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Theorbe, Joachirn Tielke, Hamburg, r7r3, Kat.-Nr.5259 O MlM, Foto: Anne l(atrin Breitenborrr
E
Musikinstrumenten-Museum
Staatliches lnstitut für
Musi kforschung
Frühe Lauteninstrumente Erste Lautentabulaturen - so nennt man die spezielle
Früheste schriftliche Belege für die Existenz von Notenschrift für Lauten -
sowie Unterrichtsbücher
Lauteninstrumenten gehen zurück auf Mesopotamien wurden ab Beginn des r6.fahrhunderts gedruckt. Aus
um die Wende zum 3.|ahrtausend vor Christus. Man ihnen kann man Informationen zur Stimmung der
nimmt an, dass diese, wie auch ägyptische Vorläufer- Laute entnehmen. Sie war in der Regel sechschörig,
varianten, gezupfte Saiteninstrumente mit Resonanz- also mit zwei Saiten je Ton, bezogen und in den Inter-
körper und Decke waren, also einer neuzeitlichen Laute vallen Quart - Quart- große Terz - Quart- Quart ge-
relativ ähnlich. Schließlich stößt man in griechischen stimmt (zumeist G-c-f-a-d'-g' oder A-d-g-h-e'-a.).
Quellen auf den Begriff )pandoura(, der zwar ein Der erste Chor, also der höchste Ton, bestand fast aus-
dreisaitiges Instrument bezeichnet, aber sich etymo- schließlich aus einer einzelnen Diskantsaite, die Chöre
logisch noch bis heute zur Bezeichnung lautenartiger z und 3 waren stets unisono gestimmt, die Chöre 4
Instrumente gehalten hat. Der ebenfalls griechische bis 6 dagegen meist in Oktaven, später war nur noch
Begriff )Kithara(, von dem sich, neben der Bezeichnung der sechste Chor in Oktaven gestimmt. Neben diesen
>Quinterne< unser heutiges >Gitarre< zusammenfügt, Regeln gab es natürlich Ausnahmen zur Stimmung,
war dagegen ein Überbegriff für verschiedene Zupf- wovon der sogenannte Abzug die häufigste war: hierbei
instrumente. wird der sechste Chor um einen Ganzton nach unten,
Ikonographische Quellen geben besonders über den zuF bzw. G umgestimmt.
Kontext Aufschluss, in dem Lauteninstrumente ver-
wendet wurden. In der Antike handelte es sich dabei Die Laute wurde bald in unterschiedlichen Größen
überwiegend um religiös-kultische Handlungen, aber gebaut, ein rStandardmodell< gab es höchstens auf
auch bei Siegesfeiern nach gewonnenen Schlachten regionaler Ebene. So gibt Michael Praetorius in sei-
und in Gastmahlszenen sind Abbildungen der Instru- nem Syntagma Musicum (1619) bereits Hinweise
mente zu finden. auf Lauten mit bis zu elf Saitenpaaren an, wobei der
Die Geschichte der neuzeitlichen europäischen Laute siebte Chor zumeist wie der Abzug einen Ganzton un-
begann ab 7t-t, nachdem Araber und Berber die Herr- ter dem sechsten lag und die übrigen Chöre je einen
schaft über die iberische Halbinsel errungen hatten. Sie Ganzton unter dem vorhergehenden. Sie wurden auch
brachten die arabische Laute (>al-ud< genannt) mit nach nicht mehr abgegriffen, also über Bünde auf einem
Andalusien. Mittelalterliche Bildquellen, allen voran Griffbrett verkürzt, sondern lediglich als sogenannte
die Cantigas de Santa Maria, die Alfons X. jzzvtzS4l ,leere< Saiten gezupft. Es folgten weitere Zufügungen
anfertigen ließ, zeigen bereits den uns bekannten Lau- von tiefen Saiten, ohne dass jedoch eine standardisierte
ten sehr ähnliche Instrumente mit Bünden, abgeknick- Saiten- bzw. Chorzahl auszumachen ist. Um die Wende
tem Wirbelkasten, einem auf der Decke befestigten zum r7.fahrhundert kam eine neue Stimmung auf, die
Saitenhalter sowie einer Rosette als Verzierung der prinzipiell einem d-Moll-Akkord mit zugefügten Bass-
Schalldecke und die Verwendung eines Plektron bzw. tönen entspricht.
einer Feder zum Anzupfen der Saiten.
öffentlichte 17z7 ein >Lauten-Memorial( - letzte Drucke (i Mi/Vi, lroto: Jür13c:rr l.icpr:
.,1
Laute, Joachim Tielke, Hamburg,ß79,Yorder- und Rückansicht, LG 11 @ MlM, Fotos: Heidi von Rüden
für Lautenmusik erschienen noch ry6o lr'it fohann nung. Tatsächlich wurden lautenförmige Instrumente
Christian Beyers )Herrn Professor Gellerts Oden, Lieder gebaut, oder alte Renaissance- oder Barocklauten zu Gi-
und Fabeln, nebst verschiedenen Französischen und tarren umgebaut, die allerdings mit sechs Einzelsaiten
Italiänischen Liedern, für die Laute übersetzt< beim bezogen waren und wie eine Gitarre gespielt wurden.
Verlag foh. G. I. Breitkopf, aber das war eine Ausnahme. Erst im zo. fahrhundert begann die Renaissance der
Zum Niedergang des Interesses an der Laute ist ein Laute, wie sie bis zum 18.fahrhundert gespielt wurde.
fundamentaler Wandel in der Musikgeschichte sicher- Moderne Virtuosen auf diesem Instrument tragen zu
lich als wesentlicher Faktor zu zählen: die Verlagerung einer neuen Popularisierung des Instruments bei, das
der Musikkultur vom Fürsten- und Königshof weg zum bei der historisch adäquaten Wiedergabe von Barock-
entstehenden und stetig wachsenden Bürgertum hin, musik heute unverzichtbar ist.
das heißt öffentliche Konzerte in großen Sälen. Für
die neuen großen Säle, in denen auch Kammermusik Musikinstrumenten-Museum SIM PK
aufgeführt wurde, war die Laute schlicht zu leise. Im Führungsblatt Nr. lo, t. Auflage 2or9
Text: Benedikt Brilmayer
r9. fahrhundert findet sie besonders in der Literatur der
@ 2o1g Staatliches lnstitut für Musikforschung
Romantik, vor allem als Symbol für die Besinnung auf Preußischer Kulturbesitz Berlin
eine verklärte Vergangenheit bzw. Musikpraxis, Erwäh-