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Beizen und Passivieren nichtrostender Stähle

Reihe Werkstoff und Anwendungen, Band 4


Euro Inox

Euro Inox ist die europäische Marktförderungsorgani- Vollmitglieder:


sation für nichtrostende Stähle (Edelstahl Rostfrei).
Acerinox
Die Mitglieder von Euro Inox umfassen
www.acerinox.es
• europäische Produzenten von Edelstahl Rostfrei,
• nationale Marktförderungsorganisationen für Edel- Outokumpu
stahl Rostfrei sowie www.outokumpu.com
• Marktförderungsorganisationen der Legierungsmit- ThyssenKrupp Acciai Speciali Terni
telindustrie. www.acciaiterni.com
Ziel von Euro Inox ist es, bestehende Anwendungen für ThyssenKrupp Nirosta
nichtrostende Stähle zu fördern und neue Anwendungen www.nirosta.de
anzuregen. Planern und Anwendern sollen praxis- nahe UGINE & ALZ Belgium
Informationen über die Eigenschaften der nicht- ros- UGINE & ALZ France
tenden Stähle und ihre sachgerechte Verarbeitung Arcelor Mittal Group
zugänglich gemacht werden. www.ugine-alz.com
Zu diesem Zweck
• gibt Euro Inox Publikationen in gedruckter und elek- Assoziierte Mitglieder:
tronischer Form heraus,
Acroni
• veranstaltet Tagungen und Seminare und
www.acroni.si
• initiiert oder unterstützt Vorhaben in den Bereichen
anwendungstechnische Forschung sowie Markt- British Stainless Steel Association (BSSA)
forschung. www.bssa.org.uk
Cedinox
www.cedinox.es
ISBN 978-2-87997-262-6 Centro Inox
(1. Auflage 2004 ISBN 2-87997-136-5) www.centroinox.it
Informationsstelle Edelstahl Rostfrei
Englische Fassung: 978-2-87997-224-4
www.edelstahl-rostfrei.de
Finnische Fassung: 2-87997-134-9
Institut de Développement de l’Inox (I.D.-Inox)
Französische Fassung: 978-2-87997-261-9
www.idinox.com
Niederländische Fassung: 2-87997-131-4
Polnische Fassung: 2-87997-138-1 International Chromium Development Association
Schwedische Fassung: 2-87997-135-7 (ICDA)
Spanische Fassung: 2-87997-133-0 www.icdachromium.com
Tschechische Fassung: 978-2-87997-139-1 International Molybdenum Association (IMOA)
Türkische Fassung: 978-2-87997-225-1 www.imoa.info
Nickel Institute
www.nickelinstitute.org
Polska Unia Dystrybutorów Stali (PUDS)
www.puds.com.pl
SWISS INOX
www.swissinox.ch
Impressum Inhalt

Beizen und Passivieren nichtrostender Stähle 1. Einführung: die Passivschicht 2


2. Auflage 2007 2. Vergleich von Entzundern, Beizen,
(Reihe Werkstoff und Anwendungen, Band 4) Passivieren und Reinigen 3
© Euro Inox 2007 3. Beizmethoden 5
4. Passivierungsbehandlungen 7
Herausgeber 5. Anlauffarben 8
Euro Inox 6. Fremdrost 10
Sitz: 7. Ausschreibungen für Beiz-
241, route d’Arlon, 1150 Luxemburg, und Passivierungsarbeiten 12
Luxemburg
Tel. +352 26 10 30 50,
Fax +352 26 10 30 51

Büro Brüssel:
Diamant Building, Bd. A. Reyers 80,
1030 Brüssel, Belgien
Tel. +32 2 706 82 67 Fax +32 2 706 82 69
E-mail info@euro-inox.org,
Internet www.euro-inox.org

Autor
Roger Crookes, Sheffield (GB)
unter Verwendung des Manuskripts
„Beitsen en passiveren van roestvast stal“
von E.J.D. Uittenbroek, Breda (NL)

Fotos
E.J.D. Uittenbroek, Breda (NL), Vecom, Maassluis (NL),
UGINE & ALZ Belgium, Genk (B), Euro Inox

Urheberrechtlicher Hinweis Haftungsausschluss


Vervielfältigungen jedweder Art sind, auch auszugsweise, Die in dieser Broschüre enthaltenen Informationen ver-
nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des mitteln Orientierungshilfen. Gewährleistungs- und
Herausgebers gestattet. Schadenersatzansprüche gegenüber Euro Inox, dessen
Mitgliedern, Mitarbeitern und Beratern sowie anderen
Projektbeteiligten können hieraus nicht abgeleitet wer-
den. Vervielfältigungen jedweder Art sind, auch
auszugsweise, nur mit vorheriger schriftlicher Genehmi-
gung des Herausgebers gestattet.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

1. Einführung: die Passivschicht

Die Korrosionsbeständigkeit von Edelstahl Kratzer oder durch mechanische Bearbeitung)


Rostfrei beruht auf einer komplexen, chrom- erhalten. Der sich selbst wiederherstellende
reichen „passiven“ Oxidschicht auf dem Stahl. Korrosionsschutz ist ein dem Werkstoff in-
Sie stellt den normalen Oberflächenzustand newohnender Mechanismus.
nichtrostender Stähle dar, die durch Passi-
vität gekennzeichnet ist. Für die Selbstpassivierung ist vor allem der
Chromgehalt nichtrostender Stähle ursäch-
Nichtrostender Stahl passiviert selbständig, lich. Im Unterschied zu un- und niedrig
sofern eine metallisch blanke Oberfläche legierten Stählen müssen nichtrostende
Umgebungsbedingungen ausgesetzt wird, Stähle mindestens 10,5 Masseprozent Chrom
die ausreichend Sauerstoff zur Bildung der aufweisen. Der Kohlenstoffgehalt darf 1,2 %
chromreichen Oxidschicht bereitstellt. nicht überschreiten. Diese beiden Kriterien
definieren den nichtrostenden Stahl gemäß
Dieser Vorgang läuft spontan und automa- EN 10088-1. Die Korrosionsbeständigkeit lässt
tisch ab, sofern genügend Sauerstoff an die sich durch Zugabe weiterer Legierungsele-
Oberfläche gelangt. Mit der Zeit nimmt die mente wie Nickel, Molybdän, Stickstoff und Ti-
Dicke dieser Schicht weiter zu. Unter natür- tan (oder Niob) weiter erhöhen. Daher kann
lichen Umgebungsbedingungen, z. B. bei Kon- sie auf eine große Bandbreite von Betriebs-
takt mit Luft oder belüftetem Wasser, entsteht bedingungen abgestimmt werden. Gleichzeitig
selbsttätig eine dauerhaft korrosions- lassen sich andere Eigenschaften wie Um-
beständige Oberfläche. Auf diese Weise bleibt formbarkeit, Festigkeit und Hochtemper-
die Korrosionsbeständigkeit selbst im Fall aturbeständigkeit gezielt beeinflussen.
mechanischer Beschädigungen (z. B. durch
Dauerhafte Korrosionsbeständigkeit setzt
beanspruchungsgerechte Werkstoffauswahl
sowie sachgemäße Konstruktion und Verar-
beitung voraus. Andernfalls kann unter be-
stimmten Umständen der passive Zustand
aufgehoben werden und sich nicht von selbst
wieder einstellen. Die Oberfläche wird „aktiv“
und korrodiert. Bei nichtrostenden Stählen
kann die Oberfläche lokal dort aktiv werden,
Die Oberfläche von nichtrostendem Stahl verfügt über wo der Sauerstoffzutritt unterbunden ist,
einen einzigartigen „Selbstreparaturmechanismus“. z. B. bei mechanischen Verbindungen, in un-
Die transparente Passivschicht erneuert sich selbst- zugänglichen Ecken oder fehlerhaften Schweiß-
tätig, sofern nur genug Sauerstoff zur Verfügung
nähten. Lokalkorrosion in Form von Lochfraß
steht. Nichtrostende Stähle haben so eine hohe Kor-
rosionsbeständigkeit und erfordern daher weder Be- oder Spaltkorrosion kann dann die Folge sein.
schichtungen noch andere Korrosionsschutzsysteme.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

2. Vergleich von Entzunderung,


Beizen, Passivieren und Reinigen

„Entzunderung“, „Beizen“ und „Passivieren“ Obwohl im Wärmeeinflussbereich von Schweiß-


werden häufig begrifflich miteinander ver- nähten oder bei der Hochtemperaturverar-
wechselt. Dabei handelt es sich um unter- beitung nichtrostender Stähle eine leichte
schiedliche Prozesse der Oberflächenbehand- Zunderbildung auftreten kann, ist in der Regel
lung nichtrostender Stähle, die deutlich eine weitere Entzunderung nicht erforderlich.
voneinander abgegrenzt werden müssen.
2.2 Beizen
2.1 Entzunderung
Das Beizen entfernt eine dünne metallische
Entzunderung bedeutet das Entfernen einer Schicht von der Stahloberfläche. Zum Beizen
dicken, deutlich sichtbaren, dunkelgrauen nichtrostender Stähle wird üblicherweise eine
Oxidschicht von der Oberfläche. Dieser Prozess Mischung aus Salpeter- und Flusssäure einge-
wird zumeist werksseitig vor der Auslieferung setzt. Beizen verfolgt das Ziel, Anlauffarben von
ausgeführt, und zwar in einem zweistufigen Schweißkonstruktionen zu entfernen, in deren
Prozess. Im ersten wird die Walzhaut gelock- Bereich der Chromgehalt der Stahloberfläche
ert, im zweiten wird sie von der Metallober- herabgesetzt ist.
fläche entfernt. Anschließend wird der Stahl
gebeizt, um die unmittelbar unter der Walzhaut Auch leichte Verzunderungen, z.B. nach einer
befindliche Schicht abzutragen. Obwohl in der Wärmebehandlung, werden zumeist durch
Praxis hintereinander geschaltet, sind diese Beizen entfernt.
Prozesse als separate Verarbeitungsschritte zu
betrachten.

Während des Warmwalzens entsteht auf der Ober- Nach dem Entzundern und Beizen ist die werksseitige
fläche nichtrostender Stähle eine schwarzgraue Oxid- Oberfläche matt grau. Die mechanische Entzunderung
schicht, die werksseitig durch Entzunderung beseitigt führt dabei zu einer Aufrauhung der Oberfläche.
wird.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

Leichte Zunderbildung
auf der Schweißnaht
und Anlauffarben auf
den benachbarten
Rohroberflächen lassen
sich in der Regel durch
eine Beizbehandung
sicher entfernen.

2.4 Reinigung

Die Säurebehandlung allein stellt nicht sicher,


2.3 Passivierung dass Öl, Fett oder anorganische Verunreini-
gungen beseitigt werden, die einer voll-
Die Oberfläche nichtrostender Stähle pas- ständigen Ausbildung der Passivschicht im
siviert in der Regel selbsttätig. Unter be- Wege stehen. Es kann daher durchaus er-
stimmten Umständen kann es gleichwohl forderlich sein, sowohl eine Entfettungs- als
erforderlich sein, diesen Vorgang durch eine auch eine Reinigungs-, Beiz- und Passivierungs-
oxidierende Säurebehandlung zu unterstützen. behandlung durchzuführen, damit das Teil
Im Unterschied zum Beizen trägt die Pas- oder die Baugruppe unter den bestimmungs-
sivierungsbehandlung kein Material ab. Dage- gemäßen Betriebsbedingungen beständig ist.
gen werden Beschaffenheit und Dicke der
Passivschicht gezielt optimiert. Wenn nichtrostender Stahl Fett- oder Ölspuren
aufweist, sollte dem Beizen eine Reini-
Unter bestimmten Umständen erfolgen Beizen gungsbehandlung vorausgehen.
und Passivieren nicht gleichzeitig, sondern
nacheinander durch getrennte Säurebe-
handlungen. Die dabei verwendete Salpeter-
säure übt auf nichtrostenden Stahl nur geringe
Beizwirkung aus und dient im Wesentlichen
seiner Passivierung.

Ungleichmäßige, fleckige
Oberflächen können
entstehen, wenn die Ober-
flächen vor der Säurebe-
handlung nicht ausreichend
gereinigt werden.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

3. Beizmethoden

Eine Reihe von Verfahren steht zur Verfügung,


um Bauteile und Konstruktionen zu beizen.
Die Hauptbestandteile von Beizprodukten für
nichtrostenden Stahl sind Salpetersäure und
Flusssäure. Die häufigsten Methoden für die
fachgerechte Behandlung ganzer Konstruk-
tionen oder großer Flächen sind

• Tauchbeizen
• Sprühbeizen
Tauchbeizen: Sofern die Abmessungen der Konstruk-
• Umlaufbeizen
tion dies zulassen, kann das gesamte Teil einer
Tauchbehandlung unterzogen werden. Behandlungs-
Tauchbeizen ist in aller Regel lediglich beim temperatur und -dauer bestimmen das Beizergebnis.
Hersteller oder bei speziellen Beizbetrieben
möglich. Die Behandlung in speziellen Beizbetrieben
ermöglicht eine genaue Prozesskontrolle und
Sprühbeizen ist auf der Baustelle möglich, umweltgerechte Anwendung. Eingegrenzte
sollte jedoch sachkundigen Anwendern vor- Bereiche, z. B. im Umfeld von Schweißnähten,
behalten bleiben, die über Kenntnisse und können durch
Ausrüstung für die sichere Handhabung und
Entsorgung der Beizmittel verfügen. Die • den Auftrag von Beizpasten und -gels
Tauchbehandlung hat den Vorteil, die gesamte mit Pinsel,
Konstruktion zu erfassen und eine einheitliche • elektrochemische Behandlung
Oberfläche zu ergeben. Auch unter Sicher-
heits- und Arbeitsschutzgesichtspunkten ist gebeizt werden.
die Behandlung in Beizbädern vorzuziehen.

Umlaufbeizen ist die Methode der Wahl, wenn


Rohrleitungen dazu bestimmt sind, von kor-
rosiven Flüssigkeiten durchströmt zu werden.
Bei dieser Behandlung wird das flüssige
Beizmittel zirkulierend durch das Rohrsys-
tem gepumpt.

Sprühbeizen: Dieses Verfahren hat den Vorteil, auch


auf der Baustelle ausgeführt werden zu können.
Allerdings müssen dabei Arbeits- und
Umweltschutzvorkehrungen getroffen werden.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

Diese Methoden lassen sich auch auf der dukt typischen Risiken, um sicher das ge-
Baustelle anwenden und setzen für die wünschte Ergebnis zu erzielen.
sachgerechte und sichere Anwendung keine
besonderen Kenntnisse voraus. Allerdings Wichtig ist, dass alle Spuren von Beizmitteln,
sollten die Arbeiten von einer erfahrenen Reaktionsprodukten und Verschmutzungen
Person überwacht werden, um den Erforder- vollständig von der Stahloberfläche abge-
nissen des Arbeits- und Umweltschutzes zu spült werden, um die volle Korrosions-
entsprechen und das gewünschte gleich- beständigkeit und ein gleichmäßiges Ergebnis
mäßige Beizergebnis zu erzielen. zu erzielen. Für Metallbaukonstruktionen, an
die besondere optische Anforderungen gestellt
Wird die vom Hersteller angegebene Ein- werden, wird zum Spülen entmineralisiertes
wirkzeit überschritten und die anschließende (destilliertes) Wasser eingesetzt.
Spülbehandlung vernachlässigt, kann im be-
handelten Bereich Korrosion auftreten. Die Die nationalen Informationsstellen für Edel-
Behandlungsdauer kann je nach Stahlsorte stahlanwendung erteilen Auskünfte über
variieren. Wer Beizarbeiten durchführt, muss Lieferanten von Beizprodukten und führen
also sowohl die behandelte Stahlsorte ken- Listen von Beizbetrieben
nen als auch die für das jeweilige Beizpro-

Kleine Bauteile lassen sich mit streichfähigen Beizpasten und -gels behandeln.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

4. Passivierungsbehandlungen

Die natürliche Passivschicht des nichtros- seriösen Händlern bezogen wird, ist im Liefer-
tenden Stahls ist von Anlauffarben und Zun- zustand vollständig passiv. Allerdings kann
der, wie sie unter Wärmeeinfluss entstehen eine Passivierungsbehandlung bei verar-
können, grundsätzlich verschieden. Wird der beiteten Teilen mit komplexer Geometrie
Stahl erhitzt, wird die transparente Pas- geboten sein. In derartigen Fällen kann der
sivschicht zunehmend dicker und bildet Sauerstoffzutritt zu den durch Bearbeitung
zunächst Anlauffarben, schließlich Zunder. „beschädigten“ Oberflächen eingeschränkt
Diese nunmehr sichtbaren Oxidschichten be- sein, so dass die Passivierung dort langsamer
deuten in der Regel eine Abnahme der Kor- abläuft als auf den frei zugänglichen Flächen.
rosionsbeständigkeit bei Raumtemperatur.
Bauteile, die in Werkstoff und Konstruktion auf Ist die Stahloberfläche nicht vollständig pas-
Hochtemperaturanwendungen ausgelegt siv, können derartige Teile bei sofortiger In-
sind, nutzen die Bildung derartiger – dann betriebnahme Korrosionserscheinungen zeigen,
aller-dings besonders widerstandsfähiger – auch wenn die Stahlsorte unter den gegebe-
Oxidschichten gezielt aus, um Hochtempe- nen Bedingungen üblicherweise als beständig
raturbeständigkeit zu erzielen. gilt. In solchen Fällen räumt die Passivierungs-
behandlung vermeidbare Risiken aus.
Demgegenüber beruht bei Teilen, die bei
Umgebungstemperatur eingesetzt werden, Bevor die Passivierung durchgeführt wird, ist
die Korrosionsbeständigkeit auf der dünnen, besonders darauf zu achten, dass
transparenten Passivschicht. Wenngleich der
Passivierungsprozess in der Regel selbsttätig • die Stahloberflächen zunderfrei (entzun-
abläuft, kann der Vorgang durch starke Oxi- dert) sind,
dationsmittel beschleunigt werden. Salpeter- • Oberflächenschichten, die aufgrund der
säure ist hierfür besonders geeignet und wird Bildung von Anlauffarben oder Oxiden
in handelsüblichen Passivierungslösungen chromverarmt sind, durch Beizen entfernt
verbreitet verwendet. Auch schwächere wurden,
Säuren wir Zitronensäure können die Bildung • die Oberflächen sauber sind (frei von or-
der Passivschicht fördern. ganischen Verschmutzungen, Schmier-
mitteln, Ölen und Fetten),
Die Säurepassivierung sollte eher als Aus-
nahme denn als Regel betrachtet werden. weil die Behandlung ansonsten nicht durch-
Nichtrostender Stahl, der von Herstellern oder gängig wirksam ist.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

5. Anlauffarben

Anlauffarben bilden sich durch Dickenzu-


nahme der natürlichen, transparenten Oxid-
schicht auf der Stahloberfläche. Die dabei
entstehenden Farben ähneln denen, die auch
auf anderen Stahloberflächen beim Erhitzen
entstehen und die von Strohgelb bis Dunkel-
blau reichen können.

Anlauffarben treten insbesondere in der


Wärmeeinflusszone von Schweißnähten auf,
Mechanische Oberflächenbehandlung einer
auch bei sachgerechter Schutzgasanwen-
Schweißverbindung: Ihr Ziel liegt nicht in der Eineb-
dung. Andere Schweißparameter wie die nung der Schweißnaht, sondern der Entfernung von An-
Vorschubgeschwindigkeit können ebenfalls lauffarben in ihrer Umgebung.
die Bildung von Anlauffarben im Bereich der
Schweißraupe beeinflussen.

Bei der Bildung von Anlauffarben auf nicht-


rostendem Stahl wandert Chrom an die Stahl-
oberfläche, da es leichter oxidiert als Eisen.
Dadurch entsteht eine chromverarmte Ober-
flächenschicht, die gegenüber dem Aus-
gangsmaterial eine geringere Korrosions-
beständigkeit aufweist.

Unbehandelte Schweißverbindung: Die Zunderschicht kann Ausgangspunkt von


Korrosion werden, wenn sie nicht sachgemäß entfernt wird.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

Sichtbare Anlauffarben auf nichtrostendem


Stahl vermindern die Korrosionsbeständigkeit
der Oberfläche. Daher ist es gängige Praxis,
erkennbare Verfärbungen zu beseitigen. Bei
baulichen Anwendungen verbessert die Be-
handlung nicht nur das Erscheinungsbild,
sondern stellt auch die Korrosionsbeständigkeit
in vollem Umfang wieder her.

Anlauffarben auf Konstruktionen aus nichtros-


tendem Stahl lassen sich durch manuell
aufgetragene Beizpasten oder -gels, Sprüh-
beizen, Tauchbeizen oder elektrochemische
Behandlung entfernen. Stets muss eine
sorgfältige Entfettungsbehandlung voraus-
gehen. Manchmal kann auch eine Kombination
verschiedener Oberflächenbehandlungs-
techniken erforderlich sein, da die Salpeter-
säurebehandlung nicht in allen Fällen ausrei-
chend viel Metall von der Oberfläche abträgt.
So kann z.B. Schleifen mit anschließender
Salpetersäurereinigung zur Anwendung kom-
men. Es ist wichtig, Anlauffarben auch im
Nicht-Sichtbereich zu entfernen, wenn diese
Oberflächen den Umgebungsbedingungen
ausgesetzt sind.

Die Gebrauchsanweisung der Hersteller von


Beizprodukten sind sorgfältig zu beachten, da
diese Mittel gesundheitsschädliche Be-
standteile enthalten. Bei zu langer Einwirkzeit Bei komplexen Bauteilen ist das Tauchbeizen ein besonders geeignetes Verfahren,
Anlauffarben im Bereich geschweißter Verbindungen zu entfernen. Der Beizprozess
kann auf der Stahloberfläche Lochkorrosion
stellt die ursprüngliche Korrosionsbeständigkeit wieder her.
entstehen.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

6. Fremdrost

Um höchste Korrosionsbeständigkeit sicher Produkte und Anlagen aus geeigneten Stahl-


zu stellen, müssen die Oberflächen von sorten sind dann korrosionsgefährdet, wenn
nichtrostendem Stahl sauber und frei von or- Fremdeisenkontamination aufgetreten ist.
ganischen (Fett, Öl, Farben...) und metallischen
Verunreinigungen sein. Das gilt insbeson- Oberflächlicher Rost, der von Kontakt mit
dere für Spuren von Eisen oder Kohlenstoff- Kohlenstoffstahl herrührt, wird häufig fälsch-
stahl. licherweise dem nichtrostenden Stahl selbst
zugeschrieben. Die Erscheinungsformen kön-
Nichtrostender Stahl von seriösen Produzen- nen von bräunlichen Sprenkeln über rostige
ten, Verarbeitern oder Händlern ist in der Schleifspuren bis zu Lochkorrosion reichen,
Regel frei von Fremdeisen. z. B auf Geländern. Hierin liegt eine häufige
Ursache von Schadensfällen, die in Über-
gabeprotokollen von Stahlbaukonstruktionen
festgestellt werden.

So genannte Fremdeisenkontamination ist


häufig nach der Bauübergabe nur noch mit er-
heblichem Aufwand zu beseitigen. Durch
entsprechende Sorgfalt bei Lagerung, Trans-
port, Verarbeitung und Überwachung ist sie
von vornherein zu vermeiden. Im Bedarfsfall
lässt sie sich allerdings auch mit geeigneten
Verfahren wieder entfernen.

Zu den häufigsten Quellen von Fremdeisen-


kontamination gehören

• der Einsatz von Werk- und Hebezeugen


(einschließlich Lager- und Stützeinrich-
Fremdeisen-Verunreinigung auf nichtrostendem Stahl: Der gezeigte Fall ist typisch
für die gemeinsame Verarbeitung von nichtrostendem und un- oder niedrig legier- tungen, Staplern, Ketten usw.) aus Kohlen-
tem Stahl in demselben Betrieb ohne geeignete Trennung der Arbeitsbereiche. Bei stoffstahl ohne anschließende Reinigung,
der Wiederherstellung ist darauf zu achten, dass der Rost restlos entfernt und nicht
nur auf der Oberfläche fein verteilt wird.
• Trenn-, Schleif- oder Montagevorgänge an
Kohlenstoffstahl in gemeinsam genutzten
Arbeitsbereichen ohne geeignete Trennung
oder Reinigung.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

Bei Verdacht auf Fremdeisenverunreinigung Wird Fremdeisenkontamination festgestellt,


kann eine Reihe von Tests angewandt werden. sind alle Spuren restlos zu entfernen. Dabei
Die amerikanischen Normen ASTM A380 und kann jeder Oberflächenbehandlungsprozess,
A967 beschreiben derartige Untersuchungen der eingebettete Eisenpartikel vollständig
auf Kontamination. beseitigt, eingesetzt werden. Allerdings ist
wichtig, dass die Verunreinigungen tatsäch-
Einige der üblichen Tests basieren lediglich lich vollständig entfernt und nicht nur auf der
auf der Beobachtung von Rosterscheinungen Edelstahloberfläche fein verteilt werden. Ver-
nach Kontakt mit Wasser oder hoher Luft- fahren, die eine Beizbehandlung umfassen,
feuchtigkeit in Abhängigkeit von der Aus- sind gegenüber einer lediglich mechanischen
lagerungsdauer. Um allerdings freies Eisen Bürst- oder Schleifbehandlung daher grund-
zu erkennen, das später zu Rost führen kann, sätzlich vorzuziehen.
sollte der Ferroxyl-Test benutzt werden.
Salpeter-Flusssäure-Mischungen sollten ver-
Dieser empfindliche Test weist sowohl freies mieden werden, wenn es lediglich darum
Eisen als auch Verunreinigungen durch geht, Fremdeisenkontamination zu beseiti-
Eisenoxid nach. ASTM A380, Abschnitt 7.3.4, gen. Derartige starke Beizlösungen haben
beschreibt eingehend das Verfahren, bei dem eine ausgeprägte Ätzwirkung und erfordern
eine Lösung von Salpetersäure, destilliertem daher eine präzise Prozessführung, wenn
Wasser und Kaliumferricyanid (gelbem Blut- unerwünschte Veränderungen im Erschei-
Durch Fremdeisen
laugensalz) eingesetzt wird. Die Lösung kann nungsbild der damit behandelten Oberflächen verunreinigte Oberfläche
nach dem Rezept in ASTM A380 selbst her- vermieden werden sollen. eines Bauteils aus nicht-
gestellt werden, allerdings sind entsprechende rostendem Stahl:
aufgrund galvanischer
Prüflösungen auch bei den einschlägigen Her- Beratungsstellen für Edelstahlanwendung
Reaktion zwischen den
stellern von Beiz- und Reinigungsprodukten verfügen häufig über Hinweise auf Dienst- beiden metallischen
erhältlich. leister, die auf die Entfernung von Fremdeisen- Werkstoffen oxidieren
verunreinigungen sowie die Wiederherstel- die Eisenpartikel
beschleunigt und
Die nationalen Beratungsorganisationen für lung und Reinigung dekorativer Oberflächen
hinterlassen dabei
nichtrostenden Stahl können über die jew- spezialisiert sind. Korrosionsspuren auf
eils verfügbaren Produkte Auskunft erteilen. dem nichtrostenden
Stahl.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

7. Ausschreibung von Beiz- und


Passivierungsarbeiten

Badbeizen, Sprühbeizen und chemische Pas- Fachunternehmen sollten sorgfältig danach


sivierung sollten Unternehmen überlassen ausgewählt werden, dass sie entsprechend
werden, die auf die Edelstahlverarbeitung den nationalen und europäischen Arbeits-
bzw. die chemische Oberflächenbehandlung und Umweltschutzbestimmungen verfahren.
spezialisiert sind.
Erforderlichenfalls sollten die Verfahren und
Richtige Prozesswahl und -steuerung sind die zu erzielende Oberflächenbeschaffenheit
bei diesen potenziell gesundheitsschädlichen zwischen Auftraggeber und -nehmer explizit
Prozessen ausschlaggebend für die Erzielung vereinbart werden. Am besten werden vertrag-
der gewünschten Korrosionsbeständigkeit. liche Vereinbarungen an Proben festgemacht
und nicht allein an Messungen von Ober-
flächenrauhigkeit (Ra ) oder Glanzgraden.

Nach der Fertigung


zeigt der Behälter
Bearbeitungsspuren,
Beschriftungen und
Anlauffarben. Ohne
Nachbehandlung würde
die Korrosionsbestän-
digkeit beeinträchtigt
und könnte zu vorzeiti-
gem Versagen führen.

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BEIZEN UND PASSIVIEREN NICHTROSTENDER STÄHLE

Die Passivierung ist durch eine europäische Die amerikanischen Normen decken eine
Norm geregelt: größere Bandbreite von Verfahren ab, darunter
Reinigung, Beizen und Passivieren. Die
• EN 2516:1977 Passivieren von korrosions- wesentlichen Regelwerke sind:
beständigen Stählen und Dekontaminie-
rung von Nickellegierungen • ASTM A380 - Practice for Cleaning, Descal-
ing and Passivating of Stainless Steel Parts,
Die verschiedenen Gruppen nichtrostender Equipment and Systems
Stähle werden bestimmten Verfahrensklassen • ASTM A967 - Specification for Chemical
zugeordnet, die ein- bzw. zweistufigen Pas- Passivation Treatments for Stainless Steel
sivierungsbehandlungen auf der Basis von Parts
Salpetersäure oder Natriumdichromat-Lösun-
gen zugeordnet werden. Die jeweiligen Beratungsstellen für nicht-
rostende Stähle können Hinweise auf Unter-
nehmen geben, die Oberflächenspezifika-
tionen für bestimmte Projekte erarbeiten
können.

Nach dem Reinigen,


Beizen und Passivieren
liegt durchgehend ein
optimaler Oberflächen-
zustand vor. Das Bauteil
ist optisch einwandfrei,
die stahlsortentypische
Korrosionsbeständigkeit
wird in vollem Umfang
erreicht.
ISBN 978-2-87997-262-6

Diamant Building · Bd. A. Reyers 80 · 1030 Brüssel · Belgien · Tel. +32 2 706 82-67 · Fax - 69 · e-mail info@euro-inox.org · www.euro-inox.org

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