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D eutscher Bundestag

21. Sitzung

Bonn, den 21, März 1962

Inhalt:

Glückwünsche zu den Geburtstagen der Frage des Abg. Dröscher:


Abg. Frau Dr. h. c. Weber (Essen), Hese-
mann und Metzger 759 A Hypothekengewinnabgaben bei Grund-
stücken von Turn- und Sportvereinen

Fragestunde (Drucksache IV/ 267) Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 762 D,


763 A, B

Frage der Abg. Frau Meermann: Dröscher (SPD) 763 A

Filme „Die unmenschliche Mauer" und


„Bewährungsprobe Berlin" Fragen der Abg. Dr. Reinhard und Unertl:

von Eckardt, Staatssekretär . . . . 759 D, Preisverfall auf dem Eiermarkt


360B, C, D, 361 A, B, C, D, 762 A Hüttebräuker, Staatssekretär . . 763 B, C
Frau Meermann (SPD) 760 B, C
Dr. Dr. h. c. Friedensburg Fragen der Abg. Dr. Reinhard und Unertl:
(CDU/CSU) 760 C Maßnahmen zur Erhaltung der Eier-
Dr. Mommer (SPD) 760 D produktion
Büttner (SPD) 761 A Hüttebräuker, Staatssekretär . . . 763 D
Sänger (SPD) 761 B
Frage des Abg. Dr. Reinhard:
Schwabe (SPD) 761 C
Einschleusungspreise für Eier und Ge-
Dr. Kohut (FDP) 761 D flügel
Vogt (CDU/CSU) 762 A Hüttebräuker, Staatssekretär . . 764 A, B
Dr. Reinhard (CDU/CSU) 76413
Frage des Abg. Höhmann
(Hessisch-Lichtenau) :
Frage des Abg. Unertl:
Zonengrenzübergang Herleshausen/
Wartha Anwendung des Abschöpfungssystems '
der EWG bei Eiern
Höcherl, Bundesminister . . . . 762 B, C
Hüttebräuker, Staatssekretär . . 765 C, D
Höhmann (Hessisch-Lichtenau)
(SPD) 762 B, C Unertl (CDU/CSU) 765 D
II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962

Frage des Abg. Dr. Roesch: Frage des Abg. Dröscher:


Einfuhr von Vieh aus Österreich und Entlassungstermine für Wehrpflichtige
der Schweiz
Hopf, Staatssekretär . 769 D, 770 B
Hüttebräuker, Staatssekretär . 765 A, C, D
Dröscher (SPD) .770 B
Dr. Roesch (SPD) 765 B, C
Unertl (CDU/CSU) ....... 765 C
Frage des Abg. Merten:
Frage des Abg. Wächter: Verhalten des Hauptfeldwebels Boehme
Beihilfen für holländische Landwirte in beim Kreiswehrersatzamt Mannheim
der Bundesrepublik Hopf, Staatssekretär . 770 B, D, 771 A
Hüttebräuker, Staatssekretär . . . 765 D, Merten (SPD) .......... 77Ø C
766 A, B
Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) . 771 A
Wächter (FDP) 766 A, B
Frage des Abg. Dr. Kohut:
Frage des Abg. Schmidt (Kempten) :
Reeder Onassis und Entwicklungs
Exportsubventionen für französischen hilfe
Käse
Scheel, Bundesminister . . . . 771 B, C, D,
Hüttebräuker, Staatssekretär . 766 B, D 772 A, C
Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . . 766 C Dr. Kohut (FDP) 771 C, D
Ertl (FDP) .......... 766 D Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 771 D,
772, A, C
Frage des Abg. Logemann: Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 772 B
Veredelungswirtschaft
Antrag betr. Einsetzung eines Unter-
Hüttebräuker, Staatssekretär . . 767 A suchungsausschusses (SPD) (Drucksache
Dröscher (SPD) 767 B IV/ 247)
Jahn (SPD) .......... 772 D
Frage des Abg. Logemann:
Preise für eingeführte Frühkartoffeln Sammelübersicht 4 des Petitionsausschusses
über Anträge von Ausschüssen zu Peti-
Hüttebräuker, Staatssekretär . . . 767 B tionen (Drucksache IV/ 235) . . . . . 774 A

Frage des Abg. Logemann: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände-
rung des Gesetzes über die Förderung
Zolltarifkontingente des Wohnungsbaus für Umsiedler in den
Hüttebräuker, Staatssekretär . . . 767 D Aufnahmeländern und des Wohnungs-
baus für Sowjetzonenflüchtlinge in Berlin
(Rehs, Frau Korspeter, Zühlke und Frak-
Frage des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : tion der SPD) (Drucksache IV/ 213) —
- Erste Beratung —; in Verbindung mit
Senkung der Getreidefrachten
dem
Hüttebräuker, Staatssekretär . 768 B, C, D
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 768 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände-
rung des Gesetzes über die Förderung
Dröscher (SPD) 368 D des Wohnungsbaus für Umsiedler in den
Aufnahmeländern und des Wohnungs-
Frage des Abg. Riegel (Göppingen) : baus für Sowjetzonenflüchtlinge in Berlin
(Abg. Dr. Hesberg, Kuntscher, Dr. Mälzig,
Umrechnung der Renten nach dem Mick, Dr. Czaja, Schütz u. Gen.) (Druck-
Fremdrenten- und Auslandsrenten sache IV/ 269) — Erste Beratung —
Neuregelungsgesetz
Rehs (SPD) 774 B, 775 B
Blank, Bundesminister . . . . . 769 A, B
Kuntscher (CDU/CSU) . 774 D, 775 C
Riegel (Göppingen) (SPD) . . . 769 A, B
Entwurf eines Gesetzes zu dem Überein-
Frage des Abg. Felder: kommen Nr. 112 der Internationalen
Bescheide der Familienausgleichskassen Arbeitsorganisation vom 19. Juni 1959
über das Mindestalter für die Zulassung
Blank, Bundesminister 769 B, C zur Arbeit in der Fischerei (Drucksache
Felder (SPD) 769 C IV/ 232) — Erste Beratung — 775 D
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 III

Entwurf eines Gesetzes zu der Erklärung Schriftlicher Bericht des Außenhandelsaus-


vom 18. November 1960 über den vorläu- schusses über den Entwurf einer Achten
figen Beitritt Argentiniens zum Allgemei- Verordnung zur Änderung des Deutschen
nen Zoll- und Handelsabkommen (Druck- Zolltarifs 1962 (roter Naturwein usw.)
sache IV/ 228) — Erste Beratung — . . . 776 A (Drucksachen IV/ 225, IV/ 265) . . . . . 776 D

Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Bericht des Außenhandelsausschusses über


Änderung des Lastenausgleichsgesetzes die Zweite Verordnung zur Änderung der
(16 ÄndG LAG) (Abg. Rehs, Jaksch, Frau Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirt-
Korspeter, Zühlke und Fraktion der SPD) schaftsgesetz — vom 29. Dezember 1961
(Drucksache IV/ 250) — Erste Beratung — 776 A (Drucksachen IV /112, IV/ 259) . . . . . 777 A

Bericht des Außenhandelsausschusses über


Schriftlicher Bericht des Außenhandelsaus- die Zweite Verordnung zur Änderung des
schusses über den Entwurf einer Ersten Deutschen Zolltarifs 1962 (Angleichungs-
Verordnung zur Änderung des Deutschen zoll für Vollmilchpulver) vom 28. Dezem-
Zolltarifs 1962 (Zollkontingente der EGKS ber 1961 (Drucksachen IV/ 113, IV/ 266) . . 777 A
— 1. Halbjahr 1962) (Drucksachen IV/ 220,
IV/ 260) 776 B Antrag betr. Hopfenanbau im Gemeinsamen
Markt (Abg. Adorno, Seidl [München],
Schriftlicher Bericht des Außenhandelsaus- Dr. Zimmermann [München], Weinzierl
schusses über den Entwurf einer Vierten u. Gen.) (Drucksache IV/ 217) . . . . . 777 B
Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1962 (Zollaussetzungen) (Druck- Antrag betr. Handelspolitischer Beirat
sachen IV/ 221, IV/ 261) 776 B (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/ 249
[neu]) 777 B
Schriftlicher Bericht des Außenhandelsaus-
Ubersicht 2 des Rechtsausschusses über
schusses über den Entwurf einer Fünften
Verordnung zur Änderung des Deutschen Streitsachen vor dem Bundesverfassungs-
gericht (Drucksache IV/ 227) . . . . . 777 C
Zolltarifs 1962 (Zollkontingente) (Druck-
sachen IV/ 222, TV /262) 776 C
Antrag des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung einer Teilfläche der
Schriftlicher Bericht des Außenhandelsaus- ehemaligen Flakkaserne Leonberg
schusses über den Entwurf einer Sechsten (Drucksache IV/ 208) 777 C
Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1962 (Zollkontingente für Roh- Antrag des Bundesministers der Finanzen
aluminium und für Bearbeitungsabfälle betr. Veräußerung einer Teilfläche der
aus Aluminium) (Drucksachen IV/ 223, ehemaligen Sedankaserne in Ulm (Druck-
IV/ 263) 776 C sache IV/ 243) . . . . . . . 777 D

Schriftlicher Bericht des Außenhandelsaus- Nächste Sitzung 777 D


schusses über den Entwurf einer Sieben-
ten Verordnung zur Änderung des Deut- Berichtigungen 777 D
schen Zolltarifs 1962 (Aluminiumoxyd
usw.) (Drucksachen IV/ 224, IV/ 264) . . . 776 D Anlagen 779
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21. Sitzung

Bonn, den 21. März 1962

Stenographischer Bericht Union während des 2. Teils ihrer Siebenten Ordentlichen Sit-
zungsperiode vom 11. bis 15. Dezember in Paris angenommen
worden sind, sowie die einführenden Begründungen der zustän-
digen Ausschüsse zu 'diesen Dokumenten übersandt. Sie sind als
Drucksache IV/ 258 verteilt.
Beginn: 9.01 Uhr Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 12. März
1962 die vom Herrn Bundespräsidenten für die Dauer der
4. Wahlperiode des Deutschen Bundestages ernannten Mit-
glieder der Wahlkreiskommission mitgeteilt. Sein Schreiben
ist als Anlage 2 dem Sitzungsprotokoll beigefügt.
Vizepräsident Schoettle: Die Sitzung ist er-
öffnet. Der Leiter der Monopolverwaltung für Branntwein beim Lan-
desfinanzamt Berlin hat unter dem 14. März 1962 gemäß §§ 6
und 9 des Gesetzes über das Branntweinmonopol in Verbindung
Meine Damen und Herren! Ich habe folgende mit § 2 Abs. 2 Ziff. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom
Glückwünsche auszusprechen. 4. Januar 1952 (BGBl. I S. - 1) § 3 Abs. 1 Ziff. 5 des Ersten
Überleitungsgesetzes in der Fassung vom 21. August 1951
(BGBl. I S. 779) und § 4 Abs. 2 des Gesetzes über Errichtung
Am 17. März hat Frau Kollegin Dr. h. c. Weber und Aufgaben des Bundesrechnungshofes vom 27. November
(Essen) ihren Geburtstag gefeiert. Frau Kollegin 1950 (BGBl. S. 765) den Geschäftsbericht der Monopolverwaltung
für Branntwein beim Landesfinanzamt Berlin und die Bilanz
Weber befindet sich zur Zeit im Krankenhaus. Ich nebst Gewinn- und Verlustrechnung der Verwertungsstelle für
das Geschäftsjahr 1960/61 vorgelegt, die als Drucksache IV/ 268
darf ihr wohl im Einverständnis mit dem Haus die verteilt werden.
besten Wünsche zu ihrer baldigen Genesung aus-
sprechen. Meine Damen und Herren! Ich rufe Punkt 1 der
(Beifall.) Tagesordnung auf:

Am 18. März hat Herr Abgeordneter Hesemann


Fragestunde (Drucksache IV/ 267).
seinen 65. Geburtstag gefeiert. Die erste Frage - der Frau Abgeordneten Meer-
mann - betrifft den Geschäftsbereich des Bundes-
(Beifall.)
kanzlers und des Bundeskanzleramtes:
Ebenfalls am 18. März hat der Abgeordnete Metz-
Billigt die Bundesregierung, daß in dem im Auftrag des
ger seinen 60. Geburtstag gefeiert. Presse- und Infoimationsamtes der Bundesregierung hergestell-
ten Film Die Unmenschliche Mauer ebenso wie in dem vom
(Beifall.) Presse- und Informationsamt in Kopien erworbenen Film „Be-
währungsprobe Berlin" die Kamera mit Kunst so geführt wird,
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden daß in 22 bzw. 12 Minuten Spielzeit zwar andere prominente
Persönlichkeiten im Bild erscheinen, nicht aber der Regierende
ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht Bürgermeister von Berlin?
aufgenommen:
Herr Staatssekretär von Eckardt!
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. März 1962 den
nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß
Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt:

Zweites Gesetz zur Ä nderung des Wehrpflichtgesetzes von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef:
Meine Damen und Herren, die Antwort auf die An-
Gesetz zu dem Protokoll vom 25. November 1959 über den
Beitritt Griechenlands, Norwegens und Schwedens zu dem frage lautet wie folgt:
Übereinkommen vom 17. April 1950 über Gastarbeitnehmer
Erstens. Im Auftrage des Presse- und Informations-
Gesetz über die in Nizza am 15. Juni 1957 unterzeichnete
Fassung des Madrider Abkommens vom 14. April 1891 über amtes der Bundesregierung wurde von den beiden
die internationale Registrierung von Fabrik- oder Handels- genannten Filmen nur der Film „Die unmenschliche
marken
Mauer" hergestellt. Der Film ist für die Öffentlich-
Gesetz über die im Haag ,am 28. November 1960 unterzeich-
nete Fassung des Haager Abkommens vom 6. November 1925 keitsarbeit im Ausland bestimmt und befindet sich
über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder in sieben Sprachfassungen bei sämtlichen Auslands-
Modelle
vertretungen der Bundesrepublik.
Der Herr Bundesminister , des Auswärtigen hat unter dem
12. März 1962 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Meyer Der Film hat eine Laufzeit von 20 Minuten. Davon
(Frankfurt), Dr. Serres und Genossen betr. Zusammenarbeit
mit den Entwicklungsländern - Drucksache IV/ 219 - beantwor- beschäftigen sich die ersten 13 Minuten, d. h. über
tet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/ 254 verteilt. die Hälfte des Films, mit dem geschichtlichen Ablauf
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und der Ereignisse in Berlin von 1945 bis zum 13. August
Forsten hat unter dem 15. März ,1962 die Kleine Anfrage der
Abgeordneten Kurlbaum, Dr. Roesch, Dr. Schmidt (Gellersen) 1961. Von der 14. bis zur 19. Spielminute ist der
und Genossen betr. Lage der Hopfenerzeuger in der Bundes- Regierende Bürgermeister von Berlin in über zehn
republik - Drucksache IV/ 2 29 - beantwortet. Sein Schreiben ist
als Drucksache IV / 255 verteilt. verschiedenen Einstellungen im Bild und wird drei-
Der Herr Präsident der Versammlung der Westeuropäischen mal namentlich genannt.
Union hat den Text der Empfehlung Nr. 69 und der Entschlie-
ßung Nr. 19, die von der Versammlung der Westeuropäischen (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)
760 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962

Staatssekretär von Eckardt


Mit anderen Worten, von der 13. bis zur 19. Spiel- Frau Meermann (SPD) : Glauben Sie nicht, Herr
minute erscheint der Regierende Bürgermeister von Staatssekretär, daß in dem Augenblick, in dem das
Berlin als erster deutscher Politiker nur mit kurzen Bundespresse- und Informationsamt Kopien eines
Unterbrechungen regelmäßig im Bild, z. B. in einer Films aufkauft, in dem es diese Kopien über die
Rede vor dem Schöneberger Rathaus, mit Vizepräsi- Landesfilmdienste verteilen läßt, in dem die Landes-
d ent Johnson, in Marienfelde usw. filmdienste diesen Film vorführen, das Bundes-
presse- und Informationsamt auch eine Verant-
(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.) wortung für diesen Film übernimmt?
An anderen prominenten Persönlichkeiten erscheint
bis zur 19. Spielminute außer dem Regierenden Bür- von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef:
germeister nur Vizepräsident Johnson. Ich möchte diese Frage nicht hundertprozentig mit
Zweitens. Der Film „Bewährungsprobe Berlin" einem Ja beantworten; denn die Landesfilmdienste
wurde nicht im Auftrage des Presse- und Informa- sind durchaus in der Lage und haben auch das
tionsamtes der Bundesregierung hergestellt. Die Recht, sich ihre Filmkopien selbst zu beschaffen. Ich
Produzentin ist die Firma „Jupiter-Film" in Ham- werde feststellen — und ich werde Ihnen gerne auch
burg. Diese Firma hat in eigener Initiative am eine schriftliche Antwort zukommen lassen, wenn
13. August und an den folgenden Tagen die Ge- Ihnen das recht ist —, inwieweit das Bundespresse-
schehnisse um die Errichtung der Mauer aufgenom- amt diesen Film, von dem Sie sprechen, von sich aus
men. Da die Informierung der Bevölkerung über die weiterhin in den Landesfilmdiensten im Einsatz
Ereignisse in Berlin am 13. August auch mit Mitteln beläßt.
der filmischen Berichterstattung notwendig war, je-
doch kein anderes aktuelles Filmmaterial aus Berlin Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Zusatz-
vorlag, wurden von der Firma Jupiter einige Kopien frage? — Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg.
des Films „Bewährungsprobe Berlin" angekauft.
Auf die Gestaltung des Films hatte das Presse- Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) : Ist der
und Informationsamt der Bundesregierung keinen Bundesregierung bekannt, daß unter den Berlin-
Einfluß. Sobald, etwa ab September 1961, der Film Besuchern lebhafte Unzufriedenheit darüber besteht,
„Die unmenschliche Mauer" fertiggestellt war, wurde daß bei den von der Stadt Berlin hergestellten
der Film „Bewährungsprobe Berlin" weitgehend aus Filmen seit einer langen Reihe von Jahren so gut
dem Verkehr gezogen. wie ausschließlich Persönlichkeiten erscheinen, die
der Berliner Mehrheitspartei angehören?
Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage? (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU. —
Abg. Rasner: Rückwärts schießen!)

Frau Meermann (SPD) : Da der Film „Bewäh- von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef:
rungsprobe Berlin" zur Zeit noch über die Landes- Ja, das ist mir bekannt.
filmdienste verbreitet wird, möchte ich fragen, Herr
Staatssekretär: Ist die Bundesregierung bereit, die-
sen Film, der durch seine sehr einseitige Darstellung Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Zusatz-
ja eine Verfälschung der historischen Wahrheit frage? — Herr Abgeordneter Mommer.
darstellt, zurückzuziehen?
Dr. Mommer (SPD) : Herr Staatssekretär, hat das
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Bundespresse- und Informationsamt die Verant-
Frau Abgeordnete, ich bin gerne bereit, diese Frage wortung für den Film „Bewährungsprobe Berlin",
zu prüfen, besonders im Hinblick darauf, ob die wenn dieser Film mit französischem Text versehen
Bundesregierung in der Lage ist, den Film in den im Ausland vorgeführt wird, wie ich das erlebt
Filmstellen zurückzuziehen. Es ist ein Film, der aus habe?
der gewerblichen Wirtschaft stammt, und ich weiß
nicht, ob die Befugnisse des Bundespresse- und
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef:
Informationsamtes so weit gehen, einen Film aus Herr Abgeordneter Mommer, ich darf wiederholen,
eigener Machtvollkommenheit zurückzuziehen. Auf daß das Bundespresse- und Informationsamt den
jeden Fall möchte ich noch einmal hervorheben, daß zweiten Film, von dem ich ausführlich gesprochen
der durch die gewerbliche Filmwirtschaft herge-
habe, in so vielen Kopien und Sprachen hergestellt
stellte Film der erste war, der zur Verfügung stand, hat, daß sämtliche deutschen Vertretungen — ich
daß das Presse- und Informationsamt nur wenige darf eine geschätzte Zahl dazu nennen: es sind etwa
Kopien dieses Films erworben und diese dann gegen 80 oder mehr — mit den Kopien dieses Filmes in
den anderen Film ausgetauscht hat, von dem ich der Sprache des betreffenden Landes versehen wor-
sprach, in dem, wie gesagt, der Regierende Bürger- d en sind. Diese Filme sind heute ständig im Einsatz.
meister zehnmal gezeigt wird.
Dr. Mommer (SPD) : Von wem sind die Filme
Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Zu- mit fremdsprachigem Text versehen worden? Vom
satzfrage? Bundespresse- und Informationsamt?
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 761

von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: sei schlecht, sondern daß wir meinen, und zwar auf
Der Film Die unmenschliche Mauer, der im Groß- Grund von Zuschriften auch aus dem Ausland, er sei
einsatz im Ausland läuft, - ist, auch was die Sprach- einseitig?
fassung anlangt, im Auftrag des Bundespresse- und
Informationsamtes hergestellt worden, und zwar in
sieben Sprachfassungen.
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef:
Ich glaube, daß hier eine Verwechslung vorliegt.
Ich will mir die Beschuldigung nicht zu eigen
Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Frage machen. Der zweite Film „Bewährungsprobe Berlin"
des Herrn Abgeordneten Büttner. ist auf rein privatwirtschaftlicher Basis hergestellt
(Abg. Dr. Mommer: . . . und von Ihnen ver
Büttner (SPD) : Herr Staatssekretär, ist Ihnen trieben worden!)
wie uns bekannt, daß z. B. der Herr Bundeskanzler und in gewissen Zuschriften an Sie wohl als ein-
verhältnismäßig wenig nach Berlin kommt und daß seitig dargestellt worden. Wir haben diesen Film
deswegen keine Möglichkeit besteht, Filme von ihm aber nicht hergestellt und haben auf seine Gestal-
in Berlin zu drehen? tung keinerlei Einfluß genommen.
(Beifall bei der SPD. — Lachen und Oho!- (Abg. Dr. Mommer: Aber verbreitet haben
Rufe von der Mitte.) Sie ihn!)
Wir haben nur eine kurze Zeit überbrückt, bis der
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressiechef: von uns in Auftrag gegebene Film fertiggestellt war.
Ich bitte um Entschuldigung, ich habe den letzten
Teil der Frage wegen einer gewissen Unruhe im
Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Frage,
Hause nicht verstehen können.
Herr Abgeordneter Schwabe!

Büttner (SPD) : Ist Ihnen nicht bekannt, daß eben Schwabe (SPD) : Sollten wir nicht, Herr Staats-
deswegen, weil der Bundeskanzler verhältnismäßig sekretär, nach dieser Aussprache doch allgemein zu
wenig nach Berlin kommt, keine Möglichkeit be- der Auffassung kommen, daß Filme, unabhängig da-
steht, ihn in Berlin im Film aufzunehmen? von, ob sie vom Bund oder von einer anderen
(Lachen in der Mitte.) Staatsstelle hergestellt oder gefördert werden, in-
haltlich so sein müssen, daß wir alle sie vertreten
können und gemeinsam daraus das beste Kapital
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: im Ausland gewinnen?
Es bestand die Möglichkeit, den Herrn Bundeskanz-
(Abg. Wacher (Hof): Geben Sie die Frage
ler im Film in Berlin zu zeigen, und zwar in dem
nach Berlin weiter!)
Zeitraum von der 19. bis zur 20. Minute des Films
Die unmenschliche Mauer. In diesem Teil, der sich
chronologisch einbaut, erscheint der Herr Bundes- von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef:
kanzler, und zwar gemeinsam mit Herrn Bundes- Sicherlich, aber ich möchte Ihnen darauf antworten,
minister Lemmer, etwa in drei Einstellungen des daß in einem Fall wie der Errichtung der Mauer am
Films. 13. August die Schwierigkeit für das Bundespresse-
und Informationsamt darin liegt, daß natürlich un-
Vizepräsident Schoettle: Eine Frage des mittelbar danach Anfragen mit Wünschen nach
Herrn Abgeordneten Sanger. Material über Berlin kommen. Wenn dann eine
private Firma über ihre Aktualitätenkameraleute
- überhaupt etwas anzubieten hat, so muß man sich im
Sänger (SPD) : Verstehen Sie, Herr Staatssekre-
tär, daß die Vorführung derartiger Filme im Aus- Moment damit helfen, bis ein wirklich ausgereifter
land doch eigentlich ein Kapital für die deutsche Film für den Großeinsatz im Ausland fertiggestellt
Sache ist und daß auch aus diesem Grunde der Ein- ist.
druck der Einseitigkeit vermieden werden müßte?
Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Frage,
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Abgeordneter Dr. Kohut!
Ja, ich verstehe ,das. Aber das Bundespresse- und In-
formationsamt kann nicht mehr tun, als einen Film
wie Die unmenschliche Mauer — von keiner Seite Dr. Kohut (FDP) : Ist eis nicht so, Herr Staats-
ist wohl bisher behauptet worden, daß der Film sekretär — und ich nehme Bezug auch auf die Frage
schlecht sei — im größtmöglichen Umfang im Aus- eines Kollegen von der SPD-Fraktion —, daß der
land ständig einzusetzen. Er läuft noch heute ständig, Herr Bundeskanzler gar nicht nach Berlin kommen
und zwar, wie ich schon sagte, in sieben Sprachen. kann, weil er abwechselnd krank ist oder von
Cadenabbia aus regiert?
Vizepräsident Schoettle: Eine letzte Frage! (Abg. Wacher (Hof) : Unverschämt! — Abg.
Rasner: Billig! Billiger als „Kohut" ! —
Sänger (SPD) : Sie haben doch verstanden, Herr Lachen bei der SPD. — Abg. Dr. Mommer:
Staatsekretär, daß wir nicht gesagt haben, der Film Das war so gut wie Dehler! — Abg. Wacher
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Dr. Kohut
(Hof) : Herr Kohut, wenn Sie selbst lange legung des Zonengrenzüberganges Herleshausen/
wegfahren, fällt das niemandem auf! — Wartha nach Untersuhl und Obersuhl entgegenzu-
Weitere Zurufe von der CDU/CSU und wirken?
Gegenrufe von der SPD.)
Höcherl, Bundesminister des Innern: Ich glaube
Vizepräsident Schoettle: Bitte, Herr Staats- kaum, daß es möglich ist, dieser Verlegung ent-
sekretär! gegenzuwirken. Aber die Bundesressorts haben sich
mit dieser Frage befaßt und alle Vorbereitungen
getroffen. Ich könnte mir vorstellen, daß auch aus
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: den Mitteln des ERP-Planes beim Wirtschaftsmini-
Meine Damen und Herren, ich habe nicht den Ein- sterium ausreichende wirtschaftliche Maßnahmen für
druck, daß diese Zusatzfrage mit der Mündlichen die betroffenen Gebiete möglich sind.
Anfrage, die ich zu beantworten habe, in irgend-
einem Zusammenhang steht. Ich glaube auch nicht,
daß Sie von mir erwarten werden, daß ich darauf Vizepräsident Schoettle: Noch eine Frage,
eine Antwort gebe. Herr Abgeordneter Höhmann?

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Höhmann (Hessisch Lichtenau) (SPD) : Hat die
Bundesregierung in dieser Frage schon Beziehungen
Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Frage? zur Hessischen Landesregierung aufgenommen, um
— Herr Abgeordneter Vogt! mit ihr gemeinsam Maßnahmen zu besprechen, die
geeignet sind, die Verlegung zu verhindern?
Vogt (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, sind Sie
auch der Meinung, die hier von der Frau Kollegin Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol-
Meermann zum Ausdruck gebracht worden ist, die- lege, genau das ist bereits geschehen, wie in allen
ser Film stelle eine Verfälschung der geschichtlichen übrigen Fällen.
Wahrheit dar?
Vizepräsident Schoettle: Wir kommen zu den
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesmini-
Nein! sters der Finanzen. Die erste Frage — des Herrn
Abgeordneten Kubitza — soll zurückgestellt werden.
Vizepräsident Schoettle: Keine weitere Frage. Wir kommen zu der Frage III/ 2 — des Herrn
Abgeordneten Dröscher —:
Die nächste Frage -- aus dem Geschäftsbereich
Hält es die Bundesregierung für richtig, daß einerseits den
des Bundesministers des Innern, II — wurde ge- Leibesübung treibenden gemeinnützigen Vereinen erhebliche
stellt von dem Herrn Abgeordneten Höhmann: SdöfcheantluigvMoürÜbestän
zur Verfügung gestellt werden, andererseits aber Vereine, die
Sind der Bundesregierung Nachrichten über eine auf sowjet- schon früher aus eigener Initiative Turnhallen errichteten und
zonaler Seite geplante Verlegung des Zonengrenzübergangs Her- daraus bei der Währungsreform noch Restschulden hatten, von
leshausen/ Wartha bekanntgeworden? den zuständigen Finanzämtern wegen der Hypotheken-Gewinn-
Abgaben hart bedrängt werden, wie z. B. in den Fällen des
Turnvereins Birkenfeld und des Vereins für Leibesübung Algen-
Die Antwort gibt ,der Herr Bundesminister Höcherl. rodt in Idar-Oberstein?

Die Antwort gibt Herr Staatssekretär Hettlage.


Höcherl, Bundesminister des Innern: Die Bundes-
regierung ist darüber unterrichtet, daß das SBZ-
Regime beabsichtigt, nach Beendigung der im vori- Dr. Hettlage, Staatssekretär des Bundesministe-
gen Jahr in Angriff genommenen Baumaßnahmen riums der Finanzen: Herr Abgeordneter Dröscher,
die Eisenbahn- und die Straßenkontrollstelle in die Hypothekengewinnabgabe kann im Unterschied
Wartha, östlich von Herleshausen, zu schließen und zur Vermögensabgabe nicht allgemein wegen ge-
statt dessen etwas weiter südlich oder südwestlich meinnütziger Zwecke erlassen werden. Der Gesetz-
neue Übergänge zu öffnen. Warum dies geschieht, geber ging dabei davon aus, daß die Hypotheken-
brauche ich Ihnen, Herr Abgeordneter, wohl nicht gewinnabgabe Währungsgewinne aller Art und bei
zu sagen. Das SBZ-Regime will offenbar in erster allen Steuerpflichtigen gleichmäßig treffen sollte.
Linie hinsichtlich des sogenannten Herleshausener Eine allgemeine Billigkeitsregelung besteht also für
Zipfels, wo zur Zeit die nach Berlin und in die gemeinnützige Grundstücke, etwa Grundstücke von
SBZ fahrenden Züge, nachdem sie bereits zwischen Turn- und Sportvereinen, nicht. Im Einzelfall kann
Untersuhl und Neustadt auf sowjetzonalem Gebiet ein Erlaß ausgesprochen werden nach § 131 der
waren, erneut Bundesgebiet passieren, „klare Abgabenordnung, wenn die Erhebung der Hypo-
Grenzverhältnisse schaffen. thekengewinnabgabe einen nicht hinreichend lei-
stungsfähigen Schuldner trifft. Wie die Verhältnisse
bei den beiden von Ihnen genannten Sportvereinen
Vizepräsident Schoettle: Herr Abgeordneter
Birkenfeld und Algenrodt in Idar-Oberstein liegen,
Höhmann zu einer Zusatzfrage!
ist mir nicht bekannt. Ich würde empfehlen, daß dar-
über mit dem Landesfinanzministerium in Rhein-
Höhmann (Hessisch Lichtenau) (SPD) : Herr Bun- land-Pfalz gesprochen wird. Wir wissen aus den
desminister, sehen Sie Möglichkeiten, einer Ver- Verhandlungen mit den Länderfinanzministern, daß
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 763

Staatssekretär Dr. Hettlage


auch der Finanzminister von Rheinland-Pfalz für Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
eine großzügige Handhabung des Erlasses der sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Hypothekengewinnabgabe bei nichtleistungsfähigen Die Preise für Eier sind während der letzten Wo-
gemeinnützigen Einrichtungen eintritt. chen aus mehreren Ursachen stark gesunken. Ein-
mal ist die Zahl der Legehennen von Dezember 1960
bis Dezember 1961 um 5 Millionen, das sind fast
Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage des 10 %, angestiegen. Außerdem hat die Eierleistung
HernAbgodtDöscher! pro Huhn zugenommen. Daraus ergibt sich allein für
die Monate Januar und Februar eine um reichlich
50 Millionen Stück höhere Eigenerzeugung an Eiern.
Dröscher (SPD) : Ist der Bundesregierung be- Die Einfuhren in den beiden Monaten Januar und
kannt, daß die Turn- und Sportvereine gegenüber
Februar 1962 liegen um 48 Millionen Stück höher
privaten Schuldnern der Hypothekengewinnabgabe
als im Vorjahr. Diese Erhöhung kommt aber aus-
in einer vergleichsweise sehr ungünstigen Lage schließlich aus den Ländern Holland und Belgien;
waren, weil ihre Wiedergründung nach 1945 insbe- denn die Einfuhren aus Dänemark und den anderen
sondere in der französischen Besatzungszone erheb- Staaten sind gegenüber den Vorjahren um 46 Mil-
lich behindert war? lionen rückläufig. Da Holland und Belgien unge-
wöhnlich niedrige Eierpreise haben, sind die Grenz-
Dr. Hettlage, Staatssekretär des Bundesministe- preise entsprechend niedrig und mit eine Ursache
riums der Finanzen: Das ist bekannt, Herr Abgeord- für das Sinken der deutschen Eierpreise.
neter.
Vizepräsident Schoettle: Wir kommen zur
Vizepräsident Schoettle: Noch eine Zusatz- Frage IV/2 — ebenfalls des Herrn Abgeordneten
frage? Dr. Reinhard —:
Glaubt die Bundesregierung, die deutsche bäuerliche Geflügel-
haltung durch entsprechende Sofortmaßnahmen schützen zu kön-
Dröscher (SPD) : Wenn also die Vereine aus die- nen?
sen Gründen schlechterdings nicht tilgen konnten,
warum gibt die Bundesregierung den zuständigen Wollen Sie diese Frage mit der Frage IV/ 5 verbin-
Finanzämtern keinen Hinweis, daß in solchen Fällen gen?
großzügig von der Möglichkeit des Erlasses aus
allgemeinen Billigkeitsgründen nach § 3 Abs.5 LAG, Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
vielleicht in Verbindung mit § 131 der Abgabenord- sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
nung, Gebrauch gemacht werden kann? Ja, Herr Präsident, ich möchte bitten, diese Frage
gleichzeitig mit der Frage IV/ 5 — des Abgeordneten
Dr. Hettlage, Staatssekretär des Bundesministe- Unertl — beantworten zu dürfen.
riums der Finanzen: Herr Abgeordneter, für die
Erhebung der Lastenausgleichsabgabe und der
Hypothekengewinnabgabe sind in erster Linie die Vizepräsident Schoettle: Die Frage IV/ 5 —

Finanzminister der Länder zuständig, die nach unse- des Abgeordneten Unertl — lautet:
rer Beobachtung die Billigkeitsrichtlinien in ange- Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zu er-
greifen, um die Eierproduktion als einen wichtigen Betriebs-
messenem Umfang anwenden. zweig unserer Landwirtschaft zu erhalten?

Vizepräsident Schoettle: Wir kommen zum Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-


Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernäh- sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
rung, Landwirtschaft und Forsten, zunächst zur Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister
Frage IV/1 — des Herrn Abgeordneten Dr. Rein- für Wirtschaft und dem Herrn Bundesminister der
hard —: Finanzen ist bei der EWG-Kommission die Ermäch-
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Zusammenbruch tigung zur Erhebung einer Ausgleichsabgabe bei der
des Eiermarktes in den letzten Wochen mit durch Eiereinfuhren Einfuhr von Eiern auf Grund des Art. 226 des EWG-
zu anomal niedrigen Preisen verursacht wurde?
Vertrages beantragt worden. Die Ausgleichsabgabe
Antwort gibt Herr Staatssekretär Hüttebräuker. soll in der Höhe festgesetzt werden, daß ein Preis
an der Grenze von 200 DM je 100 kg Eier unver-
zollt und unversteuert erzielt wird. Diese Aus-
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini- gleichsabgabe würde zu einem Frei-Grenz-Preis von
sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: 11,5 Pf je B-Ei 57 1 /2 g Gewicht führen. Das bedeutet,
Herr Präsident, ich bitte, die erste Frage des Herrn daß beispielsweise bei dem augenblicklichen Frei-
Abgeordneten Dr. Reinhard und die erste Frage des Grenz-Preis bei Einfuhren aus Holland zu einem
Herrn Abgeordneten Unertl zusammen beantworten Preis von 9,67 Pf die Ausgleichsabgabe 1,83 Pf
zu dürfen, da sie die gleiche Sache betreffen. und bei Einfuhren aus Dänemark zu einem Preis
von 9,89 Pf die Ausgleichsabgabe _1,61 Pf betragen
Vizepräsident Schoettle: Ich rufe auch die wird. Außer dieser Ausgleichsabgabe werden die
FrageIV/4—dsAbonteUrl—auf: Einfuhren durch einen Wertzoll von gegenwärtig
Ist die Bundesregierung über die außerordentlich ernste Lage, 10 1 /2 % gegenüber Mitgliedstaaten und 13 1 /2% ge-
in die die deutsche Geflügelwirtschaft durch den Preisverfall genüber Drittländern sowie durch eine vierprozen-
auf dem Eiermarkt in den letzten Wochen gekommen ist, unter-
richtet? tige Umsatzausgleichsteuer belastet werden. Die
764 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962

Staatssekretär Hüttebräuker
Ausgleichsabgabe soll bis zur Anwendung der durch Die Einfuhren aus Übersee sind liberalisiert. In-
die Verordnung über die schrittweise Errichtung dessen wird auch hier durch die Erhebung der Aus-
einer gemeinsamen Marktorganisation für Eier ein- gleichsabgabe eine Niedrigpreiseinfuhr vermieden
geführten Abschöpfungsregelung gegenüber Mit- werden können.
gliedstaaten und Drittländern erhoben werden.
Vizepräsident Schoettle: Ich rufe die von
Vizepräsident Schoettle: Keine weitere Frage. Herrn Abgeordneten Unertl gestellte Frage IV/ 6
auf:
Wir kommen zur Frage IV /3 — des Herrn Abgeord- Ist ein vorzeitiges Inkraftsetzen des Abschöpfungssystems
neten Dr. Reinhard —: möglich, oder kann die Katastrophenklausel bereits vor dem
1. Juli 1962 in Anspruch genommen werden?
Wie steht die Bundesregierung zur sofortigen autonomen
Festlegung von Einschleusungspreisen für Eier und Geflügel für
die Zeit bis zum 1. Juli 1962?
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
Bitte, Herr Staatssekretär! sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Herr Abgeordneter Unertl, das Abschöpfungssystem
der EWG bei Eiern kann vor dem 1. Juli 1962 nicht
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
angewandt werden. Die Kriterien der Anwendung
sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
werden in diesen Wochen ausgearbeitet. Die Zeit
Herr Abgeordneter Dr. Reinhard, ich darf die Frage
bis zum 1. Juli wird gerade dafür ausreichen, daß
wie folgt beantworten.
dieser Termin eingehalten werden kann. Im übrigen
Die Frage ist geprüft worden. Die Einführung setzt eine Vorziehung des Systems einen Minister-
eines Einschleusungspreises vor Anwendung der ratsbeschluß voraus. Eine autonome Anwendung des
Abschöpfungsregelung setzt ein formelles Bundes- Abschöpfungssystems nur in der Bundesrepublik
gesetz voraus. Dagegen kann die Bundesregierung würde zumindest ein innerdeutsches Gesetz erfor-
durch Rechtsverordnung gemäß § 21 des Zoll- dern, durch welches für die kurze Zeit bis zum
gesetzes Ausgleichsabgaben festsetzen, wenn sie Inkrafttreten der EWG-Regelung noch eine Markt-
durch die EWG-Kommission dazu ermächtigt wor- ordnung für Eier eingeführt werden müßte. Die
den ist. Da aber schnell gehandelt werden muß, ist Anwendung der Schutzklausel nach Art. 12 der
der Weg über Ausgleichsabgaben am besten ge- EWG-Eierverordnung erfordert, daß das Abschöp-
eignet. fungssystem bei Eiern überhaupt erst einmal ange-
wandt wird. Das ist frühestens am 1. Juli 1962
Vizepräsident Schoettle: Zu einer Zusatzfrage möglich. Bisher ist die Eierverordnung der EWG
nicht einmal verkündet.
I) Herr Abgeordneter Dr. Reinhard!
Vizepräsident Schoettle: Zu einer Zusatzfrage
Dr. Reinhard (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, Herr Abgeordneter Unertl!
welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung be-
züglich eines sofortigen Abstoppens der Osteinfuh- Unertl (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, warum
ren und der Einfuhren aus Übersee? wird die Offentlichkeit bzw. die Presse durch Ihr
Haus nicht mehr darüber unterrichtet, daß die reinen
Vizepräsident Schoettle: Bitte, Herr Staats- Futterkosten für ein Ei bei dem deutschen Erzeuger
sekretär: zur Zeit rund 10 Pf betragen? Wenn dies nämlich
der Fall wäre, würden solche Presseveröffentlichun-
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini- gen, wie sie gestern in der „Neuen Rhein-Ruhr-
zeitung" und in „Der Mittag" erschienen sind, nicht
sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
in so verleumdender Weise die Atmosphäre bei den
Bezüglich des Abstoppens der Osteinfuhren und der
Verbrauchern vergiften.
Einfuhren aus Übersee darf ich folgende Stellung-
nahme abgeben.
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
Die Einfuhr von Eiern in den ersten drei Monaten sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
dieses Jahres kommt zu bis zu 85 % aus Holland Mir ist bei der Kürze meiner Dienstzeit diese Unter-
und Dänemark. Der Anteil der Einfuhr aus dem lassung nicht bekannt. Ich werde mich darum küm-
Ostblock ist gering. Er liegt etwa bei 5 %. Diese mern und dafür sorgen, daß derartige Nachrichten
Einfuhren aus dem Ostblock sind kontingentiert. in Zukunft an die Offentlichkeit gelangen.
Ein vorübergehender Einfuhrstopp wäre zwar mög-
lich; er erscheint jedoch im Hinblick auf die geringen (Beifall bei der CDU/CSU.)
Mengen sowie im Hinblick auf die Tatsache, daß die
Preise der Einfuhren aus 'den Ostblockstaaten sich Vizepräsident Schoettle: Frage IV/ 7 — Abge-
lediglich den allgemeinen Preisverhältnissen ange- ordneter Dr. Roesch — :

paßt haben, nicht notwendig und unter Berücksich- Was beabsichtigt die Bundesregierung gegen die Wettbewerbs-
tigung des besonderen Charakters der Handelsbe- verzerrung zum Nachteil der deutschen Tierzüchter und des
deutschen Viehhandels zu unternehmen, die dadurch gegeben
ziehungen mit den Ostblockstaaten nicht geboten. ist, daß Ö sterreich und die Schweiz die Ausfuhr von Bullen und
Die Schwierigkeiten auf dem Eiermarkt werden Kalbinnen (Färsen) bis zu 20 v. H. des Kaufpreises subven-
tionieren, während der Bundesrepublik durch das GATT-Ab-
durch .die Erhebung einer Ausgleichsabgabe auch kommen und die EWG-Verträge eine Exportsubvention nicht
erlaubt ist?
gegenüber den Einfuhren aus Ostblockstaaten be-
seitigt werden können. Herr Staatssekretär bitte!
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 765

Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini- Vizepräsident Schoettle: Das st keine Frage!


sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Die Einfuhr von Zuchtvieh unterliegt weder Kon-
tingents- noch Zollbeschränkungen, wenn es sich um Dr. Roesch (SPD) : Ist Ihnen bekannt, Herr
anerkanntes Zuchtvieh handelt und bei der Einfuhr Staatssekretär, daß auf den süddeutschen Zuchtvieh-
eine Bescheinigung der zuständigen obersten land- märkten ein Rückgang des Absatzes infolge der
wirtschaftlichen Landesbehörde oder der von ihr be- durchgeführten Sanierung eingetreten ist und daß
stimmten Stelle vorgelegt wird, wonach die Einfuhr durch diese 20prozentige Subventionierung der
des Zuchttieres und seine Verwendung im Interesse Schweizer Exporte eben doch Schwierigkeiten auf
der Landestierzucht liegt. Außerdem müssen für die den Märkten entstehen?
zollfreie Einfuhr bestimmte Unterlagen — Abstam-
mungsnachweis, Leistungsnachweis, Bescheinigun- Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
gen über die Eintragungsfähigkeit des Tieres im sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Zuchtbuch sowie eine Bescheinigung über die Züch- Mir ist das nicht bekannt. Aber ich darf dazu sagen,
tereigenschaft des Enderwerbers — beigebracht daß alle Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der
werden. Eine Einfuhr kann also nur mit Genehmi- Einfuhr von Nutzvieh aus Osterreich und aus der
gung der zuständigen Landesbehörde erfolgen, die Schweiz oder mit der Einräumung des Vorzugszoll-
bei ihren Genehmigungen die züchterischen Belange kontingents stehen, jeweils nur im Einvernehmen
der Landestierzucht berücksichtigen wird. mit den obersten Landesbehörden in Bayern und
Bei der Einfuhr von Nutzvieh ist die Genehmi- Baden-Württemberg getroffen worden sind.
gung einer Landesbehörde nicht erforderlich. Jedoch
sind die Einfuhren kontingentiert und zollpflichtig.
Dr. Roesch (SPD) : Danke sehr.
Sowohl mit Osterreich als auch mit der Schweiz sind
Einfuhrkontingente in Handelsverträgen vereinbart.
Die Ausfuhr von Zucht- und Nutzvieh wird in diesen Vizepräsident Schoettle: Herr Abgeordneter
Ländern in verschiedener Art und Weise sowie in Unertl zu einer Zusatzfrage.
unterschiedlicher Höhe subventioniert. Da die Sub-
ventionen teilweise an die deutschen Importeure
weitergegeben werden, hat der inländische Vieh- Unertl (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, es ist
handel die Möglichkeit, beim Weiterverkauf von doch in Ihrem Hause bestimmt bekannt, daß die
importiertem Vieh größere Gewinne zu machen als Ausfuhr von Zuchtvieh gerade nach Jugoslawien
beim Verkauf von inländischem Vieh. Es hat sich oder in die Oststaaten derzeit deswegen so große
gezeigt, daß der Endkäufer für importiertes Vieh Schwierigkeiten bereitet, weil die Holländer und,
etwa denselben Preis wie für Inlandsvieh — gleiche wie vom Fragesteller erwähnt, die Schwefzer und
Qualität vorausgesetzt — anlegen muß. Durch die die Österreicher Subventionen gewähren. Ist es
Importe aus Österreich und der Schweiz wird der nicht Aufgabe der Bundesregierung oder des zu-
deutsche Viehhandel also nicht benachteiligt. ständigen Ministers, diese Behauptung einmal mit
den angegebenen Partnern zu klären?
Aber auch für die deutschen Tierzüchter kann
beim Umfang der deutschen Erzeugung von Nutz-
vieh der Höhenrassen die Benachteiligung durch Vizepräsident Schoettle: Bitte, Herr Staats-
die Importe aus Österreich und aus der Schweiz nicht sekretär!
als so schwerwiegend angesehen werden, daß die
Einfuhr unterbunden werden müßte. Der Bedarf an
Zucht- und Nutzvieh war bis zur endgültigen Sanie-
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmind-
sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
rung der Rinderbestände im süddeutschen Raum be-
Ich werde veranlassen, daß diese Klärung erfolgt.
sonders groß und konnte, da es sich hier um be-
stimmte Höhenrassen handelt, nur aus Osterreich
und der Schweiz gedeckt werden. Trotz der weit- Vizepräsident Schoettle: Ich rufe auf die
gehenden Bereinigung dieser Gebiete besteht jedoch Frage IV/8 — des Abgeordneten Wächter —:
neben der noch fehlenden Nachzucht und der immer
Ist der Bundesregierung bekannt, daß holländische Landwirte,
wieder eintretenden Reinfektionen in anerkannten die In der Bundesrepublik — z. B . in Niedersachsen — Pacht-
Beständen auch weiterhin ein Ergänzungsbedarf, so betriebe übernehmen, dabei von der Königlich Niederländischen
Regierung eine Beihilfe erhalten, die bis zu 60 v. H. der Pacht-
daß auch in Zukunft gewisse Einfuhren notwendig summe ausmacht?
sein werden.
Herr Staatssekretär, bitte!
Zudem muß berücksichtigt werden, daß Osterreich
und die Schweiz zu den traditionellen Lieferländern
für Zucht- und Nutzvieh gehören. Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Die Bundesregierung hat auch erfahren, Herr Abge-
Vizepräsident Schoettle: Haben Sie noch eine ordneter Wächter, daß angeblich holländische Land-
Frage, Herr Abgeordneter Roesch? wirte von der niederländischen Regierung für Pach-
tungen in der Bundesrepublik staatliche Unterstüt-
Dr. Roesch (SPD) : Herr Staatssekretär, wir zungen erhalten und einen Pachtzins bieten, der
haben festgestellt, daß in den süddeutschen Zucht- über den sonst üblichen Pachtleistungen liegt. Über
viehmärkten ein Rückgang — — die Höhe der Beihilfen ist Näheres nicht bekannt.
766 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962

Staatssekretär Hüttebräuker
Die Bundesregierung hat sofort nach Bekanntwerden portsubventionen für französischen Käse abgeschafft
dieser Meldungen bei den in Frage kommenden werden.
Ländern eine Umfrage nach dem Ausmaß der Pach- Zweitens. Die Bundesregierung wird außerdem
tungen und der Höhe des von den holländischen die französische Regierung auf diplomatischem Wege
Landwirten gebotenen Pachtzinses gehalten. Das ersuchen, die vorgenannten Maßnahmen zu beseiti-
Ergebnis dieser Nachfrage liegt noch nicht vor. gen.
Drittens. Die Bundesregierung wird ferner die
Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage, Europäische Kommission in Brüssel über die Vor-
Herr Abgeordneter Wächter! gänge unterrichten und sie bitten, Abhilfe zu schaf-
fen, da die Maßnahmen der französischen Regierung
zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Gemein-
Wächter (FDP) : Herr Staatssekretär, sind solche schaft geführt haben; die den Bestimmungen des
Beihilfen mit den Bestimmungen der Europäischen EWG-Vertrages zuwiderlaufen.
Wirtschaftsgemeinschaft in Einklang zu bringen, vor
allem dann, wenn die Beihilfen der Königlich- Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß zur Zeit
Holländischen Regierung nach der Verabschiedung bei der Europäischen Kommission Regierungssach-
der EWG-Verordnungen durch den Ministerrat in verständigenbesprechungen über die Einführung
Brüssel am 15. Januar gewährt worden sind? eines einheitlichen Abschöpfungssystems für Milch-
erzeugnisse geführt werden.

Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-


sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage,
Sollte die niederländische Regierung derartige Bei- Herr Abgeordneter Schmidt!
hilfen gewähren, so dürfte das nicht in Einklang mit
den EWG-Bestimmungen, insbesondere mit der Ver- Schmidt (Kempten) (FDP) : Herr Staatssekretär,
ordnung über Wettbewerbsregelung in der Land- teilt das Ernährungsministerium die Ansicht weiter
wirtschaft, stehen. Die Bundesregierung würde in Kreise, daß es sich bei dieser französischen Export-
diesem Falle bei der EWG-Kommission vorstellig subvention von 10 Pf pro Liter Milchwert um eine
werden. Dumpingmaßnahme zur Erreichung eines möglichst
großen Marktanteils vor Inkrafttreten der europäi-
schen Milchmarktordnung am 1. November 1962
Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Zusatz-
handelt?
frage, Herr Abgeordneter Wächter!
3)
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
Wächter (FDP) : Sieht die Bundesregierung, Hem
sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
-Stasekrä,indBhlfeKögic-
Um diese Frage klar zu beantworten, fehlt mir nach
Holländischen Regierung eine Benachteiligung deut-
der kurzen Diensttätigkeit die notwendige Sach-
scher Pächter, und was gedenkt sie zu tun, um die- kenntnis. Ich bitte, die Frage schriftlich beantworten
sem Mißstand abzuhelfen? zu dürfen.

Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini- Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage,


sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Abgeordneter Ertl!
Die Beihilfen würden eine Benachteiligung etwaiger
deutscher Pachtbewerber darstellen, so daß die Vor-
Ertl ,(FDP) : Ist die Bundesregierung gewillt, be d
aussetzungen dafür vorlägen, derartige Pachtver-
denkom VrhalungeübdiEWG-
träge nach § 5 des Landpachtgesetzes wegen unge-
Verordnungen dieses Verhalten der französischen
sunder Verteilung der Bodennutzung zu beanstan-
Regierung sowie auch das Verhalten der holländi-
den und zur Aufhebung zu bringen.
schen Regierung in puncto Wettbewerbsverzerrung
erneut auf die Tagesordnung zu bringen?
Vizepräsident Schoettle: Ich rufe auf die
FrageIV/9—dsAbonteSchmid(Kp- Hüttebräuker, Staatssekretär im BUndesmini-
ten) —: sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Was gedenkt die Bundesregierung gegen die von französischer
Die Bundesregierung wird in diesem Falle wie auch
Seite eingeführte hohe Hartkäse. Exportsubvention zu unterneh- in anderen Fällen im Rahmen der ihr zustehenden
men, nachdem diese die Hartkäse-Ausfuhr Westdeutschlands nach Rechte die Interessen der deutschen Landwirtschaft
Italien, eine Existenzfrage der Allgäuer Emmentaler-Produktion,
weitgehendst zum Erliegen gebracht hat? verteidigen.

Vizepräsident Schoettle: Die nächste Frage


Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-

die Frage IV/ 10 — hat Herr Abgeordneter Loge-


sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: mann gestellt:
Herr Abgeordneter Schmidt, ich darf wie folgt ant-
worten. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um sicher-
zustellen, daß die Veredelungswirtschaft vorrangig den bäuer-
lichen Betrieben verbleibt?
Erstens. Die Bundesregierung hat bei der franzö-
sischen Botschaft Vorstellungen erhoben, damit Ex- Bitte, Herr Staatssekretär!
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 767

Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini- Ernte des Vorjahres und der überdurchschnittliche


sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Schweinebestand. 2. Die im Bundesanzeiger bereits
Herr Abgeordneter Logemann, die Bundesregierung bekanntgemachten Einfuhrausschreibungen für Früh-
ist nach wie vor der Auffassung, daß die Verede- kartoffeln eröffnen den EWG-Ländern bis zum
lungswirtschaft als bedeutsamer Betriebszweig und 10. Juni 1962 Importmöglichkeiten für 134 200 t und
wichtige Einnahmequelle der Landwirtschaft in er- den Drittländern bis zum 25. Mai für etwa 50 000 t.
ster Linie den bäuerlichen Betrieben vorbehalten Das Drittländer-Kontingent wurde bisher noch in
bleiben muß. Auf die damit in Zusammenhang keinem Jahre ausgenutzt. 3. Unberechenbare Um-
stehenden rechtlichen und steuerlichen Fragen hat stände sind a) das Ernteergebnis in Italien, unser
die Bundesregierung bereits am 24. Februar 1961 Hauptlieferant für Frühkartoffeln, b) der Umfang
bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage der Ab- der britischen Einkäufe in Italien und c) der Beginn
geordneten Dr. Pflaumbaum und Genossen betr. und der Umfang unserer eigenen Frühkartoffel
Förderung der bäuerlichen Veredelungswirtschaft ernte.
hingewiesen. Ich darf auf die Entschließung des
Das voraussichtliche Angebot von Frühkartoffeln
Deutschen Bundestages vom 17. März 1961 — Um-
und die sich daraus ergebende Preisentwicklung las-
druck 836 (neu) — verweisen.
sen sich also zuverlässig vorerst nicht beurteilen.
Über eine den Verhältnissen besser angepaßte Nach Auffassung zahlreicher Fachleute ist aber
Abgrenzung zwischen Landwirtschaft und Gewerbe wahrscheinlich mit einem Preisverfall bis zu der am
schweben Verhandlungen mit den berufsständischen 11. Juni beginnenden Einfuhrsperrfrist nicht zu
Organisationen der Landwirtschaft. Das Ergebnis rechnen. Das Mindestpreissystem in Frankreich ver-
soll in Kürze mit den Landwirtschaftsministerien mochte im Jahre 1961 einen empfindlichen Preisver-
der Länder beraten werden. Es steht zu hoffen, daß fall trotz wirksamer Importsperre keineswegs zu
die bei einer Abgrenzung auftretenden verfassungs- verhindern, weil nämlich das Inlandsangebot die
rechtlichen Bedenken behoben werden können. Nachfrage lange Zeit bei weitem überstieg. Die Bun-
desregierung wird auch in diesem Jahre den Markt-
ablauf sorgfältig beobachten.
Vizepräsident Schoettle: Herr Abgeordneter
Dröscher eine Zusatzfrage.
Vizepräsident Schoettle: Die nächste Frage —

Dröscher (SPD) : Darf ich fragen, Herr Staats- die Frage IV/ 12 — ist ebenfalls vom Herrn Abge-
sekretär, was die Bundesregierung in diesem Zu- ordneten Logemann gestellt:
sammenhang unter bäuerlichen Betrieben verstehen Ist es zutreffend, daß EWG-Partner, vor allem Frankreich und
wird? Italien, der Bundesregierung den Vorwurf machen, auf dem
Sektor des Zolltarifkontingente zu große Ausnahmen auf zu
vielen Sektoren — besonders bei einzelnen landwirtschaftlichen
Produkten — zu beantragen und damit indirekt den gemeinsa-
men Außentarif zu unterwandern?
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Bitte, Herr Staatssekretär.
Die Bundesregierung versteht unter bäuerlichen Be-
trieben solche Betriebe, die einer bäuerlichen Fa-
milie eine Existenz bieten können. Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Der Vorwurf, .daß die Bundesregierung auf dem
Vizepräsident Schoettle: Die nächste Frage —
Agrarsektor zuviel Zolltarifkontingente beantragt
die Frage IV/ 11 — des Herrn Abgeordneten Loge- habe und damit versuche, den gemeinsamen Außen-
mann: tarif der EWG zu unterlaufen, ist von den anderen
EWG-Partnern offiziell nicht erhoben worden. Viel-
Ist die Bundesregierung bereit, für die Einfuhr von Frühkar-
toffeln in Anlehnung an die in Frankreich bestehende Regelung - mehr wurde in den grundsätzlichen Diskussionen
von Woche zu Woche gestaffelte Mindestpreise festzusetzen? über die Frage der Zolltarifkontingente zwischen
Bitte, Herr Staatssekretär! den EWG-Mitgliedstaaten festgestellt, daß der EWG-
Vertrag in Art. 25 jedem Mitgliedstaat das Recht
gibt, Zollkontingente zu beantragen. Dies soll je-
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini- doch nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen von be-
sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: sonderen wirtschaftlichen Gründen geschehen.
Herr Abgeordneter Logemann, die Anwendung von Auch die Bundesregierung hat diesen Ausnahme-
Mindestpreisen kommt in Betracht, sobald der in- charakter der Zolltarifkontingente im Grundsatz
ländische Preisstand nachhaltig unterschritten wird. anerkannt. Sie hat daher auf dem Agrarsektor nur
Als Pegel gilt in der EWG ein dreijähriger Durch- bei solchen Erzeugnissen Anträge gestellt, bei denen
schnittspreis abzüglich 8 %. die Einfuhren überwiegend aus dritten Ländern.
Die bekannten bzw. berechenbaren Voraussetzun- stammen und die EWG-Länder in absehbarer Zeit
gen für die Entwicklung der Frühkartoffelpreise in nicht in ausreichendem Maße lieferfähig sind, bei
der Bundesrepublik sind folgende. 1. Die Kartoffel- denen 'außerdem der gemeinsame Zolltarif im Ver-
vorräte in der Landwirtschaft beliefen sich Ende Ja- gleich zu dem bisherigen deutschen Zolltarif wesent-
nuar 1962 auf nur 9,5 Millionen t gegenüber 11,7 liche Erhöhungen aufweist. Die Anträge verfolgen
Millionen t zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. den Zweck, das Preisniveau bei den betreffenden
Die Ursachen für diese unterdurchschnittlichen Vor- Erzeugnissen im Interesse des Verbrauchers auf-
räte sind einmal die um 3 1 /2 Millionen t niedrigere rechtzuerhalten.
768 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962

Staatssekretär Hüttebräuker
Es handelt sich im wesentlichen um drei Gruppen Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Herr Staats-
von Anträgen, deren B ewill i gung die deutsche land- sekretär, ist es richtig, daß Bundesminister Schwarz
wirtschaftliche Erzeugung nicht beeinträchtigt: eine 50%ige Senkung für richtig, angemessen, mög-
1. Südfrüchte wie Apfelsinen, Pampelmusen, Bana- lich und erforderlich hält?
nen, Rosinen, Trockenpflaumen sowie Tafeltrauben
und Tomaten in der Wintersaison, 2. Verschnitt-
rotwein sowie Verarbeitungsweine zur Herstellung Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
von Brennwein und Wermutwein, 3. Heringe und sterium für 'Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Seefische. Herr Bundesminister Schwarz hat sich auf diesen
Standpunkt gestellt, 'Herr Abgeordneter.
Die Vertreter Frankreichs und Italiens haben sich
in den Sachverständigenbesprechungen besonders
gegen die deutschen Anträge für die Verarbeitungs- Vizepräsident Schoettle: Noch eine Zusatz-
weine und Südfrüchte ausgesprochen. Sie erhoffen frage, Herr Dr. Schmidt?
von einer Erhöhung des Zollniveaus in der Bundes-
republik bei diesen Waren eine Ausweitung ihrer Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Trifft es zu, daß
nationalen Produktion und Steigerung des Markt- bei einer Senkung der Getreidefrachten um 50 %
anteils in der Bundesrepublik. die Selbstkosten der Bundesbahn immer noch ge-
Die Entscheidung über die Genehmigung der An- deckt wären?
träge auf Zolltarifkontingente und Zollaussetzungen
auf idem Agrarsektor obliegt ausschließlich der
Kommission der EWG. Diese hat bisher die Anträge Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
für Heringe und Seefische, Pampelmusen und Ro- sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
sinen genehmigt, den Antrag für Apfelsinen dage- Diese Anfrage, Herr Abgeordneter, kann ich nicht
gen abgelehnt. Die Bundesregierung hat diesen An- beantworten.
trag wegen seiner großen wirtschaftlichen und han-
delspolitischen Bedeutung erneut gestellt. Die Vizepräsident Schoettle: Herr Abgeordneter
Entscheidungen über die übrigen Anträge stehen Dröscher zu einer Zusatzfrage.
noch aus.

Dröscher (SPD) : Habe 'ich Sie vorhin richtig ver-


Vizepräsident Schoettle: Es folgt Frage IV/ 13 standen, daß Sie sagten, nach Ihrer Meinung stelle
— des Abgeordneten Dr. Schmidt (Gellersen) — :
die Tarifsenkung um 25 % noch keinen entschei-
denden Beitrag zur Verbesserung unserer Wettbe-
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß die von der Deut-
schen Bundesbahn beantragte und vom Herrn Bundesverkehrs- werbsfähigkeit auf dem Gemeinsamen Markt dar?
minister genehmigte Senkung der bisher gültigen Regeltarife
für Getreide um 25 v. H. den Erfordernissen der erklärten
Getreidepreispolitik im lahmen der EWG-Marktordnung gerecht
wird und mit der durch den Herrn Bundesernährungsminister am Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
24. Januar 1962 abgegebenem Regierungserklärung übereinstimmt? sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Ich hatte gesagt, daß sie nicht ausreicht.
Herr Staatssekretär, bitte.

Vizepräsident Schoettle: Noch eine Zusatz-


Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini- frage?
sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Herr Abgeordneter Dr. Schmidt, die Bundesregie-
rung ist der Meinung, daß eine Senkung der Ge- Dröscher (SPD) : Herr Staatssekretär, wird die
treidefrachten um 25 % allein nicht ausreicht, die - BundesrgiachfüEmäßigunde
mit 'dem Übergang auf die EWG-Marktordnung zu Frachttarife für andere Produkte der Landwirtschaft
erwartenden Preisminderungen für die Getreide- eintreten, wenn die Tarife der EWG-Partner auch
erzeuger in marktfernen Gebieten in einem erträg- für diese anderen Frachten niedriger sein sollten?
lichen Umfang zu halten. Die Bundesregierung ist
im Begriff, geeignete Maßnahmen vorzubereiten, Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesmini-
um eine ausreichende Senkung der Beförderungs- sterium für 'Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
kosten für Getreide und die 'damit in Verbindung Ich kann diese Frage heute nicht beantworten, bir
stehende Anhebung der Interventionspreise zu er- aber sicher, daß unsere Intentionen in dieser Rich
zielen. Dabei kommt es im wesentlichen darauf an, tung gehen werden.
sicherzustellen, daß die vorgesehene Regelung so-
wohl mit dem Wortlaut der Verordnung über die
Errichtung einer gemeinsamen Marktordnung für Vizepräsident Schoettle: Wir kommen nur
Getreide als auch mit den Wettbewerbsregeln des zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbei
EWG-Vertrags und seinen Bestimmungen über Bei- und Sozialordnung. Frage V/1 — des Herrn Abge
hilfen und Unterstützungen im Einklang steht. ordneten Riegel (Göppingen) —:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Neuberechnung dei
Renten nach dem Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neurege
lungsgesetz sehr langsam erfolgt?
Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage,
Herr Abgeordneter Schmidt. Bitte, Herr Minister, zur Beantwortung.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 769

Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozialord- Felder (SPD) : Herr Bundesminister, ist Ihnen
nung: Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Um- demnach nicht bekannt, daß die Familienausgleichs-
rechnung der Renten nach dem Fremdrenten- und kasse des nordwestdeutschen Baugewerbes in Berlin
Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz unter Umstän- in Beantwortung einer Klageschrift an das Sozial-
den längere Zeit dauert. Das beruht vor allem dar- gericht folgendes geschrieben hat:
auf, daß in vielen Fällen die erforderlichen Unter- Die Klage ist nach § 66 SGG zulässig. Die Ertei-
lagen nicht oder nicht vollständig vorhanden sind. lung des mangelhaften Bescheides ist nicht auf
Diese Tatsache führt zu unvermeidlichen Verzöge- Fahrlässigkeit zurückzuführen, sondern auf die
rungen, weil Rückfragen und Anforderungen bei bereits seit 1955 von der Gesamtheit der
Rentenstellen erforderlich sind oder Zeugenerklä- Familienausgleichskassen bewußt unterlassene
rungen oder eigene eidesstattliche Erklärungen ein- Rechtsmittelbelehrung, um einer Flut von Kla-
geholt werden müssen. gen zu begegnen.
Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage, Ist Ihnen nicht bekannt, Herr Bundesminister, daß
Herr Abgeordneter Riegel? damit bewußt die zwingende Vorschrift des § 26 des
Kindergeldgesetzes umgangen wird?
Riegel (Göppingen) (SPD): Herr Bundesminister,
sind Sie nicht der Auffassung, daß die Bearbeitung Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozial-
der Anträge auf Umstellung der Renten nach dem ordnung: Das ist mir leider nicht bekannt. Ich wäre
Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsge- Ihnen sehr dankbar gewesen, wenn Sie mir, statt
setz schneller vor sich gehen könnte, wenn man auf eine formelle Frage zu stellen, diesen Fall unter-
eidesstattliche Erklärungen schneller einginge? breitet hätten. Dann hätte ich ihn sehr genau prüfen
können und wäre heute morgen in der Lage gewe-
Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozialord- sen, darauf einzugehen.
nung: Ich weiß nicht, ob die Versicherungsträger da
falsch handeln. Auf jeden Fall muß der Anspruch (Beifall bei der CDU/CSU.)
festgestellt werden, und dazu ist notwendig, daß
diese Beweismittel herbeigebracht werden. Felder (SPD) : Ich werde Ihnen die Unterlagen
zuleiten.
Vizepräsident Schoettle: Noch eine Frage.
Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozial-
Riegel (Göppingen) (SPD) : Herr Bundesminister, ordnung: Vielen Dank.
können Sie Auskunft darüber geben, wieviel uner-
ledigte Anträge vorliegen? Vizepräsident Schoettle: Wir kommen zum
Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidi-
Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozialord- gung. Frage VI/ 1 — des Herrn Abgeordneten Drö-
nung: Nein, Auskunft darüber kann ich nicht geben. scher —:
Was wind die Bundesregierung tun, um Nachteile für die
Vizepräsident Schoettle: Sie haben keine Wehrpflichtigen abzuwenden, deren einjähriger Grundwehr-
dienst am 31. März .1962 beendet ist und denen bei Nachfrage an
Frage mehr, Herr Kollege, es tut mir leid. die Einheiten, ob ihr Studium am 1 April 1962 begonnen wer-
den könne, noch im Februar 1962 dienstlich mitgeteilt wurde,
Zur Frage V/2 — des Herrn Abgeordneten mit ihrer termingerechten Entlassung sei zu rechnen?

Felder — :
Lst dem Herrn Bundesarbeitsminister bekannt, daß die Fami- Hopi, Staatssekretär im Bundesministerium der
lienausgleichskassen bei der Erteilung von ablehnenden oder
einschränkenden Bescheiden an Antragsteller bewußt die in Verteidigung: Am 30. Januar 1962 sind die Perso-
§ 26 des Kindergeldgesetzes bindend vorgeschriebene Begrün- nalbearbeiter darüber unterrichtet worden, daß die
dung und Rechtsmittelbelehrung unterlassen?
Wehrpflichtigen, die sonst nach einjährigem Grund-
Bitte, Herr Minister. wehrdienst am 31. März 1962 ausgeschieden wären,
mit einer Verlängerung ihres Grundwehrdienstes
Blank, Bundesminister für Arbeit und Sozialord- bis zum 30. Juni 1962 und die Wehrpflichtigen, die
nung: Ich muß die gestellte Frage mit Nein beant- sonst am 30. Juni 1962 ausgeschieden wären, mit
worten. Ablehnende oder einschränkende Bescheide einer Verlängerung bis zum 31. Dezember 1962 zu
an Antragsteller werden meines Wissens von den rechnen hätten. Am 26. Februar ist diese Unterrich-
Familienausgleichskassen mit Begründung und tung allen personalbearbeitenden Stellen nochmals
Rechtsmittelbelehrung versehen. Das Bundesver- zugegangen.
sicherungsamt, das die Aufsicht über die Familien-
Um Härten für die Wehrpflichtigen, die nach Be-
ausgleichskassen führt, hat jedoch zugelassen, daß
endigung ihres Grundwehrdienstes zu studieren be-
bei Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen in be-
absichtigen, nach Möglichkeit auszuschließen, sind
stimmten Fällen die Zahlung eingestellt wird, ohne bei der Ständigen Konferenz der Kultusminister der
daß die Familienausgleichskasse einen förmlichen Länder mehrere Maßnahmen beantragt worden.
Bescheid nach § 26 des Kindergeldgesetzes erteilt. Diese Anregungen stehen morgen und übermorgen
Zu diesen Fällen gehören z. B. der Tod des Kindes auf der Tagesordnung der Konferenz. Ich bitte, Herr
und die Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze. Abgeordneter, um Verständnis dafür, daß ich diese
Maßnahmen am Tage vor der Sitzung der Kultus-
Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage, ministerkonferenz nicht öffentlich erwähnen möchte;
Herr Felder. ich glaube, die Herren Kultusminister würden das
770 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962

Staatssekretär Hopf
falsch verstehen können. Ich darf Sie aber vielleicht Transport und Verkehr vom 7. März 1962 dem
nach der Sitzung von den einzelnen Maßnahmen Standortkommandanten in Mannheim bekannt. Der
persönlich in Kenntnis zu setzen. Leiter der Freiwilligen-Annahme im Wehrbereich V
Am 26. Februar 1962 sind die personalbearbeiten- hat daraufhin sofort eine Untersuchung eingeleitet,
den Stellen der Bundeswehr außerdem angewiesen in deren Verlauf der Hauptfeldwebel Boehme die
worden, bei Entlassungsanträgen der Wehrpflichti- ihm zur Last gelegten Äußerungen teilweise be-
gen, deren Grundwehrdienst auf 15 Monate oder stritten hat.
erstmals auf 18 Monate verlängert wird, wie folgt Eine endgültige Stellungnahme zum Verhalten
zu verfahren: des Hauptfeldwebels Boehme ist zur Zeit noch nicht
Entlassungsanträgen, die darauf gestützt werden, möglich, da die Untersuchungen noch nicht abge-
daß der Wehrpflichtige etwa ein halbes Jahr Aus- schlossen sind. Vorsorglich ist der Hauptfeldwebel
bildungszeit verliert, kann nicht stattgegeben wer- bis zur endgültigen Klärung in einer anderen Tätig-
den. keit eingesetzt worden.
Kann jedoch eine besondere persönliche Notlage
eines Soldaten oder seiner Familie nur durch Ent- Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage.
lassung abgewendet oder gemildert werden, so ist
der Soldat vorzeitig zu entlassen. Merten (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich viel-
Würde ein Wehrpflichtiger durch die Verlänge- leicht folgende Frage un Sie richten, .die grund-
rung seines Grundwehrdienstes auf 15 oder 18 Mo- sätzlicher Natur ist. Hält ,die Bundesregierung einen
nate nicht nur ein, sondern zwei Semester, d. h. ein Soldaten für geeignet, die freiheitliche Grundord-
volles Jahr seines Studiums verlieren — wegen des nung der Bundesrepublik zu verteidigen, ,der fol-
nicht in jedem Semester anlaufenden Studienbe- gende Äußerungen vor ihm wildfremden Menschen,
ginns —, so ist dem Entlassungsantrag zu entspre- aber in einem Dienstgebäude der Bundeswehr und
chen. in Uniform getan hat:
Es ist sichergestellt, daß einem Soldaten außer- Die Gewerkschaftsbonzen mit den dicken Autos
dem Urlaub gewährt wird, wenn er zur Vorberei- verlangen immer mehr und mehr Lohn, und
tung auf den künftigen Zivilberuf oder zum Besuch der Staat ist nicht in der Lage, dies zu ver-
von Ausbildungseinrichtungen irgendwelche Prüfun- kraften. Die müssen doch endlich einmal genug
gen oder Ausleseteste oder dergleichen ablegen bekommen. Es fährt doch schon fast jeder
muß. Mensch ein Auto.
Oder:
Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage des Wenn man auf ,die Büros kommt, sitzen dort die
Herrn Abgeordneten Dröscher.
Fräuleins und feilen an den Fingernägeln her-
um. Ich war früher einmal bei ,der Kriminalpoli-
Dröscher (SPD) : Herr Staatssekretär, gilt diese zei, dort hatten wir welche, die konnten nicht
Verordnung auch für die Soldaten, die zum Besuch auf drei zählen. Und weil sie bei uns nichts
Höherer Technischer Lehranstalten Vorsemester ab- werden konnten, sitzen sie heute bei der Ge-
solvieren müssen und ein ganzes Jahr verlieren, werkschaft und verdienen eine Masse Geld.
wenn sie nicht anfangen können?
Oder:
Hopf Staatssekretär des Bundesministeriums Die Bonzen machen sich mit Tausenden von
der Verteidigung: Wir wollen grundsätzlich zu er- Marken, , die sie verdienen, ein schönes Leben,
reichen versuchen, daß die jungen Soldaten auf und dann gibt es noch so viel Dumme, die
keinen Fall ein ganzes Jahr verlieren. Ich bin also dafür auch noch Beitrag bezahlen.
-
der Ansicht, daß wir es auch auf diesen Personen- Oder in bezug auf die Verhältnisse in Frankreich:
kreis ausdehnen müssen. Es kommt hinzu, Herr
Abgeordneter, daß ja gerade dieser Personenkreis Es ist schade, daß in Frankreich soviel Men-
schen auf diese Art ums Leben kommen. Hier
für die deutsche Wirtschaft besonders wichtig ist.
fehlt jemand, der ordentlich durchgreift. Hier
fehlt ein Hitler-Heer!
Dröscher (SPD) : Danke!
Oder aber in bezug auf die Novelle zur Verlänge
rung der Wehrpflicht, die wir hier behandelt haben:
Vizepräsident Schoettle: Frage VI/2 — des
Herrn Abgeordneten Merten — : Dies hätte man geheimhalten müssen, bis die
ser Beschluß gefaßt war. Dann erst hätte man
Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhalten des Haupt-
feldwebels Boehme beim Kreiswehrersatzamt Mannheim, der sich ihn der Öffentlichkeit bekanntgegeben können.
zwei Zeugen gegenüber abfällig über die gewerkschaftlichen
Organisationen der Bundesrepublik, die politischen Verhältnisse Ist die Bundesregierung nicht der Meinung, daß aus
in Frankreich und die öffentliche Behandlung der letzten No-
velle zum Wehrpflichtgesetz geäußert hat? diesen Äußerungen, die sich noch vermehren ließen,
eine Einstellung spricht, die den Herrn ungeeignet
Bitte, Herr Staatssekretär! macht, für die Verteidigung der freiheitlichen Grund-
ordnung der Bundesrepublik einzutreten?
Hopi, Staatssekretär des Bundesministeriums
der Verteidigung: Der Vorfall wurde durch ein Hopf, Staatssekretär im Bundesministerium der
Schreiben der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Verteidigung: Herr Abgeordneter, zunächst läuft
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 771
Staatssekretär Hopf
noch die Untersuchung. Der Hauptfeldwebel bestrei- ich 'aber auch sagen, daß im Rahmen der Abwick-
tet den größten Teil dieser Äußerungen. Ich kann lung dieser Geschäfte der von Ihnen angegebene
deshalb nur eine allgemeine Antwort geben. Sollte Vorfall der Förderung von Schiffbauten für den
es zutreffen — das ist weder Potentialis noch Irrea- griechischen Reeder Onassis nicht vorgekommen ist.
lis noch Tatsache —, daß der Hauptfeldwebel solche
Äußerungen getan hat, so ist die Bundesregierung
selbstverständlich Ihrer Auffassung. Vizepräsident Schoettle: Herr Dr. Kohut, eine
Zusatzfrage!

Merten (SPD) : Danke sehr.


Dr. Kohut (FDP) : Herr Minister, es ist Ihnen
doch sicher bekannt, daß nicht nur der von mir
Vizepräsident Schoettle: Die Frage )ist beant- genannte Staat die Flagge für ,den Reeder Onassis
wortet. Herr Abgeordneter Merten hat mit großer zur Verfügung stellt, sondern daß auch andere
Kunst verstanden, ein sehr langes Zitat in die Form Staaten dies tun. Sind nicht irgendwelche Anträge
einer Frage zu kleiden. in der von mir gezeigten Richtung gestellt worden?
(Heiterkeit.)
Herr Dr. Kliesing, eine Zusatzfrage! Scheel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit: Herr Kollege, Ida ich aus langjähri-
ger Zusammenarbeit die Hartnäckigkeit Ihrer Zu-
Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) : Herr Staats- satzfragen kenne, bin ich in meinen Recherchen na-
sekretär, ohne auf die Äußerungen im einzelnen türlich sehr weit zurückgegangen.
einzugehen, da sie noch nicht bewiesen sind, möchte
ich doch, weil Herr Kollege Merten seine Frage ja (Heiterkeit.)
auch im grundsätzlichen Sinne gestellt hat, an Sie Ich muß sagen: falls solche Anträge gestellt worden
die Frage richten, ob Sie es grundsätzlich mit der sind, so sind sie auf jeden Fall nicht berücksichtigt
Verfassung unseres Staates für vereinbar halten, worden.
wenn Soldaten in Ausübung ihrer staatsbürger-
lichen Rechte das Recht der Meinungsfreiheit be- (Erneute Heiterkeit. — Zuruf von 'der CDU/
schnitten wird? CSU: Sehr 'diplomatisch!)

Vizepräsident Schoettle: Noch eine Frage,


Hopf, Staatssekretär im Bundesministerium der Herr Dr. Kohut!
Verteidigung: Herr Abgeordneter, die Antwort auf
diese Frage ergibt sich aus dem Grundgesetz.
(Beifall bei der CDU/CSU.) Dr. Kohut (FDP) : Herr Minister, wenn Sie Ihre
Antwort so formulieren, muß ich fragen: Können
Sie mit Sicherheit behaupten, daß kein Brillant im
Vizepräsident Schoettle: Meine Damen und Armband der Frau Callas mit deutschen Steuer-
Herren, ich möchte noch die einzige Frage aus dem geldern bezahlt wurde?
Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaft-
(Große Heiterkeit.)
liche Zusammenarbeit vorziehen, damit dieser
Punkt erledigt ist. Herr Abgeordneter Dr. Kohut
stellt die Frage: Scheel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-
Ich frage den Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit: Herr Kollege, ich räume ein, daß
sammenarbeit, ob der griechische Reeder Onassis, dessen Tank- unter den Projekten, die von .der Bundesregierung
schiffe unter der Flagge der Republik Panama fahren, Nutz-
nießer deutscher Steuergelder ist, die im Haushalt des Bundes- durch Zinsverbilligungen gefördert werden, mög-
verkehrsministers für Zwecke der Entwicklungshilfe vorgesehen licherweise manches Juwel ist. Aber ich glaube, Sie
sind?
werden keines davon in kunstvoll geschliffenem
Herr Bundesminister Scheel! Zustand am Hals einer schönen Frau finden.
(Heiterkeit und Beifall.)
Scheel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit: Herr Abgeordneter, so wie Ihre
Frage gestellt ist, kann ich sie nur mit Nein beant- Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Frage,
worten; denn im Haushaltsplan des Bundesver- Herr Abgeordneter Müller-Hermann!
kehrsministers sind keine 'Mittel vorgesehen, die zu
dem von Ihnen angegebenen Zweck verwendet wer-
den könnten. Im Haushaltsplan des Bundesverkehrs- Müller-Hermann (CDU/CSU) : Herr Bundes-
ministers für das Haushaltsjahr 1962 befinden sich minister, können Sie im Zusammenhang mit der
Mittel, die der Förderung 'der deutschen Seeschiff- vom Kollegen Dr. Kohut gestellten Frage eine Aus-
fahrt dienen und 'die zu ,dem von Ihnen angegebe- kunft darüber geben, ob durch die neuen im Bun-
nen Zweck nicht benutzt werden könnten. Ich deshaushalt vorgesehenen Mittel zugunsten der
könnte Ihre Frage also mit Nein beantworten. Ich deutschen Seeschiffahrt sichergestellt ist, daß die
vermute aber, daß sich Ihre Frage vielleicht auf deutsche Seeschiffahrt gegenüber der ausländischen
Mittel aus dem ERP-Vermögen richtet, 'die zur För- Konkurrenz, was die Bezuschussung von Bauten
derung der deutschen Werften gedient haben und auf deutschen Werften betrifft, nicht schlechter ge-
die im Jahr 1961 eingestellt worden sind. Hier kann stellt ist?
772 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962

Scheel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu- Ich meine, daß die ausländischen Besteller besser
sammenarbeit: Herr Kollege, während die Mittel, gestellt sind als die deutschen Reeder.
die wir im vorigen Jahre aus dem ERP-Vermögen (Abg. Müller-Hermann meldet sich zu einer
zur Förderung des Schiffsbaus in der Bundesrepu- Zusatzfrage.)
blik in den Haushalt eingestellt haben, ganz allge-
meine Verwendung finden konnten, also auch in
der Richtung, die Herr Kollege Kohut angedeutet Vizepräsident Schoettle: Ich muß leider sagen,
hat, sind dieses Mal im Haushalt Ides Herrn Bundes- Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben keine
verkehrsministers Mittel eingestellt worden, die Frage mehr.
ausschließlich die deutsche Seeschiffahrt betreffen.
Das ist sichergestellt. Müller-Hermann (CDU/CSU) : Doch, ich habe
eine Frage nur wiederholt, weil der Herr Verkehrs-
Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Frage? minister nicht zugehört hatte.
— Herr Müller-Hermann.
Vizepräsident Schoettle: Entschuldigen Sie,
Sie haben zwei Fragen gestellt, aber ich will groß-
Müller-Hermann (CDU/CSU) : Ist im Effekt auch zügig sein.
sichergestellt, daß die Möglichkeiten der Bezu-
schussung bei der deutschen Seeschiffahrt nicht ge- Müller-Hermann (CDU/CSU) : Ich möchte doch
geringer sind als bei der ausländischen Konkurrenz? noch einmal an die Bundesregierung die Frage stel-
len, ob sie es für sachlich gerechtfertigt hält, daß
Scheel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu- die deutsche Seeschiffahrt, wie der Bundesverkehrs-
sammenarbeit: Herr Kollege, diese Frage kann ich minister soeben ausgeführt hat, gegenüber der Kon-
Ihnen im Augenblick nicht beantworten. Da müßte kurrenz, was Bauten auf deutschen Werften betrifft,
zusätzlich eine Frage an den Herrn Bundesverkehrs- schlechter gestellt wird?
minister gestellt werden.
Scheel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-
Müller-Hermann (CDU/CSU) : Vielleicht kann sammenarbeit: Ich glaube, die Frage ganz klar mit
der Herr Bundesverkehrsminister diese Frage be- Nein beantworten zu können.
antworten.
Vizepräsident Schoettle: Meine Damen und
Vizepräsident Schoettle: Es ist möglich, daß Herren, damit ist die Fragestunde für heute abge-
der Herr Bundesverkehrsminister die Frage beant- schlossen. Die restlichen Fragen werden morgen
wortet. Aber ich vermute, er hat sie nicht gehört. beantwortet.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Müller-Hermann (CDU/CSU) : Ich darf die Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
Frage für den Herrn Bundesverkehrsminister wieder- betreffend Einsetzung eines Untersuchungs-
holen. Ist durch die neuen im Bundeshaushalt vor- ausschusses (Drucksache IV/ 247).
gesehenen Mittel zugunsten der deutschen See- Wird das Wort zur Begründung gewünscht?
schiffahrt sichergestellt worden, daß die Bezuschus-
sungsfähigkeit für Schiffe der deutschen Seeschiff- Das Wort hat der Abgeordnete Jahn.
fahrt nicht schlechter ist als die Bezuschussungs-
möglichkeit für die ausländische Konkurrenz? Jahn (SPD) : Herr Präsident! Meine sehr ver-
ehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Sozial-
Dr. -Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: demokratischen Partei legt Ihnen mit der Drucksache
Herr Kollege Müller-Hermann, diese Frage kann IV/ 247 den Antrag auf Einsetzung eines Unter-
suchungsausschusses vor. Dieser Antrag ist erforder-
man nicht so ohne weiteres beantworten. Sie wissen,
daß die deutschen Werften einen Betrag in Höhe lich geworden, weil der begründete und bis heute
von 400 Millionen DM aus dem ERP-Vermögen be- nicht widerlegte Verdacht besteht, ein Mitglied der
kommen haben und daß aus diesem Posten aus- Bundesregierung habe sich erhebliche Verfehlungen
im Amte zuschulden kommen lassen. Gegen Herrn
ländische Schiffsbauaufträge bis zu 60 Prozent mit
Bundesminister Strauß wird öffentlich der Vorwurf
einem Kredit von achtjähriger Laufzeit und 5 Pro-
zent Verzinsung bedient werden können, während erhoben, er habe seine Dienstpflichten verletzt.
nach unseren Regeln aus dem Teil der 80 Millionen Die Fülle der Behauptungen und Erklärungen, die
DM, der für die Unterstützung von Neubauten der dazu abgegeben wurden, läßt zwei wesentliche
deutschen Seeschiffahrt gegeben wird, die Reeder nur Punkte erkennen: Einmal die Behauptung, der
eine Hilfe von 20, maximal von 25 Prozent mit einer Minister in seiner amtlichen Eigenschaft habe bei
Verzinsung von 4 Prozent erhalten können, die im der Oberfinanzdirektion München bewirkt, daß
Rahmen der WAD-Vorschriften abgerechnet werden, einem sogenannten Inhaber eines Architektenbüros
aber in der Amortisation entgegen den WAD- öffentliche Aufträge erteilt wurden, obwohl dieser
Vorschriften auch dann bedient werden müssen, Inhaber eines Architektenbüros, wie leicht hätte fest-
wenn keine Gewinne erzielt werden. Von einer gestellt werden können, keinerlei fachliche Eignung
Gleichstellung kann man also hier nicht sprechen. hatte.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 773
Jahn
Die zweite Behauptung geht dahin, der Minister nicht? Dieses Zwielicht schadet nicht nur dem Mini-
habe ohne sachgerechte Prüfung und ohne dazu zu- ster, es schadet darüber hinaus dem Ansehen der
ständig zu sein, in amtlicher Eigenschaft gegenüber Regierung, der dieser Minister angehört, ja noch
dem Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten mehr: es schadet dem Ansehen der Demokratie in
die Bemühungen einer privaten Interessentengruppe unserem Lande überhaupt. Die Inhaber von Staats-
unterstützt, die angeblich die Errichtung von Woh- ämtern dürfen diese nicht mißbrauchen, um Gefällig-
nungen für die Arbeitskräfte der Vereinigten Staa- keiten zu erweisen. Wegen solcher Vorwürfe darf
ten plante, ohne dazu die sachlichen und finanziellen auf niemandem, der im öffentlichen Leben steht, ein
Voraussetzungen zu erfüllen. Verdacht ruhen. Das Vertrauen der Bürger in die
Sind diese Vorwürfe richtig, dann hat der Minister Sauberkeit und die Ordnungsmäßigkeit der öffent-
seine Dienstpflichten verletzt. Wer sich als Minister lichen Verwaltung ist ein Kapital der Demokratie,
für andere verwendet, muß wissen, daß er damit als das nicht verspielt werden darf.
Leiter einer Verwaltungsbehörde besondere Verant- (Beifall bei der SPD.)
wortung übernimmt. Innerhalb und außerhalb unse- Es muß sorgsam gehütet werden. Diese Aufgabe
res Landes wird der Erklärung eines Ministers be- verträgt keine unsachliche Dramatisierung. Sie ist
sonderes Gewicht beigemessen, und das mit gutem aber auch unter keinen Umständen abdingbar.
Grund. Man vertraut darauf, daß ein Minister seine
Unterstützung keinem Unwürdigen und keinem Un- Deshalb ist das ganze Parlament berufen, seinen
fähigen leiht. Man vertraut weiter darauf, daß kein verfassungsmäßig verbürgten Auftrag auf Kontrolle
Minister Empfehlungen über Projekte, gleich welcher der Regierung und ihrer Verwaltung zu erfüllen.
Art, gibt, die er nicht sorgfältig geprüft hat. Der Diesem Zweck allein dient unser Antrag.
Minister, der anders handelt, setzt sich dem begrün- Es kann nur bedauert werden, daß zunächst Zwei-
deten Vorwurf aus, von seinem Amte unrechten fel daran hervorgerufen worden sind, ob das die
Gebrauch zu machen. Dieser Vorwurf wiegt schwer. gemeinsame Auffassung des ganzen Hauses sei. Die
Er kann deshalb nicht ungeklärt bestehenbleiben. Versuche der politischen Freunde des Ministers, mit
Es käme hinzu — wenn die Beschuldigungen rich- heftigen Erklärungen unwiderlegte Vorwürfe zu
tig sein sollten —, daß der Minister eine Kleine An- decken und zu verschleiern, waren peinlich. Ein sol-
frage der Fraktion der SPD im 3. Bundestag unrich- ches Vorgehen hätte dazu niemandem genützt.
tig beantwortet hat. Wäre dieser Vorwurf wahr, Wir begrüßen es deshalb, daß sich die Fraktion
hätte er sein eigenes besonderes Gewicht. Allein der CDU/CSU nunmehr dieser notwendigen Auf-
der Verdacht einer solchen gröblichen Mißachtung gabe der Untersuchung nicht weiter verschließen
des Parlaments fordert gebieterisch eine verbind- will, den Antrag unterstützen wird und damit von
liche Aufklärung. mancherlei offenbar voreiligen und wenig bedach-
(Beifall bei der SPD.) ten früheren Erklärungen abrückt.
Das ist nicht mehr eine Sache, die die SPD-Fraktion (Beifall bei der SPD.)
allein mit dem Minister abzumachen hätte; das geht Gerade die Regierung, die Parteien, die sie tra-
das ganze Parlament an. gen, vor allem aber der Minister selber müssen ein
(Erneuter Beifall beider SPD.) hervorragendes Interesse daran haben, Klarheit zu
Kein Parlament kann es hinnehmen, von einer Re- schaffen. Das ist auch mit Rücksicht auf die in diesen
gierung oder einzelnen ihrer Mitglieder unwahre Fall verwickelten Beamten des Bundesverteidigungs-
Auskünfte zu erhalten. ministeriums dringend erforderlich.
Die Sozialdemokratische Partei hat sorgfältig ge- Wir wünschen, daß diese Klarheit schnell ge-
prüft und abgewogen, ob die Einsetzung eines Un- wonnen wird. Der Ausschuß soll seine Arbeit un-
tersuchungsausschusses erforderlich ist. Sie hat zu- verzüglich aufnehmen und schnell abschließen. Auf
nächst erwartet, daß der Minister selber in geeig- Grund der Erfahrung, daß kleinere Ausschüsse
neter Weise Mittel und Wege finden würde, die Un- schneller und konzentrierter arbeiten können, schla-
richtigkeit der gegen ihn erhobenen Vorwürfe auf- gen wir Ihnen in unserem Antrag vor, die Zahl der
zuklären. Leider hat er diese Gelegenheit nicht ge- Mitglieder auf sieben zu begrenzen.
nutzt. Das von ihm eingeleitete Gerichtsverfahren Es muß uns allen wichtig sein, meine Damen und
hat keine Klärung gebracht. Im Gegenteil, der ent- Herren, schnell und sicher zu wissen, ob Minister
scheidende Vorwurf, der Minister habe seine Dienst- Strauß seine Amtspflichten verletzt hat oder ob er
pflichten verletzt, ist in dem Verfahren nicht geprüft etwa das Opfer böswilliger Verdächtigungen ge-
worden. Das Gericht hat sich für eine solche Prüfung worden ist. Wem es damit ernst ist, den bitte ich
für unzuständig erklärt. Aber auch der Minister hat namens der Fraktion der Sozialdemokratischen Par-
seine eigene Forderung, sein Prozeßgegner müsse tei, diesem Antrag zuzustimmen.
ihm ausdrücklich bestätigen, daß er sich ordnungs-
gemäß verhalten habe, bei Abschluß des Vergleichs (Beifall bei der SPD.)
selber wieder fallengelassen. Auch sonst hat er
nichts getan, um durch eine überzeugende Gegen- Vizepräsident Schoettle: Der Antrag ist b e-
darstellung alle Vorwürfe zu widerlegen und sich zu gründet. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht
rechtfertigen. So ist bis heute die notwendige Klä- der Fall.
rung unterblieben. Der Bundestag ist nach Art. 44 des Grundgesetzes,
Der Minister steht damit im Zwielicht. Niemand auf den in dem Antrag Bezug genommen worden
weiß: Hat er sich nun rechtmäßig verhalten oder ist, verpflichtet, wenn ein Viertel seiner Mitglieder
774 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962
Vizepräsident Schoettle
die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses kreditanstalten ein Plan der vollständigen Finanzie-
fordert, diesen Untersuchungsausschuß einzusetzen. rung vorgelegt werden kann. Durch diese Maßnah-
Ich stelle fest, daß das Quorum erreicht ist, da die men entstehen den Geschädigten erhebliche Nach-
sozialdemokratische Fraktion mehr als ein Viertel teile vor allem dadurch, daß sich die vorgesehenen
der Mitglieder hat. Bauvorhaben mindestens um ein bis zwei Jahre ver-
zögern. Die in diesem Zeitraum eintretenden Preis-
Im Zusammenhang , damit muß ich noch darauf
steigerungen sind so erheblich, daß die Betroffenen
hinweisen, .daß, wenn ein Ausschuß aus sieben Mit- mit den Bauvorhaben und Baukalkulationen in er-
gliedern eingesetzt wird, damit auch gleichzeitig hebliche Schwierigkeiten kommen. Die Aufbaudar-
die Stellvertreter für diese sieben Mitglieder be- lehen stellen andererseits für die geschädigten
stellt werden müssen. Gruppen einen wichtigen Bestandteil der Finanzie-
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag rung dar. Da es sich um nicht verzinsliche Darlehen
Drucksache IV/ 247. Wer diesem Antrag zustimmt, handelt, können sie als unechtes Eigenkapital im
den bitte ich um ein Handzeichen. — Die Gegen- Eigenkapitalraum eingesetzt werden. Dies gilt so-
probe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist ein- wohl für die Finanzierung von Familienwohnheimen
stimmig angenommen. als auch für Mietwohnungen der Wohnungsbau-
genossenschaften und -gesellschaften.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Beratung der Sammelübersicht 4 des Aus- Es ist daher dringend geboten, daß diese Mittel
schusses für Petitionen (2. Ausschuß) über nicht nur zum Erwerb von Eigenheimen, sondern
Anträge von Ausschüssen des Deutschen auch den vorgenannten Bauträgern in ausreichen-
Bundestages zu Petitionen (Drucksache dem Maße zur Verfügung stehen. Das Lastenaus-
IV/ 235) . gleichsgesetz läßt jedoch nicht nur keine Erhöhung
der Mittel für Aufbaudarlehen zu, sondern schreibt
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der eine sich jährlich steigernde Herabsetzung vor. Um
Fall. Wir stimmen über den Antrag des Ausschus- die Möglichkeit einer Bedarfsdeckung wenigstens in
ses ab. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um ein gewissem Umfang zu schaffen, gestattet der § 323
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Abs. 2 des Lastenausgleichsgesetzes, daß bis zu 50%
Der Antrag ist angenommen. der für Wohnraumhilfe gesetzlich vorgesehenen
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: Mittel auf Aufbaudarlehen umgebucht werden kön-
nen. Von dieser Möglichkeit kann jedoch praktisch
Erste Beratung des von den Abgeordneten kein Gebrauch gemacht werden, weil auf Grund des
Rehs, Frau Korspeter, Zühlke und Fraktion Umsiedler-Wohnungsbaugesetzes der größte Teil
der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zwei- der Wohnraumhilfe selbst in Anspruch genommen
) ten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über wird. § 2 Abs. 2 Satz 2 dieses Gesetzes schreibt
die Förderung des Wohnungsbaus für Um- nämlich vor, daß aus den für die Wohnraumhilfe
siedler in den Aufnahmeländern und des bereitstehenden Mitteln in den Jahren 1962 bis 1965
Wohnungsbaus für Sowjetzonenflüchtlinge in 200 Millionen DM an den Bund zurückzuzahlen sind.
Berlin (Drucksache IV/ 213). Um auf dem Wege der Umbuchung in den nächsten
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll Jahren das Kontingent der Aufbaudarlehen vergrö-
folgender Antrag zusätzlich auf die Tagesordnung ßern zu können, ist es deshalb nötig, durch die Än-
der heutigen Sitzung gesetzt und in Verbindung derung des Umsiedler-Wohnungsbaugesetzes den
mit diesem Punkt 4 der Tagesordnung behandelt Fonds von der Rückzahlung der 200 Millionen DM
werden: während der Jahre 1962 bis 1965 zu befreien, diese
Rückzahlung also um vier Jahre hinauszuschieben.
Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Hesberg, Kuntscher, Dr. Mälzig, Mick, Der Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt
Dr. Czaja, Schütz und Genossen eingebrachten hat bereits in seiner Sitzung am 27. November 1961
einstimmig beschlossen, der Bundesregierung in der
Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände-
rung des Gesetzes über die Förderung des Richtung unseres Antrages eine Empfehlung zu ge-
ben. Da von dieser Empfehlung bisher seitens der
Wohnungsbaus für Umsiedler in den Auf-
Bundesregierung kein Gebrauch gemacht worden
nahmeländern und des Wohnungsbaus für
ist, halten wir es für nötig, mit unserem Antrag die
Sowjetzonenflüchtlinge in Berlin (Drucksache
Initiative in dieser Hinsicht zu ergreifen. Wir bitten
IV/ 269). daher, dem Begehren dieses Antrags zu entsprechen.
Zur Begründung ides Gesetzentwurfs der Fraktion (Beifall bei der SPD.)
der SPD hat , der Abgeordnete Rehs das Wort.
Vizepräsident Schoettle: Das Wort zur Be-
Rehs (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und gründung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hes-
Herren! Ich möchte mir erlauben, zur Begründung berg, Kuntscher, Dr. Mälzig, Mick, Dr. Czaja, Schütz
des von uns eingebrachten Gesetzentwurfes kurz und Genossen auf Drucksache IV /269 hat der Abge-
folgendes vorzutragen. Die derzeitigen Aufbaudar- ordnete Kuntscher.
lehen für den Wohnungsbau reichen bei weitem
nicht aus, um die vorliegenden Anträge auf Aufbau-
darlehen auch nur einigermaßen berücksichtigen zu Kuntscher (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
können. In einigen Ländern der Bundesrepublik Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der SPD
kann mit der Erstellung von Bauvorhaben erst dann Drucksache IV/ 213 und der von Mitgliedern der
begonnen werden, wenn den zuständigen Landes- CDU/CSU- und der FDP-Fraktion eingebrachte Ge-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 775
Kuntscher
Setzentwurf Drucksache IV/ 269 betreffen das gleiche haben. Ich kann also hier und im Augenblick nicht
Problem. Es handelt sich um die Verstärkung der weiter Stellung dazu nehmen, auch nicht zu der
Mittel für Aufbaudarlehen für den Wohnungsbau Begründung im einzelnen. Aber ich freue mich, daß
aus dem LAG. Bei der Vergabe dieser Aufbaudar- Sie dank unserer Initiative endlich auch zur Einsicht
lehen ist ein Engpaß entstanden. Der Engpaß hat gekommen sind und das Petitum nun auch Ihrerseits
zwei Ursachen. Er ist erstens durch die in der aufgreifen, das wir mit unserem Antrag verfolgen.
Achten Novelle zum Lastenausgleichsgesetz 1957 (Beifall bei der SPD.)
festgelegte Degression für alle Aufbaudarlehen ver-
ursacht. Zweitens ist er dadurch bedingt, daß im
Jahre 1961 und noch stärker im Jahre 1962 Bau- Vizepräsident Schoettle: Das Wort hat der
sparverträge von Aufbaudarlehensberechtigten in Herr Abgeordnete Kuntscher.
zunehmendem Maße auszahlungsreif werden.
Kuntscher (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
Der Kontrollausschuß hat sich am 27. November Damen unid Herren! Noch eine ganz kurze Erwide-
1961 mit dieser Situation beschäftigt. Die Vertreter rung auf die Ausführungen des Kollegen Rehs. Sehr
der Länder und auch die Vertreter dieses Hohen geehrter Kollege Rehs, wir haben uns bereits am
Hauses im Kontrollausschuß haben gemeinsam dar- 27. November 1961 im Kontrollausschuß als CDU-
auf hingewiesen, daß hier etwas geschehen muß, Vertreter in diesem Gremium für dieses Problem
und zwar in dem Sinne, daß die Globalsumme der nicht nur interessiert, sondern die dort gefaßten
Aufbaudarlehen aus dem LAG für den Wohnungs- Beschlüsse waren die Folge unserer Anträge. Also
bau aufgestockt wird. In dem Gesetz vom 27. Juli wir hinken nicht hintennach. Wir wollen einander
1957 wird bestimmt, daß der Ausgleichsfonds nicht den Rang ablaufen. Uns geht es um die Sache,
200 Millionen DM an den Bund zurückzuzahlen hat. und wir hoffen, daß die Ausschußberatungen den
Als Zeitraum für die Rückzahlung sind die Jahre Erfolg bringen, den wir uns beide wünschen.
1962 bis 1965 vorgesehen. Unser Antrag hat zum
Inhalt, daß die Frist zur Rückzahlung dieser 200 Mil- (Zustimmung in der Mitte.)
lionen DM verlängert und die in den Jahren 1962
bis 1965 zurückzuzahlenden Beträge herabgesetzt Vizepräsident Schoettle: Das Wort wird wel-
werden. Dadurch soll eine Aufstockung des Global- ter nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache.
betrages für Aufbaudarlehen erreicht werden. Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Frak-
tion der SPD an den Ausschuß für Wohnungswesen,
Ich möchte nicht auf die Unterschiede der Anträge Städtebau und Raumordnung — federführend —
Drucksachen IV/ 213 und IV/ 269 eingehen. Sie be und an den Haushaltsausschuß und den Ausschuß
treffen die Höhe und die Verwendung der Rück- für den Lastenausgleich zur Mitberatung zu über-
zahlungsbeträge und den Zeitraum der Rückzahlung. weisen. Ich nehme an, , daß dieselben Vorschläge
Damit werden sich die zuständigen Ausschüsse zu auch für den Gesetzentwurf der Kollegen aus der
befassen haben. Fraktion der CDU/CSU gelten.
Ich darf Sie nun noch bitten, in der Drucksache (Abg. Kuntscher: Jawohl!)
IV/ 269 folgende Änderungen vorzunehmen: Wenn idem nicht widersprochen wird, stelle ich fest,
In Art. 1 ist in der geänderten Fassung des § 2 daß ,die Überweisung in dem von mir vorgetragenen
Abs. 2 in der Zeile hinter der ersten Zahlentabelle Sinn beschlossen ist.
der Betrag von „130 000 000 DM" zu ersetzen durch Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
„120 000 000 DM". Ebenso ist im letzten Satz des
geänderten § 2 Abs. 2 die Zahl „130 000 000" durch Erste Beratung des von der Bundesregierung
„120 000 000" zu ersetzen. Ferner sind in diesem eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
letzten Satz die Worte „und im Jahre 1977 mit dem Ü bereinkommen Nr. 112 der Internatio-
10 000 000 DM" zu streichen. Ich darf dem Herrn - nalen Arbeitsorganisation vom 19. Juni 1959
Präsidenten diese Änderungen schriftlich übergeben. über das Mindestalter für die Zulassung zur
Arbeit in der Fischerei (Drucksache IV/ 232).
Die Begründung des Antrages Drucksache IV/ 269
habe ich zugleich auch für die mitunterzeichnenden Wird der Gesetzentwurf begründet?
Kollegen der FDP-Fraktion vorgetragen. (Abg. Dr. Mommer: Nein!)
— Offenbar nicht.
Vizepräsident Schoettle: Die beiden Gesetz- Ich eröffne die erste Beratung. Wird idas Wort ge-
entwürfe sind begründet. Ich eröffne die Aussprache wünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die
der ersten Beratung. — Das Wort hat der Abge- erste Beratung.
ordnete Rehs.
Der Gesetzentwurf soll an den Ausschuß für Ar-
beit — federführend — und an den Ausschuß für
Rehs (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
Familien- und Jugendfragen zur Mitberatung über-
Herren! Zu dem Gesetzentwurf, den der Kollege
wiesen werden. Wird diesem Vorschlag widerspro-
Kuntscher soeben begründet hat, möchte ich nur
chen? — Das ist nicht der Fall; dann ist die Über-
folgendes bemerken. Meine Kollegen haben diesen
weisung an die genannten Ausschüsse erfolgt.
Entwurf noch nicht erhalten. Ich selber habe ihn
eben erst von dem Herrn Präsidenten bekommen. Ich rufe Punkt 6 .der Tagesordnung auf:
Wir bedauern, daß die Kollegen von der CDU/CSU Erste Beratung des von der Bundesregierung
sich mit diesem Entwurf reichlich Zeit gelassen eingebrachten Entwurfs eines ,Gesetzes zu der
776 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962

Vizepräsident Schoettle
Erklärung vom 18. November 1960 über den zustimmen. Wer stimmt diesem Antrag zu? — Ge-
vorläufigen Beitritt Argentiniens zum Allge- genprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist ein-
meinen Zoll- und Handelsabkommen (Druck- stimmig angenommen.
sache IV/ 228).
Ich rufe auf Punkt 10 'der Tagesordnung:
Wird der Gesetzentwurf begründet? — Es wird
nur schriftliche Begründung gegeben. Sie ist dem Beratung des Schriftlichen Berichts des Außen-
Gesetzentwurf beigegeben. handelsausschusses (17. Ausschuß) über den
von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird
wurf einer Fünften Verordnung zur Änderung
nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache.
des Deutschen Zolltarifs 1962 (Zollkontin-
Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den gente) (Drucksachen IV/ 222, IV/ 262).
Außenhandelsausschuß zu überweisen. — Diesem
Auch hier scheint der Berichterstatter auf eine
Vorschlag wird nicht widersprochen; dann ist so be-
mündliche Berichterstattung zu verzichten. — Das
schlossen.
ist der Fall.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf: Wir kommen zur Beschlußfassung. Wer 'dem
Antrag des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um
Erste Beratung des von den Abgeordneten
ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
Rehs, Jaksch, Frau Korspeter, Zühlke und
— Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs
eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des
Ich rufe auf Punkt 11 der Tagesordnung:
Lastenausgleichsgesetzes (16. ÄndG LAG)
(Drucksache IV/ 250). Beratung des Schriftlichen Berichts des Außen-
handelsausschusses (17. Ausschuß) über den
Die schriftliche Begründung des Abgeordneten
von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
Rehs wird zu Protokoll gegeben. *)
wurf einer Sechsten Verordnung zur Ände-
Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht rung des Deutschen Zolltarifs 1962 (Zollkon-
gewünscht. Ich schließe die Aussprache. tingente für Rohaluminium und für Bearbei-
Vorgeschlagen ist Überweisung an den Ausschuß tungsabfälle aus Aluminium) (Drucksachen
für 'den Lastenausgleich und an den Haushaltsaus- IV/ 223, IV/ 263).
schuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. Diesen Mündliche Berichterstattung erfolgt nicht.
Vorschlägen wird nicht widersprochen; dann ist die Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag
Überweisung so beschlossen. des Ausschusses. Wer ihm zustimmt, den bitte ich
um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun-
Ich rufe auf den Punkt 8 der Tagesordnung: gen? — Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außen-
handelsausschusses (17. Ausschuß) über den Ich rufe auf Punkt 12 der Tagesordnung:
von der Bundesregierung eingebrachten Ent- Beratung des Schriftlichen Berichts des Außen-
wurf einer Ersten Verordnung zur Änderung handelsausschusses (17. Ausschuß) über den
des Deutschen Zolltarifs 1962 (Zollkontin- von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
gente der EGKS — 1. Halbjahr 1962) (Druck- wurf einer Siebenten Verordnung zur Ände-
sachen IV/ 220, IV/ 260). rung des Deutschen Zolltarifs 1962 (Alumi-
Wird zur Berichterstattung das Wort gewünscht? niumoxyd usw.) (Drucksachen IV/ 224, IV/ 264) .
— Der Herr Berichterstatter verzichtet offenbar auf Auch hier wird auf eine Berichterstattung ver-
die Berichterstattung. zichtet.
Wir kommen zur Beschlußfassung. Wer stimmt Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag
dem Antrag des Ausschusses unter Buchstabe B des Ausschusses. Wer stimmt diesem Antrag zu? —
der Drucksache IV/ 260 zu? Ich bitte um ein Hand- Gegenprobe! — Enthaltungen? — Auch dieser An-
zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der trag ist einstimmig angenommen.
Antrag ist 'einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 13 der Tagesordnung:
Ich rufe auf den Punkt 9 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außen-
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außen- handelsausschusses (17. Ausschuß) über den
handelsausschusses (17. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
vonderBusgi nbrachteE- wurf einer Achten Verordnung zur Änderung
wurf einer Vierten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 (roter Natur-
des Deutschen Zolltarifs 1962 (Zollaussetzun- wein usw.) (Drucksachen IV/ 225, IV/ 265).
gen) (Drucksachen IV/ 221, IV/ 261).
Auch hier verzichtet der Berichterstatter auf münd-
Der Herr Berichterstatter verzichtet auf eine liche Berichterstattung.
mündliche Berichterstattung.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses. Wer stimmt dem Antrag zu? — Ge-
des Ausschusses, der Verordnung unverändert zu- genprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist ein-
*) Siehe Anlage 4 stimmig angenommen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 777
Vizepräsident Schoettle
Ich rufe auf Punkt 14 der Tagesordnung: Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltun-
Beratung des Berichts des Außenhandelsaus- gen? — Der Antrag ist einstimmig angenommen.
schusses (17. Ausschuß) über die von der Bun- Ich rufe auf den Punkt 18:
desregierung erlassene Zweite Verordnung Beratung der Ubersicht 2 des Rechtsausschus-
zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum ses (12. Ausschuß) über die dem Deutschen
Außenwirtschaftsgesetz — vom 29. Dezem- Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem
ber 1961 (Drucksachen IV/ 112, IV/ 259). Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV /227).
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Zu diesem Antrag des Ausschusses wird nicht das
Das ist nicht der Fall. Wort gewünscht.
Der Ausschuß empfiehlt, von dem Recht, die Auf- Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag
hebung der Verordnung zu verlangen, keinen Ge- des Rechtsausschusses:
brauch zu machen. Ein Beschluß des Bundestages ist
Der Bundestag wolle beschließen,
daher nicht erforderlich. Das Haus nimmt lediglich
von dem Ausschußbericht Kenntnis. — Das ist der von einer Äußerung zu den nachstehend aufge-
Fall. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung er- führten Streitsachen vor dem Bundesverfas-
ledigt. sungsgericht abzusehen.
Die Streitsachen sind auf der Rückseite der Vorlage
Ich rufe auf den Punkt 15 der Tagesordnung: aufgeführt. Diejenigen, die dem Antrag des Rechts-
Beratung des Berichts des Außenhandelsaus- ausschusses zustimmen, bitte ich um ein Handzei-
schusses (17. Ausschuß) über die von der Bun- chen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? —
desregierung erlassene Zweite Verordnung Der Antrag ist einstimmig angenommen.
zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 Punkt 19 der Tagesordnung:
(Angleichungszoll für Vollmilchpulver) vom
Beratung des Antrags des Bundesministers
28. Dezember 1961 (Drucksachen IV/ 113,
IV/ 266) . der Finanzen betr. Veräußerung einer Teil-
fläche der ehemaligen Flakkaserne Leonberg
Der Herr Berichterstatter verzichtet auf mündliche an den Landkreis Leonberg (Drucksache
Berichterstattung. Auch hier verfahren wir wie vor- IV/ 208).
hin. Der Ausschuß empfiehlt, von dem Recht, die Das Wort zu diesem Antrag wird nicht gewünscht.
Aufhebung der Verordnung zu verlangen, keinen Die Überweisung an den Haushaltsausschuß und
Gebrauch zu machen. Wir haben deshalb nichts zu den Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes
beschließen. Das Haus nimmt Kenntnis vom Aus wird vorgeschlagen. In der gestrigen Besprechung
schußbericht. Das ist der Fall. Damit ist dieser des Ältestenrats ist über die Frage der Federfüh-
Punkt der Tagesordnung ebenfalls erledigt. rung bei diesem Antrag gesprochen worden, und
Ich rufe auf den Punkt 16: man kam überein, den Ausschuß für den wirtschaft-
lichen Besitz des Bundes als federführenden Aus-
Beratung des Antrags der Abgeordneten schuß und den Haushaltsausschuß als mitberatenden
Adorno, Seidl (München), Dr. Zimmermann Ausschuß mit der Beratung der Vorlage zu betrauen.
(München), Weinzierl und Genossen betr. — Diesen Überweisungsvorschlägen wird nicht
Hopfenanbau im Gemeinsamen Markt (Druck- widersprochen; es ist so beschlossen.
sache IV/ 217).
Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf:
Das Wort zur Begründung dieses Antrages wird
Beratung des Antrags des Bundesministers
nicht gewünscht. Eine Aussprache wird ebenfalls
der Finanzen betr. Veräußerung einer Teil-
nicht gewünscht. Es ist vorgeschlagen, den Antrag
fläche der ehemaligen Sedankaserne in Ulm
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und
an die Firma Telefunken GmbH (Drucksache
Forsten zu überweisen. — Diesem Vorschlag wird -
IV /243) .
nicht widersprochen; es ist so beschlossen.
Auch hier wird die Überweisung in der bei
Punkt 17 der Tagesordnung: Punkt 19 erwähnten Weise vorgeschlagen. — Das
Beratung des Antrags der Fraktionen der Haus stimmt diesem Vorschlag zu; die Überweisung
CDU/CSU, SPD, FDP betr. Handelspolitischer ist erfolgt.
Beirat (Drucksache IV/ 249 [neu]). Damit, meine Damen und Herren, sind wir am
Ende der heutigen Sitzung angelangt. Ich berufe die
Wird hier das Wort zur Begründung des Antrages nächste Sitzung auf morgen, Donnerstag, den
gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Eine Aus- 22. März 1962, 9 Uhr, ein.
sprache wird ebenfalls nicht gewünscht. Wir kom-
men zur Beschlußfassung. Wer stimmt dem Antrag Die Sitzung ist geschlossen.
der drei Fraktionen des Hauses zu? Ich bitte um ein (Schluß der Sitzung : 10.45Uhr.)

Berichtigungen
Es ist zu lesen:
16. Sitzung Seite 521 A Zeile 23 statt „Anstieg": Ab-
stieg; Seite 554 D Zeile 5 von unten statt „dem":
20. Sitzung Seite 738 A Zeile 1 statt „einer diesm;
Art Dinner-Situation" : einer After-dinner-Situation.
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 779

Anlage 1 Anlagen zum Stenographischen Bericht

Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich

Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Striebeck 23.3.


Dr. Süsterhenn 21.3.
a) Beurlaubungen
Verhoeven 21.3.
Altmaier 24.3.
Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 23.3.
Dr. Aschoff 21.3.
Wehner 21.3.
Dr. Atzenroth 23.3.
Wendelborn 23.3.
Dr. Dr. h. c. Baade 13.4.
Wischnewski 21.3.
Dr. Barzel 21.3.
Wullenhaupt 23.3.
Bauer (Wasserburg) 23.3.
Frau Zimmermann (Brackwede) 21.3.
Bauknecht 21.3.
Berlin 23.3. b) Urlaubsanträge
Birkelbach 21. 3. Drachsler 14. 4.
Fürst von Bismarck 22. 3. Eschmann 18.5.
Cramer 12.4. Giencke 15. 5.
Dr. Danz 23. 3. Hamacher 18.4.
Dr. Dichgans 21.3. Kreitmeyer 31.3.
Dopatka 24. 3. Dr. Meyer (Frankfurt) 6.4.
Frau Eilers 21.3. Neumann (Allensbach) 20. 4.
Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 24. 3. Ruland 10.4.
Gedat 21.3. Storm 6.4.
Glombig 23. 3.
Gontrum 21.3.
Dr. h. c. Gilde 23. 3. Anlage 2
Heiland 24. 3.
DER BUNDESMINISTER DES INNERN
Dr. Hesberg 30. 4.
1B 1-11 156B-26/62
Höfler 24. 3.
Hufnagel 23.3. Bonn, , den 12. März 1962
Frau Kalinke 21.3. An den
Dr. Klein (Berlin) 22. 3. Präsidenten des Deutschen Bundestags
Klein (Saarbrücken) 28. 3. Bonn
Krüger 31.3.
Sehr geehrter Herr Präsident!
Kühn (Hildesheim) 23. 3.
Leber 23.3. Der Herr Bundespräsident hat nach § 3 des
23.3. Bundeswahlgesetzes vom 7. Mai 1956 (Bundes-
Dr. Löbe
gesetzbl. I S. 383) für die Dauer der Wahlperiode
Lohmar 23.3. des Vierten Deutschen Bundestages zu Mitgliedern
Dr. Löhr 14.4. der Wahlkreiskommission ernannt:
Mauk 21.3.
den Direktor der Bundesanstalt für Landes-
Dr. Mende 30. 3. kunde und Raumforschung
Dr. Menzel 19.4. Dr. habil. Erich Dittrich,
Dr. Miessner 31. 3.
Missbach 21.3. den Präsidenten des Bayer. Verwaltungs-
gerichtshofs
Oetzel 7.4.
Dr. Hermann Feneberg,
Dr. Reischl 23.3.
Reitzner 31.3. den Ministerialdirektor im Innenministerium
Riedel (Frankfurt) 31.3. des Landes Schleswig-Holstein
Sander 21. 3. Klaus von der Groeben,
Schlick 14.4. den Ministerialdirigenten im Innenministerium
Dr. Schmid (Frankfurt) 22. 3. des Landes Nordrhein-Westfalen
,

Dr. Schneider 26. 3. Dr. Fritz Rietdorf,


Schulhoff 31.3. den Regierungspräsidenten ,des niedersächsi-
Seidl (München) 24.3. schen Regierungsbezirks Hildesheim
Spitzmüller 15.5. Dr. Hans-Georg Suermann,
780 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962

Iden Bundesrichter beim Bundesverwaltungs- Ich möchte diese Frage erst mit .den anderen l
gericht Resortpüfn;abichgluewo,dßr
Dr. Dr. Sebastian Schröcker. für diesen Personenkreis unbedingt etwas tun
müssen."
Als weiteres Mitglied gehört der Kommission
Seitdem sind 2 1/2 Jahre vergangen.
kraft Gesetzes der Präsident des Statistischen Bun-
desamts, Dr. Gerhard Fürst, für die Dauer seines Der neue Bundesvertriebenenminister hat eben-
Hauptamts an. falls bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß
dieser Stichtag beseitigt werden müsse, aber gleich-
Ich beehre mich, hiervon Kenntnis zu geben.
zeitig zu erkennen gegeben, daß diese Beseitigung
Mit vorzüglicher Hochachtung nicht vor Mitte 1963 in Aussicht genommen sei. —
Diese Haltung bedeutet eine weitere erhebliche
Höcherl Verschleppung eines , eklatanten Unrechts und
wird in den Kreisen der Betroffenen von keinem
verstanden.
Anlage 3
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat,
Schriftliche Antwort
da trotz der Erklärung des Bundesvertriebenen
des Herrn Staatssekretärs Dr. Seiermann auf die ministers in der Fragestunde vom 3. 12. 1959 in
Mündliche Anfrage des Abgeordneten Rademacher dieser Sache nichts erfolgte, in dem Antrag vom
(Fragestunde der 20. Sitzung vom 15. März 1962, 27. Juni 1960 — Drucksache 2078 betr. Entwurf
Drucksache IV/ 239, Frage X/3) : eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des LAG
— 'die Aufhebung dieses Stichtages gefordert. Die-
Ist die Bundesregierung bereit, einer obligatorischen Einfüh-
rung der nach § 53 a Abs. 2 StVZO zugelassenen Springlichter ser Antrag ist dann im Rahmen der Vierzehnten
an Kraftfahrzeugen im Interesse einer erhöhten Verkehrssicher-
heit zuzustimmen, wenn diese Springlichter sich bewährt haben? Novelle zum LAG vom Bundestag behandelt und
von der Regierungsmehrheit abgelehnt worden. Es
Die Verwendung des Springlichts als Warnein- ist im Zuge der Beratungen nur gelungen, für die
richtung zur Sicherung haltender Fahrzeuge ist zur Heimatvertriebenen, die gleichzeitig als C-Flücht-
Gewinnung weiterer Erfahrungen vorerst nur ge- linge anerkannt worden sind, zu einer Besserstel-
stattet, nicht aber vorgeschrieben worden. Der obli- lung zu gelangen.
gatorischen Einführung wird mein Haus nähertreten,
wenn sich das Springlicht bewährt. Ein Urteil dar- Anläßlich der Ersten Lesung am 16. Dezember
über ist zur Zeit noch nicht möglich. 1960 habe ich namens meiner Fraktion unsere Auf-
fassung zu dieser Frage eingehend begründet; u. a.
) Gegenwärtig wird Springlicht nur an wenigen habe ich ausgeführt:
Fahrzeugen verwendet. Unklar ist, ob es bei allge-
meiner Verwendung die Aufmerksamkeit , der an- Es ist erforderlich, daß bei der Lösung der Kern-
deren Kraftfahrer zu stark ablenkt und ob die Ge- probleme, die bei dieser Novelle anstehen —
wöhnung an das Springlicht zur Vermehrung von u. a. Stichtag —, ganze Arbeit geleistet wird,
Zusammenstößen 'bei Fahrbahnhindernissen führen eine Arbeit, die nicht wiederum nur für eine
wird, an denen es nicht verwendet werden kann, Legislaturperiode Bestand hat.
z. B. bei Fahrzeugen mit defekter Lichtanlage. Es ist mir unbegreiflich, warum ein späterer
Abzuwarten bleibt auch die Stellungnahme des Zeitpunkt der Aufenthaltsnahme in der Bundes-
Auslands. Nach dem Genfer Abkommen von 1949 republik irgendeinen Einfluß auf die Entschädi-
ist Blinklicht den Fahrtrichtungsanzeigern vorbehal- gungsfähigkeit eines Vertreibungsschadens aus-
ten. Mein Haus neigt der Auffassung zu, daß das üben soll. Die Vertriebenen aus der Zone haben
Springlicht nicht als Blinklicht im Sinne dieses Ab- ihre Heimat und ihren Besitz wie alle anderen
kommens anzusehen ist. - Vertriebenen verloren. Der Schicksalsschlag,
der sie noch einmal getroffen und sie um ihre
neu erworbenen Güter gebracht hat, kann und
darf sie deshalb nicht die Entschädigung ihres
Anlage 4 Vertreibungsschadens kosten.
Schriftliche Begründung
Diese Begründung gilt heute wie damals.
des Abgeordneten Rehs für die Fraktion der SPD Bundesvertriebenenminister Mischnick hat in der-
zu dem von den Abgeordneten Rehs, Jaksch, Frau selben Debatte des Bundestages — damals in seiner
Korspeter, Zühlke und Fraktion der SPD einge- Eigenschaft als Sprecher der FDP — zu dem Pro-
brachten Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur blem dieses Stichtages ausgeführt:
Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (16. ÄndG Sollten wir uns nicht entschließen, hier die Tür,
LAG) (Drucksache IV/ 250). wie man so schön sagt, völlig aufzumachen? Ich
Bereits unter dem 3. Dezember 1959 habe ich in bin mir bewußt, welche Problematik in dieser
der Fragestunde die Bundesregierung auf den gro- Überlegung steckt. Aber auf der anderen Seite
ßen Notstand hingewiesen, der mit dem Stichtag — darauf hat der Kollege Rehs schon hinge-
des 31. Dezember 1952 im Lastenausgleich verbun- wiesen — sollte man den Mut dazu haben, hier
den ist. Der damalige Bundesvertriebenenminister eine endgültige Lösung zu finden, damit wir
hat in seiner namens der Bundesregierung erteilten nicht von Jahr zu Jahr oder alle drei Jahre mit
Antwort hierauf erklärt: den Stichtagen nachziehen müssen, um zu er-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. März 1962 781

reichen, daß die Heimatvertriebenen, die die blematik in genau gleicher Weise lösen muß.
alte und dann die neue Heimat verlassen muß- Wenn — und das ist kaum zu bestreiten — in
ten, praktisch nicht schlechter gestellt wer- einem Gesetz, nämlich dem Lastenausgleichs-
den als diejenigen, die als Spätaussiedler erst gesetz, der Stichtag sich ganz besonders hart
jetzt kommen. auswirkt, ist es ein soziales und zugleich poli-
Der Bundesvertriebenenminister steht jetzt vor der tisches Gebot, hier mit der Novellierung zu be-
Notwendigkeit, die Konsequenzen aus seinen eige- ginnen, ohne Rücksicht darauf, in welchem zeit-
nen damaligen Erklärungen als Abgeordneter zu lichen Abstand analoge Regelungen in weniger
ziehen. dringenden Gesetzesmaterien erfolgen.
Die SPD-Fraktion ist nicht bereit, die Verantwor-
Es gibt keine durchschlagende Begründung dafür,
tung für eine weitere Verschleppung der überfälli-
daß die Beseitigung des Stichtages vom 31. 12. 1952
weiter hinausgezögert wird. Daß dieser Stichtag gen Beseitigung dieses Stichtagsunrechts mitzutra-
gen. Da nach den oben angeführten Erklärungen der
noch in anderen Gesetzen vorkommt — es sind 16
Bundesregierung bzw. des Bundesvertriebenenmini-
genannt worden — schlägt nicht durch. Es gibt, wie
sters einstweilen aber nicht mit einer entsprechen-
der „Deutsche Ostdienst", das Organ des Bundes
den Vorlage zu rechnen ist, hat sie daher mit dem
der Vertriebenen, am 19. Februar dieses Jahres hier-
vorliegenden Antrag die Initiative ergriffen. Die
zu schrieb,
vielen in dieser Sache verbitterten und enttäuschten
„ keinen überzeugenden Grund, warum die Heimatvertriebenen sollen nicht mehr länger auf
Problematik in allen Gesetzen gleichzeitig neu die Herstellung der Gerechtigkeit auch für sie war-
geregelt werden muß; es ist noch nicht einmal ten müssen.
zwingend, daß man in allen Gesetzen die Pro- Rehs

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