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D eutscher Bundestag

51. Sitzung

Bonn, den 7. Dezember 1962

Inhalt:

Fragestunde (Drucksachen IV/786, IV/814) Frage des Abg. Drachsler:


Verkehrserschließung der Grenzland-
Frage des Abg. Bazille: und Randgebiete Bayerns
Überbrückungszulage an Kriegsopfer
Dr.' Seiermann, Staatssekretär . . 2242 B, C
Blank, Bundesminister 2239 B
Dr. Ramminger (CDU/CSU) . . . . 2242 C
Fragen der Abg. Dr. Jungmann und Frau
Dr. Hubert: Frage 'des Abg. Drachsler:
Bundesgesundheitsrat
Ausbau der Autobahnen Nürnberg—
Frau Dr. Schwarzhaupt, Amberg und Nürnberg—Regensburg
Bundesminister 2239 C, D
Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 2242 C, D
Frage des Abg. Dürr: Dr. Ramminger (CDU/CSU) . . . . 2242 D
Zollboote auf dem Bodensee
Qualen, Staatssekretär 2239 D Frage des Abg. Baier (Mosbach) :

Frage des Abg. Metzger: Autounfälle auf der Autobahn Karls-


ruhe—Bruchsal
Gesetz über Ausgleichsbeträge für Be
triebe der Gebietskörperschaften . . . 2240 B Dr. Seiermann, Staatssekretär . 2243 A, B
Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 2243 A
Frage des Abg. Ritzel: -
Einkommens- und Vermögensmillionäre
Fragen des Abg. Baier (Mosbach):
Qualen, Staatssekretär 2240 B, 2241 A, B
Leitplanken auf den Grünstreifen der
Ritzel (SPD) . . . . 2240 D, 2241 A, B Autobahnen
Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 2243 B, D,
Fragen des Abg. Schmidt (Kempten) :
2244 A
Bayerisches Gesetz über den Verkehr
mit Bier Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . 2243 C
Qualen, Staatssekretär 2241 C, D, 2242 A Ritzel (SPD) 2243 D
Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 2241 D Dr. Bieringer (CDU/CSU) 2244 A
II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Frage des Abg. Wittrock: Fragen des Abg. Folger:


Gutachten betr. internationaler Rechts- Betriebsgebäude der Bundespost in
hilfeverkehr Rosenheim . . . . . . . . . . 2250 D
Dr. Krone, Bundesminister . 2244 B, C, D
Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg:
Wittrock (SPD) . . . . . . 2244 B, C
Mithören im Telefonverkehr
Dr. Mommer (SPD) 2244 C
Stücklen, Bundesminister . . . . 2251 A
Dr. Rinderspacher (SPD) 2244 D
Fragen des Abg. Dr. Zimmermann (Mün-
Frage des Abg. Fritsch: chen) :
Autobahn Regensburg–Passau Südosteuropa-Gesellschaft
Dr. Seiermann, Staatssekretär 2245 A, B, C Dr. Schröder, Bundesminister . . 2251 B, C
Fritsch (SPD) 2245 B Lemmrich (CDU/CSU) 2251 B

Frage des Abg. Ritzel: Frage des Abg. Dr. Menzel:


Versicherung von Fluggästen 10. Pugwash-Konferenz in London . • . 2251 C
Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 2245 C,
2246 A, B, C Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg:
Ritzel (SPD) 2246 A Internationale Verhandlungen und
Wiedervereinigung
Börner (SPD) 2246 B
Dr. Schröder, Bundesminister 2251 D, 2252 A
Fragen des Abg. Dröscher: Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 2251 D,
2252 A
Verbeamtung der Angestellten des
Flugsicherungsdienstes
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 2246 C, D, Spar-Prämiengesetzes (CDU/CSU, FDP)
2247 A, B, C, D 2248 A (Drucksache IV/407 [neu]); Schriftlicher
Dröscher (SPD) . . . . 2246 D, 2247 D, Bericht des Wirtschaftsausschusses (Druck-
2248 A sache IV/770) — Zweite und dritte Bera-
tung —

Dr. Schäfer (SPD) 2247 A


Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 2252 B
Börner (SPD) . . . . . 2247 B, 2248 A
Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) . . . 2253 C,
2255 D, 2256 D, 2259 C
Frage des Abg. Ritzel:
Dr. Imle (FDP) 2254 C
Langsamfahren auf den Bundesauto-
bahnen Katzer (CDU/CSU) 2255 B
Dr. Seiermann, Staatssekretär 2248 B, C, D Frau Welter (Aachen) (CDU/CSU) 2256 A
Ritzel (SPD) . . . . . . . 2248 C, D Dr. Wuermeling (CDU/CSU) . . 2258 A
Dr. Czaja (CDU/CSU) 2258 B
Frage des Abg. Müller-Emmert:
Dr. Burgbacher (CDU/CSU) '2259 A, 2260 B
Gutachten betr. Saar-Pfalz-Kanal
Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 2249 A, B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Dr. Müller-Emmert (SPD) . . 2249 A, B Gesetzes über die Ausprägung von
Kulawig (SPD) . . . . . . 2249 B, C Scheidemünzen (Drucksache IV/556) ;
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsaus-
Frage des Abg: Bading: schusses (Drucksache IV/780) — Zweite
und dritte Beratung — 2260 C
Schmale Bahnsteige und Zuggeschwin-
digkeit Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung der
Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 2249 C, D, Zoll- und steuerrechtlichen Bestimmungen
2250 A des Abkommens zwischen den Parteien
Bading (SPD) 2249 D, 2250 A des Nordatlantikvertrages vom 19. Juni
1951 über die Rechtsstellung ihrer Trup-
Frage des Abg. Hammersen: pen (NATO-Truppenstatut) und des Zu-
Planungen für das Wasserstraßennetz satzabkommens vom 3. August 1959 usw.
(Truppenzollgesetz 1962) (Drucksache
Dr. Seiermann, Staatssekretär 2250 A, B, C, D IV/695) ; Schriftlicher Bericht des Finanz-
Hammersen (FDP) 2250 B ausschusses (Drucksache IV/758) —Zweite
Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . 2250 C und dritte Beratung — 2261 A
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 III

Entwurf eines Gesetzes über die Feststel- Braun (SPD) 2230 B


lung eines Nachtrags zum Bundeshaus-
Stingl (CDU/CSU) 2275 C
haltsplan für das Rechnungsjahr 1962
(Nachtragshaushaltsgesetz 1962) (Druck- Liehr (SPD) 2276 B
sache IV/699) ; Schriftlicher Bericht des Hussong (SPD) 2276 D
Haushaltsausschusses (Drucksachen
IV/784, zu IV/784) — Zweite und dritte Diebäcker (CDU/CSU) 2278 A
Beratung — Dr. Danz (FDP) 2281 B
Schoettle (SPD) 2261 B
Entwurf eines Gesetzes zu dem Ü berein-
Ritzel (SPD) 2261 D kommen vom 24. Januar 1959 über die
Fischerei im Nordostatlantik (Drucksache
Entwurf eines Gesetzes über die Durchfüh- IV/711) ; Schriftlicher Bericht des Ernäh-
rung einer Repräsentativstatistik der Be- rungsausschusses (Drucksache IV/747) —
völkerung und des Erwerbslebens (Mikro- Zweite und dritte Beratung — . . . . 2282 A
zensus) (Drucksache IV/612) ; Schrift-
licher Bericht des Ausschusses für Inne- Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
res (Drucksache IV/767) — Zweite und vom 2. Juni 1961 mit der Italienischen
dritte Beratung — . . . . . . . . . 2263 A Republik über die Regelung gewisser
vermögensrechtlicher, wirtschaftlicher und
Entwurf eines Gesetzes über die Durchfüh- finanzieller Fragen (Drucksache IV/433) ;
rung von Statistiken auf dem Gebiet der Berichte des Haushalts- und des Finanz-
Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und ausschusses (Drucksachen IV/772, IV/759)
der Jugendhilfe (Drucksache IV/615) ; — Zweite und dritte Beratung — . . . 2282 B
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für
Inneres (Drucksache IV/768) — Zweite Entwurf eines Gesetzes zu dem Dritten Pro-
und dritte Beratung — . . . . . . . 2263 B tokoll vom 6. März 1959 zum Allgemei-
nen Abkommen über die Vorrechte und
Entwurf eines Gesetzes zu dem Beschluß Befreiungen des Europarates (Drucksache
vom 16. Mai 1961 zur Ergänzung des Be- IV/434) ; Berichte des Haushalts- und des
schlusses vom 8. Dezember 1954 betr. die Auswärtig. Ausschusses (Drucksachen IV/
Anwendung des Artikels 69 des Vertra- 773, IV/663) — Zweite und dritte Bera-
ges vom 18. April 1951 über die Grün- tung — 2282 C
dung der Europäischen Gemeinschaft für
Kohle und Stahl (Drucksache IV/419) ; Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für vom 2. Juni 1961 mit der Italienischen
Arbeit (Drucksache IV/746) — Zweite und Republik über Leistungen zugunsten ita-
dritte Beratung — . . . . . . . . . 2263 C lienischer Staatsangehöriger usw. (Druck-
sache IV/438) ; Schriftlicher Bericht des
Schriftlicher Bericht des Kriegsopferaus- Auswärtig. Ausschusses (Drucksache IV/
schusses über den Antrag betr. Drittes Ge- 776) — Zweite und dritte Beratung — . 2282 D
setz zur Änderung und Ergänzung des
Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des
(SPD) (Drucksachen IV/543, IV/769) . . . 2263 D Zuckersteuergesetzes (SPD) (Drucksache
IV/64) — Erste Beratung — . . . . 2283 A
Entwurf eines Mindesturlaubsgesetzes für
Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und
(Drucksachen IV/142, IV/207); Schriftlicher Ergänzung des Umsatzsteuergesetzes
Bericht des Ausschusses für Arbeit (Abg. Dr. Artzinger, Stein, Dr. Dichgangs
(Drucksache IV/785) — Zweite und dritte u. Gen.) (Drucksache IV/564) — Erste Be-
Beratung — ratung — 2283 B
Hörmann (Freiburg) (SPD) 2264 B, 2268 A,
2269 A Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Mehr-
wertsteuergesetz) (Abg. Dr. Luda, Dr. Art-
Scheppmann (CDU/CSU) . 2265 D, 2280 D, zinger, Burgemeister, van Delden, Iller-
2281 C haus, Müller-Hermann u. Gen.) (Druck-
Dr. Nissen (SPD) 2266 C sache IV/660)— Erste Beratung — . . . 2283 B
Behrendt (SPD) . . . . 2267 C, 2278 C
Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Ände-
Porten (CDU/CSU) .' 2268 C rung des Umsatzsteuergesetzes (Abg.
Franzen (CDU/CSU) . . 2268 D, 2269 B Etzel, Dr. Schmidt [Wuppertal], Brand,
Wacher, Dr. Imle und Fraktionen der
Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 2269 D
CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/661 [neu])
Dr. Besold (CDU/CSU) 2270 A — Erste Beratung — . . . . . . . . 2283 B
IV Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Entwurf eines Gesetzes für eine einmalige der Artikel 85 bis 94 EWGV auf die See-
statistische Steuererklärung auf der schiffahrt und Luftfahrt (Drucksachen
Grundlage einer Mehrwertsteuer mit Vor- IV/665, IV/756) 2284 C
umsatzabzug (SPD) (Drucksache IV/691
[neu]) — Erste Beratung — Schriftlicher Bericht des Ernährungsaus-
Dr. Mommer (SPD) 2283 D schusses über den Antrag der Abg. Ge-
wandt, Müller-Hermann, Blumenfeld, Roll-
Antrag betr. Umsatzsteuerbefreiung für mann, Dr. Conring, Kuntscher, Dr. Pflaum-
freie Berufe und Handelsvertreter (FDP) baum, Dr. Siemer, Glüsing (Dithmarschen),
(Drucksache IV/168) . . . . . . . . 2283 D Rasner, Dr. Stoltenberg, Struve und Frak-
tion der CDU/CSU, Dr. Löbe, Dr. Mende
und Fraktion der FDP betr. Bericht über
Antrag betr. Umsatzbesteuerung von Lei- die Lage der deutschen Hochseefischerei
stungen (CDU/CSU, FDP) (Drucksache (Drucksachen IV/133 [neu], IV/714) . . . 2284 D
IV/736) 2284 A
Mündlicher Bericht des Ausschusses für
Antrag betr. Ausfuhrvergütung für Wasser- wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
fahrzeuge (CDU/CSU, FDP) (Drucksache den Antrag des Bundesministers der
IV/737) 2284 A Finanzen betr. Veräußerung einer Teil-
fläche der ehem. Hutier-Kaserne in Darm-
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Siche- stadt (Drucksachen IV/620, IV/787) . . . 2284 D
rung des Straßenverkehrs (Drucksache
IV/651) — Erste Beratung — . . . . . 2284 A Mündlicher Bericht des Ausschusses für
wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des den Antrag des Bundesministers der
Zweiten Änderungsgesetzes zum AVAVG Finanzen betr. Veräußerung einer Teil-
(Abg. Wilhelm, Gottesleben, Dr. Schnei- fläche des ehem. Flugplatzes Loddenheide
der [Saarbrücken], Kulawig, Draeger, (Drucksachen IV/621, IV/788) 2285 A
Ruland, Hussong, Klein [Saarbrücken],
Baldauf u. Gen.) (Drucksache IV/744) — Mündlicher Bericht des Ausschusses für
Erste Beratung — . . . . . . . . . 2284 B wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
den Antrag des Bundesministers der
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Finanzen betr. Veräußerung einer Teil-
Ergänzung des Gesetzes über die Pfand- fläche der ehem. Fahrtruppenschule in
briefe und verwandten Schuldverschrei- Hannover (Drucksachen IV/622, IV/789) . 2285 B
bungen öffentlich-rechtlicher Kredit-
anstalten (Drucksache IV/749) — Erste Mündlicher Bericht des Ausschusses für
Beratung — . . . . . . . . . . 2284 B wirtschaftlichen Besitz des Bundes über
den Antrag des Bundesministers der
Übersicht
üStreitsachen vor dem Bundes- Finanzen betr. Veräußerung einer Teil-
verfassungsgericht (Drucksache IV/754) 2284 C fläche der ehem. Schack-Kaserne in Han-
nover (Drucksachen IV/626, IV/790) . 2285 C
Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschus-
Antrag betr. erweitertes juristisches Ak-
ses über den Vorschlag der Kommission
tionsprogramm des Europarates (Abg.
der EWG für einen Verordnungsentwurf
Dr. Süsterhenn, Bauer [Würzburg] u. Gen.)
über die Aussetzung der Anwendung von
(Drucksache IV/753) 2285 C
Artikel 85 EWGV betr. Beförderungen im
Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffs-
verkehr, eine Stellungnahme der Kom- Nächste Sitzung 2285 D
mission in Form eines Verordnungsent-
wurfs zur Aussetzung der Anwendung Anlagen 2287
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2239

51. Sitzung

Bonn, den 7. Dezember 1962

Stenographischer Bericht Das wird frühestens am 28. Dezember möglich sein.


Ich habe aber bereits gestern nachmittag die Er-
mächtigungsschreiben zur Auszahlung der Über-
Beginn: 9.02 Uhr brückungshilfe an die Länder versandt.

Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe dann die


Vizepräsident Dr. Dehler: Die Sitzung ist er- Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesmini-
öffnet. sters für Gesundheitswesen auf. Zunächst die Frage
Die amtlichen Mitteilungen werden ohne Verle- VI/1 — des Herrn Abgeordneten Dr. Jungmann —:
sung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Wann wird die Bundesregierung in der Lage sein, den Bundes-
gesundheitsrat neu zu konstituieren, nachdem der größte Teil
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß seiner Mitglieder turnusgemäß ausgeschieden ist?
des Bundestages vom 23. Februar 1962 die Siebenunddreißigste
Verordnung zur Ä nderung des Deutschen Zolltarifs 1962 (Deute- Bitte, Frau Ministerin.
rium, Kernreaktoren usw.) — Drucksache IV/779 — an den
Außenhandelsausschuß überwiesen.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 5. Dezem-
ber 1962 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Vor- Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für
gehen anläßlich des Ermittlungsverfahrens gegen Redakteure des Gesundheitswesen: Die Liste für die Berufung in
„Spiegel" — Drucksache IV/755 — beantwortet. Sein Schreiben
wird als Drucksache IV/809 verteilt. den Bundesgesundheitsrat ist abgeschlossen. Es
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 5. Dezem- mußte darüber eine Zeitlang verhandelt werden.
ber 1962 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Altmaier, Seidl
(München) und Genossen betr. Gemeinsamer Europatag in den Wir werden den Landesregierungen, die dazu Stel-
Mitgliedstaaten des Europarates (Drucksache IV/750) beantwortet. lung zu nehmen haben, in diesen Tagen die Vor-
Sein Schreiben wird als Drucksache IV/819 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 5. Dezem- schläge zuleiten. Sobald ich diese Stellungnahmen
ber 1962 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Seidl (Mün ch en),
Altmaier und Genossen betr. Ausarbeitung einer europäischen
habe, werde ich die Liste dem Kabinett zuleiten, das
Konvention zum Schutz der Rechte und Freiheiten der Gemein- darüber zu beschließen hat. Die konstituierende Sit-
den (Drucksache IV/752) beantwortet. Sein Schreiben wird als
Drucksache IV/820 verteilt. zung des neuen Bundesgesundheitsrates wird vor-
Der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am aussichtlich Anfang des nächsten Jahres stattfinden;
4. Dezember 1962 unter Bezugnahme auf den Beschluß des Bun-
destages vom 8. April 1959 über die Beschäftigung Schwerbeschä- der Termin hängt davon ab, wie schnell die Stel-
digter bei den Bundesdienststellen berichtet. Die Übersicht wird lungnahmen der Länder eingehen.
als Drucksache IV/821 verteilt.

Ich rufe auf als Punkt 1 der Tagesordnung die Vizepräsident Dr. Dehler: Keine Zusatzfrage.
Ich rufe auf die Frage VI/2 — der Frau Abgeordne-
Fragestunde (Drucksachen IV/786, IV/794, ten Dr. Hubert —:
IV/814). Wann tritt der Bundesgesundheitsrat wieder zusammen?

Als erste Frage rufe ich die Frage ides Herrn Ab- Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für
geordneten Bazille auf Drucksache IV/814 auf:
Gesundheitswesen: Mit der vorhergehenden Ant-
Was wird die Bundesregierung im Rahmen ihrer verfassungs-
mäßigen Möglichkeiten tun, um zu gewährleisten, daß das vom wort ist die Frage von Frau Dr. Hubert bereits be-
Bundestag beschlossene Gesetz über die Gewährung einer ein- antwortet.
maligen Überbrückungszulage an Kriegsopfer für das Jahr 1962
noch in diesem Jahr verkündet werden kann?

Herr Minister für Arbeit und Sozialordnung! Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke der Frau
Ministerin.
Wir kommen dann zu den Fragen aus dem Ge-
Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozial- schäftsbereich des Bundesministers der Finanzen,
ordnung: Herr Präsident! Meine Damen und Her- zunächst zur Frage XI/1 — des Herrn Abgeordneten
ren! Ich möchte die gestellte Frage wie folgt beant- Dürr —:
worten: Die Bundesregierung wird alle technischen
Wieviel Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze sind durch
Vorbereitungen treffen, damit der Herr Bundesprä- den Einsatz der Zollboote auf dem Bodensee in den letzten zwei
sident nach der zu erwartenden Zustimmung des Jahren aufgedeckt worden?

Bundesrates in der Sitzung vom 21. Dezember 1962


das Gesetz ausfertigen kann. Sobald dies geschehen Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe-
ist, wird sie Sorge tragen, daß das Gesetz noch in rium: Für den leider verhinderten Bundesminister
diesem Jahr im Bundesgesetzblatt verkündet wird. der Finanzen darf ich die Frage wie folgt beant-
2240 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Staatssekretär Qualen
worten: In den letzten zwei Jahren, d. h. in der Zeit den, weil die Vermögensteuerveranlagung in einer
vom 1. Oktober 1960 bis 30. September 1962, haben Reihe von Ländern zu dieser Zeit noch nicht abge-
die Zollboote auf dem Bodensee keine Zuwider- schlossen war. Die allgemeine Aufbereitung der
handlungen gegen die Zollgesetze aufgedeckt. Es Vermögensteuerstatistik ist infolge der verspäteten
sind ihnen jedoch 94 Aufgriffe grenzpolizeilicher Veranlagung, die durch die Änderung des Ver-
Art gelungen. Außerdem haben sie in 31 Seenotfäl- mögensteuergesetzes — Erhöhung der Freibeträge
len erfolgreich Hilfe geleistet. — bedingt war, auch heute noch nicht beendet, doch
Der Nutzen der Zollboote ist in erster Linie vor- hat das Bundesfinanzministerium die Zahl der Ver-
beugender Art. Der starke Schiffs- und Bootsver- mögensmillionäre und deren Gesamtvermögen vor-
kehr — in der Saison etwa 3000 Motorboote ver- ab über das Statistische Bundesamt bei den Statisti-
schiedener Nationalität und noch mehr Segel-, Ru- schen Landesämtern feststellen lassen. Ich bin heute
der- und Paddelboote — kann nicht ohne Kontrolle also in der Lage, Ihnen folgende neue Angaben
bleiben, da wegen des Preisgefälles — besonders nach dem Stand vom 1. Januar 1960 mitzuteilen:
gegenüber der Schweiz — mit Schmuggel zu rech- 1. Zahl der unbeschränkt steuerpflichtigen natür-
nen ist. Die Überwachungstätigkeit der Zollboote lichen Personen mit einem Gesamtvermögen von
hat es ermöglicht, die Zahl der Zollgrenzdienstbe- 1 Million DM und mehr: a) Bundesgebiet ohne
amten am Ufer gering zu halten. Saarland und Berlin (West) 8646 gegenüber 3503 im
Die Bundeszollverwaltung besitzt zur Zeit drei Jahre 1957; b) Bundesgebiet mit Berlin ohne Saar-
größere, in den Jahren 1937, 1950 und 1952 in Dienst land 8985 gegenüber 3600 im Jahre 1957; c) Bundes-
gestellte und vier kleine offene Boote. Im Rahmen gebiet mit Berlin und Saarland 9035. Die Gesamt-
der seit längerer Zeit laufenden Überprüfung der zahl der Vermögensmillionäre im Bundesgebiet ein-
gesamten Verwaltungsorganisation wird auch die schließlich Saarland und Berlin (West) beträgt also
Frage der Zollboote auf dem Bodensee erörtert 9035, wobei allerdings eine Vergleichszahl für 1957
werden. Es wird voraussichtlich zu einer Verminde- wegen fehlender Angaben für das Saarland nicht
rung des Schiffsparks — insbesondere hinsichtlich genannt werden kann.
der größeren Boote — kommen. 2. Gesamtvermögen der unbeschränkt steuer-
Übrigens haben auch die Schweiz und Österreich pflichtigen natürlichen Personen mit einem Ver-
Kontrollboote auf dem Bodensee. Österreich beab- mögen von 1 Million DM und mehr: a) Bundesgebiet
sichtigt sogar, neben den vorhandenen drei moder- ohne Saarland und Berlin (West) 27,8 Milliarden DM
nen Booten zwei weitere in Dienst zu stellen. gegenüber 9,8 Milliarden DM im Jahre 1957, b) Bun-
desgebiet mit Berlin (ohne Saarland) 28,5 Milliar-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die den DM gegenüber 10,0 Milliarden DM im Jahre
Frage XI/2 — des Herrn Abgeordneten Metzger —: 1957, c) Bundesgebiet mit Berlin und Saarland 28,7
Milliarden DM.
Ich frage den Herrn Bundesfinanzminister, bis wann mit der
Vorlage eines Gesetzes über Ausgleichsbeträge für Betriebe der
Gebietskörperschaften, die ursprünglich für die Besatzungsmächte Ich wiederhole: Am 1. Januar 1960 gab es in der
arbeiteten und jetzt für die Stationierungsmächte tätig sind, und Bundesrepublik einschließlich Saarland und Berlin
dessen Verabschiedung in der Fragestunde vom 19. April 1961
für das Ende der damaligen Legislaturperiode in Aussicht ge- also 9035 Vermögensmillionäre mit einem Gesamt-
stellt war, gerechnet werden kann. vermögen von 28,7 Milliarden DM. Allerdings läßt
Wird der Herr Kollege Metzger vertreten? — sich diese Zahl der Vermögensmillionäre nur im Zu-
Nein, die Frage wird schriftlich beantwortet. sammenhang mit der Entwicklung der kleineren
und mittleren Vermögen beurteilen, über die im
Ich rufe dann auf die Frage XI/3 — des Herrn
Augenblick keine neuen statistischen Angaben für
Abgeordneten Ritzel —:
das gesamte Bundesgebiet verfügbar sind und die
Wie viele Einkommensmillionäre und wie viele Vermögens-
millionäre gibt es nach dem heutigen Stand in der Bundes- in der Vermögensteuerstatistik wegen der erhöhten
republik Deutschland? Freibeträge ohnehin nur unvollkommen erfaßt wer-
Bitte, Herr Staatssekretär! den können. Immerhin dürfte es in diesem Zusam-
menhang von Interesse sein, daß nach den vorläu-
figen Ergebnissen der Vermögensteuerstatistik von
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe- 1960 für vier Länder als Zeichen der allgemeinen
rium: Die Frage nach der Zahl der Einkommens- Vermögenszunahme ein starkes Aufrücken aller
millionäre und Vermögensmillionäre ist in diesem
Steuerpflichtigen in höhere Vermögensgruppen so-
Hohen Hause wiederholt gestellt und beantwortet wie — als Folge der erheblichen Freibetragserhö-
worden, zuletzt in der Fragestunde am 13. Juni 1962. hungen zum 1. Januar 1960 — eine Abnahme der
Für die Einkommensmillionäre wurde die Frage Zahl der Vermögensteuerpflichtigen um rund ein
zuletzt an Hand der Einkommensteuerstatistik 1957 Drittel festzustellen ist.
beantwortet, nach der 459 Steuerpflichtige mit einem
Einkommen von 1 Millionen DM und mehr festge- Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zusatz-
stellt wurden. Neuere statistische Ergebnisse liegen frage Herr Abgeordneter Ritzel.
nicht vor, da eine weitere Einkommensteuerstatistik
erst für das Jahr 1961 durchgeführt wird.
Ritzel (SPD) : Herr Staatssekretär, abgesehen von
Die Zahl der Vermögensmillionäre nach neuestem dem kleinen Irrtum, der Ihnen unterlaufen ist, in-
Stand, d. h. nach dein Hauptfeststellungszeitpunkt dem Sie annahmen, daß in der Fragestunde vom
vom 1. Januar 1960, konnte in der Fragestunde am 13. Juni 1962 in bezug auf die Vermögensmillionäre
13. Juni 1962 nur schätzungsweise angegeben wer- eine Auskunft erteilt worden sei — was nicht der
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2241
Ritzel
Fall war —, möchte ich mir bezüglich der Einkom- Ist die Bundesregierung bereit, die bayerische Staatsregierung
vor Inkraftsetzung des vom Bayerischen Landtag am 23. Oktober
mensmillionäre die Frage gestatten, ob Ihnen nicht 1962 verabschiedeten Gesetzes über den Verkehr mit Bier darauf
hinzuweisen, daß dieses Gesetz mit dem geltenden Bundesrecht,
bekannt ist, daß einzelne Länderminister, z. B. auch wie es im Biersteuergesetz in der Fassung vom 10. Oktober 1957
der hessische Finanzminister Dr. Conrad, und der (Bundesgesetzbl. I S. 1712) geregelt ist, unvereinbar ist?

Bund der Steuerbeamten Zahlen veröffentlicht haben Bitte, Herr Staatssekretär!


— ich zitiere aus dem Pressebericht über eine Er-
klärung des Bundes deutscher Steuerbeamten —, Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe-
wonach die Zahl der Einkommensmillionäre in der rium: Ich bitte, diese Frage mit der nächsten zusam-
Zwischenzeit auf etwa 50 000 angewachsen ist. Ich men beantworten zu dürfen.
darf Sie fragen, was die Regierung zu dieser Fest-
stellung zu sagen hat.
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auch die
Frage XI/5 — des Abgeordneten Schmidt (Kempten)
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Staatssekretär! — auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die bayerische Staatsregierung
darauf aufmerksam zu machen, daß der Bayerische Landtag ge-
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe- mäß Artikel 74 Nr. 20 des Grundgesetzes zu einer weiteren
rium: Diese Zahl ist mir bisher nicht bekanntgewor- Gesetzgebung im Rahmen der Biersteuer nicht berechtigt ist?

den.
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe-
Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer weiteren rium: Die Bundesregierung hält es im gegenwär-
Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ritzel. tigen Zeitpunkt nicht für zweckmäßig, in der 'ange-
gebenen Weise an die bayerische Staatsregierung
heranzutreten, weil ihr bekannt ist, daß der baye-
Ritzel (SPD) : Auf die Gefahr hin, daß mir das rische Ministerpräsident über die verfassungsrecht-
als zweite Zusatzfrage angerechnet wird, Herr Prä- lichen Bedenken, die gegen das Gesetz erhoben wer-
sident, möchte ich mir doch gestatten zu fragen: Ist
den könnten, unterrichtet ist und sie vor der Ver-
das eine Auffassung des Schatzministeriums oder kündung des Gesetzes prüfen wird. Er hat hierzu
des Ministeriums, das Sie hier vertreten, nämlich ein Gutachten angefordert.
des Bundesfinanzministeriums?
Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zusatz-
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe- frage Herr Abgeordneter Schmidt (Kempten).
rium: Ich habe heute das Bundesfinanzministerium
mit zu vertreten, kann aber auf Ihre Frage natürlich
nur das sagen, was mir bekannt ist. Schmidt (Kempten) (FDP) : Herr Staatssekretär,
ist diese Unterrichtung des bayerischen Minister-
präsidenten durch die Bundesregierung bereits er-
Ritzel (SPD) : Darf ich um eine weitere Zusatz- folgt?
frage bitten?
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich will Ihnen eine rium: Nein.
zweite Frage zugestehen, Herr Kollege Ritzel.
Schmidt (Kempten) (FDP) : Dann darf ich fragen,
Ritzel (SPD) : Bis wann, Herr Staatssekretär, wird
ob die Bundesregierung nicht doch eine Notwendig-
die Regierung bereit und in der Lage sein, dem
Hohen Hause in bezug auf die Einkommensmillio- keit sieht, derartige Überschneidungen oder Pannen
näre endlich einmal positive Zahlen nach letzten in Zukunft zu vermeiden, indem sie gewisse Hin-
weise gibt.
Quellen mitzuteilen?
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe-
Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe- rium: Die Bundesregierung ist bereit, nach Verkün-
rium: Die Mitteilung ist erst möglich, wenn die dung des Gesetzes zu prüfen, ob es mit dem Grund-
Steuerstatistiken vorliegen. Die Steuerstatistiken gesetz und mit dem geltenden Bundesrecht vereinbar
sind Sekundärstatistiken; es müssen also erst die ist und welche Schritte insofern unternommen wer-
Steuerunterlagen vorliegen, und die Veranlagungs- den sollten. Das Gesetz ist erst vor kurzem verab-
arbeiten bei den Finanzverwaltungen müssen abge- schiedet worden. Es ist noch nicht einmal verkündet
schlossen sein. und uns noch nicht offiziell zugestellt.
(Abg. Ritzel: Bis wann?)
Eine neue Einkommensteuerstatistik wird für 1961 Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer weiteren
durchgeführt. Die Ergebnisse werden etwa im Frage Herr Abgeordneter Schmidt (Kempten) !
Herbst 1963 vorliegen. Eine neue Vermögensteuer-
statistik ist für den Stichtag 1. Januar 1963 vorge- Schmidt (Kempten) (FDP) : Hält es die Bundes-
sehen. Die Ergebnisse werden Ende 1964 bekannt regierung nicht für zweckmäßiger, solche Möglich-
sein. keiten vor der Verkündung und dem Inkrafttreten
zu eruieren?
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe die Frage
XI/ 4 — des Herrn Abgeordneten Schmidt (Kempten) Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe-
— auf: rium: Ich möchte diese Frage verneinen.
2242 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe die eben- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage?
falls von dem Abgeordneten Schmidt (Kempten) ge- — Bitte!
stellte Frage XI/6 auf:
Ist der Bundesregierung das Gutachten bekannt, welches in der
Frage der Biersteuer Staatssekretär a. D. Dr. Friedrich Meinzold
Dr. Ramminger (CDU/CSU) : Herr Staatssekre-
im März 1962 dem bayerischen Senat erstattet hat und in dem tär, gehört zu dieser Planung der Verkehrserschlie-
auf die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das bayerische
Gesetz über den Verkehr mit Bier deutlich aufmerksam gemacht ßung des Grenzlandes auch der Ausbau der Bundes-
wird? straße 12 von Passau nach Freyung mit der Begra-
B itte, Herr Staatssekretär! digung oder Beseitigung von 204 scharfen Kurven
auf einer Strecke von 40 km?

Qualen, Staatssekretär im Bundesschatzministe- Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-


rium: Das Gutachten des Staatssekretärs a. D. Dr. sterium für Verkehr: Herr Abgeordneter, ich habe
Friedrich Meinzold ist der Bundesregierung bisher zwar keine große Liste hier. Ich möchte aber die
nicht bekanntgeworden. Wir bekommen es aber in Fragestunde nicht aufhalten und möchte die Frage
der nächsten Woche, wie ich höre. auf Grund der Unterlagen schriftlich beantworten.

Vizepräsident Dr. Dehler: Keine Zusatzfrage. Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe die Frage
Dann sind ,die Fragen aus .dem Gebiet des Bundes- XIII/2 — ebenfalls Abgeordneter Dr. Ramminger in
finanzministeriums erledigt. Ich danke Ihnen, Herr Vertretung des Abgeordneten Drachsler — auf:
Staatssekretär.
Besteht eine Gefahr, daß durch die Kürzung der Straßenbau-
mittel der Ausbau der Autobahn Nürnberg-Amberg und der Auto-
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbe- bahn Nürnberg-Regensburg nicht wie geplant in Angriff genom-
reich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe die men und bis zum Jahre 1966 wie vorgesehen fertiggestellt wird?

von Herrn Abgeordneten Drachsler gestellte Frage Bitte, Herr Staatssekretär!


XIII/1 auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die notwendige Verkehrser-
schließung der Grenzland- und Randgebiete Bayerns in den näch- Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sten Jahren so stark voranzutreiben, daß diese von der Bundes-
regierung seit Jahren mit Erfolg geförderten Gebiete bis zum
sterium für Verkehr: Auf der Bundesautobahn-
Abschluß der europäischen Integration auch auf dem Gebiete des strecke Nürnberg–Bamberg ist die Teilstrecke Eis-
Verkehrs wettbewerbsfähig werden?
mannsberg–Alfeld (7 km) und auf der Bundesauto-
Bitte, Herr Staatssekretär! bahnstrecke Nürnberg–Regensburg die erste Fahr-
bahn der Teilstrecke Südliche Umgehung Regens-
burg (rund 25 km) bereits im Bau. Für die Fortfüh-
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- rung der Arbeiten auf den übrigen Teilen der ge-
sterium für Verkehr: Die Bundesregierung hat seit nannten Strecken sind die ersten Mittel im Haus-
ihrem Bestehen in Zusammenarbeit mit der Landes- haltsentwurf 1963 eingeplant.
regierung große Anstrengungen unternommen, die
Grenzland- und Randgebiete des nördlichen und öst- Der dem Kabinett am 15. August 1962 vorgelegte
lichen bayerischen Raumes wirtschaftlich so zu festi- 2. Vierjahresplan sieht die Fertigstellung beider
gen, daß die Nachteile der Revierferne und die Aus- Strecken mit Abschluß des Rechnungsjahres 1966
wirkungen des Eisernen Vorhangs soweit wie mög- vor. Die in der letzten Zeit durchgeführten Kürzun-
lich ausgeglichen werden. Die Erfolge dieser Bemü- gen der Ansätze für die Bundesfernstraßen im Haus-
hungen sind überall erkennbar. halt 1962 und im Entwurf des Haushalts 1963 ma-
chen die Fertigstellung der genannten Strecken bis-
Die Nachteile der Randlage werden sich im Rah- 1966 allerdings ungewiß.
men der größeren Gemeinschaft der EWG voraussicht-
lich noch verschärfen. Darum müssen die Anstren-
gungen um diese weit nach Osten vorgeschobenen
Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zusatz-
frage Herr Abgeordneter Ramminger!
Bereiche noch verstärkt werden. Vor allem auf dem
Gebiet des Verkehrs sind besondere Maßnahmen
notwendig. Es geht hier nicht nur darum, die Ver- Dr. Ramminger (CDU/CSU) : Herr Staatssekre-
kehrswege innerhalb der Randgebiete zu verbes- tär, wird sich die Kürzung der Straßenbaumittel
sern; noch bedeutsamer scheinen uns die Malnah- auch auf den Bau oder die Planung der Autobahn
men zu sein, die vorgesehen sind, um den Verkehr Regensburg–Passau auswirken?
der Randgebiete an die großen deutschen und euro-
päischen Verkehrslinien anzuschließen. Dies muß für Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
Eisenbahn, Straße und Wasserstraße bis 1970, dem sterium für Verkehr: Sie kann sich auswirken, Herr
Jahr, in dem der Gemeinsame Markt sich voll aus- Abgeordneter.
zuwirken beginnt, zu einem gewissen Abschluß ge-
bracht werden. Dabei sind ebenso die Verbindungen
nach Westen und Norden wie nach Südosten — Vizepräsident Dr. Dehler: Frage XIII/3 — des
Donau — und Süden zu berücksichtigen. Die Planun- Abgeordneten Baier (Mosbach) — :

gen für alle erforderlichen Maßnahmen liegen vor. Hatten sich die schweren Autounfälle auf der Autobahn Karls
ruhe-Bruchsal verhindern lassen, wenn auf dem Grünstreifen dei
Die Ausführung ist technisch gesichert. Noch zu Autobahn Leitplanken angebracht gewesen wären?
lösen bleibt die Frage rechtzeitiger und ausreichen-
der Mittelbereitstellung. Bitte, Herr Staatsekretär!
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2243

Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- handlungen die Länder im Jahre 1960 begonnen.
sterium für Verkehr: Auf der Autobahnstrecke Zunächst werden die Autobahnabschnitte mit beson-
Karlsruhe–Bruchsal sind uns zwei schwere Ver- ders großer Verkehrsdichte ausgerüstet. Bis Ende
kehrsunfälle bekanntgeworden, die durch Überque- 1962 — also in diesem Jahre — werden 1600 km
ren des Mittelstreifens hervorgerufen wurden. Der Autobahnen, das ist mehr als die Hälfte des in Be-
eine ist der bedauerliche Unfall, bei dem durch trieb befindlichen Autobahnnetzes, mit Leitplanken
Wenden eines Kraftfahrzeugs über eine Mittelstrei- im Mittelstreifen ausgestattet sein. Im Jahre 1963
fenüberfahrt ein anderes Fahrzeug über den Mittel- sollen weitere 600 bis 700 km aufgestellt werden, so
streifen geriet und fünf Menschen den Tod fanden. daß Ende des Jahres 1964 das gesamte Netz auf
Der zweite Unfall wurde dadurch verursacht, daß diese Weise gesichert sein wird. Durchschnittlich
sich von einem Lastkraftwagen ein Reifen löste und sind bisher im Jahr etwa 20 Millionen DM für das
ein Kraftfahrzeug beim Ausweichmanöver den Mit- Anbringen von Leitplanken im Mittelstreifen ausge-
telstreifen überfuhr. geben worden. Die Leitplanken werden teils in
Stahl, teils in Beton ausgeführt. Beide Bauarten
Wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben,
bewirken die Leitplanken im Mittelstreifen in der sind bewährt. Eingehende, bereits 1961 eingeleitete
Regel, daß Personenkraftwagen, die von der Fahr- Untersuchungen über die Vor- und Nachteile der
bahn abkommen, nicht auf die Gegenfahrbahn gera- Bauweisen unter den Beanspruchungen bei ver-
ten. Nur in wenigen Ausnahmefällen haben die schiedenen Kraftfahrzeugtypen und bei typischen
Leitplanken solche Unfälle nicht verhindern kön- Unfallarten sind noch nicht abgeschlossen.
nen. In 'den beiden genannten Fällen dürfte das
Vorhandensein von Leitplanken die Schwere der Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage!
Unfälle zumindest gemildert haben.
Baier (Mosbach) (CDU/CSU) : Herr Staatssekre-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage. tär, angesichts der Bedeutung dieser Leitplanken
zur Verhinderung schwerer Unfälle wäre es doch
Baier (Mosbach) (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, zweckmäßig, viel schneller sämtliche Autobahnen
ist es richtig, daß die Aufstellung von Leitplanken, mit Leitplanken zu versehen. Aus welchen Gründen
die von Ihrem Ministerium und von diesem Hause ist das Bundesverkehrsministerium nicht in der Lage,
gewünscht wurde, in den vergangenen Jahren ver- das schneller zu tun?
zögert worden ist, weil da und dort ein Streit über
„Beton- oder Stahlplanken?" entbrannt ist?
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Ich glaube, es ist schon eine
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- große Leistung, daß das gesamte Autobahnnetz in
sterium für Verkehr: Ich kann diese Frage mit wenigen Jahren mit Leitplanken versehen wird. Im
einem glatten Nein beantworten, Herr Abgeordne- übrigen legen die Straßenbauverwaltungen der Län-
ter. Das ist nicht der Fall. der, deren primäre Aufgabe die Aufstellung der
Leitplanken ist, Wert darauf, diese Aufstellung auf
Vizepräsident Dr. Dehler: Wir kommen zur den Strecken, auf denen auch Deckenerneuerungen
Frage XIII/4 — des Abgeordneten Baier (Mos- oder Reparaturen notwendig sind, in Zusammen-
bach) —: hang mit den Deckenarbeiten durchzuführen, weil
in der Regel bei Deckenarbeiten die Leitplanken stö-
Beabsichtigt das Bundesverkehrsministerium, auf allen Auto-
bahnstrecken Leitplanken auf den Grünstreifen anbringen zu ren, wieder abgebaut und neu errichtet werden
lassen? müssen.

Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- Sie dürfen aber überzeugt sein, Herr Abgeordne-
sterium für Verkehr: Herr Präsident, ich bitte, die ter, daß wir selbst das größte Interesse daran haben,
Fragen 4 und 5 gemeinsam beantworten zu dürfen, daß diese Arbeiten so schnell wie möglich beendet
weil sie zusammengehören. werden.

Vizepräsident Dr. Dehler: Einverstanden! Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,


Dann rufe ich auch die Frage XIII/5 — des Abgeord- Herr Abgeordneter Ritzel!
neten Baier (Mosbach) — auf:
Wie groß ist der Anteil an Autobahn-Kilometern, wo noch Ritzel (SPD) : Können Sie versichern, Herr Staats-
keine Leitplanken angebracht sind? sekretär, daß alle im Haushalt 1962 dafür vorge-
sehenen Autobahn-Kilometer bis zum Ende dieses
Jahres mit Leitplanken ausgerüstet werden können?
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Der Bundesminister für Ver-
kehr verfolgt seit 1958 die Absicht, auf allen Auto- Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Ich bin fest davon überzeugt,
bahnen und Bundesstraßen mit getrennten Rich-
tungsfahrbahnen Leitplanken im Mittelstreifen an- Herr Abgeordneter.
zubringen. Mit der Aufstellung solcher Leitplanken
auch an den Betriebsstrecken — im Gegensatz zu Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
den Neubaustrecken — haben nach längeren Ver- des Herrn Abgeordneten Dr. Bieringer!
2244 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Dr. Bieringer (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, Dr. Krone, Bundesminister für besondere Auf-
trifft es zu, daß sich der Bau der Leitplanken in ver- gaben: Es ist ja keine amtliche Arbeit, sondern eine
schiedenen Gebieten um fast zwei Jahre verzögert private Arbeit gewesen, die an das Verteidigungs-
hat, weil einige Länder wegen des Leitplankenbaus ministerium geleitet worden ist.
überhaupt Schwierigkeiten gemacht haben, und,
wenn ja, welche Länder waren das? Wittrock (SPD) : An das Verteidigungsministe-
rium? — Darf ich eine weitere Frage stellen?
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Davon, daß einige Länder Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage,
Schwierigkeiten gemacht haben, ist mir nichts be- bitte!
kannt. Die Länder haben natürlich sowohl hinsicht-
lich der technischen Durchführung wie hinsichtlich Wittrock (SPD) : Herr Minister, wer sind die
der Auswahl der Strecken Überlegungen angestellt, „namhaften Juristen", die das als Gutachten bezeich-
und ich kann mir schon denken, daß in der Disposi- nete Schriftstück, welches ja keinerlei Unterschrift
tion Veränderungen eingetreten sind, wenn sich trägt, hergestellt haben?
z. B. auf einer Strecke eine besondere Unfallgefahr
herausgestellt hat und die Mittel dann für diese
Dr. Krone, Bundesminister für besondere Auf-
Strecke verwandt worden sind.
gaben: Einer von ihnen ist bekannt; der ist auch
genannt worden: Herr Kollege Güde. Ich bin leider
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage, nicht in der Lage, die anderen zu nennen.
Herr Dr. Bieringer!
(Abg. Wittrock: Weil Sie sie nicht wissen?)
Dr. Bieringer (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, — Ich bin nicht in der Lage, sie zu nennen.
können Sie sagen, wann etwa die Leitplanken auf (Abg. Dr. Mommer: Nicht gewillt!)
der besonders stark befahrenen Strecke Bruchsal—
Karlsruhe durchgehend gebaut sein werden? Ich
frage das, weil vorhin von dem Unfall auf dieser Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Strecke die Rede war. Mommer, eine Zusatzfrage!

Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- Dr. Mommer (SPD) : Herr Minister Krone, darf
sterium für Verkehr: Ich kann das nicht sagen. Aber ich fragen, db es tauch zu dem Aufgabenbereich Ihres
ich werde bei der Landesstraßenverwaltung Rück- Sonderministeriums gehört, gelegentlich Rechtsgut-
frage halten und Ihnen die Antwort schriftlich achten in Kompetenzüberschneidung mit dem Justiz-
geben. ministerium erstellen zu lassen?

Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe außerhalb Dr. Krone, Bundesminister für besondere Auf-
der Reihenfolge auf die Frage aus dem Geschäftsbe- gaben: Ich glaube, Ihre Annahme ist falsch. Ich habe
reich des Bundsministers für besondere Aufgaben, hier mit Zustimmung der Verfasser und des Ministe-
gestellt von Herrn Abgeordneten Wittrock: riums eine dem Ministerium zugeleitete Denkschrift
Wieso liegt es im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes- dem Hause mitgeteilt, und zwar auf Wunsch auch
ministers für besondere Aufgaben, eine anonyme, als Gutachten
bezeichnete Äußerung zu Rechtsfragen des internationalen Rechts- Ihrer Fraktion.
hilfeverkehrs zu veröffentlichen?

Herr Minister Dr. Krone, bitte! Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage,
Herr Abgeordneter Dr. Rinderspacher!
Dr. Krone, Bundesminister für besondere Auf-
gaben: Herr Wittrock, es handelt sich hier um die Dr. Rinderspacher (SPD) : Herr Minister, aus
Arbeit, die dem Verteidigungsministerium von drit- welchen Mitteln sind die Gutachter bezahlt worden?
ter Seite zugestellt worden ist, und nicht um eine Sind das ordentliche Mittel Ihres Haushalts, oder ist
Arbeit des Ministeriums selber. Ich habe diese Ar- dazu ein Sonderfonds in Anspruch genommen wor-
beit den Fraktionen dieses Hauses zugestellt, nach- den?
dem ich die Zustimmung des Ministeriums und auch
der Verfasser hatte. Diese Orientierung liegt durch- Dr. Krone, Bundesminister für besondere Auf-
aus im Rahmen meiner amtlichen Pflichten, d. h. gaben: Darüber muß ich Ihnen noch schriftlich Aus-
einer Pflege der Beziehungen zwischen Bundestag kunft geben.
und Bundesregierung.
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen,
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, Herr Minister!
Herr Abgeordneter Wittrock!
Ich rufe weiter auf aus dem Geschäftsbereich des
Wittrock (SPD) : Herr Minister, ist auch in diesem Bundesministers für Verkehr die Frage XIII/6 — des
Falle, wie es gelegentlich vorgekommen ist, das für Abgeordneten Fritsch —:
solche Rechtsangelegenheiten an sich zuständige Wann ist mit der Trassierung der Autobahnstrecke Regens-
burg-Passau zu rechnen?
Bundesministerium der Justiz übergangen worden,
oder ist es eingeschaltet gewesen? Bitte, Herr Staatssekretär!
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2245

Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-


sterium für Verkehr: Die Autobahnstrecke Regens- sterium für Verkehr: Man wird sie beschleunigen
burg—Passau ist im Ausbauplan für die Bundesfern- können. Es ist nur im Augenblick nicht möglich —
straßen noch nicht enthalten. Der Bundesminister für im Augenblick! —, die zuständige Landesbaustelle
Verkehr ist aber der Meinung, daß diese Autobahn anzuhalten, andere Arbeiten, deren Realisierung
wegen ihrer großen Bedeutung für die wirtschaft- viel näher liegt, zurückzustellen, um diese Planung
liche Entwicklung Niederbayerns und wegen der Re- für den dritten Vierjahresplan jetzt durchzuziehen.
vierferne der niederbayerischen Randgebiete mög- Aber auf eine Beschleunigung werde ich drängen,
lichst für den dritten Vierjahresplan, also von 1967 Herr Abgeordneter.
bis 1970, als Netzergänzung zwecks Ausbaus in den
Ausbauplan aufgenommen werden sollte.
Vizepräsident Dr. Dehler: Frage XIII/7 — des
Die in der Vorkriegszeit durchgeführte Planung Herrn Abgeordneten Ritzel —:
entspricht in größeren Abschnitten nicht mehr den Wie sind die Benutzer der Flugzeuge der einzelnen die deut-
schen Flughäfen berührenden Luftfahrtgesellschaften für den Fall
heute an die Linienführung einer Autobahn zu stel- eines Absturzes oder sonstigen Unglücksfalles versichert
lenden Anforderungen. Steigungen über 6 %, wie a) im Todesfall,
Sie diese Planung aufweist, und enge Kurven können b) gegen Invalidität?
heute nicht mehr zugelassen werden. Die alte Pla- Bitte, Herr Staatssekretär!
nung bedarf deshalb einer Überprüfung, die in ein-
zelnen Teilstrecken unter Umständen zu einer völli-
gen Neutrassierung führen wird. Eine solche Umpla- Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
nung, die Aufgabe der Straßenbauverwaltung des sterium für Verkehr: Wird ein Fluggast an Bord
Landes ist, erfordert einen erheblichen Arbeitsauf- eines Luftfahrzeuges oder beim Ein- und Aussteigen
wand. Das für diesen Raum zuständige Autobahnamt getötet oder verletzt, so hat das Luftfahrtunterneh-
München ist jedoch zur Zeil mit anderen dringenden men den Schaden zu ersetzen, soweit es ihn schuld-
Planungen überlastet. Für ,die Beschleunigung der haft verursacht hat. Es haftet bei leichter Fahrlässig-
Trassierung dieser Autobahn kann ich mich zur Zeit keit bis zu Beträgen von 35 000 DM im innerdeut-
nicht einsetzen. Sie wird aber so rechtzeitig erfolgen, schen Verkehr und von 33 750 DM im internationa-
len Verkehr, bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit
daß mit dem Bau dieser Autobahnstrecke im Laufe
in unbegrenzter Höhe. Die Luftfahrtunternehmen
des dritten Vierjahresplans gerechnet werden kann.
decken dieses Haftungsrisiko in der Regel durch
eine freiwililge Haftpflichtversicherung.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
Herr Abgeordneter Fritsch. Diese Regelung, die auf den Grundsätzen des
weltweiten Warschauer Abkommens beruht, ist für
den Fluggast verständlicherweise nicht immer be-
Fritsch (SPD) : Herr Staatssekretär, ist Ihnen be- friedigend. Deshalb sind die Luftfahrtunternehmen
kannt, daß sowohl die verkehrsmäßigen Planungen nach deutschem Recht zusätzlich verpflichtet, ihre
als auch die Planungen hinsichtlich der Industrie- Fluggäste gegen Unfall zu versichern. Die Versiche-
ansiedlungen und Wohnungsbauten der von der zu- rungssumme wird auch dann ausgezahlt, wenn das
künftigen Trassierung oder jetzigen Trassierung be- Luftfahrtunternehmen mangels eines Verschuldens
troffenen Gemeinden und Städte weitgehend in den für den Schaden nicht haftet. Die Mindesthöhe der
Zustand der Unsicherheit geraten, weil eine end- Versicherung beträgt für den Fall des Todes oder
gültige Planung noch nicht festliegt, und daß wegen der dauernden Erwerbsunfähigkeit 35 000 DM. Die
dieses Umstandes, von dem Sie soeben gesprochen deutschen Luftfahrtunternehmen bieten diesen Ver-
haben, viele Verkehrs- und sonstige Pläne der sicherungsschutz ihren Fluggästen auf allen Strek-
Städte und Gemeinden in Niederbayern einfach ken, die ausländischen Luftfahrtunternehmen dage-
nicht mehr stimmen? gen nur den Fluggästen, die sie in der Bundesrepu-
blik im Gelegenheitsverkehr neu aufnehmen oder
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- die sie auf deutschen Kabotagestrecken, also im
sterium für Verkehr: Diese Schwierigkeiten sind mir innerdeutschen Verkehr, befördern.
bekannt. Sie treten leider sehr häufig heute auf,
Für ihren internationalen Linienverkehr und für
weil es notwendig ist, die Planung immer auf lange
den Berlin-Verkehr erkennen die ausländischen
Sicht zu machen, andererseits diese Planung im ein-
Luftfahrtunternehmen die deutsche Unfallversiche-
zelnen aber nicht von heute auf morgen durchgeführt
rungspflicht nicht an. Einige ausländische Gesell-
werden kann. schaften wie z. B. die Air France, Alitalia, Iberia
und Swissair schließen jedoch teils freiwillig, teils
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage, auf Grund nationaler Verpflichtungen Unfallver-
Herr. Abgeordneter Fritsch. sicherungen ab. Bei Benutzung anderer Luftfahrt-
unternehmen ist der Fluggast gegen Unfall nicht
versichert. Er erhält aber Ersatz seines Schadens,
Fritsch (SPD) : Herr Staatssekretär, würden Sie
in Ansehung dessen, was Sie zur Frage XIII/1 wenn das Luftfahrtunternehmen den Unfall schuld-
haft verursacht hat.
vorhin gesagt haben, nicht doch der Meinung sein,
daß man die Vorarbeiten für die Trassierung der
Autobahn Regensburg-Passau erheblich beschleuni- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
gen müßte? Herr Abgeordneter Ritzel.
2246 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Ritzel (SPD) : Herr Staatssekretär, sind Sie nicht tet, ob sie bereit sind, die im innerdeutschen Ver-
der Auffassung, daß dieses sogenannte Warschauer kehr sonst üblichen Zusatzverpflichtungen einzu-
Abkommen, das aus dem Jahre 1929 stammt, also gehen?
das glückliche Alter von 33 Jahren erreicht hat, im
Zeitalter des Düsenflugzeugs, auch nach der Seite Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
der Erhöhung der Schadensersatzleistung, dringend sterium für Verkehr: Aus den Unterlagen, die mir
einer baldigen Revision bedarf? zur Verfügung stehen, kann ich schließen, daß diese
Frage mit Ja zu beantworten ist.
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Ich teile Ihre Auffassung. Aus Vizepräsident Dr. Dehler: Wir kommen zur
diesem Grunde haben wir auch auf dem Gebiet des Frage XIII/8 — des Herrn Abgeordneten Drö-
nationalen Rechts bereits Schritte unternommen, scher — :

selbstverständlich in der Erwartung, daß diese den


Wie viele Angestellte des Flugsicherungsdienstes haben bisher
Interessen des Fluggastes mehr Rechnung tragende das Angebot des Bundesverkehrsministeriums, Beamte zu werden,
angenommen?
Regelung auch international möglich sein wird.
Bitte, Herr Staatssekretär.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage
des Herrn Abgeordneten Ritzel! Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Im gehobenen FS-Kontroll-
Ritzel (SPD) : Herr Staatssekretär, sind Sie im dienst sind bisher 436 Angebote auf Übernahme in
Hinblick auf die umfangreiche Benutzung auslän- das Beamtenverhältnis zugestellt worden. Davon
discher Flugzeuge, die keine ausreichende Garantie sind 247 angenommen worden; bei 88 ist die Erklä-
in Schadensfällen bieten, bereit, dafür zu sorgen, rungsfrist von 14 Tagen noch nicht abgelaufen. 101
daß die deutsche Öffentlichkeit über die sehr unter- Angestellte ließen die Erklärungsfrist von 14 Tagen
schiedlichen Schadenssicherungen informiert wird, verstreichen oder haben die Übernahme in das Be-
bevor jemand einen Platz in einem Flugzeug be- amtenverhältnis bislang abgelehnt. Die Zahl der
stellt, dessen Benutzung keine ausreichende Scha- Ablehnungen lag ursprünglich höher; in der Zwi-
denssicherung bietet? Sind Sie bereit, dafür zu sor- schenzeit haben zahlreiche Angestellte ihre Ent-
gen, daß der Begriff „wenn ein Verschulden nach- scheidung geändert.
gewiesen werden kann" im Rahmen eines neuen
Im gehobenen technischen Dienst sind 146 Ange-
Abkommens einer Revision unterzogen wird?
bote ergangen. Die Angebote sind von 137 Ange-
stellten angenommen worden.
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Die zweite Frage habe ich Im mittleren technischen Dienst sind die Verwal-
schon beantwortet. Wir sind bereit, in dieser Rich- tungsmaßnahmen erst angelaufen.
tung zu wirken.
Zur ersten Frage, Herr Abgeordneter, kann ich Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Ihnen sagen, daß die Fachpresse und auch die Dröscher zu einer Zusatzfrage!
Tagespresse gerade in der letzten Zeit — ich nehme
an auf Grund von sachlichen Unterlagen der Deut- Dröscher (SPD) : Herr Staatssekretär, trifft es zu,
schen Lufthansa — entsprechend aufklärend wirkt daß den übernahmewilligen Angestellten eine for-
und das auch sicher weiterhin tun wird. cierte Weiterbildung zugesagt wurde, während für
die anderen, Nichtübernahmewilligen, ein Ausbil- -
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage dungsstopp verfügt wurde?
des Herrn Abgeordneten Börner!
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
Börner (SPD) : Herr Staatssekretär, können Sie sterium für Verkehr: Ich glaube, in dieser Verallge-
sagen, welche konkreten Maßnahmen die Bundes- meinerung trifft das nicht zu. Hier liegen sehr kom-
regierung unternehmen wird, um die von Ihnen als plizierte Tatbestände vor, die zum Teil mißverständ-
sehr unbefriedigend bezeichnete Regelung im Berlin lich ausgelegt worden sind. Ich weiß aber, daß diese
Verkehr sobald wie möglich zu ändern? Unstimmigkeiten in einer gemeinsamen Bespre-
chung zwischen den Herren meines Hauses und den
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- Herren der Gewerkschaften ausgeräumt werden
sterium für Verkehr: Wir stehen in dieser Frage konnten.
bereits in Verhandlungen. Solange das Warschauer
Abkommen nicht revidiert ist, sind wir natürlich auf Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage
den Weg der Verhandlungen angewiesen. des Herrn Abgeordneten Dröscher!

Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu- Dröscher (SPD) : Herr Staatssekretär, ist Ihnen
satzfrage des Herrn Abgeordneten Börner! bekannt, daß diese angebliche Ausräumung der
Streitfragen nur für den Teil gilt, der angenommen
Börner (SPD) : Haben Sie im Rahmen dieser Ver- hat, während der andere Teil in keiner Weise mit
handlungen an die Berlin anfliegenden ausländi- den gestellten Bedingungen einverstanden ist und
schen Fluggesellschaften die konkrete Frage gerich- sich sehr schwer benachteiligt fühlt?
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2247

Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-


sterium für Verkehr: Herr Abgeordneter, es ist na- sterium für Verkehr: Sie meinen, wieviel Planstel-
türlich so, daß keine Regelung getroffen werden len noch nicht besetzt sind?
kann, die bei einer in die Hunderte gehende Zahl
von Beteiligten den Letzten befriedigt. Aber ich Börner (SPD) : Ja.
glaube, aus den Zahlen, die ich genannt habe, konn-
ten Sie ersehen, daß der größere Teil der bisher an- Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
gesprochenen Mitarbeiter bereit war und ist, von sterium für Verkehr: Ich kann die Frage aus dem
der Möglichkeit der Verbeamtung Gebrauch zu Handgelenk nicht beantworten, aber ich habe keine
machen. Bedenken, Ihnen die Zahlen sofort schriftlich mitzu-
teilen.
Dr. Schäfer (SPD) : Herr Staatssekretär, hat sich
Ihr Haus an die Zusicherungen des Herrn Ministers Vizepräsident Dr. Dehler: Frage XIII/9 — des
gehalten, die er hier in der Fragestunde vor einem Herrn Abgeordneten Dröscher — zum gleichen
Jahr gegeben hat, daß denjenigen, die eine Über- Thema:
nahme ins Beamtenverhältnis ablehnen, keine be- Beabsichtigt die Bundesregierung, die zum Zwecke der Über-
ruflichen Nachteile erwachsen werden? führung möglichst aller Mitarbeiter des Flugsicherungsdienstes
in das Beamtenverhältnis in die Wege geleiteten Maßnahmen
weiterzubetreiben, nachdem ÖTV und DAG eine sofortige Ein-
stellung gefordert haben?
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Jawohl. Bitte, Herr Staatssekretär.

Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer. sterium für Verkehr: Es besteht kein Grund, die
Übernahme von Angestellten des Flugsicherungs-
Dr. Schäfer (SPD) : Ist Ihre vorherige Antwort dienstes in das Beamtenverhältnis auszusetzen. Mit
damit vereinbar, als Sie davon sprachen, daß keine der DAG haben am 22. und 27. November, mit der
generelle Antwort gegeben werden könnte, inwie- ÖTV am 23. November Besprechungen stattgefun-
weit Fortbildungsmaßnahmen für Angestellte unter- den. Die Gewerkschaft ÖTV und das Bundesministe-
bleiben? rium für Verkehr haben im Anschluß an die Bespre-
chung eine gemeinsame Ergebnisniederschrift ver-
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- öffentlicht. In dieser Niederschrift hat die ÖTV ihre
sterium für Verkehr: Ich glaube, ja. Aufforderung an das Personal, Angebote auf Über-
nahme in das Beamtenverhältnis abzulehnen, zu-
rückgezogen. Mit der DAG ist eine gemeinsame Er-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
gebnisniederschrift leider nicht zustande gekommen.
des Herrn Abgeordneten Börner.
Die DAG hat aber dem Personal empfohlen, bei dem
Empfang von Angeboten die Vor- und Nachteile ab-
Börner (SPD) : Ist es richtig, Herr Staatssekretär, zuwägen und sich dann frei zu entscheiden.
daß die Spannungen zwischen dem Bundesverkehrs-
ministerium und den nachgeordneten Behörden auf
der einen Seite und dem Flugsicherungspersonal
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
des Herrn Abgeordneten Dröscher.
auf der anderen Seite zu einem Rücktritt der Ge-
samtpersonalvertretung dieser Bediensteten des
Bundes geführt haben, und sind Sie nicht der Mei- Dröscher (SPD) : Ist Ihnen bekannt, daß die DAG,
nung, daß durch die von Ihrem Haus geschaffene die ja, wie Sie selbst sagen, der Auffassung Ihres
Situation die Flugsicherung in der Bundesrepublik Hauses nicht beigetreten ist, in ihrem Schreiben
beeinträchtigt ist? an alle Flugsicherungsangestellten eindeutig darauf
hingewiesen hat, daß mit allen Mitteln weiter ver-
sucht werden muß, gegen die Benachteiligung der-
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Die Flugsicherung in der Bun-
jenigen anzugehen, die nicht willens sind, sich in
das Beamtenverhältnis übernehmen zu lassen?
desrepublik ist dadurch in keiner Weise beeinträch-
tigt, Herr Abgeordneter. Der Rücktritt dieses Gre-
miums ist mir in diesen Tagen bekannt geworden Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
durch einen mündlichen Bericht; aber ein schrift- sterium für Verkehr: Das Schreiben der DAG vom
licher Bericht vor allen mit den Gründen des Rück- 30. November ist mir bekannt. Es enthält für den,
tritts liegt mir noch nicht vor. der an den bisherigen Verhandlungen beteiligt war,
keine neuen Gesichtspunkte. Es wird aber beant-
wortet werden. Das Personal wird über die Antwort
Vizepräsident Dr. Dehler: Zweite Frage des unterrichtet. Wichtig scheint mir zu sein, daß auch
Herrn Abgeordneten Börner.
die DAG ihren Vorschlag nicht aufrechterhält, die
sogenannte Verbeamtung auszusetzen. Was Ihre zu-
Börner (SPD) : Darf ich in diesem Zusammenhang letzt gestellte Frage anlangt, so decken sich Ihre
an eine früher von mir gestellte Frage erinnern und Wünsche mit unserer eigenen Absicht, die Mißver-
Sie weiter fragen, wieviel Stellen innerhalb des ständnisse, die da oder dort noch bestehen, beizu-
deutschen Flugsicherungsdienstes noch offen sind? legen und auszuräumen.
2248 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage verkehr von der Benutzung der Bundesautobahnen
des Herrn Abgeordneten Dröscher. — Sie hatten auszuschließen. Dagegen wird in verstärktem Maße
bereits zwei Zusatzfragen? Abhilfe mit bautechnischen Mitteln geschaffen. Ins-
besondere werden an den Steigungsstrecken Kriech-
Dröscher (SPD) : Eine habe ich gehabt, Herr streifen angelegt, und die maximale Steigung auf
Präsident. Ich habe noch eine. — Herr Staatssekre- den Neubaustrecken der Bundesautobahnen wird
tär, wenn man weiß, daß in Frankfurt z. B. von sechs auf 4% beschränkt. Einen weiteren Fortschritt
Radarplätzen nur zwei besetzt sind, kann man dann bringt § 35 der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung,
sagen, daß die hohe Zahl der Fast-Zusammenstöße der eine Mindestmotorleistung von 6 PS je Tonne
in der Luft mit der unbefriedigenden Lage des Per- des zulässigen Kraftfahrzeuggesamtgewichts und
sonals zusammenhängt? der jeweiligen Anhängerlast vorschreibt; ebenso
§ 42 der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung, der
die Anhängerlast auf das zulässige Gesamtgewicht
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- des ziehenden Fahrzeugs beschränkt und damit das
sterium für Verkehr: Ich kann diese Frage nicht be-
Gesamtgewicht der Lastzüge verringert.
antworten, weil Sie von Tatbeständen ausgehen, die
nach meiner Überzeugung nicht zutreffen.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
Herr Abgeordneter Ritzel.
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Börner. Ritzel (SPD) : Herr Staatssekretär, wenn demnach
anzunehmen ist, daß der Bundesverkehrsminister
Börner (SPD) : Herr Staatssekretär, wie schätzt nicht die Absicht hat, weitere Vorschriften über die
Ihr Haus die personellen Konsequenzen des EURO- bestehenden hinaus zu erlassen, darf ich fragen,
CONTROL-Vertrages ein, und wie schätzen Sie die welche Maßnahmen der Bundesverkehrsminister zu
Situation im Hinblick auf die Notwendigkeit der ergreifen beabsichtigt, um den heute bestehenden
Ausbildung weiteren Flugsicherungspersonals für Bestimmungen bessere Beachtung zu verschaffen.
den nicht vom EUROCONTROL-Vertrag betroffenen
Flugsicherungsbereich ein? Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Durch regelmäßige Unterrich-
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- tung der Landesbehörden, die für die Durchführung
sterium für Verkehr: Die Frage ist geprüft worden, der Verkehrsbestimmungen auf der Straße zustän-
Herr Abgeordneter. Die personelle Versorgung von dig sind, und durch verstärkte Hinweise in der
EUROCONTROL macht keine personalpolitischen Öffentlichkeit, insbesondere in der Fachpresse.
Schwierigkeiten.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
Börner (SPD) : Darf ich noch eine weitere Frage satzfrage des Herrn Abgeordneten Ritzel.
stellen?
Ritzel (SPD) : Hat das Bundesverkehrsministe-
rium eine Übersicht darüber, in welchem Ausmaß
Vizepräsident Dr. Dehler: An sich haben wir,
die Landesbehörden ihre Kontrollpflicht in bezug
glaube ich, der Sache genug Ehre angetan. Wir
auf die Beachtung der bestehenden Bestimmungen
haben noch so viele Fragen auf der Tagesordnung.
erfüllen, um insbesondere etwa den Unterschied
Ich möchte die Erörterung dieser Frage beenden.
festzustellen, inwieweit auf der Bundesautobahn die
Ich rufe die Frage XIII/10 — des Herrn Abgeord- Dinge im Raum Nordrhein-Westfalen funktionieren,-
neten Ritzel — auf: im Raume Rheinland-Pfalz nicht funktionieren und
Beabsichtigt die Bundesregierung die Einführung von Vor- im Raume Hessen wiederum funktionieren?
schriften, wonach das sogenannte Langsamfahren auf den Bundes-
autobahnen künftig verhindert werden soll?
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
Herr Staatssekretär! sterium für Verkehr: Herr Abgeordneter, ich glaube
nicht, daß dieser Tatbestand statistisch erfaßt ist;
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- aber ich nehme von Ihrer Bemerkung Kenntnis und
sterium für Verkehr: Vermeidbares Langsamfahren, werde das Land, das Sie eben als etwas rückständig
das den übrigen Verkehr behindert und gefährdet, bezeichnet haben, besonders unter die Lupe nehmen
ist bereits nach geltendem Recht gemäß § 1 der lassen.
Straßenverkehrs-Ordnung verboten. Zur besonde-
ren Förderung des Schnellverkehrs dürfen außer- Ritzel (SPD) : Rückständig ist gut. Ich danke
dem seit 1953 die Bundesautobahnen nur noch von Ihnen.
Kraftfahrzeugen benutzt werden, die auf ebener
Bahn schneller als 40 km in der Stunde fahren kön- Vizepräsident Dr. Dehler: Frage XIII/11 —
nen, auch wenn sie Anhänger mitführen. des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Emmert —:
Mit Rücksicht auf den Ausbauzustand und die Warum liegt das vom Bundesverkehrsministerium bei einem
Frankfurter Wirtschaftsprüfungsbüro in Auftrag gegebene und
Verkehrslage auf dem übrigen Straßennetz ist es für Oktober 1962 angekündigte sogenannte Morgenthaler-Gut-
— jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Über- achten über die volkswirtschaftliche Notwendigkeit des Saarpfalz
Kanals, seine technische Durchführbarkeit, sein voraussichtliches
legungen und Erkenntnisse — nicht möglich, diese Verkehrsaufkommen und die durch seinen Bau entstehenden
Kosten immer noch nicht vor?
Voraussetzungen auch für Steigungsstrecken zu
fordern und damit den schweren Lastkraftwagen- Bitte, Herr Staatssekretär.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2249

Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- darüber Auskunft geben könnte. Ich kann offen sa-
sterium für Verkehr: Das umfangreiche Gutachten gen, ich weiß es nicht.
über die verkehrswirtschaftliche Notwendigkeit
und Zweckmäßigkeit des Ausbaues der Saar für Kulawig (SPD) : Danke schön.
1350-t-Schiffe tind des Baues eines Saar-Pfalz-Rhein-
kanals wird nach Auskunft der Gutachter, Wirt- Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
schaftsprüfer Dr. Morgenthaler und Dr. Müller in Frage XIII/12 — des Herrn Abgeordneten Bading — :

Firma Verkehrsberater GmbH & Co in Frankfurt Gibt es eine Betriebsanweisung der Bundesbahnverwaltung,
(Main), in diesen Tagen endgültig fertiggestellt, so die es zuläßt, daß Personenbahnhöfe mit schmalen Bahnsteigen,
auf denen zahlreiche Fahrgäste warten, von schnell fahrenden
daß es nach Vervielfältigung voraussichtlich noch Güterzügen mit einer Stundengeschwindigkeit von 95 km durch-
vor Jahresende ausgeliefert werden kann. Sodann fahren werden dürfen?
wird es geprüft und innerhalb der Ressorts ein-
gehend zu beraten sein. Die Terminüberschreitung Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
erklärt sich aus dem Umfang und der Schwierig- sterium für Verkehr: Nach den Dienstvorschriften
keit der Arbeit. der Deutschen Bundesbahn gilt das Vorhandensein
eines Bahnsteiges im allgemeinen als ausreichende
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, Warnung an die Reisenden, genügend .Abstand von
Herr Abgeordneter Müller-Emmert. den Gleisen zu halten. Diese Bahnsteige halben
regelmäßig eine Breite, die die Sicherheit der Rei-
Dr. Müller Emmert (SPD) : Ich habe nicht genau
-
senden auch bei Vorbeifahrt von Zügen mit hoher
verstanden, Herr Staatssekretär. Wird dieses Gut- Geschwindigkeit gewährleistet. Selbst bei solchen
achten vervielfältigt und dann auch den Abgeord- Bahnsteigen bestimmen die Vorschriften aber, daß
neten zur Verfügung gestellt? bei starkem Andrang die Reisenden durch örtliche
Bedienstete oder, wo solche nicht zur Verfügung
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- stehen, durch Lautsprecher gewarnt werden. Ich
sterium für Verkehr: Ich würde vorschlagen, Herr verweise auf die Ihnen bekannte Anweisung: „Bitte
Abgeordneter, daß die Frage, in welchem Umfang zurücktreten!"
und an welche Stellen dieses Gutachten verteilt Auf Bahnhöfen, bei denen sich keine ausreichend
wird, dem interministeriellen Ausschuß, an dem breiten Bahnsteige befinden, wo man insbesondere
auch die Saarregierung und die Regierung des Lan- über das Gleis der Gegenrichtung auf schienenglei-
des Rheinland-Pfalz beteiligt sind, überlassen bleibt.
chen Zugängen auf einen zwischen den Gleisen lie-
Meinerseits würden keine Bedenken bestehen, es genden schmalen Bahnsteig zum Einsteigen tritt,
im größten Umfang zu verteilen.
könnte das Warten der Reisenden auf ihren Zug
wegen der Nähe zum Gleis dann eine Gefährdung
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage? darstellen, wenn ein Zug mit hoher Geschwindigkeit
durchfährt. In diesen Fällen darf auf eine besondere
Dr. Müller Emmert (SPD) : Eine weitere Frage!
- Warnung der Reisenden nicht verzichtet werden. Sie
werden dann angewiesen, ausreichend weit zurück-
Vizepräsident Dr. Dehler: Bitte, Herr Abge- zutreten.
ordneter Müller-Emmert. All dies ist in den Dienstvorschriften niedergelegt.
Bei dieser Art .der Sicherung der Reisenden hat es
Dr: Müller Emmert (SPD) : Wer wird die Ent-
-
sich bisher auch noch nicht als notwendig erwiesen,
scheidung treffen, Herr Staatssekretär, daß die Ab- die Durchfahrgeschwindigkeit von Zügen zu verrin-
geordneten ein solches Gutachten in Abschrift be- gern.
kommen werden?
Sollte aber Ihre Frage, Herr Abgeordneter, durch
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- einen bestimmten Fall ausgelöst sein, so bin ich gern
sterium für Verkehr: Ich nehme von diesem Wunsch bereit, falls Sie es wünschen, der Sache nachzugehen
Kenntnis und werde ihn weitergeben. und mit der Deutschen Bundesbahn Verbindung auf-
zunehmen.
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Kulawig zu einer Zusatzfrage.
Vizepräsident Dr. Dehler: Abgeordneter Ba-
ding zu einer Zusatzfrage.
Kulawig (SPD) : Herr Staatssekretär, hatte die Bading (SPD) : Herr Staatssekretär, halten Sie
Bundesregierung Gelegenheit, zu erfahren, zu wel- den Bahnsteig 2 des Bahnhofs Bonn für ausreichend
chen Resultaten das Frankfurter Wirtschaftsprü- breit, um die Sicherheit der Fahrgäste bei schnell
fungsbüro bisher gekommen ist? durchfahrenden Kohlenzügen zu gewährleisten?

Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-


sterium für Verkehr: Herr Abgeordneter, ich selbst sterium für Verkehr: Ich möchte das annehmen, Herr
kenne das Gutachten nicht. Es entspricht einem Abgeordneter. Ich bin sehr oft auf diesem Bahnsteig
Grundsatz, daß Minister und Staatssekretär während und habe auch erlebt, daß Züge durchfahren. Aber
der Dauer der Erstellung des Gutachtens in diese ich glaube, wenn man sich auf ,den Bahnsteig begibt,
Besprechungen nicht eingreifen. Ich könnte mir den- dann muß man damit rechnen, daß Züge vorbeikom-
ken, daß der eine oder der andere meiner Herren men, anhalten, abfahren oder auch durchfahren.
2250 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Bading (SPD) : Herr Staatssekretär, muß ich hier in Rede stehenden Wasserstraße eine Kürzung
Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie es als richtig an anderer Stelle der gleichen Haushaltsstelle zu
erachten, daß z. B. auf dem besagten Bahnsteig befürworten.
einem Reisenden, der dort wartete, nachdem der
Aufsichtsbeamte die Durchfahrt des Zuges richtig Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
angekündigt hatte, durch den Luftzug der Hut vom sterium für Verkehr: Das kann ich leider nicht, weil
Kopf gerissen wurde? der Haushaltsplan unseres Hauses bei den anderen
Positionen so knapp bemessen ist, daß ich wirklich
(Heiterkeit.)
nicht wüßte, zu Lasten welcher Position hier eine
Vergrößerung vorgenommen werden könnte.
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Verkehr: Das ist mir persönlich auch
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
bei anderen Gelegenheiten schon passiert. des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer!
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die Dr. Schäfer (SPD) : Herr Staatssekretär, besteht,
Frage XIII/13 — des Herrn Abgeordneten Hammer-
nachdem die Äußerung des Herrn Bundesverkehrs-
sen —:
ministers nach Einbringung des Haushaltsplans ge-
Welche „finanzpolitischen Fußangeln" hatte der Herr Bundes-
verkehrsminister gemeint, als er - laut „Handelsblatt", Düssel- macht wurde, demnach in Ihrem Haus die Auffas-
dorf, vom 12. November 1962 — bei einer Feier aus Anlaß des
70jährigen Bestehens des „Deutschen Kanal- und Schiffahrtsver- sung, daß der Haushaltsplan 1963 diese „finanzpoli-
eins Rhein-Main-Donau e. V." in Nürnberg erklärte, daß durch tischen Fußangeln" enthält?
derartige Maßnahmen in letzter Zeit die Planungen für das
deutsche Wasserstraßennetz erschwert würden?

Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-


sterium für Verkehr: Der Haushaltsplan 1963 ist
Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- vom Kabinett in der Ihnen bekannten Form geneh-
sterium für Verkehr: Herr Abgeordneter, mit den migt und muß in dieser Form natürlich auch von
Worten ,,finanzpolitische Fußangeln" sollte lediglich meinem Hause vertreten werden.
die Tatsache zum Ausdruck gebracht werden, daß
auf Grund der schwierigen Haushaltslage des Bun- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage
des , die für 1963 im Ausbauplan eingesetzten, mit des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer!
dem Baulastträger Rhein-Main-Donau AG abge-
stimmten und verplanten Mittel . 1963 nur mit we- Dr. Schäfer (SPD) : Verstehe ich Sie recht, daß
niger als 50 % bedient werden können. Entsprechend Sie also nur sagen, daß Sie sich an die Regierungs-
kürzen sich ,auch die zugesagten Darlehensmittel des vorlage zu halten haben?
Landes und der Stadt Nürnberg. Der Bundesminister
der Finanzen hat das meinem Hause bereits am Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini-
14. Mai 1962 schriftlich mitgeteilt. Das Erreichen des sterium für Verkehr: Jawohl, Herr Abgeordneter!
für 1969 angesetzten Bauzieles, den Hafen Nürnberg
anzuschließen, ist daher ebenso gefährdet wie der Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen,
geplante und notwendige Ausbau ,der Donau in und Herr Staatssekretär.
unterhalbvoRgs. Ich komme zum Geschäftsbereich des Bun-
desministers für das Post- und Fernmeldewesen. Ich
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage rufe auf die Fragen XIV/1:
des Herrn Abgeordneten Hammersen! -
Ist es richtig, daß in dem neuen Betriebsgebäude der Deutschen
Bundespost für 200 Bedienstete in Rosenheim keine Toiletten
und nur eine Waschgelegenheit im Keller eingebaut wurden?
Hammersen (FDP): . Herr Staatssekretär, darf und XIV/2 — des Abgeordneten Folger —:

ich fragen, ob der Herr Bundesverkehrsminister


Wer ist für den in Frage XIV!! geschilderten Zustand verant-
selbst an der Beratung dieser Haushaltsstelle des wortlich und trägt die Kosten für den notwendigen nachträg-
Haushaltsplanentwurfs 1963 mitgewirkt hat? lichen Einbau?

Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwor


Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesmini- tung einverstanden erklärt. Die Antwort des Herrn
sterium für Verkehr: Der Minister selbst nicht! Das Bundesministers Stücklen vom 3. Dezember 1962
ist nicht üblich, weil diese Haushaltsplanentwürfe lautet:
in der Regel auf der Referenten- und Abteilungs- Das neue Postamtsgebäude in Rosenheim besteht aus 2 Bau-
teilen, nämlich dem neu erstellten Erweiterungsbau und dem
leiterebene aufgestellt werden und bei den Haus- umgebauten alten Postamtsgebäude. Beide Gebäude werden mit-
einander zu einer Gesamtanlage räumlich zusammengeschlossen.
halten 1962 und .1963, wie Sie wissen, ja Chef- Toiletten und Waschanlagen für die Gesamtanlage werden in
besprechungen im üblichen Sinne gar nicht statt- allen Stockwerken des alten Postamtsgebäudes unmittelbar am
Zusammenschluß der beiden Bauteile, also im Zentrum der Ge-
gefunden haben. samtanlage, in ausreichender Zahl eingerichtet. Der Einbau von
zusätzlichen Toiletten- und Waschanlagen im Erweiterungsbau
ist daher nicht erforderlich. Die für den gesamten Gebäude-
komplex vorgesehenen Toiletten- und Waschanlagen werden
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage voraussichtlich noch in diesem Monat fertiggestellt werden. Die
des Herrn Abgeordneten Hammersen! Tatsache, daß während des Umbaus vorübergehend Toiletten
außerhalb des Postamtsgebäudes benutzt werden müssen, ist bei
der Durchführung von Bauvorhaben dieser Art nicht zu umgehen.
Da wie oben ausgeführt der Einbau von zusätzlichen Toiletten-
Hammersen (FDP) : Darf ich dann fragen, Herr und Waschanlagen in den Erweiterungsbau nicht erforderlich ist,
Staatssekretär, ob das Bundesverkehrsministerium besteht kein Anlaß, die für die Durchführung des Bauvorhabens
zuständigen Stellen meiner Verwaltung zur Verantwortung zu
bereit ist, zugunsten des schnelleren Ausbaus der ziehen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2251
Vizepräsident Dr. Dehler
Ich rufe auf die Frage XIV/3 — des Abgeordne- Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen:
ten Dr. Dr. h. c. Friedensburg —: Herr Kollege, ich kann diese Frage leider nicht be-
Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um antworten, weil ich nicht weiß, ob das zutrifft, was
das auch vom Bundeskanzler beklagte Mithören im deutschen Sie unter 1 gefragt haben. Ich würde vorschlagen,
Telefonverkehr durch ausländische oder womöglich auch inlän-
dische Geheimdienste abzustellen und damit das Gefühl des daß entweder diese Fragen noch einmal gestellt
Vertrauens und der Sicherheit in der Bevölkerung zu verstärken?
werden oder daß ich, wenn Sie damit einverstanden
Bitte, Herr Minister! sind, sie schriftlich beantworte.
(Abg. Lemmrich: Ja, ich bitte darum!)
Stücklen, Bundesminister für das Post- und Fern-
meldewesen: Es ist eine umfassende Untersuchung — Danke sehr!
eingeleitet. Ich habe zu diesem Zweck einen Sonder-
beauftragten eingesetzt, der für den gesamten Be- Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
reich der Deutschen Bundespost prüfen soll, ob Fern- Frage VIII/3 — des Abgeordneten Dr. Menzel —:
gespräche mitgehört werden. Er hat Vollmacht, alle
Welche Gründe bestanden für die Bundesregierung, der im
Maßnahmen einzuleiten, durchzuführen und zu September 1962 in London durchgeführten 10. Pugwash-Konferenz,
koordinieren, die zur Durchführung dieser Prüfung die von 220 Wissenschaftlern aus 35 Nationen beschickt worden
war, keine Grußbotschaft zukommen zu lassen, obwohl sie sich
erforderlich sind. Ihm stehen zur Durchführung die- mit Themen wie „Die Stellung des Wissenschaftlers in der Ge-
sellschaft", Internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit",
ses Auftrages mehrere Prüftrupps mit technischen „Wissenschaft zur Unterstützung der Entwicklungsländer" sowie
Fachkräften zur Seite, die je nach Bedarf durch „Wissenschaft und Erziehung" beschäftigte?
weitere Spezialkräfte verstärkt werden können. Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant-
wortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt
Vizepräsident Dr. Dehler: Wird eine Zusatz- noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungs-
frage gestellt? — Das ist nicht der Fall. Ich danke bericht abgedruckt.
Ihnen, Herr Minister.
Ich rufe auf die Frage VIII/4 — des Herrn Abge-
Wir kommen dann noch zu den Fragen aus dem
ordneten Dr. Dr. h. c. Friedensburg —:
Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Zunächst
die Frage VIII/1 — des Abgeordneten Dr. Zimmer- In welcher Weise hat die Bundesregierung bei den letzten
internationalen Verhandlungen, insbesondere bei der Begegnung
mann (München) —: der Regierungschefs in Washington und in Bonn, den dringenden
Wunsch des deutschen Volkes nach Wiedervereinigung der ge-
Wie hoch ist der Zuschuß, den das Auswärtige Amt pro Jahr waltsam getrennten Landesteile oder zunächst wenigstens nach
der Südosteuropa-Gesellschaft gewährt? Wiederherstellung des freien Verkehrs zwischen allen Gliedern
des deutschen Volkes zur Geltung gebracht?

Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen:


Die Antwort lautet: An die Südosteuropa-Gesell- Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen:
schaft sind 1962 75 000 DM gezahlt worden. Der Wunsch des deutschen Volkes nach Wieder-
vereinigung ist bei jeder der Begegnungen, die der
HerBundskazlichenvrga
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage? Wochen mit ausländischen Staatsmännern hatten,
— Bitte sehr, Herr Abgeordneter! nachdrücklich vorgebracht worden. Dies gilt ins-
besondere für die Gespräche, die der Herr Bundes-
Lemmrich (CDU/CSU) : Ist damit auch gleich kanzler und ich in den Vereinigten Staaten im Ok-
die zweite Frage beantwortet? tober und November dieses Jahres geführt haben.
Die Fragen der Wiedervereinigung und der Wieder-
Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen: herstellung des freien Verkehrs zwischen allen
Nein! Die zweite Frage bezog sich auf den Auf- Gliedern des deutschen Volkes bildeten dabei einen
wand. Vielleicht kann ich das auch gleich mitteilen. wesentlichen Gegenstand der Erörterungen. Außer-
dem führt jede Diskussion der Berlin-Frage wie
Vizepräsident Dr. Dehler: Frage VIII/2 — des auch jede Erörterung des Ost-West-Gegensatzes in
Abgeordneten Dr. Zimmermann (München) —: Europa zwangsläufig auf das Kernproblem der Tei-
Welche Kosten hat der Kongreß der Südosteuropa-Gesellschaft,
lung Deutschlands. Es ist selbstverständlich, daß die
der jetzt in München stattgefunden hat, verursacht? Bundesregierung bei derartigen Besprechungen die
menschlichen Aspekte des Wiedervereinigungs-
Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen: problems ebensosehr hervorhebt wie die politischen.
Die Kosten für die drei Arbeitstagungen vom 7. bis
10. November 1962 betragen — es wird hier aufge-
Vizepräsident Dr. Dehler: Bitte, Herr Frie-
gliedert nach Reisekosten, Honoraren, Druckkosten,
densburg, zu einer Zusatzfrage.
Organisationskosten und Kosten für Mitarbeiter —
insgesamt 43 500 DM.
Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) : Herr
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage Außenminister, so dankenswert Ihre Mitteilungen
des Herrn Abgeordneten Lemmrich! gewesen sind: halten Sie die Verlautbarungen, die
zu diesen Verhandlungen herausgekommen sind,
Lemmrich (CDU/CSU) : Nach Presseberichten ha- für ausreichend, um der namentlich auch in der
ben auf dieser Konferenz einige Professoren aus Zonenbevölkerung weit verbreiteten Sorge ent-
kommunistischen Ländern eine sehr uniforme Mei- gegenzutreten, daß sich die Politik der Westmächte
nung vertreten. Was ist nach Ihrer Meinung, Herr allzu einseitig auf die Behauptung und Sicherung
Minister, eigentlich der Sinn dieses Kongresses? des heutigen Zustandes richte?
2252 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen: darüber, daß die Form der Sparförderung durch Prä-
Herr Kollege Friedensburg, die Frage läßt sich nicht miensparen fortgesetzt werden soll.
einfach mit Ja oder Nein beantworten. Verständ- Dem Wirtschaftsausschuß lagen zwei Anträge zur
licherweise sind die Kommuniqués über solche Be- Beratung vor, ein Entwurf der SPD-Fraktion —
sprechungen nicht ausgiebig genug, um diesen von Drucksache IV/273 — und ein Novellierungsent-
Ihnen erstrebten Effekt zu erzielen. Ich habe z. B. wurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP —
gestern im Auswärtigen Ausschuß des längeren Drucksache IV/407 (neu) —. Die Beratungen im Aus-
über diese Frage gesprochen. Es ist nicht ganz schuß führten zu der Überzeugung, daß das gesamte
einfach zu sagen, in welcher Weise die vorhandene System der Sparförderung durch Steuervergünsti-
Grundauffasung am besten ständig deutlich gemacht
gungen und durch Prämien einer generellen Über-
wird. Ich glaube, das Entscheidende wird sein, daß
prüfung und Harmonisierung bedarf. Diese Ansicht
wir alle in unseren Reden, Publikationen usw. die-
wurde vor allem auch von dem mitberatenden
sen Willen deutlich zum Ausdruck bringen.
Finanzausschuß vertreten. Der Wirtschaftsausschuß
hat das Bundesfinanzministerium deshalb gebeten,
Vizepräsident Dr. Dehler: Bitte sehr, Herr bis spätestens 31. März 1963 einen entsprechenden
Friedensburg, eine weitere Zusatzfrage. Gesetzesvorschlag zu unterbreiten.
Weil die Gesamtregelung der Sparförderung auf
Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) : Sind der Tagesordnung bleibt, konnte der SPD-Entwurf
Sie der Ansicht, daß die Verlautbarungen gerade
Drucksache IV/273 vorläufig zurückgestellt werden.
zu den beiden Begegnungen, auf die ich angespielt
Er bleibt ebenfalls auf der Tagesordnung.
habe, diesem Gesichtspunkt ausreichend Rechnung
getragen haben? In Übereinstimmung mit dem Finanzausschuß wird
vom Wirtschaftsausschuß deshalb vorgeschlagen,
Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen: das geltende Sparprämiengesetz um ein Jahr zu ver-
Sie denken — darf ich noch einmal fragen — an die längern. Damit soll sichergestellt werden, daß im
beiden Kommuniqués darüber? kommenden Jahr eine Gesamtregelung dieser
Materie beschleunigt erfolgt. Gleichzeitig wurde vom
(Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Ja!) Ausschuß der Vorschlag aus Drucksache IV/407
Ich glaube, daß die Kommuniqués — richtig ge- übernommen, eine Verbesserung für Familien mit
lesen, muß ich hinzufügen — diese unveränderte Kindern ins Gesetz aufzunehmen.
Linie der gemeinsamen westlichen Politik doch zum Der Wirtschaftsausschuß hat seine Beschlüsse in
Ausdruck gebracht haben. dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Ände-
rung des Spar-Prämiengesetzes — Drucksache
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen, IV/770 — zusammengefaßt. Ich darf die wichtigsten
Herr Minister. Die Fragestunde ist beendet. Die Punkte kurz erläutern. Der Hauptpunkt der Ände-
nicht beantworteten Fragen werden von der Bun- rung ist eine Förderung der Familie mit Kindern.
desregierung schriftlich beantwortet. Bisher ist die Regelung so, daß für sämtliche Spar
Prämienverträge einheitlich 20 % der angesparten
Ich rufe auf Punkt 8 der Tage s ordnung: Beträge durch eine Prämie vom Staat begünstigt
werden, wenn diese Beträge auf fünf Jahre festge-
Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
legt werden. Dazu wurde natürlich eine Höchst-
tionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Ent-
grenze der Prämiensätze festgelegt, und zwar für
wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Spar
Ledige als Höchstbetrag der staatlich zu zahlenden
Prämiengesetzes (Drucksache IV/407 (neu) ; -
Prämie 120 DM, für Verheiratete 240 DM und für
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschus Familien mit drei Kindern 360 DM.
ses (16. Ausschuß) (Drucksache IV/770)
Die beabsichtigte Neuregelung in der Novellie-
(Erste Beratung: 31. Sitzung). rung soll Familien mit Kindern nicht nur, wenn sie
mehr sparen, höhere Prämien geben, sondern bereits
Es liegt der Schriftliche Bericht des Wirtschafts- die Prämiensätze werden in der Weise angehoben,
ausschusses vor, erstattet durch den Herrn Abge- daß Ledige und Verheiratete ohne Kinder wie bis-
ordneten Dr. Althammer. Ich danke dem Herrn her 20 % der angesparten Summe bekommen, Fa-
Berichterstatter. Eine Ergänzung? — Bitte, Herr Dr. milien mit ein bis zwei Kindern bereits 22 %, Fa-
Althammer als Berichterstatter. milien mit drei bis fünf Kindern 25 % und Familien
mit mehr als fünf Kindern 30 %. Gleichzeitig wurde
Dr. Althammer (CDU/CSU) : Herr Präsident! die Höchstgrenze der erreichbaren Prämiensätze ver-
Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf bessert. Familien mit ein bis zwei Kindern erhalten
einen Druckfehler in der Drucksache IV/770, Seite 3, jetzt 300 DM als Höchstsatz, Familien mit drei bis
rechte Spalte, hinweisen. Die Berichtigung des fünf Kindern 360 DM als Höchstsatz und Familien
Druckfehlers liegt Ihnen vor. Es muß in der unter- mit mehr als fünf Kindern 420 DM als Höchstsatz.
sten Zeile der rechten Spalte auf Seite 3 heißen: Das bedeutet z. B., daß eine Familie mit vier Kin-
„mehr als fünf Kindern um 180 Deutsche Mark". dern, die bisher, wenn sie 1800 DM im Jahre ange-
Nun zu dem Gesetz! Das Gesetz über die Ge- spart und auf fünf Jahre festgelegt hatte, einen Be-
währung von Prämien für Sparleistungen vom trag von 360 DM als Prämie zusätzlich vom Staat
5. Mai 1959 läuft am 31. Dezember 1962 aus. Auf bekam, nach der Neuregelung diesen Betrag bereits
allen Seiten dieses Hauses bestand Einmütigkeit erhält, wenn sie 1440 DM angespart hat.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2253
Dr. Althammer
Nicht übernommen wurde der Vorschlag, Kinder Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzuneh-
zwischen 18 und 25 Jahren in Anlehnung an die Re- men.
gelung in § 32 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (Beifall in der Mitte.)
ebenfalls bei der Prämienstaffelung zu berücksich-
tigen. Die Berücksichtigung von Kindern, die noch Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke dem
überwiegend oder ausschließlich von den Eltern Herrn Berichterstatter.
unterhalten werden, wurde deshalb nicht aufgenom- Ich stelle mit etwas Betrübnis fest, daß die Bun-
men, weil das zu einer wesentlichen Komplizierung desregierung bei der Beratung des immerhin be-
des gesamten Gesetzes geführt hätte. Erst im nach- deutsamen Gesetzes nicht vertreten ist.
hinein hätte jeweils ausgerechnet und festgestellt
werden müssen, ob dieser Fall nach dem Einkom- (Abg. Memmel: Der Herr Bundesfamilien-
mensteuergesetz vorliegt. Demgegenüber wurde minister ist hier! — Weiterer Zuruf von der
vom Ausschuß die Auffassung vertreten, daß die CDU/CSU: Herr Mischnick auch!)
gegenwärtige Regelung, die auch im Bauspargesetz — Die Regierungsbank ist jedenfalls leer.
vorliegt, günstiger und einfacher zu handhaben ist,
daß nämlich alle Personen über 18 Jahre selbständig Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich werde
als Sparer auftreten und einen Spar-Prämienvertrag den Art. 1 ziffernweise aufrufen.
abschließen können. (Abg. Frau Beyer [Frankfurt]: Ich bitte ums
Wort! Ich möchte zu dem Bericht noch
Einige weitere Detailpunkte wurden nicht über-
etwas sagen!)
nommen. Das ist einmal der Vorschlag, nicht nur
den Ersterwerb von bestimmten Wertpapieren der — Bitte schön, Frau Abgeordnete.
öffentlichen Hand, sondern jeden Erwerb von Wert-
papieren aus der öffentlichen Hand als prämienbe- Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) : Herr Präsident!
günstigt anzuerkennen. Hier wurde ebenfalls gel- Meine Damen und Herren! Der objektive und sach-
tend gemacht, daß diese Frage einer grundsätzlichen liche Bericht, den der Berichterstatter, Herr Dr. Altham-
Neuregelung vorbehalten werden soll, die im näch- mer, auch noch einmal in seinen ergänzenden Be-
sten Jahr vorgesehen ist, und daß bis dahin die merkungen gegeben hat, wird von uns besonders
finanziellen Auswirkungen besser übersehen wer- anerkannt. Er hat hier noch einmal die zusätzlichen
den könnten. Wünsche und deren Kompliziertheit herausgestellt,
so daß es meiner Fraktion an sich nur erforderlich
Auch ein weiterer Vorschlag, der dahin ging, daß
zu sein scheint, einige kurze Bemerkungen bzw. eine
die Immobilienfonds ebenfalls aufgenommen wer-
Erklärung zu diesem Bericht abzugeben.
den sollten, wurde zurückgestellt, weil auch hier
erst noch zu prüfen war, in welchem Zusammenhang In dem Bericht ist deutlich gemacht worden, daß
das etwa mit den Möglichkeiten des Bausparens es sich hier nur um eine Teillösung handelt. Weiter
steht und welche Art von Immobilienfonds dafür ist deutlich gemacht worden, daß wir eine Harmo-
überhaupt in Frage kommt. nisierung der jetzt bestehenden Sparförderungsge-
setze unbedingt nötig haben. Was die materiellen
Ansonsten hat der Ausschuß noch einige nur for- Verbesserungen betrifft, die in der Drucksache 770
male Verbesserungen und Änderungen beschlossen. ersichtlich werden, so macht der Bericht auch deut-
Zum Beispiel wurde der neue § 2 Abs. 3 sprachlich lich, daß sie im wesentlichen den Punkten entspre-
vereinfacht und geglättet. In § 6 Abs. 2 findet sich chen, die unserem Entwurf Drucksache 273 zugrunde
eine Ermächtigung des zuständigen Finanzministe- liegen.
riums zu einer Redigierung und auch zu einer etwa
Es erscheint mir erforderlich, vor allen Dingen im
notwendig werdenden Verbesserung und Verein- Hinblick auf die noch vorliegenden zusätzlichen An-
fachung in sprachlicher Hinsicht ohne sachliche Än-
träge folgendes ergänzend auszuführen. Wir glau-
derungen des Gesetzes.
ben — das ist auch im Ausschuß deutlich gewor-
§ 8 bringt die Neufassung, nach der das Gesetz den —, daß bei der Harmonisierung die Beseitigung
auf ein Jahr befristet werden soll. Nach dieser des Zweiklassensparsystems herbeigeführt werden
Regelung sollen prämienbegünstigte Ratensparver- muß. Wir dürfen nicht vergessen, daß neben dem
träge noch vom 1. Januar bis 31. Dezember 1963 ab- Sparprämiengesetz auch das Wohnungsbau-Prä-
geschlossen werden können und prämienbegünstigte miengesetz besteht, daß es aber unterschiedliche
allgemeine Sparverträge noch bis zum 31. Dezember Prämiensätze gibt, einmal 20% und einmal 25 %.
1964. Außerdem gibt es die Möglichkeit, über § 10 des
Gleichzeitig ist beschlossen worden, daß die Ver- Einkommensteuergesetzes Steuern zu sparen. Ich
günstigungen, die ich vorhin aufgeführt habe, nach führe das hier bewußt deshalb aus, weil alle diese
der Neuregelung durch diese Novelle für Familien Sparförderungsmaßnahmen nebeneinander Gültig-
mit Kindern ebenfalls für diesen Zeitraum von keit haben, infolgedessen auch nebeneinander jähr-
einem Jahr, aber auch für alle diejenigen, die bisher lich in Anspruch genommen werden können. Wir
angesparte Beträge haben, in Kraft treten sollen. glauben daher, daß dieses Zweiklassensparsystem
in irgendeiner Form beseitigt werden muß. Das ist
Ich möchte deshalb namens des federführenden auch aus vielen Zeitungsmeldungen immer wieder
Wirtschaftsausschusses beantragen, der Bundestag hervorgegangen, angefangen von den allgemeinen
wolle beschließen, den Gesetzentwurf Drucksache Zeitungen bis zu den Fachzeitungen. Wir haben zu-
IV/407 (neu) mit den eingangs erwähnten drucktech- dem heute ganz andere Verhältnisse als zu dem
nischen Korrekturen in der aus der vorliegenden Zeitpunkt, da die Gesetze in Kraft gesetzt wurden.
2254 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Frau Beyer (Frankfurt)


Was die volkswirtschaftlichen Gesichtspunkte an- Haus damit einverstanden ist. Ich nehme Ihr Ein-
betrifft, so werde ich hierzu gleich noch etwas sagen, verständnis an.
Herr Kollege Katzen Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Imle.
Gegen die bestehenden gesetzlichen Regelungen
auf diesem Gebiet sind auch verfassungsrechtliche Dr. Imle (FDP) : Herr Präsident! Meine Damen
Bedenken geltend gemacht worden. So ist beim Bun- und Herren! Was für Frau Beyer zutrifft, träfe auch
desverfassungsgericht eine Klage bezüglich der für mich zu.
unterschiedlichen Behandlung von Ledigen und Ver-
heirateten im Wohnungsbausparprämiengesetz an-
hängig. Nach dem Wohnungsbausparprämiengesetz
Vizepräsident Dr. Dehler: Ist das Haus damit
einverstanden, daß wir vor der Einzelberatung der
erhalten Ledige bei einer Sparleistung von 1800 DM
zweiten Lesung eine allgemeine Aussprache führen?
die Maximalprämie von 520 DM. Demgegenüber er-
halten Verheiratete nur höchstens 640 DM Spar- (Abg. Niederalt: Ja, natürlich!)
prämie bei einer Leistung von 2800 DM. Diese Un-
gleichheit verstößt gegen das Grundgesetz. Dr. Imle (FDP) : Meine sehr geehrten Damen
(Abg. Katzer: Abwarten!) und Herren! Es erscheint mir notwendig, das, was
Frau Kollegin Beyer gesagt hat, zu ergänzen. Wir
— Schön; jedenfalls steht die Frage an, und nach
müssen doch wohl davon ausgehen, daß die Ver-
dem bisherigen Verlauf ist damit zu rechnen, daß
schiedenartigkeit unserer heutigen Sparformen nur
so entschieden wird, wie ich gesagt habe. Wir haben
aus der historischen Entwicklung zu verstehen sind.
darüber bereits im Ausschuß einen Bericht erhalten. Ich glaube, im Hause besteht Einigkeit darüber, daß
Unserem Antrag Drucksache IV/273, der bis zum wir hier einmal zu einer ganz allgemeinen Platt-
nächsten Jahr zurückgestellt wurde, liegt der form kommen müssen, damit nicht irgendwelche
Wunsch zugrunde, daß man in der Zukunft bei Unterschiede bestehen bleiben und jeder sich das
einem Sparförderungsgesetz, wie man es anstrebt, aussuchen kann, was für ihn gerade am günstigsten
den sozialen Aspekt stärker berücksichtigt. Unser ist. Wir müssen uns dabei insbesondere überlegen,
Antrag sieht vor, die Prämie in allen Fällen des für welches System der Sparförderung wir uns ent-
Abs. 1 Nr. 5 um 5 v. H. zu erhöhen, wenn das Jah- scheiden wollen, ob wir lediglich zum Prämien-
reseinkommen beim Ledigen 7200 DM und bei Ver- sparen übergehen oder das Sparen über die Steuer
heirateten 14 400 DM nicht übersteigt. Wir sind der fördern oder wie bisher beide Systeme nebeneinan-
Auffassung, daß in der gegenwärtigen Zeit das ge- der bestehen lassen. Meines Erachtens wäre das
ringere Einkommen steuerlich höher prämiiert wer- nicht ganz richtig; denn wer sich ausrechnen kann,
den muß — wenn wir überhaupt das Prämiensparen daß er über die Steuer viel spart, wird das auf
bejahen — als das Einkommen, das wir in unserer diesem Wege tun und dabei die Einnahmeseite des
Volkswirtschaft als hoch bezeichnen. Denn bei den Staates ganz erheblich beschneiden. Man sollte da-
Empfängern kleiner Einkommen liegt, wenn sie spa- hin kommen, daß man zunächst dem Staat sämt-
ren, wirklich eine Leistung vor, die prämienwürdig liche Steuern, die ihm zustehen, zukommen läßt und
ist, während es bei den Empfängern hoher Einkom- das Sparen nachher über das Prämiensparen irgend-
men heute schon so ist, daß sie sich am Ende des wie prämiiert. Aber auch hier erscheint es mir doch
Jahres überlegen, was sie alles in Anspruch neh- sehr wesentlich, darüber nachzudenken, wie weit
ein solches Prämiieren gehen sollte; denn schließlich
men können, um dem Staat möglichst viel an
muß auch berücksichtigt werden, daß, je höher die
Steuern zu entziehen.
Prämie ist, um so mehr der Anreiz besteht, nach
Wir sollten also im Rahmen einer Harmonisie- Ablauf der Sperrfrist das angesparte Kapital ein-
rung weitere Komplizierungen unterlassen und soll- fach umzuschichten und nicht mehr erneut zu spa-
ten unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten ren, sondern den angesparten Betrag umzuwälzen,
prüfen, wo eine Prämiierung angebracht ist. Wo sie so daß wir damit schließlich das allgemeine Sparen
angebracht ist, sollten wir sie so hoch bemessen, überhaupt blockiert hätten. Wenn auf diese Art
wie es vom fiskalischen Standpunkt irgendwie ver- und Weise ein Sparzins von rund 8 % herauskom-
treten werden kann. In diesem Sinne bitten wir men kann, dann wird meines Erachtens dadurch
unseren Antrag zu verstehen. Wir glauben, .daß es auch der Kapitalzins als solcher in erheblichem Um-
im kommenden Jahr zu einer solchen Diskussion fang berührt und allmählich eliminiert, d. h. nie-
kommen muß, da eine Harmonisierung dringend er- mand wird mehr bereit sein, einfach zu sparen. Ich
forderlich ist. Das ist auch aus dem Bericht des Ab- glaube, das sind Probleme, die wir dabei berück-
geordneten Dr. Althammer deutlich hervorgegan- sichtigen müssen.
gen. Aus den angegebenen Gründen findet auch die
Vorlage Drucksache IV/770 die volle Zustimmung Dann kommt noch folgendes hinzu, das auch in
unserer Fraktion. diesem Zusammenhang — um einmal das ganze
Paket zusammenzustellen — geregelt werden muß,
(Beifall bei der SPD.) nämlich das Problem der steuerbegünstigten Lebens-
versicherungen. Die Lebensversicherungen sind be-
Vizepräsident Dr. Dehler: Frau Abgeordnete kanntlich auch noch im letzten Jahr dadurch begün-
Beyer hat nicht, wie ich erwartet habe, eine Er- stigt worden, als Ausgleich dafür, daß derjenige,
gänzung des Berichts gegeben, sondern ist in eine der sozialversichert ist, für die Rente, die er nachher
allgemeine Aussprache eingetreten. Dies ist an sich bekommt, keine Steuern bezahlt. Wenn ich heute
auch in der zweiten Lesung möglich, sofern das einen solchen steuerbegünstigten Lebensversiche-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2255
Dr. Imle
rungsvertrag abschließe, habe ich nicht die Pflicht, herigen pauschalen 20 % werden wir bei kinder-
den Betrag für die spätere Altersversorgung auf- reichen Familien bis zu 22, 25 und 30 % Prämie
zuwenden, sondern ich kann für fünf Jahre ab- gehen können. Das ist das hervorstechende Merk-
schließen und dann mit dem Geld machen, was ich mal dieser Gesetzesnovelle.
will. Ich glaube, daß das nicht in einem richtigen
Lassen Sie mich außerdem noch etwas Zweites
Verhältnis steht, wie es eigentlich sein sollte. Hier
sagen. Frau Kollegin Beyer, Sie meinten, wir müß-
muß auch etwas geändert werden.
ten zu einer Harmonisierung kommen. Ich glaube,
Genau dasselbe trifft auch für das Bausparen zu. hier stimmen wir weitgehend überein. Das war auch
Beim Bausparen ist es heute so, daß ich einen Bau- den Ausführungen des Herrn Kollegen Imle zu ent-
sparvertrag über fünf Jahre abschließe, die Steuer- nehmen. Es bestehen aber doch — und darauf
vergünstigungen in Anspruch nehme, nach Ablauf möchte ich hinweisen — unterschiedliche Auffassun-
der Frist aber nicht zu bauen brauche, sondern mir gen darüber, ob das, was Sie sagen, richtig ist, daß
den Betrag auszahlen lassen kann. Ich habe mir wir nämlich jetzt ein Zweiklassen-Sparsystem
also auf Kosten des Steuerzahlers einen erheblichen haben. Ich bin der Meinung — und das ist auch die
Vorteil verschafft, ohne allerdings damit den Zweck, Meinung unserer Fraktion —, daß unterschiedliche
der mit dem Gesetz verbunden war, zu erfüllen. Sparsysteme auch durchaus unterschiedlich behan-
Das sind alles Probleme, meine Damen und Her- delt werden können. Es ist nämlich nach unserer
ren, die es, wie ich glaube, notwendig machen, daß Auffassung sehr wohl etwas anderes, ob jemand
wir uns schon sehr bald mit ihnen in den zuständi- einen Bausparvertrag abschließt und damit eine
gen Ausschüssen befassen, damit die vielen Un- wesentlich längere Belastung als bei dem jetzt be-
stimmigkeiten beseitigt werden und wir zu einer handelten Sparsystem auf sich nimmt, nämlich eine
Sparförderung kommen, die zu vertreten ist. Belastung von fünf Jahren. Wir halten dafür, daß
ein solcher Sparer auch besonders prämiiert werden
Dann müssen wir allerdings noch etwas berück-
soll.
sichtigen.
(Beifall bei der CDU/CSU.)
Wir leben zur Zeit in einer Ara, in der uns der
Das möchte ich deutlich machen, Frau Kollegin
Haushalt immer erneut Sorgen macht, weil wir ein-
Beyer, damit wir nicht mit verschiedenen Zungen
fach nicht wissen, welche Ausgaben auf uns zu- über das reden, was wir unter Harmonisierung ver-
kommen. stehen. Unter Harmonisierung kann man sehr wohl
(Zuruf von der CDU/CSU: Das hätten Sie verstehen, daß man das in einem Gesetzeswerk
im Haushaltsausschuß sagen sollen!) zusammenfaßt. Aber Harmonisierung braucht nicht
Angesichts der Tatsache, daß diese Ausgaben für zu bedeuten, daß man alles-über den gleichen Leisten
das Prämiensparen nachher die Milliardengrenze schlägt.
überschreiten, erscheint es mir doch sehr wesentlich, (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)
daß man bei der Verabschiedung solcher Gesetze Einen Gedanken von Herrn Dr. Imle kann man,
auch diesem Gesichtspunkt Rechnung trägt. Denn glaube ich, durchaus aufgreifen. Wenn man darauf
das kann ins Unendliche gehen, insbesondere dann, jedoch näher einginge, würde man die Debatte des
wenn, wie ich gesagt habe, nicht mehr zusätzlich ge- nächsten Jahres vorwegnehmen. Ich meine die Fra-
spart, sondern nur umgeschichtet wird. ge, ob es richtig ist, daß man Steuervergünstigungen
abbaut und statt dessen da, wo man will, gezielt
Außerdem müssen wir folgendes berücksichtigen.
Prämien einführt. Darüber wird man sich gelegent-
Wir wissen doch, daß das Hauptsteueraufkommen
lich noch unterhalten müssen.
aus den breiten Massen kommt, daß also gerade
die etwas dazu beitragen, die es selber nachher wie- Lassen Sie mich noch ein Letztes sagen. Die Frage
der in Anspruch nehmen. Es handelt sich also im des Revolvierens kommt immer wieder hoch. Ich
Grunde genommen nur um eine andere Verteilung. glaube, wir sollten festhalten: bei all unseren Be-
ratungen zu dieser Frage, auch im letzten Bundes-
Wir sollten diese Dinge also meines Erachtens tag, waren wir uns darüber einig, daß die Spar-
möglichst bald über die Bühne bringen und hier ein prämie als Äquivalent für eine fünfjährige Fest-
einheitliches Gesetz schaffen. legung gewährt wird. Das sollten wir unabhängig
(Beifall bei der FDP und in der Mitte. — davon, ob Revolvierung oder nicht, auch in Zukunft
Abg. Niederalt: Das hätten Sie Ihren Kol- beachten. Der Tatbestand ist gegeben, wenn der
legen im Haushaltsausschuß sagen sollen!) Sparer sich verpflichtet, für fünf Jahre einen Spar-
betrag festzulegen. Dafür soll eine Prämie gewährt
Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort hat der werden.
Herr Abgeordnete Katzer. In der Debatte zu dieser Novelle möchte ich mich
auf diese Bemerkungen beschränken.
Katzer (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da- (Beifall bei den Regierungsparteien!)
men und Herren! Ich möchte jetzt nicht die Debatte
führen, die wir in einem Jahr zu führen haben,
Vizepräsident Dr. Dehler: Frau Abgeordnete
wenn wir, wie Frau Kollegin Beyer meinte, über die
Beyer hat .das Wort.
Harmonisierung der Gesetze sprechen. Lassen Sie
mich nur zwei Gedanken vortragen. Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) : Herr Kollege
Einmal: Im Vordergrund dieser Gesetzesänderung Katzer, nur zu der Bemerkung zum Wohnungsbau-
steht die Besserstellung der Familie. Statt der bis- Sparprämiengesetz! Sie hätten völlig Recht mit
2256 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Frau Beyer (Frankfurt)
Ihrer Bemerkung und mit Ihrer Einstellung, wenn Familien, die drei und mehr Kinder haben, und diese
es nicht nach dem Wohnungsbauprämien-Gesetz kinderreichen Familien gehören nicht zu den rei-
möglich wäre, nach Ablauf der Frist den Vertrag chen Leuten, wie man es zu sagen beliebt und wie
zu kapitalisieren, d. h. sich den Betrag auszahlen man fälschlich annehmen könnte. Um wen handelt
zu lassen, es sich denn hier? Es handelt sich um unsere Fach-
(Zurufe von der Mitte) arbeiter, es handelt sich um Familien aus den ver-
und ihn dann, genau so wie beim allgemeinen Spar- schiedenen Berufsgruppen mit mittleren Einkom-
prämiengesetz, wiederum in ein anderes Prämien- men. Wenn diese sparen, können sie das nur durch
gesetz überzuleiten. Das muß man hier sehen, und Konsumverzicht tun. Es ist unmöglich, daß eine Fa-
das muß bei der Harmonisierung überprüft werden. milie mit drei, vier, fünf und mehr Kindern anders
als dadurch sparen kann, daß sie auf Konsumgüter
(Abg. Katzer: Einverstanden!) verzichtet.
Vizepräsident Dr. Dehler: Wir treten in die Von Frau Beyer ist soeben gefragt worden, wo
Einzelberatung ein. die Prämiierung richtig sei. Meine Kollegen und Kol-
leginnen, sie ist richtig, wenn wir der kinderreichen
Ich rufe Art. 1 Nr. 1 auf. Hierzu liegt ein Ände-
Familie, die trotz der großen Ausgaben, die sie hat,
rungsantrag der Abgeordneten Dr. Althammer, Frau
einen Konsumverzicht auf sich nimmt, um zu sparen,
Welter (Aachen), Kühn (Hildesheim), Frau Pitz
ausreichende Möglichkeiten dazu geben. Wofür
Savelsberg, Dr. Hauser, Dr. Czaja, Dr. Süsterhenn,
spart sie denn? Sie spart dafür, daß später die Kin-
Bausch und Genossen vor, Umdruck 160.*)
der eine bessere Berufsausbildung bekommen kön-
Zur Begründung dieses Antrags hat Frau Abge- nen. Sie spart dafür, daß sie in besonderen Wechsel-
ordnete Welter das Wort. fällen des Lebens eine Rücklage hat. Dieser Wille
zur Eigenverantwortlichkeit, zur eigenen Leistung,
Frau Welter (Aachen) (CDU/CSU) : Herr Präsi- der ist wirklich würdig, Frau Beyer, prämiiert zu
dent! Meine Herren und Damen! Ich begründe den werden.
Antrag auf Umdruck 160. Meine Freunde und ich, (Beifall bei der CDU/CSU.)
die wir diesen Antrag eingebracht haben, begrüßen
die Verbesserungen, die sich aus der Ausschußvor- Ich möchte Ihre Frage so beantworten: Diese Men-
lage ergeben und soeben vorgetragen worden sind, schen, die aus den verschiedenen Berufsgruppen
insbesondere die Erhöhung der Prämiensätze in der kommen, die Facharbeiter, die kleinen Selbständi-
vorgesehenen Form für Familien mit Kindern. Wir gen, die vielen Angehörigen der mittleren Berufs-
begrüßen auch die Anhebung der Höchstsparbeträge. schichten, sie alle haben, wenn sie viele Kinder
Wir sind allerdings der Meinung, daß diese An- haben, nur einen bescheidenen Tisch zu decken. Es
hebung um 20 bis 30 DM für die Mehrkinderfamilie ist wohl keiner in diesem Hause, der dem nicht zu-
nicht ausreicht. Weil wir dieser Auffassung sind, be- stimmen kann. Hier geht es einfach um ein Gebot
antragen wir auf Umdruck 160 die Erhöhung der der Gerechtigkeit. Die kleine Anhebung wird unse-
Höchstsparbeträge bei Familien mit drei und mehr ren Haushalt in keiner Weise belasten. Ich sagte
Kindern um 40 und 60 DM. schon, daß nur ein Drittel unserer Eltern drei oder
mehr Kinder haben. Es handelt sich also um eine
Ich möchte sagen, daß das ein Akt der Gerechtig- verhältnismäßig kleine Gruppe.
keit ist. Nach dem neuen Entwurf kann die Familie
mit ein und zwei Kindern einen Höchstbetrag von Ich bitte Sie deshalb, aus Gerechtigkeitsgründen,
1364 DM sparen, aber die Familie mit fünf und mehr für Familien mit drei und mehr Kindern eine An-
Kindern nur 1400 DM, also im ganzen 36 DM mehr. hebung um 40 und 60 DM und damit eine Höchst-
Daran wird Ihnen doch wohl selber klar werden, spargrenze von 1600 DM zu ermöglichen, statt bis--
daß das keine Relation ist, mit der man der kinder- her 1800 DM. Eine Herabsetzung auf 1400 DM
reichen Familie gerecht wird. würde eine krasse Ungerechtigkeit bedeuten. Ich
bitte deshalb, unserem Änderungsantrag zuzustim-
Infolgedessen unser Antrag, daß der Mehrkinder men.
familie, also der Familie mit drei und mehr Kin
-dern,iHöchstpabgvon160DMzuebilgt
werden soll. Sie werden wissen, daß in dem bis- Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort hat Frau
herigen Gesetz der Höchstsparbetrag auf 1800 DM Abgeordnete Beyer (Frankfurt).
festgelegt war. Es ist in keiner Weise gerechtfertigt, Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) : Herr Präsident!
daß dieser Höchstbetrag von 1800 DM nun auf 1400 Meine Herren und Damen! Ich erkenne den guten
DM heruntergesetzt wird, also, wie ich schon sagte, Willen all derer an, die den Änderungsantrag Um-
nur 36 DM mehr für die Fünfkinderfamilie vorsieht, druck 160 unterschrieben haben, bezweifle aber, ob
als der Betrag für die Ein- und Zweikinderfamilien sich alle über die Auswirkung der Sparprämienge-
ausmacht. setze auf die einzelnen Einkommen wirklich im kla-
Es wird gesagt, und zwar auch von den Kollegen ren sind. Ich will versuchen, das zu begründen.
auf der Linken, daß diese Verbesserung gerade den
Schon in meinen Ausführungen vorhin habe ich
reichen Familien zugute komme. Meine lieben Kol-
darauf hingewiesen, daß die verschiedenen Spar-
legen und Kolleginnen, die Eltern kinderreicher Fa-
möglichkeiten nebeneinander in Anspruch genommen
milien bilden eine Minderheit der Eltern in unse-
werden können. Eine Familie mit mehreren Kindern
rem Volke, leider; es gibt nur eine Minderheit von
— von denen Sie, sehr verehrte Frau Kollegin
*) Siehe Anlage 4 Welter ausgehen und die auch wir in jeder Form
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2257
Frau Beyer (Frankfurt)
begünstigen wollen — kann sowohl die Vergünsti- gen, die diese Sparleistung aufbringen, sind die Be-
gungen des Wohnungsbausparprämiengesetzes als zieher hoher Einkommen, die neben all den Steuer-
auch des normalen Sparprämiengesetzes in An- vergünstigungen auch noch die nach dem Sparprä-
spruch nehmen. Sie kann also zweimal jeweils miengesetz in Anspruch nehmen können.
einen Betrag in Anspruch nehmen. Denken Sie ein- (Zurufe von der Mitte.)
mal an den Facharbeiter und an die Bezieher nor-
maler Einkommen! Denken Sie daran, was über- — Ja nun, Sie können auch davon ausgehen und
haupt im Rahmen dieser Einkommen gespart wer- sagen: es hat gar keinen Sinn, daß wir über so
den kann! Diejenigen, die darüber hinaus noch etwas diskutieren und nur Klarheit verschaffen.
sparen können, gehören zu dem Personenkreis, der Im übrigen, meine Damen und Herren, bedaure
außerdem noch auf Grund der Wirkung der allge- ich wirklich sehr, daß die Regierung bei dieser Aus-
meinen Steuergesetze begünstigt ist. Je höher das sprache überhaupt nicht vertreten ist. Wir haben
Einkommen, um so höher ist die Wirkung der Frei- zwar zur Zeit keine Minister, aber bei einer solch
beträge nach unserem Steuergesetz. entscheidenden Debatte sollten dann doch wenig-
Wir haben die Beträge auf 160 und auf 240 DM stens die Staatssekretäre hier im Hause sein, damit
erhöht. Was setzt das voraus? Ich will es einmal sie die Möglichkeit haben, auf sachliche Einwendun-
in Zahlen ausdrücken. Bei einer Familie mit drei und gen einzugehen.
mehr Kindern ist heute eine Prämie von 400 DM (Zuruf von der Mitte: Der Familienminister
möglich, 240 DM Grundbetrag und 160 DM zusätz- ist ja da!)
lich. Dabei muß man von einer Sparleistung von — Der Herr Familienminister sieht diese Fragen
1600 DM im Jahr ausgehen, also mindestens 130 DM unter ganz anderen Aspekten, was ich ihm nicht
im Monat auf Grund nur eines Gesetzes. übelnehme. Er wird sie selbstverständlich unter
(Widerspruch in der Mitte.) Aspekten sehen, die nicht immer denen entspre-
Daneben kommt jetzt noch das Wohnungsbauspar- chen, die wir in unserer Verantwortung als ge-
prämiengesetz, dessen Vergünstigungen außerdem wählte Abgeordnete sehen müssen; sind wir doch
noch in Anspruch genommen werden können. für alle Personengruppen und Einkommensgruppen
verantwortlich.
(Zurufe von der Mitte.)
Ich darf Sie also bitten, meine Damen und Her-
Ich gehe nur von den Möglichkeiten der unteren ren, sich doch noch einmal meiner ersten Ausfüh-
Einkommensschichten aus, soweit sie noch in den rungen zu erinnern. Ich habe zum Ausdruck ge-
Proportionaltarif fallen. Diejenigen, von denen Sie bracht, daß es uns darauf ankommt, zu einer Har-
sprechen, Frau Kollegin, die Facharbeiter und die- monisierung zu kommen, daß es uns darauf an-
jenigen, die zu den breiten und unteren Einkom- kommt, diejenigen besonders zu prämiieren, die
mensschichten gehören, könnten also zweimal eine auf Grund ihrer Sparleistung besonders prämien-
Sparleistung erbringen und zweimal Prämien erhal- bedürftig sind, nämlich diejenigen, die zu den un-
ten. Aber wer von diesen kann denn überhaupt — teren Einkommensgruppen gehören. Wenn das ge-
ich möchte wirklich annehmen, Sie meinen nur die schehen soll, müssen wir aber auch darauf achten,
Facharbeiter und meinen nur die große Gruppe der daß nicht neue Verbesserungen hinzukommen, die
Steuerzahler — 260 bis 300 DM im Monat sparen? fast ausschließlich denen zugute kommen, die seit
Wer ist wirklich dazu in der Lage? Doch nur die- eh und je auf Grund der schon vorhandenen Mög-
jenigen, die zu den höheren und höchsten Einkom- lichkeiten die Steuergesetze bis zum letzten aus-
mensgruppen zählen, jene, die ohnehin neben den nutzen können. Fragen Sie doch einmal einen
Vergünstigungen nach dem Wohnungsbauspar- Steuerberater in der Wirtschaft! Er wird Ihnen sa--
prämiengesetz und dem allgemeinen Sparprämien- gen, daß die Träger hoher Einkommen am Ende
gesetz auch noch die Vergünstigungen des § 10 b des Jahres zu ihm kommen und ihn auffordern
usw. für sich ausnutzen können. auszurechnen, was sie steuerlich alles auf Grund
Ich finde, hier wird eine Erweiterung beantragt, der vorhandenen Möglichkeiten in Anspruch neh-
die weit über das hinausgeht, was Ihnen im Grunde men können.
vorschwebt und was wir wirklich alle unterstützen. Wenn Sie nun diesem Antrag folgen, wird diese
Unser Wunsch im Ausschuß war, schnellstens zu Situation noch günstiger, und ich finde, daß sollten
einer Harmonisierung zu kommen, um dabei zu Sie nicht wollen. Wir haben uns in der Fraktion
untersuchen, ob man nicht den Beziehern kleiner nur in dem Sachverständigenkreis über dieses Pro-
Einkommen und damit auch den kinderreichen Fami- blem unterhalten, und hier handelt es sich ja um
lien einen höheren Prämiensatz bewilligen kann. ganz neue Anträge. Meine Fraktion kann frei ent-
Wenn Sie nämlich diesen Familien — lassen Sie scheiden, wie sie über diesen Antrag befinden will.
mich das einmal sagen — wirklich helfen wollen, Ich möchte nur auf die gegebene Situation hinwei-
dürfen Sie nicht die Sparleistung hier mit hereinbrin- sen und bitten, dem Beschluß der Ausschüsse zu
gen, sondern dann müßten Sie den Prämiensatz er- folgen, die ausdrücklichst gesagt haben, was man
höhen. im gegenwärtigen Zeitpunkt tun sollte, um im kom-
(Zuruf von der Mitte: Das tun wir doch!) menden Jahr und damit möglichst bald zu einer
— Aber im Zusammenhang mit einer höheren Spar- wirklichen Harmonisierung zu kommen und damit
leistung, und diese höhere Sparleistung — das habe zu einer größeren Gerechtigkeit.
ich Ihnen doch gerade auseinandergesetzt — kann (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten
nur eine ganz kleine Gruppe aufbringen. Diejeni der FDP.)
2258 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Vizepräsident Dr. Dehler: Ich darf die Bera- den Steuerprüfer gegen Ende des Jahres aufsuchen,
tung unterbrechen, um festzustellen, daß Punkt 18 um mit ihm zu besprechen, welche Fülle von Mög-
der Tagesordnung — Fünftes Rentenanpassungs- lichkeiten sie ausnützen können. Meine Damen und
gesetz — auf Grund einer Vereinbarung abgesetzt Herren, die Familien mit vier und fünf Kindern ge-
wird, — lediglich Punkt 18, alle folgenden Punkte hören wahrscheinlich nicht oder mindestens zu 99 %
werden behandelt. nicht zu denen, die den Steuerprüfer aufsuchen, um
Wir fahren in der Beratung des Sparprämien- diese Möglichkeiten zu untersuchen.
gesetzes fort. (Zustimmung in der Mitte.)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wuerme-
ling. Es wurde auf die Möglichkeit des Ausweichens
auf das Bausparen verwiesen. Frau Kollegin Beyer,
Sie haben, vielleicht sogar mit Recht, darauf ver-
Dr. Wuermeling (CDU/CSU) : Herr Präsident! wiesen, daß bei der Harmonisierung die atypischen
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe
Vorgänge des Bausparens — ich möchte hier unter-
nach der letzten Diskussion das Gefühl, daß der
streichen, daß der größte Prozentsatz .der Bausparer
Änderungsantrag Umdruck 160 wesentlich komzli-
zierter erscheint, als er in Wirklichkeit ist. Erlauben tatsächlich baut; das ist nachgewiesen, wobei die
Sie. mir darum, ganz kurz zu sagen, worum es prak- Bausparer nach der neuen Regelung übrigens nicht
tisch geht. nach fünf, sondern nach sechs Jähren die Möglichkeit
haben, :das Geld anderweitig zu verwenden — später
Bisher konnte eine Familie mit drei und mehr ausgeschlossen werden sollen.
Kindern 1800 DM prämienbegünstigt sparen.
(Abg. Frau Beyer [Frankfurt] : Wann?)
(Abg. Frau Beyer [Frankfurt] : Außerdem
kann sie die Vergünstigung nach dem — Später, bei der Harmonisierung. Wenn Sie das
Wohnungsbauprämiengesetz in Anspruch aber wollen, Frau Kollegin Beyer, dürfen Sie nicht
nehmen!) schon jetzt darauf verweisen, insbesondere die kin-
Nach dem Ausschußantrag kann eine Familie mit derreiche Familie nicht darauf verweisen, sondern
drei und mehr Kindern nur noch 1440 DM prämien- müssen ihr ,die Möglichkeit geben, nach den Bestim-
begünstigt sparen. Der Änderungsantrag Um- mungen des Sparprämiengesetzes eine Summe anzu-
druck 160 zielt auf eine Kompromißlösung: daß die sparen, die die Vorsorge für das Studium, für die
Familie mit drei und mehr Kindern 1600 DM prä- Ausstattung und ähnliches ermöglicht. Ich glaube
mienbegünstigt sparen kann. also, wir sollten diese familienfreundliche und fa-
Meine Damen und Herren, wir sind uns, glaube miliengerechte Lösung gerade mit Rücksicht auf eine
ich, alle darüber klar, daß der Kreis derer, die so spätere Harmonisierung schon hier festlegen.
hohe Beträge prämienbegünstigt sparen können, All das, was Sie sagten, Frau Kollegin, gilt auch
nicht sehr groß ist. Deswegen ist die finanzielle für die Familie, die 1364 DM ansparen kann. Dort
Auswirkung dieses Antrags völlig belanglos. Aber wäre dieser Satz angebracht, aber gegenüber dem
— und hier darf ich Sie, meine verehrten Damen Antrag von Frau Kollegin Welter, die Höchstprämie
und Herren von der SPD, einmal fragen — wir wol- und damit die Höchstsparsumme um wenige Mark
len doch alle mittelstandsfreundliche Politik ma- anzuheben, finde ich ihn nicht gerechtfertigt.
chen! Hier geht es um eine Maßnahme. die gerade
den mittelständischen Kreisen mit Kindern Sparen Ich darf schließlich darauf verweisen, daß bisher
ermöglicht. die kinderreiche Familie 'höchstens 150 DM im Mo-
(Beifall in der Mitte.) nat prämienbegünstigt ansparen konnte und daß
Das ist die Schicht, die kulturpolitisch von beson- nach dem Antrag der Frau Kollegin Welter diese
derer Bedeutung ist, die vor allem dann von be- Sparsumme ohnehin auf 130 DM heruntergesetzt
sonderer Bedeutung ist, wenn man will, daß sie an werden soll. Es ist also unzweifelhaft, daß hier nicht
ihren Kindern ihre kulturpolitische Aufgabe er- die Reichen begünstigt werden sollen, sondern Per-
füllt. sonen mit mittleren Einkünften, die aus eigener
Kraft und unter Konsumverzicht versuchen, eine
Ich möchte also dringend empfehlen, den Ände- echte Lebensvorsorge für ihre Kinder 2u schaffen.
rungsantrag Umdruck 160 anzunehmen. Ich bitte daher um Annahme des familienfreund-
(Beifall in der Mitte.) lichen Antrags.
(Beifall in der Mitte.)
Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort hat der
Abgeordnete Dr. Czaja. Vizepräsident Dr. Dehler: Ich lasse über den.
Änderugsat AbodneDr.ltham
Dr. Czaja (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine und Genossen auf Umdruck 160 abstimmen. Wer
Damen und Herren! Mit großem Interesse habe ich zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. — Gegen-
den grundsätzlichen Erwägungen der Frau Kollegin probe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehr-
Beyer zugehört. Aber ich habe doch das Gefühl, daß heit; der Änderungsantrag ist angenommen.
diese grundsätzlichen Erwägungen, die am Anfang
Damit ist Art. 1 Nr. 1 mit dieser Änderung an-
richtig waren, irgendwie nicht zu dem Änderungs- genommen. Einverständnis! —
antrag Umdruck 160 passen. Denn e s wurde hier von
den Reichen oder von den Personen gesprochen, die Die Nrn. 2 und 3 entfallen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2259
Vizepräsident Dr. Dehler
Ich rufe auf Nr. 3 a. Wer zustimmt, gebe bitte Zu den das Haus betreffenden Überlegungen 1
das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? komteindSparbfeÜlgun.Es
— Bei vielen Enthaltungen angenommen. ist nicht gut für unser allgemeines Anliegen, wenn
Ich rufe auf Nr. 4. Hierzu liegt der Änderungs- sich die Sparer jedes Jahr fragen müssen: Kannst
antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck du das noch machen? Mußt du eine überstürzte
157 *) vor. Das Wort zur Begründung hat der Ab- Handlung vor dem Jahresultimo vornehmen, oder
geordnete Dr. Burgbacher. kannst du dir das in Ruhe einteilen? Dem Sparer
gibt das unbefristete Gesetz mehr Rechtssicherheit
als das befristete.
Dr. Burgbacher (CDU/CSU) : Herr Präsident! Wir bitten um Annahme unserer Vorlage.
Meine Damen und Herren! Ich begründe den An-
trag meiner Fraktion auf Umdruck 157. Wir schlagen (Beifall bei der CDU/CSU.)
vor, nicht eine einjährige Geltungsdauer des Geset-
zes, sondern eine unbefristete zu beschließen. Zur Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort hat Frau
Begründung habe ich kurz folgendes zu sagen. Abgeordnete Beyer.
Wir sind mit den anderen Fraktionen einer Mei-
nung, daß eine — wir haben das Wort nun ge- Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) : Herr Präsident!
braucht — Harmonisierung der Gesetzgebung zur Meine Damen und Herren! Die letzten Ausführun-
Eigentumsbildung, der Prämiengesetzgebung, wie
gen des Kollegen Dr. Burgbacher veranlassen mich,
man das nennen mag, sehr zweckmäßig ist, und
folgendes festzustellen: Allem Anschein nach geht
werden sie nachdrücklich unterstützen.
die CDU/CSU davon aus, daß die Schwierigkeiten,
Ich will nicht der Versuchung erliegen, wie es ei- die sich nun schon seit 1961 in der Regierung zei-
nige Redner heute begreiflicherweise getan haben, gen, auch in den kommenden Jahren fortbestehen
jetzt über den sachlichen Inhalt der demnächstigen sollen,
Harmonisierung zu debattieren. Ich möchte nur (Lachen bei der CDU/CSU)
sagen, daß das Wort „Harmonisierung" von dem und vielleicht will sie aus diesem Grunde hier mög-
Begriff der Harmonie und der aus der Musikwissen- lichst langfristige Gesetze machen, deren Geltungs-
schaft kommt. Da versteht man unter Harmonie dauer über ein Jahr hinausgeht. Sie müssen mir er-
nicht, daß alle nur Violine spielen. lauben, eine solche Bemerkung zu machen; denn Sie
(Beifall bei der CDU/CSU.) setzen die Arbeit der Regierung, die letzten Endes
Ich möchte auch an das Wort von Rabindranath Ihre Regierung ist, damit in ein sehr schlechtes Licht.
Tagore erinnern, daß das Wesen der Gemeinschaft Wenn ich mir natürlich die Besetzung des Hauses
nicht in Einförmigkeit, sondern eben in Harmonie heute ansehe und das Interesse beobachte, das die
besteht. Das werden wir der demnächstigen Harmo- vorhandene Regierung an diesem Gesetz zeigt, muß
nisierung als tragendes Prinzip zugrunde legen. ich Ihnen recht geben: dann ist es besser, wir ma-
chen Gesetze mit Ewigkeitsdauer.
Nun haben wir aus den Ausführungen von Frau
(Abg. Katzer: Frau Kollegin, schauen Sie
Kollegin Beyer und vom Kollegen Dr. Imle etwas
über die Vielfalt 'der Probleme gehört; selbstver- einmal zu Ihrer Fraktion hinüber!)
ständlich sind sie so weitsichtig, wie es uns mög- — Ich habe nicht von der Fraktion, ich habe vor
lich ist, zu behandeln. Ohne dem Hohen Hause zu allem von der Regierung gesprochen.
nahe treten zu wollen, möchte ich sagen, daß die (Abg. Katzer: Sie sprachen vom Parlament!)
bisherige Erfahrung dieses Hohen Hauses lehrt, daß
eine echte Kodifizierung von Recht in verschiedenen — Sie wissen doch, was im Augenblick los ist. Sie
Gesetzen innerhalb eines Jahres nicht möglich ist. wissen ja gar nicht, wie viele Sitzungen zur Zeit
Weil wir aber eine Kodifizierung in verschiedenen notwendig sind.
Gesetzen haben wollen, weil wir eine weitsichtige (Abg. Dr. Wuermeling: Vielleicht setzen
Eigentumspolitik auch auf diesem Gebiet haben Sie sich bald da oben hin. — Heiterkeit.)
wollen, möchten wir nicht nächstes Jahr mit der
Uhr in der Hand über ein Gesetz verhandeln, so wie Meine Damen und Herren, im Ausschuß haben
wir jetzt mit der Uhr in der Hand vor Jahresultimo wir uns doch wirklich sehr lange mit diesem Pro-
über diese Novelle verhandeln. Wir sind der Mei- blem auseinandergesetzt, auch damit, wie wir die-
nung, man sollte eine längere Geltungsdauer vor- sen Paragraphen fassen sollen, und die Regierungs-
sehen. vertreter haben uns sehr deutlich gemacht, daß es
gut ist, hier einen festen Termin zu setzen; denn
Nun könnte man der Meinung sein, zwei, drei mit der Festsetzung eines Termins bindet man letz-
oder vier Jahre genügten. Das wäre aber im Sinne ten Endes auch diejenigen, die darüber zu befinden
unserer Gedanken, auf eine echte Harmonisierung
haben, an eine sehr rasche und schnelle Erledigung
hinzuwirken, schlechter als das unbefristete Gesetz.
und Harmonisierung. Wenn Sie jetzt durch diesen
Das unbefristete Gesetz erlischt in dem Augenblick,
Antrag eine solche Lockerung schaffen, also die
in dem wir ein neues beschließen. Wir sind dann an
Möglichkeit einer auf Zeit bestimmten Regelung,
keinen bestimmten Termin gebunden. Deshalb
unterstützen Sie im letzten Ende das, was Sie gar
bitten wir das Hohe Haus, der unbefristeten Ver-
nicht wollen, nämlich daß wir auf lange Sicht hinaus
längerung zuzustimmen.
keine Harmonisierung bekommen und noch auf
*) Siehe Anlage 3 lange hinaus in dieser Debatte bleiben.
2260 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Frau Beyer (Frankfurt)
Herr Kollege Dr. Burgbacher, Sie sagten zum Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Der Antrag
Schluß, der Staatsbürger wolle wissen, für wie Umdruck 157 wird auch für die dritte Lesung gestellt.
lange er mit einer solchen Regelung rechnen könne. Nehmen Sie also bitte diesen Umdruck als Antrag
(Abg. Dr. Burgbacher: Nein, mit einer in der dritten Lesung. Andere Änderungsanträge
Regelung!) werden nicht gestellt. Wird das Wort zu diesem An-
trag gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Aber mit einer solchen Erklärung, wie Sie sie ab-
gegeben haben: Harmonisierung ja, aber keine Set- Ich lasse abstimmen. Wer dem Antrag Umdruck
zung eines Zeitpunktes, machen Sie die Unsicherheit 157 in dritter Lesung zustimmen will, den bitte ich
in der Öffentlichkeit noch größer, als wenn Sie um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist
sagen, am 31. Dezember 1963 ist mit einer end- genau das gleiche; noch einmal Hammelsprung!
gültigen Neuregelung zu rechnen. Nun, darüber (Abg. Rasner [während die Abgeordneten
müssen Sie befinden. den Saal verlassen] : Herr Präsident, man
(Abg. Dr. Burgbacher: Ja, es wird abge hört kein Klingelzeichen im Hause!)
stimmt!) — Wir werden nach der Technik sehen.
Vizepräsident Dr. Dehler: Wir stimmen ab Ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt:
über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ Mit Ja haben 145, mit Nein 154 Mitglieder des
CSU auf Umdruck 157. Wer zustimmt, gebe bitte Hauses gestimmt.
das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun- (Beifall und Heiterkeit bei der SPD.)
gen? — Damit ist dieser Antrag auch in dritter Lesung ab-
Ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Wer gelehnt.
zustimmt, erhebe sich vom Platze. — Die Gegen- Andere Änderungsanträge liegen nicht vor.
probe! — Enthaltungen? — Wir müssen auszählen;
der Vorstand ist sich nicht einig. — Wer dem Gesetz in dritter Lesung seine Zustim-
mung geben will, den bitte ich, sich zu erheben. —
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich gebe das Gegenprobe! — Eine Nein-Stimme. Enthaltungen? —
Ergebnis der Auszählung bekannt. Mit Ja haben Bei einer Nein-Stimme und zwei Enthaltungen ist
142 Mitglieder des Hauses, mit Nein 144 Mitglieder das Gesetz in dritter Lesung angenommen.
gestimmt. Der Änderungsantrag Umdruck 157 ist
abgelehnt. Ich rufe den Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Ich rufe die Art. 2, 3, 4 sowie Einleitung und Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
Überschrift auf. — Änderungsanträge sind nicht desregierung eingebrachten Entwurfs eines
gestellt. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die
wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den Ausprägung von Scheidemünzen (Drucksache
bitte ich um ein Handzeichen. — IV/556) ;
(Unruhe.) Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschus
ses (16. Ausschuß) (Drucksache IV/780)
— Es ist völlig ausgeschlossen, so abzustimmen.
Meine Herren, bitte nehmen Sie Platz. Die Damen (Erste Beratung 40. Sitzung).
sitzen schon. Wir können so nicht fortfahren. Ich frage den Herrn Berichterstatter, Herrn Ab-
(Anhaltende Unruhe.) geordneten Leonhard, ob er das Wort zur Bericht-
erstattung wünscht. -
Ich kann so nicht abstimmen lassen. Meine Herren, (Abg. Leonhard: Ich verzichte!)
wollen Sie bitte Platz nehmen! Das gilt auch für
Sie, Herr Kollege Achenbach. — Er hört gar nicht — Er verzichtet. Ich danke dem Herrn Bericht-
mehr. Sie sind freundlichst eingeladen, Platz zu erstatter.
nehmen. Ich rufe in zweiter Lesung die §§ 1, — 2, — 3, —
Wer den aufgerufenen Art. 2, 3, 4 sowie der Ein- Einleitung und Überschrift auf. Wird das Wort ge-
leitung und der Überschrift zustimmen will, den wünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer
bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. Damit — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In zweiter Le-
ist die zweite Beratung beendet. sung angenommen.

Dritte Beratung. Wir kommen zur

Allgemeine Aussprache. Wird das Wort ge- dritten Beratung.


wünscht? — Herr Professor Burgbacher. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das
Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Dr. Burgbacher (CDU/CSU) : Herr Präsident! Wer dem Gesetz in dritter Beratung zustimmen will,
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wieder- den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! —
holt in der dritten Lesung den Antrag auf Um- Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
druck 157 mit der gleichen Begründung, wie sie in Mir wird gerade gesagt, daß der Punkt 24 der
der zweiten Lesung gegeben worden ist. Ich bitte Tagesordnung — zweite Beratung des Entwurfs
um Annahme. eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des La-
(Beifall bei der CDU/CSU.) stenausgleichsgesetzes — nach einer interfraktio-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2261
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
nellen Vereinbarung abgesetzt werden soll. Einver- rektur sei; es handelt sich um eine typographische
standen? — Korrektur, die notwendig ist. Wenn sie nicht recht-
(Abg. Dr. Mommer: Jawohl!) zeitig vorgenommen würde, hätte das möglicher-
weise gewisse Konsequenzen.
— Punkt 24 wird abgesetzt.
Im ordentlichen Haushalt, Kap. 1502, erste Seite,
Wir fahren mit Punkt 10 der Tagesordnung fort: ist bei der Drucklegung des vom Haushaltsausschuß
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- verabschiedeten Entwurfs der letzte Abschnitt in den
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Erläuterungen zu Tit. 962, der lautet:
Gesetzes zur Ausführung der zoll- und steuer- Die Gewährung der Bundesmittel erfolgt unter
rechtlichen Bestimmungen des Abkommens der Voraussetzung, daß sich neben sonstigen
zwischen den Parteien des Nordatlantikver- Stellen auch die Länder an den Aufwendungen
trags vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstel- angemessen beteiligen
lung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut)
aus Versehen vorgerückt worden, während er im
und des Zusatzabkommens vom 3. August
ursprünglichen Entwurf der Regierung in gleicher
1959 zu diesem Abkommen hinsichtlich der in
Linie mit den vorhergehenden Bemerkungen stand.
der Bundesrepublik Deutschland stationierten
Wenn das so bliebe, hätte es zur Folge, daß diese
ausländischen Truppen (Truppenzollgesetz
drei Zeilen auf die ganze Erläuterung, d. h. auf die
1962) (Drucksache IV/695) ;
Verwendung aller Mittel, die unter diesem Titel
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses veranschlagt worden sind, Anwendung finden müß-
(14. Ausschuß) (Drucksache IV/758) ten, während sie in Wirklichkeit nur für die Ziffer 2
(Erste Beratung 46. Sitzung). gedacht sind, bei der es sich um die Zurverfügung-
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeord- stellung von Mitteln für die aktuelle Behandlung und
neten Goldhagen, ob er das Wort wünscht. — Der Pflege der verkrüppelten Kinder handelt, nicht aber
Herr Berichterstatter verzichtet. für die Ziffer 1, bei der es darum geht, die Forschung
und Entwicklung auf dem Gebiete der Geräte und
Ich rufe die §§ 1 und 2 auf; § 3 entfällt. Wird dazu Prothesen zu fördern.
das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht ge-
wünscht. Dann rufe ich die §§ 4, — 5, — 6, — 7, — 8, Ich bitte also das Haus, davon Kenntnis zu neh-
— 9, — 10, — 10 a, — 11, — Einleitung und Über- men, daß diese typographische Korrektur vorgenom-
schrift auf. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort men wird.
wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte
ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthal- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das ist der
tungen? — In zweiter Lesung einstimmig angenom- letze Absatz auf Seite 23 der Drucksache IV/784?
men. (Abg. Schoettle: Ja!)
Wir kommen zur — Danke vielmals! Ich frage, ob das Wort gewünscht
dritten Beratung. wird. — Herr Abgeordneter Ritzel! — Ganz allge-
mein, oder wollen Sie zu einem bestimmten Punkt
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort sprechen?
wird nicht gewünscht. (Abg. Ritzel: Allgemein!)
Wer dem Gesetz in dritter Lesung zustimmen will, — Na schön, ausnahmsweise allgemeine Aussprache
den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — in der zweiten Lesung!
Enthaltungen? — In dritter Lesung angenommen.

Ich rufe auf den Punkt 11 der Tagesordnung: Ritzel (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Die sozialdemokratische Fraktion läßt durch
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- mich mitteilen, daß sie sich darüber freut, daß ein
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Nachtragshaushalt der Verplanung der über- und
Gesetzes über die Feststellung eines Nach- außerplanmäßigen Ausgaben dient. Sie sieht das im
trags zum Bundeshaushaltsplan für das Rech- Sinne des Haushaltsrechts als einen nützlichen Fort-
nungsjahr 1962 (Nachtragshaushaltsgesetz schritt gegenüber früheren Methoden an. Sie be-
1962) (Drucksache IV/699) ; dauert aber in diesem Zusammenhang, daß der
Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses Nachtragshaushalt nicht so komplett ist, wie er sein
(13. Ausschuß) (Drucksachen IV/784, zu IV/784) sollte. So sind durch das Hohe Haus in der Zwi-
schenzeit beispielsweise Beschlüsse gefaßt worden,
(Erste Beratung 45. und 46. Sitzung). die eigentlich in dem Nachtragshaushalt enthalten
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten sein müßten und die auch hinsichtlich der Deckung
Schoettle, ob er das Wort wünscht? — Das Wort hat eine Regelung im Nachtragshaushalt zu finden
als Berichterstatter der Herr Abgeordnete Schoettle. hätten. Ich erinnere nur an die Überbrückungshilfe
für die Kriegsopfer zu Lasten des Rechnungsjahres
1962.
Schoettle (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Befürchten Sie nicht, daß ich jetzt einen Der Nachtragshaushalt enthält eine Reihe von
langen mündlichen Bericht gebe! Ich habe dem Hause Änderungen der Einzelansätze, denen wir zustim-
lediglich eine Korrektur vorzutragen. Man kann men. Er enthält aber auch einen Posten, dem wir
nicht einmal sagen, daß es eine redaktionelle Kor- nicht zustimmen.
2262 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Ritzel
Wir stimmen dem Ansatz der verbesserten Bun- zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des
deshilfe für das Orchester „Philharmonia Hun- Kohlenbergbaus zu.
garica" in Marl ausdrücklich zu und bedauern in
diesem Zusammenhang, daß nach den im Haushalts- Aber wir sind nicht bereit, einer Maßnahme un-
ausschuß des Deutschen Bundestages gegebenen Be- sere Zustimmung zu geben, die im ganzen Bild abso-
richten die Regierung des Landes Nordrhein-West- lut störend wirkt und die ein Verlegenheitsprodukt
falen zu dieser kulturpolitisch wichtigen Einrichtung erster Güte bei der Deckungsuche des Bundes-
— im Gegensatz zu der hier anzuerkennenden Hal- finanzministeriums und der Bundesregierung ist. Ich
tung der Stadt Marl — keinen Beitrag aus Landes- meine die zu vollziehende Änderung im Haushalts-
mitteln leistet. gesetz, durch die eine Kürzung der Zweckbindung
für den Straßenbau beim Ertrag der Mineralölsteuer
Wir akzeptieren den Deckungsvorschlag für den vorgenommen werden soll. Man nimmt dem Stra-
Ausbau des Deutschen Gesundheitsmuseums. ßenbau 180 Millionen DM dadurch, daß man die
Mineralölsteuer in diesem Ausmaß dem allgemeinen
Wir akzeptieren auch die Kassenhilfe für die
„Deutsche Welle" und den „Deutschlandfunk", wer- Haushalt dienstbar macht, und hat nun die selbst-
fen aber wie im Haushaltsausschuß auch hier die verständliche Konsequenz zu tragen, die auch nach
Frage auf, ob es nicht zweckmäßiger wäre, diese dem Etatentwurf 1963 bereits für das nächste Jahr
Kassenhilfe als Darlehen auszuweisen. angekündigt ist, daß dem Straßenbau durch diese
Art der Heranziehung von Mineralölsteuererträg-
Wir begrüßen und akzeptieren auch die 600 000 nissen als Deckungsmittel für den allgemeinen Haus-
DM, die im Nachtragshaushalt für die Forschung auf halt nicht wiedergutzumachender Schaden zugefügt
dem Gebiete der Contergan-Ereignisse angefordert wird.
werden.
Wir können die Verantwortung für diese Politik
Wir bejahen im Rahmen des Einzelplans 32 die nicht übernehmen. Es ist mir vollkommen klar, daß
Einsparung von insgesamt 86 Millionen DM aus Sie heute, am 7. Dezember, sagen können: Die
der Nichtbegebung von Anleihen und der Nichtauf- 180 Millionen DM können ja doch nicht mehr ver-
nahme von Betriebsmitteln. Es ist ein sehr interes- wendet werden. Aber man hat sie ja vor Monaten
santer Faktor, der hier in Erscheinung tritt und der schon gesperrt. Damals haben wir unseren Einwand
bei der Beratung des Bundeshaushalts 1963 noch erhoben. Damals wäre es möglich gewesen, die 180
erwähnt werden dürfte. Millionen DM dem Straßenbau dienstbar zu machen,
Wir bejahen die 100 Millionen DM Minderaus- — heute natürlich nicht mehr. Es ist eine Grundsatz-
gabe bei Bürgschaftsübernahmen des Bundes und frage. Wir können uns nicht dafür entscheiden, den
weisen darauf hin, daß bei der Erörterung der Straßenbau in dieser Weise zu vernachlässigen, wie
Deckungsvorschläge für die Überbrückungshilfe für es hier geplant wird.
Kriegsopfer und Kriegsbeschädigte die Sozialdemo- Aus diesem Grunde sind wir bei Bejahung der
kraten dieses Hauses bereits im Frühjahr auf Mög- Ansätze im einzelnen, die ich hier hervorgehoben
lichkeiten gerade aus diesem Teil des Einzelplans 32 habe, nicht in der Lage, dem Nachtragshaushalt im
hingewiesen haben. Die Bundesregierung hat diese ganzen und dem Haushaltsgesetz unsere Zustim-
Möglichkeiten wenigstens zum Teil genützt; man mung zu geben.
kann sich darüber freuen.
(Beifall bei der SPD.)
In Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung
— sind ebenfalls Ansätze enthalten, die unsere Zu-
stimmung finden. Ich hebe hier ausdrücklich die Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Weitere Wort-
notwendig gewordenen erhöhten Personalausgaben meldungen liegen nicht vor.
hervor, verweise aber in dem Zusammenhang dar- Ich rufe auf §§ 1,-2,-3,-4,-5,-6,—
auf, daß auf unseren Antrag im Haushaltsausschuß Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht
die Belastung des Einzelplans 12 — bei gleichzei- gewünscht. Ich lasse darüber abstimmen.
tiger Entlastung des Einzelplans 60 — vorgenom-
men wurde wegen der erhöhten Personalausgaben Wer den aufgerufenen Paragraphen sowie der
der Bundesbahn, die mit zu bewilligen wir durchaus Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den
bereit sind. bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —
Wir sind auch mit der Bewilligung der 100 Mil- Das erste war die Mehrheit, — aber knapp, meine
lionen DM für Schäden anläßlich der Flutkatastrophe Damen und Herren, bei dieser Besetzung des Hau-
und mit der Förderung des Absatzes saarländischer ses.
Erzeugnisse durch einen Ansatz von 13 Millionen
Wir kommen zur
DM einverstanden.
dritten Beratung.
Wir bejahen die Ansätze, die in dem Haushalt
zugunsten Berlins enthalten sind, für Vorsorgemaß- Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das
nahmen, für die Erhöhung des allgemeinen Bundes- Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
zuschusses und die Bewilligung von Mitteln für die
Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Lesung
Berliner Krankenkassen einschließlich der Betriebs-
zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. —
krankenkassen.
Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; das
Wir stimmen schließlich auch der Förderung des Nachtragshaushaltsgesetz 1962 ist in dritter Lesung
Absatzes des Steinkohlenbergbaues und der Hilfe angenommen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2263
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ich rufe auf Punkt 12 der Tagesordnung: Wir kommen zur
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- dritten Beratung.
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmel-
Gesetzes über die Durchführung einer Reprä- dungen liegen nicht vor.
sentativstatistik der Bevölkerung und des
Erwerbslebens (Mikrozensus) (Drucksache IV/ Wer zustimmen will, den bitte ich, sich zu erhe-
612; ben. — Gegenprobe! — Enhaltungen? — Einstim-
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für In mig angenommen.
neres (6. Ausschuß) (Drucksache IV/767) Ich muß wieder über den Antrag des Ausschusses
(Erste Beratung: 40. Sitzung). abstimmen lassen. Dort heißt es unter Ziffer 2:
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeord- Die Bundesregierung wird ersucht,
neter Dr. Bieringer, ob er das Wort wünscht. — Das bis zum 1. Januar 1965 zu berichten, ob für die
Wort wird nicht gewünscht. Sozialstatistiken eine einheitliche gesetzliche
Ich rufe auf §§ 1, — 2, — 3, — 4, — 5, — 6, — Grundlage geschaffen werden kann.
7, — 8, — Einleitung und Überschrift. — Wer den Wer diesem Antrag des Ausschusses zustimmen
aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen-
Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein probe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung einstimmig Ich rufe auf Punkt 14:
angenommen.
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
Wir kommen zur desregierung eingebrachten Entwurfs eines
dritten Beratung. Gesetzes zu dem Beschluß vom 16. Mai 1961
zur Ergänzung des Beschlusses vom 8. De-
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmel- zember 1954 betr. die Anwendung des Arti-
dungen liegen nicht vor. kels 69 des Vertrages vom 18. April 1951 über
Wer zustimmen will, den bitte ich, sich zu erhe- die Gründung der Europäischen Gemeinschaft
ben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Ge- für Kohle und Stahl (Drucksache IV/419);
setzentwurf ist in dritter Lesung angenommen. Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ar-
Ich lasse noch abstimmen über den Ausschußan- beit (21. Ausschuß) (Drucksache IV/746)
trag auf Seite 2 der Drucksache IV/767. Wer diesem (Erste Beratung: 3 3. Sitzung).
Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
zeichen. — Sie können ruhig zustimmen; hier steht Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeord-
es gedruckt. neten Stephan, ob er das Wort wünscht. — Das
(Heiterkeit.) Wort wird nicht gewünscht.
— Ja, meine Damen und Herren, wenn Sie keine Ich rufe auf die Artikel 1 und 2 sowie Einlei-
Stellung nehmen wollen, müssen Sie es eben so tung und Überschrift. — Wer zustimmen will, den
glauben, wie ich auch. Wir stimmen am besten zu. bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —
In meiner Vorlage steht, daß der Antrag offenbar Enthaltungen? — Angenommen.
einmütig befürwortet wird.
Wir kommen zur -
Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ein- dritten Beratung.
stimmig angenommen.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine
Ich rufe auf Punkt 13: Wortmeldungen. Wer zustimmen will, den bitte ich,
sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- — Einstimmig angenommen.
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes über die Durchführung von Statisti- Punkt 15 der Tagesordnung ist erledigt.
ken auf dem Gebiet der Sozialhilfe, der
Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe Ich rufe auf Punkt 16:
(Drucksache IV/615);
Beratung des Schriftlichen Berichts des Aus-
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für In schusses für Kriegsopfer- und Heimkehrer-
neres (6. Ausschuß) (Drucksache IV/768) fragen ((22. Ausschuß) über den Antrag der
(Erste Beratung: 44. Sitzung). Fraktion der SPD betr. Drittes Gesetz zur Än-
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeord- derung und Ergänzung des Kriegsgefangenen-
neten Wilhelm, ob er das Wort wünscht? — Das entschädigungsgesetzes (Drucksachen IV/543,
Wort wird nicht gewünscht. IV/769).
Ich rufe auf die §§ 1 bis 7 sowie Einleitung und Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeord-
Überschrift. — Wer zustimmen will, den bitte ich neten Maucher, ob er das Wort wünscht. — Herr
um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun- Abgeordneter Maucher verzichtet. Wird das Wort
gen? — Einstimmig angenommen. gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
2264 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, ist der Mensch nicht nur durch Krankheit, sondern
den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! auch durch frühzeitigen Verbrauch seiner Kräfte
— Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. stark gefährdet. Der einzelne bedarf zur Erhaltung
seiner Gesundheit einer ausreichenden Erholung.
Wir kommen zu Punkt 17: Die gegenwärtige Urlaubsdauer ist nach der Er-
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines kenntnis der ärztlichen Wissenschaft zu kurz."
Mindesturlaubsgesetzes für Arbeitnehmer Wir haben bereits bei der Begründung unseres
(Bundesurlaubsgesetz) (Drucksachen IV/142, Urlaubsantrags in der ersten Lesung auf diese
IV/207) ; grundsätzlichen Probleme hingewiesen. In Stich-
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ar worten haben wir gesagt, daß die Verdichtung des
beit (21. Ausschuß) (Drucksache IV/785) Arbeitsprozesses mit stärkerer arbeitsphysiologi-
scher Belastung, daß lange Wegstrecken zusätzlich
(Erste Beratung: 12. und 17. Sitzung).
zur Arbeitszeit, daß 'die starke Belastung der be-
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten rufstätigen Frau, daß die bestehende Frühinvalidi-
Dr. Dörinkel, ob er das Wort wünscht. — Er ver tät einen Mindesturlaub von 18 Tagen unbedingt
zichtet. Ich danke dem Herrn Berichterstatter. notwendig machen, um die Voraussetzung zu schaf-
Ich rufe in der zweiten Lesung zunächst die §§ 1 fen, daß die Arbeitskraft erhalten bleibt. Wir wol-
und 2 auf. Hierzu sind keine Änderungsanträge ge- len doch schließlich die Möglichkeit finden, daß
stellt. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist jeder Beschäftigte sein Arbeitsleben voll ausfüllen
nicht der Fall. Wer den §§ 1 und '2 in der zweiten kann und nicht allzufrüh invalide wird.
Lesung zustimmen will, den bitte ich um ein Hand- Nun wurden der ersten Lesung bei der Begrün-
zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die dung des von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachten
§§ 1 und 2 sind angenommen. Urlaubsantrags ungefähr dieselben Argumente
Jetzt folgt § 3. Dazu liegt unter Ziffer 1 des Um- vorgebracht. Unser Grundsatz wurde im wesent-
drucks 165 *) ein Änderungsantrag der Fraktion lichen bestätigt. Es ergab sich nur ein Unterschied,
der SPD vor. Ich frage, ob zur Begründung dieses indem nämlich auf den Zusammenhang mit der
Änderungsantrags das Wort gewünscht wird. — Arbeitszeitverkürzung — den wir nicht bestreiten
Bitte sehr, Herr Abgeordneter Hörmann. — hingewiesen wurde. Es wurde gesagt, daß aus
medizinischen Gesichtspunkten mehr Gewicht auf
längeren Urlaub als auf weitere Arbeitszeitver-
Hörmann (Freiburg) (SPD) : Herr Präsident! Meine
kürzung gelegt werden müsse.
Damen und Herren! Ich begründe den zur zweiten
Beratung des Bundesurlaubsgesetzes gestellten Än- Wir glauben, daß diese Auslegung den Aussagen
derungsantrag der Fraktion der SPD zu § 3 Abs. 1. der medizinischen Sachverständigen nicht ganz
In diesem Antrag wird gefordert: gerecht wird; denn es wurde ganz einwandfrei ge-
Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 18 sagt und darauf abgehoben, daß aus medizinischen
Werktage; maßgebend ist der Beginn des Ka- Gesichtspunkten sowohl Urlaubsverlängerung als
lenderjahres. auch Arbeitszeitverkürzung notwendig seien. Natür-
Wir wiederholen selbsverständlich diesen Antrag, lich ergeben sich hierbei die entsprechenden Ge-
weil wir immer noch der Auffassung sind, daß ein sichtspunkte wirtschaftlicher Schwierigkeiten, über
Mindesturlaub von 18 Tagen dringend notwendig die wir sprechen müssen, um zu einer Einigung zu
ist, und weil wir immer noch die Hoffnung haben, gelangen.
daß es uns gelingt, Sie von der Fraktion der CDU/ Wir betrachten den von der CDU/CSU-Fraktion -
CSU und auch von der Fraktion der FDP davon eingereichten Entwurf eines Mindesturlaubsgesetzes
zu überzeugen, daß es notwendig ist, die noch be- als einen Erfolg unserer Bemühungen, zu einem sol
stehende kleine Hürde zu überwinden und einen chen Mindesturlaub zu kommen. Aber ich glaube,
Mindesturlaub von 18 Tagen festzulegen. dieser Entwurf war nur ein halber, ein zögernder
Wir hoffen auf Ihre Zustimmung insbesondere Schritt zum Endziel. Mir kommt es eigentlich so
auch deshalb, weil wir heute einen Entschließungs- vor — gestatten Sie mir, daß ich es sage —, wie
antrag der FDP-Fraktion zur dritten Lesung be- wenn man zwar mit Vollgas hinter der Entwicklung
kommen haben, der eine Art Zuckerbrot darstellt. her zu fahren versucht, dabei aber die Handbremse
Der Antrag verfolgt das Ziel, auf dem Wege über angezogen hat, um doch nicht allzu schnell dahin
tarifvertragliche Vereinbarungen doch noch 18 Tage zu kommen, wohin man seiner Überzeugung nach
Urlaub zu erhalten. Er ist zwar gegenüber dem eigentlich kommen müßte.
gestern gestellten Antrag noch einmal ein wenig
(Zustimmung bei der SPD.)
reduziert worden, aber ich glaube, daß wir uns doch
ziemlich nahegekommen sind. Herr Professor Dr. Graf hat bei der Sachverstän-
digenanhörung, wie im Protokoll Nr. 107 auf Seite 27
Ich darf noch einmal die Grundsätze, die uns ver-
nachzulesen ist, zu der Frage der medizinischen
anlassen, diesen Antrag zu stellen, kurz darlegen.
Probleme ganz klar Stellung genommen. Er hat ins-
Wir sagten bereits in unserem Regierungspro-
gramm: „Wir wollen ein gesundes Volk in einem besondere auch das Problem untersucht, ob vom
gesunden Staat. Der Staat muß der Gesundheit ärztlichen Standpunkt aus der Mindesturlaub auf
seiner Bürger dienen. In der modernen Gesellschaft drei Wochen erhöht werden soll und muß, trotz der
gefordtnuiEwcklgbefndih
*) Siehe Anlage 7 Fünftagewoche. Ich, möchte auf diese medizinischen
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2265
Hörmann (Freiburg)
Gesichtspunkte nicht naher eingehen. Ich nehme an, sundheitspolitischen Gründen einen Mindesturlaub
daß das im Verlaufe der Debatte einer meiner Kol- garantieren sollten. Wenn wir untersuchen, welche
legen tun wird. Auswirkungen bei einem Urlaubsgesetz festzustellen
Warum wird also in der jetzigen Vorlage nur ein sind, das für einen Teil der Beschäftigten nur 15 Tage
Mindesturlaub von 15 Tagen vorgeschlagen? Ich vorsieht, dann stellen wir folgendes fest. Im Aus-
konnte bisher keine Argumente finden, die mich schußbericht wind die Mehrbelastung, die sich auf
hätten überzeugen können. Hauptsächlich wurden Grund des jetzt vorliegenden Bundesurlaubsgeset-
wirtschaftliche Bedenken vorgebracht, auch bei den zes ergibt, mit ewas weniger als einem Tag Mehr-
Ausschußberatungen. Ich meine, zu diesen wirt- urlaub im Durchschnitt aller Beschäftigten angege-
schaftlichen Bedenken muß man folgendes sagen. ben. Ich möchte fragen: Sollte es unvertretbar sein,
daß auch der Rest der Beschäftigten zwischen 18 und
Man sollte die Entwicklung nicht 2u kurzfristig be-
35 Jahren, denen man noch keine 18 Tage zubilligt,
urteilen, sollte nicht nur kurze Zeiträume, die für
die Konjunkturpolitik von Bedeutung sein können, soweit es nicht der Tarifvertrag vorsieht, einen An-
spruch auf 18 Tage Mindesturlaub bekommt? Da-
berücksichtigen, sondern auf lange Sicht gerade aus
durch wird keine wesentliche Erhöhung der Durch-
gesundheitspolitischen Überlegungen einen ausrei-
schnittsbelastung eintreten.
chenden Urlaub gewähren, weil das letzten Endes
ein volkswirtschaftlicher Gewinn für uns alle sein (Sehr wahr! bei der SPD.)
wird. Wenn wir das nicht tun, dann entstehen die fol-
Natürlich gibt es bei dieser Urlaubsgewährung genden Konsequenzen, auf die ich aufmerksam ma-
Schwierigkeiten, insbesondere bei den Kreisen, die chen möchte. Jugendliche, die nach dem Jugend-
wir heute als Mittelschicht bezeichnen. Aber hier arbeitsschutzgesetz nunmehr Anspruch auf 24 Tage
muß folgendes berücksichtigt werden. Wir können Urlaub haben, bekommen plötzlich, wenn sie das
das Problem der unterschiedlichen Kastenlage nicht 18. Lebensjahr erreicht haben, nur noch einen Min-
damit lösen, daß wir für gewisse Schichten die So- desturlaub von 15 Tagen, wenn nicht der Tarifver-
zialbedingungen zurückschrauben. Damit wäre, ins- trag für sie eine bessere Regelung vorsieht. Wir
besondere bei dem heutigen Arbeitskräftemangel, sollten zweitens beachten, daß wir mit einem Min-
keinem der Betroffenen gedient. Wenn diese Mittel- desturlaub von 15 Tagen hinter der Sozialcharta zu-
schicht schlechtere Sozialbedingungen gewähren rückbleiben, die die Beratende Versammlung des
müßte, würde sie Arbeitskräfte an die Industrie, Europarats schon vor geraumer Zeit aufgestellt hat.
insbesondere an die Großindustrie, verlieren, weil Dort wurde ein Mindesturlaub von drei Wochen ge-
diese in der Lage ist, günstige Arbeitsbedingungen, fordert. Wir sollten drittens beachten, daß, wenn
bessere soziale Bedingungen zu gewähren. Ich wir jüngeren Menschen zwischen 18 und 35 Jahren
glaube, das muß man damit ausgleichen, daß diese einen geringeren Mindesturlaub zubilligen, das ge-
Mittelschichten durch staatliche Förderung, durch rade auch für diese jüngeren Menschen aus gesund-
wirtschaftspolitische, steuerpolitische und allgemein- heitspolitischen Gründen auf lange Sicht nicht
politische Maßnahmen in die Lage versetzt werden, zweckmäßig und nicht vorteilhaft ist.
ihre Arbeitskräfte zu halten und zu erreichen, daß (Sehr wahr! bei der SPD.)
auch bei dem heute angespannten Arbeitsmarkt die
Ich meine, 18 Tage Urlaub für alle wäre ein echter
Arbeitskräfte gerne in den Betrieben dieser Mittel- Fortschritt. Ich glaube auch, daß es Ihnen möglich
schichten arbeiten. sein müßte, über diese restliche kleine Hürde noch
Die Arbeitskraft ist knapp. Wir müssen mit der hinwegzuspringen. Wir sollten vielleicht bei der
Arbeitskraft haushälterisch umgehen, und dazu ge- Verabschiedung dieses Gesetzes nebenbei, sozusa-
hört eben nach unserer Auffassung auch ein Min- gen in Klammern, auch ein bißchen an unsere eige-
desturlaub von 18 Tagen. nen Urlaubsvorstellungen und -ansprüche denken.
Ich darf bei dieser Gelegenheit vielleicht ein biß- (Sehr gut! bei der SPD.)
chen auf die tariflichen Probleme und die Frage der Wir sollten aber insbesondere an den Menschen
Tarifautonomie eingehen, weil sie durch den An- denken, der in unserem sozialen Rechtsstaat im Mit-
trag, den die FDP-Fraktion zur dritten Lesung ge- telpunkt stehen soll und nach dem sich letzten
stellt hat, angeschnitten werden. Ich glaube nicht, Endes die wirtschaftlichen Bedingungen auszurichten
daß man das Problem mit einer starken Bindung der haben.
Tarifparteien lösen kann. Man sollte das Vertrauen
zu den Tarifparteien haben, daß sie in der Lage Ich darf Sie bitten, unserem Änderungsantrag zu-
zustimmen.
sind, abzuwägen, in welcher Form Arbeitszeitver-
kürzung und Mindesturlaub verankert werden kön- (Beifall bei der SPD.)
nen.
(Beifall bei der SPD.) Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
der Herr Abgeordnete Scheppmann.
Ich persönlich habe jedenfalls dieses Vertrauen zu
den Tarifparteien. Ich glaube, daß wir mit einem Scheppmann (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
Mindesturlaub von 18 Tagen einen vernünftigen
Damen und Herren! Namens der CDU/CSU-Fraktion
und guten Richtpunkt setzen. habe ich zu dem Antrag Umdruck 165 Ziffer 1 zu
Wir sollten bei dieser Gelegenheit auch an die erklären, daß wir diesem Antrag nicht zustimmen
3 Millionen nicht tarifgebundener Arbeitnehmer werden. Ich werde eine Begründung dazu geben,
denken, denen wir als Gesetzgeber ebenfalls aus ge- warum wir diese Auffassung vertreten.
2266 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Scheppmann
Unsere Verfassungsordnung überläßt die Gestal- beitszeit und des Urlaubs die Dinge selbst zu regeln,
tung der Löhne und Arbeitsbedingungen der freien ohne daß von hier aus ein Hinweis darauf käme. Ich
Vereinbarung der Sozialpartner, d. h. den in den möchte meinen, daß gerade diese Bemerkung, die
einzelnen Wirtschaftszweigen zuständigen Gewerk- Herr Kollege Hörmann soeben gemacht hat, gegen
schaften und Arbeitgeberverbänden. Dazu gehört den Antrag spricht, den er hier begründet hat.
ohne Zweifel auch die Regelung des Erholungs- (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)
urlaubs. Denn Löhne, Gehälter und Arbeitszeit so-
wie Urlaub kann man unmöglich voneinander Wir sollten bei der Abstimmung dementsprechend
trennen. Sie sind durch Tarifverträge oder Verein- verfahren. Ich bitte daher, den Antrag Umdruck 165
barungen in den einzelnen Tarifbereichen zu regeln. Ziffer 1 abzulehnen.
(Beifall bei den Regierungsparteien. —
Beide Initiativanträge, sowohl der von der SPD
Hört! Hört! bei der SPD.)
wie der von der CDU/CSU, die dem Ausschuß für
Arbeit bei der Beratung des Mindesturlaubsgesetzes
vorlagen, gingen von dem Grundsatz aus, daß jedem Präsident D. Dr Gerstenmaier : Weitere Wort-
Arbeitnehmer ein bezahlter jährlicher Mindest- meldungen? — Herr Abgeordneter Dr. Nissen!
urlaub zusteht und daß dieser Urlaubsanspruch un-
abdingbar ist, d. h. daß die Bestimmungen des Min- Dr. Nissen (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
desturlaubsgestzes nicht durch Dritte zuungunsten und Herren! Einige Unmutsäußerungen von Vertre-
des Arbeitnehmers geändert werden können. Gün- tern der Regierungspartei und die Ausführungen des
stigere Regelungen durch Tarifverträge, Tarifver- Herrn Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit ver-
einbarungen oder einzelvertragliche Abmachungen anlassen mich, als Arzt, der hier im Deutschen Bun-
sind jederzeit zulässig, und damit sind den Ver- destag mitwirken darf, doch einige Bemerkungen zu
besserungen über das Mindesturlaubsgesetz hinaus machen.
keine Grenzen gesetzt. Die in diesem Hohen Hause vertretenen Parteien
In den noch bestehenden elf Länderurlaubsgeset- haben bei der Bekanntgabe ihrer politischen Vor-
zen beträgt der Mindesturlaub 12 Werktage. Ich stellungen in den letzten Jahren übereinstimmend
darf hier vermerken, daß im Urlaubsgesetz des und sehr deutlich das Bewußtsein der Öffentlichkeit
Saarlandes für Jugendliche von 18 bis 21 Jahren für die Bedeutung der gesundheitspolitischen Fra-
ebenfalls von 18 Tagen die Rede ist. Die SPD-Frak- gen in unserem industriellen Zeitalter zu wecken
tion ist der Auffassung, es müßten 18 Tage als versucht. Es ist sicher kein Zufall, daß über hundert
Mindesturlaub im Gesetz festgelegt werden. Meine Ärzte sich bereit gefunden haben, sich um das Man-
Fraktion und auch — wenn ich das gleich miterwäh- dat eines Bundestagsabgeordneten zu bewerben. Ich
nen darf — die Fraktion der FDP halten 15 Tage für glaube, daß es gut wäre, wenn die sechs in diesem
richtig, wobei die CDU/CSU-Fraktion einen Schritt Hause vereinten Ärztekollegen — ähnlich wie die
weiter geht und der Auffassung ist, daß der Min- Grüne Front — in ihren Fraktionen eine Gesund-
desturlaub nach Vollendung des 35. Lebensjahres heitsfront bilden würden.
18 Tage betragen soll.
(Zuruf von der Mitte: Nanu!)
Die SPD-Fraktion stützt sich, wie wir soeben ge- Es genügt nicht, die Öffentlichkeit auf die drohen-
hört haben, bei Ihrer Forderung eines Mindest- den Gefahren hinzuweisen. Die höhere Erkenntnis,
urlaubs von 18 Tagen darauf, daß die Arbeits- auch die Erkenntnis der größeren technischen Mittel,
mediziner aus den verschiedensten Gründen drei muß dazu benutzt werden, auf dem politischen Ge-
Wochen als das Minimum für die Erholung erachten. biet geeignete Abwehr- und Förderungsmaßnahmen
Ich bestreite keineswegs, daß das vom ärztlichen da, wo sie sich zeigen, zu ergreifen.
Standpunkt aus gesehen erforderlich ist. Nur sollten
die Tarifpartner in ihrem Tarifgebiet oder Tarif- Ich sehe in diesem Gesetzentwurf eine Möglich-
bereich solche Vereinbarungen treffen, nicht der keit — nach Anhörung von Fachleuten der Volks-
Gesetzgeber. In der Sache geht es darum, die elf gesundheit —, eine echte gesundheitspolitische
verschiedenen Länderurlaubsgesetze durch ein Bun- Alternativfrage politisch zu beantworten, nämlich
desurlaubsgesetz zu ersetzen, um die Rechtszerplit- die Frage: was können wir tun, nachdem wir das
terung in Zukunft unmöglich zu machen. Ich sage Bewußtsein unserer Mitbürger dafür, daß sie für
nochmals: Der Gesetzgeber sollte nur die Mindest- ihre Gesundheit selbst verantwortlich sind, in die-
grenze festsetzen. Im übrigen wird die Freiheit der sem Maße geweckt haben, um da, wo immer sich
Tarifpartner durch diese Gesetzgebung nicht einge- Gelegenheiten geben, gesetzgeberisch zu helfen
engt. Sie sollen in voller Verantwortung in ihren und zu fördern, damit das Notwendige getan
Tarifbereichen die schon bestehenden sowie die wird? Der ärztliche Rat, daß mindestens drei
künftigen Urlaubsvereinbarungen treffen. Wochen Urlaub nötig sind, wird von uns
allen schon praktiziert. Wir gehen auch davon aus,
(Zuruf von der SPD: Sehr freundlich!) daß die optimale Erholung durch eine Klimaver-
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn änderung erreicht wird. Sie wissen aber, daß die
ich den Herrn Kollegen Hörmann, der den Antrag erste Woche allein dazu notwendig ist, sich dem
der SPD soeben begründet hat, richtig verstanden veränderten Klima anzupassen. Wenn man dann
habe, dann sagte er auch einige Sätze zu dem Ent- nach einer weiteren Woche wirklicher Erholung den
schließungsantrag der FDP. Er brachte sinngemäß Urlaub abbrechen muß, weil man nur über zwei
zum Ausdruck, daß man das Vertrauen zu den Ge- Wochen Urlaub verfügt, dann wird dadurch nicht
werkschaften haben sollte, in den Fragen der Ar- die optimale Erholung erreicht.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2267
Dr. Nissen
Die Antwort auf gesundheitspolitische Anregun- men zu ergreifen, um etwas zu tun im Hinblick auf
gen und Empfehlungen sehen wir in der von Ihnen, die erste Sorge im Bewußtsein der Bevölkerung, die
meine Damen und Herren von der CDU, so sehr Sorge um die Erhaltung ihrer Gesundheit.
gewünschten Privatinitiative unserer Mitbürger, in (Beifall bei der SPD.)
den privaten Förderungsmaßnahmen für eine rich-
tige Familienerholung oder auch in der großen
Campingbewegung.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
der Herr Abgeordnete Behrendt.
(Abg. Ruf: Ausgerechnet! Wo manche ihre
Gesundheit kaputtmachten!)
Behrendt (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
Das ist die Antwort unserer Mitbürger auf die For- und Herren! Nur einige wenige Bemerkungen zum
derung, durch eine sachgerechte Erholung die Ar- Kollegen Scheppmann. Herr Kollege Scheppmann,
beitskraft zu fördern. es ist zwischen und unstrittig, daß die Gestaltung
der Ordnung des Arbeitslebens den Tarifpartnern
(Abg. Ruf: Es gibt auch Urlaubsgeschä
obliegt. Bei einer Mindestregelung über den Jahres
digte!)
urlaub, die wir treffen wollen, handelt es sich dar-
Im Ausschuß für Arbeit hat die Frage, ob wir um, welche Mindestnorm der Gesetzgeber setzen
es uns leisten können, sowohl eine Arbeitszeitver- will. Da halten wir ganz eindeutig Ihren Vorschlag,
kürzung weiter durchzuführen wie gleichzeitig auf 15 Tage Mindesturlaub für die Arbeitnehmer zu ge-
dem Verordnungswege einen Mindesturlaub von währen, nicht für ausreichend. Wir meinen, alle
drei Wochen zu befürworten, zu langen und anhal- Arbeitnehmer sollen 18 Tage Mindesturlaub erhal-
tenden Diskussionen geführt. Ich darf Ihnen, meine ten. Aber nicht alle Arbeitnehmer sind tariffähig.
verehrten Herren Kollegen, aus meiner fünfzehn- Sie wissen genau wie wir, daß etwa 3 Millionen
jährigen Tätigkeit als Industriearzt bei dieser Gele- Arbeitnehmer nicht unter Tarifverträge fallen und
genheit sagen, daß bei der Intensivierung des Ar- diesen nicht die Möglichkeit gegeben ist, über die
beitsvorganges, bei dem auch schließlich etwas her- Gewerkschaften zu einem höheren Mindesturlaub
ausspringt, das verlängerte Wochenende allein dazu zu kommen.
notwendig ist, die Ermüdungsreste, die Ermüdungs- Der Herr Bundesarbeitsminister hat sich schon
rückstände dieser fünftägigen Arbeit einigermaßen einige Male zu dem Thema eines längeren Erho-
abzubauen. Es reicht aber nicht aus, um die im lungsurlaub geäußert. Ich erinnere daran. Herr
Laufe der Arbeit des Jahres angefallenen Ermü- Minister, Sie haben sich z. B. vor dem Gewerk-
dungsrückstände nachhaltig im Sinne einer Erhaltung schaftstag der Industriegewerkschaft Druck und Pa-
der Gesundheit abzubauen. Darüber gibt es fachlich pier in Hannover für einen längeren Urlaub aus-
an sich überhaupt keine Diskussion. Es geht nur gesprochen, ebenso vor der sozialpolitischen Lan-
darum, ob wir das Mehrwissen um diese Dinge auch destagung der CDU in Kiel. Sie haben auch vor der
ausnutzen, um dort mehr zu tun, wo die Gelegenheit Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver-
gegeben ist. bände in Bad Godesberg dazu gesprochen. Dort ha-
ben Sie das allerdings in Verbindung mit der
Ich will dabei die Problematik nicht verkennen,
Arbeitszeitregelung getan.
will die Frage, ob wir uns das im Augenblick lei-
sten können, gar nicht wegwischen. Ich möchte die (Zuruf von der CDU/CSU: Das gehört aber
Frage an Sie nur so stellen: Können wir es uns zusammen!)
leisten angesichts des erschreckenden Maßes der — Dazu werden wir auch noch etwas sagen. Immer-
Zunahme von Frühinvalidität, können wir es uns hin ist in jedem Falle anerkannt worden, daß ein-
leisten angesichts der bekannten Tatsache, daß wir längerer Mindesturlaub nötig ist, als er heute in
einen Bedarf an Arbeitskräften von über einer hal- den Ländergesetzen mit 12 Tagen festgesetzt ist
ben Million Menschen haben, nicht alles zu tun,
das uns nach neuer und fachlicher Erkenntnis be- Ich möchte noch darauf hinweisen, daß heute im
kannt ist, um das viel wichtigere Ziel zu erreichen, deutschen Arbeitsleben — das dürfte man doch bei
nämlich die Kraft und die Gesundheit des Arbeit- der Regelung für den Mindesturlaub nicht übersehen
nehmers zu erhalten?! — mehr als ein Drittel aller Arbeitnehmer Frauen
sind. Haben Sie dabei denn übersehen oder verges-
Ein letztes Wort. Wir haben gerade in den letzten sen, daß von diesen beschäftigten Frauen etwa
Tagen wieder etwas darüber hören können, daß die 41 1/2 % verheiratet sind? Ich habe den Eindruck, daß
klimatischen Zustände im Ruhrgebiet besorgnis- das bei der Würdigung der Frage „15 oder 18 Tage?"
erregend geworden sind. Wir sind durch höhere nicht ausreichend beachtet worden ist.
technische Einsicht in der Lage, diese Dinge zu be-
wältigen. Wir wissen sehr genau, was wir zur Nun noch zu Ihrer Bemerkung, Herr Kollege
Reinhaltung des Wassers tun können. Mich hat die Scheppmann, daß der Antrag des Kollegen Hörmann
Rede des früheren Herrn Ressortsministers sehr auf 18 Urlaubstage, den er für unsere Fraktion ge-
bewegt, der vor einigen Wochen resigniert über die stellt hat, im Widerspruch zu dem stünde, was er
bisherigen — auch verfassungsrechtlich — begrenz- zum FDP-Antrag gesagt hat. Hier steht doch im Ent-
ten Möglichkeiten einer Änderung dieser Zustände schließungsantrag, daß bei künftigen Tarifverhand-
gesprochen hat. Ich möchte meine heutige Jung- lungen vor weiteren Arbeitszeitverkürzungen ein
fernrede mit der Aufforderung an Sie schließen, längerer Urlaub anzustreben ist. Ich meine, meine
dort, wo gesetzgeberische Möglichkeiten überhaupt Damen und Herren, das ist doch ,genauso wie für
nur zu sehen sind, geeignete und mutige Maßnah- uns auch für Sie nicht der Kernpunkt; das kann er
2268 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Behrendt
auch nicht sein, und das ist auch nicht das Problem. Ich meine, es ist zweckmäßig, wenn man sich schon
Hier ist entscheidend, ob wir allen Arbeitnehmern über die Auslegung einig ist, wenn wir darin über-
und vor allen Dingen denjenigen, die wir nicht durch einstimmen, daß man dann das Wort „ununterbro-
Tarifverträge erfassen können, den unumstrittenen chenem" wegläßt.
und auch von Ihnen anerkannten Mindesturlaub
durch das Mindesturlaubsgesetz zu (geben bereit sind Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Wird das
oder nicht. Wort dazu gewünscht? — Bitte sehr.
(Beifall bei der SPD.)

Porten (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Damen


Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite- und Herren! Bei dem Änderungsantrag der SPD
ren Wortmeldungen. Umdruck 165 Ziffer 2, das Wort „ununterbrochenem"
Ich lasse über den Änderungsantrag der Fraktion in § 4 zu streichen, ist festzuhalten, daß es sich
der SPD Umdruck 165 Ziffer 1 abstimmen. Wer zu- hier nicht um eine materielle, sondern nur um eine
stimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — redaktionelle Änderung handelt! Es soll damit ge-
Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit. Enthaltungen? sagt wenden, daß insbesondere bei Beschäftigungen
— Der Antrag ist abgelehnt. solcher Art; die aus bestimmten Gründen, die weder
vom Arbeitgeber noch vom Arbeitnehmer zu ver-
Ich rufe § 3 in der Fassung des Ausschusses auf. treten oder zu erkennen sind, kurzfristig, d. h. tage-
Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzei- weise unterbrochen werden müssen, durch diese
chen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 3 ist Unterbrechung keine Benachteiligung für den Be-
angenommen. schäftigten bezüglich seines Urlaubsanspruchs ein-
treten soll.
Zu § 4 liegt der Änderungsantrag der Fraktion der
SPD Umdruck 165 Ziffer 2 vor. Wird das Wort zur In den meisten bisher geltenden Länder-Urlaubs-
Begründung gewünscht? — Herr Abgeordneter Hör- gesetzen ist das Wort „ununterbrochen" ebenfalls
mann. enthalten. Hier hat die Rechtsprechung bereits an-
erkannte Grundsätze entwickelt. Danach kann dem
Änderungsantrag der SPD entsprochen wenden. Auch
Hörmann (Freiburg) (SPD) : Herr Präsident! Meine der Herr Berichterstatter hat auf Seite 3 des Schrift-
Damen und Herren! Ich darf den Änderungsantrag lichen Berichts Drucksache IV/785 ausdrücklich dar-
Umdruck 165 Ziffer 2 kurz begründen. Es heißt in auf hingewiesen.
§4:
(Beifall in der Mitte.)
Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach
sechsmonatigem ununterbrochenem Bestehen
des Arbeitsverhältnisses erworben. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Wird weiter
das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall.
Wir wollen das Wort „ununterbrochenem" streichen.
Ich lasse über den Antrag Umdruck 165 Ziffer 2
Die beste Begründung hierfür wird im Ausschußbe- abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag der Frak-
richt auf Seite 3 gegeben. Dort heißt es — ich sage tion der SPD zustimmen will, den bitte ich um ein
nur das Wichtigste —: Handzeichen. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ein-
Da in § 4 des Entwurfs ausdrücklich auf den stimmig angenommen.
rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses Wer § 4 in der so geänderten Fassung zustimmen
abgestellt wird, ist es unerheblich, ob der Arbeit- will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen-
nehmer während des Laufs der Wartezeit die probe! — Enthaltungen? — Angenommen.
ihm obliegende Beschäftigung tatsächlich aus-
geübt hat. Gleichgültig ist es insbesondere, so- §§ 5 und 6! — Änderungsanträge liegen nicht vor.
lange das Arbeitsverhältnis nicht gelöst wird, Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die
ob der Arbeitnehmer während der Wartezeit
beiden Paragraphen sind angenommen.
aus in seiner Person liegenden Gründen an der
Arbeitsleistung (schuldhaft oder unverschuldet) § 7! Hierzu liegt der Änderungsantrag der Abge-
verhindert gewesen ist. ordneten Scheppmann und Genossen unf Umdruck
164 *) vor. Zur Begründung Herr Abgeordneter
In § 6 des ursprünglichen CDU/CSU-Entwurfs war Franzen!
Entsprechendes enthalten. § 6 wurde dann wegge-
lassen. Es heißt aber im Ausschußbericht:
Franzen (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine sehr
Diese Streichung bedeutet nicht die Aufgabe verehrten Damen und Herren! Bei dem Antrag, den
desinrBtmugasepochn die Abgeordneten Scheppmann und Genossen ein-
Grundsatzes; der Ausschuß war vielmehr der gebracht haben, handelt es sich nur um eine redak-
Auffassung, tionelle Änderung des § 7 Abs. 3. § 7 enthält die
— überwiegend zeitliche Festlegung des Urlaubs; die Absätze 2
und 3 sehen Ausnahmen vor, soweit sie in der
daß dieser Rechtsgedanke auch ohne ausdrück-
Person des Arbeitnehmers begründet sind. Der An-
liche gesetzliche Normierung gilt und seine An-
trag bezweckt, in Abs. 3 die gleiche Formulierung
wendung der Rechtsprechung überlassen wer-
den kann. *) Siehe Anlage 6
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2269
Franzen
wie in Abs. 2 herzustellen. Ich bitte, dem Antrag Tarifhoheit bedeutet und auch die Aufgaben und
zuzustimmen. den Wirkungskreis der Gewerkschaften bzw. der
Tarifpartner nicht schmälert. Die Klausel, deren
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Wird dazu Streichung beantragt wird, soll ermöglichen, daß
weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der auch nichttarifgebundene Arbeitgeber und Arbeit-
Fall. nehmer sich den Grundsätzen anpassen können, die
durch Tarifverträge im Urlaubsrecht bereits ent-
Ich lasse über den Änderungsantrag Umdruck 164 wickelt und erreicht worden sind. Damit wird eine
abstimmen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen einheitliche Regelung in den einzelnen Betrieben
will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen- und Wirtschaftszweigen ermöglicht, insbesondere
probe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenom- dann, wenn die Allgemeinverbindlichkeitserklärung
men. eines Tarifvertrages wegen Fehlens der gesetzlichen
Wer § 7 in der so geänderten Fassung sowie den Voraussetzungen, z. B. Fehlens (des öffentlichen In-
§§ 8, 9, 10, 11 und 12 zustimmen will, den bitte ich teresses nicht erfolgen kann.
um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun- (Zuruf von der SPD: Das ist aber nur eine
gen? — Angenommen. Seite!)
Zu § 13 liegen zwei Änderungsanträge vor, ein- Ihre Streichung wünde nach unserer Ansicht —
mal der Antrag Umdruck 165 Ziffer 3, zum anderen wenn man davon ausgeht, daß die Tarifverträge
ein noch nicht vervielfältigter Antrag auf Einfügung im allgemeinen günstiger als die gesetzlichen Rege-
eines Abs. 3. lungen sein werden — im Einzelfall zu erheblichen
Zunächst der Änderungsantrag Umdruck 165 Zif- praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten führen,
fer 3! Wird dazu das Wort gewünscht? — Herr z. B. in der ohnehin schwierigen Frage der Berech-
Abgeordneter Hörmann! nung des Urlaubsentgeltes der in ähnlichen Fällen.
Ich bitte das Hohe Haus nochmals, den Ände-
Hörmann (Freiburg) (SPD) : Herr Präsident ! Meine rungsantrag aus diesen Gründen abzulehnen.
Damen und Herren! Eine kurze Begründung zu un-
serem Änderungsantrag Umdruck 165 Ziffer 3! Wir Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite-
beantragen, in § 13 Abs. 1 den zweiten Satz zu strei- ren Wortmeldungen? — Dann kommen wir zur Ab-
chen. § 1,3 Abs. 1 Satz 1 sieht vor, daß von den Vor- stimmung.
schriften des Urlaubsgesetzes mit Ausnahme der Wer dem Änderungsantrag der SPD Umdruck 165
§1,2und3Abs.rchTaifvetgbwn Ziffer 3 zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
werden kann. Satz 2 läßt außerdem zu, daß solche zeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit;
Abweichungen auch von nicht tarifgebundenen Ar- der Änderungsantrag ist abgelehnt.
beitnehmern und Arbeitgebern vereinbart werden
können, indem sie einen solchen abweichenden Ta- Nun kommt der Änderungsantrag zu § 13, der
rifvertrag für sich als gültig erklären. Ihnen noch nicht vorliegt. Diesen Antrag wird der
Herr Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen vortragen
Wir halten diesen Satz nicht für zweckmäßig und und begründen.
möchten hierbei auf das Tarifvertragsgesetz hinwei-
sen. Das Tarifvertragsgesetz legt in seinem Grund- Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Herr Präsident!
satz fest, daß Tarifverträge nur zwischen Tarifge- Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr
bundenen gelten sollen. Durch den Satz 2 würden Kollege Gscheidle hat uns in letzter Minute auf
wir diesen Grundsatz praktisch außer Kraft setzen eine Frage aufmerksam gemacht, die offensichtlich-
und über das Bundesurlaubsgesetz auch Nichttarif in den Ausschußberatungen von den zuständigen
gebundenen die Möglichkeit geben, entsprechende Bundesressorts dem Ausschuß nicht mit der not-
Tarifverträge abzuschließen bzw. sich ihnen anzu- wendigen Klarheit vorgetragen worden ist. Es han-
schließen. Wir sollten das bei dem Bundesurlaubs- delt sich um das Urlaubsjahr in den großen Betriebs-
gesetz nicht tun, vor allen Dingen auch deshalb verwaltungen der Bundesbahn und der Bundespost.
nicht, weil im Tarifvertragsgesetz hierfür die Allge- Sie wissen, daß in diesen beiden großen Betriebsver-
meinverbindlichkeitserklärung vorgesehen ist. Diese waltungen die Beamten, Angestellten und Arbeiter
würde praktisch illusorisch werden, wenn wir den zusammenarbeiten. Nun entstehen bei der Einfüh-
Satz 2 in § 13 Abs. 1 stehenlassen. rung des Kalenderjahres Schwierigkeiten, denn das
Aus diesen Gründen bitten wir, den Satz 2 zu Urlaubsjahr für die Beamten läuft vom 1. April bis
streichen. zum 31. März. Wenn nun die Beamten, Angestell-
ten und Arbeiter getrennt erfaßt und unterschied-
lich behandelt werden, liegt es auf der Hand, daß
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Wird dazu das zu Erschwerungen führt. Ganz abgesehen von
das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Fran- der verwaltungsmäßigen Mehrarbeit besteht auch
zen. die große Gefahr, daß der Winterzusatzurlaub schwer
zu berechnen und personalwirtschaftlich im Hinblick
Franzen (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da- auf die Teilung und die Gruppen schwer überschau-
men und Herren! Ich bitte das Hohe Haus, den Än- bar wird. Es entsteht auch für die Beamten, Ange-
derungsantrag der SPD auf Umdruck 165 Ziffer 3 ab- stellten und Arbeiter eine Konfliktsituation, wie sie
zulehnen. Wir sind der Meinung, daß der Satz, der mit ihren Kollegen und mit den Notwendigkeiten
hier gestrichen werden soll, keinen Eingriff in die des Dienstes zurechtkommen.
2270 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Schmitt-Vockenhausen
Ich habe mir daher erlaubt, den Antrag zu stel Bevor ich zur eigentlichen Begründung unseres
len, in § 13 einen neuen Abs. 3 einzufügen: Antrages komme, möchte ich hier erklären, daß ich
es bedauere, wegen der so oft besprochenen und an-
Die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche
erkannten Schwierigkeiten in Berlin einen besonde-
Bundespost können von den Vorschriften des
ren Antrag für die Regelung des Mindesturlaubs
§1inTarifvertägenabweichn,
in Berlin vorlegen zu müssen. Ich hätte gewünscht,
Das würde bedeuten, daß im Hinblick auf die Ver- daß Sie aus den Ausführungen meines Kollegen
einheitlichung mit der Beamtenschaft auch vom Ka- Hörmann die Schlußfolgerung gezogen und sich ge-
lenderjahr abgewichen und dieses durch das Ge- nerell zu einem Mindesturlaub von 18 Tagen be-
schäftsjahr ersetzt werden kann. kannt hätten. Dann hätten wir hier nicht über eine
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, meine Damen und Sonderregelung für Berlin zu sprechen brauchen.
Herren, wenn Sie diesem Antrag — auch wenn er Nunmehr müssen wir diesen Antrag aber wegen
im Augenblick noch nicht schriftlich vorliegt — zu- der leider so oft strapazierten Sonderbelastungen
stimmen würden. Berlins stellen. Ich bin dabei gezwungen, auch zu
sagen, es könnte der Eindruck entstehen, als poche
Berlin auf diese Sondersituation, als sei Berlin nicht
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge- bundestreu, oder als wolle Berlin auf Grund dieser
ordneter Besold! Situation von Gesetzen abweichen. Meine Damen
und Herren, Sie wissen sicher, daß wir in Berlin das
Dr. Besold (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine größte Interesse daran haben, die Gesetzgebung des
Damen und Herren! Ich bitte, diesem Antrag zuzu- Bundes so weit wie möglich zu übernehmen, daß
stimmen, weil er den Betriebsverhältnissen der uns im Grunde gar nichts daran lingt, davon abzu-
Bundesbahn und der Bundespost entspricht. Es ist weichen, wenn nicht zwingende Notwendigkeiten
auch der Wunsch des Bundespostministeriums, daß vorliegen. Diese scheinen mir hier vorzuliegen. Ich
diesem Änderungsantrag zugestimmt wird. bedauere darum, daß rein optisch der Eindruck ent-
stehen könnte, als wenn unsere Bundestreue in
bezug auf Gesetzgebung und natürlich auch in poli-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Es ist also tischer Hinsicht irgendwie ins Wanken gekommen
jedermann klar, was zur Debatte steht. An § 13 soll wäre. Ich betone ausdrücklich, daß daran nichts ist,
ein neuer Abs. 3 angefügt werden: sondern daß wir gern und immer die bundesgesetz-
Die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche liche Regelung übernehmen — aus diesen politi-
Bundespost können von den Vorschriften des schen Gründen — und daß hier aber, wo zwingende
§ 1 in Tarifverträgen abweichen. Notwendigkeiten sind, leider ein entsprechender
Antrag gestellt werden mußte.
Ich lasse abstimmen. Wer zustimmen will, den
bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Nachdem Sie sich für 15 Tage Mindesturlaub,
Enthaltungen? — Bei einer Gegenstimme und zwei zumindest für die Altersklassen 18 bis 35 Jahre,
Enthaltungen in zweiter Lesung angenommen. entschieden haben, möchte ich sagen, daß die Rege-
lung mit 18 Tagen nicht nur aus Gründen der So-
Wer dem durch diesen Abs. 3 erweiterten § 13
zialpolitik und nicht nur aus arbeitsrechtlichen
zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
Gründen, sondern auch aus gesundheitspolitischen
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 13 ist in der
Gründen — wie hier von einem unserer Sprecher
erweiterten Fassung angenommen.
erklärt wurde — beantragt wurde; denn die ge-
§ 14! — Keine Änderungsanträge. Wer zustim- sundheitspolitischen Gründe hängen wieder mit
men will, den bitte ich um ein Handzeichen. — -
wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Gründen
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen! zusammen. Wirtschaftsfaktoren sind nicht nur Kapi-
§ 15! Hier liegt auf Umdruck 165 unter Ziffer 4 tal, Produktionsmittel, Absatz und Aufträge und
ein Eventualantrag vor. Wird der Antrag begründet? ähnliche, sondern auch die produzierende Kraft, also
— Bitte sehr, Herr Abgeordneter Braun. der Mensch in seinem Arbeitsprozeß.
(Abg. Horn: Das haben wir noch nicht
gewußt!)
Braun (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich habe die Ehre, unseren Antrag zu § 15 — Dann will ich es Ihnen jetzt sagen, wenn Sie es
Abs. 3 Ziffer 1 zu begründen. Nach unserem Antrag noch nie gehört haben. Ich will es sogar noch unter-
soll diese Ziffer lauten: streichen, weil der produzierende Mensch ein Fak-
tor für die Wirtschaft ist und die Wirtschaft ein
§ 4 Abs. i des Gesetzes über die Gewährung Faktor für die Lebensfähigkeit Berlins. In diesem
von Urlaub in Berlin vom 24. April 1952 (GVBl.
Zusammenhang bitte ich das einmal sehen zu wol-
S. 297) in der Fassung des Zweiten Gesetzes len. Deshalb ist die Erhaltung der Arbeitskraft
zur Änderung des Urlaubsgesetzes vom überall, besonders aber in Berlin wesentlich, weil
(GVBl. S....); über das Normalmaß des Kräfteverschleißes in einer
ich möchte meinen, dieses Gesetz ist von gestern modernen Produktion hinaus durch die zusätzliche
und wird wahrscheinlich heute im Gesetz- und Ver- Belastung der gesamten Bevölkerung in Berlin eine
ordnungsblatt von Berlin veröffentlicht. Belastung entsteht, die man beachten muß.
Dieser § 4 sieht materiell vor, daß der jährliche Ich will das Thema dieser Belastung gar nicht
Mindesturlaub in Berlin 18 Werktage beträgt. ausweiten, und zwar der seelischen und der Ner-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2271
Braun
venbelastung, weil es eigentlich bekannt ist. Die einige Schwierigkeiten bei .den Paßkontrollen an der
Wichtigkeit dieser Frage aber zwingt mich, trotz- südlichen Grenze der Bundesrepublik auftraten. Da
dem einige Worte dazu zu sagen, und ich bitte wurden z. B. Paßstellen gestürmt, weil die Warte-
darum um Verständnis. Seit nunmehr 17 Jahren zeiten zu lang waren.
lebt die Berliner Bevölkerung in einer politischen
Nun, die Berliner können sich das gegenüber dem
Situation, die an den Menschen stärkere Anforde-
System drüben nicht erlauben. Dort muß man leider
rungen stellt, als es glücklicherweise im Bundes-
sehr still sein, und man schweigt, weil man sich die
gebiet der Fall ist. Ich erinnere nur an die Blockade,
Folgen vergewärtigt.
an die Spaltung Berlins, an den 13. Juni 1953 und
dann an die Höhepunkte seit 1958, seit der Frei- Sie sind wohl schon alle einmal mit dem Wagen
stadt-Drohung Chruschtschows, und dann an den über die Zonengrenze gefahren. Man atmet doch
13. August 1961, die Mauer. Meine Damen und Her- wohl auf, wenn man diese Strecke mit all den Schi-
ren, Sie hatten alle Gelegenheit, in Berlin zu sein. kanen hinter sich hat. Wer das vermeiden will, fliegt
Sie waren damals alle einstimmig der Meinung, dann ja auch. Ich weiß, daß einige Damen und Her-
nachdem Sie sich persönlich überzeugt haben von ren dieses Hauses den Flugweg bevorzugen, um die-
den Auswirkungen dieser Trennungslinie der Mauer sen Schikanen, Schwierigkeiten und Ungewißheiten
in Berlin, daß sie Auswirkungen auf die Familie, zu entgehen. Nun, der Berliner kann das nicht in
auf den Menschen hat. Sie selbst haben Rück- dem Umfang; das wird ihm zu teuer. Ich wünschte,
schlüsse draußen auf Ihr eigenes Leben gezogen. er könnte das.
Für Sie ist es kaum vorstellbar, daß man den näch- Aber es ist nun einmal eine Tatsache, daß man
sten Menschen nicht sehen kann, nicht besuchen sich von der Belastung der Fahrt heraus aus Berlin
kann, daß man, in absoluter Nähe lebend, trotzdem und wieder hinein nach Berlin erst einmal erholen
getrennt ist. Diese Verhältnisse sind eine Belastung, muß. Ich bitte, das zu würdigen. Dabei geht mehr als
und sie wirken sich im Leben eines jeden Menschen, ein Tag für die Hinfahrt und mehr als ein Tag für
auch der Berliner Bevölkerung, aus. Jeder, der dort die Rückfahrt drauf. Es gibt Berliner, die auf Grund
lebt, ist unter diesem Druck. der schlechten Urlaubsregelung — auch durch Tarif-
Und noch etwas anderes! Die Einengung der Be- vertrag —, eben weil die 14 Tage oder 12 Tage nicht
wegungsfreiheit ist ebenfalls dadurch gegeben, daß ausreichen, auf eigene Kosten, nur um ihre Gesund-
die Berliner von den nächsten Erholungsgebieten heit zu erhalten, 8 Tage zusätzlich nehmen, weil sie
abgeschnitten sind, die Sie von früher sicher alle die Mehrbelastung, die ihnen entsteht, einfach nicht
kennen, die Sie allerdings noch aufsuchen können, ertragen können. Die Zeit reicht dann für den Urlaub
während der Berliner sie nicht mehr aufsuchen nicht aus. Leider ist das kein Einzelfall, und man
kann. Ob Sie die Bedingungen erfüllen wollen, die sollte hier eine grundsätzliche Klärung schaffen.
Ihnen die Ostzone stellt, ist eine andere Sache. Sie Ich muß auch noch ein paar Worte zu den kurz-
können es, Sie haben die Möglichkeit, aber der Ber- fristigen Erholungsmöglichkeiten am Wochenende
liner kann nicht in die Mark Brandenburg, kann sagen. Sie wissen, daß 50 000 Kleingärtner, die in
nicht nach Mecklenburg, kann nicht in die Säch- Westberlin wohnen, vom Zonenrandgebiet abge-
sische Schweiz, kann nicht an die Ostsee. Das sind schnitten sind. 9000 sind, nachdem die Mauer ge-
die natürlichen Erholungsgebiete der Berliner. Sie zogen worden ist, von ihren Kleingärten abgeschnit-
liegen 60 bis 100 km vor den Toren Berlins. Sie ten. Tausende von Westberliner Kleingärtnern haben
waren sonst die Ausweichstellen für die Erholung wegen der Einschnürung Berlins ihre Grundstücke
des Menschen. Jetzt sind sie es nicht mehr. Die Ber- verloren, weil Wohnungen und Industriegebäude
liner sind gebunden, sie müssen jetzt neue Erho-
gebaut werden mußten. Berlin muß ja leben. Dort
lungsgebiete suchen. Dazu müssen sie Strecken von
sind also 2 1/4 Millionen Menschen auf engem Raum
200 km über Helmstedt zum Harz bewältigen, über
zusammengedrängt. Sie müssen zugeben, daß das
200 km über Lauenburg zur Lüneburger Heide oder
eine sehr starke Belastung ist, insbesondere wenn
zur Holsteinischen Schweiz und über 300 km nach
Hof, wenn sie ins Fichtelgebirge kommen wollen. Sie einen Vergleich mit den Verhältnissen im Bun-
desgebiet anstellen. Sie können doch über das
Der Einwand, den man ab und zu hört, daß da nun Wochenende in kürzester Zeit, wenn auch unter
auch der Münchner nicht besser dran sei, wenn einigen Schwierigkeiten, die Erholungsgebiete auf-
er zur Ostsee oder zur Nordsee fahren wolle — oder suchen. Bei uns hier besteht immerhin, wenn auch
umgekehrt —, zieht doch wohl nicht. Denn nach vielleicht nicht genügend die Möglichkeit der Erho-
Überwindung dieser 200 bis 300 km beginnt prak- lung.
tisch erst die Anfahrt zum Urlaubsgebiet. In der Wir sind uns klar, daß infolge all der Zustände,
Bundesrepublik kann glücklicherweise jeder so weit die ich geschildert habe, der Krankenstand erheb-
fahren, wie er will. Er kann 1000 km fahren, er kann lich ist. Die Belastung schlägt sich dort nieder. Ich
aber auch vor seiner Haustür oder 50 km vor seiner darf dazu einige Zahlen anführen. Im ersten Monat
Haustür ein Urlaubsgebiet suchen. Das ist seine An- vor Errichtung der Mauer — am 1. August 1961 —
gelegenheit. Der Berliner kann das aber nicht. hatten wir um 28 % mehr Kranke als das Bundes-
Dabei geht es nicht nur um die zusätzliche Fahrt, gebiet. Am 1. September 1961, also 17 Tage nach
um die Überwindung der Strecke, sondern auch um Errichtung der Mauer, waren es 36 % mehr. Das ist
die Ungewißheit während dieser Fahrt, die Schika- eine Steigerung von 8 % in diesem einen Monat.
nen, die Kontrollen an den Stützpunkten, die Warte- Einige weitere Zahlen: Am 1. August 1961 betrug
zeiten, besonders in den Urlaubsmonaten. Vielleicht der Krankenstand in der Bundesrepublik 5,25 %,
erinnern Sie sich, welche Turbulenz entstand, als in Berlin 6,99. Am 1. September betrug der Kran-
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Braun
kenstand im Bundesgebiet 5,85, in Berlin 8,36 %, gesetzt ist, kommen Sie zu dem Ergebnis, daß die
am 1. Dezember 1961 6,54 % im Bundesgebiet, in arbeitsmäßige Situation für einen jungen Menschen
Berlin 9,55%, und am 1. März betrug die Zahl für in seiner Heimat im Bundesgebiet doch unbestritten
das Bundesgebiet 7,82, für Berlin 12,62. Dann sank günstiger ist. Wenn der junge Mensch nach Berlin
es wieder ab; aber es blieben immer 3 % Kranke geht, bedeutet das für ihn doch irgendwie eine Ver-
in Berlin mehr als im Bundesgebiet. schlechterung. Das erschwert die Werbung unge-
Die Zahlen bei den Frauen sind noch viel furcht- heuer. Das merken die Berliner, wenn sie diese
barer. Die Frauen sind ja infolge der Sorge für ihre Frage anpacken, und die Zahlen beweisen es.
Angehörigen usw. nervenmäßig stärker belastet. Vom Bundesarbeitsministerium sind Vergünsti-
Das wirkt sich auf den Gesundheitszustand und gungen für die Kräfte geschaffen worden, die aus
natürlich auch im Produktionsprozeß aus. Ich möchte Westdeutschland nach Berlin kamen; aber sie bezie-
Ihnen eben die die Frauen betreffenden Zahlen hen sich nur auf das Fahrgeld für Heimfahrten, für
nennen: Am 1. August 1961 betrug der Kranken- die zwei oder vier Tage bewilligt werden, je nach-
stand bei den Frauen im Bundesgebiet 5,19 %, in dem, ob es sich um Ledige oder Verheiratete han-
Berlin 7,96, am 1. September 1961 5,81 % im Bundes- delt. Wenn man weit von Berlin beheimatet ist, rei-
gebiet, 'in Berlin 9,15, am 1. Dezember 1961 im Bun- chen ein Tag hin und ein Tag zurück nicht aus, und
desgebiet 6,25 %, in Berlin 10,15, und am 1. März ein Verheirateter kommt mit vier Tagen hin und
1962 im Bundesgebiet 8 %und in Berlin 13,94. zurück auch nicht aus, sondern jeder muß dann auf
Das sind 5,94 % mehr als im Bundesgebiet. Diese seinen Urlaub zurückgreifen. Er wird ja für die Zeit
Zahl sinkt dann glücklicherweise am 1. Juni auf nur nicht bezahlt, und sein Urlaub wird gekürzt. Ist das
mehr 3,36 ab. nicht eine Verschlechterung, wenn man berücksich-
Die Zahlen für die Anmeldung zur Rentenver- tigt, daß im Bundesgebiet ganz allgemein wesentlich
sicherung auf Grund von Frühinvalidität sehen nicht bessere Arbeitsbedingungen geboten werden?
anders aus, meine Damen und Herren. 54% der Wir haben nun, um diese Belastung auszuglei-
Männer in Berlin haben vor Erreichung des 65. Le- chen, den Antrag gestellt, 18 Tage Mindesturlaub
bensjahres einen Antrag wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. In dem Bericht des Herrn Abgeord-
gestellt, bei den Frauen waren es 80 %. In einer neten Dr. Dörinkel über die Beratung im Ausschuß
Rentenversicherung — Männer und Frauen — wind gesagt, daß die Situation in Berlin anerkannt
haben 60 % vor Erreichung der Altersgrenze einen und, wie es heißt, gewürdigt wurde. Die Würdigung
Antrag gestellt. Diese Zahlen sind im Bundesgebiet bestand aber nicht darin, daß man bei der Beratung
glücklicherweise erheblich niedriger; aber wenn Sie der Berlin-Klausel in § 14 dem Antrag zustimmte,
bedenken, daß der Prozentsatz der Frauen an der
in Berlin 18 Tage Mindesturlaub zu gewähren, viel-
arbeitenden Bevölkerung in Berlin 46 ausmacht
mehr lehnte man diesen Antrag ab. Das ist eine
gegenüber 36 im Bundesgebiet, können Sie sich die
sonderbare „Würdigung", muß ich schon sagen. Ich
Auswirkungen in den Betrieben vorstellen, und es
hätte mir gewünscht, daß die Situation in Berlin mit
kommt mir darauf an, darauf hinzuweisen.
einer Zustimmung zu diesem Antrag gewürdigt
(Zurufe von der Mitte) worden wäre.
— Entschuldigen Sie, diese Frage ist mir viel zu (Sehr wahr! bei der SPD.)
wichtig, als daß ich Rücksicht darauf nehmen könn- Diese Stellungnahme wurde zwar nicht im Schrift-
te, daß es Ihnen etwas zu lange dauert. Es tut mir lichen Bericht, aber in der Ausschußberatung mit
furchtbar leid; aber meine Ausführungen sind auf der zu starken Belastung der Wirtschaft 'begründet.
Grund der Situation notwendig. Sie sollen ja eine Es wurde darauf hingewiesen, daß es die Berliner
Entscheidung fällen, meine Damen und Herren. Wirtschaft schwer habe, Erträge zu erwirtschaften.
(Beifall bei der SPD.) Mit Recht wurde auf die besondere Lage der Wirt-
schaft hingewiesen. Diese kennen wir, und wir
Diese Entscheidung soll auf einer richtigen Würdi-
wollen auch helfen. Das kann man aber nicht damit
gung dieser Fragen beruhen. Mit allgemeinen Re-
densarten ist hier nicht geholfen, und ich will mit tun, daß man durch einen zu geringen Urlaub den
meinen Ausführungen verhindern, daß Sie vielleicht Arbeitskräften nicht die Möglichkeit gibt, sich wie-
in Unkenntnis der Sachlage eine falsche Entschei- der zu erholen; damit schädigt man die Wirtschaft.
dung treffen. Ich will mich aber einmal mit der Frage beschäf-
Es ist wohl ein Kennzeichen der Situation auf dem tigen, ob denn die Ertragsfähigkeit der Berliner
Arbeitsmarkt, daß die Frauen allgemein oder die Wirtschaft dadurch verringert würde, daß man drei
Frauen in Berlin einen so hohen Anteil am Arbeits- Tage mehr Urlaub, also mindestens 18 Tage Urlaub
prozeß haben. Was ist die Folge? Berlin versucht gäbe. In Berlin gibt es 920 000 Arbeitskräfte. Tarif-
verzweifelt, junge Arbeitskräfte im Bundesgebiet verträge haben das Bauhauptgewerbe, die chemische
zu werben, mit dem Erfolg, daß monatlich tausend Industrie, das Bekleidungsgewerbe, die Textilindu-
meist junge Arbeitskräfte kommen. Das ist sehr strie, Banken und Versicherungen — kleine Be-
erfreulich; aber um lebensfähig zu bleiben, reiche — und dann auch das Bestattungsgewerbe.
brauchen wir mehr Arbeitskräfte. Eins ist sicher: Das sind zusammen 149 000 Personen, die über
Wir brauchen junge Arbeitskräfte, und wenn Sie 18 Tage tariflichen Urlaub haben. Hinzu kommen
die Arbeitsbedingungen in Berlin mit denen in der 110 000 Personen des öffentlichen Dienstes und
Bundesrepublik vergleichen und dabei die Situation 43 000 Jugendliche von 15 bis 18 Jahren. Das sind
bedenken, in der sich Berlin befindet, einschließlich zusammen 302 000 Arbeitskräfte mit Urlaub über
der Einschränkungen, denen der Mensch dort aus- 18 Tagen. Es verbleiben somit 618 000. Und nun ist
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2273
Braun
man darauf angewiesen, die Sache aus den Tarif- — Ich bereite mich noch auf etwas vor, entschuldi-
verträgen festzustellen; Betriebszugehörigkeit und gen Sie bitte. —
Alter sind kombiniert für diesen Urlaub von 18 Ta- Ein weiterer Grund für die Ablehnung dieses An-
gen. Nach den Unterlagen wird die Zahl auf 220 000 trags im Ausschuß war die Vereinheitlichung der
Personen geschätzt, so daß ein Rest von 400 000 gesetzlichen Bestimmungen. Dem stimmen wir rest-
Arbeitnehmern — das sind 44 % — zwischen 12 und los zu! Aber vielleicht darf ich mit Erlaubnis des
17 Tagen Urlaub hat. Die Zahl wind wahrscheinlich Herrn Präsidenten hier einmal einen Satz vorlesen,
viel geringer sein, weil jetzt das Gesetz 15 Tage den Herr Professor Dr. Boldt vom Bundesarbeits-
vorschreibt. Ich weiß nicht, ob das für diejenigen, gericht in der Sitzung des Ausschusses vom 15. Juni
die ablehnen wollen, besser ist oder schlechter. Ich 1961, auf die sich der Schriftliche Bericht bezieht —
meine, man sollte das ruhig einmal durchrechnen. ich betone: 1961 war bereits diese gutachtliche An-
Mir wurde gesagt, es seien ja nur noch 60 000 Ar- hörung —, vorgetragen hat. Er sagte: Insbesondere
beitnehmer. Ich würde mich gerne der Zugrunde- sind folgende grundsätzliche Punkte unterschiedlich
legung dieser Zahl anschließen; aber ich möchte mal geregelt: Kreis der urlaubsberechtigten Personen,
von den 400 000 Arbeitnehmern ausgehen und als Urlaubsjahr, Urlaubsdauer, Wartezeit, Gewährung
Grundlohn den Durchschnittslohn von 355,80 DM im von Urlaub, Eintritts- und Austrittsjahr, Urlaubs-
Monat nehmen, wie ihn die AOK 1961 in Berlin zu- übertragung, Urlaubsentgelt usw. und die vielen,
grunde gelegt hatte. 355,80 DM mal 400 000 ergibt vielen Fragen, die sich aus den verschiedenen Be-
1,708 Milliarden DM. stimmungen in den Landesgesetzen ergeben. -
(Unruhe.) Natürlich sind wir damit einverstanden, daß hier
— Die Rechnung ist nicht lang. — Drei Tage machen eine Vereinheitlichung des Rechts herbeigeführt
1 % der Jahreslohnsumme aus, 6 Tage 2 %, so daß wird. Aber die Frage der Tage dürfte doch wohl die
im Höchstfalle 2 % von 1708 Millionen DM gleich geringste Sorge machen bei der Vereinheitlichung
34,16 Millionen DM als Belastung der Wirtschaft oder bei einer Abweichung; denn das ist ein klares
herauskommen, wenn volle 6 Tage mehr gewährt Bild. Unklar werden die Bilder doch nur, wenn es
wenden; wenn es nur 3 Tage sind, dann die Hälfte. um Urlaubsjahr, Anrechnungszeiten, Wartezeiten
Das würde also 0,25 bis 0,58 % der Jahresbrutto- und ähnliches mehr geht. Die Frage, ob 15 oder
lohnsumme ausmachen. 18 Tage, dürfte keine Schwierigkeiten machen.
Das ist aber nur eine theoretische Größe, meine Ich darf vielleicht noch einmal einen Satz von
Damen und Herren, weil damit nicht der Produk- Herrn Dr. Boldt zitieren. Er sagt: wir gehen davon
tionsverlust enfaßt wind; denn 100 000 sind nicht aus, daß im Zuge des Erlasses eines solchen Geset-
produktiv im Sinne einer betriebswirtschaftlichen zes die landesrechtlichen Urlaubsbestimmungen be-
Kostenrechnung und müssen durch Arbeitsgemein- seitigt und landesrechtliche Sonderregelungen, die
schaften den Urlaubsausfall wieder erarbeiten. aus irgendeinem Grund aufrechterhalten werden
Ich lasse aber die Summe einmal gelten und frage sollen, in die Ü bergangsbestimmungen übernommen
(fortgesetzte Unruhe und Lachen bei der werden sollen. Damit haben Sie auch von juristi-
CDU/CSU) scher Beurteilung der Dinge her die Möglichkeit,
daß man nur geordnet sehen will, wo notwendige
— ja, man kann darüber lachen; setzen Sie sich ein- Sonderregelungen untergebracht werden können. Es
mal ernsthaft damit auseinander! —: Meinen Sie, ist nicht so, daß keine darin sein dürften, und ich
daß die Wirtschaft das nicht tragen kann? meine, daß Sonderregelungen eben nicht ausge-
Wir sind an einer gewinnerzielenden Wirtschaft schlossen sind. Wir haben ja selbst in diesem Ge-
äußerst interessiert. Das beweisen alle unsere Be- setz, das wir heute verabschieden, einige Sonder-
mühungen — bitte, Sie können sich davon überzeu- regelungen für strukturell andere Situationen, näm-
gen; lesen Sie die Protokolle; denken Sie an das lich für das Baugewerbe — hier gilt das Kalender-
letzte Wirtschaftsfönderungsgesetz! —, der Wirt- jahr — und im Seemannsgesetz.
schaft dort zu helfen, wo es notwendig ist, weil die
Wirtschaft für uns in Berlin lebenswichtiger ist als (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben zuviel
vielleicht in anderen Gebieten. Aber bitte, unsere Urlaub gehabt!)
Haltung ist unter Beweis gestellt, und wir sind auch — Ja, ich weiß. Sie haben ja auch das Wort „Ur-
bereit, immer wieder Notlagen der Wirtschaft zu laubsgeschädigte" geprägt. Mir ist die Sache zu
prüfen und die Wirtschaft zu unterstützen. Wir ha- ernst, als daß ich mich mit diesen billigen Zwi-
ben ein großes Heft, in dem steht, welche Verbesse- schenrufen auseinandersetzte.
rungen der Berliner Wirtschaft gewährt werden Nun, wie die Dinge auch liegen mögen, diese
müssen. Aber glauben Sie nicht auch, bevor man die Abweichungen aus strukturellen Gründen sind be-
Frage nach den 38 Millionen und weniger stellt, daß reits im Gesetz enthalten, und ich frage nun: Liegt
es nicht eine Möglichkeit gibt, diese Last, die sich in der Berliner politischen, wirtschaftlichen, gesund-
aus dem Mehrurlaub ergibt, auszugleichen? Die Sen- heitspolitischen Situation nicht auch ein wichtiger
kung des Krankenstandes um 0,6 bis 0,7 % würde Grund, mehr als nur ein struktureller Unterschied,
bereits den Ausgleich dieses Betrages schaffen. und ist bei der Frage: Vereinheitlichung der Ge-
Nun, meine Damen und Herren, ich nehme an, setze dieser Punkt nicht besonders zu würdigen?
daß diese Begründung — finanzielle Belastung der Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß es
Wirtschaft — kein Argument Ist. bereits mehr als 80 Gesetze und Verordnungen gibt,
Nun die zweite Frage, meine Damen und Herren. bei denen Berlin leider abweichen mußte.
(Anhaltende Unruhe und Zurufe.) (Sehr wahr! bei der SPD.)
2274 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. Dezember 1962
Braun
Sie haben, meine Damen und Herren, zwar nur eine Angesichts dieses Verhaltens aller Tarifpartner
Liste, die ad hoc für den Ausschuß aufgestellt haben die Gewerkschaften ab 1960 darum gebeten,
wurde, in der lediglich etwa 35 Gesetze aufgezählt in Berlin ein Mindesturlaubsgesetz zu schaffen. Man
werden. Die Berliner sind nicht glücklich, daß sie ist nämlich auf dem Wege über Tarifverhandlungen
diese Ausnahmeregelungen haben; aber sie sind mit in Berlin nicht weitergekommen. Man hat bereits be-
Ihrer Zustimmung erfolgt, und ich glaube, daß man gonnen, seitens der Gewerkschaften in die Tarifver-
hier nun nicht splitterrichterlicher oder pingliger träge hinsichtlich der Urlaubsfrage Kündigungs-
sein und sagen soll, in diesem Gesetz sei das un- klauseln einzuführen, in der Hoffnung, daß eine
möglich. gesetzgeberische Regelung erfolgt. Aber wie kommt
das? Es sind hier die Zahlen der nicht tarifgebun-
Meine Damen und Herren, ist das denn eine denen Partner in Berlin genannt worden. Diese sind
Grundsatzfrage: 15 oder 18 Tage? Ich glaube, Sie ganz besonders hartleibig und hartnäckig
haben sich überwiegend bereits weitgehend zu
18 Tagen — zwar noch nicht entschlossen, aber Sie (Zurufe)
haben die Berechtigung anerkannt, und ich bin bei- hinsichtlich der Frage, keine Abschlüsse zu tätigen.
nahe bereit, darüber zu streiten, was denn nun Ich darf Ihnen sagen, es gibt auf anderen Gebieten
Grundsatz in diesem Gesetz ist, 15 oder 18 Tage. in der Wirtschaft Beweise dafür, daß man nicht
Erst vom 35. Lebensjahr ab 18 Tage, vorher 15 Tage! gewillt ist, tarifrechtliche Regelungen zu schaffen.
Meine Damen und Herren, hier von Grundsatz zu
reden, ist meiner Ansicht nach doch recht frag- Nun darf ich Ihnen nur einen einzigen Fall schil-
würdig. dern. Eine Fachvereinigung des Großhandels z. B.
hat erklärt, daß sie nicht bereit ist, irgendwie ge-
Nun hat man bei der Ablehnung dieses unseres artete weitergehende Verpflichtungen, als sie bisher
Vorschlages auf die Tarifpartner hingewiesen. Es hinsichtlich der Urlaubsfrage vorgesehen sind, zu
tut mir leid, hier etwas über das Vertrauen in die übernehmen,
Tarifpartner sagen zu müssen. Sie haben bei der (Zurufe von der Mitte: Sie strapazieren uns
Begründung, Herr Kollege Scheppmann, allerdings aber sehr!)
nur auf die Gewerkschaften hingewiesen; zu den
Tarifpartnern gehören doch auch die Firmen, die weil sie im Hinblick auf eine eventuelle politische
Betriebsvertretungen, die Verbände, und die haben Krise — im Hinblick auf eine eventuelle politische
Sie leider nicht erwähnt. Ich muß sie leider vorzugs- Krise! — keine Möglichkeit für die Zukunft sieht,
weise erwähnen, weil da in Berlin bedauerlicher- derartige Verpflichtungen wieder zurückzuziehen.
weise nicht sehr viel „drin" ist. Ich will es Ihnen (Zurufe von der Mitte.)
ganz kurz sagen. Man sollte erwarten, daß es so — Ich höre das Wort „prima" ; ich komme darauf
wäre, wie hier gesagt wurde: die Tarifpartner sollen zurück.
aus der Lage heraus die Dinge beurteilen und da- (Lachen und Zurufe von der Mitte.)
nach handeln. Bis 1959 hatten wir in Berlin den Wi-
derstand der Arbeitgeberverbände zu verzeichnen, Aus dem Grunde ist also dort eine tarifvertragliche
und zwar zu einem Mindesturlaubsgesetz mit 18 Ta- Regelung abgelehnt worden. Glücklicherweise ist
gen. Dann zeichnete sich in der Mitte des Jahres dieser Fall, daß man aus politischen Gründen, wegen
1960 eine Zustimmung zu 18 Tagen ab, bis zu dem der Situation Berlins, so handelt, nur vereinzelt auf-
Augenblick, wo Sie, meine Damen und Herren von getreten. Wenn die Arbeitnehmer so dächten, wäre
der CDU, 15 Tage in das Urlaubsgesetz hineinbrach- es schlimmer. Gott sei Dank können wir uns bei
ten. In dem Augenblick plädierten unsere Arbeit- ihnen auf klare Gedanken stützen. Glücklicherweise
geberverbände in Berlin dafür, daß wir auf das handeln auch andere Verbände nicht so. Es war also
Bundesurlaubsgesetz warten sollten, weil sie eben eine Ausnahme. Aber darf ich Sie bitten, einmal
damit rechneten, daß dabei nur 15 Tage heraus- daran zu denken. So ist die Situation. Meinen Sie,
es würde in Berlin nicht auffallen, wenn dort ge-
kommen würden.
streikt wird? Da fällt es sehr auf. Und 1961 mußte
Ich möchte Sie nun nicht über Gebühr strapazieren. man im Holzgewerbe streiken, weil man den Min-
(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU.) desturlaub von 15 auf 18 und 122 Tage erhöht haben
wollte.
Ich hoffe aber, daß der Brief von der Zentralstelle
der Berliner Arbeitgeberverbände, der einigen Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gestatten Sie
Herren vorliegt, hier nicht zur Grundlage der Aus- eine Zwischenfrage?
sprache gemacht wird. Sonst müßte ich von vorn-
herein hier darüber sprechen, Richarts (CDU/CSU) : Herr Kollege, gestatten Sie
(Lachen bei der CDU/CSU) eine Frage? Können Sie mir sagen, wie lange Sie
noch reden wollen? Ich frage, damit ich meine Zeit
oder Sie hätten das Vergnügen, daß ich nachher zu einteilen kann; ich habe heute nachmittag noch mehr
diesem Brief noch einmal spreche. zu tun.
(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.) (Heiterkeit und Zurufe.)

— Ob das Vergnügen fragwürdig ist, weiß ich nicht Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Einen Augen-
und lasse ich dahingestellt; es ist für mich nicht inter- blick! Solche Zwischenfragen sind nicht zulässig.
essant. Für mich ist interessant, daß Sie wissen, (Abg. Braun: Ich kann sie trotzdem beant-
was in dieser Sache los ist. worten!)
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2275
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Das gibt es auch am Freitag mittag um 1 Uhr noch reichen zugute. Sie können auf diesem Gebiet helfen,
nicht. Sie müssen im Gegenteil Respekt für eine indem Sie der Vorlage zustimmen.
Jungfernrede aufbringen. (Beifall bei der SPD.)
(Heiterkeit.)
Ich gebe zu, daß für Jungfernreden Freitag gegen Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge-
Mittag eine ungünstige Stunde ist. ordneter Stingl!
(Abg. Braun: Ich nehme es mit in Kauf,
Herr Präsident! — Heiterkeit.) Stingl (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Damen
— Bitte sehr, fahren Sie fort. und Herren! Der Herr Vorredner hat angekündigt,
wenn die Stellungnahme des Zentralverbandes der
Berliner Arbeitgeberverbände hier angezogen
Braun (SPD) : Jedenfalls ist es ein Novum ge- werde, werde er noch einmal heraufkommen. Meine
wesen: 1961 mußte die Industriegewerkschaft Bau Damen und Herren, fürchten Sie sich nicht, ich
streiken, damit der Mindesturlaub erhöht wurde. werde sie nicht anziehen.
Streik in Berlin bedeutet etwas; das möchte ich (Beifall bei der CDU/CSU.)
meinen.
(Zurufe von der Mitte.) Ich fürchte, Herr Kollege Braun, Sie haben der
Berliner Sache nicht unbedingt einen guten Dienst
Ich glaube, daß es im Interesse der Wirtschaft und erwiesen.
der Lebensfähigkeit Berlins lag, daß dieser Zustand (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)
beendet wurde.
Die Dinge, die Sie aufgezählt haben, stimmen zum
Darum hat der Berliner Senat eine Vorlage ein- größten Teil, nur haben sie keinen unmittelbaren
stimmig — beide Parteien haben zugestimmt — ver- Bezug zu diesem Gesetz. Die Lasten, die Berlin be-
abschiedet, und auch das Abgeordnetenhaus hat ihr sonders zu ertragen hat, hat dieses Haus sehr häu-
mit allen Stimmen — die beiden Parteien CDU und fig erörtert. Dieses Haus hat Beschlüsse gefaßt, die
SPD — gegen eine einzige Stimme zugestimmt. CDU die Wirtschaftskraft, die Arbeitskraft in Berlin stär-
und SPD sind ja dort in einer Koalition. Es war Ein- ken sollen.
stimmigkeit bis auf eine Stimme. Auch im Senat war
Einstimmigkeit. Nun sagen Sie, das sei auch bei diesem Urlaubs-
gesetz unbedingt notwendig. Dazu darf ich zunächst
Die Vorgänge — ich vermerke, daß sich einige fragen: Warum verhandeln wir hier ein Urlaubs-
der Herren wahrscheinlich darauf präparieren — gesetz? Weil wir endlich eine Rechtseinheit im ge-
sind allerdings etwas verschwommen. Man hat in samten Bundesgebiet haben wollen! Nun sollen
Berlin darauf gewartet, daß wir das Gesetz hier ver- ausgerechnet wir Berliner, die wir ständig sagen,
abschieden, in der Hoffnung, daß man Berlin 18 Tage daß wir unter allen Umständen in das Rechtssystem
zuerkennt. Ja, man hat Berlin gebeten, die Verhand- des Bundes eingegliedert werden wollen, plötzlich
lungen, die Beratungen und die Beschlußfassung wieder ein Sondergesetz haben! Ich halte es für
auszusetzen. Ja, man hat Herrn Senator Exner ein- einen sehr unguten Stil, daß das Berliner Abgeord-
geladen und als Sachverständigen gehört. Ergebnis netenhaus gestern einen Beschluß zum Urlaubs-
nach Würdigung der Dinge: abgelehnt! Aus der Ver- gesetz gefaßt hat, um unsere Gesetzgebung zu prä-
antwortung für Berlin, für den Fortgang des Lebens judizieren. Ich halte diesen Stil nicht für sehr gün-
dort ist dieser Beschluß in Berlin gefaßt worden. stig, zumal es jetzt nicht darum geht, durch diese
und glauben Sie mir, soweit ich orientiert bin, unter Bestimmungen ein in Berlin bestehendes Recht ab-
größtem Bedauern des Abgeordnetenhauses. Beide zubauen. Das bestehende Recht in Berlin sieht zwölf
Parteien hätten gewünscht, daß der Beschluß hier Tage Mindesturlaub vor. Wir setzen Berlin auf den-
gefallen wäre und nicht woanders. selben Stand, den wir im Bundesgebiet haben. Das
Bei der Erörterung dieses Problems dürfen nicht ist unser fester Wille. Das sage ich als Berliner. Es
nur sozialpolitische oder wirtschaftspolitische Ge- wird niemand im Hause sein, der mir nachsagen
sichtspunkte in den Mittelpunkt der Betrachtung ge- könnte, ich hätte kein Herz für diese meine Stadt
stellt werden, sondern auch die politischen Probleme Berlin; aber weil ich das habe, will ich nicht, daß
müssen mit beurteilt werden. Mit der Erhaltung der Berlin von der gesetzlichen Norm abweicht, zumal
Leistungsfähigkeit der Arbeitskraft für die Wirt- diese gesetzliche Norm eine Mindestnorm ist, auf
schaft geht die Notwendigkeit parallel, auch die der aufzubauen den Tarifvertragsparteien und dem
Widerstandsfähigkeit der Menschen zu stärken, da- einzelnen bei Abschluß eines Arbeitsvertrages mög-
mit sie durchstehen können. Wie lange diese Wider- lich ist. Ich darf dazu sagen, daß das auch von der
standsfähigkeit notwendig ist, das ist, so möchte ich Wirtschaft erkannt wurde. In einigen Tarifverträgen
meinen, nicht abzusehen. Damit wird man auch in wurden in Berlin sogar höhere Urlaubszeiten als
bestimmter Hinsicht hier mit für die Zukunft Berlins im Bundesgebiet beschlossen.
verantwortlich, zumindest beeinflußt man sie. Es Herr Kollege Braun, ich will nicht auf alles ein-
geht nicht darum, daß man Berlin Geschenke macht, gehen, was Sie gesagt haben. Eine Bemerkung darf
es geht nicht darum, unverantwortliche Wünsche zu ich aber wohl nicht unwidersprochen lassen. Sie
fördern. Die Berliner wollen keine Geschenke, wie haben die Krankenstände aufgezählt. Herr Kollege
ich weiß — erinnern Sie sich an das Wort „Zitter- Braun, man kann mit Krankenständen nicht argu-
prämie" —, aber sie wollen eine Anerkennung, und mentieren, wenn man dabei nicht die Altersklassen
sie wollen eine Hilfe. Die Hilfe kommt allen Be- angibt. Denn Sie wollen auch nicht mehr Urlaub
2276 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Stingl
für alle Berliner und für alle die, die von dieser Wenn man die Appelle an die Sozialpartner hört,
Krankheitsanfälligkeit betroffen sind, zumal jedem dann kann man zu dem Eindruck kommen, als glaube
bekannt ist, daß der Altersaufbau Berlins völlig man, daß man nur die Sozialpartner zusammenzu-
unterschiedlich gegenüber dem im Bundesgebiet ist. rufen brauche und schon habe man 18 Tage Urlaub.
Den hätte man bei den Krankenständen berücksich- Meine Damen und Herren, ich sage hier ganz offen,
tigen müssen daß auch die Berliner Arbeitgeber und ihre Organi-
(Abg. Braun: Es sind doch Arbeitnehmer sationen im Prinzip die gleiche Abneigung haben,
zahlen!) mit den Gewerkschaften zum Abschluß tarifvertrag-
licher Vereinbarungen zu kommen. Sie sind insofern
— Herr Braun, jawohl. — — keineswegs besser — ich sage: aber auch nicht
(Abg. Braun: Die Krankenstände sind auf schlechter — als die Arbeitgeber und ihre Organi-
Arbeitnehmer bezogen!) sationen in der Bundesrepublik.
— Die Krankenstände sind auf Arbeitnehmer be- Das ist für Berlin deshalb ganz besonders be-
zogen. Alle Arbeitnehmer über 35 Jahre haben nach dauerlich, weil die Gewerkschaften in dieser Stadt
den Bestimmungen, die wir jetzt beschlossen ha- entscheidend dazu beigetragen haben, die Freiheit
ben, 18 Urlaubstage. Sie können also, wenn Sie ein Berlins zu schaffen und zu erhalten, und daß sie das
objektives Bild entwerfen wollen, die Zahlen nur für zu einer Zeit getan haben, als angesichts der sowje-
diejenigen heranziehen, die unter 35 Jahre alt sind. tischen Bajonette in Berlin noch gar nicht an eine
Denn Sie wollen ja auf die 18 Tage nicht auch noch sogenannte unternehmerische Initiative zu denken
3 Tage aufschlagen, die Zeit also für die Älteren auf war. Diese politisch konstruktive Tätigkeit, diese
21 Tage heraufsetzen. Das habe ich jedenfalls bisher gewerkschaftspolitisch maßvolle Haltung muß,
nicht gehört. glaube ich, bei der Verabschiedung dieses Gesetzes
mit berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, wir sollten nicht ver-
Drittens. Ich darf .Sie sehr herzlich darum bitten,
kennen, daß sich Berlin in einer besonderen Situa-
den gestern vom Berliner Abgeordnetenhaus gefaß-
tion befindet, daß dort besondere Tatbestände vor-
ten Beschluß, der gegen nur eine Stimme zustande
handen sind und besondere Maßnahmen durchge-
kam, hier durch Ihr Votum zu akzeptieren, indem
führt werden, z. B. die, daß den Berlinern die Flüge
Sie unserem Antrag zustimmen. Es wäre doch falsch,
begünstigt werden, daß wir ihnen Zuschüsse für
anzunehmen, daß die Berliner CDU damit die Regie-
Flüge gewähren, wenn sie nicht durch die Zone fah-
rungspartei dieses Hauses unter Druck setzen
ren können. Aber das Prinzip, das uns mehr als die
wollte. Meine Damen und Herren, ,daran hat in Ber-
Detailfrage bewegen muß, ist, daß die Rechtseinheit
lin keiner gedacht. Sie dürfen vielmehr ruhigen Ge-
zwischen dem Bund und Berlin unter allen Umstän-
wissens davon ausgehen, daß die Berliner Abgeord-
den gewahrt bleibt. neten in jenem Repräsentantenhaus wissen, was
(Beifall bei der CDU/CSU.) dieser Stadt guttut, und daß ihre Entscheidung nicht
etwa Gegenstand gar parteipolitischer Auseinander-
setzungen oder Betrachtungen ist.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier : Weitere Wort-
meldungen? — Wollen Sie über das Saarland oder Hier geht es darum, 18 Arbeitstage für alle Ar-
über Berlinsprechen? beitnehmer als Urlaubstage zu bekommen, nicht um
sie besserzustellen, sondern — das hat Kollege
(Abg. Liehr: Über Berlin!) Braun sehr umfassend dargestellt — um sie im Prin-
— Bitte sehr. zip in der Tat mit den Arbeitnehmern der Bundes-
republik gleichzustellen. -
Liehr (SPD) : Meine sehr verehrten Damen und Ich darf Sie herzlich bitten, unserem Antrag zuzu-
Herren! Ich möchte mich mit genau dein gleichen stimmen.
rasanten Tempo, in dem der Kollege Stingl gespro- (Beifall bei der SPD.)
chen hat, mit drei Punkten beschäftigen.
Erstens. Es geht hierbei mit um die Grundsatz- Präsident D. Dr. Gerstenmaier : Weitere Wort-
frage, ob Sie durch Ihre Entscheidung über den Inhalt meldungen zu diesem Punkt? — Das ist nicht der
dieses Gesetzes dazu beitragen wollen, daß Berlin Fall.
künftig noch mehr junge Arbeitnehmer bekommt, Ich lasse über den Antrag Umdruck 165 Ziffer 4,
als es bisher der Fall ist. soweit er sich auf Ziffer 1 des § 15 Abs. 3 bezieht,
(Beifall bei der SPD.) abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag zustim-
men will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ge-
Hier geht es mit darum, vorbildliche Arbeitsbedin- genprobe! — Das ist die Mehrheit; der Änderungs-
gungen für Berlin zu schaffen. Wir wissen alle, daß antrag ist insoweit abgelehnt.
dabei der Urlaub von ganz entscheidender Bedeu-
tung ist. Wir kommen zu dem zweiten Teil des Änderungs-
antrags Umdruck 165 Ziffer 4; er bezieht sich auf
Zweitens. Es ist die Frage aufgeworfen worden, das Saarland. Das Wort hat der Abgeordnete
inwieweit der Wunsch, der auch durch einige Ihrer Hussong.
Anträge zum Ausdruck kommt, 18 Tage Mindestur-
laub auf tarifvertraglichem Wege zu erreichen, hier Hussong (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
mit zur Diskussion steht. Lassen Sie mich dazu nur und Herren! Ich habe den Auftrag, den letzten Teil
folgendes sagen. unseres Änderungsantrages zu begründen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2277
Hussong
Unserem Antrag liegt folgender Tatbestand zu- Ich möchte ein Wort zu den Hinweisen sagen, die
grunde. Bereits im Jahre 1947 ist im Saarland das in der Diskussion zur Begründung der Nichtauf-
Mindesturlaubsgesetz eingeführt worden. Nach die- nahme einer Besitzstandsklausel für die an der Saar
sem Gesetz erhalten die Arbeitnehmer und Lehr- beschäftigten Arbeitnehmer von 18 bis 21 Jahren
linge wie auch in anderen Ländern grundsätzlich vorgebracht worden sind. Dabei ist darauf hinge-
einen Urlaubsanspruch von 12 Tagen. Um jedoch wiesen worden, daß der Urlaubsanspruch auf
bei Vollendung des 18. Lebensjahres den Sprung 18 Tage tarifvertraglich geregelt werden könne. Ich
von 24 Tagen Urlaubsanspruch nach dem Arbeits- darf Ihnen dazu folgendes sagen. Es gibt an der
schutzgesetz auf die Hälfte, nämlich 12 Tage, zu Saar wie überall eine große Anzahl von Tarifver-
verhindern, bestimmt das saarländische Urlaubs- trägen. Wir haben ja auch einige Erfahrungen bei
gesetz, daß Arbeitnehmer von 18 bis 21 Jahren der wirtschaftlichen Rückgliederung des Saarlandes
einen Anspruch von 18 Tagen Jahresurlaub haben. in den Bund gesammelt. Ich glaube, es ist irreal, an-
Diese Regelung dürfte der allgemeinen ärztlichen zunehmen, daß die Tarifverträge, die durch lang-
Erkenntnis entsprechen, daß im 18. Lebensjahr kein wierige Verhandlungen abgeschlossen werden muß-
Einschnitt in der Entwicklung des jungen Menschen ten, jetzt nur zu dem Zweck aufgekündigt werden
erfolgt und daß die körperliche Entwicklung vor sollen, für die Jugendlichen von 18 bis 21 Jahren
dem 21. Lebensjahr nicht abgeschlossen ist. Wir nun einen Zusatzurlaub von 3 Tagen in neuen län-
bedauern es deshalb auch, daß die Mehrheit dieses geren Verhandlungen festzusetzen.
Hauses, wenn sie schon nicht bereit war, einen ge- Selbst wenn man unter diesen Voraussetzungen
nerellen Anspruch von 18 Urlaubstagen anzuerken- zu tariflichen Regelungen — wenn auch unter er-
nen, wie er im Entwurf der SPD gefordert war, nicht schwerenden Umständen—kommen sollte, verbleibt
wenigstens für die jugendlichen Arbeitnehmer im immer noch der Rechtsanspruch vieler junger Men-
Alter von 18 bis 21 Jahren einem Urlaubsanspruch schen, für die tarifvertragliche Regelungen nicht
von 18 Tagen zugestimmt hat. bestehen und für die ein Urlaubsanspruch deshalb
Das saarländische Urlaubsgesetz weicht in wei- auch nicht gesichert ist. Der Hinweis auf entspre-
teren zwei Bestimmungen hinsichtlich der Dauer des chende Abmachungen im Einzelarbeitsvertrag ver-
Erholungsurlaubs von den entsprechenden Regelun- mag nicht zu überzeugen. Bei der engen indi-
gen der übrigen Ländergesetze ab: Erstens wird viduellen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und
bestimmt, daß sich die Urlaubsdauer bei einer Be- Arbeitgeber in diesem Bereich kann ein solcher ver-
schäftigungszeit von je fünf Jahren bei dem gleichen traglicher Abschluß doch sicherlich nur unter er-
Arbeitgeber um einen Tag bis zur Höchstdauer von schwerenden Umständen erfolgen. Die im Ausschuß
18 Tagen erhöht. Zweitens erhält jede im Arbeits- vorgetragene Hoffnung, daß die Arbeitgeber im
verhältnis stehende Frau pro Kind für jedes Be- Hinblick auf die fünfzehnjährige gesetzliche Rege-
schäftigungsjahr einen Zusatzurlaub von zwei Ta- lung den 18- bis 21jährigen Arbeitnehmern weiter-
gen, wenn das Kind unter 15 Jahre alt ist und sich hin freiwillig 18 Tage statt der nunmehr gesetzlich
im Haushalt der Mutter befindet. fixierten 15 Tage Urlaub gewähren werden, ist
Hinsichtlich des letzten Punktes gehen die gesam- sicherlich nur ein Wunschdenken. Das wird in eini-
melten Erfahrungen dahin, daß von diesem Recht gen Fällen vielleicht so sein, in der Mehrheit der
nur in begrenztem Umfang Gebrauch gemacht wor- Fälle wird diese soziale und gesundheitsfürsorgliche
den ist. Mit aus diesem Grunde, aber auch — und Haltung sicherlich nicht bestehen.
das sei besonders betont — aus der Bereitschaft, an Meine Damen und Herren, bei dieser Sach- und
der Schaffung einer möglichst weitgehenden Ver- Rechtslage werden künftighin im Saarland die
einheitlichung des Bundesurlaubsrechtes mitzuwir- Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 21 Jahren keine
ken, haben wir die Aufnahme der saarländischen 18 Tage Urlaub mehr, sondern nur noch 15 Tage
Regelung in dieses Gesetz nicht gefordert. Mindesturlaub erhalten. 15 ahre lang ist das saar-
Die Frage der Gewährung von Zusatzurlaub bei ländische Urlaubsgesetz ohne Erschwernisse prak-
längerer Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer tiziert worden, sogar in den letzten drei Jahren, in
und von Zusatzurlaub für Arbeitnehmer, die unter denen sich die saarländische Arbeitgeberschaft mit
erschwerenden Arbeitsbedingungen zu arbeiten der bundesrepublikanischen Konkurrenz messen
haben, ist im Ausschuß ausführlich behandelt wor- mußte. Ich will auch hier anerkennen, daß es von
den. Die im ursprünglichen Entwurf der CDU/CSU der Seite der Arbeitgeber in der Frage der Gewäh-
enthaltene Bestimmung, die vorsah, bei einer fünf- rung von drei Tagen Mehrurlaub für diesen jungen
jährigen Dauer des Arbeitsverhältnisses beim glei- Personenkreis keinerlei Schwierigkeiten gegeben
chen Arbeitgeber einen Urlaubsanspruch von 18 Ta- hat. Es wäre angesichts dieser Tatbestände für die
gen anzuerkennen, ist von der Mehrheit der Mit- betroffenen jungen Menschen an der Saar unver-
glieder des Ausschusses nicht mehr in den Entwurf ständlich, wenn ihnen ausgerechnet von diesem
aufgenommen worden. Um auch bei dieser Teilfrage Hohen Hause und in dieser Stunde ein Recht ge-
zu einer Rechtsvereinheitlichung zu kommen, haben nommen würde, das ihnen im Jahre 1947 von der
wir hier ebenfalls davon abgesehen, eine Sonder- französischen Besatzungsmacht zugestanden worden
regelung fü das Saarland im Rahmen dieses Geset- ist.
zes zu fordern. Es kann insoweit auch unterstellt Wenn Sie unserem Antrag zustimmen, wird auch
werden, daß sich hier wegen des Interesses an der der Bundeshaushalt um keinen Pfennig mehr belastet.
Schaffung einer betrieblichen Stammarbeiterschaft Es wird auch, obwohl es hier so oft betont worden
entsprechende tarifvertragliche oder einzelarbeits- ist, keinerlei Rechtsverwirrung entstehen. Die saar-
vertragliche Regelungen finden lassen. ländischen Gewerkschaften, die Parteien, die Regie-
2278 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Hussong
rung — die so zusammengesetzt ist wie die Regie- Abs. 3 Nr. 2 zustimmen will, den bitte ich um ein I
rung hier — und das Parlament an der Saar stehen Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehr-
hinter unserem Antrag. Der saarländische Landtag heit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
hat in dieser Woche einstimmig die Regierung be- § 16, — Einleitung und Überschrift. — Wer zu-
auftragt, im Bundesrat die Anrufung des Vermitt- stimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. —
lungsausschusses zu beantragen, wenn den jungen Gegenprobe! — Angenommen.
Menschen von 18 bis 21 Jahren nicht der Urlaubs-
anspruch von 18 Tagen im Jahr belassen wird. Wir kommen zur
Darf ich in diesem Zusammenhang auch noch ein- dritten Beratung.
mal rückblickend an die Freizeitregelung erinnern,
die für die Jugendlichen im Friseurhandwerk in den Allgemeine Aussprache. — Herr Abgeordneter
letzten Monaten hier getroffen worden ist. Auch da- Behrendt!
mals haben Sie, meine Damen und Herren von den
Regierungsparteien, unseren Anträgen nicht zuge- Behrendt (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
stimmt. Erst als der Bundesrat seine Entscheidung und Herren! Nach Abschluß der zweiten Lesung des
genau im Sinne unserer Anträge getroffen hatte, ist Mindesturlaubsgesetzes möchte ich für die sozial-
auch Ihre Zustimmung damals erfolgt. Soll das bei demokratische Bundestagsfraktion zu der nunmehr
diesem Gesetz genauso geschehen? vorliegenden Fassung Stellung nehmen. Die sozial-
Ich darf Sie deshalb recht herzlich bitten, unserem demokratische Bundestagsfraktion legte dem Deut-
Antrag zuzustimmen. schen Bundestag in der 3. Legislaturperiode, und
(Beifall bei der SPD.) zwar am 16. März 1960, erstmalig den Entwurf eines
Gesetzes über Mindesturlaub für Arbeitnehmer,
Drucksache 1376, vor. Wegen der Nichtverabschie-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat dung im 3. Deutschen Bundestag brachte sie am
Herr Abgeordneter Diebäcker: 24. Januar dieses Jahres erneut einen in einigen
Punkten geänderten Gesetzentwurf auf Drucksache
Diebäcker (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine IV/142 ein. Die sozialdemokratische Bundestags-
Damen und Herren! Ich bitte, den soeben begrün- fraktion hat mit diesen Gesetzentwürfen die Initia-
deten Antrag abzulehnen. Natürlich kann das Ge- tive ergriffen, um zwei entscheidende Ziele zu
setz für einen bestimmten, eng umgrenzten Per- verwirklichen: erstens einen Mindesturlaub von
sonenkreis in bezug auf die Urlaubsdauer eine Ver 18 Werktagen für alle Arbeitnehmer gesetzlich zu
schlechterung bedeuten. Gewiß ist das möglich, verankern und zweitens eine einheitliche Regelung
nämlich dann, wenn nicht auf Grund eines Tarifver- der grundsätzlichen Bestimmungen des Urlaubsrecht
trages ohnehin schon ein höherer Urlaub als auf Bundesebene zu schaffen.
15 Tage festgelegt ist. Ich meine aber, man muß das Die CDU/CSU-Fraktion, die sich im 3. Bundestag
Gesetz in seiner Gesamtheit sehen. Insgesamt bringt zunächst gegen eine gesetzliche Regelung des Min-
es doch ganz erhebliche Verbesserungen. Man kann desturlaubs auf Bundesebene ausgesprochen hatte,
hier nicht mit der sogenannten Rosinentheorie ar- schloß sich in diesem Bundestag durch die Einrei-
beiten. Wer den Kuchen will, muß den ganzen Ku- chung eines eigenen Gesetzentwurfs der sozialdemo-
chen wollen und kann nicht nur die Rosinen heraus- kratischen Auffassung an.
picken.
(Zustimmung bei der CDU/CSU.) Die beiden Entwürfe unterschieden sich in den
grundsätzlichen Bestimmungen des Urlaubsrechts.
Es ist doch folgendes 2u berücksichtigen. Neben In den meisten Fällen wurden — das sei zugege- -
den 18 bis 21jährigen im Saargebiet, die vielleicht ben — im Ausschuß Kompromisse gefunden, die
unter den Voraussetzungen, die ich eben genannt allerdings nach unserer Auffassung oftmals zu einer
habe, hinsichtlich der Urlaubsdauer gewisse Nach- besseren Lösung hätten führen sollen.
teile hinnehmen müssen, steht der große Kreis der-
jenigen, die über 35 Jahre alt sind und einen län- Der entscheidende Unterschied bestand hinsicht-
geren Urlaub erhalten werden. Das ist doch auch zu lich der Mindesthöhe des Urlaubs. Ohne die Dis-
sehen! kussion aus der zweiten Lesung wiederaufnehmen
Und schließlich: Warum wollen wir überhaupt zu wollen, stellen wir fest: ein Mindesturlaubsge-
ein Bundesurlaubsgesetz? Doch auch, um die zahl- setz, das auf dem sozialrechtlichen Schutzprinzip des
reichen Vorschriften auf diesem Gebiete, insbeson- Arbeitsrechts und dem Interesse der Allgemeinheit
dere die Vorschriften in den Ländern, zu vereinheit- an der Gesunderhaltung der Arbeitnehmer beruht
lichen. Ich kann mich hier auf das beziehen, was — und das Urlaubsrecht ist ja auch zu einem Ge-
der Kollege Stingl eben schon über Berlin gesagt wohnheitsrecht geworden —, hat allen Arbeitneh-
hat, und bitte Sie nochmals, diesen Antrag abzu- mern einen Urlaub in der Mindesthöhe zu gewähren,
lehnen. damit die Erhaltung der Arbeitskraft angesichts des
ständig steigenden Arbeitstempos gewährleistet ist.
(Beifall bei den Regierungsparteien.)
Das ist der entscheidende Punkt in diesem Mindest-
urlaubsgesetz. Wir bedauern sehr, daß die grund-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite- sätzlich sogar von allen anerkannte Notwendigkeit,
ren Wortmeldungen. einen Mindesturlaub von 18 Werktagen zu gewäh-
Abstimmung! Wer dem Änderungsantrag der ren, heute noch keine Mehrheit gefunden hat, ob-
Fraktion der SPD auf Umdruck 165 Ziffer 4 zu § 15 wohl Sie sie im Prinzip bereits dadurch anerkannt
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2279
Behrendt
haben, daß Sie für die 35jährigen einen Urlaub von nen aufgezählten Ausnahmefällen findet eine Zwölf-
18 Werktagen gewähren wollen. Wir bedauern das telung des Urlaubs statt. Dieser Charakter der
um so mehr, als wir wissen, daß nicht wenige von Vorschrift als Ausnahmebestimmung ergibt sich
Ihnen eine solche Regelung auch lieber sähen als eindeutig aus der Systematik des Gesetzes, wenn
die jetzt beschlossene Fassung. Es muß auch noch er auch in der Formulierung etwas klarer — viel-
einmal wiederholt werden: die CDU/CSU hat sogar leicht durch die Einführung des Wortes „nur" —
eine der beiden Aufstockungen auf den 15tägigen hätte zum Ausdruck kommen sollen.
Urlaub wieder herausgestimmt und damit den eige- Die Fassung des Buchstaben a in § 5 Abs. 1 ist
nen Entwurf in der Frage der Mindestdauer des nicht ganz glücklich. Es könnte der Eindruck ent-
Urlaubs verschlechtert. stehen, daß in jedem Kalenderjahr und damit in
Zu der Frage der Mindestdauer des Urlaubs er- jedem Urlaubsjahr der volle Urlaubsanspruch erst
kläre ich daher noch einmal mit allem Nachdruck nach Erfüllung einer Wartezeit erworben würde, so
für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion: wir daß in der ersten Hälfte des Jahres nur ein An-
sind, gestützt auf wissenschaftliche gutachtliche spruch auf Teilurlaub bestünde. Es steht jedoch
Äußerungen und auf Grund eigener gutachtlicher außer Zweifel, daß eine Wartezeit nur einmal —
Erfahrung nach wie vor der Meinung, daß ein jähr- bei Beginn des Arbeitsverhältnisses — zu durch-
licher Mindesturlaub von 18 Werktagen für alle laufen ist. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wort
Arbeitnehmer als Minimum dessen anzusehen ist, „erstmalig" bei der Regelung der Wartezeit in § 4.
was unbedingt erforderlich ist. Für die sozialdemo- Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist daher
kratische Bundestagsfraktion bleibt daher die Durch- klarzustellen, daß § 5 Abs. 1 Buchstabe a eine
setzung von 18 Werktagen Urlaub ein Nahziel. Zwölftelung des Urlaubs nur im Eintrittsjahr zuläßt.
In diesem Zusammenhang noch ein Wort zum Durch die Formulierung des § 5 Abs. 3 könnte der
Problem Urlaubsverlängerung und Arbeitszeitver- Eindruck entstehen, daß nur ein in der ersten Hälfte
kürzung! In voller Übereinstimmung mit Professor des Kalenderjahres zuviel gezahltes Urlaubsentgelt
Graf, dem leider viel zu früh verstorbenen aner- nicht zurückgefordert werden könnte. Nach aner-
kannten Arbeitsmediziner, meinen wir: Urlaubs- kannten juristischen Auslegungsgrundsätzen ist es
dauer und Arbeitszeit sind getrennt voneinander zu jedoch selbstverständlich, daß das gleiche auch für
betrachten. Das freie Wochenende dient dazu, an- das Urlaubsentgelt gilt, das in der zweiten Hälfte
nähernd die Leistungen der Arbeitskraft über die des Kalenderjahres zuviel gezahlt wird.
erhöhten körperlichen, aber vor allem nervlichen Im Schriftlichen Bericht des Ausschusses wird in
Belastungen unseres Arbeitstages hinweg aufrecht- der Frage der Festlegung des Urlaubszeitpunktes —
zuerhalten. Der Urlaub aber dient dazu, die Reste § 7 — etwas einseitig, wie wir meinen, das Direk-
der Ermüdung infolge dieser Arbeitsbelastung voll tionsrecht des Arbeitgebers herausgestellt, eine Auf-
zu beseitigen und durch einen lange genug wäh- fassung, die keineswegs unbestritten ist. Der Aus-
renden Urlaub die Erhaltung der Arbeitskraft und schuß wollte sich in diesem Zusammenhang auch gar
eine Verbesserung der Gesundheit im allgemeinen nicht in einer bestimmten Richtung festlegen, son-
zu gewährleisten. So dienen Arbeitszeitverkürzung dern vor allem erreichen, daß die Bestimmung des
und Urlaubsverlängerung zwei notwendigen, aber Urlaubszeitpunkts unter Berücksichtigung der Inter-
verschiedenen Zwecken, die nebeneinander be- essen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemein-
stehen. sam erfolgt, wie dies auch in der Formulierung des
Ich möchte gleich hier ankündigen, daß wir auf § 7 Abs. 1 klar zum Ausdruck gekommen ist.
Grund dieser Einstellung dem Entschließungsantrag In § 7 Abs. 4 Satz 2 ist, wie es in dem Schriftlichen
der FDP, der nach der dritten Lesung zur Abstim- Bericht des Ausschusses heißt, „für eng umgrenzte
mung kommt, nicht zustimmen können. Ausnahmefälle die Verwirkung des Abgeltungsan-
Nach diesen Bemerkungen zum entscheidenden spruchs gesetzlich festgelegt". Im Grunde genommen
Teil des Mindesturlaubsgesetzes nur noch kurz zu entspricht diese Regelung bereits dem geltenden
einigen Punkten des vorliegenden Gesetzentwurfs. Recht, das die Geltendmachung des Anspruchs auf
Wir bedauern, daß die Ausschußmehrheit sich nicht Urlaubsalbgeltung im Falle des Rechtsmißbrauchs
dazu entschließen konnte, für Arbeitnehmer, die mit versagt. Es handelt sich also um einen Anwendungs-
gefährlichen oder gesundheitsschädigenden Arbei- fall des in § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ge-
ten beschäftigt sind, einen Zusatzurlaub gesetzlich zu regelten Grundsatzes von Treu und Glauben. Die
verankern, wie es in § 3 unseres Gesetzentwurfs Formulierung des § 7 Abs. 4 Satz 2 spricht jedoch
vorgeschlagen worden ist. Wir meinen jedoch, daß nicht von einem Verstoß gegen Treu und Glauben,
z. B. die Länderregelung für den Zusatzurlaub in sondern von der Verletzung der Treuepflicht aus
Bayern dort, wo er durch Tarifverträge und Be- dem Arbeitsverhältnis. Damit wird ein in der Rechts-
triebsvereinbarungen festgelegt ist, nicht berührt lehre zwar gebräuchlicher Begriff deutschsprachlicher
wird und der Zusatzurlaub nach wie vor zu gewäh- Herkunft verwendet, der jedoch wegen seines mit-
ren ist, daß jedoch dort, wo solche Vereinbarungen telalterlich-mythischen Gehalts und seiner besonde-
nicht bestehen, der Zusatzurlaub wegfällt und dies ren Ausprägung in der Zeit des Dritten Reiches um-
zu schwierigen arbeitsrechtlichen Problemen führen stritten ist und nach unserer Auffassung dem heuti-
wird. gen Arbeitsverhältnis jedenfalls nicht mehr so ge-
§ 5, der den Teilurlaub behandelt, ist eine Aus- recht wird, daß man ihn jetzt erstmals ausdrücklich in
nahmevorschrift. Grundsätzlich besteht immer der ein Gesetz aufnehmen sollte. Besser wäre es ohne
volle Urlaubsanspruch. Lediglich in drei im einzel- Zweifel gewesen, von einem Verstoß gegen Treu
2280 Deuts cher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Behrendt
und Glauben und einer groben Verletzung der Pflich- Ich glaube, daß die Ablehnung unserer beiden
ten — statt „Treuepflichten" — aus dem Arbeits- Anträge zu § 15, den Berliner Arbeitnehmern einen
verhältnis zu sprechen. 18tägigen Mindesturlaub entsprechend dem prak-
tisch einstimmigen Beschluß des Berliner Abgeord-
In § 10 erscheint uns die Vorschrift des Satzes 2 netenhauses zu gewähren und den Urlaub der ju-
bedenklich, wonach eine Anrechnung von Kurzeiten gendlichen Arbeitnehmer an der Saar von 18 bis
auf den Urlaub möglich sein soll, wenn sie die 21 Jahren nicht von 18 Tagen auf 15 Tage herunter-
übliche Gestaltung eines Erholungsurlaubs nicht er- zusetzen, von der Bevölkerung allgemein, aber be-
heblich beeinträchtigen. Die Kur- und Heilverfahren sonders in diesen Ländern nicht verstanden wird.
werden häufig in Jahreszeiten durchgeführt, in de- Uns scheint, das war eine schlechte Entscheidung.
nen der Arbeitnehmer normalerweise keinen Urlaub Nach diesen Ausführungen, die sowohl sachliche
nimmt. Auf jeden Fall muß es daher außer Zweifel Feststellungen als auch kritische Bemerkungen ent-
stehen, daß ein Kur- oder Heilverfahren die „übliche hielten, erkläre ich für die sozialdemokratische
Gestaltung eines Erholungsurlaubs" bereits dann Bundestagsfraktion, daß wir das Mindesturlaubs-
„erheblich beeinträchtigt" und damit nicht auf den gesetz im ganzen bejahen. Durch unsere Initiative
Urlaub anrechenbar ist, wenn es den Arbeitnehmer wird heute ein Mindesturlaubsgesetz verabschiedet,
z. B. daran hindert, seinen Urlaub gemeinsam mit das über alle bisherigen Mindestregelungen der
seiner Familie zu verbringen. Dies gilt vor allem für Ländergesetze hinsichtlich der Urlaubsdauer hin-
Familienväter, die auf einen gemeinsamen Urlaub ausgeht, wenn uns auch die Mindestdauer nicht hoch
während der Schulferien angewiesen sind. genug ist. Verbunden damit ist, wie ich eingangs
erwähnte, eine einheitliche Regelung der grund-
Zu dieser Vorschrift ist weiter festzustellen, daß sätzlichen Bestimmungen des Urlaubsrechts.
die im Anschluß an Kur- und Heilverfahren ärztlich
verordneten Schonzeiten mit dem Kur- und Heilver- Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird
fahren untrennbar verbunden sind und ihnen daher auf Grund der Abstimmungsergebnisse der zweiten
für die Frage der Anrechnung auf den Urlaub gleich- Lesung in der dritten Lesung keine weiteren Ände-
stehen. Diese Auffassung ergibt sich für die Frage rungsanträge stellen. Sie wird bei der Schlußabstim-
des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung während der mung, falls es nicht von anderer Seite durch Ände-
Schonzeit eindeutig aus der Entscheidung des Bun- rungsanträge zu einer Veränderung der jetzt be-
desarbeitsgerichts vom 24. Februar 1961. Ebenso schlossenen Fassung kommt, dem vorliegenden Ent-
stellte der Vertreter des Bundesministeriums für wurf, der durch unsere Initiative zustande kam,
Arbeit und Sozialordnung vor dem Ausschuß in ihre Zustimmung geben.
bezug ,auf die Schonzeiten fest, daß es darauf an- (Beifall bei der SPD.)
komme, db der Arzt sich entschließe, festzustellen,
daß ,der betreffende Arbeitnehmer sich Schonmaß-
nahmen unterziehen müsse. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
der Herr Abgeordnete Scheppmann.
Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts sind nach
§ 11 Verdienstkürzungen unter anderem von Ar- Scheppmann (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
beitsausfällen außer Betracht zu lassen. Hierunter Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, den
sind selbstverständlich nicht nur betriebsbedingte Kommentatoren die Arbeit vorweg abzunehmen,
Ausfälle zu verstehen, sondern auch solche durch sondern im Auftrage der CDU/CSU-Fraktion eine
Freistellung mit Zustimmung des Arbeitgebers. Hier- kurze Erklärung zu dieser Gesetzesvorlage abzuge-
zu rechnet z. B. die Teilnahme an Lehrgängen der ben.
Jugend- und Sportverbände, der Gewerkschaften
Die CDU/CSU-Fraktion hat von jeher den Stand-
und anderer öffentlicher und öffentlich-rechtlicher
punkt vertreten, daß der Urlaub zu den Fragen ge-
Einrichtungen.
hört, deren Gestaltung in allererster Linie der Auto-
In § 13 Abs. 1 Satz 1 ist bestimmt, daß durch nomie der Tarifpartner überlassen bleiben sollte, und
Tarifverträge von allen Vorschriften des Gesetzes ist auch heute noch derselben Meinung. Sie hat sich
abgewichen werden kann außer den §§ 1, 2 und 3 trotzdem entschlossen, einen Antrag für ein Bundes-
Abs. 1. Um Mißdeutungen vorzubeugen, ist dazu urlaubsgesetz einzubringen, und zwar vor allem
klarzustellen — und das ist die einheitliche Auf- deshalb, weil als Folge der in den Ländern erlas-
fassung des Ausschusses —, daß durch tarifliche senen Urlaubsgesetze die Rechtszersplitterung auf
Vereinbarungen selbstverständlich auch über den diesem Gebiet allzugroß geworden ist.
in § 3 festgelegten Mindesturlaub von 15 Werk- Diese Rechtszersplitterung stellt eine große Er-
tagen hinausgegangen werden kann. Dies ergibt schwerung für die betriebliche Praxis dar und führt
sich ja auch daraus, daß § 3 von einem Urlaub in zweitens in einer großen Zahl von Fällen zur Rechts-
Höhe von mindestens 15 Werktagen spricht. unklarheit und nicht zuletzt auch zu einer starken
§ 13 Abs. 1 Satz 2 ist überflüssig, da die arbeits- Belastung der Gerichte. Aus diesen Gründen hat sich
vertragliche Vereinbarung von tariflichen Rege- insbesondere auch das Bundesarbeitsgericht nach-
lungen bereits nach geltendem Recht möglich ist. drücklich für eine zusammenfassende Regelung in
Es ist bedauerlich, wenn der Gesetzgeber die Klar- einem Bundesurlaubsgesetz ausgesprochen.
heit der Gesetze durch unnötige Regelungen ge- Des weiteren ist meine Fraktion der Auffassung,
fährdet, und es ist weiter bedauerlich, daß Sie daß der bisherige Mindesturlaub von 12 Tagen un-
unserem Antrag auf Streichung nicht gefolgt sind. ter den heutigen Verhältnissen nicht mehr als aus-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2281
Scheppmann
reichend anzusehen ist. Bei der nervlichen und phy- Damen und Herren, drei Tage mehr Urlaub entspre-
sischen Anspannung, die unsere heutige Wirtschafts- chen der Leistung von fünf bis sechs Minuten täg-
und Lebensordnung für den Menschen mit sich licher Arbeit.
bringt, ist gerade ein ausreichender Urlaub von be- Im übrigen soll unser Entschließungsantrag noch
sonderer Bedeutung. Dies ist auch von ärztlicher einmal unserer grundsätzlichen Auffassung Aus-
Seite nachdrücklich bestätigt worden. druck geben, nach der wir die Urlaubsregelung als
Die Fraktion ist andererseits der Auffassung, daß ausschließliche Aufgabe der Sozialpartner betrach-
die Urlaubsgestaltung auch in Zukunft in erster ten. Auch die heutigen Ausführungen zu unserem
Linie Sache der Sozialpartner bleiben soll. Aus die- Antrag haben uns zu einer anderen Einsicht nicht
sem Grunde hält sie es für richtig, nur einen Min- bringen können.
desturlaub vorzusehen und diesen auf ein Maß zu
Wir haben wohl in den Ausschußberatungen sach-
beschränken, das den Sozialpartnern für die weitere lich mitgearbeitet, um ein möglichst einfaches und
Ausgestaltung genügend Spielraum läßt.
überschaubares Gesetz zustandezubringen, das vor
Ferner sollten die Sozialpartner in allen sonstigen allem den Tarifpartnern Spielraum für Verhand-
Fragen , des Urlaubsrechts auch weiterhin freie Ge- lungen läßt. Da wir aber vom Grundsatz her jeden
staltungsmöglichkeiten haben. Die Vorlage sieht Eingriff in die Tarifautonomie ablehnen, wird sich
dementsprechend vor, daß die gesetzlichen Bestim- die FDP-Fraktion bei der Schlußabstimmung über
mungen nur gelten, soweit die Sozialpartner keine das vorliegende Bundesurlaubsgesetz der Stimme
andere Regelung treffen. enthalten.
Eine Rechtsvereinheitlichung, meine Damen und (Beifall bei der FDP.)
Herren, bringt es zwangsläufig mit sich, daß alle
bisherigen landesgesetzlichen Bestimmungen aufge- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge-
hoben werden einschließlich solcher, die unter be- ordneter Scheppmann.
stimmten Voraussetzungen für den Arbeitnehmer
günstiger sind. Im Hinblick auf die Erhöhung des Scheppmann (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
Mindesturlaubs gegenüber den Landesgesetzen han- Damen und Herren! Es wird leider notwendig sein,
delt es sich bei solchen günstigeren Bestimmungen noch einen Änderungsantrag zur dritten Lesung ein-
nur um wenige, die zudem nur für kleine Aus- zubringen. In der zweiten Lesung haben wir gemäß
schnitte aus dem insgesamt betroffenen Personen- dem Antrag Schmitt-Vockenhausen bezüglich der
kreis gelten. Wenn man sie aufrechterhielte, würde Bundesbahn und der Post beschlossen. Es hat sich
man einen ungleichen Rechtszustand trotz gleicher nach eingehender Prüfung herausgestellt, daß doch
Arbeits- und Lebensverhältnisse konservieren. Im noch eine redaktionelle Änderung erfolgen muß. Ich
übrigen kann auch für solche Bestimmungen auf darf mir erlauben, Herr Präsident, den Antrag vor-
die Möglichkeiten verwiesen werden, die den So- zulesen. Er lautet so:
zialpartnern für die Ausgestaltung des Urlaubs-
rechts bleiben. Antrag Scheppmann, Franzen, Behrendt und
Hörmann.
Die CDU/CSU-Fraktion wird in der dritten Lesung
dem Gesetz zustimmen. § 13 Abs. 3 erhält folgende Fassung:

(Beifall bei der CDU/CSU.) Für den Bereich der Deutschen Bundesbahn und
der Deutschen Bundespost kann von der Vor-
schrift über das Kalenderjahr als Urlaubsjahr
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat

§ 1 — in Tarifverträgen abgewichen werden.


Herr Abgeordneter Dr. Danz.
Wenn das so beschlossen wird, dann bestehen die
Dr. Danz (FDP) : Herr Präsident! Meine Damen Möglichkeiten dazu.
und Herren! Mit Genehmigung des Herrn Präsi- (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Selbstver-
denten darf ich in der allgemeinen Aussprache den ständlich!)
von meiner Fraktion — der FDP — vorgelegten Ich bitte um Zustimmung.
Entschließungsentwurf gleich mitbegründen, der die
Empfehlung an die Tarifpartner enthält, bei künf-
tigen Tarifverhandlungen vor weiteren Arbeitszeit- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das ist eine
verkürzungen einen längeren Mindesturlaub anzu- Präzisierung des Antrags zur zweiten Lesung. Das
streben. Haus ist einverstanden? — Nein, ich muß darüber
abstimmen lassen, meine Damen und Herren. Das
Ich kann mich bei der Begründung kurz fassen geht vielleicht doch über die Fassung der zweiten
und hoffe, damit den hier anwesenden Übriggeblie- Lesung hinaus.
benen entgegenzukommen. Ich möchte nur heraus-
stellen, daß wir mit unserem Antrag nicht generell Wer dem Antrag, der von dem Herrn Abgeordne-
einer weiteren Arbeitszeitverkürzung das Wort ten Scheppmann soeben verlesen worden ist, und
reden. Wir meinen aber, daß es, wenn solche Ar- der hinreichend unterstützt ist — in dritter Lesung
beitszeitverkürzungen Gegenstand von Tarifver- ist das notwendig —, zustimmen will, den bitte ich
handlungen sind, aus gesundheitspolitischen Ge- um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun-
sichtspunkten wichtiger ist, den Urlaub zu verlän- gen? — Einstimmig angenommen.
gern, statt an der wöchentlichen Arbeitszeit Kürzun- Keine weiteren Wortmeldungen in dritter Lesung.
gen vorzunehmen. Bedenken Sie doch bitte, meine Wer dem Gesetz in der so geänderten Fassung zu-
2282 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
stimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Dritte Beratung,
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Reihe allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldungen.
von Enthaltungen ist der Gesetzentwurf in dritter Wer zustimemn will, den bitte ich, sich vom Platz zu
Lesung angenommen. erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In
Ich lasse abstimmen über den Entschließungs- dritter Lesung angenommen.
antrag der Fraktion der FDP Umdruck 161 *). Wer
zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Punkt 21:
— Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit. Der Ent-
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
schließungsantrag ist abgelehnt.
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Meine Damen und Herren, ich gebe bekannt, daß Gesetzes zu dem Dritten Protokoll vom
der Tagesordnungspunkt 23 gemäß interfraktioneller 6. März 1959 zum Allgemeinen Abkommen
Vereinbarung abgesetzt worden ist. — Kein Wider- über die Vorrechte und Befreiungen des
spruch. Europarats (Drucksache IV/434) ;
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Aus-
schuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- (Drucksache IV/773)
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zu dem Ü bereinkommen vom 24. Ja- b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für
nuar 1959 über die Fischerei im Nordost- auswärtige Angelegenheiten (3. Ausschuß)
atlantik (Drucksache IV/711); (Drucksache IV/663)
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Er- (Erste Beratung 33. Sitzung).
nährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Aus-
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abg. Dr.
schuß) (Drucksache IV/747)
Kopf, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Bericht-
(Erste Beratung 48. Sitzung). erstatter verzichtet.
Ich frage den Herrn Abgeordneten Dr. Siemer, ob Ich rufe auf Artikel 1, — 2, — 3, — Einleitung
er als Berichterstatter das Wort wünscht. — Das und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? — Das
Wort wird nicht gewünscht. Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe auf Art. 1, — 2, — 3, — 4, — Einleitung
und Überschrift. — Wird das Wort gewünscht? — Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
Das Wort wird nicht gewünscht, Wer zustimmen zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In
will, gebe bitte das Handzeichen! — Gegenprobe! — zweiter Lesung angenommen!
In zweiter Lesung angenommen.
Wir kommen zur
Dritte Beratung, dritten Beratung.
allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldungen.
Wer zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — In dritter Wortmeldungen!
Lesung angenommen. Wer in dritter Lesung zustimmen will, den bitte
ich, sich vom Platz zu erheben. — Gegenprobe! —
Tagesordnungspunkt 20: Enthaltungen? — In dritter Lesung angenommen!
Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Punkt 22:
Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. Juni 1961 Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und desregierung eingebrachten Entwurfs eines
der Italienischen Republik über die Regelung Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. Juni 1961
gewisser vermögensrechtlicher, wirtschaft- zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
licher und finanzieller Fragen (Drucksache der Italienischen Republik über Leistungen
IV/433) ; zugunsten italienischer Staatsangehöriger, die
a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Aus- von nationalsozialistischen Verfolgungsmaß-
schuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung nahmen betroffen worden sind (Drucksache
(Drucksache IV/772) IV/438) ;
b) Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses Schriftlicher Bericht des Ausschusses für aus-
(14. Ausschuß) (Drucksache IV/759) wärtige Angelegenheiten (3. Ausschuß)
(Erste Beratung 33. Sitzung). (Drucksache IV/776)
Ich frage die Herren Berichterstatter, ob sie das (Erste Beratung 33. Sitzung).
Wort wünschen. — Das ist nicht der Fall. Ich frage Herrn Abgeordneten Dr. Achenbach als
Ich rufe auf Art. 1, — 2, — Einleitung und Über- Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Er ver-
schrift. — Wer zustimmen will, den bitte ich um ein zichtet.
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
In zweiter Lesung angenommen. Ich rufe auf Artikel 1 bis 5, — Einleitung und
Überschrift. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort
*) Siehe Anlage 5 wird nicht gewünscht.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2283
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Hand- Wacher, Dr. Imle und den Fraktionen der
zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines
zweiter Lesung angenommen! Zwölften Gesetzes zur Änderung des Umsatz-
steuergesetzes (Drucksache IV/661 [neu]).
Wir kommen zur
Auf das Wort zur Einbringung wird verzichtet.
dritten Beratung. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldungen!
Wortmeldungen! Vorgesehen ist Überweisung an den Finanzaus-
Wer in dritter Lesung zustimmen will, den bitte schuß — federführend —, den Wirtschaftsausschuß
ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthal- und den Haushaltsausschuß. — Kein Widerspruch;
tungen? — In dritter Lesung angenommen! es ist so beschlossen.
Punkt 23 ist, wie bereits gesagt, abgesetzt.
Punkt 25 e) :
Punkt 24 ist ebenfalls abgesetzt.
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD
Nun kommen die Ersten Beratungen, Punkt 25, eingebrachten, Entwurfs eines Gesetzes für
der Komplex der Steuergesetze. eine einmalige statistische Steuererklärung
auf der Grundlage einer Mehrwertsteuer mit
Zunächst Punkt 25 a) : Vorumsatzabzug (Drucksache IV/691 (neu)).
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht.
Aufhebung des Zuckersteuergesetzes (Druck- Hier wird eine schriftliche Begründung zu Protokoll
sache IV/64). genommen. *)

Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? — Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine
Das Wort wird nicht gewünscht. Wortmeldungen!
Vorgesehen ist Überweisung an den Finanzaus- Vorgesehen ist Überweisung an den Finanzaus-
schuß und den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der schuß — federführend — und den Haushaltsaus-
Geschäftsordnung. — Das Haus ist damit einver- schuß — mitberatend — .

standen; es ist so beschlossen.


Zur Frage der Ausschußüberweisung Herr Abge-
Punkt 25 b) : ordneter Dr. Mommer!
Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Artzinger, Stein, Dr. Dichgans und Genos- Dr. Mommer (SPD) : Herr Präsident, wir müssen
sen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes diesen Entwurf denselben Ausschüssen überweisen
zur Änderung und Ergänzung des Umsatz- wie den Entwurf eines Mehrwertsteuergesetzes
steuergesetzes (Drucksache IV/564). unter c), nämlich zur Mitberatung auch an den
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Wirtschaftsausschuß und den Ausschuß für Mittel-
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine standsfragen. Der Haushaltsausschuß wird hier
Wortmeldungen! nicht benötigt, da es sich um ein statistisches Gesetz
und nicht um ein Steuergesetz handelt.
Vorgesehen ist Überweisung an den Finanzaus-
schuß — federführend — und den Haushaltsaus-
schuß — mitberatend —. — Das Haus ist einver- Präsident D.Dr. Gerstenmaier: Der Haushalts-
standen; es ist so beschlossen. ausschuß wird hier also gestrichen. Der Finanzaus-
schuß soll als federführend bleiben. Hinzu kommen
Punkt 25 c) : dann aber der Wirtschaftsausschuß und der Aus-
Erste Beratung des von den Abgeordneten schuß für Mittelstandsfragen. — Kein Widerspruch;
Dr. Luda, Dr. Artzinger, Burgemeister, van es ist so beschlossen.
Delden, Illerhaus, Müller-Hermann und Ge-
nossen eingebrachten Entwurfs eines Um- Punkt 25 f) :
satzsteuergesetzes (Mehrwertsteuergesetz)
(Drucksache IV/660). Beratung des Antrags der Fraktion der FDP
betreffend Umsatzsteuerbefreiung für freie
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Berufe und Handelsvertreter (Drucksache IV/
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine 168).
Wortmeldungen.
Vorgesehen ist Überweisung an den Finanzaus- Das Wort zur Begründung des Antrages wird nicht
schuß — federführend —, den Wirtschaftsausschuß, gewünscht.
den Ausschuß für Mittelstandsfragen und den Haus- Allgemeine Aussprache! — Keine Wortmeldun-
haltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. — gen. Überweisung an den Finanzausschuß — feder-
Kein Widerspruch; es ist so beschlossen. führend —, Ausschuß für Mittelstandsfragen und
Punkt 25 d) : Haushaltsausschuß. — Kein Widerspruch; es ist
so beschlossen.
Erste Beratung des von den Abgeordneten
Etzel, Dr. Schmidt (Wuppertal), Brand, *) Siehe Anlage 2
2284 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Präsident D. Dr. Gerstenmaier


Punkt 25 g: Punkt 29:
Beratung des Antrags der Fraktionen der Beratung der Ubersicht des Rechtsausschusses
CDU/CSU, FDP betreffend Umsatzbesteuerung (12. Ausschuß) über die dem Deutschen Bun-
von Leistungen (Drucksache IV/736). destag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bun-
Auf das Wort zur Begründung wird verzichtet. desverfassungsgericht (Drucksache IV/754).
Allgemeine Aussprache! — Keine Wortmeldung. Wird zu dem Antrag des Ausschusses das Wort
Überweisung an den Finanzausschuß. — Ich höre gewünscht? — Wer dem Antrag des Ausschusses
keinen Widerspruch; das Haus ist einverstanden. Drucksache IV/754 zustimmen will, den bitte ich um
ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. -
Punkt 25 h: Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Beratung des Antrags der Fraktionen der
CDU/CSU, FDP betreffend Ausfuhrvergütung Tagesordnungspunkt 30:
für Wasserfahrzeuge (Drucksache IV/737). Beratung des Mündlichen Berichts ,des Wirt-
Auf das Wort zur Einbringung wird verzichtet. — schaftsausschusses (16. Ausschuß) über den
Keine Wortmeldung. Überweisung an den Finanz- von der Bundesregierung vorgelegten Vor-
ausschuß. — Das Haus ist einverstanden; es ist so schlag der Kommission der EWG für einen
beschlossen. Verordnungsentwurf über die Aussetzung der
Anwendung von Artikel 85 EWGV sowie der
Tagesordnungspunkt 26: zu seiner Durchführung bereits getroffenen
oder zu treffenden Maßnahmen auf Beförde-
Erste Beratung des von der Bundesregierung
rungen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnen-
eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Ge-
schiffsverkehr, eine Stellungnahme der Kom-
setzes zur Sicherung des Straßenverkehrs
(Drucksache IV/651). mission für den Rat in Form eines Verord-
nungsentwurfs zur Aussetzung der Anwen-
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. dung der Artikel 85 bis 94 des Vertrages zur
Allgemeine Aussprache! — Keine Wortmeldung. Gründung der Europäischen Wirtschaftsge-
Überweisung an den Rechtsausschuß — federführend meinschaft auf die Seeschiffahrt und Luftfahrt
— und an den Ausschuß für Verkehr, Post- und (Drucksachen IV/665, IV/756).
Fernmeldewesen — mitberatend —. — Das Haus ist Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das
einverstanden; es ist so beschlossen. Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzich-
tet. Wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht
Punkt 27 der Tagesordnung: der Fall.
Erste Beratung des von den Abgeordneten Wer dem Antrag des Wirtschaftsausschusses auf
Wilhelm, Gottesleben, Dr. Schneider (Saar- Drucksache IV/756 zustimmen will, den bitte ich um
brücken), Kulawig, Draeger, Ruland, Hussong, ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag des
Klein (Saarbrücken), Baldauf und Genossen Ausschusses ist angenommen.
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Zweiten Änderungsgesetzes Punkt 31 der Tagesordnung:
zum AVAVG (Drucksache IV/744).
Beratung des Schriftlichen Berichts des Aus-
(Abg. Stingl: Arbeitsvermittlungs- und Ar schusses für Ernährung, Landwirtschaft und
beitslosenversicherungsgesetz!) Forsten (19. Ausschuß) über den Antrag der -
— Glauben Sie, daß alle Leute Experten sein kön- Abgeordneten Gewandt, Müller-Hermann,
nen? Das muß in der Vorlage des Parlaments un- Blumenfeld, Rollmann, Dr. Conring, Kuntscher,
bedingt ausgedruckt werden. Es können doch nicht Dr. Pflaumbaum, Dr. Siemer, Glüsing (Dithmar-
alle Leute wissen, was AVAVG heißt. schen), Ranser, Dr. Stoltenberg, Struve und
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Fraktion der CDU/CSU, Dr. Löbe, Dr. Mende
und Fraktion der FDP betr. Bericht über die
Allgemeine Aussprache! — Keine Wortmeldung. Lage der deutschen Hochseefischerei (Druck-
Überweisung an den Ausschuß für Arbeit. — Das sachen IV/133 [neu], IV/714).
Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen.
Ich frage den Herrn Berichterstatter, den Abge-
Punkt 28: ordneten Bauknecht, ob er dazu das Wort wünscht.
— Der Herr Berichterstatter verzichtet. Wird das
Erste Beratung des von der Bundesregierung Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich
die Pfandbriefe und verwandten Schuldver- um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun-
schreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditan- gen? — Angenommen.
stalten (Drucksache IV/749).
Punkt 32 der Tagesordnung:
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
Allgemeine Aussprache! — Keine Wortmeldung. schusses für wirtschaftlichen Besitz des Bun-
Überweisung an den Wirtschaftsausschuß. — Das des (28. Ausschuß) über den Antrag des Bun-
Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen. desministers der Finanzen betr. Veräußerung
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2285
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
einer Teilfläche der ehemaligen Hutier-Ka- Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will,
serne in Darmstadt an die Stadt Darmstadt den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
(Drucksachen IV/620, IV/787). — Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeord- Punkt 35 der Tagesordnung:
neten Dr. Mälzig, ob er das Wort wünscht. — Der
Berichterstatter verzichtet. Keine Wortmeldung. Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für wirtschaftlichen Besitz ides Bun-
Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen des (28. Ausschuß) über den Antrag des Bun-
will, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — desministers der Finanzen betr. Veräußerung
Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen. einer Teilfläche der ehemaligen Schack-
Kaserne in Hannover an die Stadt Hannover
Punkt 33 der Tagesordnung: (Drucksachen IV/626, IV/790).
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Dr. Mäl-
schusses für wirtschaftlichen Besitz des Bun- zig, verzichtet. Keine Wortmeldungen.
des (28. Ausschuß) über den Antrag des Bun- Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will,
desministers der Finanzen betr. Veräußerung den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
einer Teilfläche des ehemaligen Flugplatzes — Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.
Loddenheide an die Stadt Münster (West-
falen) (Drucksachen IV/621, IV/788). Punkt 36 und letzter Punkt der Tagesordnung:
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeord- Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr.
neten Dr. Mälzig, ob er das Wort wünscht. — Er Süsterhenn, Bauer (Würzburg) und Genossen
verzichtet. Keine Wortmeldung. betr. erweitertes juristisches Aktionspro-
gramm des Europarates' (Drucksache IV/753).
Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen
will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen- Die Herren Antragsteller verzichten auf das Wort.
probe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist ange- Keine Wortmeldungen.
nommen. Vorgesehen ist die Überweisung an den Rechts-
ausschuß — federführend — und an den Ausschuß
Punkt 34 der Tagesordnung: für auswärtige Angelegenheiten — mitberatend —.
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- — Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen.
schusses für wirtschaftlichen Besitz des Bun- Meine Damen und Herren, damit sind wir für
des (28. Ausschuß) über den Antrag des Bun- diese Woche am Schluß unserer Tagesordnung. Ich
desministers der Finanzen betr. Veräußerung berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
einer Teilfläche der ehemaligen Fahrtruppen tages ein auf Mittwoch, den 12. Dezember, 15 Uhr.
schule in Hannover an das Land Nieder-
sachsen (Drucksachen IV/622, IV/789). Die Sitzung ist geschlossen.
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Dr. Mäl-
zig, verzichtet auf das Wort. Keine Wortmeldungen. (Schluß der Sitzung: 14.07 Uhr.)

-
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2287

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1
Liste der beurlaubten Abgeordneten Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 15. 12.
Müller (Berlin) 15. 12.
Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Opitz 7. 12.
Dr. Achenbach* 7. 12. Paul* 7. 12.
Frau Albertz 15. 12. Dr. Pflaumbaum 7. 12.
Altmaier * 7. 12. Frau Dr. Probst** 7. 12.
Dr. Arndt (Berlin) 7. 12. Rademacher 15. 12.
Dr. Aschoff 15. 12. Ramms 7. 12.
Dr. Atzenroth 7. 12. Frau Dr. Rehling * 7. 12.
Bauer (Würzburg) * 7. 12. Frau Renger * 7. 12.
Bauknecht 15. 12. Ruland 7. 12.
Bausch 7. 12. Dr. Schmid (Frankfurt) 9. 12.
Berkhan* 7. 12. Schneider (Hamburg) 7. 12.
Fürst von Bismarck* 7. 12. Seibert 7. 12.
Blachstein* 7. 12. Seidl (München) * 7. 12.
Dr. Böhm (Frankfurt) 7. 12. Dr. Serres * 7. 12.
Dr. h. c. Brauer * 7. 12. Seuffert ' 7. 12.
Frau Brauksiepe 7. 12. Stephan 15..12.
Dr. Deist 7. 12. Dr. Stoltenberg 7. 12.
Dr. Dittrich 7. 12. Strohmayr 7. 12.
Dr. Dörinkel 7. 12. Dr. Süstérhenn * 7. 12.
Ehnes 7. 12. Urban 7. ,12.
Ehren 7. 12. Verhoeven 7. 12.
Erler * 7. 12. Frau Vietje 8. 12.
Even (Köln) 7. 12. Dr. Wahl 15. 12.
Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) * 7. 12. Wehner 7. 12.
Gerns* 7. 12. Weinklamm 7. 12.
Günther 7. 12. Wendelborn 7. 12.
Haage (München) 15. 12. Wienand* 7. 12.
Haase (Kellinghusen) 7. 12, Wittmer-Eigenbrodt 15. 12.
Hauffe 15. 12. Dr. Zimmer * 7. 12.
Dr. Heck 7. 12.
Häfler * 7. 12.
Dr. Hoven 7. 12.
Frau Dr. Hubert* 7. 12.
Dr. Huys 7. 12. Anlage 2
Jacobi (Köln) 15. 12.
Jacobs* 7. 12. Schriftliche Begründung
Jürgensen 15. 12. des Abgeordneten Kurlbaum für die Fraktion der
Kahn-Ackermann 12. 12. SPD zu dem von der Fraktion der SPD eingebrach-
Kalbitzer 7. 12. ten Entwurf eines Gesetzes für eine einmalige sta-
Dr. Kempfler 7. 12. tistische Steuererklärung auf der Grundlage einer
Killat 7. 12. Mehrwertsteuer mit Vorumsatzabzug (Drucksache
Dr. Kliesing (Honnef) * 7. 1:2. IV/691 [neu]).
Dr. Kopf * 7. 12.
Dr. Kreyssig 7. 12. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat
Kühn (Köln) * 7. 12. das heute in seiner Aktualität von niemandem mehr
Kurlbaum 7. 12. bestrittene Problem einer Umsatzsteuer-System-
Leber 7. 12. reform als erste der Bundestagsfraktionen schon im
Lenze (Attendorn) * 7. 12. Jahre 1956 mit ihrem Antrage Drucksache 2234 betr.
Lermer * 7. 12. Ums atzsteuersystem aufgegriffen. In der Begrün-
Lohmar 7. 12. dung dieses Antrags in der 149. Sitzung am B. Juni
Margulies 7. 12. 1956 wunden von unserer Seite bereits folgende drei
Mauk 7. 12. entscheidende Argumente für die Notwendigkeit
Frau Dr. Maxsein* 7. 12. einer Umsatzsteuer-Systemreform in den Vorder-
Metzger ** 7. 12. grund gestellt:
Dr. Meyer (Frankfurt) * 7. 12. 1. Unser geltendes kumulatives Umsatzsteuerrecht
begünstigt einseitig in unserer Wirtschaft die An-
* Für die Teilnahme an einer Tagung der Versammlung gliederung vor- und nachgeordneter Produktions-
der Westeuropäischen Union oder Handelsstufen entweder durch Ausbau bisher
** Für die Teilnahme an einer Ausschußsitzung des Euro- vorhandener Unternehmen oder durch Verschmel-
päischen Parlaments zung bisher selbständiger Unternehmen oder durch
2288 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Abschluß von Organschaftsverträgen. Diese einsei- steuerrechts zu bagatellisieren. Allerdings hat die
tige steuerliche Begünstigung für mehrstufige Unter- Bundesregierung weder in der Denkschrift von 1958
nehmen stellt eine akute Gefahr für die in der Regel noch später irgendeinen verbindlichen Vorschlag
kleinen oder mittleren selbständigen, nur einstu- zur Umsatzsteuer-Systemreform gemacht. Das ist
figen Unternehmen dar. Ihre Existenz kann lang- auch deshalb ein bedenkliches Versäumnis, weil in-
fristig dadurch gefährdet werden, daß sie von kon- zwischen die EWG-Kommission in ihrer Richtlinie
kurrierenden mehrstufigen steuerbegünstigten zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften
Unter-der Mit-
nehmen unterboten und daher vom Markt verdräng\ gliedstaaten betr. die Umsatzsteuer den Vorschlag
werden oder sie müssen sich, wenn sie sich vom gemacht hat, daß alle Mitgliedstaaten, die bisher
Markt nicht verdrängen lassen wollen, mit geringe- ein kumulatives Umsatzsteuersystem besitzen, also
ren Gewinnspannen abfinden als die steuerbegün- auch die Bundesrepublik, bis zum Beginn des Jah-
stigten mehrstufigen Konkurrenzunternehmen. Aber res 1967 zu einem nichtkumulativen Umsatzsteuer
auch dann, wenn sie sich weiter auf dem Markte system übergehen sollen. Diese Entschädigung der
behaupten können, sind sie infolge ihrer geringen EWG-Kommission ist keineswegs überraschend ge-
Gewinnspanne finanziell geschwächt und in ihrer kommen, vielmehr mußte sie aufgrund verschie-
Entwicklung behindert. dener in den letzten Monaten veröffentlichter Gut-
achten erwartet werden. Die EWG-Kommission hat
2. Unser geltendes kumulatives Umsatzsteuer sich zu diesem Vorschlag nicht nur aus den gewich-
system behindert eine optimale Arbeitsteilung in tigen Gründen entschlossen, die den wissenschaft-
unserer Volkswirtschaft und die Herausbildung von lichen Beirat beim Bundesfinanzministerium schon
leistungsfähigen spezialisierten Zulieferer-Indu- 1953 zur Empfehlung einer Mehrwertsteuer be-
strien. Es ist daher ein ernstes Hindernis für die wogen haben und die die SPD-Bundestagsfraktion
Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen im Jahre 1956 zur Einbringung ihres Antrages ver-
Wirtschaft im Wege der Spezialisierung. anlaßt haben, sondern nunmehr ist auch klar ge-
worden, daß der grenzüberschreitende Warenver-
3. Das geltende kumulative Umsatzsteuersystem
kehr nur dann von allen jetzigen Zoll- und Steuer-
macht eine richtige umsatzsteuerliche Ent- oder Be-
formalitäten innerhalb des EWG-Raumes befreit
lastung beim Grenzübergang unmöglich. Das bedeu-
werden kann, wenn mindestens gleichzeitig mit dem
tet, daß nach der Bundesrepublik eingeführte Waren Fortfall der Zölle auch alle Partnerländer den Über-
nicht einwandfrei ebenso hoch mit Umsatzsteuer gang zu einer Mehrwertsteuer vollzogen haben.
belastet sind wie die in der Bundesrepublik her-
gestellten konkurrierenden Erzeugnisse. Ebenso Der notwendige Wechsel im System der Umsatz-
wenig ist es unter dem geltenden Umsatzsteuerrecht steuer wirft aber erhebliche Probleme auf, die kurz-
möglich, die in der Bundesrepublik hergestellten fristig nicht bewältigt werden können. Vielmehr
Waren beim Export entsprechend ihrer individuellen muß der Übergang auf das sorgfältigste vorbereitet
umsatzsteuerlichen Belastung völlig von der Um- werden. Auch gerade bezüglich der Vorbereitungen
satzsteuer zu entlasten. dieses Überganges müssen der Bundesregierung
schwere Vorwürfe gemacht werden.
Schon im Jahre 1956 befand sich die SPD-Bundes-
tagsfraktion mit ihrem Anliegen und mit der Be- Noch im Mai d. J. hat die Bundesregierung dem
gründung ihres Anliegens in voller Übereinstim- Deutschen Bundestag den Entwurf eines Gesetzes
mung mit den Empfehlungen des wissenschaftlichen über die Umsatzsteuerstatistik für das Kalenderjahr
Beirats beim Bundesfinanzministerium von 1953 zur 1962 (Drucksache IV/420) vorgelegt, bezüglich dessen
Steuerreform. In seinem damaligen Gutachten sagte sie im Finanzausschuß des Bundestages das Ge-
der wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzmini- ständnis ablegen mußte, daß die von ihr noch im -
sterium sehr richtig von der Umsatzsteuer: „Die Jahre 1962 vorgeschlagene Umsatzsteuerstatistik
Umsatzsteuer soll eine allgemeine Verbrauchsteuer, keine ausreichende statistische Grundlage weder
nicht aber eine nach den Verhältnissen der steuer- für die Festlegung des Steuersatzes einer Mehrwert-
pflichtigen Unternehmer ausgestaltete Betriebs- steuer noch für die Abschätzung der Auswirkungen
steuer sein." Abschließend empfiehlt der wissen- des Systemwechsels auf die einzelnen Wirtschafts-
schaftliche Beirat schon 1953 den Übergang zu einer zweige bietet. Wir wissen aus den Berechnungen,
nicht kumulativen Allphasen-Umsatzsteuer, d. h., die eines der größten wirtschaftswissenschaftlichen
zu einer alle Wirtschaftszweige erfassenden Mehr- Institute der Bundesrepublik zur Ermittlung des
wertsteuer. Steuersatzes für unserer Mehrwertsteuer-Gesetz-
Der Antrag der SPD-Fraktion vom März 1956 entwurf angestellt hat, daß heute wegen der Män-
führte allerdings dann erst im Dezember 1958 zur gel der laufenden Umsatzsteuerstatistik noch immer
Vorlage einer Denkschrift der Bundesregierung über auf die alten genaueren statistischen Ziffern von
die Umsatzbesteuerung. Man muß anerkennen, daß 1954 zurückgegriffen werden muß. Die Gedanken-
in dieser Denkschrift vom Jahre 1958 mindestens losigkeit des Bundesfinanzministeriums hat also den
der Versuch einer sachlichen und umfassenden Be- Bundestag aus Gründen, die noch der Aufklärung
handlung des Problems einer Umsatzsteuerreform bedürfen, hier in eine außerordentlich schwierige
unternommen worden ist, im Gegensatz zur Denk- Lage gebracht.
schrift der Bundesregierung, Drucksache 1924 vom Um insbesondere aus dieser Schwierigkeit so
Dezember 1955 betr. Überprüfung des Umsatzsteuer- schnell wie möglich wieder herauszukommen, hat
rechts, in der noch der primitive Versuch unter- sich die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ent-
nommen wurde, die heute unbestrittene konzentra- schlossen, den vorliegenden Entwurf eines Gesetzes
tionsfördernde Wirkung des geltenden Umsatz- für eine einmalige statistische Steuererklärung auf
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2289

der Grundlage einer Mehrwertsteuer mit Vorumsatz- Bei den Befreiungen und bei den Begünstigungen
abzug vorzulegen. Seine schnelle Annahme würde durch einen ermäßigten Steuersatz haben wir uns
es gerade noch gestatten, alle die Daten noch recht- die Zurückhaltung auferlegt, die notwendig war,
zeitig zu erhalten, die für die Ausarbeitung eines damit der allgemeine Steuersatz nach den uns vor-
endgültigen Mehrwertsteuer-Gesetzentwurfs und gelegten Berechnungen nicht höher als 10 % ange-
seine rechtzeitige parlamentarische Erledigung not- setzt werden muß. Aber auch hier sind wir der
wendig sind. Meinung, daß Einzelheiten noch gründlich gemein-
Wir sind uns bewußt, daß Einzelheiten unseres sam in den Fachausschüssen beraten werden sollten.
Gesetzentwurfs noch einer eingehenden Beratung in
Wir hoffen, daß die Mehrheit dieses Hauses sich
den Fachausschüssen bedürfen. Da jedoch die Bun- zu einer schnellen Behandlung und Verabschiedung
desregierung sich bisher der dringenden Aufgabe
dieses Gesetzentwurfes entschließt. Von dem schnel-
versagt hat, einen eigenen Gesetzentwurf einzubrin- len Fortschritt unserer Arbeit an einer System-
gen, blieb diese Aufgabe den Fraktionen überlassen.
reform wird es abhängen, ob der Deutsche Bundes-
Wir begrüßen es, daß sich in der CDU/CSU-Fraktion tag gezwungen sein wird, seine unbefriedigende
eine Gruppe von Abgeordneten gefunden hat, die
Flickarbeiten am bisherigen Umsatzsteuersystem
mit der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion
fortzusetzen oder nicht, die zu einer ständigen wei-
der Meinung ist, daß mit einer parlamentarischen teren Verkomplizierung des geltenden Rechtes
Beratung des notwendigen Umsatzsteuer-System- führen müssen.
wechsels unter keinen Umständen mehr gewartet
werden kann. Wir hoffen auch immer noch auf die In diesem Zusammenhang muß auch darauf hin-
Unterstützung wenigstens eines Teiles der FDP- gewiesen werden, daß über die schon im Jahre 1957
Bundestagsfraktion, insbesondere des amtierenden eingereichte Verfassungsbeschwerde des Verbandes
Bundesfinanzministers, der noch im Juni 1961 in der der weiterverarbeitenden Industrie in Lüdenscheid
163. Sitzung des Bundestages die damals alleinige gegen das deutsche Umsatzsteuergesetz auch nach
Regierungsfraktion als Abgeordneter dafür verant- über fünf Jahren immer noch nicht entschieden wor-
wortlich gemacht hat, daß noch kein Umsatzsteuer- den ist; gewiß ein Zustand, der jedem guten Demo-
Reform-Vorschlag der Bundesregierung vorläge. Lei- kraten Sorge machen muß.
der hat sich dann der bisherige Bundesfinanzminister
in seiner Etatrede vom 7. November d. J. darauf Auch muß damit gerechnet werden, daß die jetzt
beschränkt, von der Notwendigkeit einer wettbe- versuchten Verbesserungen der umsatzsteuerlichen
werbsneutralen Umsatzsteuer ohne steuerlichen An- Be- und Entlastungen beim Grenzübergang im
reiz zur Konzentration zu sprechen und den Bundes- Rahmen des geltenden Umsatzsteuergesetzes zu
tag damit zu vertrösten, gelegentlich der Beantwor- neuen berechtigten Beanstandungen wegen Verlet-
tung der schon im Juni d. J. eingereichten Großen zung des Gleichheitsgrundsatzes führen werden.
Anfrage meiner Fraktion auf dieses Problem im ein- Wir beantragen die Überweisung unseres Gesetz-
zelnen einzugehen. Die Beantwortung unserer Gro- entwurfes — federführend — an den Finanzaus-
ßen Anfrage ist dann leider auf Wunsch des Herrn schuß und — mitberatend — an den Wirtschafts-
Bundesfinanzministers immer wieder hinausgescho- ausschuß und Mittelstandsausschuß und bitten noch-
ben worden, so daß uns bis heute auch die Absich- mals um eine baldige Beratung und Verabschiedung
ten der Bundesregierung unbekannt geblieben sind. in diesen Ausschüssen.
Auf die Einzelheiten des von uns vorgeschlagenen
Mehrwertsteuer-Gesetzes möchte ich nur in groben
Zügen eingehen. Wir haben uns entschlossen, dem
Vorumsatzabzug den Vorzug zu geben, weil wir
befürchten, daß durch die bekannte Nachholwirkung Anlage 3 Umdruck 157
beim Vorsteuerabzug z. B. die derzeitige Umsatz-
steuerfreiheit der Landwirtschaft weitgehend illu- Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU
sorisch werden würde. Wir werden aber die Frage zur zweiten Beratung des von den Fraktionen der
Vorumsatzabzug oder Vorsteuerabzug zu keiner CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge-
Glaubensfrage machen, sondern sind dafür, daß setzes zur Änderung des Spar-Prämiengesetzes
diese Frage in ihren einzelnen Auswirkungen in den (Drucksachen IV/407 [neu], IV/770).
Fachausschüssen geklärt wird. Eine günstige Neben-
wirkung unseres Vorschlages ist aber, daß eine so- Der Bundestag wolle beschließen:
fortige Steuererklärung noch für das Jahr 1962, In Artikel 1 Nr. 4 erhält § 8 Abs. 1 folgende Fas-
selbstverständlich nur auf der Grundlage des Vor- sung:
umsatzabzuges, durchführbar ist.
„ (1) Die vorstehende Fassung dieses Gesetzes
Bei der Einführung des Wahlrechtes bis zu gilt vorbehaltlich des Absatzes 2 für Sparbeiträge,
240 000 DM Jahresumsatz im § 18 unseres Gesetz- die auf Grund von Verträgen geleistet werden, die
entwurfes haben wir uns von dem Gedanken leiten nach dem 31. Dezember 1962 abgeschlossen worden
lassen, daß alle kleinen und mittleren Steuerzahler sind."
mit Sicherheit davor geschützt werden sollten, eine
höhere Steuer als bisher zu zahlen, und daß sie auch
die Möglichkeit haben sollten, nach dem Steuer- Bonn, den 4. Dezember 1962
system weiter besteuert zu werden, an das sie sich
in langen Jahren gewöhnt haben. Dr. von Brentano und Fraktion
2290 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962

Anlage 4 Umdruck 160 Weinzierl Wieninger


Winkelheide Dr. Wuermeling
Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Alt- Dr. Winter Wullenhaupt
hammer, Frau Welter (Aachen), Kühn (Hildesheim),
Frau Pitz-Savelsberg, Dr. Hauser, Dr. Czaja, Dr.
Süsterhenn, Bausch und Genossen zur zweiten Be-
ratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- Anlage 5 Umdruck 161 (neu)
rung des Spar-Prämiengesetzes (Drucksachen IV/407
Entschließungsantrag der Fraktion der FDP
[neu], IV/770).
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Mindest-
Der Bundestag wolle beschließen: urlaubsgesetzes für Arbeitnehmer (Bundesurlaubs-
In .Artikel 1 Nr. 1 erhält § 2 Abs. 2 Satz 2 folgende gesetz) (Drucksachen IV/142, IV/207, IV/785).
Fassung: Der Bundestag wolle beschließen:
„Hat der Prämiensparer oder haben die Ehegatten Der Bundestag fordert die Tarifpartner auf, bei
Kinder im Sinne des Absatzes 1, so erhöhen sich die künftigen Tarifverhandlungen vor weiteren Arbeits-
Höchstbeträge bei zeitverkürzungen einen längeren Mindesturlaub an-
zustreben.
ein oder zwei Kindern um 60 Deutsche Mark,
Bonn, den 6. Dezember 1962
drei bis fünf Kindern um 160 Deutsche Mark,
mehr als fünf Kindern um 240 Deutsche Mark." Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion

Bonn, den 4. Dezember 1962


Anlage 6 Umdruck 164
Dr. Althammer Frau Jacobi (Marl)
Frau Welter (Aachen) Dr. Jaeger Änderungsantrag der Abgeordneten Schepp-
Kühn (Hildesheim) Josten mann und Genossen zur zweiten Beratung des Ent-
Frau Pitz-Savelsberg Dr. Kanka wurfs eines Mindesturlaubsgesetzes für Arbeit-
Dr. Hauser Kemmer nehmer (Bundesurlaubsgesetz) (Drucksachen IV/142,
Dr. Czaja Dr. Kempfler IV/207, IV/785).
Dr. Süsterhenn Frau Klee Der Bundestag wolle beschließen:
Bausch Knobloch
In § 7 Abs. 3 werden die Worte „persönliche
Adorno Krug
Gründe" durch die Worte „in der Person des Arbeit-
Dr. Aigner Kuntscher
nehmers liegende Gründe" ersetzt.
Dr. Arnold Lang (München)
Dr. Artzinger Leicht
Baier (Mosbach) Lenz (Brühl) Bonn, den 6. Dezember 1962
Balkenhol Leonhard
Berberich Leukert Scheppmann
Biechele Dr. Lahr Franzen
Dr. Bieringer Maier (Mannheim) Varelmann
Maucher Porten
Frau Dr. Bleyler
Memmel Diebäcker
von Bodelschwingh
Menke Hesemann
Frau Brauksiepe
Lang (München)
Bühler Mick
Müller (Remscheid)
Deringer Frau Dr. Pannhoff
Schneider (Hamburg)
Frau Engländer Dr.-Ing. Philipp
Frau Schroeder (Detmold)
Dr. Even (Düsseldorf) Porten
Storch
Even (Köln) Rollmann
Dr. Franz Rommerskirchen
Franzen Ruf
Frau Geisendörfer Frau Schroeder (Detmold)
Dr. Götz Schütz Anlage 7 Umdruck 165
Gottesleben Seidl (München)
Dr. h. c. Güde Dr. Sinn Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur
Freiherr zu Guttenberg Spies zweiten Beratung des Entwurfs eines Mindest-
Haase (Kassel) Stingl urlaubsgesetzes für Arbeitnehmer (Bundesurlaubs-
Dr. Hahn (Heidelberg) Stooß gesetz) (Drucksachen IV/142, IV/207, IV/785).
Harnischfeger Sühler Der Bundestag wolle beschließen:
Dr. Heck Teriete
1. In § 3 erhält Absatz 1 folgende Fassung:
Heix Dr. Freiherr von
"(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens
Hilbert Vittinghoff-Schell
Höher Vogt 18 Werktage; maßgebend ist der Beginn des
Holkenbrink Wagner Kalenderjahres.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Dezember 1962 2291

2. In § 4 wird das Wort „ununterbrochenem" ge- Anlage 8


strichen.
Schriftliche Antwort
3. In § 13 Abs. 1 wird Satz 2 gestrichen.
des Herrn Bundesministers Stücklen auf die Münd-
Für den Fall der Ablehnung des Antrags unter liche Anfrage des Abgeordneten Kulawig (Frage-
Nr. 1: stunde der 51. Sitzung vom 7. Dezember 1962,
4. § 15 erhält folgenden neuen Absatz 3: Drucksache IV/794, Frage IV).
Beabsichtigt die Deutsche Bundespost, nachdem die Neu- und
„(3) In Kraft bleiben ferner Erweiterungsbauten des Post- und Telegrafenamtes Saarlouis
abgeschlossen sind, auch den im Gebäude der alten Komman-
1. § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Ge- dantur untergebrachten Teil des Amtes — unter Erhaltung der
unter Denkmalschutz stehenden Fassade des Bauwerkes — bau-
währung von Urlaub in Berlin vom lich zu erneuern?
24. April 1952 (GVBl. S. 297) in der Ein den derzeitigen Erfordernissen des Post- und
Fassung des zweiten Gesetzes zur Fernmeldewesens entsprechender Umbau des Ge-
Änderung des Urlaubsgesetzes vom bäudes der alten Kommandantur ist mit erheblichen
(GVBl. S.... ); bautechnischen Schwierigkeiten verbunden, weil
2. die im Saarland geltenden Vorschrif- sich das Gebäude in einem schlechten Bauzustand
ten über den Urlaub von Arbeitneh- befindet und unter Denkmalschutz steht. Der Denk-
mern im Alter vom vollendeten acht- malpfleger prüft zur Zeit, ob der Denkmalschutz
zehnten bis zum vollendeten einund- des Gebäudes aufrechterhalten bleiben soll. Von der
zwanzigsten Lebensjahr." Entscheidung dieser Frage wird abhängen, ob und
auf welche Weise das Gebäude baulich erneuert
Bonn, den 6. Dezember 1962 wird.
Mit freundlichen Grüßen
Ollenhauer und Fraktion Stücklen

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