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Bauen in Stahl Bautendokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz

01/12
steeldoc

Hallenbau
Planungsleitfaden

tec 03
Inhalt

1 Hallenkonstruktionen in Stahlskelettbauweise 4
Der Werkstoff Stahl
Bauen mit Stahl
Hallen aus Stahl als architektonische Aufgabe
Wirtschaftlichkeit
Flexibilität
Integrierte Planung
Gestaltung

2 Tragstrukturen 6
Übersicht
Binder und Stützen
Rahmen
Bogen
Räumliche Tragwerke

3 Gebäudehülle 23
Wärmeschutz
Feuchteschutz
Schallschutz
Bausysteme für Dach und Wand
Belichtung
Belüftung

4 Brandschutz 27
Rauch- und Wärmeabzug
Flucht- und Rettungswege Kompetenz im Stahlbau
Zugänglichkeit
Brandabschnitte
Feuerlöscheinrichtungen Das Stahlbau Zentrum Schweiz ist das Schweizer
Baulicher Brandschutz ­Kom­­petenz-Forum für den Stahlbau. Als Fachorganisation
­vereint das SZS die wichtigsten stahlverarbeitenden
5 Korrosionsschutz 28 ­Betriebe, Zulieferfirmen und Planungsbüros der Schweiz
Korrosionsschutz nach Mass und erreicht mit seinen Aktionen mehr als 8000 Archi­­tek­
Beschichtungen tinnen, Bauplaner, Entscheidungsträger und Institutionen.
Metallische Überzüge Das SZS informiert das Fachpublikum, fördert die For-
Beschichtungen auf feuerverzinkten Bauteilen schung, Entwicklung und Zusammenarbeit im Stahlbau,
(Duplex-Systeme) pflegt internationale Verbindungen und unterstützt die
Aus- und Weiterbildung von Fachleuten. Seine Mitglieder
6 Integration der Systeme 29 profitieren von einem breiten Leistungsangebot zu
Tragwerk ­g üns­t igen Konditionen.
Hüllkonstruktion
Technisher Ausbau Steeldoc ist die Bautendokumentation des Stahlbau
Integrationskonzepte ­Zentrums Schweiz und erscheint periodisch mindestens
viermal pro Jahr. Sonderhefte mit einem technischen
7 Nachhaltigkeit 30 Schwerpunkt können auch einzeln oder als separate Reihe
Wirtschaftlichkeit bezogen werden.
Ökologische Qualität
Soziale Aspekte www.szs.ch
Tipps zur Planung nachhaltiger Hallen

Stahlbau Zentrum Schweiz


Centre suisse de la construction métallique
Centro svizzero per la costruzione in acciaio
Editorial

Das vorliegende technische Sonderheft von Steeldoc ist ein praktischer


Planungsleitfaden für den Hallenbau. Der Hallenbau verdeutlicht
­ex­­­em­plarisch die Vorteile der Stahlbauweise: flexibel, beliebig verän­
derbar und erweiterbar. Die Gestaltung von Hallenbauten richtet
sich in erster Linie nach praktischen Parametern. Die Nutzung eines
Gebäudes bedingt die Berücksichtigung von Lasten, Ausmassen
und Produktionsabläufen oder ­Aktivitäten. Die Wahl der Tragstruktur
hat also direkte Auswirkungen auf die Raumdimension, die Leitungs­-
führung für technische Installationen und die langfristige Nutzbarkeit
der G ­ eschosse. Es werden deshalb meis­tens Struktur-Typen gewählt,
die sich additiv oder modular erweitern lassen, was letztlich auch
die Lang­lebigkeit des Gebäudes ausmacht.

Das Heft erläutert die häufigsten Arten von Hallentragwerken sowie


deren Besonderheiten und Vorteile. Es bietet Hilfestellung bei der
­Planung und Realisierung von kostengünstigen und optimierten Hallen-
bauten. Eine Einführung geht auf die Planungsgrundsätze ein unter
­Berücksichtigung der gestalterischen Absicht, der Wirtschaftlichkeit,
Flexibilität und Integration der Technik. Das Kapitel Tragstrukturen
stellt die üblichen Hallentypologien vor wie Skelett, Rahmen, Bogen
und räumliche Tragwerke. Ein weiterer Artikel ist der Gebäudehülle
­gewidmet sowie dem Brandschutz und Korrosionsschutz. Schliesslich
wird auch auf die Kriterien der Systemintegration sowie der Nach­
haltigkeit eingegangen.

Parallel zu dieser technischen Ausgabe von Steeldoc erscheint die


Nummer 02/12 mit der Dokumentation von praktischen Beispielen.
Wie immer geht die Dokumentation bis ins Detail, so dass sie
­praktische Anregung und Planungshilfe bietet. Wir wünschen viel
Vergnügen beim Studium der folgenden Seiten von Steeldoc.

Evelyn C. Frisch

3
Einleitung

1 Hallenkonstruktionen in Stahlskelettbauweise

Der Werkstoff Stahl

Kein anderer Werkstoff wird in so vielen unterschiedlichen Eine Halle aus Stahl erfüllt in exemplarischer Weise die
Anwendungsbereichen zur Erzielung hervorragender End- Anforderungen, die heute an ein hochwertiges Industrie-
produkteigenschaften eingesetzt. Die Vielfalt der Eigen- produkt gestellt werden. Die Herstellung der Tragelemente
schaften, kombiniert mit den zahlreichen Lieferformen ­als erfolgt in Stahlbauwerkstätten mit Hilfe rechnergestützter
Bleche, Rohre, Profile, Träger, Stäbe, Drähte oder Seile, Planungs- und Fertigungsverfahren. Die hohe Tragfähigkeit
machen Stahl zu einem unentbehrlichen Werkstoff in na- von Stahl in Verbindung mit einer an den Werkstoff ange-
hezu allen Bereichen der Technik. passten Tragstruktur ermöglicht ein günstiges Gewicht des
Tragwerks, was zur Ausbildung vergleichsweise kleiner
Der Stahl erhält seine breite Palette von Verwendungs­ Fundamente führt. Geschraubte Montageverbindungen und
eigenschaften durch eine grosse Anzahl unterschiedlicher das relativ geringe Gewicht der Bauteile sind vorteilhaft
herstellungstechnischer Verfahren. Bestimmte Gefüge­ bei Transport und Montage.
zustände lassen sich durch metallurgische Massnahmen oder
gezielte Wärmebehandlungen erreichen. Verschiedene Für die Konstruktion der Gebäudehülle stehen Bauteile
­Arten der Oberflächenbehandlung eröffnen weitere Anwen- aus oberflächenveredeltem Feinblech zur Verfügung: ­Aus
dungsfelder. Die an den Stahl gestellten Anforderungen Trapezblechen wird die Dachkonstruktion gebildet, ­mit
können seine physikalischen oder seine chemischen Eigen- Stahlkassettenprofilen werden Wandkonstruktionen her­
schaften betreffen. gestellt, Sonderprofile dienen als Vorsatzschale bei der
Konstruktion einer regen- und winddichten Aussenhaut.
Überall dort, wo hohe Tragfähigkeit gefragt ist, wo es beim PUR-Sandwichelemente schliesslich sind integrierte
Bauen gilt, grosse Höhen zu erreichen, extreme Spann­ ­Bauelemente zur Konstruktion von Dach und Wand, bei
weiten zu überwinden, aber auch dort, wo hohe Belastbarkeit denen Wärmedämmfunktion sowie aussen- und innen­
und geringes Gewicht gefordert werden, wie zum Beispiel seitiger Raumabschluss in einem Bauteil vereinigt sind.
im Fahrzeugbau, ist Stahl ein optimaler Werkstoff.

Stahlprodukte können wiederholt eingesetzt werden. Ist Hallen aus Stahl als architektonische Aufgabe
eine Verwendung in der ursprünglichen Form nicht möglich,
so werden sie eingeschmolzen und gehen ohne Qualitäts- Innerhalb unserer Industriekultur sind Hallen weit verbreitet
verlust wieder in neue Produkte ein. Fast 50 % der Weltroh- und praktisch in jedem Gewerbegebiet zahlreich vertreten.
stahlerzeugung wird aus Schrott erschmolzen. Kein anderer Die städtebauliche und architektonische Qualität vieler Ge-
Baustoff hat eine vergleichbar hohe Recyclingrate. werbegebiete ist von zahlreichen Faktoren beeinflusst, z. B.
dem Bebauungsplan, der Heterogenität der Nutzungen,
Baukörper und Bauweisen, bis hin zur Qualität des einzel-
Bauen mit Stahl nen Bauwerks. Stahl als Baumaterial bietet zahlreiche
­Möglichkeiten, auch dem Anspruch einer guten Gestaltung
Stahlbauelemente gelangen in festen Abmessungen zum Genüge zu tun.
Bauplatz und werden dort durch Schraub- und Schweiss-
verbindungen gefügt. In den millimetergenau vorgefertigten Eine Halle ist zumeist kein solitärer Baukörper. Wenn Büro-
Bauteilen zeigt sich die mit Stahl mögliche Präzision, die und Verwaltungsbereiche, Werkstätten und Technikräume
es erlaubt, Abmessungen, Zuschnitt und Montage der Werk- sowie Nebenräume und Vordächer nicht als Einheit mit der
stücke exakt zu planen. Die Zahl der auf der Baustelle Halle geplant sind, können sie als massstabsfremde Ele-
­auszuführenden Verbindungen wird durch Transportmasse, mente die einfache und klare Gestalt des Baukörpers
Krangewichte und die Bewegungsfreiheit auf der Baustelle ­beeinträchtigen. Gute Beispiele zeigen jedoch, dass diese
bestimmt. Dies ist ein entscheidender Vorteil, der den Stahl­ Elemente so entwickelt werden können, dass sie zum
bau von anderen Bauweisen unterscheidet. In Zukunft ­Bau­körper der Halle passen oder eine Einheit mit ihm bilden.
wird diese Bauweise daher stark an Bedeutung gewinnen.

Industrialisiertes Bauen heisst: Verwendung spezieller Bau­ Wirtschaftlichkeit


elemente, Serienfertigung der Einzelkomponenten des
Bauwerks, Typisierung der Anschlüsse und Verbindungen, Bei Hallen spielt die Ökonomie des Tragwerks eine ent-
maschinelle Bearbeitung der Werkstücke, weitgehende scheidende Rolle. Mit zunehmender Spannweite wird
Vorfertigung von Bauwerksteilen in der Werkstatt und exakt es wichtiger, optimiert zu planen und Materialeinsatz, Her-
geplante Montage und Bauprozesse. stellungskosten und Montageaufwand zu minimieren. ­
Dies gelingt mit der Ausbildung adäquater Tragwerke. Da

4 steeldoc 01/12
Tragwerk einer typengeprüften
Stahlhalle, ProKilo-Markt,
Würselen (D), Spannweite
das Tragwerk als fertiges Produkt nicht verfügbar ist, muss Integrierte Planung
20 m
es immer wieder neu an die jeweilige Aufgabe angepasst
werden. Dabei ist entscheidend, dass die einzelnen Tragglie- Die Konstruktion einer Halle ist häufig nicht auf die Ent-
der und Tragelemente möglichst exakt an den Kraftfluss wicklung des Tragwerks und einer passenden Hülle
­innerhalb des Tragwerks angepasst werden. Hallen haben ­beschränkt. Die Gebäudetechnik und produktionsbedingte
zumeist grossflächige Hüllen. Das erfordert den Einsatz technische Einrichtungen sind bei der Planung eines
­geeigneter Bauprodukte. Dach- und Wandelemente aus ober- In­dus­triebaus von Anfang an zu berücksichtigen. Eine
flächenveredelten Feinblechen sind in ihren Abmessungen ­möglichst frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Architekt,
für den Raumabschluss grossformatiger Felder geeignet. Tragwerksplaner und Fachingenieuren ist deshalb Voraus­
Kleinformatige Bauteile verursachen arbeitsintensive Mon- setzung für die ganzheitliche Entwicklung eines Hallen­-­
tagevorgänge. bauwerks. Nur eine integrierte Planung kann zu einem
Bauwerksentwurf führen, in dem alle Einzelaspekte an­
gemessen berücksichtigt sind.
Flexibilität

Hallen unterscheiden sich im wesentlichen nach ihren Nut- Gestaltung


zungen. Übliche Hallentypen sind Ausstellungs-, Bahn-
hofs-, Fabrik-, Flugzeug-, Lager-, Markt-, Sport-, Verkaufs-, Da die Gebäudehülle das Tragwerk vollständig umschliesst,
Produktions- und Werkhallen. Allen Hallentypen ist eines ist sie für die Erscheinung eines Hallenbauwerks bestim-
gemein: Sie sollten im Laufe ihrer Nutzung geänderten An- mend. Das Tragwerk einer Halle ist in der Regel nur von
forderungen angepasst werden können. ­innen wahrnehmbar. Eine an den Kräfteverlauf angepasste
Stahlkonstruktion mit ihren präzisen Details und ihrer
Die Stahlhalle bietet hier eine Reihe von Möglichkeiten: grosszügigen geometrischen Ordnung gliedert den Innen-
• sie kann in beiden Richtungen einfach und kostengünstig raum. Zudem erfordert es nur einen geringen Aufwand,
erweitert werden, diese Gliederung auch nach aussen erkennbar zu machen.
• das Stahltragwerk kann örtlich verstärkt werden, Soll das Tragwerk selbst als wichtiges Gestaltungselement
• Dachöffnungen können nachträglich eingebaut werden, von aussen sichtbar sein, ist besonderes Augenmerk auf
• eine Demontage und Wiedermontage lässt sich, bei die Ausbildung der Durchdringungen des Tragwerks
­geschraubter Ausführung der Konstruktion, preisgünstig mit der Hülle zu richten, um Undichtigkeiten zu vermeiden
durchführen, und Wärmebrücken zu minimieren.
• ein Abbau der Konstruktion ist durch 100% -iges Re­
cycling des Stahls ausgesprochen umweltfreundlich. In klaren Baukörpern kommt die von der jeweiligen Trag-
­Zudem deckt der Schrotterlös einen wesentlichen Teil struktur vorgegebene Gestalt am besten zum Ausdruck. Es
der Abbaukosten. ist deshalb empfehlenswert, erforderliche Anbauten von
der Halle abzurücken und sie als eigenständige Baukörper
Eine immer raschere Folge neuer Produkte fordert von zu entwickeln. Anbauten, die mit den Proportionen der
­einer Industriehalle ein Höchstmass an Flexibilität bei der Halle übereinstimmen, können mittels einer Fuge an die
Raumaufteilung, der Medienversorgung und der Umrüst­ Halle angeschlossen werden. Grundsätzlich sollte geprüft
barkeit, um auf wechselnde Nutzungs- oder Produktions- werden, ob die im Anbau enthaltenen Funktionsbereiche
bedingungen reagieren zu können. nicht auch innerhalb der Halle selbst untergebracht werden
können.

5
Tragwerk

2 Tragstrukturen

Übersicht

Die architektonische Gestalt einer Halle ist die äussere Er- lasten beteiligt sind. Dies bedeutet für ein zweiläufiges
scheinung einer bestimmten inneren Struktur. Grundsätz- ­System die Ausbildung eines quadratischen Konstruktions-
lich kann man gerichtete und ungerichtete sowie zentrierte rasters. Zu den ungerichteten Tragwerken gehören zwei-
Strukturformen unterscheiden. und dreiläufige Roste und Raumfachwerke. Ein Vorzug
­ungerichteter Tragstrukturen ist ihre Erweiterbarkeit in zwei
Tragstrukturen, deren Haupttragelemente aus Stützen Richtungen. Die mehrfache Symmetrie ungerichteter Struk-
und Bindern, aus Rahmen oder aus Bögen und deren Neben­ turen prädestiniert sie für nicht alltägliche Bauaufgaben.
tragelemente aus Pfetten, Trapezblechen oder Platten
bestehen, sind gerichtete Tragstrukturen. Die Tragelemente
sind in Längs- und Querrichtung unterschiedlich bean- Aussteifung
sprucht. Die Haupttragglieder stehen in der Regel senk-
recht zur Gebäudelängsachse. Räumliche Tragwerke – Grundsätzlich muss jedes Hallenbauwerk in Längs- und
wie Trägerroste oder Raumfachwerke – als Tragsysteme Querrichtung ausgesteift werden. Die dafür erforderlichen
sind ungerichtete Tragstrukturen. Die Lastabtragung erfolgt Massnahmen im Dach- und Wandbereich sind abhängig
in mindestens zwei Richtungen. Tragstrukturen, deren von der jeweiligen Strukturform des Tragwerks. Rahmen-
­Tragelemente wie Speichen auf ein Zentrum hin ausgerich- und Bogentragwerke sind in Querrichtung stabil und er­
tet sind (Rundhallen), werden als zentrierte Strukturen fordern deshalb zusätzliche Aussteifungsmassnahmen nur
­bezeichnet. in Längsrichtung. Tragwerke aus Stützen und Bindern und
räumliche Tragwerke müssen in Längs- und Querrichtung
Bauteilanordnungen, die keiner erkennbaren geometrischen ausgesteift werden.
Ordnung folgen, können als chaotische Strukturen bezeich-
net werden. Sie sind nach dem «Mikadoprinzip» angeordnet, Zur Aussteifung dienen schubsteife Scheiben, steife Kerne
also rein zufällig. Ihrem Wesen nach widersprechen sie den und die Einspannung von Stützen, Rahmenstielen oder
Prinzipien des industriellen Bauens und sind deshalb für die Bögen. Schubsteife Scheiben im Dach- und Wandbereich
Konstruktion einer Halle denkbar ungeeignet. Für alle ge- können durch Massivbauteile oder stahlbaugerecht durch
nannten Strukturformen gilt, dass sie als ebene, einachsig aussteifende Verbände hergestellt werden. Auch mittels
gekrümmte oder zweiachsig gekrümmte Tragwerke reali- der Trapezblechdeckung kann eine Scheibenwirkung erzielt
siert werden können. werden.

Ein gelungener Entwurf berücksichtigt die Bedingungen,


die sich aus dem strukturellen Aufbau der Konstruktion Pfetten
­ergeben. Die Anordnung der aussteifenden Verbände, der
Öffnungen für Belichtung und Belüftung, der Tore, der Pfetten haben die Aufgabe, die Dachlasten aus der Dach-
Kranbahn sowie der Elemente des technischen Ausbaus deckung zu den Haupttragelementen (Binder, Rahmen­
soll im Einklang stehen mit den geometrischen Vorgaben riegel oder Bogen) zu leiten. Darüber hinaus können Pfetten
der Struktur. Die nebenstehenden Isometrien zeigen als Druckriegel innerhalb aussteifender Verbände dienen.
­unterschiedliche Anordnungen für Binder und Pfetten ­ Bei einem Achsabstand der Haupttragelemente bis zu 7 m
und ­verschiedene Aussteifungsmöglichkeiten. kann es wirtschaftlich sein, Trapezbleche direkt auf die
­Träger aufzulegen und pfettenlos zu konstruieren. Grössere
Bei allen gerichteten Tragstrukturen ist die Ausführung der Achsabstände reduzieren die Anzahl der Haupttragele-
Giebelwandkonstruktion zu bedenken. Ist eine Erweiterung mente und Fundamente, erfordern jedoch den Einsatz von
der Halle in Längsrichtung nicht möglich, kann auf einen Pfetten. Im Hallenbau werden als Pfetten warmgewalzte
Endbinder bzw. Endrahmen verzichtet werden. Die Lasten Profile oder dünnwandige, kaltgeformte Profile mit Z- oder
können dann kostengünstiger durch tragende Giebelwand- C-förmigem Querschnitt verwendet.
stiele mit einem Randträger abgetragen werden. Ist jedoch
eine Erweiterung der Halle in Längsrichtung zu erwarten,
ist es vorzuziehen, auch im Giebelwandbereich einen Voll- Krananlagen
binder bzw. einen Vollrahmen auszuführen, an den die
­Giebelwandstiele unmittelbar befestigt werden. Dies erspart Bei Krananlagen unterscheidet man, abhängig von der ­
Kosten bei einer späteren Erweiterung. zu bewegenden Last, einfache Hängebahnen mit Elektroseil-
zügen (Katzbahnen) sowie Brückenkrane. Krananlagen
Der Vorteil ungerichteter Strukturen besteht darin, dass alle werden in der Regel vom Boden aus bedient (flurgesteuert).
Tragelemente gleichmässig an der Abtragung der Vertikal- Brückenkrane für schwere Lasten werden von einer mit-

6 steeldoc 01/12
Rahmentragwerke

Eingespannte Rahmen* Zweigelenkrahmen


mit Pfetten

Dreigurtige Fachwerkrahmen Abgespannte Rahmen

Stützen- und Binder­-


konstuktionen

Halle ohne Pfetten* Halle mit Pfetten

Fachwerkträger und Pfetten Unterspannte Binder


mit Pfetten
Bogenkonstruktionen

Dreigelenkbogen mit Pfetten Aufgeständerte Bögen

Bogenkonstruktion Aufgeständerte
als Fachwerk Bögen als Fachwerk

Raumtragwerke

Trägerrost auf
eingespannten Stützen Abgespannter Rost

Raumtragwerk auf
eingespannten Stützen Gekrümmtes Raumtragwerk

Abb. 1: Mögliche Tragsysteme für Hallen aus Stahl * Zum Beispiel mit aussteifender Dacheindeckung

7
Tragwerk

fahrenden Kabine aus bedient (korbgesteuert). Bei Hänge-


bahnen werden die Kranlasten in die Dachkonstruktion
eingeleitet, während grössere Lasten von Brückenkranen
direkt in die Stützen eingeleitet werden.

Gründung
Längsaussteifung einer
Rahmenhalle mit Keuzver­
bänden und tragender
Neuere Untersuchungen zum Tragverhalten einbetonierter
Giebelwand im Endfeld
Stahlstützenfüsse zeigen, dass Hülsenfundamente auch
im Stahlbau eine kostengünstige Alternative sein können.
Demnach führen erforderliche Einspanntiefen von häufig
weniger als dem Dreifachen der Stahlprofilhöhe zu verhält-
nismässig kleinen Fundamentabmessungen.

Die Möglichkeit einer vorteilhaften werkstattseitigen Vor-


fertigung von Einzelfundamenten sollte immer überprüft
werden.

Auflagerung für
durchlaufende Pfette

Langlöcher in der Konsole zur


Feinjustierung der Kranbahn

Gelenkiger Stützenfuss,
leichte Ausführung mit
Ankerschiene

8 steeldoc 01/12
Längsaussteifung einer Längsaussteifung einer Längsaussteifung einer
Rahmenhalle mit Keuz­- ­ ahmenhalle mit Sonder­
R ­R ahmenhalle mit Portalrahmen
ver­b änden und Endrahmen verband zur Integration zur Integration eines Tores
für Erweiterung eines Tores im Wandbereich im Wandbereich

Pfettenendauflager Auflagerung einer durch­ Auflagerung einer durch­


laufenden Pfette aus laufenden Pfette aus
kaltgeformtem Z-Profil ­k alt­g eformtem Sonderprofil

Geschweisste und Geschweisster Längsstoss der


geschraubte Kranbahnkonsolen Kranbahn im Auflagerbereich
aus Walzprofilen

Eingespannter Stützenfuss, Eingespannter Stützenfuss,


schwere Ausführung Hülsenfundament
mit ­H ammerkopfschrauben
und Ankerbarren

9
Tragwerk

halterungen oder mit Kranbahnlasten wird das Profil ent-


sprechend der maximal belasteten Profilachse gewählt.
Eingespannte Stützen sollten nur dann gewählt werden,
wenn eine Lösung mit Vertikalverbänden nicht möglich,
die Knicklänge gering ist und viele Stützen zur Horizontal-
lastabtragung aktiviert werden können. Die Einspannung
kann über Köcherfundamente oder Ankerbarren erfolgen.
Die Ausbildung der Binderanschlüsse und der Fussplatten
sollte so erfolgen, dass Aussteifungsrippen möglichst ver-
mieden werden.
Sporthalle Burkertsmatt,
Widen; Architekt Rolf Mühle­ Binderformen
thaler, Widen (CH), Bern
Binder sind ebene biegebeanspruchte Tragelemente. Für
die Biegebeanspruchbarkeit eines Trägers sind jene
Binder und Stützen ­Querschnittsbereiche massgebend, die in der Biegeebene
möglichst weit von der Schwerachse entfernt liegen.
Trageigenschaften Die Momententragfähigkeit hängt deshalb von der Quer-
Innerhalb der hier vorgestellten Bauweisen zur Konstruk- schnittsform des Trägers ab. Daher hat der Querschnitt
tion einer Halle stellt das System aus Stützen, Bindern ­eines Doppel-T-Profils eine für die Biegebeanspruchung
und Pfetten und zusätzlichen aussteifenden Verbänden optimale Massenverteilung. Im Stahlbau ist diese Quer-
­einen Baukasten dar, der vielfältige Variationsmöglich­ schnittsform synonym für einen Biegeträger. Mit zuneh-
keiten erlaubt und an grosse und kleine Spannweiten und mender Spannweite ist es sinnvoll, den Querschnitt des
unterschiedliche Funktionen anpassbar ist. Tragprofils der Beanspruchung noch besser anzupassen.
Bei einem Lochstegträger oder Wabenträger, der durch
Im Hinblick auf den Momentenverlauf stellt das System Auftrennen und Wiederzusammensetzen eines Doppel-­
«Träger auf zwei Stützen» den ungünstigsten Fall dar. T-Profils hergestellt wird, ist die Massenverteilung wesent-
Diese Trägeranordnung führt zu einem maximalen Moment lich günstiger als beim Ausgangsprofil. Geschweisste
in Feldmitte und damit zu grossen Schnittkräften und Blechträger mit dünnen Stegen bieten hier oftmals eine
­Verformungen, die durch einen entsprechenden Materialein- wirtschaftliche Alternative. In Fachwerkträgern werden
satz kompensiert werden müssen. Träger mit Kragarmen, die Gurtprofile durch Füllstäbe auf Abstand gehalten.
Zweifeldträger und Durchlaufträger hingegen bewirken ein An den Knotenpunkten greifen idealerweise nur Zug- und
geringeres Feldmoment und eine günstigere Verteilung Druckkräfte an.
­der (inneren) Kräfte. Dies gilt besonders für die Pfetten.
Daher werden die Pfetten meist als Durchlaufträger aus­ Beim Vierendeelträger sind zwischen den Gurtprofilen nur
geführt und liegen dabei auf den Bindern auf. Die aus ­ senkrechte Pfosten angeordnet, wodurch die einzelnen
der Hülle resultierenden Horizontalkräfte (Wind) werden Tragglieder biegebeansprucht sind. Vierendeelträger erfor-
über eine Unterkonstruktion aus Pfosten und Riegeln dern deshalb immer einen höheren Materialeinsatz als
in die Tragkonstruktion eingeleitet. Horizontalverbände in ein vergleichbarer Fachwerkträger. Sie haben jedoch den
der Dachebene nehmen die Kräfte auf und leiten sie über Vorteil grosser, ungestörter Öffnungen.
die Binder in Vertikalverbände ein. Die Vertikalverbände
befinden sich in den Wandebenen und dienen zur Ab­ Voraussetzung für wirtschaftliches Konstruieren ist eine
leitung der Kräfte zum Stützenfusspunkt. Es ist nicht not- möglichst einfache konstruktive Ausbildung der Knoten-
wendig, jedes Feld mit einem aussteifenden Verband zu punkte. Die Ausbildung von echten Gelenken ist nicht
versehen. Zur Ableitung der Längskräfte genügt bei klei- üblich. Durch Schraub- und Schweissverbindungen entstehen
nen Hallen meist ein Verbandsfeld, das etwa in Hallenmitte mehr oder weniger steife Verbindungen. Die dadurch
angeordnet sein sollte. Für grössere Hallen sind dafür ­entstehenden Nebenspannungen bleiben jedoch bei der
­mindestens zwei Verbandsfelder notwendig. Dimensionierung eines Fachwerkträgers unberücksichtigt.

Stützenformen
Der Stützenquerschnitt wird durch die Art der Beanspru-
chung geprägt. Reine Pendelstützen ohne Zwischenhalte-
rungen (normalkraftbeansprucht) sollten wegen der allseitig
gleichen Knickbeanspruchung aus statischen Gründen
in beiden Achsen annähernd gleiche Steifigkeit aufweisen.
Bei eingespannten Stützen und Stützen mit Zwischen­

10 steeldoc 01/12
Lochstegträger als Binder
über zwei Felder mit
Kragarmen, Spannweite 12,5 m

Durchlaufende Binder
aus Vollwandprofilen,
Spannweite 12 m

Binder als zweigurtiger


Fachwerkträger,
Spannweite 36,6 m

Binder als dreigurtiger


Fachwerkträger,
Spannweite 29,3 m

Geknickter Binder mit Kragarm


als dreigurtiger Fachwerk­
träger, Spannweite 54,5 m

11
Tragwerk

1 Wabenträger
2 Dreigurtträger
3 Vierendeelträger
4 R-Träger
5 Unterspannter Träger
6 Explosionsdarstellung unter-
spannter Träger
7 Knotenpunktausbildungen
6 für Fachwerkträger

12 steeldoc 01/12
Binder aus Vollwandprofilen
mit Unterspannung, ­
Spannweite 30,5 m

Binder mit Kragarmen als


­d reigurtiger Fachwerkträger,
Spannweite 28,8 m

Binder aus Vollwandprofilen


mit Abspannung,
Spannweite 22,8 m

13
Tragwerk

schnitten. An der Ableitung horizontaler Kräfte (Wind)


beteiligen sich im Rahmen Stiel und Riegel gleichermas­sen.

Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Ausbildung der


Rahmenecke. Die Kraftumlenkung ruft im Eckbereich ­
lokal hohe Spannungen hervor, die geeignete konstruktive
Massnahmen wie Vouten oder Steifen erfordern. Will
man den Fertigungsaufwand der Eckkonstruktion minimieren,
führt das zu den sogenannten nachgiebigen Rahmenecken.
Dazu zählen alle Rahmenecken deren übertragbares
­Moment oder deren Steifigkeit geringer als die des ange-
schlossenen Binders sind. Der rechnerische Aufwand
zur Bemessung derartiger Konstruktionen ist allerdings
­ungleich höher als bei konventionell ausgeführten Rah-
menecken. Deshalb sollten die Kostenvorteile der Fer­ti­gung
genau gegen den Mehraufwand der Bemessung abge­
wogen werden.

Amada Solution Center, Haan; Bei einem Rahmentragwerk sind aussteifende Massnah­-
Architekten Takenaka Europe men nur in Hallen-Längsrichtung erforderlich. In mindes-
GmbH, Düsseldorf Haan (D)
tens einem Feld der Halle sind Horizontal- und Vertikal­-
Rahmen verbände vorzusehen. Die Ausbildung von K- oder Kreuz-
verbänden ist hierzu besser geeignet als vollwandige
Trageigenschaften Scheiben, eingespannte Rahmenstiele oder die Ausbildung
Das am weitesten verbreitete Tragwerk im Stahlhallenbau eines zusätzlichen Portalrahmens in Hallenlängsrichtung.
ist das Rahmentragwerk. Im Unterschied zu Tragstrukturen
aus Stützen und Bindern, die untereinander gelenkig ver- Rahmenformen
bunden sind, sind Rahmentragwerke durch die biegesteife Die biegesteife Verbindung von Stiel und Riegel bestimmt
Verbindung zwischen Rahmenstiel und Rahmenriegel ge- ein Rahmentragwerk. Auch in ästhetischer Hinsicht ­cha­-
kennzeichnet. Anders als in Tragsystemen aus Stützen und rakterisiert dieses Detail das Tragwerk und bedarf deshalb
Bindern, bei denen nur der Binder biegebeansprucht ist, besonderer Beachtung.
ist die Biegebeanspruchung in Rahmentragwerken auf Stiel
und Riegel verteilt. Dieses günstige Tragverhalten führt Unabhängig von der Unterteilbarkeit der Rahmentragwerke
zu einem vergleichsweise geringeren Materialeinsatz. in Zweigelenkrahmen, Dreigelenkrahmen und eingespan­nte
Rahmen können einschiffige, zweischiffige und mehr­
Der Rahmenstiel hat zusätzlich zur Normalkraft Biege­ schiffige Rahmentragwerke unterschieden werden. Einen
momente aufzunehmen. Das bedingt einen Querschnitt mit Sonderfall stellt der einhüftige Rahmen dar, bei dem
erhöhter Steifigkeit in der Rahmenebene. Da die Biegebe- der Riegel nur an einem Stiel biegesteif angeschlossen ist.
anspruchung des Rahmenstiels mit gelenkigem Fuss von Weitere vielseitige Variationsmöglichkeiten der Rahmen-
der Rahmenecke zum Rahmenfusspunkt hin abnimmt, kann bauweise ergeben sich aus der Möglichkeit, den Riegel
man den Rahmenstiel, dem Kraftfluss angepasst, zum Fuss-­ oder auch Stiel und Riegel in eine Fachwerkstruktur aufzu-
punkt hin verjüngen. Aus der Beanspruchung der Trag­ lösen. Dabei sind zweigurtige Fachwerke ebenso her­
elemente Stiel und Riegel leiten sich bestimmte, mit der stellbar wie drei- und mehrgurtige Fachwerksysteme. Will
Bauweise in Zusammenhang stehende Eigenschaften her: man die Rahmenformen nach dem Kraftfluss optimieren,
Räume, die von einer Rahmenkonstruktion umschlossen entstehen nichtparallelflanschige Stiele und Riegel.
werden, sind deutlich gerichtete Räume. Die Ausbildung polygonzugförmig geknickter Rahmen ver-
ringert die Biegespannungen und nähert das Rahmen­
Rahmenkonstruktionen benötigen in ihrer Ebene keine tragwerk dem Bogentragwerk an.
­zusätzliche Stabilisierung. Deshalb können beispielsweise
grosse Tore in die Giebelwand integriert werden. Mit Im Allgemeinen werden für Hallenrahmen biegesteife Pro-
einer grosszügigen Verglasung in Rahmenebene kann file verwendet. Hallenrahmen können aus handelsüblichen
die Halle zum Aussenraum hin geöffnet werden. Walzprofilen hergestellt werden. Bei grösseren Spann­
weiten eignen sich Schweisskonstruktionen wegen ihrer
Unter Last biegt sich ein Einfeldträger durch, wobei seine besseren Anpassbarkeit an den Kräfteverlauf. Bei extre-
Enden sich an beiden Auflagern verdrehen. Anders da­ men Spannweiten sind zumeist Fachwerkkonstruktionen
gegen beim Rahmen; hier behindert die biegesteife Verbin- die wirtschaftlichere Lösung.
dung zwischen Rahmenstiel und Rahmenriegel die freie
Verdrehbarkeit der Riegelenden und leitet Biegemomente
in die Rahmenstiele ein. Das durch die Rahmenecke auf-
gebaute Stützmoment führt zu einer Verringerung des
Feldmoments im Riegel. Dies führt im Vergleich zu gelen-
kig gelagerten Bindern zu deutlich geringeren Riegelquer-

14 steeldoc 01/12
Links:
Zweigelenkrahmen mit nach-
giebigen Ecken aus Vollwand-
profilen, Spannweite 12 m

Rechts:
Zweigelenkrahmen
aus Vollwandprofilen,
Spannweite 18 m

Links:
Lochstegträger als
Rahmenriegel

Rechts:
Zweigelenkrahmen mit
­z weigurtigem Fachwerkriegel,
Spannweite 21 m

Einhüftiger Rahmen
aus Vollwandprofilen,
Spannweite 9 m

Eingespannter Rahmen aus


dreigurtigen Fachwerkstielen
und -riegeln, Spannweite 30 m

Zweigelenkrahmen mit
­g eschweissten Vollwandriegeln
und -stielen, Spannweite 48 m

15
Tragwerk

Gelenkrahmen aus Voll­


wandprofilen mit Kragarm,
Spannweite 17 m

Eingespannte Rahmen
aus Rechteckhohlprofilen,
Spannweite 7,5 m

Dreistieliger Rahmen aus


­Vollwandprofilen mit
­g elenkigen Fusspunkten,
Spannweite 17 m

Zweigelenkrahmen mit Riegel


als Vierendeelträger aus
­G robblechen, Spannweite 36 m

Links: Geschraubter,
­b iegesteifer Rahmenfirstpunkt
mit Hüllkonstruktion

Rechts: Geschraubte
­R ahmenecke, Übergang
Dach-Wand mit Regenrinne

16 steeldoc 01/12
Bogen

Trageigenschaften
Bogentragwerke stellen in der Relation von Spannweite
zu Materialverbrauch ein besonders leistungsfähiges Trag-
system dar. Das günstige Tragverhalten ermöglicht die
­wirtschaftliche Bewältigung selbst extremer Spannweiten.
Die spezifische Art der Kraftableitung führt zu einer span-
nungsvollen Gestalt des Tragwerks. Der dem Bogen eigene
Gleichgewichtszustand von Zug- und Druckkräften signa­
lisiert Ausgewogenheit.

Die wesentliche Trageigenschaft eines Bogentragwerks Wohnhaus in Breda;


ist die momentenfreie Ableitung der Vertikallasten. Ein unter Architekten Studio NL-D,
Rotterdam
diesem Gesichtspunkt idealisierter Bogen erhält die Form Ein Bogen kann ausser der Kreisform die Form einer Pa­
einer Parabel. Eine gleichmässig verteilte Vertikallast ruft im rabel, die Form einer Ellipse oder auch eine frei gekrümmte
Bogen ausschliesslich Druckspannungen hervor. Der bie­ Form annehmen.
gemomentfreie Spannungszustand eines Bogens b ­ eschreibt
aber einen Idealfall, der in der Wirklichkeit nur selten ­auftritt. Der Bogen kann dabei kontinuierlich gekrümmt sein oder
Ungleichmässige Belastungen, wie sie etwa durch Wind­ sich als Polygonzug der jeweiligen Kurvenform annähern.
lasten, einseitige Schneelasten, aber auch durch lokal wirk- Entscheidend für die Wirksamkeit eines Bogentragwerks
same Einzellasten hervorgerufen werden, bewirken zu­­sätz­- ist die Lagerung. Man unterscheidet Bogentragwerke,
liche Biegebeanspruchungen des Tragwerks. ­deren Auflager einen Schnittpunkt mit der Terrainoberkante
bilden, von Tragwerken, bei denen die Bögen aufgestän-
Das Tragverhalten eines Bogens führt zu charakteristi- dert sind. Die Lagerung der Bögen auf Stützen ermöglicht
schen Auflagerreaktionen. Die in Bogenrichtung wirkende die Ausbildung mehrschiffiger Bogenhallen.
Normalkraft ergibt am Auflager eine horizontale und eine
vertikale Komponente. Daraus resultiert: je flacher der Grundsätzlich sind vollwandige (einlagige) und als Fach-
­Bogen, je höher die Horizontalkraft am Auflager. Diese werk aufgelöste (zweilagige) Tragelemente zu unterschei-
­Horizontalkräfte werden durch entsprechende Fundamente den. Bei filigranen Bogentragwerken wird bereits bei
oder Zugbänder aufgenommen. Zumeist werden die Zug- geringen Spannweiten die notwendige Biegesteifigkeit in
bänder in die Bodenplatte integriert. zweilagigen Strukturformen erzeugt. Einlagige Tragwerke
aus Vollwandprofilen erreichen die Grenze ihrer Wirtschaft-
Bögen können gelenkig gelagert oder am Auflager ein­ lichkeit bei etwa 100 m Spannweite.
gespannt werden. Die gelenkige Lagerung ermöglicht eine
freie Verdrehbarkeit des Bogens am Auflager und ist Wie das Beispiel Waterloo Station in London zeigt, ist ­
­deshalb weniger empfindlich gegenüber Lastwechselreak- es auch möglich, einen Bogen als über- und unterspanntes
tionen, Temperaturspannungen oder Setzungen des Bau­- Tragelement auszubilden. Eine weitere Möglichkeit, ein
grundes. Eingespannte Bögen sind steifer als gelenkig wirtschaftliches Bogentragwerk auszubilden, besteht in ­der
­gelagerte und reagieren daher empfindlicher. Durch die Anordnung einer fächerförmigen Verspannung unterhalb
Einführung eines dritten Gelenks am Scheitel wird das des Bogens. Die Biegebeanspruchungen innerhalb des
­Bogentragwerk statisch bestimmt. Ungewollte zusätzliche Bogens werden dadurch weitgehend ausgeschaltet. Eine
Spannungen können dadurch weitgehend minimiert Variante des Bogentragwerks ist das Bogendach. Durch
werden. die Integration von Trag- und Hüllfunktion erhält man ein
sehr wirtschaftliches, flächenförmiges Bogentragwerk,
Bogentragwerke benötigen keine zusätzliche Querstabi­ bei dem sich zwei Lagen von Trapezblechen z. B. auf einem
lisierung. Lasten in Hallen-Längsrichtung, das heisst Rinnenträger abstützen.
quer zu den Bögen, sind von Querverbänden abzuleiten,
die zwischen den Bögen angeordnet werden.

Bogenformen
Bogentragwerke können unterschiedliche Formen an­
nehmen. Sie sind nicht nur auf die bereits von den Römern
angewendete Kreissegmentform beschränkt, die bei der
Bauausführung steinerner Bögen praktische Vorteile hatte.

17
Tragwerk

Gelenkbögen aus Voll­


wandprofilen mit Zugband,
Spannweite 10 m

Zweigelenkbogen aus
­g eschweissten Kastenprofilen
mit Zugband, Spannweite 73 m

Dreigelenkbogen aus
zweigurtigem Fachwerkträger,
Spannweite 69 m

Links:
Eingespannter Segmentbogen
aus zweigurtigen Fach­
werkträgern als Bausystem,
Spannweite bis zu 90 m

Rechts:
Eingespannter, ellipsenför­
miger Bogen aus Vollwandpro-
filen, Spannweite 14 m

18 steeldoc 01/12
Asymmetrischer Dreigelenk­
bogen aus unter- und über-
spannten Trägern aus Rund­-
hohlprofilen, Spannweite
35 – 50 m, Waterloo Station,
London

Verspannter Zweigelenkbogen
aus Rundhohlprofilen,
Spannweite 52 m

Firstgelenk eines zweigurtigen


Dreigelenk-Fachwerkbogens

Fussgelenk eines zweigurtigen


Dreigelenk-Fachwerkbogens

Aufgeständerte Bogenkonst-
ruktion als zweischaliges
­F lächentragwerk (Bogendach)
mit Rinnenträger
und Unterspannung

19
Tragwerk

Cité du Design, Saint Etienne


(F); Architekten LIN Finn
­G eipel + Giulia Andi, Berlin
Räumliche Tragwerke

Trageigenschaften durch eingerückte Einzelstützen gegeben. Im letzteren Fall


Unter dem Begriff räumliche Tragwerke sind eine Vielzahl bewirkt die Auskragung der Platte eine Feldentlastung.
von Strukturformen zusammengefasst. Ein gemeinsames
Merkmal aller Raumtragwerke ist eine möglichst gleich­ Für eine bessere Verteilung der Kräfte ist es sinnvoll, ein-
mässige Ableitung der Kräfte in mindestens zwei Richtungen zelne Stützen zu verzweigen, so dass die Normalkräfte ­
durch flächig oder räumlich angeordnete Tragelemente. ­an mehreren Knotenpunkten aus der Platte in die Stütze
eingeleitet werden können.
Raumtragwerke gliedern sich in ebene und gekrümmte
Strukturen. Ebene Raumtragwerke sind in der Regel Formen räumlicher Tragwerke
­bie­gebeansprucht, während gekrümmte Raumtragwerke Raumtragwerke sind die effizientesten Tragstrukturen,
als ­biegebeanspruchte, druckbeanspruchte oder zug­ ­­was den benötigten Materialeinsatz pro Quadratmeter über-
beanspruchte Tragstrukturen ausgebildet werden können. deckter Fläche betrifft. Die Aufteilung in vorwiegend ­
Druckbeanspruchte Raumtragwerke zeigen meist eine zug- oder druckbeanspruchte Tragglieder ermöglicht die
konvexe Krümmung, während zugbeanspruchte Raumtrag- Aus­bildung filigraner Tragstrukturen. Materialsparende
werke eine konkave Krümmung aufweisen. Konstruktionen sind aber nicht notwendigerweise wirt-
schaftlich. Die Mehrläufigkeit der Struktur erfordert die
Ein räumliches Tragwerk ist nur dann optimal wirksam, Ausbildung aufwändiger, arbeitsintensiver Knotenpunkte.
wenn alle Tragrichtungen gleichmässig beansprucht wer- Dazu kommt ein erhöhter Aufwand für den Anschluss
den. Ist dies nicht der Fall, bildet sich eine Haupt- und der Gebäudehülle an das Tragwerk.
eine Nebentragrichtung aus, wobei sich die kürzere Seite
als Haupttragrichtung erweist. Die ideale gleichmässige Die zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten der Tragele-
Lastabtragung innerhalb eines zweiläufigen Trägerrosts mente ermöglichen jedoch die Ausbildung expressiver Trag­-
­erfolgt über einem quadratischen Stützenraster. Ein Un- werke. Für alle räumlichen Tragwerke gilt, dass ihre An-
gleichgewicht in der Beanspruchung der verschiedenen wendung mit zunehmender Spannweite an Attraktivität ge-
Tragrichtungen entsteht bei unterschiedlichen Seiten­ winnt. Wie mit kaum einer anderen Tragstruktur gelingt
verhältnissen der Tragstruktur. es mit räumlichen Tragwerken, den Gleichgewichtszustand
der inneren Kräfte zum Ausdruck zu bringen.
Innerhalb der biegebeanspruchten Raumtragwerke unter-
scheidet man Roste und räumliche Fachwerke.

Von einem Rost spricht man, wenn sich die Träger durch-
dringen. Die Anschlüsse sind dabei immer biegesteif
­auszuführen. In Fachwerkrosten durchdringen sich ebene
Fachwerkträger.

Von einem räumlichen Fachwerk spricht man, wenn Ober-


gurte und Untergurte jeweils um ein halbes Rasterfeld ge-
geneinander versetzt sind. Räumlich angeordnete Füllstäbe
verbinden Ober- und Untergurte. Sowohl Roste als auch
Raumfachwerke entsprechen in ihrem Tragverhalten einer
Platte. Entscheidend für eine möglichst gleichmässige Ver-
teilung der Beanspruchung ist dabei die Position der Auf-
lager. Günstige Auflagerbedingungen sind durch eine
gleichmässige Unterstützung der Plattenränder, aber auch

20 steeldoc 01/12
Tragwerksausschnitt eines
­b ogenförmigen
Stabfachwerkrostes

Mehrfeldriger Rost aus


­z weigurtigen Fachwerkträgern,
Spannweite 15 m

Einfeldriges vierpunkt­
gestütztes Raumfachwerk,
Spannweite 21,6 m

Mehrfeldriger Rost aus Fach-


werkträgern auf einem Durch-
laufrost aus Vollwandriegeln,
gestützt von verzweigten
­S tielen aus Rundhohlprofilen,
Spannweite 36 m

21
Tragwerk

System aus Haupt- und


­N ebenträgern mit
räumlicher Überspannung,
Spannweite 18 m

Bogentragwerk als Stabrost


aus Rundhohlprofilen,
Spannweite 69 m

22 steeldoc 01/12
3 Gebäudehülle

Die Gebäudehülle grenzt einen geschützten Innenraum sion der Aussenwandbauteile und des Tragwerks bewirken.
als eigenständigen Klimabereich gegenüber dem Aus­- Dampfdiffusionsoffene, monolithische Aussenwandkonst-
senraum ab. Für Wind, Regen und Schnee bildet sie eine ruktionen, z. B. aus Porenbeton, sind vergleichsweise unpro-
Barriere, während sie den Einfall von Tageslicht, ­den Aus- blematisch, da die Feuchtigkeit ausdiffundieren kann. Bei
tausch der Raumluft sowie die Zugänglichkeit ermöglicht. mehrschaligen Aussenwandkonstruktionen wird durch den
Von den vielen Funktionen der Hüllkonstruktion – wie Einbau einer Dampfsperre auf der Innenseite Tauwasser­
der Integration von Türen und Toren, Fenstern und Sonnen- bildung in der Wand verhindert. Bei hinterlüfteten Fassaden
schutz, dem Schutz vor dem Aussenklima und der wichti- genügt lediglich eine Dampfbremse auf der Innenseite der
gen Eigenschaft, dem Gebäude ein charakteristisches Wand.
Gesicht zu geben – können im Folgenden nur wenige
­Aspekte behandelt werden. Beidseitig dampfdichte Aussenwandkonstruktionen, z. B.
aus PUR-Sandwichelementen, unterbinden die Dampf­
diffusion. Generell muss in dampfdiffusionsdichten Räumen
Wärmeschutz die Luftfeuchtigkeit durch raumlufttechnische Massnahmen
kontrolliert und reguliert werden.
Bei Hallen ist die Fläche der Hülle im Verhältnis zum
Volumen relativ gering. Daraus ergeben sich vergleichs-
weise geringe Anforderungen an die Wärmedämm­­­­­­fähig- Schallschutz
­keit der Hüllkonstruktion.
In allen europäischen Ländern bestehen Mindestanforde-
Während der Heizperiode besteht eine der wichtigsten rungen an den Schallschutz von Gebäuden. Im Industriebau
Funktionen der Gebäudehülle darin, den Wärmeverlust sind ausserdem Grenzwerte für die Schallemission zu
von innen nach aussen durch eine wirksame Dämmung ­beachten.
und Dichtigkeit möglichst gering zu halten. Im Sommer
­dagegen ist es die Aufgabe der Hüllkonstruktion, einstrah- Allen Massnahmen des baulichen Schallschutzes liegen
­­lende solare Energie aus dem Inneren der Halle fern­ grundsätzlich drei physikalische Prinzipien zugrunde:
zuhalten. Der sommerliche Wärmeschutz ist abhängig von • Je höher die Masse eines Bauteils, desto geringer ist
der Gesamtfläche und Orientierung der Tageslichtöff­ die Schallübertragung.
nungen sowie von der Wirksamkeit temporärer Sonnen- • In mehrschaligen Konstruktionen bewirkt das Prinzip ­
schutzmassnahmen. der Trennung eine Unterbrechung der Schallübertragungs-
wege.
Da wirtschaftliche Aussenwandkonstruktionen im Stahl- • Durch Schallabsorption wird die Schallenergie in Wärme
hallenbau zumeist Leichtbaukonstruktionen sind, hat die oder mechanische Energie umgewandelt.
Wärmespeicherfähigkeit der Aussenwand keinen nen-
nenswerten Einfluss auf den sommerlichen Wärmeschutz. So kann z. B. die Körperschallübertragung einer Maschine
durch ein Schwergewichtsfundament (Masse) oder durch
die vollständige Ablösung des Maschinenfundaments vom
Feuchteschutz Bauwerk (Trennung) oder am wirksamsten durch eine
weichfedernde Lagerung (Schallabsorption) eingedämmt
Für die uneingeschränkte Funktionstüchtigkeit aller Au- werden. Für einzelne Lärmquellen, die einen hohen Luft-
ssenwandbauteile ist ein entsprechender Feuchteschutz schalldruck erzeugen, empfiehlt sich die örtliche Abkapse-
notwendig. An der Grenzschicht zwischen Aussen- lung der Lärmquelle, z. B. mit Bauteilen aus Stahlverbund­-
und Innenraum, die von der Gebäudehülle gebildet wird, blechen.
besteht ein Temperaturgefälle. Da warme Luft mehr
Feuchtigkeit aufnehmen kann als kalte, entsteht ausser- Zur Dämmung eines insgesamt sehr hohen Geräuschpe-
dem ein Gefälle im Feuchtegehalt der Luft. Bei einer gels sind schallschluckende Bekleidungen von Wand und
Dampfdiffusion durch die Aussenwand kann Kondensat Decke wirkungsvoll. Eine sehr wirtschaftliche Massnahme
entstehen. Der Taupunkt beschreibt einen Temperatur- zur Schalldämmung ist der Einbau gelochter Trapezbleche
Grenzwert, bei dem der Feuchtegehalt der Luft den tem- oder Kassettenprofile, da hier hinterlegtes mineralisches
peraturabhängigen Sättigungswert übersteigt. Dämmmaterial sowohl die Schallabsorption als auch die Wär-
medämmung übernehmen kann.
Innerhalb mehrschaliger Wandkonstruktionen könnte es
daher zu einer Durchfeuchtung der Wärmedämmung und Um ein verbessertes Schalldämmmass der Aussenwand-
damit zu einer Minderung der Dämmeigenschaft kommen. konstruktion zu erzielen, sind mehrschalige Wandaufbauten
Darüber hinaus kann unkontrollierte Feuchtigkeit Korro- vorteilhaft. Innenschale, Dämmung und Aussenschale

23
Gebäudehülle

bilden dabei ein Masse-Feder-Masse-System. Bei Aus­


senwandkonstruktionen, für die ein höheres Schalldämm-
mass gefordert ist, kann die Leichtbaukonstruktion durch
den gezielten Einbau akustisch wirksamer Massen, z. B.
aus Hartfaserplatten, so eingestellt werden, dass praktisch
jede schalltechnische Forderung erfüllt werden kann.

Bausysteme für Dach und Wand

Eine naheliegende Möglichkeit zur Konstruktion der Ge-


1a 1b bäudehülle einer Stahlhalle ist die Verwendung von indus­
triell vorgefertigten Bauteilen aus oberflächenveredelten
Feinblechen. Dabei unterscheidet man zwischen Stahl­
trapezprofilen, Stahlkassettenprofilen, Stahlsonderprofilen
und Sandwichelementen. Grundsätzlich sind alle genann-
ten Profile sowohl für das Dach als auch für die Wand ge-
eignet.

Stahltrapezprofile eignen sich vorzugsweise als tragende


­Innenschale der Dachkonstruktion, während Stahlkasset-
tenprofile in der Regel die Innenschale der Aussenwand
­bilden. Sie sind auf Biegung beanspruchbare Bauteile und
können zudem Wärmedämmstoffe aufnehmen. Für die
Konstruktion der bewitterten Aussenschale von Dach und
1c 1d Wand können Trapezbleche und eine Reihe von Sonder­
profilblechen eingesetzt werden. Bei Sandwichelementen
stellt meist ein Kern aus Polyurethanschaum eine schub­
steife Verbindung von Innen- und Aussenschale her, so
dass Wärmedämmfunktion und Tragfunktion in einem Bau-
teil integriert sind. Sandwichelemente können daher als
tragende Elemente im Dach- und Wandbereich verwendet
werden.

In mehrschichtigen Aussenwandkonstruktionen können


andere Materialien Teilfunktionen innerhalb der Gebäudehülle
übernehmen. Das Angebot der Industrie bietet ein breites
Sortiment an Profilblechen und Bauteilen für Dach und
Wand.
2a 2b

Abb. 1a–d: Wandaufbauten


aus ebenen und profilierten
Sandwichelementen, P ­ aneelen
und aus lose ­z wischen
zwei Blechschalen eingelegter
Dämmung.

Abb. 2a–d: Wandaufbau ­


aus Stahlkassettenprofilen mit
­e ingelegten Mineralfaser-
dämmplatten und h ­ interlüfteter
Vorsatzschale aus Wellblech. 2c 2d

24 steeldoc 01/12
Belichtung Die Zeichnungen 1–4 zeigen prinzipielle Möglichkeiten ­
der Tagesbelichtung einer Halle. Die relative Helligkeit ist
Hallen werden entweder durch Lichtbänder in den Wand- für unterschiedliche Tageslichtöffnungen in Form von Ta-
flächen oder durch Oberlichter in den Dachflächen natürlich geslichtquotientenlinien dargestellt. Der Tageslichtquotient
belichtet. ist als Mass für die Lichtausbeute abhängig von der je­
weiligen Anordnung der Tageslichtöffnungen. Er gibt an,
Der Begriff der Beleuchtungsstärke ermöglicht es, die wieviele Prozent der im Aussenraum vorhandenen Beleuch-
­Helligkeit messbar zu machen. Er ist damit für die Lichtpla- tungsstärke im Innenraum der Halle gemessen werden.
nung der entscheidende Parameter. Die Beleuchtungs-
stärke ist definiert als derjenige Lichtstrom, der auf 1 m2 Die schematischen Darstellungen zeigen, wie die Beleuch-
Hallenfläche trifft. Die Beleuchtungsstärke wird in Lux tungsstärke bei seitlich einfallendem Tageslicht mit zu­neh­
­angegeben. Übliche Beleuchtungsstärken sind 50 000 bis mendem Abstand von der Aussenwand abnimmt und wie
100 000 Lux bei Sonnenschein und 5000 Lux bei bedeck- mit entsprechenden Tageslichtöffnungen auf dem Dach
tem Himmel. Die Beleuchtungsstärke in Räumen variiert eine gleichmässige Ausleuchtung der Halle sichergestellt
von 30 bis 2000 Lux, je nach den Ansprüchen an die werden kann. Für einschiffige Hallen mit Spannweiten ­
­entsprechende Tätigkeit. In der Regel reicht eine mittlere bis 20 m sind in der Regel beidseitig seitlich ­an­­geordnete
­Beleuchtungsstärke von 500 Lux an Arbeitsplätzen aus. Tageslichtöffnungen ausreichend. Hallen mit grösserer
Im Wohnbereich genügen 50 Lux, eine Strassenbeleuchtung Spannweite benötigen Oberlichter.
liefert 5 Lux. Bei Vollmond werden 0,5 Lux gemessen.

1 2

1 Punktförmige Oberlichter
mit Schema
Tageslichtverteilung

2 Linienförmige Oberlichter
mit Schema
Tageslichtverteilung

3 Fensterbänder mit Schema


Tageslichtverteilung

4 Sheds mit Schema


3 4 Tageslichtverteilung

25
Gebäudehülle

Belüftung teilung können so geplant werden, dass keine Zugluft-


erscheinungen auftreten.
Mechanische Belüftung • Mit einer raumlufttechnischen Anlage kann die
In Sporthallen und Versammlungsräumen sind es die erfor- Nachtabkühlung im Sommer wesentlich besser genutzt
derlichen Luftwechselraten für die Atemluft, in Werk- und werden.
Industriehallen die produktionsbedingten Anforderungen, • Im Winter bietet der Einbau einer Wärmerückgewin-
die den Einbau einer raumlufttechnischen Anlage (RLT) zur nungsanlage die Möglichkeit, den Heizenergiebedarf
Konditionierung der Luft notwendig machen. drastisch zu verringern.

Die raumlufttechnische Konditionierung einer Halle hat Die Installation einer RLT-Anlage ist heute im Industriebau
­folgende Vorteile: der Regelfall. Lufttechnische Anlagen benötigen grosse
• Lärm-, Schadstoff- und Geruchsbelästigungen von Leitungsquerschnitte. Die angeschlossenen Aggregate, wie
­aussen können aus dem Halleninneren ferngehalten Ventilatoren, Filteranlagen, Heizungs- und Kühleinheiten,
werden. sind ebenfalls grossvolumig. Die Integration dieser Ele-
• Die Hallentemperatur, die Luftfeuchtigkeit und die mente in Tragwerk und Hülle ist eine Aufgabe, die bereits
Reinheit der Raumluft können an fertigungstechnische im Entwurfsstadium ansteht und wesentlichen Einfluss ­
Erfordernisse angepasst werden. auf die strukturelle Ordnung des Gebäudes hat. In hochin-
• Mögliche Wärme-, Geruchs- und Schadstoffentwick­ stallierten Gebäuden ist der Planungsaufwand für die
lungen im Zusammenhang mit Produktionsprozessen Haustechnik grösser als für das Tragwerk und die Konst-
können ggf. über Filteranlagen gezielt abgeführt werden, ruktion der Gebäudehülle. Es ist deshalb unbedingt not-
so dass die zulässigen Schadstoffkonzentrationen wendig, den Zusammenhang der Systeme von Anfang an
nicht überschritten werden. Luftführung und Luftver­ zu berücksichtigen. Dies setzt eine möglichst frühzeitige
Zusammenarbeit zwischen Architekt, Tragwerksplaner und
den Fachingenieuren für den technischen Ausbau voraus.
Technikräume separat
Die externe Ver- und Entsor-
gung hat grosse Leitungslän- Natürliche Belüftung
gen zur Folge. Diese Bauweise In vielen Fällen reicht die natürliche Belüftung für die raum­-
erlaubt jedoch die Nachrüs-
lufttechnische Konditionierung einer Halle aus. Mit zu­
tung der raumlufttechnischen
Anlage. nehmender Hallengrösse stossen die Möglichkeiten der
Lufterneuerung und der Wärmeabführung aus der Halle
aber an Grenzen. Unabhängig von der Raumhöhe gilt
­allgemein eine Hallenbreite von rund 15 m als Obergrenze
für die Wirksamkeit der Fensterlüftung.

Technikräume auf dem Dach Der notwendige Luftaustausch kann durch Dachentlüf-
Hier ist der Vorteil des gerin- tungsöffnungen unterstützt werden. Eine sorgfältige
gen Grundflächenbedarfs
mit dem Vorteil einer ökonomi-
­Anordnung der Be- und Entlüftungsöffnungen ermöglicht
schen Leitungsführung es, auch in grossen Hallen den nötigen Luftwechsel her­
kom­b iniert. Nachteilig ist die zustellen. Das mikroklimatische Umfeld des Hallenbauwerks,
Be­­lastung des Hallentrag­- also die vorherrschende Windrichtung, die Art der umge-
werks durch die Aggregate
des technischen Ausbaus,
benden Bebauung und die Höhe des Gebäudes sowie die
sowie die Notwendigkeit, Massnahmen zur Herstellung einer Luftzirkulation haben
alle Elemente sorgfältig zu wesentlichen Einfluss auf die Wirksamkeit der natürlichen
dämmen. Be- und Entlüftung.

Darüber hinaus sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:


• Sonnenschutzkonstruktionen behindern gegebenenfalls
Technikräume im den Luftaustausch,
Untergeschoss
• mögliche Lärm- und Geruchsbelästigungen von aussen
Die aufwendigste Lösung ist,
die Technikräume in einem sind zu beachten,
­g egenüber dem Fussboden der • die Luftfeuchtigkeit der Aussenluft kann nicht beeinflusst
Halle abgesenkten Bereich werden,
oder einem Keller unterzubrin-
• neben den Einbussen an Komfort durch Zugerschei-
gen. Ein Vorteil ist dabei die
uneingeschränkte Nutzungs- nungen wirkt sich der hohe Wärmeenergieverlust nach-
möglichkeit der Hallenfläche. teilig aus.

26 steeldoc 01/12
4 Brandschutz

Unter Brandschutz versteht man alle Massnahmen, die Fluchtwege und Rettungswege
der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Fluchtwege dienen im Brandfall dem raschen und sicheren
Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorbeugen und bei Austritt von jedem Punkt in der Halle bis ins Freie oder
­einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie in einen gesicherten Bereich. Anzahl, Anordnung, Form und
wirksame Löscharbeiten ermöglichen. An erster Stelle Bemessung der Fluchtwege richten sich nach behördlichen
steht dabei der Personenschutz. Er umfasst im einzelnen Vorschriften.
folgende Massnahmen:
Zugänglichkeit
Rauch- und Wärmeabzug Zum Personenschutz zählen auch diejenigen Massnahmen
Neben dem Feuer darf insbesondere die Gefährdung durch und Vorrichtungen, die das Eindringen von Rettungspersonal
Rauch nicht unterschätzt werden. Im Brandfall fordert in das Gebäude betreffen. Dazu gehören die Zufahrtswege
­dieser die meisten Todesopfer und verursacht zudem oft für Rettungsfahrzeuge und die Feuerwehr ebenso wie die
erhebliche Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden. Fluchtwege als Einstiege sowie weitere Öffnungen, die das
Für den Personenschutz können deshalb Massnahmen, die Eindringen in das Gebäude ermöglichen.
einer raschen Abführung der Rauchgase dienen, entschei-
dend sein. Dafür sind im Dach- oder Wandbereich der Halle Brandabschnitte
Rauchabzugsvorrichtungen vorzusehen, die sich im Brand- Um den durch einen Brand entstehenden Schaden zu
fall selbsttätig öffnen. Sie sollen gleichmässig über die begrenzen, werden Brandabschnitte ausgebildet. Die Grösse
Hallengrundfläche verteilt sein. Des Weiteren begrenzen der Brandabschnitte ist behördlich geregelt. Sondermass­
Rauch- und Wärmeschürzen im Decken- und Dachraum nahmen, wie der Einbau einer Sprinkleranlage, ermöglichen
die Ausbreitung von heissen Brandgasen und gewährleisten die Ausbildung grösserer Brandabschnitte.
für eine definierte Zeitdauer eine ausreichend rauchfreie
Schicht über dem Boden. Feuerlöscheinrichtungen
Brandmeldeanlagen dienen einem möglichst raschen,
­effizienten Feuerwehreinsatz. Für die Feuerwehr zugängli-
che Hydranten und Wasserreservoirs bilden die Voraus­
setzung einer effektiven Brandbekämpfung. Zu den auto­-
Stützen als matisch wirksamen Feuerlöscheinrichtungen zählen u. a.
Verbundtragwerk Sprinkleranlagen.
1a Ausbetoniertes Hohlprofil:
unter Brandeinwirkung Baulicher Brandschutz
übernimmt der Betonkern
die tragende Funktion 1a 1b 1c Wände, Fachwerke, Binder und Stützen bilden die tragende
1b Stahlkern mit Beton- und und aussteifende Konstruktion eines Gebäudes. Diese
Stahlmantel: der Beton muss auch während eines Brandes für die Zeitdauer der
schützt den Kern vor den Lösch- und Rettungsmassnahmen ihre Standsicherheit
hohen Temperaturen
1c Einbetoniertes Stahlprofil
behalten, um das Risiko von Verletzungen für die Rettungs-
ohne Stahlmantel kräfte so gering wie möglich zu halten.

Der gängigste bauliche Brandschutz ist die Verkleidung,


die entweder direkt oder unter Bildung von Hohlräumen ­
(z. B. für Installationen) auf die Stahlteile angebracht wird.
Verbundkonstruktionen, bei denen die Stützen und Träger
Passive bauliche teilweise oder gar vollständig ausbetoniert werden, sind
Brandschutzmassnahmen
2a Unverkleidetes Profil
eine weitere sinnvolle und verbreitete Brandschutzmass-
im Verbund mit der Beton­ 2a 2b 2c nahme. Dabei sind die Stahlstützen häufig von einem
decke für Feuerwider- Stahlmantel umgeben, welcher beim Betonieren als Scha-
standsdauern bis R 30 lung dient. Der Hüllbeton schützt das innere Stahlprofil
2b Kammerbetoniertes Profil
vor übermässiger Wärmeeinwirkung und kann selber noch
2c Feuerwiderstandsfähige
Unterdecke eine tragende Funktion übernehmen. Wird umgekehrt
2d Brandschutzfarbanstrich eine Stahlrohrstütze mit Beton gefüllt, erfolgt unter Brand-
(oder Putze) einwirkung eine Lastumlagerung, sodass fortan der
2e Verkleidung
Betonkern die tragende Funktion übernimmt.

2d 2e

27
Korrosionsschutz und Integration der Systeme

5 Korrosionsschutz

Bei Stahlbauten müssen die Konstruktionsbauteile nicht dient. Neben dem im Stahlbau traditionell angewendeten
nur den zu erwartenden mechanischen Belastungen, Nassbeschichten besteht auch die Möglichkeit des Pulver-
­sondern auch den Korrosionsbeanspruchungen widerstehen. beschichtens.

Stahl ist nicht durch Korrosion gefährdet, wenn die relative


Luftfeuchtigkeit unter 60 % liegt. Bei höherer Luftfeuchtig- Metallische Überzüge
keit ist Stahl gegen Korrosion zu schützen. Der Schutz Überzug ist der Sammelbegriff für eine oder mehrere
von Stahlbauteilen erfolgt durch Beschichtungen oder Über- Schichten aus Metallen auf einer Stahloberfläche. Der im
züge oder durch eine Kombination von Überzügen mit Be- Stahlbau gebräuchlichste Überzug ist das Feuerverzinken.
schichtungen (Duplex-Systeme). Die Oberflächenvorbereitung umfasst (falls erforderlich)
das Entfetten und das Entfernen von Rost und Zunder in
Beizbädern sowie eine Flussmittelbehandlung. Die Feuer-
Korrosionsschutz nach Mass verzinkung erfolgt in Zinkbädern bei einer Temperatur von
Zum wirtschaftlichen Bauen zählt auch ein Korrosions- ca. 450 °C. Auf der Oberfläche entsteht eine Eisen-Zink-
schutz nach Mass, wobei die am Standort vorhandenen Legierungsschicht mit darüber liegender Reinzinkschicht.
­korrosiven Belastungen und Umweltbedingungen sowie die In Abhängigkeit von der Materialdicke und Stahlsorte ist
Nutzungsart und -dauer zu berücksichtigen sind. Bereits die Zinkschicht etwa 0,05 bis 0,15 mm dick. Beim Feuer-
beim Tragwerksentwurf ist darauf zu achten, dass die Kon- verzinken hat die chemische Zusammensetzung des Stahls
struktion korrosionsschutzgerecht ausgebildet wird, so – insbesondere der Siliziumgehalt – einen wesentlichen
dass sich auf den Oberflächen möglichst keine korrosions- Einfluss auf das Verzinkungsergebnis. Deshalb sollte
fördernden Stoffe, z. B. Schmutz, Salze, aggressive Lösun- ­bereits bei der Bestellung des Stahls auf die beabsichtigte
gen, Wasser usw. ansammeln können. Feuerverzinkung hingewiesen werden. Besondere Auf-
merksamkeit ist auf eine korrosions- und feuerverzin-
Die der Korrosionsbelastung ausgesetzten Oberflächen kungsgerechte Konstruktion zu richten. Hierzu gehören
von Stahlbauten sollen möglichst klein und wenig geglie- unter anderem:
dert sein. Alle Stahlbauteile sollen zugänglich oder erreich- • Rippen, Knotenbleche, Eckpunkte müssen so konstru-
bar sein, damit der Korrosionsschutz ausgeführt, geprüft iert werden, dass flüssiges Zink abfliessen kann.
und instandgesetzt werden kann. So sind z. B. unzugängli- • Hohlräume vermeiden; wenn dies nicht möglich ist,
che Stahlbauteile dauerhafter zu schützen als zugängliche. durch ausreichend grosse Öffnungen für die Ent­
In beheizten, trockenen Innenräumen ist meist nur ein lüftung und für guten Zu- und Abfluss des flüssigen
­geringer oder gar kein Korrosionsschutz erforderlich. Hohl- Zinks sorgen.
bauteile benötigen, wenn sie luftdicht verschlossen sind, • Spannungsarm konstruieren und fertigen zur Vermei-
im Innern keinen Korrosionsschutz. dung von Verformungen im Zinkbad.

Beschichtungen
Beschichtung ist der Oberbegriff für eine oder mehrere Beschichtungen auf feuerverzinkten Bauteilen
in sich zusammenhängende Schichten aus Pigmenten und (Duplex-Systeme)
(meist organischen) Bindemitteln auf der Stahloberfläche. Verzinkte Bauteile können zusätzlich beschichtet werden.
Man unterscheidet Fertigungs-, Grund- und Deckbeschich- Neben der dekorativen Wirkung verlängern derartige
tungen. Um die geforderte Haftfestigkeit und Haltbarkeit ­Beschichtungen die Lebensdauer der Verzinkung ganz
der Beschichtung zu erreichen, muss die Stahloberfläche ­beträchtlich (synergetischer Effekt). Unterhalt und
entsprechend gereinigt und aufgerauht werden. Hierzu ­Erneuerung des Oberflächenschutzes werden stark ver­
­gehört die Entfernung artfremder Schichten (z. B. Schmutz, einfacht, weil die Zinkschicht in der Regel voll erhalten
Staub, Öl oder Reste vorhandener Beschichtungen) und bleibt. Dies ist insbesondere bei freibewitterten Bauteilen
arteigener Schichten (Zunder, Rost) z. B. durch strahlen, von Bedeutung
bürsten oder schleifen. Eine sorgfältige Oberflächenvorbe-
reitung hat entscheidenden Einfluss auf die Schutzdauer
des Beschichtungssystems. Die Grundbeschichtung wird
nach der Oberflächenvorbereitung so schnell wie möglich
aufgebracht, um eine erneute Verunreinigung zu verhin-
dern. Sie schützt vor Korrosion und stellt den Haftgrund
für nachfolgende Deckbeschichtungen dar. Zunehmend
­erhalten Stahlbauteile bereits vor ihrer Bearbeitung im
Stahlbaubetrieb die Oberflächenvorbereitung und eine Fer-
tigungsbeschichtung, die als temporärer Korrosionsschutz

28 steeldoc 01/12
6 Integration der Systeme

«Integration der Systeme» bezeichnet zunächst die räumli- dringungspunkte beider Systeme massgeblich beeinflusst.
chen Beziehungen, die die Systeme Tragwerk, Hülle und Tragwerk und Hülle reagieren unterschiedlich auf die
Technischer Ausbau zueinander einnehmen. Es ist damit ­jeweiligen Belastungen. Deshalb sind an den Verbindungs-
aber auch das Zusammenführen der unterschiedlichen punkten beider Systeme häufig Bewegungen aufzu­
­Teilsysteme zu einem Gesamtsystem beschrieben, was auf nehmen. Es ist anzustreben, Trag- und Hüllkonstruktion
den Entwurfsprozess hindeutet, der jedem Bauelement de- möglichst zu entflechten und damit die Durchdringungs-
finierte Abmessungen und eine bestimmte räumliche Lage punkte beider Systeme auf ein Minimum zu reduzieren.
innerhalb des Bauwerks zuweist.

Am Beispiel einer Hallenkonstruktion aus Stahl lässt sich Integrationskonzepte


gut zeigen, wie die unterschiedlichen Systeme Tragwerk,
Hülle und Technischer Ausbau ineinandergreifen. Tragwerk innen, Hülle aussen
Bei dieser Anordnung werden Wärmebrücken weitest­
gehend ausgeschlossen. Die Hüllkonstruktion umschliesst
Tragwerk schützend das gesamte Tragwerk. Nachteilig ist dabei al-
lein das vergleichsweise grössere Volumen, das umschlos-
Voraussetzung für einen gelungenen Tragwerksentwurf sen wird und beheizt werden muss. Dabei haben tragende
ist die Wahl einer der Aufgabe angemessenen Tragstruktur. Stahlkonstruktionen den Vorteil, dass sie durch ihre
Die Dimensionierung der Tragglieder ist den unterschie­d­ Schlankheit und Filigranität die Volumenvergrösserung
lichen Beanspruchungen anzupassen. Die Knotenpunkte ­gering halten.
und Details sollen die Strukturform und den Kraftfluss
­innerhalb des Tragsystems zum Ausdruck bringen. Eine der Kaltdach
Beanspruchung angemessene Formgebung der Konstruk- Die Dachkonstruktion ist in zwei Schichten aufgeteilt. Die
tion ist Voraussetzung für eine ästhetische Erscheinung. äussere übernimmt die Funktion der Schnee- und Regen-
dichtigkeit und liegt auf den Obergurten des Tragwerks
auf. Die innere Schicht ist an den Untergurten des Trag-
Hüllkonstruktion werks befestigt und muss wegen möglicher Kondensatbil-
dung an der äusseren Schale ebenfalls dampfdicht
Ein vollkommen eigenständiges System ist die Gebäude- ausgebildet werden. Diese Anordnung bietet unter weitge-
hülle. Einerseits ist es ihre Aufgabe, eine wirksame hender Vermeidung von Wärmebrücken den Vorteil eines
­Barriere gegen Wind, Regen und Schnee zu bilden. geringen zu beheizenden Raumvolumens. Im Sommer wirkt
­Andererseits soll sie als durchlässige Grenzschicht den das Kaltdach als «Sonnenschirm» und mildert durch eine
Austausch mit der umgebenden Luft sicherstellen, den wirksame Hinterlüftung die Aufheizung der Halle durch so-
kontrollierten Einfall des Tageslichts ermöglichen und im lare Einstrahlung.
Winter die Strahlungsenergie durchlassen. Im Vergleich ­
zum Tragwerk, das ein monofunktionales System ist, sind Tragwerk aussen, Hülle innen
die Aufgaben der Gebäudehülle polyvalent. Hierbei ist auf die Durchdringungspunkte von Tragwerk
und Hülle zu achten. Abhängungen sind zu bevorzugen, da
die Zugglieder, die die Hülle durchdringen, nur einen gerin-
Technischer Ausbau gen Querschnitt haben. Die Halle kann auf das notwendige
Lichtraumprofil reduziert werden. Da sich das Tragwerk
Unter dem Begriff «Technischer Ausbau» sind alle Subsys- ­aussen befindet, ist ein entsprechender Korrosionsschutz
teme zusammengefasst, die den Betrieb und die Sicherheit erforderlich.
des Gebäudes gewährleisten. Dazu gehören die raumluft-
technische Konditionierung des Gebäudes und die Versor- Tragwerk teilweise aussen
gung mit Energie sowie den Medien Gas, Wasser und Luft. Diese Anordnung von Tragwerk und Hülle hat die meisten
Sicherheitstechnische Einrichtungen, die dem baulichen Wärmebrücken, da hier nicht nur zugbeanspruchte Trag-
Brandschutz dienen, sind ebenfalls wichtige Elemente. glieder mit kleinem Querschnitt, sondern auch biegebean-
Zum Technischen Ausbau zählen weiter die Sanitärinstalla- spruchte Tragglieder mit entsprechend grosser Quer­-
tionen, die Systeme des Innenausbaus, wie Wände, Fuss­ schnittsfläche die Hülle durchstossen. Biegebeanspruchte
böden, Decken, und die Elemente der Gebäude­erschlies­- Durchdringungen können konstruktiv zu Kräftepaaren
sung, wie Treppen und Aufzüge. ­aufgelöst werden, wobei druckfeste Dämmstoffe die Wär-
mebrücken reduzieren.
Das Zusammenwirken von Tragwerk und Hülle wird durch
die konstruktive Ausbildung der Verbindungs- und Durch-

29
Nachhaltigkeit

7 Nachhaltigkeit

Ein nachhaltiges Gebäude zeichnet sich dadurch aus,


dass es Erwartungen an seine ökologische, soziale und
wirtschaftliche Qualität gleichermassen erfüllt:

Wirtschaftlichkeit
Die Wirtschaftlichkeit eines Gebäudes gliedert sich in zwei
Dimensionen. Zum einen müssen die Bau- und Nutzungs-
kosten so gering wie möglich sein. Zum anderen sollten
Gebäude – insbesondere Industriehallen – eine hohe An-
passungsfähigkeit an sich ändernde Nutzungsbedürfnisse
aufweisen. Nachhaltigkeitszertifiziert: Cité
du Design, Saint-Etienne (F)
Der Baustoff Stahl eignet sich besonders gut, um diese
Anforderungen zu erfüllen. Er erlaubt aufgrund seiner
­Festigkeit grosse Spannweiten und auch nachträgliche
Verstärkungen, beispielsweise für das Einbauen von Kran-
bahnen oder Dachöffnungen, sowie das Erweitern der
­Hallen zu beiden Seiten. Die Wahl von Schraubverbindun- und Akzeptanz der Bauwerke. Hierzu gehören unter ande-
gen ermöglicht zudem einen zerstörungsfreien Abbau, rem der Wärme- und Schallschutz, der akustische Komfort
­wodurch Hallen bei Bedarf sogar vollständig demontiert und die Beleuchtung, die bereits in den vorherigen Kapi-
und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden können. teln behandelt wurde. Sie werden bei der Nachhaltigkeits-
bewertung ebenso berücksichtigt wie die ökonomische
Ökologische Qualität und ökologische Qualität.
Die Bewertung der ökologischen Qualität von Gebäuden
­erfolgt im Wesentlichen auf Basis einer Ökobilanzierung. Bei näherer Betrachtung der Nachhaltigkeitsaspekte zeigt
Hierbei werden verschiedene Umwelteinflüsse, beispiels- sich, dass sich die grundlegenden Indikatoren der Nach­
weise das über den Lebensweg des Gebäudes entste- haltig­keit in scheinbar «nicht nachhaltigkeitsrelevanten»
hende Treibhauspotenzial, ermittelt. Studien belegen, dass Themen widerspiegeln, die schon seit Jahren in der Bau-
die Wahl des Tragwerksbaustoffes insgesamt nur einen praxis beachtet werden. Die Stahlbauweise, die sich seit
­untergeordneten Einfluss (ca. 20–30 %) auf die Gesamt­ Jahrzehnten im Hallenbau bewährt hat, wird auch den
bilanz eines Gebäudes hat. «neuen» Anforderungen der Nachhaltigkeit gerecht. Die
vollständige Recyclingfähigkeit des Baustoffs Stahl ermög-
Durch den Einsatz höherfester Stahlsorten kann gegen- licht zudem, dass auch zukünftige Generationen von den
über einem Stahl, S235, eine erhebliche Einsparung an Vorteilen des Stahlbaus profitieren können.
Tragwerksmasse erzielt werden und damit eine deutliche
Reduktion des Treibhauspotentials bewirkt werden. Tipps zur Planung nachhaltiger Hallen
Die folgenden Tipps unterstützen das Planen und Bauen
Soziale Aspekte nachhaltiger Gebäude:
Industriehallen dienen als Arbeitsplatz und ihre gestalte­ 1. Die Beteiligung aller Interessengruppen (Architekt,
rische Qualität prägt die Umgebung – sowohl in Gewerbe- Fachplaner, Bauherr, Nutzer) an der Planung – eine in-
gebieten als auch in der freien Landschaft. Daher tegrale Planung – ist der erste Schritt zu nachhaltigem
beeinflussen auch «weiche» Faktoren die Funktionalität Bauen. Durch die frühzeitige Einbindung möglichst
­vieler Beteiligter lässt sich das Gebäudekonzept opti-
25
25 mieren.
Treibhauspotenzial [t CO 2 -Äq.]
Treibhauspotenzial [t CO 2-Äq.]

2. Die Wahl gängiger Stahlprofile, Stahlsorten und -güten


20
20 verringert die Materialkosten.
3. Eine Vorfertigung im Werk sichert wetterunabhängige
15
15
Arbeitsplätze, eine hohe Qualität und führt oftmals ­
zu einer Verkürzung der Bauzeit, da die Konstruktion
10
10
bereits während der Herstellung der Fundamente
­vorbereitet werden kann.
55
4. Da für das Schweissen auf der Baustelle oftmals eine
Mittlerer Einfluss der Stahl-
kostenintensive Einhausung erforderlich ist, sollten ­
sorte auf das Treib­h aus­ 00
potenzial am Beispiel eines S235
S235 S335
S355 S460
S460 für die Baustellenmontage nur Schraubverbindungen
Zweigelenkrahmens. Stahlsorte gewählt werden.
Stahlsorte

30 steeldoc 01/12
Impressum

steeldoc 01/12, März 2012


Technische Sondernummer tec03
Hallenbau – Planungsleitfaden

Herausgeber:
SZS Stahlbau Zentrum Schweiz, Zürich
Evelyn C. Frisch, Direktorin

Redaktion und Layout:


Evelyn C. Frisch, Virginia Rabitsch SZS

Quelle:
Hallen aus Stahl, Planungsleitfaden, Nr. B 401 (2011)
Herausgeber: bauforumstahl e. V., Düsseldorf D
Autoren: Friedrich Grimm, Freier Architekt,
Ronald Kocker, bauforumstahl e. V.
Zeichnungen: Friedrich Grimm, Ronald Kocker, Michael Schaubert

Fotos:
Titel: Cité du Design: Jan-Oliver Kunze
Editorial: Holger Knauf, Amada Solution Center, Haan
Bild S. 5: ProKilo-Markt, Kerschgens Stahl&Mehr GmbH
Bild S. 10: Alexander Gempeler, Bern
Bild S. 14: Holger Knauf
Bild S. 17: Hans Werlemann, Rotterdam, aus Steeldoc 01/2011
Bild S. 20, 30: Jan-Oliver Kunze

Designkonzept: Gabriele Fackler, Reflexivity AG, Zürich

Administration, Versand: Giesshübel-Office, Zürich


Druckvorstufe und Druck: Kalt-Zehnder-Druck AG, Zug

ISSN 0255-3104

Jahresabonnement Inland CHF 48.– / Ausland CHF 60.–


Einzelexemplar CHF 15.– / Doppelnummer CHF 25.–
Preisänderungen vorbehalten. Bestellung unter www.steeldoc.ch

Bauen in Stahl / steeldoc© ist die Bautendokumentation des


Stahlbau Zentrums Schweiz und erscheint viermal jährlich
in deutscher und französischer Sprache. Mitglieder des SZS
erhalten das Jahresabonnement und die technischen
Informationen des SZS gratis.

Die Rechte der Veröffentlichung der Bauten bleiben den


Architekten vorbehalten, das Copyright der Fotos liegt bei den
Fotografen. Ein Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit
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STAHLBAU ZENTRUM SCHWEIZ
CENTRE SUISSE DE LA CONSTRUCTION METALLIQUE
CENTRALE SVIZZERA PER LE COSTRUZIONI IN ACCIAIO

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