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D eutscher Bundestag

86. Sitzung

Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

Inhalt:

Fragestunde (Drucksache VI/1525) Frage des Abg. Dr. Meinecke (Hamburg)


(SPD) :
Frage des Abg. Dr. Müller (München) Höhe der finanziellen Leistungen der
(SPD) : Bundesregierung anläßlich von Kata-
strophen
Gewährung von bezahltem Urlaub an
Dorn, Parlamentarischer
Landesbeamte für die Teilnahme an
staatspolitischen Bildungsveranstaltun- Staatssekretär 4756 D, 4757 A, B, C
gen Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) 4757 A, B
Dorn, Parlamentarischer Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) 4757 B
Staatssekretär 4755 B
Frage des Abg. Zebisch (SPD) :
Dr. Müller (München) (SPD) 4755 B, C
Vorhaben der „Aktion Widerstand"
Dorn, Parlamentarischer
Frage des Abg. Hansen (SPD) : Staatssekretär 4757 C, D, 4758 A, B
Bearbeitung der Teilbereiche des Um- Zebisch (SPD) 4757 D, 4758 A
weltschutzes in den Bundesministerien Wehner (SPD) 4758 A
Dorn, Parlamentarischer
Staatssekretär 4755 D, 4756 A Frage des Abg. Pawelczyk (SPD) :

Hansen (SPD) 4756 A Bedeutung der zivilberuflichen und der


militärischen Befähigung bei der Re-
form der Offiziersausbildung
Frage des Abg. Dr. Meinecke (Hamburg) Birckholtz, Staatssekretär 4758 C, D, 4759 A
(SPD) :
Pawelczyk (SPD) 4758 C, D
Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung
anläßlich der Flutkatastrophe in Ost- Frage des Abg. Pawelczyk (SPD) :
pakistan
Straffreiheit des Ungehorsams in be-
Dorn, Parlamentarischer stimmten Fällen
Staatssekretär 4756 B, D Birckholtz, Staatssekretär 4759 A, B
Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) 4756 D Pawelczyk (SPD) 4759 B
II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

Frage des Abg. Zebisch (SPD) : Nächste Sitzung 4764 D

Beteiligung mittelständischer und hand-


werklicher Betriebe an Aufträgen der Anlagen
Bundeswehr
Birckholtz, Staatssekretär 4759 B, C, D, Anlage 1
4760 A
Liste der beurlaubten Abgeordneten 4765 A
Zebisch (SPD) 4759 C
Schmidt (Braunschweig) (SPD) 4759 D Anlage 2
Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) 4759 D
Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Frage des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr.
Frage des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) Maßnahmen zugunsten der vertriebenen
(CDU/CSU) : und geflüchteten Müller 4765 D

Einführung einer speziellen Sparförde-


rung zur Altersvorsorge Anlage 3
Dr. Reischl, Parlamentarischer Schriftliche Antwort auf die Mündlichen
Staatssekretär 4760 A Fragen des Abg. Schwabe (SPD) betr.
Verwaltungskosten bei Steuern und
steuerähnlichen Abgaben 4765 D
Fragen des Abg. von Alten-Nordheim
(CDU/CSU) :
Anlage 4
Erhöhung der Inlandspreise für Stick-
stoffdünger — Marktverhalten der Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Stickstoffindustrie im Hinblick auf das Frage des Abg. Hansen (SPD) betr. Vor-
Kartellrecht und den Vertrag von Rom lage eines Verzeichnisses aller im Sinne
des Steuerrechts als förderungswürdig
Rosenthal, Parlamentarischer
anerkannten Verbände und Vereine . . 4766 B
Staatssekretär 4760 C, D, 4761 A, B
von Alten-Nordheim (CDU/CSU) . 4760 C, D,
4761 A, B Anlage 5
Schriftliche Antwort auf die Mündlichen
Fragen des Abg. Erpenbeck (CDU/CSU) : Fragen des Abg. Dr. Arndt (Berlin) (SPD)
betr. Senkung wichtiger Außenzölle der
Finanzschwierigkeiten der Vereinigte
EWG und Verzicht auf Erschwerung der
Bausparkassen AG — Maßnahmen zur
Agrarimporte aus Drittländern — Verein-
Verhinderung der Illiquidität
barung der EWG-Mitgliedstaaten betr.
Rosenthal, Parlamentarischer Paritätsänderungen 4766 D
Staatssekretär 4761 B, C, D, 4762 A
Erpenbeck (CDU/CSU) 4761 C, D
Anlage 6
Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Fragen des Abg. Härzschel (CDU/CSU) :
Frage des Abg. Baier (CDU/CSU) betr.
Ärztliche und zahnärztliche Versorgung Verteilung eines Prospekts für den Er-
der Bevölkerung — Zahl der Studie- werb von Grundbesitz im Tessin im TEE
renden „Rheingold" 4767 D
Dr. von Manger-Koenig,
Staatssekretär . 4762 B, D, 4763 A, B, D Anlage 7
Härzschel (CDU/CSU) . 4762 D, 4763 A, D Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Dr. Tamblé (SPD) 4763 A Frage des Abg. Dasch (CDU/CSU) betr.
Verbesserung der Gesamtfinanzierung
landwirtschaftlicher Aussiedlungsbetriebe 4768 A
Frage der Abg. Frau Dr. Orth (SPD) :
Leistung von Ausbildungsförderung für Anlage 8
Schüler, die von der Mittelschule zur
Selekta eines Gymnasiums übergehen Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Dr. von Manger-Koenig, Frage des Abg. Kiechle betr. Ausscheiden
Staatssekretär 4764 A, B, C freiwillig versicherter landwirtschaftlicher
Unternehmer aus der AOK oder Land-
Frau Dr. Orth (SPD) 4764 B krankenkasse bei Errichtung einer be-
Walkhoff (SPD) 4764 C rufsständischen Pflichtversicherung 4768 B
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 III

Anlage 9 (CDU/CSU) betr. Maßnahmen gegen die


weitere Zunahme des Personalfehlbestan-
Schriftliche Antwort auf die Mündliche des im Flugsicherungskontrolldienst der
Frage des Abg. Kiechle (CDU/CSU) betr. Bundesanstalt für Flugsicherung 4771 B
Recht der AGV, für alle Verbraucher zu
sprechen — Mitgliedsbeiträge der AGV 4768 C
Anlage 18

Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen


Fragen des Abg. Spillecke (SPD) betr
Schriftliche Antwort auf die Mündliche Einbauaggregate zur Entgiftung von
Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) betr Autoabgasen 4771 C
Maßnahmen gegen den Preisverfall auf
den Schlachtschweinemärkten 4768 D
Anlage 19

Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen


Fragen des Abg. Orgaß (CDU/CSU) betr.
Schriftliche Antwort auf die Mündliche Entwurf der Kommission der Europä-
Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen ischen Gemeinschaften zur Berufsaner-
(SPD) betr. Verbesserung der Lebensmit- kennung für LKW- und Omnibusfahrer —
teldatierungen 4769 A Einbeziehung der Taxenfahrer 4771 D

Anlage 12 Anlage 20
Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Fragen des Abg. Burger (CDU/CSU) betr. Frage des Abg. Dr. Schäfer (Tübingen)
Rückgang des Geburtenüberschusses — (SPD) betr. Einführung einheitlicher Ruf-
Kindergeldleistungen unter dem Aspekt nummern für den Unfallkrankentransport
einer vernünftigen Bevölkerungspolitik . 4769 C dienst 4772 B

Anlage 13 -
Anlage 21
Schriftliche Antwort auf die Mündliche Schriftliche Antwort auf die Mündliche
Frage der Abg. Frau Lauterbach (SPD) Frage des Abg. Dasch (CDU/CSU) betr.
betr. Maßnahmen zur Verhinderung eines Ausführungsbestimmungen über Miet-
Engpasses in der ärztlichen Versorgung und Lastenbeihilfen bezüglich Verdienst-
bei einer Grippewelle 4770 A bescheinigungen von Bauarbeitern 4772 B

Anlage 14 Anlage 22
Schriftliche Antwort auf die Mündliche Schriftliche Antwort auf die Mündlichen
Frage des Abg. Meister (CDU/CSU) betr. Fragen des Abg. Dr. Giulini (CDU/CSU)
Zusammenhang zwischen der zunehmen- betr. Änderung der Berechnungsmodali-
den Verbreitung von Antikonzeptionsmit- täten für die Bewilligung von öffentlichen
teln und dem rückläufigen Bevölkerungs- Mitteln zum Erwerb eines Familienheimes 4772 D
wachstum sowie der ansteigenden Zahl
der venerisch Kranken 4770 B

Anlage 23
Anlage 15
Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Schriftliche Antwort auf die Mündliche Fragen des Abg. Dr. Jenninger (CDU/
Frage des Abg. Seefeld (SPD) betr. Mit- CSU) betr. Freigabe der in den Niederlan-
tel für die Betreuung der über 65 Jahre den beschlagnahmten deutschen Vermö-
alten Bürger bezüglich der Teilnahme am gen 4773 B
Verkehr 4770 C
Anlage 24
Anlage 16
Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Biechele (CDU/CSU)
Fragen des Abg. Faller (SPD) betr. Unter- betr. Hilfsmaßnahmen für das Katastro-
suchungen
- der Schweiz bezüglich der 0,8 phengebiet in Ostpakistan 4773 D
Promille-Grenze — Verwertung durch die
Bundesregierung 4771 A Anlage 25
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
Anlage 17
Frage des Abg. Meister (CDU/CSU) betr.
Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Zurückziehung des Lazarettschiffs „Helgo-
Fragen des Abg. Dr. Schneider (Nürnberg) land" aus Vietnam 4774 B
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Anlage 26 betr. Saarbrücken als Sitz des Europä


ischen Jugendwerks 4777 A
Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Fragen des Abg. Wuwer (SPD) betr. Ent-
lohnung der Gefangenen und Angleichung Anlage 34
an den ortsüblichen Lohn 4774 C
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr.
Anlage 27 Förderung der Sozialistischen Deutschen
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Arbeiterjugend aus öffentlichen Mitteln 4777 B
Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg
(CDU/CSU) betr. Wiederherstellung der
Anlage 35
Verbindungsstraße zwischen Rehweiler
und Dürrnbach 4775 B Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Fragen des Abg. Dr. Beermann (SPD)
Anlage 28 betr. Aufhebung des Baustopps für das
durch Geesthacht verlaufende Teilstück
Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen der B 5 und Bau einer Anschlußstrecke
Fragen des Abg. Dr. Häfele (CDU/CSU) zur Elbbrücke 4777 C
betr. Besteuerung der deutschen Grenz-
gänger im deutsch-schweizerischen
Grenzraum 4775 C Anlage 36
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
Anlage 29 Frage des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr.
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche den vierspurigen Ausbau der B 41 4777 D
Frage des Abg. Zebisch (SPD) betr. Forde-
rungen des Zentralverbandes der Sozial- Anlage 37
rentner hinsichtlich der Weiterentwick-
lung der gesetzlichen Rentenversicherung
- 4775 D Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen
Fragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig)
Anlage 30 (CDU/CSU) betr. Eckverbindung Salzgit-
ter—Braunschweig—Wolfsburg und Elek-
Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen trifizierung der Bundesbahnstrecke Han-
Fragen des Abg. Maucher (CDU/CSU) nover—Braunschweig—Helmstedt 4778 A
betr. Rahmengesetz zur Sicherstellung der
Altersversorgung der Angehörigen freier
Berufe 4776 A Anlage 38

Schriftliche Antwort auf die Schriftliche


Anlage 31 Frage des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr.
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche sozialen Wohnungsbau für alleinstehende
Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Mütter mit unehelichen Kindern 4778 D
Einsatz von unausgebildeten Wehrdienst-
verweigerern bei der Bundespost und der
Anlage 39
Bundesbahn 4776 C
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
Anlage 32 Frage der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/
CSU) betr. Beseitigung des für 1975 zu
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche erwartenden Defizits von 120 000 Studien-
Frage des Abg. Zebisch (SPD) betr. An- plätzen 4779 A
wendung der Richtlinien für die bevor-
zugte Berücksichtigung von Anbietern
aus dem Zonenrand- und Grenzgebiet im Anlage 40
Bereich des Bundesverteidigungsministe-
riums 4776 D Schriftliche Antwort auf die Schriftliche
Frage der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/CSU)
betr. Auswirkungen der Baukostensteige-
Anlage 33
rungen auf den Ausbau der Hochschulen
Schriftliche Antwort auf die Schriftliche — Höhe der aus dem Ausbau sich erge-
Frage des Abg. von Thadden (CDU/CSU) benden Folgekosten 4779 B
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86. Sitzung

Bonn, den 11. Dezember 1970

Stenographischer Bericht Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

Eine letzte Zusatzfrage.


Beginn: 9.00 Uhr
Dr. Müller (München) (SPD) : Herr Staatssekre-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - tär, prüft die Bundesregierung bei Bundesbeamten,
Die Sitzung ist eröffnet. die an einer Veranstaltung teilnehmen, die von Lan-
desbehörden als förderungswürdig erachtet wird,
Einziger Punkt der heutigen Tagesordnung: nach, ob sie tatsächlich förderungswürdig ist?
Fragestunde
— Drucksache VI/1525 —
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister des Innern: Nein. Wir sind der Mei-
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bun- nung, wenn Veranstaltungen förderungswürdig sind,
desministers des Innern. Zur Beantwortung der Fra- sollte der entsprechende Urlaub in jedem Fall ge-
gen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär währt werden. Ich hoffe, daß es gelingt, für die Zu-
Dorn zur Verfügung. Ich rufe die Frage 49 des Herrn kunft klarere gesetzliche Regelungen dafür zu fin-
Abgeordneten Dr. Müller (München) auf: den. Sie wissen, daß wir uns über die Frage des
Bildungsurlaubs sowieso in Kürze in diesem Hause
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Teilnahme an
staatspolitischen Bildungsveranstaltungen, die von zuständigen noch unterhalten müssen.
Bundesbehörden als förderungswürdig anerkannt wurden, durch
eine andere Entscheidung von Landesbehörden, die unabhän-
gig von Bundesbehörden auf Grund eigener Prüfung entschei-
den, ob Urlaub gewährt werden kann, verhindert wird? Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

Ich rufe die Frage 50 des Abgeordneten Hansen auf:


Herr Staatssekretär!
In welchen Bundesministerien werden welche Teilbereiche des
Umweltschutzes bearbeitet?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister des Innern: Herr Kollege Dr. Müller, Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim
ich nehme an, daß Ihre Frage die Gewährung von Bundesminister des Innern: Herr Kollege Hansen,
bezahltem Urlaub an Landesbeamte für die Teil- Probleme des Umweltschutzes sind in fast allen Be-
nahme an staatspolitischen Bildungsveranstaltungen reichen staatlichen Handelns zu lösen; in der Ver-
betrifft. kehrs- wie in der Agrarpolitik, in der Wissenschafts-
Der Bundesregierung ist nicht bekannt, wie Lan- wie in der Wirtschaftspolitik.
desbehörden im Einzelfall über die Urlaubsgesuche Ein wie weites Betätigungsfeld dieser Bereich um-
von Beamten entscheiden. Die Regelung des Urlaubs faßt, mögen Sie schon aus der großen Anzahl von
für Landesbeamte fällt in die Zuständigkeit der Län- Bundesressorts ableiten, die dem im Sommer die-
der. Der Bundesregierung steht keine Aufsichtsbe- ses Jahres zur Koordinierung eingesetzten Kabi-
fugnis gegenüber Landesbehörden bei der Durch- nettsausschuß für Umweltfragen angehören. Unter
führung von Landesrecht zu. dem Vorsitz des Bundeskanzlers und neben dem ge-
schäftsführenden Bundesminister des Innern sind
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - Mitglieder die Bundesminister des Auswärtigen, der
Eine Zusatzfrage. Finanzen, für Wirtschaft, für Verkehr, für Jugend,
Familie und Gesundheit, für Ernährung, Landwirt-
Dr. Müller (München) (SPD) : Herr Staatssekre- schaft und Forsten, für Arbeit und Sozialordnung,
tär, ist Ihnen eine Entschließung des bayerischen für Bildung und Wissenschaft, für Städtebau und
Staatsministeriums der Finanzen bekannt, in der es Wohnungswesen sowie der Verteidigung.
heißt, daß Veranstaltungen, für die die Bundesbehör- Es würde wohl den Rahmen der Fragestunde
den die Förderungswürdigkeit bestätigt haben, in sprengen, im einzelnen sämtliche Teilbereiche auf-
neuester Zeit teilweise oder sogar überwiegend zuzählen, auf denen die Arbeit in diesen Ressorts
touristischen Charakter aufweisen? Fragen des Umweltschutzes betrifft oder am Rande
berührt. Ich möchte mich daher auf die wesentlichen
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bereiche beschränken. Mein Haus hat auf dem Ge-
Bundesminister des Innern: Nein, das ist mir nicht biet des Umweltschutzes die Zuständigkeiten für die
bekannt, Herr Kollege Müller. Kernbereiche der Wasserwirtschaft — Gewässer-
4756 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

Parlamentarischer Staatssekretär Dorn


schutz, Wasserversorgung, Wasserhygiene — mit 5,7 t Bekleidung, 77,6 t Reis, Speiseöl, Gemüsekon-
Ausnahme der ländlichen Wasserwirtschaft, die beim serven, Milchpulver, 1 t Kindernahrung, 15,5 t Eß-
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft geschirren und Kochern und 26 500 Faltkanistern
und Forsten liegt —, der Luftreinhaltung — soweit zum Wassertransport.
nicht das Bundesministerium für Verkehr im Bereich Die erwähnten Medikamente, Zelte und Faltkani-
des Verkehrs zuständig ist , der Lärmbekämpfung ster sind teils von der Bundesregierung, teils von
— soweit nicht ebenfalls das Bundesministerium für deutschen privaten Hilfsorganisationen bereitge-
Verkehr im Bereich des Verkehrs und das Bundes- stellt worden. Die Decken, Bekleidung, Eßgeschirre
ministerium für Arbeit und Sozialordnung für und Kocher sowie die Kindernahrung wurden auf
Arbeitsschutz und für genehmigungsbedürftige ge- Veranlassung des Katastrophenstabes des Bundes-
werbliche Anlagen zuständig sind — und der Abfall- innenministeriums allein von den Hilfsorganisatio-
beseitigung, außerdem für die Koordinierung im nen gespendet. Mein Haus hat gleichfalls die Ent-
Gesamtbereich des Umweltschutzes. Darüber hinaus
sendung eines Feldhospitals durch das Diakonische
ist das Bundesministerium des Innern für die Raum-
Werk und die Johanniter-Unfallhilfe veranlaßt.
ordnung zuständig.
Die vorgenannten Hilfsgüter wurden zum über-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
wiegenden Teil mit Flugzeugen der Bundeswehr und
Zusatzfrage. zu einem geringen Teil mit zivilen Charterflügen in
das Katastrophengebiet geflogen.
Hansen (SPD) : Herr Staatssekretär, hält die Bun- Auf ,dem Seeweg erfolgte die Lieferung von 150 t
desregierung die Koordinierung der am Umwelt- Speiseöl, 3130 t Reis, 350 t Milchpulver und 1000 t
schutz beteiligten Geschäftsbereiche durch den da- Wellblech. Ein Teil der Reissendung ist im Kata-
für eingerichteten Kabinettsausschuß für ausrei- strophengebiet bereits angekommen. Die weiteren
chend, oder sieht die Bundesregierung weitere Mög- Schiffssendungen werden in den nächsten Wochen
lichkeiten zu einer noch größeren Straffung der eintreffen. Es handelt sich hierbei um die gemein-
Koordinierung in Fragen des Umweltschutzes? same Aktion des Bundesministeriums für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und meines Hauses.
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Die bisherige deutsche humanitäre Hilfe für Ost-
Bundesminister des Innern: Herr Kollege Hansen, pakistan hat Kosten von weit über 5 Millionen DM
diese Frage wird laufend geprüft werden müssen, verursacht. Hinzu kommen die bisherigen Kosten
weil sich ja die Fragen des Umweltschutzes in den der Bundesluftwaffe für Transportflüge nach Ost-
letzten Jahren erheblich erweitert haben. Natürlich pakistan, den Binnentransport und den Einsatz von
findet außerhalb des Kabinettsausschusses eine enge Hubschraubern in Ostpakistan vermutlich in einer
Koordinierung auch jetzt schon in interministeriellen Höhe von insgesamt 9 Millionen DM.
Ausschüssen statt. Wir werden uns in Kürze hier
in diesem Hause über die Fragen des Umweltschut-
zes ausführlich unterhalten. Ich nehme an, daß diese Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.


Frage dabei auch eine ganz besondere Rolle spielen
wird.
Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) : Herr Staats-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - sekretär, hat die Wahrnehmung der Gelegenheit,
Keine weitere Zusatzfrage. Flugzeuge der Bundeswehr einzusetzen, und deren
Benutzung nicht zu diskriminierenden Angriffen ge-
Ich rufe die Frage 51 des Herrn Abgeordneten Dr. führt?
Meinecke (Hamburg) auf:
Welche konkreten Hilfsmaßnahmen mit welchem finanziellen
Aufwand hat die Bundesregierung bisher für die Folgen der Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Flutkatastrophe in Ostpakistan veranlaßt?
Bundesminister des Innern: Nein. Es ist auch eindeu-
Herr Staatssekretär! tig so, daß sie ausschließlich für diese humanitäre
Hilfsmaßnahme eingesetzt worden sind.
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister des Innern: Herr Kollege Dr. Mei-
necke, die Bundesregierung hat unmittelbar nach Be- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

kanntwerden der Flutkatastrophe in Ostpakistan Ich rufe die Frage 52 des Kollegen Dr. Meinecke
am 15. November 1970 die ersten Hilfsmaßnahmen (Hamburg) auf:
eingeleitet. Bis einschließlich 7. Dezember 1970 sind Wie hoch werden sich damit bis zum Jahresende 1970 die
finanziellen Leistungen der Bundesregierung für humanitäre
folgende Hilfen durchgeführt worden: und andere sofortige Hilfsmaßnahmen im Ausland anläßlich
solcher und ähnlicher Katastrophen bemessen?
Per Lufttransport: 1. Einsatz eines Feldlazaretts, Herr Staatssekretär!
für ,das der Malteser-Hilfsdienst das ärtzliche und
das Pflegepersonal stellt, von fünf Bundeswehr-
Hubschraubern und von sieben Trinkwasseraufbe- Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim
reitungsanlagen mit Begleitfahrzeugen sowie mit Bundesminister des Innern: Die Bundesregierung
Personal vom Technischen Hilfswerk und vom Deut- wird bis Ende des Jahres 1970 für humanitäre und
schen Roten Kreuz; 2. Lieferung von 34,7 t Medika- andere sofortige Hilfsmaßnahmen insgesamt
menten und Impfstoffen, 900 Zelten, 30 000 Decken, 85,5 Millionen DM ausgegeben haben.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4757

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: ministerium, und dem Finanzministerium Einigkeit


Eine Zusatzfrage. darüber besteht, daß humanitäre Maßnahmen dieser
Art durch überplanmäßige Ausgaben jederzeit
Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) : Herr Staats- durchführbar sind?
sekretär, da ich annehmen darf, daß der ursprüng-
liche Ansatz im Haushalt damit um mehr als das Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Zehnfache überschritten worden ist, frage ich, ob Bundesminister des Innern: So hat es sich bisher in
sichergestellt ist, daß die Bundesregierung in künf- der Praxis erwiesen, Herr Kollege Dr. Schäfer.
tigen Jahren Ihrem Haus einen Ansatz für diesen
Aufwand in einem solchen Umfang zubilligt, daß die Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Regierung auch bei weiteren möglichen Katastro- Ich rufe die Frage 53 des Herrn Abgeordneten
phen, die wir alle nicht erhoffen wollen, die sich Zebisch auf:
jedoch ereignen könnten, flexibel und sehr rasch
Ist der Bundesregierung die weitere Einsatzplanung der rechts-
reagieren kann. radikalen Aktion Widerstand bekannt, und wird sie in Zusam-
menarbeit mit den Ländern und Kommunen dafür sorgen, daß
sich neonazistischer Terror wie in Würzburg nicht noch einmal
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim unbehindert austoben kann?

Bundesminister des Innern: Herr Kollege Dr. Mei- Herr Staatssekretär!


necke, unser Haus befindet sich mit dem Bundes-
finanzministerium in der Diskussion über diese
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Frage. Die Steigerung um das Zehnfache, die Sie Bundesminister des Innern: Herr Kollege Zebisch,
erwähnt haben, ist nur möglich gewesen, weil die die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der
Verhandlungen zwischen meinem Haus und dem Länder beobachten Vorbereitung und Durchfüh-
Finanzministerium sehr flexibel geführt worden sind rung von Vorhaben der „Aktion Widerstand" so
und innerhalb der Bundesregierung in allen Fällen intensiv wie möglich. Die dabei gewonnenen Er-
sehr schnell eine Einigung darüber erzielt wurde, kenntnisse werden ständig ausgetauscht und an die
welche Mittel nunmehr zur Verfügung gestellt wur- zuständigen Landesbehörden weitergeleitet, die für
den. den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
verantwortlich sind, Die Sicherheitsbehörden der
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
- betroffenen Länder und Gemeinden besitzen da-
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Dr. Meinecke. durch einen umfassenden Überblick über die geplan-
ten Aktionen und sind in der Lage, jederzeit in dem
Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) : Herr Staats- erforderlichen Maße zu reagieren.
sekretär, in Anbetracht der Tatsache, daß diesen Der Bundesminister des Innern legt Wert auf
Naturkatastrophen letzten Endes immer wieder die diese umfassende Informationsgewinnung und
gleichen Elemente zugrunde liegen und man somit -weitergabe, weil wir der Auffassung sind, daß bei
durch die Bereicherung an Erfahrung, sowohl natio- Demonstrationen und anderen öffentlichen Veran-
nal wie international, und durch eine Verbesserung staltungen Exzesse und Ausschreitungen jeglicher
der internationalen Zusammenarbeit bei der Ab- Art verhindert werden müssen. Die Durchführung
stimmung verschiedener Hilfsmaßnahmen künftig der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen liegt je-
die entsprechenden Maßnahmen möglicherweise doch ausschließlich in der Zuständigkeit der Behör-
noch wirksamer einleiten kann, frage ich Sie, ob den der Bundesländer.
Sie bereit sind, in Ihrem Hause zu prüfen, ob es
nützlich sein kann, daß das Ministerium und die Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Bundesregierung einmal in der Art eines Weiß- Zusatzfrage.
buches die Erfahrungen nur dieses Kalenderjahres ,
1970darlegnuzsmt,dain
dann sowohl national wie international daraus Kon- Zebisch (SPD) : Herr Staatssekretär, was können
sequenzen ziehen kann. Sie in Zukunft unternehmen, damit Parolen, die zum
Mord aufrufen, wie es in Würzburg der Fall gewe-
sen ist, wo die Parolen u. a. lauteten: „Hängt sie
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim auf, die Volksverräter!", „Scheel und Brandt an die
Bundesminister des Innern: Ich bin Ihrer Meinung, Wand!", „Deutsches Land wird nicht verschenkt,
Herr Kollege Dr. Meinecke, vor allem weil es sich eher wird Brandt gehängt!", bei künftigen Aktionen
gezeigt hat, daß im internationalen Bereich die Ab- verboten werden?
grenzungen leider nicht immer so funktioniert ha-
ben, wie wir es uns gerne gewünscht hätten. Allein,
das wird Anlaß sein, dieser Frage erneut nachzu- Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim
gehen. Bundesminister des Innern: Herr Kollege Zebisch,
die Bundesregierung kann hier primär, wie ich vor-
hin schon geschildert habe, nicht eingreifen. Ich bin
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
aber der Meinung, daß diese Parolen uns alle veran-
Herr Kollege Schäfer, eine Zusatzfrage. lassen sollten, darüber nachzudenken, ob nicht an-
dere, auch politische Auseinandersetzungen mit die-
Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) : Herr Staatssekre- sen Gruppen stattfinden können und ob nicht dar-
tär, darf ich Ihre Antwort zur vorletzten Frage so über hinaus die Frage der Mordhetze oder der
auffassen, daß zwischen Ihrem Haus, dem Innen- Volksverhetzung von der Staatsanwaltschaft noch
4758 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

Parlamentarischer Staatssekretär Dorn


einmal geprüft werden sollte, wenn es so, wie es Ich frage zunächst, ob der Herr Staatssekretär die
sich in Würzburg gezeigt hat, weitergeht. beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Pawelczyk
im Einvernehmen mit dem Fragesteller gemeinsam
beantworten will.
Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
Eine weitere Zusatzfrage.
Birckholtz, Staatssekretär des Bundesministe-
riums der Verteidigung: Ich habe die Bitte, die Fra-
Zebisch (SPD) : Herr Staatssekretär, ist Ihnen der gen einzeln zu beantworten.
Aufruf des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Bezirk
Nordmark, bekannt? Hier wird geschrieben, die NPD
in Hamburg behaupte, daß sie von Randgruppen Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
der CDU und vom Freundeskreis der CSU unter- Gut. Bitte, Herr Staatssekretär!
stützt werde. Können Sie das überprüfen?
Birckholtz, Staatssekretär des Bundesministe-
riums der Verteidigung: Die Überlegungen für ein
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister des Innern: Das muß in Hamburg neues Ausbildungskonzept sind im Weißbuch der
geprüft werden. Ich kann dazu nichts sagen, weil Bundesregierung unter Nr. 173 dargestellt worden.
uns darüber nichts bekannt ist. Die Kommission zur Neuordnung der Ausbildung
und Bildung in der Bundeswehr ist beauftragt, ein
Gutachten über die künftige Organisation der Aus-
Zebisch (SPD) : Darf ich Ihnen das Flugblatt zur und Fortbildung von Offizieren, Unteroffizieren und
Verfügung stellen? Mannschaften sowie über die Inhalte der Aus- und
Fortbildung zu erarbeiten. Die Ergebnisse werden
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim im Frühjahr des nächsten Jahres vorliegen. Ich bin
Bundesminister des Innern: Bitte schön! aber sicher, daß dabei die militärfachliche Ausbil-
dung nicht zu kurz kommen wird.
Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wehner. Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
Zusatzfrage.
Wehner (SPD) : Herr Parlamentarischer Staats-
sekretär, habe ich Sie richtig dahin verstanden, daß Pawelczyk (SPD) : Herr Staatssekretär, können
Sie sagten, man sollte sich mit jenen Kräften poli- Sie meiner Auffassung zustimmen, daß das Hoch-
tisch auseinandersetzen, und darf ich dazu fragen, schulstudium für den Offizier erst die Vorausset-
ob Sie meinen, daß politische Auseinandersetzung zungen dafür schafft, die komplizierter werdenden
gegen die tatsächliche Anwendung von Gewalt ein- Aufgaben des Offiziers in Zukunft erfüllen zu kön-
schließlich des Schießens denkbar ist. nen, und daß ein gewünschtes zusätzliches Ergebnis
darin zu sehen ist, daß das Studium zugleich die
Voraussetzungen für einen Beruf außerhalb der
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeswehr schafft?
Bundesminister des Innern: Nein, da sehr ich keine
Möglichkeit der politischen Auseinandersetzung,
Herr Kollege Wehner. Vielmehr hat dann die Birckholtz, Staatssekretär des Bundesministe-
Staatsanwaltschaft die Aufgabe, von sich aus ein- riums der Verteidigung: Herr Abgeordneter Pawelc-
zugreifen. zyk, dieser Auffassung stimmt das Bundesministe-
rium der Verteidigung zu. In erster Linie ist der
Mann Soldat und muß daher alle Fähigkeiten haben,
Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: die zur Erfüllung seines militärischen Auftrages not-
Meine Damen und Herren, der Herr Abgeordnete
wendig sind. Das Studium soll die militärische Aus-
Pieroth hat um schriftliche Beantwortung seiner
bildung und die militärischen Fähigkeiten sinnvoll
Frage gebeten. Die Antwort wird als Anlage abge-
ergänzen. Ein angenehmes Nebenprodukt ist die Tat-
druckt.
sache, daß ein Studium für einen Zeitsoldaten nach
Damit, Herr Staatssekretär, sind alle Fragen aus Ausscheiden aus der Bundeswehr bei der Aufnahme
dem Geschäftsbereich des Bundesministers des In- einer zivilen Tätigkeit nützlich sein kann.
nern beantwortet. Ich danke Ihnen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
ministers der Verteidigung. Zur Beantwortung steht Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär Birckholtz zur Verfügung.
Der Herr Abgeordnete Jung ist nicht im Saal. Pawelczyk (SPD) : Sind Sie mit mir der Mei-
Seine Fragen werden schriftlich beantwortet. Die nung, daß die neue Offizierslaufbahn für langdie-
Antworten werden als Anlagen abgedruckt. nende Zeitoffiziere attraktiv sein muß, so daß wir
eine größere Fluktuation zum Vorteil der Verjün-
Ich rufe die Frage 36 des Herrn Abgeordneten gung bekommen, und nicht daran gedacht ist, die
Pawelczyk auf: Bundeswehr abzuschaffen oder drastische Reduzie-
Trifft es zu, daß bei der Reform der Offiziersausbildung der rungen vorzubereiten, wie wir es jetzt in der Pole-
Erwerbung zivilberuflicher Befähigung Vorrang vor der militä-
rischen eingeräumt werden soll? mik des öfteren zu hören bekommen?
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4759

Birckholtz, Staatssekretär des Bundesministe- bei der Verpflegung, Bekleidung und ähnlichen Din-
riums der Verteidigung: Genau das, Herr Abgeord- gen, konnte dieser Anteil mit 49 % nahezu erreicht
neter Pawelczyk, muß eines der Ziele einer neu zu werden. Bei der Beschaffung von Großgerät, wie
schaffenden Offizierslaufbahn sein. An eine dra- z. B. bei Flugzeugen, Schiffen oder auch Panzern,
stische Reduzierung oder gar Abschaffung der Bun- gestaltet sich die Beteiligung etwas schwieriger. Es
deswehr wird natürlich überhaupt nicht gedacht. Viel handelt sich hier um spezifisch bundeswehreigen-
weniger noch sind dahin gehende Vorbereitungen tümliches Gerät, das für Direktvergabe an mittel-
im Gange. ständische oder handwerkliche Betriebe selten ge-
eignet ist. Allerdings partizipiert der Mittelstand
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
an diesen Vergaben mittelbar als Unter- oder Zu-
Ich rufe die nächste Frage des Herrn Abgeordneten lieferer. Der Anteil ist erheblich, kann aber leider
Pawelczyk, die Frage 37, auf: statistisch nicht erfaßt werden. 50 % und mehr des
Trifft es zu, daß nach der neuen Ausbildungskonzeption die
Wertes am Endprodukt von Großgeräten entfallen
politische Selbständigkeit der Offiziere dergestalt gestärkt wer- regelmäßig auf den überwiegend mittelständischen
den soll, daß Ungehorsam in bestimmten Fällen straffrei bleibt?
Stamm der Zulieferer.
Herr Staatssekretär!
Das Bundesministerium der Verteidigung wird
auch weiterhin die Bemühungen der Bundesregie-
Birckholtz, Staatssekretär des Bundesministe- rung zur Förderung kleinerer und mittlerer Unter-
riums der Verteidigung: Herr Abgeordneter Pawelc- nehmen mit den Mitteln des Vergabeinstrumenta-
zyk, das trifft nicht zu. Die Bundesregierung hat riums eines öffentlichen Auftraggebers unterstützen.
mehrfach betont, daß das Prinzip von Befehl und Ge-
horsam in den Streitkräften unangetastet bleibt.
Es gibt davon nur wenige, im Soldatengesetz gere- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

gelte Ausnahmen. Demnach darf ein Befehl nicht Eine Zusatzfrage.


befolgt werden, wenn dadurch ein Verbrechen oder
ein Vergehen begangen würde. Ungehorsam liegt Zebisch (SPD): Herr Staatssekretär, kann ich nä-
auch dann nicht vor, wenn ein Befehl nicht befolgt here Unterlagen bekommen, damit ich Handwerks-
wird, der die Menschenwürde verletzt oder der nicht kammern entgegentreten kann, die behaupten, daß
zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist. bei Verteilung dieser Aufträge das Handwerk und
der Mittelstand zu wenig berücksichtigt würden?
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Eine Zusatzfrage.
Birckholtz, Staatssekretär des Bundesministe-
riums der Verteidigung: Ich bin gern bereit, Herr
Pawelczyk (SPD) : Interpretiere ich Sie richtig, Abgeordneter Zebisch, Sie im einzelnen mit Infor-
wenn ich sage, daß damit auch der Gehorsam gegen- mationen zu diesem Thema zu versorgen.
über der demokratisch legitimierten Bundesregie-
rung gemeint ist?
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt


Birckholtz, Staatssekretär des Bundesministe- (Braunschweig).
riums der Verteidigung: So ist es, Herr Abgeord-
neter Pawelczyk.
Schmidt (Braunschweig) (SPD) : Herr Staatssekre-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
tär, besteht die Möglichkeit und die Absicht, das
Keine weitere Zusatzfrage. bestehende Ausschreibungsverfahren, das in seiner
Kompliziertheit gerade mittelständischen Betrieben
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten sehr viel Schwierigkeiten bereitet, zu vereinfachen?
Zebisch auf:
In welchen Größenordnungen hat der Bundesminister der
Verteidigung den mittelständischen und handwerklichen Betrie- Birckholtz, Staatssekretär des Bundesministe-
ben durch entsprechende Auftragsbeteiligungen geholfen, und riums der Verteidigung: Ich werde dieser Frage
in welchen Größenordnungen plant er in Zukunft kleinere, mitt-
lere und handwerkliche Unternehmen direkt oder durch Auf- nachgehen, Herr Abgeordneter, und Sie dann über
lagen für Großauftragnehmer durch Teilhabe an Beschaffungen
und Aufträgen der Bundeswehr zu beteiligen? das Ergebnis informieren.
Herr Staatssekretär!
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Schulze-Vor-


Birckholtz, Staatssekretär des Bundesministe-
riums der Verteidigung: Das Bundesministerrium berg.
der Verteidigung — als ein großer öffentlicher Auf-
traggeber — war von Anfang an bemüht, das Hand- Dr. Schulze Vorberg (CDU/CSU) : Ist das Bun-
-

werk und die mittelständischen Unternehmen an desministerium der Verteidigung bereit, mit den
den Beschaffungen angemessen zu beteiligen. Unter zuständigen berufsständischen Vertretungen, insbe-
dieser angemessenen Beteiligung ist ein Anteil von sondere mit dem Zentralverband des Deutschen
etwa 50 "/o des Beschaffungsvolumens zu verstehen. Handwerks, das Vergabewesen einmal gründlich so
Auf dem Gebiet der Infrastruktur, also bei Kaser- zu beraten, daß die Vergabe den besonderen Bedin-
nenbauten usw., wurde dieser Anteil mit 52 % über- gungen, die kleine und mittlere Betriebe nun ein-
schritten. Beim sogenannten „Weichen Gerät", also mal haben, gerecht wird?
4760 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

Birckholtz, Staatssekretär des Bundesministe- Der Herr Abgeordnete Baier ist nicht im Saal, so
riums der Verteidigung: Dazu ist das Bundesmi- daß auch die Frage 62 schriftlich beantwortet wird.
nisterium der Verteidigung gern bereit. Ich rufe die Frage 63 des Herrn Abgeordneten
von Alten-Nordheim auf:
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Hält die Bundesregierung an der im Pressedienst des Bun-
desministeriums für Wirtschaft vom 15. Mai 1970 wiedergege-
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich benen Ansicht fest, daß die „Stickstoffindustrie einen zu begrü-
ßenden Beitrag zur Stabilisierung des Preisniveaus geleistet"
des Bundesministers der Verteidigung beantwortet. hat, nachdem die Inlandspreise für Stickstoffdünger auf breiter
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Front — zum Teil um mehr als 11 % — gestiegen sind?

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers Herr Staatssekretär!


der Finanzen auf. Die Fragen des Abgeordneten
Schwabe werden auf Wunsch des Fragestellers Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als An- Bundesminister für Wirtschaft: Herr Präsident, Herr
lage abgedruckt. Kollege von Alten, wären Sie damit einverstanden,
Ebenso wird die Frage des Herrn Abgeordneten daß ich die Fragen 63 und 64 gemeinsam beant-
Hansen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich be- worte?
antwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Ich rufe die Frage 58 des Abgeordneten Dr. Hau- Ja, wenn der Herr Fragesteller einverstanden ist.
ser (Sasbach) auf:
Erscheint der Bundesregierung die Einführung einer speziellen
Sparförderung zur Altersvorsorge entsprechend dem bisherigen
Prämien- und Bausparen erwägenswert, um insbesondere den
von Alten Nordheim (CDU/CSU) : Ich möchte
-

älteren Sparer in den letzten Jahren seiner aktiven Berufszeit Sie doch bitten, die beiden Fragen einzeln zu beant-
zu einer eigenen Leistung anzuregen, die ihm später beispiels- worten.
weise die finanzielle Grundlage für einen Dauerplatz in einem
Altersheim sichern hilft, wenn die zu erwartende Rente nicht
ausreicht, den eigenen Kostenbeitrag für den Platz in einem
solchen Heim abzudecken? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Bundesminister für Wirtschaft: Die Inlandspreise
Staatssekretär Dr. Reischl zur Verfügung. Bitte, Herr für stickstoffhaltige Düngemittel sind von Oktober
Staatssekretär! 1969 bis Oktober 1970 nicht etwa um 11 %, sondern
um durchschnittlich 2 % und bei Kalkammonsalpeter
um 1,7% gestiegen. Ob die Bundesregierung heute
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär noch die Ansicht aufrechterhält, daß die Stickstoff-
beim Bundesminister der Finanzen: Das geltende industrie einen begrüßenswerten Beitrag zur Stabi-
Recht sieht für Sparleistungen älterer Sparer ge- lisierung des Preisniveaus leistet, wird zur Zeit ge-
wisse Vergünstigungen vor. So verdoppeln sich z. B. prüft. Herr Kollege von Alten, schon vor Ihrer
bei über 50 Jahre alten Steuerpflichtigen die Son- Fragestellung wurde unsererseits diese Prüfung mit
derausgabenhöchstbeträge für Versicherungs- und großem Interesse eingeleitet.
Bausparbeiträge. Ferner verkürzt sich bei Steuer-
pflichtigen in fortgeschrittenem Lebensalter die für
die Steuerbegünstigung von Versicherungsbeiträ- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

gen maßgebende Mindestvertragsdauer. Eine Zusatzfrage.

Im Sparprämienrecht erhalten über 50 Jahre alte


alleinstehende Personen, z. B. Verwitwete und Le- von Alten Nordheim (CDU/CSU) : Herr Staats-
-

dige, die doppelte Sparprämie. Im Rahmen der Re- sekretär, sind Sie der Meinung, daß die von Ihnen
form der Sparförderung wird auch geprüft werden, angegebene geringfügigere Preissteigerung even-
ob für ältere Sparer besondere Vergünstigungen er- tuell damit zusammenhängen könnte, daß die Ra-
forderlich sind. Der Reform sollte nicht durch Ein- battsätze gekürzt worden sind, so daß de facto trotz-
zelmaßnahmen vorgegriffen werden. dem die von mir angegebene Preissteigerung stim-
men würde?

Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:


Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
-

Keine Zusatzfrage — Danke schön.


Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege von
Die Frage des Herrn Abgeordneten Niegel ist Alten, das nicht, aber auch die Rabatte sind Gegen-
vom Fragesteller zurückgezogen. Herr Staatssekre- stand unserer jetzigen Prüfung.
tär, damit ist Ihr Geschäftsbereich in dieser Frage-
stunde abgeschlossen. Ich danke Ihnen. Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bun- Keine weitere Zusatzfrage zu dieser Frage.
desministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung
Dann rufe ich die Frage 64 des Herrn Abgeord-
der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekre-
neten von Alten-Nordheim auf:
tär Rosenthal zur Verfügung.
Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß das Marktverhalten
Die beiden ersten Fragen, die von Herrn Abge- der deutschen und europäischen Stickstoffindustrie angesichts
der Überproduktion, der gespaltenen Preise und des fehlenden
ordneten Dr. Arndt (Berlin) eingebracht sind, wer- Wettbewerbs mit dem deutschen Kartellrecht und mit dem
Vertrag von Rom in Einklang steht?
den auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beant-
wortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Herr Staatssekretär!
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4761

Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Erpenbeck (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,


Bundesminister für Wirtschaft: Der in Ihrer zweiten was hat die Bundesregierung denn bisher getan, um
Frage angesprochene Komplex wird zur Zeit auch die Bausparkasse zu stützen und die Bausparer vor
von der EG-Kommission geprüft. schwerwiegenden Verlusten zu bewahren, denn es
geht ja nicht nur um das Sparkapital, sondern auch
Ich möchte Ihnen aber noch eine zusätzliche um den Sparbetrag.
Offerte machen. In ein bis zwei Monaten können
wir Ihnen über den nationalen Teil Näheres berich-
ten. Das kann ich für die EG natürlich nicht verspre- Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege, das ist
chen.
bereits Gegenstand Ihrer zweiten Frage, die ich hier
gern mit beantworten will.
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -

Eine Zusatzfrage. Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

Dann rufe ich noch die Frage 66 des Herrn Abgeord-


von Alten Nordheim (CDU/CSU) : Herr Staats-
- neten Erpenbeck auf:
sekretär, ist Ihnen bekannt, daß die deutsche Stick- Wie ist es zu erklären, daß das Bundesaufsichtsamt nicht
rechtzeitig Maßnahmen ergriffen hat, die geeignet waren, die
stoffindustrie 1969/70 rund 42 % ihrer Produktion Illiquidität der Bausparkasse zu verhindern?
zu Preisen exportiert hat, die um die Hälfte und
mehr unter dem Inlandspreis liegen, und halten Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Sie eine derartige Preisspaltung für gerechtfertigt? Bundesminister für Wirtschaft: Zunächst einmal han-
delt es sich, wie ich gesagt habe, um Verzögerungen
Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim in der Darlehenszuteilung. Der Grund dafür ist —
Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege, ich das Bundesaufsichtsamt ist schon 1964 darauf gesto-
kann Ihnen zwar die Höhe der gespaltenen Preise ßen — daß der Anteil der Verträge mit Sofortein-
,

nicht bestätigen, aber gerade diese gespaltenen zahlung der Mindestansparsumme und Tilgungs-
Preise waren einer der Gründe, die uns zu der streckung, die insbesondere die Großbausparver-
Untersuchung veranlaßt haben. träge begünstigen, einen zu großen Umfang ange-
nommen hatte. Indirekt hat die Bundesregierung
folgendes getan: Zunächst wurden die Werbemaß-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
nahmen für diese Verträge eingestellt, und ab 1966
Eine weitere Zusatzfrage.
werden keine Abschlüsse dieser Art seitens der
Vereinigte Bausparkasse AG mehr getätigt.
von Alten Nordheim (CDU/CSU) : Herr Staats-
-

sekretär, ist die Bundesregierung bereit, bei der Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

Kommission der Europäischen Gemeinschaften Maß- Eine Zusatzfrage.


nahmen gegen das europäische Stickstoffkartell an-
zuregen? Erpenbeck (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,
darf ich dieser Antwort entnehmen, daß die Bundes-
Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim regierung der Auffassung ist, daß das Bundesauf-
Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege, diese sichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen
Frage liegt etwas außerhalb des hier zur Debatte seiner Aufsichtspflicht voll genügt hat?
stehenden Fragenkomplexes. Ich bitte Sie, diese
Frage später noch einmal zu stellen. Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Wirtschaft: Das Bundesaufsichts-
amt hat, nachdem die Tatsachen schon seit 1964 be-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
kannt waren, nicht nur diese zwei Maßnahmen
Ich rufe die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Erpen- durchgeführt, sondern zusammen mit dem Bundes-
beck auf: wirtschaftsministerium und dem Bundesaufsichts-
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Vereinigte Bau- amt für das Kreditwesen im Frühsommer dieses Jah-
sparkassen AG in Hannover in Finanzschwierigkeiten geraten
ist und die Spargelder zahlreicher Bausparer ernstlich gefährdet res eine solidarische Stützungsaktion seitens der
sind? privaten und öffentlichen Bausparkassen für die
Herr Staatssekretär! Vereinigte Bausparkasse AG vermittelt; es handelt
sich dabei meines Wissens um eine Zuführung zins-
billiger Mittel zum Zuteilungsstock in Höhe von
Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim 350 Millionen DM oder mehr. Es kann jetzt ange-
Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Erpen- nommen werden, daß die Kleinsparer mit normalen
beck, die Schwierigkeiten bei den Vereinigten Bau- Wartezeiten — ich glaube, es handelt sich dabei um
sparkassen in Hannover sind der Bundesregierung drei Jahre — rechnen können.
seit längerem bekannt. Ich möchte jedoch deutlich
sagen, daß es sich hier keineswegs um eine Gefähr- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-

dung der Sparerguthaben, sondern lediglich um eine Eine weitere Zusatzfrage.


Verlängerung der Wartezeiten handelt.
Erpenbeck (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, bis
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - zu welcher Höhe des Bausparvertrages wird der
Zusatzfrage. Bausparer als Kleinsparer betrachtet?
4762 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Hohen Hauses geschah --- durch Vorsorgemaßnah-
Bundesminister für Wirtschaft: Bis zu einer Höhe men vertritt der Bundesgesundheitsrat dennoch die
von 200 000 DM. Meinung, daß der Numerus clausus in dem Studien-
fach „Allgemeine Medizin" stufenweise abgebaut
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
werden muß. Die Bundesregierung teilt diese Auf-
Keine weiteren Zusatzfragen. Damit sind die Fra- fassung und hat entsprechende Maßnahmen im Rah-
gen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers men des weiteren Ausbaus von Hochschulen vorge-
für Wirtschaft beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr sehen.
Staatssekretär. Nun zum zweiten Komplex, Herr Abgeordneter!
Die Fragen 67 bis 70 der Abgeordneten Dasch, Was die zahnärztliche Versorgung der Bevölkerung
Kiechle und Niegel aus dem Geschäftsbereich des anlangt, so ist die Bundesregierung in Übereinstim-
Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und mung mit den zuständigen Berufsverbänden der An-
Forsten werden auf Wunsch der Fragesteller schrift- sicht, daß diese zur Zeit gesichert ist. Der Wissen-
lich beantwortet. Die Antworten werden als Anla- schaftsrat geht in seinen Empfehlungen davon aus,
gen abgedruckt. daß die Zahl der Einwohner je Zahnarzt 2000 betra-
gen sollte. Diese Zahnarztdichte wird heute noch
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des überschritten. Um eine Versorgung von 1 : 2000 zu
Bundesministers für Jugend, Familie und Gesund- halten, sind jährlich 1520 Abschlüsse in der Zahn-
heit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der medizin und rund 1900 Studienanfänger notwendig.
Herr Staatssekretär Dr. von Manger-Koenig zur Demgegenüber belief sich die Zahl der Studienan-
Verfügung. fänger in den letzten drei Jahren — von 1967 bis
Die Frage 71 wird wunschgemäß schriftlich be- 1969 — auf 927, 813 und 1100. Hier liegt also ein
antwortet. Die Antwort wird als Anlage abge- Defizit.
druckt.
Wir werden in der Bundesrepublik in fünf bis
Ich rufe die Frage 72 des Abgeordneten Härz- sieben Jahren die vom Wissenschaftsrat vorgeschla-
schel auf: gene Zahnarztdichte nicht mehr erreichen. Wir kön-
Wie beurteilt die Bundesregierung die ärztliche und zahn- nen zwar durch Rationalisierung der zahnärztlichen
ärztliche Versorgung der Bevölkerung in der Bundesrepublik
Deutschland, und entspricht die Zahl der Studierenden dem Praxen diese Auswirkungen etwas mindern, insbe-
zukünftigen Bedarf? sondere wenn nach Vorschlägen des Wissenschafts-
Herr Staatssekretär! rats ein zahnärztlicher Hilfsberuf eingeführt würde;
doch besteht kein Zweifel daran, Herr Abgeordne-
ter, daß eine grundlegende Verbesserung der Situa-
) Dr. von Manger Koenig, Staatssekretär im
-
tion nur von einer drastischen Erhöhung der ein-
Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesund-
schlägigen Ausbildungskapazität der Hochschulen
heit: Herr Abgeordneter, mit der Frage der ärzt-
zu erwarten ist. Entsprechende Maßnahmen sind
lichen Versorgung der Bevölkerung in der Bundes-
eingeleitet.
republik, insbesondere auf dem Lande, ist zur Zeit
der Bundesgesundheitsrat befaßt. In seinem Votum,
dessen Tenor von der Bundesregierung geteilt wird, Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

geht er davon aus, daß die ärztliche Versorgung der Eine Zusatzfrage.
Bevölkerung durch Fachärzte hinreichend gesichert
ist. Hinsichtlich der Versorgung durch praktische Härzschel (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, ist
Ärzte besagt das Votum folgendes: Ihnen bekannt, daß nach einer Untersuchung der
Kassenärztlichen Vereinigung in Baden-Württem-
Ein genereller Mangel an praktischen Ärzten
berg festgestellt wurde, daß 70 % aller praktischen
besteht in der Bundesrepublik gegenwärtig noch
Ärzte über 50 Jahre alt sind? Sind Sie nicht der
nicht, jedoch zeichnen sich auf dem Lande und
Meinung, daß deshalb in absehbarer Zeit mit einem
in den Randgebieten größerer Gemeinden zu-
erheblichen Defizit bei den praktischen Ärzten zu
nehmend Schwierigkeiten ab, freiwerdende All-
rechnen ist? Diese Vereinigung stellt weiterhin fest,
gemeinpraxen wieder zu besetzen bzw. solche
daß jetzt schon ein Fehlbestand von 15 bis 20 %
neu zu errichten.
zu verzeichnen ist, was sich auch in den Patienten-
Zu den Fragen der Zahl, der Struktur und des zahlen niederschlägt, die auf den einzelnen Arzt
Nachwuchsbedarfs der Ärzte ist im Auftrag des Bun- entfallen.
desministers für Jugend, Familie und Gesundheit
eine „Ärzteanalyse" erarbeitet worden. In dieser
Dr. von Manger Koenig, Staatssekretär im
-
Analyse wird unter der Annahme, daß bei einem
Bundesministerium für Jugend, Familie und Ge-
Verhältnis von 630 Einwohnern je Arzt die ärztliche
sundheit: Ich wies eben darauf hin, Herr Abgeord-
Versorgung der Bevölkerung sichergestellt ist, die
neter, daß sich, was die Versorgung durch prak-
erforderliche Zahl von deutschen Studienanfängern
tische Ärzte oder, wie wir es heute nennen, Ärzte
in der Medizin auf 4550 jährlich berechnet. Nach den
für Allgemeinmedizin angeht, in der Tat ein zu-
Angaben der Zentralen Registrierstelle in Hamburg
nehmender Mangel, insbesondere auf dem flachen
wurde ,diese Zahl bisher erreicht.
Land, bemerkbar macht, so daß gezielte Maßnah-
Im Hinblick auf den fortschreitenden Ausbau der men, und zwar a) über die Ausbildung, b) über be-
ärztlichen Versorgung — wie das gerade in diesen sondere Praxisförderung und c) auch über die Ge-
Tagen durch gesetzgeberische Maßnahmen dieses bührenordnung notwendig sind.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4763

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Arbeit und Sozialordnung wiederholt, zuletzt in


Eine weitere Zusatzfrage. einer schriftlichen Antwort auf eine Mündliche
Frage am 14. August 1970, Stellung genommen. Die
Härzschel (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, Sie von den Kassenärztlichen Vereinigungen in den
haben vorhin die Vorsorgeuntersuchungen ange- einzelnen Ländern bereits ergriffenen und noch ge-
sprochen, die wir alle zusätzlich wünschen. Sind planten Maßnahmen, z. B. die Gewährung von Min-
Sie nicht der Meinung, daß auch von daher ein zu- desteinkommensgarantien als Anreiz zur Bewer-
sätzlicher Bedarf an Ärzten besteht, und wären Sie bung um vakante Kassenarztstellen, sind ein an-
bereit, zu überprüfen, ob die Bedarfszahlen ange- erkennenswerter Schritt.
sichts dieser neuen Situation noch richtig sind? Im Rahmen der Finanzierungshilfen für freie Be-
rufe wurden vom Bundesminister für Arbeit und
Dr. von Manger Koenig, Staatssekretär im
- Sozialordnung fernerhin die Richtlinien für Zu-
Bundesministerium für Jugend, Familie und Ge- schüsse aus Bundesmitteln zur Zinsverbilligung von
sundheit: Ich habe eben darauf hingewiesen, daß Darlehen für die Gründung oder die Festigung
gerade durch die Einführung von Vorsorgemaß- freiberuflicher Existenzen geändert, um die Grün-
nahmen das Problem des Numerus clausus beson- dung von Praxen, an deren Leistungen ein dring-
ders prekär wird, so daß alles getan werden muß, licher Bedarf besteht, bevorzugt zu fördern. Ebenso
um die Ausbildungskapazität der Hochschulen inso- hat auch der Bundesminister für Wirtschaft die
weit noch zu erweitern. Richtlinien für Bürgschaften für Kredite von Kredit-
instituten an Angehörige freier Berufe — und da-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
mit auch an Ärzte — neu gefaßt.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Die vom Bundesminister für Arbeit und Sozial-
Tamble. ordnung eingesetzte Sachverständigenkommission
zur Weiterentwicklung der sozialen Kranken-
Dr. Tamblé (SPD) : Herr Staatssekretär, da der versicherung hat einen eigenen Ausschuß für Fragen
Bundesregierung die Schwierigkeiten bekannt sind, der ärztlichen Versorgung gebildet. Sobald das Er-
die sich auf dem Gebiet der zahnärztlichen Versor- gebnis seiner Beratungen vorliegt, wird zu prüfen
gung in der Zukunft ergeben werden, darf ich die sein, Herr Abgeordneter, welche Folgerungen dar-
Frage stellen, ob die Bundesregierung Versuche mit aus zu ziehen sind.
Trinkwasserfluoridierung als einer prophylaktischen Schließlich darf ich darauf hinweisen, daß auch
Maßnahme in Zukunft stärker unterstützen wird, die für das Gesundheitswesen zuständigen Minister
als es in der Vergangenheit der Fall war. und Senatoren der Länder alle Möglichkeiten nutzen
wollen, die geeignet sind, eine ausreichende Ver-
Dr. von Manger Koenig, Staatssekretär im
-
sorgung der Bevölkerung mit praktischen Ärzten
Bundesministerium für Jugend, Familie und Ge- insbesondere auf dem Lande zu sichern. Sollten
sundheit: Herr Abgeordneter, die Fragen der zahn- diese Bemühungen keine Erfolge erzielen, muß nach
ärztlichen Versorgung und der Trinkwasserfluori- Ansicht der Gesundheitsminister der Länder ge-
dierung stehen zwar in einem gewissen, aber doch prüft werden, wie die ärztliche Versorgung der
sehr weiten Zusammenhang. Ich darf dazu sagen, Bevölkerung durch weitere gesetzliche Maßnahmen
daß der verantwortliche Minister der Bundesregie- sichergestellt werden kann.
rung wiederholt erklärt hat, daß er — auch ent-
sprechend den Empfehlungen der Weltgesundheits- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

organisation und anderer internationaler Fachorga- Eine Zusatzfrage.


nisationen — bereit ist, kontrollierte Versuchsan-
wendungen auch in der Bundesrepublik zu geneh-
migen. Ich verhehle aber nicht, daß hier gewisse Härzschel (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, Sie
lebensmittelrechtliche Vorbehalte anzumelden sind, wissen sicher, daß auf dem Lande das Defizit
die ausgeräumt werden müssen. an praktischen Ärzten noch viel größer ist als in
den Städten; Sie haben es vorhin angesprochen.
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-
Denkt die Bundesregireung daran, unter Umständen
ein gewisses Pflichtjahr für die praktischen Ärzte
Ich rufe die Frage 74 des Abgeordneten Härzschel
auf: zur Voraussetzung einer städtischen Niederlassung
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Lücken in zu machen?
der ärztlichen Versorgung im ländlichen Bereich zu schließen?

Herr Staatssekretär, bitte! Dr. von Manger Koenig, Staatssekretär im


-

Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesund-


Dr. von Manger Koenig, Staatssekretär im
- heit: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß
Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesund- die Kassenärztlichen Vereinigungen die geeigneten
heit: Da fast 90 % der Bevölkerung der Bundes- Schritte eingeleitet haben. Wir sind nicht der Mei-
republik sozialversichert sind, stellt sich das Pro- nung, daß ein Pflichtjahr — dafür kämen die frisch
blem der ärztlichen Versorgung in erster Linie als approbierten Ärzte in Frage — ein geeigneter Weg
ein Problem der kassenärztlichen Versorgung der wäre. Wir würden dann die ärztliche Versorgung
Bevölkerung dar. Hierzu hat der Parlamentarische auf dem Lande, also gerade dort, wo eigene ärzt-
Staatssekretär Rohde beim Bundesminister für liche Verantwortung besonders erforderlich ist, auf
4764 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

Staatssekretär Dr. von Manger-Koenig


jüngere Ärzte abstellen. Ich halte das nicht für gesetz, wie Sie wissen, Frau Abgeordnete, auch
einen geeigneten Weg. eine Frage der mittelfristigen Finanzplanung. Wir
sind jedoch bemüht, so bald wie möglich den Kreis
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
der zu Fördernden zu erweitern.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe dann die
Frage 73 der Abgeordneten Frau Dr. Orth auf: Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

Ist der Bundesregierung bekannt, daß in Schleswig-Holstein Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Walk-
eine Anzahl von Schülern, nämlich die, die nach erfolgreichem
Besuch der Mittelschule in die Selekta eines Gymnasiums über-
hoff.
wechseln, nicht in den Genuß der Beihilfe durch das Ausbil-
dungsförderungsgesetz kommt, weil sie sich an der neuen
Schule noch im zehnten Schuljahr befinden, aber tatsächlich Walkhoff (SPD) : Herr Staatssekretär, kann ich
schon im elften Schuljahr sind, und wie gedenkt die Bundes-
regierung die Benachteiligung derjenigen zu beseitigen, die doch Ihre positive Absichtserklärung auch auf die Schü-
am ehesten in den Genuß dieser Beihilfe kommen müßten, weil
sie den zweiten Bildungsweg eingeschlagen haben?
ler der 10. Klasse der Fachoberschule, die es nur
in Nordrhein-Westfalen gibt, beziehen? Auch diese
Herr Staatssekretär, bitte! Fachoberschüler sind Leute des zweiten Bildungs-
wegs und haben meist eine abgeschlossene Lehre
Dr. von Manger Koenig, Staatssekretär im
- hinter sich.
Bundesministerium für Jugend, Familie und Ge-
sundheit: Frau Abgeordnete, nach § 43 Abs. 1 Nr. 1
Dr. von Manger Koenig, Staatssekretär im
ist das Ausbildungsförderungsgesetz unter anderem
-

Bundesministerium für Jugend, Familie und Ge-


nur insoweit in Kraft getreten, als es die Leistung
sundheit: Das entspricht dem bildungspolitischen
von Ausbildungsförderung für Schüler von weiter-
Konzept. Für diese Frage gilt daher das gleiche, was
führenden allgemeinbildenden Schulen ab Klasse 11
ich eben für die Erweiterung des Kreises der För-
vorsieht. Dabei kommt es nicht auf die Zahl der
derungsberechtigten bei den allgemeinbildenden
zurückgelegten Schuljahre an, sondern ausschließ-
Schulen gesagt habe.
lich darauf, welche Schule und welche Klasse der
Auszubildende besucht. Realschulabsolventen, die
nach Landesrecht die Klasse 10 eines Gymnasiums Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-

besuchen müssen, um den Anschluß an die Ober- Meine Damen und Herren, die Fragen 75 und 76
stufe des Gymnasiums zu gewinnen, erhalten des- des Abgeordneten Burger und die Frage 77 und 78
halb nach dem geltenden Recht noch keine Aus- der Abgeordneten Frau Lauterbach und Herrn Mei-
bildungsförderung. ster werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich
Die Bundesregierung beabsichtigt, die Schüler beantwortet. Die Antworten werden als Anlage
der 10. Schulklasse zu einem späteren Zeitpunkt in abgedruckt.
die Förderung einzubeziehen. Damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich
beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Die Fragen der Abgeordneten Seefeld, Faller, Dr.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin. Schneider (Nürnberg), Spillecke, Orgaß und Dr.
Schäfer (Tübingen) aus den Geschäftsbereichen des
Frau Dr. Orth (SPD) : Herr Staatssekretär, ist Bundesministers für Verkehr und für das Post- und
Ihnen bekannt, daß sich diese Selekten, die ich in Fernmeldewesen werden im Einvernehmen mit den
meiner Frage erwähnt habe, ausschließlich aus Fragestellern schriftlich beantwortet. Die Antworten
Schülern zusammensetzen, die den Realschulbesuch werden als Anlage abgedruckt.
erfolgreich abgeschlossen haben, und daß gerade Gleiches gilt für die Fragen der Abgeordneten
diese Schüler schon eine zusätzliche Belastung auf Dasch und Dr. Giulini aus dem Geschäftsbereich des
sich nehmen, indem sie ein Jahr länger die Schule Bundesministers für Städtebau und Wohnungs-
besuchen? Sollte nicht hier von seiten der Bundes- wesen.
regierung eine stärkere Förderung einsetzen?
Meine Damen und Herren, damit stehen wir am
Ende der Fragestunde.
Dr. von Manger Koenig, Staatssekretär im
-

Bundesministerium für Familie, Jugend und Ge- Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
sundheit: Der Bundesregierung ist die besondere destages für Mittwoch, den 16. Dezember 1970,
Problematik gerade dieser Gruppe von Schülern 9 Uhr, ein.
bekannt. Sie ist auch der Auffassung, daß hier eine
besondere Förderungswürdigkeit besteht. Indes ist Die Sitzung ist geschlossen.
die Frage der Ausdehnung des Kreises der Förde-
rungsberechtigten nach dem Ausbildungsförderungs- (Schluß der Sitzung: 9.46 Uhr.)
Deutscher Bundestag - 6. Wahlperiode - 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4765

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich

Liste der beurlaubten Abgeordneten Rasner 18. 12.


Ravens 11. 12.
Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Richarts * 11. 12.
Richter ** 11. 12.
Dr. Aigner * 11. 12. Dr. Rinderspacher *** 11. 12.
Dr. Arndt (Berlin) 11. 12. Dr. Ritz 11. 12.
Dr. Arnold 11. 12. Roser 11. 12.
Dr. Bach 11. 12. Russe ** 11. 12.
Baeuchle 11. 12. Dr. Rutschke ** 11. 12.
Barche 15. 1. 1971 Dr. Schachtschabel 11. 12.
Dr. Barzel 11. 12. Dr. Schellenberg 11. 12.
Bauer (Würzburg) ** 11. 12. Schirmer 16. 12.
Becker (Mönchengladbach) 11. 12. Dr. Schmid (Frankfurt) 11. 12.
Berberich 11. 12. Schmidt (München) 11. 12.
Bittelmann 11. 12. Schmitt (Lockweiler) 11. 12.
Blumenfeld ** 11. 12. Schmitz (Berlin) 11. 12.
Börner 11. 12. Schröder (Wilhelminenhof) 11. 12.
Bremer 11. 12. Dr. Schulz (Berlin) ** 11. 12.
Corterier 11. 12. Schwabe * 11. 12.
Dasch 18. 12. Seefeld 11. 12.
Frau Dr. Diemer-Nicolaus 11. 12. Steiner 18. 12.
Dr. Dittrich * 11. 12. Dr. Stoltenberg 11. 12.
Eckerland 18. 12. Strauß 11. 12.
Ehnes 11. 12. Frau Dr. Walz ** 11. 12.
Dr. Evers 11. 12. von Wrangel 11. 12.
Dr. Eyrich 11. 12. Dr. Wulff 11. 12.
Faller * 11. 12. Ziegler 11. 12.
Dr. Franz 11. 12. Dr. Zimmermann 11. 12.
Gallus 11.12.
Dr. Giulini 11. 12.
Dr. Götz 31. 12.
Dr. Hallstein 11. 12.
Anlage 2
von Hassel 11. 12.
Dr. Heck 11. 12.
Dr. Hein 31. 12. Schriftliche Antwort
Heyen 31. 12.
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom
Horten 11. 12.
10. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage des
Dr. Jaeger 31. 12.
Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache
Dr. Jahn (Braunschweig) * 11. 12.
VI/ 1525 Frage A 54) :
Dr. Jungmann 31. 1. 1971
Wann ist mit einem Ergebnis der Beratungen der Bundes-
Dr. Kempfler 11. 12. regierung über Maßnahmen zugunsten der vertriebenen und
Dr. Kiesinger 11. 12. geflüchteten Müller („Ostmüller") zu rechnen?

Frau Klee *** 11. 12. Die Frage über Maßnahmen zugunsten der ver-
Dr. Kliesing (Honnef) ** 11. 12. triebenen und geflüchteten Müller kann erst im
Klinker * 11. 12. Rahmen eines abschließenden Mühlensanierungs-
Dr. Kreile 11. 12. programms geregelt werden. Die Beratungen über
Lautenschlager * 11. 12. das Sanierungsprogramm konnten jedoch bisher
Lemp 11. 12. innerhalb der beteiligten Ressorts, insbesondere des
Dr. Luda 11. 12. Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft
Dr. Mikat 11. 12. und Forsten und des Bundesministeriums für Wirt-
Müller (Aachen-Land) * 11. 12. schaft noch nicht abgeschlossen werden.
Ott 11. 12.
Das Abschlußergebnis dürfte spätestens bis Ende
Pieroth 11. 12.
März 1971 vorliegen.
Dr. Pohle 11. 12.
Porzner 11. 12.

* Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Euro- Anlage 3


päischen Parlaments
** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Ver- Schriftliche Antwort
sammlung des Europarates
*** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Ver- des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl
sammlung der Westeuropäischen Union vom 9. Dezember 1970 auf die Mündlichen Fragen
4766 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

Ist die Bundesregierung bereit, dem Parlament bzw. den zu-


des Abgeordneten Schwabe (SPD) (Drucksache ständigen Ausschüssen ein Verzeichnis aller im Sinne des
VI/1525 Fragen A 55 und 56) : Steuerrechts als förderungswürdig anerkannten Verbände und
Vereine vorzulegen?
Gibt es auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene Steuer-
arten, deren Ertrag so minimal ist, daß er weitgehend von den Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, ein
amtlichen Bearbeitungskosten aufgebraucht wird?
Verzeichnis aller im Sinne des Steuerrechts als för-
Falls die vorstehende Frage verneint wird: Bei welchen Steu-
ern oder steuerähnlichen Abgaben ist der der öffentlichen Hand derungswürdig anerkannten Verbände und Ver-
verbleibende Ertrag nach Abzug aller Unkosten besonders ge-
ring?
eine vorzulegen. Sie kann dies lediglich hinsichtlich
derjenigen Organisationen, an deren Anerkennung
Entgegen einer weitverbreiteten Auffassung sind sie durch Erstellung von Rechtsverordnungen oder
die Verwaltungskosten bei diesen Steuern, soweit Verwaltungsanordnungen selbst beteiligt gewesen
sie dem Bund zufließen, sehr niedrig. Sie betragen ist. Diese Organisationen sind aber schon in den
z. B. bei den kleineren dem Bund zufließenden Ver- Abschnitten 111 Abs. 2 und 112 Abs. 1 der Ein-
brauchsteuern (mit einem Aufkommen von we- kommensteuerrichtlinien — die im Bundesanzeiger
niger als 100 Mio DM jährlich) nach der Haushalts- Nr. 105 vom 12. Juni 1970 bekanntgemacht worden
rechnung 1966 bei der sind — namentlich aufgeführt, so daß sich die Vor-
Salzsteuer 2,76 v. H. lage eines besonderen Verzeichnisses insoweit
Essigsäuresteuer 6,71 v. H. erübrigt.
Zündwarensteuer 0,34 v. H. Welche Körperschaften, Personenvereinigungen
Leuchtmittelsteuer 0,68 v. H. und Vermögensmassen darüber hinaus steuerlich
gefördert werden, weil sie mildtätigen, kirchlichen,
Spielkartensteuer 0,31 v. H.
religiösen, wissenschaftlichen und den als beson-
des Aufkommens. ders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen
Zwecken dienen, ist der Bundesregierung im ein-
Bei den Landes- und Gemeindesteuern liegen mir zelnen nicht bekannt. Die Prüfung der Frage, ob
keine Unterlagen über das Verhältnis zwischen eine Organisation die erforderlichen Vorausset-
Aufkommen und Verwaltungskosten vor. Es be- zungen erfüllt, obliegt den Landesfinanzbehörden;
steht jedoch kein Grund zu der Annahme, daß hier sie wird von dem jeweils örtlich zuständigen Finanz-
die Verhältnisse grundlegend anders als bei den amt durchgeführt. Die Bundesregierung bestimmt
Bundessteuern liegen. lediglich durch Verwaltungsanordnung mit Zustim-
Es gibt also beim Bund und bei den Ländern mung des Bundesrates diejenigen gemeinnützigen
keine Steuern oder steuerähnliche Abgaben, bei Zwecke, die als besonders förderungswürdig anzu-
denen der der öffentlichen Hand verbleibende Ertrag sehen sind. Diese Zwecke sind in der Anlage 7 zu
) nach Abzug aller Unkosten besonders gering ist. den EStR aufgezählt.
Inwieweit dies bei den kleinen Gemeindesteuern
zutrifft, kann mangels Unterlagen nicht festgestellt
werden.
Das Problem der sog. Bagatellsteuern wird im Anlage 5
Rahmen der Steuerreform eingehend untersucht. Ich
darf hierzu auf den Bericht der Bundesregierung Schriftliche Antwort
an den Deutschen Bundestag zur Steuerreform vom
16. September 1970 verweisen. Dort ist ausgeführt, des Parlamentarischen Staatsekretärs Rosenthal
daß sich die Untersuchungen bei den kleineren Ver- vom 10. Dezember 1970 auf die Mündlichen Fragen
kehrsteuern darauf erstrecken, ob diese aufgehoben des Abgeordneten Dr. Arndt (Berlin) (SPD) (Druck-
werden sollen und ob gegebenenfalls die von ihnen sache VI/ 1525 Fragen A 60 und 61) :
erfaßten Tatbestände mit der Umsatzsteuer belegt Ist die Bundesregierung bereit — um einen freien Welthandel
offensiv zu sichern, um die amerikanische Wirtschaftspolitik zu
werden sollen. Die Verbrauchsteuergesetze sollen entlasten, um Mißtrauen in die Handels- und in die Erweite-
rungspolitik der EWG zu entkräften, um die Stabilitätsziele des
mit dem Ziel überprüft werden, die Systeme zu mo- 3. Programms für die mittelfristige Wirtschaftspolitik der EWG
dernisieren und zu vereinheitlichen und kleinere zu verwirklichen —, den Mitgliedstaaten und/oder der Kom-
mission der Europäischen Gemeinschaften vorzuschlagen, unver-
Verbrauchsteuern aufzuheben. züglich wichtige Außenzölle der EWG autonom, also zusätz-
lich und unabhängig von bisherigen und künftigen mehrseitigen
Die Untersuchungen, bei denen auch die Entwick- Vereinbarungen, zu senken und auf jedwede weitere Erschwe-
rung der Agrarimporte aus Drittländern, darunter auch den
lung der Harmonisierung innerhalb der Europä- USA, definitiv und endgültig zu verzichten?
ischen Wirtschaftsgemeinschaft zu berücksichtigen Ist die Bundesregierung bereit, den Mitgliedstaaten und/oder
ist, sind noch nicht abgeschlossen. der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vorzuschlagen,
unverzüglich Verfahren zur gemeinsamen Veränderung der Dol-
larparität wichtiger europäischer Währungen zu vereinbaren?

Der Beantwortung der beiden Fragen möchte ich


folgendes vorausschicken:

Anlage 4 Die Bundesregierung verfolgt seit geraumer Zeit


mit größter Aufmerksamkeit, aber auch mit Sorge
Schriftliche Antwort den Verlauf der Diskussion über den Trade Act 1970
in den USA. Sie ist sich der großen Gefahren be-
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl wußt, die bei einer Verabschiedung der protektioni-
vom 10. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage stischen Bestimmungen der sog. Mills-Bill für den
des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache VI/1525 Welthandel und für die Volkswirtschaften der an
Frage A 57): diesem Handel beteiligten Länder und damit auch
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4767

der Bundesrepublik drohen. Sie hat daher bereits zwingen, sind hier keine raschen Lösungen zu er-
im Juli d. J. in einer Erklärung des Bundeswirt- warten. Gleichwohl wird die Bundesregierung im
schaftsministers darauf hingewiesen, daß eine Lö- Bereich des Agraraußenhandels der EG auch künftig
sung der vor allem in den USA bestehenden han- alle Möglichkeiten ausschöpfen.
delspolitischen Probleme nicht mit Hilfe von restrik-
tiv angelegten Maßnahmen, sondern nur durch eine Zu Frage 61:
Verstärkung der Liberalität des internationalen Hinsichtlich der Frage einer Initiative der Bundes-
Handels gefunden werden sollte. Die Bundesregie- regierung für ein gemeinschaftliches Verfahren über
rung war und ist mit dem Fragesteller der Auf- Paritätsänderungen möchte ich darauf hinweisen,
fassung, daß der freie Welthandel offensiv ge- daß sich die Bundesregierung im Internationalen
sichert werden muß. Nur so lassen sich Stabilität Währungsfonds (IWF) und in der Zehnergruppe für
und Wachstum auf die Dauer erhalten. eine Auflockerung des Wechselkurssystems ein-
Die Bundesregierung hat deshalb in den EG setzt. Der Bundeswirtschaftsminister hat auf der
wiederholt angeregt, daß die Gemeinschaft auf die Jahresversammlung des IWF in Kopenhagen im
protektionistischen Bestrebungen in den USA mit September d. J. diese Haltung nachdrücklich dar-
liberal und expansiv ausgerichteten handelspoliti- gelegt. Eine größere Elastizität des Wechselkurs-
schen Maßnahmen reagieren sollte. Auf deutsche systems würde den Prozeß des Zahlungsbilanz-
Initiative hat der Ministerrat am 27. Oktober 1970 ausgleichs fördern, der in den letzten .Jahren durch
in einer Gemeinschaftsdemarche den USA Lösungen eine übermäßig starre Haltung einiger Regierungen
im konstruktiven Geiste für handelspolitisch wich- gegenüber Wechselkursänderungen behindert war.
tige Bereiche angeboten. Gleichzeitig hat der Ferner könnte die nationale Wirtschaftspolitik bes-
Ministerrat der Kommission den Auftrag erteilt, ser gegen störende Einflüsse aus dem Ausland ab-
konkrete Vorschläge auszuarbeiten. Diese Vor- geschirmt werden. Verschiedene Länder, darunter
schläge, denen wir mit großem Interesse entgegen- auch einige EG-Länder, stehen jedoch diesen Be-
sehen, stehen noch aus. strebungen zögernd gegenüber.
Nach dieser Vorbemerkung, die zeigt, daß die Die Bundesregierung wird sich weiterhin dafür
Bundesregierung hinsichtlich der Zielvorstellungen einsetzen, daß die EG-Länder in der Wechselkurs-
mit dem Fragesteller übereinstimmt, möchte ich die frage bald zu einem gemeinsamen Standpunkt fin-
beiden Fragen wie folgt beantworten: den. Endziel muß sein, im Gemeinsamen Markt eine
zunehmende Stabilität der Wechselkurse und im
Zu Frage 60: Verhältnis zu Drittländern eine gewisse gemeinsame
Was zunächst die Frage einer Initiative der Elastizität der Wechselkurse zu erreichen. Auf diese
Bundesregierung in den EG für autonome Zoll- Weise kann die Gemeinschaft dann auch zur Er-
senkungen betrifft, so möchte ich daran erinnern, haltung realistischer Paritäten im internationalen
daß die Regierung auf diesem zollpolitischen Gebiet Währungssystem beitragen.
schon vor einigen Jahren aktiv gewesen ist. Bundes- Im übrigen haben die Mitgliedstaaten der EG
wirtschaftsminister Schiller hat Anfang 1968 in den bereits am 8. Mai 1964 beschlossen, daß vor jeder
EG eine Initiative für eine asymmetrische Beschleu- Änderung der Wechselkursparität der Währung
nigung der in der Kennedy-Runde vereinbarten eines oder mehrerer Mitgliedstaaten Konsultationen
Zollsenkungen zugunsten der USA ergriffen. Dieses zwischen ihnen stattfinden. Im Rahmen dieses Ver-
Angebot kam damals nur deshalb nicht zum Tragen, fahrens könnte ggf. auch eine gemeinsame Verände-
weil die Erwartungen der EG über liberale Maß- rung der Paritäten beschlossen werden.
nahmen der USA nicht erfüllt werden konnten.
Dieses Ergebnis hat die Bundesregierung jedoch
nicht entmutigt. Sie ist vielmehr entschlossen, auf
diesem handelspolitischen Weg weiterzugehen. Die
Bundesregierung wird daher alle Möglichkeiten für Anlage 6
eine neue deutsche Initiative mit dem Ziel von
Zollsenkungen prüfen, wenngleich sie sich der da- Schriftliche Antwort
bei in den EG zu erwartenden Schwierigkeiten be-
des Parlamentarischen Staatssekretärs Rosenthal
wußt ist. Autonome Senkungen von Zollsätzen kön-
vom 11. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage
nen, darauf muß ich aufmerksam machen, von der
des Abgeordneten Baier (CDU/CSU) (Drucksache
Gemeinschaft nur aufgrund eines einstimmig ge-
VI/ 1525 Frage A 62) :
faßten Ratsbeschlusses vorgenommen werden.
Sieht die Bundesregierung in der Aufforderung eines Werbe-
Bezüglich der Frage, ob die Bundesregierung in prospekts für den Erwerb von Grundbesitz im Tessin, der im
TEE „Rheingold" zur Verteilung gelangt und in welchem es
den EG eine Initiative gegen weitere Erschwerun- heißt: „Bringen Sie Ihr Geld in Sicherheit . . . Schützen Sie
Ihr Kapital vor weiterer Entwertung", eine zeit- und sachge-
gen der Agrarimporte ergreifen kann, möchte ich mäße Information?
darauf hinweisen, daß sich die Bundesregierung
bisher für liberale Handelsregelungen auf dem Die Antwort auf Ihre Frage 62 ist ein eindeutiges
Agrarsektor eingesetzt hat. Das wird sie auch in Nein. Das Geschäft mit der Angst ist nie ein schönes
Zukunft tun. Da die handelspolitischen Zielsetzun- Geschäft.
gen mit der Agrarpolitik in der Gemeinschaft in Im übrigen zeigt gerade die letzte Schweizer Ent-
Einklang zu bringen sind und da unterschiedliche wicklung des Lebenshaltungskostenindexes mit
Standpunkte der Mitgliedstaaten zu Kompromissen einem Anstieg von 5,3 % im November 1970 gegen-
4768 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

über Vorjahr, daß auch die Schweiz im Kampf um wirte Vorrang vor der freiwilligen Versicherung bei
die Stabilität jetzt schlechter liegt als die Bundes- einem anderen Träger der gesetzlichen Kranken-
republik. Obwohl die Deutsche Eisenbahn - Reklame versicherung haben.
GmbH aufgrund vertraglicher Abmachung ihre Wer-
bung in eigener Verantwortung betreibt und die
Einrichtung einer „Bundes-Zentrale für die Zensur
von Werbetexten" sicher doch auch nicht in ihrem
Sinne läge, ist diese Werbung nach Absprache ein- Anlage 9
gestellt worden.
Schriftliche Antwort

des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann


vom 11. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage
des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache
Anlage 7
VI/1525 Frage A 69) :
Schriftliche Antwort Welche auf demokratische und geheime Wahlen bezogene
Basis gibt der AGV das Recht, generell für alle Verbraucher zu
sprechen, und welche finanziellen Mittel stehen der AGV neben
des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann den staatlichen Subventionen aus eigenen Mitgliedsbeiträgen
zur Verfügung?
vom 11. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage des
Abgeordneten Dasch (CDU/CSU) (Druchsache VI/1525 Mir ist nicht bekannt, daß die AGV behauptet hat,
FrageA67): für alle Verbraucher zu sprechen. Wie dem Hohen
Erwägt die Bundesregierung, auf Grund der gestiegenen Bau-
Haus schon in verschiedenen Fragestunden mitge-
kosten die Gesamtfinanzierung landwirtschaftlicher Aussied- teilt wurde, ist die AGV eine im Jahre 1953 ge-
lungsbetriebe durch zusätzliche Mittel zu verbessern?
gründete Institution in der Rechtsform eines ein-
In dem Einzelbetrieblichen Förderungs- und so- getragenen Vereins. Ihm gehören insgesamt 18 Mit-
zialen Ergänzungsprogramm für die Land- und gliedsverbände an, die sich laut Satzung auch mit
Forstwirtschaft ist für die Aussiedlungsbetriebe fol- Verbraucherfragen befassen. Die Mitgliederver-
gende Finanzierung vorgesehen: sammlung, in der sämtliche Mitgliedsverbände
20 000,— DM Eigenbeteiligung stimmberechtigt vertreten sind, wählt jeweils für
60 000,— DM Altstellenbeihilfe - die Dauer von zwei Jahren einen Vorstand, der die
Ausführung der Beschlüsse der Mitgliederversamm-
120 000,— DM öffentliche Darlehen lung überwacht. Den in der AGV zusammen-
160 000,— DM zinsverbilligte Kapitalmarktmittel geschlossenen Verbänden gehören insgesamt etwa
40 000,— DM Erschließungsbeihilfe 7 Millionen Mitglieder an.
Die Bundesländer können auf Grund regionaler Der Bundesregierung ist nicht bekannt, welche
Besonderheiten zusätzlich öffentliche Darlehen ge- finanziellen Mittel der AGV aus eigenen Mitglieds
währen. Die vorgesehene Gesamtfinanzierung stellt beitragen zufließen.
gegenüber der bisherigen Regelung eine wesent-
liche Verbesserung dar. Eine darüber hinausge-
hende Verbesserung ist bisher nicht vorgesehen.

Anlage 10

Schriftliche Antwort
Anlage 8
, des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann
Schriftliche Antwort vom 11. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage
des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache
des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann VI/1525 Frage A 70):
vom 11. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um den
des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache eingetretenen und sich weiter fortsetzenden Preisverfall auf
den Schlachtschweinemärkten aufzuhalten?
VI/1525 Frage A 68) :
Bedeutet die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Die Bundesregierung wird für die Auffüllung der
des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und For- Bundesreserve in den nächsten Monaten größere
sten vom 3. Dezember 1970 in der Fragestunde des Deutschen
Bundestages auf die Frage 60 — Drucksache VI/1480 —, daß in Mengen Schweinefleisch aus dem deutschen Markt
der AOK oder Landkrankenkasse freiwillig versicherte land-
wirtschaftliche Unternehmer bei der Errichtung einer berufs-
nehmen.
ständischen Pflichtversicherungseinrichtung dort ausscheiden und
in diese eintreten müssen? Auf Betreiben der Bundesregierung sind die Ex-
porterstattungen für Schweine und Schweinehälften
Die Bundesregierung hat über die Trägerschaft
mit Wirkung vom 16. November 1970 deutlich ange-
der künftigen Krankenversicherung für Landwirte
hoben worden. Die Kommission hat auch zugesagt,
noch nicht entschieden. Falls die bestehenden Träger
daß diese Erstattungen bis Ende Juni 1971 nicht
der gesetzlichen Krankenversicherung mit der
ermäßigt werden. Abgesehen hiervon sind Bemü-
Durchführung betraut werden, wird sich lediglich
hungen im Gange, den Ferkelexport zu steigern.
das Versicherungsverhältnis dieser Landwirte än-
dern. Bei berufsständischer Organisation der Kran- Diese Maßnahmen werden unterstützt durch eine
kenversicherung für Landwirte wird die Pflicht- großangelegte Werbeaktion der CMA zur Steige-
mitgliedschaft in der Krankenversicherung für Land- rung des Schweinefleischverbrauchs.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4769

Die Bundesregierung ist sich im klaren darüber, und erforderlich sind. In erster Linie werden dafür
daß diese Maßnahmen nicht ausreichen werden, um verderbliche Lebensmittel pflanzlicher Herkunft in
weitere Preiseinbrüche ganz zu vermeiden. Sie hat Betracht kommen, da bei fast allen von Tieren
daher die deutsche Landwirtschaft aufgefordert, stammenden Lebensmitteln bereits Zeitangaben vor-
die Schweine geringer auszumästen als es sonst ge- geschrieben sind.
schieht. Die Bundesregierung sieht in einer gerin-
geren Ausmästung den wirkungsvollsten Beitrag
für die Bewältigung der Probleme auf dem
Schweinemarkt.
Sollte die Gesamtheit der angesprochenen Maß- Anlage 12
nahmen nicht auslangen und sollten deshalb die
Preise weiter sinken, werden EWG-einheitliche Schriftliche Antwort
Interventionsmaßnahmen ergriffen werden. Die Mit-
gliedstaaten sind bereits jetzt übereingekommen, des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom
eine EWG-Intervention durch Beihilfen für die pri- 10. Dezember 1970 auf die Mündlichen Fragen des
vate Lagerhaltung von Bauchspeck, Rückenspeck und Abgeordneten Burger (CDU/CSU) (Drucksache
Kotelettsträngen zu ergänzen. VI/1525 Fragen A 75 und 76) :
Wie beurteilt die Bundesregierung den rapiden Rückgang des
Geburtenüberschusses von 53 000 im dritten Vierteljahr 1969 auf
32 000 im gleichen Zeitraum dieses Jahres?
Fühlt sich die Bundesregierung gedrängt, angemessene Kin-
dergeldleistungen auch unter dem Aspekt einer vernünftigen
Bevölkerungspolitik zu sehen, wenngleich der Rückgang des
Anlage 11 Geburtenüberschusses zwar einige Gegenwartsprobleme wie
Kindergartenplätze, Schulbauten, Kindergeldleistungen und an-
deres finanziell etwas entspannt, für die fernere Zukunft jedoch
Schriftliche Antwort wegen der sich verschlechternden Erwerbsquoten und der stei-
genden Verpflichtungen für Renten und Pensionen die Probleme
staut?
des Staatssekretärs Dr. von Manger-König vom
9. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage des Ab- Der deutliche Geburtenrückgang im abgelaufenen
geordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Druck- Jahr ist einmal auf Verschiebungen in der Alters-
sache VI/ 1525 Frage A 71) : struktur unserer Bevölkerung (Nachrücken relativ
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Lebens-
schwach besetzter Jahrgänge in das Heiratsalter) zu-
mitteldatierungen für den Verbraucher zu verbessern? rückzuführen; insofern waren rückläufige Geburten-
Für eine Reihe von verpackten Lebensmitteln, zahlen zu erwarten. Bis 1974/75 muß mit einem wei-
insbesondere für Fleisch- und Fischerzeugnisse, hat teren Rückgang gerechnet werden. Dieser demogra-
die Bundesrepublik bereits vor Jahren als eines der phische Einflußfaktor steht außerhalb jeder Einwir-
ersten Länder eine Datum-Kennzeichnung vorge- kungsmöglichkeit.
schrieben. Die Bundesregierung ist weiterhin be- Der weitaus größte Teil des Geburtenrückganges
müht, die Verpflichtung zur unverschlüsselten Kenn- ist jedoch nicht auf die Altersstruktur, sondern auf
zeichnung des Herstellungszeitpunktes oder der eine echte Abnahme der Geburtenhäufigkeit zu-
Haltbarkeitsdauer von Lebensmitteln ständig zu rückzuführen. Die weite Verbreitung einer Fami-
verbessern und die bestehenden Vorschriften bei lienplanung läßt sich daraus erkennen, daß die Ge-
den Beratungen über die Lebensmittelrechtsanglei- burten auf einen späteren Zeitpunkt der Ehe ver-
chung in den Europäischen Gemeinschaften zu erhal- schoben werden und eine pro Ehe geringere Kinder-
ten. Es muß allerdings darauf hingewiesen werden, zahl festzustellen ist. Diese Entwicklung, die nach
daß die Bundesregierung bei der Durchsetzung Auffassung der Bundesregierung besondere Beach-
ihrer fortschrittlichen, dem Interesse des Verbrau- tung verdient, ist aber auch in anderen europä-
chers dienenden Vorstellungen hinsichtlich der Da- ischen Ländern erkennbar.
tumkennzeichnung im internationalen Bereich auf
Es handelt sich um ein sehr vielschichtiges und
Schwierigkeiten stößt. in unserem Land wissenschaftlich noch wenig geklär-
Erst kürzlich sind in der Bundesrepublik durch die tes Problem. Offensichtlich können, wie gerade auch
Änderung der Lebensmittel-Kennzeichnungsverord- Untersuchungen über den Einfluß der französischen
nung am 25. Februar 1970 und die Verordnung über Familienzulagen auf die (inzwischen gleichfalls
Milcherzeugiisse vom 15. Juli 1970 auch zahlreiche rückläufige) Geburtenentwicklung in Frankreich er-
Milcherzeugnisse in den Kreis der Lebensmittel ein- geben haben, selbst verhältnismäßig hohe Kinder-
bezogen worden, bei denen eine Datumkennzeich- geldleistungen keineswegs als hinreichender Be-
nung vorgeschrieben ist. stimmungsfaktor für die Geburtenentwicklung eines
Die Verpflichtung zur Datumkennzeichnung tritt Landes gelten. Es besteht sicherlich ein Zusammen-
allerdings bei verschiedenen Lebensmitteln in vol- hang zwischen Bevölkerungsentwicklung, Produk-
lem Umfang erst 1972 in Kraft, da die Umstellung tivität je Erwerbsperson und Sozialleistungen.
in der Lebensmittelwirtschaft einige Zeit erfordert. Grundsätzlich haben die Eltern selbst in Freiheit
Vor diesem Zeitpunkt wäre es unzweckmäßig, die und Verantwortung darüber zu entscheiden, wie
Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung erneut zu groß ihre Familie im Einzelfall sein soll. Die jüngste
ändern. Auf Grund der Erfahrungen mit den Aus- Entwicklung verdient nach Auffassung der Bundes-
wirkungen von Datumangaben wird bis dahin ge- regierung besondere Beachtung; allerdings scheint
prüft werden, bei welchen weiteren Gruppen von der Wille zum Kind gerade in den jungen Ehen
Lebensmitteln entsprechende Zeitangaben sinnvoll durchaus vorhanden zu sein.
4770 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode -- 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

Anlage 13 regelung schließen. Es ist zu vermuten, daß der Ge-


brauch von Antikonzeptionsmitteln hierbei eine
Schriftliche Antwort Rolle spielt, obgleich der Nachweis nicht erbracht
werden kann.
des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom
10. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage der Aus den wenigen und sicher unvollständigen
Abgeordneten Frau Lauterbach (SPD) (Drucksache Unterlagen, die der Medizinalstatistik zur Zeit zur
VI/1525 Frage A 77): Verfügung stehen, läßt sich für das Gebiet der
Bundesrepublik ein generelles Ansteigen der Ge-
Zu welchen Maßnahmen haben die Gespräche zwischen der
Bundesregierung und den für das Gesundheitswesen zuständi- schlechtskrankheiten nicht ablesen. Man kann da-
gen Ministern der Länder sowie der Bundesärztekammer ge-
führt, um einen ähnlichen Engpaß wie im letzten Winter in der
her über den Zusammenhang zwischen der Ver-
ärztlichen Versorgung hei einer möglichen neuen Grippewelle breitung von Antikonzektionsmitteln und der
zu verhindern?
Häufigkeit von Geschlechtskrankheiten nichts aus-
Mit den Ländern ist im März d. J. die Grippe- sagen. Auch die durch eine Änderung des Gesetzes
situation eingehend erörtert worden. Das Bundes- zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten Ende
gesundheitsamt hat in Verfolgung dieser Über- vorigen Jahres eingeführte Bundesstatistik läuft
legungen eine weitere Verbesserung des Informa- erst zu kurze Zeit, um schon brauchbare Anhalts-
tionssystems beim Auftreten von Influenza ab- punkte liefern zu können.
gesprochen. Auf die ärztliche Versorgung selbst
haben jedoch Bund und Länder keinen unmittel-
baren Einfluß.
Wegen der im letzten Winter entstandenen
Situation in der ärztlichen Versorgung der Bevöl- Anlage 15
kerung habe ich mich im März 1970 an die Bundes-
ärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der Westdeut- Schriftliche Antwort
schen Ärztekammern) gewandt. Die Bundesärzte-
kammer führt die seinerzeit aufgetretenen Schwie- des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom
rigkeiten darauf zurück, daß sowohl die Telefon- 11. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage des
leitungen als auch die Einrichtungen des beweg- Abgeordneten Seefeld (SPD) (Drucksache VI/1525
lichen Sprechfunks der plötzlich eingetretenen Be- Frage A 79):
anspruchung nicht gewachsen waren. Die Bundes- Unterstützt die Bundesregierung die von der „Deutschen Ver-
kehrswacht e. V." auf dem IV. Verkehrswachtkongreß getrof-
regierung hat inzwischen durch Zuteilung von be- fene Feststellung „Jeder achte Bundesbürger ist über 65 Jahre
alt und hat es schwer, sicher am Verkehr teilzunehmen. Für-
sonderen Frequenzen für den ärztlichen Notdienst sorge durch regelmäßige Unterrichtung und Heranführung an das
dafür gesorgt, daß in Zukunft die Benachrichtigung Verkehrsgeschehen sind erforderlich", und, wenn ja, wie ge-
denkt sie, die daraus resultierende und auf dem genannten
der ärztlichen Notdienste sichergestellt ist. Die Kongreß erhobene Forderung nach ausreichenden Mitteln zum
notwendigen Ausbau der Betreuungsarbeit zu erfüllen?
Ärztekammern haben zusammen mit den Kassen-
ärtzlichen Vereinigungen, die primär für die ärzt- Nach der letzten vom Statistischen Bundesamt
liche Versorgung der Bevölkerung verantwortlich veröffentlichen detaillierten Straßenverkehrs-Un-
sind, auf Grund der Erfahrungen des letzten Win- fallstatistik wurden im Jahre 1968 in der Bundes-
ters regional und lokal Neu- bzw. Umorganisationen republik Deutschland insgesamt 5342 Fußgänger
des ärztlichen Notdienstes vorgenommen, um eine bei Straßenverkehrsunfällen getötet; davon waren
ähnliche Situation wie im Winter 1969/70 zu ver- 2245 Personen 65 und mehr Jahre alt.
hindern. So wurden u. a. sogenannte „flexible
Die Bundesregierung sieht daher in der Betreu-
Alarmpläne", Zentralen für den Funkruf und eine
ung älterer Menschen eine wichtige Aufgabe im
Erhöhung der Zahl der für den Notdienst bereit-
Rahmen der gesamten Verkehrsaufklärungs- und
stehenden Ärzte geschaffen.
-erziehungsarbeit. Sie unterstützt und fördert ins-
besondere die Produktion von Filmen und Dia-
Serien für alte Leute. Die Filme werden vornehm-
lich in Altersheimen, Altentagesstätten und bei Vor-
Anlage 14 tragsveranstaltungen vorgeführt. Daneben werden
Wechselrahmen mit Hinweisen für richtiges Ver-
Schriftliche Antwort halten alter Leute im Straßenverkehr an Orten, die
besonders von älteren Menschen aufgesucht wer-
des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom - den, angebracht. Ferner werden Broschüren und
10. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage des Merkblätter verteilt.
Abgeordneten Meister (CDU/CSU) (Drucksache
VI/1525 Frage A 78): Da dieser Personenkreis infolge des natürlichen
Wie beurteilt die Bundesregierung den Zusammenhang zwi-
altersbedingten Kontakt- und Kommunikations-
schen der zunehmenden Verbreitung von sogenannten Anti- mangels nur sehr schwer erreichbar und ansprech-
konzeptionsmitteln und dem rückläufigen Bevölkerungswachs-
tum sowie der ansteigenden Zahl der venerisch Kranken, und bar ist, erarbeitet der Deutsche Verkehrssicherheits-
was gedenkt sie gegen diese bedenkliche Entwicklung zu tun?
rat z. Z. unter Beteiligung des Bundesministers für
Es ist festzustellen, daß in den vergangenen Jah- Verkehr ein besonderes Aufklärungsprogramm für
ren Geburten auf einen späteren Zeitpunkt der Ehe ältere Menschen, das voraussichtlich im Frühjahr
verschoben wurden. Auch ist im Vergleich zu früher 1971 fertiggestellt sein wird und noch im Laufe des
eine geringere Kinderzahl pro Ehe zu beobachten. Jahres 1971 mit finanzieller Unterstützung der Bun-
Das läßt auf eine Familienplanung und Empfängnis- desregierung zur Durchführung gelangen soll.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4771

Anlage 16 rechts unter angemessener Berücksichtigung der


sich aus der jeweiligen Tätigkeit ergebenden Be-
Schriftliche Antwort sonderheiten einbezogen. Das Ausbildungssystem
des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom wird den sich wandelnden Anforderungen ständig
11. Dezember 1970 auf die Mündlichen Fragen des angepaßt.
Abgeordneten Faller (SPD) (Drucksache VI/1525 Fra- Die Bundesanstalt für Flugsicherung hat einen
gen A 80 und 81) : langfristigen Ausbauplan erarbeitet, der u. a. auch
Sind der Bundesregierung die Untersuchungen bekannt, die den sich aus der voraussichtlichen Verkehrszunahme
von der- Schweiz im Hinblick auf die dort gültige 0,8-Promille
Grenze durchgeführt wurden und die eindeutig ergeben haben zu erwartenden Personalmehrbedarf im Flugver-
sollen, daß diese Grenze richtig sei?
kehrskontrolldienst enthält. Der notwendig werden-
Gedenkt die Bundesregierung, diese Ergebnisse bei ihren
eigenen Überlegungen zu verwerten und dem Deutschen Bun- den Erhöhung des Personalbestandes wird durch
des tag entsprechende Vorschläge zu unterbreiten? verstärkte Einstellung und Ausbildung von Nach-
Ich gehe davon aus, daß sich die Fragen auf ein wuchskräften Rechnung getragen. Im Rahmen der
Gutachten der Professoren Läuppi, Bernheim und längerfristigen Planung hat auch die laufende Ver-
Kielholz beziehen, welches die Grundlage für die besserung der Arbeitsplätze besonderes Gewicht.
Entscheidung des schweizerischen Kassationshofs
vom 18. Juni 1964 bildete. Nach diesem Urteil ist
das Führen von Kraftfahrzeugen unter dem Einfluß
von Alkohol bei einem Blutalkoholgehalt von O 8 ‰
in der Schweiz strafbar. Anlage 18

Die betreffenden Untersuchungen sind der Bun- Schriftliche Antwort


desregierung bekannt und auch verwertet worden.
Sie waren zusammen mit anderen Forschungsergeb- des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom
nissen ausschlaggebend für die in der 5. Legislatur- 11. Dezember 1970 auf die Mündlichen Fragen des
periode eingebrachte Regierungsvorlage zur Einfüh- Abgeordneten Spillecke (SPD) (Drucksache VI/1525
rung eines Gefahrengrenzwertes von 0,8 ‰. Fragen A 84 und 85) :
Ist die Bundesregierung bereit, die bereits auf dem Markt
befindlichen Einbauaggregate zur Entgiftung von Autoabgasen
- im Hinblick auf die damit zu erzielenden Ergebnisse offiziell
von einer Technischen Hochschule prüfen zu lassen und diese
Resultate dem Hohen Hause mitzuteilen?
Wäre die Bundesregierung bereit, bei einem guten Ergebnis
Anlage 17 der Meßwerte und bei erträglichen Kosten für Anschaffung und
Einbau des Entgiftungsaggregates solche Entgiftungsaggregate
künftig zwingend gesetzlich vorzuschreiben?
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom Nicht eine Technische Hochschule, sondern die
9. Dezember 1970 auf die Mündlichen Fragen des amtliche Prüfstelle beim Rheinisch-Westfälischen
Abgeordneten Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) Technischen Überwachungs-Verein in Essen wird
(Drucksache VI/1525 Fragen A 82 und 83) : mit den erforderlichen Prüfungen nach § 47 der
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß durch den
Straßenverkehrs-Zulassungsordnung befaßt. Die
gegenwärtigen Personalfehlbestand von — laut Pressemeldun- Vorschriften verlangen nicht bestimmte Einbau-
gen — 340 Flugleitern im Flugsicherungskontrolldienst der
Bundesanstalt für Flugsicherung die Flugsicherheit über der aggregate als technisches Mittel, sondern den Nach-
Bundesrepublik Deutschland gefährdet und eine grundsätzliche
Verbesserung der Flugsicherung nur durch eine Reform der
weis über die Wirkung an den Kraftfahrzeug-
Rechtsverhältnisse der Bediensteten der Bundesanstalt für Flug- motoren, für die Grenzwerte hinsichtlich des Kohlen-
sicherung und des Ausbildungssystems gewährleistet ist?
monoxyds und der Kohlenwasserstoffe in den An-
Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zu tref
ten, u ns einer weiteren Zunahme des Personalfehlbestandes i ns lagen XI bis XIV der Straßenverkehrs-Zulassungs-
Flugsichernkotd BuesantlfürFgichu ordnung festgesetzt sind.
entgegenzuwirken?

Die Sicherheit des Luftverkehrs über der Bundes- Ziel der Gesetzgebung ist es, nicht Entgiftungs-
republik Deutschland ist nicht gefährdet; bei der aggregate zu prüfen und zu beurteilen, sondern die
Bundesanstalt für Flugsicherung sind die zur siche- Emission im Abgas des Motors soweit herunter zu
ren Durchführung der Flugverkehrskontrolle not- setzen, wie es nach dem Stand der Technik mit wirt-
wendigen Arbeitsplätze besetzt. Der gegenwärtige schaftlich vertretbarem Aufwand möglich ist. Das
Fehlbestand von etwa 90 Flugverkehrslotsen ergibt ist mit der Ratsrichtlinie der Europäischen Gemein-
sich in erster Linie aus der zwischen den Tarifver- schaften geschehen, die mit der Verordnung zur
tragspartnern zum 1. September 1970 vereinbarten Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung
Gestaltung der Arbeitszeit, die auch für die Beamten vom 26. Juni 1970 in das nationale Recht übernom-
der Bundesanstalt für Flugsicherung gilt. Hierbei war men worden ist (Bundesgesetzbl. I S. 936).
allen Beteiligten bekannt, daß durch die Neurege-
lung für eine Übergangszeit zwar ein gewisser per-
soneller Engpaß entsteht, die Sicherheit des Flug-
verkehrs jedoch gewährleistet bleibt.
Anlage 19
Die Qualität der Flugsicherung in der Bundes-
republik Deutschland liegt im internationalen Ver- Schriftliche Antwort
gleich mit an der Spitze. Die technische Ausstattung
entspricht modernen Erkenntnissen, die Bedienste- des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom
ten sind in die Entwicklung des öffentlichen Dienst- 11. Dezember 1970 auf die Mündlichen Fragen
4772 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

des Abgeordneten Orgaß (CDU/CSU) (Drucksache Die Ermittlung des für die Wohngeldgewährung
VI/1525 Fragen A 86 und 87) : maßgebenden Jahreseinkommens ist in § 11 des
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Kommission der Zweiten Wohngeldgesetzes, der dem § 17 des gel-
Europäischen Gemeinschaften einen Entwurf über das Mindest- tenden. Rechts entspricht, geregelt.
niveau für Fahrer im Güter- und Personenverkehr zum Zwecke
der Berufsanerkennung für LKW- und Omnibusfahrer erstellt
hat, und wie ist die Stellungnahme der Bundesregierung dazu? Nach diesen Vorschriften ist bei der Ermittlung
Ist die Bundesregierung bereit, sich dafür zu verwenden, daß des Jahreseinkommens grundsätzlich der doppelte
außerdem auch die Taxenfahrer in eine solche Regelung ein-
bezogen werden? Betrag der Einnahmen in den letzten sechs Monaten
vor der Stellung des Antrages auf Wohngeld zu-
Der Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über grunde zu legen.
das Mindestniveau der Ausbildung für Fahrer im
Straßenverkehr regelt die Anforderungen an die Gemäß Absatz 1 Satz 2 der genannten Vorschrif-
Ausbildung nur mit dem Ziele, bestimmte Ausnah- ten können bei der Ermittlung des Jahreseinkom-
men von den Vorschriften für das Mindestalter und mens, insbesondere bei erheblichen Schwankungen
die Fahrpraxis zu ermöglichen. Taxenfahrer werden der Einnahmen, auch die Einnahmen des letzten
darin nicht berücksichtigt, weil die zugrundelie- Kalenderjahres oder der letzten zwölf Monate vor
gende EWG-Verordnung Nr. 543/69 nicht für Taxen- der Antragstellung zugrunde gelegt werden. Es
fahrer gilt. handelt sich hier zwar um eine „Kannvorschrift" für
die zur Ausführung des Wohngeldgesetzes zustän-
Die Fragen der Anerkennung von Ausbildungs- dige Wohngeld-Bewilligungsstelle. Es steht des-
berufen für Lkw- und Omnibusfahrer werden auf halb in ihrem Ermessen, ob sie von dieser Möglich-
der Grundlage des Berufsbildungsgesetzes von 1969 keit Gebrauch macht. Sie muß jedoch ihr Ermessen
unter Federführung des Bundesministers für Wirt- pflichtgemäß ausüben und die Einnahmen des letzten
schaft bearbeitet. Die beteiligten Bundesressorts Kalenderjahres oder der letzten zwölf Monate zu-
streben die Anerkennung für einen möglichst großen grunde legen, wen n wegen erheblicher Schwankun-
Kreis von Kraftfahrern an. Die Verhandlungen wer- gen der Einnahmen das hiernach berechnete Ein-
den noch längere Zeit in Anspruch nehmen; ob kommen der Wirklichkeit näher kommt als die Ver-
Taxenfahrer einbezogen werden können, wird da- dopplung der Einnahmen in den letzten sechs Mona-
bei geprüft. ten.
-
Die Bundesregierung ist jedoch nicht befugt, in
ihren Verwaltungsbestimmungen die eine oder an-
dere Methode der Einkommensermittlung zwingend
Anlage 20 vorzuschreiben und damit die Ermessensentschei-
dung der Bewilligungsstelle auszuscheiden, wie z. B.
Schriftliche Antwort bei der Einkommensermittlung für Bauarbeiter. Eine
derartige Verwaltungsbestimmung würde gegen das
des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom Gesetz verstoßen und deshalb unwirksam sein. Sie
11. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage des erscheint aber nach dem vorher Gesagten auch nicht
Abgeordneten Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) (Druck- notwendig.
sache VI/1525 Frage A 88) :
Da die gleiche Vorschrift auch im noch geltenden
Beabsichtigt die Bundesregierung, für den Unfallkranken
transportdienst einheitliche Rufnummern einzuführen? Wohngeldgesetz vom 1. April 1965 enthalten ist,
nämlich bei erheblich schwankenden Einnahmen bei
Die Deutsche Bundespost beabsichtigt nicht, für der Einkommensermittlung die Einnahmen des letz-
den Unfallkrankentransportdienst einheitliche Ruf- ten Kalenderjahres oder der letzten 12 Monate zu-
nummern einzuführen. Das ist deswegen nicht erfor- grundezulegen, wird nach meinen bei der Anwen-
derlich, weil die Polizeidienststellen alle über den dung des Wohngeldgesetzes gemachten Erfahrungen
bundeseinheitlichen Notruf 110 an sie herangetrage- von den Wohngeld-Bewilligungsstellen entspre-
nen Hilfeersuchen entgegennehmen und die erfor- chend verfahren.
derlichen Maßnahmen einleiten.

Anlage 21 Anlage 22

Schriftliche Antwort Schriftliche Antwort

des Parlamentarischen Staatssekretärs Ravens vom des Parlamentarischen Staatssekretärs Ravens vom
10. Dezember 1970 auf die Mündliche Frage des 9. Dezember 1970 auf die Mündlichen Fragen des
Abgeordneten Dasch (CDU/CSU) (Drucksache VI/1525 Abgeordneten Dr. Giulini (CDU/CSU) (Drucksache
FrageA89): VI/1525 Fragen A 90 und 91) :
Wird die Bundesregierung bei den künftigen Ausführungs- Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um zu verhindern,
bestimmungen über Miet- und Lastenbeihilten die Ausführungs- daß bei der Bewilligung von öffentlichen Mitteln zum Bau und
bestimmungen so gestalten, daß Bauarbeiter Verdienstbescheini- Erwerb eines Familienheimes die festgelegte Berechnungsbasis
gungen für ein volles Jahr und nicht nur für ein halbes Jahr durch steigende Lohn- und Gehaltskosten usw. verzerrt wird
vorzulegen haben, da in der Regel diese Verdienstbescheini- und immer weniger Möglichkeiten offenläßt?
gung für die Sommermonate eine andere Beurteilung ergibt als
eine Gesamtjahresbescheinigung, welche auch die verdienst- Wäre die Bundesregierung evtl. bereit, die Berechnungsmoda
schwächeren Wintermonate berücksichtigt? litäten den Gegebenheiten evtl. jährlich neu anzupassen?
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4773

Es kann nicht verkannt werden, daß die ungünsti- versagt, die Freigabe des in den Niederlanden be
gen Verhältnisse am Kapitalmarkt wie die einge- schlagnahmten deutschen Vermögens zu verlangen.
tretenen Baukostensteigerungen die Durchführung
sozialer Wohnungsbauten erschwert haben. Neben Trotzdem haben sich die Niederlande in den §§ 5
dem Bund, der seine Mittel insgesamt erheblich er- des deutsch-niederländischen Finanzvertrages vom
höht hat, haben auch die Länder, wie aus ähnlichem 8 . April 1960 bereit erklärt, gewisse, näher um-
Anlaß schon wiederholt in früheren Jahren, ihre schriebene frühere deutsche Vermögenswerte zu-
Förderungsbeträge mehr oder weniger angepaßt, rückzugeben bzw. die Möglichkeit einer Rückgabe
um die Förderung des sozialen Wohnungsbaues zu wohlwollend zu prüfen. Anträge für die Rückgabe
gewährleisten. Die öffentlichen Mittel, die im Rah- solcher Werte waren innerhalb eines Jahres nach In-
men der Vorschriften des § 44 des II. Wohnungs- krafttreten dieses Vertrages von den deutschen Be-
baugesetzes zur Deckung der verbleibenden Finan- troffenen oder ihren Rechtsnachfolgern zu stellen.
zierungslücken einzusetzen sind, müssen leider den Diese Fristen sind längst abgelaufen. Im übrigen be-
eingetretenen Baukostensteigerungen durch Erhö- stätigt Artikel 16 des Finanzvertrages die Verbind-
hung der Kapitalsubventionen oder durch zusätz- lichkeiten der oben genannten Bestimmungen des
liche Aufwendungsbeihilfen im Rahmen des Mög- VI. Teils des Überleitungsvertrages auch für das
lichen folgen. Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutsch-
land und dem Königreich der Niederlande. Die
Wie vorher erwähnt, hat der Bund mit dem lang- Frage nach einem Termin für die Freigabe ist da-
fristigen Wohnungsbauprogramm vom Jahre 1971 mit gegenstandslos.
an außerordentlich hohe Mittel für den sozialen Für die Entschädigung von deutschen Staatsange-
Wohnungsbau bereitgestellt. hörigen, die durch die Feindgesetzgebung der ehe-
Die Förderungssätze werden jedoch gemäß § 43 maligen Kriegsgegner Vermögensverluste erlitten
II. Wohnungsbaugesetz von den für das Wohnungs- haben, ist durch das Reparationsschädengesetz vom
und Siedlungswesen zuständigen obersten Landes- 12. Februar 1969 eine Rechtsgrundlage geschaffen
behörden bestimmt. Die Länder passen, wie ich be- worden. Dieses Gesetz ist seit dem 1. Januar 1969
reits vorher ausführte, die Förderungssätze ständig in Kraft und gilt auch für die in den Niederlanden
an. erlittenen Verluste. Die Frist für die Anträge, die
- beim zuständigen Ausgleichsamt zu stellen sind,
läuft bis zum 31. Dezember 1974.

Anlage 23

Schriftliche Antwort Anlage 24

des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom Schriftliche Antwort


8.Dezmbr1970aufdiSchtlenFrgs
Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/CSU) (Druck- des Bundesministers Genscher vom 9. Dezember
sache VI/1525 Fragen B 1 und 2): 1970 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten
Biechele (CDU/CSU) (Drucksache VI/1525, Fragen B 3
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den Niederlanden
noch immer deutsche Vermögen beschlagnahmt sind, und ist die und 4) :
Bundesregierung in der Lage, einen Termin für die Freigabe
mitzuteilen? Für welche Bereiche sind Hilfsmaßnahmen für das Katastro-
phengebiet in Ostpakistan besonders notwendig?
Welche Entschädigung gedenkt die Bundesregierung den Be-
troffenen zu gewähren, falls die niederländische Regierung die In welcher Weise (Bereiche und Kosten der Hilfsmaßnahmen)
Freigabe verweigert? beteiligen sich die Bundesregierung und die Hilfsorganisationen
der Bundesrepublik Deutschland an diesen Hilfsmaßnahmen?

Die Niederlande haben, ebenso wie die übrigen


In der ersten Phase der Hilfe für die von der Flut-
ehemaligen Feindstaaten, im Zusammenhang mit
katastrophe betroffene ostpakistanische Bevölke-
dem Zweiten Weltkrieg das auf ihrem Hoheits-
rung war es besonders vordringlich, Lebensmittel,
gebiet gelegene deutsche Vermögen beschlag-
Medikamente, Decken und einfachste Unterkünfte
nahmt und liquidiert. Die Bundesregierung mußte
rasch ins Katastrophengebiet zu bringen. Mein Haus
sich in Artikel 3 des VI. Teils des am 5. Mai 1955 in
hat demzufolge ,die von den deutschen privaten
Kraft getretenen Vertrages zur Regelung aus Krieg
Hilfsorganisationen in diesen Bereichen vorgesehe-
und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungs-
nen Hilfssendungen im Katastrophenstab des Bun-
vertrag) verpflichten, in Zukunft keine Einwendun-
desministeriums des Innern mit ergänzenden Hilfs-
gen gegen die Maßahmen zu erheben, die gegen das
maßnahmen des Bundes koordiniert und die Ver-
deutsche Auslands- und sonstige Vermögen durch-
sendung der Hilfsgüter überwiegend durch Flug-
geführt worden sind oder werden sollen, das be-
zeuge der Bundesluftwaffe veranlaßt.
schlagnahmt worden ist für Zwecke der Reparation
oder Restitution oder aufgrund des Kriegszustandes Daneben haben das Bundesministerium für wirt-
oder aufgrund von Abkommen, die die drei Mächte schaftliche Zusammenarbeit und mein Haus in einer
mit anderen alliierten Staaten, neutralen Staaten gemeinsamen Aktion sowohl in den Nachbarstaaten
oder ehemaligen Bundesgenossen Deutschlands ge- Ostpakistans als auch in der Bundesrepublik grö-
schlossen haben oder schließen werden. Aufgrund ßere Mengen Lebensmittel beschafft, die auf dem
dieser Bestimmung ist es der Bundesregierung auch Seeweg ins Katastrophengebiet verschifft worden
4774 Deutscher Bundestag 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

sind und dazu beitragen sollen, die Ernährung der Die Bundesregierung hat mit der Regierung der
betroffenen Bevölkerung für einen längeren Zeit- Republik Vietnam vereinbart, das Hospitalschiff
raum zu sichern. Eine erste größere Schiffssendung „Helgoland" aus Vietnam abzuziehen, wenn das im
ist in diesen Tagen in Chittagong bereits einge- Bau befindliche Landkrankenhaus in Da Nang fer-
troffen. tiggestellt ist. Dieses Krankenhaus wird vom Mal-
teser-Hilfsdienst im Auftrag der Bundesregierung
Für die Wiederaufbauphase wird es wesentlich errichtet. Es wird ungefähr die gleiche klinische
darauf ankommen, den Flutgeschädigten bei der Kapazität wie das Hospitalschiff haben. Die Bundes-
Wiederherstellung ihrer Unterkünfte Hilfe zu lei- regierung rechnet damit, daß das Landkrankenhaus
sten. Gleichzeitig wird in die Überlegungen einbe- in Da Nang im Spätherbst 1971 fertiggestellt sein
zogen, Geräte für die Erwerbstätigkeit der betroffe- wird und in Betrieb genommen werden kann.
nen Bevölkerung zu beschaffen (Reisanbau, Fisch-
fang). Genauere Vorstellungen hierüber haben Mit-
glieder des Katastrophenstabes des Bundesministe-
riums des Innern, die in diesen Tagen im Katastro-
phengebiet geweilt haben, bereits entwickelt. Die Anlage 26
Fortsetzung der deutschen Hilfe in diesen Bereichen
Schriftliche Antwort
wird in Kürze mit den deutschen privaten Hilfs-
organisationen abgestimmt werden. des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl
vom 10. Dezember 1970 auf die Schriftlichen Fragen
Wie ich bereits erwähnt habe, werden alle deutschen
des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache VI/1525
Hilfsmaßnahmen für Ostpakistan im Katastrophen-
Fragen B 6 und 7) :
stab meines Hauses koordiniert. Seit dessen Ein-
richtung ist eine deutlich sichtbar gegenseitige Er- Hält die Bundesregierung die gegenwärtige Entlohnung für
ausreichend, um den Gefangenen nach Verbüßung ihrer Strafe
gänzung der einzelnen von privater und öffentlicher eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft ohne materielle
Seite getragenen Hilfsaktionen und damit eine stär- Not zu sichern?
kere Effizienz der deutschen Hilfe feststellbar. So Hat die Bundesregierung die Absicht, auf eine Angleichung
haben bei der Soforthilfe die Bundesregierung und des Arbeitslohnes der Gefangenen an den ortsüblichen Lohn
hinzuwirken?
die Hilfsorganisationen beispielsweise die Lieferung
von Medikamenten und Zelten gemeinsam über- Das gegenwärtige System der Arbeits- und Lei-
nommen; Decken, Bekleidung und Eßgeschirre sind stungsbelohnung im Strafvollzug gewährleistet den
allein von den Hilfsorganisationen, Lebensmittel Strafgefangenen kein ausreichendes Entgelt für ihre
allein von der Bundesregierung zur Verfügung ge- Arbeit. Bundesgesetzliche Vorschriften für diesen
stellt worden. Ein Feldhospital kommt aus Bestän- Bereich bestehen nicht. Die Landesjustizverwaltun-
den des Bundes, ein zweites aus dem Katastrophen- gen haben in den Nrn. 96 und 97 der Dienst- und
lager des Diakonischen Werkes. Den für eine Sofort- Vollzugsordnung bundeseinheitliche Vorschriften
hilfe unabdingbaren Lufttransport der Hilfsgüter hat über das Arbeitsentgelt der Gefangenen und seine
auch für die Hilfsgüter der privaten Organisationen Verwendung erlassen. Hiernach erhält der Gefan-
weitgehend die Bundesluftwaffe durchgeführt. gene eine Arbeitsbelohnung, wenn er leistet, was
von ihm gefordert wird. Außerdem kann der An-
Entsprechend dieser bewährten Zusammenarbeit staltsleiter einem Gefangenen, dessen Arbeitslei-
werden die Hilfsorganisationen und die Bundes- stung besondere Anerkennung verdient, einen Zu-
regierung auch künftig die Hilfe für die Flutgeschä- schlag zur regelmäßigen Arbeitsbelohnung als Lei-
digten Ostpakistans gemeinsam fortführen. stungsbelohnung gewähren. Nach den genannten
Vorschriften hat der Gefangene auf die Arbeits-
Nimmt man die bei der Ostpakistanhilfe sehr
und Leistungsbelohnung keinen Rechtsanspruch.
hohen Flugkosten der Bundesluftwaffe aus, kann
davon ausgegangen werden, daß die Bundesregie- Die Arbeitsbelohnung wird nach Tagessätzen be-
rung bisher insgesamt ca. 5 Millionen DM für die rechnet. Die Landesjustizverwaltungen haben z. T.
Hilfe aufgewandt hat; die Ausgaben aller deutschen voneinander abweichende Belohnungsstufen gebil-
privaten Hilfsorganisationen dürften zwar darunter det, die je nach Art der Arbeit und dem Arbeitsein-
liegen, aber immer noch einen ansehnlichen Betrag satz des Gefangenen die Tagessätze in den meisten
erreichen. Ländern von 0,80 DM bis 1,50 DM festlegen. Für die
Höhe der Leistungsbelohnung gelten in den Ländern
ebenfalls unterschiedliche Regelungen. In einigen
Ländern ist die Leistungsbelohnung auf monatlich
20,— DM begrenzt, in anderen kann einem Gefange-
nen bis zu 40,— DM im Monat als Leistungsbeloh-
Anlage 25 nung angerechnet werden.

Schriftliche Antwort Diese Beträge bleiben erheblich unter dem Ent-


gelt, das in freien Arbeitsverhältnissen verdient
des Bundesministers Genscher vom 9. Dezember wird. Im Hinblick auf das Ziel der Eingliederung des
1970 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gefangenen ist zu berücksichtigen, daß der arbei-
Meister (CDU/CSU) (Drucksache VI/1525 Frage B 5) : tende Gefangene zwar freien Lebensunterhalt wäh-
rend des Strafvollzuges erhält, daß er aber in dieser
Wann hält die Bundesregierung den Zeitpunkt für gekom-
men, das Lazarettschiff „Helgoland" aus Vietnam zurückzuziehen? Zeit weder den Lebensunterhalt für seine Unter-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4775

haltsberechtigten bestreiten noch wesentlich zur auch für den Fall der Gemeindeverbindungsstraße
Wiedergutmachung eines durch seine Straftat her- Rehweiler/Dürrnbach zu, in dem bereits am 16./17.
beigeführten Schadens oder zur Begleichung anderer Dezember 1970 die Schadensaufnahme stattfinden
Verbindlichkeiten beitragen kann. Es kann nicht an- soll.
genommen werden, daß die durch die geringe Höhe Läßt sich nach der Schadensaufnahme die Höhe
des Entgelts entstehende Behinderung der Eingliede- der Schäden übersehen, so sind die Landesbehörden
rung des Gefangenen durch fürsorgerische Leistun- befugt, in dringlichen Fällen durch Gewährung von
gen der Anstalten oder durch die Leistungen der Vorschüssen auf die zu erwartende Entschädigung
Sozialhilfe hinreichend aufgefangen wird. Günsti- die Vergabe der Wiederherstellungsarbeiten durch
ger gestellt sind nur diejenigen Gefangenen, denen den Baulastträger zu beschleunigen.
ermöglicht wird, zur Vorbereitung ihrer Entlassung
im Rahmen des sogenannten Freiganges ein Ar- Die Wiederherstellungsarbeiten selbst allerdings
beitsverhältnis einzugehen. Ihre Anzahl ist jedoch sind alleinige Sache des geschädigten Baulastträ-
im Verhältnis zur Gesamtzahl der Gefangenen gers; die Bundesregierung und die Entschädigungs-
äußerst gering. behörden des Landes haben darauf keinen Einfluß.

Die Umgestaltung des Arbeitsentgelts im Straf-


vollzug gehört zu den Problemen, die in einem
Strafvollzugsgesetz einer bundesgesetzlichen Rege-
Anlage 28
lung zugeführt werden sollen. Die von dem Bundes-
minister der Justiz im Herbst 1967 berufene Straf- Schriftliche Antwort
vollzugskommission hat in ihren im Herbst 1969 ver-
abschiedeten Grundsätzen zu dem Thema „Beruf- des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl
liche Förderung und Arbeitsbedingungen" als Leit- vom 8. Dezember 1970 auf die Schriftlichen Fragen
linien für ein künftiges Strafvollzugsgesetz heraus- des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Druck-
gestellt, daß der Gefangene einen Anspruch auf ein sache H/ 1525 Fragen B 9 und 10) :
seinem tatsächlichen Arbeitseinsatz entsprechendes, Kann die Bundesregierung verbindlich erklären, daß sie nicht
beabsichtigt, die Besteuerung der deutschen Grenzgänger künf-
leistungsangemessenen Arbeitsentgelt erhalten soll. tig der Schweiz zu überlassen?
In seiner Höhe soll hiernach das Arbeitsentgelt Ist sich die Bundesregierung darüber klar, daß eine Be-
steuerung der Grenzgänger durch die Schweiz den Bemühungen
75 % des nach § 149 Reichsversicherungsordnung entgegenwirken würde, den strukturschwachen deutsch-schweize-
festzusetzenden Ortslohnes nur dann unterschreiten, rischen Grenzraum zu stärken?
wenn die Arbeitsleistungen eines Gefangenen den Wie ich bereits in der Fragestunde des Deut-
Mindestanforderungen nicht genügen. schen Bundestages vom 3. Dezember 1970 auf die
mündliche Anfrage des Kollegen Dr. Eyrich erklärt
Die Strafvollzugskommission beabsichtigt, An- habe, treffen die Meldungen über angebliche Ab-
fang 1971 den Kommissionsentwurf eines Strafvoll- sichten der Bundesregierung, die derzeitige steuer-
zugsgesetzes vorzulegen. Das Bundesministerium liche Regelung für Grenzgänger im deutsch-schwei-
der Justiz wird danach im Benehmen mit den Lan- zerischen Grenzgebiet im Zusammenhang mit den
desjustizverwaltungen prüfen, auf welchem Wege Verhandlungen über die Revision des deutsch-
und in welchem Umfange das Entgelt für die Gefan- schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommens ab-
genenarbeit an das übliche Arbeitsentgelt herange- zuändern, nicht zu. Der Verhandlungsentwurf der
führt werden soll. Bundesregierung, den sie Ende Oktober dieses Jah-
res der schweizerischen Seite übersandt hat und
der zur Zeit in der Schweiz beraten wird, geht viel-
mehr von der Fortführung der geltenden Grenz-
gängerregelung aus.
Anlage 27 Die hinter Ihrer Frage stehende Annahme, daß
deutsche Grenzgänger bei einer Besteuerung durch
Schriftliche Antwort die Schweiz in vielen Fällen eine geringere Steuer-
last zu tragen hätten, trifft zu. Die Änderung der
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl Grenzgängerregelung würde daher die Arbeits-
vom 8. Dezember 1970 auf die Schriftliche Frage des plätze in der Schweiz attraktiver machen. Die Bun-
Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) desregierung stimmt daher Ihrer Auffassung zu, daß
(Drucksache VI/ 1525 Frage B 8) : die Frage der Besteuerung der Grenzgänger in
Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, die durch US- engem Zusammenhang mit der Strukturpolitik für
Panzer und zahlreiche Militärfahrzeuge auf einer Strecke von den deutsch-schweizerischen Grenzraum gesehen
über 1,5 km zerstörte Verbindungsstraße von Rehweiler, Kreis
Gerolzhofen, nach Dürrenbach, Kreis Scheinfeld, unverzüglich werden muß.
wiederherzustellen, da die betroffenen und umliegenden Ge-
meinden im Steigerwald besonders im Winter diese Straßenver-
bindung dringend benötigen?

Wie ich durch Anfrage beim Bayerischen Staats-


ninisterium der Finanzen festgestellt habe, sind von Anlage 29
len bayerischen Landesbehörden alle Maßnahmen
Schriftliche Antwort
getroffen worden, um eine beschleunigte Abwick-
ung der sehr erheblichen Straßenschäden aus dem des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom
Manöver „Reforger II" sicherzustellen. Dies trifft 10. Dezember 1970 auf die Schriftliche Frage des
4776 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache VI/1525 für weitere Gesellschaftsgruppen geöffnet werden
FrageB1): soll. In meinem Hause wird zur Zeit intensiv an
Sind der Bundesregierung die Forderungen des Zentralver- einer entsprechenden Gesetzesvorlage gearbeitet.
bands der Sozialrentner e. V. (Sitz Wermelskirchen, Rhld.) ge-
mäß der Entschließung vom 19. August 1970 bekannt, und wie
stellt sie sich dazu, soweit die Forderungen nicht schon im Re-
gierungsprogramm der Bundesregierung enthalten sind?

Die Entschließung des Zentralverbandes der


Sozialrentner e. V. vom 19. August 1970 ist der Anlage 31
Bundesregierung bekannt. Der Bundesminister für
Arbeit und Sozialordnung hat dazu bereits gegen- Schriftliche Antwort
über dem Vorstand des Verbandes in zwei Schrei-
ben vom 21. Oktober und 6. November Stellung des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom
genommen. Ich möchte diese Stellungnahme hier 10. Dezember 1970 auf die Schriftliche Frage des
nicht im einzelnen wiederholen, sondern darauf hin- Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/1525
weisen, daß der Forderungskatalog des Verbandes FrageB14):
eine Reihe von Einzelpunkten umfaßt, die in dem Für welche Aufgaben sollen unausgebildete bzw. fremdaus-
gebildete Wehrdienstverweigerer bei der Deutschen Bundes-
Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung post und der Deutschen Bundesbahn eingesetzt werden?
(Bundestags-Drucksache VI/ 1126) eingehend behan-
delt sind. Ich gehe davon aus, daß dieser Bericht Das Ansteigen der Zahl anerkannter Kriegsdienst-
und damit die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung verweigerer und die Tatsache, daß in verstärktem
der gesetzlichen Rentenversicherung insgesamt in Maße eine Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten der
absehbarer Zeit im Ausschuß für Arbeit und Sozial- Ersatzdienstleistenden verlangt wird, machen es er-
ordnung des Deutschen Bundestages erörtert forderlich, für anerkannte Kriegsdienstverweigerer
werden. über den bisherigen Rahmen hinaus neue Tätigkeits-
bereiche zu erschließen. Diesem Gesichtspunkt trägt
der Regierungsentwurf eines Dritten Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes über den zivilen Ersatz-
dienst (Bundesratsdrucksache 597/70) Rechnung. Im
Anlage 30 Hinblick auf den im Gesetzentwurf vorgesehenen
Rahmen sind Verhandlungen mit der Deutschen
Schriftliche Antwort Bundesbahn und der Deutschen Bundespost ein-
geleitet worden, bei denen erörtert werden soll, ob
des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom auch in diesen Bereichen eine Tätigkeit von Ersatz-
10. Dezember 1970 auf die Schriftlichen Fragen des dienstleistenden möglich ist. Die Gespräche über
Abgeordneten Maucher (CDU/CSU) (Drucksache Art und Umfang eines solchen Einsatzes sind noch
VI/1525 Fragen B 12 und 13) : nicht abgeschlossen.
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in dein Bereich der
freien Berufe — Architekten, Rechtsanwälte, zum Teil Ärzte,
Zahnärzte und Dentisten — durch das Nichtvorhandensein einer
ausreichenden Altersversorgung große Notstände vorliegen?

Ist zu erwarten, daß von der Bundesregierung ein entsprechen-


des Rahmengesetz, das die Versorgung dieses Personenkreises
sicherstellt, in Bälde vorgelegt wird? Anlage 32
Die Altersversorgung der freien Berufe ist sehr
Schriftliche Antwort
unterschiedlich gestaltet. Für die Heilberufe beste-
hen fast ausnahmslos eigene berufsständische Ver- des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom
sorgungseinrichtungen auf landesrechtlicher Grund- 9. Dezember 1970 auf die Schriftliche Frage des
lage. Andere freiberuflich Tätige haben ihre Siche- Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache VI/1525
rung in der gesetzlichen Rentenversicherung, indem FrageB15):
sie eine frühere Pflichtversicherung freiwillig fort- Geht der Bundesminister der Verteidigung hei der Anwen-
setzen. Es bestehen jedoch in dem Bereich, auf den dung der Richtlinien für die bevorzugte Berücksichtigung von
Anbietern aus dem Zonenrand- und Grenzgebiet nach dem Be-
sich Ihre Frage bezieht, teilweise wesentliche Ver- triebsstättenprinzip oder noch vom Firmensitzprinzip aus?
sorgungslücken.
Bei Anwendung der von Ihnen erwähnten Richt-
Im einzelnen hat dazu die vergangene Bundes- linien über bevorzugte Bewerber aus dem Zonen-
regierung in Beantwortung einer Kleinen Anfrage randgebiet richtet sich das BMVg nach § 2 der Be-
am 5. Februar 1969 (Bundestags-Drucksache V/3829) stimmungen. Danach ist grundsätzlich von der Lage
Auskunft gegeben. Diese Probleme waren früheren der Fertigungsstätte auszugehen. Wer bei mehreren
Bundesregierungen seit vielen Jahren bekannt. Betrieben einen Sitz im Zonenrandgebiet hat, wird
Dennoch ist es in den vergangenen Legislaturperio- nur dann als bevorzugter Bewerber behandelt, wenn
den nicht zu gesetzlichen Regelungen gekommen. er sich verpflichtet, den Auftrag in seinem im
Zonenrandgebiet gelegenen Betrieb auszuführen.
Die Bundesregierung geht davon aus, daß die
soziale Sicherung für die von Ihnen angesprochenen Einige Unklarheiten haben sich vor einiger Zeit
Personenkreise ausgebaut werden muß. Der Herr in den Fällen ergeben, wo bei Fertigung im Zonen-
Bundeskanzler hat bereits in der Regierungserklä- randgebiet Zulieferungen von außerhalb hinzu-
rung ausgeführt, daß die gesetzliche Alterssicherung kamen. Die Vergaberessorts haben sich Ende 1969
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4777

dahin gehend verständigt, daß angesichts unserer gendringes zweimal nicht die erforderliche Mehrheit
arbeitsteiligen Wirtschaft ein Anbieter mit Betrieb gefunden.
im Zonenrandgebiet auch dann bevorzugt wird,
wenn er einen Teil seiner Zulieferungen von außer- Eine Ubersicht, ob und ggf. in welcher Höhe die
halb erhält. Es kommt dann darauf an, daß der Auf- Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend öffentliche
trag in der Hauptsache im Zonenrandgebiet gefertigt Mittel über die Landes-, Bezirks- und Kreisjugend-
wird. ringe erhält, liegt nicht vor.

Wie mir berichtet wurde, ist es nach dieser Klar-


stellung bisher zu keinen Schwierigkeiten gekom-
men. Sollten Ihnen welche bekanntwerden, werde
ich sie gerne überprüfen lassen.
Anlage 35

Schriftliche Antwort

des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom


Anlage 33 9. Dezember 1970 auf die Schriftlichen Fragen des
Abgeordneten Dr. Beermann (SPD) (Drucksache
Schriftliche Antwort VI/1525 Fragen B 18 und 19):
In welcher Weise hat das Bundesverkehrsministerium darauf
des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom eingewirkt bzw. wird es in Zukunft darauf einwirken, daß der
10. Dezember 1970 auf die Schriftliche Frage des Baustopp für das durch Geesthacht verlaufende Teilstück der B 5
(Flaschenhals Ziegenkrug) baldmöglichst aufgehoben wird, damit
Abgeordneten von Thadden (CDU/CSU) (Drucksache endlich die Unfallquote dort herabgesetzt und der nach Berlin
laufende Verkehr nicht weiterhin behindert wird?
VI/1525 Frage B 16) :
Ist die Bundesregierung bereit, den Sitz des Europäischen Warum ist nach Bau der Elbbrücke bei Geesthacht kein Aus-
Jugendwerkes nach Saarbrücken zu legen, das durch seine bau einer Anschlußstrecke an die B 5 erfolgt, und bis zu wel-
Grenzlage und seine Tradition in der Wahrnehmung von Auf- chem Zeitpunkt gedenkt man diesen Mangel zu beheben?
gaben, die der Völkerverständigung dienen, hierfür besonders
geeignet ist?
Der Größenordnung nach handelt es sich um ein
Die Frage, wohin der Sitz des Europäischen Ju- Bauvorhaben, das der vorherigen Genehmigung
gendwerks gelegt wird, wird weitgehend von der des Planes durch den Bundesminister für Verkehr
gemeinsamen Entscheidung der Regierungen euro- nicht bedarf; vielmehr kann darüber der Minister
päischer Länder, die dem Europäischen Jugendwerk für Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-
als Mitglied beitreten, abhängen. Die vorbereitende Holstein im Rahmen der Globalplanung nach Maß-
Arbeitsgruppe, die im Januar 1970 in Bonn tagte, gabe der verfügbaren Haushaltsmittel selbst befin-
hat sich bereits gegenüber der Europäischen Kultur- den. Nach den eingeholten Auskünften hat es sich
kommission CCC für Straßburg als Sitz des künfti- haushaltsmäßig bisher leider nicht ermöglichen las-
sen, den Ausbau 1970 zu finanzieren. Da erhebliche
gen Europäischen Jugendwerks ausgesprochen. Un-
sere Vertreter bei den künftigen Beratungen werden Kostenerhöhungen 'bei laufenden Straßenbaumaß-
nahmen in Schleswig-Holstein eingetreten sind und
gern bereit sein, darauf hinzuwirken, daß uns auch
eine Reihe von Baumaßnahmen, die im Hinblick auf
der Vorschlag vorliegt, Saarbrücken zum Sitz des
die Olympischen Segelwettbewerbe 1972 terminge-
Europäischen Jugendwerks zu machen.
bunden sind, Vorrang haben muß, kann der Ausbau
voraussichtlich auch 1971 leider nicht durchgeführt
werden. Das Gleiche gilt für Straßenabschnitte,
deren Zustand im Zuge anderer Bundesstraßen in
Schleswig-Holstein ebenfalls zu wünschen übrig
Anlage 34 läßt.

Schriftliche Antwort Für die Anschlußstrecke läuft zur Zeit das Plan-
feststellungsverfahren nach §§ 17, 18 Bundesfern-
des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom straßengesetz. Sobald der Plan festgestellt ist, sind
10. Dezember 1970 auf die Schriftliche Frage des die rechtlichen Voraussetzungen für den Beginn der
Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/1525 Bauarbeiten erfüllt. Mittel sind im 1. Fünfjahres-
Frage B 17) : plan (1971 bis 1975) vorgesehen.
In welcher Höhe wird die Jugendorganisation der Deutschen
Kommunistischen Partei, die SDAJ, über den Bundesjugendring
bzw. über die Landes-, Bezirks- und Kreisjugendringe aus
öffentlichen Mitteln gefördert?

Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend wird


von der Bundesregierung weder direkt gefördert Anlage 36
noch erhält sie Zuwendungen aus dem Bundes-
jugendplan über den Deutschen Bundesjugendring. Schriftliche Antwort

Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend ist des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom
nicht Mitglied des Deutschen Bundesjugendringes; 9. Dezember 1970 auf die Schriftliche Frage des Ab-
ihr Antrag auf Aufnahme als Anschlußverband hat geordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache VI/1525
in der Vollversammlung des Deutschen Bundesju- FrageB20):
4778 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

Ist der Bundesregierung bekannt, daß der ungenügende Aus- c) Strecken, deren Elektrifizierung vertraglich ver-
bau der B 41 zu erhöhter Gefährdung für die Verkehrsteilneh-
mer, darunter auch viele Schulkinder, führt, und ist die Bundes- einbart worden ist.
regierung bereit, die Bundesstraße 41 deshalb vierspurig aus-
zubauen?
In den Jahren davor umfaßte Punkt c) auch noch
Die Verkehrsverhältnisse auf der B 41 werden Strecken, deren Elektrifizierung geprüft wird. Hier-
laufend verbessert. Fertiggestellt sind die Umge- zu gehörte u. a. die Strecke (Hannover)—Lehrte-
hungsstraßen Kirn und Elchweiler — Burbach, die Braunschweig—Helmstedt. Infolge des Verzichts auf
Ortsdurchfahrt Martinstein, der Abschnitt Nuß- die Wiedergabe von Strecken, deren „Elektrifizie-
baum — Sobernheim sowie Waldböckelheim. Im rung geprüft wird", für die also noch keine vertrag-
Bau sind Idar-Oberstein und Weierbach — Nahbol- lichen Vereinbarungen bestehen, enthält die Elek-
lenbach. Zum Bau vorgesehen sind als nächstes die trifizierungskarte der Bundesbahn seit etwa 6 Jah-
Umgehungsstraße Birkenfeld sowie die Herstellung ren keine Angaben mehr für die genannte Strecke.
der Kriechspuren Weinheimer- und Steinhardter
Stich. Die B 41 wird, wie auch auf den bereits fertig- Zur Sache selbst möchte ich noch folgendes be-
gestellten Strecken, zweispurig ausgebaut. merken: Die Genehmigung des Bundesministers für
Verkehr
- zur Umstellung der Strecke (Hannover)
Lehrte—Braunschweig—Helmstedt ist bereits im Er-
laß vom 17. Oktober 1962 erteilt worden. Die
Strecke ist deswegen seinerzeit auch in die Ver-
kehrswegepläne für das Zonenrandgebiet und die
Anlage 37 Bundesausbaugebiete aufgenommen worden als
einer der Strecken, „deren Elektrifizierung vorgese-
Schriftliche Antwort
hen ist oder geprüft wird".
des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom
Wie ich Ihnen bereits im Zusammenhang mit der
9. Dezember 1970 auf die Schriftlichen Fragen des
Fragestunde am 16. Januar 1970 schriftlich mitgeteilt
Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) habe, vertritt das Land Niedersachsen die Auffas-
(Drucksache VI/ 1525 Fragen B 21 und 22) : sung, daß es nicht zu seinen Aufgaben gehöre, sich
Ist die Bundesregierung bereit, die Autobahn-Eckverbindung an der Finanzierung von Elektrifizierungsprogram-
zwischen der HAFRABA (A 10) vom BAB-Dreieck Salzgitter bis men der Deutschen Bundesbahn zu beteiligen. Ohne
zu der Autobahn Berlin—Köln (A 2) nordöstlich von Braun-
schweig mit einem Anschlußstück nach Wolfsburg, für die das Finanzhilfe des Landes ist aber ein ausreichender
Raumordnungsverfahren bereits eingeleitet ist, gemäß der wirt-
schaftlichen Bedeutung dieses Gebietes im Zonengrenzraum in Rationalisierungserfolg für die weniger belastete
ihre Infrastruktur aufzunehmen? Strecke (Hannover)—Lehrte—Braunschweig—Helm-
Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, warum stedt nicht zu erwarten; die Elektrifizierung mußte
die bisher in allen Übersichtskarten der Deutschen Bundesbahn deshalb vorläufig zurückgestellt werden.
vorgesehene Elektrifizierung der Bundesbahnstrecke Hanno-
ver—Braunschweig—Helmstedt, die nicht nur zu den bedeu-
tendsten Ost-West-Verbindungen, sondern auch zur stärksten
Bahnverkehrsader des Industriedreiecks Braunschweig—Salzgit-
ter—Wolfsburg gehört, im Verkehrsbericht 1970 nicht einmal
mehr in der Planung aufgeführt ist?

Der Bundesminister für Verkehr hat einen Be- Anlage 38


darfsplan für die Bundesfernstraßen erarbeitet, der
dem Ausbau in den Jahren 1971 bis 1985 zugrunde Schriftliche Antwort
gelegt werden soll. Dieser Bedarfsplan wurde als
Anlage zu einem Gesetzentwurf am 2. Dezember des Parlamentarischen Staatssekretärs Ravens vom
1970 dem Deutschen Bundestag vorgelegt. Die Eck- 9. Dezember 1970 auf die Schriftliche Frage des Ab-
verbindung Salzgitter—Braunschweig—Wolfsburg geordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache VI/1525
nimmt im Bedarfsplan den Rang der 1. Dringlich- FrageB23):
keitsstufe ein, woraus erkennbar wird, daß auch
Was hat die Bundesregierung bisher hinsichtlich ihrer Ver-
die Bundesregierung dem Bau dieser Strecke beson- sprechungen unternommen, den sozialen Wohnungsbau für
dere Bedeutung beimißt. Entsprechend der Bedeu- alleinstehende Mütter mit unehelichen Kindern attraktiver zu
machen und „Service-Häuser" für diese Mütter und ihre Kinder
tung ist bereits im 1. Fünfjahresplan eine Teil- einzurichten, damit der berufliche Werdegang der ledigen Müt-
ter erleichtert wird, und welche konkreten Schritte plant die
strecke von ca. 10 km zur Fertigstellung vorgese- Bundesregierung zur Verwirklichung dieser Vorhaben?
hen, auf den übrigen Teilstrecken wird im gleichen
Zeitraum voraussichtlich nahezu vollständig der Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß auch im
Bau beginnen. Rahmen des öffentlich geförderten Wohnungsbaues
Maßnahmen getroffen werden müssen, die den ledi-
Die im Verkehrsbericht 1970 der Bundesregie- gen Müttern die Wiedereingliederung in das beruf-
rung (Drucksache VI/ 1350) auf Seite 37 wiedergege- liche Leben erleichtern. Sie unterstützt deshalb den
bene Karte wurde auf der Grundlage der von der Bau von Service-Häusern.
Deutschen Bundesbahn regelmäßig herausgegebene-
nen Elektrifizierungskarten gedruckt. In diesen Kar- Das Bundesministerium für Städtebau und Woh-
ten stellt die Deutsche Bundesbahn seit 1964 nur nungswesen wird demnächst in seiner Schriften-
noch dar: reihe „Aus der Praxis für die Praxis" die Ergebnisse
eines Untersuchungsauftrages veröffentlichen und
a) Strecken mit elektrischem Zugbetrieb
damit der interessierten Öffentlichkeit zugänglich
b) Strecken in Umstellung auf elektrischen Zug- machen. Dieser Untersuchungsauftrag soll Grund-
betrieb lagen vermitteln über die Möglichkeit einer wirt-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970 4779

schaftlichen Baudurchführung solcher Service-Häu- Frage der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU CSU)
ser. (Drucksache VI/ 1525 Frage B 25) :
Dabei kommt der Wirtschaftlichkeitsberechnung Wieviel der Mehraufwendungen fur den Ausbau und Neubau
in Form einer eingehenden Kosten-Nutzen-Analyse der Hochschulen wurden im Jahre 1970 bzw. werden voraus-
sichtlich im Jahre 1971 durch Kostensteigerungen auf dem Bau-
eine besondere Bedeutung zu. Die bisherigen Erfah- markt aufgezehrt, und wie hoch sind die Folgekosten, die den
Ländern. durch den verstärkten Ausbau des Hochschulbereichs
rungen haben nämlich gezeigt, daß die gebäude- in diesem Zeitraum entstehen?
planerischen Anforderungen im allgemeinen die
Möglichkeiten der Förderung im Rahmen des öffent-
lich geförderten sozialen Wohnungsbaues überstei-
gen. Damit sind auch die Möglichkeiten einer Durch-
1. Die Ausgaben des Bundes für den Hochschulbau
führung im Rahmen von Versuchs- und Vergleichs-
betrugen 1969 rund 616 Millionen DM und wer-
bauten und Demonstrativmaßnahmen Grenzen ge-
den 1970 um 950 Millionen DM liegen. Die Erhö-
setzt. Gleichwohl bemüht sich die Bundesregierung,
hung macht also 334 Millionen DM (= rund54 %)
im Rahmen von Versuchs- und Vergleichsbauten
aus.
und von Demonstrativmaßnahmen Beispiele für Ser-
vice-Häuser zu realisieren — so im Saarland, in Eine exakte Errechnung der hiervon für Baupreis-
Bremen und in Berlin —, bei denen der Umfang der steigerungen anzusetzenden Teils ist aus folgen-
wohnungsergänzenden Dienstleistungen mit den den Gründen nicht möglich:
jeweils zur Verfügung stehenden Mitteln in Ein- a) Nur ein Teil der Aufträge, für die aus den
klang zu bringen ist. Bundesmitteln Zahlungen geleistet werden,
ist 1969 vergeben worden, und das auch nicht
notwendig mit der Folge, daß die 1970 zu lei-
stenden Zahlungen in jedem Falle mit einer
Anlage 39 Kostensteigerung belastet werden. Es kommt
hier auf die Vertragsgestaltung im Einzelfall
Schriftliche Antwort
an.
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von b) Ein besonderer Baukostenindex für Hoch-
Dohnanyi vom 10. Dezember 1970 auf die Schrift- schulbauten, die zu einem geringeren Teil dem
liche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Walz- (CDU! Tiefbau und ganz überwiegend den verschie-
CSU) (Drucksache VI/1525 Frage B 24) : densten Nutzungszwecken des Hochbaus
Hat die Bundesregierung Vorschläge bereit bzw. sind ihr (beispielsweise eher büroartiger oder eher
Vorschläge bekannt, wie das Defizit von 120 000 Studienplätzen
zu beseitigen ist, das sich — vgl. die 5. Sitzung des Planungs- gewerblicher Nutzung vergleichbar) zuzurech-
ausschusses fur den Hochschulbau am 21. Oktober 1970 unter
Vorsitz von Bundesminister Leussink —aus dem für 1975 zu
nen sind, wird z. Z. von der Informations-
erwartenden Mehrbedarf von 220 000 Studienplätzen einerseits stelle für wirtschaftliches Bauen gemeinsam
und dem Stand der geplanten Hochschulneugründungen mit einer
Kapazität von insgesamt 100 000 neuen Studienplätzen anderer- mit dem Statistischen Bundesamt erarbeitet.
seits ergibt? Daher muß sogar bei pauschalen Angaben zu
Der Bund erfährt die Ausbaupläne der Länder Preissteigerungen auf einen verläßlichen spe-
durch ihre Anmeldungen im Rahmen der Gemein- ziellen Maßstab verzichtet werden.
schaftsaufgabe Hochschulbau. Diese Anmeldungen Es kann-nur auf der Grundlage der allgemeinen
liegen noch nicht vollständig vor. durchschnittlichen Baupreissteigerungen von 1969
Eine erste Auswertung zeigt jedoch, daß die An- auf 1970 in Höhe von rund 18 % ein prozentualer
meldungen an einer Gesamtzahl von etwa 680 000 Anteil an dem Steigerungssatz von rund 54
Studienplätzen für das Jahr 1975 orientiert sein ermittelt werden, der rechnerisch auf Preis-
dürften. Ob die in den Anmeldungen genannten steigerungen entfällt. Dieser Satz würde rund
baulichen Maßnahmen und das geplante Lehr- 23 % betragen, so daß selbst bei der Annahme
personal für eine entsprechende Studentenzahl im eines totalen Durchschlagens der Kostensteige-
Jahre 1975 tatsächlich ausreichen werden, kann erst rung immerhin rund 31 %„echte" Steigerung
eine detaillierte Auswertung der Anmeldebogen er- mit der Folge einer Erweiterung des Bauvolu-
geben. Diese Auswertung ist gegenwärtig beim mens bleiben.
Wissenschaftsrat im Gange.
2. Nach dem augenblicklichen Stand der Informa-
Erst die Auswertung dieser Anmeldebogen wird tionen wird für die nächste Zeit nicht mit einem
ergeben, wie sich die neuen Studienplätze auf be-
nennenswerten weiteren Ansteigen der Bau-
stehende und neue Hochschulen verteilen werden.
preise gerechnet. Es läßt sich also noch nicht
Ich bin gerne bereit, Sie nach Abschluß der Aus-
darstellen, ob und gegebenenfalls in welcher
wertungen von dem Ergebnis zu unterrichten.
Höhe auch ein rechnerischer Anteil von der zu
erwartenden Steigerungsquote der Bundesmittel
für den Hochschulbau von 1970 auf 1971 auf
Baupreissteigerungen entfallen würde.
Anlage 40

Schriftliche Antwort II

des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Doh 1. Eine exakte Zahlenbeziehung zwischen Investi-
nanyi vom 8. Dezember 1970 auf die Schriftliche tions- und Folgekosten im Hochschulbau gibt es
4780 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1970

nicht. Beispielsweise ist zu berücksichtigen, daß 2. Nach einer „Faustregel" wurde lange Zeit an-
bei Ersatzbauten keine neuen Folgekosten ent- genommen, daß die Folgekosten im Hochschul-
stehen, wenn die alten Gebäude abgerissen bereich im Durchschnitt etwa innerhalb von fünf
werden, weil dann alles in allem der neue Bau Jahren jeweils einmal die Höhe der Investitions-
mit Folgekosten an die Stelle des alten tritt. kosten erreichen. Untersuchungen, die eine Prü-
Folgekosten in voller Höhe entstehen bei einem fung dieser Annahme ermöglichen sollen, sind
Neubau, der zu einer echten Kapazitätserweite- z. Z. im Bundesministerium für Bildung und
rung der Hochschule und damit insoweit auch zu Wissenschaft im Gange. Diese Faustregel gilt
Personalneueinstellungen führt. Dazwischen lie- aber, wie gesagt, mit den Einschränkungen zu
gen verschiedene Möglichkeiten, die stichwort- II. Ziff. 1.
artig mit „Nutzerwechsel in Altbauten", „Auf-
gabe von Mietprojekten" und „Bauausweitung 3. Nach einer Schätzung des Bundesministeriums
ohne Kapazitätsausweitung" angedeutet werden für Bildung und Wissenschaft werden sich die
sollen. fortdauernden Ausgaben für den gesamten Hoch-
schulbereich in den Jahren 1970 und 1971 wie
Außerdem ist zu berücksichtigen, daß in einem folgt erhöhen:
bestimmten Zeitraum nicht alle Leistungen zum 1970 um 530 Millionen DM auf 4,76 Mrd. DM
Abschluß neuer Investitionen führen. 1971 um 580 Millionen DM auf 5,34 Mrd. DM.

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