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D eutscher Bundestag

65. Sitzung

Bonn, den 14. März 1963

Inhalt:

Vierundfünfzigste Verordnung zur Ände- Frage des Abg. Wächter:


rung des Deutschen Zolltarifs 1962 (Zoll-
kontingente 1963 — . Agrarwaren — Fernsprechteilnehmer der Gemeinde
I. Teil) (Drucksache IV/ 1039) . . . . . 3011 A Landwürden
Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 3014 D,
Fragestunde (Drucksachen IV/ 1048, IV/ 1052) 3015 A, B
Wächter (FDP) . . . 3014 D, 3015 A
Frage der Abg. Frau Herklotz:
Strafporto bei ungenügend frankierten Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 3015 A
Postsendungen
Frage des Abg. Dr. Mommer:
Dr. Steinmetz, Staatssekretär . 3011 B, D,
3012 A, B, C, D, 3013 A, B, C Äußerung des Bundeskanzlers betr.
3011 C, D Eintritt Großbritanniens in die EWG
Frau Herklotz (SPD) . . . .
Schmitt-Vockenhausen (SPD) . 3012 A, B Dr. Schröder, Bundesminister . . 3015 B, C
Dr. Mommer (SPD) 3015 B, C
Ritzel (SPD) 3012 C
Schwabe (SPD) . . . . 3012 D, 3013 A Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg:
Memmel (CDU/CSU) . . . . . . 3013 A Sperrung der Autobahn anläßlich eines
Spies (CDU/CSU) . . . . . . . 3013 B Besuches eines sowjetischen Offiziers 3015 C
Dr. Roesch (SPD) . . . . . 3013 B, C
Frage des Abg. Dr. Kohut:
Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Ernennung von Kriminalkommissar-
anwärtern zum Kriminalkommissar
Gebührenhefte der Bundespost
Höcherl, Bundesminister 3015 D,
Dr. Steinmetz, Staatssekretär .3013 C, D, 3016A, B, C
3014 A
Dr. Kohut (FDP) . . . . . . 3016 A, B
Dr. Müller-Emmert (SPD) . . . . 3013 D
Ritzel (SPD) 3016 B, C
Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen:
Frage des Abg. Dröscher:
Übergangsfrist für die neuen Post-
Versorgung von Schwerkriegsbeschä-
gebühren
digten im Härteausgleich
Dr. Steinmetz, Staatssekretär 3014 A, B, C
Dr. Claussen, Staatssekretär . . . 3016 D,
Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 3014 B 3017 A, B, C, D
Dr. Atzenroth (FDP) . 3014 C Dröscher (SPD) . . . . . . . . 3017 A
II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963

Könen (Düsseldorf) (SPD) . . 3017 B, C Frage des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) :
Börner (SPD) . . . . . . . . 3017 D Verteuerung des Milchtransports
Hüttebräuker, Staatssekretär . . . 3020 C,
Frage des Abg. Peiter: 3021 A
Zusammenlegung von Arbeitsämtern Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 3021 A
Dr. Claussen, Staatssekretär 3018 A, B, C, D,
3019 A Frage der Abg. Frau Dr. Heuser:
Peiter (SPD) 3018 A Nachwuchs an Krankenschwestern
Folger (SPD) . . . . . . . 3018 B, C Frau Dr. Schwarzhaupt,
Fritsch (SPD) . . . . . . . 3018 D Bundesminister . . . . 3021 B, C D
.,

Frau Dr. Heuser (FDP) 3021 C


Frage des Abg. Sander: Dorn (FDP) 3021 D
Forschungsanstalt für Landwirtschaft in
Braunschweig-Völkenrode Fragen der Abg. Frau Dr. Heuser:
Hüttebräuker, Staatssekretär . 3019 A, C Schädlichkeit von Haarsprühmitteln
Sander (FDP) 3019 C Frau Dr. Schwarzhaupt,
Bundesminister . . . . 3022 A, B, C
Frage des Abg. Dröscher: Frau Dr. Heuser (FDP) . . . . 3022 A, C
Flurbereinigungsverfahren in Rhein-
land-Pfalz Nächste Sitzung 3022 D

Hüttebräuker, Staatssekretär . . . 3019 D, Berichtigungen 3022


3020 A, B
Dröscher (SPD) 3020 A, B Anlagen 3023
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963 3011

65. Sitzung
Bonn, den 14. März 1963

Stenographischer Bericht Gebührenbetrages erfordert eine besondere betrieb-


liche Behandlung der Sendung, die naturgemäß be-
sondere Kosten verursacht. Diese Kosten müssen
Beginn: 14.01 Uhr durch eine entsprechend hohe Gebühr gedeckt wer-
den. Die nachträgliche Einziehung der Beförderungs-
Vizepräsident Dr. Dehler: Die Sitzung ist er- gebühren belastet den Postbetrieb in erheblichem
öffnet. Maße. Deshalb wird diese Einziehungsgebühr zu-
nächst vom Empfänger verlangt. Ist dieser-zur Zah-
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll lung jedoch nicht bereit, so kann er die Annahme
die Tagesordnung erweitert werden um die Beratung der Sendung verweigern. Er ist also nicht verpflich-
der Vierundfünfzigsten Verordnung zur Änderung tet, die fehlende Gebühr und die Einziehungsgebühr
des Deutschen Zolltarifs 1962. — Das Haus ist damit zu bezahlen. Beide Gebühren werden dann vom
einverstanden. Absender erhoben.
Ich rufe also auf:
Beratung der von der Bundesregierung vor- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
gelegten Vierundfünfzigsten Verordnung zur Frau Abgeordnete Herklotz?
Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 (Zoll-
kontingente 1963 — Agrarwaren — I. Teil) Frau Herklotz (SPD) : Herr Staatssekretär, ist das
(Drucksache IV/ 1039). Bundespostministerium bereit, dem Bundestag in
Ich schlage vor, daß wir die Überweisung sofort Kürze zu berichten, welche Erfahrungen mit dieser
vornehmen, und zwar an den Außenhandelsausschuß Neueinführung gemacht wurden?
als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mit-
beratung. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
höre keinen Widerspruch. Damit ist die Überweisung rium für das Post- und Fernmeldewesen: Verehrte
in dieser Form beschlossen. Frau Abgeordnete, uneingeschränkt: ja.
Wir kommen dann zu dem einzigen vorgesehenen
Tagesordnungspunkt, der Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
satzfrage, Frau Abgeordnete Herklotz?
Fragestunde (Drucksachen IV/ 1048, IV/ 1052).
Es sind noch Fragen aus dem Geschäftsbereich des
Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen Frau Herklotz (SPD) : Ja. — Herr Staatssekretär,
offen. Ich rufe auf die Frage VIII/ 6 — der Frau glauben Sie wirklich, daß es das Bundespostmini-
Abgeordneten Herklotz —: sterium ehrlichen Herzens rechtfertigen kann, daß
dieses sogenannte Strafporto mit dem Empfänger
Auf Grund welcher Rechtsauffassung bestraft das Bundespost-
ministerium den Empfänger von ungenügend frankierten Post- einen völlig Schuldlosen trifft?
sendungen mit zusätzlich 0,30 DM?

Bitte, Herr Staatssekretär!


Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Verehrte
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe- gnädige Frau, wir können das ehrlich rechtfertigen,
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Bei den
auch schon deshalb, weil diese Regelung im Grund-
von Ihnen erwähnten 30 Pf handelt es sich um die
satz seit vielen Jahren besteht. Zum zweiten sind
sogenannte Einziehungsgebühr. Ihre Rechtsgrund-
seit eh und je betriebliche Gründe dafür maßgebend,
lage ist die Verordnung zur Änderung der Post-
daß man diese Regelung getroffen hat. Ich brauche
ordnung vom 22. Januar 1963, in Kraft getreten am
nicht zu wiederholen, was ich eben sagte: Wenn der
1. März dieses Jahres. Sie wird in den Fällen er-
hoben, in denen eine Sendung nicht oder nicht Empfänger diese Einziehungsgebühr nicht zahlen
genügend freigemacht eingeliefert worden ist und will, kann er die Annahme verweigern, und dann
deshalb der fehlende Gebührenbetrag nachträglich geht die Sendung zurück an den Absender.
entweder beim Empfänger oder beim Absender ein- (Abg. Memmel: Und wenn es keinen Ab
gezogen werden muß. Die Einziehung des fehlenden sender gibt?)
3012 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963

Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen. des Herrn Abgeordneten Ritzel.

Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Herr Staats- Ritzel (SPD) : Herr Staatssekretär, sind Sie viel-
sekretär, sind Sie sich darüber im klaren, daß Ihre leicht bereit, den unschuldigen Empfängern ungenü-
Auskunft, der Empfänger könne ja schließlich die gend frankierter Sendungen, nachdem Sie keine
Sache zurückgehen lassen, für das Geschäftsleben Übergangszeit gelassen haben, doch wenigstens in
leider keine Maxime ist, weil ein Kaufmann die irgendeiner vertretbaren Form mildernde Umstände
Sendung aus vielerlei Gründen nicht einfach zurück- zuzubilligen?
gehen lassen kann? Insofern ist das eine schwere (Heiterkeit.)
Belastung. Ich habe hier die Frankfurter Allge-
meine vor mir und darf Sie fragen, ob Sie gelesen Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
haben, daß eine einzige Firma allein 50 Schecks mit rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Ab-
Nachporto annehmen mußte. Das sind Härten, die geordneter Ritzel, wenn ich persönlich diese Möglich-
Sievranlsot,dAgenhimal keit hätte, würde ich das selbstverständlich schon
nachzuprüfen. aus Gründen der Menschenfreundlichkeit tun.
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe- (Heiterkeit.)
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Verehrter
Herr Abgeordneter, das mag zutreffen. Daß das im Aber es geht ja da nicht um einen persönlichen
Willen eines Staatssekretärs.
gewerblichen und auch im privaten Bereich gewisse
Erschwernisse mit sich bringt, ist richtig. Aber ich
darf wiederholen: Diese Regelung gibt es seit eh Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage
und je. Die Gebühr ist nur erhöht worden. Ich darf des Herrn Abgeordneten Ritzel.
dazu noch auf folgendes hinweisen. Die nicht oder
unzureichend freigemachte Sendung muß aus der Ritzel (SPD) : Ist das so zu deuten, Herr Staats-
Masse der Sendungen heraussortiert und als Nach- sekretär, daß das Bundespostministerium nicht den
gebührensendung mit dem fehlenden Betrag gekenn- Mut hat, mit dem Postverwaltungsrat zu sprechen,
zeichnet werden. Beim Bestimmungsamt wird die um eine vernünftige Übergangslösung herbeizu-
Nachgebührensendung einer besonderen Stelle zu- führen?
geleitet. Diese versieht die Sendung zur Erfassung
der fehlenden Gebühr mit einem besonderen Nach- Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
gebührenstempel. Sodann wird die Sendung mittels rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Ab-
eines besonderen Nachweises dem Zusteller zuge- geordneter Ritzel, ich glaube, Sie wissen sowohl von
schrieben. Dieser stellt die Sendung unter Ein- dem Herrn Bundespostminister als auch seinen Mit-
ziehung des Betrages von Person zu Person zu. Er arbeitern, daß es ihnen an Mut nicht fehlt.
kann sie also nicht einfach in den Hausbriefkasten
(Abg. Ritzel: Aus anderen Beispielen weiß
des Empfängers werfen. Alsdann verrechnet der Zu-
ich das l)
steller den eingezogenen Betrag mit seinem Post-
amt, das diesen Betrag wieder zu verrechnen hat. Aber es ist doch gar kein Zweifel: eine bestehende
Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen, ich Rechtsverordnung ist nun einmal in Kraft getreten,
brauche gerade Ihnen nicht zu sagen, daß der Herr und man kann sie nicht wenige Wochen später, ganz
Bundespostminister seine Ausgaben von seinen gleich aus welchem Grunde, wieder außer Kraft
Einnahmen decken muß, und auf diesem Sektor ist setzen.
es einfach nicht möglich, in der heutigen angestreng- (Abg. Ritzel: Doch!)
ten finanziellen Lage Nachlässe zu erteilen.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu- des Herrn Abgeordneten Schwabe.
satzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vocken-
hausen.
Schwabe (SPD) : Herr Staatssekretär, hat der
Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Ich möchte Sie Empfänger, der eine solche Sendung bekommt, das
fragen, ob Sie nicht eine Möglichkeit sehen, eine Recht, sich die Sendung anzusehen und sich dann zu
Verhältnismäßigkeit zwischen dem Betrag von entscheiden, ob er sie annimmt oder nicht?
30 Pfennig und dem nachzuzahlenden Porto herzu-
stellen. Das ist doch ein Punkt, an den Sie noch Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
einmal Ihre Überlegungen anknüpfen können. rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Ab-
geordneter Schwabe, die Antwort ist sehr einfach.
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe- Außen kann er sie sich ansehen, innen natürlich
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Verehrter nicht, denn damit hätte er sie angenommen.
Herr Abgeordneter, ich danke Ihnen recht sehr. Aber
Sie wissen, der Verwaltungsrat hat diese Rechtsver- (Heiterkeit.)
ordnung in Kraft gesetzt. Ich habe leider Gottes
nicht den Glauben, daß wir daran etwas zu ändern Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage
in der Lage sind. des Herrn Abgeordneten Schwabe.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963 3013

Schwabe (SPD) : Herr Staatssekretär, seien Sie Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
überzeugt, daß ein Abgeordneter das Postgeheimnis rium für das Post- und Fernmeldewesen: Verehrter
so kennt und achtet wie Sie auch. Herr Abgeordneter, ich bitte um Entschuldigung.
Ich komme zur zweiten Frage. Was geschieht mit Darf ich Sie herzlich bitten, mir zu sagen, welche
abgelehnten Sendungen, aus denen kein Absender Grundsätze Sie da meinen.
zu ersehen ist?
Dr. Roesch (SPD) : Daß eine Verwaltung sich all-
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe- mählich durch Verordnungen von selbst beschäftigt.
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Ab-
geordneter, die werden nach feststehenden Regeln
nach den festgelegten Fristen geöffnet Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Ich darf
(Zuruf: Geöffnet oder vernichtet?) Ihnen darauf antworten, Herr Abgeordneter: Ein
und vernichtet. Betriebsunternehmen wie die Deutsche Bundespost
hat gar keine Zeit, sich mit solchen Dingen zu be-
Vizepräsident Dr. Dehler: Abgeordneter Mem- lasten.
mel zu einer Zusatzfrage. (Beifall in der Mitte.)

Memmel (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, war Vizepräsident Dr. Dehler: Wir kommen zur
es nicht möglich, eine Übergangsfrist vorzusehen, Frage VIII/7 — des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-
wenigstens so lange, bis die Leute sich an die neuen Emmert —:
Gebühren gewöhnt haben? Das ist doch die Schwie- Warum wurde verabsäumt, rechtzeitig eine genügend große
rigkeit. Anzahl von Gebührenheften, die den ab 1. März 1963 gültigen
Tarif der Deutschen Bundespost enthalten, zu drucken und auf
den Postämtern zum Verkauf bereitzuhalten?
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Ab- Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
geordneter, diese Frage hat in den Beratungen des rium für das Post- und Fernmeldewesen: Die Zahl
Verwaltungsrates eine sehr große Rolle gespielt; der bei den Postämtern zum Verkauf bereitgelegten
ich komme im übrigen bei der Beantwortung einer neuen Postgebührenhefte war weit höher, als dem
anderen Frage noch einmal darauf zurück. Aber üblichen Bedarf entsprechend angenommen werden
nach all den vielseitigen Erfahrungen, nicht nur bei konnte. Nach den wiederholten Veröffentlichungen
der Bundespost, haben Sie im Grunde solche Über- und Diskussionen in Presse, Rundfunk und Fern-
gangsschwierigkeiten auch dann noch, wenn Sie sehen war es nicht vorauszusehen, daß eine so un-
längere Fristen setzen. gewöhnlich starke Nachfrage einsetzen würde. Wir
haben jedoch sofort nach Bekanntwerden des großen
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter Bedarfs eine neue Auflage drucken lassen, die lau-
Spies. fend an die Postämter aus- und nachgeliefert wird.

Spies (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, muß es Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage!
richtig „Nachporto" oder „Strafporto" heißen? Es
wird immer wieder von „Strafporto" gesprochen,
und das hat den üblen Geruch eines Strafbefehls Dr. Müller Emmert (SPD) : Herr Staatssekretär,
-

eines Gerichts. ist Ihnen bekannt, daß bei der Bevölkerung eine
sehr große Verärgerung darüber bestand, daß diese
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe- Gebührenhefte bei den Postämtern nicht vorhanden
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Verehrter waren?
Herr Abgeordneter, ich bin Ihnen sehr dankbar für (Zuruf von der Mitte: Jetzt sind sie da!)
diese Frage. Es heißt nicht Strafporto — das fin-
den Sie nirgendwo geschrieben —, sondern das ist
neben der Nachzahlung des Minderbetrages eine Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
Einziehungsgebühr, und zwar deshalb, weil wir da- rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Abge-
durch erhöhte betriebliche Kosten haben. ordneter, es ist uns bekannt, daß zu gewissen Zeiten
bei einer Anzahl von Postämtern nicht genügend
Gebührenhefte vorhanden waren und daß deswe-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, gen einzelne Verärgerungen aufkamen.
Herr Abgeordneter Dr. Roesch.
Vizepräsident Dr. Dehler: Noch eine Zusatz-
Dr. Roesch (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich frage!
Sie um Auskunft bitten, ob bei der Bundespost schon
das Parkinsonsche Gesetz in seinen drei Ausführun- Dr. Müller Emmert (SPD) : Herr Staatssekretär,
-

gen eingeführt worden ist? wann wird diese neue Auflage der Gebührenhefte
(Zuruf: Das hat doch mit der Frage nichts zu für die Bevölkerung zur Verfügung stehen und aus-
tun!) geliefert werden?
3014 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963

Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe- das vorausgesehen hat; denn die Fragen der neuen
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Abge- Gebührenordnung sind seit langem -bis ins einzelne
ordneter, sie steht der Bevölkerung zur Verfügung mit den Organen der gewerblichen Wirtschaft be-
und wird bereits seit Tagen ausgeliefert. sprochen worden.

Vizepräsident Dr. Dehler: Frage VIII/ 8 — des Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen —: Dr. Atzenroth!
Ist der Herr Bundespostminister bereit, für die Dauer einer
kurzen Übergangszeit auf die Erhebung der neuen zusätzlichen
Einzugsgebühr von 30 Pfennig bei jeder unzulänglich frankierten
Dr. Atzenroth (FDP) : Herr Staatssekretär, ange-
Drucksache zu verzichten, zumal die Änderung des Begriffs sichts der großen Schwierigkeiten, die beim Ortsver-
„Drucksache" und die Gebührenerhöhung für diese Drucksachen
noch nicht allgemein bekannt sind und in vielen Orten noch kehr aufgetreten sind, frage ich Sie: Ist der Minister
nicht einmal käuflich neue Gebührenhefte zu erhalten waren? für das Post- und Fernmeldewesen bereit, auf sein
Postmonopol für den Ortsverkehr zu verzichten?
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Die Ein- Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
ziehungsgebühr von 30 Pf ist in einer vom Ver- rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Abge-
waltungsrat der Deutschen Bundespost beschlosse- ordneter, ich darf Ihnen darauf folgendes antworten.
nen Rechtsverordnung vorgesehen, die am 26. Ja- Wenn der Minister gesetzlich die Möglichkeit hätte,
nuar 1963 im Bundesanzeiger verkündet worden wäre er vielleicht dazu bereit, auf dieses Monopol
und am 1. März 1963 in Kraft getreten ist. Zur Ge- der schlechten Risiken zu verzichten. Aber gemäß
währung einer weiteren Übergangsfrist im Verwal- -
gesetzlicher Vorschrift kann er das ja nicht.
tungswege ist der Bundesminister für das Post- und
Fernmeldewesen daher nicht in der Lage. Eine
Änderung der Verordnung durch eine wiederum Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
vom Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost zu Frage III — des Herrn Abgeordneten Wächter —,
beschließende neue Rechtsverordnung wäre auch Drucksache IV/ 1052:
nicht mehr erforderlich, nachdem sich herausgestellt Ist die Bundesregierung entsprechend den Wünschen der
Gemeinde Landwürden Landkreis Wesermarsch (Niedersachsen)
hat, daß die neuen Regelungen nunmehr in der bereit, die Fernsprechteilnehmer nicht allein in das Teilnehmer-
verzeichnis Bremen-Ost, sondern auch in das Teilnehmerverzeich-
Offentlichkeit bekannt sind. nis Bremen-West aufzunehmen?

Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, Herr Staatssekretär!


Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Hätten Sie nicht rium für das Post- und Fernmeldewesen: Die Fern-
von sich aus, Herr Staatssekretär, annehmen sprechteilnehmer werden in dasjenige Amtliche
müssen, daß es solche Schwierigkeiten gibt, und Fernsprechbuch eingetragen, in dem das Ortsnetz
eine solche Frist erbitten müssen und diese Rege- ihres Anschlusses aufgeführt ist. Das Gebiet der
lung nicht so kurzfristig einsetzen lassen dürfen? Gemeinde Landwürden liegt in den Ortsnetzberei-
chen Bremerhaven, Dedesdorf und Stotel. Diese
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe- Ortsnetze sind im Amtlichen Fernsprechbuch Nr. 3
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Abge- — Bremen-Ost — aufgeführt. Daher sind auch die
ordneter Schmitt-Vockenhausen, unter Bezugnahme Fernsprechteilnehmer in Landwürden in diesem
auf die soeben geführte Diskussion darf ich Ihnen Fernsprechbuch eingetragen. Die Tatsache, daß eine
antworten, daß es dem Verwaltungsrat aus vielerlei Gemeinde politisch zu einem Verwaltungsbezirk
Gründen nicht zweckmäßig erschien, längere Fristen gehört, der in einem anderen Fernsprechbuch auf-
in der Verordnung zuzubilligen. geführt ist, rechtfertigt eine Doppeleintragung nicht.
Derartige Überschneidungen lassen sich aus tech-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu- nischen Gründen auch in vielen anderen Fällen nicht
satzfrage! vermeiden. Würde man jedoch in allen diesen Fäl-
len die Teilnehmer in zwei Fernsprechbüchern auf-
führen, dann würden die durch die ständig zuneh-
Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Herr Staats- mende Zahl von Fernsprechteilnehmern ohnehin
sekretär, waren sich das Ministerium und der Post-
immer umfangreicher werdenden Amtlichen Fern
verwaltungsrat nicht darüber klar, daß zahlreiche sprechbücher noch unhandlicher werden.
Firmen der Wirtschaft noch Werbedrucksachen mit
alten Aufdrucken, die noch auf Grund der vorher
geltenden Gebührenordnung vorgenommen worden Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage?
waren, im Umlauf hatten und daß dadurch bei vielen — Herr Abgeordneter Wächter!
Firmen Schwierigkeiten entstehen mußten? Das
hätte doch mindestens vorausgesehen werden kön- Wächter (FDP) : Ist Ihnen aber bekannt, Herr
nen. Staatssekretär, daß die Stadt Delmenhorst, die zu
dem Verwaltungsbezirk Oldenburg gehört, nicht
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe- allein im Fernsprechbuch Bremen-West verzeichnet
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Abge- ist, sondern gleichzeitig in dem Verzeichnis Bremen-
ordneter Schmitt, ich glaube, daß die Bundespost Ost Aufnahme gefunden hat?
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963 3015

Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe- Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen:


rium für das Post- und Fernmeldewesen: Ich bitte Ich weiß nicht, ob ich dazu in der Lage sein werde.
um Verständnis, wenn ich Ihnen antworte, daß mir Ich erinnere mich nur, Herr Kollege Mommer, aus
dies nicht bekannt ist. Ich werde es nachprüfen lassen meiner eigenen Lektüre der damaligen Zeit, daß es
und Ihnen, wenn dem so ist, schriftlich auch die in der Tat Ausführungen in diesem Sinne gegeben
Gründe mitteilen, weshalb eine solche Ausnahme hat.
gemacht worden ist.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine zweite Zusatz- satzfrage?
frage!
Dr. Mommer (SPD) : Herr Minister, können Sie
Wächter (FDP) : Würden Sie, wenn Sie diese uns sagen, seit wann der Herr Bundeskanzler die
Feststellung getroffen haben, bereit sein, gegebe- Unterlagen für die Richtlinien der Politik — davon
nenfalls dem Verlangen der Gemeinde Landwürden spricht er nämlich — Zeitungsmeldungen entnimmt,
Rechnung zu tragen, damit die dortigen Fernsprech- die außerdem nicht auffindbar sind?
teilnehmer auch in das Fernsprechverzeichnis Bre-
men-West mitaufgenommen werden?
Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen:
Herr Kollege Mommer, der Bundeskanzler entnimmt
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe- sicherlich nicht Zeitungsmeldungen Unterlagen für
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Ab- die Richtlinien der Politik. Ich glaube, damit beant-
geordneter, ich bedaure, Ihnen auf diese Frage nicht wortet sich die Frage.
mit einem uneingeschränkten Ja antworten zu
können.
Vizepräsident Dr. Dehler: Die Frage 1/2 — des
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter Herrn Abgeordneten Dr. Friedensburg ist zurückge-
Schmitt-Vockenhausen zu einer Zusatzfrage! zogen. — Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Ich rufe auf die Frage II/ 1 — Geschäftsbereich des
Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Ist Ihnen be- Bundesministers des Innern —, gestellt von Herrn
kannt, Herr Staatssekretär, daß im Postamt des Abgeordneten Dr. Friedensburg:
Bundeshauses Gebührenverzeichnisse nicht zu finden
Trifft die Zeitungsmeldung zu, daß die Bundesautobahn am
sind? 26. Februar 1963 zwischen Helmstedt und Bielefeld aus Anlaß
eines offiziell als privat bezeichneten Besuches eines hohen
sowjetischen Offiziers für eine Stunde gesperrt worden ist?
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministe-
rium für das Post- und Fernmeldewesen: Das ist Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beant-
mir nicht bekannt. Ich werde es gleich nachprüfen, wortung einverstanden erklärt. Die Antwort des
Herr Abgeordneter, und werde dafür Sorge tragen, Herrn Bundesministers Höcherl vom 14. März 1963
daß die nötige Anzahl unverzüglich aufgelegt wird. lautet:
Es handelte sich um den Gegenbesuch des Oberkommandieren-
den der sowjetischen Streitkräfte in der SBZ bei dem Befehls-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen, haber der britischen Rheinarmee am 26. und 27. Februar 1963.
Auch wenn dieser Besuch in Verlautbarungen als „privat" be-
Herr Staatssekretär. zeichnet worden ist, liegt es auf der Hand, daß Vorkehrungen
gegen mögliche Zwischenfälle zu treffen waren. Es trifft aber
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- nicht zu, daß die Autobahn zwischen Helmstedt und Bielefeld
am 26. Februar 1963 für eine Stunde gesperrt war.
bereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe auf Frage I/1
Das Bundesministerium des Innern hatte auf britischen Wunsch
— des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer —: die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen über den
Besuch unterrichtet; diese sind für die notwendigen Sicherungs-
Auf welche Quelle stützte sich der Herr Bundeskanzler, als maßnahmen zuständig. Die von den Ländern getroffenen Maß-
er in seinem Brief an Vizekanzler Erhard vom 26. Februar 1963 nahmen waren notwendig und angemessen.
schrieb: Vielleicht nehmen Sie auch Notiz davon, daß die
britische Regierung jetzt schon zweimal erklärt hat, daß sie nicht
beabsichtige, vor ihren Parlamentswahlen die Frage. des Eintritts Ich rufe auf die Frage I1/2 — des Herrn Abgeord-
in die EWG erneut zu behandeln? neten Dr. Kohut —:
Bitte, Herr Minister! Kann der Herr Bundesminister, abgesehen vom Fall Saevecke,
weitere Beispiele vorlegen, aus denen hervorgeht, daß ein
Kriminalpolizeianwärter innerhalb von 4 Jahren zum Kriminal-
Dr. Schröder, Bundesminister des Auswärtigen: kommissar befördert worden ist, obwohl er weder eine allge-
meine polizeiliche Ausbildung noch die Reifeprüfung hatte?
Herr Präsident! Die Antwort lautet: Der Bundes-
kanzler hat die von Ihnen erwähnte Absicht der
Höcherl, Bundesminister des Innern: Die Ant-
britischen Regierung Zeitungsberichten über Reden
wort lautet wie folgt:
britischer Minister entnommen. Der Sprecher des
Foreign Office hat hierzu am 6. März ausgeführt, Die Ernennung eines Kriminalkommissaranwär-
ihm sei nicht bekannt, daß die britische Regierung ters zum Kriminalkommissar innerhalb von vier
derartige Erklärungen abgegeben habe. Jahren nach der Einstellung war nach den damaligen
Laufbahnrichtlinien die Regel. Die Ausbildungszeit
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Dr. Mommer, der Kriminalkommissaranwärter betrug höchstens
eine Zusatzfrage? 30 Monate. Nach bestandener Prüfung wurden sie
nach Maßgabe freier Kommissarstellen zunächst
Dr. Mommer (SPD) : Herr Minister, wären Sie in sechs Monate als Kriminalkommissar auf Probe be-
der Lage, uns die Zeitungsquellen näher zu bezeich- schäftigt und anschließend, also häufig schon nach
nen? drei Jahren, soweit sie sich in der Probezeit bewährt
3016 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963

Bundesminister Höcherl
hatten, zu Kriminalkommissaren ernannt. Die An- Höcherl, Bundesminister des Innern: Mehr Sae-
stellung hing ausschließlich von dem Ergebnis der veckes? — Es gibt nur einen Saevecke.
Laufbahnprüfung und der Bewährung in der Probe- (Abg. Ritzel: Herr Minister, ich meine das
zeit und nicht von der Vorbildung ab. als Gattungsbeispiel!)
Nach den damals geltenden Richtlinien für die — Ich habe das letzte Mal schon erklärt, Herr Kolle-
Laufbahn der Polizeibeamten sollten die Bewerber ge, daß wir alle Unterlagen, die uns zur Verfügung
die Reifeprüfung abgelegt haben; jedoch konnten stehen, angefangen von den Personalakten bis über
auch Anwärter ohne Abitur eingestellt werden und die Entnazifizierungsakten, und alle übrigen Er-
sind auch eingestellt worden, wenn sie die Eignungs- kenntnisquellen in jedem Fall ausschöpfen. Wir
prüfung mit entsprechendem Erfolg bestanden hat- gehen jedem Anhaltspunkt nach. Bisher haben wir
ten, was hier der Fall war. keinen Anlaß gehabt, anzunehmen, daß noch ein
ähnlicher Fall vorliegt, wobei dieser Fall noch gar
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Dr. Kohut zu kein „Fall" ist und sein muß.
einer Zusatzfrage!
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
satzfrage!
Dr. Kohut (FDP) : Herr Minister, da Sie von den
damals geltenden Richtlinien gesprochen haben,
möchte ich fragen: Sind die Richtlinien für die Poli- Ritzel (SDP) : Darf ich Sie konkret fragen, Herr
zeikommissar-Laufbahn jetzt genau die gleichen Minister: Wieviel Angehörige des ehemaligen
oder nicht? Sicherheitsdienstes stehen heute im Dienst der Bun-
desrepublik?
Höcherl, Bundesminister des Innern: Sie sind
anders. Aber es kommt ja bei der Beurteilung des Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol-
Falles darauf an, wie die Verhältnisse damals lege, Herr Saevecke war nicht Angehöriger des
waren. Ein Vergleich der früheren Verhältnisse mit Sicherheitsdienstes, sondern der Sicherheitspolizei.
den heutigen kann gar nicht interessant sein. Hier Mir ist nicht bekannt, ob Angehörige des Sicher-
geht es doch darum, ob eine Bevorzugung stattge- heitsdienstes im Bundesdienst stehen. Aber ich bin
funden hat. Das ist doch der Sinn all der Fragen, die gern bereit, eine solche Erhebung anzustellen.
sich schon über zwei Fragestunden hinziehen.
Vizepräsident Dr. Dehler: Wir kommen zu
den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundes-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu- ministers für Arbeit und Sozialordnung, zunächst
satzfrage! zur Frage III/1 — des Herrn Abgeordneten Drö-
scher —:
Dr. Kohut (FDP) : Da es sich damals um die Ver- Trifft es zu, daß ein Schwerkriegsbeschädigter, dem eine
Versorgung im Härteausgleich gewährt wird, eine zustehende
hältnisse im nationalsozialistischen Reich und jetzt Nachzahlung in Höhe von rund 10 000 DM nicht erhalten kann,
um die Verhältnisse in der provisorischen Bundes- weil er während der Laufzeit seines Verfahrens kommunale
Fürsorgeleistungen in Höhe von rund 1000 DM erhalten hat?
republik handelt, darf ich Sie doch fragen, ob die
damaligen schnellen Ausbildungsvorgänge Anlaß zu Bitte, Herr Staatssekretär.
einer Bevorzugung bei der Anwartschaft auf höhere
Posten in Bonn, in der Nähe des Bundeskanzlers, Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-
für solche Nationalsozialisten geben, von Herrn rium für Arbeit und Sozialordnung: Das in Ihrer
Globke bis zu Herrn Saevecke? Frage angegebene Zahlenverhältnis erscheint uns
außerordentlich unwahrscheinlich. Wir können die-
sen Fall nicht nachprüfen, ohne die Einzelheiten zu
Höcherl, Bundesminister des Innern: Herr Kol- kennen. Solche Fälle werden nach der Verwaltungs-
lege, wenn Sie die Frage so gestellt hätten — ob- vorschrift Nr. 5 zu § 60 des Bundesversorgungs-
wohl mir der von Ihnen zuletzt erwähnte Zusam- gesetzes behandelt. Danach beginnt eine Versorgung
menhang ganz unerfindlich erscheint —, hätte ich im Wege des Härteausgleichs, die eine Ermessens-
den Vergleich mit den damaligen Verhältnissen leistung ist, mit dem Antragsmonat. Hat aber der
ziehen können. Ich habe mich auf den Wortlaut Betreffende von der Sozialhilfe oder aus anderen
Ihrer Fragestellung bezogen und Ihnen dazu, wie öffentlichen Kassen erstattungspflichtige Leistungen
mir scheint, eine erschöpfende Auskunft gegeben. erhalten, kann selbstverständlich der Härteausgleich
erst mit dem Bewilligungsmonat beginnen. Die in
Ihrer Anfrage aufgestellte Rechnung geht eben von
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter der unzutreffenden Annahme aus, daß dem Lei-
Ritzel zu einer Zusatzfrage. stungsempfänger Ansprüche erwachsen wären, wenn
eine Versorgung im Wege des Härteausgleichs schon
Ritzel (SPD) : Herr Bundesminister, gibt es noch zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen wäre.
mehr Saeveckes, die sich mit Wissen des Bundes-
ministers des Innern um die Sicherheit in der Bun- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
desrepublik bemühen? Herr Abgeordneter Dröscher!
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, 'den 14. März 1963 3017

Dröscher (SPD) : Herr Staatssekretär, würden Sie ten geführt haben, daß auch das Arbeitsministerium
mir zustimmen, wenn ich den ersten Teil Ihrer Ant- der Meinung war, daß solche Härten nach Möglich-
wort dahin auslege, daß Sie angesichts eines Zahlen- keit ausgeglichen werden sollten.
verhältnisses, wie ich es schilderte, eine solche Hand-
habung als Unrecht empfinden würden? Vizepräsident Dr. Dehler: Eine zweite Zusatz-
frage, Herr Abgeordneter Könen!
Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-
rium für Arbeit und Sozialordnung: Ich würde die
Handhabung nicht als Unrecht empfinden, weil es Könen (Düsseldorf) (SPD) : Herr Staatssekretär,
sich um eine Ermessensentscheidung handelt. Aber darf ich Sie bitten, die Feststellung, , die Sie soeben
in gewisser Weise würde man sagen können, daß getroffen haben — ich zitiere Sie jetzt —, daß nie-
hier eine Unbilligkeit vorläge. Wo wir solche Fälle mand etwas aus einer öffentlichen Kasse erhalten
gehabt haben, haben wir uns um einen Ausgleich kann, wenn er aus einer anderen etwas bekommen
bemüht. hat, bezüglich der Nachrangbestimmungen des Bun-
dessozialhilfegesetzes einmal mit den Herren des
Innenministeriums zu besprechen? Das stimmt näm-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu- lich einfach nicht. Ich meine nicht, daß Sie das falsch
satzfrage!
gesagt haben, aber die Bestimmungen über den
Nachrang werden anders ausgelegt. Ich wollte mich
Dröscher (SPD) : Herr Staatssekretär, wären Sie nicht aus Versehen unhöflich ausgedrückt haben, so
bereit mitzuhelfen, diese grundsätzliche Haltung war das nicht gemeint.
auch im Falle des Schwerkriegsbeschädigten Walter -
Löber aus Kirn durchzusetzen, der an multipler
Sklerose erkrankt ist, dem eine Minderung der Er- Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-
werbsfähigkeit von 100 % zuerkannt worden ist rium für Arbeit und Sozialordnung: Diese Frage
und auf dessen Fall diese Zahlen zutreffen? kann ich nur mit Ja beantworten.

Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe- Vizepräsident Dr. Dehler: Noch eine Zusatz-
rium für Arbeit und Sozialordnung: Das kann ich frage des Herrn Abgeordneten Börner!
hier natürlich nicht zusagen, weil erstens die Ver-
sorgungsverwaltung eine Angelegenheit der Länder
Börner (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich aus
ist und zweitens mir der Fall im einzelnen nicht
Ihrer Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen
) bekannt ist. Wenn Sie uns den Fall zuleiten, Herr
Dröscher entnehmen, daß derjenige, der es auf
Abgeordneter, werden wir uns um die Angelegen-
Grund seiner Vermögenslage nicht nötig hat, zur
heit bemühen.
Gemeinde zu gehen und Sozialhilfeleistungen in An-
spruch zu nehmen, bei Anwendung dieser Bestim-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu- mungen gegenüber demjenigen bevorzugt wird, der
satzfrage, Herr Abgeordneter Könen. wegen seiner Notlage die Hilfe der Gemeinde in
Anspruch nehmen muß?
Könen (Düsseldorf) (SPD) : Herr Staatstekretär,
darf ich Ihre Auskunft so auffassen: Ist man in Ihrem Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-
Hause der Meinung, daß die Nachrangbestimmungen rium für Arbeit und Sozialordnung: Ich würde sagen,
des neuen Bundessozialhilfegesetzes — die ausdrück- Herr Abgeordneter, „bevorzugt sein könnte". Hier
lich davon sprechen, daß dieser Nachrang auch bei wird immer, wie ich vorhin schon sagte, von der An-
Leistungen gegeben ist, auf die kein rechtlicher An- nahme ausgegangen, daß ein Rechtsanspruch auf Lei-
spruch besteht, Leistungen, die nach anderen Geset- stungen vorher entstanden wäre. Aber er ist ja nicht
zen zu gewähren sind — hier unzutreffend angezo- entstanden. Es handelt sich doch bei dem Härteaus-
gen werden? gleich um eine Ermessensleistung.

Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe- Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage,
rium für Arbeit und Sozialordnung: Das ist eine sehr Herr Abgeordneter Börnerl
lange Frage,
(Abg. Könen [Düsseldorf] : Dazu zwingt mich Börner (SPD) : Halten Sie dann Ihre Interpreta-
die Geschäftsordnung!) tion des „Ermessens" mit dem Gleichheitsgrundsatz
die so schnell zu ordnen mir hier nicht ohne weiteres für vereinbar?
möglich ist. Aber ich würde dazu sagen: Grund-
sätzlich muß es so sein, daß jemand der eine Lei- Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-
stung aus einer öffentlichen Kasse erhält, solange rium für Arbeit und Sozialordnung: Ja, sicher.
keinen Anspruch auf eine Leistung aus einer anderen
öffentlichen Kasse hat. 'Das ist der Fall, der hier in Vizepräsident Dr. Dehler: Frage III/ 2 — des
der Frage angesprochen ist. Wenn sich dabei nun im Herrn Abgeordneten Peiter — :

Zusammenhang mit dem Bundessozialhilfegesetz Welche Erfahrungen wurden mit der bisherigen Zusammen-
Härten ergeben sollten, so wissen Sie aus den Ver- legung von Arbeitsämtern gemacht?

handlungen, die wir über die Verwaltungsvorschrif Bitte, Herr Staatssekretär!


3018 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963

Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe- keinerlei Möglichkeiten, im Wege des Aufsichts-


rium für Arbeit und Sozialordnung: Herr Abgeord- rechts einzugreifen. Im Gegenteil, wir freuen uns
neter, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten. darüber, daß die Bundesanstalt die nötigen Maß-
Der Verwaltungsrat der Bundesanstalt hat bisher 38 nahmen zur Vereinfachung ihrer Verwaltung trifft.
bis dahin selbständige Arbeitsämter zusammenge-
legt. Weitere 15 Arbeitsämter werden auf Grund Ich möchte sogar noch ergänzend dazu sagen, daß
der Beschlüsse des Verwaltungsrates der Bundes- der Bundesanstalt bisher vorgeworfen worden ist,
anstalt ab 1. April 1963 mit anderen Arbeitsämtern sie habe zuviel Beamte, ihre Organisation entspreche
zusammengelegt werden. Überall hat diese Zusam- nicht mehr den heutigen Bedürfnissen, und daß in
menlegung zu Einsparungen geführt. Einen ausführ- dem Augenblick, wo sie anfängt, ihre Verwaltung
lichen Erfahrungsbericht wird der Herr Präsident zu straffen, ihr Vorwürfe gemacht werden, daß sie es
der Bundesanstalt erst zu einem etwas späteren tue. Ich halte das für einen offenen Widerspruch.
Zeitpunkt vorlegen können.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, satzfrage, Herr Abgeordneter Folger.
Herr Abgeordneter Peiter!
Folger (SPD) : Herr Staatssekretär, halten Sie es
Peiter (SPD) : Herr Staatssekretär, können die für gerechtfertigt, daß wegen dieser sehr umstrit-
Schwierigkeiten, die in diesem Winterhalbjahr auf- tenen Zusammenlegung von Arbeitsämtern im
getreten sind — daß Arbeitslose bis zu fünf Wochen Grenzgebiet starke Spannungen zwischen den Lan-
auf die Auszahlung ihrer Unterstützung warten desregierungen einerseits und der Bundesanstalt
mußten —, auf die Zusammenlegung von Arbeits- und Bundesregierung andererseits entstehen und
ämtern zurückzuführen sein? bestehen bleiben?

Dr. Claussen Staatssekretär im Bundesministe- Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-


rium für Arbeit und Sozialordnung: Nein! rium für Arbeit und Sozialordnung: Das halte ich
nicht nur für nicht gerechtfertigt, sondern ich halte
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu- es auch für überflüssig.
satzfrage.
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter
Peiter (SPD): Herr Staatssekretär, auf welche an- Fritsch zu einer Zusatzfrage.
deren Ursachen führen Sie denn diese lange Dauer
zurück? Fritsch (SPD) : Herr Staatssekretär, ist Ihnen be-
kannt, daß im niederbayerisch-oberpfälzischen Raum
Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe- die Zusammenlegung der Arbeitsämter ohne aus-
rium für Arbeit und Sozialordnung: Ich weiß nicht, reichende Beachtung der in § 2 AVAVG für die Ab-
Herr Abgeordneter, in welchen Fällen und bei wel- grenzung der Arbeitsämter geforderten wirtschaft-
chen Arbeitsämtern diese lange Dauer der Auszah- lichen Zusammenhänge vor sich ging?
lungsfrist aufgetreten ist. Ich wäre Ihnen dankbar,
wenn Sie uns dies mitteilten; dann kann ich Ihnen
schriftlich darauf anworten. Aber auf eine Verein- Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe-
fachung der Verwaltung ist das nach meiner Mei- rium für Arbeit und Sozialordnung: Die Zusammen-
nung nicht zurückzuführen. legungen in diesem Grenzraum sind uns gut be-
kannt. Wir haben alle Vorgänge sehr genau geprüft,
weil uns sowohl von der bayerischen Landesregie-
Vizepräsident Dr. Dehler: Herr Abgeordneter rung als auch von den zuständigen Bürgermeiste-
Folger zu einer Zusatzfrage.
reien sehr nachhaltige Protestschreiben zugegangen
sind. Aber wir haben in keinem Fall die Möglichkeit
Folger (SPD) : Herr Staatssekretär, sind Ihnen die gehabt, zu sagen, daß hier gegen Gesetz und Satzung
Rechts- oder Dienstaufsichtsbeschwerden bekannt, verstoßen worden wäre.
die von regionalen Behörden dem Bundesarbeits-
ministerium vorgelegt wurden, weil die Vorschrift Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage!
über das Benehmen mit den Landesregierungen und
die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht berücksichtigt Fritsch (SPD) : Herr Staatssekretär, da Ihnen
wurden? Wenn ja, was sagen Sie dazu? offenbar die Vorgänge um das Arbeitsamt Cham
nicht bekannt sind,
Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesministe- (Staatssekretär Dr. Claussen: Genau!)
rium für Arbeit und Sozialordnung: Herr Abgeord-
neter, die Sache ist sehr einfach. Erstens ist das gestatten Sie die . Frage, ob Sie der Meinung sind,
Benehmen mit den Ländern überall hergestellt wor- daß die in § 34 AVAVG festgelegte Rechtsaufsicht
den. Zweitens ist die Bundesanstalt als Selbstver- des Bundesarbeitsministeriums es gestatten würde,
waltungskörperschaft völlig frei, ihre Organisation Zusammenlegungsmaßnahmen wieder aufzuheben,
selber zu beschließen. Wenn sie sich im Rahmen die offensichtlich die vom Gesetz geforderten Vor-
ihrer Befugnisse hält, hat der Bundesarbeitsminister aussetzungen nicht erfüllen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963 3019

Dr. Claussen Staatssekretär im Bundesministe- eine Beschränkung der Aufgaben der Forschungs-
rium für Arbeit und Sozialordnung: Das ist eine Be- anstalt sähen, die sie nicht akzeptieren könnten,
hauptung, Herr Abgeordneter, und keine Frage in weil die wissenschaftliche Selbständigkeit der An-
dem Sinne, daß ich sie hier beantworten könnte. Ich stalt nicht mehr gewährleistet sein würde.
kann nur sagen: wir haben diese Angelegenheiten Von der Aufnahme der Anstalt durch Organisa-
auf Grund der Vorlagen der Bürgermeistereien und tionserlaß ist deshalb bisher abgesehen worden.
auch anderer Stellen geprüft und haben keine Mög-
lichkeit gehabt, im Aufsichtswege einzugreifen.
Wir wollen diese Möglichkeit auch gar nicht so
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage,
Herr Abgeordneter Sander.
gern haben, Herr Abgeordneter, denn es ist eine
Angelegenheit der Selbstverwaltung, ihre Organi-
sation zu bestimmen. Es ist auch ihr eigenes Geld, Sander (FDP): Herr Staatssekretär, hält die Bun-
das sie verwaltet. Deswegen sollte die Verantwor- desregierung trotz der Einwendungen des Landes
tung bei der Bundesanstalt bleiben. Niedersachsen an ihrer Absicht fest, die Bundes-
anstalt in die Verwaltung des Bundes zu überneh-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen, men, und wie gedenkt sie diese Absicht zu verwirk-
Herr Staatssekretär. lichen?
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts-
bereich des Bundesministers für Ernährung, Land- Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesministe-
wirtschaft und Forsten. rium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Die
Bundesregierung steht in nochmaligen Verhandlun-
Frage V/1 — des Herrn Abgeordneten Sander —: gen mit dem Land Niedersachsen. Sollten diese er-
Aus welchen Gründen ist die Forschungsanstalt für Landwirt- gebnislos verlaufen, so erwägt die Bundesregierung,
schaft in Braunschweig-Völkenrode noch nicht in die Verwaltung
des Bundes aufgenommen worden? die Forschungsanstalt für Landwirtschaft als bun-
desunmittelbare Anstalt durch Bundesgesetz zu er-
Bitte, Herr Staatssekretär.
richten. Über das Ergebnis wird die Bundesregie-
rung dem Haus bis zum 1. Oktober 1963 gemäß dem
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesministe- Ersuchen des Haushaltsausschusses berichten.
rium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Ich
darf Ihre Frage wie folgt beantworten. Die For-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die
schungsanstalt für Landwirtschaft Braunschweig-
Frage V/2 — des Herrn Abgeordneten Dröscher —:
Völkenrode, die sich hohen wissenschaftlichen An-
Ist die Bundesregierung bereit, Verhandlungen mit der Landes-
sehens im In- und Ausland erfreut, ist eine Anstalt regierung Rheinland-Pfalz zu führen mit dem Ziel, die Gesamt-
öffentlichen Rechts nach niedersächsischem Landes- höhe der Bundes- und Landesbeihilfen für beschleunigte Flur-
bereinigungsverfahren auf die dem Einzelfall angemessene Höhe
recht. Sie wurde seit ihrer Gründung aus dem Haus- zu bringen und insofern über die bisherige, meist unzureichende
halt des Vereinigten Wirtschaftsgebietes und später Grenze von 300 DM pro ha hinauszugehen?

aus dem Bundeshaushalt finanziert. Hierfür wurden


im Bundeshaushaltsplan Bundeszuschüsse veran Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesministe-
agt, die sich von 2,2 Millionen DM für das Rech- -schl
rium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
nungsjahr 1949 auf 6,6 Millionen DM für das Rech- Herr Abgeordneter Dröscher, 'zu der Frage darf ich
nungsjahr 1962 erhöhten. ausführen, daß offenbar der Erlaß des Landes Rhein-
Bei allen Beteiligten bestand Übereinstimmung, land-Pfalz vom 28. Mai 1962 angesprochen ist, in
daß die Forschungsanstalt zu gegebener Zeit auf den dem das Land seine Flurbereinigungsbehörden u. a.
Bund übergeführt werden sollte. Hierzu ist es bis- anweist, bei der Durchführung von beschleunigten
her deshalb nicht gekommen, weil das Land Nieder- Zusammenlegungsverfahren darauf zu achten, 'daß
sachsen das von der Bundesregierung vorgesehene die Ausbaukosten einen Betrag von 300 DM je ha
Verfahren, die Anstalt als Bundesdienststelle durch nicht überschreiten. Die Höhe dieser Ausbaukosten
einfachen Organisationserlaß zu errichten, verfas- festzusetzen, an denen sich der Bund bis zu 75 %
sungsrechtlich nicht für zulässig hält. Bei den Auf- beteiligt, ist ausschließlich Angelegenheit des Lan-
gaben der Forschungsanstalt, wie sie in der neuen des. Der Bund kann darauf keinen Einfluß nehmen.
Satzung vorgesehen seien, handele es sich, so argu- Mit Ausbaukosten oder Ausführungskosten werden
mentiert das Land, um solche der Länder, die der die Kasten bezeichnet, die bei der Anlegung von
Bund nur durch Gesetz an sich ziehen könne. In der Wegen, Wasserläufen, bei Durchführung der Ver-
Praxis bedeutet diese Auffassung, daß entweder besserungen usw. entstehen.
a) die Bestimmung über die Aufgaben der Anstalt Ein beschleunigtes Zusammenlegungsverfahren
anders, nämlich in dem Sinne formuliert werden hat jedoch in erster Linie die Aufgabe, zersplitterten
muß, Aufgabe der Forschungsanstalt sei ausschließ- Grundbesitz ohne größeren Aufwand zusammenzu-
lich oder überwiegend die Beratung der Bundesregie- legen, damit die Betriebe künftig größere zusam-
rung, oder daß b) der Bund die Forschungsanstalt menhängende Flächen bewirtschaften können. Es
durch Gesetz als Bundesanstalt errichten muß. soll daher nur dort angewandt werden, wo das vor-
Die Bundesregierung legt Wert darauf, die An- handene Wege- und Gewässernetz ausreicht oder
stalt in Übereinstimmung mit den Organen der bis zu einer späteren, regulären Flurbereinigung
Forschungsanstalt zu übernehmen. Diese haben zu beibehalten werden kann. Die Anlegung neuer
Punkt a) dahin Stellung genommen, daß sie darin Wege und Gräben würde umfangreiche Verbesse-
3020 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963

Staatssekretär Hüttebräuker
rungen und sonstige Arbeiten verursachen, so daß Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe die
das beschleunigte Zusammenlegungsverfahren an- Frage V/3 — des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt
nähernd den Umfang eines Flurbereinigungsver- (Gellersen) — auf:
fahrens erreichen würde und ihm der Vorteil der Ist der Bundesregierung bekannt, daß infolge einer Entschei-
Beschleunigung genommen wäre. Mit der Begren- dung des VII. Senats des Bundesverwaltungsgerichtes vom
13. April 1962 zahlreiche landwirtschaftliche Milchfahrer ihre
zung der Bausumme will das Land Rheinland-Pfalz Tätigkeit einstellen und der Milchtransport durch die Einreihung
in den gewerblichen Güterverkehr zu wesentlichen Verteuerun-
den Bausektor bewußt einschränken und die Fach- gen führt, die zu Lasten der Milcherzeuger gehen?
behörden zwingen, das Verfahren auf seine Haupt-
aufgabe, nämlich die beschleunigte Zusammenlegung Bitte, Herr Staatssekretär.
der Grundstücke, zu beschränken.
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesministe-
In Ausnahmefällen, wenn z. B. vorauszusehen ist, rium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
daß auch bei einem später nachfolgenden Flurbe- Herr Abgeordneter Dr. Schmidt (Gellersen), das
reinigungsverfahren vorhandene Wege bestehen- Urteil des VII. Senats des Bundesverwaltungsgerichts
bleiben können und daher die Kosten für ihre sofor- vom 13. April 1962 befaßt sich unter anderem mit
tige Befestigung nicht fehlinvestiert sind, ist die der Abgrenzung des gewerblichen Güternahverkehrs
Überschreitung des Betrages von 300 DM je ha aus- gegenüber der Nachbarschaftshilfe nach § 80 Abs. 2
drücklich zugelassen. des Güterkraftverkehrgesetzes. Es bestätigt die An-
sicht, daß Transporte als sogenannte Nachbarschafts-
hilfe nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, sie nicht den Charakter von gewerblichen - Fuhr-
Herr Abgeordneter Dröscher. leistungen besitzen.
Der Bundesregierung ist bekannt, daß in einigen
Dröscher (SPD) : Herr Staatssekretär, würde der Gebieten der Bundesrepublik die Milchan- und -ab-
Bund sich auch dann mit 75 % beteiligen, wenn die fuhr im Rahmen der Nachbarschaftshilfe durchge-
Grenze pro Hektar etwa 500 oder 600 DM betragen führt wird, obwohl sie den Tatbestand der gewerb-
würde? lichen Fuhrleistung erfüllt. Auf Grund des Urteils
vom 13. April 1962 werden diese Fuhrleistungen
auf eine rechtlich zulässige Grundlage gestellt wer-
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesministe- den müssen.
rium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Die Bundesregierung ist jedoch nicht der Ansicht,
Herr Abgeordneter, das ist eine grundsätzliche Frage
daß die Umstellung in jedem Einzelfall zu einer Er-
der Richtlinien, zu der ich hier nicht so ohne weite-
höhung der An- und Abfuhrkosten führen muß. So-
res Stellung nehmen kann, weil der Zuschuß des
weit die Transporte nicht auch zukünftig im Wege
Bundes natürlich in gewisser Relation zu den an-
der Nachbarschaftshilfe oder als Werkverkehr der
deren Maßnahmen steht. Aber ich werde Ihre Frage
Molkereien durchgeführt werden sollen, käme eine
prüfen.
Abrechnung der An- und Abfuhrkosten nach dem
Güternahverkehr in Frage. Soweit die darin vorge-
Vizepräsident Dr. Dehler: Noch eine Zusatz- sehene Möglichkeit einer Unterschreitung der Richt-
frage. sätze um 30 9/o nicht ausreicht, Entgelte zu verein-
baren, die den örtlichen Verhältnissen angemessen
sind, stehen noch folgende Möglichkeiten zur Ver-
Dröscher (SPD) : Würden Sie, Herr Staatssekre- fügung: erstens der Abschluß von Dauervertrags-
tär, mit mir darin übereinstimmen, daß die Hand- verhältnissen nach § 3 des Güternahverkehrstarifs
habung dieser Bestimmungen durch das Land Rhein- mit einer Unterschreitung der Richtsätze bis zu 40 %,
land-Pfalz schließlich dazu führen muß, daß Ge- zweitens der Abschluß von genehmigungspflichtigen
meinden, wenn sie vor der Frage stehen, das be- Sonderverträgen nach § 15 Abs. 2 des Güternahver-
schleunigte oder das klassische Verfahren anzu- kehrstarifs, bei denen die Richtsätze beliebig unter-
wenden, angesichts dieses geringen Betrages immer schritten werden dürfen, drittens der Erlaß von Lan-
dahin tendieren werden, das klassische Verfahren dessondertarifen nach § 15 Abs. 1 des Güternahver-
durchzuführen, weil sie mit dem beschleunigten kehrstarifs. Gerade der Erlaß von Landessonder-
Verfahren ihre Landwirte außerordentlich benach- tarifen dürfte geeignet sein, den örtlichen Besonder-
teiligen? heiten gerecht zu werden.
Im übrigen ist die Bundesregierung bemüht, ge-
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesministe- meinsam mit den Ländern, der Arbeitsgemeinschaft
rium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Güternahverkehr, der Arbeitsgemeinschaft der Lan-
Wir sind bisher der Auffassung gewesen, Herr desverbände der Milchfahrer und den beteiligten
Abgeordneter, daß dieser Zuschuß für das beschleu- Stellen der Landwirtschaft — insbesondere mit dem
nigte Verfahren, wenn es sich wirklich nur um eine Verband der Landwirtschaftskammern, dem Deut-
Zusammenlegung der Grundstücke und nicht um schen Bauernverband und dem Deutschen Raiffeisen
weitere Wege, Gewässer und sonstige Maßnahmen verband — darauf hinzuwirken, die notwendigen
handelt, ausreichen sollte und müßte. Ich werde Umstellungen der Milchan- und -abfuhr so durchzu-
aber überprüfen, ob sich die Situation infolge führen, daß den Milcherzeugern möglichst keine zu-
Kostensteigerung geändert hat. sätzlichen Belastungen entstehen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963 3021

Vizepräsident Dr. Dehler: Zu einer Zusatz- Gegen die Mittelschulbildung als Voraussetzung
frage Herr Abgeordneter Dr. Schmidt. für die Zulassung zur Krankenschwesternausbildung
bestehen Bedenken großer Schwesternverbände.
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Herr Staatssekre- Diese weisen darauf hin, daß nach ihren Erfahrun-
tär, wann werden Sie die erwähnten Erlasse heraus- gen besonders gut geeigneter Nachwuchs an Kran-
bringen? kenschwestern gerade aus der Landbevölkerung
kommt. Falls wir uns aber dafür entscheiden sollten,
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesministe- die Mittelschulbildung grundsätzlich zur Vorausset-
rium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: zung für die Schwesternausbildung zu machen,
Ich kann Ihnen den Zeitpunkt nicht sagen. Aber wir müßte auch besonders bewährten Volksschülerin-
nen unter bestimmten Voraussetzungen ein Weg
werden uns beschleunigt um die Regelung dieses
Problems bemühen. zum Schwesternberuf eröffnet werden. In welcher
Weise dies am besten geschieht, muß noch gründlich
geprüft werden.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
satzfrage.
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage!
Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Wird die Bundes-
regierung eine Änderung des § 80 des Güterkraft-
Frau Dr. Heuser (FDP) Frau Ministerin, sind
Sie nicht auch der Meinung, daß der Beruf der
verkehrsgesetzes durch Vorlage einer Novelle her-
Krankenpflegerin sich von den Merkmalen her ge-
beizuführen versuchen mit dem Ziel, den Milch-
ändert hat? Sind Ihnen insbesondere die Erfahrun-
-
transport zwischen den Erzeugern und den Verar-
gen in Finnland bekannt, und sind Sie nicht auch
beitungsbetrieben aus dem gewerblichen Sektor
der Meinung, daß wir Änderungen in dieser Rich-
überhaupt auszuklammern?
tung schaffen sollten?
Hüttebräuker, Staatssekretär im Bundesministe- Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für
rium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Gesundheitswesen: Ich glaube, wir sind darin ganz
Hierbei handelt es sich nicht um eine Frage, die aus- einig, daß durch die Entwicklung der Medizin und
schließlich mein Haus betrifft. Wir müssen die Ange- die Veränderung der ganzen Struktur des Kranken-
legenheit erst mit den Ressorts bearbeiten. Ich kann hauses sich die Anforderungen an die Kranken-
Ihnen heute eine Antwort auf Ihre Frage nicht geben schwester auch bildungs- und ausbildungsmäßiger
und bitte, sie schriftlich geben zu dürfen. Art sehr geändert und erhöht haben und daß wir
dem Rechnung tragen müssen. Wir haben die Erfah-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich danke Ihnen, rungen vieler anderer Länder vorliegen und auch
Herr Staatssekretär. berücksichtigt. Dabei möchten wir aber etwas auch
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- nicht verlorengehen wissen, was bisher den Beruf
bereich des Bundesministers für Gesundheitswesen. der deutschen Krankenschwester auszeichnet, näm-
lich den persönlichen Zugang zu der pflegerischen
Die Frage IX/ 1 ist vom Fragesteller, dem Abgeord- Aufgabe. Wir versuchen, beidem Rechnung zu tra-
neten Dr. Jungmann, zurückgestellt worden. gen. Ich. glaube, das wird unsere Aufgabe sein.
Ich rufe die von der Abgeordneten Frau Dr. Heu-
ser gestellte Frage IX/ 2 auf: Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage
Welche Vorstellungen hat das Bundesgesundheitsministerium
von der Förderung des Nachwuchses an Krankenschwestern ins-
des Herrn Abgeordneten Dorn!
besondere im Hinblick auf eigene und ausländische Erfahrungen?

Bitte, Frau Ministerin! Dorn (FDP) : Frau Ministerin, sind Sie nicht auch
der Meinung, daß für viele Volksschülerinnen, die
Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Sie eventuell für den Krankenschwesternberuf ge-
Gesundheitswesen: Frau Kollegin, ich verstehe Ihre winnen wollen, zur Zeit noch die große Gefahr
Frage wohl richtig dahin, daß Sie sich nach den besteht, daß sie praktisch erst einen anderen Beruf
Möglichkeiten erkundigen wollen, den Beruf der ergreifen müssen, bevor man sie in den Kranken-
Krankenschwester durch eine Änderung der Ausbil- pflegerberuf aufnimmt, und glauben Sie nicht auch,
dungsvoraussetzungen für weitere Bevölkerungs- daß man die Bestimmungen, die dieses vorschreiben,
kreise anziehender zu gestalten, und darf Ihnen ändern muß, um nicht zu große Verluste auf dem
hierzu folgendes antworten. Wege bis zur Übernahme in den Krankenpfleger
Die Frage, ob das Krankenpflegegesetz von 1957 beruf bei den Volksschülerinnen hinnehmen zu
geändert werden soll und ob von den Kranken- müssen?
pflegeschülerinnen die abgeschlossene Mittelschul-
bildung oder eine gleichwertige Vorbildung verlangt Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für
werden soll, wird seit längerem in .meinem Hause Gesundheitswesen: Die Frage der Überbrückung der
geprüft. Die Prüfung steht auch in Zusammenhang Zeit von der Schulentlassung der Volksschülerinnen
mit den Bestrebungen des Europarates nach einer bis zum Eintritt in die Schwesternausbildung be-
Normierung der vertraglichen Regelung der an eine schäftigt sowohl uns wie die Länder vielfach. Es
europäische Schwesternausbildung zu stellenden gibt schon Einrichtungen, die dem von Ihnen vorge-
Mindestanforderungen. tragenen Gedanken Rechnung tragen, nämlich die
3022 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963

Bundesminister Frau Dr. Schwarzhaupt


sogenannten Krankenpflegevorschulen. Die Frage, in den Verkehr zu bringen. § 5 Nr. 1 des Lebens-
die ich in meiner Antwort angeschnitten habe, näm- mittelgesetzes gibt darüber hinaus die Ermächtigung,
lich wie man hier den Weg der Volksschülerin ge- eine Spezialverordnung zur Durchführung dieses
stalten soll, ist genau die Frage, die Sie aufgeworfen Verbotes zu erlassen. Zu einer solchen Verordnung
haben. würde ich mich, um eine eindeutige Rechtslage zu
schaffen, entschließen, sofern die Untersuchungen
Vizepräsident Dr. Dehler: Keine weitere Zu- des Bundesgesundheitsamtes ergeben, daß Haar-
satzfrage. sprays ganz allgemein oder daß bestimmte Stoffe,
Ich rufe die von der Abgeordneten Frau Dr. Heuser die zu ihrer Herstellung oder die zur Herstellung
gestellte Frage IX/ 3 auf: besonderer Typen von Haarsprays verwendet wer-
den, zu einer Gefährdung der Gesundheit führen
Ist es zutreffend, daß in der Bundesrepublik verwendete Haar-
sprühmittel zu Gesundheitsschäden führen können? können.

Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Frau Dr. Heuser (FDP) : Frau Ministerin, ist
Gesundheitswesen: Die Gesundheitsverträglichkeit Ihnen bekannt, daß das englische Arbeitsministe-
von Haarsprays beschäftigt uns bereits seit längerer rium auf Grund der dort erhaltenen Untersuchungs-
Zeit. Die Ergebnisse englischer und amerikanischer ergebnisse bereits eine Untersuchung sämtlicher
Arbeiten auf diesem Gebiet finden 'bereits Berück- Friseusen angeordnet hat? Sind Sie nicht der Mei-
sichtigung. Die Untersuchungen werden im Bundes- nung, daß eine so weitreichende Maßnahme nicht
gesundheitsamt durchgeführt. Da sie sehr langwierig ergriffen worden wäre, wenn nicht genügend An-
sind, hat das Bundesgesundheitsamt bereits in den haltspunkte dafür da wären, und sind Sie nicht auch
Jahren 1958 und 1960 im Bundesgesundheitsblatt der Meinung, daß das auch für uns schon aus-
empfohlen, bei der Anwendung dieser Erzeugnisse reichend sein sollte, Maßnahmen zu ergreifen?
Vorsicht walten zu lassen und notfalls einen Atem-
schutz zu benutzen. Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für
Gesundheitswesen: Es würde — wenn ich das in
Vizepräsident Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, Parenthese sagen darf — nicht zu meiner Zustän-
Frau Abgeordnete Dr. Heuser! digkeit gehören, zu sagen, inwieweit hier Maßnah-
men der Gewerbeaufsicht nötig wären. Aber, wie
Frau Dr. Heuser (FDP) : Ist dem Bundesgesund- gesagt, nach den Untersuchungen, die bisher im
heitsministerium bekannt, daß in einer deutschen Bundesgesundheitsamt angestellt worden sind, ist
Herstellungsfirma die damit befaßten Arbeitskräfte die Frage doch nicht so geklärt, daß wir grundsätz-
zwar über die Schädlichkeit aufgeklärt werden, sich lich Verbote aussprechen sollten. Es gehört eben
dann aber bereit erklären müssen, keinerlei Schaden- gerade zu dem, was das Bundesgesundheitsamt
ersatzansprüche zu stellen, und halten Sie eine solche machen möchte, nämlich solche Untersuchungen
Regelung für rechtswirksam? durchzuführen.

Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Zu-
Gesundheitswesen: Das ist mir nicht bekannt. Ich satzfrage? — Ich danke Ihnen, Frau Ministerin.
werde der Sache aber nachgehen, wenn Sie so Die Fragen des Herrn Abgeordneten Matthöfer
freundlich sind, mir die Unterlagen dafür zu geben. auf Drucksache IV/ 1052 zum Geschäftsbereich des
Bundesministers für Wirtschaft sind vom Frage-
Vizepräsident Dr. Dehler: Ich rufe auf die steller zurückgestellt worden.
Frage IX/ 4 — der Frau Abgeordneten Dr. Heuser —:
Sieht das Bundesgesundheitsministerium im Falle der Schäd- Wir sind damit am Ende der Fragestunde und
lichkeit von Haarspray eine Möglichkeit, entsprechende Vorsorge der Tagesordnung.
zu treffen?
Bitte, Frau Ministerin! Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Frei-
tag, den 15. März, 9 Uhr, ein.
Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister für
Gesundheitswesen: Soweit Haarsprays gesundheits- Die Sitzung ist geschlossen.
schädlich sind, ist es bereits heute durch § 3 des
Lebensmittelgesetzes verboten, sie herzustellen und (Schluß der Sitzung: 14.54 Uhr.)

Berichtigungen
Es ist zu lesen:
56. Sitzung Seite 2545 D 7. Zeile von unten statt
„auch": aus;
64. Sitzung Seite 2969 B letzte Zeile statt „mittel-
bare" : mittelbar;
Seite 2971 C Zeile 19 statt „Aussonderung" : Aus-
händigung;
Seite 2994 A Zeile 9 statt „Bleyle" : Beyer.
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. März 1963 3023

Anlagen zum Stenographischen Bericht


Anlage 1 Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich
Liste der beurlaubten Abgeordneten Müller (Worms) 15.3.
Ollenhauer 15. 3.
Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Pannhoff 30. 3.
Dr. Arndt (Berlin) 16. 3. Pöhler 14. 3.
Dr. Dr. h. c. Baade 31. 3. Dr. Rieger (Köln) 27. 3.
Bauknecht 14. 3. Frau .Schanzenbach 14. 3.
Dr. Bechert 15. 3. Schlick 15. 3.
Frau Berger-Heise 15. 3. Dr. Schmid (Frankfurt) 15. 3.
Blöcker 15. 3. Dr. Schwörer 15. 3.
Frau Blohm 15. 3. Seifriz * 14.3.
Dr. Böhm (Frankfurt) 14. 3. Seither 25.3.
Dr. von Brentano 14. 3. Dr. Serres 23. 3.
Strauß 18. 3.
Burckardt 14. 3.
Frau Vietje 31. 3.
Dr. Danz 14. 3.
Wacher 15. 3.
Dr. Dichgans 14. 3.
Wehking 15. 3.
Dr. Dittrich 15. 3.
Wittmer-Eigenbrodt 30. 4.
Dr. Dörinkel 15. 3.
Dr. Dr. h. c. Dresbach 31. 3.
Dr. Effertz Anlage 2
14. 3.
Frau Eilers 15. 3. Schriftliche Antwort
Etzel 14. 3. des Herrn Staatssekretärs Grund auf die Mündliche
Figgen 20. 4. Anfrage des Abgeordneten Dr. Kempfler (Frage-
Dr. Frede 20. 4. stunde der 63. Sitzung vom 8. März 1963, Drucksache
Frehsee 16. 3. 1V/1022, Frage 11/1):
Dr. Frey (Bonn) 30. 3. Warum ist in § 25 Abs. 4 der Lohnsteuer-Durchführungsver-
ordnung vom 18. September 1962 (BGBl. I S. 622) bei einem
Funk (Neuses am Sand) 31. 3. Jahresarbeitslohn über 6000 DM der niedrigste Prozentsatz der
5. 4. zumutbaren Eigenbelastung bei 3 Kindern und mehr mit 2 %
Gaßmann angesetzt, anstatt eine weitere Herabsetzung des Prozentsatzes
Gehring 15. 3. etwa vom 5. Kind an vorzunehmen?
Freiherr zu Guttenberg 31. 3. Ihre Frage betrifft nicht nur die Lohnsteuer, son-
Hahn (Bielefeld) 14. 3. dern die Einkommensteuer allgemein. Nach § 33
Hauffe 16. 3. Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes können Auf-
Dr. Dr. Heinemann 14. 3. wendungen, die für den Steuerpflichtigen eine
Hellenbrock 31. 3. außergewöhnliche Belastung darstellen, grundsätz-
Dr. Hellige 20. 4. lich nicht in voller Höhe vom Einkommen abgezogen
Horn 15. 3. werden, sondern nur insoweit, als sie die dem
Illerhaus 14. 3. Steuerpflichtigen nach seinem Einkommen und sei-
Jacobs 14. 3. nem Familienstand zumutbare Eigenbelastung über-
Jaksch 26. 4. steigen. Die zumutbare Eigenbelastung wird nach
Kalbitzer 15. 3. § 64 der Einkommensteuer-Durchführungsverord-
31.3. nung und § 25 der Lohnsteuer-Durchführungsverord-
Katzer
15. 3. nung durch einen bestimmten Vomhundertsatz des
Frau Kipp-Kaule
14. 3. Einkommens bestimmt. Bei Steuerpflichtigen mit
Klinker
einem Einkommen von mehr als 6000 DM beträgt sie
Dr. Knorr 4. 4.
Dr. Kreyssig * 15. 3. bei Alleinstehenden ohne Kinder 7 v. H.,
Kriedemann 15. 3. bei Verheirateten ohne Kinder 6 v. H.,
Leber 14.3. bei Personen mit 1 oder 2 Kindern 4 v. H. und
Lermer 16. 3. bei Personen mit 3 und mehr Kindern 2 v. H.
Lohmar 30. 4. des Einkommens. Der Vomhundertsatz bei Personen
Dr. Löhr 15. 3. mit 3 und mehr Kindern ist mit 2 v. H. bereits recht
Dr. Luda 15. 3. niedrig bemessen, so daß eine weitere Herabset-
Mattick 15.3. zung, etwa im Sinne Ihrer Anregung bei 5 und mehr
Mauk 15. 3. Kindern, nicht erwogen werden kann. Es müßte
Meis 23. 3. dann - entgegen der Absicht des Gesetzes - auf
Dr. Mende 15. 3. den Ansatz einer zumutbaren Eigenbelastung prak-
Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 15. 3. tisch verzichtet werden. Darüber hinaus darf ich
Merten 14.3. darauf hinweisen, daß Bezieher kleinerer Einkom-
Metzger 15. 3. men von der Regelung nicht betroffen werden, da
Müller (Berlin) 31. 3. ein verheirateter Arbeitnehmer mit 5 Kindern bis
* Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Par- zu einem Jahreslohn von 12 899,99 DM keine Lohn-
laments steuer zu zahlen hat.

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