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H i n t z e : Ä g y p t i s c h und S A E 41
es erlaubt scheint, es mit ihm in einem Gebiet zu vereinen". — Alan sieht, wie unterschiedlich man
mit derartigen Typologien umgehen kann.
Ganz abgesehen von all diesen Spekulationen ist natürlich der Nominalsatz — um den es ja
eigentlich geht — im Indoeuropäischen alt und bis heute (auch im SAE) vertreten. Vgl. z. 15.
omnia praeclara rara; Ende gut, alles gut; oder aus der englisch-amerikanischen „headline language"
Three Chairs Still Empty, usw. — ganz abgesehen von russisch Moskva gorod (wobei allerdings
Russisch „möglicherweise" nicht SAE ist). Weitere Beispiele (auch aus SAE-Sprachen) finden sich
z. 15. bei 0 . J e s p e r s e n (1937: 40—1). Das Verbum 'sein' als Kopula ist offensichtlich eine spätere
(aber wohl noch indo-europäische) Entwicklung. K . B r u g m a n n (1925: 70) spricht von einem
„abstrakten Gebrauch, den das Verbum 'sein' seit der idg. Urzeit aufweist", und J . L y o n s (1973:
328) nennt es dementsprechend ein semantisch leeres „Quasi-Verb", dessen H a u p t a u f g a b e es sei,
gewisse Merkmale anzugeben, wenn der Satz in bezug auf Tempus, Modus oder Aspekt markiert
ist. Eine ähnliche Rolle spielen auch jw und %onn im Ägyptischen. Diese Markierung muü übrigens
nicht nur Tempus, Modus oder Aspekt betreffen, sie kann sich in manchen Sprachen auch auf die
(logisch) verschiedenen Arten des Seins beziehen, ζ. B. durch die Verwendung besonderer Verben
für 'an einem Ort sein', 'Element einer Klasse sein', usw., wie es ζ. B. im Altnubischen der Fall
ist, das daneben auch den nicht-markierten verblosen Nominalsatz hat.
K . B r u g m a n n (1925: 59ff.) charakterisiert den indoeuropäischen Satz mit nominalem oder
pronominalem P r ä d i k a t (mit oder ohne Kopula) als „hauptsächlich in Wesensbestimmungen, Er-
klärungen, Beschreibungen" vorkommend, während demgegenüber der Verbalsatz zur „Erzählung
von Geschehnissen" dient. Im Gegensatz zu neuerdings in Mode gekommenen Ansichten bin ich
immer noch davon überzeugt, daß diese Charakterisierung der beiden Satzarten auch f ü r das
Ägyptische (in allen seinen Entwicklungsstufen) in vollem U m f a n g zutreffend ist.
LITERATUR
R O S E ΜΆΒΙΕ KLEMM
Beobachtungen zur Baustruktur einiger Felsteinpel der 18. und 19. Dynastie
im ägyptischen Mutterland
Der Felstempel (Speos) samt seiner Variante, dem Hemispeos, stellt eine f ü r Ägypten typische
Sonderform des Göttertempels dar. Liegt beim Speos die R a u m a n l a g e vollständig untertage im
Felsmassiv eingelassen, so sind beim Hemispeos auch vor der Felsfassade errichtete Tempelteile
in die Gesamtanlage integriert 1 .
1
D . W i l d u n g , in: L Ä II, 161, s. v. „Felsteinpel".
F ü r die Anlage von Felstenipeln eignen sich in Ägypten vor allem die Gebirgsabbrüche der nil-
talparallelen Kalk- bzw. Sandsteinbänke, weniger d a s K a t a r a k t e n g e b i e t mit seinem vorwiegend
in Einzelblöcke verwitterten Granitstock. E n t s p r e c h e n d gibt es in bergmännischer Bauweise er-
richtete Felstempel in diesem Gebiet nicht.
Es fällt n u n auf, d a ß die Felstempel der 18. u n d 19. D y n a s t i e im ägyptischen S t a m m l a n d in-
mitten größerer Steinbruchsgebiete angelegt worden sind, so z. Ii. (von Ν nach S) die Felskapelle
des Merenptah bei Es-Siririja-, der sog. Speos Artemidos bei Beni Hassan 1 , der Felstempel des E j e
bei Achmim '·, der Felstempel bei El-Kab"· sowie d e r Speos des H a r e m h a b in Silsila-West , ; . Der Voll-
ständigkeit halber ist noch der sog. Kanais-Tempel Sethos' I. im Wadi Miah zu nennen", der zwar
nicht in einem ausgewiesenen Steinbruchsgebiet liegt, aber als integraler Bestandteil einer Station
mit Brunnen u n d Versorgungseinrichtungen ( H ü t t e n ) auf dem Wege zu den Goldminen von Bar-
ramije anzusehen ist 8 . Zwar befindet sich ca. 100 m westlich des Tempels im H a n g ein kleiner
Sandsteinbruch, der aber vermutlich lediglich zur Steingewinnung f ü r die äußeren Anlagen des
Tempels angelegt wurde. In der vorliegenden U n t e r s u c h u n g bleibt der K a n a i s - T e m p e l wegen der
n u r sehr vage zutreffenden Prämisse „Felstempel im Steinbruchsgebiet" jedoch ausgeklammert 9 .
Bei den feldgeologischen u n d archäologischen U n t e r s u c h u n g e n der pharaonischen Kalk- und
Sandsteinbrüche im R a h m e n des P r o j e k t s „ H e r k u n f t s b e s t i m m u n g altägyptischen Stein materials"
konnten wesentliche Kriterien f ü r eine chronologische Entwicklungsgeschichte von bislang un-
datierten Steinbruchsanlagen gefunden werden. D a n a c h stellen die U n t e r t a g e - oder Galeriestein-
brüche meist die ältesten Anlagen d a r u n d s t a m m e n zumeist aus dem Alten u n d Mittleren Reich.
Hier wurden in eine horizontal begrenzte, genau definierte Gesteinslage mit d e m blockweisen
Abbau des Gesteins ζ. T. sehr tiefe Galerien in den Berg getrieben. In regelmäßigen Abständen
wurden Stützpfeiler (Stempel) belassen, um den Einsturz des Deckgesteins zu verhindern. Diese
Art des gezielten Vorgehens h ä n g t sicherlich auch mit dem rationellen E i n s a t z der verfügbaren
Werkzeuge (Kupfermeißel) zusammen, um unnötigen Verschleiß zu vermeiden (Abb. 1). Gelegent-
lich, bei sehr dicken abbauwürdigen Gesteinslagen (ζ. B. i n T u r a ) , wurde die Deckenstabilität durch
einen gewölbeartigen Ausbau u n d u n t e r Verzicht von Stützpfeilern erreicht. E r s t im Neuen Reich
ging man mehr und mehr zum offenen Abbau über, wobei auch das u n b r a u c h b a r e Deckgestein
abgearbeitet wurde. Die jetzt härteren u n d in größeren Mengen zur Verfügung stehenden Bronze-
meißel ermöglichten diese aufwendige und dabei weniger rationelle A b b a u m e t h o d e , die im großen
und ganzen bis zum E n d e der pharaonischen Steinbruchsgeschichte beibehalten wird. Lokale
geologische Geländebesonderheiten bedingten allerdings zu allen Zeiten auch Ausnahmen von die-
sem A b b a u r a s t e r .
In größeren, über lange Zeiträume hinweg ausgebeuteten Steinbruchsgebieten liegen ältere Ga-
leriebrüche und jüngere, offene Steinbrüche häufig n a h e beieinander und ebenso häufig wurden
Galeriebrüche später von sich ausweitenden b e n a c h b a r t e n offenen Steinbrüchen überarbeitet,
was zum Beispiel sehr g u t in den M o k k a t t a m - B r ü c h e n zu sehen ist.
Durch die E r a r b e i t u n g eines Kriterienkataloges der verschiedenen Meißelspuren an Stein-
Abb. 2. Galeriesteinbrucli aus d e m Alten/Mittleren Reich in Silsila-Ost mit einer sekundär angebracliten
Stele aus der Zeit E c h n a t o n s (linker l'feiler)
Der sogenannte Speos Artemidos 1 '', in den Kalksteinbrüchen gelegen, die südlich der Beni
Hassan-Gräber beginnen und sich über eine Strecke von rund 3 km nach Süden hin ausdehnen,
stellt nach unseren Beobachtungen ein Parallelbeispiel dar. Der Felstempel selbst liegt am Ein-
gang des Wadis B a t n al-Baqara in der südlichen Flanke. Die Steinbrüche setzen sich noch einige
100 m südlich des Wadieinschnittes fort. Sie sind überwiegend in zwei schichtspezifischen Abbau-
horizonten angelegt, es überwiegt die offene Abbauweise. Stellenweise sind jedoch auch Galerie-
brüche in diese Horizonte eingetrieben, jedoch von jüngeren Steinbruchsaktivitäten überprägt
worden, so d a ß manchmal von den einst sicherlich recht tiefen Hallen lediglich noch kleinere Höhlen
in den sonst glatten Steinbruchswänden Übriggeblieben sind. Generell standen die Steinbrüche
von Beni Hassan nach eigenen Untersuchungen vom Alten Reich bis in koptische Zeit im Abbau.
Der Speos liegt heute in einer vorspringenden Felsnase, die durch den fortschreitenden Stein-
abbau bis in ptolemäisch-römische Zeit östlich und westlich der Tempelhalle entstanden ist
(Abb. 4).
14
s. o. Anm. 3. H. G o e d i e k e , in: LÄ V, 1138, s. v. „Speos Artemidos".
Im inneren des Speos zeigen einige der rohbelassenen Teile deutlich die Meißelspuren aus dem
Alten u n d Mittleren Reich, vor allem im Westteil sind Decke, Wand und Fußboden beherrscht
von Blockabbaustufen und nicht korrigierbaren Nischen der ursprünglichen Steinbruchsarbeiten.
Die U m b a u m a ß n a h m e n vom Galeriesteinbruch zum Felsheiligtum betrafen im Inneren neben
Begradigungen vor allem das Höhersetzen und Glätten der Decke unter Ausarbeitung eines Fels-
architravs über der inneren (zweiten) Pfeilerreihe. Die Fassade wurde vermutlich zurückgesetzt
u n d im zentralen Teil zur Aufnahme der großen Hatschepsut-Inschrift 1 5 besonders sorgfältig ge-
glättet. Die übrigen Teile sind eher grob belassen, zeigen Vor- und Rücksprünge und stoßen über-
gangslos an die K a n t e des Deckgebirges. Die äußeren Pfeiler sind sämtlich bis kurz unterhalb des
oberen Firstansatzes einschließlich der Sockelpartie in neuerer Zeit aufgemauert worden. Das in
der Mittelachse angebaute einräumige Sanktuar stellt offensichtlich (Meißelspuren) ein Anbau aus
dem Neuen Reich dar, vermutlich zeitgleich mit der übrigen Zurichtung des Steinbruchs zum vor-
liegenden Felsheiligtum in der Regierungszeit der Hatschepsut.
Nun sind die Abbaumethoden im Untertagesteinbruch und bei der Anlage einer Felskammer
sicherlich sehr ähnlich gewesen. Auch in der Felskammer wurde das Gestein in Form größerer
Blöcke abgetragen, was ζ. B. sehr schön in den unfertigen Felsgräbern von Beni Hassan zu be-
obachten ist. Dennoch lassen die beim Vortrieb im Steinbruch entstandenen bloekförmigen Ab-
baustrukturen eine nachträgliche Begradigung und Anpassung an einen Bauplan nicht ohne wei-
teres zu und bleiben auch nach der Anpassung deutlich erkennbar, wogegen bei den offensichtlich
nach Plan angelegten Felsgräbern die Abbaustrukturen im allgemeinen nicht mehr augenfällig
sichtbar sind.
werden 17 . Die obere Lage, von der die imponierenden Reste .,E1 Babein' 1 8 („die beiden Tore")
noch stehengeblieben sind, wurde augenscheinlich erst seit dem Neuen Reich bis in die ptole-
mäische Zeit intensiv abgebaut.
Die einräumige Anlage 19 weist an äußeren Fassadenteilen (vor allem an der rechten Laibung)
deutlich Spuren einer Steinbearbeitung aus dem Alten/Mittleren Reich auf, die mit einer gewölbten
Decke versehene Kammer dagegen ist weitgehend geglättet und dekoriert, so daß eventuell vor-
handene Spuren älterer Bearbeitung nicht mehr vorhanden sind. Es hat dennoch den Anschein,
als sei hier in eine Steinbruchswand, welche zum Restbestand eines ehemaligen Steinbruches ge-
hört (auch im Vorfeld der Kapelle sind am Boden deutlich Steinbruchsrelikte auszumachen), der
eigentliche Kapellenraum erst unter Merenptah ausgehauen worden. Man könnte allerdings auch
daran denken, daß eine bereits vorhandene Kammer (unvollendete oder aufgelasseneGrabkammer)
zur Kapelle ausgebaut wurde. Die etwas weiter nördlich im gleichen Horizont gelegenen Felsgräber
aus dem Alten Reich sowie die Regelmäßigkeit im Inneren der Anlage lassen durchaus diesen
Schluß zu.
17
D. K e s s l e r , Historische Topographie <ler Region zwischen Mallawi und Samalut. Wiesbaden 1981,
327 ff.
ls
Abb. in R. u. D. K l e m m , Steine, op. cit., S. 2 (Frontispiz); Ii. S o u r o u z i a n , op. cit., Taf. 48a u. b.
19
Plan bei H. S o u r o u z i a n , in: MDAIK :i9, 1983, S. 210 (fig. 1) u. Taf. 49.
20
s. o. Anm. 5.
21
Ph. D e r c h a i n , El Kab I, Brüssel 1971, Plan A u. B.
Nach Derchain 2 2 bezeugen vor])tolemäisehe Dekorationsreste die Zeit Ramses' II., die auch mit
einer Felsstele östlich des Speos an der Steinbruchswand 2 3 sowie mit der benachbarten Kapelle
des Setau 2'· (gennant „ E l - H a m m a m " ) vertreten ist. Da auch Meißelspuren des frühen Neuen Rei-
ches im Steinbruch zu finden sind, könnte er schon u n t e r Amenophis I I I . zur Errichtung seines
kleinen Hathor-Tempels 2 : > etwas weiter östlich im Wadi Hellal in Betrieb gewesen sein. Das m ü ß t e
durch Vergleichsanalysen der Gesteine erst noch geklärt werden. Der heute zugesetzte Eingang
in den Speos zeigt das typische Bild solcher Steinbruchshöhlen: das Gewölbe, das sich nach innen
fortsetzt, ist bereits von außen zu erkennen, jedoch in roher Form und entsprechend unregelmäßig.
Die Steinbruchshöhle wurde f ü r die sekundäre Installation eines K u l t r a u m e s entsprechend um-
gearbeitet und begradigt, und vor allem wurde das Gewölbe nachträglich von einer gewöhnlich
eher spitzrunden in eine flache Wölbung übergeführt, was mit einer E r h ö h u n g der Seitenwände
einhergehen m u ß t e 2,i.
Der hoch oben im Gebirge gelegene Felstempel des E j e bei Es-Salamuni ist zusammen mit den
benachbarten Steinbrüchen in jüngster Zeit ausführlich von K u h l m a n n beschrieben worden 2 7 .
Daraus geht hervor, daß es sich bei der von E j e angelegten Kapelle um ein Heiligtum für Stein-
bruchsarbeiter handelt, an einem Weg zu zwei größeren Steinbruchsarealen in gleicher Höhen-
lage wie der Felstempel selbst gelegen, und nicht weit von den Steinbrüchen entfernt, die vermut-
lich von E j e selbst eröffnet wurden 2 8 . Da hier in diesem Gebirge wie häufiger bei FelsnekrojK)len
in Ägypten 2 9 , Felsgräber und Steinbrüche in enger Nachbarschaft vorkommen, darüberhinaus
sowohl offene Steinbrüche wie auch Galeriebrüche nebeneinander vertreten sind, lag es nahe, im
Speos des E j e ebenfalls einen wiederbelegten Galeriesteinbruch zu vermuten. Indessen ergab eine
Geländebegehung, daß dies mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht der Fall ist, obgleich der
Grundriß des Tempels 3 0 nicht eigentlich d a f ü r spricht, daß es sich um eine sorgfältig geplante Fels-
tempelanlage handelt. Eher ist an eine wiederverwendete Grabanlage zu denken, nicht zuletzt
auch wegen des spezifischen Standorts am oberen R a n d e einer Felsnekropole, die sich seitlich
des Speos im selben Gesteinshorizont fortsetzt. Bereits Lepsius 3 1 u n d nach ihm Kees 3 2 haben
in den R ä u m e n des Speos frühere Grabanlagen erkannt, was jedoch von K u h l m a n n zugunsten einer
unter E j e konzipierten Neuanlage abgelehnt wird 3 3 . Nach den oben aufgeführten Beobachtungen
an vergleichbaren Anlagen spricht jedoch durchaus einiges dafür, daß zumindest in die erste Bau-
phase des Heiligtums bereits vorhandene Felskammern integriert wurden. Dies belegen vor allem
die unmittelbar benachbarten Gräber, die v. Bissing 3 '· ins Alte/Mittlere Reich, Kees 3 "' vor allem
ins Mittlere bis f r ü h e Neue Reich datieren. E s handelt sich dabei vorwiegend um einräumige kleine
Anlagen von relativ unregelmäßigem Zuschnitt. Dies t r i f f t auch f ü r die R ä u m e der ursprünglichen
Anlage (erste Bau phase) des Heiligtums zu. Der heute vorliegende, einigermaßen symmetrische
Aufhau des Tempels wurde nach Kuhlmann erst in einer zweiten (spätzeitlichen) 3 6 Bauphase im
wesentlichen durch das Anfügen der Kammern A u. C erreicht. Der offensichtlich erst nachträglich
eingetiefte S c h a c h t 3 7 in der Kultkammer spricht keineswegs gegen eine solche Annahme, sind
doch vor allem in koptischer Zeit Nachbestattungen in bewohnten Felsnekropolen und Galerie-
steinbrüchen häufig anzutreffen 3 8 . Neben kleineren Korrekturen in den Kammern u. a. zur Her-
stellung einer Mittelachse, wurde vor allem die imponierende Fassade neu gestaltet unter völliger
Einbeziehung des markanten, fast senkrecht .anstehenden rd. 8 m mächtigen Kalksteinhorizontes.
So steht auch die hohe ebenmäßige Fassade in deutlichem Widerspruch zu den auffällig klein
dimensionierten und unregelmäßig angelegten Innenräumen des Heiligtums.
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Kalksteinbruch am Gebel Abu F o d a 3 9 , der als
Dokument einer geplanten, aber unvollendet gebliebenen Umgestaltung zu einem Felstempel gelten
kann. Dieser Steinbruch liegt südlich der Ortschaft Qusir el-Amarna auf dem Ostufer, am Südende
eines ca. 2 km langen Steinbruchgebietes, das im wesentlichen aus Galeriesteinbrüchen aus dem
Alten und Mittleren Reich besteht (Abb. 6).
Dieser Steinbruch nun, zu dem ein breiter Weg hinaufführt, der in seinem oberen Teil als Fels-
treppe ausgearbeitet ist, besteht aus einer größeren Halle, in welcher verschiedene Stadien der
Blockgewinnung zu beobachten sind, vor allem an Rückwand und Decke. Insgesamt hat der Stein-
bruch acht Eingänge, die sowohl nach Süden als auch nach Norden zeigen. Im zentralen Teil jedoch
sind vier Eingänge nach Westen gerichtet, die im Gegensatz zu den übrigen vier Eingängen zu
stattlichen und erstaunlich regelmäßigen Portalen gestaltet sind: die Höhen und Breiten der Pfeiler
sind im Rahmen des Möglichen vereinheitlicht, ζ. T. aber noch nicht endgültig begradigt und in die
Fassade proportioniert worden. Dies ist besonders gut am nördlichsten der Eingänge zu erkennen,
wo zur Herstellung der endgültigen Symmetrie noch eine Mittelstütze im Durchgang hätte ent-
fernt werden müssen. Herrschen im Inneren des Steinbruchs, welcher im übrigen noch unberührten
Steinbruchscharakter aufweist, fast ausnahmslos Meißelspuren aus dem Alten und Mittleren Reich
vor, so sind im Fassadenbereich außen sowie an den Pfeilern ringsum die typischen Meißelspuren
aus dem späten Neuen Reich zu sehen. Der Abschlagsschutt dieser neuerlichen, zunächst nur im
Fassadenteil angefangenen Steinmetzarbeiten liegt in Halden direkt vor und zwischen den Ein-
gängen und verschüttet diese teilweise ganz. Der meiste Schutt mag von der Giebelglättung stam-
men, die demnach die vorläufig letzte Umbaumaßnahme gewesen sein könnte, obgleich es auch
hier noch zu keiner endgültigen Glättung kam.
Auf der Innenseite eines der Pfeiler ist die schon bekannte Vorzeichnung eines Hathorkapitells in
roten Linien a n g e b r a c h t w (Abb. 7). In diesem Zusammenhang scheint es uns eher plausibel, daß es
Abb. 7. Vorzeichnung eines H a t h o r k a p i t e l l s auf einem Pfeiler des Steinbruchs am Gebel Abu F o d a . Die
Linien sind auf dem P h o t o nachgezogen
Description, Ant. IV, p l . L X I I zeigt drei Kapitelle (davon zwei Hathorkapitelle). Wir konnten in diesem
Steinbruch jedoch nm· eines identifizieren auf der Innenseite des dritten Pfeilers von Süden. E s handelt sich
u m das bei P e t r i e , A season in E g y p t , pi. X X V abgebildete Kapitell. Siehe auch bei G. J e q u i e r , Manuel
d'Archeologie E g y p t i e n n e , Paris 1924, S. 19.
sich hier um die Vorzeichnung eines an dieser Stelle geplanten Hathorkapitells handelt — ein für
einen Felstempel typisches Bauelement·—, als daß sie als Vorlage eines Kapitells für den Hathor-
Tempel in Cusa gedacht war 41 . Es muß zunächst noch offen bleiben, welcher Herrscher im Neuen
Reich damit begonnen haben mag. die alte Steinbruchshalle in einen Felstempel zu verwandeln.
Die Erinnerung an dieses Vorhaben hat sich möglicherweise bis in römische Zeit bewahrt, befindet
sich doch im mittleren Teil der Steinbruchsrückwand noch eine große längsrechteckige Stele, ver-
mutlich aus spätptolemäisch bis römischer Zeit, die in gegenläufiger Anordnung zweimal den
opfernden König jeweils vor drei Göttern zeigt".
Abb. 8. Römische (?) Stele im Inneren des Steinbruebes am Gebel Abu Foda. Im Mittelteil in jüngster Zeit
leider stark beschädigt
Die jüngst von H. Sourouzian'· 3 überzeugend dargelegte Deutung, Felstempel und -kapellen
seien Heiligtümer für jedermann und daher auch an gut sichtbaren Stellen errichtet worden, möch-
ten wir zumindest für die oben beschriebenen Felstempel dahingehend ergänzen, daß sie entspre-
chend ihrer immanenten Idee, Höhlenheiligtümer zu sein'*'1 — bevorzugt in verlassenen Galerie-
steinbrüchen, untergeordnet auch in sonstigen unfertigen oder aufgegebenen Felskammern oder
-gräbern installiert worden sind. Dies erklärt zum einen die auffällige Häufung von Felstempeln
in Steinbruchsgebieten und erschließt damit zum anderen auch deren wesentliche Funktion als
Kultstätten für Steinbruchsarbeiter.
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