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2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7.

April 1954 793

Frau Lockmann (SPD),


Berichterstatterin 797 A
Schoettle (SPD) 797 D
Dr. Bergmeyer (CDU/CSU) 798 A
Kalbitzer (SPD) '798 A
Blücher, Bundesminister für
wirtschaftliche Zusammenarbeit . . 798 D
Dr. Vogel (CDU/CSU) 799 D
Abstimmungen 800 A
Einzelplan 04 — Haushalt für den Ge-
schäftsbereich des Bundeskanzlers und
des Bundeskanzleramtes (Drucksache 354;
Umdruck 28, 32) 800 B, 843 A, B
Dr. Blank (Oberhausen) (FDP),
23. Sitzung Berichterstatter 800 B
Mellies (SPD) 801 C
Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954. Dr. Adenauer (CDU/CSU):
als Bundeskanzler 803 D, 811 A
als Abgeordneter 804 C
Geschäftliche Mitteilungen 794 A, 842 C Dr. Deist (SPD) . . . . 805 C
Glückwünsche zu den Geburtstagen der Ritzel (SPD) 808 A
Abg. Dr. Schäfer und Dr. Glasmeyer . . . . 794 B Dr. von Brentano (CDU/CSU) 811 A
Mitteilung über Verteilung des Amtlichen Dr. Höck (CDU/CSU) 811 C
Handbuches des 2. Deutschen Bundestags . . 794 B Müller-Hermann (CDU/CSU) 812 A
Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Dr. Gülich (SPD) 814 B
Anfrage 38 betr. Zonenrandgebiet (Druck- Metzger (SPD) 814 C
sachen 332, 423) 794 C Krammig (CDU/CSU) (zur Geschäfts-
Vorlage des Entwurfs einer Verordnung M ordnung) 815 B
Nr 1/52 über Preise für Milch, Butter und Abstimmungen 815 C
Käse 794 C
Einzelplan 05 — Haushalt für den Ge-
Entgegennahme einer Erklärung der Bundes- schäftsbereich des Auswärtigen Amts
regierung (Spaltung Deutschlands und kom- (Drucksache 355; Umdrucke 24, 25)
munistisches Regime in der sowjetisch be-
815 D, 844 A, B
setzten Zone) (Entschließung Umdruck 452) 794 C
Dr. Vogel (CDU/CSU):
Dr. Adenauer, Bundeskanzler 794 C als Berichterstatter 815 D
Dr. Menzel (SPD) 795 D, 796 A als Abgeordneter 834 A
Präsident D. Dr. Ehlers '795 D Dr. Pfleiderer (FDP) 818 A
Einstimmige Annahme der Entschließung Dr. Lütkens (SPD) 823 B, 831 B
Umdruck 452 796 Dr. Hallstein, Staatssekretär des
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes Auswärtigen Amts 828 B
über die Feststellung des Bundeshaushalts- Dr. Gille (GB/ BHE) 831 B
plans für das Rechnungsjahr 1954 (Haus- Dr. Leverkuehn (CDU/CSU) 832 B
haltsgesetz 1954) (Drucksache 200); Münd- Abstimmungen 834 D
licher Bericht des Haushaltsausschusses
(Drucksache 350), dazu Mündliche Berichte Einzelplan 12 — Haushalt für den Ge-
des Haushaltsausschusses (Drucksachen 351 schäftsbereich des Bundesministers für
bis 379); Verkehr (Drucksache 362; Umdruck 50)
Einzelplan 01 — Haushalt des Bundespräsi- 835 A, 845
denten und des Bundespräsidialamtes Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . . 835 A
(Drucksache 351) 796 B Dr. Seebohm, Bundesminister für
Frau Rösch (CDU/CSU), Verkehr 837 D
Berichterstatterin 796 B Gengler (CDU/CSU) 839 B
Beschlußfassung 796 D Weiterberatung vertagt 842 A
Einzelplan 03 — Haushalt des Bundesrates Nächste Sitzung 842 C
(Drucksache 353) 796 D Anlage 1: Änderungsantrag der Fraktion der
Dr. Schild (Düsseldorf) (DP), SPD zum Einzelplan 04 — Haushalt für den
Berichterstatter 796 D Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und
Beschlußfassung 797 A des Bundeskanzleramtes (Umdruck 28) . . 843 4
Einzelplan 24 — Haushalt für den Ge- Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktion der
schäftsbereich des Bundesministers für SPD zum Einzelplan 04 — Haushalt für den
wirtschaftliche Zusammenarbeit (Druck- Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und
sache 366) . . . .. . . . . . . 797 A des Bundeskanzleramtes (Umdruck 32) . . 843 B
794 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn. Mittwoch. den 7. April 1954

Anlage 3: Entschließungsantrag der Fraktion gegeben, wenn sie benötigt werden. Ich unterstelle, I
der SPD zum Einzelplan 05 — Haushalt für daß während der Haushaltsdebatte vielleicht ge-
den Geschäftsbereich des Auswärtigen legentlich ein Bedarf bestehen wird.
Amts (Umdruck 24) 844 A Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden
Anlage 4: Entschließungsantrag der Fraktion ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht
der SPD zum Einzelplan 05 — Haushalt für aufgenommen:
den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts
(Umdruck 25) 844 B Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem
2. April 1954 die Kleine Anfrage 38 der Abgeordneten Wacher
(Hof), Fuchs, Spörl und Genossen betreffend Zonenrandgebiet
Anlage 5: Änderungsantrag der Abg. Frau — Drucksache 332 — beantwortet. Sein Schreiben wird als
Strobel, Bauer (Würzburg), Op den Orth u. Drucksache 423 vervielfältigt.
Gen. zum Einzelplan 12 — Haushalt für den Der Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem
Geschäftsbereich des Bundesministers für 2. April 1954 gemäß § 20 Abs. 5 des Milch- und Fettgesetzes
in der Fassung vom 10. Dezember 1952 (Bundesgesetzblatt I
Verkehr (Umdruck 50) 845 Seite 811) den Entwurf einer Verordnung M Nr. 1/52 über
Preise für Milch, Butter und Käse mit der Bitte um Bekannt-
gabe übersandt. Der Entwurf liegt im Archiv zur Einsichtnahme
auf.

Die Sitzung wird um 10 Uhr 32 Minuten durch Ich bitte Sie um Ihr Einverständnis, daß wir die
den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet. Tagesordnung erweitern um den Punkt
Entgegennahme einer Erklärung der
Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren! Bundesregierung.
Ich eröffne die 23. Sitzung des 2. Deutschen Bundes- -- Das Haus ist mit der Änderung der Tages-
tages und bitte um Bekanntgabe der Namen der ordnung einverstanden.
entschuldigten Abgeordneten.
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Matthes, Schriftführer: Es suchen für längere
Zeit um Urlaub nach Abgeordneter Dr. Oesterle für Dr. Adenauer, Bundeskanzler: Herr Präsident!
fünf Wochen wegen Krankheit und Abgeordneter Meine Damen und meine Herren! Die Regierung
Dr. Dehler für vier Wochen wegen dienstlicher In- der Sowjetunion hat am 25. März dieses Jahres
anspruchnahme. erklärt, daß sie mit der sogenannten Deutschen
Demokratischen Republik die gleichen Beziehungen
Präsident D. Dr. Ehlers: Ich unterstelle, daß das aufnehme wie mit anderen souveränen Staaten.
Haus mit dieser Beurlaubung einverstanden ist. Die DDR werde die Freiheit besitzen, nach eigenem
— Das ist der Fall. Ermessen über ihre inneren und äußeren Ange-
legenheiten einschließlich der Beziehungen zu
Matthes, Schriftführer: Der Präsident hat Ur- Westdeutschland zu entscheiden. Mit dieser Er-
laub erteilt für drei Tage den Abgeordneten Frau klärung sucht die Sowjetregierung den Anschein
Kipp-Kaule, Dr. Köhler, Dr, Lenz (Godesberg), zu erwecken, daß der von ihr besetzte Teil Deutsch-
Geiger (Aalen), Gerns, Leibfried, Jacobi. lands ein selbständiges, souveränen Staaten gleich-
gestelltes Staatswesen geworden sei. Die sowjetische
Der Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage Erklärung vermag jedoch nichts gegen die Tat-
den Abgeordneten von Manteuffel (Neuß), Dr. Kö- sache, daß es nur ein en deutschen Staat gibt, ge-
nigswarter, Dr. Orth, Richter. geben hat und geben wird.
(Beifall bei den Regierungsparteien)
Der Präsident hat Urlaub erteilt für die heutige
Sitzung den Abgeordneten Brockmann (Rine krode), und daß es einzig und allein die Organe der
Dr. Leiske, Frau Pitz, Lenz (Brühl), Pelster, Bundesrepublik Deutschland sind, die heute diesen
Dr. Maier (Stuttgart), Bock, Weyer, Dr. Werber, niemals untergegangenen deutschen Staat ver-
Gockeln, Dr. Atzenroth, Schneider (Bremerhaven). treten.
(Beifall im ganzen Hause.)
Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke vielmals. — Daran ändert auch die schmerzliche Wirklichkeit
Glückwünsche zum Geburtstag habe ich auszu- nichts, daß die deutsche Staatsgewalt heute nicht
sprechen: zum 62. Geburtstag am 6. April dem einheitlich in allen Teilen Deutschlands ausgeübt
Herrn Bundesminister Dr. Schäfer, werden kann.
(Beifall) In jenen Teilen Deutschlands, in denen heute
zum 61. Geburtstag am 4. April dem Herrn Abge- das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschl and
ordneten Dr. Glasmeyer. gilt, konnten die Organe des deutschen Staates nach
1945 auf rechtmäßigem Wege — d. h. durch freie
(Beifall.) Wahlen, die den unverfälschten Willen des deut-
Ich weise darauf hin, daß das vom Bundestag schen Volkes zum Ausdruck brachten — wieder-
gemäß § 20 der Geschäftsordnung an die Abge- geschaffen werden. In allen Ländern der heutigen
ordneten auszuliefernde Amtliche Handbuch des Bundesrepublik haben nach 1945 freie Wahlen
Deutschen Bundestages der 2. Wahlperiode im Ta- stattgefunden, aus denen Volksvertretungen und
gungsbüro ausgegeben wird. verfassungsmäßig geordnete, verantwortliche Re-
gierungen hervorgegangen sind. Vertreter der frei
Wir haben versuchsweise neue Formulare zur gewählten Landtage haben sich zu einer ver-
handschriftlichen Fixierung von Änderungs- und fassunggebenden Versammlung zusammengefun-
Entschließungsanträgen während der Plenarsitzung den und haben im Grundgesetz der Bundesrepublik
mit Durchschlagsmöglichkeit vorbereitet, um das Deutschland eine freiheitlich-demokratische Ver-
technische Verfahren zu erleichtern. Diese Formu- fassung geschaffen, die von den Volksvertretungen
lare werden am Stenographenpult links aus- der Länder geprüft und angenommen worden ist.
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 795
(Bundeskanzler Dr. Adenauer)
In den Bundestagswahlen von 1949 und 1953 hat Deutschland als Ganzes ist im Jahre 1945 der
sich das deutsche Volk unmittelbar zu dieser neuen alliierten Besatzung unterstellt worden, und nur
verfassungsmäßigen Ordnung Deutschlands be- durch einen frei verhandelten Friedensvertrag der
kannt. Schon 1949, bei einer Wahlbeteiligung von Besatzungsmächte mit Deutschland kann über seine
78,5 %, erhielten die Kommunisten nur 1,5 von Grenzen entschieden werden. Die sowjetische Er-
25 Millionen Stimmen, also 6 %; 1953 erhielten sie klärung vom 25. März vertieft nicht nur die schon
bei der sehr starken Wahlbeteiligung von 86,2 % bestehende Spaltung Deutschlands, sondern zielt ern zielt
nur noch etwas über 600 000 von 28 Millionen offenkundig darauf ab, aus einem nur tats
Stimmen, d. h. nur noch 2,2 %. und
ächlichen
vorläufigen völkerrechtlich und politisch
(Beifall in der Mitte. — Hört! Hört! rechts.) endgültigen Zustand zu machen.
Diese Zahlen beweisen, wie das deutsche Volk Der trügerische Schein von Souveränität, den
über ein kommunistisches Regime denkt, die sowjetische Erklärung vom 25. März diesem
Regime verliehen hat, wird die Nationen der
(Sehr richtig! in der Mitte) freien Welt nicht irreführen. Die westlichen Groß-
das nicht wagen kann, in der von ihm beherrschten mächte haben bereits anläßlich der New Yorker
Zone freie Wahlen abzuhalten, Konferenz vom 19. September 1950 und seither
(Zustimmung) wiederholt erklärt, daß nur die Bundesregierung
legitimiert ist, als einzige frei gewählte Regierung
das die Länder mit ihren Volksvertretungen unter des deutschen Volkes für alle Deutschen zu
Bruch der eigenen Verfassung beseitigt hat und sprechen. Sie haben damit zugleich zu erkennen
dessen „Volkskammer" die willenlose Unterwürfig gegeben, daß sie eine zweite deutsche Regierung,
keit des Hitlerschen Reichstages noch überbietet, — die sich nicht auf den frei zum Ausdruck ge-
(lebhafte Zustimmung) brachten Willen des deutschen Volkes stützen kann,
ein Regime, dessen einzig entscheidende Partei nicht anerkennen. Keine Nation, die die freie poli-
eine verhaßte Minderheit bildet und das sich am tische Selbstbestimmung jedes Volkes über seine
17. Juni 1953 nur mit brutaler Anwendung von Regierungsform achtet und die gewaltsame Gleich-
Waffengewalt gegen die Empörung und Ver- schaltung, Unterwerfung und Beherrschung poli-
zweiflung der gesamten Bevölkerung am Ruder tisch mündiger Völker und Volksteile ablehnt, wird
halten konnte. dieses kommunistische Regime der deutschen Sowjet
zone als Regierung eines souveränen Staates an-
Die Bundesrepublik war und ist daher berech- erkennen können.
tigt, auch für jene 18 Millionen Deutschen zu Die sogenannte Souveränität des Sowjetzonen
handeln und zu sprechen, denen schon 1949 versagt regimes wird — dessen sind wir gewiß — ebenso
war, bei der Schaffung des Grundgesetzes mitzu- vergehen wie die sowjetische Fremdherrschaft und
wirken, und die bis zum heutigen Tage nicht die der kommunistische Terror.
Freiheit haben, ihren politischen Willen zum Aus
druck zu bringen. Die Bundesregierung fühlt sich (Sehr richtig! in der Mitte.)
deshalb nach wie vor verpflichtet, alle Anstren- Bestehenbleiben wird die unzerstörbare Souverä-
gungen zu unternehmen, um die Verbindung zu nität des freien deutschen Volkes.
den Deutschen in der sowjetisch besetzten Zone
offenzuhalten. Sie wird alles in ihrer Macht (Anhaltender lebhafter Beifall.)
Stehende tun, um die tragischen Folgen der Tei-
lung Deutschlands zu überwinden. Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren!
Es liegt eine interfraktionelle Vereinbarung vor,
Niemals werden wir anerkennen, daß die durch daß eine Aussprache über die Regierungserklärung
List, Betrug und Gewalt zur Herrschaft gelangten heute nicht stattfinden soll. Mir ist ein Entschlie-
Machthaber der Sowjetzone befugt sind, - deutsche ßungsantrag aller Fraktionen des Hauses zugegan-
Staatsgewalt auszuüben. gen folgenden Wortlauts:
(Sehr gut! in der Mitte.) Der Bundestag wolle beschließen:
Wir würden uns selbst entehren und alle Opfer der Der Deutsche Bundestag erklärt, daß das deut-
kommunistischen Gewaltherrschaft beleidigen, sche Volk sich niemals mit der Spaltung
wenn wir jene Machthaber als Partner beim Werke Deutschlands abfinden und die Existenz zweier
der Wiedervereinigung Deutschlands anerkennen deutscher Staaten hinnehmen wird. Er wieder-
würden. Ein freies Deutschland könnte aus der Zu- holt die Feststellung, daß das kommunistische
sammenarbeit mit ihnen nicht hervorgehen. Regime in der sowjetisch besetzten Zone
(Sehr richtig! in der Mitte.) Deutschlands nur durch Gewalt existiert und
keine Vertretung des deutschen Volkes ist. Die
Niemals werden wir uns mit der Spaltung Bundesregierung als die einzige demokratisch
Deutschlands abfinden und die Existenz zweier und frei gewählte deutsche Regierung ist allein
deutscher Staaten hinnehmen. berechtigt, für alle Deutschen zu sprechen.
(Lebhafter Beifall.) An dieser oft bekundeten Stellungnahme hat
Diese Spaltung, die das Ergebnis einer durch sich durch die Erklärung der Regierung der
Jahre hindurch konsequent betriebenen Ab- Sowjetunion vom 25. März 1954 nichts geän
schnürungspolitik der Sowjets ist, steht im Wider- dert.
spruch zu den allgemeinen Grundsätzen des Völker- Vor der Abstimmung über diesen Entschlie-
rechts wie auch zu den vertraglichen Verpflich- ßungsantrag wünscht zu einer Erklärung das
tungen, welche die vier Besatzungsmächte 1945 Wort der Abgeordnete Dr. Menzel.
untereinander eingegangen sind. Eine Besatzungs-
macht hat nicht das Recht, ihre Besatzungsgewalt Dr. Menzel (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
zur politischen Zerreißung Deutschlands zu miß- und Herren! Die sozialdemokratische Bundestags-
brauchen. fraktion stimmt der Entschließung zu. Sie stellt
(Allgemeiner Beifall.) jedoch ausdrücklich fest, daß mit der Annahme
796 2. Deutscher Bundestag -- 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Menzel)
I der Entschließung die parlamentarische Behand- tels sind keine wesentlichen Änderungen einge-
lung der um die Souveränitätserklärung zugunsten treten. Die Personalausgaben dieses Kapitels ha-
Pankows entstandenen Probleme nicht erledigt ist. ben sich gegenüber dem Vorjahr um 150 000 DM
Wir wünschen, daß eine gründliche Erörterung in erhöht. Neben drei zusätzlichen Beamtenstellen,
der bevorstehenden außenpolitischen Aussprache drei Angestellten- und einer Arbeiterstelle ist
am 29. April stattfindet. diese Erhöhung im wesentlichen auf die in der
Zwischenzeit eingetretenen Lohn- und Gehalts-
Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren, erhöhungen zurückzuführen.
ich bitte die Abgeordneten, die dem Entschlie- Die Sachausgaben und die einmaligen Ausgaben
ßungsantrag, den ich eben verlesen habe, zuzu- haben eine nennenswerte Änderung nicht erfahren.
stimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu er- Insgesamt beläuft sich der Zuschuß bei diesem Ka-
heben. — Ich stelle fest, daß dieser Entschließungs- pitel auf 965 200 DM, so daß der Zuschuß beim
antrag einstimmig angenommen worden ist. Da- Einzelplan 01 im ordentlichen Haushalt im ganzen
mit ist der Deutsche Bundestag auf dem Wege ge- 1 425 000 DM beträgt.
blieben, zu dem er sich oft und einmütig bekannt
hat: daß er die Verantwortung für die Freiheit Erstmalig in diesem Jahr ist im Einzelplan 01
und Einheit Deutschlands in der Weise wahrzu- auch ein Betrag im außerordentlichen Haushalt
nehmen wünscht, die er als sein gemeinsames An- ausgebracht. Sie finden im Kap. A 0103 unter
liegen wiederholt in diesem Hause deutlich ge- Tit. 710 den Betrag von 134 100 DM. Diese Summe
macht hat, und daß er sich durch keinerlei Mani- ist für einen Um- und Erweiterungsbau des Bun-
pulationen und Versuche der Störung von draußen despräsidialamtes bestimmt. Der Haushaltsaus-
und drinnen in diesem Wege wird irre machen schuß hat davon für dringliche kleinere Umbau-
lassen. Ich danke Ihnen. arbeiten den Betrag von 27 100 DM bewilligt, wäh-
rend die Summe von 107 000 DM mit Sperrver-
(Die Abgeordneten nehmen ihre Plätze merk versehen wurde, bis die noch schwebenden
wieder ein.) Verhandlungen über die Erweiterung zum Ab-
Damit, meine Damen und Herren, können wir schluß gekommen sind.
in die Tagesordnung eintreten. Ich rufe auf den Ich bitte Sie namens des Haushaltsausschusses,
einzigen Tagesordnungspunkt der drei Sitzungs- diesem Einzelplan in der Fassung der Ausschuß-
tage: drucksache 351 Ihre Zustimmung zu erteilen.
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines Gesetzes über die Feststellung des Vizepräsident Dr. Schneider: Ich danke der Frau
Bundeshaushaltsplans für das Rechnungs- Berichterstatterin und eröffne die Aussprache zum
jahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) (Drucksa- Einzelplan 01.
che 200); Wortmeldungen liegen nicht vor. — Ich schließe
Mündlicher Bericht des Haushaltsausschus die Aussprache.
ses (18. Ausschuß) (Drucksache 350); dazu
Mündliche Berichte des Haushaltsausschus- Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Einzel-
ses (18. Ausschuß) (Drucksachen 351 bis 379). plan 01 — Haushalt des Bundespräsidenten und
des Bundespräsidialamtes — in der Drucksache 351
(Erste Beratung: 11., 12. und 13. Sitzung.) zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
Wir bleiben bei der Übung, daß das Haushalts- — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle ein-
gesetz und der dazu zu erstattende Mündliche Be- stimmige Annahme fest.
richt an den Schluß der Beratung der Einzelpläne
gestellt werden. Ich rufe auf
Einzelplan 03 — Haushalt des Bundesrates.
Ich rufe zunächst auf den — (Drucksache 353).
-
Einzelplan 01 — Haushalt des Bundespräsi- Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Dr. Schild,
denten und des Bundespräsidialamtes — das Wort zu nehmen.
(Drucksache 351).
Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Rösch. Dr. Schild (Düsseldorf) (DP), Berichterstatter:
Darf ich Sie bitten, das Wort zu nehmen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der
Einzelplan 03 weicht materiell und formel kaum
(Vizepräsident D r. Schneider über wesentlich von dem des Vorjahres ab. Die im
nimmt den Vorsitz.) Tit. 101 vorgenommenen materiellen Erhöhungen
im Betrage von insgesamt 132 000 DM sind ledig-
Frau Rösch (CDU/CSU), Berichterstatterin: Herr lich auf aufsteigende Gehälter zurückzuführen. In
Präsident! Meine Herren und Damen! Der Ihnen den Sachausgaben sind nur Erhöhungen für Ge-
vorliegende Einzelplan 01 gliedert sich im ordent- schäftsbedürfnisse in dem geringen Umfang von
lichen Haushalt in zwei Kapitel. Das Kap. 0101 um- 32 000 DM erfolgt. Unter Tit. 301 und 302 sind in
faßt den ordentlichen Haushalt des Bundespräsi- nennenswertem Ausmaße Einsparungen an Fahr-
denten und schließt mit einer Ausgabe von 460 000 kosten und Tagegeldern der Mitglieder des Bundes-
DM ab. Das sind 40 000 DM mehr, als der ur- rats in Höhe von 109 600 DM gegenüber dem Vor-
sprüngliche Einzelplan vorsieht. Der Haushalts- jahr erfolgt.
ausschuß hat den Tit. 240, „Verfügungssumme des
Bundespräsidenten für außergewöhnlichen Auf- In Abweichung von der Vorlage hat der Haus-
wand aus dienstlicher Veranlassung", um 40 000 haltsausschuß beschlossen, im Tit. 101 an Stelle von
DM erhöht. Er ist damit teilweise einer Anregung fünf Oberregierungsräten einen Regierungsdirek-
des Bundesrats gefolgt, der empfohlen hatte, den tor und vier Oberregierungsräte, an Stelle von
Ansatz bei diesem Titel zu verdoppeln. vier Regierungsamtmännern, sechs Regierungsamt-
männer und an Stelle von vier Regierungsober
Das Kap. 0103 umfaßt den Haushalt des Bun- inspektoren zwei Regierungsoberinspektoren zu
despräsidialamtes. In den Einnahmen dieses Kapi- nominieren.
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 797
(Dr. Schild [Düsseldorf] )
Im übrigen sind im Einzelplan 60 die Wünsche Bezüglich der Vertretung in Washington hat die
des Bundesrats auf eine Erweiterung des Plenar- inzwischen vom Bundesminister für wirtschaftliche
saals des Bundesrats und die dazu erforderlichen Zusammenarbeit durchgeführte Nachprüfung fol-
Baukosten erwähnt. Sie ist vom Haushaltsaus- gendes ergeben. Die im Haushalt für 1954 veran-
schuß ebenso wie die Anlage eines Fahrstuhls im schlagten 28 Stellen für Angestellte sind nur noch
Flügel des Bundesratsgebäudes genehmigt. mit 22 besetzt. Bis zum 31. Dezember 1954 wird
der Gesamtpersonalbestand der Vertretung in
Der Haushaltsausschuß empfiehlt, den vorge- Washington um etwa ein Drittel vermindert wer-
legten Haushaltsplan, Einzelplan 03, anzunehmen. den. Dementsprechend wird eine Verminderung
Vizepräsident Dr. Schneider: Ich danke dem der veranschlagten persönlichen und sächlichen
Herrn Berichterstatter. Ausgaben eintreten. Die Frage, ob die Vertretung
bei der FOA nach ihrer Verkleinerung als selb-
Ich eröffne die Aussprache in der zweiten Le- ständige Dienststelle bestehenbleiben oder in die
sung. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich diplomatische Mission eingegliedert werden soll,
schließe die Aussprache. bedarf noch der Entscheidung. Der Herr Minister
Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Einzel- hat im Haushaltsausschuß ausführlich über die
plan 03 — Haushalt des Bundesrates — gemäß vorzunehmende Veränderung in Washington be-
dem Ausschußbericht Drucksache 353 zustimmen richtet.
will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich
bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Die Mittel für den Beitrag zu den Ausgaben für
Einstimmig angenommen! die Organisation für Europäische Zusammenarbeit
konnten gegenüber dem Vorjahre um 200 000 DM
Ich rufe auf: auf 2,1 Millionen DM gesenkt werden. Die Bei-
Einzelplan 24 — Haushalt für den Geschäfts tragsermäßigung war möglich, weil der OEEC aus
bereich des Bundesministers für wirtschaft dem Vorjahr ein Überschuß zur Verfügung stand.
liche Zusammenarbeit — (Drucksache 366). Die vorgesehenen Mittel zur Deckung der Ko-
Berichterstatterin ist Abgeordnete Frau Lock- sten der Veröffentlichungen im Rahmen der ame-
mann. Ich darf sie bitten, das Wort zu nehmen. rikanischen Wirtschaftshilfe sind durch Beschluß
des Haushaltsausschusses von 350 000 DM auf
Frau Lockmann (SPD), Berichterstatterin: Herr 250 000 DM gesenkt worden. Der Ausschuß war der
Präsident! Meine Herren und Damen! Das Bundes- Meinung, dieser Betrag müsse mit Rücksicht auf
ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit die Einschränkung der amerikanischen Wirt-
führt die Geschäfte des ehemaligen Bundesmini- schaftshilfe genügen.
steriums für den Marshallplan weiter. Von beson- Hinsichtlich der Mittel für die Förderung des
derer Bedeutung sind die folgenden Aufgaben: Erfahrungsaustausches im Rahmen der amerika-
1. Einfügung der gewerblichen Wirtschaft in den nischen Wirtschaftshilfe, die im Regierungsentwurf
Rahmen des europäischen Wiederaufbauwerks, selber gegenüber dem Vorjahre bereits um
3) 2. Koordinierung der deutschen Handelspolitik mit 300 000 DM gesenkt worden sind, war der Aus-
den Zielen des Europäischen Wirtschaftsrats, OEEC schuß der Meinung, daß der vorgesehene Ansatz
genannt, 3. Aufstellung von Wirtschaftsprogram- von 700 000 DM bestehenbleiben muß.
men für den Europäischen Wirtschaftsrat, 4. Wei Das Ministerium verwaltet wie bisher das ERP-
terentwicklung der Europäischen Zahlungsunion, Sondervermögen. Alle Einnahmen und Ausgaben
5. Durchführung der mit Marshallplan-Mitteln dieses Vermögens werden mit Wirkung vom
finanzierten Einfuhrprogramme, 6. Aufstellung 1. April 1954 nicht mehr wie bisher im außeror-
der Investitions- und Zuschußprogramme, 7. Ver- dentlichen Haushalt des Einzelplans 24, sondern
waltung des ERP-Sondervermögens im Einver- auf Grund des Gesetzes über die Verwaltung des
nehmen mit der FOA und den Bundesressorts.
- ERP-Sondervermögens in einem besonderen Wirt-
Der Haushalt für den Geschäftsbereich des Bun- schaftsplan veranlagt.
desministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit
erfordert bei Berücksichtigung der vorgesehenen Der Haushaltsausschuß hat mit Mehrheit be-
Kürzung um 4 % einen Zuschuß von rund 8,4 Mil- schlossen, den Einzelplan 24 mit den eben vorge-
lionen DM. Der Zuschußbedarf hat sich somit ge- tragenen und aus der Anlage ersichtlichen Ände-
genüber dem Vorjahr um rund 1,7 Millionen DM rungen dem Bundestag zur Annahme zu empfeh-
vermindert. Der Personalbestand des Ministeriums len.
ist der gleiche wie im Vorjahr.
Vizepräsident Dr. Schneider: Ich danke der Frau
Dem Ministerium sind die Vertretungen der Berichterstatterin.
Bundesrepublik Deutschland beim Europäischen
Wirtschaftsrat in Paris und die Vertretung der Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der
Bundesrepublik Deutschland beim Amt für Aus- Abgeordnete Schoettle.
landshilfe in Washington nachgeordnet. Das bis-
her dem Ministerium nachgeordnete ERP-Kontor Schoettle (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
ist wegen Verminderung der amerikanischen Wirt- und Herren! Ich möchte als Vorsitzender des
schaftshilfe aufgelöst worden. Dadurch sind ge- Haushaltsauschusses zu einem Titel eine allgemeine
genüber dem Personalbedarf des Rechnungsjahres Bemerkung machen, nämlich zu Tit. 298, den Sie
1953 die Stellen für 32 Angestellte weggefallen. in allen Vorlagen des Haushaltsausschusses mit
Die restlichen Aufgaben, die sich aus der Durch- einem Sperrvermerk versehen vorfinden. Das ist
führung der mit Marshallplan-Mitteln finanzier- der Titel „Gemeinschaftsverpflegung". Ich habe
ten Einfuhrprogramme ergeben, erfahren ihre Er- zu erklären, warum diese Mittel gesperrt sind.
ledigung durch das Ministerium. Bei den Beratungen im Ausschuß hat sich er-
Bei der Vertretung der Bundesrepublik in Paris geben, daß Meinungsverschiedenheiten zwischen
ist hinsichtlich der Aufgabenstellung und des Per- den beteiligten Ressorts über die Höhe der Sätze
sonalbestandes keine Veränderung eingetreten. für die Gemeinschaftsverpflegung ; über die Art
798 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Schoettle)
ihrer Errechnung usw. bestehen. Da der Ausschuß Deutschland die Notwendigkeit bestreiten, alle
auf dem Standpunkt stand, er dürfe sich nicht Anstrengungen für internationale wirtschaftliche
durch eine Meinungsverschiedenheit zwischen Zusammenarbeit zu machen. Aber diese notwendi-
Bundesfinanzministerium und Bundesinnenmini- gen Aufgaben ressortieren bereits in zwei großen
sterium an der Verabschiedung hindern lassen, Ministerien, erstens im Auswärtigen Amt und
kamen wir zu der Auffassung und haben wir be- zweitens im Bundeswirtschaftsministerium. Es ist
schlossen, es bei den alten Sätzen zu lassen und nicht bekanntgeworden, daß die zweite Bundes-
diese Sätze so lange zu sperren, bis sich die be- regierung etwa den Versuch gemacht hat, aus den
teiligten Ressorts verständigt haben. Das wollte ich genannten großen Ministerien besondere Aufgaben
Ihnen zu diesem Titel sagen, der j a in allen Einzel- herauszulösen und sie dem Ministerium für wirt-
plänen der gleiche ist. schaftliche Zusammenarbeit zu übertragen. Ich
sehe also nicht, welche reelle Aufgabe dieses Mini-
Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der sterium in irgendeiner Form heute noch hat. Wenn
Abgeordnete Dr. Bergmeyer. schon die Minister ohne Geschäftsbereich, auf die
noch zu sprechen zu kommen sein wird, in der
Dr. Bergmeyer (CDU/CSU): Herr Präsident! Öffentlichkeit leicht hohnisch gelegentlich als
Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zum „Fraktionssekretäre mit Ministerrang" bezeichnet
Haushaltsausschuß bin ich der Meinung, daß, nach- werden, so haben sie doch gegenüber diesem Mini-
dem die Arbeiten der Washingtoner Mission mehr sterium für wirtschaftliche zusammenarbeit wenig-
oder weniger ausgelaufen sind, diese Mission zum stens den Vorteil, daß sie, da sie kleiner sind,
frühestmöglichen Zeitpunkt zurückgezogen werden billiger sind. Das damalige ERP-Ministerium war
sollte. Die Aufgaben und Arbeiten der Washing- eine Koalitionsverlegenheit. Es wäre in der zwei-
toner Mission können meines Erachtens ohne ten Bundesregierung die Möglichkeit gewesen, aus
weiteres von der Deutschen Botschaft in Washington dieser Verlegenheit herauszukommen und dem
bzw. dem Generalkonsulat in New York übernommen Herrn Minister Blücher eine echte ministerielle
werden. Ich beantrage daher die Zurücknahme, Aufgabe zuzuweisen. Das ist nicht geschehen. Wir
d. h. die Streichung des Kap. 2403, soweit es sich können den taktischen Erwägungen der zweiten
auf die deutsche Vertretung in Washington bezieht. Kabinettsbildung nicht zustimmen. Wir müssen
das hier deshalb ausdrücklich feststellen, weil die
Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der CDU in den bevorstehenden Landtagswahlen in
Abgeordnete Kalbitzer. Nordrhein-Westfalen offenbar die Propaganda-
these aufstellen will, man wolle auf Landesebene
Kalbitzer (SPD): Meine sehr verehrten Damen die Ministerien vermindern und so die Verwaltung
und Herren! Wir haben uns in den vorigen Jahren und die Regierung verbilligen. Hier, wo eine echte
mit dem Etat des Herrn Bundesministers Blücher Möglichkeit dazu vorhanden wäre, wird es nicht
für das damalige Marshallplan-Ministerium wieder- getan, sondern die CDU setzt sich hier im Gegen-
holt auseinandergesetzt. Die Tragik liegt vielleicht teil für ein absolut unnötiges Ministerium ein.
für Herrn Minister Blücher darin, daß er bei der Das stellt klar, daß es sich bei der Behauptung,
Konstituierung der ersten Bundesregierung 1949 im Lande Nordrhein-Westfalen die Regierungs-
keine echte ministerielle Aufgabe erhalten hat. stellen vermindern zu wollen, um Propaganda, um
Der damals so begrüßenswerte Marshallplan be- nichts als leere Propaganda handelt.
durfte — das ist sachlich unbestreitbar — zwar (Zustimmung bei der SPD.)
der größten politischen und wirtschaftlichen Auf-
merksamkeit, aber er bedurfte keines eigenen Da es sich also nicht um echte Aufgaben handelt,
Ministeriums. Insofern war nach unserer Meinung die dem Herrn Minister Blücher zugeteilt worden
schon damals keine Berechtigung hierfür gegeben. sind, und dieses Ministerium sich mithin nicht in
Die Aufgabe des Marshallplanministeriums ist mit echte Aufgaben einfügen läßt, ist für uns kein
Auslaufen der Marshallplanhilfen laufend weiter Grund vorhanden, diesem Ministerium im Etat
gesunken, bis es im Jahre 1953 dazu kam, daß sich unsere Zustimmung zu geben, und wir lehnen es
die Aufgabe dieses Ministeriums, die eine wirt- deshalb ab.
schaftliche sein sollte, geradezu in ihr Gegenteil (Beifall bei der SPD.)
verkehrt hat. Ich meine: mit dem Beschluß des
1. Bundestages im vorigen Jahre, 250 Millionen DM Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat Herr
aus dem Sondervermögen des Marshallplans nicht, Bundesminister Blücher.
wie es der Sinn dieses Vermögens war, zum Auf-
bau der Wirtschaft, für Investitionen usw. zu ver- Blücher, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-
wenden, sondern zur Abdeckung des Haushalts. sammenarbeit: Herr Präsident! Meine Damen und
Dabei ist die Paradoxie festzustellen, daß im vori- Herren! Gestatten Sie mir, daß ich mit wenigen
gen Haushaltsjahr niemals eine solche Kassen- Worten auf die Vorbringen beider Herren Abge-
klemme eingetreten ist, daß dieser Kredit tatsäch- ordneten antworte.
lich je in Anspruch genommen werden mußte. Mit Es handelt sich zunächst um den Wunsch des
anderen Worten, durch diese Manipulation hat Herrn Abgeordneten D r. Bergmeyer, der sich
man der Wirtschaft langfristige Kredite in Höhe mit der Delegation in Washington beschäftigt hat.
von 250 Millionen DM vorenthalten. Ich brauche hier, weil ich Ihre Zeit nicht über-
(Hört! Hört! bei der SPD.) mäßig in Anspruch nehmen darf, nicht auf die Ge-
schichte und die geschichtlich begründete Notwen-
Ich meine, damit war das Urteil über die Politik digkeit einer eigenen Vertretung in Washington
dieses Ministeriums endgültig gesprochen. hinzuweisen. Ich darf mich darauf beschränken,
Nun haben wir in der zweiten Bundesregierung von heute zu sprechen. Und heute ist es allerdings
dasselbe Ministerium unter einer anderen Bezeich- so, daß ich persönlich selbstverständlich bereits aus
nung, nämlich als Ministerium für wirtschaftliche eigenem Antriebe Washington fortgesetzt den an-
Zusammenarbeit wiedergefunden. Niemand in die- fallenden Geschäften angepaßt habe, was sich darin
sem Hause, am allerwenigsten ich, wird für äußert, daß der Personalbestand in zwei Jahren
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 799
(Bundesminister Blücher)
etwa halbiert wurde und daß er in weiteren sechs mögen angeht, abschließen wird. Sie wissen wei-
Monaten, also am 1. Oktober 1954, noch etwa ein ter, daß der Mindestbetrag, über den in der Bun-
Drittel desjenigen von 1952 sein wird. desrepublik in diesem Jahre zu entscheiden ist,
Nun ist von dem Herrn Abgeordneten die An- nach dem Wirtschaftsplan für Neuinvestitionen
sicht ausgesprochen worden, daß diese Aufgaben 360 Millionen DM beträgt.
ohne weiteres von der diplomatischen Vertretung Nehmen Sie die unverminderte Aufgabe der
übernommen werden könnten. Zu meinem Be- Mitarbeit bei der Zusammenführung der europäi-
dauern muß ich feststellen, daß diese Ansicht irrig schen Wirtschaft und nehmen Sie das, was ich eben
Ist. Es ist auch nicht die Ansicht der diplomatischen sagte: mit diesen Aufgaben ist, möchte ich doch
Mission in Washington, daß diese ausgesprochen sagen — und ich spreche hier nicht für mich, aber
technischen Arbeiten — wie z. B. die Arbeiten der für meine Beamten, Angestellten und Arbeiter —,
Verschiffungsabteilung oder die Programmierung der Tag dieser Leute vom Morgen bis zum Abend
der Einfuhren, von denen heute noch etwa 92 Mil- mit heißer und produktiver Arbeit voll angefüllt.
lionen Dollar im Überhang auslaufen — nun spe- Würde diese Arbeit nicht bei mir geleistet, so
zifische Aufgaben der Mitglieder einer diplomati- würde sie in einem anderen, dadurch unförmig
schen Mission seien oder daß es gut sei, die diplo- anschwellenden Hause zu leisten sein. Ob das fak-
matische Mission auf die Dauer damit zu belasten. tisch eine Verbilligung wäre, darüber habe ich als
Ich darf noch auf etwas anderes hinweisen. In Wirtschaftler allerdings meine eigene Ansicht. Ich
diesem Hause ist sehr oft der Gedanke aufgeklun- bezweifle das.
gen, daß die Bundesrepublik mit dem Versuch zur
Beseitigung der Not unserer Flüchtlinge und Ver- Ich darf damit abschließen und nur noch eines
triebenen und mit der Festigung Berlins eigentlich versichern: In Washington — worüber Herr Kol-
eine internationale Aufgabe erfülle. In demselben lege Bergmeyer gesprochen hat — sind die fort-
Maße aber, in dem wir dafür das Verständnis der währenden Minderungen der Ausgaben z. B. so zur
Vereinigten Staaten gewinnen, werden wir auch Auswirkung gekommen, Herr Kollege Bergmeyer,
immer wieder diese Programmierungs-, Verschif- daß im Jahre 1953, soweit man das heute über-
fungs- und Zahlungsabwicklung für amerikanische sehen kann, allein in Washington 700000 DM,
Einfuhren in Washington bewerkstelligen müssen. also mehr als ein Drittel des Haushaltsansatzes,
Daher besteht auch zwischen dem Auswärtigen eingespart worden sind. Wir tun schon das, was
Amte und mir völliges Einvernehmen darüber, daß nötig ist und wozu wir gegenüber dem öffentlichen
wir in einer sehr übersehbaren Zeit meine bishe- Vermögen verpflichtet sind.
rige Stelle in die diplomatische Vertretung über-
führen, daß sie aber dort ihre besondere und eigene Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der
Aufgabe behalten wird. Abgeordnete Dr. Vogel.
Wenn ich mich dann den Ausführungen des
Herrn Abgeordneten Kalbitzer zuwenden darf, Dr. Vogel (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine
so ist es natürlich nicht meine Aufgabe, sondern sehr verehrten Damen und Herren! Im Auftrage
die der Gesamtregierung, zu der Frage der Zweck- meiner Fraktion möchte ich feststellen, daß die
mäßigkeit oder Nicht-Zweckmäßigkeit meines Fraktion der CDU/CSU den Aufgabenbereich des
Ministeriums Stellung zu nehmen. Ich möchte Sie Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit
nur der Vollständigkeit wegen darauf hinweisen durchaus bejaht und auch in der Funktion des
— und ich weiß, Herr Kollege Kalbitzer, daß Sie Ministers als Koordinator der wirtschaftlichen Zu-
sich gerade dieser Dinge mit sehr großem Inter- sammenarbeit innerhalb des Kabinetts eine über-
esse und Eifer viereinhalb Jahre angenommen aus nützliche und ersprießliche Tätigkeit für ihn
haben —, daß wir ein ständig wachsendes Maß sieht.
von Arbeit leisten müssen bei dem Versuch, auf Was die Ausführungen meines Fraktionskollegen
gesamteuropäischer Ebene, soweit es sich um das Bergmeyer anbelangt, so möchte ich sie dahin
freie Europa handelt, die Integration weiterzutrei- interpretieren und ergänzen, daß wir mit Befriedi-
ben. Sie wissen, daß alle Arbeiten hinsichtlich der gung davon Kenntnis genommen haben, daß Herr
Liberalisierung, der Europäischen Zahlungsunion, Minister Blücher vor dem Hohen Hause erklärt
der allmählichen Freizügigkeit des europäischen hat, daß die Arbeiten seiner Delegation in
Arbeiters, der Vorbereitung einer echten Integra- Washington auslaufen. Wir möchten allerdings
tion durch die Arbeit in den Vertikalausschüssen hoffen, daß die Zeit dieses Auslaufens sich auf ein
nach wie vor bei mir ebenso zusammengefaßt wer- Jahr beschränkt; denn wir sind aus Prinzip der
den müssen wie die Verwaltung eines Sonderver- Anschauung, daß die auswärtigen Vertretungen
mögens, dessen Wirtschaftsplan auf beiden Seiten des deutschen Volkes nur in einem Ressort ver-
— er liegt im Augenblick dem Kabinett zur Be- einigt sein und nicht in zwei Ressorts auf die
schlußfassung vor — im Jahre 1954 mit 1,1 Mil- Dauer zersplittert nebeneinander laufen können.
liarde DM abschließen wird. Es ist j a doch nicht Die Existenz der Washingtoner Delegation und
so, daß diese 250 Millionen DM, die vorübergehend der Pariser Delegation hat ihre historische Be-
in Anleihen der Bundesrepub lik angelegt waren, gründung in der Tatsache, daß diese Aufgaben zur
auf die Dauer verlorengingen. Es ist auch nicht Zeit des Wirtschaftsrates in einem ungeahnt viel
etwa so, daß sich das Sondervermögen auf diese größeren Maß bewältigt werden mußten. Infolge-
250 Millionen DM einmaliges Aufkommen be- dessen waren diese Ämter früher da als das Aus-
schränkte. Gerade Sie wissen, daß z. B. allein in wärtige Amt. Dieses Nebeneinander ist nun, nach-
den letzten vier Jahren in Zehntausenden von dem das Auswärtige Amt seine Funktion voll
Einzelarbeiten der Stadt Berlin von seiten des übernehmen konnte, überholt, und wir möchten
Sondervermögens mit 2300 Millionen DM geholfen glauben, daß es deswegen angebracht wäre, so
worden ist und daß das Berlin-Programm auch schnell wie möglich hier einen Zustand zu schaffen,
in diesem Jahre — und es ist sehr schwierig zu wie er in allen anderen Nationen üblich ist, näm-
bearbeiten — wieder mit insgesamt über 300 Mil- lich die Vereinigung der auswärtigen Missionen in
lionen DM in meinem Hause, was das Sonderver- einem Ressort.
800 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954

Vizepräsident Dr. Schneider: Weitere Wort-. der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Herr
meldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Einzel- Kollege Schoettle, die notwendigen Ausführungen
beratung zu Einzelplan 24. bereits gemacht.
Der Abgeordnete Dr. Bergmeyer hat vorhin Unter den einmaligen Ausgaben des Kap. 0401
mündlich den Antrag gestellt, Kap. 2403 zu befinden sich ihrem Charakter entsprechend natür-
streichen. Ich hätte Bedenken gehabt, diesen An- lich einige neue Posten. Die Ausstattung war zu
trag se entgegenzunehmen und abstimmen zu ergänzen, und insbesondere war ein Notstrom-
lassen, weil in der Position 2403 auch die Pariser aggregat für das Haus Schaumburg anzulegen, um
Vertretung einbegriffen und dieses Kapitel nicht es in Notfällen von der öffentlichen Stromversor-
auseinandergezogen ist, inzwischen ist der Antrag gung unabhängig zu machen. Im übrigen muß der
aber folgendermaßen formuliert worden: Neubau, auf den ich noch zu sprechen komme, na-
türlich auch mit den erforderlichen Möbeln usw.
Die Vertretung der Bundesrepublik bei der ausgestattet werden.
FOA in Washington wird zum frühest mög-
lichen Zeitpunkt aufgelöst. Ich kann dann gleich zu Kap. 0403 — Presse und
Informationsamt der Bundesregierung — über-
Der Antrag hat damit den Charakter einer Ent- gehen. Dazu habe ich dem Hohen Hause folgendes
schließung bekommen. Ich nehme an, daß die vorzutragen. Über die Aufgaben des Presse- und
Fraktion der CDU/CSU ihn unterstützt; Informationsamtes der Bundesregierung brauche
(Abg. Dr. Krone: Dritte Lesung!) ich nichts zu sagen. Sollte ein Kollege unter uns
sein, der darüber noch nicht hinlänglich unter-
denn nach der Vorschrift muß er ja von minde- richtet ist, steht es ihm frei, im Vorwort des Ein-
stens 15 Abgeordneten unterstützt werden. -- Das zelplans 04 Entsprechendes nachzulesen.
geschieht. Abgestimmt wird aber heute nicht dar-
über, sondern nach der bindenden Vorschrift des Im ganzen sind auch hier im Bereich der Perso-
§ 95 der Geschäftsordnung wird über derartige nalausgaben die Veränderungen außerordentlich
Entschließungsanträge erst in dritter Lesung ab- geringfügig. Es war notwendig, auf bestimmten
gestimmt. Ich kann ihn also bis zu dritten Lesung Gebieten eine gewisse Verstärkung vorzunehmen.
zurückstellen. Es ist dem Haushaltsausschuß bekannt, daß er-
heblich größere Wünsche seitens des Amtes be-
Ich komme jetzt zur Abstimmung über den Haus- standen haben, daß aber dann im Wege der Ver-
haltsplan Einzelplan 24, den Haushalt des Bundes- handlungen mit dem Finanzminister nur eine Ver-
ministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit, wie mehrung um insgesamt 8 Angestelltenstellen
er Ihnen im Ausschußbericht Drucksache 366 vor- herausgekommen ist, während die Zahl der beam-
liegt. Wer dafür ist, daß er in dieser Form an- teten Angehörigen der Dienststelle unverändert
genommen wird, den bitte ich um ein Hand- bleibt. Die Erhöhungen, die sich in den Personal-
zeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ent- titeln ergeben, sind also in erster Linie auf die
haltungen? — Mit Mehrheit angenommen. Damit Besoldungserhöhung zurückzuführen, wie sie sich
ist dieser Einzelplan in zweiter Lesung verab- in allen Haushalten findet.
schiedet.
In den Sachausgaben ist sogar eine geringe Ver-
Ich rufe auf: minderung eingetreten. Die allgemeinen Ausgaben
Einzelplan 04 — Haushalt für den Ge- allerdings haben eine wesentliche Erhöhung erfah-
schäftsbereich des Bundeskanzlers und des ren, indem der vorjährige Tit. 300 in Höhe von.
Bundeskanzleramtes — (Drucksache 354). 5,Miloneauf10 DMerhötwdn
soll. Der Haushaltsausschuß hat entsprechend
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Blank (Ober- diesem Antrag der Bundesregierung mit Mehrheit
hausen). Ich erteile ihm das Wort. beschlossen. Die Erhöhung dieses Ansatzes dient
einer Intensivierung der Arbeit besonders nach
- dem Ausland, die auf Grund der politischen Ent-
Dr. Blank (Oberhausen) (FDP), Berichterstatter:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Be- wicklung zur Wahrnehmung elementarer Informa-
reich des Einzelplans 04, über den ich dem Hohen tionsbelange der Bundesrepublik dringend geboten
Hause im Auftrage des Haushaltsausschusses in den ist. Außerdem werden die Mittel zur Erforschung
letzten Jahren regelmäßig zu berichten die Ehre der öffentlichen Meinung in Deutschland von dem
hatte, haben sich gegenüber den früheren Jahren Vorjahresansatz von 54 000 auf insgesamt
verhältnismäßig geringe Änderungen ergeben. Wir 100 000 DM erhöht, da diese Form der Meinungs-
können hier feststellen, daß die Personalausstat- erforschung sich als außerordentlich zuverlässig
tung, insbesondere im Bundeskanzleramt selbst, und zweckmäßig erwiesen hat. Mit Rücksicht
praktisch so gut wie zum Abschluß gekommen ist. darauf, daß erstmals keine einmaligen Ausgaben
Die verhältnismäßig geringfügigen Vermehrungen für die Anschaffung und Installation von tech-
der Planstellen im Kap. 0401 beziehen sich auf nischen Geräten mehr veranschlagt zu werden
insgesamt 6 Stellen, von denen 4 durch die Um- brauchen, wird schließlich ein neuer Tit. 307 mit
wandlung von bisherigen Arbeiterstellen, dem einem Ansatz von DM 90 000 zu dem Zwecke aus-
Charakter des Hauses entsprechend, zu erklären gebracht, die technischen Geräte, Installationen
sind. Im übrigen sind Vermehrungen nur bei der und Antennen für den Funkaufnahme- und Fern-
Position der Oberregierungsräte und bei der Po- schreibedienst einschließlich der Funkempfangs
sition der Amtsräte — um je eine Stelle — zu ver- stelle auf dem Kreuzberg zu unterhalten und unter
zeichnen. Die Sachausgaben haben sich im Bereich Berücksichtigung der technischen Entwicklung zu
des Kap. 0401 ebenfalls kaum geändert. Der Haus- ergänzen. Dementsprechend erfahren, wie schon
haltsausschuß hat denn auch diesem Kapitel der gesagt, die einmaligen Ausgaben eine wesentliche
Regierungsvorlage zugestimmt und irgendwelche Verminderung.
Änderungen hierzu dem Hohen Hause nicht vorzu- Insgesamt ergibt sich bei dem Kap. 0403 ge-
schlagen. Über die besondere Situation bei Tit. 298 genüber dem Vorjahr ein um 4,572 Millionen DM
— Zuschuß zur Gemeinschaftsverpflegung — hat erhöhter Zuschußbedarf. Er ist in der Hauptsache
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 801
(Dr. Blank [Oberhausen])
auf den schon erwähnten Titel für die public re Bericht des Haushaltsausschusses zum Einzel-
lations und die Informationsarbeit zurückzuführen. plan 04, auf der letzten Seite, daß für den Er-
Ich darf dann, indem ich mir vorbehalte, auf gänzungsbau für das Bundeskanzleramt selbst ein
den außerordentlichen Haushalt am Schluß für dritter Teilbetrag von 1,485 Millionen DM einge-
sämtliche Kapitel zurückzukommen, zur Dienst- setzt worden ist. Es handelt sich dabei um das
stelle Blank -- Kap. 0404 —, Außenstelle Koblenz Dienstgebäude, das errichtet werden muß, um das
--- Kap. 0405 — übergehen und erwähnen, daß auch Museum König seiner alten Bestimmung wieder
im Haushaltsausschuß erörtert worden ist, ob nicht zuzuführen und die dort untergebrachten Teile
allein aus Gründen der Zeitersparnis die außer- des Bundeskanzleramtes nunmehr in einem eigenen
ordentlich lange Dienstbezeichnung dieser Stelle, Dienstgebäude unterzubringen.
die ja im übrigen den augenblicklichen Verhält- Für den Neubau des Dienstgebäudes für das
nissen nicht mehr völlig entspricht, umgestaltet Presse- und Informationsamt der Bundesregierung,
werden könne. Es ist von einer solchen Umbe- das zugegebenermaßen zur Zeit in der Ermekeil-
nennung, nachdem sich für den Dienstgebrauch der kaserne sehr unzweckmäßig und schlecht unterge-
Ausdruck „Dienststelle Blank" endgültig eingebür- bracht ist, hat das Hohe Haus schon in den beiden
gert hat, abgesehen worden, weil ja die Hoffnung letzten Jahren im außerordentlichen Haushalt we-
und die Aussicht besteht, daß das Leben dieser sentliche Teile bewilligt. Insgesamt stehen dafür,
Dienststelle in dieser Form nicht mehr allzu lange ohne daß bisher mit dem Bau begonnen wurde,
andauern wird, wenn endlich die Entscheidung 4,1 Millionen DM zur Verfügung. Um das Ge-
über die Verträge gefallen ist. bäude zu vollenden, werden weitere 950 000 DM
Die finanziellen Auswirkungen nur relativ ge- erforderlich sein. Diese werden aber im laufenden,
ringfügiger Änderungen innerhalb der Stellen- am 1. April begonnenen Haushaltsjahr nicht be-
pläne sind entsprechend niedrig. Wir haben eine nötigt. Infolgedessen finden Sie unter dem Kap.
Zunahme — und ich darf das gleich auf beide Ka- A 0403 Tit. 710, Neubau eines Dienstgebäudes für
pitel ausdehnen — wiederum durch die 20% ige das Presse- und Informationsamt der Bundesregie-
Erhöhung der Bezüge der Bediensteten, die dies- rung, für dieses Haushaltsjahr keinen Ansatz.
mal in vollem Umfange in den zuständigen Kapi- Ich habe die Ehre, das Hohe Haus namens des
teln und Titeln selbst zum Ausdruck kommt. Eine Haushaltsausschusses um die Zustimmung zum
wesentliche Änderung gegenüber der bisherigen Einzelplan 04 zu bitten.
Regelung ergibt sich allerdings daraus, daß für die
Dienststelle Blank ein Staatssekretär in der Be- Vizepräsident Dr. Schneider: Wir treten in die
soldungsgruppe B 2 vorgeschlagen ist. Der Haus- Beratung ein. Das Wort hat der Abgeordnete
haltsausschuß hat diesem Antrage der Regierung, Mellies.
zur Entlastung des Leiters der Dienststelle einen
Staatssekretär einzusetzen, mit Mehrheit zuge- Mellies (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
stimmt. und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion be-
Aus Zweckmäßigkeitsgründen haben sich ge- absichtigt nicht, im Rahmen der Beratung des
wisse Verschiebungen zwischen der Dienststelle Haushalts des Bundeskanzlers und des Bundes-
Blank in Bonn und der Außenstelle Koblenz er- kanzleramts eine große politische Aussprache durch-
geben. Bei näherem Zusehen werden Sie fest- zuführen. Wir werden aber genau wie bei einer
stellen, daß entsprechend der Verminderung der Reihe von Einzelplänen einige Fragen anzuschnei-
Zahl der Stellen bei den Angestellten in Bonn eine den haben, die unseres Erachtens bei der Beratung
Erhöhung der Stellenzahl in Koblenz vorgenom- des Haushaltsplanes unbedingt besprochen werden
men worden ist. müssen.
Eine wesentliche Veränderung gegenüber der Re- Vor etwa drei Jahren wurde der Herr Bundes-
gierungsvorlage ergibt sich beim Tit. 104- aus dem kanzler im Haushaltsausschuß dieses Hauses ein-
Grunde, weil einem Wunsche des Haushaltsaus- mal gefragt, ob mit der baldigen Ernennung eines
schusses und — das darf ich hier hinzufügen — Außenministers zu rechnen sei. Der Bundeskanzler
auch des Ausschusses dieses Hohen Hauses für hat damals sinngemäß darauf geantwortet, daß er
Fragen der europäischen Sicherheit entsprechend es in Anbetracht der damaligen Situation für
eine größere Anzahl von sogenannten Gutachtern, zweckmäßig halte, wenn das Amt des Bundeskanz-
die nun schon seit zwei und mehr Jahren dauernd lers und das Amt des Außenministers noch für eine
bei der Dienststelle beschäftigt waren, aber noch gewisse Zeit in einer Hand vereinigt blieben.
keinen regulären Angestelltenstatus hatten, nun- Sobald es die politische Situation gestatte, werde
mehr diesen Angestelltenstatus und einen Vertrag er aber einen Außenminister ernennen, zumal nie-
als Angestellte erhalten haben. Dadurch ergibt sich mand etwas über seine Kraft hinaus leisten könne.
eine nominelle Erhöhung der Personalaufwendun- Unter den Abgeordneten ist damals gleich die
gen beim Tit. 104 und eine entsprechende wesent- Preisfrage gestellt worden, ob wohl der 1. Bundes-
liche Senkung des ehemaligen mit 700 000 DM be- tag noch die Ernennung eines Außenministers erle-
messenen Titels für Sachverständigengutachten. ben werde. Kaum jemand hat damals gewagt, diese
Frage mit Ja zu beantworten,
Im ganzen sind aber entsprechend dem Warte-
zustand, in dem sich die ganze Institution, ich (Heiterkeit)
glaube zum Bedauern auch aller Mitglieder dieses und diejenigen, die die Frage von vornherein mit
Hauses, immer noch befinden muß, die hier vor- einem klaren Nein beantworteten, haben recht be-
gesehenen Änderungen gering, und ich habe den halten.
Auftrag des Haushaltsausschusses, dem Hohen (Erneute Heiterkeit.)
Hause die Genehmigung auch dieser beiden Ka-
pitel vorzuschlagen. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß diese
Frage bei der Regierungsbildung nach der Neu-
Ich darf dann noch mit einigen Worten auf den wahl des Bundestages wieder diskutiert wurde.
außerordentlichen Haushalt eingehen. Sie finden Man war doch wohl auch in den Reihen der Regie-
in der Drucksache 354, d. h. also dem Mündlichen rungsparteien der Auffassung, daß es an der Zeit
802 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Mellies)
sei, einen Außenminister zu berufen. Ein verehrter sehen, daß diese Annahme stimmt —, daß der
Kollege dieses Hauses hatte ja schon gegenüber der 2. Deutsche Bundestag in außenpolitischen Fra-
Presse angedeutet, daß sein Name im Zusammen- gen wahrscheinlich vor noch größeren und schwie-
hang mit der Ernennung eines Außenministers ge- rigeren Entscheidungen stehen wird, als das beim
nannt worden sei. 1. Bundestag der Fall gewesen ist. Es scheint uns
(Lachen bei der SPD.) unerträglich, daß in einer solchen Zeit ein Außen-
minister nicht mit seiner vollen Arbeitskraft für
Aber er mußte sich wenige Stunden später auf dem die Außenpolitik zur Verfügung steht.
sicher sehr ungewöhnlichen Weg über das Bundes-
presseamt sagen lassen, daß auch der zukünftige (Beifall bei der SPD.)
Außenminister Adenauer heißen werde. Nun zu einem zweiten Kapitel. Während des
(Heiterkeit.) Wahlkampfes hat der Herr Bundeskanzler in der
Auseinandersetzung mit der Sozialdemokratie ge-
Die Mängel, die sich aus der Vereinigung der zeigt, daß er offenbar nicht das Maß kennt, das
beiden Ämter ergeben, sind in den letzten Jahren überhaupt solchen Auseinandersetzungen gesetzt
wiederholt in Erscheinung getreten. Der Herr Bun- ist, das vor allen Dingen aber für den Chef der
deskanzler hat ja nicht nur diese beiden Aufgaben Regierung besteht.
übernommen; er hat ja, wie wir es soeben in der (Sehr gut! bei der SPD.)
Berichterstattung gehört haben, in seinem Haus-
halt immer noch die Dienststelle Blank und erle- Niemand wird dem Bundeskanzler oder den Bun-
digt sozusagen auch noch die Aufgaben der Wehr- desministern das Recht der sachlichen und auch
politik. Aber wir glauben, daß in einer solch harten Auseinandersetzung während des Wahl-
schwierigen politischen Situation, wie sie auf allen kampfes bestreiten. Aber es dürfte doch wohl
Gebieten für die Bundesrepublik gegeben ist, der zum erstenmal in der Geschichte vorgekommen
Bundeskanzler mit der ihm nach dem Grundgesetz sein, daß dem Regierungschef durch ein Gericht
zugewiesenen Aufgabe sicher genügend zu tun verboten werden mußte, Behauptungen zu wie-
hätte. Nach dem Grundgesetz bestimmt der Bun- derholen und weiter zu verbreiten.
deskanzler die Richtlinien der Politik, und wir (Sehr gut! und Beifall bei der SPD.)
glauben, daß diese Aufgabe in der gegenwärtigen Es dürfte auch wohl das erste Mal sein, daß ein
Zeit eine volle Kraft in Anspruch nimmt. Regierungschef nach dem Wahlkampf gezwungen
(Sehr richtig! bei der SPD.) war, diese Behauptungen mit dem Ausdruck des
Durch die jetzt bestehende Personalunion müssen Bedauerns zurückzunehmen.
letzten Endes alle Aufgaben leiden, die zu erfüllen (Erneuter Beifall bei der SPD.)
sind. Meine Damen und Herren, der Fall liegt nicht nur
Sie wissen ja alle, wenn der Bundeskanzler ab- deshalb schwer, weil er den Chef der Regierung
wesend war — vor allen Dingen aber während der betraf, die Angriffe des Bundeskanzlers sind auch
Wochen, in denen er vor kurzem in Griechenland deshalb besonders hart zu be- und verurteilen,
und in der Türkei war —, zeigten sich eine große weil ihm wie keinem anderen Politiker in der
Führungslosigkeit und ein großes Durcheinander Bundesrepublik die Möglichkeit gegeben war, die
hier in Bonn. Echtheit der ihm zugetragenen Nachrichten zu
(Beifall bei der SPD. — Lachen bei den überprüfen.
Regierungsparteien.) (Sehr gut! und Beifall bei der SPD.)
Vielleicht, Herr Bundeskanzler, haben Sie es als Ihm standen neben dem Verfassungsschutzamt
einen gewissen persönlichen Triumph genossen, und dem Bundeskriminalamt sicher auch die ent-
daß sich während Ihrer Abwesenheit sofort eine sprechenden Einrichtungen der Länder zur Verfü-
starke Desorganisation und Entschlußlosigkeit in gung, und er hätte innerhalb weniger Stunden
der Regierung bemerkbar machten, feststellen können, ob die ihm gemachten Mittei-
(Zustimmung bei der SPD — Lachen in lungen auch der Wahrheit entsprachen.
der Mitte) (Sehr richtig! bei der SPD.)
aber für das Parlament und für das Volk ist doch Er hat das nicht getan und hat damit der Demo-
entscheidend, daß die Sache dann erheblichen kratie und dem deutschen Volke einen schlechten
Schaden nimmt. Dienst erwiesen.
Sie wissen besser, als ich es weiß, welche proto- (Zustimmung bei der SPD. — Abg. Dr. Menzel:
kollarischen Schwierigkeiten aus der Tatsache ent- Wer bezahlt den Prozeß?)
standen sind, daß der Regierungschef gleichzeitig Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrem Eid hier
das Amt des Außenministers übernommen hat. vor dem Hause gelobt, daß Sie Gerechtigkeit ge-
Herr Bundeskanzler, Sie mögen das vielleicht nicht gen jedermann üben werden. Ich glaube nicht, daß
sehr hoch veranschlagen, aber Sie werden nicht die Angriffe gegen die Sozialdemokratie während
abstreiten können, daß die Vorgänge bei der des Wahlkampfes mit dieser Pflicht des Bundes-
Tagung des Ministerrats in Brüssel und auch kürz- kanzlers zu vereinbaren sind.
lich bei der Zwischenlandung in Paris während (Lebhafter Beifall bei der SPD.)
Ihrer letzten Reise nicht gerade geeignet waren,
dem Ansehen des Chefs der Regierung der Bundes- Meine Damen und Herren, wir hätten wahr-
republik und damit auch dem Ansehen des deut- scheinlich diese Dinge heute nicht mehr zur Er-
schen Volkes zu dienen. örterung gebracht, wenn der Bundeskanzler nicht
nach der Wahl durch seine Rede in Camberg in
(Beifall bei der SPD.) Hessen gezeigt hätte, daß er anscheinend gewillt
In der Debatte über die Regierungserklarung ist ist, in der von ihm während des Wahlkampfes ge-
von allen Seiten zum Ausdruck gebracht worden übten Praxis fortzufahren. Selbst wenn hier im
— und ich glaube, wir haben heute morgen ge- Parlament und auch draußen in der politischen
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 803
(Mellies)
Öffentlichkeit scharfe und harte Auseinanderset- Eine saubere und scharfe Trennung ist hier aus
zungen über die Zweckmäßigkeit und Richtigkeit staatspolitischen Erwägungen ein dringendes Ge-
der Politik stattfinden, darf doch der Kanzler nie bot. Und noch einer anderen Gefahr muß gerade
vergessen, daß er als Regierungschef Verpflichtun- bei der gegenwärtigen deutschen Situation auf alle
gen gegenüber dem gesamten Volke, also auch ge- Fälle vorgebeugt werden: zu politischen Abenteu-
genüber der Opposition und den Länderregierun- rern oder zu Gruppen, die Terror- oder Sabotage-
gen, hat. akte organisieren wollen, darf von den Nachrich-
(Erneuter Beifall bei der SPD.) tendiensten keinerlei Verbindung bestehen oder
aufgenommen werden.
Wir hoffen, daß wir solche unangenehme Dinge in
diesem Hause nicht noch einmal zur Erörterung (Sehr gut! bei der SPD.)
stellen müssen. Würde es der Fall sein, dann würde Meine Damen und Herren, in den Haushalts-
sich leider zeigen, daß für den Regierungschef par- plänen stehen eine Anzahl Fonds, für die erheb-
teipolitische Erwägungen vor den Notwendigkei- liche Millionenbeträge ausgeworfen sind. Die Rech-
ten des Staates und vor der Notwendigkeit, eine nungslegung würde nach den Erläuterungen im
wirklich gesunde Demokratie aufzubauen, stehen. Haushaltsplan nur von dem Präsidenten des Bun-
(Sehr gut! und Beifall bei der SPD. - Un desrechnungshofes überprüft werden. Diese Fonds
ruhe in der Mitte.) sind — das möchte ich ganz offen sagen — eine
ebenso unangenehme Notwendigkeit wie die Nach-
Einige Bemerkungen zur Dienststelle Blank. Sie richtendienste. Die Rechnungslegung kann nicht in
ist durch den Fall Heinz in den letzten Wochen derselben Weise erfolgen wie generell beim Haus-
stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit ge- haltsplan. Wir glauben aber, daß im Interesse der
rückt, als das gut und zweckmäßig ist. Unseres parlamentarischen Kontrolle dringend geboten ist,
Erachtens hat es hier von vornherein an einer kla- einer eng begrenzten Zahl von Parlamentsmit-
ren Stellungnahme der Dienststelle gefehlt. Ge- gliedern Kenntnis von der Verwendung der Gel-
wiß wird mir jetzt entgegengehalten, daß man der zu geben.
einer Verdunkelungsgefahr nicht Vorschub leisten
dürfe und in ein schwebendes Verfahren nicht ein- (Sehr richtig! bei der SPD.)
greifen könne. Aber, meine Damen und Herren, Wir sind der Ansicht, daß jede Regierung im wohl-
man soll die vorhandenen Tatsachen der Offent- verstandenen eigenen Interesse auf eine solche eng
lichkeit in einem solchen Falle möglichst rasch un- begrenzte Kontrolle Wert legen sollte.
terbreiten. Im Sicherheitsausschuß des Bundes- (Sehr gut! bei der SPD.)
tages hat die Dienststelle Blank j a eine Darstel-
lung des Falles gegeben. Wir wünschten nur, auch Deshalb haben wir den Antrag Umdruck 28 einge-
andere Ministerien wären so schnell bereit, über bracht und bitten Sie, diesem Antrag Ihre Zustim-
unangenehme Vorkommnisse den Ausschüssen des mung zu geben.
Bundestages zu berichten. Zusammenfassend darf ich noch einmal sagen:
Wirhofen,daßbsrZituchdeE-
(Sehr gut! bei der SPD.) nennung eines Außenministers der Bundeskanzler
Aber die gegenwärtige Entwicklung zeigt doch entlastet wird, wie es im Interesse der Arbeit, im
wohl, daß man entweder in der Dienststelle Blank Interesse des deutschen Volkes und der deutschen
selbst damals bei der Berichterstattung den ganzen Politik unbedingt erforderlich ist. Denn nur dann
Zusammenhang noch nicht gekannt hat oder den wird der Herr Bundeskanzler die Möglichkeit ha-
Ausschuß nicht in der notwendigen Ausführlich- ben, sich voll und ganz der entscheidenden und
keit unterrichtet hat. wichtigen Aufgabe zu widmen, nämlich die Richt-
In den letzten Tagen ist in der Öffentlichkeit linien der Politik zu bestimmen, und zwar nicht
erörtert worden, politische Drahtzieher wollten den nur außenpolitisch, sondern auch innenpolitisch.
Fall Heinz wahrscheinlich benutzen, um -eine ihnen (Beifall bei der SPD.)
notwendig erscheinende personelle Änderung in
der Spitze der Dienststelle zu erreichen. Sollte das Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der
der Fall sein, meine Damen und Herren, so würde Herr Bundeskanzler.
dies wohl zu einem nicht sehr angenehmen politi- Dr. Adenauer, Bundeskanzler: Herr Präsident!
schen Skandal führen. Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete
Nun noch eine Bemerkung zu den Nachrichten- M e 11 i e s hat zunächst an mir als Bundeskanzler
diensten im allgemeinen. Sie sind stets ein schwie- und Außenminister Kritik geübt. Er hat dann den
riges und heikles Kapitel; das wissen wir alle, und Bundeskanzler — ich nehme an, unabsichtlich —
darüber brauche ich nicht viel Worte zu machen. weiter kritisiert, obgleich es sich um Dinge han-
Ebenso wissen wir, daß sie im Interesse des Volkes delte, die ich als Vorsitzender der Christlich-Demo-
und des Staates bei der Unvollkommenheit der kratischen Union getan habe.
menschlichen Einrichtungen und der menschlichen (Lachen und Aha-Rufe bei der SPD. —
Ordnung nicht entbehrt werden können. Aber bei Weitere Zurufe.)
den schwierigen Aufgaben und bei den Gefahren, — Ich weiß nicht, was darüber zu lachen ist.
die damit verbunden sind, kommt es darauf
an, daß eine sorgfältige Auswahl der Persönlich- (Zuruf von der SPD: Das hätten Sie gleich
keiten erfolgt und eine fortgesetzte Beobachtung sagen sollen!)
dieser Tätigkeit nicht vernachlässigt wird. Weiter Ich werde doch wohl in einem Parteikampf als
muß unseres Erachtens unbedingt darauf gehalten Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Union
werden — ich möchte das mit einigem Nachdruck auch auftreten und reden dürfen!
aussprechen —, daß die innenpolitischen Dienste (Beifall bei den Regierungsparteien. — An
nicht mit den militärischen Nachrichtendiensten haltende lebhafte Gegenrufe von der SPD.
verquickt werden oder daß die beiden Aufgaben —Abg. Heiland: Dann braucht man nicht
gar durch eine Hand wahrgenommen werden. mehr die Wahrheit zu sagen, Herr Bundes
(Beifall bei der SPD.) kanzler?!)
804 2. Deutscher Bundestag -- 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Busunaeskanzler Dr. Adenauer)
— Wenn Sie dieses Auftreten und Reden einige Nun, meine Damen und Herren, möchte ich als (
Millionen Stimmen gekostet hat, dann bin ich sehr Abgeordneter sprechen. Ich weiß nicht, ob ich mich
froh darüber. dann erst wieder zum Wort melden muß oder ob
(Beifall bei den Regierungsparteien. — es die Geschäftsordnung zuläßt, daß ich jetzt als
Entrüstete Zurufe von der SPD: Unerhört! Abgeordneter spreche.
— Unverschämtheit! — Lügen! — Du sollst
kein falsches Zeugnis geben! — Unruhe.) Vizepräsident Dr. Schneider: Bitte, Herr Bundes-
kanzler.
Ich rede — —
(Anhaltende Zurufe von der SPD.) Dr. Adenauer (CDU/CSU): Also, der Herr Prä-
— Ich verstehe nicht, daß Sie niemals einen an- sident hat entschieden.
deren anhören können. Hören Sie doch mal einen (Heiterkeit.)
anderen auch an! Ich habe doch alles angehört,
was Herr Mellies gesagt hat, ohne überhaupt mit Ich möchte jetzt als Abgeordneter feststellen, daß
der Wimper zu zucken. ich auf dem Parteitag der hessischen CDU in Cam-
berg nicht als Bundeskanzler, sondern als Vorsit-
(Heiterkeit in der Mitte. — Zurufe von der zender der CDU der Bundesrepublik Deutsch-
SPD.)- land gewesen bin und gesprochen habe
Aber, meine Damen und Herren, ich möchte jetzt (Zuruf von der SPD)
als Bundeskanzler auf das antworten, was Herr
Mellies zum Bundeskanzler gesagt hat. Ich werde und daß allerdings auf diesem hessischen Partei-
im Laufe der Debatte auf das antworten, was er tag eine solche Entrüstung über die SPD in Hes-
gegen den Vorsitzenden und den Abgeordneten sen, über die Art und Weise,
gesagt hat. Ich möchte diese Dinge auseinander- (Lachen bei der SPD)
halten.
wie sie dort die Regierung handhabt, bestand, daß
Der Herr Abgeordnete Mellies hat den dringen- ich mich darüber außerordentlich gewundert habe.
den Wunsch ausgesprochen, ich möge. als Bundes- Meine Damen und Herren, wenn das wahr ist —
kanzler baldmöglichst dafür sorgen, daß ein Bun- ich habe darüber später mit dem Herrn Minister-
desaußenminister ernannt werde. Er hat auf Er- präsidenten Zinn gesprochen —, was dort über eine
klärungen zurückgegriffen, die ich früher abge- Rede des Herrn Ministerpräsidenten Zinn im Zu-
geben habe. Ich halte diese Erklärungen vollinhalt- sammenhang mit den Vorgängen des 17. Juni ge-
lich aufrecht. Aber auch Herr Mellies — ich schätze sagt worden ist, dann würde allerdings kein Wort
ihn als einen Mann, der, wenn er will, die Dinge scharf genug sein, um das zu tadeln.
sachlich beurteilen kann —
(Abg. Heiland: Haben Sie das bis heute nicht
(Lachen in der Mitte) prüfen können? — Weitere Zurufe. — Abg.
3 ' würde, wie ich glaube, wenn er in meiner Haut Marx: So wahr wird es sein wie die Behaup
steckte, einstweilen auch die Haut des Bundes- tungen über Schroth und Scharley!)
außenministers anbehalten;
Vizepräsident Dr. Schneider: Lassen Sie doch
(Heiterkeit) den Herrn Bundeskanzler als Abgeordneten spre-
denn Pferde wechselt man nicht mitten im Strom; chen!
erst muß ein gewisser Abschnitt der Entwicklung
vollendet sein. Das habe ich damals gesagt, und Dr. Adenauer (CDU/CSU): Also, meine Damen
dabei bleibe ich. und Herren,
(Sehr richtig! in der Mitte.)
- (Zuruf links: Ihre Methoden kennen
Wenn der Herr Kollege Mellies von einer Ver- wir doch!)
schiebung von Brüssel spricht, die auf mich zurück- es ist sehr gut, wenn Sie meine Methode kennen-
zuführen sei, so ist er völlig im Irrtum. lernen; lernen Sie doch etwas dazu!
(Abg. Mellies: Das habe ich nicht gemeint, (Große Heiterkeit. — Anhaltende Zurufe. —
Herr Bundeskanzler! — Zuruf von der Beifall bei der CDU/CSU.)
SPD: Hat er gar nicht gesagt!)
Ich denke, bei der Beratung des Haushaltsplans
— Ja, dann habe ich Sie falsch verstanden. des Bundeskanzlers brauchen wir über den hessi-
(Zuruf von der SPD: Wieder einmal!) schen Parteitag der CDU in Camberg nicht so viel
zu sprechen.
Na, meine Damen und Herren, das passiert Ihnen
doch auch einmal. Und was Herr Kollege Mellies (Zuruf von der SPD: Sie haben es doch
mit den Vorgängen in Paris gemeint hat, ist mir gemacht, Sie haben angefangen!)
völlig schleierhaft. Ich weiß überhaupt nicht, inwie- — Ich bin doch von Herrn Abgeordneten Mellies
fern da ein Vorwurf gemacht werden kann. Aber darauf angesprochen worden. Ich habe nun geant-
wenn Herr Mellies mit den Worten schließt, daß es wortet, habe sehr kurz geantwortet.
im Interesse der Arbeit und des deutschen Volkes
notwendig sei, diese Ämter jetzt zu trennen, dann (Abg. Marx: Mit einer halben Verleumdung
möchte ich demgegenüber feststellen, daß das haben Sie wieder geantwortet! — Gegenrufe
deutsche Volk, wie ich glaube, mit dieser Arbeit, von der Mitte: Oho! — Abg. Marx: „Wenn es
und das hat es am 6. September gezeigt, durch- wahr ist", hat er gesagt! Dann muß er es prü
aus zufrieden ist. fen, ob es wahr ist! — Weitere Zurufe von der
SPD und Gegenrufe von der Mitte.)
(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — — Wenn es dort gesagt wird, kann ich doch nicht
Zuruf von der SPD: Dann fragen Sie mal
heute!) erklären: Es ist wahr oder es ist unwahr. Das ha-
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 805
(Dr. Adenauer)
ben mir Leute gesagt, die genau so viel Ehre im Dr. Deist (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
Leibe haben wie Sie. und Herren! Meine Fraktion hat auf Umdruck 32
den Antrag gestellt, beim Presse- und Informa-
(Abg. Ollenhauer: Was hat Zinn Ihnen denn tionsfonds des Herrn Bundeskanzlers eine Kürzung
gesagt, als Sie ihn gefragt haben? — Anhal um 4 Millionen DM vorzunehmen. Dieser Antrag
tende Zurufe von der SPD. — Abg. Dr. Men steht in engem Zusammenhang mit unserem Antrag
zel: Was hat Zinn gesagt? — Abg. Marx: Das auf Umdruck 30, in dem wir zum Etat des Herrn
sind Methoden der Politik: „Wenn es wahr Bundeswirtschaftsministers die Einstellung eines
ist ! — Glocke des Präsidenten.)
"
Betrags von 4 Millionen DM für Belegschaftsmit-
Vizepräsident Dr. Schneider: Wie soll man denn glieder des Eisenerzbergbaus, die von Stillegung
anders formulieren, wenn man einen historischen betroffen sind, beantragen. Umdruck 32 ist daher
Tatbestand schildert! gewissermaßen die Deckungsvorlage für den An-
trag Umdruck 30, und Umdruck 30 selbst ist die
(Abg. Mellies: Was ist denn das für eine Prä Begründung für den Antrag auf Umdruck 32. Un-
sidentenführung da oben?! — Weitere Zurufe ter diesen Umständen bitte ich den Herrn Präsi-
von der SPD. — Abg. Brandt [Berlin] : Sie denten, die Begründung beider Anträge zusammen-
sind auf dem falschen Parteitag, Herr fassen zu dürfen; sie gehören sachlich zusammen.
Schneider!)
In den letzten Wochen und Monaten bekommen
Dr. Adenauer (CDU/CSU): Meine Damen und wir aus allen Teilen Deutschlands, in denen Eisen-
Herren! erzbergbau getrieben wird, alarmierende Nachrich-
ten darüber, daß zahllose Entlassungen vorgenom-
(Abg. Dr. Menzel: Was hat Ihnen Zinn ge men werden, daß Stillegungen von ganzen Zechen
gesagt? — Weitere Zurufe von der SPD. — erfolgen müssen und daß Feierschichten in einem
Abg. Marx: Das nehmen Sie auch wieder Ausmaß verfahren werden, das kaum noch tragbar
mit Bedauern zurück!) erscheint.
— Ich habe nichts mit Bedauern zurückzunehmen. (Zuruf von der Mitte: Na, na!)
(Abg. Marx: Das werden Sie aber wahr Im Salzgitter-Gebiet sind von einer Belegschaft
scheinlich tun!) von etwa 5000 Mann insgesamt 500 entlassen
worden. Seit dem Sommer des vergangenen Jahres
— Ich habe nichts mit Bedauern zurückzunehmen. werden ständig etwa vier Feierschichten verfahren.
Wenn ich auf dem Parteitag falsch unterrichtet Das hat dazu geführt, daß insgesamt etwa 500
worden wäre, würde ich das zurücknehmen; aber gerade der jüngsten und kräftigsten Bergleute, die
bisher ist mir der Nachweis dafür, daß die Be- für die Zukunftsentwicklung dieses Gebietes kaum
hauptungen auf dem Parteitag falsch waren, nicht entbehrt werden können, freiwillig abgekehrt sind.
erbracht worden.
Im Siegerland haben bei einer Belegschaft von
(Lebhafte Zurufe von der SPD.) insgesamt 5000 Mann bisher 1000 Mann die Kündi-
— Ich meine, Sie müssen sich doch allmählich da- gung erhalten. Das sind 20 % der Belegschaft, die
ran gewöhnen, einmal einen anderen anzuhören. ihre Arbeit und ihr Brot verlieren.
Das ist doch parlamentarisch, Wir müssen uns darüber klar sein, daß der Eisen-
(Zuruf von der SPD: Nachdem das geschehen erzbergbau in Gebieten betrieben wird, in denen
ist, Herr Bundeskanzler?!) das sonstige gewerbliche und industrielle Leben
in der Regel schwach entwickelt ist, und daß daher
ist im übrigen auch demokratisch. von den Folgen solcher Maßnahmen nicht nur die
(Beifall in der Mitte. — Lebhafte Zurufe von Belegschaftsmitglieder, sondern die ganze Umge-
der SPD.) - bung betroffen wird. Schließlich sollten wir ange-
Zur Demokratie gehört wirklich, daß man so viel sichts derartiger Entlassungen im Salzgitter-Gebiet
Geduld hat, den anderen ruhig anzuhören; das ge- nicht vergessen, daß dies ein Gebiet an der Zonen-
grenze ist, dem politisch eine außerordentliche Be-
hört dazu.
deutung zukommt, und daß die dort getroffenen
(Zuruf von der SPD: Wenn er die Wahrheit Maßnahmen geradezu politisches Sprengpulver
spricht!) sind.
Was nun den anderen Angriff gegen mich an- (Sehr gut! bei der SPD.)
geht, so kann ich sagen, daß die Unterrichtung, die Man kann diese Vorgänge im deutschen Eisen-
mir zuteil geworden war, nicht richtig war. Als erzbergbau nicht behandeln, ohne die Zusammen-
mir das mitgeteilt worden ist, habe ich nicht ge- hänge mit der Eisen- und Stahlindustrie zu sehen.
zögert, diese Behauptung zurückzuziehen. Denn diese krisenhaften Erscheinungen innerhalb
(Zuruf von der SPD: Ein bißchen lange hat es des Eisenerzbergbaus sind darauf zurückzuführen,
gedauert! Sechs Monate hat es gedauert!) daß die Anforderungen der Eisen- und Stahlindu-
strie an den Erzbergbau in einem Ausmaß zurück-
Wenn das jeder im politischen Wahlkampf täte, gegangen sind, angesichts dessen wirtschaftlicher
wenn er die Behauptungen zurückzöge, falls er Bergbau einfach nicht mehr zu führen ist. Der Ver-
sich davon überzeugt, daß sie nicht richtig sind, sand an Eisenerz aus dem Salzgitter-Gebiet an die
(erneute Zurufe von der SPD) Ruhr — auf Ruhrerz bezogen — ist z. B. um 45 %
und der Versand aus dem Siegerland um etwa
dann würden die notwendigen Auseinanderset- 33 1 /3 % zurückgegangen.
zungen besser verlaufen. Das käme auch dem par-
(Hört! Hört! bei der SPD.)
lamentarisch-demokratischen Gedanken zugute.
(Beifall bei der CDU/CSU und rechts.) Das bedeutet Veränderungen in der Beschäftigung
im Eisenerzbergbau, die untragbar sind.
Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der Ich habe nicht die Absicht, an dieser Stelle etwa
Herr Abgeordnete Dr. Deist. die gesamte Eisen- und Stahlpolitik Deutschlands
806 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Deist)
und ihr Verhältnis zur Politik der Montan-Union deutlich gemacht hat. Es wäre sicher richtig gewe-
zur Debatte zu stellen. Meine Fraktion wird durch sen, wenn man in jener Zeit dafür gesorgt hätte,
eine Große Anfrage Gelegenheit geben, in Kürze bezüglich des Eisenerzbergbaus entsprechende Vor-
dieses ganze Problem ausführlich zu diskutieren. behalte zu machen, wie sie andere Länder für
Es scheint mir aber doch wichtig zu sein, einen schwache Wirtschaftsbereiche durchgesetzt haben.
kleinen Rückblick darauf zu werfen, in welchem
Umfang diese Maßnahmen im Eisenerzbergbau mit Ich habe diese Tatsachen kurz dargelegt, um zu
der Entwicklung in der deutschen Eisen- und Stahl- zeigen, welche besondere Verantwortung die Bun-
industrie in Verbindung stehen. Ich freue mich, desregierung für die Entwicklung in den Eisenerz-
daß ich über diese Zusammenhänge, über die es an bergbaugebieten hat.
der Ruhr nur eine Meinung gibt, einige Ausfüh- Ich darf einen zweiten Tatbestand erwähnen, der
rungen machen kann. nicht ohne Bedeutung für die zur Zeit im Eisen-
Ein Teil der Einschränkungen, die im Eisenerz- erzbergbau gegebene Entwicklung ist. Dieser Tat-
bergbau notwendig geworden sind, ist auf die bestand ist die Neuordnung der Eisen- und Stahl-
Rückentwicklung und die Stagnation in der Eisen- industrie in der Form, wie sie durchgeführt wor-
und Stahlindustrie zurückzuführen. Wenn wir die den ist. Ich bedaure, auf diese kurze Darlegung
Gründe für diese Stagnation untersuchen, dann nicht verzichten zu können, weil sie entscheidende
finden wir, daß sie zumindest zum Teil auf folgende Bedeutung für die augenblickliche Situation im
Ursachen zurückzuführen ist. Im August des Jah- Eisenerzbergbau hat. Der deutsche Eisenerzbergbau
res 1952 hat der Herr Bundeswirtschaftsminister ist eine der Rohstoffgrundlagen der deutschen
einen Versuch unternommen, die Eisen- und Stahl- Eisen- und Stahlindustrie. Wir wissen, daß es sich
preise auf ein niedrigeres Niveau zu senken. Man dabei um nicht sehr hochwertige Erze, die jedoch
wird dem Herrn Bundeswirtschaftsminister zuge- mit hohen Gewinnungskosten belastet sind, han-
ben müssen, daß dieser Versuch in jener Zeit delt. Wir wissen aber ebenso gut, daß die deutsche
sicherlich eine gewisse Berechtigung hatte. Der Wirtschaftspolitik ständig Wert darauf gelegt hat,
Herr Bundeswirtschaftsminister hat aber ein völlig diese Grundlage der deutschen Eisen- und Stahl-
untaugliches Mittel zu einer solchen Senkung der industrie in gewissem, volkswirtschaftlich zu recht-
Preise angewandt, indem er im August 1952 vor- fertigendem Umfange aufrechtzuerhalten. Es wäre
zeitig die gesamten Eisen- und Stahlzölle gesenkt daher die Aufgabe gewesen, dafür Sorge zu tragen,
und damit eine Überschwemmung des deutschen daß der Eisenerzbergbau im Rahmen der Neuord-
Eisenmarktes mit 1 bis 1,5 Millionen t herbeige- nung der Eisen- und Stahlindustrie und des Eisen-
führt hat, die nicht unwesentlich zu einer Verschär- erzbergbaus eine volkswirtschaftlich gesunde und
fung der Situation in der Eisen- und Stahlindustrie vernünftige Organisation erhält. Diese Forderung
beigetragen haben. Über diesen Tatbestand gibt es wurde nicht erfüllt. Ich möchte gerade in Zusam-
unter den sachverständigen Kreisen an der Ruhr, menhang mit den Problemen, die uns im Augen-
gleich ob sie auf der Unternehmer- oder der Ar blick berühren, betonen, daß nach unserer Auffas-
beitnehmerseite sitzen, keine verschiedene Auffas- sung ein wesentlicher Teil der Verantwortung für
sungen. die unglückliche Gestaltung, für die weitgehende
(Abg. Dr. Vogel: Wollen wir das nicht beim Zersplitterung des Eisenerzbergbaus die Bundes-
Bundeswirtschaftsministerium behandeln?) regierung im Hinblick auf ihre Verhandlungen bei
— Ich hatte gerade gebeten, da dieser Antrag die der Neuordnung der Eisen- und Stahlindustrie
Begründung für den Streichungsantrag ist, hier zu trifft.
gleich diese Begründung, die selbstverständlich (Sehr wahr! bei der SPD.)
wirtschaftspolitischer Art ist, bringen zu dürfen. Jedenfalls haben diese Tatsachen zu dem Ergebnis
Ein zweites, was diese Stagnation in der Eisen- geführt, daß heute alle organisatorischen Voraus-
und Stahlindustrie und damit die Rückwirkung auf setzungen für eine zweckmäßige und planmäßige
- Führung der Eisenerzwirtschaft fehlen. Sonst wäre
den Eisenerzbergbau verursacht hat, ist das völlige
Versagen der öffentlichen Auftragspolitik, insbe- es nicht möglich, daß z. B. im Jahre 1952 die Eisen-
sondere der Auftragspolitik der Bundesbahn. Die- und Stahlindustrie an den deutschen Eisenerzberg-
ser große Auftraggeber hätte, wenn frühzeitig für bau Anforderungen gestellt hat, die von ihm ein-
eine Gesunderhaltung der Bundesbahn gesorgt fach nicht mehr erfüllt werden konnten. In jenen
worden wäre, durchaus die Möglichkeit gehabt, die Tagen wurden Pläne erörtert, den Eisenerzbergbau
partiellen Stagnationserscheinungen der Eisen- auszudehnen und neue Investitionen zur Ausdeh-
und Stahlindustrie durch eine gesteigerte Auf- nung der Fördermöglichkeiten vorzunehmen. Heute
tragserteilung wesentlich zu lindern. aber wird an den Eisenerzbergbau die Forderung
gestellt, seine Förderung um 35 bis 40 % zu sen-
(Sehr richtig! bei der SPD.) ken.
Ich darf hier schließlich eine dritte Bemerkung (Hört! Hört! bei der SPD.)
einschalten. Wenn wir in der Eisen- und Stahlin- Unter solchen Umständen ist eine vernünftige
dustrie und im Eisenerzbergbau im Gegensatz zu Bergwirtschaft ebenso wie im Kohlenbergbau auch
dem Entwicklungstrend der gesamten deutschen in der Eisenerzwirtschaft einfach nicht mehr mög-
Wirtschaft, die durchaus aufsteigende Tendenzen lich.
zeigt, einen Rückgang zu verzeichnen haben, (Sehr richtig! bei der SPD.)
so ist das zweifellos ein gewolltes und lo-
gisches Ergebnis des Zusammenwirkens der Eisen- Die Ursachen dafür sind verschiedener Art. Mir
und Stahlindustrie innerhalb der Montan-Union. scheint es aber doch der Betonung wert zu sein,
Es scheint mir doch wichtig zu sein, darauf hinzu- daß hier eine Aufgabe der deutschen Wirtschafts-
weisen, daß diese Entwicklung gerade auf dem politik liegt. Denn es ist nicht so, daß etwa die
Gebiete des Eisenerzbergbaus zur Zeit des Inkraft- Werke der Eisen- und Stahlindustrie sich den
tretens des Montan-Union-Plans bereits zu über- Zwangsläufigkeiten, denen sie im Laufe der wirt-
sehen war. Es war der Abgeordnete Dr. Henle, der schaftlichen Entwicklung unterworfen sind, einfach
diese Zusammenhänge in diesem Hause besonders entziehen könnten. Ebenso kann man den Werken
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 807
(Dr. Deist)
des Eisenerzbergbaus in ihrer augenblicklichen Meine Damen und Herren, diesem Zweck dient
Situation die Verantwortung für diese Entscheidun- der Antrag, den wir gestellt haben.
gen, die wirtschaftspolitischer Art sind, nicht zu Die sozialdemokratischen Mitglieder der Montan-
lasten. Denn auf diese zersplitterten Unternehmun- union haben bereits im Januar dieses Jahres in
gen des Eisenerzbergbaus, die in ihrer rechtlichen einer Sitzung des Investitionsausschusses auf dieses
Konstruktion überhaupt noch nicht eindeutig fest- schwerwiegende Problem hingewiesen, und wir
stehen, rollt das Verhängnis zu, ohne daß sie sich haben zu unserer Genugtuung feststellen können,
dagegen wehren können; sie müssen zwangsläufig daß in einem Bericht der Hohen Behörde vom
zu Stillegungen und Entlassungen kommen. 20. März diese schwierige Lage des deutschen
Ich frage Sie, meine Damen und Herren: wie Eisenerzbergbaues ausdrücklich anerkannt worden
soll der Arbeiter im Eisenerzbergbau diese Ent- ist. Wir haben auf der anderen Seite mit Über-
wicklung verstehen? Wie soll er es in Überein- raschung feststellen müssen, daß der letzte Satz
stimmung bringen, daß ihm gesagt wird, der Eisen- des betreffenden Passus lapidar lautet: Der Hohen
erzbergbau müsse seine Erzeugung um 35 bis 40% Behörde liegt bis jetzt noch kein Antrag auf Ein-
senken, während auf der anderen Seite innerhalb greifen vor.
der Montan-Union Pläne im Gange sind, die Er- (Hört! Hört! bei der SPD.)
zeugung der Eisen- und Stahlindustrie auf 40 bis
50 Millionen t auszudehnen, die Kokserzeugung Wir haben daraufhin die Hohe Behörde gefragt,
um 15 Millionen t und die Erzerzeugung um 16 bis ob sie mit einem solchen Antrage rechne oder auf
17 Millionen t auszudehnen? — Meine Damen und ihn warte. Darauf ist uns aus Kreisen der Hohen
Herren, da stimmt etwas nicht! Man kann nicht Behörde erklärt worden, eine entsprechende An-
auf der einen Seite planen, die Stahlerzeugung in forderung an die deutsche Bundesregierung sei er-
ganz Europa großzügig auszudehnen, und auf der gangen.
anderen Seite dem Erzbergbau Einschränkungen (Hört! Hört! bei der SPD.)
zumuten, unter denen er einfach nicht existieren Ich darf auf ein weiteres hinweisen. Die Indu-
kann. striegewerkschaften Metall und Bergbau sind be-
Hier wäre es richtig gewesen, rechtzeitig mit reits vor längerer Zeit an den Herrn Bundeswirt-
konstruktiven wirtschaftspolitischen Maßnahmen schaftsminister mit dem Antrag herangetreten, in
einzugreifen, um diese unglücklichen Folgen vom diesem Sinne Anträge an die Hohe Behörde zu
Eisenerzbergbau fernzuhalten. Ich stelle mit Ge- stellen. Die Industriegewerkschaft Bergbau hat am
nugtuung fest, daß der Kollege Dr. Höck eine 18. März 1954 einen entsprechenden Antrag ge-
Kleine Anfrage mit ähnlichen Konsequenzen hier stellt. Am 23. März 1954 kam eine völlig hinhal-
im Hause gestellt hat. Wenn es aber nicht mög- tende Antwort, daß die vielseitige Problematik der
lich ist, mit konstruktiven wirtschaftspolitischen Anpassungsbeihilfen zunächst einmal geprüft wer-
Maßnahmen eine derartige Entwicklung zu verhin- den müßte, daß an die Beteiligten konkrete Fragen
dern, dann ist es eine Aufgabe der verantwort- gestellt worden seien, und daß man sich, wenn die-
lichen politischen Stellen, dafür zu sorgen, daß die ses Material vorliege, erneut über das Problem
Lasten einer solchen Entwicklung nicht gerade von unterhalten müsse.
denen getragen werden, die sich am wenigsten da- (Hört! Hört! bei der SPD.)
gegen wehren können. In der Zwischenzeit gehen die Stillegungen und
(Beifall bei der SPD.) Entlassungen im Eisenerzbergbau vor sich.
Damit komme ich zu dem speziellen Inhalt des Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, ob
Antrags. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß es für die Bundeswirtschaftspolitik nicht doch be-
wir dem Vertrag über die Europäische Gemeinschaft schämend ist, daß heute eine Delegation der Indu-
für Kohle und Stahl mit erheblichen und entschei- striegewerkschaft Bergbau unmittelbar bei der
denden Vorbehalten gegenüberstehen. - In diesem
Hohen Behörde vorstellig werden muß, weil nicht
Vertrag findet sich aber ein außerordentlich ge- erwartet wird, daß die deutsche Bundesregierung
sunder, fortschrittlicher Grundsatz europäischer die entsprechenden Schritte einleitet.
Wirtschaftspolitik, der folgendes besagt: Wenn es
in irgendeinem Wirtschaftszweig zu Entwicklun- (Lebhaftes Hört! Hört! bei der SPD.)
gen kommt, die untragbare Härten für die Beleg- Man wird nicht sagen können, daß solche Schritte
schaftsmitglieder dieses Zweiges mit sich bringen, aussichtslos seien. Ich darf darauf hinweisen, daß
dann ist es die Pflicht der öffentlichen Hand, die in dem Bericht der Hohen Behörde dargelegt wird:
Anpassung an diese Verhältnisse zu erleichtern. Für Italien wird im Augenblick die Möglichkeit
Ich bin der Auffassung, daß dieser Grundsatz von Anpassungsbeihilfen an Belegschaftsmitglieder
nicht nur als eine reine Deklamation im Montan- der Eisen- und Stahlindustrie erörtert, die als Er-
union-Vertrag zu. werten ist, sondern daß man ihn gebnis einer bereits im Jahre 1948 eingeleiteten
in der politischen Praxis auch wirklich anwenden Rationalisierung zur Entlassung kommen. Der Be-
sollte. § 23 der Übergangsbestimmungen zum Mon- richt besagt weiter, daß die Begründung für An-
tanunion-Vertrag sieht ausdrücklich vor: Wenn im passungsbeihilfen in solchen Fällen darin bestehen
Rahmen der Entwicklung des Gemeinsamen Mark- könne, daß der Montanunion-Vertrag den beteilig-
tes Unternehmungen oder Teile von Unterneh- ten Ländern die Möglichkeit nehme, die erforder-
mungen gezwungen sind, ihre Betriebe stillzu- lichen Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die sie frü-
legen oder einzuschränken, dann sind die erforder- her hätten ergreifen können, und daß infolgedes-
lichen Maßnahmen zu treffen, um die Belegschaft sen neue Wettbewerbsbedingungen geschaffen sind,
dieser Betriebe vor den Lasten der Anpassung zu die unter Umständen eine Anpassung erschweren.
schützen und ihnen eine produktive Beschäftigung Wir haben weiterhin von der Hohen Behörde
zu sichern. Der Montanunion-Vertrag sieht dar- die Zusage erhalten, daß entsprechende Anträge
über hinaus vor, daß für diesen Zweck Beihilfen der deutschen Bundesregierung wohlwollend be-
gegeben werden, zu denen das beteiligte Land ent- handelt werden. Denn ganz zweifellos ist der
sprechende Beiträge zu zahlen hat. Hohen Behörde bewußt, welche politische Bedeu-
808 2. Deutscher Bundestag - 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Deist)
tung insbesondere im Zonenrandgebiet in Salz- könne, wenn er wolle. Herr Bundeskanzler, ich
gitter derartige Entlassungsmaßnahmen haben, wie gebe es zurück. Ich habe die Hoffnung nicht auf-
sie im Augenblick vor sich gehen. gegeben, daß auch Sie in Auseinandersetzungen
Meine Damen und Herren! Der Antrag meiner mit der Opposition sachlich sein können, wenn Sie
Fraktion soll eine Mahnung sein, sich der großen wollen; nur vermissen wir diesen Willen bei Ihnen.
nicht nur wirtschaftspolitischen, sondern im Osten (Beifall bei der SPD.)
der Bundesrepublik auch politischen Bedeutung
dieses Problems bewußt zu werden. Ich darf Sie Meine Damen und Herren! Der Herr Bundes-
bitten, dem Antrag zuzustimmen. Ich möchte mei- kanzler hat sich dann auf Grund der Äußerungen
nen, daß diese 4 Millionen DM für die Bergarbeiter meines Kollegen Mellies mit seiner Camberger Rede
des Erzbergbaus jedenfalls sinnvoller und zweck- befaßt. Es war für mich als hessischen Abgeord-
mäßiger verwendet werden können als für eine Er- neten besonders interessant, zu hören, was der
höhung des Presse- und Informationsfonds des Herr Bundeskanzler dazu zu sagen vermochte. Er
Bundeskanzleramts. sagte — ich habe es mitstenographiert —, auf dem
Parteitag der hessischen CDU in Camberg sei man
(Beifall bei der SPD.) über die SPD in Hessen entrüstet gewesen. Herr Bun-
deskanzler, Sie haben hinzugefügt: wenn das wahr
Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der ist, was man Ihnen gesagt hat. Aber seit wann
Abgeordnete Ritzel. zieht man denn sofort seine Schlüsse in der schar-
fen und für einen Bundeskanzler mindestens sehr
Ritzel (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Bevor ich mich einigen Teilen des hier zur ungewöhnlichen Form, wie der Herr Vorsitzende
der CDU diese Schlüsse in Camberg gegenüber der
Behandlung stehenden Einzelplanes des Bundes-
Sozialdemokratischen Partei in Hessen und ihrer
kanzleramtes zuwende, möchte ich einige Bemer-
Regierung gezogen hat, wenn man noch im Zweifel
kungen zu den Ausführungen des Herrn Bundes- ist, ob das wahr ist, w as man gesagt bekommen
kanzlers machen. Der Herr Bundeskanzler hat in hat?
einer neckisch gemeinten Weise den amtierenden
Herrn Präsidenten gefragt, ob er sich noch einmal (Lebhafter Beifall und Zurufe bei der SPD.)
zum Wort melden müsse, nachdem er vorher als Ihren Appell, Herr Bundeskanzler, an diejenigen,
Bundeskanzler gesprochen habe, wenn er jetzt als die wissen, was es bedeutet, Ehre im Leib zu
Abgeordneter sprechen möchte. Für uns, für die
haben, unterstützen wir von der Sozialdemokra-
Sozialdemokratische Partei, wäre die Antwort tischen Partei in jeder Hinsicht. Aber man muß
noch leichter, als sie nach der Geschäftsordnung dabei nicht nur an die eigene Ehre denken, son-
ohnedies ist. Wir können fast ausnahmslos den dern auch an die Ehre der anderen!
Herrn Bundeskanzler von dem Vorsitzenden der
CDU nicht unterscheiden. (Erneuter lebhafter Beifall bei der SPD.)
(Beifall bei der SPD.) Sie haben mit Recht hervorgehoben, Herr Bundes-
Sehr viele Äußerungen — auch heutige Äußerun- kanzler, daß Sie die Behauptungen, die Ihnen
gen, auch heute zitierte Äußerungen —, die der unterbreitet und von Ihnen als bare Münze ge-
Herr Bundeskanzler getan hat, bringen ihn in ver- nommen worden sind und die schließlich zu einst-
dächtige Nähe mit der Funktion des Parteipräsi- weiligen Verfügungen usw. geführt haben, zurück-
denten dann, wenn er für sich in Anspruch nimmt, genommen haben, und Sie haben gewünscht, daß
als Kanzler zu sprechen. Es ist für den Betrachter, das von allen so gehandhabt werden möchte. Ich
der weiß, daß zwei Seelen in der Brust des Herrn wüßte Ihnen — ich will es hier nicht öffentlich
Bundeskanzlers leben und nicht miteinander sagen — eine ausgezeichnete Möglichkeit, Herr
kämpfen, sehr schwer, den Bundeskanzler von dem Bundeskanzler, mit diesem Verlangen, daß alle so
Vorsitzenden der CDU zu trennen. vorgehen möchten, einmal in Ihrer eigenen Bun-
destagsfraktion zu beginnen.
Herr Bundeskanzler, Sie haben in bezug auf
Ihre Camberger Rede und in bezug auf die Reden, Herr Kollege Mellies hat darauf hingewiesen,
die Sie vor der Bundestagswahl gehalten haben, daß Herrn Bundeskanzler Adenauer alle Hilfs-
das Verlangen nach Wahrheit aufgestellt und im mittel zur Verfügung gestanden haben, um die
gleichen Zusammenhang sich gerühmt, daß durch Wahrheit zu erforschen. Herr Bundeskanzler, es
die rednerischen Methoden einige Millionen Stim- ist unbestreitbar — und Sie selbst werden es nicht
men — Gott sei Dank, wie Sie etwa sagten — für bestreiten —, daß diese Möglichkeiten bestanden
die von Ihnen vertretene Richtung gewonnen wor- haben. Aber es ist eigentlich doch etwas peinlich,
den seien. Herr Bundeskanzler, diese Millionen feststellen zu müssen, daß Ihre eigenen Dienst-
Stimmen sind ohne Zweifel in einem nicht fest- stellen vier Monate gebraucht haben, bis sie die
stellbaren, aber sehr erheblichen Ausmaß gewon- Wahrheit feststellen konnten, die Sie dazu veran-
nen worden durch eine Politik, durch eine redne- laßte, die unwahren Behauptungen zurückzuneh-
rische Politik, die sich in der schlimmsten Weise men. Ich weiß nicht: ist das nun die Untauglichkeit
bei der Zurücknahme schwerster politischer Ver- der Ämter oder die Böswilligkeit Ihrer Mannen,
leumdungen und Beleidigungen gezeigt hat. die Ihnen sachlich zur Verfügung stehen sollten?
(Beifall bei der SPD. — Oho-Rufe bei der (Beifall bei der SPD.)
CDU/CSU.) Herr Ministerpräsident Zinn wird ohne Zweifel
— er hat es schon einmal getan— Veranlassung
Ich möchte bezweifeln, ob man sagen darf, daß nehmen, zu den heutigen Bemerkungen des Herrn
man über ein solches Ergebnis sehr froh sein Bundeskanzlers in bezug auf seine Rede, die hier
könne. ohne Angabe des Inhalts zitiert wurde, zurückzu-
(Zustimmung bei der SPD.) kommen. Ich darf aber die Gelegenheit benutzen,
Sie haben, Herr Bundeskanzler, meinem Kolle- den Herrn Bundeskanzler gerade im Hinblick auf
gen Herrn Mellies attestiert, daß er sachlich sein sein Zitat, daß die Ehre zu achten sei, an eine
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 809
(Ritzel)
andere kleine Sache zu erinnern. Herr Bundeskanz- kommen, den Betrag von zirka 200 Millionen DM
ler, Sie haben sich vor geraumer Zeit auch einmal erreicht bzw. überschritten haben. Wir haben uns
mit der Politik der hessischen Staatsregierung be- auch im Blick auf diese Tatsachen nicht dazu ent-
faßt und damals erklärt, die hessische Staatsregie- schließen können, der neuen Bewilligung von
rung entferne systematisch alle Anhänger der CDU 1 485 000 DM für den Neubau eines Dienstgebäu-
aus ihren Ämtern. Sie haben diese Beschuldigungen des des Bundeskanzleramtes zuzustimmen.
ganz deutlich hervorgehoben in bezug auf die an- Einige Bemerkungen zum Personaletat des
gebliche Entfernung von CDU-Angehörigen aus Presse- und Informationsamtes. Wir beobachten
dem Bereich des hessischen Kultusministeriums. hier gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von
Sie haben kurz darauf, Herr Bundeskanzler, ein 3 209 000 auf 3 560 000 DM bei den persönlichen
Schreiben des Herrn hessischen Ministerpräsiden- Kosten. Wir haben im Haushaltsausschuß verschie-
ten Zinn erhalten, in dem diese Mitteilungen, die dene Anträge gestellt, so auf Streichung von zwei
Sie der Öffentlichkeit auch in einer Rede unter- übertariflich bezahlten Angestellten und drei wei-
breitet hatten, richtiggestellt und ihre Inhaltlosig- teren Stellen der Vergütungsgruppe II. Leider sind
keit nachgewiesen worden sind. Leider glaube ich die Anträge der sozialdemokratischen Fraktion ab-
sagen zu müssen, daß von Ihrer Seite her, Herr gelehnt worden. Wir haben ernste Bedenken gegen
Bundeskanzler, bis zu dieser Stunde eine Berich- die Fortsetzung einer Personalpolitik, die allein in
tigung Ihrer damals ausgesprochenen Behauptung, diesem Jahre eine Steigerung der Zahl der Ange-
auf die die öffentliche Meinung, das hessische Volk, stellten von 305 auf 313 Funktionäre aufweist.
die hessische Staatsregierung und der hessische Aber noch größer sind unsere Bedenken — und
Landtag ein Anrecht gehabt hätten, nicht erfolgt darauf hat Herr Kollege Mellies bereits hingewie-
ist. sen — gegen die Zumutung, ohne parlamentarische
(Hört! Hört! bei der SPD.) Kontrolle den Ansatz „Zur Verfügung des Bundes-
Nun, meine Damen und Herren, gestatten Sie kanzlers für Förderung des Informationswesens"
mir einige Bemerkungen zu dem hier vorliegenden von 5,5 Millionen auf 10 Millionen DM zu erhöhen.
Haushaltsplan. In dem Haushaltsplan — darauf ist
(Hört! Hört! bei der SPD.)
bereits kurz von dem Herrn Berichterstatter hin-
gewiesen worden — ist wiederum ein Betrag für Dieser Betrag war im Rechnungsjahr 1953, das vor
den Neubau des Dienstgebäudes des Bundeskanz- wenigen Tagen abgelaufen ist, im Etat mit 4,5 Mil
leramts enthalten. Sie finden diesen Ansatz auf lionen DM beziffert. Das Istergebnis 1952 beträgt
der letzten Seite der vor Ihnen liegenden Druck- 4 480 000 DM.
sache 354. Es handelt sich um 1 485 000 DM. Wir Neben der Höhe der Summe, der plötzlich auf
Sozialdemokraten haben uns gegen diese Bewilli- Wunsch der Regierung beantragten Erhöhung von
gung ausgesprochen, und zwar aus wohlerwogenen 5,5 auf 10 Millionen DM, stößt uns besonders die
Gründen. Ich will nicht im Detail darauf eingehen, Tatsache, daß im Dispositiv des Etats erwähnt ist:
auf die Raumfrage des Bundeskanzleramts und der Die Jahresrechnung über die Ausgabe dieses
gleichen mehr, sondern ich möchte nur daran er- Titels unterliegt nur der Prüfung durch den
innern, daß diese fortgesetzte Neubautätigkeit in Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Seine
Bonn ein Teilstück der Entwicklung ist, über die Erklärung bildet die Grundlage für die Ent-
wir uns im 1. Deutschen Bundestag am 30. Sep- lastung der Bundesregierung.
tember 1949 unterhalten haben. Der damalige Unser Verlangen, dem vorhin Herr Kollege Mel-
Bundestagsabgeordnete Zinn hat in dieser Sitzung lies schon Ausdruck gegeben hat, geht auf Mitwir-
vom 30. September 1949 glossiert, daß nach den kung des Parlaments bei der Kontrolle der Aus-
Berichten der Kommission des Parlamentarischen gaben. Wir wollen in Würdigung der Tatsache, um
Rats die Kosten für die Unterbringung der Bun- die es sich handelt, wahrhaftig nicht etwa den gan-
desorgane in Bonn 3 795 000 DM betragen - sollten. zen Haushaltsausschuß, wir wollen nicht einmal
(Hört! Hört! bei der SPD.) den ganzen Rechnungsprüfungsausschuß zur Be-
Ich habe im Haushaltsausschuß wiederholt die wältigung dieser Funktion eingesetzt wissen. Aber
Frage gestellt, was nun Bonn eigentlich wirklich eine Kommission des Parlaments, ein ganz kleiner
kostet. Ich war zu dieser Frage insbesondere auch Ausschuß, der in der Lage ist, eine wirkliche Kon-
um deswillen veranlaßt, weil in der Presse Zah- trolle auszuüben, das scheint doch eine absolute
len genannt wurden. Ich nenne Ihnen eine Zahl Notwendigkeit zu sein. Denn neben dem Haus-
aus einer Wirtschaftszeitung; dort wurde die haltsrecht, das wir heute üben, gehört schließlich
Summe von 500 Millionen DM Bonner Kosten ge- das Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechnung der
nannt. Bundesregierung mit zu den vornehmsten Auf-
(Hört! Hört! bei der SPD.) gaben eines Parlaments.
Das Bundesfinanzministerium hat auf einen Be- (Zustimmung bei der SPD.)
schluß des Haushaltsausschusses hin seine Bereit- Die Bundesregierung stützt sich bei ihrem Ver-
willigkeit erklärt, dem Haushaltsausschuß die langen auf die sogenannte Reichshaushaltsordnung,
wirklichen Kosten von Bonn zu nennen. Leider hat die heute auch für den Bund noch gilt. Diese
das Bundesfinanzministerium, obwohl diese An- Reichshaushaltsordnung enthält einen § 89, der da
frage Monate zurückliegt und obgleich wiederholt lautet:
moniert wurde, bis zu dieser Stunde die Kosten Von der Prüfung ausgenommene
noch nicht zusammenstellen können. Ich hoffe Haushaltsbewilligungen
nicht, daß die Rechenmaschinen des Bundesfinanz- Soweit Haushaltsmittel mit Rücksicht auf
ministeriums für die Bewältigung der sich hier ihren Verwendungszweck der Prüfung durch
offenbarenden Größenordnung etwa nicht aus- den Rechnungshof nicht unterliegen sollen,
reichen. muß dies im Haushaltsplane besonders ange-
(Sehr gut! und Heiterkeit bei der SPD.) ordnet werden. Die Prüfung kann durch den
Aber es war so ein Kulissengespräch, daß die Haushaltsplan auch einer anderen Stelle über-
Kosten von Bonn, soweit Bundesbauten in Betracht tragen werden.
810 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den '7. April 1954
(Ritzel)
Diese andere Stelle wünschen wir in der Form strierte Zeitung „Du in der Welt". — Wir ge-
eines kleinen Ausschusses dieses Parlaments. statten uns, Ihnen a u f Wunsch des Pres
Wir befinden uns bei der Beurteilung dieser Situ- se- und Informationsamtes der
ation in einer ganz guten Gesellschaft, nämlich in Bundesregierung in Bonn anbei 15
der Gesellschaft eines der ersten Berater des Herrn Exemplare der illustrierten Blätter „Du in der
Bundesfinanzministers, des Herrn Ministerialrats Welt" mit der Bitte zu übersenden, dieselben
Dr. Vialon, der einen Kommentar zum Haus- an die Studierenden in Ihrer Fakultät freund-
haltsrecht geschrieben hat. Von diesem Kommentar lichst verteilen zu wollen. Die Lieferung er-
ist schon voriges Jahr einmal die Rede gewesen. folgt kostenlos. Mit bestem Dank im voraus
Damals war es Herr Kollege Bausch — den ich lei- und freundlichen Pax-Christi-Grüßen
der im Moment nicht im Saale sehe —, der eine Pax-Christi-Bewegung, Hauptarbeitsstelle,
Art von Blankowechsel ausgestellt hat: „Wir wer- Heinrich Heinen.
den das schon machen; wenn nur mal die Länder 15 Anlagen
vorangehen". Es ist ihm damals zugerufen worden: Es handelt sich hier nicht so sehr um viel Geld,
„Hannemann, geh du voran, du hast die größten
Stiefel an!" (Abg. Frau Dr. Weber [Aachen]: Das meine
Auf Seite 44 des Kommentars des Herrn Dr. ich auch! — Heiterkeit)
Vialon heißt es — vielleicht kann das der Herr sondern hier handelt es sich um den Einsatz einer
Bundesfinanzminister einmal nachlesen —: aus Steuermitteln bezahlten Behörde zugunsten
Regelmäßig begründet die Exekutive mit er- einer einseitig orientierten Organisation. Ich weiß
höhter Staatsraison die Fernhaltung des kriti- nicht, wieviel Geld in ähnlicher Weise aus Mitteln
schen Prüfers von den oben genannten gefähr- des Presse- und Informationsamts für andere
lichen Fonds (Informationsfonds, Dispositions- Zwecke zur Beeinflussung der öffentlichen Mei-
fonds u. dgl.). Es stellt sich aber oft heraus, nung ausgegeben wurde, wieviel Geld ausgegeben
daß diese Tendenz nur den Versuch zur Auf- wurde für die Beeinflussung der deutschen Wähler.
rechterhaltung eines Mysteriums oder des Mich würde es sehr interessieren, eine schlüssige
Wunschs und zuverlässige Erklärung der Bundesregierung
— und sicher hat der Herr Bundeskanzler in dem etwa dazu zu hören, ob die erheblichen Mittel für
vorliegenden Fall der Verwendung von 10 Millio- die netten Wählerbriefe des Herrn Bundeskanzlers
nen ohne Kontrolle diesen Wunsch — und des Herrn Bundeswirtschaftsministers kurz
nach ganz selbständiger Bewirtschaftung be- vor der Wahl vom 6. September 1953 aus den Kas-
deutet. sen der CDU — dann geht es uns nichts an — oder
(Sehr richtig! bei der SPD.) etwa aus dem Fonds — jenem „Reptilienfonds",
um mit Bismarck zu sprechen — des Presse- und
Aber mehr noch! Auf Seite 40/41 des gleichen Informationsamts finanziert .worden sind.
Kommentars des Herrn Ministerialrats Dr. Vialon
lesen Sie den schönen Satz: Meine Damen und Herren, ich habe im Haus-
haltsausschuß — und ich scheue mich nicht, das
Das Wesen der Kontrolle, wie sie hier verstan- hier auszusprechen — in bezug auf die Verwen-
den wird, besteht nicht in der Aufsicht des dung der 4,5 Millionen DM des Jahres 1952 und
Schutzmanns, sondern mehr in der Rolle des der 5,5 Millionen DM für 1953, die jetzt angefordert
verantwortungsvollen Mitarbeiters, . . . werden, den anwesenden Vertreter der Bundes-
So und nicht anders möchten wir unsere Anregung regierung um detaillierte Auskunft gebeten und ihn
aufgefaßt wissen! gefragt, für welche Zwecke diese Gelder verwendet
An anderer Stelle sagt Herr Dr. Vialon: worden sind. Wir haben eine, nun, ich möchte sa-
Viel wichtiger ist die staatspolitische Kontrolle gen, „südamerikanische" Auskunft erhalten, aber
beim Zustandekommen und dem Vollzug des keine Antwort, die uns wirklich erlaubt, einen
- Schluß in bezug auf die Verwendung dieser Mittel
Bundeshaushalts unter dem Gesichtspunkt der
Vollständigkeit und der Klarkeit .. . zu ziehen. Um so eher sollte auch die Mehrheit
Die Grundsätze der Etatwahrheit und der Etat- dieses Hauses in der Lage sein, entsprechend dem
klarheit gelten nicht nur für die Aufstellung und Antrag, den mein Kollege Dr. Deist vorhin be-
gründet hat, zur Milderung der Schäden, die der
Verabschiedung des Haushalts, sondern sie gelten Montan-Union-Pakt gebracht hat, einen Betrag
in erhöhtem Maße noch bei der Prüfung der Rech-
nung der Bundesregierung! hier wegzulassen und dem Kapitel zuzufügen, in
das er gehört, um dort bessere und nützlichere
(Beifall bei der SPD.) Verwendung zu finden.
Meine Damen und Herren, es ist bereits einiges
über das Instrument des Presse- und Informa- (Sehr gut! bei der SPD.)
tionsamts als Mittel der Beeinflussung im demokra- Vielleicht ist auch die Möglichkeit gegeben —
tischen Massenstaat gesagt worden. Der Herr Bun- auch das dürfte im Verlauf der Etatberatung noch
deskanzler trägt die parlamentarische Verantwor- laut werden —, dafür zu sorgen, daß beispiels-
tung im Rahmen des Grundgesetzes. Ich erlaube weise aus Gründen der allseitigen Objektivität die
mir, dem Herrn Bundeskanzler eine Frage zu stel- Protokolle des Deutschen Bundestages den öffent-
len. Ist das Presse- und Informationsamt der Bun- lichen Büchereien in der Bundesrepublik kosten-
desregierung ein vom Staat, also aus den Mitteln los zu Lasten des Dispositionsfonds, von dem ich
der Steuerzahler, bezahltes Propagandaorgan der hier spreche, zur Verfügung gestellt werden.
Pax-Christi-Bewegung, Deutscher Zweig, Haupt-
arbeitsstelle Aachen? Die Begründung für diese (Zustimmung bei der SPD.)
Frage entnehme ich einem Zirkular mit folgendem Wir sind in Würdigung aller Gesichtspunkte
Absender: „Pax-Christi-Bewegung in Aachen, nicht in der Lage, dem Etat — Einzelplan 04 —
24. Februar 1954". Es heißt dort: unsere Zustimmung zu erteilen, und beantragen
An die Fakultäten der deutschen Hochschulen seine Ablehnung.
im deutschen Bundesgebiet. Betrifft Illu (Beifall bei der SPD.)
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 811

Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der deskanzler und seinen parteipolitischen Aufgaben
Herr Bundeskanzler. als Vorsitzender verwischt. Meine Damen und Her-
ren, wir haben einen sehr konkreten Vorwurf ge-
Dr. Adenauer, Bundeskanzler: Meine Damen genüber dem Herrn Zinn zu machen. Herr Mini-
und Herren! Der Wählerbrief, den Herr Ritzel so sterpräsident Zinn hat als Chef der hessischen Re-
freundlich war gut zu zensieren, gierung über die Verfassungsänderung im Bundes-
rat abgestimmt. Er hat mit Nein gestimmt, und
(Heiterkeit in der Mitte) wir sind der Meinung, daß hier der Sozialdemokrat
ist nicht aus Mitteln des Presse- und Informations- Zinn gesprochen hat, denn der hessische Minister-
amts oder überhaupt einer Bundesstelle bezahlt präsident, der ja die Wahl vom 6. September mit-.
worden. erlebt hat, wenn ich mich recht erinnere, wußte,
(Abg. Hilbert: Das ist doch selbstverständlich! daß die überwiegende Mehrheit des hessischen Vol-
— Zurufe von der SPD: Na, na!) kes die Außenpolitik der Bundesregierung bedin-
gungslos deckt.
— Ich meine, es ist doch richtig, darauf sofort zu
antworten. (Beifall in der Mitte.)
Dann noch eine Bemerkung nebenbei. Bismarck Sehen Sie, das sind so Anstände, die bei uns in
hat ja nicht das Wort vom „Reptilienfonds" ge- der Sitzung des Parteiausschusses der hessischen
prägt, sondern das ist g e g en ihn geprägt worden. CDU in Anwesenheit unseres verehrten Partei-
vorsitzenden diskutiert worden sind. Daß er dazu
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.) auch Stellung genommen hat, war nicht nur sein
gutes Recht, sondern wir haben es sogar von ihm
Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der erwartet. Deswegen haben wir ihn eingeladen.
Abgeordnete von Brentano. Wir haben dann die Diskussion auf dem hessischen
Parteitag in Wiesbaden fortgesetzt. Da war unser
Dr. von Brentano (CDU/CSU): Herr Präsident! erster Vorsitzender nicht dabei, aber ich darf Ihnen
Meine Damen und Herren! Ich war nicht darauf sagen, die Kritik war darum nicht geringer.
vorbereitet, daß die Haushaltsdebatte zum Etat des
Herrn Bundeskanzlers mit einer Diskussion über (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)
die hessische Politik bestritten werden sollte. Das Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der
scheint mir dafür zu sprechen, daß doch die übri- Abgeordnete Dr. Höck.
gen Gravamina sehr gering sind.
(Sehr gut! in der Mitte.) Dr. Höck (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine
Aber, meine Damen und Herren, ich muß doch ein Damen und Herren! Ich möchte im Zusammenhang
Wort dazu sagen. Man hat hier die Sitzung des mit den Ausführungen der Kollegen Dr. Deist und
Parteiausschusses der hessischen CDU erwähnt und Ritzel noch einmal kurz auf den Einzelplan 04 zu-
dann festgestellt, Herr Dr. Adenauer habe sich rückkommen und auf die Anträge, die in bezug
dort als Vorsitzender der Christlich-Demokrati- auf den Erzbergbau Salzgitter gestellt worden sind.
schen Union in ungebührlicher Weise über die Auf die wirtschaftliche Seite des Erzbergbaus wer-
hessische Politik geäußert. Meine Damen und Her- den wir im Rahmen der Beratung des Einzelplans
ren, ich muß der Wahrheit die Ehre geben und des Bundeswirtschaftsministeriums kommen. Aber
sagen: unser erster Parteivorsitzender hat am zu- als gewählter Abgeordneter des Gebietes darf ich
rückhaltendsten gesprochen, als die hessische Poli- zu der politischen Seite etwas bemerken. Herr Dr.
tik von meiner Partei in Camberg diskutiert wor- Deist hat die politische Gefahr aufgezeigt. Wir
den ist. freuen uns an sich, daß die SPD eine sehr gute
(Sehr gut! in der Mitte. — Lachen links.) Nachrichtenverbindung zu Salzgitter hat. Wenn wir
aber schon auf die politische Gefahr, die ich ver-
Ich war selbst anwesend und darf Ihnen sagen: neinen muß — und ich werde dazu auf einige Tat-
meine Partei — Sie mögen anderer Meinung sein; sachen hinweisen —, eingehen, so möchte ich doch
das ist oft so in diesem Hohen Hause — ist aller- der Hoffnung Ausdruck geben, daß Sie auch zu
dings der Meinung, daß gerade — da Herr Kollege Ihren Ministern in Niedersachsen eine so gute Ver-
Ritzel das Beispiel nennt, muß ich es aufnehmen — bindung haben. Heute noch steht Herr Minister
die Personalpolitik in Hessen so miserabel ist, Kubel auf dem Standpunkt, man müsse soundso
(Hört! Hört! in der Mitte) viele Menschen aus dem Erzbergbau ins Ruhrge-
biet versetzen. Das hätte zur Folge, daß Salzgitter
daß es höchste Zeit ist, sie zu ändern. zu einem Armenhaus gemacht würde und die dor-
(Beifall und erneute Rufe in der Mitte: tigen Wohnungen leerstünden. Wir haben uns in
Hört! Hört! — Zurufe von der SPD.) den vergangenen Jahren — das darf ich als der
Wir waren und sind auch der Meinung — auch vielleicht maßgebendste Mann in diesem Gebiet
da muß ich offen sein —, daß der von mir sonst während der Demontagezeit sagen — selbst er-
geschätzte und verehrte Ministerpräsident Zinn halten, wenn auch mit Unterstützung der Bundes-
eine Reihe von Reden gehalten hat, die er besser regierung. Aber Sie wollen uns dort zum Almosen-
nicht gehalten hätte, empfänger machen, indem Sie von den 10 Millionen
des Einzelplans 04 4 Millionen wegnehmen wollen.
(Zuruf von der Mitte: 17. Juni!) So niedrig schätzen Sie die Salzgitterer Erzkumpels
und er muß sich diese Kritik ja auch gefallen las- bitte nicht ein!
sen, auch von dem ersten Vorsitzenden der Christ- (Lebhafte Zurufe von der SPD. — Unruhe.)
lich-Demokratischen Union Deutschlands.
— Meine Herren, regen Sie sich nicht auf! Wir
(Sehr gut! in der Mitte.) hoffen nur, daß Sie uns doch helfen, damit unsere
Sie haben dem Bundeskanzler vorgeworfen, er Eisenhüttenindustrie mit Hilfe des Westens so in
habe durch eine solche Kritik die Grenzen zwi- den Konkurrenzkampf eingeschaltet wird, daß wir
schen seinen staatspolitischen Aufgaben als Bun- nicht auf Unterstützungsmaßnahmen angewiesen
812 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Höck)
I sind. Daß wir in Salzgitter gesunden Menschenver- regierung, dies zu tun, und für eine Pflicht des
stand haben, mögen Sie daraus ersehen, daß wir Bundestages, die dafür notwendigen Mittel zur
trotz aller Maßnahmen und Hetzereien dort immer- Verfügung zu stellen.
hin mit 47 % die Wahl gewonnen haben.
Es geht, innerpolitisch gesehen, um dreierlei:
(Lebhafte Zurufe von der SPD. — Abg. einmal darum, das allgemeine Verständnis für die
Wehner: Was heißt da „Hetzereien"?) von der Bundesregierung verfolgte Politik zu wek-
— Es ist eine Hetzerei! Wir machen hier Bundes- ken, zum andern darum, den von seiten des Ostens
wirtschaftspolitik und nicht Salzgitterer Kommu- lancierten Aktionen zur Beeinflussung der öffent-
nalpolitik. Dazu spreche ich. Sonst könnte ich hier lichen Meinung in der Bundesrepublik entgegenzu-
vielleicht zur Erheiterung des Hauses noch ganz wirken, und es geht drittens in einem sehr ent-
andere Dinge zum besten geben. scheidenden Maße darum — und das wird auch be-
sonders Sie, meine Damen und Herren von der
(Zuruf von der SPD. — Zustimmung in Opposition, interessieren, und Sie werden es mir
der Mitte.) zugeben müssen —, daß die Bundesregierung mit
Ich möchte noch einmal betonen, daß wir im Rah- den modernen Mitteln der Meinungsforschung den
men des Haushaltsplanes des Bundeswirtschafts- Versuch macht, die öffentliche Meinung zu beob-
ministeriums achten und aus der Erforschung der öffentlichen
(Zuruf von der SPD) Meinung bei ihren Entscheidungen, Entschlüssen
und Absichten die entsprechenden Schlußfolgerun-
zu diesen Fragen von dieser Stelle aus sehr aus- gen zu ziehen. Bei der Filmdebatte ist vor wenigen
giebig Stellung nehmen werden, und hoffe, daß Tagen in diesem Hause von verschiedenen Seiten
dann dazu auch das Nötige gesagt werden kann. das Wort gesprochen worden: Wir wünschen, daß
Da wir eine auch in wirtschaftlichem Sinne ge- der Bundestag und die Bundesregierung dem Volk
sunde Grundlage haben, lehnen wir es aber ab, uns aufs Maul schauen. Man kann mit Fug und Recht
hier mit Unterstützungsmaßnahmen in Salzgitter die Behauptung aufstellen, daß die Bundesregierung
im Sinne eines Almosens — vielleicht zu Wahl- ebenso wie die sie tragenden politischen Parteien
zwecken, da wir auch in Niedersachsen vor Wahlen dem Volk aufs Maul geschaut und eine Politik be-
stehen — zu befassen. trieben haben, die vom Volk in weitestem Umfange
(Beifall in der Mitte.) getragen wird, wie das Wahlergebnis des letzten
Jahres gezeigt hat.
Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der (Zurufe von der SPD.)
Abgeordnete Müller-Hermann.
Wir wünschen, meine Damen und Herren, daß die
Müller-Hermann (CDU/CSU): Herr Präsident! Bundesregierung in die Lage versetzt wird, gerade
Meine Damen und Herren! Das falsche Pathos, mit in bezug auf die demoskopischen Umfragen noch
dem hier Herr Kollege Ritz e 1 die Ablehnung mehr zu tun. Es ist ja wohl kein Zufall, daß z. B.
des Bundeskanzlerhaushalts durch seine Fraktion in Empfehlungen Ihres Parteivorstandes zur Auf-
begründet hat, steht etwas arg im Widerspruch zu lockerung der Diskussion innerhalb Ihrer Partei
der täglichen Praxis der SPD in den Ländern und auch empfohlen worden ist, demoskopische Umfra-
den Regierungen, in denen sie tonangebend ist, gen mehr zu nutzen, als es bisher bei Ihnen ge-
schehen ist. Wenn das für Sie als Partei gilt, um
(Sehr gut! rechts) wieviel mehr muß es für die Bundesregierung gel-
wo sie bewußt und geschickt alle Möglichkeiten ten, die die Verantwortung für die Gesamtheit
ausnutzt und auch alle staatlichen Instanzen ein- trägt.
spannt, um für die von ihr repräsentierte Regie- Aber, meine Damen und Herren, die zusätzlichen
rung und für die Sozialdemokratische Partei Pro- Mittel, die vom Bundestag für das Presse- und
paganda zu machen und zu werben. Ich - bin über- Informationsamt bewilligt werden sollen, sollen
zeugt, meine Damen und Herren von der Opposi- ja ausschließlich dem Zweck dienen, im Aus-
tion, daß, wenn Sie — was Gott verhüten möge! — land eine stärkere Informations- und Public-rela-
eines Tages vielleicht einmal die Regierung im tions-Arbeit zu entfalten. Bisher ist dies in Erman-
Bund stellen, eine ganz andere Sprache führen gelung von Mitteln nicht in dieser Weise möglich
werden als die, die Sie jetzt führen, wo Sie noch in gewesen. Ich glaube, daß es auch mit der Opposi-
der Opposition sind. tion keine Meinungsverschiedenheit darüber geben
(Zustimmung in der Mitte. — Zuruf von sollte, daß ein Volk, das wie wir um sein Ansehen
der SPD.) in der Welt, um seine Existenz und um seine Wie-
dervereinigung ringt, das Äußerste tun und alle
Meine Damen und Herren, meine Fraktion muß Möglichkeiten ausschöpfen muß,
die beiden von Ihnen gestellten Anträge auf den
Umdrucken 28 und 32 ablehnen.Wir sind der Auf- (fortgesetzte Zurufe von der SPD)
fassung, daß die Bundesregierung sowohl im Hin- um im Ausland mit den geeigneten Mitteln auf den
blick auf die innerpolitische Situation als auch ins- geeigneten Wegen die Ressentiments gegen das
besondere im Hinblick auf das Ausland Mittel, und deutsche Volk zu überwinden, der Propaganda
zwar größere Mittel als bisher zur Verfügung gegen das deutsche Volk, der von seiten des Ostens
haben muß, um Verständnis für die Politik der Vorschub geleistet wird, entgegenzuwirken und ein
Bundesregierung möglichst großes Verständnis für die Probleme des
(Zuruf von der SPD: Wahlgelder!) deutschen Volkes im Ausland zu wecken.
und vor allem Verständnis für die Situation des (Zurufe von der SPD.)
deutschen Volkes im Ausland zu wecken. Vielleicht ist es für Sie von Interesse, einmal zu
(Abg. Hilbert: Sehr gut!) hören, welche Mittel für diese und ähnliche Zwecke
Wir halten es nicht nur für ein Recht, sondern von anderen Ländern ausgegeben werden.
auch für die Aufgabe und die Pflicht der Bundes (Große Unruhe.)
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 813
(Müller-Hermann)
Nach amerikanischen Beobachtungen wird ge- von Ihnen betriebene Werbe- und Propaganda
schätzt, daß die Sowjetunion jährlich etwa 6 Milli- tätigkeit, diese Public-relations-Arbeit in jeder
arden DM für ihre Auslandspropaganda und Aus- Weise befriedigend und den Notwendigkeiten der
landswerbung ausgibt. Die Vereinigten Staaten politischen Situation in Deutschland entsprechend
habenlifürÜsomatinprg ist, läßt sich allerdings sehr streiten.
im Jahre 1951 508 Millionen DM vom Kongreß be- (Abg. Mellies: Was Sie plötzlich für Sorgen
willigt erhalten. Im letzten Jahr waren es etwa haben!)
400 Millionen DM. Dazu kommen weitere erheb-
liche Fonds. Ähnlich ist die Situation in Großbri- Ich möchte hier nur auf mehrere Artikel hin-
tannien und in Frankreich, wo für die Public- weisen, die z. B. das Mitglied des Exekutivkomitees
relations-Arbeit im Ausland ein Vielfaches von dem der SPD in Deutschland, Herr Heine, in Brüssel
ausgegeben wird, was bisher bei uns möglich war, und in Paris veröffentlicht hat.
und auch von dem, was in Zukunft möglich sein (Zurufe von der SPD: Kalter Kaffee! —
wird. Allein für die staatliche Nachrichtenagentur Ganz kalter Kaffee!)
Frankreichs wird vom französischen Staat ein
etwa gleich großer Betrag ausgegeben, wie er jetzt Nur einige Zitate aus diesen Artikeln, die vor und
für den Fonds des Bundespresse- und Informations- nach den Bundestagswahlen im Ausland veröffent-
amts gedacht ist. licht worden sind und die natürlich von allen dem
Nun ein Wort zu den Ausführungen des Herrn deutschen Volk böswillig gesinnten Kreisen im
Kollegen Ritzel über die mangelnde Kontrolle Ausland gern benutzt worden sind, um gegen das
über diesen Fonds durch das Parlament. Es ist zu deutsche Volk einzutreten und Propaganda zu
keiner Zeit üblich gewesen und ist auch heute in machen. So wird z. B. in einem dieser Artikel,
keiner der westlichen Demokratien üblich, daß die veröffentlicht im „Le Populaire de Paris" im Ok-
Verwendung dieser oder ähnlicher Fonds, wie sie tober des vergangenen Jahres, behauptet, die Wah-
hier zur Debatte stehen, öffentlich nachgewiesen len hätten gezeigt, daß das Nachkriegsdeutschland
wird, und zwar einfach deshalb, weil eine gewisse außer der SPD keine stabile Parteigruppierung be-
Geheimhaltung der Verwendung dieser Fonds sitze, daß die Unbeständigkeit im Aufbau der Par-
schon mit Rücksicht auf das Ausland und die Or- teien Deutschlands mit Ausnahme der SPD ein
ganisationen, mit denen man im Ausland zusam- allgemeines Element der Unsicherheit darstelle,
menarbeiten muß, unbedingt notwendig ist. Es ist welches die Zukunft der Demokratie in West-
hier einfach eine Vertrauensfrage. Wir haben das deutschland bedrohen könne.
Vertrauen, daß die Bundesregierung, daß das Bun- (Hört! Hört! und weitere Zurufe in der
deskanzleramt und das Bundespresse- und Infor- Mitte. — Gegenrufe von der SPD.)
mationsamt von diesen Mitteln die richtige Ver-
wendung in dem Sinne machen werden, wie ich es In Tausenden von Orten — wird hier behauptet —
hier geschildert habe. konnten die Sozialdemokraten nicht wagen, zuzu-
geben, daß sie Mitglieder oder Anhänger der
(Sehr gut! in der Mitte. — Zurufe von
der SPD.) Sozialdemokratischen Partei sind.
Im übrigen wissen Sie ja, daß die Verwendung (Lachen und Zurufe bei der CDU/CSU. —
dieses Fonds vom Präsidenten des Bundesrech- Abg. Heiland: Das kann ich Ihnen be
nungshofs kontrolliert wird. weisen!)
(Lachen bei der SPD.) Die Bundesregierung — wird behauptet — hat
Ich glaube, es ist nötig, hier gewisse falsche Vor- skrupellos Steuergelder ausgegeben und die Be-
stellungen zu berichtigen. Es ist doch nicht so, daß amten der verschiedenen Ministerien für reine
nur ein paar Leute im Bundespresse- und Informa- Parteizwecke mißbraucht.
-
tionsamt diesen Fonds dazu benutzen können, um (Abg. Heiland: Das kann ich Ihnen vor
in allen Gegenden der Welt oder in der Bundes- führen!)
republik beliebig Geld unter die Leute zu werfen,
sondern die Ausgaben, die aus diesem Fonds ge- In weiteren Artikeln wird der Nachweis zu erbrin-
macht werden, werden ebenso wie alle anderen gen versucht, daß der Zuwachs der CDU bei den
Ausgaben einschließlich ihres Verwendungszwecks letzten Bundestagswahlen darauf zurückzuführen
entsprechend dem Zweck des Haushaltstitels vom sei, daß die ehemaligen Nationalsozialisten ihren
Bundesrechnungshof bzw. dem Präsidenten und Einfluß so erheblich verstärken konnten, daß man
-einem kleinen Kreis von Beamten geprüft. Ich heute bezweifeln müsse, ob die CDU überhaupt
bin der Meinung, daß allein die Tatsache, daß der noch eine demokratische Partei sei.
Präsident des Bundesrechnungshofs eine mit rich- (Hört! Hört! bei der CDU/CSU. — Zurufe
terlicher Unabhängigkeit ausgestattete Instanz ist, von der SPD.)
bereits eine Gewähr dafür bietet, daß auch die Die Entwicklung, die durch die Wahlen her-
Kontrolle dieser Mittel in der richtigen Weise ge- vorgerufen ist, muß unbedingt zu den schwer-
handhabt wird. Ein Mißtrauen hinsichtlich eines sten Sorgen Anlaß geben. Die Geschichte
Mißbrauchs dieser Mittel, wie es von Ihnen propa- Deutschlands, besonders die der letzten Jahr-
giert wird, ist daher nicht angebracht. Wir werden zehnte, bietet beweiskräftige Beispiele dafür,
deshalb auch den Antrag der SPD auf Umdruck 28
ablehnen. (Zuruf von der SPD: Gehört das zum
Lassen Sie mich zum Schluß noch ein Problem Haushaltsplan?)
anschneiden, das in diesem Zusammenhang ge- wie man die in Bewegung begriffenen Wähler-
nannt werden muß. Ihre Partei, die Opposition, massen mißbrauchen könnte.
entfaljuch—dsiIrgteRch—n
gewisse propagandistische Tätigkeit im Ausland. (Sehr richtig! bei der SPD.)
NiemandwrIhsRectigndwr- Es ist bedauerlich, wenn von maßgeblichen Ver
tig machen wollen. Aber über die Frage, ob diese tretern Ihrer Partei in diesem Sinne einer Tätig-
814 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Müller-Hermann)
keit gegen unser deutsches Volk, das in einer so Beamter, dessen Integrität von keinem von uns
schwierigen Situation ist, Vorschub geleistet wird. angezweifelt wird, die Rechnungsprüfung über-
nehmen soll.
(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von
der SPD: Unerhört! — Weitere Zurufe von (Sehr richtig! bei der SPD.)
der SPD. — Abg. Marx: Sie verwechseln Zudem prüft der Präsident des Bundesrechnungs-
Ihre Partei mit dem deutschen Volk!) hofs formal, und es gehört nicht zu den Aufgaben
Ich bedaure das um so mehr, als hier von einem eines so unabhängigen Beamten, politisch zu prü-
Vorredner eindrücklich festgestellt wurde, daß die fen. Mein Herr Vorredner hat gesagt: Wir haben
parteipolitischen Notwendigkeiten sich stets den das Vertrauen, daß dieser Fonds richtig verwendet
Notwendigkeiten des Staates anzupassen hätten. wird. Wir haben das Vertrauen nicht; wir kön
Davon ist in diesen Äußerungen und in manchen nen nach den Erfahrungen, die wir mit dem Herrn
anderen, die ich Ihnen hier ebenso gut zitieren Bundeskanzler gemacht haben, dieses Vertrauen
könnte, leider nichts zu merken. nicht haben.
(Beifall bei der SPD.)
Wir haben die Gewähr und das Vertrauen, daß
die von der Bundesregierung und den der Bun-
desregierung untergeordneten Ämtern geleistete Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der
Auslandswerbung eine wirkliche Werbung für das Abgeordnete Metzger.
deutsche Volk und sein Ansehen ist und daß diese
Werbung auf einer streng überparteilichen Basis Metzger (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
erfolgt. und Herren! Der Herr Abgeordnete Ritzel hat vor-
(Lautes Lachen bei der SPD. — Abg. Mel hin ins richtige Licht gerückt, was der Herr Bun-
lies: D as sagen Sie, ohne rot zu werden?) deskanzler in einer Rede in Freiburg in bezug auf
die Personalpolitik in Hessen gesagt hat. Ich be-
Meine Herren von der Opposition, vielleicht hätten dauere, daß Herr Kollege von Brentano, der
wir es nicht so nötig, die Mittel für den Fonds es besser wissen müßte, Behauptungen dieser Art
des Bundespresse- und Informationsamtes um wiederholt hat.
4,5 Millionen DM auf 10 Millionen DM zu erhöhen,
wenn wir immer die Gewähr hätten, daß von Der Herr Bundeskanzler hat damals in Freiburg
Ihrer Seite wirklich konstruktiv mitgearbeitet behauptet, daß in Hessen CDU-Leute von der
wird, um das Ansehen des deutschen Volkes auch sozialdemokratischen Regierung entfernt worden
im Ausland zu steigern. seien. Ich rechne es mir zur großen Ehre an, daß
(Beifall bei der CDU/CSU. — Erregte ich bis vor kurzem dieser sozialdemokratischen
Pfui-Rufe und Unruhe bei der SPD.) Regierung angehört habe.
(Beifall bei der SPD.)
Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der Ich glaube also, daß ich in dem Hause derjenige
Abgeordnete Dr. Gülich. bin, der am besten über diese Dinge urteilen kann.
Dr. Gülich (SPD): Herr Präsident! Meine Damen (Abg. Hilbert: Auch objektiv?)
und Herren! Es war nicht bestritten, sondern mei- — Und objektiv! Jawohl, meine Damen und Her-
nem Freunde Ritzel bekannt, daß das Wort von ren, ich traue mir das zu!
den „Reptilien" von Herrn von Bismarck geprägt
worden ist. Aber ich möchte Ihnen vortragen, was (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der
er am 30. Januar 1869 im Abgeordnetenhaus dazu CDU/CSU: Wir nicht!)
gesagt hat:
Als der Herr Bundeskanzler wegen seiner Äuße-
Ich bin nicht zum Spion geboren meiner gan- rung in Freiburg angegangen wurde, hat er sich
-
zen Natur nach; aber ich glaube, wir verdie- insbesondere auf das Kultusministerium, dem ich
nen Ihren Dank, wenn wir uns dazu hergeben, damals vorgestanden habe, bezogen und hat
bösartige Reptilien zu verfolgen bis in ihre seine Behauptung wiederholt, daß CDU-Leute um
Höhlen hinein, um zu beobachten, was sie ihrer Parteizugehörigkeit willen aus diesem Mini-
treiben. Damit ist nicht gesagt, daß wir eine sterium entfernt worden seien. Weil Herr Kollege
halbe Million geheimer Fonds brauchen kön- von Brentano jetzt erneut Behauptungen in dieser
nen; ich hätte keine Verwendung dafür und Richtung aufgestellt hat, halte ich es für notwen-
möchte die Verantwortung für solche Summen dig, das richtigzustellen, damit nicht von neuem
nicht übernehmen. Propagandawellen hinausgehen.
(Hört! Hört! bei der SPD.) Was das Kultusministerium anlangt, kann ich
Das ist genau d as , was wir wollen. Ihnen im Gegensatz zu dem, was der Herr Bundes-
kanzler gesagt hat, verbindlich erklären, daß nicht
(Abg. Dr. Vogel: Dafür hat er aber den ein einziger CDU-Mann um seiner Parteizugehörig-
Welfenfonds gemacht! — Heiterkeit.) keit willen aus dem Ministerium entfernt worden
Ich glaube, daß auch wir uns Ihren Dank verdie- ist.
nen, wenn wir bösartige Reptilien bis in ihre Höh- (Beifall bei der SPD. — Lachen und Zu
len verfolgen. Wir sind der Meinung, daß Werbung rufe bei der CDU/CSU.)
für das deutsche Volk nicht im Geheimen gemacht Im Gegenteil! Der Leiter der Schulabteilung z. B.
zu werden braucht. — gewiß ein wichtiger Mann und ein Mann, der
(Sehr wahr! bei der SPD.) auf all das, was in Hessen von der CDU so außer-
Wenn die Fonds wirklich für die Zwecke verwen- ordentlich bemängelt wird, Einfluß hat — ist nach
det werden sollen, die sowohl im Haushaltsaus- wie vor bis auf den heutigen Tag ein katholischer
schuß als auch soeben hier genannt worden sind, CDU-Mann.
ist überhaupt nicht einzusehen, warum nur ein (Hört! Hört! bei der SPD.)
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 815
(Metzger)
Ich wollte, wir könnten vom Bund etwas Ähnliches Ich komme nun zur Abstimmung. Es liegen zwei
sagen. Änderungsanträge der Fraktion der SPD vor. Der
(Beifall bei der SPD.) Antrag auf Umdruck 28 betrifft die Kontrolle; zah-
Das Bedauerlichste an der ganzen Angelegenheit lenmäßig wird nichts berührt. Ich lasse zuerst über
ist aber folgendes. Herr Ministerpräsident Zinn diesen Antrag auf Umdruck 28*) abstimmen. Wer
hat, wie schon gesagt wurde, dem Herrn Bundes- diesem Antrag der SPD zustimmen will, den bitte
kanzler geschrieben und ihm den wahren Sachver- ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Ge-
halt dargelegt; aber der Herr Bundeskanzler hat genprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist mit
es nicht einmal für nötig gehalten, überhaupt eine Mehrheit abgelehnt.
Antwort zu geben. Ich komme nun zu dem Antrag der Fraktion
(Lebhafte Rufe von der SPD: Hört! Hört! — der SPD auf Umdruck 32**), der lautet:
Abg. Heiland: Das ist ein Zeichen seiner Der Bundestag wolle beschließen,
Wahrheitsliebe!) in Kap. 0403 den Tit. 300 um 4 Millionen DM
Meine Damen und Herren! Ich bin einer von den zu kürzen auf 6 Millionen DM.
Menschen, die gewillt sind, dem andern immer den Ich komme zur Abstimmung darüber. Wer diesem
guten Willen zuzubilligen, bis der Beweis des Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
Gegenteils erbracht ist. Ich bin auch bereit, dem zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Auch
Herrn Bundeskanzler alles nur mögliche Wohl- dieser Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
wollen entgegenzubringen. Aber wenn man der-
artige Dinge erlebt, dann wird das Vertrauen er- Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den
schüttert. Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich
(Abg. Mellies: Sehr gut!) des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes
— in der Fassung des Ausschußberichts, Druck-
Und das ist nicht der einzige Fall; wir haben sehr sache 354. Wer diesem Einzelplan in dieser Form
viele Fälle. zustimmen will, den bitte ich um ein Handzei-
Wenn der Herr Bundeskanzler meint, er könne chen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der
Bundeskanzler und Vorsitzender der CDU so fein Einzelplan 04 ist mit Mehrheit angenommen.
säuberlich trennen, so will ich ihm die Frage stel-
len, warum er es sich dann in Camberg hat gefal- Ich rufe nunmehr auf
len lassen, daß er in aller Öffentlichkeit als Bun- Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäfts-
deskanzler begrüßt worden ist. Warum tritt er auf bereich des Auswärtigen Amts (Drucksache
der einen Seite öffentlich als Bundeskanzler auf, 355, Umdrucke 24, 25).
zieht sich dann hinter ein paar Wände zurück und
ist nun auf einmal nicht mehr der Herr Bundes- Berichterstatter ist Abgeordneter Dr. Vogel.
kanzler? Ist dem Herrn Bundeskanzler nicht klar, Bitte, wollen Sie das Wort nehmen.
daß er überall da, wo er redet, mit der Autorität
) des Bundeskanzlers redet Dr. Vogel (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushalt
(Sehr gut! bei der SPD) des Auswärtigen Amtes erfordert einen Zuschuß
und daß er deshalb seine Worte um so mehr wägen von 150,2 Millionen DM, ist also gegenüber dem
muß? Haushaltsvoranschlag des vergangenen Jahres um
(Erneuter Beifall bei der SPD.) fast 80 0/o gewachsen. Wir haben allerdings im
Auch in Camberg hat er das leider wieder unter- Haushaltsausschuß eine ganze Reihe von Berichti-
lassen. Er hat gesagt: „Es ist uns erzählt worden" gungen des gedruckten Haushaltsplans vorliegen
— etwas, was er längst hätte prüfen können —, gehabt, so daß es Ihnen, meine sehr verehrten
(Sehr richtig! bei der SPD) Damen und Herren, manchmal vielleicht etwas
schwer wird, an Hand der Ihnen vorgelegten
und dann hat er große staatsmännische Äußerun- Drucksache 355 allen diesen Dingen zu folgen, die
gen von sich gegeben und hat eine Regierung, die ich die Ehre haben werde, Ihnen jetzt vorzu-
das Beste getan hat, in einer Weise beschimpft, wie tragen.
das für einen Bundeskanzler ungewöhnlich ist. Die Gesamtanforderungen an Personal für das
Meine Damen und Herren, nehmen Sie es uns Auswärtige Amt werden sich, falls der Bundes-
nicht übel, daß wir diesem Bundeskanzler gegen- rechnungshof den Argumenten des Auswärtigen
über mißtrauisch sind, und wundern Sie sich nicht Amts folgt, auf 4052 belaufen, davon allerdings
darüber, wenn auch im Volke dieses Mißtrauen 502 Arbeiter. In Inland, wo bis jetzt allein 524 Be-
steigt, auch wenn der 6. September gewesen ist! amte im Stellenplan erscheinen, sind 35 mehr in
(Beifall bei der SPD. — Lachen und Zurufe Verhandlungen zwischen Bundesfinanzministerium
bei der CDU/CSU. — Abg. Krammig: Zur und Auswärtigem Amt bereits zugestanden wor-
Geschäftsordnung!) den, und der Haushaltsausschuß hat sich dem an-
geschlossen. Allerdings soll der Präsident des Bun-
Vizepräsident Dr. Schneider: Bitte, Herr Abge- desrechnungshofs in seiner Eigenschaft als Beauf-
ordneter. tragter für die Wirtschaftlichkeit in der Verwal-
tung eine Durchleuchtung des Haushalts des Aus-
Krammig (CDU/CSU): Zur Geschäftsordnung! Ich wärtigen Amts vornehmen, um nachzuprüfen, ob
beantrage Schluß der Debatte. die sehr erheblichen Mehranforderungen dem tat-
(Lachen bei der SPD.) sächlichen Bedürfnis entsprechen. Infolgedessen
sehen Sie, daß 95 angeforderte Beamtenstellen zu-
Vizepräsident Dr. Schneider: Ist gleich erledigt; nächst noch gesperrt sind und daß gleichfalls 158
ich habe ohnehin keine Wortmeldungen mehr vor- Angestellten- und 62 Arbeiterstellen unter diesen
liegen. Sperrvermerk fallen.
(Heiterkeit bei der SPD.) *)SiehAnlag1t843
Ich schließe die Aussprache. **) Siehe Anlage 2 Seite 843 B
S16 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Vogel)
Der größte Zuwachsbedarf — ich bitte Sie, hier Allerdings waren für das Jahr 1953 136 Vertretun-
klar zwischen dem Bedarf des eigentlichen Mini- gen geplant. Davon sind 29 bis jetzt noch nicht ge-
steriums und dem des Haushalts für die auswärti- schaffen worden; 10 sind in der Eröffnung begrif-
gen Missionen zu unterscheiden — entfällt auf die fen, und 14 weitere Auslandsmissionen sollen in
neue Handelspolitische Abteilung. Hier hat der den nächsten Monaten eröffnet werden, während
Haushaltsausschuß bereits Diskussionen geführt, man 5 aus politischen Gründen zunächst zurück-
inwieweit durch die Verringerung dieser Abteilung gestellt hat. Im Jahre 1954/55 sollen zu diesen 136
im Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums noch weitere 12 Auslandsvertretungen hinzukom-
ein entsprechendes Äquivalent in Erscheinung tritt men. Allein aus diesem fortgesetzten Wachstum der
oder nicht. Wir haben ja wegen gewisser Parallel- Auslandsvertretungen ergeben sich naturgemäß
fälle in anderen Ministerien Anlaß, nachzuprüfen, auch Stellenvermehrungen nicht nur bei den Be-
ob bei Parallelabteilungen auch die entsprechenden amten, sondern auch bei den Angestellten und
Ersparnisse in den Personalhaushalten in Erschei- Arbeitern.
nung treten, und wir werden bei dem Haushalt Ich darf Sie in diesem Zusammenhang auf die
für das Bundeswirtschaftsministerium auf diese Vermehrung der Botschaftertitel hinweisen. Wir
Dinge noch näher zu sprechen kommen. haben in dem Ausweis, der im Anhang enthalten
Das Personal bei den Auslandsvertretungen be- ist, zwei neue Botschafter in Bern und Pretoria zu
ziffert sich auf 1202 gegenüber bisher 838 Beamte. verzeichnen, ohne daß eine Änderung ihrer Be-
Gleichzeitig wächst die Zahl der Angestellten von züge, die nach wie vor nach B 7a erfolgen, ein-
1166 auf 1291; darunter befinden sich allerdings tritt. Der gleiche Vorgang wiederholt sich auch
allein rund 140 Schreibkräfte in den TOA-Grup- bei den zu Botschaftern ernannten bisherigen Ge-
pen VIII und VII. Unter den Anforderungen des sandten in Peru und Paraguay, die ebenfalls in der
Auswärtigen Amts befinden sich auch zahlreiche alten Form eingruppiert bleiben.
Verbeamtungen von TOA-Stellen, die bis jetzt von (Alterspräsidentin Dr. Dr. h. c. Lüders
Wirtschafts-, Presse-, Sozial- und Kulturattachés übernimmt den Vorsitz.)
innegehabt wurden. Das ist ein Prozeß, den auch
der Ausschuß gebilligt hat, obgleich das Auswär- Unter den Ausgaben, auf die ich jetzt zu spre-
tige Amt gebeten worden ist, nicht sofort alle diese chen komme, fällt vor allem der neue große Bei-
Stellen zu besetzen, die der Haushaltsausschuß be- trag von 800 000 DM für das Weltkinderhilfswerk
willigt hat. Ferner sind in dem gesamten Personal- auf, ferner ein zweiter großer Betrag von 4,433 Mil-
haushalt 77 bereits geprüfte Attachés der bisheri- lionen DM als Zuschuß für das deutsche Feldlazarett
gen Lehrgänge und 85 Kräfte aufgeführt, die sich in Korea. Wir haben von seiten des Auswärtigen
der abschließenden Prüfung noch nicht unterzogen Amts im Haushaltsausschuß eine ausführliche Be-
haben. gründung für die Notwendigkeit dieser Ausgabe
Ein neuer Titel, der gleichfalls in dieses Gebiet gehört. Sie steht im engsten Zusammenhang mit
I) gehört, ist der für außergewöhnlichen Aufwand der Vermehrung des Feldlazaretts von 200 auf 400
der nicht leitenden Beamten und Angestellten in Betten. In einem weiteren Titel ist hier noch eine
den Auslandsmissionen eingestellte Betrag von 1,3 zweite Summe von 850 000 DM für diese Erweite-
Millionen. rung direkt in den Ausgaben ausgebracht worden.
In dem Eingang von Paßgebühren ist eine erheb- Der Ausschuß hat sich mit Mehrheit der Argumen-
lich Verminderung eingetreten. Der Haushaltsaus- tation des Auswärtigen Amts angeschlossen und
schuß begrüßt die Verminderung von 11 Millionen diesen Posten bewilligt.
auf 5 Millionen in diesem Falle durchaus, weil sie Was die Erhöhung des Titels Ausgaben zur
ein Kennzeichen für den fortgesetzten Abbau des Pflege kultureller, humanitärer und wissenschaft-
Visumzwanges im Verkehr zwischen Deutschland licher Beziehungen zum Ausland anbetrifft, der
und den anderen Staaten ist. Die Kosten für die von 5 Millionen DM durch einen Beschluß, der in
Paßstellen selbst sind entsprechend diesem durch- einer der letzten Sitzungen des Haushaltsausschus-
aus begrüßenswerten Vorgang entsprechend von ses gefaßt worden ist, auf 6,8 Millionen DM er-
4,7 Millionen auf 1,2 Millionen zurückgegangen. höht worden ist, so stützt sie sich auf die ein-
mütige Zustimmung des Ausschusses, der immer
Ferner ist neu in diesem Haushalt die Verein- — auch in den vergangenen Jahren — seine vor-
fachung des bisherigen Auslandsbesoldungssystems. nehmste Aufgabe mit darin gesehen hat, hier, ich
Der Anpassungszuschlag als solcher ist weggefallen. möchte einmal sagen, die Regierung sogar zu er-
Weiter haben wir eine Änderung der Grundbeträge mutigen, für diese Zwecke mehr auszubringen, als
der Aufwandsentschädigungen zu verzeichnen. Ins- sie es in ihrem Voranschlag meist getan hat. Fer-
gesamt gesehen, bedeutet dies eine wesentliche und ner ist, wie wir mit Befriedigung festgestellt haben,
erfreuliche Vereinfachung des bisher immer als zu auch der Titel für die Auslandsschulen von 1,58
kompliziert empfundenen Systems, die Auslandsge- Millionen auf 3 Millionen DM erhöht worden.
samtbezüge zu berechnen. Wenn wir die entsprechenden Mittel zur Verfügung
Der Haushaltsausschuß hat davon Kenntnis ge- gehabt hätten, wären wir auch hier zu einer Er-
nommen, daß im Laufe dieses Sommers und der höhung des Ansatzes geschritten. Das Auswärtige
darauf folgenden Zeit eine Überprüfung der Ko- Amt selbst hatte für die Ausgaben zur Pflege der
sten und der Bedeutung der einzelnen Auslands- kulturellen, humanitären und wissenschaftlichen
missionen stattfinden wird. Sie finden bereits in Beziehungen 7,56 Millionen DM angefordert. Aber
diesem Haushaltsplan in den fettgedruckten Stellen wir nehmen an, daß es mit den 6,8 Millionen DM,
des Anhangs die Anhaltspunkte dafür, wo derartige die der Haushaltsausschuß bewilligt hat, in diesem
Korrekturen an den früheren Titeln vorgenommen Jahr durchaus zufriedengestellt sein darf und kann.
worden sind. Ober den Beitrag zum Internationalen Kurato-
Insgesamt verzeichnen wir heute 106 Auslands- rium für kernphysikalische Forschungen in Bern
vertretungen, darunter 24 Botschaften, 28 Gesandt- hat sich im Zusammenhang mit den Ausgaben im
schaften, 22 Generalkonsulate und 32 Konsulate. Bundesinnenministerium für die wissenschaftliche
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 817
(Dr. Vogel)
Forschung eine sehr lebhafte Debatte entsponnen. beauftragten für die Wirtschaftlichkeit vorgelegt
Der Herr Bundesfinanzminister hatte ursprünglich werden können. Dann wird eine erneute Beratung
die Absicht, diesen Betrag von 3 Millionen DM von dieses Haushaltes im Haushaltsausschuß stattfin-
den 10 Millionen DM abzuziehen, die für die den, um die Beratung der dann vom Beauftragten
Schwerpunktsbildungen in der Forschung einge- für die Wirtschaftlichkeit vorgeschlagenen Stellen
setzt waren. Der Haushaltsausschuß ist dem nicht vorzunehmen.
gefolgt, sondern er hat einen eigenen Beitrag von Um Ihnen nur einen Begriff davon zu geben,
3 Millionen DM für dieses internationale Kurato- wie hoch zum Teil einzelne Beträge sind, die sich
rium bewilligt und den Ansatz von 10 Millionen einsparen lassen, wenn entsprechende organisato-
DM für die Schwerpunktsbildungen in der For- rische Maßnahmen ergriffen werden, lassen Sie
schung unangetastet gelassen. Für die Arbeiten mich eine Summe nennen, die vielleicht in diesem
in diesem internationalen Kuratorium treten Zusammenhang etwas bedeutungslos erscheinen
gleichfalls an fortlaufenden Zuschüssen 326 000 DM mag. Allein durch die Beauftragung eines Instituts
jährlich neu in Erscheinung. mit der Durchführung der Reinigungsarbeiten, vor
Die Unterstützungen und die Beihilfen für Aus- allen Dingen in dem neuen großen Bau, können
landsdeutsche sind von 1,2 Millionen DM in den nicht weniger als 50 Bedienstete und damit
Voranschlägen auf 1 Million DM gesenkt worden. 100 000 DM eingespart werden.
Wir haben im Ausschuß darüber diskutiert, ob
nicht der zunehmende Drang vor allen Dingen von Die Diskussion erstreckte sich im Haushaltsaus-
jungen Leuten, sich ohne hinreichende Erkundi- schuß weiter auf die Titel Förderung der Ost-
gungen ins Ausland zu begeben und sich dann europaforschung. Hier stießen wir auf eine Reihe
nachher nach Möglichkeit auf Kosten der Bundes- von Titeln, die in einem engen Zusammenhang mit
republik von den Auslandsmissionen wieder ko- dem Bundesministerium des Innern stehen. Aus
stenfrei zurückbefördern zu lassen, nicht irgend- der bisherigen Entwicklung der Bundesrepublik
wie gestoppt oder gesteuert werden könnte. heraus gesehen, war es unvermeidlich, daß eine
Reihe von Dingen im Bundesministerium des
Lassen Sie mich jetzt noch auf den sehr hohen Innern getan werden und dort so lange bleiben
Betrag für Neubauten bei Auslandsmissionen ein- mußten, weil das Auswärtige Amt erst in einem
gehen, der von 3,3 auf 8 Millionen DM 1954 erhöht sehr viel späteren Stadium in Erscheinung trat.
worden ist. Es handelt sich hier um einen Gesamt- Der Haushaltsausschuß hat keine Beschlüsse über
betrag in der Höhe von 28,4 Millionen DM. Davon die Zuständigkeit z. B. des Archäologischen Insti-
sind bis jetzt in den vorangegangenen Jahren 15,4 tuts oder der Osteuropa-Forschungsinstitute ge-
Millionen DM bewilligt worden. Es geht hier vor- faßt, sondern überläßt es der Bundesregierung,
nehmlich um die sehr kostspieligen Grunderwer- nach der Bewilligung der Titel ihrerseits die not-
bungen in London, in Paris und in anderen Haupt- wendige Entscheidung zu treffen, ob diese Institute
städten, ferner um den Erwerb und die Errichtung in Zukunft beim Bundesinnenministerium oder im
von Dienstgebäuden für die Auslandsmissionen. Auswärtigen Amt ressortieren sollen.
In diesem Zusammenhang hat der Ausschuß den
Wunsch ausgesprochen, man möchte zuerst die- Bei Titel 601, Kosten des Sekretariats für deut-
jenigen Städte berücksichtigen, in denen unsere sche Mitarbeit an der internationalen Flüchtlings-
Auslandsmissionen klimatisch gefährdet sind. Was hilfe, ist eine Erhöhung des Titels von 30 000 auf
den Neubau des Auswärtigen Amtes selber anbe- 50 000 DM durchgeführt worden, während umge-
trifft, so tritt in diesem Jahr nur noch ein Rest- kehrt 20 000 DM bei Tit. 602 gestrichen worden
posten in Erscheinung. Im nächsten Jahr werden sind.
neue Anforderungen nicht mehr gestellt werden. Wir haben ferner eine einzige Veränderung auch
Sehr hohe Posten sind gleichfalls neu ausgewor- an den Vorschlägen für die Besetzung der Aus-
-
fen worden für die erstmaligen Ausstattungen der landsmissionen vorgenommen, nämlich bei der Ge-
Auslandsmissionen, für die Neueinrichtung oder sandtschaft in Straßburg, wo wir an Stelle einer
-ergänzung des Chiffrierdienstes, für die Über- A 1 a-Stelle eine B 7 a-Stelle bewilligt haben.
mittlung von Nachrichten in das Ausland durch Ferner ist die Ersetzung eines Konsulats in Linz
Funkdienste usw. Allein die Neuanschaffung von durch ein entsprechendes Konsulat in den bri-
Fahrzeugen für die bisherigen oder die neuge- tischen Besitzungen entweder in Mittelamerika oder
schaffenen Auslandsmissionen umfaßt die Summe auf der Insel Cypern zugestimmt worden.
von zusätzlich 1,79 Millionen DM.
Der Zuschuß von 50 000 DM für das Washington
Der Ausschuß hat sich in seiner Aussprache auch Institut in Stuttgart, der beantragt worden war,
sehr eingehend nach dem Gesundheitszustand der konnte nicht bewilligt werden und ist bis zu einer
Bediensteten in den ausländischen Missionen er- Prüfung durch das Bundesinnenministerium zu-
kundigt. Er hat dabei die für ihn befriedigende rückgestellt worden.
Auskunft erhalten, daß zwar an sich in den tropi-
schen oder sehr hoch gelegenen Missionen — nen- Das sind die wichtigsten Beschlüsse, die der
nen wir Orte wie Karachi, Djakarta, La Paz oder Haushaltsausschuß zu dem vorliegenden Haus-
andere — der Gesundheitszustand der Angestell- haltsplan gefaßt hat. Der Haushaltsausschuß emp-
ten, zum Teil auch infolge von Überarbeitung, fiehlt Ihnen mit Mehrheit die Annahme des Haus-
nicht befriedigend ist, daß aber das Auswärtige haltseinzelplans 05.
Amt jetzt zur Einrichtung eines besonderen Ge- (Bravo! in der Mitte.)
sundheitsdienstes geschritten ist.
Innerhalb des Ministeriums selbst wird das Aus-
wärtige Amt eine Reihe von organisatorischen Alterspräsidentin Dr. Dr. h. c. Lüders: Ich danke
Maßnahmen zur Zusammenfassung von kleineren dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Bera-
Referaten in größeren Referaten durchführen. Der tung über den Einzelplan 05 — Haushalt für den
endgültige Organisations- und Stellenplan wird Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. —
erst nach Erstattung des Gutachtens des Bundes- Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Pfleiderer.
818 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954

Dr. Pfleiderer (FDP): Frau Präsidentin! Meine am Mann. Wir wollen nicht kritisieren, welche Am
Damen und Herren! Der Haushalt des -ter der Herr Bundeskanzler selbst übernimmt. Es
Auswärtigen
Amts ist von einer solchen Bedeutung, daß meine ist ja doch auch kein anderer so recht sichtbar ge-
Freunde und ich den Wunsch haben, bei der Be- worden, der aus sich selbst heraus gleiche Gewichte
ratung einige besondere Fragen, die mit dem Aus- in die Waagschalen der Welt zu legen hätte.
wärtigen Dienst zusammenhängen, hier zur Sprache (Beifall bei den Regierungsparteien.)
zu bringen. Der Dienst ist jetzt im großen und gan-
zen aufgebaut. Die Zahlen, die der Herr Berichter- Ich glaube, der Ausgleich sollte hier auf einer an-
statter vorgetragen hat, sind sowohl nach der per- deren, tieferen Ebene gesucht werden. Wenn wir
sonellen wie nach der finanziellen Seite höchst ein- etwas zu kritisieren haben, dann ist es Politik mit
drucksvoll. Wir haben es wieder mit einem ausge- all ihren Aussichten und Gefahren und nicht die
wachsenen Dienst zu tun. Es wäre interessant, Führung der Geschäfte durch den Herrn Bundes-
wenn wir eines Tages Vergleichszahlen bekämen, kanzler. Niemand wird ihm bestreiten, daß er sich
wie die Zahlen im früheren Auswärtigen Dienst in der Politik verzehrt, und niemand wird ihm da-
waren - etwa 1932/33 — und wie sie in vergleich- für den Dank versagen.
baren Ländern sind. Ich glaube, wir schulden allen (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)
Dank, die beim Aufbau des Auswärtigen Dienstes Es ist in der Bundesrepublik üblich, daß sich
mitgewirkt haben, und vielleicht auch denen, die Minister im Plenum durch beamtete Staatssekre-
sich dabei abgenutzt haben und, wenn ich so sagen täre vertreten lassen. Wir sind damit nach wie vor
darf, in den Schatten zurückgetreten sind. nicht einverstanden und sehen darin einen Verstoß
In der Koblenzer Straße wächst der Neubau des gegen. die Grundregeln der parlamentarischen Re-
Auswärtigen Amts empor. Es ist eines der ein- gierungsform. Minister sollen im Parlament durch
drucksvollsten Bauwerke am Sitz der Bundesregie- Minister und nicht durch Beamte vertreten wer-
rungund mit einer Bausumme von 13 1/2 Millionen den. Jetzt, da wir eine so große Zahl, ich möchte
DM ja auch ein sehr teures Haus. Ich glaube, wir nicht sagen, Minister mit ohne, wohl aber mit aus-
alle denken dabei an die frühere Wilhelmstraße in wechselbarem Geschäftsbereich haben, sollte das
Berlin. Von der Wilhelmstraße — den Häusern 74, keine Schwierigkeiten bereiten. In dem, was ich
75 und 76 —, vom Wilhelms-Palais, von der Reichs- sage, möchte ich aber keine persönliche Spitze
kanzlei — von der Bismarckschen, von der Brüning- irgendwelcher Art gegen den Herrn Staatssekretär
schen und von der Hitlers — steht kein Stein mehr des Auswärtigen Amts vorbringen, der ja von den
auf dem andern. Offenbar haben Auswärtige Ämter möglichen Staatssekretären, ich darf wohl sagen,
auch baulich etwas mit dem Schicksal ihrer Staaten der liebenswerteste in diesem Hause ist.
zu tun. Ich selbst möchte Berlin seine Trümmer nicht (Heiterkeit.)
entgelten lassen, möchte aber auch umgekehrt die Professor Hallstein ist als Staatssekretär — wenn
Bundesregierung nicht dafür preisen, daß sie solche ich das sagen darf — gewissermaßen zwischen
großen Neubauten hier erstellt hat, zumal ja auch zwei Fakultäten getreten. Er kommt von der
diese Neubauten gelegentlich einen „Knick" be- Rechtswissenschaft her und geht in die Geschichte
kommen. ein.
Ich möchte glauben, daß die Trümmer von Ber- (Erneute Heiterkeit.)
lin ein warnendes Mahnmal für uns sein sollten
und ein Sinnbild dafür, wie Staaten und ihre Bau- In großer Verlegenheit war freilich das Haus,
ten zusammenbrechen und zusammensinken, wenn als sich der Herr Außenminister und sein Staats-
die Regierungen der Feindschaft der Welt nicht ge- sekretär zu gleicher Zeit im Ausland befanden. Wir
wachsen sind oder ihre Zeichen verkennen. hatten hier keinen rechten Gesprächspartner mehr
und waren außenpolitisch eigentlich zwangsweise
Wir möchten alle wünschen, daß in dem neuen beurlaubt. Es blieb uns nur übrig, den Herrn Bun-
Bau gute Arbeit geleistet werde und daß dort deskanzler im Lande der Griechen mit der Seele
deutsche Politik und nicht bundesrepublikanische zu suchen. Gewiß war diese Lage für die einen
Politik getrieben werde. Ein guter Stern möge über beruhigend, für andere aber war sie es durchaus
der Koblenzer Straße stehen, bis wir wieder in die nicht. Ich möchte sagen, daß die parlamentarische
Wilhelmstraße übersiedeln können. Vertretung des Herrn Bundeskanzlers während sei-
Ich habe hier noch einen besonderen Wunsch — ner Reise nicht ausreichend geregelt war.
ich glaube, ich darf hier im Namen des ganzen Der Herr Bundeskanzler hat um sich herum
Hauses sprechen —: daß mit dem weiteren Be- einen kleinen Stab persönlicher Berater geschart.
ziehen des Hauses in der Koblenzer Straße mög- Das ist sein gutes Recht. Ich würde auch gar keine
lichst rasch die Gebäude geräumt werden, die bis- Bedenken tragen, wenn dies im Stellenplan seinen
her vom Auswärtigen Amt innegehabt worden sind. Ausdruck fände. Man spricht von einer Art
Das bezieht sich besonders auf das Haus Dahl- Spitzengruppe im Palais Schaumburg, manche gar
mannstraße 4, für das die Abgeordneten des Bun- vom „Bonner Politbüro". Nun, es ist aber schwie-
destags besondere Wünsche haben, sowohl von sei- rig, auf der einen Seite dem persönlichen Arbeits-
ten der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft stab des mit den Kanzlergeschäften überbürdeten
wie auch von seiten der Interparlamentarischen Außenministers oder des mit den auswärtigen Ge-
Union. schäften überbürdeten Bundeskanzlers anzugehören
In der Verwaltung unserer auswärtigen Angele- und dann gleichzeitig erstens ein Ministerium in
genheiten besteht — das ist von einem der Herren Bonn aufzubauen, zweitens den Erdball mit einem
Vorredner bereits ausgeführt worden — die be- Netz von Diplomaten und Konsuln zu überziehen,
merkenswerteste Tatsache darin, daß wir keinen drittens Europa zu integrieren, viertens den end-
hauptamtlichen Außenminister haben. Meine Da- losen Leidensweg der Konferenzen zu durchmessen,
men und Herren, ich möchte mich daran aber nicht fünftens fremde Länder zu besuchen und sechstens
aufhalten. Zuweilen — das wird offenbar — bricht für die Regierung unsere Aussprachen im Ausschuß
sich die Regel an der Ausnahme, bricht sich das und im Plenum zu bestreiten. Hier besteht die Ge-
Institutionelle am Personellen, bricht sich die Sache fahr, daß die Geschäfte Not leiden, und zwar an
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 819
(Dr. Pfleiderer)
dem Punkt, wo die Beamtenschaft im Inland und Wenn es nicht schon das Beamtenrecht verbietet,
die Vertreter im Ausland, die zurückkommen, mit dann sollte es der Takt verbieten.
den leitenden Persönlichkeiten in Verbindung tre- (Sehr richtig! bei der SPD.)
ten sollen und nicht so recht zum Zuge kommen
können. Wer für solche Dinge kein Gefühl hat, läßt wesent-
liche Eigenschaften für den Auswärtigen Dienst
Die eigentlichen Träger der ministeriellen Ar- vermissen.
beit sind ja nach wie vor die Vortragenden Räte. (Sehr richtig!)
Aber manchmal scheint es so, als ob vom Vortrag
der Vortragenden Räte nur mehr der Titel übrig- Ich möchte in diesem Zusammenhang die Zustim-
geblieben sei. Dann werden diese Vortragenden mung meiner Freunde zu der Einsetzung eines In-
Räte enttäuscht, und dann werden sie zu nachtra- spekteurs zum Ausdruck bringen, wie sie im Haus-
genden Räten oder gar zu zwischentragenden halt vorgesehen und in Umdruck 25*) noch beson-
Räten, ders beantragt ist. Ich glaube, auch im Unter-
(Heiterkeit) suchungsausschuß ist hiervon schon die Rede ge-
wesen.
und die Botschafter, die ins Ausland gehen, neh- Die alten und die neuen Beamten wachsen im
men einen schlechten Eindruck mit. Ich möchte Auswärtigen Amt zu einer inneren Geschlossenheit
hier mit allem Ernst eines besonders hervorheben, und Einheit zusammen. Das ist auch nötig, weil sie
und meine Freunde legen Wert darauf, daß ich es durch ihren Beruf über den ganzen Erdball ver-
tue. Die Beamten des Auswärtigen Dienstes und streut werden. Der Beruf beweist seine stark for-
die deutschen Vertreter im Ausland sind niemals mende Kraft, und die gemeinsame Ausbildung
nur Werkzeug oder gar Mitläufer ihres Ministers. wirkt in derselben Richtung. Daß natürlich die
Sie haben in der Arbeit ihren eigenen Rang, ihre Diplomaten stets mit Mißtrauen betrachtet werden
eigene Pflicht und ihr eigenes Gewicht. Sie haben und daß jeder an ihnen etwas auszusetzen hat, ist
eben die Sachlichkeit und die Stetigkeit der Arbeit eigentlich zu allen Zeiten und in allen Ländern
zu gewährleisten und sollen dabei möglichst auch der Fall gewesen, und diese Einstellung ist nur
noch Einfälle haben und hoffentlich gute Einfälle. die Schattenseite der, ich möchte sagen: geheimen
Niemand kann daran denken, die Sachkunde und Liebe, mit der man die Angehörigen dieser wirk-
die Erfahrung der Beamtenschaft brachliegen zu lich schönsten und bevorzugtesten Laufbahn be
lassen und sich in der großen Politik nur auf den trachtet. Auch die Freude am Diplomatenpaß ge-
Minister zu verlassen, der in der Regel aus dem hört ja ein bißchen hierher. Vielleicht, Herr Bun-
parlamentarischen Leben kommt. deskanzler, sollte man diese Freude begrüßen und
Hier taucht die Frage auf — ich möchte mit mei- sie denen, die sie haben, nicht verderben.
nen Freunden dem Entschließungsentwurf der SPD Das Werden der neuen Diplomatie soll uns nicht
auf Umdruck 24*) durchaus zustimmen —, ob nicht blind machen vor dem Unglück, das die alte be-
noch ein Staatssekretariat im Auswärtigen Amt ge troffen hat. Es gibt hier noch viel zu helfen, und
schaffen werden soll. Vielleicht könnte dann der es ist, glaube ich, eine Ehrenschuld des Auswärti-
neue Staatssekretär den jetzigen auch durch Ge- gen Amts und besonders auch des Herrn Bundes-
gensatz ergänzen, vielleicht weniger Jurist, viel- finanzministers, das zu tun. Diplomaten fallen zah-
leicht weniger auf Reisen, vielleicht weniger supra- lenmäßig nicht ins Gewicht. Sie können und wol-
national, aber hoffentlich glücklich verheiratet und len ihrer Natur nach keine Organisationen grün-
dann mindestens so liebenswürdig, wie es Professor den, die sich mit Lärm zur Geltung bringen. Zum
Hallstein ist. Beispiel gibt es -noch Beamte, die früher auf Posten
(Heiterkeit.) ins Ausland gesandt worden waren und nach
Nun, was die Beamtenschaft des Auswärtigen Kriegsende zurückkehrten. Hier muß man fragen:
Amts anlangt, so ist auch hierüber einiges- zu sagen. Sollte es nicht möglich sein, diesen Beamten zu
Im großen und ganzen ist der Dienst jetzt aufge- helfen, damit sie ihre restliche Habe nach Hause
baut, das Gröbste ist geschafft. Einige der neuen holen können? Sind denn die erlittenen Verluste
Beamten haben ganz ausgezeichnete, glänzende nicht schon groß genug, und soll man das, was
Sprachkenntnisse mitgebracht. Andere waren darin noch gerettet werden kann, auch noch verloren
weniger glücklich, aber sie sind inzwischen auch geben? Hier besteht eine Pflicht zum Helfen, und
bei den unregelmäßigen Zeitwörtern angelangt hier soll man nicht mit dürren und beschämenden
Erlassen kommen. Solche Erlasse würden von mei-
(Heiterkeit) nen Freunden in keiner Weise gedeckt. Früher hieß
und mit den Feinheiten von Syntax und Stilistik es, daß bei den Ernennungen die Urkunde in der
vertraut geworden. Dafür sind sie höchstlich zu Erwartung ausgestellt werde, daß der Betreffende
loben. Wo noch echte Schäden vorhanden sind, die seine Dienstpflichten und seine Dienstobliegenhei-
über die normale Abnutzung hinausgehen, sollte ten entsprechend seinem Eid erfülle. Dafür wurde
man Abhilfe schaffen. Ich glaube, man könnte jetzt ihm der besondere Schutz des Reiches zugesagt.
sogar schon die Schönheitsreparaturen in Angriff An dieses Versprechen sollte man sich auch heute
nehmen. noch gebunden fühlen.
Von den zahlreichen Beamten des Auswärtigen
Ich finde es schlecht, wenn über deutsche Ge- Dienstes, die nach dem Kriege in die Sowjetunion
sandte und Botschafter anzüglich und abfällig in verbracht wurden, konnten in letzter Zeit mehrere
den Zeitungen des Auslandes geschrieben wird, und nach Deutschland zurückkehren. Ich möchte per-
es ist sinnwidrig und unerträglich, wenn deutsche sönlich meiner Freude Ausdruck geben, daß mein
Auslandsbeamte öffentlich zu innerpolitischen Fra- eigener früherer Chef, der Gesandte Zechlin, zu-
gen Stellung nehmen. rückgekehrt ist, der über acht Jahre in sibirischen
(Abg. Dr. Becker [Hersfeld]: Sehr richtig!) Lagern verbrachte, nachdem er vorher von der Ge-

*) Siehe Anlage 3 Seite 844 A *) Siehe Anlage 4 Seite 844 B


R21) 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Pfleiderer)
stapo verhaftet worden war. Er hat sein Geschick Mit dem Stil der Bundesrepublik sind wir im
mit der Größe des Philosophen getragen und die ganzen einverstanden. Der Grundgedanke ist: wür-
Bitterkeit des Herzens mit der Kraft des Geistes dig, doch ohne übertriebenen Aufwand. Wir freuen
überwunden. Aber es fehlen noch manche, auf die uns, wenn fremde Staatsmänner zu uns kommen
wir warten und auf die wir um so leidenschaft- und Besuche erwidern, die von deutscher Seite
licher warten, als die Rückkehr dieser Diplomaten abgestattet worden sind. Daß Sir Winston Churchill
und Konsuln einen Abschnitt, ich möchte nicht unter diesen Besuchern noch fehlt, bedauern wir
sagen: deutsch-sowjetischer Beziehungen, sondern lebhaft. Wir möchten wünschen, daß ihm seine Ge-
deutsch-sowjetischer Leiden abschließen würde, der sundheit erlaube, Deutschland bald zu besuchen.
nicht schnell genug abgeschlossen werden kann. Hier steht neben dem Politischen das Persönliche,
Wir warten auf rund 100 Beamte und Angestellte das wir an ihm bewundern, und steht das Geschicht-
des alten Amts, und wir warten auch darauf, daß liche, das sein Haus seit den Tagen des Herzogs
die Tragödie von Spandau bald ihr Ende findet. von Marlborough mit Deutschland verbindet. Mein
Alles, was in dieser Richtung von unserer Regie- eigener Wahlkreis ist hier nicht uninteressiert. Es
rung und den vier Hohen Kommissaren getan wird, wird auch dort in Kürze die 250. Wiederkehr des
findet unsere lebhafte Unterstützung. berühmten Kriegsrats von Groß-Heppach gefeiert,
Meine Damen und Herren! Wir haben vom Aus- bei der wir gern den englischen Ministerpräsidenten
wärtigen Amt einen sehr interessanten Geschäfts anwesend wüßten.
verteilungsplan, einen Ordnungsplan bekommen, (Heiterkeit.)
der nach dem sogenannten „Internationalen Dezi- Unter Aktenzeichen 001 werden die fremden
malsystem für die Gliederungen einer Verwaltung" Missionen und Konsulate bearbeitet. Wir haben in
aufgestellt worden ist. Man sagt, das Auswärtige Bonn jetzt schon wieder über 50 fremde Missionen
Amt sei die erste Bundesbehörde, die nach diesem und damit ein vollzähliges diplomatisches Corps.
Schema arbeite, und diese Maßnahme sei auf den Wenn man die Posten beobachtet, die die hiesigen
neuen Leiter der Personal- und Verwaltungsabtei- Diplomaten vor und nach Bonn bekleiden, kann
lung zurückzuführen. Dieser Beamte stehe, so heißt man erkennen, daß der Sitz der Bundesregierung
es weiter, dem Herrn Bundeskanzler nahe und als politisch bedeutsam gewertet wird und daß es
stamme gleichfalls aus dem Kölner Kommunal- für fremde Diplomaten auszeichnend ist, hier tätig
dienst. Damit hat also der Kölner Kommunaldienst zu sein. Bonn ist ein beliebter Posten, und die Di-
sowohl den Minister als auch den Personalchef im plomaten spielen bei uns auch eine große Rolle.
Auswärtigen Amt gegeben, und wir können bei-
nahe glauben, wir seien ein Vorort von Köln ge- Das Protokoll hat aus Bundesmitteln über 50
worden. Einfamilienhäuser und über 100 Wohnungen erstel-
(Heiterkeit.) len lassen, die den fremden Diplomaten zur Ver-
fügung gestellt werden, ohne daß man auf Gegen-
Es heißt, der neue Herr verbinde ein frisch-fröh- seitigkeit geachtet oder mit ihr gerechnet hätte.
liches Selbstvertrauen mit einem wachen und
zweckmäßigen Verstand; er lasse sich von den Der früher geheiligte Unterschied zwischen Bot-
Überlieferungen der Diplomatie nicht einschüch- schaftern und Gesandten ist belanglos geworden.
tern, ohne aber unempfindlich für ihre Reize zu Hervorgehoben sind nur noch die Hohen Kommis-
sein. sare, die als eine Art Tetrarchen oder Vierfürsten
(Heiterkeit.) noch Gewalt über uns haben. Sie sind neben Span-
Von allen Abteilungen des Auswärtigen Amts dau eine der letzten politischen Klammern um
steht das Protokoll im Ordnungsplan an erster unser zerrissenes Land.
Stelle. Es hat ja auch für das Staatsoberhaupt und Die Diplomaten fingen nach dem Kriege meist
die Bundesregierung Pflichten zu erfüllen. Das in militärischem Gewande bei uns an. Sie sind in-
Protokoll trägt die Aktennummer 0, das Zeremo- zwischen durchaus zivil geworden, und die kühle
niell die Aktennummer 000. Aber aus - dieser Häu- Ferne der Besatzungszeit ist freundschaftlichen
fung von Nullen soll man, glaube ich, keine falschen Gebärden gewichen. Für die Geselligkeit fehlen in
Schlüsse ziehen. Bonn freilich manchmal die Verhältnisse einer
(Heiterkeit.) großen Stadt, und so ist manches im gesellschaft-
Wer das Protokoll zu handhaben versteht, kann lichen Verkehr einseitig geblieben. — Das Geld,
sich durch diese Nullen verzehnfachen und ver- das für das Protokoll ausgegeben wird, ist, glaube
tausendfachen. In Frankreich sagt man sogar, das ich, nützlich angewandtes Geld.
Protokoll der Könige habe die Republik gerettet. Nun möchte .ich in rascher Folge einige Punkte
Zum Zeremoniell ein paar Worte, die uns als herausgreifen, die mir in der Personal- und Ver-
Abgeordnete betreffen. Wir werden im Rang über waltungsabteilung bedeutsam zu sein scheinen. Ich
den Ministerialdirektoren und unter den Staats- wünschte, mit der gleichen Sorgfalt und mit dem
sekretären eingestuft. Es scheint so, als ob man gleichen guten Ergebnis, wie es beim höheren
hier die englische Übung übernommen habe, wo Dienst in Speyer der Fall ist, würden auch die
ja auch der permanente Staatssekretär den Vortritt Auswahl und die Ausbildung des gehobenen Dien-
vor dem parlamentarischen hat. An dieser Rege- stes vom Auswärtigen Amt in eigene Zuständigkeit
lung ist nichts auszusetzen. Freilich, wir Abgeord- genommen. Auf Grund langer Beobachtungen im
neten haben es nicht immer ganz leicht, den Regeln deutschen und in fremden Auswärtigen Diensten
des Zeremoniells zu entsprechen; denn unsere Ter- im Inland und im Ausland bin ich der Ansicht, daß
mine und unsere Garderobe verteilen sich auf den im Aufgabengebiet des gehobenen Dienstes die
Wahlkreis und auf Bonn und sind nicht immer gut Frau eine vorzügliche Rolle spielen kann. Insbe-
zusammenzubringen. Man sollte sich aber doch sondere sollte man den in langer Arbeit bewährten,
bemühen, den Erfordernissen des Zeremoniells zu mit den Erfordernissen unseres Dienstes verwach-
entsprechen und die Arbeit des Protokolls zu er senen Mitarbeiterinnen den gehobenen Dienst öff-
leichtern sowie die Freude der Gastgeber zu erhö- nen. Das würde natürlich bedeuten, daß es solchen
hen; man sollte Einladungen rechtzeitig annehmen Damen auch nach längerer Dienstzeit ermöglicht
oder absagen. werden müßte, die Kurse zu besuchen und die
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 821
(Dr. Pfleiderer)
Prüfungen abzulegen, die zur Übernahme in das ser Sommersitz in Schemiran war in den letzten
Beamtenverhältnis erforderlich sind. Hierbei han- Jahren das Gästehaus der Kaiserlich Iranischen
delt es sich nicht um eine wohltätige Maßnahme Regierung. Bei der Rückgabe an den deutschen Ge-
und auch nicht um die Gleichberechtigung von sandten wurde festgestellt, daß die gesamte Ein-
Mann und Frau, sondern um ein Erfordernis des richtung, Möbel, Teppiche, Bilder, Bestecke, Leuch-
Auswärtigen Dienstes selbst. Wir sind etwas besorgt, ter, alles in vorbildlicher Ordnung und Vollstän-
ob der Bundespersonalausschuß genügend Kennt- digkeit vorhanden war.
nis des Auswärtigen Dienstes besitzt, um diesen (Bravo! in der Mitte.)
Notwendigkeiten Rechnung zu tragen. Falls es nicht
der Fall sein sollte, müßten wir uns vorbehalten, Das ist wahrhaftig ein Zeichen für die Achtung
gesetzgeberische Maßnahmen vorzuschlagen. vor dem Völkerrecht und vor der Gastfreundschaft,
aber auch für die Achtung vor einer fremden Na-
In der Ausbildung des Nachwuchses für den tion in der Zeit ihres tiefsten Unglücks.
diplomatischen Dienst sind gute Ergebnisse erzielt (Beifall bei den Regierungsparteien.)
worden. Wer Speyer häufiger besucht, ist erfreut
über diese Schar fleißiger, wohlerzogener und ge- Der Kaiserlich Iranische Außenminister Exzellenz
scheiter junger Damen und Herren, die in die Entezam war früher lange Jahre in Stuttgart tätig,
Laufbahn hineinwachsen. Völlig offen ist jedoch und in meinem Wahlkreis bewahrt man eine
noch die Frage, wie und wo man den Nachwuchs ehrenvolle und freundschaftliche Erinnerung an seine
für fernöstliche Posten ausbilden soll. Es fehlt hier Besuche im gesegneten Remstal.
sehr das alte Orientalische Seminar der Universi-
tät in Berlin. Es gab früher einen hochbedeutsa- Schweden hat unser Gesandtschaftsgrundstück
men, starken Stamm von Beamten mit ganz aus- enteignet und an die Stadt Stockholm verkauft.
gezeichneten chinesischen und japanischen Sprach- Vom Erlös will uns die Königlich Schwedische Re-
kenntnissen. Dieser Stamm hat sich aufgezehrt. gierung drei Viertel zurückgeben; das restliche
Es wird Sache des Amtes sein, hier bald gründlich Viertel bleibt offenbar der Regierung der Deut-
Abhilfe zu schaffen. Man kann chinesisch und ja- schen Demokratischen Republik vorbehalten.
panisch nicht „nebenbei" lernen. Man wird von (Zuruf rechts: Sogenannten!)
den Herren ein volles Studium fordern und es Quelle délicatesse des sentiments, welch ein Zart-
ihnen vielleicht gar ermöglichen müssen. Hier baut gefühl im Norden, besonders in Anbetracht der
der kluge Mann vor. Tatsache, daß wir Deutschen auf der Londoner
In Abteilung I wird auch die Frage der diplo- Schuldenkonferenz unsere Anleiheschulden gegen-
matischen und konsularischen Grundstücke im Aus- über Schweden nicht zu drei Vierteln, sondern zu
land bearbeitet. Im ordentlichen Haushalt finden vollen vier Vierteln anerkannt haben. Aus dem
wir, wie auch der Herr Berichterstatter vorhin Erlös soll jetzt ein Gelände gekauft werden, wozu
hervorgehoben hat, in Tit. 710 für dieses Jahr einen der Erlös wohl ausreichen wird. Auf dem Gelände
Betrag von rund 8 Millionen DM für, wie es heißt, soll ein neues Gebäude erstellt werden. 1,2 Millio-
„Neubauten, größere Um- und Erweiterungsbauten nen DM sind in Tit. 710 Ziffer 6 vorgesehen. Ich
sowie Erwerb von unbebauten und bebauten möchte wünschen, daß die Zeit der amtlichen
Grundstücken für die räumliche Unterbringung der schwedischen Kühle uns gegenüber abgeschlossen
Vertretungen des Bundes im Ausland". Hier han- ist. Sie begann nach dem Krieg, als die geflüchte-
delt es sich, wenn ich das wiederholen darf, um ten und geretteten deutschen Wehrmachtsangehö-
einen Gesamtbetrag — der über eine Reihe von rigen von dort aus an die Sowjetunion ausgeliefert
Jahren verteilt wird — von insgesamt 28,4 Millio- wurden und wo neben der Gesandtschaft für
nen DM. In dieser hohen Zahl drückt sich beson- 400 Millionen DM deutsches Vermögen enteignet
ders stark die Tatsache aus, daß uns die Sieger- wurde. Wir möchten wünschen, daß mit dem
mächte zahlreiche Dienstgebäude im Ausland nach Grundstein zur neuen Gesandtschaft auch der
dem Kriege weggenommen haben. Die -Rechtswi- Grundstein zu neuen deutsch-schwedischen Bezie-
drigkeit dieser Maßnahmen braucht im einzelnen hungen gelegt wird. Denn es könnte sein, daß es
nicht mehr dargelegt zu werden. Es handelt sich zwischen Deutschland und Schweden in der Zu-
dabei um die am tiefsten gehende Verletzung des kunft auch politisch Bedeutsames zu bereden gibt.
Gesandtschaftsrechts, die in der diplomatischen Ge-
schichte jemals vorgekommen ist. Nur wir Deut- Am härtesten haben sich in der Frage unserer
schen sind als einzige Macht diskriminiert und ge- diplomatischen und konsularischen Dienstgebäude
kränkt worden. Alle anderen Staaten haben ihre bisher seltsamerweise die Partner der EVG und
Gebäude zurückerhalten. Ich darf an die Denk- des Deutschlandvertrages erwiesen.
schrift erinnern, die das Auswärtige Amt in der (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Mellies:
ersten Wahlperiode unter Drucksache Nr. 3969 dem Seltsamerweise?)
Hause vorgelegt hat. Wir können freilich jetzt mit
tiefer Befriedigung feststellen, daß in zahlreichen Immerhin läuft in den Vereinigten Staaten ein
Staaten das Rechtsgefühl so stark geblieben ist, Gesetzesantrag des verdienten und hochangesehe-
daß die deutschen Dienstgebäude zurückgegeben nen Senators Langer, 300 000 Dollar an die Bun-
worden sind. Besonders zu nennen sind die füh- desregierung als Erlös für die Versteigerung unse-
renden Staaten Lateinamerikas: Argentinien, Bra- rer diplomatischen Grundstücke zu zahlen. Ich
silien, Chile; jetzt auch Griechenland, die Türkei, möchte wünschen, daß die Mitglieder des Hauses,
neuerdings Island und die Schweiz, soweit dort die sich in den Vereinigten Staaten befinden, eine
nicht noch eine dritte Macht Untermieterin in un- gute Botschaft von unserer Botschaft zurückbrin-
seren Häusern geblieben ist. gen können.
Mit besonderer Genugtuung hat Deutschland er- Großbritannien hat, wie aus der Denkschrift des
fahren, daß die Kaiserlich Iranische Regierung bei Auswärtigen Amtes hervorgeht, unsere Lease
Eintreffen des deutschen Gesandten sowohl das Rechte an den Gebäuden Carlton House Terrace 7,
Stadtgrundstück in Teheran als auch die Sommer- 8 und 9 aufgehoben. Das wertvolle Inventar der
gesandtschaft in Schemiran zurückgegeben hat. Die- Botschaft einschließlich des Privateigentums der
R22 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Pfleiderer)
Botschaftsangehörigen bis zu den Stenotypistinnen gebäude darauf erstellt. Heute ist das wertvolle
wurde versteigert. Ein Gleiches geschah mit dem schöne Haus enteignet und ist die Residenz des
Inventar der deutschen Vertretungen in Glasgow, französischen Botschafters beim Heiligen Stuhl ge-
Liverpool, Colombo, Hongkong, Lagos, Nairobi und worden. Frankreich ist die fille aînée de l'église,
Singapore. Außerdem hat die britische Regierung ist die älteste Tochter der Kirche, und seine Könige
die deutsche Botschaft in Rom, die Villa Wolkon- hießen die allerchristlichsten. Nun haben wir fol-
ski, und das Generalkonsulat in Neapel, die Villa gende Lage. Der Vertreter dieses Landes bei Sei-
Crispi, enteignet und in Benutzung genommen. ner Heiligkeit dem Papst wohnt in einem Haus, das
Grund zu solchen Repressalien von deutscher Seite unter Verletzung des Völkerrechts in Besitz ge-
war nicht gegeben. Das Deutsche Reich hatte sich nommen worden ist. Das ist politisch für Deutsch-
weder in Berlin noch in einem der besetzten Län- land höchst demütigend, es ist juristisch eine Ver-
der an britischen Gebäuden vergriffen. letzung des Gesandtschaftsrechts und christlich
eine Übertretung des 7. Gebots. Hier müssen wir
Ich weiß, daß ich, wenn ich von solchen Dingen fragen, ob denn das die Werte des christlichen
rede, ein sehr heißes Eisen anfasse. Ich weiß auch, Abendlandes seien, die wir verteidigen. Hier kom-
daß es in England immer noch leicht ist, eine Welle men wir gegenüber dem Osten in die größte Ver-
des Mißtrauens, vielleicht gar des Hasses gegen legenheit. Meine Freunde und ich halten den Fall
die Deutschen zu erregen. Und wenn Journalisten für ernst; er berührt nicht nur Deutschland, son-
solche Dinge schreiben, wissen sie wohl, was ihre dern es werden die diplomatischen Beziehungen
Leser gerne lesen. Ich weiß aber auch etwas ande- des Heiligen Stuhls zu den Staaten der Welt ange-
res, daß nämlich ein Abgeordneter und ein Parla- tastet.
ment und eine Nation gerade in unserer Lage nur
soviel wert sind, wie sie Mut haben und Achtung Wenn wir gerade beim Vatikan sind, dann darf
vor sich selbst besitzen. ich zu der Frage des Botschafters dort, der hoffent-
(Sehr richtig!) lich seinen Posten in Kürze wird antreten können,
noch ein paar Worte sagen. Die Vorgeschichte der
Es handelt sich hier nicht darum, die Überreste Ernennung war sehr bewegend. Ich habe nicht die
des Krieges mit einem billigen und gefühlvollen geringste Absicht, diese Frage hier im Plenum
forgive and forget, vergeben und vergessen, zu nochmals aufzurollen. Ich möchte nur versuchen,
beseitigen und den Sieger um seinen Sieg und die Lehren daraus zu ziehen. Für falsch halte ich
die Beute seines Sieges zu betrügen; sondern es es, das Bekenntnis der Botschafter am Vatikan und
handelt sich darum, ob wir die diplomatischen am Quirinal in Beziehung zueinander zu setzen.
Gepflogenheiten und Einrichtungen als Mittel des Vatikan und Quirinal haben sich jeweils so sehr als
Friedens und der internationalen Verständigung Besonderheiten gefühlt, als durchaus getrennte
aufrechterhalten wollen oder nicht. Mächte, daß man sie diplomatisch überhaupt nicht
(Sehr richtig!) in einem Atemzug nennen sollte.
Es handelt sich darum, ob große Nationen, die für Für die innerpolitische Erörterung der Angele-
die Entwicklung der Welt unerläßlich gewesen sind, genheit möchte ich einen Begriff des Völkerrechts
aktiv oder passiv vor den Rohheiten eines Zeit- verwenden, der vielleicht mit Nutzen auf unsere
alters kapitulieren wollen, und zwar so bedingungs- inneren Angelnhitübragwednk.
los kapitulieren, daß sie es sogar ablehnen, die Ver- Es gibt im Völkerrecht neben den Rechtssätzen die
gangenheit zu korrigieren. sogenannte comitas gentium, die Courtoisie, die
Höflichkeit, die nicht eigentlich dem Recht, sondern
(Beifall bei der FDP und in der Mitte.) mehr den freundlichen Sitten zugeordnet ist. Die
Es geht uns nicht um die 4,4 Millionen DM, die Courtoisie sucht, fast wie die christliche Liebe,
wir im Tit. 710 des Haushalts stehen haben, um nicht das eigene Heil und Wohl, sondern das Heil
ein neues Haus in London zu kaufen. Es geht und Wohl des andern; und so sollten wir auch in
uns auch nicht um die Steine und den Mörtel von der inneren Erörterung der Frage des Bekenntnis-
Carlton House Terrace, sondern es geht uns um ses des Botschafters sehr behutsam sein und weni-
die letzten Grundsätze, auf denen die Beziehungen ger an uns als an den andern denken.
der Staaten beruhen; es geht um den Sieg über den Es heißt, alle Wege führten nach Rom. Nun, ich
Krieg. bin nicht genügend Fachmann, um das bezeugen
(Sehr gut! bei der FDP.) zu können. Aber es gibt mindestens zwei Wege
Es wäre dankbar zu begrüßen, wenn diese Frage nach Rom: den weltlichen, nämlich den diploma-
auch in England neu überlegt würde. tischen, und den sehr ausgebauten geistlichen
Weg über die Hierarchie der Kirche. Alles, was
Unsere Beziehungen zu England sind sehr eng Gegenstand kirchlichen Interesses ist, wird prak-
und sind für beide Teile lebensnotwendig. Auf dem tisch auf beiden Wegen behandelt. Ich möchte
Gebiete unseres Staates stehen die britischen glauben, daß ein Kanzler und Außenminister, der
Truppen. In Deutschland wird England mit vertei- auch auf dem Weg über die Hierarchie erfährt, ab-
digt, und wir sollen dabei mitwirken. Das sind, gläubiger Katholik ist, die Ansichten seiner Kirche
glaube ich, gute Gründe, die Beachtung verdienen. gesehen davon, daß neben dem diplomatischen Weg
Meine Damen und Herren! Besonders bemer- unseres Staates auch der diplomatische Weg der
kenswert ist die Lage am Vatikan. Ich glaube, Kurie mit dem Nuntius einherläuft. Diese Tatsache
wenn der neue Botschafter beim Heiligen Stuhl sollte bei der Beurteilung der Frage, ob man einen
sein Beglaubigungsschreiben übergeben hat, dann evangelischen oder einen katholischen Botschafter
wird er bald einmal einen Gang durch die Via haben sollte, eine Rolle spielen. Die früheren evan-
Venti Settembre antreten und dort die Villa Buo- gelischen Botschafter am Vatikan, Herr von Ber-
naparte sehen. Dort haben seine deutschen Amts- gen und Freiherr von Weizsäcker, haben das Ver-
vorgänger gewohnt und gearbeitet. Das Haus ge- trauen der Kurie besessen, und sie waren oft mehr
hörte früher dem preußischen Staat; es war an das Botschafter der Kurie gegenüber Deutschland als
Reich vermietet, und das Reich hat die Büro- umgekehrt. Die evangelischen Kreise haben die
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 823
(Dr. Pfleiderer)
Tätigkeit dieser Botschafter stets mit Stolz und muß die Art und Weise beanstanden, in der dieser
Befriedigung betrachtet, und sie würden es, glaube Haushaltsplan dem Hause vom Ministerium zuge-
ich, zutiefst bedauern, sich aus der Beziehung ihres leitet worden ist. Er ist so verspätet vorgelegt wor-
Staates zum Vatikan ausgeschaltet zu sehen, statt den, daß in den Ausschüssen kaum, in Wirklichkeit
eine verantwortliche Rolle zu spielen mit Takt und keine Zeit für eine sachgemäße Prüfung gegeben
Umsicht und auf der Höhe der geschichtlichen Auf- worden ist. Der Auswärtige Ausschuß hat über-
gabe. haupt keine Gelegenheit gehabt, sich mit dem
Haushaltsplan zu beschäftigen. Schlimmer aber ist,
Ich möchte keine Folgerungen aus meiner Auf- daß auch der Haushaltsausschuß dazu nicht hat
fassung ziehen, sondern das denen überlassen, die kommen können.
vor allem dazu berufen sind, eine Entscheidung zu
treffen; und ich möchte dies tun nicht aus juristi- Meine Damen und Herren! Der Haushaltsplan
schen und nicht aus politischen Gründen, sondern des Auswärtigen Amts wurde diesem Hohen Hause
eben aus Courtoisie. für die erste Lesung in einer nicht vollendeten
Form vorgelegt und in dieser Form dem Haushalts-
Nun, meine Damen und Herren, es wäre viel zu ausschuß überwiesen. An zwei Stellen, sowohl was
sagen zu den anderen Abteilungen, der Handels den Organisations- und Stellenplan der Zentrale in
politischen, der Rechtsabteilung und der Kultur Bonn wie was die Pläne für die Auslandsvertre-
politischen Abteilung. Bei der Handelspolitischen tungen anlangt, fand sich in dieser Vorlage der
Abteilung haben wir aber, glaube ich, die Aufgabe, Vermerk, daß Pauschbeträge eingesetzt worden
hier die Befriedigung zum Ausdruck zu bringen, seien. Es heißt dann weiter wörtlich:
daß diese große Abteilung nunmehr in das Aus
wärtige Amt eingegliedert ist. Denn ohne Handels Ein von dem Bundesfinanzministerium aner-
politik kann man überhaupt keine auswärtige kannter Organisations- und Stellenplan . . .
Politik treiben. Ich glaube, der Leiter der Abtei sowie Vorschläge für eine Neufassung dieses
lung, der vom ersten Tag nach der Kapitulation Ausgabenabschnitts werden baldigst nachge-
an oder von der ersten Bildung einer eigenen deut reicht.
schen Verwaltung und Staatlichkeit an die aus Fertiggestellt — in den interministeriellen Bespre-
wärtigen Handelsbeziehungen gepflegt hat, ver chungen fertiggestellt! -- sind diese Pläne, wie man
dient es, in diesem Hause ehrend genannt zu wer den später nachgereichten Drucksachen entnehmen
den. Es ist der Botschafter Freiherr von Maltzan. kann, am 18. Dezember vorigen Jahres. Vorgelegt
(Beifall bei den Regierungsparteien.) worden sind sie im Haushaltsausschuß zwei Monate
später, am 18. Februar, d. h. an dem einzigen Tage,
In Ziffer 9 des Ordnungsplans sind die Vertre- an dem der Haushaltsausschuß nach den zeitlichen
tungen aufgezählt, die die Bundesregierung in den Plänen dieses Hohen Hauses in eine sachliche Kri-
nächsten Jahren errichten wird. Der Herr Bericht- tik dieser Pläne hätte eintreten können. So, meine
erstatter hat die Zahl mit 136 angegeben, zu denen Damen und Herren, wird, wie ich glaube, eine ord-
noch 12 hinzukommen sollen. Wenn man eine nungsmäßige Kontrolle der Ausgaben eines Mini-
Weltkarte vor sich hinlegte und überall dort, wo steriums verhindert, und mir scheint dieser Ablauf
wir eigene Vertretungen haben, ein Fähnchen hin- in der Tat symptomatisch zu sein für eine Haltung
einsteckte, dann wäre das jetzt schon ein rechter gegenüber der Volksvertretung, die sich auch bei
Fahnenwald geworden. Ein riesiges Gebiet freilich anderen Anlässen auf seiten dieses Ministeriums,
wäre ausgespart, und zwar wie ein weißer Fleck, nämlich des Auswärtigen Amts, gezeigt hat.
eine rechte terra incognita der auswärtigen Politik, (Sehr richtig! bei der SPD.)
über die wir heute nur vom Hörensagen und durch
Dritte unterrichtet sind. Ich meine die ganze Welt Ich will hier nicht lange in die Materie eintreten;
von Warschau, Prag, Budapest, Sofia, Bukarest die Zeit läuft schnell, und wir haben heute schon
über Moskau bis nach Peking im Fernen Osten. sehr viel Zeit für natürlich notwendige Beratun-
Eine Betrachtung des Haushaltsplans führt - somit gen gebraucht. Aber ich darf Sie daran erinnern,
wie von selbst zu den schwierigsten politischen daß schon in der ersten Wahlperiode im Auswärti-
Fragen unserer Außenpolitik. Diese Fragen kön- gen Ausschuß immer wieder darauf hat hingewie-
nen wir hier und heute nicht behandeln, aber ich sen werden müssen, daß gerade dieses Ministerium
glaube, wir alle fühlen, daß sie unaufschiebbar bei den Beratungen des Ausschusses nicht immer
sind. Unser deutsches Dasein hängt damit zusam- vertreten gewesen ist, daß er sehr oft in Abwesen-
men, und ich möchte wünschen — und damit zum heit sowohl des Herrn Außenministers wie des
Schluß kommen —, daß wir bis zu unseren näch- Herrn Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, also
sten Haushaltsberatungen hier einen Schritt weiter in Abwesenheit von Sprechern der Bundesregie-
sind auf dem Wege zur Sicherheit, zur Einigkeit, rung, die sich für die Regierung verantwortlich
zum Frieden für Deutschland und durch Deutsch- äußern können, hat verhandeln müssen und
land für den Frieden der ganzen Welt. daß wir es leider auch haben erleben müssen,
daß solche im Grunde nicht verantwortliche
Ich empfehle dem Hause, den Haushaltsplan 05 Sprecher der Bundesregierung bei ernsten Angele-
anzunehmen. genheiten im Auswärtigen Ausschuß Aufklärungen
(Beifall rechts und in der Mitte.) gegeben und Feststellungen getroffen haben, von
denen ich nicht weiß, ob verantwortliche Sprecher
Alterspräsidentin Dr. Dr. h. c. Lüders: Das Wort der Regierung sie gegeben bzw. getroffen hätten,
hat Herr Abgeordneter Dr. Lütkens. die aber in deren Abwesenheit vom Ausschuß
haben hingenommen werden müssen und von
Dr. Lütkens (SPD): Frau Präsident! Meine Damen denen festzustellen ist, daß sie in der Sache nicht
und Herren! Die Ausgaben im ordentlichen Haus- zutreffend gewesen sind.
haltsplan des Auswärtigen Amts werden in die- (Hört! Hört! bei der SPD.)
sem Jahre auf 152 Millionen veranschlagt. Es soll
eine Erhöhung um 37 Millionen eintreten, von der Ich beziehe mich hier insbesondere auf den Fall
nur ein Teil auf die Errichtung neuer Auslands- eines Herrn, der lange Zeit Leiter der Rechtsab-
vertretungen zurückzuführen ist. Meine Fraktion teilung des Auswärtigen Amts bzw. Delegations-
824 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Lütkens)
führer gewesen ist, der aber jetzt, wie ich höre, aus daß sie innerhalb ihrer Behörden — sinngemäß —
dem Dienst ausgeschieden ist, so daß man auf die keine neuen Beamten mehr beschäftigen könnten,
Sache nicht mehr lange einzugehen hat. Ich stelle ihnen einfach planmäßig, verplant, wie mir scheint,
fest, daß ich manchmal jedenfalls für meine Person neue Kräfte zugeleitet werden, nur um das Soll zu
den Eindruck bekommen habe, daß diese Aus- erfüllen. Das, glaube ich, sind Zustände, die auch
künfte geradezu mit irreführender Absicht abgege- unter dem Gesichtspunkt der Sparsamkeit — ich
ben worden sind. will hier gar nicht von den Gesichtspunkten sach-
Ich wäre vielleicht auf diese Verhältnisse im licher Arbeit sprechen — nicht zugelassen werden
Auswärtigen Ausschuß gar nicht eingegangen, dürfen. Ich gebe der Erwartung Ausdruck, daß
wenn sich in den letzten Wochen nicht auch ge- solche Berichte des Rechnungshofes aus der Ver-
zeigt hätte, daß dieses reichlich „kavaliersmäßige" gangenheit und auch in der Zukunft dem Haus-
Verhalten des Auswärtigen Amts . und seiner ver- haltsausschuß zugeleitet werden.
antwortlichen Leiter die Arbeiten des Plenums und Dasselbe gilt für eine Denkschrift, die meines
die darin zum Ausdruck kommenden Rechte der Wissens im Auswärtigen Amt hergestellt worden
Volksvertreter und des Hohen Hauses als Ganzen ist, nämlich eine Denkschrift, die von seiten des
zu gefährden droht. Ich beziehe mich darauf, daß Haushaltsausschusses angefordert worden war und
wir gemäß unserem Recht in der Fragestunde Fra- die sich damit beschäftigen sollte, welche Bezüge
gen an das Auswärtige Amt bzw. seine Verantwort- andere Staaten ihren im Ausland beschäftigten
lichen gestellt haben und keine Antwort bekom- Beamten' geben, um auf diese Weise einen Ver-
men konnten, weil niemand anwesend war. Die gleich der im deutschen Auswärtigen Dienst im
Herren waren auf Reisen, der Herr Bundesminister Ausland gezahlten Bezüge mit den Bezügen zu
in wichtigen politischen Geschäften, der Herr ermöglichen, die von anderen Staaten für ange-
Staatssekretär im Gefolge, wie ich annehme. Jeden- messen gehalten werden. Wir geben der Erwar-
falls war es unmöglich, in diesem Hohen Hause das tung Ausdruck, daß diese Denkschrift dem Haus-
zu tun, was Aufgabe dieses Hohen Hauses ist. Ich haltsausschuß zugeleitet wird, bevor über die noch
bin der Meinung, daß es mit diesem Ministerium in gesperrten Stellen beraten wird, die erst nach
dieser Weise nicht fortgehen kann. Prüfung durch den Herrn Sparkommissar im
(Sehr wahr! bei der SPD.) Haushaltsausschuß wieder zur Erörterung gestellt
Ich bedaure, daß der Herr Bundesfinanzminister werden sollen, damit eine bessere Basis für eine
— ich glaube, er ist nicht anwesend —, der sich doch sachliche Beurteilung der Notwendigkeiten gege-
sonst mit gutem Recht auf seine Härte viel zugute ben ist.
tut, in den interministeriellen Besprechungen mit Ich mache darauf aufmerksam, daß eine allzu
dem Auswärtigen Amt es an dieser Härte, wie mir hohe Bezahlung der Auslandbeamten — ich glaube,
scheint, hat fehlen lassen. Ich habe den Eindruck, aus der Denkschrift, von der die Rede ist, wird
daß die bürokratische Leitung des Auswärtigen auch ersichtlich sein, daß die Bundesrepublik in
Amts allmählich einen sehr großen Magen bekom- sehr vielen Fällen in dieser Hinsicht recht groß-
men hat, der viel verdauen will. Ihre Ansprüche zügig und großzügiger als andere Staaten vor-
beginnen offenbar allmählich ins Maßlose zu wach- geht —, daß ein unnötig großer Niveauunterschied
sen. Wenn ich richtig unterrichtet bin, hat der Herr zwischen den im Inland und den im Ausland ge-
Bundesfinanzminister 12 neue Auslandsvertretun- zahlten Gehältern und Zuschlägen dahin führen
gen zugebilligt. Gefordert hatte das Auswärtige muß, daß bei den im Auswärtigen Dienst und ins-
Amt nach meinen Informationen nicht weniger als besondere in der Zentrale beschäftigten Beamten
35. 30 neue Stellen bei schon bestehenden Aus- ein ungebührlicher Drang ins Ausland Platz greift.
landsvertretungen hat der Herr Bundesfinanzmini- Ich darf in diesem Zusammenhang auf den An-
ster zu meinem Bedauern in diesen interministeri- trag verweisen, den meine Fraktion auf Umdruck
ellen Besprechungen zugebilligt. Soviel mir be- 25 vorgelegt hat. Herr Präsident, ich darf Sie
kannt ist, hatte die bürokratische Leitung des Aus- bitten, ein Versehen, das auf diesem Umdruck 25
wärtigen Amts nicht weniger als 183 neue Stellen passiert ist, zu berichtigen. Wir legen hier nicht
für höhere Beamte und Angestellte für schon be- eine Entschließung zur Beratung des Haushalts-
stehende und meistens seit langer Zeit arbeitende plans, sondern einen Antrag vor. Der Antrag geht
Auslandsvertretungen neuerdings angefordert. dahin, den bisher schon im Haushaltsplan vorge-
Ich für meine Person habe guten Grund, anzu- sehenen Inspekteur nunmehr zu ernennen, ihm
nehmen, daß sich der Auswärtige Dienst schon bis- zwei befähigte und geeignete Beamte zur Verfü-
her einer Überfülle an höheren Beamten und An- gung zu stellen, damit die Auslandsstellen in einer
gestellten erfreut, und zwar dürfte das mehr für systematischen Weise durchgekämmt und auf ihre
die Auslandsvertretungen als für die Zentrale in zweckmäßige Organisation, die sachgemäße Ver-
Bonn gelten. Ich darf mich zur Stützung dieser mei- wendung von Mitteln und natürlich auch die Not-
ner Ansicht auf folgenden Tatbestand beziehen. Auf wendigkeit der vorliegenden Arbeiten hin geprüft
Anregung meiner Fraktion ist der Rechnungshof werden können. Für eine solche Aufgabe ist das
gebeten worden, bei Gelegenheit Auslandsvertre- Auswärtige Amt in seiner Zentrale nicht befähigt.
tungen zu prüfen und zu untersuchen. Es ist in der Diese Aufgabe kann es nicht übernehmen. Die
Tat in einigen Fällen geschehen. Wie ich gehört Versuche, die, wie ich glaube, seit einiger Zeit
habe, ist es den Beamten des Rechnungshofes bei gemacht werden, willkürlich eine große Anzahl —
ihren Besuchen in Auslandsvertretungen in allen wie mir scheint — von Beamten auf Reisen zu
Fällen aufgefallen, daß es dort zu viele Beamte schicken, um durch Stippvisiten die Verhältnisse
oder Angestellte in höheren Stellen gibt, und sie an diesen oder jenen Orten zu prüfen, können zu
haben dieser ihrer Meinung auch in schriftlich an keinen vernünftigen Ergebnissen führen.
das Auswärtige Amt eingereichten Gutachten Aus- Es ist nicht möglich, bei Gelegenheit dieser Aus-
druck gegeben. Sie äußern sich — ich glaube, das sprache im Plenum des Hohen Hauses das nach-
kommt in den Berichten ebenfalls vor — auch da- zuholen, was durch Versäumnis, Zaghaftigkeit
hin, daß, selbst wenn die Leiter dieser Auslands- oder vielleicht aus Absicht des Auswärtigen Amts
vertretungen ihrer Zentrale zur Kenntnis bringen, im Haushaltsausschuß nicht hat geschehen können.
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 825
(Dr. Lütkens)
Diese Arbeit wird in Zukunft in den Ausschüssen beitete nicht in einer zweckmäßigen Weise für die
und insbesondere natürlich im Haushaltsausschuß politischen Entscheidungen fruchtbar gemacht wer-
— aber, wie ich glaube, zweckmäßigerweise auch den kann. Ich bin auch der Meinung, daß die vor
in einer Art Vorbesprechung im Auswärtigen Aus- allen Dingen von Chefs von Auslandsbehörden so
schuß — getan werden müssen. Meine Fraktion oft beklagten Zustände damit zusammenhängen,
glaubt, daß man im Bereich des Auswärtigen Amts daß sie ohne Weisungen dastehen, und daß die von
und des Auswärtigen Dienstes eine Übersetzung ihnen übersandten Berichte in Bonn nicht ausge-
mit Personal, insbesondere eine Kopflastigkeit in wertet werden. Ich kann mich zu den Einzelheiten
der Besetzung mit Personal — nämlich eine zu dieser Behauptungen nicht äußern, aber ich habe
große Anzahl von höheren Beamten und Ange- den Eindruck gewonnen, daß sie nicht einfach aus
stellten im Verhältnis zu einer zu geringen Zahl der Luft gegriffen sein können. Ich bin der Mei-
von Beamten des gehobenen und mittleren Dien- nung, daß die Abteilung II möglichst bald derart
stes sowie sonstiger Hilfskräfte — feststellen kann, aufgeteilt werden müßte, daß der größere Teil die-
— Zustände, die dahin führen, daß, wie man sich ser Abteilung mit der Abteilung III in eine Poli-
auch gelegentlich durch Augenschein im Ausland tische Abteilung zusammengefaßt und der Rest
überzeugen kann, höhere Beamte oder Angestellte dem Büro des Staatssekretärs des Auswärtigen
damit beschäftigt sind, Zeitungsausschnitte auf Amts angegliedert wird.
Papier zu kleben und derartige Arbeiten zu ver- Hier darf ich am Rande folgendes bemerken.
richten, für die höchstfalls Hilfskräfte eingesetzt Mich berührt es eigenartig, und es wird, glaube ich,
werden sollten. Dies geschieht einfach deshalb, viele eigenartig berühren, daß das Saarreferat nach
damit diese unglücklichen Menschen mit hoher Be- dem neuen Ordnungsplan mit den vielen Nullen
zahlung eine Beschäftigung finden. in die Unterabteilung für zwischen- und überstaat-
Wir glauben auch nicht, daß bisher im Auswärti- liche Organisationen und nicht, wie man doch wohl
gen Amt — und nicht nur aus Gründen, die beim erwarten sollte, in die Unterabteilung „Allgemeine
Auswärtigen Amt liegen — eine sachlich unbedingt Außenpolitik", und zwar inbesondere in das dort
befriedigende Personalauswahl hat stattfinden vorhandene Deutschlandreferat, eingegliedert ist.
können. Wir glauben auch nicht, daß eine unbe-
Diese Aufteilung der politischen Aufgaben auf
dingt zweckmäßige Organisation der Arbeit im
zwei verschiedene Abteilungen ist, wie ich glaube,
Auswärtigen Amt vorliegt. Wir bedauern aus die-
in ihren Konsequenzen durch die räumliche Tren-
sem Grunde und aus den Gründen, die ich ange-
deutet habe, ganz besonders, daß der hierfür in nung verschlimmert, die jetzt besteht und die, wie
erster Linie verantwortliche Staatssekretär des es scheint, auch nach Errichtung dieses neuen gro-
ßen Gebäudes nicht beseitigt werden soll. Im Aus-
Auswärtigen Amts sich dieser seiner Hauptaufgabe
so wenig widmet oder so wenig widmen kann. wärtigen Amt zeigen sich gewisse Neigungen zur
Entwicklung eines neuen Organisationsprinzips.
Ich möchte einige wenige Worte über das nun Auch das hängt mit der Aufteilung der politischen
seiner Vollendung entgegengehende Gebäude für Angelegenheiten auf zwei verschiedene Abteilun-
das Auswärtige Amt sagen, das mit großen Kosten gen zusammen. Es ist, wie ich vielleicht sagen darf,
in Bonn errichtet worden ist. Ich ersehe mit Über- das Organisationsprinzip des Gefolges, des Heeres-
raschung aus dem Haushaltsplan, daß die Absicht gefolges, möchte man beinahe sagen. Es besteht die
besteht — wenn auch nicht ganz in dem Umfang, Neigung gewisser leitender Beamter, ihren Platz
der im Haushaltsplan angedeutet wird —, neben im Palais Schaumburg zu behalten und darauf zu
diesem sehr großen Gebäude noch weitere ge- verzichten, sich in dieses für das Auswärtige Amt
pachtete oder angemietete Gebäude für die Zwecke besonders errichtete Gebäude zu begeben. Nach
des Auswärtigen Amts zu benutzen. meiner Ansicht wäre der erste, der in dieses große
(Hört! Hört! bei der SPD.) Gebäude übersiedeln müßte, der Herr Staatssekre-
tär des Auswärtigen Amts, damit er vom Beginn
Diese Absichten betreffen, soviel ich unterrichtet an darauf sehen könnte, daß nun die in dem neuen
bin, insbesondere eine Reihe von Gebäuden, die Gebäude glücklich vereinigten Beamten zu einer
in der Koblenzer Straße stehen. Ich für meine zweckmäßigen, von gutem Geist und von der guten
Person behaupte, Herr Bundeskanzler, daß in dem Sache erfüllten Arbeit zusammengeführt werden.
recht teuren neu errichteten Gebäude reichlich (Beifall bei der SPD.)
Platz ist, um die ganze Behörde des Auswärtigen
Amts unterzubringen, ja, daß sogar mehr Platz Es ist eine schlimme Sache, Herr Staatssekretär --
ist, als für diese Zwecke notwendig wäre, sofern wenn ich Sie auch im Plenum dieses Hohen Hauses
nur endlich einmal der bürokratische Apparat des ansprechen darf —, daß Ihnen, soweit ich richtig
Auswärtigen Amts zweckmäßiger organisiert unterrichtet bin, noch nicht einmal die höheren Be-
würde, als das zur Zeit der Fall ist. amten des Auswärtigen Amts persönlich bekannt
(Sehr richtig! bei der SPD.) geworden sind.
Hinsichtlich der Frage der inneren Organisation Ich werde einige Worte über das Ausbildungs-
des Auswärtigen Amts will ich mich auf wenige wesen für das Auswärtige Amt zu sagen haben.
Bemerkungen beschränken. Ich möchte besonders Ich sehe mit einer gewissen Freude, daß in dem
die Aufteilung in der Bearbeitung der politischen Haushaltsplan für die beiden nächsten Jahre Kurse
Angelegenheiten zwischen zwei Abteilungen kriti- vorgesehen sind, in denen, wie ich glaube, 40 neue
sieren. Ein Teil der politischen Aufgaben wird in Anwärter im ersten und etwa 60 im zweiten Jahr
der Abteilung III, der Länderabteilung, ein ande- ausgebildet werden sollen. Jedoch, Herr Bundes-
rer Teil in der Abteilung II behandelt. Ich glaube, kanzler, soweit ich richtig unterrichtet bin, bedarf
daß das sachlich unzweckmäßig und im übrigen es jetzt schon einer Frist von zehn Jahren, bevor
unnötig kostspielig und unnötig umständlich ist. Es diese dort in Speyer oder vielleicht später, ich
führt dazu, daß die Länderabteilung ohne Fühlung fürchte, in Bonn auszubildenden Anwärter hoffen
mit den politischen Entscheidungen arbeiten muß. können, etatmäßig in eine Beamtenstelle einge-
Es führt dazu, daß das von der Länderabteilung wiesen zu werden.
auf Grund des ihr zufließenden Materials Erar- (Hört! Hört! bei der SPD.)
826 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Lütkens)
Wir sind der Meinung, daß es von größter Wichtig- Menschen aufzulockern, sie als freie Menschen zu
keit ist, für den auswärtigen Dienst und das Aus- entwickeln, die sich im Ausland richtig bewegen
wärtige Amt einen guten Nachwuchs heranzubil- und die Bundesrepublik in würdiger Weise vertre-
den. Wir würden bereit sein, erhebliche zusätzliche ten können.
Mittel zu bewilligen und große Anstrengungen zu (Beifall bei der SPD.)
ermöglichen, damit das geschieht. Aber wie denkt Ich weiß, daß es schwierig ist, geeignete Bewer-
man sich die Laufbahn solcher jungen Menschen, ber für diese Laufbahn zu gewinnen, und ich weiß,
wenn von Anfang an für sie feststeht, daß sie Jahre daß es außerhalb der Einflußmöglichkeiten jeder
und Jahre werden warten müssen, bis sie in ein Behörde, also auch des Auswärtigen Amts, liegt,
festes Beamtenverhältnis im Rahmen des Auswär- diese Schwierigkeiten völlig zu überwinden. Aber
tigen Dienstes und des Auswärtigen Amts kommen die Blockierung der etatmäßigen Anstellung auf
können? Das ist eine Konsequenz dieser verschwen- lange Zeit hinaus durch eine ungeeignete Personal-
derischen Übersetzung, die man mit der Einberu- politik, dazu ein weiteres, auf einer anderen Ebene
fung von Beamten und Angestellten von oft sehr liegendes Moment, auf das ich noch zu sprechen
fraglicher Eignung in den Dienst insbesondere auch kommen muß, erklären zum Teil, warum sich gute
der auswärtigen Vertretungen seit zwei Jahren ge- Bewerber oft nicht entschließen können, in den
trieben hat. Jetzt ist der Weg für den Nachwuchs Auswärtigen Dienst einzutreten.
blockiert. Ich würde daher doch sehr dazu raten,
nach Mitteln zu suchen, um diese Schwierigkeit aus Die leitenden Beamten und in erster Linie der
dem Wege zu räumen. Staatssekretär des Auswärtigen Amts müssen, an-
Ich habe kürzlich von einem maßgeblichen Be- statt in der Welt herumzureisen, auf diese ver-
amten der Personalabteilung des Auswärtigen Amts waltungsmäßige Aufgabe viel größeres Gewicht
vernommen, er mache sich Sorgen darüber, daß die legen, als sie das bisher getan haben, damit all-
durchschnittliche Qualität der sich meldenden Be- mählich eine Beamtenschaft mit guter Eignung,
werber zu wünschen übriglasse, und Sorgen dar- aber auch in einem guten Geist entsteht.
über, wie man eigentlich zur Bildung eines wirk- (Beifall bei der SPD.)
lich qualifizierten neuen Auswärtigen Dienstes ge- Man muß sie ermuntern — das gehört auch dazu,
langen könne. Wenn man größere Auslandsvertre- meine Damen und Herren! —,
tungen besucht, hat man in der Tat manchmal den
Eindruck, daß vieles zu wünschen übrigbleibt hin- (Sehr gut! bei der SPD)
sichtlich der Art und Weise, wie diese Dienststellen freimütig ihre sachlich begründeten Meinungen zu
— ich kann nur sprechen von Form und Takt und äußern. Im Auswärtigen Amt herrscht ein Geist
auch von dem, was man Repräsentation nennt — der Furchtsamkeit.
und wie insbesondere manche der bei ihnen be-
schäftigten „mittelalterlichen" Kräfte die Bundes- (Lachen in der Mitte.)
republik im Ausland vertreten. Das ist keine gute Sache. Die Beamten wagen sich
Wer Gelegenheit gehabt hat, die Kurse in Speyer ja gar nicht mehr zu äußern, und das hat schlechte
zu besuchen — ich sage das ohne alle Kritik, ohne Konsequenzen.
den Wunsch nach irgendeiner Kritik an irgend- (Lachen in der Mitte.)
einem dort zu findenden Anwärter —, wird sich in Herr Bundeskanzler, ich weiß nicht, ob es richtig
der Tat meiner Ansicht nach nicht immer eines ist, daß die Note des Herrn Bidault in Bonn vorlag,
etwas besorgten Gefühls haben erwehren können, als Sie nach Paris abreisten,
wie aus wenigstens einem Teil dieses Materials
ein wirklich arbeitsfähiger, leistungsfähiger und (Hört! Hört! bei der SPD)
guter Auswärtiger Dienst herauswachsen soll. Es und daß man nicht wagte, sie Ihnen zu geben, so
gibt dort sehr viele gute, auch sehr viele hoff- daß Sie bei Ihrer Ankunft in Paris mit dieser
nungsvolle Anwärter. Aber in manchen -Fällen hat Note überrascht wurden.
man doch, soweit man sich solche Eindrücke in kur-
zer Zeit bilden kann, einige Beklemmungen. (Abg. Kunze [Bethel]: Nach Ihrer Methode
heute morgen! — Weitere Zurufe von der
Ich halte es im übrigen nicht für eine gute Idee, Mitte.)
so großes Gewicht darauf zu legen — wie das we-
nigstens eine Zeitlang geschehen ist —, gerade Ich habe von dem guten Geist gesprochen, der
Philologen als Anwärter für den Auswärtigen in der Beamtenschaft, wenn er dort noch nicht vor-
Dienst zu suchen. Ich sehe darin die richtige Ein- handen ist, entstehen müsse. Ich habe Ihnen für die
sicht, daß spezialisierte Juristen, wie die Erfahrung Fragestunde schon vor vielen Wochen eine Frage
immer wieder gezeigt hat, nicht sehr gute Diplo- über den Zollschmuggel angemeldet, der in einem
maten sind. Aber ich darf doch, da von Bismarck Fall mit dem Kuriergepäck getrieben worden ist.
die Rede gewesen ist, an eine Anekdote erinnern, Der Zollschmuggel, wenn er allgemein üblich sein
an den Besuch einer Dame bei Bismarck, die ihm sollte, deutet auf einen wenig guten Geist in der
ihren Sohn als Anwärter für den Auswärtigen Beamtenschaft im Ausland
Dienst empfehlen wollte mit der Anpreisung, er (Zuruf von der Mitte: Haben Sie noch bes
spreche mehrere Sprachen perfekt. Daraufhin sagte sere Kamellen?)
ihr der alte Herr, das täten Friseure auch. Darauf
kommt es in der Tat nicht an, so sehr das, zu einer und vielleicht auch im Inland hin. Ich schneide die
gewissen Zeit jedenfalls, im Auswärtigen Amt von Frage jetzt an, weil es vielleicht auf diese Weise
denen, die für die Auswahl der Bewerber maß- möglich sein wird, dem Ministerium in der Frage-
gebend waren, in den Vordergrund geschoben wor- stunde zu ersparen, noch Zusatzfragen beantwor-
den ist. Statt die Anwärter Sprachen ochsen zu las- ten zu müssen; denn das ist ja in der Fragestunde
sen und alle möglichen, im Grunde unwichtigen immer die größere Schwierigkeit. Ich stelle fest,
Kenntnisse mit einer Art Nürnberger Trichter in und ich glaube, man kann mir nicht widersprechen,
diese Menschen hineinzupfropfen, sollte die Aus- daß zwei Drittel des Inhalts der Kuriersendung,
bildung vielmehr dahin zielen, die Anwärter als die von der Zollfahndungsstelle Köln beschlag-
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 827
(Dr. Lütkens)
nahmt wurde, nicht aus amtlichen Sendungen be- Fühlung mit dem Gastgeber dieses Beobachters
standen haben. Ich möchte das Hohe Haus daran zu nehmen.
erinnern, daß die Erfahrungen gezeigt haben, wann (Hört! Hört! bei der SPD.)
es vorkommt, daß Kuriergepäck durch einen Zufall Die Organisation der Vereinten Nationen wurde
leck wird. Es kommt immer dann vor, wenn Zoll- vor eine, wenn auch noch nicht ganz vollendete
verwaltungen aus langer Beobachtung den Ein- zweite Tatsache gestellt und in die peinliche Lage
druck gewonnen haben, daß in großem Umfang und versetzt, daß der Generalsekretär in einem Fall, der
über lange Zeit Mißbrauch getrieben wird, und ihm überhaupt noch nicht bekanntgeworden war,
ich weiß nicht, ob dies das einzige Kurierstück war, hypothetische Antworten geben mußte. Und ab-
das innerhalb der letzten Monate zu Bruch gekom- schließend stellt das Auswärtige Amt in Bonn fest,
men ist und nicht nur solchen Inhalt enthüllte, der daß eine einseitige Mitteilung an die Vereinten
auf den Begleitdokumenten angegeben war. Ich Nationen rechtlich genüge, um die Sache ordnungs-
möchte das Auswärtige Amt und den Herrn Bun- gemäß über die Bühne gehen zu lassen. Ist das die
deskanzler als Außenminister ersuchen, diese Sache Diplomatie des Stockes oder die Diplomatie des
dem Auswärtigen Ausschuß vorzutragen. Taktes,
Das gleiche, meine Damen und Herren und Herr (Beifall bei der SPD)
Bundeskanzler, erwarten wir hinsichtlich eines
anderen Komplexes, der seit dem frühen Sommer auf die sich das Auswärtige Amt unter Ihrer Füh-
vorigen Jahres als eine Wolke einigermaßen pein- rung, Herr Staatssekretär, ausrichten soll?
licher Gerüchte über Bonn hängt. Es handelt sich Es sind etwa vier Jahre her, seitdem dieses Hohe
um Dinge, die, wie mir scheinen will, unter Um- Haus einen Antrag angenommen hat, wonach ein
ständen zu Fragen der Staatssicherheit Beziehung Auswärtiges Amt — damals ist es anders genannt
haben. Ich habe keinen Zweifel, daß das, worauf worden — eingerichtet und dafür ein Staatssekre-
ich hier anspiele, auch Ihnen bekannt ist. Meine tär zur Wahrnehmung der einem solchen obliegen-
Fraktion wünscht nicht, über diese Frage in eine den Aufgaben eingesetzt werden sollte. Dieser
öffentliche Diskussion zu treten, aber wir geben Antrag ist damals von meiner Fraktion bei einer
der Erwartung Ausdruck, daß die Bundesregierung Etatberatung gestellt und am Tage darauf nach
es endlich als notwendig erachten möge, die Lage einer Beratung im Auswärtigen Ausschuß fast ein-
dem Auswärtigen Ausschuß darzulegen und zu er- stimmig angenommen worden. Wenn wir uns heute
klären, wie es mit dieser Sache steht, welche Maß- den Aufbau des Auswärtigen Amts betrachten,
nahmen sie für notwendig hält bzw. welche Maß- scheint es uns, daß noch sehr viel zu tun ist, um es
nahmen sie getroffen hat. in eine gute Form zu bringen und zu guter Lei-
(Sehr gut! bei der SPD.) stungsfähigkeit zu entwickeln. Es ist sehr viel
Ich habe mir aus vielen Gründen vorgenommen, mehr zu tun, als eigentlich nötig sein sollte, nach-
über einzelne Fälle der Personalpolitik heute und dem fast vier Jahre darüber hingegangen sind, in
bei dieser Gelegenheit nicht zu sprechen; aber denen man sich bemüht hat, aber, wie mir scheint,
abschließend darf ich auf einen Fall kurz ein- nicht immer sehr erfolgreich, und zwar hauptsäch-
gehen. Es handelt sich um die Bestellung eines lich deshalb, weil es im Auswärtigen Amt keine
neuen Beobachters bei den Vereinten Nationen. Person gibt, die sich dieser wichtigen Aufgabe
Beschäftigen will ich mich ausschließlich und, wie wirklich widmen würde. Die Organisation des Aus-
ich sagte, kurz mit der Form und der Art des Vor- wärtigen Amts ist nicht befriedigend, und sie ist
gehens. Das Auswärtige Amt hat monatelang mit nicht geeignet, für eine Außenpolitik als Instru-
der Regierung der Vereinigten Staaten über tech- ment zu dienen. Ich fürchte, sie ist ein recht
nische Fragen hinsichtlich der Abwicklung der ge- stumpfes Instrument, und die Arbeitsüberlastung,
planten Entsendung verhandelt. Ich glaube, man Herr Bundeskanzler, unter der Sie in Ihrem dop-
hat über Einreisevisen, j a sogar über -den Status pelten Amt leiden — da Sie j a beide Ämter bei-
des zu Entsendenden in der Erwartung verhandelt, behalten wollen —, ist sicher zum Teil darauf zu-
die Regierung der Vereinigten Staaten werde ein rückzuführen, daß dieses Instrument und die Hilfe,
Sondergesetz erlassen, um dem Beobachter bei den die Ihnen zur Verfügung steht, eben nicht genü-
Vereinten Nationen einen diplomatischen Status gend und gut ist. Ich fürchte, der Geist, der dieses
zuzubilligen, der ihm wie allen anderen Beobach- Amt durchwaltet, ist nicht das, was man sich wün-
te rn bei den Vereinten Nationen, die von Ländern schen könnte. Er bedürfte einer sorgsamen Pflege.
entsandt sind, die nicht Mitglied der Vereinten Das Gericht, das dort zubereitet ist — ich bitte
Nationen sind, nicht zukommt. Während dieser um Entschuldigung, wenn ich mich nicht so in
monatelangen Verhandlungen und aus der Natur Lyrismen ausdrücken kann —,
und Art solcher Verhandlungen ist die Frage des (Zurufe von der Mitte: Oh, Oh!)
neu zu entsendenden Beobachters in New York scheint mir nicht sehr schmackhaft, — ein Schnitzel
in die öffentliche Diskussion gekommen. Es hat à la Hallstein — —
eine Pressekonferenz stattgefunden, in der dem
Generalsekretär Hammarskjöld der Vereinten Na- (Heiterkeit bei der SPD. — Lachen und
tionen Fragen über eine Person und über eine Zurufe von den Regierungsparteien. —

Sache gestellt wurden, über die er nicht unter- Fortgesetzte Rufe von der Mitte: Au! — An
richtet war, und bei der er nicht wußte, daß ein haltende Unruhe und Zurufe von der
neuer Beobachter entsandt und wer es sein würde. Mitte.)
(Hört! Hört! bei der SPD.) — Man lernt ja durch Erfahrung; vielleicht würde
es bei einer zweiten Probe bekömmlicher sein.
Das ist eine Situation, die herbeizuführen nach Be- (Zuruf von der Mitte: Das ist doch keine
griffen der Diplomatie unvorstellbar ist. Politik!)
(Rufe von der Mitte: Oh! Oh!) Auf Umdruck 24 hat Ihnen meine Fraktion eine
Während all dieser Monate hat das Auswärtige Entschließung vorgelegt, die das Ersuchen beinhal-
Amt es nicht für notwendig gehalten, auch nur tet, der im Auswärtigen Amt schon bestellte
828 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Lütkens)
Staatssekretär — nicht ein zweiter! — möge dazu spruch darauf haben, Unterstützung und Erleich-
angehalten werden, sich den Aufgaben des Auf- terung durch die Bundesrepublik zu erfahren. Wir
baues der Organisation und den Bemühungen, daß sind gerade jetzt dabei, gewisse Ungleichmäßigkei-
diese Organisation gut und leistungsfähig bleibt, ten, die wir als diskriminierend für die Emigranten
in erster Linie und mit seiner ganzen Kraft zu empfinden, auszuräumen. Mit diesem Zusatz darf
widmen. Ich bitte das Hohe Haus, dieser Entschlie- ich also dem zustimmen, was der Herr Abgeordnete
ßung in demselben Sinne zuzustimmen, wie auch gesagt hat.
die Entschließung vom Jahre 1950, auf die sie Die dritte Bemerkung des Herrn Abgeordneten
sich bezieht: „Der Bundeskanzler wird ersucht, als- Dr. Pfleiderer, zu der ich Stellung nehmen möchte,
bald einen Staatssekretär für das Auswärtige Amt geht dahin, daß wir doch — das ist seine An-
zu ernennen," von dem ganz überwiegenden Teil regung — die Entwicklung und Ausbildung für
dieses Hohen Hauses angenommen worden ist. den gehobenen Dienst in unsere eigene Regie über-
Meine Damen und Herren, meine Fraktion lehnt nehmen möchten. Auch in diesem Punkte stimmt
den Etat des Auswärtigen Amts ab. das Auswärtige Amt dem Herrn Abgeordneten zu.
Wahrscheinlich werden wir noch im Laufe dieses
(Zurufe von der Mitte: Aha!) Jahres die Maßnahmen abgeschlossen haben, die
Sie lehnt ihn nicht nur aus allgemein politischen uns in der Tat in den Stand setzen, die Ausbildung
Gründen ab. Es bedarf da gar keiner Zwischenrufe, für den gehobenen Dienst in eigene Hände zu über-
es ist doch eine Selbstverständlichkeit in einem nehmen. Herr Abgeordneter Dr. Lütkens hat die-
demokratischen — — sen Punkt des gehobenen Dienstes gleichfalls be-
rührt. Ich darf vielleicht in Abweichung von der
(Lachen in der Mitte. — Beifall bei der Reihenfolge der Gegenstände, die er selber vor-
SPD.) gezogen hat, hier gleich sagen: wir teilen seine
Wir lehnen ihn nicht nur aus allgemein politischen Auffassung, daß der Ausstattung unseres Dienstes
Gründen ab. Wir lehnen ihn auch aus den beson- mit Stellen des gehobenen Dienstes größere Auf-
deren Gründen ab, die ich dargelegt habe, näm- merksamkeit gewidmet werden sollte, als das tra-
lich deshalb, weil es innerhalb dieser vier Jahre ditionellerweise der Fall ist. Der gegenwärtig zur
nicht gelungen ist, eine arbeitsfähige Behörde zu Diskussion stehende Haushaltsplan ist bereits ein
schaffen, wie wir sie wünschen und für die Mittel Beispiel dafür, daß wir die Stellen im gehobenen
zu bewilligen im Rahmen dessen, was wirklich als Dienst zu verstärken trachten, auch — wenn ich
notwendig erwiesen werden kann, wir immer be- das Herrn Abgeordneten Dr. Lütkens gleichzeitig
reit sein werden, wie wir es in der Vergangenheit antworten darf — auf Kosten von Stellen des höhe-
waren. ren Dienstes. In seiner Anregung, die Gesamtzu-
(Beifall bei der SPD.) sammensetzung des Auswärtigen Dienstes sowohl
in der Zentrale als auch im Ausland daraufhin zu
Alterspräsidentin Dr. Dr. h. c. Lüders: Das Wort überprüfen, ob nicht Verschiebungen auf Kosten
hat der Herr Staatssekretär Dr. Hallstein. des höheren Dienstes und zugunsten des gehobenen
Dienstes stattfinden könnten, steckt ein richtiger
Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Kern, und wir werden ihr insoweit durchaus ent-
Amts: Frau Präsidentin! Meine Damen und Her- sprechen.
ren! Ich darf auf eine Anzahl von Feststellungen Herr Abgeordneter Dr. Lütken s hat dann
eingehen, die die Herren Abgeordneten Dr. Pflei- die Art und Weise beanstandet, wie der Haushalts-
derer und Dr. Lütkens zu Elementen ihrer Urteils- plan verfahrensmäßig behandelt worden ist. Er hat
bildung über den Stand der Dinge im Auswärtigen insbesondere gerügt, daß er so verspätet vorgelegt
Amt und insbesondere über die Anforderungen worden sei, daß weder im Haushaltsausschuß noch
dieses Haushaltsplans gemacht haben. im Auswärtigen Ausschuß die Zeit gewesen sei, ihn
- zu erörtern. Es ist richtig, daß die Zeit, die zur
Zunächst darf ich Herrn Abgeordneten Dr. Pflei-
derer versichern, daß sein Wunsch, das Gebäude parlamentarischen Erörterung des Haushaltsplans
Dahlmannstraße 4 möge bald im Interesse der Her- des Auswärtigen Amtes zur Verfügung stand, sehr
ren Parlamentarier geräumt werden, vom Auswär- kurz gewesen ist. -Es ist auch richtig, daß unsere
tigen Amt geteilt wird. Wir werden diese Räu- eigenen Arbeiten verhältnismäßig früh abgeschlos-
mung auf das äußerste beschleunigen. sen waren. Es hat aber dann einer eingehenden
Erörterung dieser Dinge im und mit dem Bundes-
(Beifall in der Mitte und rechts. — Abg. finanzministerium bedurft. Das hat zu einer ge-
Dr. Vogel: Auch andere Gebäude nach Mög wissen Verspätung der Verabschiedung dieses Teils
lichkeit!) im Bundeskabinett geführt. Ich glaube allerdings,
Herr Abgeordneter Dr. Pfleiderer hat sodann das daß im Ergebnis diese Verspätung der sachlichen
Problem der H eimschaffung des Vermögens von Qualität des Plans und damit auch der Erörterung
Diplomaten in einer Weise berührt, der das Aus- des Plans im Haushaltsausschuß zugute gekommen
wärtige Amt grundsätzlich nur zustimmen kann. ist. Wir haben den Plan in einer reiferen und ab-
Ich möchte diese Zustimmung allerdings mit einer geklärteren Form vorlegen können, als es sonst
Qualifikation versehen. Diese Qualifikation hat der Fall gewesen wäre.
sich bei mir noch verstärkt unter dem Eindruck Der Herr Abgeordnete hat weiter beanstandet,
von Unterhaltungen, die ich in den letzten Wochen daß der Herr Bundesminister des Auswärtigen und
mit unserem Botschafter in Ankara gehabt habe der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes nicht
und die sich gerade auf das Problem der Behand- bei der ganzen Beratung im Haushaltsausschuß
lung von Diplomatenvermögen bezogen haben. Bei zugegen gewesen seien. Das ist richtig. Ich darf
der Behandlung dieser Frage hat sich nämlich in hier aber feststellen, daß ich selber meine An-
der Praxis eine Unterscheidung zwischen diesem wesenheit während dieser Beratungen für die ge-
Vermögen und dem Vermögen von Emigranten samte Zeit angeboten habe, für die der Haushalts-
herausgestellt, die, wenn sie sich einer ähnlichen ausschuß sie für erforderlich halten würde. Der
Lage gegenübersehen, einen nicht geringeren An- Haushaltsausschuß hat mich nach einiger Zeit von
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 829
(Staatssekretär Dr. Hallstein)
der Notwendigkeit, dort anwesend zu sein, mit substantiiert ist. Auch hier wäre ich dankbar, wenn
Rücksicht auf andere Dienstgeschäfte entbunden — mir Fälle genannt werden könnten, die Anlaß zu
ich darf hinzufügen, Herr Abgeordneter —, ohne einem solchen globalen Urteil gegeben haben, und
daß von seiten der Opposition gegen diese Entschei- wir werden diesen Fällen nachgehen. Ich will damit
dung des Haushaltsausschusses irgendein Wider- nicht sagen, daß wir nicht in den letzten Jahren
spruch erhoben worden ist. unter dem Zustand der Unvollständigkeit und der
(Hört! Hört! in der Mitte.) Unfertigkeit des Aufbaus des Auswärtigen Amtes
und des Auswärtigen Dienstes gelitten haben. Ich
Der Herr Abgeordnete Dr. Lütkens hat so- will ganz gewiß nicht bestreiten, daß es da und
dann gegen einen Herrn, den er nicht namentlich dort vorgekommen sein kann, daß ein Missionschef
genannt hat, sondern den er nur nach seiner Stel- auch einmal in der Lage gewesen ist, auf eigene
lung beschrieben hat, einen schweren Vorwurf er- Verantwortung zu handeln, oder daß einer Anre-
hoben. Er hat diesen Herrn beschrieben als einen gung, die er gegeben hat, nicht in dem Maße Rech-
Leiter der Rechtsabteilung, der sich nicht mehr nung getragen worden ist, wie das vielleicht für
im Dienste des Auswärtigen Amtes befinde. Einen ihn und im objektiven Interesse erwünscht gewe-
solchen Leiter der Rechtsabteilung gibt es nicht, sen wäre. Aber das darf ich doch sagen: daß seit
und ich weiß infolgedessen nicht, auf welche Per- mindestens dem Beginn des vorigen Jahres dieser
sönlichkeit sich diese Bemerkung bezieht. Vorwurf nicht mehr erhoben werden kann. Wir
(Abg. Wehner: Da muß man immer mit dem sind seit etwa einem Jahr an einem Zustand des
letzten Dementi mitkommen!) Aufbaus des Auswärtigen Amts angelangt, der
zwar noch nicht vollständig ist, auch quantitativ
Ich muß mich aber gegen die Feststellung ver- nicht vollständig — weshalb es sicher auch später
wahren, die der Herr Abgeordnete getroffen hat, noch zu weiteren Anforderungen haushaltsmäßiger
daß dieser Beamte, wer immer es sein möge, Aus- Art kommen wird, namentlich was die Erweiterung
künfte mit irreführender Absicht abgegeben habe. konsularischer Auslandsvertretungen betrifft —,
Das ist ein schwerer Vorwurf gegen die Erfüllung von dem man aber doch im ganzen sagen kann,
dienstlicher Pflichten durch einen Beamten des daß das Maß der Unzulänglichkeit, das dieser
Auswärtigen Amtes. Ich darf den Herrn Abgeord- Apparat jetzt noch bietet, das Maß ist, das mensch-
neten bitten, mir für diesen Vorwurf, für den er lichen Institutionen allgemein eigen ist, und kein
eine Begründung haben wird, das Material zuzu- größeres.
leiten. Es wird an einer Prüfung und Untersuchung Es ist weiter die Frage des Verhältnisses der
seines Vorwurfs dann nicht fehlen. Abteilungen II und III berührt worden. Der Herr
Es ist weiter gesagt worden, daß das Auswärtige Abgeordnete weiß, daß ich selber im Haushaltsaus-
Amt in seinen ursprünglichen Anforderungen über schuß seit Jahren in den Berichten, die der Erörte-
das hinausgegangen sei, was schließlich vom Bun- rung unseres Haushaltsplans voraufgegangen sind,
desfinanzministerium bewilligt worden ist. Ich darauf hingewiesen habe, daß wir selber hierin ein,
glaube sagen zu dürfen, daß das Auswärtige Amt und zwar das größte, Problem der Organisation
dieses Schicksal mit allen Ressorts teilt, die Haus- unserer Zentrale sehen. Aber ich darf doch gleich-
haltspläne aufstellen. Es ist, glaube ich, Aufgabe zeitig hinzufügen, daß inzwischen eine wichtige
des Bundesfinanzministeriums, die ursprünglichen Änderung sich vollzogen hat, die, glaube ich, das
Anforderungen, die ganz sicher keine Maximalan- Wesentliche des hier vorgetragenen Gravamen er-
forderungen sind, die aber natürlich optimale An- ledigt. Es ist eine Zusammenfassung der Abteilung
forderungen sind — denn es ist unsere Schuldig- II, also der politischen Abteilung, die die aktuellen
keit, Anforderungen so zu stellen, daß wir glauben, großen politischen Anliegen behandelt, und der
den besten Effekt damit zu erzielen —, auf das Abteilung III, der Länderabteilung, dadurch herge-
Maß zurückzuführen, das notwendig gemacht wird stellt worden, daß beide Abteilungen unter der
durch die Haushaltslage des Bundes und-durch die koordinierenden Leitung des Direktors der Abtei-
Rücksicht darauf, daß andere Ressorts ebenfalls lung II zusammengefaßt worden sind. Wodurch
ihre Bedürfnisse haben. unterscheidet sich diese Lösung von der Lösung
Der nächste Punkt betrifft die Denkschrift, die einer einheitlichen Politischen Abteilung? Eigent-
das Auswärtige Amt über die Besoldung der Aus- lich nur haushaltsmäßig, indem wir dabei eine
wärtigen Dienste anderer Länder versprochen hat. Reihe von Stellen behalten, die uns haushaltsmäßig
Diese Denkschrift ist bis auf die Schlußredaktion besser stellen. Die gegenwärtige Lösung unter-
fertig. Sie wird unmittelbar, nachdem diese Schluß- scheidet sich also eigentlich nur in der Form, aber
redaktion abgeschlossen ist, ich denke in den aller- nicht in der Substanz von dem Gewünschten. Tat-
nächsten Wochen, vorgelegt werden und wird dann sächlich ist die einheitliche Behandlung politischer
die Grundlage für eine Diskussion darüber bilden, Fragen durch diese Zusammenfassung in jeder
ob es wirklich zutrifft, daß die Besoldung unserer wünschenswerten und in jeder möglichen Weise
Auslandsbeamten unangemessen hoch ist. Das Aus- sichergestellt.
wärtige Amt ist nicht dieser Meinung. Vielleicht Ich weiß nicht, woher der Herr Abgeordnete
dürfen wir aber die Disskussion in diesem Fall Kenntnis davon zu haben glaubt, daß der Staats-
in den Ausschuß verlegen, in dem die Denkschrift sekretär die Beamten des Auswärtigen Dienstes
erörtert werden wird. nicht alle kenne. Meine Damen und Herren, es
Es ist sodann gesagt worden, daß es um die kann sein, daß vielleicht in den letzten drei Wochen
Organisation des Auswärtigen Amtes in der Zen- Personalveränderungen stattgefunden haben, die
trale und die Erfüllung der Dienstobliegenheiten es für eine geringe Anzahl von Personen wahr
im Auswärtigen Amt so schlecht bestellt sei, daß machen, daß ich die Mitarbeiter des höheren Dien-
Missionschefs in kritischen Fällen keine Weisungen stes — an die Sie ja wohl gedacht haben — nicht
bekommen hätten und daß umgekehrt, wie man kenne. Als eine allgemeine Feststellung ist diese
wisse, Berichte, die von den Missionen eingehen, Feststellung schlechthin irrig.
nicht gelesen würden. Nun, es ist sehr schwer, auf Es ist sodann gesagt worden, daß für unsere
eine solche Aussage etwas zu sagen, wenn sie nicht Nachwuchsbeamten die Chancen schlecht seien,
830 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Staatssekretär Dr. Hallstein)
weil man — ich hoffe, daß ich richtig zitiere —, nete über das Erziehungsziel gesagt hat, das wir
wenn man in den Auswärtigen Dienst jetzt als An- uns beim diplomatischen Nachwuchs setzen müssen,
wärter eintrete, erst nach zehn Jahren Aussicht auf daß wir diese Leute zu urteilsfähigen, urteilssiche-
Einweisung in eine Planstelle habe. Das ist eine ren und urteilsmutigen Mitarbeitern entwickeln
sehr ernst zu nehmende Behauptung; es ist sogar müssen, unterschreibe ich ohne jede Einschränkung.
eine gefährliche Behauptung, weil sie, wenn sie Ich füge aber hinzu, daß das eine Erziehungsarbeit
draußen im Lande vernommen wird, abschreckend ist, die täglich und stündlich im Auswärtigen Amt
auf Bewerber für den Auswärtigen Dienst wirken geleistet wird. Es ist vielleicht nicht der Stil — ich
könnte. Ich lege deshalb Wert darauf, hier aus- bitte meine Mitarbeiter, die das hören, es zu ent-
drücklich und nachdrücklich festzustellen, daß wir schuldigen, wenn ich das sage —, der im Auswär-
in der Lage sind, jeden Nachwuchsbeamten späte- tigen Amt traditionell ist; aber es ist ganz sicher
stens ein Jahr nach seinem Großen Examen end- der Stil, den ich mich mit aller Energie, solange
gültig zu übernehmen, ich eine Verantwortung in diesem Hause trage,
(Sehr gut! bei der CDU/CSU) dort einzuführen und lebendig zu erhalten be-
müht habe, und ich glaube, einige Kritiker würden
und zwar ist das eine Feststellung, die ich für eine sich doch wundern, wenn sie sähen, mit welchem
erhebliche Zeit treffen darf, sagen wir, jedenfalls Freimut auch große politische Fragen im Kreise
für die nächsten zehn Jahre. der Mitarbeiter diskutiert und beurteilt werden.
(Abg. Dr. Vogel: Es müßte besser bekannt Die Frage des Zollschmuggels ist sicher der Herr
gemacht werden!) Bundeskanzler und bin auch ich bereit, so wie es
Was die Auswahl der Anwärter anlangt, so teile der Herr Abgeordnete vorgeschlagen hat, im Aus-
ich die Auffassung des Herrn Abgeordneten, daß wärtigen Ausschuß zu erörtern. Ich bin nicht ganz
man nun nicht das Gewicht von den Juristen auf sicher — wir haben leider zwei Vorgänge uner-
die Philologen verlegen sollte. Ich habe selbst freulicher Art, auf die sich diese Bemerkungen
neulich bei einer dieser Anwärterlisten eingegrif- beziehen können —, welchen der Herr Abgeord-
fen, weil mir gegen diesen Grundsatz verstoßen zu nete im Auge hatte. Es gibt einen Fall darunter,
sein schien. Ich bin nicht ganz so skeptisch in bezug in dem uns das Malheur passiert ist — was in einer
auf die Eignung der Juristen für den Diplomaten- Verwaltung mit 4000 Köpfen vielleicht menschlich
beruf. Es mag sein, daß ich befangen bin. ist —, daß wir einen Verbrecher angestellt haben.
Wir haben einen Fahrer gehabt, von dem sich
(Heiterkeit.) später herausgestellt hat, daß er sich als Schmugg-
Aber eine bevorzugte Hereinnahme von Philologen ler betätigt und mit einem Amtsgehilfen in Ver-
in den Auswärtigen Dienst würde auch mir nicht bindung gestanden hat. Es ist keinerlei Anhalt
das richtige Remedium scheinen, selbst wenn man dafür da, daß über diese beiden Menschen hinaus
davon ausgeht, daß Juristen etwas mit Vorsicht der Vorgang des Zollschmuggels, der hier ange-
angefaßt werden sollten. sprochen worden ist, irgendeinen Zusammenhang
mit irgendwelchen anderen Beamten oder Ange-
(Heiterkeit.) stellten des Dienstes hat, und ich glaube, man darf
Der Herr Abgeordnete hat sodann bemängelt, deshalb aus diesem Vorgang nicht den Schluß zie-
daß der Staatssekretär auf die verwaltungsmäßige hen, der gezogen worden ist, daß im Auswärtigen
Seite seiner Obliegenheiten offenbar kein genü- Amt „ein wenig guter Geist" herrsche.
gendes Gewicht lege. Es ist nicht meine Sache, über (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)
die Nützlichkeit meiner Tätigkeit ein Urteil abzu-
geben. Der letzte Punkt, den ich berühren darf, betrifft
(Heiterkeit.) die Behandlung der Frage unseres Beobachters bei
den Vereinten Nationen. Es ist richtig, daß nicht
Aber es ist meine Sache, zum Faktischen - schlicht über Fragen der Form, sondern über sehr wesent-
zu sagen, daß ich nicht mehr zu sagen wüßte, wo- liche Fragen des diplomatischen Status dieses Be-
mit ich meine Zeit verbringe, wenn ich nicht einen obachters mit der Regierung der Vereinigten Staa-
erheblichen Teil dieser Zeit auf die verwaltungs- ten lange verhandelt worden ist. Es ist nicht rich-
mäßigen Dinge verwende. Es ist leider sehr schwer, tig, daß mit der Unterrichtung oder der Anmel-
von dem Stil der Arbeit eines großen Ministeriums, dung der Person unseres neuen Beobachters bei
wie es das Auswärtige Amt ist, einen überzeugen- dem Generalsekretär der Vereinten Nationen über
den, anschaulichen Eindruck jemandem zu vermit- Gebühr gewartet worden ist. Es ist das Pech pas-
teln, der in dieser Administration nicht selbst tätig siert, daß sich das Anmeldungsschreiben an den
ist. Es gäbe ein Mittel. Wenn ich die Herren Kri- Generalsekretär der Vereinten Nationen, das
tiker einladen könnte, gelegentlich einmal an der einem Akkreditierungsschreiben verglichen wer-
täglichen Morgenbesprechung teilzunehmen, so den kann und das von mir gezeichnet war, auf
würde das ein guter Weg sein, ihnen ein objektives der Reise nach New York befand, als eine Presse-
Bild davon zu verschaffen, in welcher Weise hier konferenz stattfand, auf der die bekannten An-
gearbeitet wird, und ich würde eine solche Mög- griffe gegen die Besetzung des Postens erhoben
lichkeit auch noch aus einem andern Grunde be- wurden. Aber auf keinen Fall ist die Tatsache,
grüßen: weil sie nämlich eine Aussage widerlegen daß die Ankunft dieses Briefes bei dem General-
würde, die auch hier gemacht worden ist — daß sekretär der Vereinten Nationen sich verspätet
im Auswärtigen Amt ein Geist der Furchtsamkeit hat, ursächlich gewesen für irgendeine sachliche
herrsche. Entwicklung in dieser Frage. Wir hätten, wie ich
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, zu leider sagen muß, die Angriffe, die gemacht wor-
sagen: nichts kann falscher sein als dies. Auch des- den sind, in derselben Weise erlebt, wenn der
halb würde ich wünschen, daß sich einmal für Brief dagewesen wäre. Der Generalsekretär hat
Außenstehende eine Gelegenheit böte, den Stil aus in dieser Situation eine Antwort gegeben, an der
der Nähe zu beobachten, in dem die leitenden Be- nichts auszusetzen ist, eine Antwort, die auch uns
amten des Auswärtigen Amts mit ihren Mitarbei- in keiner Weise in eine schwierige Lage gebracht
tern umgehen. Jedes Wort, das der Herr Abgeord- hat. Heute jedenfalls ist die Situation geklärt. Wir
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 831
(Staatssekretär Dr. Hallstein)
wissen aus einem letzten Bericht über ein Ge- eine recht erhebliche Anzahl von Vermehrungen
spräch, das der bisherige Beobachter mit dem Ge- des Personals. Wenn wir ihn recht verstanden ha-
neralsekretär gehabt hat, daß irgendwelche An- ben, soll damit ein gewisser Abschluß des Auf-
stände dort nicht erhoben werden. baus des Auswärtigen Dienstes erfolgen.
(Beifall bei der CDU/CSU und rechts.) Dieser Umstand hat meiner Fraktion Anlaß ge-
geben, einmal zu prüfen, ob im Rahmen dieser
Alterspräsidentin Dr. Dr. h. c. Lüders: Das Wort personellen Mehrausstattung auch eine Aufgabe
hat der Abgeordnete Dr. Lütkens. des Auswärtigen Dienstes ausreichende Berücksich-
tigung gefunden hat, von der wir in der Vergan-
Dr. Lütkens (SPD): Frau Präsident! Meine Damen genheit häufig den Eindruck hatten, daß sie etwas
und Herren! Ich will nur wenige Punkte der Aus- stiefmütterlich behandelt wurde. Wir meinen den
führungen, die wir soeben gehört haben, kurz be- Bereich der Arbeit des Auswärtigen Dienstes, der
rühren. Ich freue mich, zu hören, daß Schwierig- früher einmal in der Ostabteilung des Auswärtigen
keiten für neu eintretende Anwärter wegen ihrer Amts zusammengefaßt war und der heute als Un-
Etatisierung nicht vorausgesehen werden. Ich terabteilung der Länderabteilung unter der Be-
würde mich freuen, wenn die weitere Entwicklung zeichnung „Ostblock und Ostfragen" sein Dasein
die Feststellung, die wir gehört haben, bestätigen führt. Wenn Sie sich die Zahl der Stellen derjeni-
sollte. Das hängt offensichtlich auch davon ab, wie gen, die hier im Inland im Auswärtigen Dienst
viele Ernennungen oder Bestätigungen auf der beschäftigt sind, in Erinnerung rufen — es handelt
einstufungsmäßig etwas höheren Ebene im Laufe sich um mehrere hundert Beamtenstellen und etwa
der nächsten Jahre vollzogen werden. die gleiche Anzahl Angestelltenstellen — und wenn
Auf die Angelegenheit des Beobachters bei den Sie dann hören, daß diese Unterabteilung der Län-
Vereinten Nationen möchte ich jetzt nicht weiter derabteilung bis zum Jahre 1953 4 Beamte und
eingehen. Die Erklärungen des Herrn Staatssekre- einige im Angestelltenverhältnis tätige Personen,
tärs stehen nicht unbedingt in Übereinstimmung insgesamt 13 Personen beschäftigt hat, dann werden
mit Erklärungen, die ein, wie ich eigentlich doch Sie mir recht geben müssen, daß eine ernste und
annehmen muß, dazu qualifizierter Vertreter des sorgfältige Nachprüfung notwendig ist, ob dieser
Auswärtigen Amtes vor wenigen Tagen gegeben kleine Kreis überhaupt in der Lage ist, die Auf-
hat. gaben auch nur annähernd zu erfüllen, die früher
Dagegen muß ich etwas ausführlicher eingehen einmal die Ostabteilung in der Wilhelmstraße er-
auf die Antwort des Herrn Staatssekretärs des füllt hat. Wir sind nicht der Meinung, daß der Weg-
Auswärtigen Amtes zu der Bemerkung, die ich fall der diplomatischen Vertretungen zu den Län-
über etwaige irreführende Auskünfte im Auswär- dern hin, die in dem „weißen Fleck" liegen, von
tigen Ausschuß gemacht habe. Ich weiß nicht, ob dem Herr Dr. Pfleiderer sprach, etwa den Arbeits-
die Erwiderung sich auf den formellen Einwand bereich vermindert hat. Es mag dadurch zwar ein
stützen sollte, daß ich vielleicht von einem Be- Teil der Routinearbeit wegfallen. Wir möchten
amten — ich erinnere mich nicht mehr — gespro- aber meinen, daß das Fehlen eigener diplomati-
chen habe, während es sich in Wirklichkeit viel- scher Vertretungen in diesem Raum die Arbeit und
leicht um einen Bundesbediensteten handelte. Aber die Verantwortung dieser Abteilung in der Zen-
wenn der Herr Staatssekretär feststellen will, auf trale eher noch vermehrt haben sollte.
welche Äußerungen eines nicht verantwortlich, Der Arbeitsbereich auf diesem Gebiet erfährt
aber eben für die Regierung im Auswärtigen Aus- durch die völlig unnormalen Verhältnisse eine wei-
schuß Sprechenden ich mich bezogen habe, so tere Erschwerung. Sicherlich ist es dem Hause nicht
brauche ich ihm nicht Material von mir aus zuzu- unbekannt, daß die Vertreter anderer Völker, die
schicken, sondern ich kann ihn bitten, zu lesen in dem gleichen Raume wohnen, insonderheit der
und zu studieren: erstens die Protokolle dieses Polen, mit einem außerordentlichen Aufwand an
Hohen Hauses, die sich auf die Berichte -beziehen, Mitteln versuchen, die deutschen Ansprüche auf
die bei der zweiten Lesung des Vertragswerks vom die Ostgebiete zu bestreiten. Wir haben den Ein-
Mai 1952 erstattet worden sind, und die Vorgänge druck, daß gegenüber diesem unerhörten Aufwand
in den Ausschüssen mit Punkt und Komma, die seitens des Auswärtigen Dienstes in der Vergan-
dort angesprochen sind und zu denen übrigens der genheit bei weitem noch nicht genug geschehen
Herr Staatssekretär selber nachträglich in einer ist. Wir sind der Meinung, daß hier ganz plan-
wohl auch in der Drucksache abgedruckten Erklä- mäßig und zentral gesteuert die immer wieder-
rung Stellung genommen hat. Ich darf ihn zwei- kehrenden Angriffe gegen die Berechtigung der
tens bitten, anzusehen und zu studieren den Mo- deutschen Ansprüche abgewehrt werden müssen.
tivenbericht zu demselben Vertragswerk, den die Auch das scheint uns eine Aufgabe zu sein, die
französische Regierung ihrer Kammer bei Ein- mindestens führungsmäßig in dieser Unterabtei-
bringung der Gesetze vorgelegt hat, und worin er lung der Länderabteilung liegen sollte.
finden wird, daß der im Auswärtigen Ausschuß Wir haben an Hand des Zahlenmaterials fest-
sprechende Delegationsführer der Bundesregierung gestellt, daß bei dem beabsichtigten Personalauf-
aus den Verhandlungen, die er selbst geführt hat, bau auch die von mir soeben erwähnte Unterab-
genau wissen mußte, daß die Auskünfte, die er im teilung nicht vergessen worden ist. Im Rahmen des
Auswärtigen Ausschuß gegeben hat, falsch waren. Gesamtaufbaus — also nicht nur die ungesperr-
(Beifall bei der SPD.) ten, sondern auch die gesperrten Stellen — wird
diese Unterabteilung von 13 auf 18 Personen ver-
Alterspräsidentin Dr. Dr. h. c. Lüders: Das Wort stärkt werden. Ich will heute kein Urteil darüber
hat Herr Abgeordneter Dr. Gille. abgeben, ob dieses Ausmaß bereits ausreichend ist.
Wir sind aber dadurch etwas betroffen, daß allein
Dr. Gille (GB/ BHE): Frau Präsidentin! Meine 4 Stellen von dieser Vermehrung um 5 Stellen
Damen und Herren! Der Entwurf des Haushalts unter den Sperrstift gefallen sind. Unsere herz-
des Auswärtigen Amts enthält, wie uns der Herr liche und dringende Bitte — ich darf sie wohl an
Berichterstatter gleich einleitend mitgeteilt hat, den Herrn Staatssekretär richten — geht dahin,
832 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Gille)
bei der in Gang befindlichen Wirtschaftlichkeits- schen, welche im Auslande lebten, zu betreuen.
prüfung hinsichtlich der Notwendigkeit der Stellen- Heute ist das leider in mancher Beziehung ganz
vermehrungen diese Abteilung nicht erst an den anders. Ich kam auf einer Reise in Ostasien vor
Schluß zu setzen. Wir meinen, daß hier eine zeit- einem Jahre in eine der großen Handelsemporien
liche Dringlichkeit vorliegt, die ausreichenden An- jenes Gebietes. Dort lebten sieben Deutsche, ein-
laß geben sollte, bei der Überprüfung, die im schließlich Frauen und Kinder. Heute hat sich diese
Gange ist und von der Sie, Herr Staatssekretär, Zahl mehr als verdoppelt; denn an diesen Ort ist
im Haushaltsausschuß gesprochen haben, an diesem eine konsularische Vertretung gekommen, die eben-
Punkt mit besonderer Beschleunigung anzusetzen. so viele Personen mitgebracht hat. Ich glaube, an
diesem Beispiel zeigt sich sehr deutlich, was ich
Ich hielt es für notwendig, diese Bitte hier aus-
sagen möchte. Wir haben die Stäbe draußen, aber
zusprechen, weil eine Bemerkung von Ihnen, Herr wir haben noch kein Fußvolk. Die Auslandsnieder-
Staatssekretär, im Haushaltsausschuß den Eindruck
lassungen sind während des Krieges zerstört wor-
erwecken konnte, als ob der Ausbau — und zwar den, ihr Vermögen ist mit den 20 Milliarden DM
der vordringliche Ausbau — dieses Aufgabenge- Auslandsvermögen, die verlorengegangen sind, un-
biets nicht Ihrer Auffassung entspreche. Sie haben tergegangen, und die Deutschen, welche dort leb-
nämlich im Haushaltsausschuß als besonders not- ten, sind in die Heimat zurückgekehrt, soweit sie
wendig und als besonders dringend einmal den nicht ein härteres Schicksal gehabt haben. Unter
Ausbau der handelspolitischen Abteilung und zum den sieben Personen, die ich an jenem Orte fand,
zweiten denjenigen der Abteilung für zwischen- war keiner, der eine Niederlassung einer der Fir-
staatliche Verbindungen genannt. Ich möchte hof- men zu betreuen gehabt hätte, die zum Teil schon
fen, daß meine Worte zu einer Erweiterung dieses vor hundert Jahren an diesem Orte bestanden
Katalogs beitragen und daß Sie die Erfüllung der haben.
von uns geäußerten Bitte in bezug auf dieses Auf- Hier komme ich auf den Punkt, der mir wichtig
gabengebiet als genau so dringlich ansehen. Ich be- zu sein scheint: daß es nämlich die Aufgabe des
tone nochmals die zeitliche Dringlichkeit, die es Auswärtigen Amts sein müßte, nicht nur draußen
rechtfertigt, die Unterabteilung „Ostblock und Ost- für den Handel und für die Deutschen zu sorgen,
fragen" in diesen Katalog aufzunehmen. Wir wer- sondern auch von der Zentrale aus mehr, als das
den uns erlauben, Herr Staatssekretär, im Lauf bisher in der Zuständigkeit des Auswärtigen Amts
der nächsten Wochen und Monate persönlich nach- gelegen hat — wie ich sehr wohl weiß —, die Be-
zufragen, ob diesem unserem Wunsche entsprochen treuung zu übernehmen. Stellen Sie sich die Bun-
worden ist. Ich hatte den Auftrag, im Namen mei- desrepublik einmal als ein sehr großes, sehr stark
ner politischen Freunde diese Bitte anläßlich der produzierendes Unternehmen vor. Ein solches Un-
Behandlung des Personaletats des Auswärtigen ternehmen hat verschiedene Sparten. Die eine ist
Dienstes vorzutragen. die Produktion; hier liegt der Schwerpunkt. Die
(Beifall beim GB/ BHE.) Produktion der Bundesrepublik ist zweifellos in
einem ganz überraschenden Maße — wenn man an
Alterspräsidentin Dr. Dr. h. c. Lüders: Das Wort 1945 denkt — wieder in Gang gekommen. Auch die
hat der Abgeordnete Dr. Leverkuehn. Verkaufsabteilung scheint mir völlig in Ordnung
zu sein; denn die Exportziffern, die wir erleben,
Dr. Leverkuehn (CDU/CSU): Frau Präsidentin! sind sehr beträchtlich. Auch die Finanzabteilung ist
Meine Damen und Herren! Bei der Betrachtung des im wesentlichen in Ordnung, mit einer Ausnahme:
Hauhaltsplans des Auswärtigen Amts sollte man es scheint mir, daß die Inkassoabteilung dieses Un-
die Karte heranziehen, die das Auswärtige Amt ternehmens Bundesrepublik in mancher Beziehung
über den augenblicklichen Stand der Auslandsver- noch nicht so ist, wie sie sein sollte. Dasselbe gilt
tretungen der Bundesrepublik hat drucken lassen. für die Einkaufabteilung. Diese Einkaufsabteilung
Man wird mit großer Befriedigung feststellen, daß ist der Überseehandel. Er kann nur wiederherge-
der Umfang der diplomatischen und konsularischen
- stellt werden, wenn die Auslandsniederlassungen
Vertretungen, wie er vor 1939 bestand, im wesent- wiederhergestellt werden.
lichen wieder erreicht ist, mit Ausnahme natürlich Wir haben zur Zeit auf die Preisgestaltung der be-
des „weißen Flecks". deutenden Rohstoffe in der Welt praktisch gar kei-
Bei meinen Ausführungen über die Auslandsver- nen Einfluß. Sie werden mich vielleicht fragen, ob
tretungen möchte ich insbesondere die konsulari- wir denn früher Einfluß gehabt haben. Ich glaube,
schen Vertretungen behandeln. Ich glaube, daß ich diese Frage ist zu bejahen. Wenn Sie sich daran
dabei als hanseatischer Abgeordneter auch der Be- erinnern wollen, daß die Bremer Baumwollkauf-
friedigung derjenigen Deutschen Ausdruck geben leute es im Laufe der Jahre durch Fleiß und Ge-
darf, die nicht in diesem Hause vertreten sein kön- schicklichkeit erreicht hatten, an ihrer Baumwoll-
nen, weil sie im Ausland, insbesondere in Über- börse mehr Geschäft zu bewältigen, als es in Liver-
see, leben. Deren Schicksal bildet ja eine der Haupt- pool der Fall war — einer der beträchtlichen Siege
sorgen der konsularischen Vertretungen. des deutschen Handels —, dann wird Ihnen klar
sein, daß wir natürlich auch auf die Preisgestal-
(Vizepräsident Dr. Schneider übernimmt tung eines solchen Rohstoffes Einfluß hatten, einen
den Vorsitz.) Einfluß, den wir uns wiedergewinnen sollten. Das-
selbe gilt für manche andere Rohstoffe, vor allem
Man muß sich darüber klar sein, daß in diesem im afrikanischen und im asiatischen Raum. Beim
Augenblick, in dem das Leben der Auslandsvertre- Bremer Baumwollhandel liegt es nun nach zuver-
tungen wieder anfängt, sich wirklich lebendig zu lässigen Ziffern, die mir zugegangen sind, etwa so,
gestalten, doch der Ausgangspunkt ein sehr viel an- daß infolge der Riesenverluste des Handels im Aus-
derer ist, als er ursprünglich zu der Zeit war, in der land die Kapitalbasis auf etwa ein Drittel zurück-
die konsularischen Vertretungen geschaffen wur- gegangen ist; die Baumwollpreise aber find auf
den. Wann wurde ein Konsulat errichtet? Wenn es das Vierfache gestiegen. Angesichts der etwa auf
sich als notwendig erwies, den Handel Deutsch- ein Zwölftel des Bedarfs herabgesunkenen Kapi-
lands im Auslande zu unterstützen und die Deut talbasis gilt es, aufbauend zu helfen.
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 833
(Dr. Leverkuehn)
In dieser Richtung haben wir eine besondere Herren, es ist für den Überseedeutschen leichter,
Bitte an das Auswärtige Amt: beim Bundesfinanz- sich in Buenos Aires oder in Singapur zurechtzu-
minister mit uns dahin vorstellig zu werden, daß finden als in Bonn.
die Unterstützung durch das Rembourskredit- (Heiterkeit.)
gesetz, das im Kielwasser der Schuldenregelung er- Ich habe hierbei etwas sehr Ernsthaftes im
schien, nunmehr durchgeführt wird. Diejenigen Sinne. Ich glaube, daß die handelspolitische Arbeit
Damen und Herren — ich gehörte nicht dazu —, des Auswärtigen Amtes, welche in den Auslands-
welche an diesem Gesetz mitgewirkt haben, sind vertretungen jetzt erst wieder voll zum Zuge
der Auffassung, daß es in einer bestimmten Weise kommt, auf Grund der Berichterstattung vom Aus-
durchgeführt werden muß. Schließlich muß der land her und auf Grund der besonderen Kenntnis,
Bundestag am besten wissen, was er beschlossen die sich die Beamten des Auswärtigen Amtes im
hat, nicht die Herren Referenten, wenn sie ihre konsularischen Dienst erwerben und die sie dann
Kommentare schreiben. Ich hoffe, daß diese Sache hierher mitbringen, auch in der Zentrale sehr viel
bald bereinigt wird; denn sie wird eilig. Die Aus- mehr Gewicht haben müßte. Es gibt in verschie-
landskredite werden nach der Schuldenregelung denen Auswärtigen Ämtern des Auslands Pla-
nun abgerufen, und man muß wissen, wo man nungsabteilungen. Das ist insbesondere beim State
steht. Es wäre schade, wenn die Kreditwürdigkeit Department der Fall, jedenfalls auf politischem
von Firmen, die zum Teil über hundert Jahre alt Gebiet. Mir liegt es völlig fern, etwa die Einrich-
sind, durch ihre ausländischen Gläubiger in Zwei- tung einer Planungsabteilung des Auswärtigen
fel gezogen würde. Amtes anregen zu wollen. Ich bin überzeugt, daß
Nun zur Frage der Unterstützung von Auslands- sie nach wie vor im Palais Schaumburg liegt und
niederlassungen. Ich bin bestimmt kein Freund dort ausgesprochen gut untergebracht ist. Aber
von Subventionen. Wir dürfen wohl sagen, daß die wäre nicht eine Art zentrale Planung auf handels-
Hansestädte niemals Freunde von Subventionen politischem Gebiet zu erwägen?
gewesen sind. Wohl aber glauben wir, daß der
Anteil, den der Überseehandel bisher an den gege- Ich sage das noch aus einem anderen Grunde.
benen Kreditmöglichkeiten hatte, ungewöhnlich Die anderen Länder sind uns in dieser Beziehung
klein ist. Ich habe hier den Jahresbericht des Füll- zweifellos voraus. Ich denke z. B. daran, daß der
horns, aus dem die Bundesregierung die Unter- in der internationalen Presse viel zitierte Randall-
stützung an die Wirtschaft gibt, der Kreditanstalt Bericht in den Vereinigten Staaten in der zweiten
für Wiederaufbau, und ich habe mich bemüht, den Hälfte des Januar herausgekommen ist und wir
Handel darin zu finden. Es sind da im ganzen jetzt lesen, daß er bereits Ende März zum Gegen-
6 660 Millionen DM verplant worden. Der Handel stand gesetzgeberischer Vorschläge des Präsidenten
findet sich unter den Krediten an die „sonstigen gemacht worden ist. Wenn wir andererseits aus
Industrien", wobei eine Fußnote besagt, daß wegen der Presse eninehmen, wie das englische Unter-
der „Geringfügigkeit der Beträge" der Handel nicht haus und andere Instanzen in England sich mit
aus den sonstigen Industrien ausgegliedert sei. Der dem Schicksal des Ostasienhandels beschäftigen, so
Handel figuriert darin mit 7 Millionen DM. Das ist muß ich sagen, daß dies doch den Gedanken nahe
also nicht einmal mit Prozentsätzen auszudrücken, legt, daß bei uns auf diesem Gebiet noch manches
geschehen könnte, z. B. etwa eine Auswertung des
sondern nur mit etwa 1 bis 2 Tausendstel des ver-
planten Geldes zu bemessen. Das ist wirklich keine Straßburg-Planes oder der Ergebnisse der West-
richtige Proportion. Die Mittel, welche durch die minster-Konferenz.
Kreditanstalt für Wiederaufbau ausgeteilt werden, Dabei fällt aber noch ein Weiteres auf. Die Ver-
kosten nicht viel Zinsen. Sie werden sich erinnern, einigten Staaten, die bereits über ein sehr beträcht-
daß dieses Haus im vorigen Jahre das Abkommen liches Auslandsvermögen verfügen, bearbeiten
mit den Vereinigten Staaten über die Nachkriegs- nunmehr Gesetzesvorschläge, die zum Inhalt haben,
hilfe verabschiedet hat. Der Prozentsatz,- der dort daß die Investierung im Ausland besondere Vor-
in Frage kommt, ist 2 1/2%. Wenn eine Spanne von züge steuerlicher und anderer Art genießen soll. Man
2 1/2 bis 7 1/2%, also 5 % einbehalten wird, so ist hat uns oft gesagt, daß man daran bei uns ja gar
das reichlich; und wenn wir berücksichtigen, daß nicht denken könne; denn so viel Kapital hätten
die Unternehmungen, für die wir Kredite wün wir nicht und wir hätten auch nicht die nötigen
schen, mit viel niedrigeren Zinsbedingungen als in Devisen. Meine Damen und Herren, diese Stufe ist
Deutschland in Konkurrenz stehen, so ist es, glaube bereits überschritten. Sonst wären die Ereignisse
ich, nicht zuviel, wenn wir erwarten, daß diese in Brasilien nicht möglich gewesen, wo wir nun
merkwürdige Lage überprüft wird. gezwungen werden zu investieren. Der Herr
Noch etwas anderes macht uns auf diesem Ge- Bundeskanzler wird zweifellos in der Türkei den
biete Schwierigkeiten. Das ist die verwirrende Eindruck gewonnen haben, daß die allgemeine Po-
Form der Zuständigkeiten hier. Ich habe mich litik mit der Handels-, aber auch der Finanzpolitik
schon ziemlich lange mit diesem Gebiet beschäftigt gegenüber diesem Lande untrennbar verbunden ist.
und, wie ich schon erwähnte, auch einige Reisen Ich komme auf den letzten Punkt: die Finanz-
gemacht, um wirtschaftliche Fragen sowohl in Ost- politik. Wo liegt eigentlich die internationale
asien als auch in den Vereinigten Staaten zu prü- Finanzpolitik bei uns? Wenn ich es recht verstan-
fen. Das Auswärtige Amt hat uns eine sehr schöne den habe, liegt sie beim Auswärtigen Amt; denn
Übersicht über die Ordnung in seinem Hause ge- das größte internationale finanzpolitische Ereignis,
geben. Es wäre sehr dankenswert, wenn dieses das wir nach 1945 erlebt haben, die Londoner
kleine Werk ergänzt werden könnte durch einen Schuldenkonferenz, lag in der Kompetenz des Aus-
Führer durch diejenigen Dienststellen, welche für wärtigen Amtes, und der Herr Bundeskanzler
Übersee zuständig sind. Ich habe mindestens vier delegierte in seiner Eigenschaft als Außenminister
Ministerien feststellen können; es sind das das Herrn Abs, um diese Angelegenheit in Ordnung
Auswärtige Amt, das Ministerium für wirtschaft- zu bringen. Ich glaube, auf diesem Gebiet wird
liche Zusammenarbeit, das Wirtschaftsministerium noch mancherlei auf uns zukommen, und zwar
und das Finanzministerium. Meine Damen und recht bald. Unsere Position in der internationalen
R14 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Dr. Leverkuehn)
Finanz ist nicht so blühend, wie sie nach den Aus- gen auf diejenigen Orte erstrecken, in denen erstens
weisen, die veröffentlicht werden, zu sein scheint. ein großer Verkehr mit deutschen Reisenden vor-
Erst bei der Analyse weiß man genau, wie prekär handen ist und zweitens sich große deutsche Ko-
sich manches herausstellen wird, wenn es einmal lonien befinden. Gerade diese beiden Gesichts-
zu einer außerordentlichen Krise kommen sollte. punkte sollten etwas stärker berücksichtigt wer-
Gott möge sie verhüten, aber immerhin muß sie den.
rechtzeitig ins Auge gefaßt werden. Es ist unbestreitbar, daß sich in der letzten Zeit
Um zusammenzufassen, was ich meine, darf ich — und ich glaube, das ist auch ein Verdienst des
vielleicht folgendes sagen: Der Herr Bundesfinanz- neuen Chefs der Abteilung Z — wesentliche Ver-
minister hat manches Mal in seinen Reden auf die besserungen in der Organisation und auch im Ge-
Gestaltung des persönlichen Haushalts zurückge- samtzusammenhalt gezeigt haben. Der Weg, den
griffen, den jeder einzelne von uns führt. Wenn im man jetzt eingeschlagen hat, um diese Mammut-
persönlichen Haushalt die Einkäufe nicht auf dem behörde mit 4000 Bediensteten enger aneinanderzu-
Wochenmarkt oder beim Krämer an der Ecke, son- bringen, hat sich als durchaus gangbar und er-
dern in der teuersten Delikatessenhandlung auf freulich erwiesen. Wir möchten durchaus dazu er-
der Hauptstraße getätigt werden, so wird das a ll mutigen, diesen Weg weiterzugehen. Es ist sicher
-geminEtrüsugbeimHaushltvorande- nicht ganz einfach, eine so große Zahl von hoch
regen. Aber, meine Damen und Herren, was wir qualifizierten Personen innerhalb einer so kurzen
zur Zeit tun, ist, daß wir, international gesehen, Zeit zusammenzuschweißen. Wir möchten hierbei
in den Delikatessenläden kaufen, viel zu teuer. das ganz besondere Augenmerk auf einen bestimm-
Das, glaube ich, kann durch zweckmäßiges Zusam- ten Punkt lenken. Es ist vielleicht noch nicht so
menarbeiten und insbesondere mit Hilfe des Aus- ganz gelungen, wie wir es für wünschenswert hal-
wärtigen Amtes anders werden. ten, die Wirtschaftsdelegationen im Ausland in den
Gesamtkörper einzubeziehen. Mit der vorgesehenen
(Beifall in der Mitte.) Zahl der Verbeamtungen von Angehörigen von
Wirtschaftsdelegationen ist ein erster Schritt zur
Vizepräsident Dr. Schneider: Abgeordneter Dr. Vereinheitlichung des Körpers gemacht worden.
Vogel hat das Wort. Wir können uns nicht vorstellen, daß ein gut aus-
gebildeter und funktionsfähiger Missionschef sein
Dr. Vogel (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Amt ausüben kann, wenn er nicht gleichzeitig ein
Damen und Herren! Einige ganz kurze Bemerkun- Höchstmaß an Verständnis für die wirtschaftlichen
gen, weil sie bis jetzt nicht zum Vortrag gelangt Beziehungen im Ausland sein eigen nennt. Ich
sind! glaube, daß hier alte Vorurteile langsam ver-
Was die Nachwuchsfrage anlangt, so ist bereits schwinden müssen. Wir sind allerdings der Über-
vom Kollegen Pfleiderer einiges gesagt worden, zeugung, daß jetzt mit den Verbeamtungen, der
dem ich mich vollinhaltlich anschließen möchte. schärferen Auswahl sowie gewissen wertvollen
Was aber an kritischen Bemerkungen gegenüber Änderungen in der Ausbildung ein glücklicher Weg
der zufälligen Hereinnahme von einigen Philologen beschritten worden ist.
im letzten Lehrgang geäußert worden ist, veran- Bei dieser Gelegenheit wünschen wir insgesamt
laßt mich doch, das Auswärtige Amt zu bitten, den vielen Hunderten von Auslandsbeamten bis
hier nicht ein Juristenmonopol aufzurichten; denn hinunter zu den Stenotypistinnen, die manchmal
wir haben ja auch in der Vergangenheit genügend unter sehr schwierigen Verhältnissen bei sehr un-
die Erfahrung gemacht, daß Philologen und günstiger Unterbringung ihre Pflicht bis zur Er-
Volkswirte eine durchaus wertvolle Ergänzung des schöpfung und bis zum körperlichen Ruin getan
Stabes des Auswärtigen Amts bilden können. haben, unseren Dank auszusprechen. Sie sollen
Dazu eine zweite Bitte. Es möge, wenn schon wissen, daß sie hier nicht vergessen worden sind.
Speyer als Ausbildungsort nicht mehr - erhalten
(Beifall bei der CDU/CSU und rechts.)
bleiben sollte, so schnell wie möglich dafür gesorgt
werden, daß hier dem Nachwuchs in einer wür- Wir glauben, daß durch die neue Besoldungsreform
digen und nahen Umgebung in seiner Ausbildung heute die -- früher sicher zu Recht bestehenden
die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit dem — Klagen über mangelhafte finanzielle Ausstat-
Auswärtigen Amt geschaffen wird. Diese Dinge tung in etwa beseitigt sind. Das Weitere wird sich
dürfen nicht länger hinausgezögert werden. aus der Nachprüfung der Bezüge ergeben.
Alles in allem sollte man heute nicht verges- Der ärztliche Dienst, der eingerichtet worden ist
sen, daß beim Personalbestand des Auswärtigen und den wir ganz besonders begrüßen, wird sicher
Amts nur noch 25% aus dem alten Auswärtigen wohl auch dazu beitragen, daß diejenigen Er-
Amt stammen und drei Viertel Neuhinzugekom- holungsmöglichkeiten für Angehörige in klimatisch
mene sind. gefährdeten Orten geschaffen werden, die wir als
unabweisbar und als unabdingbar betrachten.
Zur Ausstattung und Unterbringung der Aus-
landsmissionen möchte ich noch sagen: Es hat Das sind im großen und ganzen einige Wünsche,
manchmal beinahe den Anschein, als ob für die, die wir dem Auswärtigen Amt noch von unserer
ich möchte einmal sagen, klimatisch bevorzugten Seite mit auf den Weg geben möchten und von
Orte ein wenig zu viel des Guten getan wird, wäh- denen wir annehmen, daß sie sich in der nächsten
rend auf der andern Seite für diejenigen Missionen, Zeit unschwer erfüllen lassen.
die unter klimatisch denkbar ungünstigen Um- (Beifall bei der CDU/CSU.)
ständen arbeiten müssen, zu wenig ausgeworfen
worden ist. Vielleicht kann man das in der näch- Vizepräsident Dr. Schneider: Weitere Wortmel-
sten Zeit korrigieren. dungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aus-
Was die Auslandsbezüge und die Zulagen an- sprache.
langt, so ist uns bereits eine ständige Nachprüfung Zu dem Einzelplan 05 liegen ein Entschließung-
zugesichert worden. Sie sollte sich vor allen Din- antrag der SPD, Umdruck 24 — über den ich jetzt
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(Vizepräsident Dr. Schneider)
nicht abstimmen zu lassen brauche —, und ein Um- der im ganzen 2 040 Millionen DM beträgt, mit 1
druck 25 vor, der, wie ich sehe, jetzt in „Antrag" 2,86%betilg.Darus ch,dß
geändert worden ist. Soll das bedeuten, daß man Schwergewicht des Haushalts zu Einzelplan 12 ganz
meint, darüber sollte jetzt abgestimmt werden? Er entschieden auf dem außerordentlichen Haushalt
ist ja seinem Inhalt nach — wie der andere auf ruht. Im ganzen gesehen beziffern sich die Aus-
Umdruck 24 — ein Antrag an den Bundestag, eine gaben im ordentlichen wie im außerordentlichen
bestimmte Entschließung zu fassen. Darüber kann Haushalt des Bundesverkehrsministeriums auf
man doch bloß einmal abstimmen. Ich meine, wir 4,08 % an allen Leistungen, die der Gesamtetat auf-
sollten auch über diesen Antrag in der dritten weist.
Lesung abstimmen. Sind die Antragsteller damit Ich möchte aus der Summe von Bewilligungen
einverstanden? — einige Tatsachen hervorheben, die der Öffentlich-
(Zustimmung bei der SPD.) keit zeigen sollen, zu welchen Zwecken der Etat des
— Das ist der Fall. Bundesverkehrsministeriums dient. An den allge-
Ich komme dann zur Abstimmung über den Ein- meinen Bewilligungen sind beteiligt die Deutsche
zelplan 05, Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesbahn, die Privatbahnen, die Seeschiffahrt,
Auswärtigen Amts, in der Fassung der Drucksache die Luftfahrt, die Forschung, die Förderung des
355, Bericht des Haushaltsausschusses. Wer dieser Auslandsreiseverkehrs, die Hafengesellschaften, an
Drucksache in der vorliegenden Fassung zustimmt, denen der Bund beteiligt ist, dann die Bekämpfung
den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um der Verkehrsunfälle und die Betriebsbeihilfen für
die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Angenom- die Schiffahrt. Ich darf einzelne Zahlen herausgrei-
men. fen. Die Deutsche Bundesbahn ist in diesem Haus-
halt mit im ganzen 340 Millionen DM berücksich-
Ich rufe auf: tigt, davon 250 Millionen DM im Ordinarium und
Einzelplan 12 — Haushalt für den Ge- 90 Millionen DM im Extraordinarium, die Privat-
schäftsbereich des Bundesministers für Ver- bahnen mit 1 Million DM. Im Gebiet der Seeschiff-
kehr (Drucksache 362; Umdruck 50*) ). fahrt sind aus einem Gesamtprojekt, das auf meh-
Ich erteile das Wort dem Berichterstatter, Herrn rere Jahre verteilt wird, von 441 Millionen DM Ge-
Abgeordneten Ritzel. samtumfang, von denen in den Jahren 1950 bis
1952 bereits 270 Millionen DM bewilligt wurden,
Ritzel (SPD), Berichterstatter: Herr Präsident! für 1954 weitere 70 Millionen DM vorgesehen. Der
Meine Damen und Herren! Vor Ihnen liegt die Rest soll in 1955 aufgebracht werden. Für die Be-
Drucksache 362. In dieser Drucksache, die den Be- rufsausbildung von Seeleuten sind im Haushalt
richt über die Ergebnisse der Beratungen im Haus- 500 000 DM enthalten.
haltsausschuß enthält, ist eine Zusammenstellung
der Änderungen erfolgt, die sich bei der Einzel- Ein besonderes Kapitel in diesem Haushalt ist
beratung gegenüber dem gedruckt vorliegenden die Luftfahrt. Seine besondere Bedeutung liegt
Entwurf des Haushaltsplans ergeben haben. In darin, daß hier in stärkerem Maße, als es bisher
dieser Drucksache sind aber auch, und zwar unter möglich war, eine aktive Maßnahme des Bundes
Ziffer 2 a bis m, Anträge aufgeführt, die nach dem zum Zwecke der Wiedereinschaltung Deutschlands
Beschluß des Haushaltsausschusses für erledigt in den internationalen Luftverkehr und zur Herbei-
erklärt werden sollen. Ich darf Sie bitten, Ihre führung eines eigenen Flugverkehrs innerhalb
Drucksache dahin zu berichtigen, daß sie für er- Deutschlands vorgesehen ist. Von einem geschätzten
ledigt erklärt werden sollen für das Rechnungsjahr Investitionsbedarf bis zum Jahre 1960 von 84 Millio-
1954. Warum, werde ich im Verlauf meines Be- nen DM entfallen auf den Bund 44,3 Millionen DM.
richts noch ausführen. Hiervon sind im Rechnungsjahr 1952 8,7 Millionen
DM im Etat enthalten gewesen, in diesem Jahre
Ich glaube in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich sind es 15 Millionen DM. Der Rest soll im Rech-
es mir erspare, auf Einzelheiten aus dem 34 Seiten nungsjahr 1955 bewilligt werden. An Betriebszu-
umfassenden Bericht, den ich als Berichterstatter dem schüssen für die Deutsche Luftverkehrsgesellschaft
Haushaltsausschuß gegeben habe, zurückzugreifen. sieht der Haushalt 1954 16,8 Millionen DM vor. Für
Ich darf aber auf einige wichtige Zahlen und Tat-. Flughafengesellschaften werden im diesjährigen
sachen im Zusammenhang mit der Darlegung der Haushalt an Beteiligungen, Darlehen und Investi-
Bedeutung des Bundeshaushalts zurückkommen. tionszuschüssen im ganzen 1,6 Millionen DM und
Ich möchte — ich weiß nicht, ob es früher schon je an Betriebszuschüssen für Flughafengesellschaften
geschehen ist — einmal im Rahmen des Gesamt- 0,6 Millionen DM ausgewiesen. Einen neuen Titel
haushalts die Bedeutung des Bundeshaushalts für enthält der diesjährige Haushalt mit 0,7 Millionen
das Verkehrswesen in einigen Zahlen darstellen. DM als Zuschuß für Wiederaufbau von Luftfahrt-
Nach dem Abschluß, den der Entwurf des gesamten forschungsinstituten.
Haushaltsplans im Haushaltsausschuß erfahren hat,
weist er jetzt eine Schlußsumme von 27 173 800 000 Einige Mitglieder des Haushalts- und des Ver-
DM auf. Hiervon entfallen auf den Einzelplan 12, kehrsausschusses haben vor kurzem auf Einladung
also auf den Plan des Bundesverkehrsministeriums, der Swissair Gelegenheit gehabt, die Einrichtungen
im ordentlichen Haushalt 634,5 Millionen DM, im der Swissair in Zürich im Flughafen Kloten zu be-
außerordentlichen Haushalt 474 Millionen DM. Im sichtigen, die quasi als Modell für das, was jetzt in
ganzen beträgt also der Etat des Bundesministe- der Bundesrepublik im Werden ist, dienen kön-
riums für Verkehr 1108,5 Millionen DM. Diesen nen. Aus den Darlegungen, die uns dort gemacht
Ausgaben stehen Einnahmen von 73,1 Millionen DM worden sind, konnten sämtliche Teilnehmer — es
gegenüber. Der ordentliche Haushalt des Bundes- waren Parlamentarier und der Herr Bundesver-
verkehrsministeriums ist nach einer Berechnung an kehrsminister mit einigen seiner Räte anwesend —
dem ordentlichen Etat des Bundes in Höhe von ins- den Schluß ziehen, daß hier in der Tat in der
gesamt 25133,4 Millionen DM im ganzen mit 2,52% Schweiz für unsere Bedürfnisse und Zwecke eine
und an dem außerordentlichen Etat des Bundes, Modellarbeit geleistet worden ist, die zu sehen und
zu erkennen hochinteressant war. Ich möchte auch
*) Siehe Anlage 5 Seite 845. diese Gelegenheit benutzen, den Schweizer Gast-
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gebern den verbindlichsten Dank der Teilnehmer Auf dem Gebiete der Hafengesellschaften ist der
aus den Parlamentsausschüssen zum Ausdruck zu BundaeirRhvoGslcaftenbig,
bringen. so insbesondere an Duisburg-Ruhrort und an der
Wir haben eine Situation vor uns, nach der in Lübecker Hafengesellschaft. Hierfür sind im Haus-
absehbarer Zeit neue eigene deutsche Flugzeuge halt insgesamt 1,5 Millionen DM als Zuschüsse
einen deutschen Flugverkehr eröffnen sollen. Im vorgesehen.
ganzen sind je 4 zwei- und viermotorige Flugzeuge Für die Bekämpfung von Verkehrsunfällen, für
im Gesamtwert von 45 Millionen DM vorgesehen. Aufklärungs- und Erziehungsmaßnahmen sind im
Zur Sicherung der Kaufpreisrate für die viermoto- Haushalt 300 000 DM vorgesehen. Bei diesem leidi-
rigen Flugzeuge hat der Bund eine selbstschuld- gen Kapital der Verkehrsunfälle ist es vielleicht
nerische Dollarbürgschaft im Gegenwert bis zum nützlich, an die letzten Feststellungen zu erinnern.
Betrag von 30 Millionen DM übernommen. Von den In der Bundesrepublik haben sich im Laufe des
zweimotorigen Flugzeugen vom Typ „Convair 340" Kalenderjahres 1953 450 000 Straßenunfälle ereig-
sollen zwei im Juni und zwei im Juli 1954 geliefert net. Dabei kamen 10 000 Menschen ums Leben,
werden. Bei den viermotorigen Flugzeugen Typ 350 000 wurden verletzt. Selbstverständlich hängen
„Constellation" sollen die Lieferungen im Jahre diese bedauerlichen Tatsachen in erster Linie mit
1955 erfolgen. der Steigerung des Fahrverkehrs überhaupt zu-
Wie groß und wie schwierig die Aufgaben sind, sammen. Die Zahl der Kraftwagen beträgt heute
ergibt sich aus einer Feststellung, die sich auf die in der Bundesrepublik nahezu 2 Millionen. Auch
Ausbildung von Flugpersonal bezieht. Der Refe- die Zahl der Krafträder beläuft sich auf fast 2 Mil-
rent der Swissair hat uns mitgeteilt, daß die Aus- lionen. Außerdem sind zirka 15 Millionen Fahr-
bildung eines einzigen Fliegers an modernen Ma- räder in Betrieb, und die Straßen in der Bundes-
schinen heute einen Betrag von rund 100 000 DM republik werden außerdem von Straßenbahnen,
erfordert. Daraus und aus den übrigen Angaben, Omnibussen, Oberleitungsomnibussen, Fuhrwerken
die wir dort gehört haben, können wir entnehmen, mit Pferde- und Rindviehbespannung und sonsti-
welch materiell große Aufgabe auch des Bundes gen Fahrzeugen verschiedenster Art benutzt. Der
in dieser Frage wartet. Ansatz von 300 000 DM für Erziehungs-, Aufklä-
Ich darf Ihnen sagen, daß der Bund an den Flug- rungs- und Bekämpfungsmaßnahmen gegen die
häfen von Frankfurt, Stuttgart, Hannover, Köln, Verkehrsunfallgefahren wird also keinesfalls als
Bonn und Nürnberg-Kraftshof mit Beteiligungs- übersetzt bezeichnet werden können.
sätzen von 25 bis 33 % beteiligt ist. (Abg. Rümmele: Sehr richtig!)
Interessant sind vielleicht einige Zahlen über die An Betriebsbeihilfen für die See-, Küsten- und
Verkehrsleistungen der Verkehrsflughäfen in der Binnenschiffahrt werden im Haushalt 21 Millio-
Bundesrepublik. Die Gesamtstartzahl weist von nen DM vorgesehen.
1950 bis 1952/53 eine Entwicklung von 3570 über
4180 auf 6525 Starts auf. Die Zahl der beförderten Eine besondere Sorge des Bundes gilt den
Fluggäste ist von 1950 bis 1952/53 auf den deut- Binnenwasserstraßen. Im außerordentlichen Haus-
schen Flughäfen von 91 500 auf 189 162 gestiegen. halt sind erhebliche Mittel zur Weiterführung und
Die Luftfracht weist innerhalb von drei Jahren Verbesserung von Binnenwasserstraßen vorgese-
eine Steigerung von 5 200 000 kg auf 9 811 274 kg hen. Ich will Ihnen die einzelnen Zahlen nicht nen-
auf und die Luftpost eine Steigerung von 520 000 nen; sie sind aus dem Haushalt ersichtlich. Ich er-
auf 659 000 kg. wähne nur, daß für Zwecke der Binnenwasser-
Bei der Besichtigungsreise haben wir auch Ge- straßen große Mittel ausgegeben werden für den
legenheit gehabt, die Bundesanstalt für Flugsiche- Rhein, für die Ruhr, die Mosel, den Main, die
rung in Frankfurt, eine Institution des Bundes, zu Donau, für die Rhein-Main-Donau AG allein
sehen. Dem Haushaltsausschuß ist hierüber seiner- 9 Millionen DM — ich habe heute gesehen, daß ein
zeit ein eingehendes Gutachten des Herrn Bundes- Antrag auf Erhöhung von 9 auf 10 Millionen DM
beauftragten für die Wirtschaftlichkeit in der Ver- vorliegt, über den das Haus zu entscheiden haben
waltung vom Dezember 1953 überreicht worden. wird —, für den Neckar, für die Lahn, für eine
Dieses Gutachten beweist, was wir dort an Ort und Kapitalbeteiligung an der Jochenstein Aktien-
Stelle gesehen haben: die ungeheure Bedeutung die- gesellschaft und für Grundinstandsetzungen. Im
ser Arbeit, die hingebungsvoll geleistet wird. Daß Zuge der Binnenwasserstraßen werden wesentliche
diese Arbeit den Dank aller verdient, beweist, daß Beträge für westdeutsche Kanäle im Etat bean-
die Leistung der Flugsicherung einen Grad von sprucht, so für die Nordost- und für die Süd-
Flugsicherheit herbeizuführen vermag, der erstaun- strecke des Dortmund-Ems-Kanals, für den Rhein-
lich ist und immer dankbar anerkannt werden muß. Herne-Kanal, für den Wesel-Datteln-Kanal, für
Wenn ich mich nun einigen anderen Zahlen und den Mittelland-Kanal und für die Beseitigung von
Tatsachen zuwende, die die sonstigen Verkehrsauf- Kriegsschäden, ferner für den Küstenkanal und
gaben betreffen, so darf ich zusamtnenfassend sa- für die Ems, für den Ausbau der Weser, der Elbe,
gen, daß für Forschungszwecke in diesem Einzel- für Berliner Wasserstraßen, außerdem erhebliche
plan folgende Beträge enthalten sind: für Luft- Zuschüsse für laufende Unterhaltung der West-
fahrtforschung 1,5 Millionen, für die technische berliner Wasserstraßen.
Fortentwicklung von Verkehrsmitteln 0,4 Millionen, Im ganzen erfordern die Binnenwasserstraßen
für die Forschung auf dem Gebiet der Schiffstech- nach den Ansätzen im außerordentlichen Haushalt
nik 0,2 Millionen, auf dem Gebiet des Wasserbaus 79 Millionen DM. Diese große Summe dient bis auf
0,22 Millionen und des Straßenbaus 0,35 Millionen. einen kleinen Betrag der Durchführung von Fort-
Der Bund betrachtet, wie es auch im Haushalt setzungsaufgaben. Für neue Projekte sieht der
seinen Ausdruck findet, die Förderung des Aus- Etat im ganzen 1 077 000 DM vor, und zwar einen
länder-Reiseverkehrs in Deutschland gleich ande- ersten Teilbetrag für die Niedrigwasserregulie-
ren Ländern als eine besondere Bundesaufgabe. rung der Oberweser, für die Wiederherstellung der
Der Haushalt enthält hierfür den Ansatz von Vorschleuse Ahl auf der Lahn, für die Errichtung
4,5 Millionen DM. eines selbstzeichnenden Pegels am Rhein bei Rees
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(Ritzel)
und für die einmalige Grundinstandsetzung von von Ortsdurchfahrten in Gemeinden mit mehr als
Strombauwerken an der Donau. 9000 Einwohnern 2,3 Millionen vorgesehen, für
Für Seewasserstraßen sind ebenfalls große Mittel Umgehungsstraßen 27,5 Millionen, für Darlehen
ausgeworfen, aber nicht so viel, wie der Haushalts- und Zuschüsse zum Wiederaufbau kriegszerstörter
ausschuß gern bewilligt hätte. Gemeindebrücken 4 Millionen, insgesamt also zu-
Ein besonderes Kapitel im Haushalt bezieht sich gunsten der Verkehrsverhältnisse in den Gemein-
auf die Bundesfernstraßen. Eine Statistik, die un- den 33,8 Millionen zu Lasten des Bundes.
terbreitet wurde, beweist, daß die Bundesfernstra- Meine Damen und Herren, ich darf wohl mit
ßen je Kilometer täglich mit 28,4 Kraftfahrzeugen Ihrer Zustimmung die einzelnen Zahlen und End-
befahren werden. Der Bundeshaushalt 1954 enthält abschlüsse bei den verschiedenen Bundesoberbe-
für die Bundesfernstraßen in zahlreichen Einzel- hörden übergehen und mich damit dem Schluß
teilen eine Gesamtausgabe von 315 Millionen DM meiner Darlegungen nähern. Der Verkehrshaushalt
für die Bundesfernstraßen, und zwar 219 Millionen wird eine steigende Beanspruchung und ein stei-
DM für die eigentlichen Bundesstraßen und von gendes Interesse verzeichnen. Ich bin der Auffas-
96 Millionen DM für Bundesautobahnen. Wir waren sung, daß das Hohe Haus gut daran tut, bei Bera-
uns klar darüber, daß der Ansatz von 96 Millionen tungen, die sich außerhalb des heute vorliegenden
für Bundesautobahnen zu niedrig ist, und er ist Bundeshaushalts mit Verkehrsproblemen befassen,
auch sogar niedriger als im Jahre 1953; aber wir jenes große Interesse zu dokumentieren, auf das
wissen ja um die Bemühungen, die demnächst das unser Volk aus Gründen der Verkehrssicherheit
Hohe Haus beschäftigen werden, auf einem andern und der Wirtschaftlichkeit einen Anspruch hat, und
Wege größere Mittel herbeizuführen. Ich darf mich ich glaube, daß im Rahmen des Menschenmöglichen
hier auch auf die Ausführungen des Herrn Bundes- diesem Anspruch im Haushalt des Verkehrs Rech-
finanzministers bei der Einbringung des Etats be- nung getragen worden ist. Mehr Mittel, als sie im
ziehen. ordentlichen und außerordentlichen Haushalt be-
Interessant ist vielleicht auch eine kurze Dar- reitgestellt sind, konnten leider dem Verkehrs-
stellung der vorgesehenen Autobahnplanungen. In haushalt nicht zugeführt werden. Ich habe die
einer ersten Ausbaustufe im Rahmen eines Zehn- Ehre, Ihnen im Namen des Haushaltsausschusses
jahresplans sind Autobahnen auf folgenden Strek- die Annahme des Einzelplans 12 — Bundesver-
ken vorgesehen: Hamburg—Hannover, Hannover— kehrsministerium — zu empfehlen.
Northeim, südliche Umgehung Hamburgs, südliche
Umgehung Bremens, Bremen—Walsrode, Ober- Vizepräsident Dr. Schneider: Ich danke dem
hausen—Wesel—Emmerich (sogenannte Holland- Herrn Berichterstatter.
linie), Lennep— Wuppertal— Kamen, Köln—Aachen Das Wort hat der Bundesverkehrsminister Dr.
(Reststrecke), Montabaur— Koblenz, Frankfurt- Seebohm.
Würzburg— Nürnberg (eine Abzweigung Hof und
eine Abzweigung Bayreuth), Landstuhl— Saarbrük- Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Herr
ken, Wolnzach— Regensburg, Karlsruhe— Offen- Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-
burg, Stuttgart—Ulm und Rosenheim— Kuf stein. ren! Darf ich zunächst auch meinerseits dem Herrn
WeitrAusbafnoldiemZwan- Berichterstatter herzlich danken für die ausgezeich-
zigjahresplan folgen. nete Zusammenarbeit, die wir in diesen Monaten
Meine Damen und Herren! Diese Mittelbewilli- bei der Herstellung des Haushaltsplans gehabt
gungen stehen unzweifelhaft im Zeichen der haben, und für den wirklich vorzüglichen Bericht,
Finanznot des Bundes. Von den 163,5 Millionen im den er schriftlich niedergelegt hat und den ich dem
außerordentlichen Haushalt für Bundesfernstraßen Studium des Hohen Hauses sehr empfehlen möchte.
entfallen 85,2 % oder 139,3 Millionen auf die Fort- Es ist eine ganz ausgezeichnete Arbeit.
führung von Bauvorhaben und nur 14,8 % oder Der Verkehrsausschuß hat am 9. März zur Frage
24,2 Millionen auf neue Bauvorhaben. Für die Un- der Wiederaufbaudarlehen an die Seeschiffahrt
terhaltung der Bundesstraßen und Bundesauto- einen Antrag angenommen, der folgendermaßen
bahnen sind 78,9 Millionen vorgesehen, für Um- lautet:
und Ausbau der Bundesstraßen und Bundesauto-
bahnen 64,1 Millionen — für 50 laufende Maßnah- Der Ausschuß für Verkehrswesen erwartet,
men und 70 neue Vorhaben —, für den Neubau von daß gelegentlich der abschließenden Beratung
Bundesstraßen und Bundesautobahnen 70 Millionen. des Haushalts im Plenum von der Bundes-
Insgesamt handelt es sich hierbei um 90 Bauvor- regierung konkrete Angaben über das künf-
haben, in der Hauptsache um Ortsumgehungsstra- tige Schiffbauprogramm gemacht werden.
ßen. Für neue Baumaßnahmen steht also, wie ich Ich möchte, bevor in die Debatte über den Haus-
Ihnen gezeigt zu haben glaube, leider sehr wenig halt eingetreten wird, diesem Wunsche des Ver-
Geld zur Verfügung. Ich möchte nicht unterlassen, kehrsausschusses nachkommen.
in diesem Zusammenhang auf die große Bedeutung Die gesamte seegehende deutsche Handelsflotte
der Umgehungsstraßen zur Erhaltung der Orts- umfaßt zur Zeit rund 2,250 Millionen BRT. Zieht
durchfahrten, so wie sie nun einmal sind, und auch man davon den nicht Handelszwecken dienenden
zur Erhaltung der alten Häuser, insbesondere der Schiffsraum — Fischereifahrzeuge, Schlepper,
Fachwerkhäuser in kleinen Städten, hinzuweisen. Leichter, Hebefahrzeuge und die übrige Neben-
Eine bedauerliche Tatsache ist die Senkung des tonnage — ab, so verbleiben rund 2,050 Millionen
Ansatzes zur Beseitigung von Frostschäden. Wir BRT. Mit den noch in Bau befindlichen Schiffen,
hatten im Vorjahr noch 19,9 Millionen, für diesen die teils im Rahmen von Schiffbauprogrammen
Zweck im Haushalt, während es in diesem Jahr mit Bundesmitteln gefördert, teils mit 7 d-Geldern
nur zu 8 Millionen gereicht hat. Für die Beseitigung oder anderweitig finanziert werden, wird sich ein
von Kriegsschäden sind 45,6 Millionen erforderlich. Bestand von rund 2,5 Millionen BRT ergeben. Der
Ein Wort darf ich zu dem Verhältnis zwischen Zuwachs wird zum großen Teil noch im Laufe die-
Bund und Gemeinden im Straßenbau sagen. Im ses Jahres, spätestens im Jahre 1955 in Fahrt kom-
Haushalt sind an Zuschußmitteln für den Ausbau men. Der Finanzierung dieser zum Teil noch in
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(Bundesminister Dr. Seebohm)
Bau befindlichen Schiffe dienen die 70 Millionen von Reedern durch hohe Frachtraten Vorteile brin
DM, die in dem Ihnen vorliegenden Haushalt, zu-
. gen können, nämlich denen, die schon 1951 Schiffe
sätzlich zu den in den voraufgegangenen vier Jah- zur Verfügung hatten. Im übrigen hat er lediglich
ren bewilligten 340 Millionen DM, vorgesehen sind. zu einer Erhöhung der Betriebskosten und auch zu
Die Beschränkung auf 70 Millionen DM war durch einer Erhöhung der Baukosten geführt.
die Leistungsfähigkeit des Haushalts bedingt. Wie Damit komme ich zu einem Punkt, der mir für
der Herr Berichterstatter schon gesagt hat, wird die Entwicklung der Werftlage in der nächsten
ein Rest — er beträgt 31 Millionen DM — auf das Zeit entscheidend zu sein scheint. Obwohl die Ree-
nächste Jahr vorgetragen. der wissen, daß wir ihnen für ein Gespräch über
Die beteiligten Stellen sind sich darüber klar, weitere Neubauten zur Verfügung stehen, gehen
daß die 2 1/2 Millionen BRT noch nicht ausreichen, die Anträge bisher nur spärlich ein. Das hat zwei-
um die Bedürfnisse der deutschen Volkswirtschaft fellos konjunkturelle Gründe; denn das Niveau
an seegängigem Schiffsraum zu befriedigen. Zu des Weltfrachtenmarktes ist so abgesunken, daß
diesem Ergebnis kommt man, gleichgültig, ob man es schwer ist, die fixen Kosten einzufahren. Um
von der Bevölkerung der Bundesrepublik ausgeht, so wichtiger ist unter diesen Umständen die Höhe
ob man ihr gesamtes Außenhandelsvolumen zu- der Werftpreise für Neubauten. Aus Äußerungen
grunde legt oder ob man die im Auslandsgüterver- ergibt sich, daß die Werftpreise vielfach mit Recht
kehr über See zu befördernde Gütermenge als als zu hoch angesehen werden. Das liegt vor allem
Maßstab wählt. Berücksichtigt man ferner, daß an den hohen Materialpreisen, insbesondere für
rund 700 000 BRT des gegenwärtigen Schiffsbe- Eisen. Die gleichen Gründe dürften übrigens auch
standes älter als 20 Jahre sind und daß ihr Ersatz das Ausbleiben von Auslandsaufträgen erklären.
im Laufe kurzer Zeit, wenn nicht schon aus tech- Was nun die Frage der weiteren Finanzierung
nischen, so doch aus wirtschaftlichen Gründen ge- der Neubauten anbetrifft, so darf ich darauf hin-
boten ist, so kann man für die nächsten Jahre von weisen, daß zur Zeit, nämlich bis Ende dieses Jahres,
einem Baubedarf ausgehen, der über einer Million die Schiffahrt noch über die Möglichkeiten des
BRT liegen wird. § 7 d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes verfügt.
Ich hoffe, daß es den Reedern gelingen wird, auch
Die Frage, ob der Wiederaufbau und die Verjün- in diesem Jahre wieder zinslose Darlehen und ver-
gung der Handelsflotte fortgeführt werden sollen, lorene Zuschüsse aus dieser Quelle auf sich zu
muß also von unserem Standpunkt aus bejaht wer- ziehen. Ende vorigen Jahres haben wir noch im
den. Die Initiative dazu muß jedoch bei unseren wesentlichen mit Hilfe dieser Bestimmung die Vor-
Reedern liegen. Von ihren Verbänden und aus aussetzungen für den Bau von weiteren rund
Pressemeldungen wissen die Reeder, daß sie An- 145 000 BRT schaffen können. Diese Übergangs-
träge auf Finanzierung von Neubauten vorlegen lösung. und eine ähnliche, im Ausmaß geringere
können. Die darin vorgetragenen Bauabsichten Aktion der letzten Zeit für weitere 20 000 BRT
werden dann, genau wie auch früher, daraufhin haben die Reeder in die Lage versetzt, weitere Auf-
geprüft werden müssen, ob sie einem volkswirt träge bis zu etwa 165 000 BRT verteilen zu kön-
schaftlichen und schiffahrtspolitischen Bedürfnis nen. Damit wird sich die Lage wenigstens bei eini-
in solchem Maße entsprechen, daß eine Kredithilfe gen Werften entspannen. Soweit Reeder, die an der
gerechtfertigt ist. Dieser schiffahrtspolitische Ge- Übergangslösung beteiligt sind, Aufträge noch nicht
sichtspunkt muß für den Bundesminister für Ver- erteilt haben sollten, wird ihre Zurückhaltung auch
kehr im Vordergrund stehen. Dabei wird von uns hier mit der Höhe der Baukosten zu erklären sein.
natürlich die Bedeutung der Aufträge für die Schiffsbauprogramme sind stets nichts anderes als
Werftbeschäftigung keinesfalls verkannt. Weiter die Zusammenstellung und Dringlichkeitsordnung
wird dem Umstand Rechnung zu tragen sein, daß der von den Reedern gestellten Anträge. Ohne diese
die Lage der Reedereien sich inzwischen schon recht Anträge lassen sich natürlich auch keine Pro-
unterschiedlich entwickelt hat. Es wird - deshalb gramme aufstellen.
nicht schematisch vorgegangen werden können, Weiterhin werden in Kürze vier Verordnungen
sondern im Einzelfall geprüft werden müssen, ob ergehen, die Schiffspfandbrief- und Schiffbauan-
und in welchem Umfang für einen förderungs- leihen in Höhe von insgesamt 61 Millionen DM in
würdigen Neubau Kredithilfen erforderlich sind. Da- den Genuß der Steuervorteile des Kapitalmarktför-
bei darf ich nochmals ausdrücklich betonen, daß wir derungsgesetzes bringen. Dieser Erfolg ist um so
für den Wiederaufbau unserer Handelsflotte keine mehr zu begrüßen, als die Schiffahrt bisher von
Subventionen gegeben haben, sondern nur Finan- dem Kapitalmarktförderungsgesetz noch nicht den
zierungshilfen, d. h. also Kredite, die wieder ein- erwarteten Nutzen gehabt hat und als auch die
gefahren und zurückgezahlt werden müssen. 61 Millionen DM im wesentlichen zur Konsolidie-
Der Zwang zu sparsamer und wirtschaftlicher rung bisher gegebener Kredite dienen, die revol-
Verwendung von Bundesmitteln darf und wird vierend Gelder freimachen, die dann zur Finan-
nicht dazu führen, daß ein Reeder den Vorzug hat, zierung neuer Bauvorhaben verwandt werden
nur weil er sich mit der geringsten Bundeshilfe sollen.
begnügen könnte. In erster Linie muß das Bau- Der Wegfall des § 7 d Abs. 2 des Einkommen-
vorhaben gefördert werden, das den höchsten steuergesetzes durch das Gesetz über die Kleine
volkswirtschaftlichen Nutzen verspricht. Denn dar- Steuerreform von 1953 wird uns ohne Zweifel vor
über kann kein Zweifel bestehen: Ohne eine Kre- neue Aufgaben stellen. Es ist bereits mehrfach dar-
dithilfe des Bundes sind die deutschen Reeder gestellt worden, welch großen Beitrag diese Finan-
immer noch nicht in der Lage, ihre Flotte weiter zierungsquelle für den Wiederaufbau der deutschen
auszubauen und zu erneuern. Ich muß immer wie- Handelsflotte geleistet hat. Ersatz hierfür wird der
der daran erinnern, daß die Schiffahrt stärker als Kapitalmarkt den Reedern vorerst im erforder-
fast jeder andere Zweig der deutschen Wirtschaft lichen Umfang nicht bieten können; denn es wird
demontiert und auch erst sehr viel später wieder sicherlich geraume Zeit vergehen, bis er so gefestigt
zum Aufbau zugelassen worden ist. Der so oft ge- ist, daß er auch der Schiffahrt zur Verfügung steht.
nannte Korea-Boom hat nur einem kleinen Teil Im übrigen spielt neben der Leistungsfähigkeit des
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 839
(Bundesminister Dr. Seebohm)
Kapitalmarkts auch die Zinsfrage eine entschei- in diesen Fällen mit dem Bundesrat darüber einig,
dende Rolle. Die jetzt üblichen hohen Zinsen kön- daß die in der Regierungsvorlage vorgenommenen
nen die deutschen Reeder keinesfalls tragen, wenn Kürzungen der für diese Zwecke vorgesehenen Mit-
sie gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz wett- tel zu schweren Schäden geführt haben würden, die
bewerbsfähig bleiben sollen, die zum größten Teil aus finanziellen, volkswirtschaftlichen und ver-
über hohe Eigenmittel verfügt und Fremdgelder kehrs- und sozialpolitischen Gründen nicht zu ver-
sehr viel zinsgünstiger zu erhalten vermag. Wir er- antworten gewesen wären.
örtern deshalb schon jetzt das Problem eines Zins- Es ist durchaus die Auffassung meiner Fraktion,
ausgleichs, insbesondere für die Spitzenfinanzie- daß die Planung neuer Kanalbauvorhaben nur mit
rung. Zweifellos wird sich das Ergebnis der Be- äußerster Zurückhaltung betrachtet werden sollte.
ratungen über diese Frage im kommenden Haus- Der Ausbau der im Bau befindlichen Großschiff-
haltsplan niederschlagen. fahrtsstraßen, des Dortmund-Ems-Kanals, des
Mit den beteiligten Stellen besteht Einverneh- Neckars, des Mains und der Mittelweser, muß je-
men darüber, daß der Schiffahrt auch weiterhin doch in einem wirtschaftlicher Vernunft entspre-
Darlehen aus dem ERP-Sondervermögen zugeführt chenden Bautempo zu Ende geführt werden. Mit
werden müssen. Über die Höhe finden zur Zeit Be- Genugtuung kann ich feststellen, daß die mir per-
sprechungen statt, die einen günstigen Verlauf neh- sönlich verständlicherweise besonders am Herzen
men. Sie wissen, daß wir in diesem Jahr 50 Mil- liegende Neckar-Schiffahrtsstraße bei gleichblei-
lionen DM dafür erhalten. benden Haushaltsbeträgen 1957 Stuttgart erreicht
Schließlich bleiben als Grundlage, auf die wir haben wird. An diesem erfreulichen Ergebnis
keinesfalls verzichten können, die Wiederaufbau- haben neben dem Land Baden-Württemberg die
darlehen. Das Gesetz über Darlehen zum Bau und Stadt Stuttgart und ein an der Fertigstellung des
Erwerb von Handelsschiffen von 1950 gilt unver- Kanals interessierter schwäbischer Energieversor-
ändert fort. Die Bedarfsanmeldung für das Rech- gungsverband durch Leistung finanzieller Zu-
nungsjahr 1955 wird zur Zeit vorbereitet. Es wird schüsse gebührenden Anteil. Man hat sich im Land
Sache des Hohen Hauses sein, sich bei den Beratun- Baden-Württemberg beim Neckarkanalbau nicht
gen über die Haushalte der nächsten Jahre schlüssig allein auf den Bund verlassen, sondern ist in die
zu werden, welche Beträge zur Durchführung dieses Finanzierung selbst kräftig mit eingestiegen.
Gesetzes bereitgestellt werden sollen und können. (Abg. Dr. Vogel: Bravo!)
Wir müssen uns aber darüber klar sein, daß an einen
sowohl zur Förderung des Kanalbaus wie auch
Abbau dieser Mittel, die in den außerordentlichen
Haushaltsplänen der kommenden Jahre erscheinen wegen der damit verbundenen Gewinnung elek-
werden, schwerlich gedacht werden kann, falls wir trischer Kraft.
an den dargelegten Zielen des Wiederaufbaus un- Ich hebe dies deshalb hervor, weil ich glaube,
serer Handelsflotte festhalten wollen. Die Wieder- daß diese schwäbische Leistung auch anderen Län-
aufbaudarlehen, mit denen bei Altreedern 40 % der dern und Interessenten zum Vorbild dienen könnte.
Neubaukosten eines Schiffes finanziert werden, Ich denke dabei insbesondere an eine finanzielle
stellen nach wie vor den Grundstock der Schiffs- Förderung des Dortmund-Ems-Kanals durch die
baufinanzierung dar, auf den wir nicht verzichten Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.
können. Durch eine tatkräftige Mitwirkung könnte meines
(Beifall bei den Regierungsparteien.) Erachtens auch hier der Fertigstellungstermin für
den Ausbau des Kanals für das Tausend-Tonnen-
Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der Schiff, der bei gleichbleibenden Bauraten des Bun-
Abgeordnete Gengler. des nicht vor dem Jahre 1960 liegen könnte, er-
heblich vorgezogen werden. Die Industrie des
Gengler (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Ruhrgebietes und der Hafen Emden würden es
Damen und Herren! Der Verkehrshaushalt ist einer ihren Ländern zu danken wissen. Das an die
der wenigen Einzelpläne des Bundeshaushalts, Adresse von Ländern und Interessenten Gesagte
durch den nicht nur eine Behördenorganisation, gilt auch für den Änderungsantrag der Abgeord-
sondern auch ihr Aufgabengebiet, der Verkehr neten Frau Strobel auf Umdruck 50*). Wir haben
selbst, finanziert wird, seien es die Verkehrswege, uns im Haushaltsausschuß die Beschlüsse des Bun-
Schiene, Straße, Wasserstraße, Häfen, Flughäfen, desrates zu eigen gemacht. Bei einem so abgewoge-
seien es die Verkehrsmittel, z. B. in der Seeschiff- nen Kompromiß sollten wir es belassen und auf
fahrt, im Luftverkehr, bei der Eisenbahn. Wie der einen Stimmungswettlauf auf diesem Gebiete ver-
Herr Berichterstatter vorhin mit Recht ausgeführt zichten.
hat, steht daher der Verkehrshaushalt im Brenn-
punkt des öffentlichen Interesses. Bei den Seewasserstraßen muß man naturgemäß
mit anderen Maßstäben rechnen als bei den Bin-
Leider hat sich der Eindruck, der von Rednern nenwasserstraßen. Ich darf dabei insbesondere auf
mehrerer Fraktionen bei der ersten Lesung des die verheerenden Wirkungen der Sturmflut des
Bundeshaushalts schon herausgestellt worden ist, vergangenen Jahres in Holland, Belgien und Eng-
bei eingehender Behandlung dieses Haushaltsplans land hinweisen. Man hat den Eindruck, daß bei
nur bestätigt, daß nämlich für den Verkehr viel der Zumessung der Mittel im Haushalt der See-
zu wenig getan wird. In einzelnen Fällen hat der wasserstraßenverwaltung mit äußerster Sparsam-
Haushaltsausschuß im Einvernehmen mit dem Ver- keit vorgegangen worden ist und daß weitere Ein-
kehrsausschuß besonders einschneidende Kürzun- sparungen schlechterdings unmöglich sind. Hier
gen von Etatsansätzen gegenüber dem Vorjahr werden in den nächsten Jahren erheblich größere
wieder beseitigt. Ich denke vor allem an die Wie- Belastungen zu erwarten sein, besonders wenn man
dererhöhung der Mittel für den Dortmund-Ems- bedenkt, daß die Tiefgänge der großen Übersee-
Kanal von 11 auf 16 Millionen DM, für die Mittel- dampfer weiter zunehmen und infolgedessen auch
weser AG. von 5 Millionen auf 7,8 Millionen DM die Tiefen der Zugangswege zu den deutschen See-
und für die Rhein-Main-Donau AG. von 5 auf
9 Millionen DM. Die beiden Ausschüsse waren sich *) Siehe Anlage 5 Seite 845.
840 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Gengler)
häfen in absehbarer Zeit nicht mehr ausreichen lionen DM für die Beseitigung von schienengleichen
werden. Voran stehen hier die großen Übersee Wegübergängen, schließlich für noch zu besei-
häfen Hamburg und Bremen. tigende Kriegsschäden und Kriegsfolgeschäden
Besonderes Augenmerk bitte ich die Bundes- 530 Millionen DM. Insgesamt sind in der Dring-
regierung dabei auch weiterhin auf die Unterhal- lichkeitsstufe I Ausbaumaßnahmen mit einem Ko-
tung und technische Fortentwicklung des Nord- stenaufwand von rund 4,3 Milliarden DM vorge-
Ostsee-Kanals zu richten, dieser internationalen sehen, davon rund 2 Milliarden DM für Auto-
Schiffahrtsstraße, die in einem gewissen Verhält- bahnen. Die Dringlichkeitsstufe II umfaßt Maßnah-
nis an Bedeutung dem Panamakanal und dem men mit einem Kostenaufwand von weiteren
Suezkanal nicht nachsteht. 4,2 Milliarden DM.
Der Bundesminister für Verkehr hat Ende Ja- Rund 8,5 Milliarden DM sind also erforderlich,
nuar 1954 unter Beteiligung der Bundesminister um das Bundesfernstraßennetz so auszubauen und
des Innern, der Justiz und der Finanzen und der so zu verbessern, daß es den Anforderungen des
für den Verkehr, für die Polizei, für die Finanzen modernen Verkehrs genügt. Die Verkehrsfachleute
und für den Straßenbau zuständigen Minister der sind der Auffassung, daß die Entwicklung des Ver-
Länder bekanntlich eine Konferenz zur Erörterung kehrs den Ausbau der Dringlichkeitsstufe I in
der Fragen der Verkehrssicherheit abgehalten. Auf einem Zeitraum von längstens 8 bis 10 Jahren er-
der Tagung wurde für das Gebiet des Straßen- forderlich macht. Das wird aber die Bereitstellung
baus u. a. eine Resolution gefaßt, die ich wegen von jährlich rund 500 Millionen DM neben den
ihrer programmatischen Bedeutung vortragen will. Mitteln für die laufende Unterhaltung der Bundes-
Die Resolution lautet: straßen und Bundesautobahnen von rund 150 Mil-
lionen DM im Jahr bedeuten. In dieser Relation
Die Träger der Straßenbaulast müssen unver- zeigt sich die Unzulänglichkeit der im außerordent-
züglich alle geeigneten finanziellen Möglich- lichen Haushalt ausgebrachten 163 Millionen DM.
keiten ausschöpfen, um dem Straßenbau die Hier stehen eben Notwendigkeiten des Verkehrs
für den beschleunigten Um- und Ausbau der und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bundes-
Straßen sowie den Weiterbau der Bundesauto- haushalts in einem kaum zu überbrückenden Miß-
bahnen notwendigen Mittel zur Verfügung zu verhältnis.
stellen. Durch enge Zusammenarbeit der Be-
teiligten müssen schwerpunktmäßig möglichst Einen gewissen Lichtblick gibt das vom Kabinett
durchgehende Straßenzüge verbessert werden, inzwischen im Entwurf verabschiedete Verkehrs-
um die übrigen Straßen in kurzer Frist vom finanzgesetz, nach dem den Bundesstraßen rund
Fernverkehr weitestgehend zu entlasten und 100 Millionen DM jährlich aus zusätzlichem Steuer-
ein leistungsfähiges Grundnetz zu schaffen. Die aufkommen zufließen sollen. Ich begrüße die im
Hauptverkehrsadern der Städte sind durch Gesetzentwurf niedergelegte Absicht der Bundes-
Neubau oder Erweiterung den heutigen und regierung, den Autobahnbau mit Hilfe einer Auto-
künftigen Anforderungen des Straßenverkehrs bahnfinanzierungsgesellschaft weiter zu forcieren.
anzupassen. Der Bau von Umgehungsstraßen Der Kraftwagenbenutzer wird für die Anhebung
ist dabei besonders zu fördern. Die Park- der Mineralölsteuer sicherlich Verständnis haben,
raumnot ist durch Bau öffentlicher und För- wenn ihm dafür die Gewähr gegeben wird, daß
derung privater Parkplätze zu beheben. Der mit Hilfe des Mehraufkommens für die Verkehrs-
Fahrradverkehr ist durch Anlage von Rad- wege etwas Entscheidendes getan wird. Mit den
wegen grundsätzlich von den vorwiegend dem aus der beabsichtigten Anhebung der Mineralöl-
Kraftfahrzeugverkehr dienenden Straßen zu steuer dem Straßenbau zufließenden 100 Millionen
trennen. Besonderer Wert muß auf Führung DM würden für Straßenbauinvestitionen rund
des Fahrradverkehrs bei verkehrsreichen Stra- 263 Millionen DM gegenüber dem vorhin genann-
ten Bedarf von 500 Millionen DM zur Verfügung
ßenkreuzungen gelegt werden. - stehen. Es ist daher weiterhin anzustreben, die
Dieses Programm, meine Damen und Herren, hier noch klaffende Lücke zu schließen. Mit dem
dürfte auf die einmütige Unterstützung des Bun- Ausbau der Straßen dienen wir nicht nur dem
destages rechnen. Verkehr und der Wirtschaft, sondern, wie die Re-
Dabei stellt sich jedoch sogleich die Frage, ob solution mit Recht hervorgehoben hat, auch der
der Bundeshaushalt mit seinem jetzigen Volumen Verkehrssicherheit. Wir werden bei der Beratung
diesen Anforderungen gerecht wird. Um diese des von der Bundesregierung beschlossenen Ent-
Frage beantworten zu können, ist es notwendig, wurfs eines Verkehrssicherheitsgesetzes Gelegen-
sich die Größenordnung vor Augen zu halten, die heit erhalten, auf diese Fragen zurückzukommen.
in diesem Programm steckt. Ich entnehme einem Verkehrssicherheit ist zudem nicht, wie manche
im letzten Heft der Zeitschrift „Straße und Auto- Leute meinen, eine bloße Polizeifrage, sondern
bahn" erschienenen Aufsatz des Leiters der Ab- auch eine Aufgabe: neuzeitliche Verkehrserziehung
teilung Straßenbau des Bundesverkehrsministe- und gemeinsame Rücksichtnahme von Kraftfah-
riums, daß dieses Ministerium in Zusammenarbeit rern wie Fußgängern.
mit den Straßenbauverwaltungen der Länder als Einiges zur Lage der Bundesbahn. Ihre Finanzen
Auftragsverwaltungen ein Bauprogramm für die nehmen eine bedrohliche Entwicklung. Der Wirt-
Reihenfolge des Ausbaus der Bundesfernstraßen schaftsplan 1954 rechnet mit einem Defizit von
ausgearbeitet hat. 794 Millionen DM. Vorstand und Verwaltungsrat
Dieses Programm sieht zwei Dringlichkeitsstufen der Deutschen Bundesbahn sowie der Bundesver-
vor. In der Dringlichkeitsstufe I sind für die Fer- kehrsminister sind der Auffassung, daß die Aus-
tigstellung bzw. den Neubau von Strecken natio- gabenansätze des Wirtschaftsplans die unterste
naler und internationaler Bedeutung rund 2,7 Mil- Grenze für die Aufwendungen darstellen, die zur
liarden DM vorgesehen, davon 1,8 Milliarden DM Fortführung der Bundesbahn unter Berücksichti-
für Autobahnen, für den Ausbau von Bundes- gung der Sicherheit des Betriebes und der Ver-
straßen rund 1,1 Milliarden DM, davon 935 Mil- kehrsbedürfnisse erforderlich sind. Gemäß § 4
lionen DM für Umbaumaßnahmen und 150 Mil- Abs. 2 des Bundesbahngesetzes sind im Verkehrs-
2. Deutscher Bundestag - 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 841
(Gengler)
haushalt als Darlehen an die Deutsche Bundesbahn Sehr erfreulich ist die Steigerung beim Aus-
250 Millionen DM im ordentlichen und 90 Millio- länderreiseverkehr: 5,4 Millionen Übernachtungen
nen DM im außerordentlichen Haushalt vorgese- 1953 gegenüber 4,4 Millionen Übernachtungen 1952
hen. Beide Beträge sind im Wirtschaftsplan der und ein Devisenaufkommen von 650 Millionen DM
Bundesbahn in der Investitionsrechnung unter 1953 gegen 470 Millionen DM 1952 zeigen die Nütz-
Fremdmitteln ausgewiesen. Sie dienen nicht der lichkeit der Fremdenwerbung. Diese Ergebnisse
Abdeckung des Defizits von 794 Millionen DM. sind nicht nur nach der materiellen Seite, sondern
Der vorliegende Bundeshaushalt bringt also auch hinsichtlich des Abbaues der trennenden
keine Deckung dieses Defizits der Bundesbahn. Schranken zwischen den Völkern zu begrüßen. Wir
Bei der in Frage stehenden Größenordnung kann Deutsche haben die Aufgabe, ein Land der Gast-
er das wohl auch nicht, da für irgendwelche weite- lichkeit und der Völkerverbindung zu sein. Das
ren wesentlichen Zuschüsse an die Bundesbahn muß schon an der Grenze beginnen.
die Deckung noch fehlt. Die Vertreter der Bundes- (Zustimmung in der Mitte.)
regierung haben bei der Ausschußberatung erklärt,
daß weitere Hilfen für die Bundesbahn erforder- Ich glaube aussprechen zu können, daß auch die
lich seien, sie hätten jedoch noch nicht in die Haus- Deutsche Bundesbahn durch gute, moderne Züge
haltsrechnung eingeplant werden können, da sie in ihren besonderen Anteil an der Steigerung im Aus-
engstem Zusammenhang mit den in Vorbereitung länderreiseverkehr hat.
befindlichen Verkehrs- und steuerlichen Maßnah-
men stünden. Wir müssen uns vorerst mit dieser Der Herr Bundesminister hat vorhin Veran-
Erklärung zufrieden geben, da dieser Zusammen- lassung genommen, über Fragen des Wiederauf-
hang mit den vom Kabinett vor einer Woche ver- baues der deutschen Handelsschiffahrt zu sprechen.
abschiedeten Gesetzentwürfen nicht bestritten Wir haben von diesen Erklärungen des Herrn
werden kann. Ohne hier auf bekanntgewordene Bundesministers mit Befriedigung Kenntnis ge-
Einzelheiten der beiden Entwürfe eingehen und nommen und hoffen, daß die weiteren Bemühun-
mich mit ihnen identifizieren zu wollen, glaube gen für den Ausbau der deutschen Handelsflotte
ich, daß man ihre Zielsetzung, nunmehr Ordnung mit Erfolg vorangetrieben werden können.
in die sich immer mehr zuspitzenden Wettbewerbs-
verhältnisse im Verkehr zu bringen und dabei für Ebensowenig wie auf eine eigene Handelsflotte
die Bundesbahn möglichst gleiche Startbedingun- kann ein Land, dessen Industrie und Wirtschaft
gen in der Konkurrenz zur Straße zu schaffen, nur mit der Weltwirtschaft so verflochten ist wie die
wird unterstützen können. unsere, auf eine eigene Handelsluftfahrt verzichten.
Diese Grundauffassung hat sich der Deutsche
Bei der nach Klärung der Dinge dem Bundestag Bundestag bereits beim vorjährigen Haushalt zu
in einem Nachtragshaushalt vorzuschlagenden eigen gemacht. Man war sich dabei im klaren, daß
weiteren finanziellen Hilfe für die Deutsche Bun- der Aufbau einer eigenen Luftfahr t in den ersten
desbahn sehe ich es als eine Voraussetzung für die
JahreniblcBastungmihbre
Gesundung der Deutschen Bundesbahn an, daß sie würde. Für die Beurteilung der Höhe dieser Aus-
von betriebsfremden Personallasten, die an der gaben war es uns, wie bereits der Berichterstatter,
Entstehung des Defizits wesentlich beteiligt sind,
befreit wird. Die betriebsfremden Personallasten Herr Kollege Ritzel, ausgeführt hat, sehr wertvoll,
sind von der Bundesbahn für das Wirtschaftsjahr daß kürzlich Vertretern der Fraktionen aus dem
1953 mit 436 Millionen DM beziffert worden. Die Haushalts- und dem Verkehrsausschuß die Mög-
Bahn muß unverzüglich wieder auf eine gesunde lichkeit gegeben wurde, interessante Einblicke in
finanzielle Grundlage gestellt werden. Sie muß in die Verhältnisse bei der Luftfahrtgesellschaft der
die Lage versetzt werden, ihre noch nicht be- Schweiz zu erhalten. In einem sehr instruktiven
seitigten Kriegsschäden, die kürzlich im Verkehrs- Vortrag des Präsidenten der Gesellschaft sind uns
ausschuß mit 1,2 Milliarden DM beziffert worden die verschiedenen Probleme nahegebracht worden,
sind, und ihre Kriegsfolgeschäden, insbesondere die mit dem Aufbau einer Luftverkehrsgesellschaft
den angestauten Nachholbedarf, für den noch verknüpft sind. Die an dieser Besprechung Be-
1,3 Milliarden DM aufzuwenden sind, in angemes- teiligten haben die Erkenntnis gewonnen, daß es
sener Zeit zu beheben, ferner die notwendigen Mit- ratsam ist, in aller Bescheidenheit mit dem Aufbau
tel für die technische Rationalisierung und Mo- eines eigenen Luftverkehrs zu beginnen, daß es
dernisierung, insbesondere für eine durchgreifende jedoch eine unterste Grenze der Betriebskapazität
Elektrifizierung, aufzunehmen. Für diese wirt- gibt, unterhalb derer eine Rentabilität aus den
schaftlichen Zwecke der Bundesbahn ist auch eine verschiedensten Gründen nicht mehr gewährleistet
größere Anleihe erforderlich und zu bejahen. Von ist. Auch für die beim Aufbau einer Luftverkehrs-
der Bundesbahn muß erwartet werden, daß sie gesellschaft zu beachtende Materialpolitik sind uns
selbst durch organisatorische Vereinfachungsmaß- wertvolle Fingerzeige gegeben worden. Einheitlich-
nahmen und weitere Restriktionen des Personal- keit des Materials, d. h. Indienststellung von mög-
standes ernsthaft zu .dem erstrebten Erfolg beizu- lichst wenig Flugzeugtypen und Vermeidung aller
tragen bemüht ist. Experimente mit Flugzeugen, die sich noch in der
Entwicklung befinden, ist eine Grundvoraussetzung
Nicht übersehen darf man auch die Leistungen für die Rentabilität.
der Bundesbahn in Sozialtarifen verschiedenster
Art, bei denen die Bahn erheblich zuzahlt, weiter- Bei der Bedeutung, der Größe und dem Umfang
hin die Aufgabe der Versorgung des flachen der Aufgaben des Verkehrs zu Wasser und zu
Landes. Bei den vielen weitergehenden Wünschen Lande kann man nur das Bedauern darüber aus-
auf freie oder verbilligte Fahrten bei der Bundes- sprechen, daß die finanziellen Möglichkeiten uns
bahn gewinnt man oft den Eindruck, daß hier die bei diesem Haushalt auf wichtigen Gebieten harte
notwendigerweise einzuhaltenden Grenzen nicht Grenzen gezogen haben. Von dem Bundesfinanz-
gesehen werden. Bestens anzuerkennen sind die minister wird gar vieles verlangt, was in der
großen Fortschritte bei der Bundesbahn im Zug- Summierung dann in die Milliarden geht. Beim
verkehr und in der Ausstattung der Wagen. Verkehr liegen aber auch wichtige wirtschaftliche
842 2. Deutscher Bundestag - 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954
(Gengler)
und soziale Aufgaben und Forderungen. Man be- mit der dritten Lesung bis zum Freitag zu Ende
achte nur die große wirtschaftliche und soziale kommen wollen. Gemäß einer interfraktionellen
Auswirkung auf die Beschäftigung als die Grund- Vereinbarung sind wir jetzt am Ende der heutigen
lage echter Sozialpolitik überhaupt. Sitzung.
Zum Schluß möchte ich allen Beteiligten im Ver- Bevor ich schließe, darf ich noch bekanntmachen,
kehr den besten Dank für ihre verdienstvollen daß die FDP-Fraktion anschließend eine kurze
Leistungen aussprechen. Wir wissen, daß die ar- Fraktionssitzung abhält.
beitenden Menschen des Verkehrs sehr oft in
anderer Weise und Zeit, in Nacht- und Sonntags- Gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung
arbeit tätig sind. Für ihre unverdrossene Arbeit bitte ich die Damen und Herren des Ältestenrates
gebührt ihnen unser aller Dank und Anerkennung. für morgen früh 8 Uhr 30 zu einer Sitzung, in der
(Beifall in der Mitte.) die Zeitfolge und die Arbeitsstunden des Parla-
ments noch einmal behandelt werden sollen. Ange-
Vizepräsident Dr. Schneider: Ich bedaure sehr, sichts der Redefreudigkeit, die sich heute gezeigt
daß wir den Haushalt des Bundesverkehrs- hat, fürchte ich, daß wir morgen um 5 Uhr nicht
ministeriums, Einzelplan 12, heute nicht mehr zu werden Schluß machen können. Wahrscheinlich
Ende bringen können, obwohl wir uns eigentlich wird es länger dauern.
vorgenommen hatten, heute auch noch den Einzel- Ich berufe die nächste, die 24. Sitzung auf morgen
plan 09, Bundesministerium für Wirtschaft, zu be- früh 9 Uhr und schließe die heutige Sitzung.
handeln. Wenn das so weitergeht, sehe ich nicht,
wie wir mit der zweiten Lesung, geschweige denn (Schluß der Sitzung: 17 Uhr 08 Minuten.)
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 843

Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 28)
zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans
für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers


und des Bundeskanzleramtes
(Drucksachen 200, 350, 354)

Der Bundestag wolle beschließen: tages aus drei Mitgliedern des Bundestages zu
bildenden Kommission und der Prüfung durch
In Kap. 0403 Tit. 300 „Zur Verfügung des Bundes- den Präsidenten des Bundesrechnungshofes.
kanzlers für Förderung des Informationswesens" Die Erklärungen der Kommission und des
erhält der Zweckbestimmungsvermerk folgende Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden
Fassung: die Grundlage für die Entlastung der Bundes-
„Die Mittel sind übertragbar. regierung."
Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses Bonn, den 6. April 1954
Betrages unterliegt der Prüfung einer nach
Maßgabe der Geschäftsordnung des Bundes Ollenhauer und Fraktion

Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung

-
Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 32)
zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans
für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers


und des Bundeskanzleramtes
(Drucksachen 200, 350, 354)

Der Bundestag wolle beschließen,


in Kap. 0403 den Tit. 300 um 4 000 000 DM
zu kürzen auf 6 000 000 DM.
Bonn, den 7. April 1954
undFraktio Olenhaur
844 2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954

Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 24)
zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans
für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Auswärtigen Amts
(Drucksachen 200, 350, 355)

Der Bundestag wolle beschließen: dafür zu sorgen, daß der für das Auswärtige Amt
bestellte Staatssekretär sich denjenigen Aufgaben
Der Bundeskanzler wird ersucht, in Ausführung widmet, die einem Staatssekretär als dem in erster
des Bundestagsbeschlusses vom 31. März 1950 — Linie für den Verwaltungsapparat eines Ministe-
Drucksache 813 Nr. 2 der 1. Wahlperiode — riums verantwortlichen Beamten obliegen.
„Der Bundeskanzler wird ersucht, alsbald Bonn, den 6. April 1954
einen Staatssekretär für das Auswärtige Amt
zu ernennen." Ollenhauer und Fraktion

Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 25)
zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans
für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Auswärtigen Amts

(Drucksachen 200, 350, 355)

Der Bundestag wolle beschließen: und beschleunigt eine Überprüfung der Auslands-
behörden unter den Gesichtspunkten der verwal-
Die Bundesregierung wird ersucht, tungsmäßigen Zweckmäßigkeit und der mit der
die schon bisher im Haushaltsplan vorgesehene sachgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben zu verein-
B 7 a Stelle eines Inspekteurs der Auslandsvertre- barenden möglichsten Sparsamkeit vorzunehmen.
tungen (Gesandter zu besonderer Verwendung)
nunmehr durch einen mit den Verwaltungsfragen
des auswärtigen Dienstes vertrauten Beamten zu Bonn, den 6. April 1954
besetzen, ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben zwei
in derselben Weise erfahrene Beamte zuzuteilen Ollenhauer und Fraktion
2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 845

Anlage 5 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung

Änderungsantrag
der Abgeordneten Frau Strobel, Bauer (Würzburg), Op den Orth und Genossen
(Umdruck 50)
zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans
für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 12 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers für Verkehr
(Drucksachen 200, 350, 362)

Der Bundestag wolle beschließen:


In Kap. A 1203 Tit. 760 (Beteiligung an dem Bau-
vorhaben der Rhein-Main-Donau A. G.) ist statt
„9 000 000 DM" zu setzen „10 000 000 DM".

Bonn, den 7. April 1954

Frau Strobel Herold Müller (Erbendorf)


Frau Albrecht Höhne Reitzner
Bals Hörauf Sassnick
Baur (Augsburg) Kahn-Ackermann Seidel (Fürth)
Behrisch
Dr. Kreyssig Seuffert
Dewald
Frenzel Kurlbaum Thieme
Hauffe Marx Wagner (Deggenau)
Bauer (Würzburg) Op den Orth Zühlke

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