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202101606
(Foto: Thom
ann)
Zur Physik
von Xylophon
und Marimba
Das
hölzerne Gelächter Im Fundus eines der Autoren
fand sich das in Abbildung 2 gezeig-
te Metallplättchen. Das Loch in einem
L eopold M athelitsch | I vo V erovnik der Knotenpunkte dient zur Aufhän-
gung. Die drei Kerben wurden zur Feinab-
stimmung gedrillt, auf dem Plättchen ist
angegeben, dass es auf den Ton Fis gestimmt ist. Sein Fre-
Ein Spielzeug-Xylophon ist meist das erste Instrument quenzspektrum (Abbildung 2) zeigt einen starken Grund-
unserer Kindheit. Xylophone und Marimbas gab es bereits ton bei f1 = 1485 Hz, was sehr gut mit dem angegeben Ton
(F#6, f = 1480 Hz) übereinstimmt. Eine zweite starke Reso-
in der Antike. Ihre Klangeigenschaften basieren auf einem nanz ist bei f2 = 4 021 Hz zu sehen, eine schwächere bei
interessanten Schwingungsverhalten. f3 = 7 840 Hz. Die Frequenzverhältnisse f2 /f1 = 2,71 und
f3 /f1 = 5,28 stimmen sehr gut mit den Verhältnissen aus der
Formel überein: f2 /f1 = 25/9 = 2,78, f3 /f1 = 49/9 = 5,44.
Die Länge L des untersuchten Plättchens ist 123,6 mm,
π h E
ρ ( 2 n + 1) , n = 1, 2, 3, ... (1)
This is an open fn =
2
access article under 8 12 L2
the terms of the
Creative Commons L ist die Länge und h die Dicke des Plättchens, E gibt den
Attribution License, Elastizitätsmodul und r die Dichte des Materials an. Es ist
which permits use, interessant, dass die Breite des Plättchens keinen Einfluss
distribution and
auf die Frequenz seiner Schwingungen hat. Eine nume
reproduction in any
medium, provided rische Vergleichsrechnung zeigt, dass die niedersten Fre-
the original work is quenzen durch diese Formel besser als 1 % Abweichung Die einfachsten Schwingungsformen eines rechteckigen
properly cited. wiedergegeben werden [2]. Plättchens mit zwei freien Enden.
Zweidimensionale und
Van-der-Waals-Kristalle
Bose-Einstein-
Kondensat aus
Exzitonen?
U rsula W urstbauer | A lexander W. H olleitner
Bei einem solchen Transfer-Mikroskop kann man die Proben- Exzitonen in 2D-Kristallen
plattform (blau) und den Transferarm für die Probe (rot) über Das bislang diskutierte korrelierte Vielteilchen-Verhalten
Mikrometerschreiben und Steppermotoren präzise in x,y,z- wird von Bandelektronen bedingt, die im gitterperiodi-
Richtung einstellen – also die Rotation und Neigung beim schen Potential auf erlaubten Energiebändern wechselwir-
Stapeln verschiedener Monolagen (Bild: nach F. Sigger, TUM).
ken. ÜMDC sind aber Halbleiter, weshalb Elektronenfehl-
stellen im Valenzband des Kristallgitters, also Löcher, als
A BB . 5 M oir é-Ü b ergitter effektiv positive Ladungsträger ins Spiel kommen. Über die
Coulomb-Wechselwirkung ziehen Elektronen und Löcher
sich gegenseitig an und bilden starke gebundene Elektron-
Lochpaare, sogenannte Exzitonen.
Die starke Coulomb-Wechselwirkung lässt sich mit der
reduzierten Abschirmung des elektrischen Feldes zwischen
Elektron und Loch erklären, die ihre Ursache in der spezi-
ellen dielektrischen Umgebung in den 2D-Kristallen hat.
Analog zum Wasserstoffatom kann man die Energieeigen-
werte eines Exzitons nach dem Rydberg-Modell als eine
Folge aus Grundzustand und angeregten Zuständen n an-
nähern (Abbildung 7a):
1 1
E Xn ∝ ,
Moiré-Übergitter aus zwei gestapelten 2D-Kristallen mit
( n − 1/2)2 ε 02ε r2
jeweils hexagonalem Gitter und identischen Gitterkonstan-
ten, also Atomabständen. Sie sind um etwa 4° gegeneinander mit e0 der Permeabilität des Vakuums und er des Kristalls.
verdreht. Die schwarze Raute umschließt eine Einheitszelle Das Besondere ist nun, dass im strikten 2D-Fall die Um-
des Moiré-Gitters. gebung und der Kristall sehr unterschiedliche Permeabili-
täten besitzen (e0 < er, Abbildung 7c). Meist befindet sich der A BB. 6 Ü b ergangsmetall - Dichalkogeni de
Kristall auf einem isolierenden Substrat und ist entweder
mit einer isolierenden Deckschicht (Abbildung 6) oder Va-
kuum beziehungsweise Luft umgeben. Dies ermöglicht die
gezielte Beeinflussbarkeit der Bindungsenergie der Exzito-
nen durch die dielektrische Umgebung [12, 13].
Regt man nun immer höhere Zustände des Exzitons an,
dehnt es sich mit wachsendem Bohr-Radius weiter aus als
im Grundzustand. Damit fällt ein räumlich immer größerer
Anteil des elektrischen Feldes zwischen Elektron und Loch
innerhalb des 2D-Kristalls ab. Die so erhöhte Abschirmung
durch den Kristall schwächt die Bindung zwischen Elekt-
ron und Loch. Je höher ein solches Exziton angeregt wird,
desto schwächer ist es also durch die dielektrische Umge-
bung, etwa dem Substrat, beeinflussbar. Grundsätzlich
sorgt dieser Sprung zwischen Kristall und Umgebung dafür,
dass der energetische Abstand zwischen Grundzustand und
angeregten Zuständen des Exzitons in 2D-Materialien vom
theoretischen Wasserstoffspektrum abweicht [14, 15].
Insgesamt führt die reduzierte Abschirmung von Elek
tron-Lochpaaren dazu, dass die Licht-Materie-Wechselwir-
kung in zweidimensionalen Halbleitern von exzitonischen a) Vereinfachte Darstellung der Bandanpassung in einer Hetero-
Effekten dominiert wird und sehr groß sein kann. So wer- struktur aus MX2, WX2 (X = S, Se). b) Diese Van-der-Waals-
Heterostrukur besteht aus einer MoSe2- und einer WSe2-Lage,
den von einem weniger als 1 nm dünnen MoS2-Kristall
zum Schutz gegen Einfluss von Adsorbaten eingekapselt in
mehr als 15 % des Lichts bestimmter Wellenlängen absor- isolierendem, hexagonalem Bornitrid (hBN). c) Lichtmikroskop-
biert [16]. Das macht das Material sehr interessant für die bild einer solchen hBN/MoSe2/WSe2/hBN-Heterostruktur (Auf
Anwendung in Solarzellen. In diesem Zusammenhang ist zu nahme: L. Sigl, M. Troue, TUM).
erwähnen, dass es mittlerweile zunehmend Erfolge bei der
großflächigen und somit kosteneffizienten Herstellung von
A BB. 7 EXZITONEN
2D-Kristallen gibt. Beispiele sind die Abscheidung und das
Kristallwachstum aus der Gasphase oder die chemische
Delamination, also Ablösen von einzelnen Schichten vom
Volumenkristall, in Kombination mit speziellen Beschich-
tungsverfahren.
Exzitonisches Bose-Einstein-Kondensat
Auch für die Grundlagenforschung sind Exzitonen sehr in-
teressant. Als gebundener Zustand von zwei fermionischen
Teilchen, die halbzahligen Spin besitzen, haben Exzitonen
einen ganzzahligen Spin. Quantenmechanisch können sie
daher durch eine bosonische Wellenfunktion beschrieben
werden. Als bosonische Quasiteilchen genügen Exzitonen
somit der Bose-Einstein-Statistik, Elektronen als Fermionen
hingegen der Fermi-Dirac-Statistik. Ein weiterer signifikanter
Unterschied zwischen beiden Teilchenarten besteht darin,
dass Fermionen dem Paulischen Ausschlussprinzip unter- a) Elektronische und exzitonische Dispersion im Vergleich. Die elektronische Band-
liegen und somit zwei Fermionen nicht gleichzeitig an dem- struktur beschreibt das Einteilchenverhalten. Sie kann daher optische Übergänge
selben Ort im identischen Quantenzustand existieren kön- von gebundenen Elektron-Lochpaaren (Exzitonen) nicht korrekt darstellen, weil die
Bindungsenergie zu Zuständen in der Bandlücke zwischen Valenz (VB)- und Lei-
nen. Mehrere ununterscheidbare Bosonen können jedoch tungsband (LB) führen würde (rote Linien). Die optisch gemessene Energie Eoptisch
den gleichen quantenmechanischen Zustand einnehmen. von Interbandübergängen in Emissions- oder Absorptionsexperimenten ist um die
Der Grundzustand eines solchen bosonischen Vielteil- exzitonische Bindungsenergie (Eexc) im Vergleich zur Bandlücke Egap reduziert. Die
chen-Ensembles ist ein Bose-Einstein-Kondensat (Bose-Ein- Rydberg-Zustände der Exzitonen ähneln dem Wasserstoffspektrum und sind in
stein Condensate, BEC). Ein weitestgehend griffiges, klassi- einer Vielteilchen-Dispersion (Exzitonen-Dispersion) dargestellbar. b) Exziton in
einem Volumenmaterial (3D) und c) in der Monolage eines 2D-Kristalls. Im 2D-Fall
sches Analogon sind geeignete gekoppelte Oszillatoren, die führt die reduzierte Abschirmung durch die dielektrische Umgebung zu einer stär-
sich spontan synchronisieren. Ein anschauliches Beispiel keren Bindung zwischen Elektron und Loch. Diese Bindung kann durch die elektri-
sind Metronome auf einer sich frei bewegenden Platte (Ab- sche Umgebung, zum Beispiel das Substrat, beeinflusst werden (b, c nach [14]).