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Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften

Geisteswissenschaften Vorträge· G 246

Herausgegeben von der


Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften
CLEMENS MENZE
Leibniz und die neuhumanistische
Theorie der Bildung des Menschen

Westdeutscher Verlag
247. Sitzung am 19. März 1980 in Düsseldorf

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Menze, Clem.ens:
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen I
Clemens Menze. - Opladen: Westdeutscher Verlag, 1980.
(Vorträge I Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften:
Geisteswiss.; G 246)
ISBN 978-3-53 I -07246-3 ISBN 978-3-322-90049-4 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-90049-4

© 1980 by Westdeutscher Verlag GmbH Opladen


Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag GmbH

ISSN 0172-2093
ISBN 978-3-531-07246-3
Auf die Bedeutung von Leibnizens Philosophie für das neuhumanistische
Denken über Bildung ist gelegentlich verwiesen worden, wenn lthnlichkeiten
oder auch Entsprechungen zwischen einem Gedankengang bei Leibniz und in
neuhumanistischen Entwürfen festgestellt wurden. 1 Auch liegen für einzelne
große Gestalten des deutschen Humanismus Arbeiten übe.r die Korrespondenz
ihrer Grundlehren und der Leibnizschen Philosophie vor. 2 Es fehlt hingegen
bislang ein Versuch, unter systematischem Aspekt die Rezeption Leibnizscher
Vorstellungen für das neue humanistische Denken über Bildung und ihre
Umgestaltung gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts zu untersuchen.
Diese Frage gilt es, in diesem Vortrag zu erörtern. Dabei wird so vorgegan-
gen, daß zunächst der Ansatz zur Leibniz-Rezeption und die Leibniz-Kennt-
nisse der Neuhumanisten zusammenfassend charakterisiert, dann die über-
nahme von Grundgedanken aus der Leibnizschen Philosophie in bildungs-
theoretischen Entwürfen vorgestellt, die übertragung auf dieser Philosophie
zunächst ferne Bereiche einsichtig gemacht, die Weise dieses Umsetzens näher
interpretiert und so letztlich Bedeutung und Grenzen der direkten und in-
direkten Bezugnahme auf Leibniz in den neuen humanistischen Entwürfen
deutlich werden sollen. Diese Erwägungen stehen jedoch nicht unter der
Prämisse, als seien die Bildungstheorien der Humanisten nichts anderes als
aus sorgfältig nachzuzeichnenden Einflüssen und Bezugnahmen rekonstruier-
bare Gebilde, die in sich zerfielen, wenn die Anteile aus Leibniz oder auch
aus Spinoza, Shaftesbury, Kant und so mancher anderer sonst eliminiert
seien. Die von diesen Denkern in unterschiedlicher Intensität ausgehenden
Wirkungen wurden aufgenommen und umgesetzt, aber unter einer durchaus
eigenständigen Fragestellung. Zwar werden wichtige Fixpunkte entlehnt,
so daß es von solchen Ansätzen her eher möglich ist, bestimmte Grundzüge
ihres Denkens durch Abhebung und Vergleich schärfer zu erfassen, in ihrer
Eigenart herauszustellen, so in ihrem Sinn überhaupt erst zu erschließen und
verbreitete Fehlinterpretationen zu vermeiden. Ihr Ausgangsproblem jedoch,
die Theorie der Bildung des Menschen mit eigenen Fragen und Antworten,
bleibt von solchen übernahmen weitgehend unberührt.
6 Clemens Menze

I
" Leibniz" , so schreibt Friedrich Schlegel, "hat fast gar keine practischen
Folgen aus seinen großen Blicken gezogen; sie waren ein todtes Capital in
ihm".3 Aber nicht nur Leibniz selbst habe die in seiner Philosophie angeleg-
ten Möglichkeiten nicht fruchtbar gemacht, sondern auch die Leibniz-Rezep-
tion, etwa in der kritischen Philosophie Kants, habe den von Leibniz eröff-
neten Weg nicht fortgeführt, vielmehr als eine metaphysische Spielart des
Dogmatismus verworfen. 4 Schlegel geht so weit zu behaupten: "Die Schlacken
von Leibniz hat Kant sich alle zugeeignet, das Gold aber liegen lassen."5
In der auf die Transzendentalphilosophie überhaupt zielenden Kritik wird
deutlich, worin die Humanisten die Grenzen dieses Denkens, aber auch ihren
eigenen Ausgangspunkt sehen, von dem her sie die Leibnizsche Philosophie
in ihren praktischen Folgen nutzbar machen wollen. Der junge Schleiermacher
bemängelt, wie jene Philosophie "sich in ein Unendliches von Gründen und
Deduktionen" verliere, "letzte Ursachen" aufsuche, "ewige Wahrheiten"
ausspreche, "aus sich selbst die Realität der Welt und ihre Gesetze" entspinne6
und annehme, "de.r Mensch, der Einzelne sei nicht ein eigenthümlich gebildet
Wesen, sondern nur ein Element und überall de.rselbe".7 Und Friedrich Schle-
gel hebt in kritischer Wendung gegen Fichte den Kernpunkt hervor. "Fichte",
so erklärt er, "deducirt bloß Abst.racta, keine Individuen; also ist's mit seiner
Construction nicht weit her".8 Konsequent setzt er daher an der Wissen-
schaftslehre aus: "Die Wissenschaftslehre ist zu eng; es werden nur die Prin-
cipien von Fichte darin deducirt d. h. die logischen und die nicht einmal alle,
und die practischen und moralischen oder ethischen? - Gesellschaft, Bildung,
Witz, Kunst usw. hätten gleichfalls Recht hier auch deducirt zu werden. "9
Gewiß unterscheiden sich die einzelnen Humanisten in der Einschätzung
Kants und Fichtes untereinander; aber ihre Differenzen liegen nicht im
Grundsätzlichen. Die Prinzipien ihrer Beurteilung halten sie durch, daß näm-
lich der transzendental-philosophische Ansatz zu eng sei, daß der Ausgang
von einem ersten schlechthin unbedingten Grundsatz zu abstrakt bleibe und
es somit von diesen Philosophien her nicht gelingen könne, in den Kern-
bereich der die Humanisten bewegenden Probleme selbst vorzustoßen; denn
von solchen allgemeinen Grundsätzen her sei nicht an Geschichte, Sprache,
Kunst, Religion, Erziehung in ihrer Bedeutung für die menschliche Indivi-
dualität, in ihrer Funktion für den Bereich des menschlichen HandeIns, in
ihrer Leistung für die Bestimmung des Menschen he.ranzukommen. Zwar er-
fährt Kants Kritik der Urteilskraft eine Umsetzung auf die Problemfelder
der Humanisten,10 und Fichtes Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre
wird mit de.r Französischen Revolution und Goethes Meister zu den maß-
Leibniz und die neuhumanistisme Theorie der Bildung des Mensmen 7

geblichen Tendenzen des Zeitalters gezählt; aber es sind eben doch nur» Ten-
denzen ohne gründliche Ausführung", wie Friedrich Schlegel in dem Ent-
wurf zu diesem berühmten Fragment einschränkend anmerkt. l1 Kant kann
so nur noch als Supplement de.r Leibnizschen Philosophie anerkannt werden. 12
Fichtes erste Wissenschaftslehre wird als sein »Werther" bezeichnet13 und mit
einer solchen Einschätzung das Unfertige, überschießende, gleichzeitig wohl
auch Imponierende, aber doch nicht so recht Zufriedenstellende hervorge-
hoben.
Das humanistische Denken versteht sich demgegenüber als eine Ergänzung,
gleichzeitig aber auch als eine Gegenbewegung zu Kritizismus und Idealismus.
Es rezipiert diese philosophischen Strömungen, modifiziert sie teilweise, be-
zieht sie in die eigenen überlegungen mit ein, läßt sie aber doch nur die Folie
abgeben für seine Bemühungen, in denen die in Formalismen und Abstrak-
tionen im Stile de.r logischen Operationen der Wolffschen Philosophie14 ver-
schwundenen, durch subsumierende Erklärungen entschärften Phänomene
wieder sichtbar gemacht werden und die Frage, wie sie in ihrem Sein, ihrer
Wirkung und Bedeutung für den Menschen zu erfassen seien, alle.rerst gestellt
werden müsse. In dieser Auseinandersetzung mit einer übermächtigen Zeit-
strömung, deren Deduktionseifer, wie Humboldt meint, doch immer etwas
Schiefes zurücklasse,15 wird mit Verweis auf das Nichtdeduzierbare, das
scheinbar bloß Zufällige, das Individuelle und Historische auf Leibniz zu-
rückgegriffen und an sein Denken oder eher noch an die durch sein Denken
eröffneten Möglichkeiten angeknüpft. 16 Die Humanisten beabsichtigen also
nicht, an eine aus der Sicht der Philosophie ihrer Zeit überholte Gestalt des
Denkens zu erinnern, sondern sie wollen in diesem Denken selbst liegende,
aber nicht entfaltete, von der Transzendentalphilosophie sogar verschüttete
Möglichkeiten für ihre eigenen Reflexionen produktiv machen. Sie gehen
daher nicht von Leibniz aus, sondern greifen auf ihn zurück. Seine Philoso-
phie in ihren praktischen Folgen aufweisen heißt daher für die Humanisten,
sie in ihrer Bedeutung für das menschliche Leben auslegen, auf die Verhält-
nisse der Menschen und ihre Objektivationen beziehen und anzeigen, wie das
Leben auf eine ihm als Leben selbst gerecht werdende Weise beurteilt werden
könnte, und das bedeutet, sie für die Bestimmung der menschlichen Indivi-
dualität nutzbar machen. Es handelt sich somit nicht um eine bloße über-
nahme, sondern um eine produktive Umsetzung und Erweiterung der Leib-
nizschen Philosophie.
Dieser Rückgriff stützt sich auf eine ausgebreitete Kenntnis, die wie bei
Herder,17 Wilhelm von Humboldt,18 Schiller,19 Friedrich Schlegel,20 Schleier-
macher 21 auf teilweise eingehenden Studien beruht, oder ergibt sich, wie bei
Goethe 22 oder Pestalozzi,23 aus einer der Leibnizschen Philosophie affinen
8 Clemens Menze

Weltanschauung. Er ist zusätzlich vermittelt durch die Erörterung von in


der Schul- und Popularphilosophie immer wieder behandelten Streitfragen,
wie etwa der nach der besten aller möglichen Welten, der prästabilierten
Harmonie und Freiheit24 oder auch durch die in der Aufklärungsphilosophie
und -poesie begegnende Rekapitulation von Grundgedanken der Leibnizschen
Philosophie25 und zusammenfassende Darstellungen ihrer Metaphysik. 26 Ge-
wiß gilt noch weit nach der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts Lessings
Wort: "La philosophie de Leibniz est fon peu connue" mit dem Zusatz: "mais
sa Theologie l'est encore moins"27. Gerade um diese Zeit beginnt aber die sich
noch verstärkende, weit über die Philosophie und Theologie hinausstrah-
lende Beschäftigung mit Leibniz, angeregt durch die von Raspe 1765 zum
erstenmal herausgegebenen, dann intensiv erönerten "Nouveaux Essais" und
den 1768 von Dutens unternommenen Versuch einer ersten sechsbändigen
Gesamtausgabe, die die zusammenfassenden und in Wolffsche Philosophie
eingekleideten Darstellungen verdrängt.28 Sie lösen die Bemühungen aus,
Leibniz von den Trivialisierungen in der Schulmetaphysik zu reinigen und
seiner Lehre die ihr eigene Dimension jenseits ausgeklügelter syllogistischer
Zwangsmühlen anzuweisen. Es setzt sich eine tiefergehende Kenntnis der
Leibnizschen Philosophie durch, die sich teilweise auf das Studium der Origi-
nalschriften, teilweise auf zusammenfassende Darlegungen, teilweise auf Er-
örterungen von durch Leibniz aufgeworfenen Fragestellungen und in nicht
wenigen Fällen auf alle diese Elemente zusammen stützt. Nicht hoch genug
veranschlagt werden kann auch ein über vielfache, im einzelnen kaum rekon-
struierbare Kanäle vermitteltes geistiges Klima, in dem sich tragende Leib-
nizsche Gedanken wiederfinden lassen. Was Kuno Fischer über Herders Den-
ken sagt, daß es in einer von Leibniz bestimmten Weltanschauung gedeihe,29
läßt sich auf eine ganze Reihe der Humanisten übertragen und zum mindesten
für bestimmte Epochen ihres Denkens feststellen. In einern solchen Klima
liegt auch der Grund dafür, daß es an möglicherweise eher unbewußten Ent-
lehnungen aus der Leibnizschen Philosophie, was einzelne Ausdrücke, Rede-
wendungen oder auch in wechselnden Zusammenhängen auftauchende Wort-
gruppen angeht, nicht fehlt. Die philosophische, dichterische, nicht zuletzt
auch pädagogische Sprache in der zweiten Hälfte des achtzehnten und im
frühen neunzehnten Jahrhundert ist durchwirkt von solchen Wendungen aus
Leibnizens Werk. 30

II
Die Humanisten lassen sich bei ihrem Rückgriff auf Leibniz von einer
eigenen Fragestellung leiten. Sie gehen von einer für sie in ihrer Zeit immer
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen 9

deutlicher hervortretenden Diskrepanz aus, die sie in dem Widerstreit zwi-


schen dem Selbstbehauptungsdrang des Individuums und den auf Funk-
tionalisierung und Kollektivierung drängenden Zeittendenzen, zwischen dem
Streben des Menschen, in Freiheit er selbst sein zu können, und dem auf Er-
weiterung seines Einflusses und seiner Macht bedachten Staat sehen, und
werfen angesichts solcher Gegenläufigkeit die Frage auf, worin denn die
eigentliche Bestimmung des Menschen bestehe und wie diese zu erreichen und
zu sichern sei.
Entwickelt wird die Antwort auf diese Frage im Horizont der von Rousseau
offengelegten Disjunktion zwischen dem Menschen und dem Bürger. 31 Gewiß
besteht zwischen beiden Existenzweisen ein komplementäres Verhältnis, da
das Menschsein nicht vom Bürgersein abtrennbar ist und umgekehrt. Gleich-
wohl versteht sich eine solche Disjunktion nicht von selbst. Die gedankliche
Trennung zwischen Sein und Funktion verfolgt das Ziel, nicht nur ihre un-
reflektierte Ineinssetzung durchschaubar zu machen, sondern auch das Sein
als den Grund aller Funktionen zu ermitteln, die Distanzierung von der
jeweiligen Funktion zu ermöglichen und so überhaupt erst jene Bestimmung
aufsuchen zu können, von der her sich der Mensch für oder gegen eine be-
stimmte Funktion entscheiden könne. Was der Mensch nicht im Blick auf diese
oder jene ihm von außen auferlegte Festlegung, sondern als Mensch selbst sei
und sein sollte, wird daher zu der den Ausgangspunkt offenlegenden Frage.
Voraussetzung für ihre Erörterung ist, daß sich die dem Menschen vor-
gegebenen tradierten Bestimmungen, wie sie die Religionen lehrten, die ge-
sellschaftlichen Auffassungen nahelegten, die Erziehungen einprägten, die
Gesetzgebungen konservierten, die Künste widerspiegelten, nicht durch
bloßen Hinweis auf ihre überlieferung und Aktualität aufrechterhalten
lassen dürften. Und die Erschütterung ihrer selbstverständlichen Geltung
bringt an den Tag, daß in diesen vorgängigen Festlegungen immer schon eine
bestimmte Funktionalisierung des Menschseins herrscht und diese die Frage
nach seinem Sein und seiner Bestimmung verstellt. Durch solche überlagerun-
gen hindurch gilt es, zu dem Menschen in seinem Menschsein selbst vorzu-
stoßen, ihn, abgelöst von solchen Aufgaben und Tätigkeiten, zu erfassen und
nach seiner menschlichen Bestimmung und nicht nach seinen gesellschaftlichen
Inanspruchnahmen auszulegen. Der Mensch soll nicht das sein, was andere
ihm anraten oder gar aufzwingen, und seien solche Festlegungsversuche von
noch so ehrwürdiger Herkunft und noch so gebieterischer Autorität, sondern
er soll als dieser Mensch sich selbst festlegen und bestimmen und somit auch
seine Funktionen in ihrer prinzipiellen Kußerlichkeit durchschauen können.
Von dieser Zielsetzung her wird die neue humanistische Theorie als die Lehre
von der rein menschlichen Bildung des Menschen entwickelt, die sich nicht mit
10 Clemens Menze

Reflexionen über die Natur und die Bestimmung des Menschen überhaupt
begnügt, sondern, getragen von der überzeugung, das unwiederholbare, ein-
zigartige menschliche Einzelsein müsse in sich sinnerfüllt sein, nach Sein und
Bedeutung der Individualität des Menschen fragt. Auf dieses Individuum
kommt es an. Denn das Menschengeschlecht steht nach Humboldts Auf-
fassung »jetzt auf einer Stufe der Kultur, von welcher es sich nur durch Aus-
bildung der Individuen höher emporschwingen kann". 32
Für die Behandlung dieser Probleme finden die Humanisten in der Leib-
nizschen Metaphysik einen entscheidenden Anhalt, weil diese mit ihrer Lehre
von der individuellen Substanz Einsichten nahelegt und Hilfen anbietet, mit
denen sie ihre eigenen Vorstellungen auf den Begriff bringen und struktu-
rieren können. So arbeiten sie Elemente dieser Philosophie in ihre Entwürfe
ein, obwohl eine solche Weise der Umsetzung nicht dem Anspruch der Philo-
sophie von Leibniz folgt. Der Unterschied besteht darin, daß die Humanisten
nicht nach dem Seienden im ganzen fragen, wiewohl sie in solchen Erörterun-
gen mit Leibniz in der einen oder anderen Hinsicht übereinstimmen mögen. 33
Es handelt sich für sie nicht um die Entwicklung eines allumfassenden Systems,
um Darlegungen über Gott, eine Prinzipienlehre, Vernunftwahrheiten. Ihre
Ansprüche richten sich nicht auf eine Wiederholung oder auch Erneuerung der
Leibnizschen Philosophie überhaupt. Für sie bleibt als die alle anderen Pro-
bleme zurückdrängende entscheidende Frage die nach dem Menschen als einem
freizusetzenden und freien Wesen im Mittelpunkt, und sie entnehmen dieser
Philosophie, was für die Einsicht in die Natur und die Bestimmung des Men-
schen hilfreich zu sein scheint. Sie bringen das in der Leibnizschen Philosophie
nicht ergriffene anthropologische und bildungstheoretische Moment zum
Vorschein und lassen weite Bereiche dieses Denkens mit einer Fülle meta-
physischer Fragen unberücksichtigt. Ihr Rückgriff auf Leibniz läßt sich als
eine Anthropologisierung der Monadenlehre kennzeichnen.
Der so die Metaphysik in Dienst nehmende Ansatz bezieht sich auf die
positive Einschätzung der Individualität als Substanz, ihre Deutung als Kraft
mit den sich daraus ergebenden Folgerungen, die Einwirkungslehre, die uni-
verselle Harmonie, führt abe.r auch zu einer freien Umgestaltung und Fort-
setzung Leibnizscher Gedanken wie der über das Reich der Geister oder über
die Erfassung der individuellen Substanz. Es ist eine der Leibnizschen Philo-
sophie affine Grundhaltung, in der die Humanisten ihre eigenen Fragen ent-
wickeln, in der ihre Entwürfe gedeihen und Lösungen erwogen werden, die
in unterschiedlicher Weise Leibnizens Lehre nahekommen, umspielen, variie-
ren, weiterentwickeln. Die damit verknüpften überschreitungen des Leib-
nizschen Systems sind also keine aus Unverständnis resultierenden Mängel,
sondern produktive Weiterführungen dieses Denkens in Bereichen, die Leib-
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen 11

niz von einer metaphysischen GrundeinsteIlung her nicht so thematisierte. Sie


lassen sich nicht als Abfall von der reinen Lehre, als Verkürzung der Meta-
physik, als bloße Psychologisierung und Historisierung philosophischer Sach-
verhalte auf dem Hintergrund einer umfassenden Metaphysik deuten, sondern
beanspruchen von ihrem originären Ausgangspunkt her ein Eigenrecht.

III
Für die Humanisten ist wie für Leibniz der Begriff des Individuellen von
entscheidender Bedeutung. Die mit diesem Begriff sich verknüpfende neue
Metaphysik tritt in allen ihren überlegungen hervor. Selbst noch in ihren
entferntesten Abschattungen und Verdinglichungen bildet die neue Ein-
schätzung des Individuellen den Dreh- und Angelpunkt für die Leibniz-
Rezeption im deutschen Humanismus.
Jedes individuelle Seiende, so hatte Leibniz aufgewiesen, ist von jedem
anderen wesenhaft verschieden. Es läßt sich somit nicht unter eine vorgege-
bene Species einordnen und durch eine solche Subsumption erschöpfend er-
klären. Vielmehr ist es als einzelnes selbst, was in der überlieferten Meta-
physik bislang nur für intellektuelle Substanzen galt, eine Art für sich, ein
"unum specie" und so eine "species infima", und als solche von allen anderen
unterschieden und deshalb unwiederholbar und einziganig. Daher erhält
die viel erörterte traditionsschwere Frage nach dem Individuationsprinzip
einen ganz anderen Stellenwert, und Leibniz kann unter Abweis der ent-
gegenstehenden Auffassungen schon in "De principio individui" feststellen,
daß das Individuum das, was es ist, nicht durch die materia signata, haec-
ceitas, raumzeitliche Lagen ist, sondern nur durch seine ganze ihm zu eigene
Wesenheit. Es ist in jeder Fiber seines Seins es selbst und somit als etwas un-
wiederholbar Einzigartiges charakterisiert, an dessen innerem, qualitativem,
es als dieses Individuum ausmachendem Wesen alle von außen herangetrage-
nen Festlegungsversuche scheitern müssen. Und also gilt: "Omne individuum
sua tota Entitate individuatur. "34
Allein das Individuelle hat außerhalb unseres Geistes wirkliche Existenz
und ist Substanz. Das Wesen dieser Substanz, so weist Leibniz in mühevoller
Anstrengung besonders gegen Descartes nach, ist Kraft. 35 Diesen Gedanken
hat er immer aufs neue entwickelt, gegen Einwendungen verteidigt und seinen
Nachvollzug als unabdingbare Voraussetzung eingefordert, wenn die Emen-
dation der tradienen Metaphysik gelingen solle. 36 Er faßt ihn in dem Satz
zusammen: "Ex notione Substantiae individualis sequitur etiam in Meta-
physico rigore, omnes substantiarum operationes, actiones passionesque esse
spontaneas. "37
12 Clemens Menze

Die Humanisten stellen sich auf dieses von Leibniz erarbeitete Fundament.
Sie anerkennen seine von dem Begriff der Kraft ausgehende neue Metaphysik
und seine Lehre von der Individualität. Daher stützt sich auch ihre den Men-
schen in den Mittelpunkt rückende Theorie auf diese untrennbar miteinander
verknüpften Elemente. Für sie gilt, wie Humboldt an Brinkmann schreibt,
daß Kraft "das wahre apriori" im Menschen sei38 oder daß sie, wie es in
einem anderen Zusammenhang heißt, "die schlichte Definition" des mensch-
lichen Wesens ausmache. 39 Kraft kennzeichnet die neue Auffassung des Men-
schen, insofern sie als Vermögen des Selbstanfangs das Spontane, aus sich
heraus Tätige, Schöpferische, Autonome enthält. Hinter diesen Begriff läßt
sich nicht zurückgehen. Als nicht mehr auf anderes zurückführbar bedarf
Kraft vielmehr der Auslegung. 4o Kraft wirkt aus sich heraus und ist nur
Kraft als Streben, als Tätigsein. Dieses Tätigsein bringt etwas hervor, und
zwar nicht bloß die Objektivationen, durch die es sich manifestiert, sondern
es setzt sich mit ihnen selbst in die Wirklichkeit; denn es ist der Kraft eigen,
daß sie nur aus sich in die Wirklichkeit bringen kann, was der Möglichkeit,
ihrer "Idee" nach, immer schon in ihr enthalten ist. Sie ist entelechial verfaßt.
Jeder substantiellen Kraft kommt ein ihr von Natur aus zugehöriges Telos
zu. Kußerung der Kraft ist somit ein sukzessives In-die-Erscheinung-Bringen
dieses Telos. Die Übereinstimmung zwischen den Leibnizschen und den huma-
nistischen Vorstellungen ist also unübersehbar. Die Differenz liegt nicht in
den Ergebnissen, sondern in der Sicherung der Kraft als des entscheidenden
Ausgangspunktes. Denn die Humanisten verstricken sich nicht in überlegun-
gen über die Begründung ihres Ausgangsbegriffes als jenes fundamenturn
inconcussum, das der Rückführung auf ein anderes nicht bedürftig sei und
für sich selbst Bestand habe, sondern ihre Position fügt sich so in den Horizont
der Leibnizschen Metaphysik ein, daß sie einen solchen Ansatzpunkt für ihre
überlegungen als zweifelsfrei gesichert hinnimmt und lediglich in eher zu-
fälligen Bemerkungen auf die Unhaltbarkeit anderer Ausgangspunkte ver-
weist, und das vorzüglich gegenüber der immer mehr nach vorn drängenden
Tendenz, mit der Suspendierung der Metaphysik auch Kraft als Grundbegriff
preiszugeben und eine angeblich allein Wissenschaftlichkeit verbürgende
mechanische Erklärung vorzuziehen. 41 Die Anerkennung der Kraft als des
Ausgangspunktes zeigt daher, daß die Humanisten auf Leibniz zur Lösung
ihrer Probleme zurückgreifen, weil aus ihrer Sicht die dominanten philoso-
phischen Zeitströmungen Kritizismus und Idealismus keine Voraussetzungen
bieten, eine Theorie der Bildung des Menschen zu entwickeln, da der Weg von
der Erörterung der e.rsten Prinzipien bis zur Frage nach Wesen, Werden,
Sinn der je einzelnen Individualität ihnen in den Systemen des transzen-
dentalen Idealismus ungangbar, ja unbahnbar überhaupt zu sein scheint.
Leibniz und die neuhumanistisme Theorie der Bildung des Mensmen 13

Das für die Humanisten belangvolle Seiende ist das Individuelle. Daher
ist der Mensch in seiner Individualität der zent.rale Bezugspunkt ihrer Bil-
dungstheorie. Wie für Leibniz jede einzelne Monade auf ihre Weise das ganze
Universum repräsentiert und die durch das Streben nach größerer Klarheit
und Deutlichkeit erwirkten Veränderungen in ihr selbst auch in allen anderen
Monaden sich ausdrücken, so ist für die Humanisten jeder individuelle Mensch
eine eigene, in sich sinn erfüllte, unwiederholbare Darstellung des Mensch-
heitsideals, das seinerseits auch von der Ausprägung in dem einzelnen Men-
schen abhängt. Hier zeigt sich, was die Leibnizsche Metaphysik in den huma-
nistischen Denkern zu erwecken vermochte. So erklärt der junge Schleier-
macher als die ihm plötzlich aufgegangene höchste Anschauung, "daß jeder
Mensch auf eigne Art die Menschheit darstellen soll, in einer eignen Mischung
ihrer Elemente, damit auf jede Weise sie sich offenbare, und wirklich werde
in der Fülle der Unendlichkeit Alles was aus ihrem Schooße hervorgehen
kann".42 Als dieser Mensch ist er Element der Menschheit, aber nicht ein
gegenüber einem Allgemeinen zufälliges Besonderes, auf dessen Existenz
es nicht ankomme, sondern ein konstitutives Element, ohne das die Mensch-
heit das nicht umfassend sein kann, was sie sein soll, nämlich die von allen
zufälligen Besonderungen entschränkte menschliche Natur in der Fülle ihrer
Totalität. Individuelle und besondere Naturen sind daher nicht, wie Garve
mit einer an ästhetischen und psychischen Phänomenen interessierten Auf-
klärung meint, "an und für sich, wenn das übrige gleich ist, allemal inter-
essanter als das Allgemeine",43 so daß sich ihr Vorrang auf an Abwechs-
lungen interessierten subjektiven Einschätzungen gründet, sondern jeder
individuelle Mensch trägt in sich eine Totalität, stellt auf seine Weise selbst
ein Allgemeines dar, wie umgekehrt das Allgemeine nichts anderes ist als die
Totalität des Individuellen. Wilhelm von Humboldt stellt ausdrücklich fest:
« L'individualite et la totalite, ces deux extremites de nos idees et de nos
connaissances, s'expliquent toujours reciproquement, et ne peuvent hre com-
prises que l'une par le secours de l'autre.»44 Für Friedrich Schlegel heißt das:
"Der Mensch ist ein Mikrokosmus; zur Charakteristik des Individuums ge-
hört Charakteristik des Universums. "45 Der Mensch sieht sich auf das Uni-
versum verwiesen, das Universum stellt sich dar in der Selbstanschauung des
Menschen. Sie bedingen einander, sind Wechselbegriffe, in denen dieser Pro-
zeß der unendlichen Reflexion faßbar wird. In einem Distichon faßt Schleier-
macher diesen Zusammenhang so:
"Wer sich nicht selbst anschaut, nie wird er das Ganze begreifen,
Wer nicht das Ganze gesucht, findet wol nimmer sich selbst. "46
14 Clemens Menze

Folglich gilt, wie es in den Monologen gegen die gängige Meinung fest-
gestellt wird: "Was sie Welt nennen, ist mir Mensch, was sie Mensch nennen,
ist mir Welt ... Mir ist der Geist das erste und einzige: denn was ich als Welt
erkenne, ist sein schönstes Werk, sein selbstgeschaffener Spiegel. «47 Aus-
prägung der Menschheit in sich ist daher zugleich Schaffung von Welt: "War
mein Thun darauf gerichtet", schreibt Schleiermacher, "die Menschheit in mir
zu bestimmen, in irgend einer endlichen Gestalt mit festen Zügen sie darzu-
stellen, und so selbst werdend Welt zugleich zu bilden, indem ich der Ge-
meinschaft freier Geister ein eignes und freies Handeln darbot: es bleibt
daßeibe dem darauf gewandten Blik, ob nun unmittelbar etwas daraus ent-
stand, das gleich mir selbst als Welt begegnet, ob mein Handeln gleich dem
Handeln eines Andern sich verband, ob nicht. Mein Thun war doch nicht
leer, bin ich nur in mir selbst bestimmter und eigener geworden, so hab ich
durch mein Werden auch Welt gebildet. "48
Unverkennbar in diesen Äußerungen ist, wie sich Leibnizsche Gedanken
über das Ineinanderwirken von Mensch und Welt mit originären Auffassun-
gen der Humanisten verschränken und den Grund abgeben, auf dem diese
ihre Lehre entfalten können. Vom Ausgang her Leibnizisch ist die Deutung
der Individualität als eines das Universum repräsentierenden und konsti-
tuierenden Mikrokosmos in je spezifischer einmaliger Weise. Leibnizisch ist
die damit gesetzte Auffassung der Individualität als eines schaffenden,
aktiven Spiegels. 49 Leibnizisch ist auch das Sich-Bilden der Individualität in
einem prinzipiell unabschließbaren Prozeß, da ja auch die Monade das ganze
Universum nicht auf einen Schlag in sich entfalten kann,50 so daß Schlegel
feststellen kann: "Jeder Mensch ist nur ein Stück von sich selbst. «51 Mit Leib-
nizens Gedanken verwandt sind die Reflexionen über die Unvergänglichkeit
der Individualität,52 über die sich in Bildung ausdrückende Rangordnung der
Menschen,53 über die große Individualität, die durch ihre bloße Existenz die
anderen zur Ausprägung ihres Selbst anregt,54 über die durchgängig wal-
tende Harmonie aller besonderen Hinsichten in einem umfassenden, sich ins
Unendliche erstreckenden Universum. 55
Aus diesen übereinstimmungen und Entsprechungen ergeben sich Fix-
punkte des humanistischen Bildungsdenkens, die zum Teil bis auf den
heutigen Tag trotz einer von Grund auf veränderten Anthropologie unser
Verständnis von Bildung leiten. Der entelechialen Verfassung der Monade
korrespondiert Bildung als ein in der Vervollkommnungsfähigkeit der
menschlichen Natur gründender, in Stufen sich ausprägender, nie an sein
Ende gelangender Strebevorgang der Entfaltung der dem Menschen eigenen
Möglichkeiten. Aus ihr ergibt sich die Deutung der Bildung als eines stän-
digen Werdens, als Erweiterung des Besonderen zum Allgemeinen, dieses
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen 15

verstanden als individuelle Universalität, als Hineinbilden des endlichen


Menschen in das Unendliche, als Selbstbestimmung und absolute Respektie-
rung des Menschen als eines Zweckes seiner selbst. Ohne den Vorgang von
Leibniz hätte sich eine solche Bildungsauffassung im deutschen Humanismus
in dieser Form kaum entwickeln können, wenngleich es gewiß wenig sinnvoll
ist, alle diese Bestimmungen in eine gleichsam monokausale Abhängigkeit
von der Leibnizschen Philosophie zu bringen. Hier spielen auch mannigfach
vermittelte Umformungen, nicht zuletzt aus einer verwandten Geisteshaltung
resultierende eigene selbständige Ausgestaltungen mit hinein. Aber die Leib-
nizschen Impulse zu einer solchen freien Umsetzung lassen sich schwerlich
übersehen.

IV
Der Affinität aller dieser Auffassungen zu Leibnizens Philosophie steht ein
einschneidender Unterschied gegenüber. Dieser zeigt sich in dem Bezugspunkt,
der der sich auf sich selbst zurückwendenden und in der Selbstdarstellung
sich vollendenden Bewegung Richtung und Sinn geben und Harmonie ver-
bürgen soll. Diese Differenz bringt die Intentionen der Humanisten in der
freien Gestaltung und der in ihrem Sinne produktiven Weiterführung der
Leibnizschen Metaphysik im Bereich der Lehre vom Menschen und seiner
Bildung besonders deutlich ans Licht. Die Humanisten kennen keine unge-
schaffene Zentralmonade, keinen Gott, der allein über klare und voll-
bewußte Vorstellungen des Universums verfügte, den sie als Herren und
Endzweck anzuerkennen hätten. In ihren überlegungen steht an dieser Stelle
der Mensch, dessen Menschheit das Zentrum ist, auf das sich alles bezieht und
von dem her alles, was ist, Bedeutung und Wert erhält. Wenn die Rede von
Gott noch einen Sinn haben soll, dann besteht dieser - und hier ist der absolute
Gegensatz zu Leibniz erreicht - darin, daß der Mensch in seiner unendlichen
Selbstdarstellung Zug um Zug den Gott hervorbringt, daß dieser Gott, wie
Friedrich Schlegel erklärt, "jedes schlechthin Ursprüngliche und Höchste, also
das Individuum selbst in der höchsten Potenz"56 ist. An die Stelle der einen
alles aus sich schaffenden und in sich zurückgründenden Zentralmonade, die
die Fülle der Welt in sich erzeugt, treten unendlich viele "Zentralmonaden",
die in ihrem Leben und in ihrer Wirksamkeit nicht auf ein in höchster Weise
Seiendes bezogen sind. Sie schaffen sich je für sich eine eigene ins Unendliche
sich auslegende Welt, die mit den unendlich vielen anderen Welten harmo-
nisch zusammenstimmt, aber in keiner vorgeordneten Metaphysik mehr eine
Fundierung erfährt. Doch bleiben in Anbetracht einer sich noch verstärken-
den idealistischen Philosophie Zweifel an der Grundlage eines solchen Den-
16 Clemens Menze

kens nicht aus. Das Unsichere und Tastende, sich eines Bezugspunktes zu
vergewissern, kommt in einem Brief Wilhelm von Humboldts an Brinkmann
deutlich zum Ausdruck. Er entfernt sich in ihm von der Leibnizschen Philo-
sophie, durchmustert andere in den Metaphysiken seiner Zeit hervorgetretene
neue Ausgangspunkte, weist sie aber schließlich zurück und will seine Er-
wägungen in eine noch keineswegs durchkonstruierte Identitätsphilosophie
ausmünden lassen, die bei ihm gerade in seiner römischen Zeit ein besonderes
Interesse findet. "Die Ideen", so heißt es in diesem Brief, "in denen sich in
jedem Menschen das Letzte zusammenknüpft, und die man also wenigstens
seine Metaphysik nennen kann, haben sich bei mir, seit einiger Zeit, beträcht-
lich verändert ... Sonst pflegte ich mich in eine einzige Individualität einzu-
spinnen, und die ganze Welt in sie gleichsam aufzunehmen; jetzt scheinen
sich mir alle im Ganzen der Menschheit zu verlieren, und das Einzige, was
ich nur hier vermisse, ist der bestimmte Begriff dieses Letzten des Letzten.
Fichtes absolutes Ich ... war mir sonst immer widrig und dunkel, weil es mir
die wirklichen Ichs aufzuheben, und ein durchaus chimärisches zu hyposta-
siren schien. Von dem Schellingschen Pantheismus habe ich kaum einen dun-
keln Begriff. Aber wenn Sie mir zugeben, daß in jeder Metaphysik ein fester
und heller Punkt ist, von dem man ausgeht, und ein (nicht unsichrer, aber)
dunkler, auf den man zugeht, so, dünkt mich, nimmt Fichte zum ersten an,
was eigentlich der letzte ist, das absolute, eigentliche Ich. Ich fühle nun, und
zwar auf tausend der verschiedensten Manieren, die Unzulänglichkeit Eines
(menschlich) intellektuellen Wesens, und auf ebensoviele Manieren das Zu-
sammengehören aller, daß ich davon getrieben werde nicht, denn das ist
wieder ein unrichtiger Begriff auf ein AllEins, sondern auf eine Einheit, in
der aller Begriff von Zahl, alles Entgegensetzen von Einheit und Vielheit
untergeht. Diese Einheit Gottheit zu nennen, finde ich abgeschmackt, weil
man sie so ganz unnützerweise aus sich hinauswirft. Der Ausdruck Welt,
Universum führt gar auf blinde Kräfte, und physisches Daseyn. Weltseele
ist noch unschicklicher. Ich bleibe daher am liebsten bei dem stehen, was das
nächste ist. Diese Einheit ist die Menschheit, und die Menschheit ist nichts
anders als ich selbst. Ich und Du ... sind durchaus Eins und dasselbe, ebenso
ich und er und ich und sie und alle Menschen. Es ist nur als wenn jede Facette
eines künstlich geschliffenen Spiegels sich für einen abgesonderten Spiegel
hielte.... Mehr läßt sich nicht sagen, und mehr sollte keine Metaphysik
sagen. "57 Diese Metaphysik soll im Unterschied zu allen anderen Meta-
physiken durch ihre praktische Anwendung überzeugen. Die andern führen,
so erklärt Humboldt, "aufs höchste zu sogenannten Tugenden (die das haupt-
sächlichste Bestreben des Menschen unbestimmt lassen) und kleben daran
fremde Zierrathen, einen Gott, eine Unsterblichkeit und wer weiß was an.
Leibniz und die neuhumanistisme Theorie der Bildung des Mensmen 17

Diese Metaphysik befiehlt menschlich zu seyn bis ins tiefste Fleisch, alles zu
kennen und zu durchsuchen, und alles in ächte Menschheit zu verwandeln,
sie schneidet keine Beschäftigung und keinen Genuß ab, aber nimmt von
überall alles Kleinliche und Unedle hinweg. Sie braucht keinen fremden Gott
und keine verheißene Unsterblichkeit. Wie überhaupt nicht, so kann auch in
mir die Menschheit so wenig untergehn, als sie entstanden ist, mit der Zahl
hebt sich auch die Zeit in ihrem Begriff auf, und da sie alles ist, so ist nichts
außer ihr".58 Es gibt kein unveränderliches Fundament, das man besitzt, das
eine Entfaltung der Lehre ermöglicht, die, wenn sie nur in der rechten logi-
schen Ordnung fortschreitet, keine Revision zuläßt. Der neue Bezugspunkt
selbst ist eine nie endgültig feststellbare, ins Unendliche voranschreitende
Dynamis, das Ich in seiner unausschöpfbaren, allumfassenden Individualität.
Daher kann auch der Zweck des Weltalls, wie Humboldt ausdrücklich her-
vorhebt, in nichts anderem bestehen als in der Bildung der Individualität.59
Diese Auffassungen spitzt Friedrich Schlegel dann auf die Feststellung zu:
"Gott werden, Mensch seyn, sich bilden, sind Ausdrücke, die einerley be-
deuten. "60
So wird die sich in der Geschichte vollziehende unendliche Ausfaltung der
Möglichkeiten des Menschen zum entscheidenden Anhalt und Sinn und da-
durch der Begriff der Menschheit selbst dynamisiert. Menschheit als Inbe-
griff des Menschseins läßt sich also nicht abschließend darstellen. Sie reprä-
sentiert in ihrem endlosen Wandel das Universum auf jeweils andere Weise,
ohne es endgültig festzulegen. Sie verweist auf eine unendliche Fülle von
Möglichkeiten, die nicht auf ein immer schon vorgesetztes Ziel bezogen wer-
den, sondern in ihrem Reichtum an Entwicklungen nicht determiniert werden
können. Sie faltet sich nicht im Blick auf ein schon immer Antizipiertes aus,
sondern setzt den Menschen frei in seiner Spontaneität. Der einzelne Mensch
erfüllt sich dann in seiner Bestimmung, wenn er einen bislang so nicht in
Erscheinung getretenen Grundzug des Menschseins überhaupt in der nur ihm
möglichen Leistung der Vollendung seines eigenen Lebens dargestellt und
somit an der produktiven Erweiterung der Menschheit teil hat. Das Ideal
der Menschheit selbst als die Totalität der sich bildenden Menschen ist ab-
hängig von jedem einzelnen, weil sich die Menschheit nicht in ihrer Fülle zei-
gen kann, wenn der einzelne als eines ihrer konstitutiven Elemente sich nicht
in dem offenbaren kann, was er seiner Möglichkeit nach ist. Beeinträchtigung
der Selbstdarstellung des einzelnen ist daher nicht nur eine Mißachtung, eine
bedauerliche Form der Hemmung, Ausdruck von Intoleranz oder von dem
einzelnen feindseligen Verhältnissen, sondern als eine Unterdrückung mensch-
licher Möglichkeiten eine Verarmung der Menschheit und somit wegen der
jedem Individuum eigenen Einzigartigkeit auch eine nicht wieder gutzu-
18 Clemens Menze

machende Einschränkung des Menschheitsideals, das sich so nicht in die ihm


eigene Fülle setzen kann. Auf diese Weise erfährt der Toleranzgedanke der
deutschen Aufklärung eine vertiefte Deutung, und zugleich wird offensicht-
lich, daß Bildung als Selbstverwirklichung der dem Individuum eigenen
Möglichkeiten von den Humanisten als ein "heiliges Menschenrecht" ein-
gefordert werden muß. Die Behinderung einer noch so armselig erscheinenden
Individualität in ihrem Anspruch auf Bildung ist daher ein Vergehen an der
Menschheit. Die Konsequenz ist die Forderung nach Humanität, die die Be-
ziehungen aller Menschen als Menschen selbst bestimmen muß. In seinem
Akademievortrag "über die Sprachen der Südseeinseln « drückt Humboldt
diese Auffassung so aus: "Wenn es eine Idee giebt, die durch die ganze Ge-
schichte hindurch in immer mehr erweiterter Geltung sichtbar ist, wenn irgend
eine die vielfach bestrittene, aber noch vielfacher misverstandene Vervoll-
kommnung des ganzen Geschlechtes beweist, so ist es die der Menschlichkeit,
das Bestreben, die Gränzen, welche Vorurtheile und einseitige Ansichten aller
Art feindselig zwischen die Menschen stellen, aufzuheben, und die gesammte
Menschheit, ohne Rücksicht auf Religion, Nation und Farbe, als Einen
grossen, nahe verbrüderten Stamm, ein zur Erreichung Eines Zweckes, der
freien Entwicklung innerlicher Kraft, bestehendes Ganzes zu behandeln. Es
ist dies das letzte, äusserste Ziel der Geselligkeit, und zugleich die durch seine
Natur selbst in ihn gelegte Richtung des Menschen auf unbestimmte E.rwei-
terung seines Daseyns. "61

v
Diese Erwägungen weiten Leibnizsche Gedanken auf einen Bereich aus, der
die Metaphysik um eine ihr korrespondierende praktische Seite ergänzt, die
zwar ihren Rückhalt in dieser Metaphysik findet, aber mit ihren eigenen
Forderungen und Problemen aus ihr herausführt. So erfährt an dieser Stelle
die Leibnizsche Lehre eine Erweiterung ins Praktische, ohne daß sie in ihren
die Auslegung dieses neuen Feldes leitenden Grundpositionen suspendiert
wird.
Der Punkt, von dem her die praktische Seite der Leibnizschen Philosophie
entwickelt und selbständig ausgestaltet wird, betrifft die Einwirkung von
Menschen auf Menschen. Die Monaden Leibnizens stehen bekanntlich nicht
in einer direkten Verbindung, von der her die eine bestimmend auf die andere
einwirken könnte, ihre wechselseitige Veränderung liegt vielmehr in ihrem
Streben nach Klarheit und Deutlichkeit begründet, so daß die ihnen eigen-
tümliche Widerspiegelung des sich wandelnden Universums jeder Monade
eine neue Qualität gibt. Die Modifikation ist daher nicht das Werk einer
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung .des Menschen 19

Einflußnahme, sondern selber erwirkt. Daher kann die Monade auch immer
nur das widerspiegeln, was sie selber ist. Sie ist als diese eine das Universum
auf ihre je eigene Weise.
Die Humanisten knüpfen an diesen Gedanken an, verändern ihn jedoch
auch. Sie greifen ihn auf, weil er ihrer innersten überzeugung entspricht,
jegliche Form von Fremdbestimmung des Menschen müsse immer wieder auf-
gehoben werden, damit der Mensch mit sich in übereinstimmung bleibe und
nicht etwas darstelle, was er seiner Natur nach nicht sei. In ihrer Deutung ist
die vollendete Bildung die reine Selbstbestimmung des Menschen und somit
die Aufhebung der Fremdbestimmung überhaupt, ein Zustand jedoch, der der
Endlichkeit des Menschen wegen unerreichbar ist. Infolgedessen ist der nicht
an ein Ende gelangende Vollzug dieser Selbstgestaltung und die mit ihm ver-
knüpfte Darstellung der ganzen Menschheit auf eine je eigentümliche Art
und Weise der entscheidende Grundzug ihrer Lehre, dessen übereinstimmung
mit Leibniz unverkennbar ist. Dieser Gedanke hat sich jedoch, bezogen auf
konkrete Raum-Zeit-Verhältnisse, notwendig verändert. Die Möglichkeit
einer direkten Einwirkung auf den anderen läßt sich in den raumzeitlichen
Gegebenheiten nicht bestreiten. Nur ein Blick auf die eigene Zeit, die ja aus
einem Geflecht von Einwirkungen, vorgängigen Inanspruchnahmen, Zwän-
gen und Einpassungen besteht, würde eine entgegenstehende Auffassung
sogleich ad adsurdum führen. Die Konsequenz daraus, daß jeder Mensch
Zweck seiner selbst und wesenhaft Individualität ist, ist für die Humanisten,
daß keine normierenden Einflußnahmen auf andere zugelassen werden kön-
nen und deshalb die bestehenden und praktizierten Einwirkungsverhält-
nisse umzugestalten sind. In seinem Brief an Georg Forster vom 8. Februar
1790 schreibt Wilhelm von Humboldt: "Jeder Mensch muß ins Große und
Ganze wirken, nur was dieß Große und Ganze genannt wird, darin liegt ...
so viel Täuschung. Mir heißt ins Große und Ganze wirken, auf den Charak-
ter der Menschheit wirken, und darauf wirkt jeder, sobald er auf sich und
bloß auf sich wirkt. Wäre es allen Menschen völlig eigen, nur ihre Indivi-
dualität ausbilden zu wollen, nichts so heilig zu ehren, als die Individualität
der andren; wollte jeder nie mehr in andre übertragen, nie mehr aus andren
nehmen, als von selbst aus ihm in andre, und aus andren in ihn übergeht;
so wäre die höchste Moral, die konsequenteste Theorie des Naturrechts, der
Erziehung und der Gesezgebung den Herzen der Menschen einverleibt. Man
sei nur groß und viel, so werden die Menschen es sehn und nuzen; man habe
nur viel zu geben, so werden die Menschen es genießen und der Genuß wird
Vater neuer Kraft sein. Wenn unter uns so wenig geschieht, so ist es nicht,
weil unsre Lagen und Verhältnisse uns hinderten zu wirken, sondern weil
sie uns hindern zu werden und zu sein ... der wahrhaft große, d. i. wahrhaft
20 Clemens Menze

intellektuell und moralisch ausgebildete Mann wirkt schon dadurch allein


mehr als alle andre, daß ein solcher Mann einmal unter den Menschen ist,
oder gewesen ist."62 Die Weise, nach der die Einwirkung erfolgen soll, faßt
Schleiermacher in dem Satz: "Die Wirkung eines Jeden soll gehen auf die
Tätigkeit der übrigen, und die Tätigkeit eines Jeden soll sein seine Einwir-
kung auf die anderen. "63 Das bedeutet, jene Wirklichkeitsbereiche, von denen
her ein Individuum in seiner Funktion, sogar in dem Sinn seiner Existenz
festgelegt wird, müssen so umgestaltet werden, daß sie in den Dienst der
Selbstbestimmung des Menschen treten. Gleichzeitig gilt es jene Wirklich-
keitsbereiche zu eröffnen und in ihrer bildenden Bedeutung zu erschließen,
durch die sich diese Selbstbestimmung des Menschen konstruktiv vollziehen
kann. In der Norm der Selbstbestimmung, in dem Sich-Freisetzen des ein-
zelnen zu seiner Freiheit liegen somit Motiv und Maß für die Kritik an der
eigenen Zeit und an den Verhältnissen der Menschen und der Anspruch, sie
von Grund auf zu ändern. Das ist zwar nicht über eine gewalttätige Ein-
wirkung möglich, mit der immer schon der Rückfall in den zu überwindenden
Status vorgegeben ist, also nicht über eine Revolution, die die äußeren Ver-
hältnisse verändert und doch den Menschen in seinem Innersten nicht tan-
giert, sondern nur über die Erweckung der eigenen Einsicht in die Notwen-
digkeit, sich in seiner Eigenständigkeit und Freiheit darzustellen. Die be-
stimmenden tradierten Einwirkungssysteme Staat, Religion, Erziehung
müssen sich also der neuen Norm gemäß umorientieren. Ihrer überlieferten
Natur nach sind sie in der vorliegenden Form nicht in der Lage, den einzelnen
zu seiner eigenen Selbstbestimmung zu veranlassen. Sie sind also in dem, was
bislang ihren Kernbereich ausmachte, zu verändern. Sie müssen sich ihres
Anspruchs begeben, vorgängig bestimmend in das Leben des einzelnen ein-
zugreifen, und sich darauf beschränken, jenen Bereich zu eröffnen und zu
sichern, in dem die notwendige Selbstgestaltung allererst möglich wird.
In diesem Ansatz liegt also ein Praktischwerden der Leibnizschen Philo-
sophie, von dem her sich das Leben auf den ihm eigenen Endzweck einrichten
läßt. Gleichzeitig werden diese Bereiche selbst wieder unter die Prämissen
des Leibnizschen Denkens gestellt und von da her in ihrem Wesen und in ihrer
Funktion aufgeschlossen. Die kritische Durchmusterung der tradierten Ein-
wirkungssysteme erfolgt in der Weise, daß diese in ihren überlieferten und
gängigen Funktionen offen gelegt und in den damit verknüpften Mißständen
scharf angeprangert werden. Denn so unterschiedlich die von ihnen ausgehen-
den Einwirkungen auf den Menschen auch sind und so verschiedene Sphären
sie auch ansprechen, so stimmen sie doch darin überein, daß sie den Menschen
zwingen können, sich vorgegebenen Normen zu fügen, die die Autonomie
des einzelnen zugunsten anderer Zielsetzungen verhindern. Zur Behebung
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen 21

der auf diese Weise deutlich gewordenen Fehlleistungen wird gefordert, die
den Menschen in seiner Natur verstellenden Einwirkungen durch die Selbst-
tätigkeit des Individuums unterstützende, seinen Endzweck fördernde Hand-
lungen zu ersetzen oder auch die Abschaffung des solche Einwirkungen pro-
duzierenden Systems zu verlangen. Die das menschliche Handeln umfassen-
den und bestimmenden Bereiche Staat, Religion, Erziehung sind nicht zu-
fällig gewählt. Sie kennzeichnen die entscheidenden vornormierten Welt-
verhältnisse des Menschen und sind daher in ihrer vorgefundenen Form auf
ihre Entsprechung zur obersten Norm der Selbstbestimmung zu überprüfen.
Demgegenüber sind individuelle Mißstände, die letztlich nur die Folgen sol-
cher Systeme sind, unbedeutend. Die Behebung einer widrigen Einzelheit ist
so lange sinnlos, wie nicht der Mechanismus, aus dem sie resultiert, erkannt
und beseitigt wird.

VI
Unter den Einwirkungssystemen kommt dem Staat die größte Bedeutung
zu. Er hält als Gesetzgeber, so erklärt Humboldt, "die grösseste und gefähr-
lichste Macht in Händen"64 und bedient sich lediglich bestehender Eigen-
heiten, "um die Nation dadurch leichter zu lenken und zu beherrschen".65
Er wird daher in einer weit verbreiteten zeitgängigen Formulierung nahezu
stereotyp als Maschine bezeichnet, und im ältesten Systemprogramm des
deutschen Idealismus soll deshalb auch folgerichtig gezeigt werden, "daß es
keine Idee vom Staate gibt, weil der Staat etwas mechanisches ist, so wenig
als es eine Idee von einer Maschine gibt. Nur was Gegenstand der Freiheit ist,
heisst Idee. Wir müssen also auch über den Staat hinaus! - Denn jeder Staat
muß freie Menschen als mechanisches Räderwerk behandeln; und das soll er
nicht; also soll er aufhören".66 Der überlieferte Standpunkt einer einseitigen
Nutzung von Menschen steht der menschheitlichen Aufgabe der Veredlung
von Individualität und Nation als einer Individualität höherer Ordnung
entgegen; denn die im tradierten Sinne rein politische Betrachtungsweise, die
jede höhere moralische ausschließt, richtet sich nicht auf die Selbstbewußt-
werdung des Menschen als eines Menschen, sondern auf seine Subsumption
unter eine ihm fremde Norm, über deren Recht oder Unbilligkeit zu befinden
ihm nicht zusteht, deren Funktionen zu durchschauen ihm auf Grund seines
Mangels an Bildung unmöglich ist. Sie ist also aus der Sicht der Humanisten
menschheitsfeindlich. An Stelle der Institutionalisierung von Sanktions-
mechanismen der verschiedensten Art muß der Staat bei jeder Maßnahme,
so fordert Humboldt, "erst nach dem Einflusse fragen, welche dieselbe auf
den Charakter der Bürger, als Menschen, ausüben wird? und jede erst nach
22 Clemens Menze

diesem Maasstabe prüfen" .67 Er hat daher den überlieferten Grundzug der
Politik, den Zwang, mit der Sicherstellung des Anspruchs des einzelnen Men-
schen auf Freiheit zu vereinigen, also auch die Befindlichkeit der einzelnen
Subjekte zu berücksichtigen. Diese sich widerstreitenden Forderungen müssen
sich in einer Politik verknüpfen, die den Zwang nur noch also eine Bedingung
für die Schaffung und Erhaltung individueller Freiheit ansieht. Das heißt:
Der Zwang hat nur die Funktion, die Freiheit des einzelnen zu schützen. Er
hat abzuwehren, nicht bestimmend einzuwirken. Er hat die Bereiche zu er-
öffnen, in denen sich das freiheitliche Leben ausdrücken kann. Der Zweck des
Zwanges ist die Freiheit. Der Staat muß sich daher in der Weise umorien-
tieren, wie sie für die Erziehung Rousseau vorgegeben hat, "der", wie Hum-
boldt darlegt, "den Gesichtspunkt von den äusseren physischen Erfolgen hin-
weg auf die innere Bildung des Menschen zurückzieht".68 Er hat sich an der
Bestimmung der einzelnen Menschen zu orientieren und jede Gleichschaltung
nach einer ihnen fremden Norm abzulehnen. Und so fordert Schiller auch
von dem Staat, er solle "nicht bloß den objektiven und generischen, er soll
auch den subjektiven und spezifismen Charakter in den Individuen ehren".69
Die Bestimmung des Menschen wird so zum Prinzip für die Einrichtung des
Gemeinwesens. In dem Staat, wie die Humanisten ihn vorfinden, fehlt es
daher an fast allen Voraussetzungen.
Die Religion als ein mit dem Staat eng verbundenes und ihm nahezu eben-
bürtiges Einwirkungssystem, dessen sich der Staat zu Zeiten auch zur Durch-
setzung seiner Auffassungen bedient, widersetzt sich, so scheint es, solchen
Umdeutungen. Für sie in ihrer überlieferten Form gilt, was der junge Hum-
boldt so feststellt: "Sie lehrt Wahrheit und die Wahrheit ist durchaus objectiv
und allgemein. "70 Aus der strikten Befolgung dieser Maxime resultieren Ge-
wissenszwang oder religiöse Gleichgültigkeit und damit der Verlust einer
Welt, die den Menschen bis ins Innerste hinein zu erschüttern und somit zu
bilden vermag, wie die Humanisten überhaupt einer auf ihre Weise aus-
gelegten Religion eine hohe bildende Bedeutung beimessen. Die von ihnen
geforderte Religion gilt es somit so zu fassen, daß sie sowohl den objektiven
Zwang, etwa die Beurteilung des Menschen nach einer von ihm unbeeinfluß-
baren Norm, als auch den Indifferentismus vermeidet und dazu beiträgt, das
Individuum in seine Freiheit freizusetzen. In Smleiermachers Reden über die
Religion wird dieser neue Sinn von Religion so umschrieben: "Wer nur syste-
matisch denken und nach Grundsatz und Absicht handeln, und dies und jenes
ausrichten will in der Welt, der umgrenzt unvermeidlich sich selbst und setzt
immerfort dasjenige sich entgegen zum Gegenstande des Widerwillens was
sein Tun und Treiben nicht fördert. Nur der Trieb anzuschauen, wenn er aufs
Unendliche gerichtet ist, setzt das Gemüt in unbeschränkte Freiheit, nur die
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen 23

Religion rettet es von den smimpflimsten Fesseln der Meinung und der Be-
gierde. "71 In dieser Ansmauung des Unendlichen ist für Gott und Unsterb-
limkeit, Gnade, Mittler, Offenbarung, jene zentralen Begriffe überlieferter
Theologie, kein Platz mehr. Selbst die Heilige Schrift verliert ihre über-
kommene Geltung. "Jede heilige Schrift", erklärt Schleiermacher, "ist nur ein
Mausoleum der Religion ein Denkmal, daß ein großer Geist da war, der nicht
mehr da ist; denn wenn er nomlebte und wirkte, wie würde er einen so gro-
ßen Wert auf den toten Bumstaben legen, der nur ein schwacher Abdruck von
ihm sein kann? Nicht der hat Religion, der an eine heilige Schrift glaubt,
sondern der welcher keiner bedarf, und wohl selbst eine machen könnte. "72
Und Schleiermacher besmwört geradezu die Gebildeten unter den Veräch-
tern der Religion: "Werdet Euch doch ... des Rufs Eurer innersten Natur
bewußt, und folgt ihm. Verbannet die falsme Scham vor einem Zeitalter
welches nicht Euch bestimmen, sondern von Euch bestimmt uIl\d gemacht
werden soll. "73 Mit dieser Rechtfertigung der Religion ist der absolute Gegen-
pol zur überkommenen Religionsauffassung erreimt. Der Mensm unterwirft
sim nicht einer bestehenden Wahrheit und Religion, sondern er schafft sich
seine Wahrheit und Religion selbst. Die je individuelle Ansmauung des Un-
endlichen läßt sich in kein System zwängen. Lebendig und gültig ist nur, was
der Mensch aus sich heraus wirkt. In kaum überbietbarer Schroffheit der alten
Auffassung gegenüber erklärt Friedrich Schlegel: "Im Christentum wird
Gott - Mensch; in der neuen Religion wird er durch Bildung Gott. "74 Folge-
richtig gilt es, eine neue Menschheitsreligion zu entwickeln. An seinen Bruder
smreibt er: "Mit der Religion, lieber Freund, ist es uns keineswegs Scherz,
sonde,rn der bitterste Ernst, daß es an der Zeit ist eine zu stiften. Das ist der
Zweck aller Zwecke, und der Mittelpunkt. "75 Diese neue Religion soll eine
Bildungsreligion sein, in deren Mittelpunkt die Anregung und Darstellung
des Unendlichen in der Individualität als Zweck ihrer selbst stehen.
In den Einwirkungszusammenhang von Staat und Religion gehört die
Erziehung als jenes Element, das diesen Institutionen Dauer verschafft, gleim-
zeitig aber auch dadurch von der Kritik an ihnen stark betroffen ist. Die von
den Humanisten vorge.fundene Erziehung zweckt auf die Einübung von
Handlungsweisen ab, wodurch gerade in ihrer Orientierung an Utilität Funk-
tionen des Bürgers ausgebildet werden sollen, ohne überhaupt nom auf den
Bürger als Menschen zu sehen. Sie betreibt die Ineinssetzung von Funktion
und Sein des Menschen und verschließt somit Möglimkeiten, die dem Men-
schen als Menschen selbst notwendig zukommen, statt mitzuhelfen, sie zu
eröffnen. Sie ordnet ihre Maßnahmen nach dem Ansprum gesellschaftlimer
Brauchbarkeit und übersieht den Sinn und die Eigenbedeutung von Indivi-
dualität. Folglich stellt sie sich in ihrer überkommenen Form für die Huma-
24 Clemens Menze

nisten als eine Art Angleichungsinstrument dar, das von der unter Berufung
auf die Vernunft willkürlich verzweckten Aufklärungspädagogik systema-
tisch genutzt wird. 76 Da aber eine solche über Erziehung erwirkte Anpassung
darauf abzielt, die Individualität in ihrer Natur fremde Zusammenhänge
einzufügen und sie so in der in ihrer Selbstdarstellung hervortretenden Frei-
heit zu beeinträchtigen, kann sich Friedrich Schlegel aus gutem Grund darum
sorgen, wie er sein Kind vor aller Erziehung bewahren könne,77 und der
junge Schleiermacher rühmt sich, wie er im Genuß der jugendlichen Freiheit
die große Tat vollbracht habe, "hinwegzuwerfen die falsche Maske, das lange
mühsame Werk der frevelnden Erziehung". 78 Folglich muß die schwierigste
unter den menschlichen Künsten nach der neuen Einsicht in die Bestimmung
des Menschen gestaltet werden. Weil diese in den überlieferten Auffassungen
von Erziehung nicht eingesehen und daher verfehlt wurde, ist es zwa~gs­
läufig "mit den Verbesserungen der Erziehung gegangen wie mit allen Revo-
lutionen die nicht aus den höchsten Prinzipien angefangen wurden; sie gleiten
allmählich wieder zurück in den alten Gang der Dinge und nur einige Ver-
änderungen im Kußern erhalten das Andenken der anfangs für Wunder wie
groß gehaltenen Begebenheit: die verständige und praktische Erziehung un-
terscheidet sich nur noch wenig - und dies Wenige liegt weder im Geist noch
in der Wirkung - von der alten mechanischen". 79 Die Maßnahmen der Er-
ziehung können so lange nicht erfolgreich sein, wie sie den Eigencharakter der
Individualität verfehlen. "Diejenigen", sagt Friedrich Schlegel, "welche alles
im Menschen aus Organisation Erziehung oder Regierung herleiten, läugnen
die historische Originalität, von der man vielmehr ausgehn sollte, woraus
sich dann Universalität und Genialität leicht deduciren lassen. - Nichts ist
unsinniger als Menschen außer solchen (d. h. juristischen) Verhältnissen juri-
stisch zu behandeln und im Individuo nicht die Individualität sondern die
Gattung ehren zu wollen, da die Menschheit doch in jener besteht. "80 In den
äußerlichen, die Individualität verkennenden Anknüpfungspunkten liegt
gerade in der überschätzung der Möglichkeiten der Erziehung ihre Verkeh-
rung in einen Dressurakt, der sich nur so lange erhält, wie der Zwang an-
dauert, aus dem er entspringt. Diese Erziehung verschafft also nicht die an-
gestrebte Sicherheit, über das Handeln des Menschen so herrschen zu können,
wie sie es in Verkennung ihrer Grenzen einrichten wollte. "Was durch Kunst
und fremde Tätigkeit in einem Menschen gewirkt werden kann", bemerkt
Schleiermacher, "ist nur dieses, daß Ihr ihm Eure Vorstellungen mitteilt, und
ihn zu einem Magazin Eurer Ideen macht, daß Ihr sie so weit an die seinigen
verflechtet bis er sich ihrer erinne.rt zu gelegener Zeit: aber nie könnt ihr be-
wirken, daß er die welche Ihr wollt, aus sich hervorbringe. "81 Den Menschen
nach einem vorgefertigten Bild, nach einer von außen angelegten Norm
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen 25

modeln wollen, heißt ihn seiner Individualität und damit seiner Mensch-
heit berauben, ihn austauschbar und reproduzierbar machen. Er hätte als
Individuum keinen Eigenwert und erschöpfte sich in der Reproduktion der
Gattung. Sein Leben an sich selbst wäre ohne einen spezifischen eigenen Sinn.
Da aber jeder Mensch ein Eigenwert ist und die Menschheit in ihrer Fülle
nicht das sein könnte, was sie ist, wenn es ihn nicht gäbe, ist es Sache der
Erziehung, diese unverwechselbare Besonderheit des je einzelnen auch wirk-
lich werden zu lassen, soweit das möglich ist. Folglich bestimmt sich Erziehung
jetzt ganz anders. Sie folgt keinem vorgängigen Normensystem mehr, ist
nicht ein beliebig einsetzbares Exekutivorgan für Staat und Religion und
erschöpft sich auch nicht in der Einübung in nach Gutdünken austauschbare
Funktionen. Vielmehr erklärt Fichte, und er befindet sich in diesem Punkt in
übereinstimmung mit den Lehren aller Humanisten: "Die Aufforderung zur
freien Selbstthätigkeit ist das, was man Erziehung nennt. "82 Der Erzieher
ist somit weder mechanischer noch schöner Künstler, die in der Gleichgültig-
keit gegenüber dem von ihnen zu bearbeitenden Material übereinstimmen,
sondern er ist, wie Schiller sagt, der Künstler, "der den Menschen zugleich zu
seinem Material und zu seiner Aufgabe macht. Hier kehrt der Zweck in den
Stoff zurück, und nur weil das Ganze den Teilen dient, dürfen sich die Teile
dem Ganzen fügen". 83 Er muß sich seiner "Materie" mit einer hohen Achtung
nahen "und nicht bloß subjektiv und für einen täuschenden Effekt in den
Sinnen, sondern objektiv und für das innere Wesen muß er ihrer Eigentüm-
lichkeit und Persönlichkeit schonen" .84 Das bedeutet: Erziehung ist nicht
äußere Formgebung für einen noch rohen Stoff, sondern Pflege und Entwick-
lung der mit der Eigentümlichkeit und Persönlichkeit selbst gegebenen indi-
viduellen Form.
Von dieser Darstellung der drei den Menschen bestimmenden normativen
Systeme und ihrer Umdeutung im deutschen Humanismus ließe sich nun fest-
stellen, daß Staat, Religion, selbst Erziehung hier eine Neuinterpretation
erfahren, die sich mit Leibnizens eigenen l\ußerungen zu diesen Bereichen
wohl kaum in Einklang bringen läßt und daher eher von einer Leibnizferne,
ja in gewisser Weise von einem Gegenpol zu den Auffassungen von Leibniz
als von seiner Einwirkung auf diese Vorstellungen gesprochen werden könnte.
Gewiß läßt sich, was den materiellen Gehalt dieser Auffassungen angeht,
nicht bestreiten, daß sie mit entsprechenden Vorstellungen von Leibniz selbst
nicht übereinstimmen und insofern schwerlich ein Leibniz-Einfluß auf die
inhaltliche Ausgestaltung dieser Be,reiche angenommen werden kann. Für die
Einwirkung von Leibniz auf die Humanisten sind aber nicht seine inhalt-
lichen Darlegungen zu Staat, Religion und Erziehung wirksam und maßgeb-
lich geworden, sofern sie sie überhaupt gekannt haben, sondern lebendig
26 Clemens Menze

wurde als Prinzip, in dem unersetzbaren jeweiligen einzelnen auf je eigen-


tümliche Art und Weise die Menschheit sich ausdrücken und die Fülle des
Universums sich widerspiegeln zu lassen, den einzelnen selbst zu dem Reprä-
sentanten von Mensch und Welt überhaupt werden zu lassen, und gerade das
erfordert eine Beseitigung jener Beeinträchtigungen und Hemmnisse, die
einer Erzeugung und Darstellung der Menschheit in dem einzelnen Indivi-
duum entgegenstanden. Es ist daher der Geist der in eine Bildungstheorie
übertragenen Metaphysik, in dem sich Leibnizens Wirkung ausdrückt, nicht
die Imitation und Reproduktion inhaltlicher Bestandteile seiner Lehre, die
ihrer Ursprungszeit verpflichtet bleiben und sich nur selten in den humani-
stischen Theorien, wie etwa die positive Einschätzung von Schmerz und Lust
für die Ausbildung der Eigentümlichkeit,85 wiederfinden lassen. So liegt in
einer solchen freien Umsetzung Leibnizscher Gedanken das vor, was Friedrich
Schlegel bei Leibniz selbst vermißt hatte, daß dieser nämlich versäumt habe,
die praktischen Folgen aus seinen genialen Blicken zu ziehen, d. h. diese Philo-
sophie auf Politik, Moral, Leben überhaupt anzuwenden.

VII
Diese praktische Ummünzung und eigenwillige Fortsetzung von Leibniz
im Bereich der Theorie der Bildung des Menschen treten noch stärker in Er-
scheinung, wenn es nicht nur um die Kritik und Neudeutung der den Men-
schen bestimmenden überlieferten Mächte geht, sondern um die Erschließung
und Vorstellung jener Beziehungen, in denen der Mensch nicht in bestimmten
Funktionen, sondern in seinem Menschsein selbst sich als aktiver Spiegel des
Universums ausbildet und bestätigt. Alle diese Verhältnisse gründen in der
freien Geselligkeit des Menschen. In ihr eröffnen sich jene Bereiche, in denen
sich das Leben als ein rein menschliches, das heißt nicht unter vorgängigen
Abzweckungen stehendes vollziehen kann. 86 Geselligkeit hängt untrennbar
mit der die Eigentümlichkeit des je Individuellen bildenden Tätigkeit zu-
sammen. Diese gründet auf der Beziehung zwischen Individuen, die sich
wechelseitig anregen, das, was sie sind, jeweils in sich auszuprägen, die aber
gerade nicht im übergriff auf den anderen diesen zu bestimmen trachten.
Als Grundzug der Geselligkeit erscheint also die freie Wechselwirkung, bei
de.r der andere nicht bloßes Objekt einer Einwirkung ist, sondern als Medium
der Selbstdarstellung des anderen gleichzeitig Subjekt, das in der Reduktion
auf ein bloßes Objekt gerade auch die Geselligkeit aufhöbe. Diese freie Wech-
selwirkung ist die Sphäre der Menschen, die sich im Spiel der Kräfte in dem,
was sie ihrer Bestimmung nach sind, zur Darstellung bringen. Daher resultiert
Leibniz und die neuhumanistisdle Theorie der Bildung des Mensdlen 27

aus der Geselligkeit auch nicht eine abrufbare Einsicht, ein gemeinsamer Ent-
schluß zu einer bestimmten Handlung und ganz gewiß nicht ein Werk, das
sich als Ergebnis des geselligen Verkehrs von dem Tätigsein der Kräfte ab-
lösen und ihnen entgegensetzen ließe. Geselligkeit ist, so betont Schleier-
macher, nichts anderes als »ein freies Spiel der Gedanken und Empfindungen,
wodurch alle Mitglieder einander gegenseitig aufregen und belehren. Die
Wechselwirkung ist sonach in sich selbst zurückgehend und. vollendet". 87
Geselligkeit macht also die Subjekte in noch vorzüglicherer Weise zu Sub-
jekten, und zwar so, daß das sich bildende Subjekt in der freien Wechsel-
wirkung der Individuen gerade in seinem Subjektsein ein dem anderen Sub-
jekt wertvolles Subjekt ist, das dieses zur eigenen Selbstbildung anregt.
Offensichtlich ist nun aber, daß Geselligkeit nicht einfach vorgeschrieben
werden kann, was ja zum mindesten formal auf die abgelehnten Einwirkungs-
systeme zurückführte. Sie läßt sich vielmehr nur über die Selbstbildung des
einzelnen initiieren, die als ihres Mediums wiederum der freien Geselligkeit
bedarf. Da diese aber als eine prinzipiell die ganze Menschheit umspannende
freie Wechselwirkung nicht existiert, fragt es sich, wie eine solche Geselligkeit
ermöglicht werden kann und ob sie nicht schon in bestimmten zwischen-
menschlichen Verhältnissen partiell Wirklichkeit ist. Diese Geselligkeit, ge-
knüpft also an Freiheit der Selbstbestimmung, Ehrfurcht vor dem anderen,
Scheu vor Fremdeinwirkung, Darstellung der Eigentümlichkeit, prägt sich in
bestimmten Weisen des mitmenschlichen Verkehrs aus, die überall da gegeben
sind, wo sich diese Beziehungen der Menschen untereinander nicht mit Be-
herrschungsabsichten verknüpfen. Die Humanisten finden diese Formen vor
im geselligen Umgang, in der Freundschaft, in der Liebe, in der Ehe. Erblickte
man in der Einordnung dieser Verhältnisse in die Theorie der Bildung des
Menschen jedoch nichts anderes als Eingriffsversuche, diese Lebensbereiche,
die bislang der Machbarkeit noch entzogen waren, zu steuern, zu pädagogi-
sieren, Zwecken welcher Art auch immer dienstbar zu machen, dann wäre das
ein fundamentales Mißverständnis. Diese erwünschte Geselligkeit kann und
soll nicht »herbeigeführt" , angeordnet werden, sondern in ihren unplanbaren,
unbeabsichtigten Wirkungen, wie Humboldt sagt, die einzelnen »durch ihre
zweckmässige Berührung zugleich empfänglicher und eigenthümlicher ma-
chen".88 Gerade ein solcher Effekt läßt sich nicht mehr vorschreiben, und
selbst der Anschein von Absicht darf nicht aufkommen. »Alles", erläutert
Humboldt, »soll von selbst entstehn, alles Spiel und Erholung, nichts Ernst
oder Geschäft seyn. "89 Die Menschen müssen sich auf diese Weise miteinander
ve,rbinden, um sich in ihrer Eigentümlichkeit darstellen zu können. Diese Ver-
bindung, darauf weist Humboldt ausdrücklich hin, »muß nicht ein Wesen in
das andre verwandeln, aber gleichsam Zugänge von einem zum andren er-
28 Clemens Menze

öfnen; was jeder für sich besizt, muss er mit dem, von andren Empfangnen
vergleichen, und danach modificiren, nicht aber dadurch unterdrükken
lassen".9o Und also, so knüpft Humboldt an diesen Gedanken an, »scheint
ununterbrochenes Streben, die innerste Eigenthümlichkeit des andren zu
fassen, sie zu benuzen, und, von der innigsten Achtung für sie, als die Eigen-
thümlichkeit eines freien Wesens, durchdrungen, auf sie zu wirken - ein Wir-
ken, bei welchem jene Achtung nicht leicht ein andres Mittel erlauben wird,
als sich selbst zu zeigen und gleichsam vor den Augen des andern mit ihm zu
vergleichen - der höchste Grundsaz der Kunst des Umganges, welche vielleicht
unter allen am meisten bishe.r noch vernachlässigt worden ist".91
Diese Geselligkeit konkretisiert sich in den aus Freiheit entspringenden
Gemeinschaften, in den Umgangs-, Freundschafts-, Liebes-, Ehebeziehungen.
Mit ihrer Thematisierung werden Bereiche in die Theorie der Bildung des
Menschen eingeholt, die bislang zufolge der Ineinssetzung des Menschen mit
seine.r Funktion als wenig bedeutend eingestuft worden waren, jetzt aber von
einem am Selbstzweck des Menschen als Menschen sich ausrichtenden Denken
als zentral für Sinn und Bestimmung des Menschen erkannt werden. Sie lösen
sich aus dem Bereich beliebiger Privatheit und dienen als Ausdruck des wah-
ren menschlichen Umganges, den es in dieser Form nicht nur theoretisch anzu-
erkennen, sondern auch der eigenen Einsicht entsprechend zu realisieren gilt.
Die überlieferten Konventionen und Gewohnheiten werden bis aufs äußerste
belastet, dort auch zerbrochen, wo die Diskrepanz zwischen hergebrachter
Sitte und Streben nach Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung unübe.r-
brückhar geworden ist. Dieser Vorgang wird daher nicht als bloße Befreiung
empfunden. Er verknüpft sich mit vielen Enttäuschungen, weil sich die neuen
Wünsche mit der Realität keineswegs harmonisch ineinanderfügen. Aus per-
sönlichen Erfahrungen lassen sich jetzt die neuen Philosophien über Umgang,
Freundschaft, Liebe, Ehe in ihrem bildenden Rückbezug auf den Menschen
entfalten.
Die Theorie der Bildung des Menschen im deutschen Humanismus, die in
eine solche Theorie der Geselligkeit ausläuft, hat keinen anderen Sinn, als
diese zwangfreie Weise menschlichen Umgangs in einer von speziellen
Zwecken durchwirkten Welt zu ermöglichen. Sie will eine Veränderung der
Denkungsart über die Ausbreitung der wenigen geselligen Zirkel anregen,
um so die Menschheit auf den Weg zu bringen, sich in allen ihren menschlichen
Möglichkeiten darzustellen. Eine bloße Umwälzung der Verhältnisse, die die
Menschen zwingt, die neu geschaffene Situation bloß hinzunehmen, kann
nicht von Dauer sein. Solcher Gewalttätigkeit gegenüber wird sich die Frei-
heit auch um den Preis ihrer Vernichtung zu Wort melden. Geltung kann nur
beanspruchen, was der Mensch in Freiheit freiwillig annimmt. So ist für
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen 29

Schiller in dem ästhetischen Staat, der das Reich der Geselligkeit ist, auch
"das dienende Werkzeug ein freier Bürger, der mit dem edelsten gleiche Rechte
hat, und der Verstand, der die duldende Masse unter seine Zwecke gewalt-
tätig beugt, muß sie hier um ihre Beistimmung fragen". 92 Dieser freie Mensch
lenkt sein Betragen selbst, und er hat es nicht nötig, "fremde Freiheit zu krän-
ken, um die seinige zu behaupten, noch seine Würde wegzuwerfen, um An-
mut zu zeigen" .93 In der Anerkennung des anderen als eines anderen und mir
gleichzeitig über das Menschheitsideal verbundenen Menschen liegt nicht nur
umsichtige Duldung, sondern auch die Selbstbegrenzung des Ich. Diese Selbst-
einschränkung und die Anerkennung des anderen sind in dem rein mensch-
lichen Handeln ein einziger Akt. Daher gründen in diesen Erwägungen auch
erste Ausprägungen einer Ich-Du-Philosophie, die in die Setzung des Ich den
anderen immer schon einbezogen hat. In diesem Zusammen- und Miteinan-
dersein scheint das Reich der Freiheit auf, das für seine Verwirklichung nicht
auf eine ferne Zukunft verweist, sondern in dem Zusammenwirken dieser
freien Menschen präsent ist.
Wenn die Humanisten in seltener Einmütigkeit fordern, der Staat solle
sich seines mechanischen Charakters entäußern oder gar aufhören zu sein,
dann ist damit die Umwandlung dieses Zweckverbandes in eine freie Gesellig-
keitskultur gemeint, die mit Leibnizens Gemeinschaft der Geister und dem
von dieser gebildeten Gottesstaat in Parallele steht. So wie nach Leibniz jeder
Geist das System des Universums auffaßt, indem er sich selbst erkennt, und
von diesem Universum selbst auf seine Weise etwas nachzubilden vermag, da
er ja «comme une petite divinite dans son departement,,94 ist, so schafft sich
die freie Individualität der Humanisten das Reich der Freiheit als die ihr
eigene Organisationsform, und es ist zwingend, daß dieses Reich der Freiheit
gleichzeitig das Reich der Bildung ist; denn Bildung ist ohne Freiheit unmög-
lich, Freiheit ohne Bildung sinnlos. "Der revoluzionäre Wunsch, das Reich
Gottes zu realisiren", heißt es bei Friedrich Schlegel, "ist der elastische Punkt
der progressiven Bildung, und der Anfang der modernen Geschichte. "95
Zeigt sich somit die humanistische Theorie der Bildung des Menschen in
ihren Grundstrukturen auf eine wenn auch unterschiedliche Weise ganz vom
Leibnizschen Geist durchwirkt, indem sie ihn nachahmt, frei variiert oder
auch auf ihre eigentümliche Weise produktiv umsetzt, so beschränken sich
solche Rezeptionen und Entsprechungen keineswegs nur auf die Grundlinien,
sondern sie spiegeln sich auch in den entscheidenden Welten wider, in denen
sich die humanistische Lehre auslegt: in der Sprache und in der Kunst. Beide
sind ihrem innersten Wesen nach Kraft, beide je für sich ein Mikrokosmos,
beide repräsentieren als endliche Schöpfungen das Unendliche, beide regen den
Menschen zu seiner Selbstbestimmung an und lassen ihn, mögen sie in sich
30 Clemens Menze

auch noch so unvollkommen sein, Schönheit und Ordnung des Ganzen ein-
sehen. Sie sind Medium und Zweck jener bildenden Geselligkeit, in der sich
die Freiheit der Selbsttätigkeit mit der Ausprägung des eigenen Selbst un-
trennbar verknüpft.

VIII
Die humanistische Theorie der Bildung des Menschen hat ihr Zentrum in
der F.rage nach Sein und Bestimmung des Individuums. Das führt auf die
Frage, wie dieses Einzelseiende in dem, was es ist und sein soll, erkannt wer-
den kann. Aristoteles hatte keine Möglichkeit gesehen, eine Wissenschaft vom
ind,ividuellen Seienden zu entwickeln;96 aber in Leibnizens Lehre von der
individuellen Substanz liegt nicht nur gegenüber dem Allgemeinen im über-
kommenen Verständnis ein positiver Ansatz zur Einschätzung, sondem auch
zur Erfassung von Individualität. Mit Nachdruck hebt Kurt Huber diesen
Gedanken heraus: "Leibniz und nur Leibniz hat, den Grundgedanken von
der Alleinwirklichkeit des Einzelnen mit kühnster Strenge in alle Tiefen ver-
folgend, ein individualistisches Weltsystem entwickelt, wie es die Monaden-
lehre darstellt. Das Individuelle und darum letzten Endes Einmalige er-
hält ... bei Leibniz auch logisch-ontologisch, nicht nur in der gefühlsmäßigen
Wertung, eine ganz neue Würde als Kern der Wirklichkeit. Auf diesen Ke.rn-
bestand ist Leibnizens Logik - so kühn die Behauptung klingen mag! - im
Letzten gerichtet. Eine Methodenlehre, die das Individuelle nicht zu treffen,
das heißt: als wissenschaftlichen Gegenstand einzufangen vermöchte, wäre
für Leibniz tote Abstraktion, da sie überhaupt nicht an die Wirklichkeit her-
ankäme. "97 Der Natur einer individuellen Substanz eignet nach Leibniz ein
a
so vollendeter Begriff (notion), «qu'elle soit suffisante comprendre et en a
a
faire deduire tous les predicats du sujet qui cette notion est attribuee »,98
und somit gilt auch, daß der individuelle Begriff einer Person «enferme une
fois pour toutes tout ce qui luy peut jamais arriver ».99 Folglich läßt sich das
Individuum in dem, was es ist, erkennen, wenn alle in seinem Begriff ent-
haltenen Prädikate von ihm ausgesagt sind. Verfügte jemand über den indi-
viduellen Begriff eines Menschen, wüßte er auch, was dieser war, ist und sein
wird. 1Oo Das bedeutet: Das Individuelle wird nicht durch eine abstrakte und
also unvollständige Festlegung der Art, nicht durch Subsumption oder Deduk-
tion bestimmt, die an es überhaupt nicht heranreichen, sondern es bildet den
Gegenstand für eine unendliche Fülle von Aussagen, die es in seiner Totalität
in dem, was es ist, bestimmen. So ist das Individuum nur dann erkannt, wenn
alles, was überhaupt von ihm ausgesagt werden kann, auch ausgesagt ist,
wenn die Totalität der Aussagen den Begriff in seinem ganzen Umfange er-
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen 31

schöpft. Die reale Definition der individuellen Substanz ist dieser alle diese
Aussagen in sich vereinigende individuelle Begriff. Jede der Substanz zu-
kommende Aussage ist somit ein Ausdru<x der Individualität selbst. Nur
dort, wo die das Individuelle erschöpfenden Aussagen in ihrer Totalität
unterscheidbar sind, herrscht keine Identität, handelt es sich um das von jedem
anderen unterschiedene Einzelwesen. Folglich beruht ein Vorgehen, das das
Einzelne durch eine Einordnung in das Allgemeine in dem, was es ist, zu er-
fassen sucht, auf einer vorgängigen übereinstimmung dieses Einzelnen mit
anderem, nicht auf der für dieses Individuelle konstitutiven spezifischen
Differenz. Es verfehlt somit zwangsläufig dieses Einzelne in dem, was es von
sich her ist. Gründen im vollständigen Begriff der individuellen Substanz also
alle ihr überhaupt zukommenden und von ihr auszusagenden Prädikate, so
sind alle wahren Aussagen analytische Aussagen. "Verum est", sagt Leibniz,
"quod ex identico demonstrabile est per definitiones. "101
Aber nur Gott als das absolute Wesen v~rmag diese individuelle Substanz
in dem ihr eigenen individuellen Begriff vollständig zu erfassen; denn für
Gott sind alle Urteile analytische Urteile. Den Menschen in ihrer Endlichkeit
ist ein solcher Einblick unmöglich. Ihre Erfahrungen verknüpfen sich mit der
Zeit, der sie nicht vorauslaufen können. Also können sie der individuellen
Substanz nur auf dem Wege der Approximation beikommen, ohne diese An-
näherung selbst zu einem sie in der Totalität der Aussagen über diese indivi-
duelle Substanz auflösenden Ende führen zu können. Für sie offenbart sich
in der individuellen und somit endlichen Substanz gleichzeitig die unaus-
schöpfbare Fülle des Unendlichen, die Unmöglichkeit, diese unendliche End-
lichkeit in einen vollständigen und konkreten Begriff zu bringen.
Leibnizens Lehre von der individuellen Substanz bildet den Ausgangs-
punkt für die methodischen überlegungen der Humanisten, wie sie sich des
menschlichen Individuums vergewissern können. Sie stimmen mit Leibniz in
der positiven Einschätzung des Individuellen als des wesenhaft Wirklichen
überein, finden aber in seinem Verfahren der Approximation keine zufrieden-
stellende Methode, zu einer Erkenntnis des Individuellen vorzustoßen. Sie
sehen sich daher veranlaßt, auf Leibnizschen Erwägungen aufbauend, über
die überlieferten Zugriffsweisen hinaus 102 eine eigene Lehre zur Erkenntnis
des Individuellen auszubilden, die zu Ansätzen einer Hermeneutik des
menschlichen Einzelseins führt. Nach Friedrich Schlegel ist der Mensch "ein
sich ins Unendliche classifizirendes Ich" ,103 und also sei es auch ein ungeheurer
Irrtum, daß von ihm wie von jedem Begriff "nur eine Definition möglich
sei" .104 Mit seiner Auffassung hält e.r nicht zurück: "Unendlich viele vielmehr,
reale, synthetische. "105 Um sich dieses Ichs zu vergewissern, ist es erforderlich,
sich an die Leibnizsche Einsicht zu erinnern, daß nur, wie es Schleiermacher
32 Clemens Menze

wiederholt, das "Einzelne wahr und notwendig"106 ist. Dieses Einzelne aber
gilt es nicht nur in einem Akt fortgesetzter und notwendig ins Unendliche
fortschreitender Vergleichung von anderen abzugrenzen, sondern auch als
dieses Eine selbst positiv zu fassen. Für dieses Vorgehen ist eine neue Be-
trachtungsweise erforderlich, die sich nicht bei dem äußerlichen Woher und
Wozu beruhigt und glaubt, ein Einzelnes entschlüsselt zu haben, wenn sie
ihm in der Erscheinungsfolge einen Ort zuweist und es von seinen Funktionen
her erklärt. Die gängige Verfahrensweisen des Erklärens und Zerteilens rei-
chen an das nicht heran, was doch e.rfaßt werden soll, ja sie verstellen in der
Vortäuschung einer zureichenden Erklärung selbst den Einblick in die Natur
des Individuellen und bleiben so seinem inneren Wesen gegenüber hilflos. Sie
bannen ihre Erwägungen in Theorien und Systeme, "wo alles auf ein kaltes
Argumentieren hinausläuft, und nicht anders als im Ton eines gemeinen Schul-
streits behandelt werden kann".107 Zwar beruht auf solchen Verfahren die
Praxis der verständigen Leute; aber weil sie es von Grund auf verkehrt an-
fangen, eben das Individuelle von einem vorgeordneten Allgemeinen, einer
Methode, durch die es immer schon hindurchgeschlüpft ist, anzugehen, statt
es als einen eigenständigen Ausgangspunkt ernstzunehmen, hat es sich ihnen
längst entzogen, bevor sie überhaupt versuchen können, es festzustellen. Wer
es in dem ihm eigenen Leben, in seinem Sinn nicht zu entschlüsseln versteht,
"der behält", sagt Schleiermacher, "wie fein er sie [die Elemente] auch zer-
splittere, wie genau er auch alles durchsuche, immer nur die tote kalte Masse
in Händen".lOs Das Fazit für die Erfassung dieses Einzelnen lautet somit:
"Nichts kann ode.r darf aus dem andern bewiesen werden, und alles Allge-
meine, worunter das Einzelne befaßt werden soll, alle Zusammenstellung und
Verbindung liegt entweder auf einem fremden Gebiet, wenn sie auf das Innre
und Wesentliche bezogen werden soll, oder ist nur ein Werk der spielenden
Phantasie und der freiesten Willkür. "109 Aus diesen Erwägungen folgt in die-
ser Hinsicht die Absage an alle logischen Erklärungen mit ihren Distinktionen
und Disjunktionen, weil sie zur Erhellung von Leben und Sein des Indivi-
duums nichts beizutragen vermögen. Die logischen Verfahren führen zu kei-
ner einzigen Wahrheit. Friedrich Schlegel stellt fest: "Die Demonstrativität
eines Philosophems ist nur subjektive Legitimation wie die schöne poetische
Form eines Kunsturtheils. (Je c1assischer, bornirter ein Philosoph ist, desto
mehr hält er auf diese emlJet;u;.) Objektiv ist nUr die historische, construi-
rende Darstellung, die gar keiner demonstrativen Form mehr bedarf. - Die
Demonstration gehört also mit zur Popularität. Nichts soll und nichts kann
bewiesen we.rden. "110 Und er bekräftigt die in diesem Zusammenhang gegen
Fichte gerichtete Feststellung: "Man empfängt die Wissenschaftslehre durch
Sinn und Bildung, gar nicht durch Demonstrazionen. - Falscher aber all ge-
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen 33

meiner Gedanke, daß das Unverständliche durch Erklärung verständlich


werden SOll!"l11
Nun erfordert die Suspendierung von Demonstrativität im überlieferten
Sinne, die vor der Individualität des Individuellen versagt, eine Methode,
die die immer wieder berührten Mängel der tradierten Beweisverfahren aus-
schließt. Der Aufweis eines solchen Verfahrens, als eine esoterische Lehre an-
gesehen, muß sich der praktizierten Demonstrativität der verständigen Leute
entziehen. Mit einer solchen Forderung beginnt aber eine in große Verlegen-
heit führende Schwierigkeit. Muß auf die überkommene Logik wegen ihres
evidenten Vers agens vor diesen Problemen der Humanisten verzichtet wer-
den, ist die Möglichkeit verstellt, diese neue Verfahrensweise selber auf tradi-
tionell-logischem Weg zu rechtfertigen; denn sie läßt sich selbst nicht demon-
strieren und somit auch nicht anlernen. Kurz und bündig bemerkt Friedrich
Schlegel: »Die Erklärung eines organischen Produkts, eines organischen We-
sens muß HISTORISCH seyn, nicht mechanisch. "112 Sie setzt Phantasie, Witz,
Sinn, Bildung voraus; aber die Zurückführung auf solche Komponenten
macht das Verfahren selbst nicht verbindlich, und ihr Vorhandensein löst es
nicht schon aus. Der Akt, in dem das individuelle Ganze in seiner Eigentüm-
lichkeit erfaßt wird, läßt sich nicht mehr erklären. Er ist ein unbegreiflicher
Augenblick. Er ist - und in diesen Wendungen zeigt sich die Hilflosigkeit, das
als wahr Aufgefaßte vermitteln zu können, verbunden mit der Gewißheit,
nur es als wahr gelten lassen zu können - ein unmittelbares Gewahrwerden,
ein plötzliches Innewerden, ein Erschauen, ein Ahnden, über das nicht ver-
fügt, das allenfalls in seinem Vollzug, in seinen Bedingungen, unter denen es
steht, sichtbar, aber nicht durch die Anwendung von Verfahrenssätzen ein-
studiert werden kann. So läßt sich auch das »Geheimnis der menschlimen
Individualität", wie es Humboldt nennt, nicht auf den Begriff bringen.
»Erklären und ergründen lässt sich dies Geheimniss nicht, aber zur richtigen
Erklärung der Erscheinungen und zur Richtung des intellectuellen Strebens
muss man sich hüten, das wahre Wesen jener Verwandtschaft der mensch-
lichen Individualität zu verkennen, es bloss aus logischen und discursiven
Begriffen [zu] schöpfen, und es nicht vielmehr aus der Tiefe des inneren Ge-
fühls, und in einem die Untersuchung bis zu ihren Endpunkten verfolgenden
Nachdenken aufzufassen."1l3 Der Grund des Verstehens liegt darin, daß wir
den anderen als schöpferische Kraft verstehen, weil wir uns selbst als eine
solche begreifen. Solme Erwägungen lassen sich in ihrem positiven Kern kaum
weiter verdeutlichen. Der Ablehnung der alles in die Uniformität zwingen-
den, das Individuelle gerade in seinem Eigensein notwendig vernichtenden
bloßen Verstandesoperation steht ein Zusammen und Zugleich aller Ver-
mögen gegenüber, aus deren gemeinsamer Betätigung die Wahrheit wie von
34 Clemens Menze

selbst entspringt. Humboldt formuliert das so: "Gerade da, wo die Forschung
die höchsten und tiefsten Punkte berührt, findet sich der von jeder besonderen
Eigenthümlichkeit am leichtesten zu trennende mechanische und logische Ver-
standesgebrauch am Ende seiner Wirksamkeit, und es tritt ein Verfahren der
inneren Wahrnehmung und Schöpfung ein, von dem bloss soviel deutlich
wird, dass die objective Wahrheit aus der ganzen Kraft der subjectiven In-
dividualität hervorgeht. "114 Die sich aufdrängende Konsequenz ist, daß diese
Wahrheit nicht in der Weise mitteilbar ist, daß jeder ihr auf Grund argumen-
tativen Zwanges beitreten müßte, sondern daß sie als ein Produkt des Indi-
viduums umso mehr individuelle Gewißheit beansprucht, als ihr für andere
einsichtige Verbindlichkeit abgeht. Sie beschränkt sich daher in ihrer Mitteil-
barkeit auf den Kreis der gleich und ähnlich Gestimmten, die das Erahndete
selbst in sich anregen und so nachvollziehen können. Es gibt somit keine allge-
meine objektive Wahrheit, die von aller Individualität abstrahiert werden
könnte, vielmehr muß sie auch in der Gestalt des höchsten objektiven Wissens
individuell bestimmt bleiben. Ihre Wirksamkeit findet dort eine Grenze, wo
die Beipflichtung aller anderen eingefordert wird. Zwar läßt sich eine gewisse
Affinität zum ästhetischen Urteil Kants nicht übersehen. Aber es handelt sich
um mehr als um den Aufweis der Befindlichkeit des Selbst im Vollzug der
Anschauung der Kunst. Erkennen ist Ausdruck und Vollzug der ganzen Sub-
jektivität. Goethe hat diesen Sachverhalt in die genau so einfachen wie tief-
sinnigen Sätze gefaßt: "Man lernt nichts kennen als was man liebt, und je
tiefer und vollständiger die Kenntnis werden soll, desto stärker, kräftiger
und lebendiger muß Liebe, ja Leidenschaft sein. "115 Deshalb ist in einem
solchen Verfahren die Wahrheit ein nur individueller Besitz, eine Erkenntnis,
die von dem Individuum nicht abzutrennen ist. Das führt zwangsläufig zu
Deutungen, die, von außen gesehen, zum Vorwurf der Willkür führen kön-
nen und eine uninteressie,rte distanzierte Erwägung nicht mehr zulassen, weil
bei alldem das Individuum selbst auf dem Spiele steht. Goethe hat diesen
Sachverhalt in einem Gespräch mit Eckermann so ausgedrückt: "Jedes wahr-
genommene neue Phänomen ist eine Entdeckung, jede Entdeckung ein Eigen-
tum. Taste aber nur einer das Eigentum an, und der Mensch mit seinen Leiden-
schaften wird sogleich da sein. "116
Es ist unverkennbar, daß in diesen Erwägungen der Humanisten die
Grundlinien einer in eine Theorie der Bildung des Menschen eingebetteten
Verstehenslehre entwickelt werden, die sich nicht auf die Auslegung von
Texten, sondern auf die Einsicht in das menschliche Einzelsein bezieht. Sie
beabsichtigen aber nicht nur, eine Individualität in dem, was sie ist, festzu-
stellen, sondern auch gerade in dem zu erfassen, was ihre Bestimmung ist.
Eine solche Einsicht läßt sich nicht herbeizwingen. Sie erfährt ihre höchste
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen 35

Gewißheit nicht in einem methodisch durchsichtigen und reproduzierbaren


Verfahren, sondern über die anschauende Erkenntnis hinaus in der Selbst--
anschauung. Die Angriffe gegen diese Selbstanschauung werden von Schleier-
macher zurückgewiesen: "Die Philosophie den Menschen erhebend zum Be-
griff seiner Wechselwirkung mit der Welt, ihn sich kennen lehrend nicht nur
als Geschöpf, sondern als Schöpfer zugleich, wird nicht länger leiden, daß
unter ihren Augen der seines Zwecks verfehlend arm und dürftig ver-
schmachte, welcher das Auge seines Geistes standhaft in sich gekehrt hält dort
das Universum zu suchen. Eingerissen ist die ängstliche Scheidewand, alles
außer ihm ist nur ein andres in ihm, alles ist der Widerschein seines Geistes, so
wie sein Geist der Abdruck von Allem ist; er darf sich suchen in diesem Wider-
schein ohne sich zu verlieren ode,r aus sich heraus zu gehen, er kann sich nie
erschöpfen im Anschauen seiner selbst, denn Alles liegt in ihm. "117
Es liegt nahe zu vermuten, daß ein solcher Ansatz zur Hermeneutik
menschlicher Einzelexistenz wegen der mit der Selbstanschauung verbunde-
nen Unsicherheiten in dem Augenblick, in dem der diese Erwägungen
sichernde Kontext der Leibnizschen Philosophie zurückgedrängt wurde, preis-
gegeben werden mußte und sich allenfalls in fernen Abschattungen in den
jetzt einsetzenden Kunstlehren zur Auslegung von Texten in vereinseitigter
und eingeschränkter Weise fortsetzen konnte, ohne überhaupt noch die Frage
nach der Möglichkeit einer Wissenschaft und Bildungslehre vom mensch-
lichen Einzelsein vor dem Blick zu haben. Dieser Vorgang steht in unauflös-
barem Zusammenhang mit umfassenderen Entwicklungen im neunzehnten
Jahrhundert, die auch zur Auflösung der humanistischen Theorie der Bil-
dung des Menschen führen.

IX
Die neuen humanistischen Theorien der Bildung des Menschen finden im
neunzehnten Jahrhundert keine Fortsetzung. Die Gründe für diesen Ab-
bruch sind mannigfacher Natur. Gewiß spielen auch nicht als gering zu ver-
anschlagende politische Einstellungen in ihren Niedergang und in ihre Ver-
äußerlichung hinein. Die politischen Zeitläufe in der ersten Hälfte dieses
Jahrhunderts waren der Hochschätzung der Individualität mit der damit ver-
knüpften Einschränkung der Wirkungsmöglichkeiten von Staat, Religion,
E.rziehung nicht günstig und verhinderten die Institutionalisierung dieser sie
in ihrer überkommenen Fülle begrenzenden Vorstellungen. 118 Aber es genügt
nicht, das Zu-Ende-Kommen der humanistischen Theorien in entgegenstehen-
den politischen Verhältnissen ausreichend begründet zu sehen, die philoso-
phische und wissenschaftliche Auffassungen nach Belieben hervorrufen und
36 Clemens Menze

vergessen lassen könnten. Der entscheidende Wandel liegt in dem diese Theo-
rien tragenden philosophischen Verständnis, in der Weiterentwicklung der
Wissenschaft und, eng damit verknüpft, in der Durchsetzung und Ausweitung
neuer Methoden. Erst aus dieser Veränderung gewinnen die bis in die Gegen-
wart sich fortsetzenden Vorwürfe, die sich um Individualismus, Innerlichkeit,
Humanitätsduselei gruppieren, ihren Grund. 119 Eine Feststellung wie die
von Friedrich Schlegel: "Ein Mensch ist so viel werth wie eine Nation, wie
die Menschheit",120 der doch nur eine schon von Rousseau hervorgehobene,
immer wieder von den Humanisten nachdrücklich bekräftigte Einschätzung
ausdrückt,121 wird nicht mehr verstanden, ja als eine Ungeheuerlichkeit emp-
funden, weil sich in ihr jene extreme Selbstbezüglichkeit offenbare, die mit
ihrer Geringschätzung der dominierenden Werte von Volk, Nation, Gesell-
schaft das zufällige Eine zum Mittelpunkt des Ganzen zu machen trachte.
Das philosophische Hinwegschreiten über die humanistischen Theorien der
Bildung des Menschen steht in engem Zusammenhang mit der Ablösung der
Subjektivitätsphilosophie, die das seiner selbst mächtige, von allen Welt-
bezügen freie, auf seine Innerlichkeit verwiesene Subjekt die Welt in einem
Akt reinen Denkens aus sich heraus konstruieren lasse. 122 Dieses sich selbst
reflektierende, die Fülle de.r Welt aus sich heraus schaffende Subjekt vermöge
es, die Unendlichkeit in seine Endlichkeit hineinzuholen, weil es, heraus-
geschnitten aus dem Unendlichen, Trieb, Streben, Sehnsucht nach dem Ab-
soluten bleibe. Es ist unübersehbar, daß die humanistischen Theorien in diese
Philosophien eingebettet sind, wenngleich sie im Horizont dieses Idealismus
die vielfach übergangene und wegen ihres notwendig unsystematischen
Charakters zu einer Zeit, in der sich Wahrheit nur in einem umfassenden
Systemdenken habe hervorbringen lassen, kaum ernsthaft erörterte Oppo-
sitionsbewegung sind, die sich in ihrer begrifflichen Ohnmacht nicht Geltung
zu verschaffen wußte und doch die zeiteigenen metaphysischen Vorausset-
zungen durch Historisierung, Psychologisierung und somit Konkretisierung
des Ich aufzulösen begann. Die Kritik übersieht diese Ansätze, die damit
ohne jede weitere Differenzierung in die Idealismuskritik einbezogen werden.
So kann das Absehen vom realen und wirklichen Menschen als Versäumnis
gebrandmarkt, das übersehen der die konkreten Menschen bedrängenden
sozialen, politischen, wirtschaftlichen Probleme als Versagen aufgewiesen,
die Mißachtung der radikalen Endlichkeit als utopische Ausflucht beanstandet
werden. Folglich wird dann humanistische Bildung als Abkehr von der Wirk-
lichkeit, als Fluchtbewegung vor den bedrängenden und bedrückenden Pro-
blemen des Lebens, dem sie doch dienen sollte, interpretiert, und also müsse im
Blick auf diese Situation die die Welt konstruierende Spekulation sich ihrer
eingebildeten Allmacht begeben und vor der Realität zurückweichen. Heraus-
Leibniz und die neuhumanistisme Theorie der Bildung des Mensmen 37

treten müsse der Mensch aus dem Zirkel der Subjektivität, der in sich kreisen-
den Innerlichkeit mit den sich selbst täuschenden Illusionen und sich den
Forderungen des Tages stellen. Die Philosophie findet in dem Inneren des
Menschen kein Universum mehr, so daß sich für sie die immer wiederholte
Beteuerung, zur Charakteristik der Individualität gehöre die Charakteristik
des Universums, als eine mit sich verflüchtigenden metaphysischen Thesen
verbundene Phantasievorstellung erweist. Somit lasse sich auch die humani-
stische Einsicht nicht aufrechterhalten, jedes Individuum drücke nur auf die
ihm eigene Weise die Menschheit und die Welt aus, und also gilt auch die Ver-
hinderung der Bildung der Individualität nicht länger als eine Beeinträch-
tigung des Menschheitsideals. So wird die positive Einschätzung des Indivi-
duellen, jene große Leibnizsche Leistung preisgegeben und in Schlegels Satz:
"Jeder Mensch ist ein beschränkter Gott. Jedes Ding die ganze Welt",123
gerade weil er so Leibnizisch ist, eine sich ins Maßlose steigernde Hybris
gesehen, die sich mit der selbsterfahrenen eigenen Ohnmacht nicht mehr
zusammenbringen läßt. Die Aufteilung in innen und außen, öffentlich und
privat, an die humanistischen Theorien aus anderen Konzepten herangetragen,
läßt diese als realitätsblinde, absurde, in leeren Selbstauslegungen verfan-
gene, in Scheinversöhnungen auslaufende und in Vorspiegelungen falscher
Harmonisierungen gipfelnde grundlose Spekulationen erscheinen, die in der
Beschwörung der Wirklichkeit überhaupt den Geist der Realität verfehlen.
"Geist der Wirklichkeit" ist das neue Stichwort, das die Widerständigkeit des
Wirklichen gegen gegenwartsentrückte ästhetisierende Verklärung und speku-
lative übertünchung des Konkreten markieren soll.1 24 Friedrich Theodor
Vische,r hat die Absetzung vom Humanismus und die Ziel richtung der neuen
Entwicklung schon früh auf die ihm wie seinen Zeitgenossen und Nach-
folgern zeitgemäß erscheinende Feststellung und Forderung zugespitzt: "Die
Bildungskämpfe des Subjects in seinen Privatzuständen sind jetzt genug
dagewesen, wir wollen Völkerkämpfe sehen. "125
Aber es ist nicht nur die Philosophie, die sich in der Abwendung von der
Individualität wie der Subjektivität überhaupt gefällt, sondern auch die
Pädagogik vermochte es nicht, über äußerliche Anklänge hinaus diese Bil-
dungslehre zu rezipieren und fortzusetzen. Wie schon im achtzehnten Jahr-
hundert konnte sie mit Leibnizens Philosophie wenig anfangen, und statt den
schwierigen Fragen nach Sein und Sinn, Aufgabe und Zweck des Menschen
nachzugehen und von solchen Erwägungen her ihre Theorien der Erziehung
und Bildung zu entwerfen, besch,ränkte sie sich vermeintlicher Wissenschaft-
lichkeit wegen auf den Aufweis mechanisch-technischer Zusammenhänge und
auf in pädagogische Absichtserklärungen eingehüllte politische Beteuerungen.
Der junge Nietzsche hat jene sich in einem äußerlich angenommenen Huma-
38 Clemens Menze

nismus erzeugende unbefangene Selbstzufriedenheit, die um ihrer Ruhe willen


solche störenden Fragen verwarf, mit ätzender Schärfe gegeißelt. 126 Aus
seinem nachdrücklichen Beharren auf diesen Fragen, von denen her er eine
neue umfassende Bildungslehre eröffnen wollte, wurde nur zu schnell der
Vorwurf des Irrationalismus abgeleitet und mit Verunglimpfungen und Ver-
dächtigungen verbunden. Soweit, und das geschieht kaum noch, in solche
Gedankengänge Leibniz überhaupt noch einbezogen wird, drückt sich in
ihnen eine in ihrer Verständnislosigkeit kaum überbietbare Leibnizferne aus.
Weil der Zusammenhang der humanistischen Erwägungen mit Leibnizscher
Metaphysik nicht mehr eingesehen und deshalb die scheinbar für jedermann
so unproblematisch formulierten Aussagen nicht mehr begriffen werden, hat
es eine unverständige Kritik leicht, Proselyten zu machen und mit Verweis
auf diesen oder jenen Satz immer aufs neue gegen Subjektivismen, Asthe-
tizismus, Apolitismus und gelegentlich auch Atheismus zu mobilisieren.
Die Entwicklung der Pädagogik ist im neunzehnten Jahrhundert eng mit
der allgemeinen wissenschaftlichen Entwicklung verbunden. Wie diese wen-
det sie sich gegen Grundvoraussetzungen des humanistischen Bildungsden-
kens, vor allem gegen die Setzung des Begriffes Kraft und seine Auslegung
als Lebenskraft, gegen eine Psychologie der Vermögen, gegen spekulative
Totaldeutungen, gegen organische Betrachtungsweisen und, dem Zug der sich
spezialisierenden Gewißheit folgend, gegen interdisziplinäre Großgebilde wie
eine Theorie der Bildung des Menschen überhaupt. Ihrer Grenzen eingedenk,
meidet sie das Ungewißheit stiftende Oszillieren zwischen Metaphysik und
Erfahrungskenntnissen. Sie verwirft die anschauende Erkenntnis und hält
sich an quantifizierende Methoden, die ihren Ansprüchen auf intersubjektive
Prüfung nachkommen. Das sich in mechanische Erklärungen nicht auflösende
Weltbild von Leibniz wird als "mystisch" verworfen, die Unmöglichkeit seiner
Restitution nachgewiesen und das Zeitalter der Wissenschaften proklamiert.
Aus philosophischer und wissenschaftlicher Kritik, auch wenn diese
historisch nicht berechtigt ist, folgt, daß eine bloße Wiederbelebung der huma-
nistischen Theorien über die Bildung des Menschen unmöglich ist. Sie zu
wiederholen und in einer anderen Zeit unter völlig anderen Bedingungen als
Norm setzen zu wollen, würde zwangsläufig ihre Grundintentionen selbst in
ihr Gegenteil verkehren. Gleichwohl können die in dieser Theorie enthaltenen
Anregungen nicht einfach zu den Akten geschrieben werden. Ausgang und
Ziel des Humanismus sind Selbstaufklärung und Selbstvergewisserung des
je einzelnen, die Einsicht, daß der einzelne nicht ein austauschbares Element
eines Kollektivs ist, sondern durch seine Bildung als dieser einzelne selbst
konstitutives Element des Menschheitsideals wird, Bildung also nicht nur als
Bürgerrecht, sondern auch als Menschenpflicht begriffen werden muß. Der
Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Menschen 39

Mensch ist nicht für dieses oder jenes endgültig und wesentlich zu nutzen,
sondern ist als dieser Mensch Zweck seiner selbst. Diese von Leibniz universell
entfaltete Einsicht mag oft verkannt, noch mehr mißachtet werden. Das än-
dert nichts an ihrer Gültigkeit. In der Entgegensetzung von individueller und
kollektiver Existenz in unserer Zeit gewinnt daher die untrennbar mit der
humanistischen Bildungstheorie verknüpfte Lehre von der Individualität eine
Bedeutung für alle, die die Verzweckung der Individualität bekämpfen und
in dem einzelnen die Menschheit achten. Daher kann sich die Pädagogik un-
serer Zeit nicht mit einer Rekapitulation dieser Gedanken begnügen und
sie - je nach Standpunkt - an eine vielleicht auch bevorzugte Stelle der Ge-
schichte rücken, sondern muß die Anregungen des deutschen Humanismus
produktiv aufnehmen und auf ihre Weise entwickeln, will sie sich, wie die
Humanisten, der humanen Existenz des Menschen verbunden wissen.
Anmerkungen
1 Anstelle vieler Verweise sei lediglich auf den zusammenfassenden Aufsatz von Theodor
Ballauff hingewiesen: Pädagogische Konsequenzen aus der Philosophie von Leibniz, in:
Pädagogisches Denken in Geschichte und Gegenwart, Festschrift zum 65. Geburtstag von
Josef Dolch, hg. v. Ingrid Schindler, Ratingen bei Düsseldorf 1964, S. 145-154. Guiliana
Limiti: Leibniz' Aktualität in der heutigen Pädagogik, in: Akten des Internationalen
Leibniz-Kongresses Hannover, Bd.4, Wiesbaden 1969, S. 112-120, stellt manche An-
knüpfungspunkte von unterschiedlichem Gewicht für die heutige Pädagogik aus den
Schriften von Leibniz zusammen, ohne über eine unsystematische Aneinanderreihung
hinauszugelangen. Die fundamentale Bedeutung der Leibnizschen Lehre für die Bildungs-
frage hat sie übersehen.
2 Vgl. im einzelnen: Walther Arnsperger: Lessings Beschäftigung mit der Leibnizischen
Philosophie, in: Neue Heidelberger Jahrbücher, Jg. 7 (1897), S. 43-57; A. Holtermann:
Lessings Nathan im Lich.te von Leibniz' Philosophie, in: Zeitschrift für Deutschkunde,
Jg. 1928, S.494-507; Erwin Blumenthai: Herders Auseinandersetzung mit der Philo-
sophie Leibnitzens, Diss. Hamburg 1934; Heinz Kindermann: Schiller und Leibniz. Eine
literarhistorische Untersuchung, in: Zeitschrift für den deutschen Unterricht, Jg. 30 (1916),
S.16-29; Dietrich Mahnke: Leibniz und Goethe. Die Harmonie ihrer Weltansichten,
Erfurt 1924; Arthur Stein: Pestalozzi und Leibniz, in: Jahrbuch der Schweizerischen
Philosophischen Gesellschaft, Vol. 5 (1945), S. 120-210; Johannes Vahlen: über Leibniz
und Schleiermacher, in: Sitzungsberichte d. Kgl. Preußischen Akademie d. Wissenschaften
zu Berlin, Phil.-hist. Klasse, 1909,2, S. 849-858, u. v. m.
3 Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, hg. v. Ernst Behler (Bd. 1-22, München, Paderborn,
Wien 1958ff.), Bd. 18, S. 48.
4 über die Beziehungen zwischen Leibniz und Kant vgl. die Untersuchung von Kurt Hilde-
brandt: Kant und Leibniz. Kritizismus und Metaphysik (Beihefte zur Zeitschrift für
philosophische Forschung, 11), Meisenheim 1955. Hildebrandt untersucht dieses Verhältnis
von einem Standpunkt aus, der eine deutliche Sympathie für Leibniz zeigt. In allen seinen
von großer Hinneigung zu Leibniz bestimmten Werken steht ausgesprochen oder nicht
die Frage, »ob Kants kritisch.e Entscheidung gegen Leibniz richtig war" (vgl. Kurt Hilde-
brandt: Leibniz und das Reich der Gnade, Haag 1953, S. 9), und er wird nicht müde zu
wiederholen, wie sich in einem gerade nicht in Kants Grundsätzen verstrickten Leibniz-
Verständnis die Bedeutung dieser Philosophie erst in ihrem richtigen Licht zeige.
5 Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 18, S. 44.
6 Friedrich Schleiermacher: über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Ver-
ächtern (Philosophische Bibliothek, Bd. 255), Hamburg 1958, S. 24.
7 Friedrich Schleiermacher: Kleine Schriften und Predigten, hg. v. Hayo Gerdes und
Emanuel Hirsch, Bd. 1, Berlin 1970, S. 33.
8 Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 18, S. 33.
9 Ebd., S.32. Zu Schleiermachers Differenz zur Transzendentalphilosophie s. Werner
Schultz: Die theoretische Begründung des Begriffs der Individualität in Schleiermachers
ethischen Entwürfen, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche, N.F., Jg. 5 (1924), S. 37-63.
Die für die Transzendentalphilosophie kennzeichnende Trennung von Philosophie und
Anmerkungen 41

Leben soll überwunden werden. Daher gehört nadJ. SdJ.leiermacher die Ausstrahlung auf
die Praxis notwendig zur Philosophie hinzu, die in einem recht verstandenen Sinne
populär sein soll. So muß jedes System "nothwendig die Moral und die Politik umge-
stalten, und also allen Menschen, wie tief sie auch ins Leben verwickelt sein etwas zu
sagen haben" (in: Athenaeum. Eine Zeitschrift, hg. v. August Wilhelm SdJ.legel und
Friedrich Schlegel, Bd. 3, Berlin 1800, S. 283). Und skeptisch gegenüber der Leistung des
Fichteschen Ichs bemerkt er, "ob denn das Ich wirklich am Ende die ganze Denkart und
das ganze System so um faßt und erschöpft hat, als es von sich rühmt!" (ebd., S.295).
FolglidJ. deutet Schleiermacher in einem Brief an Brinkmann seine Monologen als den
Versuch, "den philosophischen Standpunkt ... in's Leben überzutragen, und den Charak-
ter darzustellen, der ... dieser Philosophie entspricht" (Aus Schleiermacher's Leben.
Briefe, hg. v. L. Jonas u. W. Dilthey, Bd. 4, Berlin 1863, S. 55).
10 Vgl. dazu meinen Aufsatz: Die Rolle der Ksthetik in Wilhelm von Humboldts Theorie
der Bildung, in: Cornelio Fabro (Hg.): Gegenwart und Tradition. Strukturen des Den-
kens. Eine Festschrift für Bernhard Lakebrink, Freiburg 1969, S. 125-150. Friedrich
Schlegel rechnet Kants Kritik der Urteilskraft zur Bildungslehre (Kritische Friedrich-
Schlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 18, S. 321). Diese Bestimmung findet ihren Grund darin,
daß die Ksthetik als "die Philosophie über den ganzen Menschen" (ebd., S. 207) gekenn-
zeichnet wird.
11 Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 18, S.38. Die von Friedrich Schlegel
veröffentlichte Fassung s. in: Athenaeum, Bd. 1, Berlin 1798, S.232. Zur Interpretation
dieses Fragments durch Schlegel vgl. seinen Aufsatz "Ueber die Unverständlichkeit" in:
Athenaeum, Bd. 3, a.a.O., S. 342ff. Zu der Kennzeichnung "Tendenzen" s. S. 344f.
12 Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 18, S. 85.
13 Ebd., S. 38.
14 Die Kritik an Wolff und den Wolffianern ist ein durchgehender Zug in den Entwürfen
der Humanisten. Sie stehen damit in einer Tradition, die sie auf ihre Weise fortsetzen.
Vgl. dazu die Abhandlung Kants: Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen
Figuren (Immanuel Kants Werke, hg. v. Ernst Cassirer, Bd. 2: Vorkritische Schriften II,
hg. v. Artur Buchenau, Berlin 1912, S. 49~65). Am 9. August 1790 schreibt Humboldt an
Brinkmann (Wilhelm von Humboldts Briefe an Karl Gustav von Brinkmann, hg. und
erl. v. Albert Leitzmann [Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart, Sitz Tübin-
gen, 288], Leipzig 1939, S. 3): "Schließen und demonstriren ist mir nicht mehr Mittel die
kleinste Wahrheit zu finden, und auf dieß Finden Verzicht tun, kann ich doch auch nicht.
Das thu ich wohl wenn ich mit Menschen, die mir fremd sind, sprechen, gar streiten soll,
das ist meine exoterische Lehre. Aber in mir werd ich doch so oft von Dingen ergriffen,
zu denen keine Demonstration nur reicht. Die sind mir esoterische Lehren. Das dringt so
stark auf mich ein, daß jeder Zweifel weicht, und meine Seele von dieser Wahrheit
glüht." Vgl. auch Friedrich Schlegel: "So ist es unstreitig viel schwerer behaupten, als
beweisen. Es giebt Demonstrazionen die Menge, die der Form nach vortrefflich sind,
für schiefe und platte Sätze. Leibniz behauptete, und Wolf bewies. Das ist genug gesagt"
(Athenaeum, Bd. 1, a.a.O., S. 198).
15 Vgl. X 256 (die Humboldt-Zitate hier und im folgenden nach Band und Seite der
Akademie-Ausgabe).
16 Die Bezugnahmen auf Leibniz werden gelegentlich mit dem Einfluß von Spinoza auf die
Humanisten zusammengesehen, und in solchen Zusammenhängen wird dann Spinoza -
wenngleich nicht durchgehend - eine größere Einwirkung auf deren Denken zuerkannt.
Es ist aber fraglidt, ob eine solche Differenzierung zwischen Leibniz und Spinoza für die
Interpretation des humanistischen Bildungsdenkens sehr ergiebig ist. In Jacobis viel er-
örterter Sduift "über die Lehre des Spinoza in Briefen an den Herrn Moses Mendelssohn"
(1785) heißt es: "Uebrigens kenne ich kein Lehrgebäude, das so sehr, als das Leibnitzische,
mit dem Spinozismus übereinkäme ... Mendelssohn hat öffentlich gezeigt, daß die Har-
monia praestabilita im Spinoza steht. Daraus allein ergiebt sich schon, daß Spinoza von
42 Anmerkungen

Leibnitzens Grundlehren noch viel mehr enthalten muß ... Ich getraue mir aus dem
Spinoza Leibnitzens ganze Seelenlehre darzulegen ... Im Grunde haben beyde von der
Freyheit auch dieselbe Lehre, und nur ein Blendwerk unterscheidet ihre Theorie" (Die
Hauptschriften zum Pantheismusstreit zwischen Jacobi und Mendelssohn, hg. u. mit
einer historisch-kritischen Einleitung versehen von Heinrich Scholz, Berlin 1916, S. 85f.).
Für Friedrich Schlegel stellt sich von einem philosophischen Standpunkt aus die Differenz
zwischen den bei den Philosophen so dar: "Spinosa und Leibniz offenbar beide zugleich
Idealisten und Realisten. Spinoza realisirt ein Ideal; Leibniz idealisirt das Reale. Alles
ist Spinoza's Princip. Nichts Leibnizen's" (Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a.O.,
Bd. 18, S. 50) oder (ebd., S. 92): "Leibnizens Sinn scheint zu sein; jedes Eins (Ich) ist
Alles; also die Rückseite des Spinosaschen Systems." Vgl. jedoch seine Bemerkung im
Athenaeum, Bd..1, a.a.O., S. 250: "Leibniz ließ sich bekanntlich Augengläser von Spinosa
machen ... Hätte er sich doch auch Augen von ihm machen lassen, um in die ihm unbe-
kannte Weltgegend der Philosophie, wo Spinosa seine Heimath hat, wenigstens aus der
Ferne hinüber schauen zu können." Für die Bestimmung und Auslegung von Bildung bei
den Humanisten bleiben solche vorgestellten Unterschiede weitgehend folgenlos. Kurt
Hildebrandt: Goethes Naturerkenntnis, Hamburg 1947, S. 129 bemerkt treffend: Goethe
"nimmt von Spinoza an, was zu Leibniz paßt - er lehnt ab, was diesem widerspricht.
Leibniz und Spinoza gleichen sich im Blick aufs ewige Universum ... Goethe, der Mor-
phologe, kann nur Leibnizianer sein. Er möchte nicht das mystische Eins, sondern die
Verwandtschaft der Gestaltungen erkennen. Das ist der Nerv seiner Morphologie". Vgl.
auch vom selben Autor: Leibniz und das Reich der Gnade, Haag 1953, S.56: "So ist
jene deutsche Spinoza-Begeisterung [gegen Ausgang des adttzehnten Jahrhunderts] bei-
nahe eine mißverstandene Leibniz-Renaissance." S. ebd., S. 58 u. ö.
17 Vgl. dazu den überblick bei E. Blumenthai, a.a.O.
18 Vgl. die Zusammenstellung der Bezugnahmen Humboldts auf Leibniz in meinem Buch:
Wilhelm von Humboldts Lehre und Bild vom Menschen, Ratingen 1965, S.312ff. Zu
ergänzen sind die dort angeführten Stellen um die Hinweise in: Jugendbriefe Alexander
von Humboldts an Wilhelm Gabriel Wegener, hg. v. A. Leitzmann, Leipzig 1896, S. pOl
sowie die Auszüge aus Wegeners Autobiographie, ebd., S.92f. S. auch V 201, wo Hum-
boldt eine indische Gottheit "als wahre Monas" kennzeichnet.
19 S. dazu H. Kindermann, a.a.O., bes. S. 27f., mit den entsprechenden Hinweisen.
20 Eine Untersuchung über Leibniz und Friedrich Schlegel fehlt. In seinem Werk finden sich
überaus zahlreiche Bezugnahmen auf und Bezüge zu Leibniz. Einen überblick über seine
Besdtäftigung mit Leibniz s. in Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd.19,
S.390f.
21 über die Bedeutung von Leibniz für den jungen Schleiermacher liegt keine in die Einzel-
heiten gehende Untersuchung vor. Vahlens Rede (s. Anm.2) befaßt sich wenig gründlich
mit Schleiermachers drei Gelegenheitsreden über Leibniz und bringt zu der hier erörterten
Frage nichts bei. W. Dilthey: Leben Schleiermachers, Bd. 1, 3. Aufl., hg. v. M. Redecker,
1. Halbband (1768-1802), Berlin 1970, S. 335, bemerkt über die Zeit von 1796 bis 1799:
Schleiermachers "Studium von Leibniz ging in diesen Jahren auf die Quellen in weitem
Umfang zurück ... und mit Friedridt [Schlegel] gemeinsam faßte er, 1797 oder 1798,
den Plan einer Schrift über und gegen Leibniz". S. dazu auch ebd., S. 342, wo Dilthey
betont, daß Schleiermacher auf der Grundlage von Leibnizens Monadologie "seine An-
schauung der Individualität" bildete, und S.343f. bemerkt er: "So könnte man fort-
fahren, die Anschauungen Schleiermachers durch die von Leibniz zu erleuchten." Zum
"Antileibniz" vgl. die von Dilthey mitgeteilten Auszüge in "Denkmale der inneren Ent-
wicklung Schleiermachers", S.72-74, im Anhang zu Wilhelm Dilthey: Leben Schleier-
madters, Bd. 1, Berlin 1870.
22 Otto Harnack: über Goethes Monadenlehre, in: ders.: Essais und Studien zur Literatur-
geschichte, Braunschweig 1899, S. 28·1-286, urteilt S. 284: Es war unmöglich, "eine nähere
Beschäftigung Goethe's mit Leibniz nachzuweisen". Und er glaubt überdies ebd. fest-
Anmerkungen 43

stellen zu können, daß Goethe .niemals Leibniz besondere Aufmerksamkeit zugewandt


hat". Diese Auffassung vertritt auch Paul Sidtel: Leibniz und Goethe, in: Archiv für
Geschichte der Philosophie, hg. v. Ludwig Stein, Bd.32, N.F. Bd. 25 (1920), S.1-26.
Er erklärt S. ,3, .daß Goethe sich einer unmittelbaren Förderung durch Leibniz nicht
bewußt war" und .die Bedeutung des Philosophen nimt erkannt hat", verweist aber auf
ihre innere Verwandtschaft und die vielen übereinstimmungen in Grundanschauungen.
Goethe hatte, so heißt es S. 6, "mit Leibniz weitreichende Wurzeln seiner Persönlichkeit
gemein", und S.25 urteilt Sidtel zusammenfassend: "Im Grunde war es noch die Welt
Leibniz', aus der die Persönlichkeit Goethes hervorwuchs" . In diese Reihe fügt sich auch
Dietrich Mahnke: Leibniz und Goethe. Die Harmonie ihrer Weltansichten, Erfurt 1924,
ein, wenn er smon im Vorwort, S. 3, bemerkt, .daß auch Goethes Weltansicht ... mit
Leibnizens ... ,tatbegründender Wissenschaft' von den mannigfaltig wirksamen Einzel-
kräften des harmonisch geordneten Allebens in engster Ideengemeinschaft steht, ja sich
geradezu als eine ,Projektion' des Begriffsgebäudes der Monadenlehre auf die seelische
,Bildebene' einer anschaulich fühlenden Künstlernatur auffassen läßt". Vgl. auch S.8,
man könnte, • wenn man überhaupt so klassifizieren darf, Goethe viel eher einen Leib-
nizianer als einen Spinozisten nennen". Mahnke geht S.13 im Unterschied zu seinen Vor-
gängern sogar so weit, einen unmittelbaren Einfluß von Leibniz auf Goethe nicht aus-
zusmließen, weil sich in der Bibliothek von Goethes Vater Leibnizens Theodizee befunden
habe. Hingegen bemerkt Kurt Hildebrandt: Goethes Naturerkenntnis, a.a.O., S.106:
Goethe "selber hätte das Grundsätzliche, das er in immer neuen Formen, Maximen, Er-
innerungen ausdrüdtt, auch philosophisch prägnanter ausdrüdten können, wenn er Leib-
nizens Schriften gekannte hätte und nicht auf die rationalistischen Begriffe der späten
Aufklärung und die Auseinandersetzung mit Kants Kritizismus angewiesen wäre".
23 Nach Paul Wernle: Pestalozzi und die Religion, Tübingen 1927, S.6 dürfte Pestalozzi
"vielleicht in seinem ganzen Leben keine Zeile von Leibniz gelesen" haben, und doch sei
sein ganzes Denken so sehr von diesem Philosophen bestimmt, "daß man ihn einen der
machtvollsten Vertreter der Leibnizischen Grundgedanken nennen darf" (zitiert nach
Arthur Stein: Pestalozzi und Leibniz, in: Jahrbuch der Schweizerischen Philosophischen
Gesellschaft, Vo1.5, a,a.O., S.120). Vgl. auch A. Stein, ebd., S.125: .Eine starke Ein-
wirkung der Leibnizischen Gedankenwelt auf Pestalozzi scheint uns dennoch vorzu-
liegen." Und ebd., S. 131: "Es ist unmöglich, die Hunderte von Kanälen aufzuspüren,
durch die Pestalozzi - direkt oder indirekt - Leibnizische Gedanken haben zugeführt
werden können."
24 Die Diskussion dieser Fragen reicht weit über Philosophie und Theologie hinaus. Sie
knüpft besonders an die weite Verbreitung von Leibnizens Theodizee an, die geradezu
als das europäische Bildungsbuch des achtzehnten Jahrhunderts bezeimnet wurde. Was
Paul Wernle: Der schweizerische Protestantismus im XVIIT. Jahrhundert, Bd.2, Tübin-
gen 1924, S. 164 für die Schweiz feststellt: Leibnizens Schriften "wurden in der ganzen
Schweiz gelesen und bedeuteten für das ganze 18. Jahrhundert eine Macht", läßt sich
aum auf Deutschland übertragen.
25 Zur Aufklärungsphilosophie vgl. Kuno Fischer: Gottfried Wilhelm Leibniz. Leben, Werke
und Lehre (Geschichte der neuern Philosophie, Bd. 3), Heidelberg 1920, S. 617ff. Für die
Dichtung der Aufklärung wird gelegentlich bestritten, daß ein solcher Zusammenhang
besteht, so etwa der Zusammenhang von Leibniz und Brodtes durch Fritz von Mani-
kowsky: Die Welt- und Lebensanschauung in dem "Irdischen Vergnügen in Gott" von
Barthold Heinrich Brodtes, Diss. Greifswald 1914, S. 43ff., S. 67f., weil Brodtes die
Monadenlehre ausdrüdtlich abgelehnt habe (s. S. 46). Da es aber an EntspredJ.ungen nicht
fehlt, werden diese "als zufällig gleiche Wesenheiten gewisser Begriffe" (S.47) aufge-
faßt. Allerdings kann auch ein Einfluß von Leibniz vorliegen, ohne daß das Gesamt-
system übernommen zu werden braucht. Zu Leibnizischen Gedanken bei Albrecht von
Haller vgl. A. Stein, a.a.O., S. 164f.
26 Vgl. z. B. Humboldts Ausarbeitungen der philosophischen Vorträge von J. J. Engels mit
44 Anmerkungen

den vielen Bezugnahmen auf Leibniz und die Darstellung der Monadologie im Anschluß
an Feders Logik und Metaphysik (s. bes. VII 2, 426ft).
27 Lessings sämtliche Werke, hg. u. mit Einleitungen versehen von Hugo Göring, Bd. 19,
S.96. Zu Lessings Beschäftigung mit Leibniz s. G. E. Lessing: Werke, hg. v. Herbert
G. Göpfert: Bd.7, Theologiekritische Schriften I u. 11, bearb. v. Helmut Göbel, Darm-
stadt 1976, S. 171ff., vgl. besonders auch die Anmerkungen S. 793ff.
28 Eine wichtige Funktion in der ersten Phase der Leibniz-Rezeption erfüllten die Werke
von Carl Günther Ludovici. Vgl. besonders: Ausführlicher Entwurff einer vollständigen
Historie der Leibnitzischen Philosophie, Zum Gebrauch seiner Zuhörer heraus gegeben,
2 Bände, Leipzig 1737, und: Neueste Merdtwürdigkeiten der Leibnitz-Wolffischen Welt-
weisheit, Frandtfurt und Leipzig 1738. Herangezogen wurde von den Humanisten auch
die fünfbändige Geschichte der Philosophie von J. J. Brudter: Historia critica philo-
sophiae a mundi incunabilis ad nostram usque aetatem deducta, Lipsiae 1742-1744. Aus
diesem Werk wurde 1756 zu Leipzig ein Auszug veröffentlicht: "Institutiones historiae
philosophicae usui academicae iuventutis adornatae", den auch Goethe in seiner Jugend
"fleißig" gelesen hat (Hamburger Ausgabe, XIII 26).
19 Kuno Fischer, a.a.O., S. 670.
80 An dem Aufgreifen des Spiegelsymbols, daß sich in dem Individuum eine Welt darstelle,
das Individuum diese Welt in sich erzeuge und so ein aktiver, produzierender Spiegel sei,
ließe sich eine soldle Wirkung exemplarisch verdeutlichen. Vgl. zu diesem Bereich den
Aufsatz von August Langen: Zur Geschichte des Spiegelsymbols in der deutschen Dich-
tung, in: August Langen: Gesammelte Studien zur neueren deutschen Sprache und Lite-
ratur, Berlin 1978, S. 141~152, in dem jedoch diese aktive Komponente im Spiegelsymbol,
die auf Leibnizens Einfluß zurüdtgeht (s. ebd., S.143, Anm. 7), nicht weiter verfolgt
wird. Hingegen fehlt es an einzelnen Verweisen nicht. S. z. B. die Anmerkungen des
Herausgebers zu Schillers Brief an Reinwald vom 14. April 1783 in: Schillers Werke, Na-
tionalausgabe, Bd. 23, hg. v. Walter Müller-Seidel, Weimar 1956, S. 299f. und viele sonst.
81 Vgl. dazu Karl Heinz Broedten: "Homme" und "Citoyen". Entstehung und Bedeutung
der Disjunktion von natürlicher und politisdler Erziehung bei Rousseau, Diss. Köln 1974.
32 I 142f.
83 Vgl. z. B. Wilhelm von Humboldt 111139 zum Begriff der Substanz: "Nichts Lebendiges
und daher keine Kraft keiner Art kann als eine Substanz angesehen werden, die entweder
selbst, oder in der irgend etwas ruhte; sondern sie ist eine Energie, die einzig und allein
an der Handlung hängt, die sie in jedem Moment ausübt. Die längste Vergangenheit
existirt nur noch in dem gegenwärtigen Moment, und das ganze Universum wäre ver-
nichtet, wenn sein jedesmaliges Wirken vernichtet werden könnte."
34 Disputatio metaphysica de principio individui, § 4 (Die philosophischen Schriften von
G. W. Leibniz, hg. v. C. J. Gerhardt, Berlin 1875-90 [im folgenden abgekürzt: Gerh.
Phil.], IV 18).
36 Vgl. z. B. De primae philosophiae Emendatione, et de Notione Substantiae (Gerh.
Phil. IV 468-470).
38 S. dazu im einzelnen Wolfgang Janke: Leibniz. Die Emendation der Metaphysik (Philo-
sophische Abhandlungen, Bd. 23), Frankfurt a. M. 1963.
37 Specimen inventorum de admirandis naturae Generalis arcanis (Gerh. Phil. VII 312).
38 Vgl. Wilhelm von Humboldts Briefe an Karl Gustav von Brinkmann, a.a.O., S.156.
Allerdings wird der Ausdrudt Kraft, obwohl er der verbreitetste ist, keineswegs durch-
gehend verwandt. So erklärt Goethe: "Das Won Kraft bezeichnet zunächst etwas nur
Physisches, sogar Mechanisdles, und das, was sich aus jener Materie organisieren soll,
bleibt uns ein dunkler unbegreiflicher Punkt" (Hamburger Ausgabe, XTII33). Goethe
greift, um das mit dem Begriff Ausgedrüdtte anschaulicher zu machen, auf Blumenbachs
"nisus formativus" zurüdt und sieht darin "einen Trieb, eine heftige Tätigkeit, wodurch
die Bildung bewirkt werden sollte" (ebd.), und nennt diesen mit Blumenbach "Bildungs-
trieb".
Anmerkungen 45

a9 VII 25.
40 Vgl. Leibniz: De ipsa natura sive de vi insita (Gerh. Phil. IV 507): "Haec autem vis
insita distincte quidem intelligi potest, sed non explicari imaginabiliter; nec sane ita
explicari debet, non magis quam natura animae; est enim Vis ex earum rerum numero,
quae non imaginatione, sed intellectu attinguntur." Humboldt setzt eine "eigentliche
Selbstthätigkeit" an, die "nicht mehr erklärt werden kann" (XIV 446). In diesen Zu-
sammenhang gehört auch Schleiermamers Feststellung: "Die innerste Einheit des Lebens
als solche ist nicht Gegenstand für das Bewußtsein weder im Ganzen als Menschheit noch
im Einzelnen als Ich. Beides kann an sich nur vorausgesezt, und alles andere darauf
bezogen werden" (Schleiermachers Werke. Bd. 2, Entwürfe zu einem System der Sitten-
lehre, neu hg. u. ein gel. v. Otto Braun, Leipzig 1913, S. 576).
41 Zu den Erörterungen über die Kraft als Lebensprinzip vgl. Ilse Jahn: Dem Leben auf der
Spur. Die biologischen Forschungen Alexander von Humboldts, Leipzig 1969. Im Unter-
schied zu Alexander von Humboldt, der in übereinstimmung mit vielen Naturwissen-
sdlaftlern seiner Zeit zu einer materiellen Erklärung der Lebenserscheinungen übergeht,
hält Wilhelm von Humboldt an einer Lebenskraft fest.
42 Friedrich Schleiermacher: Kleine Schriften und Predigten, a.a.O., Bd. 1, S. 34.
4S Ch. Garve: Sammlung einiger Abhandlungen, 1779, S.279f.; 303; zitiert nach Alfred
Baeumler: Das Irrationalitätsproblem in der Asthetik und Logik des 18. Jahrhunderts
bis zur Kritik der Urteilskraft, Tübingen 21967, S. 234.
44 III 340. S. dazu auch Schleiermachers Brief 1803 an Brinkmann. Vgl. Aus Schleiermacher's
Leben. Briefe, a.a.O., Bd. 4, S. 94.
45 Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 18, S. 229.
48 Denkmale der inneren Entwicklung Schleiermachers, a.a.O., S. 118.
47 Friedrich Schleiermacher: Kleine Schriften und Predigten, a.a.O., Bd. 1, S. 25.
48 Ebd., S. 27.
49 Monadologie, art. 63; 83 (Gerh. Phil. VI 618; 621).
50 Monadologie, art. 61 (Gerh. Phil. VI 617).
51 Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a. 0., Bd. 18, S. 115.
52 Vgl. dazu meinen Aufsatz: Unvergänglichkeit und Bildung. Einige Bemerkungen zu einem
Grundzug des klassischen deutschen Bildungsdenkens, in: Pädagogische Rundschau, Jg.27
(1973), S. 510-527.
53 Vgl. dazu z. B. Wilhelm von Humboldt XV 452: "Man kann ... darauf den Unterschied
unter den Mensdlen begründen, dass die gewöhnlichen nur Symbole ihres Gattungs-
begriffs sind, die höheren diesem irgend eine, allein immer leicht aus ihm herzuleitende
Individualität geben, die grossen und ausserordentlichen eine Idee symbolisiren, auf die
man nur dadurch, daß sie sie lebendig darstellten, kommen konnte." S. auch 11 332: "Der
grösseste Mensch ist ... der, welmer den Begriff der Menschheit in der höchsten Stärke,
und in der grössesten Ausdehnung darstellt."
54 Vgl. z. B. W'ilhelm und Caroline von Humboldt in ihren Briefen, Bd. 2, Berlin 1907, S. 64
(Brief vom 16. Mai 1797): "Mir ist es ein fester, unumstößlicher Satz: nichts von dem,
was ein Mensdl je Gutes und Großes wirklich war, geht jemals unter, und wäre es nur das
von niemand unmittelbar erkannte Gefühl eines einzigen Augenblicks gewesen ... ".
55 Vgl. z. B. Friedrich Schleiermacher: Kleine Schriften und Predigten, Bd. 1, a.a.O., S.26:
"Was Welt zu nennen ich würdige, ist nur die ewige Gemeinschaft der Geister, ihr Ein-
fluß auf einander, ihr gegenseitig Bilden, die hohe Harmonie der Freiheit." Vgl. auch
Humboldt VII 24f.
58 Athenaeum, Bd. 3, a.a.O., S. 12.
67 Wilhelm von Humboldts Briefe an Karl Gustav von Brinkmann, a.a.O., S. 154f. (Brief
vom 22. Oktober 1803).
58 Ebd., S. 156f.
59 111 207.
46 Anmerkungen

80 Friedrim Smlegel. Seine prosaismen Jugendsmriften, hg. v. J. Minor, Bd.2, Wien 1882,
S.247.
61 VI 38.
62 Albert Leitzmann: Georg und Therese Forster und die Brüder Humboldt. Urkunden und
Umrisse, Bonn 1936, S. 70f.
63 Smleiermamers Werke, Bd. 2, Entwürfe zu einem System der Sittenlehre, a.a.O., S.10.
6' 1381.
65 Ebd.
66 Hölderlin, Sämtlkhe Werke, Stuttgarter Ausgabe, Bd. 4, S. 309f.
67 1381.
88 175.
89 Smillers sämtlime Werke. Säkular-Ausgabe in 16 Bänden, hg. v. Eduard von der Hellen,
Bd.12, Philosophisme Smriften, 2. Teil, mit Einleitung und Anmerkungen v. Oskar
Walzel, Stuttgart und Berlin 1904, S. 12.
70 1382.
71 über die Religion, a.a.O., S. 37.
72 Ebd., S. 68.
73 Ebd.
74 Kritisme Friedrim-Smlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd.18, S. 267.
76 Friedrim Smlegels Briefe an seinen Bruder Aug. Wilhelm, hg. v. Dr. Oskar F. Walzei,
Berlin 1890, S.421 (Brief an den Bruder vom 7. Mai 1799). Vgl. aum: Friedrim Smlegel
und Novalis. Biographie einer Romantikerfreundsdtaft in ihren Briefen, hg. v. Max
Preitz, Darmstadt'1957, S. 138.
76 Vgl. dazu über die Religion, a.a.O., S. 82; 119.
77 Kritisme Friedrim-Smlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 5, S. 67.
78 Friedrim Smleiermamer: Kleine Smriften und Predigten, a.a.O., Bd. 1, S. 59.
79 über die Religion, a.a.O., S. 90f.
80 Kritisme Friedrim-Smlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 18, S. 268.
81 über die Religion, a.a.O., S. 77.
82 Johann Gottlieb Fimte's sämmtlidte Werke, hg. v. I. H. Fimte, Bd.l3, S. 39.
88 Smillers Sämtlime Werke, Bd. 12, a.a.O., S. 12.
84 Ebd.
85 So lehnt Leibniz (Gerh. Phil. V,174f.) die Auffassung ab, Unruhe und Sdtmerz seien un-
vereinbar mit dem Glück. Zur Auffassung Wilhelm von Humboldts s. C. Menze, Wilhelm
von Humboldts Lehre und Bild vom Mensmen, a.a.O., S. 124ft
86 Die folgende Darstellung im Ansmluß an meine bei den Aufsätze: Wilhelm von Hum-
boldts Grundlegung der Theorie der Bildung des Mensmen, in: Vierteljahrssdtrift für
wissensmaftlime Pädagogik, Jg.54 (1978), S. 485-505, und: Aspekte der humanistismen
Geselligkeitslehre und die kommunikative Pädagogik, in: Die Erziehungswissensmaft und
die Pluralität ihrer Konzepte, hg. v. Hermann Röhrs, Wiesbaden 1979, S. 147-162.
87 Smleiermamers Werke, Bd. 2, a.a.O., S. 10.
88 1382.
89 1383.
90 1122.
91 I 1,23.
92 Sdtillers Sämtlime Werke, Bd. 1;2, a.a.O., S. 119.
93 Ebd., S. 120.
94 Monadologie, art. 83 (Gerh. Phil. VI 621).
95 Athenaeum, Bd. 'l, a.a.O., S. 236.
98 Vgl. Analytica 11 92 a u. b.
97 Kurt Huber: Leibniz, Münmen 1,951, S. 327.
98 Discours de metaphysique, cap. VIII (Gerh. Phil. IV 433).
99 Discours de metaphysique, cap. XIII (Gerh. Phil. IV 436).
Anmerkungen 47

100 Vgl. ebd., S. 438: Hätten wir uns auf eine solche Weise des individuellen Begriffs etwa
von Caesar vergewissert, dann wüßten wir, ohne auf die Erfahrung rekurrieren zu
müssen, wann er geboren wurde, was er vollbradlt hat, unter welchen Umständen er
sterben mußte. Aber nicht nur das persönliche Schidtsal ist in seiner Monade enthalten,
sondern das universale Geschehen überhaupt spiegelt sich in ihr wider.
101 Veritates absolute Primae (Gerh. Phil. VII 194, Anmerkung).
102 Vgl. zur Vorgeschichte Alfred Baeumler: Das Irrationalitätsproblem, a.a.O., S.244ff.
103 Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 18, S. 108.
104 Ebd., S. 86.
105 Ebd. Vgl. auch Athenaeum, Bd.1, a.a.O., S.197: "Von jedem Individuum giebt es doch
unendlich viele reale Definizionen."
106 über die Religion, a.a.O., S. 34. Vgl. auch Humboldt: "Der Mensch allein ist der Gat-
tungsbegriff, und zwischen ihm und dem Individuum giebt es keine so festbestimmten
und so durchgreifenden Merkmale, dass sich daraus neue Gattungsbegriffe bilden liessen"
(VI 150).
107 über die Religion, a.a.O., S. 15.
108 Ebd.
IOD Ebd., S. 34.
110 Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 18, S. 35.
111 Ebd. Vgl. auch Athenaeum, Bd. 1, a.a.O., S. 196: "Das Nichtverstehen kommt meistens
gar nicht vom Mangel an Verstande, sondern vom Mangel an Sinn."
112 A.a.O., S. 21.
113 V 383.
114 IV 27. In diesen Zusammenhang gehört die in den neuhumanistischen Bildungsentwürfen
exponierte Rolle der Einbildungskraft. Vgl. dazu, was Humboldt angeht, mein Buch:
Wilhelm von Humboldts Lehre und Bild vom Menschen, a.a.O., S.72ff. Für Schleier-
macher verweise ich auf Werner Schultz: Die theoretische Begründung des Begriffs der
Individualität in Schleiermachers ethischen Entwürfen, a.a.O., S.46ff. S. "über die
Religion", a.a.O., S.72: "Ihr werdet wissen daß Phantasie das höchste und ursprüng-
lichste ist im Menschen, und außer ihr alles nur Reflexion über sie." Und ebd., S.23,
heißt es, daß "nur die Einbildungskraft die ganze Idee dieser Charaktere auffassen
kann". Vgl. auch die Darlegungen über die Phantasie in: Schleiermacher, Kleine Schrif-
ten und Predigten, a.a.O., Bd. 1, S. 62f.
115 Goethe an Fr. H. Jacobi (am 10. Mai 1812). Goethes Briefe. Hamburger Ausgabe in
4 Bänden, Bd.3, textkritisch durchgesehen und mit Anmerkungen versehen v. Bodo
Morawe, Hamburg 1965, S. 191.
116 Goethe zu Edtermann am 30.12.1823: Joh. W. Goethe, Gedenkausgabe der Werke,
Briefe und Gespräche zum 28. August 1949, hg. v. Ernst Beutler, Bd. 24: Johann Peter
Edtermann, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Einführung und
Textüberwachung v. Ernst Beutler, Zürich 1948, S. 538.
117 über die Religion, a.a.O., S. 95.
118 Vgl. dazu mein Buch: Die Bildungsreform Wilhelm von Humboldts, Hannover 1975,
S.469ff.
119 S. dazu Anneliese Hübotter: Das Schidtsal der Humanität im 19. Jahrhundert (Göttinger
Studien zur Pädagogik, Heft 9), Langensalza 1929; Franz Schnabel: Das humanistische
Bildungsgut im Wandel von Staat und Gesellschaft. Festrede, München 1956.
120 Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 18, S. 131.
121 Vgl. zu Rosseau seinen Brief an Mme de Wartensleben vom 27. September 1766 (Cor-
respondance generale, Nr. 3139; XVI 77): «Pour moi, je vous declare que je ne voudrois
pour rien au monde avoir trempe dans la conspiration la plus legitime, parce qu'enfin
ces sortes d' entreprises ne peuvent s' executer sans troubles, sans desordres, sans violences,
quelquefois sans effusion de sang, et qu'a mon avis le sang d'un seul homme est d'un
plus grand prix que la liberte de tout le genre humain .•
48 Anmerkungen

122 Zur Darstellung dieses Vorganges s. Walter SdlUlz: Philosophie in der veränderten Welt,
Pfullingen 1972, S. 326ff.
128 Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, a.a.O., Bd. 18, S. 47.
124 Vgl. Friedrich Theodor Vischer: Kritische Gänge, Bd. 1, Tübingen 1844, S. XXXV.
125 Ebd., S. LII.
128 Vgl. besonders" Wir Philologen", in: Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden, hg. v.
Karl Schlechta, Bd. 3, München 1956, S. 323-332.
Veröffentlichungen
der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen,
jetzt: Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften

Neuerscheinungen 1971 bis 1980

GEISTESWISSENSCHAFTEN
VortriJge G
He/tNr.
171 Theodor Kraus, Köln Die Gemeinde und ihr Territorium - Fünf Gemeinden der Nieder-
rheinlande iu geographischer Sicht
172 Ernst Langlotz, Bonn Der architekturgeschichtliche Ursprung der christlichen Basilika
173 Hermann Gonrad, Bonn Staatsgedanke und Staatspraxis des aulgeklärten Absolutismus
Jahresleier am 19. Mai 1971
174 Tilemann Grimm, Bochum Chinas Traditionen im Umbruch der Zeit
175 Hans Erich Stier, Münster Der Untergang der klassischen Demokratie
176 Heinz-Dietrich Wend/ami, Münster Die Krisis der Volkskirche - Zerfall oder Gestaltwandel?
177 Gerhard Kegel, Köln Zur Schenkung von Todes wegen
178 Theodor Schieder, Köln Hermann Rauschniugs .. Gespräche mit Hitler" als Geschichtsquelle
179 Friedrich Nowakowski, Innsbruek Probleme der österreichischen Strafrechtsreform
180 Karl Gustav Feilerer, Köln Der Stilwandel iu der abendländischen Musik um 1600
181 Georg Kaufjinann, Münster MicheIangeIo und das Problem der Säkularisation
182 Harry Weslermann. Münster Freiheit des Unternehmers und des Grundeigentümers und ihre
Pflichtenbindungen im öffentlichen Interesse nach dem Referenten-
entwurf eines BUlldesberggesetzes
183 Ernst-Wolfgang BöckenJörde, Die verfassungstheoretische Unterscheidung VOll Staat und Gesell-
Bielefeld schaft als Bedingung der individuellen Freiheit
184 Kurt BitteI, Berlin Archäologische Forschungsprobleme zur Frühgeschichte Klein-
asiens
185 Paul Egon Hübinger, Bonn Die letzten Worte Papst Gregors VII.
186 Günter Kahle, Köln Das Kaukasusprojekt der Alliierten vom Jahre 1940
187 Hans Erich Stier, Münster Welteroberung und Weltfriede im Wirken Alexanders d. Gr.
188 Jacques Droz, Paris Einfluß der deutschen Sozialdemokratie aul den französischen
Sozialismus (1871-1914)
189 Eleaoor v. Erdberg-Gonsten, Die Architektur Taiwans
Aachen Ein Beitrag zur Geschichte der chinesischen Baukunst
190 Herbert von Einem, Bonn Die Medicimadonna Michelangelos
191 Ulrich Scheuner, Bonn Das Mehrheitsprinzip in der Demokratie
192 Theodor Schieder, Köln Probleme einer europäischen Geschichte
Jahresfeier am 30. Mai 1973
193 Erich Otremba. Köln Die ..Kanal.tadt". Der Siedlungsrallm beiderseits des Ärmelkanal.
iu raumdynamischer Betrachtung
194 Max Wehrli, Zürich Wolframs ,Titurel'
195 Heinrich Dörrie, Münster pygmalion - Ein Impuls Ovids und seine Wirkungen bis in die
Gegenwart
196 Jan Hendrik Waszink, Leiden Biene und Honig als Symbol des Dichters und der Dichtung in der
griechisch-römischen Antike
197 Henry Ghadwick, Oxford Betrachtungen über das Gewissen iu der griechischen, jüdischen
und christlichen Tradition
198 Ernst Benda, Karlsruhe Gefährdungen der Menschenwürde
199 Herbert von Einem, Bonn ,Die Folgen des Krieges'. Ein AIterswerk von Peter Paul Ruben.
200 Hansiakob Seiler, Köln Das linguistische Universalienproblem in neuer Sicht
201 Wemer Flume, Bonn Gewohnheitsrecht und römisches Recht
202 Rudolf Morsey, Speyer Zur Entstehung, Autltentizität und Kritik von Brünings
"Memoiren 1918-1934"
203 Stephan Skalweit, Bonn Der .. moderne Staat". Ein historischer Begriff und seine Problema-
tik
204 Ludwig Landgrebe, Köln Der Streit um die philosophischen Grundlagen der Gesellschafts-
theorie
205 Elmar Edel, Bonn Ägyptische Ärzte und ägyptische Medizin am hethitischen
Königshof
Neue Funde von Keilschriftbriefen Ramses' Ir. aus Bogazköy
206 Eduard Hegel, Bonn Die katholische Kirche Deutschlands unter dem Einfluß der Auf-
klärung des 18. Jahrhunderts
207 Friedrieh Ohly, Münster Der Verfluchte und der Erwählte. Vom Leben mit der Schuld
208 Siegfried Herrmann, Boehum Ursprung und Funktion der Prophetie im alten Israel
209 Theodor Schieffer, Köln Krisenpunkte des Hochmittelalters
Jahresfeier am 7. Mai 1975
210 Ulrieh Seheuner, Bonn Die Vereinten Nationen als Faktor der internationalen Politik
211 Heinrich Dö,rie, Münster Von Platon zum Platonismus
Ein Bruch in der Überlieferung und seine Überwindung
212 Karl Gustav Feilerer, Köln Der Akademismus in der deutschen Musik des 19, Jahrhunderts
213 Hans Kauffmann, Bonn Probleme griechischer Säulen
214 [van Dujlev, Sofia Heidnische Philosophen und Schriftsteller in der alten
bulgarischen Wandmalerei
215 Bruno Lewin, Bochum Der koreanische Anteil am Werden Japans
216 Tilemann Grimm, Tübingen Meister Kung
Zur Geschichte der Wirkungen des Konfuzius
217 Harald Weinrieh, Bielefeld Für eine Grammatik mit Augen und Ohren, Händen und Füßen -
am Beispiel der Präpositionen
218 Roman jakobson, Gambridge, lvIass. Der grammatische Aufbau der Kindersprache
219 jan Öberg, Stockholm Das Urkunden material Skandinaviens
Bestäude, Editionsvorhaben, Erforschung
220 Werner Beierwaltes, Freiburg i. Br. Identität und Differenz. Zum Prinzip cusanischen Denkens
221 Walter Hinck, Köln Vom Ausgang der Komödie. Exemplarische Lustspielschlüsse in
der europäischen Literatur
222 Heinz Hürten, Freiburg i. Br. Reichswehr und Ausnahmezustand. Ein Beitrag zur Verfassungs-
problematik der Weimarer Republik in ihrem ersten Jahrfünft
223 Bernhard Kötting, Münster Religionsfreiheit und Toleranz im Altertum
Jahresfeier 3m 18. Mai 1977
224 Karlj. Narr, Münster Zeitmaße in· der Urgeschichte
225 KarlEd. Rothsehuh, Münster Iatromagie: Begriff, Merkmale, Motive, Systematik
226 Samuel R. Spencer jr., Davidson, Die amerikanische Stimmung im Jahr des Janus
North Garolina
227 Paul Mikat, Düsseldorf Dotierte Ehe - rechte Ehe. Zur Entwicklung des Eheschließungs-
rechts in fränkischer Zeit
228 Herbert Franke, München Nordchina am Vorabend der mougolischen Eroberungen: Wirt-
schaft nnd Gesellschaft unter der Chin-Dynastie (1115-1234)
229 Andrds M6csy, Budapest Zur Entstehung und Eigenart der Nordgrenzen Roms
230 Heinrich Dörrie, Münster Sinn und Funktion des Mythos in der griechischen und der römi-
schen Dichtung
231 jean Bingen, Brüssel Le Papyrus Revenue Laws -
Tradition grecque et Adaptation hellenistique
232 Niklas Luhmann, Eie/efeld Organisation und Entscheidung
233 Louis Reekmans, Leuven Die Situation der Katakombenforschung in Rom
234 josef Pieper, Münster Was heißt Interpretation?
235 Walther Heissig, Bonn Die Zeit des letzten mongolischen Großkhans Ligdan (1604-1634)
236 Alf Önnerfors, Köln Die Verfasserschaft des WaItharius-Epos aus sprachlicher Sicht
237 Walther Heissig, Bonn Die mongolischen Heldenepen - Struktur und Motive
238 Günther Stökl, Köln Osteuropa - Geschichte und Politik
Jahresfeier am 23. Mai 1979
239 Wilhelm Weber, Münster Geld, Glaube, Gesellschaft
240 Giovanni Nencioni, Florenz Lessicografia e Letteratura Italiana
241 Arno Eseh, Bonn Zur Situation der zeitgenössischen englischen Lyrik
242 Otto Pöggeler, Bochum Fragen der Forschungspolitik
Heinz Breuer, Bonn
243 Klaus Stern, Köln Verfassungsgerichtsbarkeit zwischen Recht und Politik
245 jürgen Untermann, Köln Trümmersprachen zwischen Grammatik und Geschichte
246 Giemens Menu, Köln Leibniz und die neuhumanistische Theorie der Bildung des Men-
schen
247 Helmut Schelsky, Münster Die juridische Rationalität
ABHANDLUNGEN

BandNr.

31 Anton Moortgat, BerUn Tell Chuera in Nordost-Syrien. Bericht über die vierte Grabungs-
kampagne 1963
32 Albrecht Dihle, Köln Umstrittene Daten. Untersuchungen zum Auftreten der Griechen
am Roten Meer
33 Heinrich Behnke und Klaus Festschrift zur Gedächtnisfeier für Karl Weierstraß 1815-1965
Kopfermann (Hrsg.), Münster
34 Joh. Leo Weisgerber, Bann Die Namen der Ubier
35 Otto Sandrock, Bonn Zur ergänzenden Vertragsauslegung im materiellen und inter-
nationalen Schuldvertragsrecht. Methodologische Untersuchun-
gen zur Rechtsquellenlehre im Schuldvertragsrecht
36 IseUn Gundermann, Bann Untersuchungen zum Gebetbüchlein der Herzogin Dorothea von
Preußen
37 Ulrich Eisenhardt, Bonn Die weltliche Gerichtsbarkeit der Offizialate in Köln, Bonn und
Werl im 18. Jahrhundert
38 Max Braubach, Bann Bonner Professoren und Studenten in den Revolutionsjahren
1848/49
39 Henning Bock (Bearb.), BerUn Adolf von Hildebrand, Gesammelte Schriften zur Kunst
40 Geo Widengren. Uppsala Der Feudalismus im alten Iran
41 Albrecht Dihle, Köln Homer-Probleme
42 Frank Reuter, Erlangen Funkmeß. Die Entwicklung und der Einsatz des RADAR-Ver-
fahrens in Deutschland bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges
43 0110 Eißfeldt, Halle, und Briefwechsel zwischen Franz Delitzsch und Wolf Wilhelm Graf
Karl Heinrich Rengstorf Baudissin 1866-1890
(Hrsg.), Münster
44 Reiner Haussherr, Bann Michelangelos Kruzifixus für Vittoria Colonna. Bemerkungen zu
Ikonograph!e und theologischer Deutung
45 Gerd Kleinheyer, Regensburg Zur Rechtsgestalt von Akkusationsprozeß und peinlicher Frage
im frühen 17. Jahrhundert. Ein Regensburger Anklageprozeß vor
dem Reichshofrat. Anhang: Der Statt Regenspurg Peinliche
Gerichtsordnung
46 Heinrich Lausberg, Münster Das Sonett Les Grenades von Paul Valery
47 Jochen Schröder, Bonn Internationale Zuständigkeit. Entwurf eines Systems von Zu-
ständigkeitsinteressen im zwischenstaatlichen Privatverfahrens-
recht aufgrund rechtshistorischer, rechtsvergleichender und rechts-
politischer Betrachtungen
48 Günther Stökl, Köln Testament und SiegelIvans IV.
49 Michael Weiers, Bonn Die Sprache der Moghol der Provinz Herat in Afghanistan
50 Walther Heissig (Hrsg.), Bonn Schriftliche Quellen in Mogoli. 1. Teil: Texte in Faksimile
51 Thea Buyken, Köln Die Constitutionen von Melfi und das Jus Francorum
52 Jörg-Ulrich Fechner, Bochum Erfahrene und erfundene Landschaft. Aurelio de' Giorgi Bertolas
Deutschlandbild und die Begriindung der Rheinromantik
53 Johann SchwartzkopJf Symposium ,Mechanoreception'
(Red.), Bochum
54 Richard Glasser, Über den Begriff des Oberflächlichen in der Romania
Neustadt a. d. Weinstr.
55 Elmar Edel, Bonn Die Felsgräbernekropole der Qubbet el Hawa bei Assuan.
11. Abteilung. Die althieratischen Topfaufschriften aus den Gra-
bungsjahren 1972 und 1973
56 Harald von Petrikovits, Die Iunenbauten römischer Legionslager während der Prinzipats-
Bann zeit
57 Harm P. Westermann u. a., Einstufige Juristenausbildung. Kolloquium über die Entwicklung
Bielefeld und Erorobung des Modells im Land Nordrhein-Westfalen
58 Herbert Hesmer, Bonn Leben und Werk von Dietrich Brandis (1824-1907) - Begründer
der tropischen Forstwirtschaft. Förderer der forstlichen Entwick-
lung in den USA. Botaniker und Ökologe
59 Michael Weiers, Bann Schriftliche Quellen in Mogoli, 2. Teil: Bearbeitung der Texte
60 Reiner Haussherr, Bonn Rembrandts ]acobssegen
Überlegungen zur Deutung des Gemäldes in der Kasseler Galerie
61 Heinrich Lausberg, Münster Der Hymnus >Ave maris stella<
62 Michael Weiers, Bonn Schriftliche Quellen in Mogoli, 3. Teil: Poesie der Mogholen
63 Wemer H. Hauss (Hrsg.), Münster, International Symposium 'State of Prevention and Therapy in
Robert W. Wissler, Chicago, Human Arteriosclerosis and in Animal Models'
Rolf Lehmann, Münster
64 Heinrich Lausberg, Münster Der Hymnus>Veni Creator Spiritus<
65 Nikolaus Himmelmann, Bonn Über Hirten-Genre in der antiken Kunst
66 Elmar Edel, Bonn Die Felsgräbernekropole der Qubbet el Hawa bei Assuan.
Paläographie der althieratischen Gefäßaufschriften aus den Gra-
bungsjahren 1960 bis 1973

Sonderreihe
PAPYROLOGICA COLONIENSIA

Vol. I
Aloys Kehl, Köln Der Psalmenkommentar von Tura, Quaternio IX
(Pap. Colon. Theol 1)
Vol. II
Erich Lüddeckens, Würzburg Demotische und Koptische Texte
P. Angelicus Kropp O. P., Klausen,
Alfred Hermann und Manfred Weber, Köln
Vol. III
Stephanie W,st, Oxford The Ptolemaic Papyri 01 Homer
Vol.IV
Ursula Hagedorn und Dieter Hagedorn, Köln Das Archiv des Petaus (P. Petaus)
Louise C. Youtie und Herbert C. Youtie,
Ann Arbor
Vol.V
Angelo Geißen, Köln Katalog Alexandrinischer Kaisermünzen der Sammlung des Insti-
tuts für Altertumskunde der Universität zu Köln
Band 1: Augustus-Trajan (Nr. 1-740)
Band 2: Hadrian-Antoninus Pius (Nr. 741-1994)
Vol. VI
]. David Thomas, Durham The epistrategos in Ptolemaic and Roman Egypt
Part 1: The Ptolemaic epistrategos
Vol. VII Kölner Papyri (P. Köln)
Bärbel Kramer und Band 1
Robert Hübner (Bearb.), Köln
Bärbel Kramer und Band 2
Dieter Hagedorn (Bearb.), Köln
Bärbel Kramer, Michael Erler, Dieter Hagedorn Band 3
und RobeTi Hübner (Bearb.), Köln
Vol. VIII
Sayed Omar, Kairo Das Archiv des Soterichos (P. Soterichos)

SONDERVERÖFFENTLICHUNGEN

Der Minister für WissenschaIt und Jahrbuch 1963, 1964, 1965, 1966, 1967, 1968, 1969, 1970 und
Forschung 1971/72 des Landesamtes für Forschung
des Landes Nordrhein-WestfaIen

Verzeichnisse sämtlicher Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft


für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, jetzt:
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