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D eutscher Bundestag

80. Sitzung

Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Inhalt:

Überweisung von Vorlagen des Bundes- Frage des Abg. Dr. Hammans (CDU/CSU) :
ministers der Finanzen an den Haushalts- Äußerungen in der Zeitschrift „stern"
ausschuß 4475 A betr. die Kassenärzte Deutschlands

Amtliche Mitteilungen . . . . . . . 4475 B Dr. Auerbach, Staatssekretär . . 4478 A, B


Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . 4478 A, B
Fragestunde (Drucksache VI/ 1386)
Frage des Abg. Gallus (FDP) :
Fragen des Abg, Dr. Geßner (SPD) : Verbot des Weidens von Schafen auf
Erklärung des Bundesvorstandes des Hubschrauberflugplätzen
CSU-Freundeskreises zu dem Gewalt- Berkhan, Parlamentarischer
verzichtsvertrag mit der Sowjetunion Staatssekretär . . . . . . . 4478 C, D
Moersch, Parlamentarischer Gallus (FDP) 4478 D
Staatssekretär 4476 B, C, D
Dr. Geßner (SPD) . . . . . 4476 B, D Frage des Abg. Gallus (FPD) :
Freistellung von sich dem landwirt-
Frage des Abg. Schlee (CDU/CSU) : schaftlichen Betriebshilfsdienst zur
Rede des Bundesministers des Auswär- Verfügung stellenden jungen Land-
tigen vor dem Juniorenclub der Indu- wirten vom Wehrdienst
strie- und Handelskammer Düsseldorf Berkhan, Parlamentarischer
betr. die Ostpolitik Staatssekretär . . . 4478 D, 4479 A
Moersch, Parlamentarischer Gallus (FDP) 4479 A
Staatssekretär . . . . . . . . 4477 A
Fragen des Abg. Pawelczyk (SPD) :
Frage des Abg. Schmidt (Braunschweig)
Qualifizierung von Offizieren für die
(SPD) :
Laufbahn des höheren Dienstes
Beschleunigung des Verfahrens vor den
Berkhan, Parlamentarischer
Sozialgerichten
Staatssekretär 4479 B, C, D,
Dr. Auerbach, Staatssekretär . . 4477 C, D 4480 B
Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . . 4477 D Pawelczyk (SPD) . . 4479 C, D, 4480 B
II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Frage des Abg. Cramer (SPD) : Fragen des Abg. Geisenhofer (CDU/CSU) :
Antrag auf Entlassung seitens als Vorfahrtsrecht für Massenverkehrsmit-
Strahlflugzeugführer ausgebildeter Of- tel
fiziere Börner, Parlamentarischer
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 4484 A
Staatssekretär 4480 B, C, D
Cramer (SPD) 4480 C, D Fragen des Abg. Dr. Apel (SPD) :
Führerscheininhaber mit Schulung und
Frage des Abg. Stahlberg (CDU/CSU) : Prüfung auf Automatik-Fahrzeugen
Institut für Erziehung und Bildung in Börner, Parlamentarischer
den Streitkräften Staatssekretär 4484 B, C, D,
Berkhan, Parlamentarischer 4485 A, B, C, D
Staatssekretär 4480 D Dr. Apel (SPD) . . . 4484 D, 4485 A, B
Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . 4485 C
Frage des Abg. Stahlberg (CDU/CSU) : Dröscher (SPD) 4485 D
Mitglieder der Bildungskommission der
Bundeswehr Fragen der Abg. Frau Tübler (CDU/CSU) :
Berkhan, Parlamentarischer Ausbau der Bundesstraße 404
Staatssekretär 4481 A, B, C
Börner, Parlamentarischer
Stahlberg (CDU/CSU) . . 4481 A, B Staatssekretär . . 4486 A, B, C 4487 A
Biehle (CDU/CSU) 4481 C Frau Tübler (CDU/CSU) . 4486 C, 4487 A

Frage des Abg. Dr. Klepsch (CDU/CSU) : Frage des Abg. Dr. Gleissner (CDU/CSU) :
Vorlage des Gutachtens der Bildungs- Wirkung der Verwendung von Spikes-
kommission der Bundeswehr Reifen
Berkhan, Parlamentarischer Börner, Parlamentarischer
Staatssekretär . . . 4481 D, 4482 A, B Staatssekretär . . 4487 B, C, 4488 A
Dr. Klepsch (CDU/CSU) . 4481 D, 4482 A Dr. Gleissner (CDU/CSU) . . . . 4487 C
Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 4487 D
Frage des Abg. Haase (Kassel)
(CDU/CSU) :
Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) :
Schriftliche Aufforderung von Parteien
an Soldaten zur Werbung für den Be- Stellungnahme des schleswig-holsteini-
such von Parteiveranstaltungen in Sol- sehen SPD-Landesvorsitzenden zu dem
datenkreisen Entwurf eines Zonenrandförderungs-
gesetzes
Berkhan, Parlamentarischer
Staatssekretär . . . 4482 C, D, 4483 B Herold, Parlamentarischer
Staatssekretär . . 4488 B, C, D, 4489 A
Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . . 4482 C, D
Niegel (CDU/CSU) . . . . . . 4488 B, C
Dr. Klepsch (CDU/CSU) 4483 A
Dr. Warnke (CDU/CSU) 4488 D
Frage des Abg. Glüsing (Dithmarschen) Fellermaier (SPD) 4489 A
(CDU/CSU) : Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . . 4489 A
Vorschläge der Wehrstrukturkommis-
sion Frage des Abg. Dr. Reinhard (CDU/CSU) :
Berkhan, Parlamentarischer Auffassung des hessischen Finanzmini-
Staatssekretär 4483 B sters Lang über die Förderung des
Glüsing (Dithmarschen) (CDU/CSU) 4483 C Zonenrandgebietes
Dr. Klepsch (CDU/CSU) . . . . 4483 C Herold, Parlamentarischer
Staatssekretär . . . . . . . 4489 B, C
Frage des Abg. Jung (FDP) : Dr. Reinhard (CDU/CSU) 4489 C
Ausrüstung für Jägerbrigaden
Entwurf eines Gesetzes über die Verlänge-
Berkhan, Parlamentarischer rung der Amtszeit der Betriebsräte (SPD,
Staatssekretär . . . . . . . 4483 D FDP) (Drucksache VI/ 1363) ; Mündlicher
Jung (FDP) 4483 D Bericht des Ausschusses für Arbeit und
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 III

Sozialordnung (Drucksache VI/1411) betr. Beachtung der Regeln des Straßen-


— —Zweit und riteBeratung verkehrs bei Manövern amerikanischer
Zink (CDU/CSU) 4489 D Truppen 4502 C

Müller (Remscheid) (CDU/CSU) . 4490 B Anlage 9


Dr. Schellenberg (SPD) 4492 A Schriftliche Antwort auf die Mündlichen
Schmidt (Kempten) (FDP) . . . 4493 D Fragen des Abg. Seefeld (SPD) betr. Be-
Katzer (CDU/CSU) 4495 A nutzung der dritten, rechtsgelegenen
Fahrspur auf Bundesautobahnen . . . . 4502 C
Arendt, Bundesminister 4496 B
Anlage 10
Nächste Sitzung 4497 Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Frage des Abg. Picard (CDU/CSU) betr
Anlagen Fahrpreiserhöhungen bei der Deutschen
Bundesbahn 4503 A
Anlage 1
Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 4499 A Anlage 11
Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Anlage 2 Frage des Abg. Riedel (Frankfurt) (CDU/
Schriftliche Antwort auf die Mündlichen CSU) betr. Anhörung des Beauftragten
Fragen des Abg. Brandt (Grolsheim) der Bundesregierung für den Naturschutz
(SPD) betr. Namensführung der verheira- vor der Entscheidung über die Trassen-
teten Frau 4499 C führung der Umgehungsstraße um Eltville 4503 A

Anlage 3 Anlage 12
Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Fragen des Abg. Dr. Lenz (Bergstraße) Frage des Abg. Riedel (Frankfurt) (CDU/
(CDU/CSU) betr. die Zentrale Erfassungs- CSU) betr. Berücksichtigung der in der
stelle der Westdeutschen Länderjustiz- „Grünen Charta von der Mainau" nieder-
verwaltungen zur Registrierung von Ge- gelegten Vorstellungen über die Gestal-
walt und Willkürakten an der Zonen- tung eines menschengerechten Lebens-
grenze und in der DDR 4500 D raumes 4503 B

Anlage 4 Anlage 13
Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Fragen des Abg. Dr. Enders (SPD) betr. Frage des Abg. Picard (CDU/CSU) betr.
Mineralölimport aus der DDR . . . . 4501 A Gebührenerhöhungen der Deutschen Bun-
despost 4503 C
Anlage 5
Anlage 14
Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Frage des Abg. Dröscher (SPD) betr. Be- Schriftliche Antwort auf die Mündliche
rufsschadensausgleichsrente 4501 B Frage des Abg. Rock (CDU/CSU) betr.
Förderung des Zonenrandgebietes . . . 4503 C
Anlage 6
Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anlage 15
Frage des Abg. Dröscher (SPD) betr. An- Schriftliche Antwort auf die Mündliche
rechnung der im Arbeitsdienst, im Kriegs- Frage des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/
dienst und in der Gefangenschaft ver- CSU) betr. Förderung des Zonenrandge-
brachten Zeiten bei der Rentenberech- bietes 4504 A
nung 4501 C
Anlage 16
Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen
Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Hein (Salzgitter-Leben-
Fragen des Abg. Maucher (CDU/CSU) stedt) (CDU/CSU) betr. Quartett-Spiele
betr. Alterssicherung selbständiger Hand- „Bilder aus Deutschland" 4504 B
werker und Kaufleute 4502 A
Anlage 17
Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schulz (Berlin) (SPD)
Frage des Abg. Schiller (Bayreuth) (SPD) betr. die Empfehlung 614 der Beratenden
IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Versammlung des Europarates über die Anlage 26


Schaffung eines ständigen Organs für die Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
Zusammenarbeit zwischen Ost und West 4504 C Frage des Abg. Dröscher (SPD) betr. Be-
freiung des Verkaufs von gebrauchten
Anlage 18 PKWS von der Mehrwertsteuer . . . . 4507 B
Schriftliche Antwort auf die Mündlichen
Fragen des Abg. Kern (SPD) betr. Presse- Anlage 27
meldungen über den Kulturattaché der Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
deutschen Botschaft in Pretoria . . . . 4504 D Fragen des Abg. Dr. Abelein (CDU/CSU)
betr. Befreiung der Grundwehrdienstlei-
Anlage 19 stenden von der Meldepflicht 4507 C
Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Frage der Abg. Frau Klee (CDU/CSU) Anlage 28
betr. Behandlung der Frage der Bezie- Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
hungen zwischen Europa und Latein- Fragen des Abg. Storm (CDU/CSU) betr.
amerika bei dem Treffen der Außenmini- Mittel aus dem Sonderprogramm Holstein
ster der Europäischen Gemeinschaften in und dem ERP-Programm 1970 für den
München 4505 A Zweckverband Karkberook . . . . . . 4507 D

Anlage 29
Anlage 20 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Fragen des Abg. Müller (Berlin) (CDU/
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche CSU) betr. Verwendung der für die
Frage des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) alter Belegschaftsmit- Altersvogun
betr. Abwendung einer Beeinträchtigung glieder zur Verfügung stehenden Mittel
der bayerischen Erholungsgebiete im beim Verkauf der Firma Borsig an die
Chiemseegebiet durch Kupferbergbau im Firma Babcock, Oberhausen . . . . . 4508 B
Bereich von Kitzbühel/Tirol 4505 B

Anlage 30
Anlage 21
Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Fragen des Abg. Ott (CDU/CSU) betr. Be-
Fragen des Abg. Schröder (Wilhelminen
hof) (CDU/CSU) betr. Schritte der Bun- fragung von Beamten des Bundeswirt-
- schaftsministeriums nach ihrer politischen
desregierung gegen die Einleitung unge-
Einstellung 4508 C
reinigter Abwässer in das Emsästuar . . 4505 C

Anlage 31
Anlage 22
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
Frage des Abg. Gallus (FDP) betr. Förde-
Frage des Abg. Zebisch (SPD) betr. Ein-
rung des Absatzes von Spanferkeln . . 4508 C
richtung einer zentralen deutschen Kine-
mathek 4505 D
Anlage 32
Anlage 23 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) betr.
Frage des Abg. Erhard (Bad Schwalbach) Gespräch des Staatssekretärs Dr. Griesau
(CDU/CSU) betr. Simultanzulassung für mit Vertretern der Arbeitsgemeinschaft
Rechtsanwälte in weiteren OLG-Bezirken 4506 A der Verbraucherverbände . . . . . . 4508 D

Anlage 24 Anlage 33
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
Frage des Abg. Erhard (Bad Schwalbach) Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr.
(CDU/CSU) betr. Ausdehnung des Rechts- Rundschreiben der IG-Chemie-Papier-
pflegergesetzes auf Verwaltungsbeamte Keramik-Verwaltungsstelle Essen an die
bei den Verwaltungsgerichten . . . . 4506 C Betriebsangehörigen der PAG Presswerk
AG, Essen 4509 B
Anlage 25
Anlage 34
Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Fragen des Abg. Geisenhofer (CDU/CSU) Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
betr. Belegung der in amerikanischer Frage des Abg. Buschfort (SPD) betr. die
Verfügungsgewalt befindlichen US-Woh- Anzahl der betriebsratsfähigen Betriebe
nungen in München, Deiningerstraße . . 4506 D ohne Betriebsrat . . . . . . . . . 4509 C
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 V

Anlage 35 Anlage 40
Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Fragen des Abg. Wuwer (SPD) betr. be- Fragen des Abg. Hussing (CDU/CSU)
rufliche Weiterbildung ausländischer betr. Ausbau der B 45 bis zur Main-Über-
Arbeitnehmer 4509 D führung 4512 A

Anlage 36 Anlage 41
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr Fragen des Abg. Leicht (CDU/CSU) betr.
Mindestanforderungen an die Errichtung Auflösung der Bundesbahndirektion
und Führung von Abgabestellen von Mainz — Elektrifizierung der Bahnstrecke
Freibankfleisch 4510 B Schifferstadt—Wörth—Karlsruhe . . . 4512 B

Anlage 37
Anlage 42
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
Frage des Abg. Dr. Jungmann (CDU/CSU) Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
betr. die gesundheitlichen Folgen einer Frage des Abg. Brandt (Grolsheim) (SPD)
betr. Neubau der B 40 zwischen Mainz
langfristigen Einnahme von Ovulations-
und Alzey 4513 A
hemmern 4510 D

Anlage 38 Anlage 43
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
Frage des Abg. Dr. Jungmann (CDU/CSU) Frage des Abg. Engelsberger (CDU/CSU)
betr. Internate mit Rehabilitationseinrich- betr. das von den US-Streitkräften be-
tungen für Hämophilie-Kranke . . . . 4511 B legte Autobahnrasthaus am Chiemsee . . 4513 A

Anlage 39 Anlage 44
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Frage des Abg. Zebisch (SPD) betr. den Fragen des Abg. Dr. Beermann (SPD)
Wohnungsmarkt für Studenten und Stu- betr. Wiederaufbau des Sachsenwald
dentenehepaare 4511 C theaters in Reinbek . . . . . . . . 4513 C

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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4475

80. Sitzung

Bonn, den 13. November 1970

Stenographischer Bericht sentativen Märkte für den Schweinefleischsektor in der Gemein-


schaft
— Drucksache VI/1259 —

Beginn: 9.00 Uhr Verordnung des Rates zur Festsetzung der Richtpreise und des
Interventionspreises für Olivenöl für das Wirtschaftsjahr
1970/1971
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: — Drucksache VI/1261 —
Verordnung (EGKS, EWG, Euratom) des Rates über die Rege-
Die Sitzung ist eröffnet. lung der Amtsbezüge für die ehemaligen Mitglieder der Kom-
mission der Europäischen Gemeinschaften, deren Amtszeit am
Meine Damen und Herren! Der Bundesminister 1. Juli 1970 abläuft
— Drucksache VI/995 —
der Finanzen hat unter Bezugnahme auf § 37 Abs. 4
Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) des Rates zur Ä nderung
der Bundeshaushaltsordnung dem Bundestag Vor- der Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr. 5/67 Euratom des Rates
lagen zugeleitet, die in der Ihnen vorliegenden Liste vom 25. Juli 1967 über die Regelung der Amtsbezüge für den
Präsidenten und die Mitglieder der Kommission sowie für den
bezeichnet sind und die dem Haushaltsausschuß Präsidenten, die Richter, die Generalanwälte und den Kanzler
des Gerichtshofes
überwiesen werden sollen:
— Drucksache VI/996 —
Vorlage des Bundesministers der Finanzen
Verordnung des Rates zur Ä nderung der Regelung der Bezüge
Betr. Investitionsdarlehen an die Flughafen Frankfurt (Main) AG und der sozialen Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der
hier: Grundsätzliche Einwilligung in eine überplanmäßige Gemeinsamen Kernforschungsstelle, die in Italien dienstlich ver-
Haushaltsausgabe bei Kap. 12 17 Tit. 861 01 wendet werden
— Drucksache VI/1399 — — Drucksache VI/1108 —
Vorlage des Bundesministers der Finanzen Verordnung des Rates über Sondermaßnahmen für das Brennen
Betr.: Ü berplanmäßige Ausgaben im Haushaltsjahr 1970 belm von Birnen, die Gegenstand von Interventionsmaßnahmen waren
Einzelplan 31 wegen Ausfalls von Euratom-Zuschüssen
Verordnung des Rates über Sondermaßnahmen für den Auftrag
— Drucksache VI/1416 — zur Verarbeitung von Tomaten und Birnen, die Gegenstand
- von Interventionsmaßnahmen waren
Das Haus ist damit einverstanden; es ist so be- — Drucksache VI/1200 —
schlossen. Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß
des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden überwiesen:
ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht auf- EWG-Vorlagen
Entwurf des dritten Programms für die mittelfristige Wirt-
genommen: schaftspolitik
Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der — Drucksache VI/1393 —
Innenausschuß und der Finanzausschuß haben gegen die nach- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft (federführend), Aus-
folgenden, vom Rat der EG inzwischen verkündeten Verordnun- schuß für Arbeit und Sozialordnung, Finanzausschuß mit der
gen keine Bedenken erhoben: Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen
Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung der Ziel- und Beschlußfassung im Rat
Interventionspreise sowie der Bezugsqualitäten für Tabakblätter Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften
für die Ernte 1970 der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur
Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung der abgeleiteten Verwendung in explosibler Atmosphäre
Interventionspreise und der Bezugsqualitäten für Tabakballen — Drucksache VI/1394 —
für die Ernte 1970 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft (federführend),
Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung der den Käufern Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit der Bitte um Vor-
von Tabakblättern der Ernte 1970 gewährten Prämien lage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfas-
sung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung der Grundregeln
für den Ankauf von Tabak durch die Interventionsstellen Verordnung des Rates zur Durchführung einer Stichproben-
erhebung über Arbeitskräfte
Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung der Hundertsätze — Drucksache VI/1395 —
und Mengen für die Übernahme durch die Interventionsstellen
sowie des Hundertsatzes der gemeinschaftlichen Tabakerzeu- überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit
gung für die Auslösung der Verfahren nach Artikel 13 der Ver- der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgül-
ordnung (EWG) Nr. 727/70 tigen Beschlußfassung im Rat
— Drucksache V1/999 — Entscheidung des Rates über die Mittel eines Vorgehens der
Gemeinschaft auf dem Gebiet regionaler Entwicklung und
Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung von Grundregeln Aufzeichnung über die Regionalpolitik in der Gemeinschaft
für die Inte rvention von Tabak
sowie — Drucksache VI/1397 —

Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Festset- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft (federführend), Aus-
zung von Übergangsbestimmungen hinsichtlich der Bezeichnung schuß für Arbeit und Sozialordnung, Innenausschuß, Ausschuß für
der Interventionsorte für Tabak Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Haushaltsausschuß mit
der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgül-
— Drucksache VI/1092 — tigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur Festsetzung des Grundpreises und Verordnung des Rates über die Einfuhr von Olivenöl aus
der Standardqualität für geschlachtete Schweine für die Zeit Marokko
vom 1. November 1970 bis zum 31. Oktober 1971 — Drucksache V1/1406 —
— Drucksache VI/1258 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirts chaft mit der Bitte um
Verordnung des Rates zur Ä nderung der Verordnung Nr. 213/67/ Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß-
EWG des Rates zur Festsetzung des Verzeichnisses der reprä fassung im Rat
4476 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Dann treten wir in die heutige Tagesordnung ein. und politischer Weg zu der rechtsradikalen „Aktion
Widerstand" führt,
Punkt 1:
(Abg. Rasner: Das sind ja alles Wertungen!)
Fragestunde
deren Gründungsausschuß sich einem Bericht der
— Drucksache VI/1386 — „SüdeutschnZig"vom24.Septbrzuflg
aus NPD- und CSU-Mitgliedern zusammensetzt?
Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Aus-
wärtigen Amtes auf. Zur Beanwortung steht der
Herr Parlamentarische Staatssekretär Moersch zur Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Verfügung. Die erste Frage — Frage 104 — ist von Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeord-
dem Herrn Abgeordneten Dr. Schulz (Berlin) ge- neter, die Bundesregierung hat nicht die Aufgabe,
stellt. Ist der Herr Abgeordnete im Saal? — Das ist hier Wertungen vorzunehmen. Ich möchte allerdings
nicht der Fall; dann wird die Frage schriftlich beant- unterstreichen, daß hier sprachliche Zusammen-
wortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. hänge bestehen und daß eine Ausdrucksweise ge-
wählt worden ist, die sicherlich in früheren Zeiten
Ich rufe die Frage 105 des Herrn Abgeordneten der Demokratie nicht genützt hat.
Dr. Geßner auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Erklärung des Bundes-
vorstandes des CSU-Freundeskreises, sie sowie die Koalitions- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:
parteien mißachteten „durch Kollaboration mit der Führungsmacht
der unfreien Welt das für sie rechtsverbindliche Grundgesetz
Ich rufe die nächste Frage des Abgeordneten Dr.
und nicht minder ihre politischen und militärischen Bündnis- Geßner auf, die Frage 106:
pflichten"?
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß es dem Ansehen
Der Herr Abgeordnete ist im Saal. Herr Staats- der Bundesrepublik Deuts ch land dienen würde, wenn sich die
CSU zur Zurückweisung dieser Erklärung des Bundesvorstandes
sekretär! des CSU-Freundeskreises entschließen könnte?
(Unruhe.)
— Meine Damen und Herren, so sehr ich Verständ- Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim
nis für Gespräche unter Kollegen habe, so muß ich Bundesminister des Auswärtigen: Die Antwort
Sie doch im Interesse des Fragestellers und des lautet: Das Ansehen der Bundesrepublik Deutsch-
Herrn Staatssekretärs, damit die Antworten und land hängt nicht von Erklärungen ab, die Gruppen
eventuelle Zusatzfragen verständlich sind, bitten, von der Art der CSU/Freundeskreise abgeben. Eine
diese Gespräche außerhalb des Plenarsaales zu füh- berechtigte Frage sehe ich darin, ob es dem An-
ren. Bitte, Herr Staatssekretär! sehen einer demokratischen Partei wie der CSU
diente, wenn sie sich zu einer Zurückweisung der-
artiger Erklärungen entschließen könnte.
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister des Auswärtigen: Die Antwort
lautet: Die Bundesregierung „kollaboriert" nicht; Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:
sie vertritt die Interessen der Bundesrepublik Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Geßner.
Deutschland. Im übrigen dürfte die Bedeutung der
Erklärung vornehmlich darin liegen, daß sie den Dr. Geßner (SPD) : Herr Staatssekretär, ist Ihnen
Charakter dieser Freundeskreise kennzeichnet. bekannt, ob sich die CSU in der Vergangenheit im
wesentlichen von gleichen oder ähnlichen Behaup-
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: tungen distanziert hat?
Eine Zusatzfrage.
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Dr. Geßner (SPD) : Herr Staatssekretär, sehen Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeord-
Sie einen geistigen und politischen Zusammenhang neter, es ist nicht die Aufgabe der Bundesregierung,
zu der Behauptung von Herrn Strauß, die Bundes- Wertungen gegenüber Parteien vorzunehmen, die in
regierung verkaufe nicht nur Deutschland, sie ver- diesem Parlament vertreten sind. Das ist der parla-
schenke es auch? mentarischen Auseinandersetzung vorbehalten. Mir
sind solche eindeutigen Distanzierungen nicht be-
kannt; aber ich muß das an dieser Stelle mit Vor-
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim
behalt sagen.
Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeord-
neter, es wäre sicherlich im Sinne der demokrati-
schen Fairneß, wenn klare Distanzierungen von sol- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:
chen Äußerungen erfolgten. Mir selbst sind der Ort Die Frage 107 des Herrn Abgeordneten Dr. Marx ist
und der Zeitpunkt dieser Äußerung nicht bekannt. vom Fragesteller zurückgezogen worden, ebenso
nach meinen Unterlagen die Frage 108 des Herrn
Abgeordneten Reddemann. — Herr Kollege?
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:
Eine letzte Zusatzfrage.
Reddemann (CDU/CSU) : Herr Präsident, die
Fragen sind nicht zurückgezogen worden, sondern
Dr. Gegner (SPD) : Herr Staatssekretär, stimmen sind zurückgestellt, damit der Herr Bundesminister
Sie mit mir darin überein, daß von dieser soeben des Auswärtigen nach seiner Rückkehr aus War-
von mir zitierten Behauptung ein direkter geistiger schau sie selbst beantworten kann.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4477

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundes-
Welcher innere Grund für das Zurückziehen von ministers der Justiz, und zwar die Fragen 23 und 24
Fragen vorliegt, interessiert den amtierenden Präsi- des Herrn Abgeordneten Brandt (Grolsheim) und
denten nicht; dafür bitte ich um Verständnis. Für die Fragen 25 und 26 des Herrn Abgeordneten Dr.
das Haus ist die Frage vom Fragesteller zurück- Lenz (Bergstraße), werden auf Wunsch der Frage-
gezogen. steller schriftlich beantwortet. Die Antworten wer-
den als Anlagen abgedruckt.
Die Fragen 109 bis 118 der Abgeordneten Haase
(Kassel), Wohlrabe, Kiep, Dr. Wagner (Trier), Breid- Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
bach, Dr. Klepsch, Baron von Wrangel und Dr. ministers für Arbeit und Sozialordnung. Zur Beant-
Schulze-Vorberg sind ebenfalls zurückgezogen wor- wortung der Fragen steht Herr Staatssekretär Auer-
den. bach zur Verfügung. Ich rufe zunächst die Frage 49
des Herrn Abgeordneten Schmidt (Braunschweig)
Ich komme nunmehr zur Frage 119 des Herrn Ab-
auf:
geordneten Schlee:
Wann wird die Bundesregierung zur Beschleunigung der Ver-
Wenn es den Tatsachen entspricht, daß der Herr Bundes- fahren vor den Sozialgerichten einen entsprechenden Gesetzent-
minister des Auswärtigen (laut „Handelsblatt") mit Bezug auf wurf vorlegen?
den Vertrag mit der Sowjetunion vor dem Juniorenclub der
Industrie- und Handelskammer Düsseldorf erklärt hat, die Herr Staatssekretär!
politische Zusammenarbeit Im Westen sei überhaupt erst mög-
lich, wenn die Bundesrepublik Deuts ch land einen Ausgleich mit
dem Osten erreicht und damit keine offene Ostflanke mehr
habe, hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen dabei an Dr. Auerbach, Staatssekretär des Bundesmini-
einen Verzicht auf die Wiedervereinigung gedacht?
steriums für Arbeit und Sozialordnung: Herr Abge-
Bitte, Herr Staatssekretär! ordneter, die Bundesregierung teilt den in Ihrer
Frage zum Ausdruck kommenden Wunsch, das Ver-
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim fahren in der Sozialgerichtsbarkeit zu beschleunigen.
Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeord- Sie wird einen Gesetzentwurf zur Änderung des So-
neter, zur Beantwortung verweise ich auf die Rede zialgerichtsgesetzes mit diesem Ziel den gesetzge-
des Bundesaußenministers vom 17. Oktober 1970, benden Körperschaften noch in diesem Jahr zulei-
in der er in dem von Ihnen angesprochenen Zusam- ten, falls bei den abschließenden Besprechungen
menhang erklärte: keine unvorhergesehenen Schwierigkeiten auftau-
chen, sonst zu Beginn des nächsten Jahres.
Seitdem die Bundesrepublik Deutschland bereit
ist, auch und gerade gegenüber den Staaten Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Osteuropas die reale Lage des Kontinents zum Eine Zusatzfrage.


Ausgangspunkt ihrer politischen Bemühungen
zu machen, Diskriminierungen abzubauen, die Schmidt (Braunschweig) (SPD) : Herr Staatssekre-
territoriale Integrität aller Staaten in Europa tär, darf ich Ihre Antwort so auffassen, daß Sie mit
zu achten, keine Gebietsansprüche gegen irgend mir der Meinung sind, daß durch die lange Laufzeit
jemand zu erheben sowie für heute und künftig der Prozesse vor den Sozialgerichten besonders die
die Grenzen aller Staaten in Europa als unver- sozialschwachen Schichten betroffen werden und
letzlich zu betrachten, besteht für unsere west- auch von daher eine schnelle Regelung dieser Frage
lichen Freunde die Gefahr nicht mehr, bei einer erforderlich ist?
verstärkten politischen Zusammenarbeit mit der
Bundesrepublik Deutschland unsere bis jetzt
bestehenden Spannungen mit zu übernehmen. Dr. Auerbach, Staatssekretär des Bundesmini-
steriums für Arbeit und Sozialordnung: Die Bundes-
Aus dieser Feststellung des Bundesaußenministers regierung teilt diese Auffassung.
geht klar hervor, was unter dem Begriff „offene Ost-
flanke" zu verstehen ist und daß eine schrittweise Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Überwindung der deutschen und europäischen Spal- Keine weiteren Zusatzfragen.


tung durch politische Regelungen die Achtung der
territorialen Integrität aller Staaten Europas voraus- Der Abgeordnete Dröscher hat um schriftliche Be-
setzt. antwortung seiner Fragen 50 und 51 gebeten. Die
Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - Ich rufe die Frage 52 des Herrn Abgeordneten Dr.
Danke. Hammans auf:
Nachdem die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine An-
Die Fragen 120 und 121 des Herrn Abgeordneten frage (Drucksache VI/1332) in keiner Weise eine ausreichende
und befriedigende Auskunft darüber gegeben hat, ob sie bereit
Kern werden schriftlich beantwortet. Die Antwort ist, die deuts ch e Ä rzteschaft, insbesondere die Kassenärzte
wird als Anlage abgedruckt. Deuts ch lands, gegen Verleumdungen wie in der Ausgabe Nr. 42
des „stern", wonach diese „moralisch morbid bis auf die Knochen
sind und Beschiß machen, daß sie sich auf Kosten der Kassen-
Die Frage 122 des Herrn Abgeordneten Dr. Her- patienten gesundstoßen und aus dem Sozialtopf der armen
Patienten schöpfen und das Geld an der Riviera verjubeln",
mesdorf (Sehleiden) ist zurückgezogen. durch eine entsprechende Erklärung zu verteidigen, frage i ch , ob
sie nunmehr bereit ist, als Aufsichtsbehörde gegenüber dem Zu-
sammenschluß der Kassenärztlichen Vereinigungen, d. h. der
Ich rufe die Frage 123 der Abgeordneten Frau Klee Kassenärztlichen Bundesvereinigung, eine Erklärung abzugeben,
aus der klar hervorgeht, daß diese und weitere in der genann-
auf. — Die Frau Abgeordnete ist nicht im Saal. Die ten Zeitschrift aufgestellten Verleumdungen wahrheitswidrig
Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird sind.
in der Anlage abgedruckt. Herr Staatssekretär!
4478 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Dr. Auerbach, Staatssekretär des Bundesmini- zur Verfügung. Zunächst die Frage 55 des Herrn
steriums für Arbeit und Sozialordnung: Die Bundes- Abgeordneten Gallus:
regierung hat bereits bei der Beantwortung der Klei- Ist die Bundesregierung bereit, den auf den 1. Januar 1971
verfügten „Anti-Schaferlaß" auf solche Flugplätze nicht zur An-
nen Anfrage zum Ausdruck gebracht, daß sie es nicht wendung zu bringen, welche in der Hauptsache von Hub-
für ihre Aufgabe hält, zu einzelnen Presseveröffent- schraubern der Heeresfliegerei benutzt werden?

lichungen der in Frage stehenden Art Erklärungen


Bitte, Herr Staatssekretär!
abzugeben. Das gilt insbesondere für solche pau-
schalen Werturteile, wie Sie sie, Herr Abgeordneter,
hier wiedergegeben haben. Auch der Hinweis dar- Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
auf, daß der Bundesminister für Arbeit die Aufsicht Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident,
über die Kassenärztliche Bundesvereinigung führt, Herr Kollege Gallus, Hubschrauber neuer Bauart
kann die Haltung der Bundesregierung nicht ändern, haben zumeist Düsenaggregate, die vom „Vogel-
da es nicht zu den Aufgaben der Staatsaufsicht ge- schlag" genauso gefährdet sind wie die Düsentrieb-
hört, Erklärungen der von Ihnen gewünschten Art werke der Strahlflugzeuge. Wir sind es der Sicher-
abzugeben. heit unserer Piloten schuldig, alles Erdenkliche zu
tun, um Unfälle zu vermeiden. Eine unter vielen
anderen Maßnahmen ist auch das Verbot, auf Hub-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
schrauberplätzen Schafe weiden zu lassen. Wir stüt-
Eine Zusatzfrage. zen uns dabei auf das Urteil maßgeblicher Fachleute,
die festgestellt haben, daß die Schafhaltung auf
Dr. Hammans (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, Flugplätzen Vögel anzieht. Herr Kollege Gallus, aus
sind Sie bereit, zuzugeben, daß das, was Sie als Ihrem Schreiben ist mir bekannt, daß diese Ansicht
Unterstellungen bezeichnen, Zitate in meiner Frage von den Schafhaltern nicht geteilt wird. Dennoch
waren? glaube ich, daß die Bundesregierung über das Urteil
der vorher erwähnten Fachleute nicht hinweggehen
Dr. Auerbach, Staatssekretär des Bundesmini- darf.
steriums für Arbeit und Sozialordnung: Ja, ich weiß,
Sie haben diese Wertungen als Zitat wiedergege- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

ben. Zusatzfrage.

Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:


-
Gallus (FDP) : Herr Staatssekretär, kann auf den
Eine weitere Zusatzfrage. Heeresflugplätzen nicht wenigstens so lange noch
Schafhaltung betrieben werden, bis die Umrüstung
Dr. Hammans (CDU/CSU) : Trifft es zu, Herr auf düsenangetriebene Hubschrauber erfolgt?
Staatssekretär, daß der Informant dieser verleumde-
rischen Behauptungen, von denen im „stern" Nr. 42
die Rede ist, sich inzwischen mit zirka 17 Leitzord- Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
nern mit sogenanntem Belastungsmaterial gegen die Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Gal-
deutsche Ärzteschaft, transportiert in seinem Mer- lus, ich werde das prüfen lassen. Es ist aber sehr
cedes 280 SE, in die Ostzone abgesetzt hat — wie schwierig, so zu verfahren, weil die Umrüstung nicht
es heißt, wegen angeblich besserer demokratischer spontan erfolgt. Zum Teil werden nämlich ein oder
Möglichkeiten —, um von dort aus eine Hetzkam- zwei dieser Flugzeuge abgestellt, um bereits mit
pagne gegen die deutsche Ärzteschaft und damit der Einweisung des technischen Personals und dem
auch gegen die Bundesrepublik Deutschland zu füh- Training der Flugzeugführer beginnen zu können.
Ich werde prüfen lassen, ob in Ihrem Sinne verfah-
ren?
ren werden kann, und ich werde Ihnen mitteilen,
wo so verfahren werden kann.
Dr. Auerbach, Staatssekretär des Bundesmini-
steriums für Arbeit und Sozialordnung: Ich habe in
den Zeitungen davon gelesen, kann aber nicht ohne Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

weiteres bestätigen, daß die Motive für das Über- Ich rufe die Frage 56 ,des Herrn Abgeordneten
wechseln in den anderen Teil Deutschlands korrekt Gallus auf:
wiedergegeben sind. Ich habe nur die Zeitungsmel- Ist die Bundesregierung bereit, diejenigen jungen Landwirte,
die sich für mindestens drei Jahre dem landwirtschaftlichen Be-
dungen. triebshilfsdienst zur Verfügung stellen, vom Wehrdienst zu be-
freien?

Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:


- Herr Staatssekretär!
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Fragen 53 und 54 des Herrn Abgeord- Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
neten Maucher auf. — Die beiden Fragen werden Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, in
schriftlich beantwortet. Die Antworten werden in der Fragestunde am 7. 10. dieses Jahres habe ich
der Anlage abgedruckt. bereits eine ähnliche Frage des Kollegen Dr. Jen-
ninger dahingehend beantwortet, daß eine Freistel-
Herr Staatssekretär Auerbach, danke! lung des angesprochenen Personenkreises vom
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bun- Wehrdienst die Bevorzugung einer bestimmten Be-
desministers der Verteidigung. Zur Beantwortung rufsgruppe bedeuten und damit dem Bemühen der
steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan I Bundesregierung um Wehrgerechtigkeit zuwiderlau-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4479
Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan
fen würde; den Belangen der Landwirtschaft könne Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

aber durch eine Unabkömmlichstellung im Einzelfall Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pawelczyk.
Rechnung getragen werden. Auch die dreijährige
Verpflichtung für eine hauptberufliche Tätigkeit als Pawelczyk (SPD) : Herr Staatssekretär, sind Sie
landwirtschaftlicher Betriebshelfer läßt eine andere mit mir der Auffassung, daß der Begriff des Spezia-
Beurteilung leider nicht zu. listen, der bei dieser Gesamtproblematik eine Rolle
spielt, zu überprüfen ist und daß die Spezialisierung
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
der Laufbahn, um die sich das Verteidigungsministe-
Eine Zusatzfrage. rium auch bemüht, so konkret definiert werden muß,
daß auch diejenigen, die heute unter der Bezeich-
Gallus (FDP) : Herr Staatssekretär, ist das Pro- nung „Truppenoffizier" ihren Dienst tun, die Mög-
blem der Freistellung dieser Berufsgruppe nicht so lichkeit erhalten, an einer speziellen Fachprüfung
ähnlich wie das Problem der Freistellung der Ange- teilzunehmen, weil sich gerade gezeigt hat, daß sich
hörigen des Entwicklungshilfsdienstes? unter den Soldaten, die sich nicht qualifizieren konn-
ten — Sie haben die Zahlen eben genannt —, ein
großer Teil befindet, der in spezieller Verwendung
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Dienst tut und aus diesem Grunde den allgemeinen
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Gal- Prüfungsanforderungen nicht gewachsen war?
lus, der Entwicklungshelferdienst ist ein Dienst, der
für befristete Zeit sehr häufig außerhalb des erlern-
ten oder erworbenen Berufs im Ausland unter Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
schwierigen Bedingungen ausgeübt wird. Der Beruf Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Pa-
des Betriebshelfers in der Landwirtschaft ist ein Le- welczyk, ich bin zwar der Meinung, daß eine so
bensberuf, so daß ich Ihrem Vergleich nicht folgen detaillierte Frage über den Rahmen der Fragestunde
kann. Wir stehen zur Zeit in Verhandlungen mit hinausgeht und auch an den Antwortenden ziemlich
dem Bauernverband, der uns auch statistische Unter- hohe Anforderungen stellt. Ich will Ihnen dennoch
lagen zur Verfügung stellen wird. Am Ende werden sagen, daß es natürlich nicht nur in der Laufbahn-
wir dann ja beide sehen, was bei den Verhandlun- gruppe der Offiziere, sondern auch in der Laufbahn-
gen herauskommt. gruppe der Unteroffiziere ebenso wie in der Gruppe
der Mannschaften immer Tätigkeiten geben wird, die
unter der Bezeichnung „Spezialistentätigkeit" zu-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
sammengefaßt werden. Es wird sehr schwer sein,
Keine weiteren Zusatzfragen. ganz genau zu definieren, was ein Spezialist ist. Wir
Wir kommen dann zu den Fragen des Herrn Ab- werden uns aber um eine möglichst genaue Defini-
geordneten Pawelczyk. Herr Staatssekretär, wollen' tion bemühen.
Sie entsprechend einem Wunsch des Fragestellers
die beiden Fragen wegen des inneren Zusammen- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

hangs gemeinsam beantworten? Eine weitere Zusatzfrage.

Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Pawelczyk (SPD) : Herr Staatssekretär, meinen


Bundesminister der Verteidigung: Wenn Sie es ge- Sie nicht auch wenn Sie ebenfalls der Auffassung
statten, Herr Präsident, werde ich sie direkt nachein- sind, daß wir zu einer weiteren Spezialisierung kom-
ander beantworten. men müssen —, daß die Prüfungsanordnungen für
Qualifikationslehrgänge dann in dieser Hinsicht
überprüft werden müssen, um Überforderungen aus-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
zuschalten?
Dann rufe ich zunächst die Frage 57 des Herrn Abge-
ordneten Pawelczyk auf:
Wie viele Offiziere konnten sich bisher nicht für die Laufbahn
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
des höheren Dienstes qualifizieren? Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
Pawelczyk, Sie wissen, daß eine Kommission für
Erziehung und Bildung — mir wäre es lieber, für
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Training und Education — in der Bundeswehr ar-
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, ich
beitet und Vorarbeiten für neue Ausbildungsmög-
darf Ihre Frage sicher so auffassen, daß Sie die An-
lichkeiten sowie für die Bewertung der vorgege-
zahl derjenigen Hauptleute mitgeteilt haben wollen,
benen Ausbildungsmöglichkeiten leistet. Ich bin
die ohne Erfolg am Stabsoffizier- und Auswahllehr-
sicher, daß die Kommission an diesem Problem
gang teilgenommen haben. Es sind beim Heer 980,
überhaupt nicht vorbeigehen kann.
bei der Luftwaffe 470 und bei der Marine 140. Insge-
samt sind es 1590 Offiziere.
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
Insgesamt hatten an diesen Lehrgängen vom Heer
-

Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten


7000, von der Luftwaffe 4400, von der Marine 1900,
Pawelczyk auf:
also insgesamt 13 300 Offiziere teilgenommen. Die
Wie viele Offiziere dieses Personenkreises waren zum Zeit-
Zahl derjenigen, die teilgenommen haben, und die punkt der Stabsoffizierprüfung bereits als Spezialisten einge-
Zahl derjenigen, die nicht bestanden haben, stellen setzt?
sich also wie folgt dar: 13 300 gegenüber 1590. Herr Staatssekretär!
4480 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte be-
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, die deuten würde.
Beantwortung Ihrer Frage wäre mir leichter gefal- Die Entlassung selbst erfolgt in diesen Fällen
len, wenn .der von Ihnen gebrauchte Begriff des unter folgenden Voraussetzungen: Nach § 46 Abs. 4
Spezialisten bundeswehreinheitlich näher beschrie- Satz 1 des Soldatengesetzes muß ein Berufssoldat,
ben werden könnte. Das Laufbahnrecht der Soldaten dessen militärische Ausbildung mit einer Fachaus-
kennt nur Spezialisten im engeren Sinne. Das sind bildung oder einem Studium verbunden war, die
Sanitätsoffiziere, die Offiziere im Musikdienst und entstandenen Kosten der Fachausbildung oder des
die Offiziere im Militärgeographischen Dienst. Alle Studiums ersetzen, wenn er auf eigenen Antrag
anderen Offiziere gehören der Laufbahn des Trup- aus der Bundeswehr ausscheidet, ohne nach Ab-
pendienstes an. Dabei verkenne ich keinesfalls, daß schluß der Fachausbildung oder des Studiums eine
es im Truppendienst eine ganze Menge von Dienst- weitere Dienstzeit in der Bundeswehr abgeleistet
posten gibt, die nur von Soldaten mit spezieller zu haben, die dem Dreifachen der Länge der Fach-
Ausbildung besetzt werden können. Aber die Gren- ausbildung oder des Studiums entspricht. Der Be-
zen sind fließend, so daß konkrete Zahlenangaben rufssoldat, der seine Entlassung beantragt, verliert
nur mit Bedenken möglich sind. außerdem seine Versorgungsansprüche — § 49
Trotz dieser Bedenken möchte ich Ihnen Zahlen Abs. 3 des Soldatengesetzes — mit Ausnahme der
nennen. Es wurden z. B. Offiziere im Fernmelde- Beschädigtenversorgung.
wesen, aus der Technik, aus dem Nachschub usw.
als Spezialisten angesehen gegenüber solchen Offi- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

zieren, die neben der reinen Truppenführung keine Eine Zusatzfrage.


besonderen Aufgaben wahrgenommen haben. Als
Spezialisten in diesem eingeschränkten Sinne waren 'Cramer (SPD) : Herr Staatssekretär, wie viele
zur Zeit der Stabsoffizierprüfung bereits 460 Offi- ausgebildete Düsenpiloten haben bisher ihre Ent-
ziere eingesetzt, welche die Prüfung nicht bestanden lassung oder Entpflichtung beantragt?
haben und sich dadurch für eine Beförderung zum
Major nicht qualifizieren konnten. Die Gesamtzahl
der Teilnehmer mit spezieller Ausbildung betrug
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
hingegen 3700 Offiziere.
Cramer, die Zahlen sind mir bekannt. Ich kann Ihnen
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
hier nur sagen, daß diese Zahlen sich in Grenzen
Eine Zusatzfrage. bewegen, die uns nicht beunruhigen. Ich bin gerne
bereit, detaillierte Angaben vor dem Verteidigungs-
Pawelczyk (SPD) : Herr Staatssekretär, werden ausschuß zu machen.
im Zuge der Neufassung der Laufbahnvorschriften
und damit der Spezialisierung der Laufbahnen und Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

der konkreteren Fassung des Begriffs auch die- Eine letzte Zusatzfrage.
jenigen Offiziere, die wegen der allgemeinen Prü-
fungsanforderungen dieses Qualifikationsziel nicht Cramer (SPD) : Wie hoch sind die Ausbildungs-
erreichen konnten, erneut eine Chance bekommen? kosten für einen Düsenpiloten?

Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim


Bundesminister der Verteidigung: Das bleibt abzu- Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
warten, Herr Kollege. Man muß abwarten, wie Bundesminister der Verteidigung: Man kann das
diese Stellen bewertet werden. nur rund beantworten, weil sie für den einzelnen
unterschiedlich sind und weil es auch noch davon
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
abhängt, auf welchem Typ der Flugzeugführer aus-
Keine weitere Zusatzfrage. gebildet wird. Wir gehen davon aus, daß die Aus-
bildung eines Piloten für Hochleistungsflugzeuge
Dann rufe ich die Frage 59 des Herrn Abgeord- 1,5 Millionen DM kostet.
neten Cramer auf:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach Berufsoffiziere, die als
Düsenpiloten ausgebildet wurden, vor Ablauf ihrer Verpflich-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

tungszeit um Entlassung bitten, und unter welchen Bedingungen Ich rufe die Frage 60 des Herrn Abgeordneten Stahl-
erfolgt die Entpflichtung?
berg auf:
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Hat das Institut für Bildung und Erziehung in den Streit-
kräften unter Prof. Ellwein seine Arbeit in München bereits auf-
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege genommen, und inwieweit ist es an der Erarbeitung der Unter-
lagen für die Bildungskommission beteiligt?
Cramer, die Pressemeldungen, wonach einzelne Be-
rufsoffiziere, die als Strahlflugzeugführer ausgebil-
det wurden, ihre Entlassung vor Ablauf ihrer Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Dienstzeit beantragen, treffen zu. Nach § 46 Abs. 3 Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, das
des Soldatengesetzes kann jeder Berufssoldat seine wissenschaftliche Institut für Erziehung und Bildung
Entlassung beantragen, ein Berufsoffizier bis zum in den Streitkräften hat seine Arbeit am 15. Okto-
Ende des 6. Dienstjahres als Offizier jedoch nur, ber 1970 aufgenommen. An der Erarbeitung von Un-
wenn das Verbleiben im Dienst für ihn wegen per- terlagen für die Bildungskommission ist das Institut
sönlicher, insbesonderer häuslicher, beruflicher oder nicht beteiligt.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4481

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Wenn Sie die Fragen in den Fragestunden der ver-
Keine Zusatzfrage dazu. gangenen Jahre studieren, werden Sie mit mir zu
Ich rufe die Frage 61 des Herrn Abgeordneten dem gleichen Ergebnis kommen. Ich möchte Ihnen
Stahlberg auf: aber die Gewißheit geben, daß wir die Beteiligten
ausreichend hören werden. Ich bin sicher, daß sich
Sind die Truppenkommandeure bei der Darstellung der bis-
herigen Erfahrungen über Bildung und Ausbildung der Soldaten am Ende eine breite Mehrheit für ein neu zu erar-
in der Kommission beteiligt? beitendes Konzept finden wird.

Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Bundesminister der Verteidigung: Ihre zweite Frage, Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Biehle.
Herr Kollege, beantworte ich folgendermaßen. Die
Namen der Mitglieder der Bildungskommission sind Biehle (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, trifft es
u. a. im Bulletin der Bundesregierung vom 15. Sep- zu, daß der stellvertretende Leiter des Instituts für
tember 1970 auf Seite 1279 veröffentlicht worden. Bildung und Erziehung auf einer Tagung in Berg-
Von den zwölf in der Bildungskommission vertre- neustadt, nämlich der Diplomsoziologe Ralf Zoll, er-
tenen Soldaten sind die meisten Generale, Admirale klärt hat, Vorrang bei seiner Arbeit habe nicht die
und Stabsoffiziere längere Zeit Truppenkomman- Funktionsfähigkeit der Bundeswehr, sondern die
deur gewesen, zum Teil bis vor ganz kurzer Zeit. demokratische Politisierung der einzelnen Offiziere
Damit ist sichergestellt, daß die Erfahrungen der und Unteroffiziere, und daß bei dieser Tagung wei-
Truppe bei der Arbeit der Bildungskommission volle ter gesagt wurde, der Soldat solle sich politisch
Berücksichtigung finden. Ein Truppenoffizier (Haupt- engagieren, jedoch möglichst nicht im Bundeswehr-
mann), ein Fachoffizier (Leutnant zur See) und ein verband?
Oberfeldwebel (Zugführer eines Panzerjäger-Kano-
nenzuges) geben darüber hinaus die Gewähr, daß Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
auch die Erfahrungen und Erfordernisse anderer Bundesminister der Verteidigung: Das sind zwei
Truppenebenen Berücksichtigung finden. Fragen, Herr Kollege, die in keinem direkten Zu
samenhang mit der eigentlichen Frage stehen. Das
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:- letztere halte ich für schlechthin unmöglich. Das
Zusatzfrage. erstere werde ich prüfen lassen. Sofern es jedoch
gesagt worden ist, steht es nicht in Übereinstim-
Stahlberg (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, ist mung mit der Auffassung der Leitung des Hauses.
nicht generell beabsichtigt, Kommandeure und Trup-
penoffiziere aus allen Bereichen wegen ihrer Erfah- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

rungen gelegentlich in Sitzungen der Bildungskom- Ich rufe die Frage 62 des Herrn Abgeordneten Dr.
mission anzuhören? Klepsch auf:
- Ist es richtig, daß die von der Bundesregierung im Verteidi-
gungsministerium gebildete Kommission für Ausbildung und
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bildung (Bildungskommission) ihr Konzept für Ausbildung und
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Bildung in den Streitkräften bis zum Jahresende 1970 vorlegen
wird?
Stahlberg, ich kann mir überhaupt nicht vorstellen,
daß die Kommission ,das moderne Instrument des Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Anhörens in den schwierigen Fragen, die zu bera- Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, es
ten und die in einem Bericht zusammenzufassen trifft nicht zu, daß die Bildungskommission ihre Er-
sind, nicht nutzen will. Dabei gehe ich selbstver- gebnisse bis zum Jahresende 1970 vorlegen muß.
ständlich davon aus, daß Truppenkommandeure und Wie im Weißbuch auf Seite 130 angekündigt, er-
Zugführer, gleichgültig, ob es Offiziere oder Feld- wartet die Bundesregierung, daß im Laufe des Jah-
webel sind, gehört werden. res 1971 ein zusammenhängender Vorschlag für die
Ausbildung sowie die Bildungseinrichtungen und
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-
-gänge vorgelegt wird. Im Erlaß des Bundesmini-
Eine weitere Zusatzfrage des Fragestellers. sters der Verteidigung über die Bildung der Bil-
dungskommission hat der Bundesminister diese Zeit-
angabe präzisiert. Danach soll das Gutachten der
Stahlberg (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, ist Bildungskommission bis zum 31. März 1971 vorge-
Ihnen die Beunruhigung der Truppenkommandeure
legt werden. Dieser Termin stellt das Ende der
und Truppenoffiziere bekannt, die davon ausgehen,
Abgabefrist dar. Eine frühere Abgabe des Gut-
daß hier etwas am Grünen Tisch erarbeitet wird,
achtens ist möglich.
wozu sie nicht gehört werden sollen?
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Zusatzfrage.


Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
Stahlberg, immer wenn etwas geändert wird, wird Dr. Klepsch (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,
bei einem so großen Personalkörper, wie ihn die sind Sie der Auffassung, daß es zur Erarbeitung
Bundeswehr darstellt, Unruhe entstehen. Das ist dieses Gutachtens von Interesse wäre, vorher die
nichts Neues. Das gab es bei den Lehrern, das gab Ergebnisse der Arbeit der Personalstrukturkom-
es bei den medizinisch-technischen Assistentinnen, mission und der Wehrstrukturkommission zur Ver-
und das gibt es natürlich auch bei den Soldaten. fügung zu haben?
4482 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim


Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Dr. Bundesminister der Verteidigung: Die Bundesregie-
Klepsch, es wäre natürlich sehr gut, wenn wir auf rung hält es nicht für richtig, daß Parteien Soldaten
solche Unterlagen bereits zurückgreifen könnten. schriftlich auffordern, für den Besuch von Parteiver-
Würden wir jedoch darauf warten, so würden wir anstaltungen in Soldatenkreisen zu werben.
vor Ende des nächsten Jahres gar keine Ergebnisse
haben. Die Kommissionen arbeiten nebeneinander. Haase (Kassel) (CDU/CSU) : Habe ich Sie richtig
Wir gehen davon aus, daß, auch wenn die Beratung verstanden: sie hält es nicht für richtig?
über die Formulierung der Maßnahmen, die nach
den Kommissionsberichten zu ergreifen sein werden,
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
sehr lange Zeit in Anspruch nehmen wird, dennoch
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
in allen Punkten ein Kompromiß geschlossen wer-
Haase, Sie haben mich richtig verstanden. Die Bun-
den kann.
desregierung hält es nicht für richtig.

Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - Haase (Kassel) (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,


Eine weitere Zusatzfrage. darf ich denn in diesem Zusammenhang fragen, was
Sie zu tun beabsichtigen, um zu verhindern, daß
Dr. Klepsch (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, es künftig von der Sozialdemokratischen Partei Schrei-
ist — so habe ich Sie wenigstens zwischen den Zei- ben an Offiziere in ihre Kasernen mit folgendem In-
len verstanden — Ihrer Auffassung nach erforder- halt gerichtet werden — ich darf nur ganz wenige
lich, ein Bildungskonzept zu erarbeiten, das vorher Worte zitieren —:
die ebenfalls neu zu erarbeitende Wehr- und Per- Sehr geehrter Herr Major!
sonalstruktur festlegt. Das Bildungskonzept soll
dazu passen. Nach Ihren Zeitangaben werden aber Bundesverteidigungsminister Schmidt spricht
die Arbeiten der Kommissionen wesentlich später am ... in der Sporthalle am Böllenfalltor. Ich
abgeschlossen sein. Teilen Sie daher meine Mei- bin beauftragt, Sie hierzu recht herzlich einzu-
nung, daß die Frage offenbleibt, ob hier nicht eine laden. Wir würden uns freuen, wenn Sie noch
umfassende Revision erforderlich ist, da das Ergeb- weitere Besucher aus Ihrer Familie oder Ihrem
nis der Abstimmung dann noch keinesfalls vorliegen Kollegenkreis mitbringen könnten. Wir sorgen
wird? dafür, daß in den ersten Reihen für Bundes-
wehroffiziere und Soldaten —

) Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -


Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Bei Ihnen und schon bei dem Kollegen Pawelczyk Herr Kollege Haase, ich muß um Verständnis für
habe ich festgestellt, daß im Geschäftsbereich des meinen Hinweis bitten, daß die volle Verlesung
Bundesministers der Verteidigung die in den Richt- eines Briefes den Rahmen einer Zusatzfrage über-
linien für die Fragestunde für Zusatzfragen gefor- schreitet. Sie haben ja den Zusammenhang bereits
derte Kürze gelegentlich zu vermissen ist. deutlich gemacht.
(Abg. Dr. Klepsch: Der Sachzusammenhang
ist sicher gegeben!) Haase (Kassel) (CDU/CSU) : Nur den letzten
Satz — —

Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim


Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Herr Kollege Dr. Klepsch, die Situation ist doch die, Nein!
daß über die Bildungspolitik nicht nur hier im Bun-
destag, sondern auch in den Ländern diskutiert wird Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
und daß alles im Fluß ist. Die Bundeswehr wird Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
kein Bildungskonzept vorlegen, das ausschließlich Haase, ich kenne den Vorgang; er ist über meinen
für die Bundeswehr Gültigkeit hat; das muß viel- Schreibtisch gelaufen; aber es gibt ähnliche Vor-
mehr mit dem abgestimmt werden, worum man sich gänge aus anderen Parteien. Ich beantworte Ihre
in dieser Frage auch sonst bei uns im Lande bemüht. Frage generell für alle Parteien — in der Hoffnung,
Ich bleibe dabei, Herr Dr. Klepsch, daß wir ausrei- daß diejenigen, die es angeht, einmal nachlesen, was
chend Zeit haben, insbesondere da andere Kommis- ich in der Fragestunde geantwortet habe — mit dem
sionen Zwischenberichte vorlegen werden, in den Hinweis auf § 15 des Soldatengesetzes:
verschiedenen strittigen Fragen zu einem Kompro-
(1) Im Dienst darf sich der Soldat nicht zu-
miß zu kommen.
gunsten oder zuungunsten einer bestimmten
politischen Richtung betätigen. Das Recht des
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Soldaten, im Gespräch mit Kameraden seine
Ich rufe die Frage des Herrn Abgeordneten Haase eigene Meinung zu äußern, bleibt unberührt.
(Kassel) auf:
Hält die Bundesregierung es für richtig, daß Parteien Soldaten
(2) Innerhalb der dienstlichen Unterkünfte
schriftlich auffordern, für den Besuch von Parteiveranstaltungen und Anlagen findet während der Freizeit das
in ihrem Kollegenkreis zu werben?
Recht der freien Meinungsäußerung seine
Herr Staatssekretär! Schranken an den Grundregeln der Kamerad-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4483
Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan
schaft. Der Soldat hat sich so zu verhalten, daß Glüsing (Dithmarschen) (CDU/CSU) : Herr Staats-
die Gemeinsamkeit des Dienstes nicht ernstlich sekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß
gestört wird. Der Soldat darf insbesondere nicht dieser Bericht der Wehrstrukturkommission nicht so-
als Werber für eine politische Gruppe wirken, fort umfassend sei, sondern zunächst nur das Pro-
indem er Ansprachen hält, Schriften verteilt oder blem der Wehrgerechtigkeit behandeln wird?
als Vertreter einer politischen Organisation ar-
beitet. Die gegenseitige Achtung darf nicht ge- Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
fährdet werden. Bundesminister der Verteidigung: Das ist richtig,
(3) Der Soldat darf bei politischen Veranstal- ohne daß dabei auszuschließen ist, daß auch andere
tungen keine Uniformen tragen. Fragen von der Kommission für so dringlich erachtet
werden, daß sie diese in diesem Beri cht mit an
(4) Ein Soldat darf als Vorgesetzter seine Un- spricht.
tergebenen nicht für oder gegen eine politische
Meinung beeinflussen.
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:
Herr Kollege Haase, ich glaube, wenn diejenigen, Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Glüsing?
die es angeht, die Antwort in der Fragestunde lesen — Nein. Bitte schön, Herr Abgeordneter Klepsch.
werden, werden sich diejenigen, die einmal in dieser
Frage sündig waren, überlegen, ob es sich lohnt, ein
zweites Mal so etwas zu veranstalten. Ich schließe
Dr. Klepsch (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,
trifft es zu, daß die Bundesregierung nach wie vor
dabei die Sozialdemokratische Partei durchaus ein.
der Auffassung ist, daß diese neue Personalstruktur
— wie im Weißbuch 1970 angekündigt — für die
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Dienst- und Laufbahnverhältnisse der Bundeswehr
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Klepsch. umwälzende Veränderungen — größer als je zuvor
in der deutschen Militärgeschichte — bringen wird,
Dr. Klepsch (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, und müssen auf diesem Hintergrund meine vorigen
habe ich Sie da richtig verstanden, daß Sie es als Fragen bezüglich der Bildungskommission nicht doch
eine unzulässige Pression ansehen, wenn in einer sehr gravierend erscheinen?
solchen Einladung, die mit der Ankündigung verbun-
den wird, daß man dem Minister vorgestellt werde,
gebeten wird, telefonis ch oder mündlich abzusagen, Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Das trifft zu, und
wenn man nicht kommen kann?
Herr Kollege Klepsch, ich will Ihnen gern bestäti-
gen, daß Ihre Fragen — insbesondere Ihre Zusatz-
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim fragen — immer gravierend sind.
Bundesminister der Verteidigung: Eine Pression
würde ich darin nicht sehen, Herr Dr. Klepsch, zu-
- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:
mindest aber eine grobe Ungeschicklichkeit und
einen Stilbruch. Ich rufe die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Jung
auf:
Weshalb sind den in Jägerbrigaden umgewandelten Einheiten
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: der Bundeswehr die schwimmfähigen gepanzerten 6-Rad-Fahr-
zeuge gestrichen worden, und welche Maßnahmen wird die
Ich rufe die Frage des Abgeordneten Glüsing (Dith- Bundesregierung ergreifen, um die dadurch entstehende — und
dem Sinn der Jägerbrigaden zuwiderlaufende — Einbuße an
marschen) auf: Kampfkraft zu ersetzen?
Wann wird die von der Bundesregierung eingesetzte Wehr-
strukturkommission ihre Empfehlungen für eine neue Wehr-
struktur vorlegen? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Jung, Ihre Frage berührt den Rüstungsplan der Bun-
Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, in deswehr, der, wie Sie wissen, unter einem Ver-
ihrem Einsetzungsbeschluß zur Bildung der unab- schlußgrad steht. Ich bitte Sie daher um Verständ-
hängigen Wehrstrukturkommission vom 9. Juli die- nis, daß ich diese Frage nur vor dem Verteidigungs-
ses Jahres hat die Bundesregierung festgestellt, daß ausschuß beantworten kann, wenn es überhaupt
die Wehrstrukturkommission ihre Vorschläge für von Ihnen gewünscht wird.
die Durchsetzung größerer Wehrgerechtigkeit in
diesem Jahrzehnt bis zum Ende dieses Jahres und Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:
die Ergebnisse ihrer Untersuchung über eine neue Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jung?
Wehrstruktur und etwaige Optionen am Ende dieses
Jahrzehnts am 31. Dezember 1971 vorlegen solle.
Die Bundesregierung sieht den beiden Berichten zu Jung (FDP) : Nur eine Feststellung, Herr Prä-
den genannten Terminen entgegen. Die Kommission sident: Ich wünsche das.
trägt allein die Verantwortung für ihre Arbeiten,
also auch für die Beendigung ihrer Arbeiten. Et- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:
waige Terminverzögerungen wären von ihr selbst Herr Staatssekretär, damit sind die Fragen aus
zu vertreten; sie sind zur Zeit nicht zu erwarten. Ihrem Geschäftsbereich beantwortet. Ich danke
Ihnen und rufe die Fragen aus dem Geschäftsbe-
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: reich des Bundesministers für Verkehr und für das
Eine Zusatzfrage. Post- und Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung
4484 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staats- Fernmeldewesen: Herr Präsident, auch hier würde
sekretär Börner zur Verfügung. ich dankbar sein, wenn ich beide Fragen wegen
Die Frage 75 ist von dem Abgeordneten Schiller des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten
(Bayreuth) eingereicht. Es wird mir mitgeteilt, daß könnte.
der Herr Abgeordnete um schriftliche Beantwortung
gebeten hat. Die Antwort wird als Anlage abge- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
druckt. Der Herr Fragesteller ist einverstanden. Frage 81
des Abgeordneten Dr. Apel:
Ich rufe die Frage 76 des Abgeordneten Geisen-
hofer auf: Sieht die Bundesregierung vor, durch eine Änderung der
StVZO eine entsprechende Eintragung im Führerschein vorzu-
Wie stellt sich die Bundesregierung zu der bestehenden Rege- schreiben, wenn die Fahrausbildung in Kraftfahrzeugen mit
lung, daß im heutigen Großstadtverkehr ein Personenkraftwagen automatischer Kraftübertragung erfolgte, um damit die bereits
(meist nur mit einer Person besetzt) das glei che Vorfahrtsrecht eingesetzte Entwicklung aufzuhalten und die Verkehrssicherheit
besitzt wie ein öffentliches Verkehrsmittel, das zum gleichen zu erhöhen?
Zeitpunkt 100 bis 300 Personen befördert?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Bundesregie-
Fernmeldewesen: Herr Präsident, ich bitte, die Fra- rung hält einen besonderen „Automatik-Führer-
gen des Herrn Kollegen Geisenhofer wegen des schein" nicht für erforderlich. Sie begrüßt es, daß
Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten zu nahezu sämtliche Bundesländer auf einen die Fahr-
dürfen, wenn der Herr Kollege einverstanden ist. erlaubnis einschränkenden Vermerk auf dem Füh-
rerschein verzichten. Eine Änderung der Straßen-
verkehrs-Zulassungs-Ordnung in dieser Sache ist
Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: nicht geplant. Die Regelung des § 11 StVZO er-
Der Herr Fragesteller ist einverstanden. Frage 77 scheint ausreichend.
des Herrn Abgeordneten Geisenhofer:
Wäre es nicht an der Zeit, dem Massenverkehrsmittel das
Sollte sich jedoch herausstellen, daß Führerschein-
Vorfahrtsrecht einzuräumen und die Straßen mehr vom Indivi- neulinge, die auf Automatik-Fahrzeugen geschult
dualverkehr zu entlasten, was außerdem eine wesentliche Ver-
besserung der Großstadtluft zur Folge hätte? und geprüft worden sind, eine größere Gefahr für
den Straßenverkehr darstellen ,als andere, wird, die
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesregierung unverzüglich geeignete Maßnah-
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und men ergreifen.
Fernmeldewesen: Herr Kollege, weder die geltende
noch die neue Straßenverkehrsordnung kennt ein Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
differenziertes Vorfahrtsrecht für Personenkraftwa- Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Apel.
gen einerseits und öffentliche Verkehrsmittel ande-
rerseits. Eine solche Differenzierung wäre im Inter- Dr. Apel (SPD) : Herr Staatssekretär, muß ich
esse der Verkehrssicherheit nicht zu vertreten. 'Ge- Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie in der Tat der
rade Vorfahrtsregeln müssen besonders klar und Meinung sind, daß es, wenn jemand auf einem
eindeutig sein. Automatik-Fahrzeug gelernt hat, möglich ist, daß
Eine Anzahl Bestimmungen der neuen Straßenver- man ihm den Führerschein für ein Fahrzeug mit
kehrsordnung und der Allgemeinen Verwaltungs- Gangschaltung gibt, und sehen Sie darin nicht doch
vorschrift dazu werden aber wesentliche Erleichte- eine Gefährdung der Straßenverkehrssicherheit?
rungen für den öffentlichen Personenverkehr brin-
gen. Es handelt sich um verkehrsregelnde und ver- Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
kehrslenkende Maßnahmen, wie beispielsweise um Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
besondere Lichtzeichen oder um die im Entwurf der Fernmeldewesen: Nein, Herr Kollege. Ich darf dar-
Straßenverkehrsordnung aufgeführten Zeichen zur auf hinweisen, daß im Rahmen der Fahrstunden die
Markierung von Fahrstreifen, die den Schienenbah- Fahrlehrer die Fahrschüler auch auf konventionellen
nen oder Linienomnibussen einen Vorrang einräu- Wagen lernen lassen. Etwa ein Drittel der Fahrstun-
men können. den muß auf anderen als Automatikwagen absol-
viert werden. Es kann also vorausgesetzt werden,
Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: daß der neu in den Verkehr kommende Führer-
Keine Zusatzfrage. scheininhaber entsprechende Vorkenntnisse besitzt.
Die Fragen 78 und 79 des Abgeordneten Seefeld Es ist selbstverständlich, daß er ein besonderes Maß
werden 'auf Wunsch des Fragestellers schriftlich be- an Sorgfalt — wie natürlich jeder andere Verkehrs-
antwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. teilnehmer auch — zeigen muß, wenn er auf ein ihm
noch fremdes Fahrzeug umsteigt.
Ich rufe die Frage 80 des Abgeordneten Dr. Apel
auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine Fahr- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
erlaubnis, die auf Grund einer Ausbildung in Kraftfahrzeugen Eine weitere Zusatzfrage.
mit automatischer Kraftübertragung erteilt wurde, audi nur für
solche Kraftfahrzeuge gelten sollte, und wie beurteilt sie in
diesem Zusammenhang den Wegfall eines entsprechenden Ver-
merks im Führerschein in einer Reihe von Bundesländern? Dr. Apel (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich Sie
korrigieren: Er muß nicht ein Drittel der Fahrstun-
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim den auf einem normalen traditionellen Fahrzeug
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und lernen, sondern es ist eine Empfehlung, daß das ge-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4485
Dr. Apel
schehen soll. Besteht nicht doch ein sehr wesent- falls bestritten, sondern unterstrichen habe. Durch
licher Unterschied zwischen einer Muß-Vorschrift dieses Gespräch ist aber sicher klargeworden, daß
und einer Empfehlung, weil diese Empfehlung eben wir in der Bewertung der gegenwärtigen Situation
nicht eingehalten werden muß? andere Auffassungen haben. Ich wäre dankbar,
wenn Sie mir zur Unterstützung Ihrer kritischen
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Äußerungen noch einige Fälle, insbesondere aus
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Ihrer Wahlkreisarbeit oder aus anderen Erkundi-
Fernmeldewesen: Es ist für mich sehr interessant, gungen, nennen könnten, die Ihre Argumente ab-
von Ihnen zu hören, daß diese Empfehlung diffe- stützen.
renziert gehandhabt wird. Nach meinen Erkundigun-
gen ist durch Absprachen der entsprechenden Gre- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

mien der Fahrlehrer sichergestellt, daß diese Emp- Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Freiherr
fehlung überall beachtet wird. Ich kann mir vorstel- von Fircks.
len, daß in Ihrem Heimatland Hamburg, das noch
diesen Führerscheinantrag kennt, die Praxis anders Freiherr von Fircks (CDU/CSU) : Herr Staats-
ist. In allen anderen Bundesländern wird aber nach sekretär, wenn es so ist, wie Sie meinen, daß näm-
unseren Erkundigungen so verfahren, wie ich es lich die Ausbildung, wie sie heute erfolgt, tatsäch-
ausgeführt habe. lich genügt, würden Sie es dann nicht angesichts des
Ernstes der Verkehrslage, wie sie sich jährlich aus
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
- den Statistiken ergibt, doch für richtig halten, daß
Eine weitere Zusatzfrage. generell die Prüfung unter den erschwerteren Bedin-
gungen der nicht automatischen Fahrzeuge abge-
Dr. Apel (SPD) : Herr Staatssekretär, können Sie leistet wird und nicht unter den erleichterten Be-
sich vorstellen, daß in einer Wettbewerbswirtschaft, dingungen, die den Verkehr so verunsichern, wie
in der die Fahrschulen miteinander in Konkurrenz es soeben vom Kollegen Apel dargestellt worden
stehen und in der es nur eine Empfehlung des zu- ist?
ständigen Verbandes und keine Vorschrift der Bun-
desregierung oder der Bundesländer gibt, perma- Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
nent gegen diese Empfehlung verstoßen wird, weil Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
eben Wettbewerb herrscht und jeder versucht, so Fernmeldewesen: Herr Kollege, wir gehen, wie ich
schnell wie möglich seinem Zögling den Führer- ausgeführt habe, davon aus, daß der Prüfling beide
schein zu verschaffen, um die Kosten zu senken Methoden beherrschen muß. Mit einem Führer-
und damit besser im Markt zu liegen? schein, wie er hier in Rede steht, können Sie ja ver-
schiedene Fahrzeuge fahren, auch LKWs, so daß man
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim eventuell fordern könnte: Dann muß er eben die
- Prüfung auf dem LKW machen. Das ganze Problem
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich darf darauf hin- ist differenziert. Ich habe gesagt: wenn wir fest-
weisen, daß der Fahrlehrer eine sehr hohe Verant- stellen, daß wirklich eine Gefährdung der Verkehrs-
wortung übernimmt. Ich kann mir nicht vorstellen, sicherheit vorliegt, werden wir unverzüglich Maß-
daß die Praxis so ist, wie Sie es anklingen lassen, nahmen ergreifen. Bisher gibt es aber in der Öffent-
darf aber zur Ergänzung meiner Darlegungen noch lichkeit nur einige kritische Bemerkungen ohne aus-
ausführen, daß wir den Trend, Fahrzeuge mit Auto- sagekräftiges statistisches Material. Nach den ent-
matikgetriebe in den Verkehr zu bringen, durchaus sprechenden Erklärungen der Fachleute, z. B. der
nicht hindern wollen. Für die Verkehrssicherheit ist der Technischen Überwachungsvereine ist die Lage
es sicher wünschenswert, daß in absehbarer Zeit so, wie ich sie vorhin dargestellt habe. Man ten-
alle Fahrzeuge Automatikgetriebe erhalten. diert eben zur Automatik-Prüfung.

Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:


-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Eine weitere Zusatzfrage. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dröscher.

Dr. Apel (SPD) : 'Herr Staatssekretär, halten Sie Dröscher (SPD) : Herr Staatssekretär, statistisches
es für angebracht, die Verantwortung für die Ver- Material, wonach sich dadurch die Unfallzahlen er-
kehrssicherheit, für die vernünftige Ausbildung der höht haben und das Besorgnisse erwecken könnte,
Fahrschüler den Fahrlehrern zu überlassen, oder liegt also noch nicht vor?
meinen Sie nicht doch, daß, wie in meiner Frage 81
angesprochen, die Bundesregierung aktiv werden Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
muß, damit eine gleichbleibende, durchgehende Aus- Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
bildung aller Fahrschüler so gewährleistet ist, daß Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich nehme an, daß
keine Gefährdung für den Straßenverkehr entsteht? sich Herr Kollege Dr. Apel vorher auf einen Test in
Hamburg gestützt hat. Dieser Test ist aber, was die
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Anzahl und die Auswahl der Personen betrifft, nach
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und unserer Meinung nicht genügend abgesichert. Des-
Fernmeldewesen: Ich darf darauf hinweisen, daß halb habe ich darum gebeten, daß uns zusätzliches
ich die Verantwortung der Bundesregierung keines Material, wenn Herr Kollege Apel darüber verfügt,
4486 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Parlamentarischer Staatssekretär Börner


zur Verfügung gestellt wird, damit wir mit den Län- licher Art voraussetzt. Die Bundesregierung er-
dern, die einen wesentlichen Anteil an diesen Vor- wartet, daß die für die Baudurchführung verantwort-
schriften und ihrer Durchführung haben, darüber liche schleswig-holsteinische Straßenbauverwaltung
reden können. sich die Vergabe der betreffenden Aufträge zum
frühestmöglichen Zeitpunkt Anfang 1971 angelegen
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
sein läßt.
Der Herr Abgeordnete Picard hat um schriftliche Be-
antwortung seiner Frage gebeten. Die Antwort wird Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

als Anlage abgedruckt. Eine Zusatzfrage!


Ich rufe die Frage 83 der Frau Abgeordneten
Tübler auf: Frau Tübler (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,
Was gedenkt die Bundesregierung für den Ausbau der Bun- sind Sie mit mir einer Meinung, daß es doch zu
desstraße 404 zu unternehmen, und sieht sie in der besonderen
Bedeutung der B 404 für die Wirtschaftsstruktur Schleswig- einer rechtzeitigen Fertigstellung dieser Umgehungs-
Holsteins sowie für die Segelolympiade 1972 einen Anlaß zum straße kommen kann? Und ist Ihnen außerdem be-
beschleunigten Beginn der Baumaßnahme?
kannt, daß wegen des verzögerten Baubeginns be-
reits eine erhebliche Beunruhigung in der Bevölke-
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
rung besteht?
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Fernmeldewesen: Der autobahngleiche Ausbau die-
ser Straße ist vorgesehen. Die Bundesregierung hat Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
damit die besondere Bedeutung, die der Bundes- Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
straße 404 von Kiel bis zur Bundesautobahn Ham- Fernmeldewesen: Frau Kollegin, von verzögertem
burg–Lübeck bei Bargteheide für Wirtschaft und Baubeginn kann nach meiner Auffassung keine
Fremdenverkehr Schleswig-Holsteins zukommt, nach Rede sein. Man darf nicht übersehen, daß wir uns
Abschluß umfangreicher Untersuchungen anerkannt, zur Zeit noch im Planfeststellungsverfahren befin-
und zwar im April 1968. Die schleswig-holsteinische den. Nach meiner Kenntnis ist der Erörterungster-
Straßenbauverwaltung wurde gleichzeitig beauf- min für Dezember dieses Jahres vorgesehen. Wie
tragt, die Planung dementsprechend zu betreiben. bei allen Bundesfernstraßen, die autobahnähnlich
Besonders wichtig war dabei die Änderung der ausgebaut werden, müssen wir natürlich gewisse
schon in Planfeststellung nach §§ 17 und 18 des rechtliche Sicherungen haben, ehe wir bauen kön-
Bundesfernstraßengesetzes begriffenen Pläne für nen. Denn das Dilemma der heutigen B 404 — Sie
die bis dahin zweispurig vorgesehene Ortsumgehung wissen es sicher besser als ich — besteht darin, daß
Bornhöved-Wankendorf. Die Bundesregierung hielt sie einmal Landesstraße wurde, die dem modernen
und hält deren Verwirklichung für sehr dringlich Schnellverkehr eben nicht gewachsen war, auch dar-
und im Interesse der Verkehrssicherheit für not- in, daß sie auf Grund bestimmter Schwierigkeiten
wendig. Das steht auch im Einklang - mit dem trassiert ist, die sich damals beim Ausbau mit
Wunsch, dieses Bauvorhaben möglichst bis August Grundstückseigentümern ergeben haben. Das heißt,
1972 zum Olympischen Segelwettbewerb zumindest sie wäre nicht so kurvenreich, wenn man damals
provisorisch benutzbar zu machen. enteignet und nicht versucht hätte, sich mit jedem
zu einigen. Das liegt aber sehr weit zurück. Deshalb
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
müssen wir, wenn wir die Straße jetzt autobahn-
Keine Zusatzfrage. mäßig ausbauen, natürlich auch darauf achten, daß
wir nicht wieder durch Zurückhaltung beim Grund-
Ich rufe die Frage 84 der Frau Abgeordneten erwerb irgendwelche bautechnischen Schwierigkei-
Tübler auf: ten bekommen.
Ist die Bundesregierung gewillt, das Angebot des Landes
Schleswig-Holstein anzunehmen, die bei einem sofortigen Bau- Nach Angaben der schleswig-holsteinischen Lan-
beginn anfallenden Baukosten für das Haushaltsjahr 1970 vorzu-
finanzieren? desstraßenverwaltung ist das nach Lage der Dinge
Bitte, Herr Staatssekretär! wahrscheinlich nicht zu befürchten. Rechtlich besser
ist es aber, wenn man das Planfeststellungsverfah-
ren durchgeführt hat; denn schließlich geht es allein
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim in diesem Bauabschnitt um ein Projekt von über
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und 50 Millionen DM. Dafür müssen wir entsprechende
Fernmeldewesen: Frau Kollegin, da die Bundesregie- Vorbereitungen treffen.
rung ohnehin beabsichtigt, daß die Bauarbeiten an
der Ortsumgehung Bornhöved-Wankendorf im Zuge Sie selbst wissen, daß das Bauen in dieser Jahres-
der B 404 zu Anfang des Rechnungsjahres 1971 be- zeit nicht nur von der Mittelfreigabe, sondern ge-
gonnen werden, und dementsprechend Mittel im rade in Ihrem Heimatland auch von bestimmten
Haushalt 1971 bzw. im ersten Fünfjahresplan 1971/75 Witterungsverhältnissen abhängig ist. Ich kann
vorgesehen hat, kann von einem nennenswerten Ihnen heute zusagen, daß wir im Jahre 1971 so
Zeitgewinn, wie ihn die Landesregierung Schleswig- schnell wie möglich anfangen wollen. Das Geld
Holstein durch Vorfinanzierung gegen Ende des steht praktisch ab Januar in entsprechenden Teil-
Rechnungsjahres 1970 anstrebt, praktisch keine Rede beträgen zur Verfügung. Ich rechne damit, daß diese
sein. Die Bundesregierung hält daher eine Vorfinan- Straße beim Segelwettbewerb der Olympiade bei
zierung nicht für gegeben, zumal da eine derartige günstiger Witterung zumindest provisorisch benutzt
Regelung zeitraubende Vorarbeiten haushaltsrecht werden kann.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4487

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: det werden, wurden weitere Untersuchungen er-


Eine Zusatzfrage! forderlich. Zu welchem Ergebnisdiese Untersuchun-
gen kommen werden und welche Folgerungen bei
Frau Tübler (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, Abwägung aller Vor- und Nachteile insgesamt zu
Sie stimmen also mit mir überein, daß die Zufahrt ziehen sind, läßt sich gegenwärtig noch nicht über-
zur Landeshauptstadt Kiel auf jeden Fall bis zum sehen.
Jahre 1972 gegeben sein muß, da in der Fortset-
zung des Autobahnbaus die Unter- oder Überfüh- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:
rung über die Elbe ja nicht gewährleistet ist? Eine Zusatzfrage! .

Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Dr. Gleissner (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,


Bundesminister für Verkehr und für das Post- und wann sind die neuen Untersuchungen, die Sie ange-
Fernmeldewesen: Frau Kollegin, der Bundesver- kündigt haben, voraussichtlich abgeschlossen?
kehrsminister versucht alles, um die Maßnahmen
durch zügige Mittelfreigabe zu fördern. Wir haben Wörner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
gerade in den letzten Tagen wieder Mittel zuge- Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
wiesen, um nicht Stockungen oder Verlangsamun- Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Bundesanstalt
gen des Baufortschritts der in Schleswig-Holstein für Straßenwesen rechnet damit, daß sie innerhalb
befindlichen Autobahnbaustellen zu haben. Ich muß des nächsten Jahres hier zu schlüssigen Ergebnissen
aber darauf hinweisen, daß unsere Bemühungen in kommt.
früheren Jahren auch dazu geführt haben, daß wir
vor gar nicht so langer Zeit der schleswig-holstei- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:
nischen Regierung einmal empfehlen mußten, ihre Eine weitere Zusatzfrage!
Straßenbauplanungskapazität so auszubauen, daß
die Mittel aus Bonn auch verbaut werden konnten. Dr. Gleissner (CDU/CSU) : Trifft es zu, daß die
Regierung von Ontario Spikes-Reifen bereits verbo-
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: ten hat? Und was waren dort die Gründe?
Die Fragen 85 und 86 des Herrn Abgeordneten
Riedel (Frankfurt) werden schriftlich beantwortet. Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Ich rufe die Frage 87 des Abgeordneten Dr. Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich kann hier aus
Gleissner auf: dem Handgelenk nicht sagen, ob es richtig ist, daß
Soll audi in der Bundesrepublik Deutschland die weitere Ver-
die Regierung von Ontario, also einer kanadischen
wendung der Spikes-Reifen überprüft werden, und zwar nicht Provinz, die Spikes-Reifen verboten hat! Ich kann
nur wegen der bekanntgewordenen schwerwiegenden Straßen-
schäden, sondern auch aus Gründen der Sicherheit, weil nur in mir aber vorstellen, daß, wenn es so ist, dort die
einem Bruchteil der Winterzeit Straßenverhältnisse herrschen,
die Spikes-Reifen vom Sicherheitsstandpunkt her überlegen
gleichen Sorgen wie bei uns vorliegen, nämlich daß
machen, während sie — nach Meinung internationaler Verkehrs- durch die Verwendung von Spikes-Reifen in Zeiten,
fachleute — in der übrigen Zeit eine ernstliche Bedrohung der
'Sicherheit durch Beeinträchtigung der Straßenlage und der wo kein Eis auf der Straße liegt, also während des
Bremsfähigkeit darstellen? größten Teils des Winters, die Straßendecken so
Herr Staatssekretär! erheblich abgenutzt werden, daß der Schaden Hun-
derte von Millionen beträgt.
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Das ist durchaus ein Grund, über den man reden
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und muß. Es gibt Fachleute, die uns mitgeteilt haben,
Fernmeldewesen: Herr Kollege, derartige Unter- daß der Abrieb auf den Straßen pro Winter etwa
suchungen sind in der Tat erforderlich. Die Wir- 5 mm beträgt. Das heißt, daß die Lebenszeit einer
kungen und Einflüsse der Spikes Reifen aus stra-
- Straßendecke eventuell um die Hälfte verkürzt wird
ßenbautechnischer Sicht sind bereits durch For- und daß sich der Finanzaufwand für die Unterhal-
schungsaufträge sowie Erfahrungsberichte einzelner tung der Straßen wesentlich erhöht. Das wäre eine
Bundesländer hinreichend geklärt. Dabei haben sich Überlegung, die eine solche Sa che natürlich recht-
die Befürchtungen über die Straßenabnutzung be- fertigen könnte, andererseits kann nicht bestritten
stätigt. werden, daß im Winter bei vielen Verkehrszustän-
den der Spikes-Reifen zusätzliche Sicherheit bietet.
Aus fahrzeugtechnischer Sicht bestehen zwar
unter der Voraussetzung, daß sich die Fahrzeug-
führer auf die veränderten Bedingungen einstellen, Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:
gegen die Verwendung von Spikes-Reifen grund- Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Diemer.
sätzlich keine Bedenken. Dennoch sind Untersuchun-
gen über den Einfluß dieser Reifen auf die Brems- Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) : Herr Staats-
wege und hinsichtlich ihrer Seitenführungseigen- sekretär, Sie haben gerade in Ihrem letzten Satz
schaften bei den verschiedensten Fahrbahnverhält- darauf hingewiesen, daß durch den Spikes-Reifen
nissen eingeleitet worden. eine größere Sicherheit für den Verkehrsteilnehmer
Über Diagonalreifen mit Spikes liegen bereits besteht: Steht nicht, wenn man die Sicherheit des
Untersuchungsergebnisse vor. Da jedoch in zuneh- Verkehrsteilnehmers in seinem Wagen und die Ab-
mendem Umfang Gürtelreifen mit Spikes verwen- nutzung der Straßen gegeneinander abwägt, die
4488 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970
Frau Dr. Diemer-Nicolaus
Sicherheit des Verkehrsteilnehmers im Vorder- meldung ist, sondern als offizielle Verlautbarung
grund? seines Büros in Kiel herausgegeben wurde, möchte
ich die Frage stellen, ob man aus Ihrer Antwort ent-
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim nehmen kann, daß die Bundesregierung auch künftig
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und dem Zonenrandgebiet besondere Förderung außer-
Fernmeldewesen: Frau Kollegin, man kann die halb des Rahmens der allgemeinen regionalen Wirt-
Dinge so nicht gegeneinanderstellen. Sicher beinhal- schaftspolitik angedeihen läßt.
tet die Fragestellung, wie Sie sie soeben gebracht ha-
ben, durchaus eine politische Wertung, und wir Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim
würden uns dann sicher für die Sicherheit des Men- Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Ich
schen entscheiden müssen. Es darf aber auch nicht habe das hier soeben ganz eindeutig ausgesprochen:
übersehen werden, daß ein Spikes-Reifen — das Für die Bundesregierung hat die Förderung des Zo-
weisen die wissenschaftlichen Ergebnisse heute nenrandgebietes mit verstärkten Mitteln auf Grund
schon aus — bei trockener Straße eventuell ein zu- der Vorlage dieses Gesetzes weiterhin Priorität. Ich
sätzlicher Unsicherheitsfaktor ist. Wenn Sie ein- hoffe, daß wir im Parlament entsprechende Unter-
mal die Tage in unserem Winter und in unserer stützung erhalten, auch mit Ihrer Unterstützung
Klimasituation zusammenrechnen, an denen man rechnen können.
wirklich Spikes-Reifen braucht und an denen man
nach der Verordnung damit fahren darf, werden Sie Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
zugeben, daß hier unter Umständen zur Zeit eine Eine weitere Zusatzfrage.
sehr ungünstige Relation besteht.
Niegel (CDU/CSU) : 'Herr Staatssekretär, wie be-
Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: urteilen Sie den Vorschlag des Herrn Oppositions-
Die Frage des Abgeordneten Picard wird schriftlich führers Steffen, den Begriff „Zonenrandgebiet" zu
beantwortet; die Antwort wird als Anlage abge- streichen und das Gebiet „Randgebiet zur DDR" zu
druckt. benennen?
Wir stehen am Ende des Geschäftsbereiches. Ich
danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Die-
Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. ser Begriff "Zonenrandgebiet" spielt in den letzten
Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Wochen und Monaten und wahrscheinlich auch in
I Staatssekretär Herold zur Verfügung. Die erste der Zukunft immer eine Rolle. Die Diskussion dar-
Frage, die Frage 90, wird von dem Herrn Abgeord- über ist auf Grund der Vorlage dieses Gesetzes in
neten Niegel gestellt: Gang gekommen. Die Bundesregierung hat ihren Ge-
- setzentwurf als „Gesetzentwurf zur Förderung des
Wie beurteilt die Bundesregierung die Kritik des schleswig-
holsteinischen SPD-Landesvorsitzenden Steffen am Regierungs- Zonenrandgebietes" eingereicht; damit hat sie ein-
entwurf eines Zonenrandförderungsgesetzes, die auf die Ab-
schaffung jeglicher besonderer Förderung des Zonenrandgebiets
deutig ihren Willen bekundet, an einem bisher gän-
hinausläuft? gigen Begriff festhalten zu wollen.

Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:


Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Herr Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Warnke.
Präsident, ich darf die Frage wie folgt beantworten.
Der Herr Bundeskanzler hat bereits in seiner Regie-
rungserklärung vom 28. Oktober 1969 zum Ausdruck Dr. Warnke (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,
gebracht, daß die Priorität des Zonenrandgebiets teilen Sie meine Auffassung, daß die Äußerung des
und Berlins im Rahmen der Strukturpolitik des Bun- SPD-Landesvorsitzenden Steffen geeignet ist, Un-
des erhalten bleiben muß. In konsequenter Fortfüh- ruhe in die Bevölkerung zu bringen, wenn er sich
rung dieser Politik hat die Bundesregierung am grundsätzlich gegen Sondermaßnahmen für das Zo-
Zonenrandförde-
8.Oktober1970dnEwufis nenrandgebiet ausspricht, und sind Sie mit mir der
rungsgesetzes beschlossen, das die bisherigen För- Auffassung, daß die Bundesregierung dagegen von
derungsmaßnahmen für diesen Raum rechtlich absi- sich aus hätte Stellung nehmen müssen?
chern soll und darüber hinaus im sozialpolitischen
Bereich verstärkte Hilfen vorsieht. Im übrigen Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim
möchte ich darauf hinweisen, daß es die Bundes- Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Herr
regierung nicht als ihre Aufgabe ansieht, vor diesem Kollege Dr. Warnke, ich darf folgendes erwidern:
Hohen Hause zu Zeitungsberichten über Äußerun- Vielleicht sollten andere Politiker im Zonenrand-
gen von Landespolitikern Stellung zu nehmen. gebiet auch etwas schweigsamer sein, um die Be-
völkerung nicht zu stark zu beunruhigen. Sie wis-
Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: sen, was ich damit meine, wenn ich Ihre Presse-
Eine Zusatzfrage. konferenz
(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch
Niegel (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, da die keine Antwort!)
Äußerung des Herrn Oppositionsführers im schles- — natürlich ist das eine Antwort — von vor drei
wig-holsteinischen Landtag nicht nur eine Zeitungs Tagen betra ch te.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4489

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Dr. Reinhard (CDU/CSU): Ist Ihre Antwort,


Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Feller- Herr Staatssekretär, so zu verstehen, daß Sie sich
maier. von den Äußerungen des Herrn hessischen Mini-
sters distanzieren, die er in einer Versammlung in
Fellermaier (SPD) : Herr Staatssekretär, würden Philippsthal getan hat?
Sie mir in der Auffassung zustimmen, daß es nicht
sosehr um Begriffe geht, wie sie der Kollege Niegel
Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim
auf Grund einer Feststellung des Oppositionsfüh- Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Ich
rers im schleswig-holsteinischen Landtag hier ge- brauche mich nicht zu distanzieren. Ich kenne die
rügt hat, was an sich der falsche Platz war, sondern Ä ußerungen nicht im Detail. Ich kann nur sagen,
daß es entscheidend ist, daß diese Bundesregierung ich hätte es vielleicht etwas anders ausgedrückt.
in verstärktem Maße diese Gebiete fördert, weil das
den Menschen mehr hilft als das, was sich als pro-
pagandistisches Dekor auch in solchen Fragestun- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

den dazu abspielt? Meine Damen und Herren, der Herr Abgeordnete
Engelsberger hat seine Fragen zurückgezogen.
Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim Die wegen Ablauf der Fragestunde nicht mehr
Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Ich beantworteten Fragen werden schriftlich beantwor-
kann Ihre Bemerkung nur voll unterstreichen. tet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir sind damit am Ende der Fragestunde.
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Peters. Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
2. Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
Peters (Poppenbüll) (FDP) : Herr Staatssekretär, tionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs
sind Sie der Meinung, daß sich durch Umbenennung
eines Gesetzes über die Verlängerung der
des Programms an der Finanzierungsbasis etwas
Amtszeit der Betriebsräte
ändern würde?
— Drucksache VI/1363 —
Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ar
Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: beit und Sozialordnung (10. Ausschuß)
Überhaupt nicht. Daran ist nicht gedacht, im Gegen- — Drucksache VI/1411 —
teil. Wie Sie wissen, sieht das neue Zonenrand-
Berichterstatter: Abgeordneter Zink
förderungsgesetz eine Steigerung der Mittel auf
einigen sozialen Gebieten vor. (Erste Beratung 78. Sitzung)
- Der Herr Abgeordnete Zink wird als Berichterstat-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
- ter einen mündlichen Bericht erstatten.
Ich rufe die Frage 91 des Abgeordneten Dr. Rein-
hard auf:
Zink (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine sehr
Teilt die Bundesregierung die Auffassung des hessischen
Finanzministers Lang, daß eine weitergehende Förderung des verehrten Damen und Herren! Der Deutsche Bundes-
Zonenrandgebietes zur Vermeidung negativer Reaktionen der
DDR zurückgestellt werden solle?
tag hat in seiner 78. Sitzung am 11. November 1970
den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und der
FDP über die Verlängerung der Amtszeit der Be-
Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim triebsräte, Drucksache VI/1363, an den Ausschuß für
Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Herr Arbeit und Sozialordnung überwiesen. Dieser Aus-
Kollege Reinhard, ich darf wie folgt antworten. schuß hat den Gesetzentwurf am gleichen Tage ab-
Ich möchte zuerst wiederholen, daß die Bundes- schließend beraten.
regierung es nicht als ihre Aufgabe betrachtet, zu Zur Begründung des Gesetzentwurfs führten die
Äußerungen von Landesministern Stellung zu neh- Mitglieder der Fraktionen der SPD und der FDP
men. aus, die vorgesehene Verlängerung der Amtszeit
Ich möchte jedoch feststellen, daß es sich bei der der Betriebsräte bis zum 30. April 1972 sei erforder-
Förderung des Zonenrandgebiets um eine innen- lich, damit künftige Wahlen zum Betriebsrat auf
politische Aufgabe der Bundesregierung und der der Grundlage des im Jahre 1971 zu verabschieden-
Zonenrandländer handelt. Da sich die Hilfsmaßnah- den neuen Betriebsverfassungsgesetzes durchge-
men ausschließlich auf einen Teil des Bundesgebiets führt werden könnten.
erstrecken, würde die Bundesregierung jede etwaige Demgegenüber hielt es die Fraktion der CDU/
negative Reaktion der DDR zurückweisen. Dies gilt
CSU für unzweckmäßig, im jetzigen Zeitpunkt die
sowohl für die Fortführung der bisherigen Förde-
nach ihrer Ansicht rechtspolitisch nicht unbedenk-
rungsmaßnahmen als auch für notwendige zusätz-
liche Verlängerung der Amtszeit der Betriebsräte
liche Hilfen, wie sie die Bundesregierung im sozial-
zu beschließen. Die Dauer der Beratung eines Ge-
politischen Bereich für notwendig hält.
setzentwurfs für ein neues Betriebsverfassungsge-
setz könne noch nicht abgesehen werden, da ein
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
- Entwurf der Bundesregierung oder der Koalitions-
Eine Zusatzfrage. fraktionen noch nicht den gesetzgebenden Körper-
4490 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Zink
schaften zugeleitet und ebenso ein Termin für diese könne. Das ist bis zur Stunde nicht geschehen. Wir
Einbringung nicht bekannt sei. bezweifeln daher die Aussage in dem Vorblatt des
Die Mitglieder der Fraktionen der SPD und der eingereichten Gesetzentwurfs, in dem die Koali-
FDP widersprachen diesen Ausführungen. Der in der tionsfraktionen behaupten, es sei damit zu rechnen,
Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 ange- daß noch im Jahre 1971 ein neues Betriebsverfas-
kündigte Gesetzentwurf zur Reform des Betriebs- sungsgesetz verabschiedet würde. Wer auch nur
verfassungsgesetzes sei inzwischen vorbereitet, so einigermaßen die Fristen für die Beratung eines
daß er in Kürze den gesetzgebenden Körperschaften solchen Gesetzes kennt und die mit der Neuordnung
dieses Rechts verbundene Problematik zu würdigen
zugeleitet werde.
weiß, der muß wissen, daß mit der Annahme dieses
Die Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU bean- heutigen Gesetzes die Beratungsmöglichkeiten des
tragten daraufhin, die Abstimmung über den Ge- Parlaments durch eine so enge Fristsetzung uner-
setzentwurf Drucksache 111/1363 auszusetzen, weil träglich beschnitten werden.
sich die Gesamtfraktion die Entscheidung vorbehal-
ten habe. Sie könnten sich daher nicht an einer Ab- (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von
stimmung über den vorliegenden Gesetzentwurf be- der SPD: Was soll denn diese Unterstel
teiligen. lung?!)
Der Ausschuß hat mit Mehrheit diesen Antrag
Der Gesetzentwurf sieht vor, die Amtszeit der
der CDU/CSU abgelehnt, weil in den Betrieben
Betriebsräte bis zum April 1972 zu verlängern. Wer
baldigst Klarheit herrschen müsse, daß die künftigen
das Verfahren zur Wahl des Betriebsrats kennt,
Wahlen zum Betriebsrat schon auf der Grundlage
weiß, daß die Fristen, die nach der Wahlordnung
des neuen Betriebsverfassungsgesetzes durchgeführt
zwingend einzuhalten sind, schon zu einem sehr
würden.
frühen Zeitpunkt zu laufen beginnen. Wenn man
Der Ausschuß hat sodann den Entwurf der Frak- darüber hinaus weiß, daß ein grundlegend neues
tionen der SPD und der FDP über die Verlängerung Gesetz eine neue Wahlordnung erzwingt und die
der Amtszeit der Betriebsräte, Drucksache VI/ 1363, Betriebe und die Gewerkschaften in die Lage ver-
ohne Gegenstimmen oder Enthaltungen unverändert setzen muß, über dann grundlegend neue Möglich-
angenommen. An dieser Abstimmung haben sich die keiten dieses Gesetzes zu informieren und zu schu-
anwesenden Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU len, der muß auch wissen, daß in Wirklichkeit das
unter Hinweis auf ihre Ausführungen nicht beteiligt. Gesetz bis zur Sommerpause verabschiedet werden
So weit der mündliche Bericht. müßte.

(Beifall.) Der bisherige Verlauf der Diskussion um die Neu-


ordnung des Rechts der Betriebsverfassung veran-
laßt uns zu einer besonderen Skepsis und Vorsicht.
-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. (Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)
Wir treten in die zweite Beratung ein. Es liegen Dazu folgende Tatsachen. Anläßlich der Bildung
keine Wortmeldungen vor. Ich rufe auf § 1, — der Großen Koalition Ende 1966 wurde in der Re-
§ 2, — § 3, — Einleitung und Überschrift. — Wer gierungserklärung Bundeskanzler Kiesingers zu
in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den dem Problemkreis der Mitbestimmung, in den die
bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Betriebsverfassung eingeschlossen ist, mitgeteilt,
Stimmenthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. daß die Prüfung dieses Themas durch eine wissen-
schaftliche Gutachterkommission erfolgen solle und
daraus danach dann politische Konsequenzen gezo-
Wir treten in die
gen würden.
dritte Beratung
Am 16. Dezember 1968, als klar vorauszusehen
ein. Das Wort hat der Abgeordnete Müller (Rem- war, daß eine Beratung und eine Verabschiedung im
scheid). Deutschen Bundestag nicht mehr würde erfolgen
können, ohne andere wichtige Gesetze zur Sozial-
und Gesellschaftsreform zu gefährden,
Müller (Remscheid) (CDU/CSU) : Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens (Abg. Katzer: Sehr richtig!)
der Fraktion der CDU/CSU gebe ich zur dritten
z. B. das Arbeitsförderungsgesetz, das Berufsbil-
Beratung des Gesetzes über die Verlängerung der
dungsgesetz und das Lohnfortzahlungsgesetz,
Amtszeit der Betriebsräte folgende Erklärung ab.
Die Fraktion der CDU/CSU wird diesem Gesetz (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)
nicht zustimmen. Die Fraktion hat bis zum heutigen reichte die Fraktion der SPD u. a. einen Gesetzent-
Tage gehofft, daß die Bundesregierung oder die wurf zur Novellierung des Betriebsverfassungsge-
Koalitionsparteien die seit langem wiederholte An- setzes ein. Sie erfüllte damit eine Pflichtübung, weil
kündigung wahrmachen würden, daß zumindest ein man einen solchen Gesetzentwurf für den Bundes-
Gesetzentwurf zur Neuordnung des Rechtes der Be- tagswahlkampf benötigte,
triebsverfassung so weit gediehen sei, daß er den
gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet werden (Beifall bei der CDU/CSU)
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4491
Müller (Remscheid)
und das, obwohl man hinsichtlich des Abwartens des Einschluß des Unternehmensrechts, wie schwierig
Biedenkopf-Gutachtens gegenüber der damaligen die Lösung der anstehenden Fragen ist.
Koalition im Wort stand.
(Abg. Dr. Schellenberg: Ja, für die CDU/
Im Oktober 1969 kam die Regierungserklärung CSU!)
dieser Bundesregierung mit der Absichtserklärung, Die CDU/CSU wird einen eigenen Entwurf zur
eine Novelle zum Betriebsverfassungsgesetz einzu- Gesamtproblematik der Betriebsverfassung und der
bringen, wobei man das Problem der weiteren Mit- Mitbestimmung vorlegen. Ich sage das hier in aller
bestimmung ausklammerte. Wer aber von der Ar- Deutlichkeit,
beitnehmerschaft gehofft hatte, daß, nachdem die
(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner:
SPD die Führung der Bundesregierung übernahm,
Sonst könnte man auch daran zweifeln!)
dieses angeblich so gründlich durchberatene Gesetz,
das ja fertig auf dem Tisch lag, wieder unmittelbar um der Legendenbildung vorzubeugen, wir lehnten
auf dem Tisch des Hauses sein würde, der sah sich dieses Gesetz zur Verlängerung der Amtszeit ab,
enttäuscht. weil wir eine Neuordnung dieses Problemkreises
(Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!) nicht wollten. Das Gegenteil ist der Fall.
(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und
Nach Bildung dieser Koalition berichtete der Mini- Zurufe von der SPD. — Abg. Wehner: Ge
ster für Arbeit und Sozialordnung im zuständigen nau das wollen Sie; deswegen sagen Sie
Ausschuß über die künftigen Vorhaben in seinem das auch! Das ist ja lustig!)
Bereich. Er erwähnte dabei die Betriebsverfassung
und Mitbestimmung nicht. Auf meine Frage, ob das Dies sind einige der Gründe, warum wir kein
Nichterwähnen der beiden Problemkreise bedeute, Zutrauen zu den Versicherungen haben, ein Gesetz-
daß sie nicht zu den unmittelbar vordringlichsten entwurf zur Neuordnung des Rechts der Betriebsver-
Aufgaben seines Hauses gehörten, antwortete mir fassung würde so rechtzeitig vorgelegt, daß das
der Minister, das Problem sei so vielschichtig und Parlament sich in der Beratung nicht selbst unter
müsse noch so grundlegend geprüft werden, daß mit Zeitzwang setzt.
einer baldigen Vorlage nicht zu rechnen sei. (Abg. Dr. Müller-Hermann: Sehr wahr!)
(Abg. Dr. Barzel: Hört! Hört!) Wenn ein solcher Gesetzentwurf zur Verlänge-
Im Januar dieses Jahres legte die wissenschaft- rung der Amtszeit gleichzeitig mit einem Entwurf
liche Gutachterkommission, genannt Biedenkopf zur Neuordnung des Rechts der Betriebsverfassung
Kommission, ihr Gutachten vor. Im März dieses Jah- vorgelegt worden wäre, wäre auch für uns eine
res habe ich mit einigen meiner politischen Freunde neue Situation entstanden. Aus all diesen Gründen
eine Kleine Anfrage eingebracht, ob und wann die lehnen wir heute die Verlängerung der Amtszeit
Bundesregierung eine eigene Stellungnahme zum der Betriebsräte ab.
-
Biedenkopf-Gutachten abgeben würde. Sie hat am (Abg. Wehner: Aha!)
23. März 1970 in der Beantwortung dieser Kleinen
Auf das hier geübte Verfahren will ich im übrigen
Anfrage eine Stellungnahme der Regierung für den nicht mehr eingehen.
Sommer 1970 in Aussicht gestellt.
(Abg. Wehner: Gehen Sie mal ein!)
(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)
Wir hätten uns z. B. vorstellen können, daß man
Ohne auf Ihren Widerspruch zu stoßen, werde ich gemeinsam überlegt hätte, ob nicht bei der Ver-
sicher feststellen dürfen, daß nicht nur kalender- abschiedung eines Gesetzes zur Neuordnung dieses
mäßig der Sommer 1970 vorbei ist. Rechts eine Bestimmung aufgenommen werden
könnte, die die Amtszeit der dann im Amt befind-
(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Weh- lichen Betriebsräte abgekürzt hätte, um sicherzu-
ner: Und die Regierung ist immer noch da!) stellen, daß so bald als möglich nach neuem Recht
Am 12. Oktober 1970 haben wir erneut eine gewählt worden wäre.
Kleine Anfrage eingebracht und gefragt, ob die (Abg. Katzer: Sehr richtig!)
Bundesregierung die für den Herbst 1970 angekün-
digte Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes Statt den Belegschaften das demokratische Recht
einbringen würde, ohne die überfällige Stellung- der Wahl um ein Jahr zu beschneiden,
nahme zum Bericht der Biedenkopf-Kommission (Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei
vorzulegen, bzw. wann mit einer Stellungnahme zu der SPD — Abg. Wehner: Ach Gott, das
diesem Bericht zu rechnen sei. Die Bundesregierung war nett! Die wahren Freunde!)
antwortete darauf, sie beabsichtige, ihre Stellung-
nahme zum Gutachten der Mitbestimmungskommis- hätten wir ihnen ein zusätzliches demokratisches
sion im zeitlichen Zusammenhang mit der Einbrin- Wahlrecht nach angemessener Frist einräumen
gung eines neuen Betriebsverfassungsgesetzes vor- können.
zulegen. Ein Datum oder ein ungefährer Zeitpunkt (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner:
wurde nicht angegeben. Doppeltes Stimmrecht in den Aufsichtsräten
hätten Sie ihnen gegeben!)
Die CDU/CSU-Fraktion weiß aus eigenen Bera-
tungen zur Reform der Betriebsverfassung unter Ich fasse die Erklärung zusammen.
4492 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Müller (Remscheid)
Erstens. Die CDU/CSU-Fraktion wird diesem Es droht die nicht zu unterschätzende Gefahr,
Hause zur Neuordnung des Rechts der Betriebsver- - so der Präsident des Bundesarbeitsgerichts —
fassung und der Mitbestimmung einen eigenen Ge- daß von der Rechtsordnung her mehr oder
setzentwurf vorlegen. weniger große Spannungen in der Betriebs-
belegschaft erzeugt oder dort genährt werden.
(Lachen bei der SPD.)
So bekam schließlich die CDU/CSU-Fraktion be-
Zweitens. Die CDU/CSU-Fraktion bedauert, daß
züglich ihres Gesetzentwurfs vom November 1967
die Bundesregierung die Stellungnahme zum Bericht
Bedenken und ließ ihn im federführenden Ausschuß,
der Biedenkopf-Kommission bis heute nicht abgege-
damals unter Vorsitz von Herrn Kollegen Müller,
ben hat.
versanden.
(Beifall bei der CDU/CSU.)
Die CDU wollte aber auch nicht, daß ein Gesetz-
Drittens. Die für die Beratung zur Verfügung ste-
entwurf einer anderen Fraktion Grundlage der
henden Fristen, die sich aus der Annahme des jetzt
erforderlichen Erneuerung des Betriebsverfassungs-
vorliegenden Gesetzes ergeben, erscheinen uns an--
gesetzes würde. Deshalb hat sie, ebenfalls unter
gesichts der schwierigen Materie als zu kurz und
Vorsitz von Herrn Kollegen Müller, dafür gesorgt,
stellen nach unserer Auffassung eine Beschneidung
daß der Gesetzentwurf der Sozialdemokraten vom
des Beratungsrechts und der Beratungspflicht des
Dezember 1968 im Ausschuß für Arbeit überhaupt
Parlaments dar. Aus diesem Grund lehnen wir das
nicht zur Beratung kam.
Gesetz ab.
(Beifall bei der SPD. — Abg. Ruf: Das war
(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Weh-
ein Glück für Sie! — Abg. Russe: Zwei
ner: Wieder mal beschnitten!)
Jahre sind vergangen!)
Zweitens. Bei dieser Sachlage hat es die CDU/CSU
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
- nicht gern gehört, daß die Regierungserklärung vorn
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Professor 28. Oktober 1969 eine Reform des Betriebsverfas-
Schellenberg. sungsgesetzes ankündigte.
(Abg. Ruf: Stimmt ja nicht!)
Dr. Schellenberg (SPD) : Herr Präsident! Meine Das kam auch in der Aussprache über die Regie-
Damen und Herren! Namens der sozialdemokrati- rungserklärung zum Ausdruck, in der Herr Kollege
schen Fraktion gebe ich folgende Erklärung ab. Katzer in bezug auf diese Ankündigung eines neuen
Erstens. Das Betriebsverfassungsgesetz von 1952 Betriebsverfassungsgesetzes sich anstrengte zu be-
entspricht nicht mehr unserer Arbeitswelt. weisen, daß — ich zitiere — „die Konzeption der
SPD und der FDP sich fundamental unterscheiden".
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten
So Herr Katzer.
der FDP.)
(Abg. Katzer: Ich bin doch bestätigt worden!)
Dies ist eine Erkenntnis der Gewerkschaften, der
Arbeitgeber, der Kirchen, der Wissenschaft und der Drittens. Als dann zum Erstaunen der CDU/CSU
demokratischen Parteien. nach noch nicht einmal einem Jahr seit Bestehen
der sozialliberalen Koalition ein Referentenentwurf
(Abg. Katzer: Das ist gar nicht strittig,
des Bundesarbeitsministeriums bekannt wurde,
Herr Kollege!)
(Zuruf von der CDU/CSU: Die FDP hat Sturm
Auch die CDU/CSU redet seit langem, wenn auch gelaufen!)
mit verschiedenen Zungen, über die Notwendigkeit
einer umfassenden Neugestaltung des Betriebs- hat die CDU/CSU wiederum alles getan, um den
verfassungsrechts. Eindruck von angeblich unüberbrückbaren Mei-
nungsverschiedenheiten zwischen den Sozialdemo-
(Abg. Katzer: Wo ist denn Ihr Entwurf? — kraten und den Freien Demokraten in dieser Sache
Abg. Wehner: Zungensalat!) zu verstärken.

Die CDU/CSU hat aber in den Jahren, in denen sie (Abg. Ruf: Die können Sie doch nicht be
den Bundeskanzler und den Arbeitsminister stellte, streiten! — Abg. Dr. Barzel: Wo ist denn
wegen ihrer inneren Zerrissenheit der Entwurf, Herr Schellenberg?)
— Ich beantworte heute keine Fragen, weil die
(Beifall bei den Regierungsparteien —
CDU/CSU im Ausschuß nicht bereit war, mitzuar-
Lachen bei der CDU/CSU)
beiten.
keinen Gesetzentwurf zur Neugestaltung des Be- (Beifall bei den Regierungsparteien. —
triebsverfassungsgesetzes zustande gebracht. Das Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.)
einzige, was die CDU/CSU hinsichtlich des Betriebs-
— Dieses Verhalten der CDU/CSU war nach ihren
verfassungsgesetzes dem Bundestag vorlegte, war
gescheiterten Bemühungen um eine Neugestaltung
ihr Gesetzentwurf vom 2. November 1967. Das war
des Betriebsverfassungsgesetzes in ihrem Sinne
ein Gesetzentwurf, der lediglich einen übermäßigen,
zwar menschlich verständlich, aber politisch kurz-
um nicht zu sagen: einen überdrehten Schutz klein-
sichtig.
ster Gruppen beinhaltete, von dem der Präsident
des Bundesarbeitsgerichts, Herr Professor Müller, Natürlich gibt es in einer gesellschaftspolitisch
erklärte — ich zitiere —: so bedeutsamen Frage wie der Neuordnung der
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode -- 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4493
Dr. Schellenberg
Betriebsverfassung zwischen der SPD und der FDP mutig auf die Tagesordnung dieser Woche gesetzt
manche unterschiedliche Auffassung. wurde, praktiziert hat, hat sie sich selbst entlarvt.
(Abg. Katzer: Aha, also doch!) (Abg. Russe: Was haben Sie denn gemacht!
— Das kann niemanden erstaunen. Spielen Sie sich hier nicht so dick auf!)

(Abg. Windelen: In der Tat!) Die CDU/CSU hat im Ausschuß nicht nur keinen
Vorschlag zur Sache gemacht, sondern sich, obwohl
Mich hat es im Gegenteil erstaunt, wie überraschend sie anwesend war, an der Abstimmung einfach nicht
schnell FDP und Sozialdemokraten beteiligt. Meine Damen und Herren, das ist keine
Opposition, das ist Obstruktion.
(Abg. Dr. Barzel: Sich noch nicht geeinigt
haben!) (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zu
in vielen Punkten zu gemeinsamen Auffassungen rufe von der CDU/CSU.)
gekommen sind. Sechstens. Dieses Gesetz begründet für die Regie-
-
(Beifall bei den Regierungsparteien. — rungsparteien ein große Verpflichtung. Die Regie-
Abg. Dr. Barzel: Wo ist denn die Vorlage?) rungsparteien bekunden damit ihren festen Willen,
im Laufe des nächsten Jahres ein neues Betriebsver-
Was die Dinge betrifft, in denen SPD und FDP heute fassungsgesetz zu verabschieden. Selbstverständlich
noch nicht einig sind, werden wir ein solches Gesetz mit der Gründlich-
keit beraten, die dieses große Reformwerk gebietet.
(Zuruf von der CDU/CSU: Und nie einig
Daß ausreichend Zeit für eine gründliche Beratung
werden!) bleibt, zeigen auch die Erfahrungen, die wir mit der
so kann die Opposition sicher sein, daß die Regie- Beratung des Betriebsverfassungsgesetzes von 1952
rung sehr bald gewonnen haben.
(Abg. Windelen: Wann ist „sehr bald"?) Ich hoffe sehr, daß die Opposition bald ihre tak-
tischen Manöver von dieser Woche überwinden und
einen für beide Koalitionspartner tragbaren Kom-
durch konstruktive Mitarbeit dazu beitragen wird,
promiß vorlegen wird.
daß das neue Betriebsverfassungsgesetz ein in die
(Abg. Dr. Barzel: Wann ist „sehr bald"? Zukunft weisendes Gesetz für die Arbeiter und
— Abg. Rasner: Bis wann?) Angestellten, für die Wirtschaft und für unsere
Gesellschaft wird.
— Schneller, als es der Opposition und allen an-
deren, die Unfrieden in dieser Koalition säen wol- (Beifall bei den Regierungsparteien. —
len, lieb sein wird. Abg. Dr. Barzel: Wo ist es denn? — Wei
tere Zurufe von der CDU/CSU.)
(Beifall bei der SPD. — Abg. Windelen:
Im nächsten Sommer! — Abg. Russe: Da
ist der Wunsch der Vater des Gedankens!) Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Viertens. Daß die Regierungsparteien als ersten Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmidt
Schritt zur Neugestaltung der Betriebsverfassung (Kempten) .
einen Gesetzentwurf über die Verlängerung der
Amtszeit der jetzt amtierenden Betriebsräte einge-
bracht haben, ergibt sich aus der Sache. Schmidt (Kempten) (FDP) : Herr Präsident! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege
Kein verantwortlicher Politiker kann es hinneh- Müller hat hier für die CDU/CSU erklärt, die CDU/
men, daß Anfang nächsten Jahres in betriebsrats- CSU werde diesem Vorschaltgesetz nicht zustimmen.
fähigen Betrieben Betriebsräte gewählt werden, Herr Kollege Müller, warum haben Sie denn nicht
wenn gleichzeitig nach dem Willen der Mehrheit gleich gesagt, was später deutlich wurde, daß Sie
ein grundlegend neues Betriebsverfassungsgesetz die Betriebsräte für die nächsten drei Jahre nach
geschaffen wird. Wer die Verlängerung der Amts- dem alten Gesetz gewählt haben und vielleicht ein-
zeit der Betriebsräte ablehnt, der setzt sich dem mal in sechs oder acht oder zehn Jahren etwas
Verdacht aus, daß er im Grunde kein neues Betriebs- ändern wollen?
verfassungsgesetz will.
(Beifall bei den Regierungsparteien. —
(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Müller [Remscheid] : Sie haben nicht
Abg. Dr. Barzel: Das glauben Ihre eigenen zugehört, Herr Schmidt!)
Leute ja nicht!)
Herr Kollege Müller, warum haben Sie das nicht
Fünftens. Alles, was die CDU/CSU gegen eine gleich gesagt?
Verlängerung der Amtszeit anführt,
(Abg. Müller [Remscheid] : Sie haben nicht
(Abg. Wohlrabe: Märchenstunde!) zugehört! — Abg. Windelen: Oder nicht
begriffen!)
wird durch das widerlegt, was sie selbst in diesem
Hause bei ähnlichen Gelegenheiten früher prakti- Die Diskussion über das Vorschaltgesetz in dieser
ziert hat. Mit der Methode, die die CDU/CSU, seit- Woche hat gezeigt, daß die Opposition in diesem
dem dieses Vorschaltgesetz vom Ältestenrat ein- Hause nicht etwa auf ein neues Betriebsverfassungs-
4494 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Schmidt (Kempten)
gesetz losmarschieren und mit uns zusammen daran vergessen, daß die Ausgangsbasis bei uns bereits
arbeiten will, vor einem Jahr gegeben war, und Sie haben auch
(Abg. Dr. Barzel: Gebt uns erstmal eine verkannt, daß es bei gutem Willen — und ich hatte
Vorlage!) bisher den Eindruck, daß auch die CDU/CSU den
guten Willen hat, ein neues Gesetz gemeinsam mit
sondern daß sie lediglich eine Eskalation der Ob- uns zu verabschieden — durchaus möglich ist, in
struktion in diesen Tagen betrieben hat. einer rund neunmonatigen Beratung, zu der wir
(Beifall bei den Regierungsparteien. — dann Zeit haben, wenn der Gesetzentwurf Ende
Abg. Russe: Hören Sie mal, das glauben dieses Jahres auf dem Tisch des Hauses liegt, das
Sie doch selber nicht, was Sie da er- neue Betriebsverfassungsgesetz so zu beraten, daß
zählen! — Weitere Zurufe von der es rechtzeitig vor dem um ein Jahr verlegten Wahl-
CDU/CSU.) termin in Kraft treten kann.
— Herr Kollege, ich muß noch einmal an das er- (Beifall bei den Regierungsparteien.)
innern, was in dieser Woche geschehen ist. Ich muß Es wird hier immer wieder von Zugzwang ge-
noch einmal daran erinnern, daß man sich im sprochen. Wir haben aus der Zeit, in der wir in
Ältestenrat über eine vernünftige Beratung und Opposition standen, Erfahrungen darüber gesam-
Verabschiedung dieses Vorschaltgesetzes einig war. melt, welchen Zugzwang es bei Ihnen manchmal
gegeben hat, z. B. beim Finanzänderungsgesetz
(Abg. Dr. Barzel: Beratung!)
1967, wo wir in 14 Tagen die Finanzverfassung und
Man wollte keine kontroverse Debatte, weil auch die 'Renten- und Sozialversicherungen zur Hälfte ge-
Sie der Meinung waren, daß die Betriebsräte das ändert haben. Da haben Sie nicht gesagt: Das geht
nächstemal nach einem neuen Gesetz gewählt wer- nicht in 14 Tagen! Jetzt behaupten Sie, das gehe
den sollten. selbst bei gutem Willen nicht in 9 Monaten! So
(Abg. Rasner: Das ist nicht wahr!) viel Zeit haben wir ja, Herr Kollege, wenn wir
heute die Wahlperiode der Betriebsräte verlän-
In der ersten Lesung kamen Sie mit Verfahrens-
gern, es sei denn, Sie kämen mit Ihren Vorstellun-
fragen. Ich komme gleich noch darauf. Im Ausschuß
gen nicht bis zum Januar oder Februar, wie Sie
entschlossen Sie sich plötzlich, nicht mehr mitzu-
sagen, klar und wollten die Dinge so lange immer
arbeiten. Sie haben nicht etwa dagegen gestimmt,
wieder hinausschieben, bis bei Ihnen gemeinsame
sondern gesagt: Wir sind zwar im Ausschuß an- Vorstellungen vorhanden sind. Ob das der Fall ist,
wesend, aber nicht da bei der Abstimmung. So sah weiß ich nicht, kann ich nicht beurteilen; das wird
es im Ausschuß aus.
sich in Düsseldorf zeigen.
Dann kam gestern noch eine Erklärung von Lassen Sie mich abschließend, meine Damen und
Ihnen — zumindest wurde es mir so berichtet; es Herren, für die FDP folgendes erklären. Am Anfang
mag korrigiert werden, wenn es nicht so ist —, der Zusammenarbeit der Sozialdemokraten mit den
daß wir heute hier die zweite und dritte Lesung in Freien Demokraten steht die Zusage und das in
einer guten Atmosphäre verabschieden und Sie sich der Regierungserklärung gegebene Versprechen, in
der Stimme enthalten würden. dieser Legislaturperiode ein neues Betriebsverfas-
(Widerspruch bei der CDU/CSU.) sungsgesetz zu verabschieden. Bereits vor Monaten
haben die beiden Fraktionen erklärt, daß sie des-
Plötzlich heißt es heute früh — und das ist diese halb — das wissen die Gewerkschaften, und dar-
Eskalation —: „Nun aber feste druff!" — Na, gut auf sind sie eingerichtet — ein Vorschaltgesetz für
und schön, „feste druff", wenn es sein muß, ob- richtig halten. Wir haben in diesem einen Jahr von
wohl es von der Sache her sicherlich wesentlich den in der Regierungserklärung festgeschriebenen
besser wäre, gesellschaftspolitischen Maßnahmen bereits eine
(Beifall bei den Regierungsparteien — leb- ganze Reihe durchgeführt, und Sie haben sicherlich
hafte Zurufe von der CDU/CSU) nicht erwartet, daß sie schon im ersten Jahr über
wenn wir in dieser Frage zu der übereinstimmenden die Bühne gehen würden. Ich erinnere an die
Auffassung kämen, daß das alte Gesetz nicht mehr Kriegsopferversorgung, an die Abschaffung des
für die nächste Wahlperiode der Betriebsräte ge- Krankenversicherungsbeitrages der Rentner, an das
eignet ist und daß wir dafür ein neues Gesetz 624-DMark-Gesetz, an das Krankenversicherungs-
brauchen. änderungsgesetz. All diese Dinge wurden ebenso
wie eine Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes
(Fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU.) in der Regierungserklärung expressis verbis ange-
Herr Kollege Müller, Sie haben auf den Entwurf kündigt. Wir sind der Auffassung — und wir haben
der Sozialdemokraten in der letzten Legislatur- dazu guten Grund —, daß die Vorlage der Bundes-
periode hingewiesen, nicht jedoch darauf, daß auch regierung zum Betriebsverfassungsgesetz so recht-
wir Freien Demokraten in der letzten Legislatur- zeitig auf dem Tisch dieses Hauses liegen wird, daß
periode einen Entwurf vorgelegt haben und daß wir genügend Zeit haben werden, sie zu beraten und
damit die Ausgangsbasis für einen gemeinsamen daß wir damit in der Lage sind, die Betriebsräte und
Entwurf, wie er in der Regierungserklärung ange- die Arbeitnehmer für die nächste Wahlperiode der
kündigt ist, bereits vorlag. Bei Ihnen dagegen liegt Betriebsräte unter ein besseres Gesetz und damit
noch keine Ausgangsbasis für einen Entwurf vor, auch unter einen besseren Schutz zu stellen als
der von diesem bis zu jenem Flügel Ihrer Fraktion bisher.
auf eine Mehrheit rechnen kann. Sie haben also (Beifall bei den Regierungsparteien.)
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4495

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: — Es ist Tatsache, daß Sie nicht in der Lage waren,
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Katzer. einen Gesetzentwurf vorzulegen.
(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner:
Katzer (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine sehr Das stimmt ja gar nicht!)
verehrten Damen und Herren! Herr Kollege
Schmidt (Kempten), Sie haben, als Sie darauf hin- — Wo ist er denn?
wiesen, welche Versprechungen die Bundesregie- (Erneuter Zuruf des Abg. Wehner.)
rung schon erfüllt habe, hinzuzufügen vergessen, — Entschuldigen Sie höflichst, wo ist Ihr Gesetz-
wie prompt vor allem das Versprechen der Steuer- entwurf?
senkung von diesem Hohen Haus erfüllt worden ist.
(Abg. Wehner: Darüber werden wir reden,
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.) wenn wir mehr Zeit haben!)
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zur — Ach! Ich habe den ganzen Morgen Zeit, wir kön-
Sache nur drei kurze Bemerkungen machen. -nen den ganzen Morgen darüber reden.
(Bravorufe von der SPD.)
(Abg. Wehner: Wo ist Ihr Gesetzentwurf
— Ich freue mich übet Ihre Aufgeschlossenheit zur Lohnfortzahlung gewesen?)
heute morgen.
(Zurufe von der SPD.) — Meinen Gesetzentwurf haben Sie abgeschrieben,
und CDU und SPD haben dann gleichlautende Ent-
Die erste Bemerkung ist folgende. Herr Kollege würfe eingebracht. Das war der Punkt. Das können
Schellenberg hatte die Freundlichkeit, darauf hinzu- Sie genau nachlesen.
weisen, daß ich vor einem Jahr in der Aussprache
über die Regierungserklärung gesagt habe, ich (Beifall bei der CDU/CSU. — Lebhafte Zu
nähme an, daß in der Frage der Betriebsverfassung rufe von der SPD.)
die Auffassungen der FDP und der SPD einander so — Ich sehe, daß wir uns heute morgen sehr gut ver-
diametralgegenüberständen, daß man nicht so stehen.
schnell zu einer Einigung kommen werde. Ich bin
(Abg. Wehner: Sie sind das Feigenblatt für
absolut bestätigt worden. Denn nach einem Jahr
eine ziemliche Blöße der CDU!)
— und das ist das Faktum, über das wir reden —
hat diese Regierung es nicht fertiggebracht, uns — Da unterscheiden wir uns in der Tat: Bei Ihnen
einen Entwurf vorzulegen, über den wir beraten scheint nur noch Blöße übriggeblieben zu sein, auf
können. Das ist der eine Punkt. diesem Gebiet jedenfalls. Den Eindruck habe ich
(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Böhm: sehr stark, Herr Kollege Wehner. Nur noch Blöße!
Sie haben ein ganzes Jahr Denkpause ge (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner:
habt! — Weitere Zurufe von der SPD.) Reden Sie noch ein bißchen weiter, dann
— Diese Denkpause war sehr vernünftig, denn kommt raus, was bei Ihnen los ist!)
dieses Jahr Denkpause hat dazu geführt, daß wir — Ich verstehe ja, daß Sie sehr nervös sind.
drei Jahre danach die meisten Sozialgesetze einer
Legislaturperiode verabschiedet haben, seit dieser (Abg. Wehner: Was meinen Sie, wie ausge
Deutsche Bundestag überhaupt besteht. Das war glichen ich bin!)
das Ergebnis dieses Nachdenkens, verehrte Damen — Aber natürlich! Nach den Versprechungen, die Sie
und Herren. im Wahlkampf gemacht haben, müssen Sie doch
(Beifall bei der CDU/CSU.) heute hier einen Offenbarungseid ablegen.
Das Zweite. Wir hätten uns im Ausschuß und (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. —
auch heute noch, Herr Kollege Schellenberg, eine Lachen bei der SPD. — Abg. Wehner: Die
andere Haltung vorstellen können, wenn wir davon SPD ist nicht die CDU! — Weitere Zurufe
hätten ausgehen können, daß das Bundeskabinett von der SPD.)
gestern diesen Gesetzentwurf verabschiedet hätte
und nicht — wenn das stimmt, was uns berichtet Meine Damen und Herren, ich möchte eine dritte
wurde — die Verabschiedung zum drittenmal ver- und letzte Bemerkung machen. Herr Kollege S chmidt
schoben hätte. Wir haben gehört, daß ein Koali- (Kempten), wenn Sie die Güte hätten, einmal eine
tionsgespräch vorgestern nicht zum Ergebnis führte. Sekunde zuzuhören!
(Abg. Wehner: Alles Latrinenparolen!) (Zuruf von der CDU/CSU: Das braucht er
nicht!)
— Aber natürlich!
Herr Kollege Schmidt (Kempten), es ist doch absolut
(Abg. Wehner: Das ist aber keine Begrün
vom Timing her nicht so, wie Sie sagen, daß wir
dung für die Ablehnung dieses Gesetzent
neun Monate Zeit haben würden, zu beraten. Bis
wurfs!)
heute liegt der Entwurf nicht vor. Wann wir ihn
— Entschuldigen Sie, Herr Wehner, das müssen bekommen, weiß ich nicht. Vielleicht hat diese De-
Sie doch mir überlassen, was ich als Begründung batte dazu beigetragen, daß er etwas schneller auf
ansehe. den Tisch kommt. Das wäre dann in dieser Frage in
(Abg. Wehner: Keine Begründung für die der Tat ein Verdienst der Opposition.
Ablehnung!) (Beifall bei der CDU/CSU.)
4496 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970
Katzer
Herr Kollege Schmidt (Kempten), Sie sagten, Ende dem hohen gesellschaftspolitischen Stellenwert die-
des Jahres werde der Entwurf vorliegen. Das heißt, ser Neufassung des Betriebsverfassungsgesetzes
daß wir frühestens Mitte Januar die erste Lesung nicht an einer Woche oder an 14 Tagen stoßen.
durchführen können. Das würde bedeuten, daß wir
(Bravo-Rufe und ironischer Beifall bei der
bis zur Sommerpause nur vier Monate Zeit zur Be-
CDU/CSU. Abg. Russe: Die wirtschaft-
ratung hätten. Sie müssen aber doch bei einem sol-
liche Mitbestimmung ist nicht drin! — Wei-
chen Gesetz den Betriebsräten und der Praxis Zeit
terer Zuruf von der CDU/CSU: Sie sollten
zur Einübung geben. Ein solches Gesetz kann nicht
nicht immer den Mund so voll nehmen!)
heute verabschiedet und morgen praktiziert werden.
— Nein, nein, meine Damen und Herren. Es geht
(Abg. Russe: Das hat man aber vor!) um eine ganz einfache Frage; Herr Russe, das
Es muß eine entsprechende Zeit zwischen der Ver- wissen Sie oder müßten Sie aus der Praxis wissen.
abschiedung und dem Inkrafttreten liegen.
(Abg. Russe: Natürlich! Das weiß ich auch!)
Deshalb ist die Vorstellung, die hier vorgetragen-
worden ist, absolut irrig. Ich bedauere sehr, daß wir Es geht um eine ganz einfache Frage. Wer eine
in dieser Frage kontrovers bleiben müssen. Ich sage Reform des Betriebsverfassungsgesetzes will, der
sehr nachdrücklich, ich hielte es für schlecht — Sie muß dem Vorschaltgesetz zustimmen.
sollten sich das sehr gut überlegen —, wenn wir (Beifall bei der SPD. — Widerspruch bei
ein solches Gesetz im Parlament unter Zeitdruck der CDU/CSU.)
verabschieden müßten, wenn das Parlament für die
Damit wird die Reform eröffnet.
Beratung nur die Hälfte der Zeit hätte, die die
Bundesregierung sich bisher für die Beratung ge- (Lachen bei der CDU/CSU.)
nommen hat. — Ja, natürlich.
(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — (Abg. Rasner: Das ist doch ein Witz!)
Abg. Wehner: Gut gebrüllt, Kätzchen!)
Wer diesem Vorschaltgesetz nicht zustimmt, der
macht deutlich, daß er dieses große Reformvorhaben
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: in der Schwebe halten will.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit
und Sozialordnung Arendt. (Beifall bei der SPD. — Abg. Wehner: Ge
nau!)
Dieses Vorschaltgesetz der Regierungsfraktionen
Arendt, Bundesminister für Arbeit und Sozial- ist ein Ausdruck des politischen Willens der Koali-
ordnung: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Da-
tionspartner,
men und Herren! Die Bundesregierung hat in der
Regierungserklärung am 28. Oktober 1969 ange- (Lachen bei der CDU/CSU — Abg. Dr.
kündigt, daß auf der Grundlage der in der letzten Barzel: Wer eine Reform will, muß eine
Legislaturperiode eingebrachten Gesetzentwürfe Vorlage machen! — Abg. Rasner: Eine faule
eine Neufassung des Betriebsverfassungsbereiches Ausrede ist das!)
erfolgen würde. Diese Absicht der Bundesregierung
dieses Betriebsverfassungsgesetz im Interesse der
ist in der Vergangenheit mehrfach präzisiert und
Arbeitnehmer, im Interesse der gewerkschaftlichen
bestätigt worden. Wenn der Entwurf — —
Organisationen und im Interesse der deutschen
(Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Heute noch Wirtschaft so zügig zu behandeln, daß im nächsten
nicht vorliegt!) Jahr — —
— Natürlich! Sie haben ihn doch in den Sozialpoliti- (Abg. Russe: Deshalb bleibt die wirtschaft
schen Kommentaren beziehen können. Das hätten liche Mitbestimmung auch draußen, Herr
Sie doch mal machen können; dann wüßten Sie schon Kollege Arendt!)
viel mehr darüber.
— Herr Russe, sollen wir beide uns über Mitbe-
(Zuruf von der CDU/CSU: Für 5 DM! — stimmung unterhalten? — Das würde ich an Ihrer
Zuruf des Abg. Katzer.) Stelle lieber nicht tun.
— Nein, nein, das ist er nicht, Herr Katzer. (Beifall bei der SPD. — Abg. Russe: Ich
(Abg. Russe: Das ist der, über den man bin dazu bereit!)
noch nicht übereingekommen ist!)
— Wo, in den CDU-Sozialausschüssen oder in der
Wenn in dieser Koalition noch einige Punkte er- Fraktion?
örtert werden, so ist das nicht nur in Koalitionen so (Sehr gut! und Beifall bei der SPD. — Abg.
üblich — das wissen Sie, meine Damen und Herren Russe: Ich bin dazu bereit!)
von der Opposition ganz genau —, sondern es wird
damit auch zum Ausdruck gebracht, daß mit der Neu- Meine Damen und Herren, wir sind entschlossen,
ordnung dieses Bereichs die schon beim Inkrafttre- diesen wichtigen gesellschaftspolitischen Bereich in
ten des Betriebsverfassungsgesetzes von 1952 mit die Reihe und in Ordnung zu bringen, und wir
der Praxis nicht in Übereinstimmung zu bringenden hoffen dabei sogar auf die Mitarbeit der Oppo-
Tatbestände geregelt und Unzulänglichkeiten besei- sition.
tigt werden sollen. Ich glaube, Sie sollten sich bei (Beifall bei der SPD.)
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4497

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen:


Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich
schließe die Aussprache in der dritten Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz
in dritter Beratung zustimmen will, den bitte ich,
sich zu erheben. — Gegenprobe! —
(Abg. Wehner: Auch Herr Russe ist
dagegen!)
Stimmenthaltungen? — Das Gesetz ist in dritter
Lesung angenommen.
(Lebhafter Beifall bei der SPD.)
Meine Damen und Herren, wir sind damit am
Ende unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die
nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für Mitt-
woch, den 2. Dezember 1970, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

(Schluß der Sitzung: 10.46 Uhr.)


Deutscher Bundestag - 6. Wahlperiode - 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4499

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 Abgeordnete(r) beurlaub t bis einschließlich

Liste der beurlaubten Abgeordneten Stücklen 13. 11.


Werner 13. 11.
Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Wischnewski 13. 11.
Dr. Wulff 2. 12.
Beurlaubungen
Dr. Achenbach 13. 11.
Dr. Aigner 13. 11.
Amrehn 13. 11. Anlage 2
Dr. Arndt (Berlin) 13. 11. Schriftliche Antwort
Dr. Birrenbach 13. 11. -des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl
Blumenfeld 13. 11.
vom 11. November 1970 auf die Mündlichen Fragen
Frau Brauksiepe 13. 11.
des Abgeordneten Brandt (Grolsheim) (SPD) (Druck-
Burger 13. 11.
sache VI/1386 Fragen A 23 und 24) :
Collet 2. 12.
In welchen Staaten Europas lassen es die gesetzlichen Vor-
Dasch 13. 11. schriften zu, daß bei der Eheschließung nicht nur der Familien-
Dr. Dittrich * 13. 11. name des Mannes, sondern auch der Familienname der Frau
oder ein Doppelname der beiden gemeinsamer Familienname
Dr. Dollinger 13. 11. werden kann?
Dorn 13. 11. Ist bekannt, in wieviel Prozent der Eheschließungen - insbe-
sondere in der DDR - von dem Recht Gebrauch gemacht wird,
Dr. Erhard 13. 11.. den Familiennamen der Frau zum gemeinsamen Familiennamen
Dr. Evers 13. 11. zu bestimmen?
Dr. Giulini 13. 11.
Da die europäischen Staaten sehr unterschied-
Dr. Götz 30. 11.
liche Regelungen für die Namensführung der ver-
Dr. Haack 13. 11.
heirateten Frau haben, kann ich Ihre Frage nur in
Haage (München) 13. 11.
der Weise beantworten, daß ich Ihnen die Namens
Härzschel 13. 11.
regelungen der einzelnen Staaten - in alpha-
Dr. Hallstein 13. 11.
betischer Reihenfolge - aufzähle.
Dr. Hein 13. 11.
Albanien:
Helms 13. 11.
Hermsdorf (Cuxhaven) 13. 11. Die Ehegatten können bei der Eheschließung (D)
Heyen 31. 12. erklären, daß
Dr. Huys 13. 11. a) sie als gemeinsamen Familiennamen den
Dr. Jaeger 31. 12. Namen des Mannes führen wollen,
Dr. Jungmann 31. 1.1971
Dr. Kiesinger 13. 11. b) jeder seinen Namen beibehält,
Dr. Koch * 13. 11. c) jeder dem eigenen Namen den des anderen
Frau Krappe 14. 11. Ehegatten anfügen will.
Dr. Kreile 13. 11.
Kriedemann * 13. 11. Dänemark:
Frau Dr. Kuchtner 13. 11. Die Frau kann erklären, daß sie
Lange * 13. 11.
Matthöfer 13. 11. a) den Namen des Mannes annehmen,
Meister * 13. 11. b) ihren Namen weiterführen,
Müller (Aachen-Land) * 13. 11.
c) ihrem Namen den des Mannes hinzufügen
Ott 13. 11. will.
Pieroth 13.11.
Dr. Pohle 13. 11. Finnland:
Richarts * 13. 11.
13. 11. Die Frau erwirbt den Namen des Mannes. Sie
Dr. Rinsche
Rommerskirchen 13. 11. kann jedoch bei der Eheschließung erklären,
13. 11. daß sie ihren Namen dem des Mannes voran-
Dr. Schmid (Frankfurt)
13. 11. stellen will.
Schmitz (Berlin)
Schneider (Königswinter) 13. 11. Frankreich:
Frau Schroeder (Detmold) 13. 11.
Spilker 13. 11. Die Frau erwirbt nach dem Gesetz nicht den
Dr. Starke (Franken) 13. 11. Namen des Mannes; gewohnheitsrechtlich be-
Steiner 13. 11. zeichnet sie sich jedoch mit seinem Namen.
Dr. Stoltenberg 13. 11.
Strauss 13. 11. Großbritannien und Nordirland:
Gesetzliche Vorschriften über die Namensfüh-
* Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Euro- rung der Frau fehlen; gewohnheitsrechtlich
päischen Parlaments führt sie den Namen des Mannes.
4500 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Italien: Sowjetunion:
Die Frau nimmt den Namen des Mannes an, Die Ehegatten können erklären, ob
verliert aber dadurch nicht ihren Geburts- a) sie den Namen eines Ehegatten als gemein-
namen. Sie kann, wenn sie will, einen Doppel- samen Familiennamen führen wollen oder
namen führen. Wie der Doppelname gebildet
wird, ist nicht vorgeschrieben. Es bestehen fol- b) jeder seinen Namen beibehält.
gende Möglichkeiten:
a) dem Namen des Mannes folgt der Geburts- Spanien:
name der Frau mit oder ohne Bindestrich; Die Frau behält ihren Namen. Sie hat aber das
Recht, diesem den Namen des Mannes mit vor-
b) dem Namen des Mannes folgt der Geburts-
name der Frau mit dem vorangestellten Zu- angestelltem „de" anzufügen.
satz „nata" ;
Tschechoslowakei:
c) dem Geburtsnamen der Frau wird der Name
des Mannes mit dem vorangestellten Zusatz Die Ehegatten können erklären, ob
„in" angefügt; a) sie den Namen eines Ehegatten als gemein-
d) dem Geburtsnamen der Frau wird der Name samen Familiennamen führen wollen oder
des Mannes mit dem Zusatz „verehelicht" b) jeder seinen Namen beibehält.
o. ä. angefügt.
Ungarn:
Jugoslawien: Die Frau kann erklären, daß sie
Die Ehegatten haben bei der Eheschließung zu a) ihren Namen behält,
erklären, welchen Namen sie als gemeinsamen
Familiennamen führen wollen. b) den Namen des Mannes führt,
c) dem Namen des Mannes ihren Namen hin-
Niederlande: zufügt.
Jeder Ehegatte behält seinen bisherigen Namen In den Staaten Belgien, Griechenland, Irland,
bei. Island, Liechtenstein, Österreich und der Schweiz
ist der Mannesname Familienname.
Norwegen:
Es ist keinerlei Material darüber bekannt, in
Die Frau erwirbt den Namen des Mannes; sie
wieviel Prozent der Eheschließungen — insbeson-
hat jedoch das Recht, ihren Mädchennamen
dere in der DDR — von dem Recht Gebrauch ge-
diesem Namen voranzustellen.
macht wird, den Familiennamen der Frau zum ge-
meinsamen Familiennamen zu bestimmen.
Polen:
Die Frau erwirbt den Namen des Mannes; sie
kann bei der Eheschließung jedoch erklären,
daß sie ihrem Namen den des Mannes anfügen
Anlage 3
will.
Schriftliche Antwort
Portugal: des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl
Die Frau hat das Recht, den Namen des Mannes vom 12. November 1970 auf die Mündlichen Fragen
zu führen. Sie kann aber auch darauf verzich- des Abgeordneten Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/
ten und ihren Namen beibehalten. Nimmt sie CSU) (Drucksache VI/1386 Fragen A 25 und 26) :
den Namen des Mannes an, so fügt sie ihn Wie beurteilt die Bundesregierung die Auffassung des Nieder-
ihrem Namen — ohne Bindestrich — hinzu oder sächsischen Justizministers Hans Schäfer, die „Zentrale Erfas-
sungsstelle der Westdeutschen Länderjustizverwaltungen zur
setzt das Wort „de." dazwischen. Registrierung von Gewalt und Willkürakten an der Zonengrenze
und in der DDR" solle aufgelöst werden, weil in der letzten
Zeit keine Schießereien an der Zonengrenze vorgekommen seien?
Rumänien: Trifft es zu, daß die Erfassungsstelle während der ersten sechs
Monate des Jahres 1970 527 Verdachtsfälle auf „zureichende tat-
Die Ehegatten können sächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Gewaltaktes"
überprüft und insgesamt 327 Vorermittlungsverfahren eingelei-
a) den Namen eines Ehegatten oder eine Ver- tet hat, von denen nur 48 an örtlich zuständige Staatsanwalt-
schaften abgegeben werden konnten?
bindung beider Namen als gemeinsamen
Familiennamen wählen; Wie ich schon in der vergangenen Woche gegen-
b) jeweils ihren Namen beibehalten. über den Herren Kollegen Hein und Dr. Marx aus-
geführt habe, hat der Justizminister des Landes
Niedersachsen gelegentlich der Justizministerkon-
Schweden: ferenz vom 28.-30. Oktober 1970 in Hannover die
Die Frau erwirbt den Namen des Mannes. Sie Frage der weiteren Arbeit und Organisation der
kann jedoch erklären, daß sie ihrem Namen den Zentralen Erfassungsstelle der Landesjustizverwal-
des Mannes anfügen will. tungen in Salzgitter aufgeworfen. Die Frage ist
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4501

eingehend erörtert worden. Die Justizminister der der durch die Schädigung bedingte Einkommensver-
Länder haben nach Abstimmung mit dem Bundes- lust ausschlaggebend ist. Der Einkommensverlust
minister der Justiz wie folgt Stellung genommen: ergibt sich aus einem Vergleich zwischen dem
Durchschnittseinkommen der Berufsgruppe, der der
Nach Unterrichtung durch Herrn Justizmini-
Beschädigte ohne die Schädigung wahrscheinlich
ster Schäfer über die Zentrale Erfassungsstelle
angehört hätte, und dem derzeitigen Bruttoeinkom-
der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter
men des Beschädigten. Als Vergleichseinkommen
sehen die Justizminister keinen Anlaß, ihre
gilt also nicht das höchsterreichbare Einkommen,
früheren Beschlüsse über die Einrichtung und
sondern das Durchschnittseinkommen einer Berufs-
Tätigkeit dieser Erfassungsstelle abzuändern.
gruppe.
Ich habe dem auch heute nichts hinzuzufügen.
Entsprechend dieser gesetzlichen Regelung ist in
Die von Ihnen genannten Zahlen stimmen mit der maßgebenden Durchführungsverordnung zum
dem Bericht der Zentralen Erfassungsstelle für das Bundesversorgungsgesetz als durchschnittlicher Be-
erste Halbjahr 1970, der mir zugegangen ist, über- rufserfolg für den mittleren Dienst das Endgrund-
ein. gehalt der Besoldungsgruppe A 8 bestimmt. Das be-
deutet, daß das Vergleichseinkommen noch höher
ist als das durchschnittliche Grundgehalt der letzten
Besoldungsgruppe dieser Laufbahn, d. h. der Gruppe
Anlage 4 A 9. Das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 8
Schriftliche Antwort entspricht deshalb trotz der in der Vergangenheit
eingetretenen Änderungen des Besoldungsrechts
des Parlamentarischen Staatssekretärs Rosenthal noch dem durchschnittlichen Einkommen der Beam-
vom 13. November 1970 auf die Mündlichen Fragen ten des mittleren Dienstes, zumal da nach dem Bun-
des Abgeordneten Dr. Enders (SPD) (Drucksache desbesoldungsgesetz nur 5 v. H. der Planstellen die-
VI/ 1386 Fragen A 36 und 37) : ser Laufbahngruppe mit der Besoldungsgruppe A 9
Wie groß ist der jährliche Mineralölimport der Bundesrepu- bewertet sind.
blik Deutschland aus der DDR?
Kann die Bundesregierung dazu beitragen, daß Firmen im
Zonenrandgebiet am Handel mit importiertem Mineralöl aus der
DDR beteiligt werden?

Die Bezüge an Mineralölerzeugnissen aus der Anlage 6


DDR beliefen sich im Jahre 1969 auf 288 000 t. Bis Schriftliche Antwort
zum 30. 9. 1970 (neuere Zahlen liegen noch nicht
vor) sind 372 000 t bezogen worden. des Staatssekretärs Dr. Auerbach vom 12. Novem-
ber 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten
Die Bundesregierung hat keine rechtliche Mög- Dröscher (SPD) (Drucksache VI/1386 Frage A 51) :
lichkeit, dafür zu sorgen, daß einzelne Firmen der Wie beurteilt die Bundesregierung Fälle von Rentenempfän-
Bundesrepublik Verträge über den Bezug von gern, in deren Rentenberechnung die Zeit des Arbeitsdienstes,
die Kriegsdienstzeit während des 2. Weltkrieges und die Zeit
Mineralölerzeugnissen aus der DDR erhalten. Bei der Gefangenschaft deshalb nicht einbezogen werden, weil vor
der großen Transportkostenempfindlichkeit von Mi- diesen Zeiten keine versicherungspflichtige Tätigkeit nachzuwei-
sen ist und weil nach dieser Zeit innerhalb von drei Jahren
neralölerzeugnissen kann jedoch davon ausgegan- eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit nicht aufgenommen
wurde, obwohl nach der Rückkehr eine Kriegsbeschädigung von
gen werden, daß die vermehrten Zulieferungen aus 100% festgestellt wurde und deshalb erst längere Zeit nach der
der DDR im Jahre 1970 zu einem beträchtlichen Teil Gefangenschaft eine Tätigkeit aufgenommen werden konnte, die
einen Anspruch auf Rentenversicherung begründet hat, und ist
in den Zonenrandgebieten abgesetzt worden sind. die Bundesregierung bereit, eventuell Änderungen der Renten-
gesetzgebung im Hinblick darauf anzuregen, daß in solchen Fäl-
Das Bundeswirtschaftsministerium wird sich jedoch len auch die Zeit des Arbeitsdienstes wie auch die Zeit der Ge-
zusätzlich darum bemühen, daß bei der Verteilung fangenschaft in die Rentenberechnung einbezogen werden kön-
nen?
der Mineralölerzeugnisse Firmen im Zonenrand-
Sie gehen in Ihrer Frage davon aus, daß es Fälle
gebiet stärker als bisher berücksichtigt werden.
geben könnte, in denen Zeiten des Arbeitsdienstes,
des Militärdienstes oder der Kriegsgefangenschaft
bei der Rentenberechnung nur deshalb nicht renten-
steigernd berücksichtigt werden, weil nach diesen
Anlage 5
Zeiten wegen einer Kriegsbeschädigung innerhalb
Schriftliche Antwort der im Gesetz bestimmten Frist keine versicherungs-
des Staatssekretärs Dr. Auerbach vom 12. Novem- pflichtige Beschäftigung aufgenommen werden
ber 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten konnte. Hierzu ist zunächst zu sagen, daß in der
Dröscher (SPD) (Drucksache VI/ 1386 Frage A 50) : gesetzlichen Rentenversicherung nicht nur die ge-
Hält es die Bundesregierung für richtig, daß im Falle einer
nannten Zeiten, sondern auch Zeiten einer anschlie-
Kriegsbeschädigung von 90 % die neben der Grundrente aus- ßenden Krankheit oder unverschuldeten Arbeits-
gezahlte Berufsschadensausgleichsrente in einer Besoldungsstufe
endet (A 8), die heute nicht mehr der Endstufe der entsprechen- losigkeit als Ersatzzeiten anrechenbar sind. Die
den Laufbahn adäquat ist (A 9), und ist die Bundesregierung be- Dreijahresfrist, innerhalb der eine versicherungs-
reit, in solchen Fällen eine Angleichung der Berufsschadensaus-
gleichsrenten an die veränderten Laufbahnbedingungen vorzuneh- pflichtige Beschäftigung aufgenommen worden sein
men?
muß, beginnt in den Fällen, in denen sich an Mili-
Zunächst darf ich darauf hinweisen, daß sich die tärdienstzeit oder Kriegsgefangenschaft eine Krank-
Höhe des Berufsschadensausgleichs nicht — wie bei heit oder eine unverschuldete Arbeitslosigkeit an-
der Ausgleichsrente — nach der Minderung der Er- schließt, erst mit Beendigung der Krankheit oder
werbsfähigkeit richtet, sondern daß hierfür allein Arbeitslosigkeit. Auf Grund dieser Regelung ist in
4502 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

den von Ihnen angesprochenen Fällen die Anrech- Anlage 8


nung der Ersatzzeiten sichergestellt.
Schriftliche Antwort
Es gibt Fälle, in denen nicht wegen einer Kriegs-
des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom
verletzung, sondern aus anderen Gründen innerhalb
13. November 1970 auf die Mündliche Frage des Ab-
der Dreijahresfrist keine versicherungspflichtige Be- geordneten Schiller (Bayreuth) (SPD) (Drucksache
schäftigung aufgenommen worden ist. Wenn in die- VI/1386 Frage A 75) :
sen Fällen vor dem Arbeitsdienst, dem Militärdienst
Welche Möglichkeit hat die Bundesregierung, um sicherzu-
und der Kriegsgefangenschaft keine Versicherung stellen, daß bei Manövern amerikanischer Truppen in Deutsch-
bestanden hat, ist eine Anrechnung dieser Zeiten als land von den amerikanischen Soldaten die elementarsten Regeln
des Straßenverkehrs beachtet werden, um Schäden an Leib und
Ersatzzeiten nach geltendem Recht nicht möglich. Leben deutscher Bürger zu verhindern?
Diese Regelung beruht auf dem Gedanken, daß die Nach dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppen
Ersatzzeiten grundsätzlich nur den Personen ange- statut gelten die deutschen Straßenverkehrsvor-
rechnet werden sollen, bei denen angenommen schriften auch für die amerikanischen Truppen. Ab-
werden kann, daß sie, wenn sie keinen Militärdienst- weichungen von diesen Vorschriften sind nur im
usw. geleistet hätten, in diesen Zeiten Beiträge ent- Falle dringender militärischer Erfordernisse und
richtet hätten. unter gebührender Berücksichtigung der öffent-
lichen Sicherheit und Ordnung gestattet.
Es ist der Bundesregierung nicht bekannt, daß
amerikanische Truppen gegen diese Bestimmungen
des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut
Anlage 7 verstoßen hätten. Sollten Ihnen solche Fälle be-
kannt sein oder bekannt werden, so empfehle ich,
Schriftliche Antwort sie dem Bundesminister für Verkehr mitzuteilen,
damit er in die Lage gesetzt wird, ihnen nachzu-
des Staatssekretärs Dr. Auerbach vom 13. Novem- gehen.
ber 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeord-
neten Maucher (CDU/CSU) (Drucksache VI/1386 Fra-
gen A 53 und 54) :
Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei einer Reihe von
ehemalig selbständigen Handwerkern und Kaufleuten keine aus-
reichende Versicherung vorhanden ist?
Anlage 9
Kann die Bundesregierung feststellen, wie viele ehemalige Schriftliche Antwort
selbständige Handwerker und Kaufleute keine ausreichende
Altersversicherung haben? des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom
Der Bundesregierung ist bekannt, daß bei Selb- 13. November 1970 auf die Mündlichen Fragen des
Abgeordneten Seefeld (SPD) (Drucksache W1386
ständigen allgemein Lücken in ihrer sozialen Siche-
Fragen A 78 und 79) :
rung bestehen. Das gilt insbesondere für die Selb-
ständigen, die nicht in der gesetzlichen Rentenver- Teilt die Bundesregierung die von einem Automobilclub ge-
äußerte Meinung, die Ausgaben für die Verbreiterung der
sicherung versichert sind. Hierzu gehören auch Bundesautobahnen auf drei Spuren zuzüglich Standspur seien
„für die Katz", denn die dritte Spur werde kaum genutzt?
viele ältere Handwerker, die sich bereits nach dem
Sind Erfahrungswerte darüber bekannt, in welcher Weise die
Handwerkerversorgungsgesetz von 1938 von der Autofahrer die dritte, rechtsgelegene Fahrspur meiden und sich
Versicherungspflicht in der Angestelltenversiche- vorwiegend auf der mittleren und linken Fahrspur bewegen?

rung hatten befreien lassen und auch 1960 beim Die Bundesregierung teilt diese Auffassung nicht,
Inkrafttreten des Handwerkerversicherungsgesetzes weil sich die Notwendigkeit einer 3. Fahrspur pro
Befreiung geltend gemacht haben. Aber auch Hand- Richtungsfahrbahn aus der verkehrlichen Belastung
werker, die nach dem Handwerkerversicherungsge- und die Notwendigkeit der Standspur aus der Ver-
setz von 1960 nur bis zum Erreichen der Pflichtver- kehrssicherheit ergeben.
sicherungszeit von 18 Jahren versichert waren, sind
dann nicht ausreichend versorgt, wenn sie aus- Die zweite Frage beantworte ich mit Ja. Nach
schließlich auf die Leistungen der gesetzlichen Ren- Zählergebnissen, z. B. von dem 6spurigen Autobahn-
tenversicherung angewiesen sind. abschnitt Köln-Leverkusen, verteilen sich die Fahr-
zeugzahlen einer Richtungsfahrbahn im Durch-
Die Untersuchungen, die zur Alterssicherung Selb- schnitt wie folgt:
ständiger durchgeführt worden sind, haben sich rechte Spur 26 % Kraftfahrzeuge
nicht speziell auf ehemalige Handwerker und Kauf- mittlere Spur 39 % Kraftfahrzeuge
leute, sondern allgemein auf selbständige Erwerbs- linke Spur 35 % Kraftfahrzeuge
tätige bezogen. Nach den Ergebnissen, die vor etwa
5 Jahren vorgelegt worden sind, lagen bei 2/3 der Dabei ist zu berücksichtigen, daß es sich bei den
Selbständigen mit Lebensversicherungen die Ver- Fahrzeugen auf der rechten Fahrspur im wesent-
sicherungssummen bei höchstens 30 000 DM je Ver- lichen um Lastfahrzeuge handelt. Bewertet man
sicherten; ebenfalls fast 2/3 der Selbständigen wand- diese hinsichtlich ihrer Beanspruchung der Fahr-
ten weniger als 2 000 DM im Jahr für Alterssiche- bahnfläche wie Personenkraftwagen, so ergibt sich
rung auf. Neuere Untersuchungen liegen nicht vor. folgendes Bild:
Es muß aber davon ausgegangen werden, daß die rechte Spur 39 % Pkw-Einheiten
Versorgungslücken in diesem Bereich in den letz- mittlere Spur 37 % Pkw-Einheiten
ten Jahren nicht geringer geworden sind. linke Spur 27 % Pkw-Einheiten
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4503

Anlage 10 straßen berücksichtigt. Der Bundesminister für Ver-


kehr hat im Rahmen der im Jahre 1966 heraus-
Schriftliche Antwort
gegebenen „Richtlinien für die Entwurfsgestaltung
des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom im Straßenbau" sowie der „Richtlinien für Straßen-
11. November 1970 auf die Mündliche Frage des bepflanzung" entsprechende Regelungen für die
Abgeordneten Picard (CDU/CSU Drucksache VI/1386 Planung und die Bauausführung getroffen.
FrageA82):
In welchem Maße hält die Bundesregierung Fahrpreiserhöhun-
gen bei der Deutschen Bundesbahn für notwendig und ver-
tretbar?

Wie Ihnen bekannt, hat das Bundesbahngesetz die Anlage 13


Verantwortung für die Führung des Unternehmens Schriftliche Antwort
den Organen der Deutschen Bundesbahn übertragen.
Die Bundesbahn wird angesichts der voraussicht- des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom
- 11. November 1970 auf die Mündliche Frage des
lichen Steigerung der Betriebsausgaben auch zu
prüfen haben, ob die Beförderungspreise angehoben Abgeordneten Picard (CDU/CSU) (Drucksache
werden sollen. Abschließende Vorstellungen gibt VI/1386 Frage A 88) :
es jedoch zur Zeit noch nicht. Bei welchen Dienstleistungen der Deutschen Bundespost sind
Gebührenerhöhungen geplant, und in welchen Größenordnungen
werden sich diese voraussichtlich bewegen?

Die Bundesregierung hat am 6. November eine


Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion dahingehend
Anlage 11 beantwortet, daß sich Gebührenerhöhungen bei der
Schriftliche Antwort Bundespost noch im Stadium der Überlegungen be-
finden. Das ist auch heute noch der Stand der An-
des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom gelegenheit.
13. November 1970 auf die Mündliche Frage des
Abgeordneten Riedel (Frankfurt) (CDU/CSU) (Druck-
sache VI/1386 Frage A 85) :
Hat die Bundesregierung, insbesondere der Bundesverkehrs-
minister, vor der Entscheidung über die Trassenführung der Anlage 14
Umgehungsstraße um Eltville im Rheingau den Beauftragten der
Bundesregierung für den Naturschutz, Herrn Prof. Dr. Bernhard
Grzimek, gehört? Schriftliche Antwort

Bei der Einleitung des Verfahrens nach § 16 des Parlamentarischen Staatssekretärs Herold vom I
Bundesfernstraßengesetz — nichts anderes ist bis- 13.Novembr970aufdiMünlcheFrgs
her entschieden worden bestand hierzu kein An- Abgeordneten Rock (CDU/CSU) (Drucksache VI/1386
laß. Im Rahmen dieses Verfahrens werden nämlich Frage A 92) :
auch die für den Natur- und Landschaftsschutz zu- Sieht die Bundesregierung die Gefahr, daß bei dem Fortfall
der besonderen Förderung des Zonenrandgebietes mit dem ver-
ständigen Stellen gehört werden. Darüber hinaus stärkten Zurückbleiben der Infra-Struktur, mit dem Absinken
der Wirtschaftskraft und damit des Lebensstandards die Ab-
hat der Bundesminister für Verkehr in einem per- wanderung aus dem Zonenrandgebiet erheblich zunehmen würde?
sönlichen Schreiben (vom 28. Oktober 1970) dem
Beauftragten der Bundesregierung, Herrn Professor Entgegen einer weitverbreiteten Auffassung zeigt
Dr. Bernhard Grzimek, seine Gründe für die vor- die Statistik, daß das Zonenrandgebiet insgesamt in
geschlagene Linie dargelegt. den letzten Jahren keine Abwanderungsverluste
mehr erlitten hat. Die Zahlen über die Wande-
Eine Entscheidung über die Trassenführung wird rungsbewegungen im Zonenrandgebiet lauten auf
erst nach Abschluß des o. g. Verfahrens getroffen je 1000 Einwohner
werden.
1953 minus 17,5
1961 plus 1
1969 plus 3,7
Anlage 12
Wenn man diese Gesamtzahlen nach einzelnen
Schriftliche Antwort Land- und Stadtkreisen im Zonenrandgebiet auf-
des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom schlüsselt, sieht das Ergebnis jedoch nicht so erfreu-
13. November 1970 auf die Mündliche Frage des lich aus. Es ergibt sich nämlich, daß von den 104
Abgeordneten Riedel (Frankfurt) (CDU/CSU) (Druck- Zonenrandkreisen 1969 noch 46 Kreise Abwande-
rungsverluste erlitten haben. Diese waren am
sache VI/1386 Frage A 86) :
stärksten in den Landkreisen Duderstadt (-4,8),
Wird die Bundesregierung den Vorstellungen über die Ge-
staltung eines menschengerechten Lebensraumes, wie sie bei- Lüchow-Dannenberg (-4,4), Goslar (-4,9), Roten-
spielsweise in der „Grünen Charta von der Mainau" niederge-
legt wurden, auch im Straßenbau Rechnung tragen?
burg (-4,9), Kötzting (-5,9), Wolfstein (-7,0), Wo-
henstrauss (-4,3), Waldmünchen (-4,8), Münch-
Die in der „Grünen Charta von der Mainau" berg (-4,6) und Königshofen im Grabfeld (-6,4).
festgelegten Grundsätze bezüglich Umweltschutz Bei den genannten Zahlen handelt es sich jeweils
und Landschaftsgestaltung werden auch bei der um die Wanderungssalden pro 1000 Einwohner.
Ausführung von Baumaßnahmen an Bundesfern Durch einen breit gefächerten Katalog von Förde-
4504 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

rungsmaßnahmen, der entgegen der bisherigen triebenengesetzes folgend alles zu tun, um das
Praxis auch zusätzliche Hilfen für die Schaffung so- Kulturgut der Vertreibungsgebiete im Bewußtsein
zialer Einrichtungen und die verstärkte Förderung unseres Volkes zu erhalten. Vielfältiges, von der
des sozialen Wohnungsbaues vorsieht, will die Bundesregierung gefördertes Schrifttum widmet sich
BundesrgiolchAbwanderugsvt der deutschen Kultur und Geschichte dieser Gebiete.
in Teilgebieten entgegenwirken und gleichzeitig Es werden mehrere Institute und Vereinigungen ge-
verhindern, daß das gesamte Zonenrandgebiet in fördert, die sich dem kulturellen Erbe des Ostens
Zukunft erneut von einer Abwanderungswelle er- widmen. Bei dem Quartettspiel handelt es sich um
faßt wird. ein in seiner Aufgabenstellung begrenztes, gegen-
wartsbezogenes, aber nicht kulturhistorisches An-
schauungsmaterial. Geschichte und heutige Situa-
tion der Gebiete jenseits von Oder und Neiße wer-
den in anderen Hilfsmitteln für den Schulunterricht,
Anlage 15
die von meinem Hause vorbereitet werden, besser
Schriftliche Antwort und klarer dargestellt, als das in einem Quartett-
spiel möglich ist.
des Parlamentarischen Staatssekretärs Herold vom
13. November 1970 auf die Mündliche Frage des
Abgeordneten Freiherrn von Fircks (CDU/CSU)
(Drucksache VI/1386 Frage A 93) : Anlage 17
Werden bei der Bundesregierung mit Rücksichtnahme auf die
Bemühungen, mit der „DDR"-Regierung zu die Verhältnisse
Schriftliche Antwort
normalisierenden Gesprächen zu kommen, Überlegungen ange-
stellt, die Förderung des Zonenrandgebietes abzubauen, oder des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom
unter andere Richtlinie zu stellen? 13. November 1970 auf die Mündliche Frage des
Abgeordneten Dr. Schulz (Berlin) (SPD) (Drucksache
Die Bundesregierung betrachtet die Förderung
VI/1386 Frage A 104) :
des Zonenrandgebietes als eine ausschließlich in-
Welches ist die Stellungnahme der Bundesregierung zu dem
nenpolitische Aufgabe, die nicht Gegenstand von in der Empfehlung 614 (1970) der Beratenden Versammlung des
Gesprächen mit der DDR sein kann. Europarates vom 24. September 1970 gemachten Vorschlag, ein
ständiges Organ für die Zusammenarbeit zwischen Ost und
West zu schaffen, an dem auch der Europarat beteiligt sein
Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, die För- sollte?
derung des Zonenrandgebietes abzubauen. Sie wird
die Hilfsmaßnahmen für diesen Raum vielmehr Die Einrichtung eines ständigen Organs für die
fortführen und im Rahmen der haushaltsmäßigen Zusammenarbeit zwischen Ost und West stellt eine
Möglichkeiten in bestimmten Teilbereichen verstär- — sehr wichtige — Etappe in der sich anbahnenden
ken, bis die Entwicklung der Lebens- und Arbeits- und initiativ von der Bundesregierung getragenen
bedingungen und die wirtschaftliche und verkehr- Politik des Ausgleichs mit dem Osten dar.
liche Erschließung einen Stand erreicht haben, der Diese Politik wird in Übereinstimmung und Ab-
dem Bundesdurchschnitt mindestens entspricht.
stimmung mit unseren westlichen Verbündeten und
Freunden geführt. Unsere bilateralen Verhandlun-
gen mit verschiedenen Staaten des Ostens, die Ge-
spräche der für Berlin verantwortlichen Vier Mächte
Anlage 16 und der innerdeutsche Dialog sind in diesem Zu-
sammenhang zu sehen.
Schriftliche Antwort
Von der gemeinsamen Einschätzung der Entwick-
des Parlamentarischen Staatssekretärs Herold vom lung dieser Gespräche wird es abhängen, ob und
13. November 1970 auf die Mündlichen Fragen des wann ein derartiges Organ geschaffen werden
Abgeordneten Hein (Salzgitter-Lebenstedt) (CDU/ kann, und welche Form es haben wird. Dann stellt
CSU) (Drucksache VI/1386 Fragen A 94 und 95) : sich auch die Frage, welche Verbindung zwischen
Ist die Bundesregierung bereit, auch Quartett-Spiele „Bilder einem solchen Organ und bereits bestehenden Ein-
aus Deutschland", wie sie das Bundesministerium für inner-
deutsche Beziehungen im September 1970 an die Schüler der richtungen die zweckmäßigste sein wird.
5. Klassen der allgemeinbildenden Schulen in der Bundes-
republik Deutschland verteilt hat, die Bilder aus Ostdeutschland
enthalten, zur Verteilung zu bringen?
Wie würde die Bundesregierung ihre Haltung der Öffentlich-
keit gegenüber begründen, falls sie zu einer Verteilung von Anlage 18
Quartett-Spielen „Bilder aus Deutschland", die Bilder aus Ost-
deutschland enthalten, nicht bereit ist?
Schriftliche Antwort
Die von meinem Haus versandten Quartettspiele des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom
sollen dazu beitragen, bei den Schülern das Bewußt- 13. November 1970 auf die Mündlichen Fragen des
sein der Zusammengehörigkeit der Menschen in der Abgeordneten Kern (SPD) (Drucksache VI/1386
Bundesrepublik Deutschland und der DDR zu stär- FragenA120ud):
ken. Das Quartettspiel zeigt daher die Umgebung, Treffen Pressemeldungen zu, nach denen der Kulturattaché
in der heute die Menschen in den beiden deutschen der deutschen Botschaft in Pretoria, Herr Facano, Südafrika ver-
lassen hat, weil die südafrikanische Regierung um seine Aus-
Staaten leben und arbeiten. Historische Baudenk- reise gebeten hat?
mäler sind nur in geringem Umfange vertreten. Hat die südafrikanische Regierung außerdem erklärt, daß sie
für die Sicherheit des deutschen Diplomaten nicht garantieren
Die Bundesregierung sieht es als ihre selbstver- könne?

ständliche Pflicht an, dem Auftrage des Bundesver- Beide Fragen beantworte ich mit Nein.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4505

Anlage 19 Anlage 21
Schriftliche Antwort Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom
13. November 1970 auf die Mündliche Frage der 11. November 1970 auf die Schriftlichen Fragen des
Abgeordneten Frau Klee (CDU/CSU) (Drucksache Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/
VI/1386, Frage A 123) : CSU) (Drucksache VI/1386 Fragen B 2 und 3) :
Wird die Bundesregierung dafür sorgen, daß am 19. November Welchen geeigneten Schritt bereitet die Bundesregierung vor,
1970 bei dem Treffen der Außenminister der Europäischen Ge- durch den sie der Niederländischen Regierung ihr Nichteinver-
meinschaften in München auch die Frage der Beziehungen zwi- ständnis zur Einleitung ungereinigter Abwässer in das Ems-
schen Europa und Lateinamerika behandelt wird, uni entspre- ästuar, auch soweit es sich um den ersten Abschnitt handelt,
chend dem Wunsch der deutschen Delegation in der Beratenden nochmals nachdrücklich zur Kenntnis bringen will, wie dieses
Versammlung des Europarates (déclaration écrite No. 3 vom
der Herr Bundesminister des Innern in der Beantwortung meiner
19. September 1970) möglichst bald die Vorschläge zu prüfen Mündlichen Anfrage vom 16. Oktober 1970 — Drucksache VI/1339
und auf sie einzugehen, die am 29. Juli 1970 von der Sonder-
— mitteilte?
kommission für lateinamerikanische Koordinierungsfragen
(CECLA) in Buenos Aires für eine enge und partnerschaftliche Welche Effektivität verspricht sich die Bundesregierung, wenn
Zusammenarbeit vorgelegt wurden? sie beim jetzigen Stand der Lage lediglich erneut der Nieder-
ländischen Regierung ihren Standpunkt zur Kenntnis bringen
will, nachdem dieser dort seit längerer Zeit hinreichend bekannt
Die Frage der Intensivierung der Beziehungen sein dürfte?
zwischen der EG und Lateinamerika ist seit Monaten
Gegenstand eingehender und sorgfältiger Prüfungen Das Auswärtige Amt wird die deutsche Botschaft
in den zuständigen Gremien der Gemeinschaft, wo- in Den Haag anweisen, in den nächsten Tagen beim
bei auch die auf der CECLA-Tagung in Buenos Aires niederländischen Außenministerium vorstellig zu
Ende Juli 1970 vorgetragenen Wünsche („Erklärung werden und den deutschen Standpunkt bezüglich
von Buenos Aires") der lateinamerikanischen Staa- der Abwassereinleitung in das Ems-Ästuar noch ein-
ten in die Untersuchungen einbezogen wurden. Der mal darzulegen. Ich bitte dafür Verständnis zu
Bericht über das Ergebnis der bisherigen Beratungen haben, daß ich mich über den inzwischen unter den
liegt jetzt vor. Er stand auf der gestrigen Tagesord- fachlich berührten Ressorts bereits abgestimmten
nung des Ausschusses der Ständigen Vertreter in Inhalt einer deutschen Demarche zu diesem Zeit-
Brüssel. Der Rat wird sich demnächst mit dem Kom- punkt noch nicht näher äußern kann. Ich bin aber
plex Lateinamerika befassen können. gerne bereit, Ihnen Einzelheiten hierzu mitzuteilen,
sobald dem niederländischen Außenministerium der
Bei dem Stand, den die Beratungen in Brüssel deutsche Standpunkt dargelegt wurde.
somit erreicht haben, erscheint es nicht zweckmäßig,
diese Fragen von den Außenministern der EG-Mit- Eine Demarche auf diplomatischem Wege ist bis-
gliedstaaten am 19. 11. 1970 in München behandeln her noch nicht erfolgt. Die Bundesregierung ver-
zu lassen. spricht sich davon eine stärkere Berücksichtigung der
Gesichtspunkte des Umweltschutzes und der dazu
erforderlichen gemeinsamen Anstrengungen aller
europäischen Staaten durch die niederländische Re-
gierung.

Anlage 20
Schriftliche Antwort
Anlage 22
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom
11. November 1970 auf die Schriftliche Frage des Schriftliche Antwort
Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom
VI/1386, Frage B 1) :
11. November 1970 auf die Schriftliche Frage des
Ist die Bundesregierung bereit, geeignete Schritte zu unter-
nehmen, damit der im Bereich von Kitzbühel/Tirol geplante Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache VI/1386
Kupferbergbau keine Beeinträchtigung auf die benachbarten
bayerischen Erholungsgebiete und damit auf den existenznot-
FrageB4):
wendigen Fremdenverkehr im Chiemseegebiet mit sich bringt? Wird die Bundesregierung den kürzlich gemachten Vorschlag
auf Einrichtung einer zentralen deutschen Kinemathek auf-
Nachdem ich durch die Presse von dem in den greifen, und kann sie dabei sich an ausländischen Vorbildern
orientieren?
Kitzbüheler-Alpen geplanten Kupferbergbau erfah-
ren habe, habe ich Verbindung mit der Bayerischen Der kürzlich gemachte Vorschlag auf Einrichtung
Staatskanzlei aufgenommen. Die Bayerische Staats- einer zentralen deutschen Kinemathek trifft mit Be-
regierung führt bereits Gespräche mit der Tiroler strebungen des Bundesministeriums des Innern zu-
Landesregierung. Wenn diese nicht den gewünschten sammen, eine zentrale Archivierung von Film-
Erfolg haben werden, wird die Bundesregierung ge- material zu erreichen. Entsprechende verwaltungs-
eignete Schritte gegenüber der österreichischen
mäßige Vorarbeiten sind angelaufen.
Bundesregierung unternehmen.
Im Rahmen der weiteren Entwicklung werden aus-
Ich darf im übrigen auf meine Beantwortung der
Mündlichen Frage des Herrn Kollegen Folger in der ländische Vorbilder, soweit sie für die hiesigen
heutigen Fragestunde des Deutschen Bundestages Verhältnisse genutzt werden können, in die Über-
verweisen. legungen einbezogen.
4506 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Anlage 23 der Bundesrechtsanwaltsordnung und der Patent-


anwaltsordnung vom 13. Januar 1969 (Bundes-
Schriftliche Antwort gesetzbl. I S. 25) von keiner Seite der Wunsch nach
einer allgemeinen Wiedereinführung der Simultan-
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl
zulassung erhoben worden.
vom 12. November 1970 auf die Schriftliche Frage
des Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/
CSU) (Drucksache VI/1386 Frage B 5) :
Was hält die Bundesregierung von dem Vorschlag des „Deut-
schen Juristenverbandes", die Simultanzulassung für Rechts-
anwälte in weiteren OLG-Bezirken einzuführen?
Anlage 24
Schriftliche Antwort
Der Deutsche Juristenverband hat verlangt, die
Simultanzulassung für Rechtsanwälte bei dem Land- des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl
gericht und bei dem übergeordneten Oberlandes- vom 12. November 1970 auf die Schriftliche Frage
gericht in den Oberlandesgerichtsbezirken wieder des Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach) (CDU;'
einzuführen, in denen sie bei Inkrafttreten der Bun- CSU) (Drucksache VI/ 1386 Frage B 6) :
desrechtsanwaltsordnung bestanden hat. Die Bun- ist die Bundesregierung der Ansicht, daft das Rechtspfleger-
gesetz vom 5. November 1969, erweitert durch Gesetz vom
desregierung hält eine derartige Wiedereinführung 27. Juni 1970, auf Verwaltungsbeamte bei den Verwaltungsge-
der Simultanzulassung nicht für geboten. richten ausgedehnt werden sollte?

Die Bundesregierung steht der Einführung des


Die Erwägungen, mit denen der Deutsche Juri-
Rechtspflegers bei den Verwaltungsgerichten auf-
stenverband seine Forderung begründet, sind
geschlossen gegenüber. Bereits bei den Vorarbeiten
bereits eingehend geprüft worden, als die gesetz-
zum Regierungsentwurf des Rechtspflegergesetzes
gebenden Körperschaften beschlossen haben, zur
vom 5. November 1969 ist die Frage erörtert wor-
Verbesserung des Rechtsschutzes für den recht-
den, ob die Institution des Rechtspflegers in die
suchenden Bürger und im Interesse der Rechtspflege
Verwaltungsgerichtsbarkeit, aber auch in die
das Auftreten vor den Oberlandesgerichten in
Finanz- und die Sozialgerichtsbarkeit übernommen
Zivilsachen grundsätzlich solchen Rechtsanwälten
werden könne. Die Frage wurde seinerzeit zurück-
vorzubehalten, die nur dort zugelassen sind und
gestellt, da sie noch nicht spruchreif erschien.
deshalb in besonderem Maße die obergerichtliche
Rechtsprechung verfolgen können. Etwaige Wett- Nach der Verabschiedung des Rechtspfleger-
bewerbsvorteile der Rechtsanwälte, deren im Zeit- gesetzes ist angeregt worden, im Interesse der
punkt des Inkrafttretens der Bundesrechtsanwalts- Gleichbehandlung der Gerichtszweige und ihrer
ordnung bestehende Simultanzulassung aus ver- Angehörigen das Problem wieder aufzugreifen. Die
fassungsrechtlichen Erwägungen (Artikel 14 GG) Bundesregierung hat daraufhin eine erste Meinungs-
aufrechterhalten wurde, sind nach der ständigen bildung veranlaßt.
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kein Ver-
stoß gegen den Gleichheitssatz des Artikels 3 Abs. 1 Diese bisherigen Erörterungen legen es nahe, die
GG. Diese Wettbewerbsvorteile werden zudem Problematik unter folgenden Gesichtspunkten zu
in den kommenden Jahren zusehends an Gewicht sehen: Die Ausdehnung des Tätigkeitsbereichs des
verlieren, da mit einem verstärkten Ausscheiden Rechtspflegers sollte nicht allein für die Ver-
der verhältnismäßig stark vertretenen älteren Jahr- waltungsgerichtsbarkeit, sondern in entsprechender
gänge aus dem Berufsleben zu rechnen sein wird. Weise auch für die Finanz- und die Sozialgerichts-
Wenn der Deutsche Juristenverband bemängelt, barkeit erwogen werden. Dabei wird jedoch für
das Verbot der Simultanzulassung sei nicht sinnvoll, jeden dieser Gerichtszweige besonders untersucht
weil der Rechtsanwalt bei dem Oberlandesgericht werden müssen, ob eine hinreichend große Anzahl
sich seine Schriftsätze von dem Rechtsanwalt bei von Geschäften vorhanden ist, die dem Rechts-
dem Landgericht fertigen lassen könne, so muß ein pfleger übertragen werden könnten. Weiter wird
solches Verfahren als ein Mißbrauch erscheinen, der zu prüfen sein, welche Ausbildungsanforderungen
gegebenenfalls zu Maßnahmen der Berufsaufsicht an die Rechtspfleger zu stellen sind, die in jenen
Anlaß geben könnte (vgl. hierzu die Ausführungen Gerichtszweigen tätig sein sollen. Schließlich ist auf
des Abgeordneten Dr. Kanka in der 61. Sitzung des den Zusammenhang des Problems mit den Bemü-
Deutschen Bundestages — 3. Wahlperiode — am hungen der Bundesregierung hinzuweisen, die so-
18. Februar 1959, Verhandlungen des Deutschen genannten „öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnun-
Bundestages S. 3334). gen" zu vereinheitlichen.
Die Fragen sind jetzt Gegenstand sorgfältiger
Es wäre nicht zweckmäßig, die Vorschriften über
Prüfung im Bundesministerium der Justiz.
die Zulassung bei den Oberlandesgerichten grund-
legend zu ändern und hierdurch für die Rechts-
anwälte, die im Vertrauen auf die bestehende Rege-
lung bei den Oberlandesgerichten ihre Zulassung
beantragt haben, berufliche Schwierigkeiten herbei- Anlage 25
zuführen, obwohl seit dem Inkrafttreten der Bun-
Schriftliche Antwort
desrechtsanwaltsordnung neue Umstände nicht her-
vorgetreten sind. Insbesondere ist auch bei den des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl
Beratungen anläßlich des Gesetzes zur Änderung vom 10. November 1970 auf die Schriftlichen Fra-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4507

gen des Abgeordneten Geisenhofer (CDU/CSU) gibt sich zwangsläufig bei einer Verbrauchsteuer, C
(Drucksache VI/1386 Fragen B 7 und 8) : die den privaten und öffentlichen Verbrauch, nicht
Welche Einwirkungsmöglichkeit hat die Bundesregierung, um aber den Verbrauch im unternehmerischen Bereich
die seit mehr als zwei Jahren freistehenden, in amerikanischer
Verfügungsgewalt befindlichen 60 US-Wohnungen in München,
belasten soll.
Deiningerstraße, einer baldigen Belegung zuzuführen?
Auch die günstige wirtschaftliche Entwicklung
Ist die Bundesregierung bereit, solange zu intervenieren, bis
dieser Zustand, der immer wieder, vor allem unter den Woh- des Kraftfahrzeughandels läßt eine besondere
nungsuchenden, Verbitterung hervorruft, durch die zuständigen Steuervergünstigung nicht als notwendig erschei-
Behörden beseitigt wird?
nen. Die allgemeine Belebung auf dem Gebraucht-
Nach Artikel 48 des Zusatzabkommens zum wagenmarkt hat auch beim gewerblichen Gebraucht-
NATO-Truppenstatut hat die Bundesregierung le- wagenhandel zu steigenden Umsätzen geführt.
diglich die Möglichkeit, die amerikanischen Streit- Gegen eine Steuervergünstigung für gebrauchte
kräfte aufzufordern, ihren Bedarf an Liegenschaften Kraftfahrzeuge sprechen schließlich weitere Gesichts-
laufend zu überprüfen, um eine Beschränkung der punkte. Einmal müßte sie aus Gründen der Gleich-
von ihnen genutzten Liegenschaften an Zahl und behandlung auf alle Gebrauchtgegenstände ausge-
Umfang auf das erforderliche Mindestmaß zu ge- dehnt werden. Zum anderen ergäben sich zwangs-
währleisten. läufig erhebliche Abgrenzung zwischen Gebraucht-
Dementsprechend hat die Bundesregierung das und Neuwaren und beim Nachweis des Erwerbs
Hauptquartier der amerikanischen Armee in Eu- von einem nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten
ropa in Heidelberg mehrmals, zuletzt am 26. Ok- Verkäufer.
tober 1970, aufgefordert, die leerstehenden Woh-
nungen an der Deininger Straße in München frei-
zugeben, oder, falls die Wohnungen weiterhin be-
nötigt werden, anheimgestellt, die deutsche Öffent-
Anlage 27
lichkeit über die Gründe für die Nichtfreigabe und
das lange Leerstehen der Wohnungen zu unterrich- Schriftliche Antwort
ten.
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl
Daraufhin hat HQ USAREUR mit Fernschreiben vom 10. November 1970 auf die Schriftlichen Fragen
erwidert, daß die Wohnungen wieder mit ameri- des Abgeordneten Dr. Abelein (CDU/CSU) (Druck-
kanischen Familien belegt werden, sobald die in sache VI/1386 Fragen B 10 und 11) :
Auftrag gegebenen Instandsetzungsarbeiten durch- Ist der Bundesregierung bekannt, daß den Garnisonsgemein-
geführt worden sind. Ein genauer Zeitpunkt für die den daraus laufend schwerwiegende finanzielle Nachteile er-
wachsen, daß in den Meldegesetzen der Länder die Grundwehr-
Wiederbelegung könne jedoch noch nicht genannt dienstleistenden von der Meldepflicht befreit sind und deshalb
nicht als Einwohner der Gemeinde zählen?
werden. Diese Verlautbarung sei auch der deut-
Ist die Bundesregierung, falls sie die Befreiung der Soldaten
schen Presse mitgeteilt worden. von der Meldepflicht weiterhin für erforderlich hält, bereit, in
der Zukunft für einen vollen Ausgleich der sich daraus ergeben-
Aus der vorstehenden Mitteilung ergibt sich, daß den finanziellen Verluste der Garnisonsgemeinden zu sorgen
die Wohnungen in Kürze wieder belegt werden. und insbesondere bei den Ländern darauf hinzuwirken, daß die
für die Garnisonsgemeinden schädlichen Auswirkungen der ge-
nannten Befreiungsvorschrift durch entsprechende Vorschriften in
den Ländergesetzen über den Finanzausgleich zwischen dem
Land und den Gemeinden (Länderfinanzausgleichsgesetzen) in
vollem Umfang beseitigt werden?

Sie haben bereits in der Fragestunde am 9. Juni


Anlage 26
1967 ähnliche Fragen gestellt. Die Rechtslage hat
Schriftliche Antwort sich seitdem nicht geändert; ich darf deshalb auf das
Bundestagsprotokoll vom 9. Juni 1967, S. 5495 A, B
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl
verweisen.
vom 10. November 1970 auf die Schriftliche Frage
des Abgeordneten Dröscher (SPD) (Drucksache Die Regelung des Finanzausgleichs zugunsten der
VI/1386 Frage B 9) : Gemeinden ist auch nach Inkrafttreten der Finanz-
Wie weit sind die Überlegungen der Bundesregierung ge-
reform ausschließlich Angelegenheit ,der Länder. Die
diehen, den Verkauf von Gebraucht-PKW,s für nicht gewerbliche Entscheidung darüber, ob und inwieweit die kaser-
Käufer, insbesondere Arbeitnehmer, die nicht die Möglichkeit
haben, die Mehrwertsteuer abzuwälzen, mehrwertsteuerfrei zu nierten wehrpflichtigen Soldaten der Bundeswehr
machen? bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen der
Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auf- Länder an die Gemeinden zu berücksichtigen sind,
fassung, daß die derzeitige Besteuerung gebrauch- obliegt auch heute allein dem Landesgesetzgeber.
ter Kraftfahrzeuge beibehalten werden sollte. Die Ich sehe deshalb keine Möglichkeit, auf einen zu-
Umsatzsteuer ist eine allgemeine Verbrauchsteuer, sätzlichen Finanzausgleich für die Garnisonsgemein-
der grundsätzlich jeder private und öffentliche Ver- den hinzuwirken.
brauch unterliegt. Wird ein gebrauchtes Kraftfahr-
zeug erneut in den Wirtschaftsverkehr gebracht
und durch den Händler wiederum an einen Endver-
braucher veräußert, so findet ein weiterer Ver- Anlage 28
brauch statt, der auch eine erneute Umsatzsteige-
rung rechtfertigt. Daß diese Steuerbelastung nur Schriftliche Antwort
die Käufer trifft, die nicht zum Vorsteuerabzug be- des Parlamentarischen Staatssekretärs Rosenthal
rechtigt sind u. a. auch die Arbeitnehmer —, er- vom 12. November 1970 auf die Schriftlichen Fragen
4508 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

des Abgeordneten Storm (CDU/CSU) (Drucksache Anlage 30


VI/1386 Fragen B 12 und 13) : Schriftliche Antwort
Welches sind die Gründe für die Nichtauszahlung der Mittel
aus dem Sonderprogramm Holstein und dem ERP-Programm 1970 des Parlamentarischen Staatssekretärs Rosenthal
für den Zweckverband Karkberook, und welche Möglichkeiten
sieht die Bundesregierung im Hinblick auf eine Weiterarbeit vom 12. November 1970 auf die Schriftlichen Fragen
an den schon begonnenen und nun in Kürze stillzulegenden
Arbeiten am Klärwerk Klosterseeniederung und dem sich an-
des Abgeordneten Ott (CDU/CSU) (Drucksache
schließenden Kanalisierungsprojekt im Hinblick auf die Ab- VI/1386 Fragen B 16 und 17) :
wendung eines finanziellen Schadens in Höhe von etwa 1 Mil-
lion DM für den Zweckverband? Wie beurteilt die Bundesregierung den in „Capital" Nr. 11 /
November 1970 beschriebenen Vorgang, wonach Staatssekretär
Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Zuge dieser Still- Rosenthal Beamte des Wirtschaftsministeriums nach ihrer ge-
legung der Baumaßnahmen etwa 50 Dauerarbeitskräfte von den heimen Wahl bei der letzten Bundestagswahl befragte?
am Bau beteiligten Firmen entlassen werden müssen, ohne
Aussicht auf eine Wiederanstellung in ihrer jetzigen oder einer Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit das Wahl-
anderen Tätigkeit, und welche Möglichkeiten sieht die Bundes- ergebnis und das Recht zur freien Meinungsäußerung auch bei
regierung zur Vermeidung dieser Entwicklung? Beamten gewahrt bleibt?

Über die beiden Anträge des Zweckverbandes Nachdem die parteipolitische Neutralität im Bun-
Karkbrook auf Gewährung von Förderungsmitteln - deswirtschaftsministerium so hoch gehalten wird,
konnte leider noch nicht entschieden werden, da daß zwei der mir für das Amt des Persönlichen Refe-
die schleswig-holsteinische Landesregierung zwei renten vorgeschlagenen Beamten im Verlaufe eines
teilweise einander widersprechende Anträge vorge- Vorstellungsgesprächs erklärt hatten, sie seien ein-
legt hat. Der schleswig-holsteinische Minister für geschriebene CDU-Mitglieder, wird mir doch wohl
Wirtschaft und Verkehr hat beim Bundesminister auch die Opposition nicht verdenken, wenn ich in
für Wirtschaft einen Zuschuß aus dem Regionalen weiteren Vorstellungsgesprächen nach der grund-
Förderungsprogramm des Bundes 1970 in Höhe von sätzlichen politischen Einstellung gefragt habe. Im
900 000,— DM beantragt. Der schleswig-holstei- übrigen habe ich die Frage nur mit dem Zusatz ge-
nische Minister für Ernährung, Landwirtschaft und stellt: „Ich bin Ihnen nicht böse, wenn Sie mir ant-
Forsten seinerseits beantragte ein zinsverbilligtes worten, das geht Sie nichts an."
Darlehen in Höhe von 2,5 Mio DM aus Mitteln des
ERP-Sondervermögens. Die beiden Anträge ent-
halten widersprüchliche Angaben über die Finanzie-
rung. Der Bundesminister für Wirtschaft hat, um
Anlage 31
die Bearbeitung der Anträge zu beschleunigen, den
schleswig-holsteinischen Minister für Wirtschaft und Schriftliche Antwort
Verkehr und den schleswig-holsteinischen Minister des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gebeten, vom 9. November 1970 auf die Schriftliche Frage
diese Widersprüche zu eliminieren, damit die Ar des Abgeordneten Gallus (FDP) (Drucksache VI/1386
beit am Klärwerk Klosterseeniederung fortgesetzt Frage B 18) :
werden und eine Entlassung der dort beschäftigten
Ist die Bundesregierung bereit, zur Entlastung des Schweine-
Arbeitnehmer verhindert werden kann. marktes im kommenden Jahr den Absatz von Spanferkeln durch
Gewährung von Prämien zu fördern?

Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß eine ge-


zielte Werbung für den Spanferkelverbrauch in den
Anlage 29 nächsten Monaten zur Entlastung des Schweine-
marktes beitragen kann. Auf meine Anregung wird
Schriftliche Antwort
die CMA deshalb noch vor Jahresende mit einer
des Parlamentarischen Staatssekretärs Rosenthal entsprechenden Werbeaktion beginnen. Das z. Z.
vom 12. November 1970 auf die Schriftlichen Fragen bereits niedrige Preisniveau für Ferkel dürfte sich
des Abgeordneten Müller (Berlin) (CDU/CSU) im Hinblick auf die stark gestiegene Erzeugung
(Drucksache VI/1386 Fragen B 14 und 15) : während der nächsten Monate nicht verändern und
Ist beim Verkauf der früheren Firma Borsig an die Firma eine günstige Voraussetzung für eine Spanferkel-
Babcock, Oberhausen, sichergestellt worden, daß die von der
Salzgitter AG seinerzeit der DIAG — an der der Bund mit aktion bieten.
75 Prozent beteiligt ist — bei der Übernahme des Werkes Borsig
für die Altersversorgung alter Belegschaftsmitglieder zur Ver- Ob zur Förderung des Absatzes von Spanferkeln
fügung gestellten 22 Millionen DM auch weiterhin für diesen
Zweck Verwendung finden?
eine Prämie gezahlt werden kann, darüber wird zur
Welche Vorkehrungen sind — falls die Frage 14 bejaht wer-
Zeit in Brüssel verhandelt.
den kann — für den Fall getroffen worden, wenn die Borsig
Werke eventuell weiter veräußert oder gar stillgelegt werden?

Babcock hat sich bei Übernahme der Mehrheits-


beteiligung an Borsig vertraglich zu einer expansi- Anlage 32
ven Unternehmenspolitik verpflichtet. Eine Weiter-
veräußerung oder Stillegung der Borsigwerke ist Schriftliche Antwort
hiernach nicht vorgesehen. Im übrigen würden auch des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann
im Falle einer Weiterveräußerung oder Stillegung vom 10. November 1970 auf die Schriftliche Frage
die Ansprüche der Belegschaftsmitglieder aus der des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache
betrieblichen Altersversorgung nicht betroffen. Die VI/1386 Frage B 19) :
in Frage stehenden Rückstellungen haben Kapital- Welches Ergebnis hatte das von Staatssekretär Dr. H. D.
charakter und arbeiten — wie üblich — im Unter- Griesau kürzlich in der Fragestunde angekündigte Gespräch mit
der sogenannten Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände
nehmen. (AGV), und welche Konsequenzen zieht das Bundesernährungs-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4509

ministerium aus der Tatsache, daß nach diesem angekündigten Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Zwangsmitglieder
Zeitpunkt des Gesprächs die Angriffe der AGV gegen die der IG-Chemie-Papier-Keramik-Verwaltungsstelle Essen auf
Agrarpolitik und gegen die Landwirtschaft schlechthin fortge- Grund eines Rundschreibens an die Betriebsangehörigen der
setzt wurden? PAG Presswerk AG, Essen, zugeführt wurden: — „Der Betriebs-
rat und die Vertrauensleute der PAG Presswerk AG haben nun
beschlossen, daß alle Unorganisierten dieses Werkes ab 1. No-
1. Das von Staatssekretär Dr. Hans Dieter Griesau vember 1970 Mitglied der IG Chemie-Papier-Keramik werden.
Wer bis zum 12. November 1970 keinen Einspruch beim Betriebs-
kürzlich in der Fragestunde des Hohen Hauses an- rat im Betriebsratszimmer eingelegt hat, von dem wird ange-
gekündigte Gespräch mit Vertretern der Arbeits- nommen, daß er mit diesem Beschluß einverstanden ist. Gleich-
zeitig wird vom 16. Oktober 1970 bis 12. November 1970 der
gemeinschaft der Verbraucherverbände (AGV) fand Gewerkschaftssekretär der IG Chemie-Papier-Keramik, Kollege
am 13. Oktober 1970 statt. Teilnehmer der AGV Werner Penugaow, im Betriebsratszimmer sein, damit Sie über
diesen Punkt mit ihm diskutieren können," —?
waren deren Vorsitzender, Professor Dr. Otto Blume,
und deren Geschäftsführer, Johannes M. Jaschick. Die in Ihrer Frage angesprochenen Vorgänge wa-
Das Ergebnis der Besprechung wurde in einer ren der Bundesregierung nicht bekannt. Der Haupt-
Presseverlautbarung des Presse- und Informations- vorstand der Industriegewerkschaft Chemie, Papier,
amtes der Bundesregierung bekanntgegeben. Die Keramik hat auf meine Anfrage hin mit Fern-
wichtigsten Besprechungspunkte waren: schreiben vom 6. November 1970 die unklaren For-
— Gemeinsame Interessen von Erzeugern und Ver- mulierungen im Rundschreiben bedauert und er-
brauchern: klärt, daß die IG Chemie, Papier, Keramik in keiner
Weise die Absicht verfolgte, einen Zwang auf die
Diese gemeinsamen Interessen sollen in Zukunft
unorganisierten Arbeitnehmer der PAG-Preßwerk
stärker betont werden. AG, Essen, auszuüben. Es seien auch keine Arbeit-
— Verbraucheraufklärung der Arbeitsgemeinschaft nehmer zum Beitritt in die Gewerkschaft gezwun-
der Verbraucherverbände: gen worden. Im übrigen würde ein derartiger Druck
Die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherver- den Grundsätzen der Gewerkschaft widersprechen.
bände wird sich zukünftig in ihren Veröffent-
lichungen im Zuge der Verbraucheraufklärung
stärker mit den Meinungsverschiedenheiten Anlage 34
zwischen Erzeugern und Verbrauchern befassen.
Diese Meinungsverschiedenheiten gehen nach Schriftliche Antwort
Auffassung der Gesprächsteilnehmer häufig dar- des Staatssekretärs Dr. Auerbach vom 12. Novem-
auf zurück, daß in der öffentlichen Diskussion ber 1970 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten
die Relation zwischen Verbraucher- und Erzeu- Buschfort (SPD) (Drucksache VI/1386 Frage B 21) :
gerpreisen nicht genügend berücksichtigt wird. Kann die Bundesregierung Angaben darüber machen, in wie-
viel Prozent der betriebsratsfähigen Betriebe es keinen Betriebs-
— Verbraucheraufklärung im Schulunterricht: rat gibt?

Es bestand Einmütigkeit in der Auffassung, daß Es gibt weder eine amtliche Statistik über die
die Verbraucheraufklärung nicht nur auf der Zahl der gewählten Betriebsräte noch über die Zahl
Ebene der Erwachsenenbildung, sondern bereits
der betriebsratsfähigen Betriebe. Der Versuch, bei
im Schulunterricht einsetzen sollte.
der Arbeitsstättenzählung 1970 auch nach der Zahl
— Trinkmilchpreiserhöhung: der Betriebsräte in den Arbeitsstätten zu fragen,
Die Frage der Erhöhung des Trinkmilchpreises mußte wegen technischer und definitorischer Schwie-
wurde erörtert. Staatssekretär Dr. Griesau wies rigkeiten aufgegeben werden. Die Bundesregierung
insbesondere darauf hin, daß die Bundesregie- ist deshalb auf Angaben der Tarifpartner und
rung bei der Entscheidung über die zukünftige eigene Schätzungen angewiesen. Danach wurden
Höhe des Trinkmilchpreises das Moment der bei den Betriebsratswahlen im Jahre 1968, bei
Sicherstellung der Trinkmilchversorgung gebüh- denen der größte Teil der Betriebsräte neu gewählt
rend berücksichtigen muß. wurde, in etwa 400 000 betriebsratsfähigen Betrie-
ben rund 25 000 Betriebsräte gewählt.
2. Die Bundesregierung bleibt bei ihrer Auffas-
sung, daß es nicht möglich und auch nicht beabsich-
tigt ist, die AGV dahingehend zu beeinflussen, daß
sie ihre Veröffentlichungen mit den agrar- und Anlage 35
ernährungspolitischen Zielsetzungen der Bundes- Schriftliche Antwort
regierung in Einklang bringt. Ich darf erneut darauf
des Staatssekretärs Dr. Auerbach vom 12. Novem-
hinweisen, daß die Arbeitsgemeinschaft der Ver-
ber 1970 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeord-
braucherverbände vom BML keine globalen Zu-
neten Wuwer (SPD) (Drucksache VI/1386 Frage B 22
schüsse, sondern lediglich zweckgebundene Förde-
und 23) :
rungsbeiträge erhält.
Welche Maßnahmen sind bislang zur Förderung der beruf-
lichen Weiterbildung von ausländischen Arbeitnehmern ergriffen
worden?
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die berufliche
Weiterbildung nicht nur für die Gastarbeiter selbst von Nutzen
ist, sondern bei deren Rückkehr auch den Heimatländern zugute
Anlage 33 kommt und somit eine Art wirksamer Entwicklungshilfe sein
kann?
Schriftliche Antwort Seit dem Jahre 1968 wird auf Initative und mit
des Staatssekretärs Dr. Auerbach vom 12. November finanzieller Förderung meines Hauses ein Sonder-
1970 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten programm für berufliche Bildung ausländischer
Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/1386 Frage B 20) : Arbeitnehmer veranstaltet. In über 50 Städten der
4510 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Bundesrepublik laufen Kurse, in denen nach einer anforderungen an derartige Abgabestellen, Gast-,
speziell für ausländische Arbeitnehmer entwickelten Schank- und Speisewirtschaften und Einrichtungen
Unterrichtsmethode die berufliche mit der sprach- zur Gemeinschaftsverpflegung sowie deren Zulas-
lichen Bildung kombiniert wird. Bis Ende des Jahres sung und Überwachung; ferner Mindestanforderun-
1970 werden rund 15 000 ausländische Arbeitnehmer gen an die Lagerung und den Transport des Frei-
an ca. 900 Kursen teilgenommen haben. bankfleisches. Der Entwurf einer entsprechenden
An diesen Kursen sollten möglichst viele auslän- Verordnung ist dem Bundesrat am 25. Februar 1970
dische Arbeitnehmer teilnehmen. Deshalb informiert zugeleitet worden. Wegen der besonderen Schwie-
seit Anfang des Jahres 1969 ein Film in der jeweili- rigkeit dieser Materie hat der Bundesrat nach ein-
gen Landessprache über diese speziellen beruflichen stimmig beschlossener Empfehlung seines Gesund-
Bildungsmaßnahmen. Er wird von Sozialarbeitern heitsausschusses der Verordnung erst am 26. Juni
der mit der Betreuung ausländischer Arbeitnehmer 1970 zugestimmt. Der Termin für das Inkrafttreten
befaßten Wohlfahrtsverbände in Freizeitheimen, dieser Verordnung war durch das Gesetz vorgege-
Betreuungsstellen, Unterkünften und Betrieben vor- ben. Um den bereits bestehenden Einrichtungen die
geführt. Möglichkeit zu geben, sich auf die neuen Mindest-
anforderungen einzustellen, sind in § 16 Abs. 2
In der Regel kehren die ausländischen Arbeitneh- bis 5 der Verordnung Übergangsregelungen vor-
mer nach einer kürzeren oder längeren Beschäfti- gesehen worden. Danach bedarf es z. B. für Ab-
gung in Deutschland in ihr Heimatland zurück. Zur gabestellen, die bereits bestanden haben, des Er-
wirtschaftlichen Entwicklung dieser Länder leisten fordernisses einer Zulassung und damit der Er-
die Heimkehrer unbestreitbar einen wichtigen Bei- füllung der Mindestanforderungen erst ein Jahr
trag. Durch ihre Tätigkeit in einem hoch industriali- nach Inkrafttreten dieser Verordnung.
sierten Land haben sie Industrieerfahrung und Fach-
kenntnisse erworben, die der Entwicklung ihrer Die Vorschriften der Verordnung über Lagerung
Heimatländer zugute kommen. So sind z. B. nach und Transport von Freibankfleisch sind nach inter-
einer Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeit nationalen Normen für Lagerung und Beförderung
24 % der ungelernten ausländischen Arbeitnehmer von frischem Fleisch ausgerichtet worden. Dabei
zu angelernten Arbeitern aufgestiegen. sind für bestimmte Fälle, insbesondere für den Kurz-
transport, weitgehende Erleichterungen vorgesehen
worden. Nach Erlaß des Gesetzes und der Freibank-
fleisch-Verordnung hat sich nach meiner Kenntnis
die Lage im Hinblick auf den Absatz des Freibank-
Anlage 36 fleisches erheblich gebessert. Auch die Bevölkerung
bringt nach sachlicher Aufklärung offenbar der Neu-
Schriftliche Antwort regelung Verständnis entgegen. Da die Verordnung
des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal als ein Fortschritt in der hygienisch einwandfreien
vom 10. November 1970 auf die Schriftliche Frage und wirtschaftlichen Verwertung von Freibank-
des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache fleisch angesehen werden muß und hinsichtlich der
VI/ 1386 Frage B 24) : Hygiene vertretbare Übergangsregelungen für be-
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, dem Wunsch des
stehende Einrichtungen vorgesehen sind, sehe ich
Bayerischen Bauernverbandes zu entsprechen und die in der keine Notwendigkeit für noch weitergehende Über-
sogenannten Freibankfleisch-Verordnung vom 30. Juli 1970 fest-
gelegten Mindestanforderungen an die Errichtung und Führung gangserleichterungen.
von Abgabestellen bei der Lagerung und dem Transport für
bedingt taugliches und minderwertiges Fleisch wenigstens für
eine Übergangszeit zu erleichtern?

Die Neuregelung des Verkehrs mit Freibank-


fleisch gründet sich auf das Gesetz zur Änderung Anlage 37
des Fleischbeschaugesetzes vom 15. September 1969
(Bundesgesetzbl. I S. 1627). Danach darf bedingt Schriftliche Antwort
taugliches und minderwertiges Fleisch (Freibank- des Bundesministers Frau Strobel vom 11. Novem-
fleisch) nur über besonders zugelassene und über- ber 1970 auf die Schriftliche Frage des Abgeord-
wachte Abgabestellen, Gast-, Schank- und Speise- neten Dr. Jungmann (CDU/CSU) (Drucksache VI/1386
wirtschaften sowie Einrichtungen zur Gemeinschafts- FrageB25):
verpflegung in den Verkehr gebracht werden. Das Was hat die Bundesregierung unternommen, und was beab-
Gesetz ist von Mitgliedern aller Fraktionen im sichtigt sie zu tun, um die gesundheitlichen Folgen einer lang-
fristigen Einnahme von Ovulationshemmern festzustellen?
Deutschen Bundestag eingebracht worden und unter
Mitwirkung aller Fraktionen zustandegekommen. In der Bundesrepublik sind orale Ovulationshem-
Die Initiative der Abgeordneten hatte zum Ziel, den mer als Arzneispezialitäten seit 1962 registriert und
seinerzeit stockenden Absatz von Freibankfleisch seit diesem Zeitpunkt im Verkehr. Es ist weder in
im Interesse aller Beteiligten — nicht zuletzt im der Bundesrepublik noch in einem anderen Land
Interesse der betroffenen Tierhalter — zu ver- beobachtet worden, daß nach Einnahme von Ovu-
bessern. Termin für das Inkrafttreten dieses Ge- lationshemmern bei Frauen Nebenerscheinungen
setzes war der 1. April dieses Jahres. auftreten, die Veranlassung geben, diese Speziali-
Durch § 9 Abs. 7 des Gesetzes wird der Bundes- täten aus dem Verkehr zu ziehen.
minister ermächtigt, mit Zustimmung des Bundes- Da Ovulationshemmer verschreibungspflichtig sind,
rates Vorschriften zu erlassen u. a. über Mindest- ist gewährleistet, daß sie nur auf ärztliche Anord-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4511

nung und unter ärztlicher Überwachung angewendet Die Konferenz der für das Gesundheitswesen zu-
werden. Zur Beunruhigung besteht bei dieser Sach- ständigen Minister und Senatoren der Länder hat
lage kein Anlaß. vorgeschlagen, je ein Hämophiliezentrum in Nord-
und Süddeutschland zu schaffen.
Die Frage nach Nebenwirkungen bei Ovulations-
hemmern ist bereits mehrmals und von verschie-
denen Seiten gestellt worden. Aus diesem Grunde
hat der Bundesminister für Jugend, Familie und Ge-
sundheit, unabhängig von den aktuellen Vorgän-
gen, schon vor einigen Monaten mit dem Beirat Anlage 39
„Arzneimittelsicherheit" folgendes verabredet: Schriftliche Antwort
1. Am 4. und 5. Dezember 1970 wird im Klinikum
Steglitz (Berlin) ein Symposium über Nebenwir- des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal
kungen bei empfängnisverhütenden Mitteln vom 10. November 1970 auf die Schriftliche Frage
stattfinden, an dem deutsche und ausländische des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache VI/1386
Fachwissenschaftler ihre Erfahrungen austau- FrageB27):
schen. Wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitige Situation auf
dem Wohnungsmarkt für Studenten und Studentenehepaare, und
2. Eine prospektive Langzeitstudie über die Neben- wie viele Wohnungsmöglichkeiten für Studenten und Studenten-
ehepaare bei Privaten oder in Wohnheimen will sie in den
wirkungen empfängnisverhütender Mittel wird nächsten Jahren schaffen?
vorbereitet. Diese Studie soll 5 Jahre lang durch-
geführt werden und 25 000 Frauen erfassen, die Die Unterkunftssituation der Studierenden — ein-
Ovulationshemmer nehmen und weitere 25 000 schließlich der Studentenehepaare — hat sich trotz
Frauen als Kontrollpatienten beobachten, die der Förderung des Studentenwohnheimbaus durch
keine empfängnisverhütenden Mittel einneh- Bund und Länder in den letzten Jahren insgesamt
men. Dabei sollen Fachärzte und praktische nicht wesentlich verbessert. Dies ist vor allem auf
Ärzte die jeweils halbjährlichen Einzelunter- das Ansteigen der Zahl der Studenten und auf das
suchungen machen. Dieses Projekt wird insge- beschränkte Angebot des freien Wohnungsmarktes
samt 10 Millionen DM kosten. zurückzuführen.

In meiner Beantwortung der Kleinen Anfrage


vom 15. Oktober 1970 der Kollegen Dr. Probst, Dr.
Riedl, Geisenhofer, Roser, Dr. Schneider, Dr. Kreile,
Niegel und Genossen habe ich bereits darauf hin-
Anlage 38 gewiesen, daß von den 475 600 an wissenschaftlichen
Hochschulen und Fachhochschulen Studierenden
Schriftliche Antwort (Stand: 1969) zur Zeit 12 % Aufnahme in Wohn-
heimen finden. Diese Quote kann nicht als aus-
des Bundesministers Frau Strobel vom 11. Novem- reichend angesehen werden. Die Bundesregierung
ber 1970 auf die Schriftliche Frage des Abgeord- ist daher bereit, die im Düsseldorfer Wohnheimplan
neten Dr. Jungmann (CDU/CSU) (Drucksache VI/1386 aufgestellte Forderung, für etwa 30 v. H. Studie-
Frage B 26) : rende Plätze in Wohnheimen zu schaffen, als gene-
Wie weit sind die Bestrebungen gediehen, besondere Internate relle Richtschnur für einen verstärkten Studenten-
mit Rehabilitationseinrichtungen für Hämophilie-Kranke in der
Bundesrepublik Deutschland zu schaffen? wohnraumbau zu nehmen. Wenn für 30 % der Stu-
dierenden Wohnraum geschaffen werden soll, so ist
Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Roll- bei einer Entwicklung der Studentenzahl von 680 000
mann und Genossen vom 4. Dezember 1969 (Druck- im Jahre 1975 auf rund 1 Million Studierende An-
sache VI/47) habe ich geantwortet, daß die Bundes- fang der 80er Jahre bis zum Jahre 1980 Wohnraum
regierung bereit sei, die Errichtung eines zentralen für insgesamt 300 000 Studierende bereitzustellen.
überregionalen Hämophilie-Internats als Modellein-
richtung zu fördern. Im Raum Ulm ist man um eine Die Bundesregierung erwägt, ob der Studenten-
solche Einrichtung bemüht, es hat sich aber noch wohnheimbau auf eine neue Grundlage gestellt und
kein Träger gefunden. Eine Förderung aus Haus- in die Gemeinschaftsaufgabe nach dem Hochschul-
haltsmitteln ides Bundes ist deshalb noch nicht mög- bauförderungsgesetz einbezogen werden soll. Der
lich. Die Initiatoren des Ulmer Projekts haben eine Planungsausschuß für den Hochschulbau hat eine
finanzielle Unterstützung des Baues auch durch die Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Voraussetzungen
Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern so- prüfen soll, unter denen die Einbeziehung der Rah-
wie durch das Deutsche Hilfswerk vorgesehen. Ver- menplanung und Finanzierung des Studentenwohn-
bindliche Zusagen, auf denen eine subsidäre För- heimbaues in die Gemeinschaftsaufgabe Hochschul-
derung durch die Bundesregierung aufbauen könnte, bau erfolgen kann.
liegen noch nicht vor.
Der Bundesregierung ist bekannt, daß vereinzelt
Weitere Ansätze zur Planung von Internaten oder versucht wurde, Wohnraum für Studierende auch
Rehabilitationszentren für Hämophile sind aus den durch Förderung privater Hauseigentümer zu
Räumen Bonn und München bekanntgeworden. schaffen. Es hat sich jedoch gezeigt, daß auf diesem
Auch diese Vorhaben sind noch nicht bewilligungs- Wege eine ins Gewicht fallende Verbesserung der
reif, da noch keine konkreten Planungen vorliegen. Unterbringungsquote nicht erreicht werden kann.
4512 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970

Anlage 40 In der zur Auflösung anstehenden Bundesbahn-


direktion Mainz sind die verschiedenartigsten Wirt-
Schriftliche Antwort
schaftsgebiete zusammengefaßt, deren Grenzen we-
des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom der mit dem Bundesbahn-Direktionsbereich noch mit
11. November 1970 auf die Schriftlichen Fragen des den Grenzen des Landes Rheinland-Pfalz zusammen-
Abgeordneten Hussing (CDU/CSU) (Drucksache fallen. Bei der Neuorganisation der Mittelinstanz
VI/ 1386 Fragen B 28 und 29) : der Deutschen Bundesbahn werden zusammengehö-
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Stadt Hanau ihren rige Wirtschaftsgebiete möglichst geschlossen in
innerstädtischen Verkehr erst dann wirksam gestalten kann,
wenn die B 45 mindestens bis zur Main-Überführung ausgebaut
dem Bereich einer Direktion zusammengefaßt. Im
ist und der Zubringer zum Rhein-Main-Schnellweg fertiggestelit Falle der Zuordnung der Pfalz war zu berücksichti-
ist?
gen, daß der Raum Ludwigshafen und Mannheim
Wann kann der Ausbau der B 45 in Angriff genommen wer-
den und voraussichtlich bis zur Main-Überführung fertiggestellt sowohl wirtschaftlich als auch eisenbahnseitig als
sein, und wann kann der Zubringer von Hanau zum Rhein-
Main-Schnellweg dem Verkehr übergeben werden?
untrennbare Einheit betrachtet werden muß. Er ten-
diert mit seinen Einzugsbereich, der Vorderpfalz,
Auf Vorschlag der Stadt Hanau und des Landes eindeutig nach dem Rhein-Neckar-Gebiet. Es ist
ist beabsichtigt, zuerst die Ostumgehung Hanau im deshalb vorgesehen, in der 1. Stufe des Vollzugs-
Zuge der B 43 zu bauen, da hierdurch eine größere plans, den Ostteil der Pfalz, begrenzt im Norden
Entlastung der Innenstadt zu erreichen ist und ein- von der Linie Frankenthal bis südlich Börrstadt, im
zelne Baustufen schneller und wirkungsvoller zum Westen durch die Hardt und im Süden durch die
Tragen kommen als bei einer Westumgehung im Grenze mit Frankreich, der Bundesbahndirektion
Zuge der B 45. Karlsruhe anzugliedern. In der 2. Stufe wird der
Restteil der Pfalz, der bisher zum Bereich der Bun-
Dieser Vorschlag gründet sich auf die Verkehrs-
desbahndirektion Mainz gehört, der Bundesbahn-
untersuchung der Stadt Hanau, die ergeben hat, daß
direktion Saarbrücken zugeschlagen. Nach Durch-
der neue Straßenzug der Ostumgehung infolge sei-
führung der Neuorganisation der Deutschen Bundes-
ner günstigen Lage den gesamten Schwerverkehr
bahn wird die Pfalz somit, abgesehen von dem Teil,
zum Hafen und zum Industriegebiet sowie in Rich-
der eisenbahnseitig der Bundesbahndirektion Karls-
tung Kinzigtal in viel stärkerem Maße auf sich
ruhe zugeteilt worden ist, zum Zuständigkeitsbe-
ziehen wird als die Westumgehung und damit auch
reich der Bundesbahndirektion Saarbrücken ge-
eine wesentlich größere Entlastung der Steinheimer
hören.
Mainbrücke (B 43/45) bringen wird. Aus Gründen
der Finanzierung können nicht beide Bauvorhaben
gleichzeitig durchgeführt werden, so daß der wir- Zur Frage 31:
kungsvolleren Maßnahme der Vorzug zu geben
war. Die B 45 — Westumgehung Hanau — wurde Die Frage einer Elektrifizierung der Bahnlinie
daher im Bedarfsplan zum Ausbauplan für die Bun- (Ludwigshafen — Schifferstadt — Speyer — Germers-
desfernstraßen (1971 bis 1985) in II. Dringlichkeit heim — Wörth — (Straßburg/)Karlsruhe ist von
eingestuft. Termine über Beginn und Fertigstellung, der Deutschen Bundesbahn verschiedentlich geprüft
auch von Teilstrecken, können daher noch nicht worden. Angesichts der beachtlichen Kapazitäts-
genannt werden. reserven, die derzeit auf dem Abschnitt bestehen,
wird es ihrer Ansicht nach nicht notwendig sein,
- Der Zubringer zur Bundesautobahn Frankfurt/M. den auf dieser Strecke bestehenden leistungsfähi-
Fulda (früher Rhein-Main-Schnellweg) wird im Zu- gen Dieselbetrieb aus Kapazitätsgründen durch die
sammenhang mit dem Bau der Autobahn ausgeführt elektrische Traktion zu ersetzen.
werden. Nach den gegenwärtigen Vorstellungen
könnte der Zubringer, soweit der Bund hierfür Bau- Auch im Hinblick auf den grenzüberschreitenden
lastträger ist, etwa in der zweiten Hälfte der siebzi- Verkehr mit Frankreich und Schaffung einer durch-
ger Jahre fertiggestellt werden. Da aber wesentliche gehenden linksrheinischen Magistrale wäre eine
Teile des Zubringers städtische Maßnahmen sind, Elektrifizierung dieser Strecke nur dann in Erwä-
liegt es letzten Endes bei der Stadt, wann der Zu- gung zu ziehen, wenn die Anschlußstrecken der
bringer seinen vollen Verkehrswert erhalten wird. SNCF ebenfalls überspannt würden. Über derartige
Planungen ist jedoch bei der Deutschen Bundesbahn
nichts bekannt.

Unter ganz bestimmten Voraussetzungen plant


Anlage 41 die Deutsche Bundesbahn, in weiter Zukunft eine
Elektrifizierung der genannten Strecke in Erwägung
Schriftliche Antwort
zu ziehen. Unter diese Voraussetzungen fallen: die
des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom Aufnahme des elektrischen Zugbetriebs auf den
11. November 1970 auf die Schriftlichen Fragen des derzeit in Umstellung befindlichen Strecken, eine
Abgeordneten Leicht (CDU/CSU) (Drucksache
weitere Zunahme der Streckenbelastung im Ab-
VI/ 1386 Fragen B 30 und 31) :
schnitt Ludwigshafen — Mannheim infolge steigen-
Zu welchem Kompetenzbereich wird nach der beschlossenen
stufenweisen Auflösung der Bundesbahndirektion Mainz in Zu- den Verkehrsaufkommens und eine angemessene fi-
kunft die Pfalz gehören?
nanzielle Beteiligung des Landes Rheinland-Pfalz
Bis wann wird die Deutsche Bundesbahn den Notwendigkeiten,
wie sie auch im Raumordnungsplan der Region Südpfalz heraus- an den erheblichen Mehrinvestitionen des elektri-
gestellt wurden, gerecht und die Bahnstrecke Schifferstadt-
Wörth—Karlsruhe elektrifizieren? schen Zugbetriebs gegenüber der Dieseltraktion.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1970 4513

Anlage 42 weist, im Bereich des Chiemsees in der benötigten


Größe nicht vorhanden ist.
Schriftliche Antwort
Die Bemühungen der Bundesregierung, die Frei-
des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom gabe oder Mitbenutzung des Rasthauses zu errei-
11. November 1970 auf die Schriftliche Frage des chen, sind bisher ohne Erfolg geblieben, weil nach
Abgeordneten Brandt (Grolsheim) (SPD) (Druck- der Stellungnahme des Hauptquatiers der amerika-
sache VI/1386 Frage B 32) : nischen Streitkräfte vom 30. September 1970 ein
Wann ist mit dem Baubeginn bei der B 40 zwischen Mainz fortdauernder Bedarf am Rasthaus — abgesehen von
und Alzey, insbesondere der Ortsumgehung Klein-Winternheim
und Nieder-Olm, zu rechnen? den Wintermonaten — als Teil des amerikanischen
„Recreation-Center" besteht.
Der zweibahnige Neubau der B 40 zwischen
Mainz und Alzey wird in mehreren Bauabschnitten
durchgeführt. Davon werden die beiden ersten Ab-
schnitte Mainz—Marienborn und die Ortsumgehung
Klein-Winternheim—Nieder-Olm vordringlich ge- Anlage 44
baut. Es ist vorgesehen, mit den Bauarbeiten auf der Schriftliche Antwort
Strecke Mainz—Marienborn 1971 zu beginnen. Für
des Parlamentarischer Staatssekretärs Herold vom
die Umgebung Klein-Winterheim—Nieder-Olm wird
9. November 1970 auf die Schriftlichen Fragen des
das Planfeststellungsverfahren noch in diesem Jahr
Abgeordneten Dr. Beermann (SPD) (Drucksache
eingeleitet. Mit den Arbeiten wird begonnen, sobald
V1/1386 Fragen B 34 und 35) :
der Plan rechtskräftig ist. Die Planungen für die
Ist dem Minister für innerdeutsche Beziehungen bekannt, daß
Strecke Nieder-Olm—Mauchenheim (südlich Alzey) das im Zonengrenzkreis Stormarn gelegene Sachsenwaldtheater
sind angelaufen. in Reinbek — eine kulturelle Einrichtung von hohem Rang und
großer Bedeutung für den gesamten Kreis — völlig niederge-
brannt ist?
Ist die Bundesregierung im Hinblick darauf, daß in § 7 ihres
Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Zonenrandgebietes
festgelegt ist, daß der Bund im Zonenrandgebiet kulturelle Ein-
richtungen durch Zuwendungen zur Spitzenfinanzierung beson-
ders fördert, bereit, den Aufbau des Sachsenwaldtheaters finan-
Anlage 43 ziell zu unterstützen, falls ein diesbezüglicher Antrag der Stadt
Reinbek vorliegt und dieser vom Land Schleswig-Holstein be-
Schriftliche Antwort fürwortet wird?

des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom Dem Bundesministerium für innerdeutsche Be-
11. November 1970 auf die Schriftliche Frage des ziehungen ist die Tatsache der Vernichtung des
Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache ,,Sachsenwald-Theaters" in Reinbek durch Brand
VI/1386 Frage B 33) : aus der Presse bekannt. Amtlich ist es mit dem Vor-
Ist die Bundesregierung bereit, für das von den US-Streit- gang bisher nicht befaßt worden.
kräften belegte Autobahnrasthaus am Chiemsee eine ähnliche
Einrichtung für die deutsche Bevölkerung zu schaffen oder Das Zonenrandförderungsgesetz befindet sich z. Z.
durch Verhandlungen mit den US-Streitkräften die Freigabe des
Rasthauses anzustreben? im Stadium der Beratung durch die parlamenta-
rischen Gremien. Es kann daher noch nicht als
Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, für Grundlage für die Förderung des Wiederaufbaues
das von den US-Streitkräften in Anspruch genom- des Sachsenwald-Theaters herangezogen werden.
mene Rasthaus am Chiemsee im Zuge der Bundes- Dagegen ist im Rahmen der zur Förderung kultu-
autobahn Salzburg—München eine ähnliche Einrich- reller Maßnahmen gesamtdeutschen Charakters im
tung für die deutsche Bevölkerung zu schaffen, weil Zonenrandgebiet bei Kapitel 2702/685 03 des Bundes-
die dafür notwendigen Kosten für den Hoch- und haushaltes ausgewiesenen Mittel grundsätzlich auch
Tiefbau in Höhe von rd. 12-15 Mio DM wirtschaft- eine Förderung des Wiederaufbaus des Sachsen-
lich nicht zu vertreten sind. Die Versorgung der wald-Theaters in Reinbek möglich. Sofern die Vor-
Autobahnbenutzer an dieser Strecke wird durch die aussetzungen nach den für die Vergabe der Bundes-
vorhandenen und in Vorbereitung befindlichen Ne- mittel bestehenden Richtlinien erfüllt sind, wäre das
benbetriebe sichergestellt. Es kommt hinzu, daß ein Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen
verkehrs- und erholungsmäßig gleich günstiger im Rahmen der verfügbaren Mittel bereit, zu seinem
Standort, wie ihn die bestehende Rastanlage auf- Teil am Wiederaufbau des Theaters beizutragen.

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