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D eutscher Bundestag

8. Sitzung

Bonn, den 13. Dezember 1961

Inhalt:

Glückwünsche zu den Geburtstagen der Frage des Abg. Dröscher:


Abg. Wittmer-Eigenbrodt und Nieberg . 143 A
Schmutzfänger an Kraftfahrzeugen
Zur Tagesordnung Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister
147 B, C, D, 148 A
Dr. Schellenberg (SPD) . . . . . 143 B Dröscher (SPD) . . . . . . . 147 C, D
Seuffert (SPD) . . . . . . . . 144 B Börner (SPD) 147 D, 148 A
Dr. Vogel (CDU/CSU) . . . . . . 144 D
Zoglmann (FDP) . . . . . . . . 145 C Frage des Abg. Müller (Erbendorf) :
Kippfahrzeuge zur Beförderung von
Fragestunde (Drucksache IV/70) Heizöl-Aufsetztanks
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 148 A
Frage des Abg. Lohmar:
Arbeitsverhältnisse der bei den alliier- Frage des Abg. Wittrock:
ten Streitkräften beschäftigten Arbeit- Abwasser-Genehmigungsbedingungen
nehmer 146 A
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 148 B, D
Frage des Abg. Dr. Mommer: Wittrock (SPD) 148 C
Sitzordnung auf der Regierungsbank
Frage des Abg. Wittrock:
Dr. Dr. h. c. Erhard, Stellvertreter Abwasser-Meßgeräte
des Bundeskanzlers 146 B, C
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 148 D
Dr. Mommer (SPD) 146 C

Frage der Abg. Frau Dr. Hubert:


Frage des Abg. Faller:
Errichtung eines Zaunes an der Grenze Sondermarke zur Unterstützung des
Kampfes gegen die Malaria
bei Grenzach (Baden)
Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 149 B
Dr. Hettlage, Staatssekretär 146 D, 147 A
Faller (SPD) 147 A
Fragen der Abg. Frau Korspeter:
Frage des Abg. Faller: Einrichtungshilfe für Zonenflüchtlinge
Grenzwarenabkommen mit Frankreich Mischnick, Bundesminister . . . 149 C, D
Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 147 B Frau Korspeter (SPD) 149 D
II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

Entwurf eines Vierten Gesetzes über die Schriftlichen Bericht des Außenhandelsaus-
Anpassung der Renten aus den gesetz- schusses über den Entwurf einer Fünf-
lichen Rentenversicherungen (Viertes zehnten Verordnung zur Änderung des
Rentenanpassungsgesetz — 4. RAG) Deutschen Zolltarifs 1961 (Zollaussetzung
(Drucksache IV/16); Schriftlicher Bericht für tropische Hölzer der Art Obéché)
des Sozialpol. Ausschusses (Drucksachen (Drucksachen IV/44, IV/59) und dem
IV/72, zu IV/72) — Zweite und dritte Be-
ratung — Schriftlichen Bericht des Außenhandelsaus-
schusses über den Entwurf einer Zoll-
Meyer (Wanne-Eickel) (SPD) . . . 150 B tarif-Verordnung (Deutscher Zolltarif
Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . . 152 B 1962) (Drucksachen 1V/49, IV/71)
Killat (SPD) . . . . . . . . 153 B Lahr, Staatssekretär 170 B
Ruf (CDU/CSU) 156 A
159 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der
Weber (Georgenau) (FDP) . . .
Strafprozeßordnung und des Gerichtsver-
Geiger (SPD) 160 A fassungsgesetzes (StPÄG) (CDU/CSU,
Dr. Schellenberg (SPD) . 162 D, 169 B SPD, FDP) (Drucksache IV/63) — Erste
Beratung —
Spitzmüller (FDP) 163 B
Hoogen (CDU/CSU) . . . . . . 170 C
Winkelheide (CDU/CSU) 164 A
Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . 165 A Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Ände-
Frau Korspeter (SPD) 167 A rung des Selbstverwaltungsgesetzes
Schütz (München) (CDU/CSU) . . 168 B (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/81 1)
— Erste Beratung — . . . . . . . . 170 D
Sammelübersicht 1 des Petitionsausschusses,
zu Petitionen und systematische Uber- Antrag des Bundesministers der Finanzen
sicht über die vom 6. Oktober 1957 bis betr. Veräußerung der ehemaligen Hacke-
16. Oktober L961 eingegangenen Petitio- täuer-Kaserne in Köln-Mülheim (Druck-
nen 169 B sache IV/37) 170 D

Schriftlicher Bericht ides Außenhandelsaus- - Antrag betr. Änderung der §§ 3 und 6 der
schusses über den. Entwurf einer Achten Geschäftsordnung (CDU/CSU, SPD, FDP)
Verordnung zur Änderung des Deutschen (Drucksache IV/75) und Wahl der Schrift-
Zolltarifs 1961 (Zollaussetzungen für führer (Druckdache 1V/76) . . . . . . 171 A
Waren aus Nicht-EWG-Ländern) (Druck-
sachen IV/41, IV/56); in Verbindung mit
Antrag betr. Einsetzung eines Ausschusses
dem
zur Wahrung der Rechte der Volksver-
Schriftlichen Bericht ides Außenhandelsaus- tretung (CDU/CSU, SPD, FDP) (Druck-
schusses über den Entwurf einer Drei- sache 1V/73) 171 B
zehnten Verordnung zur Änderung des
Deutschen Zolltarifs 1961 (Zollkontingent Wahl der vom Bundestag zu entsendenden
für Bearbeitungsabfälle aus Aluminium Mitglieder des Vermittlungsausschusses
aus Nicht-EWG-Ländern) (Drucksachen (Drucksache IV/77) 171 B, D
IV/42, 1V/57), dem

Schriftlichen Bericht des Außenhandelsaus- Antrag betr. Uberweisung von Anträgen


schusses über den Entwurf einer Vier- an die Ausschüsse (Umdruck 1) . . . 171 C
zehnten Verordnung zur Änderung des
Deutschen Zolltarifs 1961 (Zollkontin-
Nächste Sitzung 171 D
gente für Rohblei und Rohzink aus Nicht
EWG-Ländern) (Drucksachen IV/43, .
IV/58), dem Anlagen 173
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8. Sitzung

Bonn, den 13. Dezember 1961

Stenographischer Bericht Die Entwürfe stehen miteinander in einem inneren


Zusammenhang. Ich gebe deshalb eine gemeinsame
Begründung für meinen Antrag zur Tagesordnung.
Beginn: 9.01 Uhr.
Die Renten für Kriegsbeschädigte und Kriegshin-
terbliebene sind auf dem Stande von 1959/60 stehen-
Vizepräsident Dr. Dehler: Die Sitzung ist er- geblieben. Deshalb ist als Sofortmaßnahme eine Er-
öffnet. höhung der Grundrenten um 10 % erforderlich, weil
sonst die Kriegsbeschädigten und Kriegshinterblie-
Ich spreche die Glückwünsche des Hauses aus benen gegenüber den Rentnern der Rentenversiche-
Herrn Abgeordneten Wittmer Eigenbrodt zu seinem
- rung erheblich benachteiligt werden. Als Vorschuß
72. Geburtstag am 10. Dezember auf Erhöhung dieser Grundrenten soll allen Kriegs-
beschädigten und Kriegshinterbliebenen sowie Eltern
(Beifall)
von Gefallenen eine Zahlung von 60 % der Grund-
und Herrn Abgeordneten Nieberg, der am 11. De- rente gewährt werden. Praktisch bedeutet das ein
zember seinen 74. Geburtstag gefeiert hat. nach dem Grade der Beschädigung gestaffeltes Weih-
nachtsgeld.
(Beifall.)
Die Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleich —

Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne damit komme ich zu dem zweiten Punkt — beträgt
Verlesung in den Stenographischen Bericht aufge- für Alleinstehende 155 DM, der Ehegattenzuschlag
nommen. beträgt 85 DM monatlich. Die soziale Lage der
Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem Kriegsschadenrentner ist, zumal jedes Einkommen
7. Dezember 1961 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau
Dr. Rehling, Frau Renger und Genossen betr. Ratifizierung des angerechnet wird, besonders ungünstig. Deshalb ist
Abkommens über die Anerkennung von Auslandssemestern und es gerechtfertigt, den Heimatvertriebenen und Flücht-
Unterzeichnung des Abkommens über die Anerkennung von aka-
demischen Graden — Drucksache IV/19 — beantwortet. Sein lingen aus Anlaß des Weihnachtsfestes und des
Schreiben ist als Drucksache IV/39 verteilt. Winters eine einmalige Zuwendung von 80 DM zu-
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und züglich 20 DM für jeden Familienangehörigen zu
Forsten hat unter dem 8. Dezember 1951 die Kleine Anfrage der
Abgeordneten Baier (Mosbach), Leicht und Genossen betr. gewähren.
Tabakbau in der Bundesrepublik — Drucksache IV/30 — beant-
wortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/74 verteilt. Unser Antrag auf Zahlung von Weihnachtsgeld
Der Herr Bundestagspräsident hat unter dem 5. Dezember 1961 für Rentner nach dem Bundesentschädigungsgesetz
ensprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni .1959 —
Drucksache 1187 — den von der Bundesregierung nach Artikel 2
soll sicherstellen, daß auch politisch Verfolgte, die
Satz 1 des Gesetzes zu den Verträgen vorgelegten Entwurf einer alt und arbeitsunfähig sind, in den Genuß einer
Entscheidung über die vorherige Prüfung und Beratung von
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten auf Weihnachtszuwendung kommen.
dem Gebiet des Verkehrs (Dokument VII/KOM(61) 116 endg.
vom 12. Juli 1961) — Drucksache IV/34 — dem Ausschuß für Die Gesamtaufwendungen für die Rentenerhö-
Verkehr, Post- und Fernmeldewesen überwiesen.
hung für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterblie-
Vor Eintritt in die Tagesordnung hat das Wort bene und für die Weihnachtszuwendungen an Un-
zur Geschäftsordnung der Herr Abgeordnete Schel- terhaltsempfänger nach dem Lastenausgleichsgesetz
lenberg erbeten. Ich erteile ihm das Wort. und Rentner nach dem Bundesentschädigungsgesetz
stellen sich insgesamt auf 370 Millionen DM. Damit
ist gleichzeitig ein Wort zu den phantastischen Zah-
Dr. Schellenberg (SPD) : Herr Präsident! Meine len, die über die Belastung des Bundeshaushalts
Damen und Herren! Namens der sozialdemokrati- durch Weihnachtsgeld herumschwirren, gesagt.
schen Fraktion beantrage ich, den Entwurf eines
Gesetzes über die Anpassung der Renten der Kriegs- Im übrigen wird es den Kollegen des Haushalts-
opferversorgung, Drucksache IV/54, den Entwurf ausschusses die Zustimmung zu unseren Anträgen
eines Gesetzes über die Gewährung einer einmali- sicher erleichtern, wenn sie feststellen, daß der An-
gen Zuwendung an Bezieher von Unterhaltshilfe satz für Kriegsopferleistungen mit rund 4,3 Milliar-
(Kriegsschadenrente) nach dem Lastenausgleichsge- den DM ein beachtliches Polster enthält.
setz, Drucksache IV/55, und den Antrag auf Zahlung Wenn schließlich gegen ,die Beratung unserer An-
eines Weihnachtsgeldes an Empfänger nach dem träge eingewandt wird, es müsse erst einmal der
Bundesentschädigungsgesetz, Drucksache IV/82, auf neue Haushaltsplan abgewartet werden, so ist zu
die Tagesordnung der heutigen Sitzung zu setzen, sagen, daß es wahrscheinlich 'bis zur Verabschie-
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Dr. Schellenberg
dung dieses Haushaltsplanes Sommer werden wird. für die kleinen und mittleren Unternehmen, für die
Der Hinweis auf den neuen Haushalt bedeutet also mittelständischen Unternehmen hinsichtlich der Ge-
eine Verschiebung auf lange Sicht. winnung von Arbeitskräften hat.
Sozialpolitisch ist entscheidend — und damit Die jetzt in der Bestimmung enthaltene Zahl be-
komme ich zum Abschluß —, daß bei den Kriegs- darf jedoch der Überprüfung, denn sie entspricht
beschädigten und Rentnern Hoffnungen auf Weih- nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen. Insbe-
nachtsgeld geweckt worden sind, nicht von uns, sondere ist sie nicht genug geeignet, den Abstand
sondern von Abgeordneten der größten Regierungs- zwischen den Großunternehmen und den mittelstän-
partei. Ich zitiere die größte Zeitung der größten dischen Unternehmen in diesem Punkte nachdrück-
Stadt Deutschlands, Berlin: lich zu vermindern, und das hat dann wieder Aus-
wirkungen für die Werbung von Arbeitskräften.
Zunächst haben Abgeordnete des Arbeitneh-
merflügels in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Daß dieser Antrag ebenso dringlich ist wie die
einen Initiativgesetzentwurf ausgearbeitet, der anderAtäg,übisoenzuIhgpr-
ein Weihnachtsgeld für die Rentner und die chen worden ist, bedarf weiter keiner Begründung.
Empfänger von Kriegsopferrenten vorsieht. Auch er ist ein zeitgebundener Antrag und kann
ohne weiteres behandelt werden. Dieses Haus kann
Ich zitiere weiter die größte deutsche Zeitung — ihn verabschieden. Sie haben einen einfachen Ge-
drei Millionen Auflage, steht auf dem Kopfblatt —: setzentwurf vor sich. Es handelt sich um eine Nach-
Hut ab vor den Sozialpolitikern der CDU/CSU! prüfung und eine Entscheidung bezüglich der Än-
Trotz großer Sorge um die Sowjetzone und derung einer Zahl.
Berlin fanden sie Zeit, an die Kriegsopfer und
Sozialrentner zu denken. Alle sollen eine Ich hoffe, Ihnen bei der Begründung dieses An-
Weihnachtsfreude in harter D-Mark haben, trages, wenn Sie ihn auf die Tagesordnung gesetzt
haben werden, noch näher darlegen zu können, was
(Beifall bei der SPD.) für die dringende Überprüfung dieser Einkommen-
Meine Damen und Herren, diejenigen, die durch steuerbestimmung und der Behandlung der Arbeit-
ihr Verhalten eine solche öffentliche Meinungsbil- nehmer im gesamten Einkommensteuerrecht spricht.
dung begünstigt haben, haben eine große Verant- Dazu werden einige Zahlen zu nennen sein. Ich
wortung gegenüber den sozial Schwachen unseres will mich im Augenblick auf die Bemerkung be-
Volkes auf sich genommen. schränken, daß, wie wir schon in der Debatte zur
(Zustimmung bei der SPD.) Regierungserklärung bemerkt haben — damit ha-
ben wir merkwürdigerweise Ihren Widerspruch
Das mindeste, was bei dieser Lage erwartet wer- hervorgerufen —, es dringend notwendig und ganz
den sollte, ist, daß Sie heute sich zur Sachberatung unausweichlich ist, die Behandlung der Arbeitneh-
stellen und sich nicht dieser Beratung mit Mitteln mer im Einkommensteuerrecht zu überprüfen. Diese
der Geschäftsordnung entziehen. Überprüfung wird unbedingt vorgenommen werden
müssen, sie wird ganz unausweichlich kommen. Es
(Beifall bei der SPD.)
besteht kein Grund, wenigstens in dem Punkt, den
unser Antrag behandelt, heute schon damit zu be-
Vizepräsident Dr. Dehler: Einen weiteren An- ginnen.
trag zur Geschäftsordnung stellt Herr Abgeordne- Ich bitte Sie, die Drucksache IV/67 heute auf die
ter Seuffert. — Ich glaube, Herr Kollege Vogel, Sie Tagesordnung zu setzen.
werden dann gemeinsam zu den beiden Anträgen
Stellung nehmen. Das Wort hat der Abgeordnete (Beifall bei der SPD.)
Seuffert.
Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort hat der
Seuffert (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen AbgeordntVl.
und Herren! Wir bitten Sie, auch unseren Antrag
Drucksache IV/67 heute auf die Tagesordnung zu Dr. Vogel (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
setzen. Mit diesem Antrag fordern wir, eine Be- sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Sie
stimmung des Einkommensteuergesetzes zu über- im Namen meiner Freunde bitten, dem Begehren,
prüfen. Wir wünschen, daß der sogenannte Weih- diese Punkte zusätzlich auf die Tagesordnung zu
nachtsfreibetrag von 100 auf 200 DM erhöht wird. setzen, aus folgenden Gründen nicht zu entspre-
Diese Vorschrift ist für alle Arbeitnehmer von gro- chen.
ßer Bedeutung. Wegen der Lohnsteuerabrechnung
für die Dezemberbezüge ist sie aber daneben auch Im Grunde genommen hätte ich eigentlich erwar-
für die Wirtschaft und gerade für die mittelstän- tet, Herr Kollege Seuffert, daß Sie einen Deckungs-
dischen und kleinen Unternehmen von Bedeutung. vorschlag für das hier vorlegen, was die drei ersten
Der § 3 Ziffer 17 in der besseren Form, wie er Anträge, die Ihr Kollege Professor Schellenberg ein-
jetzt vorliegt, ist geeignet, den Abstand zwischen gebracht hat, erfordern. Stattdessen haben Sie die
den kleinen und mittleren Unternehmen, die nicht Kluft erweitert. Sie haben ein neues Loch aufgeris-
ohne weiteres große Weihnachtsgratifikationen sen, anstatt für eine Deckung Sorge zu tragen. Das
oder zusätzliche Gehälter zahlen können, und den ist der eine Punkt.
Großunternehmungen, die das tun können und tun, Aber lassen Sie mich 'bitte weiter folgendes sa-
zu vermindern. Sie wissen, welche Bedeutung das g en. Herr Professor Schellenberg hat sich darauf
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 145
Dr. Vogel
berufen, er sehe das Argument kommen — das in wollen, was in Ihren heutigen Anträgen enthalten
der Tat kommen muß —, man solle zuerst einmal ist.
abwarten, wie der Haushalt 1962 aussehen werde. (Beifall bei den (Regierungsparteien. —
Ihre Argumentation ist sehr schwach, wenn Sie sich Lebhafte Zurufe von der SPD.)
darauf berufen, daß hier und da Pläne meiner
Freunde existiert haben. Sie wissen sehr genau, in Das scheint mir eine Unterminierung der gemein-
welchem Zusammenhang Pläne, eine derartige samen Verteidigungsabsichten des deutschen Vol-
Weihnachtsgratifikation für weitere Kreise vorzu- kes.
sehen, erwogen wurden. Aber zwischen dem Erwä- (Erneuter Beifall bei den Regierungspar
gen von Plänen und dem Einbringen von Gesetzes- teien. — Anhaltende lebhafte Zurufe von
vorlagen besteht ein erheblicher Unterschied. der SPD.)
(Beifall bei der CDU/CSU.) Aus diesem Grunde bitte ich die Mehrheit des
Meine Freunde hier dafür haftbar zu machen, daß
Hohen Hauses, diese Punkte nicht auf die Tages-
ordnung zu setzen.
irgendwelche Zeitungen das und jenes berichtet
haben, ist eine Praxis, ,die, glaube ich, auch bei (Zuruf von der SPD: Das ist eine ausge
Ihnen auf Widerspruch stoßen würde, wenn wir sie sprochene Lümmelei!)
auf Ihre Vorhaben anwendeten.
(Beifall bei ,den Regierungsparteien.) Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort hat der
Abgeordnete Zoglmann.
Der Haushaltsausschuß hat gestern etwas getan,
was seiner Mehrheit sehr unangenehm war: er hat
einer Regierungsvorlage nicht zugestimmt. Er hat Zoglmann (FDP) : Herr Präsident! Meine Damen
sie nur zur Kenntnis genommen, was er nicht ver- und Herren! Im Auftrage der FDP-Fraktion bitte
meiden konnte. Er hat damit deutlich sichtbar ge- ich, die von den Kollegen Schellenberg und Seuffert
macht, daß wir am Beginn einer Ausgabenflut ent- beantragten Ergänzungen der Tagesordnung abzu-
schlossen sind, auch der Regierung ein Halt zuzuru- lehnen,
fen. Das ist sicherlich nicht sehr populär. Ich glaube (Zuruf von der SPD: Aus Loyalität!)
aber, ,die Haltung, die wir gestern eingenommen
haben, berechtigt uns heute dazu, hier zu sagen: und zwar aus folgenden Gründen. Herr Professor
wir wünschen, daß so kostspielige Anträge nicht in Schellenberg hat selber davon gesprochen, daß alle
der letzten Sitzung dieses Jahres über das Knie ge- eine Weihnachtsfreude in harter D-Mark haben sol-
brochen, daß sie vielmehr im Zusammenhang mit - len. Ich glaube, Herr Professor Schellenberg, Sie
dem großen Tableau, das die Bundesregierung Ihnen sind wie ich der Meinung, daß das schon aus zeit-
im Haushaltsplan vorlegen wird, behandelt werden. lichen Gründen vor Weihnachten gar nicht mehr
möglich ist.
(Beifall bei den Regierungsparteien.)
.(Widerspruch bei der SPD.)
Lassen Sie mich noch ein Weiteres sagen. Wenn
ich mir die Gesamtausgaben der Vorlagen ansehe, Es ist gar nicht möglich, all die Anträge zu verab-
die Sie hier plötzlich auf die Tagesordnung setzen schieden, die Sie hier vorgelegt haben.
wollen und die, muß ich schon sagen, in früheren
Sitzungen des Bundstages dem Hohen Hause nach
Außerdem muß man mit Recht die Frage stellen,
einer viel ernsthafteren Vorbereitung präsentiert
ob hinterher, wenn alle diese Anträge, die Sie uns
worden wären, kann ich einen Verdacht nicht los heute und gestern auf den Tisch gelegt haben, von
uns verabschiedet würden, noch eine harte D-Mark
werden: Sie haben sich in der Aussprache über die
übrigbliebe.
Regierungserklärung ausdrücklich dazu bekannt, daß
Sie und wir von der Koalition gemeinsam die Opfer (Beifall bei den Regierungsparteien.)
zu bringen hätten, die uns unsere außenpolitische
Lage und .die Situation in Berlin auferlegen werden. Ich kann mich in diesem Punkt dem anschließen,
was Kollege Vogel ausgeführt hat: die Stabilität
(Beifall bei den Regierungsparteien. — der Währung muß bei allem berücksichtigt werden,
Zurufe von der SPD. — Abg. Wehner: was wir tun.
Und da fangen Sie bei den Flüchtlingen (Lachen bei der SPD.)
an?!)
Hinsichtlich der Überprüfung der Notwendigkeit,
Meine Damen und Herren, überlegen Sie bitte etwas für die Kriegsopfer zu tun, darf ich sagen:
mit uns, welchen Eindruck es im Ausland hervor- es erscheint uns wichtiger, eine wirkliche Neuord-
rufen muß und wird, nung der Kriegsopferrenten ins Auge zu fassen, als
durch solche Maßnahmen, wie Sie sie vorgeschlagen
(lebhafte Zurufe von der SPD) haben, etwas vorwegzunehmen, was in allem Ernst
und im ganzen Zusammenhang geprüft werden
wenn die von Ihnen eingenommene Haltung dazu muß.
führen würde, der Regierung wohl die Last für die
deutsche Verteidigung aufzuladen, die unpopulären Aus diesen Gründen bitte ich, diese Anträge auf
Maßnahmen auf sich zu nehmen, während Sie durch Erweiterung der Tagesordnung abzulehnen.
Ihre Anträge sich mit all dem populär machen (Beifall bei den Regierungsparteien.)
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Vizepräsident Dr. Dehler: Ich nähme an, daß Dr. Mommer (SPD) : Herr Vizekanzler, wenn sich
wir über die beiden Geschäftsordnungsanträge ge- die Sitzordnung nach der amtlichen Reihenfolge be-
meinsam abstimmen können. stimmt, darf ich fragen, wie es dann kommt, daß die
(Zurufe von der SPD: Nein!) Volksgesundheit, die in die Betreuung von Frau
Ministerin Schwarzhaupt gegeben ist, so eingestuft
— Dann wird also zunächst über den Antrag abge- wird, daß Frau Ministerin keinen Platz mehr auf der
stimmt, die Anträge Drucksachen IV/54, IV/55 und ersten Bank hat?
IV/82 heute auf die Tagesordnung zu setzen. Wer
dem Antrag zustimmt, den bitte ich, Zeichen zu Dr. Dr. h. c. Erhard, Stellvertreter des Bundes-
geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der kanzlers: Ich glaube, Sie können die Sitzordnung,
Antrag ist abgelehnt. wie sie nach der Reihenfolge der Ministerien im
Wer dafür ist, den Antrag Drucksache IV/67 auf Bulletin veröffentlicht ist, nicht mit der Wichtigkeit
die Tagesordnung zu setzen, den bitte ich, ein Zeichen der von einem Ministerium ausgeübten Funktion
zu geben. — gleichsetzen.
(Zuruf von der SPD: In den Wahlversamm- (Beifall bei der CDU/CSU.)
lungen reden sie anders!)
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
abgelehnt. satzfrage!

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Dr. Mommer (SPD) : Meinen Sie nicht, Herr Mini-
Fragestunde (Drucksache IV/70). ster, daß es gut wäre, auch in der sachlich harten
Politik gelegentlich Kompromisse zwischen sach-
Zunächst die Frage des Abgeordneten Lohmar aus lichen Notwendigkeiten und der Pflicht zur Ritter-
dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts: lichkeit zu schließen?
Welchen Erfolg hatten bisher die Bemühungen der Bundes-
regierung um eine Angleichung der arbeitsrechtlichen Bestim- (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)
mungen für bei den alliierten Streitkräften beschäftigte Arbeit-
nehmer an die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer in der
Bundeswehr? Dr. Dr. h. c. Erhard, Stellvertreter des Bundes-
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwor- kanzlers: Sie sprechen in Rätseln. Aber wenn Sie
tung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch es deutlich ausdrücken, bin ich gern bereit, zu ant-
nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht worten.
abgedruckt. - (Heiterkeit. — Abg. Dr. Schäfer: Wenn Rit
terlichkeit für Sie ein „Rätsel" ist, so
Vizepräsident Dr. Dehler: Die Frage des Herrn genügt das!)
Abgeordneten Dr. Mommer gehört nicht zum Ge-
schäftsbereich des Bundesministers des Innern, son- Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
dern zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers; sie Frage — gestellt von Herrn Abgeordneten Faller —
wird vom Herrn Bundeswirtschaftsminister in seiner aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der
Eigenschaft als Stellvertreter des Bundeskanzlers Finanzen:
beantwortet. Die Frage lautet:
Billigt die Bundesregierung, daß von der Zollverwaltung ent-
Erlaubt es die hergebrachte Hierarchie in der Bundesregierung, lang der schweizerischen Grenze bei Grenzach (Baden) ein ca.
unserer ersten Frau Ministerin einen Platz in der vordersten 2 m hoher Zaun errichtet wurde?
Regierungsbank im Bundestag einzuräumen und sie aus der
stets großen Zahl der hohen Ministerialbeamten herauszuholen? Bitte, Herr Staatssekretär!
Bitte, Herr Bundeswirtschaftsminister!
Dr. Hettlage, Staatssekretär des Bundesministe-
Dr. Dr. h. c." Erhard, Stellvertreter des Bundes- riums der Finanzen: Herr Abgeordneter Faller, in
kanzlers: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! der Gemeinde Grenzach bei Lörrach sind Wohnsied-
Ich beantworte die Anfrage im Namen des Bundes- lungen genehmigt worden, die bis unmittelbar an
kanzlers wie folgt. Die Sitzordnung auf der Regie- die Bundesgrenze reichen. Die Gebäude stehen teil-
rungsbank beruht nicht auf der Zuweisung eines weise nur fünf Meter von ,der Grenze entfernt, und
bestimmten Platzes. einige Garagenbauten stehen unmittelbar an der
Grenze. In diesem Grenzabschnitt ist auf Veran-
(Hört! Hört! bei der SPD.)
lassung des Hauptzollamts und im Einvernehmen
Die Mitglieder der Bundesregierung nehmen in der mit dem Landratsamt in Lörrach auf einer Strecke
Regel ihre Plätze nach der amtlichen Reihenfolge von 210 Metern ein Zaun errichtet worden. Dieser
der Bundesministerien ein. So erklärt es sich auch, Zaun war notwendig, um die Grenzüberwachung zu
daß Frau Bundesminister Dr. Schwarzhaupt nicht in sichern. Es handelt sich um ein ganz unübersicht-
der vordersten Reihe der Regierungsbank Platz ge- liches Gelände, wie uns vom Hauptzollamt mitge-
nommen hat. Doch hat sich eine durchgehend feste teilt wird, das bevorzugt von illegalen Grenzgän-
Übung bei der Einnahme der Plätze nicht herausge- gern — ausländischen Arbeitskräften — oder an-
bildet. deren unerwünschten Besuchern benutzt wird. Nur
aus diesem Grunde ist dieser Zaun errichtet wor-
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter den. Das Landratsamt in Lörrach ist damit einver-
Mommer, haben Sie eine Zusatzfrage? — Bitte! standen. Der Bürgermeister in Lörrach hat Bedenken
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 147
Staatssekretär Dr. Hettlage
wegen des Landschaftsschutzes. Um diesen Beden- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
ken Rechnung zu tragen, soll der Zaun auch be- des Herrn Abgeordneten Dröscher!
wachsen werden.
Dröscher (SPD) : Herr Minister, können Sie
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, sagen,wl„hircd"nFagekomt?Ob-
Herr Abgeordneter Faller. wohl der Termin doch sehr nahe herangerückt ist,
sehe ich auf den Straßen der Bundesrepublik die
notwendige Ausrüstung noch nicht.
Faller (SPD) : Herr Staatssekretär, ist Ihnen be-
kannt, daß Sie falsch unterrichtet wurden, daß
nämlich gerade die Stelle, wo der Zaun errichtet Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
wurde, absolut übersichtlich in ebenem, freiem Ge- Zweifellos nehmen die Leute diese Ausrüstung erst
lände liegt, während rechts davon, wo die Grenze dann vor, wenn der Termin eingetreten ist und sie
im Walde verläuft, jeder ungehindert über die von der Polizei darauf aufmerksam gemacht werden.
Grenze gehen kann, weil keinerlei Grenzmarkierung Im übrigen liegt eine Richtlinie vor, die mit den
vorhanden ist? Ländern abgestimmt worden ist und die dais ziemlich
eindeutig bestimmt.
Dr. Hettlage, Staatssekretär des Bundesministe- Die Abdeckungen
riums der Finanzen: Herr Abgeordneter, darf ich
vorschlagen, daß wir diese Frage im Einvernehmen — heißt es darin —
nit uns durch die örtlichen Behörden prüfen lassen?
Es ist für ein Bundesfinanzministerium ungewöhn- werden als hinreichend wirkend angesehen,
lich schwierig, sich, abgesehen von der Bericht- wenn bei Geradeausstellung der gelenkten Rä-
erstattung der örtlichen Behörden, ein eigenes Urteil der des unbeladenen Fahrzeugs . . .
über solche Fälle zu bilden. Hier sind dann eine Reihe von Bedingungen ange-
führt, die erfüllt sein müssen. Ich glaube, es wird
das Hohe Haus nicht interessieren, was hier im ein-
Faller (SPD) : Ich bin gern dazu bereit.
zelnen steht, so daß ich nicht die ganze Seite vorzu-
lesen brauche. Ich kann es Ihnen gern zur Verfügung
Vizepräsident Dr. Dehler: Wir kommen zu der stellen.
Frage des Abgeordneten Faller aus dem Geschäfts-
bereich des Bundesministers für Wirtschaft: Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
Ist die Bundesregierung bereit, das Grenzwarenabkommen mit satzfrage des Herrn Abgeordneten Dröscher.
Frankreich, das am 31. Dezember 1951 abläuft, zu verlängern?

Bitte, Herr Minister! Dröscher (SPD) : Herr Minister, bedarf e s für die-
ses „hinreichend" bei den normalen Personenkraft-
Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirt- wagen und bei den normalen Lastkraftwagen eines
schaft: Die Bundesregierung ist bereit, das deutsch- zusätzlichen Schmutzfängers?
französische Grenzabkommen zunächst für ein Jahr,
d. h. für 1962, zu verlängern. Sie wird in den näch- Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
sten Tagen eine entsprechende Vereinbarung mit Das hängt ganz von der Gestaltung des Kotflügels
der französischen Regierung treffen. ab, mit dem der Wagen ausgestattet ist. Das kann
man nicht grundsätzlich sagen, sondern das hängt
Vizepräsident Dr. Dehler: Keine Zusatzfrage! vom einzelnen Fall ab.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts-
bereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
auf die Frage V/1 — des Abgeordneten Dröscher —:
des Herrn Abgeordneten Gönner.
Warum ist das Anbringen von Schmutzfängern nicht an allen
Kraftfahrzeugen gesetzlich vorgeschrieben?
Börner (SPD) : Herr Minister, ist die Bundes-
Bitte, Herr Minister! regierung bereit, die in dem Gutachten des Herrn
Professor Kößler von der Technischen Hochschule
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Braunschweig als notwendig bezeichneten Rad-
§ 36 a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in abdeckungen in den Richtlinien zu § 36 a der Stra-
der Fassung vom 7. Juli 1960 schreibt vor, daß die ßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung zu verankern?
Räder von Kraftfahrzeugen mit einer durch die Bau-
art bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
20 km in der Stunde und von Anhängern hinter sol- Die Ausführungen dieses Gutachtens sind bekannt.
chen Fahrzeugen mit hinreichend wirkenden Ab- Sie sind bei der Abfassung dieser Richtlinien in der
deckungen versehen sein müssen. Als Abdeckungen Länderkonferenz berücksichtigt worden.
kommen Kotflügel, Schmutzfänger oder Radeinbau-
ten in Betracht. Die Vorschrift soll nach § 72 Abs. 2
der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung am 1. Ja- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
nuar 1962, also in wenigen Tagen, in Kraft treten. satzfrage.
148 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

Börner (SPD) : Herr Minister, ist e s richtig, daß Durch das Wasserhaushaltsgesetz und das Gesetz
in den letzten. Wochen auf Grund von Vorstellun- zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen sind aber
gen der Automobilindustrie die ursprünglichen Ab- alte Berechtigungen weitgehend erhalten geblieben.
sichten des Verkehrsministeriums noch weitgehend Soweit die damals auferlegten Bedingungen über-
geändert worden sind? holt oder veraltet sind, sind die nachgeordneten
Behörden angewiesen, sie den jetzigen Verhältnis-
sen nach und nach anzupassen. Bei der großen Zahl
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: der aufrechterhaltenen alten Berechtigungen ist eine
Nein, eiche weitg ehende Änderung ist nicht erfolgt.
solche Anpassung nur innerhalb einer längerer
Der Verband der Deutschen Automobilindustrie hat
Übergangszeit zu erreichen.
gegen die Richtlinien, die zunächst als vorläufige
Richtlinien bekanntgegeben worden sind, allerdings In dem vom Landgericht Wiesbaden entschiede-
Einspruch erhoben. Darüber sind die Verhandlungen nen Fall handelt es sich offensichtlich um eine Be-
noch im Gange. nutzung, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur
Reinhaltung der Bundeswasserstraßen genehmigt
worden ist.
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
Frage V/2 — des Abgeordneten Müller (Erben-
dorf) — .
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
Herr Abgeordneter Wittrock.
Trifft es zu, daß ab 1962 gemäß den Vorschriften des Bundes-
verkehrsministeriums zur Verordnung über brennbare Flüssig-
keiten Fahrzeuge mit kippbarer Ladefläche nicht mehr zum
Transport von Heizöl-Auflegetanks zugelassen werden sollen? Wittrock (SPD) : Herr Bundesminister, würden
Bitte, Herr Minister! Sie den in der Fragestellung zitierten Fall, welcher
vor dem Landgericht in Wiesbaden entschieden
worden ist, zum Anlaß nehmen, gerade in dem
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: außerordentlich belasteten Gebiet der Mündung des
Ein bundesrechtliches Verbot, Kippfahrzeuge zur Mains in den Rhein die alten Bedingungen beschleu-
Beförderung von Heizöl Aufsetztanks zu verwen-
-
nigt überprüfen zu lassen, um eine Änderung der
den, besteht nicht. Der Deutsche Ausschuß für dort bestehenden Verhältnisse zu erwirken?
brennbare Flüssigkeiten hat jedoch im Sommer 1961
einen Entwurf von „Technischen Vorschriften zur
Verordnung über brennbare Flüssigkeiten" ver- Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
öffentlicht. In diesem Entwurf ist ein solches Ver- Wir bemühen uns, soweit wir es mit unserem Per-
bot vorgesehen. Zweck des Verbots ist offenbar die sonal irgend können, diese Sachen schnell durch-
Verhinderung einer versehentlichen oder miß- - zuarbeiten. Aber natürlich liegen gerade in solchen
bräuchlichen Betätigung der Kippvorrichtung bei Konzentrationsgebieten eine große Zahl von Be-
Mineralöltransporten, wodurch dann ein Ausfließen rechtigungen vor. Es ist bedauerlich, daß diese Be-
der Mineralöle eintreten könnte. Gegenwärtig prü- rechtigungen in den Gesetzen alle erhalten geblie-
fen die Bundesressorts, die mit dieser Sache beschäf- ben und dadurch, wie das Landgericht mit Recht
tigt sind, ob dieser Zweck nicht auch auf andere feststellt, die Zulassungsbedingungen außerordent-
Weise erreicht werden kann, so daß das vorgeschla- lich unübersichtlich sind, weil sie früher von ver-
gene Verbot entbehrlich wird. Mit dem Abschluß schiedenen Behörden nach ganz unterschiedlichen
dieser Prüfungen ist nicht vor dem Frühjahr 1962 Gesichtspunkten erteilt wurden. Wir bemühen uns,
zu rechnen. diese Arbeit so schnell wie möglich zu erledigen.
Aber das wird noch einige Zeit dauern.
(Abg. Müller [Erbendorf] : Danke schön)
Wittrock (SPD) : Danke schön.
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
Frage V/3 — des Abgeordneten Wittrock —:
Vizepräsident Dr. Dehler: Frage V/4 — eine
Wird der zuständige Bundesminister bei der Wasser- und
Schiffahrtsverwaltung darauf hinwirken, daß bei den Bundes- weitere Frage des Herrn Abgeordneten Wittrock—:
wasserstraßen die Abwasser-Genehmigungsbedingungen den Er-
fordernissen unserer Zeit angepaßt werden, zumal das Land- Wird der zuständige Bundesminister bei den für die Rein-
gericht Wiesbaden am 16. November l961 in einem Strafprozeß haltung der Bundeswasserstraßen zuständigen Behörden veran-
festgestellt hat, die Abwasser-Genehmigungsbedingungen seien lassen, daß die im Auftrag des Bundesministeriums für Atom-
so unklar und veraltet, daß man nichts mehr mit ihnen an- kernenergie und Wasserwirtschaft entwickelten automatischen
fangen könne? und selbstregistrierenden Abwasser-Meßgeräte (vgl. „Bulletin”
vom 17. Oktober 1961) von den Industriefirmen, welche Abwas-
Bitte, Herr Minister! ser in die Bundeswasserstraßen einleiten, kraft gesetzlicher
Auflage angeschafft werden, um so die Verunreinigung der
Bundeswasserstraßen — z. B. des Rheins — kontrollieren und
schließlich bekämpfen zu können?
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
Der Bundesminister für Verkehr wirkt schon heute Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
darauf hin, daß die Auflagen und Bedingungen für Die Automatisierung der Überwachung von Vor-
die Einleitung von Abwasser in die Bundeswasser- flutern und Einleitungen ist ein seit vielen Jahren
straßen den jeweiligen Erfordernissen angepaßt bestehendes Anliegen des Bundesverkehrsministe-
werden. Die mit der Durchführung des Gesetzes riums. Verschiedene Geräte, so z. B. Wärmeschrei-
zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen vom ber, pH-Schreiber, Leitfähigkeitsschreiber, Sauer-
17. August 1960 beauftragten Behörden der Wasser- stoffschreiber, Trübungsmesser und Dauerproben
und Schiffahrtsverwaltung des Bundes sind dazu nehmer werden bereits seit geraumer Zeit zur
mit entsprechenden Richtlinien versehen worden. Überwachung der Bundeswasserstraßen von den
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 149
Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
Dienststellen der Wasser- und Schiffahrtsverwal- Die Deutsche Bundespost hat die Absicht, dennoch
tung am Rhein, Neckar, Main, an der Leine, We- diese Maßnahme mit der Herausgabe eines Sonder-
ser und Elbe eingesetzt. Auch zur Überwachung be- stempels zu unterstützen.
deutender Abwassereinleitungen von Industriefir-
men sind auf Veranlassung der Wasser- und Vizepräsident Dr. Dehler: Wir kommen zu
Schiffahrtsverwaltung in verschiedenen Werken den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundes-
bereits Dauermeßgeräte im Einsatz. ministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegs-
geschädigte.
Es ist nunmehr angeordnet, daß die für die Rein-
haltung der Bundeswasserstraßen zuständigen Be- Ich rufe auf die Frage VII/1 — der Frau Abgeord-
hörden der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung den neten Korspeter — :

Industriefirmen, die Abwasser in Bundeswasserstra- Hat die Bundesregierung bereits Erfahrungsberichte von den
ßen einleiten, zur Auflage machen, selbstschrei- Ländern über die Durchfuhrung und Auswirkung der Einrich-
tungshilfe für Deutsche aus der Sowjetzone und aus dem so-
bende Abwassermeßgeräte einzusetzen, soweit wjetisch besetzten Sektor von Berlin?
dies erforderlich ist und soweit der Stand der Ge-
räteentwicklung es gestattet. Mischnick, Bundesminister für Vertriebene, Flücht-
linge und Kriegsgeschädigte: Herr Präsident, ich darf
Für wesentliche Stoffkomponenten des Abwas- vorschlagen — wenn Frau Kollegin Korspeter ein-
sers — z. B. Phenol, Chloride, Ammoniak — und verstanden ist —, daß ich die Fragen VII/1 und VII/2
die Sauerstoffzehrung steckt die Entwicklung der zusammen beantworte.
Geräte leider noch in den Kinderschuhen. Um die
(Abg. Frau Korspeter: Bitte!)
Entwicklung voranzutreiben, hat das Bundesver-
kehrsministerium zusammen mit der Bundesanstalt
für Gewässerkunde in Koblenz ein Arbeitspro- Vizepräsident Dr. Dehler: Dann rufe ich eben-
gramm abgesprochen. Grundlage für die Auflagen falls auf die Frage VII/2 — der Frau Abgeordneten
ist § 9 Abs. 3 des Gesetzes zur Reinhaltung der Korspeter —:
Bundeswasserstraßen. Wann ist die Bundesregierung in der Lage und bereit, den
in der Sitzung des Ausschusses für gesamtdeutsche und Ber-
liner Fragen vom 23. Februar 1961 zugesagten Erfahrungsbericht
(Abg. Wittrock: Danke.) zu geben?

Vizepräsident Dr. Dehler: Keine Zusatzfrage. Mischnick, Bundesminister für Vertriebene, Flücht-
linge und Kriegsgeschädigte: Es liegen bereits einige
Wir kommen dann zu der Frage aus dem Ge- unvollständige Geschäftsstatistiken der Länder über
schäftsbereich des Bundesministers für das Post- die Durchführung der Richtlinien für die Einrich-
und Fernmeldewesen, zur Frage VI — die Frage- tungsbeihilfe vor. Daraus und aus Erkundigungen
stellerin, Frau Dr. Hubert, wird vertreten von Frau bei den unteren Dienststellen ergibt sich, daß ins-
Korspeter — :
besondere der Stichtag vom 30. September 1959 und
Beabsichtigt die Bundesregierung — wie andere Länder — die Einkommensgrenze einige Hemmungen bei der
anläßlich der Weltgesundheitstages im Jahre 1962 als Unterstüt-
zung des Kampfes gegen die Malaria eine Sondermarke heraus- Durchführung bereiten.
zugeben?
Auf Grund dieser Erfahrung ist bereits in meinem
Bitte sehr, Herr Staatssekretär! Hause ein neuer Entwurf fertiggestellt worden. Er
wird zur Zeit mit den anderen Ressorts besprochen.
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe- Die Bundesregierung hofft, mit den Ländern im
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Präsi- Januar bis Februar so weit zu sein, daß die Neu-
dent! Meine Damen und Herren! Ich darf die Frage fassung vorgelegt werden kann.
der Frau Abgeordneten Dr. Hubert wie folgt beant- Selbstverständlich ist die Bundesregierung in der
worten. Die Bundesregierung unterstützt, wo und Lage, dem Gesamtdeutschen Ausschuß gemäß dem
wie nur immer möglich, jede wirksame nationale Vorschlag vom 23. Februar 1961 einen Bericht zu
und übernationale Maßnahme gegen die Seuchen erstatten. Ich bitte allerdings, daß wir den Bericht
und Volkskrankheiten. Daher hat sie auch den An- für Februar vorsehen, wenn die Geschäftsstatistiken
trag der Weltgesundheitsorganisation auf Heraus- der Länder vollständig sind und ein Gesamtüber-
gabe einer Sondermarke zur Unterstützung des blick gegeben werden kann.
Kampfes gegen die Malaria sehr sorgfältig und ein-
gehend geprüft. Frau Korspeter (SPD) : Herr Minister, können
Die Gelegenheitsausgaben mit nationalem und Sie mir heute schon sagen, ob sich die Befürchtun-
übernationalem Charakter häufen sich aber immer gen meiner Fraktion bei den Beratungen dieser
mehr, so daß die notwendigerweise sehr langen und Richtlinien bestätigt haben, daß die Richtlinien von
sorgfältigen Planungen gestört werden. Vor allem vornherein zu eng gefaßt waren und daß da-
aber hätte die Vorbereitung und Ausgabe einer durch der Personenkreis, der in den Genuß der
solchen Marke eine Ausweitung von Gelegenheits- Einrichtungsbeihilfe kommen sollte, zu stark ein-
marken zur Folge gehabt, die im Interesse einer geengt wurde, also zu eng begrenzt ist?
notwendig reibungslosen Dienstabwicklung vom
betrieblichen Standpunkt aus nicht für vertretbar Mischnick, Bundesminister für Vertriebene, Flücht-
gehalten werden konnte. Die Weltgesundheitsorga- linge und Kriegsgeschädigte: Es ist sicherlich richtig,
nisation wurde darüber unterrichtet. Frau Kollegin Korspeter, daß Ihre Bedenken und
150 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

Bundesminister Mischnik
Bedenken, die nach den Ausschußberatungen wei- geführt haben. Ich habe die Protokolle über die
terhin vorgetragen worden sind, sich zum Teil als Beratung der drei letzten Rentenanpassungsgesetze
richtig erwiesen haben. Aber auf der anderen Seite in diesem Hause noch einmal durchgelesen und fest-
glaube ich, wir sind beide überrascht, wenn wir gestellt: Sie sind nur von diesem Versicherungs-
heute feststellen müssen, daß ein sehr großer Teil prinzip, von Paragraphen usw. ausgegangen, ohne
der Zonenflüchtlinge innerhalb kurzer Zeit weit an den Menschen und seine Not zu denken. Sie ha-
über die Grenze der Einkommensrichtlinien hinaus ben seinerzeit beim Ersten Rentenzulagengesetz zu-
bereits verdienen, mehr, als wir damals angenom- nächst einmal den Witwen, .die nur 40 Mark Min-
men haben. destrente bekamen, 5 oder 6 Mark Aufstockungs-
beträge wieder abgezogen und dann auf Grund
eines Prinzips die kleinen, niedrigen Renten erhöht.
Frau Korspeter (SPD) : Das werden wir im Be- Der „Sonderzuschuß" ist gegeben worden, weil ein
richt erfahren. Ich kann dazu im Augenblick keine Teil der Renten bei der Schaffung der sogenannten
Stellung nehmen. Ich danke Ihnen. Faktorenrente, d. h. der Umstellung der 6,5 Milli-
onen Renten, nicht erhöht worden ist.
Nun wird immer wieder — auch in den drei zu-
Vizepräsident Dr. Dehler: Damit ist die Frage- rückliegenden Debatten — etwas geltend gemacht,
stunde beendet. das ganz abwegig ist und in keiner Form den Tat-
sachen entspricht, daß es sich nämlich bei diesen
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung: Zwergrenten meist nur um Hausfrauenrenten oder
Zweite und dritte Beratung des von der Bun- ähnliche handle. Ich behaupte, daß dies nicht der
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Fall ist, und ich bitte — da wir jetzt in der Bera-
Vierten Gesetzes über die Anpassung der tung des Vierten Rentenanpassungsgesetzes stehen
Renten dus den gesetzlichen Rentenversiche- —, mir endlich einmal konkret zu sagen, wie viele
rungen aus Anlaß der Veränderung der all- dieser Hausfrauenrenten denn eigentlich in diesen
gemeinen Bemessungsgrundlage für das Jahr rund 2 Millionen Renten stecken. Wenn Sie das
1961 (Viertes Rentenanpassungsgesetz erforscht haben und uns ganz konkret eine Zahl
—4.RAG)(DrucksacheIV/16); nennen können, d. h. uns nicht immer wieder mit
allgemeinen Redensarten abspeisen, hätten wir das
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für So- sachliche Fundament einer Diskussion. Aus meiner
zialpolitik (20. Ausschuß) (Drucksachen IV/72, Kenntnis der 'Praxis kann ich sagen, daß nur ganz
zu IV/72).
wenige Hausfrauen in der freiwilligen Rentenver-
(Erste Beratung 5. Sitzung.) sicherung weiter Beiträge gezahlt haben. Es ist nur
Es liegt vor der Schriftliche Bericht des Ausschus- ein kleiner Bruchteil der rund 2 Millionen Rentner.
ses für Sozialpolitik. Berichterstatter ist Herr Abge- Die Faktorenrente, sicher eine schöpferische, groß
ordneter Kühn (Hildesheim). Ich danke dem Herrn angelegte Arbeit, dieses Tabellenwerk, war 1957
Berichterstatter. notwendig, um mit einem Schlag 6,5 Millionen Ren-
ten einigermaßen auf die Beitragsrente umzustellen.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich behaupte, es ist gar nicht exakt möglich gewe-
Ich rufe auf die §§ 1, — 2, — 3 — und 4 des sen, diese 6,5 Millionen Menschen in eine wirklich
Entwurfs. — Wer zuzustimmen wünscht, den bitte funktionierende, richtige Beitragsrente einzuglie-
ich, Zeichen zu geben. — Gegenprobe! — Enthal- dern. Es ist einfach nicht möglich, weil die Löhne
tungen? — Angenommen. besonders in den Jahren 1900 bis 1920 bei großen
Teilen unserer Beschäftigten sehr niedrig gewesen
Ich rufe dann § 5 auf. Hierzu liegt auf Umdruck 2 sind. Es ist vielmehr eine völlige Verzerrung des
Ziffer 1 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD ganzen Rentengefüges eingetreten, wobei ganz un-
vor. Wird der Antrag begründet? — Bitte sehr, Herr terschiedliche Leistungen herausgekommen sind.
Abgeordneter Meyer!
Ich darf noch einmal das Beispiel anführen, das
mir zugetragen wurde: Zwei 'Frauen bezogen vor
der Rentenreform eine Rente der gleichen Höhe,
Meyer (Wanne-Eickel) (SPD) : Herr Präsident! ungefähr 144 DM. Nach der Rentenreform, die die
Meine Damen und meine Herren! Wir haben uns Einführung der Faktorenrente brachte, war die
auch in diesem Jahre wieder mit der Frage des Höhe der Renten ganz verschieden. Ich gebe gern
„Sonderzuschusses" zu beschäftigen, einer Frage, zu, daß die eine Frau eine Frühinvaliditätsrente —
die immerhin rund 2 Millionen Menschen angeht. heute sagen wir: Berufsunfähigkeitsrente — bezog
Ich glaube, es ist wichtig, dem Hohen Hause klarzu- und die Renten dieser Art, wie die Kenner der
machen, wie dieser „Sonderzuschuß" eigentlich ent- Materie wissen, in besonders starkem Maße erhöht
standen ist. worden sind. Ich kenne die Gründe nicht im ein-
Wir hatten in der Rentengesetzgebung einen Pa- zelnen: ich bin in diesen Dingen nicht mathematisch
rallelfall mit der Mindestrente im Sozialversiche- so bewandert, um hinter das Geheimnis zu kom-
rungs-Anpassungsgesetz 1959. Auch darüber haben men, ob hier etwa bereits bei der Errechnung des
wir uns damals immer wieder unterhalten. Ich erin- Faktors ein Aufstockungsbetrag mit eingesetzt ist;
nere Sie an das Verfahren, das Sie beim Ersten es ist wohl anzunehmen. Jedenfalls wäre durch die
Rentenzulagengesetz um eines Prinzips, des Ver- Rentenreform die Rente der einen Frau unter die
sicherungsprinzips willen, immer wieder hier an- 144 DM gesunken, wenn wir nicht eine Besitz-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 151
Meyer (Wanne-Eickel)
standklausel eingeführt hätten. Die Rente der an- bezogen haben — Ostgebiete, Landwirtschaft usw.
deren Frau ist dagegen um 90 DM erhöht worden. —, doch einen gewissen Ausgleich geben müsse.
Die Rente der einen Frau ist also lediglich um War das Ihre Erwägung? Wenn es Ihre Erwägung
die 21 DM — da es sich um eine Rente aus eigener war und wenn Sie zu diesem Entschluß gekommen
Versicherung handelte — des „Sonderzuschusses" sind, müssen Sie anerkennen, daß der kleine „Son-
erhöht worden. Diesen „Sonderzuschuß" der jetzt derzuschuß ein Teil der Rente ist.
zur Diskussion steht, habe ich in Analogie zur Sie wissen, wie sich das Preis- und Lohngefüge
seinerzeitigen Mindestrente des Sozialversiche- in unserem Land seit 1957 entwickelt hat; es ist
rungs-Anpassungsgesetzes gesetzt, um aufzuzeigen, nicht meine Aufgabe, darüber eine Untersuchung
daß Sie immer wieder mit den gleichen falschen anzustellen. In der Sozialpolitik habe ich einfach
Argumenten operieren. Die Rente der einen Witwe von den Tatsachen auszugehen, davon, daß andert-
ist also immer weiter zurückgeblieben. Die Diffe- halb bis zwei Millionen Menschen nun immer wie-
renz beträgt mittlerweile über 100 DM, obwohl die der weiter zurückgedrückt werden. Das geht sogar
Renten vor der Rentenreform fast die gleiche Höhe so weit — um eine andere Auswirkung anzufüh-
hatten. So wirkt sich also diese Behandlung des ren —, daß Sie bei demjenigen, dessen Altersruhe-
„Sonderzuschusses" aus. geld mit Erreichung des 65. Lebensjahres die be-
Ich habe das deshalb etwas ausführlicher darge- kannte 2/13-Erhöhung erfahren soll, den „Sonder-
legt, um mich mit dem Argument auseinanderzuset- schuß" erst einmal abziehen und dann der Rentner
zen, das in diesen Diskussionen immer wieder- auf den übrigen Teil der Rente seine 2/13 aufgeschla-
kehrt: Der „Sonderzuschuß" ist kein Teil der Rente, gen erhält, so daß manchmal nur ein paar Groschen
es ist eben ein Zuschuß; er ist insbesondere auch „Erhöhung" übrig bleiben. Die Menschen schreiben:
kein Teil der sogenannten dynamischen Rente. Wie ist das nun möglich?, wir sollen nach dem klaren
Wenn Sie sich einmal die Mühe machen, das Ren- Gesetzestext bei der Umwandlung in ein Alters-
tengefüge eingehend zu betrachten, dann werden ruhegeld 2/13 Zuschlag zu der Rente, die wir haben,
Sie erkennen, daß sich diese großen Verzerrungen und nicht eine gekürzte Rente haben. — Sie sehen
aus der Eigenart der Umstellung, der sogenannten also, daß sich eine Reihe von Schwierigkeiten erge-
Faktorenrente, ergeben haben. Keinesfalls trifft es ben, weil Sie sich auf diesen Standpunkt gestellt
zu, daß es sich bei den Empfängern der niedrigen haben.
Renten um Menschen handelt, die die Zahlung ihrer Wir fordern deshalb, daß der „Sonderzuschuß"
Pflichtbeiträge usw. vernachlässigt haben. Das ist endlich voll einbezogen wird. Ich darf auch noch
zumindest in 80 % der Fälle nicht so. Ich wäre darauf hinweisen, daß es sich zwar um den „Son-
Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir endlich einmal derzuschuß" von 14 bzw. 21 DM handelt, daß aber
Zahlen über die sogenannte Hausfrauenversiche- diese Menschen — fast zwei Millionen — nicht alle
rungsrente vorlegten. den vollen „Sonderzuschuß" erhalten, sondern nur
ein Teil. Beispiel: In der Rentenerhöhung durch die
Durch die von Ihnen gefaßten Beschlüsse sind Faktorenrente steckte schon eine Erhöhung von
Verzerrungen, Härten und Mängel rückwirkend in 10 DM. Dann bekam der Betreffende von diesem
das Rentengefüge eingebaut worden. Eine wirkliche Sonderzuschuß nur noch 11 DM. Es werden also
Beitragsrente wird vielleicht erst in 15 oder 20 auch diesmal wieder nur die 10 DM in die Dynamik
Jahren zu befriedigenden Ergebnissen führen, der vierten Rentenanpassung einbezogen. Wenn Sie
wenn die Menschen darauf vorbereitet sind, wenn ernsthafte Untersuchungen anstellten, würden Sie
sich das heute bestehende Lohngefüge auswirkt. mit uns zu dem gleichen Ergebnis kommen. Denn
Es muß aber zu Verzerrungen führen, wenn man diese Renten werden ja zunächst alle ausgeklam-
die niedrigen Landarbeiterlöhne, Hausgehilfinnen- mert. Die Post kann sie nicht umstellen. Es ist eine
löhne usw. rück wirk e n d in die Berechnungs- große Verwaltungsarbeit notwendig. Wenn Sie die
grundlage einbezieht. Alle diese Umstände sind es, 10 DM in die Rentenanpassung einbeziehen, sind
die die geringe Höhe jener zwei Millionen Renten das 50 Pf im Monat. Wenn Sie sich diese ungeheure
bedingen, und mit dem von Ihnen befürworteten Verwaltungsarbeit — Lohnstunden und alles, was
Verfahren bestrafen Sie diese Menschen rückwir- damit verbunden ist — einmal vor Augen führen,
kend. erkennen Sie, daß wir einen großen Teil Geld für
(Beifall bei der SPD.) eine Verwaltungsarbeit ausgeben, den wir eigent-
Ich könnte Ihnen noch sehr viel Material auf den lich den kleinen Rentnern geben sollten,
Tisch des Hauses legen, denn ich habe mich mit (lebhafte Zustimmung bei der SPD)
Rentenfragen dieser Art eingehend beschäftigt, weil
ich einfach nicht Ihr Argument verstehe, der „Son- und dann erkennen Sie weiter, daß der Standpunkt
derzuschuß" sei kein Teil der Rente. Wenn Sie auf die Dauer nicht aufrechterhalten werden kann.
diese Auffassung vertreten, dann bitte ich mir in Wir hatten den Eindruck— an anderer Stelle hat der
der 'Diskussion zu sagen, warum Sie dann diesen Kollege Professor Dr. Schellenberg schon davon ge-
„Sonderzuschuß" beschlossen haben? Waren es da- sprochen —, daß von der größten Fraktion — oder
mals — vor der Bundestagswahl — wahlpolitische einem Teil dieser Fraktion — mancherlei in die Welt
Gründe? Oder waren Sie der Meinung, daß die gesetzt worden ist. Ich könnte auch Äußerungen des
Faktorenrente doch nicht so exakt auf die Verhält- Kollegen Kühn über das Weihnachtsgeld und eine
nisse in der Vergangenheit zurückprojiziert wer- Sonderzulage verlesen, — und was alles für Illusio-
den kann und daß man den anderthalb bis zwei nen in den Menschen erweckt worden sind. Wir
Millionen Menschen, die früher sehr niedrige Löhne Sozialdemokraten haben uns von vornherein nicht
152 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961
Meyer (Wanne-Eickel)
daran beteiligt, weil wir der Überzeugung sind, daß tenanpassung, und infolgedessen sollten wir es uns
in dem Gefüge der Rentenversicherung zunächst gar nicht gegenseitig so schwer machen, daß wir uns
kein richtiger Raum dafür vorhanden ist. Wir haben bei dieser Gelegenheit, einer dem anderen, nach-
in § 2 des Vierten Rentenanpassungsgesetzes eine sagen, er habe hier ein besonders gutes Herz. In
wichtige Neuerung dahingehend getroffen, und wir diesem Augenblick geht es ja nicht ums gute Herz,
sind hier so mit einer Handbewegung in den ersten sondern es geht darum, daß wir nun wirklich ein-
Paragraphen darüber hinwegegangen. Hier haben mal mit einiger Klarheit diese Vorlage und auch
Sie auch eine Position aufgegeben, bei der wir in Ihren Vorschlag untersuchen.
den früheren drei Rentenanpassungsgesetzen die
Ich möchte mich, Herr Kollege Meyer, nicht auf
größten Schwierigkeiten gehabt haben. Sie beziehen
das gleiche Gebiet begeben wie Sie, nämlich unter-
jetzt endlich in bezug auf die Ruhensvorschriften
suchen, welche wertenden Gründe dafür vorhanden
etwas ein, was längst fällig war, schon bei den frü-
sind, daß eine Reihe von Bagatellrenten heute noch
heren Rentenanpassungsgesetzen. Alle die Renten,
festzustellen sind. Wir sehen die Problematik, die
die unter die Ruhensvorschriften fallen, werden
darin liegt, daß tatsächlich Naturalleistungen viel-
jetzt neu berechnet werden, so daß hier unter Um-
fach zu gering bewertet sind.
ständen nicht nur eine Rentenerhöhung von 5 %,
sondern von 15 und mehr Prozent herauskommen (Abg. Frau Korspeter: Nicht nur die Natu
wird. ralleistungen, auch die Versehrten mit nie
Wir begrüßen das insbesondere deshalb, well ein drigen Löhnen!)
großer Teil der Bergleute einen gerechten Vorteil — Es gibt eine ganze Reihe von Gründen — das
von dieser Regelung haben wird. gebe ich, Ihnen zu — für die Bagatellrenten. Wir sollten
Ich darf zusammenfassen. Gehen Sie nun endlich diese Gründe jetzt im einzelnen nicht aufzählen,
bei der Vierten Rentenanpassung den Schritt, den da sie gar nicht Gegenstand der Beratung dieses
Sie in § 2 bei den Ruhensvorschriften gemacht Gesetzes sind; die Problematik, die darin liegt, wird
haben! Geben Sie auch diese Position auf! Sparen selbstverständlich eines Tages aufgenommen wer-
Sie ungeheure Verwaltungsarbeit! Vereinfachen Sie den. Wir haben ja selber schon wiederholt ange-
den Vorgang der Rentenanpassung, und denken Sie kündigt, daß wir eine Novellierung der Renten-
insbesondere an die vielen kleinen Rentner! neuregelungsgesetze beabsichtigen, bei denen wir
alle die Fragen, die Sie hier angeschnitten haben,
Ich freue mich, daß in diesem Jahr nicht wieder so dann zu untersuchen haben werden. Aber diese
viele abwertende Zwischenrufe hier gemacht wor- Fragen sind nicht Gegenstand dieses Gesetzes.
den sind,
(Anhaltende Zurufe von der SPD.)
(Abg. Ruf: Das kommt vom müde machen--
den Wetter!) — Sie sind nicht Gegenstand dieses Gesetzes —
darf ich das eben zu Ende sagen, Herr Professor
die immer gerade auf diese kleinen Renten aus- Schellenberg —, dieser Rentenanpassung, sondern
gingen. Ich habe mich heute — um abzuschließen —
es geht darum, ob es nach den derzeit geltenden
gar nicht mit diesen Tatsachen befaßt, die den Ken- Bestimmungen gerechtfertigt ist, den Zuschuß von
nern der Materie, glaube ich, vollkommen klar sind,
21 DM in die Bewertung einzuziehen. Dieser Zu-
sondern ich habe versucht, einmal Ihren Blick auf
schuß von 21 DM ist nicht Gegenstand der Lohn-
die Verzerrung des Rentengefüges und die Fak-
bezogenheit. Infolgedessen kann er bei der Berech-
torenrente hinzulenken, auf die dadurch entstehen-
nung der Rente und bei der Berechnung der Anhe-
den Ungerechtigkeiten und Schwierigkeiten für viele
bung nicht berücksichtigt werden. Aus diesen Grün-
Rentner. In diesem Zusammenhang habe ich Sie
gebtn,d„Sorzuschß"IeBtangzu den sind wir der Meinung, meine Damen und
Herren, daß Ihr Vorschlag abzulehnen sei. Ich bitte
unterziehen.
das Hohe Haus, dem zu folgen.
Wir bitten also, bei der Vierten Rentenanpassung
endlich auch den vollen „Sonderzuschuß" in die (Abg. Dr. Schellenberg: Herr Kollege, ge
Rentenanpassung miteinzubeziehen. statten Sie eine Zwischenfrage!)

(Beifall bei der SPD.) Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zwischen-


frage Herr Abgeordneter Dr. Schellenberg!
Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort hat der
Abgeordnete Kühn (Hildesheim).
Dr. Schellenberg (SPD) : Da Sie sich mit Ihren
(Zurufe von der SPD.) Erklärungen in ausdrücklichen Gegensatz zu dem
gestellt haben, was der Herr Bundesarbeitsminister
Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) : Herr Präsident! bei der ersten Lesung erklärte,
Meine Damen und Herren! „Jetzt kommt der Weih- (Sehr wahr! bei der SPD)
nachtsmann" ist schon insofern nicht richtig, als darf ich Sie fragen: Können Sie uns ungefähr einen
ich nicht über den zugehörigen Bart verfüge. Termin für Ihre Vorschläge nennen?
(Heiterkeit. — Erneute Zurufe von der SPD.)
Ich würde, meine Damen und Herren, auch gar nicht Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) : Ich habe keine
davon sprechen; wir sprechen ja hier nicht über Vorschläge über einen Termin gemacht,
Weihnachtsgratifikationen, sondern über die Ren- (Abg. Dr. Schellenberg: Wiederholt!)
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 153
Kühl (Hildesheim)
sondern ich habe gesagt, Herr Professor, wir hätten Wir sind der Meinung, daß diese 40 % in einer
wiederholt erklärt, daß wir der Meinung sind, man Summe zur Auszahlung kommen sollten. Diese Son
müsse, wenn man mit einem Gesetz eine genügend derzahlung soll nach unserem Vorschlag möglichst
lange Zeit der Erfahrung hinter sich habe, dann schnell erfolgen.
überprüfen, ob die getroffenen Bestimmungen noch Deshalb haben wir in Abs. 3 des § 7 a eine pau-
den geänderten Verhältnissen entsprechen und ob schalierte Sonderzahlung in Höhe von 80 DM für
die gewonnenen Erfahrungen es gerechtfertigt er- die Rentner und 40 DM für die Waisen vorgesehen.
scheinen lassen, in eine Prüfung einzutreten.
Nach dem von uns vorgesehenen § 7 .a Abs. 4 sol-
(Abg. Dr. Schellenberg: Im Jahre 2000!) len diese Mindestbeträge, die nicht in jedem Fall
— Nein, nicht im Jahre 2000! Legen Sie uns aber rechnerisch die Anpassungssumme erreichen, ge-
jetzt nicht auf eine Zeit fest! Sie selber würden das zahlt werden, und der Differenzbetrag soll aus Bun-
ja auch nicht tun. desmitteln gedeckt werden.
Der von uns ebenfalls vorgeschlagene § 7 b re-
gelt in den Absätzen 1 und 2 die technische Seite
Vizepräsident Dr. Dehler: Wir kommen zur der Auszahlung und legt fest, daß die Auszahlung
Abstimmung über Umdruck 2 Ziffer 1 a) und b) sie unverzüglich vorzunehmen ist.
stehen miteinander im Sachzusammenhang. Wer
diesem Antrag zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Meine Damen und Herren, zur Begründung darf
Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — ich mir noch einige Anmerkungen erlauben. Die
Bundesregierung hat bereits bei ihrem Reformvor-
Ich möchte die Abstimmung wiederholen. Wer zu- schlag im Frühjahr 1957 zum Ausdruck gebracht,
stimmt, erhebe sich. — Die Gegenprobe! — Es bleibt was mit der Rentenreform erreicht werden solle —
unklar. Wir müssen auszählen. — ich zitiere —:
Ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. Wenn der Lebensstandard des arbeitenden
Es wurden 366 Stimmen abgegeben, davon 142 mit Menschen steigt, wird auch der Lebensstandard
Ja und 224 mit Nein; der Antrag ist abgelehnt. des Rentners steigen. Der in .der Vergangenheit
beobachtete Vorgang, daß der Lebensstandard
Ich rufe den § 5 in der vom Ausschuß beschlos-
'der Rentner immer weiter hinter .dem des Ar-
senen Fassung auf. Wer zustimmen will, der gebe
beiters zurückbleibt, wird sich nicht wieder-
das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
holen.
— § 5 ist angenommen. .
Diese Auslassung der Bundesregierung zur Renten-
§§ 6 und 7! Wer zustimmen will, gebe bitte reform fand auch in der Begründung zu § 1259 RVO
das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? eine weitere Vertiefung. Zur Begründung wurde
-
— Mit Mehrheit angenommen. seinerzeit erklärt — ich darf wieder zitieren —:
Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der Nach einer 40jährigen Versicherungsdauer er-
SPD Umdruck 2 Ziffern 2 und 3 auf. Das Wort zur hält der Versicherte 60 vom Hundert seines
Begründung hat der Abgeordnete Killat. durchschnittlichen gegenwartsbezogenen Ar-
beitsverdienstes und damit zugleich 60 vom
Killat (SPD) : Herr Präsident! Meine sehr geehr- Hundert des gegenwärtigen Verdienstes ver-
ten Damen, meine Herren! Mit den Änderungsan- gleichbarer Arbeitnehmer.
trägen auf Umdruck 2 Ziffern 2 und 3 fordern wir Das war das Ziel, das mit dem Rentenreformvor-
die Einfügung eines neuen § 7 ,a und eines neuen schlag erreicht werden sollte. Wir müssen leider
§ 7 b. Damit soll ein erster Schritt auf dem Wege feststellen, daß dieses Ziel bis jetzt nicht erreicht
zur Gleichbehandlung aller Renten bei den nach den wurde. Zum Teil liegt das auch daran, daß beispiels-
gesetzlichen Bestimmungen alljährlich vorzuneh- weise bei den Arbeitern die Beitragsdichte in den
menden Anpassungen getan werden. Bekanntlich jährlichen Versicherungszeiten etwa nur 9 bis 10
hinken unsere Altrenten bei der Anpassung immer Monate beträgt, weil die Arbeiter durch die noch
ein Jahr hinterher. Die Neurentner erhielten im nicht gewährte Lohnfortzahlung während ihres Ar-
vergangenen Jahr eine gegenüber der bereits 1960 beitslebens nicht voll versichert sind.
festgesetzten Rente um 5 % höhere Rente. Durch das Aber entscheidend für das Zurückbleiben der Ren-
Vierte Rentenanpassungsgesetz sollen die Altrent- ten hinter den Verdiensten der Arbeitnehmer ist
ner, deren Renten 1960 oder in den Jahren davor nach wie vor der Zustand, daß die Altrentner bisher
festgesetzt wurden, ab 1. Januar 1962 eine um 5 % um ein Jahr in der Anpassung nachhinken. Ich
höhere Rente erhalten; diese Rentenerhöhung haben möchte bei dieser Gelegenheit gleich den Berufs-
die Neurentner bereits 1961 erhalten. Die Neuzu- optimisten — so möchte ich sie nennen —, die bei
gänge von 1962 sollen dazu noch eine weitere Er- der Behandlung einer solchen Materie in der Öffent-
höhung um 6,6 % bekommen. lichkeit ständig ein sehr phantasievolles Bild über
Mit unserem Vorschlag 2u § 7 a Abs. 1 beabsich- die Rentenhöhe entwickeln, folgende Daten hinsicht-
tigen wir, als ersten Schritt eine Erhöhung um die lich der Rentenzahlung vortragen. Unter 59,90 DM
Hälfte des notwendigen Anpassungsbetrages für erhalten heute 29 % aller versicherten Frauen und
1962, nämlich um 3,3 %, zu erreichen. Diese Erhö- 12 % der Witwen. Unter 100 DM liegen drei Viertel
hung um 3,3 % - die Hälfte der Erhöhung für die aller Renten der weiblichen Versicherten und fast
Neurentner ab 1962 — würde bei zwölf Monats- 45 % der Renten aller Witwen. Schon fast 20 %
beträgen rund 40 % einer Monatsrate ausmachen. der Renten der männlichen Versicherten liegen unter
154 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

Killat
100 DM. Ich darf dazu die Rentenschichtung bis zu oder übernächsten Rentenanpassung jeweils um
150 DM Monatsrente vortragen. Fast 40 % der männ- die Hälfte anzupassen.
lichen Versicherten, 93 % der weiblichen Versicher-
ten und 72 % der Witwen erhalten eine Rente unter Meine Damen und Herren, vor diese Entschei-
dung werden Sie jetzt gestellt. Wir meinen, daß man
150 DM.
absolut um die Hälfte anpassen kann.
(Hört! Hört! bei der SPD.)
Auch noch ein Wort zu den sogenannten „Ringel- Die Herren Kollegen Spitzmüller und Ruf haben
tauben", die uns immer wieder vorgezaubert wer- in der ersten Lesung sehr hoffnungsvolle Ausfüh-
den, also Renten von 400, 500, 600 DM. Nur 1,5% rungen gemacht. Mit Genehmigung des Herrn Prä-
der Männer aus -der Arbeiterrentenversicherung er- sidenten darf ich aus der damaligen Debatte wei-
halten eine Rente in Höhe von 400 DM und mehr — ter zitieren. Herr Spitzmüller erklärte:
1 1/2 %! — und nur 2 % der Frauen erhalten eine
, Nach dem jetzt geltenden Recht hinken die
Rente über 200 DM. Wie gesagt, das sind Daten Altrenten hinter den Neurenten her — das ist
und Zahlen aus der Arbeiterrentenversicherung. sehr deutlich angesprochen worden —, und daß
das kein guter Zustand ist, ist ebenfalls unum-
Ich meine — deshalb habe ich diese Rentenschich-
stritten; denn mit ihm klassifiziert man die Ren-
tung hier einmal vorgetragen —, man kann weder
tenempfänger in zwei Schichten.
die Anpassung noch, was soeben geschehen ist, die
Einbeziehung des Sonderzuschlages noch, was wir Das als Entgegnung auf Ihren vorherigen Zwischen-
auch mit unserem Antrag bezwecken, einen Mindest- ruf, Herr Ruf!
sonderzuschlag in Höhe von 80 DM mit der Begrün- Aber Herr Spitzmüller hat gleichzeitig erklärt:
dung ablehnen — wie es uns teilweise im Ausschuß
ergangen ist —, daß damit beim Zusammenfall Wir sollten im Sozialpolitischen Ausschuß des
mehrerer Renten Beträge zustande kämen, die viel- Deutschen Bundestages versuchen, über das
leicht sogar über dem Einkommen der jetzt tätigen Trennende hinweg schließlich das Gemeinsame
Arbeitnehmer lägen. zu finden, das in so großem Maße vorhanden
ist, und uns zusammenraufen im Interesse der
In der Debatte zur ersten Lesung hat mein Kol- alten Rentner, aber auch im Interesse derer, die
lege Schellenberg schon auf das Unrecht und die erst in Zukunft Rentenempfänger sein werden.
durch nichts begründete unterschiedliche Behand- Herr Kollege Weber hat seine Ausführungen zwar
lung von Alt- und Neurenten hingewiesen. Ich in einer anderen Richtung gemacht. Aber auch er
glaube, wir sollten uns in diesem Hause darüber mußte sich folgendem bekennen — ich zitiere —:
einig sein — und im Prinzip wird dies sogar auch
von den Regierungsparteien bejaht —, daß die Herr Kollege Ruf, lassen Sie sich folgendes sa-
unterschiedliche Behandlung von Alt- und Neuren- gen: Die Sorgen, die Sie vorgetragen haben,
ten einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz die im Sozialbericht enthalten sind, und die Sor-
darstellt, und zwar deshalb, weil man hier gleiche gen wegen des Nachhinkens, die Herr Kollege
Tatbestände im Versicherungsfall ungleich behan- Schellenberg vorgetragen hat, sind berechtigt.
delt. Die Beseitigung des Nachhinkens, der Renten-
(Abg. Ruf: Das stimmt ja nicht! Man be- schere, ist genauso unser Anliegen, meine sehr
handelt Ungleiches ungleich!) verehrten Damen und Herren von der Opposi-
tion.
Wir meinen, daß diese Differenzierung auch verwal- Nun, heute dürfen Sie sich entscheiden, meine
tungsmäßig kompliziert und unlogisch ist. Damen und Herren. Der Herr Kollege Ruf hat unter
positiver Würdigung der finanziellen Situation
Wir hatten, nachdem der Sozialbericht vorgelegt
auch noch erklärt, daß Sie im Ausschuß gewissen-
worden war, auf Grund der Auslassungen von Ver-
haft prüfen würden und daß Sie hofften, wir sähen
tretern der Regierung und der Regierungsparteien
uns recht bald bei der zweiten und dritten Lesung
in der ersten Lesung die begründete Hoffnung, daß
wieder. Nun, wir sind jetzt bei der Entscheidung.
Sie nunmehr einen ersten Schritt zur Anpassung tun
würden. Der Herr Arbeitsminister — ich darf noch Meine Damen und Herren, der Sozialbeirat hat
einmal zitieren — hat sich in einer Rundfunk- sich mit fünf seiner Mitglieder für eine absolute
ansprache, ich glaube am 24. September, gegen diese nachholende Anpassung ausgesprochen. Auch die
ungleiche Behandlung gleichwertiger Renten ge- anderen fünf Mitglieder, die im Augenblick eine
wandt und sie als Übelstand bezeichnet. Er hat er- nachholende Anpassung glaubten noch nicht ver-
klärt, daß er sie beim Ersten Rentenanpassungs- treten zu können, haben unter Hinweis auf eine
gesetz noch bewußt in Kauf genommen habe, weil mögliche teilweise Nachholung erklärt, daß ihre
damals die finanzielle Entwicklung nicht vorauszu- Bedenken gegen eine generelle Nachholung dann
sehen gewesen sei; aber er habe jetzt mit der Frage nur noch in einem abgeschwächten Maße zuträfen.
gerungen, ob er nicht für 1962 eine nachholende Sehr interessant ist, daß nach dem Sozialbericht
Anpassung vorschlagen solle. Noch schien ihm je- — hier zitiere ich — -gegen eine solche teilweise
doch die Finanzlage der Rentenversicherung nicht nachholende Anpassung vom Bundesministerium
günstig genug. Er erklärte dazu wörtlich: für Arbeit verwaltungstechnische Bedenken geltend
Dennoch aber bleibt dieses Problem offen, und gemacht worden sind. -Das ist eine Argumentation,
es ist sicher einmal die Frage, ob man nicht den die wir nicht anerkennen können. Wir stellen näm-
Weg gehen könnte, vielleicht bei der nächsten lich immer wieder fest, daß man jedesmal bei der
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 155
Killat
Diskussion über die Anpassung oder über die Auf- bank ansehen, finden Sie auch darin die Berufung
holung der notwendigen Anpassung bisher im we- auf die Währungsstabilität immer nur dann, wenn
sentlichen nur mit wirtschaftlichen Argumenten es darum geht, Leistungen im Bereich der Sozial-
operiert hat. politik oder im Bereich der Arbeitnehmerschaft zu
gewähren. Hinsichtlich der Gewinnsituation haben
Nachdem diese Argumente in allen Phasen der
Sie noch nicht auf die Währungsstabilität hinge-
wirtschaflenBug,sidEntwck-
wiesen.
lung des Sozialprodukts, sei es die Steigerung des
(Beifall bei der SPD.)
Einkommens aller Erwerbstätigen, sei es die Frage
der Produktivität oder auch die Frage der finan- Meine sehr geschätzten Damen und Herren, man
ziellen Situation der Rentenversicherungsträger, sollte in diesem Hause auch nicht so operieren, wie
mehr oder weniger nicht mehr ziehen, bringt man es Ihr Sprecher heute morgen getan hat, der sagte,
neue Argumente, die bei der Behandlung von An- wir seien nur bereit, der Regierung oder den Regie-
passungsfragen bisher nicht gebracht worden sind. rungsparteien die Verantwortung und die Belastun-
Das halten wir allerdings für eine sehr schlechte gen aufzuerlegen, die zur Sicherung unseres Staates
Sache. Verwaltungstechnisch, so meinen wir, ist un- notwendig sind. Meine Damen und Herren, für die
ser Verfahren ebenso einwandfrei wie jede Sicherung unserer demokratischen Gesellschaftsord-
sonstige generelle Anpassung. Ja, unser Vorschlag, nung, für die Sicherung unserer freiheitlichen Ord-
mit einem Sonderzuschuß, einer pauschalierten nung sind wir bereit, jeden Preis und gemeinsam
Sonderzahlung zu arbeiten, vereinfacht zumindest den Preis zu bezahlen, der notwendig ist. Wenn
die unverzügliche Nachholung in den nächsten sich dort Unterschiede in der Betrachtung ergeben,
Wochen unmittelbar. dann kann es sich nur um Fragen der Zweckmäßig-
Nun haben wir in der Ausschußberatung von dem keit oder der im Augenblick von uns eingeschätzten
Herrn Arbeitsminister gehört, daß wieder ein neuer Notwendigkeit handeln. Sie dürfen das nicht mit
Gesichtspunkt aufgetaucht sei, der es diesmal noch der Frage der Sicherheit im sozialen Bereich kom-
nicht erlaube — obwohl sich auch der Herr Ar- binieren. Wir versuchen nun einmal mit diesem
beitsminister im Grundsatz zu der nachholenden Antrag, auch den Rentnern eine soziale Sicherheit
Anpassung bekennt —, diese Anpassung vorzu- zu gewährleisten.
nehmen; er wies nämlich darauf hin, daß die Be- Im Hinblick auf das Weihnachtsfest wäre es ver-
völkerungspyramide unseres Volkes neuerdings ein lockend, auch auf diesen Aspekt einer solchen Lei-
Gesicht habe, das dies nicht erlaube. stung aufmerksam zu machen. Sie wissen, daß wir
Meine Damen und Herren, ich will mich hier aus wohlerwogenen Gründen keine entsprechenden
nicht auf Einzelheiten einlassen. Aber wenn dieses Anträge für die Sozialleistungsempfänger in der
Argument überhaupt eine Rolle spielt, dann hätte Sozialversicherung gestellt haben. Unser Vorschlag,
es schon bei den vergangenen Anpassungen vorge- eine erste Anpassung in Form eines halben Anpas-
bracht werden müssen, und dann müßte es eigent- sungsbetrages vorzunehmen, bleibt in bezug auf die
lich auch in den gesetzlichen Regelungen, die von Leistungsrente systemgerecht. Sie haben aber durch
bestimmten Voraussetzungen abhängig sind, mit Ihre Vertreter Hoffnungen erweckt — das darf ich
verankert sein. doch wohl hier bemerken —, Hoffnungen, die man
nicht enttäuschen sollte. Wir können diese Enttäu-
Was kostet nun diese nachholende Anpassung? schung vermeiden, wenn Sie unserem Vorschlag zu-
Nach unseren Ausrechnungen kostet sie den Bund stimmen, der im Prinzip eine Sonderzahlung in Höhe
rund 150 Millionen DM und die Versicherungsträ- von 80 DM und 40 DM vorsieht, aber nicht in Form
ger der Arbeiter- und Angestelltenversicherung eines besonderen Weihnachtsgeldes, sondern in
rund 450 Millionen DM. Nach Lage der Dinge ist Form der absolut notwendigen und sozial gerechten
das finanziell ohne weiteres zu verkraften. Anpassung der Renten.
Aber wenn gesagt wird — wir haben es heute Meine Damen und Herren, schon heute ist die
schon durch Ihren Sprecher gehört, der sich bei der Stunde der Bewährung gekommen, die Stunde der
Geschäftsordnungsdebatte über die Tagesordnung Bewährung für die Abgeordneten der Koalitions-
zu einigen anderen Anträgen äußerte —, daß m an parteien. Jetzt muß sich zeigen, ob die sozialpoli-
Währungsstabilität nicht in der ausSorgemdi tische Einsicht, die Sie oder ein Teil Ihrer Mit-
Lage sei, auch nur in eine Beratung über solche glieder vertreten haben, und Ihre freie Gewissens-
Fragen einzutreten oder gar zuzustimmen, dann, entscheidung höher stehen als das Koalitionspapier,
meine Damen und Herren, möchte ich dazu sagen: das irgendwo unterschrieben worden ist.
Wenn das Problem der Währungsstabilität akut ist,
dann ist dieses Haus selbstverständlich gehalten, (Zuruf von der CDU/CSU: Das hat doch
entsprechende konjunktur-, wirtschafts- und wäh- damit gar nichts zu tun!)
rungspolitische Maßnahmen zu ergreifen. Aber ich Damit darf ich Sie, zumindest die Kollegen aus
glaube, es ist eine unmögliche Sache, die Stabilität dem Bereich des Arbeitnehmerflügels, um Zustim-
unserer Währung nur auf dem Rücken der Rentner mung zu unserem Antrag bitten.
sichern zu wollen.
(Beifall bei der SPD.)
(Beifall bei der SPD. — Abg. Schütz [Mün-
chen] : Natürlich nicht nur!)
— Herr Kollege Schütz, wenn Sie sich auch einmal Vizepräsident Dr. Dehler: Dais Wort hat der
die Erklärungen Ihrer Kollegen von der Minister- Abgeordnete Ruf.
156 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

Ruf (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Damen nerationen leben, wenn wir uns so verhalten, wie
und Herren! Ich bitte Sie, die Anträge der SPD, die Sie eis jetzt vorschlagen. So, wie der Präsident des
soeben Herr Kollege Killat begründet hat, abzuleh- Bundesverfassungsgerichts es vor kurzem in einem
nen. Ich gebe zu, daß ich in der ersten Lesung dieses Vortrag in Heidelberg getan hat, müssen wir uns
Gesetzes angedeutet habe, auch in unseren Reihen, mit allem Ernst die Frage stellen, ob die künftige
in den Reihen und CDU und der FDP, würden Er- Generation der heutigen Generation die gleiche
wägungen darüber angestellt, ob und in welchem Altersversorgung gewähren kann, wie sie die
Umfang die im Jahre 1958 nicht vollzogene An- jetzige Generation unseren Alten gewährt.
passung jetzt nachgeholt werden solle. Wir haben
(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)
unter uns eingehend darüber gesprochen, haben
alles gründlich erörtert, sind aber dann, meine Das ist ein ernstes Problem, das Sie mit solchen An-
Damen und Herren von der Opposition, einmütig zu trägen nicht aus der Welt schaffen können.
der Auffassung gelangt, daß diese Frage jetzt nicht (Sehr nichtig! bei der CDU/CSU. — Abg.
entschieden werden kann Dr. Schellenberg meldet sich zu einer
(Zurufe von der SPD) Zwischenfrage.)
— bitte lassen Sie mich ausreden —, daß sie nicht — Sie kommen am Schluß dran, Herr Kollege Schel-
entschieden werden kann, bevor nicht die versiche- lenberg. Lassen Sie mich jetzt zunächst einmal
rungstechnische Bilanz, die wir im Januar oder meine Ausführungen machen. Ich will gerne mit
Februar erwarten, vorliegt. Ihnen diskutieren, das wissen Sie; aber jetzt im
Moment möchte ich erst einmal das im Zusammen-
(Lachen bei der SPD.) hang vortragen, was im Zusamenhang zu sagen ist.
— Da gibt es gar nichts zu lachen; eis liegt in unse- Sie wissen ganz genau, genauso wie wir, daß un-
rer Verantwortung, daß wir s o entscheiden.
ser heutiges System der öffentlichen Sozialleistun-
(Abg. Killat: Was machen Sie, wenn die gen bei dem enormen Volumen, das wir heute
versicherungstechnische Bilanz vorliegt?) erreicht haben, auf dem Zustand der Vollbeschäfti-
— Dann werden wir uns entsprechend verantwor- gung basiert; daß es nur durchzuhalten ist, wenn
tungsbewußt verhalten. Warten Sie mal ab, was die wir auch weiterhin die Vollbeschäftigung haben
versicherungstechnische Bilanz aussagen ward. und wenn wir auch in Zukunft eine wirtschaftliche
Wachstumsrate zu verzeichnen haben wie heute.
Meine Damen und Herren, wir haben uns bei die- Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Was würde pas-
sen Erwägungen einzig und allein von finanzpoliti- sieren, wenn eines schönen Tages — diese Entwick-
schen Gesichtspunkten leiten lassen. Wir wissen lung hat niemand in der Hand — eine Rezession,
und wir geben zu, daß die augenblickliche finan- eine Stagnation der Konjunkturentwicklung ein-
zielle Lage der Rentenversicherungen nicht gerade träte? Das ist durchaus möglich. Als verantwor-
ungünstig ist; aber in der Rentenversicherung darf tungsbewußte Politiker haben wir das vorauszube-
man nicht kurzfristig, sondern muß man in langen denken und bei unseren Maßnahmen einzukalku-
Zeiträumen denken. Da darf man nicht nur an die lieren. Daran kommen wir nicht vorbei, und da
Gegenwart, an die augenblickliche Kassenfülle den- liegt unsere Sorge im Hinblick auf die Rentner.
ken, sondern da muß man vorausberechnen, voraus-
bedenken, was in Zukunft an Ausgaben auf uns (Beifall in der Mitte.)
zukommt. Wir sind nach dem Rentenversicherungs- Ich habe von vielen, vielen Rentnern, die meine
Neuregelungsgesetz verpflichtet, langfristig zu bi- Sprechstunde regelmäßig besuchen, immer wieder
lanzieren. Sie wissen, daß wir verpflichtet sind, mit hören müssen: Hoffentlich bleibt das, was wir
zehnjährigen Deckungsabschnitten zu arbeiten und heute bekommen; sorgt dafür, daß wir das, was
danach die Beiträge usw. festzusetzen. Herr Kollege wir heute haben, auch in Zukunft erhalten werden,
Killat nimmt die Veränderung der Bevölkerungs- sorgt dafür, daß nicht die Renten wieder gekürzt
pyramide nicht gerade ernst; er möchte das auf die werden müssen!
leichte Schulter nehmen. Meine Damen und Herren,
das kann und darf man nicht auf die leichte Schulter (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von
nehmen, das ist ein ernstes Problem. Um diese der SPD.)
Frage beurteilen zu können, braucht man nicht Und dann, meine Damen und Herren von der
Bevölkerungsstatistiker und nicht Versicherungs- Opposition — das muß ich Ihnen nun mit allem
mathematiker zu sein. Jeder kann sich leicht von Ernst sagen —: Was ist das überhaupt für eine
den fünf Fingern ablesen, daß gerade von daher in elende Gesetzesmacherei, daß Sie jetzt ausgerech-
der Zukunft erhebliche Mehrausgaben erwartet net wieder vor Weihnachten — wie in früheren
werden. Jahren, Sie haben nichts hinzugelernt — ein gan-
(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.) zes Bündel von Volksbeglückungsanträgen dem
Hause vorlegen!!
Ich behaupte nicht, meine Damen und Herren von
der Opposition, daß Sie sich jetzt auf den Stand- (Zuruf von der SPD: Von Ihrer Seite?! —
punkt stellen, wir hätten im Augenblick genügend Weitere Zurufe von der SPD.)
Geld, nach uns die Sintflut. Das möchte ich Ihnen — Bitte, wo sind Anträge von uns? Wir haben uns
keineswegs unterstellen. Ich muß Ihnen aber doch hier bei der Regierungsvorlage entsprechend dem
sagen: Wir müssen uns überlegen, ob wir nicht auf Gesetz verhalten. Von uns liegt kein einziger An-
Kosten der Zukunft, auf Kosten nachfolgender Ge- trag auf dem Tisch des Hauses. — Sie beantragen
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, d en 13. Dezember 1961 157
Ruf
gleichzeitig Steuersenkungen, eine Neuregelung Nun hat der Herr Kollege Killat zur Begründung
der steuerlichen Behandlung der Weihnachtsgrati- des Antrages, insbesondere zur Begründung der
fikationen, und für die Kriegsopfer, den Lasten- Sonderzahlung für die Kleinstrentner eine Renten-
ausgleich usw. wollen Sie Zusätzliches tun. Sie be- schichtungstabelle aus der Rentenzugangsstatistik
antragen das, ohne das alles in dem Zusammenhang des Verbandes der Rentenversicherungsträger vor-
zu sehen, in den es hineingehört. So kann und getragen. Die Mitglieder des Sozialpolitischen Aus-
darf man einfach nicht handeln! schusses und wohl auch die anderen Mitglieder des
Hohen Hauses haben vom Deutschen Gewerkschafts-
Sie stellen diese Anträge heute, kurz vor Weih-
bund einen Sonderdruck der Zeitschrift „Soziale
nachten, ohne zu wissen, was alles auf den Bun-
Sicherheit" erhalten, in dem diese Zahlen enthal-
deshaushalt zukommen wird. Sie müssen doch,
ten sind. Es handelt sich um einen Aufsatz von
wenn Sie mit uns die Verantwortung tragen wol-
Herrn Hermann Beermann, Düsseldorf. Nun, Herr
len — und dazu haben Sie sich bereit erklärt —
Beermann ist sicher ein kluger Mann, sonst wäre
zunächst einmal den Bundeshaushalt abwarten! Sie
er nicht im DGB-Hauptvorstand.
wissen genauso gut wie wir, daß auf dem Gebiet
der Verteidigung zusätzliche Lasten kommen, Sie (Beifall bei der SPD.)
wissen, daß auf dem Gebiet des Grünen Plans zu- — Klatschen Sie nicht zu früh! Er schlägt in Ihre
sätzliche Anforderungen gestellt werden. Verwandtschaft insofern, als er es ausgezeichnet
(Zurufe von der .SPD.) versteht, die Statistiken des Verbandes der Renten-
versicherungsträger demagogisch auszuwerten.
— Natürlich, das sind wir der Landwirtschaft schul-
dig, und Sie werden mit uns stimmen, wenn die (Abg. Schütz [München] : Das ist nicht klug!)
Vorlage kommt. Das ist nicht klug, es ist kurzsichtig von ihm, denn
(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von man kommt ja darauf; er darf die Leute doch nicht
SPD.) für dumm halten.
— Wo bleiben die Rentner? Dazu spreche ich nach- In den Rentenschichtungstabellen — Sie können
her! — Sie wissen, daß wir auf dem Gebiet der Ent- es nachlesen, ich habe sie mir in der Bibliothek ge-
wicklungshilfe noch mehr tun müssen, und Sie sagen holt — heißt es da, wo von den Renten die Rede ist:
selber, daß das Problem Sozialpolitik sich immer Versichertenrenten für Männer und Versicherten-
mehr zu einem Menschheitsproblem ausweitet, daß renten für Frauen. In diesen Versichertenrenten
wir nicht nur an die Menschen hier bei uns denken sind aber nicht nur die normalen Renten enthalten,
dürfen, sondern daß wir als Sozialpolitiker uns für also die Altersruhegelder von 65jährigen, sondern
alle die mitverantwortlich fühlen müssen, die in den darin stecken auch die Berufsunfähigkeitsrenten,
Entwicklungsländern, irgendwo in der Welt an Hun- die Erwerbsunfähigkeitsrenten — die Renten derer,
ger sterben. die frühzeitig erwerbsunfähig geworden sind —,
Sie sprechen von den vernachlässigten Gemein- die vorgezogenen Altersrenten für 60jährige usw.
schaftsaufgaben. Sie sind der Ansicht, daß man auf Alle diese Renten sind also darin, es sind also nicht
diesem und jenem Gebiet sich noch mehr anstren- die typischen Renten.
gen müsse, zusätzliche Aufwendungen machen Sehr interessant ist auch folgendes. Sie haben
müsse. Nun gut! Aber wenn man das will, dann muß gerade die Schichtung der Renten mit einem Ren-
man doch die Dinge einigermaßen koordinieren, tennettobetrag bis zu 60 DM hervorgehoben.
muß man die Interdependenz sehen und darf nicht,
wie man es in der Vergangenheit getan hat, einfach Vizepräsident Dr. Dehler: Gestatten Sie eine
so darauflos-wurschteln. Sie haben es offenbar Zwischenfrage?
immer wieder im Sinne, nur punktuell zu verfahren.
Sie müssen endlich einmal diesem Hause eine ein- Ruf (CDU/CSU) : Nein, ich gestatte im Augenblick
heitliche Konzeption dessen vorlegen, was Sie in keine Zwischenfrage. Nachher bin ich gerne bereit
dieser Legislaturperiode vorhaben. zu diskutieren. — Die Gruppe, die Sie erwähnt ha-
Es ist uns aufgefallen, daß der Herr Kollege ben, die angeblich Renten nur bis zu 50 DM bezieht,
Brandt bei der Debatte zur Regierungserklärung umfaßt bei den Männern 13 400 Fälle, bei den Frau-
ganz bewußt jene Seiten überschlagen hat, die die en rund 38 000 Fälle. Schon aus diesem Unterschied
Volksbeglückungsvorschläge betrafen, weil er ge- ersehen Sie, daß bei den Frauen alle diejenigen
merkt hatte, daß das im jetzigen Augenblick, ange- dabei sind, die gar nicht in die Versicherung hinein-
sichts der Berlindrohung, angesichts der außenpoliti- gehören, ,die nur kurze Zeit Arbeitnehmer waren,
schen Situation einfach nicht mehr ankommt und von die nur kurzfristig rentenversicherungspflichtig wa-
der Bevölkerung nicht abgenommen wird. en und dann von der Versicherung nichts mehr wis-
sen wollten. Diese vielen Renten — und das ist die
(Abg. Dr. Schellenberg: Haben Sie Herrn Masse der Hausfrauenrenten — drücken den Durch-
Erler nicht gehört?) schnitt so erheblich. Das muß man doch wissen, das
— Ich habe Herrn Erler gehört. Darauf kann ich auch muß man sehen. Ich könnte ein langes Kolleg über
eingehen, nur keine Angst, Herr Kollege Schellen- Rentenstatistik und -bilanzen halten, aber ich will e s
berg! nicht tun. Daß es so ist, wissen Sie im Grunde ge-
(Zuruf von der SPD: Angst wovor?) nauso gut wie wir.
— Wir haben keine Angst. Wir arbeiten mit Argu- Sie heben auf die niedrigen Frauenrenten ab.
menten; das werden Sie gleich merken. Dabei ist es sehr interessant, in dieser Statistik
158 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

Ruf
festzustellen, daß die durchschnittlichen Nettobeträ- — Meine Damen und Herren, einer solchen Gesetz-
ge bei Berufsunfähigkeitsrenten auf Seite 91 der
— mäßigkeit scheinen auch wir hier zu unterliegen. Ich
Statistik — bei den Männern im Zugangsalter von darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zu Ende
60 bis 64 Jahren eine durchschnittliche Versiche- zitieren. Professor Zwiedineck hat im selben Auf-
rungszeit von 32,6 Jahren haben, daß bei den satz gesagt:
Frauen aber — in der gleichen Altersstufe 60 bis 64
Es gehört zur Moira,
Jahre — nur eine Versicherungsdauer von 19,3 Jah-
ren ermittelt worden ist. Ähnliche Zahlen können — zum Schicksal —
Sie z. B. beim Altersruhegeld lesen: Bei den Män- daß die Menschen verschiedenster Völker von
nern im Zugang mit 65 Jahren beträgt die durch- massenpsychologisch sehr verschiedener Eigen-
schnittliche Versicherungsdauer 35,6 Jahre, bei den art, ganz gewiß aber die Menschheit des Abend-
Frauen aber nur 27,4 Jahre. Das sind nun einmal landes heute von Unzufriedenheit und Unge-
die unterschiedlichen Verhältnisse. Diese unter- nügen durchsetzt ist.
schiedlichen Verhältnisse müssen sich zwangsläufig
Das gehört offenbar zur Sozialpolitik.
in den Renten und im Rentendurchschnitt nieder-
schlagen. Der erwähnte Verband der Rentenversicherungs-
Wir sollten endlich einmal aufhören, mit diesen träger spricht im Rundschreiben Nr. 50 vom 30. Ja-
Durchschnittsrenten zu arbeiten. Die Durchschnitts- nuar dieses Jahres davon, daß in der Rentenver-
renten sagen überhaupt nichts aus. Das weiß jeder sicherung der Arbeiter — in der Arbeiterrenten-
Fachmann, der von den Dingen etwas versteht. versicherung wohlgemerkt, meine Damen und Her-
ren — die typische Versichertenrente in unseren
(Beifall bei der CDU/CSU.) Tagen bei 290 DM liegt, in der Angestelltenver-
sicherung noch wesentlich höher.
Die Bundesregierung hat im September 195ß —
bitte, lesen Sie die Untersuchungen einmal nach! — Ein weiterer Gedanke! Wir haben bei der Renten-
eine große Enquete über die soziale Lage der Rent- reform — ich habe die Unterlagen noch einmal her-
ner durchgeführt, die sogenannte L-Enquete. Leider ausgesucht — gehört, daß zirka 300 000 Rentner
ist sie von uns nichtausgewertet worden, sie ist .
vor der Rentenreform die öffentliche Fürsorge in
nicht genügend beachtet worden. Wer hat sie denn Anspruch genommen haben. Das waren damals 3 %.
schon gelesen? Aber es wäre dringend notwendig, Heute sind es 2 %. Die Zahl der Renten ist in der
die Enquete von damals heute noch einmal nach- Zwischenzeit gestiegen; es sind ungefähr gleichviel,
zulesen. Obwohl sich die Verhältnisse durch die also 300 000 Rentner von 8 Millionen der sozialen
Rentenreform und andere Gesetze gebessert haben, Rentenversicherung, die öffentliche Fürsorge in An-
istrozdemanchbltgeinhsc- spruch nehmen.
lich der Kumulierung und Verflechtung der Sozial- Unter diesem Gesichtspunkt muß man das, was
leistungen usw. usw.; das sollte man immerhin be- die Herren Kollegen Meyer und Killat über die
denken. Klein- und Kleinstrenten gesagt haben, doch ganz,
Herr Beermann vom DGB-Hauptvorstand — er ganz anders sehen, meine Damen und Herren.
oder der DGB, ich weiß es nicht, wer — hat seiner- Wenn diese Leute, diese 2 %, von der Rente leben
zeit, als wir die Rentenreform gemacht haben, in müßten und nicht anderweitige Einkünfte hätten,
der „Welt der Arbeit" unsere Rentenreform des würden sie die öffentliche Fürsorge in Anspruch
Jahres 1957 als die soziale Großtat des 20. Jahr- nehmen.
hunderts bezeichnet. Jetzt auf einmal, obwohl man (Beifall in der Mitte.)
in der Zeit seit 1957 mit vier Rentenanpassungen Aber sie haben es nicht nötig, die öffentliche Für-
die Renten insgesamt um 22,5 % zusätzlich erhöht sorge in Anspruch zu nehmen, weil sie eben über
hat, soll trotz dieser Erhöhung unsere Rentenversi- andere Quellen für die Bestreitung des Lebens-
cherung nichts mehr wert sein, soll sie nicht genü- unterhalts verfügen.
gend sein.
(Zuruf des Abg. Killat.) (Zurufe von der SPD.)
Das muß man doch wissen.
— Nein, das ist schon sehr wichtig, meine Damen
und Herren. Wenn ich diese Kritik an den derzei- Es wäre einmal ganz interessant, auch heute wie-
tigen Leistungen der Rentenversicherung — es ist der festzustellen, wovon die Rentner eigentlich
eine unberechtigte Kritik — zurückweise, muß ich leben. Sie dürfen eben nicht nur die einzelne Rente
immer daran denken, was einer meiner Lehrer, Pro- sehen, sondern Sie müssen einmal bedenken, daß
fessor Zwiedineck-Sudenhorst, bei dem viele dieser Rentner in Haushalten leben, und Sie
ich das beste Kolleg über Sozialpolitik gehört habe, dürfen nicht das einzelne Einkommen für sich be-
einmal gesagt hat, daß nämlich alles sozialpolitische trachten, sondern Sie müssen die Haushaltseinkom-
Wollen und Wirken einer sinkenden Erfolgsrate men betrachten.
unterworfen sei: (Anhaltende Zurufe von der SPD.)
Je bedeutsamer die ersten Fortschritte einer — Nein, nein, natürlich sollen die Kinder für die
Politik sind, um so kleiner erscheinen und um Eltern und die Eltern für die Kinder sorgen. Das ist
so weniger werden die folgenden Fortschritte eine natürliche Einrichtung, und so soll es auch in
in der Fortsetzung einer solchen Politik emp- Zukunft bleiben. Sie müssen daran denken, daß
funden. viele Leistungen — freiwillige Leistungen der Be-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 159
Rut
triebe, öffentliche Leistungen usw. — nach wie vor Antrag der SPD auf Umdruck 2 unter Ziffer 2 rund
kumuliert werden. Darum kommen Sie nicht herum. und schlicht ablehnen. Ich darf auf das Bezug neh-
men, was mein Kollege Spitzmüller und ich in der
Nun, meine Damen und Herren von der Opposi-
ersten Lesung bereits gesagt haben.
tion, Sie wollen, das ergibt sich aus Ziffer 3 Ihres
Antrags, die einen Mindestbetrag vorsieht, einen Herr Kollege Killat, Sie waren so freundlich,
ersten Schritt hin zu einer Mindestrente machen. uns hier anzuführen.
(Sehr gut! bei der SPD.) (Abg. Killat: Zu zitieren, nicht anzuführen!)
— Sie sagen „sehr gut", es wird also hiermit be- — Ja, Herr Kollege Killat, zu zitieren. Mit dem Zi-
stätigt, daß ein erster Schritt zu einer Mindestrente tieren ist es immer eine fragwürdige Sache, wenn
getan werden soll. Bei der Rentenreform waren Sie man einzelne Absätze aus dem Zusammenhang her-
mit uns der Meinung, meine Damen und Herren von ausnimmt. Wenn man das Ganze liest, dann sieht
der Opposition, daß sich die Rentenhöhe nach den es sich meistens etwas anders an. Ich möchte es mir
Leistungen richten soll, daß die Rentenhöhe abhän- ersparen, das Ganze noch einmal vorzutragen. Ge-
gig sein soll von der Zahl und der Höhe der gelei- statten Sie aber, Herr Kollege Killat, daß ich fest-
steten Beiträge, also letzten Endes von dem Lohn, stelle: So, wie dieser Antrag es vorsieht, soll man
den der einzelne während seines Arbeitslebens die Dinge nicht regeln. Man soll keine Teillösungen
gehabt hat. Das war also ein rein kausales Denken. vorwegnehmen, sondern soll die Dinge grundsätz-
Damit waren Sie damals einverstanden, und nun lich regeln und dann richtige Knöpfe machen. Das
schalten Sie um. Nun denken Sie final und sagen: ist unsere Auffassung, und die haben wir dargelegt.
die Renten sollen eine Mindestgarantie für den Le- Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf die Ver-
bensunterhalt geben, und diese Mindestgarantie soll antwortung hinweisen, die wir für die Stabilität der
hier allmählich eingebaut werden. Renten in der Zukunft haben. Herr Kollege Killat,
(Abg. Dr. Schellenberg: Wir wollen nur eine vielleicht darf ich — mit Genehmigung des Herrn
gerechte Anpassung!) Präsidenten — zitieren, was die andere Hälfte des
Sozialbeirats in dem Gutachten dargelegt hat. Es
— Nein, es steht im Godesberger Programm: Min- geht um die Rentenschere, die eine Ungerechtigkeit
destrente für alle Staatsbürger. ist, wie wir alle festgestellt haben, und um das Vor-
(Beifall bei der SPD.) haben, sie schon jetzt mit dieser Anpassung zu
schließen. Darüber steht in dem Gutachten des So-
Darüber ist gar kein Zweifel, und ich freue mich,
zialbeirats folgendes:
daß Sie das bestätigen. Im Regierungsprogramm der
SPD hat Herr Kollege Schellenberg, technisch gar Es war auch nicht ersichtlich, ob die künftige
nicht ungeschickt, muß ich sagen, Finanzentwicklung der Rentenversicherungsträ-
ger einen solchen Schritt nicht nachträglich als
(Abg. Dr. Schellenberg: Danke für das
zu weitgehend erscheinen lassen würde.
Kompliment!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier liegt
— ja, sehr geschickt, das muß ich wirklich sagen —
unsere große Sorge. Stellen wir doch eins hier fest:
gesagt, diese Mindestrente von 225 DM sollen nur
Auch die FDP hat sich bereit erklärt — bereits vor
diejenigen bekommen, die mindestens 50 Jahre ge-
zwei Jahren hatte ich die Aufgabe, es Ihnen hier zu
arbeitet haben, die also diese lange Versicherungs-
sagen —, auf den Boden dieser Rentenreform zu
dauer aufzuweisen haben; wer weniger gearbeitet
treten, vorausgesetzt, daß man die Fehler korrigiert.
hat, wer weniger lange versichert war, soll ent-
Ich glaube, diese Korrektur wurde von allen Seiten
sprechend weniger bekommen. Meine Herren, wenn
als notwendig anerkannt, und diese Aufgabe wird
Sie so in Ihrem Denken umschalten, wenn Sie den
auf dem Tisch des Hauses bleiben.
Rentnern das geben wollen, was ihnen nach ihrer
Bedürftigkeit zusteht, dann läßt sich dieses Denken Dazu ist aber eines festzustellen: daß im Zeichen
eben nicht mehr mit dem Prinzip der Beitragsrente der Hochkonjunktur, der Höchstbeschäftigung, bei
vereinbaren, dann müssen Sie die Beträge, die Sie einem Umlegesystem die Ansprüche aus dem heuti-
diesen Kleinstrentnern in der Sozialversicherung gen Arbeitsleben, nämlich die Renten von morgen
jetzt gewähren wollen, allen Personen geben, die von der kommenden Generation getragen werden
in derselben Lage sind wie diese Rentner der Sozial- müssen. Lassen Sie mich dazu an das anknüpfen,
versicherung. Darum kommen Sie nicht herum, das worüber auch im Ausschuß gesprochen worden ist
ist ein Gebot der Gerechtigkeit. Damit kommen Sie und was Herr Kollege Ruf in der ersten Lesung ge-
dann zu dem, was Sie wollen, wir aber nicht wollen: sagt hat. Wir haben heute wegen der Höchstbeschäf-
zur allgemeinen Staatsbürgergrundrente und zum tigung und Überbeschäftigung in der Bundesrepu-
Versorgungsstaat, den wir nach wie vor ablehnen. blik rund 500 000 Fremdarbeitskräfte. Bei einem
Umlageverfahren bedeutet das, daß deren Beitrags-
(Beifall bei den Regierungsparteien.) leistungen zur Sozialversicherung heute mit in den
algeminTopfß;dAsrücheauin
Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort hat der Beitragsleistungen sind jedoch von der künftigen —
Abgeordnete Weber (Georgenau). Arbeit leistenden und Beitrag zahlenden — Gene-
ration zu befriedigen. Es ist eine Frage, ob man die-
Weber (Georgenau) (FDP) : Herr Präsident! sen Teil nicht aus dem Umlageverfahren heraus-
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe nehmen sollte und gesondert, ähnlich wie beim Ka-
für die FDP-Fraktion hier klarzulegen, daß wir den pitaldeckungsverfahren behandeln müßte. Wenn die
160 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

Weber (Georgenau)
Überbeschäftigung zurückgeht und diese Arbeits- der bestätigt und oft von der Entwicklung übertrof-
kräfte vielleicht wieder in ihre Heimat zurückkeh- fen worden sind.
ren, müßte der zurückbleibende eigene arbeitende (Beifall bei der SPD. — Abg. Schütz [Mün
und beitragzahlende Teil unserer Sozialversicherten chen] : Weil wir Ihren Vorschlägen nicht ge
in Zukunft auch diese Leistungen noch tragen. Ich folgt sind!)
möchte die Problematik nur aufzeigen.
— Lieber Herr Kollege Schütz, nicht „weil wir Ihren
Zum Schluß darf ich zusammenfassend sagen: Die Vorschlägen nicht gefolgt sind", sondern weil Sie die
Frage dieser gesetzesmäßigen Korrektur bleibt auf Entwicklung falsch dargestellt haben und weil Sie
der Tagesordnung. Wir wollen diese Korrektur, aus der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung
meine sehr verehrten Damen und Herren, in Ruhe und der Rentenentwicklung nicht die notwendigen
und mit Überlegung vornehmen, jetzt das Vordring- Schlußfolgerungen gezogen haben. Deshalb war die
liche und morgen dann das andere, das Grundsätz- Entwicklung anders!
liche. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist
einfach unverständlich, wenn Sie mit dem Argu-
Vizepräsident Dr. Dehler: Das Wort hat Herr ment kommen, daß diese Rentenanpassung und das
Abgeordneter Geiger. Nachholen, das Schließen der Schere zwischen den
Bestandsrentnern und den Neurentnern notwendig
sei, gerechtfertigt sei, daß aber jetzt nicht der Zeit-
Geiger (SPD) : Herr Präsident! Meine sehr ver- punkt gekommen sei, diese Maßnahmen durchzu-
ehrten Damen und Herren! Es ist nicht ganz leicht, führen. Wann sollte denn dieser Zeitpunkt gekom-
nach den Worten der beiden Vertreter der Regie- men-sein, wenn nicht in einer derartigen wirtschaft-
rungsparteien bei der Behandlung dieses Problems lichen Hochkonjunktur und bei einem derartig gu-
ruhig und sachlich zu bleiben. ten Stand der Vermögenslage der Rentenversiche-
(Zuruf von der CDU/CSU: Na, na!) rung? Wir dürfen gerade jetzt erwarten, daß Sie
Ihre Erkenntnis wahr machen. Den Herrn Bundes-
Es ist sehr bedauerlich daß beide Sprecher der Re- arbeitsminister möchte ich bitten, nicht nur für die
gierungsparteien hier kein einziges verbindliches Zukunft im Rundfunk eine solche Berechtigung her-
Wort über die Regelung dieser Fragen gesagt, son- auszustellen, sondern mit Ihnen zusammen jetzt für
dern sich in der Einigkeit, den Rentnern nicht das die Durchführung der Anpassung und die Schlie-
zu gewähren, was ihnen eigentlich zukommen ßung dieser Schere einzutreten. Ich will mich jetzt
müßte, fast übersteigert haben. nicht damit beschäftigen, daß wir dazu auf Grund
- des Produktionszuwachses durchaus die Möglichkeit
Es ist nicht Schuld der Sozialdemokratischen Par- haben. Ich will auch nicht aufzeigen — das ist ja
tei, daß wir jedes Jahr dieses Thema wieder behan- bereits geschehen —, daß das Einkommen der Rent-
deln müssen; es liegt in der Rentengesetzgebung be- ner prozentual weit hinter dem der Erwerbstätigen
gründet. In diesem Jahr ist zum erstenmal nach der zurückgeblieben ist.
Neuordnung der Rentenversicherung die Renten-
anpassung rechtzeitig, fast schon etwas zu früh, be- Herr Kollege Ruf, Sie bestreiten die Renten-
kanntgegeben worden, damit sie noch vor den schichtung, und Sie argumentieren damit, daß Herr
Wahlen zum 4. Deutschen Bundestag wirken konnte. Beermann aus der Statistik des Verbandes der Ren-
Trotz dieser frühen Bekanntgabe des Beschlusses tenversicherungsträger nur die für seine Darstel-
der Bundesregierung können die Dinge erst heute, lung zweckmäßigen Zahlen abgeleitet habe. Sie ha-
kurz vor Weihnachten, behandelt werden. Auch das ben dann versucht, ein anderes Bild zu vermitteln,
ist nicht etwa Schuld der Sozialdemokratischen Par- und das war mit den Argumenten, die Sie vorge-
tei, sondern Ihrem eigenen Verhalten nach dem bracht haben, wenig überzeugend. Dieses Bild ent-
Wahlkampf und während der Regierungsbildung zu- spricht auch nicht den tatsächlichen Verhältnissen
zuschreiben. und der tatsächlichen Entwicklung.
(Zustimmung bei der SPD.) Ich darf Sie bitten, noch einmal an die Tage des
Wahlkampfes zurückzudenken. Dort haben Sie ein
Es ist deshalb nicht angängig, daß Sie immer wieder
Inserat verbreitet, in dem zu lesen war: Durch die
betonen, gerade der Zeitpunkt kurz vor Toresschluß
Rentenreform wurde die durchschnittliche Invalidi-
im alten Jahr sei für eine solche Debatte nicht ge-
tätsrente von 141,10 DM auf 352,80 DM angehoben.
eignet; Sie haben für diesen Zeitpunkt die Verant-
Wenn das keine Manipulierung einer Statistik ist,
wortung zu tragen.
dann gibt es überhaupt keine mehr.
(Zustimmung bei der SPD.)
(Beifall bei der SPD. — Abg. Schütz [Mün
Aber ebenso wie das Thema jedes Jahr wieder- chen]: Wer hat denn das geschrieben?)
kehrt, kehren auch Ihre Argumente wieder. Es sind Zum Beweis meiner Behauptung will ich Ihnen
immer die gleichen Argumente. Ich will ehrlich sa- den Rentenzugang bei der Landesversicherungs-
gen: Auch bei der Opposition kehren die gleichen anstalt Baden-Württemberg vortragen. Bei den
Argumente wieder; aber mit dem fundamentalen Menschen in Baden-Württemberg handelt es sich
Unterschied — auch das sollten wir einmal sa- im allgemeinen nicht um diejenigen, die geringe
gen —, daß sich Ihre Voraussagen bisher noch nie Verdienste haben und die man deshalb für diese
bewahrheitet haben und daß unsere Voraussagen Betrachtung nicht heranziehen könnte. Gerade die
in der Vergangenheit erfreulicherweise immer wie- Rente, von der Sie behaupten, sie sei auf 352 DM
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 161
Geiger
angestiegen, nämlich die Erwerbsunfähigkeitsrente sie ihren Vorstellungen auch jetzt, vor Weihnachten,
mit Kinderzuschuß — und zwar die Zugangsrente zum Erfolg verhelfen will, sondern es ist verant-
—, lieber Herr Kollege Ruf, beträgt dort 141,80 DM, wortungslos von jenen Gruppen und Kräften, die
(Hört! Hört! bei der SPD) in der Öffentlichkeit so tun, als ob sie irgend etwas
neu und besser gestalten wollten, daß sie im Plenum
und die Erwerbsunfähigkeitsrente ohne Kinderzu- ganz schlicht und einfach sagen: Wir wären wohl
schuß 131,20 DM. Hier 'handelt es sich um Men- dafür gewesen, aber die finanziellen Grundlagen
schen, die voll im Arbeitsprozeß gestanden haben, reichten nicht aus. Solche Dinge hat man vorher
und nicht um solche, die nur die sogenannte Ba- zu überlegen. Sie dürfen nicht, wie Sie es bei Wahl-
gatelirente erhalten. Aber auch beim Altersruhe- kämpfen oft getan haben, draußen etwas ganz an-
geld — damit die Dinge nicht falsch gesehen wer- deres vertreten als das, was Sie in Wirklichkeit
den und damit niemand sagen kann, bei den an- beschließen. Nicht das, was Sie in der Presse ver-
deren seien allzu viele, die mit 30 Jahren erwerbs- öffentlichen, ist für die Menschen das Kriterium;
unfähig geworden sind, enthalten — ergibt sich das das Kriterium ist vielmehr, wie Sie sich politisch
gleiche Bild. Das Altersruhegeld mit Kinderzuschuß entscheiden und abstimmen. Darauf sollten Sie
beträgt bei allen durch die Landesversicherungs- achten.
anstalt Württemberg im Juli 1961 bewilligten Ren- (Beifall bei der SPD.)
ten 176,50 DM im Durchschnitt.
(Zuruf von der Mitte: Im Durchschnitt!) (Vorsitz: Präsident D. Dr. Gersten
maier.)
Das Altersruhegeld ohne Kinderzuschuß beträgt Wir haben heute die Möglichkeit, die vorgeschla-
175 DM. Wenn Sie ganz neue Renten nehmen wol- genen Leistungen zu erbringen. Wir haben sie von
len, dann dürfen Sie nur die vorgezogene Rente der wirtschaftlichen Seite her, wir haben sie auch
nehmen; sie wird dann etwas höher. Das sind also von der finanziellen Lage der Rentenversicherungs-
die wirklichen Erkenntnisse, lieber Herr Kollege anstalten her. Hier hätten die Kollegen der CDU/
Ruf,
CSU-Opposition, des Arbeitnehmerflügels, ruhig
(Abg. Ruf: Das sagt nichts!) etwas standhafter sein können und hätten nicht all-
und hier handelt es sich nicht um eine Manipulie- zusehr das „Koalitionspapier" und vielleicht sogar
rung der Statistiken. die dazu gefaßten Beschlüsse des Koalitionsaus-
(Abg. Schütz [München] : Genauso mani- schusses berücksichtigen dürfen. Es mutet außer-
puliert!) ordentlich seltsam an, wenn Herr von Brentano,
Ihr Fraktionsvorsitzender, sagt: „Gerade die Frak-
Ich habe den Verdacht, daß Sie die Dinge zweck- - tion der CDU/CSU hat in den vergangenen zwölf
mäßig manipuliert haben und den Eindruck er- Jahren immer wieder gezeigt, daß sie die Unab-
wecken wollen, als sei alles in bester Ordnung und hängigkeit der Entscheidung ihrer Mitglieder re-
als sei gar keine Veranlassung vorhanden, sich spektiert". Dafür haben Sie noch Beifall gespendet.
irgendwelche Sorgen zu machen. Er fuhr dann fort: „Wir, meine Damen und Herren,
Von den Rentenschichtungen wurde dann im ein- kennen keinen Fraktionszwang." Damit meinte er
zelnen gesprochen. Nun kann man durchaus der die CDU.
Auffassung sein — ich bin Ihnen deswegen gar (Zustimmung bei der CDU/CSU.)
nicht böse —, daß die Dinge geprüft werden müs-
sen. Eine solche Prüfung könnte vielleicht ergeben, Aber Sie kennen eine so starke Beeinflussung des
daß eine solche Möglichkeit nicht besteht. Wir sind einzelnen — ich muß das feststellen, weil er später
zu anderen Schlußfolgerungen gekommen. Aber was etwas anderes sagte —, daß er überhaupt keinen
soll denn dann das Verhalten Ihres Arbeitnehmer- Mut mehr hat, das, was er in der Presse vertreten
hat, auch hier zu vertreten und dafür zu stimmen.
flügels und das Verhalten der Kolleginnen und
Heißen Sie das, wie Sie wollen! Jedenfalls ist das
Kollegen dieses 'Hauses, die draußen in der Öffent-
eine Tatsache.
lichkeit immer und immer wieder betonen: Es muß
ein Weihnachtsgeld geben, man muß für die Rentner Ich bin der Auffassung, daß wir nicht nur wirt-
etwas tun? Hier sagen sie dagegen: Nein, wir haben schaftlich in der Lage sind — das ist mit Zahlen,
uns die Dinge überlegt, wir werden das in der Zu- auch im Sozialbericht, genügend untermauert wor-
kunft, später, machen. den —, sondern daß uns auch die finanzielle Kraft
Herr Kollege Professor Schellenberg hat darauf der Rentenversicherung durchaus die Möglichkeit
hingewiesen, daß eine große Zeitung geschrieben bietet, diese Nachholung vorzunehmen, damit man
habe: Hut ab vor dem christlichen Arbeitnehmer- in der künftigen Zeit von einer gemeinsamen Basis
flügel, er fordert Weihnachtsgeld! Wissen Sie, was ausgehen kann.
mein Kollege Rohde dazu sagt? Er fragt ganz schlicht Es besteht aber nicht nur die wirtschaftliche und
und einfach: Was machen jetzt die Journalisten und finanzielle Möglichkeit, wir haben vielmehr auch
Redakteure, setzen sie einfach den Hut wieder auf, eine moralische Verpflichtung, dem Personenkreis,
oder was machen sie jetzt mit diesen Beschlüssen? der im allgemeinen, wie die beiden erwähnten Sta-
(Beifall bei der SPD.) tistiken ausweisen, nicht zu den Beziehern hoher
Einkommen gehört, sondern zu denen, die ein ge-
Meine Damen und Herren, es ist doch geradezu ringes Einkommen haben, zu Weihnachten, wo alle
verantwortungslos, nicht von der Opposition, daß Festbesoldeten mehr erhalten, auch etwas zu geben.
162 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

Geiger
Herr Kollege Dr. Vogel hat zwar davon gespro- für eine solche mögliche Entwicklung verantwort-
chen, daß der Haushaltsausschuß nur Kenntnis und lich?!
nicht zustimmend Kenntnis von den Beschlüssen der (Widerspruch und Zurufe von der CDU/CSU.)
Bundesregierung genommen hat. Den Rentnern
— Aber, Herr Kollege Dr. Vogel, die meisten von
würde es genügt haben, wenn die Regierung einen
uns haben wachen Verstandes zwei Inflationen, zwei
solchen Beschluß gefaßt hätte und wenn Sie i hn
zur Kenntnis genommen hätten, ohne zuzustimmen. Geldentwertungen erlebt. Wer will denn behaupten,
Dann wäre in der Tat wenigstens etwas geholfen daß Lohn- oder gar Rentenerhöhungen Ursache für
eine Inflation sein könnten?! Wer will das ange-
worden, und es wäre nicht nur in Zeitungsartikeln
eine „moralische Aufrüstung" betrieben worden. sichts der Gesamtproduktion behaupten?!

(Beifall bei der SPD.) (Zuruf von der CDU/CSU: Das hat auch
keiner behauptet!)
Herr Kollege Ruf hat noch einige andere Punkte — Natürlich, das kommt doch immer wieder zum
aufgegriffen. Es ist außerordentlich bedauerlich, daß Ausdruck. Der Herr Kollege Ruf hat das extra unter-
der Notstand — Herr Kollege Dr. Vogel hat das strichen.
vorhin ebenso getan wie Sie, Herr Ruf —, der
außenpolitische Notstand, die Krise um Berlin und (Abg. Schütz [München] : Bei dem Geiger
alle möglichen anderen Entwicklungen immer als kann man sagen, was man will, er dichtet!
Begründung dafür herhalten müssen, daß ausgerech- Beruf verfehlt!)
net die Rentner Opfer zu bringen haben. — Herr Kollege Schütz, ich bin Ihnen für diesen
(Beifall bei der SPD. — Abg. Ruf: Das sagt Einwurf sehr dankbar. Das ist nämlich gerade Ihre
doch keiner!) bisherige Praxis: Sie dachten immer: Laßt die ande-
ren nur reden, zum Schluß stimmen wir ab. Wenn
— Das war die Begründung. Sie haben doch, Herr Ihr Arbeitnehmerflügel mehr zu seinen bisherigen
Kollege Dr. Vogel, von der Rüstungslast gesprochen, Forderungen steht, hoffe ich, daß künftig andere
und Sie haben von der Verantwortung gesprochen Entscheidungen fallen werden. Heute hat er seine
und gesagt, aus dieser Verantwortung heraus könn- Lehrprobe nicht bestanden, sondern sich dem Frak-
ten Sie den Rentnern diese Nachholung und Er- tionszwang unterworfen.
höhung nicht gewähren.
(Lebhafter Beifall bei der SPD.)
(Zuruf des Abg. Dr. Vogel.)
Sie haben auch deutlich gemacht, Herr Kollege Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
Dr. Vogel, daß Sie in der Sache etwas anderes der Herr Abgeordnete Dr. Schellenberg.
wollen; es war nicht nur eine Frage der Geschäfts- (Zuruf des Abg. Ruf.)
ordnung. Sie haben zwar formell nur zur Geschäfts-
ordnung gesprochen, zu der Frage, ob man diesen Dr. Schellenberg (SPD) : Herr Ruf, ich habe mir
Antrag auf die Tagesordnung setzen könne. Sie die Unterlagen, die ich hier habe, im Hinblick auf
haben aber auch zur Sache etwas gesagt, nämlich Ihre Ausführungen mitgenommen,
daß Ihre Verantwortung und die Rüstungsbelastung
es nicht zuließen, den von uns beantragten Renten- (Abg. Ruf: Das habe ich gemerkt; denn sie
erhöhungen für Kriegsopfer und Kriegsschaden- fehlen in der Bibliothek!)
rentenempfänger zuzustimmen. Meine sehr verehr- weil Sie von der zukünftigen finanziellen Entwick-
ten Damen und Herren, ich bin überzeugt, daß wir lung und den versicherungstechnischen Bilanzen ge-
Opfer zu bringen haben. Ich glaube aber, daß die sprochen haben. Sie kennen sie ebensowenig wie
Rentner die am wenigsten geeignete Gruppe sind, ich, darf ich annehmen.
bei denen man mit diesem Opfer beginnen sollte.
(Abg. Ruf: Im Sozialbericht ist aber eine
(Beifall bei der SPD. — Zuruf von der Andeutung enthalten!)
CDU/CSU: Das sagt doch niemand!)
— Nein, dort sind nur Prozentsätze genannt. Wir
— Ich könnte Sie ganz schlicht und einfach an Ihre haben bisher keine versicherungstechnische Bilanz
Steuergesetzgebung erinnern. Es wäre gut, wenn gesehen. Aber, wir kennen frühere versicherungs-
wir das Wort „Opfer" etwas weniger gebrauchten technische Bilanzen. Diese habe ich mir mit herauf-
und statt dessen das Wort „Gerechtigkeit" etwas genommen, um Ihnen ganz wenige Sätze zu zitieren.
unterstrichen und größer schrieben. Auch das sollten
wir in diesem Zusammenhang sehen. In der versicherungstechnischen Bilanz von 1927
beispielsweise heißt es:
(Beifall bei der SPD.)
D as Ergebnis der Bilanz zeigt, daß die Beiträge
Wir vermissen eine sinnvolle Gesetzgebungs- um 11 bis 12 % höher sein müßten, damit die
arbeit und sehen es auch nicht als Beweis von Ver- Einnahmen und Ausgaben einander gleich sind.
antwortungsbewußtsein an, wenn Sie im Zusammen-
Die versicherungstechnische Bilanz aus dem Jahre
hang mit Rentenerhöhungen und der Nachholung
1954, veröffentlicht im Bundesarbeitsblatt, weist ei-
der Anpassung immer wieder von Inflationsgefahr,
von der Gefahr der Geldentwertung reden. Selbst- nen versicherungstechnischen Fehlbetrag von 15,441
verständlich ist die Gefahr einer Inflation ein wich- Milliarden DM aus. Ich gebe Ihnen konkrete Zahlen.
tiges Problem, das uns allen Sorgen machen muß. Bei der Beratung der Rentenversicherungs Neu- -

Aber warum machen Sie denn gerade die Rentner regelungsgesetze erhielten wir — Herr Kollege Ruf,
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 163
Dr. Schellenberg
Sie haben das besonders unterstützt — auch. ein Gut- für die Arbeiter von heute und damit für die Rent-
achten über die finanzielle Auswirkung der vorlie- ner von morgen haben.
genden Gesetzentwürfe zur Rentenreform von Herrn (Beifall bei den Regierungsparteien. —
ADr. Heubeck.
Abg. Büttner: Herr Spitzmüller, Sie ver
(Abg. Ruf: Habe ich nicht in allen Punkten gessen die Unternehmensverdienste!)
unterstützt!) — Herr Kollege Büttner, ich bin der Meinung, daß
— Ich erinnere mich noch genau an die gesamten dieses parteipolitische Kapital, das Sie mit solchen
Beratungen im Ausschuß, bei denen mit diesem ver- Anträgen zu sammeln versucht haben, noch nicht
sicherungsmathematischen Gutachten operiert wur- die Zinsen gebracht hat, die sich Ihre Partei davon
de. Für 1961 war darin eine Beitragserhöhung um versprochen hat. Offensichtlich ist die Mehrheit des
10% auf 15,4 % des Lohnes und Gehalts voraus- Volkes immer noch in der Lage, die echten Töne
berechnet worden. Die tatsächliche Entwicklung seit- von anderen zu unterscheiden.
dem war aber, daß sich das Vermögen bei gleich- (Beifall bei den Regierungsparteien.)
gebliebenen Beitragssätzen von 9 auf 18 Milliarden
Lassen Sie mich noch eines sagen! Ich habe im
(DM gesteigert hat. — Die Mathematiker haben
sicher korrekt gerechnet. Sie sind von einer Statik Gegensatz zum Herrn Kollegen Ruf eine Fülle von
ausgegangen und haben nicht die dynamische Ent- Zuschriften aus den Kreisen der Rentner bekommen.
wicklung unserer Volkswirtschaft berücksichtigt. Aus all diesen Zuschriften spricht so etwas die Mei-
nung der Rentner, daß Rentenleistungen ausschließ-
(Zuruf von der CDU/CSU.) lich aus Beiträgen herrührten und daß diejenigen,
Das Ziel der Rentenreform aber war es, sicherzu- die dieses Schließen der Schere nicht sofort und nicht
stellen, daß unsere Alten und Arbeitsunfähigen an heute in dem beantragten Umfang mitmachten, den
dieser dynamischen Entwicklung unserer Volkswirt- Rentnern etwas verweigerten, was sich diese durch
ihre Beiträge erworben hätten.
schaft teilhaben.
(Abg. Schütz [München] : Das tun sie auch!) Ich bin der Meinung, es gehört zu einer sauberen
Sozialpolitik, hier ganz klar auszusprechen, daß wir
Meine Damen und Herren, Sie bleiben mit dem stetig steigende Zuschüsse von Milliarden aus
jetzt zur Verabschiedung stehenden Gesetzentwurf Steuermitteln hineingeben und daß die Last nicht
hinter der Entwicklung unserer Volkswirtschaft — nur von den Beiträgen getragen werden kann. Wir
Zunahme des Sozialprodukts: 11,6 %, Rentenanpas- müssen hier klar sehen, daß der Rentner bei der
sung: 5 %! — zurück. Weil wir das nicht wollen, allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung nicht hin-
haben wir den Antrag zu § 7 a und § 7 b gestellt. Das tenanhängen soll.
betrifft eine grundsätzliche Frage unserer Renten- - (Zuruf des Abgeordneten Dr. Schellenberg.)
reform. Deshalb beantrage ich namens meiner Frak-
tion namentliche Abstimmung über unseren Antrag. — Aber, lieber Herr Kollege Schellenberg, wir wis-
(Beifall bei der SPD.) sen doch, daß wir die Quellen, aus denen die Renten
nun einmal gezahlt werden, nicht verderben und
versiegen lassen dürfen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
der Abgeordnete Spitzmüller. Der Herr Kollege Killat hat vorhan gesagt: Wir
sind bereit, alle erforderlichen Opfer mitzutragen,
mitzuverantworten, die auf uns zukommen. Darauf
Spitzmüller (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr
verehrten Damen! Meine Herren! Einige Bemerkun- erwidere ich: Wir sind aber nicht bereit, Ihrem Vor-
gen des Kollegen Geiger veranlassen mich doch, die- schlag jetzt zu folgen. Denn wenn sich hinterher
ses Podium noch einmal zu betreten. Herr Geiger herausstellt, daß Ihre Schätzungen nicht auf einer
hat so getan, als ob die Sprecher der Koalition sich realen Basis beruhen, müssen wir das Opfer mit-
machen, nämlich die Beiträge erhöhen. Dieses Opfer
lediglich darin einig gewesen seien, daß den Rent-
wollen wir nicht mitmachen, dieses Opfer wollen
nern das nicht gewährt werden solle.
wir der arbeitenden Bevölkerung nicht zumuten.
(Abg. Büttner: In der Abstimmung beweisen!)
(Beifall bei den Regierungsparteien.)
Lieber Kollege Geiger, machen wir uns doch nichts
vor! Es gibt bestimmte Wohlstandpropheten, die Deshalb sind wir der Meinung, daß man einer
reisen über das Land und weisen auf die gute fünfprozentigen Erhöhung zustimmen kann. Wir
Finanzlage der Rentenversicherungsträger hin; sind auch bereit, ein Weiteres zu tun, wenn wir an
Hand der uns zugänglichen Unterlagen sehen, daß
(Sehr richtig! bei der CDU/CSU) es die wirtschaftliche Situation rechtfertigt und daß
es zu verantworten ist.
sie meinen, wer nicht bereit sei, den Rentnern mehr
als 5 % zu geben, der beweise lediglich ein pures Lassen Sie mich am Schluß sagen: Wir freuen
Unverständnis für die Rentner. uns, daß offensichtlich alle Kollegen der CDU die
Rentenneuregelung als Ganzes sehen und nicht der
(Zustimmung bei der CDU/CSU.) Verlockung erliegen, von der der Kollege Killat ge-
Wer so argumentiert, vergißt, wahrscheinlich so- sprochen hat. Er hat nämlich gesagt, es sei ver-
gar bewußt, daß wir — und das habe ich schon i n lockend, im Hinblick auf Weihnachten diese Erhö-
der ersten Lesung ausgeführt — nicht nur die Ver- hung vorzunehmen und die einmalige Zahlung zu
antwortung für die Rentner von heute, sondern auch geben. Ich glaube, Richtschnur des Handelns ist für
164 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961
Spitzmüller
die Koalition nicht die Verlockung, sondern die Ein- — das erste Gesetz überhaupt —, ein Gesetz mit
sicht in die tiefen Zusammenhänge der gesamten einer guten Leistung.
Rentengesetzgebung. Wer heute irgendwo draußen die Ausführungen
(Beifall bei den Regierungsparteien.) der Kollegen der SPD gehört hat, muß sagen: alles
das, was da ist, ist überhaupt gar nichts mehr. Ich
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge- meine, wir sollten das, was ist — Herr Professor
ordneter Winkelheide. 'Schellenberg, Sie haben damals einen Zuruf ge-
macht; nehmen Sie die Sache bitte auch sehr ernst —,
Winkelheide (CDU/CSU) : Herr Präsident! Maine einmal werten. Wir haben seit fünf Jahren immer-
Damen und Herren! Zunächst — ich spreche nicht hin einen Zuwachs an Leistungen von gut 3 Mil-
sehr lange — möchte ich nur der SPD eine Illusion liarden DM. Das heutige Gesetz bringt eine Mehr-
nehmen. Für die SPD bricht keine Morgenröte an, leistung von 760 Millionen DM. Das sollten wir
daß sie in Zukunft auf die christlichen Arbeitneh- auch einmal werten und herausstellen:
mer hoffen kann. (Beifall bei der CDU/CSU.)
(Lachen bei der SPD. — Beifall bei den Und wir sollten ein zweites tun. Herr Professor
Regierungsparteien.) Schellenberg, ich richte mich an Ihre Adresse. Sie
Der Standort der christlichen Arbeitnehmer ist klar sindecharfDk.WibenVrsch-
und eindeutig in der Christlich-Demokratischen rung, eine Versorgung und eine Sozialhilfe. Das
Union. sind die drei Säulen, auf denen unsere soziale Si-
cherung für den Menschen in unserer Bundesrepu-
(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Könen blik aufgebaut ist. Manche Fragen, die heute mor-
[Düsseldorf] meldet sich zu einer Zwischen- gen aufgeworfen worden sind, gehören in die an-
frage.) deren Gruppen, aber nicht in die Gruppe unserer
— Ich erlaube keine Zwischenfrage; jetzt spreche Rentenversicherung.
ich zunächst einmal! Wir haben eine fünfjährige Erfahrungszeit hinter
(Lachen und Zurufe von der SPD.) uns. Der Herr Minister Blank hat im Ausschuß Er-
klärungen dahin abgegeben — und die Sprecher der
Daß unser Standort in der Geschichte und hier und
Koalition haben das heute morgen erneut getan —,
heute richtig ist, beweist die Tatsache, daß wir
daß die einzelnen Mängel, die sichtbar geworden
unser Programm nicht zu überprüfen brauchen, wie
sind, überprüft werden. Aber an dieser Stelle ver-
Sie es haben tun müssen. wirren wir das ganze Bild der Rentenversicherung,
-
(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und wenn wir hier um Zahlen streiten. Denn wir kön-
Zurufe von der SPD.) nen nicht die Durchschnittsrente nehmen, sondern
Wir ringen in voller Freiheit, aber auch in voller wir müssen die Einzelrente nehmen. Nun können
Verantwortung, in unserer Fraktion und in unserer Sie, kann ich und kann jeder eine Einzelrente aus
Koalition um die Verwirklichung der Gerechtigkeit. der Vergangenheit bringen, die die Lebensgrund-
Wir kennen die Rangordnung der Aufgaben, die uns lage des Menschen von heute nicht sicherstellt.
unsere Zeit stellt. Aber dafür ist die Sozialhilfe zuständig, die das
aus allgemeinen Mitteln trägt. Diesen Fall können
(Zurufe von der SPD.) wir nicht mehr der Solidarität der Gemeinschaft der
— Nun, meine Damen und Herren — — Berufstätigen, die im Umlageverfahren die Renten-
(Zuruf des Abg. Schmitt-Vockenhausen. — versicherung trägt, überantworten.
Ein Abgeordneter der SPD meldet sich zu Darum werden wir alle Mängel in den nächsten
einer Zwischenfrage.) Monaten feststellen. Der 4. Deutsche Bundestag
wird an einer Novellierung der Rentengesetze nicht
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gestatten Sie vorbeikommen. Das ist heute morgen von verschie
eine Zwischenfrage? denen Rednern in der Koalition dargelegt worden.
Heute und hier verabschieden wir das Vierte Ren-
Winkelheide (CDU/CSU) : Nein, ich gestatte tenanpassungsgesetz. In der Zwischenzeit werden
keine Zwischenfrage. wir die versicherungstechnische Bilanz haben.
(Lachen bei der SPD.) Wir sollten dankbar sein — auch das ist heute
morgen erwähnt worden —, daß wir in der Ver-
Meine Damen und Herren, wir verabschieden gangenheit die Leistungen sozialer Art erbringen
heute das Vierte Anpassungsgesetz und machen konnten. Das verdanken wir neben diesen gesetz-
keine „Reform der Reform". lichen Maßnahmen auch der guten Wirtschaftspoli-
(Beifall bei der CDU/CSU.) tik, die ja nicht Sie getragen haben, sondern die
Christlichen Demokraten und die Koalition.
Dieses Vierte Anpassungsgesetz ist das erste so-
zialpolitische Gesetz, das der 4. Deutsche Bundestag (Beifall bei der CDU/CSU.)
verabschiedet Zum Beweis dafür, daß wir wirklich ernsthaft
(Abg. Ruf: Ein guter Anfang! — Abg. Reformen wollen und ernsthaft Einzelfragen prüfen
Schütz [München] : Das erste Gesetz über- wollen, haben wir einen Antrag vorgelegt, der in
haupt!) der dritten Lesung noch näher begründet werden
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 165
Winkelheide
kann. Ich bin der Meinung, daß wir die Diskussion Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Ab-
hier auf das Vierte Rentenanpassungsgesetz und stimmung bekannt. Mit Ja haben gestimmt 154
auf das, was den Rentnern zusteht, begrenzen soll- stimmberechtigte Mitglieder des Hauses, 9 Berliner
ten. Kollegen, mit Nein haben gestimmt 228 Mitglieder
Wir sollten an dieser Stelle auch ein Wort des des Hauses, 4 Berliner Mitglieder; enthalten haben
Dankes an die Arbeiter, Angestellten und Beamten sich 4. Damit ist der Änderungsantrag der SPD ab-
aller Landesversicherungsanstalten und der Bun- gelehnt.
desanstalt sagen, die in so kurzer Zeit immer wie-
der diese schwierige technische Frage lösen. Ja Kalbitzer
Frau Kettig
(Beifall bei der CDU/CSU.) Killat
SPD Frau Kipp-Kaule
Diesen Dank möchte ich hier offen zum Ausdruck Dr. Koch
Arendt (Wattenscheid)
bringen. Auge Könen (Düsseldorf)
Bäumer Koenen (Lippstadt)
Meine Damen und Herren von der SPD, wir leh- Kohlberger
Bals
nen Ihren Antrag ab, weil wir glauben, wie ,der Bazille Frau Korspeter
Arbeitsminister im Ausschuß erklärt hat, uns heute Dr. Bechert Kraus
noch nicht, aber in den nächsten Jahren mit diesen Behrendt Kriedemann
Bergmann Dr. Kübler
Fragen auseinandersetzen zu sollen. Das ist die Kulawig
Berlin
Haltung eines treusorgenden Vaters, der nicht das Beuster Kurlbaum
Geld aus den Kassen, die voll sind, heute ausgibt, Biegler Lange (Essen)
sondern der für die nächsten Jahre noch Reserven Biermann Langebeck
Birkelbach Lautenschlager
behält. Leber
Dr. Bleiß
(Beifall bei den Regierungsparteien. — Börner Lemper
Lachen bei der SPD.) Dr. Brecht Lenz (Bremerhaven)
Buchstaller Lohmar
Büttner Lücke (Osnabrück)
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Dass Wort hat Lünenstraß
Corterier
der Abgeordnete Könen (Düsseldorf). Cramer Marquardt
Dr. Deist Marx
Könen (Düsseldorf) (SPD) : Herr Präsident! Meine Diekmann Matthöfer
Dopatka Matzner
Damen und Herren! Ich bedaure sehr, daß Kollege Frau Meermann
Dröscher
Winkelheide mir nicht die Gelegenheit gegeben Frau Eilers Merten
hat, am Fragemikrophon mein Anliegen vorzu- Frau Dr. Elsner Metter
bringen. Wenn es hier vom Pult aus etwas schärfer Dr. Eppler Metzger
wird, dann hat er sich das selbst zuzuschreiben. Eschmann Meyer (Wanne-Eickel)
Faller Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
(Lachen bei der CDU/CSU.) Felder Dr. Mommer
Figgen Dr. Morgenstern
— Herr Kollege Winkelheide — mir ist das, was ich Folger Müller (Erbendorf)
hier sage, sehr ernst —, Sie begannen damit, daß Franke Müller (Nordenham)
Sie davon sprachen, die Illusion der SPD werde Dr. Frede Müller (Ravensburg)
Frehsee Müller (Worms)
nicht zum Zuge kommen. Sie sprachen dann von der Fritsch Dr. Müller-Emmert
„Morgenröte" und sagten, die christlichen Arbeit- Geiger Nellen
nehmer würden da bleiben, wo sie hingehörten, Gerlach Dr. Nissen
nämlich bei der Christlich-Demokratischen Union. Gscheidle Olenhaur
Haage (München) Peters (Norden)
Ich glaube, ich habe Sie richtig zitiert, Herr Winkel- Haase (Kellinghusen) Pöhler
heide. Harnacher Priebe
Hansing Ravens
Ich habe hier eine Frage an Sie, Herr Winkel- Dr. Harm (Hamburg) Regling
heide. Ich rede nicht davon, daß Sie eine Illusion Hauffe Rehs
hätten, sondern ich frage Sie folgendes: Woher neh- Heide Dr. Reischl
men Sie diesen höchst unchristlichen Hochmut, zu Dr. Dr. Heinemann Reitz
Hellenbrock Riegel (Göppingen)
behaupten, daß Arbeitnehmer, die sich zur Sozial- Frau Herklotz Dr. Rinderspacher
demokratie bekennen, unchristliche Arbeitnehmer Hermsdorf Ritzel
seien?! Herold Dr. Roesch
Hirsch Rohde
(Beifall bei der SPD. — Lachen bei der Höhmann (Hessisch Sänger
CDU/CSU.) Lichtenau) Saxowski
Höhne Dr. Schäfer
Hörauf Frau Schanzenbach
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite- Hörmann (Freiburg) Schmidt (Braunschweig)
ren Wortmeldungen. Hufnagel Dr. Schmidt (Gellersen)
Hussong Dr. Schmidt (Offenbach)
Wir kommen zur Abstimmung über den Ände- Iven (Düren) Schmidt (Würgendorf)
rungsantrag Umdruck 2 Ziffern 2 und 3. Kann über Jacobi (Köln) Schmitt-Vockenhausen
beide Ziffern zusammen abgestimmt werden? — Ja. Jahn Schoettle
Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Der An- Jaksch Schrader (Osterode)
Jürgensen Schwabe
trag ist hinreichend unterstützt. Wir stimmen also Junghans Seidel (Fürth)
in namentlicher Abstimmung über den Antrag der Junker Seifriz
Fraktion der SPD Umdruck 2 Ziffern 2 und 3 ab. — Kaffka Seither
166 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

Frau Seppi Engelbrecht-Greve Frau Pitz-Savelsberg FDP


Seuffert Etzel Dr. Poepke
Porten Dr. Atzenroth
Steinhoff Dr. Even (Düsseldorf) Dr. Bucher
Stephan Even (Köln) Rasner
Rauhaus Burckardt
Striebeck Falke Busse
Strohmayr Dr. Franz Dr. Reinhard
Riedel (Frankfurt) Dr. Dahlgrün
Theis Franzen Dr. Danz
Wagner (Ludwigshafen) Dr. Frey Rollmann
Rommerskirchen Dr. Dehler
Wegener Dr. Fritz (Ludwigshafen)
Ruf Dr. Dörinkel
Wehner Funk (Neuses am Sand)
Scheppmann Dorn
Welke Gedat Dürr
Gehring Schlick
Weltner (Richteln) Schmücker Dr. Effertz
Frau Wessel Frau Geisendörfer
Gerns Schütz (München) Eisenmann
Wischnewski Dr. Schwörer Dr. Emde
Wittrock D. Dr. Gerstenmaier
Gewandt Dr. Seffrin Ertl
Frau Zimmermann Dr. Serres Frau Funcke (Hagen)
Gibbert
(Brackwede) Giencke Dr. Siemer Dr. Hamm (Kaiserslautern)
Zühlke Dr. Gleissner Dr. Sinn Hammersen
Glüsing (Dithmarschen) Spies Dr. Hellige
Dr. Götz Stauch Dr. Hoven
Berliner Abgeordnete Goldhagen Dr. Imle
Dr. Stecker
Frau Berger-Heise Gontrum Stein Frau Dr. Kiep-Altenloh
Braun Dr. Gossel Dr. Steinmetz Kreitmeyer
Frau Krappe Gottesleben Stiller Kubitza
Neubauer Dr. h. c. Güde Dr. Stoltenberg Freiherr von Kühlmann-
Neumann (Berlin) Günther Stooß Stumm
Dr. Schellenberg Freiherr zu Guttenberg Storm Kühn (Bonn)
Schütz (Berlin) Haase (Kassel) Struve Dr. Löbe
Dr. Seume Dr. von Haniel-Niethammer Sühler Logemann
Urban Harnischfeger Dr. Süsterhenn Dr. Mälzig
Dr. Hauser Teriete Dr. Mende
Dr. Heck Tobaben Mertes
Dr. Hesberg Dr. Toussaint Dr. Miessner
Nein Hesemann Unertl Freiherr von Mühlen
Hilbert Murr
Varelmann
Dr. Höchst Dr. Freiherr von Ollesch
CDU/CSU Hörnemann (Gescher) Opitz
Vittinghoff-Schell
Hösl Peters (Ponpenbüll)
Adorno Holkenbrink Dr. Vogel
Wacher Rademacher
Dr. Althammer Hoogen Ramms
Arndgen Horn Wagner (Günzburg)
Dr. Weber (Koblenz) Reichmann
Dr. Arnold Huthmacher Dr. Rutschke
Dr. Artzinger Dr. Huys Wehking
Weigl Sander
Baler (Mosbach) Illerhaus Schultz
Baldauf Frau Jacobi (Marl) Weinzierl
Frau Welter (Aachen) Soetebier
Balkenhol Josten Spitzmüller
Bauer (Wasserburg) Dr. Jungmann Wieninger
Dr. Wilhelmi Dr. Supf
Bauknecht Frau Kalinke Wächter
Bausch Dr. Kanka Dr. Willeke
Windelen Walter
Becker Dr. Kempfler Weber (Georgenau)
Berberich Frau Klee Winkelheide
Klein (Saarbrücken) Wittmer-Eigenbrodt Zoglmann
Bewerunge
Biechele Knobloch Wullenhaupt
Dr. Bieringer Krüger Enthalten
Dr. Birrenbach Krug
Blank Frau Dr. Kuchtner Berliner Abgeordnete CDU/CSU
Frau Dr. Bleyler Kühn (Hildesheim) Dr. Dr. h. c. Friedensburg Maier (Mannheim)
Blöcker Kuntscher Dr. Gradl Mick
Frau Blohm Leicht Hübner Frau Dr. Probst
Blumenfeld Lemmrich Müller (Berlin) Dr. Ramminger
von Bodelschwingh Lenz (Brühl)
Dr. Böhm (Frankfurt) Leonhard
Böhme (Hildesheim) Lermer Wir kommen zur Abstimmung über die §§ 8, —
Brand (Remscheid) Dr. Luda
Frau Brauksiepe Dr. Baron Manteuffel-Szoege 9, — 10, — 11, — 12,— Einleitung und Überschrift.
Dr. Brenck Dr. Ma rt in — Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird
Brese Maucher nicht gewünscht.
Brück Meis
Bühler Memmel Wer zustimmen will, den bitte ich um das Hand-
Burgemeister Mengelkamp zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich
Dr. Conring Menke stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist die
Dr. Czaja Missbach
van Delden Müller (Aachen-Land) zweie Lesung beendet.
Deringer Müller-Hermann
Dr. Dichgans Müser Dritte Beratung.
Diebäcker Neumann (Allensbach) Änderungsanträge liegen nicht mehr vor, wohl aber
Dr. Dollinger Nieberg
Draeger Niederalt Entschließungsanträge. Wird in der dritten Lesung
Dr. Dr. h. c. Dresbach Frau Dr. Pannhoff das Wort zur allgemeinen Aussprache gewünscht?
Fillies Dr. h. c. Pferdmenges — Keine Wortmeldungen. Die allgemeine Aus-
Eichelbaum Dr. Pflaumbaum sprache ist geschlossen.
Dr. Elbrächter Dr.-Ing. Philipp
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 167
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wer in der dritten Lesung dem Gesetzentwurf zu- Bundesentschädigungsgesetz, die gleichzeitig Sozial-
stimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Ge- versicherungsrentner sind.
genprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist, so- Es ist völlig verständlich, daß eine solche Rege-
weit ich sehe, einstimmig angenommen. lung bei den Betroffenen immer wieder bitterste
Ich rufe nun den Entschließungsantrag der Frak- Enttäuschung ausgelöst hat. Wir haben diese Rege-
tion der SPD auf. Das Wort zur Begründung hat lung von jeher abgelehnt. Wir haben sie als völlig
Frau Abgeordnete Korspeter. untragbar dargestellt, wobei wir uns, meine Damen
und Herren von der CDU — das möchte ich in die-
Frau Korspeter (SPD) : Herr Präsident! Meine sem Zusammenhang doch noch einmal sagen —,
Herren und Damen! Nach der Verabschiedung des immer in guter Gesellschaft befunden haben, näm-
Vierten Rentenanpassungsgesetzes legt meine Frak- lich in der Gesellschaft Ihres Parteivorsitzenden,
tion dem Hause einen Entschließungsantrag auf Um- unseres Bundeskanzler, der bereits 1957, damals im
druck 3 vor, der ein Problem betrifft, mit dem wir Wahlkampf, diese Regelung verurteilt hat, — wohl-
uns bei sozialpolitischen Debatten und insbesondere gemerkt: verurteilt hat.
bei den Rentenanpassungsgesetzen der letzten Jahre
Wir wollen mit unserem Entschließungsantrag er-
immer wieder beschäftigen mußten. Es handelt sich
reichen, daß die Bundesregierung beauftragt wird,
dabei um die leidige Frage der Bestimmungen über
ernsthafte und gewissenhafte Überlegungen anzu-
die gegenseitige Anrechnung der durch das Renten-
stellen, damit diese Härten endlich beseitigt werden,
anpassungsgesetz erhöhten Rentenzahlbeträge auf
die sich bei dieser gegenseitigen Anrechnung auf
die anderen Sozialleistungen, insbesondere auf die
andere Sozialleistungen ergeben.
Leistungen aus der Kriegsopferversorgung, aus der
Lastenausgleichsgesetzgebung und aus der Bundes- Anträge, die wir in den letzten Jahren bei der Be-
entschädigungsgesetzgebung. ratung der Rentenanpassungsgesetze gestellt haben,
wurden von Ihnen immer mit der Begründung ab-
Die Regelung, die man hier leider immer wieder
gelehnt, daß man die Anrechnungsbestimmungen
getroffen hat — gegen unsere Vorstellungen, gegen
nur über die anderen einschlägigen Gesetze ändern
unseren Willen und auch gegen unsere Änderungs-
könne. Sie haben mit diesem Argument auch jetzt
anträge —, hat man in der Öffentlichkeit und auch
wieder im Ausschuß unseren Antrag abgelehnt —
hier im Hause mit dem Wort „Es wird mit der einen
ich verweise dabei auf den Bericht des Herrn Be-
Hand gegeben und mit der anderen Hand wieder
richterstatters —, in dem er diese Situation geschil-
genommen" oder mit dem anderen Wort charakteri-
dert hat.
siert: „Der Staat steckt gleichzeitig beide Hände in
die Taschen des Rentners, die eine Hand gibt, und Nun, meine Damen und Herren, wir haben heute
die andere nimmt wieder." deshalb einen Weg gesucht, den Sie, wie wir
meinen, nun eigentlich nicht ablehnen können, weil
Um auch den Kolleginnen und Kollegen, die neu
es uns unerfindlich wäre, wenn Sie etwa mit Gegen-
in den Bundestag gekommen und mit dem Problem
argumenten diesen unseren Entschließungsantrag
noch nicht im einzelnen vertraut sind, und um auch
ablehnen wollten. Wir legen Ihnen heute unseren
uns anderen, die wir schon länger diesem Hause
Entschließungsantrag vor, der die Bundesregierung
angehören, die Situation noch einmal sehr deutlich
beauftragt,
und klar vor Augen zu führen, möchte ich darauf
hinweisen, daß die 5%ige Rentenerhöhung, die wir dem Bundestag Gesetzentwürfe zur Beseitigung
jetzt beschlossen haben, für die Monate Januar bis der Härten vorzulegen, die sich bei der Anrech-
Mai 1962 auf andere Sozialleistungen nicht ange- nung der durch die Rentenanpassung erhöhten
rechnet wird; es gibt also bis Mai nächsten Jahres Rentenzahlbeträge auf 'aridere Sozial- und Ent-
so etwas wie eine Schonfrist. Aber dann, ab Juni schädigungsleistungen ergeben. Dabei sind ins-
1962, setzt die gegenseitige Anrechnung auf andere besondere das Bundesversorgungsgesetz, das
Sozialleistungen mit voller Schärfe und mit aller Bundesentschädigungsgesetz und das Lastenaus-
Härte ein. Das heißt also, die von uns beschlossenen gleichsgesetz in der Weise zu ändern und zu
erhöhten Rentenzahlbeträge werden auf andere So- ergänzen, daß künftig Erhöhungen von Renten-
zialleistungen voll angerechnet, so daß der davon einkommen und anderen Einkommen nicht mehr
betroffene Personenkreis praktisch von dieser Er- Leistungsminderungen bewirken, wenn und so-
höhung völlig ausgeschlossen bleibt. Ein Beispiel: weit die Einkommensverbesserungen den Vom-
Bei einem Rentner, der eine 5%ige Erhöhung aus hundertsatz der Rentenanpassung nicht über-
diesem Rentenanpassungsgesetz bekommt, der steigen. Die Gesetzentwürfe sind idem Bundes-
gleichzeitig noch Unterhaltshilfe aus dem Lasten- tag bis zum 30. April 1962 vorzulegen.
ausgleichsgesetz oder eine Ausgleichsrente aus der Dabei möchte ich auch gleich zu dem Entschlie-
Kriegsopferversorgung bezieht, wird am 1. Juni die- ßungsantrag Stellung nehmen, den die beiden Frak-
ser erhöhte Rentenzahlbetrag völlig auf die andere tionen der Regierungskoalition eingebracht haben.
Sozialleistung angerechnet, d. h. diese Erhöhung Er beschäftigt sich mit 'demselben Problem. Aber,
wird ihm abgezogen. meine Damen und Herren, nehmen Sie es uns nicht
Dabei, meine Damen und Herren, handelt es sich übel, wenn wir sagen: Dieser Entschließungsantrag
nicht etwa um einen kleinen Personenkreis. Allein scheint uns doch reichlich schwach zu sein. Man hat
schon bei den Kriegsopfern kann man wohl mit den Eindruck, als solle er geradezu eine Ablenkung
zirka 1,1 Millionen Rentnern rechnen, die davon von unserem weitaus konkreteren Entschließungsan-
betroffen werden. Hinzu kommen die Vertriebenen trag sein. Sie sprechen hier davon, daß die Bundes-
und Flüchtlinge, die Bezieher von Renten aus dem regierung ersucht werden soll, „zu prüfen, ob und
168 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

Frau Korspeter
inwieweit die in den verschiedenen Zweigen des währt, wenn normale Einkommen vorhanden sind,
sozialen Leistungsrechtes geltenden Abrechnungs- d. h. wenn die Lebenshaltung dieses Personen-
bestimmungen reformbedürftig sind". Meine Damen kreises aus Löhnen, Gehältern oder, lassen Sie es
und Herren, das wissen wir doch schon lange, daß mich einmal konkret sagen, nunmehr lohnbezoge-
diese Anrechnungsbestimmungen reformbedürftig nen Renten sichergestellt ist. Dort, wo mit der Ren-
sind. Das hat ja ihr Parteivorsitzender schon vor tenneuregelung nicht für den ganzen Bestand, den
einer Reihe von Jahren gemerkt und auch beanstan- wir in die Neuregelung herübergebracht haben, von
det. heute auf morgen und für absehbare Zeit eine
Wir bitten Sie deshalb, unserem Antrag zuzustim- solche Höhe erreicht wird — es wurde in der Dis-
men, und zwar bitten wir darum, gleich heute und kussion angesprochen —, daß durch das Rentenein-
hier über unseren Entschließungsantrag abzustim- kommen die Lebenshaltung gedeckt ist, empfangen
men, weil wir der Meinung sind, daß das Problem diese Rentner aus anderen Quellen zusätzliche Ein-
so klar liegt, daß durchaus die Möglichkeit besteht, kommen zur Aufstockung ihrer Renten oder ihrer
heute über ihn eine Abstimmung durchzuführen. Arbeitseinkommen, wenn sie etwa unter dem Für-
sorgesatz liegen.
(Beifall bei der SPD.) In diesem Hause wurde oft und laut von allen
Seiten beklagt, daß unsere Renten so niedrig seien,
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Wird weiter ja sie gar unter den Fürsorgesätzen lägen. Es wurde
das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. geradezu als eine Schande hingestellt, daß wir einen
Wir stimmen über den Entschließungsantrag der überdurchschnittlich großen Teil von Rentnern zu
Fraktion der SPD Umdruck 3, begründet von der den Fürsorgeämtern schicken müßten. Wir alle ha-
Frau Abgeordneten Korspeter, ab. Wer diesem Ent- ben uns gemeinsam bemüht, diesen beklagenswer-
schließungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ten Zustand wenn schon nicht ganz aus der Welt
ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die zu schaffen, so doch weitgehend zu mildern.
Mehrheit; der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Und nun, meine Damen und Herren, sagen Sie:
„Jawohl, das Renteneinkommen steigt, steigt auch
Zur Begründung des Entschließungsantrages Um- durch die übliche Anhebung, die Wir von Jahr zu
druck 4 hat nun der Herr Abgeordnete Schütz das Jahr hier beschließen; aber in diesem Augenblick
Wort. dürft ihr die alten Maßstäbe nicht mehr anwenden;
ihr dürft nicht so wie bisher verfahren, daß bei
Schütz (München) (CDU/CSU) : Herr Präsident! Fürsorgeempfängern oder bei ähnlichen Personen-
Nachdem der Antrag der SPD-Fraktion abgelehnt kreisen das normale Einkommen aus Löhnen, Ge-
ist, brauche ich mich mit ihm nicht mehr zu beschäf- hältern und lohnbezogenen Renten verglichen wird;
tigen. Ich bitte aber doch, ein paar Gedanken zur wenn der Mann einmal ein Fürsorgeempfänger ist,
Sache sagen zu dürfen. dann soll er in diesem Status bleiben, auch wenn
er durch eine Rentenerhöhung Gott sei dank all-
Sowohl die Opposition als auch die beiden Koa-
mählich aus diesem Status herauskäme."
litionsfraktionen sind sich darüber einig, daß es sich
hier um ein echtes Anliegen handelt. Meine Damen und Herren, zu diesem Grundsatz
können wir uns beim allerbesten Willen nicht be-
(Abg. Frau Korspeter: Gibt es denn auch
kennen.
unechte Anliegen?)
Dagegen, Frau Korspeter, freuen wir uns, daß Sie
— Jawohl, Frau Kollegin Korspeter, es gibt auch sich in die gute 'Gesellschaft des Herrn Bundes-
unechte. kanzlers begeben haben,
(Abg. Schoettle: Gleich zwei so oft miß- (Abg. Frau Korspeter: Das muß doch aber
brauchte Worte zu kombinieren ist zuviel!) endlich einmal Erfolg haben!)
und wir wünschen nur, daß Sie sich öfter und auch
— Ich stimme Ihnen zu, Herr Kollege Schoettle. Ich
bei anderen Gelegenheiten in dieser guten Gesell-
muß aber doch zur Sache etwas sagen.
schaft aufhalten.
Worum handelt es sich denn bei unserer Rente? (Abg. Frau Korspeter: Aber lieber Herr
Es handelt sich bei ihr um einen Ersatz für Lohn und Schütz, 'wo bleibt die Konsequenz?)
Gehalt in dem Augenblick, wo jemand aus dem akti-
Wir werden Ihnen gerne folgen.
ven Arbeitsleben ausscheidet. Deshalb reden wir ja
auch von einer lohnbezogenen Rente. Durch die Weil wir Ihnen gerne in diese Gesellschaft fol-
Neuregelungsgesetze ist diese lohnbezogene Rente gen möchten, deshalb legen wir Ihnen unseren Ent-
in ein Verhältnis zu der Entwicklung der Löhne ge- schließungsantrag vor. Er beinhaltet, daß wir dort,
bracht. Nun gibt es für Bürger, die weder Löhne wo es sich um echte Härten handelt, gemeinsam be-
noch Renten beziehen, andere Einnahmen oder Zu- raten und überlegen wollen, wie wir diese Härten
wendungen, die also keine Löhne und keine Renten aus der Welt schaffen. Aber eine restlose Gleich-
sind. Zur Zeit und wahrscheinlich auch noch für schaltung, meine Damen und Herren, würde neue
lange Zeit wird ein Teil dieser Zuwendungen — Ungleichheiten schaffen. ,Sie würde den Unter-
bei der Fürsorge die ganze Zuwendung — nur dann haltshilfeempfänger, der kein Rentner ist, — das
gewährt, wenn eine Bedürftigkeit vorliegt, d. h. sind 400 000 von 800 000 — nicht mitnehmen; nur
wenn keine anderen Einkommen vorhanden sind. jener andere Teil würde mitgenommen. Das würde
Dieser Teil der Zuwendungen wird nicht mehr ge- eine ganze Reihe anderer Personenkreise, die an
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 169
Schütz (München)
sich im gleichen Status stehen, aber keine Rente Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das Wort
zusätzlich erhalten, wieder zu ungleich behandelten wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Aus-
Personenkreisen stempeln. Auf Grund dieser Über- schusses zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
legungen schlagen wir Ihnen vor, diese Härtefälle zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ein-
zu prüfen. Wir bitten' die Bundesregierung, zu prü- stimmig angenommen.
fen, ob und inwieweit die in den verschiedenen
Zweigen des sozialen Leistungsrechtes geltenden Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Anrechnungsbestimmungen reformbedürftig sind.
aa) Beratung des Schriftlichen Berichts des Außen-
Über das Ergebnis soll sie dem Bundestag berichten.
handelsausschusses (17. Ausschuß) über den
Der Herr Präsident hat mich gerügt, weil ich eine von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
Mitteilung, die ich von dem Sprecher der Opposition wurf einer Achten Verordnung zur Änderung
erhalten hatte, mit der Regierungsbank abstimmen des Deutschen Zolltarifs 1961 (Zollaussetzun-
wollte. Der Herr Kollege Schellenberg hatte näm- gen für Waren aus Nicht-EWG-Ländern)
lich den Vorschlag gemacht, wir sollten den letzten (Drucknachen IV/41, IV/56),
Satz des Entschließungsantrages — „Über das Er-
gebnis ist dem Bundestag alsbald zu berichten." — b) Beratung ides Schriftlichen (Berichts des Außen-
so ändern, daß er heiße: „Über das Ergebnis ist handelsausschusses (17. Ausschuß) über den
dem Bundestag bis Ende Mai nächsten Jahres zu von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
berichten." wurf einer Dreizehnten Verordnung zur Än-
(Abg. Frau Korspeter: Ende April!) derung des Deutschen Zolltarifs 1961 (Zoll-
kontingent für Bearbeitungsabfälle aus Alu-
Warum denn? Bitte belassen wir die fünf Monate: minium aus Nicht-EWG-Ländern) (Druck-
Jänner, Februar, März, April, Mai! Nun, Herr Kol- sachen IV/42, IV/57),
lege Schellenberg, wir wollen doch jetzt nicht über
die fünf Monate handeln. Ich habe mich bemüht, c) Beratung des Schriftlichen Berichts des Außen-
bei uns für Ihre Anregung Verständnis zu erreichen. handelsausschusses (17. Ausschuß) über den
Es ist mir gelungen, bei meiner Fraktion dafür Ver- von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
ständnis zu finden, und bei der FDP-Fraktion ist wurf einer Vierzehnten Verordnung zur Än-
das durch die gütige Mithilfe des Kollegen Spitz- derung des Deutschen Zolltarifs 1961 (Zoll-
müller auch erreicht worden. Ich hoffe, daß des- kontingente für Rohblei und Rohzink aus
halb das ganze Haus der Entschließung der Koali- Nicht-EWG-Ländern) (Drucksachen IV/43,
tion zustimmt. IV/58),
(Beifall bei den Regierungsparteien.) d) Beratung des Schriftlichen 'Berichts des Außen-
handelsausschusses (17. Ausschuß) über den
von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge- wurf einer Fünfzehnten Verordnung zur Än-
ordneter Schellenberg! derung des Deutschen Zolltarifs 1961 (Zollaus-
setzung für tropische Hölzer der Art Obéché)
Dr. Schellenberg (SPD) : Herr Präsident! Meine (Drucksachen IV/44, IV/59),
Damen und Herren! Da der geänderte Antrag der e) Beratung des Schriftlichen Berichts des Außen-
Regierungsparteien einen bescheidenen Schritt in handelsausschusses (17. Ausschuß) über den
Richtung auf das von uns angestrebte Ziel darstellt, von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
stimmen wir ihm zu. wurf einer Zolltarif-Verordnung (Deutscher
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten Zolltarif 1962) (Drucksachen IV/49, IV/71).
der Regierungsparteien.)
Herr Staatssekretär, wünschen Sie das Wort zu
einer Erklärung?
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine weite-
ren Wortmeldungen. (Staatssekretär Lahr: Zu Punkt 4 e!)
Wir stimmen über den Entschließungsantrag auf Wünscht der Herr Berichterstatter des Außenhan-
Umdruck 4 ab. Wer zustimmen will, den bitte ich um delsausschusses zu dem unter Punkt 4 a aufgeführ-
ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? ten Bericht das Wort?
—Der Antrag ist einstimmig angenommen. (Zuruf: Es wird verzichtet!)
Damit ist der Punkt 3 der Tagesordnung erledigt. — Es wird verzichtet; ich bedanke mich. Wird sonst
noch das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht der
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung .auf: Fall.
Beratung der Sammelübersicht 1 Aus-
ides Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will,
schusses für Petitionen 42. Ausschuß) über den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
Anträge von Ausschüssen des Deutschen — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Bundestages zu Petitionen und systematische
Ubersicht über die beim 'Deutschen Bundestag Punkt 4 b! Wünscht der Herr Berichterstatter zu
in der Zeit vom 6. Oktober 1957 Ibis 16. Okto- diesem Schriftlichen Bericht das Wort? — Der Herr
ber 1961 eingegangenen Petitionen (Druck- Berichterstatter verzichtet. Wird das Wort weiter
sache IV/38). gewünscht? — Es wird nicht gewünscht.
170 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

Präsident D. Dr. Gerstenmaier


Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, Zur Begründung der Vorlage Herr Abgeordneter
den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! Hoogen.
—Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.
Hoogen (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da-
Punkt 4c! men und Herren! Ich habe mich eigentlich nicht zur
(Zuruf: Auf Berichterstattung wird ver- Begründung der Vorlage zu Wort gemeldet, sondern
zichtet!) zur Abgabe einer Erklärung für die Fraktionen, die
den Gesetzentwurf eingebracht haben; das sind alle
— Hier wird ebenfalls auf die Berichterstattung Fraktionen dieses Hohen Hauses.
verzichtet. Wird weiter das Wort gewünscht? .- Es handelt sich um die Änderung der Strafprozeß-
Das ist nicht der Fall. ordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und hier
Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, insonderheit um die Änderung des Rechtes der Un-
den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! tersuchungshaft, des Rechtes der Verteidigung so-
— Enthaltungen? — Angenommen. wie um eine weitere Sicherung des Rechtes auf
rechtliches Gehör. Das alles sind Fragen, die, glaube
Punkt 4d! Ich frage den Herrn Berichterstatter, ich, sehr im Vordergrund des aktuellen Interesses
ob er das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstat- stehen. In den Kreisen der Mitglieder des Rechts-
ter verzichtet. Wird das Wort weiter gewünscht? — ausschusses wurde übereinstimmend die Meinung
Das ist nicht der Fall. vertreten, daß man diesen Gesetzentwurf, den die
Wer dem Antrag des Außenhandelsausschusses Bundesregierung schon in der vorigen Legislatur-
zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. periode eingebracht hatte, baldigst beraten solle,
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen. weil seine Verabschiedung aus vielerlei Gründen
dringend erwünscht ist.
Nun kommen wir zu Punkt 4 e! Ich frage den Deswegen haben sich die Fraktionen entschlossen,
Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. den Gesetzentwurf aufzunehmen, damit er nicht die
(Zuruf: Verzichtet!) „Ochsentour" gehen muß: Bundesrat—Bundesregie-
rung — Bundestag — Erste Lesung. Darüber würde
— Der Herr Berichterstatter verzichtet. es vermutlich Sommer werden. Die Fraktionen, die
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Aus- den Gesetzentwurf einbringen, legen aber Wert dar-
wärtigen Amts. auf, durch mich hier namens aller Fraktionen erklä-
ren zu lassen, daß sie sich mit dem Inhalt des Ge-
Lahr, Staatssekretär des Auswärtigen Amts: Herr setzentwurfs nicht identifizieren, sondern ihn ledig-
lich einbringen, um dem geschäftsordnungsmäßigen
Präsident! Meine Damen und Herren! Der Außen-
handelsausschuß hat Ihnen vorgeschlagen, der Vor- Erfordernis zu genügen, nach. welchem Ausschüsse
lage der Bundesregierung nur in einer geänderten sich nicht mit Vorlagen beschäftigen dürfen, die
Fassung zuzustimmen. Diese Änderung wirft für die ihnen nicht vom Plenum überwiesen sind.
Bundesregierung schwierige Fragen auf. In der An- Ich habe daher die Bitte an das Hohe Haus, den
nahme, daß Sie der Vorlage nur in dieser geänder- Gesetzentwurf dem Rechtsausschuß zu überweisen,
ten Fassung zustimmen werden, möchte ich namens damit dieser mit der Beratung des wichtigen Geset-
der Bundesregierung erklären, daß sie sich vorbe- zes möglichst schon heute nachmittag beginnen
hält, im Januar, und zwar im Anschluß an die Be- kann.
sprechungen, die soeben bei der EWG in Brüssel
stattfinden, dem Hohen Hause neue Anträge vorzu- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Damen
legen. und Herren, wird dazu das Wort gewünscht? — Das
Wort wird nicht gewünscht.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich frage den Vorgeschlagen ist Überweisung an den Rechtsaus-
Herrn Berichterstatter, ob er dazu das Wort wünscht. schuß. Wird der Überweisung zugestimmt? — Ich
höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
(Abg. Dr. Serres: Nein!)
Punkt 6 der Tagesordnung:
— Keine Bemerkungen. Ich frage, ob dazu weiter
das Wort gewünscht wird. — Das ist nicht der Fall. Erste Beratung des von den Fraktionen der
CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs
Ich stelle den Antrag des Ausschusses auf Druck- eines Fünften Gesetzes zur Änderung des
sache IV/71 zur Abstimmung. Wer zustimmen will, Selbstverwaltungsgesetzes (Drucksache IV/81).
den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Er ist einstimmig angenommen. Wird das Wort zur Einbringung gewünscht. —
Auf das Wort zur Einbringung wird verzichtet. —
Damit ist der Punkt 4 der Tagesordnung erledigt. Auch sonst wird das Wort nicht gewünscht.
Vorgeschlagen ist Überweisung an den Ausschuß
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf: für Sozialpolitik. — Ich höre keinen Widerspruch;
Erste Beratung des von den Fraktionen der es ist so beschlossen.
CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeß- Punkt 7 der Tagesordnung:
ordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes Beratung des Antrags des Bundesministers
(StPÄG) (Drucksache IV/63). der Finanzen betr. Veräußerung der ehe-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 171
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
maligen Hacketäuer-Kaserne in Köln-Mül- Punkt 12 der Tagesordnung:
heim an die Stadt Köln (Drucksache IV/37). Beratung des interfraktionellen Antrags betr.
Wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Überweisung von Anträgen an die Aus-
Fall. — Vorgesehen ist die Überweisung an den schüsse (Umdruck 1) .
Haushaltsausschuß. — Kein Widerspruch; es ist so Dazu wird das Wort nicht gewünscht. Wer diesem
beschlossen. interfraktionellen Antrag zustimmen will, den bitte
ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Ent-
Punkt 8 der Tagesordnung soll abgesetzt werden. haltungen? — Der Antrag ist angenommen.
Besteht hierüber interfraktionell Einverständnis?
Damit, meine Damen und Herren, ist unsere heu-
(Zustimmung.) tige Tagesordnung erledigt.
— Punkt 8 ist abgesetzt. Ich gebe noch folgendes bekannt. Der Atomaus-
schuß soll nicht, wie zunächst vorgesehen, um
Punkt 9 a) der Tagesordnung: 15 Uhr 30, sondern schon um 15 Uhr zusammentre-
Beratung des Antrags der Fraktionen der ten. Auch der Haushaltsausschuß tritt um 15 Uhr
CDU/CSU, SPD, FDP betr. Ä nderung der §§ 3 zusammen.
und 6 der Geschäftsordnung (Drucksache Dann brauche ich noch die Zustimmung des Hau-
IV/75). ses zu einer kleinen Umtaufe. Der Ausschuß für
Wohnungswesen hat mich gebeten, die Zustimmung
Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird des Hauses dazu herbeizuführen, daß er sich in Zu-
nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich kunft „Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau
um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltun- und Raumordnung" nennt. Er will damit der Be-
gen? — Der Antrag ist einstimmig angenommen. zeichnung des Ministeriums folgen. Ist das Haus
damit einverstanden?
Punkt 9 b) der Tagesordnung:
(Widerspruch bei der SPD.)
Wahl der Schriftführer (Drucksache IV/76).
— Herr Kollege Brecht, wenn Sie nicht einverstan-
Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort den sind, sagen Sie es hier. Dann lassen wir dar-
wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte über abstimmen.
ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthal-
(Abg. Dr. Brecht: Darüber muß im Aus
tungen? — Der Wahlvorschlag ist angenommen.
schuß erst gesprochen werden!)
Meine Damen und Herren, ich füge hier gleich -
— Haben Sie denn nicht im Ausschuß darüber ge-
ein, daß ich den damit gebildeten Bundestagsvor-
sprochen? Ich habe es so verstanden, daß der Aus-
stand sehr dringend zu einer Sitzung bitten muß,
schuß das beschlossen habe. Dann wird der Antrag
die heute nachmittag um 17 Uhr stattfindet. An die
zurückgestellt. Die Sache geht an den Ausschuß zu
soeben vom Haus gewählten Mitglieder wird noch
rück. Besprechen Sie es im Ausschuß, und dann
eine schriftliche Einladung ergehen. Ich wäre aber
kann die Sache hier noch einmal vorgelegt werden.
dankbar, wenn die Herren Fraktionsgeschäftsführer
dafür sorgen würden, daß der Bundestagsvorstand (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Unglaublich
heute beschlußfähig ist. sowas!)
Zu Punkt 11 trage ich noch folgendes nach. Da
Ich rufe auf Punkt 10 der Tagesordnung: muß eine Ergänzung vorgenommen werden. An
Beratung des Antrags der Fraktionen der Stelle der Frau Abgeordneten Keilhack, die uns lei-
CDU/CSU, SPD, FDP betr. Einsetzung eines der verläßt, soll Herr Abgeordneter Dr. Reischl ein-
Ausschusses zur Wahrung der Rechte der gesetzt werden. — Das Haus ist damit einverstan-
Volksvertretung (Drucksache IV/73). den. Es ist so beschlossen.
Der Ausschuß für Sozialpolitik soll ebenfalls um
Ich frage, ob dazu das Wort gewünscht wird. — 15 Uhr zusammentreten. Aber ich glaube, jetzt
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen schließe ich die Sitzung. Sonst werde ich noch Aus-
will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen-
kunftsbeamter.
probe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist einstim-
mig angenommen. (Heiterkeit.)

Die nächste Plenarsitzung wird voraussichtlich


Punkt 11 der Tagesordnung: am 17. Januar 1962, 9 Uhr, stattfinden. Da dies die
Wahl der vom Bundestag zu entsendenden letzte Sitzung dieses kampfreichen Jahres ist,
Mitglieder des Ausschusses nach Artikel 77 wünsche ich auf diesem Weg Ihnen allen, meine
Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsaus- verehrten Damen und Herren Kollegen, ein sehr
schuß) (Drucksache IV/77). angenehmes Weihnachtsfest und ein gutes neues
Jahr.
Ich frage, ob dazu das Wort gewünscht wird. —
Wer diesem Vorschlag in Drucksache IV/77 zu- Die Sitzung ist geschlossen.
stimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. —
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist
einstimmig angenommen. (Schluß der Sitzung: 12.25 Uhr.)
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 173

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich


Michels 13. 12.
Liste der beurlaubten Abgeordneten Müller (Remscheid) 13. 12.
Paul* 15. 12.
Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich
Frau Dr. Probst 13. 12.
a) Beurlaubungen Frau Dr. Rehling* 15. 12.
Dr. Achenbach* 15. 12. Reitzner 30. 12.
Dr. Arndt (Berlin) 31. 12. Frau Renger* 15. 12.
18. 12. Richarts 13. 12.
Dr. Aschoff
15. 12. Frau Rudoll 31. 12.
Bading
13. 12. Scheuren 13. 12.
Dr. Barzel
15.12. Dr. Schmid (Frankfurt)* 15. 12.
Bauer (Würzburg)*
13. 12. Schmidt (Hamburg) 13. 12.
Benda
15. 12. Schmidt (Kempten) 13. 12.
Berkhan*
13. 12. Dr. Schneider 15. 12.
Frau Beyer (Frankfurt)
15. 12. Frau Schroeder (Detmold) 13. 12.
Fürst von Bismarck*
15. 12. Schulhoff 13. 12.
Blachstein*
13. 12. Seibert 13. 12.
Brandt (Berlin)
15. 12. Seidl (München)* 15. 12.
Dr. h. c. Brauer*
13. 12. Stingl 22. 12.
Brünen
Dr. Bucerius 13. 12. Frau Strobel 13. 12.
Dr. Burgbacher 13. 12. Dr. Tamblé 13. 12.
Frau Dr. Diemer-Nicolaus 13. 12. Frau Vietje 13. 12.
13. 12. Vogt 20. 12.
Dr. Dittrich
13. 12. Dr. Wahl * 15. 12.
Frau Döhring (Stuttgart)
15. 12. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) * 15. 12.
Döring (Düsseldorf)*
13. 12. Weinkamm 13. 12.
Drachsler
Erler* 15.12. Welslau 13. 12.
- Wendelborn 31. 12.
Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven)* 15. 12.
Dr. Furler* 15. 12. Wienand * 15. 12.
Gaßmann 13. 12. Wilhelm 13. 12.
Gerns* 15. 12. Dr. Zimmer * 15. 12.
Hahn (Bielefeld) 13. 12.
b) Urlaubsanträge
Heiland 13. 12.
Heix 13. 12. Altmaier 31. 12.
Dr. Hoegner 15. 12. Dr. von Brentano 31. 12.
Höfler* 15. 12. * für die Teilnahme an der Tagung der Versammlung der
Frau Dr. Hubert* 15. 12. Westeuropäischen Union
Jacobs* 15. 12.
Dr. Jaeger* 15. 12.
Jaksch 13. 12.
Katzer 13. 12.
Anlage 2 Umdruck 1
Frau Keilhack 13.12.
Dr. Klein (Berlin) 13. 12.
Dr. Kliesing (Honnef)* 15. 12. Interfraktioneller Antrag betreffend Über-
weisung von Anträgen an die Ausschüsse.
Dr. Kopf* 15. 12.
Dr. Kreyssig 13. 12. Der Bundestag wolle beschließen:
Kühn (Köln)* 15. 12.
Lenze (Attendorn)* 15.12. Die folgenden Anträge werden gemäß § 99 Abs. 1
Dr. Löhr 13. 12. GO ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse
Lücker (München) 13.12. überwiesen:
Majonica 13. 12. 1. Antrag der an den A. f. Verkehr,
Margulies 13. 12. Abgeordneten Post- und Fernmelde-
Mattick 13. 12. Dr. Kliesing (Honnef) wesen (f)
Frau Dr. Maxsein* 15. 12. und Genossen betr.
Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 13. 12. Linienführung der an den A. f. Kommu-
Dr. Menzel 15. 12. EB 42 im Amtsbezirk nalpolitik und Sozial
Dr. Meyer (Frankfurt)* 15. 12. Oberkassel - Druck hilfe
Meyer (Oppertshofen) 13. 12. sache IV/50 -
174 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961

2. Antrag der Abgeord an den A. f. Kommu- (3) Die Sonderzahlung beträgt für Bezieher
neten Frau Dr. h. c. nalpolitik und Sozial- von Versicherten-, Witwen- und Witwerrenten
Weber (Essen), Frau hilfe mindestens 80 Deutsche Mark, für Bezieher von
Dr. Hubert und Waisenrenten mindestens 40 Deutsche Mark. Hat
Genossen betr. ein Berechtigter Anspruch sowohl auf Versicher-
Unterzeichnung der tenrente als auch auf Hinterbliebenenrente, so
Europäischen Sozial wird der Mindestbetrag nur einmal gewährt.
charta — Drucksache (4) Die Mehraufwendungen, die sich aus der
IV/60 — Gewährung der Mindestbeträge nach Absatz 3
Bonn, den 12. Dezember 1961 ergeben, trägt der Bund. Die Erstattungsbeträge,
die der Bund den Trägern der Rentenversiche-
Dr. von Brentano und Fraktion rung zu leisten hat, sollen pauschaliert werden."
Ollenhauer und Fraktion 3. Hinter § 7 a wird folgender neuer § 7 b einge-
Dr. Mende und Fraktion fügt:
㤠7b
(1) Auf die Sonderzahlungen nach § 7 a Abs. 2
und 3 erhalten die Berechtigten unverzüglich
Anlage 3 Umdruck 2 nach Inkrafttreten dieses Gesetzes einen Vor-
schuß.
Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur (2) Der Vorschuß beträgt für Bezieher von
zweiten Beratung des von der Bundesregierung ein- Versicherten-, Witwen- und Witwerrenten 80
gebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes über Deutsche Mark, für Bezieher von Waisenrenten
die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen 40 Deutsche Mark. § 7 a Abs. 3 Satz 2 gilt ent-
Rentenversicherungen aus Anlaß der Veränderung sprechend."
der allgemeinen Bemessungsgrundlage für das Jahr
1961 (Viertes Rentenanpassungsgesetz — 4. RAG) Bonn, den 12. Dezember 1961
(Drucksachen IV/16, IV/72).
Ollenhauer und Fraktion
Der Bundestag wolle beschließen:

1. In §5
-
a) werden in Absatz 1 Satz 1 die Worte - „den Anlage 4 Umdruck 4
Sonderzuschuß und" gestrichen;
b) wird Absatz 4 gestrichen. Entschließungsantrag der Fraktionen der
CDU/CSU, FDP zur dritten Beratung des Vierten
2. Hinter § 7 wird folgender neuer § 7 a eingefügt: Rentenanpassungsgesetzes (Drucksachen IV/16,
IV/72).
㤠7a
(1) Versicherten- und Hinterbliebenenrenten Der Bundestag wolle beschließen:
aus Versicherungsfällen, die im Jahre 1961 oder
früher eingetreten sind, werden für Bezugszeiten Die Bundesregierung wird ersucht,
im Jahre 1962 um einen Betrag erhöht, der der
zu prüfen, ob und inwieweit die in den verschie-
Hälfte des Vomhundertsatzes entspricht, um den
denen Zweigen des sozialen Leistungsrechtes gel-
sich die allgemeine Bemessungsgrundlage des
tenden Anrechnungsbestimmungen reformbedürftig
Jahres 1962 gegenüber dem Vorjahre erhöht hat.
sind. Über das Ergebnis ist dem Bundestag alsbald
(2) Die Erhöhung nach Absatz 1 wird durch zu berichten.
eine Sonderzahlung in Höhe von 40 vom Hun-
dert des monatlichen Rentenzahlbetrages abge- Bonn, den 13. Dezember 1961
golten, auf den die Berechtigten im Januar 1962
Anspruch haben. Für die Ermittlung des Renten- Arndgen und Fraktion
zahlbetrages gilt § 5 entsprechend. § 6 findet
keine Anwendung. Dr. Bucher und Fraktion

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