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Qualitätsmanagement in der Automobilindustrie

EOS in der Automobilindustrie


Behandlung von Halbleiterbauelementen die
Zeichen von elektrischer Überlastung zeigen

Inhalte, Dokumentation und Erläuterungen

1. Entwurf, Ausgabe März 2019


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EOS in der Automobilindustrie
Behandlung von Halbleiterbauelementen die
Zeichen von elektrischer Überlastung zeigen

Inhalte, Dokumentationen und Erläuterungen

1. Entwurf, Ausgabe März 2019


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Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA)
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ISSN 0943-9412
VÖ: Onlinedokument März 2019

Copyright 2019 by

Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA)


Qualitäts Management Center (QMC)
Behrenstraße 35, 10117 Berlin

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Henrich Druck + Medien GmbH
Schwanheimer Straße 110, 60528 Frankfurt am Main

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Unverbindliche Empfehlung des VDA
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) empfiehlt seinen Mitglie-
dern, die nachstehende Richtlinie bei der Einführung und Aufrechter-
haltung von QM-Systemen anzuwenden.

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Haftungsausschluss
Dieser VDA-Band ist eine Empfehlung, die jedermann frei zur An-
wendung steht. Wer sie anwendet, hat im konkreten Fall für die rich-
tige Anwendung Sorge zu tragen.

Dieser VDA-Band berücksichtigt den zum Zeitpunkt der jeweiligen


Ausgabe herrschenden Stand der Technik. Durch das Anwenden der
VDA Empfehlungen entzieht sich niemand der Verantwortung für
sein eigenes Handeln. Jeder handelt selbstverantwortlich.
Eine Haftung des VDA und derjenigen, die an der Erstellung der
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Jeder wird, wenn er bei der Anwendung der VDA-Empfehlung auf


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stößt gebeten, dies dem VDA umgehend mitzuteilen, damit etwaige
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Urheberrechtsschutz
Diese Schrift ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außer-
halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustim-
mung des VDA unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Ver-
vielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei-
cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Übersetzungen
Diese Schrift wird auch in anderen Sprachen erscheinen. Der jeweils
aktuelle Stand ist bei VDA QMC zu erfragen.

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Vorwort
Der Anteil von elektronischen Bauelementen in Fahrzeugen steigt konti-
nuierlich an und wird auch in Zukunft weiter zunehmen.

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Trotz hoher Qualitätsstandards in der Lieferkette, kommt es in der Pro-
duktion und auch in der Nutzungsphase durch den Kunden zu Ausfällen
von elektrischen/elektronischen Bauelementen.

Weiterhin erfahren die Bauelemente immer höhere Integrations- und


Leistungsdichten, die den Abstand zu physikalischen und elektrischen
Grenzen reduzieren. Somit wird die Robustheit des Bauelements beein-
flusst.

Eine Sonderrolle spielen Ausfälle, die Zeichen elektrischer Überlastung


zeigen. Um für diese Ausfälle gezielt Ort und Ursache ermitteln zu kön-
nen, begann im Jahr 2016 eine Arbeitsgruppe bestehend aus Halblei-
terherstellern, Baugruppenlieferanten und Automobilherstellern unter
der Schirmherrschaft von USCAR (United States Council for Automo-
tive Research) mit der Erarbeitung eines Dokuments**. Dieses Doku-
ment beschreibt den Informationsfluss bei Ausfällen, die Zeichen
elektrischer Überlastung zeigen.

Im vorliegenden VDA Band wird zusätzlich zu USCAR eine Handlungs-


anweisung gegeben wie Ausfälle, die Zeichen von elektrischer Überlas-
tung zeigen, innerhalb der Lieferkette zu behandeln sind. Insbesondere
soll eine übergreifende Vorgehensweise für derartige Ausfälle zur Ver-
fügung gestellt werden. Zur Lokalisierung der Ursache wird es eine Hil-
festellung in Form von Beispielen geben.

**ANSI/ESD SP27.1-2018 Standard Practice for the


Recommended Information Flow Regarding Potential EOS Issues
between Automotive OEM, Tier 1, and Semiconductor Manufacturers”

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Inhaltsverzeichnis

1 Einführung ..................................................................... 9
1.1 Ausgangssituation ..................................................................... 9

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1.2 Electrically Induced Physical Damage - EIPD......................... 10
1.3 Anwendungsbereich ................................................................ 11
1.4 Ziele ......................................................................................... 13
1.5 Begriffe und Definitionen ......................................................... 14

2 Prinzipieller Ablauf ...................................................... 18


2.1 Ablauf einer EIPD/EOS Beanstandung ................................... 18
2.2 Definition Level 1 und Level 2 ................................................. 21

3 Schritte beim Halbleiterhersteller (Semi) ..................... 23


3.1 Initiale Analyse ........................................................................ 23
3.2 Statistische Analyse ................................................................ 23
3.3 Bewertung ............................................................................... 24
3.4 Level 2 Anforderung ................................................................ 25

4 Schritte beim Tier 1 ..................................................... 26


4.1 Statistische Analyse ................................................................ 26
4.2 Bewertung ............................................................................... 27
4.3 Level 2 Anforderung ................................................................ 28

5 Schritte beim OEM ...................................................... 29


5.1 Statistische Analyse ................................................................ 29
5.2 Bewertung ............................................................................... 30
5.3 Level 2 Anforderung ................................................................ 30

7
6 Ursachen des Erscheinungsbildes „EIPD“ .................. 31
6.1 Motivation ................................................................................ 31
6.2 Prinzipielle Szenarien die zu “EIPD” führen ............................ 31

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7 Fehlereinbringung / Fehlerursache im Lebenszyklus
des Bauelements ........................................................ 41

8 Anlagen ....................................................................... 57
8.1 Anhang 1: Level 2 Informationen ............................................ 57
8.2 Anhang 2: Weiterführende Erkenntnisse und Fallbeispiele .... 61
8.3 Anhang 3 Beispiel einer statistischen Analyse ....................... 66

9 Quellenverzeichnis ...................................................... 67

8
1 Einführung

1.1 Ausgangssituation
EOS-artige Ausfälle (EOS = Electrical Overstress) von elektronischen

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Bauelementen sind im Bereich Elektrik/Elektronik (E/E) der Automobil-
industrie eines der Hauptprobleme. Für die Bezeichnung der dabei ent-
stehenden physikalischen Schäden (Erscheinungsbild) wird im Folgen-
den der neue Begriff EIPD (EIPD = Electrically Induced Physical Dama-
ge) verwendet (mehr zu EIPD im Kapitel 1.2).

Eine Reduzierung von Ausfällen mit dem Erscheinungsbild EIPD wird


aufgrund der folgenden Punkte erschwert:
 Stetig steigender Anteil von E/E Umfängen
 Erhöhung der Betriebsspannungen im Energiebordnetz (z.B.
48V, Hochvolt)
 Steigende Funktionsintegration auf Baugruppen- und Bauele-
mentebene
 Weiterentwicklung der Prozess- und Gehäusetechnologien, um
den steigenden Anforderungen hinsichtlich Performance und
Kosten gerecht zu werden.

Die Bearbeitungszeit von Ausfällen mit dem Erscheinungsbild EIPD


(EIPD Fälle) ist i.d.R. wesentlich länger als bei anderen Erscheinungs-
bildern und führt selten zur Beseitigung der Ursache. Oft genannte
Gründe sind hierfür:
 Mangelnde Kooperation zwischen den Beteiligten in der Liefer-
kette und fehlender Informationsaustausch
 Fehlende Regeln für die Klassifizierung der Ausfälle, die An-
haltspunkte für die erforderliche Bearbeitungstiefe liefern
 Fehlende Richtlinien wie vorzugehen ist, wenn der Ort der
Ursache in der Lieferkette nicht identifiziert werden kann.

9
1.2 Electrically Induced Physical Damage - EIPD
EOS ist eine Ursache und zur Beschreibung eines physikalischen
Schadens nicht geeignet. Daher wurde 2016 der neue Begriff EIPD
eingeführt und im White Paper 4 – Understanding Electrical Over-

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stress – EOS” beschrieben [1].

Dort wird EIPD als Beschädigung eines Halbleiterbauelementes durch


elektrischen/thermischen Stress, den das Material nicht aushält, de-
finiert.

Wie in der Abbildung 1 gezeigt, gibt es grundsätzlich drei Szenarien,


die zur Entstehung von EIPD an Halbleiterbauelementen führen kön-
nen.

Design und Zustand des Verarbeitung und Betrieb des


hergestellten Bauelements bzw. Bauelements (in der Baugruppe)
der Baugruppe erfolgt…

Eine Schwachstelle bzgl.


Design "EIPD"
oder …im Rahmen der
1 Signatur
Spezifikation
Herstellungsprozess
liegt vor

… außerhalb seiner
Spezifikation (EOS) 2
Keine Schwachstelle bzgl.
Design
und
Herstellungsprozess vor
Elektrisch bedingte
Beschädigung aufgrund 3
einer Spezifikationslücke

Abbildung 1: Szenarien zur Entstehung von EIPD (Siehe auch Kapitel 6)

Eine ausführliche Beschreibung der Szenarien und möglicher Fall-


beispiele findet sich in Kapitel 6.

10
1.3 Anwendungsbereich
Der Inhalt dieses Bandes bezieht sich auf die Bearbeitung von Scha-
densfällen an Halbleiterbauelementen (im weiteren Bauelemente), die in
der Automobilindustrie verbaut werden (z.B. Dioden, ICs, Sensoren)

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und eine Schädigung durch einen elektrischen/thermischen Stress er-
fahren haben.

Wird eine vermeintlich defekte Baugruppe zum Zulieferer zurückge-


schickt, wird in einer initialen Analyse versucht, den Fehler des Kunden
zu bestätigen. Kann er nicht bestätigt werden, werden zur Bearbeitung
der im VDA-Band Schadteilanalyse Feld beschriebene NTF-Prozess
(NTF = No Trouble Found) oder andere vereinbarte Prozesse herange-
zogen.

Wird ein Fehler bestätigt, aber das (in geeigneter Art und Weise) ermit-
telte Fehlerbild weist nicht auf einen EIPD Fall hin, erfolgt die Bearbei-
tung in der Regel nach der 8D Methode (vgl. hierzu VDA Band „8D
Problemlösung in 8 Disziplinen“).

Nur wenn das Fehlerbild einen EIPD Fall bestätigt, erfolgt die Bearbei-
tung nach dem im vorliegenden Band beschriebenen Prozess (siehe
Abbildung 2).

Bereits existierende Prozesse und Methoden (8D, Schadteilanalyse


Feld, Standardisierter Reklamationsprozess) werden durch diesen Band
ergänzt (vgl. Abbildung 2).

Der Inhalt dieses Bandes bezieht sich nicht auf Kostenverantwortungen.

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VDA Prozesslandschaft
Initiale Analyse

NTF

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Nein Fehler
bestätigt?

VDA Band
Schadteilanalyse Feld Ja
und Auditstandard 8D
Ermittlung
Fehler-
erscheinungsbild

8D Dieser Gelbband

Nein Ja
EIPD? VDA Band 8D
Problemlösung in
8 Disziplinen
VDA Band
VDA Band 8D EOS in der
Problemlösung in Automobilindustrie
8 Disziplinen

Abbildung 2: Beispielhafte Darstellung anhand der existierenden VDA Prozess-


landschaft

Relevante Prozesse

Zu betrachten sind Stationen im Lebenszyklus der Bauelemente (vgl.


Abbildung 3). Hierzu gehören etwa die Produktion und Messung des
Bauelements in der Wafer-Fabrik und des Bauelements bei der Gehäu-
semontage beim Halbleiterhersteller, die Prozesse bei den Tiers (Be-
stückung der Bauelemente auf eine Platine, die Messung derselben und
der Einbau in ein Gehäuse), sowie der Einbau ins Fahrzeug und der
Test des Fahrzeugs beim Automobilhersteller. Mit zu berücksichtigen
sind auch die Nutzung des Fahrzeugs im Betrieb, bei Wartung und Re-
paratur, sowie die Prozesse, die die Bauelemente im Schadensfall
durchlaufen.

Auch bei Prozessen wie Ausbau aus dem Fahrzeug, Messung und Ent-
löten des Bauelementes von der Leiterplatte, oder Messung und Feh-
leranalyse kann das Bauelement ungewollten Stress erfahren.

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Semi Tier OEM Feld
Wafer- Gehäuse- Bestückung Assemblierung Einbau
fabrik montage Fahrzeug Wartung

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Betrieb
Backend-T
Frontend- Backend- In Circuit- Funktions- Funktions-
Tests Tests Test Test Test

Reklamationsweg

Fehleranalyse Messung Messung Messung & Diagnose &


Fehleranalyse Fehleranalyse

Reparatur

Entlötung Ausbau aus


Fahrzeug

Bauelemente - Ebene Baugruppen - Ebene Fahrzeug - Ebene

Abbildung 3: Vereinfachte Abbildung der Lebenszyklen eines Bauelements

Eine ausführliche Betrachtung des Lebenszyklus und der möglichen


Fehlereinbringung in Bauelemente findet sich in Kapitel 7.

1.4 Ziele
Ziel ist es einen systematischen Ansatz in der Lieferkette zur Bearbei-
tung von EIPD Fällen zu definieren.
Dies soll durch folgende Punkte erreicht werden:
 Definition eines zweistufigen Reklamationsprozesses, der er-
laubt EIPD Fälle nach Relevanz zu priorisieren und diese
Fälle schnellstmöglich zu bearbeiten
 Definition von einfachen Auslösekriterien nach welchen die
Fälle einer der beiden Stufen zugeordnet werden
 Festlegung von Reaktionsmechanismen wie Fälle mit dem
Fehlerbild EIPD innerhalb der Lieferkette zu behandeln sind

13
 Schaffung von Richtlinien, welche Informationen von den be-
teiligten Parteien in der Lieferkette zur Verfügung gestellt
werden (inklusive Fragenkatalog)
 Bereitstellung einer Sammlung von möglichen Fehlerorten,
EIPD Mechanismen und Ursachen

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 Herstellung einer gemeinsamen Sichtweise und Nomenklatur

Die Erreichung der obigen Ziele lässt folgendes erwarten:


 Effizienter Einsatz der verfügbaren Ressourcen zur Erhöhung
der Erfolgsquote bei der Lösung von EIPD Problemen
 Strukturierte Kommunikation und Abarbeitung innerhalb der
Lieferkette
 Erhöhung des Wissensstandes in der Lieferkette
 Reduzierung der EOS- und EIPD Ausfallraten
 Minimierung von Sicherheitsrisiken

1.5 Begriffe und Definitionen


0km Fehler Bandausfall beim OEM
(i.d.R. der Automobilhersteller)

8D Problemlösungsmethode mit 8 Disziplinen (Schritten)

AEC Automotive Electronics Council

AMR Absolute Maximum Ratings

Bauelement In diesem Band wird sich ausschließlich auf Halblei-


terbauelemente bezogen

Baugruppe mit Bauelementen bestückter und prozessierter


Schaltungsträger, wie z.B. starre Leiterplatte, flexib-
le Leiterplatte, Keramik, Stanzgitter

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CDM Charged Device Model, spezifiziertes ESD Entlade-
modell für Bauelemente

EIPD Electrically Induced Physical Damage

Beschädigung eines elektrischen Bauelements

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durch elektrischen/thermischen Stress, den das Ma-
terial nicht aushält.

EMV Elektromagentische Verträglichkeit

EOL End-of-Line, Band-Ende

EOS Electrical Overstress


Ein elektrisches Bauelement erfährt eine elektrische
Überlastung (EOS), wenn die maximale Spannung,
der maximale Strom, oder die maximale Verlustleis-
tung im Bauelement überschritten wird und diese
Überschreitung zu einer sofortigen Schädigung oder
Fehlfunktion führt, oder zu einer Vorschädigung mit
unvorhersehbarer Reduzierung der Zuverlässigkeit
des Bauelementes.

ESD Electrostatic Discharge

Der schnelle, spontane Übergang elektrostatischer


Ladung, ausgelöst durch ein hohes elektrostatisches
Feld.

ICT In Circuit Test


Ist ein Prüfverfahren für elektronische Baugruppen
bzw. Schaltkreise (engl. electrical circuit) und bestück-
te Leiterplatten in der Elektronikfertigung. Beim ICT
steht die Prüfung der Bauelementparameter einer be-
stückten Baugruppe oder der elektrischen Verbindun-
gen einer Leiterplatte im Vordergrund (Kein Funktio-
naltest).

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ISO International Organization for Standardization

LIN Local Interconnect Network”, ist ein serielles Kom-


munikationssystem für die Vernetzung von Senso-
ren und Aktoren, ein Feldbus

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MOS Feldeffekttransistor

NTF No Trouble Found (Kein Fehler gefunden)

NTF bezieht sich darauf, dass ein beanstandetes Teil


analysiert wird (Standardprüfung und Belastungsprü-
fung) und keine Abweichungen von der Spezifikation
festgestellt werden. Damit wird das Teil als i.O. gemäß
Befundung bezeichnet, d.h. die Beanstandung konnte
nicht nachvollzogen werden.

OEM Original Equipment Manufacturer (i.d.R. der Auto-


mobilhersteller)

Safe Launch Anfänglicher Fertigungszeitraum in dem das Pro-


dukt zum ersten Mal gefertigt und getestet wird. Sa-
fe Launch (Anlaufabsicherung) ist bei jedem Tier ty-
pischerweise unterschiedlich definiert, über einen
Zeitbereich (z.B. drei Monate) oder durch eine be-
stimmte Zahl gefertigter Produkte. Safe Launch
kann auch spezielle Anforderungen für zusätzliche
oder erweiterte Tests beinhalten. Ein Safe Launch
der verschiedenen Tiers muss nicht simultan ablau-
fen.

Schadteil Feld Ein in der Werkstatt ausgebautes Teil

SEM Rasterelektronenmikroskop

Semi In diesem Band stellvertretend für: Halbleiterher-


steller

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SOA Safe Operating Area

Sicherer Arbeitsbereich (Spannung und Stromstär-


ke) für Bauelemente und Baugruppen

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Tier Lieferant in der Automobilindustrie; Tier steht im
Englischen für „Rang“. Tier 1, Tier 2, Tier x be-
zeichnet die Position des Lieferanten in der Liefer-
kette vom OEM aus zählend.

USCAR United States Council for Automotive Research

Wafer Eine Scheibe aus einem Halbleitermaterial die inte-


grierte Schaltkreise trägt.

Wafer Lot Eine Produktionseinheit bestehend aus einer festge-


legten Anzahl von Wafern (meist 25 oder 50)

Whisker Self-organizing metallic whisker-shaped structures


that cause problems with electronics

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2 Prinzipieller Ablauf

2.1 Ablauf einer EIPD/EOS Beanstandung

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Typischerweise werden beschädigte Baugruppen vom OEM zum Tier 1
zurückgeschickt. Nach Bestätigung des Fehlers schickt der Tier 1 das
verdächtige Bauelement weiter zum Halbleiterhersteller zur Analyse.

Bisher versuchen der Tier 1 und/oder der Halbleiterhersteller ein Feh-


lererscheinungsbild experimentell nachzustellen. Bei fehlender Kenntnis
der Randbedingungen innerhalb derer der Schaden aufgetreten ist, und
solange es sich um Einzelausfälle handelt, ist die Ursachenfindung er-
schwert. Ohne gute Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Parteien,
kann vielleicht das Fehlererscheinungsbild nachgestellt, die echte schä-
digende Belastung aber kaum gefunden werden. Dies gilt vor allem,
wenn das Problem nur sporadisch auftritt. In diesem Fall ist es sehr
schwierig, die Ursache zu finden.

Um die vorhandenen Ressourcen effektiv auf die erfolgsversprechen-


den Problemfälle konzentrieren zu können, werden abhängig von der
jeweiligen Situation verschiedene Support-Levels (siehe Erläuterung in
Kapitel 2.2) definiert, die auch unterschiedliche Informationen von den
Beteiligten erfordern.

In diesem Band wird unterschieden zwischen:

 Fällen, die in einem vereinfachten Verfahren abgeschlossen


werden können (Level 1) und
 Fällen, die einer erweiterten Bearbeitung zugeführt werden, im
Expertenkreis unter Mitarbeit von mindestens zwei Beteiligten in
der Lieferkette (Level 2).

In Abbildung 4 wird der Ablauf einer EIPD Beanstandung grafisch dar-


gestellt.

18
OEM
Bearbeitung nach

LEVEL 2 Anforderung → Bewertung Auslösekriterien


Level 2 und
LEVEL 1 Abschluss Statistische Analyse & Abschluss durch
Bewertung OEM, i.d.R. 8D
mit EIPD
Ursache

Information
Abschluss-
bei OEM

Tier

Bearbeitung nach LEVEL 2


LEVEL 1 Abschluss
mit EIPD

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Bearbeitung nach
Reklamation Linien-Ausfall Level 2 und
0km-Ausfall Abschluss durch
Tier , i.d.R. 8D

Statistische Analyse & Ursache


Bewertung
bei Tier

Information
Abschluss-
Produktanalyse /

Reklamation
Feld-Ausfall
Schadteilanalyse
Feld Semi
Fehlerabstellprozess, LEVEL 1 Abschluss
z.B. 8D mit EIPD
Bearbeitung nach
Level 2 und
Reklamation Kein Ursache Abschluss durch
Halbleiter-Ausfall bei Semi Semi, i.d.R. 8D
EIPD
Initiale Analyse &
Ermittlung Statistische Analyse & Ursache
Fehlererscheinungs- Bewertung bei Semi
bild
EIPD
Ursache unbekannt

Abbildung 4: Vereinfachte Darstellung des Prozessablaufes eines EIPD Falles

Der OEM sendet ausgefallene Baugruppen (aus Feld oder 0km) an den
Tier. Dieser untersucht die Baugruppe im Rahmen einer Produktanaly-
se.

Werden dabei Bauelemente als Verursacher identifiziert, werden diese


zwecks Fehleranalyse an den Halbleiterlieferanten (Semi) retourniert.

In der gleichen Art und Weise verfährt ein Tier mit in seiner Fertigung
ausgefallenen Baugruppen (Linien-Ausfall).

Der Halbleiterlieferant führt an den Bauelementen eine erste Analyse


zwecks Feststellung des Fehlererscheinungsbildes durch (Initiale Ana-
lyse).

Bei EIPD und unbekannter Ursache erfolgt eine statistische Analyse mit
anschließender Bewertung. Werden dabei die für den Halbleiterherstel-
ler gültigen Kriterien für Level 1 erfüllt, erfolgt der Abschluss mit dem
Ergebnis EIPD.

Der Tier erhält den Bericht und überprüft seinerseits anhand einer sta-
tistischen Analyse und Bewertung den Fall und akzeptiert den Ab-

19
schluss nach Level 1. Bei Feld- und 0km-Ausfällen berichtet der Tier
entsprechend an den OEM.

Führt auch beim OEM eine statistische Analyse mit anschließender Be-
wertung zur Akzeptanz des Ergebnisses nach Level 1, erfolgt der Ab-

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schluss mit dem Ergebnis EIPD.

Die Ergebnisse der statistischen Analyse oder die anschließende Be-


wertung gemäß Auslösekriterien in den Kapiteln 3 (Semi), 4 (Tier) und 5
(OEM) können eine Bearbeitung nach Level 2 erfordern. Die Anforde-
rung dieser Bearbeitung nach Level 2 erfolgt von dem Beteiligten, der
die Notwendigkeit erkennt.

Für das Anfordern einer Bearbeitung nach Level 2 hat der verantwortli-
che Antragsteller seinen spezifischen Teil des Fragenkatalogs aus An-
hang 1 (Kapitel 8.1) auszufüllen und den Partnern der Lieferkette zur
Verfügung zu stellen. Bei einer Level 2 Bearbeitung haben die beteilig-
ten Partner ihren jeweiligen Beitrag zum Fragenkatalog zu liefern.

Im Rahmen der Problemlösungsfindung (Reproduktion, Prozessbetrach-


tung etc.) wird es erforderlich sein, weitere Informationspakete zur Ver-
fügung zu stellen. Eine entsprechende Anleihe findet sich z.B. im Do-
kument ANSI/ESD SP27.1-2018 von ESDA und USCAR [2].

Wird bei der Bearbeitung nach Level 2 der Ort der Ursache festgestellt,
erfolgt der Abschluss der Bearbeitung nach Level 2 durch den Verursa-
cher. Die Informationen können im weiteren Problemlösungsprozess
(i.d.R. 8D) genutzt werden.

Die Beteiligten werden über den Abschluss informiert.

Konnte in einer Level 2 Bearbeitung der Ausfallort nicht identifiziert


werden, so ist durch den Anfordernden zu prüfen, ob weitere Unter-
suchungen zielführend sind. Sind weitere Untersuchungen aufgrund
fehlender Erfolgsaussichten nicht sinnvoll, so wird die Beendigung
der Level 2 Bearbeitung dokumentiert.

20
2.2 Definition Level 1 und Level 2
Level 1: Zu Level 1 gehören vereinzelte Ausfälle, die innerhalb von
zwölf Monaten auftreten, bei denen die initiale Analyse kei-
nen Hinweis auf ein systematisches Auftreten mit der glei-

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chen Fehlersignatur zeigt.

Bei Level 1 erfolgt der Abschluss eines Falles mit dem Fehlerbild EIPD.

Der Bericht bei Level 1 muss enthalten:


 die Ergebnisse der Fehleranalysen mit EIPD Fehlererschei-
nungsbild (Bilder, Messergebnisse etc.)
 die Ergebnisse der statistischen Analysen die beim Semi, Tier
und OEM durchgeführt worden sind (Beispiel s. Anhang 3 im
Kapitel 8.3)
 wenn vorhanden, eine Theorie zur Fehlerursache
 Abschluss mit EIPD

Der Bericht bei Level 1 muss nicht enthalten:


 Aussage zur genauen Fehlerursache
 Abstell- und Verbesserungsmaßnahmen (Schritte D5 – D7 in
der 8D-Methode)

Es erfolgt keine weitere Untersuchung hinsichtlich der physikalischen


Ursache. Damit bleibt auch die verantwortliche Stelle und Ursache un-
geklärt. Der Fehler ist daher in die neutrale Kategorie EIPD einzuord-
nen. Siehe auch VDA Fehlerursachenkategorie „Elektrisch verursachte
Schädigung EIPD“ - ID 04 033 0245)

Art und Umfang von Informationen, die über das hier beschriebene
Ausmaß hinausgehen, sind zwischen den Vertragspartner zu vereinba-
ren. Bauelemente und Baugruppen sind gemäß den Kundenforderun-
gen aufzubewahren.

21
Level 2: In Level 2 fallen systematisch auftretende Fälle, die auf eine
gemeinsame Fehlerursache schließen lassen und vereinzelte
Fälle mit erhöhter Wichtigkeit, bei denen die Wichtigkeit ent-
sprechend begründet werden kann (z.B. Ausfälle in der Pro-
dukt- oder Designverifikation oder in der sicheren Hochlauf-

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phase – Safe Launch).

Bei Level 2 arbeiten Experten von mindestens zwei Beteiligten


in der Lieferkette gemeinsam an der Problemlösung. Der In-
formationsaustausch geschieht im Vorfeld unter Verwendung
von vordefinierten Fragen (siehe Anlagen in Kapitel 8.1). Zur
Lokalisierung der Ursache können die in Kapitel 6 beschriebe-
nen Ursachenanalysen als Orientierung genutzt werden.

22
3 Schritte beim Halbleiterhersteller (Semi)

OEM
Bearbeitung nach

LEVEL 2 Anforderung → Bewertung Auslösekriterien


Level 2 und
LEVEL 1 Abschluss Statistische Analyse & Abschluss durch
Bewertung OEM, i.d.R. 8D
mit EIPD
Ursache

Information
Abschluss-

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bei OEM

Tier

Bearbeitung nach LEVEL 2


LEVEL 1 Abschluss
mit EIPD
Bearbeitung nach
Reklamation Linien-Ausfall Level 2 und
0km-Ausfall Abschluss durch
Tier , i.d.R. 8D

Statistische Analyse & Ursache


Bewertung
bei Tier

Information
Abschluss-
Produktanalyse /

Reklamation
Feld-Ausfall
Schadteilanalyse
Feld Semi
Fehlerabstellprozess, LEVEL 1 Abschluss
z.B. 8D mit EIPD
Bearbeitung nach
Level 2 und
Reklamation Kein Ursache Abschluss durch
Halbleiter-Ausfall bei Semi Semi, i.d.R. 8D
EIPD
Initiale Analyse &
Ermittlung Statistische Analyse & Ursache
Fehlererscheinungs- Bewertung bei Semi
bild
EIPD
Ursache unbekannt

Abbildung 5: Aktionen beim Halbleiterhersteller

3.1 Initiale Analyse


Die initiale Analyse dient zur Bestätigung des Fehlers sowie zur Fest-
stellung, ob es sich um einen EIPD Fall handelt oder nicht. Der Nach-
weis von EIPD hat in geeigneter Art und Weise zu erfolgen (elektrische
Messungen, optische und physikalische Analysen etc.).

Bei der initialen Analyse muss auch sichergestellt werden, dass es sich
beim identifizierten Defekt nicht um die Folge einer offensichtlichen
Schwäche des analysierten Bauelements handelt.

3.2 Statistische Analyse


Mit Hilfe einer statistischen Analyse kann der Halbleiterhersteller be-
urteilen, ob es sich beim vorliegenden Fall um vereinzelte Fehler o-
der einen systematischen Fall handelt. Dazu sollten folgende Fragen
beantwortet werden:

23
Tabelle 1: Fragen beim Halbleiterhersteller zur Feststellung des Einzelfalles

Gab es gleichgeartete Ausfälle aus der gleichen Produktionseinheit (Wafer Los) inner-
halb der letzten zwölf Monate?

Gab es gleichgeartete Ausfälle aus der gleichen Produktionseinheit (Gehäuse) inner-

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halb der letzten zwölf Monate?

Gab es überdurchschnittlich viele gleichgeartete Ausfälle desselben Bauelementes in-


nerhalb der letzten zwölf Monate?

Gab es überdurchschnittlich viele gleichgeartete Ausfälle in der gleichen Technologie


(Wafertechnologie und Gehäusetechnologie) innerhalb der letzten zwölf Monate?

Gab es gleichgeartete Ausfälle von anderen Kunden innerhalb der letzten drei Monate?

Die Beantwortung dieser Fragen gibt Aufschluss darüber, ob es sich um


einen Einzelfall handelt und liefert einen ersten Hinweis auf ein offen-
sichtliches Problem beim Halbleiterhersteller.

Wenn alle Fragen mit „Nein“ beantwortet werden können, liegt ein Ein-
zelfall vor und der Halbleiterhersteller kann den Fall mit EIPD abschlie-
ßen, falls in der Bewertung keine anderen Gründe dagegensprechen.

Werden nur eine oder mehrere Fragen mit „Ja“ beantwortet, ist dies ein
Indiz für ein mögliches systematisches Problem des Halbleiterherstel-
lers und muss untersucht werden. Eine detaillierte Analyse ist erforder-
lich.

3.3 Bewertung
Ein Level 1 Abschluss ist erlaubt, wenn es sich um einen Einzelfall ge-
mäß statistischer Analyse handelt (keine Indizien für ein systematisches
Problem durch den Halbleiterhersteller erkennbar) und keine anderen
gravierenden Gründe bekannt sind.

24
Der Halbleiterhersteller kann das Problem zu einem Level 2 Fall hoch-
stufen, wenn nachfolgende Kriterien erfüllt sind:

• systematische Häufung von gleichgearteten Ausfällen


mit bekannter oder vermuteter Ursache außerhalb der

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Fertigung des Halbleiterherstellers und
• kein Anzeichen für eine Schwäche des Bauelements besteht

3.4 Level 2 Anforderung


Kommt der Halbleiterhersteller aufgrund des Ergebnisses der initialen
Analyse zusammen mit der statischen Analyse (siehe Tabelle 1) zu dem
Schluss, dass eine Problemlösung nur mit Hilfe einer Zusammenarbeit
mit dem Tier 1 möglich ist, hat der Halbleiterhersteller (Semi) die Mög-
lichkeit eine Level 2 Anforderung an den Tier 1 zu stellen.

Der Halbleiterhersteller bereitet den für ihn bestimmten Teil des Fragen-
kataloges im Anhang 1 vor und stellt diesen dem Tier 1 zur Verfügung.
Gleichzeitig stellt der Halbleiterhersteller die im Folgenden beschriebe-
ne Level 2 Anforderung.

Level 2 Anforderung

Will der Halbleiterhersteller den Fall zum Level 2 hochstufen, initiiert er


eine Abstimmung mit den Beteiligten in der Lieferkette. In der Konversa-
tion muss klar ersichtlich sein, dass die Bearbeitung des Falles nach
Level 2 erfolgt.

Besteht Uneinigkeit über die Notwendigkeit einer Bearbeitung nach Le-


vel 2, sind die jeweils gültigen Eskalationspfade zu benutzen. Führt
auch die Eskalation zu keiner Einigung, ist die Mitarbeit eines Mediators
in Erwägung zu ziehen.

25
4 Schritte beim Tier 1

OEM
Bearbeitung nach

LEVEL 2 Anforderung → Bewertung Auslösekriterien


Level 2 und
LEVEL 1 Abschluss Statistische Analyse & Abschluss durch
Bewertung OEM, i.d.R. 8D
mit EIPD
Ursache

Information
Abschluss-

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bei OEM

Tier

Bearbeitung nach LEVEL 2


LEVEL 1 Abschluss
mit EIPD
Bearbeitung nach
Reklamation Linien-Ausfall Level 2 und
0km-Ausfall Abschluss durch
Tier , i.d.R. 8D

Statistische Analyse & Ursache


Bewertung
bei Tier

Information
Abschluss-
Produktanalyse /

Reklamation
Feld-Ausfall
Schadteilanalyse
Feld Semi
Fehlerabstellprozess, LEVEL 1 Abschluss
z.B. 8D mit EIPD
Bearbeitung nach
Level 2 und
Reklamation Kein Ursache Abschluss durch
Halbleiter-Ausfall bei Semi Semi, i.d.R. 8D
EIPD
Initiale Analyse &
Ermittlung Statistische Analyse & Ursache
Fehlererscheinungs- Bewertung bei Semi
bild
EIPD
Ursache unbekannt

Abbildung 6: Aktionen beim Tier 1

4.1 Statistische Analyse


Mit Hilfe einer statistischen Analyse kann der Tier 1 beurteilen, ob es
sich beim vorliegenden Fall um vereinzelte oder einen systemati-
schen Fehler handelt. Dazu sollten folgende Fragen beantwortet
werden:

Tabelle 2: Fragen beim Tier 1 zur Feststellung des Einzelfalles

Gab es Ausfälle von Baugruppen mit dem gleichen Fehlererscheinungsbild bei ver-
schiedenen Kunden, dediziert von einem spezifischen OEM innerhalb der letzten
zwölf Monate?

Stammen die Ausfälle mit dem gleichen Fehlererscheinungsbild wiederholt von einer
spezifischen Variante der Baugruppe?

Gab es Ausfälle des gleichen Bauelements mit dem gleichen Fehlererscheinungsbild


in anderen Baugruppen innerhalb der letzten zwölf Monate?

26
Gab es Ausfälle des gleichen Bauelements mit dem gleichen Fehlererscheinungsbild
in anderen Anwendungen innerhalb der letzten zwölf Monate?

Stammen bei alternativen Unterlieferanten die Fehler mit dem gleichen Fehlerer-
scheinungsbild vom selben Unterlieferanten?

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Stammen die Ausfälle mit dem gleichen Fehlererscheinungsbild von einem spezifi-
schen Fertigungsstandort des Tier 1 oder einer dedizierten Fertigungslinie?

Die Beantwortung dieser Fragen gibt nicht nur Aufschluss, ob es sich


um einen Einzelfall handelt, sondern gibt bereits einen Hinweis auf den
Verursacher.

Wenn alle Fragen mit „Nein“ beantwortet werden können, liegt ein Ein-
zelfall vor und der Tier 1 kann den Fall mit EIPD abschließen, falls in der
Bewertung keine anderen Gründe dagegensprechen.

Werden nur eine oder mehrere Fragen mit „Ja“ beantwortet ist dies ein
Indiz für ein mögliches systematisches Problem und es muss untersucht
werden. Eine detaillierte Analyse ist erforderlich.

4.2 Bewertung
Ziel der Bewertung ist es, anhand bestimmter Auslösekriterien festzu-
stellen, ob ein Fall einer erweiterten Bearbeitung im Expertenkreis (Le-
vel 2) zugeführt wird.

Auslösekriterien Tier 1:

• Häufung von Ausfällen innerhalb der letzten 12 Monate (Auf-


treten)
• Ausfall bei Qualifikation/Validierung/Requalifikation
• Ausfall Produktneuanlauf (Anlaufsicherung für Neu- und
Wiederanläufe)
• Ausfall bei Sicherheitsrelevanz

27
4.3 Level 2 Anforderung
Wird eines der Auslösekriterien des Tier 1 für eine Bearbeitung nach
Level 2 erfüllt, bereitet dieser den für ihn bestimmten Teil des Fragenka-
taloges im Anhang 1 vor und stellt diesen den Beteiligten zur Verfügung.

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Gleichzeitig stellt der Tier 1 die im Folgenden beschriebene Level 2 An-
forderung.

Level 2 Anforderung

Will der Tier 1 den Fall zum Level 2 hochstufen, initiiert er eine Abstim-
mung mit den Beteiligten in der Lieferkette. In der Konversation muss
klar ersichtlich sein, dass die Bearbeitung des Falles nach Level 2 er-
folgt.

Besteht Uneinigkeit über die Notwendigkeit einer Bearbeitung nach


Level 2, sind die jeweils gültigen Eskalationspfade zu benutzen. Führt
auch die Eskalation zu keiner Einigung, ist die Mitarbeit eines Mediators
in Erwägung zu ziehen.

28
5 Schritte beim OEM

OEM
Bearbeitung nach

LEVEL 2 Anforderung → Bewertung Auslösekriterien


Level 2 und
LEVEL 1 Abschluss Statistische Analyse & Abschluss durch
Bewertung OEM, i.d.R. 8D
mit EIPD

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Ursache

Information
Abschluss-
bei OEM

Tier

Bearbeitung nach LEVEL 2


LEVEL 1 Abschluss
mit EIPD
Bearbeitung nach
Reklamation Linien-Ausfall Level 2 und
0km-Ausfall Abschluss durch
Tier , i.d.R. 8D

Statistische Analyse & Ursache


Bewertung
bei Tier

Information
Abschluss-
Produktanalyse /

Reklamation
Feld-Ausfall
Schadteilanalyse
Feld Semi
Fehlerabstellprozess, LEVEL 1 Abschluss
z.B. 8D mit EIPD
Bearbeitung nach
Level 2 und
Reklamation Kein Ursache Abschluss durch
Halbleiter-Ausfall bei Semi Semi, i.d.R. 8D
EIPD
Initiale Analyse &
Ermittlung Statistische Analyse & Ursache
Fehlererscheinungs- Bewertung bei Semi
bild
EIPD
Ursache unbekannt

Abbildung 7: Aktionen beim OEM

5.1 Statistische Analyse


Mit Hilfe einer statistischen Analyse kann der OEM beurteilen, ob es
sich beim vorliegenden Fall um vereinzelte oder einen systemati-
schen Fehler handelt. Dazu sollten folgende Fragen beantwortet
werden:
Tabelle 3: Fragen beim OEM zur Feststellung des Einzelfalles

Gab es Ausfälle mit gleichem Fehlererscheinungsbild der gleichen Baugruppen/


Baugruppenfamilie innerhalb der letzten zwölf Monate.
Gab es überdurchschnittlich viele Ausfälle mit gleichem Fehlererscheinungsbild des
gleichen Bauelements/Bauelementfamilie in anderen Baugruppen innerhalb der letz-
ten zwölf Monate.
Für Feldausfälle: Lässt der Stichprobenumfang aus den rücksendepflichtigen Märk-
ten auf ein erhöhtes Fehleraufkommen/systematisches Problem schließen?

Die Beantwortung dieser Fragen gibt Aufschluss darüber, ob es sich


um einen Einzelfall handelt.

29
5.2 Bewertung

Ziel der Bewertung ist es, anhand bestimmter Auslösekriterien festzu-


stellen, ob ein Fall einer erweiterten Bearbeitung im Expertenkreis (Le-
vel 2) zugeführt wird.

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Auslösekriterien OEM:

• Häufung von Ausfällen innerhalb der letzten 12 Monate


• Ausfall bei Qualifikation/ Validierung/ Requalifikation
• Ausfall beim Produktneuanlauf/Safe Launch
• Ausfall beim Produkthochlauf
• Ausfall mit Sicherheitsrelevanz
• Auffälligkeit bei Produktaudit
• Ausfall bei Straßenabnahmefahrten
• Pannenfahrzeug
• Sonderfälle wie Ausfälle bei Pressevorstellung, Abnahme-
fahrten, etc.

5.3 Level 2 Anforderung


Wird eines der Auslösekriterien des OEM für Level 2 erfüllt, bereitet die-
ser den für ihn bestimmten Teil des Fragenkataloges im Anhang 1 vor
und stellt diesen den Beteiligten zur Verfügung. Gleichzeitig stellt der
OEM die im Folgenden beschriebene Level 2 Anforderung.

Level 2 Anforderung

Will der OEM den Fall zum Level 2 hochstufen, initiiert er eine Abstim-
mung mit den Beteiligten in der Lieferkette. In der Konversation muss
klar ersichtlich sein, dass die Bearbeitung des Falles nach Level 2 er-
folgt.

Besteht Uneinigkeit über die Notwendigkeit einer Bearbeitung nach Le-


vel 2, sind die jeweils gültigen Eskalationspfade zu benutzen. Führt
auch die Eskalation zu keiner Einigung, ist die Mitarbeit eines Mediators
in Erwägung zu ziehen.

30
6 Ursachen des Erscheinungsbildes „EIPD“

6.1 Motivation
Das Ziel dieses und des nächsten Abschnitts ist es aufzuzeigen, welche

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grundsätzlichen Szenarien zum Fehlererscheinungsbild „EIPD“ führen.
Zudem werden Hypothesen aufgestellt, wo entlang der Lieferkette die
Ursache für das beobachtete Fehlererscheinungsbild liegen könnte und
warum es auftritt. Zur besseren Einordnung und Darstellung dienen die
in diesem Abschnitt abgeleiteten FTAs („Failure Tree Analysis“ 
Fehlerbaumanalyse). Sie orientieren sich am vollständigen Lebenszyk-
lus von Bauelementen im Einsatzgebiet „Automobil“ und bilden die Be-
reiche Semi, Tier, OEM und Feld ab.

Entlang der einzelnen Abschnitte des Lebenszyklus tritt das Fehlerer-


scheinungsbild EIPD mit unterschiedlichem Risiko auf. Im Folgenden
werden die Prozessschritte mit relevanter Auftretenswahrscheinlichkeit
benannt und mögliche Fehlerursachen erläutert. Grundlage dieser Ein-
schätzung waren Fallstudien, die von den Mitwirkenden an diesem
Band zur Verfügung gestellt wurden.

Die bereitgestellten Fallstudien haben dazu beigetragen, den in Kapitel


8.1 publizierten Fragenkatalog zu ergänzen. Dadurch wird eine effizien-
te Ermittlung der Fehlerursache unterstützt. Ob es sich im EIPD Fall um
eines der wahrscheinlicheren Szenarien handelt, lässt sich mit Hilfe ei-
ner Level 2 Bearbeitung herausfinden.

6.2 Prinzipielle Szenarien, die zu “EIPD” führen


Geht es um die Frage, wie EIPD in ein Bauelement eingebracht werden
kann, sind zwei Ebenen zu betrachten (vgl. die ersten beiden Spalten in
Abbildung 8).

1. Die Design- sowie Herstellungs- und Verarbeitungsebene: Damit


die spezifizierten Absolute Maximum Ratings (AMR) eines Bauteils
oder einer Baugruppe erreicht werden können, muss das jeweilige

31
Design entsprechend ausgelegt und dimensioniert sein. Hinzu
kommt, dass das Bauelement und die Baugruppe im Rahmen sei-
ner Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren so umgesetzt und re-
alisiert werden, wie es die Erfordernisse vorgeben.

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2. Ebene der elektrischen Exposition: Welcher elektrischen Belastung
ist das Bauelement im Rahmen seines Lebenszyklus (Herstellung
und Benutzung) ausgesetzt? In diesem Fall ist die im Datenblatt des
Bauelements bzw. der Baugruppe veröffentlichte (Hersteller-) Spe-
zifikation relevant.

Angaben zu Design und Zustand Angaben zu Test, Verarbeitung und


des hergestellten Bauelements Betrieb des Bauelements (in der
bzw. der Baugruppe Baugruppe) erfolgt…

Eine Schwachstelle bzgl.


Design "EIPD"
oder …im Rahmen der
1 Signatur
Spezifikation
Herstellungsprozess
liegt vor

… außerhalb seiner
Spezifikation (EOS) 2
Keine Schwachstelle bzgl.
Design
und
Herstellungsprozess vor
Elektrisch bedingte
Beschädigung aufgrund 3
einer Spezifikationslücke

Stand: 05.11.2018 | Ayan, Fazli | GQZ-L2


Abbildung 8: Voraussetzungen, die zu einer EIPD Signatur in einem Bauele-
ment führen können

Wird zunächst die Frage außen vorgelassen, in welchem Abschnitt der


Lieferkette EIPD eingebracht wurde, lassen sich nun drei grundsätzliche
Szenarien identifizieren, die zu einem EIPD Fehlererscheinungsbild in
einem Bauelement führen.

Szenario 1: Eine Schädigung entsprechend einer EIPD Signatur kann


einerseits auftreten, wenn ein Bauelement oder die umgebende Bau-
gruppe aufgrund seines Herstellungs- und Verarbeitungsprozesses eine

32
Schwachstelle aufweist, welche sich negativ auf die Robustheit des
Bauelements auswirkt. Andererseits kann im Rahmen der Entwick-
lungsphase das Design des Bauelements oder der Baugruppe ungenü-
gend ausgelegt und dimensioniert sein (Designschwäche), sodass die
eigentlich spezifizierten Absolute Maximum Ratings (AMR) nicht erreicht

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werden können. In beiden Fällen gilt, dass selbst ein Betrieb des Bau-
elements innerhalb des spezifizierten Bereichs zu einem Ausfall dieser
Baugruppe führen kann. Umgangssprachlich könnte auch von einem
„Geburtsfehler“ gesprochen werden.

Szenario 2: Ausgehend von einer intakten und ausreichend dimensio-


nierten Struktur (Bauelement und Baugruppe) kann ein Schaden mit
EIPD Signatur in einem Bauelement ausgelöst werden, wenn ein Wert
der im Datenblatt des Herstellers hinterlegten AMR des Bauelementes
überschritten wurde. Damit handelt es sich um einen unzulässigen Be-
trieb außerhalb des spezifizierten Bereichs.

Szenario 3: Ausgehend von einer intakten und ausreichend dimensio-


nierten Struktur (Bauelement und Baugruppe) tritt eine elektrische Be-
lastung mit nachfolgender Schädigung am Bauteil bzw. an der Bau-
gruppe auf, die in seiner Spezifikation nicht beschrieben und abgedeckt
ist und daher im Rahmen seiner Entwicklung nicht berücksichtigt wurde.

Die Darstellung in Abbildung 8 zeigt, dass es zwischen der EIPD Signa-


tur und der Ursache für das Schadensbild keine eindeutige Beziehung
gibt. Ohne weitere Randinformationen, wie sie beispielsweise im Rah-
men einer Level 2 Bearbeitung zwischen den Partnern erarbeitet und
ausgetauscht werden, wird es dem Semi allein nicht möglich sein, die
Grundursachen einer EIPD-Signatur auf Tier/OEM/Feld-Ebene zu be-
nennen.

Nähere Details zu den beschriebenen Szenarien:

Szenario 1 „Bauelement oder Baugruppe hat eine herstellungsbedingte


Schwachstelle bzw. eine Designschwäche liegt vor“:

33
Eine designtechnisch bedingte Schwachstelle liegt vor, wenn bzgl. der
Auslegung des Bauelements oder der Baugruppe falsche Annahmen
getroffen werden, um die jeweils spezifizierten Absolute Maximum Ra-
tings des Bauelements/der Baugruppe zu erreichen.

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Beispiele

 auf Bauelement-Ebene:
o Die Metallbahnen im Bauelement sind nicht hinrei-
chend ausgelegt, um die auftretenden Stromdichten
sicher verarbeiten zu können.

 Bauelement auf Baugruppenebene:


o Leiterbahnen auf Leiterplatten weisen keine hinrei-
chende Isolation gegenüber Nachbarleitungen auf
o Leiterbahnen auf Leiterplatten sind nicht hinrei-
chend ausgelegt, um die auftretenden Stromdichten
sicher verarbeiten zu können
o Eine Wärmesenke zur Begrenzung der Tempera-
turentwicklung innerhalb eines angebrachten Bau-
elements ist nicht hinreichend dimensioniert.

Eine herstellungsbedingte Schwachstelle wird hervorgerufen durch eine


Abweichung oder Störung im Fertigungsprozess des Bauelements oder
den sich anschließenden Verarbeitungsschritten des Bauelements in ei-
ne Baugruppe oder beim Einbau der Baugruppe ins Fahrzeug. Die für
den zuverlässigen Betrieb geforderte Robustheit des Bauelements wird
dadurch eingeschränkt. Dies kann zu einer beschleunigten Alterung des
Bauelements führen. Als Auswirkung der Schwachstelle kann im weite-
ren Lebenszyklus selbst im Normalbetrieb ein Ausfall auftreten. Die
Schwachstelle kann vereinzelt in Erscheinung treten, es kann sich aber
auch um ein systematisches Auftreten handeln.

34
Beispiele
 auf Bauelement-Ebene:
o Ein prozesstechnisch bedingter, zufälliger Defekt kann auf-
grund eines Partikels lokal zu einem zu dünnen Gateoxid

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führen, welches die erwartete bzw. erforderte Durchschlag-
festigkeit nicht gewährleistet.
o Aufgrund fehlerhafter Prozesseinstellungen weisen mög-
licherweise alle Gateoxide eines Wafers/Loses systema-
tisch eine zu dünne Schichtdicke auf, welches die erwartete
bzw. erforderliche Durchschlagfestigkeit nicht gewährleistet.
o Ein Maskenfehler im Lithografieprozess im Bauelement
kann zu lokalen Kurzschlüssen führen.
o Zufällig oder systematisch eingebrachte Risse (sogenannte
ChipCracks) beim Wafersägen können in Bauelementen zu
elektrisch verändertem Verhalten einzelner Zellen führen,
so dass die erforderliche Homogenität des gesamten Zel-
lenfeldes für den Betrieb beeinträchtigt ist.
o Im Fall einer unzuverlässigen Bondverbindung innerhalb
des Bauelements zwischen Package-Pin und Silizium kön-
nen während des späteren Betriebs Kurzschlüsse oder
Transienten entstehen, die die AMR des Bauelements
überschreiten.

 Bauelement auf Baugruppenebene:


o Fehler im Verarbeitungsprozess können zu einer schlechten
thermischen Anbindung des Bauelements an die in der
Baugruppe bereitgestellten und notwendigen Wärmesenken
führen.
o Eine schlechte Löt- oder Verbindungsstelle verändert das
elektrische Belastungsprofil des Bauelements im verwende-
ten System in unzulässiger Art und Weise.

35
 Baugruppeneinbau auf Fahrzeugebene
o Ein schlechter Massekontakt im Verkabelungssystem wirkt
sich negativ auf das systemumfassende Robustheitskon-
zept aus. Elektrische Störungen können nicht mehr ausrei-
chend über angedachte Pfade abgebaut werden.

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Szenario 2 „Verarbeitung oder Betrieb außerhalb der Spezifikation
(EOS)“

Gemäß der Definition in der Referenz „Understanding Electrical Over-


stress – EOS“ [1] erleidet ein Bauelement EOS durch Überschreitung
der spezifizierten AMR in Bezug auf angelegte Spannungen, durchflie-
ßende Ströme oder resultierende Leistungen. Dieses mündet entweder
in einer sofortigen Fehlfunktion oder in einer latenten Schädigung, die
zu einer Reduzierung der Lebensdauer des Bauelements führt (siehe
auch Abbildung 9).
Wahrscheinlichkeit für das Eintreten

Spezifikation EOS
eines unmittelbaren Schadens

Mögliche
Zuver-
lässig-
Einschränkungen
keits-
Funktion und vollständige mögen vorliegen,
themen Unmittelbarer
Konformität zum bzw. sicher für
Ausfall
Datenblatt wird garantiert einen begrenzten
Zeitraum

Elektrischer Stress

Maximale Absolute
Betriebsbedingung Maximum Ratings
(AMR)

Abbildung 9: Grafische Darstellung zur Interpretation von Absolute Maximum


Ratings (AMR). Die rote Kurve beschreibt die Ausfallwahrschein-
lichkeit

36
Die Spezifikation der AMR eines Bauelementes muss vom Halbleiter-
hersteller festgelegt und im Rahmen des Systemdesigns vollständig
umgesetzt werden. Die Angaben zu Strom-, Spannungs- oder Leis-
tungsgrenzen können mit Hinweisen gepaart sein, wie lange und wie
häufig (Kumulation) diese Situationen jeweils auftreten dürfen.

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Dabei berücksichtigen AMR:

 äußere Einflüsse wie Temperatur oder Feuchtigkeit,


 vorliegende Prozessstreuungen und
 Stressbedingungen entsprechend angewandter Standards (z. B.
Impulsbelastung gemäß Kundenanforderungen).

Über die Angabe von AMR werden demzufolge bewusst bekannte Be-
lastungsszenarien adressiert, die im Rahmen von Herstellung, Testen
oder Betrieb auftreten können. Bei Ausfällen dieser Kategorie ist die
elektrische Belastung größer gewesen, als die Auslegung des Bauele-
ments und die Spezifikation erlauben.

Beispiele:

 Im Rahmen des Bauelementtestens treten Spannungsspitzen auf,


die die AMR des Bauelements überschreiten.
 Strom- und Spannungsspitzen außerhalb der AMR, die durch ESD
(bspw. bei Handhabung und Fertigung) hervorgerufen werden.
 Bei halbleiterbasierten Schaltern für den Betrieb von induktiven Las-
ten wurde die Zahl der maximal zulässigen Schaltvorgänge über-
schritten.
 Selbstgenerierte Störimpulse durch schnelles Schalten von Indukti-
vitäten

Szenario 3 „Elektrisch bedingte Beschädigung aufgrund einer Spezifika-


tionslücke“

Spezifikationslücke wird für diesen Band wie folgt definiert: elektrisch


bedingte Beschädigung aufgrund fehlender, fehler- bzw. mangelhafter
Anforderung des Bauelements/der Baugruppe gegenüber (möglicher-

37
weise) nicht näher bekannten Gegebenheiten der Umgebung oder Um-
welt im Produktlebenszyklus. Ein real existierendes Belastungsprofil
wird nicht durch die publizierte Bauelementspezifikation abgedeckt. In
vielen Fällen ist dem Bauelementhersteller/Tier/OEM nicht bewusst,
dass es eine konkrete Belastungssituation (oder deren Limits) im Rah-

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men seiner Fertigung, der Fertigung seines Kunden oder des späteren
Gebrauchs gibt, die das Bauelement zum Ausfall bringt.

Beispiele:
 Fertigungsbedingte Themen
o Aufladungs- bzw. Entladevorgänge in Bezug auf Reini-
gungswasser beim/nach Sägen von Wafern führen zu Zer-
störungen von einzelnen Strukturen auf dem Wafer.
o Die unvermeidliche Materialabnutzung/Materialermüdung
einzelner Elemente eines Testsystems (bspw. Transport-
oder Testfassungen) führt dazu, dass notwendige und er-
forderliche Isolationsschichten (bspw. Eloxalschichten auf
Aluminium basierten Transportmedien) zwischen Bauele-
ment und geerdeten/umgebenden Metallteilen sich abnut-
zen. Überschläge zwischen elektrisch geladenen Bauele-
menten und Tester sind dadurch möglich.
o Beim Bürsten der Bauelementanschlüsse kann sich das
Bauelement aufladen und in einem darauffolgenden Pro-
zessschritt schlagartig entladen, was zu einer Vorschädi-
gung führen kann.
o Fehlende, voreilende GND-Pins (First Mate – last Break) in
den Steckverbindungen führen beim Stecken unter Last
(„under power“, sogenanntes „Hotplugging“, mit ange-
schlossener Spannungsversorgung) zu unbeabsichtigten
Strompfaden, wenn die Masseverbindung fehlt.

 Entwicklungsbedingte Themen
o Der Bauelementhersteller versäumt es, eine geeignete Do-
kumentation für eine robuste Außenbeschaltung anzuge-
ben.

38
o Der Tier/OEM entscheidet sich für ein Bauelement oder
Baugruppe, welches für den gedachten Einsatz nicht geeig-
net ist.
o Im Rahmen der Modellpflege eines Systems (z.B. beste-
hend aus einem neuen Motor und einem existierenden

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Steuergerät) wird übersehen, dass das Steuergerät nicht
länger einer überarbeiteten Norm zwecks einer erhöhten
Impulsbelastbarkeit entspricht. In der Folge erzeugt der
neue Motor transiente Spannungen, die außerhalb der Mo-
dul- und Bauelementspezifikation des „alten“ Steuergeräts
liegen.
o Der Tier/OEM versäumt es, die vorliegende Baugruppe in
Bezug auf ein konkretes Belastungsszenario geeignet zu
qualifizieren bzw. im Rahmen der Volumenproduktion ge-
eignet zu testen, weil …
 … der Belastungstest falsch durchgeführt wird, er
ihn im Gegensatz zu seinem Kunden anders inter-
pretiert.
 … mögliche Prozessvariationen nicht berücksichtigt
wurden ("Durchschlupf im Rahmen der Qualifikati-
on")
 … fälschlicherweise angenommen wird, dass die
Spezifikation und Einhaltung anderer Belastungs-
tests die Anforderungen diesen konkreten Stress
bereits abdecken.
 Beispiel: Die CDM ESD Festigkeit des
Bauelements deckt nicht automatisch alle
Entladungsbelastungen ab, die beim
Tier/OEM auftreten können, so z. B. auf-
grund von:
o "Charged PCB Events" durch gela-
dene Leiterplatten oder deren Bau-
elemente
o Hohe elektrische Felder in Ferti-
gungs- und Test-Prozessen
o Durchführen von Steckverbindun-
gen von Kabelbäumen in elektri-

39
schen Feldern (Vom Steuergerät
oder vom Kabelbaum)
 Betriebsbedingte Themen
o Das Verhalten eines bestimmten ESD Schutzelements
(bspw. einer RC-Powerklemme) eines Bauelements ist nicht

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konform zu einem realen Betriebszustand beim Kunden. Ir-
reversible Schädigungen können auftreten, bspw. aufgrund
ungewollter Aktivierung des ESD Schutzelements während
des Betriebs in Kombination mit Spannungsspitzen.

Bewertung und Einordnung

Im Vergleich zu den beiden Szenarien „Schwachstelle“ und „klassischer


EOS“ stellt das Szenario der EIPD bedingten Ausfälle aufgrund einer
„Spezifikationslücke“ die größte Herausforderung dar. Die Erfahrung der
Partner bei der Erstellung dieses Bandes hat gezeigt, dass Probleme
aus diesem Bereich aufgrund der unbekannten Ursache oder fehlenden
Bewusstseins besonders herausfordernd beim Lösen des Problems
sind.

Das Ausmaß des elektrischen Stresses, das mit Bauelementeausfällen


dieser Kategorie in Verbindung gebracht wird, ist in der Regel enorm.
Lösungsmöglichkeiten zur Vermeidung von EIPD liegen daher nicht al-
lein im Design des Bauelementes, sondern können auch in der Ausle-
gung des Gesamtsystems gefunden werden. In vielen Fällen greifen ex-
terne Maßnahmen (bspw. Einführung von Maßnahmen zur Vermeidung
von externem ESD, EFC (Electric Field Control), längere GND-Pins in
Steckern), die das Entstehen einer potentiell kritischen Situation im Vor-
feld entschärfen.

Grundsätzlich gilt, dass derartige EIPD-Fälle die enge Zusammenarbeit


zwischen OEM, Tier und Semi erfordern, um eine effiziente Ursachen-
findung zu gewährleisten.

40
7 Fehlereinbringung / Fehlerursache im Le-
benszyklus des Bauelements
Wenn ein Bauelement im Feld aufgrund eines EIPD beschädigt wurde

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und anschließend zum Halbleiterhersteller zurückgelangt, sind die in
Abbildung 10 vereinfacht dargestellten Produktions- und Verarbeitungs-
schritte durchlaufen worden.

Semi Tier OEM Feld


Wafer- Gehäuse- Bestückung Assemblierung Einbau
fabrik montage Fahrzeug Wartung

Betrieb
Backend-T
Frontend- Backend- In Circuit- Funktions- Funktions-
Tests Tests Test Test Test

Reklamationsweg

Fehleranalyse Messung Messung Messung & Diagnose &


Fehleranalyse Fehleranalyse

Reparatur

Entlötung Ausbau aus


Fahrzeug

Bauelemente - Ebene Baugruppen - Ebene Fahrzeug - Ebene

Abbildung 10: Allgemeine Darstellung des Lebenszyklus eines Bauelements. Im


Fehlerfall muss nicht unbedingt jedes Bauelement analysiert wor-
den sein.

Der Ablauf beginnt mit der Herstellung des Bauelements beim Semi.
Das Bauelement wird danach beim Tier in einer Baugruppe verwendet
und kommt beim OEM im Fahrzeug zum Einsatz. Zur Verifikation des
ordnungsgemäßen Zustands des Bauelements bzw. der Baugruppe
werden nach relevanten Verarbeitungsschritten die einzelnen Elemente
wiederholt getestet und geprüft. Im Feld wird das Fahrzeug betrieben
und möglicherweise eine Baugruppe elektrisch beschädigt. Der an-
schließende Reklamationsprozess verläuft in umgekehrter Reihenfolge

41
und hat zum Ziel, das darin geschädigte Bauelement zu identifizieren
und zu analysieren. Sollte das Bauelement bereits vor dem Einsatz im
Feld beim Verarbeiten auf Tier- oder OEM-Ebene beschädigt und der
Ausfall auch dort entdeckt worden sein, verkürzt sich der Ablauf des Le-
benszyklus entsprechend.

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Anmerkung: Es kann auch im Zuge des Reklamationsprozesses durch
unsachgemäße Handhabung zu weiteren EIPD kommen. Im Folgenden
konzentriert sich dieser Band auf EIPD-Szenarien, die bei der Fertigung
und dem Gebrauch des Bauelements auftreten.

Die Abschnitte des Lebenszyklus lassen sich nun noch ausdetaillieren.


Das erlaubt die Herausarbeitung der besonders kritischen Prozess-
schritte in Bezug auf das Risiko des Einbringens von EIPD. Zu diesem
Zwecke haben die an der Erstellung dieses Bandes involvierten Partner
zurückliegende Fälle von EIPD bedingter Reklamationen im eigenen
Hause analysiert. Der Ort der Fehlerentstehung und Fehlerdetektion ei-
nes jeden EIPD Falles wurde benannt und gleichzeitig eine Gewichtung
des Risikos aufgrund der beobachteten Häufigkeit vorgenommen. In die
vorgenommene Risikobewertung fließt noch ein weiterer Aspekt ein, die
Gefahr, dass ein in einem konkreten Schritt induzierter EIPD unentdeckt
bleiben könnte und im Folgenden ausgeliefert wird.

Für die vier Ebenen Halbleiterhersteller, Tier, OEM und Feld ergeben
sich damit folgende Übersichten:

42
Halbleiterhersteller:

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Legende: Potentielles Risiko des Auftretens

Gering Mittel Hoch

Abbildung 11: Aufschlüsselung der relevanten Schritte im Lebenszyklus eines


Bauelements für den Abschnitt des Halbleiterherstellers (Semi). Die gewählte Il-
lustration unterscheidet zwischen Vorgängen mit hohem (rot) gegenüber Situa-
tionen mit mittlerem (gelb) oder niedrigem Risiko (graue Kreise) für das Einbrin-
gen eines EIPD.

In die vorgenommene Risikobewertung fließen zwei Aspekte ein. Einer-


seits spiegelt sich darin die Wahrscheinlichkeit des Eintretens. Anderer-
seits die Gefahr, dass ein in diesem Schritt induzierter EIPD unentdeckt
bleiben könnte und im Folgenden ausgeliefert wird.

Ausgewählte Beobachtungen (und damit keine Garantie auf Vollstän-


digkeit) zu EIPD Szenarien mit mittlerem bzw. hohem Risiko:

Abschnitt Fallbeispiele

Produktentwick-  Kategorie „Designschwäche“: Stromdichte/ Ver-


lung inkl. Quali- lustleistung in aktiven (z.B. Transistoren) oder
fikation passiven (z.B. Poly-Widerstände, Metallbah-
nen) Elementen auf dem Bauelement wurde
nicht korrekt simuliert und infolgedessen im

43
Layout zu schwach ausgelegt. Eine Aufschmel-
zung einzelner Bauelemente ist trotz kunden-
seitiger Einhaltung der spezifizierten Randbe-
dingungen bei Betrieb oder AMR dann möglich.
 Kategorie „Spezifikationslücke“: Falsche Erwar-

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tungshaltung des Kunden bzgl. des Ro-
bustheitsprofils, weil die erforderliche Spezifika-
tion für den Halbleiterhersteller unklar ist. Ein
Austausch zwischen Halbleiterhersteller und
Kunden über AMR i.A. sowie deren Quantifizie-
rung ist unerlässlich.
o Beispiel: Induktive Einkopplung von
Transienten über Kabelbaum. Ein-
gangs-Pins wurde nicht für die tatsäch-
lich in der Applikation auftretenden
Transienten ausgelegt.

Waferproduktion  Kategorie „vorliegende Schwachstelle“, infolge-


dessen eine Aufschmelzung einzelner Bauele-
mente trotz kundenseitiger Einhaltung der spe-
zifizierten Randbedingungen bei Betrieb oder
AMR möglich ist.
 Degradation und massive lokale Kurz-
schlüsse oder Überlastungen aufgrund:
o lokaler Waferdefekte in MIM-
Kapazitäten
o Waferdefekte wie lokal fehlendes
Feldoxid im Drain-Bereich von
Hochvolt-MOS-Transistor-Arrays,
o floatender Schaltungsteile infolge
Unterbrechungen in Via-Kontakten
o Rückseitenschleifens, welches zur
Beschädigung der Passivierung
und des Zwischendielektrikums
zwischen Metalllagen führen kann.

Testen auf  Kategorie „vorliegende Schwachstelle“: Mecha-


Waferebene nische Beschädigungen aufgrund von Nadel-
abdrücken auf der Oberfläche. So können ein-

44
gedrückte Pads zu Metall-Migration aufgrund
eindringender Feuchtigkeit führen.
 Kategorie „EOS“ Überspannung beim Test, um
Beispiel durch mangelhaften Kontakt (Hand-
ler/Load-board-Problem) oder unzulässige Vol-

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tage-Spikes an den zu testenden Pins. Eine
Überprüfung der Waveforms während Testpro-
grammentwicklung ist erforderlich.

Sägen  Kategorie „Spezifikationslücke“:


o Schäden verursacht durch Oberflä-
chen-ESD, die in Folge zu EOS-
Ausfällen führen. Aufladungsvorgänge
in Bezug auf Reinigungswasser
beim/nach Sägen von Wafern
 Kategorie „vorliegende Schwachstelle“:
o Aufgrund von Metall-Strukturen in der
Säge-Straße (sogenannte Scribe-Line)
entstehen beim Sägen schnell fliegen-
de Partikel, die insbesondere auf Bond-
Pads zu kleinen, vorerst nicht elektrisch
messbaren, Schäden führen. Das kann
zu Metallmigration aufgrund eindrin-
gender Feuchtigkeit führen.
o Herausbrechen von Material („Chip-
ping“) auf der Die-Seitenwand beim
Sägen. Das Chipping ist sowohl mit
dem optischen Mikroskop als auch mit
dem SEM sichtbar.

Einbau in  „Bond Cratering“: Beschädigte Bondpads füh-


Gehäuse ren zu Metallmigration. Unzulässige Kurz-
schlüsse innerhalb des Bauelements treten auf,
und das Bauelement wird außerhalb seiner
AMR betrieben.
 Kontamination: Metall-Partikel im Mold-
Compound verursachen Kurzschlüsse auf nicht
passivierter Die-Oberfläche, Korrosion auf
Bondpads verursacht Kurzschlüsse

45
 Leitfähige Reste nach Solder Splash schließen
die Gatesteuerung kurz, was zu einem perma-
nenten Betrieb des Bauelements führt. Es
kommt zur Überlast eines PowerMOS.

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 Mechanische Beschädigung des Bondwires der
Gatesteuerung führt zu einem intermittierenden
Kontakt. Kein zuverlässiger Betrieb mehr mög-
lich. Es kommt zur Überlast eines PowerMOS
 unzureichende Wärmeabfuhr während Betrieb
aufgrund schlechter thermischer Anbindung an
den Heat-Slug
 harte (CDM-artige) Entladung durch die Ver-
bindung zwischen Silizium-Die und Wirebond,
die sich vorher auf jeweils unterschiedlichem
elektrischem Potential befunden haben

Testen auf  Abgenutzte Sockel verursachen Späne. Span,


Gehäuseebene der in der Tier-Fertigung nicht entdeckt wird,
verursacht Kurzschluss im Feld
 Überspannungsspitzen aufgrund des Schaltens
von Relais, eine Überprüfung der Waveforms
während Testprogrammentwicklung ist unab-
dingbar
 Fehlkonfiguration des Test-Systems, z.B. durch
unzulässiges Power Switching wird das Bau-
element außerhalb der AMR betrieben
o Grundsätzlich ist die Situation hier sehr
ähnlich zu den Gegebenheiten des Ab-
schnitts „Test auf Waferebene“

Markieren,  Aufgrund fehlender Erdung des Bürstensys-


Scannen, tems zum Reinigen des Bausteinpins kann das
Verpacken Bauelement vor dem finalen Verpacken aufge-
laden werden und eventuell eine schädigende
Entladung erfahren.

46
Tier:

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Legende: Potentielles Risiko des Auftretens

Gering Mittel Hoch

Abbildung 12: Aufschlüsselung der relevanten Schritte im Lebenszyklus eines


Bauelements für den Abschnitt des Tiers.

Ausgewählte Beobachtungen (und damit keine Garantie auf Vollstän-


digkeit) zu EIPD Szenarien mit mittlerem bzw. hohem Risiko:

Abschnitt Fallbeispiele

Modulentwicklung Allgemein können Bauelemente in der Herstel-


(Baugruppendesign) lung oder im Betrieb geschädigt werden, weil
inkl. Qualifikation
 ein SEED Ansatz (System Efficient ESD
Design) nicht beachtet und infolgedessen
ESD bedingte Störungen auf Systemebene
nicht genügend vom Bauelement abgehal-
ten wurden.
 die Externe Beschaltung und Schutzschal-
tung (TVS) ist unzureichend

47
 Ungünstiges Leiterplattenrouting (bspw.
Abstände) vorliegt
 Mangelnde EMV Robustheit der Baugrup-
pe vorliegt
 unkontrolliertes Powermanagement ange-

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wendet wird
 die Wärmeableitung vom Bauelement zur
Baugruppe ungenügend ist
 Prüfungen beispielsweise gemäß
ISO7637-2, IEC61000 fehlen
 Kein Robustness Validation Check (Prü-
fung von Missionsprofilen im Rahmen der
BE Erprobung) vorgenommen wurde
 Systematische Probleme existieren, in
Bezug auf Design und Auslegung des
Bauelements in einer Baugruppe, dauer-
hafte Überlastung bzw. fehlerhafte Bau-
elemente-Dimensionierung, ungeeignete
Bauelemente-Verkapselung oder Montage
auf Leiterplatte (Designschwäche)

Konkret

 Wiederholte Feldausfälle eines MOSFET


Bauelements bei nur einem Kunden. Elekt-
rische Überlastung des Bauelements bei
regulärem Betrieb des Moduls. Ergebnis
der Fehlerursachenfindung seitens beteilig-
ter Partner: der verwendete MOSFET kann
aufgrund seiner Spezifikation nicht die An-
forderungen des Moduls bedienen.
 Problem an einem Modul mit drei Power-
Transistoren beim Abschalten des Stern-
punktes eines Dreiphasensystems. Auf-
grund eines Konzeptionsfehlers im Rah-
men der Entwicklung überhitzt ein Transis-
tor durch Betrieb außerhalb seiner SOA
(Safe Operating Area). ESD Schutzele-

48
ment wurde bei Betrieb des Bauelements
aufgrund von elektrischen Transienten auf
dem Versorgungssystem unzulässig lei-
tend und beschädigt.

Lagerung Bauele-  Elektrische Felder oberhalb der Spezifika-

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mente Sub-Module, tionsgrenze. Hohe elektrische Felder in
Bestückung/Lötung Fertigungs- und Test-Prozessen verursa-
Leiterplatte chen elektrostatische Entladungen
 Destruktives ESD beim Bestücken der
Platine (Pick and Place)
o Elektrische Entladung auf Leiter-
plattenebene (BoardLevel
Discharge)
o Vorgeladene Bauelemente wie El-
kos
 Reihe von herstellungsbedingten Vor-
schädigungen beim Tier, die die Robust-
heit des Bauelements beeinträchtigen:
o Chip Cracks und damit Vorschä-
digung des Bauelementes beim
Reflow-Löten
o Bondhaftung nicht dauerhaft
o Silbermigration auf Leiterplat-
te/bzw. Bauelementgehäuse führt
zu Kurzschlüssen
o Lötbrücken führt zu Kurzschlüs-
sen
o Mechanische Beschädigung Chip-
Oberfläche (bar die) beeinträchtigt
die Robustheit des Bauelements.
o Kontamination aufgrund Whisker
oder metallischer Partikel
o Einlagerung Bauelemen-
te/Baugruppen: Haltbarkeitsdauer
(s. g. Floorlife time bzw.
Shelf/Floor life time) überschritten
o Vereinzeln der Leiterplatte aus

49
Nutzen (stanzen, fräsen, …)
o Löten/Reflow i.A. (Verbindungs-
schritte): Ist die Löttemperatur zu
hoch, kann dieses zu Rissen im
Gehäuse führen („Popcorn-

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Effekt“)
o Fehler im Verarbeitungsprozess
führen zu einer schlechten thermi-
schen Anbindung des Bauele-
ments an die im System bereitge-
stellten und notwendigen Wärme-
senken. Bauelement wird in Kon-
sequenz elektrisch und thermisch
überlastet.

ICT (Bestückungs-  Messung passiver Bauelemente mit zu ho-


Verbindungstest) so- hen Strömen/Spannungen. Verwendete
wie Funktionaler Test Spannungen oberhalb der Vorwärtsspan-
nung angeschlossener Bauelemente-ESD-
Strukturen verursachen hohe Ströme.
 Elektrische Felder oberhalb der Spezifika-
tionsgrenzen. Hohe elektrische Felder in
Fertigungs- und Test-Prozessen verursa-
chen elektrostatische Entladungen.

Programmierung  Zu hohe Programmierspannung (z.B. 5V


bei einem mit 3,3V betriebenen Bauteil)
führt zu Beschädigung

Montage Leiterplatte/  ESD Schaden durch unzureichende ESD


Sub-Module ins Steu- Schutzmaßnahmen (keine ESD Matte am
ergerätegehäuse Montageort).
 Gehäuse-Schalen aus Plastik sind sehr
stark geladen (oftmals auch auf der Innen-
seite  Ladung kann sehr schlecht nach
der Montage entfernt werden). Klebe-
Etikette sind sehr stark geladen. In beiden
Szenarien befindet sich die Leiterplatte in
einem elektrischen Feld. Spätere Metall-

50
Metall-Kontakte führen zu statischer Entla-
dung.

Prüf- und Abgleich der  Elektrische Felder oberhalb der Spezifika-


Baugruppe, EOL-Test tionsgrenze. Hohe elektrische Felder in

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den Testprozessen verursachen elektro-
statische Entladungen.

Kurzfunktionstest  Gleiche Risiken wie im Abschnitt „Funktio-


(Run In) naler Test“

51
OEM:

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Legende: Potentielles Risiko des Auftretens

Gering Mittel Hoch

Abbildung 13: Aufschlüsselung der relevanten Schritte im Lebenszyklus eines


Bauelements für den Abschnitt des OEMs.

Ausgewählte Beobachtungen (und damit keine Garantie auf Vollstän-


digkeit) zu EIPD Szenarien mit mittlerem bzw. hohem Risiko:

Abschnitt Fallbeispiele

Bordnetz-/Fahrzeug- Allgemein
entwicklung inkl. Qua-
lifikation  Aufladungseffekte bei mechanischem
Handling aufgrund einer ungünstigen Wahl
des Materials für Kabelisolation, ggf.
Wechsel erforderlich
Konkret

 Die durch Veränderung der Norm ISO


7637-2 (Version 2011 vs. Version 2004)
geforderte (erhöhte) Impulsbelastbarkeit
wurde zur Modellpflege seitens OEM für

52
die Einführung eines Wischermotors (mit
erhöhter Störspannung gemäß ISO 7637-
2:2011) zwar beachtet, allerdings wurde
das Steuergerät unverändert übernom-
men, welches nur für die Anforderung der

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Version 2004 entwickelt wurde. In der Fol-
ge erzeugte der Wischermotor transiente
Spannungen, die außerhalb der Baugrup-
pen- und Bauelementespezifikation lagen.
 Zerstörung von Power-Switches bei Blin-
kerbetrieb inkl. Anhängerbetrieb. Kalt-
stromverhalten von Lampen oder Energie-
speicherung in Spulen kann dazu führen,
dass ein Halbleiterschalter nicht direkt
nach dem Einschalten in den Durchlass
(RDSon) schaltet, sondern eine bestimmte
Zeit noch im aktiven Betrieb verharrt und
dabei sehr hohe Verlustleistungen ausge-
setzt ist. Ein Einsatz von Halbleiterschal-
tern, die intelligentes Schaltverhalten un-
terstützen, hilft, die Verlustleistungen im
Schaltübergang zu reduzieren.

Programmierung  Zu hohe Programmierspannung (z.B. 5V


bei einem mit 3,3V betriebenen Bauteil)
führt zu Beschädigung

Einbau der Baugruppe  Problematik Steckvorgang


o Durchführen des Steckvorgangs.
sowie Zwischen den an den Steckvor-
gängen beteiligten Baugruppen
Anschluss der Bau- kommt es zu Ausgleichsvorgän-
gruppe (Bussystem, gen aufgrund unterschiedlicher
Bordnetz) elektrischer Potentiale. Die Situa-
tion verschärft sich, wenn der
Steckvorgang unter Last/im Be-
trieb („under power“, sogenanntes
„Hotplugging“) vorgenommen wird.
Längere GND-Pins (First Mate –

53
last Break) in den Steckverbin-
dungen helfen, unbeabsichtigte
Strompfade in ihrer Entstehung zu
unterdrücken, solange die sicher-
stellende Masse-Verbindung noch

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nicht hergestellt ist.
o Entlade-/Umladevorgänge beim
Anschluss eines Kabelbaumteil-
stücks. Durch elektromagnetisch
bedingte Einstrahlung erfolgt Auf-
ladung eines bisher nicht ange-
steckten Kabelbaumteilstücks. La-
dungsmenge wird nach Kontaktie-
rung schlagartig abgebaut. Ab-
hängig vom Design der Baugruppe
(z.B. mit/ohne TVS Diode am Ste-
ckereingang) kann der Vorgang zu
kurzen Spannungspeaks und da-
mit zur Schädigung von angren-
zenden Bauelementen führen.

Prüfzone  Fehlerhafte Einstellung von Prüfgeräten


oberhalb der AMR (z.B. Zu hohe Versor-
gungsspannung)

Nacharbeit  Unsachgemäßer Ausbau (Ausbaureihen-


folge/-anleitung nicht eingehalten)
 Vertauschen von Steckern an der Bau-
gruppe. Dadurch wurden die Ausgänge
der Baugruppe mit der Versorgungsspan-
nung verbunden und das Treiberbauele-
ment damit beschädigt.
 Durchführen des Steckvorgangs bei Be-
trieb bzw. unter Last. Zwischen den an den
Steckvorgängen beteiligten Baugruppen
kommt es zu Ausgleichsvorgängen auf-
grund unterschiedlicher elektrischer Poten-
tiale.

54
Feld:

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Legende: Potentielles Risiko des Auftretens

Gering Mittel Hoch

Abbildung 14: Aufschlüsselung der relevanten Schritte im Lebenszyklus eines


Bauelements für den Abschnitt „Feld“

Ausgewählte Beobachtungen (und damit keine Garantie auf Vollstän-


digkeit) zu EIPD Szenarien mit mittlerem bzw. hohem Risiko:

Abschnitt Fallbeispiele

Distribution/Überführung  Überschreitung der AMR einer Bau-


zum Händler bzw. Region gruppe oder eines Bauteils aufgrund
von Schnellladung nach Verschiffung.
Kundenbetrieb  Überschreitung der AMR einer Bau-
gruppe oder eines Bauteils aufgrund
Fremdstarten des eigenen oder eines
anderen Fahrzeugs.
 Negative Auswirkung eines degradie-
renden Massekontakts im Verkabe-
lungssystem (aufgrund äußerer Um-
welteinflüsse wie Korrosion oder Be-
wegung) auf das systemumfassende

55
Robustheitskonzept.
 Kurzschluss aufgrund eines Feuchtig-
keitseintrags führt dazu, dass eine ge-
forderte Isolation zwischen Bauele-
menten oder Baugruppen verloren
geht.

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Wartung/Service  Unsachgemäßes Handling beim Aus-
tausch von Baugruppen, wie etwa feh-
lende Erdungsmaßnahmen, kann da-
zu führen, dass ESD-artige Entladun-
gen an der Baugruppe auftreten.
Reparatur (Aus-  Kunde versucht das Fahrzeug zu tu-
bau/Tausch, Baugruppe, nen (Chiptuning, Software-Tuning)
Software-Update) und berücksichtigt dabei nicht die
spezifizierten AMR der Baugrup-
pe/des Bauelements.
 Vor dem Austausch der Batterie eines
Funkschlüssels erdet der Kunde sich
und die Baugruppe nicht ausreichend,
dadurch kommt es zu einem ESD-
Ereignis an Bauteilen des Funk-
schlüssels

56
8 Anlagen

8.1 Anhang 1: Level 2 Informationen

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Infos vom Halbleiterhersteller bei Level 2 Beispiele für Antworten
zusätzlich zu Level 1
Gab es signifikante Abweichungen in der Ausbeute Nein, Yield liegt im erwarte-
der betroffenen Produktionseinheit (Yield)? ten Rahmen
Seit wann existiert das Design des Produktes? 1990, keine Änderung
Gab es relevante Änderungen des Designs?
Gab es Prozessabweichungen (out of conrol, out nein
of spec, Material Review Board) oder Änderungen
während der Waferproduktion?
Gab es relevante Änderungen im Testprogramm, nein
in der Abfolge von Tests, wurde die Temperatur
verändert?
Ist im Testablauf sichergestellt, dass im finalen Ja, durch Leckstromtest
Testschritt eine Vorschädigung erkannt wird?
Gab es relevante Änderungen beim Verpacken Verlagerung von Malacca
(Maschine, Standort, Material)? nach Singapore
Enthalten die Fehleranalyseergebnisse Hinweise Nein
auf eine Bauelementschwäche?
Konnte der EIPD Schaden mittels Nachbildung Ja, die betreffende ESD-
bzw. Simulation nachgestellt oder durch eine De- Diode wurde zerstört
signanalyse erklärt werden?
Ist die Temperaturanbindung an Leadframe bzw. Keine Delamination sichtbar
Heatsink innerhalb Spezifikation (Bei Leistungs-
halbleitern relevant)?
Gibt es Gemeinsamkeiten der Ausfallteile (Position Keine Auffälligkeit in der
auf Wafer, Tester, etc.)? Waferposition
Handelt es sich bei dem Bauelement um ein Au- Ja nach AEC Q100
tomotive Produkt mit durchgeführter und bestan-
dener AEC Qualifikation?
Ist die geschädigte Stelle im Bauelement beson- Ja, bei Metalloxid-
ders sensitiv? Kondensatoren

57
Infos vom Tier bei Level 2 zusätzlich zu Beispiele für Antworten
Level 1
In welcher Baugruppe war/ist das beanstandete EM 55 Fensterhebermodul,
Bauelement verbaut? Motorsteuergerät B67, ABS
15C, etc.

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Wie häufig wird das Bauelement verwendet? 6 mal bei der Ansteuerung
von 3 Phasen
Welche Funktion erfüllt das beanstandete Bauele- Motorsteuerung, Treiber für
ment in dieser Baugruppe? Endstufe, Schutzdiode,
Spannungsregelung, etc.
Falls eine Last getrieben wird, welcher Art ist die Induktiv, kapazitiv, ohmsch
Last?
Wie ist das Bauelement angeschlossen? Direkt an Klemme 30, über
(Schaltplan der Umgebung des Bauelementes) Vorwiderstand 10Ω an Kl 15,
an Spannungsregler 5Volt,
etc.
Waren andere Bauelemente auf der betroffenen Ladekondensator, Microcon-
Baugruppe beschädigt? troller, Suppressor Diode,
Wenn ja, welche? Gatewiderstand, etc.
Durch welche Produktionslinie (Tester) ist Fertigung Düsseldorf, End-
die Baugruppe gelaufen? montage Prag
Wenn mehrere Tester (ICT, Funktional) oder Pro- Nur eine Programmierstation;
grammierstationen vorhanden: Gibt es eine Häu- Ja bei ICT 1 gab es Häufun-
fung? gen
Wo im Fertigungsprozess befand sich die Bau- In Circuit Test (ICT), End of
gruppe zum Zeitpunkt des Ausfalles? (Nur relevant Line test (EOL), Baugrup-
bei Linienausfällen) pentest, etc.
Was sind die elektrischen und schadensrelevanten IC 1 Pin 8 am ICT < 10 uA
Testbedingungen beim In Circuit Test (ICT)? Teststrom
Was sind die elektrischen und schadensrelevanten Ohmsche Last 1Ω für 10 sec
Testbedingungen beim End of Line Test (EOL)? oder Spule 10mH, etc.
Seit wann ist die Baugruppe in Serie? Prototyp, Produkthochlauf,
seit 3 Jahren in Produktion
etc.
Gab es Änderungen an der betroffenen Baugruppe nein
(Hardware und Software) mit zeitlichem Bezug
zum Produktionszeitraum?
Existieren mehrere Varianten/Versionen derselben Nur Version 4.0 betroffen
Baugruppe?

58
Wenn ja, sind die anderen Varianten/Versionen
ebenfalls betroffen?
Ist das Bauelement in anderen Baugruppen auffäl- Nein, nur eine Baugruppe be-
lig? troffen
Sind andere Kunden betroffen? Ja, vier weitere Kunden be-

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troffen
Level II Infos vom OEM bei 0km zusätzlich Beispiele für Antworten
zu Level 1
In welcher OEM Fertigung wurde das Problem zu- Shanghai,
erst entdeckt?
Ist der Fehler in unterschiedlichen Produktions- Shanghai, Sindelfingen etc.
standorten aufgetreten?
Bei welchen Produktionsschritt wurde das Problem Anschluss der Baugruppe,
entdeckt? Inbetriebnahme, Fahrtest,
etc.
Wo im Fahrzeug ist/war die Baugruppe montiert? Tür, Armaturenbrett, Radträ-
ger, Motorraum, Kofferraum,
etc.
Wurde an dem Fahrzeug eine Nacharbeit durchge- nein
führt?
In welchem Betriebszustand befand sich das Fahr- Stillstand, Zündung ein, Mo-
zeug beim Ausfall der Baugruppe? tor im Leerlauf,
Parkposition, etc.
War die Baugruppe zum Zeitpunkt des Ausfalles Fahrzeugbatterie 12V
an Fahrzeugbatterie oder Hilfsspannung?
In welchem Betriebszustand befand sich die In Testbetrieb beim Hochfah-
Baugruppe zum Zeitpunkt des Ausfalles? ren der Scheibe; Sleep Mode,
Codierung, Programmierung,
etc.
Sind neben der betroffenen Baugruppe andere Spiegelverstellung, Schließ-
Baugruppen an derselben Versorgung ange- anlage,
schlossen? etc.
Handelt es sich bei dem betroffenen Fahrzeug Hochlauf eines neuen Mo-
um ein neues Modell? Falls nicht: Seit wann ist dells,
das Fahrzeugmodell in Serie? In Serie seit drei Jahren etc.

Gibt es eine Korrelation zwischen Ausfällen und nein


Ausstattung des Fahrzeuges?

59
Level II Infos vom OEM bei Feldausfällen Beispiele für Antworten
zusätzlich zu Level 1
Wo befand sich das Fahrzeug geografisch zum Belgien
Zeitpunkt des Ausfalles?
In welcher Werkstatt wurde der Fehler festgestellt? Brüssel Werkstattnummer 34

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Gibt es Häufungen bezüglich Jahreszeiten? Winter
Gibt es Häufungen bezüglich Ausfallregionen? Alle Ausfälle aus Niederbay-
ern
Sind neben der betroffenen Baugruppe andere Nein, keine anderen Ausfälle;
Baugruppen ausgefallen oder getauscht worden? Ja: Motorsteuerung,
Klimamodul,
Türmodul rechts, etc.
Was war der Kilometer-/Meilenstand beim Ausfall Ca. 2000 KM
der Baugruppe?
Weshalb wurde das Fahrzeug in die Werkstatt ge- Unfall; Panne (Liegenbleiber)
bracht (mit Originalton des Kunden)? mit leerer Batterie
Wurde das Fahrzeug fremdgestartet? nein
Gab es in der Vergangenheit Reparaturen an dem nein
betroffenen Fahrzeug (Fahrzeughistorie)?
Wurden Modifikationen an dem Fahrzeug durchge- nein
führt (z.B. Tuning)?
Gibt es eine Korrelation zwischen Ausfällen und nein
Ausstattung des Fahrzeuges?

60
8.2 Anhang 2: Weiterführende Erkenntnisse und
Fallbeispiele
Die diesem Band zugrundeliegenden Fallstudien zeigen:

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1) Neben der zeitlichen Spanne kann auch die örtliche Distanz
zwischen dem Ereignis, wo der Fehler ursächlich eingebracht
und dem Ereignis, bei dem der Fehler detektiert wurde, sehr
groß ausfallen. Dieses ist für die Lösungsfindung, als auch der
Ableitung und Erarbeitung von entsprechenden Abstellmaß-
nahmen zu berücksichtigen.
2) Im Zusammenhang mit einer EIPD Signatur auf einem konkre-
ten Bauelement können auch noch weitere Bauelemente der
Baugruppe eine EIPD Signatur aufweisen. Alle betroffenen Bau-
teile müssen bei der Ursachenfindung berücksichtigt werden.
3) Folgefehler müssen untersucht werden. Defektbehaftete Bau-
gruppen können nachgelagerte Bauelemente so ansteuern,
dass deren spezifizierter Bereich verlassen wird. Die Folge ist
ein klassischer EOS an einem Bauelement in eben dieser
nachgelagerten Baugruppe

Die drei Beobachtungen und die daraus wachsende Komplexität werden


anhand der beiden Fallbeispiele noch einmal herausgestellt.

8.2.1 Beispiel 1: Verbinden mehrerer Baugruppen im Fahr-


zeug unter Last (entnommen Quelle [1])

In diesem Fall wurde ein Fahrzeugtyp an zwei verschiedenen Ferti-


gungsstandorten in vergleichbarer Stückzahl hergestellt ( Ergebnis
der statistischen Analyse). Dabei wurde ein und dasselbe Airbag Modul
verbaut ( Informationsaustausch unter den involvierten Partnern). Der
OEM berichtet von Ausfällen im Zusammenhang mit dem Airbag Modul
nur in einer seiner beiden Fertigungslinien ( Ergebnis der statistischen
Analyse). Die Fehleranalyse zeigte eine beschädigte Diode an der LIN
Schnittstelle mit zentralem ESD Schutz.

61
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Abbildung 15: Beschädigte ESD Diode an der LIN Schnittstelle des
Airbagmoduls Quelle: [1]

Eine elektrische Belastungsserie im Rahmen der Fehlerreproduktion


durch den Tier zeigt, dass das betroffene Bauelement an seiner LIN Bus
Schnittstelle vergleichbar beschädigt werden kann, sofern gewisse
quantitative Randbedingungen in Form von Entladekapazitäten und
Spannungspegel überschritten werden. Diese Erkenntnisse werden nun
mit den Gegebenheiten des Verbindens und Ansteckens des Airbag-
Moduls an das Gesamtsystem in Beziehung gesetzt.

62
Abbildung 16: Verbindungsarchitektur von zwei ECUs inklusive Fahrzeugbatte- © VDA QMC Gelbband 2019 | ENTWURF - Free version | www.vda-qmc.de/publikationen/gelbdrucke
rie (links). Bei dem betroffenen Airbag Modul handelt es sich um
die ECU1. Ein auftretender Fehlerstrom von der Batterie über die
ECU2 in die ECU1 aufgrund (kurzzeitig) fehlender Masseverbin-
dung von ECU2 führt zu einer Beschädigung der ESD Diode in
ECU1 (rechts). Quelle: [1]

Wird die ECU1 (Airbag Modul) zuerst an die Fahrzeugbatterie ange-


schlossen und danach die ECU2, können kritische Ausgleichsströme
von der Batterie über die ECU2 in die ECU1 auftreten. Der Grund ist,
dass im Rahmen des Steckvorgangs zunächst nur die Versorgung- und
Signalleitungen von ECU2 verbunden werden, und erst danach die
wichtige Masseverbindung zum Gesamtsystem hergestellt wird. Solan-

63
ge diese Masseleitung nicht gegeben ist, können kritische Ausgleich-
ströme von der ECU2 in die Masseanbindung von ECU1 geleitet wer-
den. Übersteigen die Pegel dieser Ausgleichströme kritische Werte,
kann die ESD Diode in ECU1 beschädigt werden.

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Abbildung 17: Position der beiden Baugruppen im Fahrzeug. Quelle [1]

Durch die Position der beiden Baugruppen 1 und 2 im Fahrzeug ist zwar
eine sehr große räumliche Distanz gegeben. Diese ist im EIPD Fall aber
nicht relevant, weil über den Kabelbaum die beiden Baugruppen
elektrisch in Beziehung gesetzt werden. Bzgl. der betroffenen Ferti-
gungslinie hat sich gezeigt, dass der Ablauf dort vorsieht, zuerst das
System zu versorgen und dann die Steckverbindungen vorzunehmen.
Im Fall der unauffälligen Fertigungslinie wird die Reihenfolge hingegen
genau umgekehrt vorgenommen.

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8.2.2 Beispiel 2: EIPD Folgefehler in einer Baugruppe auf-
grund eines fehlerhaften Bauelements in einer vorge-
lagerten Baugruppe.

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Baugruppe mit einem Baugruppe mit einem
defektbehafteten Bauelement Bauelement mit EIPD Signatur
-nicht durch Semi/Tier erkannt

Ansteuerung

Gesamtsystem
Ausfall beim OEM/Feld
mögliche Fehleransteuerung durch Tier nicht erkannt
(weil Betriebsbedingungen/Modi nicht vollständig erfasst)

Abbildung 18: EIPD bedingter Ausfall eines Gesamtsystems. Beteiligt sind zwei
Baugruppen mit ihren jeweiligen Bauelementen, wobei die erste
Baugruppe eine nachgelagerte Baugruppe ansteuert.
Ein Fahrzeug besteht aus mehreren Baugruppen und Bauelementen
(von verschiedenen Herstellern), wobei einzelne Baugruppen wiederum
nachgelagerte Baugruppen mit Bauelementen ansteuern. Das ansteu-
ernde Bauelement in der ersten Baugruppe sei aufgrund seiner eigenen
Herstellung mit einem Defekt behaftet, aber nicht aussortiert. Es betreibt
in der Gesamtapplikation das Bauelement der nachgelagerten Bau-
gruppe in dessen nicht zulässigen Bereich. Das nachgelagerte Bauele-
ment hat im Rahmen seiner Fertigung keine Schwächung erlitten, wird
aber durch den Betrieb außerhalb seiner safe operating area (SOA) be-
schädigt. Die Zeitpunkte zwischen Einbringen des Defekts und Detekti-
on im System liegen weit auseinander, zudem müssen für eine vollstän-
dige Ursachenfindung beide(!) Bauelemente in ihrer Wechselwirkung
berücksichtigt werden - nicht nur das Bauelement mit der augenschein-
lichen EIPD-Signatur.
Ganz allgemein zeigen die aufgeführten Beobachtungen sehr deutlich
die Notwendigkeit auf, dass alle involvierten Partner im Rahmen einer
Level 2 Vereinbarung zusammenzubringen sind. Nur so können die er-
forderlichen Informationen untereinander ausgetauscht und gemeinsam
bewertet werden.

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8.3 Anhang 3 Beispiel einer statistischen Analyse
Tabelle 4: Statistische Analyse gemäß VDA Band EOS in der Automo-
bilindustrie beim Halbleiterhersteller

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Gab es gleichgeartete Ausfälle aus Nein, bis dato kein weiterer
der gleichen Produktionseinheit Ausfall
(Wafer Los) innerhalb der letzten
zwölf Monate?

Gab es gleichgeartete Ausfälle aus Nein, bis dato kein weiterer


der gleichen Produktionseinheit Ausfall
(Gehäuse) innerhalb der letzten
zwölf Monate?

Gab es überdurchschnittlich viele Nein


gleichgeartete Ausfälle desselben
Bauelementes innerhalb der letzten
zwölf Monate?

Gab es überdurchschnittlich viele Nein, der ppm Anteil von Aus-


gleichgeartete Ausfälle in der glei- fällen die EIPD zeigen liegt im
chen Technologie (Wafertechno- erwarteten Bereich von <
logie und Gehäusetechnologie) in- 0,001 ppm
nerhalb der letzten zwölf Monate?

Gab es gleichgeartete Ausfälle von Nein


anderen Kunden innerhalb der letz-
ten drei Monate?

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9 Quellenverzeichnis
[1] Industry Council on ESD Target Levels; White Paper 4 - Under-
standing Electrical Overstress – EOS; 2016.

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[2] ANSI/ESD SP27.1-2018; ESD Association Standard Practice for
the Recommended Information Flow Regarding Potential EOS Is-
sues between Automotive OEM, Tier 1, and Semiconductor Manu-
facturers; 2018; ISBN: 1-58537-300-1.

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Qualitätsmanagement in der Automobilindustrie

Den aktuellen Stand der veröffentlichten VDA Bände zum Qualitätsma-


nagement in der Automobilindustrie (QAI) finden Sie im Internet unter
http://www.vda-qmc.de.

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