Sie sind auf Seite 1von 3

Anlagesysteme ausgewechselt werden, lange bevor dies

aufgrund des Zusammenbruches des Werkstoffes wegen


Korrosionsprobleme in Abwasser- Korrosion notwendig wäre. Dieser Umstand bestimmt
reinigungsanlagen ebenfalls die Auswahl der Korrosionsschutzmassnahmen.

Ingo Wulff, SCE Hombrechtikon


2.1 Beton
Sonderdruck Nr. 1149, gwa 1987 / 12 Der augenfälligste Werkstoff in einer ARA ist der Beton, fast
ausschliesslich als armierter Beton eingesetzt. Als Ar-
mierung dienen sowohl Schlaffarmierung als auch Spann-
Zusammenfassung kabel. Die Vorteile des Betons liegen auf der Hand:
Die im Zusammenhang mit der Korrosion wichtigsten Eigenschaften der - seit Jahrzehnten bekannt
hauptsächlichen Werkstoffe wie Beton, Stahl, Nichteisenmetalle und - in Fachkreisen vertrauter Werkstoff
Kunststoffe werden beschrieben. Zwei weitere Kapitel behandeln An- - in weiten Grenzen beständiger Werkstoff
griffsmechanismen sowie die allfälligen Schutzschichtbildung bei den ver-
- fast unbegrenzt verformbar
schiedenen Werkstoffen. Den Abschluss bilden die Auflistung del' spe-
ziellen Korrosionsursachen in Kläranlagen sowie die Massnahmen zur - technologisch beherrschbarer Werkstoff, wenn die
Erfassung und Behebung von Schaden. Der gezielte vorbeugende Korro- einschlägigen Bauregeln strikte eingehalten werden
sionsschutz wird in dieser Publikation nur gestreift. Die Zusammensetzung des Betons wird, abhängig von sei-
ner Beanspruchung, schon im Voraus bestimmt.

Bezüglich der an Abwasserreinigungsanlagen (ARA) an- 2.2 Metallische Werkstoffe


geschlossenen Haushaltungen nimmt die Schweiz mit 81% Unter den metallischen Werkstoffen nehmen die
weltweit den fünften Rang ein. Hinter ihr liegen die Eisenwerkstoffe den grössten Platz ein.
Niederlande mit 72%, USA mit 70%, Frankreich mit 64%.
Schweden führt diese Rangliste an (100%), gefolgt von 2. 2. 1 Nichtlegierter Kohlenstoff(C-)Stahl
Dänemark (90%), BR-Deutschland (84%) und Wenn vom Baustahl schlechthin die Rede ist, ist damit der
Grossbritannien (83%). normale, nichtlegierte Kohlenstoff-Stahl (C-Stahl) gemeint.
Damit geht in der Schweiz der Bau neuer ARA's langsam zu Er ist, ebenso wie der Beton, fast universell einsetzbar, wie
Ende. z. B. in Form von Stangen, Blechen, Profilen, Rohren usw.
In grösseren Städten existieren Kläranlagen seit über 60 Entsprechend dem hohen Energieaufwand bei seiner Ge-
Jahren. Diese gilt es zu erweitern und auf den neuesten winnung aus dem Erz, befindet sich dieser Werkstoff,
Stand der Technik zu bringen. thermodynamisch gesehen, in einem unstabilen Zustand:
Kritische Beobachtungen zeigen jedoch, dass eine ganze Seine Umgebung kann in der Lage sein, ihn wieder in den
Reihe von Anlageteilen oder Komponenten durch Korrosion stabilen Zustand des Oxides zurückzuführen. Die Korrosion
betriebsunfähig werden. Die verwendeten Werkstoffe halten ist z. B. eine thermodynamische Reaktion. Organische
den immer aggressiver werdenden Medien viel weniger Beschichtungen (z. B. Farben), metallische (z. B.
Stand als vor 20-30 Jahren. Zudem bereiten Projektierungs- Feuerverzinkung) und nichtmetallische anorganische
und Ausführungsmängel den Betreibern grosse Sorgen. Überzüge (z. B. Zementüberzüge) können diesen
Korrosionsprozess verzögern bzw. verhindern. C-Stahl ist
ein wesentlicher Bestandteil von armiertem Beton.
2. Werkstoffe in Abwasserreinigungsanlagen
2. 2. 2 Legierte Stahle
Es existieren wohl wenige Bauwerke und Anlagen, in wel-
chen eine solche Fülle von unterschiedlichen Werkstoffen Werden dem C-Stahl hauptsachlich Chrom und Nickel, in
eingesetzt wird wie in ARA's. Ein Grund dafür ist, dass geringen Mengen auch Molybdän, Titan, Mangan, Niob,
verschiedene Techniken, wie z. B. Hochbau, Tiefbau, zulegiert, dann sinkt seine Empfindlichkeit gegenüber ag-
Verfahrenstechnik, Elektrotechnik, Energietechnik, Akustik, gressiven Medien. Es darf allerdings nicht behauptet werden,
Umweltschutz, Ästhetik angewandt werden. Zudem sind die dass ein hochlegierter Stahl absolut korrosionsfest
Werkstoffe vielfältigen Medien ausgesetzt und können sich gegenüber allen aggressiven Medien sei. Die
auch gegenseitig beeinflussen. Falls solche Beeinflussungen Korrosionsfestigkeit des hochlegierten Stahls wird von den
für Werkstoffe negativ sind, müssen Massnahmen getroffen Medien bestimmt und nicht vom Bauingenieur!
werden, um untragbare Korrosionsschaden zu vermeiden.
2. 2. 3 Nichteisenmetalle
Dabei stellt die Kosten-Nutzen Optimierung wesentliche
Randbedingungen. Im Kläranlagenbau werden noch andere, technisch inter-
Da die Technik im Sektor Abwasserreinigung einem starken essante metallische Werkstoffe eingesetzt, so z. B.
Wandel unterzogen ist, müssen manche Anlageteile oder
- Aluminium (Fassadenelemente, Ursprünglich glatte Betonflachen werden rau und ergeben
Schaltschränke, Oberlaufkanten) - strömungstechnische Verluste. Korrodierte Armierung setzt
Zink (Feuerverzinkung) die Festigkeit des Bauwerkes herab.
- Kupfer (Rohrleitungen)
- Bronze (Lagerschalen)
3.2 Gefährdung der metallischen Werkstoffe 3.
- Messing (Armaturen)
- Titan (Wärmetauscher) 2. 1 Nicht legierter C-Stahl
In Anwesenheit von Wasser (flüssig oder dampfförmig) und
2. 3 Kunststoffe Sauerstoff bildet der ungeschützte C-Stahl zunächst
In den letzten 2 bis 3 Jahrzehnten fand auch der Kunststoff Eisenhydroxid. Dieses wird noch weiter umgewandelt zum
als Werkstoff Anwendung in der Bautechnik von Kläranlagen. komplexen Korrosionsprodukt «Rost», was zunächst jedoch
Waren am Anfang die Einsatzgebiete des Kunststoffes noch ohne Bedeutung ist. Allein die Bildung von Eisenhydroxid ist
recht bescheiden (Dichtungen, Schlauchverbindungen, mit der Korrosion des Stahls gleichzusetzen.
Kabel), so ist die Anwendungspalette heute recht In stark sauren Medien (pH ~ 4) bilden sich mehr oder we-
beträchtlich, z. B. niger gut lösliche Eisensalze unter Wasserstoffabspaltung,
- Rohrleitungen was wiederum mit einer Korrosion gleichzusetzen ist.
- Armaturen
In chlorid- und sulfatfreien Wässern mit pH-Werten zwischen
- Pumpen
8,3 und 13 ist der C-Stahl weitgehend korrosionsbeständig,
- Filter, Filterkerzen
da er Passivschichten bildet. Alkalischer Beton bildet auf C-
- Folienauskleidungen
Stahl ebenfalls Passivschichten.
- Lagerschalen usw.
C-Stahl unterliegt ausserordentlich stark der Korrosion durch
Die Entwicklung der Kunststoffe ist bei weitem noch nicht
Makroelementbildung. Darunter versteht man z. B. die
abgeschlossen. Es ist daher in Zukunft mit ihrer raschen
unterschiedliche Belüftung der Stahlflächen in Medien.
Verbreitung (Substitutionswerkstoff) zu rechnen.
Aerobe Bereiche (belüftete Stellen) sind die Kathoden,
anaerobe Bereiche sind die Anoden, wo die Korrosion
3. Verhalten der Werkstoffe in den Medien abläuft.
von Kläranlagen C-Stahl, der einerseits mit der Betonarmierung elektrisch
leitend verbunden ist und andererseits sich im Erdboden
Die Werkstoffe befinden sich in Kläranlagen im intensiven
oder Wasser befindet, ist ebenfalls der Makroelementbildung
Kontakt mit den dort vorhandenen Medien.
unterworfen. Die einbetonierten Flächen, gemeinsam mit der
Das Abwasser weist eine zeitlich und mengenmassig unter-
Betonarmierung, stellen den kathodischen Bereich dar, die
schiedliche Zusammensetzung auf.
übrigen sind die anodischen Flächen, an denen die
Die Abwassertemperaturen - ein wesentlicher Faktor, der die
Korrosion stattfindet.
Korrosionsgeschwindigkeit bestimmt - ändern sich täglich
Der Temperatureinfluss muss so verstanden werden, dass
und/oder jahreszeitlich. Andererseits sind Tempe-
eine Erhöhung der Temperatur von zirka 10 °C die Ge-
raturänderungen prozessbedingt.
schwindigkeit der chemischen Reaktion etwa verdoppelt.
In Kläranlagen herrschen im wesentlichen folgende Einflüsse
auf die Werkstoffe vor: 3. 2. 2 Hochlegierte Stahle
- Abwasser-Aggressivität
- hohe relative Luftfeuchtigkeit Hochlegierte Stahle sind nur deshalb korrosionsresistenter,
- Gase weil der Chromanteil mit dem Luftsauerstoff eine aus-
- Bewetterung (Sonne, Regen, Schnee, Eis, Hagel) serordentlich widerstandsfähige Deckschicht bildet. Sie ist
- UV -Einstrahlung jedoch enorm dünn und beträgt nur etwa 0,3 µm. Sie wird als
- mechanischer Abrieb Passivschicht bezeichnet. Ihr elektrisches Potential in
- Kavitation, Erosion wässrigen Medien beträgt etwa -100 mV (Cu/CuS04). C-
- Reinigung der Anlagenteile Stahl hat unter gleichen Bedingungen ein solches von etwa -
500 mV.
3. 1 Gefährdung des Betons Chloride sind jedoch in der Lage, die Passivschicht des
hochlegierten Stahles lokal, auf extrem kleiner Fläche, zu
Beton wird hauptsachlich durch die chemisch aggressiven zerstören. Diese Störstellen sind Anoden. Dabei entstehen
wässrigen Medien, Gase sowie mechanischen Abrieb (evtl.
Kathoden-/ Anodenflächenverhältnisse von einigen Zeh-
verursacht durch den Prozess oder die Reinigung) bean-
nerpotenzen. Um diese Werte ist die anodische Stromdichte
sprucht.
grösser als die kathodische. Das Resultat ist Lochkorrosion,
Durch den intensiven Siedlungsbau bedingt und wegen des und dies ohne namhafte Signalwirkung! Auch ausreichende
ständig höher werdenden Verbrauchs von Chemikalien in Sauerstoffzufuhr im chloridhaltigen Medium flickt die
Haushalt und Industrie steigt die Aggressivität im Abwasser durchlöcherte Passivschicht nicht mehr! Dadurch wird die
schneller an, als die qualitative Verbesserung des Betons mechanische Festigkeit reduziert. Noch schneller läuft der
möglich ist. Zudem schafft das Vorhandensein von Korrosionsvorgang bei höherer Temperatur und unter
Schwefelwasserstoff (H2S) Probleme. Sauren greifen das Einwirkung mechanischer Zugspannungen ab
Bindemittel des Betons an. Dadurch werden die Zuschlag- (Spannungsrisskorrosion).
stoffe freigelegt. Zudem korrodiert die Armierung.
Da die Bildung der Passivschicht nur durch den ungehin- mogenen Elektrolyten (etwa Beton-Erdboden) eingebettet,
derten Zutritt von Sauerstoff möglich ist, versteht sich, dass ebenfalls zum Korrosionselement führen, wobei der
bei partieller Abdeckung der benetzten Oberfläche, z. B. Armierungsstahl im Beton die Kathode, die Stahlstruktur, die
durch Krusten, Schlamme, Ablagerungen, Folien, die sich im Erdboden befindet und mit der Armierung verbunden
Passivschicht nicht überall ausgebildet wird. Während sich ist, die Anode bildet.
Bereiche mit guter Passivschicht kathodisch verhalten, Anscheinend kann auch ein Kunststoff, etwa eine Dichtung,
zeigen Stellen ohne diese Schicht anodisches Verhalten und zum Korrosionsverursacher werden, wenn sie und das
korrodieren, wobei die farbliche Signalwirkung ebenfalls Metall einen engen Spalt bilden, der von einem wässrigen
ausbleibt. Medium umgeben ist. Man spricht dann von Spaltkorrosion.
Allen diesen Korrosionsmechanismen ist eines gemeinsam:
3. 2. 3 Nichteisenmetalle es muss ein wässriges Medium vorhanden sein, das als
Elektrolyt (= wässriger Stoff, der Strom in Form von Ionen
Aluminium transportiert) bezeichnet wird.
Aluminium ist ein ausgesprochener Deckschichtenbildner. Es
ist im allgemeinen wegen seiner Oxidschicht korro-
sionsresistent. Wird die Oxidschicht lokal gestört, liegt ein
5. Ursache der Korrosionsschäden in Kläranlagen
ähnliches Korrosionsverhalten wie beim hochlegierten Stahl
vor. Korrosionsschäden haben im allgemeinen einen oder
mehrere „Verursachen“. Aus der Reihe:
Zink
- Planer
Zink ist ein recht unbeständiger, leicht korrodierender - Korrosionsschutzberater
Werkstoff, jedoch mit der ausgezeichneten Eigenschaft, - Werkstoffhersteller (Beton, Metall, Kunststoff)
unter Einhaltung bestimmter Bedingungen ein Deck- - Verarbeiter
schichtenbildner zu sein. So kann ein feuerverzinkter Stahl in - Montagefirma
ländlicher oder städtischer Atmosphäre sehr gut - Betreiber
korrosionsgeschützt sein, ohne dass sich die Zinkschicht - Aussenstehender
rasch abbaut. Die Deckschicht besteht aus basischem - Höhere Gewalt
Zinkkarbonat. Werden bestimmte Bedingungen über La- ist er (sind sie) zu eruieren. Mängel lassen sich in 3 Klassen
gerung nicht eingehalten (z. B. mangelnde Belüftung), einteilen, nämlich:
entsteht an Stelle des basischen Zinkkarbonates Weissrost. - konstruktive Mangel
Dabei wird die Zinkschicht rasch abgebaut. - Verarbeitungsmangel
Kupfer - Betreibermängel
Je nach Zuordnung eines Mangels ist auch die
Kupfer ist als edler, korrosionsbestandiger Werkstoff be-
Verantwortung zu delegieren: Um diese Zuordnung
kannt. Obwohl es sehr edel ist, entsteht unter Luftsauerstoff
abzuklären, sind vom Korrosions- und
eine extrem dünne Kupferoxidschicht (Patina). Über allfällige
Korrosionsvorgänge bestehen heute allerdings nur Oberflachenschutzspezialisten am Schadensort
ungenaue Vorstellungen. Ähnlich verhält es sich mit Bronze Untersuchungen durchzufrieren. Nach Abklärung der
und Messing. Beim letzteren führen chloridhaltige Wasser Ursachen für einen Mangel ist es wichtig, diese
Erkenntnisse in die Planung neuer Anlagen einfliessen
zur «Entzinkung» des Messings, d. h., aus der Kupfer-Zink-
zu lassen, um weitere Schaden zu verhindern.
Legierung wird die Zinkkomponente chemisch herausgelöst.

3. 3 Kunststoffe
Auch Kunststoffe unterliegen einem Abbau. Bekannt ist 6. Massnahmen
heute, dass sie besser anorganischen wässrigen Medien wi-
Korrosionsschäden stören den Betriebsablauf und ziehen
derstehen als organischen Lösemitteln.
daher Kosten nach sich. Um diese zu minimalisieren, sind
UV-Einstrahlung kann solche Werkstoffe zerstören.
die Korrosionsursachen und -schäden sofort zu untersuchen
Der Temperatureinfluss ist bedeutend: hohe Temperaturen
und allfällige Sanierungsmassnahmen zu planen und d
beeinträchtigen die mechanischen Eigenschaften, tiefe
durchzuführen.
Temperaturen führen zum Verspröden. Dabei liegt der
Während die Sanierungsmassnahmen renommierten Un-
angeführte Temperaturbereich etwa zwischen -30°C und +
ternehmen vorbehalten sind, ist es ratsam, die Untersuchung
100°C.
von Schäden einerseits sowie die Überwachung der
Sanierungsarbeiten andererseits einem unabhängigen Un-
4. Gegenseitige korrosive Beeinflussung der ternehmen zu übertragen.
Werkstoffe

Als bekannt kann vorausgesetzt werden, dass verschiedene Adresse des Verfassers:
I. Wulff, Dipl. Ing. ETH/SIA/ ASIC
edle Metalle, die sich im gleichen Elektrolyten befinden und
Mitglied des CEOCOR
elektrisch leitend miteinander verbunden sind, ein SCE Surface-Protection Consult Engineering,
Korrosionselement bilden können. Dies ist bei der Mate- Speerstr. 24
rialauswahl zu berücksichtigen. 8634 Hombrechtikon
Umgekehrt kann ein und derselbe C-Stahl, in einem inho-

Das könnte Ihnen auch gefallen