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Deutscher Bundestag
Stenographischer Bericht
26. Sitzung
Inhalt:
Tagesordnungspunkt 1: Tagesordnungspunkt 2:
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 1838 A Aufruf zum bevorzugten Kauf von ohne
Kinderarbeit gefertigten Orientteppichen
Editha Limbach CDU/CSU 1838 B mit dem Zeichen „Rugmark-Label"; Beur-
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 1838 B teilung der Konkurrenzorganisation „Care
& Fair"
Jörg-Otto Spiller SPD 1838 D MdlAnfr 4, 5
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 1838 D Horst Kubatschka SPD
Antw PStSekr Klaus-Jürgen Hedrich BMZ 1843 B,
Wolfgang Behrendt SPD 1839 B 1843 D
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 1839 B ZusFr Horst Kubatschka SPD 1843 B, 1844 A
II Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995
Anlage 6 Anlage 7
Kontrollmaßnahmen an nuklearen Anla- Beschlagnahme von Barmitteln im Wert
gen in Deutschland durch die IAEO und von ca. 1 Mio. DM bei einer Durchsu-
EURATOM chung der Räume der PDS in Berlin im
Februar 1992
MdlAnfr 25, 26 - Drs 13/761-
26. Sitzung
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Die Sitzung ist Bislang war vorgesehen, daß im Haus der Parla-
nicht gerade überfüllt, aber eröffnet. mentarier das Bundeswirtschaftministerium unter-
gebracht wird. Da dies jetzt geändert wurde, wird
das Wirtschaftsministerium seinen Standort im ehe-
Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
maligen Regierungskrankenhaus an der Scharn-
Befragung der Bundesregierung horststraße in Verbindung mit den Invalidenhäusern
und, falls erforderlich, mit einem Erweiterungsbau
Die Bundesregierung hat als Thema der gestrigen finden. Ich will darauf hinweisen, daß ein wichtiger
Kabinettssitzung mitgeteilt: Geändertes Konzept Teil des ehemaligen Regierungskrankenhauses be-
über die Nutzung von bundeseigenen Altbauten zur reits saniert worden ist und gegenwärtig schon als
Unterbringung der Bundesregierung in Berlin. Außenstelle des Wirtschaftsministeriums genutzt
wird.
Es ist dann noch ein Bericht über Klimaschutz,
CO2-Minderung, angekündigt worden. Hierbei In der vorhergehenden Konzeption war vorgese-
möchte ich darauf aufmerksam machen, daß dieser hen, das Bundesverkehrsministerium in diesem ehe-
Punkt auf der Tagesordnung der morgigen Plenarsit- maligen Regierungskrankenhaus unterzubringen.
zung steht, so daß wir nach unseren Regeln davon Dies wird wegen der vorangegegangenen Verände-
absehen sollten, zu diesem Bereich Fragen zu stellen; rungen dort nicht unterbringbar sein. Deswegen
sie gehören in die morgige Plenarsitzung. wird das Bundesministerium für Verkehr in dem ehe-
maligen Ministerium für Geologie mit einem Erwei-
Das Wort für den einleitenden Bericht hat der Bun-
terungsbau untergebracht. Dieses ehemalige Mini-
desminister für Raumordnung, Bauwesen und Städ-
sterium für Geologie befindet sich ebenfalls an der
tebau, Dr. Klaus Töpfer.
Invalidenstraße, also, wenn Sie so wollen, in knapper
Entfernung vom ehemaligen Regierungskranken-
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord- haus.
nung, Bauwesen und Städtebau: Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Dieses Gebäude war eigentlich für das Bundes-
gestern dem Bundeskabinett das veränderte Konzept bauministerium vorgesehen. Für das Bundesbau-
für die Unterbringung der Bundesregierung in der ministerium wird auf Grund dieser Veränderung ge-
Bundeshauptstadt Berlin vorgelegt. Diese Änderung prüft, ob es seinen Dienstsitz zunächst in angemiete-
ist in besonderer Weise durch eine neue Standortent- ten Liegenschaften errichten kann.
scheidung für das Auswärtige Amt ausgelöst wor-
den. Es war bisher vorgesehen, das Auswärtige Amt (Peter Conradi [SPD]: Bescheidenheit ist
auf dem Gelände des sogenannten Staatsratsgebäu- eine Zier!)
des und der dahinterliegenden Liegenschaften un-
terzubringen. - Sie sehen darin, Herr Kollege Conradi, daß der
Bundesbauminister in ganz besonderer Weise mit Be-
Dies ist nach intensiver Diskussion wie folgt geän- scheidenheit und mit der Nutzung der im Berliner
dert worden: Das Auswärtige Amt wird seinen neuen Markt vorhandenen Anmietungsmöglichkeiten un-
Dienstsitz im ehemaligen Haus der Parlamentarier in tergebracht werden soll.
Verbindung mit einem zum Werderschen Markt hin
vorgelagerten Erweiterungsbau finden, also dort, wo (Beifall des Abg. Peter Conradi [SPD])
die alte Reichsbank gebaut worden ist, dieses Ge-
bäude aufgreifend und den davor liegenden Platz für Wir werden prüfen, das Bundesministerium für Fa-
einen Erweiterungsbau nutzend. Dadurch werden milie, Senioren, Frauen und Jugend im ehemaligen
die Diskussionen über einen möglichen Abriß des Medienministerium in der Mauerstraße unterzubrin-
Staatsratsgebäudes nicht weiter zu führen sein. gen,
1834 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995
Darüber hinaus haben wir im Bundeskabinett über Eine erste Frage von Frau Kollegin Eichstädt-Boh-
das sogenannte Freimachungskonzept gesprochen. lig. Bitte schön.
Auch dieses ist, wie Sie wissen, von großer Bedeu-
tung für die termingerechte Umsetzung der Be-
schlüsse für die Jahre 1998 bis 2000. Dieses Freima- Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE
chungskonzept wurde auf der Grundlage des Be- GRÜNEN): Herr Minister, ich habe insgesamt drei
schlusses des Bundeskabinetts zur Unterbringung Fragen:
der Bundesregierung in Altbauten vom 1. Juni 1994
in Arbeitsgruppen des Arbeitsstabes Berlin/Bonn er- Erstens. Welche voraussichtlichen Kostenreduktio-
arbeitet und vorgetragen. Ich glaube, auch hier ma- nen oder Kostensteigerungen gegenüber den bishe-
chen wir deutlich, daß wir vorhandene Bundeslie- rigen Planzahlen sind nach diesem neuen Ansatz zu
genschaften optimal nutzen. Dazu können wir die erwarten, und sind sie schon heute zu beziffern?
Gebäude, die saniert und deshalb von der jetzigen
Nutzung freigesetzt werden müssen, optimal einbrin- Zweitens. Welche Konsequenzen zieht das Bun-
gen. desbauministerium aus der sehr deutlichen Kritik,
die der Rechnungshof - wie erst jetzt bekannt wurde,
Insgesamt zeigt sich, so glaube ich, erneut, daß die bereits im Oktober - an den Planungen zur Umge-
Bundesregierung alles tut, um den Umzug in Re- staltung des Reichstagsgebäudes sowie den weiteren
spekt vor der Bausubstanz in Berlin umzusetzen. An Bauprojekten im Spreebogen geäußert hat? Vor al-
vielen Stellen nutzen wir die vorhandene Altbausub- lem wurde ja der massive Vorwurf erhoben, daß das
stanz, auch in enger Abstimmung mit dem Denkmal- alles sehr überteuert ist, daß z. B. Planungskosten im
schutz. Vieles von dem, was jetzt gebaut wird, ist Parlamentsviertel in Höhe von 20 % einfach 5 % zu-
schon fast in die Kategorie von Mäzenatentum einzu- viel sind.
ordnen. Wer sich einmal die Mühe macht, das ehe-
malige Regierungskrankenhaus anzusehen, stellt Drittens. Mit welchen Verzögerungen rechnet die
fest, daß in der Zwischenzeit mit sehr hoher fachli- Bundesregierung, wenn es anläßlich der Tunnelpla-
cher Qualität - nebenbei gesagt: auch der Bundes- nungen, die ja den Spreebogen und damit das ge-
baudirektion - gearbeitet wurde. Dieses Gebäude samte Umzugskonzept direkt betreffen, zu Rechts-
dient mehr als nur der Unterbringung. Es ist für das streitigkeiten zwischen den Berliner Umweltverbän-
Profil, für die Darstellung der Bundeshauptstadt Ber- den und dem Berliner Senat kommt?
lin sehr förderlich und stellt eine zusätzliche Qualität
dar. Dies wird in Zukunft so weitergeführt.
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: H err Minister.
Natürlich wissen wir, daß man nicht alles gleichzei-
tig machen kann. Denkmalschützende Maßnahmen
können erst durchgeführt werden, wenn vorher sa- Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord-
niert wurde. Das muß auch weiterhin möglich blei- nung, Bauwesen und Städtebau: Zu der ersten Frage
ben. kann ich noch nicht abschließend Stellung nehmen.
Aber durch die Tatsache, daß wir keinen Gesamtneu-
Ich glaube, daß wir mit diesem Nutzungskonzept bau für das Auswärtige Amt brauchen, sondern nur,
endgültig die Voraussetzungen geschaffen haben, wie es so verkürzt gesagt wird, einen Kopfbau vor
um die Umzugsbeschlüsse, was die bauliche Seite dem bestehenden Haus der Parlamentarier, wird es
betrifft, zu bewältigen. Ich freue mich, daß wir in en- dort nicht unerhebliche Kosteneinsparungen geben.
ger Abstimmung mit der Baukommission auch an- Es ist uns mitgeteilt worden, daß sie sich in der Grö-
dere Fragen erörtern, und verweise darauf, daß jetzt ßenordnung von etwa 150 Millionen DM bewegen.
die Frage der Wohnungsfürsorge - sowohl in bezug Man muß natürlich sehen, daß wir die Möglichkeit
auf die rechtliche als auch auf die bauliche Seite - im nicht ausschließen können, etwa im Zusammenhang
Mittelpunkt steht. Auch in dieser Frage werden wir mit dem Ministerium für Geologie, dem künftigen
bis zum 22. Mai, also bis zur nächsten Sitzung des Sitz des Ministeriums für Verkehr, Ergänzungsbau-
Gemeinsamen Ausschusses Bonn/Berlin, eine Kon- ten vornehmen zu müssen, weil auf längere Sicht je-
zeption abschließend vorstellen können. Ich halte denfalls die vorhandene Bausubstanz das gesamte
das, auch als Antwort auf bestehende Ängste und Verkehrsministerium nicht aufnehmen kann, so daß
Sorgen von Menschen in Bonn und Berlin, für extrem dort vorhandene Flächen zu einem Neubau genutzt
wichtig, damit wir deutlich machen können, wo werden müssen.
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995 1835
Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
Auf jeden Fall gibt es keine Kostensteigerungen. Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich würde vor-
Die einmal getroffene Festsetzung der Kosten in schlagen, die Reisepläne außerhalb der Befragung zu
Höhe von 20 Milliarden DM bleibt damit unberührt. erörtern.
Es kann aber ebenfalls noch nicht gesagt werden, in
welcher Größenordnung es sich insgesamt nach un-
ten bewegen wird. Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord-
nung, Bauwesen und Städtebau: Heute, um 16 Uhr,
Zur Frage nach der Rechnungshofkritik am Spree findet eine Sitzung der Bundesbaukommission statt.
bogen: Zunächst einmal darf ich nur darauf hinwei- Ich fände es gut, wenn man da noch einmal konkret
sen, daß im Rahmen des Spreebogen-Projekts in Stellung nehmen könnte.
ganz besonderer Weise die Baumaßnahmen verwirk-
licht werden, die auch den Deutschen Bundestag be- Zu der letzten Frage: Ich habe von Anfang an klar-
treffen. Wir haben die Bundesbaugesellschaft gerade gemacht, daß die Umsetzung der Verkehrsplanung -
gegründet, um über einen privatwirtschaftlichen Zu- so wichtig sie ist - nicht zu einem Engpaßfaktor für
gang diese Dinge zu beschleunigen und voranzutrei- die Umsetzung des Umzugsbeschlusses werden darf.
ben. Ich bin sehr sicher, daß sich der Aufsichtsrat der Ich glaube, es ist mit allem Nachdruck klar zu sagen,
Bundesbaugesellschaft intensiv damit beschäftigen daß wir zwischen 1998 und 2000 auf jeden Fa ll um-
wird, welche Kritik dort vorgetragen wird. Ich bin im ziehen können, daß wir die Voraussetzungen dafür
Augenblick nicht in der Lage, abschließend zu sa- schaffen. Ich habe Gespräche mit der gemeinsamen
gen, welche Stellungnahme von uns dazu abgege- Gesellschaft der Deutschen Bahn AG und des Senats
ben werden wird. von Berlin geführt; ich habe mich auch mit Vertretern
der Bundesbaugesellschaft darüber unterhalten.
Nur bitte ich für folgendes um Verständnis: Wir Nach wie vor geht man davon aus, daß die soge-
sind nicht mit der Vorstellung an die Gründung der nannte Deckelung oder die Baureife in dem Teilbe-
Bundesbaugesellschaft herangegangen, daß eine pri- reich des Spreebogens bis Anfang 1998 sichergestellt
vatwirtschaftlich organisierte Gesellschaft für die po- wird. Ich habe keine anderen Informationen und ver-
sitiven Aspekte zuständig ist und daß dann, wenn es lasse mich deswegen darauf, daß das so kommt. Ich
Probleme gibt, hinterher der Minister dafür verant- unterstreiche noch einmal: Ein Engpaßfaktor für den
wortlich ist. Dies müssen wir, glaube ich, in der Bau- Umzugstermin wird daraus nicht abgeleitet werden.
kommission und mit den Aufsichtsgremien der Bun-
desbaugesellschaft aufarbeiten und dem Bundes- (Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/
rechnungshof Rede und Antwort stehen. DIE GRÜNEN]: Wollen wir es hoffen!)
Aber ich nehme gerne bei Ihnen noch Nachhilfe. Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord-
nung, Bauwesen und Städtebau: Zu Ihrer ersten
(Peter Conradi [SPD]: Wir machen eine Frage darf ich Ihnen noch einmal bestätigen, daß wir
Reise zusammen! - Gegenruf des Abg. Dr.- davon ausgehen, daß wir den Umzugsfahrplan zeit-
Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Um Gottes lich durchaus strecken müssen, und zwar nach vorn,
willen! Nur keine Architekten!) nicht nach hinten. Ich möchte darin nicht falsch ver-
standen werden. Wir müssen das allein unter dem
- Herr Kollege Kansy wird das besser beurteilen kön- Gesichtspunkt tun, möglichst viel Freiwilligkeit zu
nen. organisieren.
1836 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord- Im Kabinett ist eine solche Diskussion nicht ge-
nung, Bauwesen und Städtebau: Einen solchen führt worden. Ich glaube, das ist auch ganz richtig,
Überblick habe ich nicht, aber wir haben hier den denn wir haben eine Entscheidung im Gemeinsamen
Berliner Senator bei uns. Der wird das sicher bestens Ausschuß dazu getroffen, der im Februar tagte. Dort
sagen können. Die Gebäude, die ich bisher aufge- ist festgestellt worden, daß Berlin und der Bund ge-
sucht habe, haben diese Mischung nicht so darge- meinsam und möglichst kurzfristig eine Vorbereitung
stellt, wie Sie gerade nachgefragt haben, was aber über die funktionale Bedeutung dieses Platzes in der
gar nichts bedeutet. Mitte Berlins und der damit verbundenen Anforde-
rungen an eine entsprechende Bausubstanz treffen
Wissen Sie, mit dem, was wir bisher kennengelernt sollten.
haben, wäre es das Schlechteste, wenn wir sagten:
Wir brauchen es nicht zu machen, weil es auch an- Daß wir, wenn wir die Funktionen geklärt haben,
dere noch nicht richtig gemacht haben. Ich bekenne darüber nachdenken sollten, welche Bausubstanz
mich nachhaltig dazu, wo immer möglich, Funktio- dem gerecht wird und welche nicht, geht dann sicher
nen zu mischen. Wir werden dies nicht nur als ein de- über die Entscheidung allein unter dem Gesichts-
mokratisches Grundprinzip für die Bundesregierung punkt einer politischen Wertung hinaus, was ich sehr
insgesamt verfolgen können, sondern auch als eine begrüße. Ich möchte alles daransetzen, daß wir aus
neue Qualität für die, die dort arbeiten. Genauso si- dieser Ja-Nein-Entscheidung zu einer vernünftigen,
cher ist es, daß es bei bestimmter Bausubstanz gar nachvollziehbaren, an den Funktionen anknüpfen-
nicht möglich ist. den Entscheidung für diesen Bereich kommen.
Ich stelle mir das ganz konkret bei diesen Altbau- Die andere Frage, Herr Kollege Koppelin, bewegt
substanzen vor, die ich genannt habe. Wenn Sie etwa uns sehr viel unmittelbarer, nämlich die Frage: Wie
im Ministerium für Geologie, in das der Bundesmini- können wir 1,5 % beim Personal in Kenntnis der Al-
ster für Verkehr kommt, unten noch Läden oder ähn- tersstruktur der Mitarbeiter eines Ministeriums ein-
liches errichten wollten, wäre das eher eine Gefähr- sparen? Denn alle, die bei uns beschäftigt sind, sind
dung des Ensembles dieses Gebäudes als einer wirk- im öffentlichen Dienst beschäftigt mit den entspre-
lich sehr traditionellen Bausubstanz. Das läßt sich in chenden Konsequenzen für die Dauer ihrer Beschäf-
einem Neubau oder in einem grundsätzlich sanierten tigung. Wenn man bisher mit 1 % zu rechnen hatte
Bereich im Zweifel einfacher machen. Deswegen und nachgewiesen bekam, daß dieses eine Prozent
sind dort allein unter dem Gesichtspunkt des Denk- eigentlich dazu führt, daß überhaupt niemand mehr
malschutzes echte Grenzen gesetzt. neu eingestellt werden kann, sondern daß das die
Fluktuation in dem Jahr sein wird, dann wird es ex-
trem schwer, einfach und schlicht zu sagen: Jetzt
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Zur nächsten müssen 1,5 % abgebaut werden. Aber da wir diese
Frage Herr Koppelin, bitte. Entscheidung erst seit ganz wenigen Tagen auf dem
Tisch haben und wir sicherlich gegenüber dem
Haushaltsausschuß und auch gegenüber anderen
Jürgen Koppelin (F.D.P.): Herr Minister, hat es nachweisen müssen, wie wir das tun können, möchte
auch eine Diskussion über die Zukunft des Palastes ich gerne darauf zurückkommen. Schwierig ist das
der Republik also Sanierung oder Abriß - gege-
-
beim Ministerium genauso wie bei der Bundesbaudi-
ben? rektion.
Da Sie den Abbau der Stellen um 1,5 % angespro- -
chen haben, möchte ich natürlich als Berichterstatter
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Zur nächsten
für Ihren Haushalt wissen, ob Sie nach dieser positi-
ven Entscheidung auch schon Überlegungen ange- Frage Herr Kansy, bitte.
stellt haben, bei der Bundesbauverwaltung Stellen
zu streichen, wie ich das gern schon für den Haushalt
1995 gesehen hätte, was ich mir aber mit Sicherheit Dr. Ing. Dietmar Kansy (CDU/CSU): Herr Minister,
-
für 1996 vorgenommen habe. wissend, daß ich hier nur Fragen an die Regierung
stellen kann und nicht Fragen von Kollegen kom-
mentieren darf, möchte ich Sie fragen, ob Sie meine
Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Raumord- Auffassung teilen, daß der Bundestag Gebäude wie
nung, Bauwesen und Städtebau: Es ist immer gefähr- Reichstag, Alsenblock und Dorotheenblock, die aus-
lich, wenn eine Frage aus dem Nacken kommt, Herr schließlich Parlamentsgebäude sind, nicht nur für
Kollege Koppelin. sich reklamieren, sondern auch die Verantwortung
dafür übernehmen sollte, wenn Kritik daran besteht,
(Heiterkeit - Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/ und daß es vielleicht dennoch Bedarf gibt, mit dem
CSU]: Deswegen haben wir auch eine neue Bundesrechnungshof darüber zu diskutieren, ob er
Form des Plenarsaals beschlossen, Herr Mi nur die Angemessenheit der Mittel überprüft oder
nister! - Gegenruf von der F.D.P.: Sehr guter uns vorschreiben will, ob wir im Reichstag überhaupt
Hinweis!) Veränderungen vornehmen oder nicht.
- Es ist also keine Unhöflichkeit, wenn ich nach Die zweite Frage ist: Bleibt die Grundlage der Pla-
vorne spreche und Sie im Nacken habe. Ich wollte nung im Spreebogen, die nämlich Basis aller unserer
das nur hinzugefügt haben. bisherigen Beschlüsse war, erhalten, daß die Tunnel-
1838 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995
Vizepräsident Hans Klein: Verzeihung, Herr Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
Staatssekretär. nister für Arbeit und Sozialordnung: Selbstverständ-
lich bedenkt die Bundesregierung regelmäßig die fi-
nanziellen Auswirkungen, wenn Initiativen andisku-
Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- tiert werden. Es ist aber eine ganz andere Frage, ob
nister für Arbeit und Sozialordnung: Bitte schön. man das hier im einzelnen und detailliert - ich sage
dies noch einmal - bekanntgeben soll.
Vizepräsident Hans Klein: Ich glaube, der Kollege
Büttner möchte zuerst zu der Antwort auf seine erste Ich bin eben der Meinung, daß es zunächst einmal
Frage Zusatzfragen stellen. der Absprache mit den Betroffenen bedarf; wir sind
noch weit von einer endgültigen Regelung entfernt.
Bitte, Herr Kollege Büttner. Es bedarf der Zustimmung des Bundesrates und der
Abstimmung mit der Bundesanstalt für Arbeit. Nä-
here Angaben können seriöserweise beim besten
Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD): Herr Staatssekre- Willen nicht gemacht werden.
tär, angesichts der Tatsache, daß derzeit bei der Bun-
desanstalt für Arbeit 6 000 Planstellen nur für die Be-
arbeitung des Kindergeldes eingerichtet sind - das
war Inhalt meiner Frage -, muß sich die Bundesregie- Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege Ku-
rung, wenn sie eine Finanzamtslösung einführen batschka, Sie möchten eine Zusatzfrage dazu stellen?
will, doch schon Gedanken darüber gemacht haben ,
- Bitte.
wiesrtndSlaewitgvrnd
will und welches finanzielle Volumen hinter einer
solchen Lösung zweitens steht. Es geht ja nicht nur Horst Kubatschka (SPD): Herr Staatssekretär, bei
um die Zahlung des Kindergeldes. Welche finanziel- den Beschäftigten in diesem Bereich herrscht, wie
len Erwartungen hat die Bundesregierung für den Sie sich vorstellen können, Unruhe. Bis wann werden
Verwaltungsbereich auf Grund der Umstellung auf diese Vorschläge auf dem Tisch des Hauses liegen,
die Finanzamtslösung? damit die Beschäftigten - die Organisation ist oft de-
zentral aufgebaut - ungefähr wissen, wie es mit ih-
nen arbeitsmäßig weitergeht?
Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
nister für Arbeit und Sozialordnung: Zu Ihrem zwei-
ten Teil der Frage: Jetzt kann natürlich noch keine
detaillierte oder sonstwie geartete Schätzung hin- Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
sichtlich des finanziellen Volumens gemacht werden, nister für Arbeit und Sozialordnung: Die Beschäftig-
weil es darauf ankommt - hier wiederhole ich mich -, ten können das dann erfahren, wenn wir die von mir
zunächst einmal mit den Ländern und natürlich auch angekündigten Gespräche, die notwendig sind, um
mit der Bundesanstalt selbst zu sprechen. dieses Gesetz überhaupt einer Verwirklichung zu-
führen zu können, sowohl mit den Ländern als auch
Herr Büttner, ich weiß, daß Sie ein engagierter Ge- insbesondere mit den Zuständigen innerhalb der
werkschafter sind. Als solcher sind Sie ganz sicher Bundesanstalt für Arbeit geführt haben werden. Ei-
auch der Meinung, daß es der Respekt vor der Bun- nen genauen Zeitpunkt kann ich Ihnen hier selbst-
desanstalt für Arbeit und ihren Selbstverwaltungsor- verständlich nicht nennen.
ganen natürlich nicht erlaubt, heute mit Vorschlägen,
die in einer Weise abgesprochen sind, im einzelnen
und detailliert vor die Öffentlichkeit zu treten. Vizepräsident Hans Klein: Ich rufe Frage 9 auf, die
ebenfalls unser Kollege Büttner gestellt hat:
Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege Büttner,
Ist die Bundesregierung bereit, diese Planstellen für die Be-
wollen Sie dazu eine weitere Zusatzfrage stellen, kämpfung illegaler Beschäftigung, die Kontrolle von Werkver-
oder soll jetzt Ihre nächste Frage beantwortet wer- trägen sowie die Verbesserung des medizinischen Dienstes der
den? Beratungskapazitäten bei der Arbeitsverwaltung einzusetzen?
Vizepräsident Hans Klein: Bitte sehr. Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
nister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege
Büttner, der Haushaltsplan der Bundesanstalt für Ar-
Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD): Herr Staatssekre- beit wird nach § 216 des Arbeitsförderungsgesetzes
tär, darf ich daraus schließen, daß die Bundesregie- vom Vorstand aufgestellt und vom Verwaltungsrat
rung bei der Festlegung eines solchen Konzeptes als festgestellt. Der festgestellte Haushaltsplan bedarf
verwaltungsausübendes Organ nicht bedacht hat, der Genehmigung durch die Bundesregierung. Im
welche Auswirkungen das auf die einzelnen Dienst- Haushaltsplan wird die Zahl der Planstellen festge-
stellen haben könnte und welche Kosten dadurch legt. Die Aufteilung auf die einzelnen Fachbereiche
verursacht werden? obliegt der Verwaltung.
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995 1841
Parl. Staatssekretär Rudolf Kraus
Es bleibt deshalb abzuwarten, welche Vorstellun- Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
gen die Selbstverwaltungsorgane der Bundesanstalt desministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
für Arbeit im Zusammenhang mit dem Wegfall der sicherheit: Frau Kollegin Caspers-Merk, wenn Sie
Aufgabe „Durchführung des Bundeskindergeldge- und der Herr Präsident es mir gestatten, würde ich
setzes" im Haushaltsplan der Bundesanstalt einbrin- Ihre beiden inhaltlich unmittelbar im Zusammen-
gen werden. hang stehenden beiden Fragen auch direkt nachein-
ander beantworten.
Vizepräsident Hans Klein: Eine Zusatzfrage.
Vizepräsident Hans Klein: Ich schon, aber die Frau
Kollegin muß das erlauben.
Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD): Herr Staatssekre-
tär, auf Grund der Tatsache, daß die Bundesregie-
rung in den letzten Jahren mehrfach den festgestell- Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
ten Haushaltsplan der Bundesanstalt reduziert hat, desministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
habe ich die Frage, mit welchem Volumen die Bun- sicherheit: Sie nickt, Herr Präsident.
desregierung bei den Festlegungen der Bundeszu-
schüsse rechnet, das durch den Wegfall der Kinder- Vizepräsident Hans Klein: Dann rufe ich auch
geldregelung realisiert werden kann. Frage 3 der Kollegin Marion Caspers-Merk auf:
Ich darf gleich eine zweite Zusatzfrage anschlie- Sieht es die Bundesregierung hinsichtlich der eingeführten
ßen: Ist die vorgesehene Kürzung des Bundeszu- Mehrwegsysteme bei Bier als bedrohlich an, daß Dosenbier bei
steigender Tendenz mit zwischenzeitlich 12,6 % am Gesamtaus-
schusses an die Bundesanstalt für Arbeit bereits ein stoß von Bier in der Bundesrepublik Deutschland beteiligt ist,
Vorgriff auf möglicherweise weitere Reduzierungen und beabsichtigt die Bundesregierung, gegen diesen Trend z. B.
im Zusammenhang mit dieser personellen Maß- im Rahmen der Novellierung der Verpackungsverordnung oder
nahme? durch den Erlaß einer Mehrwegverordnung etwas zu unterneh-
men?
Vizepräsident Hans Klein: Aber im Zusammen- Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär bei der Bun-
hang mit Ihren Bierdosen. desministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit: Natürlich nicht.
Marion Caspers Merk (SPD): Ich verstehe, daß Sie
-
Bier mehr interessiert als Mineralwasser. Vizepräsident Hans Klein: Sie haben aber noch
zwei Zusatzfragen, Frau Kollegin.
(Heiterkeit)
Marion Caspers Merk (SPD): Plant die Bundesre-
-
Vizepräsident Hans Klein: Ich unterstelle, daß der gierung bei der Novellierung der Verpackungsver-
Herr Parlamentarische Staatssekretär gleichwohl in ordnung eine Absenkung des Mehrweganteils bei
der Lage ist, diese Fragen zu beantworten. Bier, will sie diesen Mehrweganteil ebenso fest-
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995 1843
Marion Caspers-Merk
schreiben, und wie sieht es mit den Verwertungsquo- ten, für weitere Maßnahmen zu werben, um gegen
ten in diesem Bereich aus? Kinderarbeit vorzugehen?
Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär bei der Bun- Klaus Jürgen Hedrich, Parl. Staatssekretär beim
-
desministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktor- Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit
sicherheit: Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, und Entwicklung: Herr Kollege Kubatschka, ich
grundsätzliche Änderungen in der Verpackungsver- kann in diesem Zusammenhang nur darauf verwei-
ordnung dahin gehend vorzunehmen, daß Mehrweg- sen, daß wir nicht zuletzt im Rahmen unserer ent-
anteile geändert werden. Im Gegenteil: Die Bundes- wicklungspolitischen Zusammenarbeit immer wieder
regierung ist der Auffassung, daß sich die Verpak- darauf hinwirken, daß Kinder- und Zwangsarbeit be-
kungsverordnung gerade bei Getränkemehrwegver- seitigt wird und daß den Menschen, die diese Arbeit
packungen bewährt hat, weil der Anteil von Geträn- im Regelfall aus sozialer Not tun, andere Erwerbs-
kemehrwegverpackungen seit Inkrafttreten der Ver- möglichkeiten eröffnet werden.
packungsverordnung im Jahre 1991 - ich erwähnte
das bereits in meinen ersten Ausführungen - um
rund 2 % angestiegen ist. Das heißt, daß sich in die- Vizepräsident Hans Klein: Zweite Zusatzfrage.
sem Bereich die Verpackungsverordnung bewährt
hat und keinerlei grundsätzlicher Änderung bedarf. Horst Kubatschka (SPD): Sieht die Bundesregie-
rung eine Möglichkeit, an einem effektiven Kontroll-
Vizepräsident Hans Klein: Eine weitere Zusatz- system vor Ort mitzuwirken?
frage?
(Marion Caspers-Merk [SPD]: Nein!) Klaus Jürgen Hedrich, Parl. Staatssekretär beim
-
Kommt aus dem Kreis der Kollegen noch eine Zu- Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit
satzfrage? - Das ist nicht der Fall. und Entwicklung: Diese Möglichkeiten halte ich für
äußerst begrenzt.
Dann bedanke ich mich, Herr Parlamentarischer
Staatssekretär, für die Beantwortung.
Vizepräsident Hans Klein: Wir kommen zur Frage 5,
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe- ebenfalls gestellt vom Kollegen Kubatschka:
riums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
Wie beurteilt die Bundesregierung die sogenannte „Care &
wicklung auf. Die Fragen wird der Parlamentarische Fair"-Organisation, die als Konkurrenz zur gemeinnützigen
Staatssekretär Klaus-Jürgen Hedrich beantworten. Rugmark-Stiftung von Teppichhändlern gegründet worden ist?
Ich rufe die Frage 4, gestellt vom Kollegen Horst Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Kubatschk,f:
Sind einzelne Mitglieder der Bundesregierung dazu bereit, öf- Klaus Jürgen Hedrich, Parl. Staatssekretär beim
-
fentlich zum bevorzugten Kauf von Orientteppichen aufzurufen,
die mit dem sogenannten ,,Rugmark-Label" als Zeichen einer Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit
Fertigung garantiert ohne den Einsatz von Kinderarbeit gekenn- und Entwicklung: Im Rahmen der Aktion „Care &
zeichnet sind, wie dies von Staatssekretär Wighard Härdtl in sei- Fair" ist geplant, daß sich Unternehmen der Tep-
nem Schreiben vom 8. November 1994 für die Zeit nach der pichbranche auf freiwilliger Basis verpflichten, zu-
Markteinführung solcher Teppiche in Aussicht gestellt wurde?
nächst 1 % des Importwertes an einen Stiftungsfonds
Bitte Herr Parlamentarischer Staatssekretär. abzuführen, aus dem Vorhaben in Entwicklungslän--
dern finanziert werden sollen.
Klaus Jürgen Hedrich, Parl. Staatssekretär beim
-
In einer gemeinsamen Besprechung von Vertretern
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit der „Rugmark"-Initiative und der Aktion „Care &
und Entwicklung: Herr Präsident! Verehrter Kollege Fair" Mitte Februar dieses Jahres in Frankfurt wur-
Kubatschka! Einzelne Mitglieder der Bundesregie- den die übereinstimmenden Ziele bestätigt und eine
rung sind in der Tat bereit, bei sich bietender Gele- zukünftige Zusammenarbeit - wo immer möglich -
genheit zum bevorzugten Kauf von Orientteppichen vereinbart. Beide Institutionen haben sich verpflich-
aufzurufen, die mit dem „Rugmark-Label" gekenn- tet, im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit gemein-
zeichnet sind. So hat u. a. Bundesarbeitsminister sam getragene Stellungnahmen abzugeben, wobei
Blüm bereits auf dem Weltsozialgipfel in Kopenha- darauf hingewiesen werden soll, daß „Rugmark"
gen sowohl in seiner dort am 6. März 1995 vorgetra- eine auf die indische Situation zugeschnittene Initia-
genen Rede als auch bei Pressekonferenzen mehr- tive ist, die sich auf dem Wege über die Kontrolle der
fach auf die schlimmen Arbeitsbedingungen für Kin- Produktionsmittel um die Abschaffung von Kinderar-
der bei der Herstellung von Orientteppichen hinge- beit bemüht. Die Beteiligung an einer der beiden
wiesen und an das Gewissen der potentiellen Käufer Initiativen schließt die Teilnahme an der jeweils
appelliert. Ich selbst habe an diesen Pressekonferen- anderen nicht aus. „Care & Fair" wird gegen die
zen teilgenommen. „Rugmark " -Initiative keinen Druck auf den Handel
ausüben.
Vizepräsident Hans Klein: Eine Zusatzfrage.
Die Bundesregierung sieht in dieser Aktion keine
Konkurrenz zur „Rugmark"-Initiative, sondern eine
Horst Kubatschka (SPD): Herr Staatssekretär, sieht begrüßenswerte Ergänzung. - Das noch als Anmer-
die Bundesregierung auch noch andere Möglichkei kung zu dem, was Sie vorhin gefragt haben. - Da
1844 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995
Vizepräsident Hans Klein: Wollen Sie zu dieser Dr. Sabine Bergmann Pohl, Parl. Staatssekretärin
-
Frage keine weitere Zusatzfrage stellen? - Aus dem beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995 1847
Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Wodarg, die Kassen haben, soweit mir das bekannt Hinweis auf das Sicherheitsinteresse der Fluggäste
ist, selbst Möglichkeiten, das zu regeln. und der Mitarbeiter des Unternehmens begründet.
Vizepräsident Hans Klein: Eine weitere Zusatz- Vizepräsident Hans Klein: Zweite Zusatzfrage.
frage, Herr Kollege Küster.
Hans Wallow (SPD): Hat es entsprechende Fälle
Dr. Uwe Küster (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie gegeben, daß eine Weigerung der Beförderung bei
sagten, daß Sie das unter Umständen in einer dritten Fluggästen wie Politikern oder Vertretern der Wirt-
Stufe der Gesundheitsreform regeln wollen. Nach schaft, die von terroristischer Gewalt bedroht waren,
meiner Kenntnis besteht bei den örtlichen Kassen vorlag?
aber schon jetzt Regelungsbedarf. Die Risiken sam-
meln sich, das Defizit des Jahres 1994 - das gilt auch
Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bun-
für die Planung für 1995 - hat sich als prekär heraus-
desminister für Verkehr: Herr Wallow, ich möchte auf
gestellt. diese Frage, die das Problem ausweitet, so antwor-
ten, daß die Beförderungsbedingungen nach dem
Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin einschlägigen EG-Recht nicht ausschließen, daß
beim Bundesminister für Gesundheit: Herr Kollege, eventuell über eine Zivilrechtsklage nach § 242 BGB
das hat aber nichts mit der gestellten Frage zum Risi- ein Beförderungsvertrag eingeklagt werden kann. Es
kostrukturausgleich zu tun, sondern betrifft die un- liegt dann beim beklagten Luftfahrtunternehmen,
terschiedliche Ausgabenstruktur der Krankenkas- dem Gericht gegenüber die Gefährdung der Passa-
sen. Sie wissen, daß wir die dritte Stufe vorbereiten. giere bei der Durchführung dieses Transportes plau-
Nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens der sibel darzulegen.
Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen werden
wir über weitere Maßnahmen nachdenken.
Vizepräsident Hans Klein: Weitere Zusatzfragen
werden nicht gestellt.
Vizepräsident Hans Klein: Will nach dem Kollegen
Küster noch jemand eine Frage stellen? - Das ist Die Fragen 20 und 21, die die Kollegin Dr. Dagmar
nicht der Fall. Frau Parlamentarische Staatssekretä- Enkelmann gestellt hat, sollen schriftlich beantwortet
rin, ich bedanke mich für die Beantwortung. werden. Die Antworten werden als Anlagen abge-
druckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für Verkehr auf. Der Parlamentarische Staats- Ich rufe jetzt die Frage 22 unseres Kollegen
sekretär Johannes Nitsch ist zur Beantwortung der Dr. Jürgen Rochlitz auf:
Fragen erschienen. Herr Parlamentarischer Staatsse- Inwieweit ist der Bundesminister für Verkehr bereit, seinen
kretär, ich bitte Sie, die Frage 19, die der Kollege Einfluß bei der Deutschen Bahn AG geltend zu machen, damit
Hans Wallow gestellt hat, zu beantworten: bei dem im Mannheimer Rangierbahnhof geplanten Frachtzen-
trum und Container-Terminal für den Lkw-Verkehr eine unmit-
Warum hat die Bundesregierung es bislang versäumt, in ihrer telbare Anbindung an das überörtliche Straßennetz realisierbar
Verantwortung als Miteigentümerin der Deutschen Lufthansa wird?
AG eine Beförderungspolitik des Unternehmens anzustreben,
die dem britischen Schriftsteller Salman Rushdie die Benutzung Ich bitte Sie, Herr Parlamentarischer Staatssekre-
der deutschen Fluglinie ermöglicht? tär, um Beantwortung.
Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bun- Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister für Verkehr: Sehr geehrter Herr Kollege desminister für Verkehr: Herr Dr. Rochlitz, einer der
Wallow, die Bundesregierung ist am Grundkapital wesentlichsten Punkte der Bahnreform ist die strikte
der Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft mit Trennung von staatlicher und unternehmerischer
35,7 % beteiligt. Die aktienrechtlichen Bestimmun- Verantwortung. Die Planung derartiger Bahnanlagen
gen erlauben es der Bundesregierung nicht, auf im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben gehört in den
die geschäftsführende Tätigkeit des Vorstands der unternehmerischen Verantwortungsbereich, in den
Aktiengesellschaft einzuwirken. das Bundesministerium für Verkehr nicht eingreift.
Der Bau neuer Bahnanlagen setzt ein Planfeststel-
Vizepräsident Hans Klein: Zusatzfrage. lungsverfahren voraus, in dessen Verlauf alle betrof-
fenen Anlieger beteiligt werden und das zum Ziel
Hans Wallow (SPD): Herr Staatssekretär, man sagt hat, einen Interessenausgleich zwischen öffentlich-
ja immer, Eigentum verpflichte. Ist es denn für die rechtlichen Belangen und privaten Interessen herbei-
Bundesregierung nachvollziehbar, daß die Lufthansa zuführen. Das Bundesministerium für Verkehr nimmt
AG Personen, die von terroristischer Gewalt bedroht auf den Ablauf der Planfeststellungsverfahren kei-
sind, nicht befördert? nen Einfluß; es ist nicht Verfahrensbeteiligter.
Konkrete Planungen für den straßenseitigen An-
Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bun- schluß eines neuen Frachtzentrums in Mannheim
desminister für Verkehr: Herr Abgeordneter, es sind an die zuständige Straßenbaubehörde des Lan-
stimmt, daß die Deutsche Lufthansa keinen Beförde- des Baden-Württemberg nicht herangetragen wor-
rungsvertrag abschließt und diese Haltung mit dem den.
1848 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995
Vizepräsident Hans Klein: Zusatzfrage, Herr Kol- Die Fragen, die sich auf den Geschäftsbereich des
lege Rochlitz? Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, For-
schung und Technologie beziehen, nämlich die Fra-
gen 24 der Kollegin Jutta Müller und 25 und 26 des
Dr. Jürgen Rochlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Kollegen Dr. Martin Mayer, sollen schriftlich beant-
Ja. - Herr Staatssekretär, diese Auskunft ist ja sehr wortet werden.
bedauerlich. Damit ist meines Wissens das Faktum
gegeben, daß sich das Verkehrsministerium im Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
Grunde genommen die Möglichkeit zu ganz ent- riums des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen
scheidenden Weichenstellungen hat aus der Hand steht uns der Parlamentarische Staatssekretär
nehmen lassen. Ich frage Sie: Inwieweit ist es mög- Eduard Lintner zur Verfügung.
lich, über den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG Der Fragesteller der Frage 36, der Kollege Frederik
aktiv zu werden und mit dazu beizutragen, daß sinn- Schulze ist nicht im Saal. Es wird verfahren, wie in
volle, auch örtlich sinnvolle Planungen vollzogen der Geschäftsordnung vorgesehen.
werden?
Wir kommen zur Frage 37 des Kollegen Meckel:
Welche Folgen erwartet die Bundesregierung mit dem Inkraft-
Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bun- treten des Schengener Durchführungsabkommens am 26. März
desminister für Verkehr: Diese Frage tangiert eigent- 1995 und der damit verbundenen drastischen Verschärfung der
Personenkontrollen an der EU-Außengrenze für die Grenzabfer-
lich die schon in der Beantwortung der ersten Frage tigung an der deutsch-tschechischen und deutsch-polnischen
enthaltene Aussage, daß wir auf Grund des Aktien- Grenze, und inwiefern hat man sich mit der tschechischen und
rechts in diese unternehmerischen Entscheidungen polnischen Regierung verständigt, um die damit wachsenden
der Deutschen Bahn AG nicht eingreifen können. Anforderungen an den ohnehin schwer überlasteten Grenz-
übergängen zu bewältigen?
Dr. Jürgen Rochlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
Sind Sie dann mit mir einer Meinung, daß, von der minister des Innern: Herr Kollege Meckel, ich hätte
Verkehrspolitik her betrachtet, die Privatisierung der Sie gerne gebeten, die Fragen 37 und 38 gemeinsam
Deutschen Bundesbahn letztendlich ein erhebliches beantworten zu dürfen.
Defizit darstellt? (Markus Meckel [SPD]: Ja, bitte!)
Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bun- Vizepräsident Hans Klein: Dann rufe ich auch die
desminister für Verkehr: Nein; dieser Auffassung Ih- Frage 38 des Kollegen Meckel auf:
rerseits kann sich die Bundesregierung in keinem Welche Maßnahmen auf deutscher Seite sind vorbereitet wor-
Fall anschließen. den bzw. wurden bilateral vereinbart, um die zu erwartenden
Probleme bei der Grenzabfertigung so weit es geht zu mildern?
(Dr. Jürgen Rochlitz [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Wie sollte sie auch!) Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
minister des Innern: Die Antwort lautet: Mit Inkraft-
setzung des Schengener Durchführungsabkommens
Vizepräsident Hans Klein: Ich rufe die Frage 23, am 26. März 1995 sind als Ausgleich für den Wegfall
ebenfalls vom Kollegen Dr. Jürgen Rochlitz gestellt, der Personenkontrollen an den Binnengrenzen ne-
auf: ben anderen Maßnahmen gründliche grenzpolizeili-
che und zollrechtliche Überprüfungen an den Au-
Wie viele Gleise werden auf welcher Streckenlänge für dieses
Frachtzentrum der Deutschen Bahn AG in Mannheim benötigt?
ßengrenzen durchzuführen. Dadurch kann zwar die
Kontrolldauer je Grenzpassant steigen, eine Verlän-
Ich bitte um Beantwortung, Herr Parlamentari- gerung der durchschnittlichen Gesamtverweilzeiten
scher Staatssekretär. bei der Überschreitung der Grenzen nach Polen und
zur Tschechischen Republik ist aber nicht zu erwar-
ten.
Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bun-
Die Bundesregierung hat rechtzeitig auf nationaler
desminister für Verkehr: Diese Frage bezieht sich auf
und zwischenstaatlicher Ebene Vorkehrungen ge-
das gleiche Frachtzentrum. Es liegen uns ebenfalls troffen, um den Verkehr über die Ostgrenzen trotz in-
keine Pläne zur Dimensionierung des Frachtzen- tensiverer Kontrollen zu beschleunigen:
trums der Deutschen Bahn AG in Mannheim vor. Ein
Planfeststellungsverfahren für diese Anlage wurde Erstens. Durch eine gezielte Grenzöffnungspolitik
bisher nicht eingeleitet. gelingt es zunehmend, das hohe Verkehrsaufkom-
men auf eine größere Zahl von Grenzübergängen zu
verteilen, so daß jede einzelne Übergangsstelle weni-
Vizepräsident Hans Klein: Keine weitere Zusatz- ger frequentiert und damit schneller passierbar wird.
frage. Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich be- Seit 1990 wurden z. B. sechs neue Übergänge zu
danke mich für die Beantwortung. Polen und 17 zu Tschechien in Betrieb genommen.
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995 1849
Parl. Staatssekretär Eduard Lintner
Zweitens. Spürbare Entlastungseffekte verspricht Markus Meckel (SPD): An welche Übergangsfristen
die vereinbarte Rationalisierung der Verfahrensab- ist von seiten der Bundesregierung gedacht? Ich
läufe an der Grenze zu Polen. Ausgehend von dem frage das, da ich weiß, daß manche der von Ihnen ge-
bilateralen Abkommen über die Erleichterung der nannten Dinge nicht in einem Zeitraum bis zum
Grenzabfertigung sollen die bisher räumlich getrenn- 26. März sicherzustellen sind. Es können also ver-
ten Kontrollpositionen der beteiligten beiderseitigen schiedene Bedingungen gewährleistet werden.
Verwaltungen zu einer gemeinsamen Stelle zusam-
Ich denke an die zusätzlichen Grenzübergänge;
mengelegt werden, so daß der Reisende während der
denn die seit 1990 zusätzlich geöffneten Grenzüber-
Grenzüberquerung nur noch einmal anhalten muß
gänge haben nicht zu einer Entlastung geführt, da,
und dadurch erhebliche Zeit einspart.
wie Sie wissen, der Grenzverkehr deutlich stärker
Drittens. Eine Reihe namentlich der größeren geworden ist.
Übergänge ist und wird ausgebaut. Eine Vermeh-
Ein zweites Problem stellen die sehr geringen
rung der Abfertigungsspuren erhöht die Durchlauf-
Sprachkenntnisse dar.
geschwindigkeit des grenzüberschreitenden Ver-
kehrs beträchtlich.
Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege Meckel, an
Viertens. Die Bundesregierung will in Absprache sich stellen wir Fragen und teilen der Bundesregie-
mit den Nachbarstaaten noch vor dem 26. März 1995 rung nicht soviel mit. Das müßte sie eigentlich ihrer-
weitere praktische Verbesserungen erreichen, z. B. seits tun.
für die Grenzpendler, die häufig an derselben Stelle
ein- und ausreisen. Sie sollen durch ein besonderes
Dokument erkennbar sein und nur stichprobenweise Markus Meckel (SPD): Ich frage in verschiedener
überprüft werden. Hinsicht:
Fünftens. Der Bundesgrenzschutz hat sich auf das Erstens. Die Übergänge für die Grenzübergänge,
neue Schengener Regime bei mehreren Probeläufen für die Sprachkenntnisse und die - -
eingehend vorbereitet und wird die vorgeschriebe-
nen Kontrollen so verkehrsfreundlich und praxisnah Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege Meckel, in
wie möglich umsetzen. Die ausschließlich für Schen- unserer Geschäftsordnung steht, daß die Fragen kurz
gener Zwecke erfolgte personelle Verstärkung um und präzise sein sollen.
500 Kräfte begünstigt eine zügige Arbeitsweise.
Markus Meckel (SPD): Gut, ich schließe damit die
Vizepräsident Hans Klein: Erste Zusatzfrage. zweite Frage ab.
Markus Meckel (SPD): Die erste Zusatzfrage betrifft Vizepräsident Hans Klein: Verzeihung, diese Fä-
die Absprachen mit der polnischen Regierung. Sie cherfragen provozieren natürlich auf seiten der Bun-
sprachen von der angestrebten einen Kontrolle, und desregierung diese sehr, sehr langen Vorträge. Bei-
Sie wissen, daß diese bis heute nicht erreicht werden des ist nicht Sinn der Fragestunde. Ich bitte um Ver-
konnte und auch an den meisten Übergängen noch gebung für diesen Hinweis.
eines gewissen Zeitraums, zum Teil längeren Zeit-
raums bedarf, um sie sicherzustellen. Wie sind die
Absprachen mit der polnischen und tschechischen Markus Meckel (SPD): Ich schließe damit die
Regierung, um diesen Übergang zu gestalten? zweite Frage ab.
Markus Meckel (SPD): Sehen auch Sie es für richtig Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
an, daß es nicht alleine den polnischen und tschechi- minister des Innern: Herr Kollege Kauder, die Ant-
schen Partnern überlassen werden kann, wie weit sie wort lautet: Mit der bereits seit Beginn des Jahres
sich auf Schengen einstellen, sondern uns als Verur- 1994 in Den Haag als Vorläuferinstitution von Euro-
sacher in Westeuropa daran gelegen sein muß, daß pol eingerichteten Europol-Drogeneinheit ist ein er-
von uns aus das Gespräch gesucht wird, um hier zu ster wichtiger Schritt zur Bekämpfung der grenz-
klaren Absprachen zu kommen, und daß auch die überschreitend tätigen organisierten Kriminalität er-
notwendigen Ausbildungen in deutscher Verantwor- reicht. Das Mandat der Europol-Drogeneinheit ist al-
tung mitgetragen werden müssen? lerdings auf den bilateralen Austausch von Daten
zwischen Mitgliedstaaten nach Maßgabe des jeweili-
gen nationalen Rechts beschränkt.
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
minister des Innern: Herr Kollege Meckel, ich habe Kriminalitätsanalysen dürfen von der Drogenein-
schon darauf hingewiesen: Mit Polen haben wir be- heit auf der Grundlage personenbezogener Daten
reits entsprechende Vereinbarungen getroffen. Mit nicht durchgeführt werden. Bei seiner Tagung am
der Tschechei sind wir dabei. Sie sehen daraus das 9. und 10. März 1995 hat der Rat Justiz und Inneres
Interesse der Bundesregierung zusammenzuwirken. die „gemeinsame Maßnahme" verabschiedet, mit
der der Europol-Drogeneinheit neben der Drogenkri-
Inwieweit wir für Ausbildungszwecke herangezo-
minalität als weitere Kriminalitätsfelder der Handel
gen werden sollen, ist mir im Moment nicht bekannt. mit radioaktiven und nuklearen Materialien, die
Auch dazu wären wir gegebenenfalls, wenn der Um-
Schleuserkriminalität, die Kfz-Verschiebung und die
fang darstellbar ist, bereit.
damit verbundene Geldwäsche zur Bearbeitung
übertragen werden.
Vizepräsident Hans Klein: Vierte Zusatzfrage.
Einen weiteren wichtigen Schritt wird deshalb die
Verabschiedung der Konvention zur Errichtung von
Markus Meckel (SPD): Die Schengener Vereinba- Europol darstellen. Mit der dann gegebenen Mög-
rungen machen es sinnvoll, daß eine getrennte Ab- lichkeit zur Einrichtung zentraler Dateien mit perso-
fertigung, soweit es erkennbar ist, von EU-Bürgern nenbezogenen Daten und Nutzung dieser Daten
und von Bürgern aus Drittstaaten möglich wird, da- auch für operative Kriminalitätsanalysen wird Euro-
mit jedenfalls EU-Bürger nicht so lange warten müs- pol eine europäische Zentralstelle für den Austausch
sen. Sie wissen, daß dies so bald nicht möglich ist. und die Analyse kriminalpolizeilicher Informationen
Deshalb verwundert mich die Tatsache, daß Sie glau- in bezug auf die organisierte Kriminalität. Europol
ben, daß es keine zusätzliche Belastung geben wird. wird die nationalen Polizeibehörden mit Informatio-
nen versorgen können, die auf Grund der Kombina-
tion von Informationen aus den Mitgliedstaaten völ-
Vizepräsident Hans Klein: Frage, Herr Kollege lig neue Ermittlungsansätze bieten können.
Meckel!
Die Mitgliedstaaten, aber auch die deutschen Län-
der wollen Europol noch keine Exekutivbefugnis zu-
Markus Meckel (SPD): Wie sehen Sie die Möglich-
gestehen, da sie in diesem Kernbereich der nationa-
keit, diese getrennte Abfertigung zu gewährleisten?
len Souveränität Kompetenzverluste derzeit nicht
hinzunehmen bereit sind. Mittel- und langfristig wird
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes- nach Überzeugung der Bundesregierung aber die Er-
minister des Innern: Die getrennte Abfertigung muß kenntnis wachsen, daß für eine wirksame europa-
in der Praxis gewährleistet werden. Entsprechende weite Verbrechensbekämpfung an der Schaffung
bauliche Maßnahmen, beispielsweise auf Flughäfen, auch dieser Kompetenz kein Weg vorbeiführt. Inso-
sind bereits in Gang. Ich sehe keine technische Un- weit ist Europol ebenfalls nur als Teilschritt zu be-
möglichkeit in diesen Anforderungen. Deshalb kann trachten, dem weitere Schritte notwendig folgen
ich Ihre Frage nur dahin beantworten, daß wir mei- müssen.
nen, es könne sichergestellt werden.
Schließlich noch folgende Feststellung: Europol
kann nur ein Element einer verstärkten polizeilichen
Vizepräsident Hans Klein: Werden zu diesen bei- Zusammenarbeit sein. Weitere Instrumente müssen
den Fragen aus dem Kreis der Kolleginnen und Kol- hinzutreten. Besonders bedeutsam ist in diesem Zu-
legen noch Zusatzfragen gestellt? - Das ist nicht der sammenhang das Schengener Zusatzübereinkom-
Fall. men mit der Einrichtung des Schengener Informati-
onssystems. Dieses System besteht aus einem Zen-
Ich rufe die Frage 39, die der Kollege Volker Kau- tralrechner in Straßburg und den nationalen Rech-
der gestellt hat, auf: nern mit identischen Datenbeständen in den Schen-
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß Europol in seiner gen-Staaten für die innerstaatlichen Abfragen. Im
jetzigen und auch zukünftigen Organisationsform zur Bekämp- Rahmen der Personenfahndung werden in dem Sy-
fung der ständig wachsenden grenzüberschreitenden organi- stem Personen ausgeschrieben, die festgenommen,
sierten Kriminalität ausreicht, zumal sich Europa immer mehr
zum kriminalgeographisch offenen Operationsraum entwickelt?
deren Aufenthalt ermittelt oder - bei Drittauslän-
dern - denen die Einreise in das Schengener Gebiet
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich bitte um verweigert werden soll. Bei der Sachfahndung ist die
Beantwortung. Ausschreibung von gestohlen en Kraftfahrzeugen,
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995 1851
Vizepräsident Hans Klein: Die letzte Zusatzfrage. Vizepräsident Hans Klein: Werden zu diesem Kom-
plex aus dem Kreis der Kolleginnen und Kollegen
Volker Kauder (CDU/CSU): Hat die Bundesregie- noch Fragen gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
rung Erkenntnisse darüber, in wie vielen Fällen ille- Dann, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, be-
gale Grenzübertritte mit Einschleusemaßnahmen im danke ich mich bei Ihnen für die umfassende Beant-
ersten Vierteljahr stattgefunden haben? wortung der Fragen zu Ihrem Geschäftsbereich.
(Parl. Staatssekretär Eduard Lintner: Die
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Frage 40 ist damit erledigt!)
minister des Innern: Wir haben darüber Erkennt-
nisse. Es hat sich ein neuer Schleuserweg über Süd- Ich muß noch an die Adresse der Stenographen sa-
italien und Frankreich nach Deutschland ergeben. gen, daß die Frage 41, die der Kollege Arne Börnsen
Die deutsch-französische Grenze ist hier insbeson- gestellt hat, schriftlich beantwortet werden soll. Die
dere betroffen. Wir haben als Reaktion zusätzliche Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Kräfte des BGS dort stationiert, um Kontrollen durch- Wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tages-
zuführen. Diese Kontrollen haben zu zahlreichen ordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deut-
Festnahmen geführt, wobei uns dabei auch organi- schen Bundestages auf morgen, Donnerstag,
sierte Schleuserbanden und ihre „Repräsentanten" 16. März 1995, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlos-
ins Netz gegangen sind. Die genauen Zahlen kann sen.
ich Ihnen nicht nennen. Die Dimension liegt in der
Größenordnung von 1 000 und mehr. (Schluß der Sitzung: 14.38 Uhr)
Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. März 1995 1853'
Trifft die Behauptung zu, daß der größte Teil aller Kontrollmaß- erheblich reduziert. Sämtliches Kernmaterial unter-
nahmen an nuklearen Anlagen durch die IAEO und EURATOM liegt aber nach wie vor einer lückenlosen Kontrolle
in Deutschland stattfindet?
durch die beiden internationalen Organisationen
IAEO und EURATOM.
Zu Frage 25:
Wie im Verifikationsabkommen vorgesehen, in
dem der Umfang der Kontrollen geregelt ist, führen
EURATOM und IAEO die Inspektionen gemeinsam Anlage 7
durch, um Doppelarbeit für den Betreiber zu vermei-
den. Die Häufigkeit der Inspektionen richtet sich Antwort
nach Art und Menge des zu kontrollierenden Kern- des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die
materials. Es ist eine langjährige Forderung der Bun- Frage des Abgeordneten Arne Börnsen (Ritterhude)
desregierung in den zuständigen Gremien von EU- (SPD) (Drucksache 13/761 Frage 41):
RATOM und IAEO, den Kontrollaufwand auf das ab-
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß bei einer im Febru-
solut notwendige Maß zu reduzieren. Ein Erfolg auf ar 1992 von der „Unabhängigen Kommission zur Überprüfung
diesem Weg ist der „Neue Partnerschaftliche An- des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der
satz", der zwischen EURATOM und IAEO vereinbart DDR beim Bundesminister des Innern" beantragten Durchsu-
wurde und der es erlaubt, daß die IAEO in gewissem chung der Räume der PDS in Berlin (Handkasse des Vorstandes)
Barmittel beschlagnahmt wurden, die sich aus 13 verschiedenen
Umfang auf das EURATOM-System zurückgreifen Fremdwährungen zusammensetzten und einen Wert von umge-
kann. Die Bundesregierung wird ihre Bemühungen rechnet ca. 1 Mio. DM hatten?
an dieser Stelle fortsetzen. Darüber hinaus ist die
Bundesregierung bestrebt, durch Förderung moder- Nach Erkenntnissen der Unabhängigen Kommis-
ner Überwachungstechnologien, z. B. im Bereich der sion zur Überprüfung des Vermögens der Parteien
Meßtechnik und der Auswertung von Meßergebnis- und Massenorganisationen der DDR beim Bundesmi-
sen, den Zeitaufwand für Überwachungsmaßnahmen nisterium des Innern (UKPV) befand sich zum
weiter zu reduzieren. 31. August 1991 (Stichtag der Trennung von Alt- und
Neuvermögen der SED/PDS) Bargeld in Höhe von
Zu Frage 26: 984 406 DM in 13 verschiedenen Währungen in den
Kassen des PDS-Parteivorstandes.
Die Bundesrepublik Deutschland unterlag in der
Vergangenheit in einem erheblichen Umfang den Die Erkenntnisse stammen aus dem von der UKPV
Überwachungsmaßnahmen durch die IAEO und EU- in Auftrag gegebenen Bericht über die Vermögens-
RATOM. Denn der Inspektionsaufwand orientiert aufnahme der PDS (Parteivorstand) für die Zeit vom
sich an der Menge des zu überwachenden Materials 1. Januar bis 31. August 1991. Der Bericht basiert auf
und konzentriert sich damit auf Länder mit einem Unterlagen der PDS, die am 24. Februar 1992 von der
hochentwickelten Brennstoffkreislauf. Nach der Still- UKPV aufgrund eines Durchsuchungs- und Be-
legung wichtiger nuklearer Anlagen in Deutschland schlagnahmebeschlusses des Amtsgerichts Tiergar-
hat sich der Überwachungsaufwand hier naturgemäß ten beschlagnahmt wurden.