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Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht
129. Sitzung
Inhalt:
schaft“ des Einzelplans 23 seitens der Wirt- Kai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 15171 B
schaft und Bewertung durch das Bundes-
Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 15172 B
ministerium
Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär
Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15173 C
BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15164 B Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 15174 C
Zusatzfragen Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/
Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 15164 C DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15175 D
Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . . 15165 A
Patrick Schnieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 15176 D
Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15177 D
Mündliche Fragen 31 und 32
Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15178 D
DIE GRÜNEN) Stefanie Vogelsang (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 15179 C
Gründe für die Schaffung eines Kapazi- Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 15180 C
tätsmarkts durch das BMWi bei gleichzei-
tiger Einrichtung eines Kraftwerksförder- Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . 15182 A
programms mit Investitionszuschüssen
Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 15183 A
Antwort
Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär
Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15184 C
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15165 C
Zusatzfragen
Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE Anlage 1
GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15165 D
Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 15185 A
Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 15166 C
Antwort Antwort
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin
BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15185 D BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15187 A
Anlage 5
Anlage 10
Mündliche Frage 4
Ute Vogt (SPD) Mündliche Frage 15
Ulrich Kelber (SPD)
Forderung des niedersächsischen Minister-
präsidenten David McAllister zur Rück- Zuteilung von CO2-Zertifikaten an Unter-
holbarkeit von Atommüll bezüglich der nehmen im Luftverkehr
Endlagersuche
Antwort
Antwort
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin
BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15186 A BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15187 A
Anlage 6 Anlage 11
Mündliche Frage 11
Dirk Becker (SPD) Mündliche Fragen 16 und 17
Ulla Burchardt (SPD)
Prognostizierter Anstieg der EEG-Umlage
im Jahr 2012 Zahl der in Österreich und den Niederlan-
den studierenden Deutschen mit einem in
Antwort Deutschland mit Numerus clausus belegten
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin Fach; Herkunft dieser Studenten nach
BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15186 A
Bundesländern
Antwort
Anlage 7 Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär
Mündliche Frage 12 BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15187 C
Dirk Becker (SPD)
Entwicklung der von der Zahlung der
EEG-Umlage befreiten Strommenge im Anlage 12
Zuge der EEG-Novelle 2012
Mündliche Frage 18
Antwort
René Röspel (SPD)
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin
BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15186 B Reduktion der Fördermittel für die Mee-
res- und Polarforschung; Projektförderung
für die Hightech-Strategie für den Klima-
Anlage 8 schutz
Mündliche Frage 13
Gerd Bollmann (SPD) Antwort
Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär
Überschreitung der Grenzwerte der BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15187 D
17. BImschV bei der Mitverbrennung von
Abfällen
Antwort
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin Anlage 13
BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15186 C Mündliche Frage 19
René Röspel (SPD)
Anlage 9 Mittelabflüsse im Bereich der Förderung
Mündliche Frage 14 der Forschung an Fachhochschulen seit
Gerd Bollmann (SPD) 2007
Anlage 14 Antwort
Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär
Mündliche Frage 27 BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15189 B
Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Verzögerung der gesetzlich vorgeschriebe- Anlage 19
nen Zwischenüberprüfung zur Wirksam-
Mündliche Frage 37
keit des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes
Hans-Joachim Hacker (SPD)
und Auswirkungen auf die Novellierung
Antwort Vorlage des nächsten tourismuspolitischen
Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär Berichts der Bundesregierung
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15188 B Antwort
Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15189 C
Anlage 15
Mündliche Frage 28
Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ Anlage 20
DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 38
Untersuchungsauftrag des BMWi an das Katja Keul (BÜNDNIS 90/
Energiewirtschaftliche Institut an der Uni- DIE GRÜNEN)
versität zu Köln zu Kapazitätsmärkten im Munitionslieferungen nach Birma
Strombereich
Antwort
Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär
Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15189 D
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15188 C
Anlage 21
Anlage 16
Mündliche Frage 39
Mündliche Frage 29 Heike Hänsel (DIE LINKE)
Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) Exportverbot der Firma Heckler & Koch
für Waffenlieferungen nach Mexiko
Entwicklung des EEG-Kontos und Notwen-
digkeit einer Liquiditätsreserve für Übertra- Antwort
gungsnetzbetreiber Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15189 D
Antwort
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin
BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15188 D Anlage 22
Mündliche Frage 40
Anlage 17 Sevim Dağdelen (DIE LINKE)
Mündliche Frage 30 Aktivitäten der in Äthiopien ausgebildeten
Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ somalischen „Polizisten“
DIE GRÜNEN) Antwort
Vorlage eines Speichergesetzes Cornelia Pieper, Staatsministerin
im AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15190 A
Antwort
Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär
BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15189 A Anlage 23
Mündliche Frage 41
Anlage 18 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Mündliche Fragen 33 und 34
Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ Deutsche Beteiligung am Zivilgesellschafts-
DIE GRÜNEN) fonds für Afghanistan und Pakistan
Fortschritte bei Maßnahmen zur Steige- Antwort
rung der Energieeffizienz; Einrichtung ei- Cornelia Pieper, Staatsministerin
nes Verfahrens für das Monitoring im AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15190 B
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 VII
Anlage 24 Anlage 28
Mündliche Frage 42 Mündliche Frage 46
Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) DIE GRÜNEN)
Auswirkungen geplanter Kürzungen im Bericht von Human Rights Watch über un-
menschliche Zustände in griechischen Haft-
US-amerikanischen Verteidigungsetat auf
anstalten; möglicher Abzug deutscher Be-
die Standorte der US-Armee in Deutsch-
amter aus der dortigen FRONTEX-Mission
land
Antwort
Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär
Cornelia Pieper, Staatsministerin BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15192 B
im AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15190 D
Anlage 29
Mündliche Frage 47
Anlage 25
Sevim Dağdelen (DIE LINKE)
Mündliche Frage 43 Geltungsbereich des assoziationsrechtlichen
Heike Hänsel (DIE LINKE) Verschlechterungsverbots
Verhaftung und Verurteilung von 12 000 Antwort
Personen vor Militärtribunalen in Ägyp- Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär
ten; deutsche Zusammenarbeit mit dem BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15192 D
dortigen Obersten Militärrat
Antwort Anlage 30
Cornelia Pieper, Staatsministerin
im AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15191 A Mündliche Frage 53
Veronika Bellmann (CDU/CSU)
Bemessungsgrundlage für die Umsatz-
steuer für Wärmeabgabe aus vorrangig auf
Anlage 26 Stromerzeugung und nicht Wärmeproduk-
tion ausgerichteten Biogas-Blockheizkraft-
Mündliche Frage 44 werken
Andrej Hunko (DIE LINKE)
Antwort
Versorgung von Behörden und Ministerien Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär
der NATO-Mitgliedstaaten mit Satelliten- BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15193 A
bildern aus Bengazi und Tripolis; Beitrag
zur Nutzung der Bilder durch das Deut-
sche Zentrum für Luft- und Raumfahrt Anlage 31
Antwort Anlage 37
Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär
Mündliche Fragen 64 und 65
BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15194 A
Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD)
Bürokratischer Aufwand bei der Umset-
zung des Teilhabepakets; geplante Verän-
Anlage 33 derungen aufgrund vorliegender Erfah-
rungsberichte
Mündliche Frage 56
Hans-Joachim Hacker (SPD) Antwort
Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär
Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für Fluss- BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15195 D
kreuzfahrten
Antwort Anlage 38
Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär
BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15194 B Mündliche Frage 66
Sabine Zimmermann (DIE LINKE)
Begründung der Ablehnung des Antrags
auf einen Callcenter-Mindestlohn durch
Anlage 34
den Hauptausschuss des Mindestarbeitsbe-
Mündliche Fragen 57 und 58 dingungen-Gesetzes
Manfred Kolbe (CDU/CSU) Antwort
Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär
Bürgschaftsvolumen der Europäischen Fi-
BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15196 B
nanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und des
geplanten Europäischen Stabilitätsmecha-
nismus (ESM); etwaige Erhöhungen des
Anlage 39
Garantievolumens für EFSF und ESM
Mündliche Frage 67
Antwort Sabine Zimmermann (DIE LINKE)
Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär
BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15194 C Anteil der Aufstocker in der Callcenter-
branche
Antwort
Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär
Anlage 35 BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15196 C
Mündliche Fragen 59 und 60
Klaus Ernst (DIE LINKE)
Anlage 40
Zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts Mündliche Frage 68
bei einem Ausfall der KfW-Darlehen für Katja Keul (BÜNDNIS 90/
das erste Hilfspaket für Griechenland DIE GRÜNEN)
Antwort Aufgabe des deutschen Unterseeboots U 34
Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär im Rahmen der Operation Active Endea-
BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15195 A vour
Antwort
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär
Anlage 36 BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15197 A
Anlage 42 Antwort
Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin
Mündliche Frage 70 BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15198 B
Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE)
Verzögerung der Vorlage der angekündig-
ten Eckpunkte der Pflegereform Anlage 47
Mündliche Fragen 77 und 78
Antwort
Bärbel Bas (SPD)
Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin
BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15197 B Änderung der Verordnung über den Be-
trieb von Apotheken mit dem Ziel der Her-
stellung bisher fehlender Abstimmung zwi-
Anlage 43 schen Apothekennotdienst und ärztlicher
Notfallpraxis in ländlichen Gebieten
Mündliche Fragen 71 und 72
Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ Antwort
DIE GRÜNEN) Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin
BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15198 B
Zeitplan für den Gesetzgebungsprozess zur
Finanzreform der Pflegeversicherung und
des Expertenbeirats für die Reform des Anlage 48
Pflegebedürftigkeitsbegriffs
Mündliche Fragen 79 und 80
Antwort Alexander Ulrich (DIE LINKE)
Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin Finanzieller Beitrag des Bundes und dessen
BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15197 C Vertragsgrundlage für den Neubau des Mi-
litärkrankenhauses für die US-Airbase
Ramstein; weitere Kosten durch Infra-
Anlage 44 strukturanbindungen
Mündliche Frage 73 Antwort
Harald Weinberg (DIE LINKE) Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär
BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15198 D
Aufbau einer kapitalgedeckten Säule der
Pflegeversicherung
Antwort Anlage 49
Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin Mündliche Frage 81
BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15197 D Anette Kramme (SPD)
Elektrifizierung der Bahnstrecke Nürn-
Anlage 45 berg–Marktredwitz
Antwort
Mündliche Frage 75
Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär
Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15199 A
Einberufung des neuen Pflegebeirats unter
Vorsitz von Dr. Jürgen Gohde
Anlage 50
Antwort
Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin Mündliche Frage 82
BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15198 A Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Auswirkungen der Finanzplanung im Ent-
Anlage 46 wurf des Investitionsrahmenplans 2011 bis
2015 des BMVBS auf den Bundesanteil zur
Mündliche Frage 76 Finanzierung der B 50 mit Hochmosel-
Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) übergang; Neuberechnung des Kosten-
Nutzen-Verhältnisses
Anzahl der Pflegebedürftigen ohne An-
spruch auf Leistungen nach SGB XI sowie Antwort
geplante Vergrößerung des Kreises der An- Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär
spruchsberechtigten BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15199 B
X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Anlage 51 Anlage 54
Mündliche Frage 83 Mündliche Fragen 87 und 88
Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ Gustav Herzog (SPD)
DIE GRÜNEN)
Grenzwerte für langfristig geltende Lärm-
Unterschiedliche Auffassungen des BMELV emissionen für Pkw und Lärmschutzinte-
und des BMVBS zum Änderungsbedarf ressen der Bevölkerung
von § 35 Abs. 1 Nr. 4 des Baugesetzbuches
bezüglich Tierhaltungsanlagen Antwort
Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär
Antwort BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15200 C
Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär
BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15199 C
Anlage 55
Antwort
Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär Anlage 56
BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15199 D
Mündliche Fragen 91 und 92
Heidrun Bluhm (DIE LINKE)
Anlage 53 Einnahmen und Abruf der Mittel im Ener-
Mündliche Frage 86 gie- und Klimafonds für die energetische
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) Gebäudesanierung der KfW-Förderung für
2011; etwaiger Ausgleich aus dem Bundes-
Lösung des Fluglärmstreits mit der Schweiz haushalt bei Nichterreichung der erwarte-
gemäß der Stuttgarter Erklärung ten Einnahmen
Antwort Antwort
Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär
BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15200 B BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15201 D
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15137
(A) (C)
Redetext
129. Sitzung
Vizepräsident Eduard Oswald: diesem Feld setzen wir deswegen vor allen Dingen auf
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich grüße Sie sehr eine Fortbildung von Fachkräften im Bereich der Kin-
herzlich. Die Sitzung ist eröffnet. der- und Jugendhilfe. Wir planen groß angelegte Schu-
lungsmaßnahmen, weil es gerade für diese Fachkräfte so
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
besonders wichtig ist, dass sie die Kompetenzen erlan-
Befragung der Bundesregierung gen, sexuellen Missbrauch zu erkennen und angemessen
damit umzugehen. Auch das Kinderschutzgesetz, zu
Die Bundesregierung hat als Thema der gestrigen Ka- dem wir am Montag eine Anhörung hatten, ist natürlich
binettssitzung mitgeteilt: Aktionsplan 2011 der Bun- ein ganz wesentlicher Baustein des Aktionsplans. Hier
desregierung zum Schutz von Kindern und Jugendli- haben wir neue Standards für Einrichtungen in Deutsch-
chen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung. land verankert, in denen es eine besondere Nähe zwi-
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht schen Kindern und Erwachsenen gibt. Insofern ist dieses
hat die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen Kinderschutzgesetz nach meiner festen Überzeugung
(B) und Jugend, Frau Dr. Kristina Schröder. Bitte schön, auch ein Meilenstein auf dem Gebiet der Prävention. (D)
Frau Bundesministerin.
Der zweite Schwerpunkt – nämlich dann, wenn die
Prävention nicht funktioniert hat – ist die Intervention.
Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami- Hier geht es einerseits um Hilfe und Schutz für die Op-
lie, Senioren, Frauen und Jugend: fer, andererseits aber natürlich auch um eine konse-
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und quente Ermittlung und Bestrafung der Täter.
Kollegen! Gestern hat das Bundeskabinett den besagten
Aktionsplan beschlossen. Damit setzen wir die bisheri- Der dritte Schwerpunkt sind die digitalen Kommuni-
gen Maßnahmen auf diesem Gebiet fort und intensivie- kationsnetze. Diesen haben wir gegenüber dem letzten
ren die Anstrengungen dort, wo es notwendig ist oder Aktionsplan 2003 weitgehend neu konzipiert. Zum
wo neue Herausforderungen auf uns zugekommen sind. Thema „Digitale Kommunikationsnetze“ kann man sa-
gen: Wenn es um Kinder geht, ist eine angemessene Ant-
Das Thema „Sexueller Missbrauch/sexuelle Gewalt“ wort auf die Herausforderungen in diesem Bereich, si-
hat ja uns alle im letzten Jahr sehr beschäftigt. Das Be- chere Kommunikationsräume im Internet zu schaffen, in
sondere an dem Aktionsplan 2011 ist somit, dass auch denen sich die Kinder bewegen können, ohne Gefahr zu
die Ergebnisse des Runden Tischs „Sexueller Kindes- laufen, auf Seiten zu geraten, die sie gefährden könnten.
missbrauch“ sowie die Ergebnisse der Arbeit der Beauf- Bei Jugendlichen kann man mit solchen sicheren, abge-
tragten der Bundesregierung zum Umgang mit dem zäunten Räumen sicherlich nicht mehr allzu viel errei-
sexuellen Kindesmissbrauch, Frau Dr. Christine chen. Hier geht es vor allem um die Stärkung der Me-
Bergmann, also der ehemaligen Familienministerin, in dienkompetenz. Weil dieses Thema in den letzten Jahren
ihn eingeflossen sind. Gleichzeitig stützt sich dieser Ak- so enorm an Bedeutung gewonnen hat, habe ich dies in
tionsplan aber auch auf einen mehrjährigen Prozess, der meinem Ministerium nachgezeichnet: Bei uns wurde ein
auf nationaler und internationaler Ebene stattgefunden Referat „Jugend und Medien“ neu eingerichtet, das sich
hat. mit ebendiesen Punkten befasst, und zum Beispiel auch
Der Aktionsplan umfasst sieben Handlungsfelder: die Plattform „Dialog Internet“ gestartet.
Das erste und wahrscheinlich wichtigste Handlungs- Der vierte und der fünfte Schwerpunkt sind die Be-
feld ist das der Prävention. Hier geht es vor allen Dingen kämpfung des Handels mit Kindern einerseits und die
darum, Fachkräfte und Eltern dahin gehend zu befähi- Bekämpfung des Tourismus zur sexuellen Ausbeutung
gen, dass sie sexuellen Kindesmissbrauch erkennen kön- von Kindern andererseits. Hier geht es einmal um eine
nen und dann auch angemessen reagieren können. In effizientere Strafverfolgung. Es geht aber auch um eine
15138 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
(A) Vizepräsident Eduard Oswald: Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami- (C)
Nächste Fragestellerin, unsere Kollegin Frau Diana lie, Senioren, Frauen und Jugend:
Golze. Was mein Ressort angeht, kann ich sagen, dass das
Kinderschutzgesetz unsere entscheidende Antwort auf
diese Herausforderung darstellt. Das Kinderschutzgesetz
Diana Golze (DIE LINKE): ist kein Gesetz, mit dem wir alles verhindern können;
Vielen Dank, Herr Vorsitzender. – Frau Ministerin, das ist klar. Es ist aber in einem langen Prozess unter
sowohl in den Diskussionen am Runden Tisch als auch Einbindung der Fachwelt und in intensiver Beratung ent-
in der Anhörung am Montag zum Kinderschutzgesetz ist standen. Die Experten in der Anhörung am Montag wa-
die Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für ren ja der einhelligen Meinung, dass das Kinderschutz-
Gesundheit als zu gering eingeschätzt worden. Auch die gesetz durch viele, teilweise auch sehr fachliche
unabhängige Beauftragte, die Sie erwähnt haben, hat in Stellschrauben dazu beiträgt, sowohl die Vernachlässi-
ihrem Abschlussbericht festgestellt, dass es diesbezüg- gung als auch den Missbrauch von Kindern etwas weni-
lich zahlreiche Lücken gibt. Ich finde in dem Aktions- ger wahrscheinlich zu machen, insbesondere dadurch,
plan auch keinen Hinweis, wie man diese Lücken schlie- dass das Kinderschutzgesetz sehr stark auf Prävention
ßen möchte. Ich frage deshalb konkret: Wie sieht die setzt, dass es Standards für Einrichtungen verankert und
Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Ge- dass nunmehr an einzelnen Stellen ein erweitertes Füh-
sundheit auf dem Gebiet des Kinderschutzes aus, insbe- rungszeugnis verlangt wird. Mit all diesen Maßnahmen
sondere bezüglich der Therapieangebote im ländlichen wird durch das Kinderschutzgesetz dazu beigetragen,
eine adäquate Antwort auf diese Herausforderung zu ge-
Raum und der Krankenkassenleistungen für Opfer von
ben.
sexueller Gewalt?
(A) Heidrun Dittrich (DIE LINKE): (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE (C)
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Frau GRÜNEN]: Sie haben den Gong nicht beach-
Ministerin, wie wird die Bundesregierung die im Ak- tet!)
tionsplan benannten Rechte der Opfer sowie den Schutz
Drittens muss man sagen, dass dies sicherlich nicht
von Kindern so verbessern können, dass Kinder unab-
allein Aufgabe des Bundes ist – auch das gehört zur
hängig von den Eltern einen vorbehaltlosen Rechts-
Wahrheit –, sondern vorwiegend eine kommunale Auf-
anspruch auf Beratung erhalten? Nach § 8 des SGB VIII
gabe. Diese Verantwortung kann nicht einfach zu uns he-
– Kinder- und Jugendhilfe – sind Kinder und Jugendli-
rübergeschoben werden.
che nämlich bei allen sie betreffenden Entscheidungen
der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Eine Bera-
tung ohne Eltern gibt es allerdings nur dann, wenn eine Vizepräsident Eduard Oswald:
Notlage dargestellt werden kann. Die Frage ist: Können Nächster Fragesteller, unser Kollege Ilja Seifert.
die Kinder ihre Notlage selbst definieren? Wie stärken
Sie die Rolle der Opfer, die sich unabhängig von den El-
tern beraten lassen möchten? Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE):
Frau Ministerin, in welchem Maße berücksichtigt Ihr
Hinsichtlich der Beratung stellt sich außerdem die Aktionsplan die Kinder und Jugendlichen mit Behinde-
Frage: Wie wollen Sie die Opferberatungsstellen, die es rungen? Ich weise darauf hin, dass es immer noch so ist,
schon jetzt gibt, wie Wildwasser und Zartbitter, gesetz- dass die Vergewaltigung einer behinderten Frau nicht als
lich verankern, personell qualifizieren und stärken? Wie Straftat gilt, sondern nur als Vergehen. Das sage ich vor
wollen Sie insgesamt eine personelle Verstärkung bei dem Hintergrund, dass es in Art. 7 der UN-Behinderten-
den Beratungskräften, auch im öffentlichen Dienst, im rechtskonvention um „Kinder mit Behinderungen“ und
Jugendamt, erreichen? in Art. 16 um die „Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und
Missbrauch“ geht. Gibt es also einen besonderen
Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami- Schwerpunkt in Ihrem Aktionsplan, oder kommt dies gar
lie, Senioren, Frauen und Jugend: nicht vor?
Frau Kollegin, zu Ihrer ersten Frage: Es ist verfas- Eine zweite Frage, die vielleicht ganz leicht zu beant-
sungsrechtlich umstritten, ob es möglich ist, Kindern worten ist: Gibt es eine verbindliche Vorgabe, dass alle
und Jugendlichen unabhängig von den Eltern generell, Beratungsstellen, die jetzt aufgrund Ihres Aktionsplanes
also auch außerhalb von Notlagen, einen eigenen Bera- eingerichtet werden, barrierefrei zu sein haben?
tungsanspruch zuzubilligen. In diesem Zusammenhang
(B) wird immer wieder das Argument vorgebracht, dass dies (D)
ein Eingriff in das Erziehungsrecht der Eltern und des- Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
wegen verfassungsrechtlich problematisch sei. lie, Senioren, Frauen und Jugend:
Herr Kollege, zu Ihrer ersten Frage: In der Tat – das
Ich sage Ihnen aber auch, dass wir dies in unserem
haben uns auch Studien gezeigt – besteht für Kinder und
Haus ganz genau prüfen; denn man kann in der Tat da-
Jugendliche mit Behinderungen eine besonders große
rüber streiten, ob es nicht doch einen solchen Beratungs-
Gefahr, Opfer sexuellen Missbrauchs zu werden.
anspruch geben sollte. Es gibt ja auch vergleichbare
Schauen wir uns einmal die Zahlen an: 16 Prozent der
Fälle. So können Jugendliche beispielsweise von sich
Kinder und Jugendlichen, die auf normale Schulen – ich
aus sagen: Wir möchten, dass geprüft wird, ob wir aus
nenne es jetzt einmal so – gehen, berichten, dass es einen
unseren Familien herauskommen können. – Hier haben
Vorfall in diese Richtung gab. In Internaten beträgt die
wir ja dieses Konstrukt. Insofern muss man wirklich ein-
Zahl 28 Prozent, und bei Einrichtungen speziell für Be-
mal prüfen, ob dies verfassungsrechtlich nicht doch
hinderte beträgt die Zahl 30 Prozent. Insofern ist hier
möglich ist.
– das ist unmittelbar einleuchtend – eine besondere Ge-
Die zweite Frage, die Sie angesprochen haben, betrifft fahrenlage gegeben. Gerade deswegen richten wir im
die Opferberatungsstellen. Ich habe bereits erwähnt, dass Bundeskinderschutzgesetz ganz besonders den Blick auf
dies nach wie vor ein großes Thema am Runden Tisch die Standards in den Einrichtungen – dieser Punkt ist
„Sexueller Kindesmissbrauch“ ist. sehr wichtig –, definieren hier Standards und schreiben
vor, dass deren Einhaltung dann auch überprüft wird.
(Signalton)
Barrierefreiheit ist sicherlich ein wichtiger Punkt;
– Es waren ja zwei Fragen. – Die Opferberatungsstellen aber diese Frage betrifft eher die Ausgestaltung der Ein-
werden erstens dadurch gestärkt, dass wir im Bundeskin- richtungen durch die Kommunen. Ich schaue mir diesen
derschutzgesetz nicht nur für Mitarbeiter der Kinder- Punkt dennoch gern einmal an.
und Jugendhilfe, sondern für alle, die in einem besonde-
ren Arbeitsverhältnis mit Kindern stehen, beispielsweise (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Nehmen Sie es
Lehrer, einen Beratungsanspruch verankern. in die Vorlage auf!)
Zweitens wird es eine Fortbildungsinitiative geben, in
deren Rahmen überwiegend Mitarbeiter der Opferbera- Vizepräsident Eduard Oswald:
tungsstellen die Fortbildung durchführen. Insofern gibt Nächste Fragestellerin ist unsere Kollegin Frau Aydan
es auch hier eine Unterstützung. Özoğuz.
15142 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
(A) Aydan Özoğuz (SPD): Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami- (C)
Vielen Dank, Herr Vorsitzender. – Sehr geehrte Frau lie, Senioren, Frauen und Jugend:
Ministerin, ich habe wahrgenommen, dass Sie die Ent- Frau Kollegin, wir sind vor allen Dingen über den Eu-
wicklung eines Konzepts zur Medienbildung planen. Sie roparat international tätig. Wir unterstützen beispiels-
haben eben ja auch noch einmal auf Ihre Internetaktivitä- weise die Kampagne des Europarates zur Bekämpfung
ten hingewiesen. Meine Frage dazu lautet: Inwiefern sexueller Gewalt gegen Kinder. Wir haben uns auch ent-
wird hier eine Verzahnung mit den Ergebnissen der Pro- sprechend im Rahmen der Verhandlungen der Europäi-
jektgruppe Medienkompetenz aus der Enquete-Kommis- schen Richtlinien eingesetzt. Insofern: Wir wissen um
sion des Deutschen Bundestages vorgenommen? die besondere Rolle Deutschlands und versuchen, diese
auszufüllen.
Zur Beantwortung der Frage steht die Parlamentari- Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin
(B) beim Bundesminister für Gesundheit: (D)
sche Staatssekretärin Frau Kollegin Annette Widmann-
Mauz zur Verfügung. Frau Kollegin Volkmer, zunächst einmal möchte ich
Ihnen kurz über die Finanzsituation der gesetzlichen
Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin Krankenkassen Auskunft geben; denn Sie werden dann
beim Bundesminister für Gesundheit: sicherlich meine entsprechenden Einschätzungen bestä-
tigen bzw. Ihre Befürchtung revidieren.
Herr Präsident! Frau Kollegin Volkmer, Pressemel-
dungen, wonach die Hälfte aller gesetzlichen Kassen Ende des Jahres 2008 verfügten die Krankenkassen in
kurz vor der Pleite stünde, entbehren jeder tatsächlichen ihrer Gesamtheit über Finanzreserven in Höhe von
Grundlage. Dieser Behauptung widersprechen auch die 4,9 Milliarden Euro. Für das Jahr 2011 spricht das Halb-
Verfasser des Gutachtens zu den Auswirkungen des Risi- jahresergebnis der gesetzlichen Krankenversicherung
kostrukturausgleichs. Vielmehr hat sich die Finanzsitua- mit einem Kassenüberschuss von 2,4 Milliarden Euro
tion der gesetzlichen Krankenversicherung in den letzten dafür, dass am Ende des Jahres 2011 – auch wenn im
Jahren deutlich verbessert. Besondere Maßnahmen zur zweiten Halbjahr die Überschüsse sicherlich nicht mehr
Verhinderung von Insolvenzen bei einer großen Zahl von in demselben Umfang ausfallen werden – die Finanz-
Krankenkassen sind daher nicht erforderlich. reserven der GKV den Wert von rund 7 Milliarden Euro
bei weitem übersteigen werden. Auch wenn die Fi-
Vizepräsident Eduard Oswald: nanzreserven der einzelnen Krankenkassen sehr unter-
Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin. schiedlich sind, verfügt der mit Abstand größte Teil der
Krankenkassen unter Berücksichtigung der Halbjahres-
ergebnisse 2011 mittlerweile über die erforderliche Min-
Dr. Marlies Volkmer (SPD):
destreserve von 25 Prozent einer Monatsausgabe. Des-
Frau Staatssekretärin, Tatsache ist, dass die Bundes- halb schließen wir uns der Meinung der Wissenschaftler
regierung der spektakulären Pleite der City BKK zu an, dass derzeit Veränderungen nicht notwendig sind.
lange tatenlos zugesehen hat, mit all den entwürdigen-
den Begleiterscheinungen insbesondere für ältere Men-
schen, die sich plötzlich eine neue Krankenversicherung Vizepräsident Eduard Oswald:
suchen mussten. Weitere Kassenschließungen sind nicht Ich rufe die zweite dringliche Frage der Kollegin
auszuschließen. Dr. Marlies Volkmer auf:
Wie steht die Bundesregierung zu den Empfehlungen des
Meine Frage ist: Hat die Bundesregierung Informatio- Wissenschaftlichen Beirates zur Weiterentwicklung des Risi-
nen über die Höhe der Unterdeckung, die die City BKK kostrukturausgleichs, die dieser in seinem jetzt veröffentlich-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15147
Vizepräsident Eduard Oswald
(A) ten Gutachten macht, insbesondere zu den Fragen der Begren- Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin (C)
zung der Krankheiten im Risikostrukturausgleich und des beim Bundesminister für Gesundheit:
Methodenfehlers bei den Versicherten, die im laufenden Jahr
die gesetzliche Krankenversicherung verlassen? Zunächst einmal darf ich darauf hinweisen, dass der
Wissenschaftliche Beirat in seinem Gutachten sowohl
Bitte schön, Frau Widmann-Mauz. eine Verringerung als auch eine Ausweitung der Zahl der
Krankheiten evaluiert hat. Auch hier hat er keine Verän-
Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin derungen empfohlen, weder eine Reduzierung der Zahl
beim Bundesminister für Gesundheit: der zu berücksichtigenden Krankheiten noch eine Kom-
Frau Kollegin Volkmer, in seinem Bericht kommt der plettierung der Zahl der zu berücksichtigenden Erkran-
Wissenschaftliche Beirat zur Weiterentwicklung des kungen. Da es sich um namhafte Professoren wie Profes-
Risikostrukturausgleichs zu dem Ergebnis, dass keine sor Wasem und Professor Wille handelt, die schon die
wesentlichen Änderungen am derzeitigen Risikostruk- Vorgängerregierungen hilfreich beraten haben, haben
turausgleich vorzunehmen sind. Der derzeitige Risiko- wir keinerlei Zweifel an den Aussagen, die vom Wissen-
strukturausgleich wirke zielgerichteter als der bis in das schaftlichen Beirat getroffen wurden. Im Übrigen darf
Jahr 2008 geltende Risikostrukturausgleich. Vor diesem ich daran erinnern, dass der geltende morbiditätsorien-
Hintergrund besteht derzeit kein unmittelbarer Bedarf an tierte Risikostrukturausgleich auf die Beschlusslage der
grundlegenden Änderungen. Hier soll zunächst die Er- Großen Koalition, also nicht nur der SPD, sondern auch
fahrungsgrundlage mit weiteren Jahresergebnissen aus der Unionsfraktion, in der letzten Legislaturperiode zu-
dem neuen morbiditätsorientierten Risikostrukturaus- rückgeht.
gleich verbreitert werden.
Vizepräsident Eduard Oswald:
Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. – Hierzu gibt es eine Nachfrage der
Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin. Frau Kollegin Maria Klein-Schmeink.
(A) Elke Ferner (SPD): gebnissen aus dem neuen Morbi-RSA verbreitert wer- (C)
Frau Widmann-Mauz, Sie haben eben gesagt, dass die den.
Ausweitung der Zahl der Krankheiten von der Großen
Koalition beschlossen worden ist, also nicht nur von der Vizepräsident Eduard Oswald:
SPD, sondern auch von der Union. Trifft es zu, dass die Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege Weinberg.
Union damals überhaupt keine Krankheiten im Rahmen
des Risikostrukturausgleichs berücksichtigen wollte,
Harald Weinberg (DIE LINKE):
während wir keine Begrenzung nach oben haben woll-
ten? Trifft es ferner zu, dass die Aussage, die Sie gerade Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Es hat einige
gemacht haben, nämlich dass die Sachverständigen Zeit gedauert, bis das Gutachten – die erste Fassung lag
keine Empfehlung gegeben haben, die Anzahl der bereits im Mai dieses Jahres vor – dann auch veröffent-
Krankheiten auszuweiten, im Widerspruch zu dem steht, licht worden ist. Meine Frage: Ist das Gutachten zumin-
was die Kollegin aus der Kurzzusammenfassung des dest dem BVA zeitnah nach Erstellung übermittelt wor-
Gutachtens vorgetragen hat? den? Konnte es damit auch zur Aktualisierung des
Morbi-RSA verwendet werden?
Herr Präsident, ich möchte für das Protokoll anmer-
ken, dass zumindest wir – ich hoffe aber, auch das Präsi- Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin
dium – der Frage nachgehen, ob ein Mitglied der Bun- beim Bundesminister für Gesundheit:
desregierung dem Parlament ordnungsgemäß und richtig Herr Kollege Weinberg, weil ich die Einzelheiten des
Auskunft gegeben hat oder nicht. Postversandes und die dazugehörigen Eingangs- und
Ausgangsstempel im Moment nicht im Kopf habe, bitte
Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin ich darum, diese Frage schriftlich beantworten zu dür-
beim Bundesminister für Gesundheit: fen.
Frau Kollegin, ich will noch einmal ausdrücklich er-
wähnen, dass der Wissenschaftliche Beirat keinen aku- Vizepräsident Eduard Oswald:
ten Handlungsbedarf sieht. Er hat verschiedene Szena- Sie haben das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage,
rien bewertet und durchgerechnet. Wir schließen uns der Herr Kollege Weinberg.
Meinung, dass kein akuter Handlungsbedarf besteht, an.
Dies schließt nicht aus, dass wir in einigen Jahren nach Harald Weinberg (DIE LINKE):
der Auswertung des neuen morbiditätsorientierten Risi-
Auch wenn Sie jetzt dargestellt haben, dass das Gut-
kostrukturausgleichs aufgrund einer größeren Erfahrung
achten des Wissenschaftlichen Beirates mehrere Szena-
(B) zu neuen Erkenntnissen kommen. Der neue morbiditäts- rien beinhaltet, kommt man in diesem Gutachten zu Er- (D)
orientierte Risikostrukturausgleich beruht auf Daten, die
gebnissen, die wesentlich anders sind als das, was in
innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums erhoben wor-
Ihrem Koalitionsvertrag enthalten ist. Dort wird nämlich
den sind. Deshalb werden wir diesen Bereich weiterhin
im Prinzip eine Reduzierung der Anzahl der im Morbi-
aufmerksam beobachten und die Diskussion mit dem
RSA zu berücksichtigenden Krankheiten angestrebt.
Parlament weiter führen.
Gehe ich recht in der Annahme, dass wir zumindest auf
der Basis dieses Gutachtens nicht zu erwarten haben,
Vizepräsident Eduard Oswald: dass es zu einer weiteren Reduzierung kommt?
Ich rufe die dringliche Frage 3 des Kollegen Harald
Weinberg auf: Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU):
Warum sieht die Bundesregierung keinen Handlungsbe- Das Ziel der Bundesregierung ist es, einen Risiko-
darf, obwohl das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates strukturausgleich zu etablieren, der zielgerichtet und so
zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs gravie-
rende Mängel darlegt, die unter anderem auf einer zu geringen unbürokratisch wie möglich ist. Ich habe Ihnen gegen-
Anzahl der zugrunde gelegten Krankheiten und der mangeln- über ausgeführt, dass die Zielgerichtetheit des morbidi-
den, aber international empfohlenen Einbeziehung verstorbe- tätsorientierten Risikostrukturausgleichs wesentlich bes-
ner Versicherter beruhen und damit zu Überdeckungen für ser ist als die des alten Risikostrukturausgleichs. Daher
junge und gesunde Versicherte sowie bestimmte Regionen
führen, und liegen der Bundesregierung Daten darüber vor,
sind wir diesem Ziel bereits deutlich näher gekommen.
wie hoch die Unterdeckung der City BKK im Jahre 2009 war? Wir werden die weiteren Erfahrungen mit den entspre-
chenden Jahresergebnissen auswerten, auch im Lichte
dessen, was der Wissenschaftliche Beirat für diesen kur-
Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin
zen Zeitraum erarbeitet hat.
beim Bundesminister für Gesundheit:
Sehr geehrter Herr Kollege Weinberg, in seinem Be-
richt zum Risikostrukturausgleich hat der Beirat emp- Eduard Oswald (CDU/CSU):
fohlen, keine wesentlichen Änderungen am derzeitigen Vielen Dank. – Im Anschluss an die Fragen des Kol-
Risikostrukturausgleich vorzunehmen. Der derzeitige legen Weinberg möchte unsere Kollegin Dr. Marlies
Risikostrukturausgleich wirke zielgerichteter als der bis Volkmer eine Nachfrage stellen.
2008 geltende Risikostrukturausgleich. Vor diesem Hin-
tergrund sieht die Bundesregierung keinen unmittelbaren Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Bedarf an grundlegenden Änderungen; vielmehr soll zu- Der Wissenschaftliche Beirat plädiert in seinem Eva-
nächst die Erfahrungsgrundlage mit weiteren Jahreser- luationsbericht dafür, die berücksichtungsfähigen Leis-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15149
Dr. Marlies Volkmer
(A) tungsausgaben zukünftig nicht mehr über Stichproben, infolge des Risikostrukturausgleichs zu rechnen sei, (C)
sondern über eine Vollerhebung zu ermitteln. In diesem entbehrt jeder Grundlage. Ich habe Ihnen die Gesamt-
Bericht steht, dies könne ohne Rechtsänderung vom ergebnisse der Finanzsituation, auch was die Mindest-
Bundesversicherungsamt und dem GKV-Spitzenverband rücklagen anbelangt, vorhin dargestellt. Wir sehen kei-
vereinbart werden. Werden Sie entsprechende Verfah- nen Zusammenhang zwischen der Situation einzelner
rensänderungen unterstützen? Krankenkassen und dem Risikostrukturausgleich.
(A) Ulrich Kelber (SPD): Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): (C)
Frau Staatssekretärin, vielleicht sind Sie bei einer Herr Präsident, in diesem Falle keine Nachfrage. Es
anderen Frage zu einer konkreten Antwort bereit. Teilen hat sich sehr deutlich gezeigt, dass die Staatssekretärin
Sie meine Ansicht, dass es zumindest bei den stillgeleg- nicht in der Lage ist, die Fragen, die ihr gestellt werden,
ten deutschen Atomkraftwerken, die in der Frage des zu beantworten. Ich beantrage deswegen die Herbeiru-
Abklingbeckens dem Fukushima-Reaktortyp gleichen fung des Umweltministers.
– das Abklingbecken liegt außerhalb des inneren Con-
tainments –, richtig wäre, die Brennstäbe nach aus tech- Vizepräsident Eduard Oswald:
nischer Sicht kürzestmöglicher Zeit, also in etwa fünf Zunächst darf ich den Kollegen Grund und die Parla-
Jahren, aus dem offenen Abklingbecken herauszuneh- mentarische Staatssekretärin zu mir bitten. – Wie ist der
men und in Castorbehältern in ein Zwischenlager zu Umweltminister – –
bringen?
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Er ist nicht entschuldigt!)
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit: Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
Herr Kollege Kelber, auch dazu macht die ESK in ih- desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
rer Stellungnahme Aussagen. Es wird geprüft, inwiefern heit:
technische Voraussetzungen erfüllt werden. Das ist zum Das kann ich nicht sagen. Ich bin ja hier, um die Fra-
jetzigen Zeitpunkt aber nicht zu sagen. Fakt ist, dass wir gen zu beantworten. Insofern halte ich das Ganze für et-
eine Abklingphase brauchen. Fakt ist auch, dass es Ver- was überzogen; aber das muss die Opposition selbst wis-
änderungen bei der Genehmigung geben wird. Es ist die sen.
Aufgabe der nächsten Zeit, diese zu erarbeiten und zu (Die Parlamentarischen Geschäftsführer bege-
überprüfen, inwiefern sie überhaupt erforderlich sind. ben sich zum Präsidium)
Ich bin mir sicher, dass wir eine solche Überprüfung bin-
nen fünf Jahren bewerkstelligen können.
Vizepräsident Eduard Oswald:
(Ulrich Kelber [SPD]: Es ist eine Verhöhnung Die Beratungen der Geschäftsführer haben ergeben,
des Parlaments, diese Staatssekretärin hierher dass der Wunsch nach Herbeizitierung des Bundesum-
zu schicken! Fachkenntnis wäre manchmal weltministers bestehen bleibt.
ganz angebracht für eine Staatssekretärin!)
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
(B) (D)
Vizepräsident Eduard Oswald: Insofern ist dies ein Antrag der Oppositionsfraktionen.
Ich lasse darüber abstimmen. Wer für diesen Antrag ist,
Jetzt kommt die Nachfrage unseres Kollegen Ralph
den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Es
Lenkert.
ist eindeutig: Die Mehrheit ist für diesen Antrag. Inso-
fern müssen wir die Sitzung unterbrechen und den
Ralph Lenkert (DIE LINKE): Minister herbeizitieren.
Frau Staatssekretärin, die Stellungnahme ist uns be-
kannt, nicht nur Ihnen. Meine Frage lautet: Planen Sie Die Sitzung ist unterbrochen.
einen maximalen Zeitraum, in dem das abgeschlossen (Unterbrechung von 14.30 bis 14.32 Uhr)
sein soll, nicht dass irgendwann einmal ein Unterneh-
men aufhört, zu existieren, und die gesamten Kosten Vizepräsident Eduard Oswald:
beim Steuerzahler landen? Deshalb stelle ich die expli-
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sitzung ist wie-
zite Frage: Innerhalb welchen Zeitraums planen Sie zum
der eröffnet.
Beispiel die Abklingbecken außer Betrieb zu nehmen,
nachdem ein Atomkraftwerk stillgelegt worden ist? Wir haben die Situation mit den Fraktionsgeschäfts-
führern erörtert. Wir haben die Information erhalten,
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun- dass sich der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz
desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- und Reaktorsicherheit bei der Feierstunde zum 60-jähri-
heit: gen Bestehen des Bundesverfassungsgerichts in Karls-
ruhe aufhält, was dem Präsidium und auch den Fraktio-
Herr Kollege Lenkert, wir planen nicht, Abklingbe-
nen nicht bekannt war. Insofern ist ein Herbeizitieren
cken außer Betrieb zu nehmen. Abklingbecken und ent-
nicht möglich.
sprechende Sicherheitsvorkehrungen werden so lange in
Betrieb sein, wie es sicherheitstechnisch erforderlich ist. Wir setzen die Fragestunde fort. – Ich rufe die Frage 7
des Abgeordneten Manfred Nink auf:
(Ulrich Kelber [SPD]: Genau darum ging doch
Welche Ergebnisse der Prüfung des französischen Atom-
die Frage! Sie müssen die Frage zumindest
kraftwerkes Cattenom durch die französische Atomaufsichts-
verstehen!) behörde bei der Kontrolle im August dieses Jahres, die im
Rahmen des europäischen Stresstests stattfand, sind der Bun-
desregierung bekannt, und wie bewertet die Bundesregierung
Vizepräsident Eduard Oswald: die Tatsache, dass – wie Medien in der 38. Kalenderwoche be-
Eine Nachfrage der Frau Kollegin Dr. Enkelmann. richteten – der französische Betreiber EDF das Kraftwerk
15154 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Bitte schön, Frau Staatssekretärin. (Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Mitte 2011 ist
vorbei!)
(A) Dr. Matthias Miersch (SPD): Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun- (C)
Frau Staatssekretärin, können Sie mir die Frage be- desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
antworten, wie ein Paragraf, der § 7 d des Atomgesetzes, heit:
ein Regelwerk, das aus über 1 100 Seiten besteht, erset- Der qualitative Fortschritt ist die Dynamik; auch das
zen soll? habe ich bereits gesagt. Es muss nach dem Stand von
Wissenschaft und Technik nachgerüstet werden.
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- Vizepräsident Eduard Oswald:
heit: Eine weitere Nachfrage der Frau Kollegin Ute Vogt.
Herr Kollege Miersch, Sie haben mich falsch verstan-
den, wenn Sie meinen, dieser Paragraf könne das Regel- Ute Vogt (SPD):
werk ersetzen. Der Prozess, den wir damit in Gang ge- Frau Staatssekretärin, wir bitten Sie, für uns zu präzi-
setzt haben, führt allerdings zu einer Qualifizierung: von sieren, wie Sie den Stand von Wissenschaft und Technik
„statisch“ zu „dynamisch“. Früher war es so, dass ein be- einfordern wollen, wenn die dazu erforderliche Rechts-
stimmter Stand galt. Jetzt muss der Stand unabhängig grundlage nicht veröffentlicht ist.
davon, was eine Regierung entscheidet und was in einem
Regelwerk festgelegt ist, nach dem Stand von Wissen- Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
schaft und Technik weiterentwickelt werden. Dieser Pro- desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
zess führt dazu, dass auch Maßnahmen, die nicht zwin- heit:
gend vorgeschrieben sind, geprüft und berücksichtigt
Frau Kollegin Vogt, zwischen dem Bund und den
werden müssen. Dies ist ein qualitativer Fortschritt, der
Landesbehörden laufen permanent Gespräche. Ich habe
der Sicherheit der Bevölkerung und der Sicherheit der
den Prozess eben ausführlich beschrieben. Nehmen Sie
Kernkraftwerke in Deutschland dient.
doch bitte zur Kenntnis, dass dieser Prozess der Weiter-
entwicklung und der Inkraftsetzung des kerntechnischen
Vizepräsident Eduard Oswald: Regelwerks inklusive der Einführung von § 7 d Atomge-
Frau Kollegin Dr. Bärbel Kofler stellt ihre zweite setz nicht mit einem bestimmten Tag beendet, sondern
Nachfrage zu Frage 9. fortwährend ist. Zu diesem Prozess gibt es noch keinen
konkreten Abschluss.
Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Können Sie die Aussagen, die Sie gerade zum Stand Vizepräsident Eduard Oswald:
(B) des kerntechnischen Regelwerks gemacht haben, präzi- Keine weitere Nachfrage dazu. (D)
sieren? Aus unserer Sicht haben Sie sich selbst nämlich Ich rufe die Frage 10 der Kollegin Dr. Kofler auf:
gerade ein bisschen widersprochen.
Wie wird die von der Bundesregierung angekündigte wei-
tere Überprüfung der heute noch betriebenen Atomkraftwerke
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun- auf Konsequenzen aus den Erfahrungen mit der Havarie erfol-
desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- gen – bitte mit Datumsangabe –, und welche Vorbereitungen
sind in diesem Kontext seit der Vorlage des Sonderprüfbe-
heit: richts der Reaktor-Sicherheitskommission getroffen worden?
Vielleicht ist es eher so, Frau Kollegin Kofler, dass es
für Sie schwierig ist, zu akzeptieren, dass es diese Bun- Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
desregierung war, die die sicherheitstechnischen Wei- desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
chen hin zu mehr Sicherheit gestellt hat. heit:
Ich erläutere es Ihnen gerne noch einmal. Bis Ende Für die Überprüfung der weiter betriebenen Kern-
2010 haben die atomrechtlichen Behörden ihre Erfah- kraftwerke – auch hinsichtlich der sich nach dem Unfall
rungsberichte vorgelegt. Die praktische Anwendbarkeit in Fukushima ergebenen Erkenntnisse und Risikobeur-
wurde geprüft. Teilweise wurde sie bestätigt, teilweise teilungen – sind die atomrechtlichen Aufsichtsbehörden
wurden weitere Vorschläge zur Überarbeitung vorgelegt. der Bundesländer zuständig. Das Bundesministerium für
Auf dieser Grundlage und nach entsprechenden Fachge- Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wird die
sprächen erfolgt die Überarbeitung. Damit tragen wir entsprechenden Verfahren begleiten.
auch dem Anliegen, das Sie gerade formuliert haben, Zusammen mit den zuständigen Aufsichtsbehörden
Rechnung.
der Länder hat das BMU am 24. Mai 2011 beschlossen,
die RSK mit der Fortsetzung der Beratung zu beauftra-
Vizepräsident Eduard Oswald: gen. Daneben hat es die zuständigen Aufsichtsbehörden
Es gibt hierzu eine weitere Nachfrage. – Bitte schön, der Länder mit Schreiben vom 20. Juni 2011 gebeten,
Herr Kollege. die von der RSK in ihrer Stellungnahme aufgezeigten
Empfehlungen umzusetzen und die offenen Punkte bei
Gerd Bollmann (SPD): den in ihrer aufsichtlichen Zuständigkeit liegenden
Kernkraftwerken zu klären.
Frau Staatssekretärin, ist es richtig, dass in § 7 d des
Atomgesetzes nur die Dinge beschrieben werden kön- Derzeit erfolgt die entsprechende Prüfung bei den zu-
nen, die im kerntechnischen Regelwerk enthalten sind? ständigen Behörden. Sobald sich insbesondere aus den
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15159
Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche
(A) Beratungen der RSK weitere Erkenntnisse ergeben, wird Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun- (C)
das BMU entsprechende Maßnahmen mit den zuständi- desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
gen Behörden beraten. heit:
Herr Kollege Miersch, niemand bestreitet die Not-
Vizepräsident Eduard Oswald: wendigkeit des kerntechnischen Regelwerkes. Trotzdem
Eine Nachfrage, Frau Kollegin Kofler. dauert der Prozess, weil sich Anforderungen verändern
bzw. neu ergeben. Wir haben gerade nach Fukushima
noch einmal eine umfangreiche Neubewertung, Neuzu-
Dr. Bärbel Kofler (SPD): sammenstellung und auch -kombination von Risiken
Das war auch wieder ein wenig wie bei den Antwor- vorgenommen. Deshalb bitte ich Sie, zu respektieren,
ten, die ich vorher bekommen habe. Wenn man nach dass bei dem Dialogprozess, dessen Umsetzung Sie viel-
konkreten Zeiträumen fragt, dann erhält man die Ant- leicht beschleunigen möchten, immer wieder eine Rück-
wort, es sei ein Prüfauftrag erteilt worden. kopplung mit den Ländern und Betreibern erfolgen
Es stellt sich natürlich schon die Frage, was jetzt in muss.
Bezug auf die Länderaufsicht konkret passieren soll. Die
bayerische Atomaufsicht hat sich bei der Revision eines Vizepräsident Eduard Oswald:
Risses in einem Rohr im AKW Grafenrheinfeld – ich Kollege Kelber stellt die letzte Nachfrage.
sage es einmal flapsig – nicht mit Ruhm bekleckert und
auf Zeit gespielt. Kommt das in Zukunft, wenn Ihre Ulrich Kelber (SPD):
Prüfaufträge abgeschlossen sind und Sie sich mit den Der Bundesumweltminister hat sowohl am 28. Okto-
Ländern ins Benehmen gesetzt haben, dann nicht mehr ber – betreffend die Laufzeitverlängerung für Atom-
vor? Wird dadurch vermieden, dass solche Fälle wie der kraftwerke – als auch am 30. Juni – betreffend Rück-
von Grafenrheinfeld noch einmal vorkommen? nahme der Laufzeitverlängerung – angekündigt, dass
(Ulrich Petzold [CDU/CSU]: Riss in einem eine konkrete, mit Jahreszahlen versehene Nachrüs-
Rohr: So ein Quatsch!) tungsliste für alle verbleibenden Atomkraftwerke und
auch für die abgeschalteten – wenn es in den dortigen
Bereichen der Sicherheit vorgesehen ist – vorgelegt
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
wird. Dazu habe ich eine Nachfrage: Wann wird sich die
desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
Bundesregierung eine Meinung gebildet haben, ob bei
heit:
den abgeschalteten Atomkraftwerken, bei denen das Ab-
Wir befinden uns mit den Ländern in einem laufenden klingbecken mit den Brennelementen außerhalb des Si-
(B) Erörterungsprozess, der auch eine baldige Umsetzung cherheitscontainments liegt, Nachrüstungen oder auch (D)
der sogenannten Nachrüstliste umfasst. Aus dem eben technische Veränderungen durchgeführt werden müs-
dargestellten Prozess ergeben sich dann auch weitere sen? Das soll spätestens in fünf Jahren erledigt sein. Von
Anforderungen. daher interessiert es mich, ob das innerhalb dieser fünf
Jahre passieren wird.
Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Dann frage ich jetzt noch einmal nach: Welche kon- Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
kreten weiteren Anforderungen sind das? desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit:
Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun- Herr Kollege Kelber, zur Nachrüstliste habe ich so-
desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- wohl der Kollegin Kofler als auch gerade dem Kollegen
heit: Miersch gesagt, dass wir uns mit den Ländern in einem
Frau Kollegin, das kann ich Ihnen an dieser Stelle Prozess befinden. Die Nachrüstliste soll umgesetzt wer-
nicht beantworten. Ich würde Ihnen gerne einen schriftli- den. Ich kann Ihnen aber nicht genau sagen, welche
chen Bericht zur Verfügung stellen. Maßnahme in welchem Kraftwerk zu welchem Zeit-
punkt umgesetzt werden kann. Wir befinden uns immer
Vizepräsident Eduard Oswald: noch in einem Erörterungsprozess mit den Bundeslän-
Vielen herzlichen Dank. – Kollege Dr. Miersch hat dern, weil es unterschiedliche Auffassungen gibt. Auch
noch eine Nachfrage. das gehört zu einem Diskussionsprozess.
Bevor Sie mich jetzt fragen, wo es unterschiedliche
Dr. Matthias Miersch (SPD): Auffassungen gibt bzw. für welches Kraftwerk wir wel-
Frau Staatssekretärin, vor dem Hintergrund, dass Sie che Maßnahme möglicherweise diskutiert, verworfen
mit den Ländern in Kontakt sind, um gegebenenfalls Si- oder doch genehmigt haben, schlage ich vor, Ihnen, so-
cherheitsanforderungen auf der Grundlage der Forderun- bald es möglich ist, etwas Schriftliches zur Verfügung zu
gen der Reaktor-Sicherheitskommission zu formulieren, stellen. Ansonsten bleibt es bei meinen schon bisher ge-
frage ich Sie: Halten Sie es nicht für notwendig, dass gebenen Antworten.
man gerade diesbezüglich noch einmal für eine Klarstel-
lung der Rechtsgrundlagen sorgt, und ist insofern nicht Vizepräsident Eduard Oswald:
die Inkraftsetzung des kerntechnischen Regelwerks von Vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir
ganz erheblicher Bedeutung? behandeln gerade den Geschäftsbereich des Bundes-
15160 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
(A) Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundes- Dr. Sascha Raabe (SPD): (C)
minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- Frau Staatssekretärin, was den ersten Teil Ihrer Ant-
wicklung: wort angeht, habe ich Sie so verstanden, dass das Volu-
Herr Kollege Raabe, ich möchte vorweg sagen, dass men in den letzten zwei Jahren im Prinzip relativ kon-
wir mit Mitteln des Haushaltstitels 687 11 nicht Unter- stant geblieben ist. Wie verträgt sich das mit der Aussage
nehmen direkt fördern, das heißt, hier werden keine Sub- des Ministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
ventionen gezahlt, sondern Entwicklungspartnerschaften Entwicklung, dass die Privatwirtschaft unter seiner
und Machbarkeitsstudien finanziert, zu denen Unterneh- Ägide besonders profitiert und dass sie zum Aufbau in
den Entwicklungsländern beiträgt? Durch seine sämtli-
men mindestens 50 Prozent der Gesamtkosten beitragen.
chen Konzepte zieht sich das Motto: Wirtschaft, Wirt-
Seit 2010 wurden aus dem Haushaltstitel, den ich eben schaft, Wirtschaft. Steht das nicht im Widerspruch dazu,
nannte, für Entwicklungspartnerschaften mit der Wirt- dass in diesem Bereich anscheinend gar nicht so viel ge-
schaft etwa 54 Millionen Euro vertraglich belegt. Es gibt schehen ist?
hier eine Aufstellung von Einzelprojekten, nämlich 216
an der Zahl, die in diesem Zeitraum mit Unternehmen
eingegangen wurden. Diese Liste liegt mir im Detail vor. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundes-
Ich biete Ihnen an, Ihnen diese zur Einsicht zur Verfü- minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung:
gung zu stellen.
Herr Kollege Raabe, ich verstehe Ihre Skepsis gegen-
über der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft nicht
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: wirklich. Allein im Titel „Ministerium für wirtschaftliche
Herr Raabe, eine Nachfrage? – Das ist nicht der Fall. Zusammenarbeit und Entwicklung“ drückt sich doch ei-
gentlich aus, wie wertvoll die Privatwirtschaft ist. Sie
Ich rufe die Frage 26 des Kollegen Sascha Raabe auf: wissen sicher auch, dass unsere Haushaltsansätze nicht
annähernd reichen, um die Entwicklungsarbeit zu leisten,
Um wie viel Prozent ist die Zahl der Anträge auf eine För-
die wir gerne leisten würden. Das heißt, wir brauchen
derung aus dem Haushaltstitel 687 11 „Entwicklungspartner-
schaft mit der Wirtschaft“ des Einzelplans 23 und das tatsäch- Partner. Partner sind auf der einen Seite die Zivilgesell-
lich abgerufene Volumen aus dem Titel 687 11 in den schaft und auf der anderen die Privatwirtschaft. Dass es
vergangenen zwei Jahren angestiegen, und wie bewertet das eine große Nachfrage nach unseren Projekten gibt – nach
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Projekten, mit denen wir eine Kooperation anbieten –,
Entwicklung die Nachfrage nach Förderungen aus dem Titel finde ich positiv. Ich sehe darin überhaupt nichts Negati-
seitens der Wirtschaft?
ves. Auf diese Weise gelingt es uns, Investitionen in Ent-
wicklungsländern in erheblichem Umfang zu generieren
(B) Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundes- und somit Entwicklung voranzutreiben. Ich bitte Sie, das (D)
minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- auch einmal von der positiven Seite zu sehen.
wicklung:
Herr Kollege Raabe, die Nachfrage nach Förderung Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
aus dem Haushaltstitel 687 11 „Entwicklungspartner- Dafür haben Sie jetzt noch eine Zusatzfrage.
schaften mit der Wirtschaft“ des Einzelplans 23 ist mit (Heiterkeit)
Einführung des Ideenwettbewerbs vom Januar 2009 ge-
stiegen und in den vergangenen zwei Jahren 2010, 2011
auf dem gleichen Niveau geblieben. Dr. Sascha Raabe (SPD):
Frau Staatssekretärin, ich glaube, Sie haben meine
Das tatsächlich abgerufene Volumen aus dem genann- erste Frage völlig missverstanden. Ich wollte gerade da-
ten Titel ist in den vergangenen zwei Jahren ebenfalls rauf hinweisen, dass Entwicklungsminister Niebel im-
gleich geblieben, weil die Mittel immer voll abgerufen mer betont, dass die vorige Regierung die Zusammenar-
wurden. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zu- beit mit der Wirtschaft vernachlässigt habe und dass er
sammenarbeit und Entwicklung bewertet es als äußerst es viel besser mache. Ihre Antwort hat gerade bestätigt,
positiv, dass die Nachfrage der Unternehmen nach einer dass der Umfang dieser Zusammenarbeit in den letzten
Kooperation mit dem BMZ die Höhe der verfügbaren zwei Jahren im Prinzip konstant geblieben ist. Natürlich
Fördermittel übersteigt und somit ein Wettbewerb um haben wir zu unserer Regierungszeit gesehen, dass diese
die besten Vorschläge stattfindet. Zusammenarbeit durchaus positive Effekte haben kann.
Mich wundert, dass Minister Niebel immer so tut, als sei
Für uns ist neben der Anzahl der Förderanträge vor das jetzt sein neues Instrument; schließlich hat sich im
allem die Qualität entscheidend. Auch in dieser Hinsicht Prinzip faktisch gar nichts getan. Ich vermute, Sie haben
bewertet das BMZ es positiv, dass in den vergangenen bei der Beantwortung meiner Frage das abgelesen, wo-
zwei Jahren die Zahl der strategischen Allianzen gestie- von Sie glaubten, dass ich es hören will. Meine eigentli-
gen ist, dass also mehr groß angelegte Entwicklungspart- che Frage zielte aber auf etwas anderes.
nerschaften mit einer besonderen Breitenwirksamkeit
eingegangen werden konnten. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundes-
minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung:
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich habe bei der Beantwortung des zweiten Teils Ihrer
Sie haben eine Nachfrage, Herr Raabe. Bitte sehr. Frage nicht abgelesen; darauf weise ich ausdrücklich hin.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15165
Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp
(A) Die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft ist et- Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär beim Bun- (C)
was, was wir als neue Bundesregierung enorm propagie- desminister für Wirtschaft und Technologie:
ren. Eine solche Zusammenarbeit hat es in den elf Jahren Frau Präsidentin, ich würde gern die Fragen 31 und 32
zuvor nicht gegeben. Wir sprechen jetzt von Mitteln, die zusammen beantworten, weil sie in einem engen Zusam-
wir im Rahmen eines Ideenwettbewerbs vergeben, weil menhang stehen.
die Nachfrage danach so groß ist. Das belegt eigentlich
den positiven Aspekt, also auch den erzielbaren Erfolg. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Es gibt viele andere Projekte, die wir gemeinsam mit Dann rufe ich auch die Frage 32 der Kollegin Nestle
der Privatwirtschaft verfolgen. Ich glaube, dass das der auf:
richtige Weg ist, um in Zukunft mehr Geld für die Ent- Inwiefern greift eine pauschale Förderung von Kraftwer-
wicklungszusammenarbeit zu erhalten, aber auch um ken mit 15 Prozent der Investitionssumme weniger in den
Markt ein als ein Kapazitätsmarkt, den der Bundesminister
mehr Wirksamkeit zu bekommen, Stichwort „Wettbe- Dr. Philipp Rösler aufgrund seines tiefen Eingriffs in die
werb um die Gelder“. Das ist einleuchtend, jedenfalls für Marktmechanismen beim EU-Ratstreffen der Wirtschafts-
uns. und Energieminister in Breslau abgelehnt hat?
Ulrich Kelber
(A) transport anstehen und wie viele Castoren dafür benötigt dern erreichen wollen. Aber auch die Zivilgesellschaft (C)
werden? Wenn ja: bis wann? soll in diesen Prozess integriert werden.
Zweitens. Teilen Sie angesichts der Tatsache, dass Im Rahmen des Energiekonsenses haben wir ange-
mehrere der abgeschalteten deutschen Atomkraftwerke kündigt, dass wir bis zum Ende des Jahres einen Gesetz-
den Fukushima-Reaktoren dergestalt ähneln, dass das entwurf vorlegen wollen. Aber entscheidend ist, dass
Abklingbecken außerhalb des inneren Sicherheitscon- das, was wir vorlegen, auch Ausdruck des Konsenses,
tainments liegt, meine Meinung, dass es sinnvoll wäre, den wir erreichen, sein muss und sein wird. Wir werden
in diesen Fällen den Verbleib im Abklingbecken auf die nicht einseitig etwas auf den Tisch legen, sondern wir
technisch notwendigen fünf Jahre zu reduzieren? werden uns bemühen, einen gemeinsamen Konsens zu
erarbeiten und die Ergebnisse dann hier vorzulegen.
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit: Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Noch einmal: Acht Kernkraftwerke sind in der Tat Herr Lenkert, bitte.
nicht mehr am Netz. Sukzessive werden wir zur Beendi-
gung der wirtschaftlichen Nutzung der Kernenergie
kommen. Die Kernkraftwerke werden aber nicht einfach Ralph Lenkert (DIE LINKE):
abgeschaltet, sondern es schließt sich ein Rückbau- und Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Bundesminis-
Entsorgungskonzept an, das erarbeitet bzw. entwickelt ter, ich möchte bezüglich der Betriebsdauer nachfragen.
wird. Es wird sich an dem Standard des sicherheitstech- Atomkraftwerke sind im Durchschnitt auf 40 Jahre Be-
nischen Optimums orientieren; das ist der Maßstab, der triebsdauer ausgelegt. Jetzt kommen noch fünf Jahre
zu formulieren ist. Das ist klare und eindeutige Betrei- hinzu, die Zeit, in der die Brennelemente nachklingen
berpflicht. Dies unterliegt uneingeschränkt der Aufsicht müssen. Will die Bundesregierung eine maximale Ver-
der Länder als zuständige Behörden und auch der Auf- weilzeit in den Abklingbecken festlegen, um sicherzu-
sicht des Bundes, die er über die Länder ausübt. Der stellen, dass zwischenzeitlich nichts passiert?
Standard des sicherheitstechnischen Optimums wird Zur zweiten Frage. Sie haben gerade von der Beteili-
– wie schon für den Betrieb von Kernkraftwerken – gung der Zivilgesellschaft an dem Prozess der Endlager-
selbstverständlich auch für den Rückbau und die Entsor- suche gesprochen. Da würde mich ganz massiv interes-
gung der Maßstab für die Maßnahmen sein. sieren, ob Sie auch die Fachleute der entsprechenden
Bürgerinitiativen einbeziehen werden und ob die Einbe-
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: ziehung dann mit möglichen Vetorechten verbunden ist.
(B) Jetzt Frau Nestle, bitte. (D)
Vielen Dank.
Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Minister, Sie haben gerade gesagt, Sie würden Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
einen Plan für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Naturschutz und Reaktorsicherheit:
sichere Entsorgung vorlegen. Wann werden Sie diesen Zum ersten Punkt. Ich möchte noch einmal unterstrei-
Plan vorlegen, und wann werden Sie ein Endlagersuch- chen: Es geht darum, dass wir das sicherheitstechnische
gesetz vorlegen? Optimum realisieren. Wie sich das im Einzelnen dar-
stellt, kann hier noch nicht dargelegt werden. Der Maß-
stab aber ist klar: So, wie sich der Betrieb an dem Stand
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
von Sicherheit und Technik orientiert, werden sich auch
Naturschutz und Reaktorsicherheit:
der Rückbau und die Entsorgung an dem Stand von Si-
Ich habe nicht gesagt, dass wir den Plan vorlegen, cherheit und Technik orientieren. Das ist der Maßstab,
sondern ich habe gesagt, dass es Aufgabe der Kernkraft- der von den Betreibern einzuhalten und staatlicherseits
werksbetreiber ist, den Rückbau zu organisieren. Sie zu garantieren ist. Wie sich das technisch ausdrückt, ist
trifft auch die Pflicht der Entsorgung, die unter staatli- eine andere, auch technische Frage. Aber die politische
cher Aufsicht steht. Die staatliche Aufsicht wiederum Frage ist der Maßstab, und der Maßstab ist der, den ich
wird sich an dem sicherheitstechnisch realisierbaren Op- genannt habe.
timum als Maßstab orientieren. Das ist die Aussage
dazu. Der zweite Punkt ist: Selbstverständlich ist das ein
breiter Dialog. Alle Erfahrungen lehren uns, dass dieser
Zu Ihrer zweiten Frage, zum Endlagersuchgesetz. Wir
Dialog breit sein muss. Er soll auch breit sein, weil am
alle miteinander – das ist ein Novum – haben als Teil des Ende eine verantwortliche Entscheidung steht. Das
energiepolitischen Konsenses erreichen können, dass wir
Wichtigste ist, dass wir akzeptieren, dass das unser Müll
auch die Frage der Endlagerstandortsuche in einem Kon-
ist und dass es die politische Verantwortung dieser Gene-
sensverfahren regeln. Darum habe ich hier im Deutschen ration ist, radioaktive Abfälle sicher zu entsorgen. Das
Bundestag angekündigt, dass es dazu ein eigenes Gesetz
werden wir in der Gesellschaft mit den verantwortlichen
geben wird. Ich habe schon einige Elemente dargelegt,
Ländern und dem Bund entscheiden und klären.
nämlich die partizipatorische Beteiligung und die wis-
senschaftlichen Kriterien, die Teil des Gesetzes sein sol-
len. Weiterhin habe ich zum Ausdruck gebracht, dass wir Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
das im Konsens insbesondere zwischen Bund und Län- Frau Kotting-Uhl.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15169
(A) Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (C)
Ich nehme an, dass ich meine zwei Fragen nacheinan- Ich habe noch eine ganz konkrete Frage an Sie, die
der stellen darf. – Meine erste Frage: Sie sagten eben, es natürlich damit zu tun hat. Es muss eine Entscheidung
sei die Verantwortung dieser Generation, dafür zu sor- darüber herbeigeführt werden, ob man vom bisherigen
gen, dass der Atommüll sicher und verantwortungsvoll Konzept des baldigen Verschlusses abgeht und welches
gelagert wird. Wie lässt sich das mit den Aussagen Ihres Konzept man dann voranbringen möchte, ob man ein
Parteikollegen Ministerpräsident McAllister aus Nieder- Konzept der offengehaltenen Rückholbarkeit oder ein
sachsen vereinbaren, der sehr stark für die Rückholbar- Konzept der Bergbarkeit wählt. Das Versprechen der
keit plädiert, um sich – so vermute ich – des Problems Kanzlerin ist unterschiedlich verstanden worden.
Gorleben elegant zu entledigen und darüber nicht weiter Möchte sie – respektive möchten Sie – nun bis zum Jah-
diskutieren zu müssen? Rückholbarkeit heißt ja, dass resende ein Endlagersuchgesetz vorlegen, oder sollen
man die endgültige Entscheidung und damit auch die das nur Vorschläge sein, welche Schritte man gehen
Kontrolle sehr weit in die Zukunft verschiebt. kann? Diese Frage steht unbeantwortet im Raum. Des-
halb lautet meine konkrete Frage an Sie: Bedeutet dieses
etwas unklare Versprechen, dass es noch im Laufe dieses
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Jahres ein Endlagersuchgesetz geben wird, oder bedeutet
Naturschutz und Reaktorsicherheit:
es dies nicht?
Das heißt Rückholbarkeit nach unserem Verständnis
nicht. Das Kriterium der Rückholbarkeit und Bergung ist
kein neues Kriterium, sondern schon in der Diskussion. Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Aber das beinhaltet – nach unserem Verständnis, aber, Naturschutz und Reaktorsicherheit:
ich glaube, auch nach dem Verständnis des niedersächsi- Das Entscheidende an dem, was wir verabredet ha-
schen Ministerpräsidenten – ganz sicher nicht die ben, ist, dass wir versuchen wollen, darüber einen gesell-
Verschiebung der Entscheidung auf einen späteren Zeit- schaftlichen Konsens zu erzielen. Das ist der entschei-
punkt. Vielmehr bedeutet „Rückholbarkeit und Ber- dende Punkt. Wenn Sie meine Prämisse teilen, dass es
gung“, dass es eine Entscheidung für den Standort gibt, die Verantwortung dieser Generation, unserer Genera-
dass sie aber nicht unwiderrufbar sein soll, sondern dass tion, ist, dies zu entscheiden, dann, glaube ich, sind ge-
man offen für neue Erkenntnisse ist, die man in der Zu- sellschaftliche Akzeptanz und Konsensbildung eine Be-
kunft, in 30, 50 oder 80 Jahren, für die Behandlung von dingung dafür, dass wir unserer Verantwortung gerecht
radioaktiven Abfällen möglicherweise gewinnt. So er- werden. Das ist mein Maßstab. An diesem Maßstab wird
hält man sich die Möglichkeit, neue Erkenntnisse für die sich die Gesetzgebung orientieren. Das Ziel ist Konsens;
bessere Behandlung von Abfällen zu realisieren; das ist wir sind dabei, diesen zu bilden. Ich habe schon einige
(B) der eigentliche Sinn von Rückholbarkeit und Bergung. Vorschläge gemacht. Darüber wird in der Breite disku- (D)
Im Gegensatz dazu steht eine möglichst geschlossene, tiert werden, und dann müssen wir irgendwann zu Ent-
definitive Abschirmung von der Biosphäre. Man muss scheidungen kommen.
die Entscheidung wissenschaftlich und politisch abwä-
gen. Es geht aber nicht um eine Vertagung der Entschei- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
dung auf nächste Generationen; es ist mir wichtig, da- Herr Miersch.
rauf hinzuweisen.
Dr. Matthias Miersch (SPD):
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich möchte noch einmal daran anschließen; denn die
Frau Kotting-Uhl. Frage des Castortransports offenbart, dass es notwendig
ist, auch ein Konzept für die Endlagerung zu haben. Es
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
ist wichtig, ein Endlagersuchgesetz zu bekommen, das
hier einen Konsens herbeiführt. Deswegen lautet meine
Ich möchte im Nachklapp sagen: Wir sind uns sicher- konkrete Frage: Können Sie heute nicht mehr die Garan-
lich einig, dass Bergbarkeit und Rückholbarkeit keine tie geben, dass Sie noch in diesem Jahr einen Entwurf ei-
identischen Konzepte sind. nes Endlagersuchgesetzes im Kabinett vorlegen werden?
Ich habe Sie bislang so verstanden, dass Sie einen Ent-
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, wurf vorlegen und über den Gesetzentwurf dann dieses
Naturschutz und Reaktorsicherheit: Haus entscheidet.
Genau.
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Rückholbarkeit beinhaltet, dass man das Endlager of- Wir streben das an; aber wir wollen mit den Vorschlä-
fenlässt. Das ist dann schon eine Vertagung der Ent- gen, die wir machen, dem Konsens dienen. Darum muss
scheidung. das Gesetz den Konsens nicht herbeiführen, sondern das
Gesetz sollte den Konsens ausdrücken. Ich lade Sie ein
– das sage ich ganz deutlich –, daran mitzuwirken und
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, nicht nur zu warten, was andere vorlegen. Ich verstehe
Naturschutz und Reaktorsicherheit: Konsensbildung nicht so, dass der eine dem anderen
Nein, nein. sagt, wo er zustimmen soll. Konsens besteht vielmehr
15170 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
(A) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Zu den Fakten. Wohlgemerkt: 2003 hat das rot-grüne (C)
Naturschutz und Reaktorsicherheit: Bundeskabinett unter Kanzler Gerhard Schröder den
Der rechtliche Rahmen dafür existiert: Betreiber- Ausbau der A 100 in den Bundesverkehrswegeplan auf-
pflicht, Aufsicht der Länder, Aufsicht über die Bundes- genommen. 2003! Damals saß auch Renate Künast am
auftragsverwaltung der Länder durch den Bund. Das ist Kabinettstisch.
der rechtliche Rahmen, der in der Verfassungsordnung
vorgesehen ist. Er wird auch eingehalten; er ist Alltags- (Zurufe von der CDU/CSU: So ist das!)
und Verwaltungspraxis. In genau diesem Aufsichts- und Die A 100 wurde damals als Bestandteil der Projekt-
Pflichtenregime – als Ausgangspunkt sind zunächst ein- listen für den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen.
mal die Betreiber betroffen – wird der rechtliche An- Sie ist eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte für die
spruch und Maßstab erfüllt. Die Maßnahmen selber wer- deutsche Hauptstadt. Mit der Verlängerung der A 100
den sicher Jahre dauern – das steht außer Frage –, und wird der neue Flughafen in Schönefeld – BER – besser
sie werden nach diesem Kriterium von den Betreibern zu an Berlins Mitte und an den nördlichen Rand von Berlin
erfüllen sein. Die Erfüllung gemäß diesem Maßstab wird angebunden. Das gilt gleichzeitig auch für den Innova-
durch den Staat – Länder, Behörden und Bund – gewähr- tionsstandort Adlershof.
leistet sein.
Angesichts der 63 Milliarden Euro Schulden, die die
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: deutsche Hauptstadt derzeit zu schultern hat, kann es
sich Berlin nicht leisten, auf 420 Millionen Euro vom
Damit sind wir am Ende der Fragestunde.
Bund zu verzichten.
(Iris Gleicke [SPD]: Zweite Frage?)
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –
– Nein, eine zweite Frage ist nicht möglich. Wir sind Mechthild Rawert [SPD]: Das will Berlin auch
schon über die Zeit. gar nicht!)
Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Bereits jetzt reiben sich andere Länder für den Fall die
Aktuelle Stunde Hände, dass Berlin auf diese Realisierung verzichtet.
auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und (Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Richtig!)
FDP
Dann bringen andere Bundesländer nämlich ihre Infra-
Haltung der Bundesregierung zur Frage einer strukturprojekte voran, und Berlin hat einmal mehr das
Umlenkung von Verkehrsinvestitionsmitteln Nachsehen. Das wollen wir nicht.
des Bundes für die Autobahn A 100 auf andere
(B)
Verkehrsprojekte des Bundes in Berlin Berlin steht in den nächsten Jahren vor großen He- (D)
rausforderungen, um die Zukunft zu gestalten. Der zu-
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege künftige Berliner Senat muss verantwortungsbewusst
Kai Wegner für die CDU/CSU-Fraktion. und zum Wohle Berlins und der Menschen, die in der
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Hauptstadt leben, handeln. Der Bund nimmt seine Ver-
antwortung für die deutsche Hauptstadt wahr.
Kai Wegner (CDU/CSU): (Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: So ist es!)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Die Bundesregierung steht zum Ausbau der A 100.
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die christlich-
liberale Koalition hat heute diese Aktuelle Stunde bean- Hier gilt mein Dank dem Bundesverkehrsminister
tragt, um Fakten zu sortieren und eine angemessene Peter Ramsauer. Er hat in den letzten Tagen noch einmal
Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen. Es geht um klargestellt, dass der Bund zu diesem Projekt steht, dass
die Umlenkung von Investitionsmitteln des Bundes aus Mittel bereitstehen und, liebe Frau Rawert, dass diese
dem Bundesverkehrswegeplan. Die Aktualität begründet Mittel nicht umgelenkt werden können. Dafür bin ich
sich darin, dass ein wichtiges Projekt des Bundesver- Peter Ramsauer sehr dankbar. Wenn Sie mir oder der
kehrswegeplanes zu scheitern droht, nämlich der Ausbau Bundesregierung nicht glauben, dann glauben Sie doch
der A 100 in Berlin. dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses. Anton
Was mussten wir in den letzten Tagen in der Diskus- Hofreiter hat heute gesagt – nachzulesen in den Pots-
sion in den Medien nicht alles zur Kenntnis nehmen: damer Neuesten Nachrichten –: Ein Umschichten der
„Rot-grüne Geisterfahrt“, „Autobahn auf dem Parkstrei- Gelder für andere Berliner Projekte sei nicht möglich. –
fen“, „Rot-Grün in Berlin: Realsatire um die A 100“ bis Wo Herr Hofreiter recht hat, hat er recht.
hin zu „Irgendwie riecht das hier alles nach Comedy“. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Das ist wahrlich kein guter Start für Koalitionsverhand-
lungen und wahrlich auch kein gutes Zeichen für ver- Rot-Grün befindet sich beim Thema A 100 im Kreis-
lässliches Regierungshandeln in Berlin für die Zukunft. verkehr ohne Ausfahrt. Bei der A 100 gibt es keinen
Kompromiss. Entweder sie wird gebaut, oder sie wird
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie nicht gebaut. Das ist die ganze Wahrheit.
des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE] –
Mechthild Rawert [SPD]: Sie sind ja nur belei- Große Sorge umtreibt mich bei den unterschiedlichen
digt!) Interpretationen einiger Akteure. Der Regierende Bür-
15172 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Kai Wegner
(A) germeister sagt: Wenn die Mittel nicht umgeschichtet Spitze entschieden haben und der SPD den Regierungs- (C)
werden können, wird die A 100 gebaut. auftrag erteilt haben, den Sie verpasst haben.
(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Recht (Zuruf von der CDU/CSU: Darüber reden wir
hat er!) morgen!)
Der Vorsitzende der Fraktion der Grünen im Preußischen Wir haben sofort engagierte Politik gemacht und er-
Landtag bzw. im Berliner Abgeordnetenhaus sagt: Das gebnisoffene Sondierungsgespräche – bekanntermaßen
werden wir niemals unterschreiben. mit Ihnen, bekanntermaßen aber auch mit Bündnis 90/
Die Grünen – geführt, und wir haben uns verantwor-
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Chaostruppe!) tungsvoll entschieden. Wir stehen für eine verlässliche,
Das zeigt einmal mehr, dass sich Rot-Grün, bevor es los- vertrauensvolle und politisch tragfähige Politik im Inte-
gegangen ist, im Kreisverkehr ohne Ausfahrt befindet. resse aller Berlinerinnen und Berliner, und wir stehen
natürlich dafür, dass wir unser Berlin-Programm mög-
Die Grünen setzen auf Zeit. Sie wollen damit eine lichst breit umsetzen können.
Entscheidung für die A 100 umfahren. Dieser Trick wird Wir haben uns im SPD-Landesvorstand dafür ent-
aber nicht aufgehen. Berlin benötigt dringend Investitio- schieden, die Verhandlungen für eine Regierungsbildung
nen. Sämtliche Unternehmensverbände fordern den Aus- mit Bündnis 90/Die Grünen zu beginnen, und das ist gut
bau der A 100. Investitionen in Infrastruktur schaffen so. Der Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen hat
Arbeitsplätze, die diese Stadt so dringend braucht. Wir ebenfalls entschieden, mit uns zusammen in die Ver-
sollten nicht mehr so lange über das Ob diskutieren, son- handlungen für eine Regierungsbildung einzutreten, und
dern endlich darüber, wie wir die A 100 bauen: Wie kön- auch das ist gut so.
nen sich kleine und mittelständische Unternehmen an
der Ausschreibung beteiligen, um sich an dieser tollen Wir wollen gemeinsam eine leistungsfähige Infra-
Maßnahme des Bundes zu beteiligen und davon zu profi- struktur. Wir glauben, dass dies Voraussetzung und
tieren? Es geht also nicht so sehr um das Ob. Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg sowie soziale und
ökologische Gerechtigkeit in Berlin ist. Für diese origi-
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) nären Berliner Interessen gestalten wir gemeinsam eine
rot-grüne Zukunft.
Berlin benötigt eine moderne Infrastruktur, einen moder-
nen öffentlichen Personennahverkehr, aber eben auch ei- Ja, zu den strittigen Punkten im Berliner Wahlkampf
nen modernen Individualverkehr. und auch bei den Berliner Sondierungsgesprächen ge-
hörte der Ausbau der Bundesautobahn 100. Gemeint ist
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Berlin eine 3 Kilometer lange Autobahn zwischen Neukölln
(B) benötigt die Unterstützung des Bundes. Der Bund erwar- und Treptow. Wir reden über viel Geld: 420 Millionen (D)
tet zu Recht Verlässlichkeit auch vom Land Berlin. Ber- Euro.
lin braucht Stabilität, ganz bestimmt in den nächsten
fünf Jahren. (Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Die kann
Berlin gut gebrauchen!)
Herzlichen Dank.
Aber das Bemerkenswerte – darüber ärgern Sie sich
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) wahrscheinlich am meisten – ist: Rot-Grün war erfolg-
reich darin, eine Brücke zueinander zu bauen
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (Lachen bei der FDP sowie bei Abgeordneten
Mechthild Rawert hat jetzt das Wort für die SPD- der CDU/CSU)
Fraktion.
und einen Kompromiss zu finden, auf den sich beide
(Beifall bei der SPD) Partner einigen konnten.
Sowohl die SPD als auch die Grünen wollen diese
Mechthild Rawert (SPD): leistungsfähige Infrastruktur. Wir wollen dafür Mittel
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Liebe Kollegin- des Bundes einsetzen. Hier besteht absolute Einigkeit.
nen und Kollegen! Sehr verehrte Zuhörende und Zu-
schauende! Da verschlägt es einem doch die Sprache: (Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Das se-
hen die Grünen aber anders!)
(Beifall bei der CDU/CSU)
Rot-Grün hat sich darauf verständigt, dass die A 100
Wir stecken in einer der größten wirtschaftlichen Krisen nicht grundsätzlich aufgegeben wird. Vielmehr wird ak-
überhaupt. Diese schwarz-gelbe Regierung weiß nicht, tiv und ernsthaft zu prüfen sein, ob eine alternative Ver-
ob sie morgen eine eigene Mehrheit für einen europäi- wendung der Bundesmittel
schen Stabilitäts- und Wachstumsmechanismus hinbe-
(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Die Prü-
kommt. Und was machen die schwarz-gelben Regie-
fung ist schon vorbei!)
rungsfraktionen? Sie sorgen sich um ein einzelnes
Projekt in Berlin. in anderen Infrastrukturmaßnahmen in Berlin möglich
ist. Ist eine alternative Verwendung der Bundesmittel
Das gibt mir aber die Gelegenheit, mich bei den Ber- möglich,
linerinnen und Berlinern zu bedanken, die sich am
18. September für die SPD mit Klaus Wowereit an der (Patrick Döring [FDP]: Nein!)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15173
Mechthild Rawert
(A) erfolgt der Bau der A 100 nicht. Ist eine alternative Ver- ist doch da! Da kann doch der Minister spre- (C)
wendung der Bundesmittel für Infrastrukturmaßnahmen chen!)
nicht möglich, so werden die investiven Bundesmittel
für den Weiterbau der A 100 verwendet. Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-
(Beifall des Abg. Dr. Martin Lindner [Berlin] ter für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:
[FDP]) Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Kol-
legin Rawert, die rot-grüne Brücke, die Sie gerade be-
Es ist richtig, das Klaus Wowereit die ganze Zeit darauf schrieben haben, ist soeben dabei, krachend zusammen-
besteht, diesen Konfliktstoff nicht dauerhaft präsent zu
zustürzen, denn das, was Sie vorhaben, wird niemals
haben.
Realität werden; davon können Sie ausgehen.
Was machen Sie? Was macht Herr Ramsauer? Herr
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Fast-zwei-Prozent-
Ramsauer verkündet seit Monaten die Maxime seines
Partei!)
Hauses: Erhalt und Sanierung vor Neubau, Erhalt und
Lärmschutz vor Neu- und Ausbau. Hat sich Herr Der Deutsche Bundestag hat den Bedarf für den Aus-
Ramsauer selbst nicht zugehört, wie auch Sie ihm nicht bau der A 100 schon festgestellt, und zwar mit dem Be-
zugehört haben? Gilt der von ihm propagierte Paradig- schluss zum Bundesverkehrswegeplan 2003 – ich will
menwechsel hin zur Bestandssicherung und zum Lärm- das hier ausdrücklich zu Protokoll geben –, 6-streifig, im
schutz grundsätzlich nicht mehr oder nur noch in dem vordringlichen Bedarf.
dann rot-grün regierten Berlin?
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Wollen
Sie denn die Autobahn, oder wollen Sie sie Auf Grundlage des Bundesverkehrswegeplans ist von
nicht?) diesem Deutschen Bundestag ein Bundesfernstraßenaus-
baugesetz beschlossen worden. In diesem Bundesfern-
Das BMVBS ging doch davon aus, dass eine Umwid- straßenausbaugesetz finden Sie genau diese Ausbauva-
mung grundsätzlich möglich ist. Das hat die schriftliche riante, die wir jetzt verfolgen und die wir gemeinsam
Beantwortung der Kleinen Anfrage 16/13760 bestätigt. weiterverfolgen sollten, und zwar aus gutem Grund, weil
dieser Weiterbau, dieser 16. Bauabschnitt der A 100, für
(Patrick Döring [FDP]: In der 16. Legislatur-
die überregionale Erschließung des Ostteils von Berlin
periode war das noch Herr Tiefensee!)
wichtig ist. Es ist für die Stadtteile Treptow und Neu-
Bei Vorliegen des entsprechenden Bedarfs und der recht- kölln wichtig. Es ist für alle Anwohnerinnen und An-
(B) lichen Voraussetzung ist eine Umwidmung der für den wohner wichtig, die im Moment in ihren Wohnungen in (D)
Autobahnbau eingeplanten Mittel in Erhaltungs- und kleinen Nebenstraßen nicht nur vom Durchgangsver-
Lärmschutzmaßnahmen an Autobahnen „grundsätzlich kehr, sondern auch vom Zubringerverkehr auf dem Weg
möglich“. Das Leben ist aber nicht grundsätzlich. Das zur Autobahn schwer belastet sind, was beispielsweise
Leben ist konkret. In einem Punkt hat Herr Ramsauer auch Schulen und Tempo-30-Zonen betrifft. Deshalb ist
recht – dadurch wird die ganze Scheindebatte, die Sie der Ausbau der A 100 dringend erforderlich.
hier führen, umso deutlicher –: Die Gelder für die A 100
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
– ich komme zum Schluss – können –
Insofern ist es besonders kurios, dass die Möchtegern-
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: koalitionäre in Berlin ein Projekt torpedieren wollen,
Ihre Redezeit wäre jetzt auch konkret zu Ende. dass sie selber als rot-grüne Koalition in Berlin in den
Bundesverkehrswegeplan aufgenommen haben. Das ist
ein besonders schönes Beispiel für die Doppelgesichtig-
Mechthild Rawert (SPD): keit, die Rot-Grün an den Tag legt.
– nicht umgeschichtet werden. Was wie ein Wider-
spruch aussieht, liegt allein darin begründet, dass diese (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
bislang weder im Bundeshaushalt noch in der Finanzpla-
Die Bundesregierung steht zum Auftrag des Gesetzge-
nung eingestellt sind. Deswegen, meine werten Kollegen bers, die A 100 in Berlin zu bauen. Der Bund finanziert
und Kolleginnen: Bleiben Sie bei der Realität und freuen die Berliner Bundesfernstraßenprojekte grundsätzlich be-
Sie sich nicht zu früh! darfsorientiert. Deshalb ist auch das Bundesministerium
(Beifall bei der SPD – Karl-Georg Wellmann für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit Minister Peter
[CDU/CSU]: Wollen Sie die Autobahn oder Ramsauer bereit, die Finanzierung für den 16. Bauab-
nicht?) schnitt vorzusehen.
Ich will sehr deutlich sagen – machen Sie sich da
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: nichts vor –: Einen Verhandlungsspielraum, wie Sie ihn
Der Parlamentarische Staatssekretär Jan Mücke hat sich vorstellen, gibt es überhaupt nicht, weil wir grund-
jetzt das Wort für die Bundesregierung. sätzlich nicht mit Ihnen über die Ausführung von Bun-
desgesetzen verhandeln.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU –
Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Der Minister (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
15174 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Michael Groß
(A) Nach verlorenen Wahlen für die Union, zum Beispiel (Beifall bei der SPD – Karl-Georg Wellmann (C)
in NRW, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, ist [CDU/CSU]: Das hat er doch gesagt! – Patrick
ein deutlich erkennbares Muster, dass der Verkehrs- Döring [FDP]: Stehen sie doch!)
minister Millionen für Verkehrsinfrastrukturprojekte
Anstatt verkehrspolitische Verantwortung zu über-
streichen will. Die Schlagzeile „Ramsauer droht … mit
nehmen, Gespräche zu führen und über Alternativen
Geldentzug“, so im Spiegel, wiederholt sich ständig. So
nachzudenken, die umweltpolitische und verkehrspoliti-
wundert es auch niemanden mehr, dass in Berlin sofort
sche Lösungen darstellen, verweigern Sie sich in der
die Gelder für den Ausbau der A 100 gestrichen werden
Koalition; dasselbe gilt für den Minister. Es fehlen der
sollen, falls man Ihren Wünschen nicht nachkommt.
Bundesregierung Mobilitätskonzepte, die Probleme lö-
(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Es soll sen. Die Arbeit an pragmatischen Lösungen ist aber not-
gebaut werden! Was erzählen Sie denn da? – wendig, um beispielsweise Verkehr aus den Städten und
Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Nicht ganz Ballungszentren wie Berlin hinauszuführen.
im Thema!) (Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: So ist
Dabei haben die Koalitionsverhandlungen von Rot und es!)
Grün noch nicht einmal begonnen. Die Bundesregierung Herr Ramsauer ruft nur nach mehr Geld und nach einer
streicht gern, wo Rot-Grün regiert. In NRW ist es angeb- Pkw-Maut oder streicht Projekte. Das ist keine Bundes-
lich der RRX, in Baden-Württemberg stehen gleich alle verkehrspolitik. Fangen Sie endlich mit Fachpolitik an!
Verkehrsinfrastrukturprojekte auf dem Prüfstand, Akzeptieren Sie das Ergebnis in Berlin und führen Sie
(Patrick Döring [FDP]: Weil es im Koalitions- endlich lösungsorientierte Gespräche!
vertrag steht!) Herzlichen Dank.
und in Berlin sind es wichtige Infrastrukturmittel. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
In Bayern wollen Sie 29 Bauvorhaben beginnen – in des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Berlin nur eines.
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
(Patrick Döring [FDP]: Es ist auch nur eines Patrick Döring hat das Wort für die FDP-Fraktion.
im Vordringlichen Bedarf!)
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Darf ich Sie daran erinnern, dass Herr Ramsauer Bun-
desminister ist? Sie sind bundesweit zuständig und
sollten bundesweit die Verantwortung für die Verkehrs- Patrick Döring (FDP):
(B) infrastruktur übernehmen und bundespolitische Ent- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (D)
scheidungen treffen. Die Zuständigkeit des Bundesver- Ihr Beitrag, geschätzter Herr Kollege Groß, gibt mir
kehrsministers für Koalitionsgespräche auf Landesebene Gelegenheit, einmal darauf hinzuweisen, dass wir vor
ist mir bisher entgangen, aber ich bin ja erst seit zwei folgender Situation stehen: In den Koalitionsverträgen,
Jahren dabei und lerne natürlich gerne dazu. die in den letzten Monaten Rote und Grüne abgeschlos-
sen haben, ist eine konsequente Verweigerung gegen-
(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Das kann über der Fortsetzung von Straßenbauprojekten niederge-
noch werden!) legt. Wenn man ein Anhänger der föderalen Ordnung
Mir fehlt allerdings eindeutig, dass der Bundesminis- und der Auftragsverwaltung der Länder ist, dann muss
ter schlicht und ergreifend, wie vollmundig angekündigt, man das durchaus hinterfragen. Denn es ist so, dass die
Verantwortung für sein Ressort übernimmt. Der Ver- Länder im Auftrag des Bundes Bundesfernstraßen pla-
kehrsetat ist gnadenlos unterfinanziert. Bereits aus dem nen, bauen und bewirtschaften. Es gibt von Rot und
letzten Investitionsrahmenplan wurden 213 Maßnahmen Grün regierte Länder, die sich diesem Auftrag verwei-
nicht abgearbeitet. Der Erhaltungsbedarf wird nur zu gern. Vor dieser politischen Situation stehen wir. Das ist
etwa zwei Dritteln finanziert; Aus- und Neubau werden offensichtlich auch in Berlin der Fall. Man kann daher
nur zur Hälfte finanziert. Mit Investitionen in das Stra- dem Bundesverkehrsminister nicht vorwerfen, er reali-
ßennetz in Höhe von circa 130 Euro pro Einwohner liegt siere Projekte nicht; denn die jeweiligen Landesregie-
Deutschland im europäischen Vergleich auf den hinters- rungen blockieren diese Projekte konsequent. Das ist
ten Plätzen. nun wirklich verkehrte Welt.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU –
Herr Ramsauer selbst fordert 14 Milliarden Euro vom
Mechthild Rawert [SPD]: Das ist falsch! Wir
Finanzminister – so war letztens zu lesen –, um die not-
wollen eine leistungsfähige Infrastruktur in
wendigen Verkehrsprojekte aus dem Bundesverkehrs-
Berlin!)
wegeplan umzusetzen. Im Verkehrsausschuss hat die
Regierung jetzt erklärt, dass die Mittelbindung durch Ich hätte schon erwartet, Frau Kollegin Rawert und
laufende Vorhaben in den nächsten Jahren grundsätzlich Herr Kollege Groß, dass Sie sich einmal vor Ihren Spit-
keine Neubeginne erlaubt. Im Straßenbauplan 2012 ist zenkandidaten und wahrscheinlich wiedergewählten Re-
der Ausbau der A 100 gar nicht enthalten. Setzen Sie gierenden Bürgermeister stellen, der immerhin gesagt
sich dafür ein und sorgen Sie dafür, dass die Infrastruk- hat: Es gibt keinen faulen Kompromiss im Klein-Klein,
turmittel in den Bundeshaushalt eingestellt werden und die Trasse ist frei, der Bund zahlt. Es kann gebaut wer-
Berlin zur Verfügung stehen! den. Da gibt es nichts zu verhandeln.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15179
Patrick Döring
(A) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Er muss unbedingt umgesetzt werden. Der wiederzu- (C)
Mechthild Rawert [SPD]: Das Geld ist noch wählende Regierende Bürgermeister möchte ebenfalls
gar nicht da! Wo ist denn Ihr Geld?) dieses Projekt umsetzen.
Es ist eigentlich Ihre Aufgabe, diese Position hier vorzu- Inmitten von Haushaltsplanberatungen, den Eindruck
tragen, und nicht die Aufgabe eines Abgeordneten der zu erwecken, man könne als Partei, die in Umfragen
Freien Demokraten. zweifellos außerordentlich gut dasteht, hier Wünsch-dir-
was spielen und Bundesmittel mal eben in die eine oder
Ich muss schon sagen: Diese Art der Verhandlung, die andere Richtung schieben, wie es einem gerade passt,
wir hier erleben, zeigt deutlich, dass man es schon vor geht aber zu weit. Deshalb kann ich nur sagen: Dieses
der Wahl mit der Durchführung der Kampagne nicht Verhandlungsergebnis wird dazu führen, dass die A 100
ernst gemeint hat. Immerhin haben die Grünen im Rah- gebaut wird. Sie werden wie bei Moorburg, bei der
men einer Kleinen Anfrage in der 16. Wahlperiode sehr Hochmoselbrücke und wie bei vielen anderen Infrastruk-
viele Fragen gestellt. Am 16. März 2010 wurde sie von turprojekten wieder einmal Ihre Wähler betrogen haben.
der neuen Bundesregierung beantwortet. Darin steht Ich sage Ihnen: Diese werden es merken.
zum Beispiel:
Vielen Dank.
Der Bedarfsplan, in dem die Verlängerung der
A 100 enthalten ist, bedeutet einen Planungsauftrag (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
an die Auftragsverwaltung, die Planung an dem
Vorhaben aufzunehmen und durchzuführen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Genau das ist passiert. Obwohl Sie wussten, dass die Stefanie Vogelsang hat das Wort für die CDU/CSU-
Planfeststellung abgeschlossen wird und Baurecht beste- Fraktion.
hen könnte, wenn nicht Sie und Ihre Büchsenspanner (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
den Planfeststellungsbeschluss beklagen würden, haben
Sie hier Plakate mit einem Versprechen geklebt, das
nicht zu halten ist. Das muss man Ihnen vorhalten dür- Stefanie Vogelsang (CDU/CSU):
fen, auch deswegen, weil wir gerade Haushaltsplanbera- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die
tungen haben. A 100 – ein wichtiges, ein wesentliches Infrastrukturpro-
jekt für die Stadt Berlin. Die A 100 – nicht erst im letz-
(Zuruf des Abg. Herbert Behrens ten Wahlkampf das wesentliche Thema, das die Aus-
[DIE LINKE]) einandersetzungen zwischen den Parteien beherrscht hat.
(B) Noch abenteuerlicher ist allerdings die Vorlage, die Die A 100 – nicht bloß eine Autobahn, nicht bloß (D)
Sie Ihren eigenen Delegierten zu Ihrer Landesdelegier- 3,2 Kilometer, sondern ein weiterer Bestandteil des Lü-
tenkonferenz vorlegen. Da steht allen Ernstes in ckenschlusses des Stadtringes in Berlin, der vor allen
Zeile 117: Dingen den Ostteil der Stadt mit dem Westteil der Stadt
verbindet. Es ist damit eines der großen Projekte, das
Bislang sind die Mittel für den Weiterbau der A 100 nach Fertigstellung die komplette Wiedervereinigung
im Bundeshaushalt … gar nicht eingestellt. dieser Stadt auch im Straßenbild widerspiegelt. Ich
glaube, dass es darauf ankommt, dies hier und heute
Zumindest die hier anwesenden Mitglieder des Deut- deutlich zu sagen.
schen Bundestages wissen, dass das die Unwahrheit ist.
Ich verweise auf die Tabelle 4 im Straßenbauplan des Ein- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
zelplans 12, Land: Berlin, laufende Nr.: 51, Straße: A 100.
Gestern habe ich habe den Kollegen Liebich im Radio
Für „Bauliche Vorleistungen im S-Bahnhof Bln-Ost-
gehört. Er hat mit stolzer Stimme gesagt: In der letzten
kreuz“ sind Gesamtkosten von 16,5 Millionen Euro vor-
Wahlperiode – obwohl in der Koalitionsvereinbarung
gesehen, davon in 2012 5 Millionen Euro. – Sie wissen,
klar vereinbart war, die A 100 zu bauen – hätte die Linke
dass der Satz in dem Antrag, den Sie Ihren Delegierten
das Projekt totgemacht,
vorlegen, gelogen ist. So kann man die Demokratie nicht
stärken, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zu- und er hätte jetzt alle Hoffnungen auf die Grünen ge-
ruf der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE setzt, dass nunmehr auch sie dieses Projekt totmachen
GRÜNEN]) würden.
Hier den Eindruck zu erwecken, der Bund stehe nicht Mehr als die Hälfte der Berlinerinnen und Berliner
zu seinen Verpflichtungen, ist nun wirklich abenteuer- haben Parteien gewählt, die sich ganz klar und deutlich
lich. Der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium für den Weiterbau der A 100 eingesetzt haben. Das war
hat deutlich gemacht: Der Bund will das einzige Projekt auf der einen Seite ganz klar die CDU, und das war auf
für Berlin aus dem Bundesverkehrswegeplan im Vor- der anderen Seite ganz klar die SPD mit ihrem Regieren-
dringlichen Bedarf realisieren. Dieser Bundesverkehrs- den Bürgermeister Klaus Wowereit.
wegeplan ist von Rot-Grün beschlossen.
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Daran gibt es doch
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Ist gut zu hören! Das nichts zu deuteln! Hat der Regierende Bürger-
freut uns ja!) meister gesagt!)
15180 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Stefanie Vogelsang
(A) Frau Rawert, Sie haben sich hier hingestellt und ge- Ich glaube, dass es für Klaus Wowereit einen verläss- (C)
sagt, es sei für die SPD doch mal an der Zeit, sich bei lichen und starken Partner gibt. Er sollte aber nicht eine
den Wählerinnen und Wählern für den Wahlausgang am einzige Sekunde darauf vertrauen, dass wir ihm ange-
18. September zu bedanken. Glauben Sie nicht, Frau sichts der Unzuverlässigkeit der Grünen aus der Patsche
Kollegin, dass der eine oder andere Wähler dabei war, helfen. Frau Kollegin, Sie müssen das doch selber ge-
der Klaus Wowereit und Ihrer SPD das Vertrauen ge- merkt haben, als Sie die Rede von Herrn Hofreiter ge-
schenkt hat, weil er darauf setzte, dass man bald nicht hört haben. Ich kann nur sagen: Bei einer Stimme Mehr-
mehr von Friedrichshain aus 35 Minuten braucht, um ir- heit in einer Regierungskoalition wäre ich sehr
gendeine Autobahnanschlussstelle zu erreichen, dass vorsichtig, mit wem ich ins Bett stiege.
man eben nicht mehr stundenlang in Staus stehen muss,
Danke.
wenn man vom Ostteil, zum Beispiel von Treptow, nach
Neukölln fahren möchte, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Iris
Gleicke [SPD]: War das jetzt ein Angebot? –
(Sabine Leidig [DIE LINKE]: S-Bahnen! U- Gegenruf der Abg. Mechthild Rawert [SPD]:
Bahnen! Straßenbahnen! – Lisa Paus [BÜND- Das weiß ich nicht!)
NIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen Sie einmal
auf den Stadtplan!)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
dass man nicht mehr lange Planungen vornehmen muss, Das Wort hat Uwe Beckmeyer für die SPD-Fraktion.
wenn man von Neukölln aus in einen anderen Bereich
fahren will? Es waren bestimmt viele Menschen, die auf (Beifall bei der SPD)
Klaus Wowereit vertraut haben
Uwe Beckmeyer (SPD):
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Und das auch weiter Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
können!) Herren! Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Mit
und gesagt haben: Er setzt sich für die Autobahn ein, und dem, was Sie hier treiben, wollen Sie etwas kaschieren,
das ist uns wichtig. und zwar dergestalt: Machen wir es denen in Berlin ein-
mal richtig schwer!
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –
Mechthild Rawert [SPD]: Frau Vogelsang, (Zuruf von der FDP: Ihr macht es euch selber
nicht so beleidigend!) schwer!)
Sie tun das vor dem Hintergrund einer politischen Situa-
(B) Doch, ich denke, schon. tion, in der Merkels Macht zerbröselt. (D)
Mehr als die Hälfte der Berlinerinnen und Berliner (Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/
haben bei einem zentralen Wahlkampfthema in dieser CSU und der FDP – Dirk Fischer [Hamburg]
Wahl, dem Weiterbau der A 100 als Symbol für Infra- [CDU/CSU]: Da lachen ja die Hühner!)
strukturfähigkeit und Zukunftsfähigkeit dieser Stadt, ge-
sagt: Ja, genau das wollen wir haben. – Und jetzt finde Sie verlieren ein Bundesland nach dem anderen. Ihre
ich in dieser Vereinbarung nichts als unehrliches Hin- Macht im Bundesrat wird immer geringer. Einer der
und Hergeschummel. Sie vertrauen darauf, es aussitzen Koalitionspartner ist inzwischen unter „ferner liefen“.
zu können. Sie vertrauen darauf, dass sich die Berline- Aber Sie treiben dieses Thema wie bisher voran.
rinnen und Berliner nicht direkt von Ihnen geohrfeigt Worum geht es eigentlich? Der Regierende Bürger-
fühlen, wenn sie bei den Grünen schwammig dies und meister hier in Berlin hat klar gesagt: Die Sozialdemo-
bei der SPD schwammig das erkennen können. Aber so kraten wollen das Projekt, wollen all das, was die A 100
dämlich sind wir Berlinerinnen und Berliner nicht. ausmacht.
(Mechthild Rawert [SPD]: Deshalb haben sie (Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Sehr gut!
ja auch SPD gewählt!) Ist in Ordnung!)
Das entdeckt jeder. Bei den Grünen dagegen ist folgende Position erkenn-
bar: Wir brauchen auch Mittel für Lärmschutz, Flüster-
Frau Kollegin Rawert, ich möchte Ihnen genauso, wie
asphalt und andere wichtige Projekte in diesem Land.
das der Staatssekretär Mücke vorhin getan hat, eine Zu-
sage machen: Wenn Sie ganz schnell eine klare und (Kai Wegner [CDU/CSU]: Das ist ja alles bei
deutliche Aussage der Koalition bzw. des Senats von der A 100 schon dabei! Deswegen ist es ja so
Berlin zum Weiterbau der A 100 bringen, sorgen wir, so- teuer! – Stefan Liebich [DIE LINKE]: Anstatt!
bald das Baurecht vorliegt, dafür, dass dieses Projekt Nicht „auch“!)
umgehend finanziert und bezahlt wird.
– Hören Sie zu!
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Es stimmt
Mechthild Rawert [SPD]: Es gibt also doch nicht, was Sie sagen!)
kein eigentliches Bundesrecht! Es ist Partei-
taktik! Sie haben gerade Ihre eigene Regierung Da merkt man doch, was momentan mit dem Verkehrs-
entlarvt! Frau Vogelsang, Frau Vogelsang!) haushalt los ist: Es ist die pure Not. Für viele wichtige
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15181
Uwe Beckmeyer
(A) Projekte ist zu wenig Finanzmasse vorhanden; da hat der Beispiele dafür; in Bezug auf die aktuelle Situation (C)
Kollege Anton Hofreiter völlig recht. kenne ich eigentlich gar keine Beispiele dafür.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der
DIE GRÜNEN) CDU/CSU und der FDP – Patrick Döring
[FDP]: So ist es, Uwe! Der kennt sich aus, der
Wir haben heute im Verkehrsausschuss über den Mann!)
Haushalt des Jahres 2012 gesprochen. Wir haben von der
Koalition keinen einzigen Antrag zur Ausweitung des – Klatschen Sie nicht zu früh. – Nur, meine Damen und
Haushaltes bekommen. Herren, das, was hier in Berlin, im Brennpunkt unserer
Republik, passiert, macht doch exemplarisch klar: Es
(Gustav Herzog [SPD]: Peinlich war das!) geht nicht nur um die A 100, sondern auch um Lärm-
– Richtig, ein absolut peinlicher Vorgang. Keine einzige schutz, den Schutz der Bevölkerung vor Verkehrsemis-
weitere Initiative aus der Koalition für eine Anhebung sionen und vieles andere mehr. Darauf hat diese Koali-
der Mittel! tion überhaupt keine Antwort.
(Patrick Döring [FDP]: Eure Initiativen wollt (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
ihr nicht gegenfinanzieren!)
Wir haben heute Anträge zum Lärmschutz gestellt.
– Hören wir einmal zu.
(Patrick Döring [FDP]: Ohne Gegenfinanzierung!
Heute höre ich an diesem Pult vom zuständigen
Das Geld fällt bei euch vom Himmel!)
Staatssekretär, dass das Geld für die A 100 bereitgestellt
wird. Ich sage „Wunderbar!“ und klatsche Beifall. Wir haben heute gefordert und dafür gestimmt, dass zu-
gunsten dieser Bereiche zusätzliche Anstrengungen bei
(Mechthild Rawert [SPD]: Wo ist der Titel?) der Infrastrukturfinanzierung unternommen werden. Wir
Es freut mich, dass Sie eine solche stramme Aussage haben einen entsprechenden Deckungsbeitrag geleistet,
machen können. Die Frage ist nur: Wo haben Sie die ent- den Sie von der FDP aus dem Haushalt gekegelt haben.
sprechenden Mittel tatsächlich eingestellt? (Patrick Döring [FDP]: Nein! – Dirk Fischer
(Beifall bei Abgeordneten der SPD) [Hamburg] [CDU/CSU]: Wiedereinführung
der Vermögensteuer!)
Herr Döring, es ist nicht ganz richtig, wenn Sie sagen,
das Geld komme automatisch, wenn es an der Stelle, die Wir haben gesagt: Wir wollen eine Rücknahme der von
Sie vorhin genannt haben, eingestellt ist. Die definitive Ihnen durchgesetzten Streichung der Mauterhöhung. Da
(B) Aufnahme in den Straßenbauplan und damit die Darstel- geht es locker um einen dreistelligen Millionenbetrag im (D)
lung der Finanzierung im Bundeshaushalt findet entspre- Haushalt. Setzen Sie Ihre Beschlüsse zur Bundesstra-
chend den Regularien des BMVBS nach dem Vorliegen ßenmaut, die Sie im Deutschen Bundestag gefasst haben,
endlich um.
eines rechtskräftigen Planfeststellungsbeschlusses statt.
(Patrick Döring [FDP]: So rechnen Sozis:
(Mechthild Rawert [SPD]: So ist das!)
1 Milliarde ausgeben und 100 Millionen ein-
Der entsprechende Planfeststellungsbeschluss wird mo- nehmen!)
mentan in Leipzig beklagt. Es wird damit gerechnet, Wir haben keinen Anlass, Ihnen zu trauen, weil Sie nicht
dass im Frühjahr 2012 eine gerichtliche Entscheidung in der Lage sind, Ihren Haushalt auf der Einnahmeseite
dazu vorliegt. Das ist die aktuelle Lage. ordentlich in Gang zu setzen.
(Patrick Döring [FDP]: Deshalb stehen 5 Mil- (Patrick Döring [FDP]: Unseriöse Haushalts-
lionen Euro im Bundeshaushalt!) politik!)
Nun kommt aus Berlin der Wunsch, Gespräche zu Auf der anderen Seite hoffen wir natürlich, dass die Ko-
führen. Im politischen Bereich ist das Gespräch eigent- alition in dieser Legislaturperiode vielleicht noch einmal
lich ein übliches Mittel der Kommunikation. Da können die Kraft hat – es wäre ein letztes Aufbäumen –, ein biss-
Sie doch nicht einfach sagen: Wir führen keine Gesprä- chen Geld für die Verkehrsinfrastruktur zusammenzu-
che. bringen. Dann habe ich auch die Hoffnung, dass Herr
(Jan Mücke, Parl. Staatssekretär: Habe ich auch Mücke seine Versprechungen einhalten kann.
nicht gesagt! Keine Verhandlungen!) (Kai Wegner [CDU/CSU]: Das hoffen wir
Führen Sie doch einmal Gespräche! Auf der anderen auch!)
Seite gibt es bei der grünen Fraktion die Erwartung, dass Herzlichen Dank.
die Gespräche zu einem anderen Ergebnis führen als zu
dem, worauf zurzeit noch die Planungen beruhen. (Beifall bei der SPD)
Ich habe die persönliche Einschätzung – ich bin kein Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Berliner und auch kein Abgeordneter des Berliner Abge- Das Wort hat Dr. Martin Lindner für die FDP-Frak-
ordnetenhauses –, dass das Umwidmen von Mitteln im tion.
Bundesverkehrswegeplan und die Verwendung für an-
dere Projekte nicht so einfach geht. Ich kenne wenige (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
15182 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
(A) Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): die damals von Rot-Grün beschlossen wurden, über den (C)
Frau Präsidentin! Verehrte Damen! Meine Herren! Es Haufen, um euch zu helfen, eure schon vor Abschluss
gibt in Deutschland eine Partei, die uns immer erzählt, es des Vertrages bestehende Koalitionskrise zu lösen“?
gehe ihr nur um Inhalte – nie um Minister- oder Senato-
renposten, sondern immer nur um ihre grünen Inhalte. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
Ich bin beglückt, Ihnen heute ein Zitat des geschätzten NEN]: Nicht mit Ihnen, Herr Lindner! –
Regierenden Bürgermeisters von Berlin aus der Sitzung Mechthild Rawert [SPD]: Sie sind ja nur nei-
des Abgeordnetenhauses vom 1. September 2011 zum disch! 1,8 Prozent!)
Thema „Grüne Inhalte“ vortragen zu können. Ich zitiere: Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!
Ich bin hocherfreut darüber, dass Herr Ratzmann Es ist lächerlich, wenn Sie glauben, dass der Bau auf-
– das ist der Fraktionsvorsitzende – zuhalten ist. Das Ding wird gebaut, und der dann amtie-
rende Innen-, Verkehrs- oder Wirtschaftssenator
(Gustav Herzog [SPD]: Alles schon mal ge- Ratzmann wird in dem Moment das rote Band durch-
hört!) schneiden, in dem der Ministerpräsident von Baden-
und neulich auch Frau Künast den inhaltlichen Württemberg das rote Band bei Stuttgart 21 durch-
Wahlkampf angekündigt haben. Zehn Punkte sind schneidet.
dort benannt worden, und es hieß: Wenn diese zehn (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)
Punkte nicht akzeptiert werden, dann werden die
Grünen gar nichts mitmachen. – So lautete die Pa- So wird es kommen. Ich freue mich auf die Einladung
role. Herr Ratzmann! Das ist heute eingedampft zum Abschluss dieses wirklich exzellenten Projekts.
worden. Von Ihren zehn Punkten haben Sie nur
noch einen zum harten Kern gemacht, nämlich die (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der
A 100. Sie haben gesagt: Wenn das nicht erfüllt CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/
wird und wenn der Wowereit da nicht einknickt, DIE GRÜNEN]: Wie geht es eigentlich der
dann – – Ja, was ist denn dann, Herr Ratzmann? FDP?)
Dann bleibt Ihr Anzug wieder im Schrank hängen
Das einzig Überraschende ist doch, wie schnell der
wie beim letzten Mal, oder was?
Genickbruch erfolgt. Das ist doch das einzig Spannende.
(Heiterkeit bei der FDP) Bei den Linken, Herr Liebich, war der Regierende Bür-
germeister so anständig und hat gewartet, bis er zum
Dann setzt der Regierende Bürgermeister seine Rede Regierenden Bürgermeister gewählt wurde. Anschlie-
(B) fort und sagt: ßend hat er mit den Linken das Blindengeld gekürzt, (D)
Das müssen Sie sich doch einmal klarmachen. Sie 30 000 Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut, die
sitzen doch auf einem hohen Ross, das Ihnen längst Wohnungsbaugesellschaften und die Landesbank priva-
weggeschossen ist. Herr Ratzmann, tisiert. So viel zu Ihren Versprechungen, Herr Liebich. –
Aber bei euch wartet er noch nicht einmal!
– das ist Ihr zukünftiger Koalitionspartner, sehr martia-
lisch – (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der
CDU/CSU)
dass Sie noch meinen, Bedingungen für Koalitions-
verhandlungen stellen zu können! Wo leben wir Das ist sensationell dreist,
denn eigentlich? Wo leben Sie denn eigentlich?
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Aber die FDP
Ich wünsche Ihnen weiterhin großartige Verhandlungen ist raus! Das wollen wir nicht vergessen!
mit diesem wirklich fairen Partner! Raus!)
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der und Sie sind sensationell devot; das muss man hier fest-
CDU/CSU – Stefan Liebich [DIE LINKE]: So stellen.
ist das!)
(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU –
Dann kam Ratzmann, sitzengeblieben auf diesem ein- Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
zelnen Punkt, und sagt in der Berliner Morgenpost: NEN]: Das sagt einer mit 1,8 Prozent!)
A-100-Ausbau wird es mit den Grünen nicht geben Ich wünsche Ihnen weiterhin gute Verhandlungen mit
Er führt weiter aus: diesem wunderbaren Regierenden Bürgermeister. Wir
werden in der Bundesregierung, in dieser Koalition, da-
Wenn Wowereit die A 100 bauen will, muss er das für sorgen, dass das vernünftige Projekt A 100 in Berlin
mit der CDU machen. weiter gebaut wird. Ratzmann heißt jetzt Ypsilanti.
Jetzt haben Sie einen großartigen Kompromiss gefun- Herzlichen Dank.
den. Sie sagen: Jetzt verhandeln wir erst einmal mit dem
Verkehrsminister, und zwar ganz ergebnisoffen. – Was (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der
glauben Sie denn eigentlich, was der Verkehrsminister CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: So
jetzt tut? Meinen Sie, er sagt: „Wir schmeißen alle Pläne, weit sind wir noch nicht!)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15183
(A) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (Mechthild Rawert [SPD]: Da müssen Sie hin- (C)
Arnold Vaatz hat das Wort für die CDU/CSU-Frak- sehen! Das sind die Schuldenmacher! –
tion. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Bankenskandal! – Lachen des
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Abg. Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP] – Ge-
genruf des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter
Arnold Vaatz (CDU/CSU): [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn er von
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Schulden spricht! Woher kommen die denn?)
Herren! Wir sind am Ende der Aktuellen Stunde ange-
langt. Auch politisch ist die Situation vollkommen klar. Der
Kompromiss, über den in der Zeitung geschrieben
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE wurde, ist nur angeblich ein Kompromiss. Es ist auffäl-
GRÜNEN]: Das wäre super!) lig, dass Sie eine Volksbefragung zu diesem Thema ge-
Das ist eine gute Gelegenheit, noch einmal die Fakten mieden haben. Warum haben Sie sie gemieden? Weil es
zusammenzutragen. repräsentative Umfragen gibt, die den Feststellungen der
Linken widersprechen, Herr Liebich. Die Linken glau-
Die Rechtslage ist eindeutig – das haben direkt oder in- ben immer, besser zu wissen, was die Menschen brau-
direkt eigentlich alle Redner bestätigt –: Es gibt einen chen, als die Menschen selber. Sie sagen: Die Autobahn
Bundesverkehrswegeplan, der im Jahr 2003 unter Rot- braucht keiner. Die Berliner sagen zu 52 Prozent: Wir
Grün beschlossen wurde. Es gibt eine gesetzliche Grund- brauchen sie.
lage zur Umsetzung, den Bundesfernstraßenbedarfsplan.
Das entsprechende Gesetz ist 2004 beschlossen worden, (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Und was ist mit
auch unter Rot-Grün. Damit ist der unverbindliche Bun- den 48?)
desverkehrswegeplan in ein verbindliches Gesetz über-
führt worden. In Ostberlin, wo die Betroffenen leben – ihre Fahrzeit
wird deutlich verkürzt –, sagen 63 Prozent, dass sie die
(Mechthild Rawert [SPD]: Was war denn jetzt Autobahn brauchen.
unverbindlich?)
(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Aha!)
In dem Bundesfernstraßenbedarfsplan haben wir den
Abschnitt 16 der A 100 – Dreieck Neukölln bis Trepto- Das halte ich für ein ganz wichtiges Votum.
wer Park – als vordringlichen Bedarf eingeordnet. Das
Land Berlin hat daraufhin den Planungsauftrag des Bun- Aus diesem Grund muss von Rot-Grün ein anderer
(B) des umgesetzt. Wir haben gerade gehört, wie hoch die Weg zur Verhinderung beschlossen werden, damit das (D)
eigenen Kosten waren. Der Planfeststellungsbeschluss böse Autobahngeld in gutes, grünes Lärmschutzgeld
ist Ende 2010 ergangen. Er ist beklagt worden. Sobald verwandelt werden kann. Dazu braucht man aber das
die Gerichtsentscheidungen gefällt sind und der Plan- Einverständnis des Bundes. Deshalb soll mit dem Bund
feststellungsbeschluss umgesetzt werden kann, wird der verhandelt werden, und wenn das nicht fruchtet, wird,
Bund das dafür erforderliche Geld bereitstellen. Wir ha- sagt Herr Wowereit, die A 100 gebaut. Weil wir wissen,
ben heute die verbindliche Zusage des Ministers bzw. dass eine Umwidmung der 420 Millionen Euro nicht in-
des Ministeriums gehört. frage kommt, ist das Ergebnis völlig klar: Die Verlänge-
rung der A 100 bis zum Treptower Park wird gebaut.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Das ist die Aussage. Sie haben sich ganz offensichtlich
neten der FDP – Mechthild Rawert [SPD]: selbst Bedingungen gestellt, die Sie nicht erfüllen kön-
Aha! Hoffentlich weiß er das dann auch noch! – nen. Sie müssen die Konsequenzen ziehen und die Auto-
Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- bahn bauen. Die Frage ist nur, ob die Berliner Unter-
NEN]: Vom Minister? Das war der Staats- händler der Grünen wirklich so naiv waren, zu glauben,
sekretär!) man könne dem Bund eine solche Umwidmung abhan-
Herr Kollege Beckmeyer, die Voraussetzungen für die deln. Ich persönlich meine, dass sie das nicht glauben.
Finanzierung, die Sie eingefordert haben, sind, sobald Sie sind nicht so naiv. Sie wissen ganz genau, dass das
der Rechtsstreit beendet ist, gegeben. Insofern sind Ihre nur ein Placebo ist, mit dem sie ihre eigene Basis beruhi-
Einwände gegenstandslos. Ich habe mich ein bisschen gen und Herrn Ratzmann den Weg in den Senat ebnen
über Ihre Argumentation gewundert. Sie haben so getan, wollen. Das ist das Ziel. Aber das – da bin ich mir sicher –
als bekämen Sie das Geld zweimal. Erst habe ich mich wird selbst Ihre grüne Klientel in Berlin merken.
gewundert, aber dann fiel mir ein, dass Sie der größten
Schuldenfabrik, die es in dieser Republik gibt, entsprun- Sie haben ja vorhin mit dem Finger auf andere ge-
gen sind, dem Senat von Bremen. zeigt. Aber auch mit Ihnen wird es schnell bergab gehen.
Bei Ihnen wird der Lack genauso schnell ab sein, wenn
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sie Ihre Wählerklientel weiter so betrügen.
Stefan Liebich [DIE LINKE]: Die die CDU
eingerichtet hat!) Den Berlinern können wir von diesem Platz aus sa-
gen: Die A 100 wird gebaut.
Deshalb weiß ich, dass es Ihnen leichtfällt, Geld zu for-
dern, ohne irgendeine Ahnung zu haben, wo es herkom- (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
men soll. Wann?)
15184 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
Arnold Vaatz
(A) Das Geld dafür wird bereitstehen, Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (C)
Ich schließe die Aussprache.
(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Wann?)
Wir sind am Ende unserer heutigen Tagesordnung.
sobald der Rechtsstreit beendet ist. Die CDU im Berliner
Abgeordnetenhaus wird den Regierenden Bürgermeister Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Donners-
Herrn Wowereit auch aus der Oppositionsposition he- tag, den 29. September 2011, 9 Uhr, ein. Genießen Sie
raus, wenn es so kommen sollte, dabei unterstützen, die den restlichen Abend und die gewonnenen Einsichten.
Autobahn zu bauen. Diese Zusicherung haben Sie.
Vielen Dank. Die Sitzung ist geschlossen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Schluss: 17.41 Uhr)
(B) (D)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15185
Dr. Ott, Hermann E. BÜNDNIS 90/ 28.09.2011 Die Bundesregierung bekräftigt, dass die Generatio-
DIE GRÜNEN nen, die die Kernenergie nutzen, auch für die Lagerung
(B) der anfallenden radioaktiven Abfälle Sorge tragen müs- (D)
Pieper, Cornelia FDP 28.09.2011 sen. Dies schließt die ergebnisoffene Weitererkundung
des Salzstocks in Gorleben ebenso ein, wie ein Verfahren
Pronold, Florian SPD 28.09.2011 zur Ermittlung allgemeiner geologischer Eignungskrite-
rien und möglicher Entsorgungsoptionen. Die Bundes-
Scheel, Christine BÜNDNIS 90/ 28.09.2011 regierung wird dazu bis Ende des Jahres einen Vorschlag
DIE GRÜNEN für eine gesetzliche Regelung unterbreiten. Die Bundes-
regierung wird alle Bundesländer, die ja teilweise einen
Senger-Schäfer, Kathrin DIE LINKE 28.09.2011 Meinungswechsel und Verantwortungsbereitschaft be-
kundet haben, einladen und zu Gesprächen bitten und da-
Strothmann, Lena CDU/CSU 28.09.2011 mit die Möglichkeit der Mitwirkung schaffen. Die Moda-
litäten und der Zeitpunkt zur Gesprächseinladung sind
Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ 28.09.2011 derzeit noch nicht endgültig geklärt.
DIE GRÜNEN
(A) werden und welche Stilllegungskonzepte diesen Planun- freiung von Unternehmen auf die Entwicklung der EEG-Um- (C)
gen an den jeweiligen Standorten zugrunde liegen. lage für nicht privilegierte Verbraucher?
der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Fragen
des Abgeordneten Gerd Bollmann (SPD) (Drucksache der Abgeordneten Ulla Burchardt (SPD) (Drucksache
17/7083, Frage 14): 17/7083, Fragen 16 und 17):
Wie viele in Österreich und den Niederlanden studierende
Welches Gefährdungspotenzial haben die Abfallgemische, Deutsche belegen ein Fach, das in Deutschland mit einem
die in Kraftwerken und Zementwerken mit verbrannt werden, zentralen bzw. einem lokalen Numerus clausus belegt ist, und
insbesondere in Bezug auf anorganische Chlorgasverbindun- welches sind die bevorzugten Fächer?
gen, Salzsäure, Kohlenmonoxid, Dioxine und Furane?
Aus welchen Bundesländern stammen die in Österreich
und in den Niederlanden deutschen Studierenden überwie-
Die Betreiber von Kraftwerken und die Zementindus- gend?
trie sind an schadstoffarmen Abfällen interessiert, um die
anspruchsvollen Emissionsgrenzwerte der 17. BImSchV Zu Frage 16:
leichter einhalten zu können. Darüber hinaus verwendet
die Zementindustrie im Hinblick auf die Produktanfor- Im Jahr 2009 studierten 23 706 Deutsche in Öster-
derungen für die Zemente besonders schadstoffarme Ab- reich – 20,5 Prozent aller Auslandsstudierenden. In den
fälle, deren Eigenschaften durch Ersatzbrennstoffherstel- Niederlanden waren 20 805 deutsche Studierende
ler wie Zementwerkebetreiber, insbesondere hinsichtlich – 18,0 Prozent aller Auslandsstudierenden – einge-
des Heizwertes, sowie der Wasser-, Chlor-, Quecksilber- schrieben. Für 2010 werden für die Niederlande nach
und Schwefelgehalte ständig güteüberwacht werden. vorläufigen Angaben 23 831 Studierende gemeldet.
Unabhängig von der Art und Zusammensetzung der Von den deutschen Studierenden in Österreich waren
Abfälle oder Abfallgemische dürfen die Emissions- im Jahr 2009 10 525 oder 44,4 Prozent in Rechts-, Wirt-
grenzwerte der 17. BImSchV nicht überschritten wer- schafts- und Sozialwissenschaften eingeschrieben.
Sprach- und Kulturwissenschaften studierten 3 160 bzw.
den. Das gilt auch für die genannten Schadstoffe.
13,3 Prozent und Medizin oder Gesundheitswissenschaf-
ten 2 679 oder 11,3 Prozent.
Anlage 10 In den Niederlanden waren Rechts-, Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften mit 11 415 Studierenden oder
Antwort 47,9 Prozent ebenfalls die beliebteste Fächergruppe für
(B) der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage Deutsche. An zweiter Stelle folgen Medizin und (D)
Gesundheitswissenschaften mit 2 761 Studierenden –
des Abgeordneten Ulrich Kelber (SPD) (Drucksache 11,6 Prozent. Kunst und Kunstwissenschaft wurden von
17/7083, Frage 15): 4 838 deutschen Studierenden – 7,3 Prozent – belegt.
Wie stellt die Bundesregierung im Regime des EU-weiten
CO2-Zertifikatesystems sicher, dass die kostenlose Zuteilung
Eine Aufteilung nach Fächern, die in Deutschland mit
von CO2-Zertifikaten an Unternehmen im Luftverkehr nach Numerus clausus belegt sind, liegt nicht vor.
deren Einbeziehung in das System nicht dazu führt, dass der
Marktwert dieser Zertifikate im Wege der Opportunitätskos- Zu Frage 17:
tenwälzung auf die Ticketpreise aufgeschlagen wird?
Zur Aufteilung nach Bundesländern liegen keine An-
Die Möglichkeit der Überwälzung der (tatsächlichen gaben vor.
und der Opportunitäts-)Kosten der CO2-Zertifikate hängt
entscheidend vom bestehenden Wettbewerbsdruck ab.
Bei einem hohen Preiswettbewerb der Tickets – das heißt Anlage 12
bei schwacher Nachfrage – sowie bei Interkontinental-
flügen, wenn ausländische Konkurrenten weniger Zerti- Antwort
fikate für Strecken über außereuropäische Drehkreuze des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage
vorweisen müssen, wird eine Überwälzung schwerfallen. des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache
Für innereuropäische Flüge und Interkontinentalflüge 17/7083, Frage 18):
auf gleicher Strecke ist die Einführung des Emissions- Aus welchen Gründen plant die Bundesregierung eine er-
handels wettbewerbsneutral, da alle Fluggesellschaften hebliche Reduktion der Projektfördermittel für die Meeres-
gleich belastet werden sollen. Verschiedene Studien wei- und Polarforschung, und welche Projekte sollen über die Er-
sen darauf hin, dass in diesem wachsenden Markt eine höhung der Mittel für die Hightech-Strategie für den Klima-
schutz gefördert werden?
vollständige oder teilweise Überwälzung der tatsächli-
chen und Opportunitätskosten nicht ausgeschlossen wer- Der Mittelansatz unter Titel 685-40 Erläuterungszif-
den kann. Einen korrigierenden Eingriff in diesen Markt- fer 3 für die Meeres- und Polarforschung wurde für das
mechanismus sieht die Bundesregierung nicht vor. Es ist HH-Jahr 2012 von 4 Millionen Euro auf 3,5 Millionen
vorgesehen, dass die Luftverkehrsbetreiber – unter ande- Euro reduziert. Die Kürzung berücksichtigt an dieser
rem wegen des in der Emissionshandelsrichtlinie festge- Stelle einen reduzierten Mittelbedarf durch die Verschie-
legten Versteigerungsanteils – einen nicht unerheblichen bung eines geplanten internationalen Kooperationspro-
Teil der CO2-Zertifikate ersteigern müssen. jekts im Bereich der Permafrostforschung.
15188 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
(A) Was die Erläuterungsziffer 1 „High-Tech-Strategie für zeitnah vorlegen. Parallel dazu laufen die Vorbereitun- (C)
den Klimaschutz“ (Titel 685-40) betrifft, so werden im gen für eine Gesetzesnovelle. Eine Verzögerung im Zeit-
Jahr 2012 Projekte im Bereich klimarelevante Meeres- plan ist in beiden Punkten derzeit nicht zu erkennen.
und Polarforschung mit 12,347 Millionen Euro geför-
dert.
Anlage 15
Anlage 13 Antwort
(A) Der monatliche Saldo des EEG-Kontos wird im Inter- Die Modalitäten eines Pilotvorhabens zu Energiespar- (C)
net veröffentlicht (www.eeg-kwk.net). Während der mo- zertifikaten werden im Rahmen eines Gutachtens geprüft.
natliche Saldo in den ersten vier Monaten des Jahres 2011 Ziel ist eine ergebnisoffene Kosten-Nutzen-Analyse der
im Plus war, werden für die Monate Mai bis August nega- Einführung eines Systems „Weißer Zertifikate“ oder an-
tive Kontostände ausgewiesen. Aus den veröffentlichten derer übergeordneter Instrumente. Bestandteil des Gut-
Daten lässt sich allerdings kein aussagekräftiger Durch- achtens ist auch eine Untersuchung möglicher Ausgestal-
schnittswert berechnen, da der Kontostand auch innerhalb tungsvarianten für das Pilotprojekt. Basierend hierauf
eines Monats starke Schwankungen aufweist. Über die Li- wird über die Einrichtung und Ausgestaltung entschieden.
quiditätsreserve, die mögliche Finanzierungsrisiken auf-
grund negativer Kontostände reduzieren soll, ist im Rah- Zu Frage 34:
men der Festlegung der EEG-Umlage zu entscheiden. Im
Übrigen ist für die Höhe einer etwaigen Liquiditätsreserve Die Bundesregierung hat am 28. September 2010 das
der erwartete Kontoverlauf eines Folgejahres maßgeblich. Energiekonzept vorgelegt. Am 6. Juni 2011 hat die Bun-
desregierung ein umfangreiches Gesetzespaket beschlos-
Die Festlegung der EEG-Umlage obliegt den Übertra- sen. In diesem Zusammenhang wurde auch ein jährliches
gungsnetzbetreibern. Die Bundesnetzagentur hat in dem Monitoring verabredet. Die Einzelheiten des Verfahrens
Verfahren eine Überwachungsfunktion. Sie prüft die von für das Monitoring werden derzeit ausgearbeitet.
den Übertragungsnetzbetreibern vorzulegenden Daten.
Die Ermittlung der Daten und deren Prüfung sind noch
nicht abgeschlossen und sollten abgewartet werden. Anlage 19
Antwort
Anlage 17 des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage
Antwort des Abgeordneten Hans-Joachim Hacker (SPD)
(Drucksache 17/7083, Frage 37):
des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage
Wann beabsichtigt die Bundesregierung vor dem Hinter-
des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE grund der bestehenden Berichtspflicht, wonach in regelmäßi-
GRÜNEN) (Drucksache 17/7083, Frage 30): gen Abständen zu informieren ist, einen weiteren tourismus-
Beabsichtigt die Bundesregierung, ein Speichergesetz vor- politischen Bericht vorzulegen, nachdem der letzte Bericht im
zulegen, und, falls ja, bis wann soll der Regierungsentwurf Februar 2008 veröffentlicht wurde und der Deutsche Bundes-
vorliegen? tag 2009 eine Erweiterung der Berichtspflicht auf den Bauern-
hof- und Landtourismus beschlossen hat?
Die Bundesregierung plant kein Speichergesetz. Sie
weist darauf hin, dass es erheblichen Forschungsbedarf Die Bundesregierung beabsichtigt einen weiteren tou-
(B) zu neuen Speichertechnologien gibt. Entsprechende For- rismuspolitischen Bericht Ende 2012 vorzulegen. (D)
schungs- und Entwicklungsprojekte von Unternehmen Bundesregierung ein umfangreiches Gesetzespaket be-
können im Rahmen der Forschungsförderung des Bun- schlossen. In diesem Zusammenhang wurde auch ein jähr-
des substanziell unterstützt werden. liches Monitoring verabredet. Die Einzelheiten des Ver-
fahrens für das Monitoring werden derzeit ausgearbeitet.
Anlage 18
Antwort Anlage 20
(A) Welche Bundesbehörde hat das Waffenexportverbot für die Mit welchem Betrag beteiligt sich die Bundesregierung an (C)
Firma Heckler & Koch – bitte mit Angabe von Grund und Da- dem Zivilgesellschaftsfonds, der laut dem Dritten Bericht
tum – für die vier mexikanischen Bundesstaaten Chiapas, Chi- über die Umsetzung des EU-Aktionsplans für Afghanistan
huahua, Guerreo und Jalisco ausgesprochen, und handelt es und Pakistan, Ratsdok. 10170/11 vom 16. Mai 2011, Seite 38,
sich dabei um ein allgemeines Waffenexportverbot oder um von Dänemark, Norwegen, Schweden und Großbritannien ini-
eine spezifische Ausfuhrbegrenzung für die Firma Heckler & tiiert wurde, und in welchem Verhältnis steht dieser Fonds
Koch? zum Europäischen Instrument für Demokratie und Menschen-
rechte, EIDHR?
Das unterstellte Waffenexportverbot in die vier mexika-
nischen Bundesstaaten wurde weder von einer Bundesbe- Die Bundesregierung beteiligt sich nicht am „Nordic+
hörde ausgesprochen noch besteht oder bestand es. Nach Civil Society Fund“, an dem sich ausschließlich die nor-
geltender Praxis werden Exportverbote für Rüstungsgüter dischen Staaten Dänemark, Norwegen, Schweden sowie
in der Regel im Falle von Sanktionen aufgrund von Reso- Großbritannien beteiligen.
lutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen oder
Beschlüssen des Rates der Europäischen Union verhängt. Die Bundesregierung stellt für den Kapazitätsaufbau
Entscheidungen zu Rüstungsexporten werden grundsätz- der afghanischen Zivilgesellschaft in den Jahren 2009
lich nur als Einzelfallentscheidungen getroffen. bis 2013 rund 15 Millionen Euro zur Verfügung.
Bezüglich der Erteilung von Genehmigungen für Aus- Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung den
fuhren für Polizeieinheiten mexikanischer Bundesstaaten innerafghanischen zivilgesellschaftlichen Prozess durch
möchte ich Sie auf die Antwort der Bundesregierung auf einen von den deutschen politischen Stiftungen geför-
Frage 6 der Kleinen Anfrage Ihrer Fraktion, Bundestags- derten Dialog mit verschiedenen Konferenzen in Afgha-
drucksache 17/6432, vom 5. Juli 2011 verweisen. nistan, sowie ein Forum der Zivilgesellschaft, 2. bis
3. Dezember 2011, im unmittelbaren Vorfeld der Inter-
nationalen Afghanistan-Konferenz in Bonn, 5. Dezem-
Anlage 22 ber 2011. Dieser innerafghanische Prozess hat seit
Antwort Sommer 2011 an Fahrt gewonnen.
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der In welchem Verhältnis der Fonds zum Europäischen
Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck- Instrument für Demokratie und Menschenrechte,
sache 17/7083, Frage 40): EIDHR, steht, ist der Bundesregierung als nicht beteilig-
Welche Informationen hat die Bundesregierung über den
tem Staat nicht bekannt. Eine Ko-Finanzierung bei Ein-
gegenwärtigen Aufenthaltsort und die Aktivitäten der nahezu zelprojekten ist nicht auszuschließen.
1 000 mit ihrer Hilfe in Äthiopien ausgebildeten somalischen
„Polizisten“, unter denen sich auch Minderjährige befanden
(B) und die sich anschließend in der Provinz Gedo einer Äthiopien (D)
nahestehenden und mit der somalischen Übergangsregierung Anlage 24
verbündeten Miliz angeschlossen hatten, und kann sie eine Be-
teiligung dieser an den Gefechten ab dem 11. September 2011 Antwort
im Gebiet Eil Waq ausschließen, vor denen nach Angaben von
IRIN (www.irinnews.org/report.aspx?reportID=93787) über der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des
34 000 Menschen geflohen sein sollen, darunter viele, die be- Abgeordneten Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
reits zuvor auf der Flucht vor der Hungerkatastrophe waren? NEN) (Drucksache 17/7083, Frage 42):
Wie bereits in den Antworten auf Ihre schriftlichen Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die
Fragen zu diesem Thema vom Oktober 2010 (Frage Nr. 1 Auswirkungen der geplanten Etatkürzungen beim US-ameri-
kanischen Verteidigungsministerium in Höhe von bis zu
auf Bundestagsdrucksache 17/3565) bzw. März 2011 850 Milliarden US-Dollar (vergleiche www.freitag.de/politik/
(Frage Nr. 3 auf Bundestagsdrucksache 17/5876) sowie 1132-sparen-sparen-...-abruesten) auf die Standorte der US-
in der Fragestunde vom 26. Januar 2011 von Herrn Armee in Deutschland und insbesondere auf die Standorte in
Staatsminister Dr. Werner Hoyer ausgeführt, halten sich Ansbach und Grafenwöhr, und wie schätzt sie vor diesem
nach Kenntnis der Bundesregierung die genannten Poli- Hintergrund die auf der Internetplattform DoD Buzz
(www.dodbuzz.com/2011/08/01/what-could-austerity-ameri-
zisten in der somalischen Grenzregion zu Äthiopien, das cas-defense-posture-look-like) geäußerten Vermutungen ein,
heißt in den somalischen Regionen Gedo und Bakool wonach die US-Armee alle in Deutschland bzw. Europa be-
(Südwest-Somalia) auf. findlichen Standorte bis auf Ramstein und Landstuhl schlie-
ßen könnte?
Der Bundesregierung liegen keine Informationen
über den von Ihnen behaupteten „Anschluss“ der Poli- Der US-Kongress hat den Verteidigungshaushalt der
zisten an eine mit der somalischen Übergangsregierung Vereinigten Staaten von Amerika für das Fiskaljahr 2012
verbündete Miliz vor. Ebenso verfügt die Bundesregie- noch nicht verabschiedet.
rung nicht über weitergehende Erkenntnisse zu den in
Ihrer Fragestellung erwähnten Gefechten. Im Rahmen der beabsichtigten US-Haushaltskonsoli-
dierung sind auch Einsparungen bei den Verteidigungs-
ausgaben Gegenstand der Überlegungen. Diesbezüglich
Anlage 23 sind auf US-Seite aber nach Kenntnis der Bundesregie-
rung bislang keine Entscheidungen gefallen.
Antwort
Daher liegen noch keine Erkenntnisse über mögliche
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Auswirkungen von Kürzungen im Verteidigungshaushalt
Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der USA auf Standorte der amerikanischen Streitkräfte
NEN) (Drucksache 17/7083, Frage 41): in Deutschland vor.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15191
Anlage 26 Anlage 27
Antwort Antwort
der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksa- des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE)
che 17/7083, Frage 44): (Drucksache 17/7083, Frage 45):
Welche Behörden und Ministerien der NATO-Mitglied- Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem
staaten – insbesondere Italiens, der USA, Frankreichs und Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch,
Deutschlands – sowie Institutionen der Europäischen Union HRW, vom 21. September 2011, wonach die EU-Grenz-
wurden von EU-Kapazitäten zur Satellitenaufklärung – etwa schutzagentur FRONTEX in Griechenland „Migranten wis-
der Programme G-MOSAIC und SAFER des Global Monito- sentlich Bedingungen aussetzt, die eindeutig gegen internatio-
ring for Environment and Security und des European Union nale Menschenrechtsstandards verstoßen“, und kann die
Satellite Centre – ab dem 15. Februar 2011 mit Satellitenbil- Bundesregierung ausschließen, dass deutsche Beamte, die im
dern unter anderem aus den libyschen Städten Bengasi und Rahmen von FRONTEX in Griechenland eingesetzt werden,
Tripolis versorgt, und welchen Beitrag zur Aufbereitung und aufgegriffene Migrantinnen und Migranten mittelbar oder un-
Nutzung der jeweiligen Bilder leisteten das Deutsche Zentrum mittelbar in griechische Auffanglager übergeben, in denen die
für Luft- und Raumfahrt in Neustrelitz sowie dessen Zentrum von HRW aufgezeigten menschenverachtenden Zustände an-
für Satellitengestützte Kriseninformation? zutreffen sind?
15192 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
(A) Die Bundesregierung hat den Bericht am 22. Septem- konstruktiven Gespräch mit Vertretern der Organisation (C)
ber 2011 in einem konstruktiven Gespräch mit Vertretern Human Rights Watch intensiv erörtert.
der Organisation Human Rights Waten intensiv erörtert.
Die Kerninhalte des Berichts sind deckungsgleich mit ei- Die Kerninhalte des Berichts sind deckungsgleich mit
genen Erkenntnissen und werden insofern nicht infrage eigenen Erkenntnissen und werden insofern nicht infrage
gestellt. gestellt.
Herauszustellen ist aber, dass der Bericht nicht die
Herauszustellen ist aber, dass der Bericht nicht die
grenzpolizeilichen Maßnahmen der Bundespolizisten un-
grenzpolizeilichen Maßnahmen der Bundespolizisten un-
ter Koordination von FRONTEX kritisiert; bei der Wahr-
ter Koordination von FRONTEX kritisiert; bei der Wahr-
nehmung grenzpolizeilicher Maßnahmen zum Schutz der
nehmung grenzpolizeilicher Maßnahmen zum Schutz
EU-Außengrenze werden die Menschenrechte laut Be-
der EU-Außengrenze werden die Menschen rechte laut
richt respektiert und beachtet.
Bericht respektiert und beachtet.
Der FRONTEX-koordinierte Einsatz trägt dazu bei,
Der FRONTEX-koordinierte Einsatz trägt dazu bei, dass europäische Werte und Interessen gewahrt werden.
dass europäische Werte und Interessen gewahrt werden. Beispielhaft dafür sind die Berichte der Bundespolizis-
Beispielhaft dafür sind die Berichte der Bundespolizis- ten über Missstände vor Ort vom Herbst letzten Jahres,
ten über Missstände vor Ort vom Herbst letzten Jahres, die zu erheblichen Druck auf die griechischen Behörden
die zu erheblichen Druck auf die griechischen Behörden geführt haben und zeitnah das Einhalten von Standards
geführt haben und zeitnah das Einhalten von Standards in der unmittelbaren Grenzüberwachung erwirkt haben.
in der unmittelbaren Grenzüberwachung erwirkt haben.
Bei der Überlegung, weiterhin vor Ort vertreten zu
Bei der Überlegung, weiterhin vor Ort vertreten zu bleiben und die Situation – soweit es Mandat und Verant-
bleiben und die Situation – soweit es Mandat und Ver- wortlichkeiten ermöglichen – zu entspannen, oder sich
antwortlichkeiten ermöglichen – zu entspannen, oder zurückzuziehen und damit gegebenenfalls den Druck auf
sich zurückzuziehen und damit gegebenenfalls den die griechischen Behörden zu erhöhen, handelt es sich um
Druck auf die griechischen Behörden zu erhöhen, han- ein klassisches Dilemma. Aus Sicht der Bundesregierung
delt es sich um ein klassisches Dilemma. Aus Sicht der wäre die Situation der Migranten ohne die Anwesenheit
Bundesregierung wäre die Situation der Migranten ohne von FRONTEX und der zahlreichen „Gast-Beamten“
die Anwesenheit von FRONTEX und der zahlreichen noch besorgniserregender. Es wäre daher unverantwort-
„Gast-Beamten“ noch besorgniserregender. Es wäre daher lich, die FRONTEX-Operation POSEIDON Land auszu-
unverantwortlich, die FRONTEX-Operation POSEIDON setzen oder zu beenden. Zu dieser Einschätzung kamen
Land auszusetzen oder zu beenden. Zu dieser Einschät- im Übrigen auch parteiübergreifend die Mitglieder des (D)
(B) zung kamen im Übrigen auch parteiübergreifend die
Innenausschusses des Bundestags, die in der Sitzung vom
Mitglieder des Innenausschusses des Bundestags, die in 21. September 2011 über die Eindrücke ihrer Reise in die
der Sitzung vom 21. September 2011 über die Eindrücke griechisch-türkische Grenzregion berichteten. Bei der
ihrer Reise in die griechisch-türkische Grenzregion be- Entwicklung auch aus Sicht der Bundesregierung drin-
richteten. gend notwendiger Lösungsansätze zur Verbesserung der
humanitären Situation in den griechischen Aufnahmela-
gern ist zu akzeptieren, dass die Rolle von FRONTEX
Anlage 28 und der unterstützenden Grenzpolizeibeamten der
Antwort EU-Mittgliedstaaten exklusiv auf die Maßnahmen zum
Schutz der Außengrenzen, also auf die eigentliche Grenz-
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage überwachung beschränkt ist. Eine Verantwortung für die
des Abgeordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE Abläufe und Zustände in den Aufnahmelagern geht damit
GRÜNEN) (Drucksache 17/7083, Frage 46): nicht einher.
Wie steht die Bundesregierung zu dem am 21. September
2011 veröffentlichten Bericht von Human Rights Watch „The
EU’s Dirty Hands: FRONTEX Involvement in Ill-Treatment Anlage 29
of Migrant Detainees in Greece“ und den darin geäußerten
Vorwürfen, dass alle Staaten, die sich an FRONTEX-Opera- Antwort
tionen an der griechisch-türkischen Grenze beteiligen, Verant-
wortung tragen und haftbar sind für Menschenrechtsverlet- des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage
zungen, da im Rahmen der FRONTEX-Mission Flüchtlinge der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE)
in griechische Haftanstalten überstellt werden, die der Euro- (Drucksache 17/7083, Frage 47):
päische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom
21. Januar 2011 als unmenschlich und erniedrigend verurteilt Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung da-
hat, und erwägt die Bundesregierung, der Empfehlung von raus, dass auch die EU-Kommission der Auffassung ist, dass
Human Rights Watch nachzukommen und deutsche Beamte das assoziationsrechtliche Verschlechterungsverbot nach Art.
aus der FRONTEX-Mission Poseidon abzuziehen? 13 des Assoziationsratsbeschlusses ARB 1/80 bereits dann
gilt, wenn Betroffene ihre Absicht bekundet haben, von der
Der Bericht stellt Umstände dar, denen die Bundes- Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch zu machen, ohne zuvor
regierung bereits auch schon zuvor große Bedeutung in einem Arbeitsverhältnis gestanden zu haben – vergleiche
Stellungnahme der EU-Kommission vom 29. Juli 2011 in der
beigemessen hat und einer sehr ernsthaften und besorg- Rechtssache C-256/11 des Europäischen Gerichtshofs, insbe-
ten Betrachtung unterzogen hat. Die Bundesregierung sondere die Nrn 7, 54 und 58 –, und was bedeutet das bei-
hat den Bericht am 22. September 2011 in einem spielsweise für die Bereiche Verlängerung der Mindestehebe-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15193
(A) standszeit zur Erlangung eines eigenständigen In Anbetracht der hiergegen geäußerten Bedenken (C)
Aufenthaltsrechts, Sprachanforderungen beim Ehegattennach- wird die Bundesregierung die Frage der Zuordnung der
zug oder längerfristiges Aufenthaltsrecht nur beim Nachweis
ausreichender Deutschkenntnisse? Selbstkosten auf die Produkte Wärme und Strom als Be-
messungsgrundlage für die Umsatzubesteuerung einer
Die Bundesregierung zieht aus der zitierten Stellung- unentgeltlichen Wärmeabgabe noch einmal an die obers-
nahme der Kommission keine Schlussfolgerungen und ten Finanzbehörden der Länder herangetragen.
weist darauf hin, dass Meinungsverschiedenheiten zwi-
schen Kommission und Bundesregierung vor dem Ge-
richtshof der Europäischen Union nichts Ungewöhnli- Anlage 31
ches sind.
Antwort
Für die Berechnung der Selbstkosten werden die ge- Nach Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit
samten Kosten des Biogas-Blockheizkraftwerkes ent- und Soziales, BMAS, kann man von rund 43 000 Perso-
sprechend der erzeugten Mengen an Strom und Wärme nen in der Türkei ausgehen, die in 2010 eine Rente aus
aufgeteilt und ein einheitlicher Nettopreis je Kilowatt- Deutschland bezogen haben. Das jedoch von der indivi-
stunde Wärme/Strom gebildet. Die zu versteuernde duellen Rentenhöhe abhängig ist, ob das Besteuerungs-
Wertabgabe wird demnach durch Multiplikation der für recht des Quellenstaates überhaupt wahrgenommen wer-
nicht unternehmerische Zwecke entnommenen Wärme- den kann, ist eine Angabe über die Zahl der von der
menge mit dem Preis je Kilowattstunde ermittelt. Hie- Regelung tatsächlich betroffenen Personen nicht mög-
rauf ist die Umsatzsteuer mit 19 Prozent zu berechnen. lich.
15194 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
(A) nismus gelingt, Gefahren für die Finanzstabilität im Euro- Wie viele der vom Bundesministerium für Arbeit und So- (C)
Währungsgebiet wirksam abzuwehren. Mit dem Ände- ziales genannten 17 000 Personen, die im Jahr 2013 die An-
spruchsvoraussetzungen für die „Zuschussrente“ erfüllen
rungsgesetz zum Stabilisierungsmechanismusgesetz werden würden, erfüllen diese ausschließlich durch Beitragszeiten
derzeit die nationalen Voraussetzungen für die Ertüchti- nach § 55 SGB VI?
gung und weitere Flexibilisierung des Rettungsschirms
Soll die Zahlung der „Zuschussrente“ an das Erreichen ei-
EFSF geschaffen. Nach Abschluss der parlamentarischen
ner Altersgrenze oder den Bezug einer vollen Rente wegen
Verfahren können der geänderte EFSF-Rahmenvertrag in Alters gebunden sein, und wie würden in dem Fall, dass das
Kraft treten und die neuen Instrumente zum Einsatz kom- Erreichen der Regelaltersgrenze entscheidend ist, die Renten
men. derjenigen berücksichtigt, die aufgrund eines vorzeitigen
Rentenzugangs eine Rente mit Abschlägen beziehen?
(A) Zu Frage 64: schieden, dass in der Callcenterbranche keine sozialen (C)
Verwerfungen vorliegen.
Der Bund ist für die Umsetzung der Regelungen zum
Bildungs- und Teilhabepaket (im Folgenden: Bildungs-
paket) nicht zuständig. Träger der Leistungen sind die Anlage 39
Kreise und kreisfreien Städte; diese sind auch für die
Entscheidung über die konkreten Erbringungswege – Aus- Antwort
gabe von Gutscheinen an die Berechtigten oder Direkt- des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die
zahlungen an die Leistungsanbieter wie zum Beispiel Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE
Vereine – verantwortlich. Die Rechts- und gegebenen- LINKE) (Drucksache 17/7083, Frage 67):
falls die Fachaufsicht obliegt den Ländern. Auch die Ab-
wicklung der Antragsbearbeitung (an einer zentralen Wie hoch ist der Anteil der sogenannten Aufstocker – Er-
werbstätige mit Bezug von Arbeitslosengeld II – in der Ge-
Stelle des kommunalen Trägers oder zusätzlich je nach samtwirtschaft und in der Callcenterbranche – bitte anders als
Leistungsart unter Einbeziehung der Schulen, Kinderta- in der Antwort der Bundesregierung zu Frage 19 auf die
gesstätten oder Anbieter oder nur über die genannten Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/7132 entspre-
Einrichtungen) bestimmen die kommunalen Träger. Der chende Quote nennen -, und wie hat sich die Zahl der Be-
schäftigten in der Callcenterbranche seit 2000 entwickelt
Bund hat insoweit weder eigene Erfahrungswerte noch (bitte nach Bund und Bundesländern aufführen und wenn
eine Weisungs- oder Entscheidungsbefugnis. möglich den Beschäftigungsanteil der jeweiligen Bundeslän-
der)?
Zu Frage 65: Eine Aussage zu den sogenannten Aufstockern in der
Callcenterbranche ist mithilfe einer integrierten Auswer-
Da der Bund für die Umsetzung des Bildungs- und
tung von Beschäftigungsstatistik und Grundsicherungs-
Teilhabepakets nicht zuständig ist, hat die Bundesregie-
statistik der Bundesagentur für Arbeit möglich. Auf die
rung keine Entscheidungskompetenz über die entspre-
methodischen Einschränkungen, die bei der Interpreta-
chenden Verfahrensabläufe. Die Umsetzung des Bil-
tion der Daten zu berücksichtigen sind, hat die Bundes-
dungspakets wurde in den Bund-Länder-Ausschuss nach
regierung bereits in ihrer Antwort auf Frage 19 der Klei-
§ 18 c des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, SGB II,
nen Anfrage der Fraktion Die Linke „Niedriglöhne in
überführt. Dieser Ausschuss beobachtet und berät die
der Callcenterbranche und das gescheiterte Mindestlohn-
zentralen Fragen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
verfahren“ (Drucksache 17/6777) hingewiesen. Auf-
und Fragen der Aufsicht. Dort wurde eine spezielle Ar-
grund verbesserter Hochrechnungsverfahren können die
beitsgruppe, BLAG, eingerichtet. Ihr gehören das Bun-
aktuellen Ergebnisse etwas von den früheren Angaben
desministerium für Arbeit und Soziales, das Bundes-
(B) ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, abweichen. (D)
die Bundesagentur für Arbeit, BA, alle Länder sowie die Die Zahl der Aufstocker, also der Arbeitslosengeld-II-
kommunalen Spitzenverbände an. Den Vorsitz hat der- Bezieher mit einem sozialversicherungspflichtigen Be-
zeit das Land Niedersachsen inne. Beraten werden zum schäftigungsverhältnis und zeitgleichem Zufluss von
Beispiel Fragen der Rechtsauslegung und des Verwal- Bruttoerwerbseinkommen lag im Dezember 2010 in der
tungsvollzugs. Callcenter-Branche bei rund 4 600; das waren etwa
4,9 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäfti-
gen in dieser Branche. Zudem gab es rund 600 Arbeits-
Anlage 38 losengeld-II-Bezieher, die in der Callcenterbranche
ausschließlich geringfügig beschäftigt waren und tat-
Antwort sächlich Einkommen aus Erwerbstätigkeit erhielten; dies
entspricht 9,3 Prozent aller ausschließlich geringfügig
des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Beschäftigen in dieser Branche.
Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE
LINKE) (Drucksache 17/7083, Frage 56): Insgesamt über alle Branchen lag der Anteil der sozial-
versicherungspflichtig beschäftigten Arbeitslosengeld-II-
Wie hat der Hauptausschuss im Rahmen des Mindestar-
beitsbedingungengesetzes seine Ablehnung des Antrags auf Bezieher mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit an allen so-
einen Callcenter-Mindestlohn konkret begründet, und auf zialversicherungspflichtig Beschäftigten im Dezember
welche vorliegenden amtlichen Daten hat sich der Hauptaus- 2010 bei 2,0 Prozent. Der Anteil der Arbeitslosengeld-II-
schuss bei seiner Einschätzung berufen, es gebe in der Call- Bezieher, die ausschließlich geringfügig beschäftigt wa-
centerbranche keine sozialen Verwerfungen (bitte anders als
in der Antwort der Bundesregierung zu Frage 2 auf die Kleine
ren und zeitgleich Einkommen aus Erwerbstätigkeit er-
Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/7132 tatsächlich auf hielten, lag wirtschaftszweigübergreifend bei 11,7 Pro-
die konkrete Begründung eingehen und konkret entsprechen- zent.
des Datenmaterial nach verwandter Statistik etc. nennen so-
wie ausschlaggebende Werte)? Soweit Sie nach der Entwicklung der Zahl der Be-
schäftigten in der Callcenterbranche seit dem Jahr 2000
Der Hauptausschuss nach dem Mindestarbeitsbedin- fragen und auch bitten, diese nach Bundesländern diffe-
gungengesetz ist ein autonomes Gremium, das in seiner renziert darzustellen, will ich zunächst auf die Antwort
Geschäftsordnung die Vertraulichkeit seiner Verhandlun- der Bundesregierung auf die Fragen Nr. 11 und Nr. 13
gen beschlossen hat. Der Hauptausschuss hat nach Sich- der Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke „Nied-
tung der vorliegenden amtlichen Daten und in Würdigung riglöhne in der Callcenter-Branche und das gescheiterte
des Antrags und der Erläuterungen des Antragstellers ent- Mindestlohnverfahren“ (Drucksache 17/6777) hinwei-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011 15197
(A) sen. In der Antwort auf Frage Nr. 11 ist ausgeführt, dass Aus welchen Gründen verzögert sich die ursprünglich für (C)
zum Stichtag 31. Dezember 2010 die Statistik der Bun- den Monat September 2011 angekündigte Vorlage der Eck-
punkte der Pflegereform – nach den vorliegenden Informatio-
desagentur für Arbeit für die Callcenterbranche rund nen – bis Ende Oktober 2011, und ist die Bundeskanzlerin be-
93 600 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und rund reit, das Gesetzesvorhaben zu ihrem persönlichen Anliegen zu
7 100 ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte machen, um das geplante Inkrafttreten der Reform zum 1. Ja-
ausweist. Das waren rund 0,3 Prozent aller sozialversi- nuar 2012 zu sichern?
cherungspflichtig Beschäftigten und rund 0,1 Prozent al- Die Bundesregierung nimmt sich die für die Erarbei-
ler ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigten in tung der Pflegereform notwendige Zeit, um zu guten,
Deutschland. Für die Erstellung einer Zeitreihe seit dem
langfristig tragfähigen Ergebnissen im Sinne der Pflege-
Jahr 2000 – nach Bundesländern differenziert – bedarf es
bedürftigen und ihrer Angehörigen zu kommen. Die
einer umfassenderen Auswertung der Statistik der Bun-
Bundeskanzlerin unterstützt dieses Anliegen.
desagentur für Arbeit.
Anlage 43
Anlage 40
Antwort
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage
die Fragen der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg
der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 17/7083, Frage 68): (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/7083,
Fragen 71 und 72):
Welche konkreten Aufgaben übernimmt das deutsche Un-
Wie sieht angesichts der erneuten Verschiebung der ur-
terseeboot U 34 im Rahmen der Operation Active Endeavour,
sprünglich für den September 2011 angekündigten Vorstel-
OAE? lung von Eckpunkten zur Pflegereform nunmehr der Zeitplan
der Bundesregierung für diesen Gesetzgebungsprozess aus,
Das Unterseeboot U 34 trägt im Rahmen der OAE zur und auf welche Art und Weise gedenkt die Bundesregierung
Erstellung eines Lagebildes im Mittelmeer bei. Dazu dabei die erheblichen Meinungsverschiedenheiten innerhalb
sammelt das Boot Informationen über Standorte, Bewe- der Bundesregierung über die Finanzreform der Pflegeversi-
gungen und Identität von Schiffen im überwachten See- cherung zu lösen?
gebiet und übermittelt diese an das Allied Maritime Wie sieht der genaue Arbeits- und Zeitplan des Experten-
Command in Neapel, MC Naples. beirats aus, den die Bundesregierung für die Reform des Pfle-
gebedürftigkeitsbegriffs erneut eingesetzt hat bzw. erneut ein-
Die Meldungen aller an OAE beteiligten Einheiten zusetzen gedenkt, und welche Auswirkungen hat dies auf die
werden im MC Naples zu einem Gesamtlagebild zusam- Planung des Gesetzgebungsverfahrens zur Pflegereform ins-
(B) mengeführt. gesamt? (D)
Zu Frage 71:
Anlage 41 Die Vorlage von Eckpunkten wird nach Einigung
schnellstmöglich erfolgen. Daran wird sich umgehend
Antwort
das Gesetzgebungsverfahren anschließen.
des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage Die Vorstellungen der Beteiligten werden wie üblich
der Abgeordneten Dagmar Enkelmann (DIE LINKE)
diskutiert und einer sachgemäßen Entscheidung zuge-
(Drucksache 17/7083, Frage 69):
führt.
Wie bewertet die Bundesregierung Informationen (verglei-
che Kölner Stadt-Anzeiger vom 22. September 2011), laut de-
nen – entgegen den bisherigen Vorschlägen des Bundesminis- Zu Frage 71:
ters der Verteidigung, Dr. Thomas de Maizière – Bonn
Hauptsitz des Bundesministeriums der Verteidigung bleiben Die Einsetzung des Beirats und die Schaffung eines
soll, und bis zu welchem Zeitpunkt wird die Bundesregierung neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs sind Bestandteile der
in dieser Frage eine definitive Entscheidung treffen? Reform der Pflegeversicherung, für die ein Eckpunkte-
Medienberichte werden durch das Bundesministe- papier vorbereitet wird.
rium der Verteidigung grundsätzlich weder bewertet
noch kommentiert.
Anlage 44
Zu Ihrer Information kann ich jedoch sagen, dass über
die örtliche Ausgestaltung des Ministeriums noch keine Antwort
Grundsatzentscheidung getroffen worden ist. Dies wird der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf
voraussichtlich bis Ende Oktober geschehen. die Frage des Abgeordneten Harald Weinberg (DIE
LINKE) (Drucksache 17/7083, Frage 73):
Wie positioniert sich die Bundesregierung zu den Aussa-
Anlage 42 gen von Professor Dr. Bert Rürup in seinem Interview mit der
taz vom 22. August 2011, die Kapitaldeckung komme zu spät
Antwort und sei zu teuer, und welche Schlussfolgerungen zieht die
Bundesregierung aus der Tatsache, dass der geplante monatli-
der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf che Beitrag für den Aufbau einer kapitalgedeckten Säule in
die Frage der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann der Pflegeversicherung nach Aussage von Professor Dr. Bert
(DIE LINKE) (Drucksache 17/7083, Frage 70): Rürup „in keinem Verhältnis zu den Verwaltungs- und Anla-
15198 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
(A) gekosten stünde, die auf monatlich 3 Euro geschätzt werden“, Wie beurteilt die Bundesregierung die fehlende zeitliche (C)
mit dem zusätzlichen Widerspruch, dass der Beitrag zur er- wie räumliche Abstimmung zwischen dem Apothekennot-
gänzenden Kapitaldeckung trotzdem niedrig gehalten werden dienst und der ärztlichen Notfallpraxis speziell in ländlichen
müsste, weil sonst ein Sozialausgleich nötig ist, damit aber Gebieten, insbesondere in Bezug auf § 23 Abs. 2 der Verord-
ebenfalls bei niedrigen Beiträgen die von Professor Dr. Bert nung über den Betrieb von Apotheken, ApBetrO?
Rürup bezifferten Verwaltungskosten im Verhältnis zu den Er- Plant die Bundesregierung eine Änderung der ApBetrO
gebnissen zu hoch sind? mit dem Ziel einer Koppelung zwischen den ärztlichen Not-
Für eine Gesellschaft mit anhaltend niedriger Gebur- fallpraxen und den Apothekennotdiensten, und wie würde
sich eine solche Änderung auf die Versorgung in Regionen
tenrate kommt eine ergänzende Kapitaldeckung keines- mit einer geringen Versorgungsdichte auswirken?
wegs zu spät, sondern stärkt die intergenerative Gerech-
tigkeit. Die Höhe der Verwaltungskosten für eine Zu Frage 77:
kapitalgedeckte Ergänzung der sozialen Pflegeversiche-
rung hängt maßgeblich von den Einzelheiten ihrer Aus- Die Apothekenbetriebsordnung legt in § 23 als
gestaltung ab. Durch effiziente Kooperation der an ihr Grundsatz fest, dass Apotheken ständig dienstbereit sein
beteiligten Stellen kann sie auf ein Mindestmaß begrenzt müssen. Ausnahmen von der Dienstbereitschaft beste-
werden, das in einem vernünftigen Verhältnis zum Zu- hen für bestimmte Nebenzeiten sowie für Zeiten, in de-
satzbeitrag insgesamt steht. nen eine Befreiung von der zuständigen Behörde erteilt
wird, weil die Arzneimittelversorgung durch eine andere
Apotheke sichergestellt ist. Dies sind insbesondere die
Anlage 45 Zeiten des Nacht- und Notdienstes. Die Aufstellung und
Ausgestaltung von Notdienstplänen für Apotheken so-
Antwort wie die Regelung des ärztlichen Notfalldienstes obliegen
der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf nach den landesrechtlichen Heilberufs- bzw. Kammerge-
die Frage der Abgeordneten Kathrin Senger-Schäfer setzen den Ländern in eigener Zuständigkeit.
(DIE LINKE) (Drucksache 17/7083, Frage 75): Für den Bereich des vertragsärztlichen Notdienstes
Wann wird der angekündigte neue Pflegebeirat unter dem gilt nach § 75 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetz-
Vorsitz von Dr. Jürgen Gohde offiziell einberufen, und wie buch, SGB V, dass der Sicherstellungsauftrag der Kas-
setzt sich dieser Beirat zusammen?
senärztlichen Vereinigungen auch die vertragsärztliche
Der Beirat wird zeitnah seine Arbeit aufnehmen. Es Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten, Not-
ist sachgerecht, auf die Mitglieder des seinerzeitigen dienst, umfasst. Die Einzelheiten der Organisation des
Beirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbe- Notdienstes sind daher im Rahmen der Satzungsautono-
griffs zuzugehen, um Kontinuität zu gewährleisten und mie der Kassenärztlichen Vereinigungen zu regeln. Eine
(B) schnell zu Ergebnissen zu kommen. zeitliche und räumliche Abstimmung mit dem Apothe- (D)
kennotdienst ist danach grundsätzlich möglich.
(A) abkommen „Auftragsbautengrundsätze 1975 (ABG 75)“. ßen im kommenden Fünfjahreszeitraum realisiert wer- (C)
Hier ist auch die von den US-Streitkräften zu leistende den sollen. Insofern hat der IRP keine Auswirkung auf
finanzielle Entschädigung für die Tätigkeit der Deut- die Finanzierung der B 50 neu zwischen dem Autobahn-
schen Bauverwaltung bei der Durchführung der US- kreuz Wittlich, A 1/A 60, und Longkamp, B 50 alt, ein-
Baumaßnahmen festgelegt. schließlich Hochmoselübergang.
Diese Entschädigung entspricht nicht den tatsächli- Bei dem 2010 ermittelten Nutzen-Kosten-Verhältnis
chen Kosten, die der Bund für die Tätigkeit der organge- von 1,8 wurde eine eher zurückhaltende Entwicklung
liehenen Bauverwaltung der Länder und die von ihr be- des Flughafens Frankfurt Hahn und somit auch eine ent-
auftragten freiberuflichen Planer zu entrichten hat. Die sprechende Verkehrsentwicklung zugrunde gelegt. Ein
Differenz, rund 75 Prozent der Planungskosten, wird Absinken des Nutzen-Kosten-Verhältnisses des in Bau
vom Bund aus Mitteln des Bundesministeriums für Ver- befindlichen Projektes infolge von Kostensteigerungen
kehr, Bau und Stadtentwicklung finanziert. Auf Basis oder geringeren Verkehrsströmen auf einen Wert, der die
der von den US-Streitkräften genannten Baukosten für Bauwürdigkeit gefährden würde, ist nicht zu befürchten.
den Neubau der US-Klinik in Weilerbach, rund 750 Mil-
lionen Euro, ist hierfür im Bundeshaushalt ein Finanzie-
rungsbeitrag von rund 125 Millionen Euro erforderlich. Anlage 51
Antwort
Zu Frage 80:
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Die Höhe der für die Erweiterung der Infrastrukturan- Frage des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜND-
bindungen erforderlichen Kosten ist noch nicht bekannt. NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/7083, Frage 83):
Der Bund geht davon aus, dass diese Kosten von den
Wie will die Bundesregierung den Widerspruch zwischen
US-Streitkräften getragen werden. dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz und dem Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung bezüglich der Änderungsnotwen-
Anlage 49 digkeit des § 35 Abs. 1 Nr. 4 des Baugesetzbuchs und der da-
mit verbundenen Privilegierung von Tierhaltungsanlagen im
Antwort Außenbereich lösen, und welche inhaltlichen Gründe führen
zu den unterschiedlichen Auffassungen beider Bundesminis-
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die terien?
Frage der Abgeordneten Anette Kramme (SPD) (Druck- Die Ressortabstimmung zum zweiten Teil der Baupla-
sache 17/7083, Frage 81): nungsrechtsnovelle ist am 19. September 2011 eingelei-
(B) Trifft die Aussage des stellvertretenden tschechischen Ver- tet worden. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau (D)
kehrsministers Ivo Toman zu, dass das Bundesministerium für und Stadtentwicklung und das Bundesministerium für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die bislang im Vordringli-
chen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans enthaltene Elek- Ernähung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz arbei-
trifizierung der Strecke Nürnberg–Marktredwitz nicht weiter ten entsprechend den Vorgaben des § 19 Abs. 1 der Ge-
verfolgen wird, und, wenn ja, was sind die Gründe dafür? meinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung zu-
Diese Aussage hat der tschechische Vizeminister sammen, um die Einheitlichkeit der Maßnahmen der
Toman nach Informationen des Bundesministeriums für Bundesregierung zu gewährleisten.
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung nicht gemacht. Die
Aussage trifft auch nicht zu.
Anlage 52
Antwort
Anlage 50
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Antwort Fragen des Abgeordneten Werner Dreibus (DIE
LINKE) (Drucksache 17/7083, Fragen 84 und 85):
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um den
Frage der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ Fluglärm im Main-Kinzig-Kreis, Hessen, schnellstmöglich
DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/7083, Frage 82): auf ein erträgliches Maß zurückzufahren, insbesondere die
Hat die Finanzplanung des Entwurfs zum Investitionsrah- Verlegung und Absenkung der Flugrouten rückgängig zu ma-
menplan 2011 bis 2015 des Bundesministeriums für Verkehr, chen?
Bau und Stadtentwicklung Auswirkungen auf den Bundesan- Wie gedenkt die Bundesregierung auf die DFS Deutsche
teil zur Finanzierung der B 50 (neu) mit Hochmoselübergang, Flugsicherung Einfluss zu nehmen, um mit der Inbetrieb-
und wird das Kosten-Nutzen-Verhältnis dieses Neubauvorha- nahme der neuen Start- und Landebahnen am Flughafen
bens neu berechnet angesichts erwarteter Mehrkosten und ge- Frankfurt am Main das lärmärmere Anflugverfahren CDA
ringerem Verkehrsnutzen wegen geänderter Verkehrsströme einzuführen, wie dies auf dem Flughafen Köln/Bonn bereits
und sinkender Fahrgastzahlen des Flughafens Hahn? praktiziert wird?
Mit der Aufstellung des Investitionsrahmenplans
2011 bis 2015, IRP, kommt der Bund unter anderem sei- Zu Frage 84:
ner in § 5 Abs. 1 Fernstraßenausbaugesetz festgelegten Seit Jahren weist die DFS Deutsche Flugsicherung
Verpflichtung nach, Fünfjahrespläne aufzustellen. Dieser GmbH im Rahmen von Stellungnahmen zum Ausbau
Plan ist kein Finanzierungsplan, sondern legt fest, wel- des Flughafens Frankfurt darauf hin, dass die heute im-
che Vorhaben des Bedarfsplans für die Bundesfernstra- plementierten Verfahren für die Steigerung der Kapazität
15200 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
(A) am Flughafen Frankfurt benötigt werden. Dazu gehören Die Bundesregierung plant, die Gespräche mit der (C)
auch die Verfahren im Raum des Main-Kinzig-Kreises. Schweiz über die Regelungen zum An- und Abflugver-
Die Flugverfahren wurden in der Fluglärmkommission kehr des Flughafens Zürich, gemäß Absprache mit der
nach § 32 b Luftverkehrsgesetz beraten und vom Bun- Schweiz, bis zum Jahresende abzuschließen. Dies be-
desaufsichtsamt für Flugsicherung festgesetzt. inhaltet die Möglichkeit, bei Scheitern der Gespräche im
Im Rahmen einer Sachverhaltsaufklärung in der Sit- Anschluss Anpassungen an der 220. Durchführungsver-
zung der Frankfurter Fluglärmkommission am 31. Au- ordnung vorzunehmen. Eine Änderung der bestehenden
gust 2011 hat die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH Regelungen müsste jedoch vorab bei der EU-Kommis-
dargestellt, dass Optimierungen der Flugverfahren erst sion notifiziert werden. Es war und ist Anliegen der
analysiert werden können, wenn ein Erfahrungszeitraum Bundesregierung, zu diesem seit Jahrzehnten anhängi-
von sechs Monaten mit dem Betrieb der Landebahn gen Thema die bestmögliche Kompromisslösung im In-
Nordwest vorhanden ist. Der Betrieb der Landebahn teresse aller zu erreichen.
Nordwest beginnt am 21. Oktober 2011. Untersuchun- Im Herbst 2009 wurde vor dem Europäischen Gericht
gen für Optimierungen sind frühestens im 2. Quartal in 1. Instanz eine Klage der Schweiz gegen eine Ent-
2012 geplant. scheidung der EU-Kommission verhandelt, die keine
Die Bundesregierung hat Verständnis für den berech- Einwände gegen die derzeit erlassenen deutschen Ver-
tigten Wunsch nach möglichst geringer oder gar keiner ordnungen erhoben hat. Das Gericht hat die Klage der
Verkehrslärmbelastung. Die isolierte Anforderung, an ei- Schweiz am 9. September 2010 abgewiesen. Die EU-
ner bestimmten Örtlichkeit eine Flugroutenplanung aus- Kommission ließ in der Verhandlung allerdings erken-
zuschließen, verstieße aber gegen die Verpflichtung zur nen, dass veränderte Bedingungen in der Zukunft zu ei-
gesamtheitlichen Betrachtung aller relevant betroffenen ner veränderten Beurteilung führen könnten. Überzo-
Bereiche und zur Abwägung aller zu berücksichtigenden gene Forderungen und deren Umsetzung könnten damit
Belange. Dabei ist auch die Genehmigung des Flugha- Gefahr laufen, als Diskriminierung bewertet zu werden.
fens zu berücksichtigen. Der Schweizer Bundesrat hat inzwischen Klage vor dem
Europäischen Gerichtshof eingereicht.
Zu Frage 85:
Am Flughafen Frankfurt/Main gibt es bereits zwei
CDA-Anflugverfahren für die Nacht: Anlage 54
(A) Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Umwelt- desprogrammen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsge- (C)
bundesamt und Kraftfahrtbundesamt, verhandelt auf setzes aus dem Haushalt des Bundes erhalten, ist im
Grundlage des UNECE-Abkommens, das Deutschland Grundgesetz und im Entflechtungsgesetz nur bis zum
ratifiziert hat. 31. Dezember 2013 festgelegt. Ab 2014 entfällt die auf
die alten Aufgaben – Gemeindeverkehrsfinanzierung,
Zu Frage 88: soziale Wohnraumförderung, Hochschulbau und Bil-
dungsplanung – bezogene bereichsspezifische Zweck-
Der Bundesregierung sind keine Äußerungen führen- bindung. Bestehen bleibt nur eine investive Zweckbin-
der Sportwagenhersteller bekannt, die ein Reduktions- dung des Mittelvolumens. Ungeachtet des Wegfalls der
potenzial von 10 dB(A) beinhalten. Der vorgeschlagene gesetzlichen gruppenspezifischen Zweckbindung kön-
Grenzwert für leistungsstarke Kraftfahrzeuge, umgangs- nen die Mittel jedoch weiterhin entsprechend der
sprachlich „Sportwagen“, liegt bei 75 dB(A). Der Anteil Zweckbindung eingesetzt werden. Mehrere Länder ha-
dieser Kraftfahrzeuge beträgt weniger als 0,2 Prozent ben bereits ihre Absicht hierzu erklärt.
der in Deutschland zugelassenen Pkw. Die in der Frage
genannten Klassen N3 bzw. M3 sind keine Pkw, sondern Die Sicherung der Finanzierung des ÖPNV und des
schwere Nutzfahrzeuge bzw. große Busse. kommunalen Straßenbaus ist eine wichtige Zukunftsauf-
gabe. Um den Ländern, Gemeinden und Verkehrsunter-
Der Vorschlag der Bundesregierung sieht vor, dass die nehmen die erforderliche Planungssicherheit zu geben,
Grenzwerte in drei Stufen wesentlich reduziert werden. muss zwischen Bund und Ländern rechtzeitig Einver-
In der ersten Stufe, die zwei Jahre nach Veröffentlichung nehmen darüber erzielt werden, in welcher Höhe die
in Kraft treten soll, sollen die Grenzwerte mit einfachen Finanzierungsmittel für den Zeitraum 2014 bis 2019 zur
Veränderungen am Kraftfahrzeug erreicht werden kön- Aufgabenerfüllung der Länder noch angemessen und er-
nen. Zugrunde gelegt wurde, dass circa 10 Prozent der forderlich sind. Die Koalitionsvereinbarung sieht aus
heute genehmigten Kraftfahrzeuge technisch verändert diesem Grund vor, über die Höhe der Finanzausstattung
werden müssen. In der zweiten Stufe wurden circa bereits in der Mitte dieser Legislaturperiode zu entschei-
50 Prozent und in der dritten Stufe circa 90 Prozent zu- den.
grunde gelegt.
Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern wur-
Lärmminderungsmaßnahmen werden für alle Fahr- den im Mai 2011 aufgenommen. Es konnte bislang je-
zeugkategorien und -klassen gleichermaßen erforderlich doch noch keine Einigung erzielt werden.
sein. Somit tragen die vorgeschlagenen Grenzwerte für
Kraftfahrzeuge wesentlich zum Erreichen der Ziele des
Zu Frage 90:
Nationalen Verkehrslärmschutzpakets II bei.
(B) Für die Bemessung der Leistungen gilt nach dem (D)
Grundgesetz ein prospektiver, also auf die Zukunft
Anlage 55 gerichteter Maßstab. Weil sich – abhängig von den ge-
setzten Zielen und Annahmen – künftige Bedarfe grund-
Antwort sätzlich in jeglicher Höhe ableiten lassen, können die
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Einschätzungen, wie sie von den Fachministerkonferen-
Fragen des Abgeordneten Stephan Kühn (BÜND- zen der Länder vorgelegt wurden, nur Anhaltspunkte
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/7083, Fragen 89 bieten. Zu berücksichtigen sind unter anderem auch die
und 90): folgenden Gesichtspunkte:
In welcher Höhe wird die ehemalige Gemeindeverkehrs- Die durch die verfassungsrechtlichen Verschuldungs-
finanzierung – Fortführung der Kompensationsleistungen
nach dem Entflechtungsgesetz ab 2014, Festlegung im Koali-
regeln vorgegebene Rückführung der Nettokreditauf-
tionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP – bis 2019 mit nahme von Bund und Ländern, sogenannte Schulden-
finanziellen Mitteln ausgestattet, und welche Ergebnisse bremse, erfordert in den Jahren bis 2020 eine enge
brachten bisher die Verhandlungen mit den Ländern? Begrenzung der Staatausgaben und beeinflusst damit
Konnte mit den Ländern Einvernehmen über den jährli- auch das angemessene Niveau der Aufgabenerfüllung in
chen Bedarf – 2014 bis 2019 – hergestellt werden, und wel- allen Bereichen.
cher Bedarf ergibt sich aus Sicht der Bundesregierung?
Ziel der Föderalismusreform I ist nicht eine dauer-
Zu Frage 89: hafte Mitfinanzierung früherer Gemeinschaftsaufgaben
bzw. Bereitstellung von Finanzhilfen durch den Bund,
Mit der Föderalismusreform I sind einige der bisheri- sondern im Endergebnis ein vollständiger Rückzug des
gen Bund-Länder-Mischfinanzierungen entflochten wor- Bundes aus diesen Gebieten. Das Grundgesetz regelt in-
den. Dazu gehört – neben der sozialen Wohnraumförde- sofern finanzielle Übergangsbestimmungen.
rung, dem Hochschulbau und der Bildungsplanung –
auch die Gemeindeverkehrsfinanzierung, die im Ge-
meindeverkehrsfinanzierungsgesetz geregelt war. Ziel der
Anlage 56
Reform war es, die Zuweisung von Verantwortung an
Bund und Länder klarer zu gestalten und die Handlungs- Antwort
autonomie zu erhöhen.
des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die
Die Höhe der Ausgleichszahlungen, die die Länder Fragen der Abgeordneten Heidrun Bluhm (DIE
für den Wegfall der Beträge aus den sogenannten Lan- LINKE) (Drucksache 17/7083, Fragen 91 und 92):
15202 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. September 2011
(A) Wie ist der aktuelle Stand der Einnahmen und der Abruf Zusagen erteilt mit einem Gesamtkreditvolumen in Höhe (C)
der Mittel im Energie- und Klimafonds, EKF, für das Jahr von 813 Millionen Euro.
2011 für die energetische Gebäudesanierung der KfW-Förde-
rung – aufgeschlüsselt nach Plan und Ist zum 30. September
2011 –, und sind für das Jahr 2012 Beschränkungen bei der Zu Frage 92:
Auszahlung aus dem EKF zu erwarten?
Bereitet die Bundesregierung einen Ausgleich aus dem Für 2012 sind im Energie- und Klimafonds Mittel in
Bundeshaushalt für den Fall vor, dass die erwarteten Einnah- Höhe von rund 780 Millionen Euro vorgesehen. Rund
men des EKF nicht erreicht werden, um die geplanten Maß- 420 Millionen Euro entfallen auf die von Ihnen ange-
nahmen – energetische Stadtsanierung, CO2-Gebäudesanie- sprochenen Maßnahmen in den Bereichen energetische
rung, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, Maßnahmen
zur Weiterentwicklung der Elektromobilität – dennoch durch-
Stadtsanierung, CO2-Gebäudesanierung, Forschungs-
führen zu können? und Entwicklungsvorhaben zu erneuerbaren Energien
und Energieeffizienz sowie Weiterentwicklung der Elek-
Zu Frage 91: tromobilität. Dieser Betrag wird, wie auch die Beträge
für die anderen geplanten Maßnahmen, vorbehaltlich der
Im Energie- und Klimafonds sind 2011 bislang Entscheidung des Parlaments zum Haushalt und zum
75 Millionen Euro vereinnahmt worden. Im Wirtschafts- Wirtschaftsplan des EKF 2012, in voller Höhe zur Verfü-
plan des Energie- und Klimafonds für 2011 sind für die gung stehen. Sollten die Einnahmen des Sondervermö-
im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsprogramms auf- gens in einem Wirtschaftsplanjahr unter den Erwartun-
gelegten KfW-Förderprogramme Verpflichtungsermäch- gen liegen, kann der EKF unter den Voraussetzungen
tigungen in Höhe von insgesamt 500 Millionen Euro von § 4 Abs. 4 Satz 2 EKFG n. F. ein Liquiditätsdarle-
ausgebracht worden. Die KfW hat zum 31. August 2011 hen aus dem Bundeshaushalt erhalten.
(B) (D)
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ISSN 0722-7980