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Natrium ist ein häufig vorkommendes chemisches Element mit dem Symbol Na und der Ordnungszahl 11.
Im Periodensystem der Elemente steht es in der 3. Periode und als Alkalimetall in der 1. IUPAC-Gruppe bzw.
1. Hauptgruppe. Natrium ist ein Reinelement, dessen einziges stabiles Isotop 23Na ist.
Elementares Natrium wurde erstmals 1807 von Humphry Davy durch Schmelzflusselektrolyse aus
Natriumhydroxid gewonnen und Sodium genannt. Diese Bezeichnung ist im englischen und im
französischen Sprachraum gebräuchlich, die Ableitung Sodio oder eine ähnliche in den romanischen und in
manchen slawischen Sprachen. Im Deutschen, im Niederländischen und in skandinavischen Sprachen wird
die Bezeichnung Natrium verwendet, Ableitungen hiervon finden sich auch in einigen slawischen und
weiteren Sprachen, wie japanisch ナトリウム Natoriumu. Der Name Natrium geht über arabisch ﻧﻄﺮﻭﻥ, DMG
naṭrūn ‚Natron‘ auf ägyptisch netjerj zurück.
Unter Normalbedingungen ist Natrium ein wachsweiches, silberglänzendes und hochreaktives Metall. Wegen
seiner starken Reaktivität wird metallisches (elementares) Natrium unter inerten Bedingungen gelagert,
meistens in Paraffinöl oder Petroleum, bei größeren Mengen in luftdicht verschlossenen Stahlfässern.
In der Erdhülle gehört Natrium zu den zehn häufigsten Elementen und kommt in zahlreichen Mineralen der
Erdkruste vor. In Meerwasser ist eine erhebliche Menge Natrium in Form von Natriumionen enthalten.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vorkommen
Gewinnung und Darstellung
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
Chemische Eigenschaften
Isotope
Verwendung
Katalysator
Kühlmittel
Lichterzeugung
Reduktionsmittel
Trocknungsmittel
Elektrischer Leiter
Nachweis
Physiologie
Empfohlene und tatsächliche Natriumzufuhr
Regulation des Natriumhaushalts
Verteilung im Organismus
Funktionen in Nervenzellen
Natrium bei Pflanzen
Sicherheitshinweise
Verbindungen Eigenschaften
Halogenverbindungen
Sauerstoffverbindungen [Ne] 3s
1
Na
11
Schwefelverbindungen
Hydride
Weitere Natriumverbindungen Periodensystem
Natrium Literatur Allgemein
Weblinks
Name, Symbol,
Natrium, Na, 11
Einzelnachweise Ordnungszahl
Elementkategorie Alkalimetalle
7440-23-5 (https://commonchemist
CAS-Nummer
ry.cas.org/detail?ref=7440-23-5)
EG-Nummer 231-132-9
100.028.302 (https://echa.europa.eu/d
ECHA-InfoCard e/substance-information/-/substanceinf
o/100.028.302)
Massenanteil an der
2,64 % (6. Rang)[1]
Erdhülle
Humphry Davy stellte
Atomar[2]
elementares Natrium her
Atommasse 22,98976928(2)[3][4] u
Die Herstellung von elementarem Natrium Atomradius (berechnet) 180 (190) pm
gelang erst im Jahre 1807 Humphry Davy
durch Elektrolyse von geschmolzenem Kovalenter Radius 154 pm
Natriumhydroxid (Ätznatron) unter
Van-der-Waals-Radius 227 pm
Verwendung von Voltaschen Säulen als
Stromquelle. Wie er am 19. November 1807 Elektronenkonfiguration [Ne] 3s1
vor der Royal Society in London berichtete,
gewann er zwei verschiedene Metalle: Das in 1. Ionisierungsenergie 5,139 076 9(3) eV[5] ≈ 495,85 kJ/mol[6]
Soda enthaltene Natrium nannte er Sodium, 2. Ionisierungsenergie 47,28636(25) eV[5] ≈ 4.562,44 kJ/mol[6]
was die noch gebräuchliche Bezeichnung des
Metalls im französischen und 3. Ionisierungsenergie 71,6200(12) eV[5] ≈ 6.910,28 kJ/mol[6]
englischsprachigen Raum ist; das andere
4. Ionisierungsenergie 98,936(12) eV[5] ≈ 9.545,87 kJ/mol[6]
Metall nannte er Potassium (Kalium). Den
Namen Natrium schlug 1811 Berzelius 5. Ionisierungsenergie 138,404(12) eV[5] ≈ 13.354 kJ/mol[6]
vor.[15]
Physikalisch[2]
Natriumverbindungen sind im Gegensatz
Aggregatzustand fest
zum elementaren Metall schon sehr lange
bekannt. Schon früh wurden die aus Kristallstruktur kubisch raumzentriert
Meerwasser, Salzseen oder Erdlagerstätten
gewonnenen Produkte teils bis in ferne Dichte 0,968 g/cm3 (20 °C)[7]
Regionen gehandelt. Sie enthielten Mohshärte 0,5
überwiegend das Natriumchlorid (Kochsalz)
als die wichtigste Natriumverbindung in Magnetismus paramagnetisch (Χm = 8,5 · 10−6)[8]
fester Form. Deren wässrige Lösung wird
Schmelzpunkt 370,87 K (97,72 °C)
vornehmlich für Speisesalz bei der
Salzgewinnung zunächst im Einengen
zunehmend konzentriert (Gradierwerke) und Siedepunkt 1163 K[9] (890 °C)
das Lösungsmittel schließlich verdampft
(Salinen) – durch Verdunsten von Molares Volumen 23,78 · 10−6 m3·mol−1
Meerwasser oder durch Eindampfen von
Verdampfungsenthalpie 97,4 kJ/mol[9]
Sole salzhaltiger Quellen oder aus
Salzbergwerken. Der Handel mit Salz machte Schmelzenthalpie 2,6[10] kJ·mol−1
manche Städte reich und prägte ihren
Namen, so Salzgitter und Salzburg. Bei Dampfdruck 1 Pa bei 554[11] K
anderen weist Hall im Ortsnamen auf die
Schallgeschwindigkeit 3200 m·s−1 bei 293,15 K
Salzgewinnung[16] hin (z. B. Hallstatt,
Hallein, Niedernhall, Bad Hall, Bad Spezifische
1230 J·kg−1·K−1
Reichenhall, Schwäbisch Hall, Hall in Tirol. Wärmekapazität
Halle und Schweizerhalle). Daneben wurden
Austrittsarbeit 2,75 eV[12]
auch andere natürlich vorkommende
Natriumverbindungen wie Natriumcarbonat Elektrische Leitfähigkeit 21 · 106 S·m−1
(Soda) und Natriumhydrogencarbonat
(Natron) sowie Natriumnitrat Wärmeleitfähigkeit 140 W·m−1·K−1
(Natronsalpeter) schon in der Antike
Chemisch[2]
gewonnen und gehandelt. Die Ägypter
bezeichneten das aus Natronseen gewonnene Oxidationszustände 1
Soda bzw. Natron als netjerj (ntr). Die
Griechen entlehnten dieses Wort als νίτρον Normalpotential −2,713 V (Na+ + e− → Na)
nitron, die Römer als nitrium, die Araber als Elektronegativität 0,93 (Pauling-Skala)
natrun.[15]
Isotope
Gesamtreaktion
Die zylindrische Elektrolysezelle besteht aus einer mittigen Graphitanode und einem seitlichen Kathodenring
aus Eisen. Oberhalb der Zelle ist eine Glocke, die das entstandene Chlor sammelt und abführt. Das Natrium
sammelt sich oberhalb der Kathoden und wird durch ein gekühltes Steigrohr aus der Zelle entfernt. Ebenfalls
entstandenes Calcium kristallisiert dort aus und fällt in die Schmelze zurück.
Die Elektrolyse von Natriumchlorid löste das Castner-Verfahren ab. Dabei wurde das Natrium durch
Schmelzflusselektrolyse von Natriumhydroxid gewonnen. Dieses hatte zwar den Vorteil des geringeren
Schmelzpunktes von Natriumhydroxid (318 °C), es wird aber mehr elektrische Energie benötigt. Seit
Einführung der Chlor-Alkali-Schmelzflusselektrolyse hat sich der Preis für Natrium drastisch verringert. Der
Preis hängt allerdings stark von den Stromkosten und dem Preis für das ebenfalls entstehende Chlor ab.
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
Natrium kristallisiert, wie die anderen Alkalimetalle, im kubischen Kristallstruktur von Natrium,
Kristallsystem in einem raumzentrierten Gitter mit der Raumgruppe a = 429 pm[22]
Im3m (Raumgruppen-Nr. 229) und zwei Formeleinheiten pro
Elementarzelle. Unterhalb von 51 K geht es in eine hexagonal dichteste
Kugelpackung mit den Gitterparametern a = 376 pm und c = 615 pm über.[22]
Natriumdampf besteht sowohl aus einzelnen Metallatomen, als auch aus Dimeren der Form Na2. Am
Siedepunkt liegen 16 %[19] der Atome als Dimer vor. Der Dampf ist gelb und erscheint in der Durchsicht
purpurfarben.
Mit Kalium werden in einem weiten Konzentrationsbereich bei Raumtemperatur flüssige Gemische gebildet.
Das Phasendiagramm zeigt eine bei 7 °C inkongruent schmelzende Verbindung Na2K und ein Eutektikum bei
−12,6 °C mit einem Kaliumgehalt von 77 % (Massenanteil).[24]
Chemische Eigenschaften
Kommt Natrium mit chlorierten Verbindungen wie Dichlormethan, Die stark exotherme Reaktion von
Chloroform, Tetrachlormethan in Kontakt, kommt es unter Bildung von Natrium mit Wasser
Natriumchlorid zu einer schnellen und exothermen Reaktion.
Natrium löst sich mit blauer Färbung in flüssigem Ammoniak. Die Farbe
beruht auf freien Elektronen, die vom Natrium in die Lösung abgegeben
werden. So leitet die Lösung auch elektrischen Strom und ist verdünnt
paramagnetisch. Auf ähnliche Art und Weise lässt sich auch das Anion des
Natriums, das Natrid-Ion, zum Beispiel in der Form des Kalium(2.2.2-
Kryptand)natrids (K+(C222)Na−) darstellen.[26] Es ist ein sehr starkes
Reduktionsmittel.
Alle anderen Isotope und Isomere haben nur kurze Halbwertszeiten von Sekunden oder Millisekunden.
Verwendung
Es werden große Mengen Natriumchlorid und andere Natriumverbindungen, wie Natriumcarbonat,
gefördert. Davon wird aber nur ein sehr kleiner Teil zu Natrium weiterverarbeitet. Der größte Teil wird direkt
verwendet oder zu anderen Verbindungen umgesetzt. Über Verwendungsmöglichkeiten von
Natriumverbindungen: siehe Abschnitt Verbindungen.
Natrium ist das meistgebrauchte Alkalimetall. Es wird für diverse Zwecke sowohl technisch als auch im Labor
eingesetzt. Im Schulunterricht und bei Experimentalvorlesungen kann Natrium mit Hilfe eines
Natriumlöffels und Wasser zur Wasserstoffherstellung verwendet werden.[32] Aus einem Teil des Natriums
wird eine Anzahl von Natriumverbindungen hergestellt. Dies sind beispielsweise das als Bleichmittel
verwendete Natriumperoxid und die starke Base Natriumamid. Diese kommen nicht natürlich vor und
können auch nicht direkt aus Natriumchlorid gewonnen werden. Natriumcyanid und Natriumhydrid werden
aus Natrium hergestellt. Da Natrium das Erstarrungsgefüge beeinflusst, kann es als Zusatz von Aluminium-
Silicium-Legierungen verwendet werden (Veredelungsverfahren nach Aladár Pácz).
Katalysator
Natrium katalysiert die Polymerisation von 1,3-Butadien und Isopren. Daher wurde es für die Produktion von
künstlichen Kautschuk eingesetzt.[33] Mit Natrium als Katalysator gewonnener Kunststoff, der als Buna
bezeichnet wurde, war das erste künstliche Gummi der Welt. Ab 1937 wurde er in den Buna-Werken (benannt
nach Butadien und Natrium) in Schkopau produziert.[34]
Kühlmittel
Da Natrium mit einer Wärmeleitfähigkeit von 140 W/(m·K), die weit über der von Stahl (15 bis 58 W/(m·K))
liegt, gute Wärmeübertragungseigenschaften und ebenso einen niedrigen Schmelzpunkt mit gleichzeitig
großem flüssigen Bereich besitzt, wird es als Kühlmittel zur Kühlung der thermisch hoch beanspruchten
Auslassventile in Verbrennungsmotoren verwendet. Hierzu werden die Ventilschäfte hohl ausgeführt und
zum Teil mit Natrium gefüllt. Im Betrieb schmilzt das Natrium und schwappt zwischen der heißen und kalten
Seite hin und her. Die Wärme wird dadurch vom rotglühend heißen Ventilteller abtransportiert.
Schnelle Brüter werden mit geschmolzenem Natrium gekühlt. In solchen Brutreaktoren dürfen die bei der
Kernspaltung entstehenden schnellen Neutronen nicht wie in anderen Reaktortypen zwischen den
Brennstäben abgebremst werden. Es darf daher zur Kühlung kein Wasser, das als Bremsmittel (Moderator)
wirkt, eingesetzt werden. Die Wärme wird dann über einen Sekundärnatriumkreislauf an den Dampferzeuger
für den Turbinenbetrieb weitergegeben.[35]
Lichterzeugung
Reduktionsmittel
Einige Metalle, wie Titan, Zirconium, Tantal oder Uran können nicht durch
Reduktion mit Kohlenstoff gewonnen werden, weil dabei stabile und nicht
abtrennbare Carbide entstehen. Neben einigen anderen Elementen, insbesondere
Aluminium und Magnesium, wird daher Natrium als Reduktionsmittel
eingesetzt. Ein weiteres Element, zu dessen Darstellung Natrium eingesetzt wird,
ist Kalium. Da Kalium ein sehr unedles Element ist, kann es nicht durch Straßenleuchte mit
Reduktion mit Kohlenstoff gewonnen werden. Eine theoretisch mögliche Natriumdampf-
Herstellung durch Elektrolyse ist technisch auf Grund der guten Löslichkeit von Hochdrucklampen,
Kalium in einer Kaliumchloridschmelze nicht möglich. erkennbar am typischen
orange-gelben Licht
Natrium spielt eine wichtige Rolle als Reduktionsmittel in der organischen
Synthese. Über lange Zeit war die technisch wichtigste Natriumanwendung die
Herstellung von Tetraethylblei aus Chlorethan. Dieses war ein wichtiges Antiklopfmittel, das dem Benzin
beigemischt wurde. Aus Umweltschutzgründen wurde die Verwendung von Tetraethylblei stark
eingeschränkt oder ganz verboten. Daher ging der Verbrauch an Natrium zurück. Ansonsten wird Natrium in
anderen Reaktionen wie der Birch-Reduktion und der Pinakol-Kupplung verwendet.[36] Diese sind jedoch
eher im Labormaßstab von Interesse.
Trocknungsmittel
Da Natrium auch mit Spuren von Wasser reagiert, kann frisch gepresster Natriumdraht zur Trocknung
organischer Lösungsmittel wie Diethylether oder Toluol, genutzt werden. Für halogenhaltige Lösungsmittel
(Beispiele: Methylenchlorid, Chloroform) ist diese Methode wegen der heftigen Reaktion mit dem Chloratom
nicht geeignet.
Natrium-Kalium-Legierungen sind bei Raumtemperatur flüssig. Diese dienen zur Wärmeübertragung sowie
zur Dehalogenierung in der organischen Synthese. NaK eignet sich gut zum Trocknen einiger bereits gut
vorgetrockneter Lösungsmittel, um besonders niedrige Rest-Wassergehalte zu erreichen.
Elektrischer Leiter
Während der 1960er Jahre wurde mit Natriumkabeln in Polyethylen-Umhüllung experimentiert.[37] Wegen
der geringeren Leitfähigkeit hätte ein hypothetisches Natriumkabel einen um 75 % größeren Durchmesser.
Nachweis
Der qualitative Nachweis erfolgt zunächst atomspektroskopisch durch die
intensiv gelbe Flammenfärbung oder genauer über die Na-Doppellinie bei
588,99 nm und 589,59 nm.
Der Nachweis von Natrium auf rein chemischem Weg ist sehr schwierig. Da fast
alle Natriumverbindungen gut wasserlöslich sind, sind klassische
Fällungsreaktionen und gravimetrische Bestimmungen kaum möglich.
Ausnahmen bilden das gelbe Natriummagnesiumuranylacetat[39]
NaMg(UO2)3(CH3COO)9·9 H2 O und das farblose
Natriumhexahydroxoantimonat Na[Sb(OH)6], die beide schwerlöslich sind.[40]
Eine Fällungsreaktion mit dem Sulfat-Bismut-Doppelsalz
3Na2SO4·2Bi2(SO4)3·2H2O ist möglich. [41] Da Natriumionen in wässriger Lösung
farblos sind, werden Farbreaktionen kaum ausgeführt. Von praktischer
Bedeutung sind daher neben der Ionenchromatographie nur noch die
spektroskopischen Methoden.
Typische Flammenfärbung
Physiologie
Natrium ist eines der Elemente, die für alle tierischen Organismen essentiell sind. Im tierischen Organismus
ist Natrium – zusammen mit Chlor – das neunthäufigste Element und stellt – nach Calcium und Kalium –
das dritthäufigste anorganische Ion. Damit zählt es physiologisch zu den Mengenelementen. Natrium liegt in
Lebewesen in Form von Na+-Ionen vor.
Im menschlichen Körper sind bei einem durchschnittlichen Körpergewicht von 70 kg etwa 100 g Natrium als
Na+-Ionen enthalten.[42] Davon liegen zwei Drittel als NaCl und ein Drittel als NaHCO3 vor. Da es im
menschlichen Körper 90 % der extrazellulären Elektrolyte ausmacht, bestimmt die Natriumkonzentration
über das Gefäßvolumen das Volumen der interstitiellen Flüssigkeit.[43]
Der Schätzwert für die minimale Zufuhr von Natrium liegt laut den D-A-CH-Referenzwerten bei 550 mg/Tag
für Erwachsene.[44] Von verschiedenen Organisationen gibt es jedoch insbesondere Empfehlungen für eine
maximale Zufuhr von Natrium (WHO: 2 g/Tag;[45] AHA: 1,5 g/Tag[46]).
Die tatsächliche tägliche Natriumzufuhr liegt häufig über diesen Werten. Die Ursache dafür ist unser relativ
hoher Salzkonsum (2,5 g Salz enthalten ca. 1 g Natrium). Die Nationale Verzehrsstudie II (NVS II) des Max
Rubner-Instituts, bei der der Natriumkonsum anhand von Fragebögen ermittelt wurde, ergab im Median eine
Aufnahme von 3,2 g/Tag (Männer) bzw. 2,4 g/Tag (Frauen).[47] Vermutlich liegt die tatsächliche
Natriumzufuhr aber noch höher, da die Erfassung über Fragebögen fehleranfällig ist. Als Goldstandard für
die Ermittlung der Natriumzufuhr dient die Bestimmung von Natrium im 24-Stunden-Urin. Einem Bericht
der WHO zufolge lag in der INTERSALT-Studie die Natriumausscheidung in verschiedenen Orten
Deutschlands bei 4,1–4,5 g/Tag (Männer) bzw. 2,7–3,5 g/Tag (Frauen).[48]
Der Natriumgehalt wird streng kontrolliert und ist eng verbunden mit der Regulation des Wasserhaushalts.
Die normale Natriumkonzentration im Serum liegt bei etwa 135–145 mmol/l. Ist der Natriumspiegel
geringer, wird von einer Hyponatriämie gesprochen, bei der es zu einer Steigerung des Zellvolumens kommt.
Bei einer Hypernatriämie dagegen ist der Natriumspiegel zu hoch und die Zellen schrumpfen. In beiden
Fällen wird vor allem die Funktion des Gehirns beeinträchtigt. Es kann zu epileptischen Anfällen und
Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma kommen. Eine wichtige Rolle für die Regulation spielen das Renin-
Angiotensin-Aldosteron-System, das Adiuretin und Atriopeptin.[49]
Schlüsselorgan bei der Regulation von Natrium ist die Niere. Diese ist dafür zuständig, bei einem
Natriumüberschuss Wasser zurückzuhalten, um das Natrium im Körper zu verdünnen, und Natrium selbst
auszuscheiden. Bei einem Natriummangel wird vermehrt Wasser ausgeschieden und Natrium retiniert. Dabei
gilt jedoch zu beachten, dass die Niere einige Zeit braucht, bis sie auf den veränderten Natriumbestand
reagieren kann.[50]
Verteilung im Organismus
Von der Gesamt-Natrium-Menge im menschlichen Organismus sind lediglich 2,5 % intrazellulär und 2,5 %
transzellulär zu finden, während 95 % extrazellulär vorliegen. Der größte Anteil befindet sich mit 45 % des
Gesamt-Natriums im Knochen, wobei 30 % nichtaustauschbar im wasserarmen („anhydrous“) Knochen fest
gebunden sind, nur 15 % austauschbar sind. Im Plasma finden sich 10 % des Gesamt-Natriums, und ebenfalls
10 % im Bindegewebe, wovon etwa ein Viertel im hypertonen Knorpel gebunden ist. Im interstitiellen
Flüssigkeitsraum liegen 30 % des Gesamt-Natriums vor, und dort besteht im physiologischen Zustand ein
dreiphasisches Äquilibrium. Neben der Flüssigkeitsphase, die Plasma-artig ist und deren
Natriumkonzentration auch der des Plasmas gleicht, besteht eine dichte Kollagen-basierte Matrix, in der ein
hydrostatischer Druck besteht. Diesem entgegen wirkt die dritte Phase, die eine Glucosaminoglycan-reiche
Gelphase darstellt und durch die negative Ladung der Glucosaminoglycane Kationen wie Natrium anzieht
und einen lokalen osmotischen Druck aufbaut.[52]
Funktionen in Nervenzellen
Na+-Ionen spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Weiterleitung von Erregungen in Nervenzellen
(und Muskelfasern). An den Postsynapsen von Nervenzellen (und an der neuromuskulären Endplatte der
Muskelfasern) befinden sich bestimmte Rezeptoren, die sich nach ihrer Aktivierung durch Überträgerstoffe
(Neurotransmitter), die von der vorangehenden Nervenzelle bei deren Erregung ausgeschüttet werden,
öffnen und für Natriumionen durchlässig werden. Durch Natriumeinstrom kommt es zu einer lokalen
Änderung des im Grundzustand stabilen Membranpotentials der Zelle. Das Innere wird gegenüber dem
Äußeren weniger negativ, dies heißt eine Depolarisation. Ist diese Depolarisation nach dem Weg bis zum
Axon noch stark genug, kommt es zur Öffnung eines anderen Natriumkanaltyps. Dabei handelt es sich um die
spannungsabhängigen Natriumkanäle des Axons, die die örtliche Depolarisation – gemeinsam mit anderen
Ionenkanälen – durch einen bestimmten Öffnungs- und Schließrhythmus weiterleiten. An den Axonen der
Nervenzellen entsteht so eine fortlaufende Spannungswelle, das Aktionspotential. Bei der Wiederherstellung
des Grundzustandes spielt wiederum die Natrium-Kalium-Pumpe eine essentielle Rolle.[51]
Da die meisten Pflanzen Natrium nur in geringen Mengen enthalten, müssen viele Pflanzenfresser
zusätzliches Natriumchlorid aus natürlichen Salzvorkommen aufnehmen.
Sicherheitshinweise
Kleinere Mengen Natrium werden unter Petroleum aufbewahrt. Für größere Mengen gibt es integrierte
Handhabungssysteme mit Schutzgasatmosphäre. Das Natrium ist trotz Schutzgas oder Petroleum häufig von
einer Schicht aus Natriumhydroxid und Natriumoxid überzogen.
Verbindungen
In Verbindungen kommt das Natrium ausschließlich in der Oxidationsstufe +1 vor. Alle Verbindungen weisen
einen stark ionischen Charakter auf, fast alle sind gut wasserlöslich. Natriumverbindungen zählen zu den
wichtigsten Salzen vieler Säuren. Industriell werden meist Natriumsalze zur Gewinnung der entsprechenden
Anionen verwendet, da deren Synthese kostengünstig ist.
Halogenverbindungen
Sauerstoffverbindungen
Natriumhydroxid (NaOH) ist für die Industrie mit die wichtigste Base. Die wässrige Lösung von
Natriumhydroxid wird Natronlauge genannt. Sie wird unter anderem für die Herstellung von Seife und
Farbstoffen sowie zum Aufschluss von Bauxit bei der Aluminiumproduktion verwendet.
Schwefelverbindungen
Hydride
In Natriumhydrid NaH und Natriumborhydrid NaBH4 liegt der Wasserstoff in der Oxidationsstufe −1 vor.
Beide werden vorwiegend in der organischen Chemie verwendet. Natriumhydrid wird dabei im Wesentlichen
als starke, wenig nucleophile Base zur Deprotonierung von Thiolen, Alkoholen, Amiden, CH-aciden
Verbindungen etc. eingesetzt, Natriumborhydrid hingegen zur Reduktion z. B. von Ketonen. Letztere
Reaktion kann durch Gegenwart von Cer(III)-Verbindungen selektiv für Ketone durchgeführt werden (Luche-
Reduktion). Kommen sie mit Wasser in Berührung, entsteht gasförmiger Wasserstoff H2.
Weitere Natriumverbindungen
Organische Verbindungen des Natriums sind im Gegensatz zu denen des Lithiums sehr instabil. Sie sind
äußerst reaktiv und können teilweise mit sonst unreaktiven aliphatischen Kohlenwasserstoffen reagieren.
Ausreichend stabil für Anwendungen in Reaktionen sind nur Verbindungen mit aromatischen Resten, wie
Cyclopentadien, die als Reduktionsmittel verwendet werden können.[55]
Seifen sind Natrium- oder Kaliumsalze von Fettsäuren. Zur Herstellung werden Fette mit einer Natronlauge
oder Kalilauge gekocht. Dieses Verfahren heißt Seifensieden, die chemische Reaktion Verseifung. Die Fette
werden dabei in Glycerin und in die Alkalisalze der Fettsäuren (die eigentlichen Seifen) zerlegt. Alternativ
lassen sich Seifen direkt aus freien Fettsäuren herstellen, indem sie mit Laugen zu ihren Salzen umgesetzt
werden. Geeignete Fettsäuren sind beispielsweise Laurinsäure, Myristinsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure,
Ölsäure und Ricinolsäure.[56]
Literatur
▪ A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Walter de
Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1.
▪ N. N. Greenwood, A. Earnshaw: Chemie der Elemente. 1. Auflage. VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim
1988, ISBN 3-527-26169-9.
▪ David M. Adams: Inorganic Solids. Wiley, London 1974, ISBN 0-471-00470-7.
Weblinks
Wiktionary: Natrium – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Natrium (https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Sodium?uselang=de)
– Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Praktikum Anorganische Chemie/ Natrium – Lern- und Lehrmaterialien
▪ Disposal of sodium – Video über die Entsorgung von 10 t Natriummetall in einem See im Jahr 1947 (http
s://www.youtube.com/watch?v=HY7mTCMvpEM) auf YouTube.
Einzelnachweise
1. Harry H. Binder: Lexikon der chemischen Elemente. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1999, ISBN
3-7776-0736-3.
2. Die Werte für die Eigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, aus
www.webelements.com (Natrium) (http://www.webelements.com/sodium/) entnommen.
3. Michael E. Wieser, Tyler B. Coplen: Atomic weights of the elements (IUPAC Technical Report). In: Pure
and Applied Chemistry. Vol. 83, No. 2, 2011, S. 359–396.
4. IUPAC, Standard Atomic Weights Revised 2013 (http://www.ciaaw.org/pubs/TSAW2013_xls.xls).
5. Eintrag zu sodium (https://physics.nist.gov/cgi-bin/ASD/ie.pl?spectra=sodium&units=1&e_out=0&unc_out
=1&at_num_out=1&el_name_out=1&ion_charge_out=1&biblio=1) in Kramida, A., Ralchenko, Yu.,
Reader, J. und NIST ASD Team (2019): NIST Atomic Spectra Database (ver. 5.7.1). Hrsg.: NIST,
Gaithersburg, MD. doi:10.18434/T4W30F (https://doi.org/10.18434/T4W30F) (physics.nist.gov/asd (http
s://physics.nist.gov/asd)). Abgerufen am 11. Juni 2020.
6. Eintrag zu sodium (https://www.webelements.com/sodium/atoms.html) bei WebElements,
www.webelements.com (https://www.webelements.com), abgerufen am 11. Juni 2020.
7. N. N. Greenwood, A. Earnshaw: Chemie der Elemente. 1. Auflage. VCH, Weinheim 1988, ISBN
3-527-26169-9, S. 97.
8. Robert C. Weast (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. CRC (Chemical Rubber Publishing
Company), Boca Raton 1990, ISBN 0-8493-0470-9, S. E-129 bis E-145. Werte dort sind auf g/mol
bezogen und in cgs-Einheiten angegeben. Der hier angegebene Wert ist der daraus berechnete
maßeinheitslose SI-Wert.
9. Yiming Zhang, Julian R. G. Evans, Shoufeng Yang: Corrected Values for Boiling Points and Enthalpies of
Vaporization of Elements in Handbooks. In: Journal of Chemical & Engineering Data. 56, 2011,
S. 328–337, doi:10.1021/je1011086.
10. A. Klemm, G. Hartmann, L. Lange: Sodium and Sodium Alloys. In: Ullmann’s Encyclopedia of Industrial
Chemistry. Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2005, doi:10.1002/14356007.a24_277.
11. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 84. Auflage. CRC Press, Boca Raton,
Florida 2003.
12. Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer, Rainer Kassing: Lehrbuch der Experimentalphysik. Band 6:
Festkörper. 2. Auflage. Walter de Gruyter, 2005, ISBN 3-11-017485-5, S. 361.
13. Datenblatt Natrium (https://www.merckmillipore.com/DE/de/product/msds/MDA_CHEM-822284?Origin=P
DP) bei Merck, abgerufen am 11. März 2022.
14. Eintrag zu Sodium (https://echa.europa.eu/information-on-chemicals/cl-inventory-database/-/discli/substa
nce/external/100.028.302) im Classification and Labelling Inventory der Europäischen
Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. August 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die
harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern (https://www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/de/CL
P/Einstufung/Selbsteinstufung/Selbsteinstufung.html).
15. Mineralienatlas: Natrium (http://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Natrium).
16. David Stifter: Hallstatt – In eisenzeitlicher Tradition? In: Raimund Karl, Jutta Leskovar (Hrsg.):
Interpretierte Eisenzeiten. Fallstudien, Methoden, Theorie. Tagungsbeiträge der 1. Linzer Gespräche zur
interpretativen Eisenzeitarchäologie (= Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich. Folge 18). Linz
2005, ISBN 978-3-85474-137-4, S. 229–240 (ooekultur.at (https://eisenzeiten.ooekultur.at/eisenzeiten%20
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17. A. G. W. Cameron: Abundances of the elements in the solar system. In: Space Science Reviews. 15,
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18. K. H. Wedepohl: The composition of the continental crust. In: Geochimica et Cosmochimica Acta. 59, 7,
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19. A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Walter de
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