucksachen IV/1447, IV/1507). die als Anlagen 3 und 4 diesem Sitzungsbericht beigefügt sind.

Berichterstatter: Abg. Bading. In der Sitzung vom 12. Juli 1963 hat der Bundesrat beschlos-
sen, hinsichtlich der nachstehenden Gesetze zu verlangen, daß
der Vermittlungsausschuß einberufen wird:
Ist das Haus damit einverstanden? — Kein Wider
Gesetz zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeits-
spruch; es ist so beschlossen. gesetzes
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden Zweites Gesetz zur Änderung beamtenrechtlicher und besol-
dungsrechtlicher Vorschriften.
ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht
aufgenommen: Seine Schreiben sind als Drucksachen IV/1420 und IV/1421
verteilt.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 12. Juli 1963 den
nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß In der gleichen Sitzung hat der Bundesrat beschlossen, dem
Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt: Ersten Gesetz zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an
der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer nicht zuzu-
Gesetz zu dem Abkommen vom 1. Juli 1961 zwischen der stimmen. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1419 verteilt.
Regierung des Bundesrepublik Deutschland und der Regie-
rung des Kaiserreichs Iran über den gewerblichen Fluglinien- Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 12. Juli 1963 be-
verkehr zwischen ihren Hoheitsgebieten und darüber hinaus schlossen, gegen die

Gesetz zu dem Abkommen vom 20. September 1962 zwischen Dreiundsechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen
der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ecuador Zolltarifs 1962 (Angleichungszölle für Fondantmasse, Kekse
über den Luftverkehr und Waffeln — Neufestsetzung)

Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Achtundsechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen
Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Zolltarifs 1962 (Zollkontingent für Elektrobleche)

Gesetz zu dem Abkommen vom 19. März 1962 zwischen der keine Bedenken zu erheben. Seine Schreiben sind als Druck-
Bundesrepublik Deutschland und dem Australischen Bund sache IV/1422 und IV/1423 verteilt.
über den Austausch von Postpaketen
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 28. Juni
Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Arendt (Watten-
scheid), Frau Seppi und Genossen und Fraktion der SPD betr.
Gesetz zu dem Abkommen vom 30. Januar 1962 zwischen Krise im deutschen Eisenerzbergbau — Drucksache IV/1316 —
der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Däne- -
beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1402 verteilt.
mark zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über
gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Der Herr Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und
Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Kriegsgeschädigte hat unter dem 28. Juni 1963 die Kleine
Gewerbesteuer und der Grundsteuern Anfrage der Abgeordneten Dr. Czaja, Krüger, Kunscher, Dr.
Eichelbaum, Bayer (Mosbach), Leukert, Storm und Genossen betr.
Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung des Saar- Belegung der Lager und Zwischenunterkünfte — Drucksache
landes IV/1238 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1403
Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes verteilt.

Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes (ÄndG-BewG Der Herr Bundseminister Tür Arbeit und Sozialordnung hat
1963) unter dem 2. Juli 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten
Schmidt (Braunschweig), Kurlbaum, Lange (Essen) und Genossen
Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der betr. Öffnungszeiten im Tankstellengewerbe — Drucksache
Verordnungen Nr. 20 (Schweinefleisch), Nr. 21 (Eier) und IV/1352 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1406
Nr. 22 (Geflügelfleisch) des Rates der Europäischen Wirt- verteilt.
schaftsgemeinschaft sowie zur Änderung des Gesetzes zur
Förderung der deutschen Eier- und Geflügelwirtschaft Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums des Innern hat
unter dem 10. Juli 1963 die Kleine Anfrage der Fraktion der
Gesetz zu dem Vertrag vom 6. September 1962 zwischen der SPD betr. Wettbewerbslage zwischen Presse und Rundfunk und
Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich Fernsehen — Drucksache IV/1385 — beantwortet. Sein Schreiben
über Zollerleichterungen ins kleinen Grenzverkehr und im ist als Drucksache IV/1417 verteilt.
Durchgangsverkehr
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und
Gesetz über Wohnbeihilfen Forsten hat unter dem 16. Juli 1963 die Kleine Anfrage der
Abgeordneten Knobloch, Dr. Pflaumbaum, Dr. Frey (Bonn),
Gesetz zur Änderung von Fristen des Gesetzes über den Struve, Ehnes, Lermer, Dr. Effertz und Genossen betr. Maß
Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales nahmen zugunsten des Zuckerrübenanbaues — Drucksache IV/1401
Miet- und Wohnrecht — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1425
verteilt.
Gesetz zu dem Zusatzabkommen vom 18. September 1961
zum Warschauer Abkommen zur Vereinheitlichung von Der Herr Bundesminister für Wohnungswesen, Städtebau und
Regeln über die von einem anderen als dem vertraglichen Raumordnung hat unter dem 16. Juli 1963 die Kleine Anfrage
Luftfrachtführer ausgeführte Beförderung im internationalen der Abgeordneten Baier (Mosbach), Dr. Wuermeling, Dr. Czaja,
Luftverkehr Dr. Even (Düsseldorf), Dr. Götz, Weigl und Genossen betr.
Berücksichtigung unerledigter Familienheimanträge bei der Ver-
Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundes- teilung der Wohnungsbaumittel — Drucksache IV/1396 — be-
verfassungsgericht antwortet. Sien Schreiben ist als Drucksache IV/1426 verteilt.
4088 ]Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Präsident D. Dr. Gerstenmaier


Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem Wettbewerbsbedingungen im binnenländischen Güterverkehr
16. Juli 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. nach Art und Ausmaß und Vorschläge zu ihrer Beseitigung über-
Rehling, Dr. Hellige und Genossen betr. Beitrag des Europarates sandt, der als Drucksache IV/1449 verteilt ist. Der Präsident des
zur Erhaltung des Stadtbildes von Venedig - Drucksache IV/1408 Bundestages hat den Bericht gemäß § 76 Abs. 2 GO dem Aus-
- beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1430 schuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen - federführend -
verteilt. und dem Wirtschaftsausschuß - mitberatend - überwiesen.

Die Frau Bundesministerin für Gesundheitswesen hat unter Der Herr Bundesminister der Finanzen hat am 5. Juli 1963
dem 22. Juli 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 20. Januar
Schmidt (Wuppertal), Bading, Margulies und Genossen betr. 1961 und auf sein Schreiben vom 10. April 1959 - Drucksache
Motorboote - Drucksache IV/1410 - beantwortet. Ihr Schreiben IV/1003 - der 3. Wahlperiode das Rundschreiben vom 5. Juli
ist als Drucksache IV/1432 verteilt. 1963 betr. Hinweise auf wichtige Bestimmungen und Grundsätze
sowie Erläuterungen betr. Unternehmen des Privatrechts, an
Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem deren Kapital der Bund unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist;
23. Juli 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Wahl, und Unternehmen in der Form von juristischen Personen des
Bauer (Würzburg), Dr. Stammberger und Genossen betr. Unter- öffentlichen Rechts (Hinweise für die Verwaltung von Bundes-
stützung des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung beteiligungen) vorgelegt. Es ist als Drucksache IV/1450 verteilt.
des Privatrechtes - Drucksache IV/1409 - beantwortet. Sein
Schreiben ist als Drucksache IV/1438 verteilt.
Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Ernährung,
Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums der Justiz Landwirtschaft und Forsten hat am 23. August 1963 unter Bezug
hat unter dem 19. Juli 1963 die Kleine Anfrage der Fraktion auf den Beschluß des Bundestages vom 28. Juni 1963 über die
der SPD betr. Epstein-Artikel - Drucksache IV/1407 - beant- Maßnahmen zur Erhaltung der Erzeugung und Förderung des
wortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1439 verteilt. Absatzes inländischer Qualitätszigarrengut-Tabake berichtet Sein
Schreiben ist als Drucksache IV/1458 verteilt.
Die Frau Bundesministerin für Gesundheitswesen hat unter
dem 29. Juli 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Josten, Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirts chaft
Gibbert, Dr. Schmidt (Wuppertal), Schlick und Genossen betr. hat am 10. September 1963 unter Bezug auf den Beschluß des
Verschmutzung des Rheins und der Nebenflüsse - Drucksache Bundestages vom 13. Juni 1962 einen Ergänzungsbericht zum
IV/1319 - beantwortet. Ihr Schreiben ist als Drucksache IV/1445 Bericht über die Lage der Mittelschichten vorgelegt, der als
verteilt. Drucksache IV/1475 verteilt ist. Der Herr Präsident des Bundes-
tages hat den Beri cht gemäß § 76 Abs. 2 GO dem Ausschuß für
Der Herr Bundesminister der Justiz hat unter dem 23. Sep- Mittelstandsfragen - federführend - und dem Wirtschaftsaus-
tember 1963 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. schuß - mitberatend - überwiesen.
Oberst Argoud - Drucksache IV/1468 - beantwortet. Sein
Schreiben ist als Drucksache IV/1477 verteilt.
Der Herr Bundesminister für Wohnungswesen, Städtebau und
Der Herr Bundesminister der Justiz hat unter dem 24. Sep- Raumordnung hat am 1. Oktober 1963 unter Bezug auf den Be-
tember 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. S chmidt schluß des Bundestages vom 15. Februar und 6. März 1963 den
(Wuppertal), Bading, Margulies und Genossen betr. Moderni- ersten Beri cht der Bundesregierung über die Raumordnung über-
sierung des Haftungsrechts - Drucksache IV/1469 - beant- sandt. Er ist als Drucksache 1V/1492 verteilt.
wortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1479 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß
Der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen
die Frau Bundesministerin für Gesundheitswesen haben unter überwiesen:
dem 27. September 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten
Dr. Schmidt (Wuppertal), Bading, Margulies und Genossen betr. Verordnung des Rates der EWG zur Änderung der Ver-
Erschwerung von Luftreinhaltungs- und Lärmbekämpfungsmaß- ordnung Nr. 55 des Rates hinsichtlich der Bestimmungen für
nahmen durch Verzögerung der Genehmigung nach den §§ 16 Mehl und Stärke von Manihot bzw. von anderen Wurzeln
und 24 GewO - Drucksache IV/1412 - beantwortet. Ihr Schrei- oder Knollen
ben ist als Drucksache IV/1489 verteilt.
Verordnung Nr. ... des Rates der EWG zur Änderung der
Der Bundesminister für Wohnungswesen, Städtebau und Raum- Verordnung Nr. 20, 21 und 22 des Rates hinsichtlich des Fest-
ordnung hat unter dem 1. Oktober 1963 unter Bezugnahme auf setzungsverfahrens für Abschöpfungsbeträge und Einschleu
sein Schreiben vom 15. Mai 1963 - Drucksache IV/1268 - den sungspreise gegenüber dritten Ländern - Drucksache IV/
Punkt 4 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Brück, Winkel- 1413 -
heide, Wagner, Mick, Dr. Bieringer, Müller (Remscheid), Dr.
Aigner, Dr. Franz und Genossen betr. Richtlinien zur Förderung an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den
der Errichtung und des Erwerbs von Familienheimen und Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitbe-
Eigentumswohnungen durch Bundesbedienstete und deren Aus- ratend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor
wirkung - Drucksache IV/1143 - beantwortet. Sein Schreiben dem Plenum am 16. Oktober 1963.
ist als Drucksache IV/1490 verteilt.
Verordnung des Rates zur Änderung des Artikels 42 der
Der Abgeordnete Kühn (Hildesheim) hat mit Schreiben vom Verordnung Nr. 3 über die Soziale Sicherheit der Wander-
3. Juli 1963 mitgeteilt, daß die Fragesteller der Kleinen Anfrage arbeitnehmer und der Artikel 69 bis 72 der Verordnung Nr. 4
betr. Familienzusammenführung - Drucksache IV/131 - auf zur Durchführung und Ergänzung der Verordnung Nr. 3
eine Beantwortung verzichten. (Familienbeihilfen für Waisen und für Kinder von Renten-
empfängern) - Drucksache IV/1452 -
Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem -
28. Juni 1963 zur Kleinen Anfrage der Fraktion der SPD betr. an den Ausschuß für Sozialpolitik mit der Bitte um Vorlage des
Rechtsansprüche unehelicher Kinder von Vätern, die Angehörige Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 9. Oktober 1963.
der stationierten Streitkräfte sind - Drucksachen IV/1137,
IV/1185 - mitgeteilt, daß die Beitrittsurkunde der Bundes- Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften
republik Deutschland zum NATO-Truppenstatut durch eine Ver- der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Kakaos und der
zögerung des belgischen Ratifizierungsverfahrens erst am 1. Juni Schokolade - Drucksache IV/14.53 -
1963 hinterlegt werden konnte und das Zusatzabkommen daher
am 1. Juli 1963 in Kraft treten wird. Sein Schreiben ist als an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des
zu Drucksache IV/1185 verteilt. Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 18. Dezember 1963.
Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem Verordnung des Rates zur Bestimmung der Gruppen von
28. Juni 1963 zur Kleinen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft, auf
Verzögerung des Inkrafttretens des Abkommens über die Rechts- wel che die Artikel 11, 12 Absatz 2 und Artikel 13 des
stellung der bei den Alliierten Beschäftigten - Drucksachen Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Gemein-
IV/1136, IV/1187 - mitgeteilt, daß die Beitrittsurkunde der schaft Anwendung finden - Drucksache IV/1454 -
Bundesrepublik Deuts chland zum NATO-Truppenstatut durch eine
Verzögerung des belgischen Ratifizierungsverfahrens erst am an den Ausschuß für Inneres mit der Bitte um Vorlage des
1. Juni 1963 hinterlegt werden konnte und das Zusatzabkommen Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 9. Oktober 1963.
daher am 1. Juli 1963 in Kraft treten wild. Sein Schreiben ist
als zu Drucksache IV/1187 verteilt. Verordnung des Rates betreffend die Änderung der Ver-
ordnung Nr. 17 - Drucksache IV/1455 -
Der Herr Präsident des Bundesrechnungshofes hat am 4. Juli
1963 !unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 14. Ok- an den Wirtschaftsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Be-
tober 1959 über die Ü bertragung von Aufgaben auf das Bundes- richts rechtzeitig vor dem Plenum am 9. Oktober 1963.
verwaltungsamt berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache
IV/ 1414 verteilt. Verordnung des Rates betreffend die Festsetzung der Futter-
getreidemenge, die zur Erzeugung von einem Kilogramm zum
Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft Verbrauch bestimmter Geflügeleier in der Schale und zur
hat am 29,. Juli 1963 unter Bezug auf den Beschluß des Bundes- Erzeugung von einem Kilogramm Bruteier von Hausgeflügel
tages vom 12. Dezember 1962 den Bericht der Bundesregierung erforderlich ist - Drucksache IV/1472 -
über die Kreditversorgung der kleinen und mittleren Betriebe
in der Wirts ch aft übersandt, der als Drucksache IV/1444 verteilt an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
ist. Der Präsident des Bundestages hat den Bericht gemäß § 76 - federführend - und an den Außenhandelsausschuß - mit-
Abs. 2 GO dem Ausschuß für Mittelstandsfragen - federführend beratend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig
- und dem Wirtschaftsausschuß - mitberatend - überwiesen. vor dem Plenum am 9. Oktober 1963.

Der Herr Bundesminister für Verkehr hat am 2. August 1963 Verordnung Nr. 46/63/EWG des Rates vom 30. Mai 1963 über
unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 29. Juni 1961 die Festsetzung des Zusatzbetrags für Einfuhren von ge-
und vom 12. April 1962 den Beri cht über die Verzerrungen der schlachteten Hühnern aus dritten Ländern (Amtsbl. 83/63)
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 84, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4089
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Verordnung Nr. 53/63/EWG des Rates vom 21. Juni 1963 zur Neunte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs
Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 156 1963 (Angleichungszoll für Brot) - Drucksache IV/1460 -
des Rats und der Verordnung Nr. 10/63/EWG des Rats
(Amtsbl. 96/63) Zehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs
1963 (Zollkontingent für Bananen) - Drucksache IV/1461 -
Verordnung Nr. 54/63/EWG des Rates vom 21. Juni 1963 zur
Verlegung des Zeitpunkts für den Beginn der Anwendung an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den
der Abschöpfungsregelung für einige Schweinefleischerzeug- Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitbe-
nisse (Amtsbl. 96/63) ratend - mit der Bitte um fristgemäße Behandlung
Verordnung Nr. 56/63/EWG des Rates vom 21. Juni 1963 über Elfte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963
Maßnahmen, die von einzelnen Bestimmungen der Verord- (Zollaussetzung - Chloride der Metalle der seltenen Erden
nung Nr. 20, 21 und 22 des Rates abweichen (Amtsbl. 96/63) und künstliche Spinnfäden mit Lufteinschlüssen) - Druck-
sache IV/1462 -
Verordnung Nr. 74/63/EWG des Rates vom 18. Juli 1963 über
die Festsetzung der innergemeinschaftlichen Abschöpfungs- Verordnung zur Aufhebung dei Angleichungszölle für Fon-
beträge für geschlachtete Schweine und für lebende Schweine dantmasse, Kekse und Waffeln - Drucksache IV/1463 -
für die ab 1. August 1963 getätigten Einfuhren (Amtsbl. 117/
63) Fünfte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - An-
lage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - Drucksache
Verordnung Nr. 75/63/EWG des Rates vom 18. Juli 1963 über IV/1436 -
die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten
Ländern für geschlachtete Schweine und für lebende Schweine Zehnte Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage
für die vom 1. August bis zum 30. September 1963 getätigten zum Außenwirtschaftsgesetz - Drucksache IV/1437 -
Einfuhren (Amtsbl. 117/63)
Sechzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zoll-
Verordnung Nr. 76/63/EWG des Rates vom 18. Juli 1963 über tarifs 1963 (Angleichungszoll für Dextrine und Stärke) -
die Festsetzung der innergemeinschaftlichen Abschöpfungs- Drucksache IV/1487 -
beträge für geschlachtete Hühner und Puten in dem Fall des
Artikels 3 Absatz (2) der Verordnung Nr. 22 des Rates Achtzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zoll
(Amtsbl. 117/63) tarifs 1963 (Getrocknete Weintrauben) - Drucksache IV/1491 -
Verordnung Nr. 84/63/EWG des Rates vom 18. Juli 1963 über an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um fristgemäße
zusätzliche Bestimmungen für die Berechnung der Abschöp- Behandlung.
fungsbeträge für die in Artikel 1 Absatz (1) Buchstabe c)
der Verordnung Nr. 20 des Rates genannten, Schweinefleisch
enthaltenden Zubereitungen und Konserven (Amtsbl. 123/63) Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen
hat unter dem 4. Juli 1963 mitgeteilt, daß der Antrag des
Verordnung Nr. 85/63/EWG des Rates vom 18. Juli 1963 über Bundesfinanzministers betr. Veräußerung der ehem. Hacketäuer-
die Festsetzung der Einschleusungspreise und der Zusatz- Kaserne in Köln-Mülheim an die Stadt Köln - Drucksache IV/
beträge sowie der Übergangsbestimmungen für Teilstücke 37 - gegenstandslos geworden sei. Sein Schreiben ist als
von Schweinen sowie Schweinefleisch enthaltende Zuberei- Drucksache IV/1415 verteilt.
tungen und Konserven (Amtsbl. 123/63)
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 24. Juni
Verordnung Nr. 86/63/EWG des Rates vom 18. Juli 1963 1963 gemäß § 46 Abs. 1 des Deutschen Auslieferungsgesetzes
über die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber eine Bekanntmachung der dem Generalsekretär des Rates für
dritten Ländern für die in Artikel 1 Absatz (1) Buchstabe b) die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens zugegan-
der Verordnung Nr. 20 des Rates genannten Erzeugnisse genen Antwort des Mitgliedstaates Finnland zur Empfehlung des
außer geschlachteten Schweinen (Amtsbl. 123/63) Rates über gegenseitige Verwaltungshilfe vom 20. Mai 1963 zur
Kenntnisnahme übersandt, die im Bundesgesetzblatt Teil II
Verordnung Nr. 87/63/EWG des Rates vom 18. Juli 1963 über S. 395 veröffentlicht ist.
die Festsetzung der innergemeinschaftlichen Abschöpfungs
beträge für die in Artikel 1 Absatz (1) Buchstabe b) der Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen
Verordnung Nr. 20 des Rates genannten Erzeugnisse außer hat unter dem 9. August 1963 den Geschäftsbericht der Deutschen
geschlachteten Schweinen (Amtsbl. 123/63) Bundespost über das Rechnungsjahr 1962 zur Kenntnisnahme
übersandt. Der Bericht ist als Drucksache IV/1464 verteilt.
Verordnung Nr. 88/63/EWG des Rates vom 18. Juli 1963 über
die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Der Herr Präsident der Versammlung der Westeuropäischen
Ländern für die in Artikel 1 Absatz (1) Buchstabe c) der Union hat unter dem 15. Juli 1963 den Text von vier Empfeh-
Verordnung Nr. 20 des Rates genannten Schweinefleisch lungen, die von der Versammlung der Westeuropäischen Union
enthaltenden Zubereitungen und Konserven (Amtsbl. 123/63) während des 1. Teils ihrer Neunten Ordentli chen Sitzungsperiode
vom 4. bis 7. Juni in Paris angenommen worden sind, sowie
Verordnung Nr. 39/63/EWG des Rates vom 18. Juli 1963 über die Begründungen der zuständigen Ausschüsse zu diesen Doku-
die Festsetzung der innergemeinschaftlichen Abschöpfungs- menten übersandt. Sie sind als Drucksache IV/1443 verteilt.
beträge für die in Artikel 1 Absatz (1) Buchstabe c) der
Verordnung Nr. 20 des Rates genannten, Schweinefleisch
enthaltenden Zubereitungen und Konserven (Amtsbl. 123/63) Der Herr Präsident des Europäischen Parlaments hat unter
dem 11. Juli 1963 eine Entschließung über die Zuständigkeiten
Verordnung Nr. 90/63/EWG des Rates vom 18 Juli 1963 über und Befugnisse des Europäischen Parlaments sowie einen Bericht
die Ausfuhr von lebenden Schweinen, geschlachteten Schwei- seines Politischen Ausschusses übersandt, die als Drucksache-
nen und Teilstücken von Schweinen durch das Großherzog- IV/1471 verteilt sind.
tum Luxemburg (Amtsbl. 123/63)
Der Herr Bundeskanzler hat am 28. September 1963 den Bericht
Verordnung Nr. 91/63/EWG des Rates vom 30. Juli 1963 zur der Bundesregierung über die Entwicklung der wirtschaftlichen
Änderung der Verordnung Nr. 89/63/EWG des Rates vom Leistungsfähigkeit und der Produktivität sowie die Veränderun-
18. Juli 1963 hinsichtlich der innergemeinschaftlichen Abschöp- gen des Volkseinkommens je Erwerbstätigen und über die
fungsbeträge für Schweinefleischzubereitungen und -konser- Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherungen (Sozialbericht
ven im Handel zwischen Belgien, Luxemburg und den 1963) sowie das Gutachten des Sozialbeirats über die Renten-
Niederlanden (Amtsbl. 123/63) anpassung mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der
Beri cht ist als Drucksache IV/1486 verteilt.
an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mit- Der Herr Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Land-
beratend - mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Aus-
wirtschaft und Forsten hat unter dem 3. Oktober 1963 mitgeteilt,
schuß Bedenken gegen die Verordnungen erhoben werden. daß der Ausschuß zu der Verordnung des Rates betreffend die
Festsetzung der Futtergetreidemenge, die zur Erzeugung von
Der Außenhandelsausschuß hat zwischenzeitlich mitgeteilt, daß
er gegen diese Verordnungen keine Bedenken erhebt. einem Kilogramm zum Verbrauch bestimmter Geflügeleier in der
Schale und zur Erzeugung von einem Kilogramm Bruteier von
Verordnung Nr. 50/63/EWG des Rates vom 21. Juni 1963 Hausgeflügel erforderlich ist - Drucksache IV/1472 - nicht mehr
Stellung nimmt, da der Ministerrat auf seiner letzten Sitzung
zur Verlängerung und Anpassung einiger Bestimmungen
über die Erstattung bei der Erzeugung von Getreide- und Ende September bereits zu der vorliegenden Verordnung Be-
Kartoffelstärke (Amtsbl. 96/63) schluß gefaßt hat.

an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Das Bundesversicherungsamt hat unter dem 26. September 1963
federführend - und an den Außenhandelsausschuß - mitbera- die Abrechnung über die Rentenzahlungen und Beitragserstat-
tend - mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß tungen in der Rentenversicherung der Angestellten für das
Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden. Kalenderjahr 1962 übersandt. Sie liegt im Archiv zur Einsicht-
nahme aus.
Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat
zwischenzeitlich mitgeteilt, daß er gegen diese Verordnung keine Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hat unter
Bedenken erhebt. dem 11. Juli 1963 ein Schreiben an den Präsidenten des Bundes-
tages gerichtet, das diesem Sitzungsbericht als Anlage 2 beige-
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß fügt ist.
des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vor-
lagen überwiesen: Der Präsident des Deutschen Bundestages hat aus Anlaß des
Ablebens des ehemaligen französischen Ministerpräsidenten
Vierte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs Robert Schuman an den Präsidenten der Assemblée Nationale
1963 (Zucker und Melasse) - Drucksache IV/1447 - folgendes Telegramm gesandt;
4090 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Präsident D. Dr. Gerstenmaier


Der Deutsche Bundestag gedenkt Robert Schumans in Ver-
ehrung und bleibender Dankbarkeit. Diebäcker beantworte ich wie folgt: Im Bundes-
schatzministerium sind zur Zeit fünf Stellen des hö-
Als Wegbereiter der europäischen Einigung hat ei der Ver-
söhnung Frankreichs und Deutschlands so beispielhaft ge- heren Dienstes mit Diplomvolkswirten und Diplom-
dient, daß sich an seiner Bahre ungezählte Deutsche in Liebe
und Trauer verneigen.
kaufleuten besetzt. Ich möchte abe r nicht unerwähnt
lassen, daß auch Herr Bundesminister Dr. Dollinger
Damit kommen wir zur Tagesordnung. Diplomkaufmann ist.
Ich rufe auf Punkt 1:
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage?
Fragestunde — Bitte sehr.
(Drucksachen IV/1500, IV/1502).
Nach einer Vereinbarung sollen die Fragen aus Diebäcker (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, be-
dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des steht angesichts des besonderen Charakters der Ar-
Bundeskanzleramtes erst am Freitag aufgerufen beit gerade dieses Ministeriums die Absicht, mehr
werden. Ich beginne also mit dem Aufruf der Frage wirtschaftswissenschaftlich vorgebildete Kräfte ein-
aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der zusetzen?
Justiz — des Herrn Abgeordneten Kühn (Hildes-
heim) —: Kattenstroth, Staatssekretär im Bundesschatz-
ministerium: Herr Abgeordneter Diebäcker, die Ab-
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, durch Ände-
r ung der Strafrechtsvorschriften bzw. der Strafvollzugsbestim- sicht besteht. Ihre Verwirklichung wird aber erst
mungen den Sexualverbrechen an Kindern entgegenzuwirken? nach der Verabschiedung des Haushalts für 1964
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der möglich sein, weil zur Zeit keine geeigneten Stellen
Justiz. frei sind.

Dr. Bucher, Bundesminister der Justiz: Möglich- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Noch eine
keiten, den Sexualverbrechen an Kindern entgegen- Zusatzfrage? — Keine weitere Zusatzfrage.
zuwirken, bietet vor allem der Entwurf des Straf- Ich rufe auf die Frage IV/2 — des Herrn Abge-
gesetzbuchs, der in diesem Hohen Hause bereits ordneten Sander —:
behandelt wird. Das Schwergewicht liegt dabei bei
Ist die Bundesregierung bereit, die als betriebsfremde Objekte
den Maßregeln der Besserung und Sicherung. Der im Vermögen der bundeseigenen Salzgitter-AG befindlichen land-
Entwurf erleichtert die Anordnung der Sicherungs- und forstwirtschaftlich nutzbaren Ländereien im Umfang von
mehreren tausend Hektar zur Verwirklichung des Agrarstruktur
verwahrung. Er führt für junge Täter die vorbeu- plans der Bundesregierung in Privathand zurückzugeben?
gende Verwahrung ein und sieht für abartige Täter
Bewahrungsanstalten vor. Außerdem soll zur Über- Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
wachung solcher Täter, die wieder in die Freiheit
kommen, die Sicherungsaufsicht dienen. Kattenstroth, Staatssekretär im Bundesschatz-
Unabhängig von dieser Strafrechtsreform wird zur ministerium: Die Anfrage des Herrn Abgeordneten
Zeit die Frage der Entmannung abartiger Triebver- Sander beantworte ich wie folgt:
brecher geprüft. Allerdings kommt diese Maßnahme Die Bundesregierung ist bereit, darauf hinzuwir-
selbstverständlich nur auf der Grundlage der Frei- ken, Grundstücke der Salzgitter AG, die für die
willigkeit in Frage. Zwecke ides Unternehmens nicht benötigt werden, -
Schließlich darf ich noch darauf hinweisen, daß in private Hand zu überführen.
bei den Beratungen der Strafprozeßnovelle, die hof- Die Frage, ob und in welchem Umfang Grund-
fentlich kurz vor dem Abschluß in diesem Hause besitz der Salzgitter AG für Maßnahmen der Agrar-
stehen, daran gedacht ist, den Haftgrund der Wie- strukturverbesserung zur Verfügung gestellt wer-
derholungsgefahr, der hier besonders in Betracht den kann, ist in der Vergangenheit wiederholt Ge-
kommt, einzuführen. Wegen weiterer Einzelheiten genstand eingehender Prüfungen gewesen. Vor Jah-
erlaube ich mir auf die Beantwortung der Frage des ren haben die beteiligten Ressorts eine Intermini-
Abgeordneten Ernst Keller im Juni 1962 zu verwei- sterielle Kommission zur Klärung .der Grund- und
sen. Bodenprobleme, die aus der vor dem Kriege nicht
zu Ende geführten Stadtgründung entstanden sind,
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage? gebildet. Die Interministerielle Kommission bestand
— Keine Zusatzfrage. aus je einem Beauftragten des Bundesministeriums
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundes- für Ernährung, Landwirtschaft ,und Forsten, des Bun-
ministers für gesamtdeutsche Fragen sollen eben- desministeriums für Wirtschaft und des Bundesmini-
falls erst am Freitag aufgerufen werden. Wir kom- steriums für Wohnungswesen, Städtebau und Raum-
men also zum Geschäftsbereich des Bundesschatz- ordnung. Sie wurde vom Bundesministerium der
ministers. Ich rufe auf die Frage IV/1 — des Herrn und hat in den Jahren 1951 bis Finazegst
Abgeordneten Diebäcker —: 1958 laufend getagt. Sie hat sich Gutachten über
Bergschadens- und Senkungsgebiete, über Boden-
Wieviel Stellen des höheren Dienstes sind im Bundesschatz- nutzungsschäden und über ,die industriellen Immis-
ministerium mit Diplomvolkswirten und Diplomkaufleuten be-
setzt? sionen im Raum von Salzgitter erstatten lassen. Die
Kommission ist seinerzeit zu dem Ergebnis gekom-
Kattenstroth, Staatssekretär im Bundesschatz- men, daß der dem Salzgitterkonzern gehörende
ministerium: Die Anfrage des Herrn Abgeordneten Grundbesitz mit Rücksicht auf den Grundstücksbe-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4091
Staatssekretär Kattenstroth
darf des Konzerns und der öffentlichen Hand sowie Aufstockung der bäuerlichen Betriebe gerechnet
im Hinblick auf die ausgedehnten Rauch-, Staub- werden kann?
und Bergschadensgebiete nicht abgegeben werden
könne. Kattenstroth, Staatssekretär im Bundesschatz-
Die Salzgitter AG hat auf Veranlassung des Bun- ministerium: Herr Bundestagsabgeordneter, mir ist
desschatzministeriums ihren Grundstücksbedarf jetzt nicht bekannt, daß dies seit langer Zeit geplant sei.
erneut überprüft. Hierbei hat sich folgendes erge- Aus der jetzigen Erörterung seitens des Bundes-
ben: schatzministeriums mit der Salzgitter-AG hat sich
Der Salzgitterkonzern besitzt in Salzgitter Grund- ergeben, daß 400 Hektar für diesen Zweck zur Ver-
stücke in einem Umfang von rund 9600 ha. Hiervon fügung gestellt werden sollen. Ich betone: es hat
entfallen rund 3100 ha auf Betriebsgelände, 1400 ha sich für uns erst auf Grund dieser Prüfung ergeben.
auf Straßen-, Verkehrsflächen und Baugelände für Wir werden darauf hinwirken, daß der Plan so bald
den sozialen Wohnungsbau, 2000 ha auf forstwirt- wie möglich durchgeführt wird, und wir sind selbst-
schaftlich genutztes Gelände und 3100 ha auf land- verständlich bereit, im Ausschuß für wirtschaftlichen
wirtschaftlich genutztes Gelände. Besitz des Bundes über die Einzelheiten Bericht zu
erstatten.
Für eine Agrarstrukturverbesserung dürfte nur
das landwirtschaftlich genutzte Gelände in Betracht
kommen. Die forstwirtschaftlich genutzten Flächen Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Fragen aus
liegen zum Teil im unmittelbaren Bereich der ein- dem Geschäftsbereich des Bundesministers für
zelnen Betriebsstätten und zum größeren Teil in den Gesundheitswesen:
Schadensgebieten.
Ich rufe auf die Frage V/1 — der Abgeordneten
Von den 3100 ha landwirtschaftlich genutzten Frau Schanzenbach —:
Grundstücken befinden sich rund 1600 ha in Berg-
Ist der Bundesregierung bekannt, daß auf dem 66. Deutschen
schadens- und Senkungsgebieten sowie in den Im- Ärztetag in Mannheim maßgebende Vertreter der Wissenschaft
missionsgebieten. Weitere rund 700 ha sind als Be- an die pharmazeutische Industrie appelliert haben, Medikamente,
die durch die wissenschaftliche Entwicklung überholt sind, aus
triebserweiterungsgelände und rund 400 ha für dem Verkauf zu ziehen?
Wohnungsbauvorhaben ides Konzerns vorgesehen. Die Fragestellerin hat sich mit schriftlicher Beant-
Von den restlichen landwirtschaftlich genutzten
wortung einverstanden erklärt. Die Antwort der
Länderivou40haslendrgößtTi
Frau Bundesminister Dr. Schwarzhaupt vom 23. Juli
in bäuerliches Eigentum überführt und der Rest für
1963 lautet:
städtische Planungsvorhaben bereitgestellt werden.
Den Vortrag von Herrn Professor Dr. Hoff habe ich selbst
angehört. Es trifft zu, daß er sich bei seinen Ausführungen über
die Zahl der Arzneimittel mit der Anregung an die pharmazeu-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage? tische Industrie gewandt hat, bei der Ankündigung neuer
Präparate diejenigen Arzneimittel aus dem Handel zu ziehen, die
durch neue Arzneispezialitäten überholt sind.
Sander (FDP) : Herr Staatssekretär, ist der Bun-
desregierung bekannt, daß im Raum Salzgitter eine Ich rufe auf die Frage V/2 — der Abgeordneten
sehr große, berechtigte Unruhe darüber besteht,. daß Frau Schanzenbach —:
bisher kaum sogenannte Rauchschäden und über- Gedenkt die Bundesregierung sich dem in Frage V/1 näher
bezeichneten Appell, der sich vor allem auf Schmerz-,. Schlaf-
haupt andere Schäden irgendwelcher Art bezahlt und Anregungsmittel bezieht, anzuschließen?
worden sind, und sind Sie nicht auch der Meinung,
daß, nachdem seit 1958 nichts geschehen ist, nun Die Fragestellerin hat sich mit schriftlicher Beant--
endlich der Anfang gemacht werden sollte, den be- wortung einverstanden erklärt. Die Antwort der
rechtigten Privatisierungswünschen Rechnung zu Frau Bundesminister Dr. Schwarzhaupt vom 23. Juli
tragen? 1963 lautet:
Die Anregung von Herrn Professor Hoff hat sich nicht beson-
ders auf Schmerz-, Schlaf- und Anregungsmittel, sondern allge-
mein auf die große Zahl der Arzneispezialitäten bezogen.
Kattenstroth, Staatssekretär im Bundesschatz- Die Bundesregierung hält ein staatliches Eingreifen in dieser
ministerium: Das Bundesschatzministerium war bis- Frage nicht für geboten, und zwar aus folgenden Gründen:
her davon ausgegangen, daß durch die Prüfung der 1. Viele Ärzte und Patienten halten an älteren Arzneimitteln
fest, obwohl neue mit gleichen oder ähnlichen Inhaltsstoffen
Interministeriellen Kommission das Problem der auf den Markt gekommen sind. In diesen Fällen produziert
Ansprüche aus der Zeit vor 1939 und das Problem der Hersteller weiter, solange diese Arzneimittel von Ärzten
verordnet oder ohne Rezept verkauft werden.
der Immissionsschäden usw. geregelt seien. Aus Arzneimittel, die wegen besserer Mittel keinen Absatz mehr
Ihren Ausführungen entnehme ich, daß das offenbar finden, werden in der Regel von der Industrie auch nicht
mehr hergestellt werden.
nicht der Fall ist. Das Bundesschatzministerium wird
2. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß eine grundsätzliche
sich mit der Salzgitter AG in Verbindung setzen und Beschränkung nach Art und Zahl der Arzneimittel nicht ver-
vorhandene Unklarheiten aufzuklären versuchen. tretbar ist, weil dies einer staatlichen Bedarfsprüfung gleich-
kommen würde, die der vorige Bundestag nach eingehender
Ausschußberatung aus überzeugenden Gründen abgelehnt hat.

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite und Frage V/3 — der Abgeordneten Frau Herklotz —:
letzte Zusatzfrage!
wage gedenkt die Bundesregierung die vom Bundesrat emp
fohlene Fassung der Gebührenordnung für die Hebammen in
Sander (FDP) : Herr Staatssekretär, ist die Bun- Kraft zu setzen?

desregierung bereit, schon einen Termin zu nennen, Zur Beantwortung die Frau Bundesministerin für
wann nun endlich mit der geplanten strukturellen Gesundheitswesen.
4092 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge- Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge-
sundheitswesen: Frau Kollegin, Sie wissen, daß der sundheitswesen: Der Sachverhalt, auf den sich Ihre
Regierungsentwurf einer Gebührenordnung für Frage bezieht, ist der Bundesregierung Mitte März
Hebammen im Bundesrat erheblich abgeändert wor- dieses Jahres bekanntgeworden. Das Ministerium
den ist. Es ist nunmehr erforderlich, neue Ermittlun- hat die für die Lebensmittelüberwachung zuständi-
gen darüber anzustellen, ob und in welchem Um- gen obersten Behörden durch ein Rundschreiben vom
fange eine Gebührenerhöhung über das vorgeschla- 8. April und ein weiteres vom 29. Juni 1963 darüber
gene Maß hinaus angemessen und vertretbar ist. unterrichtet und um eine vermehrte und intensivere
Eine Entscheidung darüber, ob die Verordnung mit Untersuchung der Eiprodukte sowie um eine Mit-
den vom Bundesrat beschlossenen Änderungen er- teilung von Beanstandungen gebeten. Berichte der
lassen werden kann, kann erst getroffen werden, Länder über Feststellungen, daß Fälschungen gefun-
wenn diese Ermittlungen abgeschlossen sind. den worden sind, liegen zur Zeit noch nicht vor.

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
frage. frage.

Frau Herklotz (SPD) : Frau Ministerin, sind Sie Dröscher (SPD) : Sind der Bundesregierung die
der Meinung, daß eine für die Hebammen günstige Veröffentlichungen der zuständigen Institute bzw.
Regelung in absehbarer Zeit erfolgen wird? der Fachwissenschaftler — z. B. von Professor Acker
— nicht bekannt, nach denen tatsächlich große Men-
Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge- gen Eigelb eingeführt worden sind, die mit bis zu
sundheitswesen: Ich bin der Meinung. 50 % Fremdstoffen „angereichert" waren?

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite und Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge-
letzte Zusatzfrage. sundheitswesen: Herr Kollege, eben diese Mitteilun-
gen, die auch wir in einer wissenschaftlichen Zeit-
schrift gelesen haben, waren ja Anlaß für unsere
Frau Herklotz (SPD) : Frau Ministerin, halten Untersuchungen. Wir müssen nun ermitteln, ob sie
nicht auch Sie es für angebracht, daß, wenn man einen Einzelfall betreffen oder ob sich die Mittei-
schon an eine Neuregelung geht, die freiberuflichen lungen als allgemeiner Sachverhalt bestätigen.
Hebammen genauso gestellt werden wie etwa die
Anstaltshebammen, so daß sie unter Berücksichti-
gung der für die Anstaltshebammen nicht anfallen- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite und
den Betriebs- und Sonderausgaben etwa 122 DM je letzte Zusatzfrage!
Entbindung und Wochenpflege bekommen müßten?
Dröscher (SPD) : Besteht nicht die Möglichkeit,
daß hier die EWG-Marktordnung dazu benutzt wird,
Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge- die deutschen Abnehmer zu zwingen, dieses schlech-
sundheitswesen: Mit dem Ziel einer Besserstellung
te Eigelb bzw. die schlechten Grundstoffe für Nah-
hatte die Bundesregierung eine erhebliche Erhöhung
rungsmittel zum Schaden der Verbraucher einzu-
der Gebühren vorgeschlagen. Ob eine weitere Erhö-
führen?
hung über das vorgeschlagene Maß hinaus erfor-
derlich ist, bedarf, wie gesagt, noch einer Nachprü-
fung. Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge-
sundheitswesen: Im Rahmen der EWG-Verhandlun-
gen ist mit den Holländern über diese Frage ver-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage
des Herrn Abgeordneten Bazille. handelt worden, und die holländische Regierung hat
zugesagt, das ihr Mögliche zu tun, um diese Importe
zu verhindern.
Bazille (SPD) : Sind Sie, Frau Ministerin, in der
Lage, den Begriff „absehbare Zeit" in Monaten oder Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Wir kommen
Wochen zu definieren? zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Aus-
wärtigen Amts.
Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Ge- Ich rufe auf die Fragen VI/1, VI/2 und VI/3 — des
sundheitswesen: Leider nicht. Abgeordneten Dr. Stecker —:
Sind Pressemeldungen (vgl. „Stern" vom 30. Juni 1963) richtig,
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ic h rufe hier wonach der offizielle Vertreter der Bundesregierung, Botschafter
Allardt, sich zu der Posener Messe von dem Generalbevollmäch-
die Frage X/6 — des Herrn Abgeordneten Dröscher tigten der Firma Krupp in dessen Privatflugzeug hat mitnehmen
— auf: lassen?
Ist die in Frage VI/1 näher bezeichnete Mitnahme des offiziel-
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den letzten Jahren len Vertreters der Bundesregierung entgeltlich oder unentgelt-
erhebliche Mengen verfälschter Eigelbs, die zur Herstellung von lich erfolgt?
Lebensmitteln verwendet werden sollten, aus Holland in die
Bundesrepublik eingeführt worden sind? Billigt die Bundesregierung die in Frage VI/1 angeführte
Form der Dienstreise eines hohen Beamten des Auswärtigen
Dienstes?
Diese Frage wird beantwortet vom Bundesminister
für Gesundheitswesen. — Bitte, Frau Bundesmini- Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant-
sterin. wortung einverstanden erklärt. Die Antwort des
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4093
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Herrn Staatssekretärs Dr. Carstens vom 20. Septem- a) Zu dem betreffenden Personenkreis gehören neben Deutschen
auch Angehörige vieler anderer Nationen. Die Bundesregie-
ber 1963 lautet: rung wäre aber nur legitimiert, sich für deutsche Staatsange-
hörige zu verwenden.
Botschafter Allardt ist mit Genehmigung des Auswärtigen b) Eine generelle Amnestie müßte sich auf alle von ehemaligen
Amtes mit dem Generalbevollmächtigten der Firma Krupp in Fremdenlegionären begangenen Straftaten erstrecken.
dessen Privatflugzeug nach Posen geflogen. Reisekosten sind Da eine generelle Amnestie somit auch Gewaltverbrechern
dabei nicht entstanden. mit eindeutig kriminellem Charakter zugute kommen würde,
Das Auswärtige Amt hat dieser unüblichen Reiseform zuge- vermag die Bundesregierung diesen Schritt nicht zu unter-
stimmt, weil Botschafter Allardt sich wegen seiner im Rahmen stützen.
eines größeren Revirements bevorstehenden Ausreise nach c) Der erstrebte Zweck kann nur in besonders gelagerten Fällen
Madrid in Zeitbedrängnis befand. Bei Benutzung öffentlicher durch Einzelamnestie erreicht werden. Falls der Bundesregie-
Verkehrsmittel würde die Hin- und Rückreise jeweils einer rung solche Fälle bekannt werden, wird sie auch in Zukunft
Tag anstatt je eine Stunde vierzig Minuten in Anspruch genom- auf eine Begnadigung des betreffenden Fremdenlegionärs hei
men haben. der französischen Regierung hinwirken.
Die hier gewählte Form der Dienstreise stellt eine Ausnahme
dar. Ich rufe auf die Frage VI/7 — des Abgeordneten
Ich rufe auf die Fragen VI/4 und VI/5 — des Ab- Geiger —:
geordneten Dr. Müller-Emmert —: Teilt die Bundesregierung die Meinung, daß sich Fälle wie der
des Fernfahrers Georg Technau nicht wiederholen sollten?
Wie hoch ist der finanzielle Schaden, der der Bundesrepublik
entstanden ist, weil den Bediensteten der Deutschen Botschaft in Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant-
Wien von 1959 an zu hohe Kaufkraftzuschläge gezahlt worden
sind? wortung einverstanden erklärt. Die Antwort des
Ist die Frage einer Regreßhaftung wegen der Zahlung zu hoher
Herrn Bundesministers Dr. Schröder vom 10. August
Kaufkraftzuschläge an die Bediensteten der Deutschen Botschaft 1963 lautet:
in Wien vom Herrn Bundesinnenminister geprüft und entschie-
den worden? Auch die Bundesregierung ist der Auffassung, daß sich Fälle
wie der des Fernfahrers Georg Technau nicht wiederholen
sollten.
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant-
wortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Ich rufe die von dem Abgeordneten Gewandt ge-
Herrn Staatssekretärs Lahr vom 19. August 1963 stellte Frage VI/8 auf:
lautet: Beabsichtigt die Bundesregierung, im Ministerrat der EWG in
Zu Ihren Fragen betreffend die Kaufkraftzuschläge für die Be- der Lateinamerikafrage die Initiative zu ergreifen?
diensteten der Deutschen Botschaft in Wien nehme ich im Ein-
vernehmen mit dem Herrn Bundesminister des Innern wie folgt Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des
Stellung:
Auswärtigen Amts!
1. Der Kaufkraftzuschlag für den Dienstort Wien wurde vom
Bundesministerium des Innern mit Wirkung zum 1. April 1959
auf 35 % festgesetzt. Nach einer örtlichen Untersuchung der
Preisverhältnisse im Dezember 1959 bat das Bundesministe- Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
rium der Finanzen unter Beifügung eines entsprechenden Amts: Die Bundesregierung nimmt lebhaftes Inter-
Gutachtens das Bundesministerium des Innern, den Kauf-
kraftzuschlag zum 1. Mai 1960 herabzusetzen. Infolge grund- esse an der Entwicklung Lateinamerikas und hält
sätzlicher Meinungsverschiedenheiten über die Methode des eine Erörterung der Beziehungen zwischen der Euro
durchzuführenden Preisvergleichs konnte in der Folgezeit
zwischen den Bundesministerien des Innern und der Finanzen päischen Wirtschaftsgemeinschaft und Lateiname-
sowie dem Auswärtigen Amt ein Einvernehmen über Not-
wendigkeit und Umfang einer Herabsetzung des Kaufkraft- rika und eine Intensivierung dieser Beziehungen für
zuschlags nicht herbeigeführt werden. Dies war erst nach
einer erneuten örtlichen Überprüfung Ende 1961 möglich.
wünschenswert. Sie ist dafür auch im Ministerrat
Mit Wirkung zum 1. Januar 1962 wurde daraufhin der Kauf- der EWG stets eingetreten.
kraftzuschlag für den Dienstort Wien um 10 Punkte herab-
gesetzt. Eine weitere Herabsetzung um 5 Punkte im Zusam- Vor einer neuen Initiative in dieser Frage soll-
menhang mit der DM-Aufwertung im März 1961 war auto- ten jedoch nach Ansicht der Bundesregierung zu-
matisch erfolgt. Sie hatte mit den besonderen Verhältnissen
am Dienstort Wien nichts zu tun und kann deshalb außer nächst die Ergebnisse der am 30. Mai 1963 vom
Betracht .bleiben.
Seit 1. Januar 1962 beträgt der Kaufkraftzuschlag für Wien
Ministerrat beschlossenen und am 16. Juli 1963 auf-
20 %. In Ermangelung unanfechtbarer Unterlagen ist bis heute genommenen Kontaktgespräche abgewartet werden.-
nicht geklärt, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der
Kaufkraftzuschlag schon vor der Senkung am 1. Januar 1962 Diese Kontaktgespräche werden zwischen den bei
hätte herabgesetzt werden müssen. Infolgedessen trifft es der EWG akkreditierten Vertretern der lateiname-
nicht zu, daß dem Bund ein finanzieller Schaden entstanden
ist. rikanischen Staaten und der Kommission der EWG
2. Der Bundesrechnungshof hat die Angelegenheit der Neufest- geführt. Es sollte nach Auffassung der Bundesre-
setzung des Kaufkraftzuschlags für die Auslandsvertretungen
in Osterreich zum Gegenstand einer Bemerkung nach § 107,
gierung ferner abgewartet werden, welches das
Abs. 1 Nr. 2 und 3 RHO gemacht. Der Rechnungsprüfungsaus- Resultat verschiedener zur Zeit im Rat der EWG
schuß des Bundestags hat sich dieser Bemerkung angeschlos-
sen und das Bundesministerium des Innern um Erstattung diskutierter Fragen, die mit diesem Komplex im
eines Berichts zu der Frage aufgefordert, warum die Möglich- Zusammenhang stehen, sein wird.
keit einer Regreßhaftung in einem früheren Stadium der
Angelegenheit dem Bundesrechnungshof gegenüber verneint
worden sei. Dieser Bericht wird vom Bundesministerium des
Innern nach dem Ende der Parlamentsferien vorgelegt werden. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge-
ordneter Gewandt zu einer Zusatzfrage!
Ich rufe auf die Frage VI/6 — des Abgeordneten
Geiger —:
Gewandt (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, Sie
Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen des deutsch-franzö-
sischen Freundschaftsvertrages darauf hinzuwirken, daß die
sind also nicht der Meinung, daß die Zeit schon reif
französische Republik eine generelle Amnestie für straffällig ge- ist für eine Entscheidung des Ministerrats über das
wordene ehemalige Fremdenlegionäre erläßt?
Aktionsprogramm, das die Kommission vorgelegt
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant- hat?
wortung einverstanden erklärt. Die Antwort des
Herrn Bundesministers Dr. Schröder vom 10. August Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
1963 lautet: Amts: Ich glaube, Herr Abgeordneter, daß es not-
Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, bei der franzö- wendig sein wird, die Gespräche, von denen ich
sischen Regierung auf eine generelle Amnestie für straffällig soeben gesprochen habe, zuerst zu führen und da-
gewordene ehemalige Fremdenlegionäre hinzuwirken. Hierfür
sind folgende Gründe maßgebend: nach die Entscheidung des Ministerrats zu treffen.
4094 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite und Verfall vereinbarter Liefergarantien zugunsten der
letzte Zusatzfrage! ägyptischen Regierung vorgesehen war. Es ist bis
her auch kein Fall einer Beschlagnahme der Liefer-
Gewandt (CDU/CSU): Sie sind aber mit mir der garantie durch ägyptische Behörden bekanntgewor-
Meinung, Herr Staatssekretär, daß es erwünscht ist, den. Die Bundesregierung beobachtet alle diesbe-
möglichst bald zu einer Entscheidung in dieser züglichen Maßnahmen der arabischen Regierungen
Frage zu kommen? weiter mit großer Sorgfalt.

Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
Amts: Diese Meinung teile ich voll und ganz, Herr frage!
Abgeordneter.
Sänger (SPD) : Ist Ihnen dazu bekanntgeworden,
Herr Staatssekretär, daß bei den noch in Verhand-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich rufe die
lung stehenden Verträgen zwischen Ägypten und
von Herrn Abgeordneten Rollmann gestellte Frage
deutschen Wirtschaftskreisen solche Forderungen
VI/9 auf. ist Herr Abgeordneter Rollmann im Saal?
von Ägypten her gestellt worden sind?
Herr Abgeordneter Rollmann ist nicht im Saal. Die
Frage wird schriftlich beantwortet, die nächste Frage
ebenfalls. Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Amts: Daß solche Forderungen gestellt worden
Ich rufe die von Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt sind, Herr Abgeordneter, ist bekannt. Aber soweit
(Gellersen) gestellte Frage VI/11 auf: die Bundesregierung bzw. das Auswärtige Amt ha-
Ist die Bundesregierung bereit, bei den in der Bundesrepublik ben feststellen können, ist es bisher in keinem der
stationierten britischen Streitkräften dahin gehend zu wirken,
daß die an Manövern teilnehmenden Panzerfahrzeuge mit einem
Fälle zur Aufnahme einer solchen Klausel gekom-
Kettenschutz (Holz oder Gummi) ausgerüstet werden, uni die men.
befahrenen Straßen vor unnötigen Schäden zu bewahren?

Herr Abgeordneter Dr. Schmidt (Gellersen) ist im Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu-
Saal. satzfrage!
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des
Auswärtigen Amts. Sänger (SPD) : Finden Sie nicht, Herr Staats-
sekretär, daß es dann, wenn es erst zu einer sol-
chen Klausel gekommen sein sollte, schon zu spät
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen ist, noch eine Revision herbeizuführen, und wäre es
Amts: Die Bundesregierung ist davon unterrichtet nicht nützlich, schon vorher auf die möglichen Fol-
worden, daß die Panzerfahrzeuge der Stationierungs- gen und auf die großen Schwierigkeiten und die
streitkräfte zur Schonung der Straßen im allgemei- Unruhe, die in der Wirtschaft besteht, aufmerksam
nen mit Kettenpolstern versehen sind. Die Bundes- zu machen?
regierung ist bereit, an die Entsendestaaten heran-
zutreten, um sie zu bitten, daß auch bei Manövern,
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
soweit es irgend möglich ist, Panzer mit gepol-
Amts: Ich möchte keinen Zweifel daran lassen, Herr
sterten Ketten benutzt werden, damit auf diese Wei-
Abgeordneter, daß die Bundesregierung die Auf-
se Straßenschäden auf ein Mindestmaß beschränkt
nahme einer solchen Klausel bedauern würde. Doch -
bleiben.
gibt der bisherige Sachverhalt Anlaß zu der Hoff-
nung, daß es zur Aufnahme einer solchen Klausel
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine Zusatz- nicht kommen wird.
frage.
Ich rufe die von Herrn Abgeordneten Metzger Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zu einer Zu-
gestellte Frage VI/12 auf: satzfrage Herr Abgeordneter Ritzel.
Was gedenkt die Bundesregierung gegen Versuche der ägyp-
tischen Regierung zu tun, in Verträgen mit deutschen Lieferfir-
men in einer sogenannten Israel-Klausel festzulegen, daß die
Ritzel (SPD) : Sind Sie nicht der Meinung, Herr
vereinbarte Liefergarantie ersatzlos zugunsten der ägyptischen Staatssekretär, daß es im deutschen Interesse läge,
Regierung verfällt, wenn die betreffende deutsche Firma von
Israel Waren bezieht oder in Geschäftsverkehr mit Israel tritt? auch dem Versuch zu wehren, und daß es zweck-
mäßiger sein dürfte, der Souveränität der Bundes-
Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Sänger republik Deutschland gegenüber der ägyptischen
übernommen.
Regierung durch eine geeignete Demarche durch un-
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des seren dortigen Botschafter Ausdruck zu geben?
Auswärtigen Amts!
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen Amts: Herr Abgeordneter, ich glaube, in dieser
Amts: Unmittelbar nach Bekanntwerden der Klausel, Frage kommt es im wesentlichen auf den Erfolg an,
auf die die Frage des Herrn Abgeordneten Metzger nämlich darauf, daß die erwähnte Klausel nicht in
abzielt, hat die Bundesregierung Feststellungen zum die Verträge aufgenommen wird.
Sachverhalt treffen lassen. Die Prüfung hat ergeben,
daß bisher in abgeschlossenen Verträgen in keinem Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zu einer Zu-
Fall eine Klausel aufgenommen wurde, in der der satzfrage Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4095

Dr. Schäfer (SPD) : Herr Staatssekretär, verstehe einen Komplex, der teils die inneren Verhältnisse
ich Sie recht? Sie sagten, es ist noch kein Vertrag eines anderen Landes, teils die Beziehungen zwi-
mit dieser Klausel zustande gekommen. Ist es dann schen zwei befreundeten Regierungen betrifft. Ich
so gewesen, daß die Verträge überhaupt nicht zu- deute damit die Grande an, die für die Mitteilung,
stande kamen, als das Verlangen gestellt wurde, die ich soeben gemacht habe, maßgebend sind.
oder kamen die Verträge ohne die Klausel zu-
stande?
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine zweite
Zusatzfrage.
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Amts: Es sind auch, nachdem das Verlangen gestellt
wurde, Verträge zustande gekommen. Ertl (FDP) : Glauben Sie, Herr Staatssekretär, daß
ich mehr Glück habe, wenn ich eine solche Frage in
Dr. Schäfer (SPD) : Kamen auch welche nicht zu- wenigen Wochen stelle? Sind Sie dann in der Lage,
stande wegen des Verlangens? eine solche Frage zu beantworten?

Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Amis: Ich habe Ihre Frage nicht verstanden, Herr Amts: Herr Abgeordneter, ich würde es vorziehen,
Abgeordneter. keine derartigen Prognosen abzugeben.

Dr. Schäfer (SPD) : Ich darf sie als zweite Zu-


satzfrage stellen: Ist der Abschluß von Verträgen Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge-
ordneter Dr. Mommer zu einer Zusatzfrage.
zum Teil daran gescheitert, daß das Verlangen ge-
stellt wurde, diese Klausel aufzunehmen?
Dr. Mommer (SPD) : Herr Staatssekretär, sind
Dr. Carstens Staatssekretär des Auswärtigen Sie nicht der Meinung, daß es sich, wenn in irgend-
Amts: Mir ist kein derartiger Fall bekannt. einem europäischen Land .die Menschenrechte ver-
letzt werden, nicht mehr um eine innere Angelegen-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich rufe die heit dieses Landes allein handelt, daß das vielmehr
Fragen VI/13 und VI/14 — des Herrn Abgeordneten infolge einer Konvention ,des Europarats eine Ange-
Ertl — auf: legenheit aller den Gedanken der Wahrung der
Menschenrechte verbundenen Europäer ist?
Ist die Bundesregierung bereit einen eventuellen Antrag bei
der Menschenrechtskommission des Europarates zu unterstützen,
der darauf hinzielt, die Folterungen Südtiroler Häftlinge in
italienischer Gefängnissen zu untersuchen? Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Teilt die Bundesregierung die Sorge, mit der die deutsche Amts: Herr Abgeordneter, ich habe die Gründe, die
ÖfentlichkdVorgäSütilvef?
mich zur der Mitteilung veranlaßt haben, die ich
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des eingangs abgegeben habe, angedeutet. Ich möchte
Ausswärtigen. über diese Andeutungen nicht hinausgehen.

Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zu einer Zu-
Amts: Die Bundesregierung möchte die beiden Fra- satzfrage Herr Abgeordneter Dr. Kohut.
gen des Herrn Abgeordneten E rtl im gegenwärtigen
Zeitpunkt nicht beantworten.
Dr. Kohut (FDP) : Herr Staatssekretär, ist es nicht
geradezu die Pflicht der deutschen Bundesregierung,
Ert (FDP): Darf ich eine Zusatzfrage stellen? bei einer verbündeten Regierung vorstellig zu wer-
den, wenn sie sieht, daß die Menschenrechte dort
Präsident D Dr. Gerstenmaier: Einen Augen- mit Füßen getreten werden?
blick! — Habe ich Sie recht verstanden, daß Sie die
Fragenichtbwomöen?
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen
Amts: Herr Abgeordneter, ich glaube, es ist die
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen Pflicht der Bundesregierung, alle Gesichtspunkte,
Amts: Ich möchte sie nicht beantworten. besonders alle außenpolitischen Gesichtspunkte, bei
einer solchen Frage wohl abzuwägen. Das Ergebnis
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz- dieser Prüfung ist die Mitteilung gewesen, die ich
frage! eingangs gemacht habe.

Ertl (FDP) : Herr Staatssekretär, würden Sie mir Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite und
vielleicht die Frage beantworten, ob das an der For-
letzte Zusatzfrage!
mulierung der Frage liegt oder ob besondere politi-
sche Rücksichtnahmen Sie zu dieser Haltung bewe-
gen? Dr. Kohut (FDP) : Ist es wirklich so, daß die Bun-
desregierung nicht den Mut hat, hier etwas zu unter-
Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen nehmen, weil sie Rückwirkungen auf den italieni-
Amts:IhreFag,Hbodnterzilauf schen Partner der EWG fürchtet?
4096 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Dr. Carstens, Staatssekretär des Auswärtigen zu besetzen, die für die jeweiligen Aufgaben besonders geeignet
sind.
Amts: Herr Abgeordneter, dies ist keine Frage des
Der Präsident des Bundesrechnungshofes hat in seiner Denk-
Mutes, sondern eine Frage der Verantwortung. schrift zu der Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr
1959 zutreffend ausgeführt, daß das allgemeine Problem der
(Beifall bei der CDU/CSU.) Heranbildung von Führungsnachwuchs bei den besonderen
Verhältnissen der Bundesverwaltung, die in vielen Verwaltungs-
zweigen keinen eigenen Verwaltungsunterbau hat, schwer zu
lösen sei. Diese Frage bedarf weiterer gründlicher Prüfung.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Geschäfts-
Der Bundesrechnungshof will dieses Problem näher unter-
bereich des Bundesministers des Innern. suchen und zu gegebener Zeit Vorschläge ausarbeiten. Daneben
ist das Institut für Forschung und Information hei der Hochschule
Ich rufe auf die Frage VII/1 — des Abgeordneten für Verwaltungswissenschaften in Speyer ebenfalls mit Unter-
suchungen über das Problem der Ausbildung von Nachwuchs-
Schmitt-Vockenhausen — :
kräften für Führungsaufgaben der Verwaltung befaßt.
Welche Ergebnisse hat die in der Fragestunde vom 17. Fe- Sobald die Vorschläge des Präsidenten des Bundesrechnungs-
bruar 1960 durch den damaligen Bundesinnenminister angekün- hofes und die Untersuchungsergebnisse des genannten Instituts
digte Fühlungnahme mit den Länderministern in der Frage der vorliegen, wird die Bundesregierung prüfen, ob und welche
Registrierung und Betreuung von Nichtseßhaften gehabt? weiteren Maßnahmen zur Nachwuchsförderung von Führungs-
kräften zu treffen sind.
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant- Zu Frage VII/3:
wortung einverstanden erklärt. Die Antwort des
Einzelheiten über das beabsichtigte Verfahren zur Auswahl
Herrn Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 17. Juli 1963 von Führungskräften und über deren Vorbereitung auf Führungs-
aufgaben lassen sich im Hinblick auf die Ausführungen zu Nr. 1
lautet: und 3 im Augenblick noch nicht mitteilen.
Meine Fühlungnahme mit den Ländern hat ergeben, daß die Zur Prüfung der Frage, wie die Vor- und Ausbildung der
Registrierung der Nichtseßhaften nicht von den Ländern selbst, Beamten zum Zwecke ihrer Verwendung bei internationalen
sondern von der „Bundesarbeitsgemeinschaft für Nichtseßhaften- , Organisationen verbessert werden kann, hat die Konferenz der
fürsorge" in Bethel auf Grund der Meldungen derjenigen Ein- Innenminister der Länder auf meinen Vorschlag hin in der
richtungen der Nichtseßhaftenfürsorge (Obdachlosenheime, Wan- Sitzung am 7. 6. 1963 die Bildung eines Arbeitsausschusses be-
dererherbergen, Arbeiterkolonien, Beratungsstellen usw.) vorge- schlossen. Der Bericht dieses Arbeitsausschusses soll zunächst
nommen und ausgewertet wird, die sich diesem Meldeverfahren abgewartet werden.
angeschlossen haben. Darüber hinaus sind in einzelnen Ländern,
so in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, sowie in ver-
schiedenen Städten, z. B. in Köln und Bochum, in den letzten
Ich rufe die Frage VII/5 — des Herrn Abgeord-
Jahren Sondererhebungen über Nichtseßhafte und Obdachlose neten Dr. Kempfler auf:
durchgeführt worden. Diese Erhebungen, die unter verschiedener
Zielsetzung und nicht nach übereinstimmenden Gesichtspunkten Warum wurde die einzigartige Gelegenheit. in München an-
vorgenommen wurden, haben den Kreis der Nichtseßhaften und läßlich des Baues einer großen unterirdischen Garage unter dem
Obdachlosen nicht einheitlich abgegrenzt. Sie geben kein ver- Max-Josefs-Platz einen öffentlichen Schutzraum (Mehrzweckebau)
gleichbares Bild und ermöglichen es nicht, zu Gesamtzahlen für zu schaffen, nicht wahrgenommen?
das Bundesgebiet zu kommen. Nach Auffassung der besten
Sachkenner beträgt die Zahl derjenigen, die chronisch nichtseß- Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des
haft sind und dauernd umherziehen, etwa 15 000 Personen (dar-
unter etwa 7-8 % Frauen und Mädchen). Die in der Presse
Innern.
wiederholt genannte Zahl von „300 000 heimatlosen Wanderern"
trifft nicht zu. Diese Zahl stellt eine Schätzung des viel um-
fassenderen Kreises derjenigen dar, die irgendwann, sei es auch Höcherl, Bundesminister des Innern: Die Bundes-
nur einmal mit entsprechenden sozialen Einrichtungen (Unter-
künfte, Heime, Beratungsstellen der Sozialämter und der freien regierung wurde im November 1961 mit dem Pro-
Wohlfahrtspflege, Bahnhofsmissionen) in Verbindung gekom-
men, vielfach also die Gefahrenzone der Nichtseßhaftigkeit nur
blem befaßt. Die Stadt München, die allein zustän-
einmal oder wenige Male berührt haben. dig ist, war aber der Auffassung, daß sie eine sechs-
Die Betreuungsmaßnahmen der Nichtseßhaften sind in den monatige Verzögerung, die durch eine Umplanung
letzten Jahren, gestützt auf die Bestimmungen der §§ 72 ff. des
Bundessozialhilfegesetzes vom 30. 6. 1961 (BGBl. I S. 815) über
eingetreten wäre, wegen des Eröffnungstermins, der
die Gefährdetenhilfe durch Länder, Kommunen sowie die Ver- — zu unserer gemeinsamen Freude — kurz bevor-
bände und Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege wesentlich
intensiviert worden. Sie wurden insbesondere den gegenwärtigen steht, nicht in Kauf nehmen konnte.
Formen der Nichtseßhaftigkeit und Gefährdung, die sich erheb-
lich von denen früherer Jahrzehnte unterscheiden, angepaßt und
dadurch wirksamer gestaltet. Manche Einrichtungen sind in den
letzten Jahren neu geschaffen worden; allerdings genügt ihre
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage!
Zahl, vor allem in den Großstädten, noch nicht dem Bedarf.
Als richtiger Weg zur Resozialisierung solcher Menschen wurde
dabei insbesondere das sog. „Drei-Stufensystem" (Überleitung Dr. Kempfler (CDU/CSU) : Lassen sich allgemeine
vom Übernachtungsheim zum Aufnahme- und Sichtungsheim uni Maßregeln ergreifen, Herr Bundesminister, um da-
zum Wohnheim) erkannt und ausgebildet.
für zu sorgen, daß künftig solche Gelegenheiten, für
Ich rufe auf die Fragen VII/2, VII/3 und VII/4 — den öffentlichen Luftschutzbau etwas zu tun, nicht
des Abgeordneten Nellen —: versäumt werden?
Ist die Bundesregierung bereit, wirksame Maßnahmen zu tref-
fen, damit die Führungskräfte der Ministerien und der nach-
geordneten Bundesbehörden, die wegen Erreichung der Alters- Höcherl, Bundesminister des Innern: Es gibt eine
grenze in den Ruhestand treten, durch qualifizierte Nachwuchs- klassische Möglichkeit: daß das einschlägige Gesetz
kräfte ersetzt werden können?
recht bald beraten wird, in dem der Bundesregie-
Wie will die Bundesregierung dafür Sorge tragen, daß bei
Ausscheiden wegen Erreichung der Altersgrenze geeignete rung ein entsprechendes Recht gegeben wird.
jüngere Beamte rechtzeitig ausgesucht and auf Führungsauf-
gaben im Bund und in den europäischen Gremien vorbereitet
werden? Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Die Frage
Hat die Bundesregierung die Absicht, die vom Präsidenten des VII/6 — des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer —
Bundesrechnungshofes angekündigten Vorschläge zur Verbesse-
rung des Nachwuchses für die Führungskräfte zum Gegenstand wird vom Bundesverkehrsminister beantwortet. Ich
der weiteren Erörterungen zu machen? muß sie deshalb unter XIII aufrufen. Wir kommen
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant- jetzt zur Frage VII/7 — des Herrn Abgeordneten
wortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Schmitt-Vockenhausen — .

Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 17. Juli 1963 lautet: Hat der Herr Bundesinnenminister mit den Innenministern der
Länder Überlegungen angestellt, ob der in Südafrika herge-
Zu Fragen VII/2 und VII/4: stellte und verwendete, ungefährliche und doch polizeilich wirk-
same „Gasstab" (vgl. „Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom
Die Bundesregierung ist sehr daran interessiert und darum 25. Juli 1963) auch in der Bundesrepublik Verwendung finden
bemüht, qualifizierte Nachwuchskräfte für die leitenden Funk- kann?
tionen in der Bundesverwaltung heranzubilden. Sie schöpft alle
Möglichkeiten aus, um die durch den Eintritt von Beamten in
den Ruhestand frei werdenden Planstellen mit solchen Beamten Zur Beantwortung der Herr Innenminister.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4097

Höcherl, Bundesminister des Innern: Unsere Er- Schriften gesetzt hat. Es trifft aber nicht zu, daß
kundigungen in Südafrika haben ergeben, daß die dabei die Selbstkontrolle der Illustrierten „über-
südafrikanische Polizei diese Tränengasbehälter gangen" worden sei. Das Verfahren der Selbstkon-
nicht verwendet. Der Arbeitskreis II für Sicherheit trolle der Illustrierten ist unabhängig von dem Ver-
der Arbeitsgemeinschaft der Innenminister der fahren der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende
Bundesländer befaßt sich laufend mit solchen Fra- Schriften.
gen und hat sich auch damit befaßt. Wir könnten
einer Empfehlung nur dann nähertreten, wenn nach Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage!
einem medizinischen Gutachten gegen eine Ver-
wendung der Reizstoffe gesundheitliche Bedenken
nicht bestehen. Wienand (SPD): Trifft es dann zu, daß auf An-
trag der Länder Bayern, Rheinland-Pfalz und Nord-
rhein-Westfalen nur gegen eine bestimmte Zeit-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage! schrift vorgegangen wurde, obwohl zahlreiche Ta-
geszeitungen ebenfalls die beanstandeten Stellen
Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Habe ich Sie des Londoner Gerichtsprotokolls veröffentlicht ha-
recht verstanden, Herr Minister: dann geht also ben?
der Bericht von unzutreffenden Voraussetzungen
aus?
Höcherl, Bundesminister des Innern: Es trifft zu,
daß diese drei von Ihnen erwähnten Länder einen
Höcherl, Bundesminister des Innern: Jawohl. solchen Antrag gestellt haben. Die Bundesregierung
hat keinen Einfluß auf diesen Antrag. Es trifft auch
Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Danke. zu, daß sich andere Zeitungen und eine andere Zeit-
schrift mit demselben Problem und demselben Ge-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Die Frage genstand befaßt haben; der Unterschied in der Dar-
VII/8 — des Herrn Abgeordneten Freiherr von stellung in den Tageszeitungen und in dieser Zeit-
Kühlmann-Stumm — ist zurückgezogen. schrift war jedoch erheblich. Die Bundesprüfstelle
hatte sich nur mit dem erwähnten Antrag zu befas-
Frage VII/9 — des Herrn Abgeordneten Hüb
ner — :
sen.
Beabsichtigt die Bundesregierung, den § 158 (Abs. 1 und 2)
des Bundesbeamtengesetzes in der jetzigen Form aufrechtzuer- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite und
halten, nach dem die Versorgungsbezüge von Beamtenwitwen,
die im öffentlichen Dienst stehen, auf den Differenzbetrag zwi-
letzte Zusatzfrage!
schen dem eigenen Gehalt und den ruhegehaltfähigen Dienst-
bezügen des verstorbenen Ehemannes reduziert werden, was
u. a. zur Folge hat, daß solche Witwen, die durch Leistungs- Wienand (SPD) : Kann ich den Herrn Minister so
steigerung über eine Beförderung ein höheres Gehalt erreichen,
einen entsprechend höheren Abzug an Versorgungsbezügen hin- verstehen, daß kein Anlaß zu der Sorge oder zu
nehmen müssen, wenn das Gehalt unter den ruhegehaitfähigen dem Verdacht besteht, es werde einseitig gegen be-
Dienstbezügen des Ehemannes liegt?
stimmte Blätter vorgegangen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesinnenminister.
Bitte sehr.
Höcherl, Bundesminister des Innern: Genau so.
Von einer Einseitigkeit kann bei der unterschied-
Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol- lichen Darstellung in den verschiedenen Presse-
lege Hübner, die Bundesregierung hat von sich aus erzeugnissen gar nicht die Rede sein. Die Einseitig--
bereits eine Verbesserung dieser Vorschriften in keit lag in der Darstellung.
Bearbeitung genommen. Wir streben eine Rege-
lung an, die ungefähr eine Zwischenlösung trifft
zwischen den bisherigen Ruhensvorschriften und Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage
den Bestimmungen, die wir für die Doppelversor- des Herrn Abgeordneten Dürr!
gung in Aussicht genommen haben, so daß ein
Spielraum von 60% in Betracht kommt. Dürr (FDP) : Herr Minister, wollen Sie Ihre Äuße-
rung, daß das Ministerium keinen Einfluß auf die
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine Zusatz- Anträge habe, aufrechterhalten, obwohl das Bun-
frage. Frage VII/10 — des Herrn Abgeordneten desministerium des Innern nach dem Wortlaut des
Wienand —: Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender
Schriften ebenso ein Antragsrecht hat wie die Län-
Ist es zutreffend, daß die Bundesprüfstelle für jugendgefähr-
dende Schriften eine Nummer des „Stern" wegen eines Berich-
der?
tes über den Ward/Keeler-Prozeß auf die Liste der jugend-
gefährdenden Schriften gesetzt hat und in diesem Verfahren
die freiwillige Selbstkontrolle der Illustrierten übergangen wor- Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich ver-
den ist?
stehe die Frage nicht, Herr Kollege. Wir haben ein
Herr Bundesinnenminister! Antragsrecht, und die Länder haben ein Antrags-
recht. Sie werden doch davon ausgehen, daß das
Höcherl, Bundesminister des Innern: Es trifft zu, Antragsrecht der Länder vollkommen unabhängig
daß die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende vom Antragsrecht des Bundes ist.
Schriften die Nummer 32/1963 der Illustrierten
„Stern" wegen eines Berichts über den Ward-Kee- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu-
ler-Prozeß auf die Liste der jugendgefährdenden satzfrage.
4098 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Dürr (FDP) : Herr Minister, besteht nicht aber Ritzel (SPD) : Noch in diesem Jahr?
eine Einflußmöglichkeit des Bundes auf die Anträge
insofern, als etwa in dem Falle, wo die Länder einen Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich möchte
Antrag gegen eine Veröffentlichung stellen und an- das annehmen.
dere Veröffentlichungen ähnlicher Art bestehen, der
Bund Antrag wegen der Veröffentlichungen in ande- Ritzel (SPD) : Danke.
ren Zeitschriften stellen könnte?
Präsident D. Dr. Gerstenmaler: Frage VIl/13
Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich möchte — des Herrn Abgeordneten Bazille —:
nicht sagen, daß es eine Einflußmöglichkeit ist. Die
Billigt es die Bundesregierung, daß deutsche Behörden den aus
Rechte stehen vielmehr parallel nebeneinander. der französischen Fremdenlegion entflohenen Ungarn Geza Gyöfri
ans Heilbronn an der Europa-Brücke Kehl-Straßburg den fran-
zösischen Behörden übergeben haben, obschon Gyofri in Frank-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Damen reich eine langjährige Freiheitsstrafe erwartet?

und Herren, ich darf vorschlagen, daß Sie in nor- Zur Beantwortung der Herr Bundesinnenminister!
maler Distanz vom Mikrophon sprechen. Vielleicht
haben Sie schon diese Apparatur da oben bemerkt. Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich wäre
Das ist ein neuer Versuch, eine bessere Akustik in dankbar, wenn ich die drei Fragen zusammen beant-
diesem hervorragenden Parlamentssaal zu schaffen. worten könnte.
Aber offenbar erfordert diese Apparatur sorgfältig-
sten Umgang mit dem Mikrophon. Sie ist, nach
dem, was mir, einem Laien, gesagt worden ist, dar-
Präsident D. Dr. Gerstenmaler: Bitte, Herr
Minister. Ich rufe dann noch auf die Fragen V11/14
auf eingerichtet, daß man in normaler Distanz vom
und VII/15 — des Herrn Abgeordneten Bazille —:
Mikrophon sprechen kann. Wenn Sie so stehen und
so sprechen wie jetzt, scheint es gerade richtig zu Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um das in der
Person von Geza Gyöfri verletzte Grundrecht nach Artikel 16
sein. Das gleiche gilt für die Mikrophone unten. Abs. 2 GG wiederherzustellen?
Wir werden uns vielleicht bei einer anderen Gele- Ist die Bundesregierung bereit, das Gnadengesuch zu unter-
genheit noch darüber unterhalten. Wir müssen jetzt stützen, das mehrere hundert Bürger der Stadt Heilbronn für
den 25jährigen Ungarn Geza Gyöfri an Staatspräsident de Gaulle
erst einmal unsere Erfahrungen sammeln, nachdem gerichtet haben?
das Experiment begonnen ist.
Jetzt geht es weiter. Diese Unterbrechung wird Höcherl, Bundesminister des Innern: Die Rechts-
nicht auf die Fragestunde angerechnet. Die Frage- lage ist Ihnen bekannt. Der Bund hat nur ein Wei-
stunde dauert also bis 15.22 Uhr und nicht bis sungsrecht. Die Bestimmungen über das Aufent-
15.20 Uhr. haltsrecht werden von den Ländern ausgefährt. Die
Bundesregierung ist ferner der Meinung, daß sie
Die nächste Frage — des Herrn Abgeordneten
kein Zensurrecht über die Länder hat und auch
Sänger — ist vom Fragesteller zurückgezogen wor-
keine Zensuren zu erteilen hat, auch nicht in die-
den. Es ist die Frage VII/11.
sem Falle.
Ich rufe auf die Frage VII/12 — des Herrn Abge-
Meine persönliche Auffassung geht aus dem Ent-
ordneten Ritzel —:
wurf eines Ausländergesetzes hervor, in dem eine
Ist die Bundesregierung bereit, eine neue Regelung des Reise- Bestimmung vorgesehen ist, daß selbst dann, wenn
kostenrechts für Bundesbeamte, Richter und Soldaten vorzu-
nehmen und damit der Verteuerung der Aufwendungen, beson- nach dem Asylrecht kein Rechtsanspruch besteht,
ders bei notwendig werdenden Übernachtungen, Rechnung zu
tragen? hier Aufenthalt zu nehmen, eine Duldung zugelas-
sen werden soll, wenn der Abschiebung menschliche
Zur Beantwortung der Herr Bundesinnenminister. Gründe entgegenstehen.

Höcherl, Bundesminister des Innern: Die Bundes- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage!
regierung hat bereits von sich aus einen solchen
Gesetzentwurf vorbereitet, der schon sehr weit ge- Bazille (SPD) : Herr Minister, meine letzte Frage
diehen ist und schon mit den Beteiligten besprochen ist eine Frage aus dem Gebiet der auswärtigen Be-
wird. ziehungen, und hier ist doch der Bund zuständig.
Sind Sie in der Lage, diese Frage zu beantworten?
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage!
Höcherl, Bundesminister des Innern: Die Frage 15
Ritzel (SPD) : Bis wann werden Sie, Herr Mini- kann ich von meinem Ressort aus nicht beantworten.
ster, diesen Entwurf dem Parlament vorlegen? Aber ich persönlich bin der Meinung, daß das Gna-
dengesuch der Bürger von Heilbronn ausreicht.
Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich werde
mit dem Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen ab- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
stimmen, wann der Innenausschuß in der Lage sein frage des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer!
wird, diesen Gesetzentwurf schnell zu beraten.
Dr. Mommer (SPD): Herr Minister, wie kann das
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu- ausschließlich eine Länderangelegenheit sein, wenn
satzfrage! in Art. 16 des Grundgesetzes das Asylrecht garan-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4099
Dr. Mommer
tiert ist? Mir scheint, daß in diesem Falle das Asyl- unabhängig von dem strikten Rechtsstandpunkt. Ich
recht eines früheren Fremdenlegionärs nicht beach- glaube, daß der strikte Rechtsstandpunkt nicht ver-
tet worden ist. letzt worden ist

Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
lege Mommer, ich glaube, Art. 83 des Grundgesetzes frage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut.
findet hier Anwendung, der die Ausführung der
Gesetze durch die Länder vorsieht.
Dr. Kohut (FDP) : Trifft es zu, Herr Minister, daß
es nach Ihren Ausführungen in der Bundesrepublik
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage deshalb kein absolutes Asylrecht gibt, wenigstens
des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer!
nicht in der Praxis, weil Sie hier nicht zuständig
sind und die Länder machen können, was sie wol-
Dr. Schäfer (SPD) : Herr Minister, Art. 16 Abs. 2 len?
Satz 2 des Grundgesetzes sagt — ich sage den
Wortlaut genau —: „Politisch Verfolgte genießen Höcherl, Bundesminister des Innern: Nein, Herr
Asylrecht." Das ist ein Grundrecht, ein allgemeines Kollege, die Frage ist mir völlig unverständlich, und
Menschenrecht.
zwar deswegen, weil die rechtliche Lösung oder
Regelung des Asylrechts im Bereich der Bundesre-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Halt, Herr publik die weitaus liberalste ist.
Abgeordneter, keine Ausführungen, sondern Fragen!
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu-
Dr. Schäfer (SPD) : Ich frage, ob Sie einem ent- satzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kohut!
flohenen Fremdenlegionär dieses Recht zubilligen
wollen.
Dr. Kohut (FDP) : Aber sehen Sie nicht bei der
Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol- hier geschilderten Frage, daß es in der Praxis an-
lege Schäfer, diese Frage ist von dem zuständigen ders aussieht?
Land im Rahmen des Aufenthaltsrechts geprüft wor-
den. Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol-
lege, ich glaube nicht, daß die Schilderung des Fal-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Jetzt kommt les in allen Einzelheiten den Feststellungen ent
erst wieder eine Zusatzfrage von Herrn Dr. Mom- spricht, die von dem Land getroffen worden sind.
mer. Herr Abgeordneter Mommer, das ist Ihre letzte
Zusatzfrage. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage
des Herrn Abgeordneten Blachstein.
Dr. Mommer (SPD) : Herr Minister, sind Sie der
Wächter des Grundgesetzes für die ganze Bundes- Blachstein (SPD) : Was gedenkt die Bundesregie-
republik Deutschland, oder wo ist Ihre Zuständig- rung zu tun, Herr Minister, um künftig die Siche-
keit?
rung des im Grundgesetz vorgesehenen Asylrechts
durch die Länder zu gewährleisten?
Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol- -

lege Mommer, im Rahmen der Rechtsaufsicht, die


wir in diesem Bereich haben, glaubten wir, keinen Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol-
Anlaß zu haben, von der Rechtsaufsicht Gebrauch zu lege Blachstein, ich habe schon erklärt, daß ich
machen. nicht glaube, daß in diesem Fall das Asylrecht ver-
letzt worden ist. Aber eine Abhilfe wird möglich
sein, wenn in sehr kurzer Zeit das Ausländergesetz
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu- in der neuen Fassung verabschiedet wird.
satzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer.

Dr. Schäfer (SPD) : Herr Minister, wie ist Ihre Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage
Rechtsauffassung, die für die Durchführung der Ge- des Herrn Abgeordneten Börner!
setze die Richtung angeben könnte? Wie ist Ihre
Rechtsauffassung in dieser Frage? Börner (SPD) : Herr Minister, darf ich aus Ihren
bisherigen Antworten zu diesem Komplex schlie-
Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol- ßen, daß nach Meinung der Bundesregierung in die-
lege Schäfer, ich habe doch in dieser sehr schwieri- sem Falle die Menschenrechtskonvention des
gen Frage, die das Verhältnis zwischen dem Bund Europarates nicht verletzt wurde?
und einem Lande betrifft, sehr verständlich zum
Ausdruck gebracht, wie meine persönliche Auffas- Höcherl, Bundesminister des Innern: Ja, das
sung ist, daß nämlich die richtige Lösung die ge- möchte ich sagen. Diese Konvention steckt einen
wesen wäre, die wir im Ausländergesetz, das dem- sehr weiten Rahmen. Ich glaube, daß die Rechts-
nächst verabschiedet wird, vorgesehen haben, in auffassung des Landes noch in diesem Rahmen
dem jedenfalls eine Duldung möglich gewesen wäre, enthalten ist.
4100 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu- daher eine für beide Seiten wirtschaftlich sinnvolle Sicherstel-
lung dieser Flächen nur im Wege eines Ankaufs durch den
satzfrage des Herrn Abgeordneten Börner. Bund erreicht werden können, weil durch die Benutzung mit
Kettenfahrzeugen eine wesentliche Veränderung des Grund-
stückszustands zu erwarten ist. Da der Bund sich in diesen
Fällen verpflichtet, die Liegenschaft nach Fortfall des Verteidi-
Börner (SPD) : Ich möchte meine Frage noch ein- gungsbedarfs an die ehem. Eigentümer zurückzuübereignen, kön-
mal präzisieren. Ist die eben von Ihnen gegebene nen die Eigentümer sofort über den vollen Kaufpreis verfügen
und haben außerdem die Möglichkeit, später ihre Grundstücke
Stellungnahme zu diesem Problem Ihre persönliche zu dem dann bestehenden Verkehrswert, der infolge der Deva-
stierung erheblich gemindert sein dürfte, zurückzuerwerben. Dem-
Meinung als Ressortminister oder die Meinung der gemäß ist die für die Durchführung der Verhandlungen zu-
Bundesregierung? ständige Oberfinanzdirektion Nürnberg davon ausgegangen, daß
ein Erwerb der benötigten Grundstücke den Interessen der
Eigentümer und denen des Bundes am besten entspräche.
Höcherl, Bundesminister des Innern: Es gibt hier Wie Ihnen in der Besprechung am 30. September 1963 erklärt
wurde, ist die Bundesvermögensverwaltung aber auch bereit,
keinen Unterschied zwischen der Meinung der Bun- auf Wunsch der Eigentümer für die Grundstücke nur Nutzungs-
desregierung und der Meinung des Ressortmini- verträge abzuschließen. Durch diese Verträge muß aber die
Möglichkeit der uneingeschränkten militärischen Nutzung für die
sters, es sei denn, daß der Ressortminister eine per- Dauer des Bedarfs gesichert werden. Auch müßten sich die
Eigentümer mit einer Beschränkung einer etwaigen Ersatz-
sönliche Meinung ausdrücklich zum Ausdruck leistung für Devastierungsschäden auf den Unterschiedsbetrag
bringt. zwischen dem Verkehrswert der Grundstücke im tatsächlichen
Zustand bei Vertragsbeginn und dem Verkehrswert der Grund-
stücke im tatsächlichen Zustand bei Beendigung des Vertrages
— beide Verkehrswerte bemessen nach den Preis- und Wertver-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage hältnissen im Zeitpunkt der Ersatzleistung — einverstanden er-
klären, weil sonst der Abschluß der Verträge zu unzumutbaren
des Herrn Abgeordneten Ritzel. Ergebnissen führen würde.

Zu Frage VIII/2:
Ritzel (SPD) : Herr Minister, sind Sie, wenn die
Das Gelände des Übungsplatzes Brönnhof ist von den Streit-
Haltung einer Landesregierung in einer derartigen kräften vor dem 5. Mai 1955 ordnungsmäßig requiriert worden;
Asylrechtsfrage ablehnend ist, gegebenenfalls be- es steht ihnen somit die uneingeschränkte Nutzung zu. Auf die
Art der Benutzung des Geländes durch die Streitkräfte sowie
reit, sich an die Bestimmungen des Grundgesetzes darauf, in welchem Umfange aus militärischen Gründen Abhol-
zungen des Waldbestandes notwendig sind, hat die Bundesver-
und Ihre Verpflichtung zu erinnern und von sich mögensverwaltung keinen Einfluß. Hierüber entscheiden allein
aus einzugreifen? die Streitkräfte. Ob und in welchem Umfange die geplante Ver-
wendung des Übungsplatzes Abholzungen erforderlich macht, ist
daher nicht bekannt. Auch in den Schreiben der Bundesver-
mögensstelle Bad Kissingen an die betroffenen Eigentümer han-
Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich bin im- delt es sich insoweit nur um Vermutungen auf Grund der bisher
mer bereit, meine Verpflichtungen einzuhalten. in gleichgelagerten Fällen gemachten Erfahrungen.

(Heiterkeit.) Zu Frage VIII/3:


In dem NATO-Truppenstatut und den Zusatzvereinbarungen
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage hat sich der Bund verpflichtet, den Streitkräften die von ihnen
benötigten Liegenschaften zur ausschließlich en Nutzung zu über-
des Herrn Abgeordneten Bazille. lassen. Der insoweit bestehende Landbedarf der Streitkräfte
stellt die Grundlage und den Ausgangspunkt der Tätigkeit der
Bundesvermögensverwaltung dar, deren wesentliche Aufgabe es
ist, diesen Bedarf durch entsprechende Beschaffungsmaßnahmen
Bazille (SPD) : Sind Sie bereit, Herr Minister, zu — die entweder zum Erwerb oder zum Abschluß von Nutzungs-
veranlassen, daß mir eine schriftliche Mitteilung verträgen führen — zu decken. Die Prüfung der Frage indessen,
ob der von den Streitkräften angemeldete Bedarf auch tatsäch-
darüber zugeht, ob die Bundesregierung bereit ist, lich gegeben und ob die von ihnen geplante oder — bei Alt-
inanspruchnahmen wie hier — bereits durchgeführte militärische
das Gnadengesuch der Heilbronner Bürger zu unter- Verwendung und Benutzung des Geländes notwendig oder mit
stützen? allgemeinen deutschen Belangen und Interessen der Landespla-
nung, der Wasserwirtschaft, klimatischen Problemen und dgl.
vereinbar ist, liegt nicht im Zuständigkeitsbereich der Bundes-
vermögensverwaltung. Sie hatte daher folgerichtig keine Ver-
Höcherl, Bundesminister des Innern: Jawohl! anlassung, sich durch Einholung entsprechender Gutachten über
die Auswirkung der militärischen Verwendung des Platzes in
dem obenerwähnten Sinne zu unterrichten; eine solche Ver-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Geschäfts- anlassung besteht auch zukünftig nicht.

bereich des Bundesministers der Finanzen: Wenn Befürchtungen einer Gefährdung solcher allgemeinen
öffentlichen Interessen bestehen, dann ist es Aufgabe der zu-
ständigen Landesdienststellen — vorliegend wäre das die Baye-
Ich rufe auf die Fragen VIII/1, VIII/2 und VIII/3 rische Staatskanzlei —, durch Verhandlungen mit den amerika-
— des Abgeordneten Langebeck —: nischen Dienststellen eine Berücksichtigung der deutschen Inter-
essen durch Verlegung, Verschiebung der Platzgrenzen oder
eine entsprechend eingeschränkte Nutzung zu errreichen.
In welchem Ausmaß beabsichtigt die Bundesvermögensverwal-
tung, im Bereich des Truppenübungsplatzes Brönnhof (S chwein-
furt) Grundstücke von Privatwaldbesitzern zu erwerben? Wir kommen zur Frage VIII/4 — des Herrn Abge-
Ist der Bundesvermögensverwaltung bekannt, daß die künftige ordneten Dr. Schmidt (Wuppertal) —:
Verwendung des Truppenübungsplatzes Brönnhof (Schweinfurt)
eine erhebliche Aus- und Abholzung erforderlich macht und Werden Betriebsprüfungen häufiger nach drei Wochen zu
daß durch die Verwendung von Kettenfahrzeugen eine völlige Lasten der Betriebe mit der nachteiligen Folge neuer Einarbei-
Devastierung eintritt? tung für alle Beteiligten unterbrochen, weil auf Grund der
beamtenrechtlichen Reisekostenvorschriften nach drei Wochen
Hat die Bundesvermögensverwaltung Gutachten darüber ein- auswärtiger Tätigkeit das Tages- und Übernachtungsgeld auf
geholt, wel che Auswirkungen die Abholzung des Waldes im einen Betrag sinkt, mit dem der Prüfer auch bei großer Spar-
Bereich des Truppenübungsplatzes Brönnhof auf don Wasser- samkeit nicht auskommen kann?
haushalt der Natur, die Wasserversorgung Schweinfurts und
Umgebung hat und wel che klimatischen Veränderungen eintreten Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der
werden?
Finanzen!
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant-
wortung einverstanden erklärt. Die Antwort des
Herrn Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 7. Okto- Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
ber 1963 lautet: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ant-
wort lautet wie folgt: Nach dem Reisekostengesetz
Zu Frage VIII/1: kann auf Antrag und gegen Kostennachweis ein
Das Übungsgelände Brönnhof ist in seinem westlichen Teil Zuschuß gewährt werden, wenn das nach 21 Tagen
— der etwas weniger als die Hälfte des Gesamtgeländes aus-
macht — als Panzerübungsplatz vorgesehen. In der Regel wird ermäßigte Tage- und Übernachtungsgeld zur Kosten-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4101
Bundesminister Dr. Dahlgrün
deckung nicht ausreicht. Die notwendigen Mehraus- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ja, dann rufe
lagen des Beamten werden also voll erstattet, so ich zusätzlich die Frage VIII/6 — des Abgeordneten
daßkeinAlbsth,urekonclih Biegler — auf:
Gründen eine laufende Betriebsprüfung zu unter- Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den in Frage
brechen. VIII/5 dargestellten unerträglichen Mißstand abzustellen?

Bei umfangreichen Großbetrieben und Konzernen


ergeben sich allerdings häufig sachliche Gründe, die Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
eine Unterbrechung erfordern. Fälle, in denen für Der Bundesregierung ist bekannt, daß über Lärm-
das Unterbrechen einer Betriebsprüfung reisekosten belästigungen geklagt wird, seitdem auf dem Prüf-
rechtliche, nicht aber sachliche Gründe entscheidend stand des amerikanischen Kraftfahrzeug-Instandset-
waren, sind mir bisher noch nicht bekanntgewor- zungswerkes in Mainz-Gonsenheim neben Benzin-
den. Glaubt ein Betriebsinhaber, daß eine Unter- motoren in letzter Zeit auch Dieselmotoren geprüft
brechung nicht gerechtfertigt ist, so steht es ihm werden. Beschwerden sind allerdings nur von Be-
frei, sich deswegen an den Dienstvorgesetzten des wohnern der weiter abgelegenen, neu erschlossenen
Betriebsprüfers zu wenden. Soweit es sich dabei Hartenberg-Siedlung, nicht aber aus den nähergele-
um Bundesbedienstete handelt, ist dafür Sorge ge- genen Wohnbezirken vorgebracht worden.
tragen, daß eine Überprüfung stattfindet. Ich bin Die Werksleitung hat bereits den Umbau des
überzeugt, daß die Landesdienststellen bei ihren Prüfstandes in die Wege geleitet. Die hierzu er-
Betriebsprüfern entsprechend verfahren. forderliche Genehmigung amerikanischer Regie-
rungsstellen steht zur Zeit noch aus. Um soweit als
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage! möglich schon jetzt Abhilfe zu schaffen, hat die
Werksleitung im Einvernehmen mit dem zuständi-
gen Gewerbeaufsichtsamt Schalldämpfer eingebaut.
Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) : Wenn Zu- Sie hat ferner veranlaßt, daß der Prüfstand an den
schüsse nach drei Wochen gewährt werden können, Arbeitstagen — montags bis freitags — nur noch
Herr Minister, warum wird dann nicht von vorn- in der Zeit von 8.20 bis 16 Uhr in Betrieb ist. Im
herein eine Reisekostenregelung getroffen bzw. dem übrigen verspricht sie sich von dem Umbau des
Parlament vorgeschlagen, die es überhaupt über- Prüfstandes eine endgültige Abhilfe.
flüssig macht, daß erst noch Zuschüsse gewährt wer-
den und solche Überlegungen angestellt werden Präsident D. Dr. Gerstenmaier : Keine Zusatz-
müssen? frage!
Ich rufe auf die Frage VIII/7 — des Abgeordneten
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: Dröscher —:
Die Sache, Herr Kollege Dr. Schmidt, hat zwei Sei- Ist die Bundesregierung bereit, die Behandlung des vom
ten. Wir zwingen durch diese Bestimmung nach 21 Bundesrat vorgelegten Gesetzentwurfs in der Frage der Ver-
waltungskostenzuschüsse, nach welchem auch Bundeswehr, Bun-
Tagen zu einer Überprüfung der Dauer einer sol- desbahn, Bundespost und andere öffentliche Betriebe zu den
chen Reise. Im übrigen ist das ein Problem, das bei gemeindlichen Lasten angemessen beitragen sollen, so zu
fördern, daß mit einer baldigen Verabschiedung im Bundestag
der Neuregelung der Reisekosten für die Beamten gerechnet werden kann?
sowieso zur Debatte steht.
Zur Beantwortung der Herr Bundesfinanzminister!

Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) : Ist Ihnen Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:-
bekannt, 'daß in der Zeitschriftenpresse Fälle dieser Die Antwort der Bundesregierung lautet: Die Bun-
Art erörtert und als absolut untunlich und ausge- desregierung hat nach Art. 76 Abs. 3 des Grund-
sprochen bürokratisch bezeichnet worden sind? gesetzes den vom Bundesrat eingebrachten Gesetz-
entwurf dem Bundestag zuzuleiten und hierbei ihre
Auffassung darzulegen. Zur Vorbereitung der hier-
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
nach erforderlichen Stellungnahme der Bundesregie
Das ist mir im Einzelfalle nicht bekanntgeworden.
ung findet am 11. Oktober 1963 eine Ressort
Ich wäre Ihnen aber sehr dankbar, wenn Sie mir
Besprechung statt. Die Bundesregierung wird so
das Material zuleiteten, damit ich es dann nachprü-
bald wie möglich über die Stellungnahme be-
fen kann.
schließen und sodann den Gesetzentwurf unverzüg-
lich dem Bundestag zuleiten.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich rufe auf
die Frage VIII/5 — des Abgeordneten Biegler —:
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine Zusatz-
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Prüfstand der bun- frage!
deseigenen Luther-Werke (Panzerwerke) in Mainz (Rhein), auf
dem von morgens 6 Uhr bis abends 20 Uhr Dieselmotoren ge- Ich rufe auf die Frage VIII/8 — des Abgeordneten
prüft werden, einen derartigen Lärm verursacht, daß die Be-
wohner der umliegenden Wohnbezirke, insbesondere des Bezirks Benda —:
„Auf dem Hartenberg", in ihrem Gesundheitszustand gefährdet
sind? Wird der Herr Bundesfinanzminister dafür Sorge tragen, daß
in seinem Geschäftsbereich künftig Formulierungen wie die in
der Stellenanzeige in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung"
vom 28. September 1963, Seite 19, für den höheren Dienst in
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: der Bundesfinanzverwaltung, Dienstzweig Bundesvermögensver-
Herr Präsident, wenn Sie einverstanden sind, möchte waltung, von den Bewerbern geforderte „Versetzungsbereitschaft
innerhalb des Bundesgebietes und nach Berlin" vermieden wer-
ich die Fragen VIII/5 und VIII/6 gemeinsam beant- den, die zu dem Mißverständnis Anlaß geben könnten, daß das
Land Berlin nach Auffassung von Beamten seines Geschäfts-
worten. bereiches nicht ein Teil der Bundesrepublik Deuts chland sei?
4102 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: bezeichneten allgemeinen Frage diejenigen Formu-
Der Herr Abgeordnete Benda hat in der jüngsten lierungen gebraucht werden, die in diesem Hause
Ausschreibung zur Einstellung von Nachwuchskräf- im Verlauf der Gesetzgebung seit Jahren bekannt
ten in den höheren Dienst 'der Bundesfinanzverwal- und eingeführt sind und sich bewährt haben?
tung — Dienstzweig Bundesvermögensverwaltung
— 'beanstandet, daß Versetzungsbereitschaft nach
Berlin gesondert neben der Versetzungsbereitschaft
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
Das habe ich ja am Schluß meiner Antwort schon
innerhalb des Bundesgebietes gefordert wird. Diese gesagt.
Formulierung geht nicht auf staatsrechtliche oder
politische Überlegungen zurück. Sie wurde wegen
des unterschiedlichen Beamtenrechtsstatus gewählt. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
frage des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer!
Die Ausschreibung bezieht sich auf die Bundes-
finanzverwaltung. In Berlin gibt es keine Dienst-
stellen der Bundesfinanzverwaltung. Die Bedienste- Dr. Schäfer (SPD) : Herr Minister, aus Ihren Aus-
ten der entsprechenden Berliner Dienstzweige — führungen ergibt sich: Da eine Dienstleistung in
hier die Sondervermögens- und Bauverwaltung Berlin bei einem anderen Dienstherrn erfolgt, ist
beim Landesfinanzamt Berlin — sind deshalb Lan- eine Versetzung nicht möglich. Ich möchte Sie fra-
desbeamte. Ihr Dienstherr ist also nicht der Bund, gen: Sind Sie dann nicht der Meinung, daß Sie
sondern das Land Berlin. Sie haben einen Sonder- Ihren ganzen Passus streichen können?
status, der in 'dem Gesetz zur Regelung der Rechts-
verhältnisse der in einzelnen Verwaltungszweigen Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen:
des Landes Berlin beschäftigten Personen vom Wenn der Bewerber oder der Beamte einverstanden
26. April 1957 festgelegt ist. Die Versetzungsbereit- ist, kann ich ihn vorübergehend beim Landesfinanz-
schaft innerhalb der Bundesfinanzverwaltung um- amt Berlin, bei einem anderen Dienstherrn, beschäf-
faßt deshalb nicht ohne weiteres auch die Verset- tigen, und diese Möglichkeit müßten wir, wie ich
zungsbereitschaft nach Berlin, also zu einem ande- glaube, offenhalten, Herr Dr. Schäfer.
ren Dienstherrn als dem Bund. Es kann aber nicht
darauf verzichtet werden, die Beamten des höheren Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Geschäfts-
Dienstes der Bundesfinanzverwaltung auch in Berlin bereich des Bundesministers für Wirtschaft.
zu beschäftigen. Deshalb ist von vornherein ein be-
sonderer Hinweis erforderlich. Zur Vermeidung von Ich rufe auf die Fragen IX/1, IX/2 und IX/3 —
Mißverständnissen werde ich aber künftig die F or- des Abgeordneten Fritsch —:
mulierung „einschließlich Berlin" verwenden. Ist der Bundesregierung bekannt, daß die bäuerliche Wald-
wirtschaft im Grenzland des Bayerischen Waldes wegen der
steigenden Holzeinfuhren aus den Ostblockstaaten, vor allem
aus der CSR, sich in ihrer Existenz bedroht fühlt?
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
frage! Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß es möglich
sein werde, im Rahmen neuer handelspolitischer Vereinbarungen
mit den Ostblockstaaten auf die Interessen der Bauern des
Bayerischen Waldes mehr Rücksicht zu nehmen?
Benda (CDU/CSU) : Herr Minister, meinen Sie
nicht, daß jedenfalls die in der gleichen Anzeige er- Bis zu welchem Jahr laufen die derzeitigen Abnahmeverpflich-
tungen für Holz aus der CSR?
wähnte weitere Klausel — ich zitiere: „Bewerber,
die im Bundesgebiet wohnen, richten ihr Gesuch an Der Fragesteller -hat sich mit schriftlicher Beant-
die für ihren Wohnsitz zuständige OFD, Berliner wortung einverstanden erklärt. Die Antwort des
Bewerber an den Präsidenten des Landesfinanz- Herrn Staatssekretärs Dr. Westrick vom 9. August
amtes Berlin" — zu dem von mir bezeichneten Miß- 1963 lautet:
verständnis Anlaß geben könnte, auch überflüssig Zu Frage 1:
ist und schon aus diesem Grunde vermieden werden Aus den Antworten, die ich in den Fragestunden des Deutschen
sollte? Bundestages am 16. Januar 1963 und 20 Juni 1963 geben durfte
(s. Protokolle zur 54. und 79. Sitzung), geht hervor, daß die
Klagen des bäuerlichen Waldbesitzes im Bayerischen Wald über
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: die Rohholzeinfuhren aus den Staatshandelsländern — auch aus
der CSR — der Bundesregierung bekannt sind.
Offen gesagt habe ich die Frage in ihrer vollen Be-
Mit dem Rohholzaufkommen aus dem Bayerischen Wald kon-
deutung nicht verstanden. Können Sie mir die Frage kurrieren von den Rohholzeinfuhren aus den Staatshandelslän-
schriftlich vorlegen? darn die Sortimente Nadelstammholz und Nadelfaserholz. Es
wurden aus diesen Ländern eingeführt:
Ich glaube aber, sie soweit verstanden zu haben, 1961 1962
daß ich Ihnen antworten kann: Weil ein anderer Nadelstammholz 89 000 fm 83 000 fm
Dienstherr in Berlin auftritt, nämlich der Senator davon aus der CSR 74 540 fm 68 113 fm
Nadelfaserholz 510 000 rm 373 000 rm
für Finanzen bzw. das Landesfinanzamt Berlin, davon aus der CSR 71 181 rm 57 546 rm (= 46 037 fm)
müssen wir einen Unterschied machen. Die Einfuhr ist rückläufig. Gemessen an den im Nadelroh-
holzeinschlagsplan für 1963 in den Oberforstdirektionen Ober-
pfalz und Niederbayern (ostbayer. Grenzland mit Bayerischem
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine zweite Wald) vorgesehenen 1 421 000 fm war die Nadelrohholzeinfuhr
im Jahre 1962 mit 114 150 fm = 8 % nur gering. Diese Menge
Zusatzfrage! diente der zusätzlichen Versorgung der im ostbayerischen
Grenzland ansässigen holzverarbeitenden Industrie. Wichtig ist
in diesem Zusammenhang, daß die Einfuhrpreise frei Grenze
Benda (CDU/CSU) : Herr Minister, würden Sie für Nadelstamm- und Nadelfaserholz im Durchschnitt höher lagen
als die Preise für bayerisches Holz, woraus schon ersichtlich ist,
ganz allgemein bereit sein, in Ihrem Geschäfts- wie notwendig die Hereinnahme dieser Holzmengen im Inter-
esse der im Grenzgebiet liegenden holzbearbeitenden und -ver-
bereich dafür Sorge zu tragen, daß in der von mir arbeitenden Industrie liegt. Auch dieser Wirtschaftszweig ist
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4103
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
einem harten Wettbewerbsdruck seitens der verbrauchsnäherge rent des Ministeriums für Landwirtschaft, Weinbau
legenen Werke in anderen Teilen der Bundesrepublik ausgesetzt.
Der geplante Laubholzeinschlag mit 115 000 fm im vorgenannten
und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz ist als stän-
Gebiet ist gemessen am Bedarf so gering, daß Einfuhren dieser diges Mitglied der deutschen Delegation weder be-
Holzart notwendig sind. Die Preise dieses Materials liegen im
Durchschnitt etwas niedriger ais das bayerische Holz. Es ist rufen noch abberufen worden. Er hat im vergange-
aber zum größten Teil zur zusätzlichen Versorgung der in ande-
ren Teilen der BRD liegenden Zellstoff- und Holzwerkstoffbe-
nen Jahr nur vertretungsweise an einigen Ausschuß-
triebe bestimmt. sitzungen teilgenommen, da die zuständigen Refe-
Diese vorgenannten Holzeinfuhren bedeuten nach meiner renten meines Hauses verhindert waren.
Meinung keine ernstliche Bedrohung der Existenz für die bäuer-
liche Waldwirtschaft im dortigen Grenzland. Die Unterbindung
solcher Einfuhren würde dagegen nicht nur handelspolitische
Schwierigkeiten herbeiführen; sie wäre auch aus dem Gesichts- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich rufe auf
punkt einer ausreichenden Versorgung bedenklich.
die Frage X/3 — des Herrn Abgeordneten Schultz —:
Zu Frage 2: Hätte die Möglichkeit bestanden, den zurückberufenen Ref e
Die Einfuhren der in der Frage 1 behandelten Holzsortimente renten des rheinland-pfälzischen Weinbauministeriums aus dem
aus den Staatshandelsländern werden durch Ausschreibungen mit Weinrechtsausschuß der EWG-Kommission als Sachverständigen
laufender Antragstellung genehmigt (veröffentlicht im Bundes- hinzuzuziehen?
anzeiger Nr. 1 vom 3. Januar 1963). Eine Beendigung dieser seit
geraumer Zeit geübten Praxis würde eine große Verwaltungs-
arbeit bedingen; es müßten dann Einzelausschreibungen mit
Kontingenten eingeführt und eine Überprüfung der Lieferungen Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
in den einzelnen Referenzzeiträumen durchgeführt werden. wirtschaft und Forsten: Es ist nicht möglich, den
Außerdem würde ein solches Verfahren aus dem Gesichtspunkt
der Lieferländer selbstverständlich eine wesentliche Verschlech- Weinbaureferenten des Ministeriums für Landwirt-
terung bedeuten und daher auch die Gegenleistungen dieser schaft, Weinbau und Forsten des Landes Rheinland-
Länder gegenüber der Bundesrepublik beeinträchtigen; neue
handelspolitis che Vereinbarungen würden durch eine solche Ver- Pfalz zu den Sitzungen des Verwaltungsausschusses
fahrensänderung daher zuungunsten der Bundesrepublik be-
lastet werden. als Sachverständigen hinzuzuziehen, da der Minister-
Eine Einengung der Einfuhren tschechischer Nadelhölzer würde rat die Anzahl der Delegationsmitglieder beschränkt
eine wesentliche Benachteiligung der im bayerischen Raum ge-
legenen holzverarbeitenden Industrie bedeuten, aus deren Krei-
hat. Der deutschen Delegation stehen fünf Sitze zu.
sen wiederholt bei uns der Wuns ch nach einer Erleichterung Angesichts der verschiedenen Verhandlungspro-
dieser Einfuhren vorgetragen wurde. Daß diese Hölzer selbst
zu höheren Preisen hereinkommen, beweist die Notwendigkeit bleme ergeben sich häufig bereits Schwierigkeiten,
ihrer Einfuhr zur Versorgung der eigenen Industrie. die Beteiligung der zuständigen Bundesressorts an
Abgesehen von diesen Gegebenheiten aber wird die Bundes- den Sitzungen des Verwaltungsausschusses mit den
regierung unter Wahrung der allgemeinen volkswirtschaftlichen
und politischen Interessen sich redlich darum bemühen, auch den Experten, die für eine erfolgreiche Verhandlungs-
Belangen der Forstwirtschaft gerecht zu werden. führung benötigt werden, sicherzustellen. Eine Be-
Zu Frage 3: teiligung der Weinbau treibenden Bundesländer —
Der mit der CSR am 23. März 1961 geschlossene Wirtschafts- sowie übrigens auch der beteiligten Fachverbände
vertrag läuft mit dem 31. Dezember 1963 aus. Neue Wirtschafts-
verhandlungen sind für Ende dieses Jahres vorgesehen. Vor
— wird dadurch ermöglicht, daß alle zur Verhand-
diesen Verhandlungen werden die Forst- und Holzwirtschaft lung kommenden entscheidenden Fragen mit ihnen
gehört.
erörtert werden. Ihre Anregungen werden von der
Wir kommen nunmehr zum Geschäftsbereich des deutschen Delegation bei den Verhandlungen in
Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Brüssel, so weit irgend möglich, berücksichtigt.
Forsten, zunächst zur Frage X/1 — des Abgeord-
neten Schultz —: Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
Entspricht der Bericht im ,,Mannheimer Morgen" vom 4. Sep- frage?
tember 1963 über die Abberufung des Referenten des rheinland-
pfälzischen Weinbauministeriums aus dem Weinrechtsausschuß
der EWG-Kommission in Brüssel der Wahrheit?
Dürr (FDP) : Herr Minister, halten Sie es nicht für
— Herr Abgeordneter Dürr, Sie übernehmen die notwendig, das entsprechende Referat in Ihrem-
Frage? — Zur Beantwortung der Herr Bundes- Hause für eine begrenzte Zeit personell zu verstär-
minister. ken, um den besonderen Produktionsbedingungen
des deutschen Weinbaus in den Verordnungen
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land- Nr. 24 usw. mehr Geltung zu verschaffen, als das in
wirtschaft und Forsten: Ich darf die Frage wie folgt den seitherigen Verhandlungen geschehen ist?
beantworten: Der Bericht im „Mannheimer Morgen"
vom 4. September 1963 ist unzutreffend. Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten: Das Referat wird derzeit
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine Zusatz umgebaut. Ich glaube, daß dabei Ihrem Wunsch ent-
frage. sprechend die Interessen der Weinbau treibenden
Ich rufe auf die Frage X/2 — des Herrn Abgeord- Länder gewahrt werden.
neten Schultz —:
Wer hat die Mitglieder im Weinrechtsausschuß der EWG- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine zweite
Kommission in Brüssel benannt? Zusatzfrage?

Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land- Dürr (FDP) : Herr Minister, sind Maßnahmen —
wirtschaft und Forsten: Einen Weinrechtsausschuß und wenn ja: welche — ergriffen worden, um den
der EWG-Kommission gibt es nicht. Es dürfte der Erlaß der nach Art. 4 der Verordnung Nr. 24 not-
Verwaltungsausschuß für Weine gemeint sein. Die wendigen weiteren Verordnungen über die gemein-
Sitzungen werden von den zuständigen Referenten schaftliche Qualitätsweinregelung so voranzutreiben,
der beteiligten Bundesressorts unter der Führung daß die Regelung noch vor dem 1. Januar 1966 in
meines Hauses wahrgenommen. Der Weinbaurefe Kraft treten kann?
4104 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land- Ritzel (SPD) : Herr Minister, haben Sie Gelegen-
wirtschaft und Forsten: Ich bin über diesen Punkt heit genommen, Ihre Beauftragten in den Ländern,
im Augenblick nicht im Bilde. Ich darf Ihnen das in die jetzt statt Schlachtpferde Nutzpferde ge-
schriftlich beantworten. schickt werden, feststellen zu lassen, was mit den
sogenannten Nutzpferden dann geschieht?
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weitere
Zusatzfrage. Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
Frage X/4 — des Herrn Abgeordneten Roll- wirtschaft und Forsten: Herr Kollege Ritzel, ich habe
mann —: keine Möglichkeit, in fremden Ländern Nachfor-
schungen anzustellen, wenn die dortige Regierung
Entspricht es den Tatsachen, daß die Genehmigung zur Aus- damit nicht einverstanden ist. Wir gehen allen Mög-
fuhr von Schlachtpferden im allgemeinen erteilt wird, obwohl
ein generelles Ausfuhrverbot besteht und Ausnahmen von die- lichkeiten nach und schöpfen alle in unseren Händen
sem Verbot nur im Einzelfall zulässig sind?
liegenden Prüfungsmöglichkeiten aus. Im übrigen
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für darf ich daran erinnern, daß die Durchführung des
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Tierschutzgesetzes mit sämtlichen Ausführungsvor-
schriften Sache der Länder ist.
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten: Nach § 3 a Abs. 2 des Geset- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu-
zes zur Änderung und Ergänzung des Tierschutz- satzfrage!
gesetzes vom 18. August 1961 ist die Außenhandels-
stelle für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirt- Ritzel (SPD) : Darf ich Sie fragen, Herr Minister,
schaft ermächtigt, im Einzelfall Ausnahmen von dem ob Sie nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen
Ausfuhrverbot für Schlachtpferde zu erteilen, wenn wollen, daß in Italien, in Frankreich und anderen
für die beantragte Ausfuhr nach Prüfung durch Ver- in Frage kommenden Ländern auch eine bundesdeut-
waltungsangehörige sichergestellt ist, daß der sche Vertretung vorhanden ist, die mit geeigneten
Transport und die Schlachtung von Pferden unter Attachés, sogar mit landwirtschaftlichen Attachés,
Beachtung der Grundsätze des Tierschutzgesetzes durchaus in der Lage wäre, entsprechende Fest-
und der für den Transport von Pferden in der Bun- stellungen zu treffen?
desrepublik geltenden Vorschriften erfolgen.
Entsprechend dieser Vorschrift wird von der Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
Außenhandelsstelle in jedem einzelnen Falle ein wirtschaft und Forsten: Ich kann die Frage nicht
Antrag auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis für ohne weiteres beantworten, weil ich zunächst prüfen
die Ausfuhr von Schlachtpferden daraufhin geprüft, lassen muß, Herr Kollege Ritzel, inwieweit unsere
ob die vom Gesetzgeber hierfür aufgestellten Be- Botschafter und Attachés hierbei in die Rechte der
dingungen erfüllt sind. Ergibt diese Prüfung, daß anderen Länder eingreifen würden.
die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung
der Ausnahmegenehmigung vorliegen, so hat die
Außenhandelsstelle keine Rechtshandhabe, die Aus- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite-
nahmegenehmigung zu verweigern. ren Zusatzfragen.
Ich rufe auf die Frage X/5 — des Herrn Abgeord-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz- neten Logemann —:
frage? Warum wurden im Bundesministerium für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten bei der Fassung der Richtlinien für die
Zinsverbilligung 1963 die vom Ausschuß für Ernährung, Land-
Rollmann (CDU/CSU) : Ist es richtig, Herr Mini- wirtschaft und Forsten des Bundestages gemachten Vorschläge
nicht berücksichtigt?
ster, daß Schlachtpferde als Nutz- und Zuchtpferde
deklariert werden, um so ihre Ausfuhr zu ermög-
lichen? Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten: Ich darf folgende Antwort
geben.
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten: Nach den geltenden tier- Mit den in der Frage erwähnten Vorschlägen des
schutzrechtlichen Vorschriften ist nur die Ausfuhr Ernährungsausschusses ist wohl der Beschluß ge-
von Schlachtpferden, nicht aber die von Nutz- und meint, in welchem bei landeskulturellen und agrar-
Zuchtpferden verboten. Für die Ausfuhr von strukturellen Krediten eine stärkere Zinsverbilli-
Schlachtpferden nach Italien wird eine Ausnahme- gung — erforderlichenfalls bis auf 0 % — und eine
genehmigung nicht erteilt. Für Nutz- und Zucht- längere Tilgungsdauer, nämlich bis zu 30 Jahren,
pferde müssen wir sie jedoch erteilen. Wenn in dem angeregt wurde. Diesen Wünschen ist nach einge-
von der italienischen Regierung beim Import ver- henden Besprechungen unter den beteiligten Res-
langten Attest unserer Tierärzte bestätigt wird, daß sorts in folgendem Umfang Rechnung getragen wor-
es sich wirklich um Nutz- und Zuchttiere handelt, den.
ist den Möglichkeiten Rechnung getragen, die uns Erstens. Die zentral beschafften und zentral ver-
gegeben sind. billigten Darlehen für ländliche Wasserversorgung
und Abwasserbeseitigung werden von diesem Jahre
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage ab zu einem um 1/2 % geringeren Zinssatz und mit
des Herrn Abgeordneten Ritzel! einem um 1 % niedrigeren Tilgungssatz ausgelie-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4105
Bundesminister Schwarz
hen; der Kapitaldienst — Zinsen plus Amortisation Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-
— beläuft sich damit auf 5 % gegenüber 6 1/2 % bei rium für Arbeit und Sozialordnung: Herr Abgeord-
früheren Darlehen dieser Art, ist also um 1 1/2 % neter, im Jahre 1960 stellte die „Arbeitsgruppe über
günstiger, wobei zugleich die Laufzeit von 21 auf die Konjunkturprobleme des Arbeitsmarktes" des
28 Jahre verlängert ist. Rates der EWG fest, daß in der Bundesrepublik
Zweitens. Bei den Meliorationsdarlehen an Teil- Deutschland und in den Niederlanden ein erheb-
nehmergemeinschaften in der Flurbereinigung wird licher Kräftebedarf bestand, während in Italien eine
beträchtliche Arbeitslosigkeit und ein großes Ange-
ebenfalls ein um 1/2 % niedrigerer Zinssatz verein-
bot an ungelernten Arbeitskräften vorhanden war.
bart und die Laufzeit auf 28 statt bisher 16 Jahre
bemessen; der Kapitaldienst beläuft sich damit auf Damals hat die Kommission empfohlen, ein zusätz-
5 % statt bisher 9 %. Für die Darlehen zur Finan- liches Programm zur beschleunigten Berufsausbil
dung italienischer Arbeitnehmer zugunsten der bei-
zierung des Wirtschaftswegebaues wurden schon
den genannten Länder durchzuführen, und darauf
bisher die Zinsen auf 2 1/2 % gesenkt und eine Til-
hingewiesen, daß in Italien dafür geeignete Schu-
gungsleistung in gleicher Höhe gefordert, so daß
nunmehr bei allen überbetrieblichen Maßnahmen lungsmaßnahmen zur Verfügung ständen. Nach den
Vorstellungen der Kommission sollten 8946 Arbeit-
die gleichen günstigen Konditionen gelten.
nehmer — begrenzt durch die Kapazität der Schu-
Drittens. Eine neue Finanzierungsmethode für lungseinrichtungen — nach der Bundesrepublik
Aussiedlungen und Althofsanierungen ermöglicht oder nach den Niederlanden ausgetauscht werden.
die Hergabe der erforderlichen Darlehen zu einer Von den dafür erforderlichen Mitteln in Höhe von
Jahresleistung — Zinsen und Tilgung — von höch- insgesamt 12 Millionen DM sollten 6 Millionen DM
stens 3,21 % im Normalfall, wobei die Laufzeit so- zu Lasten des europäischen Sozialfonds und der
gar mehr als 40 Jahre beträgt. Rest zur Hälfte zu Lasten Italiens und unseres Haus-
Nun zum zweiten Teil. Die angeregten Differen- halts gehen. Damit die Mittel zweckmäßig verwen-
zierungen im Zinssatz, d. h. eine Staffelung dessel- det würden, haben wir mit dem italienischen
ben bis herab auf 0 % je nach Leistungsfähigkeit Arbeitsministerium vereinbart, daß die deutsche
des Kreditnehmers, sind bei einer dezentralisierten Finanzhilfe pro Kopf des nach Deutschland vermit-
globalen Aktion, wie sie das Zinsverbilligungsver- telten umgeschulten italienischen Arbeitnehmers
fahren mt seinen Hunderttausenden von einzelnen geleistet wird. Das Ausbildungsprogramm lief aber
Kreditfällen darstellt, praktisch nicht durchführbar. in Italien nur langsam an, so daß nach Angaben
der Bundesanstalt nur 2081 Arbeitnehmer im Rah-
men dieses Programms in die Bundesrepublik ver-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage! mittelt worden sind. Einzelheiten kann ich Ihnen
zweckmäßigerweise schriftlich geben. Da im Jahre
Logemann (FDP) : Herr Minister, kommen diese 1962 die veranschlagten 3 Millionen DM nicht aus-
zusätzlichen Zinssenkungen noch in diesem Haus- gezahlt werden konnten, wurde für das Jahr 1963
haltsjahr zur Auswirkung? ein Restbetrag von 1,8 Millionen DM als neuer
Haushaltsansatz übernommen, der nach den Haus-
haltsbestimmungen auf das Jahr 1964 übertragen
Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Land- werden kann.
wirtschaft und Forsten: So, wie ich es soeben vorge-
tragen habe, ist die Handhabung vorgesehen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage?
-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Geschäfts-
bereich des Bundesministers für Arbeit und Sozial- Liehr (SPD) : Herr Staatssekretär, woran ist die
ordnung. Ausbildung der italienischen Arbeitskräfte orien-
Ich rufe auf die Frage XI/1 — des Abgeordneten tiert, wenn in der betreffenden Begründung im
Müller (Erbendorf) — : Einzelplan 11 von — ich zitiere — „aktuellen Be-
dürfnissen der Aufnahmeländer" die Rede ist?
Wann gedenkt der Herr Bundesarbeitsminister die Anwend-
barkeit des § 89 des Bundesversorgungsgesetzes für Hinterblie-
bene zu erklären?
Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant- rium für Arbeit und Sozialordnung: Nach welchen
wortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Kategorien von Arbeitnehmern ein Bedürfnis be-
Herrn Staatssekretärs Dr. Claussen vom 22. Juli 1963 steht, wird von der Bundesanstalt und von den
lautet: Arbeitgebern festgestellt, welche die entsprechen-
Der § 89 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) ist, soweit die den Anforderungen stellen.
tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für eine Ermessensent-
scheidung im Einzelfall erfüllt sind, auf Hinterbliebene ebenso
anwendbar wie auf Beschädigte. Dementsprechend habe ich einer
Hinterbliebenenversorgung im Wege des Härteausgleichs nach
dieser Bestimmung bereits in vielen Fällen zugestimmt.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zweite Zu-
satzfrage.
Frage XI/2 — des Herrn Abgeordneten Liehr — :
Was ist unter „beschleunigte Berufsausbildung von 8946 für die
Bundesrepublik vorgesehenen Italienischen Arbeitnehmern" zu
Liehr (SPD) : Gibt es solche oder ähnliche Zu-
verstehen, für die die Bundesregierung einen einmaligen Zu- schußregelungen auch für andere EWG-Staaten, ge-
schuß von 3 Millionen DM übernommen hat?
gebenenfalls in welchem Ausmaß und zu welchen
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär. Bedingungen?
4106 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe- Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe


rium für Arbeit und Sozialordnung: Es gibt diese rium für Arbeit und Sozialordnung: Ich würde alle
Einrichtung, wie ich schon sagte, auch für die Nie- diese Fälle bedauern, und Sie wissen, Herr Abge-
derlande. Die Niederlande haben aber nur 700 ordneter, daß wir im Augenblick dabei sind, Ver-
Arbeitnehmer für ihre Stahlindustrie aufnehmen fahren auszuarbeiten, die es mit den Mitteln der
wollen. Das hängt mit den Umschulungseinrichtun- Technisierung ermöglichen, alle diese Verzögerun-
gen zusammen, die sowohl in Italien wie in den gen in Zukunft auszuschalten.
Niederlanden dafür vorhanden sind.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatz-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Frage XI/3 —
frage des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer.
des Herrn Abgeordneten Cramer —:
Hält es die Bundesregierung für möglich, daß die jetzt über-
mäßig lange Frist von 7 bis 8 Monaten für die Umstellung von
Dr. Schäfer (SPD) : Herr Staatssekretär, welche
Angestelltenversicherungs-Renten auf Witwenrente so verkürzt Umstände stehen Ihrem Bemühen entgegen, über
wird, daß die Witwenrente sofort im Anschluß an die 3 soge-
nannten Gnadenmonate gezahlt wird? die 41 % hinauszukommen? Jetzt sind es noch 58 %,
die zwischen drei und sechs Monaten liegen.
Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-
rium für Arbeit und Sozialordnung: Herr Abgeord- Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-
neter, ich darf zunächst bemerken, daß jetzt schon rium für Arbeit und Sozialordnung: Die Kompliziert-
41,3 v. H. aller Hinterbliebenenrentenanträge — heit der Rentengesetzgebung, Herr Abgeordneter!
Witwenrenten werden nicht gesondert erfaßt —
schon innerhalb der ersten drei Monate und
78,8 v. H. innerhalb der ersten sechs Monate be-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine letzte
Zusatzfrage.
schieden werden, soweit nicht ein Vorschuß ge-
zahlt wird. Es besteht guter Grund, zu erwarten,
daß sich die durchschnittliche Dauer der Bearbei- Dr. Schäfer (SPD) : Herr Staatssekretär, welche
tung der Hinterbliebenenrentenanträge erheblich Vorschläge wird die Bundesregierung machen, da-
vermindern wird. Die verhältnismäßig zeitrauben- mit das Ziel erreicht wird, daß die Rente innerhalb
den Fälle, in denen die Rente des Versicherten nach der drei Monate errechnet werden kann?
den Vorschriften des alten Rechts berechnet wor-
den war — hier ist insbesondere an die Umstel- Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-
lungsrenten und an die sogenannten Vergleichs- rium für Arbeit und Sozialordnung: Das kann ich im
renten zu denken — laufen aus. Soweit der Ver- Augenblick nicht sagen, Herr Abgeordneter, weil
sicherte bereits eine Rente neuen Rechts bezogen das 'davon abhängt, welche Unterlagen jeweils bei
hat, sind vor Feststellung der Hinterbliebenenrente den Rentenversicherungsträgern vorliegen. Wir stel-
weitere Ermittlungen meistens nicht erforderlich. len im Augenblick darüber keine Überlegungen an,
Hier konnte die Hinterbliebenenrente bereits wäh- wie kurzfristig der jetzige Zustand geändert wer-
rend des sogenannten Gnadenvierteljahres berech- den könnte. Wir müssen, damit rechnen, daß 'der
net und ausgezahlt werden. von mir angegebene Prozentsatz bei der jetzigen
Lage nur langsam steigen wird.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage?
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Damen-
Cramer (SPD) : Herr Staatssekretär, halten Sie es und Herren, Schluß der Fragestunde. Wir haben
für vertretbar, daß erst zwei oder drei Monate noch so viele Fragen, daß ich leider für morgen
nach Eingang des Rentenantrags weitere Unter- eine Fragestunde ansetzen muß. Nächste Frage-
lagen bei der Witwe angefordert werden, etwa stunde also 'Donnerstag, den 10. Oktober, 14 Uhr.
fehlende Heiratsurkunden oder Todeserklärungen?
(Abg. Dr. Schäfer: Herr Präsident, läßt sich
Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe- die Reihenfolge vorhersagen?)
rium für Arbeit und Sozialordnung: Herr Abgeord- — Wir sind beim Geschäftsbereich des Bundesmini-
neter, es ist selbstverständlich, daß die Rentenbe- sters für Arbeit und Sozialordnung. Wir beginnen
rechnungsstellen sämtliche Unterlagen haben müs- morgen mit der Frage XI/4, und dann geht es ein-
sen, wenn sie die Rente festsetzen wollen. Ob sie fach der Reihenfolge nach; ich habe hier keinen
in dem einen oder anderen Falle schneller hätten Vermerk, daß etwas anderes vereinbart ist. Die Po-
handeln können, läßt sich natürlich nur im Einzel- sition XV — Geschäftsbereich des Bundesministers
fall entscheiden. für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung
— soll erst am Freitag aufgerufen werden.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine zweite
(Abg. Dr. Schäfer: Die Nummer III auch,
Zusatzfrage.
wurde gesagt!)
Cramer (SPD) : Herr Staatssekretär, halten Sie es — Ja. Es werden zwar eine ganze Reihe Fragen,
für vertretbar, daß Witwen wegen der Verzögerung z. B. aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers
durch die Versicherungsanstalten gezwungen sind, für Verkehr, schriftlich beantwortet. Aber, meine
für die Übergangszeit Sozialfürsorge in Anspruch Damen und Herren, es tut mir leid: morgen um
zu nehmen? 14 Uhr Fragestunde.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4107
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Punkt 2 a) und b) der Tagesordnung: sichtsbehörden aller Bundesländer angewiesen, die
a) Sammelübersicht 19 des Ausschusses für Pe- strikte Anwendung dieser Bestimmung zu überprü-
titionen (2. Ausschuß) über Anträge von Aus- fen, so daß der arbeitsfreie Samstag für Jugendliche
schüssen des Deutschen Bundestages zu Pe- auch in vielen Kleinbetrieben eingeführt wurde.
titionen (Drucksache IV/1467), Ich will nur auf einige Schwerpunkte des Urteils
b) Sammelübersicht 20 des Ausschusses für Pe- des Bundesarbeitsgerichts eingehen, zumal ein her-
titionen (2. Ausschuß) über Anträge von Aus- vorragender Sachkenner der Materie, und zwar der
schüssen des Deutschen Bundestages zu Peti- den meisten Damen und Herren dieses Hauses be-
tionen (Drucksache IV/1478). kannte Professor Dr. Wilhelm Herschel, eine um-
fassende, aber vernichtende Kritik dieses Urteils
Ich frage, ob ein Vertreter des Ausschusses das verfaßt hat. In dem Bundesarbeitsgerichtsurteil
Wort wünscht. — Wird sonst das Wort zu diesen werden Mitglieder dieses Hohen Hauses nament-
Sammelübersichten gewünscht? — Das ist nicht der lich benannt und ihnen Auslegungen zugeschrieben,
Fall. Wer den Anträgen des Ausschusses auf Druck- die einer genauen Überprüfung der Sachlage nicht
sache IV/1467 und Drucksache IV/1478 zustimmen standhalten. Das ist ein besonders eklatanter Tat-
will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen-
bestand, zumal aus dieser Auslegung falsche Konse-
probe! — Enthaltungen? — Das ist angenommen.
quenzen gezogen worden sind.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf: Zunächst wird auf Seite 10 der schriftlichen Be-
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD gründung des Urteils festgelegt, daß „gegenteilige
eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Geset- Erklärungen der Abgeordneten Behrendt und Schepp-
zes zur Änderung des Jugendarbeitsschutz- mann aus neuer Zeit lange Zeit nach Inkrafttreten
gesetzes (Drucksache IV/1346). des Gesetzes ... nicht damit in Einklang zu bringen
sind." Das Bundesarbeitsgericht meint hier den er-
Ich frage, ob zur Einbringung dieses Antrages das wähnten § 10 Abs. 4 des Jugendarbeitsschutzgeset-
Wort gewünscht wird. — Bitte sehr, Herr Abgeord- zes. Ich erkläre für meine Person — und ich bin der
neter Behrendt. Überzeugung, daß der Kollege Scheppmann die glei-
che Meinung vertritt —, daß es sich nicht um eine
Behrendt (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen gegenteilige Erklärung gegenüber einer anderen An-
und Herren! Ein ungewöhnlicher Umstand gibt der sicht handelt, sondern um die Wiederholung des
sozialdemokratischen Fraktion Veranlassung, auf Standpunktes des Ausschusses für Arbeit und vor
Grund des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom allen Dingen auch des Beschlusses dieses Hohen
12. Oktober 1962 zu § 10 Abs. 4 des Jugendarbeits- Hauses, das diesen Abs. 4 des § 10 auf Grund gleich
schutzgesetzes den hier auf der Tagesordnung lautender Anträge der SPD- und der CDU/CSU-
stehenden Antrag Drucksache IV/1346 zum vorge- Fraktion anläßlich der zweiten Beratung beschlossen
nannten Paragraphen und Absatz einzureichen. Das hat. Es fand also keine nachträgliche Auslegung lange
Bundesarbeitsgericht hat zu § 10 Abs. 4 des Jugend- nach Inkrafttreten des Gesetzes statt, sondern wie ich
arbeitsschutzgesetzes entschieden, daß an Samstagen sagte, war es eine nochmalige Klarstellung des Wil-
Jugendliche beschäftigt werden dürfen, selbst wenn lens des Gesetzgebers.
die erwachsenen Arbeitnehmer an diesem Tage In dem Bundesarbeitsgerichtsurteil wird auf Seite
üblicherweise nicht arbeiten. 10 weiter davon gesprochen, daß der federführende
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat in allen Ausschuß für Arbeit einen Vorschlag des Familien- -
Fachkreisen großes Befremden ausgelöst, vor allem und Jugendausschusses nicht übernommen habe. Das
weil die Betriebe sich bereits darauf eingestellt stimmt zwar. Doch um in jedem Falle für die Jugend-
haben und wie der Gesetzgeber der Meinung waren, lichen am Samstag keine Beschäftigung zuzulassen,
daß an Samstagen, an denen Erwachsene nicht mehr wenn die Erwachsenen am Samstag üblicherweise
arbeiten, auch Jugendliche nicht beschäftigt werden nicht arbeiten, ist in der zweiten Lesung in diesem
dürfen. Der jetzige Abs. 4 des § 10 des Jugend- Hause von den beiden großen Fraktionen der vorhin
arbeitsschutzgesetzes lautet nämlich — ich darf ihn von mir bereits erwähnte Bleichlautende Abs. 4 be-
verlesen —: antragt und vom Hause einstimmig beschlossen wor-
den. Dieser Tatbestand wird vollkommen ignoriert.
Die Arbeitszeit der Jugendlichen darf täglich
und wöchentlich die übliche Arbeitszeit der er- Schwere Bedenken erheben wir gegen die Aus-
wachsenen Arbeitsnehmer des Betriebes oder legung der Äußerungen des Kollegen Wischnewski,
der Betriebsabteilung, in der der Jugendliche die im Urteil niederlegt sind. Das Urteil spricht da-
beschäftigt wird, nicht überschreiten. Das gilt von, daß der Abgeordnete Wischnewski „vielmehr
nicht, wenn die übliche Wochenarbeitszeit der im Gegenteil ausdrücklich darauf hingewiesen hat,
erwachsenen Arbeitnehmer weniger als 40 Stun- daß jenes Ziel mit der zum Gesetz gewordenen Fas-
den beträgt. sung des Abs. 4 nicht erreicht werde". — Das ist
sachlich unrichtig, und es ist unerklärlich, wie das
Nach der Verabschiedung des Jugendarbeits- Bundesarbeitsgerichtsurteil eine solche Darstellung
schutzgesetzes wurden auf Grund des einmütigen enthalten kann. Bei genauer Prüfung des vorliegen-
Beschlusses der Konferenz .der Minister und Sena- den Bundestagsprotokolls kann jeder feststellen,
toren für Arbeit der Länder, bei denen selbstver- daß sich die Äußerungen des Abgeordneten Wisch-
ständlich die Vertreter des Bundesministers für newski ausschließlich auf den Abs. 1 des Ausschuß-
Arbeit und Sozialordnung zugegen waren, die Auf beschlusses, aber nicht auf den Abs. 4 des jetzt be-
4108 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963
Behrendt
stehenden Gesetzes bezogen haben. Der jetzige noch zur Abstimmung stehenden neuen Abs. 4 hin
Abs. 4 bestand zum Zeitpunkt der Ausführungen des wies und dazu ausführte:
Kollegen Wischnewski noch gar nicht. Er war auch Dabei ist vorgesehen, wie aus unserem Antrag
nicht Gegenstand seiner Darlegungen. Das beweisen
zu entnehmen ist, daß die Jugendlichen nicht
eindeutig die Ausführungen des Kollegen Dürr von länger arbeiten dürfen als Erwachsene. Ich
der FDP-Fraktion, der wörtlich gesagt hat — ich glaube, daß diese Regelung tragbar ist.
darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten ver-
lesen —: Damit haben sich die Vertreter der CDU/CSU und
der vorhin zitierten FDP in gleicher Form wie wir
Herr Kollege Wischnewski, heute haben Sie zu dieser Auffassung geäußert.
etwas gefährlich gelebt, indem Sie § 8 Abs. 1
Noch unmißverständlicher und eindeutiger nahm
isoliert betrachtet haben. Wir müssen § 8 Abs. 1
jedoch der Abgeordnete Arndgen in der 221. Sitzung
zusammen mit § 8 Abs. 3 a betrachten. § 8
des Bundesrats am 1. Juli 1960 zu diesem Fragen-
Abs. 3 a wird sicherlich eingefügt, weil die CDU
komplex Stellung. Bekanntlich hat der Bundesrat,
und die SPD die gleiche Fassung beantragt ha-
nachdem der Bundestag das Jugendarbeitsschutzge-
ben und weil die FDP diesen Anträgen zustimmt.
setz verabschiedet hatte, den Vermittlungsausschuß
Wenn das der Fall ist, haben wir eine Arbeits-
angerufen und in 19 Fällen ein Vermittlungsbegeh-
zeit für Jugendliche, die niemals die Regel-
ren ausgesprochen. Der Vermittlungsausschuß hat
arbeitszeit der Erwachsenen übersteigt. Diese nach eingehenden Beratungen zu der Arbeitszeit für
Gleitklausel muß doch den Vorstellungen der Jugendliche beschlossen — entgegen den Anträgen
SPD so entgegenkommen, daß Sie, meine Da- auf eine einheitliche Arbeitszeit von wöchentlich
men und Herren, aus dem § 8 Abs. 1 keinen gar 40 Stunden für alle Jugendlichen —, es bei der ge-
zu großen Streitpunkt zu machen brauchen. spaltenen Arbeitszeit zu belassen. Dazu führte der
In den Ausführungen zitiert daher der Kollege Kollege Arndgen vor dem Bundesrat bei den ent-
Wischnewski auch wörtlich den Ausschußbeschluß sprechenden Paragraphen aus:
zu Abs. 1 mit den Worten, so wie es jetzt auch im Nach der Meinung 'des Vermittlungsausschusses
Gesetz steht, nämlich: „Die tägliche Arbeitszeit der ist für diejenigen jungen Menschen,
Jugendlichen darf acht Stunden ... nicht überschrei-
ten." Und er knüpft zum Schluß daran die Sätze: — damit meint er die 16- bis 18-jährigen —
Für Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren die schon einige Jahre im Arbeitsleben stehen,
sieht die Regelung aber 44 Stunden vor. Das diese Schutzbedürftigkeit nicht mehr gegeben,
bedeutet, daß insbesondere in den Betrieben zumal da auch für den größten Teil der Jugend
ohne Betriebsrat, also den kleineren Betrieben, ichen von 16 bis 18 Jahren die 40-Stunden-
gesagt werden wird: Kommt auch am Samstag Woche nach den Bestimmungen des Gesetzes
und arbeitet auch noch am Samstag vier Stun- gewährleistet ist. Wir haben im Bundesgebiet
den. Eine derartige gesetzliche Möglichkeit ist die 5-Tage-Woche schon sehr weitgehend durch-
gegeben. geführt, und zwar auch im Handwerk. Da an an-
derer Stelle des Gesetzes bestimmt ist, daß die
Der Kollege Wischnewski begründete mit diesen tägliche Arbeitszeit 8 Stunden nicht übersteigen
Ausführungen u. a. einen Antrag meiner Fraktion darf, ist damit gewährleistet, daß der größte
auf dem seinerzeitigen Umdruck 631 zu § 8, dem Teil dieser Jugendlichen die wöchentliche Ar-
jetzigen § 10 des Jugendarbeitsschutzgesetzes, und beitszeit von 40 Stunden nicht überschreitet. -l-
zwar unter Ziffer 3 a. Mit diesem Antrag sollte für
Jugendliche von 14 bis 18 Jahren erreicht werden, Ich will hier nicht zu der im Urteil aufgeworfenen
die wöchentliche Arbeitszeit generell auf 40 Stunden Frage über die Dauer und Lage der Arbeitszeit
festzusetzen. Aus dem Protokoll ist ersichtlich, daß Stellung nehmen. Wenn aber die Ausführungen des
erst nach der namentlichen Abstimmung über diesen Abgeordneten Arndgen in dieser Sache, als er davon
SPD-Antrag der Präsident über die gleichlautenden sprach, daß gewährleistet sei, daß der größte Teil
Anträge der SPD- und der CDU/CSU-Fraktion auf der Jugendlichen von 16 bis 18 Jahren eine wöchent-
Umdruck 631 Ziffer 3b und Umdruck 629 Ziffer 3 ab- liche Arbeitszeit von 40 Stunden habe, im Zusam-
stimmen ließ — ich verweise auf das Protokoll der menhang mit Absatz 4 überhaupt einen Sinn haben
115. Sitzung des Bundestages vom 19. Mai 1960, sollen, dann doch nur den, daß, wenn erwachsene
Seite 6592 —, der dann einstimmig angenommen Arbeitnehmer an diesem Tage nicht arbeiten, Ju-
wurde. Ich sage das 'deshalb, damit das bei künfti- gendliche ebenfalls nicht arbeiten dürfen; sonst hät-
gen Entscheidungen nicht mehr unter den Tisch fal- ten wir auf die Einfügung dieses Absatzes verzichten
len kann. und es bei den übrigen Absätzen des § 10 belassen
können.
Daß die von diesen beiden Fraktionen gleichlau-
tend beantragte Bestimmung nur die Bedeutung ha- Obwohl in der schriftlichen Begründung des Ur-
ben kann, daß die Jugendlichen über 16 Jahren an teils des Bundesarbeitsgerichts weiter zu lesen ist,
arbeitsfreien Samstagen der Erwachsenen nicht ar- daß bei § 10 Abs. 4 des Jugendarbeitsschutzgesetzes
beiten dürfen, beweisen auch eindeutig die Ausfüh- nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sei,
rungen des Abgeordneten Scheppmann in derselben daß mehrere Auslegungen möglich sind, ist erstens
Debatte, der sich zwar einerseits im Namen seiner unverständlich, warum dann weiter argumentiert
Fraktion für die geteilte Arbeitszeit der Jugend- wird, daß bei Zweifeln in der Auslegung eines
lichen aussprach, andererseits aber dabei auf den arbeitsrechtlichen Gesetzes nicht stets zugunsten des
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4109
Behrendt
Arbeitnehmers zu entscheiden wäre — wir wissen änderung Jugendliche über 16 Jahre in der Woche
nicht, wer diese These vertritt, wir jedenfalls nicht, z. B. nur 37 Stunden beschäftigt werden dürfen. Un-
und wir wissen nicht, gegen wen sie sich richten begreiflicherweise ist in einem Artikel zu unserem
soll —, und ist zweitens unverständlich, warum heutigen Antrag u. a. auf diese Frage auch in der
der von mir hier jetzt teilweise aufgeführte Werde- Zeitschrift „Der Arbeitgeber" Nummer 13/1963 hin-
gang des Gesetzes in der hier zu behandelnden gewiesen worden. Ich lese diese Zeitschrift sehr ge-
Frage vom Bundesarbeitsgericht nicht genügend be- nau. Wenn ich auch in vielen Fällen mit der Ten-
rücksichtigt und der Wille des Gesetzgebers ver- denz dieser Zeitschrift nicht übereinstimme, so will
kannt wurde. ich doch zugestehen, daß Artikel arbeitsrechtlicher
Prof. Herschel schreibt hierzu — ich darf mit Ge- Natur zumeist von einer entsprechenden Sachkunde
nehmigung des Herrn Präsidenten verlesen —: zeugen. Der Verfasser dieses Artikels scheint aber
sowohl den jetzigen Abs. 4 als auch den Absatz,
Hier wird der einschlägige gesetzgeberische Be- wie wir ihn nach unserem Antrag geändert sehen
fehl überhaupt nicht zur Kenntnis genommen; möchten, nicht vollständig gelesen zu haben. Denn
das Gesetz wird praktisch insoweit gestrichen in beiden Fällen heißt es gleichlautend:
und damit abgeändert. Dort kann man schlimm-
stenfalls sagen, der Richter habe durch eine zu das gilt nicht bzw. die Sätze 1 und 2 gelten
freie Deutung des Gesetzes gefehlt, hier muß nicht, wenn die übliche Wochenarbeitszeit der
man den Vorwurf der Gesetzesignorierung er- erwachsenen Arbeitnehmer weniger als
heben. 40 Stunden beträgt.
Abschließend kommt er zu der Feststellung: Damit ist in der bestehenden Fassung und auch in
der beabsichtigten Neufassung eindeutig gesetzlich
So ist das Urteil sowohl wegen seiner Miß- festgelegt, daß bei einer geringeren Arbeitszeit als
deutung der konstitutionellen Wertordnung wie 40 Stunden wöchentlich die tägliche Arbeitszeit der
wegen der Überschreitung der Richtermacht und Erwachsenen nicht maßgebend für die Jugendlichen
seines Eingriffes in die Aufgabe des Gesetz- ist.
gebers mit dem Grundgesetz unvereinbar.
Ich beantrage im Namen meiner Fraktion, den
Ich weiß nicht, ob eine solch harte Kritik an vorliegenden Gesetzentwurf an den Ausschuß für
irgendeinem Urteil eines unserer oberen Bundes- Arbeit — federführend —, an den Rechtsausschuß
gerichte seit Bestehen der Bundesrepublik ausge- sowie an den Ausschuß für Familien- und Jugend-
sprochen worden ist. Ich erkläre für meine Fraktion, fragen — mitberatend — zu überweisen.
daß wir diesen Ausführungen nichts hinzuzufügen
haben, daß wir mit ihnen übereinstimmen. (Beifall bei der SPD.)
Auch die Konferenz der Arbeitsminister und Se-
natoren für Arbeit der Länder am 21. Februar und Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Sie haben die
am 22. Februar dieses Jahres muß zu der Auffassung Begründung des Initiativgesetzentwurfs gehört. Ich
gelangt sein, das Bundesarbeitsgericht habe den eröffne die Aussprache. — Herr Abgeordneter
Willen des Gesetzgebers zumindest verkannt. Sie Scheppmann !
erwartete einmütig vom Bundesarbeitsminister die
Initiative zu gesetzgeberischen Maßnahmen, daß der Scheppmann (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
ursprüngliche Wille des Gesetzgebers wiederherge- Damen und Herren! Der Initiativantrag der Frak-
stellt werde. tion der SPD — Drucksache IV/1346 — verfolgt das-
Ziel, durch eine Änderung des § 10 Abs. 4 des Ju-
Herr Präsident, meine Damen und Herren, der
gendarbeitsschutzgesetzes sicherzustellen, daß die
eine oder andere von Ihnen mag die Entscheidung
Jugendlichen eines Betriebes unter keinen Umstän-
des Bundesarbeitsgerichts, Jugendliche über 16 Jahre
den an einem Tage, insbesondere am Samstag, be-
an arbeitsfreien Samstagen der Erwachsenen zu be-
schäftigt werden dürfen, wenn die erwachsenen Ar-
schäftigen, für gut halten; das hat aber nichts mit
beitnehmer dieses Betriebes an diesem Tage nicht
der vor uns liegenden Frage zu tun, daß der Bundes- arbeiten.
tag einmütig einen anderen Willen zum Ausdruck
brachte, der durch das Bundesarbeitsgerichtsurteil Die vorgeschlagene Gesetzesänderung will also
aufgehoben wurde. Das ist mit unserer Verfassung den Zustand wiederherstellen, der vor der Ent-
nicht vereinbar. scheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 12. Ok-
tober 1962 auf der Grundlage der bisherigen Hand-
Aus diesem Grunde legt die sozialdemokratische
habung des § 10 Abs. 4 des Jugendarbeitsschutz-
Bundestagsfraktion den Entwurf eines Zweiten Ge-
gesetzes praktisch bestanden hat. In § 10 Abs. 4 des
setzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgeset-
Jugendarbeitsschutzgesetzes ist festgelegt:
zes auf Drucksache IV/1346 vor, der eine Neufassung
des Abs. 4 enthält, die keine andere Auslegung Die Arbeitszeit der Jugendlichen darf täglich
mehr möglich macht als die, die der seinerzeitige und wöchentlich die übliche Arbeitszeit der
einstimmige Beschluß dieses Hohen Hauses vorsah. erwachsenen Arbeitnehmer des Betriebs oder
der Betriebsabteilung, in der der Jugendliche
Ich möchte abschließend nur noch auf ein in die-
beschäftigt wird, nicht überschreiten.
sem Zusammenhang aufgetretenes Problem hin-
weisen. Es ist die Frage gestellt worden, ob bei Das Bundesarbeitsgericht bringt in seiner Urteils-
fortschreitender Arbeitszeitverkürzung und nach begründung zum Ausdruck, daß § 10 Abs. 4 des Ju-
der jetzt hier zur Beratung anstehenden Gesetzes gendarbeitsschutzgesetzes nicht eindeutig, sondern
4110 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Scheppmann
unbestimmt, unklar und mißverständlich sei. Wenn Fälle eintreten können, in denen eine bisher ver
der Gesetzgeber die Absicht verfolge, den Jugend- tretene Rechtsauffassung überprüft werden muß.
lichen auch die Fünf-Tage-Woche der Erwachsenen Das ist schon einmal geschehen. Auf der Grundlage
zu sichern, müsse das klar zum Ausdruck gebracht des § 45 des Arbeitsgerichtsgesetzes hat z. B. der
werden. So habe ich es aus der Begründung ent- Erste Senat, der durch Jahre hindurch in ständiger
nommen. Rechtsprechung zum Hausarbeitstagsgesetz Nord-
rhein-Westfalens die Auffassung vertreten hat, Vor-
In den weitaus meisten Kommentaren und in den aussetzung des Anspruchs auf einen Hausarbeitstag
amtlichen Verlautbarungen aus Bund und Ländern sei nur die Beschäftigung von mindestens 40 Stun-
— so im Bulletin der Bundesregierung Nr. 184 vom den in der Woche, es sei dagegen gleichgültig, ob
30. September 1960, in dem Erlaß des nordrhein- an allen sechs Tagen in der Woche gearbeitet
westfälischen Arbeits- und Sozialministers vom werde, selbst den Großen Senat angerufen.
10. Oktober 1960, in dem Erlaß des hessischen Mini-
sters für Arbeit, Wohlfahrt und Gesundheitswesen Auf Grund des von dem Großen Senat gefaßten
vom 3. Februar 1961 sowie in der Verlautbarung Beschlusses vertritt nunmehr der Erste Senat eine
der Konferenz der Länderarbeitsminister vom von seiner früheren, ständig vertretenen Rechtsauf-
20. September 1960 — wird diese gesetzliche Be- fassung abweichende Meinung. Es soll damit aufge-
stimmung dahin gehend ausgelegt, daß eine Be- zeigt sein, daß es durchaus möglich ist, daß das
schäftigung Jugendlicher an Samstagen, an denen Bundesarbeitsgericht auf dem Wege über eine An-
die erwachsenen Arbeitnehmer im Betrieb nicht rufung des Großen Senats einmal zu einer anderen
arbeiten, unzulässig ist. Das Urteil des Bundes- Rechtsauffassung kommt, als sie das Bundesarbeits-
arbeitsgerichts ist in der umfangreichen Literatur, gericht in dem Urteil vom 12. Oktober 1962 ver-
die sich mit dieser Entscheidung beschäftigt, über- treten hat und zur Zeit vertritt.
wiegend auf starke Bedenken gestoßen. Dabei wird
insbesondere darauf hingewiesen, daß die Entschei- Natürlich muß ein neuer Fall bei dem Arbeitsge-
dung des Bundesarbeitsgerichts im praktischen Er- richt eingebracht werden, um das etwa über die
gebnis dem Willen des Gesetzgebers nicht ent- Sprungrevision zu beschleunigen. Wir halten diesen
spreche. Weg für richtig, sind aber auch der Meinung, daß
man diesen eingebrachten Antrag, wie beantragt,
Wenn man diese Auffassung teilt, erhebt sich die
den zuständigen Ausschüssen überweisen sollte.
Frage, ob die Entscheidung des Bundesarbeits-
gerichts eine Gesetzesänderung, wie sie in dem Wir werden der Überweisung zustimmen.
Initiativantrag vorgesehen ist, rechtfertigt oder
zwingend fordert. Wir haben uns selbstverständ-
lich auch Gedanken darüber gemacht, was in die- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite
ser Frage zu tun sei. Ich darf hier für die Fraktion ren Wortmeldungen.
der CDU/CSU und gleichzeitig für die FDP-Frak- Wenn ich die beiden Herren recht verstanden
tion, also für die Koalitionsparteien, eine Erklä- habe, ist Überweisung an den Ausschuß für Arbeit
rung zu dieser Frage abgeben, die wie folgt lautet: — federführend — und an den Rechtsausschuß so-
Es kann offensichtlich nicht Aufgabe des Gesetz- wie den Ausschuß für Familien- und Jugendfragen
gebers sein, in jedem Falle, in dem ein Urteil eines — mitberatend — beantragt. Das Haus ist mit die-
oberen Bundesgerichtes, gleichviel aus welchen ser Überweisung einverstanden? — Kein Wider-
Gründen, nicht die Zustimmung derer, die von ihm spruch; es ist so beschlossen. -
betroffen werden, oder auch sogar des Gesetz-
gebers oder der zuständigen Verwaltungsbehörde Punkt 4 der Tagesordnung:
findet, die Rechtsfolgen, die aus dem Urteil ge- Erste Beratung des von der Bundesregierung
zogen werden müssen, mit einer Gesetzesänderung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
zu beantworten. Eine solche Praxis würde mit Not- ÄnderugsBwahletz
(Druck-
wendigkeit zu einer starken Belastung der gesetz- sache IV/1376).
gebenden Körperschaften führen. Sie würde auch —
zum Prinzip erhoben — dem Ansehen der oberen Ich frage, ob das Wort zur Einbringung gewünscht
Bundesgerichte und auch der Rechtssicherheit wenig wird. — Die Regierung verzichtet.
förderlich sein. Wir kommen zur allgemeinen Aussprache. Keine
In diesem Zusammenhang ist auch auf den § 45 Wortmeldungen.
des Arbeitsgerichtsgesetzes hinzuweisen. Nach die- Vorgeschlagen wird, die Vorlage dem Ausschuß
ser Vorschrift besteht bei dem Bundesarbeitsgericht für Inneres zu überweisen. Das Haus ist damit ein-
ein Großer Senat. Eine Entscheidung des Großen verstanden? — Kein Widerspruch, es ist so be
Senats ist herbeizuführen, wenn in einer Rechts-
schlossen.
frage ein Senat von der Entscheidung eines anderen
Senats oder des Großen Senats abweichen will. Der Punkt 5 der Tagesordnung:
erkennende Senat kann auch in einer Frage von
grundsätzlicher Bedeutung die Entscheidung des Erste Beratung des von der Bundesregierung
Großen Senats herbeiführen, wenn nach seiner Auf- eingebrachten Entwurfs eines Siebzehnten
fassung die Fortbildung des Rechts oder die Siche- nderung des Lastenausgleichs- GestzurÄ
rung einer einheitlichen Rechtsprechung es erfor- gesetzes (17. ÄndG LAG) (Drucksache
dert. Das Gesetz geht also selbst davon aus, daß IV/1383).
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4111
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ich frage, ob das Wort zur Einbringung gewünscht es Verbesserungen über den Regierungsvorschlag
wird. — hinaus ins Auge fassen sollte, ganz besonders prüfen
müssen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ver-
triebene. Die sonstigen Änderungen, die in dem Gesetzent-
wurf vorgeschlagen werden, sind von geringerem
Gewicht. Sie dienen der Klarstellung von Einzel-
Mischnick, Bundesminister für Vertriebene, fragen und der Vermeidung von Ergebnissen, die
Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte: Herr Präsident! ungerechtfertigt sind und nicht beabsichtigt waren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die. Bun-
desregierung hat mit der Drucksache IV/1383 den Die Bundesregierung wäre dankbar, wenn das
Entwurf einer 17. Novelle zum Lastenausgleichs- Hohe Haus das Gesetz baldigst verabschieden
gesetz vorgelegt. Anlaß zu dieser Novellierung des könnte.
Lastenausgleichs waren sowohl das Fünfte Renten-
anpassungsgesetz als auch die Entwicklung im ge- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Sie haben die
samten Sozialbereich, das Bundessozialhilfegesetz Ausführungen zur Einbringung dieser Vorlage ge-
sowie die Novellierung des Gesetzes über die Alters- hört. — Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort
hilfe der Landwirte und das Zweite Neuordnungs- hat der Herr Abgeordnete Zühlke.
gesetz zum Bundesversorgungsgesetz.
Das Fünfte Rentenanpassungsgesetz hatte wie Zühlke (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen!
auch die entsprechenden Gesetze der früheren Jahre Meine Herren! Es ist vielleicht gut, daß ich jetzt
zur Folge, daß die Rentenerhöhung bei Rentnern in spreche und daß der Vertreter der Regierungspartei
der Sozialversicherung, die gleichzeitig Unterhalts- nach mir spricht, weil dieser dann auch meine Aus-
hilfe aus dem Lastenausgleich beziehen, vom 1. Juni führungen — meinetwegen — noch kritisch unter
1963 ab auf die Unterhaltshilfe anzurechnen ist. Die- die Lupe nehmen kann. Wir haben eine Gesetzes-
jenigen Geschädigten, die die Unterhaltshilfe neben vorlage vor uns, die an Dürftigkeit kaum mehr
einer Rente beziehen, sind also vom 1. Juni an wie- überboten werden kann. Wann und wie eine Ver-
der auf die gleichen Beträge angewiesen, die sie bis änderung des Lastenausgleichsgesetzes erfolgt, ist
zum 31. Dezember 1962, also vor der Rentenerhö- nicht nur Aufgabe des Bundestages, sondern auch
hung, hatten. der Regierung. Wir Sozialdemokraten werden immer
Dieses Ergebnis muß vermieden werden. Die Ent- zu jeder Verbesserung ja sagen. Wir hoffen aber,
wicklung im gesamten Sozialbereich ließ es der daß diese Vorlage nicht der Weisheit letzter Schluß
Bundesregierung jedoch angezeigt erscheinen, nicht ist.
nur diejenigen Bezieher von Unterhaltshilfe, die (Sehr gut! bei der SPD.)
gleichzeitig eine Rente aus der Sozialversicherung In der Vorlage ist im Grunde nur von der Anhe-
und Unterhaltshilfe beziehen, an den Verbesserun- bung 'der Unterhaltshilfe die Rede. Die letzte Anhe-
gen teilnehmen zu lassen, sondern alle Unterhalts- bung erfolgte im Jahre 1961. Jetzt soll um zirka
hilfeempfänger in den Genuß der Verbesserungen zu 10 % angehoben werden. Für uns Sozialdemokraten
bringen. Deshalb hat die Bundesregierung an Stelle gilt schon seit dem Soforthilfegesetz der Grund-
der in der 16. Novelle vorgenommenen Erhöhung der satz, daß die Unterhaltshilfe des Lastenausgleichs-
Freibeträge eine allgemeine Erhöhung der Unter- gesetzes bei ungefähr 120 % der Fürsorgerichtsätze
haltshilfesätze vorgeschlagen. Die Bundesregierung liegen muß. Bei der Einführung des Bundessozial-
mußte bei ihrem Vorschlag den Umstand berücksich- hilfegesetzes ist der Zustand eingetreten, daß die
tigen, daß jede Erhöhung der Unterhaltshilfesätze Unterhaltshilfe im Schnitt nur noch die Höhe hat,
den Ausgleichsfonds sowohl bilanzmäßig als auch in die nach den Richtlinien des Sozialhilfegesetzes
der Liquidität zusätzlich belastet und damit für die maßgebend ist; in einzelnen Gegenden unterschrei-
nächsten Jahre dem Bestreben, die Hauptentschädi- tet heute die Unterhaltshilfe schon die Richtlinien
gung zügiger abzuwickeln, entgegenwirkt. des Sozialhilfegesetzes.

Die Höchstgrenze der Zuschüsse, die Bund und Wir haben also zu prüfen, um wieviel angehoben
Länder nach § 6 Abs. 4 des Lastenausgleichsgesetzes werden müßte. Nach Meinung meiner Fraktion
leisten, ist bereits erheblich überschritten. Jede wäre eine Unterhaltshilfeerhöhung um 29 DM —
Mark, die in den nächsten Jahren zusätzlich für die zirka 20% — das Mindeste, was man für erforder-
Unterhaltshilfe aufgebracht werden muß, fehlt bei lich halten müßte. Da wir im Ausschuß für den
der Erfüllung der Hauptentschädigung. Die Bundes- Lastenausgleich immer versucht haben, dem Ehegat-
regierung hat deshalb eine weitere Aufstockung der ten den gleichen Erhöhungsbetrag zuzusprechen,
Unterhaltshilfesätze nicht für möglich gehalten. Das müßte die Aufstockung des Grundbetrages und des
gleiche gilt für eine Verbesserung der Altersversor- Ehegattenzuschlages bei zirka 29 DM liegen. Sonst
gung der ehemals selbständigen Geschädigten, die in verlassen wir unser Prinzip, daß Mann und Frau
Form des Selbständigenzuschlags, zur Unterhaltshilfe bei eingetretener Teuerung auch gleiche zusätzliche
gegeben wird. Diese Maßnahmen hätten nur unter Unterstützung und sogar einen Rechtsanspruch dar-
gleichzeitiger Vorlage eines Deckungsvorschlages in auf bekommen müssen.
den Gesetzentwurf aufgenommen werden können. Für diese Unterhaltshilfeerhöhung spricht auch
Nach der Lage des Fonds und des Haushalts sah die Tatsache — der Herr Minister hat das schon
sich die Bundesregierung jedoch leider hierzu nicht erwähnt —, daß die Sozialversicherungsrenten zwei-
imstande. Diese Frage wird das Hohe Haus, wenn mal erhöht worden sind. Wir stehen in einer Dis-
4112 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Zühlke
kussion um die Anhebung der Sozialversicherungs- Wir sind von der Vorlage — um das einfach zu
renten um nochmals zirka 8 %. Wollen wir das jetzt sagen — enttäuscht. Die Vorlage der Regierung gibt
gleich mitberücksichtigen, oder wollen wir es irgend- uns wohl heute die Möglichkeit, erneut über die
einem Initiativantrag überlassen, nach einem halben Probleme der 13 Millionen Heimatvertriebenen und
Jahr wieder die Unterhaltshilfe zu erhöhen? Flüchtlinge zu sprechen und festzustellen, daß die
Bei dem Personenkreis, der Anspruch auf Unter- hier gemachten Vorschläge völlig unzureichend
haltshilfe hat und unterhalb des Sozialversiche- sind. Immer mehr müssen wir feststellen, daß gute
rungsniveaus liegt, muß außerdem eine andere Be- und schöne Worte und Gedanken meistenteils au-
rechnungsgrundlage gewählt werden. Eine Orien- ßerhalb des Hauses, außerhalb des Bundestages bei
tierung am Ausmaß der Steigerung des Lebenshal- bestimmten Veranstaltungen gesprochen und ent-
tungsindex bei der Unterhaltshilfeaufstockung hieße wickelt werden. Es fehlt der Wille und die Energie,
die Unterhaltshilfeempfänger von der allgemeinen sie auch durchzusetzen. Von diesem Vorwurf kann
Erhöhung des sozialen Niveaus der Bundesdeutschen ich die Regierungsparteien nicht freisprechen. Denn
ausschließen. Härte und Standfestigkeit sind auch hier am Platze,
um die draußen gesprochenen Worte in die Tat um-
(Sehr richtig! bei der SPD.)
zusetzen.
Die seit dem Juni 1961 eingetretene Erhöhung des (Zustimmung bei der SPD.)
Lebenshaltungsindex muß daher als Gradmesser
Wieder wird in der Begründung angesprochen,
für die Unterhaltshilfeerhöhung ausscheiden. Wir
wie man alles finanzieren soll. Der § 6 Abs. 4 ist
müssen nach anderen Grundsätzen suchen.
hier angesprochen worden. Warum wird der § 6
Noch etwas, was nicht in der Vorlage steht. Zwi- Abs. 4 nicht einmal durchleuchtet? Welche Möglich-
schen der Unterhaltshilfe und dem Problem der keiten bestehen, den Zuwachs an Steuern, der an
Altersversorgung der ehemals Selbständigen be- Bund und Länder läuft, nun auch gleichzeitig bei
steht ein Zusammenhang. Die Altersversorgung ist dem stabilen Einkommen des Lastenausgleichs, das
erst nach langem Kampf und im Laufe vieler Dis- ja in der Vermögensabgabe auf das Jahr 1948 ab-
kussionen gesetzlich ' verankert worden. Es geht gestellt ist, für uns irgendwie in Anspruch zu neh-
nicht nur um den Kreis, der hier angesprochen wird. men?
Altersversorgung ist heute nicht Schlagwort, son- Nun zu der Methode der Gesetzgebung selber!
dern im Laufe der gesellschaftlichen Wandlung un- Die 17. Novelle ist die 17. Veränderung des Lasten-
seres Lebens zum Zwang geworden. Wir haben die ausgleichsgesetzes. Wieder sind nur notwendige
Altersversorgung der Landwirte — um nur eines Korrekturen vorgenommen worden. Wir müssen
anzusprechen —, und hier geht es um die Alters- diesen Weg leider gehen, weil die CDU, die CSU
versorgung der ehemals Selbständigen. Heute ist und die Regierung sich nicht immer zu wirklich not-
nicht mehr der Zeitpunkt, zu sagen, die früheren wendigen Entscheidungen durchringen und weil sie
Selbständigen hätten sich selbst versichern oder in der Vergangenheit Vorschläge in den Ausschuß-
in einer Rentenversicherung absichern sollen. Der beratungen ablehnten.
Kreis der hier angesprochenen früheren Selbstän-
digen ist der Kreis, der alles verloren hat, der also Ich spreche kein Geheimnis aus, wenn ich sage,
auf Grund seines Alters nicht mehr die Möglichkeit daß bei der Hausratsentschädigung gesagt wurde:
hat, sich angesichts der jetzt roch gegebenen Ver- Das kann ia nicht alles der dritte Bundestag machen;
hältnisse irgendwie wieder selbständig zu machen. der vierte Bundestag will auch noch etwas Arbeit
haben, dann kann man ja darüber sprechen. Es
Unser Ziel wird es sein, für die ehemals Selb- bleibt also nur der Weg, weiter in Raten zu ent-
ständigen eine angemessene Mindestaltersversor- scheiden.
gung zu schaffen. Ich bitte um Entschuldigung, wenn
das Wort stört. Es gibt immer wieder Differenzie- Diese Praxis stellt nicht nur die Verwaltung vor
rungen, die besagen, daß damit der Sozialstaat voll- große Aufgaben, sie führt auch in der Bevölkerung
gemacht wird. Aber eine Mindestaltersversorgung und besonders bei den Betroffenen zu einer Ver-
ist für mich nicht Schlagwort, sondern ist eine Ver- bitterung und Unruhe.
sorgung, die weitgehend eines Fürsorgecharakters (Zustimmung des Abg. Rehs.)
entkleidet und so gestaltet ist, daß der Geschädigte
Wir müssen als Opposition in diesem Hause wieder
daneben über seine Hauptentschädigung verfügen
mit eigenen Vorlagen kommen, und wir hoffen,
kann.
daß wir, wenn unsere eigene Vorlage erscheint
Ein neues, vielleicht schon früher einmal disku- — und sie wird nicht mehr lange auf sich warten
tiertes Problem: die Unterhaltshilfe einschließlich lassen —, bei unseren Kollegen in den Regierungs-
des Selbständigenzuschlages sollte künftig nicht parteien Unterstützung finden für die Grundgedan-
mehr auf die Hauptentschädigung angerechnet wer- ken, die ich heute nur bezüglich der Unterhaltshilfe
den. Wir werden uns darüber in späterer Zeit un- ansprechen konnte.
terhalten müssen.
(Beifall bei der SPD.)
Ohne bei dieser Vorlage jetzt weiter auf das
Problem einzugehen, möchte ich nur sagen: wir So- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
zialdemokraten hatten die Hoffnung, daß die Re- Herr Abgeordneter Kuntscher.
gierung sich hier etwas mehr einfallen lassen
würde. Kuntscher (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
(Abg. Rehs: Sehr gut!) Damen und Herren! Wer die Ausführungen meines
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4113
Kuntscher
sehr verehrten — das möchte ich unterstreichen — Ich glaube, da ist es nicht ganz richtig, wenn hier
Kollegen Zühlke mit angehört hat, wird mit mir der nicht .ganz offen, aber versteckt Kritik geübt wird,
Meinung sein, daß ein ganz leiser Vorwurf nicht daß die Lastenausgleichsgesetzgebung nicht entspre-
nur den Regierungsparteien, sondern ganz beson- chend weiterentwickelt wurde.
ders der CDU/CSU gegolten hat. Ich habe so etwas Eine Zahl möchte ich in diesem Zusammenhang
erwartet und habe mir an den letzten Abenden eine noch nennen. Die Zuschüsse der öffentlichen Hand,
besondere Lektüre zugelegt. Ich habe nämlich die die in den ersten Jahren 250 Millionen DM jährlich
Protokolle dieses Hohen Hauses von der 207. bis betrugen, betragen im Jahre 1963 1279 Millionen
zur 213. Sitzung der ersten Wahlperiode sehr ein- DM, wovon etwa ein schwaches Drittel ,auf den Bun-
gehend noch einmal studiert. Es sind da verschie- deshaushalt entfällt.
dene Namen wieder erschienen, an die wir heute
nicht mehr denken, Kollegen, über die wir damals Nun konkret zur 17. Novelle. Kollege Zühlke ist
recht freudig gestimmt waren und viel lachten. Es der Auffassung, daß das Kernproblem dieser 17. No-
sind aber auch sehr ernste Worte gesprochen wor- velle die Erhöhung der Unterhaltshilfe ist. Diese
den in diesen sieben ganztägigen Sitzungen, in Erhöhung war schon längst fällig. Das unterschreibe
denen die 2. und 3. Lesung des LAG stattfand. Ich ich. Denn seit 1961 haben wir zweimal Rentenerhö-
fand da einige sehr lehrreiche und interessante hungen gehabt, und wir stehen jetzt knapp vor der
Daten. dritten Rentenerhöhung. Wir werden in einer der
nächsten Sitzungen den Vorschlag im Hause haben,
In dem allgemeinen Bericht — es gab insgesamt eine Erhöhung um 8,2 % zu beschließen. Eine ge-
sieben Berichterstatter —, den der verstorbene Kol- rechte Erhöhung auch der Unterhaltshilfe ist gerecht-
lege Kunze gegeben hat, waren die Gesamteinnah- fertigt. Daß die im Regierungsentwurf vorgeschla-
men des Lastenausgleichs für die gesamte Laufzeit, gene Erhöhung den Prozentsätzen der Erhöhung der
also für die Zeit von 1949 — Soforthilfegesetz — allgemeinen Renten nicht enspricht, ist wahr, und
über 1952 — Lastenausgleichsgesetz — bis zum wir müssen im Ausschuß anstreben, hier in etwa das
Jahre 1979, mit 60 Milliarden DM veranschlagt und Verhältnis zu bekommen, das uns immer vorge-
die Ausgaben für die gleiche Laufzeit mit 54 Milliar- schwebt hat, nämlich 1,20 % der Unterstützungssätze
den DM. Herr Kollege Kunze führte damals aus, der Sozialhilfe; früher war es die Fürsorge.
daß in den nächsten Jahren — also beginnend mit Gegenwärtig haben wir 640 000 Unterhaltsempfän-
1952, 1953, 1954 — das Jahresaufkommen für den ger und 120 000, die den Ehegattenzuschlag bezie-
Lastenausgleich 2150 Millionen DM und die Aus- hen. Die Zahl der Kinder nimmt, wie es nicht anders
gaben 1380 Millionen DM betragen würden, und sein kann, von Jahr zu Jahr ab; es handelt sich jetzt
die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben nur noch um 30 000 Kinderzuschläge.
sollten die Beträge sein, die für die Eingliederung
der Heimatvertriebenen Verwendung finden sollten, Die Gesamtbelastung nach dem Regierungsent-
also jährlich etwa 800 Millionen DM. In diesem wurf beträgt etwa 95 Millionen DM. Diese 95 Mil-
Aufkommen in Höhe von 2150 Millionen DM waren lionen DM wären — und das ist das Wesentliche,
250 Millionen DM Zuschüsse der öffentlichen Hand, das heute gesagt werden muß — nach dem heutigen
des Bundes und der Länder, enthalten. Stand der Gesetzgebung allein aus dem Ausgleichs-
fonds zu tragen. § 6 Abs. 4 des Lastenausgleichs-
Wir schreiben heute 1963. Wir haben die erste gesetzes bestimmt, daß bis zu einem Plafond von
Beratung des siebzehnten Änderungsgesetzes zum 1 Milliarde DM Bund und Länder 50 % und der Aus-
Lastenausgleichsgesetz, also die knappe Halbzeit. gleichsfonds die anderen 50 % der Lasten der Unter-
14 Jahre ist das Lastenausgleichsgesetz in Kraft, haltshilfe zu tragen haben. Dieser Plafond ist weit
und was ist daraus geworden? Es ist wichtig, daß überschritten, seit Jahren überschritten. Gegenwär-
das einmal in diesem Hause gesagt wird. Wir haben tig beträgt die Belastung des Ausgleichsfonds mit
16 Novellen verabschiedet, und in jeder dieser No- Unterhaltshilfe-Leistungen 1200 Millionen DM; da-
vellen hatten wir ganz beachtliche Leistungsverbes- von haben nach § 6 Abs. 4 der Bund und die Länder
serungen. Ich nenne hier nur die „nahrhaftesten" 500 Millionen, der Ausgleichsfonds aber 700 Mil-
dieser Novellen: die 5., die 10., die 11. und die 14. lionen DM zu tragen. Das ist eine Ungerechtigkeit;
In diesen vier Novellen haben wir die Gesamtlei- wir werden dieses Abkommen mit den Ländern, das
stungen für die dreißigjährige Laufzeit um 30 Mil- bereits acht Jahre alt ist und unter dem Gesichts-
liarden DM erhöht. Der Personenkreis hat sich aus- punkt des damaligen Standes abgeschlossen und
geweitet. Die Spätaussiedler sind dazugekommen. gesetzlich festgelegt wurde, in den Ausschußbera-
Wir haben gesetzlich die Möglichkeit geschaffen, tungen sehr eingehend prüfen müssen.
neue Personenkreise hineinzunehmen. Der Per- Die nächste Angelegenheit, die bei dem Regie-
sonenkreis nach dem heutigen Stand ist wesentlich rungsentwurf einer 17. Novelle anzusprechen ist, ist
größer als der von 1952. der Zuschlag für die ehemals Selbständigen. In der
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch sagen, vierzehnten Novelle zum LAG, die wir 1961 ver-
daß wir Ende September 1963 den Betrag von abschiedet haben, wurde zum ersten Male für die
50 Milliarden DM an Barauszahlungen im Rahmen ehemals Selbständigen ein Selbständigenzuschlag
des Lastenausgleichsgesetzes überschritten haben. gesetzlich festgelegt, abgestuft in vier Gruppen, von
60 Milliarden DM waren für die ganze Laufzeit prä- 65 DM in der höchsten Gruppe bis zu 30 DM in der
liminiert, und in 14 Jahren haben wir 50 Milliarden niedrigsten Gruppe. Die Gruppeneinteilung erfolgt
DM in bar geleistet. Auf 92 Milliarden wird heute nach dem Verlust des ehemals Selbständigen in den
für die gesamte Laufzeit der Gesamtbedarf ,geschätzt. Vertreibungsgebieten, also nach der Höhe des
4144 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Kuntscher
Grundbetrages für seine Hauptentschädigung. Eine daß wir uns bei den Ausschußberatungen für eine
Aufstockung des Selbständigenzuschlages ist in der über die im Regierungsentwurf vorgesehene Erhö-
Novelle nicht vorgesehen. Das empfinden wir als hung hinausgehende Verbesserung der Unterhalts-
nicht gerecht. Hier muß unbedingt geprüft werden, hilfe einsetzen werden.
ob es nicht ein Akt der Gerechtigkeit ist, daß wir
Die FDP wird außerdem sorgfältig die Möglich-
die ehemals selbständigen Heimatvertriebenen
keiten zur Erhöhung der Selbständigenzuschläge
gleichstellen mit denen, die die Altersversorgung
prüfen. Der Selbständigenzuschlag, der Leistungen
für Landwirte jetzt als Heimatverbliebene beziehen.
für ehemals Selbständige je nach dem Schaden ent-
Derzeit beziehen 165 000 Personen den Selbständi-
genzuschlag zur Unterhaltshilfe. hält, den der einzelne an seinem Vermögen erlitten
hat, sollte nach unserer Meinung aber auch unter
Als letztes möchte ich noch anführen, daß die Ein- dem Gesichtspunkt der Einkommensverluste unter-
kommenshöchstgrenzen mit den Änderungen des sucht werden. Ein solcher Einkommenszuschlag wür-
Gesetzes automatisch überprüft werden müssen, daß de für ehemals Selbständige, insbesondere aus der
die Anrechnung auf die Hauptentschädigung ein Gruppe der freien Berufe, einen, wie uns scheint,
sehr ernstes und wichtiges Problem ist, das aber mit berechtigten Schadensausgleich erbringen. Die ehe-
sehr viel Vorsicht angefaßt werden muß, und daß mals Selbständigen sind in ihrem Schicksal zweifel-
die Anpassung der Kinderzulagen als anrechnungs- los hart getroffen. Sie müßten nach unserer Auf-
freier Beträge überprüft werden muß. Die anderen fassung in ihrer Altersversorgung mindestens eben-
Änderungen, die noch in dieser Novelle stecken, so gestellt werden wie die in ihren Betrieben ehe-
sind mehr oder weniger technischer Natur. mals abhängig Tätigen, die nach Erreichung der
Ich bitte, diesen Gesetzentwurf an den Lastenaus- Altersgrenze bekanntlich aus dem Fremdrenten- und
gleichsausschuß als federführenden Ausschuß und Auslandsrentengesetz nach den Bestimungen der
an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung zu über- gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente
weisen. erhalten können.
(Beifall bei den Regierungsparteien.) Zum Abschluß darf ich für die FDP-Vertreter im
Lastenausgleichsausschuß ankündigen, daß wir uns
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat für eine Änderung des § 13 Abs. 4 des Feststellungs-
gesetzes einsetzen werden. Ein entsprechender An-
der Herr Abgeordnete Dr. Danz.
trag von FDP-Abgeordneten wurde schon in der
vorigen Legislaturperiode eingebracht. Er wurde im
Dr. Danz (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr ver- Frühjahr 1962 von uns erneuert und ist inzwischen
ehrten Damen! Meine Herren! Ich möchte darauf dem Lastenausgleichsausschuß zur Behandlung mit
verzichten, auf die einzelnen im Entwurf der Bun- der Siebzehnten Novelle überwiesen worden. Hier
desregierung zur 17. Novelle des Lastenausgleichs- ist ein Problem angesprochen, das unseres Erachtens
gesetzes vorgesehenen Änderungen einzugehen, zu- dringend einer Lösung bedarf und bisher in unge-
mal eine ganze Reihe von Änderungen in der Haupt- rechtfertiger Weise zurückgestellt worden ist. Die
sache der Klarstellung gesetzlicher Tatbestände Begründung unseres Antrages erfolgte im einzel-
dienen und damit ungerechtfertigte Härten beseiti- nen bei der Einbringung. Ich kann mir daher nähere
gen sollen. Ich möchte vielmehr auf das Kernstück Erläuterungen ersparen. Ich möchte nur soviel sagen,
dieser 17. Novelle zu sprechen kommen, auf die im daß es sich hier bei den Betroffenen unter den
Entwurf vorgesehene Erhöhung der Unterhaltshilfe. Kriegssachgeschädigten um solche handelt, die nach-
Die Unterhaltshilfe soll die Lebensgrundlage der weislich hohe Schadensverluste erlitten haben, je-
alten und nicht mehr erwerbsfähigen nach dem doch keine Ausgleichsleistungen beziehen können,
Lastenausgleichsgesetz berechtigten Menschen sondern nun auch noch zu Lastenausgleichsabgaben
sichern. Diese Menschen haben zweifellos nach den herangezogen werden.
Verbesserungen im übrigen Bereich der sozialen Die FDP verspricht, im Lastenausgleichsausschuß
Altersversorgung einen Anspruch auf höhere Lei- sehr intensiv die Siebzehnte Novelle mitzuberaten.
stungen. Seit der Festlegung der letzten Unterhalts-
hilfesätze in der 14. Novelle mit der Wirkung vom (Beifall bei der FPD und Abgeordneten in
1. Juni 1961 wurden die Renten aus der gesetzlichen der Mitte.)
Rentenversicherung — es wurde bereits mehrmals
erwähnt — zweimal erhöht. Auch im Verhältnis zu Präsident D. Dr. Gerstenmaler: Herr Abge-
den Leistungen nach dem neuen Bundessozialhilfe- ordneter Rehs!
gesetz ist eine Revision der Unterhaltshilfesätze
unseres Erachtens unbedingt erforderlich. Rehs (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
Der Entwurf der 17. Novelle wurde gleich nach Herren! Nach den bisherigen Erklärungen der drei
der Verabschiedung der 16. Novelle eingebracht. Fraktionen dürfte eine gelinde Aussicht bestehen,
Hier trifft die Bundesregierung, wie ich meine, kein daß im Lastenausgleichsausschuß bei der Beratung
Vorwurf wegen irgendwelcher Versäumnisse. In der Siebzehnten Novelle einiges mehr herauskommt,
der Zwischenzeit, also bis zur heutigen ersten als bisher im Regierungsentwurf steckt. Wir hoffen,
Lesung des Gesetzentwurfs, hat die Bundesregie- daß die von uns angekündigte Gegenvorlage noch
rung noch eine weitere Rentenerhöhung von 8,2 % einiges dazutun wird.
beschlossen. Auch angesichts dieser Tatsache möchte Herr Kollege Kuntscher, Sie haben sehr behutsam
ich für die Vertreter der FDP bereits ankündigen, versucht, um die Kritik des Herrn Kollegen Zühlke
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4115
Rehs
herumzusteuern. Aber es klang ja aus Ihren Worten der Gerechtigkeit auch bei der Entscheidung in die-
ganz deutlich heraus, daß die Feststellungen, die zu sen Fragen an der Wirklichkeit messen, die heute
treffen er sich genötigt sah, auch von Ihnen nicht ist; so wie es in der Präambel des Lastenausgleichs-
ernstlich bestritten werden können. Ich will auf die gesetzes heißt: so sozial gerecht wie möglich und im
Sache nicht im einzelnen eingehen. Darüber wird in Rahmen des wirtschaftlich Möglichen. Nach diesen
den Ausschußsitzungen zu beraten sein. Grundsätzen muß also geprüft und gemessen wer-
Aber ich habe bedauert, daß Sie als ein so erfahre- den, was an Verbesserungen erforderlich ist.
ner Fachmann auf dem Gebiete des Lastenausgleichs (Abg. Kuntscher: Das ist geschehen und
diese Gelegenheit und die auch vom Kollegen wird weiter geschehen!)
Zühlke mit Recht getroffenen Feststellungen glaub-
ten zum Anlaß nehmen zu müssen, durch die —
sicher richtige — Darstellung der Zahlen, die in den Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite-
Beratungen bei der Entstehung des Lastenaus- ren Wortmeldungen; die Aussprache ist geschlossen.
gleichsgesetzes einmal zugrunde gelegt worden
Es wird Überweisung an den Ausschuß für den
waren, den Versuch zu machen, über die Wirklich-
Lastenausgleich — federführend — und an den Haus-
keit hinwegzusteuern. Das ist ja gerade das, was
haltsausschuß zur Mitberatung vorgeschlagen. Be-
immer wieder zu bedauern ist und was auch drau-
steht Einvernehmen darüber? — Das Haus ist ein-
ßen im Lande immer wieder zu einer völligen Ver-
verstanden. Es ist so beschlossen.
wirrung führt! Es bleibt doch festzustellen, daß im
Jahre 1952, als das Lastenausgleichsgesetz verab- Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, daß
schiedet wurde, die Entwicklung bis zum Jahre 1963 ich einen Augenblick unterbreche. Die Geschäftslage
selbstverständlich nicht vorausgesehen werden des Hauses ist von der Art, daß wir, wie ich glaube,
konnte. Es wird also den Vätern des Lastenaus- besser daran tun, wenn wir die Fragestunde für
gleichs und dem Parlament wegen der damals zu- Freitagmorgen, 9 Uhr, ansetzen und morgen den
grunde gelegten Zahlen und Kalkulationen sicher ganzen Tag und auch den Freitag nach der Frage-
niemals ein Vorwurf zu machen sein. stunde den Ausschüssen überlassen.
Aber wir können sie eben heute nicht mehr zu- Ich sehe, daß wir nur noch einen Punkt — Mine-
grunde legen, weil wir ja alle wissen, daß sich ralölsteuer — haben, der wahrscheinlich kontrovers
seit jener Zeit u. a. das Sozialprodukt und das Haus- ist. Alles andere sind Formalien, die heute rasch ab-
haltsvolumen des Bundes mehr als verdreifacht hat, gewickelt werden können. Wir werden deshalb nicht
Die ganze wirtschaftliche und soziale Situation hat nur heute — unter der Voraussetzung, daß Punkt 9
sich derart verändert, daß die Planungen und die keine längere Aussprache erfordert — relativ früh.
Zahlen, die damals zugrunde gelegt worden waren, fertig, sondern wir können morgen den ganzen Tag
einfach nicht mehr stimmen. Indem Sie die inzwi- den Ausschüssen zur Verfügung stellen. Ich setze
schen erfolgten Verbesserungen jenen unzuläng- deshalb die Fragestunde, die ebenfalls in einer
lichen Voraussetzungen und den Maßstäben von Stunde erledigt werden kann, weil nämlich sehr viele
damals gegenüberstellen, erwecken Sie natürlich in Fragen schriftlich beantwortet werden, auf Freitag
allen Menschen, die keine Vorstellung von den früh, 9 Uhr, an. Die Ausschüsse können am Freitag
Dingen haben, den Eindruck, als ob da ungeheuer
dann sicher um 10 Uhr Weitertagen. Und damit,
viel über das zumutbare Maß hinaus geleistet wor-
meine Damen und Herren, hätten wir das Soll in
den sei. Das ist das Bedauerliche bei dieser Art der
dieser ersten Plenarwoche erfüllt. — So werden wir
Darstellung, und dagegen müssen wir uns eben zur verfahren.
Wehr setzen.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gestatten Sie
eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter? Erste Beratung des von den Abgeordneten
Meis, Etzel, Freiherr von Kühlmann-Stumm
und Genossen eingebrachten Entwurfs eines
Rehs (SPD) : Bitte! Gesetzes zur Änderung der Reichsabgaben-
ordnung (Drucksache IV/1395).
Kuntscher (CDU/CSU) : Herr Kollege Rehs, be-
zweifeln Sie also noch immer die gesunde Weiterent- Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? —
wicklung des Lastenausgleichs? Das ist nicht der Fall. Wird das Wort gewünscht? —
Keine Wortmeldungen.
Rehs (SPD) : Herr Kollege Kuntscher, diese Frage Es ist Überweisung an den Finanzausschuß vorge-
ist ja gerade ein Auf-den-Kopf-Stellen der Dinge. Ich sehen. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
bestreite nicht die Weiterentwicklung, sondern ich
sage: sie ist eben nicht in dem erforderlichen Maß Punkt 7 der Tagesordnung:
vorangetrieben worden, wie sie nach der Verände- Erste Beratung des von der Bundesregierung
rung der gesamten wirtschaftlichen Situation in der eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über
Bundesrepublik hätte sein können. Ihre Frage ver- die Umzugskostenvergütung und Trennungs-
rät und bestätigt, daß wir beide in der Beurteilung entschädigung für die Bundesbeamten, Rich-
von zwei verschiedenen Gesichtspunkten an die ter im Bundesdienst und Soldaten (Bundes-
Dinge herangehen. Sie halten sich an Maßstäbe, die umzugskostengesetz BUKG) (Drucksache IV/
-

heute nicht mehr gültig sind. Wir müssen das Maß 1441).
4 . 116 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? — uns, bei dieser Umstellung die Mineralölsteuer zu
Das ist nicht der Fall. Allgemeine Aussprache! — erhöhen.
Keine Wortmeldungen. Bei der Umgestaltung der Mineralölsteuer war
Es ist Überweisung an den Ausschuß für Inneres einer unserer leitenden Gesichtspunkte, daß dem
— federführend — und an den Haushaltsausschuß freien Wettbewerb Raum gelassen werden solle
zur Mitberatung vorgesehen. — Kein Widerspruch; und daß man Eingriffe mit Hilfe von Verbrauch-
es ist so beschlossen. steuern vermeiden müsse. Das Ziel ist eine wett-
bewerbsneutrale Mineralölsteuer.
Punkt 8:
Das Gesetz wird in mancher Hinsicht neue Vor-
Erste Beratung des von der Bundesregierung aussetzungen schaffen, unter denen verschiedene
eingebrachten Entwurfs einer Finanzgerichts- Zweige der Mineralölwirtschaft in Zukunft arbeiten
ordnung (FGO) (Drucksache IV/1446). müssen. Die inländische Rohölförderung verliert
Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? — ihren Zollschutz; andere Zweige der Mineralölindu-
Das ist nicht der Fall. Allgemeine Aussprache! — strie verlieren steuerliche Vergünstigungen. Das
Keine Wortmeldungen. erfordert von den Betroffenen eine recht erhebliche
Umstellung. Die Bundesregierung ist bestrebt, sie
Es ist Überweisung an den Rechtsausschuß — ihnen zu erleichtern, soweit das aus volkswirtschaft-
federführend — und an den Finanzausschuß zur Mit- lichen Gründen geboten ist oder soweit es die bil-
beratung vorgesehen. — Das Haus ist einverstan- lige Rücksichtnahme erfordert. So soll vor allem
den. Es ist so beschlossen. der deutschen Rohölförderung durch eine zeitlich
Ich rufe nun Punkt 9 auf: begrenzte Übergangsregelung mit degressiven Bei-
hilfen und mit Darlehen geholfen werden.
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Die Dinge sind, meine Damen und Herren, offen
Umstellung der Abgaben auf Mineralöl und freimütig mit den betroffenen Wirtschaftskrei-
(Drucksache IV/1473). sen erörtert worden. Die Bundesregierung ist über-
zeugt, daß sie Ihnen mit diesem Entwurf eine Lö-
Ich frage, ob das Wort zur Einbringung gewünscht sung vorschlägt, die den verschiedenen Interessen
wird. — Der Herr Bundesfinanzminister hat das angemessen und ausreichend Rechnung trägt, wenn
Wort. auch nicht alle zwar verständlichen, aber manchmal
zu weit gehenden Wünsche erfüllt werden konnten.
Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: Auf die Darstellung von Einzelheiten glaube ich
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Ge in diesem Zusammenhang verzichten zu können; sie
setz, das zu beschließen die Bundesregierung Ihnen werden ohnehin in den Ausschußberatungen ausgie-
hiermit vorschlägt, bedeutet einen großen Schritt big erörtert werden.
vorwärts auf dem Wege zum gemeinsamen Markt
der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Wenn es Aber erlauben Sie mir einige Bemerkungen zu
mit dem Beginn des kommenden Jahres in Kraft dem heißumstrittenen Art. 8 des Gesetzentwurfs,
treten wird, öffnet die Bundesregierung den Ver- der eine Neuregelung der Zweckbindung der Mine-
tragspartnern uneingeschränkt ihren Markt auf ralölsteuer für den Bundesfernstraßenbau vorsieht
einem sehr wichtigen Wirtschaftsgebiet, dem der und die Grundlage für eine zusätzliche Kreditfinan-
Mineralölwirtschaft. Sie erfüllt damit eine Pflicht, zierung des Straßenbaus schaffen soll. Hier handelt-
die sie in dem Vertrage zur Gründung der Euro- es sich um eine Vorschrift des Gesetzes, die bisher
päischen Wirtschaftsgemeinschaft übernommen hat. — ich sage das ganz offen — nicht den ungeteilten
Aber auch bei der Einfuhr von Mineralölen aus Beifall der Öffentlichkeit gefunden hat. Nach dem
Ländern, die der EWG nicht angehören, sollen in lebhaften Meinungsaustausch, den diese Bestim-
Zukunft Zölle nicht mehr erhoben werden. Für das mung ausgelöst hat, halte ich es für notwendig, in
Rohöl ist die Zollfreiheit bereits im Vertrag vor- aller Deutlichkeit zu erklären, daß die Bundesregie-
gesehen. Die Bundesregierung hält aber auch bei rung keineswegs die Absicht verfolgt, mit dieser
der Einfuhr von Erdölerzeugnissen einen Zollschutz Neuregelung ihre bisherige Politik der Straßen-
nicht für erforderlich; sie hält die deutsche Mineral- baufinanzierung zu ändern.
ölindustrie für stark genug, um auch ohne Zoll-
schutz im freien Wettbewerb zu bestehen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß das
System, die Straßenbaufinanzierung durch eine teil-
Außer diesen Überlegungen sind jedoch noch an- weise Zweckbindung der Mineralölsteuer zu erleich-
dere wirtschaftliche Gesichtspunkte vorhanden, die tern, auch in der Zukunft beibehalten werden sollte.
in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden Allerdings — meine Damen und Herren, wem sage
müssen. Die Zölle, auf die wir nunmehr verzichten, ich das eigentlich? — sollte man den Wert einer
haben angesichts der Höhe ihres Aufkommens eine solchen Zweckbindung nicht überschätzen. Sie be-
große und entscheidende Bedeutung für den Bun- deutet nicht mehr als jede andere gesetzliche Bin-
deshaushalt. Sie kennen aus den Haushaltsbera- dung, die jederzeit durch das Hohe Haus selber wie-
tungen die wachsenden Schwierigkeiten, den Haus- der geändert oder aufgehoben werden kann. Die
halt auszugleichen; deshalb werden Sie mir darin Zweckbindung ist gewissermaßen ein Appell des
zustimmen, daß wir auch in der Zukunft auf die Bundestages an sich selbst, bei der Verabschiedung
Einnahmen nicht verzichten können, die die Zölle künftiger Haushalte die Ausgaben nach der Höhe
bisher erbracht haben. Harte Tatsachen nötigen der zweckgebundenen Einnahmen zu bemessen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4117
Bundesminister Dr. Dahlgrün
Die Erfahrung der letzten Jahre bestätigt, daß im Vierjahresplan für den Bundesfernstraßenbau
sich eine überspannte Zweckbindung nicht durchhal- festgelegte Bauprogramm finanziell zu sichern. Es
ten läßt. So konnte die erst im Jahre 1961 mit dem bedeutet aber nicht — ich wiederhole diese Fest-
Straßenbaufinanzierungsgesetz eingeführte Zweck- stellung —, daß dieses Bauprogramm deshalb ge-
bindung nur ein Jahr in voller Höhe aufrechterhal- kürzt oder in der zeitlichen Durchführung verzögert
ten werden. werden soll. Um die Finanzierung der übrigen Auf-
(Zuruf von der SPD: Leider!) gaben des Bundes in den kommenden Jahren zu er
leichtern, soll die Deckungslücke des Vierjahres-
Bereits durch den Nachtrag zum Haushaltsgesetz plans vielmehr dadurch geschlossen werden, daß
1962 mußte sie eingeschränkt werden, weil auf an- über eine Gesellschaft des privaten Rechts zweck-
derem Wege eine Deckung des Haushalts nicht zu gebundene Straßenbaukredite auf dem Kapital-
erreichen gewesen wäre. Auch das Haushaltsgesetz markt beschafft werden. Es handelt sich dabei um
1963 ließ die ursprünglich vorgesehene Zweckbin- eine Finanzierungsart, die sich bereits einmal bei
dung mit Ihrer aller Zustimmung nicht voll zur Gel- der Durchführung des ersten Vierjahresplans für
tung kommen. den Bundesfernstraßenbau bewährt hat. Die not-
Diese Erfahrungen sprechen dafür, die Zweckbin- wendigen Verhandlungen mit der Gesellschaft für
dung nicht so stark auszuweiten, daß dadurch das das Jahr 1964 sind bereits eingeleitet. Die verblei-
Gefüge des Gesamthaushalts gefährdet wird. Diese bende Finanzierungslücke beträgt nur etwa 6 %
Überlegungen waren für den Vorschlag der Bundes- des Gesamtvolumens des zweiten Plans für den
regierung entscheidend, sich mit einer Zweckbin- Bundesfernstraßenbau, so daß man mit Fug und
dung in Höhe von 45 % des Mineralölsteueraufkom- Recht die Sicherstellung der nach dem Vierjahres-
mens zu begnügen. plan für 1964 notwendigen Mittel schon heute vor-
aussetzen kann. Die Bundesregierung ist überzeugt,
Wenn in dem Gesetzentwurf der für allgemeine daß auf diesem Wege die Finanzierungsprobleme
Haushaltszwecke vorbehaltene Anteil des Steuer- des zweiten Vierjahresplans für den Bundesfern-
aufkommens nicht mehr in einem festen Sockel- straßenbau zufriedenstellend gelöst werden können.
betrag bestimmt werden soll, so waren folgende
Gründe dafür maßgebend: Ausgaben für den Bundesfernstraßenbau sind
Ausgaben für langfristige Investitionen. Die Mittel-
Bisher konnte der für Straßenbauzwecke verfüg- beschaffung auf dem Anleihemarkt für solche Vor-
bare Anteil des Mineralölsteueraufkommens je- haben, wenigstens zu einem Teil, ist zweckmäßig,
weils erst nach Ablauf des Rechnungsjahres durch ja sogar geboten, weil es' nicht einzusehen ist, daß
eine umständliche und zeitraubende Rechnung er- die heutige steuerzahlende Generation aus laufen-
mittelt werden, während der für allgemeine Haus- den Mitteln alle diese langfristigen Vorhaben allein
haltszwecke zur Verfügung stehende Anteil, also finanzieren soll. Ganz und gar ist aber nicht ein-
der sogenannte Sockelbetrag, von vornherein der zusehen, welche Gefahr oder Unsicherheit für die
Höhe nach durch das Gesetz bestimmt war. Da sich notwendigen langfristigen Planungen der Straßen-
der Sockelbetrag künftig um die aus der Umstel- planer, der Straßenbauer oder z. B. der Kraftfahr-
lung zu erwartenden Mehreinnahmen erhöhen und zeughersteller in der Absicht liegen soll, die für
von Jahr zu Jahr bei steigendem Verkehr ändern die Durchsetzung der Vierjahrespläne benötigten
würde, erschien es zweckmäßig, jetzt den Anteil Mittel zum Teil aus dem ordentlichen Haushalt,
der zweckgebundenen Einnahmen durch einen Vom- zum Teil über Anleihen zu finanzieren. Es ist be-
hundertsatz des Gesamtsteueraufkommens festzu- hauptet worden, die im Haushalt veranschlagten -
legen. Ausgangspunkt für die Höhe des Vomhun- Mittel für den Straßenbau würden mit Sicherheit
dertsatzes mußte dabei das bisherige Verhältnis fallen, während bei der Aufnahme von Krediten für
des zweckgebundenen zum übrigen Steueraufkom- diese Zwecke Schwierigkeiten entstehen könnten.
men sein und weiter die voraussichtliche Entwick- Ich meine, daß auch die Haushaltsmittel spärlicher
lung des Gesamtsteueraufkommens. Als Ergebnis fließen müssen, wenn dem Bund die Aufnahme von
dieser Überlegungen sieht der Vorschlag der Bun- Anleihen für solche geeigneten und vernünftigen
desregierung eine Zweckbindung des Mineralöl- Zwecke Schwierigkeiten bereiten sollte. Wir alle
steueraufkommens in Höhe von 45 v. H. vor. Die würden dann einer neuen Lage gegenüberstehen,
Anwendung des Vomhundertsatzes erspart Verwal- die das Schicksal uns ersparen möge.
tungsarbeit und stellt sicher, daß das Steuermehrauf-
Der Bundesminister der Finanzen ist ehrlich und
kommen durch den erwarteten Mehrverbrauch an
tatkräftig bemüht, den Bundesfernstraßenbau im
Treibstoff anteilmäßig dem Straßenbau zufließt, und
Rahmen aller Möglichkeiten zu fördern. Sie mögen
zwar auch, was von höchster Wichtigkeit ist, inso-
das daran erkennen, daß wir im laufenden Rech-
weit, als das Mehraufkommen aus den früheren
nungsjahr über die Ansätze des Haushalts hinaus
Zöllen stammt.
156 Millionen DM Haushaltsreste für den Straßen-
In der Begründung des Gesetzentwurfs finden bau freigegeben haben, über die nach dem Haus-
sie den Hinweis, daß die Bundesregierung bei der haltsgesetz grundsätzlich nicht verfügt werden
Festsetzung des Vomhundertsatzes die voraussicht- dürfte. Darüber hinaus steht der Herr Bundesmini-
liche Entwicklung des Gesamthaushalts selbstver- ster für Verkehr mit mir in Verhandlungen über
ständlich nicht ganz außer Betracht lassen konnte. einen Vorgriff auf die Straßenbaumittel des kom-
Das heißt mit anderen Worten, daß die voraussicht- menden Jahres in Höhe von 150 Millionen DM,
lich aus dem ordentlichen Haushalt fließenden Stra- um die über Erwarten gute Bausaison dieses Jahres
ßenbaumittel nicht ganz ausreichen werden, um das voll ausnutzen zu können. Durch ausreichende Bin-
4118 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Bundesminister Dr. Dahlgrün


dungsermächtigungen ist überdies sichergestellt, daß die einheimische Mineralölerzeugung erfaßt wird,
vordringliche Bauvorhaben nicht durch haushalts- während sie von den Zöllen freigestellt war. Über
rechtliche Schwierigkeiten in ihrer kontinuierlichen die Verwendung dieser Mehreinnahme hat der Bun-
Fortführung behindert werden. desfinanzminister schon einiges ausgeführt. Wir
werden bei den Beratungen auf diese Frage sicher
Ich darf zusammenfassend feststellen, daß die in
besonders eingehen.
dem Gesetz über die Umstellung der Abgaben auf
Mineralöl vorgesehene Änderung der Straßenbau- Neben dieser Umstellung der Zölle auf Steuern
finanzierung die im Ausbauplangesetz für den Bun- enthält die Vorlage auch eine Bereinigung gewisser
desfernstraßenbau und im Straßenbaufinanzierungs- Sonderzollsätze. Die Hydrierpräferenzen, die uns,
gesetz verankerten Grundsätze einer langfristigen die wir seit längerem mit dieser Materie befaßt sind,
Straßenbauplanung nicht berührt und auch keine allen bekannt sind, sollen wegfallen. Bei der Be-
Einschränkungen des Bundesfernstraßenbaus zur handlung dieser Angelegenheit werden wir zu
Folge haben soll. untersuchen haben, welche Auswirkungen diese
Maßnahme auf den Zonenhandel haben wird.
Ich darf Sie bitten, dem Gesetz in der von der
Bundesregierung vorgeschlagenen Fassung Ihre Zu- Außerdem sollen Bereinigungen durch Abschaf-
stimmung zu geben. fung der Betriebsbeihilfen vorgenommen werden.
Eine besondere Regelung ist auch für die Zweit
(Beifall bei den Regierungsparteien.)
raffinate vorgesehen. Hier sind uns Sorgen gerade
auch aus der mittelständischen. Wirtschaft vorge-
Vizepräsident Dr. Jaeger: Wir treten in die tragen worden, mit denen wir uns in den Ausschuß-
Aussprache ein. — Das Wort hat der Abgeordnete beratungen eingehend zu befassen haben werden.
Dr. Stecker.
Der zweite Abschnitt des Gesetzes befaßt sich mit
den Anpassungsbeihilfen für die deutsche Erdölge-
Dr. Stecker (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine winnung. Die deutsche Erdölgewinnungsindustrie
sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion
genoß ja bisher einen Zollschutz von 80 DM pro
der CDU/CSU stimmt den Grundsätzen des Ihnen
Tonne. Ein langsamerer Abbau dieses Zollschutzes
vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes über Umstel-
in den kommenden Jahren ist nach den EWG-Be-
lung der Abgaben auf Mineralöl zu. Insbesondere
stimmungen nicht möglich, wohl aber eine Über-
begrüßen wir die in dem Wegfall der Zölle liegende
gangshilfe. Wir finden, daß die Art, in der das hier
Liberalisierung des Mineralölmarktes. Denn nicht
von der Bundesregierung vorgeschlagen wird, nicht
nur innerhalb der europäischen Gemeinschaft sollen
nur den EWG-Bestimmungen entspricht, sondern
ja die Zölle wegfallen, sondern auch der Außenzoll-
auch unabhängig davon positiv zu bewerten ist.
satz soll auf Null gesetzt werden. Damit wird die
Bundesrepublik ihren aus dem EWG-Vertrag resul- Wenn wir unsere Stellungnahme abgeben wollen,
tierenden Verpflichtungen gerecht, ja, die Vorlage müssen wir uns zunächst fragen: Was bedeutet denn
sieht auch den völligen Wegfall des Zollschutzes für die deutsche Erdölgewinnung? Wir erwarten für das
die Mineralölprodukte vor, eine Tatsache, über die nächste Jahr in Deutschland eine Erdgasgewinnung
wir uns bei der Behandlung des Gesetzes sicherlich von 1 Milliarde cbm und eine Erdölgewinnung von
auch noch unterhalten werden. 7,5 Millionen t. Es handelt sich also schon um einen
ganz erheblichen Industriezweig; denn das macht
Man kann nun sagen: Ja, aber diese europäische
immerhin 17 % des gesamten Rohöleinsatzes der
und diese Freihandelsgeste hat doch eine Schatten-
deutschen Raffinerien und 35 % unseres Gesamt- -
seite; sie hat einen Schönheitsfehler; denn die Zoll-
bedarfs an Kraftstoffen und Schmierstoffen aus.
sätze werden ja der Mineralölsteuer hinzugefügt.
Gewiß, vom handelspolitischen Standpunkt aus mag Ferner müssen wir uns fragen: Wollen wir diese
man das als Schönheitsfehler ansehen. Aber die deutsche Erdölgewinnung erhalten? Über dieses- Ge-
Harmonisierung der Steuern und speziell dieser Ver- biet haben wir in diesem Hause schon öfter dis-
brauchsteuern ist eine Frage des zweiten Schrittes kutiert. Es geht um die Frage, ob es nicht zweck-
in die europäische Gemeinschaft. Wir Deutschen lie- mäßig ist, eine gewisse Grundmenge heimischer
gen mit unserer Belastung des Mineralöls auf einer Energie im Lande zu halten und zu pflegen, insbe-
mittleren Linie, so daß wir den kommenden Einigun- sondere angesichts der Tatsache, daß die Mineralöl-
gen mit Ruhe entgegensehen können. quellen der Welt in politisch und wirtschaftlich sehr
unsicheren Gebieten liegen. Wollen wir die deutsche
Auf der anderen Seite handelt es sich hierbei
Erdölversorgung, die Versorgung mit Kraftstoffen
nicht nur um Schutzzölle, sondern wir haben es auch
und Energie, von den überseeischen Importen ab-
mit Finanzzöllen zu tun. Der Bundesfinanzminister
hängig machen?
hat mit Recht ausgeführt, daß wir auf die für das
nächste Jahr aus diesen Zöllen zu erwartende eine Weiter müssen wir uns die Frage stellen, ob die
Milliarde für den Bundeshaushalt bei der derzeiti- deutsche Erdölgewinnungsindustrie so rationalisiert
gen Lage des Haushalts nicht verzichten können. werden kann, daß sie in der Lage ist, sinnvoll zu
Das ist sicher ein wesentlicher und von uns nicht zu produzieren, daß wir also nach einer Übergangshilfe
übersehender Gesichtspunkt. mit einer vernünftigen Förderung rechnen können.
Aus der Umstellung von Zöllen auf Mineralöl Die geologischen Verhältnisse sind für die deut-
wird allerdings für das nächste Jahr eine Mehrein- sche Erdölgewinnung sicher wesentlich schwieriger
nahme von über 900 Millionen DM zu erwarten sein. als etwa in den asiatischen oder auch mittelamerika-
Das liegt daran, daß durch die Steuer nun auch nischen Ölgebieten, aber es gibt doch einige Punkte,
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4119
Dr. Stecker
die eine positive Beurteilung ermöglichen. Nach men für andere als Straßenbauzwecke verwendet
neueren geologischen Erkenntnissen können tiefere wird.
Horizonte mit guten Erfolgsaussichten angebohrt Aber ich bin mir bewußt, daß es nicht der Sinn un-
werden. Auch die Gasgewinnung bietet einige Mög- serer Aussprache ist, hier finanzwissenschaftliche
lichkeiten. Ich erinnere nur daran, daß man in Hol- Collegia zu halten. Vielmehr müssen wir nach prak-
land einen ganz erheblichen Vorrat von Erdgas ent- tischen Lösungen suchen. Wir haben seinerzeit die
deckt hat. Ferner sind die sekundären Fördermaß- Zweckbindung beschlossen, um eine langfristige Pla-
nahmen zu erwähnen. Die Möglichkeiten einer hoch- nung im Straßenbau sicherzustellen, damit sich ins-
gradigeren Entölung des Gesteins sind in der letzten besondere auch die Bauwirtschaft mit ihren lang-
Zeit sehr gewachsen. Wir haben große Fortschritte fristigen Investitionen auf diese Dinge einstellen
erzielt. Schließlich gibt es neue Möglichkeiten auf kann. Den Gedanken des Gesetzes, nun den Teil
dem Gebiet des Bohrens im Nordsee-Wattenmeer. prozentual aufzuteilen, halte ich für gut. Er ist ja
Das steckt noch in den Anfängen. deswegen notwendig geworden, weil die Zölle, die
Bei unserem Urteil müssen wir jedoch berücksich- bisher in die allgemeine Finanzmasse fielen, sonst
tigen, daß unsere eigene Erdölwirtschaft erst kon- dadurch, daß sie in die Steuer übergeführt sind, das
kurrenzfähig wird, wenn eine erhebliche Entzerrung Verhältnis zwischen dem Sockel und den übrigen
des Erdölmarktes erfolgt. In verschiedenen Ländern Teilen verschieben würden.
gibt es staatlich dirigierte Gesellschaften, bei denen Wir werden uns nur über die Frage der Höhe der
nur sehr schwer echte Kosten und echte Preise fest- zweckgebundenen Mittel, also der für den Straßen-
gestellt werden können. Mit diesen Staatsgesell- bau vorzusehenden Mittel sehr ernsthaft unterhalten
schaften muß unsere Wirtschaft konkurrieren. Ande- müssen. Dabei wird sicher die allgemeine Haushalts-
re Länder wiederum haben Einfuhrkontingente und lage von ganz vorrangiger Bedeutung sein. Ebenso
erhebliche Steuerbegünstigungen, also alles Maß- werden die Bedürfnisse des Verkehrs von Bedeutung
nahmen, die den Wettbewerb als verzerrt erscheinen sein. Hier werden wir zu einer vernünftigen Rela-
lassen. tion zwischen dem, was der Verkehrsteilnehmer be-
rechtigtermaßen wünscht, und dem, was Verwaltung
Alles das zusammen wird uns die Beantwortung und Wirtschaft zu leisten vermögen, kommen müs-
der Fragen erleichtern. Es wird noch genauer ge-
sen.
prüft werden, aber es wird im Ergebnis doch dazu
führen, daß wir von der CDU/CSU die Form der Jedenfalls wird die CDU/CSU-Fraktion, das darf
Förderung durch Anpassungsbeihilfen begrüßen wer- ich erklären, eindeutig ihre Politik so machen, daß
den und begrüßen müssen. Wir begrüßen insbeson- sichergestellt wird, daß der Vierjahresplan so, wie
dere die offene Form der Hilfe in dieser degressiven er beschlossen ist, auch durchgeführt wird. Danach
Art, die die Tendenz einer Übergangshilfe eindeutig werden sich die Dispositionen zu richten haben.
ausweist, — für ein Parlament immer die richtige (Beifall bei der CDU/CSU.)
Form, in der solche Hilfen geleistet werden sollten.

Die Frage, inwieweit wir die Darlehen als geeig- Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der
Abgeordnete Dr. Bleiß.
netes wirtschaftspolitisches Mittel ansehen, werden
wir genauer zu prüfen haben. Ich darf aber sagen,
daß gegen die Einbeziehung der verarbeitenden Be- Dr. Bleiß (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
triebe von meiner Fraktion erhebliche Bedenken und Herren! Der EWG-Vertrag erlegt , den Mitglied-
-
geltend gemacht werden. staaten der EWG die Verpflichtung auf, die Binnen-
zölle zu beseitigen und einen gemeinsamen Zolltarif
Der dritte Abschnitt des Gesetzes befaßt sich mit gegenüber Drittländern einzuführen. Die Umstel-
der Änderung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes lung, die sich aus dieser Realisierung des EWG-
und mit der Frage der Zweckbindung des Mineral- Vertrages notwendigerweise ergibt, bedeutet u. a.
ölsteueraufkommens. Dazu wird sich für meine — das hat .der Bundesfinanzminister ausgeführt —,
Fraktion Herr Kollege Müller-Hermann im einzelnen daß der Zollschutz, den die deutsche Rohölerzeugung
äußern. Aus den Ausführungen des Herrn Bundes- zur Zeit noch genießt, mit Wirkung ab 1. Januar
finanzministers konnte man bereits entnehmen, daß 1964 in Wegfall kommt.
das Schwergewicht der Diskussion in diesem Hause
Betroffen von der Umstellung der Abgaben auf
jedenfalls wohl auf diesem Gebiete liegen wird.
Mineralöl wenden zwei große Wirtschaftsgebiete,
Ich möchte als Finanzpolitiker dazu nur sagen: wir die deutsche Mineralölerzeugung und der Straßen-
sollten uns in der Terminologie nicht vergreifen, zum bau. Für den Verbraucher bringt die Umstellung
mindesten uns bemühen, eine saubere Formgebung keine Vorteile. Er hat die Belastungen in gleicher
zu finden, und uns bewußt sein, daß es zum Begriff Höhezutragnwibs.D1Janur964
der Steuer — wie er in § 1 der Abgabenordnung fest- wegfallende Zoll geht in voller Höhe in der Mine-
gelegt ist — gehört, daß es sich um Leistungen ralölsteuer auf.
handelt, die nicht als Gegenleistung für eine beson- Für eine Vielzahl kleinerer und mittlerer Betriebe
dere Leistung der öffentlichen Hand 'anzusehen — besonders im Bereich von Steine und Erden —
sind. Insofern stehen sie in einem begrifflichen Ge- tritt durch die beabsichtigte Beseitigung bisher ge-
gensatz zum Beitrag und zur Gebühr. Deswegen ist zahlter Betriebsbeihilfen eine Erhöhung der Selbst-
es eine contradictio in adjecto, von der Zweckent- kosten ihrer Produkte ein. Für ,die deutsche Mineral-
fremdung zu sprechen, wenn Mineralölsteueraufkom ölgewinnung bedeutet die Umstellung der Abgaben,
4120 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Dr. Bleiß
daß ab 1. Januar 1964 eine um den bisherigen Zoll wie in anderen Industriestaaten unter ungünstigen
erhöhte Mineralölsteuer an den Bund abzuführen geologischen Verhältnissen leidet. Ob es aber, wie
ist. Bei einer Förderung von 71/2 Millionen t im es in der Begründung heißt, in Zukunft möglich sein
nächsten Jahr und einer Steuererhöhung um etwa wird, durch die Ausdehnung der Tätigkeit auf aus-
80 DM ergibt sich im Jahre 1964 für die Mineralöl- sichtsreiche Gebiete im Ausland den Ausgleich der
erzeugung ein Mehraufwand von rund 600 Millio- höheren inländischen Gewinnungskosten zu errei-
nen DM, der für den Bund gleichzeitig eine Mehr- chen, bedarf meiner Meinung nach noch einer sehr
einnahme bedeutet. gründlichen Prüfung. Alles in allem werden dem
Der Bundesfinanzminister hat in seiner Einfüh- Bund aus der erheblichen Belastung der deutschen
rung darauf hingewiesen, daß sich hieraus eine we- Mineralölgewinnung und den degressiven Über-
sentliche zusätzliche Belastung für .die deutsche Mi- brückungshilfen für den gleichen Gewerbezweig
neralölgewinnung ergibt. Wir sind der Meinung, schnell wachsende Beträge an Deckungsmitteln für
daß .diese zusätzliche Belastung im gegenwärtigen den allgemeinen Haushalt zur Verfügung stehen.
Zeitpunkt nicht zu tragen ist, und wir entnehmen Besonders bedeutsam ist für uns Sozialdemokra-
dem Gesetzentwurf, daß er zwei Maßnahmen ent- ten der zweite Teil des Gesetzentwurfs, der sich mit
hält, nur die durch die Steuererhöhung entstehen- der Änderung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes
den Mehraufwendungen der Mineralölerzeugung befaßt. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben in
wenigstens teilweise auszugleichen: erstens die An- Ihren einführenden Darlegungen einige Punkte an-
passungsbeihilfe, die in den ersten beiden Jahren gesprochen, die einer Erwiderung bedürfen. Sie
mit 310 Millionen DM veranschlagt ist und sich spä- haben in Ihrer Einführung unter anderem erklärt,
ter degressiv entwickeln wird, und zweitens die in daß die Kürzung der Haushaltsansätze für den Stra-
Aussicht gestellte Darlehensgewährung in Höhe von ßenbau in früheren Jahren, wie Sie meinten, „mit
120 bis 140 Millionen DM jährlich auf die Dauer Ihrer aller Zustimmung" erfolgte. Ich darf Sie dar-
von 6 Jahren im Gesamtbetrag von 800 Millionen auf hinweisen, daß diese Herabsetzung der Mittel
DM. für den Straßenbau unter lebhaftem Protest und
Die Darlehensgewährung für die Erdölerzeugung gegen die Stimmen der SPD erfolgt ist.
ist für Explorationsobjekte im Ausland gedacht, und
Herr Bundesfinanzminister, Sie sprachen von einer
nach dem Gesetzentwurf hat sich die Erdölindustrie
überspannten Zweckbindung. Ich würde Ihnen raten,
mit 25 % an den Explorationskosten im Ausland zu
noch einmal zu überdenken, ob man von einer
beteiligen. Das würde bedeuten, daß .die deutsche
„überspannten" Zweckbindung für den Straßenbau
Erdölerzeugung, wenn sie das Darlehensvolumen
sprechen kann. Einer Ihrer Herren Amtsvorgänger,
des Bundes ausnutzen will, jährlich zwischen 160
der frühere Bundesfinanzminister Etzel, sprach da-
und 190 Millionen DM für Aufschlußarbeiten im
mals nicht von einer überspannten Zweckbindung.
Ausland aufwenden müßte, wenn eben der Gesetz-
Er war im Gegenteil der Meinung, daß die Zweck-
entwurf voll zum Tragen kommen soll.
entfremdung von 600 Millionen DM allmählich ab-
Nach meinen Informationen und nach meiner gebaut werden sollte, und auf meine Frage: „Wann
Kenntnis der Dinge ist es zweifelhaft, ob es für denn?" sagte er damals, man könne zwar nicht
die deutsche Erdölerzeugung so ausreichende Explo- alles mit einemmal machen, aber ein solcher Abbau
rationsobjekte im Ausland gibt, daß sie einen Be- werde natürlich erfolgen. Heute sieht das etwas
trag von 160 bis 190 Millionen DM im Jahr inve- anders aus.
stieren kann. Es ist also zu befürchten, daß von Noch ein drittes Faktum, Herr Bundesfinanzmini-
der für Auslandsexploration vorgesehenen Gesamt- ster, das ich ansprechen muß. Sie haben einführend
summe von 800 Millionen DM ein wesentlicher Teil dargelegt, daß keine Änderung der Politik der
praktisch nicht ausgegeben werden kann. Hierdurch Straßenbaufinanzierung durch die Bundesregierung
würden Mittel frei werden, die es erlauben, die zu erwarten sei. Diese Feststellung ist außerordent-
Staffelung der Anpassungshilfe zu verbessern res- lich besorgniserregend; denn nach unserer Meinung
pektive die Anpassungshilfe auf eine größere In- ist eine Änderung dieser Politik dringend erforder-
landsproduktion umzulegen, um insbesondere die lich, damit endlich mehr Straßen gebaut werden.
Bohrtätigkeit, in der Bundesrepublik in den nächsten Wir sind der Meinung, daß gerade die bisherige
Jahren weiter zu fördern. Denn nach dem Auslauf Bedienung der Straßenbaumittel absolut unzuläng-
der Überbrückungsbeihilfen ergibt sich für die deut- lich war.
sche Erdölgewinnung eine Wettbewerbssituation,
die es ihr kaum ermöglichen wird, weitere Bohrun- Lassen Sie mich noch ein weiteres feststellen.
gen durchzuführen. Wenn ich richtig gehört habe, sind Sie der Meinung,
daß das Mehraufkommen an Mineralölsteuern aus
Herr Dr. Stecker, ich bin mit Ihnen der Meinung, früheren Zöllen stammt. Hierzu darf ich feststellen,
daß das Erdöl für uns eine wichtige Rohstoffquelle daß Sie selbst in der Begründung davon ausgehen,
ist, deren Bedeutung immer dann besonders deut- daß das Mehraufkommen aus dem Mineralölzoll
lich wird, wenn internationale Versorgungsschwie- 1 Milliarde DM ausmacht. Etwa 600 Millionen DM
rigkeiten auftreten, wie wir sie beispielsweise bei kommen aus der zusätzlichen Mineralölsteuer, die
der Suezkrise zu verzeichnen hatten. Wir sollten jetzt seitens der Erdölgewinnung aufzubringen sind,
uns also darum bemühen, diese wichtige deutsche und es steht fest, daß ein erheblicher Teil an Steuern
Rohstoffquelle zu erhalten. dem Bund auch aus der wachsenden Motorisierung
Die Bundesregierung stellt in ihrer Begründung zufließen wird. Es ist also nicht etwa allein das
zwar fest, daß die Erdölgewinnung in Deutschland Mehraufkommen an Zöllen, sondern es stehen
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4121
Dr. Bleiß
steuerliche Mehreinnahmen aus anderen Quellen kann, setzt zunächst einmal voraus, daß der Jahres-
zur Verfügung. plan 1963 erfüllt worden wäre. Das ist nicht der
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich jetzt Fall. Die Ansätze bleiben mit 378 Millionen DM
zu dem Entwurf im einzelnen Stellung nehmen. hinter dem Soll zurück. Zweitens wird sich nach dem
Entwurf, wenn er in dieser Form angenommen wer-
Wir sind der Meinung, daß an dem zweiten Teil den sollte, die Finanzierungslücke im kommenden
des Entwurfs zwei Tatbestände positiv zu bewerten Jahr selbst unter Einrechnung der Kreditmittel auf
sind. Der eine positive Tatbestand ist, daß im Stra- mindestens 500 Millionen DM erweitern. Sie können
ßenbaufinanzierungsgesetz wenigstens auch diesmal also nicht davon sprechen, daß der Plan erfüllt wer-
an dem Grundsatz der Zweckbindung der Mineral- den würde, jedenfalls nicht durch diese Vorlage.
ölsteuer festgehalten und damit dem Wegekosten-
prinzip — wenn auch völlig unzulänglich — Rech- In der Begründung heißt es dann weiter, daß die
nung getragen wird. Als positiv werten wir auch, Bundesregierung angesichts der anhaltenden Zu-
daß der im vergangenen Jahr von der Bundesregie- nahme im Kraftverkehr die „kontinuierliche Fort-
rung angeordnete teilweise Baustopp für den Stra- setzung" des Bundesfernstraßenbaues als eine vor-
ßenbau von Ihnen nicht mehr auf eine Konjunktur- dringliche Aufgabe ansieht. Ich bin der Meinung,
überhitzung zurückgeführt wird, sondern Sie in der daß die Bundesregierung das wirklich nicht behaup-
Begründung auf Seite 15 der Drucksache 1473 sagen, ten kann. Von einer Kontinuität kann man über-
daß die außerordentlichen Schwierigkeiten beim haupt nicht sprechen. Ich bin der Meinung, daß die
Ausgleich des Haushalts Sie dazu zwangen, die aus Entwicklung genau umgekehrt gelaufen ist, und ich
der Zweckbindung fließenden Mittel einzuschränken. frage Sie: Hat nicht die Bundesregierung eine sich
Nun, Herr Minister, wir hätten uns in der vorjähri- anbahnende Kontinuität, wie sie in den Vierjahres-
gen Haushaltsdebatte viel Zeit gespart, wenn Ihr plänen des Bundesverkehrsministeriums zum Aus-
Amtsvorgänger damals schon die Dinge beim rich- druck kam, durch eine Kürzung der Mittel völlig in
tigen Namen genannt und nicht versucht hätte, die Frage gestellt? Muß die Mittelkürzung nicht dazu
Durchlöcherung der Zweckbindung mit der — ein- führen, daß auch die Straßenbauwirtschaft nicht
fach nicht vorhandenen — Konjunkturüberhitzung mehr weiß, wie sie langfristig disponieren soll?
zu begründen. Heute rätseln wir darüber, ob der zweite Vier-
Von diesen beiden Fakten abgesehen, bringt der jahresplan nach dem Entwurf eine Finanzierungs-
Änderungsvorschlag zum Straßenbaufinanzierungs- lücke von einer Milliarde oder von zwei Milliarden
gesetz ganz wesentliche Verschlechterungen für den aufweisen wird. Dabei hätte die Themastellung am
Straßenbau. Lassen Sie mich festhalten: ganz we- heutigen Tage nach der Verkehrsmisere des letzten
sentliche Verschlechterungen für den Straßenbau. Sommers nicht lauten müssen, ob der zweite Vier-
Während nach dem zur Zeit noch geltenden Gesetz jahresplan gedeckt werden kann, sondern was man
die gesamte vom Straßenverkehr aufgebrachte Mi- über den durch die Ereignisse überholten zweiten
neralölsteuer mit Ausnahme des Sockelbetrages von Vierjahresplan hinaus tun muß, um mit der Straßen-
600 Millionen DM und einiger Sonderdotierungen problematik fertig zu werden, und welche zusätz-
aus dem Verkehrsfinanzgesetz der Zweckbindung lichen Mittel den kommunalen Baulastträgern zur
unterliegen und jede weitere Zweckentfremdung Verfügung gestellt werden können, damit sie mit
beim Haushaltsgesetz beschlossen werden muß, be- ihren Problemen fertig werden.
schränkt der Änderungsvorschlag die Zweckbindung
auf 45 % des Aufkommens. (Beifall bei der SPD.)

Man kann vielleicht einwenden, daß nunmehr Der Herr Bundesverkehrsminister hat eine Summe
auch der Mineralölzoll in der Steuer aufgegangen von 3 Milliarden DM genannt, die man möglicher-
sei. Aber die notwendig gewordene Umwandlung, weise den Gemeinden über die Ansätze des zweiten
glaube ich, beweist nur unsere frühere These, daß Vierjahresplans hinaus zur Verfügung stellen müs-
auch der Mineralölzoll eine spezifische Verkehrs- se. Meine Damen und Herren, wie groß die Eng-
abgabe ist, die, wenn das Wegekostenprinzip der pässe gerade in den Gemeinden sind, das, glaube
Bundesregierung wirklich ernst gemeint ist, auch ich, haben wir im Stadtkern von Bonn recht deutlich
in die Zweckbindung einbezogen werden sollte. vor Augen. Wir können uns an jedem Tage davon
überzeugen, wie lang die Schlangen sind, die sich
Eine zweite wesentliche Verschlechterung liegt bilden, um die Flaschenhälse zu passieren. In ande-
nach unserer Auffassung darin, daß die Klammer ren Städten sind die Verhältnisse teilweise noch
zwischen der wachsenden Motorisierung und dem schwieriger sund in ihren Auswirkungen noch kata-
Straßenbau, die mit dem Straßenbaufinanzierungs- strophaler.
gesetz mühsam gefunden wurde, durch den vorlie-
genden Entwurf so gelockert wird, daß von einer Bleibt es bei der nach unserer Meinung völlig
Proportionalität zwischen Straßenbau und Motori- unzureichenden Dotierung, dann muß sich die Schere
sierung überhaupt keine Rede mehr sein kann. zwischen der Motorisierung und dem Straßenbau in
Meine Damen und Herren, es entspricht nicht den einer gefährlichen Weise öffnen. Denn nach vor-
Tatsachen, daß, wie im Regierungsentwurf gesagt liegenden zuverlässigen Schätzungen wird die Zu-
wird, unter Hinzuziehung von Kreditmitteln einer wachsrate an Kraftfahrzeugen in den nächsten Jah-
Gesellschaft des privaten Rechtes der Straßenbau- ren 10 bis 15 % betragen, während der Zuwachs an
plan auch im Jahre 1964 im wesentlichen erfüllt Straßenraum — und hier schließe ich Neubau und
werden könne. Denn daß er „auch" erfüllt werden Umbau ein — nur bei etwa 3% liegen wird,
4122 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963
Dr. Bleiß
Welchen Gefahrenpunkt in der Straßenverstop- kehrsminister in seinem Plan von einer Größenord-
fung wir heute schon zu beklagen haben, das haben nung von 13 Milliarden DM ausgeht. Die Rechnung
wir alle sehr eindrucksvoll an den bis zu 35 km stimmt nicht, trotz aller gegenteiligen Beteuerungen.
langen Autoschlangen in den hinter uns liegenden Das ist in der Zwischenzeit auch von allen denen
Ferienmonaten ablesen können. Und diese Auto- begriffen worden, die sich am Straßenverkehr be-
schlangen entstanden, obwohl von den Fahrern die teiligen.
Nächte zu Hilfe genommen wurden und obwohl sie Das mindeste, Herr Bundesfinanzminister, was Sie
alle Ratschläge zur Meidung von Autobahnen be- in Ihrem Entwurf heute hätten anbieten müssen,
folgt haben, häufig genug allerdings mit einem sehr wäre die volle Bedienung des zweiten Vierjahres-
negativen Erfolg; denn wer eine Parallelstraße, eine plans gewesen, und das bedeutet, daß Sie eine
Nebenstraße benutzte, fand diese gewöhnlich genau- Zweckbindung von mindestens 55 % des Mineralöl-
so überfüllt wie die Autobahn. steueraufkommens hätten vorschlagen müssen. Da-
Gerade der hinter uns liegende Sommer hat nach bei sind wir uns darüber im klaren, daß selbst bei
unserer Meinung den letzten und schlüssigsten Be- einer Festsetzung der Zweckbindung in Höhe von
weis dafür geliefert, daß der Straßenbau trotz vieler 55 % noch keine ausreichende Hilfe für die Gemein-
guter Einzelleistungen in der Gesamtheit absolut den gegeben ist.
unbefriedigend war. So wie die Dinge heute liegen, Aus den Haushaltsberatungen der letzten Jahre,
droht der gesamte Straßenbau nicht nur ein finan- meine Damen und Herren, haben wir leider immer
zielles, sondern auch ein technisches Problem zu wieder den Schluß ziehen müssen, daß der Straßen-
werden. Ich bin fest davon überzeugt: wenn es uns bau von der Bundesregierung allzu stiefmütterlich
in der nächsten Zeit nicht gelingt, durch Ausschöp- behandelt worden ist. Immer wenn an der Haus-
fung der technischen und straßenbaulichen Möglich- haltsdecke etwas fehlte, wurde beim Straßenbau
keiten eine Kongruenz zwischen wachsender Motori- eingespart. Mit dieser Methodik kommen wir nicht
sierung und Straßenbau herzustellen, dann wird jede weiter. Wenn die Haushaltsdecke zu knapp ist, um
vernünftige Zeitdisposition im Straßenverkehr völ- den Straßenbau aus ordentlichen Etatmitteln zu be-
lig illusorisch, — abgesehen von der wachsenden dienen, dann, meine Damen und Herren, müssen wir
Zahl der Unfälle und der Opfer, die wir zu beklagen sehr ernstlich die Möglichkeit einer Anleihefinanzie-
haben. rung prüfen. Auch eine größere Straßenbauanleihe
Gerade in dieser Zahl der zu beklagenden Un- des Bundes wird schnell und voll von der großen
fälle und Opfer liegt auch ein echtes volkswirtschaft- Zahl der Kraftfahrer gezeichnet werden, wenn die
liches, gesamtwirtschaftliches Problem. Wir wissen, Gewißheit besteht, daß der Ertrag einer solchen An-
daß die Straßenverkehrsunfälle jährlich einen leihe auch tatsächlich dem Straßenbau zusätzlich
volkswirtschaftlichen Schaden von mehr als fünf zugeführt wird. Eine solche Straßenbauanleihe dient
Milliarden DM verursachen. Darüber gibt es ein- nicht konsumtiven Zwecken, sondern sie hat einen
wandfreie Feststellungen. Wir haben aber noch erheblichen produktiven Wert, weil ein verbesser-
keine Vorstellung davon, welch eine Unmenge von tes Straßennetz Zeit, Betriebsstoff und Material
Arbeitskraft unserer Wirtschaft durch lange Warte- spart, und es scheint sicher zu sein, daß eine solche
zeiten an den Baustellen verlorengeht und welche Straßenbauanleihe aus dem erhöhten Steueraufkom-
Gefahren aus diesem Anlaß noch auf uns zukom- men finanziert werden kann.
men können. Ich bin der Meinung, solche Überlegun- Meine Damen und Herren, der Straßenbau der
gen hätten auch den Bundeswirtschaftsminister auf kommenden Jahre wird uns, wenn wir ihn über--
den Plan rufen und ihn veranlassen müssen, im haupt noch bewältigen wollen, vor erhebliche tech-
Bundeskabinett für einen vernünftigen Ausbau un- nische Probleme stellen. Es scheint mir ein Gebot
seres Straßennetzes einzutreten. Es geht nicht an, der Stunde zu sein, an die Techniker und an die
Herr Bundesfinanzminister, daß Sie das entschei- Straßenbauer zu appellieren, zu überlegen, ob es
dende Wort über den Straßenbau sprechen und daß nicht möglich ist, durch eine Verbesserung der
man diesen Straßenbau, wie es auch bei Ihrer Ein- Maschinen und des Maschinenparks und durch eine
führung leider wieder zum Ausdruck gekommen ist, Verbesserung der Arbeitsmethodik die Fristen bei
unter fiskalischen Gesichtspunkten wertet. den Baustellen zu verkürzen und die Umfahrung der
Baustellen zu erleichtern.
(Beifall bei der SPD.)
Ich bin mir aber darüber im klaren, daß solche
Dazu sind die Gefahren, die uns unter gemeinwirt- Dispositionen und solche Überlegungen nur im Rah-
schaftlichen Gesichtspunkten drohen, zu groß. men einer echten Dynamik und im Rahmen einer
Herr Bundesfinanzminister, es nimmt Ihnen auch echten Kontinuität im Straßenbau möglich sind und
wirklich niemand ab, wenn Sie in der Begründung daß alle Planungen hektisch werden müssen, wenn
Ihres Entwurfs versichern, daß die „Bundesregie- die Finanzierungsgrundlage ständigen Kürzungen
rung in der Kontinuität des Straßenbaus eine vor- unterworfen wird, wie wir sie in den letzten drei
dringliche Aufgabe sehe", besonders dann nicht, Jahren erlebt haben und wie sie heute mit dem
wenn Sie in dem gleichen Entwurf die Haushalts- vorliegenden Entwurf wiederum vorgeschlagen wer-
mittel für den zweiten Vierjahresplan um zwei Mil- den.
liarden DM kürzen. Denn die Festlegung auf 45 % Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts
— das haben Finanzexperten errechnet — bedeutet vor! Wir befinden uns in einem echten Straßennot-
ein Schrumpfen des zweiten Vierjahresplans auf stand. Es ist unsere Aufgabe — und darin sehe ich
11 Milliarden DM, während der Herr Bundesver eine wirkliche gemeinsame Aufgabe für alle Frak-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4123
Dr. Bleiß
tionen dieses Hohen Hauses —, diesen Notstand Es sind aber noch einige andere wirtschaftliche
zu beseitigen. Unter diesem Gesichtspunkt der Not- Aspekte zu berücksichtigen als diejenigen, die von
wendigkeit einer Beseitigung des Straßenbaunot- meinen Vorrednern angeführt wurden. Auch von
standes werden wir in den Ausschüssen an der meiner Fraktion wird die Gewährung von Anpas-
Beratung des Gesetzentwurfs teilnehmen, und von sungsbeihilfen für die Erdölförderung und für die
dem Ergebnis dieser Beratung werden wir unsere Unterstützung der Explorationen im Ausland unter-
Stellungnahme zu dem Entwurf abhängig machen. stützt. Nach unserer Meinung muß dabei geprüft
werden, ob diese Maßnahmen auf deutsche Unter-
Wegen der Bedeutung, die der Entwurf insbe- nehmen beschränkt bleiben sollen oder ob die Be-
sondere auch für die kommunalen Verbände und
stimmung auch gelten soll, wenn ausländische Un-
für die kommunalen Baulastträger haben könnte, ternehmen beteiligt sind. Ich glaube, wir werden
bitte ich, zu überlegen, ob es nicht zweckmäßig
nicht darum herumkommen, auch dann Anpassungs-
wäre, diesen Entwurf auch dem Kommunalpoliti-
beihilfen zu geben, wenn ausländische Unternehmen
schen Ausschuß zur Beratung zu überweisen. Das
beteiligt sind.
soll nur eine Anregung sein.
Von besonderer Bedeutung erscheint mir auch die
(Beifall bei der SPD.)
Vorschrift des Entwurfs, daß die Präferenzen für
Benzol vom Jahre 1968 ab in Fortfall kommen sol-
Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der len. Bekanntlich gehen Bestrebungen dahin, nicht
Abgeordnete Dr. Imle. endgültig das Jahr 1968 festzulegen, sondern die
Präferenzen dann stufenweise abzubauen. Ob das
zweckmäßig ist, wird die Beratung im Ausschuß
Dr. Imle (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr ge- ergeben.
ehrten Damen und Herren! Es ist erfreulich, Über-
einstimmung darin feststellen zu können, daß die Noch ein Problem erscheint mir von besonderer
Eigenförderung von Erdöl gefördert werden soll, Bedeutung — in der Vorlage wird darüber nicht ge-
wie ja auch der Bergbau und die Landwirtschaft sprochen —: wie es nämlich mit der Besteuerung von
gefördert werden. Wir begrüßen es, daß nach die- Erdgas sein soll. Ich darf darauf hinweisen, daß im
sem Gesetzentwurf über die Umstellung der Abga- nächsten Jahr wahrscheinlich eine große Menge Gas
ben auf Mineralöl der Eigenförderung Hilfe zuteil aus Holland zu uns herüberkommen wird. Im übri-
werden soll. gen muß wohl auch das sogenannte „Mogelgas"
berücksichtigt werden. Das französische Rohöl, das
Die Umstellung wird, wie schon betont wurde, in Speyer verarbeitet wird, wirft nämlich zu einem
dadurch erforderlich, daß mit dem 1. Januar 1964 Drittel Gas ab. Es ist nicht einzusehen, warum eine
der Zoll auf das Mineralöl in Fortfall kommt. Die solche Energiequelle außerhalb der Besteuerung
Bundeseinnahmen sollen aber dadurch nicht verrin- bleiben soll. Das wäre eine Bevorzugung gegenüber
gert werden. Das gleiche Aufkommen soll dem Staat dem Rohöl. Wir werden also auch dies sehr genau
durch Aufstockung der Mineralölsteuer gesichert prüfen müssen.
werden. Eine Preisänderung wird sich dadurch na-
türlich nicht ergeben. In Anbetracht der Notwendig- Von besonderer Bedeutung — das wurde vorhin
keit der Mittel sollte das auch nicht beabsichtigt vom Kollegen Stecker gesagt — ist die Tatsache,
werden, und ich bin eigentlich sehr froh darüber, daß die Kosten für die Förderung deutschen Rohöls
daß das von keinem Vorredner irgendwie heraus- zu denen der Förderung und des Antransports ara-
gestellt wurde. bischen Rohöls in einem krassen Mißverhältnis ste-
hen, nämlich im Verhältnis 2 : 1. Eine Tonne in
Es wurde betont, daß bestimmte Betriebsbeihilfen Schleswig-Holstein gefördertes Rohöl kostet rund
für Gasöl in Fortfall kommen sollen. Nach dem 118 DM, während das arabische Öl nur 56 DM
augenblicklichen Stand werden für etwa 6000 Be- kostet. Auch im Hinblick auf die Herstellung der
triebe rund 28,6 Millionen DM an Beihilfen gege- Wettbewerbsmöglichkeit ist also die eigene Förde-
ben, die bei kleinen Betrieben zum Teil nur 0,56 % rung unbedingt zu unterstützen; andernfalls wären
des Umsatzes ausmachen. Soweit ich unterrichtet wir nicht in der Lage, unsere Aufschließungsmaß-
bin, sind von den 6000 Betrieben rund 2000 mittel- nahmen im Ausland, die ja ebenfalls gefördert wer-
ständische Betriebe, insbesondere solche aus dem den sollen, durchzuführen.
Gebiet Steine und Erden. Wir werden im Ausschuß
sehr eingehend prüfen müssen, inwieweit man die- Nun lassen Sie mich noch kurz etwas zu dem in
sen Vorschlägen folgen kann, zumal ein Wegfall Art. 8 vorgesehenen Aufteilungsverhältnis sagen.
dieser Beihilfen für Gasöl keine sonderlichen Ein- Der Bundesfinanzminister hat eindeutig darauf hin-
sparungen für den Bundeshaushalt bedeutet. Ande- gewiesen, daß die für den Straßenbaufinanzierungs-
rerseits können aber die Betriebsbeihilfen für die plan in Aussicht genommenen Mittel in Höhe von
Unternehmen selbst von erheblicher Bedeutung sein. 13,1 Milliarden DM, wie es veranschlagt worden ist,
in vollem Umfange erbracht werden. Allerdings hat
Diese Beihilfen sollen auch für den Bergbau, für er dabei darauf hingewiesen, daß das nicht allein
Unternehmen der Torffabrikation sowie für Unter- aus den Abgaben zu erreichen ist, sondern daß eine
nehmen, die bisher Gasölbeihilfen für Maschinen Finanzierung über eine Gesellschaft des privaten
zur Stromerzeugung und Wasserförderung erhalten Rechts hinzukommen muß.
haben, fortfallen. Erfreulich ist, daß die Landwirt-
schaft, der Gartenbau und der Weinbau nicht betrof- Insofern waren wohl die Ausführungen des Kol-
fen werden. legen Bleiß vorhin irreführend. Er sagte, es fehlten
4124 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Boni, Mittwoch, den 9. Oktober 1963
Dr. Imle
2 Milliarden DM darin. Er hat nämlich die auf dem Ich weiß nicht, wo die Vorschläge kerkommen, die
Kreditwege selbst zu beschaffenden Mittel außer- Automobilfabriken sollten ihre Fabrikation etwas
halb der Berechnung gelassen. Das darf meines Er- einschränken, damit die Autostraßen nicht so über-
achtens nicht geschehen. lastet würden. Das ist aber doch eine Utopie; das
Nun wird gesagt, daß der Anteil von 45 % nicht kann man nicht machen. Man kann niemanden
ausreiche, man müsse mindestens auf 55 % gehen. daran hindern, an den Fortschritten der Zivilisation
Das erscheint mir durch die tatsächlichen Verhält- teilzunehmen. So geht es jedenfalls nicht.
nisse, die auch in der Entwicklung für die Zukunft (Abg. Dr. Bleiß: Aber deswegen muß man
zu erwarten sind, keineswegs gerechtfertigt. Wir Straßen bauen!)
können uns zwar ausrechnen, wie unsere Automo- — Natürlich sollen die gebaut werden; das wird
bilproduktion in der Zukunft , die Bevölkerung lau- ja auch nicht bestritten. Ich habe nur gesagt, daß
fend mit neuen Personenkraftwagen und auch mit Ihre Darlegungen, die im Gegensatz zu denen des
Gebrauchtfahrzeugen versorgen wird. Wir wissen Finanzministers standen, nicht geeignet waren, die
aber nicht, was aus der ausländischen Produktion Zweifel auszuräumen, weil ja der Finanzminister
im Wege der Einfuhr zu uns hereinkommt. Wir sind keineswegs 2 Milliarden DM weniger Mittel zur
ja sehr oft auf den Autobahnen und anderen Stra- Verfügung stellen will.
ßen unterwegs. Die Zahl der ausländischen Fahr-
zeuge auf unseren Straßen nimmt in erheblichem Aber die Schwierigkeit liegt ja auf einem ganz
Umfang zu. Der Betrieb dieser zusätzlich hereinge- anderen Gebiet. Die Schwierigkeit liegt nämlich
kommenen Fahrzeuge hat natürlich einen erhöhten nicht bei den Straßenbaumaschinen, sondern ganz
ÖlverbauchzFogndfürtamizue einfach bei der Planung. Wenn Sie sich bei den
erhöhten Aufkommen an Steuern. Das gleiche trifft Landesbauämtern umhören und mit den Bauämtern
natürlich auch für den erhöhten Verbrauch in der Fühlung nehmen, um zu erfahren, weshalb der Stra
Industrie zu, die sich immer stärker auf Öl umstellt. ßenbau nicht vorankommt, dann stellen Sie fest,
daß es sowohl an Technikern als auch an Vermes-
Der vom Bundesfinanzminister vorgeschlagene sungsingenieuren und an anderem dringend benö-
Aufbringungsmodus ist also wohl nicht zu bean- tigten technischen Personal mangelt. Dadurch treten
standen. Wenn hier eventuell Anstoß daran genom- die Verzögerungen ein.
men werden sollte, daß Kreditmittel aufgenommen
werden, so muß ich darauf hinweisen, daß unsere Insgesamt möchte ich abschließend feststellen:
Straßen nicht nur für einige Sitzungsperioden des Der Gesetzentwurf scheint uns eine durchaus an-
Bundestages gebaut werden, sondern auch für die nehmbare Grundlage für die Neuordnung des Mine-
nachkommenden Generationen. Deswegen ist es ralölsteuergesetzes zu sein. Wir werden in den be-
durchaus berechtigt, wenn solche Mittel auch im teiligten Ausschüssen sicherlich sehr bald zu einem
Kreditwege aufgenommen werden und die kommen- Übereinkommen gelangen, schon weil das Gesetz
den Generationen dann ebenfalls an dem jetzt not- bekanntlich bis zum 1. Januar 1964 in Kraft treten
wendigen Straßenbau beteiligt werden. muß. Ich kann für meine Fraktion erklären, daß wir
die Absichten des Bundesfinanzministers unterstüt-
Es wäre natürlich sehr leicht, jetzt noch auf die zen werden.
AusführngedKolBißnzugeh,d
er vorhin über die 35 km langen Autoschlangen
usw. gemacht hat. Wir sind uns klar darüber, daß es
Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der
Notstände im deutschen Straßenverkehrswesen gibt. Abgeordnete Dr. Müller-Hermann.
-
Wenn wir aber den Ursachen nachgehen, müssen
wir feststellen, daß man das nicht nur unserem man- Müller-Hermann (CDU/CSU) : Herr Präsident!
gelnden Straßennetz, insbesondere dem Autobahn- Meine Damen und Herren! Zunächst bitte ich, von
netz zur Last legen kann. Man muß wohl auch be- dem „Doktor" vorläufig Abstand zu nehmen, Herr
sonders einmal bei den einzelnen Verkehrsteilneh- Präsident.
mern nachfragen, ob nun jeder von ihnen am Sonn- (Zuruf von der CDU/CSU.)
tag oder Samstag unbedingt die Autobahn benutzen — Ich habe aber noch keine Urkunde; deshalb darf
muß, oder ob sie nicht auch noch auf anderen Stra- ich den Doktor-Titel noch gar nicht führen.
ßen fahren können. Wenn dann irgendwo steht:
Verkehrsstauung auf 8 Kilometern, können wir fest- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der
stellen, daß das keineswegs ein Anlaß ist, die Auto- Öffentlichkeit sind im Zusammenhang mit dem
bahn zu verlassen und Nebenstraßen zu benutzen, Mineralöl-Abgabengesetz Sorgen laut geworden,
sondern man reiht sich in die Schlange ein und ist daß die Möglichkeiten des Bundes, das Straßennetz
natürlich entsetzt, wenn man dann eben nicht voran- den Notwendigkeiten anzupassen, geschmälert wer-
kommt. Hier ist meines Erachtens auch eine Erzie- den könnten. Herr Dr. Bleiß hat dieser Auffassung
hung der Verkehrsteilnehmer unbedingt erforder- ja heute auch lebhaft Ausdruck gegeben. Wer heute
lich, und man sollte nach dieser Richtung einmal auf die öffentliche Meinung achtet, der weiß, daß
etwas unternehmen. sich in den letzten Monaten mancher Unmut, zum
Teil auch ein durchaus verständlicher Unmut, zu-
(Zuruf von der SPD: Ist das die neue sammengeballt hat, der sich daraus ergibt, daß die
Lösung? — Dann sollen die Leute also Leute keinen Parkraum mehr haben, daß sie in den
keine Autos mehr kaufen?) Autoschlangen festgeklemmt sind, daß sich die
— Das Auto sollen sie sich natürlich kaufen; das Baustellen als ein Hindernis bemerkbar gemacht
können Sie sowieso nicht verhindern. haben usw.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4125
Müller-Hermann
Wir sind uns völlig darüber im klaren, daß der zweite Vierjahresplan und die anschließenden Vier-
Straßenbau und die Straßenbaufinanzierung mehr jahrespläne in vollem Umfang bedient werden. Ich
und mehr zu einem Politikum erster Ordnung wer- darf daran erinnern, daß die Bundesregierung selbst
den. Wir wollen aber doch nachdrücklich davor in ihrem Regierungsprogramm diese Zusage ge-
warnen, meine Damen und Herren, daß man diesen macht hat. Sie befindet sich im Wort, und wir wer-
in der Öffentlichkeit vorhandenen Unmut nun etwa den sie beim Wort nehmen.
zu einer billigen Agitation ausnutzt. Dazu sind die (Beifall bei der CDU/CSU.)
Dinge zu ernst. Wir sind uns, glaube ich, auch in
allen Fraktionen darüber einig, daß noch sehr viel Meine Damen und Herren, aus den Zahlen, die
geschehen muß, damit wir mit den Problemen des ich Ihnen über die Konzentrierung des Verkehrs
Straßenverkehrs und des Straßenbaus fertig werden. nannte, ergibt sich zwangsläufig, daß sich die Ver-
kehrsmisere, dieser „Verkehrsnotstand", in den
Ich meine auch, Herr Kollege Dr. Bleiß, daß Sie Gemeinden und vor allem in den Großstädten be-
in Ihren Ausführungen etwas über das Ziel hinaus- sonders spürbar macht. Ich habe volles Verständnis
geschossen sind. Sie haben gesagt, was bisher auf für das Drängen der Gemeinden, einen verstärkten
diesem Gebiet geschehen sei, sei absolut unzuläng- Anteil an den vom Straßenverkehr aufgebrachten
lich, absolut unbefriedigend, und die jetzige Vor- Mitteln zu bekommen. Auf der anderen Seite soll-
lage bringe wesentliche Verschlechterungen. Dem ten wir nicht daran vorbeisehen, daß die Hauptver-
möchte ich mit aller Entschiedenheit entgegentreten. antwortung für die Behebung der Verkehrsnot-
Die Zahl der Personenkraftwagen wird in den stände in den Gemeinden zunächst einmal bei die-
nächsten Jahren jährlich um rund eine Million an- sen selbst und bei den Ländern liegt.
wachsen. In etwa zehn Jahren müssen wir mit einer Auf der anderen Seite haben wir in diesem
Verdoppelung des Pkw-Bestandes rechnen. Wir ha- Hohen Hause allein durch die Einsetzung der so-
ben keinen Anlaß — und wir werden nichts Ent- genannten Enquete-Kommission deutlich gemacht,
sprechendes tun —, diesen Motorisierungstrend daß wir durchaus eine Mitverantwortung des Bun-
etwa aufzuhalten. Wir können höchstens eines tun: des für die Probleme des Straßenverkehrs in den
wir können versuchen, unsere öffentlichen Ver- Gemeinden anerkennen. Nur — und das möchte ich
kehrsmittel attraktiver auszugestalten, damit ein an die Adresse der Opposition sagen — kann man
Teil derjenigen, die über Personenkraftwagen ver- nicht aus vielleicht zum Teil opportunistischen Er-
fügen, es vorzieht, sich dieser öffentlichen Nahver- wägungen heraus dieses Drängen der Gemeinden,
kehrsmittel zu bedienen, um damit zur 'Entlastung sich an den Bund wegen der Hergabe vermehrter
der Straßen beizutragen. Mittel zu wenden, anheizen und auf der anderen
Wir sind uns darüber im klaren, daß nach allen Seite leider dazu beitragen, daß dem Bund im Rah-
Vorausschätzungen die Verkehrsmenge, die erbrach- men des Finanzausgleichs die Mittel vorenthalten
ten Verkehrsleistungen bis 1970 um etwa 75 % zu- werden, die er braucht, um diese zusätzlichen Auf-
nehmen werden. Demgegenüber wird der Verkehrs- gaben erfüllen zu können.
raum nach den bisherigen Planungen aber nur um (Beifall in der Mitte.)
etwa 15 % zunehmen. Wir wissen auch aus den sta-
tistischen Unterlagen, daß zwei Drittel der Perso- Mir scheint der vorliegende Entwurf der Bundes-
nenkraftwagen auf 22 % der Fläche der Bundesre- regierung ein brauchbarer Ansatz dafür zu sein,
publik beheimatet sind und daß 80 % aller Ver- daß wir zu einer Lösung der Probleme kommen. Es
kehrsleistungen im Orts- und Nachbarortsverkehr ist ausgesprochen unrealistisch, nun zu meinen, die
erbracht werden, was zur Konsequenz hat, daß sich vollen Mittel der Mineralölsteuer und dazu noch die
insbesondere in den sogenannten Ballungsgebie- bisherigen Mittel des Mineralölzolls, die zu einer
ten die Verkehrsnotstände sehr stark zeigen wer- Steuer umgelegt werden, könnten total für Zwecke
den. des Straßenbaus ausgegeben werden. Ich nehme an,
diese kühne Forderung wird selbst von unseren
Ich kann auch bestätigen, was hier bereits von
Freunden in der Opposition nicht erhoben.
Herrn Dr. Bleiß ausgeführt worden ist, daß durch
die jetzigen Einbußen an Zeit, durch den erhöhten Aber eines möchte ich hier auch feststellen und
Verschleiß an Reifen und Material, den Mehrver- mit einer Bitte an die Bundesregierung und an den
brauch an Mineralöl und durch die häufigen Unfälle Herrn Bundesfinanzminister verbinden: Wir werden
volkswirtschaftliche Verluste entstehen, die nur in uns in diesem Fall, wo es sich immerhin um einen
Milliardenwerten ausgedrückt werden können. Ich Betrag von 1 Milliarde DM beim Mineralölzoll han-
führe das auf, meine Damen und Herren, um Ihnen delt, in vollem Einverständnis mit Ihnen, Herr Bun-
hier ganz deutlich zu machen, daß die Problematik desfinanzminister, dafür einsetzen, daß dieser Be-
in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in vollem Um- trag zu einer Steuer umgebaut wird. Für die Zukunft
fang erkannt und gesehen wird. Wir werden unse- möchte ich aber darum bitten, daß nicht generell
ren Beitrag dazu leisten, daß das Menschenmögliche bei einem Zollabbau im Zuge der EWG-Entwicklung
geschieht, um mit den Problemen fertig zu werden. automatisch daraus eine Steuer gemacht wird;
(Zustimmung bei der CDU/CSU.) (Beifall bei der CDU/CSU)
In diesem Sinne kann ich Ihnen auch im Zusam- denn das scheint mir etwas in Widerspruch zum Sinn
menhang mit der Vorlage, über die wir uns jetzt des EWG-Vertrages zu stehen. Natürlich übersehe
unterhalten, die Versicherung abgeben, daß von ich nicht: Das ist leichter gesagt als in die Tat um-
unserer Seite aus alles geschehen wird, damit der zusetzen angesichts der Haushaltslage des Bundes,
4126 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Müller-Hermann
mit der wir irgendwie zurechtkommen müssen. Der größere Teile des Haushalts über Anleihen zu
EWG-Vertrag sieht jedoch mit dem Zollabbau letzt- finanzieren.
lich eine Besserstellung des Verbrauchers vor, und (Abg. Dr. Stecker: Sehr richtig!)
die kann man nicht bei jeder Gelegenheit behindern.
Hier liegt also ein Widerspruch vor, über den wir
(Ah-Rufe von der SPD.) uns noch sehr eingehend unterhalten müssen. Ich
Herr Dr. Bleiß, Sie haben in Ihren Ausführungen weiß — die Zahlen weisen das aus —, daß eine
ständig von „Zweckbindung" und „Zweckentfrem- volle Fianzierung des zweiten Vierjahresplanes aus
dung" gesprochen. Wir haben uns gestern in den Mitteln der Steuer bedingen würde, daß wir rund
Gremien meiner eigenen Fraktion über dieses 53 % des Aufkommens
Thema in aller Breite unterhalten. Ich darf Ihnen (Zuruf von der Mitte: Mindestens!)
folgendes sagen: Wir sind nicht der Auffassung,
daß man die Zweckbindung zu einem Dogma er- — mindestens! — für diese Zwecke zur Verfügung
heben soll. — Bitte, Herr Dr. Dresbach. stellten. Ich möchte diese Zahl hier nennen, möchte
es aber den weiteren Beratungen in den Ausschüs-
sen und den Gesprächen mit den zuständigen Mini-
Dr. Dr. h. c. Dresbach (CDU/CSU) : Herr Kol- sterien überlassen, wie wir auch eine andere Lösung
lege, wer hat eigentlich das Wort „Zweckentfrem- finden können, die für alle Beteiligten akzeptabel ist.
dung" erfunden? Hat das Herr Bleiß erfunden? Ich (Zustimmung bei der CDU/CSU.)
kenne es nämlich nur aus der Wohnungswirtschaft.
Zum Abschluß darf ich noch zwei Bemerkungen
(Heiterkeit. — Abg. Dr. Bleiß: Ihr Herr machen. Ich darf mich dem anschließen, was Herr
Finanzminister Etzel hat von dieser Kollege Dr. Imle gesagt hat. Ein mindestens so
„Zweckentfremdung" früher einmal ge- wichtiges Problem wie das der Finanzierung ist das
sprochen; er wollte sie aber abbauen und der Beschleunigung im Grunderwerb und in der
eine reine Zweckbindung daraus machen!) Planung. Wir haben auf diese Übelstände bei ver-
schiedenen Gelegenheiten hingewiesen. Da liegt
Müller - Hermann (CDU/CSU) : Ich hätte Ihnen noch manches im argen.
die Auskunft nicht geben können. Ich nehme an, Ein Zweites! Wir müssen über das, was bisher
der Ausdruck stammt sogar schon vom Vorgänger geschehen ist, sicherlich noch hinaus- und daran-
des Herrn Etzel. gehen, die technischen Möglichkeiten auszuschöp-
fen, die im Straßenbau bei einem rationellen Ma-
(Abg. Dr. Bleiß: Möglicherweise!)
schineneinsatz bestehen. Wir müssen auch daran-
Worauf es mir ankommt, ist, hier deutlich zu gehen, den Winterbau nach Möglichkeit zu inten-
machen, daß diese sogenannte Zweckbindung doch sivieren. Ich möchte bloß hoffen, Herr Bundesfinanz-
nichts anderes als ein Notbehelf ist, um eine lang- minister, daß nicht gerade der Winterbau dadurch
fristige Planung und Finanzierung unabhängig vom erschwert oder unmöglich gemacht wird, daß nun
einzelnen Haushaltsjahr sicherzustellen. Darauf die Mittel nicht mehr zur Verfügung gestellt werden
kommt es uns an. Wie die Mittel aufgebracht wer- oder der Vorgriff- auf zusätzliche Mittel aus dem
den, ob über Steuern, über Anleihen oder durch nächsten Haushaltsjahr verwehrt wird.
sonstige Kniffe des Herrn Bundesfinanzministers, Ich möchte auch darum bitten, daß der Herr Bun-
das ist eine Frage, über die man sich natürlich auch desverkehrsminister einmal prüft, ob nicht vielleicht
unterhalten muß, die aber im grundsätzlichen von ein Teil der Baumaßnahmen des Bundes zu aufwen-
untergeordneter Bedeutung ist. Entscheidend ist für dig und zu perfektioniert vor sich geht. Ich darf in
uns, daß die vorgesehenen Straßenbaupläne finan- diesem Zusammenhang ein Blatt der Straßenbau-
ziell langfristig abgestützt werden. industrie zitieren, das selber feststellt:
ich wundere mich etwas über die heute entstan- Wir bauen hervorragend, perfekt, aber zu lang-
dene Diskussion hinsichtlich einer Finanzierung über sam und vielleicht auch zu teuer. Ein Blick über
Anleihen. Auf der einen Seite steht das Wort des die Grenzen zeigt, was gemeint ist.
Herrn Bundesfinanzministers, die Lücke, die zwi-
schen den 45 % — die meines Erachtens unzurei- Dann wird hier erwähnt, daß man sehr viel größere
chend sind — und dem tatsächlichen Finanzbedarf Maschinen in der Bundesrepublik einsetzen könnte.
entsteht, wolle er durch zusätzliche Anleihen aus- Man vergleicht das mit Frankreich. Besonders wird
füllen. Das scheint etwas in Widerspruch zu bis- oben darauf hingewiesen, daß wir zum Teil zu per-
herigen Erklärungen der Bundesregierung zu stehen, fekt bauen. Ich meine, man sollte doch immer den
Gesamtüberblick behalten und sagen: Lieber mehr
(Sehr gut! bei der SPD) Mittel dort einsetzen, wo vordringliche Aufgaben
man wolle den Kapitalmarkt nicht allzusehr durch sind, als an Projekten zu viel einsetzen, die mit
die öffentliche Hand strapazieren. geringeren Mitteln auch, zumindest provisorisch,
durchgeführt werden können. Wir müssen uns also
Auf der anderen Seite höre ich Herrn Dr. Bleiß auch hier, wie mir scheint, zu manchen großzügige-
sagen: Wir wollen einen möglichst hohen Prozent- ren Lösungen bereitfinden.
satz aus dem Aufkommen für den Straßenbau haben
und warnen vor einer Finanzierung durch Anleihen, Zweck all unserer Bemühungen muß jedenfalls
— während die gleiche Opposition bei den Haus- sein, daß wir ein umfassendes und durchgehendes
haltsberatungen uns eindringlich ermahnt hat, doch Straßennetz schaffen, damit uns bis zum vollen
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4127
Müller-Hermann
Wirksamwerden des EWG-Vertrages, d. h. bis 1970, schösse etwa auf dieser Basis einigen und daß wir
ein ausreichendes Straßennetz zur Verfügung steht, sowohl den Willen der Regierung als auch den Wil-
das einen hinreichend flüssigen Verkehr gewähr- len dieses Hohen Hauses etwa auf dieser Basis zu-
leistet und die Verkehrssicherheit in unserem Lande sammenführen können. Wir sollten das tun unter
verbessert. Dafür werden wir uns mit Nachdruck dem Gesichtspunkt, den auch Herr Müller-Hermann
einsetzen. angedeutet hat, nämlich dem Menschen, dem Ver-
(Beifall bei der CDU/CSU.) kehrsnutzer und der Wirtschaft ein ihren Bedürf-
nissen entsprechendes Straßennetz, ein nach einer
Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der Gesamtkonzeption ausgebautes Straßennetz zur Ver-
Abgeordnete Eisenmann. fügung zu stellen, um ein Höchstmaß an volkswirt-
schaftlichen Ergebnissen zu erreichen und die Sicher-
heit auf den Straßen zu vermehren. Ich neige also
Eisenmann (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr zu der Auffassung, bei 53 % etwa läge die richtige
verehrten Damen und meine Herren! Von den Her- Zweckbindung.
ren Vorrednern sind teilweise recht gute Bemerkun- (Beifall bei der FDP.)
gen über die Notwendigkeit der vorausschauenden
Planung im Straßenbau, der Koordinierung der Maß-
nahmen, über die Herr Kollege Imle gesprochen hat, Vizepräsident Dr. Jaeger: Die Rednerliste ist
und auch über die Finanzierung gemacht worden. erschöpft. Ich schließe die Aussprache.
Der Entwurf, den die Regierung uns vorgelegt hat,
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor,
soll den Willen zum Straßenbau zum Ausdruck brin-
den Gesetzentwurf an den Finanzausschuß — feder-
gen, den auch der Herr Bundesfinanzminister in sei-
führend — zu überweisen und zur Mitberatung an
nen Bemerkungen durchaus betont hat. Man kann
die Ausschüsse für Wirtschaft, für Verkehr, Post-
ohne Zweifel geteilter Meinung darüber sein, ob
und Fernmeldewesen sowie an den Haushaltsaus-
das, was Herr Kollege Bleiß gefordert hat, nämlich,
schuß. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so be-
man möge bei 55 % enden, richtig ist oder ob das
schlossen.
richtig ist, was der Finanzminister und die Regie-
rung vorgeschlagen haben, nämlich bei 45 % aufzu- Ich rufe auf Punkt 10 der Tagesordnung:
hören und die Mittel dann über den Kapitalmarkt
aufzustocken, um die 13 Milliarden DM zu erreichen, Erste Beratung des von der Fraktion der SPD
die für das Mindestprogramm — nach meiner Auf- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
fassung ist es ein Mindestprogramm — im Vier- Änderung des Einkommensteuergesetzes
jahresplan erforderlich sind. Wir sind wohl mit der (Drucksache IV/1347).
großen Mehrheit dieses Hauses der Auffassung, daß Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
die 13 Milliarden DM das Minimalprogramm für den Ich schlage Ihnen Überweisung an den Finanzaus-
zweiten Vierjahresplan im Straßenbau darstellen schuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so
und nicht das Maximalprogramm. Ich glaube, das ist beschlossen.
auch die Auffassung der Bundesregierung.
Es ist theoretisch möglich, daß es einen gewissen Ich rufe auf Punkt 11 der Tagesordnung:
Wettstreit zwischen den Mitgliedern des Haushalts- Erste Beratung des von der Bundesregierung
ausschusses, des Finanzausschusses und des Aus- eingebrachten Entwurfs eines Dritten Um-
schusses für Verkehr, Post und Fernmeldewesen stellungsergänzungsgesetzes (Drucksache
gibt. Ich bin der Auffassung, daß man sich zusam- -
IV/1457).
menraufen sollte unter dem Gesichtspunkt: was ist
Ich schlage Ihnen vor Überweisung an den Wirt-
zur Sicherung dieses Straßenbauprogramms notwen-
schaftsausschuß — federführend — und den Haus-
dig? Ohne Zweifel wollen wir das, was auch Herr
haltsausschuß — mitberatend —. — Widerspruch
Imle angedeutet hat, nämlich die Erreichung einer
erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Kontinuität im Straßenbau. Das bedeutet aber Pla-
nung, Koordinierung der Maßnahmen, Sicherung der
Ich rufe auf Punkt 12 der Tagesordnung:
Deckungsmittel für diesen Straßenbau.
Erste Beratung des von der Bundesregierung
Ich selber neige der Auffassung zu, daß der rich-
eingebrachten Entwurfs eines Vierten Geset-
tige Satz, Herr Kollege Dr. Bleiß, etwa zwischen
zes zur Änderung und Ergänzung des Wert-
45 % und 55 % liegen würde. Nach meiner Meinung
p apierbereinigungsgesetzes (Wertpapierbe-
liegt er etwa bei 51 % oder 53 %. Ich sage das als
meine persönliche Auffassung. reinigungsschlußgesetz) (Drucksache IV/1459).
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
(Widerspruch bei der SPD.) Ich schlage Ihnen Überweisung an den Wirtschafts-
Man wird sich in den Ausschüssen darüber unter- ausschuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist
halten müssen, ob man auf dieser Basis nicht viel- so beschlossen.
leicht zu einer Vereinbarung kommen kann, die den
Ich rufe auf Punkt 13 der Tagesordnung:
Kapitalmarkt nicht so sehr belastet, aber durchaus
der Kontinuität und der weiter anhaltenden Mo to- Erste Beratung des vom Bundesrat einge-
risierungswelle auf der einen Seite und den Erfor- brachten Entwurfs eines Gesetzes über die
dernissen im Straßenbau auf der anderen Seite Fortsetzung aufgelöster saarländischer Unter-
Rechnung tragen würde. Ich hoffe, daß sich die Aus nehmen (Drucksache IV/1481).
4128 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963
Vizepräsident Dr. Jaeger
Auf Begründung und Aussprache wird verzich- men wir doch also unseren Kollegen zu, die Vor-
tet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Wirt- sitzende der beiden Ausschüsse sind!
schaftsausschuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht;
es ist so beschlossen. Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der
Abgeordnete Dürr.
Ich rufe auf Punkt 14 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung Dürr (FDP) : Herr Präsident! Meine Damen und
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Herren! Wir sind deshalb in einer schwierigen Lage,
die Sicherstellung von Leistungen auf dem weil die Zuständigkeit für die Wasserwirtschaft beim
Gebiet der Wasserwirtschaft für Zwecke der Gesundheitsministerium liegt. Auf der anderen
Verteidigung (Wassersicherstellungsgesetz) Seite aber heißt unser Atomausschuß nicht nur
(Drucksache IV/1448). „Atomausschuß", sondern „Ausschuß für Atom-
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. kernenergie und Wasserwirtschaft". Wenn man die-
Ich schlage Ihnen vor, den Entwurf an die Aus- sen Gesetzentwurf jetzt an den dem Gesundheits-
schüsse für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft, ministerium korrespondierenden Ausschuß für Ge-
für Gesundheitswesen und für Inneres zu überwei- sundheitswesen überweisen wollte, müßte man zu-
sen. — Es erfolgt kein Widerspruch; es ist so nächst den allgemeinen Beschluß fassen, den Zustän-
beschlon. digkeitsbereich des Ausschusses für Atomkern-
energie und Wasserwirtschaft dadurch zu verklei-
Wir müssen nun noch die Federführung festlegen. nern, daß er nur noch Ausschuß für Atomkernenergie
Die Federführung ist, soweit ich weiß, zwischen dem sein soll. Dann könnten wir den Entwurf ohne wei-
Ausschuß für Atomkernenergie und dem Ausschuß teres an den Ausschuß für Gesundheitswesen über-
für Gesundheitswesen umstritten. Werden Anträge weisen. Solange wir diesen allgemeinen Beschluß
gestellt, wer federführend sein soll? — Herr Abge- nicht gefaßt haben — wir können das im Laufe der
ordneter Dr. Bechert zur Frage der Ausschußüber- nächsten Zeit immer noch —, müßten wir logischer-
weisung. weise den Ausschuß für Atomkernenergie und Was-
serwirtschaft für federführend erklären. Aber ich
Dr. Bechert (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen glaube, Grund zu großem Streit besteht bei dieser
und Herren! Der Vorsitzende des Bundestagsaus- Frage nicht.
schusses für Gesundheitswesen hat mir mitgeteilt,
der Ausschuß für Gesundheitswesen sei einverstan-
Vizepräsident Dr. Jaeger: Meine Damen und
den mit dem Vorschlag, den Ausschuß für Atomkern-
Herren, ich glaube, wir sollten jetzt abstimmen. Wer
energie und Wasserwirtschaft als federführend für
dem Antrag zustimmt, als federführenden Ausschuß
das Wassersicherstellungsgesetz zu bestimmen und
den Ausschuß für Atomkernenergie und Wasser-
die Ausschüsse für Gesundheitswesen und für Inne-
wirtschaft zu bezeichnen, den bitte ich um das Hand-
res als mitberatend.
zeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das
(Abg. Dr. Stoltenberg: Das ist doch eine erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenom-
Finanzvorlage!) men. Federführend ist der Ausschuß für Atomkern-
energie und Wasserwirtschaft, die Ausschüsse für
Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der Gesundheitswesen und für Inneres sind mitberatend.
Abgeordnete Rasner. -
Ich rufe auf Punkt 15 der Tagesordnung:
Rasner (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da- Erste Beratung des von der Bundesregierung
men und Herren! Nach der Geschäftsverteilung des eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
Kabinetts ist für die Wasserwirtschaft inzwischen dem Vertrag vom 19. April 1962 zwischen
das Gesundheitsministerium zuständig geworden. der Bundesrepub lik Deutschland und der Repu-
Es entspricht einer praktischen Überlegung, dann blik Guinea über die Förderung von Kapital-
auch den Ausschuß für Gesundheitswesen als feder- anlagen (Drucksache IV/1394).
führenden Ausschuß zu bestimmen. Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf an den
Vizepräsident Dr. Jaeger: Damit, meine Da- Wirtschaftsausschuß als federführenden Ausschuß
men und Herren, haben wir zwei Meinungen. — und an den Ausschuß für Entwicklungshilfe sowie
Herr Dr. Mommer hat das Wort. an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten
zur Mitberatung zu überweisen. — Widerspruch er-
Dr. Mommer (SPD) : Herr Präsident! Ich würde folgt nicht; es ist so beschlossen.
dem Hause vorschlagen, daß wir uns hier nicht strei-
ten, wenn sich die, die es angeht, über die Geschäfts- Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:
verteilung einig sind. Hier hat sich der Vorsitzende Erste Beratung des von der Bundesregierung
des einen betroffenen Ausschusses mit dem Vorsit- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
zenden des anderen verständigt. Warum sollen wir dem Abkommen vom 4. Juli 1962 zwischen
ihnen dreinreden? Außerdem gibt es nach meiner der Regierung der Bundesrepublik Deutsch-
Erinnerung vom Beginn der Legislaturperiode eine land und der Regierung von Ceylon zur Ver-
Abmachung des Inhalts, daß die Wasserwirtschaft meidung der Doppelbesteuerung und zur Ver-
bei dem Ausschuß für Atomkernenergie bleibt. Stim hinderung der Steuerverkürzung bei den
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4129
Vizepräsident Dr. Jaeger
Steuern vom Einkommen und vom Vermögen dem Abkommen vom 13. November 1962
(Drucksache IV/1424). über die Änderung des Vertrages zur Grün-
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. dung der Europäischen Wirtschaftsgemein-
Ich schlage Überweisung an den Finanzausschuß schaft zum Zwecke der Assoziierung der Nie-
vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so be- derländischen Antillen (Drucksache IV/1474).
schlossen. Auf Begründung und Aussprache wird auch hier
verzichtet. Ich schlage Ihnen vor Überweisung an
Wir kommen zu Punkt 17 der Tagesordnung:
den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten —
Erste Beratung des von der Bundesregierung federführend — und den Wirtschaftsausschuß —
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu mitberatend —. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist
dem Protokoll vom 9. Dezember 1961 zur so beschlossen.
Verlängerung der Geltungsdauer der Erklä-
rung vom 12. November 1959 über den vor- Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:
läufigen Beitritt Tunesiens zum Allgemeinen
Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
IV/1431). desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zu dem Protokoll vom 16. Dezember
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
1961 über den Beitritt Dänemarks und anderer
Ich schlage Ihnen Überweisung an den Außenhan-
Mitglieder des Europarats zu dem Überein-
delsausschuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es kommen vom 17. April 1950 über Gastarbeit-
ist so beschlossen. nehmer (Drucksache IV/1173);
Punkt 18 der Tagesordnung: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für
Erste Beratung des von der Bundesregierung Arbeit (21. Ausschuß) (Drucksache IV/1418).
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu (Erste Beratung 72. Sitzung)
dem Sonderabkommen vom 7. Dezember 1957
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten
dem Königreich Belgien über Arbeitslosen- Varelmann, für seinen Schriftlichen Bericht.
versicherung (Drucksache IV/1434).
Ich rufe in zweiter Beratung auf Artikel 1, — 2, —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. 3, — Einleitung und Überschrift. Das Wort wird
Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für nicht begehrt. Wer den aufgerufenen Bestimmungen
Arbeit vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. —
beschlossen. Angenommen.
Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:
Wir kommen zur
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dritten Beratung.
dem Vertrag vom 7. Mai 1963 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Repu- Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort
blik Österreich über Kriegsopferversorgung wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine
und Beschäftigung Schwerbeschädigter (Druck- Aussprache.
sache IV/1435). Wer dem Gesetzentwurf in dritter Beratung in der
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte
Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegen-
für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen vor. — probe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? —
Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen. Auch keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen!

Punkt 20 der Tagesordnung: Punkt 23 der Tagesordnung:


Erste Beratung des von der Bundesregierung Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu tionen der FDP, CDU/CSU eingebrachten Ent-
dem Abkommen vom 16. März 1962 zur Er- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ein-
gänzung des Abkommens vom 26. August kommensteuergesetzes (Drucksache IV/974);
1952 zwischen der Bundesrepublik Deutsch-
land und der Schweizerischen Eidgenossen- Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses
schaft zum deutschen Lastenausgleich (Druck- (14. Ausschuß) (Drucksache IV/1480).
sache IV/1451).
(Erste Beratung 63. Sitzung)
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten
den Lastenausgleich vor. — Widerspruch erfolgt Dr. Koch, für seinen Schriftlichen Bericht.
nicht; es ist so beschlossen. Ich rufe in zweiter Beratung auf Artikel 1, -
2, — 3, — Einleitung und Überschrift. Das Wort wird
Wir kommen zu Punkt 21 der Tagesordnung:
nicht begehrt. Wer den aufgerufenen Bestimmungen
Erste Beratung des von der Bundesregierung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Hand-
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu zeichen. — Angenommen.
4130 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Vizepräsident Dr. Jaeger


Wir kommen zur von 1960 erhalten .die in den Betrieben des Bau
ewerbes Beschäftigten bei Arbeitsausfällen aus
dritten Beratung.
zwingenden witterungsbedingten Gründen Schlecht-
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wettergeld. Die Schlechtwettergeldbezieher bleiben
wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Mitglieder ihrer Krankenkasse. Sie und ihre Ange-
Aussprache. hörigen haben trotz der Arbeitsunterbrechung nach
Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung wie vor Anspruch auf die vollen Leistungen ihrer
zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. Kasse, so auch auf die kassenärztliche Versorgung,
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegen- wie zur Zeit der Beschäftigung.
stimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Ein- Vor der sogenannten Schlechtwettergeldregelung
stimmig angenommen. waren diese Personen den Arbeitslosen gleichge-
stellt. Die Arbeitsbehörden zahlten an die Kranken-
Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:
kasse wie für Arbeitslose Krankenkassenbeiträge.
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Diese Beiträge fanden bei der Berechnung der
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Grundlohnsumme, die Einfluß auf die Höhe der ärzt-
Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des lichen Honorare hat, ihre Berücksichtigung. Seit der
Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Ar- Schlechtwettergeldregelung entfallen nun diese Bei-
beitslosenversicherung (Fünftes Änderungs- träge. Die Krankenkassen erhalten gemäß der 11.
gesetz zum AVAVG) (Drucksache IV/1312); Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
Arbeit (21. Ausschuß) (Drucksachen IV/1493, zur Abgeltung des Mehraufwandes an Barleistun-
zu IV/1493). gen eine Pauschale in Höhe von 10 % des an die
Mitglieder der Krankenkasse ausgezahlten Schlecht-
(Erste Beratung 78. Sitzung) wettergeldes. Die sich danach ergebenden Beträge
Ich danke dem Abgeordneten Müller (Remscheid) für gelten, wie schon vorher erwähnt, nicht als Bei-
seinen Schriftlichen Bericht. träge, sondern sind nach einer Verwaltungsvor-
schrift des Bundesministers für Arbeit vom 31. März
Ich rufe in zweiter Beratung auf Art. 1 und dazu 1960 unter dem Konto 3234 als Erstattungen zu
den Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. führen.
Hubert und Genossen Umdruck 346 *), Ziffer 1.
Daraus ist zu ersehen, daß bei der Textierung der
Wird dazu das Wort gewünscht? — Bitte sehr, gesetzlichen Schlechtwettergeldregelung die Aus-
Herr Abgeordneter Dr. Nissen. wirkungen auf Dritte, nämlich auf die Beziehungen
zwischen den Trägern der sozialen Krankenver-
Dr. Nissen (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen sicherung und den Ärzten, völlig übersehen worden
und Herren! Ich muß Sie leider ganz kurz zur Be- sind. Diese Auswirkungen sind zum Teil beträcht-
gründung eines interfraktionellen Antrages gewis- lich, und es ist nicht einzusehen, daß, wie die Ein-
sermaßen um gut Wetter für eine Schlechtwetter- mütigkeit der Vertreter der Baugewerkschaft mit
regelung bitten und Sie bitten, Ihre Aufmerksam- den Krankenkassenverbänden, mit dem Verband
keit dem Änderungsantrag Umdruck 346, der von der Bauindustrie und der Kassenärztlichen Vereini-
Vertretern aller drei in diesem Hohen Hause ver- gung bei der Bereinigung und Klärung dieser Ange-
tretenen Fraktionen gestellt worden ist, zuzuwen- legenheit zeigt, gerade ein so wichtiger und zu-
-g
gleich auch gesundheitlich exponierter Berufszweig,
den.
wie es die Bauarbeiter nun einmal sind, und die um
Bei diesem interfraktionellen Antrag geht es ihre Gesunderhaltung bemühten Ärzte hierdurch
praktisch um die Wiederaufnahme eines Bundes- nun besonders belastet werden sollen.
ratsvorschlages zum § 143 i Abs. 2 des AVAVG. Wir
haben dabei volles Verständnis dafür, daß man bei Aus zwei Gründen ist nun die Übergangsregelung,
der Ausschußberatung davon ausging, daß eine end- wie sie in dieser Regierungsvorlage vorgeschlagen
gültige Neuregelung dieser Frage im Rahmen der wird, unbefriedigend, einmal weil die bestehenden
Krankenversicherungs-Neuregelung erfolgen würde, Mängel durch diesen Regierungsvorschlag nicht
und darum noch einmal bereit war, einem Proviso- grundlegend beseitigt werden, sondern nur um ge-
rium — so betrachten wir diese Regierungsempfeh- nau ein Drittel behoben werden, zum anderen weil
lung — zu folgen, das die jetzt unbefriedigende trotz der in diesem Hause verschieden verteilten
Regelung dadurch überbrücken will, daß zur Abgel- optimistischen Einstellungen nicht abzusehen ist,
tung des Mehraufwandes von seiten der Bundes- wann einmal die Krankenversicherungs-Neurege-
anstalt ein Pauschalbetrag von 10 % nicht, wie bis- lung in Kraft treten wird, so daß es ungut wäre, die
her, als Erstattung, sondern nunmehr als Beitrag Betroffenen, nämlich die kranken Bauarbeiter eben-
unter Zugrundelegung bei der Endabrechnung des so wie die Kassenärzte auf unbestimmte Zeit zu ver-
Grundlohns an die Krankenkassen entrichtet wer- trösten. Wir wissen darüber hinaus, meine verehr-
den soll. ten Kolleginnen und Kollegen, daß nichts eine so
zählebige Tendenz hat zu bestehen wie ein soge-
Zur Verdeutlichung noch einmal in Kürze die bis- nanntes Provisorium.
herige Regelung: Nach dem Gesetz über Arbeits-
vermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) Der Vorteil, daß die vorgeschlagene Regelung die
Bundesanstalt finanziell nicht belasten wird, wird
*) Siehe Anlage 6 für die Begriffe der Antragsteller dadurch über-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4131
Dr. Nissen
schattet, daß das auch weiterhin auf Kosten einer Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
qualifizierten Sachleistung der Ärzteschaft gesche-
Ich schlage Ihnen vor Überweisung an den Aus-
hen würde, letztlich also das zur Heilung notwen-
schuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes. — Wi-
dige enge Verhältnis von Patient und Arzt belasten
derspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
würde.
Ich darf meiner Freude Ausdruck geben, daß Mit- Ich rufe auf Punkt 27 der Tagesordnung:
glieder aller in diesem Hohen Haus vertretenen
Beratung des Antrags des Bundesministers
Fraktionen diese Dinge noch einmal durchdacht ha-
der Finanzen betreffend Veräußerung einer
ben und die Ansicht vertreten haben, daß eine so-
Teilfläche der ehemaligen Lüttich-Kaserne in
fortige klare und auch als Provisorium, d. h. als
Göttingen an die Gothaer Lebensversicherung
Übergangslösung Bestand habende Regelung ge-
a. G. (Drucksache IV/1399).
funden werden kann, wenn man dem Vorschlag,
den der Bundesrat zu diesem Paragraphen erarbei- Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
tet hat, hier schon folgte. Ich schlage Ihnen auch hier vor Überweisung an
Ich darf Sie darum bitten, wie ich eingangs sagte, den Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bun-
dieser Schlechtwetterregelung Verständnis und gut des. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so be-
Wetter entgegenzubringen und dem Änderungsan- schlossen.
trag der Unterzeichner zuzustimmen.
Ich rufe auf Punkt 28 der Tagesordnung:
Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der Beratung des Antrags des Bundesministers
Abgeordnete Rasner. der Finanzen betreffend Veräußerung einer
Teilfläche des Industriehofes Eschwege an
Rasner (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da- die Firma Massey-Ferguson GmbH in Kassel
men und Herren! Über diesen Antrag scheint es in (Drucksache IV/1404).
einigen Fraktionen zumindest Unklarheiten zu ge- Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
ben. Da das Gesetz möglichst einstimmig verab- Ich schlage Ihnen auch hier Überweisung an den
schiedet werden sollte, würde ich vorschlagen, daß Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes vor.
wir die Vorlage an den federführenden Ausschuß — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
zurücküberweisen. Ich zweifle nicht daran, daß
diese Unstimmigkeiten im Ausschuß sofort geklärt Ich rufe auf Punkt 29 der Tagesordnung:
werden können.
Beratung des Antrags des Bundesministers
der Finanzen betreffend Veräußerung einer
Vizepräsident Dr. Jaeger: Ich habe den Ein- Teilfläche des ehemaligen Marine-Munitions-
druck, daß das Hohe Haus dem Vorschlag auf Rück- depots in Kiel-Dietrichsdorf an die Stadt Kiel
überweisung an den federführenden Ausschuß zu- (Drucksache IV/1440).
zustimmen wünscht. — Dann ist die Vorlage mit
dem Änderungsantrag an den federführenden Aus- Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
schuß zurücküberwiesen. Ich schlage Ihnen wiederum vor Überweisung an
den Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bun-
Ich rufe auf Punkt 25 der Tagesordnung: des. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so be-
Beratung des Antrags der Abgeordneten schlossen.
Sander, Peters (Poppenbüll), Dr. Effertz, Loge-
mann, Walter, Ertl, Dr. Frey (Bonn) Struve Ich rufe auf Punkt 30 der Tagesordnung:
und Genossen betreffend Zuckerrübenpreis Beratung des Antrags des Bundesministers
1963/64 (Drucksache IV/1416). der Finanzen betreffend Veräußerung der
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. ehemaligen Fort-Kaserne in Landau (Pfalz)
an das Land Rheinland-Pfalz (Drucksache
Ich schlage vor, den Antrag an den Ausschuß für
IV/1442).
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — feder-
führend — und an den Wirtschaftsausschuß — mit- Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
beratend — zu überweisen. — Widerspruch erhebt Ich schlage Ihnen auch in diesem Fall Überwei-
sich nicht; es ist so beschlossen. sung an den Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz
des Bundes vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist
Ich rufe auf Punkt 26 der Tagesordnung:
so beschlossen.
Beratung des Antrags des Bundesministers
der Finanzen betr. Zustimmung zur Überlas- Ich rufe auf Punkt 31 der Tagesordnung:
sung junger Anteile an wirtschaftlichen Un-
ternehmungen an andere Bezieher als den Beratung des Antrags des Bundesministers
der Finanzen betreffend Veräußerung von
Bund hier: Kapitalbeteiligung des Landes
Nordrhein-Westfalen und des Vereins für die bundeseigenem Gelände in Brunsbüttelkoog
bergbaulichen Interessen an der Treuhand- an die Firma Deutsche Erdöl-Aktiengesell-
stelle für Bergmannswohnstätten im rhei- schaft in Hamburg und ihre Beteiligungs-
nisch-westfälischen Steinkohlenbezirk mbH gesellschaften (Drucksache IV/1465).
in Essen (Drucksache IV/1389). Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
4132 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Vizepräsident Dr. Jaeger


Ich schlage Ihnen hier ebenfalls Überweisung an Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Ent-
den Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes haltungen. Einstimmig angenommen.
vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlos-
sen. Ich rufe Punkt 35 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Wirt-
Ich rufe auf Punkt 32 der Tagesordnung: schaftsausschusses (16. Ausschuß) über den
Beratung des Berichts des Bundesrechnungs- von der Bundesregierung zur Unterrichtung
hofs über die Prüfung der Bundesmonopol- vorgelegten Vorschlag der Kommission der
verwaltung für Branntwein für die Geschäfts- EWG für eine Verordnung des Rates betref-
jahre 1958/59 und 1959/60 (Drucksache fend die Änderung der Verordnung Nr. 17
IV/1429). (Drucksachen IV/1455, IV/1498, zu IV/1498).
Ich schlage Ihnen vor, den Bericht dem Finanz- Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Stein-
ausschuß zu überweisen. — Widerspruch erfolgt metz, dem ich für seinen Schriftlichen Bericht danke.
nicht; es ist so beschlossen. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag des Ausschusses — er umfaßt
Ich rufe auf Punkt 33 der Tagesordnung: bloß einen Punkt: Kenntnisnahme — zuzustimmen
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich
schusses für Inneres (6. Ausschuß) über den bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen.
von der Bundesregierung zur Unterrichtung Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig
vorgelegten Vorschlag der Kommission der angenommen.
EWG für eine Verordnung des Rates zur Be-
stimmung der Gruppen von Beamten und Ich rufe Punkt 36 der Tagesordnung auf:
sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft, auf Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
welche die Artikel 11, 12 Absatz 2 und Arti- schusses für Sozialpolitik (20. Ausschuß) über
kel 13 des Protokolls über die Vorrechte und den von der Bundesregierung zur Unterrich-
Befreiungen der Gemeinschaft Anwendung tung vorgelegten Vorschlag der Kommission
finden (Drucksachen IV/1454, IV/1496). der EWG für eine Verordnung des Rates zur
Berichterstatter ist der Abgeordnete Schmitt- Änderung des Artikels 42 der Verordnung
Vockenhausen. — Er befindet sich offenbar im Nr. 3 über die Soziale Sicherheit der Wander-
Augenblick nicht im Saal. Verzichtet das Haus auf arbeitnehmer und der Artikel 69 bis 72 der
Berichterstattung? Verordnung Nr. 4 zur Durchführung und Er-
(Zustimmung.) gänzung der Verordnung Nr. 3 (Familienbei-
hilfen für Waisen und für Kinder von Renten-
— Das ist der Fall.
empfängern) (Drucksachen IV/1452, IV/1499).
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der
Berichterstatter ist der Abgeordnete Kohlberger.
Fall.
Ich erteile ihm das Wort.
Dann lasse ich abstimmen über den Antrag des
Ausschusses, die Verordnung zustimmend zur
Kenntnis zu nehmen. Erfolgt Widerspruch? — Das Kohlberger (SPD) : Herr Präsident! Meine Da-
ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen. men und Herren! Zu den Drucksachen IV/1452 und
IV/1499 war der Sozialpolitische Ausschuß einmütig
Ich rufe nunmehr Punkt 34 der Tagesordnung auf: der Auffassung, dem Hause empfehlen zu sollen,
dem Vorschlag der EWG-Kommission auf Änderung
Beratung des Schriftlichen Berichts des Aus- des Art. 42 der Verordnung Nr. 3 und der dazu-
schusses für Inneres (6. Ausschuß) über den gehörigen Durchführungsbestimmung der Verord-
von den Bundesregierung zur Unterrichtung nung Nr. 4 zuzustimmen. Die Vorlage befaßt sich
vorgelegten Vorschlag der Kommission für mit der sozialen Sicherheit der Wanderarbeitnehmer
eine Verordnung Nr.... des Rats (EAG) über und will im Hinblick auf diesen Kreis die Bestim-
die Gewährung einer Entschädigung für mung über die Familienbeihilfe für Waisen und Kin-
beschwerliche Arbeit (Drucksachen IV/933, der von Rentenempfängern verbessern. Der Art. 42
IV/1497). der Verordnung Nr. 3 hat in seiner bisherigen Fas-
Berichterstatter ist der Abgeordnete Schmitt- sung durch die Haltung verschiedener Mitglied-
Vockenhausen. Ich nehme an, daß das Haus auch staaten und durch die komplizierten Durchführungs-
hier auf Berichterstattung verzichtet. bestimmungen die Zahlung von Familienbeihilfen
an die betroffenen Kinder und Waisen behindert.
(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Ich bin jetzt
hier, aber ich verzichte!) Ein Arbeitnehmer, der je eine Hälfte seines Be-
— Nicht Sie haben zu verzichten, das Haus hat auf rufslebens z. B. in Deutschland und Frankreich ver-
den Bericht zu verzichten. Aber das Haus wird sichert gewesen ist, hat in Deutschland nur auf die
Ihrem Wunsche entsprechen. Hälfte des Kindergeldzuschusses der deutschen Ren-
tenversicherung Anspruch, während von Frankreich
Wir haben über den Antrag des Ausschusses auf keine Familienbeihilfen gezahlt werden. Umgekehrt
Drucksache IV/1497 abzustimmen. Wer diesem An- erhalten die Kinder eines Versicherten in Frankreich
trag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das die vollen französischen Familienbeihilfen und die
Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Hälfte des deutschen Kindergeldzuschusses.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4133
Kohlberger
Der Entwurf geht nun davon aus, daß künftig die Meine Damen und Herren, es ist strittig, ob der
Kindergeldzuschüsse der Rentenversicherung und Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
die Familienbeihilfen für Rentenempfänger und oder der Außenhandelsausschuß federführend sein
Waisen, die verschiedene Staaten an Stelle des soll. In der Vergangenheit hat das Haus, wie ich
Kindergeldzuschusses kennen, gleichbehandelt wer- unterrichtet worden bin, diese Frage unterschiedlich
den. Sie sollen, wenn die Rente nur von einem Staat entschieden.
gewährt wird, grundsätzlich vom Träger des Staates, Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Bauknecht.
wenn Teilrenten von zwei Staaten gewährt werden,
vom Träger des Wohnortlandes in voller Höhe ge-
zahlt werden. Bauknecht (CDU/CSU) : Ich bitte das Hohe Haus,
meinem Vorschlag zuzustimmen, den Ausschuß für
Bei dem angeführten Beispiel würde das bedeu- Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als feder-
ten, daß für das Kind in Deutschland der volle Kin- führenden zu bestimmen. Die Abschöpfungen sind
derzuschuß, für das Kind in Frankreich die volle eindeutig ein Mittel der Agrarpolitik, nur tech-
französische Familienbeihilfe gewährt würde. nisch werden sie wie Zölle behandelt. Ich darf darauf
Beim Tod eines Versicherten durch Arbeitsunfall hinweisen, daß im letzten Jahr in dieser Sache der
soll mit dieser Empfehlung das Land, in dem der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Arbeitsunfall erfolgt ist, die volle Familienbeihilfe federführend war.
übernehmen.
Obwohl mit dem Vorschlag der EWG-Kommission Vizepräsident Dr. Jaeger: Zur gleichen Frage
ein Fortschritt erzielt wird, ist doch festzustellen, erteile ich dem Abgeordneten Bading das Wort.
daß diese Empfehlung für den Fall einer bereits
festgestellten, einer beantragten oder einer abge- Bading (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
lehnten Leistung eine unterschiedliche Regelung vor- Herren! Ich bedaure außerordentlich, dem Kollegen
sieht. Mit der Verabschiedung des vorliegenden Bauknecht widersprechen zu müssen. Ich möchte den
Kommissionsvorschlages würden also wieder unter- Antrag stellen, daß für alle Fragen der Abschöpfung
schiedliche Kategorien von Leistungsempfängern ge- — in diesem Falle für die Frage der Abschöpfung
schaffen, obwohl sie sich alle in der gleichen Situa- bei der Einfuhr von geschlachteten Gänsen — der
tion befinden. Außenhandelsausschuß als federführend bestimmt
Im Interesse der Gleichbehandlung legt Ihnen der wird.
Sozialpolitische Ausschuß einen Antrag zur Zustim Es stimmt, was der Kollege Bauknecht gesagt hat,
mung vor. Mit diesem Antrag soll erreicht werden, daß im vorigen Jahr hinsichtlich der Abschöpfungen
daß alle Leistungen von einem bestimmten, in der bei der Einfuhr von Schlachtgänsen das Hohe Haus
Zukunft liegenden Zeitpunkt an festgestellt werden entschieden hat, daß der Ernährungsausschuß feder-
mit dem Ziel, die Gleichbehandlung aller Betrof- führend sein soll. Das Haus hat das aber nur in
fenen zu erreichen. Es ist dabei erforderlich, für den diesem einen Fall getan. In allen anderen Fällen
einzelnen Leistungsempfänger durch eine Besitz- und wir haben seit Weihnachten vorigen Jahres
standsklausel eine Verschlechterung der tatsäch-
mindestens drei Dutzend Abstimmungen über die
lichen Situation zu vermeiden. Änderung von Abschöpfungssätzen gehabt — war
Der Ausschuß für Sozialpolitik bittet das Hohe der Außenhandelsausschuß federführend. Abschöp-
Haus, die Drucksache IV/1452 zustimmend zur fungen sind im Grunde genommen dasselbe wie -
Kenntnis zu nehmen und die auf der Drucksache Zölle. Auch Zölle sind ein agrarpolitisches Mittel,
IV/1499 unter Ziffer 2 aufgeführte Entschließung um nämlich die Preise im Inland zu verteuern. Das
anzunehmen. ist bei Abschöpfungen ganz genau dasselbe. Es han-
delt sich bei den Schlachtgänsen auch noch um die
Einfuhr aus Drittländern, nicht aus dem EWG-Be-
Vizepräsident Dr. Jaeger: Ich danke dem reich,. Infolgedessen ist das besonders eine handels-
Herrn Berichterstatter. politische Frage, und diese gehört nun einmal feder-
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der führend in den Außenhandelsausschuß. Selbstver-
Fall. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Antrag, ständlich soll der Ernährungsausschuß mitberatend
der Ihnen vorliegt und der vom Berichterstatter so- tätig sein.
eben begründet wurde, zuzustimmen wünscht, den Ich bitte daher das Hohe Haus, dem Antrage des
bitte ich, ein Handzeichen zu geben. — Ich bitte um Kollegen Bauknecht nicht zu entsprechen, sondern
die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthal- dafür zu stimmen, daß der Außenhandelsausschuß
tungen? — Keine Enthaltungen; der Antrag des als federführend bestimmt und die Angelegenheit
Ausschusses ist einstimmig angenommen. dem Ernährungsausschuß zur Mitberatung überwie-
sen wird.
Damit komme ich zu Punkt 37 der Tagesordnung:
Beratung der von der Bundesregierung vor- Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der
gelegten Verordnung über die Senkung von Abgeordnete Rasner.
Abschöpfungssätzen bei der Einfuhr von ge-
schlachteten Gänsen (Drucksache IV/1503)..
Rasner (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da-
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. men und Herren! Zunächst einmal, Herr Kollege
4134 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Rasner
Bading, Abschöpfungen sind natürlich nicht dasselbe Ausschußüberweisung bereits eine Sachentschei-
wie Zölle, dung verbunden ist.
(Abg. Bading: Die wirken sich ebenso aus!) Herr Abgeordneter Bauknecht!
sondern sind finanzpolitisch, finanztechnisch etwas
ganz anderes.
Bauknecht (CDU/CSU) : Zunächst möchte ich
(Abg. Bading: Sie werden von den Finanz Ihnen widersprechen, Herr Mommer. Das ist eine
ämtern erhoben!) Auslegung, die doch durch nichts begründet ist. Sie
Aber davon einmal abgesehen, Herr Kollege Bading., können ja gar nicht wissen, wie dieser Ausschuß
Zunächst haben Sie beantragt, das Haus möge be- entscheidet. Ich muß das also energisch zurückwei-
schließen, daß ein für allemal solche Vorlagen zur sen. Aber es ist doch wirklich so, daß, seitdem die
EWG verwirklicht wird, diese Abschöpfungssätze
Federführung an den einen und zur Mitberatung
praktisch tatsächlich allein ein Mittel der Agrar-
an den anderen Ausschuß überwiesen werden soll-
politik sind und sich völlig von den Zöllen unter-
ten. Dagegen habe ich grundsätzliche Bedenken. Die-
scheiden. Die Zölle wurden für lange, lange Zeit
ses Haus kann jetzt nicht Beschlüsse fassen, die die
festgesetzt. Es waren zum Teil auch Finanzzölle.
Ausschußüberweisung schon in späteren Fällen fest-
Aber hier wird doch die ganze Agrarpolitik und un-
legen. Außerdem sollte man solche grundsätzlichen
ser ganzes Agrarpreisniveau allein durch diese Ab-
Anträge nicht einfach aus dem Stegreif stellen. Das
schöpfungsbeträge gesteuert.
müßte vorberaten sein. Kollege Bading, darf ich an
Sie appellieren, daß Sie diesen Antrag, eine solche Außerdem ist federführend für die Vorlage der
grundsätzliche Entscheidung ein für allemal, für alle Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und
Zukunft, zu fällen, jetzt zurückziehen! Forsten.
(Abg. Bading: Einverstanden!) (Abg. Bading: Wir haben noch keinen
— Ich bedanke mich. Außenhandelsminister!)
— Das weiß ich. Aber bei der Betrachtung muß ich
noch einmal feststellen,
Vizepräsident Dr. Jaeger: Ein solcher Antrag
müßte auch schriftlich gestellt werden. (Abg. Memmel: Vielleicht kriegen wir noch
einen!)
Rasner (CDU/CSU) : Es geht jetzt also nur um daß Sie wirklich im Irrtum sind. Herr Bading, Sie
die Entscheidung in diesem einen speziellen Fall. sind doch auch im Ernährungsausschuß und wissen,
Nun, dann unterstreiche ich noch einmal, was der wie einschneidend sich diese Abschöpfungen ge-
Kollege Bauknecht hier gesagt hat, und schlage vor, rade in der Landwirtschaft auswirken.
daß wir die Federführung an den Ausschuß für Er-
nährung, Landwirtschaft und Forsten geben. Ich darf das Hohe Haus deswegen noch einmal
darum bitten, daß die Federführung dem Ernäh-
(Beifall bei der CDU/CSU.) rungsausschuß übertragen wird.
(Beifall bei der CDU/CSU.)
Vizepräsident Dr. Jaeger: Zu dieser Frage
Herr Dr. Mommer!
Vizepräsident Dr. Jaeger: Meine Damen und-
Herren, ich glaube, die Sache ist ausdiskutiert, und
Dr. Mommer (SPD) : Herr Präsident! Meine Da-
man braucht die Leidenschaften nicht weiter zu er-
men und Herren! Ich will jetzt gar nicht als parla-
hitzen.
mentarischer Geschäftsführer reden. Ich habe eben
eine Überlegung angestellt. Es ist sicher unser Ich lasse abstimmen. Der erste Antrag war der
Wunsch, daß es dieses Jahr möglichst viele Weih- des Abgeordneten Bauknecht, die Federführung
nachtsgänse in den deutschen Familien gibt. Ich dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und
habe mir überlegt, wobei die Aussichten besser sind, Forsten zu geben. Wer diesem Antrag zuzustimmen
daß es möglichst viele gibt und daß sie billiger sind, wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich
ob bei der Überweisung der Vorlage an den einen bitte um die Gegenprobe. — Meine Damen und
Ausschuß oder bei der Überweisung an den anderen Herren, wir müssen die Abstimmung wiederholen.
Ausschuß. Wer dem Antrag, daß der Ausschuß für Ernährung,
(Heiterkeit bei der SPD.) Landwirtschaft und Forsten federführend sein soll,
zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erhe-
Da bin ich zu dem Schluß gekommen: Beim Außen-
ben. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Das erste
handelsausschuß werden die Gänse billiger. Des-
war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Da-
wegen bin ich dafür, daß die Vorlage dahin über-
mit ist der Außenhandelsausschuß mitberatend.
wiesen wird.
(Beifall bei der SPD. — Abg. Memmel: Ich rufe Punkt 38 der Tagesordnung auf:
Machen wir wegen der Gänse einen Ham
Beratung der Ubersicht 16 des Rechtsaus-
melsprung!)
schusses (12. Ausschuß) über die dem Deut-
schen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor
Vizepräsident Dr. Jaeger: Es ist mir neu, daß dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache
mit der geschäftsordnungsmäßigen Maßnahme der IV/1501).
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4135
Vizepräsident Dr. Jaeger
Ich schlage Ihnen vor, dem Antrag des Ausschus- erlassene Vierte Verordnung zur Änderung
ses zuzustimmen. Widerspruch erfolgt nicht; es ist des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zucker und
so beschlossen. Melasse) (Drucksachen IV/1447, IV/1507).
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zu Berichterstatter ist der Abgeordnete Bading. Ver-
weiteren Punkten, die heute am Beginn der Sitzung zichtet das Haus auf den Bericht? — Jawohl. — Ich
auf die Tagesordnung gesetzt worden sind. stelle fest, meine Damen und Herren, daß das Haus
von dem Bericht des Außenhandelsausschusses
Ich rufe auf: Kenntnis genommen hat.
Beratung des Berichts des Außenhandelsaus- Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende
schusses über die von der Bundesregierung einer umfangreichen Tagesordnung. Da wir sie er-
erlassene Fünfte Verordnung zur Änderung ledigt haben, fällt, wie schon bekanntgegeben, die
der Ausfuhrliste und Zehnte Verordnung zur morgige Sitzung des Plenums aus. Am Freitag wird
Änderung der Einfuhrliste (Drucksachen IV/ nur eine Stunde getagt, nämlich für die Fragestunde.
1436, IV/1437, IV/1508).
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Löhr. Das destages ein auf Freitag, den 11. Oktober, 9 Uhr.
Haus verzichtet auf eine Berichterstattung und
nimmt den Bericht des Ausschusses zur Kenntnis.
Die Sitzung ist geschlossen.
Ich rufe auf
Beratung des Berichts des Außenhandelsaus
schusses über die von der Bundesregierung (Schluß der Sitzung: 18.53 Uhr.)

-
Deuts ch er Bundestag - 4. Wahlperiode - 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4137

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich

Liste der beurlaubten Abgeordneten Dr. Pflaumbaum 11. 10.


Pöhler 9. 10.
Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Probst * 11. 10.
Richarts* 11. 10.
a) Beurlaubungen Dr. Schmid (Frankfurt) 11. 10.
Arendt (Wattenscheid) 11. 10. Schneider (Hamburg) 11. 10.
Dr. Atzenroth 9. 10. Dr. Stammberger 9. 10.
Frau Berger-Heise 9. 10. Dr. Starke 9. 10.
Blumenfeld 11. 10. Storch* 9. 10.
Dr. Franz 11. 10. Frau Strobel* 9. 10.
Dr. Furler* 11. 10. Sühler 11. 10.
Dr. Gradl 1,1. 10. Dr. Toussaint 11. 10.
Gscheidle 12. 10. Weinkamm* 9. 10.
Hilbert 1.1. 10. Frau Welter (Aachen) 9. 10.
Jacobi (Köln) 9. 10. Wischnewski* 9. 10.
Klinker * 9. 10. b) Urlaubsanträge
Kriedemann* 9. 10. Dr. Arndt (Berlin) 31. 12.
Leber 11. 10. Biermann 20. 10.
Lemmer 10. 10. Buchstaller 31. 10.
Lücker (München) * 9. 10. Höfler 15. 10.
Margulies* 9. 10. Dr. Klein (Berlin) 9. 11.
Mauk* 9. 10. Koenen (Lippstadt) 3,1 10.
Metzger* 9. 10. Merten 20. 10.
Michels 11. 10. Nellen 15. 10.
Dr. Morgenstern 12. 10. Ollenhauer 31. 12.
Müller (Remscheid) 9. 10. Schoettle 31. 10.
Müller (Worms) 11. 10.
Müser 11. 10. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Euro-
Neumann (Allensbach) 9. 10. päischen Parlaments

Anlage 2
Übersetzung

THE WHITE HOUSE DAS WEISSE HAUS


WASHINGTON WASHINGTON
July 11, 1963 11. Juli 1963
Dear President Gerstenmaier: Sehr geehrter Herr Präsident Gerstenmaier,
want to thank you and all the government ich möchte Ihnen sowie allen für die Vorberei-
officials responsible for arrangements made for my tungen zu meinem Auftreten in der Paulskirche
appearance at the Paulskirche. verantwortlichen Beamten meinen Dank ausspre-
chen.
I very much appreciated the tenar and substance Ich war sehr beeindruckt von dem Sinn und In-
of your introductory and closing remarks and the halt Ihrer Einführungs- und Schlußrede sowie von
very conspicuous role the Bundestag played at the der hervorragenden Rolle, die der Bundestag bei
Paulskirche meeting. der Veranstaltung in der Paulskirche gespielt hat.
The Bundestag today is a worthy successor to Der heutige Bundestag ist ein würdiger Nach-
those courageous men who, more than a century folger aller jener tapferen Männer, die vor mehr
before, stood up to speak out for German freedom als einem Jahrhundert aufstanden, um für die deut-
and unity. I was pleased that so many of its mem- sche Freiheit und Einheit zu sprechen. Ich habe mich
bers were able to join me on June 25 in that very sehr darüber gefreut, daß so viele seiner Mitglieder
same church. am 25. Juni in dieser gleichen Kirche mit mir zu-
sammen sein konnten.
Sincerely, Ergebenst Ihr
J. F. Kennedy gez. J. F. Kennedy
Dr. Eugen Gerstenmaier, Herrn Dr. Eugen Gerstenmaier
President of the German Bundestag, Präsident des Deutschen Bundestages
Bonn. Bonn.
4138 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963

Anlage 3 Anlage 4

Der Präsident des Bundesrates Der Präsident des Bundesrates


Abschrift — Abschrift —
Bonn, den 12. Juli 1963 Bonn, den 12. Juli 1963
An den An den
Herrn Bundeskanzler Herrn Bundeskanzler
Bonn Bonn
Bundeskanzleramt Bundeskanzleramt
Ich beehre mich mitzuteilen, daß das Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in
seiner 260. Sitzung am 12. Juli 1963 beschlossen hat,
Erste Gesetz zur Änderung mietrechtlicher
dem vom Deutschen Bundestag am 26. Juni 1963
Vorschriften verabschiedeten
nach Ansicht des Bundesrates seiner Zustimmung be- Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur
darf.
Durchführung der Verordnung Nr. 19 (Ge-
Der Bundesrat hat in seiner 260. Sitzung am 12. treide) des Rates der Europäischen Wirt-
Juli 1963 beschlossen, dem vom Deutschen Bundes-
schaftsgemeinschaft
tag am 27. Juni 1963 verabschiedeten Gesetz gemäß
Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes zuzustimmen. gemäß Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes zuzu-
Der Bundesrat hat außerdem die aus der Anlage stimmen.
ersichtliche Entschließung gefaßt.
Außerdem hat der Bundesrat nachstehende Ent-
Kiesinger schließung gefaßt:
„Die Bundesregierung wird gebeten, nochmals
und mit Nachdruck darauf hinzuwirken, daß für
Bonn, den 12. Juli 1963 Qualitätsgetreide, insbesondere für Braugerste, im
An den
Rahmen der Verordnung Nr. 19 der EWG eine Son-
Herrn Präsidenten
derregelung getroffen wird, die auf Dauer für
des Deutschen Bundestages
Qualitätsgetreide eine diesen Qualitäten entspre-
Bonn
chende Preisgestaltung sichert."
Bundeshaus
Kiesinger
Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dor-
tige Schreiben vom 27. Juni 1963 mit der Bitte um Bonn, den 12. Juli 1963
Kenntnisnahme übersandt. An den
Kiesinger Herrn Präsidenten
des Deutschen Bundestages
Bonn
Anlage Bundeshaus
zum Schreiben des Präsidenten Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dor-
des Bundesrates vom 12. Juli 1963 tige Schreiben vom 27. Juni 1963 mit der Bitte um
an den Bundeskanzler Kenntnisnahme übersandt.
Kiesinger
Entschließung
des Bundesrates
zum Anlage 5

Ersten Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Schriftliche Antwort


Vorschriften
der Frau Bundesminister Dr. Schwarzhaupt vom
Der Bundesrat hat bereits im 1. Durchgang gefor- 24. Juli 1963 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten
dert, das Widerspruchsrecht des Mieters gegen die Jacobi zu der Mündlichen Anfrage der Abgeord-
Kündigung müsse wiederholt ausgeübt werden kön- neten Frau Schanzenbach l.
nen. Er hat daher die Streichung der Nr. 3 des Betr.: Fragestunde des Deutschen Bundestages am
§ 556 a Abs. 4 BGB verlangt. Das Erste Gesetz zur 27. Juni 1963;
Änderung mietrechtlicher Vorschriften enthält je- hier: Ihre 2. Zusatzfrage zur Frage Nr. XI/3
doch hierüber keine Bestimmung.
Sie hatten sich mit der schriftlichen Beantwortung
Der Bundesrat erwartet, daß dieses sein Anliegen Ihrer Zusatzfrage einverstanden erklärt. Ich beant-
spätestens im Zweiten Gesetz zur Änderung miet- worte die Frage wie folgt:
rechtlicher Vorschriften eine entsprechende Rege-
lung findet. Ich zweifle die Richtigkeit der bisherigen Stellung-
nahmen des Hauptausschusses „Detergentien und
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung um
Unterstützung dieses Anliegens im Bundestag. *) Siehe 82. Sitzung Seite 3966 A
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1963 4139

Wasser" nicht an. Im Hinblick auf weitere Fort- (§ 143 f Abs. 2) der in Absatz 1 genannten Ver-
schritte, die auf dem Gebiete der Entwicklung neuer sicherten. Die Beiträge bemessen sich nach
Detergentien seitdem zu verzeichnen sind, halte ich dem Beitragssatz der Krankenkasse für Ver-
es jedoch für zweckmäßig, dem Hauptausschuß eine sicherte mit sofortigem Anspruch auf Bar-
erneute Stellungnahme zu empfehlen. leistungen und dem 1,8fachen Betrag des
Schlechtwettergeldes, auf das der Versicherte
Ich bin in diesem Sinne bereits an den Vorsitzen-
nach § 143 g Anspruch hat." '
den dieses Ausschusses, Herrn Prof. Dr. Husmann,
herangetreten und werde Ihnen über das Ergebnis 2. Artikel II a wird gestrichen.
der Überprüfung zu gegebener Zeit eine Mitteilung
zukommen lassen. Bonn, den 9. Oktober 1963

Frau Dr. Hubert


Anlage 6 Umdruck 346 Dr. Schellenberg
Bäumer
Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Biegler
Hubert, Dr. Schellenberg, Dr. Jungmann, Frau Dr. Börner
Heuser und Genossen zur zweiten Beratung des von Bruse
der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Büttner
Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes Frau Döhring
über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversiche- Geiger
rung (Fünftes Änderungsgesetz zum AVAVG) (Druck- Killat
sachen IV/1312, IV/1493, zu IV/1493). Dr. Nissen
Rohde
Der Bundestag wolle beschließen: Dr. Schmidt (Offenbach)
Striebeck
1. Artikel 1 Nr. 4 erhält folgende Fassung:
Wienand
,4. In § 143 i erhält Absatz 2 folgende Fassung: Dr. Jungmann
„ (2) Die Bundesanstalt trägt die Kranken Scheppmann
versicherungsbeiträge für die Ausfalltage Frau Dr. Heuser

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