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Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht
8. Sitzung
Inhalt:
Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 525 A Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 528 A
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 528 C
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 B Eckart von Klaeden, Staatsminister
Eckart von Klaeden, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 D
BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/
Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 525 C DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) . . 529 A
Antwort Antwort
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär
BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 A BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 A
Zusatzfragen Zusatzfragen
Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 B DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 B
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 III
Antwort Anlage 3
Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär
Mündliche Frage 4
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 C Andrej Hunko (DIE LINKE)
Zusatzfragen Flexibilisierung der Einsatzregeln für die
Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 552 D EU-Battle-Group
Antwort
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär
Zusatztagesordnungspunkt 1:
BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 D
Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Durchwinken
des SWIFT-Abkommens durch die Bun- Anlage 4
desregierung und Umgehung des Europäi- Mündliche Fragen 7 und 8
schen Parlaments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 B Maria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 B Vorschlag des Patientenbeauftragten der
Bundesregierung zu anerkannten Patien-
Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 554 C tenselbsthilfegruppen; Auskunftspflicht und
Dienstleistungsfunktion von Patienten-
Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556 A selbsthilfegruppen
Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 B Antwort
Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär
Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 A BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 D
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister
BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 D
Anlage 5
Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 561 B Mündliche Frage 9
Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/
562 C
DIE GRÜNEN)
Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ Umsetzung der Leitlinien zur Umsetzung
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 C des Art. 5.3 des WHO-Rahmenüberein-
kommens zur Eindämmung des Tabak-
Armin Schuster (Weil am Rhein)
gebrauchs
(CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 C
Antwort
Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 565 D Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär
BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 A
Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 567 A
Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 567 D
Anlage 6
Mündliche Frage 17
Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ Anlage 13
DIE GRÜNEN)
Mündliche Frage 24
Übernahme der Forderungen des Europäi- Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD)
schen Parlaments zur Klimakonferenz in
Kopenhagen betreffend die finanzielle Sicherstellung gleichwertiger Lebensver-
Hilfe für Entwicklungsländer hältnisse auch in der Studienfinanzierung
vor dem Hintergrund der Einführung eines
Antwort nationalen Stipendiensystems
Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin
BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 D Antwort
Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär
BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 D
Anlage 9
Mündliche Frage 20 Anlage 14
René Röspel (SPD) Mündliche Frage 25
Stipendienangebote von Ländern und Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD)
Wirtschaft und deren Anteil im Verhältnis Einrichtung eines Bund-Länder-Paktes zur
zur Bundesförderung Verbesserung der Studienqualität und
Lehre
Antwort
Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär Antwort
BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 A Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär
BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574 A
Anlage 10
Anlage 15
Mündliche Frage 21
René Röspel (SPD) Mündliche Frage 27
Heike Hänsel (DIE LINKE)
Maßnahmen zur Sicherstellung des Bei-
trags der Wirtschaft zum Stipendiensystem Kritik von Entwicklungsorganisationen an
in Höhe von 200 Millionen Euro jährlich den vorrangigen Einsatzorten ziviler Auf-
bauhilfe in Afghanistan
Antwort
Antwort
Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär
Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin
BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 B
BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574 B
Anlage 11 Anlage 16
Mündliche Frage 22 Mündliche Frage 28
Ulla Burchardt (SPD) Niema Movassat (DIE LINKE)
Chancengleichheit beim Anspruch auf ein Verwendung zusätzlicher Entwicklungshil-
Stipendium unabhängig von Studienort femittel für die Entwicklung des ländlichen
und Studienfach Raums
Antwort Antwort
Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin
BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 C BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574 C
VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
Anlage 17 Anlage 22
Mündliche Frage 29 Mündliche Fragen 37 und 38
Niema Movassat (DIE LINKE) Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/
Steigerung der Kohärenz zwischen Ent- DIE GRÜNEN)
wicklungs- und Handelspolitik angesichts
der Subventionen für EU-Agrarprodukte Verstoß des ZDF-Staatsvertrags gegen
Art. 5 des Grundgesetzes sowie Gewährleis-
Antwort tung der zukünftigen Staatsferne des öffent-
Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin lich-rechtlichen Rundfunks; Vorgehen des
BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 A Vizevorsitzenden des ZDF-Verwaltungsra-
tes Roland Koch bei der Vertragsverlänge-
rung des Chefredakteurs Nikolaus Brender
Anlage 18
Antwort
Mündliche Frage 30 Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin
Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 B
DIE GRÜNEN)
Vertragsleistungen des Staates im geplan-
ten Integrationsvertrag für Neuzuwande- Anlage 23
rer
Antwort Mündliche Frage 40
Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/
BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 B DIE GRÜNEN)
Anlage 25
Anlage 21
Mündliche Frage 42
Mündliche Fragen 35 und 36 Günter Gloser (SPD)
Martin Dörmann (SPD)
Bewertung und Konsequenzen der Wahl Einschätzung der terroristischen Bedro-
des ZDF-Chefredakteurs hung durch Al-Qaida-Kämpfer im Jemen
Antwort Antwort
Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin Dr. Werner Hoyer, Staatsminister
BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 A AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 B
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 VII
Anlage 26 Anlage 31
Mündliche Frage 43
Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ Mündliche Frage 49
DIE GRÜNEN) Andrej Hunko (DIE LINKE)
Anlage 35 Antwort
Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär
Mündliche Frage 54
Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 C
DIE GRÜNEN)
Vereinheitlichung der Kündigungsfristen Anlage 40
von Mietern und Vermietern und Ände-
rung des Mietminderungsrechts im Rah- Mündliche Frage 60
men der geplanten Mietrechtsnovelle Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/
Antwort DIE GRÜNEN)
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär
BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 D Verlängerung der Steuerentlastung für
Biogas als Heizstoff über 2010 hinaus bzw.
Steuereinnahmen im Fall einer Besteue-
Anlage 36 rung
Anlage 43
Anlage 39
Mündliche Frage 65
Mündliche Frage 59
Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) DIE GRÜNEN)
Antwort Anlage 48
Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 C Mündliche Frage 74
Dagmar Ziegler (SPD)
Fortführung des Programms Kommunal-
Anlage 44 Kombi über das Jahr 2009 hinaus
Mündliche Fragen 66 und 67 Antwort
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär
DIE GRÜNEN) BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 D
Vorlage von Anträgen auf Hermesbürg-
schaften für Exporte von Nukleartechnik Anlage 49
und Prüfung der Ausfallrisiken
Mündliche Frage 75
Antwort Gabriele Lösekrug-Möller (SPD)
Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 D Einrichtung eines Optionsrechts im
Rechtskreis des SGB II für große Kommu-
nen und für jedes Bundesland; geplante
Anlage 45 Neuverteilung der Optionskommunen
Anlage 47 Anlage 52
Mündliche Frage 71 Mündliche Fragen 79 und 80
Garrelt Duin (SPD) Sabine Zimmermann (DIE LINKE)
Gewährleistung eines zielgenauen Einsat- Erlaubnisse zur Arbeitnehmerüberlassung
zes möglicher staatlicher Hilfen für Opel in den Jahren 2005 bis 2009; Verstöße ge-
sowie Verhinderung eines Abflusses in die gen Auflagen seitens der Zeitarbeitsunter-
USA nach Auflösung der Opel-Treuhand nehmen
Antwort Antwort
Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 C BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 D
X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
Anlage 53 Anlage 54
Mündliche Fragen 81 und 82 Mündliche Frage 83
Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE)
(A) (C)
Redetext
8. Sitzung
Präsident Dr. Norbert Lammert: (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie
Die Sitzung ist eröffnet. bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie
herzlich! Ich stelle fest, dass Frau Dr. Köhler den vom Grund-
Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf: gesetz vorgeschriebenen Eid geleistet hat. Ich darf Ihnen
noch einmal im Namen des Hauses die besten Wünsche
Eidesleistung der Bundesministerin für Familie, für Ihr Amt aussprechen. Zugleich wünsche ich der
Senioren, Frauen und Jugend neuen Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Frau
Dr. von der Leyen, alles Gute und viel Erfolg für die neu
Der Herr Bundespräsident hat mir mit Schreiben vom
übernommene Aufgabe.
2. Dezember mitgeteilt, dass er gemäß Art. 64 Abs. 1
des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie
am 30. November 2009 auf Vorschlag der Frau Bundes- bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und
(B) (D)
kanzlerin den Bundesminister für Arbeit und Soziales, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herrn Dr. Franz Josef Jung, und die Bundesministerin
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Frau Ich will aber auch die Gelegenheit nutzen, im Namen
Dr. Ursula von der Leyen, aus ihren Ämtern als Bundes- des Hauses dem ausgeschiedenen Bundesminister, dem
minister entlassen und Frau Dr. Ursula von der Leyen Kollegen Dr. Franz Josef Jung, für seine Tätigkeit in der
zur Bundesministerin für Arbeit und Soziales und Frau Bundesregierung zu danken.
Dr. Kristina Köhler zur Bundesministerin für Familie,
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie
Senioren, Frauen und Jugend ernannt hat.
bei Abgeordneten der SPD und des BÜND-
Nach Art. 64 Abs. 2 des Grundgesetzes leistet ein NISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bundesminister bei der Amtsübernahme den in Art. 56
vorgesehenen Eid. Frau Dr. Köhler, ich darf Sie zur Ei- Lieber Kollege Jung, ich verbinde den Dank für die ge-
desleistung zu mir bitten. leistete Arbeit mit der Freude auf die Zusammenarbeit in
neuen Rollen und anderen Funktionen. Vielen Dank.
(Die Anwesenden erheben sich)
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Ich darf Sie bitten, den im Grundgesetz vorgesehenen
Eid zu sprechen. Befragung der Bundesregierung
(Zahlreiche Abgeordnete und Mitglieder der Bun-
Dr. Kristina Köhler, Bundesministerin für Familie, desregierung verlassen den Plenarsaal)
Senioren, Frauen und Jugend:
– Das muss nicht das Signal dafür sein, dass die Bundes-
Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des regierung sich komplett vom Schauplatz entfernt.
deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren,
Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine NEN]: Interessantes Selbstverständnis!)
Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit
gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott Immerhin sagen einzelne Minister gelegentliches Wie-
helfe. derkommen zu.
Vielleicht warten wir noch einen Augenblick, bis sich
Präsident Dr. Norbert Lammert: der Kreis derjenigen, die bleiben, und derjenigen, die
Herzlichen Glückwunsch. Alles Gute. nun andere Termine wahrnehmen, etwas sortiert hat.
524 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
Bernd Neumann, Staatsminister bei der Bundes- Die Deutsche Digitale Bibliothek ist in dieser Hin-
kanzlerin: sicht eine angemessene Antwort auf Google. Bestehende
(B) Urheber- und Leistungsschutzrechte werden im Rahmen (D)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun- der Deutschen Digitalen Bibliothek selbstverständlich
desregierung hat heute der Unterzeichnung eines Ver-
uneingeschränkt gewahrt. Im Unterschied zu Google
waltungs- und Finanzabkommens über die Errichtung
werden bei der DDB die Rechteinhaber zuerst gefragt,
und den Betrieb der Deutschen Digitalen Bibliothek zu-
und erst danach wird gehandelt, und zwar dokumentiert
gestimmt. Mit der Deutschen Digitalen Bibliothek sollen
die Datenbanken von über 30 000 Kultur- und Wissen- und jederzeit nachvollziehbar.
schaftseinrichtungen in Deutschland vernetzt und über Es sollen also die Voraussetzungen dafür geschaffen
ein einziges nationales Portal allen Bürgern zugänglich werden, dass die digitale Verfügungsgewalt über das
gemacht werden. Die Deutsche Digitale Bibliothek fügt teilweise über Jahrhunderte, ja Jahrtausende gewachsene
das digital verfügbare Angebot bedeutender Kultur- und kulturelle Erbe in öffentlicher Verantwortung bleibt.
Wissenschaftseinrichtungen aus ganz Deutschland zu-
Kulturerbe und wissenschaftliche Informationen sollen,
sammen und erschließt es multimedial.
gerade mit Blick auf Katastrophen wie den Einsturz des
Das Konzept für das Verwaltungs- und Finanzabkom- Kölner Stadtarchivs oder den Brand der Anna-Amalia-
men ist in den gemeinsamen Eckpunkten von Bund, Bibliothek in Weimar, auch in digitaler Form für künf-
Ländern und Kommunen zur Errichtung dieser Biblio- tige Generationen gesichert werden. Deshalb – das
thek zusammengefasst. Die Eckpunkte berücksichtigen möchte ich abschließend feststellen – wird in der sach-
insbesondere die Ergebnisse der Studie „Auf dem Weg kundigen Branche, bezogen auf dieses Projekt, von ei-
zur Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB)“, die von der nem Quantensprung in der Welt der digitalen Informa-
Fraunhofer-Gesellschaft erarbeitet wurde. Die konkrete tionen gesprochen. – Herr Präsident, das war die
Ausgestaltung regelt das Verwaltungs- und Finanzab- Darstellung der Deutschen Digitalen Bibliothek.
kommen zwischen Bund und Ländern über die Errich-
tung und den Betrieb der Deutschen Digitalen Biblio-
Präsident Dr. Norbert Lammert:
thek.
Ich bedanke mich sehr, insbesondere dafür, dass das
Die Ministerpräsidentenkonferenz hatte das Abkom- in digitaler wie in analoger Zeitmessung innerhalb der
men in ihrer Sitzung am 30. Oktober 2009 zur Kenntnis vorgesehenen Befristung stattgefunden hat.
genommen und die zuständigen Ressorts von Bund und
Ländern gebeten, das Abkommen zu unterzeichnen. Der Ich darf nun fragen, ob es zu diesem Themenbereich
BKM, also mein Ressort, wird es für die Bundesregie- Wortmeldungen gibt. – Mir liegt schon eine der Kollegin
rung unterzeichnen. Sitte vor. Bitte schön.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 525
(A) Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- (C)
Danke schön. – Sie haben ausdrücklich davon gespro- kanzlerin:
chen, dass es sich um ein Verwaltungsabkommen zwi- Das ergibt sich aus dem Gesetzgebungsverfahren. Sie
schen Bund, Ländern und Kommunen handelt, in dem haben, wenn ich Sie richtig verstanden habe, darauf an-
auch die Kosten geregelt werden. Immerhin handelt es gespielt, dass es Verabredungen über irgendwie geartete
sich um zusätzliche Aufgaben. Von welchen finanziellen finanzielle Leistungen gibt; auf diese Presseberichte ha-
Eckpunkten gehen Sie jetzt aus? Was ist in diesem Ver- ben Sie ja Bezug genommen. Solche Verabredungen gibt
waltungsabkommen dazu vereinbart? Wie soll die Fi- es nicht.
nanzierung in den Folgejahren aussehen?
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Frau Höll, bitte.
Bernd Neumann, Staatsminister bei der Bundes-
kanzlerin:
Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):
Mit dem Aufbau der Deutschen Digitalen Bibliothek Herr Präsident, gestatten Sie mir eine Nachfrage. –
soll im Jahre 2011 begonnen werden. Nach Abschluss Wir haben heute im Finanzausschuss mehrere Ände-
und Unterzeichnung dieses Verwaltungsabkommens rungsanträge beschlossen, in denen ausgeführt wurde,
werden die nötigen Schritte eingeleitet. Für den Aufbau dass damit keine finanziellen Auswirkungen verbunden
der Infrastruktur sind 5 Millionen Euro aus dem Haus- sind. Zumindest die Oppositionsvertreter im Ausschuss
halt des Bundes vorgesehen. Für die erste Phase der In- sehen das anders. Das vorliegende Finanztableau wird
betriebnahme ab 2011 sind von Bund und Ländern ins- wahrscheinlich zu noch höheren Belastungen für die
gesamt 2,6 Millionen Euro veranschlagt, die dann von Bundesländer führen. Wie sehen Sie das vor diesem Hin-
beiden jeweils zur Hälfte gezahlt werden. tergrund?
Dies ist sicherlich ein Anfang. Dann wird man sehen, Eine Einigung ist erzielt worden, so war die Aussage
wie sich das Ganze entwickelt. Ich kann mir schon vor- im Ausschuss. Das heißt, der bisherige Zorn der Bundes-
stellen, dass für eine optimale Ausgestaltung im Laufe länder müsste sich noch verstärkt haben. Daher ist die
der Zeit zusätzliche Mittel nötig sein werden. Aber ich Einigung überraschend und erzeugt die Nachfrage: In
bin jetzt im Augenblick nicht in der Lage, zu sagen, wel- welcher Form soll ein Ausgleich erfolgen? Finanziell
chen Umfang sie einnehmen werden. oder anders, zum Beispiel durch eine Änderung der Ver-
gaberegelung?
Präsident Dr. Norbert Lammert:
(B) Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- (D)
Weitere Fragen zu diesem Themenkomplex? – Das kanzlerin:
scheint nicht der Fall zu sein. Dann darf ich fragen, ob es Frau Kollegin, dass die Bundesländer zornig sind,
Fragen zu anderen Themen der heutigen Kabinettssit- kann ich nicht bestätigen.
zung gibt. – Herr Kollege Beck.
(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN und
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN –
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
Ich glaube, meine Frage müsste der Chef des Bundes- NEN]: Nur die Ministerpräsidenten sind zor-
kanzleramtes beantworten. Ich habe gehört, dass es mit nig, ja?)
elf Bundesländern eine Einigung zum Wachstums-
Weiterhin gilt das, was ich bereits ausgeführt habe. Mit
beschleunigungsgesetz gibt, insbesondere darüber, wie
Ihrem Hinweis auf die Stellungnahme der Bundesregie-
Sie da vorgehen wollen und wie Sie die Kompensation, rung zu den Anträgen haben Sie die Antwort auf Ihre
die die Länder begehren, organisieren wollen. Ich denke, Frage im Grunde selbst gegeben.
das Hohe Haus sollte heute erfahren, worin die Einigung
der Bundesregierung mit der Bundesländerseite besteht.
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Frau Kollegin Haßelmann.
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Staatsminister von Klaeden. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr von Klaeden, auch meine Frage bezieht sich auf
Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- das Thema Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Sie haben
kanzlerin: in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Beck gerade
ausgeführt, dass Sie von einer Abstimmung mit den Län-
Herr Kollege Beck, die Berichte, nach denen mit den dern keine Kenntnis haben. Der Parlamentarische Staats-
Bundesländern irgendwelche Kompensationen verein- sekretär im Finanzministerium hat uns heute Morgen
bart worden sind, sind nicht zutreffend. erläutert, dass es mit elf von 16 Bundesländern eine Ab-
stimmung zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz gege-
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ben habe. Auf meine Nachfrage sagte er: B-Länder.
Was hat Staatssekretär Koschyk im Ausschuss dann Zum einen würde ich gerne von Ihnen wissen: Um
sagen wollen? Worin besteht diese Einigung? welche Länder handelt es sich bei diesen elf Ländern?
526 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
Britta Haßelmann
(A) Zum Zweiten würde ich gerne von der Bundesregierung Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- (C)
wissen: Worin bestand die Abstimmung zum Wachs- kanzlerin:
tumsbeschleunigungsgesetz? Welche Inhalte? Worüber Ich würde jetzt ganz gerne einmal wissen, Herr Präsi-
haben Sie sich verständigt? dent, welche Verabredungen gemeint sind.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- GRÜNEN]: Die, von denen Staatssekretär
kanzlerin: Koschyk im Ausschuss erzählt hat!)
Frau Kollegin Haßelmann, ich habe versucht, mit
Es gibt keine Verabredungen, die im Rahmen des Ge-
meiner Antwort herauszufinden, was der Kollege Beck setzgebungsverfahrens nicht angesprochen worden sind.
mit den erwähnten Zeitungsberichten gemeint hat. Ich Von den Kollegen sind ja die Anträge, die im Finanzaus-
habe auch nicht gesagt, dass es keine Abstimmung zwi- schuss behandelt worden sind, nicht genannt worden,
schen der Bundesregierung und den Bundesländern ge- sondern es ist lediglich davon die Rede gewesen, dass es
geben hat. Ganz im Gegenteil: Es findet ständig eine Anträge gegeben hat. Dazu kann ich jetzt nichts sagen,
Abstimmung zwischen der Bundesregierung und den weil ich bei der Sitzung des Finanzausschusses nicht an-
Bundesländern statt. Das ist unter anderem meine Auf- wesend war.
gabe im Bundeskanzleramt. Welche die elf B-Länder
sind, wissen Sie, glaube ich, selbst. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Aha! Wer war denn da? – Zuruf von der
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE SPD: Peinlich!)
GRÜNEN]: Sie sollen die Fragen beantwor-
ten!) Präsident Dr. Norbert Lammert:
Frau Kollegin Merkel.
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Eine Zusatzfrage, Frau Haßelmann? Petra Merkel (Berlin) (SPD):
Herr Staatsminister von Klaeden, ich will aus einem
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Beitrag des Handelsblattes zitieren:
Ja, Herr Präsident. Vielen Dank. – Mir ist daran gele- Denkbar ist auch eine Lösung
gen, dass das Kanzleramt meine Frage beantwortet. Ich
habe gefragt: Welchen Inhalt hatten die Abstimmungs- – nämlich bezogen auf eine Einigung in Bezug auf das
(B) gespräche zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz? Da Wachstumsbeschleunigungsgesetz – (D)
ich davon ausgehe, dass Sie mindestens so viel Kenntnis über die Gelder des Konjunkturpaketes II. Hier
darüber haben wie die veröffentlichte Meinung, finde hatte Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich
ich, hat das Parlament und habe ich als Abgeordnete ei- (CDU) für sein Land durchgesetzt, dass es nicht
nen Anspruch darauf, dass Sie meine Frage beantworten, verbrauchte Gelder als Ausgleich für Einnahmeaus-
die lautet: Worin bestand die Abstimmung bzw. die Eini- fälle nicht zurückzahlen muss.
gung mit den elf Ländern – und zwar nicht zu irgendet-
was, sondern zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz –, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
von der wir heute Morgen erfahren haben? NEN]: Ach!)
Werden solche Vereinbarungen – auch von Ihrer Seite –
Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- für möglich oder nicht für möglich gehalten? Sind sie
kanzlerin: Teil einer Vereinbarung, die Sie getroffen haben?
Ich kann noch einmal sagen, dass die in der Frage des
Kollegen Beck insinuierten Vermutungen über Nebenab- Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes-
reden nicht zutreffend sind. kanzlerin:
Eine solche Vereinbarung kann ich Ihnen nicht bestä-
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tigen.
NEN]: Das hat sie nicht gefragt! Sie hat ge-
fragt: Was?)
Petra Merkel (Berlin) (SPD):
Darf ich eine Zusatzfrage stellen?
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Mindestens die zweite Frage, Herr Kollege von Präsident Dr. Norbert Lammert:
Klaeden, war nun eindeutig nicht mehr auf die in der ers- Ja.
ten Antwort angesprochene Person bezogen, sondern auf
den Sachverhalt.
Petra Merkel (Berlin) (SPD):
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Renate Hätte eine solche Vereinbarung zur Folge, dass man
Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was das Gesetz und auch die Verwaltungsvereinbarung än-
war jetzt der Gegenstand?) dern muss? Stimmen Sie mir in dieser Richtung zu?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 527
(A) Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- nommen werden sollen hinsichtlich einer Nichtrückzah- (C)
kanzlerin: lungsmöglichkeit oder des Entfallens des Kriteriums der
Das sind jetzt Spekulationen. Zusätzlichkeit, wie es in der Presse berichtet wird? Ich
möchte eine konkrete Aussage: Gibt es Gespräche, die
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das Ziel haben, eine Änderung an diesen Konditionen
NEN]: Das ist eine Frage!) vorzunehmen, oder gibt es diese nicht?
Wenn die Vermutung im Handelsblatt richtig ist, müsste
Ich bitte um eine klare Antwort und kein Räsonieren
das Gesetz wahrscheinlich geändert werden. Aber da ich
darüber, was man sonst noch bei dieser Frage denken
Ihnen eine solche Vereinbarung jetzt nicht bestätigen
könnte. Wir haben einen Anspruch darauf, dass die Bun-
kann, kann ich Ihnen da jetzt auch keine verbindliche
desregierung uns hier über ihre Willensbildung infor-
Auskunft geben.
miert. Wir kontrollieren auf diese Art und Weise die Re-
gierung. Wir beschließen am Freitag ein Gesetz, und das
Petra Merkel (Berlin) (SPD): Parlament insgesamt möchte die Grundlagen dieses Be-
Danke. schlusses kennen.
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Präsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Staatsminister, wenn Sie nicht darüber Auskunft Herr Kollege Bonde.
geben können, welche Vereinbarung Kollege Koschyk
gemeint hat, biete ich Ihnen gerne an, dass wir die Sit- Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
zung unterbrechen und Sie jemanden vom Finanzminis-
Herr Staatsminister, ich möchte Sie fragen: Gab es im
terium herholen, damit wir erfahren, was die Bundesre-
Kabinett – unabhängig von Verabredungen mit Bundes-
gierung an diesem Punkt denkt.
ländern, ihre Zahl ist unerheblich – eine Verständigung
Ich möchte Sie fragen: Können Sie ausschließen, dass darauf, am Konjunkturpaket II und/oder an Teilen des
es mit den elf Bundesländern, die der B-Seite angehören, Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Inves-
eine Verabredung gibt, dass Änderungen am Konjunk- titions- und Tilgungsfonds“ Veränderungen vorzuneh-
turpaket II, Investitions- und Tilgungsfondsgesetz vorge- men oder solche vorzubereiten?
528 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- (C)
kanzlerin: kanzlerin:
Nein. Das hat in der Kabinettssitzung keine Rolle ge- Dass sich die Länder über die Frage, welche Konse-
spielt. quenzen das Wachstumsbeschleunigungsgesetz für ihre
Haushalte hat, Gedanken machen, ist, so glaube ich, eine
Selbstverständlichkeit und Bestandteil des üblichen Ge-
Präsident Dr. Norbert Lammert:
setzgebungsverfahrens.
Bitte schön, Herr Ulrich.
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Alexander Ulrich (DIE LINKE): Frau Kollegin Höll.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, es
ist erst eine Woche her, dass wir erfahren haben, dass die (Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
Medien mehr wussten als die Bundesregierung. Sie ha- NEN] meldet sich zur Geschäftsordnung)
ben gerade gesagt, Ihnen sei nicht bekannt, dass es Län-
– Einen Augenblick bitte, Frau Kollegin. – Herr Kollege
der gibt, die zornig seien. Da sich Ihre Aussage vielleicht
Beck, ich habe gerade eine Wortmeldung erteilt. Zu Ih-
auch auf das Wort „zornig“ bezieht, frage ich Sie: Wür-
nen komme ich sofort im Anschluss. – Frau Kollegin
den Sie dementieren, dass sich der Ministerpräsident von
Höll.
Schleswig-Holstein gegenüber den Medien in dieser Art
geäußert hat, oder würden Sie sagen, dass das von den
Medien frei erfunden ist? Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):
Herr Staatsminister, da Sie den Zorn, von dem die
Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- Rede war, nicht registriert haben, möchte ich die Frage
kanzlerin: konkretisieren. Die Auseinandersetzung entzündete sich
an der geplanten Mehrwertsteuersenkung für das Hotel-
Äußerungen des Kollegen Carstensen kann ich hier und Gaststättengewerbe. Heute haben wir im Ausschuss
und jetzt nicht kommentieren. Ich kann sie auch nicht die Konkretisierung, dass diese Regelung für kurzfris-
kontrollieren. tige Übernachtungen gelten soll, zur Kenntnis nehmen
(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- können. Außerdem soll sie auf Camper ausgedehnt wer-
NEN]: Sind sie denn so gefallen? Darum geht den.
es doch!) (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
(B) NEN]: Was?) (D)
Mir ist nicht bekannt, dass er gegenüber den Medien sol-
che Äußerungen gemacht hat. Als ich eine Nachfrage bezüglich des Kriteriums der
Kurzfristigkeit gestellt habe, wurde mir bestätigt, dass es
Präsident Dr. Norbert Lammert: dabei um Hotelübernachtungen für eine Dauer von bis
zu sechs Monaten geht. Das ist sehr gewöhnungsbedürf-
Frau Kollegin.
tig und hat auf alle Fälle noch höhere Steuerausfälle zur
Folge. Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen der Unwille der
Alexander Ulrich (DIE LINKE): Bundesländer, dessen Ursache die befürchteten Mehr-
Darf ich nicht nachfragen? wertsteuerausfälle sind, entgangen ist.
Präsident Dr. Norbert Lammert: Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes-
kanzlerin:
Entschuldigung, Herr Ulrich. Wenn Sie eine Nach-
frage haben, gerne. Dass über diesen Sachverhalt öffentlich diskutiert
wird, ist mir selbstverständlich nicht entgangen.
(A) Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- stellt worden sind, durch die Vertreter der Bundesregie- (C)
kanzlerin: rung
Ja. Es gab sehr viele solcher Gespräche.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sind doch
alle weggerannt!)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Beck, zur Geschäftsordnung. detailliert beantwortet. Daher ist es überhaupt nicht not-
wendig, den Minister herbeizuzitieren. Von daher lehnen
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): wir diesen Antrag ab. Ich könnte weitere Ausführungen
Wir wollen jetzt wirklich wissen, was Staatssekretär zum Sinn von Art. 43 Grundgesetz und § 42 der Ge-
Koschyk im Ausschuss gemeint hat, als er von einer Ab- schäftsordnung des Deutschen Bundestages machen, an-
sprache gesprochen hat. Das Finanzministerium ist nicht satzweise habe ich das auch schon getan. Auch von da-
vertreten. Deshalb zitiere ich den Minister – meinetwe- her ist ein solcher Antrag abzulehnen.
gen auch den Staatssekretär, wenn das geht – herbei. Wir (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
wollen eine Antwort vom Ministerium. Sie müssen ja et- der FDP – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/
was gemeint haben, was das Kanzleramt offensichtlich DIE GRÜNEN]: Herr von Klaeden erklärt un-
nicht weiß. entwegt, er weiß von nichts!)
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- Präsident Dr. Norbert Lammert:
KEN) Ich lasse über diesen Geschäftsordnungsantrag, der
zweifellos zulässig ist, abstimmen. Wer diesem Antrag
Präsident Dr. Norbert Lammert: zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist
Um es wieder zu präzisieren: Sie zitieren ihn nicht, dagegen? – Ich habe eine bestimmte Wahrnehmung der
sondern Sie beantragen, ihn zu zitieren, was beinahe, Mehrheitsverhältnisse, die allerdings nicht von allen
aber nicht ganz dasselbe ist. Mitgliedern des Präsidiums geteilt wird,
Zu dem gleichen Geschäftsordnungsantrag der Kol- (Heiterkeit)
lege Kaster.
was nach unserer Geschäftsordnung zu dem bedauerli-
chen Ergebnis führt, dass es nicht reicht, wenn der Präsi-
Bernhard Kaster (CDU/CSU): dent weiß, wo die Mehrheit war,
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und
(Heiterkeit)
(B) Kollegen! Wir befinden uns hier in der Befragung der (D)
Bundesregierung. sondern wir dann durch Hammelsprung die Mehrheits-
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE verhältnisse feststellen müssen. Der Vorzug dieses Ver-
GRÜNEN]: Ja!) fahrens besteht zumindest darin, dass wir am Ende eine
unzweideutige Mehrheit haben.
Wir haben eben zu den Fragen, die gestellt worden sind,
sofern sie konkret gestellt worden sind, sehr konkrete Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie bitten,
Beantwortungen erfahren. den Raum nun zügig zu verlassen. Ich habe für Abstim-
mungsgespräche immer viel Verständnis; aber wir wol-
(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD, der len die eigentliche Tagesordnung zeitlich nicht unnötig
LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE belasten und dieses Verfahren deswegen möglichst
GRÜNEN – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE schnell durchführen.
GRÜNEN]: Keine einzige Antwort!)
Es kann nicht sein, dass hier ständig „Was wäre, Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
wenn …?“-Fragen gestellt werden, die hier selbstver- Meine werten Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie
ständlich nicht beantwortet werden können. noch einmal bitten, den Plenarsaal zu verlassen, damit
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und wir mit der Auszählung beginnen können. – Kann nun
der FDP) mit dem Hammelsprung begonnen werden? – Ich sehe,
Sie alle sind draußen. Dann darf ich die Schriftführerin-
Da Sie jetzt nach der Geschäftsordnung die Herbei- nen und Schriftführer bitten, ihre Plätze einzunehmen. –
zitierung des Ministers beantragt haben, möchten wir Sind genügend Schriftführerinnen und Schriftführer zum
darauf aufmerksam machen: Das ist ein Recht, das dem Auszählen da? – Dann kann der Hammelsprung begin-
Parlament zusteht. nen. Ich bitte Sie, die Türen weit zu öffnen und mit der
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Genau!) Auszählung zu beginnen.
Es ist sogar in der Verfassung verankert. Es ist auch in Ich höre gerade, dass alle Abgeordneten von draußen
unserer Geschäftsordnung verankert. Man sollte als hereingekommen sind. Dann kann ich die Abstimmung
Fraktion allerdings wissen, wie man mit diesem Mittel schließen. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift-
umgeht, sonst verbraucht es sich und verliert an Wert. führer, mir das Ergebnis mitzuteilen.
Wir befinden uns hier in der Befragung der Bundes- Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen das Ergeb-
regierung, und die Fragen wurden, sofern sie konkret ge- nis der Abstimmung zu dem Geschäftsordnungsantrag
530 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE (C)
Kollegin Dağdelen. GRÜNEN):
Herr Staatsminister, ich frage mich, ob es ein Zufall
ist, dass die Bundesregierung gerade die Wortwahl des
Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Herrn Klein von der Friedrich-Naumann-Stiftung über-
Vielen Dank, Herr Präsident. – Lieber Herr Staatsmi- nommen hat, der diese Wahl als fair und frei bezeichnet
nister, mein Kollege Liebich ist mir mit seiner Frage hat, oder ob das vielleicht mit einer politischen Nähe von
nach der Äußerung des Staatssekretärs heute im Auswär- Ihnen und den jetzt führenden Personen im Auswärtigen
tigen Ausschuss etwas zuvorgekommen. Amt zu tun hat. Warum haben Sie nicht die Bewertung
dieser Wahl, vor allen Dingen hinsichtlich der Vorberei-
Ich möchte deshalb an das anknüpfen, was Sie hier tung der Wahl, übernommen, die beispielsweise von
zuletzt gesagt haben, nämlich dass es jetzt von den Ak- Amnesty International, von den honduranischen Men-
teuren in Honduras abhängt, vor Ort Frieden und Sicher- schenrechtsorganisationen und von Human Rights
heit zu schaffen. Das ist schon interessant. Eine Zeit lang Watch vorgenommen worden ist, sondern gerade die
wollte die jetzige und vorherige Bundesregierung Si- Wortwahl der Friedrich-Naumann-Stiftung? Ich schließe
cherheit und Demokratie in anderen Ländern schaffen, meine Frage mit der Bitte um eine Antwort zu diesem
notfalls mit militärischen Mitteln. Jetzt geht es nur um Punkt: Sind Sie dafür, dass der bisherige rechtmäßige
Sicherheit. Vor diesem Hintergrund meine Frage: Wie Präsident Zelaya die brasilianische Botschaft in Teguci-
definiert die jetzige Bundesregierung „freie und faire galpa in Honduras verlassen und sich in seinem eigenen
Wahlen“? Könnten Sie mir das erläutern? Land bewegen darf und dass er – so lautet auch das Ab-
kommen, das von der Bundesregierung bisher unter-
Unzählige Menschenrechtsorganisationen, die bei den stützt worden ist – als Interimspräsident wieder in sein
Wahlen vor Ort waren, widersprechen zum Beispiel den Amt eingesetzt wird? Oder soll er weiter in der brasilia-
Zahlen, die Sie jetzt genannt haben. Sie bezweifeln diese nischen Botschaft bleiben, damit ihm niemand etwas
und sprechen nur von einer 30-prozentigen Wahlbeteili- tut?
gung. Sie sprechen auch davon, dass in Honduras Angst
und Schrecken geherrscht haben. Deshalb möchte ich Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
gerne von Ihnen wissen: Was heißt für die Bundesregie- Amt:
rung „faire und freie Wahlen“?
Die Meinungsäußerungen von der Friedrich-
Naumann-Stiftung, Amnesty International, Human
Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Rights Watch usw. sind sehr respektabel; aber die Bun-
(B) Amt: desregierung muss sich ihre Meinung aufgrund der In- (D)
Wir laufen jetzt Gefahr, dass sich diese Frage zu ei- formationen, die ihr vorliegen, selber bilden.
nem politikwissenschaftlichen oder verfassungsrechtli- (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
chen Seminar ausweitet. Ich bekenne, dass ich dieser GRÜNEN]: Also reiner Zufall?)
Gefahr gerne ausweichen möchte. Ich bin allerdings der
Auffassung, dass man die Gesamtumstände einer Wahl Dieser Vorgang ist schwer genug. Da würde ich mich
würdigen muss. Es gibt negative Elemente im Hinblick von niemandem abhängig machen wollen.
auf die Meinungsfreiheit, und es gibt Einschüchterungs- Wir wären sehr froh, wenn die Vereinbarung von
vorgänge; ich habe sie eben selber beschrieben. Auf der Tegucigalpa und San José tatsächlich umgesetzt würde.
anderen Seite gibt es ein Kriterium, das ich für ganz be- Allerdings ist dies nicht so eindeutig, wie Sie es eben in-
sonders wichtig halte: Die Aufstellung der Kandidaten sinuiert haben. Es ist aber klar, dass die bisherige Zwi-
war rechtmäßig, fair und sauber. Das ist von niemandem, schenregierung sich verpflicht hat, auf die anderen zuzu-
auch von Präsident Zelaya nicht, angezweifelt worden. gehen, einschließlich der Anhänger von Präsident
Es gibt also eine ganze Reihe von Kriterien, die man zu- Zelaya. Jetzt ist die Situation eingetreten, in der wir das
sammen betrachten muss. Deswegen gibt es nach meiner erwarten. Das kann dazu führen, dass Präsident Zelaya
Auffassung durchaus Gründe, zu sagen: Diese Wahl ist interimistisch in das Amt zurückkehrt, dass das Amt va-
im Großen und Ganzen einigermaßen sauber verlaufen. kant bleibt oder dass eine andere Zwischenlösung gefun-
Noch einmal: Wenn Sie diese Kriterien ganz präzise den wird. Das müssten aber die Kräfte in Honduras kon-
durchdeklinieren, dann gibt es auf dieser Welt sehr we- sensual hinbekommen. Das sollten wir ihnen nicht von
nige Staaten, denen man bei jeder Wahl attestieren kann, außen diktieren. Entscheidend ist, dass der Versöhnungs-
dass diese klar, eindeutig, fair und sauber verlaufen ist. prozess in diesem Lande zustande kommt.
Es ist eine relative Aussage; das ist richtig.
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
Als letztem Nachfrager zu diesem Punkt gebe ich
GRÜNEN]: Dass der gewählte Präsident in ei-
Kollegen Sarrazin das Wort.
ner Botschaft Asyl suchen muss, gibt es aber
nicht!)
Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Danke, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, auch ich
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: möchte nicht in ein politikwissenschaftliches Seminar
Kollege Ströbele, bitte. einsteigen. Für die Kriterien, die ODIHR, ein Organ der
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 533
Manuel Sarrazin
(A) OSZE, bei der Überprüfung der Einhaltung der Stan- des Deutschen Bundestages, und zum Teil sind sie, wenn (C)
dards einer demokratischen Wahl normalerweise zu- es sich um aufhebbare Klassifizierungen handelt, offen –
grunde legt, spielen die Beobachtungen während der zugeleitet. Nach meiner Kenntnis war dies Ende letzter
Wahlkampfzeit und insbesondere der Zugang zu Medien Woche der Fall.
eine große Rolle. Würden Sie mir vor diesem Hinter-
grund zustimmen, dass man diese Wahl nicht als demo- Der Bundesminister hat Staatssekretär Wolf beauf-
kratisch bezeichnen kann? tragt, eine interne Untersuchung zu den unter anderem
auch von Ihnen gestellten Fragen durchzuführen. Dieser
Auftrag wurde am Montag, dem 30. November, erteilt,
Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen und es wurden die notwendigen Voraussetzungen im
Amt: Haus für ein entsprechendes Vorgehen geschaffen.
Ich komme direkt von der OSZE-Ministertagung in
Athen und habe dort ein flammendes Plädoyer für Wenn Sie mich fragen, wann Ergebnisse zu erwarten
ODIHR gehalten. Ich bin nämlich der Auffassung, dass sind, so muss ich Ihnen sagen: Wir gehen gegenwärtig
die Instrumente, die uns da zur Verfügung stehen, außer- davon aus, dass dies frühestens ab dem 10. Dezember,
ordentlich hilfreich für die Bewertung von Wahlvorgän- also in der nächsten Woche, der Fall sein kann. Nachdem
gen sind. Deswegen hätte ich mir sehr gewünscht – das wir die Komplexität der Materie sehen, will ich mich auf
sage ich Ihnen offen –, dass wir eine präzisere und flä- kein genaues Datum festlegen lassen.
chendeckende Wahlbeobachtung in Honduras gehabt
hätten.
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Das Problem ist aber, dass diejenigen, die gegenüber Kollege Beck, bitte.
diesem Vorgang, der uns seit Mai oder Juni beschäftigt,
ganz besonders kritisch waren, darauf gedrängt haben,
dass keine Wahlbeobachtung stattfindet. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Danke für Ihre Worte, aber dies war nicht die Antwort
(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Hört! Hört!) auf die von mir gestellte Frage. Die Frage handelte da-
Deshalb haben wir keine EU-Wahlbeobachter und keine von, welche Stellen in der Bundesregierung wann
OAS-Wahlbeobachter dort. Ich persönlich finde das be- Kenntnis von dem zitierten Bericht und von dem Video
dauerlich. Das nimmt uns nämlich die Möglichkeit, uns hatten. Deshalb frage ich eindeutig nach: Wann hat erst-
selber ein objektives Bild zu verschaffen. mals eine Stelle im Verantwortungsbereich des Bundes-
kanzleramts Kenntnis von diesem Bericht und dem
(Widerspruch bei der LINKEN – Stefan Video erhalten, und um welche Stelle im Verantwor-
(B) Liebich [DIE LINKE]: Sie können doch nicht (D)
tungsbereich des Bundeskanzleramts handelt es sich?
undemokratische Wahlen legitimieren!) Wenn Sie es nicht wissen, kann die Frage vielleicht der
Chef des Bundeskanzleramts beantworten.
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Danke schön, Herr Staatsminister. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister der Verteidigung:
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Verteidigung. Herr Kollege Beck, ich habe Verständnis für Ihre
Frage, die sich im Kern auf den Gegenstand bezieht, mit
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats- dem sich der Verteidigungsausschuss, der sich als Unter-
sekretär Christian Schmidt zur Verfügung. suchungsausschuss konstituieren wird, befassen wird.
Trotzdem bitte ich um Verständnis dafür, dass Ihrem
Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Volker Beck auf:
Wunsch bzw. meinem Willen, präzise und konkrete In-
Welche Kenntnisse hatte die Bundesregierung – bitte ge- formationen zu erhalten bzw. zu geben, auch präzise Re-
nauen Zeitpunkt der Kenntnisnahme und entsprechende Stel-
len der Bundesregierung angeben – über die in der Bild am
cherchen und Abstimmungen vorangehen müssen. Ein-
26. November 2009 veröffentlichten Dokumente und das Vi- gedenk der Untersuchungen, die wir bei uns im Hause
deo zum Luftangriff bei Kunduz in Afghanistan, und wie be- durchführen und die im weiteren Verlauf mit anderen
wertet die Bundesregierung ihre bisherige Informationspolitik Häusern der Bundesregierung abgestimmt werden müs-
zu diesem Thema? sen, sehe ich mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht in der
Bitte schön, Herr Staatssekretär. Lage, dies zu tun. Ich würde dem Grundsatz, eine kor-
rekte, präzise Information zu geben, nicht entsprechen.
Deswegen nehme ich eher die Rüge auf mich, nicht alle
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun- Fragen beantwortet zu haben. Ich stelle aber ganz klar
desminister der Verteidigung: fest, dass ich das, was ich beantworten kann, beantwortet
Der Bundesminister der Verteidigung zu Guttenberg habe. Sobald entsprechende Informationen vorliegen,
hat dem Deutschen Bundestag bereits im Plenum eine werden diese dem Parlament seitens der Bundesregie-
umfassende Unterrichtung über den Vorfall vom rung umgehendst zur Kenntnis gegeben.
4. September 2009 zugesagt. Er hat die Dokumente, die
ihm zwischenzeitlich zur Kenntnis gelangt sind, dem
Deutschen Bundestag – soweit ich es weiß, befinden Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
sich die Dokumente zum Teil in der Geheimschutzstelle Noch einmal Kollege Beck.
534 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): schuss erklärenden Verteidigungsausschuss mit dem Par- (C)
Ich nehme zur Kenntnis, dass das Verteidigungs- lament zusammenzuarbeiten.
ministerium in einem solchen bedauerlichen Zustand ist,
dass noch nicht einmal im Nachhinein festgestellt wer- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
den kann, wo überall dieser Bericht im Geschäftsgang Kollege Schmidt, bitte.
war.
Ich habe gefragt – das ist eine Unterfrage im Rahmen Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
der schriftlichen Frage –, wann erstmals eine Stelle im NEN):
Bundeskanzleramt oder im Verantwortungsbereich des Gab es denn am 8. September 2009, zum Zeitpunkt
Bundeskanzleramtes – Klammer auf: zum Beispiel im der Regierungserklärung, eine eigenständige Bewertung
BND – Kenntnis vom Inhalt des Berichtes und des Vi- der Vorfälle im Bundeskanzleramt und, wenn ja, auf
deos – beides wurde von der Bild-Zeitung veröffentlicht; welcher Grundlage? Oder gab es die nicht, und auf
darauf wurde in der Frage hingewiesen – erhalten hat. Es Grundlage welcher Informationen hat dann die Bundes-
muss ja möglich sein, das herauszufinden. Die Antwort kanzlerin eigentlich ihre Regierungserklärung abgege-
auf diese Frage konnte vorbereitet werden; denn sie ben?
wurde vor einigen Tagen eingereicht.
Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes-
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: kanzlerin:
Bitte schön, Herr von Klaeden. Wie in anderen Fällen auch werden alle dem Bundes-
kanzleramt vorliegenden Informationen ausgewertet
bzw. in eine Bewertung einbezogen. Das gilt auch für die
Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes-
Regierungserklärung der Bundeskanzlerin vom 8. Sep-
kanzlerin:
tember.
Herr Kollege Beck, der Feldjäger-Bericht lag dem
Bundeskanzleramt am Abend des 25. November vor. Der hier in Rede stehende Feldjäger-Bericht hat aber
Zur Frage der Kenntnisnahme des Videos kann ich Ihnen keinen Eingang in diese Bewertung finden können, weil
nur so viel sagen, dass das Video dem Bundeskanzleramt er dem Bundeskanzleramt, wie ich bereits sagte, erst am
nach meinem Kenntnisstand so lange nicht bekannt war, Abend des 25. November dieses Jahres vorlag.
bis es auf der Homepage der Bild-Zeitung veröffentlicht
worden ist. Wenn etwas anderes zutreffen würde, würde Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
ich das schriftlich nachreichen. Kollege Nouripour.
(B) (D)
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Kollege Koenigs, bitte. Herr Staatsminister, uns würde noch die Antwort auf
die Frage interessieren, wann der COMISAF-Bericht
Thomas Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – dieser Bericht war die Grundlage der Bewertung durch
Wenn man das so akzeptiert, dann wäre es doch auch den Verteidigungsminister zu Guttenberg – dem Kanz-
an der Kanzlerin – ähnlich wie auch der Verteidigungs- leramt zugeleitet worden ist, damit auch dort eine Neu-
minister zu Guttenberg, der angekündigt hat, die Vor- bewertung vollzogen werden kann.
gänge neu zu bewerten –, eine Neubewertung vorzuneh-
men; denn sie hat hier sehr apodiktisch – das war noch Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes-
vor der Wahl – gesagt, sie verbete sich jede Kritik. Das kanzlerin:
heißt, dass dieser Vorgang wohl nicht kritikwürdig war. Herr Kollege Nouripour, in diesem Fall bitte ich um
Verständnis dafür, dass ich Ihnen diese Frage schriftlich
beantworten möchte, weil ich das hier nicht präzise tun
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
kann.
Herr von Klaeden.
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- Kollege Ströbele.
kanzlerin:
Herr Kollege Koenigs, die Bundeskanzlerin hat in ih-
Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE
rer Regierungserklärung deutlich gemacht, dass sie sich
GRÜNEN):
jede Vorverurteilung verbittet, und hat dafür den Ap-
plaus des gesamten Hauses – auch Ihrer Fraktion – be- Hat die Bundeskanzlerin wie vermutlich die meisten
kommen. von uns in der Zwischenzeit Gelegenheit gehabt, sich
das Video anzuschauen – vielleicht mehrfach, wie ich es
Was die Bewertung angeht, so ist dafür zunächst das getan habe –, das der Veröffentlichung der Bild-Zeitung
zuständige Haus, das Bundesverteidigungsministerium, zugrunde liegt? Was sagt die Bundeskanzlerin eigentlich
zuständig. Ich kann Ihnen versichern, dass die gesamte zu dem, was sie in diesem Video sieht? Ich skizziere es:
Bundesregierung alles daransetzt, die Vorgänge so weit Es sind zwei Tanklastwagen zu sehen, die in gewisser
wie möglich aufzuklären und so gut wie möglich im Zu- Entfernung voneinander, also nicht direkt nebeneinan-
sammenhang mit dem sich zum Untersuchungsaus- der, stehen. Dazwischen bewegen sich offenbar viele
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 535
Hans-Christian Ströbele
(A) Punkte, also Menschen; dann wurde dort hereingeschos- genden Informationen ausgewertet werden und diese (C)
sen und offenbar nicht nur auf die Tanklastwagen ge- Informationen dann dem Bundeskanzleramt, aber auch
zielt. Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung, dem Parlament zur Verfügung gestellt werden. Das ist
vor allen Dingen die Bundeskanzlerin, zu diesen Bil- der in unserer Verfassung vorgesehene Weg. Ich kann Ih-
dern, die sie inzwischen sicher gesehen hat? nen noch einmal versichern, dass die Bundesregierung
alles daransetzt, das so schnell und so gründlich zu tun,
Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- wie es in ihrer Macht steht.
kanzlerin:
Herr Kollege Ströbele, ich möchte in diesem Zusam- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
menhang auf das Pressestatement der Bundeskanzlerin Die letzte Nachfrage zu dieser Frage hat der Kollege
vom gestrigen Tage anlässlich des Besuchs des Premier- Sarrazin.
ministers der Islamischen Republik Pakistan, Herrn
Gilani, hinweisen. Darin hat die Bundeskanzlerin unter
anderem ausgeführt: Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich möchte im Lichte der zusätzlichen Informatio- Herr Staatssekretär Schmidt, in diesem Zusammen-
nen … erstens noch einmal auf den ISAF-Ab- hang stellt sich die Frage der Glaubwürdigkeit der An-
schlussbericht verweisen und zweitens auf das ver- kündigungen. Für einen Abgeordneten klingt es schön,
weisen, was ich am 8. September gesagt habe und die Worte „lückenlose Aufklärung“, „Neubewertung“
was aus meiner Sicht nach wie vor absolute Gültig- und „Unterrichtung des Parlaments“ zu hören; das geht
keit hat: Erstens muss alles lückenlos aufgeklärt uns grundsätzlich runter wie Öl. Wenn man glaubwürdig
werden. sein möchte, muss man uns auch sagen, in welchem
Zeitrahmen und in welcher Form das passieren soll. Herr
Zweitens muss ganz deutlich gemacht werden, und zu Guttenberg hat hier die Ankündigung gemacht. Wird
das habe ich getan, dass es ein Bedauern darüber er das Parlament persönlich hier im Plenum unterrichten
gibt, dass in Folge deutschen Handelns zivile Opfer oder schriftlich? Wie verhält es sich mit der Kanzlerin?
– damals war diese Sache noch nicht völlig klar – Herr von Klaeden hat gerade etwas dazu gesagt. Die
zu beklagen sind, und dass Deutschland dafür die Glaubwürdigkeit der Ankündigungen bemisst sich auch
Verantwortung übernimmt. Es ist mir ganz wichtig, daran, ob für uns in irgendeiner Form erkennbar ist,
dass das, was in Folge unseres Handelns geschehen wann und in welcher Form das denn passieren wird.
ist, auch von uns verantwortet wird und wir unser
Bedauern hierüber sehr deutlich ausdrücken.
(B) Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun- (D)
Das ist eine wichtige Passage aus dem Pressestate- desminister der Verteidigung:
ment, die sich auf Ihre Frage bezieht. Ich bin gerne be- Herr Kollege Sarrazin, es ist nicht nur nach dem
reit, Ihnen das gesamte Statement zur Verfügung zu stel- Wohlklang der Worte zu messen, was wir intendieren.
len. Die Intention ist völlig klar: Wir wollen eine Offenle-
Herr Kollege Nouripour, Sie hatten gefragt, wann der gung der Situation und eine Bewertung im Lichte des-
Bericht vorgelegen hat. Gerade habe ich erfahren, dass sen, was an komplexen Informationen und unterschiedli-
er am 29. Oktober dieses Jahres vorgelegen haben soll. chen Berichten verfügbar ist.
Ich werde Ihnen die Frage aber trotzdem wie zugesagt
schriftlich beantworten. Ich habe einen Zeitpunkt genannt. Diese interne Un-
tersuchung hat auch das Ziel, sich einen Überblick zu
verschaffen. Der Bewertung des Kollegen Beck, die er
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: eben abgegeben hat, kann ich daher nicht folgen. Es geht
Kollegin Vogler. um Präzision. Ich habe darauf hingewiesen, dass ich
denke und auch erwarte, dass das nach dem 10. Dezem-
Kathrin Vogler (DIE LINKE): ber der Fall sein kann.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, Sie haben uns ge- Der Bundesminister der Verteidigung will in allerers-
rade vorgetragen, dass das Kanzleramt am 25. Novem- ter Linie seine Verantwortung gegenüber dem Parlament
ber von dem Feldjäger-Bericht Kenntnis genommen hat. – das Parlament ist der Adressat der Information, so wie
Dazu habe ich eine ergänzende Frage: Bis wann sieht es der Informationspflicht der Bundesregierung ent-
sich die Kanzlerin in der Lage, diesem Haus eine qualifi- spricht – wahrnehmen. Herr Kollege von Klaeden hat
zierte Neubewertung vorzutragen? Ich glaube, das ist darauf hingewiesen, dass Ihnen im Zusammenhang mit
überfällig und sollte so schnell wie möglich passieren. dieser Bewertung die Position der Bundesregierung und
aller beteiligten Ressorts zur Verfügung gestellt wird. Ich
Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundes- denke, dass in erster Linie die beteiligten Ausschüsse die
kanzlerin: Adressaten sind. Nachdem wir erwarten, dass sich der
Frau Kollegin, es entspricht dem Ressortprinzip und Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss kon-
der Ressortverantwortung, dass zunächst einmal im zu- stituiert, wird insbesondere der Verteidigungsausschuss
ständigen Haus – mit all der Sachkompetenz, die im Ver- schon aufgrund seines entsprechenden Ermittlungsbe-
teidigungsministerium vorhanden ist – alle jetzt vorlie- gehrens und seines Auftrags der Adressat sein.
536 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: deutscher Oberst einem amerikanischen Piloten die An- (C)
Wir kommen damit zur Frage 2 des Kollegen weisung gibt, nicht nur auf Tanklastwagen Bomben zu
Christian Ströbele zur gleichen Thematik: werfen, sondern auch auf sich dazwischen befindliche
Inwieweit treffen Medienberichte zu (unter anderem Stutt- Personen. Das müsste doch in Ihrem eigenen Interesse,
garter Nachrichten, 7. November 2009), wonach am 3. Sep- im Interesse des Verteidigungsministeriums und im Inte-
tember 2009 in Afghanistan Oberst Georg Klein im Bundes- resse der gesamten Bundesregierung zu klären sein. Sie
wehrstandort Kunduz – „Red Baron 20“ – den Piloten eines
US-Kampfflugzeugs – „Dude“ – anwies, außer auf zwei
müssten mir doch sagen können, ob das stimmt oder
Tanklastzüge dort auch auf umstehende Personen zu feuern, nicht stimmt. Dazu müssten Sie nur das Protokoll lesen.
und inwiefern trifft ferner zu (unter anderem Kölnische Rund- Vielleicht können Sie auch den Oberst fragen, ob er so
schau, 4. November 2009, Der Spiegel, 21. September 2009), etwas gesagt hat und wie er dazu kommt. Aber dazu
dass dieser Pilot vor dem Bombenabwurf fünfmal vergeblich brauchen Sie keine umfangreichen Ermittlungen und
vorschlug, zuvor die Personen am Boden mit Zeigen von
Stärke zu warnen, zumal wichtige Einsatzregeln – ISAF- schon gar nicht die Bundesanwaltschaft.
Hauptquartier umgangen, keine Bodentruppen an Tankern
und keine Gefahr im Verzug – nicht eingehalten worden
Noch einmal ganz dringlich die Frage an Sie: Ist an
seien? diesen Berichten etwas dran, oder ist nichts daran, ist es
also ein Fantasieprodukt?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun-
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister der Verteidigung:
desminister der Verteidigung:
Herr Präsident, wenn Sie mir gestatten, möchte ich
Herr Kollege Ströbele, Sie haben Medienberichte ge-
dem Kollegen Ströbele empfehlen, in seiner Haut zu
nannt, die auf Details der Umstände der Angriffe auf die
bleiben.
Tanklastzüge und des Bombenabwurfs hinweisen. Diese
Medienberichte sind dem Bundesministerium der Vertei-
digung natürlich zur Kenntnis gelangt. Der Vorgang, den Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Sie explizit angesprochen haben, wird derzeit von der Vor allem im Sakko.
Bundesanwaltschaft bearbeitet. Sie prüft, ob eine Straftat
nach dem Völkerstrafgesetzbuch vorliegt. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun-
Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Ich möchte dem desminister der Verteidigung:
Ergebnis der Prüfung, also nicht unserer internen Prü- Eine ruhige und nüchterne Bewertung muss auch in
fung, sondern der maßgeblichen Prüfung der Bundes- solch aufgeregten Situationen möglich sein. Kollege
anwaltschaft, nicht vorgreifen. Ich bitte um Verständnis Ströbele, ich darf Sie auf unsere gemeinsame Profession,
(B)
dafür, dass wir dies so strikt halten wollen. Die Bundes- die des Rechtsanwaltes, hinweisen. Bei Sachvorträgen (D)
anwaltschaft ist bereits mit allen Informationen, die uns und Berichten, die vielleicht auch widersprüchlich sind,
zur Verfügung stehen und die sich in den letzten Tagen gilt das Prinzip: audiatur et altera pars.
ergeben haben, versorgt worden. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Es gibt ein Dokument, das Sie
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: sich nur angucken müssen!)
Bitte, Herr Kollege Ströbele.
– Wenn das einer ermittelnden Behörde, in diesem Falle
der Bundesanwaltschaft, vorliegt und ich mich an die
Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE
Stelle der ermittelnden Bundesanwaltschaft setzen
GRÜNEN): würde, indem ich nicht allein die Tatsache, ob es diese
Herr Staatssekretär, ich muss an mich halten, um Berichte gibt, sondern auch, ob sie zutreffen und wie
nicht aus der Haut zu fahren. Wollen Sie damit sagen, daraus eine Rechtsfolgenbewertung zu machen ist, dar-
dass die Bundesanwaltschaft so etwas wie eine Art legen würde, dann würde ich mich in meiner Funktion
Hilfsbeamter des Bundesverteidigungsministeriums ist? verheben. Das würde in den Bereich gehen, den Grund-
Ich habe letzte Woche eine klare Frage gestellt. Diese satz der Gewaltenteilung hintanzustellen.
Pressemeldungen sind vom 21. des vergangenen Mo-
nats, die Pressemeldung aus dem Spiegel ist sogar vom (Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNIS-
21. September. SES 90/DIE GRÜNEN)
Es müsste Ihrem Hause und Ihnen – ich spreche Sie – Das mag Sie nicht befriedigen; aber ich denke, es ist
ganz persönlich an – doch in den Zeiträumen seit letzter der richtige Weg, hier so vorzugehen. Ich kann Ihnen
Woche, seit dem 21. September bzw. dem 21. November nicht nachrichtlich sagen, wann sich die Bundesanwalt-
bis heute möglich gewesen sein, sich die Protokolle bzw. schaft, geschweige denn wie, zu dem Vorhalt einlässt.
die Tonbandaufzeichnungen über den Funkverkehr zwi- Dass die entsprechenden Berichte und Informationen der
schen dem Oberst Klein und dem Piloten durchzulesen Bundesanwaltschaft zur Verfügung gestellt worden sind,
bzw. anzuhören; das dauert vielleicht eine halbe oder ist der Fall. Ich kann Ihnen persönlich nicht sagen, ob
eine ganze Stunde. die Medienberichte zutreffen oder nicht.
Sie müssten doch meine Frage beantworten können
– ich frage ja nicht nach dem ganzen Sachverhalt –, ob Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
an der skandalösen Behauptung etwas dran ist, dass ein Zweite Nachfrage des Kollegen Ströbele.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 537
(A) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (C)
GRÜNEN): Ich fahre nicht aus der Haut, sondern sage Ihnen in al-
Herr Staatssekretär, wollen Sie damit allen Ernstes die ler Sachlichkeit und Ruhe: Sie können und dürfen sich
Behauptung aufstellen, dass ich mich als Abgeordneter nicht hinter dem Rücken der Bundesanwaltschaft verste-
des Deutschen Bundestages und sich auch die anderen cken.
Kolleginnen und Kollegen, also der ganze Bundestag als
Institution, so lange nicht mit einem Sachverhalt be- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
schäftigen können und dürfen, solange er bei einem Ge- und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten
richtsorgan, bei der Bundesanwaltschaft oder der Staats- der SPD)
anwaltschaft anhängig ist? Ich kann Ihnen sagen: Dann Wir erwarten von Ihnen nicht, dass Sie in die Rolle der
hätten wir uns mehrere Untersuchungsausschüsse sparen Bundesanwaltschaft schlüpfen und uns Auskunft darü-
können, die sich sehr intensiv mit Sachverhalten be- ber geben, ob Sie einen Anfangsverdacht oder einen
schäftigt haben, die gleichzeitig von der Justiz bearbeitet dringenden Verdacht einer Straftat erkennen. Es ist rich-
worden sind. tig: Die Bundesanwaltschaft hat auch zu überprüfen, ob
Wieso weichen Sie gerade in diesem Fall der Frage Behauptungen, Berichte, Protokolle die Wahrheit wie-
aus mit der Begründung, dass sich die Bundesregierung dergeben. Aber hier sind auch Sie gefordert. Sie dürfen
aufgrund eines einzigen Dokumentes, das Sie wahr- und können sich nicht hinter der Bundesanwaltschaft
scheinlich in einer halben Stunde durchlesen können, verstecken.
keine eigene Meinung bildet? Sie könnten doch sagen: Ich frage Sie deswegen noch einmal: In diesem Be-
„Das steht da drin“ oder „Das steht nicht da drin“? Hat
richt steht, dass es ein Gespräch zwischen dem deut-
ein solches Gespräch stattgefunden, in dem ein deut- schen Oberst und den amerikanischen Piloten gegeben
scher Oberst einem amerikanischen Piloten gesagt hat: hat. In diesem Bericht steht, dass die Piloten fünfmal
„Wirf Bomben zwischen die Tanklastwagen“, wo sich
nachgefragt haben, weil sie die Bitte, den Befehl, die
eine ganze Reihe von Menschen aufgehalten hat? Ja oder Aufforderung der deutschen Seite nicht befolgen woll-
Nein? ten, und dass zweitens zum Schluss von deutscher Seite
die Aufforderung gekommen ist, die Bomben zu werfen,
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun- und zwar nicht auf die Tanklastzüge, sondern genau da-
desminister der Verteidigung: zwischen. Meine Frage ist: Entspricht das nach dem
Mit dem nochmaligen Versuch der Präzision weise Wissensstand der Bundesregierung der Wahrheit? Ist das
ich in aller Deutlichkeit zurück, Kollege Ströbele, dass so gewesen? Fakten, Fakten, Fakten – das wollen wir
(B) ich dem Bundestag oder Ihnen eine Bewertung nicht zu- von Ihnen. (D)
gestehe. Aber Sie müssen bitte auch mir zugestehen,
dass ich mich gerade im Hinblick darauf, dass dieser Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun-
Vorgang nicht nur für den von Ihnen angesprochenen desminister der Verteidigung:
Befehlsgeber rechtliche Konsequenzen haben kann, dem
Prinzip der Zurückhaltung, nur das zu sagen, was ich Herr Kollege Montag, erst einmal herzlichen Dank
weiß, verpflichtet fühle. Dass es diesen Bericht gibt, dafür, dass Sie, wenn ich das sagen darf, zwischen dem,
weiß ich. was ermittelnden Behörden zusteht, und dem, was der
Bundesregierung zusteht, unterscheiden. Herr Kollege
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE Beck, ich habe „Beschuldigte“ und „Anklage“ verstan-
GRÜNEN]: Sie nehmen jetzt nicht die Rechte den. Das wollte ich zurückweisen. Wenn das, was Herr
eines Beschuldigten als Bundesregierung in Montag gesagt hat, Ihrem Verständnis entspricht, dann
Anspruch, oder?) weiß ich Ihre Bemerkung richtig einzuordnen.
– Ich bin nicht bereit, mich zu jedem dummen Einwurf Zur Frage nach den konkreten Fakten. Faktum Nr. 1
zu äußern, Herr Beck. ist, dass dieser Bericht vorliegt. Es gibt Indizien dafür,
dass dieser Bericht zutrifft. Wir sind gegenwärtig dabei,
(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE dies zu klären. Ich will noch einmal darauf hinweisen,
GRÜNEN]: Dann fragen wir vielleicht den dass bei der Vielzahl der Berichte, die der Minister ja
Minister!) auch angesprochen hat, Widersprüchlichkeiten und un-
Ich will noch einmal sehr deutlich sagen: Dieser Be- terschiedliche Meinungen mit zu bewerten sind, nicht im
richt liegt vor. Die Qualität des Berichts wird gegenwär- Sinne einer strafrechtlichen Ermittlung, aber doch bei
tig von der Bundesanwaltschaft bewertet. Wenn die Be- der Beantwortung der Frage: Trifft das zu, ja oder nein?
wertung vorliegt, werden wir hören, wie das rechtlich zu
Ich bitte darum, dass Sie mir zugestehen, dass ich auf
verstehen ist.
eine entsprechende abschließende Überprüfung ver-
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE weise. Ich sichere zu, dass ich die Frage, sobald das vor-
GRÜNEN]: Es geht nicht um einen Bericht, liegt, Ihnen persönlich, Herr Ströbele, und dem Bundes-
sondern um ein Protokoll!) tag gegenüber schriftlich beantworte.
(A) Heike Hänsel (DIE LINKE): und welche Prüffragen stellt das Ministerium im Sinne (C)
Danke schön. – Herr Staatssekretär, ich denke, Fakt der Quellenkritik, um diese Kommunikation inhaltlich
ist auf alle Fälle, dass sowohl die Bundeswehr als auch zu bewerten? Das ist mir wirklich schleierhaft. Wenn es
die Bundesregierung die Verantwortung für eine hohe diese Kommunikation tatsächlich gegeben hat, wenn das
Zahl ziviler Opfer in Afghanistan übernehmen müssen. außer Zweifel steht, dann ist der Vorgang diesbezüglich
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen: Kön- abgeklärt. Dann stellt sich die Frage, wie man diesen
nen Sie einen Bericht des Spiegel vom Montag, den Vorgang bewertet.
30. November 2009, bestätigen, nach dem ein Anwalt,
der sich mit den Angehörigen der Opfer in Afghanistan Mit meinem Zwischenruf vorhin, als Sie
in Verbindung gesetzt hat und die Interessen dieser Op- (Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim
fer – Stichwort: Entschädigungen – vertreten möchte, Bundesminister der Verteidigung: Unhöflich
mit dem Verteidigungsministerium in Kontakt getreten war?)
ist und an das Bürgertelefon verwiesen wurde? Wenn
das so ist: Gibt es vonseiten des Verteidigungsministe- sich nicht so, wie es unter bürgerlichen Parteien üblich
riums mittlerweile einen direkten Kontakt zu diesem An- ist, eingelassen haben, meinte ich genau das. Sie müssen
walt? diese Bewertung unabhängig von der Strafprozessord-
nung vornehmen. Sie können jetzt, weil ein Bundes-
wehrangehöriger betroffen ist, nicht sagen, dass die ge-
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun-
samte Bundesregierung die Rechte eines Beschuldigten
desminister der Verteidigung:
für sich in Anspruch nimmt und nichts mehr zur Sache
Vielen Dank. – Zu dieser Frage möchte ich zwei sagen will, weil sie sich belasten könnte. Ich möchte
Punkte sagen. Erstens. Der Name des Anwalts ist mir ge- wissen: Kennen Sie diesen Bericht? Wie bewerten Sie
rade nicht geläufig. Sie beziehen sich vermutlich auf den ihn? Wenn Sie ihn nicht bewerten können: Welches sind
Bremer Anwalt, der in Afghanistan, in Kunduz gewesen die Gründe dafür, dass Sie die Wahrhaftigkeit dieser
ist. Dieser Anwalt hat sich nach meiner Kenntnis zwi- Quelle in Zweifel ziehen?
schenzeitlich schriftlich an das Bundesministerium der
Verteidigung gewandt und steht hierüber in Korrespon-
denz. Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister der Verteidigung:
Zweitens. Der erste Kontakt – ich gebe das jetzt nur Herr Kollege Beck, ich habe zwar noch nicht auf der
nachrichtlich wieder, beantworte Ihnen die Frage aber Ebene zwischen bürgerlichen Parteien kommuniziert,
gern noch schriftlich, falls ich sie jetzt nicht ganz präzise
(B) beantworte, weil ich mich nur auf meine Erinnerung (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE (D)
stütze – fand statt, als sich der betreffende Anwalt in GRÜNEN]: Das ist mir aufgefallen!)
Kunduz unter den Schutz der Bundeswehr begeben hat.
Weil eine gewisse Gefährdung für ihn befürchtet worden aber ich nehme das gerne hin.
war, wurde er nach meiner Erinnerung im Feldlager Ich will noch einmal sagen, dass die Bewertung dieser
Kunduz aufgenommen. Mir ist allerdings nicht bekannt, Informationen – ich verstecke mich nicht hinter der
inwieweit er sich bei der Vertretung der von ihm benann- Frage, ob es richtig oder falsch war –, dieses Komplexes
ten Opfer des Angriffes zum konkreten Vorgang einge- von verschiedenen Berichten gegenwärtig vorgenom-
lassen hat. Ich vermute, er hat es wohl eher nicht getan; men wird.
denn die Ansprechpartner waren wohl nicht in Kunduz,
sondern in Berlin. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Es geht um ein Protokoll, nicht
Ich darf bei dieser Gelegenheit sagen, dass die Tatsa- um einen Bericht! Ist das Protokoll wahr, oder
che, dass es zivile Opfer gegeben hat – es deutet sehr haben Sie ernsthafte Anzeichen, dass es nicht
viel darauf hin; man muss also davon ausgehen –, nicht wahr ist? Dann haben wir eine andere Lage!
nur Bedauern auslöst, sondern dass in einem solchen Wenn Sie es für wahr halten und nicht ge-
Fall auch die Praxis herrscht, sich um die Hinterbliebe- fälscht, müssen Sie daraus die Bewertung ab-
nen zu kümmern. leiten können!)
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Dabei handelt es sich nicht um eine Bewertung,
Als Nächster bitte Kollege Beck. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Das könnten wir hier doch mal
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): vorspielen! Dann könnten wir uns nämlich alle
Sie haben gerade dem Kollegen Ströbele geantwortet, ein Bild davon machen!)
dass Sie den Bericht erstens kennen, aber zweitens noch die auf einer einzelnen Stimme oder Meinung basiert,
keine Konsequenzen daraus ziehen oder Bewertungen sondern um eine Bewertung, in die auch die Fachleute
vornehmen können, weil Sie den Wahrheitsgehalt dieses einbezogen werden.
Protokolls noch prüfen müssen. Es handelt sich um eine
Protokollierung einer Kommunikation. Haben Sie ernst- (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
haft den Verdacht, dass es sich bei dieser Kommunika- GRÜNEN]: Das sind argumentative Kaprio-
tion bzw. diesem Protokoll um eine Fälschung handelt, len, die Sie hier vortragen!)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 539
Parl. Staatssekretär Christian Schmidt
(A) Ich bitte um Verständnis, dass wir sie Ihnen erst dann, Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun- (C)
wenn sie fertiggestellt ist, vortragen werden. desminister der Verteidigung:
Herr Kollege, meine Befindlichkeiten kennen Sie ver-
(Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: mutlich nicht. Deswegen empfehle ich Ihnen, sich zu
Wie lange dauert das denn noch?) enthalten, wenn es darum geht, sie zu bewerten.
Im Moment sind wir noch mit der Bewertung beschäf- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
tigt. der FDP)
Gott hat uns einen Geist der Kraft, des Mutes und der
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Besonnenheit gegeben. Das mag nicht Ihr Leitspruch
Jetzt erteile ich Kollegen Nouripour das Wort zur sein, der meine ist es aber. Ich habe eines gelernt: Wer in
Frage. solch schwierigen Situationen meint, die Emotionen
walten zu lassen – so schlimm der gesamte Vorgang für
die Betroffenen auch gewesen ist –, der trägt zur Sach-
Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): aufklärung nicht das bei, was er beitragen müsste. Das
Herr Staatssekretär, ist das, was diesem Bericht zu- mag konservativ erscheinen, ist aber so. Dabei bleibe
grunde liegt, mit dem Verständnis der Führung des Ver- ich.
teidigungsministeriums vereinbar, was die Art und (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
Weise betrifft, wie wir Operationen in Afghanistan der FDP)
durchzuführen haben?
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun- Die letzte Nachfrage stellt der Kollege Ott.
desminister der Verteidigung:
Eines ist klar: Bei der militärischen Bewertung müs- Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
sen alle Fakten auf den Tisch. Es ist eine Selbstverständ- Herr Präsident! – Herr Staatssekretär, ich bin erst seit
lichkeit, dass neue Fakten nach ihrer Gewichtung und wenigen Wochen Mitglied dieses Hauses und habe mich
Bewertung zu einem neuen Gesamturteil führen können. bisher vom guten Funktionieren der Institution Bundes-
tag überzeugen können. Ich muss aber sagen: Das, was
Schon jetzt scheint klar zu sein, dass vor Ort auch ich jetzt erlebe, ist eine Farce. Was ist das Fragerecht der
Fehler gemacht worden sind. Dies wird in eine Gesamt- Abgeordneten wert, wenn Sie sich hier hinstellen und sa-
bewertung, an der wir alle interessiert sind, einfließen. gen können: „Ich kann dazu keine Aussage treffen, weil (D)
(B) Wir werden sie so zeitnah wie möglich vorlegen. Ich
ich erst auf das Ergebnis der Ermittlungen der Bundes-
glaube aber, dass die Komplexität des Vorgangs von uns anwaltschaft warten muss“? Die Frage des Kollegen
allen erfordert, das Geschehene in einen Gesamtblick Ströbele war sehr eindeutig gestellt: Haben Sie davon
einzuordnen und in einer Gesamtbewertung darzulegen. Kenntnis?
Ich kann Ihnen, Kollege Nouripour, zusichern, dass dies
„asap“, so schnell wie möglich, geschehen wird. Kollege Trittin hat in der Rede, die später zum Rück-
tritt von Minister Jung führte, gesagt, er solle sich mann-
haft hinstellen und sich entschuldigen. Ich möchte Sie
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: jetzt bitten, sich mannhaft hinzustellen und uns, meinet-
Kollege Sharma, bitte. wegen als Privatperson, zu sagen, ob Sie Kenntnis von
diesem Bericht haben und ob das, was den Medien über
Raju Sharma (DIE LINKE): diesen Bericht zu entnehmen war, der Wahrheit ent-
spricht.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie mir die Bemerkung:
Ich bin einigermaßen befremdet über die kühle Gelas-
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun-
senheit, mit der Sie einen Sachverhalt kommentieren,
desminister der Verteidigung:
der immerhin 142 Menschen das Leben gekostet hat.
Wenn Sie dies nicht berührt, wundert mich das, weil die- Herr Kollege, die Frage, die gestellt worden ist, habe
ser Sachverhalt immerhin auch dazu geführt hat, dass ein ich beantwortet. Sie mögen mit der Antwort nicht zufrie-
Minister Ihrer Bundesregierung zurücktreten musste. den sein. Es ist allerdings so, dass die Antworten von
Außerdem handelt es sich um ein Ereignis, das nicht nur denjenigen gegeben werden, die dies ihrer Verpflichtung
entsprechend zu tun haben. Dabei tragen sie die Fakten
seit Monaten in der öffentlichen Diskussion steht und
und Bewertungen, die sie kennen, nicht für sich persön-
von dem in den Zeitungen zu lesen war, sondern auch
lich, sondern für die Bundesregierung vor.
um ein Ereignis, das hier im Parlament unter genau die-
ser Fragestellung vom Kollegen Ströbele angesprochen Zum Zweiten ist über diese Fragen gestern sowohl im
worden ist. Es überrascht mich sehr, dass Sie so lange Auswärtigen Ausschuss als auch im Verteidigungsaus-
brauchen, um sich hier Kenntnis zu verschaffen. Dass schuss bereits gesprochen worden. Die Informationen
Sie noch nicht zu einer Bewertung kommen können, ist werden dem Bundestag komplett zur Verfügung gestellt.
nur eine Konsequenz des Ganzen. Ich frage mich aber: Nach meiner Kenntnis ist das bereits der Fall. Ich kann
Wie lange werden Sie brauchen, um diesen Sachverhalt nicht genau unterscheiden, welche Dokumente aufgrund
zur Kenntnis zu nehmen? der Tatsache, dass sie NATO-klassifiziert sind, vom
540 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: werden, teilweise auch von anderen großen Trägern, bei- (C)
Bitte schön, Kollegin Kumpf. spielsweise von Krankenkassen, gefördert werden. Ich
glaube, dass es vor diesem Hintergrund verständlich ist,
Ute Kumpf (SPD): dass auch in einem Ministerium, das großen Wert auf
Engagementpolitik liegt, genau hingeschaut wird: Sind
Herr Präsident! Herr Staatssekretär, ein kleines, ein
das zielgerichtete Projekte? Können wir sie fördern?
bescheidenes, aber ein genauso wichtiges Thema ist das
Wie können wir sie fördern? – Zunächst einmal brau-
Thema Selbsthilfe. Daher habe ich eine Nachfrage.
chen wir aber einen Haushalt. Dann werden wir über das
Wir haben uns in der Enquete-Kommission zum konkrete Projekt, das jetzt beantragt worden ist, spre-
Thema „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ chen können.
darauf verständigt, dass das bürgerschaftliche Engage-
ment aus dem Ehrenamt, aus der Selbsthilfe, aus Freiwil- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
ligendiensten und aus sonstigen Initiativen besteht und
Noch eine Nachfrage?
so zu bewerten ist. In Ihrem Koalitionsvertrag ist unter
dem Stichwort „Ehrenamt“ eine Strategie beschrieben,
die Sie verfolgen wollen, um nachhaltige Rahmenbedin- Ute Kumpf (SPD):
gungen und eine nachhaltige Infrastruktur für das bür- Ja. Ich habe noch eine Nachfrage, und zwar zum
gerschaftliche Engagement aufzubauen, sowohl auf der Stichwort „Selbsthilfe“. Sie selbst schreiben in Ihrem
Bundesebene als auch auf der lokalen Ebene. Koalitionsvertrag – ich zitiere –:
Ihren Ausführungen ist zu entnehmen, dass Sie die Wir wollen eine Nationale Engagementstrategie
Selbsthilfe nicht mehr zum bürgerschaftlichen Engage- u. a. zusammen mit dem Nationalen Forum für
ment zählen. Trifft das zu? Es war immer ein Streit- Engagement und Partizipation umsetzen, ein Ge-
punkt, dass Sie gesagt haben, dass das vielleicht für die setz zur Förderung des bürgerschaftlichen Engage-
Einzelnen sinnvoll ist, aber nicht für die Gesellschaft. Ist ments verfolgen, das alle geeigneten Rahmenbedin-
das Ihre Bewertung, und muss somit eine ganze Reihe gungen für eine nachhaltige Infrastruktur und
von Organisationen damit rechnen, dass sie nicht mehr Stabilisierung von Engagement und Partizipation
gefördert werden? berücksichtigt …
Darüber hinaus haben Sie eine Fehleinschätzung des Heißt das, dass für Sie die Selbsthilfe letztendlich nicht
Ministeriums dargestellt, wonach die Selbsthilfe im Be- zu diesem Förderinstrumentarium gehört? Klammern
reich der Gesundheit nur ein Drittel der Aktivitäten um- Sie die Selbsthilfe als einen Teil des bürgerschaftlichen
(B) fasst. Wie will das Ministerium seinem Anspruch, den es Engagements in Ihrer Engagementstrategie aus? Ist das (D)
immer vertreten hat, auch in Zeiten der Großen Koali- die Schlussfolgerung aus dem, was Sie gerade gesagt ha-
tion, gerecht werden? Ich weiß: Wir haben uns immer ben?
gestritten. Sie waren mehr für das traditionelle Ehren-
amt. Der Koalitionsvertrag besagt auch, dass Sie sich
darauf zurückziehen wollen. Andererseits haben Sie in Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der
Ihrem Koalitionsvertrag eine sehr anspruchsvolle Enga- Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gementstrategie formuliert. Wie wollen Sie hier die Brü- gend:
cke schaffen, zumal Ihnen jetzt das Personal abhanden Nein, die Selbsthilfe – das habe ich auch gesagt – ge-
gekommen ist, weil es in anderen Ministerien ressor- hört eindeutig dazu. Das heißt aber keineswegs, dass ein
tiert? Wie ist Ihre Antwort darauf? konkretes Projekt bzw. eine konkrete Institution dauer-
haft gefördert wird. Das können Sie dem Koalitionsver-
Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
trag auch nicht entnehmen.
desministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: (Ute Kumpf [SPD]: Wir werden uns wiederse-
Zunächst einmal: Die Selbsthilfe im weitesten Sinne hen!)
gehört sicherlich zum bürgerschaftlichen Engagement.
Das wird ein Schwerpunkt bleiben; das ist selbstver-
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
ständlich.
Danke schön.
Ich sage aber noch einmal ausdrücklich: Das enthält
keine Aussage darüber, ob eine ganz bestimmte Institu- Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
tion dauerhaft gefördert wird. Im Gegenteil, wir wollen desministeriums für Gesundheit. Ich rufe die Frage 6 der
keine Dauerförderung von allgemeinen Einrichtungen Kollegin Marlies Volkmer auf:
und dürfen dies, um das ausdrücklich zu sagen, auch Wie ist sichergestellt, dass die unter den Bedingungen der
nicht leisten. Das ist die Meinung, die wir immer vertre- geänderten Meldepflicht für die Neue Grippe – H1N1 – ge-
ten haben. Das trifft nicht nur auf einen Teil der Bundes- wonnenen Daten für die Ständige Impfkommission, STIKO,
qualitativ und quantitativ ausreichend sind, damit die STIKO
regierung zu – auch in der letzten Legislaturperiode die Überprüfung der Impfempfehlung umfassend auf objek-
nicht –, sondern auf die Bundesregierung insgesamt; und tive Kriterien stützen kann und nicht subjektive Einschätzun-
das gilt heute auch noch. gen überwiegen?
Sie wissen – Sie kennen sich da ja im Einzelnen Zur Beantwortung der Frage steht der Parlamentari-
aus –, dass die Gruppen, die über NAKOS gefördert sche Staatssekretär Daniel Bahr zur Verfügung.
542 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis- die Neue Grippe bedingt sind, wieder gemeldet werden (C)
ter für Gesundheit: müssen? Halten Sie es zweitens nicht für notwendig,
Herr Präsident, die Ständige Impfkommission, die dass bei einer Pandemie alle Bundesländer nach gleichen
Empfehlungen zur Impfung gegen Pandemische Influ- Kriterien melden, wie sie die Impfungen durchführen,
enza ausspricht, benötigt hierzu auch Informationen zur wer geimpft wird und welche Impfkomplikationen auf-
Dynamik der Virusausbreitung in Deutschland sowie zu treten?
den am häufigsten betroffenen Alters- und Risikogrup-
pen. Eine gute Übersicht zur Dynamik der Ausbreitung Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-
der Neuen Influenza in der Bevölkerung Deutschlands ter für Gesundheit:
bietet in der derzeitigen epidemiologischen Situation das Eine weitere Änderung der Meldepflicht halten wir
vom Robert-Koch-Institut betriebene Sentinelsystem der derzeit nicht für erforderlich. Ich bitte Sie um Verständ-
Arbeitsgemeinschaft Influenza. Auf der Internetseite nis dafür und weise darauf hin, dass die Meldepflicht ge-
www.influenza.rki.de gibt es dazu weitere Informatio- rade erst geändert wurde; die Änderung ist zum 14. No-
nen. vember 2009 in Kraft getreten.
Um Informationen über zirkulierende Influenza- In der Anfangsphase der Pandemie war die damals
virustypen zu erhalten, stehen zudem weiterhin die Da- eingeführte Meldepflicht nötig, um hinreichend Daten
ten aus der Meldepflicht der Labore nach § 7 Abs. 1 zu bekommen. Das sogenannte Sentinelsystem hätte bei
Satz 1 Nr. 24 des Infektionsschutzgesetzes sowie aus der der geringen Anzahl nicht die erforderlichen Erkennt-
im Rahmen des Sentinelsystems betriebenen virologi- nisse gebracht, um die Infektionsfälle in Deutschland
schen Surveillance zur Verfügung. möglichst vollständig zu erfassen, Informationen über
den neuen Erreger zu sammeln und durch Maßnahmen
Neben diesen Instrumenten der epidemiologischen wie die Beratung und Isolierung Erkrankter und ihrer
Überwachung kann die weiter bestehende Verpflichtung Kontaktpersonen die Virusausbreitung zu verlangsamen
zur Meldung von Todesfällen im Zusammenhang mit der und damit Zeit für die Impfstoffentwicklung und -pro-
Neuen Influenza frühzeitig Hinweise darauf geben, ob duktion zu gewinnen.
der Erreger allgemein oder bei bestimmten Bevölke-
Wir haben jetzt eine andere Situation. Insofern bedarf
rungsgruppen vermehrt schwere Krankheitsverläufe aus- es nicht der alten Meldepflicht. Auch die Einführung ei-
löst. Daher wird der Tod aufgrund von Influenza A/H1N1 ner Meldepflicht wenigstens im stationären Bereich, wie
weiterhin den Gesundheitsämtern gemeldet. Sie sie vorgeschlagen haben, ist nach Beratungen mit
Insgesamt bieten die Informationen aus den beschrie- den Fachzuständigen aus unserer Sicht nicht erforder-
benen epidemiologischen Überwachungsinstrumenten lich. Für die Erkenntnisse, die wir im Umgang mit der
(B) sowie aus klinischen und epidemiologischen Studien in Pandemie brauchen, reichen die gerade geänderten Mel- (D)
Deutschland und weltweit eine objektive Basis für die depflichten aus. Wir sind weiterhin in Kontakt mit den
Überprüfung der Impfempfehlung durch die Ständige Ländern, um die Daten zu bekommen, die zum Teil den
Impfkommission. Es ist daher nicht erforderlich, alle In- Ländern vorliegen, und eine bundesweite Bewertung
fluenzafälle zu testen und zu melden. vornehmen zu können. Aber eine erneute Änderung der
Meldepflicht ist derzeit aus unserer Sicht nicht erforder-
lich.
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Haben Sie eine Nachfrage, Frau Kollegin? Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte.
Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Ich habe eine Nachfrage. Es ist in der Tat so, dass die Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Empfehlungen der staatlichen Impfkommission umso Ich bitte Sie, Herr Staatssekretär, auch den zweiten
besser sind, je vollständiger die Informationen sind, auf Teil meiner Frage zu beantworten, in der es darum geht,
die sie sich stützen kann. Heute waren im Ausschuss ob Sie es für notwendig halten, dass die Länder in Zeiten
Vertreter des Robert-Koch-Instituts und Paul-Ehrlich-In- der Pandemie Impfkomplikationen und auch, wie und
stituts zu Gast, und es wurde deutlich, dass viele Daten wen sie impfen lassen, nach gleichen Kriterien melden.
nicht vorhanden sind, zum Beispiel darüber, wie viele
Menschen mit der Neuen Grippe – gesplittet nach Al- Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-
tersgruppen – stationär in Krankenhäusern aufgenom- ter für Gesundheit:
men werden. Ich habe eben gesagt, dass dafür in erster Linie die
Verwunderlich ist auch, dass keine Aussage darüber Länder zuständig sind. Wir halten es nicht für erforder-
gemacht werden kann, wie viele Menschen in Deutsch- lich, neue Änderungen vorzunehmen oder bundesein-
land bisher gegen die Neue Grippe geimpft worden sind, heitliche Vorgaben zu machen. Wir sind in Kontakt mit
geschweige denn, in welchen Altersgruppen die Imp- den Ländern. Sie wissen, dass schon ein Impfgipfel statt-
fung erfolgte oder wie es mit der Durchimpfung bei den gefunden hat, auf dem das Bundesministerium den Aus-
Risikogruppen aussieht. tausch mit den zuständigen Länderministern gesucht hat,
um sich ein Bild zu machen. Ich wiederhole: Wir halten
Insofern frage ich Sie: Halten Sie es erstens nicht für es derzeit nicht für erforderlich, die Meldepflichten er-
notwendig, die Meldepflicht dahin gehend zu ändern, neut zu ändern und den Ländern bundeseinheitliche Vor-
dass zumindest die stationären Aufnahmen, die durch gaben zu machen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 543
(A) Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): der entsprechenden Zeitplanung sicherstellen – wie von der (C)
Sie haben erwähnt, dass für die nächsten beiden Pro- alten Bundesregierung zugesagt –, obwohl der Bundesminis-
ter für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter
jekte die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Ramsauer, eine Verlagerung von Investitionsmitteln von Ost
Bundes vorliegt, und haben ausgeführt, dass Sie keine nach West beabsichtigt, und in welcher Weise will die Bun-
näheren Angaben dazu machen können. Das erscheint desregierung den vom Parlamentarischen Staatssekretär beim
mir sehr befremdlich; denn es handelt sich nicht um An- Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Jan
Mücke noch im September 2009 geforderten Ausbau auf
gebote von Privaten, sondern es handelt sich um die durchgängig 200 km/h zeitnah gewährleisten?
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der öffentlichen Hand,
die darüber entscheiden soll, ob das Projekt in der PPP- Für die Beantwortung der Frage steht Herr Parlamen-
Variante durchgeführt oder klassisch finanziert werden tarischer Staatssekretär Jan Mücke zur Verfügung.
soll. Es handelt sich um eine grundlegende Entscheidung
der öffentlichen Hand, wobei die privaten Anbieter noch Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-
gar nicht mitbeteiligt sind. Deshalb würde ich schon da- ter für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:
rum bitten, klarzulegen, wie es mit dem Verkehrsmen- Frau Präsidentin! Sehr verehrte Frau Kollegin
genrisiko aussieht und wie hoch der Wirtschaftlichkeits- Dr. Volkmer, die Strecke Berlin–Dresden wird sukzes-
vorteil in beiden Fällen der PPP-Projekte ist, und etwas sive auf durchgehend 160 km/h ausgebaut. Ein erster
mehr Information zu liefern. Wir als Haushaltsgesetzge- Teil ist bereits fertiggestellt. Gegenwärtig ist die Finan-
ber müssen nämlich überprüfen können, ob die Entschei- zierung für eine zweite Realisierungsstufe gesichert.
dung der Bundesregierung wirklich wirtschaftlicher ist, Nach Informationen der Deutschen Bahn Netz AG soll
und dürfen nicht nach Treu und Glauben vorgehen. der daraus mögliche Fahrzeitgewinn von 16 Minuten
Ende 2012/Anfang 2013 erreicht werden. Zusätzlich
Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim werden der Ausbau im Abschnitt Brenitz-Sonnenwalde
Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: bis Doberlug-Kirchhain sowie das elektronische Stell-
Ich habe Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege, auch ge- werk Doberlug im Rahmen des Konjunkturprogramms I
sagt, dass die Vorteilhaftigkeit dieser Projekte im einstel- realisiert. Die restlichen Abschnitte sollen zeitnah eben-
ligen Prozentbereich liegt. Die Untersuchungen laufen falls auf 160 km/h ausgebaut werden. Der Ausbau für
noch. Die abschließende Wirtschaftlichkeitsuntersu- eine Geschwindigkeit von über 160 km/h hinaus ist ein
chung ist dann die Voraussetzung für das Vergabeverfah- neues Vorhaben des Bedarfsplans für die Bundesschie-
ren. nenwege. Dieser soll im Anschluss an den Ausbau für
Tempo 160 km/h möglichst zeitnah erfolgen.
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
(B) Haben Sie noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege? Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: (D)
Ihre Nachfrage, bitte.
Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich habe insgesamt vier Zusatzfragen. Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, auch Sie kommen
aus Dresden, und Sie haben sich in der vorherigen Legis-
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
laturperiode immer sehr vehement für den schnellen
Ich weiß. Sie müssen aber das Kontingent nicht zwin-
Ausbau der Bahnstrecke Dresden–Berlin eingesetzt. Sie
gend ausschöpfen. Das wissen Sie.
haben jetzt nichts anderes gesagt als das, was noch unter
Verkehrsminister Tiefensee eingeplant worden ist. Ich
Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): will Sie aber explizit fragen: Bleibt es wenigstens dabei,
Da die Antworten sehr spärlich ausfallen, ist man wie es geplant war, auch wenn der Bundesminister für
dazu gezwungen. Man würde am liebsten gar nicht nach- Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer,
fragen, wenn alle Fragen schön beantwortet würden. eine Verlagerung von Investitionsmitteln von Ost nach
Deshalb: Wann wird die endgültige Wirtschaftlichkeits- West beabsichtigt? Also: Wird nicht an der Planung die-
untersuchung für die beiden neuen Projekte vorliegen? ser Strecke und auch nicht an dem Zeitplan gerüttelt?
Können Sie das schon absehen?
Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-
Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim ter für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:
Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Kollegin, da Sie den früheren Verkehrsminister
Das kann ich noch nicht absehen. Die Untersuchun- Tiefensee angesprochen haben: Das Grundproblem ist
gen laufen noch. ein Fehler, den die Vorgängerregierung begangen hat.
Sie hat den Ausbau der Strecke Dresden–Berlin in zwei
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Baustufen beschlossen. Sie hätte von Anfang an die
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Möglichkeit gehabt, die finanziellen Mittel und auch die
Planung auf eine einzige Baustufe zu konzentrieren.
Wir kommen zur Frage 12 der Kollegin Dr. Marlies Dann hätten wir schon heute Tempo 200.
Volkmer:
Wird die Bundesregierung die Finanzierung des Ausbaus
Wenn ich mich richtig erinnere, hat es in den letzten
der Bahnstrecke Dresden–Berlin für eine Geschwindigkeit elf Jahren immer sozialdemokratische Verkehrsminister
von durchgängig 160 km/h in drei Realisierungsstufen und gegeben. Sie haben es leider nicht vermocht, die Strecke
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 545
Parl. Staatssekretär Jan Mücke
(A) angemessen auszubauen. Sie haben mich durchaus rich- Hier steht für die Beantwortung der Frage Herr Parla- (C)
tig zitiert – auch in Ihrer Frage heben Sie darauf ab –, mentarischer Staatssekretär Enak Ferlemann zur Verfü-
dass ich noch im September einen Ausbau auf gung. Herr Staatssekretär, bitte.
Tempo 200 gefordert habe. Das bleibt ein großes Ziel
der neuen Bundesregierung, ganz unabhängig davon, Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
was Sie in ein Interview des Herrn Bundesministers minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:
Dr. Ramsauer in der Welt am Sonntag hineingedeutet ha- Ich beantworte die Frage 15 wie folgt: Die Prognose
ben. Er hat nämlich keinesfalls gesagt, dass es ein Pro- der deutschlandweiten Verkehrsverflechtung 2025 wurde
gramm Ausbau West braucht, sondern er hat davon ge- im November 2007 fertiggestellt. Die Kurzfassung der
sprochen, dass es in einigen alten Bundesländern Studie steht zum Download auf der Website des Bundes-
berechtigterweise einen Nachholbedarf, beispielsweise ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung un-
bei der Straßeninfrastruktur, gibt. Das hat aber nichts da- ter www.bmvbs.de zur Verfügung. Der Download des
mit zu tun, dass die Vorhaben, die jetzt im Bedarfsplan ausführlichen Prognoseberichts und der Zugang zu den
stehen, bzw. die Vorhaben, die im Rahmen der Evaluie- Verflechtungsmatrizes entsprechend den allgemeinen
rung des Bedarfsplans im Frühjahr 2010 überprüft wer- Nutzungsbedingungen für Daten des Bundesministe-
den, nicht finanziert werden könnten. Selbstverständlich riums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ist über die
wird das erfolgen. Clearingstelle für Verkehrsdaten und -modelle beim
DLR-Verkehrsforschungsinstitut möglich. Die Umle-
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: gung auf die einzelnen Verkehrsträger ist nicht Bestand-
Ihre zweite Nachfrage. teil der Prognose.
Cornelia Behm
(A) Ich habe aber eine weitere Nachfrage. Im Elektroni- kehr, passieren kann. Der Ausbau für die unein- (C)
schen Wasserstraßen-Informationssystem der Wasser- geschränkte Begegnungsmöglichkeit ist nicht vor-
und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ist eine Liste mit gesehen, da der damit verbundene Eingriff in
dem Titel „Zuordnung der dem allgemeinen Verkehr die- bestehende städtische Strukturen wirtschaftlich
nenden Binnenwasserstraßen des Bundes zu den Was- nicht vertretbar wäre.
serstraßenklassen“ zu finden. Da sind Ausbauziele an-
Weiter heißt es hier:
gegeben, die nicht den politischen Festlegungen im
Bundesverkehrswegeplan entsprechen, sondern weit Je nach Verkehrsentwicklung soll die Option der
darüber hinausgehen, zum Beispiel ist da die Rede von Herrichtung des Verkehrsweges für 185 m lange
einem langfristig geplanten Ausbau von Teilen der Schubverbände erhalten bleiben. Bauliche Maßnah-
Dahme-Wasserstraße nahe Königs Wusterhausen auf men dazu wird es allerdings vorerst nicht geben.
Wasserstraßenklasse V. Es scheint mir, dass es sich hier
um eine Wunschliste der Verwaltung handelt. Ich würde Dazu frage ich: Wie kann es sein, dass eine Bundes-
gerne wissen, wie es sein kann, dass sich eine Bundes- behörde solche Aussagen in ihrer Internetpräsenz tätigt,
verwaltung unter der Obhut des BMVBS offenkundig ei- wenn die Festlegungen der Bundesregierung ganz an-
genständig und unabhängig von der Politik seine Ziele dere sind?
selber steckt.
Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:
Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Dazu antworte ich wie folgt: Ich kann es mir auch
nicht erklären, warum das noch so im Internet steht, da
Es ist sicherlich sehr zu begrüßen, wenn sich die fach-
wir bereits verfügt haben, dass diese Schleuse auf
kundigen Mitarbeiter der Wasser- und Schifffahrtsver-
190 Meter Länge ausgebaut wird. Die Ausschreibung ist
waltung selber Gedanken machen und sie auch veröf-
schon erfolgt. Insofern rechnen wir mit einer Vergabe-
fentlichen. Entscheidend ist das, was das Ministerium
entscheidung im Februar nächsten Jahres. Im Frühsom-
vorgibt.
mer nächsten Jahres könnte dann mit dem Bau begonnen
werden. Wahrscheinlich ist der Internetauftritt etwas ver-
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: altet.
Wir kommen nun zur Frage 16 der Kollegin Cornelia
Behm: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Welche Prognose für Gütertransporte per Binnenschiffe Ihre nächste Zusatzfrage.
liegt den Ausbauplänen für die Kleinmachnower Schleuse in-
(B) nerhalb des Projektes „Deutsche Einheit“ Nr. 17 zugrunde, (D)
und inwiefern werden hier nach dem Ausbau Schubverbände Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
mit einer Länge von mehr als 124 Metern erwartet, wenn doch 110 Meter lange Großmotorschiffe dürfen nur auf
die Ausbauparameter des Teltowkanals weiterhin der Wasser-
straßenklasse IV entsprechen?
Wasserstraßen mit Wasserstraßenklasse V fahren. Es
gibt jedoch die Aussage der Bundesregierung, den
Teltowkanal in der Wasserstraßenklasse IV zu belassen.
Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Dort wären maximal 85 Meter lange Großmotorschiffe
minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: zugelassen. Inwieweit sind diese Aussagen auf der Web-
Das Erfordernis der Ersatzinvestition der Schleuse site des WNA Berlin mit dem Ministerium abgestimmt?
Kleinmachnow beruht nicht auf Verkehrsprognosen,
sondern diese Ersatzinvestition ist aufgrund des Alters
Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
der Schleuse und ihres schlechten Zustandes erforder-
minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:
lich. Die Verkehrszahlen sind nicht ausschlaggebend für
die Ersatzinvestition bzw. die Kammerlänge. Für die zu- Wir beabsichtigen, den Teltowkanal für die Wasser-
künftig auf dem Teltowkanal verkehrende Flotte und das straßenklasse IV auszubauen, also für das Europaschiff,
Verkehrsregelungskonzept liegen noch keine Entwürfe nicht darüber hinaus. Die Länge der Schleusenkammer
vor. ergibt sich daraus, dass wir keine Koppelstelle vor der
Schleuse brauchen, um große Schubverbände schleusen
zu können. Wenn wir eine solche Koppelstelle errichten
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: müssten, müssten wir in sehr wertvolles Gelände rechts
Haben Sie eine Nachfrage, Frau Kollegin? und links des Kanals eingreifen. Das wollen wir vermei-
den. In der Abwägung zwischen Ökonomie und Ökolo-
Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): gie haben wir hier, wie ich glaube, einen sehr guten
Ja. – Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich habe natür- Kompromiss gefunden, mit dem alle Beteiligten gut le-
lich öfter einmal auf die Website der Wasserstraßenver- ben können.
waltung geschaut. Auf der Website des Wasserstraßen-
Neubauamtes Berlin ist unter „Berliner Wasserstraßen Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Trasse Süd“ zu lesen: Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Die Planungen sehen vor, den Ausbau so zu gestal- Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
ten, dass ein 110 m langes Großmotorgüterschiff nisteriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
den Verkehrsweg einschiffig, d. h. ohne Gegenver- heit. Für die Beantwortung der Fragen steht Frau Parla-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 547
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
(A) mentarische Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser zur Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (C)
Verfügung. Jawohl, Frau Präsidentin. – Die bisherigen Planungen
der EU laufen auf eine 20-prozentige Reduktion hinaus.
Die Frage 17 des Kollegen Dr. Hermann Ott wird auf-
Der interne 20-20-20-Beschluss soll eine 20-prozentige
grund Nr. 2 Abs. 2 unserer Richtlinien schriftlich beant-
wortet. Minderung der CO2-Emissionen in der Europäischen
Union bringen. Wenn wir auf die 30 Prozent zusteuern
Damit rufe ich die Frage 18 des Kollegen – ich glaube, dass es auch in Ihrem Hause eine große Be-
Dr. Hermann Ott auf: reitschaft dazu gibt –, dann wird entscheidend sein, ob
Wie ist die Haltung der Bundesregierung zum Beschluss
die EU diese Reduktion bis 2020 schaffen kann. Wenn
des Europäischen Rates vom Dezember 2008 zum sogenann- diese internen Planungen nicht existieren, nehmen Ihnen
ten Effort-Sharing, in dem es heißt, dass die EU ihre Selbst- Ihre Verhandlungspartner nicht ab, dass Sie tatsächlich
verpflichtung auf 30 Prozent erhöht, wenn andere Industrie- Vorsorge getroffen haben. Denn die Europäische Union
staaten „vergleichbare Verpflichtungen“ erbringen, und welche steht ohnehin in dem Ruf, international sehr viel zu ver-
konkreten Verpflichtungen anderer Staaten verbindet die Bun-
desregierung mit dem Begriff „vergleichbar“? sprechen, aber wenig zu halten.
Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
Amt: Amt:
Ich sehe auf jeden Fall die Gefahr einer Doppelung. In Erwartung dieser Tatsache habe ich alle Fragen be-
Deswegen ist eine enge Abstimmung in den Ratsarbeits- reits schriftlich beantwortet. Vielen Dank, Frau Präsi-
gruppen und im Rat selber erforderlich, damit die Dinge dentin.
nicht auseinanderlaufen. Das kann mehr bedeuten, als
nur doppelte Arbeit zu machen. Aus meiner Sicht haben Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Nachhaltigkeitsstrategien einen übergeordneten Charak- Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
ter. Die Frage ist dann: Wie muss man das in die ver- desministeriums des Innern. Die Frage 50 des Kollegen
schiedenen Politikbereiche einpassen? Dabei müssen wir Dr. Konstantin von Notz wird aufgrund der Richtlinien
sehr genau auf die Vermeidung solcher Fehlentwicklun- für die Fragestunde schriftlich beantwortet. Die Frage 51
gen achten. des Kollegen Dr. Ilja Seifert wurde schriftlich beantwor-
tet. Damit ist auch dieser Geschäftsbereich abgearbeitet.
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
Ihre zweite Nachfrage, bitte. ministeriums der Justiz. Hier werden die Fragen 52 und 53
der Kollegin Daniela Wagner schriftlich beantwortet.
Dr. Eva Högl (SPD): Der Kollege Ströbele, der die Frage 54 gestellt hat, ist
Herr Staatsminister, die Bundesregierung wird mit ei- nicht im Saal.
ner Strategie in die kommenden Verhandlungen über die (Manfred Grund [CDU/CSU]: Er ist aus der
Neugestaltung der Lissabon-Strategie und der Nachhal- Haut gefahren!)
tigkeitsstrategie gehen. Das Thema wird insbesondere
unter spanischer Präsidentschaft zu behandeln sein. Wer- Deshalb wird auch seine Frage schriftlich beantwortet.
den wir hier im Parlament Gelegenheit haben, diese Schon sind wir beim Geschäftsbereich des Bundesmi-
Strategie mit Ihnen ausführlich zu erörtern? Werden Sie nisteriums der Finanzen.
uns Ihre Verhandlungsposition frühzeitig hier im Parla-
ment mitteilen? Die Frage 55 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch wird
schriftlich beantwortet. Die Fragen 56 und 57 des Kolle-
(B) gen Harald Koch – Herr Koch ist auch nicht im Saal – (D)
Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen
werden schriftlich beantwortet. Der Kollege Dr. Gerhard
Amt:
Schick hat die Frage 58 gestellt. Auch er ist nicht im
Ja, selbstverständlich. Wir haben heute zum Beispiel Saal, daher wird auch seine Frage schriftlich beantwor-
im Auswärtigen Ausschuss schon ausführlich über die- tet. Die Fragen 59 und 60 des Kollegen Hans-Josef Fell
sen Themenkomplex geredet; denn diese Fragen werden werden schriftlich beantwortet, ebenso die Frage 61 des
im Vorlauf zum Allgemeinen Rat schon in der nächsten Kollegen Stephan Kühn. Gleiches gilt für die Fragen 62
Woche eine Rolle spielen. Im neuen Jahr werden wir auf und 63 der Kollegin Sahra Wagenknecht. Damit ist auch
jeden Fall unsere Verhandlungsposition vortragen. Dann dieser Geschäftsbereich abgearbeitet.
muss mit dem Parlament darüber gesprochen werden.
Das ergibt sich übrigens nicht nur aus den neuen Regeln, Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
die wir im Zusammenhang mit dem Lissabon-Vertrag nisteriums für Wirtschaft und Technologie.
zwischen Regierung und Parlament vereinbart haben; es
Ich rufe die Frage 64 der Abgeordneten Dr. Eva Högl
ist eine Selbstverständlichkeit, dass das Parlament bei
auf:
solch einem wichtigen Thema wie der Lissabon-Strate-
gie und der erforderlichen Refokussierung auf das, was Welche Ergänzungen oder Korrekturen der bisherigen
Lissabon-Strategie sind ab 2010 notwendig, um mehr Be-
2005 beschlossen worden ist, einbezogen wird. schäftigung und sozialen Zusammenhalt in Europa zu schaf-
fen?
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Högl ist anwesend. Für die Beantwortung der
Wir kommen zu Frage 40 des Kollegen Volker Beck. – Frage steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hans-
Er ist nicht im Saal, deshalb schriftliche Beantwortung. Joachim Otto zur Verfügung.
Die Fragen 41 und 42 des Kollegen Günter Gloser wer-
den ebenfalls schriftlich beantwortet. Dann komme ich Herr Staatssekretär, bitte.
zu den Fragen 43 und 44 der Kollegin Viola von
Cramon-Taubadel. – Sie ist auch nicht im Raum. In der Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bun-
Konsequenz werden die Fragen 43 und 44 schriftlich be- desminister für Wirtschaft und Technologie:
antwortet. Gleiches gilt für die Fragen 45 und 46 der Sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Högl, die Antwort des
Kollegin Marieluise Beck, die ebenfalls nicht hier ist. Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie lau-
Die Fragen 47 und 48 der Kollegin Sevim Dağdelen tet: Die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise hat in ih-
werden schriftlich beantwortet, ebenso die Frage 49 des rem bisherigen Verlauf gezeigt, dass diejenigen Mit-
Kollegen Andrej Hunko. gliedstaaten der EU die Krise am erfolgreichsten
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 551
Parl. Staatssekretär Hans-Joachim Otto
(A) bewältigen, die entschlossen ihre strukturpolitischen Re- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: (C)
formen im Sinne der Lissabon-Strategie angegangen Bitte sehr.
sind. Das gilt zum Beispiel auch für Deutschland.
Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, dass Dr. Eva Högl (SPD):
auch für eine Nachfolgestrategie für die Jahre bis 2020 Ich habe verstanden, dass es sich hier um eine Posterio-
die Oberziele der aktuellen Lissabon-Strategie, nämlich rität handelt. Ich komme zu einer anderen Frage. Die
sich auf nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung zu Kommission hat bereits sehr deutlich gemacht, dass sie
konzentrieren, beibehalten werden sollen. Dabei sollen der Sozialpolitik einen hohen Stellenwert einräumen
die prioritären Bereiche Forschung und Entwicklung, wird. Wird die Bundesregierung dann im Zweifel versu-
Stärkung der Unternehmenspotenziale, Beschäftigung, chen, die Kommission mithilfe von anderen Bündnis-
Klima und Energie weitergeführt werden und im Drei- partnern davon abzubringen, Sozialpolitik in der Nach-
klang von wirtschaftlichem Erfolg, sozialem Zusam- folgestrategie als Priorität zu behandeln?
menhalt und ökologischer Verantwortung weiter verfolgt
werden.
Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister für Wirtschaft und Technologie:
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Sehr geehrte Frau Kollegin, die Sozialpolitik hat in
Haben Sie eine Nachfrage, Frau Kollegin? Deutschland schon allein deswegen eine Priorität im
Sinne von Aufmerksamkeit, weil es keinen anderen Ge-
Dr. Eva Högl (SPD): schäftsbereich der Bundesregierung mit solch hohen fi-
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. – Ja, ich habe nanziellen Aufwendungen gibt. Der Haushalt dieses
eine Nachfrage. Im Jahr 2005 ging es um die sogenannte Bundesministeriums ist bei Weitem unser größter Haus-
Refokussierung der Lissabon-Strategie. Der Herr Staats- halt. Daraus ergibt sich natürlich innerstaatlich, dass wir
minister hat eben davon gesprochen. Nun richtete sich in diesem Bereich eine ganz hervorgehobene Bedeutung
der Zwischenzeit die Aufmerksamkeit auf die Sozialpo- geben.
litik, weil festgestellt wurde, dass die Sozialpolitik da-
Wir sehen aber keinen Anlass, die Prioritäten, die wir
mals hintenübergefallen ist.
jetzt bei der Nachfolgestrategie verfolgen, aufzugeben,
Bedeutet das, was Sie eben ausgeführt haben, dass Sie ungeachtet der Tatsache, dass wir zu unseren finanziel-
sich davon verabschieden, dass auch die Sozialpolitik, len Verantwortungen im Bereich der Sozialpolitik stehen
der sozialpolitische Zusammenhalt und die Bekämpfung und diese selbstverständlich fortführen werden.
(B) von sozialer Ausgrenzung – wir haben nächstes Jahr das (D)
Jahr gegen die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung – Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
übergeordnete Ziele der Lissabon-Strategie sein sollen,
sondern dass sie im Rahmen der Diskussion über die Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Nachfolgestrategie nachrangig behandelt werden? Frau Kollegin Höhn – das ist Frage 65 – ist nicht
mehr anwesend. Gleiches gilt für die Kollegin Sylvia
Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bun- Kotting-Uhl – das betrifft die Fragen 66 und 67 – und die
desminister für Wirtschaft und Technologie: Kollegen Hubertus Heil – Fragen 68 und 69 – und
Nein, nachrangig ist sicherlich nicht das richtige Garrelt Duin – Fragen 70 und 71. Auch Gerold
Wort, aber wenn Sie Prioritäten setzen, dann müssen Sie Reichenbach ist nicht anwesend.
zwangsläufig auch Posterioritäten setzen. Ich nannte Ih- (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Doch!)
nen die Bereiche, die für die kommenden Jahre in beson-
derer Weise hervorgehoben werden. Das heißt natürlich – Entschuldigung. Dann rufe ich die Frage 72 des Kolle-
nicht, dass die sozialen Fragen von geringerer Bedeu- gen Gerold Reichenbach zum Geschäftsbereich für Wirt-
tung sind. Sie wissen auch, dass in unserem Land wie in schaft und Technologie auf:
vielen anderen europäischen Ländern die sozialen Leis- Wie bewertet die Bundesregierung die Lage im Automo-
tungen vom finanziellen Rahmen her einen sehr großen bilbau in Deutschland und die Chancen der Adam Opel
Raum einnehmen, sodass Sie nicht davon ausgehen müs- GmbH, sich nach einer Sanierung langfristig erfolgreich auf
sen, dass wir diesen Bereich geringschätzen oder ihm dem Markt zu behaupten, und wie will die Bundesregierung
eine geringere Aufmerksamkeit zukommt. dazu beitragen, dass in Deutschland und Europa möglichst
viele Arbeitsplätze erhalten bleiben?
Aber gerade die Zukunftsthemen, die ich Ihnen eben
genannt habe, Forschung und Entwicklung, Stärkung der Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär beim Bun-
Unternehmenspotenziale, Beschäftigung, Klima und desminister für Wirtschaft und Technologie:
Energie, sind ausdrücklich als Prioritäten anerkannt. Da-
Lieber Herr Kollege Reichenbach, die Chancen der
raus ergibt sich die Antwort darauf, was mit den anderen
Adam Opel GmbH, sich unter den gegebenen Rahmen-
Bereichen zu geschehen hat.
bedingungen langfristig am Markt zu behaupten, können
natürlich nur auf der Basis konkreter Restrukturierungs-
Dr. Eva Högl (SPD): pläne bewertet werden. Entsprechende Pläne liegen der
Herzlichen Dank. Wenn ich darf, möchte ich gerne Bundesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt jeden-
eine zweite Nachfrage stellen. falls noch nicht vor.
552 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dr. Eva Högl (SPD): Ich möchte an dieser Stelle jedoch nicht nur das Ver-
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! fahren kritisieren – und da gibt es viel zu kritisieren –,
Was für Pirouetten man hier drehen kann! sondern auch den Inhalt des Abkommens. Das SWIFT-
Abkommen stellt einen gravierenden Eingriff in die
Aber ich beginne mit Europa. Gestern war ein wirk- Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger dar. Das sagen
lich guter Tag für Europa: Der Vertrag von Lissabon trat nicht nur Datenschützerinnen und Datenschützer, das
in Kraft. Damit haben wir eine super Rechtsgrundlage: sagt auch die Kreditwirtschaft, das sagt der BDI, und das
mehr Bürgernähe, mehr Transparenz, mehr Demokratie, sagt nicht zuletzt der Landesgruppenvorsitzende der
verbindliche Grundrechte und eine klare Zuweisung der CSU im Europäischen Parlament.
Kompetenzen. Das ist ein wirklicher Erfolg, den Europa
feiert. (Gisela Piltz [FDP]: Schade, dass die SPD das
in den letzten zwei Jahren nicht erkannt hat!)
Was aber leistet sich der Rat der Innenministerinnen
und Innenminister, und die deutsche Bundesregierung Die Bundesregierung selbst führt es aus in ihrer Erklä-
beteiligt sich daran? Einen fulminanten Fehlstart und rung, warum sie dem Abkommen nicht zustimmen
eine gezielte Missachtung konnte: Wichtige Fragen des Datenschutzes – Löschung
(B) (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LIN- und Verwendung der Daten, gerichtlicher Rechtsschutz – (D)
KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- seien nur befriedigend geregelt; deshalb habe sie nicht
NEN) zustimmen können. Wenn die Bundesregierung zu die-
sem Ergebnis gekommen ist, hätte sie sich niemals ent-
nicht nur des Europäischen Parlaments, sondern auch halten dürfen; denn es war völlig klar, dass sie mit ihrer
der Bürgerrechte. Einen schlechteren Start für den Ver- Enthaltung ermöglicht, dass das SWIFT-Abkommen un-
trag von Lissabon hätte es nicht geben können. terzeichnet wird und in Kraft treten kann. Wenn die Bun-
desregierung festgestellt hat, dass Grundrechte nicht
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Peinlich!) ausreichend geschützt sind, wäre es ihre Pflicht gewe-
Gerade das SWIFT-Abkommen wäre eine Möglichkeit sen, dieses Abkommen zu verhindern.
und eine gute Gelegenheit gewesen, das Vertrauen der
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
Bürgerinnen und Bürger in die Europäische Union und
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der
in die jetzt auch auf der europäischen Ebene garantierten
LINKEN)
Bürgerrechte zu stärken; aber das Gegenteil ist der Fall.
Wir haben mit dem Vertrag von Lissabon erreicht, Ich stelle auch fest – mit Blick auf die Bundesministe-
dass die wichtigen Bereiche der Justiz- und der Innenpo- rin der Justiz –, dass der Koalitionsvertrag der Regie-
litik endlich vergemeinschaftet werden und das Europäi- rungsparteien bereits wenige Tage nach seinem Inkraft-
sche Parlament endlich mitentscheiden kann. Das ist treten obsolet ist.
eine wichtige Errungenschaft; denn hierbei geht es im- (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Vielleicht er-
mer um Rechtsschutz und Bürgerrechte. Damit werden greift die Justizministerin ja das Wort!)
diese wichtigen Bereiche nicht mehr hinter verschlosse-
nen Türen, sondern öffentlich verhandelt und beraten. Im Koalitionsvertrag steht nämlich eine deutliche Pas-
sage zu SWIFT: dass ein hohes Datenschutzniveau ge-
Mit dem Beschluss des Innenministerrates vom fordert ist.
Montag wird aber der Vertrag von Lissabon genau einen
Tag vor seinem Inkrafttreten bewusst ignoriert und das Ich habe gelesen, dass die Bundesministerin der Justiz
Europäische Parlament gezielt missachtet. Das, sehr ge- diesem Abkommen nicht zugestimmt hätte, dass es ge-
ehrter Herr Kollege Uhl, als Stärkung des Parlaments gen ihren Willen zustande gekommen sei. Frau Bundes-
hinzustellen und das Parlament als Herr des Verfahrens ministerin, ich darf Sie fragen: Wo waren Sie in dieser
zu bezeichnen, ist – gestatten Sie, wenn ich das sage – Debatte, wo waren Sie, als es um den Schutz der Grund-
einigermaßen absurd. rechte ging?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 557
Dr. Eva Högl
(A) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Richtig, On- (C)
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der linedurchsuchung! – Gerold Reichenbach
LINKEN) [SPD]: Sie haben bewiesen, dass Sie noch
mehr mitgemacht hätten!)
Wir erinnern uns noch an Ihren Rücktritt im Zuge der
Debatte um den großen Lauschangriff. Wir werden das Sich jetzt hier hinzustellen und zu sagen: „Wir haben im-
nicht vergessen. Wir hatten damals großen Respekt vor mer alles für Bürgerrechte getan“, ist so etwas von un-
Ihnen, Frau Leutheusser-Schnarrenberger. Jetzt haben redlich, dass das wirklich auf keine Kuhhaut mehr geht.
Sie bereits, bevor Sie überhaupt angefangen haben zu re- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
gieren, eine empfindliche Niederlage erlitten. Es ist eini- der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz
germaßen abenteuerlich, wenn sich die Bundesregierung [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine etwas
an dem wichtigen Punkt „Datenschutz und Bürger- andere Zeit!)
rechte“ so erbärmlich präsentiert und auch von der FDP
nichts als heiße Luft kommt. Die Zustimmung des Rates der EU zum SWIFT-Ab-
kommen stellt die FDP nicht zufrieden; das muss man
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LIN- ganz deutlich sagen.
KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN) (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Mir gefällt das auch nicht!)
Ich komme zum Fazit: Die Bundesregierung schert Auch die Begeisterung der CSU hält sich ja tatsächlich
sich weder um den so wichtigen Vertrag von Lissabon in Grenzen; das ist hier allen bekannt. Insbesondere fehlt
noch um die Grund- und Bürgerrechte. Es wurde erneut ein effektiver Rechtsschutz,
eine wichtige Chance vertan, Europa der Bevölkerung
näherzubringen und eine bürgernahe Politik zu machen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Aha!)
Ich hoffe sehr, dass wir, wenn es um die Ratifizierung
geht, hier im Bundestag zeigen, wie wichtig uns die Bür- die Löschungsfristen sind mit fünf Jahren zu lang,
gerrechte und der Datenschutz sind. Ich hoffe natürlich (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE
auch sehr, dass das Europäische Parlament dies ebenso GRÜNEN]: So ist es! – Renate Künast
deutlich macht und dieses Abkommen ablehnt und der [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fünf Jahre!)
Rat sich dann daran hält. Sie als Bundesregierung for-
dere ich auf: Korrigieren Sie Ihren Kurs zum Wohle aller Auskunfts- und Berichtigungsrechte sind nicht vorgese-
Europäerinnen und Europäer. hen. Das wollen wir in Zukunft ändern.
(B) (Christine Lambrecht [SPD]: Warum nicht (D)
Herzlichen Dank.
jetzt? – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: In Zukunft! – Renate Künast
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätten Sie
LINKEN) gar nicht erst angefangen!)
Wir teilen die Bedenken der Datenschützer und auch der
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: deutschen Wirtschaft. – Frau Künast, Lautstärke ersetzt
Für die FDP-Fraktion spricht nun die Kollegin Gisela kein Argument.
Piltz. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
(Beifall bei der FDP – Gerold Reichenbach NEN]: Ich höre Ihnen immerhin zu!)
[SPD]: Jetzt wird’s heldenhaft! – Jürgen Trittin Das wollte ich Ihnen schon immer einmal sagen.
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einfach ak-
zeptieren!) (Beifall bei der FDP – Christine Lambrecht
[SPD]: Ihre Rede auch nicht!)
Gisela Piltz (FDP): Ein Traumstart für den Datenschutz sieht in der Tat
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! anders aus; das wissen wir. Aus unserer Sicht ist es kein
Herr von Notz, ich will Ihnen, weil das heute Ihre Jung- überzeugendes Argument, ein schlechtes Abkommen zu
fernrede war – herzlichen Glückwunsch auch von uns schließen, um überhaupt eines zu haben.
dazu –, einmal zugutehalten, dass Sie vergessen haben, (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE
was unter Rot-Grün im Bereich der Bürgerrechte alles GRÜNEN]: Haben Sie aber! – Weitere Zurufe
umgefallen ist: vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aha!)
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Gäbe es das Abkommen nicht, könnten die USA na-
der CDU/CSU – Christine Lambrecht [SPD]: türlich auch über Rechtshilfeersuchen Daten abfragen;
Zur Sache!)
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)
Luftsicherheitsgesetz, Terrorismusbekämpfungsgesetz, das muss man einmal ganz klar sagen.
Sie haben das Bankgeheimnis aufgegeben und das erste
Fluggastdatenabkommen verhandelt. Ihr Außenminister (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
ist das gewesen. NEN]: Aber mit Einzelfallprüfung!)
558 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
Gisela Piltz
(A) Aus unserer Sicht bestand auch keine Eile. Man hätte Eines muss man Ihnen von der SPD aber auch noch (C)
sich gut und gerne die Zeit nehmen können, das Abkom- sagen: Das Europäische Parlament hat jetzt die Gelegen-
men noch einmal besser nachzuverhandeln. Es tritt ja heit, Ja oder Nein zu sagen.
erst am 1. Februar 2010 in Kraft.
(Christine Lambrecht [SPD]: Sie hätten sie
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ schon gehabt!)
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der
SPD und der LINKEN) So, wie ich das gehört habe, hat Ihre SPD-Fraktion im
Europäischen Parlament im Moment nicht die Traute,
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, auch Nein zu sagen. Auch das ist etwas, woran sich die SPD
Sie können hier so laut brüllen, wie Sie wollen: Dieses in Sachen Datenschutz messen lassen muss.
Ei haben Sie uns ins Nest gelegt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
der CDU/CSU – Christine Lambrecht [SPD]:
Aber Sie haben es entschieden!) Hier im Bundestag die Klappe aufzureißen, aber in Brüs-
sel nicht zu springen, bringt dem Datenschutz nichts.
Sie haben das zu verantworten – nicht diese Regierung,
sondern die Vorgängerregierung. (Widerspruch bei der SPD)
(Zurufe von der SPD – Renate Künast Wenn Sie Verantwortung übernehmen müssen, tun Sie es
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht. Aber dann hier die anderen anzugreifen, ist billig.
Quatsch! Das stimmt doch überhaupt nicht! Das hätte ich Ihnen als Opposition gar nicht zugetraut.
Sie dürfen jederzeit Nein sagen!)
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Erfunden hat das der SPD-Finanzminister Steinbrück
und nicht ein Minister dieser Regierung. Sie haben zwei Der Kollege Binding hat vor zwei Jahren gesagt – ich
Jahre lang keinen Ton zu SWIFT gesagt. darf das noch einmal aufgreifen –, dass Sie den Deut-
schen Bundestag mit einbeziehen wollten. Ich habe es
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) nicht erlebt, dass wir als Deutscher Bundestag zum
SWIFT-Abkommen gefragt worden sind. Wir werden
Sie haben zwei Jahre lang den Mund gehalten. Sich jetzt
das jetzt nachholen. Wir werden den Deutschen Bundes-
hier so aufzublasen, ist eine Unverschämtheit für den
tag mit einbeziehen. Schönen Gruß an Herrn Binding:
Datenschutz; das muss hier einfach einmal gesagt wer-
Im Gegensatz zu Ihnen und Ihren Kollegen setzen wir
den.
(B) das um, was wir ankündigen. (D)
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Sie müssen doch nicht Ja sagen, wenn (Beifall bei der FDP)
es falsch ist!) Wie schon gesagt: Ein Traumstart für den Daten-
Wir haben hier Ihre Erblast übernommen, und Sie ha- schutz sieht anders aus. Aber wir haben vier Jahre Zeit,
ben, obwohl die schwedische Ratspräsidentschaft noch den Datenschutz in Deutschland zu verbessern.
vor drei Wochen erklärt hat, es werde nicht nachverhan- Im Sport – ich komme gerade aus dem Sportaus-
delt, den Mund wieder nicht aufgemacht. Wir haben mit schuss – wird beim ersten Fehlstart nicht gleich disquali-
unserer Ministerin und dem Druck aus unserer Fraktion fiziert, sondern verwarnt.
erreicht, dass wenigstens noch nachgebessert worden ist.
Das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Außer beim Doping! – Josef Philip
(Beifall bei der FDP) Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es
Es ist immer noch besser gelaufen als mit Ihnen. Das war also ein Fehlstart! Fehlstart für die Minis-
muss man hier einfach einmal klar und deutlich sagen. terin!)
(Christine Lambrecht [SPD]: Das ist ja jetzt Danach geht es wieder an die Linie, und es wird erneut
wirklich die Krönung! – Dr. Dieter gestartet. Wir als FDP erwarten vom Bundesinnenminis-
Wiefelspütz [SPD]: Unterirdisch ist das!) ter, dass er jetzt beim Datenschutz aufs Tempo drückt.
Das haben Sie uns persönlich versprochen, sowohl beim
Es ist so: Es endet in neun Monaten. Wir erwarten Arbeitnehmerdatenschutz als auch bei der Stiftung Da-
von der Regierung und insbesondere von Ihnen, Herr tenschutz. Wir nehmen Sie beim Wort. Verlassen Sie
Bundesinnenminister, dass Sie das in unserem Sinne sich darauf.
nachverhandeln. Das ist unsere hohe Erwartung an Sie.
(Beifall bei der FDP)
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Enthalten! –
Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das
hätten Sie vorher verlangen sollen!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau für die
Wir helfen Ihnen dabei und sind, ebenso wie die CSU Fraktion Die Linke.
und, ich denke, auch die CDU, an Ihrer Seite. Das gilt
auch für Ihre Fraktion im Europäischen Parlament. (Beifall bei der LINKEN)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 559
(A) Petra Pau (DIE LINKE): ihr libertäre Grundsätze wichtiger sind als ein Minister- (C)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! posten.
US-Terrorfahnder und -Geheimdienste können weiterhin Was aber ist eigentlich mit dem Vizekanzler und Bun-
auf sensible Bank- und Kontodaten von EU-Bürgerinnen desaußenminister? Kollege Notz, Sie haben völlig recht:
und -Bürgern zugreifen. Lange Zeit taten sie dies illegal. Noch vor wenigen Wochen hat Guido Westerwelle als
Nun dürfen sie das legal. Das ist des Pudels Kern. Das FDP-Vorsitzender verkündet: „Ich bin die Freiheitsstatue
ergibt sich aus dem SWIFT-Abkommen, das jetzt be- der Bundesrepublik Deutschland“.
schlossen wurde. Die Linke hat diesen geheimen Daten-
zugriff immer abgelehnt, und wir tun das auch weiterhin. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Die letzte vor Moskau sogar!)
(Beifall bei der LINKEN)
– Ganz bestimmt. – Rund um das SWIFT-Abkommen
Nun wird behauptet, das SWIFT-Abkommen zwi- habe ich nichts von der Freiheitsstatue gehört. Es ist üb-
schen der EU und den USA sei besser als gar kein Ab- rigens ganz normal, Kollege Notz, dass wir von dieser
kommen. Außerdem habe man ein wenig mehr Daten- nichts gehört haben; denn Statuen sprechen nicht. Sie
schutz vereinbaren können. Für mich klingt das wie „ein fallen bestenfalls vom Sockel, und das ist offenbar er-
bisschen schwanger“. „Ein bisschen schwanger“ gibt es neut passiert.
aber nicht. Das sollte sich selbst bis ins Bundeskabinett
herumgesprochen haben. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das SWIFT-Abkommen legalisiert einen massiven
Einbruch in den Datenschutz. Verbriefte Bürgerrechte Zurück zu Ihnen, Herr Minister de Maizière. Sie ha-
werden damit außer Kraft gesetzt. Ich halte das für ver- ben auf die deutsche Bündnispflicht gegenüber den USA
fassungswidrig. Verfassungsminister de Maizière hat das verwiesen. Ich kenne allerdings kein Bündnisrecht, das
zugelassen und damit alle Lobreden der neuen Regie- unser Grundgesetz außer Kraft setzt. Wohin ein solcher
rungskoalition auf Besserung beim Datenschutz getilgt. Bündnisschwur führen kann, erleben wir seit Jahren in
Ich finde, das ist ein böses Omen. Afghanistan. Auch deshalb bleibt die Linke dabei: Das
SWIFT-Abkommen ist ein Gift-Abkommen. Wir lehnen
(Beifall bei der LINKEN) es ab.
Außerdem wird verniedlicht, die Laufzeit des Ab- (Beifall bei der LINKEN)
kommens betrage ja nur neun Monate; danach könne ein
neuer Vertrag kommen. Zur Erinnerung: Das belgische Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Unternehmen SWIFT wickelt täglich rund 15 Millionen
(B) Finanztransfers ab. Das macht binnen neun Monaten Das Wort hat nun der Bundesminister des Innern, (D)
Dr. Thomas de Maizière.
rund 4,2 Milliarden Transaktionen. Das Wörtchen „nur“
ist daher völlig fehl am Platz.
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
Im Vorfeld der SWIFT-Vereinbarung gab es sogar nern:
eine seltene Eintracht hier im Hause. Eine Mehrheit im Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Bundestag schien dagegen, ebenso im Bundesrat. Daten- Herren! Die Kollegen Uhl und Piltz haben schon etwas
schützer warnten, ebenso die Wirtschaft und selbst Ban- zu den Sozialdemokraten gesagt. Es tut mir ein bisschen
ken. Es zeichnete sich also eine deutliche gesellschaftli- leid, weil wir mit den Sozialdemokraten in gemeinsamer
che Mehrheit gegen dieses Abkommen ab. Diese Regierungsverantwortung waren und natürlich zu all
Mehrheit wurde ignoriert. Das ist Basta-Politik pur. dem stehen, was da beschlossen wurde. Aber wo Frau
Man braucht auch nicht zu orakeln, warum der Rat Piltz recht hat, hat sie recht.
der Innenminister das SWIFT-Abkommen wenige Stun- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
den vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages durchgezo-
gen hat. Das EU-Parlament sollte ausgeschaltet werden. Es ist nicht nur der Kollege Steinbrück, der sich im Rah-
Dasselbe trifft übrigens auf den Bundestag zu. men der deutschen Präsidentschaft mit einer einseitigen
Zusicherung der Amerikaner zufriedengegeben hat, son-
Niemand muss sich daher wundern, wenn der allge- dern es war auch der deutsche Außenminister, der im
meine Demokratieverdruss zunimmt. Immer mehr Bür- Sommer 2009 für den Europäischen Rat das Mandat ge-
gerinnen und Bürger fühlen sich ohnmächtig und ausge- geben hat, ein solches Abkommen auszuhandeln, und
liefert. Das SWIFT-Abkommen sowie die Art und zwar binnen eines halben Jahres. Damals war völlig un-
Weise, wie es zustande kam, nährt solche Stimmungen klar, ob der Lissabon-Vertrag in Kraft tritt oder nicht.
zusätzlich.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Reden Sie sich
Kurzum: Die erste greifbare Tat der neuen CDU/ nicht heraus! Ihre Entscheidung steht hier zur
CSU-FDP-Regierung führt zu weniger Datenschutz und Debatte, Herr Minister!)
weniger Demokratie. Das ist fürwahr bemerkenswert.
– Ganz ruhig, Herr Wiefelspütz! Ich rede über den Zeit-
Nun lese ich, dass die Justizministerin gegen das Ab- plan. – Wir in der damaligen Koalition, Herr Steinbrück,
kommen war und es auch weiterhin kritisiert. Das nehme Herr Steinmeier und ich, tragen auch Verantwortung für
ich der Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger sogar ab. diesen Zeitplan. Deswegen finde ich das, was die Sozial-
Sie hat in den 90er-Jahren schon einmal bewiesen, dass demokraten hier machen, geradezu aberwitzig, weil sie
560 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Ich frage mich: Wurde es im Bundeskabinett themati-
Nächster Redner ist der Kollege Gerold Reichenbach siert, und wie war die Position der liberalen Minister
für die SPD-Fraktion. dazu?
Eines ist doch völlig klar – Sie haben es eben deutlich
Gerold Reichenbach (SPD): gemacht –: Natürlich bedeutete diese Enthaltung fak-
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol- tisch – das wusste jeder, der dementsprechend handelte –
legen! Herr Minister, zunächst einmal muss man eines die Ermöglichung, dass dieses Abkommen zustande
klarstellen: Es geht nicht um das, was in der Vergangen- kommt,
562 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
Gerold Reichenbach
(A) (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Sehr richtig!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: (C)
Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Christian
und deswegen soll man sich dabei nicht herumdrücken.
Ahrendt das Wort.
Im Vorfeld habe ich vonseiten der FDP großsprecheri-
(Beifall bei der FDP)
sche Aussagen gehört: Das ist die Koalitionsfrage; das
wird mit uns nicht zu machen sein. Schauen Sie sich die
heutigen Kommentierungen aus der Wirtschaft, aber Christian Ahrendt (FDP):
auch der eigenen Parteifreunde in den Medien an! Im In- Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
ternet habe ich folgende Aussage Alvaros gefunden: Herren! Die Stärke unserer Fraktion ist, dass wir hier
eingestehen, dass wir von dem SWIFT-Abkommen, das
Ich stelle mir die Frage, ob de Maizières Alleingang am Montag in Brüssel auf den Weg gebracht worden ist,
im Rat den Gepflogenheiten demokratischer Tradi- enttäuscht sind.
tionen noch entspricht.
(Christine Lambrecht [SPD]: Das ist doch
(Christine Lambrecht [SPD]: Hört! Hört!) keine Stärke!)
Das sagt Ihr eigener Parteikollege im Europaparlament, – Doch. Ihr Problem ist – das hat man ja vorhin an der
und dennoch tragen Sie das hier im Parlament mit. Rede von Herrn Reichenbach gemerkt –: Sie befinden
(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Die Ange- sich sozusagen im Zustand einer stärker werdenden Am-
sprochenen könnten jetzt klatschen!) nesie. Das ist die Diagnose.
Ich könnte noch eins draufsetzen, Herr Uhl. Ihr Kol- (Lachen bei Abgeordneten der SPD)
lege Elmar Brok sagte vorgestern Abend auf Phoenix Das können Sie auch bei den Grünen beobachten. Die
wortwörtlich – ich bitte, zitieren zu dürfen, ohne mir sind immer noch im Zustand der Amnesie. Deswegen
eine Ermahnung einzufangen –: „Das ist eine ausge- schicken sie in dieser Debatte auch einen jüngeren Red-
machte Sauerei.“ ner nach vorne.
(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Die Ange- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
sprochenen könnten klatschen!) der CDU/CSU – Renate Künast [BÜND-
Dann wird auch deutlich, dass man an dieser Stelle, viel- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie noch
leicht weil man aus irgendwelchen Gründen glaubte, ge- einmal gesagt? Habe ich gerade wieder verges-
genüber den Vereinigten Staaten Bündnistreue leisten zu sen!)
müssen, vorschnell eingeknickt ist. – Eben, Frau Künast, das ist ja das Kernproblem: Brül- (D)
(B)
Ich kann nur in Richtung FDP sagen: Wir haben zu len ersetzt keine Argumente.
Beginn dieser Legislaturperiode nicht nur erlebt, wie in (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
Rekordzeit ein Minister ausgewechselt wurde, sondern, der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/
Frau Piltz und liebe Kolleginnen und Kollegen von der DIE GRÜNEN)
FDP, wir haben hier auch erlebt, wie in Rekordzeit aus
einem Datenschutztiger ein Bettvorleger geworden ist. Gleichwohl wird man zwei Dinge auch in Richtung
des Bundesinnenministers kritisieren müssen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Gisela Piltz [FDP]: Ihr Pro- (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
blem ist: Sie sind nicht einmal als Tiger ge- NEN]: Aha! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/
sprungen!) DIE GRÜNEN]: Also doch!)
Ich frage mich hier schon, wo der liberale Lautsprecher, Das Erste ist, dass man zu früh darüber gesprochen
der heute Vizekanzler ist, geblieben ist. Das Handels- hat, man werde sich möglicherweise enthalten. Wir alle
blatt schreibt dazu: „Umso mehr war der Außenminister wissen, wie Verhandlungen in Brüssel laufen. Solche
gefragt.“ Wenn es stimmt, dass auch Druck seitens der Verhandlungen werden oftmals in Nachtsitzungen zu an-
Amerikaner dahintersteht – der Innenminister hat es ja deren Ergebnissen geführt, als man sie vorher erwartet
indirekt bestätigt, indem er sagte, wir sind in der Bünd- hat. Wenn man deutlich mit einem Nein gedroht hätte,
nispflicht –, dann ist der Kommentierung des Handels- wäre in diesem Abkommen nach meiner Meinung auch
blattes, das ja nun wirklich kein sozialdemokratisches mehr Datenschutz erreichbar gewesen, als erreicht wor-
Kampfblatt ist, den ist. Dass überhaupt etwas erreicht worden ist, ver-
danken wir unserer Bundesjustizministerin, die in der
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Na ja!) vergangenen Woche klar Wort für mehr Datenschutz in
zuzustimmen: diesem Abkommen geführt hat, und der FDP-Fraktion,
die das auch klar gesagt hat. Das ist unser Erfolg. Das
Dann hätte er nicht nur als liberaler Politiker, son- kann an dieser Stelle auch mit Recht gesagt werden.
dern auch als Staatsmann versagt.
(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Gerold
Dem ist nichts hinzuzufügen. Reichenbach [SPD])
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Ich teile auch nicht das Argument, dass ein schlechtes
DIE GRÜNEN) Abkommen besser sei als gar kein Abkommen. Abkom-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 563
Christian Ahrendt
(A) men, die man schließt, haben immer Folgewirkungen, Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (C)
weil man mit demjenigen, der mit dem Abkommen für NEN):
sich eine positive Grundlage erreicht hat, dann erst er- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen
neut verhandeln muss, dass er diese wenigstens zum Teil und Kollegen! Der 30. November 2009 geht als schwar-
wieder aufgibt. Deswegen haben Sie mit Ihrer Entschei- zer Tag für die Bürgerrechte und die parlamentarische
dung in Brüssel auch eine Bringschuld übernommen: Sie Demokratie in die Geschichte der Europäischen Union
stehen in der Pflicht, in den künftigen Verhandlungen, ein. Schuld daran sind zwei Fraktionen in diesem Hohen
die es nach Ablauf der Frist für SWIFT geben wird, für Hause, die die Regierung tragen, nämlich die FDP- und
mehr Datenschutz, nämlich Datenschutz auf dem Ni- die CDU/CSU-Fraktion. Das muss ich nach dieser De-
veau, das wir hier in Deutschland haben, in diesem Ab- batte noch einmal deutlich betonen.
kommen zu sorgen. Das ist die Bringschuld, die Sie ge-
genüber der FDP-Fraktion, aber auch gegenüber diesem (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Haus, dem Datenschutz und den Bürgerinnen und Bür- und bei der SPD)
gern in Deutschland haben. Herr Kollege Ahrendt, wenn Sie sich hier schon als
(Beifall bei der FDP) parlamentarischer Hilfsdiagnostiker betätigen und bei
einzelnen Fraktionen des Hauses Amnesie diagnostizie-
Ein zweiter Aspekt, über den man, wie ich glaube, ren, muss ich Ihnen sagen: Was Sie hier gezeigt haben,
nicht so leicht hinweggehen kann – er ist hier allgemein war mindestens ein Fall von politischer Schizophrenie,
kritisiert worden –, ist der Umstand, dass man dieses Ab- aber im schwersten Stadium.
kommen tatsächlich wenige Stunden bevor der Vertrag
von Lissabon in Kraft getreten ist verabschiedet hat. Es (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wäre gut gewesen, wenn sich der Ministerrat hier zu- und bei der SPD)
rückgenommen hätte. Es wäre gut gewesen, wenn man Unter Ausschluss jeglicher parlamentarischer Mitbe-
das Europäische Parlament entsprechend in die Debatte stimmung wurde durch die Enthaltung von dem Herrn
eingebunden hätte. Bundesinnenminister ein Datenschutz-Dumping einge-
(Zuruf des Abg. Josef Philip Winkler [BÜND- leitet, das nur noch schwer aufzuhalten ist. Mit dieser
NIS 90/DIE GRÜNEN]) Entscheidung wurde den USA ein Blankoscheck ausge-
stellt, mit dem unser Grundrechtsschutz zur leeren Hülle
Datenschutz berührt Grundrechte. Das Europäische Par- zu werden droht. Dabei hilft es überhaupt nicht, Herr
lament hat eine hohe Legitimation. Es ist in freien und Minister, dass Sie sagen, es sei nur ein Interimsabkom-
gleichen Wahlen gewählt worden, und es ist damit auch men. Fakt ist doch: Der SWIFT-Server war in den USA
(B) Quelle der Legitimation für Entscheidungen, die in gewesen, und dieses Unternehmen hat gesagt: Wir wol- (D)
Grundrechte eingreifen. Das hätte man bedenken müs- len dem Zugriff durch die amerikanischen Behörden
sen. Wenn Sie diesen Gedanken ins Feld geführt hätten, nicht ausgeliefert sein. Deswegen wollen wir nach Bel-
dann hätten Sie auch ein Nein zu dem SWIFT-Abkom- gien gehen. – Und wie reagieren Sie darauf? Sie handeln
men sehr gut begründen können, ein Nein, das Ihnen – und wollen uns das allen Ernstes als Verbesserung des
auch als Verfassungsminister gut zu Gesicht gestanden Datenschutzes verkaufen – ein Abkommen mit den USA
hätte.
aus, das unsere Standards unterläuft.
Ich sage das noch einmal: Wir sind von dem Abkom-
(Beifall der Abg. Britta Haßelmann [BÜND-
men enttäuscht. Es wird jetzt darauf ankommen, mit dem NIS 90/DIE GRÜNEN])
Europäischen Parlament bessere Ergebnisse zu errei-
chen. Dazu kann die Fraktion der SPD mit ihren Kolle- Sie können als Innenminister nicht ernsthaft erwarten,
gen im Europaparlament einen Beitrag leisten. Ich gehe dass wir das als Begründung akzeptieren.
einmal davon aus, dass sich Frau Lambrecht und Herr (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Reichenbach persönlich dafür einsetzen werden, dass und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der
ihre Abgeordneten im Europaparlament gegen SWIFT LINKEN)
stimmen werden – das ist eine Möglichkeit, die unsere
Verhandlungen und unser Druck mit Blick auf dieses Herr Kollege Uhl, es ist doch eindeutig, dass es die
Abkommen eröffnet haben –, und dann wollen wir ein- Entscheidungsmöglichkeiten des Europaparlamentes ein-
mal sehen, wie Sie sich an dieser Stelle positionieren. schränkt, wenn Sie jetzt in Verhandlungen mit der ameri-
kanischen Seite einsteigen und Verbesserungen und Ver-
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. änderungen an Stellen durchsetzen wollen, die Sie nicht
(Beifall bei der FDP – Gerold Reichenbach für richtig halten, die wenige Monate zuvor im Europäi-
[SPD]: Die Verhandler sitzen auf der Regie- schen Rat noch eine Mehrheit gefunden haben. Das kön-
rungsbank!) nen Sie doch nicht allen Ernstes als Verbesserung der
Möglichkeiten der parlamentarischen Begleitung durch
das Europaparlament verkaufen, wie Sie das vorhin hier
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: gemacht haben. Erkundigen Sie sich einmal bei Ihren
Das Wort hat nun der Kollege Josef Philip Winkler Kolleginnen und Kollegen im Europaparlament;
für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Das habe
(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: ich getan! Die können das Abkommen ableh-
Josef, sachlich bleiben!) nen!)
564 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
Nun zur FDP-Fraktion. Frau Piltz hat hier kraftvoll Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
vorgetragen. Hätten Sie nur so kraftvoll in Bezug auf Nächster Redner ist der Kollege Armin Schuster für
Ihre Ministerin oder in Richtung des Innenministers vor- die CDU/CSU-Fraktion.
getragen!
(Gisela Piltz [FDP]: Sie sind Gott sei Dank Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU):
nicht bei all meinen Gesprächen dabei!) Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Her-
Dann hätten wir – ebenso wie die Bürgerrechte in ren! Die Opposition diskutiert in diesem Zusammenhang
Deutschland und in Europa – alle mehr davon, als wenn seit einer Stunde in erster Linie Verfahrens- und Daten-
(B) Sie jetzt kraftvolle Zwischenrufe machen und kraftvolle schutzfragen. (D)
Reden halten. Reden Sie doch einfach einmal mit Ihrem
Koalitionspartner über solche Themen! (Christine Lambrecht [SPD]: Zu Recht!)
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Ich möchte Ihre geschätzte Aufmerksamkeit gerne auf
SES 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel einen entscheidenden Aspekt lenken, der mir sehr wich-
[CDU/CSU]: Furchtbar war das!) tig ist, nämlich die Frage: Was kommt eigentlich innen-
politisch hinten heraus, wenn man das Abkommen um-
Haben Sie denn keine Koalitionsrunde? Wofür gibt es setzt?
das denn? Ich nehme es Ihnen schlicht und ergreifend
nicht ab, dass dieses Thema ein Kernthema Ihrer Politik Erstens. Wir erhalten – dieser Punkt kommt mir in
ist; denn Sie haben selber bewiesen – der Innenminister dieser Debatte zu kurz – wertvolle Anhaltspunkte zur in-
hat sich nämlich enthalten –, dass Ihnen das wurscht ist. ternationalen Terrorismusfinanzierung, zu Zielpersonen
in Deutschland, zu Strukturen und Hintermännern, wo-
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rauf man auf gar keinen Fall verzichten kann. Das ist
und bei der SPD) auch keine blanke Theorie. Wir haben in den vergange-
nen Jahren Meldungen über circa 100 relevante Treffer
Frau Justizministerin, Sie und Ihre gesamte Partei ha- der Amerikaner erhalten, die für uns in diesem entschei-
ben Ihren Wählerinnen und Wählern eine Renaissance denden kriminalpolizeilichen Feld sehr wichtig sind.
der Bürgerrechte versprochen. Das ist aber keine Renais-
sance, das ist allenfalls – wenn man es gut meint – Bie- (Beifall bei der CDU/CSU)
dermeier: Rückzug ins Private vor dem bösen Koali- Zweitens. Ich bleibe dabei, egal was die Damen und
tionspartner im Staate. Herren der Opposition sagen: Wir erhalten mit diesem
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Machen Sie Abkommen ein verbindliches Datenschutzniveau,
aber nicht den Brandstifter!) (Gerold Reichenbach [SPD]: Nach dem
– Frau Präsidentin, das ist ein Fall für Sie. Wenn Herr Motto: Egal welches Niveau, Hauptsache Ni-
Grindel von Brandstifter spricht, dann hat man das Ge- veau!)
fühl, er habe zu oft in den Spiegel geschaut. Aber egal. das im Zusammenhang mit SWIFT-Datenauswertungen
seit acht Jahren in Deutschland so noch nie bestanden
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
hat. Das ist ein Erfolg.
sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zu-
rufe von der CDU/CSU: Oh! – Reinhard (Beifall bei der CDU/CSU)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 565
Armin Schuster (Weil am Rhein)
(A) Der Zweck des Abkommens besteht darin, die finan- (Beifall bei der CDU/CSU) (C)
ziellen Beatmungssysteme des internationalen Terroris-
Der Weg dorthin beginnt mit ersten Schritten. Folgendes
mus zu identifizieren und auf diese Weise Kenntnis von
unterscheidet uns in allen Politikfeldern: Wir wissen,
Verdachtsfällen zu bekommen und Fahndungshinweise
was wir wollen, und Sie wissen, was Sie nicht wollen.
zu erhalten. Das hat sich seit Jahren in der Praxis be-
währt, war aber datenschutzrechtlich nach deutschen (Mechthild Rawert [SPD]: Warten Sie mal ab!)
Maßstäben kaum bis gar nicht geregelt.
Deswegen ergreifen wir Maßnahmen und gehen die ers-
Das heute diskutierte Abkommen legt jetzt endlich ten Schritte. So erreichen wir auch unsere Ziele.
verbindliche juristische Standards für diese Praxis fest.
Von 2001 bis 2004 gab es eine amerikanische Selbstbe- (Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip
dienung. Das hat hier keinen Menschen gestört. Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit
einer Enthaltung!)
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)
Wir wollen die Strukturen weltweit agierender Terror-
Ich muss Sie nicht daran erinnern, wer zu dieser Zeit re- organisationen identifizieren. Dafür sind internationale
giert hat. Seit 2007 arbeiten wir datenschutzrechtlich mit Finanzermittlungen unverzichtbar. Deshalb war die Ent-
einer von Herrn Steinbrück akzeptierten einseitigen, vor- haltung Deutschlands in Brüssel für mich in dreifacher
läufigen Zusicherung der USA – eine tolle Konstruktion –, Hinsicht goldrichtig:
datenschutzrechtliche Mindeststandards gegebenenfalls
einzuhalten. Da waren wir, gemessen an der Entrüstung, Erstens. Wir haben weiterhin klare Verhältnisse in der
die bei Ihnen jetzt ausbricht und die ich überhaupt nicht Terrorismusbekämpfung und bleiben ein zuverlässiger
verstehe, verdammt großzügig. Partner im transatlantischen Bündnis.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zweitens. Wir haben dem Recht auf informationelle
Gerold Reichenbach [SPD]: Der Server stand Selbstbestimmung des Einzelnen in Deutschland deut-
in den USA! Das unterlag damals amerikani- lich mehr Geltung verschafft, als das in den vergangenen
schem Datenrecht! Jetzt unterliegt es aber eu- Jahren der Fall war.
ropäischem Recht!) Drittens. Wir haben in der Europäischen Union und
– Herzlichen Dank für die Information. Aber ich recher- gegenüber den USA ein klares Ausrufungszeichen ge-
chiere auch sehr gut. setzt, dass wir die kommenden Monate nutzen werden,
um im endgültigen Abkommen deutsche Datenschutz-
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) standards noch stärker zu betonen.
(B) Meine Damen und Herren, wir beenden diesen Zu- (Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Sehr gut!) (D)
stand. Wir haben wesentliche Forderungen des Bundes-
rates in das Abkommen übernommen. Beispielsweise Diese Lösung ist verantwortungsvoll, europäisch und
sind Missbrauchsvorkehrungen verankert. Der Zugriff praktikabel. Das ist Politik für die Wirklichkeit.
der US-Fahnder ist nur bei konkretem Terrorverdacht Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
gestattet.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –
(Christine Lambrecht [SPD]: Stimmt doch gar Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Es
nicht!) ist eigentlich alles gesagt, und wir können
Dies prüft die belgische Behörde, bei der um eine Daten- heimgehen!)
übermittlung ersucht werden muss, bevor man an die
Daten herankommt. Zudem sind Echtzeitprüfungen im Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Rahmen von SWIFT vorgesehen. Dies alles sind recht Herr Kollege Schuster, dies war Ihre erste Rede in
große Hürden. diesem Haus. Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich dazu und
Jetzt kommt das Entscheidende: Außer Griechenland, wünsche Ihnen für Ihre weitere Arbeit eine glückliche
Ungarn und Österreich hätte kein anderer europäischer Hand, viel Freude und Erfolg.
Partner bei solchen Hürden mitgemacht. Wir haben gera- (Beifall)
dezu Glück, dass wir mit dieser Enthaltung das Ganze
durchbekommen haben; wenn es hier um eine Mehr- Nun hat das Wort die Kollegin Christine Lambrecht
heitsentscheidung gegangen wäre, hätten wir es auf die- für die SPD-Fraktion.
sem Niveau nie durchbekommen, obwohl der französi- (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Christian
sche Richter bei internationalen Prüfungen feststellt: Ihr Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Lassen Sie
braucht euch keine Sorgen zu machen; dieses System doch mal den Wiefelspütz reden! – Gegenruf
wird von den Amerikanern sicher angewandt. Das haben des Abg. Gerold Reichenbach [SPD]: Wir set-
wir erreicht! zen unsere Geheimwaffe gezielt ein!)
Für mich ist das ein klarer Verhandlungserfolg. Ich
betone: Wir sind auf dem Weg zu den hohen deutschen Christine Lambrecht (SPD):
Datenschutzstandards, von denen wir einige Europäer Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
noch überzeugen müssen. Ich wiederhole: Wir sind auf Herren! Ich darf meinem Vorredner zu seiner ersten
dem Weg und noch nicht am Ziel. Rede hier im Parlament gratulieren. Ich kann ihm aber
566 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
Christine Lambrecht
(A) nicht zu dem Inhalt gratulieren, den er hier vorgetragen (Gisela Piltz [FDP]: Wir haben zumindest eine (C)
hat. Herr Schuster, Sie haben gesagt, es seien die Voraus- Idee gehabt!)
setzungen dafür geschaffen worden, dass Daten nur dann
übermittelt werden, wenn ganz konkrete Verdachts- Wer am 27. September die FDP gewählt hat, weil er
gründe benannt worden seien. Dazu kann ich nur sagen: allen Ernstes geglaubt hat, sie stehe für das, was sie ver-
Sie hätten sich, insbesondere in Vorbereitung für Ihre al- spricht, nämlich für Bürger- und Freiheitsrechte sowie
lererste Rede hier im Parlament, die Mühe machen sol- Datenschutz, kann heute die Augen schließen. Das, was
len zu recherchieren, und hätten vielleicht, wie dies zu- er dann sieht, das hat er bekommen, nämlich nichts.
mindest bei Juristen üblich ist, einen Blick in das Gesetz Schauen Sie sich einmal an, was Sie hier erreicht ha-
werfen sollen. An dieser Stelle würde ich Ihnen raten, ben!
Art. 5 Abs. 2 des Abkommens nachzulesen. Dort steht
nämlich, dass auf der Grundlage bereits vorliegender In- (Gisela Piltz [FDP]: Mehr als Sie in zwei
formationen oder Beweisinformationen, die die An- Jahren in der Regierung!)
nahme stützen, dass der Gegenstand der Abfrage einen
– Sie haben mehr erreicht als wir; denn wir sind nicht in
Bezug zu Terrorismus oder Terrorismusfinanzierung hat,
der Regierung, da haben Sie völlig recht. So langsam hat
eine Datenübermittlung möglich ist. Mit Verlaub, mit
man den Eindruck, Sie hätten schon die Nase voll davon,
konkreten Verdachtsmomenten hat es nun wirklich
in der Verantwortung zu stehen. Es wird aber wahr-
nichts zu tun, wenn ich das alles auf die Annahme stütze. scheinlich noch eine Weile so weitergehen, dass Sie sich
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja anhören müssen, wo Ihre Fehler liegen. Herr Ahrendt,
Seifert [DIE LINKE]) Sie haben diese Aufgabe selbst übernommen: Sie über-
nehmen die Aufgabe der Opposition, indem sie uns er-
Ich würde also ausgerechnet in der ersten Rede nicht ei- klären, was Herr de Maizière bei den Verhandlungen al-
nen solchen Quatsch erzählen. les falsch gemacht hat. Da kann ich nur sagen: Schade,
dass Sie das nur hier erklären; die zuständige Ministerin
Zu den Beiträgen der Redner aus der neuen Koalition hätte es im Kabinett deutlich erklären und dafür sorgen
muss ich sagen: Man hat nicht gemerkt, dass die FDP müssen, dass es zu entsprechenden Konsequenzen
mittlerweile in der Regierungsverantwortung ist. Frau kommt.
Piltz hat im üblichen Reflex SPD und Grüne beschimpft
Frau Leutheusser-Schnarrenberger, in der ersten De-
(Gisela Piltz [FDP]: War ja auch leicht!) batte, die wir hier geführt haben, sind Sie aus den Reihen
der Opposition auf SWIFT angesprochen worden. Sie
und Behauptungen aufgestellt. Herr Ahrendt hat sich haben dann gesagt: „Warten Sie einmal ab …!“ Alles, (D)
(B) dann darauf eingeschossen, den CDU-Minister zu kriti-
was wichtig sei, komme noch in das Abkommen
sieren und ihm zu erklären, was alles falsch gelaufen ist. hinein. – Sie können das im Plenarprotokoll nachlesen.
Vielleicht haben Sie es noch nicht gemerkt: Sie sind mit Heute muss ich sagen: Sie haben nichts erreicht. Damals
in der Regierungsverantwortung und müssen dann auch haben Sie also nur Nebelkerzen geworfen und den Ein-
dafür stehen. druck erweckt, Sie seien eine tatkräftige Ministerin, die
jetzt hier eingreife.
(Gisela Piltz [FDP]: Und Sie waren es!)
Was passiert heute? Nachdem Sie nichts erreicht ha-
– Wir waren es; aber Sie sind es jetzt. Deswegen müssen ben, versprechen Sie uns, bei der nächsten Runde werde
Sie sich das, was Sie einmal ausgesagt haben, anrechnen alles besser und Sie würden dafür sorgen, dass der Da-
lassen. Sie hätten ansonsten nicht in Ihrem Koalitions- tenschutz eingehalten wird. Ich muss Ihnen sagen: Die
vertrag festschreiben dürfen, dass Sie beim SWIFT-Ab- Vorschusslorbeeren sind zu Unrecht an Sie gegangen.
kommen ein hohes Datenschutzniveau, also strikte Mittlerweile haben Sie Ihre Position, für die Sie gewählt
Zweckbindung und Löschen der Daten, wollen. wurden und wegen der Sie persönlich ein hohes Ansehen
hatten, über Bord geworfen. Es geht nur noch darum, zu-
(Gisela Piltz [FDP]: Sie haben vorsichtshalber
sammenzubleiben und keinen weiteren Krach in der
überhaupt nichts dazu gesagt!)
Koalition hervorzurufen. Nach den Vorgängen der letz-
– Sie wollen das erreichen. Wir reden über Sie, nicht ten Woche ist es kein Wunder, dass man auf Gedeih und
über uns. Sie sind an der Regierung, wir leider nicht; da Verderb versucht, zusammenzuhalten.
haben Sie recht. Es ist schade, dass wir nicht in der Ver- Wir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen. Das
antwortung stehen, aber das ist nun einmal so. ist ein Affront gegen alle Menschen, die sich darauf ver-
lassen haben, dass Sie sich für Datenschutz einsetzen. Es
(Christian Ahrendt [FDP]: Hätten Sie anders
ist ein Affront gegen das Europäische Parlament. Das ist
verhandelt, hätten wir es nicht so schwer ge-
wirklich eine Unverschämtheit und eine schwarze
habt!)
Stunde für Freiheitsrechte, Bürgerrechte und den Daten-
Es bringt uns nicht weiter, dass Sie im Koalitionsvertrag schutz.
festschreiben, sich für einen „effektiven Rechtsschutz“ Vielen Dank.
und „klare Regelungen bezüglich Weitergabe“ der Daten
an Drittstaaten einzusetzen, wenn am Ende überhaupt (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
nichts dabei herauskommt. DIE GRÜNEN)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 567
(A) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: position auch nicht thematisiert, weil es heim- (C)
Nächster Redner ist der Kollege Manfred Kolbe für lich geschah!)
die CDU/CSU-Fraktion. Zweitens. Es ist gemeinsames Anliegen Europas und
der USA, den internationalen Terrorismus zu bekämp-
Manfred Kolbe (CDU/CSU): fen. Das Abkommen enthält deshalb erstmals eine um-
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! fassende Zweckbindung an die Terrorismusbekämpfung
Die Vertreter der Arbeitsgruppe Finanzen meiner Frak- und effektive Missbrauchsvorkehrungen, und das ist
tion interessieren sich in dieser Debatte insbesondere für richtig so. Künftig wird deshalb die Datennutzung an
folgende Aspekte: Wie sehen die Finanzwirtschaft und enge Tatbestandsvoraussetzungen gebunden. Abfragen
die Banken, aber auch die übrige Wirtschaft das SWIFT- aus der Datenbank des US-Finanzministeriums sind nur
Abkommen? Man muss zugeben, dass sich ihre Vertreter noch zu Personen zulässig, die aufgrund vorliegender In-
eindeutig geäußert haben. Ich zitiere den Zentralen Kre- formationen im Verdacht auf Verbindung mit dem Terro-
ditausschuss, der am Montag mitteilte: Wir bedauern die rismus stehen. Weitergehendes, etwa eine Rasterauswer-
heute in Brüssel übereilt getroffene Entscheidung über tung, ist unzulässig.
die Weitergabe von Bankkundendaten an die USA. Die (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist ein
datenschutzrechtlichen Bedenken sind damit nicht ge- Erfolg!)
löst. Die USA können damit weiter auf Bankdaten euro-
päischer Bürger zugreifen. Das EU-Parlament hätte in – Das ist auch ein Erfolg des Interimsabkommens.
die Entscheidung einbezogen werden müssen. Wir set- Drittens. Es handelt sich um ein Interimsabkommen
zen uns dafür ein, dass das Übergangsabkommen nach für neun Monate. Diese neun Monate müssen wir nut-
den neun Monaten wieder aufgeschnürt und neu verhan- zen, um ein besseres Abkommen auszuhandeln. Dafür
delt wird. gelten dreierlei Aspekte.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Erster Aspekt. Sicherheit und Freiheit gehören in ei-
SES 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Wieland ner offenen Gesellschaft untrennbar zusammen. Deshalb
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dem ist we- stehen bei der Aufdeckung und Verfolgung der Finanzie-
nig hinzuzufügen, Herr Kollege!) rung terroristischer Straftaten die Bürgerrechte nicht zur
Auch die deutsche Wirtschaft hat ihre Befürchtungen. Disposition.
Ich zitiere den Hauptgeschäftsführer des BDI, Werner Zweiter Aspekt. Das gilt auch für den Schutz sensi-
Schnappauf: bler Bankdaten. Vertrauliche Finanztransaktionen bil-
(B) den die Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung. Es (D)
Wir warnen vor der Gefahr, dass Unternehmen aus-
muss sichergestellt sein, dass die Gefahr von Wirt-
spioniert werden. … Aus dem Zahlungsverkehr von
schafts- und Industriespionage ausgeschlossen wird.
Unternehmen lassen sich Rückschlüsse auf Märkte,
Vertragspartner und Geschäftsvolumina ziehen. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Wie denn?)
Man muss klar sagen: Diese Bedenken der Banken
und der Wirtschaft müssen wir ernst nehmen. Dritter Aspekt. Wir brauchen eine substanzielle Betei-
ligung des Europäischen Parlaments und der nationalen
(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Gesetzgebungsorgane sowie ein transparentes Verfahren,
NEN]: Vorher hätten Sie sie ernst nehmen sol- in dem all diese Punkte erörtert werden.
len!)
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wahr ist aber auch – das haben schon einige Vorred-
ner gesagt –: Erstens. Dieses SWIFT-Abkommen ist bes- In diesem Sinne werden wir uns sowohl in der Ar-
ser als kein Abkommen. Das sieht auch die Kreditwirt- beitsgruppe Finanzen als auch in der Fraktion einsetzen.
schaft so. Danke.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – (Beifall bei der CDU/CSU)
Gerold Reichenbach [SPD]: Das stimmt
nicht!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Seit 2001 haben die amerikanischen Behörden Konto- Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege
daten europäischer Bürger abgerufen, ohne dass hierzu- Clemens Binninger für die CDU/CSU-Fraktion.
lande irgendeine staatliche Stelle Einfluss auf den Um- (Gerold Reichenbach [SPD]: Bis jetzt hat noch
gang mit diesen Daten hatte. Meine Damen und Herren kein Redner begründet, warum es richtig war,
von den Grünen, 2001 waren Sie an der Regierung. was de Maizière gemacht hat!)
Auch wenn der Server damals in den USA stand, hätten
Sie das innerhalb Ihrer Regierung thematisieren können.
Das haben Sie nicht getan. Wir thematisieren das heute. Clemens Binninger (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-
(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen! Meine Damen und Herren! Sinn und Zweck dieses
NEN]: Das wussten wir nicht! Das haben sie Abkommens ist es, die Finanzierung des Terrorismus
heimlich getan! Sie haben das damals als Op- aufzudecken und ihn zu bekämpfen. Heute Nachmittag
568 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
Clemens Binninger
(A) war viel die Rede davon, dass dieses Abkommen ein An- kommen aufgehalten. Warum ist das keine Alternative? (C)
schlag auf die Bürgerrechte sei. Es wurde vieles behaup- Was wäre denn dann passiert? Dann hätten wir keinen
tet, was nicht zutrifft, beispielsweise dass pauschale rechtlichen Rahmen gehabt. Dann wäre der Zustand, den
Abfragen möglich seien. Ich sage Ihnen: Es wäre ein wir hatten, geblieben.
Anschlag auf die Bürgerrechte, wenn wir es versäumen
würden, die Finanzierung des Terrorismus zu bekämp- (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE
fen. GRÜNEN]: Nein!)
(Beifall bei der CDU/CSU) Dann hätte es eine einseitige Verpflichtung gegeben.
Dem Datenschutz wäre überhaupt nicht gedient gewe-
Das, was Innenminister de Maizière in diesem Ab- sen, wenn der Minister Nein gesagt hätte. Es war richtig,
kommen verhandelt hat, mag nicht allen genug sein, aber dass er das nicht aufgehalten hat. Jetzt haben wir einen
es ist ein beachtlicher Erfolg. Er hat erreicht, dass es eine verbindlichen Rahmen, der sehr viel besser ist als das,
klare Zweckbindung gibt. Nur bei Terrorverdacht dürfen was wir all die Jahre davor hatten.
Abfragen gemacht werden. Er hat erreicht, dass es Da-
tenschutzvorschriften gibt. Er hat erreicht, dass es Auf- (Beifall bei der CDU/CSU)
bewahrungsfristen und -pflichten gibt. Wer all das be- Ich glaube, dass man einigen Kritikern aus den rot-
streitet, dem empfehle ich, Art. 5 dieses Abkommens zu grünen Reihen heute Nachmittag einmal den Spiegel
lesen, in dem eine ganze Reihe von Punkten aufgenom- vorhalten muss.
men worden ist, die vorher nicht Gegenstand des Ab-
kommens waren. Das ist ein Erfolg für den Datenschutz (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
und für die Bürgerrechte. Das verdanken wir dem Ver- NEN]: Mutig!)
handlungsgeschick unseres Bundesinnenministers. Das
muss man festhalten. Die Praxis, Bankdaten auf Anhaltspunkte zur Terror-
finanzierung zu durchsuchen, gibt es seit acht Jahren,
(Beifall bei der CDU/CSU) seit 2001. Sie ist eine Folge der UNO-Resolution 1373,
in der diese Maßnahmen bei Zustimmung aller Vertrags-
Man kann offen sagen: Es ist vielleicht nicht genug.
partner festgeschrieben wurden. Sie wurden vier Jahre
(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lang praktiziert, ohne Abkommen, ohne Regeln, ohne ir-
NEN]: Sagt die Bundesregierung! Deshalb gendetwas. Wer hat damals regiert? Das war Rot-Grün.
konnten wir nicht zustimmen!) Das hat Sie nicht interessiert.
Es gibt auch aus unseren Reihen Stimmen, die sich dafür (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
(B) aussprechen, dass man nachverhandeln sollte. Aber es NEN]: Dass die Daten so genutzt werden, das (D)
gehört zur Ehrlichkeit dazu, liebe Kolleginnen und Kol- haben auch Sie nicht gewusst!)
legen, festzuhalten, dass 23 von 27 EU-Nationen diese
Verschärfungen nicht wollten. Offensichtlich reicht – Herr Wieland, Sie haben gesagt, dass Sie das nicht ge-
23 Ländern das Datenschutzniveau, das nun festge- wusst haben. Es ist ja noch schlimmer, wenn Sie vier
schrieben ist. Wir sind zwar nicht dabei, aber es gehört Jahre lang regiert und nichts gewusst haben.
zur Ehrlichkeit dazu, das zu akzeptieren und keine Er- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
wartungen zu wecken, die hinterher nicht erfüllt werden
können. Aber das hat bei Ihnen ja eine gewisse Tradition. Wenn
Rot-Grün im Rahmen der Terrorbekämpfung Gesetze
Warum es diesen 23 Staaten reicht, hat vielleicht auch gemacht hat, waren sie immer handwerklich unsauber
mit einem Prüfbericht zu tun, den die Europäische Union oder eher falsch.
im Jahr 2008 in Auftrag gegeben hat. Ein neutraler Sach-
verständiger, ein französischer Richter, wurde beauf- (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
tragt, das Verfahren bezüglich datenschutzrechtlicher NEN]: Ach ja? Warum laufen sie alle weiter,
Vorschriften zu überprüfen. Er hat zwei Erkenntnisse in wenn sie so eindeutig schlecht waren?)
seinen Bericht hineingeschrieben:
Das Luftsicherheitsgesetz war verfassungswidrig, die
Erstens. Die Datenschutzvorschriften, zu denen sich Onlinedurchsuchung wollten Sie per Erlass anordnen,
die USA verpflichten, werden zweifelsfrei eingehalten. und bei den SWIFT-Daten haben Sie schlicht und ein-
fach fünf Jahre gepennt.
Zweitens, und das ist das Interessante für uns: Von
dieser Praxis profitieren vor allen Dingen EU-Staaten, (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
die pro Jahr mehrere Treffer zur Terrorfinanzierung be- NEN]: Weil es heimlich geschah!)
kommen – Kollege Schuster hat darauf hingewiesen –
Jetzt haben wir eine Vereinbarung, die den Daten-
und Anschlussermittlungen durchführen können. Wer
das negiert, redet gegen unsere Sicherheit und tut dem schutz festschreibt. Das ist ein Verhandlungserfolg unse-
Datenschutz überhaupt keinen Gefallen. res Innenministers. Das Europäische Parlament ist ge-
rade nicht außen vor.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE
Jetzt wird immer wieder gesagt, der Minister hätte mit GRÜNEN]: Deswegen sind die auch so be-
Nein stimmen sollen. Damit hätte er das gesamte Ab- geistert!)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 569
Clemens Binninger
(A) Auf dieser Grundlage können wir weiterarbeiten. Ein Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: (C)
vertragsloser Zustand wäre das Schlechteste gewesen, Damit sind wir am Schluss der Aktuellen Stunde und
was wir hätten erreichen können, sowohl für unsere Si- am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
cherheit als auch für den Datenschutz. Deshalb völlige
Zustimmung zum Abstimmungsverhalten des Ministers Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
und Zustimmung zu dem, was er in dieser schwierigen destages auf morgen, Donnerstag, 3. Dezember 2009,
Situation verhandeln konnte. 9 Uhr, ein.
Ich schließe die Sitzung und wünsche Ihnen noch ei-
Herzlichen Dank. nen schönen Abend.
(Beifall bei der CDU/CSU) (Schluss: 17.13 Uhr)
(B) (D)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 571
(A) Wie ist der Vorschlag des Patientenbeauftragten der Bun- Anlage 6 (C)
desregierung zu verstehen, der in seiner Rede vom 12. No-
vember 2009 forderte, dass „die anerkannten Patientenselbst- Antwort
hilfegruppen eine Verpflichtung zur Auskunft erhalten und …
den Patienten gegenüber als Dienstleister agieren sollen“, und des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage
wie werden in diesem Kontext „anerkannte Patientenselbsthil- des Abgeordneten Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/
fegruppen“ definiert? DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Frage 13):
Will die Bundesregierung damit die Funktion von Selbst- Hat der im italienischen Viareggio aufgrund technischer
hilfegruppen nach innen korrigieren, und wie werden die For- Mängel entgleiste Güterwaggon vor der dortigen Katastrophe
derungen zur Auskunftspflicht und Dienstleistungsfunktion auf dem Weg nach Italien Strecken in Deutschland durchfah-
materiell begründet? ren, und welche Strecken waren dies gegebenenfalls?
Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Zöller war Nach Mitteilung der italienischen Untersuchungsbe-
zum Zeitpunkt seiner Rede in der 5. Sitzung des Deut- hörde fuhr der betroffene Zug der Trenitalia S.p.A. –
schen Bundestages am 12. November 2009 noch nicht Cargo Division von Trecate nach Gricignano. Welche
Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Strecken der entgleiste Güterwagen zuvor durchfahren
Patientinnen und Patienten. Die Bundesregierung kom- hat, ist der Bundesregierung nicht bekannt.
mentiert Redebeiträge der Mitglieder des Deutschen
Bundestages nicht.
Ich empfehle dem Gesundheitsausschuss des Bundes- Anlage 7
tages, den neuen Patientenbeauftragten der Bundesregie- Antwort
rung zu einem Austausch einzuladen.
des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage
des Abgeordneten Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Frage 14):
Anlage 5
Hält die Bundesregierung es im Hinblick auf die Bahn-
Antwort katastrophe in Viareggio und den durch Untersuchungen be-
legten hohen Anteil von sicherheitstechnisch zu beanstanden-
des Parl. Staatssekretärs Daniel Bahr auf die Frage der den Güterzugwaggons für zielführend, beim Ausbau von
Abgeordneten Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE intensiv befahrenen Güterzugtrassen wie der Rheintalbahn in
Südbaden Trassenführungen mitten durch Städte und Gemein-
GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Frage 9): den zu wählen, wenn alternative Trassenführungen das Risiko
Wie setzt die Bundesregierung die von ihr mit ausgearbei- direkter Betroffenheiten von Anwohnerinnen und Anwohnern
teten und verabschiedeten Leitlinien zur Umsetzung des deutlich minimieren würden?
Art. 5.3 des WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindäm-
(B) mung des Tabakgebrauchs konkret in Deutschland um, und Wie bereits in meiner Antwort auf Ihre Frage (Anlage 18 (D)
welche konkreten Folgerungen und Konsequenzen ergeben zum Plenarprotokoll 17/6), sind Forderungen nach
sich nach Interpretation der Bundesregierung, insbesondere Sicherheitsvorkehrungen an neuen Strecken, auf denen
für die Regulierung des Umgangs zwischen politischen Amts- Güterzüge verkehren sollen, im Rahmen des jeweiligen
und Mandatsträgern einerseits und der Tabakindustrie bzw.
mit ihr verbundenen Organisationen andererseits?
Planfeststellungsverfahrens zu behandeln. Die Bundes-
regierung geht davon aus, dass durch vorbeugende Maß-
Deutschland hat die Tabakrahmenkonvention im Jahr nahmen bei den Fahrzeugen eine größere Risikominde-
2004 ratifiziert und sich damit zur Umsetzung verpflich- rung erzielt wird als durch Maßnahmen an der
tet. Darin heißt es in Art. 5.3: Infrastruktur. Ungeachtet dessen wurde bei der Ausbau-
strecke/Neubaustrecke Karlsruhe–Basel für die Beteili-
Bei der Festlegung und Durchführung ihrer gesund- gung auch der betroffenen Regionen ein Projektbeirat
heitspolitischen Maßnahmen in Bezug auf die gegründet, in dem derartige Forderungen eingebracht
Eindämmung des Tabakgebrauchs schützen die werden können.
Vertragsparteien diese Maßnahmen in Übereinstim-
mung mit innerstaatlichem Recht vor den kommer-
ziellen und sonstigen berechtigten Interessen der Anlage 8
Tabakindustrie.
Antwort
Die zu diesem Absatz entwickelten Leitlinien sollen
den Vertragsstaaten dazu Hilfestellungen geben, sind je- der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die
doch rechtlich nicht bindend. An der Ausarbeitung der Frage des Abgeordneten Dr. Hermann Ott (BÜND-
Leitlinien war Deutschland nicht beteiligt. Deutschland NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Frage 17):
war jedoch bei den Verhandlungen zu den Leitlinien im In welchem Umfang beabsichtigt die Bundesregierung
Rahmen der 3. Konferenz der Vertragsstaaten 2008 in sich die Forderungen des aktuellen Beschlusses des Europäi-
Durban vertreten. schen Parlaments zur Klimakonferenz in Kopenhagen zu
eigen zu machen, insbesondere hinsichtlich der konkreten
Um die Leitlinien breiter bekannt zu machen, werden finanziellen Hilfe in Höhe von 30 Milliarden Euro pro Jahr an
Entwicklungsländer und, wenn nein, warum nicht?
diese in Kürze auf deutsch veröffentlicht. Neben den
Vertragsstaaten, an die sich die Leitlinien richten, haben Der Europäische Rat hat in seinen Schlussfolgerun-
alle gesellschaftlichen Gruppen – auch politische Amts- gen vom 30. Oktober 2009 auf die Abschätzung der EU-
und Mandatsträger – die Möglichkeit, sich an den Leit- Kommission Bezug genommen, wonach öffentliche
linien zu orientieren. finanzielle Hilfen an Entwicklungsländer im Umfang
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 573
(A) von 22 bis 50 Milliarden Euro per anno erforderlich sein Fachhochschulen die beste Kenntnis ihres Umfeldes und (C)
werden. Der EU-Beitrag an dieser Summe wird auf 2 bis den besten Zugang zu potenziellen Stipendiengebern ha-
15 Milliarden Euro per anno geschätzt. ben.
Nähere Aussagen zu öffentlichen Finanztransfers an
Entwicklungsländer müssen im Zusammenhang mit ei-
ner Vereinbarung der Klimaschutzleistungen der Ent- Anlage 11
wicklungsländer getroffen werden. Bei der Berechnung
der finanziellen Hilfen sind auch die Beiträge des inter- Antwort
nationalen Kohlenstoffmarktes sowie zumutbare Eigen- des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage
leistungen der Entwicklungsländer zu berücksichtigen. der Abgeordneten Ulla Burchardt (SPD) (Drucksache
17/83, Frage 22):
Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung si-
Anlage 9 cherstellen, dass jede und jeder Studierende unabhängig vom
Antwort Studienort und vom Studienfach die gleiche Chance auf ein
Stipendium hat?
des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage
Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, durch
des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/83,
bessere Bildungsfinanzierung den Weg frei zu machen
Frage 20):
für individuellen Bildungsaufstieg. Deshalb wird die
Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor, in Bundesregierung mit dem Dreiklang aus BAföG, Stipen-
welchem Umfang die Länder und die Wirtschaft gegenwärtig
den Studierenden Stipendienangebote zur Verfügung stellen,
dien und Bildungsdarlehen mehr jungen Menschen ein
und welchen Anteil hat dieser Umfang im Finanzvolumen wie Studium ermöglichen. Nordrhein-Westfalen hat ein von
in der Zahl der Geförderten im Vergleich zur derzeitigen Bun- Privaten und Land gemeinsam finanziertes Stipendien-
desförderung über die Förderwerke? system initiiert, das zum WS 2009/10 startet. Um ver-
Die Bundesregierung stützt sich bei der Beurteilung gleichbare Stipendienmöglichkeiten wie in Nordrhein-
der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden Westfalen künftig für Studierende in allen Bundeslän-
auf die 18. Sozialerhebung des Deutschen Studenten- dern zu ermöglichen, hat die Bundesregierung beschlos-
werks, die 2006 durch die HIS GmbH durchgeführt sen, zusammen mit den Ländern ein Nationales Stipen-
wurde. dienprogramm (NaStip) aufzubauen, das von Privaten,
Bund und Ländern (50 : 25 : 25) getragen wird. Mittel-
Danach haben 2 Prozent der Studierenden angegeben, fristig soll damit der Anteil der Stipendiaten in ganz
ein Stipendium zu erhalten. Im Jahr 2006 wurden 13 860 Deutschland von derzeit rund 2 Prozent auf 10 Prozent (D)
(B) Studierende durch ein Stipendium eines Begabtenförde-
steigen.
rungswerks gefördert, das heißt 0,7 Prozent. Im Jahr
2009 wurden nach gegenwärtigem Stand etwa 22 900
Studierende durch die Begabtenförderungswerke geför-
dert, mit einem Fördervolumen von 86,6 Millionen Anlage 12
Euro. Das entspricht einem Anteil von knapp 1,1 Pro- Antwort
zent.
des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage
Neue Zahlen über den Anteil anderer Stipendien wer-
der Abgeordneten Ulla Burchardt (SPD) (Drucksache
den von der HIS GmbH gegenwärtig erhoben. Das För-
17/83, Frage 23):
dervolumen privater oder anderer öffentlicher Stipen-
diengeber ist nicht bekannt. Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammen-
hang die Idee, das Stipendiensystem über eine nationale
Fondslösung gegenüber regionalen und/oder fachlichen Ver-
zerrungen und Schieflagen abzusichern?
Anlage 10
Im nationalen Stipendienprogramm sollen die Hoch-
Antwort schulen Stipendienmittel bei Privaten einwerben, die
des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage durch einen öffentlichen Zuschuss in gleicher Höhe hälf-
des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/ tig von Bund und Ländern aufgestockt werden. Die Bun-
83, Frage 21): desregierung ist davon überzeugt, dass die in regionale
Netzwerke integrierten Universitäten und Fachhoch-
Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung si-
cherstellen, dass die Wirtschaft die von der Bundesministerin
schulen die beste Kenntnis ihres Umfeldes und den bes-
für Bildung und Forschung, Dr. Annette Schavan, genannten ten Zugang zu potenziellen Stipendiengebern haben.
Finanzmittel von rund 200 Millionen Euro für das Stipendien-
system jährlich tatsächlich erbringt?
Der Bund wird mit den Ländern das nationale Stipen- Anlage 13
dienprogramm aufbauen. Stipendienmittel, die die Antwort
Hochschulen bei Privaten einwerben, sollen durch einen
öffentlichen Zuschuss in gleicher Höhe aufgestockt wer- des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage
den. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass die des Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD)
in regionale Netzwerke integrierten Universitäten und (Drucksache 17/83, Frage 24):
574 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung – vor Wie will die Bundesregierung auf die von deutschen und (C)
allem mit Blick auf das Vorhaben zur Einführung eines natio- afghanischen Entwicklungsorganisationen seit Jahren und zu-
nalen Stipendiensystems – bundesweit gleichwertige Lebens- letzt auf der Afghanistan-Konferenz des Dachverbands
verhältnisse auch in der Studienfinanzierung sicherstellen? VENRO am 24. November 2009 in Berlin geäußerte Kritik
reagieren, dass zivile Aufbauhilfe in Afghanistan vor allem
Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, durch dort eingesetzt werde, wo ausländisches Militär stationiert sei
bessere Bildungsfinanzierung den Weg frei zu machen und militärische Auseinandersetzungen geführt würden, und
für individuellen Bildungsaufstieg. Deshalb wird die nicht dort, wo der größte Bedarf bestehe, dies angesichts der
Ankündigung des Bundesministers für wirtschaftliche Zusam-
Bundesregierung mit dem Dreiklang aus BAföG, Stipen- menarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, den Aufwuchs an
dien und Bildungsdarlehen mehr jungen Menschen ein ziviler Aufbauhilfe in den Distrikten – Nordafghanistan – zu
Studium ermöglichen. Nordrhein-Westfalen hat ein von konzentrieren, in denen die Bundeswehr bzw. deutsche Pro-
Privaten und Land gemeinsam finanziertes Stipendien- vincial Reconstruction Teams stationiert sind?
system initiiert, das zum WS 2009/10 startet. Um ver-
Die afghanische Regierung, die Vereinten Nationen
gleichbare Stipendienmöglichkeiten wie in Nordrhein-
und auch deutsche und afghanische Entwicklungsorgani-
Westfalen künftig auch für Studierende in allen Bundes-
sationen fordern einen stärkeren zivilen Mitteleinsatz
ländern zu ermöglichen, hat die Bundesregierung be-
unter anderem für Nord-Afghanistan, insbesondere im
schlossen, zusammen mit den Ländern ein Nationales
Vergleich zum Süden und Osten des Landes. Dem
Stipendienprogramm (NaStip) aufzubauen, das von Pri-
kommt die Bundesregierung nach, indem sie ihr Wieder-
vaten, Bund und Ländern (50:25:25) getragen wird. Mit-
aufbau- und Entwicklungsengagement bereits seit Jahren
telfristig soll damit der Anteil der Stipendiaten in ganz
auf Nord-Afghanistan fokussiert und auch 2009/10
Deutschland von derzeit rund zwei Prozent auf zehn Pro-
zusätzliche Mittel für den Norden bereitstellt. Die afgha-
zent steigen.
nische Regierung begrüßt die regionale Schwerpunktset-
zung der afghanisch-deutschen Entwicklungszusammen-
arbeit im Norden Afghanistans ausdrücklich. Darüber
Anlage 14 hinaus unterstützen wir aber auch andere Regionen
Antwort Afghanistans und landesweite Programme.
des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD)
Anlage 16
(Drucksache 17/83, Frage 25):
Welche Haltung hat die Bundesregierung zur Forderung Antwort
nach einem Bund-Länder-Pakt zur Verbesserung der Studien-
qualität und Lehre, und welche Maßnahmen wird sie hierzu der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage des
(B) ergreifen? Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Druck- (D)
Die Bundesregierung hält zusätzlich zu den von den sache 17/83, Frage 28):
Ländern bereits eingeleiteten Initiativen weitere Maß- Für welche Bereiche genau soll die Entwicklungshilfe in
nahmen für erforderlich, um die Qualität von Studium Höhe von 700 Millionen Euro im Jahr eingesetzt werden, wel-
und Lehre zu verbessern. Erste Schritte hat die Bundes- che das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung, BMZ, für die Entwicklung des länd-
regierung bereits eingeleitet, etwa durch die Fortsetzung lichen Raums zur Verfügung stellen will, wie der
des Hochschulpakts 2020. Die darin vorgesehene, ge- Abteilungsleiter für globale und sektorale Aufgaben, europäi-
genüber der ersten Vereinbarung erhöhte Veranschla- sche und multilaterale Entwicklungspolitik im BMZ, Adolf
gung von 26 000 Euro pro zusätzlicher Studienanfänge- Kloke-Lesch, auf einer Veranstaltung der Deutschen Welthun-
gerhilfe e. V. am 26. November 2009 angekündigt hat, und
rin bzw. Studienanfänger enthält bereits eine zusätzliche wofür sollen die von Bundesminister Dirk Niebel von der
Qualitätskomponente zur Verbesserung der Lehre. Bundesregierung zusätzlich zum Budget des BMZ geforder-
ten 300 Millionen Euro verwendet werden?
Darüber hinaus wird die Koalition in den kommenden
vier Jahren zwölf Milliarden Euro zusätzlich in Bildung Der Betrag von 700 Millionen Euro pro Jahr für die
und Forschung investieren. Im Koalitionsvertrag ist da- kommenden drei Jahre ergibt sich aus den Zusagen der
bei vereinbart, gemeinsam mit den Ländern und den Bundesregierung auf dem G8-Gipfel in L’Aquila, die die
Hochschulen ein „Bologna-Qualitäts- und Mobilitätspa- Bundesregierung vor allem über bilaterale Zusammenar-
ket“ zu schnüren, das die Studienreform zügig voran- beit und auch über multilaterale Institutionen umsetzen
bringt und sowohl die Qualität des Studiums als auch die wird. In der Erklärung zur Ernährungssicherheit des G8-
Mobilität der Studierenden weiter verbessert. Bund und Gipfels von L’Aquila haben die Unterzeichner inhaltliche
Länder werden zeitnah Gespräche aufnehmen und über Schwerpunkte für ein gemeinsames Vorgehen zur Über-
eine mögliche Ausgestaltung eines solchen Pakts spre- windung der Ernährungskrise vereinbart. Dieser sieht vor
chen. allem Maßnahmen im Bereich der nachhaltigen Steige-
rung der Agrarproduktion, der guten Regierungsbildung,
der Privatsektorförderung, der an Kleinbauern und
Anlage 15 Frauen orientierten Förderung, des Schutzes der natürli-
chen Ressourcen, der Forschung und Ausbildung sowie
Antwort
der Minderung von Nachernteverlusten vor. In Anwen-
der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage der dung der in Paris und Accra vereinbarten Grundsätze für
Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache eine wirksame Entwicklungszusammenarbeit folgt da-
17/83, Frage 27): rüber hinaus, dass die jeweiligen Schwerpunkte bilatera-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 575
(A) ler Maßnahmen gemeinsam mit den Partnern vereinbart stellt werden. Dabei möchte ich vielfältige Erfahrungen (C)
werden müssen. mit einbeziehen. So zum Beispiel auch den „Contrat
d’Acceuil“, der seit 2007 in Frankreich eine obligatori-
Die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zu- sche Voraussetzung der Zuwanderung von Neuzuwande-
sammenarbeit und Entwicklung zusätzlich zu den Ansät- rern ist.
zen des ersten Regierungsentwurfs für den Haushalt
2010 angemeldeten Mehrbedarfe sind Gegenstand der
momentan laufenden, regierungsinternen Haushaltsver-
Anlage 19
handlungen.
Antwort
der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Fragen
Anlage 17 der Abgeordneten Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/
Antwort DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Fragen 31 und 32):
Wie plant die Bundesregierung auf die Bundesländer zu-
der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage des zugehen, um für die Zukunft sicherzustellen, dass insbeson-
Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Druck- dere im gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rund-
sache 17/83, Frage 29): funk die Staatsferne oberstes Gebot ist?
Wie will das BMZ in der 17. Wahlperiode eine größere Welche sind die zu erwartenden Schritte der Bundesregie-
Kohärenz zwischen Entwicklungs- und Handelspolitik ge- rung, um zu gewährleisten, dass sich in Zukunft keine Vertre-
währleisten angesichts der Tatsache, dass die Subventionen ter der Exekutive mehr in den Gremien des öffentlich-recht-
für EU-Agrarprodukte eine Entwicklung eigenständiger lichen Rundfunks befinden, vor dem Hintergrund, dass am
Landwirtschaften in vielen Entwicklungsländern immer noch 24. November 2009 der Parlamentarische Staatssekretär beim
verhindern? Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Hans-Joachim
Otto, erklärte, Ministerpräsidenten und Vertreter der Exeku-
Die Gründe für die mangelhafte Entwicklung eigenstän- tive nicht in den Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen
diger Landwirtschaften in vielen Entwicklungsländern sind Rundfunks haben zu wollen?
vielfältig. Insbesondere schlechte Regierungsführung, feh-
lende Investitionen und eine Vernachlässigung des länd- Zu Frage 31:
lichen Raums sind die Hauptursachen. Allerdings benö- Die Gesetzgebungskompetenz für den öffentlich-
tigen diese Länder auch im internationalen Handel faire rechtlichen Rundfunk in Deutschland liegt ausschließ-
Rahmenbedingungen. Die die Bundesregierung tragen- lich bei den Ländern. Die Bundesregierung sieht vor die-
den Parteien haben sich im Koalitionsvertrag darauf sem Hintergrund keinen Anlass, tätig zu werden; zudem
festgelegt, sich für einen schnellen und entwicklungsori- geht sie davon aus, dass die Länder ihrer besonderen
(B) entierten Abschluss der Welthandelsverhandlungen ein- Verantwortung gerecht werden. (D)
zusetzen. Im Übrigen äußert sich der Koalitionsvertrag
dazu ausführlich. Zudem setzt sich die Bundesregierung Zu Frage 32:
dafür ein, dass gerade ärmere Entwicklungsländer auch
weiterhin ihre Agrarmärkte vor subventionierten Agrar- Die Zusammensetzung der Gremien des öffentlich-
produkten schützen können. So wurden zum Beispiel in rechtlichen Rundfunks in Deutschland fällt in die Ge-
den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Entwicklungs- setzgebungskompetenz der Länder. Sie ist in Staatsver-
und Handelsabkommen der EU mit AKP-Staaten) Schutz- trägen bzw. Errichtungsgesetzen für Landesrundfunkan-
klauseln zum Schutz des nationalen Agrarmarktes einge- stalten geregelt. Die Bundesregierung hat für diese
führt. Weiterhin sind im Rahmen dieser Abkommen große Fragen keine Zuständigkeit.
Teile des Agrarmarktes in WTO-rechtlich zulässigem
Umfang von der Liberalisierung ausgenommen.
Anlage 20
Antwort
Anlage 18
der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Fragen
Antwort der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) (Druck-
der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage des sache 17/83, Fragen 33 und 34):
Abgeordneten Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wie bewertet die Bundesregierung die Versuche, den vom
NEN) (Drucksache 17/83, Frage 30): Intendanten des ZDF in seiner originären Aufgabe vorzu-
schlagenden Chefredakteur wegen der in den Medien und von
Welche Vertragsleistungen soll der Staat in dem von der 35 Staatsrechtlern vertretenen Einschätzung aus dem Amt zu
Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin, Dr. Maria Böhmer, entfernen?
ins Gespräch gebrachten Integrationsvertrag mit Neuzuwan-
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass es sich
derern übernehmen, und welche Sanktionen sind gegenüber
hier um eine offensichtliche Verletzung der im Grundgesetz
dem Staat für den Fall vorgesehen, dass er als Vertragspartei
garantierten Rundfunkfreiheit und der Garantie der Staatsfrei-
seine Vertragsleistungen nicht erfüllt?
heit des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems handelt, und
Zu dem im Koalitionsvertrag vorgesehenen Instru- welche Maßnahmen wird sie zur Wahrung der Verfassungs-
grundsätze ergreifen?
ment eines Integrationsvertrages wird derzeit von mei-
nem Arbeitsstab ein Konzeptpapier zur Vorlage an die Verfahren und Entscheidungen der Gremien des ZDF
Bundesregierung erarbeitet, in dem die Ausgestaltung sind interne Angelegenheiten dieser Rundfunkanstalt.
und die Einsatzmöglichkeiten des Instruments darge- Die Gremien basieren auf dem ZDF-Staatsvertrag; er ist
576 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) die von den Ministerpräsidenten der 16 Länder beschlos- der ohne Unabhängigkeit von ökonomischen, politischen und (C)
sene und von den Länderparlamenten ratifizierte Rechts- weltanschaulichen Interessen Dritter undenkbar ist“?
grundlage des ZDF. Die Landesregierungen wachen über Verfahren und Entscheidungen der Gremien des ZDF
die ordnungsgemäße Durchführung der Bestimmungen sind interne Angelegenheiten dieser Rundfunkanstalt.
des Staatsvertrages. Sie üben diese Befugnis durch eine Die Gremien basieren auf dem ZDF-Staatsvertrag; er ist
Landesregierung in zweijährigem Wechsel aus. Gegen- die von den Ministerpräsidenten der 16 Länder beschlos-
wärtig liegt die Rechtsaufsicht beim Land Sachsen- sene und von den Länderparlamenten ratifizierte Rechts-
Anhalt. Die Bundesregierung sieht vor diesem Hinter- grundlage des ZDF. Die Landesregierungen wachen über
grund von einer Bewertung ab. die ordnungsgemäße Durchführung der Bestimmungen
des Staatsvertrages. Sie üben diese Befugnis durch eine
Landesregierung in zweijährigem Wechsel aus. Gegen-
Anlage 21 wärtig liegt die Rechtsaufsicht beim Land Sachsen-An-
Antwort halt. Die Bundesregierung sieht vor diesem Hintergrund
von einer Bewertung ab.
der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Fragen
des Abgeordneten Martin Dörmann (SPD) (Druck-
sache 17/83, Fragen 35 und 36): Anlage 23
Wie bewertet die Bundesregierung die Entscheidung des
ZDF-Verwaltungsrates zum Vorschlag des ZDF-Intendanten,
Antwort
den derzeitigen ZDF-Chefredakteur erneut zu berufen, und des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des
die sich daraus ergebenden Konsequenzen?
Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die offen- GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Frage 40):
sichtlich parteipolitisch motivierten Bestrebungen und Ein-
flussnahmen des hessischen Ministerpräsidenten und anderer Wie haben die Bundesregierung und die Europäische
führender Unionspolitiker auf die Berufung bzw. Nichtverlän- Union als Teil der Gebergemeinschaft gegenüber Uganda au-
gerung des Vertrages des bisherigen Chefredakteurs erhebli- ßen- und entwicklungspolitisch auf die Absicht reagiert, für
che Konsequenzen mit Blick auf die Rundfunkfreiheit und die homosexuelle Handlungen die Todesstrafe vorzusehen, vor
Unabhängigkeit des ZDF und des öffentlich-rechtlichen dem Hintergrund, dass der von Uganda gezeichnete Zivilpakt
Rundfunks haben, und wie will sie diesen „Kollateralschä- die Todesstrafe nur für schwerste Verbrechen zulässt und ein
den“ begegnen? Verbot von Homosexualität gegen den im Zivilpakt formulier-
ten Schutz des Privatlebens – vergleiche Toonen versus Aus-
Verfahren und Entscheidungen der Gremien des ZDF tralien – verstößt?
sind interne Angelegenheiten dieser Rundfunkanstalt.
Seit Bekanntwerden des Gesetzentwurfs hat die Bun-
Die Gremien basieren auf dem ZDF-Staatsvertrag; er ist
(B) die von den Ministerpräsidenten der 16 Länder beschlos- desregierung gegenüber der ugandischen Seite diesen (D)
mehrfach kritisiert und seine Rücknahme gefordert.
sene und von den Länderparlamenten ratifizierte Rechts-
grundlage des ZDF. Die Landesregierungen wachen über Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in
die ordnungsgemäße Durchführung der Bestimmungen Kampala handelt dabei auch im Verbund mit den Part-
des Staatsvertrages. Sie üben diese Befugnis durch eine nern der Europäischen Union. Bereits im Juli 2009 the-
Landesregierung in zweijährigem Wechsel aus. Gegen- matisierten die Missionschefs den Entwurf in einem Ge-
wärtig liegt die Rechtsaufsicht beim Land Sachsen- spräch mit dem ugandischen Justizminister und dem
Anhalt. Die Bundesregierung sieht vor diesem Hinter- Generalstaatsanwalt im Rahmen des Dialogs gemäß
grund von einer Bewertung ab. Art. 8 des Cotonou-Abkommens.
Am 13. Oktober 2009 haben sie den Gesetzentwurf
unmittelbar vor seiner Einbringung ins Parlament im Ge-
Anlage 22
spräch mit dem ugandischen Ministerpräsidenten Apolli
Antwort Nsibambi erneut kritisch aufgegriffen.
der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Fragen Die Europäische Union und die Bundesregierung ver-
der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE weisen im Dialog mit Uganda stets auf die Einhaltung
GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Fragen 37 und 38): von Verpflichtungen, die Uganda mit der Unterzeich-
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der ZDF- nung verschiedener Menschenrechtsabkommen, beson-
Staatsvertrag gegen Art. 5 des Grundgesetzes, der aus Sicht ders des Internationalen Pakts über bürgerliche und poli-
des Bundesverfassungsgerichtes nach ständiger Rechtspre- tische Rechte, eingegangen ist.
chung die Staatsfreiheit des Rundfunks gebietet, verstößt,
weil er eine politische Einflussnahme wie im Fall der Verlän-
gerung des Vertrags des ZDF-Chefredakteurs auf die gebotene
Staatsferne des Rundfunks ermöglicht, und, wenn ja, welche Anlage 24
Maßnahmen schlägt die Bundesregierung vor, um die Staats-
ferne des Rundfunks in Zukunft zu gewährleisten? Antwort
Wie wertet die Bundesregierung das Vorgehen des Vizevor- des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des
sitzenden des ZDF-Verwaltungsrates, Roland Koch, bezüglich Abgeordneten Günter Gloser (SPD) (Drucksache 17/83,
der Verlängerung des Vertrags des Chefredakteurs Nikolaus
Brender, wo es doch in der Zusammenfassung des Medien- und Frage 41):
Kommunikationsberichts der Bundesregierung 2008 heißt: Welchen Beitrag kann und will die Bundesregierung ange-
„Dreh- und Angelpunkt eines anspruchsvollen Angebots in al- sichts des derzeit eskalierenden Aufstands jemenitischer Re-
len Medienbereichen ist und bleibt der Qualitätsjournalismus, bellen an der Grenze zwischen dem Jemen und Saudi-Arabien
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 577
(A) leisten, um – über die unbedingt notwendige humanitäre Hilfe Anlage 26 (C)
für Flüchtlinge und andere Kriegsopfer hinaus – für mehr in-
ternationale Sichtbarkeit dieses Konflikts zu sorgen und vor Antwort
allem einen politischen Prozess zur Beendigung des Konflikts
einzuleiten? des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage der
Die Bundesregierung ist tief besorgt über die eskalie- Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel (BÜND-
rende Lage im Jemen, insbesondere über die humanitäre NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Frage 43):
Lage in der jemenitischen Nordprovinz Sa'ada. Wie gedenkt die Bundesregierung nach der bedauerlichen
Aufhebung des EU-Waffenembargos die Beziehungen zu Us-
Angesichts dieser schwierigen Situation im Jemen hat bekistan zu gestalten und die Regierung zu einer Verbesse-
sich die Bundesregierung sowohl bilateral als auch im rung der fatalen Menschenrechtslage und einer unabhängigen
Rahmen der EU für ein stärkeres internationales En- Aufklärung des Andischan-Massakers zu bewegen?
gagement im Jemen eingesetzt. So gehen die Schlussfol- Im November 2008 beschloss der Rat für Allgemeine
gerungen des Rates für Allgemeine Angelegenheiten Angelegenheiten und Außenbeziehungen der Europäi-
und Außenbeziehungen der Europäischen Union (RAA) schen Union (RAA), die gegen Usbekistan bestehenden
vom 27. Oktober 2009 auf die deutsche Initiative zurück. EU-Sanktionen im November 2009 auslaufen zu lassen.
Die Bundesregierung hat zu einer friedlichen Lösung
Der Rat verfolgte dabei einen doppelten Ansatz: ei-
des Konflikts und zum sofortigen Waffenstillstand auf-
nerseits die Bereitschaft zur Kooperation, andererseits
gerufen. Darüber hinaus befürwortet und unterstützt die
die klare politische Botschaft, dass Usbekistan weitere
Bundesregierung die Durchführung eines nationalen Dia-
substanzielle Reformen besonders im Menschenrechts-
logs und die Implementierung notwendiger Reformen
bereich vornehmen muss.
durch die jemenitische Regierung sowie die Stärkung
demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen. Ein weiteres wichtiges Instrument für die Förderung
Ein Friedensprozess könnte auch durch entwicklungs- von Demokratie, den Schutz der Menschenrechte und
politische Maßnahmen unterstützt werden. Die Bundes- Rechtsstaatlichkeit ist der Menschenrechtsdialog mit Us-
regierung hat bereits vor Ausbruch des Konflikts Mittel bekistan im Rahmen der EU-Strategie für eine neue Part-
für die Verbesserung der Wasserver- und -entsorgung nerschaft mit Zentralasien, der im Juni 2009 in dritter
und die Verbesserung der Nahrungsmittelversorgung be- Runde stattfand. Die Dialoge bieten der EU die Mög-
reitgestellt, die in Sa'ada zum Einsatz kommen sollen. lichkeit, gezielt Einzelfälle von Menschenrechtsver-
letzungen anzusprechen. Usbekistan führte mit der EU
Sie ist bereit, diese Maßnahmen umzusetzen, sobald bereits zweimal umfassende Expertengespräche zu An-
die Sicherheitslage dieses ermöglicht. dischan durch.
(B) (D)
Auch bilateral setzt sich die Bundesregierung konti-
Anlage 25 nuierlich gegenüber der usbekischen Regierung für eine
Beseitigung der bestehenden Defizite im Bereich des
Antwort Menschenrechtsschutzes und für rechtsstaatliche Refor-
des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des men ein.
Abgeordneten Günter Gloser (SPD) (Drucksache 17/83,
Frage 42):
Wie schätzt die Bundesregierung die aktuelle terroristi- Anlage 27
sche Bedrohung durch Kämpfer der al-Quaida ein, soweit
diese von der Schwächung der jemenitischen Zentralregie- Antwort
rung profitieren und vom Jemen aus auch international operie-
ren? des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage der
Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel (BÜND-
Islamistisch motivierte Terroristen auf der arabischen NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Frage 44):
Halbinsel haben sich nach deutlicher Schwächung durch
Inwiefern setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass
saudische Abwehrmaßnahmen im vergangenen Jahr im den Kontrolleuren der Internationalen Arbeitsorganisation,
Jemen unter Ausnutzung dortiger Ordnungsdefizite ge- ILO, Zugang ins Land gewährt wird, um die Einhaltung der
sammelt und reorganisiert. von Usbekistan unterzeichneten ILO-Konventionen 138 und
182 gegen Kinderarbeit im Bereich der Baumwollindustrie zu
Mit der Ausrufung der „al-Quaida auf der arabischen überprüfen?
Halbinsel“ (AQaH) im Januar dieses Jahres, mit der der
ideologische Anschluss an Kern-al-Quaida proklamiert Die Frage des Einsatzes von Kindern bei der Baum-
wurde, setzten verstärkte terroristische Aktivitäten ein. wollernte in Usbekistan wurde im Juni 2008 sowie im
Juni 2009 im Rahmen des Menschenrechtsdialogs zwi-
Es ist davon auszugehen, dass Saudi-Arabien als Pri- schen der Europäischen Union und Usbekistan ausführ-
märziel des al-Quaida nahen Terrorismus wieder ver- lich behandelt.
stärkt in das Blickfeld der AQaH rücken wird (sichtbars-
tes Indiz: missglückter Selbstmordanschlag auf den Usbekistan wurde aufgefordert, unabhängiges Moni-
stellvertretenden saudischen Innenminister Prinz Naif im toring bei der Baumwollernte zuzulassen und hierbei eng
August des Jahres) und westliche Interessen auf der ara- mit dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF,
bischen Halbinsel weiter einer erhöhten Gefährdung aus- und der Internationalen Arbeitsorganisation, ILO, zusam-
gesetzt sind. menzuarbeiten.
578 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) Vorrangig ist dabei die Übernahme der Instrumente des regierung mit Besorgnis. Er ist ein weiteres Indiz für (C)
internationalen Menschenrechtsschutzes und ihre Umset- schwere Defizite im russischen Strafvollzugsystem.
zung in nationale Gesetzgebung durch das Partnerland.
Die Bundesregierung beobachtet die rechtsstaatliche
Die Bundesregierung hat das Thema der Bekämpfung Entwicklung in der Russischen Föderation weiterhin mit
der Kinderarbeit gegenüber Usbekistan auch beim Men- großer Aufmerksamkeit. Sie wird Defizite in diesem Be-
schenrechtsrat in Genf im Dezember 2008 angespro- reich auch weiterhin kontinuierlich thematisieren.
chen. Vergleichbares gilt für Fragen der rechtlichen Rah-
UNICEF hat den Einsatz von Kinderarbeit bei der menbedingungen für die Tätigkeit deutscher Unterneh-
Baumwollernte im Jahre 2009 überprüft und konnte ge- men in Russland. Die Bundesregierung weist in ihren
genüber dem Vorjahr Verbesserungen erkennen. Unter Kontakten mit der russischen Regierung immer wieder
anderem wurde das Mindestalter der Kinder von 14 auf auf die überragende Bedeutung verlässlicher rechtlicher
15 Jahre angehoben und Leiter von Gebietsverwaltun- Rahmenbedingungen für ausländische Investoren in
gen, die gegen die Weisungen verstießen, zum Teil ihrer Russland hin.
Ämter enthoben.
Zu Frage 46:
Nach der Bundesregierung vorliegenden Informatio-
nen ist die ILO mit der usbekischen Regierung im Ge- Die Europäische Union verhandelt mit Russland der-
spräch, um eine Wiedereröffnung des ILO-Büros in zeit über ein „Neues Abkommen“ als Nachfolgedoku-
Taschkent zu prüfen, das aufgrund des mangelnden Ko- ment zum bestehenden Partnerschafts- und Koopera-
operationswillens der Regierung vor mehr als einem Jahr tionsabkommen, PKA.
geschlossen wurde. In die Prüfung einbezogen werden die Das Abkommen soll alle wichtigen Bereiche der Zu-
Ergebnisse eines aktuellen Berichts zu den „Schlimmsten sammenarbeit umfassen und die wichtigste Grundlage
Formen der Kinderarbeit“ (Kon. 182), der von der usbe- für die Weiterentwicklung der strategischen Partner-
kischen Regierung der ILO vorgelegt wurde. schaft zwischen der EU und der Russischen Föderation
bilden.
Eine wesentliche Voraussetzung für eine Wiedereröff-
nung ist zudem, dass den ILO-Bediensteten Zugang zur Das im Mai 2008 der Kommission vom Rat gegebene
Baumwollindustrie gewährt wird. Mandat für die Verhandlungen sieht vor, dass das Ab-
kommen die Achtung demokratischer Grundsätze und
Die Bundesregierung begrüßt das Vorgehen der ILO. fundamentaler Menschenrechte als „essenzielles Ele-
ment“ enthalten soll. Es soll ferner eine Klausel enthal-
(B) ten, die die einseitige Suspendierung des Abkommens (D)
Anlage 28 für den Fall der Verletzung dieser Prinzipien ermöglicht.
Die Frage der Einhaltung der Menschenrechte und der
Antwort Rechtsstaatlichkeit, einschließlich der Frage der Investi-
tionssicherheit, geht allen anderen thematischen Punkten
des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen der
demnach vor.
Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen) (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Fragen 45 Die Kommission führt die Verhandlungen mit Russ-
und 46): land auf der Basis dieses Mandats. Die Bundesregierung
Wie bewertet die Bundesregierung vor dem Hintergrund zweifelt nicht daran, dass die Kommission den erwähn-
des in Untersuchungshaft kürzlich erlittenen Todes des An- ten Prinzipien den ihnen zugedachten prominenten Stel-
walts Sergej Magnitskij, der die Interessen der internationalen lenwert in den Verhandlungen beimisst.
Investmentgesellschaft Hermitage Capital vertrat, die nach
Einschätzung des Europarates 2007 „das Opfer der Korrup-
tion und Kollusion hoher Polizeibeamter und organisierter
Krimineller“ wurde (Parlamentarische Versammlung des Eu- Anlage 29
roparates, Dok. 11993 vom 7. August 2009), die rechtsstaatli-
chen Bedingungen für Investitionen deutscher Unternehmen Antwort
in der Russischen Föderation und die Sicherheit dieser Inves-
titionen, und wie spiegelt sich diese Bewertung der Bundesre-
des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage der
gierung in ihren Empfehlungen an deutsche Unternehmen zu Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck-
Investitionen in Russland wider? sache 17/83, Frage 47):
In welcher Form sollen nach Meinung der Bundesregie- Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem Brief
rung vor dem Hintergrund von Fällen wie dem von Sergej des zypriotischen Staatspräsidenten Dimitris Christofias an
Magnitskij die Fragen von Rechtsstaatlichkeit und Investi- die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten, in
tionssicherheit im neuen Partnerschafts- und Kooperationsab- dem die Verweigerungshaltung der türkischen Regierung, die
kommen, PKA, zwischen der EU und Russland behandelt Beziehungen zur Republik Zypern zu normalisieren, kritisiert
werden, und wie setzt sich die Bundesregierung für die ange- wird?
messene Berücksichtigung dieser Fragen im zukünftigen PKA
im Rahmen ihrer bilateralen Kontakte ein? Der Staatspräsident der Republik Zypern, Dimitris
Christofias, bezieht sich in seinem Schreiben an die EU-
Zu Frage 45: Staats- und -Regierungschefs auf die Schlussfolgerungen,
die der Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Außen-
Den tragischen Fall des in der Untersuchungshaft ver- beziehungen, RAA, am 7./8. Dezember 2009 nach Be-
storbenen Anwalts Sergej Magnitskij sieht die Bundes- fassung mit der jährlichen Mitteilung zur Erweiterungs-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 579
(A) strategie und den Fortschrittsberichten der Europäischen Betrachtet es die Bundesregierung als ihr souveränes (C)
Kommission ziehen wird. Recht, über die Stationierung von Atomwaffen dritter Staaten
auf ihrem Territorium zu entscheiden?
Die zyprische Führung zeigt sich unzufrieden über
den bisherigen Verlauf der Zypern-Direktverhandlun- Die Stationierung von Atomwaffen unserer NATO-
gen, die im September 2008 zwischen den Führern der Partner in der Bundesrepublik Deutschland hat stets mit
beiden Volksgruppen, Staatspräsident Dimitris Christofias der Zustimmung der jeweiligen Bundesregierungen
und Mehmet Ali Talat, begonnen wurden. Sie kritisiert stattgefunden.
außerdem die fortbestehende Nichtumsetzung des soge- Die NATO hat mit ihren Strategien erheblich zur Si-
nannten Ankara-Protokolls durch die Türkei. Es ver- cherheit unseres Landes beigetragen. Dazu gehörte in
pflichtet die Türkei zur Öffnung von türkischen Häfen der Vergangenheit auch die Stationierung von Nuklear-
und Flughäfen für Schiffe und Luftfahrzeuge aus der Re- waffen. Es gehörte dazu aber auch die mit dem Harmel-
publik Zypern. Bericht erstmals klar festgelegte Politik der ausgestreck-
Wir begrüßen es daher, dass sich der Rat für All- ten Hand.
gemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen am
Auch für die jetzige Bundesregierung bleibt die
7./8. Dezember umfassend mit dem Reformstand in der
NATO zentrales Element unserer Sicherheits- und Ver-
Türkei befassen will. Hierbei werden auch die vom zy-
teidigungspolitik. Wir haben kein Interesse daran, die
prischen Staatspräsidenten aufgeworfenen Aspekte eine
NATO insgesamt durch unilaterales Handeln zu schwä-
wichtige Rolle spielen.
chen. Deshalb werden wir, wie im Koalitionsvertrag ver-
einbart, unser Ziel eines Rückzugs der in Deutschland
verbliebenen Atomwaffen mit unseren Bündnispartnern
Anlage 30 besprechen. Wir sind zuversichtlich, dass sich dies in die
Diskussionen über das neue strategische Konzept der
Antwort NATO wird einbetten lassen.
des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage der
Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck-
sache 17/83, Frage 48): Anlage 32
Über welchen Etat würde die Bundesregierung ihre Unter-
stützung für den Aufbau somalischer Sicherheitskräfte und Antwort
die Unterstützung der African Union bei dieser abrechnen,
und kann die Bundesregierung ausschließen, dass hierfür in des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
Deutschland oder auf der Ebene der EU Entwicklungshilfe- des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜND-
(B) gelder, etwa aus dem European Development Fund, herange- (D)
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Frage 50):
zogen werden?
Ist die Bundesregierung auch vor dem Hintergrund der
Die deutsche Unterstützung für die Ausbildung der Äußerung des Staatssekretärs beim Bundesminister des In-
somalischen Polizei erfolgt aus Mitteln des Auswärtigen nern Dr. Ole Schröder, der in der parlamentarischen Frage-
Amts. Das Gleiche gilt für bilaterale Maßnahmen zu- stunde vom 25. November 2009 darauf hinwies, dass es im
gunsten der Friedensmission der Afrikanischen Union in Rahmen der Verhandlungen zwischen der EU und den USA
über das SWIFT-Abkommen oberstes Verhandlungsziel der
Somalia, AMISOM. Bundesregierung sei, die innerhalb der EU geltenden hohen
datenschutzrechtlichen Standards durchzusetzen, der Auffas-
Die Europäische Union leistet ebenfalls finanzielle sung, dass dieses Verhandlungsziel erreicht wurde und nun-
Hilfe sowohl für die somalische Polizei als auch für mehr keine Gefahr besteht, dass sensible Bankdaten von Bür-
AMISOM. Sie wird von der Europäischen Kommission gerinnen und Bürgern der EU an Dritte weitergegeben werden
umgesetzt. Hierfür werden Mittel aus der afrikanischen können, ohne dass den Bürgerinnen und Bürgern der EU aus-
Friedensfazilität eingesetzt. Diese stammen wiederum reichende Rechtsmittel zur Verfügung stehen?
aus dem Europäischen Entwicklungsfonds. Ausgangspunkt der Datenschutzregelungen des auf
Eine Mission der Europäischen Sicherheits- und Ver- neun Monate befristeten „Abkommens zwischen der EU
teidigungspolitik zur Ausbildung somalischer Soldaten und den USA über die Verarbeitung von Zahlungsver-
ist derzeit in Planung. Eine Entscheidung über die Ent- kehrsdaten und deren Übermittlung aus der EU an die
sendung ist noch nicht getroffen. USA für die Zwecke des Programms zum Aufspüren der
Finanzierung des Terrorismus“ sind die Zusicherungen,
Der deutsche Anteil an den Gemeinkosten und die die die USA der EU im Jahr 2007 gegeben hatten
Ausgaben für eine eventuelle Entsendung deutscher Teil- (EU-ABI. C 166 vom 20. Juli 2007, Seite 18). Auf dieser
nehmer würden aus dem Haushalt des Bundesministe- Grundlage hatte die EU zu den Übermittlungen in den
riums für Verteidigung bezahlt. USA den Standpunkt bezogen, dass SWIFT und die be-
sagten Finanzinstitute ihrer jeweiligen gesetzlichen Ver-
antwortung im Rahmen der europäischen Datenschutz-
Anlage 31 vorschriften genügen (EU-ABI. C 166 vom 20. Juli
Antwort 2007, Seite 26). Darüber hinaus hat 2008 der französi-
sche Richter Bruguiere den Umgang mit den Daten in
des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des den USA als unabhängige, von der EU benannte Persön-
Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksa- lichkeit überprüft und bestätigt, dass die USA die Daten-
che 17/83, Frage 49): schutzvorgaben strikt beachten.
580 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) Dieser Ausgangsstandard wird mit dem Übergangsab- In welcher Weise und in welchem Zeitrahmen beabsichtigt (C)
kommen zwar in einzelnen Punkten verbessert. So prüft die Bundesregierung die von der Fraktionsvorsitzenden der
FDP, Birgit Homburger, am 23. November 2009 in der Bild
künftig eine mitgliedstaatliche Behörde, ob die Voraus- angekündigte und im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU
setzungen eines Übermittlungsersuchens vorliegen. und FDP vorgesehene Vereinheitlichung der Kündigungsfris-
Ferner erfolgt nach sechs Monaten eine gemeinsame ten für Mieter und Vermieter auszugestalten?
Überprüfung der Einhaltung der Datenschutzregelungen Welche Auswirkungen für den Wohnungsmarkt erhofft
in den USA unter Einbezug europäischer Datenschutz- sich die Bundesregierung von der geplanten Angleichung der
beauftragter. Kündigungsfristen?
(A) der Frist für den Vermieter, oder eine Verlängerung der Darüber hinaus wurde in dem betrachteten Zeitraum (C)
Frist für den Mieter vorschlagen wird. Diese Frage wird im Auftrag des BMF eine Reihe von wissenschaftlichen
die Bundesregierung zunächst eingehend mit allen Be- Workshops zur angesprochenen Thematik durchgeführt.
teiligten, insbesondere auch den Verbänden der Mieter Die Themen dieser Workshops waren:
und Eigentümer, erörtern, um sodann einen Vorschlag
für eine Gesetzesänderung vorzulegen. – Politikwerkstatt „Krisenanfälligkeit von Schwellen-
ländern im Lichte der aktuellen Finanzmarktturbulen-
Bei den energetischen Sanierungen geht es um ein zen“, Bearbeiter: Institut für Weltwirtschaft, IfW,
umweltfreundliches Anliegen. Die Emissionen von Koh- Kiel;
lendioxid sollen bis zum Jahr 2020 um rund 40 Prozent
gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 gesenkt werden. – Geldpolitik und Wirkungszusammenhänge in einer
Der Anteil der Endenergie, der für Gebäudewärme globalisierten Welt. Rückwirkungen auf den Euro-
– also Heizung und Warmwasser – aufgewendet wird, raum und Deutschland: Zinsen, Wechselkurse, Ver-
beträgt in Deutschland über 30 Prozent des gesamten mögenspreise, Finanzmärkte, Bearbeiter: Institut für
Energieverbrauchs. Daher bestehen hohe Einsparmög- Weltwirtschaft, IfW, Kiel;
lichkeiten. Das weitaus größte Potenzial zur Minderung – Konjunkturgerechte Politik in Deutschland, Bearbei-
der Kohlendioxidemissionen liegt dabei bei den Be- ter: Institut für Weltwirtschaft, IfW, Kiel.
standsgebäuden. Rund drei Viertel der in Deutschland
vorhandenen Wohngebäude wurden vor Inkrafttreten der Bei solchen Workshops stehen der unmittelbare Wis-
1. Wärmeschutzverordnung von 1977 errichtet. Um zu sensaustausch und die Vernetzung mit externen Experten
erreichen, dass diese Gebäude durch Wärmedämmung im Vordergrund. Auf umfängliche Schlussberichte oder
und andere Maßnahmen energetisch saniert werden, sonstige Veröffentlichungen wird bei solchen Work-
müssen die Eigentümer anfänglich finanzielle Belastun- shops naturgemäß nicht abgestellt.
gen auf sich nehmen, die öffentliche Hand Förderpro-
gramme auflegen und auch die Mieter ihren Beitrag leis-
ten. Vor dem Hintergrund, dass eine energetische Anlage 37
Sanierung nicht nur dem Vermieter nützt, sondern auch
für den Mieter Vorteile in Gestalt niedrigerer Betriebs- Antwort
kosten hat, sollen derartige Maßnahmen nicht mehr ge-
nerell zur Mietminderung berechtigen. Eine Belastung des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fra-
des Mieters mit unangemessenen Kosten wird hiermit gen des Abgeordneten Harald Koch (DIE LINKE)
nicht verbunden sein. (Drucksache 17/83, Fragen 56 und 57):
(B) Wie begründet und rechtfertigt die Bundesregierung eine (D)
zum Beispiel für die Abfallentsorgung anfallende deutliche
Gebührenerhöhung für die Bürgerinnen und Bürger, die aus
Anlage 36 der laut Koalitionsvertrag – „Wir streben Wettbewerbsgleich-
heit kommunaler und privater Anbieter insbesondere bei der
Antwort Umsatzsteuer an, um Arbeitsplätze zu sichern und Investitio-
nen zu ermöglichen“, Seite 14 f. – anvisierten gleichen Be-
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage steuerung von kommunalen und privaten Unternehmen resul-
der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) tieren würde?
(Drucksache 17/83, Frage 55): Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass durch eine
Welche Forschungsprojekte hat die Bundesregierung in „Wettbewerbsgleichheit kommunaler und privater Anbieter“
den letzten Jahren ins Leben gerufen, um die Ursachen und bei der Umsatzsteuer und den Wegfall des Steuerprivilegs für
die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise untersu- kommunale Versorger die Leistungsfähigkeit der kommuna-
chen zu lassen, und welche Ergebnisse liegen bereits vor? len öffentlichen Daseinsvorsorge massiv gefährdet wird,
wenn immer weniger Bereiche als „öffentliche Aufgaben“
Das BMF hat seit Beginn der letzten Legislaturpe- eingestuft werden, die mit einem Steuerprivileg ausgestattet
riode zur Untersuchung von Ursachen und Auswirkun- sind, weil sie dem Gemeinwohl dienen?
gen der Wirtschafts- und Finanzkrise folgende For-
schungsprojekte beauftragt: Zu Frage 56:
– Arbeitsweise der Bankenaufsicht vor dem Hinter- Der Koalitionsvertrag avisiert keine Besteuerung der
grund der Finanzmarktkrise, Bearbeiter: Institut der kommunalen Abfallentsorgung. Er weist ausdrücklich
deutschen Wirtschaft, Köln; darauf hin, dass Aufgaben der Daseinsvorsorge nicht
über die bestehenden Regelungen hinaus steuerlich be-
– Finanzierungsstrukturen und marktökonomische Sta- lastet werden sollen. Hierunter fällt auch die kommunale
bilität in den Ländern Südosteuropas, in der Türkei Hausmüllentsorgung.
und in den GUS-Staaten, Bearbeiter: Frankfurt
School of Finance and Management;
Zu Frage 57:
– Szenariorechnung und Projektion Kreditvergabe
Deutschland, Bearbeiter: Institut für Weltwirtschaft, Ich verweise auf die Antwort zu Ihrer ersten Frage.
IfW, Kiel; Der Koalitionsvertrag enthält keine Vorgabe, nach der
immer mehr der öffentlichen Hand eigentümliche und
Die Forschungsergebnisse sind abgeschlossen und vorbehaltene Aufgaben der Besteuerung zugeführt wer-
ihre Ergebnisse liegen vor. den sollen.
582 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) 2010 für den Fall, dass ab 1. Januar 2010 Biogas als Heizstoff Einbringung in den Deutschen Bundestag getroffen wer- (C)
besteuert wird? den.
Biogas als Heizstoff ist fünf Jahre lang gefördert wor-
den. Aktuell sieht die Bundesregierung keine Veranlas- Zu Frage 63:
sung, die auslaufende Regelung zu verlängern. Über die
Die Angaben in dem von Ihnen angesprochenen Re-
resultierenden Steuermehreinnahmen sind – mangels ge-
ferentenentwurf, welche finanziellen Auswirkungen sich
sonderter Erfassung der als Heizstoff eingesetzten Bio-
durch die Neuregelung der Umsatzbesteuerung von
gase – keine verlässlichen Aussagen möglich.
Postdienstleistungen in § 4 Nr. 11 b Umsatzsteuergesetz
voraussichtlich ergeben werden, sind lediglich grob ge-
schätzt. Berechnungen, welche Folgen sich aus dieser
Anlage 41 Änderung für die Aufrechterhaltung des Postuniversal-
Antwort dienstes durch das private Unternehmen Deutsche Post
AG ergeben, wurden nicht angestellt.
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage
des Abgeordneten Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE Der Umfang des zu erbringenden Postuniversaldiens-
GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Frage 61): tes wird nicht durch das Umsatzsteuergesetz, sondern
durch das Postgesetz und die Post-Universaldienstleis-
Wie sollen mögliche Steuermindereinnahmen von jährlich
circa 12 Milliarden Euro im Bundeshaushalt berücksichtigt tungsverordnung bestimmt. Änderungen hierzu sind der-
werden, wenn nach dem Urteil des Niedersächsischen Finanz- zeit von der Bundesregierung nicht geplant.
gerichts zur Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags
das Bundesverfassungsgericht zu einer gleichlautenden Grund-
satzentscheidung kommt, und hält die Bundesregierung vor
diesem Hintergrund dann weiter an den für 2010 und 2011 be- Anlage 43
reits vorgesehenen Steuerentlastungen von etwas über 20 Mil-
liarden Euro fest? Antwort
Die Bundesregierung teilt nicht die Auffassung des des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die
Niedersächsischen Finanzgerichts, dass der Solidaritäts- Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/
zuschlag verfassungswidrig ist. Insoweit bleibt das Ur- DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Frage 65):
teil des Bundesverfassungsgerichtes abzuwarten. Stimmt es, dass die Bundesregierung plant, Hermesbürg-
schaften in Zukunft auch für den Export von Atomanlagen
Die Bundesregierung stellt derzeit den Haushalt 2010 und Atomtechnik ins Ausland zuzulassen, und wie möchte die
und im Frühjahr des kommenden Jahres den Haushalt Bundesregierung damit verbundene Proliferationsrisiken aus-
(B) 2011 auf der Grundlage der geltenden Rechtslage auf. schließen? (D)
Insoweit ergibt sich derzeit kein Handlungsbedarf. Der Umgang mit Anträgen auf Hermesdeckungen für
Exporte von Nukleartechnik wird derzeit im Lichte der
Koalitionsvereinbarung geprüft.
Anlage 42
Antwort
Anlage 44
des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fra-
gen der Abgeordneten Sahra Wagenknecht (DIE Antwort
LINKE) (Drucksache 17/83, Fragen 62 und 63): des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Fragen
Welche privaten Akteure – Verbände, Unternehmen, Bera- der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/
ter usw. – waren an der Erarbeitung des Referentenentwurfs DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Fragen 66 und 67):
für ein Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben so-
wie weiterer steuerrechtlicher Regelungen beteiligt, und wann Für welche Exporte von Nukleartechnik liegen der Bun-
soll dieser Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag einge- desregierung bereits Anträge für Hermesbürgschaften vor,
bracht werden? und für welche derartigen Exporte erwartet die Bundesregie-
rung Anträge, beispielsweise aufgrund von Voranfragen oder
Wurden Berechnungen angestellt, welche Folgen sich aus Gesprächen von bzw. mit potenziellen Antragstellern?
dem geplanten Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorga-
ben sowie weiterer steuerrechtlicher Regelungen für die Auf- In welcher Weise prüft die Bundesregierung das Ausfallri-
rechterhaltung des Universaldienstes bei der Deutschen Post siko von Hermesbürgschaften für Exporte von Nukleartech-
AG ergeben, und welche Änderungen am Umfang des Uni- nik, und hält die Bundesregierung für derartige Bürgschaften
versaldienstes wird das Gesetz nach Ansicht der Bundesregie- ein transparenteres Entscheidungsverfahren als das gängige
rung mit sich bringen? im interministeriellen Ausschuss grundsätzlich für erstrebens-
wert?
Zu Frage 62:
Zu Frage 66:
An der Erstellung des Referentenentwurfs für ein Ge-
setz zur Umsetzung steuerrechtlicher EU-Vorgaben so- Aufgrund schutzwürdiger Rechte Dritter (Betriebs-
wie weiterer steuerrechtlicher Regelungen waren keine und Geschäftsgeheimnisse) ist es nicht zulässig, die
privaten Akteure beteiligt. Namen der Exporteure und Besteller ohne deren Einver-
ständnis offenzulegen. Die jeweils notwendige Zustim-
Da noch kein Kabinettsbeschluss zu dem Gesetzent- mung konnte aufgrund der Kurzfristigkeit der Anfrage
wurf erfolgt ist, kann keine Aussage zum Zeitpunkt der bisher nicht eingeholt werden.
584 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) Zu Frage 67: auf die staatliche Hilfe angewiesen ist, oder ob ausrei- (C)
chende eigene Mittel zur Verfügung stehen. Die allge-
Der Umgang mit Anträgen auf Hermesdeckungen für
meinen Verfahren sehen eine Abstimmung zwischen
Exporte von Nukleartechnik wird derzeit im Lichte der
Bundesregierung und betroffenen Bundesländern, bei-
Koalitionsvereinbarung geprüft.
spielsweise im Interministeriellen Bürgschaftsausschuss,
vor.
Anlage 45
Antwort Anlage 47
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Fra- Antwort
gen des Abgeordneten Hubertus Heil (Peine) (SPD)
(Drucksache 17/83, Fragen 68 und 69): des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die
Frage des Abgeordneten Garrelt Duin (SPD) (Druck-
Wie bewertet die Bundesregierung die neuen von General
Motors, GM, vorgelegten Sanierungspläne – insbesondere in
sache 17/83, Frage 71):
Bezug auf die Auswirkungen auf deutsche Standorte und Ar- Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung – nach
beitsplätze – im Vergleich zu dem zwischen Magna/Sberbank der Auflösung der Opel-Treuhand –, zu verhindern, dass mög-
und GM ausgehandelten Konzept? liche staatliche Hilfen in Form von Bürgschaften oder Kredi-
Was bedeutet die Aussage der Bundeskanzlerin in ihrer ten in die USA abfließen, bzw. sicherzustellen, dass diese ziel-
Regierungserklärung vom 10. November 2009: „Das, was der genau für Opel Europa verwandt werden?
Bundesregierung und den Landesregierungen der vier Opel- Die Bundesregierung erwartet, dass zusammen mit ei-
standorte hierzu möglich ist, werden wir tun“ konkret?
nem eventuellen Antrag der Adam Opel GmbH auf
Zu Frage 68: staatliche Hilfen auch ein Konzept vorgelegt wird, das
eine finanzielle Abschottung der europäischen Einheiten
General Motors bzw. die Adam Opel GmbH haben gegenüber der amerikanischen Muttergesellschaft si-
der Bundesregierung bisher keine Sanierungspläne vor- cherstellt. Es muss gewährleistet sein, dass etwaige Hil-
gelegt. Bisher liegt der Bundesregierung nur eine erste fen europäischer Mitgliedstaaten ausschließlich den
Zusammenfassung der Pläne vor, die wesentliche Fragen europäischen Aktivitäten von Opel/GM zugute kommen.
offen lässt. Entsprechende Bewertungen können gegen- Entsprechende Konzepte sind der inzwischen vorliegen-
wärtig daher nicht abgegeben werden. den Zusammenfassung des Restrukturierungsplanes
nicht zu entnehmen.
Zu Frage 69:
(B) (D)
Die Bundesregierung wird im Rahmen der allgemei-
nen Verfahren eventuelle Anträge der Adam Opel GmbH Anlage 48
auf staatliche Hilfe ergebnisoffen prüfen.
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
Anlage 46 Frage der Abgeordneten Dagmar Ziegler (SPD) (Druck-
sache 17/83, Frage 74):
Antwort Wird die Bundesregierung das Programm Kommunal-
Kombi, womit vor allem ältere Langzeitarbeitslose in sozial-
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die versicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse gebracht werden,
Frage des Abgeordneten Garrelt Duin (SPD) (Drucksa- über das Jahr 2009 hinaus fortführen und somit in Regionen
che 17/83, Frage 70): mit besonders hoher und verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit
Wie beurteilt die Bundesregierung entsprechende Aussa- weiterhin zusätzliche Arbeitsplätze fördern?
gen des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie, Die Bundesregierung bewertet derzeit das Bundes-
Rainer Brüderle, zur Frage von Fördermitteln für GM: „Ich
habe mit Interesse die Einschätzung von GM-Chef Henderson programm Kommunal-Kombi und prüft, ob eine Fort-
und GM-Verwaltungsratschef Whitacre gelesen, der Mutter- führung sinnvoll ist. Die Entscheidung, ob das Bundes-
konzern könne das alleine stemmen. Ich hielte das auch für programm fortgeführt werden sollte, steht daher noch
geboten“ (Hamburger Abendblatt, 21. November 2009), vor aus.
dem Hintergrund der Aussagen der Bundeskanzlerin in ihrer
Regierungserklärung vom 10. November 2009: „Das, was der
Bundesregierung und den Landesregierungen der vier Opel-
standorte hierzu möglich ist, werden wir tun. Darauf können
sich alle verlassen“, und wie erfolgen das weitere Vorgehen Anlage 49
und die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung und mit
den Ländern für mögliche Hilfsmaßnahmen der Adam Opel Antwort
GmbH und GM Europe im Hinblick auf eine europäische Lö-
sung im Zusammenwirken mit den anderen betroffenen euro- des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
päischen Staaten? Frage der Abgeordneten Gabriele Lösekrug-Möller
(SPD) (Drucksache 17/83, Frage 75):
Die Bundesregierung wird im Rahmen der allgemei-
Wird die Bundesregierung den in einem Schreiben des Se-
nen Verfahren eventuelle Anträge der Adam Opel GmbH nators für Wirtschaft und Arbeit der Freien und Hansestadt
auf staatliche Hilfe ergebnisoffen prüfen. Dabei wird Hamburg an den Bundesminister für Arbeit und Soziales er-
auch untersucht, ob das antragstellende Unternehmen hobenen Forderungen, den großen Kommunen künftig im
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 585
(A) Rechtskreis Zweites Buch Sozialgesetzbuch, SGB II, das Op- „Kinderausgaben“ ermitteln lassen. Dies ist nur über den (C)
tionsrecht zu ermöglichen und jedem Bundesland mindestens Konsum von „Familien mit Kindern“ und die Berech-
ein Optionsrecht einzuräumen, damit keine Region von dieser
Möglichkeit der Aufgabenwahrnehmung des SGB II ausge- nung entsprechender Verteilungsschlüssel möglich, da
schlossen sei, im Rahmen der Neuorganisation der Verwal- die EVS eine Haushaltsbefragung ist, die den Haushalts-
tungsstrukturen im Bereich des SGB II Rechnung tragen, und konsum insgesamt, aber nicht den Konsum einzelner Fa-
beabsichtigt die Bundesregierung bei Beibehaltung der bisher milienmitglieder erhebt. Diese „Berechnungen“ zeigen,
69 Optionskommunen eine regionale Neuverteilung der Options-
kommunen? dass sich nicht sämtliche Verbrauchsausgaben exakt auf
Erwachsene und Kinder verteilen lassen. Bei dem über-
CDU/CSU und FDP haben im Koalitionsvertrag ver- wiegenden Teil der Verbrauchsausgaben ist eine Vertei-
einbart, dass die bestehenden Optionskommunen ihre lung auf Erwachsene und Kinder nur durch normative
Aufgaben dauerhaft wahrnehmen können sollen, und Festlegungen möglich. Welche Ausgaben auf Kinder
dass es dabei möglich sein muss, kommunalen Neuglie- entfallen, wurde von Wissenschaftlern im Rahmen der
derungen Rechnung zu tragen. Anderslautende Absich- BMFSFJ-Studie festgestellt. Diese dort festgestellten
ten hat die Bundesregierung nicht. Verteilungsschlüssel wurden auch bei der Sonderauswer-
tung zu den regelsatzrelevanten Verbrauchsausgaben
von Kindern verwandt.
Anlage 50 Die Ergebnisse dieser Sonderauswertung für Paar-
haushalte mit einem Kind bestätigten insgesamt das bis
Antwort
zum 30. Juni 2009 geltende Niveau der Regelsätze für
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fra- Kinder. Nur bei einer stärkeren Differenzierung nach
gen des Abgeordneten Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ dem Alter der Kinder stellte sich heraus, dass Kinder
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/83, Fragen 76 und 77): zwischen 6 und 13 Jahren einen höheren Verbrauch ha-
Wie gedenkt die Bundesregierung der Aufforderung der ben als der damalige Regelsatz von 60 Prozent des Eck-
Arbeits- und Sozialministerkonferenz der Länder an die Bun- regelsatzes abdeckte. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass
desregierung, schnell einen eigenen und damit höheren Hartz- die regelsatzrelevanten Verbrauchsausgaben für Kinder
IV-Satz für Kinder zu ermitteln, nachzukommen? von 0 bis 5 Jahren und von 14 bis 17 Jahren unter den
Ist die Bundesregierung der von der bayerischen Staatsmi- Regelsätzen liegen. Aufgrund dieser Ergebnisse wurden
nisterin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, die Regelleistung nach dem SGB II bzw. der Regelsatz
Christine Haderthauer, am Ende der Arbeits- und Sozialminis-
terkonferenz der Länder in Berchtesgaden geäußerten Auffas- nach dem SGB XII für hilfebedürftige Kinder im Alter
sung, man dürfe in dieser Frage nicht dem Bundesverfas- von 6 bis 13 Jahren zum 1. Juli 2009 von 60 Prozent auf
sungsgericht allein das Feld überlassen, und, wenn ja, welche 70 Prozent der Regelleistung für Alleinlebende bzw. des
(B) Aktivitäten gedenkt die Bundesregierung zu entfalten, um (D)
Eckregelsatzes für Haushaltsvorstände erhöht. Die Re-
Kindern einen bedarfsgerechten, dem jeweiligen Alter ange-
messenen Regelsatz zukommen zu lassen? gelleistungen bzw. Regelsätze für jüngere und ältere
Kinder blieben unverändert. Die Einführung der zusätz-
Die Bundesregierung ist nach dem SGB XII ver- lichen Altersstufe ist wegen der anstehenden Überprü-
pflichtet, bei Vorliegen neuer Ergebnisse einer Einkom- fung der Regelsätze insgesamt ausdrücklich bis zum
mens- und Verbrauchsstichprobe, EVS, die Bemessung 31. Dezember 2011 befristet. Für diese Überprüfung
der Regelsätze zu überprüfen und gegebenenfalls weiter- wird die Bundesregierung erneut eine Sonderauswertung
zuentwickeln. Die Ergebnisse der Sonderauswertung der auf der Basis der EVS 2008 vom Statistischen Bundes-
EVS 2008 werden im zweiten Halbjahr 2010 vorliegen amt durchführen lassen.
und als Basis einer Neubemessung der Regelsätze die-
nen. Zusammengefasst bedeutet dies, dass für eine kurz-
fristige Neubemessung der Regelsätze im SGB XII bzw.
Bei der anstehenden Neubemessung der Regelsätze der Regelleistungen im SGB II noch vor dem Vorliegen
im SGB XII, deren Ergebnisse für die Regelleistungen der Ergebnisse der Sonderauswertung der EVS 2008 we-
im SGB II übernommen werden, handelt es sich um ein der eine rechtliche Grundlage besteht noch die hierfür
umfangreiches Verfahren, bei dem eine Vielzahl an Da- erforderlichen Daten vorliegen.
ten sowie Vorgaben und Vorstellungen zu berücksichti-
gen sind. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die
Entscheidung des BVerfG abzuwarten ist, da diese Aus-
Mit der im Auftrag der Bundesregierung bereits in der wirkungen auf die Bemessung der Regelsätze haben
16. Legislaturperiode, im Jahre 2008/2009, durch das kann. Sie hat die erforderlichen Vorbereitungen für die
Statistische Bundesamt vorgenommenen Sonderauswer- Auswertung der EVS 2008 auf den Weg gebracht.
tung der EVS 2003 wurde der Bedarf von Kindern erst-
mals gesondert ermittelt. Damit werden die bislang aus
der Leistung für alleinlebende Erwachsene (sogenannter
Eckregelsatz) abgeleiteten Leistungen für Kinder durch Anlage 51
statistisch ermittelte Verbrauchsausgaben ersetzt. Grund-
Antwort
lage für die Sonderauswertung war die BMFSFJ-Studie
„Kosten eines Kindes“. Das BMFSFJ hatte durch das des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die
Statistische Bundesamt modellhaft für alle Haushalte mit Frage der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE
Kindern auf Basis EVS 1998 und 2003 die gesamten LINKE) (Drucksache 17/83, Frage 78):
586 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009
(A) In welchem Zeitraum will die Bundesregierung der Auf- Die Ergebnisse dieser Sonderauswertung für Paar- (C)
forderung der Arbeits- und Sozialminister der Länder nach- haushalte mit einem Kind bestätigten insgesamt das bis
kommen und einen eigenen, höheren Hartz-IV-Satz für Kinder
ermitteln, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregie-
zum 30. Juni 2009 geltende Niveau der Regelsätze für
rung, im Vorgriff auf die Neuermittlung bereits zu Beginn des Kinder. Nur bei einer stärkeren Differenzierung nach
Jahres 2010 einen vorläufig erhöhten Hartz-IV-Regelsatz für dem Alter der Kinder stellte sich heraus, dass Kinder
Kinder in Kraft zu setzen? zwischen 6 und 13 Jahren einen höheren Verbrauch ha-
ben, als der damalige Regelsatz von 60 Prozent des Eck-
Die Bundesregierung hat schon im Jahre 2008/2009 regelsatzes abdeckt. Dabei hat sich gezeigt, dass die
eine eigenständige Ermittlung der Kinderregelsätze regelsatzrelevanten Verbrauchsausgaben für Kinder von
durchgeführt. Sie ist nach dem SGB XII verpflichtet, bei 0 bis 5 Jahren und von 14 bis 17 Jahren unter den Regel-
Vorliegen neuer Ergebnisse einer Einkommens- und Ver- sätzen liegen. Aufgrund dieser Ergebnisse wurden die
brauchsstichprobe (EVS) die Bemessung der Regelsätze Regelleistung nach dem SGB II bzw. der Regelsatz nach
zu überprüfen und gegebenenfalls weiterzuentwickeln. dem SGB XII für hilfebedürftige Kinder im Alter von
Die Ergebnisse der Sonderauswertung der EVS 2008 6 bis 13 Jahren zum 1. Juli 2009 von 60 Prozent auf
werden im zweiten Halbjahr 2010 vorliegen und als Ba- 70 Prozent der Regelleistung für Alleinlebende bzw. des
sis einer Neubemessung der Regelsätze dienen. Hierbei Eckregelsatzes für Haushaltsvorstände erhöht. Die Re-
werden auch die Konsumausgaben für Kinder – soweit gelleistungen bzw. Regelsätze für jüngere und ältere
in einer Haushaltsbefragung möglich – ermittelt werden. Kinder blieben unverändert.
Da es bei dieser Bemessung zu umfassenden Prüfungen
der EVS-Daten kommt und hierzu weitere Auswertun- Die Einführung der zusätzlichen Altersstufe ist wegen
gen der EVS 2008 durch das Statistische Bundesamt nö- der anstehenden Überprüfung der Regelsätze insgesamt
tig sein können, wird sich die Zeit für die Überprüfung ausdrücklich bis zum 31. Dezember 2011 befristet. Für
diese Überprüfung wird die Bundesregierung erneut eine
der Bemessung bzw. der Weiterentwicklung bis in das
solche Sonderauswertung auf der Basis der EVS 2008
Jahr 2011 erstrecken.
vom Statistischen Bundesamt durchführen lassen.
Bei der anstehenden Neubemessung der Regelsätze Da bis Anfang 2010 keine neuen EVS-Daten vorlie-
im SGB XII, deren Ergebnisse für die Regelleistungen gen werden, besteht für eine kurzfristige Veränderung
im SGB II übernommen werden, handelt es sich um ein der Regelsätze weder eine Rechtsgrundlage noch ein
umfangreiches Verfahren, bei dem eine Vielzahl an Da- Anlass. Die Bundesregierung wird daher das vorgese-
ten sowie Vorgaben und Vorstellungen zu berücksichti- hene Verfahren der Bemessung der Regelsätze auf Basis
gen sind. EVS 2008 konsequent und unter Berücksichtigung der (D)
(B)
Erkenntnisse aus dem Urteil des BVerfG durchführen.
Mit der im Auftrag der Bundesregierung bereits in der
16. Legislaturperiode, im Jahre 2008/2009, durch das
Statistische Bundesamt vorgenommenen Sonderauswer-
tung der EVS 2003 wurde der Bedarf von Kindern erst-
Anlage 52
mals gesondert ermittelt. Damit werden die bislang aus
der Leistung für alleinlebende Erwachsene (sogenannter Antwort
Eckregelsatz) abgeleiteten Leistungen für Kinder durch
statistisch ermittelte Verbrauchsausgaben ersetzt. Grund- des Parl. Staatssekretärs Ralf Brauksiepe auf die Fragen
lage für die Sonderauswertung war die BMFSFJ-Studie der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE)
„Kosten eines Kindes“. Das BMFSFJ hatte durch das (Drucksache 17/83, Fragen 79 und 80):
Statistische Bundesamt modellhaft für alle Haushalte mit Wie verteilen sich die in der Antwort der Bundesregierung
Kindern auf Basis EVS 1998 und 2003 die gesamten zu Frage 30 (Bundestagsdrucksache 17/48) genannten abge-
lehnten, widerrufenen und zurückgenommenen Erlaubnisse
„Kinderausgaben“ ermitteln lassen. Dies ist nur über den zur Arbeitnehmerüberlassung auf die Jahre 2005, 2006, 2007,
Konsum von „Familien mit Kindern“ und die Berech- 2008 und 2009, und wie hoch war jeweils in 2005, 2006,
nung entsprechender Verteilungsschlüssel möglich, da 2007, 2008 und 2009 die Gesamtzahl der Erlaubnisse zur Ar-
beitnehmerüberlassung?
die EVS eine Haushaltsbefragung ist, die den Haushalts-
konsum insgesamt, aber nicht den Konsum einzelner Fa- Wie hoch ist die Zahl der Beschäftigten, die Höhe der
nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträge und Steuern, die
milienmitglieder erhebt. Diese „Berechnungen“ zeigen, sich aus den in der Antwort der Bundesregierung zu Frage 30
dass sich nicht sämtliche Verbrauchsausgaben exakt auf genannten abgelehnten, widerrufenen und zurückgenomme-
Erwachsene und Kinder verteilen lassen. Bei dem über- nen Erlaubnissen zur Arbeitnehmerüberlassung ergeben, und
wiegenden Teil der Verbrauchsausgaben ist eine Vertei- um welche Art der „Verstöße gegen Auflagen seitens der Zeit-
arbeitsunternehmen“ (Antwort zu Frage 30) handelt es sich?
lung auf Erwachsene und Kinder nur durch normative
Festlegungen möglich. Welche Ausgaben auf Kinder
Zu Frage 79:
entfallen, wurde von Wissenschaftlern im Rahmen der
BMFSFJ-Studie festgestellt. Diese dort festgestellten Die Gesamtzahl der vorhandenen Verleiherlaubnisse
Verteilungsschlüssel wurden auch bei der Sonderauswer- sowie die Zahl der versagten, widerrufenen und zurück-
tung zu den regelsatzrelevanten Verbrauchsausgaben genommenen Erlaubnisse haben sich in den Jahren 2005
von Kindern verwandt. bis 2009 wie folgt entwickelt:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. Dezember 2009 587