Sie sind auf Seite 1von 6

Klaus Winkler

STIMMUNG
UND STIMMGERÄTE

Der Autor ist Geiger im Symphonieorchester des Bayeri- perierten" Halbtöne innerhalb der Oktave. Während erstere
schen Rundfunks München und experimentiert auf dem wie Walter Odington (frühes 14. Jahrhundert), Marin Mer-
Gebiet der Elektroakustik. Für seine Erfindung zur Verstär- senne (1588-1648), Joseph Sauveur (1653-1715), Johann
kung von Streichinstrumenten erhielt er internationale Pa- Philip Kirnberger (1721-1783) immer genauere Berechnun-
tente (siehe 11 Das Orchester", Heft 5/90). gen anstellten, verließen sich Musiker wie Arnolt Schlick
(1455-1525), Andreas Werckmeister (1645-1706) und Jo-

E ine gute Intonation ist für alle Musiker Voraussetzung


und permanente Herausforderung zugleich. Wer greift da
nicht gerne nach verläßlichen Hilfsmitteln, z.B. zu moder-
hann Sebastian Bach (1685-1750) beim Stimmen des Instru-
ments eher auf ihr Gehör. Kein Wunder also, daß eine große
Anzahl von Stimm-„Temperatur en" gebräuchlich war. Erst
nen Stimmgeräten, sogenannten Tuning-Sets, die in großer zu Beginn des 17. Jahrhunderts erreichte man die sogenann-
Zahl und in vielen Variationen angeboten werden. Dabei te gleichschwebend temperierte Stimmung durch eine Auf-
stellt sich die Frage: Was leisten diese Geräte und inwieweit teilung der Oktave in zwölf dasselbe Frequenzverhältnis
können sie dem Musiker bei der Einstimmung seines Instru- aufweisende Halbtöne. Einige dieser historischen Tempera-
ments und bei der Hörkontrolle helfen? turen werden bis heute für die Stimmung von Orgeln, Cem-
bali, Klavieren und Keyboards angewendet (Tab. 1 und 2).
Geschichtlicher Überblick
Über Jahrtausende hinweg - seit Pythagoras um etwa 500 v. Genaues Hören mittels
Chr. - forschten Musiker und Wissenschaftler über Töne Schwebungen
und ihre Beziehung zueinander und man stieß bald auf das
Phänomen, daß schwebungsreine Intervalle durchaus Pro- Stimmhilfen gab es zu jener Zeit noch nicht; das erklärt auch
bleme im Akkordgefüge des Tonsystems machen können. die unterschiedlichen Stimmniveaus. Gut intonieren konnte
Pythagoras erhielt reine Intervalle durch mehrfache Teilung man dagegen mit dem Schwebungseffekt. Schwebungen ent-
der schwingenden Saite (Oktav 2 : 1, Quint 3 : 2, Quart 4: 3) stehen als Überlagerungsersche inung (Interferenzen, An-
und entwickelte daraus ein Tonsystem, das auf dem Über- und Abschwellung) von annähernd gleichen Schwingungen.
einanderschichten von Quinten basiert. Im Quintenzirkel, Deutlich hörbar im Bereich von ca. 1-8 Hz sind sie bei rei-
beispielsweise ausgehend von C 2 (16 Hz), erreichen aber nen Intervallen. Als Beispiel genannt sei das Abgleichen des
zwölf Quinten den Ton his3 (2075,94 Hz), während sieben dreisaitigen Tons im mittleren Bereich beim Klavierstimmen
Oktaven ein c4 (2048 Hz) ergeben. Es entsteht ein Verhält- (Prim) oder die Stimmung der Saiteninstrumente in Quin-
nis von ungefähr 74 : 73, das sogenannte Pythagoräische ten, wobei hier die jeweils gleichen Obertöne die Schwe-
Komma. Bei einer praktikablen Tastatur, wie sie mit dem bung verursachen.
Aufkommen virtuoser Orgelmusik im späteren Mittelalter Die Anzahl der sogenannten „Schwebestöße" als An-
notwendig wurde, müssen diese Endtöne aber enharmo- schwellungserschein ung pro Sekunde ergibt die Abwei-
nisch gleich sein. Sicherlich versuchte man der reinen Stim- chung vom Ausgangston nach oben oder unten in Hertz.
mung lange Zeit gerecht zu werden und baute sogar Orgeln Ihre Frequenz nimmt ab, je dichter die Töne aneinan-
mit mehr als zwölf Tasten pro Oktave, doch diese Instru- derrücken, und sie nimmt zu, je weiter die Töne auseinan-
mente konnten sich nicht durchsetzen. dergehen. Ab ca. 20 Hz kann das Ohr einen regelrechten
Mathematiker und praktische Musiker traten über Jahr- zusätzlichen Ton, den Kombinationston, wahrnehmen, al-
hunderte in produktiven Wettstreit um die angepaßten, „tem- lerdings nur, wenn die Ausgangstöne viel Schwingungsener-

24 DAS ÜRCHESTER 11/95


gie haben, also sehr laut sind. Der Physiker Hermann von
Helmholtz (1821-1894) hat diesen Kombinationston erst- Temperiert Pythagoräisch Werckmeister
mals genau definiert und berechnet. So sind Schwebungen a' = 440 Hz Cent
und Kombinationstöne natürliche Hilfen für mehrstimmi-
ges Musizieren. Sauveur, der bereits auf den Forschungen c 261,6256 0 0 0
von Descartes und Mersenne aufbauen konnte, entwickelte cis 277,1826 100 113,7 90,2
eine Methode, um über Schwebungen die Frequenz von
Tonhöhen exakt zu messen. d 293,6648 200 203,9 192,2

dis 311,1270 300 294,1 294,1

Die Odyssee des Kammertons e 329,6276 400 407,8 390.2

Über die Tonhöhe geben allenfalls wenige erhaltene Orgeln 339,2282 500 498,0 498,0

und Blasinstrumente aus dem späten Mittelalter (eher unge- fis 369 ,9944 600 611,7 588,3
naue) Auskunft. Der englische Akustiker Alexander J. Ellis
(1814-1890) berichtet von weit auseinanderliegenden Ton- g 391,9954 700 702,0 696,1
höhen für den Kammerton a 1 (bis zu vier Halbtönen nach as 415,3047 800 792,2 792,2
oben und unten, ausgehend vom heutigen Stimmniveau):
1361 Halberstädter Orgel 506 Hz a 440,0 900 905,9 888,2
1636 Mersennes „ton de chambre" 563 Hz
b 466,1638 1000 996,1 996.1
1700 Orgel Hospice Comtesse, Lille 374 Hz
Die Tonhöhe wurde also lokal individuell festgelegt. Beim h 493,8833 1100 1109,8 1092,1
Orgelbau spielten auch Faktoren wie Platzbedarf und Mate-
c 523,2511 1200 1200 1200
rialmengen eine Rolle. Vielfach wurde die Stimmung auch
vom Chorton beeinflußt, der im 17. Jahrhundert innerhalb
Tab. 1: Gleichschwebend temperierte Stimmung
Europas sehr unterschiedlich lag.
Jedes Instrument hatte überdies seine bevorzugten Ton-
lagen, wie Michael Praetorius im Syntagma musicum 1 zu be- temperiert pythagoräisch Werckmeister
fis as a b
richten weiß: „ Vnd ist anfangs zuwißen, daß der Ton sowol
in Orgeln als anderen lnstrumentis musicis offt sehr varijre; c 1,0 1,0
1
1,0
1
1

J
1
dann weil bey den Alten das Concertiren vnd mit allerhand
2187 256
Instrumenten zugleich in einander zu musiciren nicht ge- cis 1,0595 1,0679
2048
1,0535
243
breuchlich gewesen; sind die blasende Instrumenta von den
d 1,1225 9
lnstrumentmachern sehr vnterschiedlich eins hoch das ander 1,125 1,1174
8
niedrig intonirt vnd gemacht worden. Dann je höher ein In- 32 32
dis 1,1892 1,1852 27 1,1852 --
strumentum in suo modo et genere als Zinken Schalmeien 27

vnd Discant Geigen intonirt seyn, je frischer sie lauten vnd e 1,2599 1,2656 81
1,2528 -
resoniren: hergegen je tieffer die Posaunen Fagotten Baßa-
64 -
4 4
neldi Bombardi vnd Baßgeigen gestimbt seyn, je graviteti- 1,3348 1,3333 3 1,3333 3
scher vnd prechtiger sie einherprangen. Dahero es dann ei-
fis 729 1024
nem M usico, wenn die Orgeln Positiffe, Clavicymbel vnd 1,4142 1,4238 1,4047
512 729
andere blasene I nstrumenta nicht zugleich in einem vnd 3
g 1,4983 1,5 1,4949
rechten Ton stehen, viel mühe machet." (Zunächst muß man 2
wissen, daß der Ton sowohl bei den Orgeln als auch bei an- as 1,5874 1,5802
128
1,5802
128
deren Instrumenten oft sehr variiert, weil früher das Kon- 81 81
27
zertieren mit verschiedenen Instrumenten, die alle zugleich a 1,6818 1,6875 16 1,6704
spielen, nicht gebräuchlich gewesen ist. Außerdem sind die
b 1.7818 1.7778 16 16
Blasinstrumente von den Instrumentenmachern sehr unter- 9 1,7778
9
schiedlich - das eine hoch, das andere niedrig - eingestimmt 243
h 1,8877 1,8984 1,8792
und hergestellt worden. Denn je höher die Instrumente, 128

z.B. Zinken, Schalmeien und Discant Geigen, intonieren, c 2,0 2 2


2,0 2,0
desto frischer klingen sie. Je tiefer hingegen die Posaunen, 1 1
Fagotte und Baßgeigen gestimmt sind, um so gravitätischer (Klammern: reine Quinten)
und prächtiger prangen sie. Jedenfalls bereitet es einem Mu- Tab. 2: lntervallverhältnisse verschiedener Tonsysteme,
siker große Mühe, wenn die Orgel-Positive, die Clavicym- bezogen auf den Ausgangston c (nach: Rene Brüderlin:
bel und andere Instrumente, insbesondere Blasinstrumente, 11 Akustik für Musiker", Regensburg 1978)

nicht einheitlich eingestimmt sind.)

DAS ÜRCHESTER 11/95 25


Mit der Stimmung ging es also damals vor knapp 400 Jahren Stockholm mit der Einhaltung dieses Stimmtons. Heute ar-
ziemlich durcheinander. Die Streichinstrumente konnten beitet man im wesentlichen im Orchester mit Stimmtönen
sich unterschiedlichen Stimmungen noch am leichtesten an- zwischen 440 und 443 Hz, allein die Alte Musik verwendet
passen. Die Notwendigkeit aber, das Tonniveau anzuglei- die „historische Stimmung" mit ca. 420 Hz (Tab. 3).
chen, war unumgänglich. Ist das Ringen um das „richtige" a vorüber? Im großen
Ab dem 17. Jahrhundert mußte die Orgel ihre führende und ganzen ja. Weiter allerdings gehen die „Grabenkämpfe"
Rolle als mechanisches Instrument mehr und mehr über das beim Musizieren. Hier tendieren bekanntlich die Blasinstru-
Cembalo und das Clavichord an das Klavier abgeben. Die mente im Verlauf eines Konzertes nach oben, allein schon
Bedeutung der Streich- und Blasinstrumente nahm rasant durch die Erwärmung des Instruments durch die Atemluft,
zu, instrumentale Ensembles formierten sich in immer während die Streichinstrumente mit der Dehnung der Saiten
größerer Besetzung - das Einstimmen vor Probe und Kon- durch die Schwingung sowie durch Wärme und Grifftech-
zert, sofern kein Tasteninstrument besetzt war, übernahm nik (gleitende Lagenwechsel) nach unten ziehen. Ein dauern-
im Orchester fortan die Oboe. des Korrigieren ist bei diesen Instrumenten notwendig und
Über hundert Jahre, zwischen 1730 und 1830, lag der stellt höchste Anforderungen an Konzentration zusätzlich
Stimmton relativ konstant zwischen 415 Hz (Bach) und 425 zur Aufmerksamkeit auf den Notentext und die Gestaltung.
Hz (Dresden, Hofkapelle), möglicherweise auch durch den
zunehmenden Gebrauch der 1711 erfundenen Stimmgabel.
Danach setzte ein Steigen des Stimmtons bis über 450 Hz
Die Stimmgabel
ein, wohl durch das Streben nach mehr Brillanz des Orche- Sie ist, so wird allgemein berichtet, im Jahre 1711 durch den
sterklanges. Doch 1859 griff die französische Regierung ein, englischen Trompeter und Lautenisten John Shore (gest.
besorgt um den allzu frühen Verschleiß von Sängern, und 1752), einem Mitglied der königlichen Hofkapelle in Lon-
die Academie des Sciences (unter Beteiligung von Physikern don, erfunden worden. „ 1 never go anywhere without my
sowie Komponisten wie Auber, Berlioz, Meyerbeer und Ros- pitch fork ", soll er gesagt haben. Er überreichte Händel eine
sini) setzte den Stimmton für Frankreich auf 435 Hz herab. heute noch existierende Stimmgabel mit dem Ton c2 = 512
Dieser Beschluß hatte zunächst internationalen Einfluß, doch Hz (der dem Kammerton a 1 = 422,5 Hz entspricht).
nicht lange: der Drang nach oben war stärker. 1874 wurden Seit Jahrhunderten dient die Stimmgabel nun genau und
in London 455 Hz angegeben, in New York stimmte Stein- anspruchslos als Kontrollinstrument. Die schwingenden Ga-
way mit 457 Hz. Wieder war eine Korrektur fällig, und die belenden erzeugen eine reine harmonische Schwingung nach
Wiener Stimmtonkonferenz versuchte 1885, 435 Hz (Stimm- Art des Pendels (Sinusschwingung). Bei weichem Anschlag
gabel bei 15° C Raumtemperatur), diesmal international, fest- klingt mehr der Grundton. Je härter und kräftiger sie in
zulegen. Doch man wollte sich nicht so recht daran halten Richtung zu den Gabelenden angeschlagen wird, desto mehr
und der Stimmton stieg erneut, in extremen Fällen bis 450 Hz. Partialtöne werden hörbar. Ferner ist sie feinstimmbar durch
1939 einigte man sich in London in der Konferenz der Verkürzung der Gabellänge (= Erhöhung) oder Abnahme
International Federation of the National Standardizing As- von Material an den Biegungen (= Absenkung) und in Gren-
sociations (ISA) auf 440 Hz bei 20° C. Noch 1953 befaßte zen variabel in der Tonhöhe durch Ansetzen von bewegli-
sich der deutsche Fachnormenausschuß Akustik und 1955 chen Gewichten an den Gabeln (variable Fixpunkte und da-
die International Organization of Standardization (ISO) in mit Veränderung der schwingenden Gabellänge). Mittels
Schwingungsübertragung kann man so die Zo-
Hertz Tab. 3: Die Odyssee nen der Partialtöne an Glocken herausfinden.
500
+Kirchensti111Jnung in des Kammertons a 1 ... Ihre Anwendungsmöglichkeit ist immer weiter
: Norddeutschland 560 Hz!
nordd. Chortnn entwickelt worden. Ernst Chladni untersuchte
490 c==::> 1802 als erster ihre Schwingungsformen, der
480
Hobbyakustiker Johann Heinrich Scheibler
470 südd. Chorton konstruierte einen Tonmesser mit 56 Stimmga-
c==::> beln und schlug 1834 bereits 440 Schwingungen
460
London
Berlin X X
Mailanil X pro Sekunde als Normalton vor. Lissajous
450 Paris X
Turin X
London (Konferenz) z. ZI.
(1822-1880) und König (1832-1901) entwickel-
440 --------------------- ----------- Wien (Konferenz)
....440-443 Hz ten weitere Stimmgabelmodelle zur genauen
X Paris (Konfertlll.)
430 X
Tonhöhenmessung. Im physikaFschen Bereich

-
Praerorius •„ rechle Chormq/J" JitJnde1
X Paris
420 X X X X bedient man sich gerne der Sinusschwingungen
Mozart Dresden
c==::> X
Bach
„AUe Musik" um 420 Hz
für die verschiedensten Experimente (Schwe-
410 spOJL Chorton
X
bungen, Doppler-Effekt). Selbst in der Medizin
400 Rom
franz. Chorton hat die Stimmgabel Anwendung gefunden als
c==::>
390 einfaches Instrument zur Prüfung der Gehörlei-
stung und sogar zur Feststellung einer sensori-
1650 1700 1750 1800 1850 1900 1950 2000 Jahr schen Neuropathie zur Früherkennung von
Diabetes (nach der Methode Rydel-Seiffer).

26 DAS ÜRCHESTER 11 /95


Das elektronische Stimmgerät MUSIKFORUM
MUSIK.FORUM ...
Die Entwicklung der Elektrotechnik machte es zu Beginn .. .informiert über die Arbeit des Deutschen Musikrates, der
unseres Jahrhunderts möglich, den Kammerton elektrisch sämtliche Bereiche des
herzustellen. Man bediente sich zunächst wieder der Stimm- Musiklebens in der Bun- MUSIKFORUM
gabel, nahm die Schwingungen der Enden über elektroma- desrepublik gegenüber der
gnetische Spulen ab und gab die Frequenz über Lautspre- Öffentlichkeit und staat-
cher wieder. Der nächste Schritt führte über Kondensator- liehen und nichtstaatlichen
Spulen-Anordnungen zum Elektronenröhren-Generator, Einrichtungen im In- und
der ebenfalls reine Sinusschwingungen erzeugen kann. Die Ausland vertritt, sowie sei-
ner Mitgliedsorganisatio-
neueste Technik, ein möglichst natürliches Tonspektrum
nen und der 16 Landes-
künstlich zu erzeugen, führt z.B. bei elektrischen Klavieren
musikräte.
über die rechnergesteuerte Abnahme und Speicherung der HANS M.<UFR: H.\T Off Kt!L11)}t (jr.-<1.IG M A<.HT?
PETrR G 1.0T7.: DER W.'\~DllJ . nrR KoMMt: NJK ATlOf'o~KULTLR

-natürlichen Klaviertöne mit ihren spezifischen Klangspek- ... stellt die Entwicklungen WoI.fGANh Rosc HEF.: MvsrK - L'NSERE CttANc~'!
Vo tKMAR K RA "MARZ : RocK MtJSIK t.iND FöRnrRl~G

tren und deren Abruf. Eine Zukunftstechnik, die auch eine und Strukturen des Musik- \1 1cHAI<l. JE"il\F t >en :R L nliZENKI R.cH!'-ER:
Wno;t:"'\GSANALYsr Jtorso ~!v.s1 z1FRT

quasi „genmanipulierte" Idealisierung des Tonspektrums lebens dar, vorrangig unter ~~:~~~~:~~~~K ~1~BINJ)~;r ÜBIB GRJ:~U~ 82
l I Af K t:tlUR I~f"E Z VK\l:\Fl '? JtfNJ t.995

möglich macht. kultur- und musikpoliti- .i~rnun

Für Stimmgeräte sind solche Verfahren aber viel zu auf- schen Aspekten.
wendig. Hier werden aus Kostengründen einfachere Tonge- .. .dokumentiert kulturpolitische Texte (z.B. Aussagen von Po-
neratoren - sogenannte Quarz-Oszillatoren - verwendet, litikern, Bundestagsdebatten, Gesetzestexte, internationale
die statt Sinusschwingungen nur Rechteckschwingungen er- Vereinbarungen).
zeugen. Daher auch der unangenehme „technische" Ton, der ... berichtet über musikpolitische Symposien, Kongresse und
für viele auch einen Frequenzvergleich so schwierig macht bedeutende Musikveranstaltungen auf gesamtdeutscher
(siehe Abb. 1). Doch die Elektronik hat natürlich auch Vor- Ebene.
teile: Stimmgeräte können einen enormen Tonumfang (A 2 „ .erscheint 2x jährlich (Juni/Dezember) . Der Preis je Heft

27,5 Hz - gisS 6644,9 Hz bei Kammerton al = 440 Hz) mes- beträgt DM 11,50.
sen. In den Randbereichen wird die Messung allerdings
schwierig und ungenau. Der Wiedergabebereich guter Gerä- Fordern Sie Ihr kostenloses Probexem lar an!
te reicht von ca. 70 - 1000 Hz.
. .. ... . . • . • . .. „ „ • . „„ . ... :~.
Stimmgeräte können also Töne „wahrnehmen", ihre
Grundschwingung analysieren, sie mit gespeicherten Fre- Anforderungs-/Bestellcoupon
quenzen vergleichen und die Abweichung anzeigen. Diese 0 Senden Sie mir bitte 1 kostenloses Probeheft
Anzeige geschieht mittels Zeiger oder LED-Lämpchen auf
0 Ich/wir bestelle(n) zur Fortsetzung ab Heft ... Ue DM 11,50)*
einer Skala, die in Hertz (Hz, Schwingungen pro Sekunde)
*Der Preis enthält die gesetzliche MWST - jeweils zzgl. Versandspesen
und in Cent eingeteilt ist. Hierbei handelt es sich um eine lo-
garithmische Einteilung des Halbtonschritts in 100 Einhei- Vertraue.n sgarantie
ten - die Oktave erhält somit 12 x 100 = 1200 Cent. Diese Diesen Fortsetzungsauftrag können Sie binnen einer Frist von 1 Woche schriftlich
widerrufen. Zur Wahrnehmung dieser Frist genügt die rechtzeitige Absendung an den
Berechnungseinheit stammt von dem schon erwähnten Aku- Verlag Schott Musik International · Zeitschriftenvertrieb · Postfach 3640 · 55026
stiker Alexander J. Ellis. Mainz.
Nach Beginn der Fortsetzungslieferung beträgt die Kündigungsfrist 6 Wochen zum
Erscheinen des nächsten Heftes.
Abb . 1

1. Unterschrift Datum
0 Lieferung und Rechnung über Buch-/Musikalienhandlung:
Si nusschwi ngu ng

0 Lieferung und Rechnung direkt an Bestellanschrift

/~ Name, Vorname

Straße

Rechteckschwingung
PLZ, Ort
1

2. Unterschrift

D AS Ü RCHESTER 11/95
Beim Spitzenmodell (TLA CTS5) erfolgt die Anzeige stro- ger-Stimmungen - ein Komfort, den praktisch nur Orgel-
boskopisch und mit Ziffern auf einem numerischen Display. und Klavierbauer nutzen können oder geschickte Musiker,
Bessere Geräte haben auch verschiedene Stimmtemperatu- die sich daran wagen, ihr Klavier selbst zu stimmen.
ren und „Streckungen" oder „Spreizungen" gespeichert und Wer hohe Ansprüche stellt, sollte auch nicht zu knapp
sind für weitere Einstellungen programmierbar. rechnen, denn nur Meßgeräte der obersten Preiskategorie
In der Handhabung sind die Geräte unterschiedlich. Un- haben entsprechende Filter, um störende Frequenzen zu eli-
praktisch ist die bei manchen einfachen Geräten notwendige minieren. Einfachere Exemplare nehmen auch gerne Partial-
erneute Kalibrierung (Einstellung der Kammertonfrequenz ) töne mit auf, reagieren gar auf Sprache und die Anzeige ist
nach jedem Einschalten, wenn sie von 440 Hz abweicht. dementsprechend verschleiert bis unbrauchbar. Sie arbeiten
Weitere Kriterien, die die Leistungsfähigkeit von Stimm- auch nur einigermaßen genau im Bereich C-c3. In Randbe-
geräten (oder sollte man sie nicht besser „Tonmeßgeräte" reichen müssen die Töne sehr laut und klar sein, um ein
nennen?) und damit auch das Preisniveau kennzeichnen, Meßergebnis zu erreichen. Einfache Kontaktmikrofone
sind: können hierbei helfen, nur die Grundschwingung aufzuneh-
• die Genauigkeit und die Bandbreite, mit der der Kammer- men. Man sollte sich nicht zu sehr auf die optische Anzeige
ton a 1 eingestellt werden kann (mindestens 420-450 Hz in verlassen. Ein gutes und geschultes Gehör ist im Bereich von
Zehntelschritten), geringen Schwebungen einem Zeiger- oder LED-Stimm-
• die Genauigkeit und Ablesbarkeit der Hertz- und Cent- gerät an Genauigkeit tatsächlich überlegen.
Skalen, Manche Pädagogen verwenden im Unterricht Stimm-
• die Einstellung des Stimmtons von Hand oder automa- geräte zur Hörerziehung und argumentieren mit der angeb-
tisch, lich schnelleren und genaueren Schulung des Gehörs bei
• die Tonwiedergabe auch über eingebauten Lautsprecher, Anfängern. Ich halte diese optische Kontrolle bestenfalls für
• die Einstellungsmöglich keit von mehreren Stimmtempera- einen zusätzlichen Schritt, der doch bald wieder auf die aku-
turen, stische Methode (Schwebungen) zurückgeführt werden
• die Aufnahmeempfindli chkeit von Frequenzen außerhalb muß. Bei Orchestermusikern werden Stimmgeräte vorwie-
der gewünschten Grundschwingung, gend von Bläsern und Harfenisten verwendet, von Strei-
• der Batterieverbrauch. chern kaum. Sie sind es gewohnt, mittels Schwebungen zu
Mittlerweile existiert eine Fülle von Modellen vorwie- intonieren und kommen auch deshalb meist mit einer
gend japanischer und deutscher Hersteller in unterschied- Stimmgabel als Einstimmhilfe aus. Bläser kontrollieren von
lichsten Preisklassen. Einfache Geräte für die Gitarre mit Zeit zu Zeit die Stimmung ihres Instruments mit Stimmgerä-
den vorprogrammierten Frequenzen der sechs Gitarrensai- ten. Harfenisten schätzen die optische Anzeige, weil sie oft
ten, schon ab 49 Mark (C-tech) zu haben, bilden das Gegen- nicht die notwendige Ruhe zum Einstimmen ihres Instru-
stück zu aufwendigen Stimmcomputern mit PC-Anschluß- ments vorfinden.
möglichkeit zur Speicherung von Stimmdaten für ca. 1 900 Den größten Nutzen von guten Meßgeräten haben Her-
Mark (TLA Tuning Set CTS-5-PE). Geräte der mittleren steller und Stimmer von Tasteninstrumenten, für Streich-
Preisstufe um ca. 650 Mark (Korg MT-1200) besitzen neben und Blasinstrumentaliste n stellen sie eher einen Luxus dar.
der temperierten Stimmung noch mehrere weitere wie reine, Für letztere kann Stimmung nicht starr sein. Bei Solo-,
mitteltönige, pythagoräische, Werckmeister- und Kimber- Kammermusik- und Orchesterspiel ist intonatorische Flexi-
bilität notwendig, stellt sogar ein nicht zu unterschätzendes
Ausdrucksmittel dar. Trotz aller modernen Technik wird
also das Ringen um perfekte Intonation auch in Zukunft ei-
nen großen Teil der künstlerischen Arbeit ausmachen. So
wird für Musiker weiterhin gelten, was George Martin als
Buchtitel formulierte: All you need is ears („Das einzige, was
Df.f ·
du brauchst, sind Ohren").

Anmerkung
1 Vol. II/14, Wolfenbüttel 1618

Literatur
• J. Murray Barbour: Tuning and Temperament. A Historical Survey, New York
.......
~-- .
__ .
_...._;: l : . ~
1972; mit historischen Stimmtabellen
• Rene Brüderlin: Akustik für Musiker, Regensburg 1978; umfassende, leicht ver-
- - - - --- ständliche Übersicht
• Alexander J. Ellis: The History of Musical Pitch, 1880, Nachdruck bei Knuf,
~~. „..-~;_ '. -----.. „ Amsterdam 1963
• Owen H. Jorgensen: Tuning, East Lansing 1991; ausführliches Werk für Stimm-
·--- - - - - ~ temperaturen
_ _ _ µ.., • George Martin u. Jeremy Hornsby: All you need is ears, New York 1979
• Johan de Vries: „Anwendertest elektronischer Stimmgeräte", deutsche Überset-
Stimmgeräte: links übereinander zwei Geräte mit LED-Skalen, zung eines Artikels in der holländischen Zeitschrift De Bowbrief, Heft 7/93, er-
in der Mitte und rechts Geräte mit Zeigerskalen schienen in Die Hausorgel, Heft 5/94

28 DAS ORCHESTER 11/95


Inhalt
ORCHESTER
Zeitschrift für O rchesterkultur und Rundfunk-Chorwesen

43. Jahrgang - Heft 11 - 1995


Friedbert Streller: Zwischen Provokation
und Weltversöhnung
Das Orchester
Organ der Deutschen Paul Hindemith zum Hundertsten 2
Orchestervereinigung
Zeitschrift für Orchesterkultur
und Rundfunk-Chorwesen Ingeborg Allihn: Berliner Musikleben der Nachkriegszeit
Kleiner Abriß der Berliner Musikgeschichte, 2. Teil . 9
Gegründet von Hermann Voss (t)

Verantwortlich:
Prof. Dr. Rolf Dünnwald, Leitender Redakteur
Wilhelm Baethge: Mit Rindern, Schafen
Dr. Günther Engelmann, Kulturelles und Spatzenschwärmen
Postfach 13 02 63, D-20102 Hamburg
Tel. (040) 4 10 60 61 Die Londoner Uraufführung der Oper „Rinaldo" von Händel . 17
Verlagsredaktion:
Andrea Raab (M. A.), Weihergarten 5, Klaus Winkler: Stimmung und Stimmgeräte .... 24
D-55116 Mainz, Tel. (0 61 31) 24 68 53
Fax (0 61 31) 24 62 12
Klaus Schneider: Darstellende Instrumentalmusik
Redaktionsassistenz:
Rüdiger Behschnitt, Tel. (0 6131)24 68 55
Hilfen für die themenbezogene Programmgestaltung (8)
1995 - Gedenkjahr für Henry Purcell und Paul Hindemith . . . . . . . . . . . 29
Besprechungsstücke an:
Ortrud Woschnitza, Tel. (0 6131)24 68 51

Verlag: Schott Musik International, Postfach 3640,


D-55026 Mainz, Tel. (0 6131)24 60

Erscheinungsweise: 11 x jährlich Spiegel des Musiklebens


Unverbindliche Preisempfehlung:
jährlich DM 102,- / Einzelheft: DM 12,- Dieter Härtwig: 125 Jahre Dresdner Philharmonie . . . . . . . . . . . . . . . . 32
zuzüglich Versandspesen
Andreas Hauff: „Johanna auf dem Scheiterhaufen"
Bezug: durch jede Musikalien- oder Buchhandlung bei den Erfurter Domfestspielen. . . . . . . . . . . 35
oder direkt von Schott Musik International,
Vertrieb: Carl-Zeiss-Straße 1, D-55129 Mainz, Carsten Dürer: Salieris „Falstaff" in Köln. . . . . . 36
Tel. (0 6131)50 51 29 Lutz Lesle: Die 50. Sommerlichen Musiktage Hitzacker 37
Anzeigenannahme: Florian Gränzdörffer, Lutz Lesle: Rossinis „La Gazzetta" beim Rossini-Festival Rügen 38
Adresse s. Verlagsredaktion, Tel. (0 6131)24 68 52 Gerhard Kramer: Bregenzer Festspiele 1995 . . . . . . 39
Telefax (0 6131)24 62 12
Christina Hein: Das Kasseler Archiv Frau und Musik. . . . . . . 42
Anzeigen laut Preisliste Nr. 20 vom 1. Januar 1995:
1/1s-Seite =DM 194,-, 1/ 1-Seite =DM 2 755,-
Private Kleinanzeigen - Sonderpreis DM 104,-
In diesen Preisen ist die Mehrwertsteuer nicht
enthalten. Beilagen möglich. Zahlungen auf Musikinstrumente 43
Postscheckkonto Frankfurt/ Main 55 25-608, auf
Konto Nr. 216259 bei der Deutschen Bank Mainz Pressestimmen. 45
oder auf Konto Nr. 21 550 bei der Sparkasse Mainz.
Bücher. 57
Manuskripte werden nur zurückgesandt, wenn
Rückporto beiliegt. Abdruck der Beiträge nur mit
Noten. 63
Genehmigung des Verlages.
CDs .. 65
Layout: Andrea Raab
Gesamtherstellung: Wiesbadener Graphische
Notizen. 72
Betriebe GmbH, Wiesbaden

Printed in Germany - ISSN 0030-4468


© 1995 Schott Musik International, Mainz Beilagen: Dieses Heft enthält einen Einhefter der Mannheimer Versicherungen (Teilauflage).

Die in den namentlich gezeichneten Beiträgen


vertretenen Meinungen decken sich nicht Titelbild: Opernvorstellung im Teatro Regio in Turin, Ölgemälde von Pietro Domenico Oli-
notwendigerweise mit der Auffassung des vero, 1740, Museo civico Turin; kleines Bild: Georg Friedrich Händel, Pastell von Luzie Schnei-
Herausgebers und der Schriftleitung. der nach einer Miniatur von Christoph Platzer, um 1710

DAS ÜRCHESTER 11/95

Das könnte Ihnen auch gefallen