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2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6.

Mai 1954 1205

Antrag der Abgeordneten Leukert, Dr.


Götz, Kuntscher u. Gen. betr. Förde-
rung der ländlichen Siedlung,

Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr.


Landarbeiterwohnungsbau
(Drucksachen 496, 325, 326, 327, 329, 330,
331), ferner in Verbindung mit der

Beratung des Mündlichen Berichts des


Haushaltsausschusses über den Antrag
der Abg. Dr. Gleissner (München), Lücker
(München) u. Gen. betr. Abgeltungsbe-
trag an das Wirtschaftswissenschaftliche
Forschungsinstitut in München (Druck-
sachen 497, 328) sowie mit der
28. Sitzung Beratung des Mündlichen Berichts des
Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954. Haushaltsausschusses über den Antrag
der Abg. Etzenbach, Lücke u. Gen. betr.
Ersatzstraße für die Bundesstraße 56
Bonn/Beuel—Siegburg (Drucksachen 498,
336) 1211 A, 1271
Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1210 C, 1264 A
Allgemeine Aussprache:
Glückwünsche zu Geburtstagen der Dr. Gülich (SPD) 1211 B, 1229 D
Abg. Demmelmeier, Wittenburg und
Rümmele 1210 D Schäffer, Bundesminister der
Finanzen 1221 A
Nächste Fragestunde 1210 D Arndgen (CDU/CSU) 1223 A
Lenz (Trossingen) (FDP) 1224 C
Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Dr. Eckhardt (GB/BHE) 1227 B
Anfrage 45 betr. Entschädigung für
1944/45 in westdeutschen Grenzkreisen Dr. Schild (Düsseldorf) (DP) . . 1228 B
abgetriebenes Vieh (Drucksachen 406,
503) 1210 D Einzelberatung:
Einzelplan 01 — Haushalt des Bundes-
Dritte Beratung des Entwurfs eines Geset- präsidenten und des Bundespräsidial-
zes über die Feststellung des Bundeshaus- amtes 1232 C
haltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954) (Drucksachen 200, Einzelplan 02 — Haushalt des Deutschen
350 bis 379, zu 356); Zusammenstellung Bundestages (Umdrucke 95, 99, 100) . . 1232 C,
der Beschlüsse in zweiter Beratung (Um- 1272 A, B, 1273
druck 87) in Verbindung mit der
Dr. Reif (FDP) 1232 D, 1238 A
Beratung des Mündlichen Berichts des Dr. Mende (FDP) 1233 B, 1239 B
Haushaltsausschusses über den Entschlie- Schäffer, Bundesminister der
ßungsantrag der Fraktion der SPD zur Finanzen 1234 B
zweiten Beratung des Entwurfs eines Ge-
setzes über die Feststellung des Bundes- Brese (CDU/CSU) 1235 A
haushaltsplans für das Rechnungsjahr Frau Rösch (CDU/CSU) 1236 A
1954 (Haushaltsgesetz 1954), Einzelplan 45
— Haushalt Finanzielle Hilfe für Berlin D. Dr. Ehlers (CDU/CSU) . . . 1236 C
(Drucksache 495, Umdruck 42), mit der Dr. Menzel (SPD) 1237 C
Dr. Mommer (SPD) 1238 C
Beratung des Mündlichen Berichts des
Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) über Überweisung der Anträge Umdrucke
den 100 und 99 an den Haushaltsausschuß 1239 D
Abstimmungen 1239 D
Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr.
Förderung der Magermilchverwertung
Einzelplan 03 - Haushalt des Bundes-
Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. rates 1239 D
Bekämpfung der Rindertuberkulose,
Antrag der Abg. Dr. Horlacher, Dr. Gleiss- Einzelplan 04 — Haushalt für den Ge-
ner (München), Dr. Dr. h. c. Müller schäftsbereich des Bundeskanzlers und
(Bonn), Bauknecht u. Gen. betr. Ver- des Bundeskanzleramtes (Umdrucke 60,
billigung von Dieselkraftstoff, 73, 74) 1239 D, 1276, 1274, 1277
Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Dr. Lenz (Godesberg) (CDU/CSU) . 1240 A
Förderung der Landtechnik, Abstimmungen 1240 B
1206 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Einzelplan 05 — Haushalt für den Ge Einzelplan 20 — Haushalt des Bundes


schäftsbereich des Auswärtigen Amts rechnungshofes 1249 A
(Umdrucke 24, 25) 1240 D
1240 D Einzelplan 24 — Haushalt für den Ge-
Abstimmungen schäftsbereich des Bundesministers für
wirtschaftliche Zusammenarbeit (Um-
Einzelplan 06 — Haushalt für den Ge- druck 56) 1249 A, 1289
schäftsbereich des Bundesministers des
Innern (Drucksachen zu 356, 496; Um- Arndgen (CDU/CSU) 1249 B
drucke 75, 76) . . . . 1240 D, 1277, 1278 Abstimmung 1249 B
Maier (Freiburg) (SPD) 1241 A
Einzelplan 25 — Haushalt für den Ge-
Dr. Schröder, Bundesminister schäftsbereich des Bundesministers für
des Innern 1242 A
Wohnungsbau (Umdrucke 23 [neu], 85
Abstimmungen 1242 B [neu]) 1249 B, 1290, 1291
Dr. Schild (Düsseldorf) (DP) . . . 1249 B
Einzelplan 07 — Haushalt für den Ge- Dr. Hesberg (CDU/CSU) . 1249 C, 1250 A
schäftsbereich des Bundesministers der
Justiz 1243 D Jacobi (SPD) 1249 C, 1250 B
Abstimmungen 1250 D
Einzelplan 08 — Haushalt für den Ge-
schäftsbereich des Bundesministers der Einzelplan 26 — Haushalt für den Ge-
Finanzen 1243 D
schäftsbereich des Bundesministers für
Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegs-
Einzelplan 09 — Haushalt für den Ge- geschädigte 1251 A
schäftsbereich des Bundesministers für
Wirtschaft (Umdrucke 31 [neu], 52, 77, Einzelplan 27 — Haushalt für den Ge-
86, 98) 1242 B, 1279 bis 1282 schäftsbereich des Bundesministers für
Dr. Deist (SPD) 1242 C gesamtdeutsche Fragen (Umdrucke 80,
Dr. Höck (CDU/CSU) 1243 A 81, 87 Ziffer 2) . . . . 1251 A, 1291, 1292

Abstimmungen 1243 B, D Einzelplan 28 — Haushalt für den Ge-


schäftsbereich des Bundesministers für
Einzelplan 10 — Haushalt für den Ge- Angelegenheiten des Bundesrates (Um-
schäftsbereich des Bundesministers für druck 102) 1251 B, 1295
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
(Umdrucke 27, 91, 92, 94, 96, 97) . . . 1243 D, Einzelplan 29 — Haushalt für den Ge-
1282 bis 1287 -
schäftsbereich des Bundesministers für
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 1243 D Familienfragen (Umdruck 102) 1251 C, 1295
Frau Strobel (SPD) . . . . 1244 D, 1246 C
Namentliche Abstimmung über den
Krammig (CDU/CSU) 1246 A Änderungsantrag der Fraktion der
Frau Dr. Jochmus (CDU/CSU) . 1246 B SPD auf Streichung des Einzelplans 29
(Umdruck 102) 1251C, D, 1307
Frau Dr. Steinbiß (CDU/CSU) . 1247 A
Abstimmungen 1247 B Zur Geschäftsordnung, — Antrag auf
Unterbrechung der Sitzung:
Einzelplan 11 — Haushalt für den Ge- Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . . 1251 D
schäftsbereich des Bundesministers für Unterbrechung der Sitzung . . . 1252 A
Arbeit (Umdruck 89) 1247 C, 1288
Dr. Preller (SPD) ......... 1247 C Einzelplan 30 — Haushalt der Bundes-
Schäffer, Bundesminister der minister für besondere Aufgaben (Um-
Finanzen 1248 B druck 102) 1252 A, 1295
Horn (CDU/CSU) 1248 C
Einzelplan 32 — Haushalt der Bundes
Abstimmungen 1248 D schuld 1252 B

Einzelplan 12 — Haushalt für den Ge- Einzelplan 35 — Haushalt der Verteidi-


schäftsbereich des Bundesministers für gungslasten (Umdruck 76 Ziffer 2) . 1252 B
Verkehr 1248 D
Einzelplan 40 — Haushalt der sozialen
Einzelplan 13 — Haushalt für den Ge- Kriegsfolgeleistungen (Umdrucke 62,
schäftsbereich des Bundesministers für 88, 101, 103, 104) 1252 C,
das Post- und Fernmeldewesen . . . 1249 A
1294, 1296 bis 1299
Einzelplan 19 — Haushalt des Bundes- Traub (SPD) 1252 C, 1253 B
verfassungsgerichts (Umdruck 87) . . 1249 A Frau Dr. Probst (CDU/CSU) . . 1253 A, B
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Schäffer, Bundesminister der Erste Beratung des von der Fraktion der
Finanzen 1253 C FDP eingebrachten Entwurfs eines G e-
Schneider (Bremerhaven) (DP) . 1254 A setzes zur Änderung des Beförderung-
steuergesetzes (Drucksache 424) . . . . 1263 A
Abstimmungen 1253 C, D, 1254 B
Überweisung an den Ausschuß für Finanz-
und Steuerfragen und an den Ausschuß
Einzelplan 45 — Haushalt Finanzielle für Verkehrswesen 1263 A
Hilfe für Berlin (Umdrucke 19 [neu],
42, 79, 82, 84) . . . . 1254 C, 1301 bis 1303
Erste Beratung des vom Bundesrat einge-
Dr. Reif (FDP) 1254 C, 1258 B brachten Entwurfs eines Gesetzes über
Brandt (Berlin) (SPD) 1254 B, die Übernahme von Zinsen für Aus-
1255 B, 1260 D gleichsforderungen durch die Deutsche
Bundespost und die Deutsche Bundes-
Dr. Gille (GB/BHE) . . . 1256 A, 1257 A bahn (Drucksache 427) 1263 A
Schäffer, Bundesminister der Dr. Nowack, Finanzminister des
Finanzen 1256 C, 1259 D Landes Rheinland-Pfalz (Schrift-
Krammig (SPD): liche Begründung) 1304
als Berichterstatter 1257 C Überweisung an den Ausschuß für Geld
als Abgeordneter 1260 C und Kredit, an den Ausschuß für das
Post- und Fernmeldewesen und an den
Stingl (CDU/CSU) 1259 A
Ausschuß für Verkehrswesen . . . . 1263 B
Arndgen (CDU/CSU) (zur
Abstimmung) 1261 B
Erste Beratung des Entwurfs eines Ge-
Dr. Haas, Senator von Berlin . . 1261 C setzes zur Überleitung der Beteiligung
des ehemaligen Landes Preußen am
Abstimmungen . . 1255 D, 1258 A, 1261 B Grundkapital der Deutschen Pfandbrief-
Namentliche Abstimmung über den anstalt auf den Bund (Drucksache 466) . 1263 B
Entschließungsantrag Umdruck 82 Überweisung an den Ausschuß für Geld
(Anlage 34) . . . . 1256 C, 1257 B, 1307 und Kredit 1263 B
Einzelplan 49 — Haushalt der deutschen
Vertretung der Beratenden Versamm- Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten
lung des Europarates und der Gemein- Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über
samen Versammlung der Europäischen die deutsche Genossenschaftskasse in der
Gemeinschaft für Kohle und Stahl . 1261 D Fassung vom 3. Februar 1951 (Druck-
sache 467) 1263 B
Einzelplan 50 — Haushalt für Angelegen- Überweisung an den Ausschuß für Geld
heiten des Europarats und verwandte und Kredit und an den Ausschuß für
Gebiete 1261 D Ernährung, Landwirtschaft und For-
sten 1263 C
Einzelplan 60 — Haushalt der Allge-
meinen Finanzverwaltung 1261 D
Beratung des Entwurfs einer Sechzehnten
Haushaltsgesetz (Umdruck 89 Ziffer 1) 1261 D Verordnung über Zollsatzänderungen
Schlußabstimmung 1262 A (Drucksache 472) 1263 C
Überweisung an den Ausschuß für Außen-
Absetzung der Beratung der Großen An- handelsfragen und an den Ausschuß
frage der Fraktion der SPD betr. Presse- für Ernährung, Landwirtschaft und
politische Pläne der Bundesregierung Forsten 1263 C
(Drucksache 313, Antrag Umdruck 18)
von der Tagesordnung 1262 A
Beratung des Entwurfs einer Fünften Ver-
Beratung der Übersicht 4 über Anträge ordnung über Zolltarifänderungen aus
von Ausschüssen des Deutschen Bundes- Anlaß der Errichtung des Gemeinsamen
tages betr. Petitionen nach dem Stand Marktes der Europäischen Gemeinschaft
vom 27. März 1954 (Drucksache 409) . 1262 B für Kohle und Stahl (Drucksache 456) . . 1263 C
Beschlußfassung 1262 B Überweisung an den Ausschuß für Außen-
handelsfragen und an den Ausschuß für
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs Wirtschaft 1263 C
eines Gesetzes betr. das Ü bereinkommen
Nr. 45 der Internationalen Arbeitsorgani-
sation vom 21. Juni 1935 über die Be- Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schäftigung von Frauen bei Untertagar- schusses für Außenhandelsfragen über
beiten in Bergwerken jeder Art (Druck- den Entwurf einer Dreizehnten Verord-
sache 288); Mündlicher Bericht des Aus- nung über Zollsatzänderungen (Druck-
schusses für Arbeit (Drucksache 420) . . 1262 B sachen 428, 227) 1263 C
Frau Schroeder (Berlin) (SPD), Dr. Serres (CDU/CSU),
Berichterstatterin . . . . . . . . 1262 B Berichterstatter .. . . . . 1263 D
Beschlußfassung 1262 D Beschlußfassung 1263 D
1208 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- des Ausschusses für Außenhandelsfragen
schusses für Außenhandelsfragen über (Drucksache 502) 1264 D
den Entwurf einer Vierzehnten Verord- Dr. Serres (CDU/CSU),
nung über Zollsatzänderungen (Druck-
sachen 429, 221) 1263 D Berichterstatter 1264 D
Unertl (CDU/CSU), Beschlußfassung 1265 A
Berichterstatter 1264 A
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
Beschlußfassung 1264 A schusses für Wahlprüfung und Immunität
betr. Genehmigung zum Strafverfahren
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes gegen den Abg. Merten (Drucksache 410) 1265 B
betreffend die Erklärung vom 24. Oktober Dr. Dittrich (CDU/CSU),
1953 über die Regelung der Handels- Berichterstatter 1265 B
beziehungen zwischen Vertragspartnern
des Allgemeinen Zoll- und Handels- Beschlußfassung 1265 D
abkommens (GATT) und Japan (Druck-
sache 473) 1264 B Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für Wahlprüfung und Immunität
Überweisung an den Ausschuß für Außen- betr. Genehmigung zum Strafverfahren
handelsfragen 1264 B gegen den Abgeordneten Scheppmann
(Drucksache 421) 1265 D
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes Dr. von Merkatz (DP),
betreffend die Erklärung vom 24. Oktober Berichterstatter 1266 A
1953 über die Verlängerung der Geltungs-
dauer der Zollzugeständnislisten zum Beschlußfassung 1266 B
Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen
(GATT) (Drucksache 474) 1264 B Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für Wahlprüfung und Immunität
Überweisung an den Ausschuß für Außen- betr. Genehmigung zum Strafverfahren
handelsfragen 1264 B gegen den Abg. Dr. Löhr (Drucksache 422) 1266 B
Dr. Klötzer (GB/BHE),
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes Berichterstatter 1266 B
über das Zweite Zusatzabkommen vom Beschlußfassung 1266 D
4. Dezember 1953 zum Zollvertrag zwi-
schen der Bundesrepublik Deutschland
und der Schweizerischen Eidgenossen- Beratung des Interfraktionellen Antrags
schaft (Drucksache 476) 1264 B betreffend Überweisung von Anträgen
an die Ausschüsse (Umdruck 93) . . . 1266 D
Überweisung an den Ausschuß für Außen- Beschlußfassung - 1266 D
handelsfragen 1264 C
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
Erste Beratung des Entwurfs eines Ge- eines Gesetzes über den Beitritt der Bun-
setzes zur weiteren Vereinfachung des desrepublik Deutschland zu den
Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstraf- vier Genfer Rotkreuz-Abkommen vom
gesetz 1954) (Drucksache 478) 1264 C 12. August 1949 (Drucksache 152); Münd-
licher Bericht des Ausschusses für aus-
Überweisung an den Ausschuß für Rechts- wärtige Angelegenheiten (Drucksache 446) 1267 A
wesen und Verfassungsrecht und an Fürst von Bismarck (CDU/CSU),
den Ausschuß für Wirtschaft 1264 C Berichterstatter 1267 A
Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . 1267 D
Erste Beratung des von der Fraktion der Präsident D. Dr. Ehlers 1270 A
DP eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes über das Verbot des Inverkehr- Abstimmungen 1267 D, 1270 A
bringens von Hunde- und Katzenfleisch
(Drucksache 415) 1264 C Nächste Sitzung 1262 A, 1270 C
Überweisung an den Ausschuß für Er- Druckfehlerberichtigung zum Stenographi
nährung, Landwirtschaft und Forsten 1264 C schen Bericht der 26. Sitzung 1270 D

Erste Beratung des Entwurfs eines Ge- Anlage 1: Zusammenstellung der Beschlüsse
setzes zur Änderung des Viehseuchenge- zweiter Beratung zum Entwurf eines Ge-
setzes (Drucksache 468) 1264 D setzes über die Feststellung des Bundes-
haushaltsplans für das Rechnungsjahr
Überweisung an den Ausschuß für Er- 1954 (Haushaltsgesetz 1954) (Drucksachen
nährung, Landwirtschaft und Forsten 1264 D 200, 350 bis 379; Umdruck 87) 1271

Anlage 2: Entschließungsantrag der Frak-


Zweite und dritte Beratung des Entwurfs tion der SPD zum Einzelplan 02 — Haus-
eines Gesetzes über das Internationale halt des Deutschen Bundestages — betr.
Zuckerabkommen vom 1. Oktober 1953 wörtliche Berichte der Bundestagsver-
(Drucksache 469); Mündlicher Bericht handlungen (Umdruck 95) 1272 A
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1209

Anlage 3: Änderungsantrag der Fraktion Anlage 14: Entschließungsantrag der Abg.


der FDP zur dritten Beratung des Einzel- Dr. Horlacher u. Gen. betr. Schulmilch-
plans 02 — Haushalt des Deutschen Bun- speisung zur dritten Beratung des Einzel-
destages — betr. Errichtung weiterer plans 10 — Haushalt für den Geschäfts-
Räume für Bundestagsabgeordnete (Um- bereich des Bundesministers für Ernäh-
druck 99) 1272 B rung, Landwirtschaft und Forsten (Um-
druck 91) 1283
Anlage 4: Änderungsantrag der Fraktion
der FDP zur dritten Beratung des Einzel- Anlage 15: Änderungsantrag der Fraktion
plans 02 — Haushalt des Deutschen Bun- der SPD (Umdruck 94) zum Entschlie-
destages — betr. Einstellung von parla- ßungsantrag der Abg. Dr. Horlacher u.
mentarischen Referenten (Umdruck 100) . 1273 Gen. (Umdruck 91) zum Einzelplan 10 —
Haushalt für den Geschäftsbereich des
Anlage 5: Änderungsantrag der Fraktion Bundesministers für Ernährung, Land-
der SPD zur dritten Beratung des Einzel- wirtschaft und Forsten — betr. Schul-
plans 04 — Haushalt des Bundeskanzlers milchspeisung 1284
und des Bundeskanzleramtes, Kap. 0403
Tit. 300 (Umdruck 73) 1274 Anlage 16: Ä nderungsantrag der Fraktion
der SPD zur dritten Beratung des Einzel-
Anlage 6: Änderungsantrag der Fraktion plans 10 — Haushalt für den Geschäfts-
der SPD zur dritten Beratung des Einzel- bereich des Bundesministers für Ernäh-
plans 04 — Haushalt des Bundeskanzlers rung, Landwirtschaft und Forsten —
und des Bundeskanzleramtes, Kap. 0403 Kap. 1002 Tit. 958 (Umdruck 97) . . . . 1285
Tit. 300 (Umdruck 74) 1275
Anlage 17: Änderungsantrag der Fraktion
Anlage 7: Entschließungsantrag der Frak- der SPD zur dritten Beratung des Einzel-
tion der SPD zum Einzelplan 04 — Haus- plans 10 — Haushalt für den Geschäfts-
halt des Bundeskanzlers und des Bundes- bereich des Bundesministers für Ernäh-
kanzleramtes (Umdruck 60) 1276 rung, Landwirtschaft und Forsten —
Kap. 1002 Tit. 615 (Umdruck 96) . . . . 1286
Anlage 8: Änderungsantrag der Fraktion
der SPD zur dritten Beratung des Einzel- Anlage 18: Entschließungsantrag der Abg.
plans 06 — Haushalt für den Geschäfts- Dr. Horlacher u. Gen. zum Einzelplan 10
bereich des Bundesministers des Innern, — Haushalt für den Geschäftsbereich des
Kap. 0609 Tit. 30 (Umdruck 75) . . 127 Bundesministers für Ernährung, Land-
wirtschaft und Forsten — betr. Bekämp-
fung der Rindertuberkulose (Umdruck 92) 1287
Anlage 9: Änderungsantrag der Fraktion
der SPD zur dritten Beratung des Einzel- -
plans 06 — Haushalt für den Geschäfts Anlage 19: Änderungsantrag der Fraktion
bereich des Bundesministers des Innern, der SPD zur dritten Beratung des Ein-
Kap. 0618 Tit. 302 a und Einzelplan 35, zelplans 11 — Haushalt für den Ge-
Kap. 3501 Tit. 300 (Umdruck 76) . . . . 1278 schäftsbereich des Bundesministers für
Arbeit (Umdruck 89) . 1288

Anlage 10: Entschließungsantrag der Frak-


tion der SPD zum Einzelplan 09 — Haus- Anlage 20: Entschließungsantrag der Frak-
halt für den Geschäftsbereich des Bundes- tion der CDU/CSU zum Einzelplan 24 —
ministers für Wirtschaft (Umdruck 31 Haushalt für den Geschäftsbereich des
[neu]) 1279 Bundesministers für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit (Umdruck 56) . . . . . 1289
Anlage 11: Entschließungsantrag der Frak-
tion der CDU/CSU zum Einzelplan 09 — Anlage 21: Entschließungsantrag der Abg.
Haushalt für den Geschäftsbereich des Dr. Schild (Düsseldorf), Lücke u. Gen.
Bundesministers für Wirtschaft — betr zum Einzelplan 25 — Haushalt für den
Absatzlage im deutschen Eisenerzbergbau Geschäftsbereich des Bundesministers für
(Umdruck 98) 1280 Wohnungsbau (Umdruck 23 [neu]) . . . . 1290

Anlage 12: Änderungsantrag der Fraktion Anlage 22: Änderungsantrag der Fraktion
der SPD zur dritten Beratung des Einzel- der CDU/CSU zur dritten Beratung des
plans 09 — Haushalt für den Geschäfts- Einzelplans 25 — Haushalt für den Ge-
bereich des Bundesministers für Wirt- schäftsbereich des Bundesministers für
schaft, Kap. 09 (Umdruck 77) 1281 Wohnungsbau, Kap. A 2501 Tit. 530 (Um-
druck 85 [neu]) 1291
Anlage 13: Entschließungsantrag der Frak-
tionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP Anlage 23: Ä nderungsantrag der Fraktionen
zur dritten Beratung des Einzelplans 09 — der CDU/CSU, GB/BHE zur dritten Be-
Haushalt für den Geschäftsbereich des ratung des Einzelplans 27 — Haushalt für
Bundesministers für Wirtschaft — und den Geschäftsbereich des Bundesministers
des Einzelplans 60 — Allgemeine Finanz- für gesamtdeutsche Fragen, Kap. 2701
verwaltung (Umdruck 86) 1282 Tit. 300 (Umdruck 80) 1292
1210 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 24: Änderungsantrag der Fraktion gleichsforderungen durch die Deutsche


des GB/BHE zur dritten Beratung des Bundespost und die Deutsche Bundesbahn
Einzelplans 27 — Haushalt für den Ge- (Drucksache 427) 1304
schäftsbereich des Bundesministers für
gesamtdeutsche Fragen, Kap. 2701 Tit Anlage 36: Interfraktioneller Antrag betr.
303 (Umdruck 81) 1293 Überweisung von Anträgen an die Aus-
schüsse (Umdruck 93, berichtigt) . . . . 1306
Anlage 25: Entschließungsantrag der Frak-
tionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP Zusammenstellung der namentlichen Ab-
zum Einzelplan 40—Haushalt der sozialen stimmungen
Kriegsfolgeleistungen (Umdruck 88) . . . 1294 1. über den Änderungsantrag der Frak-
tion der SPD auf Streichung des Ein-
Anlage 26: Änderungsantrag der Fraktion zelplans 29 (Umdruck 102) und
der SPD zur dritten Beratung der Ein- 2. über den Änderungsantrag der Frak-
zelpläne 28, 29 und 30 (Umdruck 102) . . 1295 tion des GB/BHE zum Einzelplan 45 —
Haushalt Finanzielle Hilfe für Berlin
Anlage 27: Entschließungsantrag der Frak- (Umdruck 82) 1307
tion der DP zum Einzelplan 40 — Haus-
halt der sozialen Kriegsfolgeleistungen
(Umdruck 62) 1296

Anlage 28: Änderungsantrag der Fraktion Die Sitzung wird um 9 Uhr 4 Minuten durch den
der SPD zur dritten Beratung des Ein- Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
zelplans 40 — Haushalt der sozialen
Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren!
Kriegsfolgeleistungen, Kap. 4010, Tit. 300 Ich eröffne die 28. Sitzung des Bundestages und
(Umdruck 101) 1297 bitte um Bekanntgabe der Namen der entschuldig-
ten Abgeordneten.
Anlage 29: Änderungsantrag der Fraktion
der SPD zur dritten Beratung des Ein- Giencke, Schriftführer: Es suchen für längere
zelplans 40 — Haushalt der sozialen Zeit um Urlaub nach Abgeordneter Bauer (Was-
Kriegsfolgeleistungen —, Kap. A 4009 serburg) für vier Wochen wegen Krankheit, Abge-
Tit. 760 (Umdruck 103) 1298 ordneter Schlick für weitere drei Wochen wegen
Krankheit und Abgeordneter Böhm (Düsseldorf)
für weitere drei Wochen wegen Krankheit.
Anlage 30: Änderungsantrag der Fraktion
der SPD zur dritten Beratung des Einzel- Der Präsident hat für die heutige Sitzung Urlaub
plans 40 — Haushalt der sozialen Kriegs- erteilt den Abgeordneten Dr. Leverkuehn, Dr.
folgeleistungen — Kap. 4009 Tit. 104 Bärsch, Dr. Horlacher, Mayer (Birkenfeld),- Neu-
(Umdruck 104) 1299 mann, Scharnberg, Frau Niggemeyer, Ollenhauer,
Metzger, Dr. Bucerius, Wehner, Etzenbach, Dr.
Mocker, Huth, Mensing, Wolf (Stuttgart), Leibfried
Anlage 31: Entschließungsantrag der Frak- und Dr. Greve.
tionen der CDU/CSU, FDP zum Einzel-
plan 45 — Haushalt der Finanziellen Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren!
Hilfe für Berlin (Umdruck 19 [neu], Neu- Ich unterstelle, daß das Haus mit der Erteilung
fassung) 1300 des Urlaubs, soweit er über eine Woche hinausgeht,
einverstanden ist. — Das ist der Fall.
Anlage 32: Änderungsantrag der Fraktion Ich habe Glückwünsche auszusprechen zum
der SPD zur dritten Beratung des Einzel- 67. Geburtstag am 1. Mai Herrn Abgeordneten
plans 45 — Haushalt der Finanziellen Demmelmeier,
Hilfe für Berlin (Umdruck 79) 1301 (Beifall)
zum 63. Geburtstag am 2. Mai Herrn Abgeord-
Anlage 33: Änderungsantrag der Fraktion neten Wittenburg,
des GB/BHE zur dritten Beratung des (Beifall)
Einzelplans 45 — Haushalt Finanzielle und heute feiert in unserm Kreise seinen 64. Ge-
Hilfe für Berlin (Umdruck 82) 1302 burtstag Herr Abgeordneter Rümmele.
(Beifall.)
Anlage 34: Änderungsantrag der Fraktion
der SPD zum Entschließungsantrag der Ich weise darauf hin, daß die nächste Frage-
Fraktionen der CDU/CSU, FDP (Um- stunde am Mittwoch, dem 26. Mai, stattfindet.
druck 19 [neu], Neufassung) zum Einzel- Sperrfrist für eingehende Fragen ist Mittwoch, der
plan 45 — Haushalt Finanzielle Hilfe für 19. Mai, 12 Uhr.
Berlin (Umdruck 84) 1303 Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne
Verlesung in den Stenographischen Bericht auf-
Anlage 35: Schriftliche Begründung des genommen:
Finanzministers des Landes Rheinland- Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem
29. April 1954 die Kleine Anfrage 45 der Abgeordneten Kem-
Pfalz, Dr. Nowack, zu dem vom Bundes- per (Trier), Richarts und Genossen betreffend Entschädigung
rat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes für 1944/45 in westdeutschen Grenzkreisen abgetriebenes Vieh
— Drucksache 406 — beantwortet. Sein Schreiben wird als
über die Übernahme von Zinsen für Aus Drucksache 503 vervielfältigt.
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1211
(Präsident D. Dr. Ehlers)
Damit, meine Damen und Herren, können wir üblichen Blöcke des Haushalts, also in Personal-
in die Tagesordnung eintreten. Zunächst Punkt 1: kosten, in sächliche Kosten, in allgemeine Aus-
gaben und einmalige Ausgaben, so ergibt sich, daß
Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes auf Personalkosten etwas über 900 Millionen DM
über die Feststellung des Bundeshaushalts- = 3,6 %, auf sächliche Kosten 460 Millionen DM
plans für das Rechnungsjahr 1954 (Haus- = 1,8 %, auf einmalige Ausgaben 433 Millio-
haltsgesetz 1954) (Drucksachen 200, 350 bis nen DM = 1,6 % und auf den großen Block der
379, zu 356); allgemeinen Ausgaben 23 300 Millionen DM =
Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter 93 % entfallen. Es ist also klar, daß man sich auch
Beratung (Umdruck 87*)); nach dieser Aufteilung nichts vorstellen kann.
(erste Beratung 11., 12., 13. Sitzung; zweite Gliedert man nun nach großen Sachgebieten, so
Beratung 23., 24., 25., 27. Sitzung) ergibt sich ihrer Bedeutung nach — und dann
in Verbindung mit können wir uns etwas darunter vorstellen —, daß
Beratung des Mündlichen Berichts des Haus- für Besatzung und Verteidigung 9411 Millionen DM
haltsausschusses (18. Ausschuß) über die = 37,5 % ausgegeben werden, während wir in
Entschließung der Fraktion der SPD zur Wirklichkeit — wie ich am vorigen Freitag ausge-
zweiten Beratung des Entwurfs eines Ge- führt habe —, wenn man all die anrechnungsfähi-
setzes über die Feststellung des Bundes- gen und anrechnungsnotwendigen Zahlen mit ein-
haushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 bezieht, für Verteidigung und Besatzung 44,5 %
(Haushaltsgesetz 1954) betreffend den unseres gesamten Finanzvolumens ausgeben. Für
Einzelplan 45 — Haushalt Finanzielle Hilfe Sozialleistungen geben wir 9035 Millionen =
für Berlin (Drucksache 495, Umdruck 42), 36 % aus, für volkswirtschaftliche Investitionen
Berichterstatter: Abgeordneter Krammig; 2123 Millionen = 8,4 %, für den Schuldendienst
877 Millionen = 3,6 %, für die Berlin Hilfe
Beratung des Mündlichen Berichts des Haus-
-

715 Millionen = 3 %, für Subventionen und Vor-


haltsausschusses (18. Ausschuß) über den ratshaltung sowie Darlehen an die Bundesbahn
Antrag der Fraktion der CDU/CSU betref- 486 Millionen = 1,9 %, für Wiedergutmachung
fend Förderung der Magermilchverwertung, — Israel, Konversionskasse, Restitution, Ergän-
über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU zungsgesetz — 417 Millionen = 1,7 %. Das macht
betreffend Bekämpfung der Rindertuber- bereits 92 % des gesamten ordentlichen Haushalts
kulose, aus. Die Personalkosten einschließlich -der Versor-
über den Antrag der Abgeordneten Dr. gungsausgaben ohne Kriegsopferversorgungsver-
Horlacher, Dr. Gleissner (München), Dr. Dr. waltung machen dann noch 837 Millionen = 3 %,
h. c. Müller (Bonn), Bauknecht und Genossen die Sachausgaben einschließlich der Verwaltungs-
betreffend Verbilligung von Dieselkraftstoff, kosten und Entschädigung an die Länder 433 Milli-
über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU onen = 1,7 % aus. Dazu kommen noch ein paar
betreffend Förderung der Landtechnik, Sonderkosten wie StEG-Tilgung, Unterhaltung der
See- und Wasserstraßenverwaltung, Verwaltung
über den Antrag der Abgeordneten Leukert, des Bundesvermögens mit 724 Millionen = 2,9 %.
Dr. Goetz, Kuntscher und Genossen betref-
fend Förderung der ländlichen Siedlung, Wenn man sich einmal diese großen Blöcke vor
Augen hält und bemerkt. daß allein 92 % des ge-
über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU samten Haushalts für mehr oder minder be-
betreffend Landarbeiterwohnungsbau stimmte Dinge, gesetzliche und international-ver-
(Drucksachen 496, 325, 326, 327, 329, 330, 331), tragliche Verpflichtungen festgelegt sind, dann
Berichterstatter: Abgeordneter Brese; kann man fragen, ob diejenigen recht haben — und
Beratung des Mündlichen Berichts des Haus- das sind ja nicht wenige unter uns —, welche sagen,
haltsausschusses (18. Ausschuß) über den man brauche sich mit dem Bundeshaushalt kaum
Antrag der Abgeordneten Dr. Gleissner noch oder gar nicht zu beschäftigen, weil ja doch
(München), Lücker (München) und Genossen eben mindestens 90 % der Ausgaben gebunden
betreffend Abgeltungsbetrag an das Wirt- seien, man also ohnehin nur über 10 % diskutieren
schaftswissenschaftliche Forschungsinstitut in könne.
München (Drucksachen 497, 328), Nun, meine Damen und Herren, so bequem darf
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Vogel; man es sich nicht machen. Denn selbst wenn das
wahr wäre, wären 10 % von 27 Milliarden immer-
Beratung des Mündlichen Berichts des Haus- hin 2,7 Milliarden oder 2700 Millionen, und 1 %
haltsausschusses (18. Ausschuß) über den von 27 Milliarden wären immerhin 270 Millionen.
Antrag der Abgeordneten Etzenbach, Lücke Würde man also nur 1 % einsparen und produktiv
und Genossen betreffend Ersatzstraße für einsetzen, dann hätte man 270 Millionen frei zur
die Bundesstraße 56 Bonn/Beuel—Siegburg Verfügung. Wir wissen ja aus den Haushaltsbera-
(Drucksachen 498, 336), tungen, wie um wenige zehntausend Mark erbittert
Berichterstatter: Abgeordneter Ritzel. gerungen wird. Gelänge es aber — wohlgemerkt
in diesem Haushaltssystem —, 4 % anders einzu-
Ich eröffne die allgemeine Aussprache der drit- setzen, so wären das immerhin 1080 Millionen,
ten Beratung. Das Wort hat der Abgeordnete also über 1 Milliarde. Man sage also nicht, die
Professor Gülich. Manövriermasse sei so gering, daß es sich nicht
lohne, sich mit ihr zu beschäftigen. Man soll auch
Dr. Gülich (SPD): Herr Präsident! Meine Damen beim großen Haushalt im kleinen treu und genau
und Herren! Es geht heute bei der Verabschiedung sein. In Wirklichkeit aber ist die Manövriermasse,
des Bundeshaushalts um 27 Milliarden DM, also wenn man eine andere Finanz- und Haushalts-
um eine Summe, unter der man sich an sich nichts politik betreibt, als es die gegenwärtige Bundes-
vorstellen kann. Gliedert man diese Summe in die regierung tut, viel größer, wie ich später ausführen
*) Siehe Anlage 1 Seite 1271 werde.
1212 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Gülich)
Auch gesetzliche Verpflichtungen können geän- Haushaltsjahr 1953/54 der gesamten öffentlichen
dert werden. Auch die großen und größten Posten Finanzwirtschaft.
können finanzpolitisch beeinflußt werden, z. B. Die Haushalte der öffentlichen Hand und insbe-
die Besatzungskosten, wenn der Bundesfinanz- sondere der Bundeshaushalt und die Haushalte der
minister sich die Mühe macht, den Besatzungs- Länder sind Wirtschaftshaushalte geworden. Haben
mächten den Besatzungsluxus, den Besatzungs- wir einen Wirtschaftshaushalt, so muß man auch
leerlauf, den Besatzungsmutwillen und den ganzen wirtschaftlich denken. Das Wirtschaftsdenken aber
heute noch existierenden Besatzungsunfug durch ist, wie wir in den Haushaltsberatungen ja immer
wohlfundierte Argumente abzugewöhnen wieder gesehen haben, in der Bürokratie nur in
(Beifall bei der SPD) sehr schwachen Anfangsspuren festzustellen.
und ebenfalls durch nachdrückliche Verhandlungen Ich wende mich kurz den Personalausgaben zu.
den Besatzungshandel unmöglich zu machen, min- Wir haben hier 837 Millionen DM — ohne Ver-
destens aber so einzuschränken, daß er uns volks- sorgung und ohne die 4 % Kürzung —, das sind
wirtschaftlich nicht mehr so bedrückt, wie er das 3 % des gesamten ordentlichen Bundeshaushaltes,
bis heute tut und nach Abschluß der Verträge und man sagt, das sei bescheiden. Die Bundesbe-
weiter und verschärft tun wird. diensteten gliedern sich in rund 65 000 planmäßige
Nun bin ich der Meinung, daß wir den Bundes- Beamte, 23 000 Angestellte und 10 000 Arbeiter.
haushalt nicht isoliert betrachten können, sondern Vom Jahre 1953 auf 1954 wurde die Zahl der plan-
wir müssen ihn in einen größeren Zusammenhang mäßigen Beamten um 21 % erhöht,
hineinstellen. Betrachten wir einmal den Finanz- (Unruhe — Glocke des Präsidenten)
bedarf der gesamten öffentlichen Hand — nämlich die der Angestellten um 6 % und die der Arbeiter
die Finanzen des Bundes, der Länder, der Gemein- um 14,4 %. Bei den planmäßigen Beamten beträgt
den und der Gemeindeverbände — als eine Ein- der Steigerungssatz von 1953 auf 1954 für den
heit, so ergibt sich nach der vorzüglichen Denk- höheren Dienst 9,7 %, für -den gehobenen Dienst
schrift des Instituts Finanzen und Steuern, Heft 30, 4,6 %, für den mittleren Dienst 5,2 % und für den
„Grundlagen und Möglichkeiten einer organischen einfachen Dienst 86 %. Diese letzte Zahl ist aller-
Steuerreform", folgende hochinteressante Zusam- dings so vollkommen irreführend; denn hierin
menstellung. sind die 10 000 Mann des Bundesgrenzschutzes ent-
Das Institut unterscheidet bei seinen Berech- halten. Man müßte, um eine wirkliche Vorstellung
nungen drei große Gruppen von Ausgaben: zu- von der Zahl der öffentlichen Bediensteten zu er-
nächst die Sockel-Ausgaben: 1. Persönliche und halten, den Bundesgrenzschutz besonders aus-
sächliche Verwaltungsausgaben mit 7,96 Milliar- weisen.
den DM, 2. Pensionen und Beihilfen mit 1,32 Mil- In allen Dienststellen zeigt sich — deswegen
liarden DM, 3. Allgemeine Haushalts- und Zweck- mache ich eine Bemerkung dazu — eine Tendenz
ausgaben mit 4,12 Milliarden DM, 4. Sozialleistun- zur Verbeamtung. Es ist aber nur da nötig, Beamte
gen mit 3,07 Milliarden DM, 5. Schuldendienst mit zu ernennen, wo wirklich staatliche Hoheitsaufga-
1,77 Milliarden DM. Das macht zusammen ben ausgeführt werden. Durch die Verbeamtung
18,24 Milliarden DM. sollten ja ursprünglich — das war der Sinn der
Verbeamtung — die Staatsdiener unabhängig ge-
Vergleicht man mit diesen Sockel-Ausgaben die
-Lasten des Krieges, so ergibt sich: 1. Besatzungs macht werden; sie sollten also keine Angst vor
und Verteidigungslasten 9,63 Milliarden DM — die ihren Vorgesetzten zu haben brauchen. Welcher
Behördenchef kann sich heute rühmen, auf unbe-
Besatzungsfolgekosten sind also hier nicht mit
queme Untergebene Wert zu legen, d. h. also auf
eingeschlossen —, 2. Soziale Kriegsfolgelasten Untergebene, die mitdenken, kritisch sind und da-
6,21 Milliarden DM, 3. Finanzhilfe Berlin 1,03 Mil-
durch den Zweck des Amtes wesentlich besser för-
liarden DM und 4. Wiedergutmachung 0,50 Milliar-
dern?! Warum gab man den Beamten sonst „wohl-
den DM; macht zusammen 17,37 Milliarden DM. erworbene Rechte", wenn nicht zu diesem Zwecke?
Mit anderen Worten: Die Sockel-Ausgaben—also Es muß nun gesagt werden, daß den wohlerwor-
die Ausgaben für unser normales öffentliches benen Rechten auch wohlerworbene Pflichten
Leben — liegen fast eine Milliarde über den entsprechen.
Kriegsfolgelasten. Sie betragen also nicht nur (Abg. Dr. Menzel: Sehr wahr!)
10 °/o. Und an diesen 18,24 Milliarden DM sollte
Wir haben in zahlreichen Bundesministerien hoch-
sich durch eine sinnvolle Reform der Finanzver-
qualifizierte Beamte sowohl nach ihrem Fachwis-
fassung, durch eine sinnvolle Reform der öffentli-
chen Verwaltung, d. h. durch eine Reform der Zu- sen wie nach ihrem Dienstwissen wie nach ihrem
ständigkeiten, eine Reform des gesamten Büro- und Charakter. Wer die intensiven Beratungen des
Kassenwesens der öffentlichen Verwaltung, nicht Haushaltsausschusses mitgemacht hat, wer auch
Wirkungsvolles sparen lassen? Man muß nur ein- dem vorigen Bundestag angehört hat, der hat sich
mal aus dem alten Trott kameralistisch-bürokra- davon überzeugen können. Das soll hier ausdrück-
tisch-ärarisch-fiskalischer Vorstellungen heraus! lich und anerkennend gesagt werden. Da aber viele
Man muß mal einen Anfang zu einer zeitgerechten an sich tüchtige Beamte nicht wirtschaftlich den-
Lösung der Probleme der öffentlichen Finanzwirt- ken können, so müssen sie kontrolliert und im
schaft machen. Wirtschaftsdenken erzogen und angeleitet werden.
Das Gros unserer Beamten — auch das möchte
Bei dem gesamten Finanzbedarf aller Gebiets- ich ebenso ausdrücklich sagen — bedarf der fach-
körperschaften habe ich eben die zusätzlichen lichen und der staatsbürgerlichen Fortbildung. Des-
Ausgaben nicht erwähnt, nämlich 1. Investitionen halb wäre es sehr zu wünschen, daß die „Vereini-
mit 5,98 Milliarden DM und 2. Subventionen mit gung für staatswissenschaftliche Fortbildung", die
0,82 Milliarden DM; macht zusammen 6,80 Milliar- im Jahre 1933 von den Nazis aufgelöst wurde und
den DM. die dem Staat so vorzügliche Dienste geleistet hat,
Die Addition aller drei Blöcke ergibt 42,41 wieder eingerichtet würde.
Milliarden DM. Die Zahlen beziehen sich auf das (Beifall bei der SPD.)
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1213
(Dr. Gülich)
Ein Wort zu den Angestellten. Es ist merkwür- ten wir dann nicht die 150 000 DM zahlen, die für
dig, daß der Tit. 104 heißt: „Dienstbezüge der nicht- ein Hirnverletztenkrankenhaus in Tübingen gefor-
beamteten Kräfte". Vor ein paar Jahren hieß es dert werden, und könnte man nicht manches tun,
noch: „Hilfsleistungen durch nichtbeamtete Kräfte". was eben nur einige Zehntausende Mark kostet
Unter den Kräften, die diese Hilfsleistungen er- und wofür heute kein Geld vorhanden ist?
brachten, waren zum Teil ganz hervorragende lei- Die Sachausgaben — das sind die 200er Titel,
tende Angestellte, die nur zufällig nicht Beamte
die 10 bis 20 Titel —, die eine erhebliche Verwal-
geworden sind. Es ist, wie man bei der Durchsicht tungsmühe verursachen, sind nicht klar abgegrenzt
der Stellenpläne sieht, wenn man die Aufgaben und geben Mißbräuchen Raum. Wenn ich mir nun
der Ministerien und der einzelnen Dienststellen überlege, wie man dem im Rahmen des gegenwär-
kritisch betrachtet, ganz klar, daß viele Verbeam-
tigen Haushaltssystems abhelfen kann, so glaube
tungen nur zufällig vorgenommen worden sind und ich, daß die Übertragbarkeit der Sachausgaben auf
daß viele nur aus historischen Gründen dauernd das nächste Jahr größere Nachteile mit sich brächte
Angestellte geblieben sind. Die Bundesregierung als ihre jetzige Jährlichkeit. Auch die gegenseitige
und der Bundestag sollten sich bemühen, das Pro- Deckungsfähigkeit der Sachausgabentitel scheint
blem gerecht zu lösen, sich insbesondere auch der
Dauerangestellten in der öffentlichen Verwaltung mir problematisch. Man müßte aber vereinfachen.
Ich glaube deshalb, man sollte die Sachausgaben
anzunehmen und sich auch um die verstärkte Un-
in drei Titel gliedern, erstens in sächliche Ge-
terbringung der älteren Angestellten in der öffent-
schäftsunkosten, zweitens in persönliche Unkosten
lichen Verwaltung zu bemühen.
und drittens in Gebäudeunkosten. Allein die
(Beifall bei der SPD.) Reduktion der Titel der Sachausgaben auf drei
Es ist ein unerträglicher Zustand, daß soundso viele Gruppen würde eine Buchungsvereinfachung und
Angestellte — die Beamten sind ja 131er — hoch-
,
damit eine Verwaltungsvereinfachung bedeuten. Sie
qualifizierte Angestellte des öffentlichen Dienstes, würde fernerhin — und das ist das Entscheidende
die etwa aus den Ostgebieten vertrieben sind, nur — eine Qualifizierung der Verwaltung herbeiführen.
deswegen nicht wiedereingestellt werden können, Sie gibt den Behördenchefs etwas mehr Möglichkeit
weil sie schon 50 Jahre alt sind. Glauben Sie, daß zur Disposition. Das scheint mir aus langer
ein deutsches Land bereit wäre, einen hochquali- persönlicher Erfahrung entscheidend zu sein. Die
fizierten Gelehrten, der früher einmal in Berlin Behördenchefs — nicht nur die der großen Behör-
oder sonstwo an einer ostdeutschen Universität den, sondern auch der kleinen und mittleren —
außerplanmäßiger, also nichtbeamteter Professor sollen selbständiger werden. Sie sollen unter stär-
gewesen ist, trotz großer wissenschaftlicher Quali- kerer Eigenverantwortung arbeiten, also weniger
fikationen auf einen ordentlichen Lehrstuhl zu Mitzeichnung, weniger vorherige Befragung, we-
bringen, d. h. ihn zum Beamten zu machen, wenn niger Vor-die-Notwendigkeit-gestellt-sein, dauernd
er 55 Jahre alt ist? Das, meine Damen und Her- Instruktionen einzuholen, aber stärkere nachherige
ren, sind Zustände, die der Deutsche Bundestag Kontrolle. Jeder Behördenchef, der einen Kopf mit
überprüfen muß. Verstand hat, würde eine solche Regelung, die ihm
mehr Freiheiten gibt, sehr begrüßen; denn wenn er
Nun ein Wort zu den Sachausgaben, die, wie ge- ordentlich ist, braucht er die Kontrolle nicht zu
sagt, nur rund 433 Millionen DM gleich 1,7 % des fürchten. Die Kontrolle aber ist notwendig, und
ordentlichen Haushalts ausmachen. Man sollte, dem jeder Behördenchef, der ein selbständiger Kopf ist,
Charakter einer modernen Verwaltung entspre- wird diese Regelung mit Freuden begrüßen. Bei
chend, aus den Sachausgaben Betriebsausgaben ma- den Beratungen im Haushaltsausschuß sind aller-
chen. dings auch Chefs von Behörden aufgetreten, die
(Anhaltende große Unruhe.) mehr Selbständigkeit und mehr Kontrolle dankend
Meine Damen und Herren, ich will, obwohl die ablehnen würden und die sich bei dem gegenwär-
meisten von Ihnen nicht zuhören und ich daran, tigen, eingefahrenen Zustand wohler fühlen.
mich zu konzentrieren, sehr dadurch gehindert Ich möchte an dieser Stelle noch ein paar grund-
werde, daß am Präsidentenstuhl fortgesetzt Ge- sätzliche Bemerkungen als Erfahrungen aus den
spräche geführt werden, in meinen Ausführungen Beratungen im Haushaltsausschuß anfügen. Wir
fortfahren, weil ich es für richtig halte, daß die haben im Haushaltsausschuß besonders die Titel
Dinge, die ich zu sagen habe, einmal im Deut- beachtet, die gegenüber dem Vorjahre verändert
schen Bundestag ausgesprochen werden; denn ein worden sind. Wir sollten uns in Zukunft mehr der
Etat von 27 Milliarden DM, den wir heute zu ver- Titel annehmen, die nicht verändert und seit
abschieden haben, ist ja schließlich kein Pappen- Jahren nicht verändert worden sind; denn was sich
stiel. Jahre hindurch nicht verändert, läuft Gefahr, steril
(Beifall bei der SPD.) zu werden.
Zudem haben einige von Ihnen eben doch die Der Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Finanz-
Freundlichkeit, sehr aufmerksam zuzuhören. wirtschaft ist äußerste Beachtung beizumessen. Das
Ich sagte also, daß man aus den Sachausgaben, geschieht heute nicht. Haben wir einen Wirtschafts-
dem Charakter der modernen Verwaltung ent- haushalt, der Wirtschaftsdenken erfordert, dann
sprechend, Betriebsausgaben machen sollte. So klein müssen wir auch fortgesetzt wirtschaftliche Über-
auch der Betrag von 433 Millionen DM erschei- legungen in den Behörden und Institutionen an-
nen mag, wenn wir ihn im Verhältnis zum Gan- stellen. Was macht übrigens der Bundesbevoll-
zen betrachten, so groß sind doch die Möglich- mächtigte für die Rationalisierung der Verwal-
keiten zur Einsparung. Natürlich wären das keine tung?
großen Summen, aber wenn es uns gelänge, bei (Hört! Hört! bei der SPD.)
den Sachausgaben 10 %, also 43 Millionen DM ein- Gibt's den eigentlich noch, und was tut er? Darüber
zusparen, was würde das für die Förderung der möchte man doch einmal etwas hören!
wissenschaftlichen Forschung, was würde es für die
Bekämpfung der Kinderlähmung bedeuten! Könn- (Zustimmung bei der SPD.)
1 21 4 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Gülich)
Noch eins! Wer mit seiner Institution im Haus- Nun muß ich mich allerdings der Politik des Herrn
haltsplan drin steht, der steht drin. Eine Reichs- Bundesfinanzministers zuwenden. Dabei muß ich
stelle, irgendwann einmal, vielleicht während des einiges sagen, was ihm vielleicht nicht so sehr gut
Krieges vom Dritten Reich gegründet, die 1948/49 gefällt; es muß aber gesagt werden. Der Haushalt
noch nicht ganz abgewickelt war, die hat wieder 1954 wurde vom Bundesfinanzminister mal wieder
aufgewickelt und steht wieder drin und bleibt auch als ein Haushalt der Sparsamkeit, und zwar der
darin stehen, wenn wir nicht aufpassen. unbedingten und strengsten Sparsamkeit bezeich-
(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD.) net. Er weiß selbst, daß das eine Übertreibung
ist. Bei den Beratungen des Haushaltsausschusses
Was ich auf diese Bemerkung hin nun wieder an
sind uns, nicht nur Vertretern der Opposition, er-
Besuchen und an Briefen kriegen werde, bleibt ab-
hebliche Zweifel gekommen. Ich glaube, daß wir
zuwarten. Denn auf einige Bemerkungen im Haus-
bei der Durchforschung des Haushalts, die wir nach
haltsausschuß hin hagelte es bereits Briefe, Fern-
der Verabschiedung in diesem Sommer vornehmen
schreiben, Telegramme, Besuche! werden, manchen interessanten Anhaltspunkt für
(Hört! Hört! bei der SPD.) die Einwirkung auf den Bundeshaushaltsplan
Es ist ja so weit gekommen — die Kollegen aus 1955 bekommen werden. Weiterhin wird be-
dem Haushaltsausschuß wissen das — : wenn man hauptet — jetzt wird es ernster —, entscheidend
sich beispielsweise, weil man musikalisch nicht ge- sei, daß der Haushalt ausgeglichen sei, daß er echt
bildet genug ist, eine kritische Bemerkung über und nicht nur scheinbar ausgeglichen sei. Als ich
Beihilfen für Richard-Wagner-Festspiele erlaubt — bei der ersten Beratung des Haushaltsplans 1953,
nur eine leicht kritische Bemerkung —, dann wird Ende Januar 1953, hier auf gewisse unechte und
es einem ein paar Stunden später über den Baye- nur scheinbare Deckungsmanöver hinwies, wurde
rischen Rundfunk angekreidet, und dann kriegt mir das auf der Regierungsbank übel angekreidet.
man Briefe, sehr böse Briefe! Und wenn man ir- Der Finanzminister hat mit der ihm eigenen
gendeinem wissenschaftlichen Institut gegenüber freundlichen Überzeugungskraft auf das Haus ge-
eine kritische Äußerung getan hat — weil man es sagt, daß alles in bester Ordnung sei. Aber als er
sehr genau kennt —, dann gibt es Briefe und Be- den Haushalt 1954 einbrachte, hat er gesagt, jetzt
suche, und dann wird an die Kollegialität appelliert sei der Etat echt ausgeglichen und nicht nur schein-
und so! bar. Er hat ausgeführt: Der Haushaltsausgleich
(Hört! Hört! bei der SPD.) 1953 war keineswegs ein echter und fundierter,
Ich möchte von vornherein allen sagen: da gibt es sondern der Haushaltsausgleich ist 1953 nur mit
gar keine Kollegialität, und da gibt es keine Nach- Hilfe einer gewissen Kreditaktion herbeigeführt
sicht, von welcher Gruppe, Fakultät, Weltanschau- worden. Sehen Sie einmal, wie nett man so etwas
ung und Partei die Leute auch sein mögen! ausdrücken kann: „nur mit Hilfe einer gewissen
(Beifall bei der SPD und der FDP.) Kreditaktion". Ich bin auch so freundlich, es nicht
Wir vom Haushaltsausschuß haben die Pflicht — unfreundlicher auszudrücken, als es da geschehen
und diese Pflicht wollen wir wahrnehmen —, uns ist.
dieser Dinge in aller Sachlichkeit anzunehmen. Wie sieht nun der Haushaltsplan 1954 aus? Der
(Abg. Kunze [Bethel] : Ein gutes Wort! — Fehlbetrag von 1951 ist wiederum nicht - in den
Abg. Arndgen: Aber nach allen Seiten des Haushaltsplan eingestellt worden. Der § 75 der
Hauses hin reden! — Abg. Mellies: Das Reichshaushaltsordnung schreibt das zwingend
hat er doch getan! — Weitere Gegenrufe vor. Aber das Parlament folgt in seiner Mehrheit
von der SPD.) unbedenklich dem Bundesfinanzminister auch die-
ses Mal wieder und setzt den § 75 der Reichshaus-
— Aber, Herr Arndgen, haben Sie nicht ganz deut- haltsordnung durch Haushaltsgesetz außer Kraft.
lich gemerkt, daß ich nach allen Seiten des Die Leistungen an die Sozialversicherungsträger
Hauses geredet habe? Dieses Hinweises hätte es sollen auch in diesem Jahre nicht in bar, sondern
wirklich nicht mehr bedurft. Im übrigen wissen in Schuldverschreibungen, diesmal in Höhe von
Sie doch ganz genau, wie nett und sachlich, ich 512 Millionen DM — im vorigen Jahre waren es
möchte fast sagen, wie freundschaftlich wir uns im 740 Millionen DM —, geleistet werden. Das scheint
Haushaltsausschuß gemeinsam um die Lösung der mir wieder so eine „gewisse Kreditaktion" zu sein,
Aufgaben bemühen. Es gibt natürlich gewisse welche einen echten Haushaltsausgleich nicht er-
Dinge, die man als Sprecher der Opposition leichter möglicht.
sagen kann, als sie die Sprecher der Koalition
sagen können, Die bedenklichste Deckungsmaßnahme im Haus-
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD) halt 1954 dürfte aber die vierprozentige Kürzung
aller Ausgabensätze sein. Sie beträgt bei allen
die manchmal doch — ich will aber damit nichts Einzelplänen zusammen 1 007,6 Millionen DM, also
Böses sagen — in der Furcht des Herrn stehen. über eine Milliarde. Was das allein für eine Arbeit,
(Erneuter Beifall bei der SPD.) eine Sisyphusarbeit, gewesen ist, in jedem Kapitel
Sie haben es ja auch erlebt, daß wir einen Be- die Kürzung auszurechnen und aufzuschreiben!
schluß gefaßt hatten, der dem Herrn Bundesfinanz- Was das allein für Mehrdruckkosten verursacht hat,
minister nicht paßte, und daß er — sein Nach- das in jedem Kapitelchen zu drucken, obgleich man
richtendienst funktioniert ausgezeichnet — zehn von vornherein wußte, daß die Kürzung bei den
Minuten später mit einem Stab wohlinformierter allermeisten Ausgabetiteln gar nicht vorgenom-
Beamter da war, worauf die Sache nochmals er- men werden konnte!
örtert wurde, obwohl es eine zweite Lesung an (Hört! Hört! bei der SPD.)
sich nicht gab. Nun hat der Herr Bundesfinanzminister listiger
(Hört! Hört! bei der SPD.) weise in den Einzelplan 60 einen Gegenposten von
Ich will nun keinem der Kollegen zu nahe treten; 680,6 Millionen DM eingesetzt. Er strebt also im
einige blieben ja auch dann noch tapfer bei ihrem Ernst gar nicht eine Kürzung von 1 007,6 Millionen
ersten Wort. DM, sondern nur eine solche von 327 Millionen DM
(Beifall bei der SPD.) an, wenn man das Ding bei Licht besieht. Denkt
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1215
(Dr. Gülich)
denn eigentlich einer der Beteiligten im Ernst dar- Nun habe ich mir sagen lassen, daß aufwärts vom
an, Herr Bundesfinanzminister, daß Sie die Ministerialrat an die Ministerialen nicht mehr rot
327 Millionen DM wirklich einsparen könnten, daß werden.
die 327 Millionen DM auch nur zum größten Teil (Heiterkeit und Beifall. — Hört! Hört!
eingespart werden könnten? Nein! Diese vierpro- bei der SPD.)
zentige Kürzung ist ein ganz simpler Trick. Sie ist
in Wirklichkeit keine Sparmaßnahme, sondern eine Herr Kollege Schäffer wird es ja sicher nicht, wie
Deckungsmaßnahme, die dem Bundesfinanzmini- wir ihn kennen. Aber es ist doch so: wenn die Aus-
ster zum Schluß eingefallen ist, als er des Raufens gaben wirklich unvermeidbar sind, dann muß eben
mit den Ressorts müde war. So stelle ich mir das die Deckung durch erhöhte Einnahmen oder durch
vor. sinnvolle Einsparungen an den Ausgaben erreicht
(Abg. Frau Dr. Weber [Aachen] : Nein, der werden. Nun sei zugegeben, im gegenwärtigen
wird nie müde!) System ist das tatsächlich schwierig. Die Reichs-
— Bitte? haushaltsordnung und die Wirtschaftsbestimmun
(Abg. Frau Dr. Weber [Aachen]: Der Finanz gen, dieses ganze fiskalistische System zwingen viel
minister wird nie müde!) leicht zur Anwendung fiskalistischer Mittelchen.
— Verehrte Frau Kollegin Weber, ich kann mir Aber muß das auf die Dauer wirklich so sein?
vorstellen, wie es bei diesen Ressortbesprechungen Wollen wir bei der stetigen Ausweitung ides Sozial-
zugeht und wie sie da miteinander raufen. Schließ- produkts und bei der stetigen Ausweitung des öf-
lich hat er resigniert, und da ist vielleicht einem fentlichen Haushalts uns nicht endlich einmal um
seiner gescheuten Helfer eingefallen, man könnte eine zeitgerechte Lösung unserer Haushaltspro-
es ja mal mit der vierprozentigen Kürzung ver- bleme bemühen?
suchen, dann käme man so hin. Dann sah man, daß Es gibt eine ganze Reihe von Reformvorschlägen
das so nicht ging, und dann stellte man den Ge- zur Neugestaltung des Haushaltswesens. Nun kann
genposten von 680 Millionen DM ein, nur um zu- man sicher nicht leichtfertig zu einem ganz neuen
nächst einmal den Haushaltsplan — scheinbar und System der Budgetgestaltung übergehen. Man
nicht echt — auszugleichen. Dieser Trick stellt also sollte es aber schrittweise versuchen. Übrigens, da
eine höchst fragwürdige formale Deckungsmaß- ich eben gerade Herrn Bundesinnenminister
nahme dar. Die vierprozentige Kürzung bedeutet Dr. Schröder sehe, fällt mir, wenn ich „schrittweise"
nichts anderes, als daß das Raufen der Ressorts sage, ein, daß sein früherer thüringischer Kollege
untereinander, das sonst bis zur Verabschiedung Exzellenz von Goethe, der ja in weiteren Kreisen
des Haushaltsplans im Kabinett geführt wird, wo- bekanntgeworden ist — er hat auch Gedichte ge-
bei dann noch ein bißchen im Haushaltsausschuß macht —
weitergeplänkelt wird, nunmehr das ganze Jahr (Heiterkeit)
andauert. Ich beneide Sie um diese Geschichte
nicht. Wieviel Zeit wird damit verlorengehen, und der ein ganz ausgezeichneter Verwaltungs-
was für Eingaben werden gemacht werden, was fachmann war, immer der Meinung war, daß man
für ein Kampf unter den einzelnen Ressorts wird bei Verwaltungsreformen schrittweise vorwärts-
da geführt werden! gehen sollte; man solle also nicht frontal eine ge-
samte Verwaltungsreform durchführen wollen, - son-
Übrigens habe ich neulich von einem sehr ge- dern die Sache zunächst einmal auf einzelnen Ge-
scheuten Mann — aber nicht des Finanzministe- bieten probieren. Der Herr Bundesfinanzminister
riums, sondern eines ganz anderen Ministeriums sollte — ich habe ihm das kürzlich schon persön-
— erfahren, was eigentlich eine Ressortbespre- lich gesagt — sich einmal mit den besten Sachken-
chung ist. Eine Ressortbesprechung, sagte er, sei nern auf diesem Gebiet, die sich literarisch aus-
nach Auffassung der Beamtenschaft der mühselige gewiesen haben, mit einigen nachdenklichen Ab-
Versuch der anderen Ressorts, unter den Ressorts geordneten verschiedener Parteien aus dem Haus-
des Wirtschaftsministeriums eine einheitliche Auf- haltsausschuß und mit einigen seiner hochqualifi-
fassung zu erzielen. zierten Beamten zusammensetzen, um nach einer
(Heiterkeit. — Abg. Sabel: Noch mal!) sinnvolleren Gestaltung ides gesamten Haushalts-
— Ach, Herr Sabel, das braucht man ja nicht zwei- plans zu suchen. Denn es ist kein Zweifel, eine
mal zu sagen. vernünftige Zuständigkeitsregelung im Haushalt
(Abg. Sabel: Das war aber so nett!) zieht automatisch eine Verwaltungsreform nach
sich. Der Bundeshaushalt sollte sowohl in seiner
— Sie haben es nicht verstanden? Dann will ich Form wie in seiner Finanzgebarung vorbildlich
es Ihnen noch mal sagen. für die Länder- und die Gemeindehaushalte sein.
(Abg. Kunze [Bethel] : Bitte nicht! Es genügt, Im Bundeshaushalt hat diese Reform zu beginnen,
es steht ja im Protokoll!) die Finanzwirtschaft der Gebietskörperschaften
Also: Eine Ressortbesprechung sei der mühselige wird dann nachfolgen.
Versuch der anderen Ressorts, unter den Ressorts Aber der Bundeshaushalt ist keineswegs vorbild-
des Wirtschaftsministeriums eine einheitliche Auf- lich, gerade auch nicht in seinem Verhältnis zu den
fassung zu erzielen. Ländern, wie diese zumeist nicht vorbildlich sind
(Erneute Heiterkeit. — Hört! Hört! in ihrem Verhältnis zu den Gemeinden und Ge-
bei der SPD.) meindeverbänden.
Ich komme zurück zu den Manipulationen im (Sehr richtig! rechts.)
Haushalt. Ich bin der Meinung — und das ist nicht Aber nur, wenn wir uns angewöhnen, alle das an.
nur eine private Meinung, es ist eigentlich eine all- gewöhnen, endlich die Finanzwirtschaft von der
gemeine finanzpolitische Meinung —, daß man nicht Gemeinde bis zum Bund einschließlich aller Kör-
jahrelang Fehlbeträge vor sich herschieben und perschaften des öffentlichen Rechts und sonstiger
dann so tun kann, als ob der Haushalt echt ausge- Institutionen, auf die öffentliche Aufgaben über-
glichen sei, daß man sich nicht hier hinstellen tragen sind, als eine Einheit zu sehen, ist eine Ge-
und das verkünden kann, ohne rot zu werden. sundung unserer Finanzwirtschaft, ja, ich möchte
1216 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Gülich)
sagen, eine Gesundung unseres gesamten Staats- wahrhaftig nicht fleckenlos. Ich bin der Meinung:
lebens möglich. Nur dann auch wird unsere Demo- der Flecken wird immer bösartiger!
kratie, werden unsere Staatsmänner und werden (Langsam anschwellende große Heiterkeit
unsere Volksvertreter im Volke glaubwürdig er- und Oh-Rufe.)
scheinen.
— Wie heißt es doch bei Morgenstern:
Was soll man aber nun davon halten, daß der Korf erfindet eine Art von Witzen,
Bundeshaushalt die Gewährung von Heimkehrer- die erst viele Stunden später wirken.
hilfe, zu der der Bund gesetzlich verpflichtet ist, Jeder hört sie an mit langer Weile.
oder die Gewährung von bescheidenen Mitteln für Doch als hätt ein Zunder still geglommen,
die Zonenrandgebiete, die zu leisten der Bund wird man nachts im Bette plötzlich munter,
rechtlich und moralisch verpflichtet ist, von so un- selig lächelnd wie ein satter Säugling.
feinen Klauseln abhängig macht wie der Erhöhung
des Bundesanteils an der Einkommen- und Körper- Passen Sie mal auf, bei wem von Ihnen in der
schaftsteuer auf 42 %. kommenden Nacht die Wirkung auch schon ein-
treten wird!
(Sehr wahr! bei der SPD.) (Erneute Heiterkeit. — Abg. Dr. Tillmanns:
Warum reden wir eigentlich im Bundestag nicht Sie ist schon da!)
über den Tit. St 9 im Einzelplan 60, der doch Der Bundesfinanzminister ist an dieser Entwick-
immerhin die nicht unbeträchtliche Summe von lung nicht schuldlos. Der Bundesfinanzminister
5040 Millionen gleich 20,1 % des gesamten ordent- zieht keine Konsequenzen. Der Bundesfinanz-
lichen Haushalts gleich 42 % Bundesanteil an der minister hat uns drei Finanzreformgesetze vorge-
Einkome-udKörpschaftebäg?Di legt, die dieser bedrohlichen Entwicklung nicht
Mehrheit des Hauses hat am vergangenen Freitag Rechnung tragen. Der Bundesfinanzminister, zu
den Einzelplan 60 mit diesen 5040 Millionen DM dem ich jetzt selber etwas sagen muß, der sich so
gutgeheißen, also mit den 42 %, obgleich doch vieler, gelinde ausgedrückt, unerfreulicher Mittel-
keiner von Ihnen daran glaubt, daß die 42 % er- chen bedient, wird persönlich immer unglaubwürdi-
reicht werden, daß also der Bundesrat zustimmt, ger, und das ist schade. Denn angesichts der Schwere
sondern jeder von Ihnen weiß, daß das unwürdige des Amtes, das er hat, wünschen auch wir von der
Geraufe alsbald nach der Verabschiedung des Opposition einen Finanzminister, den wir auch bei
Haushalts in der dritten Lesung im Vermittlungs- sachlichen Meinungsverschiedenheiten immer ernst
ausschuß fortgesetzt wird. nehmen wollen.
Ich möchte auch an dieser Stelle — wir werden (Sehr gut! bei der SPD.)
ja am 20. Mai bei der ersten Beratung der soge- Der Bundesfinanzminister aber sagt, ohne rot zu
nannten großen Finanz- und Steuerreform darüber werden, der Haushalt sei echt ausgeglichen. Er
mehr zu sagen haben — vor den Verhandlungen sagt, es sei ein Haushalt der Sparsamkeit. Schäffer
im Vermittlungsausschuß sagen, daß das Verhältnis ist entweder ein kühner Optimist, oder er ist ein
Bund—Länder unerträglich zu werden beginnt. düsterer Pessimist. Er färbt entweder extrem
(Sehr richtig! bei der FDP.) schön - wir haben das ja alle erlebt —, oder er
färbt extrem schaurig — schwarz oder weiß. - Man
Die Länderfinanzminister durchforschen mit ihrem vermißt bei ihm die ruhige Überlegenheit, die
ganzen Fachwissen und mit ihren durchaus nicht Sicherheit,
gerinnen Erfahrungen und den Erfahrungen einer
ebenfalls qualifizierten Beamtenschaft — sie ken- (Widerspruch und Oh-Rufe bei der
nen ja bekanntlich keine Parteien mehr, sie ken- CDU/CSU)
nen nur noch Länder! — die Solidität, die einen Finanzminister auszeich-
nen muß. Unser Bundesfinanzminister denkt nicht
(große Heiterkeit und allgemeiner Beifall) volkswirtschaftlich, sondern fiskalisch.
den gesamten Bundeshaushalt und sparen nicht (Zustimmung bei der SPD.)
mit den einschneidendsten Vorschlägen, ohne sich Er ist kein Mann großangelegter Planung, son-
aber selber einer gleichen kritischen Durchleuch- dern er ist ein Interventionist.
tung zu unterziehen.
Seine wundeste Stelle hefte sind die Kassen-
(Abg. Kunze: Sehr richtig!) bestände. Diese Kassenbestände sind wesentlich
Das Grundgesetz gibt dazu keine Möglichkeit. Aber höher als die ausgewiesenen Einlagen; diese ent-
Sie haben doch die schöne große Mehrheit hier! halten nicht die in den öffentlichen Kassen befind-
Machen Sie doch einmal eine anständige Finanz- lichen Bargeldbestände, sie enthalten nicht die
verfassung! Geldmittel, die Wertpapiere, sie enthalten nicht
(Beifall bei der SPD und bei die kurzfristig gewährten Darlehen, sie enthalten
Abgeordneten der FDP.) nicht die bei den privaten Einlagen mit erfaßten
Einlagen der Unternehmungen des öffentlichen
Darüber am 20. Mai mehr. Rechts mit mindestens 50 % Beteiligung.
Ich bin wirklich der festen Überzeugung, daß (Hört! Hört! bei der SPD.)
man der weiteren finanzpolitischen Entwicklung Meine Damen und Herren, ich möchte es einmal
nur mit der größten Besorgnis entgegensehen kann. aussprechen, daß die enormen Kassenbestände bei
Wenn die Länder so fortfahren, wird der Föderalis- der gesamten öffentlichen Hand in der Bundes-
mus in Deutschland bald zum Teufel gehen. republik allmählich zu einer öffentlichen Gefahr
(Sehr richtig! bei der SPD und dem werden.
GB/BHE.) (Zustimmung bei der SPD und rechts.)
Unsere gesamte Staatlichkeit, davon bin ich über Der Bundesfinanzminister aber lebt ganz im „Geld
-
zeugt, kann von der Finanzpolitik her erschüttert im-Juliusturm-Komplex", und nur die ungeheure
werden. Dieser Föderalismus, den wir haben, ist Routine, die ihm eigen ist, seine nette — wir
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1217
(Dr. Gülich)
schätzen das ja alle —, seine temperamentvolle, Apparat, der geeignet ist, den Praktiken der Exe
ansprechende, oft humorige, manchmal lyrische kutive auf die Schliche zu kommen,
Art vermögen zu verdecken, daß er in Wirklichkeit (Beifall bei der SPD)
volkswirtschaftlichen Denkens nicht fähig ist.
und wie wir gesehen haben, scheut der Rechnungs-
Das sehen Sie auch in der gesamten Steuerpoli- hof auch nicht, das zu tun. Der Rechnungshof hat
tik, sowohl in bezug auf die direkten Steuern als eine Tradition und eine hochqualifizierte Beamten-
auch in bezug auf die indirekten Steuern, insbeson- schaft. Man denke nur an die Wirksamkeit der
dere die Verbrauchsteuern. Er hat wahrhaftig ein preußischen Oberrechnungskammer und des spä-
schweres Amt, und ich will es einmal an dieser teren Rechnungshofs des Deutschen Reichs. Diese
Stelle sagen: Ich habe mir mehrere Jahre lang Tradition lebt auch im Bundesrechnungshof, und
große Mühe gegeben, in der Opposition Verständ- sie lebt auch in den Landesrechnungskammern
nis für die Schwere seines Amtes zu erzielen. Aber weiter. Aber die Regierungen sind dabei, diese Be-
bei aller persönlichen Hochschätzung muß ich ihm deutung und das Gewicht der Landesrechnungs-
das doch sagen — und es muß nun auch einmal höfe zu mindern.
hier gesagt werden —, daß es mit diesem fiska- (Zuruf von der CDU/CSU: Aber doch nicht
lischen Denken nicht weitergeht. die Bundesregierung!)
(Sehr gut! bei der SPD.) — Nein, bisher noch nicht; aber wir sehen die
Und wenn er dann nicht mehr weiterkommt und Tendenzen in den Ländern. Der Bundestag ist be-
er mit Ihnen die größten Schwierigkeiten hat, weil rufen — hier kommt es jetzt gar nicht auf die
ja auch Sie nicht alle ohne volkswirtschaftliche Zuständigkeit im Grundgesetz an —, die Institution
Einsicht sind, der Rechnungshöfe zu hüten und zu bewahren
(Beifall bei der SPD und der FDP)
(Heiterkeit — Beifall bei der SPD)
und sie vor allen Angriffen zu schützen, welche
dann droht er mit seinem Rücktritt. Wie oft hat die Exekutive auf sie vornehmen will. Ich will
er schon mit seinem Rücktritt gedroht! Ich habe nicht deutlicher werden; ich will nicht ausführen,
mich wahrhaftig gewundert, daß der Herr Bundes- was sich beispielsweise in Bayern ereignet hat.
kanzler nicht gelegentlich einmal plötzlich gesagt
hat: Jehn Se! Nun hatte ich zu Beginn zugesagt, noch einmal
(Beifall bei der SPD.) auf die „Manövriermasse" zurückzukommen. Die
sechs Ministerien, die die Fraktion der Sozialdemo-
Nun noch ein Wort zum Rechnungsprüfungs- kratischen Partei streichen möchte, bringen ja nur
wesen. Die Beschleunigung der Rechnungsprüfung 11 Millionen, wobei ich die Kosten, die diese Mini-
ist nötig, da nur die möglichst schnelle Heranzie- sterien den anderen Ministerien verursachen, nicht
hung der Ist-Ausgaben auf die Gestaltung der
Soll-Ausgaben im Haushaltsjahr einen sinnvollen
mit veranschlage.
Einfluß ausüben kann. Ich möchte den schnelle- (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)
ren Rechnungsabschluß des Jahres 1953/54 aner- Eine Bundesfinanzverwaltung, die mit der dem-
kennen. Aber ich kann nicht unerwähnt lassen, nächst zu beratenden Finanzreform einzuführen
welche Gefahren dem Rechnungsprüfungswesen -
wäre, könnte an Einsparung und Mehraufkommen
jetzt drohen, und zwar in den Ländern, und welche ja diese berühmte — Herr Kollege Schäffer sagt:
Bedeutung das Rechnungsprüfungswesen hat. In sagenhafte — Milliarde erbringen, und ernsthaft
mehreren Ländern zeigen sich deutliche Tenden- geführte Verhandlungen über Einsparungen im Be-
zen bei den Regierungen, die Rechnungshöfe mehr satzungskostenhaushalt könnten größere Summen
und mehr unter ihre Kontrolle, für die deutsche Volkswirtschaft, für die soziale
(Hört! Hört! bei der SPD) Sicherheit und für die wissenschaftliche Forschung,
die die Mutter aller Erkenntnis und allen Fort-
das heißt also, ganz formal unter die Dienstauf- schritts ist, frei machen.
sicht des Innenministers zu bringen. Es besteht
(Sehr gut! bei der SPD.)
eine akute Gefahr in der Bundesrepublik für die
echte Unabhängigkeit der Rechnungshöfe. Auf Darauf werden wir später zurückkommen.
Einzelheiten, auf Bayern, auf Nordrhein-West- Ich muß jetzt noch einige Dinge berühren, die
falen, auf Hamburg will ich nicht eingehen; ich von unserm Standpunkt aus grundsätzlich zum
will nur feierlich an Sie appellieren, daß der ge- Etat gesagt werden müssen. Die Verabschiedung
samte Bundestag ohne Rücksicht auf parteiliche des Haushalts ist ja ein Ereignis, bei dem auch
Einstellung sich als Sachwalter der echten Unab- von einer der allerdringlichsten und wichtigsten
hängigkeit der Rechnungsprüfung fühlen sollte, Aufgaben des Bundes gesprochen werden muß,
(Beifall bei der SPD, bei der FDP und beim nämlich von der Wiedergutmachung.
GB/BHE) (Beifall bei der SPD.)
da von ihr die gesamte Kontrolle der öffentlichen Dem vom ersten Bundestag im letzten Augenblick
Verwaltung abhängt. In der Demokratie hat der unter absoluter Zeitnot erlassenen Bundesentschä-
Rechnungshof die Stellung einer obersten, der Re- digungsgesetz haben wir Sozialdemokraten nur
gierung gegenüber selbständigen Bundes- oder mit dem ausdrücklichen Vorbehalt zugestimmt, daß
Landesbehörde, nach § 118 der Reichshaushaltsord- dieser zweite Bundestag sofort das völlig unzurei-
nung und § 1 des Bundesrechnungshofgesetzes oder chende Gesetz von Grund auf verbessert. Wir er-
den entsprechenden Landesrechnungsgesetzen. Eine innern uns in diesem Zusammenhang auch, daß
Dienstaufsicht durch die Regierung besteht nicht, damals der Kollege Gerstenmaier eine ähnliche
wohl aber eine gewisse Prüfung durch das Parla- Erklärung abgegeben hat. Um so mehr bedauern
ment. Der Rechnungshof ist ein funktionelles Organ wir, daß dieser Haushaltsplan keinerlei Ansatz für
der Legislative, nicht ein Glied der Exekutive. die notwendige Verbesserung und vor allem Be-
(Zustimmung bei der SPD.) schleunigung der Wiedergutmachung enthält.
Der Rechnungshof ist der einzige bürokratische (Hört! Hört! bei der SPD.)
1218 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Gülich)
Der derzeitige Stand der Wiedergutmachung in da mit wenigen hunderttausend Mark geschehen
Deutschland ist durchaus unbefriedigend. könnte — hier das Geld bedenkenlos für Propa-
(Sehr wahr! bei der SPD.) ganda ausgegeben wird, angeblich damit man im
Mittelwesten Amerikas eine bessere Meinung von
Daß unsererseits zum Haushaltsplan jetzt keine Deutschland bekommt.
Anträge gestellt worden sind, erklärt sich daraus, (Beifall bei der SPD.)
daß diese Anträge zum Haushaltsplan ja doch nicht
angenommen worden wären Die Zahlen — weniger als 10 Millionen für die
(Zuruf des Abg. Dr. Tillmanns) gesamten Geisteswissenschaften und über 30 Mil-
lionen für Propaganda — geben eine anschauliche
— haben Sie es gehört, Herr Tillmanns; ja, ich habe Relation im Zusammenhang mit dem Problem der
es gesagt, ich kann noch mehr dazu sagen — und Existenzfrage und der Weltgeltung der deutschen
daß wir selbst an einer durchgreifenden Reform Wissenschaft. Bei diesen 72 Millionen steht ja die
der Wiedergutmachung arbeiten und demnächst Förderung der Naturwissenschaften, der Zweck-
auf diesem Gebiet initiativ werden wollen. Die forschung, im Vordergrund. Die Weltgeltung der
Bundesregierung war ja durch das Israel-Abkom- deutschen Wissenschaft vor Jahrzehnten hat auf
men, aber auch durch die Bestimmungen im Ge- dem Ansehen der Geisteswissenschaften beruht. Die
neralvertrag verpflichtet, das amerikanische Ge- Geisteswissenschaften — sie sind die Mutter aller
setz als Minimum zur Grundlage zu nehmen und Wissenschaften, — haben das deutsche Ansehen in
die Personenkreise zu berücksichtigen, die auf der Welt begründet.
Grund der Gesetze der US-Zone und des Israel (Beifall bei der SPD und bei der FDP.)
Abkommens Ansprüche haben.
Nachdem dann die Machtstaaten des 19. Jahrhun-
Ein weiteres Wort zum Bundesvertriebenenmini- derts begriffen hatten, daß man mit Zweckfor-
ster! Zum Einzelplan 26 war von den Sprechern schung die Macht des Staates erhöhen kann, da
meiner Fraktion in Aussicht genommen, die Arbeit hat man die Naturwissenschaften gefördert, ge-
des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge fördert und gefördert. Und was für Gelder werden
und Kriegsgeschädigte einer weiteren kritischen dafür ausgegeben, um Atombomben und Wasser-
Betrachtung zu unterziehen. Die eigenen Ausfüh- stoffbomben zu entwickeln, die vielleicht den Un-
rungen des Herrn Ministers in der zweiten Lesung tergang dieses gesamten Erdballes mit sich brin-
zu den damaligen Darlegungen meiner Freunde gen werden!
und die tatsächliche Situation hinsichtlich der zur (Beifall bei der SPD.)
Lösung anstehenden Probleme veranlassen uns,
von dieser Erörterung heute abzusehen. Die Ver- Ich habe mir früher nichts Rechtes unter der
antwortung den betroffenen Menschen gegenüber biblischen Prophezeiung vom Weltuntergang vor-
ist so groß, daß wir es für notwendig halten, diese stellen können. Jetzt fange ich an, die Dinge zu
Fragen in einer kommenden Bundestagssitzung zur begreifen. Und wir tun nichts, um die Geisteswis-
Beratung zu stellen. senschaften zu fördern. Wir tun nichts, um — —
Noch ein letztes Kapitel von grundsätzlicher Be- (Zuruf des Abg. Dr. Tillmanns.)
deutung möchte ich ansprechen; das ist die Lage — Nein, wir tun nichts, verehrter Herr Kollege
der Wissenschaft in Deutschland. Der Herr Bundes- Tillmanns! Nun ja, wir tun etwas, aber- viel zu-
finanzminister hat uns eine Zusammenstellung vor- wenig. Wir tun viel zuwenig, um die Sozialfor-
gelegt, nach der insgesamt in den Einzelplänen des schung zu fördern. Wir wissen doch ganz einfach
Bundeshaushalts für 1954 fast '72 Millionen DM für zuwenig Tatsachen, um die Dinge beurteilen zu
Zwecke der wissenschaftlichen Forschung ausge- können, die wir gesetzgeberisch etwa in der Sozial-
gegeben werden sollen. Allerdings sind unter „wis- reform regeln wollen.
senschaftlicher Forschung" Dinge aufgeführt wor- (Beifall bei der SPD.)
den — Verpackungswesen und was weiß ich alles Was sagen schon diese paar Millionen angesichts
—, die wir nicht als wissenschaftliche Forschung der gesamten Finanzmasse? ! Die Forschung ist
anerkennen können. Was wird im Bundesetat für teurer geworden und die Forschung ist differen-
Geisteswissenschaften einschließlich der gesamten zierter geworden. Es geht einfach nicht mehr an,
Sozialwissenschaften ausgegeben? Das sind keine daß die Forschung bei der Vergebung öffentlicher
10 Millionen DM! Mittel so stiefmütterlich behandelt wird. Die For-
(Hört! Hört! bei der SPD.) schung muß koordiniert werden, und es darf nicht
Aber dieser selbe Bundeshaushalt gibt über 30 Mil- so viel an Einzelpöstchen verkleckert werden.
lionen DM für sogenanntes Informationswesen und Die Forschung und die Pflege der Wissenschaf-
für Propaganda aus. ten können nicht Ländersache sein. Wir müssen
(Erneuter Zuruf von der SPD: daran denken — das sei an dieser Stelle in dieser
Hört! Hört!) Stunde gesagt —, einmal das Grundgesetz zu
ändern. Wir müssen auch — ich spreche es ruhig
Die Koalitionsparteien haben ja neulich einem An-
trag zugestimmt, der nicht von der Bundesregie- aus — ein Bundeskultusministerium haben.
rung, sondern von der stärksten Regierungspartei (Beifall bei der SPD und bei der FDP.)
am letzten Tage der Haushaltsberatungen im Es geht nicht an, daß weiterhin die Fragen der
Haushaltsausschuß gestellt wurde, den Verfügungs- wissenschaftlichen Forschung, der Erziehung und
fonds des Bundeskanzlers für Informationszwecke Volksbildung von der mehr oder minder großen
von 5,5 Millionen DM — im vorigen Jahre betrug oder geringen Einsicht der Länderfinanzminister
er 4,5 Millionen DM — auf 10 Millionen DM zu und von der mehr oder minder zulänglichen Fi-
erhöhen. Ich habe an dieser Stelle neulich schon nanzkraft der einzelnen Länder abhängen.
einige Bemerkungen dazu gemacht. Man muß sich (Zustimmung bei der SPD.)
vorstellen, was es bedeutet, wenn angesichts der
katastrophalen Lage der Wissenschaft in Deutsch- Meine Damen und Herren, ich habe Sie vielleicht
land — und ich habe eine Vorstellung davon, was etwas zu l ange aufgehalten. Ich werde jetzt dem
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1219
(Dr, Gülich)
Schluß zueilen. Wir verabschieden heute einen — Ja, das kommt. Es scheint, daß einige Herren
27-Milliarden-Etat. Der Bundestag hat sich nicht hier sich der Hoffnung hingegeben haben, ich hätte
so sehr dafür interessiert. Ein gar nicht unpromi- meine Bemühungen um eine Neuordnung der
nenter Kollege des Bundestages hat mich am vori- Branntweinwirtschaft aufgegeben. Nein, ich habe
gen Donnerstagabend gefragt: Wie lange dauert es nicht.
denn die Haushaltsberatung am Freitag? Wie lange (Erneute Heiterkeit.)
kann ich wegbleiben? Von wann ab etwa wird es Herr Kollege Schäffer, ich werde auch da wieder
wieder interessant? initiativ werden; denn Sie werden es ja nicht. Sie
(Hört! Hört! bei der SPD. — Zuruf von der sind jetzt schon so lange im 2. Bundestag, und die
Mitte: Wer?) so vielfach versprochenen Monopolnovellen sind
bisher noch nicht gekommen, d. h., für den 2. Bun-
— Wer das war, ist ganz gleichgültig. Ich kann destag haben Sie sie auch gar nicht versprochen.
Ihnen sagen, wenn ich eben sagte: der Kollege, — Es ist jetzt ja nicht mehr nötig, obgleich das ein
der Kollege sitzt überall von links bis rechts. Wirtschaftszweig ist, der ganz dringend der Re-
(Beifall bei der SPD.) form bedarf.

Wollen Sie mir bitte glauben, daß das, was ich Nun ist es so, daß sich viele Kollegen vor den
Haushaltsberatungen scheuen, weil ihnen das Ge-
gesagt habe, ich möchte fast sagen: alles, was ich strüpp der Haushaltspläne undurchdringlich er-
heute gesagt habe, gar kein Anliegen der Oppo- scheint. Die „Welt" — immerhin eine Zeitung von
sition ist. Das ist ein Anliegen des Parlaments, großem Ansehen und großer Verbreitung — schrieb
(lebhafter Beifall bei der SPD und neulich:
Abgeordneten der FDP) Der Haushaltsplan ist uns ein Buch mit sieben
Siegeln. Es ist so dick wie eine Bibel und kann
und es sollte unser aller Anliegen sein. Das Par- bisher nur in Bonn eingesehen werden.
lament beschränkt sich mehr und mehr auf die
eigentliche Gesetzgebung und erledigt die Etat- Hier irrt die „Welt". Man kann die Haushaltspläne
beratung ohne große Anteilnahme in wenigen seit Monaten überall einsehen und schlimmstenfalls
Sitzungen. Wenn die Opposition mit ihren An- durch jede gute Buchhandlung beziehen.
trägen mit ihrer Kritik nicht wäre, (Abg. Arnholz: Das sollte die „Welt" wissen!)
(Zurufe von den Regierungsparteien: Au! Au!) Außerdem kann sich jeder Interessent an Hand der
vorzüglichen Vorbemerkungen zum diesjährigen
dann hätten wir wahrscheinlich die Haushaltsbe- Haushaltsplan wirklich gut einarbeiten. Diese Vor-
ratungen in der zweiten und dritten Lesung be- bemerkungen haben nur den einen Nachteil, den
quem an einem Tage erledigt. so viele Amtsdrucksachen haben, daß sie kein In-
(Beifall bei der SPD.) haltsverzeichnis und kein Register haben. Hätten
sie das — ich vermute, das nächste Mal werden sie
Ich muß Ihnen etwas Unfreundliches sagen; aber es haben —, dann könnten sich die Kollegen noch
ich sage es freundlich. sehr viel leichter mit den Dingen beschäftigen.
(Heiterkeit.) Dann gibt es die vorzüglichen Schriften des In-
Ich habe oft den Eindruck, daß sich die Koalition stituts für Finanzen und Steuern. Die neulich er-
nur als der verlängerte Arm des Bundesfinanz- schienene Schrift über den Bundeshaushalt 1954
ministers fühlt, und die beiden Vorgänger sind so ausgezeichnete
Darlegungen der gesamten Haushaltsprobleme, daß
(Beifall bei der SPD) ich darauf hinweisen möchte. Und wer noch ein
und das darf sie nicht tun. bißchen einfacher anfangen will, soll die Haus-
(Zuruf des Abg. Dr. Atzenroth: Ist das haltsfibel von Kurt Heinig lesen, einem bedeuten-
Ihr Ernst?) den Experten aus dem früheren Reichstag.
— Herr Atzenroth, das ist leider mein Ernst, und Die „Zeit" fragte kürzlich in einem hochinteres-
ich könnte das sogar mit einer ganzen Reihe von santen Artikel, der geistreich und zutreffend war:
Dingen so anschaulich beweisen, daß Sie es mir „Weiß das Parlament sein Budgetrecht zu nützen?"
glauben würden; Im Vorspann dieses Artikels wurde der Geist des
(Beifall und Heiterkeit bei der SPD) unerreichten Sachkenners Eugen Richter beschwo-
ren, und es wurde bedauert, daß es im Bundestag
aber vielleicht machen wir das unter uns ab. Es keinen Mann seiner Qualitäten gäbe. Ich bin für
ist jedoch wirklich mein Ernst. die Anregung dankbar, und da ich mich schon frü-
(Zuruf von der SPD: Er weiß das auch so!) her mit Eugen Richter und den anderen Parlamen-
Ich bin der Meinung, daß das Parlament sein Be- tariern beschäftigt habe, habe ich mir die Mühe
willigungsrecht wieder stärker wahrnehmen muß; gemacht, mir mal so ein paar Haushaltspläne an-
denn das Bewilligungsrecht des Parlaments ist die zusehen. Das z. B. ist der Haushaltsplan 1894 für
liberale Errungenschaft des 19. Jahrhunderts, die das Reich einschließlich dem Haushaltsetat, wie
auch im 20. Jahrhundert kein Parlament aufgeben man damals sagte, für die Schutzgebiete und dem
darf. Nachtragsetat, ein dünner Band Etat und einige
(Beifall bei der SPD.) dicke Bände Reichstagsprotokolle, die ich nicht mit-
bringen konnte, weil sie mir zu schwer waren, die
Ebenso darf das Parlament sein Kontrollrecht aber einzusehen ich empfehle. Eugen Richter war
nicht aufgeben. Das Parlament hat in alles hin- 29 Jahre alt, als er im Jahre 1867 Mitglied des
einzuschauen, in die Ministerien, in alles, was vom Parlamentes des Norddeutschen Bundes wurde. Er
Bunde unterstützt wird, in die Einfuhr- und Vor- hat dann 29 Jahre lang dem Deutschen Reichstag
ratsstellen und in die Monopolverwaltung für angehört. Wenn man in die Protokolle über die De-
Branntwein. batten der damaligen Zeit hineinsieht und liest,
(Heiterkeit.) wie in diesen Jahren von Bennigsen, Windthorst,
1220 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Gülich)
von Kardorf, Freiherr v. Schorlemer, August Bebel lichst schon im Dezember vorzulegen, damit wir
zum Haushalt gesprochen haben — um nur einige spätestens Anfang Januar mit den Beratungen im
der noch heute ganz bekannten Namen zu nen- Haushaltsausschuß beginnen können.
nen —, dann erkennt man, welche Bedeutung den Nun meinen Sie — wenn ich noch ein Wort zur
Haushaltsberatungen früher beigemessen worden Rolle der Opposition sagen darf —, daß die Op-
ist. position im 2. Deutschen Bundestag eigentlich
(Abg. Dr. Dresbach: Herr Gülich, Sie kennen nichts zu sagen hat.
doch die Broschüre von Eugen Richter
„Zukunftsstaat — Zuchthausstaat"!) (Zurufe von der Mitte.)
— Ja, ich kenne sie. Ich kenne überhaupt die po Dazu möchte ich sagen: die Opposition hat so viel
litisch-ökonomische Literatur der damaligen Jahr zu sagen, wie sie zu sagen hat.
zehnte relativ gut. Aber es ist hier nicht der Ort, (Zuruf von der Mitte: Eineinhalb Stunden!)
darauf zu antworten. Ich finde Ihre Bemerkung Das ist in den Ausschüssen viel, in Plenum wenig.
(Abg. Dr. Dresbach: Deplaciert!) (Abg. Arndgen: Sehr viel!)
eigentlich
— Das ist im Ausschuß viel, Herr Arndgen; im
(Abg. Dr. Dresbach: Ich wollte Sie mal Plenum ist es wenig.
prüfen, ob Sie den anderen Eugen Richter
auch kennen!) (Abg. Arndgen: Sie haben aber viel
geredet!)
hier gar nicht einmal angebracht. Aber darüber
können wir uns auch unterhalten. Ich habe Ihnen Wir können nämlich im Plenum Anträge einbrin-
gestern gesagt, Herr Dresbach, daß Sie einen aus- gen, Sie lehnen sie ab, von welcher Art sie auch
gezeichneten Artikel in der „Frankfurter Allge- sind. Sie haben alle unsere Anträge abgelehnt, ob-
meinen" geschrieben haben. wohl Sie ihnen hätten zustimmen können und
müssen.
(Abg. Dr. Dresbach: Danke! Hoffentlich wird
daraufhin mein Honorar erhöht! — Heiterkeit.) (Lebhafte Zustimmung bei der SPD. —
Zurufe von der Mitte.)
— Hoffentlich. Im Schlußabsatz dieses ausgezeich-
neten Artikels sind Sie aber, Herr Dresbach, genau Wir von der Opposition sind sehr darum besorgt,
so als terrible simplificateur aufgetreten, wie Sie ob sich die Bundesregierung um konstruktive Lö-
es eben leider getan haben. sungen bemühen und sich die Mitarbeit der Oppo-
(Beifall bei der SPD.) sition sichern wird. Nach dem, was wir in den
äußerst bedenklichen Saarabstimmungen am
Ich bin also der Meinung, daß wir uns um die letzten Freitag erlebt haben, ist die Besorgnis
Einzelberatungen mehr Mühe geben sollten, und größer geworden; sie wird immer größer. Warum
ich muß noch kurz ein letztes und kritisches hat am letzten Freitag niemand von der Koalition
Wort zu uns selber sagen. Man kann nicht vom seine Stimme erhoben, als ich mir bei der Bera-
Parlament verlangen, daß es Beratungen ernst tung des Einzelplans 35, des Plans der sogenannten
nimmt, wenn das Parlament nicht selbst die Vor- Verteidigungslasten, im Namen meiner Fraktion
aussetzungen dafür schafft. Wenn wir von mor- -
die größte Mühe gegeben habe, den Bundesfinanz-
gens bis abends hintereinander einen Einzelplan minister in seinen schwierigen Verhandlungen mit
nach dem anderen wie durch einen Fleischwolf den Alliierten zu unterstützen? Warum machen Sie
hindurchdrehen, dann kann nichts als ein schlechter eine solche Sache zur Sache der Opposition?
Hackepeter herauskommen. Wir müßten uns die
Mühe geben, es anders zu machen. Ich möchte an (Beifall bei der SPD.)
den Ältestenrat des Bundestages appellieren, doch Warum haben Sie sich nicht beteiligt, wo doch bei
dafür zu sorgen, daß der Bundestag seine Haus- diesem Plan durch Verhandlungen wirklich etwas
haltsberatungen so führt, daß sie für die Abgeord- zu ändern ist?! Wenn sich der Bundeskanzler nicht
neten, für die Minister, für die Journalisten, für mit einer listenvollen Kabinettspolitik eine Zwei-
alle Zuhörer zumutbar sind; denn nur dann kann drittelmehrheit im Bundestag gesichert hätte,
das Verständnis für die öffentlichen Arbeiten ge- stünde er außenpolitisch stärker da.
weckt und vertieft werden. (Beifall bei der SPD.)
(Beifall bei der SPD.)
Warum ließ sich der Herr Bundeskanzler am letzten
Wir haben uns sehr bemüht, den Ende Januar Freitag an Stelle des vagen Bekenntnisses zu einer
vorgelegten Haushaltsplan schnell zu beraten. Wir Rechtsauffassung, die nach diesem Beschluß der
waren am 31. März gegen 23 Uhr im Haushalts- Mehrheit bei den internationalen Verhandlungen
ausschuß damit fertig. Ich möchte hier ausdrück- ja doch, weiß Gott, von niemandem mehr ernst
lich sagen, daß ich die Arbeit der qualifizierten genommen wird, nicht eine feste Richtschnur vom
Beamtenschaft anerkenne. Es ist notwendig, an Parlament geben?
dieser Stelle ein Wort des Dankes an den Aus-
schußassistenten und die Mitarbeiterinnen und (Beifall bei der SPD.)
Mitarbeiter des Haushaltsausschusses zu sagen, die Mit dieser Politik der Vorleistungen muß ein Ende
von jedem Sitzungstag, der von 9 bis 19 Uhr oder gemacht werden. Warum bedienen Sie sich hier
noch länger dauerte, am nächsten Morgen um nicht der Mitarbeit der Opposition, die sich dafür
9 Uhr das ausführliche, dicke Protokoll vorlegten, freudig zur Verfügung stellt?
die also nachts bis 3 und 4 Uhr gearbeitet haben. (Oho-Rufe und Lachen in der Mitte.)
(Beifall im ganzen Hause.) — Jawohl! Wie können Sie da einfach lachen! Ich
Das muß hier dankbar anerkannt werden. Aber stelle mit Befriedigung fest, daß auf den vor-
man sieht, daß das eine Überforderung ist. deren Bänken, auf denen die Männer sitzen, die
(Sehr richtig! bei der SPD.) genaueren Einblick haben, niemand gelacht hat.
Die Bundesregierung sollte sich überlegen, ob es Wie können Sie also dazu lachen!
nicht möglich ist, den nächsten Haushaltsplan mög (Lebhafte Zurufe von der SPD.)
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1221
(Dr. Gülich)
Der Bundeskanzler ist doch bis jetzt von jeder Ver- Aber ich antworte in erster Linie auf den Vor-
handlung zurückgekommen mit der Bemerkung: wurf, unglaubwürdig zu sein. Der Herr Kollege
„Es war ein großer Erfolg", bevor auch nur ir- Gülich hat in seiner Rede selber wieder aus-
gend etwas erreicht war. Jetzt geht er nach Paris geführt, daß das Bundesfinanzministerium hinsicht-
und weiß, daß ihn der Bundestag zu nichts ver- lich der Darstellung der finanziellen Vorgänge, hin-
pflichtet hat. Er stünde, wenn sich der Bundestag sichtlich der Veröffentlichungen eigentlich, wie Sie
zu den Beschlüssen von 1953 bekannt hätte, bei früher selber gesagt haben, Bahn gebrochen hat.
den Alliierten heute vielleicht etwas kleiner da, (Abg. Dr. Gülich: Das sage ich heute noch!)
aber vor dem deutschen Volk und der Geschichte
größer. Jeder Mensch in Deutschland, der sich dafür inter-
(Anhaltender Beifall bei der SPD.) essiert, kann Monat für Monat die gesamte Ent-
wicklung, die gesamten Kassenguthaben, die ge-
samten Steuereinnahmen und die gesamten lau-
Präsident D. Dr. Ehlers: Das Wort hat der Bun- fenden Ausgaben nachprüfen, er ist über die
desminister der Finanzen. schwebende Schuld und über die langfristige
Schuld völlig im Bilde und kann seine eigenen
Schäffer, Bundesminister der Finanzen: Meine
Schlußfolgerungen ziehen. Die Kassenguthaben —
Damen und Herren! Es war bestimmt nicht meine das ist doch ein altes Wort —, die der Bund heute
Absicht, während der Aussprache das Wort zu er- hat und die in der Zeit der Steuerreform eine Rolle
greifen. Es gibt aber Behauptungen — vielleicht gespielt haben, sind gewiß hoch, aber sie sind täg-
auch rednerische Entgleisungen —, die einer sofor- lich zu erfahren, werden monatlich veröffentlicht
tigen Richtigstellung und persönlichen Antwort be- und sind auch heute bekannt.
dürfen. (Zuruf von der SPD: Ob sie echt dargestellt
Man kann einem Mann nichts Schlimmeres vor- worden sind, darauf kommt es an!)
halten als Unwahrhaftigkeit. Der Herr Vorredner Kurzfristige Anleihen spielen im Bundeshaushalt
hat sich zu dem Satz verstiegen, daß der Bundes- überhaupt keine Rolle. Was in den Betrieben, die
finanzminister immer mehr an persönlicher Glaub- der Bund verwaltet — die gar nicht sein Eigen
würdigkeit verliere, daß er immer unglaubwür- tum sind —, täglich vor sich geht, ist Sache der
diger werde. Dieser Vorwurf ist rein persönlich Betriebe, nicht des Bundeshaushalts.
und bedarf auch einer persönlichen Antwort. Er (Abg. Seuffert: Wieviel Milliarden Aus
hat ferner erklärt, daß der Finanzminister nicht gleichsforderungen haben Sie denn gekauft?)
volkswirtschaftlich, sondern nur fiska- — Milliarden Ausgleichsforderungen? Wir haben
lisch zu denken und zu arbeiten verstehe; aber heute — ich weiß nicht, was der Zwischenruf be-
darauf brauche ich vielleicht gar nicht zu antwor- deuten soll — 16 Milliarden Ausgleichsforderungen.
ten.
(Sehr gut! in der Mitte.) (Abg. Seuffert: Wieviel haben Sie davon
angekauft?)
Herr Kollege, in den fünf Jahren meiner Amts- — Wir haben das angekauft, was als Kassengut-
tätigkeit ist es der deutschen Volkswirtschaft be- haben veröffentlicht ist, genau diese Beträge;
stimmt nicht schlecht gegangen. -
(Abg. Seuffert: Etwas mehr!)
(Beifall in der Mitte. — Zuruf des Abg. jeder Pfennig ist als öffentlich ausgewiesen!
Dr. Gülich und weitere Zurufe von der
SPD.) Ich möchte — wie behauptet — einen Fall ge-
In den fünf Jahren meiner Amtstätigkeit hat die nannt hören, in dem der Bundesfinanzminister mit
deutsche Volkswirtschaft einen Wiederaufbau lei- seinen Darstellungen die Öffentlichkeit je getäuscht
sten können, den die Welt bewundert hat. hat! Im Gegenteil, der Bundesfinanzminister
kämpft darum, daß er nicht gezwungen wird, eine
(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU. — Zu falsche oder leichtfertige Darstellung zu geben. Wie
rufe von der SPD.) oft hat sich der Bundesfinanzminister Angriffen
Wir haben eine Währung übernommen, die des gegenüber gesehen, in denen behauptet wurde,
Schutzes bedurft hat, und es war Aufgabe der seine Steuerschätzungen seien zu gering.
deutschen Finanzpolitik, währungspolitisch und (Abg. Dr. Gülich: Davon habe ich kein Wort
volkswirtschaftlich zu denken. Die ganze Finanz- gesagt!)
politik mußte darauf eingestellt werden, den deut- — Sie haben den allgemeinen Vorwurf der Un-
schen Wiederaufbau zu leisten, die deutschen So- glaubwürdigkeit ohne jede sachliche Begründung
zialleistungen zu finanzieren, die auswärtigen Be- erhoben; das ist das, was ich feststelle.
lastungen zu übernehmen und trotzdem eine (Zustimmung bei der CDU/CSU. — Zurufe
Steuerpolitik durchzuführen, die die deutsche von der SPD.)
Volkswirtschaft nicht hemmte, nicht lähmte und
ihr das Leben und die Bewegungsfreiheit gelassen Ich frage, wo jemand nur einen Vorwurf erheben
hat. könnte, daß das Bundesfinanzministerium einmal
(Zustimmung bei der CDU/CSU.) unglaubwürdig gehandelt, einmal die Öffentlichkeit
getäuscht hat. Das ist doch in Ihrem Vorwurf ent-
Der Erfolg ist heute zu sehen. Über diese Worte halten.
— wo die Begriffe fehlen, stellt zur rechten Zeit (Zuruf von der SPD: Die Banken behaupten
das Wort sich ein —, das, Herr Finanzminister!)
(Zustimmung in der Mitte — lebhafte Zu Es gibt Leute, die Interessenten sind und die es
rufe von der SPD) natürlich gern sähen, die Notwendigkeiten und die
über diese Worte vom Fiskalischen bitte ich zu- harten Tatsachen wären nicht so, wie ich sie dem
nächst einmal nachzudenken! deutschen Volke pflichtgemäß und wahrheitsgemäß
(Abg. Dr. Gülich: Das habe ich nicht zum schildern muß.
erstenmal gesagt!) (Zustimmung bei der CDU/CSU.)
1222 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Bundesfinanzminister Schäffer)
Wenn ich sie geschildert habe und ein anderer ver- Jahre 1951 gezwungen waren, mehr als 1 600 Mil-
sucht, ohne Kenntnis der Dinge eine Gegenrech- lionen DM Besatzungskosten in den außerordent-
nung aufzustellen, und vielleicht nach einiger Zeit lichen Haushalt zu nehmen, daß wir das, wozu wir
selber zugestehen muß, daß seine Gegenrechnung damals durch fremden Willen gezwungen worden
zumindest nicht beweiskräftig ist, so berechtigt das sind, heute noch nachschleppen und heute noch als
niemanden, gegen den Finanzminister den Vorwurf Last tragen.
der Unglaubwürdigkeit zu erheben. Wenn wir in diesem Etatsjahr entsprechend
(Beifall in der Mitte.) einem Beschluß des Bundestages vom Vorjahr im
Ich möchte auf das Einzelne eingehen, was Herr Wege freier Vereinbarung mit den Sozialversiche-
Kollege Gülich erwähnt hat. Er hat von dem Kas- rungsträgern zu einem Abkommen gelangt sind
senguthaben gesprochen. Die Kassenguthaben wer- und dadurch die Frage des Deckungskapitals für
den veröffentlicht, sie können jeden Tag erfragt diese Versicherungsanstalten in einer Form lösen,
werden. Im Haushaltsausschuß stand der Finanz- die ihnen die Erfüllung ihrer Aufgabe genau so
minister auch über die Frage, wie die Guthaben gewährleistet, wie wenn irgendein anderer Weg
sind, wie die Schulden sind, jede Minute zur Ver- gewählt worden wäre, dann ist das wirklich keine
fügung. ungesunde Maßnahme.
(Abg. Dr. Gülich: Ich habe mich detaillierter Sie haben dann von der vierprozentigen Kür-
ausgedrückt!) zung gesprochen. Die vierprozentige Kürzung ist
eine Tatsache und kann als Beispiel einer Un-
Ich gebe Ihnen zur Antwort: wenn man den Vor- glaubwürdigkeit bestimmt nicht genommen wer-
wurf der Unglaubwürdigkeit erhebt, der der den. Die vierprozentige Kürzung hat den großen
schwerste Vorwurf ist, den man einem Mann ge- Vorteil, Herr Kollege Gülich, daß ich Monat für
genüber erheben kann, muß man ihn sachlich be- Monat in den Etatspositionen, in denen die vier-
gründen können. prozentige Kürzung vorgesehen ist, bei den Be-
(Beifall in der Mitte und rechts.) triebsmitteln die Kürzung auch vornehmen kann.
Sie sagen dann, auch der Bundeshaushalt sei Ich weiß — das war von vornherein kein Geheim-
unglaubwürdig, er sei ein Haushalt der Sparsam- nis — daß die Kürzung nicht vorgenommen wer-
,

keit genannt, er sei aber kein sparsamer Haushalt; den kann, wo Rechtsverpflichtungen vorliegen.
man habe im Haushaltsausschuß auch Zweifel ge- Aber ich weiß, daß die Kürzung der Mittel um
habt. Warum hat der Haushaltsausschuß dann nicht einen Prozentsatz, ohne in Einzelheiten mit dem
konkrete Vorschläge — das war doch gerade Ihre Ressort zu streiten, der beste Weg ist, um eine
Aufgabe — zur weiteren Verstärkung und Durch- Sparsamkeit im einzelnen Ressort zu erreichen.
führung der Sparsamkeit gemacht, wenn Ihnen das Sie haben sich dann über das Verhältnis Bund
nicht ausreichend erschien? und Länder ausgesprochen. Das gehört jetzt nicht
(Abg. Dr. Gülich: Die sind gemacht worden!) zu diesem Thema.
Und darf ich einmal fragen, Herr Kollege: Wenn (Abg. Dr. Gülich: Doch! Gehört nicht zum
Sie das Prinzip der Sparsamkeit hochhalten, war- Thema?!)
um werden dann bei der Haushaltsberatung hier Ich wünschte allerdings, wenn Sie eine Besserung
Ausgabenanträge mit einem Betrag von über -
des Verhältnisses erstrebten, daß Sie den Bundes-
2 Milliarden DM gestellt? finanzminister in seinem Bestreben, ein gesundes
(Beifall in der Mitte.) Verhältnis zu erreichen, unterstützen.
Gleichzeitig werfen Sie sich als Hüter der Spar- (Abg. Dr. Gülich: Habe ich immer getan!)
samkeit und Hüter der gesunden Finanzpolitik und Dann haben Sie gesagt, der Finanzminister drohe
der Abgleichung des Haushalts auf. Ist da nicht immer mit seinem Rücktritt und führe ihn nicht
eher die Frage, wo die Unglaubwürdigkeit zu aus. Mag sein, Herr Kollege Gülich, daß es poli-
suchen ist? tische Kräfte in Deutschland gibt, denen es ange-
(Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts.) nehm wäre, wenn der Bundesfinanzminister seine
Im Jahre 1953 habe ich die schwachen Punkte Amtsführung niederlegen müßte.
des damaligen Etats wirklich stark betont. Ich habe (Abg. Dr. Gülich: Das ist doch eine Ver
damals mit allem Ernst darauf hingewiesen, daß schiebung des Problems!)
der Fehlbetrag des Haushaltsjahres 1951 leider Der Bundesfinanzminister hat nie mit seinem
nicht abgedeckt werden könnte. Ich habe darauf Rücktritt gedroht.
hingewiesen, wie schwer es ist, wenn wir uns zu
Schritten wie einem Beitrag des außerordentlichen (Zuruf von der SPD: Die CSU hat sogar
Haushalts zum ordentlichen Haushalt entschließen einen Antrag gestellt!)
müssen. Ich habe darüber keinen Schleier gezogen. Er hat immer darauf hingewiesen, daß ihm die
Im Gegenteil, ich wollte der deutschen Bevölkerung Aufgabe über seinem Amt steht.
sagen, wie schwer es ist, die finanzielle Ordnung (Sehr gut! in der Mitte.)
aufrechtzuerhalten, die Leistungen zu erfüllen und
die Steuersenkung, die wir damals geplant haben, Er hat immer darum gekämpft, daß er seine Auf-
durchzuführen. Aber ich habe Ihnen am 11. März gabe erfüllen kann, und er hat immer betont, daß
nachgewiesen, daß die Schätzungen, die wir über die Aufgabe seine Amtsführung rechtfertigt, nicht
die Auswirkung der Steuerreform gemacht haben, umgekehrt.
im Gegensatz zu dem, was von anderen Seiten (Beifall bei den Regierungsparteien.)
behauptet wird — das läßt sich auf einem Gebiet Der Finanzminister kann heute sagen: Wenn allem,
nachweisen, auf dem Gebiet der Lohnsteuer —, was er gewollt und vorgeschlagen hat, in diesem
in vollem Umfang eingetreten sind. Hohen Hause Rechnung getragen worden wäre,
Was den Fehlbetrag des Jahres 1951 betrifft, so wäre die Haushaltslage der deutschen Bundes-
weiß doch der Deutsche Bundestag, daß dieser republik noch bedeutend gesünder, als sie heute
Fehlbetrag auf der Tatsache beruht, daß wir im ist. Aber er will seine Aufgabe erfüllen, in
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1223
(Bundesfinanzminister Schaffer)
Deutschland eine gesunde Finanzpolitik um der die Schätzungen des Bundesfinanzministeriums der
deutschen Volkswirtschaft willen und in voller Wirklichkeit immer recht nahe gekommen sind.
Wahrheit zu führen! (Abg. Dr. Gülich: Jetzt sprechen Sie von
(Lebhafter Beifall bei den Regierungs den Steuereinnahmeschätzungen! Das habe
parteien.) ich ja gar nicht bestritten!)
— Herr Professor Gülich, alle Steuerschätzungen
Präsident D. Dr. Ehlers: Das Wort hat der Ab- werden im Blick auf das Wirtschaftsgeschehen vor-
genommen.
geordnete Arndgen.
(Abg. Dr. Gülich: Das habe ich ja nicht be
stritten!)
Arndgen (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr Mit keinem Wort hat der Herr Professor Gülich
verehrten Damen und Herren! Dafür, daß wir heute davon gesprochen, daß unsere deutsche Währung
in der Lage sind, einen Etat von 27 Milliarden DM zu den härtesten Währungen der Welt gehört.
ausgeglichen zu verabschieden Wenn das aber festgestellt werden kann, so muß
(Abg. Dr. Gülich: Aber Herr Arndgen, wie ich sagen, daß wir das in erster Linie der Finanz-
können Sie das sagen!) politik des Herrn Bundesfinanzministers zu danken
— auf Ihre Kritik, Herr Professor Gülich, komme haben.
ich noch zu sprechen —, gebührt nach meiner Mei- (Beifall bei den Regierungsparteien.)
nung in erster Linie Dank dem Herrn Bundes- Nun noch ein kurzes Wort zu den Dotierungen
finanzminister und seinen Mitarbeitern. für die Wissenschaft. Ich bin mit Herrn Professor
(Beifall bei den Regierungsparteien.) Gülich darin einig, daß wir, wenn es uns möglich
wäre, in dieser Sache noch etwas mehr tun müßten.
Denn der Herr Finanzminister und seine Mitarbei- Aber er hat dann einen Unterschied gemacht zwi-
ter waren in den letzten Monaten doppelt belastet, schen den Natur- und den Geisteswissenschaften.
weil sie Auseinandersetzungen um den Ausgleich Dabei aber, Herr Professor Gülich, muß doch immer
des Haushalts nach drei Seiten hin führen mußten. daran gedacht werden, daß die Naturwissenschaft-
Sie mußten, immer im Blick auf den Ausgleich des ler eine reichlich teure Apparatur für Experimente
Haushalts, Auseinandersetzungen führen mit den benötigen, die bei der Geisteswissenschaft nicht in
anderen Ressorts, mit dem Bundesrat und den Län- dem Umfang nötig ist.
dern und mit der Opposition in diesem Hause.
(Abg. Dr. Gülich: Um so leichter ist es, die
(Abg. Dr. Gülich: Und mit der Koalition!) Geisteswissenschaften zu fördern!)
Ich meine, es ist am Platze, an dieser Stelle dem Wenn also die Ansätze für die Naturwissenschaften
Herrn Bundesfinanzminister und seinen Mitarbei- höher sind, dann ist das auf diese teurere Appara-
tern Dank zu sagen. tur zurückzuführen. — Soviel zu der Kritik des
Herrn Professor Gülich.
(Erneuter Beifall bei den Regierungs
parteien.) Ich bin aber der Meinung, daß uns noch eine
Reihe von Problemen um den Bundeshaushalt
Der Herr Professor Gülich hat darzustellen Sorge machen. Da ist zunächst festzustellen, daß
-
versucht, daß dieser Haushalt nicht ausgeglichen wir trotz harter Absagen an die Ressorts und trotz
sei, der Anlegung strenger Maßstäbe bei der Beratung
(Abg. Dr. Gülich: Er ist es auch nicht!) der Stellenpläne leider auch im jetzigen Haushalt
und hat in diesem Zusammenhang von Nicht-mehr- eine weitere bedeutende Ausweitung der Planstel-
rot-Werden gesprochen. Ich möchte dem Herrn len zu verzeichnen haben. Ich habe eine Zusammen-
Professor Gülich diesen Vorwurf des Nicht-mehr- stellung vor mir liegen, aus der die Planstellen für
rot-Werdens zurückgeben. Denn während Herr Beamte, Angestellte und Arbeiter des Jahres 1953
Professor Gülich hier von einem unausgeglichenen und die des jetzigen Haushaltsjahrs ersichtlich sind.
Haushalt spricht und an der angeblichen Unausge- Aus diesen Ziffern ist festzustellen, daß die Zahl
glichenheit Kritik übt, stellte seine eigene Fraktion der Beamten von 53 446 im Haushaltsplan 1953 auf
in der zweiten Lesung dieses Haushalts Anträge, 64 531, also um über 11 000, angewachsen ist, daß
die, wenn sie angenommen worden wären, zu die Zahl der Angestellten von 21 571 im Haushalts
einer Verschlechterung des Haushalts in Höhe von jahr 1953 auf 22 969, also um 1398, anstieg und daß
2 170 000 000 DM geführt hätten. die Zahl der Arbeiter um 1243 vermehrt wurde.
(Hört! Hört! in der Mitte. — Abg. Dr. Wenn auch bei diesem Mehr an Planstellen die
Gülich: Aber Herr Arndgen, das stimmt zweite Welle des Grenzschutzes mit eingeschlossen
doch gar nicht! — Abg. Heiland: Das ist ist, so wird es doch notwendig sein, so glaube ich
noch nicht mal das Abc beherrschen!) wenigstens, im Sommer, wo sich der Haushalts-
ausschuß mit der gesamten Problematik unseres
Das ist eine Art, Kritik zu üben, die wir nicht Haushalts beschäftigen will, zu überlegen, ob der
hinnehmen können, sondern die wir zurückweisen Aufbau der Ministerien und Verwaltungen im
müssen. Bunde nicht endlich auch in der Stellenbesetzung
Herr Professor Gülich hat weiter gesagt, der als vollendet betrachtet werden kann oder ob nicht
Herr Finanzminister sei nicht in der Lage, volks- sogar mit einem Abbau begonnen werden kann.
wirtschaftlich zu denken. Nun, ich finde es absurd, Die Drangperiode der vielen großen Gesetzesbera-
daß gerade er diese Behauptung aufstellt. Denn tungen scheint im Abklingen zu sein. Daher kann
wer wie ich und zum Teil auch Herr Professor überlegt werden, ob in der Zukunft noch die
Gülich jetzt schon jahrelang dem Haushaltsaus-, gleiche Anzahl Kräfte notwendig ist für Gesetzes-
Schuß des Bundestages angehört, weiß, daß alle vorbereitungen. Bei den Überlegungen im Sommer
Ansätze des Haushalts im Blick auf da Wirt- ist weiter daran zu denken, ob nicht in der Relation
schaftsgeschehen geschätzt werden. Wir haben zwischen den Beamten des höheren Dienstes und
dann im Haushaltsausschuß feststellen können, daß denen der mittleren und der niederen Aufgaben
1224 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Arndgen)
die Zahl der im höheren Dienst Beschäftigten zu wiesen, daß allein seitens der Opposition Anträge
groß ist und ob nicht auch hier Änderungen vor- gestellt worden sind, die, wenn sie angenommen
genommen werden müssen. worden wären, Haushaltsverschlechterungen in
Nach meiner Auffassung ist auch der Global- Höhe von 2 Milliarden 170 Millionen DM zur Folge
abstrich von 4 °/o bei allen Haushaltsansätzen pro- gehabt hätten,
blematisch, insbesondere bei den Personalausgaben, (Abg. Dr. Gülich: Das stimmt nicht! Es
weil hier Gefahren für die älteren Angestellten sind die Deckungsvorschläge dabei!)
im Verzug sind. Die Angestellten, auch die älteren, und wenn ich sämtliche Anträge, die gestellt wor-
werden bekanntlich nach der TOA besoldet. Je den sind, zusammenziehe, dann wären es an Haus-
älter ein nach der TO.A Besoldeter ist, um so hö- haltsverschlechterungen sogar mehr als 2 Milliar-
here Belastungen bringt er mit sich. Hier könnten den 300 Millionen DM gewesen. — Wenn Sie,
die Personalchefs der einzelnen Ressorts im Blick Herr Professor Gülich, sagen, das stimme nicht,
auf den 4%igen Globalabstrich sich veranlaßt füh- dann muß ich Ihnen darauf erwidern, daß die
len, bei der Einstellung von älteren Angestellten Deckungsvorschläge, die Sie zu einzelnen — nicht
vorsichtig zu sein. Wir kennen die Not sehr weiter zu allen! — Anträgen gemacht haben, nicht ernst
Kreise der älteren Angestellten und sind schon in zu nehmen sind.
der Diskussion darüber begriffen, wie diesen älte- (Zustimmung bei der CDU/CSU. — Abg.
ren Angestellten geholfen werden soll. Daher soll Kunze [Bethel] : Das wissen sie selbst!)
auch im Haushalt des Bundes, meine ich, nichts an Der Haushalt kann doch nur dann ausgeglichen
Einrichtungen vorhanden sein, was die Beschäfti- sein und bleiben, wenn ernstzunehmende Deckungs-
gung der älteren Angestellten gefährden könnte. vorschläge gemacht werden, und wir, das habe ich
Wir werden uns im Sommer oder bei der nächsten namens der CDU/CSU-Fraktion zu erklären, wer-
Haushaltsberatung eingehend damit beschäftigen den auch in der dritten Lesung dafür sorgen, daß
müssen, ob wir den 4%igen Globalabstrich in dem der Haushalt ausgeglichen bleibt, und werden auch
Umfang auch für die Personalansätze beibehalten in der dritten Lesung dem Haushalt, wie er uns
sollen wie bisher. vom Haushaltsausschuß vorgelegt worden ist, zu-
(Abg. Kunze [Bethel] : Sehr richtig!) stimmen, damit er Rechtens werden kann.
In der Zusammenarbeit zwischen Bund und Län- (Beifall bei der CDU/CSU.)
dern scheint noch eine erhebliche Lücke zu klaffen,
deren Schließung überlegt werden muß. Denn ein- Präsident D. Dr. Ehlers: Das Wort hat der Ab-
schließlich der Kriegsopferversorgung zahlt der geordnete Lenz (Trossingen).
Bund an die Länder rund 5 Milliarden DM. Dabei
ist für diese 5 Milliarden DM und für ihre Ver- Lenz (Trossingen) (FDP): Herr Präsident! Meine
wendung der Bund nur gesetzesmäßig zuständig, Damen und Herren! Gestatten Sie mir, in der all-
während die Zweckmäßigkeit der Verwendung die- gemeinen Aussprache über den Haushaltsplan einige
ser Gelder in der Hand der Länder liegt. Es müßte allgemeine Bemerkungen zu machen. Wir haben
nach meinem Dafürhalten eine Kommission einge- die relative frühzeitige Vorlage des Bundeshaus-
setzt werden, um Möglichkeiten zu erarbeiten, haltsplans begrüßt und die Versuche zu seiner Ver-
diese Lücke zu schließen, wobei auch die Frage deutlichung und Popularisierung dankbar gewür-
der Interessenquote der Länder an diesen Aus- digt, und dennoch sind wir über den Zeitdruck,
gaben irgendwie überlegt werden müßte. unter dem die Beratungen des Haushaltsausschusses
gestanden haben — man wird den Damen und
Dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herren des Haushaltsausschusses bestätigen müs-
bin ich mit Herrn Professor Gülich darin einig, daß sen, daß sie es sich nicht leicht gemacht haben
wir, nachdem uns durch Zeitungsmeldungen be- —, unbefriedigt. Es bleibt ein Unbehagen, und ich
kanntgeworden ist, daß bei Ländern Bestrebungen möchte wünschen, daß in den kommenden Haus-
bestehen, die Dienstaufsicht über die Landes- haltsjahren der Ausschuß und das Parlament die
rechnungshöfe den Landesregierungen zuzuordnen, notwendige Zeit finden, die nun einmal das Stu-
unter allen Umständen erklären sollten, daß wir dium und die Beratung dieser komplizierten Par-
an der vollen Freiheit und Unabhängigkeit des titur der Zahlen brauchen. Bei aller Würdigung
Bundesrechnungshofs festhalten wollen und müs- des Wunsches — und es wird in erster Linie ein
sen. Denn die Berichte des Bundesrechnungshofs Wunsch des Bundesfinanzministeriums sein —, den
über die Prüfung der Haushaltsrechnungen der Haushaltsplan so rechtzeitig zu verabschieden, daß
Jahre 1949 und 1950 haben in aller Deutlichkeit Rechnungsjahr und Wirksamwerden des Etats zu-
gezeigt, wie notwendig gerade die unabhängige sammenfallen, darf dies doch nicht auf Kosten der
Stellung der Rechnungshöfe ist. Sorgfalt gehen, die man den Einzelplänen widmen
(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.) muß. Noch nie ist ein Staat auseinandergefallen,
Ich bin sogar der Meinung, daß für die Prüfungs- noch nie hat die Verwaltung gestockt, weil ein Par-
aufgaben dieser Einrichtungen noch mehr Mittel lament seinen Haushalt nicht fristgerecht hinter
zur Verfügung gestellt werden sollten, damit wirk- sich brachte; aber es ist schon viel Schaden da-
lich geeignete Prüfer in der notwendigen Anzahl durch entstanden, daß dem Parlament und seinen
eingestellt werden können. Ausschüssen die Zeit für ihre Funktionen be-
(Abg. Dr. Gülich: Ich auch!) schnitten wurde. Ich möchte deshalb im Namen
Das Arbeitsergebnis des Bundesrechnungshofs für meiner politischen Freunde an den Herrn Bundes-
die Jahre 1949 und 1950 begründet dieses Verhal- finanzminister die Bitte richten, die Etatverhand-
ten sehr deutlich. lungen mit den einzelnen Ressorts so rechtzeitig
abzuschließen, daß der Bundestag nach Möglichkeit
Nun zum Schluß, meine sehr verehrten Damen am 1. Dezember mit seiner Arbeit beginnen kann.
und Herren: Wenn die CDU/CSU-Fraktion sämt- Dann wird es auch möglich sein, die vielfachen
liche Anträge materieller Art in der zweiten Le- Wünsche der Fachausschüsse im Haushaltsausschuß
sung abgelehnt hat, dann bitte ich dafür Verständ- zu beraten.
nis zu haben. Ich habe schon einmal darauf ver- (Zustimmung bei der FDP.)
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1225
(Lenz [Trossingen])
Ich darf einen weiteren Wunsch äußern. In den tun? Gar nichts! Wenn wir die beiden Lastenblöcke,
ausgezeichneten Vorbemerkungen zum Haushalts- den Verteidigungsbeitrag und die sozialen Kriegs-
plan, die in diesem Jahre zum erstenmal vorgelegt folgelasten, ausklammern — in diesem Zusammen-
wurden, ist der Anfang einer Generalinventur der hang darf man es tun —, wenn man die Personal-
Vermögenswerte des Bundes gemacht. Wir bitten kosten in Beziehung zu den restlichen Summen
den Herrn Finanzminister, in diesem Bestreben, setzt, ergibt sich ein anderes Bild, und es ist völlig
das Bundesvermögen zu erfassen, nicht nachzu- falsch, zu glauben, die Personalkosten spielten
lassen, sondern darauf zu dringen, daß möglichst keine Rolle. Ich glaube, wir haben die Pflicht, in
bald dem Parlament eine Aufstellung über die den nächsten Haushaltsbesprechungen und wäh-
Beteiligungen und Bewertungsgrundlagen gegeben rend der hoffentlich bald beginnenden Sommer-
werden kann. Erst dann ist ein fundiertes Ge- beratungen gerade den Personalwünschen, von
spräch möglich, ob etwa eine Überführung in Pri- denen man bereits munkelt, mit einer gewissen
vathand erfolgen kann, auf welche Weise dies ge- Brutalität entgegenzutreten.
schehen kann, wie man sicherstellen kann, daß der (Sehr richtig! bei der FDP.)
Erlös der Allgemeinheit zugute kommt. Wir denken In den Jahren 1952 und 1953 ist von der Ver-
hier an diejenigen Beteiligungen, Herr Bundes- waltung immer wieder zum Ausdruck gebracht
finanzminister, die einen wirklichen Vermögens- worden, der Normalzustand sei nun erreicht. Heute
wert und damit einen echten Bilanzwert aufwei- muß man fragen — hier bin ich mit dem Kollegen
sen, nicht so sehr an die sicher sehr nützlichen Er- Arndgen völlig einig —, ob der Verwaltungskopf
hebungen und Registrierungen, die etwa die neuen Bonn nicht bereits für eine Reform reif ist. Frei-
Spinde des Bundesgrenzschutzes mit 50 % ihres lich, aus eigener Kraft werden wir es nicht schaf-
Einkaufswertes in einer Aufstellung festhalten. Das fen. Hier wäre bereits ein weites Feld für den
ist nicht das Bundesvermögen! Wir dürfen hier Bundesrechnungshof, dem ja auch die Wachsamkeit
vor einem Ausweichen in das Nebensächliche war- über die Wirtschaftlichkeit obliegt. Es ist doch
nen. eine alte Erfahrung, daß es nicht stimmt, wenn ge-
Ein Weiteres: In dem Haushalt, den wir nun zu sagt wird, die Ressortchefs könnten sich Erleich-
verabschieden gedenken, spüren wir, vielleicht noch terungen ihrer Arbeit nur durch Stellenvermeh-
ein wenig schüchtern, die Tendenz, den ordent- rungen verschaffen. Für den einzelnen Beamten
lichen Haushalt durch Titel zu entlasten, Titel, die mag es manchmal bedeutungsvoll sein, einer Appa-
ihrem Wesen nach in den außerordentlichen Haus- ratur vorzustehen. Aber der Sache dienen Personal-
halt gehören. Wir werden diese Tendenz nach vermehrungen oft nicht.
Kräften unterstützen. Bei den Diskussionen über Die Bonner Ministerien mit ihrer Toplastigkeit
die Steuerreform wird darüber mehr zu sagen sein; sollten, so verlockend es ist, nicht so viele Auf-
aber sicher ist, daß gerade der Bundeshaushalts- gaben an sich ziehen. Sie sollten vielmehr Auf-
plan eine saubere Trennung des Finanzbedarfs, gaben delegieren, in die nachgeordneten Instanzen
der durch Steuergelder, und des Finanzbedarfs, verlagern. Auch dort gibt es hervorragende Ver-
der durch Anleihen aufgebracht werden soll, auf- waltungsbeamte. Die Ministerien sollten ein wei-
weisen muß. Vor allem die Entlastung des ordent- teres tun. Sie sollten nicht den Versuch machen,
lichen Haushalts wird, neben anderen Faktoren, auf allen Gebieten autark sein zu wollen. Jedes
eine wirksame Steuersenkung ermöglichen und den Ministerium, so scheint es, ist ein Kabinett - im
Kampf der öffentlichen Hand und der Wirtschaft Kleinen mit einer Rechtsabteilung, einer Sozialab-
auf dem Kapitalmarkt neutralisieren. Dabei bin teilung usw. Wozu haben wir eigentlich einen
ich weit davon entfernt, in dem Auflegen von An- Justizminister, wozu haben wir einen Arbeitsmini-
leihen ein Allheilmittel zu sehen. Die Spure n ster? Wird hier nicht vielleicht viel Doppelarbeit
schrecken; noch immer schieben wir eine Milliarde geleistet? Könnte hier nicht manches rationalisiert
Defizit vor uns her. Wie wollen wir über diese werden?
Riesensumme Herr werden, wenn wir nicht im Freilich, ich kenne die Entgegnungen. Sie tragen
ordentlichen Haushalt einfach rigoros sparen? Ich einem verheerenden Zug unserer Zeit Rechnung,
möchte nicht nur von dem Unbehagen über die einem verhängnisvollen Zug unserer Bürger, bei
Schnellschußarbeit im Haushaltsausschuß loskom- jeder Gelegenheit zum Staat zu laufen und dem
men; ich möchte auch das Unbehagen beseitigt wis- Staat Aufgaben aufzuhalsen, die keine staatlichen
sen, das uns die alljährliche Außerkraftsetzung des Aufgaben sind.
§ 75 der Reichshaushaltsordnung bereitet. (Sehr wahr! bei der FDP.)
(Abg. Dr. Eckhardt: Sehr richtig!) Ich kann mir denken, daß allein die Lektüre der
Hier darf ich ein Wort zur Personalwirtschaft unzähligen Denkschriften von Verbänden und
des Bundes sagen. Es sei anerkannt, daß in diesem Interessenorganisationen einen gestandenen Mann
ausfüllen kann. Aber müssen wir das alles hin-
Jahr die einzelnen Ressorts keine wesentlichen nehmen? Müssen nicht vielleicht auch wir als Ab-
Personalverbesserungen erlangt haben. Trotzdem
hat der Haushaltsplan einen erheblichen Mehrbe- geordnete den Mut aufbringen, unseren Wählern
trag für Beförderungen, Gehaltserhöhungen und zu sagen, was sie vom Staat erwarten können und
höhere Versorgungsbeiträge — es handelt sich um was sie nicht von ihm erwarten dürfen?
rund 140 Millionen DM mehr als im Jahre 1953 — Meine Freunde tragen sich mit dem Gedanken,
verkraften müssen. Ich halte es nun für einen in den kommenden Haushaltsberatungen bei allen
verhängnisvollen Fehler, in der Öffentlichkeit im- Personaltiteln einen 5 %-Kw-Vermerk vorzuschla-
mer wieder mit dem Prozentsatz zu operieren, gen, in dem Sinne, daß eine Stelle beim Frei
den die Personalkosten im Vergleich zu den Sach- werden auf die erwähnte Weise eingespart werden
ausgaben und den allgemeinen Ausgaben ausma- muß.
chen. Diese Kosten sind in Prozenten ausgedrückt (Beifall rechts und bei Abgeordneten der
natürlich gering, gemessen an den Riesensummen CDU/CSU.)
etwa der Einzelpläne 11, 35 und 40. Aber was Sie geben auch zu erwägen, ob nicht ein Aus
haben sie in Wirklichkeit mit diesen Summen zu tausch von Personal bei auslaufenden Bundesstel-
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(Lenz [Trossingen])
len mit solchen, die im Aufbau begriffen sind, All dies vollzieht sich hinter unserem Rücken, im
erfolgen kann. Man denke etwa an die Bundes- Windschatten des Besatzungsstatuts. Könnten hier
stelle für Warenverkehr einerseits und die neu ge- nicht Millionenbeträge gespart werden, wenn auch
nehmigten Stellen in der Außenstelle Blank in diese Zahlen nicht erst in der Abrechnung des Bun-
Koblenz andererseits. des auftauchten?
Ein Wort zum Haushaltsausgleich. Er ist, wie Hier können wir, glaube ich, wirklich von einer
ein ständiger Mitarbeiter der Finanzpolitischen Entmachtung des Parlaments sprechen. Ich glaube
Mitteilungen — er zeichnet seine Aufsätze im all- aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir
gemeinen mit „V" — es ausdrückt, „von eigener vergeben uns etwas, wenn wir ständig von der
Art". Es muß zugegeben werden, daß der Aus- Entmachtung des Parlaments im Zusammenhang
gleich vielleicht der solideste seit dem Jahre 1949 mit der Überheblichkeit der Verwaltung lamentie-
ist. Aber wir wissen natürlich, daß er nur mög- ren, wenn wir die Macht der Ministerialbürokratie
lich sein wird, wenn durch den Bundesanteil an über die Möglichkeiten stellen, die uns in die
der Einkommen- und Körperschaftsteuer dem Hände gegeben sind.
Bund gegeben wird, was der Bund braucht. Man (Beifall bei der FDP und in der Mitte.)
vergleiche nur die steigende Kurve der Bundes-
ausgaben mit der entsprechenden der Länderaus- Wer hindert uns denn, eben dieser Ministerialbüro-
gaben, und man wird erkennen, daß bare Not des kratie, deren fachliche Qualitäten niemand von uns
Bundes und nicht der Wille zur Macht oder der in Zweifel zieht, Aufgaben zu stellen, immer wie-
Wunsch zur Thesaurierung der Grund für sein der einen Brocken hinzuwerfen, an dem sie ihren
Verlangen ist. Wir glauben es dem Herrn Finanz- Sachverstand wetzen kann? Wir sollten nicht nach-
minister, daß er im Augenblick nicht imstande ist, lassen, von unserer Seite immer wieder Impulse
Fonds zu bilden, Beteiligungen zu erwerben oder zu geben und Wünsche zu äußern, auch wenn es
Wertpapiere zu kaufen. Die Verhandlungen sind dem einen oder anderen Referenten in dem einen
in der Schwebe und sie sind sicher schwer. Wir oder anderen Ausschuß nicht paßt und er beleidigt
wollen nicht allzusehr in diesem heiklen Thema ist, weil wir an der Unantastbarkeit einer Ka-
herumstochern, wohl aber sagen, daß eine Staats- binettsvorlage mäkeln. Wir leben gar nicht so sehr
krise, eine Verfassungskrise das letzte ist, was in der Furcht des Herrn, Herr Kollege Gülich. Ich
wir im Augenblick heraufbeschwören sollten. Wir bin beinahe überzeugt, die Gegenseite — darf ich
können den Verhandlungen nur wünschen, daß sie die Exekutive einmal so nennen — würde dank-
mit möglichst wenig Dogmatik und Orthodoxie ge- bar danach greifen.
führt werden und erkennen lassen, daß seit der Wir dürfen nicht erwarten, die Stärkung unse-
Schaffung des Grundgesetzes bedeutungsvolle Jahre res Selbstbewußtseins auf dem Wege der Verlei-
vergangen sind, daß der Anzug von damals nicht hung zu erhalten, nachdem auf die Parlamente —
mehr recht paßt. ich sage bewußt d i e Parlamente — Aufgaben zu-
Die Bürde der politischen Verantwortung für kamen, deren Lösung dann dem Staat, will sagen
Deutschland liegt heute beim Bund. Wir können der Bürokratie, aufgebürdet wurden. Freilich
von hier aus nur an die Einsicht der Länderregie- bleibt der Rahmen eng. Davon ist ja schon gespro-
rungen in den Gang der Geschichte appellieren. chen worden. Schuld daran ist niemand, oder
Ich bitte den von mir hochgeschätzten Herrn Pro- schuld daran sind alle. Die Verkodifizierung
fessor Gülich, dieserhalb auch einmal ein Gespräch unseres öffentlichen Lebens, die Flut gesetzlicher
mit den königlich-bayerischen Sozialdemokraten zu Bestimmungen, die wir oder unsere Vorgänger ja
führen. selbst beschlossen haben, lähmen in Haushalts-
(Beifall in der Mitte.) fragen geradezu oft die freien Entschlußmöglich-
keiten.
Wir haben für eine innere Auseinandersetzung Aber wenn wir dies schon beklagen, dürfen wir
nicht die Kraft und für eine Bundesreform nicht den Nagel nicht an der falschen Stelle einschla-
die Nerven, so notwendig sie wären. gen. Unser Selbstbewußtsein wächst mit unserer
Darf ich, wenn wir schon daran sind, von dem Initiative, auf welchem Gebiet auch immer sie sich
schlecht sitzenden Anzug unserer Verfassung zu entwickelt, und daran kann uns niemand hindern.
reden, einen Einzelwunsch in die Verabschiedung Hetzen wir getrost die Spezialkenntnisse und das
des Haushaltsplans hineinsprechen: Der Einzel- Geheimwissen der so viel gescholtenen Mini-
plan 35, Verteidigungslasten, ist in seinen Aus- sterialbürokratie auf unsere Ideen.
künften für uns ein wenig zu lakonisch. Ich glaube, Darf ich noch eine allgemeine Bitte äußern. Wir,
die Frau Kollegin Probst hat neulich dieses Pro- jeder von uns, sollte sich im Parlament mehr um
blem schon angesprochen. Es ist unbefriedigend, die Haushaltsdinge kümmern. Nicht allein deshalb,
nur diese globalen Zahlen vorgesetzt zu bekom- weil der Haushalt in alle Gebiete des öffentlichen
men. Natürlich wissen wir, daß sich der größte Lebens hineinleuchtet, weil er über die politischen
Teil dieser Beträge unserer Kontrolle entzieht. Verhältnisse, über die Not und Bedürfnisse unserer
Aber wäre es nicht an der Zeit, mit den Be- Bürger, über die Geschichte, über die Folgeerschei-
satzungsmächten ein Wort zu sprechen, ein Wort nungen von Katastrophen etwas aussagt, weil er
der Vernunft? Haben wir nicht alles getan, haben in allen Fragen vielleicht nicht das letzte, aber
wir nicht alle Voraussetzungen geschaffen, haben auf alle Fälle das erste Wort zu sprechen hat,
wir nicht alle Schwierigkeiten wegzuräumen ver- sondern weil einem ausgeglichenen, einem sorg-
sucht, um den Deutschland-Vertrag in Kraft setzen fältig durchdachten, einem bis in die letzten Dis-
zu können? Und nun werden, völlig dem Licht positionen hinein sparsamen Haushalt eine sittliche
einer parlamentarischen Kontrolle entzogen, auf Kraft innewohnt, die sich auf das Lebensgefühl
deutschem Boden Kasernen, Brücken und Straßen unseres ganzen Volkes auswirkt.
gebaut; alles mit dem Geld des deutschen Steuer- (Sehr gut! in der Mitte.)
zahlers! Man kann von Skandalen lesen, von Über- Der Umgang mit Geld, dem Blut unseres wirt-
griffen, von Fehlleitungen. Man hört von Riesen- schaftlichen und gesellschaftlichen Lebens, ist eine
stäben in den Finanzbaudirektionen der Länder. ernste Sache. Viele, ich glaube, wir alle, haben
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1227
(Lenz [Trossingen])
nach den Erlebnissen zweier Kriege und zweier der Stellung des Parlaments erreicht wären. Viel-
Inflationen das rechte Augenmaß für das richtige leicht würde auch das Interesse noch wesentlich
Geldausgeben verloren. Wir im Parlament haben wachsen, das in diesem Hause den Haushaltsfragen
die Pflicht, durch unsere Haushaltsgebarung Maß- entgegengebracht oder manchmal auch nicht ent-
stäbe zu setzen und schief geratene Verhältnisse gegengebracht wird.
wieder gerade zu biegen. Wenn wir sparen, dann Wir haben uns aber noch aus einem anderen
können wir verlangen, daß auch der einzelne spart. Grunde auf eine so geringe Anzahl von Anträgen
Wenn wir uns nicht besinnen, wie wir von unse- beschränkt. Es ist wiederholt — auch heute wie-
rem Defizit loskommen, — mit welchem Recht der — von Sparsamkeit die Rede gewesen. Man
wollen wir den einzelnen Bürger warnen, er möge pflegt in jeder Haushaltsdebatte davon zu sprechen.
sich nicht auf die schiefe Bahn der persönlichen Wir wollen nicht nur über Sparsamkeit im Haus-
Schulden begeben? halt sprechen, sondern auch danach handeln. Spar-
Zum Schluß! Es ist mir ein Bedürfnis, von die- samkeit bedeutet nach unserer Auffassung nicht,
ser Stelle aus allen Kolleginnen und Kollegen im daß man einfach hier und da etwas streicht
Haushaltsausschuß für ihren Geist sachlicher Be- (Abg. Dr. Gülich: Sehr richtig!)
sonnenheit zu danken. Ich glaube, wir haben in oder sich jeden Posten nur darauf ansieht, ob man
den letzten Monaten ein Gefühl dafür entwickelt, ein paar Groschen oder Mark davon wegnehmen
aufeinander zu hören. kann, sondern sie bedeutet, bei knappen Mitteln
Es ist mir ebenso ein Bedürfnis, besonders dem Schwerpunkte zu bilden.
Herrn Vor s i t z enden, der leider krank ist, (Abg. Dr. Gülich: Sehr richtig!)
zu danken für seine loyale Verhandlungsführung Eine solche Schwerpunktbildung kommt im vor-
und seine Fähigkeit, mit dem Herzen zu denken. liegenden Bundeshaushaltsplan nach unserer Auffas-
(Beifall.) sung gerade für einen Komplex von Fragen beson-
ders in Betracht. Dieser Fragenkomplex bezieht sich
Ich möchte wünschen, daß uns dieser Geist des auf die gesamtdeutsche Politik, der wir verpflichtet
Zusammenarbeitenwollens erhalten bleibt für die sind. Wir halten aus diesem Grunde auch die bei-
Bewältigung der Aufgaben, von denen wir wissen, den Anträge aufrecht, die wir im Geiste und im
daß sie auf uns zukommen, und der Aufgaben, die Sinne einer solchen gesamtdeutschen Politik ge-
wir noch nicht kennen, von denen wir nur wissen, stellt haben. Das ist einmal der Antrag, gemäß dem
daß sie schwer sein werden. Bundestagsbeschluß vom 2. Juli 1953 zu verfahren
Im Namen meiner politischen Freunde habe ich und die 25 Millionen DM für kulturelle Förderung
dem Hohen Hause mitzuteilen, daß wir dem Haus- in den Zonengrenzgebieten einzusetzen, die der
haltsplan 1954/55 — nicht ohne Sorge — zustim- Bundestag damals bewiligt hat. Wenn Ihnen dieser
men werden. Betrag von 25 Millionen DM zu hoch erscheint, so
(Beifall bei den Regierungsparteien.) prüfen Sie doch bitte nach, ob man nicht mit einem
geringeren Betrag auskommen kann, vielleicht mit
Präsident D. Dr. Ehlers: Das Wort hat der Ab- 10 und allenfalls mit 5 Millionen DM. Aber man
geordnete Dr. Eckhardt. sollte doch einen solchen Ansatz in den Bundes-
haushaltsplan hineinbringen. Ich glaube, es könnte
Dr. Eckhardt (GB/BHE): Herr Präsident! Meine im Interesse der Politik in den Zonengrenzgebieten
sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir wer- damit sehr viel geschehen. Die Zonengrenzgebiete
den dem Haushalt in der dritten Lesung zustim- sind ja nicht nur der Gefahr einer wirtschaftlichen
men. Ich kann mich in meinen Bemerkungen hier- Verarmung, einem Ärmerwerden auf der mate-
zu auf einige kurze Ausführungen beschränken. riellen Seite ausgesetzt, sondern zweifellos auch
Wir haben in der ersten und zweiten Lesung des einer gewissen kulturellen Verarmung. Ich will
Bundeshaushalts nur eine verhältnismäßig geringe nicht behaupten, daß kulturelle Werte bedingungs-
Anzahl von Anträgen gestellt. Das hat verschie- los von materiellen Dingen abhängen. Aber ich
dene Gründe. Einmal bin ich trotz der Bemerkun- meine doch, daß materielle und finanzielle Bereit-
gen meines sehr verehrten Herrn Kollegen Lenz schaft sehr oft erst die Grundlage für eine wohl-
der Meinung, daß der Haushaltsplan des Bundes, verstandene Kulturpolitik zu schaffen vermag. —
wenn er an das Parlament kommt, doch in den Das ist der eine Antrag.
wesentlichen Teilen sozusagen fertig ist und daß Wir halten aber auch unseren Antrag hinsichtlich
sich im Grundsätzlichen wenig an diesem Haus- der finanziellen Unterstützung Berlins aufrecht,
haltsplan ändern läßt. Das liegt eben einfach nicht
nur an der Kürze der Zeitspanne, mit der der (Beifall beim GB/BHE)
Haushaltsausschuß und mit der auch das Plenum und zwar deshalb, weil es sich auch hier um eine
des Bundestages auskommen müssen, sondern es eminent politische, um eine Frage im besten ge-
liegt auch daran, daß die Aufstellung des Haus- samtdeutschen Sinne handelt. Die Bevölkerung der
haltsplans unter den heutigen Umständen doch Stadt Berlin hat sich in früheren Zeiten und Jahr-
das wesentliche Faktum darstellt, und an dieser zehnten und vielleicht Jahrhunderten in ihrer
Aufstellung des Haushaltsplans ist unser Parla- Mischung von Preußentum und Hugenottentum die
ment bedauerlicherweise im Gegensatz zu einigen Bewunderung des deutschen Volkes zugezogen, —
Parlamenten des Auslands nicht beteiligt. Wir hal- die Bewunderung, vielleicht nicht die Liebe. Aber
ten deshalb auch unseren Vorschlag aufrecht, den in den letzten Jahren hat diese Bevölkerung doch
wir schon in der Grundsatzdebatte bei der Ein- gezeigt, von welchem Geiste sie ist und was in
bringung des Bundeshaushaltsplanes gemacht ha- dies er Preußen- und Hugenottentradition Berlins
ben, gemischte Kommissionen zu bilden und den steckt. Sie hat sich mehr verdient als nur die
Haushalts-, gegebenenfalls auch den Finanzaus- Hochachtung vor ihrer Tüchtigkeit. Wir können
schuß und die übrigen Fachausschüsse des Bundes- stolz sein auf das, was in Berlin geschehen ist. Wir
tages an der Aufstellung des Haushaltsplanes zu meinen, daß man sich dazu in jeder Richtung be-
beteiligen. Ich glaube, daß damit eine wesentliche kennen müsse. Wenn man schon in Berlin ein Sym-
Verbesserung und auch eine wesentliche Stärkung bol sieht, dann muß man sich doch wohl auch
1228 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Eckhardt)
finanzpolitisch in würdiger Weise, d. h. ohne Vor- men. Meine politischen Freunde bitten den Herrn
behalte und ohne Feilschen dazu bekennen. Bundesfinanzminister, wenn er im nächsten Jahre
Unterlagen für den Haushaltsplan publiziert, auch
Damit bin ich im wesentlichen schon am Ende aufzugliedern, in welcher Weise die verschiedenen
meiner Ausführungen. Nur mit einem letzten Wort Dotierungen an die Länder im laufenden Jahre
möchte ich darauf hinweisen, daß sich ein gut Teil, erfolgen; dieses Material möge schon zu Beginn
vielleicht nicht der schlechteste, der berlinisch der Beratungen des Haushaltsplans vorliegen. Ich
preußischen Überlieferung auf Grundsätze und entsinne mich einer Besprechung im Haushalts-
Grundfragen des Finanzwesens und der Finanz- ausschuß, in der der Bundesfinanzminister bei be-
politik bezieht. Preußen war einmal in seiner stimmten Ausgaben darauf hingewiesen hat, daß
Finanzpolitik vorbildlich. Vielleicht ist es erlaubt, beispielsweise das Land Schleswig-Holstein gegen-
in diesem Hause den Alten Fritz zu zitieren. über bisher 86 Millionen DM nunmehr im Etat
(Abg. Dr. Dresbach: Er ist couleurfähig!) 1954/55 143 Millionen DM an Zuschüssen erhält.
Er hat ein sehr denkwürdiges Wort gesagt: Bei Über andere Länder sind derartige Zahlen im
jedem Kreuzer, den man vom Staat her ausgibt, Haushaltsausschuß nie bekanntgemacht worden.
soll man bedenken, daß daran Schweiß und Tränen Danach ist auch nicht ernstlich gefragt worden.
des werktätigen Bürgers kleben. Je aufwendiger Immerhin müßte man doch einmal die ländermä-
ein Staat ist, desto weniger gut redet man von ihm, ßige Aufgliederung der Einzelpläne, sagen wir, die
je weniger aufwendig er ist — da geht es ebenso Mittel für den Wohnungsbau, sagen wir, die Mit-
wie bei einer guten Hausfrau —, desto weniger tel für die Kriegsopferversorgung und alle diese
spricht man über und gegen ihn. Dinge, übersehen können, um sich darüber ein
Zum Schluß darf ich noch eine Bemerkung aus Bild machen zu können, was die einzelnen Länder
dem mir kürzlich zugegangenen Brief eines lei- im Rahmen des Bundeshaushalts aus den einzel-
tenden Beamten eines süddeutschen Rechnungshofs nen Titeln erhalten.
anführen. Darin heißt es, es müsse wieder dahin Der Grund dafür ist folgender. Ich habe erst-
kommen, daß der einzelne Bürger darüber erstaunt malig die Ehre gehabt, im Haushaltsausschuß mit-
ist, mit wie wenig Personal und sachlichem Auf- wirken zu dürfen, und habe festgestellt, daß doch
wand der Staatsapparat auszukommen vermag, sehr viele der eingebrachten Anträge unter dem
und es solle sich wieder jeder Diener im Staat um Gesichtspunkt einer bestimmten Landespolitik
diesen Geist echter Sparsamkeit und echter Staats- gestellt worden sind, z. B. Anträge bezüglich Stra-
gesinnung bemühen. Nach meiner Meinung sollten ßen- und Kanalbauten, Anträge bezüglich Küsten-
wir unter „Diener im Staat" nicht etwa nur den schutz, Deichbauten und manche ähnlichen Dinge.
Beamten und öffentlichen Angestellten, sondern Deshalb ist es, wenn über solche Anträge im
auch uns selbst verstehen. Haushaltsausschuß positiv entschieden werden
(Beifall bei den Regierungsparteien.) soll, wichtig, zu wissen, was — global gesehen
— die Länder aus den 27 Milliarden DM bekom-
Präsident D. Dr. Ehlers: Das Wort hat der Ab- men und wie sich diese Summen im einzelnen auf
geordnete Dr. Schild. die Haushaltspläne aufteilen. Meine politischen
Freunde bitten also darum, durch Bekanntgabe
-
Dr. Schild (Düsseldorf) (DP): Herr Präsident! dieser Zahlen und durch Darstellung der Verwen-
Meine Damen und Herren! Den Anregungen der dung der Mittel hierüber im Sinne des föderali-
Koalitionsfreunde zum Haushaltsplan haben meine stischen Aufbaues unserer Bundesrepublik eine
politischen Freunde nichts hinzuzusetzen. Wir größere Klarheit zu schaffen.
werden dem Haushaltsplan unsere Zustimmung Das zweite, was uns wichtig erscheint und was
geben. auch für die zukünftige Publizität entscheidend
Nur einiges, was in der allgemeinen Diskussion ist, ist die Übersicht über die Aufbringung der
nicht zur Sprache gekommen ist, möchte ich noch Mittel, die den Haushalt ausgleichen, und, soweit
hinzufügen. Es handelt sich um die Ansichten es sich um die direkten Steuern handelt, ihre Glie-
meiner politischen Freunde, die für die zukünftige derung nach den Lastenträgern. Die indirekten
Behandlung und auch für die Publizität der Haus- Steuern und ihre Lastenträger sind bekannt; da-
haltspläne doch wichtig sein können. gegen ist hinsichtlich aller Einnahmen aus den
direkten Steuern die Verteilung auf die Lasten
Ich darf zunächst darauf hinweisen, daß die träger nicht klar. Durch unser Volk und durch die
Vorbemerkungen und Erläuterungen, die das Bun- öffentliche Meinung geht immer wieder der Ge-
desfinanzministerium in diesem Jahre erstmalig danke, daß die Lasten nicht gerecht verteilt sind.
herausgegeben hat, für alle, auch für diejenigen, Das Gefühl, daß die eine oder andere Gruppe
die neu im Bundestag sind, die Grundlage für die steuerlich ungerecht behandelt wird, darf auf die
Befassung mit der ganzen schwierigen Materie die- Dauer aus Gründen der Autorität und der Popu-
ses 27-Milliarden-Haushaltsplans waren. larität der Demokratie nicht weiter um sich grei-
Der Herr Bundesfinanzminister hat in seiner fen. Wenn wir diese Auffassungen aus unserem
Rede in der ersten Lesung betont, daß zwar die Volk verbannen wollen, bleibt uns nichts anderes
Länder am Etat des Bundes mitwirken, aber um- übrig, als das Aufkommen aller Einnahmen auch
gekehrt der Bund nicht an den Etats der Länder. einmal vom Lastenträger her darzustellen. Um es
Deshalb ist es den Mitgliedern des Haushaltsaus- etwas lapidar zu sagen: Was zahlt die deutsche
schusses und dieses Hohen Hauses gar nicht mög- Landwirtschaft, was zahlt die deutsche Industrie,
lich, aus den Einzelplänen ohne weiteres zu er- was zahlt das deutsche Handwerk, was zahlt der
kennen, was die Länder vom Bund eigentlich zu- deutsche Handel usw., was zahlen diese und andere
rückerhalten und wie sich das Aufkommen aus den Gruppen zu der gesamten Haushaltslast? Mit der-
Ländern gestaltet, das über die Bundeskasse artigem Zahlenmaterial kann man allen Bevölke-
wieder zurückfließt. Der Herr Kollege Arndgen rungsgruppen gegenüber nachweisen und auch
hat hier mit einer Globalsumme von 5 Milliarden hier erörtern, ob wirklich die Auffassung von der
DM aufgewartet, die die Länder vom Bund bekom- ungerechten Belastung angesichts ihrer Verschie-
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1220
(Dr. Schild [Düsseldorf])
denartigkeit zu Recht besteht oder nicht bzw. ob teilgenommen haben, war die Beschäftigung mit
man dieser Auffassung mit allen Mitteln entgegen- der Materie ein Durchpeitschen. Wir haben den
treten muß. Wir haben darüber kein Zahlenmate- Wunsch, daß der Haushaltsausschuß im nächsten
rial, weder beim Bund noch bei den Ländern. Aber Jahr die Dinge nicht so durchpeitscht, sondern
gerade diese Finanzstatistik ist nach unserer Auf- mehr Zeit zur Einzelberatung hat. Das setzt natür-
fassung wichtig, um der deutschen Bevölkerung lich voraus, daß der Herr Bundesfinanzminister
nachzuweisen, daß die Steuerlast auf alle Klassen, den Haushaltsplan rechtzeitig, noch frühzeitiger
Gruppen und Schichten gerecht verteilt ist. Der vorlegt, als es in diesem Jahre geschehen ist.
Herr Finanzminister möge sich für den nächsten
Etat eingehend überlegen, ob dieser Nachweis mög- Noch ein kurzes Wort zu den Ausführungen der
lich ist. Opposition. Herr Professor Gülich hat mit bered-
ten Worten dargestellt, daß die Förderung der wis-
Der Bundesfinanzminister hat in seiner Etat- senschaftlichen Forschung in unserer Bundesrepu-
rede praktisch die Regierungserklärung des Herrn blik noch zu kurz komme und daß man noch mehr
Bundeskanzlers finanziell untermauert. Er hat zu für die Wissenschaft, erst recht auch für die Gei-
allen Aufgaben, die der Herr Bundeskanzler in steswissenschaften tun müsse. Herr Professor Gü-
seiner Regierungserklärung als die Aufgaben der lich, ich möchte darauf hinweisen, daß das Absak-
Regierung bezeichnet hat, die finanzielle Erläute- ken der wissenschaftlichen Potenz und der Rück-
rung gegeben. Er hat die Fragen der Außenpolitik, gang der Förderung der wissenschaftlichen For-
der Sozialpolitik, der Agrarpolitik, der Kriegsfol- schung letzten Endes auch damit zusammenhängt,
genhilfe, des EVG-Vertrages, des Deutschland- daß die geistigen Kräfte Deutschlands immer mehr
vertrages usw. vom finanziellen Standpunkt aus einem Nivellierungsprozeß unterworfen worden
gewürdigt. In der Regierungserklärung des Herrn sind, einem Nivellierungsprozeß, an dem Ihre Par-
Bundeskanzlers ist aber als eine der wichtigsten tei in den Jahren 1919 bis 1933 ja nicht schuldlos
Aufgaben der Bundesregierung an mehreren Stel- gewesen ist.
len auch die Förderung des Mittelstandes aus- (Beifall bei der DP. — Lebhafte Zurufe
drücklich erwähnt. Meine politischen Freunde ver- von der SPD: Unerhört! — Unruhe.)
missen in den bisherigen Darlegungen des Herrn Der Nivellierungsprozeß, der durch die damalige
Bundesfinanzministers, wie die Förderung des Mit- Zeit gekommen ist,
telstandes in allen seinen Zweigen, Arten und
Schichten finanziell untermauert werden soll, so wie (Zuruf von der SPD: Das ist aber neu!)
die anderen, in der Regierungserklärung des Herrn wirkt sich selbstverständlich auch noch in der heu-
Bundeskanzlers erwähnten Aufgaben der Bundes- tigen Zeit aus.
regierung finanziell untermauert worden sind. Es (Abg. Dr. Dresbach: Herr Schild, nach 1933
wäre meines Erachtens leicht gewesen, der Öffent- ist die Nivellierung doch am stärksten
lichkeit etwas darüber zu sagen, wie diese Auf- gewesen!)
gabe finanziell gelöst werden soll. Ich möchte — Ich sage ausdrücklich, daß es schon 1919 bis 1933
darauf hinweisen, daß die Mittel des Wohnungs- zu einem Nivellierungsprozeß gekommen ist.
baus praktisch der Produktivität des gesamten (Abg. Dr. Reif: So billig dürfen Sie es nicht
Bauhandwerks dienen, daß sie der Bauindustrie, machen! — Abg. Dr. Dresbach: Aber die
dem Baustoffhandel und all den Kreisen zugute stärkste Nivellierung kam doch nach 1933!
kommen, die mit der Bauwirtschaft zusammenhän- — Anhaltende Zurufe von der SPD. —
gen. In der Etatrede des Herrn Bundesfinanzmini- Unruhe.)
sters hätte ruhig darauf hingewiesen werden kön-
nen, daß das zu einer aktiven Mittelstandspolitik — Das hat sich selbstverständlich im Jahre 1933
gehört. Bestimmte Maßnahmen der Gewerbeför- fortgesetzt. Aber heute geht es darum, alles zu tun,
derung, der Wirtschaftsförderung sind in ihrer so- damit die Nivellierung der Geistesarbeit einmal
ziologischen Bedeutung gleichzeitig Maßnahmen aufhört und diese Nivellierungstendenzen in ihr
der Mittelstandsförderung. Ob man an die Mittel Gegenteil verkehrt werden.
zur Förderung des Handwerks oder an die Förde- (Beifall bei der DP.)
rungsmittel denkt, die der mittleren und kleinen Nur dadurch sind wir in der Lage, auf die Dauer
Industrie zugute kommen, ob man an die Förde- die Maßnahmen zur Förderung der wissenschaft-
rungsmittel denkt, die der Landwirtschaft zugute lichen Forschung so durchzuführen, daß sie auch
kommen, alles das bedeutet soziologisch gesehen der Geistesarbeit effektiv zugute kommen.
eine aktive Mittelstandspolitik. Im Interesse der (Erneuter Beifall bei der DP. — Zuruf von
Glaubwürdigkeit und der öffentlichen Aufklärung der SPD: Das sieht man ausgerechnet bei
hätte das in der Etatrede des Herrn Bundesfinanz- Ihnen!)
ministers ruhig einmal erwähnt werden sollen.
(Sehr richtig! bei der DP.) Präsident D. Dr. Ehlers: Das Wort hat der Ab-
Der deutsche Mittelstand sowohl im landwirt- geordnete Herr Professor Gülich. Es wird damit
schaftlichen wie im gewerblichen und freiberuf- keine zweite Garnitur der Redner eröffnet, wie ich
lichen Sektor wäre dem Herrn Bundesfinanzmini- annehme.
ster dankbar, wenn er das in Zukunft bei seiner
Etatrede täte. Dr. Glich (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
(Beifall bei der DP.) und Herren! Herr Kollege Schild hat sich eben
einige Bemerkungen erlaubt, auf die einzugehen —
Der Haushaltsplan ist in diesem Jahre im Haus-
haltsausschuß und im Plenum nach Auffassung (Zuruf von der SPD: Die waren schön! —
meiner politischen Freunde mit einer gewissen Abg. Dr. Dresbach: Es klang fast nach
Überstürzung beraten worden. Im ganzen gesehen Systemzeit!)
sind die Beratungen des Haushaltsausschusses ge- — Es klang wirklich fast nach Systemzeit, da haben
wissermaßen auf Hochtouren gelaufen. Für die- Sie recht.
jenigen, die erstmalig an den Haushaltsberatungen (Beifall bei der SPD.)
1230 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Gülich)
Sich nach der ungeheuren Mißhandlung aller gei ten, die die große Sturmflut am 4. Januar dieses
stig schaffenden Menschen durch das Dritte Reich Jahres erlebt haben und die Zerstörungen gesehen
(Zuruf von der SPD: Seine Vorläufer!) haben, die dadurch angerichtet worden sind, sich
zum Sprecher einer Erhöhung der Bundesmittel für
hier hinzustellen und, ich muß sagen, mit frecher
diese Aufgabe machen, ist doch selbstverständlich.
Stirn Damit vertreten sie keine Länderinteressen, son-
(Beifall bei der SPD) dern echte Bundesinteressen.
zu behaupten, daß die Sozialdemokratische Partei (Sehr richtig! bei der SPD. — Zuruf von
am Niedergang der Geisteswissenschaften im der SPD: Das ist aber für Herrn Schild zu
Deutschland von 1919 bis 1933 die Schuld trage. ist hoch!)
eine grobe Behauptung,
Herrn Kollegen Lenz möchte ich sagen, daß er
(Zuruf von der SPD: Eine Fälschung!) sich auf einen gefährlichen Weg begibt, wenn er
die man nur niedriger hängen kann. eine 5%ige Kürzung der Personalausgaben an-
(Erneuter Beifall bei der SPD. — Zurufe strebt, wenn er in bezug auf die 5 % einen kw-Ver-
von der SPD: Der Name Schild spricht für merk anbringen will. „kw" heißt bekanntlich
sich! — Schildbürgerstreich!) „künftig wiederkehrend"!
Meine Damen und Herren, die Frage der Förderung (Heiterkeit. — Abg. Frau Wolff [Berlin] :
der wissenschaftlichen Forschung ist keine Frage, Sehr gut!)
die etwas mit politischen Parteien zu tun hat. Ein solcher Antrag ist ja auch nur formal und sche-
(Sehr richtig! bei der SPD. — Zuruf von matisch. Ich habe mich bemüht, mit meinen Aus-
der DP: Zu tun haben sollte!) führungen Ihr Interesse dafür zu gewinnen, daß
Ich würde mich hüten, zu sagen, daß die eine oder wir an den Haushaltsplan nicht schematisch und
die andere Partei als Partei einen größeren oder nicht formal herangehen.
geringeren Anteil daran nehme. Aber wenn Sie das Herr Kollege A r n d g en hat gesagt — ich darf
da behaupten, dann muß ich doch sagen: Es gehört jetzt wieder sagen, Herr Kollege Arndgen: ohne
zur alten Tradition der Sozialdemokratischen Par- rot zu werden —, der Etat sei ausgeglichen. Ja,
tei, daß in ihr immer Wissenschaftler, Gelehrte von er wird doch durch die wiederholte Behauptung
Rang tätig gewesen sind, die es auf Grund ihrer nicht ausgeglichen!
sozialen Stellung ja nicht nötig gehabt hätten, sich (Sehr gut! bei der SPD.)
in die Reihen der kämpfenden Arbeiterschaft zu Dann müßten Sie mir schon nachweisen, daß er
stellen, doch ausgeglichen ist.
(Beifall bei der SPD)
(Abg. Arndgen: Aber durch Ihre Anträge
die es aber getan haben aus ihrer sozialwissen- bestimmt nicht!)
schaftlichen Erkenntnis heraus, daß die soziale und
— Sie sagen, „durch Ihre Anträge bestimmt nicht".
wirtschaftliche Ordnung durch wissenschaftliche Er- Stimmt nicht! Herr Arndgen, Sie haben auch ge-
kenntnis geändert werden müsse, daß die wissen-
sagt, wir hätten für 2,5 Milliarden Anträge ge-
schaftliche Erkenntnis eine Vorbereiterin der Sozial- stellt, also eine Haushaltsverschlechterung um
politik und einer Änderung der gesamten Wirt- 2,5 Milliarden vorgeschlagen. -
schaftspolitik sein müsse.
(Abg. Krammig: 2,1 waren's bloß!)
In diesem Sinne habe ich heute morgen gesagt,
daß die wissenschaftliche Forschung in Deutsch- — Es waren bloß 2,1? Er sagte doch: 2,5!
land zu kurz kommt. Ich habe nicht gesagt, daß die (Abg. Arndgen: Dann haben Sie mich
Naturwissenschaften zuviel bekommen, sondern ich mißverstanden!)
habe die Relation zwischen den Aufwendungen für — Bitte schön, dann habe ich Sie mißverstanden.
die Geisteswissenschaften und denen für die Natur- Dann bitte ich um Verzeihung. — Also 2,1 Mil-
wissenschaften beklagt. liarden waren es, aber 2,1 Milliarden sind auch
Herr Dr. Schild sagte, im Haushaltsausschuß wür- noch eine ganz schöne Summe. Bitte, dann be-
den manchmal Anträge gestellt von Abgeordneten trachten wir die 2,1 Milliarden. Ein Antrag lautet,
aus gewissen Ländern für gewisse Länderzwecke, der Deutsche Bundestag möge beschließen, 1 Mil-
wie z. B. für Küstenschutz und Deichbau. Ich fühle liarde für Zwecke des zivilen Luftschutzes zu be-
mich angesprochen, denn ich habe den Antrag ge- willigen; dafür möge er den Globaltitel 300 des
stellt, die Mittel für Küstenschutz und Deichbau Einzelplans 35 in Höhe von 9 Milliarden DM um
von 14 Millionen auf 20 Millionen DM zu erhöhen. 1 Milliarde DM kürzen. Natürlich wußte auch die
(Sehr gut! bei der SPD.) SPD-Fraktion, daß, wenn ein solcher Antrag im
Bundestag angenommen wird, damit dieser Global-
Ich habe auch einen Deckungsvorschlag dafür ge- titel noch nicht gekürzt ist. Es handelt sich ja hier
macht, und der Haushaltsausschuß ist meinen Ar- um Zahlungen an die Besatzungsmächte, die auf
gumenten gefolgt, und zwar gegen den Widerstand Grund der Macht, die sie ausüben, die Zahlungen
des Herrn Bundesfinanzministers, der erst gar bei uns einkassieren.
nicht mitwollte und schließlich 3 Millionen anbot.
Ich habe den Antrag aber doch nicht gestellt, weil (Abg. Krammig: Das ist es ja!)
es sich um eine Ländersache handelt, sondern weil Aber ich habe mich doch sehr gewundert, daß Herr
Küstenschutz, Deichbau und Landgewinnung immer Bundesfinanzminister Schäffer mit großer Ent-
eine Aufgabe des Reichs gewesen sind rüstung hier aufgetreten ist und uns den Vorwurf
(Beifall bei der SPD) gemacht hat, wir wollten den Haushalt um 1 Mil-
liarde verschlechtern. Warum hat denn der Herr
und heute eine Aufgabe des Bundes sind. Bundesfinanzminister nicht mit uns gegen die Alli-
(Zurufe von der SPD.) ierten gekämpft, um ihnen zu sagen: Der Bundes-
Daß diejenigen Abgeordneten, die von der Tragik tag hat mir auferlegt, einen zivilen Luftschutz ein-
der Abbröckelung des Landes durch die Gewalt des zurichten, und ich soll eine Milliarde einsparen!?
Wassers etwas wissen, daß diejenigen Abgeordne Warum hat er sich hier entrüstet hingestellt und
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1231
(Dr. Gülich)
hat mit den Alliierten gegen den Bundestag ge- nicht einen solchen verhängnisvollen Schritt tun!
kämpft? Ich möchte Ihnen wirklich empfehlen, sich das noch
(Sehr richtig! bei der SPD.) einmal zu überlegen und unseren Antrag anzu-
nehmen, der die Einsetzung eines Unterausschusses
Das ist nicht einzusehen.
mit der Federführung beim Ausschuß für Finanz-
(Zuruf von der CDU/CSU: Ein reiner und Steuerfragen vorsieht. Im Jahre 1935 hatte das
Luftantrag!) Deutsche Reich 3000 bis 4000 Betriebe und Betei-
— Nein, es war kein Luftantrag, sondern ein Luft- ligungen. Jetzt hat der Bund über 1000 Betriebe
schutzantrag! Wie nötig der Luftschutz ist, darüber und Beteiligungen. Es bedarf, so meine ich, unserer
sind wir uns doch wohl alle einig, und der Herr gemeinsamen Überlegungen, wie dieses Bundes-
Bundesinnenminister hat sich ja neulich nach der vermögen zu verwalten ist und was mit diesen
Beratung hierüber auch öffentlich geäußert. — enormen Betrieben und Beteiligungen geschehen
Ich habe eben den Deckungsvorschlag begründet soll. Ich möchte Ihnen hier erklären, daß Sie die
und habe ja auch gesagt, daß damit die Deckung sozialdemokratische Fraktion jederzeit zu jeder
noch nicht erfolgt sei, sondern daß der Bundes- volkswirtschaftlich sinnvollen Regelung der Fragen
finanzminister für seine Verhandlungen mit den des Bundesvermögens, der Bundesbetriebe und der
Alliierten die Rückenstärkung des Deutschen Bun- Bundesbeteiligungen bereit finden werden.
destages haben sollte. Nun ein Wort zum Herrn Bundesfinanz
(Beifall bei der SPD.) minister. Er behauptet, ich hätte Behauptungen
erhoben, ohne sie zu beweisen. Dazu kann ich
Das hätte er ruhig einmal versuchen sollen, und Ihnen nur sagen: Lesen Sie das Protokoll nach!
das hätten Sie ruhig mitmachen können. Wir wol- Meine Maxime ist im allgemeinen und ist auch
len es uns ja nicht so bequem machen, daß wir heute wieder gewesen: ich sage immer ein bißchen
sagen, Luftschutz sei nicht mehr nötig, weil die weniger, als ich weiß, ich sage nie so viel, wie ich
modernen Waffen einen Luftschutz überflüssig weiß, und ich sage niemals mehr, als ich weiß.
machten; das sagen ja viele, und eine solche Theorie Denn wenn ich mehr sage, als ich weiß und als
wird vertreten. Man könnte sich auch vorstellen, richtig ist, dann erzeuge ich im anderen sofort den
daß es einen Krieg gäbe, der, wie in Korea, mit Widerstand, dann kann er sich gegen dieses Mehr
alten Mitteln auf deutschem Boden geführt wird, ja sofort zur Wehr setzen. Sage ich aber weniger,
und daß wir dann den Luftschutz sehr dringlich dann gebe ich ihm Gelegenheit, in sich zu gehen
benötigten. und darüber nachzudenken.
Ein anderer Antrag der SPD-Fraktion schlägt (Sehr gut! bei der SPD. —
vor, vier Millionen DM für die Bergarbeiter des Lachen bei der CDU/CSU.)
Eisenerzbergbaus zur Verfügung zu stellen und die
Deckung für diese vier Millionen aus der am letz- Herr Minister Schäffer fragt, warum ich denn
ten Tage, am 31. März, im Haushaltsausschuß er- im Haushaltsausschuß keine Vorschläge zur Spar-
folgten Erhöhung des Verfügungsfonds des Bun- samkeit gemacht hätte. Lesen Sie das Protokoll!
deskanzlers für besondere Zwecke — Kap. 0403 Ich habe im Rahmen des geltenden Haushalts-
Tit. 300 — um 4,5 Millionen auf 10 Millionen DM systems sehr wohl Vorschläge gemacht, und ich
schätze mich glücklich, daß eine ganze Reihe- dieser
zu nehmen. Diesen Antrag auf Erhöhung des Ver-
fügungsfonds haben Sie angenommen. Da das Par- Vorschläge vom Haushaltsausschuß angenommen
lament über die Verwendung dieser Summe nichts worden sind. 500 000 DM mehr für die Deutsche
erfährt, haben wir einen Antrag gestellt, daß man Forschungsgemeinschaft — sehr hübsch! 40 000 DM
eine Kommission von drei Abgeordneten einsetzen mehr — nämlich zu 30 000 DM — für die Kommis-
möge, die sich von der Richtigkeit und Notwendig- sion für die Geschichte des Parlamentarismus und
keit der Verwendung dieser Mittel überzeugt. Mir der politischen Parteien; für diese 40 000 DM haben
allerdings die Frühstücksfonds der vier Herren
scheint, das ist ein Antrag, dem die Billigkeit nicht
Sonderminister herhalten müssen, die von je 20 000
versagt werden kann und dem Sie zustimmen
DM auf je 10 000 DM durch einhelligen Beschluß
könnten. des Haushaltsausschusses auf meinen Antrag hin
Ich will Ihre Zeit nicht weiter in Anspruch neh- gekürzt worden sind.
men. Herr Kollege Arndgen, es sind also zum Teil (Beifall bei der SPD.)
doch sehr ordentliche Deckungsvorschläge gemacht
worden, und da kann man nicht einfach sagen, Man könnte also sehr vieles dazu sagen. Ich habe
die Anträge der SPD-Fraktion brächten Haushalts- Vorschläge gemacht, und niemand von den Kolle-
verschlechterungen von 2,1 Milliarden DM mit sich. gen vom Haushaltsausschuß wird mir meine sach-
liche Mitarbeit im Haushaltsausschuß auch nur eine
Nun zu Herrn Bundesfinanzminister Schäffer. — Sekunde lang bestreiten.
Nein, ich muß vorher noch ein Wort sagen, das ich
vorhin vergessen habe. Ich muß meiner Befriedi- Aber ich habe darüber ja mehr gesagt. Ich habe
gung Ausdruck geben, daß wir endlich eine Auf- gesagt, daß im Rahmen des geltenden Haushalts-
stellung über das Bundesvermögen — Einzelplan 60 systems die Manövriermasse größer ist, als sie er-
— bekommen haben. Nun haben Sie, meine Damen scheint. Und ich habe ja Gedanken ausgesprochen
und Herren, einen Antrag eingebracht, daß vier und Anregungen gegeben zu einer Änderung un-
seres Haushaltssystems.
Ausschüsse — Geld und Kredit, Haushalt, Finanz-
und Steuerfragen sowie Wirtschaftspolitik — sich Von all dem, was ich positiv hier gesagt habe,
mit der Regelung des Bundesvermögens befassen hat Herr Kollege Schäffer nichts gesagt. Ich habe
sollten. Dabei wünschen Sie — ich habe neulich nicht behauptet, daß der Herr Bundesfinanzmini-
schon darüber gesprochen — eine Trennung der ster subjektiv unwahr sei, sondern ich habe gesagt,
Behandlung zwischen Liegenschaften und Beteili- Herr Minister Schäffer mache sich durch gewisse,
gungen. Ich habe mir die Sache noch einmal sehr oft temperamentvolle, im Augenblick hervorquel-
genau durch den Kopf gehen lassen. Lassen Sie lende Äußerungen unglaubwürdig, und ich habe
uns um der Einheit des Bundesvermögens willen das bedauert. Also keine subjektive Unglaubwür-
1232 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Gülich)
digkeit, mithin auch kein Vorwurf, sondern im Ich habe mich kritisch geäußert. Ich möchte
Effekt eine objektive Unglaubwürdigkeit; eine sagen, indem ich den Sozialdemokraten Wels zi-
Äußerung, zu der ich mich nach wie vor bekennen tiere, der in der letzten Sitzung des Deutschen
muß. Ich brauche nur daran zu erinnern, wie Sie Reichstags 1933 nach der Regierungserklärung des
neulich hier bei unserem Luftschutzantrag aufge- neuen Reichskanzlers Adolf Hitler eine mannhafte
treten sind und wie Sie das Parlament beschimpft und kluge Rede gehalten hat — es war die letzte
haben, uns, die Opposition, beschimpft haben, oder Reichstagssitzung, in der diskutiert wurde; später
wie Sie gelegentlich Aufrechnungen machen, was wurde ja nur noch gesungen —: Kritik ist heilsam
der Bund für Berlin tue, oder was der Bund für und notwendig,
Schleswig-Holstein tue. Oder diese Bindungsklausel! (Abg. Mellies: Sehr gut!)
Wir haben uns darüber unterhalten und haben
Sokrates bemüht. Ich habe gesagt, die Gewährung und Wels hat damals bedauert, daß die Kritik nun
von Heimkehrerhilfe nicht mehr möglich sein würde. Ich glaube, meine
Damen und Herren, daß meine Kritik notwendig
(Abg. Kunze: Das ist ja längst erledigt!) war, und ich glaube, daß sie auch heilsame Wir-
und die Gewährung von Mitteln für die Notstands- kungen ausüben wird. Das werden wir beim näch-
gebiete an die Erhöhung des Bundesanteils zu sten Bundeshaushalt ja erleben.
binden, — —
(Beifall bei der SPD.)
(Abg. Kunze: Das ist doch erledigt! Das
wissen Sie doch!)
— Das alles, verehrter Herr Kunze, gehört in das Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und Herren!
Kapitel der Dinge, von denen ich gesagt habe, daß Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich
sie ihn unglaubwürdig machen; und das kann ich schließe die allgemeine Aussprache zur dritten Be-
nur wiederholen. ratung.
(Abg. Kunze: Bedauerlich!) Zur Einzelberatung stehen lediglich die Einzel-
— Herr Kollege Kunze, ich habe ausdrücklich ge- pläne an, zu denen Änderungs- oder Entschlie-
sagt, daß ich ihm keine subjektive Unglaubwürdig- ßungsanträge vorliegen. Das ist nicht der Fall bei
keit vorwerfe. Einzelplan 01, Haushalt des Bundespräsidenten
(Sehr richtig! bei der SPD.) und des Bundespräsidialamtes.
Das habe ich ganz klar zum Ausdruck gebracht. Zu Einzelplan 02 — Haushalt des Deutschen
Infolgedessen sehe ich gar keine Schwierigkeit, ver- Bundestages — liegen Ihnen zwei Änderungsan-
ehrter Herr Kollege Schäffer, daß wir auch von träge der Fraktion der FDP auf Umdruck 99 und
heute ab wieder freundlich und nett miteinander 100 und ein Entschließungsantrag der Fraktion der
sein könnten. SPD auf Umdruck 95 vor.
(Zuruf von der CDU/CSU: Ach je! Zur Begründung des Antrags Umdruck 100 — —
Nicht so plump!)
(Zuruf von der FDP: 99!)
Es ist leider so, daß Sie, Herr Bundesfinanzmini
ster, offensichtlich alles überhört haben, was ich — Sie wollen die andere Reihenfolge. Zur Begrün-
Positives und was ich Nettes zu Ihnen gesagt habe, -
dung des Antrags Umdruck 99 Herr Abgeordne-
(Abg. Kunze: Das Einwickelpapier war zu ter Dr. Reif!
schlecht, Herr Kollege!)
und der Humor ist Ihnen leider auch heute ganz Dr. Reif (FDP): Herr Präsident! Meine Damen
abhanden gekommen. Das ist schade, denn ich habe und Herren! Ich bitte, bei den Überlegungen, die
ein paar Dinge gesagt, die aus der Situation heraus Sie anstellen, wenn Sie über unsern Antrag Um-
kamen und über die man mir doch nicht gerade druck 99*) entscheiden, an die Ausführungen zu
böse sein kann. denken, die Herr Kollege Gülich in dem Teil seiner
Was die Schätzungen betrifft, so habe ich nicht Rede gemacht hat, in dem er, was man ihm wohl
behauptet, daß der Bundesfinanzminister das zugeben muß, für das Parlament als solches ge-
Steueraufkommen falsch geschätzt habe. Seine sprochen hat.
Steueraufkommensschätzungen sind in der Summe Die Kollegen, die dem 1. Bundestag angehört
des Ganzen immer im wesentlichen richtig ge- haben, werden sich an die außergewöhnliche Be-
wesen. drängnis erinnern können, die darin bestand, daß
(Abg. Frau Dr. Weber [Aachen]: Hört! Hört!) für Abgeordnete überhaupt keine Arbeitszimmer
— Verehrte Frau Kollegin Weber, erkenne ich denn vorgesehen waren; ein merkwürdiger Zustand,
nicht an, was anerkannt werden muß? Er hat sich wenn man daran denkt, daß schon im alten Deut-
gelegentlich in den Ausgabeschätzungen grob ge- schen Reichstag über die Notwendigkeit einer Ver-
irrt, beispielsweise bei den Rentenzulagen für besserung der Arbeitsbedingungen der Abgeord-
1951, wo er 699 Millionen geschätzt hatte, während neten gesprochen wurde; ein Zustand, den man
das tatsächliche Ist 513 Millionen war, also eine versteht, wenn man sich daran erinnert, daß die
Überschätzung von 186 Millionen. Finanzminister Bemühungen einiger Kollegen des Parlamentari-
haben es gelegentlich an sich, daß sie die Einnah- schen Rates, die Vorbereitung der Einrichtung des
men gern ein bißchen kleiner und die Ausgaben neuen Bundestages in die Hände einer Kommission
ein bißchen größer schätzen. Auch das dient der erfahrener Parlamentarier zu legen, scheiterten
Deckung des Haushalts. und daß statt dessen das Büro der Herren Minister-
(Heiterkeit. — Abg. Kunze [Bethel] : Das präsidenten, damals die alleinige Spitze der
würden Sie ja auch tun!) Ministerialbürokratie, die Vorbereitung in die
Hand nahm. Danach ist sie auch. Man könnte den
— Ja, Herr Kunze, ich weiß das. Dagegen habe ich Eindruck haben, als habe man es darauf angelegt,
auch nichts gesagt. Ich glaube mich klar ausge- uns nach Möglichkeit nicht arbeiten zu lassen.
drückt zu haben, so daß ich nicht mißverstanden
zu werden brauche. *) Siehe Anlage 3 Seite 1272 B
2. Deutscher Bundestag - 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1233
(Dr. Reif)
Nun hat sich inzwischen die Unmöglichkeit die- einfach finanziell nicht möglich sei, daß wir aber
ses Zustands herumgesprochen. Diese Gespräche Anfänge einrichten sollten, aus denen sich allmäh-
haben zu jener architektonisch nicht übermäßig lich ein Gesetzgebungshilfsdienst entwickeln sollte.
ansprechenden, aber immerhin nützlichen Einrich- Als guter Anfang erschien uns damals die Einrich-
tung des Hochhauses geführt. Seit dieser Zeit tung von etwa 20 bis 30 Stellen für parlamen-
kämpfen wir um die schrittweise Erweiterung und tarische Referenten. Der vorliegende Antrag, der
Verbesserung unserer Arbeitsmöglichkeiten. etwas generell abgefaßt ist, sieht die Einsetzung
eines Betrages von 250 000 DM im Einzelplan 02
Es scheinen mir kameralistische oder etatistische vor. Auf Grund dieses Betrages könnten 20 Plan-
Vorstellungen des Bundesrechnungshofs zu sein — stellen nach TOA II für solche parlamentarische
ich vermute das deshalb, weil ich einmal von einem Referenten eingerichtet werden. Es gibt dann die
Gutachten des Rechnungshofs Kenntnis bekom- Möglichkeit, sie ressortmäßig als Gesetzgebungs-
men habe, worin er die Größe einer Parlaments- hilfsdienst zusammenzufassen oder, was damals
bibliothek ungefähr nach dem Schema der Behör- auch diskutiert wurde, sie den Fraktionen zuzu-
denbibiliotheken zu bemessen für richtig fand —, teilen und auch die Anstellung den Fraktionen zu
auf Grund deren man für einen Abgeordneten, ich überlassen. Dabei würden nach dem heutigen Stär-
glaube, 1,7 qm rechnet; es kann auch irgendeine keverhältnis auf die CDU/CSU-Fraktion 8, auf die
andere Zahl sein, ich weiß es nicht genau. Man SPD 6, auf die FDP 3, auf den GB/BHE 2 und auf
sagt, ganz gleich, ob zwei oder drei oder sogar, die DP 1 parlamentarische Referenten entfallen.
wie uns in einem Vorschlag zugemutet worden ist,
fünf bis sechs Abgeordnete in einem Arbeitszim- Die Begründung für diese Einrichtung haben wir
mer sitzen, die Hauptsache ist, daß die Quadrat- während unserer eigenen Tätigkeit im 1. Bundes-
meterzahl stimmt. Als ob geistige Arbeit nach tag schon zur Genüge erfahren. Wir alle stellen
Quadratmetern bemessen werden könnte und als doch fest, daß das Initiativrecht des Art. 76. un-
ob nicht vielmehr die Ungestörtheit desjenigen, serer Verfassung wesentlich verkümmert ist, was
der arbeitet, wichtiger wäre als die Zahl der den Bundestag anbetrifft. Das Recht, Gesetze ein-
Quadratmeter oder der Kubikmeter, die man ihm zubringen, steht gleichermaßen der Bundesregie-
zubilligt! Von solchen Ausmaßen redet man bei rung, dem Bundestag und dem Bundesrat zu. Im
Beerdigungen, wenn man die Größe, die notwen- 1. Bundestag aber sind 90 % aller Gesetze durch
digerweise gebraucht wird, um jemanden unter die die Exekutive eingebracht worden, und nur
Erde zu bringen, berechnet. Fahren wir in dieser der kümmerliche Rest ist aus dem Hause selbst
Methode der mechanischen, äußerlichen Bewer- hervorgegangen, weil eben die Hilfsmittel fehlen,
tung der Arbeitsbedingungen eines Mitglieds der weil die wissenschaftlichen Mitarbeiter fehlen, um
gesetzgebenden Körperschaft fort, so werden wir im Hause selbst einen Gesetzentwurf zu erarbei-
einen Beitrag zur Beerdigung des Parlamentaris- ten. Das ging sogar so weit, daß draußen Verbände
mus leisten. Ich hoffe aber, daß der Appell, den in ihren Reihen Gesetzentwürfe verfaßt haben, die
der Herr Kollege Gülich heute früh an das Soli- dann hier von einzelnen Fraktionen übernommen
daritätsgefühl des Hauses in bezug auf seine und unter der Firma einer Fraktion eingebracht
Pflicht, seine Rechte wahrzunehmen, gerichtet hat, wurden. Das ist eine sehr peinliche Degenerations-
auch in dieser Frage fruchtbar wird. Deshalb erscheinung des Initiativrechtes eines Parlaments.
möchte ich Sie bitten, unserem Antrag auf Um- Wir haben ferner festgestellt, daß es nötig ist,
druck 99 zuzustimmen. Mein Kollege Mende wird bei einem Gesetzentwurf zu prüfen, ob die Materie
einen Antrag begründen, der in ähnlicher Rich- überhaupt gesetzlich geregelt werden muß. Im
tung darauf abzielt, die Arbeitsfähigkeit des Hau- 1. Bundestag lagen fast 500 Gesetzesvorlagen vor,
ses zu verstärken und damit im Sinne der Demo- von denen rund 350 verabschiedet wurden. Es ist
kratie einen Schritt weiterzukommen. doch der Eindruck entstanden, daß mancher Ge-
(Beifall bei der FDP.) setzentwurf seine Entstehung mehr dem Fleiß
eines Referenten in einem Ministerium und weni-
Präsident D. Dr. Ehlers: Ich bitte zunächst den ger der materiellen Notwendigkeit verdankte.
Antrag Umdruck 100 zu begründen. Herr Abgeord- Auch hier sollte dieses Gremium der parlamenta-
neter Dr. Mende! rischen Referenten als wissenschaftlicher Hilfsar-
beiter darüber wachen, daß die Gesetzgebungsma-
nie, die nicht nur in Deutschland, sondern überall in
Dr. Mende (FDP): Herr Präsident! Meine Damen der Welt eine moderne Zeitkrankheit des 20. Jahr-
und Herren! Der Antrag Umdruck 100*) hat eine hunderts ist, etwas eingedämmt wird. Wenn wir
zweijährige Vorgeschichte. Nachdem im Jahre so weiter fortschreiten, wird am Ende das ge-
1951/52 einige Kollegen von einer Studienreise aus samte individuelle Leben und werden alle indivi-
Amerika zurückgekommen waren, wo sie die aus- duellen Freiheiten durch jenes Spinnennetz von
gezeichnete Einrichtung des Gesetzgebungshilfs - Gesetzen stranguliert, das sich über das gesamte
dienstes, des Legal Reference Service, kennenge- öffentliche und private Leben legt.
lernt hatten, gingen Bemühungen in diesem Hause
dahin, auch für den Bundestag einen Gesetzge- (Beifall.)
bungshilfsdienst zu schaffen, um von der Exeku-
tive und ihrer Ministerialbürokratie unabhängiger Und das dritte Problem. Im Jahre 1950 standen
zu werden, als das gegenwärtig noch der Fall ist. wir beim Kriegsopfergesetz vor der Frage: Welche
Ich erinnere mich, daß ich seinerzeit mit den Her- Regelungen der Kriegsopferversorgung liegen denn
ren Kollegen Mellies und von Merkatz ein Rund- in den anderen westlichen Ländern vor? Das Bun-
funkgespräch geführt habe, in dem wir uns dar- desarbeitsministerium war damals nicht in der
über einig waren, daß nicht etwa der gesamte Ge- Lage, uns eine rechtsvergleichende Darstellung zu
setzgebungshilfsdienst des amerikanischen Kon- geben. Es dauerte Wochen, bis wir Vergleiche mit
gresses übernommen werden könne, weil uns das einigen benachbarten Staaten durchführen konn-
ten. Also auch hier: Erforschung der jeweiligen
*) Siehe Anlage 4 Seite 1273 Gesetzesmaterie bei den benachbarten Staaten, da-
1234 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Mende)
mit die Möglichkeit geschaffen wird, im Parlament Haushaltsjahr nicht zu erwarten. Die neuen Haus-
zu Rechtsvergleichen zu kommen! haltsberatungen beginnen bereits in den nächsten
(Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt Wochen innerhalb der Ressorts. Für das neue Jahr
den Vorsitz.) könnte ein Posten aufgenommen werden; aber für
das laufende Jahr ist es weder möglich noch zu-
Und das letzte, meine Damen und Herren. Wir lässig.
haben im 1. Bundestag festgestellt, daß viele Ge-
setze unter einem Zeitdruck zustande kamen und Ich bitte, dann auch noch eine kurze Bemerkung
daß die Maschinerie dieses Hauses zeitweise zu zu dem Antrag Umdruck 100 machen zu dürfen.
schnell in Gang gesetzt wurde. Ich erinnere an zwei An sich wollte ich eigentlich auf die Sachlage
peinliche Versehen, die hier passiert sind. Im Jahre selbst nicht eingehen. Ich möchte aber doch in einer
1953 haben wir alle miteinander bei der Frage der Bemerkung, die durch die Begründung des An-
gemeinsamen Besteuerung von Ehemann und Ehe- trags veranlaßt wird, folgendes feststellen: Zwi-
frau einen haushaltstechnischen Fehler ersten Ran- schen den Vereinigten Staaten von Amerika und
ges gemacht, und im 2. Bundestag haben wir bei zwischen der deutschen Bundesrepublik ist verfas-
der Novelle zum Heimkehrerentschädigungsgesetz sungsrechtlich ein himmelweiter Unterschied.
die Berlin-Klausel vergessen. Alle miteinander, (Sehr richtig! in der Mitte.)
also sowohl das Parlament wie unsere Mitarbeiter In den Vereinigten Staaten macht die Regie-
aus der Bundestagsverwaltung, haben übersehen, rung überhaupt keine Gesetzesvorlagen. Wenn
daß zu dem Gesetz noch eine Berlin-Klausel ge- dem Antrag entsprochen wird, besteht die Gefahr,
hörte, und der Ältestenrat stand vor einer peinli- daß eine Bürokratie auf der einen Seite und eine
chen Situation. Bürokratie auf der anderen Seite wächst und
Meine Damen und Herren, wenn 20 leidenschaft- beide eifersüchtig darüber wachen — sagen wir
liche junge Leute, die sich dem Parlamentsrecht mal —, dem anderen seine Arbeit bestimmt nicht
innerlich ergeben haben, uns bei unseren Gesetz- zu erleichtern. Diese Gefahr besteht in den Ver-
gebungsarbeiten helfen, dann ist die Gefahr solcher einigten Staaten nicht. Das System liegt in der
Versehen zumindest geringer, als sie gegenwärtig deutschen Bundesrepublik verfassungsrechtlich
ist. Ich schlage Ihnen daher vor, diesem Antrag zu- ganz anders. Wenn wir heute im allgemeinen das
zustimmen und dem Bundestagspräsidenten oder Bestreben haben, die sogenannte Bürokratie nicht
dem Bundestagsvorstand zu überlassen, die beste wachsen zu lassen, dann sehe ich hier eine Keim-
Form zu finden, um den Gesetzgebungshilfsdienst zelle, die vielleicht die Gefahr des Wachsens von
dem, was bereits an Anfängen besteht, noch hin- zwei Bürokratien, die miteinander in Konkurrenz
zuzufügen. stehen, hervorrufen könnte. Aber ich möchte nur
auf eines hinweisen. Genau wie bei dem anderen
Ich glaube, wir tun auch den jungen Menschen, Falle ist auch hier der Antrag sehr überraschend
die nach abgeschlossener Berufsausbildung beson- in der dritten Lesung des Haushaltsplans gestellt
deres Interesse am Parlamentsrecht haben, einen worden. Ich halte das Problem für so schwer-
Gefallen, wenn wir sie hier in dem lockeren Ange- wiegend, daß man schon wegen der Auswirkungen
stelltenverhältnis arbeiten lassen. Im englischen nicht in dieser kurzen Zeit darüber Beschlüsse fas-
Parlamentsleben ist mancher bekannte Politiker sen, sondern die Dinge sich überlegen sollte.
aus der Sekretariatsarbeit hervorgegangen, die er -
als Parlamentssekretär eines Abgeordneten begon- (Sehr richtig! in der Mitte. — Abg.
nen hat, z. B. der jetzige Außenminister Eden. Dr. Mende: Das tun wir schon seit
zwei Jahren!)
Wir tun uns selbst einen Dienst und wir tun auch — Daß seit zwei Jahren darüber gesprochen wird,
der Demokratie einen Dienst, wenn wir sie stär- ist gerade ein Beweis, daß das keine Frage ist,
ken gegenüber jenen Degenerationserscheinungen, die man ohne weiteres aus dem Handgelenk ent-
die in dem heutigen Mißverhältnis zwischen Exe- scheiden kann.
kutive und Legislative sichtbar sind.
Dann möchte ich auf folgendes hinweisen. Selbst
(Beifall bei der FDP.) wenn heute der Antrag angenommen würde, hätte
er wahrscheinlich keine große praktische Bedeu-
Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der tung, weil die Anstellung der 20 Referenten, von
Bundesfinanzminister Schäffer. denen gesprochen worden ist, doch nicht sofort
erfolgen würde. Die Beratungen würden schon
Schäffer, Bundesminister der Finanzen: Herr (Zuruf von der SPD: Dann brauchen Sie
Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem An- nicht dagegen zu sprechen!)
trag Umdruck 99 darf ich eine kurze Feststellung — Moment! — rein verwaltungsmäßig solange
treffen. Nach § 14 der Reichshaushaltsordnung ist dauern, daß man die Beratungen des nächsten
es unzulässig — ausgesprochen unzulässig —, in Haushaltsplans abwarten könnte. Wir beginnen ja
einen Haushalt Ausgaben für bauliche Unterneh- mit den Haushaltsvorbereitungen innerhalb der
mungen einzusetzen, solange Pläne, Kostenberech- Ressorts und mit der Unterbreitung der Vorschläge
nungen, Erläuterungen, aus denen die Art der Aus- bereits Mitte Mai. Erst zu diesem Zeitpunkt wird
führung ersichtlich ist, Kosten der baulichen Maß- es dem Direktorium des Hauses möglich sein, den
nahmen etc., nicht vorliegen. Ausnahmen können Anspruch anzumelden. Warum spreche ich dage-
bei Beträgen über 500 000 Mark nicht genehmigt gen? Weil es Schwierigkeiten gibt. Wenn Sie einen
werden, auch vom Bundesfinanzminister nicht. Der Ausgabenantrag im ordentlichen Haushalt stellen,
Antrag in Umdruck 99 wäre infolgedessen nach dann kann der Haushalt im ganzen nur verab-
der Reichshaushaltsordnung unzulässig. Ich darf schiedet werden, wenn ein Abgleichungsposten ge-
doch bemerken, daß der Antrag auch nicht mit der funden ist, den Sie in Ihrem Antrag bedauerlicher-
dritten Lesung des Haushaltsgesetzes in unmittel weise noch nicht vorgeschlagen haben.
baren Zusammenhang gebracht werden müßte. Eine
sofortige Durchführung der Bauten, jetzt, wo noch Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der
keine Pläne und nichts vorliegen, ist ja in diesem Abgeordnete Brese.
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1235

Brese (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen Zahl wie bisher in jedem Jahre wieder erreicht.
und Herren! Wie ein roter Faden zog sich durch Dagegen wehren wir uns, und ich bin glücklich,
die Ausführungen der Redner bei der General- daß ich mich dabei in der Gesellschaft aller be-
debatte heute morgen der Gedanke hindurch, daß finde.
alles getan werden müsse, um die Bürokratie ein- (Abg. Dr. Mende: Das ist am falschen Ort
zudämmen und vor allen Dingen die Verwaltung gespart!)
nicht weiter aufzublähen. Das ist ein Thema, das
mir persönlich sehr warm übers Herz gekommen Nun ein Wort zu dem Vergleich mit Amerika,
ist. Herr Dr. Mende. Ich bin auch in Amerika gewesen.
(Heiterkeit.) Man kann wirklich nicht alles, was in diesem
reichen Land gemacht wird, auf uns übertragen.
Das wissen meine Freunde aus dem Haushaltsaus- (Abg. Dr. Mende: Es ist doch nur ein
schuß. Ich habe sechs Jahre lang diesen Kampf ge- Bruchteil dessen! — Zurufe von der SPD.)
gen die sich immer mehr aufblähende Bürokratie
geführt. Ich freue mich, daß ich heute morgen in Ich habe mir die Zahlen von dort geben lassen.
so großer Gesellschaft bin. Aber ich muß Ihnen In der Bundesverwaltung der Vereinigten Staaten
sagen, ich bin sehr enttäuscht, daß im Anschluß waren beispielsweise 1933 insgesamt 600 000 Be-
an diese Ausführungen jetzt zwei Anträge der schäftigte. Im Jahre 1953 betrug die Zahl 2 548 000,
FDP, einer Partei unserer Regierungskoalition, und zwar ohne Berücksichtigung der Verwaltungen
auf den Tisch flatterten, in denen nach meiner der einzelnen Bundesstaaten und der Kommunen.
Meinung nichts mehr und nichts weiter verlangt Wenn ich diese Entwicklung betrachte, muß ich
wird, als unsere eigene Bürokratie im Bundestag sagen: Das darf und kann für unser armes Deutsch-
weiter aufzublähen. Ich habe im Haushaltsausschuß land kein Beispiel sein.
im vordersten Kampf gegen die Einrichtung des (Zustimmung in der Mitte.)
Parlamentsdienstes gestanden. Weil ich weiß, Übrigens ist auch in Amerika die Erkenntnis ge-
daß, wenn auch dieser Antrag abgelehnt wird, die reift, daß man auf diesem Wege nicht weitergehen
Diskussion im Haushaltsausschuß wieder entfacht kann. Ich habe in der Presse gelesen, daß man
werden wird, möchte ich auch einmal grundsätzlich eine neue Stelle eingerichtet hat, die damit beauf-
dazu Stellung nehmen. tragt ist, diese Aufblähung zu beseitigen. Man hat
Es wurde immer wieder gesagt - das wurde einen der namhaftesten und klügsten Politiker
beispielsweise auch von Herrn Dr. Lenz und von damit betraut, wieder den einfachen Weg zu finden.
Herrn Dr. Eckhardt angeführt —, wir werden in Das ganze Volk hat genug von dem Papierkrieg.
diesem Sommer im Haushaltsausschuß in einer Ich bin in meiner Heimatgemeinde Bürgermeister
Sommerarbeit einmal feststellen, ob man nicht die und weiß, wie sich der Papierkrieg im Laufe der
Verwaltungen wieder etwas vereinfachen kann. Zeit ausgeweitet hat. Das Volk möchte jetzt wie-
Wir wollen uns Ministerium für Ministerium vor- der zu vereinfachten Verwaltungen kommen. Des-
nehmen; das wird eine sehr erfreuliche Arbeit halb bitte ich, die beiden Anträge abzulehnen. Da-
sein. bei will ich nur noch mit ein paar Sätzen auf den
(Abg. Mellies: Hoffentlich!) Antrag Umdruck 99 zu sprechen kommen. Ich weiß,
— Ob viel dabei herauskommen wird, Herr Mel- daß jetzt für alle Abgeordneten Unterkunftsmög-
lies, glaube ich noch nicht. Aber ich muß Ihnen lichkeiten gegeben sind. Ich kann nicht einsehen,
doch eines sagen. Der Ruf nach dem Rechnungshof daß wieder Baupläne nötig sind.
scheint mir völlig falsch zu sein; denn alle Stellen, (Zustimmung in der Mitte.)
die bis jetzt eingerichtet wurden, wurden mit der Die Mehrzahl der Mitglieder dieses Hohen Hauses
Mehrheit der Stimmen dieses Hohen Hauses ein- kennt meine Einstellung hierzu. Ich bin der Mei-
gerichtet. Im Haushaltsausschuß ist über jede nung, daß das genügen muß, was wir jetzt haben.
Stelle beraten worden. Die Meinungen sind ge- Wir haben die erforderlichen Sitzungs- und
teilt gewesen; aber schließlich ist für alle Stellen Arbeitsräume für die Abgeordneten. Sie reichen
in den Ministerien, die wir geschaffen haben, eine auch für die Zukunft.
Mehrheit vorhanden gewesen. Sie hier in diesem (Abg. Dr. Reif: Mit wie vielen Kollegen
Hohen Hause haben auch zugestimmt. In unserem sitzen Sie in einem Zimmer?!)
eigenen Hause beispielsweise haben wir seit 1949
— Mit dreien sitze ich in einem Zimmer. Das ist
die Zahl der Beamten und Angestellten jedes Jahr aber ein sehr großer und schöner Raum.
um ungefähr 60 erhöht. Ich habe zwar keine Ur-
sache, an der Arbeit unserer Angestellten und Be- (Lachen und Zurufe.)
amten Kritik zu üben, denn auch ich weiß ganz Ich meine, wir sollten wegen dieser Baupläne nicht
genau, was die Angestellten und Beamten auf Einzelheiten eingehen. Im Haushaltsausschuß
beispielsweise in unserem Haushaltsausschuß zu kann man besser darüber sprechen. Ich halte es
leisten haben. Ich möchte aber doch die Frage auf- nicht für richtig, in aller Öffentlichkeit in eine
werfen: Wodurch ist diese Vergrößerung herbei- eingehende Aussprache über diese Fragen einzu-
geführt worden? Sie ist nicht etwa entstanden, weil treten. Eines muß ich Ihnen aber erklären, daß ein
unser Präsident den Ehrgeiz hatte, eine große Ver- großer Kreis von Abgeordneten sagte: „Jetzt
waltung zu haben, sondern einzig und allein wegen kommt die Probe aufs Exempel. Bis hierher und
unserer Ansprüche. Wir Abgeordneten sind es ge- nicht weiter."
wesen, die für diese und jene Einrichtung immer (Sehr richtig! in der Mitte.)
wieder eine weitere Ausstattung, wie es so heißt, Durch die Vergrößerung der Abgeordnetenzahl —
gewünscht haben. Heute haben wir einen Personal- gegen die ich gewesen bin! — haben wir sehr hohe
bestand von weit über 700. Wenn der Parlaments- Ausgaben für Bauten gehabt.
dienst eingerichtet wird, sind die 250 000 DM nur
ein erster Anfang. Es wird eine Kette ohne Ende. (Zurufe rechts.)
Im nächsten Haushaltsplan werden wir dann sicher Meine Damen und Herren, machen Sie jetzt Schluß
60 neue Stellen finden. Damit wäre die gleiche mit den Bauplänen! Es wurde vorhin von der
1236 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Brese)
Krisis der Demokratie gesprochen, — gehen Sie werden. Obwohl das im Augenblick nicht zur Sache
in Ihre Versammlungen und hören Sie sich einmal gehört, möchte ich doch dazu einige Worte sagen.
an, was in der Diskussion gesagt wird! Das Volk Dieses . Vorlegen von Gesetzentwürfen von
möchte unter keinen Umständen eine weitere Auf- Verbänden oder Vereinigungen ist keineswegs
blähung der Bürokratie und Schluß mit den Ver- immer Dienst am Parlament und geschieht nicht
waltungsbauten. Da liegt die Krisis der Demokra- aus purer Nächstenliebe, sondern sehr häufig aus
tie. Deshalb bitte ich darum, daß die beiden An- ganz, ganz anderen Gesichtspunkten. Es erfolgt
träge unserer Koalitionspartei, der FDP, abge- bestimmt nicht, um die Arbeit des Parlaments zu
lehnt werden. vereinfachen oder den Parlamentariern zu helfen.
(Beifall bei , der CDU/CSU.) Ich glaube, das dürfen wir hier nicht als Beispiel
für die Notwendigkeit des parlamentarischen Hilfs-
Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat Frau dienstes hereinziehen.
Abgeordnete Rösch. Ich empfehle Ihnen also, wie schon zu Beginn
(Abg. D. Dr. Ehlers: Ich hatte mich vorher gesagt, die beiden Anträge dem Haushaltsausschuß
gemeldet!) zur Mitberatung beim Haushalt 1955 zu überwei-
sen und davon abzusehen, noch für den Haushalt
Frau Rösch (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine 1954 die Einsetzung der Beträge zu verlangen.
Herren und Damen! Ich möchte zwar ungefähr (Beifall bei der CDU/CSU.)
dasselbe sagen wie mein Kollege Brese;
(Heiterkeit) Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der
aber als Vorstandsmitglied des Bundestags und zu- Abgeordnete Dr. Ehlers.
gleich als Mitglied des Haushaltsausschusses glaube D. Dr. Ehlers (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine
ich in dieser Materie doch besser bewandert zu Damen und Herren! Ich möchte nur zur Klarstel-
sein. Deshalb möchte ich Ihnen empfehlen, heute lung einige Dinge sagen, damit wir wissen, worum
nicht in eine heiße Diskussion pro oder contra diese es sich handelt.
beiden Anträge einzutreten, sondern sie, wenn-
gleich nicht zur Berücksichtigung im Haushalt Herr Kollege Reif hat zur Begründung des An-
1954, doch zur Prüfung für den Haushalt 1955 dem trages — 2 Millionen DM für einen Erweiterungs-
Haushaltsausschuß zu überweisen. bau zur Schaffung von Räumen für Abgeordnete
— davon gesprochen, daß man die Abgeordneten
Der Vorstand des Bundestags bzw. die Raum- offenbar nach Möglichkeit nicht arbeiten lassen
kommission hat erst gestern die Raumverteilung wolle und daß man bei der Verteilung kameralisti-
abgeschlossen. Jetzt muß sich zunächst einmal er- sche Vorstellungen habe, indem man in einem Zim-
weisen, wie die Dinge laufen. Wenn es sich im mer mehrere Abgeordnete, und zwar nach Qua-
Verlaufe dieses Jahres dann herausstellen sollte, dratmetern, unterbringe. Ich darf Sie freundlichst
daß tatsächlich einige oder gar mehrere Abgeord- daran erinnern, daß wir, seit wir hier zusammen-
nete ungenügend und unzureichend untergebracht getreten sind, das von ihm architektonisch etwas
sind, wären der Vorstand des Bundestags und angezweifelte, von mir auch nicht gerade als die
die Verwaltung durchaus in der Lage, Abhilfe zu Höchstleistung der deutschen Architektur ange-
schaffen. Die Arbeitsfähigkeit des Parlaments geht sehene, aber durch mancherlei Bedingtheiten so ge-
ja wirklich allem anderem vor. wordene Abgeordnetenhochhaus errichtet haben,
(Sehr richtig! bei der FDP.) daß wir weiterhin jetzt den Fraktionsflügel ange-
Aber, wie gesagt, zunächst einmal muß nachge- baut haben und daß wir durch beide Bauten er-
prüft werden, ob die Arbeitsfähigkeit des Parla- heblichen Raum für die Fraktionen und für die Ab-
ments durch die augenblickliche Raumverteilung geordneten gewonnen haben. Sie wollen sich
wirklich noch beeinträchtigt ist. freundlichst daran erinnern, daß wir vor vier Jah-
ren außer für die Mitglieder der Fraktionsvorstände
Zum Antrag Umdruck 100 wollte ich Ihnen nur und die Ausschußvorsitzenden überhaupt keinen
sagen, daß der Vorstand des Bundestags sich schon Abgeordnetenraum und keinen Platz für die Ar-
mehrfach mit der Einrichtung beschäftigt hat, über beit der Abgeordneten gehabt haben.
die Herr Kollege Mende so lobend aus Amerika (Sehr richtig! in der Mitte.)
berichtet hat. Wir haben zwar nicht die Absicht,
einen gleichen parlamentarischen Hilfsdienst hier Wir sind immerhin heute so weit, daß wir in einer
aufzubauen. Aber beim Einzelplan 02 haben wir einigermaßen angemessenen Verteilung — für de-
mehrere Stellen zur Erweiterung der Abteilung III, ren Schwierigkeit eigentlich nur die Raumkommis-
der wissenschaftlichen Abteilung des Bundestags, sion des Vorstandes ein echtes Verständnis haben
vorgeschlagen, und Sie waren so freundlich, diese kann, da sie sich immer wieder damit herumge-
Stellen in der zweiten Lesung auch zu bewilligen. schlagen hat - wenigstens für jeden Abgeordne-
Die Abteilung III, die wir weiter ausbauen, will ten einen Arbeitsplatz haben. Daß das nicht luxu-
den Abgeordneten bei ihrer Arbeit zur Seite ste- riös ist, daß wir uns in dieser Verteilung der Ar-
hen. Ich habe den Eindruck, daß sehr viele Abge- beitsplätze von den Vorstellungen der Ministerien
ordnete noch nicht einmal wissen, wie viele Hilfe in bezug auf die Aufteilung der Arbeitsplätze für
und welchen Rat sie immer bekommen können, die höheren und mittleren Beamten wesentlich un-
wenn sie sich an die wissenschaftliche Abteilung terscheiden, wissen wir alle; und daß das wahr-
wenden. Ich bitte das Hohe Haus darum, sich ein- scheinlich kein überzeugender Gesichtspunkt ist,
mal recht eifrig davon zu überzeugen, ob die Ab- wissen wir auch. Aber, meine verehrten Damen
teilung III, ob der wissenschaftliche Dienst so, wie und Herren, ich habe sowohl aus den Beratungen
er jetzt besteht und im Haushalt 1954 beschlossen des Haushaltsausschusses als auch aus den Bera-
ist, wirklich in der Lage ist, Ihnen zu helfen. tungen des Vorstandes jedesmal die Mahnung mit-
genommen, daß der Bundestag sich in der Gestal-
In diesem Zusammenhang wurde auch davon tung seiner Bauten so zurückhaltend und beschei-
gesprochen, daß sogar Verbände Gesetzentwürfe den wie möglich benehmen sollte. Das war nicht
erarbeiten, die dann von Abgeordneten eingereicht meine Überzeugung, sondern das ist die geschlos-
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(D. Dr. Ehlers)
sene Überzeugung dieses ganzen Hauses gewesen. Die Frau Kollegin Rösch hat mit Recht gebeten,
Ich darf meine eigene Meinung noch dahin präzi- diesen Hilfsdienst zu benutzen. Ich habe mir vor
sieren, daß wir es sehr schwer haben, bestimmten wenigen Wochen einen Überblick über die Inan
an uns herantretenden Anforderungen zu wider- spruchnahme dieses Dienstes durch die Abgeord
sprechen, wenn wir in der Gestaltung unserer eige- neten und die Fraktionen verschafft und habe
nen Arbeitsverhältnisse, auch in der Schlichtheit dabei festgestellt, daß die an diesen Dienst her
der Gestaltung nicht vorbildlich sind. angetragenen Aufgaben mit den augenblicklichen
(Beifall in der Mitte.) Kräften bewältigt werden können. Es war, wenn
Für diesen Antrag ist tatsächlich eine architek- ich mich recht erinnere, Frau Kollegin Hubert, die
tonische und kostenmäßige Grundlage überhaupt gerade durch einen Zwischenruf eine sehr positive
noch nicht vorhanden. Die Bundesbaudirektion, um Äußerung über diese Arbeit abgab. Dann scheint
das einmal zu erwähnen, hat die Frage, ob man mir ja der Bedarf im Augenblick gedeckt zu sein.
den Südflügel noch einmal aufstocken könne, er- (Sehr richtig! in der Mitte.)
wogen — das ist offenbar die letzte bauliche Mög- Ich würde darum ebenfalls die Bitte haben — nicht
lichkeit, die wir in diesem Komplex überhaupt um zu sagen, wir brauchten keine größere Unter-
noch haben —, diesen Gedanken aber nicht zu stützung der parlamentarischen Arbeit, obwohl ich
Ende geführt. Ich möchte darum auch vorschlagen, der Meinung bin, Herr Kollege Mende, es läßt
diesen Antrag dem Haushaltsausschuß nicht zur sich eine Parallele zwischen Deutschland und Ame-
Berücksichtigung, sondern zur Bera- rika in dieser Frage nicht ziehen,
tung beim Haushalt 1955 zu überweisen. Er mag (Sehr richtig! in der Mitte)
dann prüfen, was er für nötig hält; und der Vor-
stand des Bundestages wird dazu auch noch seine sondern, um diese Dinge wirklich im einzelnen
Meinung zu sagen haben. arbeitsmäßig und personell zu prüfen; denn es pas-
siert doch vorher, insbesondere im Laufe dieses
Das zweite ist der Antrag des Herrn Kollegen Sommers, nichts —, daß man auch diesen Antrag
Mende. Es steht ja nicht so, Herr Kollege Mende, dem Haushaltsausschuß zur Beratung beim Haus-
daß wir uns über diese Dinge keine Gedanken ge- halt 1955 überweist.
macht haben. Sie erinnern sich, meine sehr ver- (Beifall in der Mitte.)
ehrten Damen und Herren, soweit Sie dem 1. Bun-
destag angehört haben, daran, daß vor etwa drei Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der
Jahren, als einige Abgeordnete aus Amerika zu- Abgeordnete Dr. Menzel.
rückgekommen waren, ein sehr starker Impuls für Dr. Menzel (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
die Einrichtung eines Gesetzgebungshilfsdienstes und Herren! Ich will mich auf einige Worte zu
entstand. Ich erinnere mich, wie wahrscheinlich dem Umdruck 99 beschränken. Zu dem Antrag
auch Sie, daran, daß das erste, was wir davon ge- Umdruck 100 über die Einstellung wissenschaft-
sehen haben, ein Stellenplan war, an dessen Spitze licher Referenten wird unser Kollege Mommer
eine B 4-Stelle stand und der einen erheblichen sprechen, weil er schon im 1. Bundestag in dieser
Apparat enthielt. Wir haben damals in größerer Richtung einen Vorstoß unternommen hat. Wir
Mehrheit, wenn ich mich recht erinnere, diesen Ge- sind damals an dem Widerstand der Mehrheit
danken nicht verfolgt. Wir haben ihn immer wie- -
dieses Hauses gescheitert, wir sind jedoch froh über
der bei Haushaltsberatungen aufgegriffen und ha- jeden reuigen Sünder und über jeden verlorenen
ben dort jedesmal zum Ausdruck gebracht, daß Sohn, der zurückkehrt.
man die sogenannte Wissenschaftliche Abteilung,
das, was man zum Mißvergnügen des Herrn Kol- Nun einige Worte zum Umdruck 99 *), worin be-
legen Professor Gülich bei uns Bibliothek und Ar- antragt wird, 2 Millionen DM für einen Erweite-
chiv nennt, entsprechend dem tatsächlichen Bedarf rungsbau des Bundestages bereitzustellen. Die
weiter aufbaut, d. h. das Personal, das um der an- erste Frage, die auftaucht, wenn man diesen An-
fallenden Arbeit willen nötig ist, einstellt. Es ist trag liest, ist natürlich: Wo wollen wir eigentlich
darauf hinzuweisen, daß dem Vorschlag, den der noch bauen? Ich sehe kein Gelände, das frei ist,
Vorstand des Bundestages gemacht hat, im Haus- und wie wir hören, ist auch eine Aufstockung
haltsausschuß nicht in vollem Umfange entspro- nicht möglich. Ich glaube außerdem, die Arbeit im
chen worden ist, sondern daß in dieser Abteilung Bundeshaus erfordert es, daß wir endlich einmal
gerade in diesem Haushaltsjahr in der zweiten Be- von der ewigen Unruhe des Bauens loskommen.
-
ratung eine 6b-Stelle, eine A2b-Stelle, eine A2c2 Wir sollten erst einmal die Beendigung der jetzigen
Stelle, eine TOA IV-Stelle usw. nicht bewilligt oder Bauten abwarten, uns dann einen generellen Über-
gestrichen worden sind. Das heißt also, wir waren blick über das, was an Raum zur Verfügung steht,
in der zweiten Beratung offenbar der Meinung, und über den Bedarf, der ansteht, verschaffen. Es
daß hier an einigen Stellen nicht benötigte Kräfte wird keinen Abgeordneten dieses Hauses geben,
erfordert worden sind. Dann scheint es mir aber der, wenn wirklich ein dringender Bedarf vorliegt,
ein etwas schwieriges Verfahren zu sein, nun in nicht bereit wäre, daraus die notwendigen Konse-
der dritten Beratung summarisch einen Betrag von quenzen zu ziehen.
einer Viertelmillion einzusetzen, der für 20 TOA II- Aber, Herr Kollege Brese, ich glaube, Sie dra-
Kräfte reicht. Meine Damen und Herren, ich ver- matisieren die Dinge, wenn Sie bei der Frage der
mag nicht zu übersehen, an welcher Stelle das ein- Beschaffung ordnungsmäßiger Arbeitsplätze und
zusetzen ist. Der Haushaltsausschuß hat sich so Arbeitsmöglichkeiten für die Bundestagsabgeord-
viel Mühe gegeben, jede einzelne Position eines neten von einer Krise der Demokratie sprechen.
Stellenplans bis zu den TOB-Stellen durchzuprü- Das scheint mir weit über das Ziel hinauszugehen.
fen, daß ich es nicht für möglich halte, zu sagen: (Beifall bei der SPD.)
Hier werden summarisch etwa 20 TOA II-Stellen
bewilligt. Dazu käme noch, daß wir dann erst über Herr Kollege Brese, dann, glaube ich, wäre es
die Arbeit, die Aufgliederung und den Arbeitsan- notwendiger, daß Sie den gleichen Maßstab bei
fall im klaren sein müßten. den Bauten der so teuren Ministerien in der
(Zuruf von der Mitte: Und die Räume!) *) Siehe Anlage 3 Seite 1272 B.
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(Dr. Menzel)
Koblenzer Straße anlegen, die jedem Staatsbürger man von Anfang an Arbeitsräume, vielleicht sogar
sichtbar sind. Arbeitskräfte aus allgemeinen Mitteln zur Verfü-
(Beifall bei der SPD und FDP.) gung gestellt und dafür die Diätenfrage beschei-
dener geregelt, ich glaube, das hätte im Volk mehr
Denn, Herr Kollege Brese, die Demokratie wird
Verständnis gefunden als die jetzige Regelung. Ich
nicht dadurch gefährdet, daß die Abgeordneten glaube nicht, daß der deutsche Wähler so töricht
des Bundestages einen ausreichenden Arbeitsplatz
bekommen. Sie wird sicher viel eher dadurch ge- ist, daß er wünscht, jemanden ins Parlament zu
wählen, dem dann aus äußerlichen Gründen die-
fährdet, jenigen Arbeitsbedingungen versagt werden, die
(Abg. Brese: Durch die großen Ver man in der Verwaltung dem einfachsten Sachbe-
waltungsbauten!) arbeiter zubilligt.
daß die Bürokratie zuviel Arbeits- und Büro- (Beifall bei der FDP.)
räume hat.
Wir sind mit der Überweisung des Antrags an Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der
den Haushaltsausschuß für die Beratung des Haus- Abgeordnete Dr. Mommer.
haltsplans 1955 einverstanden. Dr. Mommer (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion hat
Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der Ab-
sich schon im 1. Bundestag darum bemüht, für
geordnete Dr. Reif. uns, für die Abgeordneten einen kleinen Bruchteil
der Fachkräfte und wissenschaftlichen Mitarbeiter
Dr. Reif (FDP): Herr Präsident! Meine Damen einzustellen, die wir Jahr für Jahr der Verwal-
und Herren! Ich möchte für meine Freunde die Er- tung bewilligen. Leider ist man uns damals nicht
klärung abgeben, daß wir mit der Überweisung gefolgt; sonst könnten wir auf dem Gebiet schon
des Umdrucks 99 an den Haushaltsausschuß ein- sehr viel weiter sein. Auch bei der zweiten Bera-
verstanden sind, weil schließlich die Zeit, die ge- tung des Haushalts hat mein Fraktionskollege
braucht würde, selbst wenn rein haushaltsmäßig Professor Gülich zu diesem Thema gesprochen und
heute eine Beschlußfassung zustande käme, sich Gedanken darüber entwickelt, wie ein solcher wis-
wahrscheinlich nicht sehr unterscheiden würde von senschaftlicher Dienst aufgebaut werden könnte.
der Zeit, die wir riskieren, wenn wir die Dinge
dem Haushaltsausschuß zur Beratung für den Ich glaube, es ist nicht zweckmäßig, sich hier im
Haushaltsvoranschlag 1955 übergeben. Plenum darüber zu streiten, ob man warten muß,
bis der vorhandene Dienst überlastet ist, und sich
Ich möchte mich entschieden gegen Äußerungen dann erst entschließt, eine Kraft mehr einzustellen,
wenden, wie sie hier von Herrn Kollegen Brese oder ob es richtiger ist, die Abgeordneten sozu-
und auch vom Herrn Präsidenten gemacht worden sagen aufzufordern, mehr und besser zu arbeiten,
sind. Niemand von uns hat die Absicht, dem Hause indem man zusätzlich qualifizierte Kräfte einstellt
zu empfehlen, luxuriöse Einrichtungen zu schaffen. und dann darauf rechnet, daß sie auch in Anspruch
Der Herr Präsident selber hat darauf hingewiesen, genommen werden. Aus eigener Erfahrung kann
daß wir nicht das Selbstbewußtsein haben, uns ich den vorhandenen Dienst der Abteilung III nur
etwa mit einer Sekretärin in einem Ministerium loben. Aber die Leistungsfähigkeit ist doch - im
oder mit einem Herrn Oberbaurat in der Bundes- wesentlichen auf das Beschaffen von Dokumenten
baudirektion zu vergleichen. So hochmütig sind wir und Unterlagen begrenzt. Wenn Sie zu Ihrer Ar-
nicht. Das, worum es geht, ist der bescheidene Ar- beit einmal mehr brauchen, etwa schon eine ge-
beitsplatz, an dem ein Mitglied einer gesetzge- wisse Vorauswahl dieser Dokumente und eine Vor-
benden Körperschaft in Ruhe arbeiten kann, auch bearbeitung eines Problems, dann ist unser Dienst
dann, wenn der Abgeordnete die Einrichtungen nicht in der Lage, das zu tun; und gerade das ist
des Hauses benutzt, und erst recht dann, wenn er die Funktion, die dieser Dienst etwa in den Ver-
die wissenschaftlichen Einrichtungen benutzt, wo- einigten Staaten hat.
bei es ihm auch einmal möglich sein muß, mit
einem Besucher ein Gespräch zu führen, ohne Lassen Sie mich ein Wort zu dem Vergleich zwi-
immer gezwungen zu sein, das im Restaurant, im schen hier und drüben sagen. Man kann nun ein-
großen Fraktionszimmer oder auf dem Korridor zu mal hier wie drüben mit Hilfe einiger qualifizier-
tun. Der Herr Präsident hat mit Recht darauf hin- ter Kräfte mehr und besser arbeiten, als wenn man
gewiesen, daß wir — was ich schon gesagt hatte — diese Hilfe nicht hat. Dieses einfache Prinzip gilt
hier wie in Amerika. In Amerika ist man reicher,
zweieinhalb Jahre lang ohne Arbeitszimmer aus-
gekommen sind, was aber durchaus nicht etwa ein gewiß! Aber wie dort drüben die Verwaltungs-
Vorzug dieses Hauses war, sondern eben der Sach- bürokratie unendlich viel größer ist als die unsrige,
verhalt, der mich zu der Frage veranlaßte, wie so wird sicher auch das, was wir hier an einem sol-
chen wissenschaftlichen Hilfsdienst aufbauen könn-
denn überhaupt die Einrichtung dieses Hauses ten, niemals die Proportionen erreichen können
seinerzeit zustande gekommen ist. Da bleibe ich bei und soll sie nach unserem gemeinsamen Willen
meiner Auffassung, daß Persönlichkeiten maßge- auch nicht erreichen, die dieser Dienst drüben in
bend waren, die vom Parlamentsbetrieb entweder Amerika hat.
nichts verstanden oder nichts verstehen wollten.
Ob man überhaupt in dieser Richtung etwas tut,
Ganz entschieden möchte ich auch den Hinweis und zwar im Sinne des wirklichen Organisierens,
auf die Krise der Demokratie zurückweisen. Wir Herr Präsident — was meines Erachtens heißt,
wissen alle, zu welchen Äußerungen gelegentlich auch hervorrufen, was man will, und nicht nur
eine Diskussion über die Diätenerhöhung geführt warten, bis das Bedürfnis selbst sich allgemein und
hat. Ich glaube, es besteht ein Unterschied zwischen unwiderstehlich geltend macht,
der gefühlsmäßigen Behandlung der Diätenfrage
in unserer Bevölkerung und der Beurteilung des (Abg. D. Dr. Ehlers: Das haben wir auch
Anspruchs eines Mitgliedes dieses Hauses auf ge- nicht gemacht!)
ordnete Arbeitsbedingungen. Hätte man von An- sondern auch sein Aufkommen begünstigen und es
fang an einen anderen Weg eingeschlagen, hätte erleichtern, daß die Abgeordneten sich so verhal-
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(Dr. Mommer)
ten, wie die Minister es ihrer Verwaltung gegen- für den kommenden Haushalt überwiesen haben
über tun, indem sie nämlich diese Verwaltung ein- möchte, ist es, den Herrn Präsidenten Dr. Ehlers
schalten, um ihre politischen Ziele zu verfolgen —, in seinem ständigen Bemühen zu unterstützen, dem
ob man das also bewilligt oder nicht bewilligt, ob Parlament jene Geltung zu verschaffen, auf die
man dem Herrn Bundesfinanzminister folgt, der es einen Anspruch hat. Ich glaube also, Herr Kol-
einen Referentenstab nur bei der Verwaltung sehen lege Brese, es kann nicht davon geredet werden,
möchte, das ist, glaube ich, eine Frage der Selbst- daß wir hier eine neue Bürokratie schaffen wollten
einschätzung des Parlaments. Wir sollten damit oder daß wir das amerikanische System kritiklos
aufhören, solche Fachkräfte nur der Verwaltung übernehmen wollten. Herr Kollege Mommer hat
zu bewilligen, für uns selbst uns aber mit unzu- schon davon gesprochen; es kommt darauf an, aus
länglichen Hilfsmitteln zu begnügen. dem amerikanischen System das unseren Verhält-
nissen Gemäße zu übernehmen.
Wir sind damit einverstanden, daß dieser An-
trag im Haushaltsausschuß eingehender beraten (Abg. Dr. Mommer: Richtig!)
wird. Art. 76, Herr Finanzminister, steht nun einmal in
unserer Verfassung, und niemand kann doch leug-
Ich darf dann einige Sätze zu dem Antrag der nen, daß das Initiativrecht zu 90 % heute bei der
sozialdemokratischen Fraktion auf Umdruck 95*) Exekutive liegt, das Initiativrecht des Parlaments
sagen, mit dem das Präsidium des Bundestages be-
jedoch verkümmert. Hier wollen wir eine Ände-
auftragt werden soll, die Voraussetzungen zu rung schaffen.
schaffen, daß die wörtlichen Berichte der Bundes-
tagsverhandlungen am Morgen nach den Beratun- Herr Kollege Gülich sprach von den „simples
gen gedruckt vorliegen. Vielleicht hat jeder im terrificateurs". Ich darf das Wort wieder richtig-
Hause es schon schmerzlich vermißt, daß der Text stellen und von den „terribles simplificateurs"
unserer Beratungen erst am dritten Tage gedruckt sprechen, von den schrecklichen Vereinfachern, die
vorliegt. In modernen Parlamenten, wie in in unserem Antrag etwa die Vermehrung der
Washington, in London und in Paris, liegt am an- Bürokratie des Bundestages sehen wollen. Meine
deren Morgen früh der gedruckte Bericht vor, Damen und Herren, es kommt darauf an, zu spa-
gleichviel, wie spät die Sitzung zu Ende gegangen ren, aber am richtigen Ort und nicht dort, wo dann
ist. Meine Damen und Herren, was man da kann, in diese Bresche andere einspringen. Ich sehe,
muß man auch hier können. Es handelt sich hier Herr Kollege Brese, die Krise der deutschen De-
nicht um eine Kritik an unserem Stenographischen mokratie und des deutschen Parlamentslebens
Dienst. Im Gegenteil, hier ist vielleicht die Gele- darin, daß vorparlamentarische Kräfte hier hinein-
genheit, unseren Stenographen einmal für ihre drängen und Gesetzentwürfe auf dem Umweg über
großen Leistungen unseren Dank und unsere An- syndikalistische Tendenzen in das Parlament kom-
erkennung auszusprechen. men, weil wir nicht den wissenschaftlichen Appa-
(Allgemeiner Beifall.) rat haben, um sie selbst zu erarbeiten. Das ist die
Sie haben einen so schwierigen Beruf, daß es Krise der Demokratie in Deutschland.
schwer ist, in der ganzen Bundesrepublik die an- (Beifall bei der FDP. — Abg. Brese: Aber
derthalb Dutzend oder zwei Dutzend Kräfte zu ich entscheide mich unabhängig!)
-
finden, die für die Gestaltung dieses Dienstes not-
wendig sind. Wenn wir zu dem System der moder- Vizepräsident Dr. Schmid: Weitere Wortmel-
nen Parlamente, von denen ich einige nannte, dungen zu Einzelplan 02 liegen nicht vor.
übergehen wollen, dann wird es nötig sein, den
Stenographischen Dienst personell zu verstärken. Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über die
Es sind auch andere Umorganisationen in dem wei- Änderungsanträge. Ich lasse abstimmen über den
teren Verlauf der Herstellung dieser Berichte not- Antrag Umdruck 100.
wendig. Vor vier Jahren hat der Organisations (Abg. D. Dr. Ehlers: Überweisung an den
ausschuß eine eingehende Untersuchung darüber Ausschuß! — Weitere Zurufe.)
gemacht, wie es auch bei uns möglich ist, am an- - Die Antragsteller haben sich damit einverstan-
deren Morgen die Stenographischen Berichte vor- den erklärt. Wer für die Überweisung des Antrags
zulegen. Man kann das, was da erarbeitet worden Umdruck 100 an den Haushaltsausschuß ist, den
ist, zum Teil noch heute verwerten. bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —

Wenn wir den von uns beantragten Beschluß Der Antrag ist gegen eine Stimme überwiesen.
fassen und ihn recht bald in die Tat umsetzen, er- Zu Änderungsantrag Umdruck 99 der gleiche
leichtern wir uns selbst die Arbeit, die wir ja doch Antrag auf Überweisung an den Haushaltsaus-
auch nach den Sitzungen mit dem leisten müssen, schuß. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu
was hier gesagt worden ist. Ich glaube, dann wer- erheben. — Gegenprobe! — Zwei Stimmen gegen
den wir, sofern der Präsident es einmal ausnahms- die Überweisung.
weise erlauben würde, den ungeteilten Beifall der Es ist dann noch über den Entschließungsantrag
Damen und Herren auf der Pressetribüne haben, Umdruck 95 abzustimmen. Wer für die Annahme
von deren Arbeit das Echo abhängt, das unsere
dieses Antrags ist, den bitte ich um ein Hand-
Reden und Beschlüsse hier im Bundestag draußen
zeichen. - Gegenprobe! — Dieser Antrag ist ein-
im Lande haben. stimmig angenommen.
(Beifall bei der SPD.)
Wer für die Annahme des Einzelplans 02 in der
Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der dritten Lesung ist, den bitte ich, die Hand zu er-
Abgeordnete Dr. Mende. heben. — Gegenprobe! — Einstimmige Annahme.
Zu Einzelplan 03, Haushalt des Bundesrates,
Dr. Mende (FDP): Herr Präsident! Meine Damen keine Anträge.
und Herren! Der Sinn unseres Antrages, den der Einzelplan 04, Haushalt für den Geschäfts-
Herr Abgeordnete D r. Ehlers zur Beratung bereich des Bundeskanzlers und des Bundes-
*) Siehe Anlage 2 Seite 1272 A kanzleramtes.
1240 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Vizepräsident Dr. Schmid)
Hier ist über die Änderungsanträge Umdruck 74 die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das letzte
und Umdruck 73 sowie über den Entschließungs- ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
antrag Umdruck 60 zu entscheiden. Der Antrag Antrag Umdruck 73. Wer für die Annahme ist,
Umdruck 74 *) wird von der sozialdemokratischen den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe!
Fraktion gestellt; er betrifft den Titel „Zur Ver- — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist ab-
fügung des Bundeskanzlers für Förderung des gelehnt.
Informationswesens". Wer begründet diesen An-
trag? Entschließungsantrag Umdruck 60. Wer für die
Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
(Abg. Dr. Menzel: Wird nicht weiter be
gründet!) (Zurufe: Getrennte Abstimmung!)
— Der Antrag wird nicht weiter begründet. — Es ist sehr schwierig, absatzweise abzustimmen,
Sodann der Antrag Umdruck 73**), ebenfalls von weil die Entschließung nur einen Absatz hat. Zu-
der sozialdemokratischen Fraktion, Kap. 0403 nächst wird abgestimmt bis einschließlich der
Tit. 300 um 4 Millionen DM auf 6 Millionen DM zu Worte: „das amtliche Handbuch des 2. Deutschen
kürzen. Wer wird diesen Antrag begründen? Bundestages". Wer dafür ist, den bitte ich, die
Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war
(Abg. Mellies: Wird auch nicht mehr be die Mehrheit; der Entschließungsantrag ist inso-
gründet!) weit angenommen.
— Er wird auch nicht mehr begründet. Endlich der
Entschließungsantrag Umdruck 60 ***), ebenfalls Nun der Rest des Entschließungsantrags, begin-
von der sozialdemokratischen Fraktion. Wird er nend mit „2.". Wer dafür ist, den bitte ich, die
auch nicht begründet? Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres ist
die Mehrheit; insoweit ist also der Antrag ab-
(Abg. Dr. Menzel: Nein!) gelehnt, so daß der Beschluß nur noch lautet:
Ich eröffne die allgemeine Aussprache über Der Herr Bundeskanzler wird gebeten, aus
diese Anträge. Das Wort hat der Abgeordnete seinem Dispositionsfonds — Kap. 0403 Tit. 300
Dr. Lenz. — die erforderlichen Mittel bereitzustellen,
um den deutschen Volksbüchereien, insbeson-
Dr. Lenz (Godesberg) (CDU/CSU): Herr Präsi- dere in den Mittel- und Kleinstädten, das amt-
dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! liche Handbuch des 2. Deutschen Bundestages
Die SPD hat den Antrag Umdruck 60 ***) gestellt, zur Verfügung zu stellen"
das amtliche Handbuch des zweiten Deutschen Bun- usw.
destages und ferner die Stenographischen Berichte
des Deutschen Bundestages den deutschen Volks- Einzelplan 04 in der nunmehrigen Fassung. Wer
büchereien laufend gratis zur Verfügung zu stellen. für die Annahme ist, den bitte ich um ein Hand-
Wir sind auch sehr dafür, daß über die Tätigkeit zeichen. - Gegenprobe! — Das erste war die Mehr-
des Bundestages und seiner Abgeordneten in wei- heit; der Einzelplan ist angenommen.
testem Umfang eine gute Orientierung gegeben Einzelplan 05, Haushalt für den Geschäfts-
wird. Auch die Zurverfügungstellung des amtlichen bereich des Auswärtigen Amts.
Handbuchs kann hierzu beitragen. Wir glauben -
aber nicht, daß sie lediglich auf die Volksbüche- Hierzu liegen die Entschließungsanträge Umdruck
reien beschränkt werden sollte. Ich möchte aller- 24*) und Umdruck 25**) vor. Wer begründet?
dings darauf hinweisen, daß allein für die Volks- (Abg. Mellies: Ohne Begründung!)
büchereien ein Betrag von ca. 140 000 DM erfor- — Beide ohne Begründung. Wird das Wort dazu
derlich wäre. Wir sind jedoch bereit, Punkt 1 des verlangt? — Das ist nicht der Fall.
Antrags in der Form zuzustimmen, daß die Bun-
desregierung ersucht wird. die erforderlichen Mittel Ich lasse abstimmen, zunächst über Umdruck 24.
zur Verfügung zu stellen, um eine angemessene Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand
Verbreitung des Handbuchs des Bundestages bei zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
allen interessierten Stellen zu ermöglichen. Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist ab-
Zu Punkt 2 möchte ich bemerken, daß die lau- gelehnt.
fende Versendung der Stenographischen Berichte Umdruck 25. Wer für die Annahme ist, den bitte
des Bundestages an alle Volksbüchereien uns kein ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das
geeigneter Weg zu sein scheint, um eine Aufklä- letzte war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
rung über die Arbeit des Bundestages zu schaffen,
ganz abgesehen davon, daß die Kosten hierfür Nun lasse ich abstimmen über den Einzelplan 05
sich auf etwa 450 000 DM belaufen würden. Ich selbst. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die
würde es für besser halten, wenn etwa „Das Parla- Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war
ment", das ja zur Unterrichtung über die Tätig- die Mehrheit; Einzelplan 05 ist angenommen.
keit des Bundestages geschaffen worden ist, diesen Einzelplan 06, Haushalt für den Geschäfts
Stellen zur Verfügung gestellt würde. Wir bitten bereich des Bundesministers des Innern.
deshalb, den Punkt 2 abzulehnen, und beantragen
getrennte Abstimmung. Hier ist über die Änderungsanträge Umdrucke
75 und 76 sowie über den Entschließungsantrag
Vizepräsident Dr. Schmid: Weitere Wortmel- zu Drucksache 356 Ziffern 1 und 2 zu bescheiden.
dungen liegen nicht vor. Wer begründet die Änderungsanträge?
Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zu- (Abg. Maier [Freiburg]: Umdruck 76!)
nächst abstimmen über den Änderungsantrag Um- — Das Wort hat der Abgeordnete Fritz Maier!
druck 74. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, *) Siehe Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der
*) Siehe Anlage 6 Seite 1275 23. Sitzung Seite 844 A.
**) Siehe Anlage 5 Seite 1274 **) Siehe Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der
***) Siehe Anlage 7 Seite 1276 23. Sitzung Seite 844 B.
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1241

Maier (Freiburg) (SPD): Herr Präsident! Meine daß in einem zukünftigen Kriege auch andere
Damen und Herren! Die öffentliche Diskussion Waffen als H-Bomben zur Anwendung kommen
über die bei Atomversuchen festgestellte Wirkung würden; und für diese Waffen gibt es tatsächlich
der neu entwickelten H-Bomben hat in der gesam- wirksame Schutzeinrichtungen, die erprobt sind.
ten Weltöffentlichkeit Angst und Panik hervorge- Der Herr Bundesminister hat dem Hohen Hause
rufen. Die Tatsache, daß eine einzige Bombe einen in seiner Etatrede mitgeteilt, daß er im Anschluß
Wirkungsbereich von 1000 Meilen und darüber hat, an eine Studienreise seiner Luftschutzexperten in
führte mancherorts zu einer defaitistischen Stim- die Vereinigten Staaten einen Luftschutzplan
mung, in der alle Schutzmaßnahmen als wirkungs- vorlegen werde, der es möglich machen soll, die
los bezeichnet und deshalb als überflüssig abge- Bundesrepublik in Sachen Luftschutz in einigen
lehnt werden. So haben beispielsweise die Stadt- Jahren auf den Stand zu bringen, wie ihn andere
väter der im 2. Weltkrieg so sehr heimgesuchten europäische Staaten heute schon haben. Meine Frak-
Stadt Coventry beschlossen, den zivilen Luftschutz tion ist, wie ich schon bei der zweiten Lesung aus-
aus ihrem Aufgabenbereich zu streichen. Prompt führte, der Meinung, daß bei der Ausführung des
antworteten britische Regierungsstellen, wissen- für das laufende Haushaltsjahr vorgesehenen
schaftliche Versuche hätten erwiesen, daß es tat- Wohnungsbauprogramms gewonnene Erkenntnisse
sächlich recht wirksame Schutz- und Abwehrein- auf dem Gebiete des Schutzraumbaues in den zu
richtungen selbst gegen Atomwaffen gebe, und bauenden Wohnhäusern schon berücksichtigt wer-
ordneten an, daß die Stadtverwaltung ihre An- den sollten. Dazu bedarf es aber größerer Mittel,
strengungen auf dem Gebiet des zivilen Bevölke- als sie der diesjährige Haushalt vorsieht. Wir
rungsschutzes weiterzuführen habe. haben schon bei der zweiten Lesung des Einzel-
Auch in der Bundesrepublik gibt es weite Be- plans 06 einen Antrag auf Erhöhung des Kapitels
völkerungskreise, die alle Luftschutzmaßnahmen Luftschutz um 1 Milliarde DM gestellt und Ihnen
als sinnlos ablehnen. Sie sehen sogar jede Initia- auch den entsprechenden Deckungsvorschlag ge-
tive auf dem Gebiete des passiven Luftschutzes macht, den heute mein Freund Professor Gülich
als Mittel zur Erzeugung einer Kriegspsychose an. wiederholt hat. Ich bin überzeugt, nach der letzten
außenpolitischen Debatte besteht keine Meinungs-
Wie aus einem Pressebericht am Ende des ver- verschiedenheit mehr darüber, daß der Wehr-
gangenen Jahres hervorgeht, hat eine vom Deut- beitrag für die ersten sechs Monate des neuen
schen Luftschutzverband angeregte Umfrage Haushaltsjahrs nicht mehr beansprucht wird. Das
bei Eltern von Schülern einer Schule im Ruhr- aber bedeutet, daß der Herr Bundesfinanzminister
gebiet ein vernichtendes Ergebnis gezeitigt. Auf den Differenzbetrag zwischen Besatzungskosten
einem Zettel sollten die Eltern vermerken, wie sie und Wehrbeitrag mindestens für ein halbes Jahr
zum modernen Luftschutz stehen. Fast alle Ant- für den von uns geforderten Zweck verfügbar hat.
worten waren auf die Formel zurückzuführen: Wer Inzwischen hat er bei den neuen Verhandlungen
den Luftschutz will, der will den Krieg. Diese Ar- über die Neufestsetzung des Wehrbeitrags die
gumentation dürften alle, die sich aus Beruf, aus Möglichkeit, den Alliierten die besonders luftge-
Interesse oder als für das Schicksal ihrer Mit- fährdete Situation des deutschen Volkes darzu-
menschen Verantwortliche ernsthaft mit der Frage stellen. Vielleicht kann er sich bei dieser Unter-
des Schutzes der Zivilbevölkerung beschäftigen, haltung das gleiche Thema stellen, das der Chef
für unlogisch halten. Seit Jahren wird in den der amerikanischen Luftschutzorganisationen als
meisten Ländern der Welt an der Fortbildung von Überschrift über eine ganze Artikelserie verwen-
wirksamen Luftschutzeinrichtungen und -maß- dete: „Müssen 20 Millionen Menschen sterben?"
nahmen auf Grund der Erfahrungen aus dem
zweiten Weltkriege und der im Korea-Krieg ge- Meine Damen und Herren, Sie haben damals, in
machten Beobachtungen weitergearbeitet. der zweiten Lesung, mit der Mehrheit des Hauses
unseren Antrag, den wir heute neu in Um-
Wie der Herr Bundesinnenminister in seiner druck 76 *) vorlegen, wie alle unsere Änderungs-
Rede anläßlich der zweiten Beratung des Haus- anträge abgelehnt. Inzwischen ist in verschiedenen
halts darlegte, hat man auch in seinem Hause seit Presseäußerungen, u. a. in einem Artikel des Herrn
Jahren die Entwicklung auf dem Gebiete des Kollegen Dr. Bucerius, zum Ausdruck gekom-
Schutzes der Zivilbevölkerung nicht nur aufmerk- men, daß man auch in den Kreisen der Regierungs-
samst verfolgt, sondern ist auch dazu übergegan- parteien Bedenken gegen die rigorose Handhabung
gen, sich die Erfahrungen anderer Länder nutzbar der Ablehnungsmaschine bekommen hat. Vielleicht
machend, mit dem Aufbau eines zivilen Bevölke- haben die eindringlichen Ausführungen des Herrn
rungsschutzes zu beginnen. Bundesinnenministers gleichfalls zum Nachdenken
Welche Bedeutung die Atomwaffen in der Zu- veranlaßt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie,
kunft haben können, darüber haben sowohl der meine Damen und Herren von der Regierungs-
Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung mehrheit, nicht gewillt sind, die Verantwortung
vor einigen Wochen als auch mein Freund Ollen- für den Schutz unserer Zivilbevölkerung mit zu
hauer in seiner Rede zur Außenpolitik entspre- tragen, wo Sie doch mit der Bewilligung des Wehr-
chende Ausführungen gemacht. Aber für die- beitrags ein gewaltiges Risiko für die Bevölkerung
jenigen Kolleginnen und Kollegen unter uns, die der Bundesrepublik eingegangen sind. Deshalb
trotz der überzeugenden Darlegungen des Herrn darf ich die Erwartung aussprechen, daß Sie Ihre
Bundesinnenministers über die Notwendigkeit von in der zweiten Lesung eingenommene Haltung re-
Sofortmaßnahmen auf dem Gebiete des Luft- vidieren und heute dem von uns wieder aufgenom-
schutzes und trotz des lebhaften Echos, das durch menen Antrag Umdruck 76 Ihre Zustimmung
den Antrag meiner Fraktion auf Einsetzung einer geben.
Milliarde DM in das zuständige Kapitel des Ein- (Beifall bei der SPD.)
zelplans 06 und seine eingehende Begründung in Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat Bun-
der Öffentlichkeit ausgelöst wurde, der Meinung desinnenminister Dr. Schröder.
sein sollten, daß Luftschutz im Zeitalter der Atom-
waffen, wie man sagt, für die Katz sei, sei gesagt, *) Siehe Anlage 9 Seite 1278
1242 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Dr. Schröder, Bundesminister des Innern: Herr Dr. Deist (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol- und Herren! Der Antrag auf Umdruck 77*) ent-
lege Maier hat bereits darauf hingewiesen, daß spricht dem gleichlautenden Antrag, den wir in
ich mich in der zweiten Beratung des Haushalts der zweiten Lesung gestellt haben. Ich darf mich
zu der unbedingten Notwendigkeit der Vorberei- daher auf die Begründung beziehen, die wir im
tung des zivilen Luftschutzes bekannt und darüber Rahmen der zweiten Lesung gegeben haben, und
hinaus meiner Freude darüber Ausdruck gegeben Sie bitten, dem Antrag zuzustimmen.
habe, daß dies ein Problem ist, das innerhalb die- Wenn ich noch einmal das Wort ergreife, dann,
ses Hauses nicht streitig ist. Wie ich zuversicht- um einige zusätzliche Bemerkungen zu machen. Es
lich hoffe, werden wir bei der Bearbeitung der erscheint uns nicht uninteressant, daß der Kollege
damit zusammenhängenden Fragen volle Unter- Dr. Höck auf seine Anfrage vom März dieses Jah-
stützung von allen Seiten finden. Den Aufsatz res am 26. April 1954 eine Antwort des Herrn
meines Freundes und Kollegen Dr. Bucerius, den Bundeswirtschaftsministers bekommen hat, die
Herr Kollege Maier gerade zitiert hat, kenne ich etwa seiner Antwort in diesem Hause bei der
leider nicht; aber vielleicht ist er so freundlich, mir zweiten Lesung entsprach. Diese Antwort ist sehr
die Fundstelle zu geben. ausführlich; es sind zwei ausgeschriebene Druck-
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß seiten. Nun müssen wir feststellen, daß nach die-
die deutsche Studienkommission, von der ich da- ser Antwort des Herrn Bundeswirtschaftsministers
mals gesprochen habe, in den nächsten Tagen in die Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 98 eine
die Vereinigten Staaten reisen wird, um dort mit Entschließung einbringt, in der es heißt:
den amerikanischen Sachverständigen einen Ge- Die Bundesregierung wird ersucht, im Hin-
dankenaustausch über die Fragen des Luftschutzes blick auf die gegenwärtige Absatzlage im
durchzuführen. Die Berichte der Studienkommis- deutschen Eisenerzbergbau . . . Maßnahmen
sion werden die Grundlage dafür geben, daß un- zu erwägen, die geeignet sind, die Folgen
sere Luftschutzplanung noch einmal überprüft dieser Krise für die betroffenen Kreise zu
werden kann. Dann wird der Augenblick gekom- beheben, namentlich solche, die einen Absatz
men sein, in dem der Bundesregierung ein Luft- deutscher Erze in einer ausreichenden
schutzprogramm vorgelegt wird, und — ich wie- Menge ermöglichen.
derhole, was ich bereits damals gesagt habe — Meine Damen und Herren, es scheint mir doch
erst dann wird und kann die Bundesregierung zu wohl richtig, daraus den Schluß zu ziehen, daß
der Frage der Finanzierung des zivilen Luftschut- auch die CDU mit der Antwort des Herrn Bundes-
zes Stellung nehmen. Ich hoffe, daß ihre Vor- wirtschaftsministers, die vor acht Tagen erstattet
schläge dann die Zustimmung des ganzen Hauses worden ist, nicht ganz zufrieden ist. Der Herr Bun-
finden werden. deswirtschaftsminister hat in der zweiten Lesung
Vizepräsident Dr. Schmid: Wird Umdruck 75 gesagt, daß für die Bundesregierung schwerlich
noch begründet? — Weitere Wortmeldungen lie- eine Möglichkeit bestehe, einzugreifen. Jetzt wer-
gen nicht vor. den von Ihrer Seite Maßnahmen gefordert, die
Dann lasse ich abstimmen, zunächst über den doch verhältnismäßig weit gehen.
Änderungsantrag Umdruck 75*). Wer dafür ist, den -
Ich darf dann noch eine weitere Bemerkung da-
bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — zu anfügen. Es gibt tatsächlich Kreise, die sich
Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abge- ernsthaft bemühen, Maßnahmen herbeizuführen,
lehnt. die diese Sorge vom Eisenerzbergbau nehmen. So
Umdruck 76**)!. Wer für diesen Antrag ist, den ist der Herr Ministerpräsident des Landes Nord-
bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — rhein-Westfalen sehr eifrig auf diesem Gebiet
Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abge- tätig. Wenn ich nicht ganz falsch unterrichtet bin,
lehnt. hat er auch erreicht, daß jedenfalls bis zum Herbst
Dann lasse ich abstimmen über die Entschlie- dieses Jahres weitere einschneidende Maßnahmen
ßung — zu Drucksache 356 —, zunächst Ziffer 1. im Eisenerzbergbau nicht ergriffen werden. Es
Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. gibt also schon gewisse Möglichkeiten für die Wirt-
schaftspolitik, dann, wenn sie will, ihre Auffas-
— Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige Annahme
fest. sung durchzusetzen. Allerdings besteht da ein klei-
ner Unterschied. Im Lande Nordrhein-Westfalen
Ziffer 2 des Antrages der Drucksache zu Druck- stehen wir nämlich im Juli vor Neuwahlen, wäh-
sache 356! Wer für die Annahme ist, den bitte ich, rend wir im Bundestag nicht vor Neuwahlen
die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Ich stelle stehen.
einstimmige Annahme fest.
(Abg. Albers: Das würde der Minister
Nunmehr lasse ich abstimmen über den Haushalt präsident auch sonst getan haben!)
für den Geschäftsbereich des Bundesministers des
Innern. Wer für die Annahme des Einzelplanes 06 Mit diesen kurzen Bemerkungen möchte ich mich
ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegen- im Augenblick begnügen. Wenn die Koalition wie-
probe! — Das erste war die Mehrheit; der Einzel- derum der Auffassung sein sollte, daß sie unserem
plan ist angenommen. Antrag, 4 Millionen DM als Anpassungsbeihilfen
dem Eisenerzbergbau zur Verfügung zu stellen,
Ich rufe auf: nicht zustimmen könne, so werden wir der Ent-
Einzelplan 09 — Haushalt für den schließung Umdruck 98 die Zustimmung geben.
Geschäftsbereich des Bundesministers
für Wirtschaft. Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort zur Bericht-
Hier ist ein Änderungsantrag Umdruck 77 gestellt. erstattung über den Mündlichen Bericht des Haus-
Wird der Antrag begründet? haltsausschusses — Drucksachen 498 und 328 —
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Deist. hat der Abgeordnete Dr. Vogel.
(Abg. Kunze [Bethel]: Er ist krank!)
*) Siehe Anlage 8 Seite 1277
**) Siehe Anlage 9 Seite 1278 *) Siehe Anlage 12 Seite 1281
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1243
(Vizepräsident Dr. Schmid)
— Verzichtet das Haus auf die Berichterstattung? — Ich lasse zunächst über den Mündlichen Bericht
(Zustimmung.) des Haushaltsausschusses, Drucksache 497, abstim-
men. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die
Werden die Entschließungen Umdruck 31 (neu) Hand zu erheben.
und 98 begründet? Oder wird auf Begründung ver- (Zurufe von der Mitte: Keine Ahnung! Was
zichtet? — Zu Umdruck 98 hat zur Begründung das ist denn gemeint, Herr Präsident?)
Wort der Abgeordnete Dr. Höck.
— Wer dafür ist, daß der Antrag Drucksache 497
Dr. Höck (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr — es ist ein Antrag des Haushaltsausschusses —
verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Ent- angenommen wird, den bitte ich, die Hand zu er-
schließung meiner Fraktion Umdruck 98*) begrün- heben. — Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige
den. Annahme fest.
Ich habe soeben die Ausführungen meines Herrn Nunmehr Umdruck 31 (neu).
Vorredners über die ganzen Sorgen und Schwie- (Abg. Naegel: Jetzt kommt aber noch Um
rigkeiten des deutschen Eisenerzbergbaus noch ein- druck 98!)
mal vernommen und gehört, daß man bereit sei, — Der kommt noch daran! Wir stimmen jetzt über
zu unserer Entschließung ja zu sagen. Es geht um Umdruck 31 (neu) ab, dann über die Umdrucke 86,
ein echtes Anliegen, die Situation im deutschen 52 und 98.
Eisenerzbergbau zu klären. Sie haben ja auch in Wer für die Annahme des Entschließungsantrags
Ihrer Fraktion, Herr Kollege Deist, Experten, die Umdruck 31 (neu)*) ist, den bitte ich, die Hand zu er-
die Frage von der privatwirtschaftlichen Seite her heben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der
durchdenken, die sie aber auch unter dem parla- Antrag ist abgelehnt.
mentarischen Gesichtswinkel betrachten. Wir müs-
sen endlich einmal zu einer klaren Situation im Umdruck 86**). Wer für die Annahme ist, den
Eisenerzbergbau kommen. Unser Entschließungs- bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! —
antrag geht sicher weiter als der Ihrige, mit dem Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Sie Anpassungsbeihilfen fordern. Das wäre nur ein Umdruck 52***). Wer für die Annahme ist, den
Tropfen auf den heißen Stein und brächte viel- bitte ich um ein Handzeichen. — Wollen die An-
leicht auch nur über ein, zwei oder drei Monate tragsteller nicht dafür stimmen? — Gegenprobe!
eine Hilfe. Das wollen wir mit unserem Entschlie- - Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige An
ßungsantrag verhindern. Sie wissen, daß es schwer nahme fest.
ist, Bergleute von einem Arbeitsplatz an einen an-
dern zu versetzen. Die Leute sind nun einmal mit Umdruck 98****). Wer für die Annahme ist, den
ihrem Arbeitsplatz im Eisenerzbergbau verwach- bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —
sen. Es hat sich schon als sehr schwierig erwiesen, Ich stelle einstimmige Annahme fest.
sie im Kohlenbergbau anzusetzen. Ich glaube, wir Ich lasse nunmehr über die Einzelpläne 07, 08
werden in der deutschen Stahlindustrie, die eng und 09 im ganzen abstimmen. Wer für die An-
damit zusammenhängt, zu einer höheren Abnahme nahme von Einzelplan 07 ist, den bitte ich um ein
deutscher Erze kommen. Die Situation muß nichts- Handzeichen. — Gegenprobe! — Das erste war die
destoweniger gründlich überprüft werden. Des- Mehrheit; Einzelplan 07 ist angenommen. -
wegen ist es der Wunsch meiner politischen
Freunde, daß die Bundesregierung ersucht wird, Einzelplan 08, Haushalt für den Geschäftsbereich
die Wirtschaftlichkeit der Eisenerzbergbaugruben des Bundesminister der Finanzen. Wer für die
zu überprüfen. Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit.
Aus unserer Entschließung ziehen Sie (zur SPD)
den Schluß, daß wir mit der Beantwortung unserer Einzelplan 09. Wer für die Annahme ist, den
Anfrage durch das Bundeswirtschaftsministerium bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —
nicht zufrieden sind. Ich gebe Ihnen da in etwa Das erste war die Mehrheit; Einzelplan 09 ist an-
recht. Deswegen bleiben wir ja auch am Feinde, genommen.
wenn ich so vom Bundeswirtschaftsministerium Nunmehr
sprechen darf.
(Lachen bei der SPD.) Einzelplan 10—Haushalt für den Geschäfts-
bereich des Bundesministers für Ernährung,
Ich bitte darum, aus den dargelegten Gründen, Landwirtschaft und Forsten.
den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 77 Hier sind zwei Anträge, Umdrucke 96 und 97,
abzulehnen- und unserem Antrag Umdruck 98 zu- außerdem ein Mündlicher Bericht des Haushalts-
zustimmen, damit wir auf dem Gebiete des deut- ausschusses sowie vier Entschließungsanträge zu
schen Eisenerzbergbaus zu einer wirtschaftlichen bescheiden.
Regelung für längere Zeit kommen.
Zunächst Änderungsantrag Umdruck 96*****).
(Beifall bei den Regierungsparteien.) Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmidt.
Vizepräsident Dr. Schmid: Weitere Wortmel-
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD): Meine Damen
dungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aus-
sprache und lasse zunächst über den Änderungs- und Herren! Meine Fraktion legt Ihnen mit Um-
antrag Umdruck 77**) abstimmen. Wer für die An- druck 96 wiederum den Antrag vor, den Ansatz
in Tit. 615 von 10- auf 40 Millionen DM zu er-
nahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. —
höhen, insbesondere zur Gewährung von Beihilfen
Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der
Antrag ist abgelehnt. *) Siehe Anlage 10 Seite 1279
(Abg. Naegel: Über 98 ist noch nicht ab **) Siehe Anlage 13 Seite 1282
gestimmt)! ***) Siehe Anlage 7 zum Stenographischen Bericht der
24. Sitzung Seite 933
*) Siehe Anlage 11 Seite 1280 ****) Siehe Anlage 11 Seite 1280
**) Siehe Anlage 12 Seite 1281 *****) Siehe Anlage 17 Seite 1286
1244 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Schmidt [Gellersen])
zur Ausmerzung tbc-kranker Kühe. Auf eine Be- Die Entschließung bleibt also unverbindlich. Wir
gründung im einzelnen kann ich wohl verzichten, wissen aus den letzten vier Jahren, was aus vielen
da in der zweiten Lesung weder Herr Dr. Horlacher Entschließungen geworden ist.
noch Herr Dr. Müller noch der Herr Landwirt- Ich darf Herrn Kollegen Horlacher und seine
schaftsminister Lübke sachliche Einwendungen da- Freunde einmal fragen, was eigentlich eine Agrar-
gegen erhoben haben. Es ist unwidersprochen ge- politik für einen Zweck haben soll, bei der nur
blieben, daß die Ländermittel und -beihilfen un- geredet wird und bei der es, wenn es sich um die
genügend und unzureichend sind. Es ist weiterhin Durchsetzung einer Maßnahme, d. h. um den Geld-
unwidersprochen geblieben, daß allein über Aus- beutel handelt, dann einfach nicht geht. Dann auf
merzungsbeihilfen in vernünftiger Höhe etwas einmal hat der Haushalt des Bundesernährungs-
Effektives zu errreichen ist; und es ist weiterhin ministeriums mit der Agrarpolitik nichts zu tun.
unwidersprochen geblieben, daß der Wirkungsgrad Das haben wir doch letztes Mal von Herrn Dr.
der bisher vorgesehenen 10 Millionen DM praktisch Dr. Müller gehört. Wer soll das überhaupt noch
gleich Null ist. Die etatrechtlichen Einwendungen ernst nehmen? Oder fühlen Sie sich nicht so stark,
der Herren Kollegen Horlacher und Müller kann daß Sie einem SPD-Antrag Ihre Zustimmung geben
man wohl nicht ganz ernst nehmen, da zumindest können? Seit vier Jahren — wir alle sind Zeuge
sie über das Problem Bescheid wissen müßten. Ich davon — erleben wir das gleiche Schauspiel: drau-
gebe zu, daß es Ihnen auf der Seite der Mehrheit ßen in den Bauernversammlungen fordern Sie tag-
dieses Hauses recht unangenehm ist und daß Sie ein tagaus alles Mögliche und Unmögliche, draußen
es nicht wahr haben wollen, daß sich die Oppo- proklamieren Sie, Sie fassen draußen Entschlie-
sition um die landwirtschaftlichen Dinge kümmert, ßungen, die Sie nach Bonn schicken, damit Sie, die
besonders um die Dinge kümmert, die seit fünf Herren Abgeordneten, bei der Regierung dort
Jahren vernachlässigt worden sind. etwas unternehmen sollen. Draußen beschimpfen
Herr Horlacher hat in der zweiten Lesung einige Sie sogar Ihre eigene Regierung. Hier, wenn Sie
Anmerkungen gemacht, auf die ich noch einmal Gelegenheit haben, einmal mitzuregieren, gehen
zu sprechen kommen möchte. Er hat so getan, als Sie sang- und klanglos in die Knie. Draußen ist
ob wir Dilettanten wären und solche Probleme der Herr Dr. Horlacher an der Spitze der große
nicht ernsthaft zu überdenken und zu erörtern in Rebell, hier ist er der getreue Diener seines Herrn.
der Lage wären. Meine Damen und Herren, die Ich habe Verständnis dafür, daß bei der wachsenden
beantragten 40 Millionen DM sind nicht etwa aus Unglaubwürdigkeit der Bauernpolitiker auf der
der Luft gegriffen. Wir haben diese Zahlen mit Regierungsseite draußen bei den Bauern nun da-
Experten auf Bundes- wie Länderebene erarbeitet. durch ein kleines Pflästerchen aufgelegt werden
Sie passen in das von Herrn Minister Lübke propa- soll, daß man eine lapidare Entschließung faßt.
gierte Agrarprogramm, das für 10 bis 12 Jahre Meine Damen und Herren, mit solchen Anträgen
vorgesehen ist, ausgezeichnet hinein. kommen wir nicht weiter. Mein Kollege Kriede-
mann hat bereits in der zweiten Lesung einen
Ich frage weiter: wer hat von der Lösung des Appell an das Haus gerichtet, mehr Courage zu
Problems von heute auf morgen gesprochen? Doch zeigen. Ich wiederhole diesen Appell und möchte
kein Mensch! Wir wissen ganz genau, daß, selbst Sie bitten, unserem Antrag auf Umdruck 96 zuzu-
wenn 40 Millionen DM hier eingesetzt werden, stimmen.
8, 10, ja bis 12 Jahre nötig sind, um die Rinder- (Beifall bei der SPD.)
bestände tbc-frei zu machen. Man hat hier Gefah-
ren an die Wand gemalt, indem man erklärt hat, Vizepräsident Dr. Schmid: Wird der Antrag
daß man die jährlich ausgemerzten 200 000 Stück Umdruck 97*) begründet? — Das Wort hat Frau
nicht auf dem Markt unterbringen könne, daß man Abgeordnete Strobel.
nicht Ersatz schaffen könne. Das sind keine Ge-
fahren; sie bestehen einfach nicht. Das Problem Frau Strobel (SPD): Meine Damen und Herren!
der Rindertuberkulose schafft man nicht dadurch Wir halten das Problem der Schul Milchspeisung
-

aus der Welt, daß man hier viel redet, auch nicht für so dringend und seine Lösung für so eilig, daß
dadurch, daß man, sagen wir mit Herrn Dr. Hor- wir unseren Antrag aus der zweiten Lesung, der
lacher, Erziehungsarbeit bei den Bauern leistet, um Bund möge 40 Millionen DM dafür zur Verfügung
ihnen klarzumachen, wie schädlich die Tbc sei. stellen, heute wiederholen. Es hätte sich allerdings
Der Geldbeutel der Bauern ist eine sehr reale erübrigt, diesen Antrag noch einmal zu begründen,
Angelegenheit, genau so wie unser Portemonnaie. wenn nicht von einigen Damen und Herren der
Sie haben nun als Ausweg einen Entschließungs- CDU auf Umdruck 91 ein Entschließungsantrag
antrag auf Umdruck 92 eingebracht. Nach diesem vorgelegt worden wäre, der die Notwendigkeit und
Entschließungsantrag soll die Bundesregierung er- die Durchführbarkeit einer solchen Schul-Milch-
sucht werden, für die nächsten drei Jahre im Be- speisung in Frage stellt. Es erscheint also doch not-
nehmen mit den Ländern einen Gesamtplan zur wendig, hier noch einmal einige Tatsachen, die
Bekämpfung der Rindertuberkulose aufzustellen durch Zahlen nachzuweisen sind, festzustellen. Es
und dann dem Hause eine Vorlage zu unterbreiten. wäre besser gewesen, Sie hätten, anstatt eine Ent-
Es ist und bleibt eben ein Entschließungsantrag, schließung einzubringen, sich tatsächlich ent-
mehr nicht. Wenn ich den Antrag so verstehen soll, schließen können, mit Hilfe der 40 Millionen DM
daß in drei Jahren die Tbc beseitigt sein soll, dann diese Schul-Milchspeisung anlaufen zu lassen.
sind wir allerdings schwersten Erschütterungen in Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang bitten,
unserer Wirtschaft ausgesetzt. Im übrigen sind einmal nachzulesen, was der verehrte Herr Bun-
Pläne längst vorhanden. Sowohl das Bundesernäh- despräsident am vergangenen Wochenende in
rungsministerium als auch das Kuratorium zur Be- München gelegentlich der Eröffnung der Sammlung
kämpfung der Rindertuberkulose sind sich darüber für die Müttererholung gesagt hat. Er hat darauf
klar, welche Wege man beschreiten muß. Aber aufmerksam gemacht, daß es in der Bundesrepublik
Pläne bleiben so lange nutzlos, als keine Mittel oder
nur ungenügende Mittel dafür vorhanden sind. *) Siehe Anlage 16 Seite 1285
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1245
(Frau Strobel)
2,8 Millionen vaterlose Familien gibt. Diese er- einen solchen von 173 1, in Großbritannien von
schütternde Zahl wird durch eine amtliche 153 1, in den Niederlanden von 208 1, in Schweden
Schätzung ergänzt, die feststellt, daß es etwa von 222 1, in der Schweiz von 221 1 und in Nor-
4'/2 Millionen Halbwaisen und Vollwaisen in der wegen von 226 1. Wir wären alle Sorgen in der
Bundesrepublik gibt. Milchwirtschaft los, wenn es uns gelingen würde,
(Hört! Hört! bei der SPD.) den Milchverbrauch pro Kopf in der Bundesrepu-
blik auch nur annähernd an diese Zahlen heran-
Das bedeutet, daß die Mütter dieser Kinder berufs- zubringen. Da das bis jetzt nicht gelungen ist,
tätig sein müssen. Gerade für diese Kinder wäre sieht man sich immer wieder veranlaßt, Subven-
deshalb ein solches Schul-Milchfrühstück unter tionen für andere Maßnahmen zu beantragen,
allen Umständen sehr wünschenswert und sehr Maßnahmen, die unwirtschaftlich und kostspielig
notwendig. sind im Vergleich zu einer solchen Schul-Milch-
Es gibt auch im Jahre 1953 eine ganze Anzahl speisung. Es wäre doch völlig sinnlos, die Milch
von Untersuchungen der örtlichen Gesundheitsbe- zunächst einmal in ihre Bestandteile zu zerlegen,
hörden, die beweisen, daß der Gesundheitszustand was Kosten verursacht, und sich dann Gedanken
unserer Schulkinder außerordentlich schlecht ist. darüber zu machen, wie man, weil die Butter nicht
Ich kann hier in, der kurzen Zeit nicht alle diese in dem Maße absetzbar ist, weil Käse nicht in dem
Untersuchungen mit Zahlen anführen, aber ich Maße absetzbar ist und weil vor allen Dingen
möchte doch einige nennen. So hat z. B. die Ge- Trockenmilch nicht in dem Maße absetzbar ist,
sundheitsbehörde Wattenscheid festgestellt, daß durch Subventionen nun die Unterbringung dieser
der Ernährungszustand der Schulkinder sich seit in ihre Bestandteile zerlegten Milch finanzieren
dem Jahre 1949 nicht verbessert, sondern ver- kann. Es ist dann billiger und besser, wir geben
schlechtert hat. das Geld für eine Frischmilchversorgung unserer
(Abg. Brese: Wie ist denn so was möglich!) Schulkinder aus.
Ich möchte aber noch eine Zahl nennen, die uns
— Herr Brese, Sie lachen. Sie können das in der wirklich dazu veranlassen sollte, alles zu tun, was
Zeitschrift „Gesundheitsfürsorge" nachlesen. möglich ist. Die Gesundheitsbehörde in Kiel hat
(Abg. Brese: Mit der Statistik kann man einmal bei den Kindern umgefragt — auch diese
alles beweisen!) Zahlen sind im Juni 1953 in der „Gesundheitsfür-
Im Jahre 1949 hatten wir in Wattenscheid 19 % sorge" veröffentlicht worden —, wieviel Kinder
schlecht ernährte Kinder, im Jahre 1952 waren es eigentlich regelmäßig Milch bekommen. Dabei hat
sich herausgestellt, daß nur 45 % der 10- bis 11jäh-
22 %. Die Hamburger Gesundheitsbehörde nennt rigen Schulkinder regelmäßig Milch bekommen.
Zahlen, nach denen im Jahre 1953 12,7 % Kinder
Das ist doch eine erschreckende, eine alarmierende
schlecht ernährt sind; im Jahre 1939 waren es 7 %.
Das beweist immerhin, daß wir uns bezüglich des Zahl.
Gesundheitszustandes unserer Kinder noch weit (Abg. Mühlenberg: Milch bekommen oder
unter dem Vorkriegsstand befinden. Darüber hin- Milch nehmen? — Abg. Arndgen: Das ist
aus steht auf Grund dieser Untersuchungen fest, zweierlei!)
daß nahezu zwei Drittel aller Schulkinder in ihrem — Herr Kollege Mühlenberg, selbst wenn -es einen
Gesundheits- und Ernährungszustand nur als mit- kleinen Prozentsatz Kinder gibt, die nicht gern
telmäßig bewertet werden können. Gerade hier Milch trinken, was ich nicht bestreiten will, so lehrt
würde ein Schul-Milchfrühstück dazu beitragen, doch die Erfahrung, daß die Milchabgabe in der
den Gesundheits- und Ernährungszustand dieser Schule, wo jedes Kind seine Milch bekommt, diesen
Kinder so anzuheben, daß er als gut bezeichnet kleinen Prozentsatz von Kindern dann dazu an-
werden kann. Ich glaube, das sollte doch unser regen wird, den Nachbarkindern nachzueifern. Das
aller Anliegen sein. ist eine psychologische Seite der Angelegenheit, die
Aber es gibt noch weit mehr alarmierende Zah- wir im Interesse der Gesundheit unserer Kinder
len. So hat z. B. eine Untersuchung ergeben, daß auch nicht vernachlässigen sollten.
sich die Zahl der Schüler mit Rachitisfolgen vom Jedenfalls möchten wir Sie dringend bitten, den
Jahre 1951 zum Jahre 1952 um das Dreifache ver- Weg der Nachdenklichkeit, den Sie mit Ihrer Ent-
mehrt hat. Das sind alles Kriegsfolgen, ohne Zwei- schließung langsam beschritten haben,
fel. Aber nach der Konsolidierung unserer Verhält- (Abg. Dr. Menzel: Sehr gut!)
nisse muß man heute auch wirklich alles tun, um fortzusetzen und sich heute zu einem konkreten
diese Kriegsfolgen zu beseitigen. Bitte, schauen Sie Beschluß zusammen mit uns durchzuringen. An
sich einmal an Hand der Zahlen an, welches Miß- Ihrer Entschließung merkt man, daß Sie nach einem
verhältnis zwischen der Größe und dem Gewicht Ausweg suchen. Aber ich habe den Eindruck, daß
unserer Kinder besteht. Außerdem ist einwandfrei diese Entschließung kein Ausweg ist,
festgestellt, daß heute die Kinder einer viel größe-
(Abg. Dr. Menzel: Das ist das Feigenblatt
ren Entwicklungsbeschleunigung ausgesetzt sind,
und daß solche Kinder ganz besonders tuberkulose- für draußen!)
empfindlich sind. Selbstverständlich gibt es dafür sondern in eine Sackgasse führt. Wir möchten
viele Ursachen. Aber eine davon ist doch zweifel- unsere Kinder davor bewahren, daß sie von Ihnen
los, daß es unseren Kindern an den für das Wachs in diese Sackgasse geführt werden, und bitten Sie
tum so notwendigen Aufbaustoffen mangelt. Milch, daher, diesen unseren Antrag anzunehmen.
die alle diese Aufbaustoffe enthält, haben wir aber (Beifall bei der SPD. — Oho-Rufe von
genug. Wir haben nur einen Mangel an Absatz. der Mitte.)
Auch das beweisen einige Zahlen sehr drastisch. Vizepräsident Dr. Schmid: Wir behandeln nun-
Ich habe in der zweiten Lesung darauf verzichtet, mehr den Mündlichen Bericht des Haushaltsaus-
sie zu nennen, will es aber heute dennoch tun. schusses Drucksache 496.
In der Bundesrepublik haben wir einen Milchver- (Zuruf von der Mitte: Hier wird
brauch von pro Kopf 120 1 im Jahr, in Dänemark das Wort gewünscht!)
1246 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Vizepräsident Dr. Schmid)
- Ich lasse zunächst einmal die Anträge be- Da wir aber dafür sind, daß nach Möglichkeit
gründen und dann die allgemeine Aussprache auch auf diesem Wege der Trinkmilchverbrauch
folgen. — Berichterstatter ist Herr Abgeordneter gesteigert und für die Gesundheit der Kinder ge-
Brese. Verzichtet das Haus auf Berichterstat- tan wird, was nur irgend möglich ist, wollen wir
tung? mit unserer Entschließung erreichen, daß festge-
(Zustimmung.) stellt wird, wo das nötige Interesse dafür vor-
— Das ist der Fall. handen und die Durchführung möglich ist, und daß
Dann Entschließungsantrag Umdruck 27*). dann auch dafür geworben werden kann. Wenn
Wer begründet den Antrag? — Das Wort hat Herr der Änderungsantrag, den die SPD zu unserer Ent-
Abgeordneter Krammig. schließung eingebracht hat, beinhalten soll, daß
eine gemeinsame Finanzierung mit den Ländern
Krammig (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine
besprochen werden soll, so ist das in unserer Ent-
schließung enthalten; denn sie besagt, daß die Re-
Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz. Der
gierung ersucht wird, festzustellen, welche Mittel
Herr Minister für Ernährung, Landwirtschaft und
die Länder für diesen Zweck zur Verfügung stel-
Forsten hat in der zweiten Lesung dem Abgeord- len können. Danach wird dann zu übersehen sein,
neten Schneider (Bremerhaven) zugesagt, daß aus welcher Zuschuß eventuell vom Bund notwendig ist.
Kap. 1002 Tit. 956 — Zinsverbilligungen — auch Eine gemeinsame Durchführung der Schulspeisung
400 000 DM zur Förderung von Fischabsatzein- von Bund und Ländern kann nicht in Frage kom-
richtungen bereitgestellt werden sollen. Haushalts- men; denn die Schulmilchspeisung ist reine Länder-
rechtlich bestehen gegen eine solche Zurverfügung- angelegenheit. Die Festsetzung der Mittel, die vom
stellung keine Bedenken; das möchte ich hier aus- Bund erforderlich sind, sollte eben nach den Prü-
drücklich noch einmal betont haben. fungen, die wir mit unserer Entschließung an-
Trotzdem bitte ich Sie, den Entschließungsantrag regen, erfolgen.
auf Umdruck 27 anzunehmen, weil diesem Ent- Ich empfehle daher, den Antrag der SPD, Um-
schließungsantrag durch die Zusage des Herrn Mi- druck 97, sowie den Änderungsantrag, Umdruck 94,
nisters nur teilweise entsprochen worden ist. abzulehnen und dem Umdruck 91 zuzustimmen.
Zur Entschließung selbst ist nichts weiter auszu-
führen; die darin gewünschte Zurverfügungstel- (Beifall bei der CDU/CSU.)
lung von Mitteln ist darin begründet, daß dieser
Wirtschaftszweig dringend auf Unterstützung an- Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat Frau
gewiesen ist. Abgeordnete Strobel.

Vizepräsident Dr. Schmid: Umdruck 91. Wird Frau Strobel (SPD): Meine Herren und Damen!
auf Begründung verzichtet? Ich glaube, die ersten Sätze der Frau Kollegin
Dr. J o c h m u s muß man doch richtigstellen. Ich
(Zustimmung.) habe in der zweiten Lesung bereits mitgeteilt, daß
Umdruck 94, — Umdruck 92. — Hier wird eben es in einigen Ländern und Gemeinden eine solche
falls auf die Begründung verzichtet. Dann eröffne Schulspeisung gibt und daß auch vom Bund Mittel
ich die Aussprache und bitte um Wortmeldungen. aus der Kriegsfolgenhilfe, allerdings für den be-
— Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Jochmus. schränkten Kreis der Kinder, die unter die- Kriegs-
folgenhilfe fallen, dafür zur Verfügung gestellt
Frau Dr. Jochmus (CDU/CSU): Herr Präsident! werden.
Meine Herren und Damen! Schon bei der zweiten Wir haben es uns nicht so leicht gemacht, ein-
Lesung hat meine Fraktion zum Ausdruck ge- fach aus dem blauen Himmel heraus 40 Millionen
bracht, daß wir an der Schulspeisung außerordent- DM dafür zu fordern, sondern wir haben mit allen
lich interessiert sind und eine allgemeine Schul- Ländern und auch mit Gemeinden, die an uns her-
milchspeisung sehr begrüßen würden. Frau Strobel angetreten waren, lange über diese Dinge korre-
hat gesagt, wir sollten uns hinter ihren Antrag be- spondiert und verhandelt. Es hat sich daraus er-
züglich der 40 Millionen DM stellen und damit die geben, daß Länder und Gemeinden in weitgehen-
Schulmilchspeisung einmal anlaufen lassen. Meines dem Maße dann bereit sind, ein obligatorisches
Wissens hat doch die ganzen Jahre schon eine Milchschulfrühstück — und um das geht es ja
Schulmilchspeisung bestanden. wohl — einzuführen, wenn der Bund bereit ist,
(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.) sich an der Aufbringung der Mittel in entspre-
Wir kommen aber an der Tatsache nicht vorbei, daß chendem Maße zu beteiligen.
in vielen Gemeinden diese Einrichtung nicht mehr (Zuruf rechts: Ist ja Ländersache!)
in dem Maße in Anspruch genommen wird,
(Hört! Hört! rechts) Das gilt es heute, glaube ich, zu beweisen und einen
daß der Apparat, der dafür notwendig ist, aufrecht- Betrag von 40 Millionen DM in den Haushalt ein-
erhalten werden kann, weil er immerhin Kosten zustellen, um dann die Verhandlungen mit den
verursacht, die dann nicht mehr zu verantworten Ländern über die Durchführung auch tatsächlich
wären. In der Zeit der Lebensmittelkarten haben von vornherein erfolgreich zu gestalten. Das ist die
wir jedem zugeschrieben, wieviel er essen durfte; Veranlassung dazu, daß wir zu Ihrem Entschlie-
aber er hatte immerhin die Freiheit, das, was ihm ßungsantrag einen Änderungsantrag eingebracht
zugeteilt war, anzunehmen oder abzulehnen. Wenn haben.
nun die Schulmilchspeisung nicht mehr in dem Es gibt für uns keinen Zweifel daran, daß die
Maße in Anspruch genommen wird, scheint doch Schulmilchspeisung notwendig ist, und zwar so-
von Hause aus vielfach der Wunsch nicht mehr wohl auf Grund des Gesundheitszustandes unserer
vorhanden zu sein, und zwingen können wir ja Kinder als auch auf Grund des unbefriedigenden
niemanden. Frischmilchabsatzes. Deshalb ist es nicht nötig, dar-
über erst noch Erhebungen zu pflegen und damit
*) Siehe Anlage 12 zum Stenographischen Bericht der die Sache auf die lange Bank zu schieben. Es ist
24. Sitzung, Seite 937 notwendig, mit den Ländern zu verhandeln, und es
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1247
(Frau Strobel)
ist notwendig, den Beweis zu erbringen, daß der Der Entschließungsantrag Umdruck 91 kollidiert
Bund bereit ist, diese Angelegenheit mit zu finan- mit, dem Antrag Umdruck 94. 94 geht weiter, in-
zieren. Das kann man nur, wenn man bereit ist, dem er schlechthin Verhandlungen verlangt, wäh-
diesen Betrag auch zu bewilligen. rend 91 diese Verhandlungen auf bestimmte Ge-
(Beifall bei der SPD. — Zuruf von der genstände beschränkt. Wir stimmen zunächst über
CDU/CSU: Ländersache!) den, Antrag Umdruck 94*) ab. Wer für die An-
nahme ist den bitte ich, die Hand zu erheben. —
Gegenprobe! — Die Mehrheit; ist abgelehnt.
Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat Frau
Dr. Steinbiß. Nunmehr Antrag Umdruck 91**). Wer dafür
ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen-
Frau Dr. Steinbiß: (CDU/CSU): Herr Präsident! probe! — Einstimmige Annahme.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ein Antrag Umdruck 92***) betreffend Rinder-
kurzes Wort zu den Zahlen sagen, die Frau Stro tuberkulose. Wer für diesen Antrag ist, den bitte
bel angeführt hat. Man kann mit diesen Zahlen ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Ich
nicht so operieren, daß man sagt, der Gesundheits- stelle einstimmige Annahme fest.
zustand unserer Kinder sei schlechter als vor Jah- Wer für die Annahme des Einzelplans 10 im gan-
ren. Einmal ist dazu zu bemerken, daß der Gesund- zen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ge-
heitszustand der Kinder ja nicht allein von der Er- genprobe! — Das erste war die Mehrheit; Einzel-
nährung abhängig ist. Im Gegenteil, man kann sehr plan 10 ist angenommen.
oft die Tatsache feststellen, daß die Kinder aus den
ländlichen Bezirken an Gesundheit mehr zu wün- Ich rufe auf
schen übriglassen als Stadtkinder. Also ist nicht Einzelplan 11 — Haushalt für den Geschäfts
nur die Ernährung für den Gesundheitszustand bereich des Bundesministers für Arbeit.
verantwortlich zu machen. Und zum anderen kön- Hier liegt eine Reihe von Anträgen vor, zunächst
nen die Zahlen, die Frau Strobel genannt hat, so der Änderungsantrag Umdruck 89. Umdruck 78 ist
lange nicht als Beweismittel dienen, solange man durch 89 erledigt. Das Wort zur Begründung des
nicht weiß, wie sie zusammengestellt wurden. Daß Änderungsantrags Umdruck 89****) hat Abgeord-
die Ernährung der Kinder heute im wesentlichen neter Dr. Preller.
wieder den Vorkriegsstand erreicht hat und sogar Dr. Preller (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
noch darüber hinausgeht, zeigt am besten die und Herren! Wir haben, wie Sie sehen, unseren
Säuglingssterblichkeit, die heute schon wieder bis Antrag aus der zweiten Lesung auf Streichung
auf 5 % und teilweise darunter gesunken ist. jener 512 Millionen DM wiederholt, die den Ver-
Ich glaube also, das Hohe Haus braucht sich nicht sicherungsträgern statt in bar in Bundesschuldver-
der Befürchtung hinzugeben, daß für unsere Kin- schreibungen gegeben werden sollen. Ich darf bit-
der in unserer Bundesrepublik nicht alles geschähe, ten, den Antrag im ganzen begründen zu dürfen,
was notwendig ist, und die Zahlen von Frau Stro- obwohl der erste Punkt des Antrags das Haus-
bel brauchen uns in unseren Gedankengängen nicht haltsgesetz selbst betrifft; aber das Ganze ist
zu beunruhigen. eine Einheit, und der Herr Präsident wird damit
einverstanden sein. Ich möchte zur Begründung
(Beifall bei der CDU/CSU. — Lebhafte nur noch einige Punkte anführen.' -
Zurufe von der SPD. — Abg. Kriedemann:
Das sind ja auch schöne Gedankengänge!) Herr Bundesfinanzminister Schäffer hat heute
morgen in einer Erwiderung unter anderem ge-
äußert, daß der Entzug dieser 512 Millionen DM
Vizepräsident Dr. Schmid: Weitere Wortmel- bzw. der 250 Millionen DM an die Rentenversiche-
dungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aus- rung die Durchführung der Rentenversicherung —
sprache. so sagte er — genau so gewährleiste wie bisher.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über Gerade das bestreiten wir. Wir glauben, daß ein
den Änderungsantrag Umdruck 96*). Besteht Klar- solcher Entzug von Mitteln aus der Sozialver-
heit über den Gegenstand der Abstimmung? sicherung, die an den allgemeinen Haushalt über-
(Zustimmung.) geleitet werden, ein Unglück für die Versicherten
und für die Versicherung bedeutet, und zwar aus
Wer für die Annahme des Antrags Umdruck 96 ist, folgenden Gründen. Soweit die Arbeitslosenver-
den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! sicherung in Betracht kommt, haben deren Ver-
— Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. sicherte ein Recht darauf, daß etwa dort ent-
Umdruck 97**). Wer für die Annahme ist, den stehende Überschüsse für sie selbst, nämlich für
bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — die Versicherten, verwendet werden. Wir haben
Die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. genügend Möglichkeiten, diese Beträge zu verwer-
ten, sei es für die Beschaffung dauernder Arbeits-
Nunmehr der Antrag des Haushaltsausschusses plätze, die ja auch heute noch in den Notstands-
Drucksache 496. Wer für die Annahme ist, den und den Grenzlandgebieten fehlen, dort also, wo
bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — größere Arbeitslosigkeit herrscht; sei es für die
Ich stelle einstimmige Annahme fest. Verbesserung der Arbeitslosenhilfe selbst. Soweit
Wir stimmen nunmehr über die Entschließungs- die Rentenversicherten in Betracht kommen, haben
anträge ab, zunächst über den Antrag Um- diese erst recht einen Anspruch auf diese Beträge.
druck 27***). Wer für die Annahme ist, den bitte Es gibt ja in der Rentenversicherung zur Zeit über-
ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Ein- haupt noch kein Vermögen, sondern, worauf wir
stimmige Annahme. immer wieder hinweisen müssen, nur Kassenüber-

*) Siehe Anlage 17 Seite 1286 *) Siehe Anlage 15 Seite 1284


**) Siehe Anlage 16 Seite 1285 **) Siehe Anlage 14 Seite 1283
***) Siehe Anlage 12 zum Stenographischen Bericht der ***) Siehe Anlage 18 Seite 1287
24. Sitzung Seite 937 ****) Siehe Anlage 19 Seite 1288
1248 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Preller)
schösse, und deren Notwendigkeit ist jedem Fach- sie die Überschüsse, die ein Deckungskapital
mann selbstverständlich bekannt. Jetzt erst wie- bilden sollten, anlegen. Im Wege der freien Selbst-
der hat der Kölner Verein für Versicherungswis- verwaltung, der freien Vereinbarung, haben sich
senschaft darauf hingewiesen, daß diese Kassen die Rentenversicherungsanstalten grundsätzlich
überschüsse nicht in Anspruch genommen werden entschlossen, der Anregung zu entsprechen und
dürfen, sofern man nicht der Rentenversicherung den Betrag in einer Form anzulegen, die auch wirt-
Mittel entziehen soll, die sie für andere Zwecke schaftlich gesehen nicht nur dieselbe Sicherheit,
braucht. Zu diesen anderen Zwecken gehört ein- sondern auch dieselbe Rendite gewährleistet wie
mal der soziale Wohnungsbau, der, wenn wir der jede andere Vermögensanlage ebenfalls. Das gilt
Rentenversicherung Mittel entzögen, selbstver- für die Rentenversicherungsanstalten und das
ständlich gedrosselt werden würde, d. h. wiederum gilt genau so für die Bundesanstalt für Arbeits-
würden die Versicherten, denen der soziale Woh- vermittlung und Arbeitslosenversicherung, die
nungsbau zugute kommen soll, durch den Weg- auch im Rahmen ihrer freien Selbstverwaltung
fall dieser Mittel geschädigt werden. Zum andern die Entscheidung getroffen und den entsprechenden
— darauf haben wir schon hingewiesen, aber ich Vertrag bereits abgeschlossen hat.
muß es der Klarstellung wegen noch einmal sagen
— ist auch das Heilverfahren gefährdet. Ich will Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der Ab-
Ihnen eine einzige Zahl nennen. Eben ist bekannt- geordnete Horn.
geworden, daß im Jahre 1953 für die Heilverfah-
ren insgesamt 330 Millionen DM im Bundesgebiet Horn (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen
ausgegeben worden sind. Aber der Finanzminister und Herren! Mir bleibt nur übrig, festzustellen, daß
will 250 Millionen DM aus der Rentenversicherung Herr Kollege Preller dieses kurze Zitat aus
entziehen! Unter einem solchen Entzug muß auch meiner vorjährigen Rede hier falsch angewandt
das Heilverfahren leiden. hat. Was ich damals gesagt habe, haben wir genau
innegehalten. Ich habe erklärt, wir würden
Nun hat der Herr Bundesfinanzminister in der künftighin über Mittel der Versicherungen nicht
zweiten Lesung mit Recht darauf hingewiesen, mehr auf dem Wege über ein Gesetz verfügen,
daß der vorige Bundestag im vergangenen Jahr weil in der Zwischenzeit die Selbstverwaltungs-
eine Entschließung der Mehrheitsparteien ange- organe ihre Tätigkeit aufgenommen hatten.
nommen habe, wonach in diesem Jahre solche
Mittel nur noch im Verhandlungswege genommen (Sehr richtig! in der Mitte.)
werden sollten. Ich habe mir daraufhin die vor- Aus diesem Grunde sahen wir das Parlament nicht
jährige zweite Lesung des Gesetzes über die Dek mehr für zuständig an, über derartige Dinge zu
kung der Rentenzulagen noch einmal angesehen verfügen. Was in diesem Haushaltsgesetz nun
und im Protokoll der 276. Sitzung gefunden — ich enthalten ist, das ist, Herr Professor Preller, ja
sage das ohne jeden Nebengeschmack —, daß der lediglich die Erteilung der Vollmacht an den Bun-
Kollege Horn ausdrücklich gesagt hat: „Wir las- desfinanzminister, mit den Versicherungsträgern
sen für die Folge über ein Gesetz dieser Art" — über diese Frage zu verhandeln. Das Parlament
es ging damals um die Beträge von rund 185 Mil- hat sich also hier in keiner Weise eingemischt und
lionen DM — „nicht mehr mit uns reden". In die- keineswegs erneut über Mittel verfügt, wie das
sem Jahre hat der Bundesfinanzminister ein Ge- -
eben darzustellen versucht wurde. Ich glaube also,
setz für diese Beträge gefordert, und in diesem wir sind durchaus zu unserem Wort, das wir im
Jahr stimmt offenbar das, was der Kollege Horn vorigen Jahre gegeben haben, gestanden.
im vorigen Jahr gesagt hat, nicht. Ich möchte das (Beifall in der Mitte.)
doch immerhin hier mit erwähnen.
(Abg. Arndgen: Das ist doch ein bißchen Vizepräsident Dr. Schmid: Weitere Wortmeldun-
anders!) gen liegen nicht vor.
Wir möchten es lieber mit einem anderen promi Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer für
nenten CDU-Mitglied halten, das im Jahre 1949, den Änderungsantrag auf Umdruck 89 ist, den
wie ich hier vorlesen darf, ausgeführt hat: bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! —
Wir haben allen Grund, dafür zu sorgen, daß Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist ab-
jeder Pfennig, der in Form von Beiträgen zur gelehnt.
Sozialversicherung von den Löhnen der Ar- Ich lasse nunmehr abstimmen über Einzel-
beiter oder aus dem Volumen der Wirtschaft plan 11. Wer für die Annahme ist, den bitte ich
herausgenommen wird, dreimal herumgedreht um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthal-
wird, ehe er einem anderen als einem Ver- tungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen ange-
sicherungszweck zugeführt wird. nommen.
Meine Damen und Herren, im Sinne dieses Wor- Einzelplan 12 — Haushalt für den Geschäfts
tes des Herrn Kollegen St orch bitte ich Sie, un- bereich des Bundesministers für Verkehr.
serem Antrag zuzustimmen. Hier liegt ein Mündlicher Bericht des Haushalts-
(Beifall bei der SPD.) ausschusses vor, Drucksache 498. Berichterstatter
ist der Abgeordnete Ritzel. Verzichtet das Haus
Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der auf Entgegennahme der Berichterstattung?
Bundesfinanzminister. (Zustimmung.)
Schäffer, Bundesminister der Finanzen: Herr — Das Haus verzichtet auf Berichterstattung. Ich
Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte eröffne die Aussprache. Wortmeldungen liegen
nur eine Feststellung treffen. Den Versicherten nicht vor. — Der Mündliche Bericht betrifft die
wird gar nichts entzogen, und den Versicherungs- Ersatzstraße für die Bundesstraße 56 Bonn-Beuel-
anstalten wird auch nichts entzogen. Es handelt Siegburg.
sich lediglich darum, daß die Versicherungs- Ich lasse zunächst über den Antrag auf Druck-
anstalten über die Frage zu befinden haben, wie sache 498 abstimmen. Wer für die Annahme ist,
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1249
(Vizepräsident Dr. Schmid)
den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! in der zweiten Beratung eine Änderung dieses
— Einstimmige Annahme. Entschließungsantrags vorgeschlagen, der von den
Nunmehr lasse ich abstimmen über Einzel- Antragstellern auch stattgegeben worden ist. Auf
plan 12. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, Wunsch des Herrn Ministers soll aber der Text der
die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste Entschließung noch einmal geändert werden, da es
war die Mehrheit; Einzelplan 12 ist angenommen. sich generell um öffentliche Bedienstete und nicht
Einzelplan 13. Hier liegen Änderungsanträge nur um Bundesbedienstete handelt.
nicht vor. Es handelt sich um den Haushalt des Ich beantrage deshalb, diese Änderung vorzuneh-
Bundesministers für das Post- und Fernmelde- men und das Wort „Bundesbedienstete" durch
wesen. Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wort- „öffentliche Bedienstete" zu ersetzen. Die Antrag-
meldungen. Wer für die Annahme des Einzelplans steller sind mit dieser Änderung einverstanden.
13 ist, den bitte ich um ein Handzeichen. —
Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; Ein- Vizepräsident Dr. Schmid: Es handelt sich also
zelplan 13 ist angenommen. nur um eine Korrektur des Textes.
Einzelplan 19, Haushalt des Bundesverfassungs- Das Wort hat der Abgeordnete Hesberg.
gerichts, Drucksache 364 mit Umdruck 87. Ich er-
öffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Dr. Hesberg (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine
Wer für die Annahme des Einzelplans 19 ist, den Damen und Herren! Namens der CDU kann ich die
bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Erklärung abgeben, daß sie der Entschließung in
Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme der vorliegenden Fassung mit der vom Herrn Bun-
fest. deswohnungsbauminister vorgeschlagenen Ergän-
Einzelplan 20, Haushalt des Bundesrechnungs- zung zustimmt.
hofes. Keine Anträge, keine Wortmeldungen. Wer
für die Annahme des Einzelplans 20 ist, den bitte Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der
ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Ich Abgeordnete Jacobi.
stelle einstimmige Annahme fest.
Einzelplan 24, Haushalt für den Geschäftsbereich Jacobi (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und
des Bundesministers für wirtschaftliche Zusam- Herren! Es hat den Anschein, als ob durch diesen
menarbeit. Hierzu liegt auf Umdruck 56*) ein Ent- Änderungsantrag zugleich die Problematik be-
schließungsantrag Dr. Bergmeyer, Dr. von Bren- hoben sei, die den eigentlichen Antrag kenn-
tano und Fraktion vor. Wird er begründet? — Das zeichnet. Es ist aber anders. Wir bedauern, daß
Wort hat der Abgeordnete Arndgen. der Antrag aufrechterhalten wird, weil er sich mit
der Einzellösung einer Frage befaßt, die im Ge-
Arndgen (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine samtzusammenhang unserer Wohnungsbaupolitik
Damen und Herren! Im Auftrage meiner Fraktion erörtert und geregelt werden muß. Wir haben
ziehe ich die Entschließung Umdruck 56 zurück. gerade in den letzten Wochen oft genug erlebt, wie
In der Zwischenzeit hat Herr Bundesminister unklar sich die Dinge entwickelt haben. Für den
Blücher mitgeteilt, daß er die Vertretung der normalen Sterblichen in der Bundesrepublik ist es
unmöglich geworden, sich ein Bild über - Weg
Bundesrepublik bei der FOA in Washington
noch im Verlauf dieses Haushaltsjahres in das Aus- und Ziel der sogenannten neuen Wohnungspolitik
wärtige Amt überführen werde. Damit ist der Ent- zu machen. Wer in die Presse der letzten Tage
schließungsantrag Umdruck 56 gegenstandslos ge- schaut, der liest und erfährt etwas von der Bundes
worden. mietenreform. Da werden allgemeine Grundzüge
bekanntgegeben, obwohl noch keine Vorlage so
reif ist — es wird an mehreren gearbeitet —, daß
Vizepräsident Dr. Schmid: Der Antrag wird zu-
es richtig gewesen wäre, über sie der Presse Mit-
rückgezogen. Weitere Wortmeldungen liegen nicht teilungen zu machen. Wir lesen etwas über das Fa-
vor.
milienheimgesetz und gleichzeitig über die No-
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für Einzel- velle der Bundesregierung, in der angeblich
plan 24 ist, den bitte ich, die Hand zu heben. — dieselben Prinzipien enthalten sind. Kein Mensch
Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; Ein- weiß sich mehr ein klares Bild zu machen. Bei
zelplan 24 ist angenommen. diesem Antrag fürchte ich, sagen zu müssen, daß
Einzelplan 25, Haushalt für den Geschäfts- ein großer Teil der Unterzeichner wohl auch nicht
bereich des Bundesministers für Wohnungs- in der Lage ist, die Konsequenzen dieses Antrages
bau. zu übersehen.
Hier ist zunächst ein Änderungsantrag Umdruck 85 (Abg. Krammig: Ich glaube doch!)
(neu)**) zu bescheiden. Wird er begründet? — Das ist ausnahmsweise einmal keine Frage des
(Zuruf von der Mitte: Es wird verzichtet!) Glaubens, Herr Kollege, das hat mit den Tatsachen
— Wird verzichtet. etwas zu tun. Und eine Tatsache ist, daß einer der
Unterzeichner, der Vorsitzende eines Fachaus-
Entschließungsantrag Umdruck 23 (neu)***). Das schusses, noch vor wenigen Tagen in einer Sitzung
Wort hat der Abgeordnete Dr. Schild. des Ausschusses den Herrn Minister gebeten hat,
doch einmal eine Aufstellung über den Umfang
Dr. Schild (Düsseldorf) (DP): Dieser Entschlie- der Beteiligung des Bundes an Wohnungsgesell-
ßungsantrag ist bereits in der zweiten Lesung von schaften vorzulegen. Wenn man aber nicht einmal
dem Kollegen Lücke des näheren erläutert wor- weiß, von welcher Bedeutung dieser Antrag ist und
den. Der Herr Bundeswohnungsbauminister hat in welchem Umfange der Bund an Wohnungsge-
sellschaften beteiligt ist, dann hätte man soviel
*) Siehe Anlage 20 Seite 1289 Geduld aufbringen können, ja müssen, mit diesem
**) Siehe Anlage 22 Seite 1291 Antrag zu warten, bis sowieso die Dinge, die er
***) Siehe Anlage 21 Seite 1290 betrifft, in den nächsten Wochen in Verbindung
1250 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Jacobi)
mit der Beratung der Wohnungsbaugesetznovelle trages wäre, wenn Wohnungsgesellschaften, die ja
Gegenstand näherer und eingehender Prüfung schließlich in erster Linie dazu da sind, Wohnun-
hätten sein können. gen für die wirtschaftlich Bedrängten zu bauen,
Ich kann mit diesem Antrag ebensowenig etwas kein Eigentum verschaffen können, wenn sie also
anfangen, meine verehrten Damen und Herren Mietwohnungen für die breiten Schichten der Be-
Antragsteller, wie die Bundesregierung; denn im völkerung bauen müssen. Mietwohnungen sind ja
Grunde genommen besagt er lediglich, daß die Er- nun einmal das Schicksal für Millionen von Men-
läuterungen zu Tit. 895 in Kap. 2501 zu ergänzen schen auf lange Zeit, wahrscheinlich für ewig.
seien. Ich glaube, daß dem Wohnungsbauminister (Abg. Lücke: Darum geht es doch gar nicht!)
und seiner beabsichtigten neuen Wohnungsbau-
politik mit diesem Antrag kein guter Dienst er- Wie wäre es denn, wenn sich der Bund an der-
wiesen wird. Ich kann allerdings nicht mehr die artigen Gesellschaften, wohnungswirtschaftlichen
Hoffnung hegen, die ich vor Beginn der Sitzung Unternehmen, Heimstätten- und Betreuungsgesell-
hatte, daß die Antragsteller selbst die Unzweck- schaften, nicht beteiligte, weil hier nicht Bauvor-
mäßigkeit dieses Antrages einsehen. Sie haben ihn haben durchgeführt werden, die nicht ausschließ-
modifiziert, und er wird von der Mehrheit dieses lich der Eigentumsbildung dienen? Man muß das
Hauses möglicherweise angenommen werden. Ich nur einmal praktisch durchdenken, um zu sehen,
bedauere das, zumal sich in diesem Antrag erneut daß es Ihnen hier auf etwas Besonderes ankommt.
ein Ressentiment gegen die Arbeit der Wohnungs- (Abg. Lücke: Darum geht es gar nicht! —
gesellschaften, nicht zuletzt der gemeinnützigen Sie reden an der Sache vorbei!)
Wohnungswirtschaft, zeigt. Man braucht nur zu
sehen, daß der erste Unterzeichner Herr Dr. Schild — Worum es geht oder nicht geht, Herr Kollege
ist, um zu wissen, was man im Schilde führt. Lücke, muß man aus dem Text des Antrags er-
(Beifall bei der SPD.) sehen. Ich verstehe ihn so — und nur so kann er
verstanden werden —, daß der Bundesregierung
Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der eine Auflage dahin gemacht wird, ihre Mitwirkung,
Abgeordnete Dr. Hesberg. ihre Beteiligung an Wohnungsgesellschaften zu be-
schränken, und zwar auf den Tatbestand, der hier
Dr. Hesberg (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine klar zum Ausdruck kommt.
Damen und Herren! Auf die Ausführungen des (Abg. Lücke: Jawohl!)
Herrn Kollegen Jacobi kann ich nur erklären,
daß sich die Unterzeichner dieses Antrages sehr — Sie sagen: „Jawohl!" Sie scheinen also damit
wohl bewußt sind, was sie mit ihm bezwecken. einverstanden zu sein. Damit engen Sie aber die
Tätigkeit dieser Gesellschaften ein. Letztlich treffen
(Sehr richtig! in der Mitte.) Sie damit die breiten Schichten der Bevölkerung.
Wir gehen von der grundlegenden Erwägung aus, (Abg. Lücke: Das ist doch ein Theater!
daß sich der Staat nicht an wirtschaftlichen Unter- Das hat doch mit der Sache nichts zu tun!
nehmungen beteiligen soll. Wenn hier eine Betei- Sie reden an der Sache vorbei!)
ligung an Unternehmungen vorgesehen ist, so ist
es das Anliegen dieses Antrages, daß mit dieser Be- — Herr Kollege Lücke, ich verstehe Ihre Zwischen-
-
teiligung zugleich die Zielsetzungen der Koalition, rufe nicht; aber S i e gehen am Kern der Sache
insbesondere der CDU/CSU, gewährleistet werden, vorbei.
durch die Betätigung auf dem Gebiete des Woh- (Heiterkeit.)
nungsbaues und überhaupt der gesamten Woh-
nungswirtschaft die Bildung von Wohnungseigen Sie können die Tatsache nicht bestreiten, daß das,
tum zu fördern. was ich gesagt habe, aus Ihrem Antrag zu lesen
ist. Deshalb durfte ich diese Bemerkungen machen,
(Sehr richtig! in der Mitte.) auch wenn ich Ihre Zwischenrufe nicht verstehe.
Diesem Ziel dient also dieser Antrag. Sie widersprechen zwar meinen Darlegungen; aber
es wird Ihnen nicht gelingen, sie zu widerlegen.
Es wurde hier die Äußerung des Vorsitzenden
des Ausschusses herangezogen, ihm sei der Umfang (Zuruf von der Mitte: Die sind ja auch
der Beteiligung nicht bekannt. Demgegenüber ist sehr hohl!)
zu sagen, daß es hier lediglich notwendig war,
eine Ergänzung zu den Erläuterungen des betref- Vizepräsident Dr. Schmid: Weitere Wortmeldun-
fenden Haushaltskapitels vorzunehmen. Es war gen liegen nicht vor. Ich komme zur Abstimmung
von vornherein die Auffassung des Vorsitzenden, über den Änderungsantrag Umdruck 85 (neu)*).
daß es entsprechend unserer Grundkonzeption nicht Wer für den Antrag ist, möge die Hand erheben.
Aufgabe des Bundes sein könnte, durch Bundes- — Es ist der Antrag Lücke.
beteiligungen Maßnahmen zu fördern, die dieser
Grundkonzeption unserer Partei entgegenstehen. (Zurufe: Von allen Fraktionen!)
— Ja, praktisch haben alle Fraktionen den Antrag
Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der Ab- gestellt. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich
geordnete Jacobi. stelle einstimmige Annahme fest.
Jacobi (SPD): Herr Präsident! Meine Damen Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag
und Herren! Immer dann, wenn das seit einiger Umdruck 23 (neu)**). Wer dafür ist, den bitte ich
Zeit übliche Wort „Gesamtkonzeption" fällt, habe um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Ich bitte
ich den Eindruck, daß man damit etwas ausdrücken die Abstimmung zu wiederholen. Wer für den An-
will, von dem man nicht genau weiß, wie man es trag ist, möge die Hand erheben. — Gegenprobe!
sagen soll. Auch jetzt ist wieder von einer Gesamt- — Jetzt war einwandfrei das erste die Mehrheit.
konzeption die Rede gewesen. Da bitte ich doch,
mir darüber Aufklärung zu geben, was denn bei *) Siehe Anlage 22 Seite 1291
konsequenter Durchführung die Folge dieses An- **) Siehe Anlage 21 Seite 1290
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1251
(Vizepräsident Dr. Schmid)
Ich darf voraussetzen, daß ich über den Berich- Hier ist ein Antrag der Fraktion der SPD ange-
tigungsvorschlag nicht besonders abstimmen zu kündigt, den Einzelplan zu streichen. Wird der
lassen brauche. Antrag begründet? — Ohne Begründung.
Ich habe jetzt noch über den Einzelplan im gan- Wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist auch
zen abstimmen zu lassen. Wer für die Annahme nicht der Fall.
ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegen- Dann stimmen wir ab. Wer für die Streichung
probe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Ent- des Einzelplans 28 ist, den bitte ich um ein Hand-
haltungen angenommen. zeichen. — Gegenprobe! — Das letztere ist die
Einzelplan 26, Haushalt für den Geschäfts- Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
bereich des Bundesministers für Vertriebene, Wer für Einzelplan 28 ist, den bitte ich, die
Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Druck- Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einzelplan 28
sache 368). ist angenommen.
Keine Wortmeldungen. Keine Anträge. Einzelplan 29, Haushalt für den Geschäfts-
bereich des Bundesministers für Familien-
Ich lasse abstimmen. Wer für den Einzelplan 26 fragen.
ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegen- (Abg. Dr. Menzel: Wir beantragen nament
probe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Ent- liche Abstimmung!)
haltungen angenommen.
Hier liegt ein Antrag der Fraktion der SPD auf
Wir kommen zu Umdruck 102 *) vor, den Einzelplan zu streichen.
Einzelplan 27, Haushalt für den Geschäfts- Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Wird
bereich des Bundesministers für gesamt- dieser Antrag unterstützt? — Es liegt die genü-
deutsche Fragen (Drucksache 369) gende Unterstützung vor. Das Wort wird nicht
mit Umdruck 87 Ziffer 2. Hier liegen Änderungs- weiter gewünscht. Dann stimmen wir im Wege
anträge auf Umdruck 80, Antrag der Fraktion namentlicher Abstimmung ab.
der CDU/CSU und der Fraktion des GB/BHE, und (Vizepräsident Dr. Schneider über
auf Umdruck 81, Antrag der Fraktion des GB/BHE, nimmt den Vorsitz.)
vor. Werden die Anträge begründet?
(Zuruf: Nein!) Vizepräsident Dr. Schneider: Meine sehr ver-
ehrten Damen und Herren, damit es keinen Irr-
— Die Anträge werden nicht begründet.
tum gibt: der Antrag, über den wir jetzt abstim-
Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmel- men, lautet auf Streichung. Wer den Haushalt also
dungen. Ich lasse zunächst über Umdruck 80*) ab- behalten will, muß sich entsprechend verhalten.
stimmen. Wer für die Annahme ist, der möge die (Heiterkeit.)
Hand erheben. — Gegenprobe! — Ersteres war die (Einsammeln der Abstimmungskarten.)
Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich
Wer für die Annahme von Umdruck 81**) ist, frage: Hat noch jemand zu der namentlichen Ab-
den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! stimmung nicht abgestimmt? — Dann bitte ich,
(Zuruf vom GB/BHE.) sich zu beeilen. — -
— Ich wiederhole die Abstimmung; offensichtlich Ich schließe die namentliche Abstimmung. —
haben die Herren Antragsteller übersehen, daß Meine Damen und Herren! Ich gebe das vorläu-
eben über ihren Antrag abgestimmt worden ist. fige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung
Wer für den Antrag Umdruck 81 ist, den bitte bekannt. Abgegebene Stimmen 413. Mit Ja haben
ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Es 173 gestimmt; mit Nein 233. Enthaltungen 7.
besteht Unklarheit über das Ergebnis der Abstim- Von den Berliner Abgeordneten wurden 21 Stim-
mung. Ich bitte, durch Hammelsprung abzustimmen. men abgegeben. Davon haben gestimmt mit Ja 13,
(Die Abgeordneten verlassen den Saal.) mit Nein 6; 2 Enthaltungen.
Damit ist der Antrag auf Umdruck 102, den die
Ich bitte, die Türen zu schließen. — Ich bitte, SPD-Fraktion gestellt hatte, mit Mehrheit abge
mit der Auszählung zu beginnen. lehnt.
(Wiedereintritt und Zählung.) Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Auszählung Einzelplan 29. Ich bitte diejenigen Damen und
ist beendet. Herren, die diesem Einzelplan zustimmen wollen,
um ein Handzeichen! — Gegenprobe! — Enthal-
Dies ist das Ergebnis der Abstimmung: Mit Ja tungen? — Der Einzelplan ist mit Mehrheit ange-
haben gestimmt 172, mit Nein 207 Mitglieder des nommen.
Hauses; 1 Mitglied hat sich der Stimme enthalten.
Damit ist der Antrag abgelehnt. Das Wort zur Geschäftsordnung wünscht der Ab-
geordnete von Brentano.
Wir stimmen nunmehr über den Einzelplan 27
ab. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Dr. von Brentano (CDU/CSU): Herr Präsident!
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Meine Damen und Herren! Ich stelle namens mei-
Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. ner Fraktion den Antrag, die Sitzung für eine halbe
Ich rufe auf Stunde zu unterbrechen.
Einzelplan 28, Haushalt für den Geschäfts- Vizepräsident Dr. Schneider: Das Haus hat den
bereich des Bundesministers für Angelegen- Antrag gehört. Wird das Wort dazu gewünscht?
heiten des Bundesrates. Ich möchte meinen, nicht. Es ist seit jeher üblich,
*) Siehe Anlage 23 Seite 1292 *) Siehe Anlage 26 Seite 1295
**) Siehe Anlage 24 Seite 1293 *) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 1311
1252 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Vizepräsident Dr. Schneider)
daß, wenn eine so große Fraktion den Antrag auf Wer dem Einzelplan zustimmen will, den bitte ich
Unterbrechung stellt, dem stattgegeben wird. Ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthal-
darf feststellen, daß das auch hier geschieht. tungen? — Mit Mehrheit angenommen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Fraktions Ich rufe auf
sitzung!) Einzelplan 40, Haushalt der sozialen Kriegs-
Ich unterbreche die Sitzung auf 30 Minuten und folgeleistungen.
gebe bekannt, daß die Fraktion der CDU/CSU
sofort eine Fraktionssitzung hat. Zu diesem Haushalt liegen Änderungsanträge
auf den Umdrucken 104, 101 und 103 vor. Zunächst
(Unterbrechung der Sitzung: 14 Uhr der Änderungsantrag der SPD-Fraktion, Um-
59 Minuten.) druck 104:
Die Sitzung wird um 15 Uhr 38 Minuten durch In Kap. 4009 Tit. 104 (Dienstbezüge der
den Vizepräsidenten Dr. Schneider wieder eröffnet. nichtbeamteten Kräfte) werden die für das
Rechnungsjahr 1953 genehmigten 859 Stel-
Vizepräsident Dr. Schneider: Meine sehr ver- len für Aushilfsangestellte für das Rechnungs-
ehrten Damen und Herren! Wir fahren in der un- jahr 1954 beibehalten. Die für die Durch-
terbrochenen Sitzung fort. führung des Vorverfahrens erforderlichen
(Abg. Mellies: Warum ist sie eigentlich un zusätzlichen 150 Angestellten werden hier-
terbrochen worden?) von nicht berührt.
— Ich weiß es nicht. Wird das Wort dazu gewünscht? — Bitte!
Ich rufe auf
Traub (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und
Einzelplan 30, Haushalt der Bundesminister Herren! Wenn wir von der sozialdemokratischen
für besondere Aufgaben. Fraktion Ihnen diesen Änderungsantrag heute noch
Hierzu liegt ein Antrag der Fraktion der SPD einmal vorlegen, so deshalb, weil wir bei der zwei-
auf Umdruck 102*) vor, den Haushalt der Bundes- ten Lesung der Entschließung auf Umdruck 62
minister für besondere Aufgaben zu streichen. zugestimmt haben, die von der Deutschen Partei
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht beantragt war und besagte, daß die Bundesregie-
gewünscht. rung zusätzlich ältere Angestellte für die Durch-
Ich komme zur Abstimmung. Wer diesem Än- führung der Arbeit bei den Versorgungsämtern
derungsantrag der SPD auf Streichung des Haus- einstellen solle. Diese Entschließung wurde seiner-
halts zustimmen will, den bitte ich um ein Hand- zeit hier vom Hause einstimmig angenommen, und
zeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ent- ich glaube deshalb — —
haltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der (Zuruf von der Mitte: In der dritten Lesung
Antrag der SPD ist abgelehnt. erst!)
Ich komme dann zur Abstimmung über den Ein- — In der zweiten Lesung.
zelplan 30 selbst. Wer ihm zustimmen will, den (Zuruf von der Mitte: Nein, es ist eine Ent
bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — schließung zur zweiten Beratung, über die
Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; Ein- -
in der dritten Beratung abgestimmt wird,
zelplan 30 ist angenommen. Herr Kollege Traub!)
Einzelplan 32, Haushalt der Bundesschuld. — Also, jedenfalls, ich habe damals hier erklärt,
Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer dem daß wir dieser Entschließung zustimmen. Wenn
Einzelplan zustimmen will, den bitte ich um ein Sie dazu übergehen, die Zahl der Aushilfsange-
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — stellten von 859 auf 750 zu reduzieren — denn
Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. etwas anderes besagt der Haushalt nicht —, dann
Ich rufe auf könnnen Sie nicht eine solche Entschließung hier
vorlegen und nachher annehmen.
Einzelplan 35, Haushalt der Verteidigungs-
lasten. Ich darf Sie noch einmal bitten, im Hinblick dar-
auf, daß heute noch 550 000 Rentenanträge unerle-
Zu diesem Einzelplan liegt auf Umdruck 76 digt sind, dem Antrag der sozialdemokratischen
Ziffer 2 ein Antrag der SPD-Fraktion vor, der lau- Fraktion auf Umdruck 104 zuzustimmen. Er besagt
tet: nichts anderes, als daß der Stellenansatz, der be-
In Einzelplan 35 Kap. 3501 Tit. 300 ist der reits im Jahre 1953 genehmigt wurde, auch für
Beitrag der Bundesrepublik an die Euro- das Jahr 1954 wieder Gültigkeit haben soll.
päische Verteidigungsgemeinschaft (zum Dann darf ich, Herr Präsident, hier auch gleich
Teil Stationierungsbeitrag) um 1 000 000 000 noch kurz auf den Antrag auf Umdruck 103 ein-
auf 8 000 000 000 DM zu kürzen. gehen. Auch diesen Antrag möchte ich nicht noch
Wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht einmal sachlich begründen. Der Änderungsantrag
der Fall. bezieht sich auf die Schaffung einer Abteilung für
Ich komme zur Abstimmung. Wer diesem Ände- hirnverletzte Kriegsbeschädigte in Tübingen.
rungsantrag der SPD-Fraktion zustimmen will, Ich darf dazu noch einige Worte sagen, weil ja
den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! auf Umdruck 88 auch eine Entschließung vorliegt.
— Enthaltungen? — Das zweite war die Mehr- Meine Damen und Herren, ich darf Sie doch wirk-
heit; der Antrag der SPD-Fraktion ist abgelehnt. lich bitten, unserem Antrag zuzustimmen; denn
der Herr Bundesarbeitsminister — das
Da andere Anträge zu diesem Einzelplan nicht war ja erfreulich — hat sich bei der letzten Bera-
vorliegen, komme ich zur Abstimmung über den tung sehr positiv zu der Schaffung dieses Hirnver-
Einzelplan 35, Haushalt der Verteidigungslasten. letztenheims ausgesprochen. Er hat hier zum Aus-
druck gebracht, daß die Verhandlungen schon zwei
*) Siehe Anlage 26 Seite 1295 Jahre liefen. Die Bauzeit für diese Abteilung des
2 Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1253
(Traub)
Hirnverletztenheims in Tübingen beträgt ungefähr Ich bitte, den Antrag abzulehnen.
drei Jahre. Wenn wir nun noch einmal bis zur (Abg. Marx: Die Rentner täuschen Sie
Etatberatung 1955 warten sollen, dann bedeutet das nicht, wenn Sie sich auch selbst täuschen!)
nichts anderes, als daß wir erst im Frühjahr 1955
zu diesem Antrag Stellung nehmen und die ent- Vizepräsident Dr. Schneider: Meine Damen und
sprechenden Mittel einsetzen können. Wir haben Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ihnen vorgeschlagen, schon in diesem Haushalts Ich schließe die Aussprache.
jahr 150 000 DM mit Sperrvermerk einzusetzen. Ich komme zur Abstimmung über die Ände-
Es kann also praktisch hierbei gar nichts passieren. rungsanträge. Ich lasse zuerst über Umdruck 104*),
Ich darf Sie noch einmal bitten, im Interesse Antrag der Fraktion der SPD, abstimmen. Wer
der Beschleunigung dieser ganzen Angelegenheit diesem Änderungsantrag auf Umdruck 104 zustim-
dem Antrag auf Umdruck 103 Ihre Zustimmung men will, den bitte ich um ein Handzeichen. —
zu geben. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist
(Beifall bei der SPD.) mit Mehrheit abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Ände-
Vizepräsident Dr. Schneider: Bitte, Frau Abge- rungsantrag der Fraktion der SPD auf Um-
ordnete Dr. Probst. druck 101**). Der Herr Bundesfinanzminister
wünscht zu diesem Antrag das Wort. Ich erteile es
Frau Dr. Probst (CDU/CSU): Herr Präsident! ihm.
Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Antrag
der Fraktion der SPD abzulehnen. Die 859 Stellen Schäffer, Bundesminister der Finanzen: Herr
genügen nicht. Es hat sich ja herausgestellt, daß Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß zu
heute in der Tat eine Quote von 800 Rentenfällen diesem Antrag eine Erklärung abgeben. Es sind zu-
pro Sachbearbeiter gegeben ist. Das ist ein Zustand, sammen mit der Frage des Bundesanteils wegen
der nicht erträglich ist und der nicht dahin führt, der Rücksichtnahme auf die Deckungsmöglich-
wohin wir kommen müssen, daß nämlich die keiten drei Posten in Verbindung gestellt: 120 Mil-
550 000 unerledigten Anträge endlich in diesem lionen DM für den Grenzlandfonds, 70 Millionen
Jahr bearbeitet werden. Wir haben uns deshalb auf DM für Wohnungsbau für Sowjetzonenflüchtlinge
den Boden der Erklärung des Herrn Bundesfinanz- und 50 Millionen DM für Kriegsgefangenenent-
ministers gestellt, der gesagt hat, daß er den echten schädigung. Der letzte Posten unterscheidet sich
Bedarf in einem überplanmäßigen Stellenausgleich von den zwei vorausgegangenen insofern, als er
decken wird. In diesem Sinne können wir auch bereits eine gesetzliche Verpflichtung darstellt. Mit
durchaus dem Antrag der DP zustimmen, der den Rücksicht darauf habe ich in meinem Hause bereits
Grundsatz der Heranziehung älterer Angestellter angeordnet — und die Anordnung ist bereits voll-
ausspricht. zogen —, daß die Geldanforderungen, die bei der
(Beifall bei der CDU/CSU.) Durchführung dieser Kriegsgefangenenentschädi-
gungen entstehen werden, angewiesen werden in
Vizepräsident Dr. Schneider: Bitte, Herr Abge- der Erwartung, daß die vorgesehene Deckung auch
ordneter Traub. erfüllt wird. Im Wege der Vorschußzahlung - ist es
möglich, allen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.
Traub (SPD): Meine Damen und Herren, ich darf Insofern rennt der Antrag offene Türen ein. Er hat
dazu folgendes sagen: Wir haben das letzte Mal aber auch eine Gefahr: es ist nämlich sicher, daß
schon zum Ausdruck gebracht, daß 859 Angestellte die Deckung nur in der Höhe des Bundesanteils
nicht ausreichen. Aber es ist unmöglich, heute zu gefunden werden kann. Wenn sie wider Erwarten
beschließen, daß nur 750 Aushilfsangestellte be- nicht zustande käme, wäre ein Nachtragshaushalt
schäftigt werden. Wenn der Herr Bundesarbeits- erforderlich. Die Verbindung soll der Hinweis dar-
minister sagt, daß er zusätzliche Kräfte beschäfti- auf sein, daß die Deckungsfrage dann auf anderem
gen wolle, dann vergeben Sie sich ja gar nichts, Wege gelöst werden müßte.
wenn Sie unserem Antrag zustimmen, daß zu-
nächst einmal der alte Ansatz bleibt. Selbstver- Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort wird
ständlich sind wir damit einverstanden, daß über weiter nicht gewünscht. Ich schließe die Be-
diese 859 Kräfte hinaus noch zusätzliche Kräfte sprechung.
vom Herrn Bundesarbeitsminister zur Verfügung Wir kommen zur Abstimmung über den Ände-
gestellt werden. rungsantrag der Fraktion der SPD auf Um-
(Beifall bei der SPD.) druck 101. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den
bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! —
Vizepräsident Dr. Schneider: Wünschen Sie noch Enthaltungen? — Mit Mehrheit abgelehnt.
einmal das Wort, Frau Abgeordnete? — Bitte! Wir kommen zur Abstimmung über den Än-
derungsantrag der Fraktion der SPD auf Um-
Frau Dr. Probst (CDU/CSU): Meine Herren, ich druck 103. Der Antrag liegt Ihnen allen vor; ich
darf feststellen, daß unsere Lösung eine viel brauche ihn nicht nochmals zu verlesen. Wer die-
weitergehende ist, sem Antrag zustimmen will, den bitte ich, die Hand
(Lachen bei der SPD) zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
Mit Mehrheit abgelehnt.
daß sie an dem Status quo gar nichts ändert, da
wir die sichere Zusage des Herrn Bundesfinanz- Zu diesem Haushalt liegen noch vor die Ent-
ministers sofort in Anspruch nehmen werden. Es schließung auf Umdruck 62 und die Entschließung
ist also gar nicht notwendig, uns heute auf 859 auf Umdruck 88. Wird das Wort dazu gewünscht? —
festzulegen. Dies würde den Willen des Hauses auf Bitte, Herr Abgeordneter Schneider.
einen Zustand festlegen, der auf die Dauer nicht
erträglich ist. *) Siehe Anlage 30 Seite 1299
(Zurufe von der SPD.) **) Siehe Anlage 28 Seite 1297
1254 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Schneider (Bremerhaven) (DP): Herr Präsident! Entschließungsantrag zustimmen will, den bitte ich
Meine Damen und Herren! In der voraufgegan- um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun-
genen Debatte ist schon angeklungen, welcher gen? — Einstimmig angenommen.
Arbeitsrückstau auf dem Sektor der Kriegsbeschä- Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den
digten besteht. Die vorliegende Entschließung auf Einzelplan 40: Haushalt der sozialen Kriegsfolge-
Umdruck 62 beschäftigt sich darüber hinaus mit leistungen. Wer zustimmen will, den bitte ich, die
dem großen Kreis derjenigen, die infolge der Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltun-
Kriegsläufte und Nachkriegsfolgen unter die ver- gen? — Einstimmig angenommen.
schiedenartigsten Gesetze fallen. Wir sind leider
im Nachkriegsdeutschland in der mißlichen Lage, Ich rufe auf:
einen riesenhaften Personenkreis versorgen zu Einzelplan 45 — Haushalt Finanzielle Hilfe
müssen. Es ist bekannt, daß auch bei den Lasten- für Berlin (Drucksache 376.)
ausgleichsämtern, bei den Ämtern, die sich mit der Dazu liegen die Änderungsanträge Umdrucke 79
Rückführung der Evakuierten usw. befassen, ein und 82 vor. Bevor wir aber in die Beratung darüber
ganz erheblicher Arbeitsrückstau entstanden ist, eintreten, darf ich dem Abgeordneten Dr. Reif das
und zwar nicht dadurch, daß auf Grund der be- Wort erteilen, der darum gebeten hat.
stehenden Gesetze dieser Personenkreis versorgt
werden muß, sondern darüber hinaus auch durch Dr. Reif (FDP): Herr Präsident! Meine Damen
die immer wiederkehrenden Änderungen, durch die und Herren! Die Fraktionen der CDU/CSU und der
auch immer wieder Veränderungen in der Betreu- FDP haben dem Hause in Umdruck 19 — —
ung all dieser Personen erforderlich sind. Wenn (Zuruf von der Mitte: Ist noch gar nicht
wir dabei daran denken, daß es sich zu einem gro- aufgerufen!)
ßen Teil um ältere Personen handelt, die vielfach
schon am Lebensabend stehen, dann glaube ich mit Vizepräsident Dr. Schneider: Das hatte ich noch
Ihnen allein darin einig zu sein, daß hier erst recht nicht aufgerufen. — Wollten Sie nur dazu das
eine Verpflichtung besteht, diesen Leuten schnellst- Wort haben?
möglich Hilfe zu bringen.
Über die Einsatzbereitschaft der Angestellten Dr. Reif (FDP): Ja.
und Beamten, die mit diesen Dingen betraut sind,
brauche ich mich hier nicht auszulassen. Wer selbst Vizepräsident Dr. Schneider: Das war mir nicht
auf diesen Ämtern ein- und ausgeht — ich glaube, gesagt worden.
das ist ein nicht geringer Teil von Ihnen, meine Wird zu dem Änderungsantrag der Fraktion
Damen und Herren —, weiß, in welcher Weise diese der SPD auf Umdruck 79*) das Wort gewünscht? —
Beamten und Angestellten eingespannt sind. Meine Bitte, Abgeordneter Brand!
Freunde und ich haben dankbar vermerkt, daß der
Herr Bundesfinanzminister bereit ist, auf dem Sek- Brandt (Berlin) (SPD): Herr Präsident, darf ich
tor der Kriegsbeschädigten einer angemessenen bei der Begründung des Änderungsantrags Um-
Regelung zuzustimmen. Wir wären deshalb dank- druck 79 gleich den weiteren Änderungsantrag
bar, wenn Sie unserem Antrag, der sich auch auf meiner Fraktion Umdruck 84*) begründen?
andere Personenkreise erstreckt, ebenfalls Ihre Zu-
stimmung geben würden. Vizepräsident Dr. Schneider: Gut, ja.
Ein Wort sei mir aber noch erlaubt. Es ist be- Brandt (Berlin) (SPD): Meine Damen und Herren!
kannt, daß ein Großteil der Aufwendungen, die aus Namens der sozialdemokratischen Fraktion habe
der Versorgung dieser Personenkreise entstehen, ich folgendes auszuführen. Das eigentliche Thema,
heute zu Lasten der Kommunen bzw. auch der um das es im Zusammenhang mit dem Berlin be-
Länder gehen. Es muß eine Regelung gefunden treffenden Einzelplan geht, lautet auch heute in
werden, daß die Kommunen und Länder nicht noch der dritten Beratung: Welchen Barzuschuß soll
mehr als bisher für Aufgaben des Bundes in An- Berlin zur Deckung des Fehlbedarfs in seinem
spruch genommen werden. Haushalt erhalten?
Ich vermerke außerdem dankbar folgendes. Wir Die sozialdemokratische Fraktion wiederholt mit
sind uns alle, wie schon die Frau Kollegin Probst ihrem Antrag Umdruck 79 das Verlangen in der
angedeutet hat, darüber einig, daß wir jetzt einen zweiten Beratung, in den Bundeshaushalt einen
ersten Schritt tun können, um den Interessen des Zuschuß von 800 Millionen DM einzusetzen. Die
Personenkreises der älteren Angestellten entgegen- zwischen dem Herrn Bundesfinanzminister und
zukommen. Über dieses Thema wird im Bundestag dem Berliner Senat vereinbarte Regelung ist nach
demnächst sowieso zu sprechen sein. unserer Meinung unzulänglich. Sie wird auch von
den gegenwärtigen Regierungsparteien in Berlin
Vizepräsident Dr. Schneider: Wird das Wort
weiter gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich als unbefriedigend betrachtet und entspricht außer-
dem nicht jener. Zusage, die der Herr Bundes-
komme zur Abstimmung. kanzler in dieser Frage in Berlin gemacht hat. Wir
Wer dem Entschließungsantrag der Fraktion der haben in der zweiten Beratung aufgezeigt, daß die
DP auf Umdruck 62*) zustimmen will, den bitte ich beantragte Erhöhung im Rahmen des vorliegenden
um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun- Haushalts durchaus möglich ist. Wir sind der Mei-
gen? — Einstimmig angenommen. nung, daß gerade in der gegenwärtigen Lage aus
nationalpolitischen Gründen die Sicherung des
Wir kommen zu dem Entschließungsantrag der Berliner Haushalts allen sonstigen Maßnahmen
Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP auf
vorgehen muß, d. h. daß er anders als durch Zu-
Umdruck 88**). Wird das Wort zur Begründung ge- sammenstreichen notwendiger Ausgaben in Ord-
wünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer diesem nung gebracht werden muß.
*) Siehe Anlage 27 Seite 1296 *)SiehAnlag32t10
**) Siehe Anlage 25 Seite 1294 *)SiehAnlag34t10
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1255
(Brandt [Ber li n])
Nachdem versäumt wurde, eine Ausweitung des In diesem Zusammenhang beantragen wir auf
Berliner Notprogramms in die Erörterung der letz- Umdruck 84 Ziffer 3 noch die sachliche Ergänzung,
ten Wochen einzubeziehen, müssen wir heute fest- die abzugsfähigen Pauschbeträge um 50 % zu er-
stellen, daß das Notprogramm in seinem jetzigen höhen. Dadurch könnte unserer Meinung nach der
Rahmen finanziell gefährdet ist. Das ist angesichts bedenklichen Abwerbung von Fachkräften aus
der 200 000 Arbeitslosen in Westberlin nicht zu Berlin begegnet werden, die Heranziehung neuer
verantworten. Diese Gefahr muß abgewendet Kräfte könnte erleichtert werden. Gerade auf diese
werden. Weise können wir auch einer großen Zahl kleiner
Der Haushaltsausschuß hat — wenn ich das Leute eine fühlbare Erleichterung verschaffen.
gleich miterwähnen darf, Herr Präsident — in Vor allem wünschen wir gemäß Umdruck 84
seiner Vorlage auf Drucksache 495 empfohlen, den Ziffer 1 durch die Einfügung eines neuen Satzes
ersten Teil unserer Entschließung vom 6. April an- erneut die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß
zunehmen. Darin heißt es: die Bemühungen zur Steigerung von Bundesauf-
Der nach Leistung des Bundeszuschusses ver- trägen für Berlin verstärkt werden müssen. Die
bleibende Ertrag des Notopfers sollte aus- Massenarbeitslosigkeit in Berlin muß noch ener-
schließlich verwendet werden, um die wirt- gischer als bisher bekämpft werden. Der deutsche
schaftliche und soziale Position Berlins zu Westen kann zum Kampf gegen die Massen-
sichern. arbeitslosigkeit mehr tun als bisher, wenn die Auf-
Die Neufassung jenes Entschließungsentwurfs der tragserteilung des Bundes, der Länder und der
CDU/CSU und FDP, zu dem wir unseren Ände- Gemeinden an Berliner Lieferfirmen wesentlich
rungsantrag auf Umdruck 84 gestellt haben, zeigt und nachdrücklich verstärkt wird.
unserer Meinung nach, daß die Kritik der Berliner Wir möchten auch an dieser Stelle die Aufmerk-
und das Drängen der Opposition nicht wirkungslos samkeit des Hauses auf ein Problem lenken, das
geblieben sind. sich aus der Anordnung des Vertriebenenministe-
(Abg. Arndgen: Der Antrag ist ja gar nicht riums betreffend eine verschärfte Handhabung des
aufgerufen!) Notaufnahmeverfahrens ergibt. Es muß auf jeden
— Ich hatte den Herrn Präsidenten gebeten, zu Fall verhindert werden, daß die Lage in Berlin
unseren Anträgen zusammenhängend sprechen zu wiederum durch eine stark zunehmende Zahl nicht
dürfen. anerkannter und nicht ausgeflogener Flüchtlinge
erschwert wird.
Vizepräsident Dr. Schneider: Ich habe die Er- Die zentrale Aufgabe nimmt uns kaum noch je-
laubnis erteilt. mand außerhalb Deutschlands ab, nämlich die Auf-
gabe, die Berliner in Arbeit zu bringen, nicht zu-
(Abg. Arndgen: Entschuldigen Sie!) letzt auch die vielen Angestellten, die als Opfer
der Ausschaltung Berlins aus seiner Hauptstadt-
Brandt (Berlin) (SPD): Wir hätten es begrüßt, funktion auf der Strecke geblieben sind. Diese
wenn über die Fragen der Wirtschaftsförderung Aufgabe ist uns selbst, sie ist uns allen gestellt.
und der Steuerpräferenzen für Berlin — nach einer Die sozialdemokratische Fraktion wird ihrerseits
guten Übung des 1. Bundestages — in den zu- nicht müde werden, ihren positiven Beitrag zur
ständigen Ausschüssen gemeinsam beraten worden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Siche-
wäre. Berlin geht uns alle an. Wenn der Herr rung Berlins zu leisten.
Bundesfinanzminister die in dem Antrag der bei-
den größten Regierungsparteien enthaltenen Ver- (Beifall bei der SPD.)
pflichtungen akzeptiert hat, werden wir als sozial-
demokratische Fraktion nicht widersprechen. Wir Vizepräsident Dr. Schneider: Wird weiter das
begrüßen jede Erleichterung für Berlin. Über die Wort zum Änderungsantrag der SPD auf Um-
Zweckmäßigkeit dieser oder jener Maßnahme hat druck 79 gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich
es unterschiedliche Meinungen gegeben. Es hat komme zur Abstimmung. Wer dem Änderungsan-
ernste Zweifel in unseren Reihen gegeben, ob es trag der Fraktion der SPD auf Umdruck 79 zu-
sinnvoll ist, die gutgestellten Kreise in Berlin stimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. —
völlig vom Notopfer freizustellen. Ernst Reuter Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Ergebnis der
pflegte zu sagen, daß auf die Dauer nur dem ge- Abstimmung ist zweifelhaft. Ich darf die Abstim-
holfen wird, der entschlossen ist, sich selbst zu mung wiederholen. Wer dem Änderungsantrag der
helfen. Fraktion der SPD auf Umdruck 79 zustimmen will,
Im übrigen sind wir gespannt, welche Vorstel- den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen-
lungen der Herr Bundesfinanzminister über die probe! — Enthaltungen? — Das Präsidium ist sich
Deckung der heute grundsätzlich zu beschließen- über das Ergebnis der Abstimmung nicht einig. Sie
den Maßnahmen hat. Wenn die generelle Strei- muß also durch Hammelsprung wiederholt werden.
chung des Notopfers in Berlin beschlossen wird, Ich bitte, den Saal zu verlassen.
müßte gemäß unserem Antrag auf Umdruck 84 (Die Abgeordneten verlassen den Saal.)
Ziffer 4 festgelegt werden, daß der dadurch im Ich bitte, die Türen zu schließen.
Berliner Haushalt entstehende Ausfall durch ent-
sprechende Erhöhung des Bundeszuschusses zu Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
decken ist. Es handelt sich um 30 Millionen DM für (Wiedereintritt und Zählung.)
drei Viertel des begonnenen Haushaltsjahres. Wir Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte, die Türen
meinen auch, die Erhöhung der Steuerfreibeträge, zu schließen.
von der im Antrag der beiden größten Regierungs-
parteien die Rede ist, sollte nicht, wie wohl vor- Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis
gesehen, auf die Lohnsteuerpflichtigen beschränkt der Abstimmung bekannt: Mit Ja haben gestimmt
bleiben. Wegen der Handwerker und der kleinen 161 Abgeordnete, mit Nein 212, enthalten haben
Geschäftsleute sollten wir es bei der allgemeineren sich 5. Damit ist der Antrag der Fraktion der SPD
Formulierung belassen. auf Umdruck 79 abgelehnt.
1256 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Vizepräsident Dr. Schneider)
Ich rufe nunmehr auf Umdruck 82*), Änderungs desbauten in Berlin durchzuführen. Wir begrüßen
antrag der Fraktion des GB/BHE. diese Maßnahme des Bundes und sind auch der
(Abg. Dr. Eckhardt: Ich beantrage nament Meinung, daß die Zahlungsbilanz Berlins dadurch
liche Abstimmung!) verbessert wird. Es ist aber nicht zutreffend, daß
Bitte, Herr Abgeordneter! durch dieses Einspringen des Bundes etwa die not-
wendigen Investitionen, die die Stadt Berlin vor-
Dr. Gille (GB/BHE): Herr Präsident! Meine gesehen hat, gedeckt werden können. Deshalb sind
Damen und Herren! Der Antrag meiner Fraktion wir der Meinung, daß auch in Höhe dieser 15 Mil-
zu dem gleichen Thema, Finanzielle Hilfe für Ber- lionen die gesetzliche Verpflichtung des Bundes
lin, geht von zwei Tatsachen aus, die eigentlich noch in voller Höhe besteht. So erklärt sich unser
nicht bestritten werden können. Es ist einmal die Antrag, den Ansatz um 70 Millionen DM zu erhö-
Tatsache, daß der Senat Berlin sich hinsichtlich hen, nämlich um 55 Millionen DM für den rechne-
seines Bedarfs für das Jahr 1954 mit dem Herrn rischen Fehlbetrag aus dem Jahre 1952 und 15 Mil-
Bundesfinanzminister auf den Betrag von 800 Mil- lionen DM für noch nicht gedeckte Investitionen
lionen DM geeinigt hat, daß aber in dieser Eini- der Stadt Berlin.
gung die Abrede enthalten ist, daß der Fehlbetrag Ich möchte noch einmal an das Haus appellieren,
des Jahres 1952 in Höhe von 55 Millionen DM un- bei der Behandlung der Finanzhilfe für Berlin
gedeckt im neuen Haushalt verbleiben soll. nicht zu vergessen, daß alle unsere Worte, die wir
Der zweite Tatbestand ist die gesetzliche Ver- hier häufig in diesem Haus in voller Einmütigkeit
pflichtung des Bundes, den haushaltsrechtlichen in dem Gefühl der Solidaritätsverpflichtung gegen-
Fehlbetrag durch Bundeszuschuß zu decken. Der über unseren Brüdern in Berlin ausgesprochen
Bundestag kann sich unseres Erachtens nicht haben, nichts nützen, wenn der Bund nicht einmal
dabei beruhigen, daß der Senat Berlin als die zu- bereit ist, das zu tun, wozu er gesetzlich ver-
ständige Vertretung der Stadt Berlin eine Einigung pflichtet ist.
vollzogen hat. Nach unserer Ansicht bleibt die (Beifall beim GB/BHE und bei der SPD.)
volle Verantwortung des Bundestages zumindest Meine Fraktion bittet um namentliche Abstim-
hinsichtlich der gesetzlichen Verpflichtung des mung.
Bundes bestehen. Wir sind der Meinung: wenn die
gesetzliche Verpflichtung des Bundes so lautet, daß Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der
der gesamte Fehlbetrag zu decken ist, beinhaltet Herr Bundesfinanzminister.
das auch die Deckung des rechnungsmäßigen Fehl-
betrages, der vor zwei Jahren entstanden ist. Es Schäffer, Bundesminister der Finanzen: Herr
entspricht nicht nur einer gesunden und vernünf- Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem be-
tigen Haushalts- und Finanzpolitik, den Fehlbetrag reits in der zweiten Lesung über diesen Antrag ab-
spätestens nach zwei Jahren zu decken, sondern gestimmt worden ist, hätte ich eigentlich keinen
für die Stadt Berlin besteht dazu auch eine gesetz- Anlaß, das Wort zu ergreifen, wenn nicht die neue
liche Verpflichtung. Ich finde keine Gründe, die Begründung des Antrags mich zwingen würde,
dem Bund ausreichenden Anlaß geben könnten, einige Feststellungen zu treffen.
bei dieser klaren Rechtslage die Verpflichtung zur -
Deckung des Betrags von 55 Millionen DM etwa Berlin hat, um seinen Landeshaushalt in Ord-
zu verneinen. Ich bin der Meinung, daß gerade in nung zu bringen, gewünscht, das es 800 Millionen
diesem Jahr und zu diesem Zeitpunkt — ich meine DM erhält. Es erhält die 800 Millionen auf folgen-
damit das Scheitern der Berliner Konferenz und dem Weg: 710 Millionen Bundeszuschuß; 75 Millio-
alles, was sich im Zusammenhang damit abgespielt nen als Darlehen, das bestimmt ist, Programme,
hat, und die nationalpolitische Verschärfung der auch Investitionsprogramme, mit Bundesbürgschaft
Situation Berlins — nicht schöne Reden allein ge- in Berlin durchzuführen; 15 Millionen für Bundes-
nügen, sondern daß zumindest die gesetzliche Ver- bauten. Diese Bundesbauten und die Gelder dafür
pflichtung des Bundes auf Heller und Pfennig wären an sich im Bundesgebiet sehr notwendig ge-
erfüllt werden muß. wesen. Sie sind nach Berlin verlegt worden, weil
(Beifall beim GB/BHE und bei der SPD.) dadurch in Berlin im Wohnungsbau und für den Ar-
Wir sind bereit, auch noch darüber hinaus alles beitsmarkt Beschäftigungsmöglichkeit gegeben
mitzutun, was in den Kräften des Bundes steht. wird und weil unter Umständen Gebäude gebaut
und hergerichtet werden können, die später unmit-
Wir bitten aber um Verständnis dafür — und wir
hoffen, daß das Haus dem zustimmen kann —, daß telbaren Verwaltungszwecken in Berlin zur Ver-
mindestens die gesetzlichen Verpflichtungen des fügung gestellt werden können. Damit wird also
Berlin in Höhe von 15 Millionen weiter entlastet,
Bundes gegenüber Berlin gerade in der gegenwär-
und den Wünschen bezüglich der 800 Millionen DM
tigen Stunde restlos erfüllt werden müssen.
ist entsprochen.
Bei der Absprache zwischen dem Senat von
Berlin und dem Herrn Bundesfinanzminister hat Nun halte ich es aber für ganz falsch, die Argu-
man zur Deckung des Fehlbedarfs von 800 Millio- mentation zu bringen, man müsse Berlin auch in
nen DM noch einen haushaltsrechtlichen Trick an- die Lage versetzen, Fehlbeträge früherer Jahre
gewandt, der wirklich keine echte Deckung bedeu- abzudecken, und das in derselben Stunde, in der
tet. Der Senat von Berlin hat sich damit einver- der Bund, der doch derjenige ist, der die Gelder
standen erklärt, daß in Höhe von 15 Millionen DM, gibt, nicht dazu in der Lage ist. Das würde dazu
die für Bauten der Stadt Berlin und für Investie- führen, daß auf der einen Seite hier einer haus-
rungen vorgesehen waren, an die Stelle dieser haltsmäßigen Vorschrift genügt wird, auf der an-
Investierungen, die, wie man unterstellen darf, deren Seite aber der Haushalt des Bundes des
doch sicherlich notwendig gewesen sind, die Ver- Jahres 1954 nicht mehr abgeglichen werden kann.
pflichtung des Bundes tritt, in dieser Höhe Bun- Das kann nicht der Sinn solcher Maßnahmen sein.
(Abg. Dr. von Brentano: Richtig! — Beifall
*) Siehe Anlage 33 Seite 1302 bei der CDU/CSU.)
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1257

Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat Ab- 50 Mitglieder zählt, darf ich das Haus fragen, ob
geordneter Dr. Gille. der Antrag auf namentliche Abstimmung hinrei-
chend unterstützt wird. — Das ist der Fall. Es wird
Dr. Gille (GB/BHE): Herr Präsident! Meine namentlich abgestimmt über Umdruck 82*), Ände-
Damen und Herren! Herr Bundesfinanzminister! rungsantrag der Fraktion des GB/BHE. Ich bitte
Meine Fraktion hat zur Begründung ihres An- die Herren Schriftführer, die Stimmzettel einzu-
trages nichts dagegen gesagt, daß zur Deckung der sammeln.
800 Millionen DM in Höhe von 75 Millionen DM, (Einsammeln der Abstimmungskarten)
da es sich doch um echte Investitionsausgaben han-
deln soll, der Weg der Anleihe beschritten werden Meine sehr verehrten Damen und Herren! Haben
soll. Die 15 Millionen DM für Bundesbauten, die alle Abgeordneten in der namentlichen Abstim-
doch sicherlich nicht im Haushalt von Berlin darin mung ihre Stimme abgegeben? Wenn nicht, dann
bitte ich, das gleich zu tun.
waren, können doch bei Gott nicht als eine echte
Deckung des Bedarfs des Berliner Haushalts ange- Ich unterstelle, daß alle Stimmzettel abgegeben
sehen werden. sind, und schließe die namentliche Abstimmung.
(Sehr richtig! beim GB/BHE.) (Auszählen der Abstimmungskarten.)
Ich habe schon gesagt, Herr Bundesfinanzminister, Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich
daß wir es sehr dankbar anerkennen, daß der gebe das vorläufige Ergebnis **) der namentlichen
Bund in diesem Umfange dort Bauten durch- Abstimmung zu Umdruck 82 bekannt. Abgegebene
führen wird, meinetwegen auch diese Bauten der Stimmen 411; Ja 185, Nein 222, Enthaltungen 4.
Stadt Berlin zur Verfügung stellen will, solange er Berliner Abgeordnete: abgegebene Stimmen 19;
sie für eigene Aufgaben nicht braucht. Das mag Ja 17, Nein 2. Damit ist der Antrag Umdruck 82
die Zahlungsbilanz Berlins entlasten, das mag den mit Mehrheit abgelehnt.
Arbeitsmarkt Berlins anregen, ist aber nicht eine Ich rufe nunmehr den Entschließungsantrag auf
Deckung des Haushalts. Gegen diese Argumen- Umdruck 42***) auf und erteile dem Herrn Bericht-
tation kann man doch beim besten Willen nichts erstatter, Abgeordneten Krammig, das Wort.
sagen.
Was nun die Deckung des Fehlbetrages von Krammig (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr
55 Millionen DM angeht, so ist mir sehr wohl be- Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Um-
wußt, daß sich der Bund in diesem Jahre genötigt druck 42 hat die Fraktion der SPD einen Entschlie-
gesehen hat, den § 75 der Reichshaushaltsordnung ßungsantrag eingebracht, nach dem — Buch-
für sich außer Kraft zu setzen. Ich glaube aber, die stabe a — das Aufkommen aus der Abgabe Not-
Situation in Berlin ist schon deshalb eine andere, opfer Berlin in erster Linie der Deckung des
weil für Berlin heute noch eine Rechtsverpflich- Fehlbedarfs des Berliner Landeshaushalts dienen
tung besteht. Denn § 75 der Reichshaushaltsord- soll und — Buchstabe b — die Bundesregierung
nung gilt für Berlin wie für die anderen Länder ersucht wird, bei der Gestaltung des kommenden
unverändert fort. Das geht daraus hervor, daß auch Bundeshaushalts dafür zu sorgen, daß die Einnah-
die 55 Millionen DM ungedeckt in den Haushalt me aus der Abgabe Notopfer Berlin in den Ein-
eingesetzt worden sind. Ich möchte meinen, Herr zelplan 45 aufgenommen, d. h. also aus dem Einzel-
Bundesfinanzminister, daß Ihre Entgegnung, in plan 60, Allgemeine Finanzverwaltung, herausge-
einem Jahre, in dem der Bund nicht in der Lage nommen und in den Haushalt Finanzielle Hilfe für
sei, seinen Haushalt einschließlich der Deckung Berlin eingestellt wird.
eines rechnerischen Fehlbetrages auszugleichen, Der Haushaltsausschuß hat sich mit diesem Ent-
wäre es eine Überforderung, vom Bund zu verlan- schließungsantrag in seiner 31. Sitzung am 29. April
gen, was wir beantragen, nicht treffend ist. Denn beschäftigt und ist nach Erörterung des Sachver-
es wird ja gerade für die Berlin-Hilfe eine beson- halts zu folgendem Ergebnis gekommen.
dere Steuer in Gestalt des Notopfers erhoben, und In § 1 des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe
diese Steuer ist — die gesetzliche Verpflichtung
ist doch beim besten Willen nicht abzustreiten — Notopfer Berlin ist vorgesehen, daß die Bundes-
dazu da, den Fehlbetrag des Berliner Haushalts zu leistung gegenüber dem Land Berlin in erster Linie
decken. Zu diesem Fehlbetrag gehört auch der aus der Abgabe Notopfer Berlin zu decken sei.
Betrag von 55 Millionen DM. Insoweit ist dem Buchstaben a der Entschließung
schon Rechnung getragen. Trotzdem hat sich der
Ich möchte meinen, daß die Stadt Berlin auch Haushaltsausschuß dazu entschlossen, dem Hause
deshalb in einer anderen Lage und es deswegen zu empfehlen, den Buchstaben a dieser Entschlie-
unbedingt nötig ist, die 55 Millionen DM aus den ßung anzunehmen, weil der Gesetzentwurf über
Vorjahren abzudecken, weil es dem Bund sicher- die Erhebung einer Abgabe Notopfer Berlin dem
lich eher als der Stadt Berlin möglich ist, auf- Bundestag noch nicht zur Beratung zugeleitet
tauchende Kassenschwierigkeiten zu beheben, und worden ist.
weil etwaige Kassenschwierigkeiten in Berlin ganz
andere wirtschaftliche und besonders auch poli- Zu Buchstabe b ist in der Erörterung ausgeführt
tische Auswirkungen haben müßten, als das hier in worden, daß die Veranschlagung im Einzelplan 45
der Systematik des Haushaltsaufbaus widerspre-
Bonn der Fall ist.
chen würde, weil alle allgemeinen Deckungsmittel
Wir bitten deshalb, unserem Antrage zuzu- im Einzelplan 60 veranschlagt seien.
stimmen. Aus diesem Grunde schlägt Ihnen der Haus-
(Beifall beim GB/BHE.) haltsausschuß vor, Buchstabe a der Entschließung
anzunehmen und Buchstabe b abzulehnen.
Vizepräsident Dr. Schneider: Weitere Wort-
meldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Be- *) Siehe Anlage 33 Seite 1302
sprechung. **) vgl. das endgültige Ergebnis Seite 1311
Es liegt ein Antrag auf namentliche Abstimmung ***) Siehe Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der
vor. Da die Fraktion, die den Antrag stellt, keine 25. Sitzung Seite 1027
1258 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Vizepräsident Dr. Schneider: Ich danke dem Hier soll es sich nun darum handeln, durch eine
Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. lineare Senkung, d. h. durch eine sehr liberale, auf
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der das Vertrauen in die Wirksamkeit der Marktfakto-
Fall. ren gestützte Maßnahme auf dem Gebiet der Ein-
kommen- und der Körperschaftsteuer und der
Dann komme ich zur Abstimmung. Lohnsteuer die Berliner Wirtschaft in die Lage zu
(Abg. Dr. Gülich: Ich bitte, über die bei versetzen, das Handicap auszugleichen, das ihr
den Buchstaben getrennt abzustimmen!) durch die Geschichte auferlegt wurde; denn bei
— Jawohl. — Ich komme zur Abstimmung über allen Schwierigkeiten der Wirtschaft in der Bun-
den Antrag des Haushaltsausschusses auf Druck- desrepublik, die wir anerkennen und für die wir
sache 495, und zwar lasse ich jetzt abstimmen über Verständnis haben, darf doch immer wieder daran
den Buchstaben a des Umdrucks 42, für den der erinnert werden, daß eine russische Demontage
Ausschuß die Annahme empfiehlt. Wer dem Buch- etwas anderes ist als eine Demontage der west-
staben a auf Umdruck 42 gemäß dem Antrag des lichen Alliierten, nämlich ein Kahlfraß. Es darf
Haushaltsausschusses auf Drucksache 495 zustim- daran erinnert werden, daß die Sperre der Banken
men will, den bitte ich um ein Handzeichen. — durch Jahre hindurch die Berliner Wirtschaft ver-
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig an- hindert hat, auch nur die einfachsten Anstrengun-
genommen. gen mit eigenen Mitteln durchzuführen, die zum
Wiederaufbau notwendig sind. Dazu kommen die
Ich rufe auf Buchstabe b des Umdrucks 42 und Blockade und die Störungen und Belastungen durch
stelle ihn zur Abstimmung. Wer dem Antrag des die großen Entfernungen, die heute noch die Ber-
Haushaltsausschusses auf Drucksache 495, den liner Wirtschaft in ihrer Entwicklung hemmen.
Buchstaben b des Umdrucks 42 abzulehnen, zu- Nun werden Sie, meine Damen und Herren, mit
stimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Recht sagen, daß es einzelne Branchen des Berliner
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war Wirtschaftslebens gibt, deren Entwicklung als gut
die Mehrheit; der Ausschußantrag auf Druck- angesehen und als begrüßenswert bezeichnet wer-
sache 495 ist angenommen. den kann. Ich möchte aber hier auch einmal eines
dazu sagen. Bitte keine Angst vor der Berliner
Ich rufe nunmehr auf den Entschließungsantrag Damenkonfektion! Sie ist vielleicht die einzige
der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Branche, von der wir sagen können, daß sie eini-
Umdruck 19 (neu)*) und erteile das Wort dem Ab- germaßen ihre alte Stellung innerhalb der deut-
geordneten Dr. Reif. schen Wirtschaft wieder erreicht hat. Aber selbst
da ist doch nun eines zu berücksichtigen — und wir
Dr. Reif (FDP): Herr Präsident! Meine Damen werden im Ausschuß immer auf die sehr bedeut-
und Herren! Ehe ich einige Worte zur Begründung samen und schätzenswerten Ausarbeitungen der
dieses Entschließungsantrags sage, möchte ich mich Berliner Industrie- und Handelskammer zurück-
der Bitte des Herrn Kollegen von Merkatz entledi- greifen müssen —, nämlich die kreditmäßige Über-
gen, mitzuteilen, daß die Fraktion der Deutschen lastung des Umsatzes auch derjenigen Branchen,
Partei sich dieser Entschließung anschließt. denen es äußerlich gesehen gut geht. Das heißt
Der Inhalt der Entschließung, die dem Hause also, Berlin leidet unter Kapitalarmut und - braucht
heute vorgelegt wird, hat eine wirtschaftliche und Anregungen zur Neubildung. Berlin leidet unter
eine politische Seite. Bezüglich der wirtschaftlichen Überfremdung, d. h. unter Mangel an eigenem
Seite möchte ich darauf hinweisen, daß wir endlich Risikokapital in den Betrieben, die reüssieren. Hier
einmal aus der Atmosphäre der Behandlung der ist aus kaufmännischen Gesichtspunkten eine Kor-
Berliner Dinge herauskommen müssen, die ledig- rektur notwendig.
lich dadurch bestimmt wird, daß Berlin, worüber Wenn ich aber sagte, daß die Berlin-Politik des
gar kein Zweifel ist, in weiten Kreisen seiner Be- Bundes mit diesen Maßnahmen, über die mein
völkerung Not leidet. Wir glauben, daß mit dem Kollege Stingl wahrscheinlich noch einiges Nähere
Schritt, der auf Grund dieses Antrags getan wer- sagen wird, in ein konstruktives, positives Stadium
den soll, die Berlinpolitik des Bundes in eine neue tritt, so gilt das j a nun vor allen Dingen in bezug
konstruktive Phase tritt, in eine Phase, die dadurch auf die politische Bedeutung. Es ist schon bei der
gekennzeichnet wird, daß wir eine Stadt, die nie- Beratung des letzten Punktes über die Vierer
mals Notstandsgebiet in dem herkömmlichen Sinne Konferenz und über die besondere Aufgabe gespro-
gewesen ist, etwa im Sinne eines unentwickelten chen worden, die für uns in der jetzigen Situation
Gebietes, sondern die von jeher ein technisch, per- der Weltpolitik besteht. Wir müssen heraus aus
sonell und organisatorisch hochentwickeltes Wirt- einer Betrachtungsweise, die Berlin gewissermaßen
schaftszentrum Deutschlands gewesen ist, wieder als einen Fehltritt der deutschen Geschichte an-
integrieren und damit eigentlich die Maximen der sieht. Wir müssen hin zu einer Auffassung, die
Wirtschaftspolitik, wie sie Herr Professor Erhard Berlin als die Aufgabe der deutschen Geschichte
in der Bundesrepublik vertritt, für Berlin erfüllen. betrachtet, nicht allein um Berlins willen, sondern
Daß dazu steuerliche Präferenzen gewählt wer- weil wir überhaupt keine andere Möglichkeit
den, ist in einer Zeit, in der jede wirtschaftspoli- haben, unseren Willen, für die größte Aufgabe der
tische Maßnahme, welcher Art auch immer, an der Nation, nämlich für die Wiedervereinigung, etwas
steuerlichen Situation scheitern kann, beinahe zu tun, zu bekunden. Wir haben keine andere
selbstverständlich. Bei steuerlichen Belastungen, Möglichkeit, diese Aufgabe und diese Verpflichtung
wie sie die Gegenwart in Deutschland und in ande- zu erfüllen als durch eine Unterstützung Berlins.
ren Ländern kennt, ist die Steuerpolitik selbst bei- Wenn also das Haus diesen Maßnahmen zu-
nahe das einzige wirksame Mittel der Wirtschafts- stimmt und wenn wir die Hoffnung haben können,
politik, das sich anwenden läßt, im guten und daß durch eine rasche Erledigung der Steuervor-
schlechten Sinne. lagen in den Ausschüssen ein rechtzeitiges, d. h. ein
baldiges Inkrafttreten dieser Maßnahmen für Ber-
*) Siehe Anlage 31 Seite 1300 lin erreicht werden kann, dann schaffen wir damit
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1259
(Dr. Reif)
ein Politikum und machen in einer Weltsituation, dann weniger Steuern zu bezahlen haben, zumal
die verworren ist, zumindest das, was uns als Auf- ja auch die Steuerfreibeträge um 20 vom Hundert
gabe des Tages zu tun allein übrigbleibt: nämlich erhöht werden sollen. Wir glauben, daß wir damit
für die wirkliche Integration unseres Landes, sei- nicht nur das Konsumgeschäft beleben, sondern
ne Wirtschaft und das Leben seiner Bevölkerung auch die Spartätigkeit anregen können. Vor allem
alles zu unternehmen, was uns nur möglich ist. geht es darum, in Berlin neue Arbeitsplätze zu
Dabei haben wir die Hoffnung, daß mit dem Erfolg schaffen. Außerdem soll es sich wieder lohnen, in
dieser Maßnahmen solche Debatten, wie wir sie Berlin, diesem Vorposten Deutschlands, zu arbeiten.
eben geführt haben, in hoffentlich nicht allzu lan- Wir wollen erreichen, daß für tüchtige Unterneh-
ger Zeit vielleicht überflüssig werden. Wir alle mer ein Sog nach Berlin entsteht. Ferner soll ge-
haben im Interesse Berlins den Wunsch, unseren währleistet werden, daß Fachkräfte in Berlin
Haushalt selbst ausgleichen zu können; das kommt bleiben.
noch hinzu. Der Änderungsantrag der SPD Umdruck 84 geht
Aus allen diesen Gründen darf ich bitten, daß in Ziffer 4 dahin, daß der Ausfall im Berliner
dieses Haus, dessen Vorgänger in seinem Plenum Haushalt gedeckt wird. Wir sind der Meinung, daß
trotz eines linksradikalen und eines rechtsradikalen diese Frage mit dem zweiten Absatz unseres An-
Flügels, die es heute nicht mehr gibt, für alle An- trags erledigt wird. Allerdings sind wir bereit, der
liegen Berlins besonders verständnisvoll war, in Ziffer 1 des Änderungsantrags Umdruck 84 zuzu-
dieser Beziehung die Tradition des alten Bundes- stimmen, daß zur Verringerung der großen Arbeits-
tages fortsetzt. losigkeit gemeinsam mit den Ländern und Gemein-
(Beifall bei den Regierungsparteien.) den die Auftragserteilung der Bundesrepublik an
Berliner Lieferfirmen nachdrücklich zu verstärken
Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der ist. Es besteht wohl keine Meinungsverschiedenheit
Abgeordnete Stingl. im Hause darüber, daß es entscheidend darauf an-
Stingl (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen
kommt, für Berlin Aufträge und Arbeit zu schaf-
und Herren! Vor Ihnen liegt der Umdruck 19 fen. Ich möchte alle Damen und Herren des Hauses
(neu)*), der nach unserer Auffassung eine wesent- dringend darum bitten, in den Gemeinden und
lich größere Bedeutung hat als das, was vorhin hier Ländern — auf der Bundesebene können wir jetzt
anstand, nämlich die Abstimmung darüber, ob der in dieser Beziehung keine Klage mehr führen —
Zuschuß für den Haushalt Berlins vergrößert wer- ihren Einfluß mehr zur Geltung zu bringen, damit
den soll. Wir wissen als Berliner dem Bundes- Aufträge nach Berlin kommen. Der Kollege Dr.
finanzminister ganz besonderen Dank dafür, daß Bucerius hat vor einiger Zeit gesagt, daß er keine
er es ermöglicht hat, daß wir jetzt schon unseren Zensuren zu verteilen gewillt sei. Er hat aber im-
früheren Umdruck 19 in neuer Form vorlegen merhin die erfreuliche Feststellung gemacht, daß
können, in dem ganz konkrete Maßnahmen gefor- sich gerade Bayern sehr aufgeschlossen zeige, wenn
dert werden, die in Berlin nun nicht mehr über den es darum gehe, daß Aufträge nach Berlin gelangen
Haushalt gehen, sondern direkt in die Wirtschaft sollen. Es ist mir als Berliner ein Bedürfnis, dazu
hinein wirksam werden sollen. Die Ausführungen ein Wort zu sagen. Wir, die wir infolge unserer
von Dr. Reif haben schon gezeigt, wie notwendig Insellage besonders bedrückt sind, haben Verständ-
es ist, Berlin zu helfen. Ich kann mir ersparen, nis für jene, die auf drei, zwei oder einer Seite mit
diese Dinge zu wiederholen. Ich möchte aber be- dem Bolschewismus zu tun haben. Sie können ver-
merken, daß es uns mit diesem Antrag entschieden sichert sein, daß die Berliner Abgeordneten, wenn
darauf ankommt, eine Belebung der Wirtschaft zu Fragen der Notstandsgebiete und besonders des
erreichen, wie sie in Berlin im Vergleich zum Bun- Bayerischen Walds zur Debatte stehen, auf ihrer
desgebiet bisher weithin nicht möglich war. Seite stehen werden.
Kollege Brandt hat vorhin gesagt, der Kanzler
Der Wegfall des Notopfers in Berlin mit dem habe das Versprechen, daß die Steuervergünstigun-
1. Juli dieses Jahres wird zu einem Einnahme- gen für Berlin noch weiter ausgebaut werden, nicht
ausfall von 30 Millionen DM führen. Wir haben eingelöst. Dazu darf ich feststellen: Wenn wir diese
in unserem Antrag vermerkt — das gilt für alles, Entschließung angenommen haben und der Herr
was drinsteht —, daß die erwähnten Maßnahmen Bundesfinanzminister zugestimmt hat, ist damit das
keinen Steuerausfall bringen dürfen, der zu Lasten Wort des Kanzlers eingelöst.
des Berliner Landeshaushalts ginge. Hier geht es
also wiederum um ein Mehr von 30 Millionen DM. Wir Berliner nehmen mit Dank davon Kenntnis,
daß uns nun geholfen wird, zwar vielleicht mit
Die wirksamere Hilfe wird aber, wie wir glau- einer Unschönheit im Haushalt, aber auf jeden Fall
ben, mit den in Buchstabe b unseres Umdrucks doch so, daß der einzelne Berliner Nutzen davon
geforderten Maßnahmen erreicht. Wenn wir näm- hat und die Betriebe Berlins neu belebt werden.
lich in Berlin die Einkommensteuer, die Lohnsteuer (Beifall bei den Regierungsparteien.)
und die Körperschaftsteuer um 20 % herabsetzen,
wird das zur Folge haben, daß sich die Betriebe, Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der
die bisher mit einem ungemein großen Fremd- Bundesfinanzminister.
kapital arbeiten mußten, nun besser mit Eigen-
kapital in das Wirtschaftsgeschehen einschalten Schäffer, Bundesminister der Finanzen: Herr
können. Wir vermeiden damit, daß die Grenz- Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin er-
betriebe immer wieder vor der Frage stehen, ob sie mächtigt, im Namen der Bundesregierung zu er-
ihre Arbeitskräfte weiter beschäftigen können. Mit klären, daß die Bundesregierung der Entschließung
der Zustimmung zu unserer Entschließung Um- grundsätzlich zustimmt.
druck 19 (neu) werden wir dem Berliner das Geld (Abg. Krammig: Bravo!)
in der Tasche lassen. Die Arbeitnehmer werden Ich kann diese Erklärung abgeben, nachdem die
Entschließung selber betont, daß die notwendige
*) Siehe Anlage 31 Seite 1300 Deckung beschafft werden müsse. Damit können
1260 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Bundesfinanzminister Schäffer)
haushaltswirtschaftliche Bedenken gegen diese Ent- Gebiete veranlaßt. Die Bundesregierung hat im
schließung nicht mehr vorgebracht werden. Haushalt 1954/55 noch eine besondere außerordent-
Im Vertrauen darauf, daß die Hilfsbereitschaft liche Grenzlandhilfe in Höhe von 120 Millionen DM
anerkannt wird, die die Bevölkerung des Bundes- vorgeschlagen. Ich hoffe, diese Maßnahmen werden
gebiets und die Bundesregierung für Stadt und der wirtschaftlichen Notlage der Grenzlandgebiete,
Land Berlin bisher bewiesen haben, glaube ich da- soweit es überhaupt menschenmöglich ist, abhelfen.
von absehen zu dürfen, diese Hilfsbereitschaft und Sollte dies wider Erwarten nicht in dem genügen-
die Anerkennung der besonderen Lage der Stadt den Maße geschehen können, so müßte sich die
Berlin hier noch einmal zu unterstreichen. Ich er- Bundesregierung vorbehalten, ihre Maßnahmen zu
kenne dankbar an, daß die Entschließung die Not- verstärken, dann aber auch, genau wie es bei dieser
wendigkeit der Beschaffung einer Deckung berück- Entschließung vorgesehen ist, die notwendigen
sichtigt und daß die Abstimmung über die Ent- Deckungsmittel von dem Hohen Hause beschließen
schließung in voller Verantwortung für die Abglei- zu lassen. Ich hoffe, damit, daß ich auch der wirt-
chung des Haushalts erfolgt. Das Hohe Haus ist sich schaftlichen Notlage der Grenzgebiete gedacht
wohl bewußt, daß es nicht leicht sein wird, die not- habe, in der deutschen Bevölkerung das Verständ-
wendige Deckung zu beschaffen, da der Ausfall, der nis für die in der Entschließung vorgeschlagene
ja letzten Endes voll vom Bund getragen werden Berlin-Hilfe nicht geschwächt, sondern gestärkt zu
muß, etwa 140 Millionen DM betragen wird. haben.
Ich darf zu dem Antrag noch eine Bemerkung (Beifall bei den Regierungsparteien.)
machen. Ich glaube mich mit dem Hohen Hause
Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der
darin einig, daß das Ziel des Antrags ist, der Stadt
Berlin und dieser ausschließlich noch eine beson- Abgeordnete Krammig.
dere Hilfe zu gewähren, die insbesondere die Ab- Krammig (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine
wanderung von Menschen und von Betrieben aus Damen und Herren! Um jeden Zweifel über die
Berlin verhindern und einen Anreiz geben soll, daß Antragstellung meines Kollegen Stingl auszuschlie-
Menschen und Betriebe in die Stadt Berlin zurück- ßen, möchte ich kurz noch folgendes sagen. In der
kehren. Dieser Absicht entspricht es, wenn die neue Entschließung der Fraktion der CDU/CSU, der sich
Steuervergünstigung nur für Einkünfte gewährt die Fraktion der FDP dankenswerterweise ange-
wird, die in Berlin anfallen, und nur für Personen schlossen hat und die Ihnen auf Umdruck 19 (neu)
und Körperschaften, die in Berlin unbeschränkt vorliegt, soll von dem Änderungsantrag der Frak-
steuerpflichtig sind. tion der SPD auf Umdruck 84 der unter Ziffer 1
Ich darf weiter darauf hinweisen, daß bei der aufgeführte Satz als letzter Satz in die Entschlie-
Anlegung eines strengen Maßstabs vielleicht Zwei- ßung der CDU/CSU und FDP übernommen werden.
fel daran bestehen könnten, ob die vorgeschlagene (Abg. Brandt [Berlin] : Herr Präsident!)
Regelung mit Art. 3 des Grundgesetzes vereinbar
ist. Ich glaube aber, bis zur Beratung des notwendi- Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der
gen Gesetzentwurfs im Zusammenhang mit dem Abgeordnete Brandt.
Gesetz über die Steuerreform diese Frage durch
Gutachten bereits klären zu können. In welcher Brandt (Berlin) (SPD): Herr Präsident, darf ich
Form die Deckung gefunden werden muß, steht noch zwei Bemerkungen machen. Zunächst, Herr
heute noch nicht endgültig fest. Es muß sich aber Kollege Stingl, glaube ich, das Protokoll wird aus-
der Natur der Sache nach um eine steuerliche Ein- weisen, daß Sie einem Irrtum unterlegen sind, was
nahme handeln, die dem Bund allein zufließt und meine Ausführungen über den Herrn Bundeskanzler
nicht zwischen Bund und Ländern zu teilen ist. Es betrifft. Ich habe im Zusammenhang mit dem
liegt daher nahe, an das Berliner Notopfer zu den- Herrn Bundeskanzler überhaupt nicht von Steuer-
ken. Gerade bei der Beratung der Deckungsvorlage präferenzen gesprochen, sondern mich ausdrücklich
ist Gelegenheit, zu beweisen, daß die Hilfsbereit- und ausschließlich auf den Teil der Zusage des
schaft für Berlin echt ist und die Hilfe in voller Herrn Bundeskanzlers im Februar in Berlin bezo-
Verantwortung vor der gesamten Bevölkerung des gen, in dem er gesagt hat, Berlin werde den Fehl-
Bundesgebiets geleistet wird. betrag in seinem Landeshaushalt gedeckt bekom-
Um psychologische Bedenken gegen die Ent- men. Wir brauchen die Diskussion jetzt nicht wie-
schließung von vornherein auszuräumen, möchte der aufzurühren. Wir sind der Meinung, daß diese
ich noch eine Schlußbemerkung anfügen. Es gibt in Deckung nicht in befriedigender Weise erfolgt ist.
Deutschland gewiß Gebiete, die aus der Natur ihrer Darauf bezog sich diese meine Äußerung.
Verhältnisse heraus wirtschaftlich ähnlich schlechte Zum zweiten! Wenn ich die Ausführungen des
oder vielleicht sogar noch schlechtere Verhältnisse Herrn Bundesfinanzministers soeben richtig ver-
haben, als sie heute die Bevölkerung der Stadt standen habe, dann enthielten sie doch noch eine
Berlin tragen muß. Es darf aber nicht vergessen ganze Reihe von Vorbehalten. Er hat eine grund-
werden, daß der seelische Druck, der auf der Ber- sätzliche Zustimmung der Regierung ausgesprochen.
liner Bevölkerung liegt, einzigartig ist und daß Er hat auf Gutachten hingewiesen, die zu Art. 3 des
dieser seelische Druck von der Bevölkerung des Grundgesetzes eingeholt werden sollten. Er hat von
übrigen Bundesgebiets Gott sei Dank nicht in dem der noch zu beschaffenden Deckung gesprochen
gleichen Maße ertragen zu werden braucht. und, wenn ich eine Andeutung richtig verstanden
Trotzdem fühle ich mich veranlaßt, bei dieser habe, eine Erhöhung des Notopfers schwach in
Gelegenheit auch der wirtschaftlichen Notlage in Aussicht gestellt. Wenn dem so ist, dann, Herr
den deutschen Grenzgebieten und Grenzländern zu Kollege Stingl, ist unser Antrag auf Umdruck 84
gedenken. Die Bundesregierung hat bisher schon Ziffer 4 um so notwendiger. Denn dann bedeutet
ihre Hilfsbereitschaft auch für diese Gebiete jähr- der vorletzte Absatz Ihrer Entschließung zunächst
lich durch den sogenannten Grenzlandfonds bewie- nichts anderes als eine allgemeine Direktive, die
sen. Das Hohe Haus hat in seinem Antrag vom der Bundestag sich selbst gibt, während unsere
2. Juli 1953 besondere Hilfsmaßnahmen für diese Ziffer 4 in Umdruck 84 für diesen einen, in sich
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1261
(Brandt [Berlin])
abgeschlossenen Komplex des Notopfers konkret herigen Form noch der Satz aus dem Umdruck 84
sagt: Wenn das gemacht wird, wissen wir schon, gesetzt wird:
was es für den Rest dieses Haushaltsjahres bedeu- Zur Verringerung der großen Arbeitslosigkeit
tet, nämlich 30 Millionen DM. Diese müssen zusätz- ist gemeinsam mit den Ländern und Gemein-
lich in den Bundeshaushalt eingesetzt werden, und den die Auftragserteilung der Bundesrepublik
um diese 30 Millionen DM muß der Zuschuß zum an Berliner Lieferfirmen nachdrücklich zu
Berliner Haushalt erhöht werden. Warum sollen verstärken.
wir dann nicht in bezug auf diesen Punkt, den wir
übersehen können, die Konsequenz aus dem ziehen, Wer dieser Fassung der Entschließung auf Um-
was in diesem Fall nicht wir, sondern Sie beantragt druck 19 (neu) zuzustimmen wünscht, den bitte ich
haben? um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun-
Soeben ist gesagt worden, daß die Fraktion der gen? — Einstimmig angenommen.
CDU/CSU unseren Zusatzantrag betreffend die (Widerspruch bei der CSU.)
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch zusätzliche Ich komme nunmehr zur Abstimmung über Ein-
Auftragserteilung an Berliner Firmen übernehmen, zelplan 45, Haushalt Finanzielle Hilfe für Berlin,
aber an den Schluß ihrer Entschließung setzen Drucksache 376, in der dritten Beratung. Wer ihm
wolle. Wir können Sie natürlich nicht daran hin zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Hand-
dern, einen solchen Antrag zu stellen und so abzu- zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit
stimmen. Wir halten an der Ziffer 1 unseres Antra- großer Mehrheit angenommen.
ges fest, um damit noch einmal zu bedeuten, daß Ich erteile Herrn Senator Dr. Haas das Wort zu
die Arbeitsplatzbeschaffung das übergeordnete Ziel einer Erklärung.
ist, dem dann die anderen Maßnahmen der Auf-
tragserteilung und etwaiger Steuerpräferenzen Dr. Haas, Senator des Landes Berlin: Herr Prä-
unterzuordnen sind. sident! Meine Damen und Herren! Nachdem das
(Beifall bei der SPD.) Hohe Haus in einer so einmütig, darf ich sagen, ge-
faßten Entschließung den Willen bekundet hat,
Vizepräsident Dr. Schneider: Weitere Wort- Berlin und damit der gesamten besetzten sowjeti-
meldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aus- schen Zone zu helfen, ist es, glaube ich, meine
sprache. Pflicht, im Namen des Senats Ihnen allen, dem
Ich komme zur Abstimmung über Umdruck 19 Hohen Hause und der Bundesregierung zu danken.
(neu) in Verbindung mit Umdruck 84. Der Um- Ich darf mir einen kurzen Blick auf die Vergangen-
druck 84 ist ein Änderungsantrag zum Umdruck 19 heit erlauben. Da ich seit dem 15. März 1946
(neu), so daß ich also logischerweise über ihn zuerst ununterbrochen die finanziellen Schicksale Berlins
abstimmen lassen muß. leiten muß, kenne ich die Sorgen und auch die
(Abg. Arndgen: Zur Abstimmung!) Schmerzen sowohl der Berliner wie auch der so-
wjetisch besetzten Zone. Schritt für Schritt haben
— Herr Abgeordneter Arndgen! wir uns an den Lebensstandard im Bundesgebiet
angleichen können. Der Unterschied ist heute aber
Arndgen (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine noch erheblich. Sie haben vor einigen Minuten
sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Er- einen Schritt weiter in dieser Entwicklung - getan.
klärungen des Herrn Abgeordneten Brandt werden Ich glaube, die Berliner und nicht zuletzt die
wir den Antrag Umdruck 84 in seiner Gänze ab- sowjetisch besetzte Zone werden Ihnen allen
lehnen und den Antrag stellen, den Satz der Zif- dankbar sein. Treue um Treue! So werden wir
fer 1, der folgenden Wortlaut hat: endlich einmal wieder in einem vereinten Vater-
Zur Verringerung der großen Arbeitslosigkeit land sein.
ist gemeinsam mit den Ländern und Gemein- (Beifall im ganzen Hause.)
den die Auftragserteilung der Bundesrepublik
an Berliner Lieferfirmen nachdrücklich zu ver- Vizepräsident Dr. Schneider: Meine Damen und
stärken, Herren, zu den drei noch ausstehenden Einzel-
an den Schluß des Umdrucks 19 (neu) — Antrag plänen liegen Änderungsanträge nicht vor. Ich
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP — an- unterstelle, daß das Haus damit einverstanden ist,
fügen. daß ich sie zur Beratung und Abstimmung zusam-
menziehe.
Vizepräsident Dr. Schneider: Weitere Wort- Ich rufe auf:
meldungen liegen nicht vor.
Einzelplan 49 — Haushalt der Deutschen
Ich komme zur Abstimmung über den Ände- Vertretung der Beratenden Versammlung
rungsantrag der SPD auf Umdruck 84*) zu dem des Europarates und der Gemeinsamen Ver-
Entschließungsantrag auf Umdruck 19 (neu). Wer sammlung der Europäischen Gemeinschaft
dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf für Kohle und Stahl;
Umdruck 84 zuzustimmen wünscht, den bitte ich Einzelplan 50 - Haushalt für Angelegenhei-
um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthal- ten des Europarates und verwandte Gebiete;
tungen? — Das zweite war die Mehrheit; der
Änderungsantrag auf Umdruck 84 ist abgelehnt. Einzelplan 60 — Haushalt der Allgemeinen
Finanzverwaltung.
Ich komme nunmehr zu der Abstimmung über Wer diesen eben aufgerufenen Einzelplänen zu-
die Entschließung auf Umdruck 19 (neu) mit dem zustimmen wünscht, den bitte ich um ein Hand-
Zusatz — das kann ich doch als Antrag auf- zeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ent-
fassen —, haltungen? — Mit Mehrheit angenommen. — Da-
(Abg. Arndgen: Jawohl!) mit sind die Einzelpläne zum Haushaltsgesetz ver-
daß an den Schluß der Entschließung in der seit- abschiedet.
Ich rufe nunmehr in der dritten Lesung das
*) Siehe Anlage 34 Seite 1303 Haushaltsgesetz selbst auf. Zu § 13 des Haushalts-
1262 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Vizepräsident Dr. Schneider)
gesetzes liegt auf Umdruck 89*) ein Änderungs- (Präsident D. Dr. Ehlers übernimmt wieder
antrag der Fraktion der SPD vor. Soll der Antrag den Vorsitz.)
begründet werden? Der Ausschuß für Arbeit hat den Entwurf eines
(Zurufe: Verzichten! — Abg. Arndgen: Gesetzes betreffend das Übereinkommen Nr. 45
Ist schon begründet!) der Internationalen Arbeitsorganisation vom
— Es wird auf Begründung verzichtet. 21. Juni 1935 über die Beschäftigung von Frauen
Dann komme ich zur Abstimmung über den bei Untertagearbeiten in Bergwerken jeder Art in
Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Um- seiner 4. Sitzung am 29. März 1954 behandelt. Da-
druck 89 Ziffer 1, der lautet: „§ 13 Abs. 3 des Haus- bei wurde festgestellt, daß dieser Entwurf zwar
haltsgesetzes 1954 wird gestrichen." Wer diesem die Beschäftigung von Frauen in jedem Alter bei
Änderungsantrag der Fraktion der SPD zuzu- Untertagearbeiten in Bergwerken verbietet, daß er
stimmen wünscht, den bitte ich um ein Hand- aber hiervon gewisse Ausnahmen vorsieht. So
zeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ent- werden z. B. ausgenommen Personen in leitender
haltungen? — Der Antrag ist abgelehnt. Stelle, die keine körperliche Arbeit verrichten,
Personen im Gesundheits- und Wohlfahrtsdienst,
Ich schließe damit die Einzelberatung in der Personen während ihrer Studien in der prak-
dritten Lesung und komme zur Schlußabstimmung. tischen Berufsausbildung. Deshalb wurde im Aus-
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer dem schuß darauf hingewiesen, daß in diesen Punkten
Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushalts- das deutsche Gesetz weitergeht, und es wurde
plans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz verlangt, daß die Ratifizierung des internationalen
1954) in der in der zweiten und dritten Beratung Abkommens nicht etwa eine Verschlechterung des
beschlossenen Fassung, desgleichen der Anlage deutschen Rechts, das die Beschäftigung von
zum Haushaltsgesetz 1954 und dem gesamten Frauen unter Tage im Bergwerk unter allen Um-
Haushaltsplan mit den beschlossenen Änderungen ständen verbietet, mit sich bringen dürfe.
zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich von den
Plätzen zu erheben. — Ich bitte um die Gegen- Die Vertreterin des Bundesarbeitsministeriums
probe. — Enthaltungen? — Damit ist das aufge- hat daraufhin betont, daß das vorliegende Über-
rufene Gesetz in der dritten Lesung mit Mehrheit einkommen zu der Gruppe von Ratifikations-
verabschiedet. gesetzen gehöre, die aus der Zeit vor der Wieder-
aufnahme der Bundesrepublik Deutschland in das
(Beifall bei den Regierungsparteien.) Internationale Arbeitsamt stammen. Sie sehen das
Bevor ich in der Abwicklung der heutigen Tages- schon an dem Datum des 21. Juni 1935. Der inner-
ordnung fortfahre, gebe ich bekannt, daß nach deutsche Rechtszustand müßte selbstverständlich
interfraktionellem Einvernehmen der Punkt 3 der nicht geändert werden, weil dieser bereits den Be-
heutigen Tagesordnung, Beratung der Großen An- stimmungen des Übereinkommens voll entspreche.
frage der Fraktion der SPD betreffend Pressepoli- In der Bundesrepublik ist für Frauen die Unter-
tische Pläne der Bundesregierung, heute abgesetzt tagearbeit in Bergwerken jeder Art seit längerem
und auf die übernächste Woche vertagt werden soll ausnahmslos verboten, und zwar für erwachsene
dergestalt, daß dieser Punkt unmittelbar nach den Frauen durch den § 16 der Arbeitszeitordnung
Finanzberatungen behandelt werden soll. Ich und für jugendliche Frauen durch die Nr. 52 der
unterstelle, daß das Haus damit einverstanden ist. Ausführungsverordnungen zum Jugendschutz- -
— Das ist der Fall. gesetz.
Ich rufe auf Punkt 2 der heutigen Tagesordnung: Bei der Beratung im Ausschuß wurde ferner
Beratung der Übersicht 4 über Anträge gewünscht, daß bei der Berichterstattung eine Aus-
von Ausschüssen des Deutschen Bundestages kunft über das in der Sowjetzone in bezug auf
betreffend Petitionen nach dem Stand vom Frauenarbeit im Bergwerk herrschende Recht ge-
27. März 1954 (Drucksache 409). geben wird. Dazu darf ich sagen, daß in der
Sowjetzone maßgebend ist das Gesetz der Arbeit
Die Übersicht liegt Ihnen vor. Das Wort wird vom 28. April 1950, ein Gesetz der DDR, dessen
nicht gewünscht. Wer diesem Antrag zuzustimmen § 45 lediglich die Untertagearbeit im Bergbau für
wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — werdende und stillende Mütter verbietet. Die Ar-
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig an- beit ist also anderen Frauen gestattet. Ebenso sieht
genommen. das Gesetz über Mutterschutz und Kinderschutz
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung: vom 27. September 1950 in seinem § 10 für alle
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs Arbeiterinnen, demnach auch für die im Bergwerk
tätigen, lediglich einen Schwangerschafts- und
eines Gesetzes betreffend das Übereinkom-
men Nr.. 45 der Internationalen Arbeitsorga- Wochenurlaub für die Dauer von fünf Wochen vor
nisation vom 21. Juni 1935 über die Beschäf- der Geburt und sechs Wochen nach der Geburt vor.
tigung von Frauen bei Untertagarbeiten in Es liegt also auf der Hand, daß diese Bestimmun-
Bergwerken jeder Art (Drucksache 288); gen weit hinter denen zurückbleiben, die für uns
maßgebendes Recht sind, und auch hinter dem zur
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ar Ratifizierung vorliegenden Übereinkommen.
beit (27. Ausschuß) (Drucksache 420).
Der Ausschuß hat einstimmig beschlossen, dem
(Erste Beratung: 20. Sitzung.) Bundestag die unveränderte Annahme des Gesetz-
Ich erteile der Berichterstatterin Frau Abgeord- entwurfs vorzuschlagen.
nete Schroeder das Wort.
Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke der Frau Be-
richterstatterin.
Frau Schroeder (Berlin) (SPD), Berichterstatte-
rin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Ältestenrat hat sich dahin verständigt, daß
Als Berichterstatter des Ausschusses für Arbeit zu eine Aussprache zu diesem Punkt nicht stattzufin-
diesem Punkt gestatte ich mir, folgendes zu sagen. den braucht. Ich rufe zur zweiten Beratung auf:
Art. 1, — 2, - 3, — 4, — 5, — Einleitung und
*) Siehe Anlage 19 Seite 1288 Überschrift. — Ich bitte die Damen und Herren,
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1263
(Präsident D. Dr. Ehlers)
die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu er- Hier gilt das gleiche. Das Haus ist einverstanden.
heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ich Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß
stelle fest, daß in zweiter Beratung dieses Gesetz für Geld und Kredit als federführenden Ausschuß
einstimmig angenommen worden ist. und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirt-
In der schaft und Forsten vor. — Das Haus ist mit der
dritten Beratung Überweisung einverstanden; sie ist erfolgt.
entfällt die allgemeine Aussprache, die Einzel- Ich rufe auf Punkt 9:
beratung ebenfalls. Ich bitte die Damen und Beratung des Entwurfs einer Sechzehnten
Herren, die dem Gesetz betreffend das Über- Verordnung über Zollsatzänderungen (Druck-
einkommen Nr. 45 der Internationalen Arbeits- sache 472).
organisation vom 21. Juni 1935 über die Beschäf-
tigung von Frauen bei Untertagarbeiten in Berg- Auch hier wird Ihnen Verzicht auf Begründung
werken jeder Art insgesamt zuzustimmen wün- und Aussprache vorgeschlagen. Ich schlage Ihnen
schen, eine Hand zu erheben. — Ich stelle fest, daß vor, den Verordnungsentwurf dem Ausschuß für
dieses Gesetz einstimmig angenommen worden ist. Außenhandelsfragen als federführendem Ausschuß
und dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft
Da es sich um einen internationalen Vertrag und Forsten als mitberatendem Ausschuß zu über-
handelt, entfällt eine Schlußabstimmung. weisen. — Das Haus ist damit einverstanden; die
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf: Überweisung ist erfolgt.
Erste Beratung des von der Fraktion der Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung:
FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Beratung des Entwurfs einer Fünften Ver-
zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes ordnung über Zolltarifänderungen aus An-
(Drucksache 424). laß der Errichtung des Gemeinsamen Mark-
Im Ältestenrat ist eine Verständigung darüber tes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle
erzielt worden, daß auf eine Begründung und Aus- und Stahl (Drucksache 456).
sprache in der ersten Beratung verzichtet werden Auch hier kann auf Begründung und Aussprache
kann. Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf verzichtet werden. Der Vorschlag geht auf Über-
dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen als
weisung an den Ausschuß für Außenhandels-
federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für fragen — federführend — und den Ausschuß für
Verkehrswesen zu überweisen. — Sie sind mit der Wirtschaftspolitik. — Das Haus ist damit einver-
Überweisung einverstanden; die Überweisung ist standen; die Überweisung ist erfolgt.
erfolgt.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Ich rufe Punkt 6 auf:
Beratung des Mündlichen Berichts dc; Aus-
Erste Beratung des vom Bundesrat einge- schusses für Außenhandelsfragen (23. Aus-
brachten Entwurfs eines Gesetzes über die schuß) über den Entwurf einer Dreizehnten
Übernahme von Zinsen für Ausgleichs- Verordnung über Zollsatzänderungen
forderungen durch die Deutsche Bundespost (Drucksachen 428, 227).
und die Deutsche Bundesbahn (Druck-
sache 427). Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr.
Diesen Gesetzentwurf sollte eigentlich Herr -
Serres. Darf ich ihn bitten, das Wort zu nehmen.
Finanzminister Dr. Nowack begründen. Ich sehe Dr. Serres (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr
ihn nicht. Darf ich unterstellen, daß das Haus auf Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Hause
eine Begründung verzichtet? — Das ist der Fall.*) ist mit Drucksache 227 der Entwurf einer Drei-
Auf eine allgemeine Aussprache kann in der ersten zehnten Verordnung über Zollsatzänderungen vor-
Beratung verzichtet werden. Ich schlage Ihnen vor, gelegt worden. Es handelt sich um eine Anzahl
den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Geld und Positionen aus dem gewerblichen Teil des Zoll-
Kredit als federführendem Ausschuß und dem tarifs. Im einzelnen beziehe ich mich auf die Ver-
Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen und dem handlungen im Ausschuß für Außenhandelsfragen,
Ausschuß für Verkehrswesen zu überweisen. — der sich mit den einzelnen Positionen eingehend
Das Haus ist mit der Überweisung einverstanden; befaßt hat. Es sind Zollbegünstigungen für das
sie ist erfolgt. Jahr 1954 ausgesprochen und einige Zölle gesenkt
Ich rufe auf Punkt 7: worden.
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
zur Überleitung der Beteiligung des ehe- Ich habe die Ehre, Sie namens des Ausschusses
maligen Landes Preußen am Grundkapital zu bitten, dem Ausschußantrag gemäß der Druck-
der Deutschen Pfandbriefanstalt auf den sache 428 Ihre Zustimmung zu geben.
Bund (Drucksache 466). Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn
Hier gilt das gleiche: Verzicht auf Begründung — Berichterstatter.
jedenfalls auf mündliche Begründung — und Aus- Eine Aussprache findet nicht statt. Ich bitte die
sprache. Das Haus ist damit einverstanden. Ich Damen und Herren, die dem Antrag des Aus-
schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf an den Aus- schusses Drucksache 428 zu entsprechen wünschen,
schuß für Geld und Kredit zu überweisen. — Sie eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; der
sind mit der Überweisung einverstanden; sie ist Antrag ist angenommen.
erfolgt. Zu Punkt 12:
Ich rufe auf Punkt 8: Beratung des Mündlichen Berichts des Aus
Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten schusses für Außenhandelsfragen (23. Aus-
Gesetzes zur Ä nderung des Gesetzes über schuß) über den Entwurf einer Vierzehnten
die Deutsche Genossenschaftskasse in der Verordnung über Zollsatzänderungen (Druck-
Fassung vom 3. Februar 1951 (Druck- sachen 429, 221),
sache 467).
ist Herr Abgeordneter Unertl Berichterstatter. Ich
*) Schriftliche Begründung siehe Anlage 35 Seite 1304 bitte ihn, das Wort zu nehmen.
1264 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Unertl (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr Präsi- weisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen
dent! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für vor. — Das Haus ist einverstanden; die Über-
Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom weisung ist erfolgt.
1. April mit der Drucksache 221 beschäftigt. Es Punkt 17:
handelt sich hier um die Vierzehnte Verordnung
über Zollsatzänderungen, und zwar um die Ein- Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
fuhr von Zucht- und Nutzvieh aus Österreich. zur weiteren Vereinfachung des Wirtschafts-
Hier soll der bestehende Zoll auf einen Satz von strafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954)
6 % ermäßigt werden. Die Einfuhr von Nutzvieh (Drucksache 478).
hat deswegen große Bedeutung, weil wir uns zur Ihnen liegt der Gesetzentwurf mit einer ausführ-
Zeit sehr maßgebend mit der Tbc-Bekämpfung lichen schriftlichen Begründung vor. Der Ältesten-
schlechthin beschäftigen. Deshalb ist die Auf- rat hat sich darüber verständigt, daß auch hier auf
frischung unserer Viehbestände mit tbc-freien Tie- mündliche Begründung und allgemeine Aussprache
ren absolut wünschenswert und notwendig. Im der ersten Beratung verzichtet werden kann. —
Ausschuß selbst wurden zwar die Bedenken des Das Haus ist damit einverstanden. Ich schlage
Ernährungsausschusses zurückgestellt. Man wollte Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Rechts-
hier eine Befristung auferlegen. Man war aber wesen und Verfassungsrecht als federführenden
einstimmig der Meinung, daß die Befristung Ausschuß und an den Ausschuß für Wirtschaft als
schlechthin mit dem Vermerk „Ausmerzung tbc- mitberatenden Ausschuß vor. — Das Haus ist da-
kranker Tiere" irgendwie begrenzt sei. Der Außen- mit einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
handelsausschuß nahm die Vorlage einstimmig an, Punkt 18:
und ich bin beauftragt, das Hohe Haus zu bitten, Erste Beratung des von der Fraktion der
dem Regierungsentwurf unverändert zuzustimmen. DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn über das Verbot des Inverkehrbringens von
Berichterstatter. Hunde- und Katzenfleisch (Drucksache 415).
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich bitte die Auch hier schlägt der Ältestenrat — wahrschein
Damen und Herren, die dem Antrag des Aus- lich auf Grund der Erklärungen in der letzten
schusses Drucksache 429 zuzustimmen wünschen, Fragestunde —
eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; (Heiterkeit)
angenommen. Verzicht auf Begründung und Aussprache vor. —
Meine Damen und Herren, ich habe folgenden Das Haus ist damit einverstanden. Ich schlage
Vorschlag zu machen. Die Punkte der Tagesord- Überweisung an den Ausschuß für Ernährung,
nung von Nr. 14 bis zum Schluß können ohne De- Landwirtschaft und Forsten vor,
batte erledigt werden. Sind sie einverstanden, daß (erneute Heiterkeit)
wir Punkt 13 betreffend den Beitritt der Bundes- wobei dahingestellt bleibt, ob hier „Ernährung",
republik zu den vier Genfer Rotkreuz-Abkommen „Landwirtschaft" oder „Forsten" mehr hervor-
wegen der Bedeutung dieses Punktes an den gehoben wird. -
Schluß der Tagesordnung stellen? (Wiederholte Heiterkeit.)
(Zustimmung.) Die Überweisung ist erfolgt. -
Ich glaube, das ist der Sache gerecht. Punkt 19:
Dann darf ich zunächst Punkt 14 aufrufen: Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes
betreffend die Erklärung vom 24. Oktober (Drucksache 468).
1953 über die Regelung der Handels- Auch hier gilt das gleiche. Ich schlage Ihnen
beziehungen zwischen Vertragspartnern des Überweisung an den Ausschuß für Ernährung,
Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens Landwirtschaft und Forsten vor. — Das Haus ist
(GATT) und Japan (Drucksache 473). einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Auch hier sollte auf Begründung und Aussprache Punkt 20:
verzichtet werden. Ich schlage Ihnen Überweisung
an den Ausschuß für Außenhandelsfragen vor. — Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
Die Überweisung ist erfolgt. eines Gesetzes über das Internationale
Zuckerabkommen vom 1. Oktober 1953
Punkt 15: (Drucksache 469);
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes Mündlicher Bericht des Ausschusses für
betreffend die Erklärung vom 24. Oktober Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) (Druck-
1953 über die Verlängerung der Geltungs- sache 502).
dauer der Zollzugeständnislisten zum All-
gemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Erste Beratung: 26. Sitzung.)
(GATT) (Drucksache 474). Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Serres.
Es gilt das gleiche. Auch hier empfiehlt sich die Bitte schön!
Überweisung an den Ausschuß für Außenhandels-
fragen. — Das Haus ist damit einverstanden. Dr. Serres (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der
Punkt 16: Drucksache 469 ist dem Hause der Entwurf eines
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes Gesetzes über das Internationale Zuckerabkom-
über das Zweite Zusatzabkommen vom men vom 1. Oktober 1953 zugeleitet worden.
4. Dezember 1953 zum Zollvertrag zwischen Deutschland hat seit jeher der Zuckerkonvention
der Bundesrepublik Deutschland und der angehört. Eine Unterbrechung war lediglich in den
Schweizerischen Eidgenossenschaft (Druck- Jahren nach 1937 eingetreten. Die Unterzeichnung
sache 476). des Abkommens ist am 30. Oktober 1953 in Lon-
Auch hier wird Verzicht auf Begründung und don erfolgt. Das Abkommen bezweckt eine allge-
Aussprache vorgeschlagen. Ich schlage Ihnen Über- meine Regelung des Weltzuckermarktes und sieht
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1265
(Dr. Serres)
Bestimmungen über die Zuckerversorgung der senschaft eGmbH., deren Aufsichtsrat der Abge-
Einfuhrländer und den Zuckerabsatz der Ausfuhr ordnete Merten zeitweilig angehörte, und der Lan-
länder vor. Wichtig ist, hervorzuheben, daß eine desarbeitsgemeinschaft für Kriegsgefangenen-
Anbaubeschränkung durch das Abkommen nicht fragen, deren 1. Vorsitzender Abgeordneter Merten
vorgesehen wird. ist, enge wirtschaftliche Beziehungen bestanden
Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich und daß die Landesarbeitsgemeinschaft für Kriegs-
mit dem Abkommen eingehend befaßt und hat mit gefangenenfragen an dem Vergleichsverfahren der
Mehrheit beschlossen, den Regierungsentwurf zu Genossenschaft mit einer buchmäßigen Forderung
billigen. Ich habe die Ehre, Sie namens des Aus- von 48 201,35 DM beteiligt war. In diesem Betrag
schusses zu bitten, gemäß der Drucksache 502 dem sind 35 000 DM enthalten, die nach Aussage eines
Ausschußantrag Ihre Zustimmung zu geben: Zeugen Abgeordneter Merten von privater Seite
Der Bundestag wolle beschließen, für die Genossenschaft beschafft haben soll, die
dem Gesetzentwurf — Drucksache 469 — aber dem Konto der Landesarbeitsgemeinschaft
unverändert nach der Vorlage zuzustimmen. bei der Konsumgenossenschaft gutgeschrieben wor-
den sind. Außerdem hatte die Landesarbeitsge-
Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn meinschaft eine Schuld der Genossenschaft an die
Berichterstatter für den überraschend kurzen Be- StEG in Höhe von 22 000 DM übernommen, die
richt. noch mit einem Teilbetrag von rund 12 000 DM in
Ich rufe zur zweiten Beratung auf Art. I, — II, der Forderung der Landesarbeitsgemeinschaft an
— III, — IV, — Einleitung und Überschrift. — die Genossenschaft enthalten ist.
Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich bitte die Damen und Herren, die den Ar- Eine zur Beurteilung dieser Vorgänge aus-
tikeln I bis IV, Einleitung und Überschrift ent- reichende Klärung konnte bisher nicht erfolgen.
sprechend dem Antrag des Ausschusses zuzustim- Das Immunitätsverfahren Merten konnte in der
men wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte 1. Wahlperiode des Bundestages deshalb nicht zu
um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahl- Ende geführt werden, weil sich der Beschuldigte
reichen Enthaltungen angenommen. darauf berufen hatte, daß das Vergleichsverfahren
der Süd-Westdeutschen Textilversorgung eGmbH.
Ich komme zur durch das Amtsgericht Frankfurt rechtskräftig ab-
dritten Beratung.
geschlossen wurde, und daß sich daraus keinerlei
Allgemeine Aussprache erübrigt sich. Einzelbera- Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung er-
tung erfolgt nicht. gäben. Die Prüfung der Vergleichsakten des Amts-
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Ent- gerichts Frankfurt ergibt keine Anhaltspunkte für
wurf eines Gesetzes über das Internationale ein Vergehen oder ein Verbrechen nach den
Zuckerabkommen vom 1. Oktober 1953 zuzustimmen §§ 239 bis 243 der Konkursordnung und den
wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um §§ 146 ff. des Genossenschaftsgesetzes. Eine solche
die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei Ent- Beschuldigung wurde auch nicht erhoben. Gegen-
haltungen ist dieses Gesetz angenommen. Eine stand der Anzeige und des Antrages des hessischen
Schlußabstimmung entfällt. Ministers der Justiz auf Genehmigung zur Durch-
Punkt 21: führung eines Strafverfahrens sind vielmehr die
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- -
Beschuldigungen, Gelder der Landesarbeitsgemein-
schusses für Wahlprüfung und Immunität schaft für Kriegsgefangenenfragen in Frankfurt
(1. Ausschuß) betreffend Genehmigung zum zugunsten der Genossenschaft veruntreut und
Strafverfahren gegen den Abgeordneten weiterhin Gelder privaten Zwecken zugeführt zu
Merten gemäß Schreiben des Bundes- haben.
ministers der Justiz (Az. 1044/1 E - 26/53)
vom 9. Oktober 1953 (I/1) (Drucksache 410). Der Vergleich der Süd-Westdeutschen Textilver-
sorgung eGmbH. kam überhaupt nur dadurch zu-
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Ditt stande, wie sich aus den Akten ergibt, daß der Ab-
rich. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen. geordnete Merten zunächst vor dem Gläubigeraus-
Dr. Dittrich (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr schuß erklärte, daß die Landesarbeitsgemeinschaft
Präsident! Meine Damen und Herren! Der Aus- als Hauptgläubigerin auf die Begleichung ihrer
schuß für Wahlprüfung und Immunität hat sich in Forderungen warten wolle, bis alle anderen Gläu-
seiner Sitzung vom 1. April 1954 mit der Frage biger die Mindestquote erhalten hätten. Darüber
der Aufhebung der Immunität des Abgeordneten hinaus hat die Landesarbeitsgemeinschaft später
Merten beschäftigt. Das Bundesministerium der auf ihre gesamte Vergleichsquote in Höhe von
Justiz ersucht den Deutschen Bundestag mit 17 348,15 DM verzichtet, da die übrigen Gläubiger
Schreiben vom 11. März 1953, eine Entscheidung die im Vergleich zugesagte Quote nicht erhalten
über die Genehmigung zum Strafverfahren gegen konnten.
den Abgeordneten Merten wegen Untreue herbei- Der Ausschuß für Wahlprüfung und Immunität
zuführen. Der Sachverhalt ergibt sich aus einem schlägt dem Hohen Hause vor, die Genehmigung
Schriftsatz des Oberstaatsanwalts in Frankfurt vom zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Mer-
31. Januar 1953. ten zu erteilen.
Der Polizeiamtmann i. R. Mayer aus Frankfurt
hat eine Eingabe an den Regierungspräsidenten in Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn
Wiesbaden gerichtet, in der dem Abgeordneten Berichterstatter. Ich bitte die Damen und Herren,
Merten Veruntreuung von Geldern der Landes- die dem Antrag des Ausschusses auf Druck-
arbeitsgemeinschaft für Kriegsgefangenenfragen in sache 410 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu
Frankfurt zugunsten der früheren Heimkehrer- erheben. — Das ist die Mehrheit, das ist ange-
und Versehrtenhilfe GmbH., jetzt Süd-West- nommen.
deutsche Textilversorgungsgenossenschaft eGmbH. Ich komme zum Punkt 22:
in Frankfurt, vorgeworfen wird. Bei den bisheri- Beratung des Mündlichen Berichts des Aus
gen Ermittlungen hat sich ergeben, daß zwischen schusses für Wahlprüfung und Immunität
der Süd-Westdeutschen Textilversorgungsgenos (1. Ausschuß) betreffend Genehmigung zum
1266 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Präsident D. Dr. Ehlers)
Strafverfahren gegen den Abgeordneten In der Privatklage ist dem Abgeordneten Dr.
Scheppmann gemäß Schreiben des Rechtsan- Löhr zur Last gelegt, auf einer Wahlversammlung
walts Schomers, München, vom 17. Dezem- seiner Partei im vergangenen Bundestagswahl-
ber 1953 (I/12) (Drucksache 421). kampf in einer Gemeinde des Odenwalds erklärt
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. von zu haben, daß er es dem Abgeordneten Ritzel nicht
Merkatz. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen. verüble, im Jahre 1933 aus Deutschland emigriert
zu sein, daß er es ihm aber übelnehmen würde,
wenn eine angebliche Meldung des „Völkischen Be-
Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter: Herr obachters", der Abgeordnete Ritzel habe sich im
Präsident! Meine Damen und Herren! Der Prozeß- Jahre 1938 der NSDAP angeboten, falls er wieder
vertreter des Privatklägers hat mit einem Schrei- nach Deutschland zurückkönne, der Wahrheit ent-
ben vom Dezember 1953 ersucht, eine Entscheidung spräche.
des Bundestags über die Genehmigung zum Straf-
verfahren gegen den Abgeordneten Scheppmann Der Abgeordnete Löhr hat in seiner Stellung-
herbeizuführen. Es handelt sich hierbei um ein nahme zu dieser Beschuldigung erklärt und durch
Verfahren, das bereits vor Erlangung der Abge- Zeugen unter Beweis gestellt, daß er diese Äuße-
ordneteneigenschaft des Abgeordneten Scheppmann rung nicht in der behaupteten Form getan habe,
beim Amtsgericht Essen anhängig gewesen ist. Der sondern mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf,
Prozeßvertreter des Privatklägers hat Privatklage daß man dieser Meldung des „Völkischen Be-
gegen den Abgeordneten Scheppmann wegen Be- obachters", falls sie überhaupt erschienen sein
leidigung erhoben, weil er ihn beschuldigt, Anfang sollte, keinen Glauben schenken könne.
März bei einer Besprechung oberer Bergbeamter (Zurufe von der SPD.)
in Dortmund in bezug auf den Privatkläger abfäl-
lige Bemerkungen gemacht zu haben. Aus den Bei dieser Sachlage stellt sich die Äußerung des
Akten ergibt sich, daß der Abgeordnete Schepp- Abgeordneten Löhr nicht als eine Verleumdung im
mann in der Verhandlung vor dem Schiedsmann Sinne des § 187 des Strafgesetzbuches, sondern nur
dem Privatkläger gegenüber die Dinge klargelegt als Erfüllung des Tatbestandes des § 186 des Straf-
hat, erstens, daß seine Äußerungen, die dem Pri- gesetzbuches — Verbreitung eines unbestätigten
vatkläger hinterbracht worden waren, falsch wie- Gerüchtes - dar. Der Ausschuß für Immunität
dergegeben worden seien, und zweitens, daß er hat bislang die Praxis gepflogen, nur bei Erfüllung
eine andere Person gemeint habe. des Tatbestandes der Verleumdung die Immunität
aufzuheben und die Genehmigung zum Strafver-
Der Ausschuß hat sich nach dem Inhalt der fahren zu erteilen. Bei Erfüllung der Tatbestände
Akten nicht davon überzeugen können, daß eine der §§ 185 und 186 — einfache Beleidigung und
die Aufhebung der Immunität rechtfertigende H and- üble Nachrede — bestand bisher besonders dort,
lung vorliegt, da es sich offenbar nur um tadelnde wo sie im politischen Raum oder gar in der Hitze
Urteile handelt und nach dem Akteninhalt klar des Wahlkampfes vorlagen, die Übung, die Immu-
ist, daß der Privatkläger nicht die von diesen nität nicht aufzuheben. Der Ausschuß ist auch bei
tadelnden Urteilen betroffene Person ist. Ich habe der Beratung dieses Falles in seiner letzten Sitzung
die Ehre, namens des Ausschusses vorzuschlagen, einstimmig zu diesem Beschluß gekommen.
der Bundestag wolle beschließen: Die Genehmi- Ich habe die Ehre, dem Hohen Hause vorzu-
gung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten
schlagen, in diesem Sinne zu beschließen und die
Scheppmann wird nicht erteilt.
Immunität nicht aufzuheben.
Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn (Zuruf von der SPD: Er hat schon von
Berichterstatter. Ich bitte die Damen und Herren, Adenauer gelernt!)
die dem Ausschußantrag auf Drucksache 421 zuzu- Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn
stimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das Berichterstatter. — Meine Damen und Herren, die
ist die Mehrheit; angenommen. Herren Berichterstatter nehmen die Aufgabe wahr,
Punkt 23: einen Bericht über die Sitzung des Ausschusses
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- zu erstatten. Ich darf freundlichst bitten, das nicht
schusses für Wahlprüfung und Immunität durch Kritik zu erschweren.
(1. Ausschuß) betreffend Genehmigung zum (Sehr richtig! in der Mitte.)
Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dr. Ich bitte die Damen und Herren, die dem An-
Löhr gemäß Schreiben des Bundesministers trag des Ausschusses Drucksache 422 zuzustimmen
der Justiz (Az. 1044/1 E — 70/53) vom 11. Ja- wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um
nuar 1954 (I/15) (Drucksache 422). die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Enthaltungen mit großer Mehrheit angenommen.
Klötzer. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen. Ich komme zu Punkt 24 der Tagesordnung:
Beratung des interfraktionellen Antrags be-
Dr. Klötzer (GB/BHE), Berichterstatter: Herr treffend Überweisung von Anträgen an die
Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann Ausschüsse (Umdruck 93).
den mir übertragenen Bericht recht kurz fassen
und damit dem unausgesprochenen Wunsch des Ich habe hierbei darauf aufmerksam zu machen,
Hauses, das Ende der heutigen Tagesordnung zu daß — umgekehrt wie auf dem Umdruck ver-
erreichen, Rechnung tragen. merkt — bei dem Antrag unter Ziffer 1 des Um-
drucks 93 beabsichtigt war, den Ausschuß für Wirt-
Der Abgeordnete Ritzel hat durch seinen Anwalt schaftspolitik federführend sein zu lassen und den
gegen den Abgeordneten Dr. Löhr Privatklage Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen
wegen Beleidigung, übler Nachrede und Verleum- mitberatend tätig werden zu lassen. Zu Ziffer 3
dung erhoben. Auf dem vorgeschriebenen Wege ist des Umdrucks 93 — Antrag der Fraktion der
um die Genehmigung zum Strafverfahren gegen CDU/CSU betreffend Beschleunigte Unterbringung
den Abgeordneten Dr. Löhr nachgesucht worden. von Sowjetzonenflüchtlingen durch den Bau von
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1267
(Präsident D. Dr. Ehlers)
Fertighäusern — ist mir der Wunsch vorgebracht Im Auswärtigen Ausschuß wurde ferner Wert
worden, diesen Antrag auch dem Ausschuß für darauf gelegt, eine militärtechnische Beurteilung
Kommunalpolitik als mitberatendem Ausschuß zu des Abkommens vorgelegt zu erhalten. Das Aus-
überweisen, da die Kommunen die Bauten aus- wärtige Amt hat dankenswerterweise in einer sehr
führen müßten. Ich nehme an, daß gegen diese eingehenden Aufzeichnung vom 8. April dieses Jah-
beiden Änderungen gegenüber dem gedruckten res zu den von Mitgliedern des Ausschusses auf-
Antrag keine Bedenken bestehen. geworfenen Fragen Stellung genommen und da-
(Zustimmung.) durch die Bedenken zu den oben genannten Fragen
zerstreut. Die Aufzeichnung enthält auch die ge-
— Keine Bedenken. Die Überweisung der Anträge wünschte Stellungnahme der Dienststelle Blank,
ist also mit der Maßgabe dieser Änderungen be- in der diese dem Beitritt der Bundesrepublik
schlossen. Deutschland zu den vier Abkommen uneinge-
Ich kehre nun zurück zu Punkt 13 der Tages- schränkt zustimmt und darauf hinweist, daß vom
ordnung: militärischen Standpunkt aus gegen den Beitritt
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs keinerlei Bedenken bestehen.
eines Gesetzes über den Beitritt der Bundes- Die Abkommen sind seinerzeit von 61 Staaten
republik Deutschland zu den vier Genfer einschließlich aller Länder des Ostblocks unter-
Rotkreuz-Abkommen vom 12. August 1949 zeichnet worden. Ratifiziert worden sind sie erst
(Drucksache 152); von 34 Staaten, bemerkenswerterweise in den
Mündlicher Bericht des Ausschusses für aus- letzten Tagen auch von der Sowjetunion. Dagegen
wärtige Angelegenheiten (4. Ausschuß) steht die Ratifikation durch Großbritannien und
(Drucksache 446). die USA noch aus. Eine Nachfrage des Auswärtigen
Amts bei unseren Missionen in London und
(Erste Beratung: 20. Sitzung.) Washington hat ergeben, daß der Zeitpunkt der
Berichterstatter des Ausschusses für auswärtige Ratifikation durch das englische Unterhaus noch
Angelegenheiten ist der Abgeordnete Fürst von unbestimmt ist, während man damit rechnen kann,
Bismarck. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen. daß die Rotkreuz-Abkommen nach Abschluß des
Koreakonfliktes nunmehr bald vom amerika-
Fürst von Bismarck (CDU/CSU), Berichterstatter: nischen Senat verabschiedet werden. Unsererseits
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchten wir den Wunsch ausdrücken, daß die
habe die Ehre, als Berichterstatter des Auswärtigen beiden genannten westlichen Großmächte sich mög-
Ausschusses dem Hohen Hause die Annahme des lichst bald zu einer Ratifikation entschließen.
vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzes Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß ich
über den Beitritt der Bundesrepublik zu den vier als Berichterstatter in Ihrer aller Namen spreche,
Genfer Rotkreuz-Abkommen vom 12. August 1949 wenn ich bei der Empfehlung der einstimmigen
auf das wärmste zu empfehlen. Der Bundesrat hat Annahme dieser vier Rotkreuz-Abkommen durch
dem Gesetzentwurf vorbehaltlich einer anderen den Deutschen Bundestag noch einmal im Namen
Fassung der Berlin-Klausel zugestimmt. Mit die- des ganzen deutschen Volkes an alle die Mächte,
sem Änderungsantrag ist die Bundesregierung ein- von denen noch deutsche Kriegsgefangene zurück-
verstanden. gehalten werden, appelliere, im Geiste des - Roten
Bei den vier Genfer Rotkreuz-Abkommen, die Kreuzes diesen armen, vielgeprüften Menschen die
auf der auf Anregung des Internationalen Komi- Freiheit zurückzugeben und ihnen die Rückkehr
tees vom Roten Kreuz einberufenen Staatenkonfe- in ihre Heimat zu ihren Angehörigen zu ermög-
lichen.
renz am 12. August 1949 einstimmig — bei zwei
Stimmenthaltungen — angenommen wurden, han- (Lebhafter Beifall im ganzen Hause.)
delt es sich erstens um das Abkommen über die
Verbesserung des Loses der Verwundeten und Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn
Kranken der Streitkräfte im Felde, zweitens das Berichterstatter.
Abkommen über die Anwendung der Grundsätze Ich rufe auf zur zweiten Beratung Art. 1, —
des erstgenannten Abkommens auf den Seekrieg, Art. 2, — Art. 3 unter Hinweis auf die Änderung,
drittens das Abkommen über die Behandlung der die der Ausschuß vorgenommen hat, — Art. 4, —
Kriegsgefangenen und viertens das Abkommen Einleitung und Überschrift. — In der zweiten Be-
über den Schutz von Zivilpersonen im Kriegsfalle. ratung wird das Wort nicht gewünscht.
Die Abkommen eins bis drei sind im wesentlichen Ich bitte die Damen und Herren, die diesen auf-
Neufassungen und Erweiterungen früherer Ab- gerufenen Artikeln, der Einleitung und Überschrift
kommen, denen das Deutsche Reich angehört hat zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. —
und die auch für die Bundesrepublik verbindlich Ich stelle fest, daß die Bestimmungen einstimmig
sind. Das vierte der genannten Abkommen stellt angenommen sind.
eine wichtige Neuerung auf dem Gebiet des inter-
nationalen Kriegsrechts dar und wurde vor allem Ich rufe auf zur allgemeinen Aussprache der
im Hinblick auf die im vergangenen Weltkrieg und dritten Beratung.
in den nachfolgenden internationalen kriegsähn- Das Wort hat der Abgeordnete Professor Schmid.
lichen Konflikten gemachten Erfahrungen abge-
schlossen. Dr. Schmid (Tübingen) (SPD): Herr Präsident!
Bei der Diskussion der vier Genfer Rotkreuz Meine Damen und Herren! Als am 24. Juni des
Abkommen im Auswärtigen Ausschuß wurden vor Jahres 1859 die Sonne auf dem Schlachtfeld von
allem folgende Fragen kritisch behandelt. Zunächst Solferino unterging, da tat der Sieger, der Herr
einmal wurde das Verhältnis der Nürnberger des Feldes geblieben war, was die Sieger vor ihm
Rechtsprechung zu dem Inhalt der Abkommen er- immer getan hatten: er kümmerte sich schlecht und
örtert und geprüft, welcher Art insbesondere die recht um seine Verwundeten und ließ die Verwun-
von den Ostblockstaaten gemachten Vorbehalte deten des geschlagenen Feindes liegen, ja, er behielt
sind und welche Bedeutung ihnen zukommt. sogar die Militärärzte des geschlagenen Feindes in
1268 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Dr. Schmid [Tübingen])
seinem Gewahrsam und erlaubte ihnen nicht, ihre Geist dieser Konvention gehandelt worden ist, so
verwundeten Kameraden zu versorgen. Das hatten hat sie doch auch bei den weniger Gutwilligen als
schon vorher viele Tausende Menschen gesehen. eine Art von Generalprävention gewirkt.
Sie hatten diesen Zustand beklagt, sich damit ab- Nunmehr sind aus den Erfahrungen des zweiten
gefunden, daß nun einmal so der Welt Lauf sei Weltkrieges heraus vier weitere Konventionen
und es im Kriege offenbar immer so zugehen vereinbart worden, eben die Konventionen, die
müsse, da es immer schon so zugegangen sei. heute die Zustimmung des Bundestages finden
Ein Mann, der das auch gesehen hat, hat sich sollen und werden. Drei dieser vier Konventionen
nicht damit abgefunden, daß es in der Welt immer von 1949 bauen das Rote-Kreuz-Recht der Ver-
so zugehen müsse, wie es in den Jahrhunderten gangenheit weiter aus, indem sie sich einige Erfah-
vorher zugegangen war. Dies ist ein junger Genfer, rungen des zweiten Weltkrieges zunutze machen.
ein junger Schweizer Bürger gewesen, Henri Die vierte Konvention von 1949 bringt ganz
Dunant, dessen Geburtstag sich übermorgen wesentlich Neues. In dieser Konvention werden
jähren wird. Er hat zugegriffen und sich nicht die Lehren aus den Erfahrungen des totalen Krie-
damit begnügt, einen Protest in die Welt hinaus- ges gezogen, der gezeigt hat, daß in den Kriegen
zuschreien. Er hat schon auf dem Schlachtfeld unserer schrecklichen Zeit die Hauptleidtragenden
-zugegriffen, hat Bauern zusammengerufen und der Kriegsfurie nicht so sehr die Kämpfer sind, die
mit ihnen die Verwundeten verbunden und ver- mit dem Gewehr in der Hand auf dem Schlacht-
sorgt, die ohne diese Hilfe hätten sterben müssen, feld stehen, sondern neben ihnen und machmal in
wie so viele andere vor ihnen sterben mußten, viel schrecklicherer Weise die waffenlose Zivil-
weil die Sieger glauben durften, der leidende bevölkerung, die Frauen und die Kinder. Und so
Feind gehe sie nichts an. sieht die vierte Konvention eine Reihe von Be-
stimmungen vor, die dazu dienen sollen, den Zivil-
Dieser unbekannte Mann, dessen Namen vorher personen, die in die Gewalt einer der an dem be-
kein Mensch gehört hatte, hatte darüber hinaus waffneten Konflikt beteiligten Parteien geraten
den Mut — es hat Mut dazu gehört —, die Sou- sind, Schutz zu gewähren und ihnen einen Min-
veräne Europas in einem Brief „Souvenirs de deststandard humaner Behandlung zu garantieren.
Solférino" anzuschreiben und ihnen zuzuruf en, Darüber hinaus wird die Möglichkeit geschaffen,
daßsieochKrgbäundemöcht, Sicherheitszonen, Sanitätszonen, neutrale Zonen
so änderten, daß auch der Verwundete des ge- im Kampfgebiet einzurichten und so zu versehen,
schlagenen Feindes vom Sieger als ein Mensch, daß zum mindesten eine vernünftige Chance be-
dem geholfen werden muß, und nicht als jemand steht, daß die Menschen, die in diese Zonen flüch-
behandelt wird, dessen Verderb vielleicht gar ten oder in diese Zonen aufgenommen werden
wünschbar erscheinen konnte. Er hat hier den können, von den unmittelbaren Kampfhandlungen
ersten Keim zu dem gelegt, was man in der Welt
seitdem das Rote-Kreuz-Denken nennt: Jeder, der nicht betroffen werden.
zwischen die Mühlsteine der politischen Macht- Daneben sieht diese Konvention vor, daß der
kämpfe gerät und dadurch hilfsbedürftig wird, soll Bevölkerung eines Gebietes, das vom Feinde
Hilfe bekommen, ohne daß man fragt, wohin er besetzt ist oder das Schlachtfeld geworden ist oder
gehört, und ohne daß man fragt, ob die Sache, zu werden droht, ein Minimum von Menschen-
für die er stand und in deren Dienst er zu Schaden rechten gewahrt wird. Die Konvention sieht aus-
gekommen ist, eine gerechte oder eine ungerechte drücklich ein Verbot der Austreibung der Bevölke-
Sache war. rung vor, ein Verbot von Deportationen, und legt
jenem, der ein Gebiet besetzt hat, die Verpflich-
(Sehr gut!) tung auf, das für die Versorgung der Bevölkerung
Die Häupter der Staaten jener Zeit haben diesen Nötige zu tun.
Ruf vernommen und in überraschend kurzer Zeit (Sehr gut!)
positiv darauf reagiert. Ich glaube, es hier sagen Diese Konvention sieht weiter vor, daß niemand
zu müssen und sagen zu dürfen: Es gereicht unse- aus der Bevölkerung des besetzten Landes für
rem Volke zur Ehre, daß es insbesondere deutsche Taten, die er vor der Besetzung begangen hat oder
Regierungen gewesen sind, die als erste geant-
begangen haben soll, auf Grund von Gesetzen be-
wortet haben und sich als erste mit an den Be- straft werden darf, die erst nach der Besetzung
sprechungen beteiligten, die zu der ersten Kon- erlassen worden sind.
vention geführt haben.
Außerdem garantiert die Konvention eine beson-
Die erste Rotkreuz-Konvention wurde am dere Behandlung der Zivilinternierten, die in den
22. August 1864 unterzeichnet. Darin wurde schon bisherigen Kriegen kein Statut hatten und auch
die Neutralität der Lazarette und des Kranken- nicht den Kriegsgefangenen gleichgestellt waren.
pflegepersonals vereinbart und die gleiche Be- Nunmehr sollen sie das sein. Insbesondere sollen
handlung der Verwundeten beider Kriegsparteien die Staaten, die Menschen internieren, verpflichtet
als eine Rechtsverpflichtung stipuliert. Diese erste sein, die Visitation ihrer Lager zu dulden und Aus-
Konvention wurde durch eine weitere vom Jahre künfte zu erteilen. Wie wichtig diese Auskunfts-
1906 ergänzt, die die Rotkreuzprinzipien auf den verpflichtung ist, wissen wir Deutsche heute in der
Seekrieg ausdehnte. Nach dem ersten Weltkriege, Zeit des kalten Krieges ganz besonders zu schätzen.
im Jahre 1929, vereinbarte man — belehrt und
bewegt durch die Erfahrungen jener schrecklichen Etwas ganz Besonderes sagt diese vierte Kon-
Jahre — eine weitere Konvention, eine Konvention vention in einem sehr häufig übersehenen Satz:
über die Behandlung der Kriegsgefangenen. Diese nämlich, daß diese Prinzipien in Zukunft auch in
Konvention ist vielen unserer Brüder zum Segen Bürgerkriegen gelten sollen, also nicht mehr nur
geworden. Sie war nicht weniger als die Magna in Kriegen zwischen zwei Staaten, sondern auch bei
Charta der Welt hinter dem Stacheldraht. den Auseinandersetzungen innerhalb eines und
desselben Staates. Damit wird zum erstenmal auch
(Sehr gut!) das Opfer innerpolitischer Auseinandersetzungen
Wenn auch in vielen Fällen gegen Buchstabe und unter den Schutz des Roten Kreuzes gestellt. Frei-
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1269
(Dr. Schmid [Tübingen])
lich haben die Urheber der Konvention von 1949 hen werden, die den Schutz bestimmter Gruppen
dabei an innerpolitische Auseinandersetzungen wahrnehmen sollen. Im kalten Bürgerkrieg wird
kriegsartigen Charakters gedacht, etwa so wie es natürlich nicht möglich sein, einen fremden Staat
die Kämpfe des spanischen Bürgerkrieges, in dem mit Schutzobliegenheiten zu betreuen. Hier sieht
sich Armeen in offenen Feldschlachten gegenüber- die Konvention Befugnisse und Initiative des Inter
gestanden haben. Aber es ist sicher, daß es nicht nationalen Komitees vom Roten Kreuz vor, falls
die Absicht der Schöpfer der Konvention gewesen die Parteien dessen Tätigkeit wünschen. Ich glaube,
ist, die Anwendbarkeit der Konvention auf Bürger- daß Anlaß besteht, gerade hier im Deutschen
kriege und bürgerkriegsähnliche Handlungen des Bundestag der kleinen Gruppe Schweizer Bürger,
Ausmaßes und der Art zu beschränken, wie man die das Internationale Komitee vom Roten Kreuz
sie in Spanien erlebt hat. Es ist vielmehr offenbar ausmachen, den tiefsten Dank des Deutschen Vol-
ihre Absicht gewesen, die Anwendbarkeit der Kon- kes für alles auszusprechen, was diese Menschen
vention auf jede Auseinandersetzung machtmäßiger im Kriege und nach unserer Niederlage dem deut-
Art innerhalb der Staaten auszudehnen. schen Volke Gutes getan haben.
Das ist schon ein unerhörter Fortschritt gegen (Allseitiger Beifall.)
alles frühere Denken von den Souveränitätsrech-
ten der Staaten. Bisher haben sich die Staaten Vielleicht könnte man auch daran denken, daß die
peinlichst gescheut, irgend jemand Rechenschaft Bundesregierung die Initiative ergreift und dahin
darüber abzulegen, was sie tun, um mit „Rebellen" wirkt, daß auch diesem Internationalen Komitee
fertig zu werden oder, wie man gelinder zu sagen des Roten Kreuzes die völkerrechtliche Rechtsfähig-
pflegt, um die „Ruhe und Ordnung" in ihren Lan- keit zuerkannt wird. Wenn es möglich war, das
den aufrechtzuerhalten. Sie haben erklärt, das sei dem Großmeister des Malteserordens gegenüber zu
eine innere Angelegenheit, und jedes Mal, wenn tun, der ja auch kein Souverän über ein Gebiet ist,
das Rote Kreuz sich um die Opfer dieser „inneren warum sollte es dann nicht auch dem Internationa-
Angelegenheiten" bemüht hat, pflegten die Staaten len Komitee des Roten Kreuzes gegenüber gesche-
die Tore vor ihm zu verschließen. Nunmehr ist hen können? Nach all dem, was es bisher der
durch die Möglichkeit der Übertragung der Rot- Menschheit Gutes getan hat, hat es das wirklich
kreuz-Prinzipien auf die innerpolitischen Ausein- verdient, und es würde der Menschheit zum Nutzen
andersetzungen der Grundsatz, der allem Rotkreuz- gereichen.
Recht zugrunde liegt, universalisiert worden. Alle (Beifall.)
die sollen geschützt sein, die in das Räderwerk von Meine Damen und Herren, das größte Lob, das
Machtkämpfen gekommen sind, nicht nur bei den dem Roten Kreuz gespendet werden kann, ist, daß
Machtkämpfen der Staaten; jenen soll auch gehol- es im Bewußtsein unserer Völker zu einer selbst-
fen werden, die am Wege liegengeblieben sind, weil verständlichen Einrichtung unserer öffentlichen
innerhalb der Marken ihres Landes zwei Parteien und gesellschaftlichen Wirklichkeit geworden ist.
um die Herrschaft stritten. Niemand kann sich heute mehr eine Welt ohne das
Aber eines haben die Urheber der Konvention Rote Kreuz vorstellen. Seine Existenz und sein
von 1949 noch nicht bedacht und vielleicht noch Wirken werden als selbstverständlich hingenom-
nicht bedenken können, nämlich die Methoden und -
men. Aber gerade in dieser Selbstverständlichkeit
die Wechselfälle des kalten Krieges und des kalten liegt eine Gefahr, die Gefahr nämlich, daß man an
Bürgerkrieges. Noch in den Konventionen von 1949 Routine denkt, wenn man das Rote Kreuz wirken
stellt man sich den dramatischen Fall so vor, daß sieht. Damit aber würde man genau entgegen dem
auf beiden Seiten Schlachtreihen stehen, die mit Sinne des Schöpfers des Roten Kreuzes handeln.
Gewehren oder Kanonen aufeinander schießen. Der Geist des Roten Kreuzes muß immer wieder
Man hat noch nicht daran gedacht und vielleicht erneuert werden, bei denen, die in seinem Namen
noch nicht daran denken können, daß die Methoden tätig sind, und bei denen, die auf seine Hilfe An-
des kalten Krieges und des kalten Bürgerkrieges spruch erheben oder die wissen, daß sie vielleicht
die Vernichtung von Menschen mit sehr viel subti- einmal auf seine Hilfe angewiesen sein könnten.
leren Mitteln möglich machen, als es die groben des Nur wenn im Geiste Henri Dunants, dieses Mannes,
Schießkrieges sind. Dadurch, daß man den politi- der auf dem Schlachtfeld unmittelbar zugegriffen
schen Gegner — erlauben Sie mir den Ausdruck — hat, weitergewirkt wird, und wenn im Zeichen
kriminalisiert, daß man ihn zum Verbrecher macht, des Roten Kreuzes auch der jeweils Nächste zum
daß man sagt: Du hast gegen das Strafgesetz ver- Nächsten geht, damit ihm geholfen werde, wird
stoßen, und daß man ihn durch ein gefügiges Ge- das Rote Kreuz und werden auch die Konventio-
richt aburteilen läßt, hat man ihn aus dem Bereich nen, über die wir heute beraten, wirken, wie sie
des Politischen und seiner Konsequenzen heraus- wirken sollen. Das spezifische Ethos des Roten
genommen. Man hat ihn zum Verbrecher gestem- Kreuzes muß immer wieder erneut ins Bewußtsein
pelt, und wer wird schon das Rote Kreuz als eine der Völker gebracht werden, dieses Ethos. das ganz
Schutzmacht für Verbrecher akzeptieren . . . So einfach definiert werden kann als die Nächsten-
wehren die Staaten, die den kalten Krieg führen, hilfe, die geleistet wird, ohne daß man fragt, war-
oder Machtgruppen, die den kalten Bürgerkrieg um denn gerade dieser Leidende leidet, die Hilfe,
führen, dem Roten Kreuz noch den Zugang zu die- die man leistet, nur um zu helfen. Das zweckfreie
ser Art von Opfern ihrer Machtkämpfe. Ich glaube, Helfen ist eines der Fundamente der Menschen-
es besteht die Notwendigkeit, gerade hier in würde, und ohne das Fundament der Menschen-
Deutschland darauf hinzuweisen, daß die Regierun- würde stehen hinwiederum die Staaten und steht
gen sich bemühen sollten, auf Ergänzungen dieser die Freiheit auf schwankendem Boden!
Vierten Konvention hinzuwirken, so daß es auch
möglich wird, in wirksamer Weise den Erforder- (Lebhafter Beifall.)
nissen des kalten Krieges und des kalten Bürger-
krieges gerecht zu werden. Präsident D. Dr. Ehlers: Weitere Wortmeldungen
Eine der wesentlichen Bestimmungen in dieser liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aus-
Vierten Konvention ist, daß Schutzmächte vorgese sprache der dritten Beratung.
1270 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954
(Präsident D. Dr. Ehlers)
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Ent- Meine Damen und Herren, wir sind sehr glück-
wurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bun- lich darüber, daß die deutsche Bundesrepublik an
desrepublik Deutschland zu den vier Genfer Rot- dieser Arbeit nun wieder teilnehmen kann. Wir
kreuz-Abkommen vom 12. August 1949 in der vom sind noch glücklicher darüber, daß die Genfer Kon-
Auswärtigen Ausschuß vorgeschlagenen Fassung vention über die Grenzen der großen Scheidung
zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu Ost-West hinausreicht und eine gemeinsame Ver-
erheben. — Ich stelle fest, daß dieser Gesetzent- antwortung festlegt, von der wir nur hoffen, daß
wurf vom Deutschen Bundestag einstimmig verab- sie auf allen Seiten beachtet wird.
schiedet worden ist. (Beifall.)
Meine Damen und Herren! Darf ich in diesem
Augenblick einige wenige Worte sagen. Herr Pro- Wir danken dem Internationalen Komitee des
fessor Schmid ist bereits auf die wesentlichen Roten Kreuzes für alles das, was es auch im Inter-
Dinge, die mit der Frage und den Aufgaben des esse der deutschen Kriegsgefangenen getan hat,
Roten Kreuzes in Zusammenhang stehen, einge- um sie zu stützen und um ihnen die Heimkehr zu
gangen. Das Deutsche Rote Kreuz wird in zwei ermöglichen. Es ist, glaube ich, recht, wenn wir
Tagen, am Geburtstag Henri Dunants, sein neues unsere Gedanken zu allen denen gehen lassen, die
Verwaltungsgebäude in Bonn in Benutzung neh- der Hilfe des Roten Kreuzes bedürfen und die
men. Ich glaube im Namen des Deutschen Bundes- unserer Verbundenheit und Hilfe überall in der
tages zu sprechen, wenn ich dem Wunsch und der Welt gewiß sein dürfen. In diesem Augenblick dür-
Hoffnung Ausdruck gebe, daß der Geist, der das fen wir auch daran denken, daß das, was zur Ver-
Rote Kreuz seit 90 Jahren getragen hat, auch in besserung des Loses der Verwundeten und Kran-
diesem Hause Gestalt gewinnt und daß die ken der Streitkräfte im Felde geschieht, gerade
innersten Verpflichtungen der Arbeit des Roten jetzt ein besonderes Gewicht in Dien Bien Phu hat.
Kreuzes besonders auch in der Arbeit des Deut- Wir sind auch gezwungen, daran zu denken — und
schen Roten Kreuzes einen Widerhall finden. tun es —, daß unter den 7000 Verwundeten, die in
Wenn man das Leben Henri Dunants überdenkt, dieser Festung liegen, Tausende von Deutschen
so überrascht es, feststellen zu müssen, daß dieser sind, die als Fremdenlegionäre dort ihren Dienst
Mann, der vor 95 Jahren auf dem Schlachtfeld von tun. Ich darf die Meinung und die Gefühle des
Solferino diese Erkenntnisse gewann und diesen Deutschen Bundestages wiedergeben, wenn ich in
bedeutsamen Weg des Roten Kreuzes begann, diesem Augenblick unserer Verbundenheit und
30 Jahre später als ein Armer und Heimatloser unserem Gedenken hier deutlich Ausdruck gebe.
durch Europa irrte, und daß es wieder ein Schwei- (Anhaltender Beifall.)
zer Spital war, das ihm eine Heimat bot, bis er
im Jahre 1910 dort verstarb. Es ist also offenbar Meine Damen und Herren, damit sind wir am
nicht so, daß die großen Dinge im Leben der Völ- Ende unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe
ker immer nur von denen geschehen, die im Glanze die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf
der Anerkennung und des Ruhms sind, Donnerstag, den 20. Mai, 9 Uhr, und schließe die
28. Sitzung.
(lebhafter Beifall)
sondern so, daß manchmal die Armen, Elenden (Schluß der Sitzung: 18 Uhr 20 Minuten.)
und Verfolgten den größeren Beitrag zur Mensch-
lichkeit und zum Zusammenleben der Völker
leisten.
(Erneuter Beifall.)
Es bedarf keines Hinweises, daß das Bild des
Schlachtfeldes von Solferino für unsere heutigen Druckfehlerberichtigung
Begriffe ein harmloses Bild war gegenüber den zum Stenographischen Bericht der 26. Sitzung
Schlachtfeldern der Gegenwart. Wir können daraus
nur die Folgerung ziehen, daß die Aufgabe, die uns Seite 1131 D, Zeile 5 von unten ist statt „in der
heute gestellt ist, um so größer ist. vorigen Sitzung des Ausschusses für den" zu lesen:
(Sehr richtig!) nicht etwa darauf zu versteifen, daß hier
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1271

Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Zusammenstellung der Beschlüsse zweiter Beratung


(Umdruck 87)
zum Entwurf eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)
(Drucksachen 200, 350 bis 379)

Unverändert nach den Beschlüssen des Haushalts- „Tit. 303 Besatzungsschäden aus der Zeit bis
ausschusses (18. Ausschuß) — Drucksachen 200, 350 zum Inkrafttreten der Verträge,
bis 379 — bis auf folgende Änderungen: soweit nicht bei Tit. 304 zu buchen
ist.
1. Beim Einzelplan 19 — Haushalt des Bundesver-
fassungsgerichts (Drucksache 364) wird der An- Tit. 306 Deutsche Beteiligung bei neuen
satz bei Kap. 1901 Tit. 101 „Dienstbezüge der Schäden durch amerikanische, bri-
planmäßigen Beamten (einschließlich der in Plan- tische, dänische und norwegische
stellen angestellten Beamten auf Probe)" von Streitkräfte in Höhe von 25 vom
1 021 100 DM um 55 000 DM auf 1 076 100 DM Hundert der Entschädigungsbe-
erhöht. (Umdruck 21.) träge."
(Umdruck 83.)
2. Beim Einzelplan 27 — Haushalt für den Ge- 4. Beim Einzelplan 40 — Haushalt der Sozialen
schäftsbereich des Bundesministers für gesamt- Kriegsfolgeleistungen (Drucksachen 375 und zu
deutsche Fragen (Drucksache 369) wird bei 375) wird in Kap. 4010 Tit. 300 der Zweckbestim-
Kap. 2701 Tit. 300 folgender Vermerk in die mung folgender Absatz angefügt:
Zweckbestimmung aufgenommen:
„Bis zum Betrag von 1 700 000 DM können
„Bei der Disposition über diese Mittel ist eine Mittel zur Verstärkung der bei Tit. 530 und
nach Maßgabe der Geschäftsordnung des Bun- Tit. 600 veranschlagten Mittel verwendet
destages aus fünf Mitgliedern des Bundes- werden."
tages zu bildende Kommission zu hören". (Umdruck 70.)
(Umdruck 57.) 5. Beim Einzelplan 60 — Haushalt der Allgemeinen
Finanzverwaltung (Drucksache 379) ist der An-
3. Beim Einzelplan 35 — Haushalt der Verteidi- satz bei Kap. 6003 Tit. 154 um 55 000 DM zu
gungslasten (Drucksachen 374 und zu 374) er- kürzen. (Umdruck 66.)
halten die Zweckbestimmungen bei Kap. 3511
Tit. 303 und Tit. 306 folgende Fassung: Bonn, den 30. April 1954
1272 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 95)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 02 — Haushalt des Deutschen Bundestages


(Drucksachen 200, 350, 352)

Der Bundestag wolle beschließen:


Das Präsidium des Bundestages wird beauftragt,
die Voraussetzungen zu schaffen, damit die wört-
lichen Berichte der Bundestagsverhandlungen am
Morgen nach den Beratungen gedruckt vorliegen.

Bonn, den 5. Mai 1954


undFraktio Olenhaur

Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der FDP
(Umdruck 99)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)
Einzelplan 02 - Haushalt des deutschen Bundestages
(Drucksachen 200, 350, 352)

Der Bundestag wolle beschließen:


Für den Einzelplan 02 ist ein außerordentlicher
Haushalt aufzustellen, in dem der Betrag von
2 000 000 DM für die Errichtung weiterer Räume
für Bundestagsabgeordnete einzustellen ist.

Bonn, den 5. Mai 1954


Dr. Mende und Fraktion
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1273

Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der FDP
(Umdruck 100)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 02 — Haushalt des Deutschen Bundestages


(Drucksachen 200, 350, 352)

Der Bundestag wolle beschließen:

In Kap. 0201 wird in Tit. 104 unter Buchstabe a der


Ansatz für Vergütungen der Angestellten um
250 000 DM zur Einstellung von parlamentarischen
Referenten erhöht.

Bonn, den 5. Mai 1954

Dr. Mende und Fraktion


1274 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 5 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 73)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers


und des Bundeskanzleramtes
(Drucksachen 200, 350, 354)

Der Bundestag wolle beschließen:


in Kap. 0403 den Tit. 300 um 4 000 000 DM zu
kürzen auf 6 000 000 DM.

Bonn, den 29. April 1954

undFraktio Olenhaur
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1275

Anlage 6 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 74)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 04 - Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes


(Drucksachen 200, 350, 354)

Der Bundestag wolle beschließen:


In Kap. 0403 Tit. 300 „Zur Verfügung des Bundes-
kanzlers für Förderung des Informationswesens"
erhält der Zweckbestimmungsvermerk folgende
Fassung:
„Die Mittel sind übertragbar.
Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses
Betrages unterliegt der Kontrolle einer nach
Maßgabe der Geschäftsordnung des Bundestages
aus drei Mitgliedern des Bundestages zu bilden-
den Kommission und der Prüfung durch den
Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die
Erklärungen der Kommission und des Präsi-
denten des Bundesrechnungshofes bilden die
Grundlage für die Entlastung der Bundes-
regierung."

Bonn, den 29. April 1954

OlenhaurdFktio
1276 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 7 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 60)
zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes

(Drucksachen 200, 350, 354)

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Herr Bundeskanzler wird gebeten, aus seinem


Dispositionsfonds — Kap. 0403 Tit. 300 — die er-
forderlichen Mittel bereitzustellen, um den deut-
schen Volksbüchereien, insbesondere in den Mit-
tel- und Kleinstädten,
1. das amtliche Handbuch des 2. Deutschen Bun-
destages,
2. die Stenographischen Berichte des Deutschen
Bundestages vom Beginn der 2. Wahlperiode
1953 an
zur Verfügung zu stellen und den Bundestag im
Herbst 1954 über Umfang und Ergebnis dieser
Aktion zu unterrichten.

Bonn, den 8. April 1954

OlenhaurdFktio
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1277

Anlage 8 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 75)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 06 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers des Innern
(Drucksachen 200, 350, 356)

Der Bundestag wolle beschließen:


In Kap. 0609 Tit. 300 wird der letzte Absatz des
Zweckbestimmungsvermerkes wie folgt geändert:
„Die Jahresrechnungen über die Ausgaben dieses
Betrages unterliegen der Prüfung einer nach Maß-
gabe der Geschäftsordnung des Bundestages aus
drei Mitgliedern des Bundestages zu bildenden
Kommission und der Prüfung durch den Präsiden-
ten des Bundesrechnungshofes.
Die Erklärungen der Kommission und des Präsi-
denten des Bundesrechnungshofes bilden die
Grundlage für die Entlastung der Bundesregie-
rung."

Bonn, den 29. April 1954

undFraktio Olenhaur
1278 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 9 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 76)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 06 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers des Innern
(Drucksachen 200, 350, 356)

Der Bundestag wolle beschließen:

1. In Einzelplan 06 Kap. 0618 ist nach Tit. 302 fol-


gender neuer Tit. 302 a einzufügen:
„Bauten und Einrichtungen für den Luftschutz
der zivilen Bevölkerung 1 000 000 000 DM."

2. In Einzelplan 35 Kap. 3501 Tit. 300 ist der Bei-


trag der Bundesrepublik an die Europäische Ver-
teidigungsgemeinschaft (zum Teil Stationierungs-
beitrag) um 1 000 000 000 DM
auf 8 000 000 000 DM
zu kürzen.

Bonn, den 29. April 1954

undFraktio Olenhaur
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1279

Anlage 10 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 31 [neu])
zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 09 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers für Wirtschaft
(Drucksachen 200, 350, 359)

Der Bundestag wolle beschließen:


Zur Klärung der strittigen Fragen des ehemaligen
Reichsvermögens und der noch offenen Fragen
zwischen Bundes- und Landesvermögen und der
Beteiligungen des Bundes an Gesellschaften des
öffentlichen Rechts wird unter Federführung des
Ausschusses
- für Finanz- und Steuerfragen ein 21er
Ausschuß des Bundestages eingesetzt, in den je
7 Mitglieder des Haushaltsausschusses, des Aus-
schusses für Finanz- und Steuerfragen und des Aus-
schusses für Wirtschaftspolitik zu entsenden sind.

Bonn, den 9. April 1954

undFraktio Olenhaur
1280 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 11 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Fraktion der CDU/CSU
(Umdruck 98)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 09 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers


für Wirtschaft
(Drucksachen 200, 350, 359)

Der Bundestag wolle beschließen:


Die Bundesregierung wird ersucht, im Hinblick auf
die gegenwärtige Absatzlage im deutschen Eisen-
erzbergbau insbesondere im Salzgitter-Gebiet und
im Siegerland sofort die Wirtschaftlichkeit zu über-
prüfen und Maßnahmen zu erwägen, die geeignet
sind, die Folgen dieser Krise für die betroffenen
Kreise zu beheben, namentlich solche, die einen
Absatz deutscher Erze in einer ausreichenden
Menge ermöglichen.

Bonn, den 5. Mai 1954

Dr. Höck
Siebel
Dr. Bergmeyer
Dr. Dresbach
Dr. Friedensburg
Harnischfeger
Dr. Hellwig
Krammig
Dr. Moerchel
Müser
Naegel
Dr. Pohle (Düsseldorf)
Sabaß
Scheppmann
Teriete
Winkelheide
Wullenhaupt
Dr. von Brentano und Fraktion
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1281

Anlage 12 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 77)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 09 - Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers für Wirtschaft
(Drucksachen 200, 350, 359)

Der Bundestag wolle beschließen:


in Kap. 0902 folgenden neuen Titel einzufügen:
„Anpassungsbeihilfen für Belegschaftsmitglieder
des Eisenerzbergbaues, die durch Stillegung oder
Einschränkung der Betriebe ihre Arbeitsplätze
verlieren 4 000 000 DM".

Bonn, den 29. April 1954

OlenhaurdFktio
1282 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 13 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP
(Umdruck 86)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 09 - Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers für Wirtschaft
und
Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung
(Drucksachen 200, 350, 359, 379)

Der Bundestag wolle beschließen:


Die Ausschüsse für
Wirtschaftspolitik,
Finanz- und Steuerfragen,
Geld und Kredit
und der
Haushaltsausschuß
werden mit der Klärung und Prüfung aller Fra-
gen im Zusammenhang mit dem Bundesvermögen
(einschließlich des Vermögens des ehemaligen Rei-
ches und des ehemaligen Landes Preußen) sowie
der Klarstellung aller noch offenen Fragen zwi-
schen Bundes- und Landesvermögen und mit der
Vorbereitung von Vorschlägen für die Neuordnung
des Bundesvermögens beauftragt.

Bonn, den 29. April 1954

Dr. von Brentano und Fraktion


Dr. Mende und Fraktion
Bender
Dr. Eckhardt und Fraktion
Dr. Schild (Düsseldorf)
Dr. von Merkatz und Fraktion
2. Deutscher Bundestag - 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1283

Anlage 14 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen
(Umdruck 91)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 10 - Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers


für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
(Drucksachen 200, 350, 360)

Der Bundestag wolle beschließen:


Die Bundesregierung wird ersucht, mit den Län-
dern zu verhandeln, ob eine Schulmilchspeisung
notwendig und durchführbar ist und welche Mittel
die Länder für diesen Zweck zur Verfügung stellen
können.

Bonn, den 30. April 1954

Dr. Horlacher Kahn


Frau Dr. Bleyler (Freiburg) Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn)
Demmelmeier Frau Niggemeyer
Frau Dietz Frau Dr. Rehling
Even Frau Rösch
Griem Schmidt-Wittmack
Frau Dr. Jochmus Frau Dr. Weber (Aachen)
Winkelheide
1284 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 15 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 94)
zum Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen
(Umdruck 91)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 10 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

(Drucksachen 200, 350, 360)

Der Bundestag wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht,


mit den Ländern über die gemeinsame Durchfüh-
rung einer Schulmilchspeisung zu verhandeln.

Bonn, den 5. Mai 1954

undFraktio Olenhaur
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1285

Anlage 16 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Um druck 97)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 10 — Haushalt für den Geschäftsbereich


les Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

(Drucksachen 200, 350, 360)

Der Bundestag wolle beschließen:


In Kap. 1002 wird folgender neuer Titel angefügt:
„Tit. 958 Zuschuß an die Länder zur Durchfüh
rung der Schulmilchversorgung 40 000 000 DM"
-
Hierzu wird folgende Erläuterung empfohlen:
„Zu Tit. 958
Die Verbraucher werden durch die Abschöpfung
(siehe Kap. 1002 Tit. 67) in erheblichem Umfang
zusätzlich belastet. Da sich diese Belastung der
Lebenshaltung bei der Durchführung der Markt-
ordnung zwangsläufig ergibt, die Marktordnung
aber sowohl den Erzeugern wie den Verbrauchern
dienen soll, besteht die Verpflichtung, den Ver-
brauchern einen gewissen Ausgleich zu geben. Das
kann nur in einer Weise geschehen, die den Grund-
sätzen der Marktordnung entspricht. Die finanzielle
Unterstützung der Schulmilchversorgung aus Bun-
desmitteln, denen die erwähnten Einnahmen aus
der Abschöpfung zufließen, dient den Verbrauchern
respektive ihren Kindern durch die Verbilligung
der Milch und dient zugleich der erzeugenden Land-
wirtschaft durch die so bewirkte Steigerung des
Trinkmilchabsatzes, der gerade für die kleineren
landwirtschaftlichen Betriebe von entscheidender
wirtschaftlicher Bedeutung ist."

Bonn, den 5. Mai 1954

OlenhaurdFktio
1286 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 17 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 96)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 10 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
(Drucksachen 200, 350, 360)

Der Bundestag wolle beschließen:

In Kap. 1002 Tit. 615 ist der Ansatz von „10 000 000
DM" auf „40 000 000 DM" zu erhöhen.

Hierzu wird die folgende Ergänzung der Erläute-


rungen empfohlen:
„5. Beihilfen zur Ausmerzung tbc-kranker Kühe
39 770 000 DM.
Zu 5. Die Beihilfen sind nach bundeseinheitlichen
Richtlinien den Tierhaltern zu gewähren, die ihre
Reagenten über die Schlachtung endgültig aus-
merzen."

Bonn, den 5. Mai 1954

undFraktio Olenhaur
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1287

Anlage 18 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen
(Umdruck 92)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 10 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers


für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
(Drucksachen 200, 350, 360)

Der Bundestag wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, für die näch-


sten drei Jahre im Benehmen mit den Ländern
einen Gesamtplan zur Bekämpfung der Rinder-
tuberkulose aufzustellen und dem Bundestag bal-
digst darüber eine entsprechende Vorlage zu unter-
breiten.

Bonn, den 30. April 1954

Dr. Horlacher Dr. Baron Manteuffel-Szoege


Bauereisen Meyer (Oppertshofen)
Demmelmeier Niederalt
Dr. Dittrich Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn)
Fuchs Spörl
Geiger (München) Graf von Spreti
Frau Geisendörfer Stiller
Dr. Gleissner (München) Unertl
Kemmer Wacher (Hof)
Klausner Wittmann
Lermer
1288 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 19 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 89)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 11 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers für Arbeit
(Drucksachen 200, 350, 361)

Der Bundestag wolle beschließen:


1. § 13 Abs. 3 des Haushaltsgesetzes 1954 wird ge-
strichen.
2. In Einzelplan 11 werden
a) in Kap. 1111 Tit. 300 der Betrag von
638 000 000 DM auf 900 000 000 DM erhöht,

b) in Kap. 1113 Tit. 611 die beiden Zweckbe-


stimmungsvermerke gestrichen,

c) Kap. A 1102 Tit. 300 gestrichen.

Bonn, den 30. April 1954

undFraktio Olenhaur
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1289

Anlage 20 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Fraktion der CDU/CSU
(Umdruck 56)
zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 24 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit

(Drucksachen 200, 350, 366)

Der Bundestag wolle beschließen:

Die Vertretung der Bundesrepublik bei der FOA


ministration)Zeitpunkt
— (Foreign Operations Adstmöglichen — in Wa-
shington wird zum frühe
aufgelöst.

Bonn, den 7. April 1954

Dr. Bergmeyer
Dr. von Brentano und Fraktion
1290 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 21 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Schild (Düsseldorf), Lücke und Genossen
(Umdruck 23 [neu])
zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 25 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers für Wohnungsbau
(Drucksachen 200, 350, 367)

Der Bundestag wolle beschließen:


Die Bundesregierung wird ersucht, in Kap. 2501
die Erläuterungen zu Tit. 895 dahin zu ergänzen,
daß sich der Bund nur an solchen wohnungswirt-
schaftlichen Unternehmen, Heimstätten und Be-
treuungsgesellschaften beteiligt, bei denen die Ge-
währ gegeben ist, daß sie mit Ausnahme der Be-
treuung von Sonderprogrammen des Bundes oder
der Wohnungsfürsorge für Bundesbedienstete zu-
künftig ausschließlich Bauvorhaben durchführen
bzw. betreuen, durch welche die Eigentumsbildung
im Wohnungsbau gefördert wird.
Es muß bei den Unternehmen, an denen sich der
Bund beteiligt, ebenfalls gewährleistet sein, daß
sich die Tochtergesellschaften dieser Unternehmen
künftig ebenfalls im gleichen Sinne betätigen.

Bonn, den 9. April 1954

Dr. Schild (Düsseldorf) Griem Müller-Hermann


Dr. von Merkatz und Fraktion Dr. Hesberg Raestrup
Dr. Höck Richarts
Lücke Illerhaus Ruf
Bauer (Wasserburg)
Brand (Remscheid) Frau Dr. Jochmus Schmücker
Bock Kirchhoff Schrader
Dr. Brönner Krammig Schuler
Brück Leonhard Schulze-Pellengahr
Dr. Czaja Lücker (München) Dr. Serres
Diedrichsen Menke Dr. Siemer
Dr. Dollinger Mensing Stiller
Finckh Mühlenberg Stücklen
Dr. Glasmeyer Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) Dr. von Brentano und Fraktion
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1291

Anlage 22 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP
(Umdruck 85 [neu])
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 25 Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers


für Wohnungsbau
(Drucksachen 200, 350, 367)

Der Bundestag wolle beschließen,


den Zweckbestimmungsvermerk bei Kap. A 2501
Tit. 530 wie folgt neu zu fassen:

„Bis zur Verwendung der Mittel durch die


Länder dürfen bis zu 50 000 000 DM für neun
Monate der Deutschen Bau- und Bodenbank
Aktiengesellschaft gegeben werden unter der
Bedingung, daß hieraus Bauvorhaben des so-
zialen Wohnungsbaues vor- und zwischen-
finanziert werden."

Bonn, den 30. April 1954

Lücke
Albers und Fraktion
undFraktio Olenhaur
Dr. Mende und Fraktion
Engell
Dr. Eckhardt und Fraktion
Dr. Schild (Düsseldorf)
Dr. von Merkatz und Fraktion
292 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 23 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE
(Umdruck 80)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 27 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers


für gesamtdeutsche Fragen
(Drucksachen 200, 350, 369)

Der Bundestag wolle beschließen:

Die in der zweiten Lesung in Kap. 2701 Tit. 300


eingefügte Zweckbestimmung:
„Bei der Disposition über diese Mittel ist eine
nach Maßgabe der Geschäftsordnung des Bun-
destages aus fünf Mitgliedern des Bundestages
zu bildende Kommission zu hören."
wird gestrichen.

Bonn, den 30. April 1954

Dr. von Brentano und Fraktion


Dr. Eckhardt und Fraktion
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1293

Anlage 24 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion des GB/BHE
(Umdruck 81)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Hauhaltsgesetz 1954)

Einzelplan 27 — Haushalt für den Geschäftsbereich


des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen

(Drucksachen 200, 350, 369)

Der Bundestag wolle beschließen,

in Kap. 2701 folgenden neuen Tit. 303 einzusetzen:


„Für kulturelle Hilfsmaßnahmen im Zonen-
grenzgebiet gemäß Beschluß des Deutschen
Bundestages vom 2. Juli 1953 — Druck-
sache 4467 der 1. Wahlperiode — 25 000 000

Bonn, den 30. April 1954

Seiboth
Dr. Gille
Dr. Mocker
Dr. Eckhardt und Fraktion
1294 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 25 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP
(Umdruck 88)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 40 — Haushalt der sozialen Kriegsfolgeleistungen


(Drucksachen 200, 350, 375)

Der Bundestag wolle beschließen:


Die Bundesregierung wird ersucht,
im Haushalt 1955 in Kap. 4009 einen angemessenen
Betrag einzusetzen als Zuschuß zur Schaffung einer
Abteilung für hirnverletzte Kriegsbeschädigte im
Unfallkrankenhaus Tübingen.

Bonn, den 30. April 1954

Kunze (Bethel) und Fraktion


Dr. Mende und Fraktion
Dr. Eckhardt und Fraktion
Dr. Schild (Düsseldorf)
Dr. von Merkatz und Fraktion
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1295

Anlage 26 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 102)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 28 — Haushalt für den Gechäftsbereich des


Bundesministers für Angelegenheiten
des Bundesrates,
Einzelplan 29 — Haushalt für den Geschäftsbereich des
Bundesministers für Familienfragen,
Einzelplan 30 - Haushalt der Bundesminister für be
sondere Aufgaben.

(Drucksachen 200, 350, 370, 371, 372) -

Der Bundestag wolle beschließen:


Die Einzelpläne 28,
29 und
30
sind zu streichen.

Bonn, den 6. Mai 1954

undFraktio Olenhaur
1296 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 27 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Fraktion der DP
(Umdruck 62)
zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 40 — Haushalt der sozialen Kriegsfolgeleistungen


(Drucksachen 200, 350, 375)

Der Bundestag wolle beschließen:


In Anbetracht des seit Jahren andauernden Ar-
beitsrückstaus bei den Versorgungsbehörden, die
mit der Betreuung der Kriegsbeschädigten, Kriegs-
hinterbliebenen, Kriegsgefangenen- und Vermiß-
tenangehörigen, der Heimkehrer und Evakuierten
betraut sind, werden die Bundesminister für Ar-
beit, der Finanzen und des Innern aufgefordert,
arbeitslose ältere Angestellte bei den entsprechen-
den Verwaltungen zusätzlich einzustellen.

Bonn, den 9. April 1954

Schneider (Bremerhaven)
Dr. von Merkatz und Fraktion
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1297

Anlage 28 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD

(Umdruck 101)

zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die

Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954

(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 40 — Haushalt der sozialen Kriegsfolgeleistungen

(Drucksachen 200, 350, 375)

Der Bundestag wolle beschließen:

In Kap. 4010 Tit. 300 wird der Zweckbestimmungs-


vermerk
„Ausgaben über den Betrag von 2 000 000 DM
hinaus dürfen nur geleistet werden bis zur Höhe
der aufkommenden Einnahmen aus einem
höheren Bundesanteil an der Einkommen- und
Körperschaftsteuer als 40 v. H. (vgl. Kap. 6001
Tit. St 9). In diesen Einnahmen sind die nach-
stehenden Ausgabetitel im Verhältnis 1 :2,4:1,4
beteiligt. Dies bedeutet, daß von je 24 DM Auf-
kommen zur Verfügung stehen für
Kap. 4010 Tit. 300 5 DM
Kap. 6002 Tit. 950 12 DM
Kap. 2501 Tit. 532 7 DM
Zusammen 24 DM"
gestrichen.

Bonn, den 6. Mai 1954

undFraktio Olenhaur
1298 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 29 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD

(Umdruck 103)

zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die

Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954

(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 40 — Haushalt der sozialen Kriegsfolgeleistungen

(Drucksachen 200, 350, 375)

Der Bundestag wolle beschließen,

in Kap. A 4009 den folgenden neuen Tit. 760 einzu-


fügen:
„Zuschuß zur Schaffung einer Abteilung für
hirnverletzte Kriegsbeschädigte mit etwa 100
Betten in Tübingen (Sonderklinik der Berufs-
genossenschaften)
(erster Teilbetrag) 150 000 DM
Der Betrag ist gesperrt bis zum Baubeginn."
Hierzu wird die folgende Erläuterung empfohlen:
„Zu Tit. 760
Vorgesehener Gesamtbauzuschuß 1 500 000 DM
erste Baurate 1954 150 000 DM
zweite Baurate 1955 675 000 DM
dritte Baurate 1956 675 000 DM"

Bonn, den 6. Mai 1954

undFraktio Olenhaur
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1299

Anlage 30 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD

(Umdruck 104)

zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die

Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954

(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 40 — Haushalt der sozialen Kriegsfolgeleistungen

(Drucksachen 200, 350, 375)

Der Bundestag wolle beschließen:

In Kap. 4009 Tit. 104 (Dienstbezüge der nichtbe-


amteten Kräfte) werden die für das Rechnungs-
jahr 1953 genehmigten 859 Stellen für Aushilfsan-
gestellte für das Rechnungsjahr 1954 beibehalten.
Die für die Durchführung des Vorverfahrens erfor-
derlichen zusätzlichen 150 Angestellten werden
hiervon nicht berührt.

Bonn, den 6. Mai 1954

undFraktio Olenhaur
1300 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 31 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Entschließungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP
(Umdruck 19 [neu], Neufassung)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 45 — Haushalt Finanzielle Hilfe für Berlin


(Drucksachen 200, 350, 376)

Der Bundestag wolle beschließen:


Durch die bisherigen Maßnahmen zur Stärkung
der Berliner Wirtschaft sind erhebliche Erfolge
erzielt worden. Die gegenwärtige Lage Berlins
verlangt trotzdem weitere wirksame Hilfen, vor
allem auch auf steuerlichem Gebiet, zur Hebung
der Beschäftigung und zur Angleichung der Ber- -
liner Wirtschaft an die der Bundesrepublik. Dazu
sind in Berlin
a) die Abgabe „Notopfer Berlin" ab 1. Juli 1954
nicht mehr zu erheben,
b) im Zuge der großen Steuerreform die Ein-
kommensteuer (veranlagte und Lohnsteuer)
und die Körperschaftsteuer um 20 v. H.
gegenüber den im Bundesgebiet jeweils gel-
tenden Sätzen herabzusetzen und
c) die Steuerfreibeträge um 20 v. H. zu erhöhen.
Der durch die obigen Maßnahmen entstehende
Ausfall an Steuereinnahmen darf nicht zu Lasten
des Berliner Landeshaushalts gehen.
Der Bundestag wird bei der Beratung der Steuer
vorlage der Bundesregierung diesen Erfordernissen
und der notwendigen Deckung Rechnung tragen.

Bonn, den 28. April 1954

Dr. von Brentano und Fraktion


Dr. Mende und Fraktion
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1301

Anlage 32 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 79)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 45 — Haushalt Finanzielle Hilfe für Berlin

(Drucksachen 200, 350, 376)

Der Bundestag wolle beschließen:

Der in Kap. 4502 Tit. 600 festgesetzte Zuschuß zum


Landeshaushalt Berlin wird über den Betrag von
„710 000 000 DM" hinaus auf den anerkannten Zu-
schußbedarf des Landes Berlin von „800 000 000 DM"
erhöht.

Bonn, den 29. April 1954

undFraktio Olenhaur
1302 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 33 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion des GB/BHE
(Umdruck 82)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über. die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 45 - Haushalt Finanzielle Hilfe für Berlin

(Drucksachen 200, 350, 376)

Der Bundestag wolle beschließen,

in Kap. 4502 die Summe Tit. 600 zu erhöhen auf


780 000 000 DM.

Bonn, den 30. April 1954

Dr. Gille
Seiboth
Dr. Eckhardt und Fraktion
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1303

Anlage 34 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
(Umdruck 84)
zum Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP
(Umdruck 19 [neu], Neufassung)
zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954
(Haushaltsgesetz 1954)

Einzelplan 45 — Haushalt Finanzielle Hilfe für Berlin


(Drucksachen 200, 350, 372)

Der Bundestag wolle beschließen:


1. Zwischen Satz 2 und 3 wird folgender neue
Satz eingefügt:
„Zur Verringerung der großen Arbeitslosig-
keit ist gemeinsam mit den Ländern und
Gemeinden die Auftragserteilung der Bun-
desrepublik an Berliner Lieferfirmen nach-
drücklich zu verstärken."
2. Im bisherigen Satz 3 wird das Wort „Dazu"
durch das Wort „Weiterhin" ersetzt.
3. Im bisherigen Satz 3 Buchst. c sind hinter den
Worten „Steuerfreibeträge um 20 v. H." einzu-
fügen die Worte „und die abzugsfähigen Pausch-
beträge um 50 v.H."
4. Dem Absatz 2 wird der folgende neue Satz an-
gefügt:
„Der im Berliner Landeshaushalt entstehende
Ausfall aus der Nichterhebung des „Notopfers
Berlin" ist durch entsprechende Erhöhung
des Bundeszuschusses an Berlin zu decken."

Bonn, den 30. April 1954.

undFraktio Olenhaur
1304 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 35 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Schriftliche Begründung
des Finanzministers des Landes Rheinland-Pfalz Dr. Nowack
zu dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes
über die
Übernahme von Zinsen für Ausgleichsforderungen
durch die Deutsche Bundespost und die Deutsche Bundesbahn

(Drucksache 427)

Die Bemühungen der früheren Länder der fran- verpflichtungen im Rahmen der Regelung für das
zösischen Zone, Bahn und Post in gleicher Weise Vereinigte Wirtschaftsgebiet anzuerkennen.
an den Zinslasten für Ausgleichsforderungen der Während die Oberpostdirektion Tübingen auf die
Bank deutscher Länder zu beteiligen, wie dies in Aufforderung ihres Landes den auf sie entfallen-
dem früheren Vereinigten Wirtschaftsgebiet ge- den Anteil an den Zinslasten für die Zeit vom
schehen ist, gehen bis zum Mai 1949 zurück, in eine 21. 6. 1948 bis 30. 6. 1949 bezahlte, wurde die
Zeit, in der die entsprechenden Haushaltsgesetze Forderung des Landes Rheinland-Pfalz über das
des Vereinigten Wirtschaftsgebiets noch nicht in Ministerium für Wirtschaft und Verkehr der
Kraft getreten waren. Schon damals haben die Hauptverwaltung für das Post- und Fernmelde-
früheren Länder der französischen Zone mitein- wesen in Frankfurt/Main zugeleitet, die inzwischen
ander korrespondiert und in einer Finanzminister- mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Bundes-
konferenz am 29./30. 5. 1949 in Bad Dürkheim be- postministeriums beauftragt war. Von dieser Stelle
raten, auf welche Weise und mit welcher Quote erhielt Rheinland-Pfalz am 1. 12. 1949 eine ab-
Bahn und Post in der französischen Zone ebenfalls lehnende Antwort mit dem Hinweis, daß nach Bil-
an der Ausgleichslast beteiligt werden könnten. dung der Bundespostverwaltung gemäß Art. 73
Ziff. 7 des Grundgesetzes die Angelegenheit nur
Eine gesetzliche Verankerung von Haushalts-
noch durch Bundesgesetz geregelt werden könne.
plänen in der französischen Zone, die auch eine
gesetzliche Regelung für die Beteiligung von Bahn In der Folge ist versucht worden, diese gesetz-
und Post an der Ausgleichslast in der Art wie im liche Regelung über das Bundesfinanzministerium
Vereinigten Wirtschaftsgebiet beinhaltet hätte, herbeizuführen, und zwar erstmals am 27. 3. 1950
scheiterte an dem Widerstand der Besatzungsmacht, mit der Bitte, den Erlaß eines Bundesgesetzes in
die sich selbst jegliche Handlungsfreiheit vorbe- die Wege zu leiten. Baden, dem die Federführung
hielt, um sich den Zugriff auf die eingehenden in dieser Angelegenheit übertragen wurde, schrieb
Steuergelder zu sichern. Diese Tatsache ist auch am 12. 4. 1950 an das Bundesfinanzministerium und
dem Bundesfinanzministerium bekannt. regte die bundesgesetzliche Regelung an. Auf dieses
Schreiben und auf die Erinnerungen vom 6. 6. 1950
Es geht nicht an, daß die Post aus der Lähmung und 26. 7. 1951 erfolgte keine Antwort.
der Gesetzgebungsbefugnis der Länder der ehema-
ligen französischen Besatzungszone durch die Be- Die genannten Länder baten das Bundesfinanz-
satzungsmacht Vorteile zieht, da sie durch den vor- ministerium mit Schreiben vom 28. 4. 1951, nach-
liegenden Initiativgesetzantrag nicht stärker be- dem der Bund die Zinslasten ab 1. 7. 1949 über-
lastet wird, als sie auf Grund der Bestimmungen nommen hatte, auch die rückständigen Zinsen für
der Zweiten Durchführungsverordnung des Um- die Zeit vom 21. 6. 1948 bis 30. 6. 1949 zu über-
stellungsgesetzes in Anlehnung an die Regelung nehmen. Erst am 8. 10. 1951 wurde diese Forderung
im Vereinigten Wirtschaftsgebiet ohnehin belastet in einem Schreiben, das von dem Herrn Bundes-
worden wäre. finanzminister persönlich unterschrieben war, mit
In diesem Sinne wurden Bahn und Post bereits dem Hinweis abgelehnt, daß es hierzu einer bun-
im Juni 1949 von den drei Ländern aufgefordert, desgesetzlichen Regelung bedürfe, die nicht herbei-
einen Anteil an den Zinslasten zu übernehmen, wie geführt werden könne, um dem Bundeshaushalt
dies im Vereinigten Wirtschaftsgebiet durch Haus- keine zusätzliche Ausgabe aufzuerlegen. Gleichzei-
haltsgesetz bestimmt war. tig würde damit der im Namen aller Länder der
französischen Zone gestellte Antrag Badens als er-
Der Eisenbahnverkehrsrat der Betriebsvereini - ledigt betrachtet, denn auch zur Übernahme des
gung Südwestdeutscher Eisenbahnen beschloß dar- Anteils von Bahn und Post bedürfe es der bundes-
aufhin in seiner Sitzung am 5. 8. 1949, die Zins- gesetzlichen Regelung.
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1305
(Dr. Nowack)

Am 13. 10. 1952 wurde von uns letztmals ver-


sucht, mit dem Bundesministerium für das Post -
und Fernmeldewesen eine Vereinbarung zu erzie-
len, so wie sie mit dem Eisenbahnverkehrsrat zu-
stande gekommen war. Nach zehn Monaten, am
30. 7. 1953, erfolgte ein ablehnender Bescheid des
Herrn Bundespostministers unter Hinweis auf das
Fehlen einer gesetzlichen Verpflichtung.
Daraufhin haben Rheinland-Pfalz und Baden-
Württemberg, das nunmehr für die ehemaligen
Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern han-
delte, im November 1953 einen Initiativgesetz-
antrag beim Bundesrat eingebracht, der einstim-
mig die Vorlage beim Deutschen Bundestag be-
schloß.
Wenn die Angelegenheit sich über einen unge-
wöhnlich langen Zeitraum hinauszögerte, so muß
dabei festgehalten werden, daß dies nicht auf das
Verschulden der früheren Länder der französischen
Zone zurückzuführen ist.
Im Auftrage des Bundesrates bitte ich das Hohe
Haus, dem Initiativgesetzentwurf des Bundesrates
ein wohlwollendes Interesse entgegenzubringen.

Bonn, den 6. Mai 1954

Dr. Nowack
1306 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Anlage 36 zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung

Interfraktioneller Antrag
betreffend

Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse


(Umdruck 93 [berichtigt])

Der Bundestag wolle beschließen:

Die folgenden Anträge werden ohne Beratung ge-


mäß § 99 Abs. 1 der Geschäftsordnung den zustän-
digen Ausschüssen überwiesen:

1. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik (federfüh-
Kurhessische Kupferschieferbergbau GmbH, rend),
Sontra (Drucksache 425) an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner
Fragen;

2. Antrag der Fraktion der SPD betreffend Post -


an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten
verkehr mit dem Ausland (Drucksache 436) (federführend),
an den Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen;
3. Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner
Beschleunigte Unterbringung von Sowjetzonen Fragen (federführend),
flüchtlingen durch den Bau von Fertighäusern an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungs
(Drucksache 440) wesen und
an den Ausschuß für Kommunalpolitik;

4. Antrag der Abgeordneten Wehking, Frau Dr. an den Ausschuß für Besatzungsfolgen (federfüh-
Steinbiß und Genossen betreffend Überbrük rend),
kungskredit für die Stadt Bad Oeynhausen an den Haushaltsausschuß.
(Drucksache 453)

Bonn, den 27. April 1954

Dr. von Brentano und Fraktion


Ollenhauer und Fraktion
Dr. Dehler und Fraktion
Haasler und Fraktion
Dr. von Merkatz und Fraktion
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1307

Namentliche Abstimmungen
1. über den Antrag der Fraktion der SPD auf Streichung des Einzelplans 29 — Haushalt für
den Geschäftsbereich des Bundesministers für Familienfragen (Umdruck 102)
2. über den Änderungsantrag der Fraktion des GB / BH E zum Einzelplan 45 — Haushalt
Finanzielle Hilfe für Berlin (Umdruck 82)

Name Abstimmung Name Abstimmung


1. 2. 1. 2.
CDU/CSU
Frau Ackermann . . . . Nein Nein Fuchs Nein Nein
Dr. Adenauer • • • . • — — Funk Nein Nein
Albers Nein Nein Dr. Furler Nein Nein
Arndgen Nein Nein Gedat Nein Nein
Barlage Nein Nein Geiger (München) . . . Nein Nein
Dr. Bartram Nein Nein Frau Geisendörfer . . . Nein Nein
Bauer (Wasserburg) . . krank krank Gengler . Nein Nein
Bauereisen Nein Nein Gerns . — —
Bauknecht Nein Nein D. Dr. Gerstenmaier . . entschuld. entschuld.
Bausch Nein Nein Gibbert Nein Nein
Becker (Pirmasens) . . . Nein N ein Giencke . Nein Nein
Berendsen Nein Nein Dr. Glasmeyer Nein Nein
Dr. Bergmeyer Nein Nein Dr. Gleissner (München)
( ) Nein Nein
Fürst von Bismarck . . . Nein Nein Glüsing Nein Nein
Blank (Dortmund) . . . — Nein Gockeln . _ Nein
Frau Dr. Bleyler Dr. Götz Nein Nein
(Freiburg) Nein Nein Goldhagen Nein Nein
Bock Nein Nein Gontrum Nein Nein
von Bodelschwingh . . . Nein Nein Dr. Graf Nein Nein
Dr. Böhm (Frankfurt) . Nein Nein Griem Nein Nein
Brand (Remscheid) , . . Nein Nein Günther Nein Nein
Frau Brauksiepe . . . . Nein Nein Gumrum Nein Nein
Dr. von Brentano . . . . Nein Nein Häussler Nein Nein
Brese Ja Nein Hahn krank krank
Frau Dr. Brökelschen . . Nein Nein Harnischfeger Nein Nein
Dr. Brönner Nein Nein von Hassel entschuld. entschuld.
Brookmann (Kiel) . . . • Nein Nein Heix Nein Nein
Brück Nein Nein Dr. Hellwig Nein Nein,
Dr. Bucerius entschuld. entschuld. Dr. Graf Henckel . . . Nein Nein
Dr. von Buchka . . . . Nein Nein Dr. Hesberg Nein Nein
Dr. Bürkel Nein Nein Heye Nein enthalten
Burgemeister Nein Nein Hilbert krank krank
Caspers Nein Nein Höcherl Nein Nein
Cillien entschuld. entschuld. Dr. Höck Nein Nein
Dr. Conring Nein entschuld. Höfler Nein Nein
Dr. Czaja Nein Nein Holla Nein Nein
Demmelmeier Nein Nein Hoogen — Nein
Diedrichsen Nein Nein Dr. Horlacher entschuld. entschuld.
Frau Dietz Nein Nein Horn Nein Nein
Dr. Dittrich Nein Nein Huth krank krank
Dr. Dollinger Nein Nein Illerhaus entschuld. entschuld.
Donhauser Nein Nein Dr. Jaeger entschuld. entschuld.
Dr. Dresbach Nein Nein Jahn (Stuttgart) . . . . Nein Nein
Eckstein Nein Nein Frau Dr. Jochmus . . . Nein Nein
D. Dr. Ehlers Nein Nein Josten Nein Nein
Ehren Nein Nein Kahn Nein Nein
Engelbrecht-Greve . . . Nein Nein Kaiser Nein -
D r. Dr. h. c. Erhard . . . — — Karpf Nein Nein
Etzenbach . entschuld. entschuld. Dr. Kather Nein Ja
Even Nein Nein Kemmer (Bamberg) • • • Nein Nein
Feldmann . Nein entschuld. Kemper (Trier) Nein Nein
Finckh Nein Nein Kiesinger entschuld. entschuld.
Dr. Franz Nein Nein Dr. Kihn (Würzburg) . . Nein Nein
Franzen Nein Nein Kirchhoff Nein Nein
Friese Nein Nein Klausner Nein Nein
1308 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Name Abstimmung Name Abstimmung


1. 2. 1. 2.

Dr. Kleindinst . . . Nein Nein Frau Dr. Rehling . . . . Nein Nein


Dr. Kliesing Nein Nein Richarts Nein Nein
Knapp Nein Nein Frhr. Riederer von Paar — Nein
Knobloch Nein Nein Dr. Rinke Nein enthalten
Dr. Köhler Nein Nein Frau Rösch Nein Nein
Koops — — Rümmele Nein Nein
Dr. Kopf Nein Nein Ruf Nein Nein
Kortmann Nein Nein Sabaß Nein Nein
Kramel Nein Nein Sabel Nein Nein
Krammig Nein Nein Schäffer Nein Nein
Kroll Nein Nein Scharnberg entschuld. entschuld.
Frau Dr. Kuchtner . . . Nein Nein Scheppmann Nein Nein
Kühlthau Nein entschuld. Schill (Freiburg) . . . . Nein Nein
Kuntscher Nein Nein Schlick krank krank
Kunze (Bethel) Nein Nein Schmidt-Wittmack . — —
Lang (München) . . . . Nein Nein Schmücker Nein Nein
Leibfried krank krank Schneider (Hamburg) . . Nein entschuld.
Dr. Leiske — — Schrader Nein Nein
Lenz (Brühl) krank krank Dr. Schröder (Düsseldorf) Nein Nein
Dr. Lenz (Godesberg) . . Nein Nein Dr.-Ing. E. h. Schuberth Nein Nein
Lenze (Attendorn) . . . Nein Nein Schüttler Nein Nein
Leonhard Nein Nein Schütz Nein Nein
Lermer Nein Nein Schuler — Nein
Leukert Nein Nein Schulze-Pellengahr . . . Nein Nein
Dr. Leverkuehn . . . . Nein Nein Schwarz Nein Nein
Dr. Lindenberg . . . . Nein Nein Frau Dr. Schwarzhaupt krank krank
Dr. Lindrath Nein Nein Dr. Seffrin entschuld. entschuld.
Dr. Löhr Nein Nein Seidl (Dorfen) Nein Nein
Dr. h. c. Lübke . . . . Nein Nein Dr. Serres Nein Nein
Lücke Nein Nein Siebel Nein Nein
Lücker (München) • • • Nein Nein Dr. Siemer Nein Nein
Lulay Nein Nein Solke Nein Nein
Maier (Mannheim) • • • Nein Nein Spies (Brücken) • • • • Nein Nein
Majonica Nein Nein Spies (Emmenhausen) . Nein Nein
Dr. Baron Manteuffel- Spörl Nein Nein
Szoege _ Nein Nein Graf von Spreti . . . . entschuld. entschuld.
Massoth Nein entschuld. Stauch Nein Nein
Maucher . . . . . . . Nein Nein Frau Dr. Steinbiß . . . Nein Nein
Mayer (Birkenfeld) . . entschuld. Nein Stiller Nein Nein
Menke Nein Nein Storch Nein Nein
Mensing entschuld. entschuld. Dr. Storm Nein Nein
Meyer (Oppertshofen) . Nein Nein Strauß Nein Nein
Miller Nein Nein Struve Nein Nein
Dr. Moerchel Nein Nein Stücklen Nein Nein
Morgenthaler Nein Nein Teriete Nein Nein
Muckermann Nein Nein Unertl Nein Nein
Mühlenberg Nein Nein Varelmann Nein Nein
Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) entschuld. entschuld. Frau Vietje Nein Nein
Müller-Hermann . . . . Nein Nein Dr. Vogel krank krank
Müser Nein Nein Voß Nein Nein
Naegel Nein Nein Wacher (Hof) Nein Nein
Nellen Nein Nein Wacker (Buchen) . . . . Nein Nein
Neuburger — — Dr. Wahl Nein Nein
Niederalt Nein Nein Walz Nein Nein
Frau Niggemeyer . . . entschuld. Nein Frau Dr. Weber (Aachen) Nein Nein
Dr. Oesterle krank krank Dr. Weber (Koblenz) . . Nein Nein
Oetzel — Nein Wehking Nein Nein
Dr. Orth Nein Nein Dr. Welskop Nein entschuld.
Pelster Nein Nein Frau Welter (Aachen) — —
Dr. Pferdmenges . . . . Nein Nein Dr. Werber Nein Nein
Frau Pitz Nein Nein Wiedeck krank krank
Platner krank krank Wieninger Nein Nein
Dr. Pohle (Düsseldorf) . Nein Nein Dr. Willeke Nein Nein
Frau Praetorius . . . . Nein Nein Winkelheide Nein Nein
Frau Dr. Probst . . . . Nein Nein Wittmann Nein Nein
Dr. Dr. h. c. Pünder . Nein Nein Wolf (Stuttgart) • • • • krank krank
Raestrup Nein Nein Dr. Wuermeling . . . . Nein Nein
Rasner Nein Nein Wullenhaupt Nein Nein
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1309

Name Abstimmung Name Abstimmung


1. 2. 1. 2.

SPD

Frau Albertz Ja Ja Keuning entschuld. entschuld.


Frau Albrecht Ja Ja Kinat Ja Ja
Altmaier Ja Ja Frau Kipp-Kaule . . . Ja Ja
Dr. Arndt Ja Ja Könen (Düsseldorf) . . . Ja Ja
Arnholz Ja Ja Koenen (Lippstadt) . . Ja Ja
Dr. Baade Ja Ja Frau Korspeter . . . . Ja Ja
Dr. Bärsch entschuld. entschuld. Dr. Kreyssig Ja Ja
Bals Ja Ja Kriedemann Ja Ja
Banse Ja Ja Kühn (Köln) Ja Ja
Bauer ( Würzburg) . . . Ja Ja Kurlbaum Ja Ja
Baur (Augsburg) . . . . Ja Ja Ladebeck Ja Ja
Bazille Ja Ja Lange (Essen) Ja Ja
Behrisch Ja — Frau Lockmann . . . . Ja Ja
Frau Bennem an n - . - • Ja Ja Ludwig Ja Ja
Bergmann Ja Ja Dr. Lütkens Ja Ja
Berlin Ja Ja Maier (Freiburg) . . . . Ja Ja
Bettgenhäuser Ja Ja Marx Ja Ja
Frau Beyer (Frankfurt) Ja Ja Matzner Ja Ja
Birkelbach Ja Ja Meitmann Ja Ja
Blachstein Ja Ja Mellies Ja Ja
Dr. Bleiß Ja Ja Dr. Menzel Ja Ja
Böhm (Düsseldorf) . . . krank krank Merten Ja Ja
Bruse Ja Ja Metzger entschuld. entschuld.
Corterier Ja Ja Frau Meyer (Dortmund) Ja Ja
Dannebom Ja Ja Meyer (Wanne-Eickel) . Ja Ja
Daum Ja Ja Frau Meyer-Laule . . . Ja Ja
Dr. Deist Ja Ja Mo ll Ja Ja
Dewald Ja Ja Dr. Mommer Ja Ja
Diekmann Ja Ja Müller (Erbendorf) . . . Ja Ja
Diel Ja Ja Müller (Worms) . . . . Ja Ja
Frau Döhring Ja Ja Frau Nadig Ja Ja
Erler Ja Ja Odenthal Ja Ja
Eschmann Ja Ja Ohlig Ja Ja
Faller Ja Ja Ollenhauer entschuld. entschuld.
Franke Ja Ja Op den Orth Ja Ja
Frehsee Ja Ja Paul Ja Ja
Freidhof Ja Ja Peters Ja Ja
Frenzel Ja Ja Pöhler Ja Ja
Gefeller Ja Ja Pohle (Eckernförde) Ja Ja
Geiger ( Aalen) Ja Ja Dr. Pre ller Ja Ja
Geritzmann Ja Ja Priebe Ja Ja
Gleisner (Unna) • • • • Ja Ja Pusch Ja Ja
Dr. Greve krank krank Putzig Ja Ja
Dr. Gülich Ja Ja Rasch Ja Ja
Hansen (Köln) Ja Ja Regling Ja Ja
Hansing (Bremen) . . . Ja Ja Rehs Ja Ja
Hauffe Ja Ja Rei tz Ja Ja
Heide Ja Ja Reitzner Ja Ja
Heiland Ja Ja Frau Renger Ja Ja
Heinrich Ja Ja Richter Ja —
Hellenbrock Ja Ja Ritzel krank krank
Hermsdorf . . . . . . . Ja Ja Frau Rudoll Ja Ja
Herold Ja Ja Ruhnke Ja Ja
Höcker Ja Ja Runge Ja Ja
Höhne Ja Ja Sassnick Ja Ja
Hörauf Ja Ja Frau Schanzenbach Ja Ja
Frau Dr. Hubert . . . . Ja Ja Scheuren . . . . . Ja Ja
Hufnagel Ja Ja Dr. Schmid (Tübingen) . Ja Ja
Jacobi Ja Ja Dr. Schmidt (Ge ll ersen) . Ja Ja
Jacobs Ja Ja Schmidt (Hamburg) • • Ja Ja
Jahn (Frankfurt) .... Ja Ja Schmitt (Vockenhausen) . Ja Ja
Jaksch Ja Ja Dr. Schöne — Ja
Kahn-Ackermann . . . Ja Ja Schoettle krank krank
Kalbitzer Ja Ja Seidel ( Fürth) Ja Ja
Frau Keilhack Ja Ja Seither Ja Ja
Frau Kettig Ja Ja Seuffert Ja Ja
1310 2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954

Name Abstimmung Name Abstimmung


1. 2. 1. 2.

¡Stierle Ja Ja Dr. Stammberger . . . Ja Ja


Sträter Ja Ja Dr. Starke Ja Nein
Frau Strobel Ja Ja Dr. Wellhausen . . . . Ja Nein
Stümer Ja Ja Weyer Ja Ja
Tenhagen Ja Ja Wirths Ja Nein
Thieme Ja Ja
Traub Ja Ja
Trittelvitz Ja Ja
Wagner (Deggenau) . . Ja Ja
Wagner (Ludwigshafen) — — GB/BHE
Wehner entschuld. entschuld.
Wehr Ja Ja Bender enthalten Ja
Welke Ja Ja Dr. Czermak Nein Ja
Weltner (Rinteln) . . . Ja Ja Dr. Eckhardt Nein Ja
Lic. Dr. Wenzel . . . . Ja Ja Elsner Nein Ja
Wienand Ja Ja Engell entschuld. entschuld.
Wittrock Ja Ja Feller enthalten Ja
Ziegler Ja Ja Gräfin Finckenstein .. entschuld. entschuld.
Zühlke Ja Ja Frau Finselberger . .. entschuld. entschuld.
Gemein Nein Ja
Dr. Gille Nein Ja
Haasler entschuld. entschuld.
Dr. Keller Nein Ja
FDP Dr. Klötzer Nein Ja
Körner Nein Ja
Dr. Atzenroth Ja Nein Kraft — —
Dr. Becker (Hersfeld) . . Ja — Kunz (Schwalbach) .. Nein Ja
Dr. Blank (Oberhausen) . enthalten Nein Kutschera Nein Ja
Blücher entschuld. Nein Meyer-Ronnenberg ... entschuld. entschuld.
Dr. Bucher Ja Ja Dr. Mocker entschuld. entschuld.
Dannemann — Nein Dr. Oberländer . . . . Nein —
Dr. Dehler Nein Nein Petersen Nein Ja
Dr.-Ing. Drechsel . . . . Ja Ja Dr. Reichstein Nein Ja
Eberhard Ja Nein Samwer Nein entschuld.
Euler krank krank Seiboth Nein Ja
Fassbender Ja enthalten Dr. Sornik Nein Ja
Frau Friese-Korn . . . Ja Ja Srock Nein entschuld.
Frühwald enthalten Nein Dr. Strosche Nein Ja
Gaul Ja Ja
Dr. Hammer Ja Nein
Hepp enthalten Ja
Dr. Hoffmann Ja Nein
Frau Dr. Ilk Ja Ja DP
Dr. Jentzsch — —
Kühn (Bonn) enthalten Ja Becker (Hamburg) . . . Nein Ja
Lahr Ja Nein Dr. Brühler Nein Nein
Lenz (Trossingen) . . . — Ja Eickhoff — —
Dr. Dr. h. c. Prinz zu Lö- Dr. Elbrächter Nein Ja
wenstein Ja Ja Hellwege - —
Dr. Maier (Stuttgart) . . - — Matthes Nein Ja
von Manteuffel (Neuß) . Ja Ja Dr. von Merkatz . . . . Nein Ja
Marguli es Ja Nein Müller (Wehdel) . . . . Nein Ja
Mauk Ja Nein Dr. Schild (Düsseldorf) . Nein Ja
Dr. Mende Ja Nein Schneider (Bremerhaven) enthalten Ja
Dr. Middelhauve . . . krank krank Dr. Schranz Nein Ja
Dr. Miessner Ja Nein Dr.-Ing. Seebohm . . . — —
Neumayer — -- Walter — —
Onnen Ja Ja Wittenburg Nein Ja
Dr. Pfleiderer Ja — Dr. Zimmermann . . . Nein Ja
Dr. Preiß Ja Ja
Dr. Preusker — —
Rademacher Ja Nein
Dr. Schäfer Nein enthalten
Scheel Ja Ja Fraktionslos
Schloß Ja Ja
Dr. Schneider (Lollar) Nein Nein Brockmann (Rinkerode) Nein Nein
Schwann Ja Ja Rösing Nein Nein
Stahl Ja Ja Stegner Ja Nein
2. Deutscher Bundestag — 28. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Mai 1954 1311

Zusammenstellung der Abstimmungen

Abstimmung
1. 2.
Abgegebene Stimmen 413 411
Davon:
Ja 173 185
Nein 233 222
Stimmenthaltung . 7 4
Zusammen wie oben . . 413 411

Berliner Abgeordnete

Name Abstimmung Name Abstimmung


1. 2 1. 2.

CDU/CSU Mattick Ja —
Neubauer Ja Ja
Dr. Friedensburg . . . . Nein Ja Neumann entschuld. entschuld.
Dr. Krone Nein Nein Dr. Schellenberg . . . . Ja Ja
Lemmer Nein Ja Frau Schroeder (Berlin) . Ja Ja
Frau Dr. Maxsein . . . Nein Ja Schröter (Wilmersdorf) . Ja Ja
Stingl Nein Ja Frau Wolff (Berlin) • • . Ja Ja
Dr. Tillmanns Nein Nein
FDP
SPD
Dr. Henn enthalten Ja
Brandt (Berlin) . . . . Ja Ja Hübner enthalten Ja
Frau Heise Ja Ja Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Ja Ja
Klingelhöfer Ja Ja Dr. Reif Ja Ja
Dr. Königswarter . . . Ja Ja Dr. Will Ja Ja

Zusammenstellung der Abstimmungen der Berliner Abgeordneten

Abstimmung
1. 2.

Abgegebene Stimmen 21 20
Davon :
Ja 13 18
Nein 6 2
Stimmenthaltung . 2 —
Zusammen wie oben . . 21 20

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