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Commodity TopNews 65

Fakten ● Analysen ● Wirtschaftliche Hintergrundinformationen

METALLE IN SMARTPHONES

Britta Bookhagen, Dennis Bastian

Magnete in Kamera
Dy, Fe, Nd, Pr

Touchscreen Vibrationsmotor
In, Si, Sn Dy, Fe, Mo, Nd, W
Abdeckungen
Al, Sn
Leiterplatte
Ag, Au, Cr, Cu, Pd,
Si, Ta, Ti

SIM-Kontakte
Leiterbahnen Au
Au, Cu
Akku
Co, Li, Mn, Ni

Magnete in Schrauben
Lautsprecher Fe
Dy, Fe, Nd, Pr

Gehäuse
Al, Mg

Zerlegtes Smartphone und darin vorkommende Metalle (© BGR/PrinzMayer)

In diesem Bericht wird der Metallgehalt1 in EINLEITUNG


Smartphones dargestellt und mögliche Einflüsse
auf den Rohstoffmarkt untersucht. Hierfür wer- Abfälle von Elektro- und Elektronikgeräten (was-
den sowohl das primäre Angebot für die Her- te electrical and eletronical equipment, WEEE)
stellung, als auch die derzeit potenziell zur Ver- sind weltweit einer der am schnellsten wachsen-
fügung stehenden Anteile durch Recycling von den Abfallströme (EU Commission 2020). Genaue
Smartphones betrachtet. Die hier gezeigten Er- Daten über die exakten Metallgehalte von Gerä-
gebnisse basieren auf Bookhagen et al. 2020. ten aus diesen Kategorien sind jedoch nicht im-
mer öffentlich verfügbar. Mobiltelefone2 werden
häufig als repräsentatives Beispiel für WEEE aus
der Kategorie der Informations- und Kommuni-

1
Mit Metallen sind hier im folgenden sowohl Metalle, Halbmetalle, als auch andere metallische Elemente wie die Lantha-
noide gemeint.
2
Eine Klasse von Mobiltelefonen sind Smartphones, die i.  Allg. ein Betriebssystem zur Ausführung von externen Appli-
kationen sowie statt einer Tastatur ein Touchscreen, Internetkonnektivität und Multimedia-Funktionen wie eine Kamera
besitzen.
2 Commodity TopNews

kationstechnologien (IKT) herangezogen, da sie 2012 bis 2017 einen Rohstoff-Kontext gestellt
ähnlich wie Tablets, Notebooks und Laptops eine und damit die Geräte untersucht, die durch-
große Anzahl verschiedener, teilweise seltener schnittlich derzeit dem Recycling zur Verfü-
und wertvoller Metalle enthalten. Weiterhin ste- gung stehen. Hierfür werden aktuelle Metallprei-
hen den hohen Verkaufszahlen (1,8 Milliarden se und das Recycling genauer untersucht sowie
verkaufte Mobiltelefone 2019) eine weltweit nur typische Metallinhalte im Bergbau mit denen in
geringe Recyclingquote von 5 – 10 % gegenüber Smartphones verglichen.
(Statista 2019).

Die Gesamtanzahl aller global verkauften Mo-


biltelefone lag im Zeitraum 2012 bis 2019 bei METALLGEHALT UND
14,64 Mrd. Geräten. Smartphones machen da-
METALLWERT VON
bei seit 2014 den größten Teil der verkauften
Mobiltelefone aus. Im Jahr 2019 wurden glo- SMARTPHONES
bal 1,4 Milliarden Smartphones verkauft (von
1,8 Mrd. Mobiltelefonen), und von 2012 bis Metallgehalt
2019 wurden insgesamt 10,2 Milliarden Smart- Bei allen Angaben handelt es sich um Durch-
phones verkauft (Statista 2019). Zum Vergleich: schnittswerte aus drei repräsentativen Smartpho-
In Deutschland wurden 2019 rund 22 Millionen ne-Modellen für den Zeitraum 2012 bis 2017, die
Smartphones verkauft (Statista 2019). für diese Untersuchungen manuell zerlegt und
deren einzelne Bestandteile in einer nasschemi-
Die Angaben über Wert und Metallgehalt in schen Analyse untersucht wurden (Aufbereitung
Mobiltelefonen sind nicht immer zugänglich mit Mi­krowellen-unterstützter Säuredigestion
und stammen häufig von Recyclingunterneh- und Analyse mit optischer Emissionsspektrome-
men, bei denen Stichproben aus einer hetero- trie mittels induktiv-gekoppelten Plasmas (ICP-
genen Menge an Mobiltelefonen analysiert und OES) und induktiv-gekoppelter Massenspektro-
auf eine Tonne Geräte (ca. 9.000 –10.000 Stück metrie (ICP-MS)). Die genaue Methodik wird in
ohne Akkumulator, kurz Akku) interpoliert wird. Bookhagen et al. 2018 beschrieben.
Auch die Wege von Mobiltelefonen im Recy­cling
sind nicht immer transparent; häufig erschei- Smartphones wiegen im Durchschnitt 110  g
nen die Gründe für eine Sammlung von Mobil- (ohne Akku) und bestehen zu rund 45 Gew.-%
telefonen trotz des gutgemeinten Zwecks nicht aus Metallen, 32 Gew.-% aus Glas, 17 Gew.-%
immer plausibel. Unwissenheit, wie die Geräte aus Kunststoffen und 6 Gew.-% aus Material-
nach der durchschnittlichen Nutzungsdauer von verbunden (mechanisch nicht trennbare Kunst-
2 – 3 Jahre entsorgt werden sollen, teilweise im- stoffe und Metalle). Insgesamt wurden 51 % des
praktikable Rücknahmeangebote und Sorgen Smartphone-Gewichts quantifiziert. Das wich-
über Datenschutz, aber auch ideelle Werte sind tigste Bauteil in Bezug auf die Metalle ist die Lei-
nur einige Punkte, weshalb viele Mobiltelefone terplatte, die zu 83 Gew.-% bestimmt wurde; die
in den Schubladen der Konsumenten landen verbleibenden Gewichtsanteile der Leiterplatte
(Bitkom 2020). Nach neuesten Schätzungen bestehen hauptsächlich aus Kunststoffen und
schlummern allein in Deutschland rund 200 Mio. Keramiken.
Mobiltelefone in den Haushalten (Bitkom 2020).
Damit sind die Geräte, wenn sie letztendlich In den Analysen wurden 66 Elemente identifiziert,
dem Recycling zugeführt werden, bereits meh- davon wurden 53 quantifiziert (Abb. 1). Die häu-
rere Jahre alt. Grundsätzlich ist das Entsorgen figsten Metalle (als Gewichtsanteil) mit über ei-
im Hausmüll verboten. nem Gramm je Gerät sind in absteigender Rei-
henfolge Eisen (Fe), Silizium (Si), Magnesium
Im Folgenden werden die Metallinhalte reprä- (Mg), Aluminium (Al), Kupfer (Cu), Nickel (Ni) und
sentativer Geräte für Smartphone-Modelle von Chrom (Cr). Zusammen mit den Metallen Zinn
Commodity TopNews 3

1 2
H He
Hydrogen Helium
3 4 5 6 7 8 9 10
Li Be B C N O F Ne
Lithium Beryllium Boron Carbon Nitrogen Oxygen Fluorine Neon
11 12 13 14 15 16 17 18
Na Mg Al Si P S Cl Ar
Sodium Magnesium Aluminium Silicon Phosphorus Sulfur Chlorine Argon
19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36
K Ca Sc Ti V Cr Mn Fe Co Ni Cu Zn Ga Ge As Se Br Kr
Potassium Calcium Scandium Titanium Vanadium Chromium Manganese Iron Cobalt Nickel Copper Zinc Gallium Germanium Arsenic Selenium Bromine Krypton
37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54
Rb Sr Y Zr Nb Mo Tc Ru Rh Pd Ag Cd In Sn Sb Te I Xe
Molyb- Techne-
Rubidium Strontium Yttrium Zirconium Niobium denum tium Ruthenium Rhodium Palladium Silver Cadmium Indium Tin Antimony Tellurium Iodine Xenon
55 56 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86
57 – 71
Cs Ba Hf Ta W Re Os Ir Pt Au Hg Tl Pb Bi Po At Rn
Lantha-
Caesium Barium noids Hafnium Tantalum Tungsten Rhenium Osmium Iridium Platinum Gold Mercury Thallium Lead Bismuth Polonium Astatine Radon
87 88 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118
89 – 103
Fr Ra Rf Db Sg Bh Hs Mt Ds Rg Cn Nh Fl Mc Lv Ts Og
Ruther- Seabor- Meitne- Darm- Roent- Coperni- Mosco- Liverm- Tennes-
Francium Radium Actinoids fordium Dubnium gium Bohrium Hassium rium stadtium genium cium Nihonium Flerovium vium orium sine Oganesson

57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71
La Ce Pr Nd Pm Sm Eu Gd Tb Dy Ho Er Tm Yb Lu
Praseo- Prome-
Lanthanum Cerium dymium Neodymium thium Samarium Europium Gadolinium Terbium Dysprosium Holmium Erbium Thulium Ytterbium Lutetium
89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103
Ac Th Pa U Np Pu Am Cm Bk Cf Es Fm Md No Lr
Protac- Neptu- Mendel-
Actinium Thorium tinium Uranium nium Plutonium Americium Curium Berkelium Calfornium Einsteinium Fermium vium Nobelium Lawrencium

>1g > 0,1 g (< 1 g) > 0,01 g (< 0,1 g) < 0,01 g enthalten, nicht
quantifiziert

Abb. 1: Enthaltene Elemente in den untersuchten Smartphones. Angepasst aus Bookhagen et al. 2020.

(Sn), Zink (Zn) und Strontium (Sr) machen diese se Januar – Juli 2020), da dieser Zeitraum reprä-
     

10 Metalle bereits 93 Gew.-% der 53 Metalle des sentativer ist als ein monatlicher Preis.
gesamten Smartphones aus. Die Edelmetalle und
Sondermetalle kommen nur in geringen Mengen Der Gesamtwert der 53 Metalle, anteilig nach
vor, sind aber unersetzlich für die Funktionalität ihrem Gewicht im Smartphone und mit Preisen
der Smartphones. vom ersten Halbjahr 2020 berechnet, liegt der-
zeit bei 1,11 € je Smartphone.3

Metallwert Die 12 wertvollsten Metalle, berechnet nach an-


Wegen der starken und kurzfristigen Preis- teiligem Gehalt im Smartphone sind (sortiert
schwankungen durch die Auswirkungen der nach absteigendem anteiligem Wert): Gold, Pal-
Covid-19-Pandemie wurden hier für alle Preise ladium, Kupfer, Nickel, Silizium, Magnesium,
die Durchschnittswerte des ersten Halbjahres Platin, Neodym, Aluminium, Tantal, Zinn und
2020 verwendet (jeweils Durchschnitt der Prei- Eisen (Abb. 2).

3
Der hier berechnete reine Metall- oder Materialwert ist nicht mit den Kosten von Bauteilen, z. B. einem Prozessorchip,
identisch. Der Metallwert ist der theoretische Wert, den das aufgeschmolzene Metall zum bestehenden Metallpreis er-
reichen würde.
4 Commodity TopNews

Zum Beispiel ist Gold mit nur durchschnittlich 99 Gew.-% des Palladiums, 86 Gew.-% des
0,017 g je Gerät enthalten, stellt aber derzeit Indiums und 93 Gew.-% des Tantals in ei-
73 % des gesamten Metallwertes eines Gerätes; nem Smartphone.
Eisen ist mit 15,98 g das masseanteilig häufigs- • Untersuchte Seltenerdelementmagnete vom
te Metall, stellt aber weniger als 1 % des gesam- Typ NdFeB stammen aus dem Lautspre-
ten Metallwertes. cher, der Kamera und dem Vibrationsmo-
tor, zusammen ergeben diese ein durch-
Die wichtigsten Bauteile von Smartphones wer- schnittliches Gewicht von etwas über 1 g je
den hier kurz separat beschrieben: Gerät. 96 Gew-% der gemessenen Selte-
nen Erden Elemente (SEE) in Smartphones
• Obwohl die Leiterplatte mit durchschnitt- befinden sich in diesen Magneten. Die ver-
lich 15,73 g nur 14 Gewichtsprozent des ge- bleibenden 4 Gew.-% der SEE sind in Spu-
samten Gerätes von 110,76 g ausmacht, ren im Display und auf der Leiterplatte ver-
liegt der Wert der Metalle der Leiterplatte teilt. Für die Magnete je Gerät ergibt sich ein
bei 0,93 € und umfasst damit bereits 84 % reiner Metallwert von 0,02 €, der zu 96 %
des Metallwertes des gesamten Gerätes. von den Seltenen Erden Neodym, Dyspro-
Die Leiterplatte enthält 90 Gew.-% des ge- sium und Gadolinium gebildet wird. Insge-
messenen Goldes, 98 Gew.-% des Kupfers, samt finden sich durchschnittlich 0,3034 g

Zusammensetzung Smartphone (Gew.-%) Metallgehalt Metallwert*

Au 0,017 g
€ 73 %

6% Pd 0,0019 g 11 %
Andere €
Cu 6,61 g

17 % Ni 2,60 g
Kunststoffe

45 % Si 9,27 g
Metalle
Mg 7,24 g

Pt 0,0005 g
32 %
Display/Glas Nd 0,21 g
€ 13 %

Al 6,68 g

Ta 0,04 g

Sn 0,64 g

Fe 15,98 g

* in % des Metallwertes von insgesamt 1,11 €

Abb. 2: Durchschnittliche Zusammensetzung von Smartphones (links); Metallgehalte in Smartphones von


12 Metallen (mittig, nach absteigendem Wert anteiliger Metallwerte sortiert); diese 12 Metalle stellen bereits
97 % des reinen Metallwerts von 53 Metallen mit insgesamt 1,11 € dar. Preise Durchschnitt 1. Halbjahr
2020. Angepasst nach Bookhagen et al. 2020, erweitert und aktualisiert (© BGR/PrinzMayer)
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Seltene Erden Elemente (SEE) je Gerät. In RECYCLING VON


neuen Smartphones mit bis zu drei Kameras
SMARTPHONES
können diese Gehalte höher liegen.
• Das Display ist aus vielen verschiedenen
Schichten und je nach Technologie anders Recycling kann einen wichtigen Beitrag zur Er-
aufgebaut; die Touchscreen-Funktion er- höhung des Rohstoffangebots und damit auch
möglicht eine dünne Indiumzinnoxid-Schicht der Verfügbarkeit leisten. Das Recycling von Me-
(ITO), die gleichzeitig transparent und lei- tallen erhöht im Allgemeinen die Material- und
tend ist. In Smartphones beträgt der reine Energieeffizienz von Produktsystemen während
Indium-Gehalt eines Displays 0,0004 g je des gesamten Lebenszyklus, denn die Umwelt-
Gerät. (Auf der Leiterplatte befinden sich auswirkungen und der Energieverbrauch von
weitere 0,0022 g. Der reine Metallwert für Sekundärmetallen (d. h. aus dem Recycling zu-
diese insgesamt 0,0026 g Indium liegt damit rückgewonnenen Metallen) sind für die meisten
unter einem Cent je Smartphone). Metalle niedriger als bei der Primärgewinnung
(Gunn 2014). Bei einigen Rohstoffen, insbe-
Im Jahr 2019 wurden damit für die verkauften sondere den Massenmetallen wie Stahl, Kup-
1,4 Mrd Smartphones rund 22.400 Tonnen Ei- fer und Aluminium, gibt es etablierte Recycling-
sen, 10.100 Tonnen Magnesium, 9.250 Tonnen verfahren. Qualitativ sind viele Metalle beliebig
Kupfer, 9.450 Tonnen Aluminium, 24 Tonnen oft verwendbar. Sie werden somit gebraucht und
Gold und 3 Tonnen Palladium verwendet. nicht verbraucht (für gewisse Speziallegierun-
gen kann allerdings nur noch ein sogenanntes
Die Metallgehalte für die im Zeitraum 2012 bis Downcycling stattfinden, z. B. bestimmte Alumi-
2019 verkauften 10,2 Mrd. Smartphones liefern niumlegierungen). Genauso wie bei den Primär-
noch eindrücklichere Zahlen, Tabelle 1 zeigt die rohstoffen spielen bei der (Rück-)Gewinnung
hier enthaltenen Werte. von Sekundärrohstoffen aber nicht nur die hier
dargestellten Metallgehalte eine wichtige Rol-
le, sondern auch verschiedene andere Fakto-

Tab. 1: Metallinhalt in 10,2 Mrd verkauften Smartphones (2012–2019) und deren Wert, sortiert nach abstei-
gendem anteiligem Wert.

Metall Metallinhalt in 10,2 Mrd verkauften Wert in [€] je Metall für 10,2 Mrd
Smartphones in [t] verkaufte Smartphones
Preise Durchschnitt 1. Halbjahr 2020

Au 172 8.203.632.387
Pd 19 1.211.935.928
Cu 67.333 333.771.315
Ni 26.550 299.244.092
Si 94.503 155.504.834
Mg 73.762 123.066.699
Pt 5 120.238.377
Nd 2.159 103.483.472
Al 68.126 98.158.198
Ta 410 95.854.144
Sn 6.509 94.104.281
Fe 162.838 65.426.623
6 Commodity TopNews

ren. Neben den Problemen beim Rücklauf und als durch die Rückgewinnung eingespart wer-
der Sammlung der Altgeräte (Erreichbarkeit, lo- den können. Hier sind detaillierte Daten für jedes
gistischer Aufwand, Transportwege, etc.) treten Metall notwendig. Das bedeutet, ein hundertpro-
für das fachgerechte Recycling von Smartpho- zentiges Recycling aller Metalle in einer komple-
nes auch Herausforderungen bei den Trennver- xen multimetallenen Matrix wie Smartphones ist
fahren und Recyclingtechnologien auf (Graedel technisch und thermodynamisch nicht realisier-
et al. 2011). Der Wert der zurückgewonnenen bar, wirtschaftlich nicht durchführbar, und ökolo-
Metalle (bei den gegebenen Metall- und Schrott- gisch nicht sinnvoll (Graedel et al. 2011; Reuter
preisen) muss alle Prozesse zu ihrer Gewinnung und van Schaik 2012; Reuter et al. 2019).
wirtschaftlich tragen; ebenso sind die physika-
lischen und thermodynamischen Grenzen zur Vereinfacht gesagt gibt es zwei Treiber für das
Rückgewinnung zu beachten (d. h. welche kom- Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten:
biniert vorliegenden Elemente mit Hilfe pyro- Es ist gesetzlich vorgeschrieben (in Deutschland
und/oder hydrometallurgischer Verfahren ge- nach dem ElektroG, der nationalen Umsetzung
trennt werden können und welche Elemente in der europäischen WEEE-Richtlinie) und/ oder es
die Schlacke übergehen und hier nur noch mit lohnt sich ökonomisch.
erhöhtem Energieaufwand extrahiert werden
können; siehe Reuter et al. 2013). Insbesondere Die wertgebenden Metalle und ökonomischen
in Bezug auf die aufzuwendende Energie ist Re- Treiber für das Recycling von Smartphones sind
cycling daher auch unter ökologischen Gesichts- die fünf Metalle Gold, Kupfer, Silber, Palladium
punkten zu betrachten. und Platin. Diese sind durch Standard-Recy­
clingverfahren in einer typischen Kupferschmel-
Neben der Rückgewinnung der Metalle spielt ze durch Elektrolyse relativ einfach zu gewin-
auch die Schadstoffentfrachtung eine Rolle, ins- nen und die Rückgewinnung (Ausbeute) die­ser
besondere der Akkus, auf die hier aber nicht wei- fünf Metalle kann bei bis zu 98 % liegen. In
ter eingegangen wird. integrierten Prozessanlagen können noch weite-
re Elemente wie Arsen, Blei, Indium, Ni­ckel etc.
In Hinsicht auf eine Kreislaufwirtschaft zeigt sich zurückgewonnen werden (Graedel et al. 2011).
daher, dass dem Recycling von Smartphones
nicht nur ökonomische und physikalisch-ther- Mit diesen fünf Metallen können also derzeit
modynamische Grenzen, sondern auch öko- rund 85 % des reinen Metallwertes eines Smart-
logische Grenzen gesetzt sein können: Wenn phones wiedergewonnen werden. Der größte
das Recycling der Komponenten zu einer grö- Materialwert ist auf Gold (73 %) zurückzufüh-
ßeren Umweltbelastung führt (Trennung, Trans- ren, obwohl Kupfer mengenmäßig den weitaus
port, Vorbehandlung, Energie und Emissionen) größeren Teil ausmacht. Allerdings schwanken

1,20 €
1,00 €
0,80 €
0,60 €
0,40 €
0,20 €
–€
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

Pt Au Pd Cu Summe

Abb. 3: Reiner Metallwert von Au, Cu, Pt, Pd in Smartphones, anteilig berechnet.
Commodity TopNews 7

die Preise der Metalle zeitweise stark und damit In Tabelle 2 sind die durchschnittlichen Gehalte
auch der Metallwert eines Smartphones. Bspw. ausgewählter Metalle in der Erdkruste den Ge-
hat sich der Preis von Platin zwischen 2012 bis halten in abgebauten Erzen und in Smartphones
2019 fast halbiert, der von Palladium hat sich da- gegenübergestellt. Das Vorkommen in der Erd-
für im selben Zeitraum mehr als verdoppelt. Für kruste ist lediglich ein ungefährer Indikator dafür,
die Metalle Au, Cu, Pd und Pt sind die anteiligen wie „selten“ ein Metall ist. Es gibt einen wichti-
Werte in einem Smartphone von 2012 – 2020 in gen Unterschied zwischen physischer Seltenheit
Abb. 3 dargestellt (Ag ist nicht abgebildet, dieser (geologisch gegeben durch das Vorkommen in
Wert liegt um 0,01 €). Insbesondere aufgrund der Erdkruste) und wirtschaftlicher Knappheit
des hohen Goldpreises der letzten Monate liegt (durch von Menschen gemachte Marktkräfte
der Wert dieser vier Metalle derzeit (Stand Aug. oder mangelnden Abbau) (Schulz et al. 2017).
2020) bei einem neuen Höchstwert von 1,05 €.
Da sie in hohen Ausbeuten zurückgewonnen Der Bezug zu den Metallmärkten ist hier eben-
werden, liegt der Recyclingwert von Smartpho- falls dargestellt. Der Metallgehalt aller von 2012
nes derzeit damit bei rund 1 €. In den letzten bis 2019 verkauften 10,2 Milliarden Smartphone-
Jahren schwankte der Wert für diese Metalle al- Geräte könnte – theoretisch – 119 Tage das welt-
lerdings stark, bspw. lag er im Jahr 2019 noch weite Angebot für Gallium, 100 Tage das für Tan-
bei 0,81 €, im Jahr 2014 jedoch nur bei 0,60 €. tal, 32 Tage für Palladium, 19 Tage für Gold und
(jeweils Jahresdurchschnittspreise). 9 Tage für die Seltenen Erden aufrechterhalten.

Die wertgebenden Metalle Gold, Kupfer und Pal-


Recyclingpotenzial ladium sind in Smartphones in deutlich höhe-
Ein Vergleich der sogenannten urbanen Mine ren Konzentrationen enthalten als in aktuell ab-
(oder auch dem anthropogenen Lager) von gebauten Erzen im Bergbau, teilweise gilt dies
Smartphones mit dem Metallgehalt in der Pri- auch für Platin (siehe Abb. 4). Für das Recy­cling
märproduktion, d. h. ein einfaches „Metallgehalt von Smartphones ohne Akku ist dabei Kobalt
in Smartphones vs. Metallinhalt in Erz“, wie es nicht von Interesse, welches in Smartphones in
in dieser Studie durchgeführt wird, kann und ist zu geringen Mengen (insgesamt 0,05 g) und zu
nicht dazu gedacht, die komplexen Fragestel- komplex und dissipativ verteilt vorkommt. Dies
lungen des Recyclings und die entscheidenden gilt auch für Indium und die Seltenen Erden aus
Faktoren dafür zu erfassen. Die detaillierten In- den Displays, sowie für Tantal, Gallium und Ger-
formationen darüber, wie viel von welchen Me- manium von der Leiterplatte. Smartphones sind
tallen in der Unterhaltungselektronik im Ver- für das großtechnische Recycling dieser Metal-
gleich zu ihrem Inhalt im Primärerz enthalten le derzeit nicht relevant. Im Vergleich zu den Pri-
sind, können jedoch die Diskussion um zukünf- märrohstoffen ist hier eine höhere Anreicherung
tige Potenziale und Recyclingtechnologien für in Smartphones auch nur bedingt oder gar nicht
eine Kreislaufwirtschaft mit Daten unterstützen gegeben (bspw. Co und Ge). Unter anderem wä-
und öffentliche Missverständnisse über die Mög- ren zusätzliche Vorsortierungs- und Trennwe-
lichkeiten/Potenziale und Grenzen des Recy­ ge nötig, großtechnische Prozesse müssten an-
clings von Smartphones verdeutlichen. ders abgestimmt und der technische Aufwand
dem geringen Gesamtgehalt gegenübergestellt
In Abb. 4 sind die Rohstoffgehalte ausgewähl- werden. Tantal bspw. berechnet sich mit 0,040 g
ter Metalle aus den Primärerzen den Gehalten je Gerät und einem derzeitigen Preis (1. Halb-
in Smartphones gegenübergestellt. Die Inhalts- jahr 2020) von rund 234.000 € pro Tonne auf ei-
angabe mg/kg (Milligramm pro Kilogramm) ent- nen Gesamtwert von 0,009 € für ein Smartpho-
spricht der ebenfalls häufig verwendeten Anga- ne. Somit stecken 410 Tonnen Tantal in den 10,2
be ppm (parts per million) und g/t (Gramm pro Milliarden verkauften Smartphones von 2012 bis
Tonne). 2019, was ca. 27 % der Jahresproduktion von
2016 entspricht. Jedoch gelangt Tantal bei den
8 Commodity TopNews

1200 a) Au 7000 b) Co

1000 6000

5000
grades in mg/kg

grades in mg/kg
800
4000
600
3000
400
2000
200
1000

0 0
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 s pcb

s
1
2
3
4
5
6
7
8
9

11
10

12
13
14
15
16
17
18
19
20

b
pc
45 c) Cu 1400 c) Ga
40
1200
35
1000

grades in mg/kg
30
grades in %

25 800
20
600
15
400
10
5 200

0 0
1 2 s pcb m
s
1
2
3
4
5
6
7
8
9

11
10

12
13
14
15
16
17
18
19
20

b
pc

900 e) Ge 160 f) In
800 140
700
grades in mg/kg

120
grades in mg/kg

600
100
500
80
400
300 60

200 40

100 20
0 0
1 2 3 4 s pcb 1 2 3 4 s pcb

140 g) Pd 25 h) Pt
120
20
100
grades in mg/kg

grades in mg/kg

80 15

60
10
40
5
20

0 0
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 s pcb 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 s pcb

30 i) SEE 3000 j) Ta
25 2500
grade in mg/kg
grades in %

20 2000

15 1500

10 1000

5 200

0 0
1 2 3 s m 1 2 3 4 s pcb

Abb. 4: Vergleich aktueller Erzgehalte im Bergbau (grau) mit den Metallinhalten in Smartphones (farbig:
gesamtes Smartphone (s) blau; Leiterplatte (pcb) orange; Magnet (m) blau). Die Nummern auf der X-Ach-
se repräsentieren die jeweils größten Lagerstätten nach Produktionsmenge in absteigen­der Reihenfolge.
Angepasst aus Bookhagen et al. 2020.
Commodity TopNews 9

Tab. 2: Durchschnittsgehalte ausgewählter Metalle in der Erdkruste, aus der Bergbauproduktion und in
Smartphones sowie der Metallgehalt in 10,2 Mrd Smartphones und deren theoretischer Anteil an der globa-
len Jahresproduktion in Tagen. Angepasst nach Bookhagen et al. 2020.

Metall Ø-Gehalt Ø-Gehalt in Ø-Gehalt Inhalt in Jahres­ Alle Smart-


in der Erzen aus in Smart- 10,2 Mrd produktion phones von
Erdkruste der Bergbau- phones verkauften 2016 in [t] 2012 – 2019
[mg/kg] produktion [mg/kg] Smartpho- könnten
[mg/kg] nes theoretisch
2012 – 2019 die Produk-
[t] tion auf-
recht erhal-
ten für …

Gold (Au) 0,004 0,6 – 4,61) 155 172 3.2221) ~ 19 Tage


1) 1)
Kobalt (Co) 25 1.000 – 6.000 496 411 110.696 ~ 2 Tage
3.400 – 20.000
Kupfer (Cu) 60 57.896 67.333 23.350.000* ~ 1 Tag
(Ø 4.900)
Ø 57;
Gallium (Ga) 18 82 70 282* ~ 119 Tage
bis zu 120
Germanium 30 – 279;
1,6 3 3 104* ~ 13 Tage
(Ge) bis zu 850
Indium (In) 0,049 25 – 50 23 19 689* ~ 14 Tage
Palladium
0,015 0,03 – 14,28 17 14 221* 32 Tage
(Pd)
Platin (Pt) 0,0005 0,03 – 19,2 5 5 192* ~ 9 Tage
SEE
300 – 88.000
(Seltene 0,3 – 63 2.749 SEE 2.251 (SEE) 127.4001) ~ 9 Tage
SEE
Erden Elem.)
Tantal (Ta) 0,7 – 2 182 – 2501) 362 410 14911) ~ 100 Tage
1)
nur konventioneller Bergbau, ASM (Au), illegaler (SEE) nicht mit aufgeführt
* Raffinade (keine Bergbaudaten vorhanden). Verändert nach Bookhagen et al. 2020

pyrometallurgischen Ansätzen zur Rückgewin- spielt auch das in der Kreislaufwirtschaft viel dis-
nung von Kupfer und den Edelmetallen in die kutierte „Design for Recycling“ eine wichtige Rol-
Schlacke, wo es oxidiert wird. Die Rückgewin- le: Bei der Herstellung von Konsumgütern sollte
nung wird hier durch zu hohe Kosten (niedrige eine spätere Recyclingfähigkeit direkt mit ein-
Gehalte bei hohem Energiebedarf) behindert geplant werden (Hagelüken und Corti 2011), so
(Überschaar et al. 2017). Für das Beispiel Tantal dass bspw. die Magnete leichter entfernt werden
müsste daher eine spezielle Vorsortierung und können.
Anreicherung stattfinden, dies wird ebenso für
andere Metalle gelten. Insbesondere um auch Abhängigkeiten von Im-
porten zu verringern könnte optimiertes Re-
Ausnahmen bilden die Seltenen Erden und Galli- cycling in Zukunft eine größere Rolle spielen.
um, für die sich in Zukunft das Recycling der Sel- Deutschland ist für Metallrohstoffe zum größten
tenerdmagnete lohnen könnte, sofern die Tren- Teil von Importen abhängig. Abbildung 5 zeigt
nungs- und Aufbereitungsverfahren der Magnete die jeweils drei größten Bergbauländer für die
hierfür effizient aufgebaut werden. Ebenso könn- betrachteten Rohstoffe. Eine Versorgung nur mit
te Indium von Leiterplatten relevant werden, die- Sekundärrohstoffen ist allerdings nicht durch-
ses wird teilweise in wenigen Anlagen bereits führbar, da die Mengen nicht ausreichen; der pri-
zurückgewonnen. Nicht nur für diese Optionen märe Abbau ist somit auch mittelfristig weiterhin
10 Commodity TopNews

Abb. 5: Top 3 Abbauländer (Bergbauproduktionsdaten 2016) ausgewählter Metallrohstoffe, in Klammern


prozentualer Anteil an Gesamtproduktion (© BGR/PrinzMayer).

nötig, um den steigenden Bedarf an Rohstoffen massenbasierten oder wirtschaftlich motivier-


zu decken. ten erforderlich sein. Diese neuen Ansätze sind
vielleicht nicht immer die wirtschaftlichsten Op­
Der in den Geräten enthaltene Kunststoff wird tionen, könnten aber auch Umwelt-, Sozial- und
in der Regel nicht separat verwertet, sondern Ressourcenaspekte berücksichtigen. Wie be-
als Energielieferant und Reduktionsmittel für reits erwähnt, ist ein hundertprozentiges Recy­
die Rückgewinnungsprozesse verwendet. Die cling nicht realisierbar. Ein ganzheitlicher An-
Kunststoffe wurden für diese Studie nicht weiter satz, der definiert, welche Metalle wichtig sind,
untersucht, die Materialwerte liegen je Gerät bei warum und wie sie gezielt eingesetzt und recy-
wenigen Cent. celt werden sollten, ist daher erforderlich.

Ein einfacher Vergleich zeigt die Bedeutung von Ein Smartphone mit einem Gewicht von durch-
Smartphones für Gold: Durchschnittlich finden schnittlich 110 g benötigt theoretisch, wenn nur
sich 4 g/t Gold in einem Golderz. In einer Tonne mit Primärmetallen hergestellt, 4,7 kg (mit hö-
Smartphones finden sich 155 Gramm Gold. Für herwertigen Erzen) bis zu 138,7 kg (mit niedri-
1 Gramm Gold benötigt man daher mindestens gen Erzgehalten) Gestein, um alle 53 Metalle
250 Kilogramm Golderz, die abgebaut und wei- für die Herstellung eines einzigen Smartpho-
terverarbeitet werden müssen – oder 6,4 Kilo- nes herzustellen. Vier Metalle und ihr jeweiliger
gramm Smartphones bzw. rund 59 Smartphones. Anteil in Erzen machen über 80 Gew-% dieser
138,7 kg Gestein bei niedrigen Erzgehalten aus:
Im Vergleich zu ihrem relativ geringen Massen- Au (42 Wt-%), Pd und Pt (rund 30 %), und SEE
anteil könnte das Recycling von Edel- und Spe- (9 Wt-%). Dies ist lediglich eine absolute Ge-
zialmetallen größere Umweltvorteile gegenüber wichtsberechnung von Erz und Wirtgestein; es
anderen Metallen haben. Um eine Kreislauf- kann nicht zwingend als Indikator für z. B. CO2-
wirtschaft zu ermöglichen, wie von der Europäi- Nutzung oder Energiebedarf verwendet werden,
schen Kommission vorgeschlagen (EU Commissi- dafür müssen verschiedene Berechnungen für
on 2020), bei der jedes Metall zählt, könnten für jedes Metall einzeln einbezogen werden. Am
die Zukunft andere Ansätze als die derzeitigen Beispiel Kupfer zeigt sich, dass aufgrund techni-
Commodity TopNews 11

scher Entwicklungen auch die Aufbereitung von räte daher gemäß der Abfallhierarchie fachge-
im Mittel geringerer Erzgehalte im Bergbau im recht recycelt werden.
Vergleich nicht pauschal zu einer Erhöhung der
Treibhausgasemissionen (pro Kilogramm Kup- Um den globalen Rohstoffbedarf nachhaltig zu
fer-Metall) geführt haben (siehe Schmidt et al. decken, sind große Herausforderungen beim
2020). Dennoch ist die Treibhausgas-Bilanz für Recycling der Rohstoffe in den Altprodukten zu
Kupfer aus der Sekundärproduktion in der Re- bewältigen. Recycling ist für die Schadstoffent-
gel besser als für Kupfer aus der Primärproduk- frachtung sowie Rohstoffrückgewinnung aus
tion. Dies gilt jedoch nicht für alle Produkte bzw. Elekro(nik)altgeräten bereits ein wichtiger Weg,
Rohstoffe. Bei Indium beispielsweise ist für be- auch wenn zahlreiche Potenziale für das Recy-
stimmte Produkte (z. B. aus dem Recycling von cling noch ungenutzt sind. Derzeit ist das Recy-
LCD-Bildschirmen) die Sekundärproduktion mit cling der meisten Hochtechnologie-Metalle wie
höheren Treibhausgas-Emissionen verbunden Indium, Tantal, Gallium, Germanium und der
als die Primärproduktion (Schmidt et al. 2020). Seltenen Erden aus Smartphones nicht in groß-
technischen Recyclinganlagen umgesetzt. Die-
se Metalle sind in zu geringen Mengen in den
FAZIT Produkten enthalten, dissipativ in den Geräten
verteilt sowie zu komplex verbaut. In Anbetracht
Verglichen mit anderen Gütern, die weitaus der zu geringen Rücklaufmengen und der heu-
mehr Rohstoffe benötigen, erscheint der glo- te großtechnisch verfügbaren Recyclinganlagen
bale Rohstoffbedarf von Smartphones auf den und -prozesse ist ein Recycling derzeit ökono-
ersten Blick gering. Aufgrund der großen An- misch und auch ökologisch nicht für alle Me-
zahl von durchschnittlich 53 enthaltenen Metal- talle umsetzbar. Bei zunehmenden Masseströ-
len und den hohen Verkaufszahlen mit 1,4 Milli- men der IKT-Produkte könnte sich dies jedoch
arden Stück im Jahr 2019 ist der Rohstoffbedarf ändern. Ein direkter Vergleich der Metallinhalte
am Beispiel Smartphone dennoch gut sichtbar. aus primären und sekundären Lagerstätten, wie
Der hohe Wert der Metalle, die in den Smartpho- dies hier durchgeführt wurde, kann aufgrund ver-
nes enthalten sind, insbesondere von Gold und schiedener Faktoren lediglich ein Indiz für poten-
Palladium, zeigt die Notwendigkeit einer nach- zielle Recyclingoptionen sein.
haltigen Verwendung und des Recyclings. Das
Smartphone steht hier stellvertretend für die In- Selbst bei der Umsetzung sehr effektiver Recy-
formations- und Kommunikationstechnik (IKT), clingtechnologien wird es jedoch weiterhin not-
da Geräte aus diesem Bereich ebenfalls in ho- wendig sein, auf primäre Rohstoffe zurückzu-
hen Stückzahlen vertrieben werden und ähnli- greifen, um den globalen Rohstoffbedarf decken
che Metalle benötigen. Der Bedarf an Rohstof- zu können.
fen wird zusätzlich auch durch die Entwicklung
neuer Technologien – zum Beispiel Digitalisie-
rung und Elektromobilität – weiter ansteigen.
LITERATUR
Der auf den ersten Blick gering erscheinende
Metallwert je Gerät von derzeit 1,11 € gewinnt BGR – Bundesanstalt für Geowissenschaften und
erst aufgrund der schieren Menge der verkauf- Rohstoffe (2020): Fachinformationssystem Roh-
ten Geräte an Dimension. Insbesondere zeigt stoffe. – unveröff.; Hannover [Stand 10.09.2020]
sich an der gesamten Wertigkeit, dass bereits
über 85 % des Wertes eines Smartphones durch BITKOM 2020: Deutsche horten fast 200 Mil-
lediglich fünf Metalle (Ag, Au, Cu, Pd, Pt) gene- lionen Alt-Handys. Pressemitteilung: https://
riert werden. Wenn eine Weiterverwendung und www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/
eine Reparatur von Mobiltelefonen und Smart- Deutsche-horten-fast-200-Millionen-Alt-Handys
phones nicht mehr möglich sind, sollten die Ge- (abgerufen am 9.6.2020)
12 Commodity TopNews

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Commodity TopNews 13

IMPRESSUM
Herausgeber:
© Bundesanstalt für Geowissenschaften und
Rohstoffe, Hannover, Oktober 2020

B1.1 Deutsche Rohstoffagentur (DERA)


in der Bundesanstalt für Geowissenschaften
und Rohstoffe (BGR)

Wilhelmstraße 25-30 | 13593 Berlin-Spandau

E-Mail: dera@bgr.de
www.deutsche-rohstoffagentur.de
www.bgr.bund.de

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