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Deutscher Bundestag

32. Sitzung

Bonn, den 22. Mai 1962

Inhalt:

Abg. Porzner tritt in den Bundestag ein . 1349 A Entwurf eines Gesetzes zur Einschränkung
der Bautätigkeit (Drucksachen IV/353,
IV/341) ; Mündlicher Bericht des Wirt-
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des schaftsausschusses (Drucksache IV/411)
Einkommensteuergesetzes (FDP) (Druck-

Zweite und dritte Beratung


sache IV/342) — zusätzliche Ausschuß-

überweisung — 1349 A Junghans (SPD) . . . . 1352 D, 1358 B


Brand (CDU/CSU) 1354 A
Bericht des Außenhandelsausschusses über Dr. Atzenroth (FDP) . . 1354 B, 1355 A,
den Entwurf einer Fünfzehnten Verord- 1358 C
nung zur Änderung des Deutschen Zoll- Börner (SPD) 1355 C
tarifs 1962 (GATT-Ausgleichszugeständ-
nisse) (Drucksachen IV/385, IV/412) —
Leber (SPD) . . 1355 A, 1359 A, 1360 A,
Fortsetzung der Beratung — . . . . . 1349 B 1361 D, 1362 C
Dr. Imle (FDP) 1360 C
Bericht des Außenhandelsausschusses über Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 1361 A
den Entwurf einer Zwanzigsten Verord-
nung zur Änderung des Deutschen Zoll- Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung
tarifs 1962 (Frühkartoffeln) (Drucksachen von Prämien für Sparbeiträge (SPD)
IV/402, IV/413) — Fortsetzung der Bera- (Drucksache IV/273) — Erste Beratung ;

tung — 1349 C in Verbindung mit dem


Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Bericht des Außenhandelsausschusses über Spar Prämiengesetzes (CDU/CSU, FDP)
-

den Entwurf einer Einundzwanzigsten (Drucksache IV/407 [neu]) — Erste Bera-


Verordnung zur Änderung des Deutschen tung — 1362 D
Zolltarifs 1962 (Kraftwagen zum Beför-
dern von Personen) (Drucksachen IV/410, Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag
IV/414) — Fortsetzung der Beratung —
vom 27. November 1961 mit der Republik
Dr. Deist (SPD) 1349 D Österreich zur Regelung von Schäden der
Vertriebenen, Umsiedler und Verfolgten
Schmücker (CDU/CSU) 1350 D usw. (Finanz- und Ausgleichsvertrag)
Dr. Dörinkel (FDP) . . . . . . 1351 A (Drucksache IV/392) — Erste Beratung — 1362 D
II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962

Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Bericht des Außenhandelsausschusses über


Änderung des Lastenausgleichsgesetzes die Zwölfte Verordnung zur Änderung
(16. ÄndG LAG) (Drucksache IV/395) — des Deutschen Zolltarifs 1962 (Anglei-
Erste Beratung — 1363 A chungszoll für Fondantmasse — Neufest-
setzung) vom 27. Februar 1962 (Druck-
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Ände- sachen IV/241, IV/389) . . . . . . . 1363 C
rung des Milch und Fettgesetzes (Abg.
-

Struve, Bauer (Wasserburg), Bauknecht, Bericht des Außenhandelsausschusses über


Dr. Pflaumbaum, Gibbert, Krug, Lücker die Erste Verordnung zur Änderung der
(München), Dr. Schmidt (Gellersen), Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außen-
Seither, Dröscher, u. Gen.) (Drucksache wirtschaftsverordnung vom 7. März 1962
IV/358) — Erste Beratung —; (Drucksachen IV/257, IV/390)
in Verbindung mit dem Bading (SPD) 1363 D
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Ände-
rung des Milch und Fettgesetzes (FDP)
-
Bericht des Außenhandelsausschusses über
Drucksache IV/408) — Erste Beratung — die Neunte Verordnung zur Änderung
des Deutschen Zolltarifs 1962 (internatio-
Dr. Frey (CDU/CSU) 1363 B nale Vereinheitlichung; Apfelsinen usw.)
vom 6. April 1962 (Drucksachen IV/361,
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für IV/391) 1364 C
Gesundheitswesen über den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU, FDP betr. Ra- Nächste Sitzung 1364 C
dioaktivität der Luft und des Regens
(Drucksachen IV/15, IV/281) 1363 C Anlagen . . 1365
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1349

32. Sitzung

Bonn, den 22. Mai 1962

Stenographischer Bericht Punkt 2:


Fortsetzung der Beratung des Schriftlichen Be-
Beginn: 15.02 Uhr richts des Außenhandelsausschusses (17. Aus-
schuß) über den von der Bundesregierung
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Die Sitzung eingebrachten Entwurf einer Zwanzigsten
- ist eröffnet. Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1962 (Frühkartoffeln) (Drucksachen
Meine Damen und Herren, zunächst teile ich mit, IV/402, IV/413)
daß für den verstorbenen Abgeordneten Reitzner
am 21. Mai der Abgeordnete Porzner in den Bundes- Bei den Punkten 2 und 3 ist die Situation fol-
tag eingetreten ist. Ist Herr Porzner im Saal? gende. Wir befinden uns noch nicht in der Abstim-
- mung; die Aussprache ist geschlossen, kann aber,
(Abg. Dr. Mommer: Er hat sich für heute wenn das Haus es wünscht, jederzeit wieder eröff-
entschuldigt!) net werden.
Zweitens: In der 28. Sitzung am 9. Mai 1962 ist der (Unruhe bei der SPD.)
von der Fraktion der FDP eingebrachte Entwurf
eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuer- — Sie wollen nicht, daß ich die Aussprache wieder
gesetzes Drucksache IV/342 — dem Finanzaus-

eröffne, sondern möchten dazu eine Erklärung abge-
schuß — federführend — und dem Ausschuß für ben?
Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung über- (Abg. Dr. Schäfer: Nur zu Punkt 3!)
wiesen worden. Der Wirtschaftsausschuß hat mir — Also Abstimmung zu Punkt 2. Wer entsprechend
mitgeteilt, daß er den Wunsch habe, an der Bera- dem Antrag des Ausschusses dem Verordnungsent-
tung dieser Vorlage, die er als ein wesentliches wurf zustimmen will, den bitte ich um ein Handzei-
Teilstück der vorgeschlagenen Maßnahmen zur vor- chen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei eini-
übergehenden Eindämmung der Bautätigkeit be- gen Gegenstimmen angenommen.
trachte, wegen der wirtschaftlichen Konsequenzen
mitbeteiligt zu werden. Ist das Haus damit einver- Punkt 3:
standen? — Kein Widerspruch; es ist so beschlos-
sen. Fortsetzung der Beratung des Mündlichen Be-
richts des Außenhandelsausschusses (17. Aus-
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir schuß) über den von der Bundesregierung
zur Tagesordnung. Ich rufe auf: eingebrachten Entwurf einer Einundzwanzig-
Fortsetzung der Beratung des Schriftlichen Be- sten Verordnung zur Änderung des Deutschen
richts des Außenhandelsausschusses (17. Aus- Zolltarifs 1962 (Kraftwagen zum Befördern
schuß) über den von der Bundesregierung von Personen) (Drucksachen IV/410, IV/414)
eingebrachten Entwurf einer Fünfzehnten Ver- Wird Eröffnung der Aussprache gewünscht?
ordnung zur Änderung des Deutschen Zoll-
(Zuruf von der SPD und Zuruf des Abg.
tarifs 1962 (GATT-Ausgleichszugeständnisse)
Schmücker: Eine Erklärung zur Abstimmung
(Drucksachen IV/385, IV/412)
nur!)
Bei diesem Punkt befinden wir uns in der Abstim-
— Erklärungen zur Abstimmung?
mung. Die Aussprache ist also geschlossen; ich kann
sie auch nicht wieder eröffnen. Sie hatten sich zuerst gemeldet; bitte, Herr Abge-
(Abg. Dr. Mommer: Eine Erklärung zur Ab ordneter Deist!
stimmung!)
— Zu Punkt 1? — Sie meinen den Punkt 3. Dr. Deist (SPD) : Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Die sozialdemokratische Bundestags-
(Heiterkeit.)
fraktion bedauert es, daß die ungerechtfertigten
Wir sind in der Abstimmung zu Punkt 1, der die Preiserhöhungen, die seit dem 1. April in der Auto-
GATT-Ausgleichszugeständnisse betrifft. Wer dem mobilindustrie durchgeführt wurden, nicht durch
Verordnungsentwurf zustimmt, den bitte ich um ein eine zielbewußte Politik der Preisstabilität verhin-
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — dert worden sind. Durch die Teilprivatisierung des
Der Verordnungsentwurf ist angenommen. Volkswagenwerks haben Bundesregierung und Bun-
1350 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
Dr. Deist
destagsmehrheit ein wichtiges Instrument der Preis- Bei der heutigen Entscheidung geht es nicht allein
politik auf einem Markt, der von einigen wenigen um den Preis für den Volkswagen. Es geht auch
Großunternehmen beherrscht wird und auf dem das nicht allein um die Automobilpreise insgesamt. Hier
Volkswagenwerk die Rolle eines Preisführers spielt, steht die gesamte Politik der Bundesregierung zur
leichtfertig aus der Hand gegeben. Sicherung stabiler Preise zur Erörterung.
(Beifall bei der SPD und Rufe von der CDU/ Seit Jahren steigt das allgemeine Preisniveau
CSU: Oho! — Abg. Schmücker: Wo war ständig. Im Laufe des letzten Jahres stiegen die Le-
denn Niedersachsen?) benshaltungskosten wieder um rund 4 %. Diese Ent-
In Übereinstimmung mit der Bundesregierung ha- wicklung ist eindeutig darauf zurückzuführen, daß
ben die Vertreter der Bundesregierung im Auf- die Bundesregierung zuviel redet und zuwenig han-
sichtsrat des Volkswagenwerkes darauf verzichtet, delt.
volkswirtschaftliche Überlegungen zur Geltung zu (Beifall bei der SPD.)
bringen. Infolgedessen unternahm die Bundesregie- Wir haben auch kein Vertrauen zur Regierung, daß
rung auch nichts, als der Aufsichtsrat im Dezember sich das in Zukunft ändern wird. Aber wir wollen
des vergangenen Jahres über die Absichten einer der Öffentlichkeit deutlich machen, daß eine verant-
Preiserhöhung unterrichtet wurde. wortungsbewußte Regierung ausreichende Möglich-
keiten besitzt, unerwünschten Preiserhöhungen
Auch nach der Veröffentlichung der Preiserhö- wirksam zu begegnen. Wir werden dafür Sorge tra-
hung am 28. März hat die Bundesregierung zu- gen, daß in Zukunft in jedem Falle an diesem Bei-
nächst keinen ernsthaften Willen zum Eingreifen spiel geprüft wird, ob die Regierung bereit ist, über-
erkennen lassen. all dort einzugreifen, wo ungerechtfertigte Preiser-
Der Verzicht auf rechtzeitige Maßnahmen zur höhungen vorgenommen werden.
Sicherung stabiler Preise führt nunmehr zu dem (Beifall bei der SPD.
Vorschlage, nachträglich durch Zollsenkungsmaß- Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion läßt
nahmen die Folgen der eigenen Unterlassungen zu sich weder durch eine irreführende Propaganda
korrigieren. noch durch die taktischen Winkelzüge innerhalb der
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion be- Regierungsmehrheit in ihrer Entscheidung beein-
dauert es, daß es sich bei der Vorlage der Bundes- flussen. Sie fällt ihre Entscheidung aus sachlichen
regierung nicht um einen Akt zielbewußter Preis- Überlegungen. Darum werden wir der Zollsen-
politik handelt, sondern daß hier Erwägungen des kungsvorlage zustimmen.
Prestiges der verschiedenen Personen und Gruppen (Beifall bei der SPD.)
innerhalb der Regierungsparteien eine Rolle ge-
spielt haben. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Als Sprecher
(Sehr richtig! bei der SPD. — Zurufe von der der Fraktion der CDU/CSU hat Herr Abgeordneter
Mitte.) Schmücker das Wort.
Der Vergleich zwischen der Stahlpreiserhöhung in
Nordamerika und der Automobilpreiserhöhung in SChmücker (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
Deutschland spricht Bände. In den Vereinigten Staa- Damen und Herren! Ich habe die Ehre, zur Abstim-
ten wurde eine ungerechtfertigte Preiserhöhung mung folgende Erklärung abzugeben, und ich werde
mich bemühen, nach Form und Inhalt im Rahmen
durch die Aktivität der Regierung innerhalb von
einer solchen Erklärung zu bleiben.
drei Tagen rückgängig gemacht; in der Bundesrepu-
blik verstrichen nach Veröffentlichung der Preis- (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)
erhöhung vier Wochen, bis das erste Gespräch zwi- Die Fraktion der CDU/CSU bedauert außerordent-
schen dem Bundeswirtschaftsminister und der Auto- lich, daß die vorliegende Zollverordnung am ver-
mobilindustrie stattfand; und genau sieben Wochen gangenen Freitag durch Herstellung der Beschluß-
verstrichen, bis die Zollsenkungsvorlage dem Bun- unfähigkeit nicht verabschiedet werden konnte.
destag zuging.
Die CDU/CSU hat in der Freitagaussprache aus-
Wir verfolgen mit Sorge die Versuche, in der führlich ihren Standpunkt begründet. Ich beziehe
Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, als wenn mich darauf und wiederhole, daß es uns aus gesamt-
die wirtschaftliche Lage der Automobilindustrie oder wirtschaftlichen Überlegungen geboten erscheint,
gar die Arbeitsplätze gefährdet seien. Derartige Be- durch Aussetzung der Zölle für Kraftwagen über
hauptungen sind nachweislich unzutreffend. Wir 800 Kubikzentimeter die angespannte Lage auf dem
verkennen nicht, daß es Werke gibt, die schwer zu Automarkt aufzulockern. Die CDU/CSU hält die
kämpfen haben. Aus diesem Grunde begrüßen wir Verabschiedung der Zollvorlage für dringlich und
es, daß die Hersteller von Kleinwagen bis zu wichtig und beantragt namentliche Abstimmung.
800 ccm Hubraum von der Zollsenkung freigestellt
werden. Insgesamt sind die Lage der Automobil- (Beifall bei der CDU/CSU.)
unternehmen und ihre Zukunftsaussichten aber gut.
Es ist unmöglich, die Preispolitik nach den Betrie- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Sie haben
ben auszurichten, die am teuersten arbeiten. Wenn den Antrag gehört.
hier wirtschaftliche und soziale Fragen entstehen, Vor der Abstimmung gebe ich das Wort zu einer
können und müssen sie auf andere Weise gelöst Erklärung der Fraktion der FDP dem Herrn Abge-
werden. ordneten Dörinkel.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1351

Dr. Dörinkel (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr Dr. Dr. h. c. Erhard Dr. von Merkatz
Etzel Mick
verehrten Damen und Herren! Die Bundestags- Dr. Even (Düsseldorf) Müller (Aachen-Land)
fraktion der Freien Demokraten bedauert, daß der Even (Köln) Müller (Remscheid)
Vorstand des Volkswagenwerkes trotz des Appells Falke Müser
der Bundesregierung zum Maßhalten den Inlands- Dr. Franz Nieberg
Franzen Niederalt
preis für den Volkswagen erhöht hat. Eine Zollsen- Dr. Frey (Bonn) Frau Dr. Pannhoff
kung als Antwort auf die Erhöhung des Volks- Dr. Fritz (Ludwigshafen) Dr. Pflaumbaum
wagenpreises lehnt die FDP ab. Zollpolitische Maß- Funk (Neuses am Sand) Dr.-Ing. Philipp
nahmen dürfen nicht den Charakter einer Strafe Gedat Frau Pitz-Savelsberg
erhalten. Gehring Dr. Poepke
Frau Geisendörfer Porten
(Abg. Dr. Löhr: Haben sie ja gar nicht!) Germs Frau Dr. Probst
D. Dr. Gerstenmaier Dr. Ramminger
Die Senkung der Automobilzölle trifft besonders die Gibbert Rauhaus
Firmen, die ihre Preise nicht erhöht haben. Darüber Giencke Dr. Reinhard
hinaus werden die zum großen Teil mittelständi- Dr. Gleissner Riedel (Frankfurt)
Glüsing (Dithmarschen) Rommerskirchen
schen Zulieferindustrien in Mitleidenschaft gezogen. Dr. Götz Ruf
Ohne Anlaß und Grund werden dadurch weite Goldhagen Scheppmann
Kreise der Arbeitnehmer und der Unternehmer ge- Gontrum Dr. Schmidt (Wuppertal)
troffen. Dr. Gossel Schmücker
Gottesleben Frau Schroeder (Detmold)
Nach sorgfältigem Abwägen aller volkswirt- Dr. h. c. Güde Schütz
schaftlichen Gesichtspunkte ist die FDP-Fraktion zu Günther Schulhoff
Haase (Kassel) Frau Dr. Schwarzhaupt
der Meinung gelangt, daß die hier zu beschließende Hahn (Bielefeld) Dr. Schwörer
Zollsenkung eine Maßnahme am falschen Platz und Dr. von Haniel-Niethammer Dr. Seffrin
zur falschen Zeit ist. Sie lehnt deshalb die Vorlage Harnischfeger Seidl (München)
ab. Die FDP-Fraktion wird zur gegebenen - Zeit die Dr. Hauser Dr. Sinn
Dr. Heck Spies
Bundesregierung nach den Wirkungen der Zollsen- Heix Stauch
kung fragen. Hesemann Dr. Stecker
Hilbert Dr. Steinmetz
(Beifall bei der FDP.) Höcherl Stiller
Dr. Höchst Dr. Stoltenberg
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Da- Höfler Stooß
Hörnemann (Gescher) Storch
men und Herren, Sie haben die Erklärungen gehört. Hösl Storm
Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Der Holkenbrink Struve
Hoogen Stücklen
Antrag ist ausreichend unterstützt. Wir stimmen also Horn Sühler
über die Vorlage Drucksache IV/414 namentlich ab. Dr. Huys Dr. Süsterhenn
Ich bitte die Damen und Herren Schriftführer, die Illerhaus Teriete
Stimmkarten einzusammeln. Frau Jacobi (Marl) Tobaben
Dr. Jaeger Dr. Toussaint
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstim- Josten Unertl
mung über den Verordnungsentwurf unter Punkt 3 Dr. Jungmann Varelmann
Dr. Kanka Verhoeven
der Tagesordnung bekannt. Mit Ja haben gestimmt Katzer Frau Vietje
331 uneingeschränkt stimmberechtigte Mitglieder Kemmer Dr. Freiherr v. Vittinghoff
des Hauses und 13 Berliner Abgeordnete. Enthalten Dr. Kempfler Schell
haben sich 21 Mitglieder des Hauses. Mit Nein Frau Klee Vogt
Klein (Saarbrücken) Wacher
haben 81 Mitglieder des Hauses gestimmt. Damit, Dr. Kliesing (Honnef) Wagner (Günzburg)
meine Damen und Herren, ist diese Vorlage in Knobloch Dr. Wahl
namentlicher Abstimmung angenommen. Dr. Knorr Frau Dr. h. c. Weber
Dr. Kopf (Essen)
Krüger Dr. Weber (Koblenz)
Krug Wehking
Ja Blöcker
Kühn (Hildesheim) Weigl
Frau Blohm
CDU/CSU Kuntscher Frau Welter (Aachen)
Blumenfeld
von Bodelschwingh Lang (München) Wendelborn
Dr. Aigner
Dr. BÖhm (Frankfurt) Leicht Wieninger
Dr. Althammer
Frau Brauksiepe Lemmrich Dr. Wilhelmi
Arndgen
Dr. Brenck Lenz (Brühl) Dr. Willeke
Dr. Arnold
Dr. von Brentano Lenze (Attendorn) Windelen
Dr. Artzinger
Brese Leonhard Winkelheide
Baier (Mosbach)
Baldauf Brück Lermer Dr. Winter
Balkenhol Bühler Dr. Löhr Wittmer-Eigenbrodt
Bauer (Wasserburg) Burgemeister Dr. Luda Dr. Wuermeling
Bauknecht Dr. Conring Lücker (München) Wullenhaupt
Bausch Dr. Czaja Maier (Mannheim) Dr. Zimmer
Becker van Delden Dr. Baron Manteuffel Dr. Zimmermann
Berberich Dr. Dichgans Szoege (München)
Bewerunge Diebäcker Dr. Martin
Biechele Dr. Dollinger Maucher Berliner Abgeordnete
Dr. Bieringer Draeger Meis
Dr. Birrenbach Ehnes Memmel Benda
Blank Eichelbaum Mengelkamp Dr. Gradl
Frau Dr. Bleyler Engelbrecht-Greve Menke Dr. Krone
1352 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962

Frau Dr. Maxsein Lemper SPD Dr. Löbe


Mü ller (Berlin) Lenz (Bremerhaven) Logemann
Bazille Dr. Mälzig
Stingl Lücke (Osnabrück)
Lünenstraß Corterier Margulies
Dopatka Dr. Mende
Marx
SPD Matzner Dröscher Dr. h. c. Menne (Frankfurt)
Metter Franke Mertes
Altmaier Geiger
Arendt (Wattenscheid) Metzger Dr. Miessner
Dr. Meyer (Frankfurt) Haage (München) Mischnick
Auge Dr. Harm (Hamburg)
Dr. Dr. h. c. Baade Meyer (Wanne-Eickel) Freiherr von Mühlen
Dr. Mommer Hermsdorf Murr
Bading Frau Dr. Hubert
Bäumer Müller (Nordenham) Ollesch
Mü ller (Worms) Koenen (Lippstadt) Opitz
Bals Kohlberger
Bauer (Würzburg) Dr. Müller-Emmert Peters (Poppenbüll)
Nellen Frau Korspeter Rademacher
Dr. Bechert Lohmar
Behrendt Olenhaur Ramms
Paul Marquardt Reichmann
Bergmann Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h.
Berkhan Peiter Dr. Rieger (Köln)
Peters (Norden) Möller
Berlin Dr. Rutschke
Pöhler Müller (Erbendorf) Sander
Beuster Dr. Nissen
Frau Beyer (Frankfurt) Priebe Schmidt (Kempten)
Regling Rohde Soetebier
Biegler Frau Seppi
Biermann Rehs Spitzmüller
Dr. Reischl Seuffert Dr. Supf
Blachstein Welke
Dr. Bleiß Reitz Wächter
Frau Renger Weltner (Rintelen)
Börner Walter
Brünen Riegel (Göppingen) Weber (Georgenau)
Buchstaller Dr. Rinderspacher FDP Zoglmann
Büttner Ritzel
Dr. Roesch Dr. Achenbach
Busch Dr. Aschoff
Cramer Frau Rudoll
Dr. Atzenroth
Dr. Deist Sänger
Dr. Bucher Enthalten
Diekmann Saxowski
Dr. Schäfer Burckardt CDU/CSU
Frau Döhring (Stuttgart) Busse
Frau Dr. Elsner Frau Schanzenbach Brand
Scheuren Dr. Dahlgrün
Dr. Eppler Dr. Danz Dr. Dr. h.c. Dresbach
Erler Dr. Schmid (Frankfurt) Freiherr zu Guttenberg
Schmidt (Braunschweig) Dr. Dehler
Faller Frau Dr. Diemer-Nicolaus Frau Kalinke
Felder Dr. Schmidt (Gellersen) Missbach
Dr. Schmidt (Offenbach) Döring (Düsseldorf)
Figgen Dr. Dörinkel Müller-Hermann
Folger Schmidt (Würgendorf) Schneider (Hamburg)
Schröder (Osterode) Dorn
Dr. Frede Dürr Stein
Frehsee Seibert Werner
Seifriz Dr. Effertz
Frau Freyh (Frankfurt) Eisenmann
Gerlach Seither
Stephan Dr. Emde SPD
Glombig Ertl
Gscheidle Striebeck Frau Albertz
Frau Strobel Frau Dr. Flitz
Haase (Kellinghusen) (Wilhelmshaven) Fritsch
Hamacher Strohmayr Höhne
Dr. Tamblé Dr. Hamm (Kaiserslautern)
Hansing Hammersen Junghans
Heide Theis Lautenschlager
Wehner Dr. Hellige
Heiland Dr. Hoven Matthöfer
Dr. Dr. Heinemann Welslau Merten
Frau Wessel Dr. Imle
Hellenbrock Keller Müller (Ravensburg)
Frau Herklotz Wienand Ravens
Wilhelm Frau Dr. Kiep-Altenloh
Herold Kubitza Schmitt-Vockenhausen
Hirsch Wischnewski
Freiherr von Kühlmann - Schwabe
Höhmann Wittrock Seidel (Fürth)
Stumm
(Hessisch Lichtenau) Frau Zimmermann
Hörmann (Freiburg) (Brackwede)
Hufnagel Zühlke (Beifall in der Mitte. — Unruhe.)
Hussong
Iven (Düren)
Berliner Abgeordnete — Meine Herren, die Arbeit geht weiter!
Jacobi (Köln) Frau Berger-Heise
Jahn Braun Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Jaksch Frau Krappe
Neumann (Berlin) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
Jürgensen
Junker Dr. Schellenberg eines Gesetzes zur Einschränkung der Bau-
Kaffka Dr. Seume tätigkeit (Drucksachen IV/353, IV/341)
Kahn-Ackermann Wellmann
Frau Kettig Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses
Killat FDP (16. Ausschuß) (Drucksache IV/411)
Frau Kipp-Kaule
Dr. Koch Dr. Kohut (Erste Beratung 28. Sitzung).
Könen (Düsseldorf) Das Wort hat Herr Abgeordneter Junghans als
Dr. Kübler
Kühn (Köln) Berichterstatter.
Kulawig Nein
Kurlbaum CDU/CSU Junghans (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen
Lange (Essen) unid Herren! Am 16. Mai hat der Wirtschaftsaus-
Langebeck Dr. Elbrächter
Leber Weinzierl schuß gemeinsam mit dem Ausschuß für Wohnungs-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1353
Junghans
wesen, Städtebau und Raumordnung gesetzliche Genehmigung der Kommunen unterliegen, mit er-
Maßnahmen zur Einschränkung der Bautätigkeit be- faßt sind.
raten. Dem Ausschuß haben vorgelegen. der Gesetz- Vom Verbot sollen ausgenommen werden Ersatz-
entwurf der Fraktion der FDP über das Verbot der bauten für zerstörte Gebäude.
Errichtung oder Veränderung von Verwaltungs-,
Büro- und Repräsentationsgebäuden, Drucksache IV/ Da es sich bei diesem Gesetz darum handelt,
341, und der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/ Überhitzungen in der Baukonjunktur zu begegnen,
CSU zur Einschränkung 'der Bautätigkeit, Druck- hat der Ausschuß mit Mehrheit beschlossen, eine so-
sache IV/353. genannte Länderklausel einzufügen, die es ermög-
licht, bestimmte Gebiete, in denen von einer Über-
Die Beschlüsse des Ausschusses liegen Ihnen in hitzung der Baukonjunktur nicht die Rede sein
der Drucksache IV/411 vor. Ich erlaube mir, Ihnen kann, vom Bauverbot auszunehmen. Deshalb wurde
einige kurze Erläuterungen zu geben. auch ein von verschiedenen Ausschußmitgliedern
Es handelt sich darum, daß Gebäude, deren Nut- vorgebrachter Antrag, das Saarland aus bestimmten
zungszweck in § 1 im einzelnen aufgeführt ist und Gründen vom Bauverbot auszunehmen, nicht mehr
für die eine Baugenehmigung nach dem — ich setze zur Abstimmung gestellt. Auf Grund der Befristung
die Annahme des Antrags auf Umdruck 110 voraus des Bauverbots war der Ausschuß der Meinung, daß
— 22. Mai erteilt wurde, bis zum 30. Juni 1963 nicht auch in diesem Falle bestimmte Opfer zugemutet
errichtet werden dürfen. werden können.
Der Ausschuß hat den Katalog des FDP-Antrags Im Ausschuß wurde die Frage geprüft, ob bei der
ausgedehnt. Sie sehen die Ausdehnung im einzelnen Durchführung dieses Gesetzes Interessenkollisionen
in § 1 Abs. 1. bei den zuständigen Verwaltungsbehörden vorlie-
gen. Diese Frage wurde verneint.
Ferner wurde eine Verschärfung dadurch erreicht,
daß bereits bei mehr als einem Drittel der Nut- Schließlich war der Ausschuß der Meinung, daß
zungsfläche der in den Nrn. 1 bis 3 aufgeführten es sich bei diesem Gesetz um eine grobe Maßnahme
Zwecke das Bauverbot zutrifft. handelt. Über die Wirkung des Bauverbots — das
betrifft die quantitative und die zeitliche Seite —
Im Ausschuß bestand Einigkeit darüber, daß unter kann niemand, also auch nicht der Ausschuß, eine
den Begriff „Versammlungsstätte" nicht Turn- und Voraussage machen. Vor allem aus diesen Erwä-
Sporthallen fallen sollen. gungen hat der Ausschuß davon abgesehen, der
Ferner mußte eine Bestimmung aufgenommen Bundesregierung eine Vollmacht für eine eventuelle
werden, die verhindert, daß ein Gebäude errichtet Verlängerung zu geben. Das Gesetz soll nicht in
wird, das mehreren unter das Bauverbot fallenden Berlin gelten.
Nutzungszwecken dienen soll, wobei jeweils das Der Ausschuß bittet um Annahme des Gesetzent-
eine Drittel nicht erreicht wird. Sie finden eine ent- wurfs in der in Drucksache IV/411 vorgelegten Fas-
sprechende Vorschrift im letzten Satz des § 1 Abs. 1, sung.
in der es heißt:
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich danke
Das gleiche gilt, wenn mehr als ein Drittel der
dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Beratung
Nutzungsfläche des Gebäudes mehreren der in der zweiten Lesung.
Nummern 1 'bis 3 genannten Nutzungszwecke
dienen soll. Ich rufe auf § 1. Meine Damen und Herren, Sie
haben bemerkt, daß die Änderungsanträge Um-
Im übrigen darf bemerkt werden, daß in § 1 immer drucke 102, 106 und 108 durch den Änderungsantrag
nur Bezeichnungen verwandt wurden, die baupolizei- Umdruck 111 ersetzt worden sind. Die Änderungs-
lich eindeutig sind. anträge Umdrucke 107 und 109 sind zurückgezogen.
Verboten sind ferner Änderungen an den im Ka- Das gleiche gilt für die Änderungsanträge Um-
talog aufgeführten Gebäuden oder Änderungen drucke 104 und 105. Dafür habe ich einen Ände-
eines anderen Gebäudes, wenn es den im Katalog rungsantrag zum Änderungsantrag der Fraktion der
aufgeführten Nutzungszwecken zu mehr als einem CDU/Szu§1Abs.Nr4,denichauf-
Drittel zugeführt werden soll. Unterhaltungsarbeiten rufen werde.
und Modernisierungsarbeiten unterliegen selbstver- Zunächst der Änderungsantrag Umdruck 110 zu
ständlich nicht dem Bauverbot. Außerdem sollen § 1! Wird dazu das Wort gewünscht? —
Luxusbauten und die Errichtung größerer Wochen- (Zurufe: Zur dritten Beratung beantragt!)
endhäuser verboten werden. Der Ausschuß war sich
darüber im klaren, daß hinsichtlich der Luxusbauten — Entschuldigen Sie! Ist das alles dritte Beratung?
eine Festlegung nach der Größe zweckmäßiger ge- — Man könnte sich ja auch über die Fristen ver-
wesen wäre, konnte aber keine praktikable Lösung ständigen, dann könnte man es in der zweiten Le-
finden, da hierzu die §§ 82 und 89 des Zweiten sung machen. Aber sicher ist sicher. Alles, was ich
Wohnungsbaugesetzes keine ausreichende Hand- gesagt habe, gilt also für die dritte Lesung.
habe bieten. Für die zweite Lesung sind keinerlei Anträge ge-
In Abs. 3 Nr. 1 wird durch die Aufnahme des stellt.
Wortes „Zustimmung" sichergestellt, 'daß auch die Ich rufe auf die §§ 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, Einleitung und
Behördenbauten, z. B. Länderbauten, Bauten von Überschrift. Wird das Wort gewünscht? — Das ist
Landesarbeitsämtern, die nicht der baupolizeilichen nicht der Fall.
1354 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wer zustimmen will, den bitte ich uni ein Hand- biete der Bauwirtschaft von seiten der Regierung
zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei und von seiten des Parlaments etwas unternommen
zahlreichen Enthaltungen in zweiter Lesung ange- werden müsse, um eine unheilvolle Entwicklung ab-
nommen. zubremsen. Wir haben uns dabei vorgenommen,
Ich rufe auf die unter allen Umständen alle Maßnahmen darauf ab-
zustimmen, daß sie mit unserer marktwirtschaft-
dritte Lesung. lichen Konzeption zu vereinbaren sind.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Herr Ab-
geordneter Brand! Die erste Maßnahme, die dieses Parlament getrof-
fen hat, berührt die öffentliche Hand, wenigstens
soweit wir über die Mittel der öffentlichen H and
Brand (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Damen
verfügen können, nämlich den Bund selber. Er hat
und Herren! Die Situation unseres Baumarktes ist
sichdurenÄgs§8dHauhlt-
schon seit einiger Zeit dadurch gekennzeichnet, daß
gesetzes gewisse Einschränkungen selbst auferlegt,
die Bauunternehmen nicht mehr in der Lage sind,
über deren Umfang wir uns noch eingehend unter-
die gestiegene Nachfrage nach Bauleistungen voll
halten müssen. Wir werden uns die Frage vorlegen
zu befriedigen. Die Baugenehmigungen des Jahres
müssen, ob diese Maßnahme ausreichend sein wird.
1961 übertrafen den Vorjahresstand um 22 %, wäh-
Aber, wie gesagt, das betraf nur Mittel, über die
rend die effektive Bauleistung nur um 7 1/2 % ange-
der Bund zu verfügen hat; es betraf nicht die Län-
stiegen war. Als Folge hiervon sind die Baupreise
der, die Gemeinden und die privaten Bauherren.
in den letzten Jahren wesentlich stärker gestiegen
Auch im Hinblick auf diese mußte irgend etwas
als die Indizes der Erzeugerpreise industrieller Pro-
unternommen werden.
dukte und der Lebenshaltungskosten.
Aus dieser Situation heraus haben wir uns veran- Wir Freien Demokraten hatten einen Gesetzent-
laßt gesehen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der wurf vorgelegt, der ein Verbot beinhaltete, das so
- eng wie möglich begrenzt war, einen gewissen Tat-
eine der möglichen Maßnahmen zur Dämpfung der
Baunachfrage darstellt. Es handelt sich hierbei nicht bestand, nämlich repräsentative und Verwaltungs-
um ein perfektioniertes Gesetz, das alle Eventual- bauten, umfassen und für alle Geltung haben sollte.
fälle sowohl auf der Verbotsseite als auch auf der Der Bund, die Länder und die Gemeinden sowie die
Seite der Ausnahmen erfassen soll. Zur Behandlung privaten Bauherren sollten gleichmäßig erfaßt wer-
eines solchen Gesetzes hätte es vieler Monate sorg- den; niemand sollte ausgenommen werden dürfen.
fältiger Beratungen bedurft. Diese Zeit stand uns Nach unseren Vorstellungen sollte auch keine Be-
aber nicht zur Verfügung. Es galt schnell zu han- hörde in der Lage sein, hierzu einen besonderen
deln, und so haben wir das hier beratene Gesetz Genehmigungs- oder Ablehnungsbescheid erteilen
vorgelegt, das eine zeitlich eng begrenzte Maß- zu können.
nahme darstellt und dessen Funktionieren eine ver- Schließlich sollte dieses Verbot ganz kurz be-
nünftige Handhabung durch die ausführenden Bau- fristet sein. Denn wir sind überzeugt, daß innerhalb
behörden zur Voraussetzung hat. Dieses Gesetz dieses Jahres andere Momente auftreten werden
muß natürlich durch weitere Maßnahmen, z. B. auf und daß wir nach einem Jahre vor einer neuen
steuerlichem Gebiet, ergänzt werden und stellt Sachlage stehen werden. Vielleicht brauchen wir
somit nur eine Teilmaßnahme dar. dann keine solchen Maßnahmen mehr; vielleicht
Ein solcher Eingriff wäre nicht nötig gewesen, müssen wir aber andere Maßnahmen ergreifen, für
wenn alle Bauträger, sowohl die privaten Bauherren die wir innerhalb dieses Jahres Erfahrungen sam-
als auch die öffentliche Hand, das Gemeinwohl stär- meln können.
ker beachtet, sich disziplinierter und weniger ego-
Dieses Verbot sollte nur ein Punkt in dem Ge-
istisch verhalten hätten. samtkomplex der Maßnahmen sein, die wir ergrei-
Eine gesetzliche Maßnahme wie diese macht ge- fen wollen.
wisse Härten unvermeidbar, doch möchte ich noch-
mals darauf hinweisen, daß es sich um eine zeitlich Hinzu kamen drittens steuerliche Maßnahmen.
eng begrenzte Maßnahme handelt und wir einer Wir haben schon einen Gesetzentwurf vorgelegt,
Entwicklung nicht länger untätig zusehen konnten, der heute an den Ausschuß verwiesen worden ist.
deren eigentliche Leidtragenden die Bausparer sind. Er beinhaltet eine Änderung oder vorübergehende
Es hatte etwas zu geschehen, auch wenn es nicht bis Änderung des § 7 b des Einkommensteuergesetzes,
zum letzten perfektioniert werden konnte. die also hier auch zu Dämpfungsmaßnahmen füh-
ren soll. Wir sind der Meinung, daß noch andere
Ich bitte deshalb die Damen und Herren des steuerliche Maßnahmen möglich sind. Wir werden
Hohen Hauses, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. dem Hohen Hause solche in nächster Zeit vorschla-
(Beifall bei der CDU/CSU.) gen. Dabei geht es um die Regelung der Abschrei-
bungsmöglichkeiten mit dem Ziele, daß Bauten zu-
rückgestellt werden oder daß für Bauten, die unter
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat allen Umständen vordringlich ausgeführt werden
Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth. müssen, vielleicht nicht der volle Genuß der steuer-
lichen Abschreibung gewährt wird. Es handelt sich
Dr. Atzenroth (FDP) : Herr Präsident! Meine hier um ein Bukett von Maßnahmen, von dem wir
Damen und Herren! Auch die Freien Demokraten uns nur insgesamt eine Dämpfung der übermäßigen
haben den Eindruck gewonnen, daß auf dem Ge Konjunktur im Baugewerbe erhoffen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1355
Dr. Atzenroth
Es wäre noch eines hinzuzufügen, und hier darf Börner (SPD) : Herr Präsident! Meine sehr ver-
ich meinen Appell an den Kollegen Leber richten.
. ehrten Damen und Herren! Schon bei der ersten Le-
Herr Leber, ich würde es für eine sehr wirkungs- sung dieses Gesetzes, das einen bedeutsamen Ein-
volle zusätzliche Maßnahme zur Einschränkung der griff in den Ablauf unserer Marktwirtschaft dar-
übermäßigen Konjunktur, für eine Maßnahme nach stellt, hat im Namen meiner sozialdemokratischen
der anderen Richtung, zur Schaffung eines neuen Freunde Herr Kollege Leber auf bestimmte neural-
Angebots halten, wenn Sie, vielleicht zusammen mit gische Punkte hingewiesen, die dieser Entwurf eines
den Arbeitgeber-Vertretern Ihrer Branche, zu einer Gesetzes zur Eindämmung der Baukonjunktur ent-
Einigung dahin gehend kämen, daß in diesem und hält.
vielleicht im nächsten Sommer die tarifmäßige Ar-
Ehe ich namens meiner Freunde zur dritten Lesung
beitszeit pro Woche um zwei Stunden erhöht würde.
dieses Gesetzes eine Reihe von allgemeinen Ge-
Durch die dadurch entstehende zusätzliche Kapa-
sichtspunkten anführe, möchte ich mit Ihrem Ein-
zität würde ein zusätzliches Angebot geschaffen,
verständnis, Herr Präsident, noch rein geschäftsord-
und damit würden manche Schwierigkeiten, die auf
nungsmäßig kurz etwas zu unseren Anträgen auf
dem Baumarkt eingetreten sind, vielleicht zu ver-
den Umdrucken 104 und 105 bemerken, weil ich
meiden sein.
glaube, daß unsere Beratung dann etwas vereinfacht
wird.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Gestatten Sie
eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Leber? Die sozialdemokratische Fraktion hat im Hinblick
auf die heutige Verabschiedung des Baustopp-Ge-
setzes zwei Entschließungsentwürfe vorgelegt, die
Dr. Atzenroth (FDP) : Bitte! die Sperrung der Mittel für den Straßenbau und die
Sperrung der Mittel für die Wissenschaftsbauten
Leber (SPD) : Herr Kollege Dr. Atzenroth, können betreffen. Wir haben uns heute in der Fraktion noch
Sie es sich nicht einmal angewöhnen, in mir den einmal über die zweckmäßige Behandlung dieser
Abgeordneten Leber und nicht den Gewerkschafts- Entschließungsanträge unterhalten und möchten
vorsitzenden anzusprechen? Ich wäre sehr dankbar Ihnen sagen, daß wir die beiden Anträge aus dieser
dafür. Debatte zurückziehen wollen, daß wir beide Pro-
bleme und das Problem der Sperrung von Mitteln
Dr. Atzenroth (FDP) : Ich bitte Sie um Entschul- des sozialen Wohnungsbaus aber durch eine erneute
digung, Herr Leber! Antragstellung unverzüglich wieder hier in das Ple-
num des Hohen Hauses bringen werden. Die sozial-
(Abg. Leber: Ich spreche Sie ja auch nicht demokratische Fraktion legt nämlich Wert darauf,
als Fabrikant an!) daß in der Öffentlichkeit nicht nur Deklamationen —
— Gut, dann bitte ich das Hohe Haus um Entschul- auch von Abgeordneten der Koalition — zu diesen
digung, daß ich den Herrn Abgeordneten Leber Fragen abgegeben werden, sondern daß jeder Ab-
angesprochen habe. geordnete bald die Möglichkeit hat, sich hier in der
Sache zu entscheiden.
(Zuruf von der SPD: Das haben Sie eben
nicht getan!) (Sehr gut! bei der SPD.)
Dann darf ich diesen Appell nicht an den Kollegen Deshalb werden wir zweifellos innerhalb der näch-
Leber, sondern an die Gewerkschaft Bau, Steine sten Wochen auf diese Frage zurückkommen. Wir
und Erden und an die Arbeitgeber — natürlich mit hoffen, daß sich dann innerhalb der Koalition der
derselben Begründung — richten. Herr Kollege Dollinger mit seiner uns angenäherten
(Beifall bei der FDP.) Meinung durchsetzt.

An die beiden Sozialpartner richtet sich mein Appell, Nun einiges zu den allgemeinen Punkten dieses
und ich hoffe, daß Sie sich dann, wenn Sie dabei Baustoppgesetzes, das uns heute zur Verabschie-
beteiligt sind, vielleicht meinem Appell anschlie- dung vorliegt. Wir Sozialdemokraten haben schon
ßen werden. bei der ersten Lesung darauf aufmerksam gemacht,
daß es nicht Aufgabe der Wirtschaftspolitik sein
Meine Damen und Herren, alle unsere Maßnah- kann, durch dirigistische Maßnahmen, die zum Teil
men sollen nur dem Ziel dienen, einen möglichst in ihrer Auswirkung heute noch nicht voll zu über-
ruhigen Wirtschaftsablauf zu erreichen. Wenn wir sehen sind, einen Teil der Volkswirtschaft zu dämp-
eine größere Nachfrage befriedigen können, brau- fen. Im Gegenteil, von der Regierung kann verlangt
chen wir keine Dämpfungsmaßnahmen. Wo das werden, daß sie Konjunkturpolitik aus einem Guß
aber nicht zu erreichen ist, müssen wir Dämpfungs- macht. Wir sehen einen inneren Zusammenhang
maßnahmen ergreifen. Diese müssen kurzfristig und zwischen der Zurückhaltung der öffentlichen Hand
sehr klar und eindeutig sein. Ich glaube, daß wir bei Behördenbauaufträgen, diesem Gesetz und ge-
diese Absicht — zu einem kleinen Teil allerdings wissen steuerpolitischen Maßnahmen, über die das
nur mit dem vorliegenden Gesetz — verwirklichen Hohe Haus noch nicht beraten hat, die aber meine
können, wenn die Änderungen, die wir nachher Fraktion nachher durch einen vom Kollegen Leber zu
noch beantragen werden, angenommen sein werden. begründenden Entschließungsantrag in die Diskus-
sion bringen wird und die noch erörtert werden
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat müssen. Wir sind deshalb der Meinung, daß ein
der Herr Abgeordnete Börner. Kausalzusammenhang zwischen allen drei Punkten
1356 Deutscher Bundestag -- 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
Börner
besteht, weil dieses Gesetz, wie es heute in seiner das für eine Überleitung der Wohnungswirtschaft
Unvollkommenheit vorliegt, von keinem, der es mit in die Marktwirtschaft nötig ist.
dem Begriff der Marktwirtschaft ernst meint, als
(Abg. Dr. Czaja: Das hat er ja auch ge
eine befriedigende Lösung angesehen werden kann.
meint!)
Die Sozialdemokraten haben schon in der ersten — Gut, das hat er gemeint. Aber, Herr Dr. Czaja,
Lesung deutlich gemacht, daß sie gewillt sind, ge- eines hat er nicht gemeint, nämlich die Stadtsanie-
wisse in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Sofort- rung, die Sie ja auch schon einmal von dieser Stelle
maßnahmen zu unterstützen. Sie haben danach auch aus angedeutet haben.
ihre Mitarbeit im Ausschuß ausgerichtet. Ich möchte
deshalb namens meiner Freunde hier klar erklären, (Abg. Dr. Czaja: Die will er auch!)
daß all das, was in diesem Entwurf im Hinblick auf Ich möchte namens meiner Freunde sagen, wir
die Dämpfung von Behördenbauten und auf die müssen einmal von der Voraussicht ausgehen, daß
Zurückstellung von Bauten der öffentlichen Hand die Sanierung der großen Städte für die nächsten
steht, die volle Zustimmung der sozialdemokrati- Jahrzehnte schließlich noch ein Problem des Woh-
schen Fraktion findet. Wir sind auch der Meinung, nungsbaus und der Bauwirtschaft überhaupt ist.
daß das nicht nur für den Bund, sondern auch für Man sollte sich deshalb aus Verantwortungsbewußt-
andere öffentliche Bauträger gilt. Man kann diese sein heute vor 'dieser Entwicklung Gedanken dar-
Diskussion aber nicht damit abtun, wie es der Herr über machen, inwieweit das Volumen der Bauwirt-
Bundeswirtschaftsminister in der ersten Lesung ge- schaft ausgedehnt werden und inwieweit der Staat
tan hat, daß man sagt, man müsse 25 000 Gemeinden als Kreditgeber, aber auch mit seinen anderen Me-
bändigen. Man muß vielmehr immer wieder auch an thoden der Wirtschaftspolitik hier vorangehen
das Verantwortungsbewußtsein unserer Kollegen könnte.
appellieren, die auf anderen Ebenen tätig sind und In diesem Zusammenhang möchte ich deutlich
sich in ihren Gemeinden und Landesparlamenten
- mit sagen, 'daß nach Meinung meiner Freunde das Aus-
den gleichen Fragen auseinanderzusetzen haben. maß des Winterbaus in unserem Lande, insbesondere
seine Förderung durch die Behörden noch nicht zu-
Wir sind der Meinung, daß die Sperre von Haus- friedenstellend ist. Wir erkennen an, daß hier in
haltsmitteln des Bundes, soweit sie im Haushalts- den letzten Jahren Fortschritte gemacht worden
gesetz nicht den Straßenbau, den sozialen Woh- sind, und wir sind sogar so unbescheiden, zu mei-
nungsbau und die vorhin von mir erwähnten Wis- nen, daß sie auf unsere Initiative zurückgehen. Wir
senschaftsbauten betrifft, voll gerechtfertigt ist und müssen aber auch darauf hinweisen, daß der öffent-
zweifellos für die nächsten Monate eine gewisse liche Auftraggeber — ob es der Bund, die Länder
Dämpfung der Baukonjunktur mit sich bringen wird. oder 'die Gemeinden sind — 'hier in gewisser Weise
Eine Frage scheint uns im Zusammenhang mit den Pionierarbeit zu leisten hat. Wir glauben deshalb,
Dämpfungsmaßnahmen aber doch wichtig, erörtert zu daß der Winterbau in den nächsten Jahren, gerade
werden, ob es nämlich grundsätzlich richtig ist, die zur Entzerrung des Baumarkts, vom öffentlichen
Nachfrage zurückzudrängen und einzudämmen, ob- Auftraggeber ganz besonders gefördert werden
wohl man genau weiß, daß sie in späteren Zeiten müßte.
einmal wieder zusätzlich zum allgemeinen Bauvolu-
men auf den Markt kommen wird. Die Frage ist, ob Die Beratungen im Ausschuß haben gezeigt, daß
es nicht für eine vernünftige langfristige Wirtschafts- das Dilemma dieses Gesetzes darin besteht, daß
politik sinnvoll ist, sich Gedanken darüber zu ma- man mit den im Katalog genannten Maßnahmen
chen, wie das Angebot an Bauleistungen erhöht wer- immer nur einen Teil des Problems lösen kann. Zum
den kann. andern wurde die Beratung 'dadurch erschwert, daß
eine Reihe von statistischen Angaben und über-
Damit möchte ich gleich eine Bemerkung zu dem haupt Erfahrungen fehlen, um die volkswirtschaft-
machen, was Herr Kollege Atzenroth namens der liche Auswirkung eines solchen Eingriffs in die
FDP an deklamatorischen Erklärungen abgegeben Marktwirtschaft richtig darstellen zu können.
hat. Das ist keine Frage einer längeren Arbeitszeit
der Bauarbeiter. Die Frage ist vielmehr, inwieweit Wir Sozialdemokraten waren bei der Beratung
durch staatliche Maßnahmen die Modernisierung der der einzelnen Paragraphen der Meinung, daß drei
Baumethoden und die Förderung neuer Baumetho- Dinge 'erreicht werden müssen.
den in unserem Lande erreicht werden kann. Erstens darf dieses Gesetz nicht dazu führen, daß
der Wohnungsbau in irgendeiner Form in die
Ich möchte sogar sagen, wir können uns nicht der
Dämpfungsmaßnahmen mit einbezogen wird, insbe-
Meinung des Herrn Bundeswirtschaftsministers Pro-
sondere nicht die Wohnungen, die wir unter der
fessor Erhard anschließen, der bei der ersten Lesung
großen Gruppe des sozialen und steuerbegünstigten
dieses Gesetzentwurfes davon sprach, daß der Woh-
Wohnungsbaus zusammenfassen und von denen wir
nungsbedarf in absehbarer Zeit befriedigt sein
noch einige hunderttausend brauchen, um die Woh-
werde und daß es deshalb keinen Sinn mehr habe,
nungsnot 'in unserem Lande beseitigen zu können.
die Kapazitäten auszudehnen. Herr Bundeswirt-
schaftsminister, ich glaube, jeder, der die Lage auf Wir waren zweitens der Meinung, daß, wenn sich
dem Wohnungsmarkt heute realistisch beurteilt, wirtschaftliche Härten nicht vermeiden lassen, diese
muß zu dem Ergebnis kommen, daß noch eine Reihe Härten innerhalb einer Branche nicht nur den einen
von Jahren notwendig sein werden, um das Ange- oder den anderen treffen sollte, sondern daß, wenn
bot an familiengerechten Wohnungen zu schaffen, hier Opfer gefordert werden, diese Opfer möglichst
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1357
Börner
gleichmäßig verteilt werden müssen. Wir haben des- vorliegenden Gesetz neue Härten schaffen würde.
halb alle Paragraphen abgelehnt oder einschneidend Deshalb haben wir uns für die jetzt im Gesetz ver
mit verändert, die zu einer Diskriminierung be- ankerte allgemeine Fassung ausgesprochen.
stimmter Berufe oder bestimmter Betriebsgrößen Ich bin froh, feststellen zu können, daß unsere
führen konnten. Ich darf nur daran erinnern, daß von Sachlichkeit getragene Argumentation bei
einige Kollegen aus der Koalitionsfraktion in die- einem Teil der Mehrheitsfraktionen — zumindest
sen Entwurf noch einen Teil Mittelstandspolitik hin- bei der CDU — wohlwollende Unterstützung gefun-
eininterpretieren wollten. Dieser Versuch ist zumin- den hat. Ich bedauere, daß dieses — wie ich meine
dest durch unsere Mitarbeit hier in weitestgehen- — vernünftige Ergebnis der Ausschußberatungen
dem Maße gescheitert. heute wieder durch einen Änderungsantrag Ihrer
Drittens waren wir der Meinung, daß — — Freunde in Frage gestellt wird, über den wir im
Laufe der Beratung noch zu sprechen haben werden.
(Zuruf von der CDU/CSU: Dann sind Sie
bewußt gegen den Mittelstand!) Ich möchte Sie dringend darum bitten, die Länder-
klausel, die nicht nur an das Ermessen, sondern
— Entschuldigung, wenn Sie das so mißverstanden auch an das Verantwortungsgefühl der betreffenden
haben. Wir haben uns dagegen verwahrt, daß mit- Landesregierung appelliert, im Gesetz zu belassen.
telständische Aspekte bei der Beratung dieses Ge- Ich darf für meine Freunde sagen, daß der Absatz 4
setzes dominierend sind und die eine oder andere einer der Kardinalpunkte — ich möchte sogar sagen:
Gruppe des Mittelstandes bevorzugt oder benach- der Kardinalpunkt — für unsere eventuelle Zustim-
teiligt wird. Wir sind sehr dafür, daß die Mittel- mung zu diesem Gesetz ist. Wir sind nämlich der
standsförderung bei den Gesetzen, wo man sie be- Meinung, daß es hier nicht darum geht, wirtschafts-
treiben muß, nämlich bei den Steuergesetzen, hier politischen Theaterdonner zu machen, sondern dar-
in diesem Hause konsequenter betrieben wird, als um, aktive Konjunkturpolitik zu betreiben. Wenn
das bisher seitens ihrer Partei geschehen ist.
- Sie aber eine aktive Konjunkturpolitik betreiben
(Beifall bei der SPD.) wollen, dann müssen Sie auch folgendes berück-
sichtigen: in der Beschäftigungsquote des Baumark-
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir tes bestehen von Regierungsbezirk zu Regierungs-
haben uns in der Ausschußberatung auch mit Lei- bezirk und auch von Land zu Land in der Bundes-
denschaft dagegen verwahrt, den Baustopp gleich- republik Deutschland Unterschiede. Deshalb kann
mäßig so nach Art eines Sensenschnittes über die man einer - Landesregierung wohl zumuten, über
ganze Bundesrepublik einzuführen, und zwar ein- diese Frage in eigener Zuständigkeit zu entschei-
fach deshalb, weil man die Verhältnisse in den Bal- den. Wir werden im einzelnen bei der Beratung des
lungszentren des Ruhrgebiets, des Rhein-Main-Ge- Änderungsantrages sicher noch auf einige Aspekte
biets und des norddeutschen Küstenraumes nicht Ihrer neuen Argumentation zurückkommen.
vergleichen kann mit den Entwicklungen im Baye-
rischen Wald, im Zonengrenzgebiet oder auch in Um die Debatte zu vereinfachen, möchte ich gleich
anderen Gebieten der Bundesrepublik, die nicht In- etwas zu den Änderungsanträgen sagen, die im
dustrieschwerpunkte sind. Wir freuen uns, feststel- Laufe der letzten halben Stunde hier vorgelegt wor-
len zu können, daß diese Argumentation der Sozial- den sind und zu denen wir uns in der Fraktion noch
demokraten dazu geführt hat, in den Ihnen vorlie- nicht äußern konnten; deshalb müssen wir das jetzt
genden. Entwurf eine Länderklausel aufzunehmen, unmittelbar tun. Zum ersten darf ich feststellen, daß
auf die der Herr Berichterstatter schon hingewiesen die Sozialdemokraten ihre Auffassung, daß hier
hat und die es der Landesregierung möglich macht, Konjunkturpolitik aus einem Guß gemacht werden
die Kreise oder Regierungsbezirke, in denen keine müsse, durch den Entschließungsantrag auf Umdruck
Bauüberkonjunktur herrscht, von den Maßnahmen 111 untermauern, den mein Kollege Leber noch be-
dieses Gesetzes auszunehmen. Wir werden uns in gründen wird. Nach unserer Meinung geht es nicht
der weiteren Beratung des Entwurfs sehr dagegen an, daß die Koalition in der Öffentlichkeit davon
wehren, daß diese Bestimmung verwässert wird. Sie spricht, man müsse an den § 7 b heran, und dann
haben schon bei der bisherigen Beratung gemerkt, nach einer Weile nichts mehr zu hören ist. Der Herr
daß einer Ihrer Kollegen von der Saar eine Saar Kollege Atzenroth hat hier sogar festgestellt, das sei
Klausel für richtig hielt. Wir unterstützen dieses alles nicht so gemeint, das sei nur für eine gewisse
Begehren. Wir unterstützen auch jede Forderung, Zeit. Wir sind der Meinung — ich will Herrn Kolle-
die Zonengrenzkreise in diese Überlegungen mit gen Leber nicht vorgreifen; er wird das noch im ein-
einzubeziehen. Ich habe im Ausschuß darauf hinge- zelnen ausführen —, daß langfristige konjunktur-
wiesen, daß die Zonengrenzkreise keine Bauüber- politische Maßnahmen auf die Dauer eine vernünf-
konjunktur haben, sondern daß dort die Bauwirt- tigere Art der Konjunkturpolitik sind als ein Gesetz,
schaft in den letzten Jahren ein Mittel der Kon- das die Nachfrage zwar im Moment staut, sie aber
junkturstütze gewesen ist. im nächsten Sommer mit einem Schlag auf den Bau-
markt zurückbringt.
Das gilt nicht nur für die Zonengrenzgebiete und
das Saarland, sondern im besonderen Maße auch Zu Ihrem Änderungsantrag Umdruck 110 darf ich
für die Landschaften abseits der großen Verkehrs- namens meiner Freunde erklären, daß wir den Zif-
wege, die m an unter dem Begriff „Sanierungs- fern 1 und 2 unsere Zustimmung geben. Die sich aus
gebiete" oder „Förderungsgebiete" schon in ande- den Ziffern 3 und 4 ergebenden Fragen werden
ren Gesetzen berücksichtigt hat. Wir glauben, daß durch die Beratungen der nächsten halben Stunde
eine genaue Klassifizierung dieser Gebiete in dem hier entschieden werden.
1358 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
Börner
Ich darf daran erinnern, daß wir bei der ersten rungsgebiete in Schleswig-Holstein, im Emsland und
Lesung nachdrücklich gefordert haben, Verbotsge- im Bayerischen Wald.
setze in einer Marktwirtschaft nur als Ausnahme
Welche Gebiete der Förderungsgebiete bestimmt
zu betrachten. Bis heute noch warten wir darauf, daß
werden sollen, ist dann nach wie vor Sache der
der Herr Bundeswirtschaftsminister mit seiner Koa-
Landesregierung, wenn Angebot und Nachfrage in
lition ein erklärendes Wort dazu sagt, wie er sich
den Bauleistungen ausgeglichen sind. Ich bitte des-
die Entwicklung auf diesem Gebiet auf die Dauer
halb um Annahme des Antrags, den Begriff „Zonen-
vorstellt. Das, was hier in der ersten Lesung zur
randgebiete" zu ersetzen durch den Begriff: „den
Frage der langfristigen Entwicklung in der Bauwirt-
von dem Interministeriellen Ausschuß für Notstands-
schaft gesagt worden ist, ist vom sozialdemokrati-
gebietsfragen (IMNOS) festgelegten Förderungs-
schen Standpunkt aus — und ich glaube, auch von
gebieten für 1961". Ich bitte um Zustimmung zu
weiten Kreisen der Bevölkerung draußen im Lande diesem Antrag.
— als zu mager zu betrachten.
(Beifall bei der SPD.)
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Wird dazu
das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine wei- Dr. Atzenroth.
teren Wortmeldungen in der allgemeinen Aus-
sprache. Die Aussprache ist geschlossen. (Abg. Dr. Atzenroth: Darf ich unseren
Änderungsantrag begründen?)
Ich rufe die Änderungsanträge auf, zunächst den
— Den Antrag der CDU/CSU und FDP.
Änderungsantrag Umdruck 110 Ziffer i zu § 1 Abs. 3
Nr. 1 der Vorlage. Ich frage, ob dieser Änderungs-
antrag begründet wird. — Darauf wird verzichtet. Dr. Atzenroth (FDP) : Meine Damen und Herren!
Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird Die beiden Koalitionsparteien haben sich darüber
nicht gewünscht. Wer diesem Änderungsantrag der abgesprochen, daß § 1 Abs. 4 geändert werden soll.
Fraktionen der CDU/CSU und FDP — Umdruck 110 Ich darf daran erinnern, daß wir es als einen Grund-
Ziffer 1 — zustimmen will, den bitte ich um ein satz bezeichnet haben, das Gesetz müsse einfach zu
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — handhaben sein. Es soll keine Ausnahmen geben,
Dieser Änderungsantrag ist bei einer Enthaltung — die von irgendeiner Behörde kontrolliert, und keine
im übrigen einstimmig — angenommen. Anträge, die entweder durch Ablehnung oder durch
Ich rufe den Änderungsantrag Umdruck 110 Zif- Zustimmung beschieden werden können. Bei der
fer 2 zu § 1 Abs. 3 auf. Wird zur Begründung das Anwendung dieses Gesetzes sollte kein Beamter
tätig werden.
Wort gewünscht? — Der Antrag wird nicht begrün-
det. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Sie sind eine
Fall. Ich' lasse abstimmen. Wer dem Änderungs- Parsifalfigur!)
antrag Umdruck 110 Ziffer 2 zustimmen will, den Im Ausschuß war eine Fassung gefunden worden,
bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — nach der die Länderregierungen Rechte erhalten
Enthaltungen? — Bei zwei Enthaltungen ist dieser sollten, die sie hätten ausüben können, und zwar in
Änderungsantrag angenommen. der verschiedensten Form. Jedes Land hätte bei der
Ich rufe den Änderungsantrag Umdruck 110 Zif- Auslegung mehr oder weniger strenge Maßstäbe
fer 3 auf. Zu diesem Änderungsantrag wird ein Än- anlegen können. Das wollten wir unter allen Um-
derungsantrag der Fraktion der SPD gestellt; der ständen vermeiden. Deswegen ist es für uns auch
Herr Abgeordnete Börner hat schon darauf aufmerk- unmöglich, den Änderungsantrag zu unserem Ände-
sam gemacht. Ist dieser Antrag inzwischen in Ihrer rungsantrag anzunehmen; damit würde wieder eine
Hand, meine Damen und Herren? Vollmacht in die Hände der Länderregierungen ge-
legt, die wir in diesem Zusammenhang, besonders
(Zurufe: Nein!) angesichts der Kurzfristigkeit des Gesetzes, nicht
— Er ist noch nicht verteilt. — Herr Abgeordneter haben wollen.
Junghans, wöllen Sie ihn begründen? Dann lesen Wir haben uns darüber geeinigt, daß nur ein Ge-
Sie ihn bitte vor. biet, und zwar ein klar erfaßbares Gebiet, ausge-
nommen werden soll: die Zonenrandgebiete. Hier
Junghans (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen handelt es sich um ein Politikum. Hier wollen wir
und Herren! Wenn schon nur die Zonenrandgebiete keine Einschränkung der Bautätigkeit. Hier soll
vom Bauverbot ausgenommen werden sollen und grundsätzlich, selbst wenn es einmal Überhitzungs-
nicht die Länderklausel bestehen soll, bitten wir, erscheinungen geben sollte, das Verbot keine Gül-
den Begriff „Zonenrandgebiete" zu erweitern, indem tigkeit haben.
wir sagen: „den von dem Interministeriellen Aus- Unser Änderungsantrag unter Ziffer 3, das Wort
schuß für Notstandsgebietsfragen (IMNOS) festge- „Gebieten" durch das Wort „Zonenrandgebieten" zu
legten Förderungsgebieten für 1961 ". Damit erfassen ersetzen, ist klar und eindeutig und hält sich in dem
wir auch die sogenannten Sanierungsgebiete, die Rahmen, in dem wir das Gesetz gefaßt und verab-
außerhalb der Zonenrandgebiete liegen. schiedet haben wollen.
Dieses Hohe Haus hat seit 1954 die Verbesserung Wir bitten Sie, unseren Änderungsantrag Um-
der Wirtschaftsstruktur in diesen Gebieten beschlos- druck 110 Ziffer 3 anzunehmen und den Änderungs-
sen. Sie erfassen damit zusätzlich auch die Sanie- antrag zu diesem Änderungsantrag abzulehnen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1359

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge- die südbayerischen Gebiete, große Teile von Würt-
ordneter Leber! temberg-Baden, Rheinland-Pfalz mit seinem links-
rheinischem Gebiet, das Emsland, sogar Teile von
Leber (SPD) : Herr Präsident, meine sehr ge- Westfalen; alle diese Gebiete weisen keine Über-
ehrten Damen und Herren! Uns liegt vor der Münd- spannung der Baukonjunktur auf.
liche Bericht des Ausschusses Drucksache IV/411 mit Das ist ein Problem, das besonders die mittelstän-
dem Gesetzentwurf, der unter § 1 die Nr. 4 enthält. dischen Gewerbetreibenden im Baugewerbe angeht.
Uns liegt ferner vor der Antrag der Fraktionen der Auf diese Weise wird deren Tätigkeit gedämpft. Es
CDU/CSU und der FDP Umdruck 102, den Abs. 4 handelt sich um Gewerbebetriebe, die man nicht in
des § 1 zu streichen. die Ballungsgebiete umsetzen kann. Sie können nicht
(Zurufe von der Mitte: Ist doch zurück einen Handwerksmeister, der in diesen Bereichen
gezogen!) vier, fünf Gesellen beschäftigt, in das Ballungsge-
— Also er ist zurückgezogen. biet umsetzen. Erstens kann er wegen seiner maschi-
nellen Einrichtung dort überhaupt nicht tätig wer-
Gestatten Sie mir nun einige Bemerkungen zum den, zweitens bringt er auch die Leute nicht dort-
Änderungsantrag Umdruck 110 Ziffer 3. Die Antrag- hin, die gehen eher dem Baugewerbe verloren, weil
steller gehen von der Überlegung aus — anders sie in andere Bereiche der Wirtschaft abwandern,
kann man das nicht deuten —, daß im gesamten als daß sie sich umsetzen lassen.
Bundesgebiet eine gleichmäßig überhitzte Baukon-
junktur vorliegt. Ich möchte Sie also sehr darum bitten, die Aus-
schußvorlage wiederherzustellen und so dafür zu
(Widerspruch in der Mitte.) sorgen, daß die wichtige Bestimmung des Gesetzes
Dem ist nicht so. Wir haben nachweisbar nur in in § 1 Abs. 4 erhalten bleibt.
einer Anzahl von Ballungsgebieten eine gespannte
- (Beifall bei der SPD.)
Baukonjunktur. Wenn man jetzt antragsgemäß ver-
fährt, erfolgt im gesamten Bundesgebiet eine Dämp-
fung der Baukonjunktur, also auch in den Gebiets- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich lasse ab-
teilen der Bundesrepublik, in denen die konjunk- stimmen, zunächst über den Änderungsantrag der
turelle Situation normal ist. Das muß zu einer gan- SPD zum Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/
zen Reihe von Nachteilen führen. CSU, FDP. Wer diesem Änderungsantrag zum Än-
derungsantrag zustimmt, den bitte ich um ein Hand-
In den Ballungsgebieten herrscht Überkonjunk- zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei
tur. Wenn man eine vernünftigte Konjunkturpolitik einigen Enthaltungen ist der Änderungsantrag ab-
betreiben will, muß man sich mit den in den einzel- gelehnt.
nen Gebieten gegebenen Tatbeständen auseinander-
setzen und die Mißstände beheben, die nun einmal Nun stimmen wir über den Änderungsantrag der
aufgetreten sind. Man kann nicht sagen: Weil in Fraktionen der CDU/CSU, FDP Umdruck 110 Ziffer 3
einer Reihe von Ballungsgebieten in der Bundes- ab. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
republik konjunkturelle Spannungen, Überspannun- zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das
gen herrschen, muß die Konjunktur der Bauwirt- erste war die Mehrheit; der Änderungsantrag Um-
schaft im gesamten Bundesgebiet gleichmäßig ge- druck 110 Ziffer 3 ist angenommen.
dämpft werden. Das aber wird eindeutig das Ergeb- Ich lasse jetzt über § 1 mit den bis jetzt ange-
nis der beantragten Änderung sein. Wenn keine nommenen Änderungen abstimmen. Wer zustimmen
generelle Überhitzung vorliegt, kann man auch will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen-
keine generelle Dämpfung vornehmen, sondern probe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthal-
dämpfen sollte man nur da, wo tatsächlich Überhit- tungen ist der geänderte § 1 angenommen.
zungserscheinungen zu beobachten sind. Zu § 6 liegt noch der Änderungsantrag Umdruck
Hier ist vorgeschlagen worden, die Zonenrand- 110 Ziffer 4 vor. Wird der Änderungsantrag begrün-
gebiete auszunehmen. Wir sind sehr in Sorge dar- det? — Keine Begründung. Es handelt sich darum,
über, daß es einmal gar nicht eindeutig zu definieren hinter dem Wort „Berlin" die Worte „und im Saar-
sein wird, was nun Zonenrandgebiete im eng um- land" anzufügen.
schriebenen Sinne sind.
Wer dem Änderungsantrag Umdruck 110 Ziffer 4
(Widerspruch rechts.) zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.
— Schön, selbst wenn das der Fall wäre — aber es — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Er ist einstim-
wird darüber gestritten—, muß ich sagen: es gibt eine mig angenommen.
ganze Reihe von Bereichen in der Bundesrepublik, Damit, meine Damen und Herren, sind die Ände-
die nicht Zonenrandgebiete sind, in denen die Bau- rungsanträge hierzu erledigt.
konjunktur absolut nicht überspannt ist: der Bayeri-
sche Wald, Wer nunmehr dem Gesetzentwurf in der so geän-
derten Fassung in dritter Beratung zustimmen will,
(Abg. Memmel: Gehört zum Zonenrandge den bitte ich, sich zu erheben. -- Gegenprobe! —
biet! — Weitere Zurufe von der Mitte und Enthaltungen? — Meine Damen und Herren, der
rechts) Gesetzentwurf ist in dritter Lesung bei zahlreichen
— der Bayerische Wald besteht doch nicht nur aus Enthaltungen angenommen.
dem nördlichen Teil, der an die Zone grenzt —
Ich rufe nunmehr den Entschließungsantrag auf,
(weitere Zurufe rechts) den die Fraktion der SPD auf Umdruck 111 vorge-
1360 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962

Präsident D. Dr. Gerstenmaier


legt hat. Ich frage, ob zur Begründung das Wort der dieser Bestimmung ursprünglich zugrunde ge-
gewünscht wird. — Herr Abgeordneter Leber! legen hat. Das ist der Sinn unseres Entschließungs-
antrages. Die Vergünstigungen des § 7 b sollten in
Leber (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und erster Linie nur denen zugute kommen, die ein Ei-
Herren! Ich möchte Sie zunächst bitten, ein bedauer- genheim oder eine Eigentumswohnung errichten
liches Versehen zu entschuldigen, das beim Schrei- lassen, welche sie dann auch tatsächlich benutzen,
ben des Entschließungsantrags unterlaufen ist. Hin- und die nicht nachher damit Geschäfte machen.
ter die Worte „unter Aufrechterhaltung" in der Diese Mißstände müssen beseitigt werden.
dritten Zeile müssen die Worte „der Förderung" Ich bitte Sie, unserem Entschließungsantrag zuzu-
eingefügt werden; es ist sonst mißverständlich. Ich stimmen.
bitte Sie um Verzeihung. (Beifall bei der SPD.)

Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Da- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
men und Herren, es ist also zu lesen: „unter Auf- der Abgeordnete Dr. Imle.
rechterhaltung der Förderung des Baues". — Bitte
sehr. Dr. Imle (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr ge-
ehrten Damen und Herren! Wir haben uns über den
Leber (SPD) : Zum Entschließungsantrag möchte ich § 7 b ja letzthin schon genügend unterhalten, und
folgendes sagen. Die FDP-Fraktion hat einen Antrag die Anträge befinden sich bereits im Ausschuß. Dort
eingebracht, der die Außerkraftsetzung des § 7 b des wird Gelegenheit sein, sich über all diese Fragen
Einkommensteuergesetzes bis zum 5. Januar des näch- eingehend zu unterhalten. Wir sind der Meinung,
sten Jahres bezweckt. Das ist praktisch das Auf-Eis- daß es jetzt keines Auftrages an die Bundesregie-
Legen einer gesetzlichen Bestimmung aus dem Ein- rung bedarf, sondern daß dieser Antrag dem Aus-
kommensteuerrecht, das natürlich seine Wirkungen schuß mit überwiesen werden sollte.
haben wird, aber nach unserer Auffassung nicht das Herr Leber, Sie haben gesagt, der § 7 b beziehe
trifft, was in der letzten Plenardebatte des Bundesta- sich auf Mittel, die zinslos gegeben würden. Das
ges von allen Parteien zum Ausdruck gebracht worden ist nicht zutreffend. Es handelt sich um Mittel zu
ist. Uns geht es nicht darum, § 7 b im Augenblick, billigen Zinsen; zinslose Mittel gibt es nicht.
für eine gewisse begrenzte Zeit, zu dispensieren,
sondern uns kommt es darauf an, § 7 b des Einkom- Weiterhin haben Sie gesagt, unter Aufrechterhal-
mensteuergesetzes gründlich zu reformieren, und tung der Förderung für eigengenutzte Wohngebäude
zwar in einer Weise, wie sie in der letzten Debatte sollte eine mißbräuchliche Ausnutzung des § 7 b
sowohl von Herrn Bundeswirtschaftsminister Erhard und eine ungerechtfertigte Bereicherung vermieden
als auch von Herrn Kollegen Atzenroth bestätigt werden. Dem darf ich entgegenhalten, daß die bis-
worden ist. Wir möchten, daß es nicht bei solchen her geltende Fassung des Gesetzes von uns beschlos-
Erklärungen bleibt, sondern daß der Bundestag sei- sen worden ist und daß die Ausnutzung der Mög-
nen dahingehenden Willen in einer Entschließung lichkeiten eines Gesetzes niemals eine ungerecht-
zum Ausdruck bringt. fertigte Bereicherung und keine mißbräuchliche Aus-
nutzung sein kann.
.Ich möchte noch einmal kurz zusammenfassen, auf
welche Gesichtspunkte es dabei ankommt. Nach un- (Widerspruch bei der SPD. — Abg. Jacobi
serer Auffassung ist der § 7 b, der einmal gut ge- [Köln] : Das ist aber eine Logik!)
meint gewesen sein mag, in der Zwischenzeit eine Wenn das Gesetz in der Auswirkung nicht so ist,
Quelle fast unmoralischer Bereicherungen geworden. wie wir uns das vorgestellt haben, muß man es
Zumindest ist der § 7 b in einer Weise mißbräuch- ändern.
lich benutzt worden, wie es selten mit Gesetzes- (Abg. Jacobi [Köln] : Tun Sie es doch!)
vorschriften geschehen ist. Wir haben das letztemal
hier praktische Beispiele dafür angeführt, die ich Man kann aber nicht sagen, daß es mißbräuchlich
nicht im einzelnen zu wiederholen brauche. Es ist ist, die Möglichkeiten eines Gesetzes in Anspruch
nach unserer Auffassung unmoralisch, wenn jemand, zu nehmen.
der unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel, die (Abg. Jacobi [Köln] : Das ist eine Frage der
er zinslos erhalten hat, so daß er keine Kapital- Moral!)
kosten zu bezahlen braucht, Wohnungen gebaut hat,
diese öffentlichen Gelder in seiner eigenen persön- — Wir werden uns im Ausschuß sehr eingehend
lichen Steuererklärung als steuerbegünstigt absetzen darüber unterhalten.
kann und wenn er dann, nachdem er diese Vor- (Beifall bei der FDP und Abgeordneten der
teile in Anspruch genommen hat, das Eigenheim CDU/CSU. — Unruhe.)
oder das Wohngebäude an einen Dritten verkauft,
der dann der eigentliche Nutzer des Eigenheims Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Da-
oder einer Wohnung in dem Gebäude ist, der aber men und Herren, ich verstehe ja, daß es eine inter-
nuñ keinerlei steuerliche Vorteile hat. Das kann essante Frage ist, ob das, was nicht durch Gesetz
nicht der Sinn des damals vom Deutschen Bundes- ausdrücklich verboten ist, erlaubt ist. Aber wir wol-
tag beschlossenen Gesetzes gewesen sein. len hier bei der Sache bleiben.
Wir sind der Auffassung, daß die Fassung des Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmidt
§ 7 b auf den Gedanken zurückgeführt werden muß, (Wuppertal) .
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1361

Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) : Herr — Selbstverständlich nicht um formaljuristische,


Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! sondern um sehr wirtschaftspolitische und sehr reale
Namens meiner Fraktion beantrage ich, diesen Ent- volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Tat-
schließungsantrag an den Finanzausschuß und zur sachen,
Mitberatung an den Wohnungsausschuß zu über- (Beifall in der Mitte)
weisen. und dazu gehört auch prinzipiell, daß die Privat-
Es ist ein sehr komplexes Problem, das wir hier wirtschaft, wenn sie den Wohnungsbau gewerblich
ansprechen. Es hat eine steuerpolitische Seite, die betreibt, ja in ihrer Bilanz auch Gewinne ausweisen
Sie erkennen, wenn Sie daran denken, daß seiner- will, und Gewinne macht sie dann, wenn sie etwa
zeit die Siebenerreihe eingeführt worden ist, um Eigenheime verkauft, die sie mit Abschreibungs-
die überhöhten Einkommensteuertarife gewisser- sätzen relativ niedrig erworben hat. Verkauft sie
maßen zu mildern. diese Wohnungen, dann geht , das grundsätzlich in
(Zurufe von der SPD.) den Preis ein. Geht es nicht in den Preis ein, dann
geht es in den Gewinn, und dieser Gewinn ist mit
Die Sache hat eine wohnungspolitische Seite, 50 % körperschaftsteuerpflichtig, meine verehrten
(Sehr richtig! in der Mitte) Damen und Herren; all das werden wir im Ausschuß
betrachten müssen.
und sie hat eine wirtschaftspolitische Seite, nicht
nur unter dem Gesichtspunkt der Dämpfung der (Abg. Jacobi [Köln] : Steuerpflichtig auch
Baukonjunktur, sondern auch unter dem Gesichts- beim Privatmann!)
punkt, in welcher Konkurrenz der Wohnungsbau in — Ja, verzeihen Sie, den Privatmann wollen Sie ja
Deutschland ausgeführt werden sollte. selbst begünstigen. Lieber Herr Jacobi, da ist doch
(Abg. Dr. Czaja: Sehr richtig!) gar kein Unterschied zwischen Ihnen und mir.
Meine Fraktion hatte damals eine ganz klare Vor- (Abg. Jacobi [Köln] : Aber nicht, wenn er es
stellung davon, daß die Privatwirtschaft als Trä- verkaufen will!)
ger des Wohnungsbaues förderungsbedürftig sei und — Aber, verzeihen Sie mal, wenn er es verkauft,
daß sie in der Wirtschaft mit ihrer gemeinnützigen dann wird das zwangsläufig, je stärker sich der
Wohnungswirtschaft als Hecht im Karpfenteich ein Markt öffnet und je stärker marktwirtschaftliche
notwendiges Konkurrenzelement sein sollte. Gesichtspunkte hineinkommen, auch im Preise zum
(Beifall in der Mitte.) Ausdruck kommen. Das ist der Sinn der ganzen
Sache,
Meine Damen und Herren, was hier als moralisch
oder unmoralisch dargestellt wird, auch das bedürfte (Abg. Jacobi [Köln]: Na ja!)
näherer Ausführungen. Nachdem Herr Leber dieses Ich will das ganze komplexe Problem nicht bis
Thema heute nur noch kurz angedeutet hat und ich in alle Einzelheiten anpacken. Ich bin nur der Mei-
das letzte Mal keine Gelegenheit hatte, in diese nung, wir sollten mit den Kategorien „moralisch"
Debatte einzugreifen, möchte ich das jetzt von mir und „unmoralisch" etwas vorsichtig sein.
aus nicht vertiefen. Aber, Herr Kollege Leber, die
(Beifall in der Mitte.)
Sache ist doch so: wenn ich ins Obligo gehe, dann
ist das mein Aufwand, Der Gesetzgeber, der § 7 b geschaffen hat, hat sich
sehr wohl etwas dabei gedacht. Im Prinzip wird es
(Zurufe von der SPD) mal zum Abbau des § 7 b kommen müssen, und
sind das meine Herstellungskosten. dann werden wir das, was wir im Jahre 1960 ge-
(Zuruf von der SPD: Wo denn?!) macht haben, als wir von 10 auf 71/2 heruntergegan-
gen sind, wahrscheinlich noch weiter senken müs-
— Verzeihen Sie mal, mit den öffentlichen Dar- sen. Aber wir müssen die gesamten Kategorien des
lehen geht der Bauherr ins Obligo, und auch das Wohnungsbaues sehen und dürfen ihn nicht ein-
öffentliche Darlehen, das er ja zurückzuzahlen ver- seitig unter diesem oder jenem Gesichtspunkt be-
pflichtet ist, unter Umständen mit niedrigen Zinsen,
trachten.
bedeutet für ihn Herstellungskosten und Aufwand.
Das wäre nicht der Fall, wenn es sich um öffentliche (Beifall bei der CDU/CSU).
Zuschüsse handelte; dann wäre es selbstverständlich
kein Herstellungsaufwand. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge-
ordneter Leber.
(Zuruf des Abg. Jacobi [Köln].)
— Verzeihung, selbstverständlich nicht unter dem Leber (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
Gesichtspunkt, daß Darlehen oder öffentliche Mittel Herren! Ich möchte die Debatte nicht ungebührlich
gegeben worden sind, sondern im Hinblick darauf, verlängern, aber ich möchte etwas klären. Mir ist
daß das Obligo im Aufwand abschreibungsfähig ist. gesagt worden, ich hätte behauptet, zinsfreie Mittel
Und wenn ich grundsätzlich bestimmte Abschrei- gebe es nicht. Meine Damen und Herren, es gibt
bungshöhen vorsehe, dann ist es ganz selbstver- sehr wohl zinsfreie Mittel, die m an in Verbindung
ständlich, daß sie sich dann auch auf die öffentlichen mit § 7 b verwenden kann, und zwar öffentliche
Mittel beziehen müssen. Mittel für den Wohnungsbau von Behördenbedien-
(Abg. Jacobi [Köln] : Aber, Herr Kollege, steten beispielsweise. Die kosten 1/2 % Verwal-
bier geht es doch nicht um formaljuristische tungsgebühr und 1 % Amortisation, aber keinerlei
Dinge!) Zinsen. Das habe ich gemeint,
1362 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
Leber
(Abg. Dr. Dahlgrün: Das steht auf einem der betreffende Ersteller das Obligo für die gesam-
ganz anderen Blatt!) ten Fremdmittel, für ihre Tilgung, ihre Verzinsung
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen nur ein- auf sich nimmt, drittens, daß für jedes Wirtschafts-
mal, um Ihr Gedächtnis aufzufrischen, um zu zeigen, gut eine Abschreibung berechtigt ist?
um was es geht, auch im Zusammenhang mit der
Moral oder Unmoral, ein Beispiel vorrechnen. Leber (SPD) : Zum ersten, das ist richtig. Ich weiß
auch, daß es sich nicht ausschließlich um Architek-
(Anhaltende Zurufe von der Mitte und tengebühren handelt, aber zum wesentlichen Teil.
rechts.)
(Lebhafte Rufe in der Mitte und rechts:
Ein Architekt in dem Lande, in dem wir sind, baut Ah! Ah!)
25 Wohnungen. — Das ist kein konstruiertes Bei-
sp i el. — Diese 25 Wohnungen kosten 950 000 DM. — Meine Damen und Herren, die 96 000 DM setzen
Der Mann setzt nicht eine einzige Mark eigenes sich zu etwas mehr als zwei Dritteln aus Architek-
Kapital ein, sondern er berechnet als Architekt tengebühren zusammen, der Rest wird mit anderen
96 000 DM Planungsgebühren. Die setzt er in den Dingen, die tatsächlich gar nicht eingebracht wer-
Vertrag ein, nimmt eine erststellige Hypothek von den, als Eigenleistung eingesetzt.
220 000 DM von ,einer Bank und bekommt 630 000 Ihre zweite Frage —? Ich beantworte Sie Ihnen
DM aus öffentlichen Mitteln zinslos zur Verfügung nachher persönlich, ich habe sie vergessen.
gestellt. Daß 'er diese 630 000 DM zinsloses Geld
hat, ist schon einmal ein Vorteil. Nun geht er hin (Heiterkeit.)
und setzt diese 630 000 DM — das ist ein prak-
tisches Beispiel — in seiner eigenen Einkommen- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Da-
steuererklärung noch einmal von seinem Gewinn men und Herren, es ist beantragt, den Entschlie-
ab. Er macht also mit diesem zinslos erhaltenen ßungsantrag Umdruck 111 an den Finanzausschuß
Geld in seiner Einkommensteuererklärung ein zwei- als federführenden Ausschuß — habe ich Sie recht
tes Mal ein Geschäft. Und wenn das Steuergeschäft verstanden, Herr Abgeordneter Schmidt —, an den
nun auf zweierlei Weise perfekt gemacht worden Ausschuß für Wohnungsbau und den Ausschuß für
ist, verkauft er dieses Haus an den, der nachher Wirtschaft als mitberatende Ausschüsse zu über-
Eigentümer wird, und der hat keinerlei steuerliche weisen. Einverstanden? — Kein Widerspruch. Die
Vorteile. Überweisung ist entsprechend erfolgt.
(Anhaltende Zurufe rechts.) Nun zu Punkt 5 der Tagesordnung:
Wollen Sie mir sagen, meine Damen und Herren, a) Erste Beratung des von der Fraktion der
daß darin noch ein Stück von Moral steckt? Wie ge- SPD eingebrachten Entwurfs eines Geset-
sagt, das ist kein konstruiertes Beispiel, sondern es zes über die Gewährung von Prämien für
ist hier im Lande Nordrhein-Westfalen aktenkun- Sparbeiträge (Drucksache IV/273)
dig. Das können Sie selbst nachsehen, wenn Sie
wollen. Darauf kommt es an. b) Erste Beratung des von den Fraktionen
der CDU/CSU, FDP eingebrachten Ent-
(Erneute Zurufe von der Mitte und rechts.) wurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Ich frage Sie: wo steckt das unternehmerische Ri- Spar Prämiengesetzes (Drucksache IV/407
-

siko dieses Bauherrn, dieses Architekten, der seine [neu]).


eigenen Planungsgebühren in die Rechnung ein- Zunächst Frage an die Fraktion der SPD: Wird
setzt, der gar nicht in ein Obligo geht, der keinerlei das Wort zur Begründung und Einbringung ge-
Risiko trägt? Das steuerliche Risiko, den Nachteil wünscht? — Das ist nicht der Fall. Verzichtet auch
hat derjenige, der nachher das Eigenheim erwirbt. die CDU auf die Begründung? — Keine Wortmel-
(Beifall bei der SPD.) dungen. Eine schriftliche Begründung des Gesetz-
entwurfs wird zu Protokoll gegeben *). Vorgesehen
ist die Überweisung an den Wirtschaftsausschuß als
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Wollen Sie
federführenden Ausschuß sowie an den Finanzaus-
rednoiFagstle?—B,nSi
schuß und an den Ausschuß für Wohnungswesen,
eine Frage, vielleicht kommen wir schneller voran.
Städtebau und Raumordnung zur Mitberatung. Ist
das Haus damit einverstanden? — Kein Wider-
Dr. Czaja (CDU/CSU) : Herr Kollege Dr. Leber spruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung:
Leber (SPD): Nicht Doktor, Maurer! Erste Beratung des von der Bundesregierung
(Große Heiterkeit.) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Vertrag vom 27. November 1961 zwischen der
Dr. Czaja (CDU/CSU) : Ich habe einen Freund Bundesrepublik Deutschland und der Repu-
namens Dr. Leber, daraus entstand das. — Herr Kol- blik Österreich zur Regelung von Schäden der
lege, ist Ihnen entgangen, daß Sie in drei Punkten Vertriebenen, Umsiedler und Verfolgten, über
erhebliche Fehler in Ihrer Rechnung begangen ha- weitere finanzielle Fragen und Fragen aus
ben, erstens, daß die Architektengebühren nach der dem sozialen Bereich (Finanz- und Ausgleichs-
vertrag) (Drucksache IV/392).
GOA festgelegt sind und daher nie die 10 % errei-
chen können, von denen Sie sprachen, zweitens, daß *) Siehe Anlage 2.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1363
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ich frage, ob das Wort zur Einbringung gewünscht Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ist das Haus
wird. — Das ist nicht der Fall. Wird das Wort damit einverstanden? —
gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. (Zurufe.)
Vorgesehen ist die Überweisung an den Aus- Die Meinungen sind geteilt. Ich lasse abstimmen.
schuß für auswärtige Angelegenheiten als feder- Wer für die Überweisung an den Rechtsausschuß zur
führenden Ausschuß sowie an den Haushaltsaus- Mitberatung ist, den bitte ich um ein Handzeichen.
schuß, den Ausschuß für Sozialpolitik, den Ausschuß — Gegenprobe! — Das erste ist die Mehrheit; der
für Wiedergutmachung und den Ausschuß für den Rechtsausschuß wird mitberatend beteiligt.
Lastenausgleich. Es sind zwar zu viele Ausschüsse
nach der Geschäftsordnung, aber es erfolgt kein Punkt 9 der Tagesordnung:
Widerspruch; es ist so beschlossen.
Beratung des Schriftlichen Berichts des Aus-
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung: schusses für Gesundheitswesen (11. Ausschuß)
über den Antrag der Fraktionen der CDU/
Erste Beratung des von der Bundesregierung
CSU, FDP betr. Radioaktivität der Luft und
eingebrachten Entwurfs eines Sechzehnten
des Regens (Drucksachen IV/15, IV/281).
Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichs-
gesetzes (16. ÄndG LAG) (Drucksache IV/395). Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordne-
ten Dr. Bechert, ob er das Wort wünscht. — Der Herr
Hier wird auf das Wort zur Einbringung seitens der Berichterstatter verzichtet. Ich frage, ob das Wort
Regierung verzichtet. sonst gewünscht wird. — Das Wort wird nicht ge-
Der Herr Bundesminister für Vertriebene, Flücht- wünscht.
linge und Kriegsgeschädigte hat mir eine Erklärung Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will,
zu Protokoll gegeben *), ebenso die sozialdemokra- den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
tische Bundestagsfraktion **). — Auf mündliche Ver- — Enthaltungen? — Der Antrag des Ausschusses ist
lesung wird verzichtet. angenommen.
Vorgesehen ist die Überweisung an den Ausschuß
für den Lastenausgleich als federführenden Aus- Punkt 10 der Tagesordnung:
schuß sowie an den Haushaltsausschuß und an den Beratung des Berichts des Außenhandelsaus-
Ausschuß für Heimatvertriebene zur Mitberatung. — schusses (17. Ausschuß) über die von der Bun-
Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen. desregierung erlassene Zwölfte Verordnung
zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962
) Ich rufe auf den Punkt 8 der Tagesordnung: (Angleichungszoll für Fondantmasse — Neu-
festsetzung) vom 27. Februar 1962 (Druck-
a) Erste Beratung des von den Abgeordneten sachen IV/241, IV/389).
Struve, Bauer (Wasserburg), Bauknecht, Dr.
Pflaumbaum, Gibbert, Krug, Lücker (Mün- Ich frage, ob der Berichterstatter, Herr Abgeord-
chen), Dr. Schmidt (Gellersen), Seither, Drö- neter Dr. Steinmetz, das Wort wünscht. — Der Herr
scher und Genossen eingebrachten Entwurfs Berichterstatter verzichtet. Wird das Wort sonst ge-
eines Vierten Gesetzes zur Änderung des wünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Milch- und Fettgesetzes (Drucksache IV/358) Hier nimmt das Haus nur Kenntnis, wenn kein
Antrag aus der Mitte des Hauses vorliegt. Ein An-
b) Erste Beratung des von der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines Vierten Geset- trag liegt nicht vor. Das Haus hat von den Druck-
sachen IV/241 bzw. IV/389 Kenntnis genommen.
zes zur Änderung des Milch und Fettgesetzes
-

(Drucksache IV/408).
Punkt 11 der Tagesordnung:
Auf das Wort zur Einbringung wird verzichtet. Beratung des Berichts des Außenhandelsaus-
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. schusses (17. Ausschuß) über die von der
Vorgesehen ist die Überweisung an den Ausschuß Bundesregierung erlassene Erste Verordnung
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Es ist so zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL
beschlossen. zur Außenwirtschaftsverordnung vom 7. März
1962 (Drucksachen IV/257, IV/390).
(Abg. Dr. Frey: Zur Überweisung!)
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das
— Herr Abgeordneter Dr. Frey! Wort wünscht. — Bitte sehr, Herr Abgeordneter
Bading.
Dr. Frey (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da-
men und Herren! Diese beiden Anträge behandeln Bading (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
weittragende Rechtsfragen, von denen eine sogar Herren! Gestatten Sie mir, mit einigen Worten den
jetzt noch beim Bundesverfassungsgericht ansteht. Bericht zu ergänzen.
Ich bitte deshalb, beide Anträge dem Rechtsausschuß Es handelt sich hier um eine nicht ganz unwichtige
zur Mitberatung zu überweisen. Frage. Durch die Verordnung der Bundesregierung
soll die Ausfuhrliste erweitert werden, und zwar
*) Siehe Anlage 3. u. a. für zwei Warengruppen, die nicht viel mitein-
**) Siehe Anlage 4. ander zu tun haben, einmal für Rohdiamanten und
1364 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
Bading
zum anderen für Kleintierfelle. Die Ausfuhr dieser Wird ein Antrag gestellt? — Kein Antrag aus
Waren ist bislang sehr unbedeutend gewesen. Es dem Haus. Das Haus hat Kenntnis genommen.
ergibt sich daher die Frage, warum diese beiden
Warengruppen bei einer Ausfuhr genehmigungs- Punkt 12 der Tagesordnung:
pflichtig sein sollen. Der Wunsch kam von einigen Beratung des Berichts des Außenhandelsaus-
unserer EWG-Partner, die Bedenken äußerten, daß schusses (17. Ausschuß) über die von der Bun-
diese Waren über die Bundesrepublik ohne Geneh- desregierung erlassene Neunte Verordnung
migung in dritte Länder verbracht werden könnten, zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962
und die sich deswegen an die Bundesregierung ge- (internationale Vereinheitlichung; Apfelsinen
wandt hatten, Die Bundesregierung hat dem zuge- usw.) vom 6. April 1962 (Drucksachen IV/361,
stimmt. IV/391)
Im Ausschuß hat eine längere grundsätzliche Dis- Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordne-
kussion darüber stattgefunden. Man war sich allge- ten Theis, ob er das Wort wünscht. — Der Herr
mein darüber einig, daß eine Ausfuhrliste und ins- Berichterstatter verzichtet. Wird sonst das Wort ge-
besondere eine Erweiterung der Ausfuhrliste eigent- wünscht? — Wird ein Antrag aus dem Hause ge-
lich nicht in das freiheitliche Außenhandelskonzept stellt? — Es wird kein Antrag aus dem Hause ge-
der Bundesregierung paßt. Bei der Abstimmung hat stellt. Das Haus hat von der Vorlage Kenntnis ge-
sich daher ein Teil der Ausschußmitglieder der nommen.
Stimme enthalten. Damit stehen wir am Ende unserer Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich danke destages ein auf Mittwoch, den 13. Juni, 14 Uhr.
dem Herrn Berichterstatter.
Die Sitzung ist geschlossen.
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird
nicht gewünscht. (Schluß der Sitzung: 16.38 Uhr.)
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1365

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschl.


b) Urlaubsanträge
Eichelbaum 31. 5.
Liste der beurlaubten Abgeordneten Kraus 31. 5.
Dr. Kreyssig 31. 5.
Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschl. Kühn (Bonn) 31. 5.
Dr. Siemer 11. 6.
Urban 29. 6.
a) Beurlaubungen
Adorno 30.6.
Dr. Arndt (Berlin) 22. 5.
Dr. Barzel 25. 5. Anlage 2
Dr. Besold 22. 5. Schriftliche Begründung
Birkelbach 22. 5.
Fürst von Bismarck 23. 5. der Abgeordneten Frau Beyer zu dem von der Frak
Dr. Brecht 15. 6. tion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes
Brese 22. 5. über die Gewährung von Prämien für Sparbeiträge
Dr. Burgbacher 23. 5. (Drucksache IV/273).
Deringer 25. 5. Für Idle Einbringung dieses Antrages waren für
Drachsler 26. 5. meine Fraktion technische, wirtschaftliche und so-
Frau Eilers 22. 5. ziale Gründe maßgebend. Es wird wohl niemand in
Dr. Dr. h. c. Friedensburg - 5.
23. diesem Hause geben, der den Wert und die Bedeu-
Frau Funcke (Hagen) 22. 5. tung dieser Gesetze zur Förderung des Sparwillens
Dr. Furler 22. 5. unterschätzt und nicht die volkswirtschaftliche
Gaßmann 22. 5. Zweckmäßigkeit, ja Notwendigkeit anerkennt, vor
Gewandt 4. 6. allem wenn man an die Inanspruchnahme des Kapi-
Dr. Hahn (Heidelberg) 22. 5. talmarktes in der Zukunft denkt. Genauso dürfte es
Hauffe 22. 5. aberindsmHuchtbekansi,dß
Dr. Hesberg 31. 5. vorhandenen Gesetze Mängel aufzeigen, die sich bei
Dr. Höchst 25. 5. der praktischen Anwendung ergeben haben. Ein
Hörauf 23. 5. führendes Blatt sagte vor wenigen Wochen in einem
Hübner 23. 5. Artikel: „Weiterhin Zweiklassen-Sparförderung?".
Jacobs 31. 5. Das Parlament hat daher die Verpflichtung, in der
Dr. Klein (Berlin) 1. 7. kommenden Beratung nicht nur über die Verlänge-
Koenen (Lippstadt) 9. 6. rung des geltenden Sparprämiengesetzes zu spre-
Kreitmeyer 22. 5. chen, sondern das Gesamtproblem zu untersuchen
Kriedemann 22. 5. und den berechtigten Einwänden Rechnung zu
Frau Dr. Kuchtner 31. 5.
tragen.
Liehr 22. 5.
Majonica 22. 5. Die sozialdemokratische Fraktion hatte einen
Mattick 22. 5. Unterausschuß mit der Prüfung dieses Gesamtpro-
Mauk 25. 5. blems beauftragt, der unter Leitung des nunmehr
Frau Meermann 25. 5. leider erkrankten Kollegen Dr. Brecht st and. Wenn
Dr. Menzel 31. 5. wir uns nun heute mit diesem Entwurf für eine Zu-
Michels 26. 5. sammenfassung , der beiden Sparprämiengesetze ein-
Dr. Morgenstern 23. 5. setzen, so gibt es hierfür eine ganze Anzahl sehr
Neumann (Allensbach) 11. 6. sachlicher Gründe.
Oetzel 25. 5. Ich darf mit den technischen Fragen beginnen und
Dr. h. c. Pferdmenges 25. 5. hier als erstes auf das Auslaufen des allgemeinen
Rademacher 22. 5. Sparprämiengesetzes mit Ende dieses Jahres hin-
Rasner 26. 5. weisen.
Frau Dr. Rehling 25. 5.
Richarts 22. 5. Zweitens sind wesentliche Änderungen im Woh-
Rollmann 25. 5. nungsbauprämiengesetz erforderlich. Nach einem
Ruland 31. 5. Bericht .des Bundesfinanzministeriums im Finanzaus-
Schlick 26. 5. schuß über anstehende Verfahren vor dem Bundes-
Dr. Schneider (Saarbrücken) 12. 6. verfassungsgericht wurde u. a. ausgeführt, daß das
Schultz 22. 5. Wohnungsbauprämiengesetz gegen die Art. 3 und 6
Dr. Serres 22. 5. des Grundgesetzes verstößt, da hier eine ungleiche
Steinhoff 11. 6. Behandlung von Ledigen und Verheirateten vor-
Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 26. 5. liegt. Zur Begründung darf ich anführen, daß Ledige
Wegener 22. 5. eine Maximalprämie von 520 DM bei einer Spar-
Weinkamm 23. 5. leistung von 1800 DM erhalten können, Verheiratete
1366 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962

L) dagegen nur eine Maximalprämie von 640 DM bei kommensteuerpflichtigen erinnern, über die wir uns
einer Sparleistung von 2800 DM. bereits wiederholt unterhalten haben.
Als dritten Punkt nenne ich die Verwaltungsver- Ich muß in diesem Zusammenhang auch auf die
fahren, die nicht nur stark angewachsen, sondern bisherige Scheinhilfe für Kinderreiche hinweisen.
auch immer schwieriger geworden sind. Dies hängt Denn erst Familien mit drei und mehr Kindern er-
damit zusammen, daß Wohnungsbausparer zusätz- halten eine höhere Sparprämie, allerdings nur, wenn
lich noch das Sparprämiengesetz für sich in Anwen- sie auch eine höhere Sparleistung nachweisen. Da
dung bringen können, wobei ich natürlich hinzu- entsteht sofort die Frage, welche kinderreiche Fa-
fügen muß, daß dies von der Leistungskraft des milie überhaupt in der Lage ist, einen Betrag von
einzelnen abhängig ist. Wenn man sich aber die 1800 DM zu sparen. Daß diese Prämie noch unter
Vielfalt der Verwaltungsverfahren ansieht, kommt der Wohnungsbausparprämie für Ledige liegt, sei
man, ohne zu übertreiben, zu der Überzeugung, daß nur am Rande vermerkt.
die Zwiespältigkeit, Unübersichtlichkeit und Kom- Inzwischen haben wir die Vorlage der Regie-
pliziertheit kaum noch zu übertreffen sind. Hierin rungskoalition unter der Drucksache IV/407 erhal-
ist auch eine Ursache dafür zu sehen, daß die Ge- ten. Der erste Entwurf wurde uns am Mittwoch
setze vor allem von einfachen Leuten nur ganz ge- mittag auf den Tisch gelegt. Er enthielt neben dem
ring in Anspruch genommen werden. Nach einer gestaffelten Prämiensatz für Familien mit Kindern
Statistik beteiligen sich z. B . in ländlichen Gebieten eine höhere Grundprämie von 150 DM für Ledige
nur 1,8 %. Es ist wie bei vielen unserer Steuerge- und 300 DM für Verheiratete. Vier Stunden später
setze auch hier ein Steuerberater notwendig, um lag dann ein neuer Entwurf vor, in dem die Erhö-
mit der Problematik fertig zu werden. hung der Grundprämie wieder rückgängig gemacht
wurde; allerdings trug dieser Entwurf auch die
Nun zu den wirtschaftlichen und sozialen Unterschrift der FDP. Ich kann nur hinzufügen: und
- Grün-
den unseres Entwurfs. Ich habe bereits darauf hin- daß nach monatelangen Beratungen. Wenn ich von
gewiesen, daß in der Öffentlichkeit der Vorwurf des dem vorliegenden Entwurf der Regierungskoalition
Zweiklassensystems gemacht wird. In diesem Arti- ausgehe, so gibt es in einem Punkt keine Meinungs-
kel wird vor allem auf dis einseitige Begünstigung verschiedenheit; denn die gestaffelte höhere Prä-
des Wohnungsbauprämiensparens hingewiesen und mie für Familien mit Kindern stimmt in ihren Sät-
auf die Tatsache, daß viele dieses Gesetz nur in An- zen mit unserem Entwurf überein und ist auch in
spruch nehmen, um die besten Chancen für sich zu der Höhe dem Wohnungsbausparprämiengesetz an-
nutzen, ohne daß der Wille zum Bauen überhaupt gepaßt.
vorhanden ist. Das trifft in erster Linie für die hö- Unser Entwurf aber geht in folgenden Punkten
heren Einkommensgruppen zu. Wenn aber von über die Vorlage der CDU hinaus. Ich darf es noch
einem Zweiklassensystem gesprochen wird, so sind einmal kurz zusammenfassen. Wir wollen als erstes
hier noch zusätzliche Gesichtspunkte anzuführen. eine Vereinfachung, was bedeutet, daß die vorhan-
Wir haben in unseren Steuergesetzen seit Jahren denen beiden. Gesetze — Sparprämiengesetz und
Begünstigungen, die vor allem den höheren und Wohnungsbauprämiengesetz — zusammengefaßt
höchsten Einkommen zugute kommen. Ich will auf werden. Wir wollen mit dieser Vereinfachung er-
die Wirkung der Freibeträge nicht näher eingehen, reichen, daß ein größerer Prozentsatz unserer Be-
da jedem in diesem Hause bekannt ist, daß die Wir- völkerung das Gesetz ohne Steuerberater anwenden
kung um so größer ist, je höher das Einkommen ist. kann.
Wir haben vor acht Tagen hier eine Debatte über
die Baupreise gehabt. In diesem Zusammenhang Als zweites geht es um eine gleiche Behandlung,
hat mein Kollege Leber einige sehr einleuchtende was einen einheitlichen Prämiensatz von 25 % er-
Beispiele im Zusammenhang mit dem § 7 b des Ein- forderlich macht, der bisher bereits im Wohnungs-
kommensteuergesetzes herausgestellt, die — das ist bausparprämiengesetz enthalten ist. Dazu kommt
jedenfalls nach der ersten Aussprache im Finanz- die Beseitigung der inzwischen festgestellten Män-
ausschuß anzunehmen — zu einer Reform dieses gel und Fehler. Hierbei denke ich vor allem an die
Paragraphen führen werden. Die Folge davon ist laufende Verfassungsklage. Ich bin der Auffassung,
die Bildung großer Sachvermögen bei ganz bestimm- daß das Parlament nicht erst das Urteil abwarten
ten Gruppen unserer Bevölkerung. Dies wiederum darf, bis es zu einer dem Grundgesetz entsprechen-
hat in weiten Kreisen das Gefühl einer ungerechten den Formulierung kommt.
Behandlung aufkommen lassen. Was aber besonders Als dritten und wesentlichsten Punkt wünschen
anfechtbar ist und das Gefühl eines Zweiklassen wir eine stärkere Begünstigung der kleinen Ein-
systems noch stärkt, ist die Tatsache, daß diese kommen. In dieser unserer Meinung wurden wir
stalichgefördnusStmiel noch bestärkt durch einen Artikel in der Zeitschrift
finanzierten Sachvermögen aus unversteuertem Ein- ,,Sparkasse" vom 15. Dezember 1961 unter der
kommen gebildet werden konnten. Sehen wir uns Überschrift „Zum Einfluß der Sozial- und Alters-
dagegen die Möglichkeiten des Arbeitnehmers an, struktur auf den Abschluß prämienbegünstigter
so stellen wir fest, daß ihm nur eine Ersparnis aus Sparverträge". Wir sehen in einer solchen Maß-
versteuertem Einkommen möglich ist; denn sein. nahme auch eine wesentliche Unterstützung des ge-
EinkomewrdhstacAbzugleroin neinsamen Zieles zu einer besseren und breiteren
und steuerlichen Abgaben ausgehändigt. Dazu kom- Vermögensstreuung. Ich bin sicher, daß ich mich in
men weitere Nachteile für Arbeitnehmer. Ich will fieser Frage mit vielen Kollegen dieses Hauses in
hier nur an die Manipuliermöglichkeiten des Ein Übereinstimmung befinde, nicht zuletzt auch mit
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1367

Kollegen der CDU/CSU. Ich glaube die Feststellung im Absatz 2 „Einkommen" statt „Jahreseinkom-
treffen zu können, daß die bisher getroffenen Maß- men" heißen.
nahmen auf diesem Gebiet noch als völlig unzurei- Der Absatz 3 muß noch einen Zusatz erhalten,
chend zu bezeichnen sind. den wir in der Ausschußberatung beantragen wer-
Worauf es uns also ganz besonders ankommt, den. Hier ist die Festsetzung eines Pauschalsatzes
ist, durch einen höheren Prämiensatz herauszustel- notwendig, um die Werbungskosten und Sonderaus-
len und besonders anzuerkennen, daß Sparbeträge gaben abzudecken und so zu dem gekürzten Brutto
kleiner Einkommenbezieher eine wirkliche Lei- Arbeitslohn zu kommen. Damit soll wenigstens in
stung, ja eine Tat bedeuten, während Sparbeträge etwa eine Gleichbehandlung des Lohnsteuerpflich-
von Beziehern großer Einkommen leicht fallen. Man tigen gegenüber dem Einkommensteuerpflichtigen
müßte es sogar als Verschwendung bezeichnen, erreicht werden. Ich mache diese Bemerkung vor
wenn diese Gruppen es ablehnen zu sparen. Wir allem im Hinblick auf eine kritische Äußerung einer
sind der Meinung, daß die jahrelange Begünstigung Zeitung vom 11. April und möchte hinzufügen, daß
großer Einkommen endlich abgelöst werden muß der Opposition leider kein Regierungsapparat zur
durch eine höhere Bewertung und eine höhere Verfügung steht. Aber wie wir alle wissen, müssen
Prämie der Sparrate kleiner Einkommensträger. Wir auch Entwürfe aus den Ministerien noch nachträg-
befinden uns mit diesem Wollen neben dem „Han- lich Änderungen erfahren.
delsblatt", daß das heutige System als ein Zwei- § 7. Hiernach soll die Zahlung der Prämien und
klassensystem bezeichnet hat, in guter Gesellschaft Zinsen erst nach Abschluß der Spardauer erfolgen.
mit weiten Kreisen unserer Bevölkerung. Den Mit- Wir halten dies vor allem auch im Hinblick auf die
gliedern unseres Hauses ist erst in den letzten Ta- derzeitige Haushaltlage für wichtig.
gen eine erneute Stellungnahme des Raiffeisenver- Nach dem § 10 sollen die Mittel je zur Hälfte von
bandes zugegangen, in der zur Frage der einheit- Bund und Ländern aufgebracht werden.
lichen Sparförderung u. a. unbefristete Sparförde-
- § 11 regelt das Wahlrecht. Es ist wichtig, zu wis-
rungsmaßnahmen und eine Gleichschaltung aller
Förderungsmaßnahmen verlangt werden. sen, daß dieses Sparprämiengesetz und der § 10 des
Einkommensteuergesetzes nicht zusammen in An-
Nun noch einige Bemerkungen zum Inhalt unse- spruch genommen werden dürfen. Jeder Steuer-
res Antrages. § 1 sieht eine einheitliche Festlegung zahler kann auch nur einmal wählen; eine Änderung
der Sparleistungen auf 6 Jahre vor. Wir wollen hier ist in einem Kalenderjahr nicht möglich.
den bisherigen Unterschied beseitigen und glauben,
daß dies volkswirtschaftlich richtig und wegen des Was nun die Finanzierung anbetrifft, so sind hier-
höheren Prämiensatzes auch vertretbar ist. über von uns bereits Zahlen genannt worden. Ich
will jedoch ergänzend dazu bemerken, daß nach
In § 2 sind auch die Genossenschaftsanteile einbe- Auskunft des Bundesfinanzministeriums von 1959
zogen. Es handel sich hier um einen alten Antrag bis 1961 bei einem Prozentsatz von 20 % insgesamt
der SPD. Wir sind der Meinung, daß es sich hier um 565 Millionen DM an Sparprämien gutgeschrieben
eine typische Sparform für Familien mit niedrigem wurden. Eine Erhöhung um 5 % würde somit rund
Einkommen handelt. 65 Millionen DM ausmachen. Gehe ich von dem jetzi-
Nach § 3 ist eine vorzeitige Rückzahlung, Abtre- gen CDU-Entwurf aus, dann erhöht sich die Summe
tung oder Beleihung unschädlich, wenn der Prä- für die Zusatzprämien für Familien mit Kindern um
miensparer nach dem Vertragsabschluß 1. stirbt, weitere 40 bis 45 Millionen DM, so daß damit 110
2. völlig erwerbsunfähig wird. Die Rückzahlung, Ab- Millionen DM Ausfall in Frage kommen. Welche Er-
tretung oder Beleihung nach Ablauf von drei Jah- höhung durch die zusätzliche Prämie von 5 % für
ren ist unschädlich, wenn der Prämiensparer nach kleine Einkommen — 7200 bzw. 14 400 DM — her-
dem Vertragsabschluß heiratet oder wenn die Spar- hauskommt, ist sehr schwer zu errechnen. Die Zahlen
beiträge und die Prämien nachweisbar unverzüglich können nur gegriffen werden. Es sollte aber bei die-
und unmittelbar im Inland zum Bau und Erwerb ser Frage berücksichtigt werden, daß der Staat in der
eines Eigenheimes, einer Kleinsiedlung, einer Woh- Zukunft für seinen außerordentlichen Etat mehr als
nung in der Rechtsform des Wohnungseigentums bisher den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen muß
oder als Finanzierungsbeitrag zur Erlangung einer — das trifft sicher auch für die Industrie zu —,
Mietwohnung verwendet werden. so daß wir das größte Interesse an höheren Spar-
In § 4 ist die Gesamtsumme der Sparbeiträge, die leistungen haben müssen. Dabei sollte berücksichtigt
jährlich prämiiert werden kann, für Nichtverheira- werden, daß durch Kürzung oder Streichung von
tete auf 1200 DM und für Verheiratete auf 2400 DM Steuerbegünstigungen auf anderen Gebieten wei-
festgesetzt. tere Mittel frei werden.
§ 5 setzt eine Prämie von 25 % fest, so wie be- Es gibt natürlich auch Einwendungen gegen unse-
reits heute im Wohnungsbausparprämiengesetz. Für ren Vorschlag. Sie kommen aus den Sparkassenver-
Kinder, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet bänden, die befürchten, daß sie durch eine Zusam-
haben, erhöht sich die Prämie bei einem oder zwei menfassung der Gesetze Einbußen erleiden. Hierzu
Kindern auf 27 %, bei drei bis fünf Kindern auf möchte ich vorweg sagen, daß wir in diesem Haus
30 %, bei mehr als fünf Kindern auf 35 %. Beträgt keine Prämiengesetze für Verbände zu machen ha-
das Einkommen bei einem Ledigen bis zu 7200 DM ben, sondern für Sparer, und daß seither das Spar-
und 14 400 DM bei Verheirateten, so erhöht sich die prämiengesetz vor allem wohl diejenigen Personen
Prämie um weitere 5 %. Ich bitte hier, eine redak- bevorzugt hat, die gar nicht die Absicht hatten zu
tionelle Änderung vorzunehmen; und zwar muß es bauen.
1368 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962

Ich darf in dem Zusammenhang auf zwei Erweite- Rückwirkungen der Rentenanpassungsgesetze auf
rungen aufmerksam machen. Mit unserem Gesetz- die Lastenausgleichsgesetzgebung zu einer jährlichen
entwurf soll ein größerer Anreiz zum Sparen für Überprüfung zwingen, sofern der Auftrag des Deut-
kleine Einkommen gegeben werden. Ich bin sicher, schen Bundestages vom 13. Dezember 1961 nicht zu
daß sich hierunter sehr viele Baufreunde befinden einer generellen Lösung führen sollte.
werden; denn das Ziel jedes arbeitenden Menschen
ist doch im Grunde heute wie gestern und morgen, Das 16. Änderungsgesetz ist durch die letzte Ren-
tenanpassung terminlich gebunden. Nach dem Ren-
ein eigenes Häuschen zu besitzen. Dazu kommt die
tenanpassungsgesetz erfolgt bei den Rentenanrech-
vorzeitige Auszahlungsmöglichkeit des § 3 Abs. 1
nungsbestimmungen ab 1. Juni eine Änderung. Die
Nr. 2, wonach eine vorzeitige Rückzahlung, Abtre-
16. Novelle sieht vor, — wie es bisher stets gehand-
tung oder Beleihung nach Ablauf von drei Jahren
habt wurde — die Rentenerhöhung in der Renten-
unschädlich ist, wenn der Prämiensparer heiratet
versicherung durch Erhöhung der Freibeträge den
oder wenn die Sparbeiträge für ein Eigenheim, eine
Unterhaltshilfeempfängern auch nach dem 31. Mai
Kleinsiedlung, eine Eigentumswohnung oder auch
zugute kommen zu lassen. Der Regierungsentwurf
eine Mietwohnung verwendet werden. Das wie-
bestimmt deshalb, daß der sogenannte Freibetrag
derum wird vor allem für Ledige ein zusätzlicher
zur Unterhaltshilfe bei der Versicherungsrente um
Anreiz sein und sie anhalten, das Wohnungsbauspar- 6 DM monatlich, nämlich von 27 DM auf 33 DM, bei
prämiengesetz anzuwenden. den übrigen Renten im entsprechenden Verhältnis,
Soweit meine Begründung. Ich darf hinzufügen, erhöht wird. Der Erhöhungsbetrag ist ein Pauschal-
daß die SPD niemals engstirnig ist und daß sie wei- betrag, da es natürlich nicht möglich ist, in einem
teren Verbesserungsvorschlägen stets aufgeschlos- Gesetz jeden einzelnen Fall durchzurechnen und zu
sen gegenübersteht. bestimmen. Die Unterhaltshilfeempfänger, die So-
Ich darf zum Schluß kommen und sagen, daß der zialrente erhalten und auch den Selbständigenzu-
schlag zur Unterhaltshilfe beziehen, werden in diese
von der Koalition eingebrachte Entwurf unserem
Regelung einbezogen. Aus technischen Gründen
Antrag nur zum Teil entspricht. Ich freue mich, in
wird hier der Selbständigenzuschlag entsprechend
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 22. 3. 1962
erhöht. Weitere kleine Verbesserungen des Freibe-
lesen zu können, daß auch in der CDU erwogen
trages der Unterhaltshilfe beziehen sich auf die
wird, zu einer Zusammenfassung der vorhandenen
Renten aus dem Bundesversorgungsgesetz, auf Un-
Sparförderungsmaßnahmen zu kommen. Das wie-
fallrenten und andere.
derum gibt mir die Hoffnung, daß unter Berücksich-
tigung der von mir genannten Tatbestände, der lau- Eine weitere wesentliche Verbesserung betrifft
fenden Verfahren und der Kritik in der Öffentlich- den sogenannten kleinen Stichtag. In der 14. No-
keit eine gründliche Beratung im Ausschuß möglich velle war bestimmt worden, daß Vertriebene, die
ist, um so zu einer weitgehenden Annäherung und aus der Sowjetzone und aus dem sowjetischen Sek-
zu einem einheitlichen und gerechten Gesetz zu tor von Berlin nach dem 31. 12. 1952 in das Bundes-
kommen. gebiet einschließlich West-Berlin gekommen waren,
Ich beantrage die Überweisung an den Wirtschafts- Hilfen aus dem Härtefonds des Lastenausgleichs
ausschuß — federführend — und an den Finanzaus- erhalten können. Darüber hinaus wurde bestimmt,
schuß zur Mitberatung. daß der eben genannte Personenkreis, soweit er die
Anerkennung als Sowjetzonenflüchtling gemäß § 3
Bundesvertriebenengesetz erhalten hat, voll in alle
Rechte des Lastenausgleichs hineinwächst, obgleich
der Stichtag des 31. 12. 1952 nicht erfüllt ist. Als
Anlage 3 Endtermin war aber für beide Maßnahmen der
31. 12. 1960 gesetzt. Die Bundesregierung hält es
Schriftliche Begründung nicht für vertretbar, die Vertriebenen, die nach 1960,
meistens unter erheblich erschwerten Umständen,
des Herrn Bundesministers Mischnick zu dem von aus der SBZ und dem Ostsektor von Berlin flüchten
der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines konnten, von diesen Vergünstigungen auszuschlie-
Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Lastenaus- ßen. Der Regierungsentwurf verlegt deshalb diesen
gleichsgesetzes (16. ÄndG LAG) (Drucksache IV/395). Stichtag auf den 31. 12. 1965, d. h. praktisch bis zum
Die Bundesregierung legt mit der Drucksache Ende dieser Legislaturperiode.
IV/395 den Entwurf eines 16. Gesetzes zur Ände- Die Bestimmungen des Entwurfes zur Abgaben-
rung des Lastenausgleichsgesetzes vor. Der Wunsch, seite stellen im wesentlichen eine Anpassung an
möglichst bald auch auf dem Gebiet der Lastenaus- die zwischenzeitliche Rechtsentwicklung unter be-
gleichsgesetzgebung zu einem, wenn auch vielleicht sonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des
vorläufigen Abschluß zu kommen, ist nur zu verständ- Bundesverfassungsgerichts zu Art. 6 Abs. 1 des
lich. Die Schwierigkeiten, die dem entgegenstehen, Grundgesetzes dar. Außerdem wird mit den Bestim-
sind insbesondere den Kollegen bekannt, die sich mungen des Entwurfs eine Vereinfachung und eine
im einzelnen mit diesen Fragen in den letzten Jah- gerechtere Anwendung der Vorschriften erreicht.
ren befaßt haben. Die Bundesregierung wird alles
versuchen, um diesen Wunsch, der zuletzt auch im Bei der Vermögensabgabe handelt es sich in erster
Bundesrat durch Herrn Ministerpräsident von Hassel Linie um die Vorschriften über die Familienermäßi-
zum Ausdruck gebracht wurde, soweit als möglich gung und über die Vergünstigung wegen Alters
nachzukommen. Ich bitte aber zu bedenken, daß die oder Erwerbsunfähigkeit nach den §§ 53 und 54 des
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1369

Lastenausgleichsgesetzes. Die bisher einheitliche Bei den Beratungen im Lastenausgleichsausschuß


Vermögensgrenze für alle Abgabepflichtigen wird wird daher eine entsprechende weitere Anhebung
nunmehr nach dem Familienstand der Abgabepflich- dieses Betrages zu erörtern und vorzuschlagen sein.
tigen gestaffelt, wodurch sich insbesondere für die
Die bezüglich des Stichtages in dem Regierungs-
Verheirateten eine Verbesserung ergibt. Schließlich
entwurf vorgesehene Regelung ist jedoch völlig
wird die erst durch die 14. Novelle geschaffene Vor-
unzulänglich. Das noch offene Kernproblem, nämlich
schrift des § 55 b des Lastenausgleichsgesetzes ver-
die Beseitigung des Anwesenheitsstichtages vom
bessert. Im Rahmen dieser Vorschrift können künf-
31. Dezember 1952 für die Heimatvertriebenen aus
tig auch solche Hausbesitzer eine Minderung der
Vermögensabgabe wegen Kriegssachschäden erhal- der Zone, die nicht gleichzeitig Inhaber eines C-
ten, die den Schaden schon vor dem Währungsstich- Ausweises sind, wird überhaupt nicht aufgegriffen.
tag beseitigt haben. Die von der Regierung nur vorgesehene Verlegung
des in der 14. Novelle für die C-Ausweisinhaber
Bei der Hypothekengewinnabgabe werden Ver- bestimmten Stichtages vom 31. Dezember 1960 auf
günstigungen gewährt, wenn die von Kriegsschäden den 31. Dezember 1965 bedeutet angesichts der zwi-
betroffenen Gebäude bis zum 31. Dezember 1962 schenzeitlichen „politischen Entwicklung" praktisch
wieder aufgebaut oder wiederhergestellt werden. nur eine Erweiterung des bereits begünstigten Per-
Es steht jetzt schon fest, daß die Wiederaufbaumaß- sonenkreises zeitlich um etwa 1/2 Jahr. Während
nahmen bis dahin nicht in allen Fällen abgeschlos- durch diese Änderung etwa 20 000 Menschen gehol-
sen sein können; die Frist soll daher durch die fen würde, würden 350 bis 400 000 Heimatvertrie-
16. Novelle bis zum 31. Dezember 1965 verlängert bene weiter von den ihnen rechtlich zustehenden
werden. Die übrigen zur Hypothekengewinnabgabe Ansprüchen aus dem Lastenausgleich ausgeschlossen
vorgesehenen Änderungen sollen Zweifel bei der bleiben.
Auslegung einiger Vorschriften klären.
Anläßlich der Beratungen des Regierungsentwurfs
im Bundesrat ist bekannt geworden, daß die Bun-
desregierung die völlige Beseitigung des Anwesen-
heitsstichtages vom 31. Dezember 1952 abgelehnt
hat, weil sie angeblich 2,3 Milliarden DM koste und
Anlage 4 im Ausgleichsfonds gegenwärtig angeblich ein Fehl-
betrag von 1,5 Milliarden DM bestehe. Beides ist
Schriftliche Erklärung falsch. Die Mehrleistungen durch die Beseitigung
dieses Stichtages würden rund 900 Millionen DM
des Abgeordneten Rehs für die Fraktion der SPD betragen, und im Ausgleichsfonds sind zur Zeit be-
zu dem Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur reits nachweisbar Reserven von mehreren Milliar-
Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Druck- den D-Mark vorhanden. Die Erfüllung der erforder-
sache IV/395). lichen Mehrleistungen wäre also aus dem Aus-
gleichsfonds ohne zusätzliche Belastungen sofort
Es durfte erwartet werden, daß die Bundesregie-
möglich.
rung mit diesem erst kurz vor Ablauf des ersten
Jahres der neuen Legislaturperiode vorgelegten Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat
eigenen Vorschlag zur Änderung des Lastenaus- in ihrer Schriftlichen Begründung zu der von ihr am
gleichsgesetzes den Notwendigkeiten Rechnung tra- 13. März 1962 eingebrachten 16. Novelle zum Lasten-
gen würde, über die in Fachkreisen wie bei den Be- ausgleichsgesetz — Drucksache IV/250 — ihren
troffenen seit langem Übereinstimmung besteht. Es Standpunkt zur Frage der Beseitigung des Stichtags
durfte erwartet werden, daß die Bundesregierung vom 31. Dezember 1952 klargestellt. Die Berechti-
hierbei die Einsicht und den Willen erkennen lassen gung und Notwendigkeit dieses sozialdemokrati-
würde, wenigstens einige der schweren Unrechts- schen Antrages wird durch den jetzigen Regierungs-
probleme anzupacken, die bisher im Lastenaus- entwurf bestätigt.
gleichsgesetz ungelöst geblieben sind, insbesondere
das sachlich ausdiskutierte Problem des Anwesen- Es liegt jetzt bei den Fraktionen der Regierungs-
heitsstichtages. Diese Erwartung ist bitter enttäuscht koalition, ob sie in dieser Frage den schlechten Weg
worden. des Regierungsentwurfes mitgehen und das Stich-
tagsproblem abermals verschleppen oder den Opfern
Der Entwurf befaßt sich neben einigen Änderun- dieses Stichtages endlich auch Gerechtigkeit wider-
gen von geringerer Tragweite mit der Anpassung fahren lassen wollen.
des Freibetrages für Renten aus der gesetzlichen
Rentenversicherung im Rahmen der Kriegsschaden-
rente im Hinblick auf das Vierte Rentenanpassungs-
gesetz. Der hierzu gegebenen Begründung kann bis
auf die Erhöhung des Freibetrages von 6 DM gefolgt Anlage 5 Umdruck 104
werden. Diese Erhöhung ist zu gering. Es ist nicht
zutreffend, daß dieser Betrag der durchschnittlichen Entschließungsantrag der Abgeordneten Ritzel,
Anhebung der Sozialversicherungsrente von Unter- Dr. Möller, Cramer und Fraktion der SPD zur drit-
haltshilfeempfängern entspricht. Der Schnitt dieser ten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ein-
Erhöhung liegt vielmehr mindestens bei 7 DM, wenn schränkung der Bautätigkeit (Drucksachen IV/341,
nicht bei 8 DM. IV/353, IV/411).
1370 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962

Der Bundestag wolle beschließen: Höhmann (Hessisch Lichtenau)


Jacobi (Köln)
Die Bundesregierung wird ersucht, Könen (Düsseldorf)
Büttner
von der Bestimmung des § 8 des Haushaltsgesetzes Matthöfer
1962 in der vom Bundestag und Bundesrat beschlos- Bading
senen Fassung in bezug auf die 20%ige Sperre von
Haushaltsmitteln keinen Gebrauch zu machen, so- Ollenhauer und Fraktion
weit es sich um Aufwendungen für den Straßenbau
(Einzelplan 12) handelt.

Bonn, den 17. Mai 1962


Anlage 7 Umdruck 110
Ritzel
Dr. Möller Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/
Cramer CSU, 'EDP zur dritten Beratung des Entwurfs eines
Jürgensen Gesetzes zur Einschränkung der Bautätigkeit (Druck-
Lange (Essen) sachen IV/341, IV/353, IV/411).
Hörmann (Freiburg)
Frehsee Der Bundestag wolle beschließen:
Arendt (Wattenscheid)
Schröder (Osterode) 1. In § 1 Abs. 3 Nr. 1 ist 'das Datum „19. Mai 1962"
Faller durch das Datum „22. Mai 1962" zu ersetzen.
Haage (München) 2. In § 1 Abs. 3 ist der Punkt .am Ende von Nr. 2
Iven (Düren) durch ein Komma zu ersetzen und danach fol-
Hermsdorf gende Nummer 3 anzufügen: „3. das Gebäude
Dr. Kreyssig für Gottesdienst und Seelsorge bestimmt ist."
Büttner
3. In § 1 Abs. 4 sind im ersten Satz das Wort „Ge-
Birkelbach
bieten" durch das Wort „Zonenrandgebieten"
Dr. Kübler
und im letzten Satz die Worte „Die Gebiete"
Ollenhauer und Fraktion durch die Worte „Die betreffenden Teile der
Zonenrandgebiete" zu ersetzen.
4. In § 6 sind hinter dem Wort „Berlin" die Worte
„und im Saarland" anzufügen.
Anlage 6 Umdruck 105
Bonn, 22. Mai 1962
Entschließungsantrag der Abgeordneten Loh- Dr. Dollinger und Fraktion
mar, Dr. Frede, Schwabe und Fraktion der SPD zur Dr. Mende und Fraktion
dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Einschränkung der Bautätigkeit (Drucksachen IV/341,
IV/353, IV/411).

Der Bundestag wolle beschließen: Anlage 8 Umdruck 111

Die Bundesregierung wird ersucht, Entschließungsantrag der Fraktion der SPD


zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
von der Bestimmung des § 8 des Haushaltsgesetzes zur Einschränkung der Bautätigkeit (Drucksachen
1962 in der vom Bundestag und Bundesrat beschlos- IV/341, IV/353, IV/411).
senen Fassung in bezug auf die 20%ige Sperre von
Haushaltsmitteln keinen Gebrauch zu machen, so- Der Bundestag wolle beschließen:
weit es sich um Aufwendungen für den Ausbau der
wissenschaftlichen Hochschulen (Einzelplan 6) han- Die Bundesregierung wird ersucht,
delt.
dem Bundestag bis zum 1. Oktober 1962 einen Ge-
Bonn, den 17. Mai 1962 setzentwurf vorzulegen, durch den eine Reform des
§ 7 b des Einkommensteuergesetzes vorgenommen
Lohmar wird, mit der Maßgabe, daß unter Aufrechterhal-
Dr. Frede tung des Baues von eigengenutzten Wohngebäuden
Schwabe eine mißbräuchliche Ausnutzung und ungerecht-
Biermann fertigte Bereicherungen vermieden werden.
Wegener
Welslau Die derzeitige starke Begünstigung der Bezieher
Frau Zimmermann (Brackwede) hoher Einkommen ist zu beseitigen.
Junker
Hufnagel Bonn, 22. Mai 1962
Junghans Ollenhauer und Fraktion

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