Sie sind auf Seite 1von 28

2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15.

Juli 1954 1913

die deutschen Vertreter und ihre Stell-


vertreter bei der Beratenden Versamm-
lung des Europarates (Drucksache 667) in
Verbindung mit der
Ersten Beratung des von der Fraktion der
FDP eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes über die Ausstellung von Diplomaten-
pässen (Drucksache 715) 1916 B
Präsident D. Dr. Ehlers 1916 B
Annahme des Antrags Drucksache 667 1916 C
Überweisung des Antrags Drucksache 715
an den Ausschuß für auswärtige Ange-
legenheiten 1916 C

41. Sitzung Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-


schusses für auswärtige Angelegenheiten
über den Antrag der Abg. Ruhnke,
Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954. Schwann, Geiger (München), Elsner, Dr.
Kopf, Maier (Freiburg), Dr. Hoffmann
u. Gen. betr. Rhein-Seitenkanal (Druck-
sachen 721, 562) 1916 D
Geschäftliche Mitteilungen 1915 B Dr. Furler (CDU/CSU), Bericht-
Mitteilung über Beantwortung der Kleinen erstatter 1916 D
Anfragen 59, 65, 68, 71, 72, 73, 84, 89. Beschlußfassung 1917 D
(Drucksachen 507, 729; 543, 710; 568, 643;
595, 711; 596, 707; 603, 712; 638, 730; 646, Beratung des mündlichen Berichts des Aus-
740) 1915 B schusses für Außenhandelsfragen (23.
Ausschuß) über den Entwurf einer Sech-
Mitteilung über Vorlage eines Rechtsgutach- zehnten Verordnung über Zollsatzände-
tens des Präsidenten des Bundesverfas- rungen (Drucksachen 684, 472; Um-
sungsgerichtes über die Zuständigkeit des druck 145) 1916 A, C, 1917 D
Bundes zum Erlaß eines Baugesetzes
(Drucksache 644) 1915 - C Schwarz (CDU/CSU), Bericht
erstatter 1918 A
Mitteilung über Erledigung der Großen
Anfrage der SPD (Drucksache 348) betr. Struve (CDU/CSU):
Eingriffe der Besatzungsmächte in die zur Sache 1918 B, 1923 C
Betriebsführung deutscher Unterneh- zur Geschäftsordnung 1924 D
mungen 1915 C
Frau Strobel (SPD) 1919 A, D, 1920 D, 1923 D
Mitteilung über Zurückziehung des Ent-
wurfs einer Fünfzehnten Verordnung Bauknecht (CDU/CSU) 1919 D
über Zollsatzänderungen (Drucksache 269) 1915 C Dr. Horlacher (CDU/CSU):
Mitteilung über Zurückziehung des von der zur Sache 1921 B
Fraktion der FDP eingebrachten Ent- zur Geschäftsordnung 1924 C
wurfs eines Dritten Gesetzes zur Ände-
rung und Ergänzung des Heimkehrer- Dr. Siemer (CDU/CSU) 1921 D
gesetzes (Drucksache 30) 1915 D
Dr. Glasmeyer (CDU/CSU) . . . 1922 B
Mitteilung über Stellungnahme der Bundes-
regierung betr. Reorganisation des Agrar- Kriedemann (SPD) 1922 C
rechts und der Agrarwirtschaft (Druck- Bender (GB/BHE) 1924 A
sache 723) 19.15 D
Präsident D. Dr. Ehlers 1924 D
Mitteilung und Beschlußfassung über Be-
richtigung zum Gesetzesbeschluß betr. Abstimmungen 1918 B, 1924 B
die Vereinbarung vom 23. Februar 1953
über die Regelung der Schweizerfranken- Überweisung des Umdrucks 145 an den
Grundschulden (Drucksache 159) . . . . 1916 A Ausschuß für Außenhandelsfragen . 1924 A

Änderungen der Tagesordnung . . 1915 D, 1925 A, Mitteilung über Anteilnahme der italieni-
1930 A, 1939 D schen Gruppe der Interparlamentarischen
Union anläßlich der Überschwemmungs-
Beratung der Ubersicht 6 über Anträge von katastrophe in Bayern 1925 A
Ausschüssen des Deutschen Bundestages
betr. Petitionen (Drucksache 668) . . . 1916 B Beratung des Mündlichen Berichts des
Beschlußfassung 1916 B Ausschusses nach Art. 77 des Grund-
gesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem
Beratung des Antrags der Fraktionen der Entwurf eines Gesetzes über den Erlaß
CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr. von Strafen und Geldbußen und die
Ausstellung von Diplomatenpässen für Niederschlagung von Strafverfahren und
1914 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn; Donnerstag, den 15. Juli 1954

Bußgeldverfahren (Straffreiheitsgesetz Überweisung des Gesetzentwurfs Druck-


1954) (Drucksachen 699, 215, 248, 523, sache 554 an den Ausschuß für Besat-
660) 1925 B zungsfolgen, des Antrags Drucksache
506 an den Auswärtigen Ausschuß und
Präsident D. Dr. Ehlers 1925 B an den Ausschuß für Besatzungsfolgen 1930 B
Hoogen (CDU/CSU), Bericht Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
erstatter 1925 C eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des
Dr. Arndt (SPD) 1926 D Gesetzes über die Deutsche Genossen-
schaftskasse in der Fassung vom 3. Fe-
Beschlußfassung 1927 C bruar 1951 (Drucksache 467); Mündlicher
Bericht des Ausschusses für Geld und
Erste Beratung des von den Fraktionen der Kredit (Drucksache 629) 1930 C
CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes über die Nichterhebung Dr. Eckhardt (GB/BHE), Bericht
der Abgabe „Notopfer Berlin" im Lande erstatter 1930 C
Berlin (Drucksache 688) . . . . 1927 D, 1930 A
Beschlußfassung 1930 D
Dr. Bucerius (CDU/CSU), Antrag
steller 1927 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines Gesetzes über das Dritte Berich-
Überweisung an den Ausschuß für tigungs- und Änderungsprotokoll vom
Finanz- und Steuerfragen 1930 A 24. Oktober 1953 zu den Zollzugeständnis
listen des Allgemeinen Zoll- und Han-
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- delsabkommens (GATT) (Drucksache 522);
schusses für Rechtswesen und Verfas- Mündlicher Bericht des Ausschusses für
sungsrecht über den Antrag der Fraktion Außenhandelsfragen (Drucksache 685) . 1931 A
der SPD betr. Konvention zum Schutze
der Menschenrechte und Grundfreiheiten Thieme (SPD), Berichterstatter . 1931 B
(Drucksachen 228, 713) . . . . 1925 A, 1928 A
Beschlußfassung 1931 C
Dr. Wahl (CDU/CSU), Bericht
erstatter 1928 B Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für Wahlprüfüng und Immunität
Beschlußfassung 1928 D betr. Genehmigung zum Strafverfahren
gegen den Abg. Odenthal (Drucksache 241
Erste Beratung des von den Abg. Naegel, [neu]) 1931 D, 1932 D
Atzenroth, Samwer u. Gen. eingebrachten -
Entwurfs eines Gesetzes über die Ab- Dr. Schneider (Lollar) (FDP) 1931 D, 1934 A
wicklung der Bundesstelle für den Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU),
Warenverkehr der gewerblichen Wirt- Berichterstatterin 1932 D
schaft und die Errichtung eines Bundes-
amtes für gewerbliche Wirtschaft (Ge- Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) 1933 B, 1934 C
setz über das Bundesamt für gewerbliche
Wirtschaft) (Drucksache '719) . . 1915 D, 1928 D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 1935 A

Dr. Deist (SPD) 1929 A Ritzel (SPD) 1935 C

Überweisung an den Ausschuß für Wirt Beschlußfassung 1936 B


schaftspolitik 1928 D, 1929 C
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs schusses für Außenhandelsfragen über
eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des den Entwurf einer Siebzehnten Verord-
Gesetzes über die vorläufige Regelung nung über Zollsatzänderungen (Druck-
der Errichtung neuer Apotheken (Druck- sachen 626, 519) 1932 A
sache 545); Mündlicher Bericht des Aus- Frenzel (SPD), Berichterstatter . 1932 A
schusses für Fragen des Gesundheits-
wesens (14. Ausschuß) (Drucksache 720) Beschlußfassung 1932 D
1915 D, 1929 C
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
Frau Dr. Steinbiß (CDU/CSU), schusses für Wahlprüfung und Immunität
Berichterstatterin 1929 D betr. Genehmigung zum Ehrengerichts-
Beschlußfassung 1929 D verfahren gegen den Abg. Haasler (Druck-
sache 650) 1936 D
Erste Beratung des von den Abg. Schloß, Dr. Dittrich (CDU/CSU), Bericht
Dr. Pfleiderer, Eberhard, Wirths u. Gen. erstatter 1936 D
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über die Abgeltung von Besatzungs- Beschlußfassung 1937 A
leistungen und Besatzungsschäden (Druck-
sache 554) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für Wahlprüfung und Immunität
Beratung des Antrags der Fraktion der betr. Genehmigung zum Strafverfahren
FDP betr. Kontrollratsdirektive Nr. 50 gegen die Abg. Dr.-Ing. Seebohm und Dr
(Drucksache 506) 1930 A Kather (Drucksache 651) 1937 A
Dr. Atzenroth (FDP), Antragsteller 1930 B Dr. Wahl (CDU/CSU), Berichterstatter 1937 B
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1915

Beschlußfassung 1937 C Der Herr Bundesminister der Justiz hat unter dem 9. Juli
1954 die Kleine Anfrage 65 der Abgeordneten Dr. Rinke,
Donhauser und Genossen betreffend Menschenraub in der
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- Bundesrepublik — Drucksache 543 — beantwortet. Sein
schusses für Wahlprüfung und Immunität Schreiben wird als Drucksache 710 vervielfältigt.
betr. Genehmigung zum Strafverfahren Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 23. Juni
1954 die Kleine Anfrage 68 der Abgeordneten Kortmann,
gegen den Abg. Donhauser (Drucksache Dr. Conring, Brese, Dr. Höck und Genossen betreffend Zu-
652) 1937 C fahrt zum Hafen Emden für Seeschiffe — Drucksache 568 —
beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 643 ver-
Dr. Schneider (Lollar) (FDP), vielfältigt.
Berichterstatter 1937 C Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem
K8der
le.inJuAfra1g9754die Abgeordneten Wienin-
ger, Niederalt, Dr. Dittrich, Wacher (Hof), Geiger (München]
Beschlußfassung 1939 B und Genossen betreffend Einfuhr von Granitpflastersteinen aus
Schweden — Drucksache 595 — beantwortet. Sein Schreiben
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- wird als Drucksache 711 vervielfältigt.
schusses für Wahlprüfung und Immunität Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem
Kder
8le.inJuAfra1g97254die Fraktion der SPD be-
betr. Genehmigung zum Strafverfahren treffend Ausfuhrförderungsgesetz — Drucksache 596 — be-
gegen den Abg. Elsner (Drucksache 698) antwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 707 verviel-
fältigt.
1938 B, 1939 B
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem
Dr. Schneider (Lollar) (FDP), Kd8elr.iFnJaukAtof1g97D35P4die
betreffend Industrieverwaltungsgesellschaft mbH. — Druck-
Berichterstatter 1938 B sache 603 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Druck-
sache 712 vervielfältigt.
Beschlußfassung 1939 B Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 13. Juli
1954 die Kleine Anfrage 84 der Abgeordneten Dr. Dollinger,
Beratung des Antrags der Fraktionen der Wieninger, Stücklen und Genossen betreffend Lieferanten der
Deutschen Bundesbahn — Drucksache 638 — beantwortet. Sein
CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE und DP Schreiben wird als Drucksache 730 vervielfältigt.
betr. Hochwasserkatastrophe in Bayern Der Herr Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und
(Drucksache 733) 1939 C Kriegsgeschädigte hat unter dem 12. Juli 1954 die Kleine
Anfrage 89 der Fraktion der DP betreffend Kriegsgefan-
genenentschädigungsgesetz — Drucksache 646 — beantwortet.
Einstimmige Annahme 1939 D Seine Antwort wird als Drucksache 740 vervielfältigt.
Nächste Sitzung 1939 D Der Herr Präsident des Bundesverfassungsgerichts hat unter
Bezugnahme auf die Beschlußfassung in der 230. Sitzung des
1. Deutschen Bundestages das gemäß § 97 des Gesetzes über
Anlage: Änderungsantrag der Abg. Struve, das Bundesverfassungsgericht beantragte Rechtsgutachten über
die Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß eines Baugesetzes am
Bauknecht, Richarts, Dr. Glasmeyer u. 16. Juni 1954 überreicht. Das Gutachten wird als Druck-
Gen. zur Beratung des Mündlichen Be- sache 644 vervielfältigt.
richts des Ausschusses für Außenhandels- Die Fraktion der SPD hat unter dem 9. Juli 1954 mitgeteilt,
fragen über den Entwurf einer Sechzehn- daß ihre Große Anfrage betreffend Eingriffe der Besatzungs-
mächte in die Betriebsführung deutscher Unternehmungen —
ten Verordnung über Zollsatzänderungen Drucksache 348 — durch eine Besprechung mit dem Herrn Bun-
(Umdruck 145) 1940 desminister für Arbeit erledigt sei.
Der Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem
Berichtigungen zum Stenographischen Be- 12. Juli 1954 den Entwurf einer Fünfzehnten Verordnung über
richt der 38. Sitzung 1940 Zollsatzänderungen — Drucksache 269 — zurückgezogen, nach-
dem der Bundesrat in seiner Sitzung am 19. März 1954 be-
schlossen hatte, die Bundesregierung zu bitten, von der in
dem Entwurf vorgesehenen Regelung abzusehen.
Die Fraktion der FDP hat den von ihr eingebrachten Ent-
wurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des
Die Sitzung wird um 9 Uhr 4 Minuten durch den Heimkehrergesetzes Drucksache 30 — zurückgezogen.
Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet. Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten hat unter dem 8. Juli 1954 die Stellungnahme der
Bundesregierung zum Beschluß des Deutschen Bundestages in
Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und Her- seiner 19. Sitzung betreffend Reorganisation des, Agrarrechts
ren! Ich eröffne die 41. Sitzung des Deutschen Bun- und der Agrarwirtschaft mitgeteilt. Sein Schreiben wird als
Drucksache 723 vervielfältigt.
destages und bitte um Bekanntgabe der Namen
der entschuldigten Abgeordneten.
Meine Damen und Herren, ich darf zur Tages-
Dr. Czermak, Schriftführer: Der Präsident hat ordnung folgendes bekanntgeben. Es ist eine inter-
fraktionelle Vereinbarung zustande gekommen,
für die heutige Sitzung Urlaub erteilt den Abge- die Tagesordnung um folgende Punkte zu erwei-
ordneten Dannemann, Wagner (Ludwigshafen),
Becker (Pirmasens), Dr. Moerchel, Neumann, Kurl- tern.
baum, Frau Lockmann, Frau Dr. Dr. h. c. Lüders, 1. Erste Beratung des von den Abgeordneten
Rademacher, Frau Meyer-Laule, Wehking, Häuss- Naegel, Atzenroth, Samwer und Genossen einge-
ler, Dr. Orth, Schmücker, Schoettle, Bals, Schmidt- brachten Entwurfs eines Gesetzes über die Ab-
Wittmack, Grien, Gockeln, Siebel, Müller-Her- wicklung der Bundesstelle für den Warenverkehr
mann, Ruhnke, Kalbitzer, Oetzel, Engell, Dr. Pohle der gewerblichen Wirtschaft und die Errichtung
(Düsseldorf) und Caspers. eines Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft (Ge-
setz über das Bundesamt für gewerbliche Wirt-
Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke vielmals. schaft), Drucksache 719.
Darf ich fragen, ob das Haus mit dieser Ergän-
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden zung der Tagesordnung einverstanden ist. — Es
ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht wird nicht widersprochen; also ist die Tagesord-
aufgenommen:
nung insoweit ergänzt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem
12. Juli 1954 die Kleine Anfrage 59 der Abgeordneten Josten,
Stingl, Frau Dr. Probst, Schmücker, Günther und Genossen 2. Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
betreffend Berücksichtigung des Mittelstandes bei der Ver- eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes
gabe von Besatzungsaufträgen — Drucksache 507 — beant-
wortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 729 verviel- über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer
fältigt. Apotheken, Drucksache 545.
1916 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954
(Präsident D. Dr. Ehlers)
Auch um diesen Punkt ist, sofern nicht wider- wärtigen Amtes bei mir eingegangen ist, nach der
sprochen wird, die Tagesordnung ergänzt worden. die Diplomatenpässe für die Vertreter und Stell-
vertreter bei der Beratenden Versammlung des
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirt- Europarates ausgestellt werden bzw. ausgestellt
schaft und Forsten hat gebeten, den Punkt 9 der sind.
Tagesordnung vorzuziehen, weil er selbst heute
nicht anwesend sein kann und der Herr Staats- Ich unterstelle, daß hinsichtlich des Gesetzent-
sekretär nachmittags an einer dringenden Veran- wurfs unter 2 b eine Begründung und Aussprache
staltung auswärts teilnehmen muß. Ich darf an- nicht erforderlich ist. — Dann schlage ich Ihnen
nehmen, daß das Haus damit einverstanden ist, daß vor, über den Antrag unter Punkt 2 a abzustim-
ich diesen Punkt nach Punkt 2 der Tagesordnung men unter dem Hinweis, daß er sachlich inzwischen
einfüge. — Dagegen wird kein Einspruch erhoben. überholt ist, und den Gesetzentwurf unter Punkt
2 b an den Ausschuß für auswärtige Angelegen-
Meine Damen und Herren! Dann habe ich noch heiten zu überweisen.
ein im 2. Deutschen Bundestag eingetretenes Miß-
verständnis zu korrigieren. In der Bundestags- Ich bitte die Damen und Herren, die dem An-
drucksache 159 betreffend den Entwurf eines Ge- trage zu 2 a zuzustimmen wünschen, eine Hand zu
setzes betreffend die Vereinbarung vom 23. Fe- erheben. — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist
bruar 1953 über die Regelung der Schweizerfran- angenommen.
ken-Grundschulden ist in der Vereinbarung über Ich unterstelle, daß das Haus mit der Überwei-
die Regelung der Schweizerfranken-Grundschul- sung zu 2 b einverstanden ist. — Auch das ist der
den, also der diesem Gesetz zugrunde liegenden Fall.
völkerrechtlichen Vereinbarung, versehentlich in
Art. 10 ein Abs. 3 übersehen worden: Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Der Eigentümer ist verpflichtet, vorgehende Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
Grundstücksbelastungen löschen zu lassen, schusses für Außenhandelsfragen (23. Aus-
soweit sich das Grundpfandrecht mit dem schuß) über den Entwurf einer Sechzehn-
Eigentum in einer Person vereinigt, und zur ten Verordnung über Zollsatzänderungen
Sicherung dieses Gläubigeranspruches eine (Drucksachen 684, 472).
Löschungsvormerkung zugunsten der Gläu-
bigergrundschuld eintragen zu lassen. Berichterstatter ist Abgeordneter Schwarz. —
Es hat sich, wie in solchen Fällen üblich, eine Herr Abgeordneter Schwarz ist anscheinend noch
nicht bereit. Ist der Vorsitzende des Ausschusses
Kettenreaktion herausgestellt, da es sowohl in un- bereit, den Bericht zu übernehmen? — Offenbar
serer Korrekturabteilung wie beim federführen- auch nicht. Meine Damen und Herren, ich stelle
den Bundeswirtschaftsministerium und beim Bun- den Punkt noch etwas zurück.
desgesetzblatt übersehen worden ist. Ich glaube,
daß man diese Panne nicht durch ein neues Gesetz
zu beheben braucht, sondern daß man das mit einer Ich rufe zunächst auf Punkt 3:
Mitteilung im Bundestag über die Korrektur die- Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
ses Fehlers, der sonst zu irgendwelchen Verände- schusses für auswärtige Angelegenheiten
rungen keinen Anlaß gegeben hat, in Ordnung (4. Ausschuß) über den Antrag der Abgeord-
bringen kann. Ich darf unterstellen, daß das Haus neten Ruhnke, Schwann, Geiger (München),
mit dieser Regelung einverstanden ist. — Das ist Elsner, Dr. Kopf, Maier (Freiburg), Dr. Hoff-
der Fall; dann ist auch dieser Punkt erledigt. mann und Genossen betreffend Rhein-Sei-
tenkanal (Drucksache 721, 562).
Ich komme zu Punkt 1 der Tagesordnung:
Beratung der Übersicht 6 über Anträge von Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Furler.
Ausschüssen des Deutschen Bundestages be- Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
treffend Petitionen (Drucksache 668).
Dr. Furler (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr
Ein Bericht des Petitionsausschusses wird dazu Präsident! Meine Damen und Herren! Der Aus-
heute nicht erstattet werden. Ich darf also bitten, schuß für auswärtige Angelegenheiten hat in sei-
daß die Damen und Herren, die den in der Über- ner Sitzung am 13. Juli 1954 einstimmig beschlos-
sicht 6 — Drucksache 668 – gestellten Anträgen sen, dem Hohen Hause den von allen Fraktionen
zuzustimmen wünschen, eine Hand erheben. — unterstützten Antrag Drucksache 562, der sich mit
Das ist die überwiegende Mehrheit, ist angenom- dem Rhein-Seitenkanal befaßt, zur Annahme zu
men. empfehlen. Ich habe die Ehre, Ihnen die Erwägun-
gen darzulegen, von denen der Auswärtige Aus-
Ich rufe den Punkt 2 a und b der Tagesordnung schuß ausging. Ich kann mich dabei auf einige all-
auf: gemeine Gesichtspunkte deshalb beschränken, weil
a) Beratung des Antrags der Fraktionen der der Abgeordnete Dr. Kopf, dem wir hier in Zu-
CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betref- sammenarbeit mit allen Fraktionen angehörigen
fend Ausstellung von Diplomatenpässen für Mitgliedern der Interparlamentarischen Arbeitsge-
die deutschen Vertreter und ihre Stellver- meinschaft für naturgemäße Wirtschaft eine be-
treter bei der Beratenden Versammlung des sondere Initiative, ein schon 1952 veröffentlichtes
Europarates (Drucksache 667); Gutachten und wesentliche Vorarbeiten verdanken,
b) Erste Beratung des von der Fraktion der in der Plenarsitzung am 10. Juli 1954 eine ein-
FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gehende Begründung dieses Antrags gab, die alle
über die Ausstellung von Diplomatenpässen rechtlichen, wirtschaftlichen und grundsätzlichen
(Drucksache 715). Fragen darstellt, die mit diesem Rhein-Seitenkanal
zusammenhängen, eine Begründung, die auch der
Meine Damen und Herren, ich darf darauf hin- Stellungnahme des Auswärtigen Ausschusses zu-
weisen, daß inzwischen eine Mitteilung des Aus- grunde liegt.
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1917
(Dr. Furler)
Sie wissen, daß der auf Grund des Versailler würde schwerwiegende wirtschaftliche und land-
Vertrags bisher schon durchgeführte teilweise Aus- schaftliche Auswirkungen beseitigen und vor allem
bau des Rhein-Seitenkanals zu bedeutenden Schä- auch die Möglichkeit geben, für eine ausreichende
den geführt hat, die in diesem Umfang sicherlich Bewässerung der rechtsrheinischen Gebiete zu sor-
nicht vorausgesehen wurden. Die totale Verände- gen, die sich in der Gefahr einer Versteppung be-
rung der Wasserverhältnisse des Rheins, die Sen- finden.
kung des Grundwasserspiegels mit all ihren Aus- Wer die hier in Betracht kommenden Gegenden
wirkungen, die Beeinträchtigung der Trinkwasser- kennt, weiß, wie sehr die Menschen dieser badi-
versorgung und der Bewässerung rechtsrheinischer schen Grenzbezirke täglich die Veränderungen und
Gebiete, das Ende der Fischereimöglichkeit und die Schäden empfinden, die hier eingetreten sind und
Veränderung des Landschaftsbildes sind Folgen, ständig neu entstehen. Es wäre ein überhaupt nicht
die auf der Strecke unterhalb Basel bis gegen Brei abschätzbarer Gewinn, wenn es gelänge, die Grund-
sach eingetreten sind und die in verschärftem lagen dieser sich immer erneuernden schmerz-
Maße auftreten werden, wenn das Projekt bis nach lichen Empfindungen zu beseitigen. Es geht den
Straßburg weitergeführt wird. Bewohnern dieser Grenzgebiete aber nicht allein
Der dem Antrag entsprechende Beschluß ersucht um die wirtschaftlichen Auswirkungen, obwohl
die Bundesregierung, sich bei Verhandlungen mit diese naturgemäß eine bedeutende Rolle spielen.
der französischen Regierung für eine Gesamtlösung Es geht diesen Menschen auch um das Bild ihrer
der vielschichtigen Probleme einzusetzen, die dem Heimat, um Wesen und Charakter des Landes, in
Gedanken einer europäischen Zusammenarbeit dem sie leben.
Rechnung trägt. Innerhalb dieser Lösung liegen Wenn das Vorhandene erhalten und organisch
die Ziele, den Seitenkanal über Breisach hinaus im Dienste der Technik weiterentwickelt wird,
nicht weiterzubauen, dem Rhein zwischen Basel dann entstehen nicht diese Verstimmungen; im
und Breisach eine angemessene Mindestwasser- Gegenteil: aus dem veränderten Werk erwächst die
menge zu erhalten und es nicht zu untersagen, den verbindende Achtung vor der Leistung der Tech-
Strom zur Bewässerung badischer Gebiete der nik. So ist es ein wesentlicher Sinn dieses Antrags
Rheinebene auszunutzen. und der zu führenden Verhandlungen, Gegensätze
Die gerade in neuester Zeit bedeutend weiterge- zu überwinden, über Vergangenes hinwegzukom-
führte Technik wird es ermöglichen, die Kraft- men und mit neuen Gesichtspunkten zu neuen Ge
quellen des Rheins auch ohne weitere Ableitung -staltungen zu gelangen, die unserer Zeit entspre-
des Stromes gleich umfassend und rationell zu er- chen, technisch, wirtschaftlich und politisch. Ver-
schließen. Die ersten Planungen für das gegen- ständigung, Partnerschaft und Freundschaft drän-
wärtige Projekt liegen über ein halbes Jahrhundert gen dazu, nach neuen Lösungen gerade auch an
zurück. Was damals und noch im zweiten und drit- unserer gemeinsamen Rheingrenze zu suchen,
ten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts bedenklich oder- selbstverständlich unter Wahrung der wirtschaft-
nicht durchführbar erschien, kann heute technisch lichen Interessen Frankreichs an der kraft- und
realisiert werden. Dies gilt vor allem für den Bau verkehrsmäßigen Entwicklung und Auswertung
von Kraftwerken in unmittelbarer Anpassung an des Rheinstroms, der unsere Völker verbinden und
das natürliche Strombett unter gleichzeitiger Ent- nicht trennen soll.
wicklung besonderer Möglichkeiten für die Schiff- Dies sind einige allgemeine Gesichtspunkte, die
fahrt. gerade den Ausschuß leiteten, der die auswärtigen
Die neue Lösung brächte eine Reihe von Vor- Angelegenheiten unseres Landes zu betreuen hat.
zügen. Sie gestattete, die zahlreichen und vielfäl- Das in dem Antrag — dessen Annahme ich emp-
tigen schadensersatzrechtlichen Ansprüche zu be- fehle — zum Ausdruck gebrachte Anliegen bewegt
reinigen und die entsprechenden Auseinanderset- aber alle Mitglieder dieses Hohen Hauses, wobei
zungen in der Zukunft zu vermeiden, ein Gewinn, ich weiß, daß es nicht allein um ein Anliegen wirt-
der auch von hohem politischem Wert wäre. Sie schaftlichen Inhalts, politischen Gewichts und
gäbe auch Frankreich Möglichkeiten, die nicht un- der allgemeinen Gerechtigkeit, sondern vor allem
erwähnt bleiben sollen. Es ist hierbei nicht an die auch um eine Sache des Herzens geht.
Ausnutzung der Wasserkraft und die Schiffahrt (Beifall.)
gedacht. Auch Frankreich spart wertvolles Land,
das sonst dem Kanalbau zum Opfer fällt. Auch Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn
für die linksrheinischen Gebiete hat eine natür- Berichterstatter.
liche und organische, weil an das Strombett sich
anschließende Auswertung des Rheins Vorzüge, Meine Damen und Herren, im Ältestenrat war
zumal der gerade auf der Strecke Breisach—Straß- die Meinung, daß angesichts der Einmütigkeit im
burg mit Sicherheit zu erwartende Eintritt jener Ausschuß auf eine Aussprache verzichtet werden
bei uns beobachteten Schäden — man denke nur könne. Ist das die Meinung des Hauses? — Offen-
an die Senkung des Grundwasserspiegels — ohne bar.
weiteres ausgeschlossen wäre. Außerdem wird es Dann kann ich zur Abstimmung über den An-
bedeutsam und wertvoll sein, die Schönheit der trag des Ausschusses — Drucksache 721 — kom-
ursprünglichen Rheinlandschaft erhalten zu können. men, den Antrag Drucksache 562 anzunehmen. Ich
Die erschütterndste Folge der schon gebauten bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag
Teilstrecke des Seitenkanals stellt die völlige Trok- zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. —
kenlegung der entsprechenden Rheinstrecke wäh- Ich stelle fest, daß er offenbar einstimmig ange-
rend eines großen Teils des Jahres dar. Es spricht nommen worden ist.
alles dafür, daß die Schöpfer der Pläne hiermit Darf ich fragen, ob Herr Abgeordneter Schwarz
nicht gerechnet haben, zumal sie ursprünglich von inzwischen eingetroffen ist? — Dann rufe ich auf
einer Wasserentnahme von 850 Kubikmeter je Se- den Punkt 9:
kunde ausgingen, während die Entnahme nachträg-
lich auf 1080 Kubikmeter je Sekunde erhöht wor- Beratung des Mündlichen Berichts des Aus
den ist. Der hier notwendige und mögliche Wandel schusses für Außenhandelsfragen (23. Aus-
1918 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954
(Präsident D. Dr. Ehlers)
schuß) über den Entwurf einer Sechzehnten den Zolltarif für Eier vom 1. September bis zum
Verordnung über Zollsatzänderungen (Druck- 15. Februar auf 5 % festzusetzen, hatten wir seiner-
sachen 684, 472). zeit bei der Beratung der Verordnung über Zoll-
änderungen vom 10. Oktober 1951 im Bundestag
Zur Berichterstattung hat das Wort Herr Abge- gefaßt. Damals lagen aber völlig andere Verhält-
ordneter Schwarz. nisse vor. Die Erzeugerpreise für einheimische Eier
lagen damals doppelt so hoch wie heute und be-
Schwarz (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr Prä- trugen etwa 25 bis 28 Pf. Ihnen allen ist bekannt,
sident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf daß hierin zur Zeit eine Reduzierung auf etwa die
einer Sechzehnten Verordnung über Zollsatzände- Hälfte erfolgt ist.
rungen — Drucksache 472 — beinhaltet eine Reihe Dieses Problem hat uns im Ernährungsausschuß
von Zollsatzermäßigungen und Freistellungen, über wiederholt beschäftigt, und wir waren mit dem zu-
die der Ausschuß für Außenhandelsfragen in seiner ständigen Ministerium der Meinung, daß man
Sitzung am 8. Juli 1954 beraten hat. Das Ergebnis diesen Dingen am besten durch die Einführung
ist folgendes. Die Nrn. 1 bis 4 und 6 wurden ent- eines Gleitzolles begegnen könnte. Über diese Maß-
sprechend der Regierungsvorlage gebilligt. Bei nahmen bestand im Ausschuß weitgehend Ein-
Position 5, Lupinensamen, ging der Ausschuß für mütigkeit. Leider sind wir mit diesen Maßnahmen
Außenhandelsfragen auf Grund eines Beschlusses nicht vorangekommen, weil hier sehr schwierige
des mitberatenden Ausschusses für Ernährung, Verhandlungen mit den Einfuhrländern vorauf-
Landwirtschaft und Forsten über die Regierungs- gehen müssen und diese bis zur Stunde noch nicht
vorlage hinaus, die einen 10 %igen Zoll vorsah, und zu einer Klärung geführt haben. Wir sind deshalb
entschied auf Zollfreistellung. der Meinung, daß wir jetzt vorübergehend den Zoll
Nr. 7 der Regierungsvorlage wurde gestrichen. wieder auf 15 % erhöhen müssen, und erlauben
Sie betrifft die Sätze für Pflaumenmus. Eine Eini- uns, in unserer Begründung darauf zu verweisen,
gung über den Beschluß des Ausschusses für Er- daß in den hinter uns liegenden Jahren ein erfreu-
nährung, Landwirtschaft und Forsten, den alten licher Fortschritt in der Eigenproduktion erreicht
Zollsatz ohne Ermäßigung beizubehalten, konnte wurde. Und ein Zweites. Der damals im Winter
nicht erzielt werden. Um das Inkrafttreten der herabgesetzte Zoll war bedingt durch die hohen
übrigen Zollsätze nicht zu gefährden, wurde diese Einfuhren während des Winters. Im Augenblick ist
Position gestrichen. aber die Rationalisierung in unserer Hühnerhal-
Für § 2 der Drucksache 472 hatte der Ausschuß tung derart fortgeschritten, daß wir mit einer
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eine gleichen Winterproduktion zu rechnen haben und
Erweiterung vorgesehen. Sie betraf Nr. 6 in § 1 das Angebot sich durchaus über das ganze Jahr
der Verordnung über Zolländerungen vom 10. Ok- etwa in gleichen Grenzen hält. Diese Maßnahmen
tober 1951, nämlich die Zollsätze für Eier während müssen weiter unterstützt werden. Theoretisch
der Wintermonate. Da sich für diesen Beschluß des könnte dies zwar unter Umständen zu einer Er-
Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und höhung des Eierpreises für den Verbraucher um
Forsten im Ausschuß für Außenhandelsfragen keine 10 °/o, also bei einem Einfuhrpreis von 12 Pf für
Mehrheit fand, wurde der ganze § 2 aus den holländische Eier zu einer Erhöhung um 1,2 Pf
gleichen Gründen wie Nr. 7 in § 1 gestrichen. Aus führen. Dem ist aber nicht so, weil die hollän-
den §§ 3 und 4 der Regierungsvorlage wurden dische und auch die dänische Produktion auf Welt-
daher die §§ 2 und 3, die die Gültigkeit der Rechts- marktpreisen aufbauen. Dort liegen die Futtermit-
verordnung auch im Lande Berlin und den Ver- telpreise etwa bei 12 bis 13 Pf, während unsere
kündungstermin vorsehen. Sie wurden in der Fas- bei 18 bis 20 Pf liegen. Wir müssen deshalb den
sung der Regierungsvorlage angenommen. Überlegungen entgegentreten, die etwa hier eine
Verteuerung für den Verbraucher herauskonstru-
Ich bitte das Hohe Haus namens des Ausschusses ieren wollen.
für Außenhandelsfragen, dem Antrag auf Druck-
sache 684 die Zustimmung zu geben. Wir sind der Meinung, daß auch die Frage der
deutschen Hühnerhaltung schlechthin in Betracht
Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn gezogen werden muß. In Deutschland handelt es
Berichterstatter. sich im Gegensatz zu den Einfuhrländern nicht um
eine Produktion in großen Farmen. Die Hühner-
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Ein- haltung ist auch keine rein landwirtschaftliche An-
zelberatung der 16. Verordnung über Zollsatzände- gelegenheit, sondern ausgesprochen eine Ange-
rungen. legenheit der kleinen Existenzen, der kleinbäuer-
Ich rufe zunächst auf § 1. Dazu liegen keine lichen Betriebe, der Kleinsiedlungen, aber auch
Wortmeldungen vor. Ich bitte die Damen und Her- aller anderen Betriebe, nicht zuletzt solcher von
ren, die § 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu Landarbeitern. Das möchte ich vor allen Dingen
erheben. — Das ist die Mehrheit; ist angenommen. den Damen und Herren sagen, die glauben, die
Interessen des Verbrauchers so in den Mittelpunkt
Es liegt ein Änderungsantrag — Umdruck 145 — stellen zu müssen.
betreffend die Einfügung eines § 1 a vor. Zur Be- Noch ein letztes Wort zur Begründung meines
gründung Herr Abgeordneter Struve! Antrags!
(Anhaltende große Unruhe.)
Struve (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine
Es ist zwar ein ungeschriebenes Gesetz, daß die
Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat
darauf hingewiesen, daß im Außenhandelsausschuß Frau des Bauern für die Hühnerhaltung sorgt. Aber
selbst in Zeiten der Gleichberechtigung ist es in
der § 2 der Regierungsvorlage gestrichen wurde.
der Hühnerhaltung doch sehr oft so, daß der Mann
Bezüglich dieses § 2 hatte der Ernährungsausschuß dafür sorgen muß, daß das Futter bereitsteht. Das
mit 15 gegen 2 Stimmen beschlossen, den vom
1. September bis zum 15. Februar geltenden Eier- Eiergeld jedoch gehört der Frau.
zoll von 5 wieder auf 15 % zu setzen. Den Beschluß, (Heiterkeit.)
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1919
(Struve)
Nach meinem Dafürhalten sollte auch diese Über Heute sind mir die „Berichte und Nachrichten für
legung bei Ihrer Entscheidung eine Rolle spielen. die Landwirtschaft" aus dem Ministerium für Er-
nährung, Landwirtschaft und Forsten in die Hand
(Erneute Heiterkeit.) gekommen, wo auf Seite 4 ebenfalls zum Aus-
Ich darf deshalb namens der Mitunterzeichner landsei und zum deutschen Ei Stellung genommen
meines Antrags um Unterstützung dieses von uns wird. Hier wird nachgewiesen, daß es eine Reihe
eingebrachten Antrags bitten. von Möglichkeiten gibt, um sowohl die Produk-
tionskosten als auch die Produktionsgrößen in der
(Heiterkeit und Beifall.) deutschen Hühnerhaltung zu verändern.
Ich meine, daß die Ausschüsse in der Lage sein
Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und Her- müßten, auch hier die Voraussetzungen genau zu
ren, auch wenn es die letzte Sitzung vor den Ferien prüfen. Es geht im Augenblick also gar nicht
ist, darf ich darum bitten, nach Möglichkeit die darum, die Frage der sofortigen Erhöhung des
Ruhe zu wahren und Gespräche in die dazu vorbe- Eierzolls mit Ja oder Nein zu beantworten.
reiteten Wandelhallen zu verlegen. Es ist sehr Ich muß im übrigen sehr in Frage stellen, ob
schwer für die Redner, sich durchzusetzen, — wenn Herr Struve in der Lage ist, seine Behauptung, daß
sie nicht eine so durchdringende Stimme wie Herr sich für den Verbraucher der Eierpreis nicht we-
KolegStruvhabnüic. sentlich ändern werde, aufrechtzuerhalten. Eine
Zollsatzänderung führt selbstverständlich zu einer
Sie haben den Antrag zu § 1 a gehört. Wird das
Wort dazu gewünscht? — Frau Strobel, bitte! Erhöhung des Eierpreises;
(Abg. Struve: Nein!)
Frau Strobel (SPD): Meine Herren und Damen! sonst würde ja das Anliegen des Herrn Struve,
Diese Form des Argumentierens mit der Gleich- der doch die Eierpreise für die Erzeuger erhöhen
berechtigung läßt sich leider in diesem Fall nicht will, gar nicht erreicht. Wo das Ganze dann eigent-
anwenden, und insofern kann ich mich leider nicht lich hängenbleiben soll, das habe ich bis jetzt nicht
anschließen. herausgefunden.
Zur Sache: Federführend bei der Behandlung (Zurufe von der Mitte.)
dieser Zollsatzverordnung ist der Ausschuß für
Außenhandelsfragen. Der Ausschuß für Außen- Ich glaube, wir sollten uns viel mehr darum be-
handelsfragen hat den Antrag des Herrn Struve mühen, die Produktionsmöglichkeiten für die
nicht etwa abgelehnt, sondern er hat darum ge- deutsche Hühnerhaltung dahingehend zu verbes-
beten, das sachliche Anliegen dieses Antrags bei sern, daß für sie eine echte Konkurrenzlage mit
einer anderen Gelegenheit zu beraten, weil eine dem Auslandsei gegeben ist.
sachliche Beratung im Außenhandelsausschuß nicht Ich bitte Sie deshalb, unserem Änderungsantrag
möglich war, da die Voraussetzungen dafür- nicht zum Änderungsantrag zuzustimmen und den Aus-
gegeben waren. schüssen Gelegenheit zu einer ausgiebigen fach-
lichen Beratung zu geben. Ich darf dem Herrn
(Abg. Struve: Verschleppung! Nach dem Präsidenten unseren Änderungsantrag überreichen.
1. September geht es nicht mehr!)
(Beifall bei der SPD.)
Wir sind also jetzt in der Situation, daß über
einen Antrag abgestimmt werden soll, über den der Präsident D. Dr. Ehlers: Frau Abgeordnete Stro-
federführende Ausschuß nicht beraten konnte. Wir bel, es ist etwas schwierig. Sie stellen einen An-
bitten Sie deswegen, die vorgeschlagene Einfügung trag zur 19. Verordnung, die im Plenum noch gar
nicht bei der 16., sondern bei der 19. Zollsatzver- nicht zur Debatte steht. Praktisch beinhaltet Ihr
ordnung vorzunehmen, damit dem Außenhandels- Antrag die Ablehnung des Antrags zur 16. Ver-
ausschuß Gelegenheit gegeben wird, über die
'
ordnung.
ganzen Voraussetzungen, die eine Zolländerung bei
Frischeiern nötig oder unnötig erscheinen lassen, Frau Strobel (SPD): Herr Präsident, das ist in-
auch tatsächlich eingehend zu beraten. sofern ein Irrtum, als wir den Änderungsantrag
Ich glaube, es läßt sich eine Reihe von Gründen stellen, den Änderungsantrag Umdruck 145 dahin-
dafür anführen, daß diese Beratung notwendig ist. gehend abzuändern, daß statt der 16. Verordnung
So möchte ich einmal darauf hinweisen, daß auch die 19. Verordnung genannt wird. Dann kann dieser
die Seite, die die Erhöhung des Eierzolls nicht für Antrag dem Außenhandelsausschuß überwiesen
nötig hält, eine Reihe von Argumenten anführen und dort mit der 19. Verordnung beraten werden.
kann. Ein Beispiel: In England ist jetzt die Ratio-
nierung aufgehoben worden. England wird in Präsident D. Dr. Ehlers: Das wäre dann praktisch
diesem Jahr als Abnehmer für holländische bzw. ein Antrag zur Beratung der 19. Verordnung, die
dänische Eier auf dem Markt in erhöhtem Maße heute nicht auf der Tagesordnung steht.
in Erscheinung treten. Im Winter werden also Ver-
knappungen auf dem Eiermarkt auftreten, die im Frau Strobel (SPD): Es ist ein Antrag auf Ände-
Augenblick nicht übersehbar sind. derung des Änderungsantrags und auf Überwei-
Weiter ist zu berücksichtigen, daß der Handel in sung an den Ausschuß.
diesem Jahr nicht in dem Ausmaß früherer Jahre Präsident D. Dr. Ehlers: Das scheint mir ge-
Fier eingelagert hat, weil die Holländer bekannt- schäftsordnungsmäßig nicht ganz klar zu sein, Frau
lich ihre Produktion weitgehend auf den Winter Abgeordnete Strobel. Vielleicht klärt sich das auf
umgestellt haben. Auch daraus kann resultieren, andere Weise.
daß es, wenn wir jetzt den Eierzoll erhöhen, in-
folge mangelnder Einfuhren im Winter zu erheb- Herr Abgeordneter Bauknecht!
lichen Eierpreiserhöhungen kommt. Ich vermag das
hier gar nicht im einzelnen auszuführen und zu Bauknecht (CDU/CSU): Meine Damen und Her-
übersehen. ren! Es wird vielleicht mancher überrascht sein,
1920 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954
(Bauknecht)
daß dieser Änderungsantrag so urplötzlich gekom- — Keineswegs! Wir wollen keine Preissteigerun-
men ist. Das geschah deshalb, weil wir nun schon gen.
sieben Monate lang — wohl nicht im Plenum, aber (Erneute Zurufe des Abg. Kalbitzer und
in den Ausschüssen — über die Frage des Eier- des Abg. Schröter [Wilmersdorf]. —
zolls diskutiert haben. Die gesamte Presse hat sich Glocke des Präsidenten.)
dieses Problems schon seit langer Zeit bemächtigt.
Es ist doch für keinen Abgeordneten ein Geheim- — Nein, Herr Kalbitzer!
nis geblieben, daß sich das Bundesernährungsmini- (Abg. Kalbitzer: Wenn Sie die Zölle er
sterium schon seit Dezember mit der Frage befaßt, höhen, dann wollen Sie gleichzeitig eine
den Gleitzoll einzuführen. Eine Vorlage der Regie- Preissteigerung; sonst brauchten Sie
rung ist deswegen noch nicht gekommen, weil es bis- keine Zollerhöhung!)
her noch Schwierigkeiten mit dem GATT gegeben
hat und weil von uns erst noch bewiesen werden — Nein, das will ich Ihnen beweisen. Sie wissen
muß, daß durch den Gleitzoll , der autonome Zoll im ja selbst, daß seit Herabsetzung des Zolls seit den
Durchschnitt des Jahres in Höhe von 15 % nicht letzten drei Jahren der Eierpreis dauernd rück-
überschritten wird. Die Schweden haben bei den letz- läufig ist. Wir wollen nun verhindern, daß er wei-
ten Verhandlungen zugestanden, daß dies nicht der ter rückläufig bleibt.
Fall sein wird. Sie wären also bereit, auf einen (Großes Gelächter bei der SPD.)
Gleitzoll einzugehen. Mit Holland und Dänemark, — Das hat mit einer Erhöhung der jetzigen abso-
unseren Hauptimportländern, werden noch Ver- luten Eierpreise nichts zu tun. Ich kann Sie gar
handlungen geführt. nicht verstehen, meine Herren von der Linken da
Warum bringen wir jetzt diesen Interimsvor- drüben. Sie sind doch sonst so sehr darum bemüht,
schlag? Ich betone ausdrücklich, daß es ein Vor- sich für den kleinen Mann einzusetzen.
schlag für eine vorübergehende Regelung ist, den (Erneutes Lachen bei der SPD und Bei
alten Zollsatz zu belassen, der, wie Herr Struve fall in der Mitte.)
ausgeführt hat, im Oktober 1951 unter dem Ein-
druck der damaligen hohen Eierpreise herabgesetzt Sie wissen ganz genau, daß die Hühnerhaltung
worden ist. Wir bringen den Antrag deswegen eine der hervorragendsten Einnahmequellen des
jetzt, weil bekanntlich am 1. September der er- kleinen Mannes, des Siedlers ist. Wie Sie sich nun
mäßigte Zollsatz von 5 % in Kraft tritt und das im Plenum auflehnen, wenn wir mal expressis ver-
Haus von heute an in Ferien geht. Eine Ausschuß- bis für den kleinen Mann eintreten, kann ich wirk-
verweisung wäre daher gleichbedeutend mit der lich nicht verstehen.
Zurückstellung um ein Jahr. (Beifall in der Mitte. — Lachen bei der
Sie werden mir widersprechen. Es ist aber doch SPD.)
so. Namentlich die Holländer, aber zum Teil - auch — Meine Herren, wir wollen ja nicht den Bauern
die Dänen, legen bekanntlich einen Teil ihrer helfen, denen es nach Ihrer Ansicht gut geht; bei
Frühjahrsproduktion ins Kühlhaus und warten ab, diesen spielt die Hühnerhaltung eine ganz kleine
bis der Zollsatz heruntergeht. Dann erscheinen sie Rolle. Darüber sind wir uns also klar.
auf dem 'deutschen Markt mit den Eiern. Der plötz- Daß die Produktionskosten im Ausland sehr viel
liche Knick von 15 % auf 5 % hat sich zum Scha- niedriger sind, darüber besteht kein Zweifel. Man
den der deutschen Wintereierproduktion ausge- weiß, daß draußen auch die Futtermittelpreise sehr
wirkt. viel geringer sind. Sie werden mir vielleicht sagen:
Sehr verehrte Frau Kollegin, Sie haben das Be- „Setzen Sie den deutschen Futtermittelpreis her-
denken geäußert, daß eine Eierpreiserhöhung ein- unter!" Das könnte man tun. Sie wissen aber, daß
trete, wenn wir jetzt der Vorlage zustimmten. Da- ein innerer Zusammenhang vorhanden ist und da-
zu darf ich Ihnen folgendes sagen. Ihr Argument, mit auch das ganze Preisgefüge für die Hackfrüchte
daß infolge der Aufhebung der Rationierung in zum Einsturz käme.
England wahrscheinlich eine stärkere Nachfrage Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, im In-
nach Eiern entstehe, ist nicht stichhaltig. Frühere teresse der Verbesserung und Rationalisierung der
und andere Rationierungsaufhebungen beweisen deutschen Eierproduktion unserem Antrag zuzu-
nämlich, daß das Gegenteil der Fall ist. Sie wis- stimmen.
sen selbst, daß nach Aufhebung der Butterratio- (Beifall in der Mitte.)
nierung kein Mehrverbrauch an Butter entstan-
den ist. Der Verbrauch ist sogar geringer geworden. Präsident D. Dr. Ehlers: Frau Abgeordnete
Bei Fleisch ist es ebenso gewesen. Es ist also nicht Strobel!
damit zu rechnen, daß der deutsche Eiermarkt von
der Rationierungsaufhebung in England tangiert Frau Strobel (SPD): Meine Herren und Damen!
wird. Die Auseinandersetzung ist im Ernährungsausschuß
bereits geführt worden, aber sie muß noch im
(Widerspruch bei der SPD. — Abg. Kal Außenhandelsausschuß stattfinden; denn dorthin
bitzer: Weil die Butterpreise gestiegen sind, gehört sie. Nachdem Sie aber die Erörterung des
sind die Leute zur Margarine abgewan Problems ohne unser Verschulden im Plenum be-
dert!) gonnen haben, muß ich auch einiges dazu sagen.
— Aber Sie können es doch lesen, Herr Kollege! Es ist richtig, daß die Futtermittelpreise in
Sie können nicht bestreiten, , daß seit der Auf- Deutschland wesentlich höher sind als im vergleich-
hebung der Butterrationierung in England weniger baren Ausland. Aber deshalb stellt sich ja gerade
Butter verbraucht wird. für den Eierverbraucher und natürlich auch für den
Hühnerhalter die Sache so dar: Zuerst erhöht man
(Abg. Kalbitzer: Nein, da sind die Preise die Futtermittelpreise. Dadurch werden die Pro-
für Butter gestiegen, und dasselbe wollen duktionskosten für den deutschen Hühnerhalter er-
Sie jetzt auch bei den Eiern erreichen!) höht. Weil sie erhöht sind, braucht er höhere Eier-
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1921
(Frau Strobel)
preise. Also erhöht man den Zoll, und dadurch wer- braucher wirklich notwendig, eine Änderung des
den die hohen Eierpreise für den Verbraucher dann Zollsatzes vorzunehmen. Das sehe ich ein. Seitdem
wieder erhöht. Inwieweit das Anliegen der Herren, haben sich die Verhältnisse aber grundlegend ge-
die diesen Antrag vertreten, auch ein Anliegen der ändert. Wir haben jetzt schwankende Eierpreise.
Verbraucher ist, vermag ich beim besten Willen Insbesondere müssen wir auch auf die kleine
nicht zu sehen. Landwirtschaft, die hier eine Rolle spielt, Rücksicht
(Abg. Struve: Die Eier werden erst dann nehmen. Es handelt sich bei unserem Antrag nicht
teurer, wenn Sie die deutsche Produktion darum, den Eierpreis an sich zu erhöhen, sondern
kaputtgemacht haben!) darum, eine gewisse Stabilität in ihn hineinzu-
bringen, damit sowohl der Verbraucher als auch
Es ist ja allmählich in diesem Hause geradezu der Erzeuger das ganze Jahr hindurch mit einem
üblich geworden, wenn man solche Anträge ver- stabilen Eierpreis rechnen können. Das ist das
tritt, so zu tun, als ob man damit das Anliegen einfache Problem. Wenn wir noch so sehr darüber
des kleinen Mannes vertrete. debattieren, so kommen wir doch keinen Schritt
(Beifall bei der SPD.) weiter. Seinerzeit bei den hohen Eierpreisen ist der
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie das An Zoll herabgesetzt worden. Das ist jetzt überholt.
liegen des kleinen Mannes bei Rentenerhöhungen Die Produktion ist inzwischen gestiegen. Infolge-
und bei ähnlichen Gelegenheiten vertreten würden, dessen hat diese Zollherabsetzung ihre Bedeutung
verloren.
(Zurufe von der Mitte: Tun wir auch!) Ich bitte deshalb, den Antrag der SPD abzuleh-
bei denen ihm mit Ihrem besonderen Interesse nen, den Antrag Struve anzunehmen und so der
sicher sehr gedient wäre. Regierung die Möglichkeit zu geben, diese Frage
(Beifall bei der SPD.) weiter zu behandeln.
Sie hat dann eine Grundlage. Wir sind in Zeit-
Meine Damen und Herren, ich glaube, keiner von druck, weil der 1. September herankommt, an dem
uns ist heute in der Lage, nachzuweisen, wie sich die Zollherabsetzung wieder fällig wäre. Die Regie-
diese Zollerhöhung auf den Eierpreis auswirken rung kann dann in Ruhe erwägen, ob sie den Gleit-
wird. Das ist der Grund dafür, daß wir um die Be- zoll einführen will oder nicht. Das ist in kurzen
ratung im zuständigen Ausschuß bitten. Wenn eine Worten die einfache Sachlage. Ich bitte die Damen
Eierpreiserhöhung durch die Zollerhöhung nicht und Herren, die nicht unmittelbar zur Landwirt-
eintreten soll, dann müßte ja irgendwo noch eine schaft gehören, diese Gesichtspunkte zu würdigen,
Spanne vorhanden sein, die man zugunsten des Er- damit wir diese Frage zu einer einfachen Lösung
zeugers ändern könnte. Das ist uns bis heute nicht bringen.
nachgewiesen worden. Aber wenn das der Fall ist, (Beifall in der Mitte.)
dann wollen wir uns doch gemeinsam bemühen,
dieser Spur einmal nachzugehen. -
Präsident D. Dr. Ehlers: Das Wort hat der Abge-
Noch eine andere Angelegenheit. Laut § 4 des ordnete Dr. Siemer.
Zollgesetzes werden Zollsatzänderungen von der
Regierung vorgeschlagen, da es sich um Verordnun-
Dr. Siemer (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine
gen und nicht um Gesetze handelt. Die Regierung
hat uns bis jetzt trotz der Bemühungen im Ernäh- Damen und Herren! Seitens der SPD wurde vorhin
rungsausschuß, eine Zollsatzänderung von ihr zu gefragt, warum die Zollerhöhung stattfinden soll,
erreichen, eine solche für das Frischei nicht vor- wenn dadurch nicht tatsächlich die Preise erhöht
gelegt. Daraus geht doch zumindest hervor, daß werden sollen. Nun, meine Damen und Herren, die
die Beratungen sowohl interministeriell als auch Dinge liegen nicht so, daß man einfach sagen darf:
auf der handelspolitischen Ebene auf diesem Ge- eine Zollerhöhung hat notwendigerweise eine
Preiserhöhung im Gefolge. Zwar macht eine Zoll-
biete noch nicht abgeschlossen sind. Ich bin nicht
der Meinung des Herrn Bauknecht, daß die Ange- erhöhung auf 15 %, wenn der Importpreis 12 Pf
legenheit durch die Ausschußüberweisung um ein beträgt — das kann man sich ausrechnen —, 1,8 Pf.
Jahr verschoben werden muß. Die Regierung kann (Zuruf von der Mitte: 10 %!)
jederzeit, wenn sie will, in dieser Angelegenheit – Ja, wir haben zur Zeit 5 % Zoll. 10 % Erhöhung
initiativ werden. Wir hätten es begrüßt, wenn sie bedeuten also praktisch bei 12 Pf Importpreis eine
es schon früher geworden wäre, damit man nun in Erhöhung um 1,2 Pf. Nehmen wir einen Import-
der Sache entscheiden könnte. Aber jetzt unter preis von 15 Pf, so würde das eine Erhöhung um
diesem Zeitdruck über eine Angelegenheit zu ent- 1,5 Pf bedeuten.
scheiden, die für die Preisgestaltung unter Umstän-
den sehr weittragende Folgen haben kann, halten (Zuruf von der SPD: Wie macht sich das
wir nicht für richtig. Wir bitten Sie noch einmal, für den Endverbraucher bemerkbar?)
dem Ausschuß Gelegenheit zur Beratung zu geben. Aber worum geht es hier? Die Erzeuger haben
(Beifall bei der SPD.) in dem letzten Halbjahr Preise erzielt, die weit
unter den Gestehungskosten liegen. Die Folge ist,
Präsident D. Dr. Ehlers: Das Wort hat der Abge- daß die Junghennen in diesem Jahr nicht mehr ab-
ordnete Dr. Horlacher. setzbar waren, nicht etwa weil wir in Deutschland
Dr. Horlacher (CDU/CSU): Meine sehr verehrten unter schlechteren Bedingungen produzieren, son-
Damen und Herren! Diese Debatte ist ein Muster- dern weil wir in Deutschland tatsächlich höhere
beispiel dafür, daß man eine Sache, die ganz ein- Gestehungskosten haben.
fach liegt, sehr kompliziert gestalten kann. Wie Nun kann man sagen: wir müssen die Futtermit-
liegen die Dinge in Wirklichkeit? Ich bringe sie telpreise heruntersetzen. Das geht aber nicht. Sie
kurz auf einen Nenner. Damals, als der Zoll zeit- selber haben die Marktordnungsgesetze und
weise auf 5 % herabgesetzt wurde, hatten wir ganz speziell das Preisgesetz für Getreide mit verab-
andere Eierpreise. Da war es im Interesse der Ver- schiedet. Wir können diese Ordnung nicht durch-
1922. 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954
(Dr. Siemer)
brechen, müssen aber andererseits bestrebt sein, niedriger. Sie liegen bei Eiern bis zu 160, bei Milch
dem Kleinerzeuger zu helfen, damit er seine Er- bis zu 170 und bei Obst bis zu 135. Wenn wir jetzt
zeugung nicht abbaut. Tatsache ist, daß in der nicht durch Erhöhung des Zolls dafür sorgen, daß
letzten Zeit deutsche Hühnerhalter ihre Bestände diese Einnahmequelle gerade der kleineren land-
abgebaut haben. Bei der großen Einfuhr, die wir wirtschaftlichen Betriebe wenigstens in dieser Höhe
noch benötigen, würde ein weiterer Abbau zur erhalten bleibt, dann sind viele landwirtschaft-
Folge haben, daß uns demnächst die Preise vom liche Betriebe unseres Heimatlandes erledigt.
Ausland diktiert werden. Schon heute besteht die Befürchtung, daß die Frage
der Parität für die kleineren landwirtschaftlichen
(Sehr richtig! in der Mitte. — Zuruf von Betriebe überhaupt nicht zu lösen ist, wenn nicht
der SPD: Da wollen S i e lieber diktieren!) in allen Teilen die Ergebnisse der Statistik zu-
grunde gelegt werden. Darum möchte ich Sie bit-
Das ist eine Tatsache, die Sie an Hand der Eier ten, in diesem Punkte gerade der kleinen Land-
preise der letzten Jahre genau verfolgen können. wirtschaft Rechnung zu tragen und den Antrag
Außerdem, meine Herren von der Linken, möchte Struve und Genossen anzunehmen.
ich Ihnen sagen: nach der Statistik ist erwiesen,
daß 58 % sämtlicher Hühnerhalter Besitzer bäuer- (Beifall in der Mitte.)
licher Betriebe unter 5 ha sind, für die das eine
wesentliche Einnahmequelle ist. Wenn Sie allein Präsident D. Dr. Ehlers: Das Wort hat der Abge-
die Höhe der aus Geflügel- und Eierwirtschaft in ordnete Kriedemann.
der deutschen Landwirtschaft umgesetzten Geld-
menge von ungefähr 1,1 Milliarden betrachten,
Kriedemann (SPD): Herr Präsident! Meine
werden Sie nicht sagen können, daß diese Ein-
nahmequelle für unsere kleinen Landwirte ohne Damen und Herren! Es gehört nun einmal zum
Bedeutung ist. Wenn Sie wirklich das Bestreben Stil einer gewissen Sorte von Agrarpolitik, daß
haben, dem kleinen Landwirt zu helfen, d. h. die man zunächst Behauptungen aufstellt, dann wie
Kleinexistenz zu erhalten, dann bedenken Sie bitte, ein Löwe darum kämpft und zum Schluß mit einem
daß die Eierwirtschaft zu den wesentlichsten Er- Scheinerfolg zufrieden ist, insbesondere dann zu-
werbszweigen dieser Kleinstlandwirte gehört. Ich frieden ist, wenn man daraus eine Art Gewissens-
kann Ihnen aus meiner eigenen Heimat, dem frage machen kann: Wer ist nun eigentlich für die
Weser-Ems-Gebiet, wo die Geflügelzucht der hol- Landwirtschaft einschließlich der kleinen Leute,
ländischen bestimmt nicht nachsteht, sagen, daß und wer ist nun eigentlich gegen die Landwirt-
unter den jetzigen Bedingungen bei 11, 12, 13 Pf schaft?
Gestehungs- bzw. Erzeugerpreis, die wir im letzten (Zuruf des Abg. Struve.)
Halbjahr erzielten, eine vernünftige und rentable — Herr Struve, wir kennen uns ja! Ich habe gar
Eierproduktion nicht aufrechtzuerhalten ist.- nicht das Bedürfnis, auf Ihre Bemerkungen ein-
Natürlich wäre es auch mir lieber gewesen, wenn zugehen. Was Sie hier vorhin erzählt haben, war
es die Bundesregierung hätte ermöglichen kön- so eindeutig und war wieder einmal so bezeich-
nen, uns mit einem Eiergleitzoll zu beglücken, statt nend, daß es für sich selber spricht.
daß wir jetzt den alten Zollzustand wiederherstel- (Abg. Struve: Wie ist es mit den Land
len müssen. Aber es bleibt jetzt die Frage zu ent- arbeitern, Herr Kriedemann, die Sie ver
scheiden, ob Sie den kleinen Geflügelhaltern — treten?)
und das ist doch die Mehrzahl der kleinen Land-
wirte — helfen wollen oder ob Sie durch Ableh- — Ich werde Ihnen vom Landarbeiter auch noch
nung dieses Antrags beweisen, daß Sie für diesen etwas erzählen! Wenn Sie um den Landarbeiter
echten Paritätsausgleich nichts tun wollen. Sorgen haben, dann haben Sie andere Gelegen-
heiten, als ihn hier in einem Zusammenhang
(Beifall in der Mitte.) heraufzubeschwören, wo er ganz einfach nicht hin-
gehört.
Präsident D. Dr. Ehlers: Das Wort hat der Abge-
ordnete Dr. Glasmeyer. (Beifall bei der SPD. — Abg. Struve: Das
wollen wir mal sehen!)
Dr. Glasmeyer (CDU/CSU): Herr Präsident! Uns wird hier vorgeredet, wir seien mal wieder
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich in der Gefahr — indem wir bestimmten Forderun-
möchte mich nur gegen die Äußerung der Kollegin gen auf Zollerhöhungen, d. h. Preiserhöhungen
Strobel wenden, die Frage der Eierproduktion nicht nachgeben —, uns irgendeinem ausländischen
sei keine Angelegenheit des kleinen Mannes. Preisdiktat auszuliefern. Irgendwann werden dann
(Abg. Frau Strobel: Das habe ich auch nicht in Deutschland die Hühner überhaupt einmal abge-
gesagt!) schafft sein, sagt man, und dann wird uns das Aus-
land den Preis diktieren. — Wer nur irgendeine,
Frau Kollegin Strobel, ich möchte Ihnen einmal auch nur eine leise Ahnung von den Verhältnissen
statistische Angaben vortragen. Heutzutage steht auf dem internationalen Eiermarkt hat, kann auf
der Index für Getreide etwa bei 200 bis 210, für solche Geschichten wirklich nicht einmal im Traume
Hackfrüchte usw. ebensohoch, für Fleisch etc. noch kommen. Vor einer ernsthaften Versammlung kann
höher. Die größeren Bauern verkaufen Getreide, man jedenfalls so nicht operieren. Ich habe hier
sie verkaufen Hackfrüchte, und sie verkaufen ihre den „Sonderdienst" des Bundesernährungsmini-
Schweine. Der kleinere Besitzer, sagen wir, bis zu steriums zur Hand, der sich auf eine bemerkens-
5 oder auch bis zu 10 ha, kann sein Getreide nicht wert nüchterne und sachliche Weise mit diesem
verkaufen; er verfüttert es. Für ihn sind allein die heiklen Problem auseinandersetzt. Ich habe volles
Preise für die Eier und für die Milch, eventuell Verständnis dafür, daß sich die Regierung auf diese
noch für das Obst entscheidend. Bei diesen Produk- Weise an der Debatte beteiligt. Wir wissen ja,
ten liegen die statistischen Werte aber bedeutend warum von seiten der Regierung kein Versuch ge-
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1923
(Kriedemann)
macht worden ist, durch eine eigene Initiative den handelsausschuß, damit er gegebenenfalls bei einer
Eierzoll zu erhöhen. Wir haben ja nicht zum ersten- späteren Änderung des Zolltarifgesetzes hier wie-
mal über dieses Problem hier zu reden. Wir haben der behandelt werden kann.
im Ausschuß darüber gesprochen, und wir wissen,
daß man sich im Ministerium begreiflicherweise (Beifall bei der SPD.)
und vernünftigerweise immer noch um einen Gleit-
zoll bemüht und durch internationale Verhandlun- Präsident D. Dr. Ehlers: Weitere Wortmeldun-
gen zu einer Methode kommen möchte, die eine gen liegen nicht vor.
ziemliche Sicherheit für gleichbleibende Preise er- Meine Damen und Herren, Sie haben gehört, daß
öffnet. Aber dieses Verhandeln dauert einigen Herr Abgeordneter Kriedemann namens seiner
Herren offenbar zu lange. Sie möchten ihrer Fraktion beantragt hat, den Umdruck 145 an den
eigenen Regierung zuvorkommen und einmal das Außenhandelsausschuß zu verweisen. Herr Abge-
Haus verleiten, etwas zu beschließen, was ich einer ordneter Struve, wollen Sie dazu noch das Wort
Regierung, für die ich verantwortlich wäre, nie- nehmen? — Das Wort hat Herr Abgeordneter
mals zumuten würde. Denn das, was wir hier be- Struve.
schließen, wird doch zu einer handelspolitischen
Realität, mit der sich die Bundesregierung draußen Struve (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine
auseinandersetzen muß. Ich halte es eigentlich gar Damen und Herren! Zu diesem taktischen Manöver
nicht für möglich, daß man so in solche Dinge möchte ich nur einige Tatsachen feststellen. Im
hineinfuhrwerkt und es den anderen überläßt, Außenhandelsausschuß hat unser Sprecher, der Kol-
daraus die Konsequenzen zu ziehen und mit dem lege Dr. Serres, als Zweifel von der Opposition ge-
Resultat fertig zu werden. äußert wurden, beantragt, die ganze Angelegenheit
zur Beratung an die Fraktionen zurückzuverweisen.
(Zuruf von der SPD: Verantwortungs
Die SPD hat diesen unseren Antrag niederge-
bewußtsein!) stimmt. Jetzt auf einmal eine Wandlung, weil man
Aus diesem Material möchte ich Ihnen einmal ein sich vor den Ferien nicht bekennen will.
paar Zahlen vorlesen, wenn Sie gestatten. Von der (Abg. Kriedemann: Kein Mensch hat einen
deutschen Jahreserzeugung von 5,6 Milliarden Anlaß, sich Ihnen gegenüber zu bekennen!
Eiern sind schätzungsweise nur 2,3 bis 2,6 Milliar- Das läßt sich gar nicht übertreffen, was Sie
den, d. h. nur die Hälfte, in den Verkauf gekom- hier veranstalten! Ein Torheit und Irre
men. Von dieser Hälfte, von diesen 2,3 Milliarden führung! — Zuruf von der SPD: Reine
sind nur 0,9 bis 1,2 Milliarden, das ist weniger als Interessenvertreter! — Weitere Zurufe
ein Viertel der Gesamtproduktion, über den Groß- und Unruhe bei der SPD.)
handel auf den Eiermarkt gekommen. Die anderen
Eier, das sind die Eier der kleinen Leute, werden
- Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und Her-
nämlich sehr viel vorteilhafter abgesetzt, als es ren, ich glaube, es sollte nicht noch einen Streit
nach dem Großhandelsindex wegen der in Deutsch- über Bekennen geben; dazu war letzte Woche in
land besonders hohen Verteilungskosten möglich Leipzig Gelegenheit.
ist, nämlich im Direktverkehr mit den Verbrau-
Ich bitte, Frau Abgeordnete Strobel.
chern, in Gastwirtschaften usw. Gegenüber dieser
kleinen Eiermenge, die aus der deutschen Erzeu- Frau Strobel (SPD): Ich bedaure, daß der Vor-
gung auf den Markt kommt, spielt nun der Eier-
sitzende , des Außenhandelsausschusses zu dieser
import eine so große Rolle, daß gar nicht bestritten Angelegenheit nicht Stellung nimmt. Im Außen-
werden kann, daß jede Zollerhöhung zu preislichen handelsausschuß ist mit 8 zu 8 Stimmen beschlos-
Konsequenzen führt. Ich kann mir denken, daß das sen worden, den Frischeizoll nicht bei dieser
durchaus erwünscht ist und daß der eine oder an- 16. Zollsatzverordnung zu verankern, weil die Be-
dere diese Konsequenz der Preiserhöhung für not- ratung in der Sache nicht möglich war. Diese 8
wendig hält. Aber dann soll man das auch sagen, Stimmen waren nicht SPD-Stimmen; SPD-Stim-
damit jeder weiß, worüber hier abgestimmt wird. men waren es nur 4, sie waren ergänzt durch Stim-
Es ist doch fürchterlich töricht, hier zu behaupten: men aus den Koalitionsparteien.
Die Bauern brauchen mehr für ihre Eier, wir
müssen ihnen also mehr Geldeinnahmen besorgen, (Lebhafte Rufe von der SPD: Hört! Hört!)
zu diesem Zweck werden wir also die Zölle Es ist also falsch, Herr Kollege Struve, wenn Sie
erhöhen, und auf der anderen Seite zu sagen: Aber behaupten, die SPD habe die Rückverweisung an
die Eier werden dadurch nicht teurer. den Ausschuß verhindert, wie wir sie hier bean-
tragen.
Das alles kann in diesem Zustand hier nicht aus-
diskutiert werden. Ich halte es nur für ein Gebot (Erneute Rufe von der SPD: Hört! Hört!)
der Fairneß — ebenso wie alle, die daran in- Wir haben es allerdings abgelehnt, und zwar eben-
teressiert sind, daß eine sachlich richtige Lösung falls diese 8 Abgeordneten, die gesamte 16. Zollsatz-
getroffen wird —, unter Inanspruchnahme der verordnung zurückzuverweisen, weil dadurch ver-
Regierung, ihrer handelspolitischen Kenntnisse hindert würde, daß der Zoll für das Trockenei so-
und des Materials diese Dinge im Ausschuß zu fort aufgehoben wird, und weil dadurch die Teig -
beraten, wie es bisher leider nicht möglich war. warenindustrie und der Verbraucherkreis für Teig-
waren in eine recht unangenehme Lage gekom-
(Abg. Struve: Wir haben das im Außen men wären.
handelsausschuß beantragt, Sie haben es
abgelehnt!) (Lebhafter Beifall und Hört! Hört! bei der
SPD. — Abg. Dr. Greve: Jetzt machen Sie
Da es offenbar geschäftsordnungsmäßige Schwie- mal den Mund auf, Herr Struve! — Zu
rigkeiten gegenüber dem Antrag gibt, den Frau ruf von der SPD: Herr Struve hat das
Strobel vorhin vorgetragen hat, beantragen wir Wort! — Weitere Zurufe und Unruhe bei
die Verweisung des Umdrucks 145 an den Außen der SPD.)
1924 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954

Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und Her- sprungs zu entscheiden. Wer für die Sechzehnte
ren! Herr Abgeordneter Struve bekommt das Wort Verordnung ist, geht durch die Ja-Tür, wer da
nur, wenn er sich dazu meldet. gegen ist, geht durch die Nein-Tür.
(Lachen bei der SPD. — Zuruf von der (Die Abgeordneten verlassen den Saal.)
SPD: Er hat keinen Mut mehr!)
Ich bitte, den Saal möglichst schnell zu räumen.
Es gibt keine andere Möglichkeit, es ihm zu
erteilen. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Herr Abgeordneter Bender, bitte. (Wiedereintritt und Zählung.)
Ich bitte, die Abstimmung zu schließen. —
Bender (GB/BHE): Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Nachdem Frau Kollegin Meine Damen und Herren! Ich gebe das Ergebnis
Strobel mich zitiert hat, komme ich auf die Tri- der Abstimmung über die Sechzehnte Verordnung
büne, obwohl ich eigentlich die Erregung, die im über Zollsatzänderungen bekannt. Für die Zustim-
Außenhandelsausschuß über dasselbe Thema ent- mung zur Verordnung haben gestimmt 193 Abge-
flammt war, nicht ins Plenum tragen wollte. Ich ordnete, dagegen 170, bei 21 Enthaltungen. Dem
habe zu sagen, daß die Darstellung der Frau Kol- Antrag des Ausschusses auf Zustimmung zu der
legin Strobel vollkommen richtig ist. Sechzehnten Verordnung über Zollsatzänderungen
ist damit entsprochen. In welcher Weise der Aus-
(Hört! Hört! bei der SPD.) schuß für Außenhandelsfragen jetzt mit der ge-
Ich habe zu sagen, daß wir es vor allem im Hin- schäftsordnungsmäßigen und tatsächlichen Frage
blick auf die Notlage der Trockenei verarbeitenden fertig wird, was er mit dem Änderungsantrag
Industrie abgelehnt haben, das Junktim zwischen macht, überlasse ich im Augenblick dem Außen-
Frischei-Zollerhöhung und Trockenei-Zollermäßi- handelsausschuß.
gung anzunehmen. Es ist in dem Sinne beschlossen (Abg. Dr. Horlacher: Zur Geschäftsordnung!)
worden, wie es hier dargestellt worden ist, und
für meine Fraktion stehe ich zu diesem Beschluß. — Herr Abgeordneter Dr. Horlacher!
(Beifall beim GB/BHE und bei 'der SPD.) Dr. Horlacher (CDU/CSU): Ich beantrage, das
auch dem Ernährungsausschuß als mitberatendem
Präsident D. Dr. Ehlers: Jetzt liegen aber keine Ausschuß zu überweisen.
weiteren Wortmeldungen vor. Es ist beantragt
worden, den Antrag Umdruck 145 dem Außen Präsident D. Dr. Ehlers: Herr Abgeordneter
handelsausschuß zu überweisen. Ich bitte die Dr. Horlacher beantragt, diesen Änderungsantrag
Damen und Herren, die dieser Überweisung- zuzu- auch dem Ernährungsausschuß zu überweisen. Ich
stimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich nehme an, daß dagegen keine Bedenken bestehen.
darf bitten, die Hand möglichst hoch zu heben,
damit wir einen Überblick bekommen. Es ist nicht (Abg. Struve: Zur Geschäftsordnung!)
ganz klar. — Ich bitte um die Gegenprobe. — — Herr Abgeordneter Struve zur Geschäftsord-
Meine Damen und Herren, ich darf bitten, die Ab- nung!
stimmung zu wiederholen, damit wir einen ge-
nauen Überblick bekommen können. Ich bitte die Struve (CDU/CSU): Ich möchte beantragen, daß
Damen und Herren, die für die Ausschußüberwei- der ganze Fragenkomplex dem Ausschuß für Ge-
sung sind — wobei die Frage zu klären wäre, ob schäftsordnung noch einmal zurücküberwiesen
dann die ganze Sechzehnte Verordnung noch ein- wird. Ich bin der Meinung, daß die Verordnung
mal dem Ausschuß überwiesen werden müßte —, nicht der Geschäftsordnung entsprechend behan-
(Zurufe von der SPD: Nein!) delt worden ist. Es ist ein Änderungsantrag, der
von meinen Freunden und mir eingereicht worden
die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegen ist, auf Antrag der SPD-Fraktion dem Außenhan-
probe. — Das erste war die Mehrheit; dieser An delsausschuß überwiesen worden. Nach meinem
trag ist dem Außenhandelsausschuß überwiesen. Dafürhalten kann ein solcher Beschluß nur so aus-
Da dieser Antrag als Änderungsantrag bei der gelegt werden, daß die ganze Verordnung ein-
Sechzehnten Verordnung nicht behandelt werden schließlich der Änderungsanträge dem Außenhan-
kann, würde also die Sechzehnte Verordnung ahne delsausschuß zurücküberwiesen wird. Daß ein ein-
diese Änderung über die Bühne gehen müssen, zelner Änderungsantrag überwiesen wird, ist nicht
wobei die Stellungnahme dazu jedem einzelnen möglich. Deshalb beantrage ich, daß das Hohe Haus
natürlich überlassen ist. nunmehr befragt wird, ob nicht mit meinem Ände-
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Ent- rungsantrag die ganze Vorlage noch einmal dem
wurf einer Sechzehnten Verordnung über Zollsatz- Außenhandelsausschuß zur Beratung und dem Er-
änderungen entsprechend dem Mündlichen Bericht nährungsausschuß zur Mitberatung überwiesen
des Außenhandelsausschusses — Drucksache 684 — werden muß.
zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. (Abg. Kriedemann: Soll denn die ganze
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? Bundestagswahl wiederholt werden? —
— Ich bitte freundlichst, auch diese Abstimmung Weitere Zurufe links.)
zu wiederholen.
Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und Her-
(Abg. Frau Strobel: Dieselbe Mehrheit ren, darf ich einen Augenblick um Gehör bitten.
wie eben!) Der Abgeordnete Struve hat beantragt, die ganze
— Nein! Meine Damen und Herren, ich bedaure Verordnung dem Ausschuß für Außenhandels-
sehr, die Abstimmung ist zum Teil unterschiedlich. fragen zu überweisen. Das scheint mir nicht mehr
Ich habe keine Möglichkeit, das von hier aus zu möglich sein, nachdem die Verordnung in der
unterscheiden. Ich bitte, das im Wege des Hammel Abstimmung angenommen worden ist. Meine
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1925
(Präsident D. Dr. Ehlers)
Damen und Herren, die hier auftauchende ge- und dann fehlt in Ziffer 5 des Antrags des Ver-
schäftsordnungsmäßige Frage liegt auf einem ganz mittlungsausschusses in der vorletzten Zeile vor
anderen Gebiet, ob nämlich zu einer Verordnung, dem Wort „verhängt" das Wort „rechtskräftig";
die nicht vom Bundestag beschlossen wird, sondern es muß also heißen „rechtskräftig verhängt oder
bei der entsprechend dem Grundgesetz nur die Zu zu erwarten ist".
timmung erforderlich ist, überhaupt Änderungs-
anträge möglich sind, oder ob man dieser Verord- Bitte, Herr Abgeordneter Hoogen!
nung nur zustimmen oder sie ablehnen kann. Hier
liegt die geschäftsordnungsmäßige Erwägung, und Hoogen (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr Prä-
ich bin dem Geschäftsordnungsausschuß dankbar, sident! Meine Damen und Herren! In diesem Hohen
wenn er diese Dinge freundlichst auch einmal in Hause ist am 18. Juni dieses Jahres das Straffrei-
den Bereich seiner Erwägungen, vielleicht bei der heitsgesetz 1954 verabschiedet worden. Es handelt
Neufassung der Geschäftsordnung, einbezieht. Ich sich um ein Zustimmungsgesetz. Der Bundesrat hat
glaube also, über den Antrag des Herrn Abgeord- diesem Gesetz bisher nicht zugestimmt, sondern
neten Struve nicht abstimmen lassen zu können, da den Vermittlungsausschuß angerufen, und zwar in
dieser Antrag gekommen ist, nachdem ü be r die elf Punkten. Die in der Drucksache vorzunehmen-
Verordnung bereits abgestimmt war. den Berichtigungen im Antrag und im § 23 unter
(Sehr richtig! bei der SPD.) Ziffer 5 des Änderungsvorschlags hat der Herr
Präsident bereits bekanntgegeben. Im einzelnen
Ich glaube, daß wir den Punkt damit abschließen darf ich mir erlauben, nur auf die Änderungs-
können. wünsche des Bundesrats einzugehen, die zu Ände-
Meine Damen und Herren, ich gebe bekannt, daß rungen des Gesetzentwurfs, wie er hier im Hohen
die italienisch-deutsche Gruppe der Interparlamen- Hause verabschiedet worden ist, geführt haben.
tarischen Union durch den Senator Professor Car- Die Änderungswünsche des Bundesrats, auf die
boni dem Bundestag den Ausdruck tiefster Teil- der Vermittlungsausschuß nicht eingegangen ist
nahme anläßlich der ungeheuren Ü berschwem- bzw. hinsichtlich derer er keinen Änderungs-
mungskatastrophe in Bayern übermittelt hat. Ich vorschlag macht, darf ich in diesem Hause über-
darf namens des Bundestags der italienischdeut- gehen und sie lediglich im Bundesrat vortragen.
schen Gruppe der Interparlamentarischen Union
den Dank des Bundestags für diese Anteilnahme Das vorausgeschickt darf ich zu § 1 folgendes
aussprechen. sagen: Der Bundestag hatte als Stichtag den 1. Ja-
nuar 1954 gewählt, um auch dadurch zum Aus-
(Beifall im ganzen Hause.) druck zu bringen, daß kein Zusammenhang zwi-
Dann darf ich zur Tagesordnung etwas sagen. Es schen dem Straffreiheitsgesetz und der Bundes
ist gestern in den Fraktionen darüber verhandelt tagsneuwahl am 6. September 1953 bestehe. Dem-
worden, ob der Bericht des Ausschusses für Rechts- gegenüber will der Bundesrat als Stichtag den
wesen und Verfassungsrecht betreffend Konven- --s 9. September 1953 einsetzen, den Tag, an dem die
tion zum Schutze der Menschenrechte und Grund- Absicht, ein Straffreiheitsgesetz vorzubereiten, der
freiheiten — Drucksache 713 — heute auf die Öffentlichkeit erstmalig bekanntgeworden sei. Es
Tagesordnung gesetzt werden sollte. Gestern war gehe — das ist die Auffassung des Bundesrats —
noch nicht die Meinung aller Fraktionen dazu nicht an, daß auch Straftaten, welche in Kenntnis
festzustellen. Inzwischen ist mir mitgeteilt worden, der Absichten des Gesetzgebers begangen worden
daß in den Fraktionen Einmütigkeit darüber er- seien, von der Straffreiheit erfaßt würden. Bei
zielt worden sei, den Bericht über ,die Konvention den Beratungen im Vermittlungsausschuß hat sich
zum Schutze der Menschenrechte und Grundfrei- eine Mehrheit weder für den 1. Januar 1954 noch
heiten heute noch auf die Tagesordnung zu setzen. für den 9. September 1953 noch für den 1. Oktober
Ich bitte das Haus um die Ermächtigung, diesen 1953 — den im Regierungsentwurf vorgesehenen
Punkt auf die Tagesordnung zu setzen. — Das Stichtag — gefunden. Man einigte sich vielmehr
Haus ist ohne Widerspruch damit einverstanden. mit großer Mehrheit auf den 1. Dezember 1953 als
Ich schlage vor, daß wir diesen Punkt nach dem Stichtag, und zwar in der Erwägung, daß der
Punkt 6 in die Tagesordnung einfügen. Stichtag des Straffreiheitsgesetzes einerseits nicht
in der Nähe des Tages der Bundestagsneuwahl
Ich rufe auf den Punkt 4: stehen solle, daß aber jeder Gedanke an eine
periodische Wiederholung von Straffreiheitsgeset-
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- zen zu Beginn künftiger Legislaturperioden als
schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes grundlos abgelehnt werde. Andererseits betrachtete
(Vermittlungsausschuß) zu dem Entwurf man die Wahl eines späteren Stichtags wegen der
eines Gesetzes über den Erlaß von Strafen langen Dauer der parlamentarischen Arbeiten an
und Geldbußen und die Niederschlagung von dem Gesetzentwurf als gerechtfertigt und auch als
Strafverfahren und Bußgeldverfahren (Straf unbedenklich, da kaum jemand vor dem 1. Dezem-
freiheitsgesetz 1954) (Drucksachen 699, 215, ber 1953 in der ungewissen Hoffnung, unter eine
248, 523, 660). Amnestie zu fallen, noch Straftaten begangen
(Erste Beratung: 17. Sitzung, zweite und haben dürfte.
dritte Beratung: 33. Sitzung.) Bei § 3 des Gesetzentwurfs, den Straftaten aus
Den Bericht des Vermittlungsausschusses er- Not, hat der Bundestag bei der zweiten und dritten
stattet Herr Abgeordneter Hoogen. Lesung als Strafgrenze ein Jahr Freiheitsstrafe
und entsprechende Geldstrafe festgesetzt. Diese
Meine Damen und Herren, ich weise darauf hin, Strafgrenze ist vom Bundestag heraufgesetzt wor-
daß in der Drucksache 699 zwei Druckfehler ent- den — um auch das noch einmal zu wiederholen —,
halten sind. Einmal muß es im Mündlichen Bericht um diese Amnestie an die in § 5 vorgesehene
les Vermittlungsausschusses in der ersten Zeile Amnestie für Interzonengeschäfte anzugleichen, bei
heißen „Das vom Deutschen Bundestag in seiner der ebenfalls eine Strafgrenze von einem Jahr ge-
33. Sitzung am 18. Juni beschlossene Gesetz ...", währt worden ist. Der Bundesrat hat sich dem-
1926 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954
(Hoogen)
gegenüber auf den Standpunkt gestellt, daß die der Verkehrsvergehen glaubte der Bundestag,
im Regierungsentwurf vorgesehene Strafgrenze zu keine Ausnahme machen zu sollen, weil sich das
nehmen sei. Dieser Meinung hat sich der Ver- nicht mit dem Gedanken der in § 2 des Gesetz-
mittlungsausschuß nicht angeschlossen. Er war entwurfs niedergelegten allgemeinen Amnestie
vielmehr der Meinung, daß sich das Straffreiheits- vertrüge, in den schwerwiegenden Fällen der fahr-
gesetz in § 2 zum Ziele setze, die durch Kriegs- lässigen Tötung, der Flucht nach Verkehrsunfäl-
oder Nachkriegsereignisse geschaffenen außerge- len und der Gefährdung des Straßenverkehrs durch
wöhnlichen Verhältnisse zu bereinigen. Das ist die Trunkenheit aber regelmäßig Freiheitsstrafen über
Meinung des Vermittlungsausschusses, die mit drei Monate verhängt werden oder zu erwarten
übergroßer Mehrheit gebildet worden ist. sind.
Der Bundestag hatte für § 4 eine weitgehende Nach der Auffassung des Bundesrats wider-
Steueramnestie beschlossen. Der Bundesrat spricht der Ausschluß der Bigamie von der Straf-
wünschte dagegen im Interesse der Erhaltung der freiheit dem Bereinigungsgedanken der Amnestie,
Steuermoral — wie der Bundesrat meint — und weil der größte Teil der in den letzten Jahren
im Hinblick auf die Möglichkeit der strafbefreien- strafrechtlich erfaßten Fälle von Doppelehe auf die
den Selbstanzeige nach § 410 der Reichsabgaben- besonderen Verhältnisse der Nachkriegszeit zurück-
ordnung nur eine Amnestie für Steuerordnungs- zuführen ist. Eine Amnestie für Verkehrsvergehen
widrigkeiten zuzulassen, wie es in der Regierungs- hält der Bundesrat im Hinblick auf die bedroh-
vorlage vorgesehen war. Gegen diese Erwägung liche Zunahme der Verkehrsunfälle aus kriminal-
hat sich der Vermittlungsausschuß gewandt. Er politischen Gründen für untragbar.
hat es bei der Steueramnestie, wie sie hier im Der Vermittlungsausschuß schloß sich hinsichtlich
Hohen Hause beschlossen worden ist, belassen mit der Behandlung der Doppelehe der Auffassung des
der Einschränkung, daß er auch hier in Anglei- Bundesrats an. Ein restloser Ausschluß aller Ver-
chung an den Stichtag des § 1 den 1. Dezember kehrsvergehen von der Amnestie verträgt sich da-
1953 an Stelle des 1. Januar 1954 gewählt hat. gegen nach der Auffassung des Vermittlungsaus-
Bei den §§ 5 und 23, den Interzonengeschäften schusses nicht mit dem Gedanken einer allgemeinen
und Ordnungswidrigkeiten im Interzonenverkehr, Amnestie. Der Vermittlungsausschuß hat sich aber
hatte sich der Bundesrat — ich darf das hier kurz andererseits mit Rücksicht auf die dringend erfor-
erwähnen — gegen eine Unbeschränktheit der derliche Unfallbekämpfung zu dem Vorschlag ent-
Höhe der Geldstrafe gewandt. In diesem Punkte schlossen, die Flucht nach Verkehrsunfällen und
hat sich der Vermittlungsausschuß den Bedenken die vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs
des Bundesrats nicht verschließen können. Er ent- durch Trunkenheit von der Amnestie auszuschlie-
schloß sich mit großer Mehrheit zu dem Vorschlag, ßen. Insoweit muß nach der Auffassung des Ver-
die vom Bundesrat gewünschten Beschränkungen mittlungsausschusses der Gesichtspunkt der Gene-
in das Gesetz aufzunehmen, d. h. eine Beschrän- ralprävention den Vorrang vor der individuellen
kung auf 20 000 DM in § 5 und auf 30 000-DM in Schuld haben.
§ 23.
Meine Damen und Herren, so viel aus den Bera-
Bei der Amnestie für Nachrichtentätigkeit hat tungen des Vermittlungsausschusses zu den in
sich der Vermittlungsausschuß den Bedenken des diesem Hohen Hause gemachten Änderungsvor-
Bundesrats nicht anzuschließen vermocht. Infolge- schlägen. Die Druckfehlerberichtigung ist bereits
dessen hat er insoweit auch keinen Änderungsvor- vom Herrn Präsidenten und von mir zu Beginn
schlag gemacht.
meines Berichts hervorgehoben worden.
§ 9 enthält den sogenannten Ausschlußkatalog. Ich habe die Ehre, Sie namens des Vermittlungs-
Der Bundesrat hatte verlangt, daß in diesen Aus- ausschusses zu bitten, dem Ihnen vorliegenden
schlußkatalog die Fälle der schweren Bestechlich- Antrag auf Drucksache 699 zuzustimmen.
keit und darüber hinaus die Fälle der Richter-
bestechung aufgenommen würden. Zu der Frage Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn
der Fälle der schweren Bestechlichkeit darf ich auf Berichterstatter. Sollen Erklärungen abgegeben
die in diesem Hause bereits in drei Lesungen ge- werden? — Herr Abgeordneter Arndt!
machten Ausführungen verweisen. Zu der Frage
der Aufnahme der Richterbestechung in den Kata- Dr. Arndt (SPD): Herr Präsident! Meine Damen
log des § 9 darf ich folgendes sagen: Die Richter- und Herren! Namens der sozialdemokratischen
bestechung ist natürlich ein sehr schwerwiegendes Fraktion habe ich die Ehre, eine Erklärung abzu-
Delikt. Das hätte zur Folge, daß dieser Tatbestand geben.
an sich in den Ausschlußkatalog des § 9 hätte auf-
genommen werden müssen. Ich bin ausdrücklich Meine Fraktion wird dem Vermittlungsvorschlag
beauftragt, als Berichterstatter hier zu erklären, zustimmen. Diese Zustimmung umfaßt auch die
daß diese Aufnahme nur deshalb unterblieben ist, Mitverantwortung für das Gesetz.
weil Richterbestechung wohl niemals mit einer Der Entschluß hierzu ist uns nicht leicht-, er ist
niedrigen Freiheitsstrafe geahndet werden dürfte uns sehr schwergefallen. Unsere darin zum Aus-
und weil uns im übrigen Fälle von Richter- druck gekommene Verständigungsbereitschaft hat
bestechung in unserer Rechtspraxis unbekannt das Gewicht eines außerordentlichen Zugeständ-
sind. nisses.
Der Bundestag hatte über den Regierungsent- Der Anfang dieses Gesetzes und sein Inhalt nach
wurf hinaus die Doppelehe in den Ausschluß der ursprünglichen Regierungsvorlage konnten von
katalog aufgenommen. Nach seiner Auffassung uns nicht gutgeheißen werden. Auch jetzt noch ent-
sollten dagegen Verkehrsvergehen genau so wie hält das Gesetz im einzelnen Bestimmungen, die
die übrigen Verkehrsübertretungen amnestiert uns mit schweren Bedenken erfüllen. Was insbe-
werden. Bei der Doppelehe war für den Bundestag sondere mein Kollege Bauer (Würzburg) zur Frage
der Gesichtspunkt entscheidend, daß es sich um der im Befehlsnotstand begangenen Straftaten in
eine schwerwiegende Straftat handelt. Hinsichtlich der zweiten Lesung ausgeführt hat, behält seine
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1 927
(Dr. Arndt)
Bedeutung. Wo ernstlich eine Gewissensnot erweis oder anderen Landesregierung ist, rechtspolitisch
bar ist, soll auch nach unserer Überzeugung Gnade zu denken, sondern unsere Beratungen im Bundes-
vor Recht ergehen. Aber wir glauben der allge- tag von rechtspolitischer Sorge erfüllt waren.
meinen Auffassung Ausdruck zu geben, wenn wir (Sehr richtig! bei der SPD.)
noch einmal betonen, daß von den Gerichten gerade
in diesen Fällen die Amnestiewürdigkeit mit be- Wer aber zeigen will, daß ihm rechtspolitisches
sonderer Sorgfalt und mit dem Blick auch auf die Denken fremd ist, der mag sich jetzt als recht-
Opfer dieser Taten reiflich zu erwägen sein wird. haberisch erweisen. Rechthaberei tut dem Recht
einen schlechten Dienst. Eben darum ist es nach
(Beifall bei der SPD.) unserer Überzeugung rechtspolitisch das auch uns
Es wird niemand geben, den dieses Gesetz in mitbestimmende Gebot der Stunde, uns jedem
jeder Hinsicht befriedigt. Dem einen wird es dort weiteren Aufschub zu versagen. Jetzt gilt nur noch
zu weit gehen, dem anderen da zu eng erscheinen. eins: der Entschluß, zu dem sich Bundestag und
In mancher Hinsicht bleibt zweifelhaft, ob eine Bundesrat nach schwieriger, aber auch erschöpfen-
Amnestie gegenwärtig gerechtfertigt ist. Wenn wir der Arbeit und Vermittlung zu vereinen haben.
Sozialdemokraten trotz der beachtlichen Einwände, (Beifall links, in der Mitte und rechts.)
die sich gegen das Gesetz im ganzen oder gegen
fast jede Vorschrift darin erheben lassen, gleich-
Präsident D. Dr. Ehlers: Weitere Erklärungen
wohl uns zur Zustimmung durchgerungen haben,
so bestimmten uns hierzu vornehmlich ein poli- sollen offenbar nicht abgegeben werden.
tischer und ein rechtspolitischer Grund. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag
Der politische Grund ist, daß eine Amnestie, des Vermittlungsausschusses Drucksache 699 unter
um ihren Sinn zu erfüllen, wie kaum ein anderes Berücksichtigung der beiden Änderungen redaktio-
Gesetz der Einhelligkeit bedarf. Eine das Gefüge neller Art, die ich bekanntgegeben habe. Der Ver-
des Rechts unvermeidlich erschütternde Amnestie mittlungsausschuß hat beschlossen, daß über die
muß von möglichst allen demokratischen Kräften Änderungen unter Ziffern 1 bis 5 gemeinsam abge-
getragen werden, wenn sie als Ausnahme von der stimmt werden soll. Ich bitte die Damen und Her-
Regel einmal erträglich sein soll und nicht partei- ren, die diesem Antrag des Vermittlungsausschus-
liche Willkür werden will. Darum war es notwen- ses insgesamt zuzustimmen wünschen, eine Hand
dig, die Amnestie von jedem Ereignis sonst loszu- zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
lösen, und es bleibt auch ein unbedingtes Gebot, Enthaltungen? — Dieser Antrag ist bei einer Ent-
den Erlaß dieses Gesetzes vom politischen Gesche- haltung und drei Gegenstimmen angenommen
hen auch der Zukunft einschließlich der Wahl des word en.
Bundespräsidenten abzusondern und keinen an- Ich komme zu Punkt 5 der Tagesordnung:
deren Zusammenhang zu sehen als den mit der
-
vielfältigen Not, die der Krieg über uns gebracht Erste, zweite und dritte Beratung des von
und noch immer uns hinterlassen hat. den Fraktionen der CDU/CSU, FDP einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Es ist für uns eine ehrenvolle Pflicht, anzuer- Nichterhebung der Abgabe „Notopfer Ber-
kennen, daß namentlich zu allerletzt im Vermitt- lin" im Lande Berlin (Drucksache 688).
lungsausschuß wir für diesen Grundgedanken Ver-
ständnis und Entgegenkommen bei den Fraktionen Mir ist mitgeteilt worden, daß eine Vereinbarung
der Regierungskoalition gefunden haben. Diese darüber zustande gekommen sei — ich frage
Amnestie konnte, wenn sie für alle annehmbar danach —, heute nur die erste Beratung dieses von
werden sollte, nicht anders als im Wege des Kom- den Fraktionen der CDU/CSU und FDP einge-
promisses zustande kommen. Wir bejahen sie brachten Entwurfs dieses Gesetzes vorzunehmen.
politisch, weil ein Kompromiß durch ein Entgegen- (Abg. Dr. Bucerius: Das höre ich zum
kommen ermöglicht wurde, das jedem Beteiligten ersten Male!)
Opfer zumutete. Darin liegt zugleich die Bekräfti-
gung, daß Amnestien — am allerwenigsten eine — Herr Abgeordneter Bucerius hört das zum
Amnestie dieser Art — sich nicht wiederholen ersten Male. Auf der Tagesordnung steht erste,
dürfen, sondern es für lange, für eine sehr lange zweite und dritte Beratung. Ich darf zunächst
Zeit mit dieser letzten Amnestie sein Bewenden jedenfalls um Begründung bitten, wenn der Ent-
haben muß. wurf begründet werden soll.
(Sehr richtig! bei der SPD.) (Abg. Dr. Bucerius: Ich habe nur einige
redaktionelle Bemerkungen zu machen!)
Unser zweiter Grund, der unsere Zustimmung
trägt, ist rechtspolitischer Art. Um diese — Herr Abgeordneter Dr. Bucerius, bitte!
Amnestie wird nun seit bald elf Monaten gerun-
gen. Man wird leider nicht sagen können, daß dies Dr. Bucerius (CDU/CSU), Antragsteller: Ich habe
in jeder Phase der Entwicklung und gewiß nicht dem Hause nur einige redaktionelle Änderungen
durch die Behandlung in der dritten Lesung in vorzuschlagen, die das Finanzministerium ange-
glücklicher Weise geschehen ist. Aber es ist für das regt hat. Ich gebe sie zu Protokoll und reiche sie
Ansehen der gesetzgebenden Körperschaften, für schriftlich nach. Sie scheinen mir erforderlich zu
die Glaubwürdigkeit der Demokratie, für eine sein.
geordnete Rechtspflege und nicht zuletzt für das In § 2 Ziffer 2 muß es richtig heißen:
Recht selbst hier und heute schlechthin nicht mehr 2. als Wartegeld, Ruhegeld, Witwen- und
erträglich, die Verabschiedung und Verkündung Waisengeld oder andere Bezüge und Vor-
dieses Gesetzes noch länger aufzuschieben. teile aus früheren Dienstleistungen zufließt
(Sehr richtig! bei der SPD.) oder...
Wem Erwägungen rechtspolitischer Art ein Anlie Ferner muß es in § 3 Ziffer 2 heißen:
gen sind, soll wissen, daß es kein Privileg der einen 2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
1928 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954
(Dr. Bucerius)
In § 3 Ziffer 3 muß es richtig heißen: Möglichkeit hat, in der internationalen Sphäre
3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit, einen individuellen Rechtsbehelf zu ergreifen.
Man muß sich darüber klarwerden, daß der
Nachzutragen ist, daß dem Antrag inzwischen Vorbehalt nur einen engen Lebensausschnitt be-
die Fraktionen der DP und des GB/BHE beigetre- trifft, soweit er sich auf das Gericht der Montan-
ten sind. Union bezieht, da es sich hier nur um die Grund-
rechtsverletzungen handelt, die die Hohe Behörde
Präsident D. Dr. Ehlers: Meine Damen und
selbst begehen könnte. Auch bei der Politischen
Herren, zur ersten Beratung wird nicht das Wort Gemeinschaft dürften die Dinge ähnlich liegen.
gewünscht? — Ich weise darauf hin, daß drei Be-
ratungen an einem Tage nur stattfinden können, Dazu kommt, daß nach einer Ansicht, die im
wenn nicht fünf anwesende Mitglieder wider- Rechtsausschuß mit guten Gründen vertreten wor-
den ist, die Montan-Union als supranationale In-
sprechen. stanz sowieso erst dann aus der Konvention zum
(Abg. Dr. Menzel: Wir haben doch ver Schutze der Menschenrechte verpflichtet werden
einbart, daß die Sache nach der ersten kann, wenn sie selbst der Konvention beigetreten
Lesung dem Ausschuß überwiesen wird!) ist, so daß der Vorbehalt rechtlich vielleicht nicht
— Das ist j a den anderen Fraktionen nicht be- einmal notwendig wäre, um der Regierung eine
kannt, Herr Abgeordneter. vertragstreue Haltung gegenüber den Partnern der
engeren Gemeinschaft zu erlauben.
(Abg. Dr. Bucerius: Vielleicht können wir
den Punkt einstweilen überspringen! Wir Aber die Rechtsfrage, ob die Montan-Union aus
werden das klären!) der Konvention zum Schutze der Menschenrechte
nur verpflichtet wird, wenn sie selbst das Abkom-
— Es finden darüber noch Besprechungen statt. men ratifiziert, oder auch dann, wenn ihre sämt-
Ich darf dann die Beratung über diesen Punkt lichen Mitgliedstaaten ratifiziert haben, ist noch
unterbrechen und übergehen zu dem Punkt nicht endgültig geklärt. Deshalb glaubte der
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- Rechtsausschuß, dem Beschluß den im Antrag for-
schusses für Rechtswesen und Verfassungs- mulierten Vorbehalt mit der wichtigen Einschrän-
recht (16. Ausschuß) über den Antrag der kung über die Aufrechterhaltung der Individual-
Fraktion der SPD betreffend Konvention rechte beifügen zu sollen.
zum Schutze der Menschenrechte und Grund-
freiheiten (Drucksache 228, 713). Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn
Berichterstatter.
Der Mündliche Bericht des Rechtsausschusses
soll von dem Herrn Abgeordneten Dr. Wahl er- Wird das Wort zu diesem Punkt der Tagesord-
stattet werden. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen. nung gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
- Dann kann ich zur Abstimmung über den An-
Dr. Wahl (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr Prä- trag kommen, den Herr Abgeordneter Dr. Wahl
sident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie ebnamsdAuchevorgtan:
namens des Rechtsausschusses, dem Antrag der Drucksache 713, Konvention zum Schutze der
Fraktion der SPD in der aus der neuen Druck- Menschenrechte und Grundfreiheiten. Ich bitte die
sache 713 ersichtlichen Form zu entsprechen. In der Damen und Herren, die dem Antrag des Aus-
Tat ist die Garantie der Menschenrechte durch das schusses, Drucksache 713, zuzustimmen wünschen,
internationale Abkommen nur wirksam, wenn auch eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegen-
der einzelne, der sich in seinen Grundrechten ver- probe. — Enthaltungen? — Ich stelle fest, daß
letzt glaubt, die Möglichkeit hat, die in der Kon- dieser Antrag des Ausschusses einstimmig ange-
vention vorgesehenen Einrichtungen — die Kom- nommen worden ist.
mission und mittelbar das Gericht — anzurufen.
Dazu müssen nach der Konvention die Vertrags- Ich rufe auf:
staaten besonders erklären, daß sie die Zuständig- Erste Beratung des von den Abgeordneten
keit von Kommission und Gericht anerkennen. Zu Naegel, Atzenroth, Samwer und Genossen
einer solchen Anerkennung hat der Bundestag, als eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über
er seinerzeit die Konvention ratifiziert hat, der die Abwicklung der Bundesstelle für den
Bundesregierung die Ermächtigung schon erteilt. Warenverkehr der gewerblichen Wirtschaft
Jetzt geht e s um die Aufforderung an die Bun- und die Errichtung eines Bundesamtes für
desregierung, von dieser Ermächtigung Gebrauch gewerbliche Wirtschaft (Gesetz über das
zu machen. Im Auswärtigen Ausschuß, der mit- Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft)
beratend tätig war, hat die Bundesregierung aber (Drucksache 719).
erklärt, daß sie mit Rücksicht auf die Verpflich-
tungen aus der Montan-Union und die auf sie zu- Die Drucksache ist verteilt. Soll der Antrag be-
kommenden Verpflichtungen aus den Verhandlun- gründet werden?
gen über die Politische Gemeinschaft bei ihrem (Abg. Naegel: Nein!)
Beitritt zu Gericht und Kommission einen Vor- — Offenbar nicht.
behalt erklären wolle, um das Verhältnis der in
diesen engeren Gemeinschaften vorgesehenen Ge- Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß
richte zu dem Gerichtshof der Konvention zum für Wirtschaftspolitik vor.
Schutze der Menschenrechte in den Einzelheiten (Abg. Naegel: Jawohl!)
aufeinander abstimmen zu können. Nach eingehen-
der Erörterung der Frage glaubte der Auswärtige Andere Ausschüsse auch noch?
Ausschuß, dem sich der Rechtsausschuß angeschlos- (Zurufe: Nein!)
sen hat, diesem Wunsch der Bundesregierung — Also nur Ausschuß für Wirtschaftspolitik. Die
Rechnung tragen zu sollen, freilich nur, wenn das Überweisung ist erfolgt.
Hauptanliegen beider Ausschüsse gewahrt bleibt,
daß der einzelne bei Grundrechtsverletzungen die (Wortmeldung des Abg. Dr. Deist.)
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1929
(Präsident D. Dr. Ehlers)
— Zu diesem Punkt? Wir haben den Gesetzentwurf wenigstens in gewissem Umfang institutionell eine
bereits überwiesen. Ich hatte gefragt, ob Wort- ständige Beratung und eine einigermaßen sachge-
meldungen vorliegen. Ihre Wortmeldung ist off en- mäße Zusammensetzung der Beratungsgremien
bar übersehen worden. Da ist die Optik durch den gewährleisten. Das scheint uns besonders wichtig
Lautsprecher schlecht. zu sein bei der Herausschälung einer Bundesober-
behörde aus dem Kreis der Ministerien, weil es
Wollen Sie bitte noch das Wort nehmen! nicht ohne Bedeutung ist, daß in solche Bundes-
oberbehörden selbsttätige Kontrollelemente ein-
Dr. Deist (SPD): Herr Präsident! Meine Damen geschaltet werden. Darum bedauern wir es, daß in
und Herren! Die Vorlage dieses Initiativgesetz- dem Initiativgesetzentwurf dieser an und für sich
entwurfs gibt mir Veranlassung zu einigen kurzen, gute Gedanke der Schaffung eines Beirats völlig
aber grundsätzlichen Bemerkungen. Der Bundes- fallen gelassen worden ist.
regierung wie auch diesem Hause ist seit mehr als Wir werden bei der Ausschußberatung diesen
Jahresfrist bekannt, daß das Gesetz über die Gesichtspunkten unsere besondere Aufmerksam-
Bundesstelle für den Warenverkehr zum 30. Sep-
keit widmen.
tember dieses Jahres ausläuft. Dabei handelt es
sich um ein nicht unwichtiges Gesetz. Es geht näm- (Beifall bei der SPD.)
lich um die Ausgestaltung einer Bundesoberbe-
hörde für die gewerbliche Wirtschaft im Zusam- Präsident D. Dr. Ehlers: Weitere Wortmeldungen
menhang mit dem schwierigen Fragenkomplex liegen nicht vor. Ich darf annehmen, meine Damen
eines Wirtschaftssicherungsgesetzes oder eines und Herren, daß diese Ausführungen an der bereits
entsprechenden Nachfolgegesetzes. erfolgten Überweisung an den Ausschuß für Wirt-
schaftspolitik nichts ändern. — Das ist der Fall.
Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat sich mit
diesem Problem in mehreren Sitzungen befaßt. Ich rufe auf:
Dabei hat er die Vertreter der Bundesregierung Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
auf die Dringlichkeit und Bedeutung einer end- schusses für Fragen des Gesundheitswesens
gültigen Regelung aufmerksam gemacht. Er hat über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes
insbesondere darauf hingewiesen, daß ein ent- zur Änderung des Gesetzes über die vor-
sprechender Gesetzentwurf dringend erforderlich läufige Regelung der Errichtung neuer
sei, damit nicht nach dem 30. September dieses Apotheken (Drucksachen 545, 720).
Jahres ein gesetzloser Zustand für die Bundes-
stelle für Warenverkehr eintrete. Wir bedauern es Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete
daher außerordentlich, daß es der Bundesregierung Dr. Steinbiß.
nicht möglich war, diesen Gesetzentwurf recht-
zeitig vorzulegen. Wir halten ein solches Verfahren Frau Dr. Steinbiß (CDU/CSU), Berichterstatterin:
nicht für angemessen. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und
Zur Sache selbst darf ich zwei Bemerkungen Herren! In Drucksache 545 liegt Ihnen der Ent-
machen. Der Entwurf sieht vor, daß an Stelle der wurf eines Zweiten Gesetzes zur Verlängerung des
bisherigen Bundesstelle für Warenverkehr ein Gesetzes vor, das wir im Januar 1953 hier be-
neues Bundesamt für die gewerbliche Wirtschaft schlossen haben. Es handelt sich um ein vorläufiges
geschaffen wird. Es bestand darüber Einverständ- Gesetz zur Regelung der Errichtung von neuen
nis — ich glaube, zwischen allen beteiligten Stel- Apotheken. Es ist ein Stoppgesetz. Mit Ihrer Zu-
len —, daß eine Anpassung der Organisation der stimmung ändern Sie nicht etwa den materiellen
Bundesstelle an die veränderten wirtschaftlichen Inhalt des Gesetzes, denn es handelt sich lediglich
Verhältnisse erforderlich sei. Es handelt sich hier um eine Verschiebung seines Auslaufens. Ich bitte
um eine Stelle, die sehr stark auf Kontinuität und das Hohe Haus, dem Gesetzentwurf zuzustimmen
Sicherstellung gerade ihrer leitenden Männer an- mit der Maßgabe, daß in § 1 die Worte „bis zum
gewiesen ist, die sich ständig mit wirtschaftlichen 31. Juli 1955" geändert werden in: „bis zum 31. De-
Sonderinteressen auseinandersetzen müssen; ein zember 1955".
Gesichtspunkt, auf den insbesondere der Bundes-
beauftragte für die Wirtschaftlichkeit der Verwal- Präsident D. Dr. Ehlers: Ich danke der Frau
tung aufmerksam gemacht hat. Unter diesen Um- Berichterstatterin. Das Wort wird nicht gewünscht.
ständen erscheint es uns bedenklich, daß an Stelle
einer bestehenden Bundesbehörde nunmehr eine Ich rufe auf zur zweiten Beratung § 1, — § 2,
neue Bundesoberbehörde geschaffen wird. Der — § 3, — Einleitung und Überschrift. Ich bitte die
gegebene Weg wäre doch gewesen, daß der Herr Damen und Herren, die .zuzustimmen wünschen,
Bundeswirtschaftsminister von seiner Organi- ihre Hand zu erheben. — Das ist die überwiegende
sationsgewalt Gebrauch macht und die Orga- Mehrheit; die §§ 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift
nisation den veränderten wirtschaftlichen Verhält- sind angenommen.
nissen anpaßt. Jedenfalls würden wir es nicht
als eine ausreichende Begründung des gewählten Zur allgemeinen Aussprache der
Verfahrens ansehen können, wenn etwa der Ge- dritten Beratung
danke mitspielen sollte, sich durch dieses Verfah-
ren von sozialen und sonstigen Verpflichtungen wird das Wort nicht gewünscht. — Einzelberatung
gegenüber den Angestellten der bestehenden Be- entfällt.
hörde leichter lösen zu können, als das bei einer Ich komme zur Schlußabstimmung über den Ent-
Umorganisation möglich wäre. wurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des
Noch eine letzte Bemerkung. Das alte Gesetz wie Gesetzes über die vorläufige Regelung der Errich-
auch ein uns zugegangener Referentenentwurf tung neuer Apotheken. Ich bitte die Damen und
sahen die Bildung von Beiräten bei der Bundes- Herren, die diesem Gesetz in der Schlußabstim-
stelle für Warenverkehr vor. Beiräte haben be- mung zuzustimmen wünschen, sich von ihren
kanntlich die besondere Eigenschaft, daß sie Plätzen zu erheben. — Ich bitte um die Gegen.
1 930 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954
(Präsident D. Dr. Ehlers)
probe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltun- satzungsfolgen zu überweisen. — Es erhebt sich
gen angenommen, selbstverständlich in der Fassung kein Widerspruch; die Überweisung ist erfolgt.
des Berichts des Ausschusses. Hinsichtlich des Punktes 6 b hat der Abge-
ordnete Atzenroth die Überweisung an den Aus-
Ich kehre zu Punkt 5 der Tagesordnung zurück: schuß für auswärtige Angelegenheiten unter Mit-
Erste, zweite und dritte Beratung des von beratung durch den Ausschuß für Besatzungsfolgen
den Fraktionen der CDU/CSU, FDP einge- beantragt. Ich unterstelle, daß diesem Antrag statt-
brachten Entwurfs eines Gesetzes über die gegeben wird. — Das ist der Fall.
Nichterhebung der Abgabe „Notopfer Ber- Ich rufe auf:
lin" im Lande Berlin (Drucksache 688).
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
Inzwischen scheint eine Verständigung darüber eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des
erzielt worden zu sein, daß dieser Gesetzentwurf Gesetzes über die Deutsche Genossenschafts-
— ohne daß heute eine zweite und dritte Beratung
kasse in der Fassung vom 3. Februar 1951
stattfindet — dem Ausschuß für Finanz- und (Drucksache 467);
Steuerfragen überwiesen wird. Ist das Haus mit
dieser Überweisung einverstanden? — Das ist der Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld
Fall. Damit ist auch dieser Punkt erledigt. und Kredit (22. Ausschuß) (Drucksache 629).
(Erste Beratung: 28. Sitzung.)
Ich rufe die Punkte 6 a und 6 b auf:
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Eck-
a) Erste Beratung des von den Abgeord- hardt. Darf ich ihn bitten, das Wort zu nehmen.
neten Schloß, Dr. Pfleiderer, Eberhard,
Wirths und Genossen eingebrachten Ent- Dr. Eckhardt (GB/BHE), Berichterstatter: Herr
wurfs eines Gesetzes über die Abgeltung Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Aus-
von Besatzungsleistungen und Besatzungs- schuß für Geld und Kredit hat der Entwurf eines
schäden (Drucksache 554); Zweiten Gesetzes zur Ä nderung des Gesetzes über
b) Beratung des Antrags der Fraktion der die Deutsche Genossenschaftskasse in der Fassung
FDP betreffend Kontrollratsdirektive vom 3. Februar 1951 vorgelegen. Die Deutsche
Nr. 50 (Drucksache 506). Genossenschaftskasse hat die Aufgaben und Funk-
Soll der Antrag unter Punkt 6 a begründet wer- tionen der früheren Deutschen Zentralgenossen-
den? — Offenbar nicht. schaftskasse übernommen.
(Vizepräsident D r. Schmid übernimmt
Zu 6 b wollte Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth den Vorsitz.)
eine Erklärung abgeben. Bitte schön!
Die Deutsche Zentralgenossenschaftskasse war be-
Dr. Atzenroth (FDP), Antragsteller: Herr Präsi- rechtigt, im Passivgeschäft Depositen und Scheck-
dent! Meine Damen und Herren! Der unter 6 b einlagen und außerdem Spareinlagen von jeder-
aufgeführte Punkt, die Beratung des Antrags be- mann entgegenzunehmen. Dieses Recht soll auch
treffend Kontrollratsdirektive Nr. 50, Drucksache der Deutschen Genossenschaftskasse zugestanden
506, ist anscheinend irrtümlich mit Punkt 6 a der werden, weil eine Refinanzierung ihres Kredit-
Tagesordnung in Verbindung gebracht worden, geschäfts, d. h. insbesondere des genossenschaft-
denn die beiden Dinge haben nichts miteinander lichen Personalkredits, auf anderem Wege kaum
zu tun. möglich ist. Die Erweiterung des Passivgeschäfts
Ich darf zu Drucksache 506 eine kurze Begrün- wird als unbedenklich betrachtet, weil die starke
dung geben. Sie beruht auf der Kontrollrats- Einengung des Kreditgeschäfts der Deutschen Ge-
direktive Nr. 50, in der die Besatzungsmächte in nossenschaftskasse, nämlich auf dem Gebiete der
der damals üblichen Art über das Vermögen der genossenschaftlichen Kredite, unberührt bleibt.
ehemaligen NS-Organisationen verfügt haben. Sie Ferner wird durch den Gesetzentwurf die
haben dieses Vermögen, abgesehen von dem Teil, Deutsche Genossenschaftskasse in der steuerlichen
den sie den früheren Besitzern zurückgegeben Behandlung der Landwirtschaftlichen Rentenbank
haben, den Ländern übertragen. Sie haben aber gleichgestellt. Die Verhältnisse liegen bei beiden
über die Verbindlichkeiten, die auf diesen Ver- Instituten etwa gleich. Das Kapital der Deutschen
mögen ruhen, nichts gesagt; eine Entscheidung Genossenschaftskasse stammt aus derselben Quelle
darüber haben sie den Militärbefehlshabern vor- wie das Kapital der Landwirtschaftlichen Renten-
behalten. Eine solche Entscheidung ist aber bank. Ihre Funktionen sind ebenfalls ähnlich, so
niemals getroffen worden. Anscheinend haben daß keine Bedenken bestehen, die steuerliche Ver-
die Besatzungsmächte nicht die Absicht, in günstigung der Landwirtschaftlichen Rentenbank
dieser Angelegenheit noch irgend etwas zu unter- auf die Deutsche Genossenschaftskasse auszu-
nehmen. Unser Wunsch geht daher dahin, bei den dehnen.
Besatzungsmächten vorstellig zu werden, die Mög- Der Ausschuß schlägt Ihnen ,die unveränderte
lichkeiten des Handelns wieder den deutschen Annahme der Vorlage mit der Maßgabe vor, daß
Stellen zurückzugeben, so daß wir als Legislative in Art. I mit Rücksicht auf die Verhältnisse der
eine Entscheidung darüber treffen können. Unser Reichshauptstadt Berlin eine Nr. 3 a eingefügt
Antrag müßte, wenn ihm stattgegeben wird, an wird. In § 17 sollen , die Worte „im Bundesgebiet"
den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und durch die Worte „im Geltungsbereich dieses Ge-
vielleicht zur Mitberatung an den Ausschuß für setzes" ersetzt werden.
Besatzungsfolgen überwiesen werden, was ich
hiermit beantragen möchte. Vizepräsident Dr. Schmid: Ich danke dem Herrn
Berichterstatter.
Präsident D. Dr. Ehlers: Weitere Wortmeldungen Ich rufe zur zweiten Beratung auf Art. I, —
liegen nicht vor. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetz- Art. II, — Art. III, — Art. IV, — Art. V, — Ein-
entwurf unter Punkt 6 a dem Ausschuß für Be- leitung und Überschrift. Wortmeldungen liegen
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1931
(Vizepräsident Dr. Schmid)
nicht vor. Wer für die Annahme dieser Bestim- Die Änderungen des Protokolls stellen eine
mungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Änderung des Zolltarifs dar und bedürfen der Zu-
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle ein- stimmung in Form eines Bundesgesetzes, wie es
stimmige Annahme fest. Die zweite Beratung ist im Wortlaut auf Drucksache 522 vorliegt. Der Aus-
abgeschlossen. schuß für Außenhandelsfragen empfiehlt mit
seinem Antrag auf Drucksache 685 dem Hohen
Hause, dem Gesetzentwurf unverändert nach der
Ich rufe auf zur Vorlage zuzustimmen.
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmel- Vizepräsident Dr. Schmid: Ich danke dem Herrn
dungen liegen nicht vor. Berichterstatter.
Wir kommen zur Einzelberatung, Art. I bis V, Ich eröffne die
Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme
ist, der möge die Hand erheben. — Das ist die zweite Beratung.
Mehrheit; angenommen. Ich rufe auf Art. I, — II, — III, — IV, -- Einlei-
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die tung und Überschrift. — Wer für die Annahme die-
Annahme des Gesetzes als Ganzem ist, den bitte ser Bestimmungen ist, der möge ein Handzeichen
ich, sich von seinem Sitz zu erheben. — Ich stelle geben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Die
einstimmige Annahme fest. Damit ist Punkt 7 der zweite Beratung ist abgeschlossen.
Tagesordnung erledigt. Ich eröffne die
Ich rufe auf Punkt 8: dritte Beratung.
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine
eines Gesetzes
- über das Dritte Berichtigungs Wortmeldungen. Ich eröffne die Einzelberatung.
und Änderungsprotokoll vom 24. Oktober Art. I bis IV, — Einleitung und Überschrift. —
1953 zu den Zollzugeständnislisten des All- Wer für die Annahme ist, der möge die Hand er-
gemeinen Zoll- und Handelsabkommens heben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
(GATT) (Drucksache 522); Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für
Mündlicher Bericht des Ausschusses für die Annahme des Gesetzes als Ganzes ist, den bitte
Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) (Druck- ich, sich von seinem Platz zu erheben. — Ich stelle
sache 685). einstimmige Annahme fest. Damit ist Punkt 8 der
(Erste Beratung: 34. Sitzung.) Tagesordnung erledigt.
- Wir kommen nunmehr zu den Anträgen auf
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abge
ordnete Thieme. Aufhebung der Immunität. Zunächst Punkt 11 der
Tagesordnung:
Thieme (SPD), Berichterstatter: Herr Präsident! Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
Meine Damen, meine Herren! Das Hohe Haus hat schusses für Wahlprüfung und Immunität
in seiner Sitzung vom 19. Juni 1954 den soeben (1. Ausschuß) betreffend Genehmigung zum
aufgerufenen Gesetzentwurf — Sie finden ihn auf Strafverfahren gegen den Abgeordneten
Drucksache 522 — an den Ausschuß für Außen- Odenthal gemäß Schreiben des Bundes-
handelsfragen zur Beratung überwiesen. Der Aus- ministers der Justiz vom 12. Mai 1954
schuß hat die Gesetzesvorlage in seiner Sitzung (Drucksache 241 [neu]).
vom 8. Juli 1954 bearbeitet. In dem Protokoll zu Mir ist gesagt worden, daß dieser Punkt von der
den Zollzugeständnislisten — Sie finden dieses Tagesordnung abgesetzt werden soll. Ist das
Protokoll als Anlage 2 zur Drucksache 522 — wer- richtig?
den Berichtigungen und Änderungen der Liste der
Zollzugeständnisse der Bundesrepublik Deutsch- (Ja-Rufe von Abgeordneten der CDU/CSU
land wie auch Berichtigungen und Änderungen 'der und der SPD.)
ausländischen Zollzugeständnislisten vorgenom- Ist das Haus damit einverstanden? — Herr Abge-
men. Die Berichtigungen in der Liste der deut- ordneter Schneider.
schen Zollzugeständnisse sind formaler Natur. Es
wurden Umtarifierungen vorgenommen, die den Dr. Schneider (Lollar) (FDP): Mir ist nichts davon
verbindlichen französischen Text zu mehreren bekannt, daß irgendeines der Immunitätsverfahren
Tarifnummern, die lebende Pflanzen bezeichnen, abgesetzt werden soll. Als Vorsitzender des Im-
betreffen. Die Änderungen dagegen beziehen sich munitätsausschusses sehe ich auch gar keine Ver-
auf den verbindlichen französischen Wortlaut zu anlassung, heute irgendein Verfahren abzusetzen.
Tarifnummern für immergrüne Ziergehölze und Gerade mit dem Verfahren, das soeben aufgerufen
Kokosgarne, wobei der Vertragszollsatz für immer- wurde, hat sich der Immunitätsausschuß nicht ein-
grüne Ziergehölze auf 20 % des Wertes festgelegt mal, sondern mehrere Male beschäftigt, und er ist
wird, während der autonome Zollsatz bisher 25 % schließlich zu dem Entschluß gekommen, die Auf-
des Wertes betrug. Die weitere Änderung bezieht hebung der Immunität zu beantragen. Ich bitte das
sich auf Kokosgarne, für die Indien als Zugeständ- Haus, diesem Antrage des Ausschusses zuzustim-
nis die autonome Zollfreiheit wieder eingeräumt men. Es liegt keine Veranlassung vor, die Sache
wird. heute noch einmal abzusetzen.
Die im Protokoll enthaltenen Berichtigungen der
ausländischen Zollzugeständnislisten sind aus- Vizepräsident Dr. Schmid: Mir wurde gesagt,
schließlich formeller Art. Deutsche Ausfuhr- daß eine Vereinbarung darüber stattgefunden
interessen werden durch die Berichtigungen und habe, diesen Punkt abzusetzen.
Änderungen nicht berührt. (Zuruf des Abg. Dr. Menzel.)
1932 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954
(Vizepräsident Dr. Schmid)
— Wollen Sie einen solchen Antrag stellen, Herr sie der Transferierung von Bargeld für Reise-
Abgeordneter? zwecke. In der Bundesrepublik ist es notwendig,
daß dem Reiseverkehr jede Förderung zuteil wird.
(Abg. Dr. Menzel: Ja, ich stelle ihn!) Deshalb sollen Reisescheckvordrucke zollfrei aus-
— Dann haben wir zunächst darüber abzustim- gegeben werden. Ein Zollschutz ist nicht notwen-
men. Wer dafür ist, Punkt 11 abzusetzen, den bitte dig, da in der Regel eine Herstellung im Inland
ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — nicht in Frage kommt.
Darf ich bitten, die Abstimmung durch Erheben Tarifnummer 7019 betrifft geschliffene Glas-
von den Sitzen zu wiederholen. Wer für die Zu- steine für Schmuckzwecke. Das sind Nachahmungen
rückverweisung von Punkt 11 an den Ausschuß ist, von Edelsteinen und Schmucksteinen, sogenannte
den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. — Halbedelsteine. Nach der Vertreibung der alteinge-
Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der sessenen Gablonzer Glas- und Schmuckwaren
industrie aus dem Sudetenland ließ sich ein
Antrag ist abgelehnt.
Großteil der in dieser Industrie Beschäftigten im
Meine Damen und Herren! Ich bitte aber nun- Raume von Kaufbeuren/Allgäu in Bayern nieder.
mehr darum, den Punkt 11 erst nach den anderen Durch die Fachkenntnisse, die diese Vertriebenen
Punkten aufrufen zu dürfen. Ich soll zu der Sache mitbrachten, war es sehr bald möglich, auf dem
sprechen und möchte vorher abgelöst werden. Weltmarkt wieder Fuß zu fassen. Einer der wesent-
Ich sehe soeben, daß Punkt 10 der Tagesordnung lichsten Bestandteile des Gablonzer Schmuckes
noch nicht aufgerufen ist. Hier ist ein Versehen aber sind die obengenannten Halbedelsteine; sie
passiert. Ich tue das hiermit. Es handelt sich um werden im Volksmund „Wattenser Steine" ge-
die nannt. Zur Zeit werden diese nur in Wattens,
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- Tirol, hergestellt. Durch die Zweite Verordnung
schusses für Außenhandelsfragen (23. Aus- über Zollsatzänderungen wurde der Zollsatz von
schuß) über den Entwurf einer Siebzehnten 20 % des Wertes für Nachahmungen von Edelstei-
Verordnung über Zollsatzänderungen (Druck- nen aus Glas bereits aufgehoben. Im Laufe der
sachen 626, 519). Zeit hat sich aber herausgestellt, daß die von der
Gablonzer Industrie verwendeten Glassteine nicht
Ich erteile das Wort zur Berichterstattung dem nur Nachahmungen von Edelsteinen, sondern auch
Abgeordneten Frenzel. Nachahmungen von Schmucksteinen sind. Hier
herein fallen auch die Phantasieschmucksteine aus
Frenzel (SPD), Berichterstatter: Herr Präsident! Glas. Bei allen Arten handelt es sich aber um ge-
Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für schliffene Steine. Der bisherige Zollsatz für diesen
Außenhandelsfragen beschäftigte sich in seiner Artikel betrug 20 % des Wertes. In Zukunft soll
10. Sitzung am Dienstag, dem 22. Juni 1954, mit ein Zoll darauf nicht mehr eingehoben werden. Die
der Drucksache 519. Es handelt sich dabei um- den neue Fassung zur Tarifnummer 7019 entspricht
Entwurf einer Siebzehnten Verordnung über Zoll- auch den im Laufe der Zeit gewonnenen Erkennt-
satzänderungen. nissen.
In § 1 sind diejenigen Zollsätze des Zolltarifs In § 2 der Verordnung wird bestimmt, daß in
verzeichnet, die geändert werden sollen. Eine der Zweiten Verordnung über Zollsatzänderungen
Änderung soll bei folgenden Tarifnummern ein- vom 19. Februar 1953 in § 1 die Nr. 16 — Tarif-
treten: nummer 4801 — und die Nr. 21 — Tarifnummer
Bei Tarifnummer 4801 handelt es sich um die 7019 — zu streichen sind. Die §§ 3 und 4 beschäf-
Herstellung von Bauplatten mit Gipskern und Auf- tigen sich mit dem Inkrafttreten des Gesetzes.
lagen aus Pappe, für die bereits in der Zweiten Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat diese
Verordnung über Zollsatzänderungen eine Ermäßi- auf Drucksache 519 vorliegende Siebzehnte Ver-
gung Platz gegriffen hat. Sie gilt aber nur, wenn ordnung über Zollsatzänderungen einstimmig an-
diese Platten aus fünf verschiedenen Lagen ge- genommen, und ich bitte das Hohe Haus, dem An-
gautscht sind und die Verarbeitung unter Zollsiche- trag auf Drucksache 626 zuzustimmen.
rung erfolgt. Dabei ergeben sich in der Praxis
manche Schwierigkeiten, die dazu führten, daß die Vizepräsident Dr. Jaeger: Ich danke dem Herrn
erwähnte Zollbegünstigung nicht in Anspruch ge- Berichterstatter. Das Wort wird nicht gewünscht.
nommen werden konnte. In der nun vorliegenden Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag
Neufassung wird die Zollbegünstigung auf Duplex- des Ausschusses für Außenhandelsfragen auf
und Triplexpappen ohne Rücksicht auf die Anzahl Drucksache 626 zustimmen wollen, um das Hand-
der Lagen ausgedehnt. Der Zollsatz betrug bisher zeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ein-
bei 2 bis 4 verschiedenen Lagen 18 %, bei min- stimmig angenommen.
destens 5 verschiedenen Lagen 3 % des Wertes, Ich rufe auf Punkt 11 der Tagesordnung:
mindestens jedoch 4 DM für 100 kg. Der Zollsatz
soll also nun allgemein 3 % des Wertes, mindestens Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
jedoch 4 DM für 100 kg betragen. schusses für Wahlprüfung und Immunität
Ein Mißbrauch ist durch die bestehende Zoll- (1. Ausschuß) betreffend Genehmigung zum
sicherung ausgeschlossen. Strafverfahren gegen den Abgeordneten
Odenthal gemäß Schreiben des Bundes-
(Vizepräsident Dr. Jaeger übernimmt ministers der Justiz vom 12. Mai 1954
den Vorsitz.) (Drucksache 241 [neu]).
Bei der Tarifnummer 4912 handelt es sich um Als Berichterstatterin hat Frau Abgeordnete
noch nicht ausgefüllte Reisescheckvordrucke aus- Dr. Schwarzhaupt das Wort.
ländischer Kreditinstitute. Diese Vordrucke sind
gegenwärtig mit 15 % des Wertes zollpflichtig. Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU), Bericht-
Sind die Vordrucke ausgefüllt und ergänzt, werden erstatterin: Herr Präsident! Meine Damen und
sie als Reiseschecks ausgegeben. Dann aber dienen Herren! Das Bundesjustizministerium hat bean-
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1933
(Frau Dr. Schwarzhaupt)
tragt, die Immunität des Abgeordneten Odenthal unsere Entscheidung gehen muß. Wir haben dabei
für ein Verfahren, das die Staatsanwaltschaft weder Beweiswürdigung anzustellen noch haben wir
Landau gegen ihn einleiten möchte, aufzuheben. uns primär zu fragen, ob es nicht etwa im Inter-
Im Mittelpunkt der Anzeige steht ein Scheck über esse des Abgeordneten selbst liegen könnte, sich in
500 DM, dessen Zweckbestimmung streitig ist. Er einem Verfahren reinigen zu können. Ich bin im
ist auf den Schwiegersohn des Abgeordneten Oden- Falle Odenthal völlig überzeugt, daß es unserem
thal ausgestellt, der unstreitig Forderungen gegen Kollegen gelingen würde, sich zu reinigen. Aber
den Aussteller hat. Der Anzeiger sagt, die Zweck- ich glaube nicht, daß dieses Kriterium für uns
bestimmung des Schecks sei eine Spende für die entscheidend sein kann. Wir müssen abwägen: Ist
Sozialdemokratische Partei gewesen; der Scheck die Beschuldigung so, daß unverzüglich festgestellt
sei dieser Zweckbestimmung nicht zugeführt wor- werden muß, ob die Beschuldigung zutrifft oder
den. Der Abgeordnete Odenthal sagt, daß er zur nicht, wenn nicht die Autorität des Parlaments, die
Abgeltung der ohne Zweifel bestehenden An- Autorität des Staates selbst oder die Majestät des
sprüche des Schwiegersohns gegeben worden sei. Gesetzes Schaden leiden soll? Und dabei bin ich
Dies ist streitig. Herr Odenthal hat ausführlich durchaus der Meinung, daß die Autorität des Staa-
Stellung genommen und hat selbst erklärt, daß tes es verlangen kann, daß auch unter Umständen die
ihm an einer Klärung der Angelegenheit gelegen Immunität bei ganz geringfügigen Übertretungen
sei. oder Vergehen aufgehoben wird. Bei Verkehrs-
Die Sache ist im Immunitätsausschuß mehrmals delikten z. B. kann es bei der heutigen Situation
verhandelt worden. Bei der Staatsanwaltschaft geboten sein, gerade bei einem Abgeordneten die
Landau ist noch angefragt worden, ob die Sache Strafverfolgung einzuleiten. Auf der anderen Seite
weiter verfolgt werden soll. Es war eingewandt kann es durchaus so sein, daß eine schwere Be-
worden, daß noch Urkunden vorgelegt worden schuldigung für sich allein noch nicht die Auf-
seien, die Anlaß gäben, von der Strafverfolgung hebung der Immunität rechtfertigt.
überhaupt abzusehen. Die letzte Antwort der Ich bin der Meinung, daß das im Fall Oden-
Staatsanwaltschaft ging dahin, daß dies nicht der thal so ist. Die Kriterien für die Aufhebung der
Fall sei, und das Justizministerium hat seinen An- Immunität sind meinem Dafürhalten nach hier nicht
trag auf Aufhebung der Immunität aufrecht- erfüllt. Die Würde des Parlaments? Selbst, wenn
erhalten. unser Kollege etwa schuldig gesprochen werden
Der Immunitätsausschuß hat sich dreimal mit sollte, würde er diesem Parlament doch weiter
der Frage befaßt und ist in der letzten Sitzung angehören. Und wenn er schon als Verurteilter
einstimmig zu der Meinung gekommen, daß ein die Autorität des Parlaments nicht mindern kann,
Interesse des Bundestags besteht, die Immunität dann doch erst recht nicht als ein nur Beschuldigter.
des Abgeordneten aufzuheben, zumal dieser auch Und was den Strafanspruch des Staates anbetrifft,
selbst den Wunsch hat, daß die Angelegenheit ge- so geht der ja nicht verloren; man kann ihn nach
klärt wird. Deshalb beantragt der Ausschuß auf Ablauf der Legislaturperiode, wenn die Immuni-
Grund einer einstimmigen Stellungnahme, die tät entfällt, verwirklichen, und dem Gesetz wird
Immunität aufzuheben. dann auch Genüge getan werden können.
Dazu kommt, daß der Komplex, um den es sich
Vizepräsident Dr. Jaeger: Ich danke der Frau in diesem Verfahren handelt, in engster Bezie-
Berichterstatterin. Das Wort hat der Abgeordnete hung zu politischen Dingen steht. Es ist uns gesagt
Dr. Schmid. worden, daß behauptet wird, der Scheck sei ge-
geben worden, um der Sozialdemokratischen Par-
Dr. Schmid (Tübingen) (SPD): Herr Präsident! tei bei den Wahlen finanziell zu helfen. Mag das
Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, sein oder nicht, jedenfalls ist durch diese Behaup-
daß wir in dieser zweiten Legislaturperiode mit tung des Anzeigeerstatters ein politisches Element
der Aufhebung der parlamentarischen Immunität in den Fall hineingetragen worden. Damit kommt
freigebiger umgehen als in der ersten Legislatur- aber der Grundsatz zum Zuge, den wir zu Beginn
periode, und ich bin über diese Entwicklung nicht sehr der ersten Legislaturperiode entwickelt haben, der
glücklich. Was ist denn der Sinn der Schutzbestim- Grundsatz, daß die Aufhebung der Immunität
mung des Art. 46 unseres Grundgesetzes? Nicht der besonders dann erschwert werden soll, wenn es
Schutz des einzelnen Abgeordneten vor Strafver- sich bei der Anzeige oder bei der Beschuldigung
folgung etwa, sondern dieses sogenannte Privileg um einen Komplex handelt, in dem politische Dinge
ist ein Privileg des Parlaments. Der einzelne Ab- mitspielen.
geordnete kann also auf dieses Privileg nicht ver-
zichten, mag er ein Interesse an der Klärung seines Ich selber hätte es dem Kollegen Odenthal durch-
Falles haben, oder mag er das nicht haben. Es ist aus gegönnt, daß er sich vor dem Gericht in Lan-
ausschließlich Sache des Parlaments, zu befinden, dau von der Beschuldigung reinigen kann. Ich bin
ob die Aufhebung der Immunität eines Abgeord- überzeugt, daß ihm das auf den ersten Anhieb ge-
neten seinen Interessen zuwiderläuft oder nicht. lungen wäre. Aber so leid es mir persönlich um ihn
Der Zweck der Bestimmung ist, das Parlament tut: das ist kein Kriterium, das für uns ausschließ-
vollzählig zu erhalten; denn jeder einzelne lich maßgebend sein kann. Wir haben Anfängen
Abgeordnete gehört dazu, wenn das Parlament zu wehren, und mir scheint es ganz besonders
wirklich als Parlament soll funktionieren können. wichtig zu sein, daß wir uns dieser Maxime gerade
jetzt erinnern.
Die Frage ist: Was soll stärker sein, der An-
spruch des Staates — oder der Gesellschaft oder Der Antrag auf Rücküberweisung an den Aus-
der Volksgemeinschaft, wie man es lieber haben schuß ist vorhin abgelehnt worden. Ich glaube nicht,
mag — auf unmittelbare Strafverfolgung oder das daß es geschäftsordnungsmäßig unmöglich ist, die-
Mandat, das dem Parlament auf vier Jahre erteilt sen Antrag zu wiederholen. Ich möchte es tun, und
worden ist? Das haben wir in jedem einzelnen zwar möchte ich es tun, damit gerade die Frage
Fall hier zu entscheiden. Wir müssen abwägen, des Zusammenhangs mit politischen Dingen noch
wo das größere Interesse liegt und wohin deswegen einmal ausführlich geprüft werden kann. Falls aber
1934 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954
(Dr. Schmid [Tübingen])
das Haus diesem Antrag nicht zustimmen sollte, Kollege Schmid glaubt und wie ich es auch glaube,
stelle ich den anderen Antrag, dem Antrag des dem Herrn Kollegen Odenthal möglich sein wird,
Ausschusses nicht stattzugeben. sich im Strafverfahren von diesem Verdacht rein-
(Beifall bei der SPD.) zuwaschen, dann tun wir ihm durch die Aufhebung
der Immunität persönlich auch einen großen Ge-
fallen. Er hat dann die Möglichkeit, sich vor dem
Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der Strafrichter reinzuwaschen und den Verdacht, daß
Abgeordnete Dr. Schneider. er 500 DM unterschlagen habe, von sich abzuwen-
den. Ich bin also der Meinung, der Immunitätsaus-
Dr. Schneider (Lollar) (FDP): Meine sehr ver- schuß hat seine Praxis nicht geändert. Denn wie
ehrten Damen und Herren! Ich hätte nicht ge- Sie sehen werden, Herr Kollege Schmid, sind die
sprochen, wenn ich mich nicht in meiner Eigenschaft nächsten Verfahren, die auf der Tagesordnung
als Vorsitzender des Immunitätsausschusses ange- stehen, alle anders, in gegenteiliger Richtung, ent-
griffen fühlte. Denn der Herr Kollege Schmid schieden worden. In diesen Fällen wird empfoh-
hat dahin formuliert, es schiene in der jetzigen len, die Immunität nicht aufzuheben. Aber im
Legislaturperiode der Fall zu sein, daß wir ge- Falle Odenthal waren wir nun einmal nach drei-
genüber früher viel leichter geneigt wären, die maliger Prüfung der Meinung, daß die Immunität
Immunität aufzuheben, d. h. also auf deutsch, daß aufzuheben sei. Die Frau Berichterstatterin hat ja
unter meinem Vorsitz — denn ich bin ja jetzt erst schon darauf hingewiesen, daß auch alle Vertreter
Vorsitzender geworden — eine andere Praxis im der SPD im Immunitätsausschuß diesem Beschluß
Immunitätsausschuß einreiße als früher. Er hat zugestimmt haben, weil auch sie damals der Mei-
dann zum Schluß formuliert: Man muß den An- nung gewesen sind, die Immunität müsse aufge-
fängen wehren. hoben werden.
(Abg. Dr. Schmid [Tübingen]:: Ach, das war Ich bitte Sie also, meine Damen und Herren, dem
doch kein Vorwurf gegen Sie, Herr Kollege!) Antrag des Ausschusses zuzustimmen.
Ich wundere mich, daß gerade hier in dem Fall Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der
Odenthal von der sozialdemokratischen Fraktion Abgeordnete Dr. Schmid.
heute noch einmal Stellung genommen wird. Sie
hatte nämlich die Möglichkeit — und hat sie auch Dr. Schmid (Tübingen) (SPD): Herr Präsident!
reichlich ausgenutzt —, im Ausschuß Stellung zu Meine Damen und Herren! Es ist mir nicht ein-
nehmen. Denn ich habe entgegenkommenderweise, gefallen, zu behaupten, daß der Ausschuß für Ge-
obwohl der Ausschuß schon einmal Beschluß gefaßt schäftsordnung und Immunität seine Pflicht nicht
hatte, gerade auf Intervention der sozialdemokrati- getan hätte und daß unter der Führung meines
schen Fraktion die Sache Odenthal noch einmal auf verehrten Kollegen Schneider nun, etwa aus an-
die Tagesordnung gesetzt. Ja, ich bin sogar so weit derer Auffassung des Problems, eine andere Praxis
gegangen, daß ich zugestimmt und dann schließ- eingerissen sei. Ich habe nur gesagt, daß ganz
lich eine Rückfrage bei dem zuständigen Justiz- offensichtlich in diesem Hause heute objektiv eher
minister und beim Oberstaatsanwalt veranlaßt die Neigung besteht, die Immunität aufzuheben,
habe, weil nämlich von den Sprechern der SPD als in den verflossenen vier Jahren. Das ist kein
behauptet wurde, es lägen jetzt am Gericht Belege Angriff, das ist keine Beschuldigung, sondern die
vor, schriftliche Beweisstücke, aus denen sich ohne Feststellung einer Tendenz, einer Tendenz übri-
weiteres die Unschuld des Abgeordneten Odenthal gens, die äußerst menschlich ist. Wir wissen doch
folgern ließe. All dem sind wir im Ausschuß nach- alle, daß Spannungsbögen im Laufe der Zeit die
gegangen. Wir haben gerade den Fall Odenthal Tendenz haben, sich abzuflachen.
sehr sorgfältig behandelt, und die Behauptung, daß Es mag sein, daß eine Reihe meiner Partei-
aus vorliegenden Urkunden ohne weiteres der Be- freunde oder alle Vertreter meiner Partei im Aus-
weis der Unschuld geführt werden könne, hat sich schuß der Meinung waren, die Immunität müsse
eben als nicht wahr herausgestellt. Der Oberstaats- aufgehoben werden. Es ist ihr gutes Recht, ihre
anwalt und der Justizminister haben auf der Auf- Meinung zu haben. Mein gutes Recht ist, eine
hebung der Immunität bestanden. Wir haben des- andere Meinung zu haben, und ich bin so frei,
halb die Sache noch einmal behandelt. Da der Ab- diese Meinung hier zu äußern. Ich tue dies nicht
geordnete Odenthal selbst gebeten hat, seine Im- aus Rechthaberei, sondern weil ich glaube, daß es
munität aufzuheben, haben wir entsprochen, aber bei dieser Sache um ein Prinzip geht und daß es
nicht nur deshalb, sondern weil wir der Meinung vielleicht nicht unnützlich ist, wieder einmal auf
waren: dieser Fall muß nun einmal geklärt wer- dieses Prinzip hinzuweisen.
den. Wie notwendig es ist, können wir der Rede
Mit politischen Bereichen hat das gar nichts zu meines verehrten Kollegen Schneider entneh-
tun, Herr Kollege Schmid. Diese Konstruktion ist men. Er sprach von Beweisaufnahmen, die nicht
sehr weit hergeholt. Vielmehr ist der Tatbestand zum Ziele geführt hätten. Er sprach wieder von
sehr einfach. Es tut mir leid, daß ich ihn jetzt sehr dem Gefallen, den man dem Kollegen Odenthal
einfach zeichnen muß. Aber wenn Sie den Fall zur tun müsse. Beides können keine Gesichtspunkte
Diskussion stellen, dann zwingen Sie mich dazu, für uns sein!
ihn sehr einfach zu, zeichnen, damit das Haus weiß, (Sehr richtig! bei der SPD.)
worum es geht. Es geht einfach darum: Ist es
wahr, wie jemand behauptet, daß der Abgeord- Keiner dieser beiden Gesichtspunkte geht uns
nete Odenthal 500 DM, die man ihm für einen irgend etwas an.
bestimmten Zweck anvertraut hat, für sich oder Nun zu dem, was das Politikum der Sache be-
far seinen Sohn verwandt hat oder nicht? Das ist trifft! Herr Schneider sagte, es handle sich um eine
die ganze Frage. Die Frage ist also: Hat er unter- einfache Sache: ein Scheck sei „zu bestimmten
schlagen oder hat er nicht unterschlagen? Gar nichts Zwecken" hingegeben worden, und damit sei nach
anderes! Mit Politik hat das gar nichts zu tun. Behauptung des Anzeigeerstatters nicht richtig
Ich bin der Meinung: Wenn es, wie der Herr verfahren worden. Das Entscheidende ist doch,
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1935
(Dr. Schmid [Tübingen])
was diese „bestimmten Zwecke" waren; nun, diese Ich bin also der Meinung, es ist sowohl ein Pri
bestimmten Zwecke waren politisch! Es handelte vileg des Abgeordneten wie auch des Parlaments.
sich nämlich um die Hingabe von Geld an eine Das Parlament soll, wenn der betreffende Abge-
politische Partei, damit diese ihre politischen Ab- ordnete den Wunsch hat, daß die Immunität auf-
sichten besser verwirklichen könne. Ich meine, gehoben wird, diesem Wunsch willfahren, weil er
stärker kann man den politischen Charakter eines sonst in der Öffentlichkeit in einer der blamabel-
Zweckes nicht ausdrücken, und damit scheint mir sten Formen dastehen kann.
der politische Charakter des Komplexes, um den Darüber hinaus ist im vorigen Bundestag die
es sich hier handelt, eindeutig gegeben zu sein. Theorie entwickelt worden, wenn das Delikt als
(Beifall bei der SPD.) solches im politischen Kampf vorgekommen ist,
d. h. wenn mit der Handlung selbst in irgendeiner
Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der Weise Politik gemacht worden ist oder werden
Abgeordnete Dr. Becker. sollte, also z. B. irgendeine Beleidigung oder eine
üble Nachrede oder was es sonst sein mag, ausge-
Dr. Becker (Hersfeld) (FDP): Meine Damen und sprochen worden ist, dann soll sich das Parlament
Herren! Ich spreche nicht zum Fall Odenthal, der natürlich schützend vor den Abgeordneten stellen
mich als solcher gar nicht interessiert, sondern ich und die Aufhebung der Immunität verweigern.
spreche nur aus Anlaß des Falles Odenthal zu Aber ich glaube, daß bei einem Delikt, das an sich
Grundsätzen der Praxis des Ausschusses für Ge- kriminell ist, auch wenn es zu politischen Zwecken
schäftsordnung und Immunität, zu Grundsätzen, begangen wird, die Handlungsweise, die zu beur-
teilen der Strafrichter sich anschickt, nicht als politi-
über die der verehrte Herr Kollege Schmid und
ich im vorigen Bundestag, wenn Sie sich entsinnen, sche Handlung oder Tat angesehen werden darf.
schon einmal debattiert haben. Es drehte sich da- Aber das ist nur der zweite Grund. Der wesent-
mals um den Fall Loritz. Da habe ich den Stand- lichste Grund ist der, daß der Abgeordnete selbst
punkt vertreten, daß, wenn ein Abgeordneter darüber zu befinden haben muß, ob seine Im-
selbst die Aufhebung der Immunität wünscht, munität aufgehoben werden soll oder nicht.
diesem Wunsch stattgegeben werden muß. Der Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der
Herr Kollege Schmid ist anderer Meinung und Abgeordnete Ritzel.
sagt: Es ist das Privileg des Parlaments, über die
Aufhebung der Immunität zu beschließen, und es Ritzel (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und
ist nicht das Privileg des Abgeordneten.
Herren! Die Debatte zeigt sowohl eine Neigung zur
(Sehr richtig! bei der SPD.) Behandlung des Falles an sich als auch die Nei-
gung, Grundsatzfragen hier zu erörtern. Ich möchte
Das ist überspitzt. Es ist das Privileg beider , zunächst einmal zwei Gesichtspunkte, die grund-
sowohl des Abgeordneten allein wie auch - des
sätzlicher Natur sind, in die Erinnerung des Hohen
Parlaments, und die Abstimmung im Parlament
Hauses rufen. Es war der übereinstimmende
ist eingeschaltet worden, damit der einzelne seinen Wunsch und die Praxis des Immunitätsausschusses
Schutz hat, damit seine Kollegen darüber urteilen seit 1949, daß sich ein Immunitätsausschuß nicht
können, ob seine Immunität im Einzelfall aufzu- mit der materiellen Würdigung des jeweils vor-
heben ist oder nicht. Wenn er aber selbst den liegenden Falles zu befassen habe.
Wunsch hat, dann soll man diesem Wunsch statt-
geben; denn es ist auch für ihn unerträglich, daß Ein zweiter Grundsatz steht dem diametral ent-
er etwa drei oder vier Jahre in der Öffentlichkeit gegen, der eben von Herrn Kollegen Dr. Becker
herumläuft, bedrückt durch den Vorwurf einer vertreten worden ist. Das Hohe Haus hat ausdrück-
kriminellen Handlungsweise, und daß er hinterher lich — ich darf auf die Vorgänge, die in den Proto-
den Schaden hat, daß vielleicht Beweismittel, die kollen niedergelegt sind, verweisen — in fast vol-
zu seinem Nutzen dienen könnten, wegfallen, daß ler und restloser Übereinstimmung mit dem
die Zeugen das Gedächtnis verlieren, daß Einzel- Bundesjustizministerium die Auffasung vertreten,
heiten in dem Schoß der Vergessenheit versinken. daß die Immunität des Abgeordneten ein Privileg
Herr Kollege Schmid sagt demgegenüber: Nein, des Parlaments und nichts anderes ist.
das Parlament könnte dadurch in seiner Beschluß- (Abg. Dr. Becker [Hersfeld]: Ohne mich!)
fassung beeinträchtigt werden, daß dieser oder jener
oder mehrere Kollegen wegfielen. Dann, meine — Ja, dann haben Sie das Pech, Herr Kollege, daß
Damen und Herren, muß man aber konsequent Sie in einer ,splendid isolation geblieben sind.
sein und muß von vornherein überhaupt jede Auf- (Abg. Dr. Becker [Hersfeld] : Lesen Sie die
hebung der Immunität ablehnen. Stenographischen Berichte!)
(Abg. Dr. Schmid [Tübingen]:: Unter Ab Das Haus hat in seiner überwältigenden Mehrheit
wägung der Interessen!) einen anderen Standpunkt eingenommen, Herr
Der Herr Kollege Schmid sprach damals vom Kollege Becker.
Nomos des Parlaments. Das muß man grundsätz- In der Frage der Berücksichtigung des Wunsches
lich ablehnen. Dann brauchen wir überhaupt eines Abgeordneten, der selbst will, daß seine
keinen Immunitätsausschuß mehr. Herr Kollege Immunität aufgehoben wird, hat der Immunitäts-
Schmid macht aber selbst die Ausnahme, daß z. B. ausschuß wiederum mit voller Billigung des Hohen
bei Verkehrsdelikten die Immunität ohne weiteres Hauses den Standpunkt eingenommen, daß der
aufzuheben sei. Bei der Häufigkeit der Verkehrs- Wille des Abgeordneten nicht erheblich sei. Er
delikte kann es sich doch immerhin ereignen, daß kann auch nicht erheblich sein. Überlegen Sie sich
damit auch die Beschlußfassung des Parlaments in nur, daß. derjenige, der als Abgeordneter draußen
dieser oder jener Form beeinträchtigt wird, je mitten im politischen Kampf steht, mit leichter
nachdemvowlrSitnudesoj Mühe einem Druck unterworfen werden kann, der
Delinquenten gerade kommen und durch ihr Feh- ihn zwingen soll, zu verlangen, daß seine Immuni-
len die Mehrheitsverhältnisse beeinträchtigen. tät aufgehoben wird. Hier gilt gerade der Grund-
2 . Deutscher Bundestagg — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954
(Ritzel)
satz, daß die Wahrung der Immunitätsrechte das zu entsprechen. Das kann nicht in Form eines An-
Privileg des Hauses und nicht das des betreffenden trages geschehen, sondern nur in der Weise, daß
Abgeordneten ist, auch wenn es sich um die nega- der Bericht des Ausschusses von denen, die gleicher
tive Seite, um die Aufhebung der Immunität auf Meinung sind, abgelehnt wird. Ich lasse also ab-
Wunsch des Abgeordneten handelt. — Soviel zum stimmen über den Antrag in dem Mündlichen
Grundsätzlichen. Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung und
Nun wenige Bemerkungen zu dem uns vorliegen- Immunität auf Drucksache 241 (neu):
den Fall Odenthal. Er ist ein klassisches Beispiel Der Bundestag wolle beschließen:
dafür, in welcher Rechtsstellung sich der Abgeord- Die Genehmigung zum Strafverfahren gegen
nete auf Grund der ihm nach dem Grundgesetz den Abgeordneten Odenthal wird erteilt.
zustehenden Immunität nun einmal befindet: Das,
was bei einem anderen Staatsbürger zwischen der Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um
Staatsanwaltschaft — gegebenenfalls dem Gericht das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— und dem Beteiligten ausgemacht wird, wird hier — Enthaltungen? — Ich darf die Abstimmung
auf dem Markt in einer Form und Art — und das wiederholen, da eine Einigung über das Ergebnis
ist die Gefahr — ausgebreitet, die in mir lebhafte der Abstimmung im Sitzungsvorstand nicht erzielt
Bedenken erregt. werden kann. Wer dem Antrag zuzustimmen
wünscht, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu
(Beifall bei der SPD.) erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der
Herr Kollege Dr. Schneider, Sie sprachen davon, Vorstand ist sich nicht einig. Ich bitte Sie, durch
daß ein entsprechender Ausweis für die Grund- Hammelsprung zu entscheiden. Wer dem Antrag
losigkeit der Behauptung nicht vorliege. Ich habe zuzustimmen wünscht, den bitte ich, durch die Ja-
den Ausweis gesehen. Sie redeten davon, daß der Tür zu gehen, wer ihn ablehnen will, durch die
Abgeordnete Odenthal 500 Mark unterschlagen Nein-Tür.
habe. Unter diesen Umständen scheint es dann (Die Abgeordneten verlassen den Saal.)
notwendig, auf den Werdegang der Sache einzu-
gehen. Die Partie liegt in Wirklichkeit so, daß der Ich bitte, die Türen zu schließen.
frühere Minister Odenthal einmal einem Geschäfts- Ich eröffne die Abstimmung und bitte, die Türen
mann irgend etwas verweigerte, worauf sich dessen wieder zu öffnen.
Zorn gegen den Kollegen Odenthal wendete. Der-
selbe Geschäftsmann ist aber Gläubiger des Sohnes (Wiedereintritt und Zählung.)
oder Schwiegersohnes des Kollegen Odenthal. Meine Damen und Herren, ich bitte, die Abstim-
(Abg. Dr. Schmid [Tübingen]:: Er ist der mung zu beschleunigen.
Schuldner!) Ich bitte, die Türen zu schließen.
— Verzeihung: er ist der Schuldner. Ich glaube, Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergeb-
dieser Schwiegersohn hat eine sehr große Forde- nis der Auszählung bekannt. Mit Ja haben ge-
rung, eine vielfach größere als die 500 Mark dieses stimmt 181 Mitglieder des Hauses, mit Nein 140,
Scheckes, die hier zur Diskussion stehen. Bei einem enthalten haben sich 14. Der Antrag des Wahl-
Zusammenkommen hat der Herr Odenthal zur Er- prüfungsausschusses ist damit angenommen.
mäßigung der Schuldsumme des Geschäftsmannes Ich rufe auf Punkt 12 der Tagesordnung:
einen Scheck zur Verrechnung zugunsten seines
Sohnes oder Schwiegersohnes entgegengenommen Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
und hat ihn seinem Sohn oder Schwiegersohn zu- schusses für Wahlprüfung und Immunität
geführt. Nachträglich behauptet aber der Ge- (1. Ausschuß) betreffend Genehmigung zum
schäftsmann. es habe sich um eine Spende für die Ehrengerichtsverfahren gegen den Abgeord-
Partei des Herrn Odenthal gehandelt. Hier sind neten Haasler gemäß Schreiben des Präsi-
zwei politische Momente für die Beurteilung der denten der Rechtsanwaltskammer Braun-
Sache vorhanden, einmal die zuletzt erwähnte Be- schweig vom 4. Mai 1954 (Drucksache 650).
hauptung und zweitens der Haß, der in der Als Berichterstatter hat das Wort der Abgeord-
Zwischenzeit ins Kraut geschossen ist, weil der nete Dr. Dittrich.
Minister a. D. Odenthal diesen oder jenen Wunsch
des Geschäftsmannes nicht erfüllen konnte. Dr. Dittrich (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr
Ohne daß ein Ausschuß in die materielle Würdi- Präsident! Meine Damen und Herren! Der Aus-
gung einzutreten hat — da spreche ich nun aus schuß für Wahlprüfung und Immunität beschäf-
vierjähriger Erfahrung —, hat er doch die Ver- tigte sich in seiner Sitzung vom 29. Juni 1954 mit
pflichtung, wie von dem Hohen Hause anerkannt einem Antrag des Präsidenten der Rechtsanwalts-
worden ist. die politischen Momente und Hinter- kammer Braunschweig vom 4. Mai 1954, die Ge-
gründe zu beachten. Ich sage Ihnen, daß ich. wenn nehmigung zur Fortführung des Ehrengerichtsver-
ich in dem Ausschuß gewesen wäre, in Würdigung fahrens gegen den Abgeordneten Haasler zu er-
dieser Situation niemals bereit gewesen wäre, einer teilen. Mit Urteil des Ehrengerichts der Rechts-
Aufhebung der Immunität zuzustimmen. anwaltskammer Braunschweig vom 7. März 1951
wurde der Abgeordnete Haasler aus der Anwalt-
Vizepräsident Dr. Jaeger: Meine Damen und schaft ausgeschlossen. Ihm wurden mehrere Ver-
Herren, das Wort wird nicht mehr gewünscht. — stöße gegen das Standesrecht zur Last gelegt: er
Wir kommen damit zur Abstimmung. Der Abge- habe Aufträge nicht erledigt, Anfragen nicht be-
ordnete Dr. Schmid hat noch einmal den Antrag antwortet, Mandanten nicht benachrichtigt, er sei
auf Ausschußüberweisung gestellt. Dieser Antra g für längere Zeit nicht an seinem Dienstsitz ge-
ist vom Hohen Hause zu diesem Punkt der Tages- wesen, er soll in Geldangelegenheiten nachlässig
ordnung in dieser Sitzung bereits abgelehnt wer- gewesen sein usw.
den. Er kann deshalb geschäftsordnungsmäßig Hiergegen richtete sich die Berufung des Abge-
nicht mehr gestellt werden. Er hat dann beantragt. ordneten Haasler. Die zweite Instanz, das Ehren-
dem Antrag in dem Bericht des Ausschusses nicht gericht der Rechtsanwaltskammer für die britische
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1937
(Dr. Dittrich)
Zone in Hamburg, hat das Urteil aus formellen Vizepräsident Dr. Jaeger: Ich danke dem Herrn
Gründen aufgehoben und die Sache zur erneuten Berichterstatter. Das Wort wird nicht gewünscht.
Verhandlung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Ich lasse abstimmen über den Mündlichen Bericht
In der Zwischenzeit, am 13. März 1954, ist der des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität
Abgeordnete Haasler freiwillig aus der Anwalt- auf Drucksache 651, nach dem die Genehmigung
schaft ausgeschieden. zum Strafverfahren gegen die Abgeordneten
Der Ausschuß stellte sich auf den Standpunkt, Dr. Seebohm und Dr. Kather nicht erteilt werden
daß das Parlament nach vierjährigem Verfahrens- soll. Wer diesem Ausschußantrag zustimmen will,
lauf kein Interesse an der Durchführung des Ver- den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die
fahrens haben kann. Dem Hohen Hause wird des- Mehrheit; es ist so beschlossen.
halb vorgeschlagen, die Genehmigung zur Fort- Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:
führung des Ehrengerichtsverfahrens nicht zu er-
teilen. Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für Wahlprüfung und Immunität
Vizepräsident Dr. Jaeger: Ich danke dem Herrn (1. Ausschuß) betreffend Genehmigung zum
Berichterstatter. Das Wort wird nicht gewünscht. Strafverfahren gegen den Abgeordneten
Donhauser gemäß Schreiben des Bundes-
Wer dem Antrag des Ausschusses für Wahlprü- ministers der Justiz vom 12. April 1954
fung und Immunität auf Drucksache 650, die Ge- (Drucksache 652).
nehmigung zur Fortführung des Ehrengerichts- An Stelle des verhinderten Berichterstatters hat
verfahrens gegen den Abgeordneten Haasler nicht
Herr Abgeordneter Dr. Schneider das Wort.
zu erteilen, zustimmen will, den bitte ich um das
Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Dr. Schneider (Lollar) (FDP), Berichterstatter:
Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen gegen Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der
eine Stimme angenommen. vorgesehene Berichterstatter, der Kollege von
Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf: Merkatz, ist heute nicht da. Er kann ja nicht da
sein; er hat sich auch entschuldigt. Ich springe für
Beratung des Mündlichen Berichts des Aus- ihn ein als Vorsitzender des Ausschusses. Natürlich
schusses für Wahlprüfung und Immunität habe ich die Akten nicht so eingehend studiert wie
(1. Ausschuß) betreffend Genehmigung zum er. Ich kann dem Hause natürlich nur einen ein-
Strafverfahren gegen die Abgeordneten Dr.- facheren Bericht an Hand des Verhandlungsproto-
Ing. Seebohm und Dr. Kather gemäß Schrei- kolls erstatten.
ben des Bundesministers der Justiz vom
15. Mai 1954 (Drucksache 651). Was das Verfahren gegen Donhauser anlangt, so
heißt es hier:
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Wahl. Der Bundesminister der Justiz ersucht mit
Dr. Wahl (CDU/CSU), Berichterstatter: Herr Prä- Schreiben vom 12. April 1954, eine Entschei-
sident! Meine Damen und Herren! Aus dem Bericht dung über die Genehmigung zum Strafverfah-
des Herrn Oberstaatsanwalts in Bonn ergibt sich, ren gegen den Abgeordneten Donhauser
daß der Herr Abgeordnete Dr. Kather am 3. Sep- wegen Meineids und Verleumdung herbeizu-
tember 1953 Strafantrag gegen den Abgeordneten führen.
Dr. Seebohm wegen Beleidigung, übler Nachrede Der Berichterstatter
und Verleumdung gestellt hat, desgleichen der Ab- — heißt es hier, ich darf das zitieren —
geordnete Dr. Seebohm gegen den Abgeord- ... führt aus, daß es sich um zwei Verfahren
neten Dr. Kather. Die Vorwürfe sind im Zu- handelt, die noch im Zusammenhang mit dem
sammenhang mit dem Wahlkampf zum 2. Deut- Verfahren vor dem Untersuchungsausschuß 44
schen Bundestag erfolgt und vorwiegend in Tele- — Spiegelausschuß — stehen:
grammen, Briefen und sonstigen formulierten Er- a) ein Verfahren wegen Eidesverletzung und
klärungen enthalten, die jeweils durch die Öffent- übler Nachrede im Zusammenhang mit Aus-
lichkeit gingen. sagen über den Rechtsanwalt Dr. Berthold in
Dr. Kather stützt seinen Strafantrag u. a. auf München und
Formulierungen des Abgeordneten Dr. Seebohm
in einem Telegramm an Dr. Adenauer vom 23. Juli b) ein Verfahren wegen übler Nachrede im
1953 wie: Zusammenhang mit Aussagen gegen den Jour-
nalisten Hornauer.
Dagegen hat Dr. Linus Kather bisher nur Haß
und Mißgunst gesät. Aus dieser Saat ist der Es handelt sich hierbei um Restverfahren im
neue Klassenkampf der Heimatvertriebenen Zusammenhang mit dem Spiegelausschuß, alle
entstanden. anderen Verfahren seien inzwischen eingestellt
worden.
Umgekehrt stützt der Abgeordnete Dr. Seebohm
seinen Strafantrag auf Ausführungen in einer Der Berichterstatter geht auf die Vorgeschichte
Presseerklärung des Dr. Kather vom 24. Juli 1953, ein und erklärt, daß in der Bayernpartei . . .
in denen Dr. Seebohm in seiner Vertriebenenpoli- drei widerstrebende Gruppen bestanden hät-
tik politische Geschäftemacherei vorgeworfen wird. ten. Die Konsequenz daraus sei eine innere
schwere Auseinandersetzung . . . gewesen. In
Der Ausschuß beantragt, da es sich um gegen- diesem Rahmen habe ein sogenanntes Ge-
seitige Beleidigungen politischen Charakters wäh- dächtnisprotokoll des Dr. Baumgartner eine
rend des Wahlkampfes handelt — entsprechend der Rolle gespielt, das an den Spiegel verkauft
schon im 1. Bundestag entwickelten Praxis —, die worden sei und dort veröffentlicht wurde. Ins-
Genehmigung zum Strafverfahren gegen die Ab- besondere spielte die Behauptung in dem Pro-
geordneten Dr. Seebohm und Dr. Kather nicht zu tokoll eine Rolle, daß das Abstimmungsergeb-
erteilen, zumal die verletzenden Äußerungen mei- nis über den Sitz der obersten Bundesbehör-
stens auf der Stelle erwidert worden sind. den, Bonn oder Frankfurt, durch Geldzuwen-
(Heiterkeit.) dungen erreicht worden sei.
1938 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954
(Dr. Schneider [Lollar])
Zu a): Der Abg. Donhauser habe unter Eid — einmal formuliert haben — bedürfe es der Auf
der Eid umfaßte das ganze Protokoll — vor hebung der Immunität überhaupt nicht, sondern
dem Untersuchungsausschuß über den Rechts- er könne da vorgehen, wie er wolle, nach Art. 46
anwalt Dr. Berthold ausgesagt, daß er Gelder Abs. 4 des Grundgesetzes hätten wir nur die Mög-
vermittelt habe in Höhe von 30 000 DM, wo- lichkeit, zu verlangen, daß das bereits laufende
von er 5 000 DM einbehalten habe. Berthold Verfahren gestoppt würde. Das ist etwas ganz an-
hingegen behauptet, er habe keine Provision deres als Aufhebung der Immunität. Ich komme
genommen. Auf Grund dieser Aussagen hat am Schluß des Berichts darauf. Deshalb haben wir
Berthold Privatklage erhoben, die später als in der Drucksache auch zwei Ziffern vorgeschlagen.
Offizialverfahren geführt wurde. Der eigentliche Tatbestand ist sehr einfach:
Die Immunität des Abg. Donhauser wurde in Aus den Akten ergibt sich, ... daß dem Ab-
der 118. Sitzung des 1. Deutschen Bundestages geordneten Elsner vorgeworfen wird, er habe
am 15. 2. 1951 aufgehoben. im Juli 1951 eine Beschwerdeschrift über den
Der Berichterstatter ist der Auffassung, daß Landtagsabgeordneten Büchler an den Präsi-
das Vorliegen einer Eidesverletzung bei dem denten des Niedersächsischen Verwaltungs-
vorliegenden Komplex juristisch zweifelhaft bezirks Braunschweig und Vorsitzenden des
sei. Die Aussagen hätten sich abgespielt wie BHE, Minister von Kessel, mit beleidigenden
vor einem politischen Forum. Es sei wenig Ge- Äußerngabft.
legenheit gewesen, sie nochmals durchzusehen,
deshalb müßte man einen geringeren Maßstab Insbesondere wird in dieser Beschwerde-
anlegen als bei Aussagen vor Gericht. Eine schrift erklärt, in dem Büchlerschen Betrieb
Eidesverletzung komme nach seiner Ansicht seien Pferde mißhandelt und schlecht gefüttert
aus subjektiven Gründen nicht in Frage. worden, so daß Büchler auf Grund einer An-
zeige wegen Tierquälerei bestraft worden sein
Hinsichtlich des Vorwurfs der üblen Nachrede soll. Weiterhin habe Büchler für die Flücht-
beruft sich der Abg. Donhauser auf eine Ab- linge bisher keine Leistungen aufzuweisen,
rechnung, die der Schatzmeister Schmitthuber außer hinreichenden Leistungen für die eigene
der Bayernpartei ihm gezeigt habe. Danach Person.
seien für Berthold Gebühren abgezogen wor-
den. Eine Liquidation liege jedoch nicht bei Und so weiter, und so weiter!
den Akten. Es liege weiterhin eine Zeugen- Der Ausschuß ist der Meinung, daß wegen dieser
aussage einer Sekretärin des Berthold vor, die Äußerungen die Immunität nicht aufgehoben wer-
bekundet, daß Betthold Provision genommen den sollte, weil sie damals im politischen Wahl-
habe. kampf, also im politischen Raum, gefallen sind. Ge-
Das ist ungefähr der eine Tatbestand. Zu dem treu den Grundsätzen, die der Ausschuß jetzt fünf
anderen Tatbestand heißt es: - Jahre lang entwickelt hat, glaubt er, auch hier
nicht davon abgehen zu sollen.
Der Abg. Donhauser wird beschuldigt, vor dem
Untersuchungsausschuß gegenüber dem Jour- Aber nun kommt das Besondere, was ich vorhin
nalisten Hornauer ausgesagt zu haben, daß schon andeutete. Der Herr Justizminister von
dieser sich an dem Verkauf des Gedächtnis- Niedersachsen ist mit dem zuständigen Oberlandes-
protokolls an den Spiegel beteiligt habe. Er gericht — ich glaube, es ist das Oberlandesgericht
habe Hornauer weiterhin vorgeworfen, daß in Celle, das sich mit diesem Verfahren befaßt und
dieser wegen NS-Umtriebe seinerzeit aus der eine entsprechende Entscheidung gefällt hat —
Schule geflogen wäre und sich an Juden- der Meinung, es bedürfe hier, da es um ein soge-
mißhandlungen beteiligt habe. nanntes mitgebrachtes Verfahren geht, gar nicht
der Aufhebung der Immunität, sondern das Ver-
Der Berichterstatter hält diese Vorwürfe für fahren laufe legal und könne bezüglich dieser Tat,
belangloser Art und vor allem politischer Art, die vor dem Zeitpunkt liege, zu dem der Abge-
so daß auch hier im Interesse des Hauses die ordnete die Abgeordneteneigenschaft erworben
Aufhebung der Immunität nicht in Frage habe, gar nicht gestoppt werden, sondern es könne
komme. höchstens Art. 46 Abs. 4 des Grundgesetzes Platz
Der Auschuß hat schließlich, wenn ich mich recht greifen, wo es heißt, in einem solchen Fall könne
erinnere, einstimmig, beschlossen, daß die Immuni- der Bundestag verlangen, daß die Strafverfolgung
tät im Falle Donhauser nicht aufgehoben werden ausgesetzt wird.
soll. Ich bitte Sie, diesem Antrag zu entsprechen. Der Bundestag hat sich früher schon einmal mit
Ich darf dann gleich den Bericht zu Punkt 15 dieser Frage befaßt, und das Haus hat hier ein-
der Tagesordnung, Genehmigung zum Strafverfah- stimmig einen anderen Standpunkt eingenommen.
ren gegen den Abgeordneten Elsner, erstatten. Der Bundestag steht auf Grund eines Gutachtens
Dazu heißt es in dem Protokoll des Ausschusses: des Bundesministers der Justiz vom 21. Oktober
Der Bundesminister der Justiz hat auf Er 1949 und eines Beschlusses des Bundestages — Ste-
suchen des Oberstaatsanwalts in Braunschweig nographischer Bericht vom 3. November 1949,
mit Schreiben vom 11. Mai 1954 ersucht, eine Seite 331 — auf dem Standpunkt, daß bei Über-
Entscheidung über die Genehmigung zum nahme des Abgeordnetenmandats anhängige Straf-
Strafverfahren gegen den Abg. Elsner wegen verfahren, jede Haft, Vollstreckung einer Freiheits-
Beleidigung des Landtagsabgeordneten Büchler strafe oder sonstige Beschränkung der persönlichen
herbeizuführen. Freiheit von Amts wegen auszusetzen sind; die
Ich betone das. Der Herr Justizminister hat näm- Durchführung derartiger Maßnahmen bedarf der
lich nicht beantragt, die Immunität aufzuheben. Es Genehmigung des Bundestags gemäß Art. Nr. 46
handelt sich hier vielmehr um ein sogenanntes Abs. 2 des Grundgesetzes.
mitgebrachtes Verfahren. Der Herr Justizminister Wir waren im Ausschuß der Meinung, daß wir
von Niedersachsen steht auf dem Standpunkt, bei diesen unseren Grundsatz, den wir damals in sehr
einem mitgebrachten Verfahren — wie wir es hier eingehenden Untersuchungen und Diskussionen
2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954 1939
(Dr. Schneider [Lollar])
entwickelt und hier einstimmig angenommen Ich lasse zunächst über die Ziffer 1 abstimmen,
haben, auch gegenüber dem Herrn Justizminister die den Einzelfall betrifft:
von Niedersachsen und gegenüber der Entschei- Die Genehmigung zum Strafverfahren gegen
dung des Oberlandesgerichts vertreten sollten. den Abgeordneten Elsner wird nicht erteilt.
Deshalb schlägt Ihnen der Ausschuß vor, wie Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, die
folgt zu beschließen: Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; es ist so
1. Die Genehmigung zum Strafverfahren gegen beschlossen.
den Abgeordneten Elsner wird nicht erteilt. Ich lasse abstimmen über Ziffer 2 in der von
Herrn Abgeordneten Dr. Schneider berichtigten
2. Der Bundestag bestätigt die in der 14. Plenar- Fassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich
sitzung vom 3. November 1949 — Stenogra- um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegen-
phische Berichte der 1. Wahlperiode S. 331 D probe. — Enthaltungen? — Einstimmig ange-
ff. und Gutachten des Bundesministers der nommen.
Justiz vom 21. Oktober 1949 — vorgetragene
Auffassung, wonach bei Übernahme des Abge- Meine Damen und Herren! Wir sind noch nicht
ordnetenmandats anhängige Verfahren gegen am Ende unserer Beratung. Es ist ein Antrag der
einen Bundestagsabgeordneten von Amts we- Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE und
gen auszusetzen sind. Solche Verfahren kön- DP eingegangen, der folgenden Wortlaut hat:
nen nur Der Bundestag wolle beschließen:
– nun bitte ich den Herrn Präsidenten, hier einen Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bun-
Druckfehler zu berichtigen; es muß nämlich heißen: destag
nach einem Genehmigungsbeschluß des 1. eine Übersicht über die durch die Hochwas-
serkatastrophe in Bayern eingetretenen
Bundestages gemäß Art. 46 Abs. 2 des Grund-
gesetzes fortgeführt werden. Schäden vorzulegen,
2. über die bei der Katastrophenbekämpfung
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gewonnenen Erfahrungen und insbesondere
bitte, diesem Antrage zuzustimmen, namentlich der die dabei aufgetretenen Mängel zu berichten,
Ziffer 2, weil das eine grundsätzliche Entscheidung 3. ein im Einvernehmen mit der Bayerischen
und das Beziehen eines grundsätzlichen Stand-
punktes bedeutet, den wir meines Erachtens unter Staatsregierung ausgearbeitetes Programm
gar keinen Umständen verlassen dürfen. über die ergänzenden Hilfsmaßnahmen des
Bundes zur Beseitigung der wirtschaftlichen
Vizepräsident Dr. Jaeger: Ich danke dem Herrn und sozialen Folgen der Katastrophe zu
Berichterstatter. Ich komme zurück zum Punkt 14 unterbreiten.
der Tagesordnung, dem Mündlichen Bericht des Ich nehme an, daß sich kein Einspruch dagegen
Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität be- erhebt, diesen Antrag heute noch auf die Tagesord-
treffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen nung zu setzen und ohne Begründung und ohne
den Abgeordneten Donhauser — Drucksache 652 —. Aussprache zu verabschieden. — Widerspruch er-
Das Wort wird nicht gewünscht. Der Antrag heißt: folgt nicht; der Antrag ist also nach § 26 Abs. 3 der
Die Genehmigung zum Strafverfahren gegen Geschäftsordnung auf die Tagesordnung gesetzt.
den Abgeordneten Donhauser wird nicht er- Das Haus ist damit einverstanden, daß er ohne
teilt. Begründung und ohne Aussprache verabschiedet
Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte wird. Ich bitte die Damen und Herren, die zustim-
ich, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; men wollen, die Hand zu erheben. — Einstimmig
es ist so beschlossen. angenommen.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende
Wir kommen zur Abstimmung zu Punkt 15 der der letzten Sitzung vor den Parlamentsferien. Ich
Tagesordnung über den Mündlichen Bericht des darf Ihnen die besten Wünsche für ruhige und er-
Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität be- holsame Tage in den Ferien übermitteln.
treffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen
den Abgeordneten Elsner gemäß Schreiben des Ich berufe die nächste, die 42. Sitzung des Deut-
Bundesministers der Justiz vom 12. April 1954 — schen Bundestages auf Donnerstag, den 16. Sep-
Drucksache 698 —. Die Berichterstattung ist durch tember 1954, 9 Uhr, und schließe die 41. Sitzung des
Herrn Abgeordneten Dr. Schneider bereits erfolgt. 2. Deutschen Bundestages.
Das Wort wird nicht gewünscht. (Schluß der Sitzung: 12 Uhr 7 Minuten.)
1940 2. Deutscher Bundestag — 41. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Juli 1954

Anlage Umdruck 145 Der Bundestag wolle beschließen:


Es wird folgender neuer § 1 a eingefügt:
Änderungsantrag der Abgeordneten Struve,
Bauknecht, Richarts, Dr. Glasmeyer und Genossen 㤠1a
zur Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-
schusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) In § 1 der Verordnung über Zolländerungen
über den Entwurf einer Sechzehnten Verordnung vom 10. Oktober 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 855)
über Zollsatzänderungen (Drucksachen 684, 472). wird die Nummer 6 gestrichen."

Bonn, den 13. Juli 1954


Struve Dr. Graf Henckel Dr. Dr. h. c. Müller
Bauknecht Hilbert (Bonn)
Richarts Höcherl Dr. Oesterle
Dr. Glasmeyer Dr. Höck Schrader
Barlage Karpf Schulze-Pellengahr
Bauer (Wasserburg) Knapp Schwarz
Fürst von Bismarck Knobloch Dr. Siemer
Dr. Conring Koops Solke
Diedrichsen Lermer Graf von Spreti
Dr. Dittrich Lücker (München) Stingl
Engelbrecht-Greve Lulay Wacher (Hof)
Dr. Franz Mayer (Birkenfeld) Wacker (Buchen)
Friese Menke Wehking
Fuchs Morgenthaler Wittmann

Berichtigungen
zum Stenographischen Bericht der 39. Sitzung
Seite 1867 D ist als Zeile 13 von unten nach „zurück-
weisen." einzufügen: Tatsächlich ist doch die Ver-
antwortung der leiten-
Seite 1868 A Zeile 9 ist statt „mit" zu lesen: mir.

Das könnte Ihnen auch gefallen