Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
51. Sitzung
Inhalt:
Entwurf eines Gesetzes für eine einmalige der Artikel 85 bis 94 EWGV auf die See-
statistische Steuererklärung auf der schiffahrt und Luftfahrt (Drucksachen
Grundlage einer Mehrwertsteuer mit Vor- IV/665, IV/756) 2284 C
umsatzabzug (SPD) (Drucksache IV/691
[neu]) — Erste Beratung — Schriftlicher Bericht des Ernährungsaus-
Dr. Mommer (SPD) 2283 D schusses über den Antrag der Abg. Ge-
wandt, Müller-Hermann, Blumenfeld, Roll-
Antrag betr. Umsatzsteuerbefreiung für mann, Dr. Conring, Kuntscher, Dr. Pflaum-
freie Berufe und Handelsvertreter (FDP) baum, Dr. Siemer, Glüsing (Dithmarschen),
(Drucksache IV/168) . . . . . . . . 2283 D Rasner, Dr. Stoltenberg, Struve und Frak-
tion der CDU/CSU, Dr. Löbe, Dr. Mende
und Fraktion der FDP betr. Bericht über
Antrag betr. Umsatzbesteuerung von Lei- die Lage der deutschen Hochseefischerei
stungen (CDU/CSU, FDP) (Drucksache (Drucksachen IV/133 [neu], IV/714) . . . 2284 D
IV/736) 2284 A
Mündlicher Bericht des Ausschusses für
Antrag betr. Ausfuhrvergütung für Wasser- wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
fahrzeuge (CDU/CSU, FDP) (Drucksache den Antrag des Bundesministers der
IV/737) 2284 A Finanzen betr. Veräußerung einer Teil-
fläche der ehem. Hutier-Kaserne in Darm-
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Siche- stadt (Drucksachen IV/620, IV/787) . . . 2284 D
rung des Straßenverkehrs (Drucksache
IV/651) — Erste Beratung — . . . . . 2284 A Mündlicher Bericht des Ausschusses für
wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des den Antrag des Bundesministers der
Zweiten Änderungsgesetzes zum AVAVG Finanzen betr. Veräußerung einer Teil-
(Abg. Wilhelm, Gottesleben, Dr. Schnei- fläche des ehem. Flugplatzes Loddenheide
der [Saarbrücken], Kulawig, Draeger, (Drucksachen IV/621, IV/788) 2285 A
Ruland, Hussong, Klein [Saarbrücken],
Baldauf u. Gen.) (Drucksache IV/744) — Mündlicher Bericht des Ausschusses für
Erste Beratung — . . . . . . . . . 2284 B wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
den Antrag des Bundesministers der
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Finanzen betr. Veräußerung einer Teil-
Ergänzung des Gesetzes über die Pfand- fläche der ehem. Fahrtruppenschule in
briefe und verwandten Schuldverschrei- Hannover (Drucksachen IV/622, IV/789) . 2285 B
bungen öffentlich-rechtlicher Kredit-
anstalten (Drucksache IV/749) — Erste Mündlicher Bericht des Ausschusses für
Beratung — . . . . . . . . . . 2284 B wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
den Antrag des Bundesministers der
Übersicht
üStreitsachen vor dem Bundes- Finanzen betr. Veräußerung einer Teil-
verfassungsgericht (Drucksache IV/754) 2284 C fläche der ehem. Schack-Kaserne in Han-
nover (Drucksachen IV/626, IV/790) . 2285 C
Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschus-
Antrag betr. erweitertes juristisches Ak-
ses über den Vorschlag der Kommission
tionsprogramm des Europarates (Abg.
der EWG für einen Verordnungsentwurf
Dr. Süsterhenn, Bauer [Würzburg] u. Gen.)
über die Aussetzung der Anwendung von
(Drucksache IV/753) 2285 C
Artikel 85 EWGV betr. Beförderungen im
Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffs-
verkehr, eine Stellungnahme der Kom- Nächste Sitzung 2285 D
mission in Form eines Verordnungsent-
wurfs zur Aussetzung der Anwendung Anlagen 2287
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2239
51. Sitzung
Ich rufe auf als Punkt 1 der Tagesordnung die Vizepräsident Dr. Dehler: Keine Zusatzfrage.
Ich rufe auf die Frage VI/2 — der Frau Abgeordne-
Fragestunde (Drucksachen IV/786, IV/794, ten Dr. Hubert —:
IV/814). Wann tritt der Bundesgesundheitsrat wieder zusammen?
Als erste Frage rufe ich die Frage ides Herrn Ab- Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für
geordneten Bazille auf Drucksache IV/814 auf:
Gesundheitswesen: Mit der vorhergehenden Ant-
Was wird die Bundesregierung im Rahmen ihrer verfassungs-
mäßigen Möglichkeiten tun, um zu gewährleisten, daß das vom wort ist die Frage von Frau Dr. Hubert bereits be-
Bundestag beschlossene Gesetz über die Gewährung einer ein- antwortet.
maligen Überbrückungszulage an Kriegsopfer für das Jahr 1962
noch in diesem Jahr verkündet werden kann?
Herr Minister für Arbeit und Sozialordnung! Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke der Frau
Ministerin.
Wir kommen dann zu den Fragen aus dem Ge-
Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozial- schäftsbereich des Bundesministers der Finanzen,
ordnung: Herr Präsident! Meine Damen und Her- zunächst zur Frage XI/1 — des Herrn Abgeordneten
ren! Ich möchte die gestellte Frage wie folgt beant- Dürr —:
worten: Die Bundesregierung wird alle technischen
Wieviel Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze sind durch
Vorbereitungen treffen, damit der Herr Bundesprä- den Einsatz der Zollboote auf dem Bodensee in den letzten zwei
sident nach der zu erwartenden Zustimmung des Jahren aufgedeckt worden?
den.
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe-
Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer weiteren rium: Die Bundesregierung hält es im gegenwär-
Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ritzel. tigen Zeitpunkt nicht für zweckmäßig, in der 'ange-
gebenen Weise an die bayerische Staatsregierung
heranzutreten, weil ihr bekannt ist, daß der baye-
Ritzel (SPD) : Auf die Gefahr hin, daß mir das rische Ministerpräsident über die verfassungsrecht-
als zweite Zusatzfrage angerechnet wird, Herr Prä- lichen Bedenken, die gegen das Gesetz erhoben wer-
sident, möchte ich mir doch gestatten zu fragen: Ist
den könnten, unterrichtet ist und sie vor der Ver-
das eine Auffassung des Schatzministeriums oder kündung des Gesetzes prüfen wird. Er hat hierzu
des Ministeriums, das Sie hier vertreten, nämlich ein Gutachten angefordert.
des Bundesfinanzministeriums?
Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zusatz-
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe- frage Herr Abgeordneter Schmidt (Kempten).
rium: Ich habe heute das Bundesfinanzministerium
mit zu vertreten, kann aber auf Ihre Frage natürlich
nur das sagen, was mir bekannt ist. Schmidt (Kempten) (FDP) : Herr Staatssekretär,
ist diese Unterrichtung des bayerischen Minister-
präsidenten durch die Bundesregierung bereits er-
Ritzel (SPD) : Darf ich um eine weitere Zusatz- folgt?
frage bitten?
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich will Ihnen eine rium: Nein.
zweite Frage zugestehen, Herr Kollege Ritzel.
Schmidt (Kempten) (FDP) : Dann darf ich fragen,
Ritzel (SPD) : Bis wann, Herr Staatssekretär, wird
ob die Bundesregierung nicht doch eine Notwendig-
die Regierung bereit und in der Lage sein, dem
Hohen Hause in bezug auf die Einkommensmillio- keit sieht, derartige Überschneidungen oder Pannen
näre endlich einmal positive Zahlen nach letzten in Zukunft zu vermeiden, indem sie gewisse Hin-
weise gibt.
Quellen mitzuteilen?
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe-
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe- rium: Die Bundesregierung ist bereit, nach Verkün-
rium: Die Mitteilung ist erst möglich, wenn die dung des Gesetzes zu prüfen, ob es mit dem Grund-
Steuerstatistiken vorliegen. Die Steuerstatistiken gesetz und mit dem geltenden Bundesrecht vereinbar
sind Sekundärstatistiken; es müssen also erst die ist und welche Schritte insofern unternommen wer-
Steuerunterlagen vorliegen, und die Veranlagungs- den sollten. Das Gesetz ist erst vor kurzem verab-
arbeiten bei den Finanzverwaltungen müssen abge- schiedet worden. Es ist noch nicht einmal verkündet
schlossen sein. und uns noch nicht offiziell zugestellt.
(Abg. Ritzel: Bis wann?)
Eine neue Einkommensteuerstatistik wird für 1961 Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer weiteren
durchgeführt. Die Ergebnisse werden etwa im Frage Herr Abgeordneter Schmidt (Kempten) !
Herbst 1963 vorliegen. Eine neue Vermögensteuer-
statistik ist für den Stichtag 1. Januar 1963 vorge- Schmidt (Kempten) (FDP) : Hält es die Bundes-
sehen. Die Ergebnisse werden Ende 1964 bekannt regierung nicht für zweckmäßiger, solche Möglich-
sein. keiten vor der Verkündung und dem Inkrafttreten
zu eruieren?
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe die Frage
XI/ 4 — des Herrn Abgeordneten Schmidt (Kempten) Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe-
— auf: rium: Ich möchte diese Frage verneinen.
2242 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe die eben- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage?
falls von dem Abgeordneten Schmidt (Kempten) ge- — Bitte!
stellte Frage XI/6 auf:
Ist der Bundesregierung das Gutachten bekannt, welches in der
Frage der Biersteuer Staatssekretär a. D. Dr. Friedrich Meinzold
Dr. Ramminger (CDU/CSU) : Herr Staatssekre-
im März 1962 dem bayerischen Senat erstattet hat und in dem tär, gehört zu dieser Planung der Verkehrserschlie-
auf die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das bayerische
Gesetz über den Verkehr mit Bier deutlich aufmerksam gemacht ßung des Grenzlandes auch der Ausbau der Bundes-
wird? straße 12 von Passau nach Freyung mit der Begra-
B itte, Herr Staatssekretär! digung oder Beseitigung von 204 scharfen Kurven
auf einer Strecke von 40 km?
Vizepräsident Dr. Dehler: Keine Zusatzfrage. Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe die Frage
Dann sind ,die Fragen aus .dem Gebiet des Bundes- XIII/2 — ebenfalls Abgeordneter Dr. Ramminger in
finanzministeriums erledigt. Ich danke Ihnen, Herr Vertretung des Abgeordneten Drachsler — auf:
Staatssekretär.
Besteht eine Gefahr, daß durch die Kürzung der Straßenbau-
mittel der Ausbau der Autobahn Nürnberg-Amberg und der Auto-
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbe- bahn Nürnberg-Regensburg nicht wie geplant in Angriff genom-
reich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe die men und bis zum Jahre 1966 wie vorgesehen fertiggestellt wird?
gen für alle erforderlichen Maßnahmen liegen vor. Hatten sich die schweren Autounfälle auf der Autobahn Karls
ruhe-Bruchsal verhindern lassen, wenn auf dem Grünstreifen dei
Die Ausführung ist technisch gesichert. Noch zu Autobahn Leitplanken angebracht gewesen wären?
lösen bleibt die Frage rechtzeitiger und ausreichen-
der Mittelbereitstellung. Bitte, Herr Staatsekretär!
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2243
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- handlungen die Länder im Jahre 1960 begonnen.
sterium für Verkehr: Auf der Autobahnstrecke Zunächst werden die Autobahnabschnitte mit beson-
Karlsruhe–Bruchsal sind uns zwei schwere Ver- ders großer Verkehrsdichte ausgerüstet. Bis Ende
kehrsunfälle bekanntgeworden, die durch Überque- 1962 — also in diesem Jahre — werden 1600 km
ren des Mittelstreifens hervorgerufen wurden. Der Autobahnen, das ist mehr als die Hälfte des in Be-
eine ist der bedauerliche Unfall, bei dem durch trieb befindlichen Autobahnnetzes, mit Leitplanken
Wenden eines Kraftfahrzeugs über eine Mittelstrei- im Mittelstreifen ausgestattet sein. Im Jahre 1963
fenüberfahrt ein anderes Fahrzeug über den Mittel- sollen weitere 600 bis 700 km aufgestellt werden, so
streifen geriet und fünf Menschen den Tod fanden. daß Ende des Jahres 1964 das gesamte Netz auf
Der zweite Unfall wurde dadurch verursacht, daß diese Weise gesichert sein wird. Durchschnittlich
sich von einem Lastkraftwagen ein Reifen löste und sind bisher im Jahr etwa 20 Millionen DM für das
ein Kraftfahrzeug beim Ausweichmanöver den Mit- Anbringen von Leitplanken im Mittelstreifen ausge-
telstreifen überfuhr. geben worden. Die Leitplanken werden teils in
Stahl, teils in Beton ausgeführt. Beide Bauarten
Wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben,
bewirken die Leitplanken im Mittelstreifen in der sind bewährt. Eingehende, bereits 1961 eingeleitete
Regel, daß Personenkraftwagen, die von der Fahr- Untersuchungen über die Vor- und Nachteile der
bahn abkommen, nicht auf die Gegenfahrbahn gera- Bauweisen unter den Beanspruchungen bei ver-
ten. Nur in wenigen Ausnahmefällen haben die schiedenen Kraftfahrzeugtypen und bei typischen
Leitplanken solche Unfälle nicht verhindern kön- Unfallarten sind noch nicht abgeschlossen.
nen. In 'den beiden genannten Fällen dürfte das
Vorhandensein von Leitplanken die Schwere der Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage!
Unfälle zumindest gemildert haben.
Baier (Mosbach) (CDU/CSU) : Herr Staatssekre-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage. tär, angesichts der Bedeutung dieser Leitplanken
zur Verhinderung schwerer Unfälle wäre es doch
Baier (Mosbach) (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, zweckmäßig, viel schneller sämtliche Autobahnen
ist es richtig, daß die Aufstellung von Leitplanken, mit Leitplanken zu versehen. Aus welchen Gründen
die von Ihrem Ministerium und von diesem Hause ist das Bundesverkehrsministerium nicht in der Lage,
gewünscht wurde, in den vergangenen Jahren ver- das schneller zu tun?
zögert worden ist, weil da und dort ein Streit über
„Beton- oder Stahlplanken?" entbrannt ist?
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Ich glaube, es ist schon eine
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- große Leistung, daß das gesamte Autobahnnetz in
sterium für Verkehr: Ich kann diese Frage mit wenigen Jahren mit Leitplanken versehen wird. Im
einem glatten Nein beantworten, Herr Abgeordne- übrigen legen die Straßenbauverwaltungen der Län-
ter. Das ist nicht der Fall. der, deren primäre Aufgabe die Aufstellung der
Leitplanken ist, Wert darauf, diese Aufstellung auf
Vizepräsident Dr. Dehler: Wir kommen zur den Strecken, auf denen auch Deckenerneuerungen
Frage XIII/4 — des Abgeordneten Baier (Mos- oder Reparaturen notwendig sind, in Zusammen-
bach) —: hang mit den Deckenarbeiten durchzuführen, weil
in der Regel bei Deckenarbeiten die Leitplanken stö-
Beabsichtigt das Bundesverkehrsministerium, auf allen Auto-
bahnstrecken Leitplanken auf den Grünstreifen anbringen zu ren, wieder abgebaut und neu errichtet werden
lassen? müssen.
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- Sie dürfen aber überzeugt sein, Herr Abgeordne-
sterium für Verkehr: Herr Präsident, ich bitte, die ter, daß wir selbst das größte Interesse daran haben,
Fragen 4 und 5 gemeinsam beantworten zu dürfen, daß diese Arbeiten so schnell wie möglich beendet
weil sie zusammengehören. werden.
Dr. Bieringer (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, Dr. Krone, Bundesminister für besondere Auf-
trifft es zu, daß sich der Bau der Leitplanken in ver- gaben: Es ist ja keine amtliche Arbeit, sondern eine
schiedenen Gebieten um fast zwei Jahre verzögert private Arbeit gewesen, die an das Verteidigungs-
hat, weil einige Länder wegen des Leitplankenbaus ministerium geleitet worden ist.
überhaupt Schwierigkeiten gemacht haben, und,
wenn ja, welche Länder waren das? Wittrock (SPD) : An das Verteidigungsministe-
rium? — Darf ich eine weitere Frage stellen?
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Davon, daß einige Länder Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage,
Schwierigkeiten gemacht haben, ist mir nichts be- bitte!
kannt. Die Länder haben natürlich sowohl hinsicht-
lich der technischen Durchführung wie hinsichtlich Wittrock (SPD) : Herr Minister, wer sind die
der Auswahl der Strecken Überlegungen angestellt, „namhaften Juristen", die das als Gutachten bezeich-
und ich kann mir schon denken, daß in der Disposi- nete Schriftstück, welches ja keinerlei Unterschrift
tion Veränderungen eingetreten sind, wenn sich trägt, hergestellt haben?
z. B. auf einer Strecke eine besondere Unfallgefahr
herausgestellt hat und die Mittel dann für diese
Dr. Krone, Bundesminister für besondere Auf-
Strecke verwandt worden sind.
gaben: Einer von ihnen ist bekannt; der ist auch
genannt worden: Herr Kollege Güde. Ich bin leider
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage, nicht in der Lage, die anderen zu nennen.
Herr Dr. Bieringer!
(Abg. Wittrock: Weil Sie sie nicht wissen?)
Dr. Bieringer (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, — Ich bin nicht in der Lage, sie zu nennen.
können Sie sagen, wann etwa die Leitplanken auf (Abg. Dr. Mommer: Nicht gewillt!)
der besonders stark befahrenen Strecke Bruchsal—
Karlsruhe durchgehend gebaut sein werden? Ich
frage das, weil vorhin von dem Unfall auf dieser Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Strecke die Rede war. Mommer, eine Zusatzfrage!
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- Dr. Mommer (SPD) : Herr Minister Krone, darf
sterium für Verkehr: Ich kann das nicht sagen. Aber ich fragen, db es tauch zu dem Aufgabenbereich Ihres
ich werde bei der Landesstraßenverwaltung Rück- Sonderministeriums gehört, gelegentlich Rechtsgut-
frage halten und Ihnen die Antwort schriftlich achten in Kompetenzüberschneidung mit dem Justiz-
geben. ministerium erstellen zu lassen?
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe außerhalb Dr. Krone, Bundesminister für besondere Auf-
der Reihenfolge auf die Frage aus dem Geschäftsbe- gaben: Ich glaube, Ihre Annahme ist falsch. Ich habe
reich des Bundsministers für besondere Aufgaben, hier mit Zustimmung der Verfasser und des Ministe-
gestellt von Herrn Abgeordneten Wittrock: riums eine dem Ministerium zugeleitete Denkschrift
Wieso liegt es im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes- dem Hause mitgeteilt, und zwar auf Wunsch auch
ministers für besondere Aufgaben, eine anonyme, als Gutachten
bezeichnete Äußerung zu Rechtsfragen des internationalen Rechts- Ihrer Fraktion.
hilfeverkehrs zu veröffentlichen?
Herr Minister Dr. Krone, bitte! Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage,
Herr Abgeordneter Dr. Rinderspacher!
Dr. Krone, Bundesminister für besondere Auf-
gaben: Herr Wittrock, es handelt sich hier um die Dr. Rinderspacher (SPD) : Herr Minister, aus
Arbeit, die dem Verteidigungsministerium von drit- welchen Mitteln sind die Gutachter bezahlt worden?
ter Seite zugestellt worden ist, und nicht um eine Sind das ordentliche Mittel Ihres Haushalts, oder ist
Arbeit des Ministeriums selber. Ich habe diese Ar- dazu ein Sonderfonds in Anspruch genommen wor-
beit den Fraktionen dieses Hauses zugestellt, nach- den?
dem ich die Zustimmung des Ministeriums und auch
der Verfasser hatte. Diese Orientierung liegt durch- Dr. Krone, Bundesminister für besondere Auf-
aus im Rahmen meiner amtlichen Pflichten, d. h. gaben: Darüber muß ich Ihnen noch schriftlich Aus-
einer Pflege der Beziehungen zwischen Bundestag kunft geben.
und Bundesregierung.
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen,
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, Herr Minister!
Herr Abgeordneter Wittrock!
Ich rufe weiter auf aus dem Geschäftsbereich des
Wittrock (SPD) : Herr Minister, ist auch in diesem Bundesministers für Verkehr die Frage XIII/6 — des
Falle, wie es gelegentlich vorgekommen ist, das für Abgeordneten Fritsch —:
solche Rechtsangelegenheiten an sich zuständige Wann ist mit der Trassierung der Autobahnstrecke Regens-
burg-Passau zu rechnen?
Bundesministerium der Justiz übergangen worden,
oder ist es eingeschaltet gewesen? Bitte, Herr Staatssekretär!
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2245
Ritzel (SPD) : Herr Staatssekretär, sind Sie nicht tet, ob sie bereit sind, die im innerdeutschen Ver-
der Auffassung, daß dieses sogenannte Warschauer kehr sonst üblichen Zusatzverpflichtungen einzu-
Abkommen, das aus dem Jahre 1929 stammt, also gehen?
das glückliche Alter von 33 Jahren erreicht hat, im
Zeitalter des Düsenflugzeugs, auch nach der Seite Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
der Erhöhung der Schadensersatzleistung, dringend sterium für Verkehr: Aus den Unterlagen, die mir
einer baldigen Revision bedarf? zur Verfügung stehen, kann ich schließen, daß diese
Frage mit Ja zu beantworten ist.
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Ich teile Ihre Auffassung. Aus Vizepräsident Dr. Dehler: Wir kommen zur
diesem Grunde haben wir auch auf dem Gebiet des Frage XIII/8 — des Herrn Abgeordneten Drö-
nationalen Rechts bereits Schritte unternommen, scher — :
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu- Dröscher (SPD) : Herr Staatssekretär, ist Ihnen
satzfrage des Herrn Abgeordneten Börner! bekannt, daß diese angebliche Ausräumung der
Streitfragen nur für den Teil gilt, der angenommen
Börner (SPD) : Haben Sie im Rahmen dieser Ver- hat, während der andere Teil in keiner Weise mit
handlungen an die Berlin anfliegenden ausländi- den gestellten Bedingungen einverstanden ist und
schen Fluggesellschaften die konkrete Frage gerich- sich sehr schwer benachteiligt fühlt?
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2247
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer. sterium für Verkehr: Es besteht kein Grund, die
Übernahme von Angestellten des Flugsicherungs-
Dr. Schäfer (SPD) : Ist Ihre vorherige Antwort dienstes in das Beamtenverhältnis auszusetzen. Mit
damit vereinbar, als Sie davon sprachen, daß keine der DAG haben am 22. und 27. November, mit der
generelle Antwort gegeben werden könnte, inwie- ÖTV am 23. November Besprechungen stattgefun-
weit Fortbildungsmaßnahmen für Angestellte unter- den. Die Gewerkschaft ÖTV und das Bundesministe-
bleiben? rium für Verkehr haben im Anschluß an die Bespre-
chung eine gemeinsame Ergebnisniederschrift ver-
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- öffentlicht. In dieser Niederschrift hat die ÖTV ihre
sterium für Verkehr: Ich glaube, ja. Aufforderung an das Personal, Angebote auf Über-
nahme in das Beamtenverhältnis abzulehnen, zu-
rückgezogen. Mit der DAG ist eine gemeinsame Er-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
gebnisniederschrift leider nicht zustande gekommen.
des Herrn Abgeordneten Börner.
Die DAG hat aber dem Personal empfohlen, bei dem
Empfang von Angeboten die Vor- und Nachteile ab-
Börner (SPD) : Ist es richtig, Herr Staatssekretär, zuwägen und sich dann frei zu entscheiden.
daß die Spannungen zwischen dem Bundesverkehrs-
ministerium und den nachgeordneten Behörden auf
der einen Seite und dem Flugsicherungspersonal
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
des Herrn Abgeordneten Dröscher.
auf der anderen Seite zu einem Rücktritt der Ge-
samtpersonalvertretung dieser Bediensteten des
Bundes geführt haben, und sind Sie nicht der Mei- Dröscher (SPD) : Ist Ihnen bekannt, daß die DAG,
nung, daß durch die von Ihrem Haus geschaffene die ja, wie Sie selbst sagen, der Auffassung Ihres
Situation die Flugsicherung in der Bundesrepublik Hauses nicht beigetreten ist, in ihrem Schreiben
beeinträchtigt ist? an alle Flugsicherungsangestellten eindeutig darauf
hingewiesen hat, daß mit allen Mitteln weiter ver-
sucht werden muß, gegen die Benachteiligung der-
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Die Flugsicherung in der Bun-
jenigen anzugehen, die nicht willens sind, sich in
das Beamtenverhältnis übernehmen zu lassen?
desrepublik ist dadurch in keiner Weise beeinträch-
tigt, Herr Abgeordneter. Der Rücktritt dieses Gre-
miums ist mir in diesen Tagen bekannt geworden Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
durch einen mündlichen Bericht; aber ein schrift- sterium für Verkehr: Das Schreiben der DAG vom
licher Bericht vor allen mit den Gründen des Rück- 30. November ist mir bekannt. Es enthält für den,
tritts liegt mir noch nicht vor. der an den bisherigen Verhandlungen beteiligt war,
keine neuen Gesichtspunkte. Es wird aber beant-
wortet werden. Das Personal wird über die Antwort
Vizepräsident Dr. Dehler: Zweite Frage des unterrichtet. Wichtig scheint mir zu sein, daß auch
Herrn Abgeordneten Börner.
die DAG ihren Vorschlag nicht aufrechterhält, die
sogenannte Verbeamtung auszusetzen. Was Ihre zu-
Börner (SPD) : Darf ich in diesem Zusammenhang letzt gestellte Frage anlangt, so decken sich Ihre
an eine früher von mir gestellte Frage erinnern und Wünsche mit unserer eigenen Absicht, die Mißver-
Sie weiter fragen, wieviel Stellen innerhalb des ständnisse, die da oder dort noch bestehen, beizu-
deutschen Flugsicherungsdienstes noch offen sind? legen und auszuräumen.
2248 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage verkehr von der Benutzung der Bundesautobahnen
des Herrn Abgeordneten Dröscher. — Sie hatten auszuschließen. Dagegen wird in verstärktem Maße
bereits zwei Zusatzfragen? Abhilfe mit bautechnischen Mitteln geschaffen. Ins-
besondere werden an den Steigungsstrecken Kriech-
Dröscher (SPD) : Eine habe ich gehabt, Herr streifen angelegt, und die maximale Steigung auf
Präsident. Ich habe noch eine. — Herr Staatssekre- den Neubaustrecken der Bundesautobahnen wird
tär, wenn man weiß, daß in Frankfurt z. B. von sechs auf 4% beschränkt. Einen weiteren Fortschritt
Radarplätzen nur zwei besetzt sind, kann man dann bringt § 35 der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung,
sagen, daß die hohe Zahl der Fast-Zusammenstöße der eine Mindestmotorleistung von 6 PS je Tonne
in der Luft mit der unbefriedigenden Lage des Per- des zulässigen Kraftfahrzeuggesamtgewichts und
sonals zusammenhängt? der jeweiligen Anhängerlast vorschreibt; ebenso
§ 42 der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung, der
die Anhängerlast auf das zulässige Gesamtgewicht
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- des ziehenden Fahrzeugs beschränkt und damit das
sterium für Verkehr: Ich kann diese Frage nicht be-
Gesamtgewicht der Lastzüge verringert.
antworten, weil Sie von Tatbeständen ausgehen, die
nach meiner Überzeugung nicht zutreffen.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
Herr Abgeordneter Ritzel.
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Börner. Ritzel (SPD) : Herr Staatssekretär, wenn demnach
anzunehmen ist, daß der Bundesverkehrsminister
Börner (SPD) : Herr Staatssekretär, wie schätzt nicht die Absicht hat, weitere Vorschriften über die
Ihr Haus die personellen Konsequenzen des EURO- bestehenden hinaus zu erlassen, darf ich fragen,
CONTROL-Vertrages ein, und wie schätzen Sie die welche Maßnahmen der Bundesverkehrsminister zu
Situation im Hinblick auf die Notwendigkeit der ergreifen beabsichtigt, um den heute bestehenden
Ausbildung weiteren Flugsicherungspersonals für Bestimmungen bessere Beachtung zu verschaffen.
den nicht vom EUROCONTROL-Vertrag betroffenen
Flugsicherungsbereich ein? Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Durch regelmäßige Unterrich-
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- tung der Landesbehörden, die für die Durchführung
sterium für Verkehr: Die Frage ist geprüft worden, der Verkehrsbestimmungen auf der Straße zustän-
Herr Abgeordneter. Die personelle Versorgung von dig sind, und durch verstärkte Hinweise in der
EUROCONTROL macht keine personalpolitischen Öffentlichkeit, insbesondere in der Fachpresse.
Schwierigkeiten.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
Börner (SPD) : Darf ich noch eine weitere Frage satzfrage des Herrn Abgeordneten Ritzel.
stellen?
Ritzel (SPD) : Hat das Bundesverkehrsministe-
rium eine Übersicht darüber, in welchem Ausmaß
Vizepräsident Dr. Dehler: An sich haben wir,
die Landesbehörden ihre Kontrollpflicht in bezug
glaube ich, der Sache genug Ehre angetan. Wir
auf die Beachtung der bestehenden Bestimmungen
haben noch so viele Fragen auf der Tagesordnung.
erfüllen, um insbesondere etwa den Unterschied
Ich möchte die Erörterung dieser Frage beenden.
festzustellen, inwieweit auf der Bundesautobahn die
Ich rufe die Frage XIII/10 — des Herrn Abgeord- Dinge im Raum Nordrhein-Westfalen funktionieren,-
neten Ritzel — auf: im Raume Rheinland-Pfalz nicht funktionieren und
Beabsichtigt die Bundesregierung die Einführung von Vor- im Raume Hessen wiederum funktionieren?
schriften, wonach das sogenannte Langsamfahren auf den Bundes-
autobahnen künftig verhindert werden soll?
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
Herr Staatssekretär! sterium für Verkehr: Herr Abgeordneter, ich glaube
nicht, daß dieser Tatbestand statistisch erfaßt ist;
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- aber ich nehme von Ihrer Bemerkung Kenntnis und
sterium für Verkehr: Vermeidbares Langsamfahren, werde das Land, das Sie eben als etwas rückständig
das den übrigen Verkehr behindert und gefährdet, bezeichnet haben, besonders unter die Lupe nehmen
ist bereits nach geltendem Recht gemäß § 1 der lassen.
Straßenverkehrs-Ordnung verboten. Zur besonde-
ren Förderung des Schnellverkehrs dürfen außer- Ritzel (SPD) : Rückständig ist gut. Ich danke
dem seit 1953 die Bundesautobahnen nur noch von Ihnen.
Kraftfahrzeugen benutzt werden, die auf ebener
Bahn schneller als 40 km in der Stunde fahren kön- Vizepräsident Dr. Dehler: Frage XIII/11 —
nen, auch wenn sie Anhänger mitführen. des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Emmert —:
Mit Rücksicht auf den Ausbauzustand und die Warum liegt das vom Bundesverkehrsministerium bei einem
Frankfurter Wirtschaftsprüfungsbüro in Auftrag gegebene und
Verkehrslage auf dem übrigen Straßennetz ist es für Oktober 1962 angekündigte sogenannte Morgenthaler-Gut-
— jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Über- achten über die volkswirtschaftliche Notwendigkeit des Saarpfalz
Kanals, seine technische Durchführbarkeit, sein voraussichtliches
legungen und Erkenntnisse — nicht möglich, diese Verkehrsaufkommen und die durch seinen Bau entstehenden
Kosten immer noch nicht vor?
Voraussetzungen auch für Steigungsstrecken zu
fordern und damit den schweren Lastkraftwagen- Bitte, Herr Staatssekretär.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2249
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- darüber Auskunft geben könnte. Ich kann offen sa-
sterium für Verkehr: Das umfangreiche Gutachten gen, ich weiß es nicht.
über die verkehrswirtschaftliche Notwendigkeit
und Zweckmäßigkeit des Ausbaues der Saar für Kulawig (SPD) : Danke schön.
1350-t-Schiffe tind des Baues eines Saar-Pfalz-Rhein-
kanals wird nach Auskunft der Gutachter, Wirt- Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
schaftsprüfer Dr. Morgenthaler und Dr. Müller in Frage XIII/12 — des Herrn Abgeordneten Bading — :
Firma Verkehrsberater GmbH & Co in Frankfurt Gibt es eine Betriebsanweisung der Bundesbahnverwaltung,
(Main), in diesen Tagen endgültig fertiggestellt, so die es zuläßt, daß Personenbahnhöfe mit schmalen Bahnsteigen,
auf denen zahlreiche Fahrgäste warten, von schnell fahrenden
daß es nach Vervielfältigung voraussichtlich noch Güterzügen mit einer Stundengeschwindigkeit von 95 km durch-
vor Jahresende ausgeliefert werden kann. Sodann fahren werden dürfen?
wird es geprüft und innerhalb der Ressorts ein-
gehend zu beraten sein. Die Terminüberschreitung Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
erklärt sich aus dem Umfang und der Schwierig- sterium für Verkehr: Nach den Dienstvorschriften
keit der Arbeit. der Deutschen Bundesbahn gilt das Vorhandensein
eines Bahnsteiges im allgemeinen als ausreichende
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, Warnung an die Reisenden, genügend .Abstand von
Herr Abgeordneter Müller-Emmert. den Gleisen zu halten. Diese Bahnsteige halben
regelmäßig eine Breite, die die Sicherheit der Rei-
Dr. Müller Emmert (SPD) : Ich habe nicht genau
-
senden auch bei Vorbeifahrt von Zügen mit hoher
verstanden, Herr Staatssekretär. Wird dieses Gut- Geschwindigkeit gewährleistet. Selbst bei solchen
achten vervielfältigt und dann auch den Abgeord- Bahnsteigen bestimmen die Vorschriften aber, daß
neten zur Verfügung gestellt? bei starkem Andrang die Reisenden durch örtliche
Bedienstete oder, wo solche nicht zur Verfügung
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- stehen, durch Lautsprecher gewarnt werden. Ich
sterium für Verkehr: Ich würde vorschlagen, Herr verweise auf die Ihnen bekannte Anweisung: „Bitte
Abgeordneter, daß die Frage, in welchem Umfang zurücktreten!"
und an welche Stellen dieses Gutachten verteilt Auf Bahnhöfen, bei denen sich keine ausreichend
wird, dem interministeriellen Ausschuß, an dem breiten Bahnsteige befinden, wo man insbesondere
auch die Saarregierung und die Regierung des Lan- über das Gleis der Gegenrichtung auf schienenglei-
des Rheinland-Pfalz beteiligt sind, überlassen bleibt.
chen Zugängen auf einen zwischen den Gleisen lie-
Meinerseits würden keine Bedenken bestehen, es genden schmalen Bahnsteig zum Einsteigen tritt,
im größten Umfang zu verteilen.
könnte das Warten der Reisenden auf ihren Zug
wegen der Nähe zum Gleis dann eine Gefährdung
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage? darstellen, wenn ein Zug mit hoher Geschwindigkeit
durchfährt. In diesen Fällen darf auf eine besondere
Dr. Müller Emmert (SPD) : Eine weitere Frage!
- Warnung der Reisenden nicht verzichtet werden. Sie
werden dann angewiesen, ausreichend weit zurück-
Vizepräsident Dr. Dehler: Bitte, Herr Abge- zutreten.
ordneter Müller-Emmert. All dies ist in den Dienstvorschriften niedergelegt.
Bei dieser Art .der Sicherung der Reisenden hat es
Dr: Müller Emmert (SPD) : Wer wird die Ent-
-
sich bisher auch noch nicht als notwendig erwiesen,
scheidung treffen, Herr Staatssekretär, daß die Ab- die Durchfahrgeschwindigkeit von Zügen zu verrin-
geordneten ein solches Gutachten in Abschrift be- gern.
kommen werden?
Sollte aber Ihre Frage, Herr Abgeordneter, durch
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- einen bestimmten Fall ausgelöst sein, so bin ich gern
sterium für Verkehr: Ich nehme von diesem Wunsch bereit, falls Sie es wünschen, der Sache nachzugehen
Kenntnis und werde ihn weitergeben. und mit der Deutschen Bundesbahn Verbindung auf-
zunehmen.
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Kulawig zu einer Zusatzfrage.
Vizepräsident Dr. Dehler: Abgeordneter Ba-
ding zu einer Zusatzfrage.
Kulawig (SPD) : Herr Staatssekretär, hatte die Bading (SPD) : Herr Staatssekretär, halten Sie
Bundesregierung Gelegenheit, zu erfahren, zu wel- den Bahnsteig 2 des Bahnhofs Bonn für ausreichend
chen Resultaten das Frankfurter Wirtschaftsprü- breit, um die Sicherheit der Fahrgäste bei schnell
fungsbüro bisher gekommen ist? durchfahrenden Kohlenzügen zu gewährleisten?
Bading (SPD) : Herr Staatssekretär, muß ich hier in Rede stehenden Wasserstraße eine Kürzung
Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie es als richtig an anderer Stelle der gleichen Haushaltsstelle zu
erachten, daß z. B. auf dem besagten Bahnsteig befürworten.
einem Reisenden, der dort wartete, nachdem der
Aufsichtsbeamte die Durchfahrt des Zuges richtig Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
angekündigt hatte, durch den Luftzug der Hut vom sterium für Verkehr: Das kann ich leider nicht, weil
Kopf gerissen wurde? der Haushaltsplan unseres Hauses bei den anderen
Positionen so knapp bemessen ist, daß ich wirklich
(Heiterkeit.)
nicht wüßte, zu Lasten welcher Position hier eine
Vergrößerung vorgenommen werden könnte.
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Das ist mir persönlich auch
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
bei anderen Gelegenheiten schon passiert. des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer!
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die Dr. Schäfer (SPD) : Herr Staatssekretär, besteht,
Frage XIII/13 — des Herrn Abgeordneten Hammer-
nachdem die Äußerung des Herrn Bundesverkehrs-
sen —:
ministers nach Einbringung des Haushaltsplans ge-
Welche „finanzpolitischen Fußangeln" hatte der Herr Bundes-
verkehrsminister gemeint, als er - laut „Handelsblatt", Düssel- macht wurde, demnach in Ihrem Haus die Auffas-
dorf, vom 12. November 1962 — bei einer Feier aus Anlaß des
70jährigen Bestehens des „Deutschen Kanal- und Schiffahrtsver- sung, daß der Haushaltsplan 1963 diese „finanzpoli-
eins Rhein-Main-Donau e. V." in Nürnberg erklärte, daß durch tischen Fußangeln" enthält?
derartige Maßnahmen in letzter Zeit die Planungen für das
deutsche Wasserstraßennetz erschwert würden?
Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen: darüber, daß die Form der Sparförderung durch Prä-
Herr Kollege Friedensburg, die Frage läßt sich nicht miensparen fortgesetzt werden soll.
einfach mit Ja oder Nein beantworten. Verständ- Dem Wirtschaftsausschuß lagen zwei Anträge zur
licherweise sind die Kommuniqués über solche Be- Beratung vor, ein Entwurf der SPD-Fraktion —
sprechungen nicht ausgiebig genug, um diesen von Drucksache IV/273 — und ein Novellierungsent-
Ihnen erstrebten Effekt zu erzielen. Ich habe z. B. wurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP —
gestern im Auswärtigen Ausschuß des längeren Drucksache IV/407 (neu) —. Die Beratungen im Aus-
über diese Frage gesprochen. Es ist nicht ganz schuß führten zu der Überzeugung, daß das gesamte
einfach zu sagen, in welcher Weise die vorhandene System der Sparförderung durch Steuervergünsti-
Grundauffasung am besten ständig deutlich gemacht
gungen und durch Prämien einer generellen Über-
wird. Ich glaube, das Entscheidende wird sein, daß
prüfung und Harmonisierung bedarf. Diese Ansicht
wir alle in unseren Reden, Publikationen usw. die-
wurde vor allem auch von dem mitberatenden
sen Willen deutlich zum Ausdruck bringen.
Finanzausschuß vertreten. Der Wirtschaftsausschuß
hat das Bundesfinanzministerium deshalb gebeten,
Vizepräsident Dr. Dehler: Bitte sehr, Herr bis spätestens 31. März 1963 einen entsprechenden
Friedensburg, eine weitere Zusatzfrage. Gesetzesvorschlag zu unterbreiten.
Weil die Gesamtregelung der Sparförderung auf
Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) : Sind der Tagesordnung bleibt, konnte der SPD-Entwurf
Sie der Ansicht, daß die Verlautbarungen gerade
Drucksache IV/273 vorläufig zurückgestellt werden.
zu den beiden Begegnungen, auf die ich angespielt
Er bleibt ebenfalls auf der Tagesordnung.
habe, diesem Gesichtspunkt ausreichend Rechnung
getragen haben? In Übereinstimmung mit dem Finanzausschuß wird
vom Wirtschaftsausschuß deshalb vorgeschlagen,
Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen: das geltende Sparprämiengesetz um ein Jahr zu ver-
Sie denken — darf ich noch einmal fragen — an die längern. Damit soll sichergestellt werden, daß im
beiden Kommuniqués darüber? kommenden Jahr eine Gesamtregelung dieser
Materie beschleunigt erfolgt. Gleichzeitig wurde vom
(Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Ja!) Ausschuß der Vorschlag aus Drucksache IV/407
Ich glaube, daß die Kommuniqués — richtig ge- übernommen, eine Verbesserung für Familien mit
lesen, muß ich hinzufügen — diese unveränderte Kindern ins Gesetz aufzunehmen.
Linie der gemeinsamen westlichen Politik doch zum Der Wirtschaftsausschuß hat seine Beschlüsse in
Ausdruck gebracht haben. dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Ände-
rung des Spar-Prämiengesetzes — Drucksache
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen, IV/770 — zusammengefaßt. Ich darf die wichtigsten
Herr Minister. Die Fragestunde ist beendet. Die Punkte kurz erläutern. Der Hauptpunkt der Ände-
nicht beantworteten Fragen werden von der Bun- rung ist eine Förderung der Familie mit Kindern.
desregierung schriftlich beantwortet. Bisher ist die Regelung so, daß für sämtliche Spar
Prämienverträge einheitlich 20 % der angesparten
Ich rufe auf Punkt 8 der Tage s ordnung: Beträge durch eine Prämie vom Staat begünstigt
werden, wenn diese Beträge auf fünf Jahre festge-
Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
legt werden. Dazu wurde natürlich eine Höchst-
tionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Ent-
grenze der Prämiensätze festgelegt, und zwar für
wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Spar
Ledige als Höchstbetrag der staatlich zu zahlenden
Prämiengesetzes (Drucksache IV/407 (neu) ; -
Prämie 120 DM, für Verheiratete 240 DM und für
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschus Familien mit drei Kindern 360 DM.
ses (16. Ausschuß) (Drucksache IV/770)
Die beabsichtigte Neuregelung in der Novellie-
(Erste Beratung: 31. Sitzung). rung soll Familien mit Kindern nicht nur, wenn sie
mehr sparen, höhere Prämien geben, sondern bereits
Es liegt der Schriftliche Bericht des Wirtschafts- die Prämiensätze werden in der Weise angehoben,
ausschusses vor, erstattet durch den Herrn Abge- daß Ledige und Verheiratete ohne Kinder wie bis-
ordneten Dr. Althammer. Ich danke dem Herrn her 20 % der angesparten Summe bekommen, Fa-
Berichterstatter. Eine Ergänzung? — Bitte, Herr Dr. milien mit ein bis zwei Kindern bereits 22 %, Fa-
Althammer als Berichterstatter. milien mit drei bis fünf Kindern 25 % und Familien
mit mehr als fünf Kindern 30 %. Gleichzeitig wurde
Dr. Althammer (CDU/CSU) : Herr Präsident! die Höchstgrenze der erreichbaren Prämiensätze ver-
Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf bessert. Familien mit ein bis zwei Kindern erhalten
einen Druckfehler in der Drucksache IV/770, Seite 3, jetzt 300 DM als Höchstsatz, Familien mit drei bis
rechte Spalte, hinweisen. Die Berichtigung des fünf Kindern 360 DM als Höchstsatz und Familien
Druckfehlers liegt Ihnen vor. Es muß in der unter- mit mehr als fünf Kindern 420 DM als Höchstsatz.
sten Zeile der rechten Spalte auf Seite 3 heißen: Das bedeutet z. B., daß eine Familie mit vier Kin-
„mehr als fünf Kindern um 180 Deutsche Mark". dern, die bisher, wenn sie 1800 DM im Jahre ange-
Nun zu dem Gesetz! Das Gesetz über die Ge- spart und auf fünf Jahre festgelegt hatte, einen Be-
währung von Prämien für Sparleistungen vom trag von 360 DM als Prämie zusätzlich vom Staat
5. Mai 1959 läuft am 31. Dezember 1962 aus. Auf bekam, nach der Neuregelung diesen Betrag bereits
allen Seiten dieses Hauses bestand Einmütigkeit erhält, wenn sie 1440 DM angespart hat.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2253
Dr. Althammer
Nicht übernommen wurde der Vorschlag, Kinder Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzuneh-
zwischen 18 und 25 Jahren in Anlehnung an die Re- men.
gelung in § 32 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (Beifall in der Mitte.)
ebenfalls bei der Prämienstaffelung zu berücksich-
tigen. Die Berücksichtigung von Kindern, die noch Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke dem
überwiegend oder ausschließlich von den Eltern Herrn Berichterstatter.
unterhalten werden, wurde deshalb nicht aufgenom- Ich stelle mit etwas Betrübnis fest, daß die Bun-
men, weil das zu einer wesentlichen Komplizierung desregierung bei der Beratung des immerhin be-
des gesamten Gesetzes geführt hätte. Erst im nach- deutsamen Gesetzes nicht vertreten ist.
hinein hätte jeweils ausgerechnet und festgestellt
werden müssen, ob dieser Fall nach dem Einkom- (Abg. Memmel: Der Herr Bundesfamilien-
mensteuergesetz vorliegt. Demgegenüber wurde minister ist hier! — Weiterer Zuruf von der
vom Ausschuß die Auffassung vertreten, daß die CDU/CSU: Herr Mischnick auch!)
gegenwärtige Regelung, die auch im Bauspargesetz — Die Regierungsbank ist jedenfalls leer.
vorliegt, günstiger und einfacher zu handhaben ist,
daß nämlich alle Personen über 18 Jahre selbständig Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich werde
als Sparer auftreten und einen Spar-Prämienvertrag den Art. 1 ziffernweise aufrufen.
abschließen können. (Abg. Frau Beyer [Frankfurt]: Ich bitte ums
Wort! Ich möchte zu dem Bericht noch
Einige weitere Detailpunkte wurden nicht über-
etwas sagen!)
nommen. Das ist einmal der Vorschlag, nicht nur
den Ersterwerb von bestimmten Wertpapieren der — Bitte schön, Frau Abgeordnete.
öffentlichen Hand, sondern jeden Erwerb von Wert-
papieren aus der öffentlichen Hand als prämienbe- Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) : Herr Präsident!
günstigt anzuerkennen. Hier wurde ebenfalls gel- Meine Damen und Herren! Der objektive und sach-
tend gemacht, daß diese Frage einer grundsätzlichen liche Bericht, den der Berichterstatter, Herr Dr. Altham-
Neuregelung vorbehalten werden soll, die im näch- mer, auch noch einmal in seinen ergänzenden Be-
sten Jahr vorgesehen ist, und daß bis dahin die merkungen gegeben hat, wird von uns besonders
finanziellen Auswirkungen besser übersehen wer- anerkannt. Er hat hier noch einmal die zusätzlichen
den könnten. Wünsche und deren Kompliziertheit herausgestellt,
so daß es meiner Fraktion an sich nur erforderlich
Auch ein weiterer Vorschlag, der dahin ging, daß
zu sein scheint, einige kurze Bemerkungen bzw. eine
die Immobilienfonds ebenfalls aufgenommen wer-
Erklärung zu diesem Bericht abzugeben.
den sollten, wurde zurückgestellt, weil auch hier
erst noch zu prüfen war, in welchem Zusammenhang In dem Bericht ist deutlich gemacht worden, daß
das etwa mit den Möglichkeiten des Bausparens es sich hier nur um eine Teillösung handelt. Weiter
steht und welche Art von Immobilienfonds dafür ist deutlich gemacht worden, daß wir eine Harmo-
überhaupt in Frage kommt. nisierung der jetzt bestehenden Sparförderungsge-
setze unbedingt nötig haben. Was die materiellen
Ansonsten hat der Ausschuß noch einige nur for- Verbesserungen betrifft, die in der Drucksache 770
male Verbesserungen und Änderungen beschlossen. ersichtlich werden, so macht der Bericht auch deut-
Zum Beispiel wurde der neue § 2 Abs. 3 sprachlich lich, daß sie im wesentlichen den Punkten entspre-
vereinfacht und geglättet. In § 6 Abs. 2 findet sich chen, die unserem Entwurf Drucksache 273 zugrunde
eine Ermächtigung des zuständigen Finanzministe- liegen.
riums zu einer Redigierung und auch zu einer etwa
Es erscheint mir erforderlich, vor allen Dingen im
notwendig werdenden Verbesserung und Verein- Hinblick auf die noch vorliegenden zusätzlichen An-
fachung in sprachlicher Hinsicht ohne sachliche Än-
träge folgendes ergänzend auszuführen. Wir glau-
derungen des Gesetzes.
ben — das ist auch im Ausschuß deutlich gewor-
§ 8 bringt die Neufassung, nach der das Gesetz den —, daß bei der Harmonisierung die Beseitigung
auf ein Jahr befristet werden soll. Nach dieser des Zweiklassensparsystems herbeigeführt werden
Regelung sollen prämienbegünstigte Ratensparver- muß. Wir dürfen nicht vergessen, daß neben dem
träge noch vom 1. Januar bis 31. Dezember 1963 ab- Sparprämiengesetz auch das Wohnungsbau-Prä-
geschlossen werden können und prämienbegünstigte miengesetz besteht, daß es aber unterschiedliche
allgemeine Sparverträge noch bis zum 31. Dezember Prämiensätze gibt, einmal 20% und einmal 25 %.
1964. Außerdem gibt es die Möglichkeit, über § 10 des
Gleichzeitig ist beschlossen worden, daß die Ver- Einkommensteuergesetzes Steuern zu sparen. Ich
günstigungen, die ich vorhin aufgeführt habe, nach führe das hier bewußt deshalb aus, weil alle diese
der Neuregelung durch diese Novelle für Familien Sparförderungsmaßnahmen nebeneinander Gültig-
mit Kindern ebenfalls für diesen Zeitraum von keit haben, infolgedessen auch nebeneinander jähr-
einem Jahr, aber auch für alle diejenigen, die bisher lich in Anspruch genommen werden können. Wir
angesparte Beträge haben, in Kraft treten sollen. glauben daher, daß dieses Zweiklassensparsystem
in irgendeiner Form beseitigt werden muß. Das ist
Ich möchte deshalb namens des federführenden auch aus vielen Zeitungsmeldungen immer wieder
Wirtschaftsausschusses beantragen, der Bundestag hervorgegangen, angefangen von den allgemeinen
wolle beschließen, den Gesetzentwurf Drucksache Zeitungen bis zu den Fachzeitungen. Wir haben zu-
IV/407 (neu) mit den eingangs erwähnten drucktech- dem heute ganz andere Verhältnisse als zu dem
nischen Korrekturen in der aus der vorliegenden Zeitpunkt, da die Gesetze in Kraft gesetzt wurden.
2254 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich darf die Bera- den Steuerprüfer gegen Ende des Jahres aufsuchen,
tung unterbrechen, um festzustellen, daß Punkt 18 um mit ihm zu besprechen, welche Fülle von Mög-
der Tagesordnung — Fünftes Rentenanpassungs- lichkeiten sie ausnützen können. Meine Damen und
gesetz — auf Grund einer Vereinbarung abgesetzt Herren, die Familien mit vier und fünf Kindern ge-
wird, — lediglich Punkt 18, alle folgenden Punkte hören wahrscheinlich nicht oder mindestens zu 99 %
werden behandelt. nicht zu denen, die den Steuerprüfer aufsuchen, um
Wir fahren in der Beratung des Sparprämien- diese Möglichkeiten zu untersuchen.
gesetzes fort. (Zustimmung in der Mitte.)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wuerme-
ling. Es wurde auf die Möglichkeit des Ausweichens
auf das Bausparen verwiesen. Frau Kollegin Beyer,
Sie haben, vielleicht sogar mit Recht, darauf ver-
Dr. Wuermeling (CDU/CSU) : Herr Präsident! wiesen, daß bei der Harmonisierung die atypischen
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe
Vorgänge des Bausparens — ich möchte hier unter-
nach der letzten Diskussion das Gefühl, daß der
streichen, daß der größte Prozentsatz .der Bausparer
Änderungsantrag Umdruck 160 wesentlich komzli-
zierter erscheint, als er in Wirklichkeit ist. Erlauben tatsächlich baut; das ist nachgewiesen, wobei die
Sie. mir darum, ganz kurz zu sagen, worum es prak- Bausparer nach der neuen Regelung übrigens nicht
tisch geht. nach fünf, sondern nach sechs Jähren die Möglichkeit
haben, :das Geld anderweitig zu verwenden — später
Bisher konnte eine Familie mit drei und mehr ausgeschlossen werden sollen.
Kindern 1800 DM prämienbegünstigt sparen.
(Abg. Frau Beyer [Frankfurt] : Wann?)
(Abg. Frau Beyer [Frankfurt] : Außerdem
kann sie die Vergünstigung nach dem — Später, bei der Harmonisierung. Wenn Sie das
Wohnungsbauprämiengesetz in Anspruch aber wollen, Frau Kollegin Beyer, dürfen Sie nicht
nehmen!) schon jetzt darauf verweisen, insbesondere die kin-
Nach dem Ausschußantrag kann eine Familie mit derreiche Familie nicht darauf verweisen, sondern
drei und mehr Kindern nur noch 1440 DM prämien- müssen ihr ,die Möglichkeit geben, nach den Bestim-
begünstigt sparen. Der Änderungsantrag Um- mungen des Sparprämiengesetzes eine Summe anzu-
druck 160 zielt auf eine Kompromißlösung: daß die sparen, die die Vorsorge für das Studium, für die
Familie mit drei und mehr Kindern 1600 DM prä- Ausstattung und ähnliches ermöglicht. Ich glaube
mienbegünstigt sparen kann. also, wir sollten diese familienfreundliche und fa-
Meine Damen und Herren, wir sind uns, glaube miliengerechte Lösung gerade mit Rücksicht auf eine
ich, alle darüber klar, daß der Kreis derer, die so spätere Harmonisierung schon hier festlegen.
hohe Beträge prämienbegünstigt sparen können, All das, was Sie sagten, Frau Kollegin, gilt auch
nicht sehr groß ist. Deswegen ist die finanzielle für die Familie, die 1364 DM ansparen kann. Dort
Auswirkung dieses Antrags völlig belanglos. Aber wäre dieser Satz angebracht, aber gegenüber dem
— und hier darf ich Sie, meine verehrten Damen Antrag von Frau Kollegin Welter, die Höchstprämie
und Herren von der SPD, einmal fragen — wir wol- und damit die Höchstsparsumme um wenige Mark
len doch alle mittelstandsfreundliche Politik ma- anzuheben, finde ich ihn nicht gerechtfertigt.
chen! Hier geht es um eine Maßnahme. die gerade
den mittelständischen Kreisen mit Kindern Sparen Ich darf schließlich darauf verweisen, daß bisher
ermöglicht. die kinderreiche Familie 'höchstens 150 DM im Mo-
(Beifall in der Mitte.) nat prämienbegünstigt ansparen konnte und daß
Das ist die Schicht, die kulturpolitisch von beson- nach dem Antrag der Frau Kollegin Welter diese
derer Bedeutung ist, die vor allem dann von be- Sparsumme ohnehin auf 130 DM heruntergesetzt
sonderer Bedeutung ist, wenn man will, daß sie an werden soll. Es ist also unzweifelhaft, daß hier nicht
ihren Kindern ihre kulturpolitische Aufgabe er- die Reichen begünstigt werden sollen, sondern Per-
füllt. sonen mit mittleren Einkünften, die aus eigener
Kraft und unter Konsumverzicht versuchen, eine
Ich möchte also dringend empfehlen, den Ände- echte Lebensvorsorge für ihre Kinder 2u schaffen.
rungsantrag Umdruck 160 anzunehmen. Ich bitte daher um Annahme des familienfreund-
(Beifall in der Mitte.) lichen Antrags.
(Beifall in der Mitte.)
Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort hat der
Abgeordnete Dr. Czaja. Vizepräsident Dr. Dehler: Ich lasse über den.
Änderugsat AbodneDr.ltham
Dr. Czaja (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine und Genossen auf Umdruck 160 abstimmen. Wer
Damen und Herren! Mit großem Interesse habe ich zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. — Gegen-
den grundsätzlichen Erwägungen der Frau Kollegin probe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehr-
Beyer zugehört. Aber ich habe doch das Gefühl, daß heit; der Änderungsantrag ist angenommen.
diese grundsätzlichen Erwägungen, die am Anfang
Damit ist Art. 1 Nr. 1 mit dieser Änderung an-
richtig waren, irgendwie nicht zu dem Änderungs- genommen. Einverständnis! —
antrag Umdruck 160 passen. Denn e s wurde hier von
den Reichen oder von den Personen gesprochen, die Die Nrn. 2 und 3 entfallen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2259
Vizepräsident Dr. Dehler
Ich rufe auf Nr. 3 a. Wer zustimmt, gebe bitte Zu den das Haus betreffenden Überlegungen 1
das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? komteindSparbfeÜlgun.Es
— Bei vielen Enthaltungen angenommen. ist nicht gut für unser allgemeines Anliegen, wenn
Ich rufe auf Nr. 4. Hierzu liegt der Änderungs- sich die Sparer jedes Jahr fragen müssen: Kannst
antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck du das noch machen? Mußt du eine überstürzte
157 *) vor. Das Wort zur Begründung hat der Ab- Handlung vor dem Jahresultimo vornehmen, oder
geordnete Dr. Burgbacher. kannst du dir das in Ruhe einteilen? Dem Sparer
gibt das unbefristete Gesetz mehr Rechtssicherheit
als das befristete.
Dr. Burgbacher (CDU/CSU) : Herr Präsident! Wir bitten um Annahme unserer Vorlage.
Meine Damen und Herren! Ich begründe den An-
trag meiner Fraktion auf Umdruck 157. Wir schlagen (Beifall bei der CDU/CSU.)
vor, nicht eine einjährige Geltungsdauer des Geset-
zes, sondern eine unbefristete zu beschließen. Zur Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort hat Frau
Begründung habe ich kurz folgendes zu sagen. Abgeordnete Beyer.
Wir sind mit den anderen Fraktionen einer Mei-
nung, daß eine — wir haben das Wort nun ge- Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) : Herr Präsident!
braucht — Harmonisierung der Gesetzgebung zur Meine Damen und Herren! Die letzten Ausführun-
Eigentumsbildung, der Prämiengesetzgebung, wie
gen des Kollegen Dr. Burgbacher veranlassen mich,
man das nennen mag, sehr zweckmäßig ist, und
folgendes festzustellen: Allem Anschein nach geht
werden sie nachdrücklich unterstützen.
die CDU/CSU davon aus, daß die Schwierigkeiten,
Ich will nicht der Versuchung erliegen, wie es ei- die sich nun schon seit 1961 in der Regierung zei-
nige Redner heute begreiflicherweise getan haben, gen, auch in den kommenden Jahren fortbestehen
jetzt über den sachlichen Inhalt der demnächstigen sollen,
Harmonisierung zu debattieren. Ich möchte nur (Lachen bei der CDU/CSU)
sagen, daß das Wort „Harmonisierung" von dem und vielleicht will sie aus diesem Grunde hier mög-
Begriff der Harmonie und der aus der Musikwissen- lichst langfristige Gesetze machen, deren Geltungs-
schaft kommt. Da versteht man unter Harmonie dauer über ein Jahr hinausgeht. Sie müssen mir er-
nicht, daß alle nur Violine spielen. lauben, eine solche Bemerkung zu machen; denn Sie
(Beifall bei der CDU/CSU.) setzen die Arbeit der Regierung, die letzten Endes
Ich möchte auch an das Wort von Rabindranath Ihre Regierung ist, damit in ein sehr schlechtes Licht.
Tagore erinnern, daß das Wesen der Gemeinschaft Wenn ich mir natürlich die Besetzung des Hauses
nicht in Einförmigkeit, sondern eben in Harmonie heute ansehe und das Interesse beobachte, das die
besteht. Das werden wir der demnächstigen Harmo- vorhandene Regierung an diesem Gesetz zeigt, muß
nisierung als tragendes Prinzip zugrunde legen. ich Ihnen recht geben: dann ist es besser, wir ma-
chen Gesetze mit Ewigkeitsdauer.
Nun haben wir aus den Ausführungen von Frau
(Abg. Katzer: Frau Kollegin, schauen Sie
Kollegin Beyer und vom Kollegen Dr. Imle etwas
über die Vielfalt 'der Probleme gehört; selbstver- einmal zu Ihrer Fraktion hinüber!)
ständlich sind sie so weitsichtig, wie es uns mög- — Ich habe nicht von der Fraktion, ich habe vor
lich ist, zu behandeln. Ohne dem Hohen Hause zu allem von der Regierung gesprochen.
nahe treten zu wollen, möchte ich sagen, daß die (Abg. Katzer: Sie sprachen vom Parlament!)
bisherige Erfahrung dieses Hohen Hauses lehrt, daß
eine echte Kodifizierung von Recht in verschiedenen — Sie wissen doch, was im Augenblick los ist. Sie
Gesetzen innerhalb eines Jahres nicht möglich ist. wissen ja gar nicht, wie viele Sitzungen zur Zeit
Weil wir aber eine Kodifizierung in verschiedenen notwendig sind.
Gesetzen haben wollen, weil wir eine weitsichtige (Abg. Dr. Wuermeling: Vielleicht setzen
Eigentumspolitik auch auf diesem Gebiet haben Sie sich bald da oben hin. — Heiterkeit.)
wollen, möchten wir nicht nächstes Jahr mit der
Uhr in der Hand über ein Gesetz verhandeln, so wie Meine Damen und Herren, im Ausschuß haben
wir jetzt mit der Uhr in der Hand vor Jahresultimo wir uns doch wirklich sehr lange mit diesem Pro-
über diese Novelle verhandeln. Wir sind der Mei- blem auseinandergesetzt, auch damit, wie wir die-
nung, man sollte eine längere Geltungsdauer vor- sen Paragraphen fassen sollen, und die Regierungs-
sehen. vertreter haben uns sehr deutlich gemacht, daß es
gut ist, hier einen festen Termin zu setzen; denn
Nun könnte man der Meinung sein, zwei, drei mit der Festsetzung eines Termins bindet man letz-
oder vier Jahre genügten. Das wäre aber im Sinne ten Endes auch diejenigen, die darüber zu befinden
unserer Gedanken, auf eine echte Harmonisierung
haben, an eine sehr rasche und schnelle Erledigung
hinzuwirken, schlechter als das unbefristete Gesetz.
und Harmonisierung. Wenn Sie jetzt durch diesen
Das unbefristete Gesetz erlischt in dem Augenblick,
Antrag eine solche Lockerung schaffen, also die
in dem wir ein neues beschließen. Wir sind dann an
Möglichkeit einer auf Zeit bestimmten Regelung,
keinen bestimmten Termin gebunden. Deshalb
unterstützen Sie im letzten Ende das, was Sie gar
bitten wir das Hohe Haus, der unbefristeten Ver-
nicht wollen, nämlich daß wir auf lange Sicht hinaus
längerung zuzustimmen.
keine Harmonisierung bekommen und noch auf
*) Siehe Anlage 3 lange hinaus in dieser Debatte bleiben.
2260 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Frau Beyer (Frankfurt)
Herr Kollege Dr. Burgbacher, Sie sagten zum Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Der Antrag
Schluß, der Staatsbürger wolle wissen, für wie Umdruck 157 wird auch für die dritte Lesung gestellt.
lange er mit einer solchen Regelung rechnen könne. Nehmen Sie also bitte diesen Umdruck als Antrag
(Abg. Dr. Burgbacher: Nein, mit einer in der dritten Lesung. Andere Änderungsanträge
Regelung!) werden nicht gestellt. Wird das Wort zu diesem An-
trag gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Aber mit einer solchen Erklärung, wie Sie sie ab-
gegeben haben: Harmonisierung ja, aber keine Set- Ich lasse abstimmen. Wer dem Antrag Umdruck
zung eines Zeitpunktes, machen Sie die Unsicherheit 157 in dritter Lesung zustimmen will, den bitte ich
in der Öffentlichkeit noch größer, als wenn Sie um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist
sagen, am 31. Dezember 1963 ist mit einer end- genau das gleiche; noch einmal Hammelsprung!
gültigen Neuregelung zu rechnen. Nun, darüber (Abg. Rasner [während die Abgeordneten
müssen Sie befinden. den Saal verlassen] : Herr Präsident, man
(Abg. Dr. Burgbacher: Ja, es wird abge hört kein Klingelzeichen im Hause!)
stimmt!) — Wir werden nach der Technik sehen.
Vizepräsident Dr. Dehler: Wir stimmen ab Ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt:
über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ Mit Ja haben 145, mit Nein 154 Mitglieder des
CSU auf Umdruck 157. Wer zustimmt, gebe bitte Hauses gestimmt.
das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun- (Beifall und Heiterkeit bei der SPD.)
gen? — Damit ist dieser Antrag auch in dritter Lesung ab-
Ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Wer gelehnt.
zustimmt, erhebe sich vom Platze. — Die Gegen- Andere Änderungsanträge liegen nicht vor.
probe! — Enthaltungen? — Wir müssen auszählen;
der Vorstand ist sich nicht einig. — Wer dem Gesetz in dritter Lesung seine Zustim-
mung geben will, den bitte ich, sich zu erheben. —
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich gebe das Gegenprobe! — Eine Nein-Stimme. Enthaltungen? —
Ergebnis der Auszählung bekannt. Mit Ja haben Bei einer Nein-Stimme und zwei Enthaltungen ist
142 Mitglieder des Hauses, mit Nein 144 Mitglieder das Gesetz in dritter Lesung angenommen.
gestimmt. Der Änderungsantrag Umdruck 157 ist
abgelehnt. Ich rufe den Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Ich rufe die Art. 2, 3, 4 sowie Einleitung und Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
Überschrift auf. — Änderungsanträge sind nicht desregierung eingebrachten Entwurfs eines
gestellt. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die
wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den Ausprägung von Scheidemünzen (Drucksache
bitte ich um ein Handzeichen. — IV/556) ;
(Unruhe.) Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschus
ses (16. Ausschuß) (Drucksache IV/780)
— Es ist völlig ausgeschlossen, so abzustimmen.
Meine Herren, bitte nehmen Sie Platz. Die Damen (Erste Beratung 40. Sitzung).
sitzen schon. Wir können so nicht fortfahren. Ich frage den Herrn Berichterstatter, Herrn Ab-
(Anhaltende Unruhe.) geordneten Leonhard, ob er das Wort zur Bericht-
erstattung wünscht. -
Ich kann so nicht abstimmen lassen. Meine Herren, (Abg. Leonhard: Ich verzichte!)
wollen Sie bitte Platz nehmen! Das gilt auch für
Sie, Herr Kollege Achenbach. — Er hört gar nicht — Er verzichtet. Ich danke dem Herrn Bericht-
mehr. Sie sind freundlichst eingeladen, Platz zu erstatter.
nehmen. Ich rufe in zweiter Lesung die §§ 1, — 2, — 3, —
Wer den aufgerufenen Art. 2, 3, 4 sowie der Ein- Einleitung und Überschrift auf. Wird das Wort ge-
leitung und der Überschrift zustimmen will, den wünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer
bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. Damit — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In zweiter Le-
ist die zweite Beratung beendet. sung angenommen.
Ich rufe auf den Punkt 11 der Tagesordnung: Ritzel (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Die sozialdemokratische Fraktion läßt durch
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- mich mitteilen, daß sie sich darüber freut, daß ein
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Nachtragshaushalt der Verplanung der über- und
Gesetzes über die Feststellung eines Nach- außerplanmäßigen Ausgaben dient. Sie sieht das im
trags zum Bundeshaushaltsplan für das Rech- Sinne des Haushaltsrechts als einen nützlichen Fort-
nungsjahr 1962 (Nachtragshaushaltsgesetz schritt gegenüber früheren Methoden an. Sie be-
1962) (Drucksache IV/699) ; dauert aber in diesem Zusammenhang, daß der
Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses Nachtragshaushalt nicht so komplett ist, wie er sein
(13. Ausschuß) (Drucksachen IV/784, zu IV/784) sollte. So sind durch das Hohe Haus in der Zwi-
schenzeit beispielsweise Beschlüsse gefaßt worden,
(Erste Beratung 45. und 46. Sitzung). die eigentlich in dem Nachtragshaushalt enthalten
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten sein müßten und die auch hinsichtlich der Deckung
Schoettle, ob er das Wort wünscht? — Das Wort hat eine Regelung im Nachtragshaushalt zu finden
als Berichterstatter der Herr Abgeordnete Schoettle. hätten. Ich erinnere nur an die Überbrückungshilfe
für die Kriegsopfer zu Lasten des Rechnungsjahres
1962.
Schoettle (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Befürchten Sie nicht, daß ich jetzt einen Der Nachtragshaushalt enthält eine Reihe von
langen mündlichen Bericht gebe! Ich habe dem Hause Änderungen der Einzelansätze, denen wir zustim-
lediglich eine Korrektur vorzutragen. Man kann men. Er enthält aber auch einen Posten, dem wir
nicht einmal sagen, daß es eine redaktionelle Kor- nicht zustimmen.
2262 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Ritzel
Wir stimmen dem Ansatz der verbesserten Bun- zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des
deshilfe für das Orchester „Philharmonia Hun- Kohlenbergbaus zu.
garica" in Marl ausdrücklich zu und bedauern in
diesem Zusammenhang, daß nach den im Haushalts- Aber wir sind nicht bereit, einer Maßnahme un-
ausschuß des Deutschen Bundestages gegebenen Be- sere Zustimmung zu geben, die im ganzen Bild abso-
richten die Regierung des Landes Nordrhein-West- lut störend wirkt und die ein Verlegenheitsprodukt
falen zu dieser kulturpolitisch wichtigen Einrichtung erster Güte bei der Deckungsuche des Bundes-
— im Gegensatz zu der hier anzuerkennenden Hal- finanzministeriums und der Bundesregierung ist. Ich
tung der Stadt Marl — keinen Beitrag aus Landes- meine die zu vollziehende Änderung im Haushalts-
mitteln leistet. gesetz, durch die eine Kürzung der Zweckbindung
für den Straßenbau beim Ertrag der Mineralölsteuer
Wir akzeptieren den Deckungsvorschlag für den vorgenommen werden soll. Man nimmt dem Stra-
Ausbau des Deutschen Gesundheitsmuseums. ßenbau 180 Millionen DM dadurch, daß man die
Mineralölsteuer in diesem Ausmaß dem allgemeinen
Wir akzeptieren auch die Kassenhilfe für die
„Deutsche Welle" und den „Deutschlandfunk", wer- Haushalt dienstbar macht, und hat nun die selbst-
fen aber wie im Haushaltsausschuß auch hier die verständliche Konsequenz zu tragen, die auch nach
Frage auf, ob es nicht zweckmäßiger wäre, diese dem Etatentwurf 1963 bereits für das nächste Jahr
Kassenhilfe als Darlehen auszuweisen. angekündigt ist, daß dem Straßenbau durch diese
Art der Heranziehung von Mineralölsteuererträg-
Wir begrüßen und akzeptieren auch die 600 000 nissen als Deckungsmittel für den allgemeinen Haus-
DM, die im Nachtragshaushalt für die Forschung auf halt nicht wiedergutzumachender Schaden zugefügt
dem Gebiete der Contergan-Ereignisse angefordert wird.
werden.
Wir können die Verantwortung für diese Politik
Wir bejahen im Rahmen des Einzelplans 32 die nicht übernehmen. Es ist mir vollkommen klar, daß
Einsparung von insgesamt 86 Millionen DM aus Sie heute, am 7. Dezember, sagen können: Die
der Nichtbegebung von Anleihen und der Nichtauf- 180 Millionen DM können ja doch nicht mehr ver-
nahme von Betriebsmitteln. Es ist ein sehr interes- wendet werden. Aber man hat sie ja vor Monaten
santer Faktor, der hier in Erscheinung tritt und der schon gesperrt. Damals haben wir unseren Einwand
bei der Beratung des Bundeshaushalts 1963 noch erhoben. Damals wäre es möglich gewesen, die 180
erwähnt werden dürfte. Millionen DM dem Straßenbau dienstbar zu machen,
Wir bejahen die 100 Millionen DM Minderaus- — heute natürlich nicht mehr. Es ist eine Grundsatz-
gabe bei Bürgschaftsübernahmen des Bundes und frage. Wir können uns nicht dafür entscheiden, den
weisen darauf hin, daß bei der Erörterung der Straßenbau in dieser Weise zu vernachlässigen, wie
Deckungsvorschläge für die Überbrückungshilfe für es hier geplant wird.
Kriegsopfer und Kriegsbeschädigte die Sozialdemo- Aus diesem Grunde sind wir bei Bejahung der
kraten dieses Hauses bereits im Frühjahr auf Mög- Ansätze im einzelnen, die ich hier hervorgehoben
lichkeiten gerade aus diesem Teil des Einzelplans 32 habe, nicht in der Lage, dem Nachtragshaushalt im
hingewiesen haben. Die Bundesregierung hat diese ganzen und dem Haushaltsgesetz unsere Zustim-
Möglichkeiten wenigstens zum Teil genützt; man mung zu geben.
kann sich darüber freuen.
(Beifall bei der SPD.)
In Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung
— sind ebenfalls Ansätze enthalten, die unsere Zu-
stimmung finden. Ich hebe hier ausdrücklich die Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Weitere Wort-
notwendig gewordenen erhöhten Personalausgaben meldungen liegen nicht vor.
hervor, verweise aber in dem Zusammenhang dar- Ich rufe auf §§ 1,-2,-3,-4,-5,-6,—
auf, daß auf unseren Antrag im Haushaltsausschuß Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht
die Belastung des Einzelplans 12 — bei gleichzei- gewünscht. Ich lasse darüber abstimmen.
tiger Entlastung des Einzelplans 60 — vorgenom-
men wurde wegen der erhöhten Personalausgaben Wer den aufgerufenen Paragraphen sowie der
der Bundesbahn, die mit zu bewilligen wir durchaus Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den
bereit sind. bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —
Wir sind auch mit der Bewilligung der 100 Mil- Das erste war die Mehrheit, — aber knapp, meine
lionen DM für Schäden anläßlich der Flutkatastrophe Damen und Herren, bei dieser Besetzung des Hau-
und mit der Förderung des Absatzes saarländischer ses.
Erzeugnisse durch einen Ansatz von 13 Millionen
Wir kommen zur
DM einverstanden.
dritten Beratung.
Wir bejahen die Ansätze, die in dem Haushalt
zugunsten Berlins enthalten sind, für Vorsorgemaß- Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das
nahmen, für die Erhöhung des allgemeinen Bundes- Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
zuschusses und die Bewilligung von Mitteln für die
Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Lesung
Berliner Krankenkassen einschließlich der Betriebs-
zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. —
krankenkassen.
Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; das
Wir stimmen schließlich auch der Förderung des Nachtragshaushaltsgesetz 1962 ist in dritter Lesung
Absatzes des Steinkohlenbergbaues und der Hilfe angenommen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2263
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ich rufe auf Punkt 12 der Tagesordnung: Wir kommen zur
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- dritten Beratung.
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmel-
Gesetzes über die Durchführung einer Reprä- dungen liegen nicht vor.
sentativstatistik der Bevölkerung und des
Erwerbslebens (Mikrozensus) (Drucksache IV/ Wer zustimmen will, den bitte ich, sich zu erhe-
612; ben. — Gegenprobe! — Enhaltungen? — Einstim-
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für In mig angenommen.
neres (6. Ausschuß) (Drucksache IV/767) Ich muß wieder über den Antrag des Ausschusses
(Erste Beratung: 40. Sitzung). abstimmen lassen. Dort heißt es unter Ziffer 2:
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeord- Die Bundesregierung wird ersucht,
neter Dr. Bieringer, ob er das Wort wünscht. — Das bis zum 1. Januar 1965 zu berichten, ob für die
Wort wird nicht gewünscht. Sozialstatistiken eine einheitliche gesetzliche
Ich rufe auf §§ 1, — 2, — 3, — 4, — 5, — 6, — Grundlage geschaffen werden kann.
7, — 8, — Einleitung und Überschrift. — Wer den Wer diesem Antrag des Ausschusses zustimmen
aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen-
Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein probe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung einstimmig Ich rufe auf Punkt 14:
angenommen.
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
Wir kommen zur desregierung eingebrachten Entwurfs eines
dritten Beratung. Gesetzes zu dem Beschluß vom 16. Mai 1961
zur Ergänzung des Beschlusses vom 8. De-
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmel- zember 1954 betr. die Anwendung des Arti-
dungen liegen nicht vor. kels 69 des Vertrages vom 18. April 1951 über
Wer zustimmen will, den bitte ich, sich zu erhe- die Gründung der Europäischen Gemeinschaft
ben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Ge- für Kohle und Stahl (Drucksache IV/419);
setzentwurf ist in dritter Lesung angenommen. Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ar-
Ich lasse noch abstimmen über den Ausschußan- beit (21. Ausschuß) (Drucksache IV/746)
trag auf Seite 2 der Drucksache IV/767. Wer diesem (Erste Beratung: 3 3. Sitzung).
Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
zeichen. — Sie können ruhig zustimmen; hier steht Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeord-
es gedruckt. neten Stephan, ob er das Wort wünscht. — Das
(Heiterkeit.) Wort wird nicht gewünscht.
— Ja, meine Damen und Herren, wenn Sie keine Ich rufe auf die Artikel 1 und 2 sowie Einlei-
Stellung nehmen wollen, müssen Sie es eben so tung und Überschrift. — Wer zustimmen will, den
glauben, wie ich auch. Wir stimmen am besten zu. bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —
In meiner Vorlage steht, daß der Antrag offenbar Enthaltungen? — Angenommen.
einmütig befürwortet wird.
Wir kommen zur -
Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ein- dritten Beratung.
stimmig angenommen.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine
Ich rufe auf Punkt 13: Wortmeldungen. Wer zustimmen will, den bitte ich,
sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- — Einstimmig angenommen.
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes über die Durchführung von Statisti- Punkt 15 der Tagesordnung ist erledigt.
ken auf dem Gebiet der Sozialhilfe, der
Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe Ich rufe auf Punkt 16:
(Drucksache IV/615);
Beratung des Schriftlichen Berichts des Aus-
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für In schusses für Kriegsopfer- und Heimkehrer-
neres (6. Ausschuß) (Drucksache IV/768) fragen ((22. Ausschuß) über den Antrag der
(Erste Beratung: 44. Sitzung). Fraktion der SPD betr. Drittes Gesetz zur Än-
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeord- derung und Ergänzung des Kriegsgefangenen-
neten Wilhelm, ob er das Wort wünscht? — Das entschädigungsgesetzes (Drucksachen IV/543,
Wort wird nicht gewünscht. IV/769).
Ich rufe auf die §§ 1 bis 7 sowie Einleitung und Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeord-
Überschrift. — Wer zustimmen will, den bitte ich neten Maucher, ob er das Wort wünscht. — Herr
um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun- Abgeordneter Maucher verzichtet. Wird das Wort
gen? — Einstimmig angenommen. gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
2264 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, ist der Mensch nicht nur durch Krankheit, sondern
den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! auch durch frühzeitigen Verbrauch seiner Kräfte
— Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. stark gefährdet. Der einzelne bedarf zur Erhaltung
seiner Gesundheit einer ausreichenden Erholung.
Wir kommen zu Punkt 17: Die gegenwärtige Urlaubsdauer ist nach der Er-
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines kenntnis der ärztlichen Wissenschaft zu kurz."
Mindesturlaubsgesetzes für Arbeitnehmer Wir haben bereits bei der Begründung unseres
(Bundesurlaubsgesetz) (Drucksachen IV/142, Urlaubsantrags in der ersten Lesung auf diese
IV/207) ; grundsätzlichen Probleme hingewiesen. In Stich-
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ar worten haben wir gesagt, daß die Verdichtung des
beit (21. Ausschuß) (Drucksache IV/785) Arbeitsprozesses mit stärkerer arbeitsphysiologi-
scher Belastung, daß lange Wegstrecken zusätzlich
(Erste Beratung: 12. und 17. Sitzung).
zur Arbeitszeit, daß 'die starke Belastung der be-
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten rufstätigen Frau, daß die bestehende Frühinvalidi-
Dr. Dörinkel, ob er das Wort wünscht. — Er ver tät einen Mindesturlaub von 18 Tagen unbedingt
zichtet. Ich danke dem Herrn Berichterstatter. notwendig machen, um die Voraussetzung zu schaf-
Ich rufe in der zweiten Lesung zunächst die §§ 1 fen, daß die Arbeitskraft erhalten bleibt. Wir wol-
und 2 auf. Hierzu sind keine Änderungsanträge ge- len doch schließlich die Möglichkeit finden, daß
stellt. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist jeder Beschäftigte sein Arbeitsleben voll ausfüllen
nicht der Fall. Wer den §§ 1 und '2 in der zweiten kann und nicht allzufrüh invalide wird.
Lesung zustimmen will, den bitte ich um ein Hand- Nun wurden der ersten Lesung bei der Begrün-
zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die dung des von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachten
§§ 1 und 2 sind angenommen. Urlaubsantrags ungefähr dieselben Argumente
Jetzt folgt § 3. Dazu liegt unter Ziffer 1 des Um- vorgebracht. Unser Grundsatz wurde im wesent-
drucks 165 *) ein Änderungsantrag der Fraktion lichen bestätigt. Es ergab sich nur ein Unterschied,
der SPD vor. Ich frage, ob zur Begründung dieses indem nämlich auf den Zusammenhang mit der
Änderungsantrags das Wort gewünscht wird. — Arbeitszeitverkürzung — den wir nicht bestreiten
Bitte sehr, Herr Abgeordneter Hörmann. — hingewiesen wurde. Es wurde gesagt, daß aus
medizinischen Gesichtspunkten mehr Gewicht auf
längeren Urlaub als auf weitere Arbeitszeitver-
Hörmann (Freiburg) (SPD) : Herr Präsident! Meine
kürzung gelegt werden müsse.
Damen und Herren! Ich begründe den zur zweiten
Beratung des Bundesurlaubsgesetzes gestellten Än- Wir glauben, daß diese Auslegung den Aussagen
derungsantrag der Fraktion der SPD zu § 3 Abs. 1. der medizinischen Sachverständigen nicht ganz
In diesem Antrag wird gefordert: gerecht wird; denn es wurde ganz einwandfrei ge-
Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 18 sagt und darauf abgehoben, daß aus medizinischen
Werktage; maßgebend ist der Beginn des Ka- Gesichtspunkten sowohl Urlaubsverlängerung als
lenderjahres. auch Arbeitszeitverkürzung notwendig seien. Natür-
Wir wiederholen selbsverständlich diesen Antrag, lich ergeben sich hierbei die entsprechenden Ge-
weil wir immer noch der Auffassung sind, daß ein sichtspunkte wirtschaftlicher Schwierigkeiten, über
Mindesturlaub von 18 Tagen dringend notwendig die wir sprechen müssen, um zu einer Einigung zu
ist, und weil wir immer noch die Hoffnung haben, gelangen.
daß es uns gelingt, Sie von der Fraktion der CDU/ Wir betrachten den von der CDU/CSU-Fraktion -
CSU und auch von der Fraktion der FDP davon eingereichten Entwurf eines Mindesturlaubsgesetzes
zu überzeugen, daß es notwendig ist, die noch be- als einen Erfolg unserer Bemühungen, zu einem sol
stehende kleine Hürde zu überwinden und einen chen Mindesturlaub zu kommen. Aber ich glaube,
Mindesturlaub von 18 Tagen festzulegen. dieser Entwurf war nur ein halber, ein zögernder
Wir hoffen auf Ihre Zustimmung insbesondere Schritt zum Endziel. Mir kommt es eigentlich so
auch deshalb, weil wir heute einen Entschließungs- vor — gestatten Sie mir, daß ich es sage —, wie
antrag der FDP-Fraktion zur dritten Lesung be- wenn man zwar mit Vollgas hinter der Entwicklung
kommen haben, der eine Art Zuckerbrot darstellt. her zu fahren versucht, dabei aber die Handbremse
Der Antrag verfolgt das Ziel, auf dem Wege über angezogen hat, um doch nicht allzu schnell dahin
tarifvertragliche Vereinbarungen doch noch 18 Tage zu kommen, wohin man seiner Überzeugung nach
Urlaub zu erhalten. Er ist zwar gegenüber dem eigentlich kommen müßte.
gestern gestellten Antrag noch einmal ein wenig
(Zustimmung bei der SPD.)
reduziert worden, aber ich glaube, daß wir uns doch
ziemlich nahegekommen sind. Herr Professor Dr. Graf hat bei der Sachverstän-
digenanhörung, wie im Protokoll Nr. 107 auf Seite 27
Ich darf noch einmal die Grundsätze, die uns ver-
nachzulesen ist, zu der Frage der medizinischen
anlassen, diesen Antrag zu stellen, kurz darlegen.
Probleme ganz klar Stellung genommen. Er hat ins-
Wir sagten bereits in unserem Regierungspro-
gramm: „Wir wollen ein gesundes Volk in einem besondere auch das Problem untersucht, ob vom
gesunden Staat. Der Staat muß der Gesundheit ärztlichen Standpunkt aus der Mindesturlaub auf
seiner Bürger dienen. In der modernen Gesellschaft drei Wochen erhöht werden soll und muß, trotz der
gefordtnuiEwcklgbefndih
*) Siehe Anlage 7 Fünftagewoche. Ich, möchte auf diese medizinischen
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2265
Hörmann (Freiburg)
Gesichtspunkte nicht naher eingehen. Ich nehme an, sundheitspolitischen Gründen einen Mindesturlaub
daß das im Verlaufe der Debatte einer meiner Kol- garantieren sollten. Wenn wir untersuchen, welche
legen tun wird. Auswirkungen bei einem Urlaubsgesetz festzustellen
Warum wird also in der jetzigen Vorlage nur ein sind, das für einen Teil der Beschäftigten nur 15 Tage
Mindesturlaub von 15 Tagen vorgeschlagen? Ich vorsieht, dann stellen wir folgendes fest. Im Aus-
konnte bisher keine Argumente finden, die mich schußbericht wind die Mehrbelastung, die sich auf
hätten überzeugen können. Hauptsächlich wurden Grund des jetzt vorliegenden Bundesurlaubsgeset-
wirtschaftliche Bedenken vorgebracht, auch bei den zes ergibt, mit ewas weniger als einem Tag Mehr-
Ausschußberatungen. Ich meine, zu diesen wirt- urlaub im Durchschnitt aller Beschäftigten angege-
schaftlichen Bedenken muß man folgendes sagen. ben. Ich möchte fragen: Sollte es unvertretbar sein,
daß auch der Rest der Beschäftigten zwischen 18 und
Man sollte die Entwicklung nicht 2u kurzfristig be-
35 Jahren, denen man noch keine 18 Tage zubilligt,
urteilen, sollte nicht nur kurze Zeiträume, die für
die Konjunkturpolitik von Bedeutung sein können, soweit es nicht der Tarifvertrag vorsieht, einen An-
spruch auf 18 Tage Mindesturlaub bekommt? Da-
berücksichtigen, sondern auf lange Sicht gerade aus
durch wird keine wesentliche Erhöhung der Durch-
gesundheitspolitischen Überlegungen einen ausrei-
schnittsbelastung eintreten.
chenden Urlaub gewähren, weil das letzten Endes
ein volkswirtschaftlicher Gewinn für uns alle sein (Sehr wahr! bei der SPD.)
wird. Wenn wir das nicht tun, dann entstehen die fol-
Natürlich gibt es bei dieser Urlaubsgewährung genden Konsequenzen, auf die ich aufmerksam ma-
Schwierigkeiten, insbesondere bei den Kreisen, die chen möchte. Jugendliche, die nach dem Jugend-
wir heute als Mittelschicht bezeichnen. Aber hier arbeitsschutzgesetz nunmehr Anspruch auf 24 Tage
muß folgendes berücksichtigt werden. Wir können Urlaub haben, bekommen plötzlich, wenn sie das
das Problem der unterschiedlichen Kastenlage nicht 18. Lebensjahr erreicht haben, nur noch einen Min-
damit lösen, daß wir für gewisse Schichten die So- desturlaub von 15 Tagen, wenn nicht der Tarifver-
zialbedingungen zurückschrauben. Damit wäre, ins- trag für sie eine bessere Regelung vorsieht. Wir
besondere bei dem heutigen Arbeitskräftemangel, sollten zweitens beachten, daß wir mit einem Min-
keinem der Betroffenen gedient. Wenn diese Mittel- desturlaub von 15 Tagen hinter der Sozialcharta zu-
schicht schlechtere Sozialbedingungen gewähren rückbleiben, die die Beratende Versammlung des
müßte, würde sie Arbeitskräfte an die Industrie, Europarats schon vor geraumer Zeit aufgestellt hat.
insbesondere an die Großindustrie, verlieren, weil Dort wurde ein Mindesturlaub von drei Wochen ge-
diese in der Lage ist, günstige Arbeitsbedingungen, fordert. Wir sollten drittens beachten, daß, wenn
bessere soziale Bedingungen zu gewähren. Ich wir jüngeren Menschen zwischen 18 und 35 Jahren
glaube, das muß man damit ausgleichen, daß diese einen geringeren Mindesturlaub zubilligen, das ge-
Mittelschichten durch staatliche Förderung, durch rade auch für diese jüngeren Menschen aus gesund-
wirtschaftspolitische, steuerpolitische und allgemein- heitspolitischen Gründen auf lange Sicht nicht
politische Maßnahmen in die Lage versetzt werden, zweckmäßig und nicht vorteilhaft ist.
ihre Arbeitskräfte zu halten und zu erreichen, daß (Sehr wahr! bei der SPD.)
auch bei dem heute angespannten Arbeitsmarkt die
Ich meine, 18 Tage Urlaub für alle wäre ein echter
Arbeitskräfte gerne in den Betrieben dieser Mittel- Fortschritt. Ich glaube auch, daß es Ihnen möglich
schichten arbeiten. sein müßte, über diese restliche kleine Hürde noch
Die Arbeitskraft ist knapp. Wir müssen mit der hinwegzuspringen. Wir sollten vielleicht bei der
Arbeitskraft haushälterisch umgehen, und dazu ge- Verabschiedung dieses Gesetzes nebenbei, sozusa-
hört eben nach unserer Auffassung auch ein Min- gen in Klammern, auch ein bißchen an unsere eige-
desturlaub von 18 Tagen. nen Urlaubsvorstellungen und -ansprüche denken.
Ich darf bei dieser Gelegenheit vielleicht ein biß- (Sehr gut! bei der SPD.)
chen auf die tariflichen Probleme und die Frage der Wir sollten aber insbesondere an den Menschen
Tarifautonomie eingehen, weil sie durch den An- denken, der in unserem sozialen Rechtsstaat im Mit-
trag, den die FDP-Fraktion zur dritten Lesung ge- telpunkt stehen soll und nach dem sich letzten
stellt hat, angeschnitten werden. Ich glaube nicht, Endes die wirtschaftlichen Bedingungen auszurichten
daß man das Problem mit einer starken Bindung der haben.
Tarifparteien lösen kann. Man sollte das Vertrauen
zu den Tarifparteien haben, daß sie in der Lage Ich darf Sie bitten, unserem Änderungsantrag zu-
zustimmen.
sind, abzuwägen, in welcher Form Arbeitszeitver-
kürzung und Mindesturlaub verankert werden kön- (Beifall bei der SPD.)
nen.
(Beifall bei der SPD.) Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
der Herr Abgeordnete Scheppmann.
Ich persönlich habe jedenfalls dieses Vertrauen zu
den Tarifparteien. Ich glaube, daß wir mit einem Scheppmann (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
Mindesturlaub von 18 Tagen einen vernünftigen
Damen und Herren! Namens der CDU/CSU-Fraktion
und guten Richtpunkt setzen. habe ich zu dem Antrag Umdruck 165 Ziffer 1 zu
Wir sollten bei dieser Gelegenheit auch an die erklären, daß wir diesem Antrag nicht zustimmen
3 Millionen nicht tarifgebundener Arbeitnehmer werden. Ich werde eine Begründung dazu geben,
denken, denen wir als Gesetzgeber ebenfalls aus ge- warum wir diese Auffassung vertreten.
2266 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Scheppmann
Unsere Verfassungsordnung überläßt die Gestal- beitszeit und des Urlaubs die Dinge selbst zu regeln,
tung der Löhne und Arbeitsbedingungen der freien ohne daß von hier aus ein Hinweis darauf käme. Ich
Vereinbarung der Sozialpartner, d. h. den in den möchte meinen, daß gerade diese Bemerkung, die
einzelnen Wirtschaftszweigen zuständigen Gewerk- Herr Kollege Hörmann soeben gemacht hat, gegen
schaften und Arbeitgeberverbänden. Dazu gehört den Antrag spricht, den er hier begründet hat.
ohne Zweifel auch die Regelung des Erholungs- (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)
urlaubs. Denn Löhne, Gehälter und Arbeitszeit so-
wie Urlaub kann man unmöglich voneinander Wir sollten bei der Abstimmung dementsprechend
trennen. Sie sind durch Tarifverträge oder Verein- verfahren. Ich bitte daher, den Antrag Umdruck 165
barungen in den einzelnen Tarifbereichen zu regeln. Ziffer 1 abzulehnen.
(Beifall bei den Regierungsparteien. —
Beide Initiativanträge, sowohl der von der SPD
Hört! Hört! bei der SPD.)
wie der von der CDU/CSU, die dem Ausschuß für
Arbeit bei der Beratung des Mindesturlaubsgesetzes
vorlagen, gingen von dem Grundsatz aus, daß jedem Präsident D. Dr Gerstenmaier : Weitere Wort-
Arbeitnehmer ein bezahlter jährlicher Mindest- meldungen? — Herr Abgeordneter Dr. Nissen!
urlaub zusteht und daß dieser Urlaubsanspruch un-
abdingbar ist, d. h. daß die Bestimmungen des Min- Dr. Nissen (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
desturlaubsgestzes nicht durch Dritte zuungunsten und Herren! Einige Unmutsäußerungen von Vertre-
des Arbeitnehmers geändert werden können. Gün- tern der Regierungspartei und die Ausführungen des
stigere Regelungen durch Tarifverträge, Tarifver- Herrn Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit ver-
einbarungen oder einzelvertragliche Abmachungen anlassen mich, als Arzt, der hier im Deutschen Bun-
sind jederzeit zulässig, und damit sind den Ver- destag mitwirken darf, doch einige Bemerkungen zu
besserungen über das Mindesturlaubsgesetz hinaus machen.
keine Grenzen gesetzt. Die in diesem Hohen Hause vertretenen Parteien
In den noch bestehenden elf Länderurlaubsgeset- haben bei der Bekanntgabe ihrer politischen Vor-
zen beträgt der Mindesturlaub 12 Werktage. Ich stellungen in den letzten Jahren übereinstimmend
darf hier vermerken, daß im Urlaubsgesetz des und sehr deutlich das Bewußtsein der Öffentlichkeit
Saarlandes für Jugendliche von 18 bis 21 Jahren für die Bedeutung der gesundheitspolitischen Fra-
ebenfalls von 18 Tagen die Rede ist. Die SPD-Frak- gen in unserem industriellen Zeitalter zu wecken
tion ist der Auffassung, es müßten 18 Tage als versucht. Es ist sicher kein Zufall, daß über hundert
Mindesturlaub im Gesetz festgelegt werden. Meine Ärzte sich bereit gefunden haben, sich um das Man-
Fraktion und auch — wenn ich das gleich miterwäh- dat eines Bundestagsabgeordneten zu bewerben. Ich
nen darf — die Fraktion der FDP halten 15 Tage für glaube, daß es gut wäre, wenn die sechs in diesem
richtig, wobei die CDU/CSU-Fraktion einen Schritt Hause vereinten Ärztekollegen — ähnlich wie die
weiter geht und der Auffassung ist, daß der Min- Grüne Front — in ihren Fraktionen eine Gesund-
desturlaub nach Vollendung des 35. Lebensjahres heitsfront bilden würden.
18 Tage betragen soll.
(Zuruf von der Mitte: Nanu!)
Die SPD-Fraktion stützt sich, wie wir soeben ge- Es genügt nicht, die Öffentlichkeit auf die drohen-
hört haben, bei Ihrer Forderung eines Mindest- den Gefahren hinzuweisen. Die höhere Erkenntnis,
urlaubs von 18 Tagen darauf, daß die Arbeits- auch die Erkenntnis der größeren technischen Mittel,
mediziner aus den verschiedensten Gründen drei muß dazu benutzt werden, auf dem politischen Ge-
Wochen als das Minimum für die Erholung erachten. biet geeignete Abwehr- und Förderungsmaßnahmen
Ich bestreite keineswegs, daß das vom ärztlichen da, wo sie sich zeigen, zu ergreifen.
Standpunkt aus gesehen erforderlich ist. Nur sollten
die Tarifpartner in ihrem Tarifgebiet oder Tarif- Ich sehe in diesem Gesetzentwurf eine Möglich-
bereich solche Vereinbarungen treffen, nicht der keit — nach Anhörung von Fachleuten der Volks-
Gesetzgeber. In der Sache geht es darum, die elf gesundheit —, eine echte gesundheitspolitische
verschiedenen Länderurlaubsgesetze durch ein Bun- Alternativfrage politisch zu beantworten, nämlich
desurlaubsgesetz zu ersetzen, um die Rechtszerplit- die Frage: was können wir tun, nachdem wir das
terung in Zukunft unmöglich zu machen. Ich sage Bewußtsein unserer Mitbürger dafür, daß sie für
nochmals: Der Gesetzgeber sollte nur die Mindest- ihre Gesundheit selbst verantwortlich sind, in die-
grenze festsetzen. Im übrigen wird die Freiheit der sem Maße geweckt haben, um da, wo immer sich
Tarifpartner durch diese Gesetzgebung nicht einge- Gelegenheiten geben, gesetzgeberisch zu helfen
engt. Sie sollen in voller Verantwortung in ihren und zu fördern, damit das Notwendige getan
Tarifbereichen die schon bestehenden sowie die wird? Der ärztliche Rat, daß mindestens drei
künftigen Urlaubsvereinbarungen treffen. Wochen Urlaub nötig sind, wird von uns
allen schon praktiziert. Wir gehen auch davon aus,
(Zuruf von der SPD: Sehr freundlich!) daß die optimale Erholung durch eine Klimaver-
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn änderung erreicht wird. Sie wissen aber, daß die
ich den Herrn Kollegen Hörmann, der den Antrag erste Woche allein dazu notwendig ist, sich dem
der SPD soeben begründet hat, richtig verstanden veränderten Klima anzupassen. Wenn man dann
habe, dann sagte er auch einige Sätze zu dem Ent- nach einer weiteren Woche wirklicher Erholung den
schließungsantrag der FDP. Er brachte sinngemäß Urlaub abbrechen muß, weil man nur über zwei
zum Ausdruck, daß man das Vertrauen zu den Ge- Wochen Urlaub verfügt, dann wird dadurch nicht
werkschaften haben sollte, in den Fragen der Ar- die optimale Erholung erreicht.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2267
Dr. Nissen
Die Antwort auf gesundheitspolitische Anregun- men zu ergreifen, um etwas zu tun im Hinblick auf
gen und Empfehlungen sehen wir in der von Ihnen, die erste Sorge im Bewußtsein der Bevölkerung, die
meine Damen und Herren von der CDU, so sehr Sorge um die Erhaltung ihrer Gesundheit.
gewünschten Privatinitiative unserer Mitbürger, in (Beifall bei der SPD.)
den privaten Förderungsmaßnahmen für eine rich-
tige Familienerholung oder auch in der großen
Campingbewegung.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
der Herr Abgeordnete Behrendt.
(Abg. Ruf: Ausgerechnet! Wo manche ihre
Gesundheit kaputtmachten!)
Behrendt (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
Das ist die Antwort unserer Mitbürger auf die For- und Herren! Nur einige wenige Bemerkungen zum
derung, durch eine sachgerechte Erholung die Ar- Kollegen Scheppmann. Herr Kollege Scheppmann,
beitskraft zu fördern. es ist zwischen und unstrittig, daß die Gestaltung
der Ordnung des Arbeitslebens den Tarifpartnern
(Abg. Ruf: Es gibt auch Urlaubsgeschä
obliegt. Bei einer Mindestregelung über den Jahres
digte!)
urlaub, die wir treffen wollen, handelt es sich dar-
Im Ausschuß für Arbeit hat die Frage, ob wir um, welche Mindestnorm der Gesetzgeber setzen
es uns leisten können, sowohl eine Arbeitszeitver- will. Da halten wir ganz eindeutig Ihren Vorschlag,
kürzung weiter durchzuführen wie gleichzeitig auf 15 Tage Mindesturlaub für die Arbeitnehmer zu ge-
dem Verordnungswege einen Mindesturlaub von währen, nicht für ausreichend. Wir meinen, alle
drei Wochen zu befürworten, zu langen und anhal- Arbeitnehmer sollen 18 Tage Mindesturlaub erhal-
tenden Diskussionen geführt. Ich darf Ihnen, meine ten. Aber nicht alle Arbeitnehmer sind tariffähig.
verehrten Herren Kollegen, aus meiner fünfzehn- Sie wissen genau wie wir, daß etwa 3 Millionen
jährigen Tätigkeit als Industriearzt bei dieser Gele- Arbeitnehmer nicht unter Tarifverträge fallen und
genheit sagen, daß bei der Intensivierung des Ar- diesen nicht die Möglichkeit gegeben ist, über die
beitsvorganges, bei dem auch schließlich etwas her- Gewerkschaften zu einem höheren Mindesturlaub
ausspringt, das verlängerte Wochenende allein dazu zu kommen.
notwendig ist, die Ermüdungsreste, die Ermüdungs- Der Herr Bundesarbeitsminister hat sich schon
rückstände dieser fünftägigen Arbeit einigermaßen einige Male zu dem Thema eines längeren Erho-
abzubauen. Es reicht aber nicht aus, um die im lungsurlaub geäußert. Ich erinnere daran. Herr
Laufe der Arbeit des Jahres angefallenen Ermü- Minister, Sie haben sich z. B. vor dem Gewerk-
dungsrückstände nachhaltig im Sinne einer Erhaltung schaftstag der Industriegewerkschaft Druck und Pa-
der Gesundheit abzubauen. Darüber gibt es fachlich pier in Hannover für einen längeren Urlaub aus-
an sich überhaupt keine Diskussion. Es geht nur gesprochen, ebenso vor der sozialpolitischen Lan-
darum, ob wir das Mehrwissen um diese Dinge auch destagung der CDU in Kiel. Sie haben auch vor der
ausnutzen, um dort mehr zu tun, wo die Gelegenheit Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver-
gegeben ist. bände in Bad Godesberg dazu gesprochen. Dort ha-
ben Sie das allerdings in Verbindung mit der
Ich will dabei die Problematik nicht verkennen,
Arbeitszeitregelung getan.
will die Frage, ob wir uns das im Augenblick lei-
sten können, gar nicht wegwischen. Ich möchte die (Zuruf von der CDU/CSU: Das gehört aber
Frage an Sie nur so stellen: Können wir es uns zusammen!)
leisten angesichts des erschreckenden Maßes der — Dazu werden wir auch noch etwas sagen. Immer-
Zunahme von Frühinvalidität, können wir es uns hin ist in jedem Falle anerkannt worden, daß ein-
leisten angesichts der bekannten Tatsache, daß wir längerer Mindesturlaub nötig ist, als er heute in
einen Bedarf an Arbeitskräften von über einer hal- den Ländergesetzen mit 12 Tagen festgesetzt ist
ben Million Menschen haben, nicht alles zu tun,
das uns nach neuer und fachlicher Erkenntnis be- Ich möchte noch darauf hinweisen, daß heute im
kannt ist, um das viel wichtigere Ziel zu erreichen, deutschen Arbeitsleben — das dürfte man doch bei
nämlich die Kraft und die Gesundheit des Arbeit- der Regelung für den Mindesturlaub nicht übersehen
nehmers zu erhalten?! — mehr als ein Drittel aller Arbeitnehmer Frauen
sind. Haben Sie dabei denn übersehen oder verges-
Ein letztes Wort. Wir haben gerade in den letzten sen, daß von diesen beschäftigten Frauen etwa
Tagen wieder etwas darüber hören können, daß die 41 1/2 % verheiratet sind? Ich habe den Eindruck, daß
klimatischen Zustände im Ruhrgebiet besorgnis- das bei der Würdigung der Frage „15 oder 18 Tage?"
erregend geworden sind. Wir sind durch höhere nicht ausreichend beachtet worden ist.
technische Einsicht in der Lage, diese Dinge zu be-
wältigen. Wir wissen sehr genau, was wir zur Nun noch zu Ihrer Bemerkung, Herr Kollege
Reinhaltung des Wassers tun können. Mich hat die Scheppmann, daß der Antrag des Kollegen Hörmann
Rede des früheren Herrn Ressortsministers sehr auf 18 Urlaubstage, den er für unsere Fraktion ge-
bewegt, der vor einigen Wochen resigniert über die stellt hat, im Widerspruch zu dem stünde, was er
bisherigen — auch verfassungsrechtlich — begrenz- zum FDP-Antrag gesagt hat. Hier steht doch im Ent-
ten Möglichkeiten einer Änderung dieser Zustände schließungsantrag, daß bei künftigen Tarifverhand-
gesprochen hat. Ich möchte meine heutige Jung- lungen vor weiteren Arbeitszeitverkürzungen ein
fernrede mit der Aufforderung an Sie schließen, längerer Urlaub anzustreben ist. Ich meine, meine
dort, wo gesetzgeberische Möglichkeiten überhaupt Damen und Herren, das ist doch ,genauso wie für
nur zu sehen sind, geeignete und mutige Maßnah- uns auch für Sie nicht der Kernpunkt; das kann er
2268 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Behrendt
auch nicht sein, und das ist auch nicht das Problem. Ich meine, es ist zweckmäßig, wenn man sich schon
Hier ist entscheidend, ob wir allen Arbeitnehmern über die Auslegung einig ist, wenn wir darin über-
und vor allen Dingen denjenigen, die wir nicht durch einstimmen, daß man dann das Wort „ununterbro-
Tarifverträge erfassen können, den unumstrittenen chenem" wegläßt.
und auch von Ihnen anerkannten Mindesturlaub
durch das Mindesturlaubsgesetz zu (geben bereit sind Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Wird das
oder nicht. Wort dazu gewünscht? — Bitte sehr.
(Beifall bei der SPD.)
Schmitt-Vockenhausen
Ich habe mir daher erlaubt, den Antrag zu stel Bevor ich zur eigentlichen Begründung unseres
len, in § 13 einen neuen Abs. 3 einzufügen: Antrages komme, möchte ich hier erklären, daß ich
es bedauere, wegen der so oft besprochenen und an-
Die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche
erkannten Schwierigkeiten in Berlin einen besonde-
Bundespost können von den Vorschriften des
ren Antrag für die Regelung des Mindesturlaubs
§1inTarifvertägenabweichn,
in Berlin vorlegen zu müssen. Ich hätte gewünscht,
Das würde bedeuten, daß im Hinblick auf die Ver- daß Sie aus den Ausführungen meines Kollegen
einheitlichung mit der Beamtenschaft auch vom Ka- Hörmann die Schlußfolgerung gezogen und sich ge-
lenderjahr abgewichen und dieses durch das Ge- nerell zu einem Mindesturlaub von 18 Tagen be-
schäftsjahr ersetzt werden kann. kannt hätten. Dann hätten wir hier nicht über eine
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, meine Damen und Sonderregelung für Berlin zu sprechen brauchen.
Herren, wenn Sie diesem Antrag — auch wenn er Nunmehr müssen wir diesen Antrag aber wegen
im Augenblick noch nicht schriftlich vorliegt — zu- der leider so oft strapazierten Sonderbelastungen
stimmen würden. Berlins stellen. Ich bin dabei gezwungen, auch zu
sagen, es könnte der Eindruck entstehen, als poche
Berlin auf diese Sondersituation, als sei Berlin nicht
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge- bundestreu, oder als wolle Berlin auf Grund dieser
ordneter Besold! Situation von Gesetzen abweichen. Meine Damen
und Herren, Sie wissen sicher, daß wir in Berlin das
Dr. Besold (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine größte Interesse daran haben, die Gesetzgebung des
Damen und Herren! Ich bitte, diesem Antrag zuzu- Bundes so weit wie möglich zu übernehmen, daß
stimmen, weil er den Betriebsverhältnissen der uns im Grunde gar nichts daran lingt, davon abzu-
Bundesbahn und der Bundespost entspricht. Es ist weichen, wenn nicht zwingende Notwendigkeiten
auch der Wunsch des Bundespostministeriums, daß vorliegen. Diese scheinen mir hier vorzuliegen. Ich
diesem Änderungsantrag zugestimmt wird. bedauere darum, daß rein optisch der Eindruck ent-
stehen könnte, als wenn unsere Bundestreue in
bezug auf Gesetzgebung und natürlich auch in poli-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Es ist also tischer Hinsicht irgendwie ins Wanken gekommen
jedermann klar, was zur Debatte steht. An § 13 soll wäre. Ich betone ausdrücklich, daß daran nichts ist,
ein neuer Abs. 3 angefügt werden: sondern daß wir gern und immer die bundesgesetz-
Die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche liche Regelung übernehmen — aus diesen politi-
Bundespost können von den Vorschriften des schen Gründen — und daß hier aber, wo zwingende
§ 1 in Tarifverträgen abweichen. Notwendigkeiten sind, leider ein entsprechender
Antrag gestellt werden mußte.
Ich lasse abstimmen. Wer zustimmen will, den
bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Nachdem Sie sich für 15 Tage Mindesturlaub,
Enthaltungen? — Bei einer Gegenstimme und zwei zumindest für die Altersklassen 18 bis 35 Jahre,
Enthaltungen in zweiter Lesung angenommen. entschieden haben, möchte ich sagen, daß die Rege-
lung mit 18 Tagen nicht nur aus Gründen der So-
Wer dem durch diesen Abs. 3 erweiterten § 13
zialpolitik und nicht nur aus arbeitsrechtlichen
zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
Gründen, sondern auch aus gesundheitspolitischen
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 13 ist in der
Gründen — wie hier von einem unserer Sprecher
erweiterten Fassung angenommen.
erklärt wurde — beantragt wurde; denn die ge-
§ 14! — Keine Änderungsanträge. Wer zustim- sundheitspolitischen Gründe hängen wieder mit
men will, den bitte ich um ein Handzeichen. — -
wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Gründen
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen! zusammen. Wirtschaftsfaktoren sind nicht nur Kapi-
§ 15! Hier liegt auf Umdruck 165 unter Ziffer 4 tal, Produktionsmittel, Absatz und Aufträge und
ein Eventualantrag vor. Wird der Antrag begründet? ähnliche, sondern auch die produzierende Kraft, also
— Bitte sehr, Herr Abgeordneter Braun. der Mensch in seinem Arbeitsprozeß.
(Abg. Horn: Das haben wir noch nicht
gewußt!)
Braun (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich habe die Ehre, unseren Antrag zu § 15 — Dann will ich es Ihnen jetzt sagen, wenn Sie es
Abs. 3 Ziffer 1 zu begründen. Nach unserem Antrag noch nie gehört haben. Ich will es sogar noch unter-
soll diese Ziffer lauten: streichen, weil der produzierende Mensch ein Fak-
tor für die Wirtschaft ist und die Wirtschaft ein
§ 4 Abs. i des Gesetzes über die Gewährung Faktor für die Lebensfähigkeit Berlins. In diesem
von Urlaub in Berlin vom 24. April 1952 (GVBl.
Zusammenhang bitte ich das einmal sehen zu wol-
S. 297) in der Fassung des Zweiten Gesetzes len. Deshalb ist die Erhaltung der Arbeitskraft
zur Änderung des Urlaubsgesetzes vom überall, besonders aber in Berlin wesentlich, weil
(GVBl. S....); über das Normalmaß des Kräfteverschleißes in einer
ich möchte meinen, dieses Gesetz ist von gestern modernen Produktion hinaus durch die zusätzliche
und wird wahrscheinlich heute im Gesetz- und Ver- Belastung der gesamten Bevölkerung in Berlin eine
ordnungsblatt von Berlin veröffentlicht. Belastung entsteht, die man beachten muß.
Dieser § 4 sieht materiell vor, daß der jährliche Ich will das Thema dieser Belastung gar nicht
Mindesturlaub in Berlin 18 Werktage beträgt. ausweiten, und zwar der seelischen und der Ner-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2271
Braun
venbelastung, weil es eigentlich bekannt ist. Die einige Schwierigkeiten bei .den Paßkontrollen an der
Wichtigkeit dieser Frage aber zwingt mich, trotz- südlichen Grenze der Bundesrepublik auftraten. Da
dem einige Worte dazu zu sagen, und ich bitte wurden z. B. Paßstellen gestürmt, weil die Warte-
darum um Verständnis. Seit nunmehr 17 Jahren zeiten zu lang waren.
lebt die Berliner Bevölkerung in einer politischen
Nun, die Berliner können sich das gegenüber dem
Situation, die an den Menschen stärkere Anforde-
System drüben nicht erlauben. Dort muß man leider
rungen stellt, als es glücklicherweise im Bundes-
sehr still sein, und man schweigt, weil man sich die
gebiet der Fall ist. Ich erinnere nur an die Blockade,
Folgen vergewärtigt.
an die Spaltung Berlins, an den 13. Juni 1953 und
dann an die Höhepunkte seit 1958, seit der Frei- Sie sind wohl schon alle einmal mit dem Wagen
stadt-Drohung Chruschtschows, und dann an den über die Zonengrenze gefahren. Man atmet doch
13. August 1961, die Mauer. Meine Damen und Her- wohl auf, wenn man diese Strecke mit all den Schi-
ren, Sie hatten alle Gelegenheit, in Berlin zu sein. kanen hinter sich hat. Wer das vermeiden will, fliegt
Sie waren damals alle einstimmig der Meinung, dann ja auch. Ich weiß, daß einige Damen und Her-
nachdem Sie sich persönlich überzeugt haben von ren dieses Hauses den Flugweg bevorzugen, um die-
den Auswirkungen dieser Trennungslinie der Mauer sen Schikanen, Schwierigkeiten und Ungewißheiten
in Berlin, daß sie Auswirkungen auf die Familie, zu entgehen. Nun, der Berliner kann das nicht in
auf den Menschen hat. Sie selbst haben Rück- dem Umfang; das wird ihm zu teuer. Ich wünschte,
schlüsse draußen auf Ihr eigenes Leben gezogen. er könnte das.
Für Sie ist es kaum vorstellbar, daß man den näch- Aber es ist nun einmal eine Tatsache, daß man
sten Menschen nicht sehen kann, nicht besuchen sich von der Belastung der Fahrt heraus aus Berlin
kann, daß man, in absoluter Nähe lebend, trotzdem und wieder hinein nach Berlin erst einmal erholen
getrennt ist. Diese Verhältnisse sind eine Belastung, muß. Ich bitte, das zu würdigen. Dabei geht mehr als
und sie wirken sich im Leben eines jeden Menschen, ein Tag für die Hinfahrt und mehr als ein Tag für
auch der Berliner Bevölkerung, aus. Jeder, der dort die Rückfahrt drauf. Es gibt Berliner, die auf Grund
lebt, ist unter diesem Druck. der schlechten Urlaubsregelung — auch durch Tarif-
Und noch etwas anderes! Die Einengung der Be- vertrag —, eben weil die 14 Tage oder 12 Tage nicht
wegungsfreiheit ist ebenfalls dadurch gegeben, daß ausreichen, auf eigene Kosten, nur um ihre Gesund-
die Berliner von den nächsten Erholungsgebieten heit zu erhalten, 8 Tage zusätzlich nehmen, weil sie
abgeschnitten sind, die Sie von früher sicher alle die Mehrbelastung, die ihnen entsteht, einfach nicht
kennen, die Sie allerdings noch aufsuchen können, ertragen können. Die Zeit reicht dann für den Urlaub
während der Berliner sie nicht mehr aufsuchen nicht aus. Leider ist das kein Einzelfall, und man
kann. Ob Sie die Bedingungen erfüllen wollen, die sollte hier eine grundsätzliche Klärung schaffen.
Ihnen die Ostzone stellt, ist eine andere Sache. Sie Ich muß auch noch ein paar Worte zu den kurz-
können es, Sie haben die Möglichkeit, aber der Ber- fristigen Erholungsmöglichkeiten am Wochenende
liner kann nicht in die Mark Brandenburg, kann sagen. Sie wissen, daß 50 000 Kleingärtner, die in
nicht nach Mecklenburg, kann nicht in die Säch- Westberlin wohnen, vom Zonenrandgebiet abge-
sische Schweiz, kann nicht an die Ostsee. Das sind schnitten sind. 9000 sind, nachdem die Mauer ge-
die natürlichen Erholungsgebiete der Berliner. Sie zogen worden ist, von ihren Kleingärten abgeschnit-
liegen 60 bis 100 km vor den Toren Berlins. Sie ten. Tausende von Westberliner Kleingärtnern haben
waren sonst die Ausweichstellen für die Erholung wegen der Einschnürung Berlins ihre Grundstücke
des Menschen. Jetzt sind sie es nicht mehr. Die Ber- verloren, weil Wohnungen und Industriegebäude
liner sind gebunden, sie müssen jetzt neue Erho-
gebaut werden mußten. Berlin muß ja leben. Dort
lungsgebiete suchen. Dazu müssen sie Strecken von
sind also 2 1/4 Millionen Menschen auf engem Raum
200 km über Helmstedt zum Harz bewältigen, über
zusammengedrängt. Sie müssen zugeben, daß das
200 km über Lauenburg zur Lüneburger Heide oder
eine sehr starke Belastung ist, insbesondere wenn
zur Holsteinischen Schweiz und über 300 km nach
Hof, wenn sie ins Fichtelgebirge kommen wollen. Sie einen Vergleich mit den Verhältnissen im Bun-
desgebiet anstellen. Sie können doch über das
Der Einwand, den man ab und zu hört, daß da nun Wochenende in kürzester Zeit, wenn auch unter
auch der Münchner nicht besser dran sei, wenn einigen Schwierigkeiten, die Erholungsgebiete auf-
er zur Ostsee oder zur Nordsee fahren wolle — oder suchen. Bei uns hier besteht immerhin, wenn auch
umgekehrt —, zieht doch wohl nicht. Denn nach vielleicht nicht genügend die Möglichkeit der Erho-
Überwindung dieser 200 bis 300 km beginnt prak- lung.
tisch erst die Anfahrt zum Urlaubsgebiet. In der Wir sind uns klar, daß infolge all der Zustände,
Bundesrepublik kann glücklicherweise jeder so weit die ich geschildert habe, der Krankenstand erheb-
fahren, wie er will. Er kann 1000 km fahren, er kann lich ist. Die Belastung schlägt sich dort nieder. Ich
aber auch vor seiner Haustür oder 50 km vor seiner darf dazu einige Zahlen anführen. Im ersten Monat
Haustür ein Urlaubsgebiet suchen. Das ist seine An- vor Errichtung der Mauer — am 1. August 1961 —
gelegenheit. Der Berliner kann das aber nicht. hatten wir um 28 % mehr Kranke als das Bundes-
Dabei geht es nicht nur um die zusätzliche Fahrt, gebiet. Am 1. September 1961, also 17 Tage nach
um die Überwindung der Strecke, sondern auch um Errichtung der Mauer, waren es 36 % mehr. Das ist
die Ungewißheit während dieser Fahrt, die Schika- eine Steigerung von 8 % in diesem einen Monat.
nen, die Kontrollen an den Stützpunkten, die Warte- Einige weitere Zahlen: Am 1. August 1961 betrug
zeiten, besonders in den Urlaubsmonaten. Vielleicht der Krankenstand in der Bundesrepublik 5,25 %,
erinnern Sie sich, welche Turbulenz entstand, als in Berlin 6,99. Am 1. September betrug der Kran-
2272 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Braun
kenstand im Bundesgebiet 5,85, in Berlin 8,36 %, gesetzt ist, kommen Sie zu dem Ergebnis, daß die
am 1. Dezember 1961 6,54 % im Bundesgebiet, in arbeitsmäßige Situation für einen jungen Menschen
Berlin 9,55%, und am 1. März betrug die Zahl für in seiner Heimat im Bundesgebiet doch unbestritten
das Bundesgebiet 7,82, für Berlin 12,62. Dann sank günstiger ist. Wenn der junge Mensch nach Berlin
es wieder ab; aber es blieben immer 3 % Kranke geht, bedeutet das für ihn doch irgendwie eine Ver-
in Berlin mehr als im Bundesgebiet. schlechterung. Das erschwert die Werbung unge-
Die Zahlen bei den Frauen sind noch viel furcht- heuer. Das merken die Berliner, wenn sie diese
barer. Die Frauen sind ja infolge der Sorge für ihre Frage anpacken, und die Zahlen beweisen es.
Angehörigen usw. nervenmäßig stärker belastet. Vom Bundesarbeitsministerium sind Vergünsti-
Das wirkt sich auf den Gesundheitszustand und gungen für die Kräfte geschaffen worden, die aus
natürlich auch im Produktionsprozeß aus. Ich möchte Westdeutschland nach Berlin kamen; aber sie bezie-
Ihnen eben die die Frauen betreffenden Zahlen hen sich nur auf das Fahrgeld für Heimfahrten, für
nennen: Am 1. August 1961 betrug der Kranken- die zwei oder vier Tage bewilligt werden, je nach-
stand bei den Frauen im Bundesgebiet 5,19 %, in dem, ob es sich um Ledige oder Verheiratete han-
Berlin 7,96, am 1. September 1961 5,81 % im Bundes- delt. Wenn man weit von Berlin beheimatet ist, rei-
gebiet, 'in Berlin 9,15, am 1. Dezember 1961 im Bun- chen ein Tag hin und ein Tag zurück nicht aus, und
desgebiet 6,25 %, in Berlin 10,15, und am 1. März ein Verheirateter kommt mit vier Tagen hin und
1962 im Bundesgebiet 8 %und in Berlin 13,94. zurück auch nicht aus, sondern jeder muß dann auf
Das sind 5,94 % mehr als im Bundesgebiet. Diese seinen Urlaub zurückgreifen. Er wird ja für die Zeit
Zahl sinkt dann glücklicherweise am 1. Juni auf nur nicht bezahlt, und sein Urlaub wird gekürzt. Ist das
mehr 3,36 ab. nicht eine Verschlechterung, wenn man berücksich-
Die Zahlen für die Anmeldung zur Rentenver- tigt, daß im Bundesgebiet ganz allgemein wesentlich
sicherung auf Grund von Frühinvalidität sehen nicht bessere Arbeitsbedingungen geboten werden?
anders aus, meine Damen und Herren. 54% der Wir haben nun, um diese Belastung auszuglei-
Männer in Berlin haben vor Erreichung des 65. Le- chen, den Antrag gestellt, 18 Tage Mindesturlaub
bensjahres einen Antrag wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. In dem Bericht des Herrn Abgeord-
gestellt, bei den Frauen waren es 80 %. In einer neten Dr. Dörinkel über die Beratung im Ausschuß
Rentenversicherung — Männer und Frauen — wind gesagt, daß die Situation in Berlin anerkannt
haben 60 % vor Erreichung der Altersgrenze einen und, wie es heißt, gewürdigt wurde. Die Würdigung
Antrag gestellt. Diese Zahlen sind im Bundesgebiet bestand aber nicht darin, daß man bei der Beratung
glücklicherweise erheblich niedriger; aber wenn Sie der Berlin-Klausel in § 14 dem Antrag zustimmte,
bedenken, daß der Prozentsatz der Frauen an der
in Berlin 18 Tage Mindesturlaub zu gewähren, viel-
arbeitenden Bevölkerung in Berlin 46 ausmacht
mehr lehnte man diesen Antrag ab. Das ist eine
gegenüber 36 im Bundesgebiet, können Sie sich die
sonderbare „Würdigung", muß ich schon sagen. Ich
Auswirkungen in den Betrieben vorstellen, und es
hätte mir gewünscht, daß die Situation in Berlin mit
kommt mir darauf an, darauf hinzuweisen.
einer Zustimmung zu diesem Antrag gewürdigt
(Zurufe von der Mitte) worden wäre.
— Entschuldigen Sie, diese Frage ist mir viel zu (Sehr wahr! bei der SPD.)
wichtig, als daß ich Rücksicht darauf nehmen könn- Diese Stellungnahme wurde zwar nicht im Schrift-
te, daß es Ihnen etwas zu lange dauert. Es tut mir lichen Bericht, aber in der Ausschußberatung mit
furchtbar leid; aber meine Ausführungen sind auf der zu starken Belastung der Wirtschaft 'begründet.
Grund der Situation notwendig. Sie sollen ja eine Es wurde darauf hingewiesen, daß es die Berliner
Entscheidung fällen, meine Damen und Herren. Wirtschaft schwer habe, Erträge zu erwirtschaften.
(Beifall bei der SPD.) Mit Recht wurde auf die besondere Lage der Wirt-
schaft hingewiesen. Diese kennen wir, und wir
Diese Entscheidung soll auf einer richtigen Würdi-
wollen auch helfen. Das kann man aber nicht damit
gung dieser Fragen beruhen. Mit allgemeinen Re-
densarten ist hier nicht geholfen, und ich will mit tun, daß man durch einen zu geringen Urlaub den
meinen Ausführungen verhindern, daß Sie vielleicht Arbeitskräften nicht die Möglichkeit gibt, sich wie-
in Unkenntnis der Sachlage eine falsche Entschei- der zu erholen; damit schädigt man die Wirtschaft.
dung treffen. Ich will mich aber einmal mit der Frage beschäf-
Es ist wohl ein Kennzeichen der Situation auf dem tigen, ob denn die Ertragsfähigkeit der Berliner
Arbeitsmarkt, daß die Frauen allgemein oder die Wirtschaft dadurch verringert würde, daß man drei
Frauen in Berlin einen so hohen Anteil am Arbeits- Tage mehr Urlaub, also mindestens 18 Tage Urlaub
prozeß haben. Was ist die Folge? Berlin versucht gäbe. In Berlin gibt es 920 000 Arbeitskräfte. Tarif-
verzweifelt, junge Arbeitskräfte im Bundesgebiet verträge haben das Bauhauptgewerbe, die chemische
zu werben, mit dem Erfolg, daß monatlich tausend Industrie, das Bekleidungsgewerbe, die Textilindu-
meist junge Arbeitskräfte kommen. Das ist sehr strie, Banken und Versicherungen — kleine Be-
erfreulich; aber um lebensfähig zu bleiben, reiche — und dann auch das Bestattungsgewerbe.
brauchen wir mehr Arbeitskräfte. Eins ist sicher: Das sind zusammen 149 000 Personen, die über
Wir brauchen junge Arbeitskräfte, und wenn Sie 18 Tage tariflichen Urlaub haben. Hinzu kommen
die Arbeitsbedingungen in Berlin mit denen in der 110 000 Personen des öffentlichen Dienstes und
Bundesrepublik vergleichen und dabei die Situation 43 000 Jugendliche von 15 bis 18 Jahren. Das sind
bedenken, in der sich Berlin befindet, einschließlich zusammen 302 000 Arbeitskräfte mit Urlaub über
der Einschränkungen, denen der Mensch dort aus- 18 Tagen. Es verbleiben somit 618 000. Und nun ist
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2273
Braun
man darauf angewiesen, die Sache aus den Tarif- — Ich bereite mich noch auf etwas vor, entschuldi-
verträgen festzustellen; Betriebszugehörigkeit und gen Sie bitte. —
Alter sind kombiniert für diesen Urlaub von 18 Ta- Ein weiterer Grund für die Ablehnung dieses An-
gen. Nach den Unterlagen wird die Zahl auf 220 000 trags im Ausschuß war die Vereinheitlichung der
Personen geschätzt, so daß ein Rest von 400 000 gesetzlichen Bestimmungen. Dem stimmen wir rest-
Arbeitnehmern — das sind 44 % — zwischen 12 und los zu! Aber vielleicht darf ich mit Erlaubnis des
17 Tagen Urlaub hat. Die Zahl wind wahrscheinlich Herrn Präsidenten hier einmal einen Satz vorlesen,
viel geringer sein, weil jetzt das Gesetz 15 Tage den Herr Professor Dr. Boldt vom Bundesarbeits-
vorschreibt. Ich weiß nicht, ob das für diejenigen, gericht in der Sitzung des Ausschusses vom 15. Juni
die ablehnen wollen, besser ist oder schlechter. Ich 1961, auf die sich der Schriftliche Bericht bezieht —
meine, man sollte das ruhig einmal durchrechnen. ich betone: 1961 war bereits diese gutachtliche An-
Mir wurde gesagt, es seien ja nur noch 60 000 Ar- hörung —, vorgetragen hat. Er sagte: Insbesondere
beitnehmer. Ich würde mich gerne der Zugrunde- sind folgende grundsätzliche Punkte unterschiedlich
legung dieser Zahl anschließen; aber ich möchte mal geregelt: Kreis der urlaubsberechtigten Personen,
von den 400 000 Arbeitnehmern ausgehen und als Urlaubsjahr, Urlaubsdauer, Wartezeit, Gewährung
Grundlohn den Durchschnittslohn von 355,80 DM im von Urlaub, Eintritts- und Austrittsjahr, Urlaubs-
Monat nehmen, wie ihn die AOK 1961 in Berlin zu- übertragung, Urlaubsentgelt usw. und die vielen,
grunde gelegt hatte. 355,80 DM mal 400 000 ergibt vielen Fragen, die sich aus den verschiedenen Be-
1,708 Milliarden DM. stimmungen in den Landesgesetzen ergeben. -
(Unruhe.) Natürlich sind wir damit einverstanden, daß hier
— Die Rechnung ist nicht lang. — Drei Tage machen eine Vereinheitlichung des Rechts herbeigeführt
1 % der Jahreslohnsumme aus, 6 Tage 2 %, so daß wird. Aber die Frage der Tage dürfte doch wohl die
im Höchstfalle 2 % von 1708 Millionen DM gleich geringste Sorge machen bei der Vereinheitlichung
34,16 Millionen DM als Belastung der Wirtschaft oder bei einer Abweichung; denn das ist ein klares
herauskommen, wenn volle 6 Tage mehr gewährt Bild. Unklar werden die Bilder doch nur, wenn es
wenden; wenn es nur 3 Tage sind, dann die Hälfte. um Urlaubsjahr, Anrechnungszeiten, Wartezeiten
Das würde also 0,25 bis 0,58 % der Jahresbrutto- und ähnliches mehr geht. Die Frage, ob 15 oder
lohnsumme ausmachen. 18 Tage, dürfte keine Schwierigkeiten machen.
Das ist aber nur eine theoretische Größe, meine Ich darf vielleicht noch einmal einen Satz von
Damen und Herren, weil damit nicht der Produk- Herrn Dr. Boldt zitieren. Er sagt: wir gehen davon
tionsverlust enfaßt wind; denn 100 000 sind nicht aus, daß im Zuge des Erlasses eines solchen Geset-
produktiv im Sinne einer betriebswirtschaftlichen zes die landesrechtlichen Urlaubsbestimmungen be-
Kostenrechnung und müssen durch Arbeitsgemein- seitigt und landesrechtliche Sonderregelungen, die
schaften den Urlaubsausfall wieder erarbeiten. aus irgendeinem Grund aufrechterhalten werden
Ich lasse aber die Summe einmal gelten und frage sollen, in die Ü bergangsbestimmungen übernommen
(fortgesetzte Unruhe und Lachen bei der werden sollen. Damit haben Sie auch von juristi-
CDU/CSU) scher Beurteilung der Dinge her die Möglichkeit,
daß man nur geordnet sehen will, wo notwendige
— ja, man kann darüber lachen; setzen Sie sich ein- Sonderregelungen untergebracht werden können. Es
mal ernsthaft damit auseinander! —: Meinen Sie, ist nicht so, daß keine darin sein dürften, und ich
daß die Wirtschaft das nicht tragen kann? meine, daß Sonderregelungen eben nicht ausge-
Wir sind an einer gewinnerzielenden Wirtschaft schlossen sind. Wir haben ja selbst in diesem Ge-
äußerst interessiert. Das beweisen alle unsere Be- setz, das wir heute verabschieden, einige Sonder-
mühungen — bitte, Sie können sich davon überzeu- regelungen für strukturell andere Situationen, näm-
gen; lesen Sie die Protokolle; denken Sie an das lich für das Baugewerbe — hier gilt das Kalender-
letzte Wirtschaftsfönderungsgesetz! —, der Wirt- jahr — und im Seemannsgesetz.
schaft dort zu helfen, wo es notwendig ist, weil die
Wirtschaft für uns in Berlin lebenswichtiger ist als (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben zuviel
vielleicht in anderen Gebieten. Aber bitte, unsere Urlaub gehabt!)
Haltung ist unter Beweis gestellt, und wir sind auch — Ja, ich weiß. Sie haben ja auch das Wort „Ur-
bereit, immer wieder Notlagen der Wirtschaft zu laubsgeschädigte" geprägt. Mir ist die Sache zu
prüfen und die Wirtschaft zu unterstützen. Wir ha- ernst, als daß ich mich mit diesen billigen Zwi-
ben ein großes Heft, in dem steht, welche Verbesse- schenrufen auseinandersetzte.
rungen der Berliner Wirtschaft gewährt werden Nun, wie die Dinge auch liegen mögen, diese
müssen. Aber glauben Sie nicht auch, bevor man die Abweichungen aus strukturellen Gründen sind be-
Frage nach den 38 Millionen und weniger stellt, daß reits im Gesetz enthalten, und ich frage nun: Liegt
es nicht eine Möglichkeit gibt, diese Last, die sich in der Berliner politischen, wirtschaftlichen, gesund-
aus dem Mehrurlaub ergibt, auszugleichen? Die Sen- heitspolitischen Situation nicht auch ein wichtiger
kung des Krankenstandes um 0,6 bis 0,7 % würde Grund, mehr als nur ein struktureller Unterschied,
bereits den Ausgleich dieses Betrages schaffen. und ist bei der Frage: Vereinheitlichung der Ge-
Nun, meine Damen und Herren, ich nehme an, setze dieser Punkt nicht besonders zu würdigen?
daß diese Begründung — finanzielle Belastung der Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß es
Wirtschaft — kein Argument Ist. bereits mehr als 80 Gesetze und Verordnungen gibt,
Nun die zweite Frage, meine Damen und Herren. bei denen Berlin leider abweichen mußte.
(Anhaltende Unruhe und Zurufe.) (Sehr wahr! bei der SPD.)
2274 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Dezember 1962
Braun
Sie haben, meine Damen und Herren, zwar nur eine Angesichts dieses Verhaltens aller Tarifpartner
Liste, die ad hoc für den Ausschuß aufgestellt haben die Gewerkschaften ab 1960 darum gebeten,
wurde, in der lediglich etwa 35 Gesetze aufgezählt in Berlin ein Mindesturlaubsgesetz zu schaffen. Man
werden. Die Berliner sind nicht glücklich, daß sie ist nämlich auf dem Wege über Tarifverhandlungen
diese Ausnahmeregelungen haben; aber sie sind mit in Berlin nicht weitergekommen. Man hat bereits be-
Ihrer Zustimmung erfolgt, und ich glaube, daß man gonnen, seitens der Gewerkschaften in die Tarifver-
hier nun nicht splitterrichterlicher oder pingliger träge hinsichtlich der Urlaubsfrage Kündigungs-
sein und sagen soll, in diesem Gesetz sei das un- klauseln einzuführen, in der Hoffnung, daß eine
möglich. gesetzgeberische Regelung erfolgt. Aber wie kommt
das? Es sind hier die Zahlen der nicht tarifgebun-
Meine Damen und Herren, ist das denn eine denen Partner in Berlin genannt worden. Diese sind
Grundsatzfrage: 15 oder 18 Tage? Ich glaube, Sie ganz besonders hartleibig und hartnäckig
haben sich überwiegend bereits weitgehend zu
18 Tagen — zwar noch nicht entschlossen, aber Sie (Zurufe)
haben die Berechtigung anerkannt, und ich bin bei- hinsichtlich der Frage, keine Abschlüsse zu tätigen.
nahe bereit, darüber zu streiten, was denn nun Ich darf Ihnen sagen, es gibt auf anderen Gebieten
Grundsatz in diesem Gesetz ist, 15 oder 18 Tage. in der Wirtschaft Beweise dafür, daß man nicht
Erst vom 35. Lebensjahr ab 18 Tage, vorher 15 Tage! gewillt ist, tarifrechtliche Regelungen zu schaffen.
Meine Damen und Herren, hier von Grundsatz zu
reden, ist meiner Ansicht nach doch recht frag- Nun darf ich Ihnen nur einen einzigen Fall schil-
würdig. dern. Eine Fachvereinigung des Großhandels z. B.
hat erklärt, daß sie nicht bereit ist, irgendwie ge-
Nun hat man bei der Ablehnung dieses unseres artete weitergehende Verpflichtungen, als sie bisher
Vorschlages auf die Tarifpartner hingewiesen. Es hinsichtlich der Urlaubsfrage vorgesehen sind, zu
tut mir leid, hier etwas über das Vertrauen in die übernehmen,
Tarifpartner sagen zu müssen. Sie haben bei der (Zurufe von der Mitte: Sie strapazieren uns
Begründung, Herr Kollege Scheppmann, allerdings aber sehr!)
nur auf die Gewerkschaften hingewiesen; zu den
Tarifpartnern gehören doch auch die Firmen, die weil sie im Hinblick auf eine eventuelle politische
Betriebsvertretungen, die Verbände, und die haben Krise — im Hinblick auf eine eventuelle politische
Sie leider nicht erwähnt. Ich muß sie leider vorzugs- Krise! — keine Möglichkeit für die Zukunft sieht,
weise erwähnen, weil da in Berlin bedauerlicher- derartige Verpflichtungen wieder zurückzuziehen.
weise nicht sehr viel „drin" ist. Ich will es Ihnen (Zurufe von der Mitte.)
ganz kurz sagen. Man sollte erwarten, daß es so — Ich höre das Wort „prima" ; ich komme darauf
wäre, wie hier gesagt wurde: die Tarifpartner sollen zurück.
aus der Lage heraus die Dinge beurteilen und da- (Lachen und Zurufe von der Mitte.)
nach handeln. Bis 1959 hatten wir in Berlin den Wi-
derstand der Arbeitgeberverbände zu verzeichnen, Aus dem Grunde ist also dort eine tarifvertragliche
und zwar zu einem Mindesturlaubsgesetz mit 18 Ta- Regelung abgelehnt worden. Glücklicherweise ist
gen. Dann zeichnete sich in der Mitte des Jahres dieser Fall, daß man aus politischen Gründen, wegen
1960 eine Zustimmung zu 18 Tagen ab, bis zu dem der Situation Berlins, so handelt, nur vereinzelt auf-
Augenblick, wo Sie, meine Damen und Herren von getreten. Wenn die Arbeitnehmer so dächten, wäre
der CDU, 15 Tage in das Urlaubsgesetz hineinbrach- es schlimmer. Gott sei Dank können wir uns bei
ten. In dem Augenblick plädierten unsere Arbeit- ihnen auf klare Gedanken stützen. Glücklicherweise
geberverbände in Berlin dafür, daß wir auf das handeln auch andere Verbände nicht so. Es war also
Bundesurlaubsgesetz warten sollten, weil sie eben eine Ausnahme. Aber darf ich Sie bitten, einmal
damit rechneten, daß dabei nur 15 Tage heraus- daran zu denken. So ist die Situation. Meinen Sie,
es würde in Berlin nicht auffallen, wenn dort ge-
kommen würden.
streikt wird? Da fällt es sehr auf. Und 1961 mußte
Ich möchte Sie nun nicht über Gebühr strapazieren. man im Holzgewerbe streiken, weil man den Min-
(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU.) desturlaub von 15 auf 18 und 122 Tage erhöht haben
wollte.
Ich hoffe aber, daß der Brief von der Zentralstelle
der Berliner Arbeitgeberverbände, der einigen Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gestatten Sie
Herren vorliegt, hier nicht zur Grundlage der Aus- eine Zwischenfrage?
sprache gemacht wird. Sonst müßte ich von vorn-
herein hier darüber sprechen, Richarts (CDU/CSU) : Herr Kollege, gestatten Sie
(Lachen bei der CDU/CSU) eine Frage? Können Sie mir sagen, wie lange Sie
noch reden wollen? Ich frage, damit ich meine Zeit
oder Sie hätten das Vergnügen, daß ich nachher zu einteilen kann; ich habe heute nachmittag noch mehr
diesem Brief noch einmal spreche. zu tun.
(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.) (Heiterkeit und Zurufe.)
— Ob das Vergnügen fragwürdig ist, weiß ich nicht Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen-
und lasse ich dahingestellt; es ist für mich nicht inter- blick! Solche Zwischenfragen sind nicht zulässig.
essant. Für mich ist interessant, daß Sie wissen, (Abg. Braun: Ich kann sie trotzdem beant-
was in dieser Sache los ist. worten!)
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2275
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Das gibt es auch am Freitag mittag um 1 Uhr noch reichen zugute. Sie können auf diesem Gebiet helfen,
nicht. Sie müssen im Gegenteil Respekt für eine indem Sie der Vorlage zustimmen.
Jungfernrede aufbringen. (Beifall bei der SPD.)
(Heiterkeit.)
Ich gebe zu, daß für Jungfernreden Freitag gegen Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge-
Mittag eine ungünstige Stunde ist. ordneter Stingl!
(Abg. Braun: Ich nehme es mit in Kauf,
Herr Präsident! — Heiterkeit.) Stingl (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Damen
— Bitte sehr, fahren Sie fort. und Herren! Der Herr Vorredner hat angekündigt,
wenn die Stellungnahme des Zentralverbandes der
Berliner Arbeitgeberverbände hier angezogen
Braun (SPD) : Jedenfalls ist es ein Novum ge- werde, werde er noch einmal heraufkommen. Meine
wesen: 1961 mußte die Industriegewerkschaft Bau Damen und Herren, fürchten Sie sich nicht, ich
streiken, damit der Mindesturlaub erhöht wurde. werde sie nicht anziehen.
Streik in Berlin bedeutet etwas; das möchte ich (Beifall bei der CDU/CSU.)
meinen.
(Zurufe von der Mitte.) Ich fürchte, Herr Kollege Braun, Sie haben der
Berliner Sache nicht unbedingt einen guten Dienst
Ich glaube, daß es im Interesse der Wirtschaft und erwiesen.
der Lebensfähigkeit Berlins lag, daß dieser Zustand (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)
beendet wurde.
Die Dinge, die Sie aufgezählt haben, stimmen zum
Darum hat der Berliner Senat eine Vorlage ein- größten Teil, nur haben sie keinen unmittelbaren
stimmig — beide Parteien haben zugestimmt — ver- Bezug zu diesem Gesetz. Die Lasten, die Berlin be-
abschiedet, und auch das Abgeordnetenhaus hat ihr sonders zu ertragen hat, hat dieses Haus sehr häu-
mit allen Stimmen — die beiden Parteien CDU und fig erörtert. Dieses Haus hat Beschlüsse gefaßt, die
SPD — gegen eine einzige Stimme zugestimmt. CDU die Wirtschaftskraft, die Arbeitskraft in Berlin stär-
und SPD sind ja dort in einer Koalition. Es war Ein- ken sollen.
stimmigkeit bis auf eine Stimme. Auch im Senat war
Einstimmigkeit. Nun sagen Sie, das sei auch bei diesem Urlaubs-
gesetz unbedingt notwendig. Dazu darf ich zunächst
Die Vorgänge — ich vermerke, daß sich einige fragen: Warum verhandeln wir hier ein Urlaubs-
der Herren wahrscheinlich darauf präparieren — gesetz? Weil wir endlich eine Rechtseinheit im ge-
sind allerdings etwas verschwommen. Man hat in samten Bundesgebiet haben wollen! Nun sollen
Berlin darauf gewartet, daß wir das Gesetz hier ver- ausgerechnet wir Berliner, die wir ständig sagen,
abschieden, in der Hoffnung, daß man Berlin 18 Tage daß wir unter allen Umständen in das Rechtssystem
zuerkennt. Ja, man hat Berlin gebeten, die Verhand- des Bundes eingegliedert werden wollen, plötzlich
lungen, die Beratungen und die Beschlußfassung wieder ein Sondergesetz haben! Ich halte es für
auszusetzen. Ja, man hat Herrn Senator Exner ein- einen sehr unguten Stil, daß das Berliner Abgeord-
geladen und als Sachverständigen gehört. Ergebnis netenhaus gestern einen Beschluß zum Urlaubs-
nach Würdigung der Dinge: abgelehnt! Aus der Ver- gesetz gefaßt hat, um unsere Gesetzgebung zu prä-
antwortung für Berlin, für den Fortgang des Lebens judizieren. Ich halte diesen Stil nicht für sehr gün-
dort ist dieser Beschluß in Berlin gefaßt worden. stig, zumal es jetzt nicht darum geht, durch diese
und glauben Sie mir, soweit ich orientiert bin, unter Bestimmungen ein in Berlin bestehendes Recht ab-
größtem Bedauern des Abgeordnetenhauses. Beide zubauen. Das bestehende Recht in Berlin sieht zwölf
Parteien hätten gewünscht, daß der Beschluß hier Tage Mindesturlaub vor. Wir setzen Berlin auf den-
gefallen wäre und nicht woanders. selben Stand, den wir im Bundesgebiet haben. Das
Bei der Erörterung dieses Problems dürfen nicht ist unser fester Wille. Das sage ich als Berliner. Es
nur sozialpolitische oder wirtschaftspolitische Ge- wird niemand im Hause sein, der mir nachsagen
sichtspunkte in den Mittelpunkt der Betrachtung ge- könnte, ich hätte kein Herz für diese meine Stadt
stellt werden, sondern auch die politischen Probleme Berlin; aber weil ich das habe, will ich nicht, daß
müssen mit beurteilt werden. Mit der Erhaltung der Berlin von der gesetzlichen Norm abweicht, zumal
Leistungsfähigkeit der Arbeitskraft für die Wirt- diese gesetzliche Norm eine Mindestnorm ist, auf
schaft geht die Notwendigkeit parallel, auch die der aufzubauen den Tarifvertragsparteien und dem
Widerstandsfähigkeit der Menschen zu stärken, da- einzelnen bei Abschluß eines Arbeitsvertrages mög-
mit sie durchstehen können. Wie lange diese Wider- lich ist. Ich darf dazu sagen, daß das auch von der
standsfähigkeit notwendig ist, das ist, so möchte ich Wirtschaft erkannt wurde. In einigen Tarifverträgen
meinen, nicht abzusehen. Damit wird man auch in wurden in Berlin sogar höhere Urlaubszeiten als
bestimmter Hinsicht hier mit für die Zukunft Berlins im Bundesgebiet beschlossen.
verantwortlich, zumindest beeinflußt man sie. Es Herr Kollege Braun, ich will nicht auf alles ein-
geht nicht darum, daß man Berlin Geschenke macht, gehen, was Sie gesagt haben. Eine Bemerkung darf
es geht nicht darum, unverantwortliche Wünsche zu ich aber wohl nicht unwidersprochen lassen. Sie
fördern. Die Berliner wollen keine Geschenke, wie haben die Krankenstände aufgezählt. Herr Kollege
ich weiß — erinnern Sie sich an das Wort „Zitter- Braun, man kann mit Krankenständen nicht argu-
prämie" —, aber sie wollen eine Anerkennung, und mentieren, wenn man dabei nicht die Altersklassen
sie wollen eine Hilfe. Die Hilfe kommt allen Be- angibt. Denn Sie wollen auch nicht mehr Urlaub
2276 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Stingl
für alle Berliner und für alle die, die von dieser Wenn man die Appelle an die Sozialpartner hört,
Krankheitsanfälligkeit betroffen sind, zumal jedem dann kann man zu dem Eindruck kommen, als glaube
bekannt ist, daß der Altersaufbau Berlins völlig man, daß man nur die Sozialpartner zusammenzu-
unterschiedlich gegenüber dem im Bundesgebiet ist. rufen brauche und schon habe man 18 Tage Urlaub.
Den hätte man bei den Krankenständen berücksich- Meine Damen und Herren, ich sage hier ganz offen,
tigen müssen daß auch die Berliner Arbeitgeber und ihre Organi-
(Abg. Braun: Es sind doch Arbeitnehmer sationen im Prinzip die gleiche Abneigung haben,
zahlen!) mit den Gewerkschaften zum Abschluß tarifvertrag-
licher Vereinbarungen zu kommen. Sie sind insofern
— Herr Braun, jawohl. — — keineswegs besser — ich sage: aber auch nicht
(Abg. Braun: Die Krankenstände sind auf schlechter — als die Arbeitgeber und ihre Organi-
Arbeitnehmer bezogen!) sationen in der Bundesrepublik.
— Die Krankenstände sind auf Arbeitnehmer be- Das ist für Berlin deshalb ganz besonders be-
zogen. Alle Arbeitnehmer über 35 Jahre haben nach dauerlich, weil die Gewerkschaften in dieser Stadt
den Bestimmungen, die wir jetzt beschlossen ha- entscheidend dazu beigetragen haben, die Freiheit
ben, 18 Urlaubstage. Sie können also, wenn Sie ein Berlins zu schaffen und zu erhalten, und daß sie das
objektives Bild entwerfen wollen, die Zahlen nur für zu einer Zeit getan haben, als angesichts der sowje-
diejenigen heranziehen, die unter 35 Jahre alt sind. tischen Bajonette in Berlin noch gar nicht an eine
Denn Sie wollen ja auf die 18 Tage nicht auch noch sogenannte unternehmerische Initiative zu denken
3 Tage aufschlagen, die Zeit also für die Älteren auf war. Diese politisch konstruktive Tätigkeit, diese
21 Tage heraufsetzen. Das habe ich jedenfalls bisher gewerkschaftspolitisch maßvolle Haltung muß,
nicht gehört. glaube ich, bei der Verabschiedung dieses Gesetzes
mit berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, wir sollten nicht ver-
Drittens. Ich darf .Sie sehr herzlich darum bitten,
kennen, daß sich Berlin in einer besonderen Situa-
den gestern vom Berliner Abgeordnetenhaus gefaß-
tion befindet, daß dort besondere Tatbestände vor-
ten Beschluß, der gegen nur eine Stimme zustande
handen sind und besondere Maßnahmen durchge-
kam, hier durch Ihr Votum zu akzeptieren, indem
führt werden, z. B. die, daß den Berlinern die Flüge
Sie unserem Antrag zustimmen. Es wäre doch falsch,
begünstigt werden, daß wir ihnen Zuschüsse für
anzunehmen, daß die Berliner CDU damit die Regie-
Flüge gewähren, wenn sie nicht durch die Zone fah-
rungspartei dieses Hauses unter Druck setzen
ren können. Aber das Prinzip, das uns mehr als die
wollte. Meine Damen und Herren, ,daran hat in Ber-
Detailfrage bewegen muß, ist, daß die Rechtseinheit
lin keiner gedacht. Sie dürfen vielmehr ruhigen Ge-
zwischen dem Bund und Berlin unter allen Umstän-
wissens davon ausgehen, daß die Berliner Abgeord-
den gewahrt bleibt. neten in jenem Repräsentantenhaus wissen, was
(Beifall bei der CDU/CSU.) dieser Stadt guttut, und daß ihre Entscheidung nicht
etwa Gegenstand gar parteipolitischer Auseinander-
setzungen oder Betrachtungen ist.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier : Weitere Wort-
meldungen? — Wollen Sie über das Saarland oder Hier geht es darum, 18 Arbeitstage für alle Ar-
über Berlinsprechen? beitnehmer als Urlaubstage zu bekommen, nicht um
sie besserzustellen, sondern — das hat Kollege
(Abg. Liehr: Über Berlin!) Braun sehr umfassend dargestellt — um sie im Prin-
— Bitte sehr. zip in der Tat mit den Arbeitnehmern der Bundes-
republik gleichzustellen. -
Liehr (SPD) : Meine sehr verehrten Damen und Ich darf Sie herzlich bitten, unserem Antrag zuzu-
Herren! Ich möchte mich mit genau dein gleichen stimmen.
rasanten Tempo, in dem der Kollege Stingl gespro- (Beifall bei der SPD.)
chen hat, mit drei Punkten beschäftigen.
Erstens. Es geht hierbei mit um die Grundsatz- Präsident D. Dr. Gerstenmaier : Weitere Wort-
frage, ob Sie durch Ihre Entscheidung über den Inhalt meldungen zu diesem Punkt? — Das ist nicht der
dieses Gesetzes dazu beitragen wollen, daß Berlin Fall.
künftig noch mehr junge Arbeitnehmer bekommt, Ich lasse über den Antrag Umdruck 165 Ziffer 4,
als es bisher der Fall ist. soweit er sich auf Ziffer 1 des § 15 Abs. 3 bezieht,
(Beifall bei der SPD.) abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag zustim-
men will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ge-
Hier geht es mit darum, vorbildliche Arbeitsbedin- genprobe! — Das ist die Mehrheit; der Änderungs-
gungen für Berlin zu schaffen. Wir wissen alle, daß antrag ist insoweit abgelehnt.
dabei der Urlaub von ganz entscheidender Bedeu-
tung ist. Wir kommen zu dem zweiten Teil des Änderungs-
antrags Umdruck 165 Ziffer 4; er bezieht sich auf
Zweitens. Es ist die Frage aufgeworfen worden, das Saarland. Das Wort hat der Abgeordnete
inwieweit der Wunsch, der auch durch einige Ihrer Hussong.
Anträge zum Ausdruck kommt, 18 Tage Mindestur-
laub auf tarifvertraglichem Wege zu erreichen, hier Hussong (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
mit zur Diskussion steht. Lassen Sie mich dazu nur und Herren! Ich habe den Auftrag, den letzten Teil
folgendes sagen. unseres Änderungsantrages zu begründen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2277
Hussong
Unserem Antrag liegt folgender Tatbestand zu- Ich möchte ein Wort zu den Hinweisen sagen, die
grunde. Bereits im Jahre 1947 ist im Saarland das in der Diskussion zur Begründung der Nichtauf-
Mindesturlaubsgesetz eingeführt worden. Nach die- nahme einer Besitzstandsklausel für die an der Saar
sem Gesetz erhalten die Arbeitnehmer und Lehr- beschäftigten Arbeitnehmer von 18 bis 21 Jahren
linge wie auch in anderen Ländern grundsätzlich vorgebracht worden sind. Dabei ist darauf hinge-
einen Urlaubsanspruch von 12 Tagen. Um jedoch wiesen worden, daß der Urlaubsanspruch auf
bei Vollendung des 18. Lebensjahres den Sprung 18 Tage tarifvertraglich geregelt werden könne. Ich
von 24 Tagen Urlaubsanspruch nach dem Arbeits- darf Ihnen dazu folgendes sagen. Es gibt an der
schutzgesetz auf die Hälfte, nämlich 12 Tage, zu Saar wie überall eine große Anzahl von Tarifver-
verhindern, bestimmt das saarländische Urlaubs- trägen. Wir haben ja auch einige Erfahrungen bei
gesetz, daß Arbeitnehmer von 18 bis 21 Jahren der wirtschaftlichen Rückgliederung des Saarlandes
einen Anspruch von 18 Tagen Jahresurlaub haben. in den Bund gesammelt. Ich glaube, es ist irreal, an-
Diese Regelung dürfte der allgemeinen ärztlichen zunehmen, daß die Tarifverträge, die durch lang-
Erkenntnis entsprechen, daß im 18. Lebensjahr kein wierige Verhandlungen abgeschlossen werden muß-
Einschnitt in der Entwicklung des jungen Menschen ten, jetzt nur zu dem Zweck aufgekündigt werden
erfolgt und daß die körperliche Entwicklung vor sollen, für die Jugendlichen von 18 bis 21 Jahren
dem 21. Lebensjahr nicht abgeschlossen ist. Wir nun einen Zusatzurlaub von 3 Tagen in neuen län-
bedauern es deshalb auch, daß die Mehrheit dieses geren Verhandlungen festzusetzen.
Hauses, wenn sie schon nicht bereit war, einen ge- Selbst wenn man unter diesen Voraussetzungen
nerellen Anspruch von 18 Urlaubstagen anzuerken- zu tariflichen Regelungen — wenn auch unter er-
nen, wie er im Entwurf der SPD gefordert war, nicht schwerenden Umständen—kommen sollte, verbleibt
wenigstens für die jugendlichen Arbeitnehmer im immer noch der Rechtsanspruch vieler junger Men-
Alter von 18 bis 21 Jahren einem Urlaubsanspruch schen, für die tarifvertragliche Regelungen nicht
von 18 Tagen zugestimmt hat. bestehen und für die ein Urlaubsanspruch deshalb
Das saarländische Urlaubsgesetz weicht in wei- auch nicht gesichert ist. Der Hinweis auf entspre-
teren zwei Bestimmungen hinsichtlich der Dauer des chende Abmachungen im Einzelarbeitsvertrag ver-
Erholungsurlaubs von den entsprechenden Regelun- mag nicht zu überzeugen. Bei der engen indi-
gen der übrigen Ländergesetze ab: Erstens wird viduellen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und
bestimmt, daß sich die Urlaubsdauer bei einer Be- Arbeitgeber in diesem Bereich kann ein solcher ver-
schäftigungszeit von je fünf Jahren bei dem gleichen traglicher Abschluß doch sicherlich nur unter er-
Arbeitgeber um einen Tag bis zur Höchstdauer von schwerenden Umständen erfolgen. Die im Ausschuß
18 Tagen erhöht. Zweitens erhält jede im Arbeits- vorgetragene Hoffnung, daß die Arbeitgeber im
verhältnis stehende Frau pro Kind für jedes Be- Hinblick auf die fünfzehnjährige gesetzliche Rege-
schäftigungsjahr einen Zusatzurlaub von zwei Ta- lung den 18- bis 21jährigen Arbeitnehmern weiter-
gen, wenn das Kind unter 15 Jahre alt ist und sich hin freiwillig 18 Tage statt der nunmehr gesetzlich
im Haushalt der Mutter befindet. fixierten 15 Tage Urlaub gewähren werden, ist
Hinsichtlich des letzten Punktes gehen die gesam- sicherlich nur ein Wunschdenken. Das wird in eini-
melten Erfahrungen dahin, daß von diesem Recht gen Fällen vielleicht so sein, in der Mehrheit der
nur in begrenztem Umfang Gebrauch gemacht wor- Fälle wird diese soziale und gesundheitsfürsorgliche
den ist. Mit aus diesem Grunde, aber auch — und Haltung sicherlich nicht bestehen.
das sei besonders betont — aus der Bereitschaft, an Meine Damen und Herren, bei dieser Sach- und
der Schaffung einer möglichst weitgehenden Ver- Rechtslage werden künftighin im Saarland die
einheitlichung des Bundesurlaubsrechtes mitzuwir- Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 21 Jahren keine
ken, haben wir die Aufnahme der saarländischen 18 Tage Urlaub mehr, sondern nur noch 15 Tage
Regelung in dieses Gesetz nicht gefordert. Mindesturlaub erhalten. 15 ahre lang ist das saar-
Die Frage der Gewährung von Zusatzurlaub bei ländische Urlaubsgesetz ohne Erschwernisse prak-
längerer Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer tiziert worden, sogar in den letzten drei Jahren, in
und von Zusatzurlaub für Arbeitnehmer, die unter denen sich die saarländische Arbeitgeberschaft mit
erschwerenden Arbeitsbedingungen zu arbeiten der bundesrepublikanischen Konkurrenz messen
haben, ist im Ausschuß ausführlich behandelt wor- mußte. Ich will auch hier anerkennen, daß es von
den. Die im ursprünglichen Entwurf der CDU/CSU der Seite der Arbeitgeber in der Frage der Gewäh-
enthaltene Bestimmung, die vorsah, bei einer fünf- rung von drei Tagen Mehrurlaub für diesen jungen
jährigen Dauer des Arbeitsverhältnisses beim glei- Personenkreis keinerlei Schwierigkeiten gegeben
chen Arbeitgeber einen Urlaubsanspruch von 18 Ta- hat. Es wäre angesichts dieser Tatbestände für die
gen anzuerkennen, ist von der Mehrheit der Mit- betroffenen jungen Menschen an der Saar unver-
glieder des Ausschusses nicht mehr in den Entwurf ständlich, wenn ihnen ausgerechnet von diesem
aufgenommen worden. Um auch bei dieser Teilfrage Hohen Hause und in dieser Stunde ein Recht ge-
zu einer Rechtsvereinheitlichung zu kommen, haben nommen würde, das ihnen im Jahre 1947 von der
wir hier ebenfalls davon abgesehen, eine Sonder- französischen Besatzungsmacht zugestanden worden
regelung fü das Saarland im Rahmen dieses Geset- ist.
zes zu fordern. Es kann insoweit auch unterstellt Wenn Sie unserem Antrag zustimmen, wird auch
werden, daß sich hier wegen des Interesses an der der Bundeshaushalt um keinen Pfennig mehr belastet.
Schaffung einer betrieblichen Stammarbeiterschaft Es wird auch, obwohl es hier so oft betont worden
entsprechende tarifvertragliche oder einzelarbeits- ist, keinerlei Rechtsverwirrung entstehen. Die saar-
vertragliche Regelungen finden lassen. ländischen Gewerkschaften, die Parteien, die Regie-
2278 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Hussong
rung — die so zusammengesetzt ist wie die Regie- Abs. 3 Nr. 2 zustimmen will, den bitte ich um ein I
rung hier — und das Parlament an der Saar stehen Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehr-
hinter unserem Antrag. Der saarländische Landtag heit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
hat in dieser Woche einstimmig die Regierung be- § 16, — Einleitung und Überschrift. — Wer zu-
auftragt, im Bundesrat die Anrufung des Vermitt- stimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. —
lungsausschusses zu beantragen, wenn den jungen Gegenprobe! — Angenommen.
Menschen von 18 bis 21 Jahren nicht der Urlaubs-
anspruch von 18 Tagen im Jahr belassen wird. Wir kommen zur
Darf ich in diesem Zusammenhang auch noch ein- dritten Beratung.
mal rückblickend an die Freizeitregelung erinnern,
die für die Jugendlichen im Friseurhandwerk in den Allgemeine Aussprache. — Herr Abgeordneter
letzten Monaten hier getroffen worden ist. Auch da- Behrendt!
mals haben Sie, meine Damen und Herren von den
Regierungsparteien, unseren Anträgen nicht zuge- Behrendt (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
stimmt. Erst als der Bundesrat seine Entscheidung und Herren! Nach Abschluß der zweiten Lesung des
genau im Sinne unserer Anträge getroffen hatte, ist Mindesturlaubsgesetzes möchte ich für die sozial-
auch Ihre Zustimmung damals erfolgt. Soll das bei demokratische Bundestagsfraktion zu der nunmehr
diesem Gesetz genauso geschehen? vorliegenden Fassung Stellung nehmen. Die sozial-
Ich darf Sie deshalb recht herzlich bitten, unserem demokratische Bundestagsfraktion legte dem Deut-
Antrag zuzustimmen. schen Bundestag in der 3. Legislaturperiode, und
(Beifall bei der SPD.) zwar am 16. März 1960, erstmalig den Entwurf eines
Gesetzes über Mindesturlaub für Arbeitnehmer,
Drucksache 1376, vor. Wegen der Nichtverabschie-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat dung im 3. Deutschen Bundestag brachte sie am
Herr Abgeordneter Diebäcker: 24. Januar dieses Jahres erneut einen in einigen
Punkten geänderten Gesetzentwurf auf Drucksache
Diebäcker (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine IV/142 ein. Die sozialdemokratische Bundestags-
Damen und Herren! Ich bitte, den soeben begrün- fraktion hat mit diesen Gesetzentwürfen die Initia-
deten Antrag abzulehnen. Natürlich kann das Ge- tive ergriffen, um zwei entscheidende Ziele zu
setz für einen bestimmten, eng umgrenzten Per- verwirklichen: erstens einen Mindesturlaub von
sonenkreis in bezug auf die Urlaubsdauer eine Ver 18 Werktagen für alle Arbeitnehmer gesetzlich zu
schlechterung bedeuten. Gewiß ist das möglich, verankern und zweitens eine einheitliche Regelung
nämlich dann, wenn nicht auf Grund eines Tarifver- der grundsätzlichen Bestimmungen des Urlaubsrecht
trages ohnehin schon ein höherer Urlaub als auf Bundesebene zu schaffen.
15 Tage festgelegt ist. Ich meine aber, man muß das Die CDU/CSU-Fraktion, die sich im 3. Bundestag
Gesetz in seiner Gesamtheit sehen. Insgesamt bringt zunächst gegen eine gesetzliche Regelung des Min-
es doch ganz erhebliche Verbesserungen. Man kann desturlaubs auf Bundesebene ausgesprochen hatte,
hier nicht mit der sogenannten Rosinentheorie ar- schloß sich in diesem Bundestag durch die Einrei-
beiten. Wer den Kuchen will, muß den ganzen Ku- chung eines eigenen Gesetzentwurfs der sozialdemo-
chen wollen und kann nicht nur die Rosinen heraus- kratischen Auffassung an.
picken.
(Zustimmung bei der CDU/CSU.) Die beiden Entwürfe unterschieden sich in den
grundsätzlichen Bestimmungen des Urlaubsrechts.
Es ist doch folgendes 2u berücksichtigen. Neben In den meisten Fällen wurden — das sei zugege- -
den 18 bis 21jährigen im Saargebiet, die vielleicht ben — im Ausschuß Kompromisse gefunden, die
unter den Voraussetzungen, die ich eben genannt allerdings nach unserer Auffassung oftmals zu einer
habe, hinsichtlich der Urlaubsdauer gewisse Nach- besseren Lösung hätten führen sollen.
teile hinnehmen müssen, steht der große Kreis der-
jenigen, die über 35 Jahre alt sind und einen län- Der entscheidende Unterschied bestand hinsicht-
geren Urlaub erhalten werden. Das ist doch auch zu lich der Mindesthöhe des Urlaubs. Ohne die Dis-
sehen! kussion aus der zweiten Lesung wiederaufnehmen
Und schließlich: Warum wollen wir überhaupt zu wollen, stellen wir fest: ein Mindesturlaubsge-
ein Bundesurlaubsgesetz? Doch auch, um die zahl- setz, das auf dem sozialrechtlichen Schutzprinzip des
reichen Vorschriften auf diesem Gebiete, insbeson- Arbeitsrechts und dem Interesse der Allgemeinheit
dere die Vorschriften in den Ländern, zu vereinheit- an der Gesunderhaltung der Arbeitnehmer beruht
lichen. Ich kann mich hier auf das beziehen, was — und das Urlaubsrecht ist ja auch zu einem Ge-
der Kollege Stingl eben schon über Berlin gesagt wohnheitsrecht geworden —, hat allen Arbeitneh-
hat, und bitte Sie nochmals, diesen Antrag abzu- mern einen Urlaub in der Mindesthöhe zu gewähren,
lehnen. damit die Erhaltung der Arbeitskraft angesichts des
ständig steigenden Arbeitstempos gewährleistet ist.
(Beifall bei den Regierungsparteien.)
Das ist der entscheidende Punkt in diesem Mindest-
urlaubsgesetz. Wir bedauern sehr, daß die grund-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite- sätzlich sogar von allen anerkannte Notwendigkeit,
ren Wortmeldungen. einen Mindesturlaub von 18 Werktagen zu gewäh-
Abstimmung! Wer dem Änderungsantrag der ren, heute noch keine Mehrheit gefunden hat, ob-
Fraktion der SPD auf Umdruck 165 Ziffer 4 zu § 15 wohl Sie sie im Prinzip bereits dadurch anerkannt
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2279
Behrendt
haben, daß Sie für die 35jährigen einen Urlaub von nen aufgezählten Ausnahmefällen findet eine Zwölf-
18 Werktagen gewähren wollen. Wir bedauern das telung des Urlaubs statt. Dieser Charakter der
um so mehr, als wir wissen, daß nicht wenige von Vorschrift als Ausnahmebestimmung ergibt sich
Ihnen eine solche Regelung auch lieber sähen als eindeutig aus der Systematik des Gesetzes, wenn
die jetzt beschlossene Fassung. Es muß auch noch er auch in der Formulierung etwas klarer — viel-
einmal wiederholt werden: die CDU/CSU hat sogar leicht durch die Einführung des Wortes „nur" —
eine der beiden Aufstockungen auf den 15tägigen hätte zum Ausdruck kommen sollen.
Urlaub wieder herausgestimmt und damit den eige- Die Fassung des Buchstaben a in § 5 Abs. 1 ist
nen Entwurf in der Frage der Mindestdauer des nicht ganz glücklich. Es könnte der Eindruck ent-
Urlaubs verschlechtert. stehen, daß in jedem Kalenderjahr und damit in
Zu der Frage der Mindestdauer des Urlaubs er- jedem Urlaubsjahr der volle Urlaubsanspruch erst
kläre ich daher noch einmal mit allem Nachdruck nach Erfüllung einer Wartezeit erworben würde, so
für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion: wir daß in der ersten Hälfte des Jahres nur ein An-
sind, gestützt auf wissenschaftliche gutachtliche spruch auf Teilurlaub bestünde. Es steht jedoch
Äußerungen und auf Grund eigener gutachtlicher außer Zweifel, daß eine Wartezeit nur einmal —
Erfahrung nach wie vor der Meinung, daß ein jähr- bei Beginn des Arbeitsverhältnisses — zu durch-
licher Mindesturlaub von 18 Werktagen für alle laufen ist. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wort
Arbeitnehmer als Minimum dessen anzusehen ist, „erstmalig" bei der Regelung der Wartezeit in § 4.
was unbedingt erforderlich ist. Für die sozialdemo- Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist daher
kratische Bundestagsfraktion bleibt daher die Durch- klarzustellen, daß § 5 Abs. 1 Buchstabe a eine
setzung von 18 Werktagen Urlaub ein Nahziel. Zwölftelung des Urlaubs nur im Eintrittsjahr zuläßt.
In diesem Zusammenhang noch ein Wort zum Durch die Formulierung des § 5 Abs. 3 könnte der
Problem Urlaubsverlängerung und Arbeitszeitver- Eindruck entstehen, daß nur ein in der ersten Hälfte
kürzung! In voller Übereinstimmung mit Professor des Kalenderjahres zuviel gezahltes Urlaubsentgelt
Graf, dem leider viel zu früh verstorbenen aner- nicht zurückgefordert werden könnte. Nach aner-
kannten Arbeitsmediziner, meinen wir: Urlaubs- kannten juristischen Auslegungsgrundsätzen ist es
dauer und Arbeitszeit sind getrennt voneinander zu jedoch selbstverständlich, daß das gleiche auch für
betrachten. Das freie Wochenende dient dazu, an- das Urlaubsentgelt gilt, das in der zweiten Hälfte
nähernd die Leistungen der Arbeitskraft über die des Kalenderjahres zuviel gezahlt wird.
erhöhten körperlichen, aber vor allem nervlichen Im Schriftlichen Bericht des Ausschusses wird in
Belastungen unseres Arbeitstages hinweg aufrecht- der Frage der Festlegung des Urlaubszeitpunktes —
zuerhalten. Der Urlaub aber dient dazu, die Reste § 7 — etwas einseitig, wie wir meinen, das Direk-
der Ermüdung infolge dieser Arbeitsbelastung voll tionsrecht des Arbeitgebers herausgestellt, eine Auf-
zu beseitigen und durch einen lange genug wäh- fassung, die keineswegs unbestritten ist. Der Aus-
renden Urlaub die Erhaltung der Arbeitskraft und schuß wollte sich in diesem Zusammenhang auch gar
eine Verbesserung der Gesundheit im allgemeinen nicht in einer bestimmten Richtung festlegen, son-
zu gewährleisten. So dienen Arbeitszeitverkürzung dern vor allem erreichen, daß die Bestimmung des
und Urlaubsverlängerung zwei notwendigen, aber Urlaubszeitpunkts unter Berücksichtigung der Inter-
verschiedenen Zwecken, die nebeneinander be- essen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemein-
stehen. sam erfolgt, wie dies auch in der Formulierung des
Ich möchte gleich hier ankündigen, daß wir auf § 7 Abs. 1 klar zum Ausdruck gekommen ist.
Grund dieser Einstellung dem Entschließungsantrag In § 7 Abs. 4 Satz 2 ist, wie es in dem Schriftlichen
der FDP, der nach der dritten Lesung zur Abstim- Bericht des Ausschusses heißt, „für eng umgrenzte
mung kommt, nicht zustimmen können. Ausnahmefälle die Verwirkung des Abgeltungsan-
Nach diesen Bemerkungen zum entscheidenden spruchs gesetzlich festgelegt". Im Grunde genommen
Teil des Mindesturlaubsgesetzes nur noch kurz zu entspricht diese Regelung bereits dem geltenden
einigen Punkten des vorliegenden Gesetzentwurfs. Recht, das die Geltendmachung des Anspruchs auf
Wir bedauern, daß die Ausschußmehrheit sich nicht Urlaubsalbgeltung im Falle des Rechtsmißbrauchs
dazu entschließen konnte, für Arbeitnehmer, die mit versagt. Es handelt sich also um einen Anwendungs-
gefährlichen oder gesundheitsschädigenden Arbei- fall des in § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ge-
ten beschäftigt sind, einen Zusatzurlaub gesetzlich zu regelten Grundsatzes von Treu und Glauben. Die
verankern, wie es in § 3 unseres Gesetzentwurfs Formulierung des § 7 Abs. 4 Satz 2 spricht jedoch
vorgeschlagen worden ist. Wir meinen jedoch, daß nicht von einem Verstoß gegen Treu und Glauben,
z. B. die Länderregelung für den Zusatzurlaub in sondern von der Verletzung der Treuepflicht aus
Bayern dort, wo er durch Tarifverträge und Be- dem Arbeitsverhältnis. Damit wird ein in der Rechts-
triebsvereinbarungen festgelegt ist, nicht berührt lehre zwar gebräuchlicher Begriff deutschsprachlicher
wird und der Zusatzurlaub nach wie vor zu gewäh- Herkunft verwendet, der jedoch wegen seines mit-
ren ist, daß jedoch dort, wo solche Vereinbarungen telalterlich-mythischen Gehalts und seiner besonde-
nicht bestehen, der Zusatzurlaub wegfällt und dies ren Ausprägung in der Zeit des Dritten Reiches um-
zu schwierigen arbeitsrechtlichen Problemen führen stritten ist und nach unserer Auffassung dem heuti-
wird. gen Arbeitsverhältnis jedenfalls nicht mehr so ge-
§ 5, der den Teilurlaub behandelt, ist eine Aus- recht wird, daß man ihn jetzt erstmals ausdrücklich in
nahmevorschrift. Grundsätzlich besteht immer der ein Gesetz aufnehmen sollte. Besser wäre es ohne
volle Urlaubsanspruch. Lediglich in drei im einzel- Zweifel gewesen, von einem Verstoß gegen Treu
2280 Deuts cher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Behrendt
und Glauben und einer groben Verletzung der Pflich- Ich glaube, daß die Ablehnung unserer beiden
ten — statt „Treuepflichten" — aus dem Arbeits- Anträge zu § 15, den Berliner Arbeitnehmern einen
verhältnis zu sprechen. 18tägigen Mindesturlaub entsprechend dem prak-
tisch einstimmigen Beschluß des Berliner Abgeord-
In § 10 erscheint uns die Vorschrift des Satzes 2 netenhauses zu gewähren und den Urlaub der ju-
bedenklich, wonach eine Anrechnung von Kurzeiten gendlichen Arbeitnehmer an der Saar von 18 bis
auf den Urlaub möglich sein soll, wenn sie die 21 Jahren nicht von 18 Tagen auf 15 Tage herunter-
übliche Gestaltung eines Erholungsurlaubs nicht er- zusetzen, von der Bevölkerung allgemein, aber be-
heblich beeinträchtigen. Die Kur- und Heilverfahren sonders in diesen Ländern nicht verstanden wird.
werden häufig in Jahreszeiten durchgeführt, in de- Uns scheint, das war eine schlechte Entscheidung.
nen der Arbeitnehmer normalerweise keinen Urlaub Nach diesen Ausführungen, die sowohl sachliche
nimmt. Auf jeden Fall muß es daher außer Zweifel Feststellungen als auch kritische Bemerkungen ent-
stehen, daß ein Kur- oder Heilverfahren die „übliche hielten, erkläre ich für die sozialdemokratische
Gestaltung eines Erholungsurlaubs" bereits dann Bundestagsfraktion, daß wir das Mindesturlaubs-
„erheblich beeinträchtigt" und damit nicht auf den gesetz im ganzen bejahen. Durch unsere Initiative
Urlaub anrechenbar ist, wenn es den Arbeitnehmer wird heute ein Mindesturlaubsgesetz verabschiedet,
z. B. daran hindert, seinen Urlaub gemeinsam mit das über alle bisherigen Mindestregelungen der
seiner Familie zu verbringen. Dies gilt vor allem für Ländergesetze hinsichtlich der Urlaubsdauer hin-
Familienväter, die auf einen gemeinsamen Urlaub ausgeht, wenn uns auch die Mindestdauer nicht hoch
während der Schulferien angewiesen sind. genug ist. Verbunden damit ist, wie ich eingangs
erwähnte, eine einheitliche Regelung der grund-
Zu dieser Vorschrift ist weiter festzustellen, daß sätzlichen Bestimmungen des Urlaubsrechts.
die im Anschluß an Kur- und Heilverfahren ärztlich
verordneten Schonzeiten mit dem Kur- und Heilver- Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird
fahren untrennbar verbunden sind und ihnen daher auf Grund der Abstimmungsergebnisse der zweiten
für die Frage der Anrechnung auf den Urlaub gleich- Lesung in der dritten Lesung keine weiteren Ände-
stehen. Diese Auffassung ergibt sich für die Frage rungsanträge stellen. Sie wird bei der Schlußabstim-
des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung während der mung, falls es nicht von anderer Seite durch Ände-
Schonzeit eindeutig aus der Entscheidung des Bun- rungsanträge zu einer Veränderung der jetzt be-
desarbeitsgerichts vom 24. Februar 1961. Ebenso schlossenen Fassung kommt, dem vorliegenden Ent-
stellte der Vertreter des Bundesministeriums für wurf, der durch unsere Initiative zustande kam,
Arbeit und Sozialordnung vor dem Ausschuß in ihre Zustimmung geben.
bezug ,auf die Schonzeiten fest, daß es darauf an- (Beifall bei der SPD.)
komme, db der Arzt sich entschließe, festzustellen,
daß ,der betreffende Arbeitnehmer sich Schonmaß-
nahmen unterziehen müsse. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
der Herr Abgeordnete Scheppmann.
Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts sind nach
§ 11 Verdienstkürzungen unter anderem von Ar- Scheppmann (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
beitsausfällen außer Betracht zu lassen. Hierunter Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, den
sind selbstverständlich nicht nur betriebsbedingte Kommentatoren die Arbeit vorweg abzunehmen,
Ausfälle zu verstehen, sondern auch solche durch sondern im Auftrage der CDU/CSU-Fraktion eine
Freistellung mit Zustimmung des Arbeitgebers. Hier- kurze Erklärung zu dieser Gesetzesvorlage abzuge-
zu rechnet z. B. die Teilnahme an Lehrgängen der ben.
Jugend- und Sportverbände, der Gewerkschaften
Die CDU/CSU-Fraktion hat von jeher den Stand-
und anderer öffentlicher und öffentlich-rechtlicher
punkt vertreten, daß der Urlaub zu den Fragen ge-
Einrichtungen.
hört, deren Gestaltung in allererster Linie der Auto-
In § 13 Abs. 1 Satz 1 ist bestimmt, daß durch nomie der Tarifpartner überlassen bleiben sollte, und
Tarifverträge von allen Vorschriften des Gesetzes ist auch heute noch derselben Meinung. Sie hat sich
abgewichen werden kann außer den §§ 1, 2 und 3 trotzdem entschlossen, einen Antrag für ein Bundes-
Abs. 1. Um Mißdeutungen vorzubeugen, ist dazu urlaubsgesetz einzubringen, und zwar vor allem
klarzustellen — und das ist die einheitliche Auf- deshalb, weil als Folge der in den Ländern erlas-
fassung des Ausschusses —, daß durch tarifliche senen Urlaubsgesetze die Rechtszersplitterung auf
Vereinbarungen selbstverständlich auch über den diesem Gebiet allzugroß geworden ist.
in § 3 festgelegten Mindesturlaub von 15 Werk- Diese Rechtszersplitterung stellt eine große Er-
tagen hinausgegangen werden kann. Dies ergibt schwerung für die betriebliche Praxis dar und führt
sich ja auch daraus, daß § 3 von einem Urlaub in zweitens in einer großen Zahl von Fällen zur Rechts-
Höhe von mindestens 15 Werktagen spricht. unklarheit und nicht zuletzt auch zu einer starken
§ 13 Abs. 1 Satz 2 ist überflüssig, da die arbeits- Belastung der Gerichte. Aus diesen Gründen hat sich
vertragliche Vereinbarung von tariflichen Rege- insbesondere auch das Bundesarbeitsgericht nach-
lungen bereits nach geltendem Recht möglich ist. drücklich für eine zusammenfassende Regelung in
Es ist bedauerlich, wenn der Gesetzgeber die Klar- einem Bundesurlaubsgesetz ausgesprochen.
heit der Gesetze durch unnötige Regelungen ge- Des weiteren ist meine Fraktion der Auffassung,
fährdet, und es ist weiter bedauerlich, daß Sie daß der bisherige Mindesturlaub von 12 Tagen un-
unserem Antrag auf Streichung nicht gefolgt sind. ter den heutigen Verhältnissen nicht mehr als aus-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2281
Scheppmann
reichend anzusehen ist. Bei der nervlichen und phy- Damen und Herren, drei Tage mehr Urlaub entspre-
sischen Anspannung, die unsere heutige Wirtschafts- chen der Leistung von fünf bis sechs Minuten täg-
und Lebensordnung für den Menschen mit sich licher Arbeit.
bringt, ist gerade ein ausreichender Urlaub von be- Im übrigen soll unser Entschließungsantrag noch
sonderer Bedeutung. Dies ist auch von ärztlicher einmal unserer grundsätzlichen Auffassung Aus-
Seite nachdrücklich bestätigt worden. druck geben, nach der wir die Urlaubsregelung als
Die Fraktion ist andererseits der Auffassung, daß ausschließliche Aufgabe der Sozialpartner betrach-
die Urlaubsgestaltung auch in Zukunft in erster ten. Auch die heutigen Ausführungen zu unserem
Linie Sache der Sozialpartner bleiben soll. Aus die- Antrag haben uns zu einer anderen Einsicht nicht
sem Grunde hält sie es für richtig, nur einen Min- bringen können.
desturlaub vorzusehen und diesen auf ein Maß zu
Wir haben wohl in den Ausschußberatungen sach-
beschränken, das den Sozialpartnern für die weitere lich mitgearbeitet, um ein möglichst einfaches und
Ausgestaltung genügend Spielraum läßt.
überschaubares Gesetz zustandezubringen, das vor
Ferner sollten die Sozialpartner in allen sonstigen allem den Tarifpartnern Spielraum für Verhand-
Fragen , des Urlaubsrechts auch weiterhin freie Ge- lungen läßt. Da wir aber vom Grundsatz her jeden
staltungsmöglichkeiten haben. Die Vorlage sieht Eingriff in die Tarifautonomie ablehnen, wird sich
dementsprechend vor, daß die gesetzlichen Bestim- die FDP-Fraktion bei der Schlußabstimmung über
mungen nur gelten, soweit die Sozialpartner keine das vorliegende Bundesurlaubsgesetz der Stimme
andere Regelung treffen. enthalten.
Eine Rechtsvereinheitlichung, meine Damen und (Beifall bei der FDP.)
Herren, bringt es zwangsläufig mit sich, daß alle
bisherigen landesgesetzlichen Bestimmungen aufge- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge-
hoben werden einschließlich solcher, die unter be- ordneter Scheppmann.
stimmten Voraussetzungen für den Arbeitnehmer
günstiger sind. Im Hinblick auf die Erhöhung des Scheppmann (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
Mindesturlaubs gegenüber den Landesgesetzen han- Damen und Herren! Es wird leider notwendig sein,
delt es sich bei solchen günstigeren Bestimmungen noch einen Änderungsantrag zur dritten Lesung ein-
nur um wenige, die zudem nur für kleine Aus- zubringen. In der zweiten Lesung haben wir gemäß
schnitte aus dem insgesamt betroffenen Personen- dem Antrag Schmitt-Vockenhausen bezüglich der
kreis gelten. Wenn man sie aufrechterhielte, würde Bundesbahn und der Post beschlossen. Es hat sich
man einen ungleichen Rechtszustand trotz gleicher nach eingehender Prüfung herausgestellt, daß doch
Arbeits- und Lebensverhältnisse konservieren. Im noch eine redaktionelle Änderung erfolgen muß. Ich
übrigen kann auch für solche Bestimmungen auf darf mir erlauben, Herr Präsident, den Antrag vor-
die Möglichkeiten verwiesen werden, die den So- zulesen. Er lautet so:
zialpartnern für die Ausgestaltung des Urlaubs-
rechts bleiben. Antrag Scheppmann, Franzen, Behrendt und
Hörmann.
Die CDU/CSU-Fraktion wird in der dritten Lesung
dem Gesetz zustimmen. § 13 Abs. 3 erhält folgende Fassung:
(Beifall bei der CDU/CSU.) Für den Bereich der Deutschen Bundesbahn und
der Deutschen Bundespost kann von der Vor-
schrift über das Kalenderjahr als Urlaubsjahr
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
—
Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? — Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine
Das Wort wird nicht gewünscht. Wortmeldungen!
Vorgesehen ist Überweisung an den Finanzaus- Vorgesehen ist Überweisung an den Finanzaus-
schuß und den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der schuß — federführend — und den Haushaltsaus-
Geschäftsordnung. — Das Haus ist damit einver- schuß — mitberatend — .
-
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2287
Anlage 1
Liste der beurlaubten Abgeordneten Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 15. 12.
Müller (Berlin) 15. 12.
Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Opitz 7. 12.
Dr. Achenbach* 7. 12. Paul* 7. 12.
Frau Albertz 15. 12. Dr. Pflaumbaum 7. 12.
Altmaier * 7. 12. Frau Dr. Probst** 7. 12.
Dr. Arndt (Berlin) 7. 12. Rademacher 15. 12.
Dr. Aschoff 15. 12. Ramms 7. 12.
Dr. Atzenroth 7. 12. Frau Dr. Rehling * 7. 12.
Bauer (Würzburg) * 7. 12. Frau Renger * 7. 12.
Bauknecht 15. 12. Ruland 7. 12.
Bausch 7. 12. Dr. Schmid (Frankfurt) 9. 12.
Berkhan* 7. 12. Schneider (Hamburg) 7. 12.
Fürst von Bismarck* 7. 12. Seibert 7. 12.
Blachstein* 7. 12. Seidl (München) * 7. 12.
Dr. Böhm (Frankfurt) 7. 12. Dr. Serres * 7. 12.
Dr. h. c. Brauer * 7. 12. Seuffert ' 7. 12.
Frau Brauksiepe 7. 12. Stephan 15..12.
Dr. Deist 7. 12. Dr. Stoltenberg 7. 12.
Dr. Dittrich 7. 12. Strohmayr 7. 12.
Dr. Dörinkel 7. 12. Dr. Süstérhenn * 7. 12.
Ehnes 7. 12. Urban 7. ,12.
Ehren 7. 12. Verhoeven 7. 12.
Erler * 7. 12. Frau Vietje 8. 12.
Even (Köln) 7. 12. Dr. Wahl 15. 12.
Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) * 7. 12. Wehner 7. 12.
Gerns* 7. 12. Weinklamm 7. 12.
Günther 7. 12. Wendelborn 7. 12.
Haage (München) 15. 12. Wienand* 7. 12.
Haase (Kellinghusen) 7. 12, Wittmer-Eigenbrodt 15. 12.
Hauffe 15. 12. Dr. Zimmer * 7. 12.
Dr. Heck 7. 12.
Häfler * 7. 12.
Dr. Hoven 7. 12.
Frau Dr. Hubert* 7. 12.
Dr. Huys 7. 12. Anlage 2
Jacobi (Köln) 15. 12.
Jacobs* 7. 12. Schriftliche Begründung
Jürgensen 15. 12. des Abgeordneten Kurlbaum für die Fraktion der
Kahn-Ackermann 12. 12. SPD zu dem von der Fraktion der SPD eingebrach-
Kalbitzer 7. 12. ten Entwurf eines Gesetzes für eine einmalige sta-
Dr. Kempfler 7. 12. tistische Steuererklärung auf der Grundlage einer
Killat 7. 12. Mehrwertsteuer mit Vorumsatzabzug (Drucksache
Dr. Kliesing (Honnef) * 7. 1:2. IV/691 [neu]).
Dr. Kopf * 7. 12.
Dr. Kreyssig 7. 12. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat
Kühn (Köln) * 7. 12. das heute in seiner Aktualität von niemandem mehr
Kurlbaum 7. 12. bestrittene Problem einer Umsatzsteuer-System-
Leber 7. 12. reform als erste der Bundestagsfraktionen schon im
Lenze (Attendorn) * 7. 12. Jahre 1956 mit ihrem Antrage Drucksache 2234 betr.
Lermer * 7. 12. Ums atzsteuersystem aufgegriffen. In der Begrün-
Lohmar 7. 12. dung dieses Antrags in der 149. Sitzung am B. Juni
Margulies 7. 12. 1956 wunden von unserer Seite bereits folgende drei
Mauk 7. 12. entscheidende Argumente für die Notwendigkeit
Frau Dr. Maxsein* 7. 12. einer Umsatzsteuer-Systemreform in den Vorder-
Metzger ** 7. 12. grund gestellt:
Dr. Meyer (Frankfurt) * 7. 12. 1. Unser geltendes kumulatives Umsatzsteuerrecht
begünstigt einseitig in unserer Wirtschaft die An-
* Für die Teilnahme an einer Tagung der Versammlung gliederung vor- und nachgeordneter Produktions-
der Westeuropäischen Union oder Handelsstufen entweder durch Ausbau bisher
** Für die Teilnahme an einer Ausschußsitzung des Euro- vorhandener Unternehmen oder durch Verschmel-
päischen Parlaments zung bisher selbständiger Unternehmen oder durch
2288 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Abschluß von Organschaftsverträgen. Diese einsei- steuerrechts zu bagatellisieren. Allerdings hat die
tige steuerliche Begünstigung für mehrstufige Unter- Bundesregierung weder in der Denkschrift von 1958
nehmen stellt eine akute Gefahr für die in der Regel noch später irgendeinen verbindlichen Vorschlag
kleinen oder mittleren selbständigen, nur einstu- zur Umsatzsteuer-Systemreform gemacht. Das ist
figen Unternehmen dar. Ihre Existenz kann lang- auch deshalb ein bedenkliches Versäumnis, weil in-
fristig dadurch gefährdet werden, daß sie von kon- zwischen die EWG-Kommission in ihrer Richtlinie
kurrierenden mehrstufigen steuerbegünstigten zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften
Unter-der Mit-
nehmen unterboten und daher vom Markt verdräng\ gliedstaaten betr. die Umsatzsteuer den Vorschlag
werden oder sie müssen sich, wenn sie sich vom gemacht hat, daß alle Mitgliedstaaten, die bisher
Markt nicht verdrängen lassen wollen, mit geringe- ein kumulatives Umsatzsteuersystem besitzen, also
ren Gewinnspannen abfinden als die steuerbegün- auch die Bundesrepublik, bis zum Beginn des Jah-
stigten mehrstufigen Konkurrenzunternehmen. Aber res 1967 zu einem nichtkumulativen Umsatzsteuer
auch dann, wenn sie sich weiter auf dem Markte system übergehen sollen. Diese Entschädigung der
behaupten können, sind sie infolge ihrer geringen EWG-Kommission ist keineswegs überraschend ge-
Gewinnspanne finanziell geschwächt und in ihrer kommen, vielmehr mußte sie aufgrund verschie-
Entwicklung behindert. dener in den letzten Monaten veröffentlichter Gut-
achten erwartet werden. Die EWG-Kommission hat
2. Unser geltendes kumulatives Umsatzsteuer sich zu diesem Vorschlag nicht nur aus den gewich-
system behindert eine optimale Arbeitsteilung in tigen Gründen entschlossen, die den wissenschaft-
unserer Volkswirtschaft und die Herausbildung von lichen Beirat beim Bundesfinanzministerium schon
leistungsfähigen spezialisierten Zulieferer-Indu- 1953 zur Empfehlung einer Mehrwertsteuer be-
strien. Es ist daher ein ernstes Hindernis für die wogen haben und die die SPD-Bundestagsfraktion
Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen im Jahre 1956 zur Einbringung ihres Antrages ver-
Wirtschaft im Wege der Spezialisierung. anlaßt haben, sondern nunmehr ist auch klar ge-
worden, daß der grenzüberschreitende Warenver-
3. Das geltende kumulative Umsatzsteuersystem
kehr nur dann von allen jetzigen Zoll- und Steuer-
macht eine richtige umsatzsteuerliche Ent- oder Be-
formalitäten innerhalb des EWG-Raumes befreit
lastung beim Grenzübergang unmöglich. Das bedeu-
werden kann, wenn mindestens gleichzeitig mit dem
tet, daß nach der Bundesrepublik eingeführte Waren Fortfall der Zölle auch alle Partnerländer den Über-
nicht einwandfrei ebenso hoch mit Umsatzsteuer gang zu einer Mehrwertsteuer vollzogen haben.
belastet sind wie die in der Bundesrepublik her-
gestellten konkurrierenden Erzeugnisse. Ebenso Der notwendige Wechsel im System der Umsatz-
wenig ist es unter dem geltenden Umsatzsteuerrecht steuer wirft aber erhebliche Probleme auf, die kurz-
möglich, die in der Bundesrepublik hergestellten fristig nicht bewältigt werden können. Vielmehr
Waren beim Export entsprechend ihrer individuellen muß der Übergang auf das sorgfältigste vorbereitet
umsatzsteuerlichen Belastung völlig von der Um- werden. Auch gerade bezüglich der Vorbereitungen
satzsteuer zu entlasten. dieses Überganges müssen der Bundesregierung
schwere Vorwürfe gemacht werden.
Schon im Jahre 1956 befand sich die SPD-Bundes-
tagsfraktion mit ihrem Anliegen und mit der Be- Noch im Mai d. J. hat die Bundesregierung dem
gründung ihres Anliegens in voller Übereinstim- Deutschen Bundestag den Entwurf eines Gesetzes
mung mit den Empfehlungen des wissenschaftlichen über die Umsatzsteuerstatistik für das Kalenderjahr
Beirats beim Bundesfinanzministerium von 1953 zur 1962 (Drucksache IV/420) vorgelegt, bezüglich dessen
Steuerreform. In seinem damaligen Gutachten sagte sie im Finanzausschuß des Bundestages das Ge-
der wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzmini- ständnis ablegen mußte, daß die von ihr noch im -
sterium sehr richtig von der Umsatzsteuer: „Die Jahre 1962 vorgeschlagene Umsatzsteuerstatistik
Umsatzsteuer soll eine allgemeine Verbrauchsteuer, keine ausreichende statistische Grundlage weder
nicht aber eine nach den Verhältnissen der steuer- für die Festlegung des Steuersatzes einer Mehrwert-
pflichtigen Unternehmer ausgestaltete Betriebs- steuer noch für die Abschätzung der Auswirkungen
steuer sein." Abschließend empfiehlt der wissen- des Systemwechsels auf die einzelnen Wirtschafts-
schaftliche Beirat schon 1953 den Übergang zu einer zweige bietet. Wir wissen aus den Berechnungen,
nicht kumulativen Allphasen-Umsatzsteuer, d. h., die eines der größten wirtschaftswissenschaftlichen
zu einer alle Wirtschaftszweige erfassenden Mehr- Institute der Bundesrepublik zur Ermittlung des
wertsteuer. Steuersatzes für unserer Mehrwertsteuer-Gesetz-
Der Antrag der SPD-Fraktion vom März 1956 entwurf angestellt hat, daß heute wegen der Män-
führte allerdings dann erst im Dezember 1958 zur gel der laufenden Umsatzsteuerstatistik noch immer
Vorlage einer Denkschrift der Bundesregierung über auf die alten genaueren statistischen Ziffern von
die Umsatzbesteuerung. Man muß anerkennen, daß 1954 zurückgegriffen werden muß. Die Gedanken-
in dieser Denkschrift vom Jahre 1958 mindestens losigkeit des Bundesfinanzministeriums hat also den
der Versuch einer sachlichen und umfassenden Be- Bundestag aus Gründen, die noch der Aufklärung
handlung des Problems einer Umsatzsteuerreform bedürfen, hier in eine außerordentlich schwierige
unternommen worden ist, im Gegensatz zur Denk- Lage gebracht.
schrift der Bundesregierung, Drucksache 1924 vom Um insbesondere aus dieser Schwierigkeit so
Dezember 1955 betr. Überprüfung des Umsatzsteuer- schnell wie möglich wieder herauszukommen, hat
rechts, in der noch der primitive Versuch unter- sich die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ent-
nommen wurde, die heute unbestrittene konzentra- schlossen, den vorliegenden Entwurf eines Gesetzes
tionsfördernde Wirkung des geltenden Umsatz- für eine einmalige statistische Steuererklärung auf
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2289
der Grundlage einer Mehrwertsteuer mit Vorumsatz- Bei den Befreiungen und bei den Begünstigungen
abzug vorzulegen. Seine schnelle Annahme würde durch einen ermäßigten Steuersatz haben wir uns
es gerade noch gestatten, alle die Daten noch recht- die Zurückhaltung auferlegt, die notwendig war,
zeitig zu erhalten, die für die Ausarbeitung eines damit der allgemeine Steuersatz nach den uns vor-
endgültigen Mehrwertsteuer-Gesetzentwurfs und gelegten Berechnungen nicht höher als 10 % ange-
seine rechtzeitige parlamentarische Erledigung not- setzt werden muß. Aber auch hier sind wir der
wendig sind. Meinung, daß Einzelheiten noch gründlich gemein-
Wir sind uns bewußt, daß Einzelheiten unseres sam in den Fachausschüssen beraten werden sollten.
Gesetzentwurfs noch einer eingehenden Beratung in
Wir hoffen, daß die Mehrheit dieses Hauses sich
den Fachausschüssen bedürfen. Da jedoch die Bun- zu einer schnellen Behandlung und Verabschiedung
desregierung sich bisher der dringenden Aufgabe
dieses Gesetzentwurfes entschließt. Von dem schnel-
versagt hat, einen eigenen Gesetzentwurf einzubrin- len Fortschritt unserer Arbeit an einer System-
gen, blieb diese Aufgabe den Fraktionen überlassen.
reform wird es abhängen, ob der Deutsche Bundes-
Wir begrüßen es, daß sich in der CDU/CSU-Fraktion tag gezwungen sein wird, seine unbefriedigende
eine Gruppe von Abgeordneten gefunden hat, die
Flickarbeiten am bisherigen Umsatzsteuersystem
mit der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion
fortzusetzen oder nicht, die zu einer ständigen wei-
der Meinung ist, daß mit einer parlamentarischen teren Verkomplizierung des geltenden Rechtes
Beratung des notwendigen Umsatzsteuer-System- führen müssen.
wechsels unter keinen Umständen mehr gewartet
werden kann. Wir hoffen auch immer noch auf die In diesem Zusammenhang muß auch darauf hin-
Unterstützung wenigstens eines Teiles der FDP- gewiesen werden, daß über die schon im Jahre 1957
Bundestagsfraktion, insbesondere des amtierenden eingereichte Verfassungsbeschwerde des Verbandes
Bundesfinanzministers, der noch im Juni 1961 in der der weiterverarbeitenden Industrie in Lüdenscheid
163. Sitzung des Bundestages die damals alleinige gegen das deutsche Umsatzsteuergesetz auch nach
Regierungsfraktion als Abgeordneter dafür verant- über fünf Jahren immer noch nicht entschieden wor-
wortlich gemacht hat, daß noch kein Umsatzsteuer- den ist; gewiß ein Zustand, der jedem guten Demo-
Reform-Vorschlag der Bundesregierung vorläge. Lei- kraten Sorge machen muß.
der hat sich dann der bisherige Bundesfinanzminister
in seiner Etatrede vom 7. November d. J. darauf Auch muß damit gerechnet werden, daß die jetzt
beschränkt, von der Notwendigkeit einer wettbe- versuchten Verbesserungen der umsatzsteuerlichen
werbsneutralen Umsatzsteuer ohne steuerlichen An- Be- und Entlastungen beim Grenzübergang im
reiz zur Konzentration zu sprechen und den Bundes- Rahmen des geltenden Umsatzsteuergesetzes zu
tag damit zu vertrösten, gelegentlich der Beantwor- neuen berechtigten Beanstandungen wegen Verlet-
tung der schon im Juni d. J. eingereichten Großen zung des Gleichheitsgrundsatzes führen werden.
Anfrage meiner Fraktion auf dieses Problem im ein- Wir beantragen die Überweisung unseres Gesetz-
zelnen einzugehen. Die Beantwortung unserer Gro- entwurfes — federführend — an den Finanzaus-
ßen Anfrage ist dann leider auf Wunsch des Herrn schuß und — mitberatend — an den Wirtschafts-
Bundesfinanzministers immer wieder hinausgescho- ausschuß und Mittelstandsausschuß und bitten noch-
ben worden, so daß uns bis heute auch die Absich- mals um eine baldige Beratung und Verabschiedung
ten der Bundesregierung unbekannt geblieben sind. in diesen Ausschüssen.
Auf die Einzelheiten des von uns vorgeschlagenen
Mehrwertsteuer-Gesetzes möchte ich nur in groben
Zügen eingehen. Wir haben uns entschlossen, dem
Vorumsatzabzug den Vorzug zu geben, weil wir
befürchten, daß durch die bekannte Nachholwirkung Anlage 3 Umdruck 157
beim Vorsteuerabzug z. B. die derzeitige Umsatz-
steuerfreiheit der Landwirtschaft weitgehend illu- Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU
sorisch werden würde. Wir werden aber die Frage zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der
Vorumsatzabzug oder Vorsteuerabzug zu keiner CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge-
Glaubensfrage machen, sondern sind dafür, daß setzes zur Änderung des Spar-Prämiengesetzes
diese Frage in ihren einzelnen Auswirkungen in den (Drucksachen IV/407 [neu], IV/770).
Fachausschüssen geklärt wird. Eine günstige Neben-
wirkung unseres Vorschlages ist aber, daß eine so- Der Bundestag wolle beschließen:
fortige Steuererklärung noch für das Jahr 1962, In Artikel 1 Nr. 4 erhält § 8 Abs. 1 folgende Fas-
selbstverständlich nur auf der Grundlage des Vor- sung:
umsatzabzuges, durchführbar ist.
„ (1) Die vorstehende Fassung dieses Gesetzes
Bei der Einführung des Wahlrechtes bis zu gilt vorbehaltlich des Absatzes 2 für Sparbeiträge,
240 000 DM Jahresumsatz im § 18 unseres Gesetz- die auf Grund von Verträgen geleistet werden, die
entwurfes haben wir uns von dem Gedanken leiten nach dem 31. Dezember 1962 abgeschlossen worden
lassen, daß alle kleinen und mittleren Steuerzahler sind."
mit Sicherheit davor geschützt werden sollten, eine
höhere Steuer als bisher zu zahlen, und daß sie auch
die Möglichkeit haben sollten, nach dem Steuer- Bonn, den 4. Dezember 1962
system weiter besteuert zu werden, an das sie sich
in langen Jahren gewöhnt haben. Dr. von Brentano und Fraktion
2290 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962