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Plenarprotokoll 16/49

Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht

49. Sitzung

Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Inhalt:

Tagesordnungspunkt 1: Heidemarie Wieczorek-Zeul,


Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . 4809 D
Antrag der Bundesregierung: Beteiligung
bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . 4811 B
United Nations Interim Force in Lebanon Marieluise Beck (Bremen)
(UNIFIL) auf Grundlage der Resolu- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . 4812 A
tion 1701 (2006) des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen vom 11. August 2006 Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . 4813 A
(Drucksache 16/2572) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4799 A Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . 4814 C
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Walter Kolbow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4815 B
Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4799 B Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
Dr. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . 4801 D (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4816 D

Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4818 C


BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4803 A
Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 4804 D Berichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4818 B
Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4806 D Anlage
Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4808 B Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 4819 A
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006 4799

(A) (C)

Redetext

49. Sitzung

Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Beginn: 9.00 Uhr

Präsident Dr. Norbert Lammert: kutieren oder gar zu empfehlen, deutsche Soldaten Seite
Die Sitzung ist eröffnet. an Seite mit Soldaten anderer europäischer Länder in den
Nahen Osten zu schicken. Frieden zu stiften – diese Auf-
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle gabe überließen die Europäer in den zurückliegenden
herzlich. Ich wünsche uns einen guten Tag und für die Jahren den USA. Das historische Bild vom Händedruck
Beratungen in dieser Woche alles Gute. Insbesondere zwischen Jizchak Rabin und Jassir Arafat entstand 1993
wünsche ich, dass wir die Sorgfalt, die der erste Tages- in Washington, das von Menachem Begin und Anwar el
ordnungspunkt verdient, walten lassen. Sadat 1979 in Camp David.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Wir dürfen gemeinsam feststellen: Seitdem haben
Beratung des Antrags der Bundesregierung sich die Verhältnisse in der Welt grundlegend verändert
und wir uns mit ihnen. Europa entwickelt sich von einem
Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte Flickenteppich heterogenster nationaler Interessen zu ei-
(B) an der United Nations Interim Force in Leba- ner – ich glaube – gemeinsam handlungsfähigen Kraft. (D)
non (UNIFIL) auf Grundlage der Resolution Das versetzt uns – mit uns meine ich Europa – in die
1701 (2006) des Sicherheitsrates der Vereinten Lage, jetzt auch im Nahen Osten mitzuhelfen, Frieden zu
Nationen vom 11. August 2006 schaffen und zu sichern. Europa wird künftig – davon
bin ich überzeugt – ein Faktor für Frieden, auch im Na-
– Drucksache 16/2572 – hen Osten. Das ist die eigentliche Nachricht; das ist der
Überweisungsvorschlag: eigentliche Einschnitt, den wir uns bewusst machen
Auswärtiger Ausschuss (f) müssen. Ich finde, das ist keine schlechte Nachricht.
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
GRÜNEN)
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Weil das so ist und weil wir wussten, dass das
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO
Schweigen der Waffen nur durch internationale Präsenz,
Hierzu liegen ein Entschließungsantrag der Fraktio- durch ein internationales Hilfeversprechen erreicht wer-
nen der CDU/CSU und der SPD sowie je ein Entschlie- den konnte, durften und dürfen wir nicht abseits stehen.
ßungsantrag der Fraktion der FDP, der Fraktion Die Wir stehen in einer gemeinsamen Verantwortung. Für
Linke und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen die Bundesregierung sage ich: Wir sind entschlossen,
vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für uns dieser Verantwortung zu stellen.
die Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre dazu Es geht beim Libanoneinsatz nämlich nicht um das
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. prinzipienlose Brechen außenpolitischer Tabus, die wir
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu- uns aus guten Gründen nach der Zeit des Nationalsozia-
nächst dem Bundesminister des Auswärtigen, Herrn lismus selbst auferlegt haben. Nein, es geht um Glaub-
Dr. Steinmeier. würdigkeit und um die Anerkennung von Normalität, die
uns nicht mehr vor Inanspruchnahme schützt. Es geht
schließlich auch um die Respektierung der Tatsache, dass
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
uns nicht nur der Libanon, sondern auch Israel ausdrück-
Auswärtigen:
lich um Beteiligung an diesem Einsatz gebeten haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube,
wir alle spüren: Dies ist keine ganz gewöhnliche Debatte (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
im Deutschen Bundestag. Vor zehn Jahren wäre vermut- der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE
lich niemand auf die Idee gekommen, hier darüber zu dis- GRÜNEN)
4800 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) Vor zehn Jahren hätte sich wohl niemand vorstellen Souveränität nach außen und innen schützen. Er braucht (C)
können, dass wir als Teil der europäischen Familie so- deshalb – ich sagte es am Anfang – eine starke, eine
wohl das Existenzrecht Israels schützen als auch helfen, handlungsfähige Regierung. Um dies zu ermöglichen,
die staatliche Souveränität des Libanon und die Autorität schicken wir nicht nur Soldaten, sondern auch Grenz-
der libanesischen Regierung zu stärken. Das muss man schützer und Zollbeamte in die Region, die der libanesi-
nicht kleinreden. In der Region weiß man eben – das schen Regierung bei der Sicherung der Grenzen und bei
sage ich gerade mit Blick auf diejenigen, die immer wie- der Sicherung des Beiruter Flughafens helfen und ver-
der kritisch fragen: Werden wir nicht selbst zur Ziel- hindern sollen, dass dort Missbrauch getrieben bzw. wei-
scheibe durch einseitige Festlegungen? –, dass die Euro- terhin Waffen eingeführt werden, die in die Hände derje-
päer und die Deutschen einen entscheidenden Anteil nigen gelangen, in deren Hände sie nicht kommen
daran haben, dass die Waffen mittlerweile schweigen. sollen.
Mit unseren deutschen Soldaten, mit den britischen,
französischen, italienischen, spanischen und vielen an- Natürlich tun wir nicht nur das. Wir beteiligen uns
deren sorgen wir dafür, dass die ausgebombten Men- auch auf bilateralem Wege mit bisher mehr als 27 Millio-
schen bald wieder ein Dach über dem Kopf haben, Stra- nen Euro an Maßnahmen zur humanitären Hilfe und
ßen geflickt werden und Kraftwerke repariert werden. am Wiederaufbau des Landes. Europäische Mittel, zu
Ohne diese Bereitschaft wäre der Waffenstillstand nicht denen auch Deutschland einen Beitrag leistet, kommen
erreicht worden. hinzu.

Emotion sei an einer Stelle in dieser nüchternen De- Was ist der Sinn dieser Sache? Ich finde, die Men-
batte erlaubt, die wir hoffentlich verantwortungsvoll schen im Libanon sollten spüren, dass es für sie und ihre
miteinander führen: Es war ein bewegender Moment für Familien in der nächsten Zeit wieder vorangeht. Das
mich, als Kofi Annan in der Runde der europäischen Au- sollten wir ihnen zeigen, damit keine anderen Flaggen
ßenminister einzeln abfragte, wer bereit sei, an der inter- über den wieder aufgebauten Brücken wehen, sondern
nationalen Hilfe teilzunehmen, um Stabilität an der möglichst europäische.
Grenze zwischen Israel und Libanon zu sichern, und ei-
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie
ner nach dem anderen aus der Runde der Außenminister
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE
sagte: Wir sind dabei.
GRÜNEN)
Es besteht kein Zweifel: Mit diesem Einsatz, für den
Natürlich wissen wir, dass der Bundeswehreinsatz al-
wir hier im Parlament hoffentlich eine breite Mehrheit
lein dem Nahen Osten keinen dauerhaften Frieden be-
bekommen, betreten wir politisches Neuland. Aber ich
scheren kann. Aber er sorgt zunächst einmal für Stabili-
(B) sage: Auch dieser Einsatz steht in der guten Tradition tät in einer Region, die sich in einer hoch angespannten (D)
deutscher Außenpolitik. Immer dann, wenn der Bundes-
Situation befindet. Wir brauchen diese Stabilität – das ist
tag einen solchen Einsatz zugelassen hat, haben wir dies
meine feste Überzeugung –, um dazu beizutragen, dass
getan, um Frieden zu schaffen, um Friedensverträge zu
die Menschen in der Region überhaupt erst wieder Ver-
sichern oder um Flucht und Vertreibung zu verhindern.
trauen aufbauen und den Mut fassen, über die Gräber
Diesen ehernen Grundsatz gebe ich all denjenigen zu be-
und die Minenfelder hinweg das Gespräch miteinander
denken, die sich Kriterienkataloge erhoffen. Dieser
zu suchen.
eherne Grundsatz gilt auch für diesen Einsatz und für
alle Zukunft. Das, was für unseren außen- und sicherheitspoliti-
schen Ansatz immer gegolten hat, gilt auch hier: Dauer-
Der Verteidigungsminister wird den geplanten Ein-
hafter Friede wird im Nahen Osten nur zu erringen sein,
satz gleich noch intensiver erläutern. Worum bittet die
wenn wir an einem klugen Mix von Maßnahmen festhal-
Bundesregierung den Bundestag? Wir wollen uns mit bis
ten. Dazu gehört auch die militärische Präsenz. Vor allen
zu 2 400 Soldaten an der internationalen Mission der
Dingen aber müssen wir politische Fortschritte erzielen
Vereinten Nationen im Libanon beteiligen. Die Haupt-
und den Menschen ganz konkrete Hilfen anbieten, die
aufgabe dieser internationalen Mission wird darin beste-
ihren Alltag verbessern helfen.
hen, Waffenschmuggel seeseitig an der Grenze zum Li-
banon zu verhindern. Es handelt sich, wie Sie wissen, Der Libanoneinsatz ist für mich nicht der Abschluss
um ein robustes Mandat. Die Soldaten der Bundeswehr eines turbulenten Sommers, sondern ich verstehe ihn als
werden das Recht haben, den Seeverkehr vor der Küste das Startsignal für die eigentliche Arbeit, die jetzt auf
des Libanon zu kontrollieren, verdächtige Schiffe umzu- uns wartet. Ich jedenfalls will mich in den kommenden
leiten, sie zu betreten und zu durchsuchen. Das steht ein- Monaten mit aller Kraft dafür einsetzen, dass es im Na-
deutig in den Einsatzregeln der Vereinten Nationen. Die hen Osten politisch vorangeht.
libanesische Regierung hat diese Einsatzregeln akzep-
tiert. Die gesamte maritime Taskforce unter Beteiligung (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem
anderer europäischer Einsatzkräfte wird unter der Füh- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
rung der deutschen Bundesmarine stehen.
Die Chancen dafür stehen gar nicht so schlecht. Aller-
Wenn wir über Militär reden – darüber ist heute zu dings muss ich zugeben: Nach 60 Jahren des Dauerkon-
entscheiden –, dann muss uns bewusst sein, dass wir uns flikts ist das nicht gerade sehr wahrscheinlich. Aber nach
nicht darauf beschränken dürfen. Deutschland will sich der letzten Eskalation scheint überall die Einsicht ge-
darüber hinaus engagieren. Der Libanon muss seine wachsen zu sein, dass Frieden und Sicherheit die Vo-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006 4801
Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
(A) raussetzungen für ein dauerhaft besseres Leben darstel- Meine Damen und Herren, Sie verstehen meine Be- (C)
len und dies nicht mit Gewalt zu erreichen ist. wertung: Ich glaube, dass die Tür zum Frieden im Nahen
Osten einen Spaltbreit offen steht. Wenn wir diese Tür
In den Prozess, der jetzt ansteht, können wir Europäer aufstoßen wollen, müssen jetzt alle Beteiligten ihre Ver-
unsere Erfahrungen einbringen. Wir brauchten die Zer- antwortung wahrnehmen. Die palästinensische Seite
störung von zwei Weltkriegen, bis wir begriffen haben, muss das Existenzrecht Israels anerkennen und auf die
dass es nur ein tragfähiges Fundament für Frieden, Si- Anwendung von Gewalt verzichten und Israel muss sich
cherheit und Wohlstand in Europa gibt: die Einsicht, bewusst machen, dass es den Frieden auf Dauer nicht
miteinander zu reden, zu arbeiten und Handel zu treiben, militärisch gewinnen kann, sondern auch selbst nach
statt aufeinander zu schießen. Verständigung und Ausgleich mit seinen Nachbarn su-
chen muss.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein
Thema ansprechen, das auf der Botschafterkonferenz, (Beifall bei Abgeordneten der SPD)
die Anfang September stattgefunden hat, eine Rolle
spielte: Wer hätte vor 50 Jahren gedacht, dass Deutsche Wir können nicht sämtliche Verantwortung in der Re-
und Franzosen heute in der Lage sind, ein gemeinsames gion lassen. Auch wir stehen als Mitglied der Weltge-
Geschichtsbuch zu schreiben? Dieses Geschichtsbuch ist meinschaft selbstverständlich in einer großen Verant-
vor kurzem erschienen. Es wird in diesen Tagen an die wortung. Wir müssen unsere Kraft im Nahen Osten
ersten Schulen in Deutschland ausgeliefert. Es ist übri- einbringen, solange die eigenen Kräfte dort zum Frieden
gens eines der wenigen, vielleicht das einzige, das in al- noch nicht ausreichen. Das bedeutet in dieser Diskussion
len Bundesländern anerkannt ist. heute und morgen bei der Abstimmung ganz konkret:
Ich bitte um Ihre Zustimmung, ich bitte um die Zustim-
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem mung des Deutschen Bundestages zu der Beteiligung der
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bundeswehr am Einsatz im Libanon.

Ich wünschte mir, dass dies in einigen Jahrzehnten Danke.


auch im Nahen Osten möglich würde. Denn das wäre ein (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie
Signal dafür, dass dort die Gräben überwunden sind und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE
die Region in eine Zone des Friedens, der Sicherheit und GRÜNEN)
der Stabilität verwandelt wurde.
Wer eine solche Vision beschreibt, der darf sich nicht Präsident Dr. Norbert Lammert:
aufs Hoffen beschränken. Deshalb reden wir täglich mit Das Wort hat nun der Kollege Dr. Werner Hoyer für
(B) den Verantwortlichen, mit den Beteiligten in der Region, die FDP-Fraktion. (D)
werben für den Weg von Verständigung und Aussöh-
nung. Vor zehn Tagen erst war ich in Beirut, in Tel Aviv, (Beifall bei der FDP)
in Ramallah. Wir stehen, wie Sie wissen, in Kontakt mit
Syrien. Immerhin gibt es Anzeichen, dass einige in Da- Dr. Werner Hoyer (FDP):
maskus die Spirale der Gewalt überwinden wollen. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lassen Sie mich beginnen mit einer Bemerkung zum
Wenn man darauf hofft, dass diese Entwicklung ein- Thema Schulbücher. Was zwischen Frankreich und
tritt, darf man sie gerade nicht blauäugig angehen. Ich Deutschland nun endlich Wahrheit wird – der Herr Mi-
weiß, dass nach 60 Jahren Terror und Gewalt in der Re- nister hat es erfreulicherweise gerade angekündigt –, das
gion Vertrauen nur langsam wachsen wird. Deshalb ge- brauchen wir dringend auch für Polen und Deutschland.
höre ich zu denjenigen, die sagen: Wir werden im Ver- Wir haben gestern mit Bronisław Geremek hier disku-
laufe dieses Prozesses eine Nahostkonferenz brauchen, tiert. Ich glaube, das ist eine der größten und wichtigsten
auf der die offenen Fragen abschließend geregelt wer- Baustellen, die wir in der Außenpolitik haben: endlich
den. Aber wir sollten dieses Instrument nicht zu einem das deutsch-polnische Verhältnis wieder so ins Lot zu
Zeitpunkt missbrauchen und verbrennen, zu dem es bringen, dass wir eines Tages auch ein gemeinsames
keine Wirkung entfalten kann. Deshalb bin ich sehr da- deutsch-polnisches Geschichtsbuch auflegen können.
für und werde auch während der Generalversammlung
der Vereinten Nationen in der laufenden Woche dafür (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der
werben, das Nahostquartett wieder zu beleben, das aus CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, Russ- Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP-Fraktion
land und den USA besteht. Dieses Quartett soll die lehnt nach sorgfältiger Beratung und Abwägung den An-
Steuerung der nächsten Schritte des Nahostfriedenspro- trag der Bundesregierung ab. Wir haben uns das nicht
zesses übernehmen. Ich kann mir durchaus einen erwei- leicht gemacht, weil die Abwägung in der Tat außeror-
terten Aufgabenbereich vorstellen: nicht nur beschränkt dentlich schwierig ist. Wenn ich das richtig verstehe,
auf den Kernkonflikt Israel/Palästina, sondern die Re- dann sehen die Debattenlinien in den meisten Fraktionen
gionalkonflikte mit Libanon und Syrien einbeziehend. sehr ähnlich aus. Es kann sein, dass die Gewichtungen
Wenn im Verlaufe dieser nächsten Schritte ein Klima des anders sind.
Vertrauens und des guten Willens geschaffen worden ist,
dann kann am Ende eine Nahostkonferenz substanzielle (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Ergebnisse erzielen. Da täuschen Sie sich!)
4802 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Dr. Werner Hoyer


(A) Es gibt aber sehr wohl Kolleginnen und Kollegen, die (Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie (C)
aus ganz grundsätzlichen Erwägungen nach wie vor der bei Abgeordneten der CDU/CSU und der
Auffassung sind, dass deutsches Militär im Nahen Osten SPD)
ein Tabu ist. Ich habe einen hohen Respekt vor dieser
Ich begrüße es außerordentlich, dass der Außenminis-
Meinung, obwohl ich sie nicht teile. Andere sind der
ter den politischen Prozess jetzt wieder so stark ins Auge
Auffassung, dass uns gerade unsere Geschichte nicht die
fasst. Genau darum geht es. Wir haben die Vorstellung,
Legitimation oder den Vorwand dafür liefert, uns dort
eine dem KSZE-Prozess nachgebildete Konferenz auf
herauszuhalten – gegebenenfalls auch nicht militärisch.
den Weg zu bringen, schon in den letzten beiden Legis-
Schließlich gibt es diejenigen, die sagen, dass es gleich-
laturperioden im Deutschen Bundestag zur Abstimmung
wohl unklug ist, sich militärisch zu beteiligen, obwohl
gestellt – teilweise mit Unterstützung der Christdemo-
wir insgesamt zweifellos bereit sind, eine große Verant-
kraten – und sind dabei an Rot-Grün gescheitert. Ich
wortung zu übernehmen. Zu dieser Argumentationslinie
finde es gut, dass die Bundesregierung hier jetzt ein-
bekenne ich mich.
steigt.
Ich glaube, dass es nicht klug ist, dass wir das politi- Ich weiß natürlich, dass das in einer Region, in der
sche Kapital – auch das Vertrauenskapital –, das wir bei man nicht bei allen Beteiligten von vornherein Friedens-
Konfliktparteien im Nahen Osten besitzen, aufs Spiel willen voraussetzen kann, nicht leicht ist. Das ist wohl
setzen, indem wir unnötigerweise einen militärischen wahr. Es ist aber aller Mühen wert; denn dieser Konflikt
Beitrag leisten. im Nahen Osten ist der schwierigste und gefährlichste,
den es in unserer Region und möglicherweise in der gan-
(Beifall bei der FDP und der LINKEN) zen Welt gibt.
Ich gehöre weiß Gott nicht zu denjenigen, die aus grund- (Beifall bei der FDP)
sätzlichen Erwägungen gegen die Überlegung sind, dass
man die Erreichung politischer Ziele auch mit militäri- Er hat das Potenzial zu einem weltweiten Flächenbrand
schen Mitteln unterstützen muss. Die FDP-Fraktion hat und deswegen ist jede politische Anstrengung sinnvoll.
deswegen häufig genug auch Einsätzen der Bundeswehr Auch wenn die Resolution 1701 weiß Gott nicht je-
im Rahmen von UN-Missionen zugestimmt. An diesem den befriedigen mag, wird es durchaus sinnvoll sein, mit
Punkt sind wir aber der Auffassung, dass das, was wir im militärischen Mitteln gewissermaßen Zeit zu kaufen, um
politischen Prozess beizutragen haben, gefährdet wer- dem politischen Prozess eine Chance zu geben. Die ab-
den kann, wenn wir uns militärisch beteiligen. zuleitende Frage ist dann aber immer noch, ob es klug
Man kann jetzt natürlich darüber diskutieren, ob un- ist, dass Deutschland sich daran beteiligt. Wir sind der
(B) Auffassung, dass das nicht der Fall ist. (D)
sere Rolle im politischen Prozess durch eine militärische
Beteiligung Deutschlands gestärkt oder geschwächt Meine Damen und Herren, wenn man den politischen
wird. Die Antwort wird davon abhängen, wie sich die Prozess in den Vordergrund rückt, dann wird man auch
Dinge in den nächsten Jahren entwickeln. Wenn dort in Überlegungen darüber anstellen müssen, wie wir mit der
den nächsten Jahren alles ganz ruhig und freundschaft- Hamas und der Hisbollah umgehen. Niemand von uns
lich über die Bühne geht, dann wird man eines Tag Lob wird den terroristischen Charakter eines Teiles dieser
dafür einfahren, dass sich Deutschland auch militärisch beiden Organisationen infrage stellen. Wir alle sind uns
beteiligt hat. In dem Moment aber, in dem irgendwo der dessen und der Problematik, die damit verbunden ist, be-
Funke überspringt – wir haben in der letzten Zeit bei wusst. Auf der anderen Seite müssen wir aber auch die
verschiedenen Gelegenheiten gemerkt, wie leicht im Na- Rolle wahrnehmen und analysieren, die Teile von
hen Osten ein Flächenbrand entstehen kann –, wird es Hamas und Hisbollah in den gesellschaftlichen Eliten
ausgesprochen problematisch. Dann ist Deutschland von Palästina und des Libanon spielen. Das sind teil-
auch nicht mehr neutral. Das ist aber die Forderung, die weise wichtige Rollen. Ohne deren Beteiligung wird es
man erheben muss, wenn man sich an einer UN-Mission nicht möglich sein, Frieden zu erzielen. Deswegen muss
beteiligt. es auch unser Ziel sein, auf den geeigneten Wegen zu
versuchen, dazu beizutragen, dass auch die gemäßigten
(Beifall bei der FDP und der LINKEN) und die wohlwollenden Kräfte bei Hamas und Hisbollah
in einen Prozess einbezogen werden können, der eines
Eines ist ganz klar: Das Existenzrecht des jüdischen
Tages zu einer friedlicheren Situation im Nahen Osten
Staates Israel in sicheren Grenzen steht für uns alle hier führt.
im Deutschen Bundestag nicht zur Disposition.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie
bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- Das gilt dann übrigens ebenso für Syrien. Von daher
NISSES 90/DIE GRÜNEN) unterstütze ich mit Nachdruck die Bemühungen des Au-
ßenministers, auch mit Syrien wieder ins Gespräch zu
Auf der anderen Seite wissen wir auch, dass Frieden nur kommen. Dass das im Überschwang des subjektiv emp-
herrschen kann, wenn es für die Palästinenser eine bes- fundenen Sieges über die große israelische Armee nicht
sere Lebensperspektive in einem eigenen palästinensi- leicht sein wird, ist etwas anderes. Das wird dauern. Das
schen Staat gibt. Diese Dinge gehören zusammen. Daran wird vielleicht auch sehr viel Diskretion erfordern. Aber
muss gearbeitet werden. da sind Sie auf dem richtigen Weg.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006 4803
Dr. Werner Hoyer
(A) Mit der militärischen Beteiligung gehen Sie nicht den Dass nicht nur der überwiegende Teil der libanesi- (C)
richtigen Weg. Da aber die Mehrheitsverhältnisse offen- schen Regierung und der Bevölkerung diesem Einsatz
sichtlich so sind, wie sie sind, zustimmt, sondern auch über 73 Prozent der Bevölke-
rung Israels diesen Einsatz befürworten, zeigt, wie ich
(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Gott sei finde, das Vertrauen, das die Bundesrepublik Deutsch-
Dank!) land, aber auch die Bundeswehr im Hinblick auf eine
sage ich gleichwohl: Wenn die deutschen Soldaten un- Friedenssicherung in diesem Prozess gewonnen hat.
terwegs sind, werden wir sie nach Kräften unterstützen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
Wir erwarten, Herr Finanzminister, dass die Bundes-
der SPD)
regierung der Bundeswehr dann die notwendigen Mittel
zur Verfügung stellt. Ich will darauf verweisen, dass wir im Bereich der hu-
Danke sehr. manitären Hilfe schon einen wesentlichen Beitrag ge-
leistet haben; der Außenminister hat darauf hingewiesen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Die Bundeswehr hat mittlerweile über 233 Tonnen
der LINKEN) Hilfsgüter in den Libanon geliefert: von Babynahrung
über medizinische Versorgung bis hin zu Zelten und UN-
Präsident Dr. Norbert Lammert: Fahrzeugen. Aber auch Hilfspersonal wurde gestellt, das
unmittelbar vor Ort humanitäre Hilfe leistet und im Hin-
Das Wort hat nun der Bundesminister der Verteidi- blick auf die Umsetzung der UN-Resolution von Bedeu-
gung, Dr. Franz Josef Jung. tung ist. Jetzt aber geht es um die dauerhafte Absiche-
rung des Waffenstillstandes.
Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-
gung: Voraussetzungen waren aus unserer Sicht die Anfor-
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und derung der libanesischen Regierung, klare Einsatzregeln
Herren! Die Bundesregierung bittet mit diesem Mandat und ein klares Einsatzkonzept. Diese liegen mittlerweile
für die Bundeswehr den Deutschen Bundestag um eine vor. Sie wissen, dass es im Zusammenhang mit der Auf-
Entscheidung von historischer Bedeutung. Es geht um hebung der Seeblockade durch Israel eine Diskussion
die Beteiligung der Bundeswehr an der Friedenssiche- gab. Ich denke, wir sollten unseren französischen, italie-
rung im Nahen Osten. nischen und griechischen Freunden dafür dankbar sein,
dass sie in der Zwischenzeit dort die Seesicherheit mit
Grundlage dafür ist die UN-Resolution 1701. Man garantiert haben, damit die Seeblockade aufgehoben
(B) mag, Herr Kollege Hoyer, an dieser Resolution das eine werden konnte, um jetzt durch unsere Verantwortung (D)
oder andere kritisieren. Aber Tatsache ist: Diese Resolu- eine zusätzliche Sicherung im Hinblick auf die libanesi-
tion hat dazu beigetragen, dass die Waffen schweigen. sche Grenze und den Waffenschmuggel zu gewährleis-
Immerhin haben in dieser Auseinandersetzung über ten.
1 200 Menschen ihr Leben gelassen. Dass die Waffen
dauerhaft schweigen, ist ein wichtiger Beitrag, den die Es geht um die Absicherung der seeseitigen Grenzen
Bundesrepublik Deutschland in diesem Friedensprozess des Libanons innerhalb der Territorialgewässer. Aber die
unterstützend leisten kann. Deshalb kann ich Ihre Argu- Area of Maritime Operations – sprich: das maritime Ein-
mentation nicht nachvollziehen. satzgebiet – umfasst bis zu 60 Seemeilen vor der libane-
sischen Küste. Wir haben dort ein robustes, aber kein of-
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) fensives Mandat und die Kontrolle eines verdächtigen
Schiffes ist möglich, auch wenn ein Kapitän wider-
Wichtig ist, dass dieser UN-Resolution sowohl die is-
spricht.
raelische als auch die libanesische Regierung zuge-
stimmt haben. Damit werden die Voraussetzungen dafür Lassen Sie mich dazu etwas anmerken. Selbstver-
geschaffen, eine dauerhafte Friedenslösung herbeizufüh- ständlich gilt auch hierbei die Verhältnismäßigkeit der
ren. Das ist in der Argumentation ein ganz wichtiger Mittel. Sie werden zunächst zu geringfügigeren Maß-
Punkt. Natürlich ist dieser militärische Beitrag nicht die nahmen – zum Beispiel Umleitungen – greifen, bevor sie
Lösung des Konfliktes. Aber ich behaupte: Ohne dass beispielsweise in einer kritischen Situation gegen den
die Waffen schweigen, ist eine politische Lösung dieses Willen eines Kapitäns borden. Aber auch dies beinhaltet
Konfliktes nicht möglich. Deshalb ist es essenziell wich- das Mandat. Deshalb weise ich darauf hin, dass es zu ris-
tig, hier einen Beitrag zu einem dauerhaften Waffenstill- kanten oder auch kritischen Situationen für unsere Sol-
stand zu leisten. datinnen und Soldaten kommen kann. Ich denke, dass
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- auch im Zusammenhang mit diesem Mandat ehrlich über
neten der SPD) die Risiken gesprochen werden muss, die gegebenen-
falls auf unsere Soldatinnen und Soldaten zukommen.
Es geht – das wurde zu Recht angesprochen – um das Denn Auslandseinsätze – das gilt auch für andere Regio-
Existenzrecht des Staates Israel. Es geht aber auch um nen – sind auch immer mit Risiken für Leib und Leben
die Souveränität des Staates Libanon. Es geht ebenso um unserer Soldatinnen und Soldaten verbunden. Deshalb
die Lösung des Konfliktes zwischen Palästina und Israel ist es auch notwendig, darauf hinzuweisen, wenn es um
im Hinblick auf die Umsetzung der Roadmap hin zu ei- eine Entscheidung für einen entsprechenden Einsatz der
nem eigenen Staat Palästina. Bundeswehr in friedensstiftender Mission geht.
4804 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Bundesminister Dr. Franz Josef Jung


(A) Der Libanon hat sich mit diesen Rules of Engagement (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie (C)
und auch mit dem Einsatzkonzept eindeutig einverstan- bei Abgeordneten der FDP)
den erklärt. Das Mandat, für das wir Sie um Zustimmung
Lassen Sie mich noch einmal unterstreichen: Es geht
bitten, sieht folgende Aufgaben vor: erstens die Führung
um einen Frieden stiftenden Auftrag der Bundeswehr.
der maritimen Operation – diese soll durch einen deut-
Ich glaube, es wird zu wenig wahrgenommen, dass Eu-
schen Admiral gewährleistet werden –, zweitens Aufklä-
ropa – sei es Frankreich, Italien, Spanien, seien es andere
rung und Überwachung des Seegebietes, drittens Kon-
europäische Nationen – zum ersten Mal einen essenziel-
trolle des Seeverkehrs, viertens Umleitung von Schiffen
len Beitrag zur Friedenssicherung im Nahen Osten leis-
im Verdachtsfall, fünftens Lufttransport, sechstens hu-
tet. Es geht um die Unterstützung und Umsetzung der
manitäre Hilfe – dazu habe ich schon etwas gesagt –,
UN-Resolution 1701. Ich glaube, nur auf dieser Grund-
siebtens Eigensicherung und Nothilfe und achtens tech-
lage besteht eine Chance für eine friedliche, politische
nische Ausrüstungshilfe und militärische Beratung.
Lösung in Nahost. Es entspricht unserer Wertorientie-
Diese Ausrüstungshilfe kann auf dem gesamten Gebiet
rung, aber auch unseren internationalen und europäi-
des Staates Libanon durchgeführt werden.
schen Verpflichtungen und liegt in unserem nationalen
Das Mandat ist vonseiten der Vereinten Nationen bis Interesse, dass wir diesen Einsatz leisten.
zum 31. August 2007 vorgesehen. So haben wir vonsei- Alle Argumente sprechen dafür, dass Sie, meine sehr
ten der Bundesregierung das Mandat jetzt auch beschlos- verehrten Damen und Herren Abgeordneten des Deut-
sen. schen Bundestages, diesen Einsatz unterstützen. Das
Die Obergrenze sind 2 400 Soldatinnen und Soldaten, Mandat ist im Interesse dieser Frieden stiftenden Mis-
die sich wie folgt aufschlüsseln: 1 500 Kräfte werden sion. Ich bitte aber auch um Ihre Unterstützung im Inte-
vonseiten der Marine gestellt. Die UNO hat zwei Fregat- resse der Soldatinnen und Soldaten, die in einer nicht
ten einschließlich zwei Bordhubschraubern sowie zwei einfachen Situation einen wichtigen Beitrag zur Frie-
Versorgungsschiffe – das ist der Einsatzgruppenversor- denssicherung im Nahen Osten leisten.
ger mit dem Einsatzrettungszentrum und dem Tender – Besten Dank.
und vier Schnellboote angefordert. Es haben aber auch
andere Nationen ihre Bereitschaft signalisiert, bei dieser (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
maritimen Taskforce mitzuwirken. Dabei handelt es sich
um Dänemark, Norwegen, Schweden und die Nieder- Präsident Dr. Norbert Lammert:
lande. Welche Nationen gegebenenfalls dort bereits im Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gregor Gysi für
Einsatz sind, habe ich bereits erwähnt. Wir haben uns die Fraktion Die Linke.
(B) – da dieses Mandat effektiv und kooperativ ist – selbst- (Beifall bei der LINKEN) (D)
verständlich damit einverstanden erklärt, dass in den
Führungsstäben auch Verbindungsoffiziere vonseiten der
libanesischen Armee vertreten sind, um die Kooperation Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE):
bei diesem Einsatz zu ermöglichen. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Heute ist nicht der Tag, darüber zu sprechen,
Zu den 2 400 Soldatinnen und Soldaten gehören des dass der amerikanische Präsident Außenpolitik zuneh-
Weiteren 100 Soldatinnen und Soldaten für den Luft- mend als Militär- und Kriegspolitik betreibt. Heute geht
transport, 400 für die Führung in den Stäben und logisti- es auch nicht darum, dass seine These, mittels Krieg Ter-
sche Unterstützung, 100 für Beratung und Ausbildung ror zu bekämpfen, eindeutig widerlegt ist. Krieg ist eine
der libanesischen Armee und 300 im Hinblick auf die Höchstform von Terror und mittels Terror kann man Ter-
planerische Reserve. Damit ist die Durchhaltefähigkeit ror nicht wirksam bekämpfen.
auch für diese Operation gewährleistet und wir haben
alle Eventualitäten in dieses Mandat mit eingerechnet, (Beifall bei der LINKEN)
um damit die Voraussetzung für einen effektiven Beitrag Die Kriege in Afghanistan und im Irak beweisen täglich,
zur dauerhaften Friedenssicherung in dieser Region zu dass sie den Terrorismus erhöhen. Mir geht es heute
schaffen. auch nicht darum, darauf hinzuweisen, dass man zur
Adresse von Terroristen wird, wenn man sich an solchen
Ich will auch etwas zu den Kosten des Mandats sa-
Kriegen beteiligt.
gen: Für das Jahr 2006 ist ein Kostenrahmen von 46 Mil-
lionen Euro und für das Jahr 2007 von 147 Millionen (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Euro vorgesehen. Ich denke, es ist offensichtlich, dass
Ein vernünftiger Blauhelmeinsatz kann sogar gegentei-
hier ein neuer Auftrag auf die Bundeswehr zukommt,
lige Wirkungen haben, wenn man dadurch als Frieden-
der natürlich nicht in unseren Kostenkalkulationen im
stifter anerkannt wird.
Verteidigungsetat berücksichtigt werden konnte, sodass
wir uns noch darüber verständigen müssen, welche zu- Es ist auch nicht der Tag, um über das veränderte Ver-
sätzlichen Ausgaben notwendig sind. Ich wiederhole hältnis der deutschen Parteien zum Krieg zu diskutieren.
meinen Satz: Man kann nicht immer mehr Aufgaben von Dem völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien
der Bundeswehr verlangen und gleichzeitig nicht die stimmten bekanntlich alle Fraktionen außer meiner zu.
entsprechenden finanziellen Grundlagen zur Verfügung Ich will auch nicht über die These von Herrn Kuhn und
stellen. Ich gehe aber davon aus, dass wir die Finanzie- anderen reden, dass Verteidigung nicht mehr national,
rung sicherstellen werden. sondern nur international möglich sei, wobei mir bei der
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006 4805
Dr. Gregor Gysi
(A) Vorstellung, dass dies 190 Staaten so sähen und ihre Sol- nicht nur das Existenzrecht Israels bestreiten, sondern (C)
daten vom Süd- bis zum Nordpol stationierten, mehr als dieses Land vernichten wollen. Sie sehen die entsetzli-
schwummrig wird. chen Attentate und Terroranschläge, die seit Jahren in Is-
rael begangen werden. Sie fühlen auch kulturell stärkere
(Beifall bei der LINKEN)
Nähe zu Juden als zu Arabern. Unter all diesen Umstän-
Wir waren nun Zeugen eines Krieges zwischen Israel den haben sie eher Verständnis dafür und versuchen, zu
und der Hisbollah im Libanon und sind froh, dass ein übergehen, dass Israel sich nicht nur wehrt, sondern auch
Waffenstillstand, wenn auch noch sehr fragil, zustande angreift, bestimmte Resolutionen des UN-Sicherheitsra-
gekommen ist. tes nicht einhält, auch Untaten begeht und Völkerrecht
verletzt. Jedermann solle, so ihre Meinung, zu jeder Zeit
(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Warum wissen, dass dieses Land seine Vernichtung durch nie-
ist er zustande gekommen, Herr Kollege manden dulden wird.
Gysi?)
In diesem Zusammenhang macht es Sinn, UN-Truppen Dann gibt es jene, deren Herzen für die arabische
zu entsenden, Seite schlagen. Sie wissen selbstverständlich um die mil-
lionenfache Ermordung der Jüdinnen und Juden. Sie
(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: weisen aber darauf hin, dass bei der Gründung des Staa-
Aha!) tes Israel diejenigen nicht gefragt wurden, die damals
dort lebten. Sie haben den gesamten Prozess hinterher
um einen weiteren militärischen Konflikt zu verhindern.
als einen Prozess gegen Palästinenserinnen und Palästi-
Im Unterschied zur UN-Resolution sind wir allerdings
nenser erlebt. Sie betonen, dass der Staat Israel seit Jahr-
der Meinung, dass es zur Verhinderung eines weiteren
Krieges und zur Neutralität gehörte, wenn die Truppen zehnten existiert, die Palästinenser über diese Jahrzehnte
nicht nur im Libanon, sondern auch in Israel stünden. aber nur als Flüchtlinge in den anderen Ländern geduldet
wurden. Als endlich ein Autonomiegebilde entstand, war
(Beifall bei der LINKEN) es nicht lebensfähig und ist es bis heute nicht. Bis heute
gibt es keinen palästinensischen Staat. In den vielen
Hier und heute geht es aber um die Frage, ob sich
Kriegen und Auseinandersetzungen, die stattfanden, gab
Deutschland an solchen UN-Truppen beteiligen sollte.
es immer Tote auf beiden Seiten, aber deutlich mehr Tote
Ich habe viele Argumente dafür gehört und möchte ent-
unter Palästinensern und anderen Arabern. Für sie hat Is-
scheidende dagegen nennen. Zunächst geht es um die
rael sein militärisches Übergewicht nicht nur genutzt,
Geschichte und die Verantwortung für sie. Die Nazis ha-
sondern auch missbraucht. Sie verweisen auf die Völ-
ben Millionen Jüdinnen und Juden ermordet und damit
kerrechtswidrigkeit bestimmter Handlungen Israels
(B) ein einzigartiges, unbeschreibliches Verbrechen in der und sehen andererseits über Untaten und Völkerrechts- (D)
Geschichte der Menschheit begangen. Deshalb be-
bruch der arabischen Seite eher hinweg. Ebenso schwei-
schloss die UNO die Bildung des Staates Israel. Bei ei-
gen sie eher zum Bestreiten des Existenzrechts des israe-
nem Konflikt zwischen Israel und einem anderen Staat
lischen Staates oder zu Vernichtungswünschen durch
sind deutsche Soldaten die Letzten, die dazwischenste-
bestimmte arabische Organisationen und Staatsober-
hen sollten. Jede Seite wird bei jeder Schwierigkeit ei-
nen historischen Bezug herstellen. All dies überforderte häupter. Sie fühlen sich aber moralisch doppelt legiti-
unsere Soldaten. miert. Israel wird in besonderer Weise von den USA un-
terstützt, die eine imperiale Politik betreiben, während
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. sie selbst an der Seite der Palästinenserinnen und Palästi-
Dr. Hermann Otto Solms [FDP]) nenser sich mit den Unterdrückten solidarisieren. Vor
der Gründung des Staates Israel hätte man nach ihrer Ar-
Wenn man Blauhelme im Auftrag der UNO stellt,
gumentation an der Seite der Jüdinnen und Juden stehen
muss man hinsichtlich des Konfliktes neutral sein. Man
müssen, weil sie verfolgt und unterdrückt wurden. Nun
muss gegenüber beiden Seiten die gleiche Glaubwürdig-
aber seien diese in Israel eher mächtig und unterdrückten
keit besitzen. Die Bundesregierung ist nicht neutral und
Palästinenserinnen und Palästinenser, sodass man an de-
will es auch nicht sein. Ich glaube darüber hinaus, dass
ren Seite zu stehen habe.
auch niemand hier im Saal neutral ist. Sie sind es nicht
und ich bin es auch nicht. Die erste Gruppe versucht, die zweite nicht selten mit
In unserer Gesellschaft gibt es diesbezüglich vier dem Vorwurf des Antisemitismus zum Schweigen zu
Gruppen: Mit der einen will ich mich heute nicht be- bringen, was in einigen Fällen zutrifft, aber in vielen Fäl-
schäftigen. Es sind jene, die sich für die Fragen nicht in- len ein vorschnelles und ungerechtfertigtes Urteil ist.
teressieren und deshalb weder Gefühle noch Gedanken Unabhängig davon bleibt, dass in Argumenten beider
in die eine oder andere Richtung entwickeln. Gruppen viele Wahrheiten stecken, die nur zeitlich und
örtlich nicht zusammenpassen, die sich aber gegenseitig
Dann gibt es Menschen, deren Herzen für Israel nicht widerlegen.
schlagen. Sie verweisen auf die bereits benannte millio-
nenfache Ermordung von Jüdinnen und Juden durch die Es gibt noch eine weitere Gruppe. Das sind jene, die
Nazis. Sie haben Verständnis dafür, dass gerade Jüdin- sich eher zugunsten Israels äußern, im Innern aber an-
nen und Juden nicht noch einmal bereit sind, sich wehr- ders denken und fühlen. Sie halten aber ihre Gedanken-
los umbringen zu lassen. Sie verweisen auch darauf, dass und Gefühlswelt für politisch nicht korrekt. Sie wollen
es arabische Organisationen und Staatschefs gibt, die dem Vorwurf des Antisemitismus entgehen und äußern
4806 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Dr. Gregor Gysi


(A) sich deshalb anders. Ich bin ziemlich sicher, dass auch deshalb von vornherein Nein zu einem Einsatz unserer (C)
Sie Vertreterinnen und Vertreter dieser Gruppe kennen. Soldaten sagen müssen.
In meiner Generation ist das alles kompliziert und (Beifall bei der LINKEN)
wirr genug. Es gibt keine Klarheit. Es gibt Angst vor
Die anderen Regierungen hätten das verstanden. Es war
Diskussionen. Wir, Frau Bundeskanzlerin, sind nach
die Bundesregierung, die ungefragt ihre Bereitschaft zur
meiner Auffassung keinesfalls berechtigt, diese völlig
Entsendung von Soldaten bekundete und damit auch die
ungeklärte Gedanken- und Gefühlswelt, die in unserer
Einladungen aus Israel und dem Libanon provozierte. Es
Generation noch immer herrscht, die jungen Soldaten
ist die erste Regierung in der Geschichte der Bundesre-
austragen zu lassen. Diese können das nicht.
publik, die den Grundsatz aufgibt, keine Soldaten in den
(Beifall bei der LINKEN) Nahen Osten zu entsenden. Andererseits hätte die Be-
reitschaft erklärt werden sollen, jede humanitäre Hilfe
Sie sind überfordert. Wir alle haben nicht das Recht, sie bei der Beseitigung von Schäden in Israel und im Liba-
in eine solche Situation zu bringen. non zu gewähren. Ich bin allerdings auch dafür, beiden
Seiten einmal deutlich zu sagen, dass künftig wieder die-
Zum Argument der erhofften Normalität im Verhält- jenigen die Wiedergutmachung von Schäden zu bezah-
nis zu Israel möchte ich vier Bemerkungen machen. len haben, die sie anrichten, und nicht regelmäßig Dritte.
Normalität kann man nicht durch Soldaten und Ge-
schütze herstellen. Sie, Frau Bundeskanzlerin, wollen (Beifall bei der LINKEN)
zwar hin mit den Soldaten, aber möglichst nicht auf Ferner brauchen wir dringend unter Einbeziehung
Land. Sie suchen eine Stellung, bei der Sie hoffen, der sämtlicher Seiten eine Nahostfriedenskonferenz.
Konfrontation zu entgehen. Das aber ist nicht Ausdruck Deutschland sollte vorschlagen, dass eine solche organi-
von Normalität, sondern von Anormalität. Normaler- siert werden sollte, und bekunden, dass wir bereit sind,
weise sagt man zu einem solchen Einsatz klar Ja oder sie in Berlin stattfinden zu lassen. Das wäre eine gewal-
klar Nein und sucht nicht eine solche Zwischenlösung. tige politische, aber auch selbstbewusste Leistung.
Man sollte auch nicht auf ein Angebot der israelischen
Regierung eingehen, Normalität über Soldaten zu ge- Mir tun unsere Soldaten auch Leid, weil ich weiß,
winnen. Über 170 Staaten entsenden keine Soldaten und dass sie in eine völlige Überforderungssituation gedrängt
sind nicht anormal. werden.
Ein weiteres Argument ist mir wichtig. Gegen die (Dr. Peter Struck [SPD]: Unsinn!)
Neutralität spricht zweifellos, dass die deutschen Solda-
(B) ten Waffenlieferungen an die Hisbollah verhindern sol- Natürlich machen sie das freiwillig, aber ich bezweifle, (D)
len, die Bundesregierung ihre Waffenlieferungen an Is- dass sie das wirklich überschauen. Deutschland hätte ein
rael aber fortsetzt, bis hin zu U-Booten, die sogar mit politischer Vorreiter im Friedensprozess werden können.
Atomwaffen bestückt werden können. Nun gibt es den So werden wir es nicht. Deutschland wird nicht Teil der
Vorwurf, dass derjenige, der gegen Waffenlieferungen an Lösung, sondern Teil des Konflikts.
Israel ist, das Existenzrecht dieses Staates gefährde. Ich (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg.
halte das für Unsinn. Seit Jahrzehnten ist Israel den ara- Dr. Hermann Otto Solms [FDP] – Dr. Peter
bischen Nachbarländern militärisch überlegen. Zum Struck [SPD]: Das ist ja lächerlich!)
Frieden hat das nicht geführt. Die umgekehrte Situation
hätte allerdings verheerendere Folgen gehabt. Wären die Wir halten das für eine Fehlentscheidung, die wir nicht
Nachbarländer Israel militärisch überlegen gewesen, mittragen können. Ich fürchte, dass auch Sie diese Ent-
hätten sie versucht, dieses Land zu vernichten. Trotz- scheidung eines Tages bereuen werden.
dem, sage ich, ist die weitere Aufrüstung Israels ein Feh- (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg.
ler. Wenn Waffenlieferungen an die Hisbollah verhindert Dr. Hermann Otto Solms [FDP])
und an Israel eingestellt würden, änderte sich nichts an
der militärischen Überlegenheit Israels – sie nähme nur
nicht mehr zu. Das ist doch das Mindeste, was man er- Präsident Dr. Norbert Lammert:
warten darf. Außerdem hat Israel mit den USA die Das Wort hat nun Fritz Kuhn für die Fraktion des
stärkste Militärmacht an seiner Seite. Es gibt Gefährdun- Bündnisses 90/Die Grünen.
gen Israels: kulturell und in anderer Hinsicht, aber nicht
militärisch. Israel sollte überlegen, ob es auch kulturell Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Teil des Nahen Ostens sein will oder weiterhin versucht,
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Europa in den Nahen Osten zu tragen. Letzteres wollen
Kollegen! Herr Gysi hat einen interessanten Satz gesagt,
die übrigen Menschen im Nahen Osten nicht.
nämlich: Es gibt keine Klarheit. Das ist die Überschrift
Bekannt ist, dass beide Konfliktseiten bestimmte, Ihrer Rede gewesen, Herr Gysi.
aber sehr unterschiedliche Erwartungen an den Einsatz (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
deutscher Soldaten haben. Die einen hoffen auf Verant- bei der CDU/CSU und der SPD)
wortung wegen unserer Geschichte und die anderen hof-
fen, dass Reste von dieser Geschichte noch vorhanden Sie haben nicht klar gemacht, für was Sie eigentlich ste-
sind. Eine Bundesregierung, die das weiß, hätte schon hen und was Ihre Position in Wirklichkeit ist.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006 4807
Fritz Kuhn
(A) Die Mehrheit meiner Fraktion wird dem Antrag auf Dies entspricht auch der Logik der bisherigen Rolle (C)
deutsche Beteiligung im Libanon im Rahmen des Deutschlands, Herr Hoyer. Wir haben uns die Fragen,
UNIFIL-Mandats zustimmen. die Sie hier aufgeworfen haben, präzise gestellt: Wird
die Vermittlungsmöglichkeit Deutschlands und wird das
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und hohe Ansehen Deutschlands auf beiden Seiten des Kon-
der SPD) flikts gestärkt, wenn wir zustimmen, oder geschwächt,
Ich will begründen, warum, und dabei auch gleich eine wenn wir es nicht tun? Unsere Auffassung ist ganz klar
Antwort auf den Besinnungsaufsatz geben, den Sie ab- die: Weil alle Seiten, die Libanesen, letztlich auch die
geliefert haben. Syrer und die Israelis, sagen: „Ja, das ist ein guter Ein-
satz; die Deutschen sollen sich daran beteiligen“, wird
(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr gut! – unsere Vermittlungsrolle gestärkt und nicht geschwächt,
Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist doch wie Sie in Ihrer Argumentation nahe gelegt haben.
billig!)
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
Der erste und entscheidende Punkt ist, dass die VN- bei der CDU/CSU und der SPD)
Resolution, die zur Erweiterung des UNIFIL-Mandats
geführt hat, einen tatsächlich existierenden schreckli- Wir befinden uns im Kernbereich deutscher Interes-
chen Krieg in einen Waffenstillstand überführt hat. Das sen, wenn es darum geht, die Menschenrechte und den
ist wichtig und dazu stehen wir. Frieden in der Region zu stärken. Ich will dazusagen:
Dazu gehören natürlich auch die Menschenrechte der
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Menschen, die in Palästina leben, die eine eigene Staat-
bei der CDU/CSU und der SPD) lichkeit wollen
Die deutsche Beteiligung hat wie das ganze UNIFIL-
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Mandat den Sinn, einen höchst fragilen Waffenstillstand
sowie bei Abgeordneten der SPD)
Schritt für Schritt in einem mühsamen Prozess – das be-
tone ich – in einen stabileren Waffenstillstand zu über- und die eine auch wirtschaftlich existenzfähige Staat-
führen, der es dann möglich macht, in der ganzen Region lichkeit brauchen, mit Zugängen zum Beispiel zum Ga-
wirklich einen tragfähigen Friedensprozess zu beginnen. zastreifen. Ich behaupte: So wie das Existenzrecht Isra-
Da frage ich Sie, Herr Gysi: Warum sollen wir an einem els sind auch diese Fragen in unmittelbarem deutschen
solchen UN-Mandat nicht teilnehmen, wenn wir dieses Interesse.
Ziel mit diesem Schritt erreichen können?
Dennoch ist klar: Das Existenzrecht Israels ist eine
(B) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, elementare Bedingung der deutschen Politik. Ich kann (D)
bei der CDU/CSU und der SPD) nur noch einmal auf die Seite der FDP schauen und Sie
Im Kern geht es um die Souveränität des Staates Li- fragen, meine Damen und Herren: Ist es nicht eigentlich
banon, die noch nicht voll und ganz hergestellt ist. Es vernünftig, in einer solchen Situation noch einmal
geht zum Beispiel darum, das Gewaltmonopol im eige- gründlich darüber nachzudenken, was aus der besonde-
nen Staatsgebiet zu stärken. Das ist der Kernpunkt, über ren Verantwortung Deutschlands in Bezug auf Israel
den wir insgesamt reden. Auch das ist ein schwieriger, wirklich folgt?
aber für die Chance des Friedens in der Region entschei-
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-
dender Prozess. Deswegen sollten wir uns dem nicht
SES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und
verweigern.
der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Was meinen
Wenn das Gewaltmonopol des Staates Libanon ge- Sie, was wir die ganze Zeit machen?)
stärkt wird, wird auch Israel mit mehr Sicherheit ausge-
stattet sein und damit wird das Existenzrecht Israels in Ihr Argument, daraus folge, dass wir uns auch auf der
der Praxis ein Stück weit gestärkt werden. Seeseite nicht einmischen dürfen, halten wir für ziemlich
dürftig. Ich sage Ihnen, Herr Westerwelle: Aus einer be-
(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wies- sonderen Verantwortung kann auch eine besondere Aus-
loch] [SPD]) rede resultieren, wenn man die Verantwortung so buch-
stabiert, wie Sie es getan haben. Ich finde, dass Sie sich
Das ist der entscheidende Punkt, den Sie, Herr Gysi, in an einer entscheidenden Stelle verrannt haben, an der Sie
Ihrer Argumentation ausgelassen haben. sich klar der Verantwortung Deutschlands stellen müss-
Wir sind auch dafür, weil es um eine Stärkung der ten.
Vereinten Nationen geht und weil es wichtig ist, dass
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
die Europäer geschlossen – und nicht: Europa minus
bei der CDU/CSU und der SPD)
Deutschland – in diesen Friedensprozess im Nahen Os-
ten eintreten. Das war immer ein wichtiger Punkt. Wer in Herr Westerwelle, ich weiß nicht, ob Sie nachher re-
den letzten Jahren in Israel war, wird wissen, dass die Is- den werden oder ob Sie heute kneifen werden.
raelis oft sagen: Die Europäer reden schön. Aber was tun
sie tatsächlich zur Stärkung des Existenzrechts der Israe- (Zurufe von der FDP: Oh! – Jörg van Essen
lis? – Deswegen werden wir diesem Einsatz, so schwie- [FDP]: Das ist ein absolut unangemessener
rig er im Detail ist, zustimmen. Ton!)
4808 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Fritz Kuhn
(A) – Aus der Rednerliste geht hervor, dass er nicht reden (Zuruf von der FDP: Das ist doch lächerlich! – (C)
will. Ich finde aber, er sollte sich der Diskussion wirk- Zurufe von der LINKEN)
lich mit präziser Argumentation stellen.
– Denken Sie doch über die Rede Gysis nach. Da hätten
Ich will noch einmal das Beispiel Kongo in Erinne- Sie genug zum Nachdenken.
rung rufen. Bislang, nach dem ersten Wahlgang – wir
alle in diesem Hause hoffen, dass das so bleibt –, ist es (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-
so, dass der Einsatz, den auch wir hier unterstützt haben, SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
dazu geführt hat, dass die früheren Bürgerkriegsparteien Die FDP schwankt ja bei ihren Begründungen syste-
nicht übereinander hergefallen sind. Sie, Herr matisch. Herr Hoyer hat vorhin das UNIFIL-Mandat als
Westerwelle, haben noch letzte Woche gesagt, dass die sinnvolles Mandat bezeichnet,
Schwierigkeiten, die es in der Hauptstadt des Kongo
gab, ein Beleg dafür sind, wie richtig es war, sich wie Sie (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
dem Einsatz zu verweigern. NEN]: Jetzt plötzlich nicht mehr!)
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- während Herr Westerwelle am Freitag in der „Bild“-Zei-
NEN]: Richtig!) tung das schiere Gegenteil behauptete. Ich darf einmal
Herrn Westerwelle aus der „Bild“-Zeitung zitieren:
Ich finde, dass man dann, wenn man den Maßstab zur
Beurteilung verloren hat, wann Einsätze der Vereinten (Zuruf von der LINKEN: Keine Antwort! –
Nationen bzw. von den VN mandatierte Einsätze erfolg- Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
reich sind, auch fehlgeht bei der Beurteilung der Pro- NEN], an Abg. Dirk Niebel [FDP] gewandt:
bleme, über die wir hier reden. Stehen bleiben! – Gegenruf des Abg. Dirk
Niebel [FDP]: Er antwortet nicht auf meine
(Beifall bei Abgeordneten der SPD) Frage!)

Präsident Dr. Norbert Lammert: Doch in Nahost fehlt das überzeugende politische
Herr Kollege Kuhn, gestatten Sie eine Zwischenfrage Konzept. Der Einsatz soll einen brüchigen Waffen-
des Kollegen Niebel? stillstand sichern. Dazu braucht es Friedenswillen
auf beiden Seiten. Besteht der wirklich?
Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Westerwelle ignoriert völlig, dass beide Seiten darum
Ja, gerne. gebeten haben, dass dieser Einsatz stattfindet, und dass
beide Seiten darin auch eine Chance auf Frieden sehen.
(B) Dirk Niebel (FDP): Deshalb wäre es verheerend, wenn wir den Weg be- (D)
Vielen Dank, Herr Kuhn. – Könnten Sie mir die Frage schreiten würden, den Sie hier vorschlagen.
beantworten, ob das hier zu diskutierende Mandat Ihrer (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Ansicht nach ein neutrales Mandat zur Sicherung des und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der
Waffenstillstandes oder ein Unterstützungsmandat zu- CDU/CSU)
gunsten einer der beiden Konfliktparteien ist? Was folgt,
wenn Sie der Ansicht sind, es sei ein neutrales Mandat Ich habe einen anderen Verdacht, Herr Westerwelle;
zur Sicherung des Waffenstillstandes, daraus für Waffen- aus dem kann ich Sie nicht entlassen. Ich vermute näm-
stillstandsverletzungen, die von irgendeiner Seite began- lich, dass für die Haltung, die Sie eingenommen haben,
gen werden? Müsste man dann nicht dagegen vorgehen? taktische Fragen der deutschen Innenpolitik im Vorder-
Denken wir das einmal etwas weiter: Müsste man dann grund stehen. Angesichts dessen sollten Sie sich nicht so
nicht, wenn die Vereinten Nationen als Auftraggeber verdrücken, wie Sie es heute tun.
dieses Mandats im Rahmen ihrer Deutungshoheit zu (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
dem Schluss kämen, dass Israel einen Waffenstillstands- und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der
bruch begangen hätte, beispielsweise im Zuge einer Be- CDU/CSU)
freiungsaktion für entführte Soldaten, die ich im Übrigen
sehr gut verstehen könnte, gegen entsprechende Kom- Der Einsatz, liebe Kolleginnen und Kollegen, über
mandos vorgehen? Wollen Sie das unseren deutschen den wir reden, ist dennoch nicht einfach. Wir werden es
Soldaten wirklich zumuten? erleben, dass dieser Einsatz dauernd, zum Beispiel auf-
grund innenpolitischer Auseinandersetzungen im Liba-
(Beifall bei der FDP und der LINKEN) non, in schwierige Phasen eintritt, aber er wird dadurch
nicht in seiner Gänze falsch. Wir sagen, Herr Außen-
Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): minister: Nur wenn es in einem wahrscheinlich nicht
Lieber Herr Niebel, wir haben uns in der Fraktion sehr lange geöffneten Fenster gelingt, rasch zu einer
– das hat auch zu unserer Haltung geführt – sehr präzise Friedenslösung für die ganze Region zu kommen, haben
gefragt, ob deutsche Soldaten bei dem Einsatz in die wir die Chance, dass aus diesem Einsatz wirklich ein
Lage kommen könnten, auf Israelis schießen zu müssen. Beitrag zu mehr Frieden resultiert. Deswegen haben wir
Sowohl die Rules of Engagement als auch die Situation, einen Antrag vorgelegt, der klar sagt, was wir erwarten.
dass wir auf See und nicht zu Lande agieren, schließen Wir erwarten von dem Nahostquartett und von der inter-
aus, dass so etwas passieren könnte, wie in Ihrer Frage nationalen Völkergemeinschaft ein rasches Eintreten für
angedacht. eine politische Lösung, zum Beispiel durch Einberu-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006 4809
Fritz Kuhn
(A) fung einer Sicherheitskonferenz. Hier muss sowohl das – Herr Niebel, Sie haben in der Diskussion nicht über- (C)
Verhältnis zwischen Israel, Syrien und dem Libanon, zeugen können. Ihr Geschrei macht Ihre Argumente aber
zum Beispiel bezüglich der Scheeba-Farmen, als auch auch nicht besser.
die Frage der Zweistaatlichkeit zwischen Israel und Pa-
(Dirk Niebel [FDP]: Sind wir neutral oder sind
lästina erörtert werden.
wir Partei?)
Frau Merkel, ich will es noch einmal sagen: Es gibt Reden Sie nachher von dieser Stelle aus oder sagen Sie
einen Punkt, bei dem ganz speziell Sie in der Verantwor- Westerwelle, dass er dies tun soll.
tung stehen. Ein Hindernis für Friedenslösungen in den
letzten Jahren war, dass die US-amerikanische Regie- (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Mein Name ist
rung, insbesondere der dortige Präsident, eigentlich je- Guido Westerwelle! Oder sagen Sie Herr
des Problem in der Region auf die Fragestellung herun- Westerwelle! Sie können auch Dr. Westerwelle
tergebrochen hat, dass es um einen Kampf gegen den sagen!)
al-Qaida-Terrorismus gehe. Wenn Sie die Probleme zwi- Aber mit einem solchen Geschrei können Sie nicht über-
schen Palästina und Israel und die Rolle der Hisbollah zeugen.
im Libanon ausschließlich unter dieser Fragestellung se-
hen, dann sind Sie nicht mehr in der Lage, ein klares po- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
litisches Konzept für die Gesamtregion im Sinne der Zum Abschluss möchte ich betonen, dass wir zustim-
Roadmap und deren Fortentwicklung auf den Weg zu men werden. Wir legen aber Wert auf den politischen
bringen. Rahmen; denn nur mit ihm wird der Einsatz sinnvoll.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir fordern Sie auf, dafür das Nötige zu tun.

Ich fordere Sie deshalb an dieser Stelle auf, alles Ih- Ich sage noch einmal: Konstruktive Opposition heißt
nen Mögliche zu tun, dass auch die Amerikaner an die- für uns nicht, immer nur einfach Nein zu sagen, wenn et-
ser entscheidenden Stelle in den politischen Friedens- was auf dem Tisch liegt, sondern konsequent zu prüfen,
prozess eintreten und dass sie nicht ausschließlich auf was aufgrund der Sachlage notwendig ist. Wir haben es
der israelischen Seite stehen. Dies ist der entscheidende uns nicht leicht gemacht, haben wochenlang diskutiert
Punkt, um im Rahmen dieses Mandats voranzukommen. (Zurufe von der LINKEN: Oh!)
Ich weiß, wie schwierig es ist, meine Forderung zu erfül-
len. Aber ich spüre, dass Sie, Frau Bundeskanzlerin, dies und sind dann zu dieser Entscheidung gekommen. – Es
inzwischen auch so sehen. hätte auch Ihnen gut getan, ein bisschen differenzierter
zu argumentieren;
(B) Ich möchte kurz noch etwas zu der Rede von Herrn (D)
(Zurufe von der LINKEN: Oh! – Dr. Guido
Jung sagen. Herr Jung, in den vergangenen Wochen ha-
Westerwelle [FDP]: So wie Sie?)
ben Sie sich nicht mit Ruhm bekleckert.
denn der Besinnungsaufsatz von Herrn Gysi hat kein be-
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sonderes Niveau in die Debatte gebracht.
Denn wer bei einer Unterrichtung im Kanzleramt erklärt, Ich danke Ihnen.
man könne im Rahmen humanitärer Aktionen auch Fre-
gatten in die Region schicken und brauche keinen Parla- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
mentsbeschluss, der ist schlecht über die Rechtslage un- sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und
terrichtet. der SPD)

Ich habe in diesem Zusammenhang eine Bitte. Nutzen Präsident Dr. Norbert Lammert:
Sie die Zustimmung in diesem Hause bitte nicht für eine Nächste Rednerin ist die Bundesministerin für wirt-
pauschale Erhöhung Ihres Budgets, das immerhin schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,
24 Milliarden Euro ausmacht. Heidemarie Wieczorek-Zeul.
(Lachen bei der FDP)
Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
Denn wir wissen erstens, dass wir von der UN einen ge- wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:
wissen Betrag für diesen Einsatz zurückbekommen. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
Zweitens kennen wir eine ganze Reihe von Möglichkei- alle haben in den letzten Wochen mit Schmerzen der mi-
ten in Ihrem Hause, in Milliardenhöhe einzusparen. Des- litärischen Auseinandersetzung zusehen müssen. Wir ha-
wegen wirkt es wohlfeil, wenn Sie sagen, wir schieben ben aber die Hoffnung, dass es die Chance auf eine
aufgrund des Einsatzes frisches Geld hinterher. nachhaltige Friedensregelung gibt. Es kann niemanden
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) von uns gleichgültig lassen, dass in einem Teil der Welt,
der uns räumlich und menschlich so nahe ist, Menschen
Ich glaube nicht, dass dies ein vernünftiger Weg ist, den nicht in Frieden und Sicherheit leben können. Wir haben
wir beschreiten sollten. alle gespürt: Es gibt auf Dauer nur politische Lösungen
für diese Region. Krieg ist keine Lösung.
(Dirk Niebel [FDP]: Wir können die Sekt-
steuer erhöhen! Die ist doch für die Flotte ge- Ich habe in meinen Gesprächen in Beirut, den Gesprä-
dacht!) chen mit Jugendlichen der israelischen Stadt Kfar Saba
4810 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul


(A) und mit Jugendlichen aus Israel und Palästina, die über erkennung wird es keinen Frieden in der Region geben. (C)
das Willy-Brandt-Zentrum hier waren, gespürt, dass alle Das Existenzrecht Israels muss gesichert bleiben. Israel
– besonders die jungen Menschen – die Hoffnung haben, hat das selbstverständliche Recht, in Frieden zu leben
dass diese Situation zum Frieden führen wird. Sie alle und vor entsetzlichen Angriffen geschützt zu sein. Wir
setzen Hoffnung in uns und betrachten uns als glaubwür- sehen aber auch die Verantwortung, dass ein eigenstän-
dig hinsichtlich unseres Handelns. Deshalb lassen Sie diger Staat Palästina geschaffen wird, der in Frieden mit
uns im Rahmen dieser Entscheidung deutlich machen, seinen Nachbarn leben will und leben kann.
dass wir die Chance des Friedens nutzen und unsere Ver-
antwortung wahrnehmen wollen. Dazu sind aus meiner Perspektive drei weiterrei-
chende Lösungsschritte nötig:
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE Erstens. Wir brauchen einen politischen Dialog zwi-
GRÜNEN) schen Israel und Palästina und zwischen Israel und den
arabischen Staaten, bei dem nicht in Gut und Böse ein-
Zu den von mir angesprochenen Jugendlichen will ich geteilt wird, sondern bei dem gilt, was Amos Oz gesagt
noch sagen: Sie haben im Willy-Brandt-Zentrum wäh- hat: Allen Beteiligten des Konflikts soll zugestanden
rend der gesamten Konflikte immer wieder den Dialog werden, jeweils Rechte für sich zu reklamieren. Uri
gesucht und versucht, Perspektiven für den Frieden zu Avnery hat das so ausgedrückt: Die Zukunft gehört den
entwickeln. Kräften des Friedens und der Versöhnung beider Völker,
Es gibt jetzt einen Waffenstillstand. Es ist unsere Auf- beider Staaten, aber mit einer gemeinsamen Zukunft.
gabe, dazu beizutragen, dass dieser Waffenstillstand Zweitens gilt: Ohne politische, wirtschaftliche und
dauerhaft und stabil ist und dass die Staatlichkeit des Li- soziale Entwicklung wird es keinen dauerhaften Frieden
banon hergestellt und gesichert wird. Da ist die militäri- im Nahen Osten geben. Die gesamte Region hat schwer-
sche Entscheidung, die heute zu treffen ist, das eine. Das wiegende Probleme. In allen arabischen Ländern gibt es
andere ist, alles dafür zu tun, dass die Staatlichkeit des eine sehr junge Bevölkerung, die nach Bildung, nach
Libanon wirkungsvoll wiederhergestellt wird. Ich ver- Arbeitsplätzen und nach Zukunftschancen in Frieden
weise auf die Stockholmer Konferenz, auf der viele Län- verlangt. Es herrscht eine Knappheit an Wasser und
der – übrigens auch arabische Länder – entsprechende fruchtbarem Land. Diese Situation verlangt von uns die
Entscheidungen getroffen haben. Ich verweise darauf, Unterstützung derjenigen, die für eine gute Regierungs-
dass es am Rande der Konferenz in Singapur Treffen der führung, für Transparenz und die Verwirklichung der
Geberländer gegeben hat. Menschen- und Frauenrechte sind. Die Wirtschaft benö-
Auch an dieser Stelle sage ich: Wir setzen unsere hu- tigt eine Dynamik, die im regionalen Kontext wurzeln
(B)
manitäre Hilfe, die wir bisher in großem Umfang geleis- muss. Nur Menschen, die den Reformprozess mittragen (D)
tet haben, fort. Die Bundesregierung will dazu beitragen, wollen, lassen sich nicht stets aufs Neue radikalisieren.
dass der Warenverkehr an den Binnengrenzen kontrol- Das ist das Ziel der Arbeit in unserem Ministerium, die
liert und verhindert werden kann, dass Waffen geliefert wir für diese Region und die arabischen Länder insge-
werden. Wir tragen dazu bei, dass die entstandene Ölver- samt leisten. Wir brauchen auch eine vorwärtsgerichtete
schmutzung beseitigt wird. Wir setzen die Maßnahmen Einbindung des Nahen Osten in die Weltwirtschaft.
zur Unterstützung bei der Berufsausbildung fort und tra- Hier sind alle gefordert: Europa mit seiner Nachbar-
gen dazu bei, dass die Menschen im Süden des Libanon schaftspolitik und die arabischen Staaten, die ihre wirt-
wieder sauberes Wasser haben. Es ist wichtig, dass die schaftlichen Chancen in ihren Ländern und Regionen
Menschen spüren, dass auch wir unsere Verantwortung entfalten müssen. Auch Israel kann einen wichtigen Bei-
wahrnehmen. Das tun wir auch mit diesen Maßnahmen. trag leisten und damit zur nachhaltigen Überwindung der
Gegensätze beitragen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE Drittens. Ein weiterer Punkt ist die Stärkung der Rolle
GRÜNEN) der Vereinten Nationen und des UN-Generalsekretärs.
Eines leuchtet mir hier nicht ein. Mit der Entscheidung
Libanon wird wieder Partnerland der deutschen über die Entsendung der Bundeswehrsoldaten, mit der
Entwicklungszusammenarbeit; das sage ich an dieser Entscheidung über UNIFIL ist auch eine Stärkung der
Stelle ausdrücklich. Wir sehen diese Verpflichtung. Es UN verbunden. Wer die amerikanische Politik in dieser
ist aus unserer Sicht Teil eines Friedensprozesses, uns so Region kritisiert, der muss doch ein Interesse daran ha-
zu entscheiden. ben, dass die Rolle der Vereinten Nationen dort gestärkt
Die Frage, die heute immer wieder angeklungen ist, wird.
lautete: Wie können wir eigentlich in Zukunft Gewalt (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
verhindern? Ich glaube, dazu muss man die Perspektive, DIE GRÜNEN)
so wie es auch hier dargestellt worden ist, ausweiten.
Natürlich geht es um den Kernkonflikt zwischen Israel Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden immer
und Palästina. Ohne Lösung dieses Kernkonfliktes wird wieder gefragt – Frank-Walter Steinmeier hat dies be-
es keine Lösung der Folgekonflikte geben. Jeder Lö- reits angesprochen –, warum etwas, was in Europa den
sungsansatz muss davon ausgehen, dass es zwei souve- Frieden stabilisiert hat, nicht auch im Nahen Osten ge-
räne Staaten, Israel und Palästina, geben muss, die sich lingen sollte. Mit einer Nah- und Mittelostkonferenz
gegenseitig respektieren. Ohne diese wechselseitige An- könnten Prozesse für Frieden und Sicherheit in Gang
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006 4811
Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul
(A) kommen, um wirtschaftliche Zusammenarbeit zu organi- (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Haben wir (C)
sieren und Konfliktpotenzial abzubauen. Der Frieden in doch! Wo leben Sie denn? Das ist alles pas-
dieser Region ist einen neuen Anlauf wert. Ich sehe es siert! – Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]:
ganz anders als Sie, Herr Hoyer: Wir würden den politi- Haben wir doch alles gemacht!)
schen Prozess gefährden, wenn wir uns heute verweiger-
ten. Das ist die Kritik an Ihrer Position, die damit ver- Ein solches Angebot hätten wir uns frühzeitig ge-
bunden ist. wünscht. Dann wäre es nicht zu dieser Diskussion über
eine militärische Beteiligung gekommen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der
CDU/CSU) (Beifall bei der FDP)

Der Einsatz der Bundeswehr in diesem Rahmen ist Ich möchte Ihnen aber auch sagen: Wir akzeptieren,
ein Zwischenschritt. Er kann ein Zwischenschritt auf (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sie haben
dem Weg zu einem dauerhaften Frieden in der Region sich verrannt und jetzt kommen Sie da nicht
sein. Er ist Teil eines politischen Gesamtkonzeptes mit mehr raus!)
langfristigen Perspektiven, mit Perspektiven für einen
wirtschaftlichen Wiederaufbau und für Sicherheit. Ich dass Sie aufgrund Ihres Abwägungsprozess zu dem Er-
bitte Sie: Lassen Sie uns diesen Schritt gemeinsam ma- gebnis gekommen sind, dass Sie die Bundeswehr in die-
chen, auch um der Jugendlichen willen aus dieser Re- ser Region einsetzen wollen. Wir erwarten aber, dass Sie
gion, aus Israel und Palästina, die vor einer Woche bei den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion, die nach
uns waren. Sie stehen in schwierigen Situationen zusam- einem schwierigen Abwägungsprozess zu einem ande-
men, obwohl sie im Konflikt leben, und sie setzen ihre ren Ergebnis kommen, denselben Respekt entgegenbrin-
Hoffnungen auf uns. Ich bitte Sie, dem Mandat mit brei- gen.
ter Mehrheit zuzustimmen.
(Beifall bei der FDP)
Ich danke Ihnen.
Herr Minister Jung hat völlig zu Recht gesagt, der
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie Waffenstillstand sei eine Voraussetzung für die politi-
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE sche Lösung. Deswegen sagen auch wir: Ja, wir finden
GRÜNEN) diese UNIFIL-Mission wichtig. Die Frage, die beant-
wortet werden muss, lautet aber: Ist die deutsche Beteili-
Präsident Dr. Norbert Lammert: gung an einer maritimen Komponente zwingend, um
Ich erteile der Kollegin Birgit Homburger, FDP-Frak- diese Operation tatsächlich durchzuführen?
(B) tion, das Wort. (Zuruf von der CDU/CSU: Ja!) (D)
(Beifall bei der FDP) Wir kommen zu dem Ergebnis, dass sie nicht zwingend
ist, weil es in diesem Bereich eine Vielzahl von Angebo-
Birgit Homburger (FDP): ten anderer Länder gab. Deutsche Soldaten müssen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nicht unbedingt überall präsent sein. Das gilt vor allem,
möchte zunächst eine Bemerkung zu Ihrer Rede machen, wenn wir andere Fähigkeiten besitzen, die wir sinnvoll
Herr Kuhn. Ich bin der Meinung, dass die Reaktion, die einsetzen können. Diese Fähigkeiten sollten wir aus
Sie hier gezeigt haben, völlig unangemessen war. Gründen politischer Klugheit einsetzen und nicht riskie-
ren.
(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Beifall bei der FDP)
Wer in dieser Frage die endgültige Wahrheit zu wissen Herr Kollege Kuhn, Sie können nicht komplett aus-
glaubt, der agiert schlicht anmaßend, Herr Kuhn. schließen, dass es zu einer Konfrontation zwischen Isra-
elis und deutschen Soldaten kommt.
(Beifall bei der FDP und der LINKEN)
(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Sie nehmen für sich einen Abwägungsprozess in An- Selbstverständlich!)
spruch und sprechen dies gleichzeitig anderen ab.
Sie können diesen Fall in einem militärischen Szenario
Ich möchte sehr deutlich sagen, dass nicht die FDP ei- wie diesem schlicht nicht ausschließen. Deswegen sagen
nen außenpolitischen Konsens verlassen hat. Sie haben wir Ihnen: Wenn es zu einer solchen Situation käme,
Ihre Position verändert, die Bundesregierung hat ihre gäbe es Diskussionen. Diese Diskussionen wären mit Si-
Position verändert. Die FDP ist bereit, gerade für diese cherheit schwierig und würden nicht zu einer Stabilisie-
für uns so wichtige Region im Nahen Osten Verantwor- rung von UNIFIL beitragen. Wir sollten deutsche Solda-
tung zu übernehmen; das haben wir vielfach zum Aus- ten nicht in eine solche Situation bringen.
druck gebracht. Deswegen hätten wir uns im Sommer
ein klares Wort der Bundeskanzlerin gewünscht. Wir Deswegen ist das Ergebnis unseres Abwägungspro-
hätten uns ein Angebot einer diplomatischen und huma- zesses, dass wir unsere Vermittlerposition, die in der Re-
nitären Unterstützung, einer Hilfe beim Wiederaufbau gion akzeptiert ist, durch eine militärische Teilnahme an
und bei der Ausbildung von Polizei- und Militärkräften UNIFIL riskieren. Diese Vermittlerposition ist für eine
gewünscht, weil das wichtig ist. Gesamtlösung aber von großer Bedeutung. Deswegen ist
4812 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Birgit Homburger
(A) es eine Frage politischer Klugheit, keine Soldaten in die- einmal die „Bild“-Zeitung! – Abg. Marieluise (C)
sen Einsatz zu schicken. Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN] meldet sich zu einer weiteren Zwischen-
(Beifall bei der FDP)
frage)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Frau Kollegin Homburger, gestatten Sie eine Zwi- Präsident Dr. Norbert Lammert:
schenfrage der Kollegin Beck? Darf die Kollegin Beck noch einmal nachfragen?

Birgit Homburger (FDP): Birgit Homburger (FDP):


Ja, bitte. Nein, Herr Präsident, ich würde jetzt gern mit meinen
Ausführungen fortfahren.
Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich möchte noch wenige Bemerkungen zu dem ma-
Frau Kollegin, würden Sie mir bitte zu etwas mehr lo- chen, was der Bundesverteidigungsminister gesagt hat
gischer Klarheit verhelfen? Ich habe Ihren Kollegen und was auch von anderen Kollegen angesprochen
Niebel eben so verstanden, dass er der Auffassung ist, wurde. Bei der politischen Vorbereitung des militäri-
Deutschland könne wegen seiner besonderen Verpflich- schen Einsatzes kamen Fragen grundsätzlicher Art
tung nicht neutral gegenüber Israel sein und deswegen auf. Wenn man einen solchen Einsatz plant, muss man
sei die Resolution 1701 keine tragfähige Basis. sich doch überlegen, ob er überhaupt effektiv sein kann.
Der Verteidigungsminister hat hier deutlich gemacht,
(Dirk Niebel [FDP]: Das habe ich nicht ge- was die Marine darf. Er hat aber nicht gesagt, welche
sagt!) Fragen noch offen sind. Dazu gehört beispielsweise die
– So habe ich Sie verstanden. – Sie sagen jetzt, die Reso- Tatsache, dass Waffen, die sich auf einem Boot befinden,
lution 1701 wäre auch ohne deutsche Beteiligung durch- das beim Schmuggel erwischt und angehalten wurde,
führbar. Daher möchte ich Sie fragen, wie Ihre Fraktion von deutschen Soldaten nicht beschlagnahmt werden
zu der UN-Resolution 1701 in der Sache steht. dürfen. Vor diesem Hintergrund stellt sich doch die
Frage, was mit diesen Schmugglerschiffen passiert. Der
(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Die einen Kollege Struck sagt, man müsste sie an die Kette neh-
so, die anderen so! – Heiterkeit bei Abgeord- men und die Waffen der libanesischen Regierung über-
neten der CDU/CSU und des BÜNDNIS- geben können. Damit zeigt er eine Möglichkeit auf. Was
SES 90/DIE GRÜNEN) passiert aber, wenn sich ein Schiff nicht kontrollieren
(B) (D)
lassen will? In diesem Falle haben Sie diese Möglichkeit
Birgit Homburger (FDP): nicht. Diese Frage ist genauso offen wie die Fragen über
Frau Kollegin, wir haben sehr deutlich gesagt, dass die Befugnisse der libanesischen Verbindungsoffiziere,
wir die UNIFIL-Mission unterstützen. die an Bord genommen werden sollen. Hier heißt es von-
seiten der Bundesregierung, dass weiterer Klärungsbe-
(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
darf besteht.
Westerwelle nicht! Das stand in der Zeitung!)
– Herr Kollege Kuhn, das gilt auch für den Kollegen Wenn der Einsatz zum Ziel führen soll, den Waffen-
Westerwelle, stillstand dauerhaft zu sichern und den politischen Pro-
zess zu ermöglichen, dann müssen diese Fragen genauso
(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: beantwortet werden wie die folgenden Fragen: Wie kann
Nein, für den nicht! „Bild“-Zeitung!) man sicherstellen, dass Waffen, die der libanesischen
den Kollegen Niebel und für unsere gesamte Fraktion Regierung übergeben werden, nicht doch an die Hisbol-
gleichermaßen. Wir anerkennen, dass es aufgrund der lah gelangen? Wie kann man landseitig die Sicherung
Anstrengungen zu einem Waffenstillstand gekommen der Grenzen gegen Waffenschmuggel gewährleisten?
ist. Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass der Waffen- Wie kann die Entwaffnung der Hisbollah vonstatten ge-
stillstand weiterhin gehalten werden kann, weil er eine hen?
Grundvoraussetzung für eine politische Lösung ist. Die All diese Fragen müssen beantwortet werden und
Frage ist aber, ob es klug ist, deutsche Soldaten in einen werden auch von den Koalitionsfraktionen gestellt. Wir
solchen Einsatz zu schicken oder nicht. Unsere Antwort haben das in den Beratungen in den Ausschüssen immer
lautet: Wir können besser dazu beitragen, wenn wir wieder erlebt. Ich bitte um Verständnis dafür, dass wir
keine deutschen Soldaten entsenden. Das ist das Ergeb- diese Fragen klar und eindeutig beantwortet haben
nis unseres Abwägungsprozesses. möchten,
(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Aber der Westerwelle sagt (Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig!)
doch, er ist ganz gegen diesen Einsatz!) genauso wie wir darauf bestehen, dass deutlich gemacht
Ich glaube, dass das sehr deutlich dargestellt worden ist. wird, dass der politische Prozess im Mittelpunkt steht.
(Beifall bei der FDP – Volker Beck [Köln] (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie Sagen Sie, wie Sie dahin kommen!)
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006 4813
Birgit Homburger
(A) Das muss die gemeinsame Anstrengung sein. An dieser Erstens. Wir haben ein klares Sicherheitsinteresse da- (C)
Anstrengung wird sich die FDP-Bundestagsfraktion wei- ran, dass die Region befriedet wird. Jeder Konflikt dort
ter beteiligen. hat unmittelbare Auswirkungen auf uns. Wie nah diese
Bedrohung sein kann, haben als jüngstes Beispiel die
Vielen Dank. Festnahmen im Zusammenhang mit den Kofferbomben
(Beifall bei der FDP) gezeigt.
Zweitens. Für eine Befriedung der Region ist die Si-
Präsident Dr. Norbert Lammert: cherung des Existenzrechts Israels unverzichtbar. Das
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Andreas haben wir hier im Bundestag wiederholt gemeinsam be-
Schockenhoff, CDU/CSU-Fraktion. kräftigt. Jetzt gibt es den Wunsch Israels, dafür auch ei-
nen militärischen Beitrag zu leisten. Der militärische
Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU): Beitrag, über den wir morgen zu entscheiden haben, ist
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An- mit Blick auf die besondere historische Situation unseres
gesichts der historischen Bedeutung dieses ersten Nah- Landes richtig, angemessen und verantwortbar.
osteinsatzes der Bundeswehr haben wir die Interessen (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
unseres Landes und die Einsatzbedingungen sehr genau der SPD)
geprüft und abgewogen. Vorbehaltlich der Beratungen in
den Ausschüssen kann ich für meine Fraktion sagen: Die Drittens. Für die Befriedung der Region ist es wich-
CDU/CSU-Fraktion wird dem Antrag der Bundesregie- tig, dass es dort berechenbare und starke Verhand-
rung auf Beteiligung deutscher Streitkräfte an der lungspartner gibt. Denn mit schwachen Staaten ist
UNIFIL-Mission zustimmen. keine verlässliche Partnerschaft möglich, noch weniger
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und lassen sich mit ihnen regionale Sicherheitsstrukturen
der SPD) aufbauen. Deshalb liegt es in unserem, besonders aber
auch im israelischen Interesse, dass die Regierung unter
Dieser Einsatz liegt im Interesse unseres Landes und ist Ministerpräsident Siniora eine starke Regierung ist.
dank der hartnäckigen Verhandlungen der Bundesregie- Wenn die Menschen im Libanon die Erfahrung machen,
rung politisch und militärisch gegenüber unserer Bevöl- dass ihnen der Staat Sicherheit, Wohlfahrt und Rechts-
kerung, insbesondere gegenüber unseren Soldaten, ver- staatlichkeit bietet, dann werden sie sich an staatlicher
antwortbar. Politik und weniger an Organisationen wie der Hisbollah
orientieren.
Der Bundesverteidigungsminister ist bereits auf die
(B) völkerrechtlichen Grundlagen und die militärischen As- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (D)
pekte ausführlich eingegangen. Ich will für meine Frak- der SPD)
tion betonen, dass wir dem Mandat zustimmen können,
weil die Einsatzregeln so gefasst sind, dass die Marine Darum befürworten wir nachdrücklich alle Maßnah-
ihren Auftrag effizient und erforderlichenfalls robust men der Bundesregierung, die staatlichen Strukturen im
durchführen kann. Nun sind die Voraussetzungen gege- Libanon durch Ausrüstungshilfe und Beratung zu stär-
ben, das Seegebiet vor der libanesischen Küste aufzuklä- ken sowie die libanesische Regierung beim Wiederauf-
ren, zu überwachen und die Ladung an Bord von Schif- bau nachhaltig zu unterstützen. Der Libanon muss wie-
fen zu überprüfen. So kann verhindert werden, dass der in die Lage versetzt werden, seine innere und äußere
Waffen, insbesondere Raketen, über den Seeweg an die Souveränität eigenständig auszuüben. Dabei geht es
Hisbollah geschmuggelt werden. Die rechtlichen Grund- auch darum, den Einfluss der Hisbollah in der libanesi-
lagen dafür sind gegeben. Der Einsatz erfolgt auf Bitten schen Gesellschaft zu begrenzen. Ein weiter wachsendes
der libanesischen Regierung und auf Wunsch Israels. Ansehen dieser vom Iran protegierten und gesteuerten
Das waren für uns unverzichtbare Vorbedingungen. Terrororganisation liegt nicht in unserem Interesse.
Denn nichts wäre für die Stabilisierungsbemühungen Viertens. Wir haben ein Sicherheitsinteresse an einer
schlimmer, als wenn sich Israel gezwungen sähe, militä- Regelung des Nahostkonfliktes. Die Wiederbelebung
risch wieder einzugreifen, weil die UNIFIL-Seestreit- des Nahostfriedensprozesses zu erreichen, steht in un-
kräfte aufgrund unzureichender Kontroll- und mittelbarer Wechselwirkung mit der Befriedung des süd-
Eingreifrechte nicht in der Lage wären, den Waffen- lichen Libanon und damit auch mit der Unterbindung der
schmuggel wirksam zu verhindern. Die wirksame Um- Waffenlieferungen an die Hisbollah. Ziel bleibt die Exis-
setzung des UNIFIL-Mandats ist eine unverzichtbare tenz zweiter souveräner, lebensfähiger und demokrati-
Voraussetzung dafür, dass über den fragilen Waffenstill- scher Staaten Israel und Palästina, verbunden in gemein-
stand hinaus das notwendige Vertrauen aufgebaut wer- samer Sicherheit und garantiert durch die internationale
den kann, um den Nahostfriedensprozess wieder zu bele- Gemeinschaft. Dazu müssen alle Seiten ihren Beitrag
ben. leisten; der Außenminister hat bereits darauf hingewie-
sen. Dazu gehören beispielsweise die umgehende Frei-
Angesicht der Tatsache, dass die Bundeswehr bereits lassung des in Gaza entführten israelischen Soldaten und
in acht weiteren, zum Teil seit Jahren anhaltenden Ein- ein Ende des Raketenbeschusses auf Israel.
sätzen engagiert ist, müssen wir den Bürgern begründen,
warum auch dieser Einsatz im deutschen Interesse (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
liegt. Was also sind unsere Interessen? der SPD)
4814 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Dr. Andreas Schockenhoff


(A) Wir unterstützen Präsident Abbas nachdrücklich in chen, sollte die internationale Gemeinschaft den Liba- (C)
seinen Bemühungen um eine Regierung der nationalen non mit Ausstattungshilfe und mit Ausbildungshilfe
Einheit. Vor allem unterstützen wir sein beharrliches unterstützen.
Drängen darauf, dass sich auch die Hamas zum Gewalt-
verzicht und zur Respektierung des Existenzrechts Zweitens muss in der Region, insbesondere aufseiten
Israels verpflichtet. Israels, das Vertrauen aufgebaut sein, dass der Waffen-
schmuggel über die See effektiv unterbunden wird.
Doch auch Israel muss seinen Beitrag leisten, bei-
spielsweise durch den Abzug seiner Militärkräfte aus Dies zeigt, wie wichtig es ist, sich mit Nachdruck
dem Gazastreifen, durch die Freilassung der im Zuge der auch um eine politische und wirtschaftliche Stabilisie-
Krise inhaftierten Hamas-Parlamentarier und durch die rung zu bemühen, wie es die Bundeskanzlerin und der
Umsetzung des Abkommens über Bewegung und Zu- Bundesaußenminister tun. In diesem Kontext ist die Be-
gang, um in den palästinensischen Gebieten die Voraus- teiligung der Bundeswehr am UNIFIL-Mandat nicht nur
setzungen für wirtschaftliche Entwicklung und ein eini- vertretbar, sondern geboten.
germaßen normales Leben zu schaffen. Vielen Dank.
Auch Syrien, ein Land, in dem die Situation sehr (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
schwierig ist, muss in die Stabilisierungsbemühungen neten der SPD)
einbezogen werden. Im Gegensatz zum Iran ruft Syrien
nicht zur Zerstörung Israels auf. Deswegen unterstützen
Präsident Dr. Norbert Lammert:
wir die Bemühungen der Bundesregierung, Syrien in die
Stabilisierung der Region einzubinden. Ich erteile das Wort dem Kollegen Gert Winkelmeier.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Gert Winkelmeier (fraktionslos):


der SPD)
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Fünftens sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass Noch bevor ein Einsatz deutscher Streitkräfte im Liba-
wir aufgrund des Engagements zahlreicher deutscher non öffentlich diskutiert wurde, gab es einen Bruch in
Unternehmen auch ein wirtschaftliches Interesse an der der deutschen Außenpolitik. Während Bundesregierun-
Befriedung der Region haben. gen bei früheren Kriegen im Nahen Osten immer für ei-
nen sofortigen Stopp desselben und für diplomatische
(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!) Lösungen eintraten, wollte diese Bundesregierung kei-
Sechstens haben wir schließlich ein Interesse daran, nen sofortigen Kriegsstopp. Frau Merkel übernahm zu
den Einsatz der Bundeswehr zeitlich zu begrenzen. hundert Prozent die US-Position. Das ist ein Bruch in
(B) der Außenpolitik. (D)
Immer nachdrücklicher stellen sich die Bürger die Frage:
Unter welchen Voraussetzungen und wann kann ein Linke in unserem Land können Ja sagen zum Einsatz
Bundeswehreinsatz beendet werden? Angesichts der von UNIFIL-Truppen, wenn diese nicht einseitig die In-
Tatsache, dass wir seit mehr als zehn Jahren in Bosnien,
teressen einer der Kriegsparteien unterstützen. Es gibt
seit 1999 im Kosovo und seit fünf Jahren in Afghanistan aber ein klares Nein zu einer deutschen Beteiligung an
mit großen Bundeswehrkontingenten militärisch enga- UNIFIL. Damit wissen wir uns mit zwei Dritteln der
giert sind, ist diese Frage berechtigt.
deutschen Bevölkerung einig: Bundeswehrsoldaten ha-
Ich will zunächst darauf hinweisen, dass wir bereits ben im Kriegsgebiet Naher Osten nichts zu suchen! Mit
eine ganze Reihe von Bundeswehreinsätzen, beispiels- dem Einsatz deutscher Soldaten fällt eines der letzten
weise in Mazedonien, erfolgreich beendet haben. Den Tabus. Es wird ein gesellschaftlicher Grundkonsens ver-
Einsatz im Kongo werden wir nach dem Ende des Wahl- lassen, der beinhaltete, dass wir uns an Einsätzen im Na-
prozesses dem Mandat entsprechend beenden. In Bos- hen Osten nicht beteiligen. Es galt sogar die Regel, dass
nien, wo die internationale Staatengemeinschaft den Deutschland nicht einmal Waffen in Spannungsgebiete
Frieden zu Beginn der Operation im Jahre 1995 mit liefert. Dieser Grundkonsens wurde mittlerweile viel-
32 000 Soldaten sicherte, tun dies heute noch 6 500 Sol- fach gebrochen. Ich nenne hier nur als Stichwort die
daten, darunter rund 1 000 Bundeswehrsoldaten. Ich U-Boot-Lieferungen an Israel, die vom deutschen Steu-
sehe aufgrund der politischen Situation in Bosnien-Her- erzahler mit circa 300 Millionen Euro subventioniert
zegowina Möglichkeiten, die Präsenz der Bundeswehr werden.
weiter zu reduzieren.
Es gibt Pläne, nach denen der Kampfeinsatz der Ma-
Was den Libanoneinsatz betrifft, so ist das UNIFIL- rine zur Unterbindung des seeseitigen Waffenschmug-
Mandat entsprechend der Sicherheitsratsresolution bis gels nur den Anfang darstellt. Schon jetzt werden
zum 31. August 2007 terminiert; der Verteidigungs- Bodentruppen der Bundeswehr im Grenzgebiet nicht
minister hat darauf hingewiesen. Realistischerweise ausgeschlossen. Ich befürchte, dass unser Land in eine
wird man davon ausgehen müssen, dass die internatio- Situation kommen kann, in der Bundeswehrsoldaten auf
nale Seeüberwachung erst beendet werden kann, wenn arabische oder israelische Militärs schießen müssen und
zwei Voraussetzungen erfüllt sind: umgekehrt.
Erstens muss die libanesische Marine dann in der Die Regierungsparteien lassen die Frage unbeantwor-
Lage sein, den Waffenschmuggel aus eigener Kraft wirk- tet, wie lange die Marinesoldaten im Nahen Osten blei-
sam zu unterbinden. Um dies möglichst schnell zu errei- ben sollen. Das ist gegenüber den Angehörigen der
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006 4815
Gert Winkelmeier
(A) Soldaten unverantwortlich. Ich habe den Eindruck, die tionalen Mission UNIFIL durch die deutsche Bundes- (C)
Bundesregierung drängte sich förmlich nach diesem wehr vertretbar und geboten sei. Für meine Fraktion
Kampfeinsatz. Sie hat kein politisches Konzept, wie un- kann ich mich dieser Bewertung und den dafür in An-
ser Land aus diesem Einsatz, der viele Jahre dauern spruch genommenen Argumenten und Begründungen
kann, wieder herauskommt. Ich kann mir dieses Drängen anschließen.
nach diesem Kampfeinsatz nur so erklären, dass man vor
den USA als Musterschüler dastehen will, weil man de- (Beifall bei Abgeordneten der SPD)
ren Hilfe benötigt, um ständiges Mitglied des Sicher- In der mir zur Verfügung stehenden Zeit will ich
heitsrates zu werden. trotzdem einige grundsätzliche Punkte ansprechen und
(Zuruf von der SPD: So ein Quatsch!) zunächst dem Kollegen Winkelmeier, der keiner Frak-
tion mehr angehört, deutlich machen, dass er sich um die
Der friedfertige Mensch stellt sich die Frage, warum Befindlichkeit und die Entscheidungsfreiheit unserer
unser Land nicht die Diplomatie stärkt. Das größte Pro- Fraktionskolleginnen und -kollegen keine Sorgen ma-
blem ist, dass wir mit dem Kampfeinsatz deutscher Ma- chen muss.
rinestreitkräfte zur Kriegspartei werden. Dadurch wer-
den wir auf mittlere Sicht unsere Diplomatiefähigkeit (Beifall bei Abgeordneten der SPD)
und unsere guten Beziehungen zu den arabischen Staa- Damit das nicht auch wieder fehlinterpretiert und -trans-
ten in diesem Raum verlieren. Dabei müsste die Diplo- portiert wird, darf ich feststellen, dass unsere Abgeord-
matie an erster Stelle stehen! Mit Diplomatie muss neten in dieser Entscheidung selbstverständlich frei sind.
durchgesetzt werden, dass Hamas und Hisbollah – beide
Regierungspartei in ihrem jeweiligen Land – das Exis- (Beifall bei Abgeordneten der SPD)
tenzrecht Israels anerkennen. Dann ist eine neue Nahost- Meine Damen und Herren, auch wegen der öffentli-
friedenskonferenz möglich. Ich fordere deutsche Diplo- chen Debatte möchte ich mich folgendem Thema zu-
maten statt deutsche Soldaten für den Nahen Osten. Der wenden: Bedeutet der zehnte Einsatz der Bundeswehr,
Weg zu einer KSZE für den Nahen Osten ist noch sehr der morgen beschlossen werden soll, eine Militarisie-
weit, er ist aber notwendig. rung der Außenpolitik, was hier immer wieder angeführt
Ich kritisiere an dieser Stelle immer, dass die Bundes- wird? Ich meine, nein. Die Debatte hier und auch die
regierung einseitig auf militärische Optionen zur Kon- Gründe, die von der Regierung für diesen Einsatz hier
fliktlösung setzt. Wir hätten im Nahen Osten ein wesent- eingebracht und dem Parlament vorgelegt worden sind,
lich höheres Ansehen, wenn wir uns klar auf zivile sprechen eindeutig dafür, dass die Schaffung des Frie-
Konfliktlösungen konzentrieren würden. Wenn die Ma- dens ohne die Sicherung durch militärische Optionen
(B) rine die Ölpest im Mittelmeer bekämpfen könnte, dann nicht möglich sein wird. Das Gleiche galt auch für das (D)
wäre dies der konkreteste Beitrag für den Frieden. Der Vorgehen aller anderen Bundesregierungen bei den neun
nichtmilitärische Weg würde auch die politische Stel- vorhergehenden Einsätzen.
lung der deutsch-israelischen Freundschaftsgesellschaf- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der
ten in Deutschland stärken. Auch das wäre in unserem CDU/CSU)
Sinne.
Deswegen auch mein Hinweis an den sehr geschätz-
Kritik habe ich auch am Entscheidungsprozess des ten Kollegen Hoyer, der gemeint hat, darauf hinweisen
Bundestages. Wir Abgeordneten werden erst gefragt, zu müssen, dass wir mit unserer Beteiligung an UNIFIL
wenn bereits alle Entscheidungen bis ins Detail getroffen unnötigerweise einen militärischen Beitrag leisten wür-
und veröffentlicht worden sind. Ich selbst kann noch mit den: Wir würden keinen anderen als einen notwendigen
gutem Gewissen gegen die Regierungsvorlage stimmen. Beitrag in dieser Region leisten.
Mitglieder der Regierungskoalition, die auch gegen die-
sen Kampfeinsatz sind, werden aber in Gewissenskon- (Beifall bei Abgeordneten der SPD)
flikte gedrängt. Wir haben zwar nicht mit dem Ergebnis – wir unter-
(Ute Berg [SPD]: Dummes Zeug! Das wissen scheiden uns nämlich nicht in unserem Respekt vorei-
Sie doch gar nicht!) nander –, aber mit der Geschwindigkeit, mit der Sie zu
der Entscheidung gekommen sind, einige Probleme.
Das ist nicht in Ordnung und auch das muss hier einmal Durch Ihre Vorgabe, Herr Kollege Westerwelle, sind Sie
gesagt werden. natürlich in bestimmte verdächtige Diskussionen gera-
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. ten.
(Dirk Niebel [FDP]: Waren Sie eigentlich
Präsident Dr. Norbert Lammert: dabei?)
Das Wort hat nun der Kollege Walter Kolbow, SPD- Deshalb will ich noch einmal auf den Abwägungs-
Fraktion. prozess hinweisen, der notwendig ist und der in diesem
Hause zu dieser Entscheidung geführt hat. Ich denke
Walter Kolbow (SPD): auch, dass all das, was zur Gesamtkonzeption im Nahen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Osten gesagt worden ist, unabdingbar zur Begründung
Kollege Schockenhoff hat für die CDU/CSU-Fraktion des militärischen Beitrages ist. Nur mit Frieden ist das
das Fazit gezogen, dass die Beteiligung an der interna- Existenzrecht Israels zu sichern. Nur mit Frieden ist die
4816 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Walter Kolbow
(A) Staatlichkeit des Libanon zu stärken. Nur im Frieden (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der (C)
wird Palästina aufgebaut werden können und wird es zu CDU/CSU)
einer gesicherten Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel
und Palästina kommen können. Dazu ist diese Mission Ich komme zum Schluss. Einige haben sich – das ist
auch da und sie ist unabdingbar. bei jedem Einsatz nachvollziehbar – Sorgen um unsere
Soldatinnen und Soldaten gemacht. Das ist in Ord-
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der nung. Wir alle hoffen, dass die Soldatinnen und Soldaten
CDU/CSU) auch nach diesem zehnten Einsatz im Auftrag des Parla-
ments, wenn er denn zustande kommt, heil und gesund
Selbst wenn der Waffenstillstand bräche, müssten wir
zurückkehren und diesen Einsatz unbeschadet überste-
die humanitäre Hilfe fortsetzen, die von unserer Minis-
hen werden.
terin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung sowie unserem Außenminister in bewährter Weise (Beifall bei Abgeordneten der SPD)
vorangetrieben wurde und die die Bundesregierung
– entschlussfreudig wie sie ist – im Krisengebiet unver- Aber wer wüsste besser als der Fraktionsvorsitzende
züglich geleistet hat. der SPD, der amtierende Verteidigungsminister sowie
alle anderen, die Verantwortung für unsere Soldatinnen
(Beifall bei Abgeordneten der SPD) und Soldaten tragen, wie etwa der Generalinspekteur,
Zivilgesellschaftliche Strukturen können nur im Frie- dass unsere Soldatinnen und Soldaten vorbereitet, moti-
den gefördert werden. Die daraus zu entwickelnden Ab- viert, ausgebildet und ausgerüstet sind? Sie haben nach
rüstungsinitiativen gelten nicht nur für den Nahen und neun Einsätzen nachgewiesenermaßen ein Gefühl für die
Mittleren Osten, sondern tragen darüber hinaus zur Stär- Situation gewonnen. Unsere Soldatinnen und Soldaten
kung der Vereinten Nationen in der Welt bei. sind befähigt, diesen Einsatz durchzuführen. Deswegen
muss die Politik – das hat sie heute überzeugend darge-
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der legt – auch sie befähigen, diesen Einsatz durchzuführen.
CDU/CSU) Dem entsprechen dieses Mandat und auch die Vorberei-
Weil sich die neun Fraktionsvorsitzenden der Knes- tung durch die Bundesregierung. Deswegen meinen wir,
set, verehrter Herr Präsident, an Sie gewandt haben, um hier guten Gewissens Ja sagen zu können.
auf das Schicksal der gekidnappten und gefangen gehal- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der
tenen israelischen Soldaten hinzuweisen, will ich hier CDU/CSU)
sagen: Es ist unabdingbar – das will ich der Weltöffent-
lichkeit von diesem Platz aus zurufen –, dass diese Ge-
Präsident Dr. Norbert Lammert:
fangenen freigelassen werden.
(B) Als letzter Redner in der heutigen Debatte erhält der (D)
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Kollege Freiherr zu Guttenberg für die CDU/CSU-Frak-
der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN) tion das Wort.
Das gilt ebenso für die gefangenen Parlamentarier und (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Regierungsmitglieder der gewählten palästinensischen
Vertretung. Beides gehört zusammen und wäre auch ein
Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CDU/
Beitrag zur Stärkung von UNIFIL.
CSU):
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
und der LINKEN) Herren! Es ist tatsächlich keine gewöhnliche Debatte,
Wie wichtig es ist, die regionalen Mächte einzube- Herr Bundesaußenminister, und sie ringt uns die Ver-
ziehen, wird durch die operative und strategische Politik pflichtung ab, ein Ja, aber auch ein Nein entsprechend
der Frau Bundeskanzlerin und des Bundesaußenminis- tief gehend zu begründen. Begründungsarbeit bedeutet
ters unter Beweis gestellt. Diese Politik muss weiterhin allerdings auch, mit redlichen Argumenten vorzugehen,
aktiv betrieben werden. Ich rechne weiterhin mit der Un- Herr Gysi, statt nur subtil mit Ängsten zu arbeiten.
terstützung des Parlaments. Deswegen sind die Reisen (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
von Parlamentarierinnen und Parlamentariern in das Kri-
sengebiet unabdingbar und notwendig, um hier gemein- Ihr Vorgehen – das klang auch vorhin wieder durch – ist
sam voranzukommen. deswegen so bedauernswert, weil es keine intellektuelle
Abwägung erkennen lässt, sondern lediglich den Gefal-
Inzwischen sind weitere Voraussetzungen für die len am – zugegebenermaßen sehr elegant formulierten –
deutsche Beteiligung an UNIFIL erfüllt. Der entschei- Populismus.
dende Punkt ist, dass die israelische und die libanesische
Seite einen militärischen Beitrag Deutschlands auf See (Widerspruch bei der LINKEN)
nicht nur begrüßen, sondern auch gefordert haben. Das Auch konturloser und gewisperter Populismus ist
stärkt in der Tat die deutsche Vermittlerrolle. Das stärkt letztlich Populismus. Davon sollten wir uns nicht einwi-
aber auch das Gewaltmonopol der Vereinten Nationen, ckeln lassen.
in deren Auftrag und auf deren Bitte wir tätig sind. Da-
mit müssen sich all diejenigen auseinander setzen, die (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
der Meinung sind, dies sei ausschließlich militarisierte der SPD – Zuruf von der LINKEN: Das ist auf
Außenpolitik. Nein, dies ist aktive Friedenspolitik. Stammtischniveau!)
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006 4817
Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
(A) – Das Stammtischniveau scheint dann auf, Herr Kollege, gen zu leisten als in den letzten Jahrzehnten. Stichworte (C)
wenn beispielsweise Herr Gysi darauf hinweist, dass wie die Revitalisierung des Quartetts, der Road Map, die
ihm unsere Soldaten Leid tun. Unsere Soldaten tun mir Einbindung der Nachbarstaaten, vielleicht auch die Aus-
dann Leid, wenn sie mit solchen Begründungsmustern arbeitung im weiteren Kontext und die Verknüpfung mit
konfrontiert werden. der so genannten neuen Ostpolitik wurden bereits ge-
nannt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie haben Fragen aufgeworfen, Herr Hoyer, die auch
Es ist viel von einem historischen Einsatz die Rede. für uns bedenkenswert sind. Die Frage, ob man in die-
Man kann vielleicht auch anders herangehen und fragen: sem Konflikt neutral sein kann, hat auch Herr Gysi ange-
Sind wir Zeugen eines außenpolitischen Paradigmen- sprochen. Ich persönlich sage: mit Sicherheit nicht. Al-
wechsels? Vielleicht sollten wir darauf ohne Schüchtern- lerdings muss man aufpassen; denn der Begriff dient
heit mit Ja antworten. Allerdings handelt es sich um ei- mittlerweile der gezielten Irreführung. Man wird sich
nen Paradigmenwechsel, der nach 1989/1990 eingeleitet entscheiden müssen, aber nicht nur zwischen zwei Sei-
wurde – und zwar verantwortungsvoll –, mittlerweile ten. Denn es gibt in diesem Fall noch eine dritte Seite,
über Jahre andauert und auch – zugegebenermaßen ge- nämlich das internationale Recht. Dabei liegen Sie dann
legentlich etwas kurvenreich – fortgeführt wird. Diese plötzlich richtig. Auf der Seite des internationalen
Kurven zu begradigen, ist eine der vordringlichen Auf- Rechts fühle ich mich gottlob nicht neutral. In diesem
gaben des Parlamentes und einer Bundesregierung. Sinne ist das Vorbringen des Neutralitätsarguments
Dafür sind Einsatzkriterien und frühzeitig definierte In- eher verwegen. Was ist denn die genannte Alternative
teressen wie auch Ausschlusskriterien und Ausstiegssze- bzw. die Konsequenz einer postulierten Neutralität von
narien zu nennen. Hierzu hat die Bundesregierung in den Ihrer Seite? Sollen wir beiseite stehen? Den Eindruck
letzten Wochen und Monaten einen substanziellen und hatte ich nicht, als ich Ihre Ausführungen verfolgt habe.
guten Beitrag geleistet. Allerdings Anerkennung durch de facto Wirkungslosig-
Ja, es handelt sich um einen der kompliziertesten keit, eine gewisse Ideenlosigkeit und Impulslosigkeit,
Konfliktherde der Erde. Wer jedoch so durchschaubar, das ist eine Haltung, die zumindest Ihrem eigenen
so uninspiriert und letztlich so banal argumentiert, wie außenpolitischen Verantwortungsbewusstsein, das ich
das vorhin der Fall war, erweckt den hoffentlich falschen über Jahre bei Ihnen feststellen durfte, nicht entspricht.
Eindruck, dass ihm weniger an der Lösung dieses (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Schlüsselkonflikts als an innenpolitisch motivierten
Schlagworten gelegen ist. Internationales Recht ist eine Grundlage, die uns in der
Form nicht neutral macht. Über Neutralität zwischen den
(B) Insbesondere bei denen, liebe Kolleginnen und Kolle- beiden Seiten kann man lang sprechen. Wenn wir aber (D)
gen von der FDP, die noch vor einigen Jahren zu Recht die Neutralitätsfrage auf das internationale Recht über-
über Goslar geklagt haben, ist das ein bemerkenswerter tragen, dann sind wir auf dem Irrweg.
Wandel, der eher Anlass zum Nachdenken gibt. Es gab
nämlich auch Politiker aus Ihrer Fraktion, die einst vor Herr Hoyer, das führt uns zur nächsten Frage: Werden
deutschen Sonderwegen gewarnt haben. Zwar ist jeder wir zur Konfliktpartei? Im Rahmen des internationalen
Vergleich verwegen und die Situationen unterscheiden Rechts werden wir nicht zur Konfliktpartei – darauf ha-
sich gänzlich, ben schon andere hingewiesen – oder – anders gespro-
chen – wenn überhaupt, wird die gesamte internationale
(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig!) Gemeinschaft zur Konfliktpartei. Das ist ein interessan-
aber Sie haben damals auf eines gepocht: auf europäi- tes Argument. Womit stärkt man aber letztlich die inter-
sche Verantwortung. nationale Gemeinschaft – das ist ein Interesse, das wir
alle teilen –, insbesondere die von vielen fast tränen-
(Zuruf von der SPD: Richtig!) blind-nostalgisch gesehenen Vereinten Nationen? Mit
Bei diesem Mandat haben Sie einen Beschluss des Sicherheit nicht durch ein derartiges Verhalten! So wer-
den Sie keine Stärkung erreichen, ganz zu schweigen
Europäischen Rates, wonach die EU eine führende Rolle
spielen soll. Zudem war die Führungsstruktur innerhalb von der Überzeugungskraft und der Durchsetzbarkeit
der Vereinten Nationen nie europäischer als jetzt. Defi- unserer Interessen, wenn es um die Reform der Institu-
tionen innerhalb der Vereinten Nationen geht.
niert sich Verantwortung derartig schnell neu? Ich
meine, wenn man über europäische Verantwortung redet, Herr Niebel, Sie haben ständig darauf hingewiesen,
sollte man solche Gesichtspunkte entsprechend in die die Bundesrepublik könne ihren Ruf als anerkannter Ver-
Argumentation mit einfließen lassen. handlungspartner im Nahen Osten verlieren. Ein poten-
zieller Verhandlungspartner, der sich der internationalen
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
Gemeinschaft mit fahrigen Gründen entzieht, wird es al-
neten der SPD – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Wo
lerdings schwer haben, das Attribut „Anerkennung“ auf-
ist denn Großbritannien? Völliger Blödsinn!)
rechtzuerhalten. Das wird kaum gelingen.
Die politische Komponente, die genannt wurde, ist
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
ohne Frage essenziell und darf sich auch nicht in Lippen-
der SPD)
bekenntnissen erschöpfen. Wahrscheinlich ist in der Re-
gion auch ein exponentiell höherer Grad an Kreativität, Die letzte Fragestellung betrifft die historische Dimen-
Konsultationen, Gesprächen und ähnlichen Anstrengun- sion. Das ist wahrscheinlich die schwierigste, aber eine,
4818 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006

Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg


(A) die in meinen Augen mit ganz besonderer Sorgfalt an der Interfraktionell wird die Überweisung des Antrags (C)
Anfrage Ehud Olmerts zu messen ist, genauso wie an der der Bundesregierung auf Drucksache 16/2572 an die in
Libanons. Das Begriffspaar „moralische Verpflichtung“, der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
das heute einige Male gefallen ist, ist damit auf eine an- schlagen. Die Entschließungsanträge auf den Druck-
dere, nicht unbedingt niedrigere Ebene gerückt. Die Inte- sachen 16/2611, 16/2609, 16/2605 und 16/2610 sollen
ressen wurden nahezu erschöpfend aufgezählt. Es wäre an dieselben Ausschüsse überwiesen werden, jedoch
müßig, sie zu wiederholen. Aber es lohnt sich, zu wie- nicht an den Haushaltsausschuss. Sind Sie damit einver-
derholen: Wir haben kein Interesse daran, von Partnern standen? – Das scheint der Fall zu sein. Dann sind die
und solchen, die uns bewusst nicht als Verbündete sehen, Überweisungen so beschlossen.
lediglich als irrlichternde außenpolitische Populisten
wahrgenommen zu werden. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE destages auf morgen, Mittwoch, den 20. September
GRÜNEN) 2006, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Ich schließe die Aussprache. (Schluss: 10.53 Uhr)

(B) (D)

Berichtigungen
48. Sitzung, Seite II und Seite 4473; die Anlage 3 ist
wie folgt zu lesen: „Zu Protokoll gegebene Rede zur Be-
ratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Per-
sonenstandsrechts (Personenstandsrechtsreformgesetz –
PStRG) (Tagesordnungspunkt 37 a)“
48. Sitzung, Seite 4798 (C), 1. Absatz, die vorletzte
Zeile ist wie folgt zu lesen: „Drucksache 16/993 Nr. 2.9“
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 19. September 2006 4819

(A) Anlage zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage
Liste der entschuldigten Abgeordneten

entschuldigt bis entschuldigt bis


Abgeordnete(r) einschließlich Abgeordnete(r) einschließlich

Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ 19.09.2006 Müller (Gera), Bernward CDU/CSU 19.09.2006
DIE GRÜNEN
Nešković, Wolfgang DIE LINKE 19.09.2006
Bär, Dorothee CDU/CSU 19.09.2006
Nitzsche, Henry CDU/CSU 19.09.2006
Bellmann, Veronika CDU/CSU 19.09.2006
Polenz, Ruprecht CDU/CSU 19.09.2006
Dr. Bergner, Christoph CDU/CSU 19.09.2006
Rupprecht SPD 19.09.2006
Bluhm, Heidrun DIE LINKE 19.09.2006 (Tuchenbach),
Marlene
Dautzenberg, Leo CDU/CSU 19.09.2006
Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ 19.09.2006
Eichel, Hans SPD 19.09.2006 DIE GRÜNEN
Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 19.09.2006 Schily, Otto SPD 19.09.2006
DIE GRÜNEN
Schwabe, Frank SPD 19.09.2006
Hilsberg, Stephan SPD 19.09.2006
Dr. Staffelt, Ditmar SPD 19.09.2006
Hintze, Peter CDU/CSU 19.09.2006
(B) Dr. Tabillion, Rainer SPD 19.09.2006 (D)
Hübner, Klaas SPD 19.09.2006
Thiele, Carl-Ludwig FDP 19.09.2006
Dr. Krüger, Hans-Ulrich SPD 19.09.2006
Waitz, Christoph FDP 19.09.2006
Dr. Meister, Michael CDU/CSU 19.09.2006
Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Telefax (02 21) 97 66 83 44
ISSN 0722-7980

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