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32. Sitzung
Inhalt:
Abg. Porzner tritt in den Bundestag ein . 1349 A Entwurf eines Gesetzes zur Einschränkung
der Bautätigkeit (Drucksachen IV/353,
IV/341) ; Mündlicher Bericht des Wirt-
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des schaftsausschusses (Drucksache IV/411)
Einkommensteuergesetzes (FDP) (Druck-
—
32. Sitzung
Dr. Dörinkel (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr Dr. Dr. h. c. Erhard Dr. von Merkatz
Etzel Mick
verehrten Damen und Herren! Die Bundestags- Dr. Even (Düsseldorf) Müller (Aachen-Land)
fraktion der Freien Demokraten bedauert, daß der Even (Köln) Müller (Remscheid)
Vorstand des Volkswagenwerkes trotz des Appells Falke Müser
der Bundesregierung zum Maßhalten den Inlands- Dr. Franz Nieberg
Franzen Niederalt
preis für den Volkswagen erhöht hat. Eine Zollsen- Dr. Frey (Bonn) Frau Dr. Pannhoff
kung als Antwort auf die Erhöhung des Volks- Dr. Fritz (Ludwigshafen) Dr. Pflaumbaum
wagenpreises lehnt die FDP ab. Zollpolitische Maß- Funk (Neuses am Sand) Dr.-Ing. Philipp
nahmen dürfen nicht den Charakter einer Strafe Gedat Frau Pitz-Savelsberg
erhalten. Gehring Dr. Poepke
Frau Geisendörfer Porten
(Abg. Dr. Löhr: Haben sie ja gar nicht!) Germs Frau Dr. Probst
D. Dr. Gerstenmaier Dr. Ramminger
Die Senkung der Automobilzölle trifft besonders die Gibbert Rauhaus
Firmen, die ihre Preise nicht erhöht haben. Darüber Giencke Dr. Reinhard
hinaus werden die zum großen Teil mittelständi- Dr. Gleissner Riedel (Frankfurt)
Glüsing (Dithmarschen) Rommerskirchen
schen Zulieferindustrien in Mitleidenschaft gezogen. Dr. Götz Ruf
Ohne Anlaß und Grund werden dadurch weite Goldhagen Scheppmann
Kreise der Arbeitnehmer und der Unternehmer ge- Gontrum Dr. Schmidt (Wuppertal)
troffen. Dr. Gossel Schmücker
Gottesleben Frau Schroeder (Detmold)
Nach sorgfältigem Abwägen aller volkswirt- Dr. h. c. Güde Schütz
schaftlichen Gesichtspunkte ist die FDP-Fraktion zu Günther Schulhoff
Haase (Kassel) Frau Dr. Schwarzhaupt
der Meinung gelangt, daß die hier zu beschließende Hahn (Bielefeld) Dr. Schwörer
Zollsenkung eine Maßnahme am falschen Platz und Dr. von Haniel-Niethammer Dr. Seffrin
zur falschen Zeit ist. Sie lehnt deshalb die Vorlage Harnischfeger Seidl (München)
ab. Die FDP-Fraktion wird zur gegebenen - Zeit die Dr. Hauser Dr. Sinn
Dr. Heck Spies
Bundesregierung nach den Wirkungen der Zollsen- Heix Stauch
kung fragen. Hesemann Dr. Stecker
Hilbert Dr. Steinmetz
(Beifall bei der FDP.) Höcherl Stiller
Dr. Höchst Dr. Stoltenberg
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Da- Höfler Stooß
Hörnemann (Gescher) Storch
men und Herren, Sie haben die Erklärungen gehört. Hösl Storm
Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Der Holkenbrink Struve
Hoogen Stücklen
Antrag ist ausreichend unterstützt. Wir stimmen also Horn Sühler
über die Vorlage Drucksache IV/414 namentlich ab. Dr. Huys Dr. Süsterhenn
Ich bitte die Damen und Herren Schriftführer, die Illerhaus Teriete
Stimmkarten einzusammeln. Frau Jacobi (Marl) Tobaben
Dr. Jaeger Dr. Toussaint
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstim- Josten Unertl
mung über den Verordnungsentwurf unter Punkt 3 Dr. Jungmann Varelmann
Dr. Kanka Verhoeven
der Tagesordnung bekannt. Mit Ja haben gestimmt Katzer Frau Vietje
331 uneingeschränkt stimmberechtigte Mitglieder Kemmer Dr. Freiherr v. Vittinghoff
des Hauses und 13 Berliner Abgeordnete. Enthalten Dr. Kempfler Schell
haben sich 21 Mitglieder des Hauses. Mit Nein Frau Klee Vogt
Klein (Saarbrücken) Wacher
haben 81 Mitglieder des Hauses gestimmt. Damit, Dr. Kliesing (Honnef) Wagner (Günzburg)
meine Damen und Herren, ist diese Vorlage in Knobloch Dr. Wahl
namentlicher Abstimmung angenommen. Dr. Knorr Frau Dr. h. c. Weber
Dr. Kopf (Essen)
Krüger Dr. Weber (Koblenz)
Krug Wehking
Ja Blöcker
Kühn (Hildesheim) Weigl
Frau Blohm
CDU/CSU Kuntscher Frau Welter (Aachen)
Blumenfeld
von Bodelschwingh Lang (München) Wendelborn
Dr. Aigner
Dr. BÖhm (Frankfurt) Leicht Wieninger
Dr. Althammer
Frau Brauksiepe Lemmrich Dr. Wilhelmi
Arndgen
Dr. Brenck Lenz (Brühl) Dr. Willeke
Dr. Arnold
Dr. von Brentano Lenze (Attendorn) Windelen
Dr. Artzinger
Brese Leonhard Winkelheide
Baier (Mosbach)
Baldauf Brück Lermer Dr. Winter
Balkenhol Bühler Dr. Löhr Wittmer-Eigenbrodt
Bauer (Wasserburg) Burgemeister Dr. Luda Dr. Wuermeling
Bauknecht Dr. Conring Lücker (München) Wullenhaupt
Bausch Dr. Czaja Maier (Mannheim) Dr. Zimmer
Becker van Delden Dr. Baron Manteuffel Dr. Zimmermann
Berberich Dr. Dichgans Szoege (München)
Bewerunge Diebäcker Dr. Martin
Biechele Dr. Dollinger Maucher Berliner Abgeordnete
Dr. Bieringer Draeger Meis
Dr. Birrenbach Ehnes Memmel Benda
Blank Eichelbaum Mengelkamp Dr. Gradl
Frau Dr. Bleyler Engelbrecht-Greve Menke Dr. Krone
1352 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
An die beiden Sozialpartner richtet sich mein Appell, Nun einiges zu den allgemeinen Punkten dieses
und ich hoffe, daß Sie sich dann, wenn Sie dabei Baustoppgesetzes, das uns heute zur Verabschie-
beteiligt sind, vielleicht meinem Appell anschlie- dung vorliegt. Wir Sozialdemokraten haben schon
ßen werden. bei der ersten Lesung darauf aufmerksam gemacht,
daß es nicht Aufgabe der Wirtschaftspolitik sein
Meine Damen und Herren, alle unsere Maßnah- kann, durch dirigistische Maßnahmen, die zum Teil
men sollen nur dem Ziel dienen, einen möglichst in ihrer Auswirkung heute noch nicht voll zu über-
ruhigen Wirtschaftsablauf zu erreichen. Wenn wir sehen sind, einen Teil der Volkswirtschaft zu dämp-
eine größere Nachfrage befriedigen können, brau- fen. Im Gegenteil, von der Regierung kann verlangt
chen wir keine Dämpfungsmaßnahmen. Wo das werden, daß sie Konjunkturpolitik aus einem Guß
aber nicht zu erreichen ist, müssen wir Dämpfungs- macht. Wir sehen einen inneren Zusammenhang
maßnahmen ergreifen. Diese müssen kurzfristig und zwischen der Zurückhaltung der öffentlichen Hand
sehr klar und eindeutig sein. Ich glaube, daß wir bei Behördenbauaufträgen, diesem Gesetz und ge-
diese Absicht — zu einem kleinen Teil allerdings wissen steuerpolitischen Maßnahmen, über die das
nur mit dem vorliegenden Gesetz — verwirklichen Hohe Haus noch nicht beraten hat, die aber meine
können, wenn die Änderungen, die wir nachher Fraktion nachher durch einen vom Kollegen Leber zu
noch beantragen werden, angenommen sein werden. begründenden Entschließungsantrag in die Diskus-
sion bringen wird und die noch erörtert werden
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat müssen. Wir sind deshalb der Meinung, daß ein
der Herr Abgeordnete Börner. Kausalzusammenhang zwischen allen drei Punkten
1356 Deutscher Bundestag -- 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
Börner
besteht, weil dieses Gesetz, wie es heute in seiner das für eine Überleitung der Wohnungswirtschaft
Unvollkommenheit vorliegt, von keinem, der es mit in die Marktwirtschaft nötig ist.
dem Begriff der Marktwirtschaft ernst meint, als
(Abg. Dr. Czaja: Das hat er ja auch ge
eine befriedigende Lösung angesehen werden kann.
meint!)
Die Sozialdemokraten haben schon in der ersten — Gut, das hat er gemeint. Aber, Herr Dr. Czaja,
Lesung deutlich gemacht, daß sie gewillt sind, ge- eines hat er nicht gemeint, nämlich die Stadtsanie-
wisse in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Sofort- rung, die Sie ja auch schon einmal von dieser Stelle
maßnahmen zu unterstützen. Sie haben danach auch aus angedeutet haben.
ihre Mitarbeit im Ausschuß ausgerichtet. Ich möchte
deshalb namens meiner Freunde hier klar erklären, (Abg. Dr. Czaja: Die will er auch!)
daß all das, was in diesem Entwurf im Hinblick auf Ich möchte namens meiner Freunde sagen, wir
die Dämpfung von Behördenbauten und auf die müssen einmal von der Voraussicht ausgehen, daß
Zurückstellung von Bauten der öffentlichen Hand die Sanierung der großen Städte für die nächsten
steht, die volle Zustimmung der sozialdemokrati- Jahrzehnte schließlich noch ein Problem des Woh-
schen Fraktion findet. Wir sind auch der Meinung, nungsbaus und der Bauwirtschaft überhaupt ist.
daß das nicht nur für den Bund, sondern auch für Man sollte sich deshalb aus Verantwortungsbewußt-
andere öffentliche Bauträger gilt. Man kann diese sein heute vor 'dieser Entwicklung Gedanken dar-
Diskussion aber nicht damit abtun, wie es der Herr über machen, inwieweit das Volumen der Bauwirt-
Bundeswirtschaftsminister in der ersten Lesung ge- schaft ausgedehnt werden und inwieweit der Staat
tan hat, daß man sagt, man müsse 25 000 Gemeinden als Kreditgeber, aber auch mit seinen anderen Me-
bändigen. Man muß vielmehr immer wieder auch an thoden der Wirtschaftspolitik hier vorangehen
das Verantwortungsbewußtsein unserer Kollegen könnte.
appellieren, die auf anderen Ebenen tätig sind und In diesem Zusammenhang möchte ich deutlich
sich in ihren Gemeinden und Landesparlamenten
- mit sagen, 'daß nach Meinung meiner Freunde das Aus-
den gleichen Fragen auseinanderzusetzen haben. maß des Winterbaus in unserem Lande, insbesondere
seine Förderung durch die Behörden noch nicht zu-
Wir sind der Meinung, daß die Sperre von Haus- friedenstellend ist. Wir erkennen an, daß hier in
haltsmitteln des Bundes, soweit sie im Haushalts- den letzten Jahren Fortschritte gemacht worden
gesetz nicht den Straßenbau, den sozialen Woh- sind, und wir sind sogar so unbescheiden, zu mei-
nungsbau und die vorhin von mir erwähnten Wis- nen, daß sie auf unsere Initiative zurückgehen. Wir
senschaftsbauten betrifft, voll gerechtfertigt ist und müssen aber auch darauf hinweisen, daß der öffent-
zweifellos für die nächsten Monate eine gewisse liche Auftraggeber — ob es der Bund, die Länder
Dämpfung der Baukonjunktur mit sich bringen wird. oder 'die Gemeinden sind — 'hier in gewisser Weise
Eine Frage scheint uns im Zusammenhang mit den Pionierarbeit zu leisten hat. Wir glauben deshalb,
Dämpfungsmaßnahmen aber doch wichtig, erörtert zu daß der Winterbau in den nächsten Jahren, gerade
werden, ob es nämlich grundsätzlich richtig ist, die zur Entzerrung des Baumarkts, vom öffentlichen
Nachfrage zurückzudrängen und einzudämmen, ob- Auftraggeber ganz besonders gefördert werden
wohl man genau weiß, daß sie in späteren Zeiten müßte.
einmal wieder zusätzlich zum allgemeinen Bauvolu-
men auf den Markt kommen wird. Die Frage ist, ob Die Beratungen im Ausschuß haben gezeigt, daß
es nicht für eine vernünftige langfristige Wirtschafts- das Dilemma dieses Gesetzes darin besteht, daß
politik sinnvoll ist, sich Gedanken darüber zu ma- man mit den im Katalog genannten Maßnahmen
chen, wie das Angebot an Bauleistungen erhöht wer- immer nur einen Teil des Problems lösen kann. Zum
den kann. andern wurde die Beratung 'dadurch erschwert, daß
eine Reihe von statistischen Angaben und über-
Damit möchte ich gleich eine Bemerkung zu dem haupt Erfahrungen fehlen, um die volkswirtschaft-
machen, was Herr Kollege Atzenroth namens der liche Auswirkung eines solchen Eingriffs in die
FDP an deklamatorischen Erklärungen abgegeben Marktwirtschaft richtig darstellen zu können.
hat. Das ist keine Frage einer längeren Arbeitszeit
der Bauarbeiter. Die Frage ist vielmehr, inwieweit Wir Sozialdemokraten waren bei der Beratung
durch staatliche Maßnahmen die Modernisierung der der einzelnen Paragraphen der Meinung, daß drei
Baumethoden und die Förderung neuer Baumetho- Dinge 'erreicht werden müssen.
den in unserem Lande erreicht werden kann. Erstens darf dieses Gesetz nicht dazu führen, daß
der Wohnungsbau in irgendeiner Form in die
Ich möchte sogar sagen, wir können uns nicht der
Dämpfungsmaßnahmen mit einbezogen wird, insbe-
Meinung des Herrn Bundeswirtschaftsministers Pro-
sondere nicht die Wohnungen, die wir unter der
fessor Erhard anschließen, der bei der ersten Lesung
großen Gruppe des sozialen und steuerbegünstigten
dieses Gesetzentwurfes davon sprach, daß der Woh-
Wohnungsbaus zusammenfassen und von denen wir
nungsbedarf in absehbarer Zeit befriedigt sein
noch einige hunderttausend brauchen, um die Woh-
werde und daß es deshalb keinen Sinn mehr habe,
nungsnot 'in unserem Lande beseitigen zu können.
die Kapazitäten auszudehnen. Herr Bundeswirt-
schaftsminister, ich glaube, jeder, der die Lage auf Wir waren zweitens der Meinung, daß, wenn sich
dem Wohnungsmarkt heute realistisch beurteilt, wirtschaftliche Härten nicht vermeiden lassen, diese
muß zu dem Ergebnis kommen, daß noch eine Reihe Härten innerhalb einer Branche nicht nur den einen
von Jahren notwendig sein werden, um das Ange- oder den anderen treffen sollte, sondern daß, wenn
bot an familiengerechten Wohnungen zu schaffen, hier Opfer gefordert werden, diese Opfer möglichst
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1357
Börner
gleichmäßig verteilt werden müssen. Wir haben des- vorliegenden Gesetz neue Härten schaffen würde.
halb alle Paragraphen abgelehnt oder einschneidend Deshalb haben wir uns für die jetzt im Gesetz ver
mit verändert, die zu einer Diskriminierung be- ankerte allgemeine Fassung ausgesprochen.
stimmter Berufe oder bestimmter Betriebsgrößen Ich bin froh, feststellen zu können, daß unsere
führen konnten. Ich darf nur daran erinnern, daß von Sachlichkeit getragene Argumentation bei
einige Kollegen aus der Koalitionsfraktion in die- einem Teil der Mehrheitsfraktionen — zumindest
sen Entwurf noch einen Teil Mittelstandspolitik hin- bei der CDU — wohlwollende Unterstützung gefun-
eininterpretieren wollten. Dieser Versuch ist zumin- den hat. Ich bedauere, daß dieses — wie ich meine
dest durch unsere Mitarbeit hier in weitestgehen- — vernünftige Ergebnis der Ausschußberatungen
dem Maße gescheitert. heute wieder durch einen Änderungsantrag Ihrer
Drittens waren wir der Meinung, daß — — Freunde in Frage gestellt wird, über den wir im
Laufe der Beratung noch zu sprechen haben werden.
(Zuruf von der CDU/CSU: Dann sind Sie
bewußt gegen den Mittelstand!) Ich möchte Sie dringend darum bitten, die Länder-
klausel, die nicht nur an das Ermessen, sondern
— Entschuldigung, wenn Sie das so mißverstanden auch an das Verantwortungsgefühl der betreffenden
haben. Wir haben uns dagegen verwahrt, daß mit- Landesregierung appelliert, im Gesetz zu belassen.
telständische Aspekte bei der Beratung dieses Ge- Ich darf für meine Freunde sagen, daß der Absatz 4
setzes dominierend sind und die eine oder andere einer der Kardinalpunkte — ich möchte sogar sagen:
Gruppe des Mittelstandes bevorzugt oder benach- der Kardinalpunkt — für unsere eventuelle Zustim-
teiligt wird. Wir sind sehr dafür, daß die Mittel- mung zu diesem Gesetz ist. Wir sind nämlich der
standsförderung bei den Gesetzen, wo man sie be- Meinung, daß es hier nicht darum geht, wirtschafts-
treiben muß, nämlich bei den Steuergesetzen, hier politischen Theaterdonner zu machen, sondern dar-
in diesem Hause konsequenter betrieben wird, als um, aktive Konjunkturpolitik zu betreiben. Wenn
das bisher seitens ihrer Partei geschehen ist.
- Sie aber eine aktive Konjunkturpolitik betreiben
(Beifall bei der SPD.) wollen, dann müssen Sie auch folgendes berück-
sichtigen: in der Beschäftigungsquote des Baumark-
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir tes bestehen von Regierungsbezirk zu Regierungs-
haben uns in der Ausschußberatung auch mit Lei- bezirk und auch von Land zu Land in der Bundes-
denschaft dagegen verwahrt, den Baustopp gleich- republik Deutschland Unterschiede. Deshalb kann
mäßig so nach Art eines Sensenschnittes über die man einer - Landesregierung wohl zumuten, über
ganze Bundesrepublik einzuführen, und zwar ein- diese Frage in eigener Zuständigkeit zu entschei-
fach deshalb, weil man die Verhältnisse in den Bal- den. Wir werden im einzelnen bei der Beratung des
lungszentren des Ruhrgebiets, des Rhein-Main-Ge- Änderungsantrages sicher noch auf einige Aspekte
biets und des norddeutschen Küstenraumes nicht Ihrer neuen Argumentation zurückkommen.
vergleichen kann mit den Entwicklungen im Baye-
rischen Wald, im Zonengrenzgebiet oder auch in Um die Debatte zu vereinfachen, möchte ich gleich
anderen Gebieten der Bundesrepublik, die nicht In- etwas zu den Änderungsanträgen sagen, die im
dustrieschwerpunkte sind. Wir freuen uns, feststel- Laufe der letzten halben Stunde hier vorgelegt wor-
len zu können, daß diese Argumentation der Sozial- den sind und zu denen wir uns in der Fraktion noch
demokraten dazu geführt hat, in den Ihnen vorlie- nicht äußern konnten; deshalb müssen wir das jetzt
genden. Entwurf eine Länderklausel aufzunehmen, unmittelbar tun. Zum ersten darf ich feststellen, daß
auf die der Herr Berichterstatter schon hingewiesen die Sozialdemokraten ihre Auffassung, daß hier
hat und die es der Landesregierung möglich macht, Konjunkturpolitik aus einem Guß gemacht werden
die Kreise oder Regierungsbezirke, in denen keine müsse, durch den Entschließungsantrag auf Umdruck
Bauüberkonjunktur herrscht, von den Maßnahmen 111 untermauern, den mein Kollege Leber noch be-
dieses Gesetzes auszunehmen. Wir werden uns in gründen wird. Nach unserer Meinung geht es nicht
der weiteren Beratung des Entwurfs sehr dagegen an, daß die Koalition in der Öffentlichkeit davon
wehren, daß diese Bestimmung verwässert wird. Sie spricht, man müsse an den § 7 b heran, und dann
haben schon bei der bisherigen Beratung gemerkt, nach einer Weile nichts mehr zu hören ist. Der Herr
daß einer Ihrer Kollegen von der Saar eine Saar Kollege Atzenroth hat hier sogar festgestellt, das sei
Klausel für richtig hielt. Wir unterstützen dieses alles nicht so gemeint, das sei nur für eine gewisse
Begehren. Wir unterstützen auch jede Forderung, Zeit. Wir sind der Meinung — ich will Herrn Kolle-
die Zonengrenzkreise in diese Überlegungen mit gen Leber nicht vorgreifen; er wird das noch im ein-
einzubeziehen. Ich habe im Ausschuß darauf hinge- zelnen ausführen —, daß langfristige konjunktur-
wiesen, daß die Zonengrenzkreise keine Bauüber- politische Maßnahmen auf die Dauer eine vernünf-
konjunktur haben, sondern daß dort die Bauwirt- tigere Art der Konjunkturpolitik sind als ein Gesetz,
schaft in den letzten Jahren ein Mittel der Kon- das die Nachfrage zwar im Moment staut, sie aber
junkturstütze gewesen ist. im nächsten Sommer mit einem Schlag auf den Bau-
markt zurückbringt.
Das gilt nicht nur für die Zonengrenzgebiete und
das Saarland, sondern im besonderen Maße auch Zu Ihrem Änderungsantrag Umdruck 110 darf ich
für die Landschaften abseits der großen Verkehrs- namens meiner Freunde erklären, daß wir den Zif-
wege, die m an unter dem Begriff „Sanierungs- fern 1 und 2 unsere Zustimmung geben. Die sich aus
gebiete" oder „Förderungsgebiete" schon in ande- den Ziffern 3 und 4 ergebenden Fragen werden
ren Gesetzen berücksichtigt hat. Wir glauben, daß durch die Beratungen der nächsten halben Stunde
eine genaue Klassifizierung dieser Gebiete in dem hier entschieden werden.
1358 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
Börner
Ich darf daran erinnern, daß wir bei der ersten rungsgebiete in Schleswig-Holstein, im Emsland und
Lesung nachdrücklich gefordert haben, Verbotsge- im Bayerischen Wald.
setze in einer Marktwirtschaft nur als Ausnahme
Welche Gebiete der Förderungsgebiete bestimmt
zu betrachten. Bis heute noch warten wir darauf, daß
werden sollen, ist dann nach wie vor Sache der
der Herr Bundeswirtschaftsminister mit seiner Koa-
Landesregierung, wenn Angebot und Nachfrage in
lition ein erklärendes Wort dazu sagt, wie er sich
den Bauleistungen ausgeglichen sind. Ich bitte des-
die Entwicklung auf diesem Gebiet auf die Dauer
halb um Annahme des Antrags, den Begriff „Zonen-
vorstellt. Das, was hier in der ersten Lesung zur
randgebiete" zu ersetzen durch den Begriff: „den
Frage der langfristigen Entwicklung in der Bauwirt-
von dem Interministeriellen Ausschuß für Notstands-
schaft gesagt worden ist, ist vom sozialdemokrati-
gebietsfragen (IMNOS) festgelegten Förderungs-
schen Standpunkt aus — und ich glaube, auch von
gebieten für 1961". Ich bitte um Zustimmung zu
weiten Kreisen der Bevölkerung draußen im Lande diesem Antrag.
— als zu mager zu betrachten.
(Beifall bei der SPD.)
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Wird dazu
das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine wei- Dr. Atzenroth.
teren Wortmeldungen in der allgemeinen Aus-
sprache. Die Aussprache ist geschlossen. (Abg. Dr. Atzenroth: Darf ich unseren
Änderungsantrag begründen?)
Ich rufe die Änderungsanträge auf, zunächst den
— Den Antrag der CDU/CSU und FDP.
Änderungsantrag Umdruck 110 Ziffer i zu § 1 Abs. 3
Nr. 1 der Vorlage. Ich frage, ob dieser Änderungs-
antrag begründet wird. — Darauf wird verzichtet. Dr. Atzenroth (FDP) : Meine Damen und Herren!
Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird Die beiden Koalitionsparteien haben sich darüber
nicht gewünscht. Wer diesem Änderungsantrag der abgesprochen, daß § 1 Abs. 4 geändert werden soll.
Fraktionen der CDU/CSU und FDP — Umdruck 110 Ich darf daran erinnern, daß wir es als einen Grund-
Ziffer 1 — zustimmen will, den bitte ich um ein satz bezeichnet haben, das Gesetz müsse einfach zu
Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — handhaben sein. Es soll keine Ausnahmen geben,
Dieser Änderungsantrag ist bei einer Enthaltung — die von irgendeiner Behörde kontrolliert, und keine
im übrigen einstimmig — angenommen. Anträge, die entweder durch Ablehnung oder durch
Ich rufe den Änderungsantrag Umdruck 110 Zif- Zustimmung beschieden werden können. Bei der
fer 2 zu § 1 Abs. 3 auf. Wird zur Begründung das Anwendung dieses Gesetzes sollte kein Beamter
tätig werden.
Wort gewünscht? — Der Antrag wird nicht begrün-
det. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Sie sind eine
Fall. Ich' lasse abstimmen. Wer dem Änderungs- Parsifalfigur!)
antrag Umdruck 110 Ziffer 2 zustimmen will, den Im Ausschuß war eine Fassung gefunden worden,
bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — nach der die Länderregierungen Rechte erhalten
Enthaltungen? — Bei zwei Enthaltungen ist dieser sollten, die sie hätten ausüben können, und zwar in
Änderungsantrag angenommen. der verschiedensten Form. Jedes Land hätte bei der
Ich rufe den Änderungsantrag Umdruck 110 Zif- Auslegung mehr oder weniger strenge Maßstäbe
fer 3 auf. Zu diesem Änderungsantrag wird ein Än- anlegen können. Das wollten wir unter allen Um-
derungsantrag der Fraktion der SPD gestellt; der ständen vermeiden. Deswegen ist es für uns auch
Herr Abgeordnete Börner hat schon darauf aufmerk- unmöglich, den Änderungsantrag zu unserem Ände-
sam gemacht. Ist dieser Antrag inzwischen in Ihrer rungsantrag anzunehmen; damit würde wieder eine
Hand, meine Damen und Herren? Vollmacht in die Hände der Länderregierungen ge-
legt, die wir in diesem Zusammenhang, besonders
(Zurufe: Nein!) angesichts der Kurzfristigkeit des Gesetzes, nicht
— Er ist noch nicht verteilt. — Herr Abgeordneter haben wollen.
Junghans, wöllen Sie ihn begründen? Dann lesen Wir haben uns darüber geeinigt, daß nur ein Ge-
Sie ihn bitte vor. biet, und zwar ein klar erfaßbares Gebiet, ausge-
nommen werden soll: die Zonenrandgebiete. Hier
Junghans (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen handelt es sich um ein Politikum. Hier wollen wir
und Herren! Wenn schon nur die Zonenrandgebiete keine Einschränkung der Bautätigkeit. Hier soll
vom Bauverbot ausgenommen werden sollen und grundsätzlich, selbst wenn es einmal Überhitzungs-
nicht die Länderklausel bestehen soll, bitten wir, erscheinungen geben sollte, das Verbot keine Gül-
den Begriff „Zonenrandgebiete" zu erweitern, indem tigkeit haben.
wir sagen: „den von dem Interministeriellen Aus- Unser Änderungsantrag unter Ziffer 3, das Wort
schuß für Notstandsgebietsfragen (IMNOS) festge- „Gebieten" durch das Wort „Zonenrandgebieten" zu
legten Förderungsgebieten für 1961 ". Damit erfassen ersetzen, ist klar und eindeutig und hält sich in dem
wir auch die sogenannten Sanierungsgebiete, die Rahmen, in dem wir das Gesetz gefaßt und verab-
außerhalb der Zonenrandgebiete liegen. schiedet haben wollen.
Dieses Hohe Haus hat seit 1954 die Verbesserung Wir bitten Sie, unseren Änderungsantrag Um-
der Wirtschaftsstruktur in diesen Gebieten beschlos- druck 110 Ziffer 3 anzunehmen und den Änderungs-
sen. Sie erfassen damit zusätzlich auch die Sanie- antrag zu diesem Änderungsantrag abzulehnen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1359
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Herr Abge- die südbayerischen Gebiete, große Teile von Würt-
ordneter Leber! temberg-Baden, Rheinland-Pfalz mit seinem links-
rheinischem Gebiet, das Emsland, sogar Teile von
Leber (SPD) : Herr Präsident, meine sehr ge- Westfalen; alle diese Gebiete weisen keine Über-
ehrten Damen und Herren! Uns liegt vor der Münd- spannung der Baukonjunktur auf.
liche Bericht des Ausschusses Drucksache IV/411 mit Das ist ein Problem, das besonders die mittelstän-
dem Gesetzentwurf, der unter § 1 die Nr. 4 enthält. dischen Gewerbetreibenden im Baugewerbe angeht.
Uns liegt ferner vor der Antrag der Fraktionen der Auf diese Weise wird deren Tätigkeit gedämpft. Es
CDU/CSU und der FDP Umdruck 102, den Abs. 4 handelt sich um Gewerbebetriebe, die man nicht in
des § 1 zu streichen. die Ballungsgebiete umsetzen kann. Sie können nicht
(Zurufe von der Mitte: Ist doch zurück einen Handwerksmeister, der in diesen Bereichen
gezogen!) vier, fünf Gesellen beschäftigt, in das Ballungsge-
— Also er ist zurückgezogen. biet umsetzen. Erstens kann er wegen seiner maschi-
nellen Einrichtung dort überhaupt nicht tätig wer-
Gestatten Sie mir nun einige Bemerkungen zum den, zweitens bringt er auch die Leute nicht dort-
Änderungsantrag Umdruck 110 Ziffer 3. Die Antrag- hin, die gehen eher dem Baugewerbe verloren, weil
steller gehen von der Überlegung aus — anders sie in andere Bereiche der Wirtschaft abwandern,
kann man das nicht deuten —, daß im gesamten als daß sie sich umsetzen lassen.
Bundesgebiet eine gleichmäßig überhitzte Baukon-
junktur vorliegt. Ich möchte Sie also sehr darum bitten, die Aus-
schußvorlage wiederherzustellen und so dafür zu
(Widerspruch in der Mitte.) sorgen, daß die wichtige Bestimmung des Gesetzes
Dem ist nicht so. Wir haben nachweisbar nur in in § 1 Abs. 4 erhalten bleibt.
einer Anzahl von Ballungsgebieten eine gespannte
- (Beifall bei der SPD.)
Baukonjunktur. Wenn man jetzt antragsgemäß ver-
fährt, erfolgt im gesamten Bundesgebiet eine Dämp-
fung der Baukonjunktur, also auch in den Gebiets- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich lasse ab-
teilen der Bundesrepublik, in denen die konjunk- stimmen, zunächst über den Änderungsantrag der
turelle Situation normal ist. Das muß zu einer gan- SPD zum Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/
zen Reihe von Nachteilen führen. CSU, FDP. Wer diesem Änderungsantrag zum Än-
derungsantrag zustimmt, den bitte ich um ein Hand-
In den Ballungsgebieten herrscht Überkonjunk- zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei
tur. Wenn man eine vernünftigte Konjunkturpolitik einigen Enthaltungen ist der Änderungsantrag ab-
betreiben will, muß man sich mit den in den einzel- gelehnt.
nen Gebieten gegebenen Tatbeständen auseinander-
setzen und die Mißstände beheben, die nun einmal Nun stimmen wir über den Änderungsantrag der
aufgetreten sind. Man kann nicht sagen: Weil in Fraktionen der CDU/CSU, FDP Umdruck 110 Ziffer 3
einer Reihe von Ballungsgebieten in der Bundes- ab. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
republik konjunkturelle Spannungen, Überspannun- zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das
gen herrschen, muß die Konjunktur der Bauwirt- erste war die Mehrheit; der Änderungsantrag Um-
schaft im gesamten Bundesgebiet gleichmäßig ge- druck 110 Ziffer 3 ist angenommen.
dämpft werden. Das aber wird eindeutig das Ergeb- Ich lasse jetzt über § 1 mit den bis jetzt ange-
nis der beantragten Änderung sein. Wenn keine nommenen Änderungen abstimmen. Wer zustimmen
generelle Überhitzung vorliegt, kann man auch will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegen-
keine generelle Dämpfung vornehmen, sondern probe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthal-
dämpfen sollte man nur da, wo tatsächlich Überhit- tungen ist der geänderte § 1 angenommen.
zungserscheinungen zu beobachten sind. Zu § 6 liegt noch der Änderungsantrag Umdruck
Hier ist vorgeschlagen worden, die Zonenrand- 110 Ziffer 4 vor. Wird der Änderungsantrag begrün-
gebiete auszunehmen. Wir sind sehr in Sorge dar- det? — Keine Begründung. Es handelt sich darum,
über, daß es einmal gar nicht eindeutig zu definieren hinter dem Wort „Berlin" die Worte „und im Saar-
sein wird, was nun Zonenrandgebiete im eng um- land" anzufügen.
schriebenen Sinne sind.
Wer dem Änderungsantrag Umdruck 110 Ziffer 4
(Widerspruch rechts.) zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.
— Schön, selbst wenn das der Fall wäre — aber es — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Er ist einstim-
wird darüber gestritten—, muß ich sagen: es gibt eine mig angenommen.
ganze Reihe von Bereichen in der Bundesrepublik, Damit, meine Damen und Herren, sind die Ände-
die nicht Zonenrandgebiete sind, in denen die Bau- rungsanträge hierzu erledigt.
konjunktur absolut nicht überspannt ist: der Bayeri-
sche Wald, Wer nunmehr dem Gesetzentwurf in der so geän-
derten Fassung in dritter Beratung zustimmen will,
(Abg. Memmel: Gehört zum Zonenrandge den bitte ich, sich zu erheben. -- Gegenprobe! —
biet! — Weitere Zurufe von der Mitte und Enthaltungen? — Meine Damen und Herren, der
rechts) Gesetzentwurf ist in dritter Lesung bei zahlreichen
— der Bayerische Wald besteht doch nicht nur aus Enthaltungen angenommen.
dem nördlichen Teil, der an die Zone grenzt —
Ich rufe nunmehr den Entschließungsantrag auf,
(weitere Zurufe rechts) den die Fraktion der SPD auf Umdruck 111 vorge-
1360 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Da- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
men und Herren, es ist also zu lesen: „unter Auf- der Abgeordnete Dr. Imle.
rechterhaltung der Förderung des Baues". — Bitte
sehr. Dr. Imle (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr ge-
ehrten Damen und Herren! Wir haben uns über den
Leber (SPD) : Zum Entschließungsantrag möchte ich § 7 b ja letzthin schon genügend unterhalten, und
folgendes sagen. Die FDP-Fraktion hat einen Antrag die Anträge befinden sich bereits im Ausschuß. Dort
eingebracht, der die Außerkraftsetzung des § 7 b des wird Gelegenheit sein, sich über all diese Fragen
Einkommensteuergesetzes bis zum 5. Januar des näch- eingehend zu unterhalten. Wir sind der Meinung,
sten Jahres bezweckt. Das ist praktisch das Auf-Eis- daß es jetzt keines Auftrages an die Bundesregie-
Legen einer gesetzlichen Bestimmung aus dem Ein- rung bedarf, sondern daß dieser Antrag dem Aus-
kommensteuerrecht, das natürlich seine Wirkungen schuß mit überwiesen werden sollte.
haben wird, aber nach unserer Auffassung nicht das Herr Leber, Sie haben gesagt, der § 7 b beziehe
trifft, was in der letzten Plenardebatte des Bundesta- sich auf Mittel, die zinslos gegeben würden. Das
ges von allen Parteien zum Ausdruck gebracht worden ist nicht zutreffend. Es handelt sich um Mittel zu
ist. Uns geht es nicht darum, § 7 b im Augenblick, billigen Zinsen; zinslose Mittel gibt es nicht.
für eine gewisse begrenzte Zeit, zu dispensieren,
sondern uns kommt es darauf an, § 7 b des Einkom- Weiterhin haben Sie gesagt, unter Aufrechterhal-
mensteuergesetzes gründlich zu reformieren, und tung der Förderung für eigengenutzte Wohngebäude
zwar in einer Weise, wie sie in der letzten Debatte sollte eine mißbräuchliche Ausnutzung des § 7 b
sowohl von Herrn Bundeswirtschaftsminister Erhard und eine ungerechtfertigte Bereicherung vermieden
als auch von Herrn Kollegen Atzenroth bestätigt werden. Dem darf ich entgegenhalten, daß die bis-
worden ist. Wir möchten, daß es nicht bei solchen her geltende Fassung des Gesetzes von uns beschlos-
Erklärungen bleibt, sondern daß der Bundestag sei- sen worden ist und daß die Ausnutzung der Mög-
nen dahingehenden Willen in einer Entschließung lichkeiten eines Gesetzes niemals eine ungerecht-
zum Ausdruck bringt. fertigte Bereicherung und keine mißbräuchliche Aus-
nutzung sein kann.
.Ich möchte noch einmal kurz zusammenfassen, auf
welche Gesichtspunkte es dabei ankommt. Nach un- (Widerspruch bei der SPD. — Abg. Jacobi
serer Auffassung ist der § 7 b, der einmal gut ge- [Köln] : Das ist aber eine Logik!)
meint gewesen sein mag, in der Zwischenzeit eine Wenn das Gesetz in der Auswirkung nicht so ist,
Quelle fast unmoralischer Bereicherungen geworden. wie wir uns das vorgestellt haben, muß man es
Zumindest ist der § 7 b in einer Weise mißbräuch- ändern.
lich benutzt worden, wie es selten mit Gesetzes- (Abg. Jacobi [Köln] : Tun Sie es doch!)
vorschriften geschehen ist. Wir haben das letztemal
hier praktische Beispiele dafür angeführt, die ich Man kann aber nicht sagen, daß es mißbräuchlich
nicht im einzelnen zu wiederholen brauche. Es ist ist, die Möglichkeiten eines Gesetzes in Anspruch
nach unserer Auffassung unmoralisch, wenn jemand, zu nehmen.
der unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel, die (Abg. Jacobi [Köln] : Das ist eine Frage der
er zinslos erhalten hat, so daß er keine Kapital- Moral!)
kosten zu bezahlen braucht, Wohnungen gebaut hat,
diese öffentlichen Gelder in seiner eigenen persön- — Wir werden uns im Ausschuß sehr eingehend
lichen Steuererklärung als steuerbegünstigt absetzen darüber unterhalten.
kann und wenn er dann, nachdem er diese Vor- (Beifall bei der FDP und Abgeordneten der
teile in Anspruch genommen hat, das Eigenheim CDU/CSU. — Unruhe.)
oder das Wohngebäude an einen Dritten verkauft,
der dann der eigentliche Nutzer des Eigenheims Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Da-
oder einer Wohnung in dem Gebäude ist, der aber men und Herren, ich verstehe ja, daß es eine inter-
nuñ keinerlei steuerliche Vorteile hat. Das kann essante Frage ist, ob das, was nicht durch Gesetz
nicht der Sinn des damals vom Deutschen Bundes- ausdrücklich verboten ist, erlaubt ist. Aber wir wol-
tag beschlossenen Gesetzes gewesen sein. len hier bei der Sache bleiben.
Wir sind der Auffassung, daß die Fassung des Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmidt
§ 7 b auf den Gedanken zurückgeführt werden muß, (Wuppertal) .
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1361
(Drucksache IV/408).
Punkt 11 der Tagesordnung:
Auf das Wort zur Einbringung wird verzichtet. Beratung des Berichts des Außenhandelsaus-
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. schusses (17. Ausschuß) über die von der
Vorgesehen ist die Überweisung an den Ausschuß Bundesregierung erlassene Erste Verordnung
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Es ist so zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL
beschlossen. zur Außenwirtschaftsverordnung vom 7. März
1962 (Drucksachen IV/257, IV/390).
(Abg. Dr. Frey: Zur Überweisung!)
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das
— Herr Abgeordneter Dr. Frey! Wort wünscht. — Bitte sehr, Herr Abgeordneter
Bading.
Dr. Frey (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da-
men und Herren! Diese beiden Anträge behandeln Bading (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und
weittragende Rechtsfragen, von denen eine sogar Herren! Gestatten Sie mir, mit einigen Worten den
jetzt noch beim Bundesverfassungsgericht ansteht. Bericht zu ergänzen.
Ich bitte deshalb, beide Anträge dem Rechtsausschuß Es handelt sich hier um eine nicht ganz unwichtige
zur Mitberatung zu überweisen. Frage. Durch die Verordnung der Bundesregierung
soll die Ausfuhrliste erweitert werden, und zwar
*) Siehe Anlage 3. u. a. für zwei Warengruppen, die nicht viel mitein-
**) Siehe Anlage 4. ander zu tun haben, einmal für Rohdiamanten und
1364 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
Bading
zum anderen für Kleintierfelle. Die Ausfuhr dieser Wird ein Antrag gestellt? — Kein Antrag aus
Waren ist bislang sehr unbedeutend gewesen. Es dem Haus. Das Haus hat Kenntnis genommen.
ergibt sich daher die Frage, warum diese beiden
Warengruppen bei einer Ausfuhr genehmigungs- Punkt 12 der Tagesordnung:
pflichtig sein sollen. Der Wunsch kam von einigen Beratung des Berichts des Außenhandelsaus-
unserer EWG-Partner, die Bedenken äußerten, daß schusses (17. Ausschuß) über die von der Bun-
diese Waren über die Bundesrepublik ohne Geneh- desregierung erlassene Neunte Verordnung
migung in dritte Länder verbracht werden könnten, zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962
und die sich deswegen an die Bundesregierung ge- (internationale Vereinheitlichung; Apfelsinen
wandt hatten, Die Bundesregierung hat dem zuge- usw.) vom 6. April 1962 (Drucksachen IV/361,
stimmt. IV/391)
Im Ausschuß hat eine längere grundsätzliche Dis- Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordne-
kussion darüber stattgefunden. Man war sich allge- ten Theis, ob er das Wort wünscht. — Der Herr
mein darüber einig, daß eine Ausfuhrliste und ins- Berichterstatter verzichtet. Wird sonst das Wort ge-
besondere eine Erweiterung der Ausfuhrliste eigent- wünscht? — Wird ein Antrag aus dem Hause ge-
lich nicht in das freiheitliche Außenhandelskonzept stellt? — Es wird kein Antrag aus dem Hause ge-
der Bundesregierung paßt. Bei der Abstimmung hat stellt. Das Haus hat von der Vorlage Kenntnis ge-
sich daher ein Teil der Ausschußmitglieder der nommen.
Stimme enthalten. Damit stehen wir am Ende unserer Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Ich danke destages ein auf Mittwoch, den 13. Juni, 14 Uhr.
dem Herrn Berichterstatter.
Die Sitzung ist geschlossen.
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird
nicht gewünscht. (Schluß der Sitzung: 16.38 Uhr.)
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1365
L) dagegen nur eine Maximalprämie von 640 DM bei kommensteuerpflichtigen erinnern, über die wir uns
einer Sparleistung von 2800 DM. bereits wiederholt unterhalten haben.
Als dritten Punkt nenne ich die Verwaltungsver- Ich muß in diesem Zusammenhang auch auf die
fahren, die nicht nur stark angewachsen, sondern bisherige Scheinhilfe für Kinderreiche hinweisen.
auch immer schwieriger geworden sind. Dies hängt Denn erst Familien mit drei und mehr Kindern er-
damit zusammen, daß Wohnungsbausparer zusätz- halten eine höhere Sparprämie, allerdings nur, wenn
lich noch das Sparprämiengesetz für sich in Anwen- sie auch eine höhere Sparleistung nachweisen. Da
dung bringen können, wobei ich natürlich hinzu- entsteht sofort die Frage, welche kinderreiche Fa-
fügen muß, daß dies von der Leistungskraft des milie überhaupt in der Lage ist, einen Betrag von
einzelnen abhängig ist. Wenn man sich aber die 1800 DM zu sparen. Daß diese Prämie noch unter
Vielfalt der Verwaltungsverfahren ansieht, kommt der Wohnungsbausparprämie für Ledige liegt, sei
man, ohne zu übertreiben, zu der Überzeugung, daß nur am Rande vermerkt.
die Zwiespältigkeit, Unübersichtlichkeit und Kom- Inzwischen haben wir die Vorlage der Regie-
pliziertheit kaum noch zu übertreffen sind. Hierin rungskoalition unter der Drucksache IV/407 erhal-
ist auch eine Ursache dafür zu sehen, daß die Ge- ten. Der erste Entwurf wurde uns am Mittwoch
setze vor allem von einfachen Leuten nur ganz ge- mittag auf den Tisch gelegt. Er enthielt neben dem
ring in Anspruch genommen werden. Nach einer gestaffelten Prämiensatz für Familien mit Kindern
Statistik beteiligen sich z. B . in ländlichen Gebieten eine höhere Grundprämie von 150 DM für Ledige
nur 1,8 %. Es ist wie bei vielen unserer Steuerge- und 300 DM für Verheiratete. Vier Stunden später
setze auch hier ein Steuerberater notwendig, um lag dann ein neuer Entwurf vor, in dem die Erhö-
mit der Problematik fertig zu werden. hung der Grundprämie wieder rückgängig gemacht
wurde; allerdings trug dieser Entwurf auch die
Nun zu den wirtschaftlichen und sozialen Unterschrift der FDP. Ich kann nur hinzufügen: und
- Grün-
den unseres Entwurfs. Ich habe bereits darauf hin- daß nach monatelangen Beratungen. Wenn ich von
gewiesen, daß in der Öffentlichkeit der Vorwurf des dem vorliegenden Entwurf der Regierungskoalition
Zweiklassensystems gemacht wird. In diesem Arti- ausgehe, so gibt es in einem Punkt keine Meinungs-
kel wird vor allem auf dis einseitige Begünstigung verschiedenheit; denn die gestaffelte höhere Prä-
des Wohnungsbauprämiensparens hingewiesen und mie für Familien mit Kindern stimmt in ihren Sät-
auf die Tatsache, daß viele dieses Gesetz nur in An- zen mit unserem Entwurf überein und ist auch in
spruch nehmen, um die besten Chancen für sich zu der Höhe dem Wohnungsbausparprämiengesetz an-
nutzen, ohne daß der Wille zum Bauen überhaupt gepaßt.
vorhanden ist. Das trifft in erster Linie für die hö- Unser Entwurf aber geht in folgenden Punkten
heren Einkommensgruppen zu. Wenn aber von über die Vorlage der CDU hinaus. Ich darf es noch
einem Zweiklassensystem gesprochen wird, so sind einmal kurz zusammenfassen. Wir wollen als erstes
hier noch zusätzliche Gesichtspunkte anzuführen. eine Vereinfachung, was bedeutet, daß die vorhan-
Wir haben in unseren Steuergesetzen seit Jahren denen beiden. Gesetze — Sparprämiengesetz und
Begünstigungen, die vor allem den höheren und Wohnungsbauprämiengesetz — zusammengefaßt
höchsten Einkommen zugute kommen. Ich will auf werden. Wir wollen mit dieser Vereinfachung er-
die Wirkung der Freibeträge nicht näher eingehen, reichen, daß ein größerer Prozentsatz unserer Be-
da jedem in diesem Hause bekannt ist, daß die Wir- völkerung das Gesetz ohne Steuerberater anwenden
kung um so größer ist, je höher das Einkommen ist. kann.
Wir haben vor acht Tagen hier eine Debatte über
die Baupreise gehabt. In diesem Zusammenhang Als zweites geht es um eine gleiche Behandlung,
hat mein Kollege Leber einige sehr einleuchtende was einen einheitlichen Prämiensatz von 25 % er-
Beispiele im Zusammenhang mit dem § 7 b des Ein- forderlich macht, der bisher bereits im Wohnungs-
kommensteuergesetzes herausgestellt, die — das ist bausparprämiengesetz enthalten ist. Dazu kommt
jedenfalls nach der ersten Aussprache im Finanz- die Beseitigung der inzwischen festgestellten Män-
ausschuß anzunehmen — zu einer Reform dieses gel und Fehler. Hierbei denke ich vor allem an die
Paragraphen führen werden. Die Folge davon ist laufende Verfassungsklage. Ich bin der Auffassung,
die Bildung großer Sachvermögen bei ganz bestimm- daß das Parlament nicht erst das Urteil abwarten
ten Gruppen unserer Bevölkerung. Dies wiederum darf, bis es zu einer dem Grundgesetz entsprechen-
hat in weiten Kreisen das Gefühl einer ungerechten den Formulierung kommt.
Behandlung aufkommen lassen. Was aber besonders Als dritten und wesentlichsten Punkt wünschen
anfechtbar ist und das Gefühl eines Zweiklassen wir eine stärkere Begünstigung der kleinen Ein-
systems noch stärkt, ist die Tatsache, daß diese kommen. In dieser unserer Meinung wurden wir
stalichgefördnusStmiel noch bestärkt durch einen Artikel in der Zeitschrift
finanzierten Sachvermögen aus unversteuertem Ein- ,,Sparkasse" vom 15. Dezember 1961 unter der
kommen gebildet werden konnten. Sehen wir uns Überschrift „Zum Einfluß der Sozial- und Alters-
dagegen die Möglichkeiten des Arbeitnehmers an, struktur auf den Abschluß prämienbegünstigter
so stellen wir fest, daß ihm nur eine Ersparnis aus Sparverträge". Wir sehen in einer solchen Maß-
versteuertem Einkommen möglich ist; denn sein. nahme auch eine wesentliche Unterstützung des ge-
EinkomewrdhstacAbzugleroin neinsamen Zieles zu einer besseren und breiteren
und steuerlichen Abgaben ausgehändigt. Dazu kom- Vermögensstreuung. Ich bin sicher, daß ich mich in
men weitere Nachteile für Arbeitnehmer. Ich will fieser Frage mit vielen Kollegen dieses Hauses in
hier nur an die Manipuliermöglichkeiten des Ein Übereinstimmung befinde, nicht zuletzt auch mit
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1367
Kollegen der CDU/CSU. Ich glaube die Feststellung im Absatz 2 „Einkommen" statt „Jahreseinkom-
treffen zu können, daß die bisher getroffenen Maß- men" heißen.
nahmen auf diesem Gebiet noch als völlig unzurei- Der Absatz 3 muß noch einen Zusatz erhalten,
chend zu bezeichnen sind. den wir in der Ausschußberatung beantragen wer-
Worauf es uns also ganz besonders ankommt, den. Hier ist die Festsetzung eines Pauschalsatzes
ist, durch einen höheren Prämiensatz herauszustel- notwendig, um die Werbungskosten und Sonderaus-
len und besonders anzuerkennen, daß Sparbeträge gaben abzudecken und so zu dem gekürzten Brutto
kleiner Einkommenbezieher eine wirkliche Lei- Arbeitslohn zu kommen. Damit soll wenigstens in
stung, ja eine Tat bedeuten, während Sparbeträge etwa eine Gleichbehandlung des Lohnsteuerpflich-
von Beziehern großer Einkommen leicht fallen. Man tigen gegenüber dem Einkommensteuerpflichtigen
müßte es sogar als Verschwendung bezeichnen, erreicht werden. Ich mache diese Bemerkung vor
wenn diese Gruppen es ablehnen zu sparen. Wir allem im Hinblick auf eine kritische Äußerung einer
sind der Meinung, daß die jahrelange Begünstigung Zeitung vom 11. April und möchte hinzufügen, daß
großer Einkommen endlich abgelöst werden muß der Opposition leider kein Regierungsapparat zur
durch eine höhere Bewertung und eine höhere Verfügung steht. Aber wie wir alle wissen, müssen
Prämie der Sparrate kleiner Einkommensträger. Wir auch Entwürfe aus den Ministerien noch nachträg-
befinden uns mit diesem Wollen neben dem „Han- lich Änderungen erfahren.
delsblatt", daß das heutige System als ein Zwei- § 7. Hiernach soll die Zahlung der Prämien und
klassensystem bezeichnet hat, in guter Gesellschaft Zinsen erst nach Abschluß der Spardauer erfolgen.
mit weiten Kreisen unserer Bevölkerung. Den Mit- Wir halten dies vor allem auch im Hinblick auf die
gliedern unseres Hauses ist erst in den letzten Ta- derzeitige Haushaltlage für wichtig.
gen eine erneute Stellungnahme des Raiffeisenver- Nach dem § 10 sollen die Mittel je zur Hälfte von
bandes zugegangen, in der zur Frage der einheit- Bund und Ländern aufgebracht werden.
lichen Sparförderung u. a. unbefristete Sparförde-
- § 11 regelt das Wahlrecht. Es ist wichtig, zu wis-
rungsmaßnahmen und eine Gleichschaltung aller
Förderungsmaßnahmen verlangt werden. sen, daß dieses Sparprämiengesetz und der § 10 des
Einkommensteuergesetzes nicht zusammen in An-
Nun noch einige Bemerkungen zum Inhalt unse- spruch genommen werden dürfen. Jeder Steuer-
res Antrages. § 1 sieht eine einheitliche Festlegung zahler kann auch nur einmal wählen; eine Änderung
der Sparleistungen auf 6 Jahre vor. Wir wollen hier ist in einem Kalenderjahr nicht möglich.
den bisherigen Unterschied beseitigen und glauben,
daß dies volkswirtschaftlich richtig und wegen des Was nun die Finanzierung anbetrifft, so sind hier-
höheren Prämiensatzes auch vertretbar ist. über von uns bereits Zahlen genannt worden. Ich
will jedoch ergänzend dazu bemerken, daß nach
In § 2 sind auch die Genossenschaftsanteile einbe- Auskunft des Bundesfinanzministeriums von 1959
zogen. Es handel sich hier um einen alten Antrag bis 1961 bei einem Prozentsatz von 20 % insgesamt
der SPD. Wir sind der Meinung, daß es sich hier um 565 Millionen DM an Sparprämien gutgeschrieben
eine typische Sparform für Familien mit niedrigem wurden. Eine Erhöhung um 5 % würde somit rund
Einkommen handelt. 65 Millionen DM ausmachen. Gehe ich von dem jetzi-
Nach § 3 ist eine vorzeitige Rückzahlung, Abtre- gen CDU-Entwurf aus, dann erhöht sich die Summe
tung oder Beleihung unschädlich, wenn der Prä- für die Zusatzprämien für Familien mit Kindern um
miensparer nach dem Vertragsabschluß 1. stirbt, weitere 40 bis 45 Millionen DM, so daß damit 110
2. völlig erwerbsunfähig wird. Die Rückzahlung, Ab- Millionen DM Ausfall in Frage kommen. Welche Er-
tretung oder Beleihung nach Ablauf von drei Jah- höhung durch die zusätzliche Prämie von 5 % für
ren ist unschädlich, wenn der Prämiensparer nach kleine Einkommen — 7200 bzw. 14 400 DM — her-
dem Vertragsabschluß heiratet oder wenn die Spar- hauskommt, ist sehr schwer zu errechnen. Die Zahlen
beiträge und die Prämien nachweisbar unverzüglich können nur gegriffen werden. Es sollte aber bei die-
und unmittelbar im Inland zum Bau und Erwerb ser Frage berücksichtigt werden, daß der Staat in der
eines Eigenheimes, einer Kleinsiedlung, einer Woh- Zukunft für seinen außerordentlichen Etat mehr als
nung in der Rechtsform des Wohnungseigentums bisher den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen muß
oder als Finanzierungsbeitrag zur Erlangung einer — das trifft sicher auch für die Industrie zu —,
Mietwohnung verwendet werden. so daß wir das größte Interesse an höheren Spar-
In § 4 ist die Gesamtsumme der Sparbeiträge, die leistungen haben müssen. Dabei sollte berücksichtigt
jährlich prämiiert werden kann, für Nichtverheira- werden, daß durch Kürzung oder Streichung von
tete auf 1200 DM und für Verheiratete auf 2400 DM Steuerbegünstigungen auf anderen Gebieten wei-
festgesetzt. tere Mittel frei werden.
§ 5 setzt eine Prämie von 25 % fest, so wie be- Es gibt natürlich auch Einwendungen gegen unse-
reits heute im Wohnungsbausparprämiengesetz. Für ren Vorschlag. Sie kommen aus den Sparkassenver-
Kinder, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet bänden, die befürchten, daß sie durch eine Zusam-
haben, erhöht sich die Prämie bei einem oder zwei menfassung der Gesetze Einbußen erleiden. Hierzu
Kindern auf 27 %, bei drei bis fünf Kindern auf möchte ich vorweg sagen, daß wir in diesem Haus
30 %, bei mehr als fünf Kindern auf 35 %. Beträgt keine Prämiengesetze für Verbände zu machen ha-
das Einkommen bei einem Ledigen bis zu 7200 DM ben, sondern für Sparer, und daß seither das Spar-
und 14 400 DM bei Verheirateten, so erhöht sich die prämiengesetz vor allem wohl diejenigen Personen
Prämie um weitere 5 %. Ich bitte hier, eine redak- bevorzugt hat, die gar nicht die Absicht hatten zu
tionelle Änderung vorzunehmen; und zwar muß es bauen.
1368 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962
Ich darf in dem Zusammenhang auf zwei Erweite- Rückwirkungen der Rentenanpassungsgesetze auf
rungen aufmerksam machen. Mit unserem Gesetz- die Lastenausgleichsgesetzgebung zu einer jährlichen
entwurf soll ein größerer Anreiz zum Sparen für Überprüfung zwingen, sofern der Auftrag des Deut-
kleine Einkommen gegeben werden. Ich bin sicher, schen Bundestages vom 13. Dezember 1961 nicht zu
daß sich hierunter sehr viele Baufreunde befinden einer generellen Lösung führen sollte.
werden; denn das Ziel jedes arbeitenden Menschen
ist doch im Grunde heute wie gestern und morgen, Das 16. Änderungsgesetz ist durch die letzte Ren-
tenanpassung terminlich gebunden. Nach dem Ren-
ein eigenes Häuschen zu besitzen. Dazu kommt die
tenanpassungsgesetz erfolgt bei den Rentenanrech-
vorzeitige Auszahlungsmöglichkeit des § 3 Abs. 1
nungsbestimmungen ab 1. Juni eine Änderung. Die
Nr. 2, wonach eine vorzeitige Rückzahlung, Abtre-
16. Novelle sieht vor, — wie es bisher stets gehand-
tung oder Beleihung nach Ablauf von drei Jahren
habt wurde — die Rentenerhöhung in der Renten-
unschädlich ist, wenn der Prämiensparer heiratet
versicherung durch Erhöhung der Freibeträge den
oder wenn die Sparbeiträge für ein Eigenheim, eine
Unterhaltshilfeempfängern auch nach dem 31. Mai
Kleinsiedlung, eine Eigentumswohnung oder auch
zugute kommen zu lassen. Der Regierungsentwurf
eine Mietwohnung verwendet werden. Das wie-
bestimmt deshalb, daß der sogenannte Freibetrag
derum wird vor allem für Ledige ein zusätzlicher
zur Unterhaltshilfe bei der Versicherungsrente um
Anreiz sein und sie anhalten, das Wohnungsbauspar- 6 DM monatlich, nämlich von 27 DM auf 33 DM, bei
prämiengesetz anzuwenden. den übrigen Renten im entsprechenden Verhältnis,
Soweit meine Begründung. Ich darf hinzufügen, erhöht wird. Der Erhöhungsbetrag ist ein Pauschal-
daß die SPD niemals engstirnig ist und daß sie wei- betrag, da es natürlich nicht möglich ist, in einem
teren Verbesserungsvorschlägen stets aufgeschlos- Gesetz jeden einzelnen Fall durchzurechnen und zu
sen gegenübersteht. bestimmen. Die Unterhaltshilfeempfänger, die So-
Ich darf zum Schluß kommen und sagen, daß der zialrente erhalten und auch den Selbständigenzu-
schlag zur Unterhaltshilfe beziehen, werden in diese
von der Koalition eingebrachte Entwurf unserem
Regelung einbezogen. Aus technischen Gründen
Antrag nur zum Teil entspricht. Ich freue mich, in
wird hier der Selbständigenzuschlag entsprechend
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 22. 3. 1962
erhöht. Weitere kleine Verbesserungen des Freibe-
lesen zu können, daß auch in der CDU erwogen
trages der Unterhaltshilfe beziehen sich auf die
wird, zu einer Zusammenfassung der vorhandenen
Renten aus dem Bundesversorgungsgesetz, auf Un-
Sparförderungsmaßnahmen zu kommen. Das wie-
fallrenten und andere.
derum gibt mir die Hoffnung, daß unter Berücksich-
tigung der von mir genannten Tatbestände, der lau- Eine weitere wesentliche Verbesserung betrifft
fenden Verfahren und der Kritik in der Öffentlich- den sogenannten kleinen Stichtag. In der 14. No-
keit eine gründliche Beratung im Ausschuß möglich velle war bestimmt worden, daß Vertriebene, die
ist, um so zu einer weitgehenden Annäherung und aus der Sowjetzone und aus dem sowjetischen Sek-
zu einem einheitlichen und gerechten Gesetz zu tor von Berlin nach dem 31. 12. 1952 in das Bundes-
kommen. gebiet einschließlich West-Berlin gekommen waren,
Ich beantrage die Überweisung an den Wirtschafts- Hilfen aus dem Härtefonds des Lastenausgleichs
ausschuß — federführend — und an den Finanzaus- erhalten können. Darüber hinaus wurde bestimmt,
schuß zur Mitberatung. daß der eben genannte Personenkreis, soweit er die
Anerkennung als Sowjetzonenflüchtling gemäß § 3
Bundesvertriebenengesetz erhalten hat, voll in alle
Rechte des Lastenausgleichs hineinwächst, obgleich
der Stichtag des 31. 12. 1952 nicht erfüllt ist. Als
Anlage 3 Endtermin war aber für beide Maßnahmen der
31. 12. 1960 gesetzt. Die Bundesregierung hält es
Schriftliche Begründung nicht für vertretbar, die Vertriebenen, die nach 1960,
meistens unter erheblich erschwerten Umständen,
des Herrn Bundesministers Mischnick zu dem von aus der SBZ und dem Ostsektor von Berlin flüchten
der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines konnten, von diesen Vergünstigungen auszuschlie-
Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Lastenaus- ßen. Der Regierungsentwurf verlegt deshalb diesen
gleichsgesetzes (16. ÄndG LAG) (Drucksache IV/395). Stichtag auf den 31. 12. 1965, d. h. praktisch bis zum
Die Bundesregierung legt mit der Drucksache Ende dieser Legislaturperiode.
IV/395 den Entwurf eines 16. Gesetzes zur Ände- Die Bestimmungen des Entwurfes zur Abgaben-
rung des Lastenausgleichsgesetzes vor. Der Wunsch, seite stellen im wesentlichen eine Anpassung an
möglichst bald auch auf dem Gebiet der Lastenaus- die zwischenzeitliche Rechtsentwicklung unter be-
gleichsgesetzgebung zu einem, wenn auch vielleicht sonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des
vorläufigen Abschluß zu kommen, ist nur zu verständ- Bundesverfassungsgerichts zu Art. 6 Abs. 1 des
lich. Die Schwierigkeiten, die dem entgegenstehen, Grundgesetzes dar. Außerdem wird mit den Bestim-
sind insbesondere den Kollegen bekannt, die sich mungen des Entwurfs eine Vereinfachung und eine
im einzelnen mit diesen Fragen in den letzten Jah- gerechtere Anwendung der Vorschriften erreicht.
ren befaßt haben. Die Bundesregierung wird alles
versuchen, um diesen Wunsch, der zuletzt auch im Bei der Vermögensabgabe handelt es sich in erster
Bundesrat durch Herrn Ministerpräsident von Hassel Linie um die Vorschriften über die Familienermäßi-
zum Ausdruck gebracht wurde, soweit als möglich gung und über die Vergünstigung wegen Alters
nachzukommen. Ich bitte aber zu bedenken, daß die oder Erwerbsunfähigkeit nach den §§ 53 und 54 des
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 32. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. Mai 1962 1369