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Max Bense geht in seinem Buch »Die Realität der Literatur«, das
er als Gegenstück zu dem ebenfalls in der Reihe »pocket« erschiene-
Daraus wird verständlich, daß das Buch mit einem Essay über
d'Alemberts Sprachphilosophie beginnt, die von den heutigen
Linguisten gern übergangen wird. Auch versteht aus diesem Grund
der Leser die Vorliebe des Autors für die abstrakte, theoretische
Seite der von ihm behandelten Schriftsteller, die zumeist Zeitge-
nossen sind oder als solche bewertet werden: Gertrude Stein, Francis
Ponge, Henri Michaux, Helmut Heissenbüttel, Alfred Andersen,
Ferdinand Lion, Ludwig Harig, Ernst Jandl u. a.. Es sind immer
Autoren, denen die artistischen, experimentellen, ästhetischen Mo-
tivationen ihrer Schriftstellerei wesentlich sind. Mit dieser Intention
hängt natürlich auch die starke Einbeziehung der Konkreten und
maschinellen Poesie zusammen: desgleichen die Transgression der
sprachlichen Mittel in die visuellen Wahrnehmungsbereiche. Doch
wird keineswegs immer nur der theoretische Hintergrund der
Sprachkunstwerke anvisiert, die Essays berücksichtigen auch per-
sönliche Erfahrungen, die der Autor als analytischer Kritiker im
Umgang mit seinen schriftstellerischen Freunden gewann.
Max Bense
Die Realität der Literatur
1
Es gab nie zuvor eine solche Bescheidenheit der Wollust.
F. NIETZSCHE
http://www.archive.org/details/dierealittderliOOObens
Über die Realität der Literatur
Vorwort
ist, die als Konfinium zwischen >Sein< und >Bewußtem< besteht, ist
eine Tatsache, die erst unsere Epoche kreativ ernst nimmt und
ausnützt. Als kreierte Realität hat sie ihren informativen, kommu-
nikativen und konstruktiven Aspekt, und indem wir den letzteren
8
Eigenwelt, nicht aber die phänomenale Außenwelt der Texte das
Prinzip ihrer kreativen und somit ästhetischen Motivation aus-
den Sinn für Artistik schärften, in der die Figur der Rede dem
Experiment ausgesetzt werden konnte. Zum Verständnis dieser
Zusammenhänge ist es wichtig, sie auf rationalem Grund zu sehen:
die engagierte Prosa kann nicht mehr bloß, wie Sartre meinte,
Reich der Bedeutungen sein, sie muß als Medium der Urteile, der
Sätze, die wahr oder falsch sind, die ja oder nein sagen, entwickelt
10
Die »Melanges« d'Alemberts
Aber neben dem »Traiti« und neben den Artikeln für die »Enzy-
klopädie« gibt es die »Melanges«, erschienen 1767, 5 Bände,
»Melanges de Litterature, d'Histoire et de Philosophie«, haupt-
sächlich verfaßt nach der Publikation der großen Himmelsmechanik
(1754), als die Vorliebe für mathematische und physikalische Fra-
gen erloschen war. Kaum bemerkt, hat nun d'Alembert in diesen
11
Elogen und Essays die schöpferische und enzyklopädische Funktion
seines Geistes durch eine andere, durch die antizipierende abge-
den Beweis so gut beherrscht wie die Totenrede, die Prosa so gut
wie den Kalkül und ein für allemal dokumentierend, daß natur-
wissenschaftliche und geisteswissenschaftliche Ambitionen nicht in
visiert, von denen nicht mehr eindeutig genug gesagt werden kann,
ob sie zur Naturwissenschaft oder zur Geisteswissenschaft gehören,
die aber begonnen haben, selbständige, wenn auch verzweigte
Disziplinen zu werden. Ich spreche von der Vorgeschichte der
modernen Informations- und Kommunikationstheorien, von der
Allgemeinen Informations- und Kommunikationstheorie, die der
speziellen der Nachrichtentechnik und der Kybernetik zugrunde
liegt. D'Alemberts »Melanges de Litterature, d'Histoire et de
Philosophie« gehören dieser Vorgeschichte an. Man sieht eine exakte
12
seinsthematische Charakter wahrscheinlichkeitstheoretischer und
statistischer Begriffe bringt es mit sich, daß sie über die Mathematik
und Naturwissenschaften hinaus anwendbar sind und die Grenzen
zwischen diesen und den geisteswissenschaftlichen und soziologischen
Disziplinen verwischen. Die Tatsache, daß jeder Text eine »geglie-
derte Elementenmenge« ist und daß innerhalb einer Sprache, etwa
der Umgangssprache, auf gewisse bereits gewählte und benutzte
Wörter (und Wendungen) mit hoher Wahrscheinlichkeit immer
gewisse andere folgen oder nicht folgen, hat die Statistik in der
Linguistik verwendbar gemacht und dem Begriff Information eine
13
math^matiques« die damaligen Grundlagen der Wahrscheinlich-
keitsrechnung so heftig bezweifelt, daß sich sogar Euler dagegen
wandte. In den »Melanges« (V) findet sich eine erneute Behandlung
der Frage. Es wird den Gegnern in einem schönen Traktat »Doutes
et Questions sur le Calcul des Probabilites« geantwortet, zugleich
werden aber die alten Bedenken wiederholt, ja sogar verschärft.
Dennoch, fast ein wenig wider Willen, tritt die universale und
kategoriale Bedeutung des Begriffs Wahrscheinlichkeit, trotz nega-
tiver Einschätzung der Grundlagen, aus denen er entwickelt wird,
noch stärker hervor als bei Euler. Es liegt der Fall vor, daß gerade
die Kritik einer Methode ihre Kühnheit und ihre Reichweite plau-
sibel macht.
Jener Traktat enthält nun auch Ansätze zu Überlegungen, die man
heute in der Statistischen Sprachtheorie und in der Linguistischen
bestehen.
Die erste Anordnung bildet ein Wort. Die zweite Anordnung bildet
kein Wort, aber die Buchstaben folgen im Sinne des Alphabets
aufeinander. In der dritten Anordnung sind die Buchstaben will-
kürlich angeordnet, »pele-mele, sans ordre, et au hazard« wie
d'Alembert sich ausdrückt. Jemand, der diese drei Anordnungen
betrachtet, so fügt er hinzu, würde bereits auf den ersten Blick
hin erklären, daß die erste Anordnung kein Werk des Zufalls sei,
14
aber physikalisch (also im Sinne der Apperzeption). D'Alembert
gedachte, mit diesem Beispiel seinen kritischen Hinweis zu bekräf-
tigen, daß man in der Begründung der Wahrscheinlichkeitsrechnung
nicht ohne weiteres von der Gleichwahrscheinlichkeit der Fälle
ausgehen dürfe. Nun, heute sind die Verhältnisse geklärt und
d'Alemberts Zweifel bereiten uns keine Schwierigkeiten mehr. Aber
sein Beispiel bleibt uns interessant.
15
freie«, »bedeutungsfreie« Darstellungen als durchaus echte ästhe-
tische Realisationen möglich geworden sind. So hat in einem ge-
wissen Umfange die moderne Kunst einen statistischen Ursprung
und Kontext.
D'Alembert scheint übrigens in seinem Traktat, in dem er von
mathematischer und physikalischer Wahrscheinlichkeit spricht, zwi-
schen Wahrscheinlichkeit im Sinne der Formulierung und zwischen
Wahrscheinlichkeit im Sinne der Apperzeption unterschieden zu
haben. Ähnlich wie man in der heutigen Informationstheorie (etwa
Hinsicht ist eine Notiz aus »Reflexions sur le Goüt« (Mel. IV).
»Dans un ouvrage de poesie, par exemple, on doit parier tantot a
l'imagination, tantot au sentiment, tantot a la raison, mais toujours
16
des Langues« (Mel. V.), die »Eloge de M. du Marsais« (Mel. II)
und die »Reflexions sur PElocution oratoire et sur le Style en
17
genützt wird. Man weiß, daß Eigen-Spiel und Störung Arbeit und
Sinn dieser Maschine begrenzen. Nun, beim Lesen d'Alemberts
Artikel gewinnt man durchaus den Eindruck, daß er sich im klaren
darüber ist, wie sehr jedes »ouvrage d'imitation«, wie sehr jede
Übersetzung durch eine »liberte dangereuse« bedroht ist. Im Prin-
zip ist die Wahlmöglichkeit, also der Freiheitsgrad, die Innovation
18
Musik). Diese Zuordnung von Bewußtseinsfunktionen und be-
stimmten intellektuellen Fähigkeiten und Tätigkeiten ist durch
die modernen Automatic Studies wieder aktuell geworden. In-
dessen ist für uns der mittlere Stamm, Raison, besonders interes-
que wird nun sehr weit gefaßt; seine drei Verzweigungen sind:
Art de penser (die eigentliche Logik und Wissenschaftstheorie),
Art de retenir (die ein Supplement zum Hauptstamm »Memoire«
darstellt und die zwischen natürlichem und künstlichem Gedächtnis
sowie zwischen Schreiben und Drucken unterscheidet), Art de Com-
muniquer (in der einerseits die Science de Plnstrument du Discours,
also die Lehre von den »Zeichen«, von der »Konstruktion«, Philo-
logie, Kritik usw. und andererseits die Science des Qualites du
Discours, Rhetorique und unter dem Titel Mechanique de la Poesie
19
gebenen als durch den Horizont des Machens bestimmt wird.
Gerade in dieser Hinsicht ist das Verwenden des Begriffs »Com-
muniquer« in der »Logique« ebenso kennzeichnend wie z. B. der
Gebrauch, den d'Alembert von dem Ausdruck »Fiction« macht, um
die »Poesie« durch eine zentrale Eigenschaft .zu bestimmen. Seit
20
Ponge und die literarische Praxis
21
das Gallimard kürzlich herausbrachte und das, signifikant, in
»Dichtungen«, »Methoden« und »Stücke« gegliedert wurde.
Es ist ein großes Verdienst der Walter-Drucke, nunmehr wenigstens
einen Teil aus den »Methoden« dem deutschen Sprachraum zu-
gänglich gemacht zu haben. Teile aus den »Dichtungen« hat Eli-
sabeth Walther bereits vor ein paar Jahren übersetzt und heraus-
gegeben.
Unter dem Titel »Die literarische Praxis« hat der Verlag - als
die ebenfalls ganz und gar konkret ist, auf eine seltsame Weise
konkret, und das ist die Sprache, das sind die Wörter. Ich glaube,
22
wie die äußere Welt. Sie ist da . . . diese Wörter, jedes Wort ist
eine Spalte im Diktionär, das ist ein Ding, das eine Ausdehnung
hat, selbst im Raum, im Wörterbuch, aber das ist auch ein Ding
mit einer Geschichte, die seinen Sinn verändert hat, mit zwei, drei,
Es gibt also nicht nur die Außenwelt der Texte, das, worüber sie
sprechen, sondern auch die Eigenwelt der Texte, also das, was sie
eine dritte, die etwas wie ihre Bedeutung wäre. Denn ein Wort, wie
soll ich sagen? Für das Auge ist es eine Gestalt von einem Zenti-
meter oder einem halben Zentimeter oder dreieinhalb Millimeter
Länge, mit einem Punkt über dem i oder einem Akzent eine . . .,
Person, etwa ein kleiner Wurm, ein kleiner Wurm, und auch mit
einem Blick. Wenn man sensibel ist, dann ist man dafür sensibel,
trotz allem, und es hat auch eine sonore Existenz.«
In der modernen Texttheorie nennt man eine solche Betrachtung
material. Francis Ponge konzipiert hier eine materiale Vorstellung
23
Ausdruck »konkret«. Er faßt damit alles zusammen, was ein
che« auf jene Funktionen zurück, die sie von sich aus, also als
24
Da ich das sehr lebhaft mit einer Art von Unbehagen oder Scham
empfand, habe ich mich recht oft gerade dagegen, gegen das ge-
sprochene Wort ans Schreiben gemacht, genau das war es, was
mich auf mein Papier warf . . .«
Francis Ponge versteht also unter der Sprache des Dichters eine
geschriebene Sprache, eine Sprache, die sorgfältig überwacht wird,
die sich im Zaum hält und die auf allgemeinen Rang bedacht ist,
ihn das gesprochene Wort mit all seinen individuellen und aktuellen
Färbungen. Man darf sicher sein, daß die dichterische Sprach-
konzeption Francis Ponges, der außergewöhnlich linguistisch in-
teressiert ist, nicht zuletzt durch jene Unterscheidung, die in der
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dieses Buches über Malherbe ist, die auch die Essays über »Die
ge der Texte.«
Die eigene Realität der Texte: das ist genau das Thema der »Lite-
rarischen Praxis«, das Thema der »Materie des Wortes«, die ihre
eigenen Gesetze haben und die eine natürliche Umgangssprache
niemals in ihrer Reinheit hervortreten lassen könne. »II faut degas-
scogner la langue« hatte Malherbe formuliert, »man muß die
26
scheint Ponge auch der literarischen Schreibweise, der Erschaffung
27
Die Textrealität der Seife
Das schmale Buch von Francis Ponge »Die Seife« ist nicht wegen
seines Gegenstandes, sondern wegen seiner Wörter und Sätze für
den Kritiker interessant. So gegenständlich, so objektbezogen der
Titel auch immer sich anhören mag, der Sinn des Buches ist keine
Darstellung, sondern ein Prozeß - der Prozeß eines Textes, der in
Das Buch beginnt mit der Reflexion auf den »Anfang des Buches«,
28
als Titel »Die Seife«. Aber nach der Einführung des »Anfangs«
kommt zunächst noch die Einführung des Autors, der schreibt, der
spricht. »Sie hören in diesem Augenblick die ersten Zeilen eines
Textes . . . Jetzt schreibe ich diese ersten Zeilen . . . Ich sitze an
sie vor allem noch dieser verflixte Aktenstoß! . . . Also los! öffnen
wir die Akten . . .«
Damit hat uns der Autor, höchst rhetorisch, figurenreich, ein wenig
pathetisch und ein wenig akademisch aus der Objektrealität in
die Textrealität versetzt.
Text über die Seife.« Der Autor führt das, was er macht, als einen
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wie Max Bill seine Bilder, die konkrete Malerei erklärt. Francis
Ponge offenbart sich hier als Platoniker, genauer: als Moralist, als
Ironiker und als Humorist. Er hat übrigens die Ergebnisse seines
Schreibens aus dem Juli 1943 den Freunden Albert Camus und
Jean Paulhan mitgeteilt. Paulhan antwortete nicht. Ein Auszug
aus dem Brief von Camus wird mitgeteilt. Auch dieser Auszug
gehört natürlich zur Textrealität der Seife im Jahre 1943.
Der nächste Teiltext ist dramatischer Art, ein »Vorspiel in Form
einer Saynete oder einem Momon«. Dabei bedeutet Saynete soviel
wie ein Zwischenspiel als Lustspiel im Sinne des spanischen Theaters.
Ein Momon ist eine Art Tanz, der von Masken aufgeführt wird,
gewissermaßen ein Mummenschanz. Für Ponge handelt es sich um
ein sprachliches Arrangement, das sich über die eigenen Ausdrucks-
mittel mokiert. Ich will das Arrangement des Gesprächs zwischen
Schornsteinfegern, Philosophen, einem absoluten Leser, einem Tipp-
fräulein, einem Dichter und einem Abbe nicht ausführlicher be-
schreiben, sondern lediglich auf eine Metapher verweisen, die der
Zunächst führt der Autor sich selbst, sogar mit Namen, ein. Man
bemerkt jedoch, daß er sich inzwischen mit anderen Dingen, mit
anderen Texten intensiv beschäftigt hat. Er äußert sich, ehe er
sich deutlicher auf die Seife bezieht, wohl unter dem Eindruck
30
seines früheren Motivs der geistigen Reinigung über Maler, Schrift-
31
Es ist indessen noch hinzuzufügen, daß das Buch fünf »Anhänge«
besitzt, in denen das Thema, also die Textrealität der Seife, noch
einmal, gewissermaßen aufstoßend, vorgenommen, reflektiert, er-
gänzt, variiert, problematisiert, kodiert und zugeschlagen wird mit
dem Hintergedanken, den man, wie Pascal meinte, immer im Hin-
tergrund haben sollte, die Tür dazu noch einmal öffnen zu können.
DieseAnhänge stammen aus den Jahren 1964 und 1965. Der
Anhang III ist deshalb besonders interessant, weil Francis Ponge
darin auf das Wort »Seife« eingeht, eine alte Vorliebe bestätigend,
daß auch Dichtung, Literatur methodisch vorgehen kann, sogar
muß und die Diskrepanz zwischen wissenschaftlicher und künst-
lerischer Gesinnung in der bewußten schriftstellerischen Erzeugung
einer Art linguistischer Autonomie der Textrealitäten im Verhältnis
zur Sachrealität beinahe aufgehoben ist, ganz davon abgesehen,
daß jede Textrealität natürlich das Wort als den wesentlichen Bau-
stein voraussetzt.
32
delt es sich also um die Frage, wie ein Text im Schreiben seinen
Zusammenhang gewinnt, ein Zusammenhang, der zunächst mit den
syntaktischen Mitteln der Grammatik, dann aber mit den bedeu-
tungsbildenden Mitteln der Semantik verständlich aufgebaut wer-
den muß. Eine semantische Textrealität, die ihr Objekt also zunächst
bezeichnet, überführt bereits damit das Ding in das Wort und
darüber hinaus die bloße Sachorientierung der Sprache in eine
Bedeutungsorientierung. Genau damit ist dann der, der schreibt,
33
Das Buch »Die Seife« von Francis Ponge als das Beispiel einer vor
dem Auge und dem Bewußtsein des Lesers vollzogenen sukzessiven
Erzeugung einer Textrealität gibt einen sehr deutlichen Einblick
in die Differenzierung, von der hier die Rede ist. Es handelt sich
Lieber Leser, ich nehme an, daß du gelegentlich den Wunsch hast,
Toilette zu machen?
Für deine geistige Reinigung folgt jetzt ein Text über die Seife.«
Man bemerkt leicht, daß die Angrenzung zwischen Sachrealität
34
Unsere Analyse war der Semantik gewidmet. Daß eine semantische
Textrealität auch eine ästhetische ist, versteht sich für den Schrift-
Ich breche ab. Aber ich habe noch zu notieren, daß die französische
Literatur mit dem Werk von Francis Ponge klassisch bleibt. Denn
diese extreme Austragung dessen, was wir Bedeutung nennen, ge-
hört zur klassischen Literatur, die im Gegensatz zur modernen
Experimentalliteratur die semantische Dimension bevorzugt. Auch
Ponge mißtraut Gertrude Stein und ihren Folgen für die künst-
35
Theorie kubistischer Texte
Für D.-H. Kahnweiler
And the Cubist poets, like the Wenn ich es ihm sagte, hätte er es
painters, conceive of this unity as gern. Hätte er es gern, wenn ich es
something absolute, unshakeable ihm sagte.
and capabie of absorbing any kind Hätte er es gern, hätte Napoleon,
of heterogeneous elements. hätte Napoleon, hätte, hätte er es
Ich möchte hier die Grundlagen einer solchen analytischen und de-
skriptiven ästhetischen Theorie kubistischer Texte geben. Als Mo-
dell, an dem diese Theorie demonstriert wird, dient mir Gertrude
Steins »vollendetes Porträt von Picasso« aus »Portraits and
Prayers«, 1909 (1933). Was die ästhetische Analyse anbetrifft, so
radikal auf die sprachliche Eigenwelt der Texte bezieht und mit
semiotischen, numerischen und informationellen Mitteln arbeitet.
36
Ich verstehe alsdann unter der Analytik eines kubistischen Textes
37
mein Modell, auf Gertrude Steins »vollendetes Porträt« Picassos
und hebe zunächst hervor, daß der Titel semiotisch verstanden,
nicht als ein Index aufzufassen ist, der sich auf den Text als der
analogen, abbildenden Darstellung eines bestimmten Objektes be-
zieht. Der Titel fungiert, als Zeichen aufgefaßt, vielmehr als Index
des kubistischen Prinzips der Konstruktion des Textes. Das »voll-
Genau damit tritt neben den »digitalen Stil« als weitere Errun-
genschaft des kubistischen Prinzips der »materiale«, also der Ge-
winn der sprachlichen Eigenwelt als (linguistisches) Medium der
poetischen Konstruktion.
Der Text Gertrude Steins umfaßt (in der deutschen Fassung) 167
Wörter. Diese Wörter gliedern sich in 52 Konnexe, darunter 16
verschiedene. Diese verschiedenen und elementaren Konnexe sind:
38
als »Icone« aufzufassenden »Konnexe« zu einem »Text« (nicht
zu einem »Kontext«) erfolgt semiotisch durch »Indices«, die ent-
weder als »Interpunktionen« (Komma, Punkt), als »Abstände«
(Abschnitte) oder als »copulative Indices« (>und<) eingeführt wer-
den. Man zählt 3 Abstands-Indices, 38 Interpunktions-Indices
und (zunächst) 18 copulative Indices; zur kompositionellen Ver-
knüpfung der 52 elementaren Konnexe werden also insgesamt 59
39
Variationen (»Hätte er es gern, wenn Napoleon«), Repetitionen
(»hätte Napoleon, hätte, hätte er es gern«) und Reduktionen (»und
so«). Das oft konstatierte musikalische Prinzip der Fuge wird über-
aus deutlich. Stellenweise, wenn nicht ganz, nimmt der Text die
tun« hätte auch anders, etwa so »Wenn ich es ihm sagte, hätte er
40
sammenschließen. Semiotisch gesehen fungieren die ebenen Figuren
als Ikone und die Scharniere als Indices ihrer Verknüpfung, darüber
hinaus aber auch als Indices der Unbestimmtheit, der Varia-
bilität des Systems, die eine improvisierte Selektion seiner ästhe-
tischen Realität aus der Menge der mechanisch möglichen Kon-
stellationen zuläßt. Aber man wird schnell erkennen, daß dieser
41
nung wahrnehmbarer »Ordnungen« zum wesentlichen Resultat des
künstlerischen Prozesses.
Mit dem Text Gertrude Steins liegt der Fall vor, daß die Entwick-
Gerade indem wir den Text als variables ästhetisches Objekt (Text-
objekt) beschrieben haben, semiotisch aus Iconen und Indices,
42
turgrad« eines bestimmten »Elementes«, im Falle unseres Textes
also der Wörter bzw. der »Icone« oder »Indices«, der »Konnexe«
oder »Konstanten«, begründet. Auch das »Strukturmaß eines Pat-
tern« soll »in dem Maße groß sein, in dem die beteiligten Elemente
selten sind«, derart, daß »seltene Pattern«, also »Pattern mit selte-
43
weise des ersten Konnexes (»Schlösser schließen und öffnen sich wie
Königinnen es tun«) und der apophantischen Redeweise des letzten
Konnexes (»Lassen Sie mich erzählen, was Geschichte lehrt, Ge-
schichte lehrt«) eine relative Unwahrscheinlichkeit der »Elemente«
in seiner »Strukturbasis«, so daß also das »Strukturmaß« groß
wird. Man kann sich vorstellen, daß das »Superpattern« des Ge-
samttextes sich nach seinem letzten Satz »Lassen Sie mich erzäh-
len . . .« sich wiederholt, also einen »Rapport« entwickelt, der eine
»Substruktur« enthüllt.
44
Was erzählt Gertrude Stein?
Für Käte Hamburger
eigentliches Objekt den Text in Betracht, dann läßt sich leicht zwi-
schen der syntaktischen, der semantischen und der ontologischen
Dimension dieser literarischen Freiheit unterscheiden.
Die syntaktische Freiheit bezieht sich auf den Text als einer geglie-
dertenMenge von Elementen; ihr Feld ist die lineare oder flächige
Anordnung der Wörter, der Phrasen, der Sätze und Absätze, sofern
sie als pures Material linguistischer Bewegungen aufgefaßt werden;
ihre Prozesse sind demnach grammatischer, logischer, statistischer
45
Freiheiten und damit Erneuerungen und Erweiterungen des ur-
sprünglichen Horizontes der Texte sind in jeder Hinsicht möglich,
und mit den Freiheiten auf der syntaktischen, semantischen oder
ontologischen Ebene kommt es zu jenen ästhetischen Innovationen
und Kreationen im Text und seiner Sprache, die zum Sinn und
zum Reiz der Literatur gehören.
Der literarische Raum nun, in dem moderne Prosa, Texte, zu ihrer
Gestalt und Wirkung gelangen, wird im wesentlichen durch die
lich nicht die einzigen, denen diese Freiheiten wichtig waren, aber
ihr Werk hat wohl am sichtbarsten zu ihrem Gewinn beigetragen.
alt Irlands Herzen und Hände. Sollte mit dem Geld lieber irgend-
wie den Lebendigen helfen. Betet für die Ruhe der Seele des. Tut
das wirklich jemand? Rinn mit ihm ins Loch, und dann ist es aus.
46
bend ihre Bedeutungsfunktion verstärkte, also ihre Abhängigkeit
»Wenn man doch ein Indianer wäre, gleich bereit, und auf dem
rennenden Pferde, schlief in der Luft, immer wieder kurz erzitterte
über dem zitternden Boden, bis man die Sporen ließ, denn es gab
keine Sporen, bis man die Zügel wegwarf, denn es gab keine Zügel,
und kaum das Land vor sich als glattgemähte Heide sah, schon
ohne Pferdehals und Pferdekopf.«
Gertrude Stein schließlich, auf die wir uns nun endlich konzentrie-
ren können, nützt dort, wo sie original, wo sie typisch schreibt,
vor allem die syntaktischen, die strukturellen Möglichkeiten, die
syntaktischen Bindewörter in den Sätzen und zwischen ihnen als
47
Zunächst gibt es so etwas wie eine wissenschaftliche Wurzel ihrer
Schriftstellern. Von 1893 bis 1900 studierte Gertrude Stein am
Radcliffe-College in Baltimore und später auch an der Johns Hop-
kins Medical School. Unter dem intensiven Einfluß von William
James, dem Philosophen und Psychologen, beschäftigte sie sich
48
Die zweite Einflußnahme, auf die hinzuweisen wäre, hängt mit
den langen Pariser Aufenthalten Gertrude Steins zusammen. Im
Jahre 1903 übersiedelte sie für fast dreißig Jahre nach Paris. Ihre
haupt die Künstler des Bateau Lavoir, aber auch Schriftsteller wie
Apollinaire, Max Jacob und Pierre Reverdy gehörten bald zum
Kreis in der rue de Fleurus 27. Aber auch James Joyce, Cummings,
Hemingway und Thornton Wilder stießen dazu. Nun gehört es zur
ästhetischen Theorie des Kubismus, daß als Ziel der Malerei »Bil-
der« nicht »Abbilder« zu gelten hatten. Bilder als autonome koexi-
stente Kompositionen aus Farben und Formen, hinter denen die
Darstellung, die Abbildung eines Weltobjektes zurücktrat.
Gertrude Stein, die Kahnweiler mit Recht zu den kubistischen
Schriftstellern rechnet, hatte sehr bald die Absicht, das kubistische
49
sehen Ästhetik zu einer strukturellen, musikalischen, rhythmischen,
fugenartigen Schreibweise, für die eben das »Porträt Picassos« bei-
spielhaft ist.
Geschichte lehrt.«
Zweifellos empfand Gertrude Stein, daß dieser Text einer ihrer
wichtigsten ist. Immer wieder hat sie ihn vorgetragen, so daß er,
auf einer Sprechplatte fixiert, auch in ihrer Stimme erhalten ist. Sie
hat ihn in einer vollendeten Weise vorgetragen, derart, daß wie sein
kubistischer Konstruktivismus auch die automatistische Sprachbe-
Doch gibt es, wie ich bereits erwähnte, noch einen dritten Ausgangs-
punkt der Literatur Gertrude Steins.
50
Auch er hängt mit ihrer Liebe zu Frankreich und mit der Tatsache
zusammen, daß sie trotz ihrer wissenschaftlichen Ambitionen vor
allem eine künstlerische Natur war. Im Jahre 1909 publizierte
Gertrude Stein ihr erstes Buch »Three Lives«. Es handelt sich um
drei Geschichten »Die gute Anna«, »Melanctha« und »Die sanfte
Lena«. Beide, Gertrude Stein und ihr Bruder Leo, waren begeisterte
Leser Flauberts geworden und Gertrude Stein hatte sogar die
»Trois Contes« des französischen Autors übersetzt. Es steht fest,
Diese Darlegung kann mit einem Hinweis auf den im Jahre 1925
in England gehaltenen Vortrag »Composition as Explanation«,
der 1926 publiziert wurde, beginnen. Denn dieser Vortrag, der
51
Offenbar will Gertrude Stein in ihrem Vortrag die Komposition
als narratives Prinzip verstehen. Das bedeutet für sie jedoch, daß
die Komposition eines Inhaltes zugleich seine Erzählung ist oder,
anders gesprochen, daß die Verwortung eines Inhaltes im stringen-
ten Sinne eine Vergegenwärtigung ist und der Sinn des Erzählens
in der Umwandlung einer zurücklaufenden Vergangenheit in die
beständige Gegenwart besteht. Epische Komposition ist die Kom-
position von Vergangenem als Gegenwärtigem. William James'
»stream of thought« verwandelt sich in ihren zentralen epischen
»Danach habe ich ein Buch gemacht genannt »Wie Amerikaner ge-
macht werden« es ist ein langes Buch etwa tausend Seiten. Hier noch
einmal war alles so vertraut für mich und mehr und mehr ver-
wickelt eine fortwährende Gegenwart. Eine fortwährende Gegen-
wart ist eine fortwährende Gegenwart. Ich habe fast tausend
Seiten einer fortwährenden Gegenwart hergestellt.«
52
was Gertrude Stein die »continuous present«, die »fortwährende
weiß, daß die amerikanische Autorin diese Form liebt und daß die
der irgendetwas gesagt hat. Irgendeiner der einer ist der lebt ist
Familie lebt ist einer der noch einmal irgendetwas gesagt hat.
Irgendeiner der lebt ist einer der noch einmal etwas gesagt hat.
Irgendeiner der in einer Familie lebt ist einer der noch einmal
53
eine »Union« eingehen. Der Prozeß des Daseins wird als Zustand
des Daseins dargestellt, und seit wir wissen, daß alles Ästhetische
eines Themas, und das Thema umfaßt Werden und Sein amerika-
nischer Menschen und damit der Amerikaner schlechthin, also eine
dert werden. Ihr Leben, sofern es als eine Totalität, nicht als Detail
des Lebens überhaupt begriffen werden kann und ihr Dasein, sofern
54
Doch die Geschichte der geschilderten Personen ist keine Geschichte
von Ereignissen, sondern eine Geschichte von Charakteren. Charak-
tere werden erzählt, nicht Ereignisse. Daher werden hier Charak-
tere auch wieder nur in Beziehungen zu anderen Charakteren
sichtbar. Familien und Generationen sind solche Netze von Rela-
tionen, in denen personale Charaktere wie menschliche Typen
wahrgenommen werden können. Der Roman als Geschichte wird
zur Geschichte generierter und familiärer Charaktere.
Hegel hat in seiner »Ästhetik« den Begriff der Situation eingeführt,
um mit seiner Hilfe die Kollision als Voraussetzung der dramati-
schen Handlung und die Totalität als Bedingung der epischen
Charaktere zu beschreiben. Vom Standpunkt Hegels aus gesehen,
zeichnet sich die in The Making of Americans dargestellte Welt
fast durch Situationslosigkeit aus, dafür aber treten die Menschen
markant als epische Charaktere hervor. Es gehöre, bemerkt Hegel
über Hauptgestalten im Epos, wesentlich zu ihnen, »daß sie in
sich selbst eine Totalität von Zügen, ganze Menschen sind, und
deshalb an ihnen alle Seiten des Gemütes überhaupt und näher der
nationalen Gesinnung und Art des Handelns entwickelt zeigen.«
Eine solche epische Konzeption ihrer Hauptgestalten, Mr. Hissen,
David Hersland, Martha Hersland, Henri Dehning, Julia Deh-
ning, und der mit ihnen verbundenen Familien war genau das
Thema des Romans Gertrude Steins. Es ging ihr um die epische
55
Charaktere, indem sie Kollisionen ermöglichen, stets die Quellen
dramatischer Situationen sind und Gertrude Steins Roman zwar
gänzlich auf Charaktere, aber nicht auf deren Kollision gerichtet
ist, die Ereignisse also zugunsten der Figuren ausspart, gerät der
Selbst das Sein zum Anfang und das Sein .zum Ende gibt, also den
vollständigen Horizont der Zeitlichkeit.
»Irgendeiner der alt genug geworden ist wird dann ein Toter.
56
Jeder der alt genug geworden ist wird dann ein Toter. Gewiß
werden Alte Tote. Gewiß wird einer der noch nicht tot ist bevor er
alt geworden ist alt genug um ein Toter zu werden. Alte werden
Tote sein.«
Die strukturelle Sprache bezeichnet dieses Existieren fast als Schema.
Der Schematismus des Daseins im vollständigen Horizont der Zeit-
57
aus denen jede dieser Familien aufgebaut wird, sind weniger kon-
krete Charaktere als vielmehr abstrakte Personalitäten, die dem
Schema eines amerikanischen Daseinsstils unterliegen, und dieser
»Und diese vier Frauen und die Männer die sie bei sich hatten und
die Kinder geboren und ungeboren in ihnen bilden die Geschichte
für uns von einer Familie und ihrem Fortschritt. Andere Arten
von Männern und Frauen und die Kinder die sie bei sich hatten
wurden zu verschiedenen Zeiten mit ihnen bekannt; manche armen
Dinger die niemals ihren Lebensunterhalt fanden; manche die
träumten während andere einen Weg suchten um ihnen zu helfen;
manche deren Kinder mit ihnen zugrunde gingen; manche die über-
legten und überlegten und dann stiegen ihre Kinder durch sie zur
Größe auf; und manche von all diesen Arten von Männern und
Frauen und den Kindern in ihnen werden helfen die Geschichte zu
bilden von dieser Familie und ihrem Fortschritt. Unsere Mütter
Väter Großmütter Großväter in der Geschichte und in den Ge-
schichten all die anderen sie alle sind immerzu kleine Babys die
alteMänner und Frauen werden oder wie Kinder für uns.
Nein, alte Generationen und vergangene Zeiten haben niemals
58
erwachsene junge Männer und Frauen gehabt. So lange her war
das sie müssen alt gewordene Männer und Frauen sein oder wie
Babys oder wie Kinder. Nein die können wir niemals als erwach-
sene junge Männer und Frauen fühlen. Das sind nur wir selber
Vor allem im letzten Teil des Romans, der den Titel »History of a
oder beschriebener Figuren auf. Es ist nicht mehr von Mrs. Hers-
land, von Julia Dehning, von Martha, Frank oder Helen die Rede,
59
the value of a variable«. Mir scheint, daß Gertrude Stein im
Schlußkapitel ihres Romans diese seinsthematische Ebene ihres epi-
Wenn Epik eine Form sprachlicher Darstellung ist, bezieht sie sich
auf darstellbare Welt, die real oder fiktiv aus Charakteren, Dingen,
Ereignissen, Handlungen, Gefühlen, Ideen usw. besteht. Nun zeich-
net sich »The Making of Americans« dadurch aus, daß das Erzählen
sich gelegentlich nicht mehr auf die darstellbare Welt, sondern auf
60
auf die sprachliche Eigenwelt bezieht. In diesen Fällen sprechen
wir von Meta-Epik.
»Ich schreibe für mich selbst und Fremde. Das ist die einzige Art
für mich es zu tun. Jedermann ist wirklich für mich jedermann ist
wie jemand anderes für mich. Niemand von denen die wissen kann
es zu wissen wünschen und so schreibe ich für mich und Fremde.
Da gibt es dann bald viel Be-schreibung von jeder Art die man sich
rem mittleren Leben und ihrem Ende. Jedermann ist dann ein
61
»Poesie ist ich sage es vor allem Wortschatz gerade so wie
Prosa es grundlegend nicht ist . . . Es ist ein Wortschatz ganz
und gar auf dem Substantiv beruhend wie Prosa wesentlich
und entschieden und kraftvoll nicht auf dem Substantiv be-
ruht.«
Von dieser Unterscheidung aus erläutert sie den Begriff Prosa etwa
folgendermaßen
»Nun wenn es das ist was Prosa ist und das ist unzweifelhaft
das was Prosa ist, können Sie sehen daß Prosa wirkliche Prosa
wirklich große geschriebene Prosa unbedingt mehr aus Verben
Adverbien Präpositionen präpositionalen Nebensätzen und
Konjunktionen gemacht ist als aus Substantiven.«
Wie der Satz, so ist auch der Absatz wesentlich am Bau der Prosa
beteiligt.
wicht das die Realität von Sätzen macht und wenn man sich klar
62
Diese poetologischen oder texttheoretischen Überlegungen ergänzen
natürlich die allgemeineren kompositionstheoretischen in »Compo-
sition as Explanation«.
Aber vielleicht lassen erst die Bemerkungen, die Gertrude Stein
gelegentlich über den Zusammenhang zwischen Film und ihrer Prosa
macht, von einer Textästhetik dieser Schriftstellern sprechen. In
den »Lectures« findet sich ein besonderer Essay, der dem Problem
ihrer Schreibweise vom Standpunkt des Filmischen aus unter
dem Titel »Porträts und Wiederholung« gewidmet ist. Der Essay
beginnt wiederum mit dem kompositioneilen Problem in »Com-
position as Explanation« um dann sogleich die Frage der »Wieder-
63
Man tut vielleicht gut, »The Making of Americans« zum Ver-
ständnis ein anderes Werk Gertrude Steins gegenüberzustellen. Sie
selbst hat den Roman immer wieder mit den kleinen »Texten« in
»Tender Buttons« verglichen, einem wenig umfangreichen Werk,
das aus höchst merkwürdigen, meist kurzen Texten besteht und
das kurz nach der Fertigstellung von »The Making of Americans«,
also nach 19 10, geschrieben wurde. »Tender Buttons«, die »Zärt-
lichen Knöpfe« erschien übrigens bereits 19 14, während »The Ma-
king of Americans« 1925, und zwar in Frankreich herauskam.
Der Roman war für Gertrude Stein ein Prosaproblem, langzeilige
Sätze und Kon-Sätze, wie man sagen sollte, über Verben aufzu-
bauen. In »Tender Button« hingegen sollte es jedoch um Poesie
gehen, um Poesie, die nach ihrer Theorie wesentlich aus Substanti-
64
Ich war immer sehr beeindruckt seit meiner
frühesten Jugend als man mir erzählte und ich
Wald machen.
Ich kämpfte ich kämpfte verzweifelt mit der
Wiedererschaffung und der Vermeidung von Sub-
stantiven als Substantive und doch während
Poesie Poesie ist, sind Substantive Substantive.«
»Tender Buttons« besteht aus drei thematischen Teilen, deren ein-
65
wiederum aus Konwörtern, aus Mitwörtern aufgebaut wird, und
Gertrude Stein demonstriert, daß auch ein solcher Kontext die
Rolle eines Namens übernehmen kann.
Sie vertritt diese linguistisch begründbare Auffassung so konse-
quent, daß das »Objekt«, hier der »Hund«, keine außersprachliche
Realität mehr besitzt, sondern nur noch eine innersprachliche, es
tät hat. Francis Ponge, der französische Autor, der gewisse Be-
rührungspunkte mit der Textkonzeption Gertrude Steins besitzt,
über die gleich noch ein paar Worte zu sagen sind, spricht in diesem
Falle gern von »materialisme semantique.«
Solche Texte wie in »Tender Buttons« sind deshalb Texte hoher
ästhetischer Mitteilung, weil sie einen hohen Grad konwortlicher
und kontextlicher Unwahrscheinlichkeiten besitzen; sie sind als
findet sich ein Text mit dem Titel »Eating« (Essend) und darin die
Zeile
is it so is it so is it so.«
66
Die sich wiederholenden Kau- und Schluckbewegungen während
des »Eating« werden durch eine strukturelle Anordnung dreier aus
67
wenigstens was ihre Entstehung, ihre Ansicht angeht, verständlich
zu machen. Die Vorliebe für die kubistische Malerei, die bei Ponge
auf Braque und bei Gertrude Stein auf Picasso und Gris konzen-
triert ist, könnte als Begründung der losen kreativen Nachbar-
schaft gelten. Bei beiden Autoren entspricht dem kubistischen »Bild-
objekt« das konkrete »Textobjekt«.
Ich komme zum Schluß meiner analytischen Betrachtungen über die
Texte Gertrude Steins. Ich hob »The Making of Americans« und
»Tender Buttons« deshalb hervor, weil diese beiden Werke am
deutlichsten die poetologischen, texttheoretischen und ästhetischen
68
Die pantomimische Funktion der Sprache
Ernst Jandl schreibt Lautgedichte. Die Sprache ist für ihn lingui-
stisch und poetisch vor allem als Laut interessant, also auf der
In den »Szenen aus dem wirklichen Leben«, die, mit einer Musik
von Ernst Kölz, 1966 bei Gelegenheit der »Wiener Festwochen«
aufgeführt wurden, gewinnen diese aufgelösten Texte einer ebenso
reduzierten wie komplexen linguistischen Konstruktivität sogar
eine dramatische Dimension.
69
Sprache wie im Lautgedicht auf phonetische Elemente reduziert
ist, kann ihre theatralische Funktion primär keine andere als die
70
Das Sprechspiel reproduziert also in erster Linie den Sprachkörper.
Die Bewegungen haben die Aufgabe, Vorstellungen zu erzeugen,
die zum Sprachkörper führen. So wie die Dinge, die man sieht,
ihren Namen einfallen lassen, der falsch, entstellt, irreführend, ver-
wechselnd, verfremdend sein kann. All dies gehört der pantomimi-
schen Funktion der Gestik wie der Sprache an und bestimmt die
(immer rascher)
mi : glick
m2 : glick
mi : glick
m2 : glick
mi : glick
mz : glick
mi : glick
mi : glick
mi : glick
mi : glick
mi : glick
m2 : glick
mi : glick
71
mi : tohuubaba
mi : tohuwaababa
mi : tohuwaababa
1112 : tohuwaboobaba
mi : tohuwaboobaba
1112 : tohuwabohuubaba
mi : tohuwabohuubaba
m2 : tohuwaboobaba
mi : tohuwaababa
m2 : tohuubaba
mi : toobaba
mz : babba
Der Dialog erscheint dabei als ein hochredundanter, fast symmetri-
Strophe, die über den acht Wörtern »die, der, das, taten, waren,
tun, sah, war« aufgebaut ist, zwölf Mal wiederholt wird.
m2 : die der das taten waren
der die das taten war
der die das tun sah war
das die der taten war
usw.
72
Übrigens wird mit dieser »moritat« Ernst Jandls auch deutlich,
daß sich die Technik des Lautgedichtes zwanglos mit der Technik
Gertrude Steins verbinden läßt.
Sprachen, zwischen Sprachen, die das, was sie sagen imitativ sagen,
und Sprachen, die in Urteilen, also in Ja-nein = Entscheidungen
sprechen. Dabei wird, etwa von Benoit Mandelbrot, darauf hinge-
wiesen, daß die modernen Zivilisationssprachen in zunehmendem
Maße digital gebaut sind. Die Zivilisation der Technischen Reali-
tät unserer Welt beruht vorwiegend auf einem digitalen sprachli-
chen in Sätzen, die wahr oder falsch sein können, nicht in Metaphern,
die eine abbildende Funktion haben. Zweifellos gehört die redu-
zierte Sprache des Lautgedichts und die gesamte imitative und
pantomimische Sprachfunktion, die Ernst Jandl szenarisch ent-
wickelt hat, dem analogen Sprachtyp an, und zwar in hoher Voll-
endung.
Auch jede Art von Spiel beruht auf einer Kommunikation, zu deren
Schema die Imitation gehört. Daher verläuft die pantomimische
Sprachfunktion wesentlich als Spiel und gehören Sprachspiele und
Sprechspiele dem analogen Sprachtyp an.
73
Die Gedichte der Maschine der Maschine der Gedichte
Über Computer-Texte
74
Literatur, in einem Raum, dessen Dimensionen etwa durch Mai-
land, Gertrude Stein und durch Dada bestimmt werden könnten,
eine Poesie entwickelt, der ein Bezug auf die Welt relativ gleich-
gültig ist und die auch nicht die Widerspiegelung gewisser Gefühle
75
und Technologischen im Verhältnis zu den Begriffen »Poesie« und
»Prosa« stärker zu betonen scheint.
Gelblampe Lampenkreis offen sich offen und dann:
umdunkelt: dunkelt um um das dunkle Rundume wie
Gitter gegittert: offengittrig wie offen gemacht zu sehend
gründend und das: dahinter das hintergegründete: Lampen-
gelb Lichtschalter: mich Lichtschalter eingegittert
auf gitternd mich lampenoffen: und dies: ja nun auf denkend
auf kümmernd dies ja nun aufgeblüht lampenblähn: dies
ja nun lampenblühn: Blende mich lampengelb gilbend und
dies ja: vergilbte
76
! sehe, sondern auch in die synthetische Texttheorie, die sich auf der
Basis der analytischen Ergebnisse mit der künstlichen Textsynthese,
Zunächst scheint es mir wichtig zu sagen, was hier unter Text ver-
standen werden soll. Unsere Definition geht auf Wilhelm Fucks
zurück, der als Mitbegründer der modernen Texttheorie unter
Text eine gegliederte Menge von Elementen, also von Wörtern
versteht. Diese Definition sieht natürlich von den Wörtern als
Bedeutungsträgern völlig ab und faßt sie nur als schreibbare oder
sprechbare linguistische Gebilde, sozusagen als pures sprachliches
Material auf. Wir sprechen daher von einem materiellen Begriff von
Text und materialer Texttheorie. Das erleichert die Anwendung
mathematischer Verfahrensweisen. Die Verschiedenheit der Wörter
braucht nämlich jetzt nicht mehr durch ihre Bedeutung angegeben
zu werden, sondern durch ihre quantitative oder numerische Be-
schaffenheit, etwa durch ihre Silbenzahl oder ihre Länge, das heißt
durch die Anzahl der Buchstaben, aus denen sie bestehen.
Dies vorausgesetzt, kann man sofort diese Beziehungen zwischen
Wörtern und Zahlen ausnützen, um auf Texte Methoden der
Mengenlehre, der Algebra und der Statistik anzuwenden, und von
Textmengenlehre, Textalgebra und Textstatistik sprechen. Die Text-
algebra, aufbauend auf dem Begriff des Textes als Wortmenge,
beschäftigt sich mit allen zahlenmäßigen Beziehungen, die zwischen
solchen Wortmengen bestehen. Die Textstatistik interessiert sich
insbesondere für die Gliederung der Textmengen, also für die Ver-
teilung der durch verschiedene Silbenzahligkeit numerisch bestimm-
ten Wörter über einem Text oder auch im Verhältnis zur entspre-
chenden Gliederung bzw. Verteilung, die ein anderer Text zeigt.
77
Jedenfalls sind gerade textalgebraische und textstatistische Vor-
stellungen Voraussetzungen für das kybernetische Experimentieren
mit Texten oder, wie man genauer sagen muß, für die Versuche,
mit Hilfe von Maschinen oder, wie man wiederum genauer sagen
muß, mit Hilfe von datenverarbeitenden Rechenanlagen, soge-
nannten Computern, den Vorgang des Schreibens von Texten zu
simulieren. Denn - in der streng materialen Betrachtungsweise be-
78
List, liest, schon, würdig, Rand, Porno, lila, transzendent,
gehen . .
der Fall ist, erraten werden. Jedes Wort steigt wie ein gänzlich
neues aus dem Repertoire der zur Verfügung stehenden Wörter
auf. Vorausgesetzt ist dabei allerdings, daß im Repertoire der Wör-
ter, aus dem selektiert wird, jedes Wort nur einmal vorkommt,
jedes Wort also die gleiche Chance, die gleiche Wahrscheinlichkeit
besitzt, gewählt zu werden. Man solche solche Repertoires Repertoi-
ist selbst ein Stück Chaos, ein Wortchaos, ein Text mit chaotischer
statistischer Struktur.
zufällig zu wählen.
79
Wir sind damit auf eine besondere Klasse von Texten gestoßen,
die gern als stochastische Texte bezeichnet werden und die in der
wickeln, daß die einzelnen Texte der Serie jeweils aus Repertoires
80
von dessen Vokabular man ausgeht, vorkommen, ausgezeichnet
sind. Wir gingen in unserem Modell, das in Zusammenarbeit mit
den datenverarbeitenden Rechenanlagen des Stuttgarter Rechenzen-
trums hergestellt wurde, von einem 5126 Wörter umfassenden, in
deutscher Sprache erstellten Vokabular des Dichters Francis Ponge
aus.
81
»unverkennbaren Anklang an dadaistische Konstruktionen« und,
wie man hinzufügen könnte, an sogenannte Lautgedichte besitze:
aiobnin tarsfneonlpiitdreedoc ds e dbieastnreleeucdkeaitb
dnurlarsls omn keu svdleeoieei
er agepteprteiningeit gerelen re unk ves mterone hin
d an nzerurbom
billunten zugen die hin se seh wel war gen man
nicheleblant diertunderstim
eist des nich in den plassen kann tragen was wiese zufahr
Nun gibt es aber noch eine weitere Klasse stochastischer Texte,
gewissermaßen halb st och astische Texte, weil sie die Zufälligkeit nur
eine zufällige Folge von Zahlen mit Hilfe bestimmter, hier nicht
82
fälligen Zahl vor, so daß die gewählten Wörter auch nur Zufalls-
wörter sein können. Auf diese Weise wird dann etwa aus »X ist y«
die Aussage »Rose ist dickflüssig«, wenn »Rose« als Subjekt und
»dickflüssig« als Prädikat im Repertoire der Wörter zur Verfü-
gung steht. Aber neben dem Zufallsgenerator, durch dessen Vor-
handensein in der Rechenanlage das Problem der Erzeugung sto-
chastischer Texte im wesentlichen gelöst ist, spielt natürlich der
Speicher eine wichtige Rolle. Neben dem Repertoire für Subjekte
und Prädikate, muß er auch noch gewisse logische Verknüpfungs-
wörter wie »und«, »oder«, »wenn-so«, aber auch Verneinungszei-
chen wie »nicht«, »kein« und dergleichen enthalten und nicht zu-
letzt das Wörtchen »ist«, alles verschlüsselt mit Hilfe von zwei
Zahlzeichen, nämlich o und i. Theo Lutz hat die Arbeit seines
83
Kein Dorf ist spät
verknüpft. Als Ergebnis haben wir ein Paar von Sätzen, verknüpft
durch eine logische Konstante:
Nicht jeder Blick ist nah und kein Dorf ist spät.
von vorne, weitere Paare von Sätzen zu bilden. Die Maschine ar-
Wörter für die Subjekte und Prädikate waren überdies aus dem
Roman »Das Schloß« von Franz Kafka genommen worden.
Darüber hinaus enthielt das Programm noch folgende statistische
Vorschriften, die im Text zu realisieren waren: die selektiv erzeug-
ten Elementarsätze sollten entweder durch die syntaktischen Binde-
wörter »und«, »oder«, »so gilt« zu Paaren verknüpft werden oder
aber durch einen »Punkt« getrennt bleiben: und zwar sollten »und«,
»oder« und »so gilt« jeweils mit einer Häufigkeit von 1/8, zusam-
men also mit einer Häufigkeit von 3/8 der Paarung von Sätzen
auftreten, während die restlichen 5/8 für die Trennung der
Paare durch einen Punkt reserviert bleiben sollten. Die ver-
wendeten, dem Speicher entnommenen sogenannten logischen Quan-
tifikatoren »ein«, »eine«, »jeder«, »jede«, »jedes«, »kein«, »keine«,
84
Nicht jeder Blick ist nah. Kein Dorf ist spät.
Eine Kirche ist stark oder nicht jedes Dorf ist fern.
Man kann berechnen, daß die Maschine auf Grund des Programms
insgesamt 1024 elementare Sätze über einem Subjekt und einem
Prädikat bilden kann. Berücksichtigt man, daß das Programm diese
Sätze auf vierfache Weise (durch »und«, durch »oder«, durch »so
gilt« und durch den »Punkt«) zu Paaren verknüpfen kann, so gibt
es eine Kombinationsmöglichkeit von 4 •
(1024) 2
für realisierbare
Satzpaare, wie sie der Text enthält, d. h. der vollständige stocha-
stische Text bestünde aus 4 174 304 (vier Millionen einhundertund-
vierundsiebzigtausend dreihundertundvier) Satzpaaren. Darunter
gibt es Satzpaare, die als sinnvoll betrachtet werden könnten
wie:
Jeder Turm ist neu und ein Bild ist alt.
85
und Satzpaare, die nicht als sinnvoll betrachtet werden können
wie:
Nicht jeder Blick ist nah. Kein Dorf ist spät.
86
Der Betrag ist gleich
liebendes »lyrisches Ich« nicht notwendig ist und daß, wie Mallarme
es schon formulierte, Gedichte aus Wörtern, nicht aus Gefühlen
gemacht werden:
Kein Kuß ist still
87
und nicht jeder Kuß ist grün
und ein Jüngling ist heftig . . .
88
Und ein Signal tanzt.
Diese Funktion denkt und denkt.
Wer einen kalten Leser befragt, ist ein Fehler
Wie man bemerkt haben wird, entsteht die Semantik über ziemlich
90
einem Ornament: Symmetrien, Permutationen, Wiederholungen,
rhythmische Progressionen bilden Muster solcher regulären oder
strukturalen ästhetischen Zustände, die in den verschiedensten Me-
dien, im Bereich von Tönen, Lauten, Wörtern, Farben, Formen
usw. verwirklicht werden können.
Im dritten Grundzustand, den wir als konfigurativen bezeichnen,
ist die Verteilung der materialen oder medialen Elemente irregulär,
das heißt, die Wahrscheinlichkeit oder Häufigkeit, mit der dieses
oder jenes materiale Element in Erscheinung tritt, ist in jedem
Falle verschieden. Stellt man sich z. B. eine beliebige Tuschzeich-
nung von Rembrandt vor und über das Blatt ein relativ engma-
schiges, quadratisches Raster gelegt, so ist, grob gesprochen, jedes
Rasterquadrat mit einer verschiedenen Menge Tusche bedeckt. In
diesem Falle ist also die Tuschmenge weder chaogen noch struktural
über das Blatt verteilt, sondern irregulär, oder, wie wir sagen,
konfigurativ; der Grad dieser irregulären, konfigurativen, im Ver-
hältnis zu einem Rasterquadrat unvorhersehbaren Tuschmenge,
macht im Ganzen die Unwahrscheinlichkeit der Tusch-Konfigura-
tion aus, und dieser Grad der Unwahrscheinlichkeit determiniert
selbstverständlich auch den Ordnungsgrad, den ästhetischen Zustand
der Tuschverteilung.
Das ist natürlich nur eine materiale und objektive Betrachtung der
Zeichnung, aber im Rahmen der wissenschaftlichen Ästhetik, die für
die programmierbare und maschinelle Erzeugung ästhetischer Zu-
stände Voraussetzung ist, entscheidend.Denn man muß mathema-
tisch-numerisch beschreiben und festlegen können, was man in die
Programmiersprache technischer Anweisungen übersetzen will. Man
sieht aber leicht ein, daß die drei genannten ästhetischen Grundzu-
stände, die sich deutlich durch die Häufigkeitsverteilung ihrer ma-
terialen Elemente unterscheiden, durch statistische Angaben und
damit zahlenmäßig zu kennzeichnen und somit auch zu program-
91
mieren sind. Es ist jedoch klar, daß durch das ästhetische (Ord-
nungs-) Programm die zufallsmäßige Selektion des vorgegebenen
materialen Repertoires, etwa des Vokabulars, ebenso eingeschränkt
wird wie durch die Vorgabe grammatischer und logischer Struk-
turen oder semantischer Wortfeld-Matrizen. Offenbar gehört die
Einführung des Zufalls in die Selektion ebenso zum kreativen,
schöpferischen Moment der Texterzeugung wie die sukzessive Ein-
schränkung des Zufalls, und es scheint, daß es sich hierbei um ein
92
verständlichen Laut- und Wortketten automatistisch aneinander-
fügte. Aufmerksam geworden, erkannte man nach und nach, daß
dieser autömatistische Text des bewußtlosen Mädchens von seinem
Repertoire her auf das Erlebnis eines furchtbaren Verbrechens,
dem nur das Mädchen entkommen war, schließen ließ,
selektion zur Silbenselektion und von ihr zur Wort- und Wort-
folgenselektion über. Dabei wurde programmgemäß die zufalls-
weiten ausnähme tee man niemand fine mit ehe frommage lockt
denken oder nicht doch was besprachen gern jenseits noch seit
das leute vater vorab ist kommt gegen gestreichelt jedes meer
niemals nur wenn wesen lockt bröckelnd jemand wind zuerst je
94
nicht wenn können das das etwas oder ein und mir nur welches
anders floh das sagte nicht nacht vielleicht und das für worte
war noch daß das sein nacht anders das für ist wenn nicht das
oder es gewesen von worte zu dann dies für satz auf nicht weiss
nicht
das was weiss ist die sich niemals mit vater sagte er weg gehen
nicht anders so ist noch wem was das das alles nur etwas daß
er ist dies mit einem bei stehen liegen statt auf alle immer diese
ist es noch nur in erst daß das a und nur . .
mit glücklicher Hand einem Gesicht wie ein Stein der fiel hatte
er gesagt ehe er kam waren wir ja nicht mehr schon längst so
weit war es nicht Voraussicht den Eisschrank leer zu gewinnen an
Buden nie mehr und bekam er Wut schlug alles
so in Stücke zu
Boden verfolgte verdammte vorab nicht auf wie er floh bis zum
Deck erreichte ihn schließlich würgte schlug schoß zehn konnte
und umfiel aufstand wegging so schnell ich konnte nach unten
auch nach oben nach so und irrte und ausglitt fiel aufstand bis
er ganz jetzt hinter her kam dabei nicht so wie war es wenn
95
nachts einer aufsteht bleibt stehen schoß nicht über gelaufen
nicht so wie er es ging plötzlich auf und davon nach oben weil
glaub ich die Luft ...
Zweifellos handelt es sich also im Bereich der maschinellen Text-
synthese nicht nur darum, Computer zum Schreiben nach mensch-
lichen Voraussetzungen und Vorschriften zu veranlassen. Die Lage
ist sogar so, daß ein menschlicher Schriftsteller mindestens im Prin-
zip den maschinellen Schriftsteller nachahmen kann, um etwa sto-
Partnerschaft läßt sich kaum denken, ganz davon abgesehen, daß sie
unsere metaphorische Redeweise von der Geburt der Poesie aus dem
Geiste der Maschine fast sachlich rechtfertigt.
96
Notiz über konkrete Poesie
97
Konkrete Poesie unterhält nicht. Sie hat die Möglichkeit der Fas-
zination und Faszination ist eine Form der Konzentration, und
zwar einer Konzentration, die sich gleichermaßen auf die Perzep-
Intention, daß die konkrete Poesie zum erstenmal eine echte inter-
nationale dichterische Bewegung hervorgerufen hat. In Südamerika
und Nordamerika, in Deutschland, Frankreich, Italien, England,
kei und in Japan gibt es heute konkrete Poesie, und bereits be-
Eine Letter ist eine Drucktype, eine abgeschlossene Form, eine Figur,
meist in Schwarz, die etwas bezeichnet: einen Buchstaben des Al-
phabets. Wenn man 26 Buchstaben annimmt, gibt es 2.6 Lettern.
druckt.
Wenn er von der Letter selbst ausgeht, ist es nicht die Veränderung
ihrer gegebenen Figur, die ihn interessiert, nicht die Erfindung
einer neuen Type oder Schrift. Er geht vielmehr von der Möglich-
keit der Iterierbarkeit dieser Figur aus; ihre Zusammensetzbarkeit
mit sich selbst ist für Hansjörg Mayer ein ästhetisches Problem, also
die Konstruktion der adjungtierten Super-Letter. Das kann zur
Degradation des ursprünglichen Icons, aber auch zur Verstärkung
der Elementarfigur des Buchstabens führen, zur Verkleidung des
alphabetischen Zeichens wie zur Enthüllung. So ist das s, das er
figürlich iteriert hat, eine Verstärkung seines Iconismus, aber das i
99
diesem superierten Buchstabengestalten vorstellen, die sich wie ma-
teriale Labyrinthe für einen Laut, einen Sinn ausnehmen und an-
dere, die wie Konkrete Texte, das visuelle Bild der Bedeutung
zeichnen.
Lettern sind Figuren mit Symmetrien. Das v besitzt wie das o eine
Symmetrieebene von großer Deutlichkeit. Das z zeigt als Symme-
trieelement eine zweizählige Achse, die auf der Papierebene senk-
recht steht und deren Spur, wie man sagt, für die Figur das
Symmetriezentrum bildet.
100
dann sowohl visuell wie semantisch eine Sprache implizieren, die
aus 26 Lautwörtern unendlicher Länge bestünde, die nicht mehr
zusammengesetzt werden könnten, eine Sprache, deren Zeichen
nur aus den endlosen Fäden ihres Alphabets gebaut wären, weiter-
zudenken zu einer Sprache unendlicher Wesen.
Während der erste Weg, den Hansjörg Mayer eingeschlagen hat,
sogleich ästhetische Konstruktionsprinzipien einführt, geht sein
101
Neuseis Fachwerktext
102
werden können. Aber es gibt nur zwei nur zwei Realgestalten sol-
man muß es drei Mal sagen, primär linear gesehen werden müssen,
wie man Schrift linear liest, Übergänge zwischen Fachwerken für
Wände und Schriftwerken für Seiten ermöglicht. Das macht den
extremen, gleichsam dualen Reiz ästhetischer Zustände aus, die für
solche Gebilde, die man Textwände nennen könnte und deren
Malerei Fachwerkschreibkunst ist, >Schönheiten< liefert, die tatsäch-
lich >Bot-Schaften< sind.
Es wird der Schein von Schriften wie der Schein von Gegenständen
geboten, und man weiß es doch, es ist stets der Schein, weniger die
Wirklichkeit, die unsere Reflexion bewegt. »Das Konkrete ist das
Späte« würde Hegel formulieren, wenn er hier formulieren müßte.
Es ist etwas, was das Abstrakte schon durchlaufen hat, aber nicht
103
Schriftzeichen Mira Schendeis
Eine Letter benimmt sich wie ein Punkt, die Verkettung der Lettern
wie eine Linie und viele Letternlinien legen Flächen fest, umranden
sie oder öffnen sie zu Ebenen im Raum. Reduktionen, um zu sagen,
daß nur wenige Buchstaben des Alphabets graphisch ausgenützt
werden und daß sie fast stets nur auf ihre dünne Spur zurückge-
führt sind. Distributionen, um zu sagen, daß die Zerstreuung und
Aufhebung der Figuren möglicher Schriftzüge nur ästhetische Inter-
essen verfolgt. Transformationen, um zu sagen, daß die Letter hier
kein Vorwand ist, um wirkliche Texte auszusprechen oder zu un-
terdrücken. Wörter, die wahrnehmbar werden, sind zufällige Wort-
ereignisse in visuell verfolgten Fingerzügen auf dem Papier, leicht,
aber vehement, angefertigt von einer Hand, die zwischen Ver-
strickung und Lösung reflektiert, hin und her geht, nur vom Blick
ist, ist die Aktion, und die Aktion erzeugt nur Sichtbarkeit.
Es ist alles sehr substantiell, Figurenzug und Wahl des Papieres,
die Intensitäten des Strichs, der Aufenthalt an den Rundungen,
das Elegante, das Schwerfällige, das Anmutige, das Geschlossene
oder Abbrechende, das Aphoristische und das Ausführliche, das,
was wie aus Haar besteht, und das, was wie ein Balken ist. Was
sich abspielt, spielt sich auf der äußersten Haut der Weltsubstanz
ab, dort, wo die Welt in das Bewußtsein, in die Sprache einzudrin-
104
Der Weg eines Zeichens
i.
det das, was wir hier den Weg eines Zeichens nennen.
Da es sich um ein hochentwickeltes Etwas menschlicher Bewußt-
seinstätigkeit handelt und höhere Kategorien des Seins, wie bekannt
ist, auch die anfälligeren, empfindlicheren sind, ist der Weg eines
105
Zeichens stets auch der Weg seiner Veränderung, jeder Kommuni-
kationskanal setzt das Zeichen Störungen aus/ Das ursprünglich
gewählte Zeichenmittel kann material abgeschliffen werden, wie
das ursprünglich bezeichnete Objekt verdeutlicht oder verschleiert
und die ursprüngliche Bedeutung verändert oder entleert werden
mag. Schon im kreativen Prozeß seiner Generierung beginnt eine
Degeneration, in der Idee und Realität des Zeichens auseinander-
brechen können. Kommunikation und Transport des Zeichens set-
zen nur allzuleicht die Gradation einer Degradation aus. Der Weg
eines Zeichens ist immer der Weg durch humane und urbane Sy-
steme, die seinen ebenso komplexen wie fragilen Gebrauch ent-
hüllen.
Wie bei jedem Zeichen wird man auch bei dem, das Aloisio Magal-
häes 1965 zur 400- Jahr-Feier der Stadt Rio de Janeiro geschaffen
hat, zwischen seinem kreativen, kommunikativen und transporta-
tiven Weg unterscheiden müssen. Der kreative Weg ist der Weg
der Idee aus einem materialen Repertoire in die konstruktive (
Moment des kreativen Weges könnte das Zeichen noch ein rein
106
Zeichens durch die Landesfarben Brasiliens eine reichere optische
Qualität gewinnen, erreicht die formale Iconizität eine materiale
Indexikalität, die den kreativen Weg beendet und den kommuni-
kativen beginnen läßt.
Der kommunikative Weg ist ein visueller. Das Zeichen wird zum
Mittel visueller Kommunikation. Mitteilungszeichen und Werbe-
zeichen. Mitteilung eines geschichtlichen Sachverhalts und Werbung
für die Stadt und ihre Feier. Dabei zeigte sich, daß das Zeichen,
so abstrakt, so konstruktiv, so singulär es zunächst auch erschien,
107
An den Fensterscheiben des Hochhauses tritt es in den unendlichen
Rapport eines ornamentalen Dekors ein. Die Konfiguration schlägt
um in Struktur. Auf der Tür des Wagens in den Straßen Rios er-
scheint das Zeichen zwar noch einmal als singuläres Gebilde, aber
108
Strukturen und Signale
Notiz über einen Film Domnicks
Wie jeder neue Film von Ottomar Domnick gehört auch dieser zur
Wie der Titel seines letzten Films »ohne Datum« (1962) bezeichnet
auch der Titel »N. N.« dieses neuen Films keinen konkreten Hand-
lungsablauf, sondern einen abstrakten Bewußtseinszustand, der sich
immer stärker und deutlicher auf ein bestimmtes Faktum fixiert.
Doch ist diese verdoppelte Dialektik nicht die einzige Quelle über-
109
der Wörter gegen den Sinn, von der einmal die russischen Forma-
listen gesprochen haben. Der Reiz, der dadurch entsteht, ist ein
110
Ein Textbuch Heißenbüttels
Es gibt nicht nur eine moderne Literatur, sondern auch eine moder-
ne Literaturtheorie, und es scheint mir angemessen, die kritische
Betrachtung eines wesentlichen Stückes moderner deutscher Literatur
mit den Mitteln jener Literaturtheorie durchzuführen.
Helmut Heißenbüttels »Textbuch 2« dispensiert, wie übrigens schon
das »Textbuch 1«, das früher erschien, von der klassischen Eintei-
deutet nicht, sondern stellt fest, und unter Text wird in ihrem
Sprachgebrauch alles verstanden, was man aus Worten machen
kann.
Mit dieser Definition, die natürlich sehr einfach ist, sind wir jedoch
schon bei unserem Thema. Betrachtet man nämlich einen Text
ausschließlich vom Standpunkt seiner Zusammensetzung aus Wor-
ten, die Sätze, Perioden, Abschnitte usw. bilden, also nur als den
Inbegriff eines bestimmten sprachlichen bzw. linguistischen Materi-
als (und die Satzzeichen kann man dabei ohne weiteres durch
Worte angeben), dann sieht man leicht ein, daß jeder Text in seiner
111
Sprache, vor allem in der »Politischen Grammatik«, von der Häu-
figkeit, mit der einzelne Worte auftreten, beherrscht. Man könnte
vom Vokabularstil und vom Frequenzstil Heißenbüttels sprechen.
Für den Frequenzstil würde ich den letzten Text der Publikation
anführen. Er trägt den Titel »Politische Grammatik«.
Nun beruht, wie die Statistische Ästhetik lehrt, die ästhetische Be-
schaffenheit eines Textmaterials auf den statistischen Überraschun-
Entropie. Sie gibt durch einen Zahlwert den Grad der Mischung
an, in dem in einem Text einsilbige, zweisilbige, dreisilbige und
112
Jedenfalls muß man zuerst die sogenannten Mittleren Silbenzahlen
dichterischen Sprache (der Lyrik, der Poesie, wie man sagt) ab-
sitzen.
Für einen hohen Mischungsgrad ist der Text, der als »Variante« im
Anschluß an »In Erwartung des roten Flecks« abgedruckt ist,
typisch.
113
dere die »Grammatikalische Reduktion« zeigt also eine statistische
Überraschung in den aufgewendeten Materialien, was vom Stand-
punkt unserer Theorie für seine kreative, künstlerische Beschaffen-
che Texte wie die »Politische Grammatik« oder auch die »Gramma-
tikalische Reduktion« machen die Aufmerksamkeit verständlich,
mit der dieser Autor die Veröffentlichungen der Konkreten Dichter
wie Eugen Gomringer und Gerhard Rühm sowie der berühmten
Gruppe der »Noigandres« in Brasilien verfolgt. Eugen Gomringer,
Haroldo de Campos oder Ronaldo Azeredo sehen in Helmut
Heißenbüttel fast einen der ihren. Während meines Aufenthaltes
in Sao Paulo konnte ich mich im Gespräch mit der Gruppe der
Konkreten Schriftsteller davon überzeugen.
Tatsächlich läßt sich die Konkrete Poesie statistisch schon dadurch
klassifizieren, daß man den Reichtum ihres Vokabulars und die
Frequenz ihrer Worte bestimmt. Man entdeckt sofort, daß das
Vokabular klein, aber die Frequenz groß ist. Wichtig ist der visuelle
Charakter der Worte, den man bei ihrer Anordnung zu einem
Text berücksichtigt. Es sind fast durchweg Texte, die wahrgenom-
men werden müssen, wenn sie aufgenommen werden sollen. Das
kann man nun nicht von Heißenbüttels Texten sagen. Sie können
gesprochen werden, d. h. es genügt, sie zu sprechen, wenn man sie
mitteilen will, ihre Wahrnehmung ist nützlich, nicht notwendig.
Dennoch liegt die Verbindung zwischen den Heißenbüttelschen Tex-
ten und denen der Konkreten Poesie darin, daß sie gern das Voka-
bular zugunsten der Frequenz verringern und daß sie nieder-entro-
114
pische Texte sind. Die meisten Texte der Konkreten Dichter, ich
Noch etwas weiteres kann man sehr schön an den Texten Heißen-
büttels beobachten. Die Worte eines Textes haben eine doppelte
Bedeutung. Jedes Wort bezeichnet etwas, desgleichen sagen die
Wortreihen etwas. Wir drücken diesen Sachverhalt dadurch aus,
daß wir sagen: die Worte stellen einen Kode dar. Darüber hinaus
bilden die Worte eines Textes aber auch einen Zusammenhang,
einen Konnex, wie die Mathematiker, einen Kontext, wie die
Schriftsteller sagen. Jedenfalls bestimmen Kode und Kontext die
Funktion der Worte. Es ist leicht zu sehen, daß unter dem Gesichts-
punkt des Kode die Worte gewählt, selektiert werden, während sie
115
des Kontextes zusammen. Es gibt unter den Texten Heißenbüttels
Beispiele für Texte, in denen die Kode-Funktion des Wortes, ande-
re, in denen die Kontext-Funktion überwiegt. Man weiß heute,
daß die kodierenden, selektiven Abläufe in der Sprache eine Nei-
im »Traktat« schreibt: »Wenn die Art von Ding wo ich drin bin
aufgehört hätte und ich könnte reden und erzählen und sagen so
und so und dies Ding in dem ich drin bin gewesen bin das ist das
und das und fängt da an und hört da auf . . . usw.«, so kann man
z. B. für »Ding« den Ausdruck »Welt« und für »so und so« oder
für »das ist das und das« beliebige Aussagen einsetzen. Abstrakte
Texte sind in gewisser Hinsicht »uneigentliche« Texte, um einen
Ausdruck zu verwenden, der schon von Salomon Maimon, dem
Kantianer und Kantkritiker, zur Kennzeichnung von Prosa benutzt
wurde. Der »Traktat« ist ein uneigentlicher, »Ein Zimmer in meiner
116
Es scheint mir jedoch wichtig, in diesem Zusammenhang noch einmal
auf die »Politische Grammatik« hinzuweisen. Dieser Text im Fre-
quenzstil »Verfolger verfolgen die Verfolgten. Verfolgte aber wer-
117
allen Beschreibungen, Beobachtungen, Gedankengängen und Re-
flexionen ein transzendentales Ego namens Helmut Heißenbüttel,
das sich in der Sprache einmal verfestigt und ein andermal zerstreut.
Dieses Ego gewinnt sich immer wieder aus dem, was aufgezeichnet
wird, zurück. Es mauert sich einmal in seine eigene Sprache wie
Kafkas Tier in seinen Bau ein und tritt ein andermal mit den gro-
ßen Gesten Gertrude Steins Worte verschwenderisch wiederholend
heraus. Ein wenig der Fall Wittgenstein als Poesie.
Der sonderbare, durchnummerierte Text mit dem Titel »Roman«
scheint mir durchaus das Modell dieses Inhalts darzustellen.
118
Queneaus kleine tragbare Kosmogonie
Ein lächelnder Kafka, der längst im Schloß sitzt und in den Kosmos
vorgelassen werden will.
Die Verse als Geländer.
Ein Herr der Dinge, dem die Rechnungen der Erkenntnis vorge-
legt wurden, die er nun in Alexandrinern begleicht.
Jeder kluge Kopf verbindet eine Vorliebe mit anderen. Raymond
Queneau verbindet seine Vorliebe für Zahlen mit der Vorliebe für
Wörter, die Vorliebe für Arithmetik mit der Vorliebe für Poesie.
Das Buch der Natur, das Galilei in den Lettern der Mathematik
geschrieben fand, wird zurückübersetzt.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
140 Seiten mit je 12 Zeilen mit je 7 Wörtern (im Mittel), das ergibt
Ein Repetitorium, ein Who's Who, was Ernst Robert Curtius schon
von Ovids Metamorphosen sagte.
119
den sich herausarbeitenden Naturgewalten unbestimmter oder fe-
ster personifiziert und symbolisierend in die Form menschlicher Er-
eignisse und Handlungen kleidet . . .«
aus dem Auge verlieren, daß dann, wenn der Mensch oder das
denkende und betrachtende Wesen von der Oberfläche der Erde
verbannt wird, das pathetische und sublime Schauspiel der Natur
nur eine traurige und stumme Szene ist. Das Universum schweigt,
die Nacht und die Stille bemächtigen sich seiner, alles verändert
120
Stumm die Nacht und das Elend
Stumm sind die Lieder und die Prärie
Stumm ist die Klarheit der Luft
Stumm der Wald der See der Schrei
aus der bourgeoisen in die prospektive Zone des Geistes und cha-
121
Das Wort »Kieselstein« bietet immer die Möglichkeit, einen Text
Man täusche sich also nicht: Queneau spricht nicht als Naturforscher,
er spricht als Linguist. Es ist zwar immer von Dingen die Rede,
Zuweilen stößt man auf Partien, wo das Gedränge der Wörter die
Stimmung eines Quartiers erzeugt, das man nur ungern verläßt.
sie dem, was sie erschaffen sein läßt, eine Art nochmaliger Origina-
lität verleiht, und sie geht pataphysisch vor, sofern sie dem, was
da ist und durch die Wissenschaft in den Zustand des Gewußten
oder wenigstens des Wißbaren versetzt wurde, den Glanz oder
Abglanz eines Besonderen verleiht. Am Ende staunt man tatsäch-
122
lieh nicht mehr über die Wörter, die gefunden wurden, sondern über
die Dinge, die durch die Wörter genannt werden.
Genau darin ist die Kosmogonie Raymond Queneaus, wie der Pata-
physiker sagt »unschuldig an jeder Botschaft«.
In jeder »Kosmogonie« tritt ein gewisser Stillstand des Werdens
ein, das Maximum der Entropie, die letzte Zeile, der Wärmetod
der Poesie. Die cosmogonie portative endet mit dem Auftreten
der »Rechensaurier«, also den programmgesteuerten, datenverar-
beitenden Rechenanlagen, der Turingmaschine, den »abstrakten
Automaten«, um es theoriegemäß auszudrücken, dem technischen
»Leerlauf«, wie Queneaus pascalscher Hintergedanke ist (man soll
vertraut sich die Sprache mehr und mehr den digitalen Kodierun-
gen der Nachrichtentechnik an. Queneau schließt also sprachlich
widerspruchsvoll, und das ist eine echte dialektische Überraschung.
123
eine regressive Stimmung. Der epische Weltzustand, den diese
und jeder alte Dialektiker kostet gern dieses Gefühl aus, auch
Raymond Queneau.
124
Ludwig Harigs Hörspiele
esse an einer Schreibweise, die weniger Sujets und Motive als viel-
125
was man schreibt, und schreibend rindet man, was geschrieben wer-
den soll. Der Prozeß gewinnt an Bedeutung, aber der Prozeß ist ein
Poesie als auch für die Epik und Dramatik ausnützte und damit in
126
fungiert, manipuliert werden können. In einem solchen Textspiel,
das zeitlich generiert wird, zeitlich abläuft, sind die Wörter nicht
mehr nur sprachliche Objekte, sondern zugleich Ereignisse, Wort-
ereignisse, weil weniger das Wort als solches, sondern das Auftau-
chen, die Emergenz des Wortes oder der Folge von Wörtern das
Wesentliche ist.
127
stischen Züge der Textspiele Ludwig Harigs, die sein ästhetisches
128
Notizen über Ferdinand Lion
Zu seinem 75. Geburtstag
Ferdinand Lion ist ein Schriftsteller, für den der Genuß eines
bedeutet. Er muß die Worte eines Textes, den er schreibt oder den
er liest, auf der Zunge schmecken, um seine ganze Schönheit und
seinen Geist gewahr zu werden. Die sinnliche Reaktion ist bei ihm
immer ein Teil der intellektuellen; Reaktion überhaupt aber ein
Korrelat zur Schöpfung. Er würde sich in jedem Augenblick einer
geistigen Arbeit, ja einer Zivilisation widersetzen, die auf einer
aus, und die Handhabung der Korrektive ist in jedem Falle das
Kennzeichen eines Geistes, der zum Schriftsteller, nicht zum Dichter
bestimmt war.
Schreiben als gesellschaftliches Ereignis. Text als Gesellschaft. Man
hat seinen Ärger, aber auch sein Vergnügen darin. Man sinnt
beständig auf ihre Verfeinerung, auf ihre Umbildung, man disku-
tiert sogar die Eigentumsverhältnisse. Mit Lion, der sich meisterhaft
aufs Kochen versteht, zusammen zu essen, ist ein intellektuelles
129
Vergnügen; die Schilderung der 23 Arten, Rosenkohl anzurichten,
ist ein episches Arrangement, die Wiedergabe eines Rezeptes ist ein
Text.
Auch ein Text wird nicht geschrieben, sondern .zubereitet, zube-
widmet, belehrt sehr genau darüber, daß auch die Lionsche Meta-
physik einerseits eine großartige Idealität, andererseits eine sensible
130
Vitalität vertritt. Daß zu diesen vielen Büchern, ergänzbar durch
französische und italienische Publikationen, noch gelegentliche Auf-
sätze, Kritiken, Buchbesprechungen, Würdigungen usw. in Tages-
zeitungen und Zeitschriften kommen, versteht sich fast von selbst.
131
Heidelbergs oder Stuttgarts. Er spricht von Orten, von Städten
oder Landschaften, wenn er von Menschen, selbst wenn er von
Freunden redet; die Spiritualität der Orte, der Städte, der Land-
schaften scheint ihm die Spiritualität der Menschen, der Freunde
chen Ereignis, das seinerseits erst durch diese Parallele sich voll
entfalten konnte. Auch die Tausende von Segeln, abgebraucht wie
die alten Familien, mit eingesetzten Flicken, gaben eine Skala von
Braun und Gelb. Längst auch waren gelbe Rosen, Lilien, Tulpen
ebenso viele Vorboten gewesen . . .« Aber nicht nur das malerische
Objekt selbst und die Bilder der Maler sind Anlaß der visuellen Se-
mantik, auch rein spirituelle Ereignisse, der Stil Prousts, analysiert
132
laden, fließend wie »schwerer Honig aus den hohlen Waben«, ein
Lions Texte sind modern. Sein Urteil präzis und aktuell, immer
eingebettet in alle wirkenden Traditionen, Tendenzen und Experi-
mente gegenwärtiger Zivilisation. Er begnügt sich mit jener tief-
133
Über Ferdinand Lion
Die Sorge, daß die geistige Arbeit sich mehr und mehr vom Ver-
gnügen befreie und ihre Sphäre in einen Zustand tödlicher Lang-
weile versetzt, ist nicht ganz unberechtigt. Den ethischen Schwierig-
keiten innerhalb unserer Zivilisation ist, was ihre Beurteilung
anbetrifft, im ästhetischen Mißvergnügen ein Rivale erwachsen. Es
134
Lion macht offenbar, daß für ihn die Erkennbarkeit der Dinge we-
sentlich eine Frage der Genießbarkeit der Dinge ist. Manchmal
überrascht uns sein Urteil dadurch, daß es sich außerhalb seiner
Prinzipien, die keine Mauer, mehr ein offenes System von Plätzen
bilden, ein wenig schweifend bewegt, auf die Art, wie der Autor
es auch selbst in seinem Dasein seit Jahrzehnten zu tun pflegt, aber
dann, nach diesem behaglichen Exkurs in das Abenteuer, erfolgt
die Rückkehr und, noch einmal erstaunt, wird man gewahr, wie
sehr gerade der Umweg es war, der das Urteil begünstigt und
befestigt. In dieser Weise schwankt seine Intelligenz beständig
zwischen cartesischer Klarheit und pascalscher Zerstreuung. Ihre
Prinzipien sind sensibel, aber nie vollständig aufgelöst und wir-
kungslos.
Er liebt es, von seinem sensiblen Vitalismus zu sprechen. Aber
ich kann nicht einsehen, daß diese Selbstauffassung wirklich
seinem körperlichen und geistigen Wesen entspricht. Schließ-
lich gibt es doch keine Vitalität, in der es ohne einen gewissen rück-
sichtslosen Hang zur Ausbreitung und Selbstbehauptung des äuße-
ren Daseins abginge. Ich spreche nicht von ihrer Schrankenlosigkeit,
aber eines Tages wird sie Gedanken und Aussagen mit explosiblen
Feinsubstanzen anfüllen, mit der Dunkelheit bewegter Emotionen
oder der Hartnäckigkeit wilder Begierden heimsuchen, die den
Beweis des Geistes im Beweis der Kraft schuldig bleiben. Von all
135
schließend deduktiv vorwärtszubewegen, sondern in der Form von
Kaskadenreaktionen auf Ideen, Vorstellungen, Worte und Einfälle
einzugehen, Gedankenfäden daraus zu ziehen und sie mehr tastend
als folgernd zu einem sehr sicheren Urteil zu verknüpfen.
Ich habe damit schon auf Äußerlichkeiten seines gleichermaßen
stetigenund unruhigen Daseins - so paradox wird man sich aus-
drücken müssen - aufmerksam gemacht. Ferdinand Lion ist El-
sässer. Er stammt aus Mülhausen, wo er 1883 geboren wurde, In
Straßburg begann er mit dem Studium der Geschichte und der
Philosophie, in Heidelberg und München setzte er es fort. Natürlich
136
höchst individuell und rationell zusammenträgt und publiziert.
ser Vergleich auch auf das Leben und das Werk Ferdinand Lions
zu. Wie seine gesellschaftliche, so erscheint uns auch seine geistige
Welt immer wie eine sehr bewußte Klöppelarbeit, in der die Über-
raschungen niemals ausbleiben. Die Überraschung ist eine Katego-
137
komponiert von Andreae, aufgeführt in Dresden 1927. Für Eugen
d'Albert schrieb er den Text zu »Revolutionshochzeit« und zu »Go-
lem«, für Hindemith verfaßte er »Cardillac«, genau nach Vor-
schriften des Komponisten. Zu all diesem kommen dann die Auf-
sätze, Kritiken, Hinweise, die alle möglichen Gegenstände, alle
möglichen Autoren umfassen und die in Tageszeitungen und Zeit-
schriften erschienen sind, die meisten wahrscheinlich in »Maß und
Wert«, einer »Zweimonatsschrift für freie deutsche Kultur«, die
Thomas Mann zusammen mit Konrad Falk in der Schweiz während
der Jahre seiner Emigration und wohl auch für die Emigranten aus
Deutschland als Sammelbecken geflüchteten Geistes und als mah-
nende Stimme herausgegeben hat und deren erster Redaktor eben
Ferdinand Lion war. Ich glaube, er vor allem war es, der in dieser
Zeitschrift eine geistige Sphäre der deutschen Emigration schuf, ge-
138
der ästhetischen Sphäre ansiedelt, und die methodische Verbannung
des Geistes, die er in der Politik vollzogen sieht, bewegt ihn höch-
stens im Hinblick auf die Leiden des Geistes, nicht im Zusammen-
hang mit der Hinfälligkeit der Macht.
Man erkennt es deutlich genug: Es handelt sich um eine ausge-
ihm, in seinem äußeren und inneren Dasein. Letztlich ist, wie schon
angedeutet, für ihn die Welt tatsächlich nur als ästhetisches Phäno-
men zu rechtfertigen. Grund genug, etwas genauer nach den Prin-
zipien seiner Ästhetik zu fragen. Ästetik hat immer etwas mit den
Seinsverhältnissen und Seinsstrukturen zu tun. Es wird eine gewisse
Art von Gebilden vorausgesetzt, Gegenstände, nämlich die Kunst-
werke und die Mittel, die sie aufbauen, Realien, Formen, Inhalte.
Man erkennt eine ganze Seinsthematik, deren Analyse die Auf-
gabe der Metaphysik ist. Und die metaphysische Ermittlung hätte
hob er hervor, daß es sich hier um eine Synthese aus Descartes und
Bergson (oft anzutreffen im geistigen Frankreich des 20. Jahrhun-
derts) handle. Rationale Methodik in Herstellung und Verstehen
der Kunstwerke auf der einen, sinnliche Phantasie und Sensibilität
aber auf der anderen Seite. Das sind genau die beiden Vorausset-
zungen, die auch Lions ästhetische Untersuchungen und Kritiken
auszeichnen, kommen durchaus von
und sie Descartes und Bergson,
von Valery und Thomas Mann her.
Man kann es als ein Problem ansehen, daß Lion den künstlerischen
Prozeß von der Priorität des Naturschönen aus beschreibt und bis
139
aber nicht zur Zeichensprache ästhetischer Vorgänge gelangt. Man
wird die Lösung sehr bald darin finden, daß für Lion der ästheti-
Überlegung, einer reinen Theorie wird. Er ist wohl selbst, und zwar
in der Handhabung der Sprache, zu viel Künstler, um in jene ab-
zum Bau dieses Lebens zu gehören. Man kann sich vorstellen, daß
der Dreißigjährige nicht sonderlich verschieden vom Siebzigjähri-
140
Portrait Alfreds Anderschs 1962
sen Sozialismus.
141
Tod des James Dean«, i960; »Wanderungen im Norden, Dänemark,
Norwegen, Schweden (mit Fotos von Gisela Andersch), 1962. Ge-
dichte stehen u. a. im »Merkur«; im »Merkur« findet sich auch der
wir heute wissen, kann erst auf diese Weise ein Einblick in die
ästhetischen Strukturen, die auf gewissen unwahrscheinlichen Ver-
ihr, in sie hinein. Infolgedessen sind seine Wortschätze nie als ab-
geschlossen anzusehen, vielmehr als beständig offen; sie ergänzen
sich fruchtbar von Werk zu Werk, wenn sie auch, wie eine rohe
142
Jedenfalls bevorzugt die Sprache Alfred Andersens zweifellos den
Vokabularstil; der zunehmende Reichtum der Klasse verschiedener
Wörter scheint ihm wesentlich zu sein. Auszählungen von je fünf
Proben zu je 200 Wörtern aus »Die Kirschen der Freiheit« und
»Die Rote« ergaben darüber hinaus im Mittel 48 % strukturelle
Ausdrücke wie Binde worte, Artikel und dgl.; innerhalb der signi-
Wertgruppe zwischen 1,8 und 2,3, die für rein erzählende lange
Perioden typisch ist, während eine andere zwischen 3,2 und 4,2
Passagen kennzeichnet, in denen direkte Rede, kurzsatzige Feststel-
lungen und Beschreibungen vorherrschen. Im komplexen Textkör-
per »Die Rote« stößt man leicht auf beide Wertegruppen.
Texttopologisch interessant ist vielleicht, daß die Technik des Er-
143
zählens bei Alfred Andersch keineswegs einen übermäßigen Ge-
brauch von der grammatischen Variabilität der Wörter macht. Pro-
ben aus »Geister und Leute« und »Die Rote« ergaben, daß im
Mittel nur 27 °/o der Wörter eines Textes (relativ zu ihrem Vor-
kommen im »Wörterbuch«) deformiert werden. Das Deformations-
maß liegt also etwas tiefer als in Kafkas »Schloß« (28 °/o) und
wenig höher als in Nathalie Sarrautes »Tropismen« (23 %) und
entspricht etwa dem Wert in Hemingways »TheTorrents of Spring«.
Diese relativ geringe topologische Deformation der Wörter im Text
bzw. diese relativ geringe Ausnützung grammatischer Möglichkei-
ten führt aber andererseits erst zu jener assoziierenden Prolon-
gierung der Sätze, zum Vorrang linearer Sprachkörper, die man
bei Andersch so häufig antrifft, zu den adjungierten Texten, wie wir
sagen, vom Typus »jetzt wird Patrick schießen, es ist die Gelegen-
heit für ihn, wenn Patrick jetzt schießt, wird nicht mehr geschehen,
als daß die Gipsmaske in Stücke zerfällt« (»Die Rote«, p. 268).
144
mit diesem materialen Sachverhalt die Texte Anderschs vom Sprach-
körper seiner Klassiker aus dem 19. Jahrhundert abzuweichen
beginnen; hier schon wird ihre moderne Struktur wahrnehmbar.
Die Narration wird zu einer Polytechnik der Sprache, in der
rhapsodische Momente mit reflektierenden und diskursiven ver-
schmelzen.
Entsprechendes gilt für die »Stilcharakteristiken« der »mittleren
Silbenzahl« und »Textentropie«, die Fucks einführte. Während die
Poesie und Prosa wirksam sind und durch die sich der künstlerische
Prozeß des Schreibens als ein semiotischer erweist. Das System der
Sätze zerfällt in
145
Narrationen vom Typus »Er sah ihr nach, bewundernd und obszön«
oder »Ja«, sagte Stefan, »nur ein ganz kleines, und auf einmal
brannte alles.« (»Die Rote«, p. 13, »Geister und Leute«, p. 122).
Bilder vom Typus »Wirbelndes Gelb, durch den März gezielt« oder
»Das Nichts und das Messer, von Radionachrichten umspült, war-
teten auf Pierre«. (»Geister und Leute«, p. 121 u. 165).
Urteile vom Typus »Es gibt keine glänzendere Analyse als die
marxistische« oder »Das ist allerhand für eine Frau«. (»Die Kir-
schen der Freiheit«, p. 40, »Geister und Leute«, p. 37).
Zeit, solange ich diese Kirschen esse« oder »Ich bin wieder frei«.
146
schweigen das papierene rauschen der wogen, die Unendlichkeit«
oder »weil es Sansibar gab, Sansibar in der Ferne, Sansibar hinter
der offenen See, Sansibar oder den letzten Grund«. (»Geister und
Leute«, p. 1 81, »Sansibar«, p. 1 10).
Legt man, wie das heute notwendig ist, die allgemeine Klassifika-
tion der Zeichen, wie sie von Ch. S. Peirce eingeführt wurde, zu-
grunde, so bemerkt man leicht, daß die Texte Alfred Anderschs die
ziehung der Zeichen als solcher ein. Die signifikative Funktion kann
die sprachlichen Elemente als Zeichen in Beziehung zu Objekten
oder Ereignissen, aber auch als Zeichen in Beziehung zu ihrem
Interpretanten, also ihrem Autor, intentionieren. In den Narratio-
nen, Bildern, Indexsätzen, Textschliffen und Textfiltern fungieren
die Wörter und Konnexe von Wörtern als Zeichen im Hinblick auf
Objekte oder Ereignisse. In den Erfahrungen, Urteilen, existen-
tiellen Aussagen, Metanarrationen und Interpretationen präsentie-
ren die sprachlichen Wendungen auch den Autor, den Interpretan-
ten der Zeichen, etwa als wollendes, denkendes und entschiedenes
Wesen.
Interessant sind die Indexsätze vom angegebenen Typus historischer
Dokumentation. Wir wissen seit den Analysen Käte Hamburgers,
daß die epische Welt nur als fiktive zu rechtfertigen ist. Bei Alfred
Andersch wird nun die Fiktivität der epischen Welt mit Hilfe sol-
147
Wirklichkeit als Einsprengunge, der Text wechselt die modale Lage
der Welt, auf die er sich als Zeichen bezieht. In »Die Nacht der
Giraffe«, so kann man sagen, wird eine epische Fiktion in einer
den Romanen ab, auch die anderen Arten der Formulierung wie
ein Netzwerk; sie erscheinen im Hörspiel (»Fahrerflucht«) und im
Bericht (»Die Kirschen der Freiheit«), in Aufzeichnungen (»Post-
karten aus Delft und Trondheim«) und Filmkritiken (Merkur,
i960).
Dieses eng oder weit geknüpfte Netz des Erzählens - und damit
führe ich nun endgültig die semiotische Analyse in die semantische
148
über - zerlegt eine Welt der »Individuen« und ihrer »Eigenschaf-
ten«, der »events« und »eternal objects«, sehr deutlich in eine diskre-
Textgestalt und das reinste Modell einer fixierbaren Welt vor, und
die Systeme von Wortarten, Halbsätzen, Atomsätzen und Mole-
külen, die am Ende eines jeden »Tages« dieses Romans unter dem
Stichwort »der alte Pierre, Ende der Nacht« notiert werden, sind,
material betrachtet, als begrenzte Textschliffe aufzufassen, die wie
die ontischen auch die sprachlichen Zellen eines Stücks der darge-
Dieser Punkt bringt mich nun auf Alfred Andersens Aufsatz »Das
Kino der Autoren«, der bisher wichtigsten theoretischen Erörterung,
die dieser Autor veröffentlichte. In dieser Arbeit fließen literatur-
149
Ich möchte, um eine solche Mißdeutung auszuschließen, daher lieber
vom visuellen Text des Films sprechen. Die Definition bleibt dann
im Materialen, und die Theorie Alfred Anderschs fügt sich ziemlich
lückenlos dem Begriff der epischen Narration ein,- der den des Ele-
mentarereignisses impliziert, von dem ich schon gesprochen habe.
Die Technik des Filmens vollzöge sich demnach als Methode visuel-
150
höher als 0,05 liegt. Für Kafkas »Schloß« ermittelt man 0,07, in
Becketts »Texte um nichts« und in Ponges »Le Parti Pris des
Choses« sinkt der Wert noch tiefer. Aber Anderschs »Postkarten
aus Delft und Trondheim« ergeben z. T. (Nr. 1 und Nr. 9) Beträge
über 0,11. Andersch scheint also ein eminent filmischer, visueller
Erzähler zu sein. In der Inhaltsangabe, die er dem Bändchen »Gei-
ster und Leute« vorangestellt hat, betont Andersch, daß er in den
beiden »Geschichten« »In der Nacht der Giraffe« und »Drei Pha-
sen« eine »Technik angewendet habe, die man mit dem >Cuttern<,
151
Das System der Interpretation, das sich nun anschließen kann,
verläßt die materialen Gegebenheiten und Strukturen und bean-
sprucht intentionale Sachverhalte und Bedeutungen. Zunächst bleibt
sie nicht mehr da«, steht am Schluß von »Blaue Rosen«. In »Sansi-
bar oder der letzte Grund« bezeichnet die Zeile »Man mußte weg
sein, aber man mußte irgendwohin kommen« das Leitmotiv. In
»Phasen« trägt der Ausdruck »Auf der Flucht erschossen« das
Geschehnis. Das Hörspiel »Fahrerflucht« setzt eine trivialere Va-
riante auseinander. In den »Postkarten aus Delft und Trondheim«
finden sich dann Ausdrucksformen, Textschliffe, Bilder und Sätze,
152
hafte entrückt«, »das wahre Leben liegt nicht im Leben selbst,
im Prinzip auch anders hätte ausfallen können, also eine Wahl, die
Möglichkeiten voraussetzt. Wir sprechen von existentiell, weil eine
handelt durchaus als ein intelligibles Wesen; die Gründe, die ihr
sichtbar werden, indem sie sie reflektiert, rücken auf diese unmerk-
liche Weise die Wahl auf die Hegeische Stufe der Notwendigkeit,
durch deren engen Kanal diese Frau menschlichen Mißverhält-
nissen zu entkommen gedenkt.
Flucht, Variationen der Abreise, der Desertierung, des Aufbruchs,
153
Kontrast ist übrigens besonders stark in den beiden »Geschichten«
aus »Geister und Leute« betitelt »Mit dem Chef nach Chenonceaux«
und »In der Nacht der Giraffe«. Auch die Reise des Herrn Schmitz,
des Chefs, mit Doktor Honig und dem Fahrer Jeschke verwandelt
sich während der Erzählung aus einem touristischen Unternehmen
in ein gesellschaftskritisches, in dem das Unverhältnismäßige einer
menschlichen Seinslage sichtbar wird. Der Kontrast der Gerichte,
»Terrine du Chef« und »ne Suppe«, der am Anfang scheinbar nur
nebenbei und trivial eingeführt wird, wächst sich zu einem Gegen-
satz tieferer Bedeutung aus, die »leeren Fensterhöhlen . . . Krefel-
der Fabriken« und »das Ensemble der Glasfenster von Bourges«,
um in der beiläufigen Identifizierung der schwarz lackierten »Limou-
sine« mit einem ausgeschlagenen »Sarg« sprachlich wieder liquidiert
154
wenn Andersen seine Erzählung in zwei Maximen kulminieren
läßt: »Fortgehen, um zu erkennen, daß Freiheit nicht bedeutet,
irgendeine Ideologie wählen zu können, sondern das Unrecht zu
zerreißen, wo immer man es trifft« und »Es gibt ein ganz sicheres
Ich kehre, abschließend, noch einmal zum Motiv der Flucht zurück,
das Alfred Andersch so sehr anzieht. Denn man bemerkt jetzt leich-
ter, daß es sich niemals um eine Flucht aus der Welt handelt, der
das Wort geredet wird. Ich entdecke im Hintergrund immer den
Gedanken, der es ausspricht, daß Fürsichsein und Erlösung unmora-
lische Ideen sind. Die Flucht, an die dieser Autor denkt, wird im-
mer eine Flucht in die Welt, in den Bereich der anderen, in die
Gesellschaft, in das Dasein, in das Leben sein. Das sind Züge der
Aufklärung, die damit aus den Texten Alfred Anderschs hervor-
treten, und es ist nicht das unbestimmteste und billigste Prädikat,
das mit diesem Wort einer Intelligenz, einer modernen Intelligenz
zugesprochen wird, in der Erkenntnis und Dichtung sich zu identi-
fizieren gedenken.
Literatur
155
P. Guiraud, Les caracteres statistiques du vocabulaire, Paris 1954,
K. Hamburger, Logik der Dichtung, Stuttgart 1956,
A. Moles, Theorie de l'information, Paris 1958,
E. Walther, Die Begründung der Zeichentheorie bei Ch. S. Peirce, Grund-
lagenstudien, Bd. 3, 2, 1962.
156
Julien Bendas Aufklärung
Die Deutschen haben eine gewisse Vorliebe bekommen für die reiz-
volle und leichte Art, mit der Ortega y Gasset, der spanische Lite-
rat und Philosoph, seine einfachen und verwickelten Themen
behandelt. Der Ruhm Ortegas hat den Ruhm manches anderen aus-
ländischen Schriftstellers, der offen oder verborgen um unsere An-
erkennung geworben hat, verdunkelt. Auch die Aufmerksamkeit,
die ein Mann wie Julien Benda, der französische Literat und Phi-
losoph, verdient, hat wohl gelegentlich unter Ortegas Erfolg ge-
litten. Das ist schade; denn in mancherlei Hinsicht wäre Benda eine
157
Julien Bendas Produktion begann etwa 191 2. Er hatte gleich sein
Thema. Denn er hatte gleich seinen Gegner: Henri Bergson, der
damals auf dem Gipfel seiner literarischen und philosophischen
Laufbahn angelangt war. Es ist klar, daß ein unbeugsamer Cartesi-
aner, für den die Philosophie weniger ein Gehäuse, denn ein Weg,
weniger ein System, denn eine Methode bedeutet, sofort in den
äußersten Gegensatz zu einem verführerischen Kopf treten muß,
der jener natürlichen Neigung der Leser, Emotionen, Intuitionen
und Mythologien zu bevorzugen, so sehr entgegenkommt wie Berg-
son. Im Jahre 19 12 erfolgte also unter dem Titel »Le Bergsonisme
ou une Philosophie de la Mobilite« der erste große rationale An-
griff Julien Bendas auf seinen Gegner.
Ohne Zweifel hatte Benda Grund zur Kritik. Ohne Zweifel steht
der Weltgeist, um es so zu sagen, auf seiner Seite. Doch was küm-
mert den Leser, der gerührt, beruhigt und bewegt werden will,
son blieb das letzte literarische und europäische Ereignis der Phi-
losophie.
einen Stil gebildet hatte, rückte ihn zu den Literaten; daß er eine
Tendenz ausdrückte, verwandelte ihn in einen Intellektuellen. Die
Methode bestand in der rationalen Argumentation; der Stil in
phie noch ganz in die Literatur gehört, nach und nach ein außerge-
158
wohnlicher Rationalist, der zwar bei Descartes gelernt hat, für den
aber die Verteidigung der Methoden zugleich eine Rechtfertigung
der persönlichen intellektuellen Existenz bedeutet.
Die Reinheit des Geistes und die Kraft der Vernunft! Gerade hier
verrät sich die außerordentliche cartesische Gesinnung. Geist und
Vernunft sind rein, wenn ihre Methoden rein, also klar, übersehbar
und eben spirituell, nicht emotional, mystisch oder intuitiv sind,
wenn ihre Handlungen beweisend, nicht überredend vor sich gehen.
Eines seiner reifsten und schönsten Bücher, ein Spätwerk wie »Du
Style dTdees«, das 1947 erschien, enthält gleichsam seine philoso-
phische Theorie des Geistes und der Vernunft, die er, unbekümmert
um die sogenannten philosophischen Fachleute, im Atem des gro-
ßen Literaten vorträgt. Das Buch hat den Untertitel »Reflexions
sur la pensee, sa nature, ses realisations, sa valeur morale«. Da es
159
bis 1944«; Philosophiekritik wie die bereits genannte Abrechnung
mit Bergson und schließlich die großartige Beargwöhnung der In-
tellektuellen in »La Trahison des Clercs« - »Der Verrat der Inte-
lektuellen« -, ein Buch, das die moralische Lage der geistigen Men-
schen in allen Nationen betrifft und das eine Erfahrung geißelt,
hält gewisse Ergänzungen, aus der das Bild einer Intelligenz auf-
160
Über die Literatur Walter Benjamins
sich machtlos sah, auf der Flucht vor seinen Feinden in einem klei-
nen Gebirgsdorf an der spanisch-französischen Grenze sein Leben
freiwillig endete, ohne zu ahnen, daß seine Rettung vorbereitet
war, ist ein solcher Autor. Marxist - aber die Umsicht seines Ver-
standes reichte weiter als die Doktrin, und wohl damit hängt es
zusammen, daß seine Literatur auch von denen geliebt und gelesen
wurde, die politisch anders dachten als er.
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kommt, aber nicht selbstzufrieden sich damit bescheidet. Denn
Walter Benjamin besaß ja eine umrissene Theorie, die er manch-
mal als Erkenntnis, manchmal aber auch als Gesinnung in der Ar-
gumentation verwendete. Die Theorie war zwischen Hegel und
Marx angesiedelt; sie beobachtete die Gestalt der Ideen, indem
sie diejenigen Individuen beobachtete, die sie konzipierten, und die-
immer etwas allgemein. Ich kann sie sofort verdeutlichen, wenn ich
die Technik des philologischen Beweises einer These aus der unan-
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eine verborgene Subjektivität, eine skurrile Glut unter der Ober-
fläche der Thesen aus. Wahrscheinlich war das gleichermaßen ein
Aus seiner reichsten Zeit - und bis zuletzt verfolgt - stammt der
Plan eines großen Buches, das Paris, das »spirituelle Paris«, ge-
wissermaßen die Idee dieser Stadt zum Gegenstand haben sollte,
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»Paris, capitale de PEurope du i9me siegle«; Plan eines Buches,
von dem der wundervolle Essay Ȇber einige Motive bei Baudelai-
die Max Horkheimer noch 1939 in Paris herausgab. Sie alle, Hegel,
Marx, Poe, Bergson, Proust, Freud geben die Medien ab, aus denen
Geist und Charakter der Baudelaireschen Poesie und Prosa heraus-
destilliert werden. Auch diese Vorliebe für Frankreich, für Paris
verbindet Walter Benjamin wieder mit Bernard Groethuysen, der
zwar von Dilthey und Simmel ausging, aber bei Montaigne und
Montesquieu endete und als Mitarbeiter der Nouvelle Revue Fran-
chise seine prächtigsten philosophischen Essays schrieb.
Doch man darf nicht übersehen, wie sehr Walter Benjamin Inhalt
und Ausdruck des deutschen Geistes auskostete. Erweist er sich nicht
in »Ursprung des deutschen Trauerspiels« als Entdecker eines ver-
nachlässigsten Bezirks der deutschen Literatur? - Holt er hier
nicht einen wesentlichen Teil des deutschen Barock herauf und ver-
kündet seine Meisterschaft? - Spiegelt er das barocke Trauerspiel
nicht an der Leibnizschen Monadologie, um seine Tiefe glaubhaft zu
machen? - Und das erstaunliche Kapitel über die »phonetischen
Spannungen in der Sprache des 17. Jahrhunderts«, subsumiert unter
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Darstellung der Ideen sein«, heißt es in »Ursprung des deutschen
Trauerspiels« (S. 13). Das ist für Walter Benjamin ebenso eine
Wahrheit Piatons wie Leibniz* und Hegels. Und in dieser Hinsicht
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in einer Presse, die auf der »Phrase« eines zusammenbrechenden
Bürgertums beruhe. Auffällig ist der starke Hinweis auf Hebbel,
dem nicht nur Kraus und Benjamin, auch Kafka und Werfel zugetan
waren, wie man weiß, und man ist erstaunt über die Wirkung, die
der badische Prälat mit seinen Parabeln moralischer und theologi-
scher Intensität auf Wiener und Prager Literatur ausgeübt hat.
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»Fantom Fan«, Notizen über ein Buch Friederike Mayröckers
Nietzsche sprach von einem Dasein, für das die Welt und das
Leben nur als ästhetisches Phänomen< gerechtfertigt sei.
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die seltene Wortfolge: »anblaffen / anslahen / belfern / blaffern /
Gewebe tatsächlich Texte sind, die einmal eine poetische und ein an-
dermal prosaische Struktur besitzen. In »Fantom Fan« gibt es
sinds tausend und drei«. Doch so sehr der >Genuß< unter der zeit-
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liehen Kategorie des >Augenblicks< begriffen werden kann, es gibt
noch eine andere zeitliche Kategorie, die für ihn wesentlich ist, die
und als er mit seinem langen Blick auf Epikur die ästhetische Exi-
stenz<, den Genuß als eine >Verkleidung des Leidens< interpretierte.
Don Juan und Epikur. Die Rechtfertigung der ästhetischen Exi-
stenz unter der Kategorie des >Augenblicks< und ihre Rechtfertigung
unter der Kategorie der >Dauer<. Vielleicht könnte man von Hegel
aus von der >Partikularität des poetischen< und von der >Totalität
»im rot stöszt er tiefer in den leib erregt das Blut die Willens-
sphäre wie jeder von ihnen weisz im blau wendet er sich nach
der anderen Seite da hebt er sich heraus hauptwärts sozusagen wo
wir im ruhigen Vorstellungsbild den Gegenpol zur Willenssphäre
schaffen: so entschwindet ihm der eigentliche Willensvorgang in
der Finsternis!«
Ludwig Harig machte kürzlich in einem Gespräch die Bemerkung,
daß er nie genau sagen könne, was an den Texten Friederike May-
röckers gut und was nicht gut sei. Indem ich diesen Einwurf an
jenem Satz Max Rychners, des verstorbenen Schweizer Autors,
reflektiere, daß die moderne Literatur sich dadurch auszeichne,
daß sie dicht neben dem »Meistwerk« auch den »Schund«
enthalte, würde ich, die Kritik abschwächend, hinzusetzen, daß die
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Texte dieser Autorin, wie das übrigens bei Gottfried Benn oder bei
Gertrude Stein auch der Fall ist, neben der erlesenen Formulierung
auch die triviale zulassen. Die Kunst kontrastiert den Kitsch, aber
wenn ein literarisches Bewußtsein so extrem wie dieses nicht der
Friederike May röcker hat in »Fantom Fan« diese Lage selbst ge-
kennzeichnet, gewissermaßen in einem ebenso linguistischen wie
ästhetischen Programm, das aus einem Dutzend rhetorischer Im-
perative besteht:
»Lassen Sie die Wörter aufjaulen!
Machen Sie öfters mal boingg-boingg!
Vergessen Sie die ganze Sprache!
Legen Sie Silben aufs Eis!
sche Existenz< weniger auf literarische Realität und mehr auf physi-
sche Realität abstellen? - Kann man sich vorstellen, daß sie aufhört
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zu schreiben? - Sie hat schon seit längerem begonnen, Hörspiele zu
schreiben, allein und mit Ernst Jandl. Wird Sie dadurch aus dem
monologischen Prinzip der Texte in ein dialogisches gerissen? - Sie
ist eine Autorin, an die man die Frage nach der Zukunft des Schrei-
bens zu stellen fast gezwungen ist. Aber genau das scheint mir ein
»Prinzip Hoffnung« zu sein.
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Inhalts- und Quellenverzeichnis
Lettern ^
Katalog der Ausstellung, Studium Generale der TH Stuttgart,
Dezember 1965
173
Neuseis Fachwerktext 102
unveröffentlicht
174
Julien Bendas Aufklärung 157
Aufklärung 1/1, 195
175
pocket 1
Dieter Wellershoff
pocket 13
Max Bense
Artistik und Engagement
pocket 20
Siegfried J. Schmidt
Ästhetische Prozesse