Sie sind auf Seite 1von 297

Auf einen Blick

179

197

229

257
Kurzlehrbuch

Neuroanatomie

Norbert Ulfig

137 Abbildungen

50 Tabellen

Georg Thieme Verlag


Stuttgart · New York
Professor Dr. Norben Ulfig W ichtiger Hinw eis: W1e Jede Wissenschaft 1st die Medwn
AG Neuroembyologie. lnstirut für Anatomie ständigen Entwicklungen umerwonen. Forschung un
Umversn.tt Rostock khmsche Enahrung erweuem unsere Erkenntmsse. ms
Genrudenstr. 9 besondere was Behandlung und medikamentöse The-rap1e
18057 Rostock anbelangt. 5owen m d1esem Werk eme Dos1erung Oder eme
Applikation erwahm w1rd. darf der Leser zwar darauf
Grafiken: venrauen. dass Autoren. Herausgeber und Verlag grol>e
Gumher Ruschel 5orgralt darauf verwandt haben. dass d1ese Angabe dem
lnstnut fur Anatomie der Universität, Ronock Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht.
Kann Baum Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikatl
B'n M Medical Graphics LTD. Paphos/Zypern onsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr Ober·
nommen werden. j eder ßenuner ist angehalten, durch
Klinische Fälle als Kapiteleinstiege: sorgfaltige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten
Lehrbuchredaktion Georg Thieme Verlag mit Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eme<
Fachbelrat Dr. med. Eva Schippmann Spezialisten festzustellen, ob d1e don gegebene Empfehlung
Layout: Kunkel und Lopka. Heidelberg fllr Dosierungen Oder die Beachtung von Kontramdlkauo-
Umschl~ggestahung: 11ueme Verlagsgruppe nen gegenüber der Angabe m d1esem Buch abweicht. Eine
solche Prüfung 1st besonders w1cht1g be1 selten verwende-
ten Präparaten Oder solchen. du~ neu auf den Markt
D1e Deutsche Bibliothek - gebracht worden smd. jede Dosieru ng Oder Applik ation
OP-Einhtltsoufnahme enolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und
Verlag appellieren an Jeden Benutzer. 1hm etwa auffallende
Ein Titeldatensatz fur d1ese Publikation ist bei der Deut-
Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.
schen Bibliothek erhJitlich.

~ 2008 Georg Th1eme Verlag KG Ge-schützte Warennamen (Warenze1chen) "erden nicht


Rüd1gerstra8e 14 besonders kenmlich gemacht Aus dem Fehlen emes
D-70469 Srungan solchen Hinwe1ses kann also mcht geschlossen werden.
Unsere Homepage: hnp://www.thieme.de dass es sich um emen fre1en Warennamen handelt.
Das Werk. einschheßhch aller semerTelle. 1st urheberrecht-
Primed 1n Germany lieh geschützt. jede Verwertung außerhalb der e>ngen
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung
Satz: pnmusrype Roben Hurler GmbH, Notzmgen des Verlages unzulassig und strafbar. Das g~lt msbesondere
gesetzt auf 382 fur Verv1elt:llugungen. Übersetzungen. Mikroverfilmungen
Druck· Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG. Calbe und die Einspeicherung und Verarbeitung m elekrromschen
Systemen.
ISBN 978·3·13-142951-3 123456
V

Vorwort
Mit d1esem Kurzlehrbuch wurde der Versuch unter- handelt werden. So sind z. B. die Darstellungen zu
nommen. das komplexe Teilgebiet der Neuroanato- den peripheren Nerven gut geeignet. um sie im ge-
mie verständlich und umfangreich darzustellen. samten Präparierkurs einzusetzen.
Auch wenn ein Kurzlehrbuch natürlich an enge Ich hoffe, dass dieses Kurzlehrbuch dazu beitragen
Vorgaben zum Umfang gebunden ist. wurde durch- kann. das Lernen der Neuroanatomie mit mehr Ver-
weg kaum auf Details verzichtet. da bei der Prü- ständnis und Freude zu kombinieren. Für konstruk-
fungsvorbereitung gerade auf dem Gebiet der Neu- tive Hinweise und Kritiken bin ich jederzeit sehr
roanatomie ihre Einordnung in den Gesamtzusam- dankbar.
menhang häufig schwer fallt.
Ferner stand im Vordergrund. neuroanatomische Danksagung:
Strukturen mit Funktion und klinischer Bedeutung Bei allen. die an der Fertigstellung dieses Buches
darzustellen. Es erleichtert nicht nur das Lernen. beteiligt waren. möchte 1ch m1ch ganz herzlich be-
sondern es motiviert den Studierenden, wenn danken. insbesondere be1:
schon be1m ersten Lernen der Bezug zum klini- Günther Ritschel (Institut fur Anatomie. Universität
schen Alltag verdeutlicht wird. Rostock); Erstellung der Grafiken
Als bewährte Elemente der Kurzlehrbuch-Reihe er- Karin Baum (B'n M Medical Graphics LTD ): Erstel-
leichtern Lerncoachs. Lerntipps und Check-ups ge- lung der Verschaltungsschemata und Beschriftung
rade in diesem komplizierten Gebiet den Einstieg der Grafiken
für den Anfänger. Zahlreiche Tabellen und Ver- Sabine Cleven. Daniel Paschke. Marko Schulze und
schaltungsschemata sowie die zusammenfassende jana Weiß-Milller (Institut für Anatomie. Universi-
Darstellung der funktionellen Systeme komprimie- tät Rostock); Mitwirkung bei der Manuskripterstel-
ren den vom Gegenstandskatalog geforderten ln- lung
halt für em übersichtliches Lernen und Wiederho- Dorothea Thilo (Georg Th1eme Verlag); Ermögli-
len vor Semesterprüfungen und der I. ÄP. chung des Buches in der vorhegenden Form durch
Der Umfang des Buches erscheint für em Teilgebiet weit reichende Unterstützung und Anregungen im
der Anatomie auf den ersten Blick vielleicht etwas Rahmen der fachredaktionellen Manuskriprüberar-
hoch. Es ist jedoch zu beachten. dass neben den beitung.
zentralnervösen Strukturen auch die Sinnesorgane
und das periphere Nervensystem umfassend be- Norbert Ulfig Rostock. im Januar 2008
VI

Abkürzungen:
A. - Arteria
Aa. - Arteriae
Ggl. - Ganglion
Lig. - Ligamentum
M. • Musculus
Mm. - Musculi
N. - Nervus
n. - nervi
Ncl. - Nucleus
Ncll. - Nuclei
Nn. • Nervi
R.
Rr.
--Ramus
Rami
V. -Vena
Vv. • Venae
VII

Inhalt
1 Grundlagen zum 3 Peripheres Nervensystem 33
Nervensystem 3 3.1 Der Überblick 33
1.1 Der Überblick und die Funktion des
3.2 Die Spinalnerven und i hre Äste 33
Nervensystems 3 3.2.1 Die Entstehung des Spinalnervs 33
1.2 Die Gliederung und 3.2.2 Die Äste des Spinalnervs 33
Grundbegriffe 3 3.2.3 Die Dermatome und
1.2.1 Die strukturelle Gliederung 3 Hautnervenareale 35
1.2.2 Die funktionelle Gliederung 5 3.2.4 Die Plexusbildung 35
1.2.3 Die Richtung der Erregungsleitung und
3.3 Der Plexus cervicalis 37
die Rezeptoren 6 3.3.1 Die motorischen Äste
1.3 Die Bauelem ente des (Ansa cervicalis) 38
Nervensystems 7 3.3.2 Die sensiblen Äste 38
1.3.1 Das Neuron (die Nervenzelle) 7 3.3.3 Der Nervus phrenicus 39
1.3.2 Die Synapsen 9 3.4 Der Plexus brachialis 39
1.3.3 Die Gliazellen 11 3.4.1 Die Bildung der Trunci und Äste der
1.3.4 Die Nervenfasern 14 Pars supraclavicularis 39
1.3.5 Der periphere Nerv 16 3.4.2 Die Bildung der Fasciculi und Äste der
1.3.6 Die Ganglien im PNS 17 Pars infraclavicularis 41
3.5 Der Plexus lumbosacralis 48
2 Entwicklung des 3.5.1 Der Plexus lumbalis 49
Nervensystems 21 3.5.2 Der Plexus sacralis 52
2.1 Der Überblick 21 3.6 Die Hirnnerven 57
2.2 Die Neurulation und die 3.6.1 Die Funktion, Faserqualitäten und
Neuralleiste 21 Ganglien der Hirnnerven 57
2.2.1 Die Neurulation - Entstehung des 3.6.2 Der Verlauf der Hirnnerven 111 -XII 59
Neuralrohrs 21 3.6.3 Der Nervus oculomotorius (111) 59
2.2.2 Die Neuralleiste 22 3.6.4 Der Nervus trochlearis (IV) 61
3.6.5 Der Nervus trigeminus (V) 62
2.3 Die Entwicklung des Rückenmarks
3.6.6 Der Nervus abducens {VI) 64
und der Spinalnervenwurzeln 23
3.6.7 Der Nervus facialis {VII) 66
2.4 Die Entwicklu ng des Gehirns 24 3.6.8 Der Nervus vestibulocochlearis (VIII) 69
2.4.1 Die Ausbildung der Form 25 3.6.9 Der Nervus glossopharyngeus (IX) 69
2.4.2 Die Entwicklung des Rautenhirns 26 3.6.10 Der Nervus vagus (X) 69
2.4.3 Die Entwicklung des Mittelhirns 27 3.6.11 Der Nervus accessorius (XI) 72
2.4.4 Die Entwicklung des Zwischenhirns und 3.6.12 Der Nervus hypoglossus (XII) 72
der Hypophyse 27
2.4.5 Die Entwicklung des Endhirns 27
4 Rückenmark
(Medulla spinalis) 75
4.1 Der Überblick 75
4.2 Die Gestalt und die Gliederung 75
4.2.1 Die Lage. Form und Oberfläche 75
4.2.2 Die Rückenmarkssegmente 75
VIII Inhalt

4.2.3 Der Rückenmarksquerschnitt 78 6 Kleinhirn (Cerebellum) 117


4.3 Oie Verschaltungen und Bahnen im 6.1 Der Überblick 117
Rückenmark 81
4.3.1 Oie Verschaltungen 82 6.2 Die Lage, Gliederung und

4.3.2 Der Verbindungsapparat 82 Funktion 117


4.3.3 Der Eigenapparat und 6.2.1 Oie Lage 117
die spinalen Reflexe 86 6.2.2 Oie morphologische Gliederung 117
4.3.4 Der übertragene Schmerz 88 6.2.3 Die funktionelle Gliederung 119
6.2.4 Die Funktionen des Kleinhirns 119
6.3 Der Aufbau 120
5 Hirnstamm
6.3.1 Oie Kleinhirnrinde 120
(Truncus encephali) 93
6.3.2 Oie Kleinhirnkerne 123
5.1 Der Überblick 93 6.3.3 Oie Kleinhirnstiele (Pedunculi
5.2 Oie Medulla oblongata 94 cerebellares) 124
5.2.1 Oie Lage und OberOäche der Medulla
oblongata 94 7 Zwischenhirn (Diencephalon) 129
5.2.2 Oie Gliederung und der innere
Aufbau der Medulla oblongata 96 7.1 Der Überblick und die Oberfläche 129
7.1.1 Die Anteile des Zwischenhirns 129
5.3 Der Pons 97 7.1.2 Die An sicht des Zwischenhirns von
5.3.1 Die Lage und Oberfläche des Pons 97 medial und basal 129
5.3.2 Die Glied erung und der innere
Aufbau des Pons 97 7.2 Der Thalamus und der
Metathalamus 130
5.4 Das Mesencephalon 99 7.2.1 Die Einteilung und die Verbindungen
5.4.1 Die Lage und Oberfläche des der Thalamuskerne 130
Mesencephalon 99 7.2.2 Der Metathalamus: Corpus
5.4.2 Die Gliederung und der innere geniculatum laterale und Corpus
Aufbau des Mesencephalon 99 geniculatum mediale 134
5.5 Die Formatio retlcularis 102 7.3 Der Hypothalamus und die
5.5.1 Die Lage und Gliederung der Hypophyse 134
Formatio ret icularis 102 7.3.1 Die Kerngebiete des Hypothalamus 134
5.5.2 Oie Raphekerne 103 7.3.2 Oie Afferenzen und Elferenzen des
5.5.3 Die funktionellen Zentren 103 Hypothalamus 135
5.6 Die Bahnen Im Hirnstamm 105 7.3.3 Oie Funktionen des Hypothalamus 136
5.6.1 Die Faserbahnen innerhalb des 7.3.4 Das Zusammenspiel von
Hirnstamms 105 Hypothalamus und Hypophyse 138
5.6.2 Die langen absteigenden Bahnen 107 7.3.5 Die Hypophyse 139
5.6.3 Die langen aufsteigenden Bahnen 107 7.4 Der Epithalamus 140
5.7 Die Hirnnervenkerne und Aus- 7.4. 1 Die Anteile des Epithalamus 140
trittsstellen der Hirnnerven 108 7.4.2 Die Epiphyse 140
5.7.1 Die Ursprungskerne 109 7.4.3 Die Habenula, Nuclei habenulares.
5.7.2 Die Endkerne 111 Com missura habenularum und
5.7.3 Die Sonderstellung des Nucleus Stria medullaris 141
mesencephalicus nervi trigemini 111 7.4.4 Die Area pretectalis und Comm issura
5.7.4 Die Austrittsstellen der Hirnnerven posterior 141
III-XII 112
Das Liquorsystemin halt IX

8 Endhirn (Telencep halon) 145 9.4 Die Blut-liquor-Schranke, die


Blut-Hirn-Schranke und die
8.1 Der Überblick 145 zirkumventrikulären Organe 177
8.2 Die Oberfläche 146 9.4.1 Die Blut-Liquor-Schranke 177
8.2.1 Die Ansicht von la teral 146 9.4.2 Die Blut-Hirn-Schranke 178
8.2.2 Die Ansicht von medial 146 9.4.3 Die zirkumventrikulären Organe 178
8.2.3 Die Ansicht von unten 149
8.3 Der Isokortex 150 10 Blutgefäße des ZNS 181
8.3.1 Der histologische Aufbau des
10.1 Der Überblick 18 1
Isokortex 150
8.3.2 Die funktionellen Kortexareale 151 10.2 Die Arterien 181
10.2.1 Das vertebrobasiläre Stromgebiet 181
8.4 Die subkortikalen Kerne 157 10.2.2 Das Karotisstromgebiet 184
8.4.1 Die Basalganglien und funktionell
10.2.3 Der Circulus arteriosus cerebri
assoziierte Kerne 157
(Willisi) 186
8.4.2 Die weiteren subkortikalen Kerne
10.2.4 Die Versorgungsgebiete der drei
des Endhirns 159
großen Hirnarterien 187
8.5 Die weiße Substanz des Endhirns 161 10.2.5 Die arterielle Versorgung des
8.5.1 Die Einteilung der Fasersysteme 161 Kleinhirns und des Hirnstamms 189
8.5.2 Die Assoziationsbahnen 161 10.2.6 Die arterielle Versorgung des
8.5.3 Die Kommissurenbahnen 161 Rückenmarks 190
8.5.4 Die Projektionsbahnen 162
10.3 Die Venen und die Sinus durae
8.6 Der Hippecampus 163 matris 190
8.6.1 Das Cornu ammonis 164 10.3.1 Die Venae Superficiales cerebri 191
8.6.2 Der Gyrus dentatus 165 10.3.2 Die Venae profundae cerebri 192
8.6.3 Das Subiculum 165 10.3.3 Die Venen des Kleinhirns und des
8.6.4 Die Area entorhinalis 165 Hirnstamms 192
8.6.5 Die Erregungsausbrei tung und die 10.3.4 Die Venen des Rückenmarks 193
Verbi ndungen des Hippecampus 165 10.3.5 Die Sinus durae matris 193

9 Hüllen des ZNS und 11 Funktionelle Systeme 199


Liquorsystem 169 11.1 Das somatornotorische System 199
9.1 Der Überblick 169 11. 1.1 Der Überblick 199
1 1.1 .2 Das pyramida l-motorische System 200
9.2 Die Meningen 169
11. 1.3 Das extrapyramidal-motorische
9.2.1 Die Einteilung der Meningen 169
System 200
9.2.2 Die Pachymeninx (Dura ma ter) 169
9.2.3 Die Leptameninx (Arachnoidea 11 .2 Das somatasensible System 205
mater und Pia mater) 171 11.2.1 Der Überblick 205
9.2.4 Die Blutversorgung und die 11.2.2 Das Verschal tungsprinzip
Innervation der Meningen 172 somataafferenter Bahnen 206
11.2.3 Die spineafferenten Systeme 206
9.3 Das Liquorsystem 172
11.2.4 Das Trigeminussystem 209
9.3.1 Der äußere Liquorraum 172
9.3.2 Der innere liquorraum 174 11.3 Das visuelle System 210
9.3.3 Der Liquor cerebrospinalis und die 11.3. 1 Der Überblick 210
Plexus choroidei 176 11.3.2 Die Sehbahn zur Vermittlung
bewusster Seheindrücke 210
X Inha lt

11.3.3 We1tere visuelle Untersysteme 212 12.2.3 Der optische Apparat 244
11.3.4 Die optischen Reflexe 213 12.2.4 Die Netzhaut (Retina) 247
12.2.5 Die Hilfseinrichtungen des Auges 249
11 .4 Das auditarische System 214
12.2.6 Die Orb1ta (Augenhöhle)
11.4.1 Der Überblick 214
mit Leitungsbahnen 252
11.4.2 Die Hörbahn 214
11.4.3 Die Kollateralen der Hörbahn 216 12.3 Das Geruchs· und das
Geschmacksorgan 253
11 .5 Das vestibuläre System 217
217 12.3.1 Das Geruchsorgan 253
11.5.1 Der Überblick
12.3.2 Das Geschmacksorgan 254
11.5.2 Die Vestibulariskerne und ihre
Verbindungen 217 12.4 Die Rezeptoren in der Haut und
im Bewegungsapparat 254
11.6 Das olfaktorische und das
12.4.1 Die Hautrezeptoren 2S4
gustatorische System 218
218 12.4.2 Die Rezeptoren des Bewegungs-
11.6.1 Der Überblick
apparats 255
11.6.2 Das olfaktorische System 218
11.6.3 Das guslatorisehe System 220
11.7 Das vegetative Nervensystem 221 13 Anhang 259
11.7. 1 Der Überblick und die Funktion 221 13.1 Schnittbilder 259
11.7.2 Der Sympathikus 223 13.1 .1 Frontalschnitte 259
11.7 .3 Der Parasympathi kus 226 13.1.2 Horizontalschnitte 262
11.7.4 Das enterische Nervensystem 13.1.3 Sagittalschnitte 263
(Darmwandnervensystem) 226 264
13.2 Verschaltungen
11.8 Das limbisehe System 227 13.2.1 Verschaltungen im motorischen
11.8.1 Der Überblick 227 System 264
11.8.2 Die Strukturen des limbisehen 13.2.2 Verschaltungen im somatasensiblen
Systems und ihre Verbindungen 227 System 266
11.8.3 D1e Funktionen des limbisehen 13.2.3 Verschaltungen im visuellen System 267
Systems 228 13.2.4 Verschaltungen 1m auditarischen
und vestibulären System 269
13.2.5 Verschaltungen im guslatorisehen
12 Sinnesorgane 231
und olfaktorischen System 270
12.1 Das Ohr mit Hör- und 13.2.6 Verschaltungen im limbisehen
Gleichgewichtsorgan 231 System 271
12.1. 1 Der Überblick 231 13.2.7 Verschaltungen im vegetativen
12.1.2 Das äußere Ohr (Auris externa) 231 und neuroendokrinen System 271
12.1.3 Das Mittelohr (Auris medial 233
13.3 Literaturverzeichnis 273
12.1.4 Das Innenohr (Auris Interna) 238
13.4 Quellenverzeichnis 274
12.2 Das Sehorgan und seine
Hilfseinrichtungen 243 Sachverzeichnis 275
12.2.1 Der Überblick 243
12.2.2 Der prinzipielle Aufbau des
Bulbus oculi 243
Klinischer Fall

Reine Nervensache paar Erkältungen in der Winterzeit ist der gelernte


Schlosser bisher kerngesund gewesen. Seine Frau be-
klagt zwar immer, er sei w dick und würde sich
schlecht ernähren, doch als Handwerker ist Manfred
S. viel unterwegs: Für ausgiebiges Kochen oder aus-
gewählte Gerichte bleibt ihm bei seiner Arbeit keine
Zeit.
Während Manfred S. dem Hausarzt von seinen Be-
schwerden berichtet, hat dieser schon einen leisen
Verdacht. Er rät dem Schlosser, einen Neurologen
aufzusuchen. .Ich soll zu einem Nervenarzt?" fragt
der Patient ungläubig. Daraufhin sagt ihm der Haus-
arzt, dass Missempfindungen an den Füßen auftreten
Mit der angeschlagenen Stimmgabel auf dem Fußknöchel können, wenn periphere Nerven gestört sind.
wird das Vibrationsempfinden geprüft, das bei Polyneuro-
pathien typischerweise herabgesetzt ist (Pallästhesie).
Diagnose: Klinisch
Als die Neurologin Dr. Rode von seinen Beschwerden
Polyneuropathie ist eine Schädigung mehrerer pe- hört, erhebt sie bei Herrn S.wnächst eine genaue
ripherer Nerven. Was so harmlos klingt, kann zu Anamnese. Sie erfährt, dass das Brennen in den
einem schwerwiegenden Problem werden. Treten Füßen nachts stärker ist als tagsüber. Der Patient
durch die Nervenschädigungen Gefühlsstörungen klagt darüber. dass er manchmal das Gefühl habe,
in den Extremitäten auf, kann es vorkommen, dass .wie auf Watte" zu gehen und sich besonders im
der Patient an manchen Stellen keine Schmerzen Dunkeln unsicher beim Gehen fühle. ln der neurologi·
empfindet. Verletzungen werden nicht mehr sehen Untersuchung sieht die Ärztin, dass der Patient
gespürt. Wunden, die auf diese Weise unentdeckt geht, als würde er den Boden unter den Füßen nicht
bleiben, können sich entzünden. Im schlimmst en spüren. Weiterhin stellt Frau Dr. Rode fest, dass der
Fall gelangen Keime aus der Wunde in den Blut- Achillessehnenreflex rechts ausgefallen und links
kreislauf und können dann zu lebensbedrohlichen deutlich abgeschwächt ist. Ihr fällt auch auf, dass bei
Krankheitszuständen (z. 8. Sepsis) führen. jede der der Prüfung mit einer Stimmgabel das Vibrations-
Strukturen ei ner peripheren Nervenfaser - das empfinden in beiden Füßen des Patienten gestört ist.
Axon, die Gliahüllen, die Myelinscheiden - können Dem Patienten gegenüber äußert sie ihre Diagnose:
bei der Nervenschädigung betroffen sein. Die Ursa- .Sie haben eine Polyneuropathie".
chen der Läsionen sind oft toxische Substanzen
wie etwa Alkohol. Doch auch Stoffwechselerkran- Der Grunderkrankung auf der Spur
kungen wie Diabet es mellitus können zu Sch äden Als sie den verständnislosen Blick im Gesicht von
der peripheren Nerven führen . Herrn S. sieht. erklärt sie weiter: • Vermutlich sind 1hre
peripheren Nerven nicht ganz in Ordnung. Etwas hat
Brennende Füße sie beschädigt - jetzt müssen wir nur herausfinden.
Beim Sonntagsspaziergang bleibt Manfred S. plötzlich was." Dr. Rode nimmt ihrem Patienten Blut ab und
stehen, zischt vor Schmerz und beißt die Zähne w- misst den Blutzucker im TagesprofiL Das Ergebnis:
sammen.•Brennen Deine Füße wieder?" hört er hin- Manfred S. hat im gesamten Tagesverlauf deutlich
ter seinem Rücken die Stimme seiner Frau .ja! Au! erhöhte Glukosewerte. Die Ursache seiner Polyneuro-
Ich weiß wirklich nicht, was das ist ... Vielleicht sollte pathie ist Diabetes mellit us. jetzt muss die Grunder-
ich endlich einen Arzt aufsuchen·. stöhnt der 55- krankung behandelt werden - dann wird die Polyneu-
jährige. Bis auf eine Leistenhernien-Operation und ein ropathie zumindest nicht weiter voranschreiten.
1 Grundlagen zum Nervensyst em Die Gliederung und Grundbegriffe 3

1 Grundlagen zum Nervensyst em Das Nervensystem lässt sich nach verschiedenen


Gesichtspunkten gliedern. Dabei sind jedoch die
1.1 Der Überblick und die Funktion Grenzen oftmals nicht so streng zu sehen, wie es
des Nervensyst ems die Einteilungen suggerieren könnten. So liegen
z. B. bei manchen Neuronen das Perikaryon (der
Das Nervensystem. das man nach strukturellen und Zellkörper) im ZNS und sein Axon zu großen Te1len
funktionellen Gesichtspunkten unterschiedlich glie- im PNS oder umgekehrt.
dern kann. 1st wohl das komphz1eneste funktaoneUe
System des menschlichen Korpers. Es ist den ubri- 1.2.1 Di e strukturelle Gliederung
gen Organsystemen ubergeordnet und bildet als Die beiden großen morphologischen Einheiten (ZNS
Kommunikations- und Steuerungsorgan d1e Grund- und PNS) unterscheiden sich in ihrem Aufbau und Ih-
lage fiir eine schnelle und sannvolle Anpassung des rer Lage. sind jedoch funktionell eng miteinander
Körpers (sowohl an Veränderungen an der Umwelt verzahnt. Makroskopisch kann man in beiden Antei-
als auch im Körperinneren). Die Steuerung erfolgt len sowohl graue als auch weiße Substanz finden. de-
nach Eingang und Verarbeitung (Koordinierung) von nen histologische Besonderheiten zugrunde liegen.
Informationen im Gehirn: entsprechende Impulse
gelangen dann in die Peripherie (zu Erfolgsorganen). 1.2.1.1 Das Zentralnervensystem (ZNS)
Ferner kennzeichnen das Gehirn höhere Funktionen Zum ZNS gehören das Rückenmark (im Wirbelka -
wie Wahrnehmen und Interpretation des Wahrge- nal) und das Gehirn (in der Schädelhöhle). Beide
nommenen. Lernen, Denken, Flihlen und die lnitiie- werden von den (bindegewebigen) Hirn- bzw. RO -
rung angemessener Verhalrensweisen. ckenmarkshäuten. den Menlngen. umschlossen.
Um diese Funktionen erfüllen zu können. spielt die Das Rückenmark (Medulla spinalls s. S. 75) wird in
Leitung von Informationen in Form elektrischer Sig- Rückenmarkssegmente unterteilt, die nur durch
nale eine ebenso große Rolle wie die Kommunikati- den paarigen Austritt von Vorder- und Hinterwur-
on der Nervenzellen (Neurone) untereinander. Sie zeln erkennbar sind.
erfolgt über ( meist chemische) Synapsen. Nicht di- Das Gehirn (Encephalon). dessen Konsistenz der ei-
rekt an der Informationsübermittlung beteiligt, je- nes Puddings ähnelt. wiegt beim Erwachsenen
doch fiir die Funknon der Neurone von essenzieller 1350-1550g (Männer) bzw. 1200-1370g ( Frauen)
Bedeutung sind die Gliazellen. be1 denen man struk- und wird von kaudal nach kranial in folgende Ab-
turell und funktionell verschiedene Typen unter- schnitte unterteilt (Abb. 1.1 ):
scheidet. Dabei kommen 1m zentralen Nervensys- Medulla oblongata (verlangenes Mark. s. S. 94)
tem (ZNS • Ruckenmark und Ceh1rn) grundsatzlieh - Pons ( Brücke. vom. s. S. 97)
andere Ghazelltypen vor als 1m penpheren Nerven- - Cerebellum (Kleinhirn, hinten. s. S. 117)
system (PNS • penphere Nerven und Ganglien). Mesencephalon (Mittelhirn. s. S. 99)
Diencephalon (Zwischenhirn, s. S. 129). zu dem
folgende Anteile gehören:
1.2 Die Gliederung und • Thalamus mit Metathalamus
Grundbegriffe • Hypothalamus. an dem die Hypophyse ( llirn-
;
...... Lerncoach
anhangsdrüse) befestigt ist.
• Subthalamus
Machen Sie sich zu Beginn dieses Kurzlehr- • Epithalamus.
buchs zunächst mit Grundbegriffen der Neuro- Telencephalon (Endhirn. auch Großhirn oder Ce-
anatomie vertraut, die Sie als Verständnis- rebrum. s. S. 145) aus zwei Hemisphären. das
grundlage für das Fach benötigen. Weiterhin große Teile des Zwischen- und Mittelhirns über-
ist es zur besseren Orientierung ln den nach - deckt.
folgenden Kapit eln ratsam, sich bereits an die- Einige Hirnabschnitte können zu größeren Einhei-
ser Stelle einen ganz groben Überblick über ten zusammengefasst werden (s. auch Kapitel 2:
die Abschnitte des Gehirns zu verschaffen. Entwicklung des Nervensystems).
4 1 Grundlagen zum Nervensystem Die Gliederung und Grundbegriffe

111 1 1 Telencephalon
2 Cerebellum
3 Medulla oblongata
4 Pans
5 Mesencephalon
6 Diencephalon

6- - - - - '
5
4 - - - - - - - - -_J

Abb. 1.1 Abschnitte des Gehirns

Hirnstamm (Truncus encephali): Medulla oblon- einwirkungen) vor. An der Stelle der Gewalteinwir·
gata. Pons und Mesencephal on (s. S. 93 ) kung tritt ein Stoßherd (Rindenprellungsherd,
Rautenhirn (Rhombencephalon): Medulla oblon- .Coup") auf. Charakteristisch ist zusätzlich ein stärker
gata, Pons und Cerebellum ausgeprägter Herd am gegenüberliegenden Hirnab-
Vorderhirn (Prosencephalon): Telencephalon schnitt (.Contre-Coup"). Er entsteht infolge der Bewe·
und Diencephalon. gung des puddingähnlichen Gehirns bei abrupter
Das Prosencephalon liegt größtenteils in der vorde- Änderung der intrakraniellen Druckverhältnisse (Sog·
ren und mittleren Schädelgrube (Fossa cranii ante- wirkung auf der Contre-Coup-Seite).
rior und media ). das Kleinhirn und der Hirnstamm ln den Windungskuppen beider Herde entstehen
( größtenteils) in der hinteren Schädelgrube (Fossa kleine Blutungen (aus Gefäßrissen) und Nekrosen.
cranii posterior). Später kommt es durch Proliferation der Astrozyten
lnfolge seiner entwicklungsbedingten Krümmun- (s. S. 12) zu einer Glianarbe.
gen sind am Gehirn die herkömmlichen Richtungs- Leitsymptom der Contusio cerebri ist die längere (bis
bezeichnungen nicht immer eindeutig. Daher wer- zu Wochen dauernde) Bewusstseinsstörung mit ver-
den zur Lagebeschreibung von Hirnstrukturen zögerter Rückbildung (und ausgedehnter amnestischer
teilweise spezielle Angaben verwendet ( z. B. ..ros- Lücke). Während der Aufhellung des Bewusstseins
tral" • .. schnabelwärts"). kann es zu Durchgangssyndromen (Störungen des An·
triebs, der Wahrnehmung und des Denkens) kommen.
Auch epileptische Anfälle können nach einer durchge·
Commotio und Contusio cerebri: Bei der Commotio machten Contusio cerebri auftreten.
cerebri (Gehirnerschütterung) liegen keine grob fass·
baren Läsionen vor (eventuell axonale Schädigungen).
Es tritt eine über Minuten andauernde Bewusst- Die graue Substanz des ZNS (Substantia grisea)
seinsstörung (mit Erinnerungslücke = Amnesie) auf. Die graue Substanz besteht u. a. aus Ansammlun -
Weiterhin können Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmer- gen von Nervenzellkörpern. Im Gehirn kommt die
zen auftreten. Substantia grisea z. T. an der Oberfläche in Form
Bei der Contusio cerebri liegt eine deutlich fassbare der Rinde (Cortex cerebri = Endhirnrinde, Cortex
Schädigung der Hirnsubstanz (bei stumpfen Gewalt- cerebelli - Kleinhirnrinde) vor. Im Inneren des Ge-
1 Grundlagen zum Nervensystem Die Gliederung und Grundbegriffe 5

hirns findet sich graue Substanz in Form von unter- 1.2.2 Die funktionelle Gliederung
schiedlich großen Kerngebieten { Nudei).
An Rückenmarksquerschnitten erkennt man die 1.2.2.1 Das animalische(= somatische) Nerven-
Substantia grisea als Schmetterlings- bzw. H-förmi - system
ge Struktur in der Mitte. Das animalische Nervensystem umfasst alle Teile
ln der grauen Substanz erfolgen meist syna ptische des ZNS und PNS, die der Verbindung (Interaktion)
Umschaltungen. liegen spezifische Umschaltstellen zwischen Organismus und Umwelt dienen. Es ist
(z. B. inn erha lb der Hörbahn oder anderen funktio- insbesondere charakteri siert durch bewusste Wahr-
nel len Systemen, s. S. 199) in ganz spezifischen nehmungen und w illkürliche Bewegungen. Oie Af-
Kerngebieten, spricht man auch von Relaiskernen. ferenzen des animalischen Nervensystems kommen
von Rezeptorzellen { besonders der Sinnesorgane).
Die weiße Substanz des ZNS (Substantia alba)
Seine Efferenzen ziehen zu den Skelettmuskeln.
Die weiße Substanz besteht u.a. aus einer An -
samm lung von Nervenfasern. die häufig in Bündeln
1.2.2.2 Das vegetative (= autonome) Nerven-
(als Tractus, Fasciculus oder Fibrae) verlaufen. Die
system
Benennung der Faserbahnen erfolgt häufig durch
Das vegetative Nervensystem regul iert unbewusst
Zusammensetzen ihres Beginn s mit ihrem Ziel: Die
und unwillkürlich z. B. Kreislauf. Blutdruck. At-
Fasern des Tractus corticospinalis z. B. ziehen von
mung. Verdauung. Es ist somit verantwortlich für
der Endhirnrinde {Cortex cerebri) zum Rückenmark
die Aufrechterhaltung des inneren Milieus (Ho-
(Medulla spinalis).
möostase) und beeinflusst eigenständig die Organ-
Im Rückenmark findet sich die weiße Substanz
funktionen entsprechend den jeweiligen Erforder-
oberflächlich um die graue Substanz. Im Gehirn
nissen. Seine Information erhält das vegetative
liegt sie unter der Rinde und umgibt die im Inne-
Nervensystem über Afferenzen z. B. aus den inne-
ren gelegenen Kerne.
ren Organen. seine Elferenzen ziehen z. B. zu glat-
ten Muskelzellen (des Verdauungstraktes oder der
1.2.1.2 Das periphere Nervensystem (PNS)
Gefaße) und zu Drüsenzellen.
Zum PNS zählen alle Teile des Nervensystems au-
Man unterscheidet beim vegetativen Nervensystem
ßerhalb des ZNS. Das PNS besteht aus Nerven
Sympathikus und Parasympathikus. die meist ent-
(s. S. 16) und Ganglien (s. S. 17), die jeweils neuro-
gegengesetzt wirken:
nale Anteile {s. S. 7) und Gliazellen (s. S. 11 ) umfas-
Der Sympathikus ist aktiv in Stresssituationen
sen.
wie z. B. bei Bedrohung ( ..Flucht. Kampr· ): Das
- Bei den Nerven {weiße Substanz des PNS) unter-
Herz sch lägt schneller und kräftiger. die Atem-
scheidet man solche, die mit dem Rückenmark
frequenz und der Blutdruck steigen.
in Verbindung stehen {31 Spinalnervenpaare.
Der Parasympathikus dient eher der Erholung
s. S. 33) von den 12 Hirnnervenpaaren. Streng
des Körpers { ..Entspannung"): Das Herz schlägt
genommen zählen allerdings die ersten beiden
langsamer. die Atemfrequenz nimmt ab. die Ver-
Hirnnervenpaare nicht zum peripheren Nerven-
dauung ist aktiviert.
system (s. S. 57).
Weiterhin zä hlt man zum vegetativen Nerven-
- Ein Ganglion (graue Substanz des PNS) ist eine
system das enterische Nervensystem, das u. a. die
Ansammlung von Nervenzellkörpern mit ent-
autonome Steuerung der Darmwandbewegungen
sprechenden typischen Gliazellen außerhalb des
übernimmt und durch Sympathikus und Parasym-
ZN$.
pathikus beeinflusst werden kann.
Das PNS kann als Rezeptions- und Ausführungsor-
gan des ZNS aufgefasst werden.
6 1 Grundlagen zum Nervensystem Die Gliederung und Grundbegriffe

1.2.3 Die Richtung der Erregungsleitung und ren Kerngebieten oder aus dem Kortex) und schick-
111 die Rezeptoren en Efferenzen zu bestimmten Arealen (Kerne. Rinde
oder Rückenmark).
1.2.3.1 Die efferent en und afferenten Fasern
ln einem (peripheren ) Nerven sind meist efferente 1.2.3.2 Die Rezeptoren
und afferente Nervenfasern enthalten: An einem Rezeptor werden physikalische oder che-
Die efferenten (wegführenden ) Fasern leiten Er- mische Reize aufgenommen und in elektrische
regungen vom ZNS (Rückenmark bzw. Hirn- Erregung übersetzt. Nach Art des Reizes unter-
stamm) zum Zielorgan in der Peri pherie (z. B. scheidet man Mechano-. Thermo- und Chemo-
Muskel). rezeptoren. Bei den Mechanorezeptoren kann wei -
Die afferenten (hinführenden) Fasern leiten Er- terhin unterschieden werden zwischen in der Haut
regungen aus der Peripheri e (z. B. Haut) zum liegenden Exterozeptoren. die vorrangig Obernä-
ZNS. Bei diesen Afferenzen hatte sich im deut- chensensibilität vermitteln und Propriozeptoren für
schen Sprachgebrauch lange Zeit eingebürgert. Informationen aus dem Bewegungsapparat (Stel-
sensorische Fasern ( für die Vermittlung speziel- lung von Rumpf und Extremitäten; Tiefensensibili-
ler Sinnesreize im Kopfbereich ) von sensiblen tät).
Fasern (für die Leitung von Informationen aller Für die Aufnahme von Reizen sind Axonenden und
übrigen Sinnesempfindungen) zu unterscheiden. Sinneszellen verantwortlich. Ein Beispiel für Erstere
Auch wenn diese Unterscheidung zunehmend sind freie Nervenendigungen (ohne Schwann-Zel-
unterlassen und für alle Sinnesqualitäten der len. s. S. 14) für die Nozizeption (Aufnahme von
Begriff ••Sensorik" gleichbedeutend mit .. Sensibi- Schmerzreizen ).
lität" verwendet wird. kann diese begriffiiche Bei den Sinneszellen werden unterschieden:
Differenzierung auch hilfreich sein (z. B. bei der Primäre Sinneszellen besitzen einen Fortsatz.
Innervation der Zunge: sensorisch .... Weiterlei- der das ZNS erreicht.
tung von Geschmacksinformationen; sensibel ..... Sekundäre Sinneszellen. an die Nervenfasern
Weiterleitung der übrigen Empfindungen). Die herantreten. die Informationen über eine Syn-
Zusammenfassung ist hingegen hilfreich. wenn apse aufnehmen und in Richtung ZNS leiten.
unter einer Sammelbezeichnung beide Qualitä- Diese Nervenfaser gehört zu einem primär affe-
ten gemeint sind (z. B. kortikale sensorische Se- renten Neuron. dessen Perikaryon z. B. in einem
kundär- und Assoziationsfelder. s. S. 151 ). Spinal- oder Hirnnervenganglion liegt.
Die Begriffe efferent und afferent werden auch für <I>
Verscha ltungen innerhalb des ZNS genutzt: Ein ef- ~•.. Check-up
ferentes Neuron leitet einem anderen Neuron ein Wiederholen Sie die Anordnung von grauE!r
Signal zu. Ein afferentes Neuron erhält ein Signal und weißer Substanz im ZNS und überfe-
von einem anderen Neuron. Dabei beziehen sich gen Sie, welche Unterschiede es dabei zwi-
die Begriffe jeweils auf eine immer mit anzugeben- schen Gehirn und Rückenmark gibt.
de Struktur: Ein Neuron im ZNS empfängt Informa- Rekapitulieren Sie, wie Reize aufgenommen
tionen von einem anderen Neuron. dessen Faser in werden können.
diesem Zusammenhang die Afferenz bildet. Gleich-
zeitig schickt es Informationen über sein eigenes
Axon. das in diesem Fall die efferente Faser bildet.
zu einer weiteren Nervenzelle. So erhalten z. B. die
motorischen Neurene des Rü ckenmarks Afferenzen
aus der Endhirnrinde. Diese Fasern sind bezogen
auf die Neurene in der Endhirnrinde jedoch effe-
rent.
Neurone eines Kerngebiets im ZNS erhalten meist
verschiedene Afferenzen (von Neuronen aus ande-
1 Grund lagen zum Nervensystem Die Bauelemente des Nervensystems 7

1.3 Die Bauelemente des Felder. Mitochondrien und Lysosomen. Die vielen
Nervensystems Stapel (Schollen ) des rauen ER sind Ausdruck einer
intensiven Proteinsynthese und werden als Nissi-
~ Lerncoach
...... Substanz bezeichnet. Mit zunehmendem Alter
Achten Sie beim lesen dieses Abschnitts stets kommt es in vielen Nervenzellen zur Anhäufung
darauf. ob es sich um Informationen handelt, von Telolysosomen ( Iysosomaie Restkörper). die als
die für das gesamte Nervensystem zutreffen lipofuszingranula beschrieben werden.
oder ob sie nur fllr das zentrale oder periphe- Die Fortsätze
re Nervensystem gelten. Machen Sie sich da- Die der ReiZ.Jufnahme dienenden Forts.uze (meist
bei die Gemeinsamkeiten und Unterschiede mehrere) sind die Dendriten: sie leiten dte Signale
zwischen ZNS und PNS klar. weiter zum Perikaryon. ln der Periphene verzwei-
gen sie sich baumartig zu immer dunneren Ästen.
1.3.1 Das Neuron (die Nervenzelle) Die Dendriten einiger Nervenzellen (z. B. der Pyra-
midenzellen) besitzen feine domenförmtge Fort-
1.3.1.1 Der Aufbau des Neurons sätze (Spines). an denen sich Synapsen finden
Das Neuron ist die strukturelle und funktionelle (s. u.).
Einheit des Nervensystems. jedes Neuron besteht Der Fortsatz. der die Erregung zu einer anderen
aus einem Zellkörper (l'erikaryon) und Fortsätzen Zelle Ieiter. ist das Axon (im deutschen Sprachraum
(Abb. 1.2). die durch das Zytoskelett stabilisiert wer- auch als Neurit bezeichnet). Das Axon beginnt am
den. Das Zytoskelett der Nervenzelle besteht aus Ursprungskegel (Axonhügel, frei von Nissi-Sub-
Mikrotubuli. Intermediärfilamenten (hier: Neurofi- sta nz). dem sich das Initialsegment (Anfangsseg-
lamenten) und Aktinfilamenten. Neben der mecha- ment. noch ohne Myelinscheide) anschließt. Dte
nischen Stabilisierung der Forts:itle dienen sie Plasmamembran des Initialsegments ist besonders
auch dem Transport von Organellen und Proteinen reich an Na'-Kanälen; sie ist deshalb leicht erreg-
innerhalb der Fortsätze. bar. sodass hier auch leicht Aktionspotenziale ent-
Das Perikoryon stehen. Ein Aktionspotenzial ist eme kurze Ände-
Das l'enkaryon (auch Soma oder Zellleib/-körper) rung des Membranpotenzials (elektrische
ist das Stoffwechselzentrum der Nervenzelle. Hier Potenzialdifferenz zwischen Zellinnerem und Ex-
liegt der meist große Zellkern mit emem deutli- trazellularraum. s. Lehrbücher der Phystologie). Ver-
chen Nukleolus. Das Zytoplasma enthalt Zusam- einfacht kann man neuronale Aktionspotenztale als
menlagerungen von rauem endoplasmatischen Re- Signale bezeichnen. in denen Informationen .ver-
tikulum (ER). ZdhlreJChe freu~ Rtbosomen. Golgt- schlüsselt" sind.

1 Nissi·Substanz
5 2 Ursprungskegel
3Myelin
4Axon
5 Verzweogungen 110n Oendroten

2
4 3

Abb. 1.2 Morphologoe einer Nervenulle


8 1 Grundlagen zum Nervensystem Die Bauelemente des Nervensystems

Innerhalb der grauen Substanz bilden die Dendri-


Das gesamte Axon inklusive des Axonhügels ist frei ten und Axone (mit zahlre1chen synaptischen Kon-
von Nissi-Substanz. Im Bereich seines Anfangsseg- takten) zusammen m11 Gllazellfortsatzen das Neu-
ments fehlt zudem eine Myelinscheide. und d1e ropil. das den Raum zw1schen den Zellkörpern
Entst ehung von Aktionspotenzialen ist hier begün- einnimmt.
stigt.
1.3.1.2 Die Neuronentypen
Von der darauf folgenden Hauptverlaufsstrecke des Nach Form und Größe des Somas sowie nach An-
Axons können schon proximale Kollateraläste abge- zah l. Länge und Verzweigungsmuster der Fortsätze
hen. Kurz vor seinem Ende ( präterminal ) verzweigt lassen sich verschiedene neuronale Typen unter-
sich das Axon in viele kleine Äste. die jeweils mit scheiden (Tab. 1.1 und Abb. 1.3 ).
einer kolbenförmigen Erweiterung (Bouton) enden. Die Wirkung eines Neurons auf die nachgeschaltete
letztere sind Bestandteile der Synapsen. Zelle hängt sowohl von dem an der Synapse ausge-
schüneten Transminer als auch von dem Rezeptor
ab. an den er bindet.

-- •.,..
Typ
Morphologische Einteilung
Charakteristikum und Lokalisation

Multipolare Nervenzellen Sehr häufiger NeiVenzelltyp mit zahlreichen Dendriten und einem Axon

Beispiele:
- Motoneurone om Ruckenmarle (Vorderhom)
- sympathische Neurone in Grenzstrangganglien
Unr~OfTTiffl:
- Pyramidenzellen IR der Endhomnndt
- l'uttciRJ~Zellen in der Kleonhomrindt
- Sternzellen on der Kl~nhomnndt
- Molraizelien 1m Bulbus ollactorous
Bipolare Nervenzellen seltenerer Zelltyp mit einem Axon und ~nem Dendnten, doe von den gegenüberiie·
genden Enden des spmdelförmigen Perikaryons abgehen

Beispiele:
- bestimmte retinale Neurone in der Retma
- Ganglienzellen Im Innenohr
Pseudounlpolare Nervenzellen Zelltyp mit einem vom Perikaryon abgehenden Stammfortsatz. der sich T-förmig
aufteilt on.
- emen zentralen Fortsatz (.eigentliches· Axon mot efferenter Leitung zum ZNS)
und
- eonen peripheren Forts.Jtz (aufgrund seoner afferenten Leotung aus der Penpherie
manchmal als .dendntisches Axon" bezeichnet, obwohl es - anders als ein
gewöhnlicher Dendnt - Aktionspotenziale generiert)
8eisp.ef·
sensoble Neurone
in Spinalgangloen
in sensiblen H mneJVenganglien
Funlrtlont'l/e Elnttllun~g:__ _
Projektlonsneurone (Golgo·Typ·l·Zellen) große Penkarya
lange Axone leoten Erregungen in weot endernte Areale

Beispiel:
Pyramidenzellen Endhirnrinde
Interneurane (GolgHyp-2-Zellen) kleine Perlkarya
kurze Axone zu Neuronen in der unmittelbaren Umgebung

I Be.splel
Sternzellen Kleinhornronde
1 Grundlagen zum Nervensyst em Die Bauelemente des Nervensystems 9

Im Folgenden w ird der Begriff .Synapse" als Kurz-


form für die häufigeren chemischen Synapsen ge-
nutzt, die man nach verschiedenen Kri teri en eintei-
len kann (s. u.). Die Strukturen dieser Synapsen
sind:
präsynaptische Membran am Axonende ( Bou-
ton)
synaptische Vesikel (mit Neurotransmitter) in
a
den Boutons
- synaprischer Spalt (ca. 20- 30 nm) zwischen prä-
und postsynaptischer Membran
postsynaptische Membran an der nachgeschalte-
ten Zelle mit Rezeptoren für den Neurotransmit-
ter.
b Erreicht ein Aktionspotenzial das Axonende, ent-
leert eine gewisse Anzah l von Vesikeln ihren Inhalt
( Neurotransmitter) durch Exozytose in den synapti-
schen Spalt. Der Transmitter di ffundiert durch den
synaptischen Spalt und bindet an Rezeptoren der
postsynaptischen Membran. Dadurch werden elek-
trophysiologische Veränderungen der Membran
hervorgerufen. die dann zu einem Aktionspotenzial
an der postsynaptischen Zelle führen oder seine
Entstehung verhindern können.
Der Transmitter muss dann aus dem synaptischen
Spalt beseitigt werden, indem er
enzymarisch gespalten wird und die Bruch-
stücke wieder in das Axonende aufgenommen
eil werden
als Ganzes wieder in das Axonende oder von ei-
nem Astrozytenfortsatz (s. S. 12) in der Nähe des
Spaltes aufgenommen wird.
Abb. l .J V~rschied~ne Nervenzelltypen
a bipolares Neuron 1.3.2.2 Die Einteilung nach den beteiligten Zell-
b pseudounipolares Neuron
c muftipolare Neuron~: Pyramidenzelle (I) und arten
Purkinje-Zellen (II) Nach diesem Klassi fikationskriterium unterscheidet
man:
1.3.2 Die Synapsen Interneuronale Synapsen: zwischen zwei Neuro-
nen mit weiteren Differenzierungsmöglichkeiten
1.3.2. 1 Der Aufbau und die Funktion (s. u.).
Synapsen sind die Kontaktstellen zwischen Nerven- Neuromuskuläre Synapsen: zwischen Neuronen
zellen oder zwischen Nervenzellen und Effektorzel- und Muskelzellen oder -fasern. Bei neuromus-
len (z. B. Skelettmuskel fasern) und bilden die struk- kulären Synapsen zwischen Motoneuron und
turellen Grundlagen für die Signalübertragung. Skelettmuskelfaser (motorische Endplatte) liegt
Es werden elektrische und chemische Synapsen un- die Axonendigung in einer Vertiefung der Mus-
terschieden. Elektrische Synapsen entsprechen kelfasermembran. Letztere ist in tiefe parallele
neuronalen Gap junctions und sind selten. dann Falten gelegt (subneuraler Faltenapparat zur
aber sehr wichtig (z. B. im lnnenohr. Retina ). Oberflächenvergrößerung). Die Axonendigung
10 1 Grundlagen zum Nervensystem Die Bauelemente des Nervensystems

enrh:llt eine große Anzahl acetylchohnhaltlgcr Synapsen en passant: im Verlauf e1nes Axons. an
111 Vcs1kel.
Neuroglandulare Synapsen: zwischen Neuronen
einer Varikositilt; Vorkommen: v. a. bei vegetati-
ven Axonen.
und exokrinen oder endokrinen Drüsenzellen.
1.3.2.4 Die Einteilung nach der Funktion
1.3.2.3 Die Einteilung nach der Lokalisation des Nach der Funktion der Synapsen. die vom Trans-
Endknopfes (Bouton) mitter und vom Rezeptortyp abhängt. unterschei -
Oie interneuronalen Synapsen lassen sich je nach det man:
Lokalisation des Endknopfes (Bouton) am postsyn- exzi taro rische (erregende ) Synapsen (- Auslö-
aptischen Neuron weiter unterscheiden in: sung eines Aktionspotenzials an dE'r postsynap-
- axodendritische Synapsen (am häufigsten): zwi- tischen Nervenzelle wird begunstigt) und
schen Axonende und Dendritenschaft oder Den- inhibitorische ( hemmende) Synapsen (--> Auslö-
dritenspme (Dornsynapsen) sung eines Aktionspotenzials an der posrsynap-
axosomatlsche Synapsen: zwischen Axonende tischen Nervenzelle wird erschwert~
und Perikaryon Einige Transmitter wirken m Abhäng1gke1t vom Re-
axoaxonale Synapsen: zwischen Axonende und zeptor erregend oder hemmend (s. u.).
Initialsegment oder präterminalem Abschnitt ei- Exzitatorische (erregende) Synapsen (häufig axo-
nes anderen Axons. dendritisch) sind elektronenmikroskopisch in der
Seltenere Synapsenformen I Regel asymmetrisch (Gray·I·Synapsen ): d. h. unter
Neben der Interaktion des Axons mit anderen Neu- der rezeptortragenden postsynaptischen Membran
ronabschnitten. können auch Dendriten und Zell- befindet sich vermehrt elektronendi chtes Ma terial
leib untereinander in synaptischer Verbindung ste- (posrsynaptische Dichte mit Proteinen. die ei ne Dif-
hen: fusion von Rezeptormolekülen aus der postsynapti-
- somatadendritische Synapsen schen Membran verhindern und bei Aktivierung
- dendrosomatische Synapsen chemische Signale geneneren). Das präsynaptische
- somatosomatische Synapsen Neuron enthält runde Vesikel.
- dendrodendriusche Synapsen: häufig rez1prok Inhibitorische (hemmende) Synapsen sind symme-
(zwe1 synaptische Abschnitte an einer Synapse. trisch (Gray-tl-Synapsen). d. h. die gegenüberliegen-
mit Signalübertragung in beide Richtungen. was den prä- und postsynaptischen Verdichtungen sind
eine absolute Ausnahme darstellt. da die Über- etwa gleich breit. Präsynapusch finden sich zahlrei-
tragung sonst immer nur unidirektional erfolgt). che ovale Vesikel.
Ebenfalls seltener kommen folgende Spezialformen Die präsynaptischen Verdichtungen und die angela-
von synaptischE'n Kontakten vor: gerten Vesikel sind die aktiven Zonen (. Orte der
synaptlsche Glomeruli: aus Axonen und Oendn - Exozytose). Hier finden SICh zahlreiche Proteine in
ten: mit zahlreichen Synapsen. um einen zentral der Vesikelmembran und m der präsynaptischen
hegenden Oendnten oder eine zemral hegende Membran (z. 8. Synaptotagmm. Synraxin. SNAP 25).
Axontermmale: durch Astrozyten abgegrenzt: die an der Exozytose beteiligt sind. ln der präsyn-
Vorkommen: z. B. in der Kleinhirnrinde. 1m Bul- aptischen Membran hegen zudem Ca 2 • -Kanäle. de-
bus olfactorius und im Thalamus ren Öffnung durch em emtreffendes Aktionspo-
komplexe Synapsen: bei Dornsynapsen. Bouton tenzial zur Erhöhung der mitrazellulären Ca 2 ' -
umfasst gesamten Dorn mit zahlreichen Synap- Konzentration fuhrt ( • Vorbedingung für die Exozy-
sen tose).
Band-Synapsen (• Ribbon-Synapsen): setzen
fortlau fend Neurotransmitter frei und erst durch
das Sistieren wird ein Signal generiert: Vorkom-
men: z. 8. Photorezeptoren (Retina )
serielle Synapsen: axodendritische Synapse +
axoaxonale Synapse (nebeneinander)
1 Grundlagen zum Nervensystem Oie Bauelemente des Nervensystems 11

1.3.2.5 Oie Einteilung nach dem 1.3.3 Die Gliazellen


Neurotransmitter
Sowohl die Synapsen als auch das präsynapusche 1.3.3.1 Die Funktion und die Einteilung
Neuron können nach dem eingese12ten Transmitter Nervenzellen können ihre Funknon nicht ohne die
benannt werden. indem die Silbe .-erg" an den Unterstü!2ung der Gliazellen ausüben. Le12tere
Transmitternamen angehängt wird (z. B. cholinerg. übernehmen vielfaltige Aufgaben: Hull-. Srü12- und
dopaminerg. GABAerg). Die Neurotransmitter las- Schutzfunktion. K'- und H'-Homöostase. Transmit-
sen sich unterschiedlichen chemischen Gruppen ter-Recycling, Narbenbildung, Auskleidung der Ven-
zuordnen und wirken in Abhängigkeit vom post- trikel. Bildung von Grenzmembranen und Abwehr-
synaptischen Rezeptor unterschiedlich. reaktionen (bei ZNS-Schädigungen).
Cholinerge Synapsen setzen Acetylcholin frei. das Die Anzahl der Gliazellen ist etwa 10-mal höher als
meist erregend. an einigen Rezeptorsubtypen je- die der Nervenzellen. Gliazellen können im Gegen-
doch inhibitorisch wirkt. satz zu Neuronen proliferieren.
Monoamlnerge Synapsen; Zur Transmittergruppe
der Monoamme (b1ogene Amine) gehören: Dopa- Klinischer Bezug
min. Noradrenalin. Adrenalin, Serotonin und Hista- Himtumoren: Der größte Teil der Hirntumoren geht
min. Die Wirkungen hängen vom jeweiligen Rezep- von den Gliazellen des ZNS aus. Oft deutet schon der
tor ab. Name (Astrozytom, Oligodendrozytom. Ependymom)
Synapsen mit Aminosäuren als Transmitter sind auf den Zelltyp hin, aus dem der Tumor entsteht. Das
glutamaterg (Glutamat, weit verbreitet. exzitato- hochmaligne Glioblastom ist auch astrozytären Ur-
risch ). GABAerg (GABA • -y-Aminobuttersäure. weit sprungs. Die entdifferenzierten Zellen vermehren sich
verbreitet, inhibitorisch) oder glyzinerg (Giycin. in- sehr schnell und auch radikale Therapieformen (Ope-
hibitorisch im Rückenmark). ration. Strahlentherapie) sind wenig erfolgverspre-
Neben diesen klassischen Transmittern kommen chend.
noch Peptide als Überträgerstoffe vor. z. 8. Substanz
P. Cholezystokmm. Somatostatin. Vasoaktives Inte-
Man unterscheidet zentrale Gha (Gliazellen im
stinales Peptid (VIP) oder Opioide wie Endomor-
ZNS) und periphere Gha (Gliazellen im PNS~
phin. Diese Peptidtransmitter sind häufig m1t ei-
Die zentrale Glia lässt s1ch w1ederum in Makro-
nem klass1schen Transmitter in einer Synapse
und Mikroglia einteilen:
lokalisiert, d. h. die präsynaptischen Endigungen
Zur Makroglia gehören Astrozyren. die Oligoden-
enthalten Vesikel mit einem Peptid und Vesikel mit
drozyten und die Ependymzellen.
einem klassischen Transminer. Die Peptidtransmit-
Die Mikrogliazellen sind - wie der Name schon
ter wirken dabei als Neuromodulatoren: Sie ver-
sagt -die kleinsten Gl1azellen.
stärken oder vermindern die Wirkung der klassi-
Die Zelltypen der peripheren Glla sind:
schen Transmmer. Ihr Effekt setzt langsam ein und
- die Schwann-Zellen und
ist länger andauernd. Ungewöhnliche Transmitter
- die Mantelzellen (. Satelhtenzellen).
sind Gase wie NO (Stickstoffmonoxid). Sie werden
nicht durch Exozytose abgegeben und haben keine
1.3.3.2 Die Astrozyten im ZNS
membranstand1gen Rezeptoren. Ihre Bindung er-
folgt an zytosohsche Enzyme. die dann d1e Sekun- Die Morphologie
daren Botenstoffe (mit neuromodulatorischer Wir- Die sternformigen Astrozyten bilden den häufig-
kung) bilden. sten und den größten Gliazelltyp. Sie kommen so-
wohl in der weißen als auch in der grauen Sub-
stanz des ZNS vor. Ihre Intermediärfilamente
bestehen aus den astrozytenspezifischen Proteinen
GFAP (• glial fibrillary acidic protein). Nach der
Menge an Intermediärfilamenten werden unter-
schieden:
12 1 Grundlagen zum Nervensystem Die Bauelemente des Nervensystems

symptome (s. S. 1 19) und sind gut abgrenzbar (d. h.


auch gut operabel). Histologisch erkennt man zahlrei·
ehe GFAP·positive Zytoplasmaausläufer.

Durch immunhistochemische Verfahren mit An-


tikörpern gegen GFAP können Astrozyten nachge-
wiesen werden, was z. B. für die Diagnosestellung
zentraler Tumoren relevant Ist.

Sonderformen der Astrozyten sind:


radiäre/ radiale Gliazellen (frühe Form der Astro-
zyten. wichtig für die Wanderung von Nerven-
zellen während der Entwicklung. s. S. 21 ). im
adulten Gehirn noch vorhanden als:
• Bergrnann-Giia (s. Kle10h1rn. S. 122) und
• Müller-Zellen (s. Retina, s. 247)
Pituizyten (s. Hypophysenhinterlappen, S. 139).

Die Funktion
Oie Astrozyren übernehmen vielfaltige Aufgaben,
die im Folgenden aufgefUhn sind:
Stützfunktion (onsre//e eines bindegewebigen
Stromas)
Regulation der K"-Konzentratton in der Extrazel-
lularflüssigkeit
Bedeckung von Synapsen durch Astrozytenfon-
sätze: Aufnahme und Metabolisierung von
b Transmietern (z. B. Glutamat)
- Bildung von GrenzschiChten zu nicht-neurona-
Abb. 1.4 Fibrillärer (a) und protoplasmatlscher (b) Astrozyt len Geweben mittels verbreitener Füßchen der
Astrozytenfortsätze:
• Membrana limi tans gliae perivascu laris (Giia-
- fibrilläre (fibrillenreiche) Astrozyten (Abb. 1.4a) • grenzmembran um Kapillaren)
Faserastrozyten mir langen dünnen Fonsätzen • Membrana limitans ghae superficialis (Giia-
(vornehmlich in der weißen Substanz) grenzmembran an der OberOäche des ZNS)
- proloplasmatische Astrozyten (Abb. 1.4b) mit Umhüllung von Bündeln markloser Axone
kurzen. dicken. stärker verzweigten Fons.'ltzen (s. S. 16)
( hauprslichlich in der grauen Substanz). - Sekretion von neurotrophen Faktoren
Unteremander stehen Astrozyten über Gap JUnctt- - Bildung von Glianarben durch Proliferation der
ons (Nexus) miteinander in Verbindung. Asrrozyren nach Verletzungen oder Erkrankun-
gen (wie Entzündungen. z. B. Poliomyelitis).

1.3.3.3 Die Oligodendrozyten im ZNS


Pilozytäre Ast rozytome: Diese Tumoren. die sich von Die Oligodendrozyten sind im Vergleich zu den
Astrozyten ableiten. treten vOIWiegend im Kindes· Asrrozyten kleiner und besitzen weniger und kür-
und Jugendalter. meist im Kleinhirn und Hirnslilmm. zere Foruätze (Abb. 1.5). Ihre dichten runden Kerne
auf. Sie verursachen langsam progrediente Kleinhirn· sind von einem schmalem Zytoplasmasaum umge-
1 Grundlagen zum Nervensystem Die Bauelemente des Nervensystems 13

Abb. 1.5 Ohgodendrozyt Abb. 1.6 Mikrogliazelle (ruhend)

ben. Die Oligodendrozyten bilden die Markschei- werden die Mikrogliazellen dem mononukl eären ( •
den (s. S. 15) im ZNS und sind somit in der weißen monozytären) Phagozyten-System (MPS) zugeord-
Substanz besonders zahlreich anzutreffen. Ihre net: Sie gehen im Knochenmark aus denselben Vor-
Funktion mnerhalb der grauen Substanz. wo sich läuferzellen wie die Blutmonozyten hervor, können
auch Oligodendrozyten finden. ist bisher mcht ge- phagozycieren ( Makrophagen des ZN$) und dienen
klärt. zudem als Ancigen-priisenrierende Zellen. Somit sind
sie an der unspezifischen und spezifischen Abwehr
1.3.3.4 Die Mikrogliazellen im ZNS beteiligt (Teil des Abwehrsystem). Nach Aktivierung
Die Mikrogliazellen ( nach ihrem Erstbeschreiber sind die Mikrogliazellen zudem amöboid beweg-
auch Hortega-Zellen genannt) sind die kleinsten lich. proliferieren und sezernieren zytotoxische
Gliazellen (Abb. 1.6). Sie kommen sowohl in der Substanzen (wie z. B. Zytokine). Bei vielen ZNS-Er-
grauen als auch in der weißen Substanz vor und krankungen sind die Mikroglia zellen vermehrt und
liegen hiiufig in der N:ihe von Geläßen (perivosku- phagozytieren (z. B. die Myelinabbauprodukre bei
läre Mikroglia). Die Mikroglia wird durch unter- der Multiplen Sklerose).
schiedliche Schädigungen/Erkrankungen des ZN$
aktiviert (s. u.). weshalb man ruhende und akti- 1.3.3.5 Die Ependymzellen im ZNS
vierte Mikrogliazellen mit unterschiedlicher Form Das Ependym kleidet die Hirnventrikel und den
venemander unterscheiden kann: Zentralkanal des Rückenmarks aus. Es besteht aus
Ruhende Mikrogliazellen besitzen dünne und 1so- b1s hochprismatischen epithelahnliehen Zellen,
lange Fons:ltze. die stark vetzweigt sind (ramifl- die einen einschichtigen Zellverband bilden
zierte Mlkroglla). (Abb. 1.7). Die Ependymzellen sind uber Nexus und
Aktivierte Mlkroglla hat kurze und dickere Desmosomen miteinander verbunden und besitzen
(plumpe) Fortsätze. meist Kinozilien.
Durch ihre Herkunft unterscheiden sich die Mikro- Besondere Formen von Ependymzellen sind die Ta·
gliazellen von allen anderen Glia- und Nervenzell- nyzyten und das Epithel des Plexus choroideus. Ta-
rypen: S1e entstehen nicht aus dem NeuroepitheL nyzyten kommen im Ependym des 111. und IV. Ven-
sondern wandern während der Fetalentwicklung 111 trikels vor. Sie besitzen oft nur eine Kinozilie und
das ZNS em. Aufgrund ihrer Herkunft und Funktion sind charakterisien durch emen langen basalen
14 1 Grundlagen zum Nervensystem Die Bauelemente des Nervensystems

venfasern gle1cher Funktion in Form von Tr<tctus.


Fasekuli oder Fibrae.
Der Axondurchmesser korreliert direkt mu der
Myelinscheidendicke und der Leitungsgeschwindig-
keit: Je d1cker die myelinis1erte Faser. desto hoher
ist die Leitungsgeschwindigkeit (A-Fasern: dick.
markhaltig - hohe Leitungsgeschwindigkeit; C-Fa-
sern: marklos, dünn - geringe Leitungsgeschwin-
digkeit; Details s. Lehrbücher der Physiologie).

Abb. 1.7 Ependymzellen mit Kinozilien in der Ventrikel·


wand 1.3.4.2 Oie markhaltigen Nervenfasern im PNS
links: Tanyzyten mit langen basalen Ausläufern: Im peripheren Nervensystem geht die Markscheide
rechts: kubische Epothelzellen
aus den Zellmembranen der Schwann-Zelle hervor.
Während der Entwicklung legt sich das Axon in
Ausläufer (bis zu 500 J.Lm). der weit in das Nerven- eine längsverlaufende Rinne der Schwann-Zelle.
gewebe dringt und dorr in perivaskuläre Räume Das Axon gelangt zu nehmend tiefer in d1e Rinne.
zieht (s. Zlrkumventnkuläre Organe. s. S. 178). Das sodass es von lippenfdrmigen Vorwölbungen der
Plexusepithel ist einschichtig-isoprismatisch und Schwann-Zelle umfasst wird. Diese Vorwalbungen
beSitzt Mikrovilli und Tight junctions. verschmelzen zum Mesaxon (Dupli katur der Zell-
membran der Schwann-Zelle). das SICh dann viele
1.3.3.6 Die Schwann-Zellen und die Male um das Axon wickelt (Abb. 1.8 ).
Mantelzellen im PNS Durch d1ese Umwicklungen des Mesaxons entsteht
Die Schwann-Zellen b1lden die Gliahülle um die der lamelläre Aufbau der Myelinscheide. Nach Ab-
Axone in peripheren Nerven (s. u.). schluss der Markscheidenentwicklung bleiben ein
Meist eine Schicht von Mantelzellen (auch Satelli- äußeres Mesaxon als Verbindung zur Oberfläche
tenzellen oder Amphi zyten) umhüllt die Perikarya der Schwaon-Zelle und ein inneres Mesaxon als
der peripheren Ganglienzellen. Darum liegt eine Verbindung zur Axonoberfläche erhalten.
Basallamma. Sie besitzen ähnliche Funktionen wie Be1 der Entwicklung der lamellären Myehnstrukwr
die Astrozyren des ZNS. verschwindet das Zytoplasma der Schwann-Zelle.
sodass die Zytoplasmatischen Oberflächen der
1.3.4 Die Nervenfasern Schwaon-Zell-Membran direkt aneinander liegen
(Kompaktlerung des Myellns). GleiChZellig ver-
1.3.4.1 Die Einteilung schwindet auch der Extrazellularraum und die
Eine Nervenfaser bestehr aus emem Axon und ei- äußeren Lamellen der Schwaon-Zell-Membranen
ner GliahOIIe. Letztere besteht im PNS aus liegen dann anemander. Dadurch smd elektronen -
Schwaon-Zellen und im ZNS aus Oligodendrozyten. mikroskopisch 1m Myelin Haupt- und Zwischenlo
Nach dem Aufbau ihrer Gliahülle unterscheidet nien erkennbar.
man markhaltige und marklose Nervenfasern: Dicke Axone besitzen dicke Myelinscheiden aus
- Bei markhaltlgen Nervenfasern hegt um das mehreren hundert Umw1cklungen.
Axon die Myelinscheide (Markscheide). d1e aus Um die lamelläre Markscheide liegt ein Mantel aus
zahlreichen dunnen Lamellen der jeweiligen Zytoplasma der Schwano-Zelle mit dem sich nach
Gliazellen besteht. außen vorbuckelnden Zellkern. ln dieser Art sind
Bei marklosen Nervenfasern werden mehrere entlang emes Axons mehrere Schwano-Zellen hm-
Axone von der Gliazelle umschlossen; es kommt tereinander angeordnet.
mcht zur Ausbildung emer Markscheide.
Im PNS bilden gebündelte Nervenfasern die peri-
pheren Nerven. Im ZNS finden sich Bündel aus Ner-
1 Grundlagen zum Nervensystem Die Bauelemente des Nervensystems 15

Erregung springt dabe1 von einem Schnürring zum


5
nächsten (saltatorische Erregungsleitung jeweils
mit Generierung eines neuen Aktionspotenzials).
Dadurch 1s1 die Leitungsgeschwind1gkei1 mit bis zu
100 m(s wesenrlich höher als bei marklosen Ner-
venfasern (s. u., nur ca. I mjs). wo sich die Erre-
gung konrinuierlich (ohne Generierung eines neuen
Aktionspolenzials) entlang der axonalen Membran
ausbre11e1 (s. Lehrbücher der Physiologie).
Zwischen zwei Ranvier-Schnürringen kommen in
unregelmäßigen Abständen lichtmikroskopisch
schmale. schräg ausgerichtete Aufhellungen des
a 4 b 1 Myehns vor, die Schmldt-lantermann-Einkerbun-
gen ( Myelininzisuren). Im Bereich dieser Inzisuren
3
finden sich noch Zyroplasmareste der Schwann-
Zelle. d. h. nichtkompaktes Myelin. Hier lokalisierte
Nexus dienen dem raschen Transport kleinerer Mo-
leküle (- erleichterter Stoffaustausch ~

1.3.4.3 Die markhaltigen Nervenfasern i m ZNS


Im Prinzip sind Markscheiden im ZNS wie die im
PNS aufgebaut. Allerdings umhüllen die Markschei-
denbildner im ZNS. die Oligodendrozyten, das Axon
nicht mit ihrem Zellleib, sondern ein Oligodendro-
zyt umwickelt mit seinen Zellfonslitzen mehrere
c d 2
Axone. Die breitflächigen Endabschnitte der Zell-
1 Inneres Mesaxon 4 Axon fortsätze bilden die Wickelungen emes lnrernodl·
2 außeres Mes;~xon 5 Schwann-Zelle
[ 3 Schwann-Zeli-Kern ums. Ein Oligodendrozyt bildet folglich die Interno-
dien von mehreren (bis zu 50) Axonen. Während
Abb. 1.8 Markscheidenentwicklung (Myelinisierung) im PNS
die periphere Nervenfaser von einer durchgehen -
den Basallamina {von Schwann-Zellen gebildet)
umgeben ist. besitzt d1e zentrale Faser keme Basal-
lamma. Im ZNS smd Axone und Myelmscheiden
Ein Axon lagert sich in zahlreiche Schwann-Zellen dünner. und es fehlen Schmidt-Lanrermann-Einker-
ein, die hintereinander ent lang des Axons angeord- bungen.
net sind. Anders als bei Fasern Im ZNS (s. u.)
umhullt jede dieser Schwann-Zellen jedoch nur
den jeweiligen Abschnitt eines Axons. I Klini.cher Bezug
Multiple Sklerose • Enzephalomyelltls dlssemlnata:
Als Ranvler-SchnOrrlng (Knoten) bezeichnet man Bei dieser Erkrankung kommt es bedingt durch Auto·
d1e Lucken zwischen zwei aufemanderfolgenden immunvorgänge ( Immunreaktionen gegen körpereige-
Schwann-Zellen. Der Abschnitt zw1schen zwe1 be- nes Gewebe) zum Zerfall von zentralen Markscheiden
nachbarten Ranvier-Schnürringen 1st das Interno- (Demyelinisierung). Oie Entmarkungsherde können da-
dium; es entspricht folglich der länge einer her überall auftreten. wo fasern von Ollgodendrozyten
Schwann-Zelle. je größer der Axondurchmesser ist. umgeben sind (End- und Kleinhirn, Himstamm,
desto länger sind d1e Internodien. Rückenmark und Sehnerv, der - anders als die Hirnner-
01e Myelinscheide 1st die Voraussetzung für die ven III- XII von zentraler Glia umgeben 1st, s. S. 249). Je
schnelle Erregungsleitung entlang des Axons: D1e nach Lokalisation kommt es zu unterschiedlichen Sym-
16 1 Grundlagen zum Nervensystem Die Bauelemente des Nervensyst ems

ptomen wie z. B. Sensibilitätsstörungen. motorischen (Axone sam t Myehn) zerfallen. d1e Schwann-Zellen
111 Defiziten, Kleinhirnsymptomen (s. S. 119). Blasen· und
Sexual itätsfunktionsstörungen sowie Sehst örungen
werden dabei zwar geschädigt. sterben aber nicht
ab. Die Axon- und Myelinreste werden durch ein-
(durch Schädigungen des N. opticus. s. S. 211 oder des gewanderte Makrophagen abgeräumt
Hirnstamms). in den multiplen Herden wuchern Astro- Im Rahmen der anschließenden Regeneration proli-
zyten und bilden eine Fasergliose (daher der Name ferieren die vual gebliebenen Schwano-Zellen und
.Multiple Sklerose"). Meist verlauft die Erkrankung lagern sich röhrenförmig zusammen. Vom proxi-
schubförmig mit vollständiger Erholung oder bleiben- malen Axonstumpf sprossen Fortsätze aus. von de-
der Restsymptomatik, wobei in den verschiedenen nen einer in die röhrenförmige Struktur einwächst
Schüben oft unterschiedliche Herdlokalisationen und während die Ubrigen Axonaussprossungen degene-
somit unterschiedliche Symptome auftreten. rieren.

1.3.4.4 Die marklosen Nervenfasern 1.3.5 Der periphere Nerv


Ein peripherer Nerv besteht aus Bündeln von Ner-
Bei marklosen Nervenfasern im PNS (s. auch C-Fa-
sern. S. 208 ) liegen meist mehrere Axone in rinnen- venfasern (Axon + Schwann-Zelle) und bindegewe-
förmigen Veniefungen einer Schwaon-Zelle bigen HUIIstrukturen. die u. a. als mechanischer
(Abb. 1.9). Die Schwano-Zelle wickelt sich nicht um
Schutz dienen. Man unterscheidet folgende Binde-
gewebshüllen:
das Axon; Mesaxone sind meist ausgebildet.
Das Endoneurium besteht aus lockerem Binde-
Die marklosen Nervenfasern im ZNS haben keine
spezifische HOlle oder sie werden von Astrozyten - gewebe und umhüllt jede einzelne Nervenfaser.
fonsätzen zu Bündeln umfasst. Als Endoneuralscheide bezeichnet man die Ba-
salmembran der Schwann-Zelle und das Endo-
1.3.4.5 Die Regeneration peripherer Nerven- neurium.
fasern Das Perineurium (Perineuralscheide) fasst einige
bis mehrere hundert Nervenfasern zu Bündeln
Nach Durchtrennung eines peripheren Nervs
( Faszikeln) zusammen. Es besteht aus mehreren
kommt es zunächst zur sog. Waller-Oegeneration
distal der Läsion: Die beteiligten Nervenfasern Lamellen nacher Zellen. zwischen denen Kolla-
genfibrillen liegen. Diese Zellen werden auch als
Perineuralepithelzellen bezeichnet und sind
durch Tight JUnctions verbunden (- Diffusions-
1 Mesaxon barriere gegenüber der Umgebung). Der vom Pe-
2 Axone
3 Schwann-Zelle rineurium umschlossene Raum (zwischen Endo-
4 Kernder und Perineurium) hei8r Endoneuralraum. Die
Schwann-Zelle
hier gelegenen Kapillaren besitzen Tight juncu-
ons zwischen 1hren Endothelzellen (- Blut- Ner-
ven-Schranke). Manchmal wird auch das Pen -
neurium mit zur Blut- Nerven-Schranke
gerechnet. da Substanzen aus dem Blut nach der
Kapillarwand auch diese Barriere Oberwinden
müssen. um aus dem Endoneuralraum zu den
Nervenfasern zu gelangen.
Das Epineurium besteht aus lockerem Bindege-
webe mit eingelagerten Fettzellen und größeren
Blutgefaßen und fasst die Nervenfaserbündel
zum Nerven zusammen. Es dient auch dem ver-
schiebliehen Einbau des Nervs m seine Umge-
bung.
Abb. 1.9 MarkloSI! NervenfaSI!f
1 Grundlagen zum Nervensystem Die Bauelemente des Nervensystems 17

ln etnem peripheren Nerven kommen meist mark- der andere leitet afferente Informationen aus der
haltlge und marklose Nervenfasern vor. Funktionell
sind die meisten Nerven gemischt. d. h. sie enthal -
Penphene (s. S. 8).
Auffällig sind die großen rundlichen Perikarya der
111
ten sowohl afferente als auch efferente Fasern. Es Ganglienzellen mit großem hellen Kern und dem
gibt aber auch rein motorische oder sensible bzw. deutlichen Nucleolus. Die Perikarya enthalten fein
sensorische Nerven. verteilte Nissi-Substanz sowie eventuell lipofuszin
und sind von Mantelzellen umgeben.
Es lassen sich zwei Typen von Perikarya unter-
Ein peripherer Nerv besteht aus Bündeln verschie- scheiden:
dener Nervenfasern und bindegewebigen Die großen. hellen Zellkörper {A-Zellen) haben
Hüllstrukturen. Von diesen spielt das Perineurium myelinisierte FortSätze und dienen der Propria-
eine besonders wichtige Rolle. da es das Milieu der und Mechanorezeption.
Nervenfasern gegenüber dem der Umgebung ab- Die kleinen. dunkleren Zellkörper (B-Zellen) ha-
grenzt. ben wenig myelinisierte oder marklose Fortsätze
und dienen der Schmerzwahrnehmung.

I Klini\Cher Brzug l$ii;J31


Polyneuropathien: Bei einer Polyneuropathie handelt
ln Spinalganglien und den ihnen entsprechenden
sich um eine meist bilaterale Erkrankung peripherer
sensiblen Hirnnervenganglien findet keine Um-
Nerven. Die Polyneuropathien sind auf sehr unter-
schaltung statt!
schiedliche pathogene Faktoren zurückzuführen. Häu·
fige Ursachen sind Stoffwechselstörungen {wie
Diabetes oder Gicht), exogen-toxische Einflüsse (wie 1.3.6.2 Die vegetativen Ganglien
Alkohol. Pharmaka oder Gifte), Gefäßerkrankungen D1e vegetativen Ganglien enthalten von Mantelzel-
oder Infektionskrankheiten {w1e Lepra oder Fleckfie- len umgebene mu/ripo/ore Nervenzellen. Charakte-
ber). Es kann Ue nach Typ) zu einer axonalen Degene- ristisch für die vegetativen Ganglien ist. dass hier -
ration, zu einer segmentalen Schädigung der neben oft zahlreichen hindurchziehenden afferen -
Markscheiden (Demyelinisierung). zu Entzündungsre· ten und efferenten Nervenfasern - eine Umschal-
aktionen im Endo- und Perineurium oder auch zu tung von efferenten prllganglionären Fasern auf
kombinierten Schädigungsmustern kommen. postganglionäre stattfindet. Entsprechend ihrer vor-
Klinische Symptome sind insbesondere Parästhesien Wiegenden funktionellen Bedeutung innerhalb des
(Brennen oder Einschlafgelühl) und Sensibilitätsstö- sympathischen oder parasympathischen Systems
rungen, metstens symmetrisch und d1stal betont {so- (s. S. 221 ) unrersche1de1 man:
cken- und handschuhförmig). distal aufgehobener - sympathische vegetative Ganglien: Grenzstrang-
Vibrationsslnn, Druckempfindlichkeil peripherer Ner- und prävertebrale Ganglien, s. S. 223 ff.
venäste und Muskelatrophien. parasympathische vegetative Ganglien: v. a. die
als Kopfganglien bezeichneten zur Umschaltung
parasympathischer Fasern der Hirnnnerven 111
1.3.6 Die Gan glien i m PNS (Ggl. ciliare). VII {Ggl. pterygopalatinum und
Ggl. submandJbulare~ IX (Ggl. oticum) sowie
1.3.6.1 Die sensiblen Ganglien vorwiegend intramurale Ganglien zur Umschal-
Zu den sensiblen Ganglien des PNS zählen Spinal- tung von Fasern des X. Hirnnervs und des sakra-
ganglien und sensible Hirnnervenganglien. Sie ha- len Parasympathikus.
ben ähnliche Bindegewebshüllen w ie der periphere
Nerv: Unter einer Bindegewebskapsel liegt Perineu-
rium. ln den Ganglien liegen pseudounipolare Neu-
rone. Der eme Ast (efferentes Axon ) des sich T-för-
mig aufzweigenden Stammfortsatzes zieht ins ZNS,
18 1 Grundlagen zum Nervensystem Die Bauele me nte des Ne rvensystems

<Z>
...• .. Check-up
111 v' Machen Sie sich klar, was ein Mesaxon ist
(während der Myelinentwicklung und beim
marklosen Nerv).
v' Rekapitulieren Sie, was unter den Begriffen
"Ranvier-Schnürring", "Internodium" und
"Schmidt-lantermann-Einkerbungen" zu
verstehen ist.
v' Überlegen Sie noch einmal, welche Unter-
schiede zwischen myelinisierten und mark-
losen Nervenfasern bestehen.
v' Verdeutlichen Sie sich nochmals die Unter-
schiede zwischen sensiblen und vegetativen
Ganglien.
Klinischer Fall

Kaffeeflecken Schulschwimmen hatte er sich schon immer ein biss-


chen dafür geschämt.

Blickdiagnose
• Wie lange hast du schon die hellbraunen Flecken
auf dem Rücken und den Armen?" fragte ihn der Kin-
derarzt. den er mit seiner Mutter aufsuchte.•Schon
immer•. hatte er geantwortet. Heute kann sich Mar-
tin nur noch an Fetzen des Gesprächs erinnern. aber
der Arzt hatte sich damals nach ähnlichen Hautverän-
derungen bei anderen Familienmitgliedern erkundigt
und noch viele andere Fragen gestellt. zum Beispiel
ob mit seinen Augen alles in Ordnung wäre. ob ein
Cafe-au-Lalt-Fiedcen sind ein charakteristisches Symptom bei Tumor des Sehnervs bekannt wäre oder und ob er
Neurofibromatose. Dinge bei sich festgestellt hätte, die ihn stören. Mar-
tin weiß noch: Damals erzählte er dem Arzt, dass er
Das Nentensystem und die Haut haben ln der Em- sich manchmal fühlte. als hätte er zwei linke Hände,
bryogenese eine ganz wichtige Gemeinsamkeit: Bel- weil ihm Geschicklichkeitsübungen Probleme bereite-
de entwickeln sich aus dem äußeren Keimblatt, dem ten, und dass er im Gegensatz zu seinen Mitschülern
Ektoderm. Die so genannten neurokutanen Erkran- immer noch nicht Fahrrad ohne Stützen fahren
kungen spiegeln dieses Muster der Embryogenese könnte. Der junge erinnert sich auch daran, wie seine
wider. Bel der Neuroflbromatose, der häufigsten Mutter in der Sprechstunde darüber klagte. dass er in
neurokutanen Erkrankung. treten unter anderem der Schule so schlecht wäre.
gutartige Tumoren auf, die vom Bindegewebe der
Hautnerven entspringen: die Neuroflbrorne. Zahlreiche Untersuchungen
Nach dem Besuch beim Kinderarzt musste Martin
Grausame Schulkameraden viele Untersuchungen über sich ergehen lassen. Der
.Schepp-Maul. Schepp-Maul!" hört Martin die schrille Pädiater erklärte ihm damals die Neurofibromatose:
Stimme seines Klassenkameraden Hans-Peter hinter eine erbliche Krankheit, die gutartige Geschwülste in
sich rufen. Der Fünftklässler hält sich die Ohren zu. den Nerven und in der Haut macht. Er ließ ein MRT-
Seine Schulkameraden lachen ihn des Ofteren aus - Bild vom Kopf und Röntgenbilder von Martins Kno-
wegen seines Gesichtes. Der 9-Jährige hat einen Tu- chen machen. weil er Veränderungen ausschließen
mor in der Wange, der seine rechte Gesichtshälfte wollte. Anschließend sollte der 10-Jährige zum Au-
nach unten zieht. Was hinter dem Tumor steckt. will genarzt. Dieser wollte wissen, ob sich im Sehnerv ein
Martin niemandem in der Schule erzählen. Er denkt, Tumor befindet. Zum Glück fiel die Untersuchung un-
dass es kaum jemand verstehen würde. AuSerdern auffällig aus. Auch der neurologische Befund war nor-
fürchtet er. noch mehr ausgelacht zu werden, wenn mal. Schließlich suchte Martin den Hautarzt auf. Die-
die Mit schüler um seine Krankheit wissen. ser fand in seiner Haut mehrere Knöt chen und
bestätigte die Diagnose des Pädiaters.
eate-au-Lalt-Fiecken
Seit einem Jahr weiß der 9-Jährige, womit er sein Le- Chirurgische Therapie: gut
ben lang kämpfen muss. Der große Tumor. der Martins rechte Gesichtshälfte
Die Diagnose heißt Morbus Recklinghausen, anders entstellt, wird schließlich operiert. Das plastische Er-
Neurofibromatose genannt. Alles fing damit an, dass gebnis ist klasse: Das Gesicht des jungen ist wieder
seine Mutter auf Hautverfärbungen aufmerksam ge- symmetrisch. ln der histopathologischen Untersu-
worden war. die er auf dem Rücken. am Hals und an chung finden die Spezialisten ein plexiformes Neurofi-
den Armen hat. Sie sehen aus wie große Sommer- brom. Es ist ein typischer Befund bei Morbus Reck-
sprossen und stören ihn nicht weiter. Nur beim linghausen.
2 Entwicklung des Nervensystems Die Neuru lation und die Neuralleiste 21

2 Entwicklung des Nervensystems Wenn Sie sich die Lagebeziehung des Ekto-
derms innerhalb der dreiblättrigen Keim-
2.1 Der Überblick scheibe vergegenwärtigen wollen, schlagen
Sie ln einem Embryologiebuch die Vorgänge 111
Das kompliziert aufgebaute ZNS entwickelt sich während der dritten Entwicklungswoche
aus einer morphologisch relativ einfach geformten nach.
Anlage. dem Neuralrohr. Der vordere Anteil des
Neuralrohrs wächst sehr schnell, wodurch es zur 2 .2.1 Die Neu rulation - Entstehung des
Formentwicklung des Gehirns ( mit Bläschen und Neuralro hrs
Abkmckungen) kommt. Im Inneren des Rücken- Das Ektoderm. das im Entwicklungsstadium der
marks und Gehirns sind (in Schninpräparaten) dreiblättrigen Keimscheibe neben Ento- und Meso-
Schich ten/Zonen nachweisbar, die verschiedene derm vorliegt, ist kein e inheitliches Keimblatt
entwicklungsgeschichtliche Prozesse widerspiegeln. (Abb. 2.1 ). Es gliedert sich zunächst vielmehr in:
Dazu gehören: - Neuroektoderm ( mittlerer Abschnitt -+ ZNS)
Proliferation (Vermehrung von Nerven- und und
Gliavorlauferzellen) - epitheliales Ektoderm (-+ Epidermis der Haut ).
Migration (Wanderung von Vorläuferzellen zu
ihren Zielgebieten)
I Klini\Cher Bezug
Auswachsen von Axonen in ihre Zielgebiete Phakomatosen: Unter diesem Begriff werden konge-
- Synapsenblldung. nitale Erkrankungen zusammengefasst, deren gemein-
Im Zuge der Entwicklung entstehen aus dem Hohl- sames Merkmal Anomalien des Nervensystems und
raum des Neuralrohrs im Bereich der Hirnbläschen der Haut (neurokutane Syndrome. s. auch S. 20) sind.
die Ventrikel I- IV, im Rückenmark der Canalis cen- Vorwiegend werden sie autosomal dominant vererbt
tralis. und gehen meist mit Tumoren oder tumorartigen
Fehlbildungen des Nervensystems und der Haut ein-
<I>
her. Zu den Phakomatosen gehoren u. a.:
~A~ Sehen SIP dll! kompliziertPn Entwlcldungs- - Tuberose Sklerose: Die~e Erkrankung i~t dureil die
vorgänge des Nervensystems nicht als ~Ballastw Symptomtrias Epilepsie. geistige Behinderung und
an, sondern nutzen Sie die ln diesem Kapitel Adenoma sebaceum gekennzeichnet. Im Gehirn
beschriebenen wesentlichen Grundlagen der sind die tumorartigen Gliawucherungen (verkal-
Neuroembryologie als Lernhllfe. Sie ermöglichen kend) meist subependymal in der Wand der Seiten-
es Ihnen, funktionelle und topographische Zu- ventrikel zu finden. Neben anderen Hauterscheinun-
sammenhange der Neuroanatomie besser zu ver- gen sind gutartige Gefäßtumoren (Angiofibrome) in
stehen. der Haut v. a. als multiple kleine Papeln im Bereich
der Nasolabialfalten (Adenoma sebaceum) sicht bar.
2.2 Die Neurulation und die Neuroflbromatose (Morbus Reckllnghausen): Die
Neuralleiste Haut zeigt Pigmentanomalien (hellbraune Cafe-au-
;
...... Lerncoach
lait-Fiecken). Vom Bindegewebe der Hautnerven
gehen multiple knotige. gutartige Tumoren aus
Machen Sie sich beim lesen dieses Kapitels (kutane Neurofibrome). Bei einer anderen Form
zunächst klar, dass sich das Nervensystem der Erkrankung treten meist bilaterale Akustikus-
aus dem äußeren der drei embryonalen neurinome (s. S. 113) und Meningeome (von der
Keimblätter (Ektoderm) entwickelt. Aus ihm Arachnoidea ausgehende gutartige Tumoren) auf.
entstehen das Neuralrohr und die Neurallels-
ten. Beachten Sie die Sonderstellung der Neu-
rallelste, aus der sich sehr unterschiedliche
Gewebe bilden.
22 2 Entwicklung des Nervensystems Die Neurulation und die Neuralleiste

I Neuralleiste
2 Chorda dorsalis
3 Neuralfalten
4 Neuralrinne
5 Neuralrohr
6 Oberflachenektoderm
7 Spmalgangl1on

1 (-7)

2
d

Abb. 2.1 Neurulation und Bildung der Neuralleisten


a 18. Tag. b 20. Tag, c 22. Tag, d 24. Tag

Die Entstehung des Neuroektoderms wird durch


die darunrer gelegene Chorda dorsalis induziert Anenzephalle: Kommt es zu einer Verschlussstörung
(über die Signalpolypeptide Noggin und Chordin). des Neuralrohrs am oberen Pol, wo sich normaler
Durch Proliferation der Neuroektodermzell en ent- Weise das Prosencephalon (s. u.) entwickelt, führt
steht die Neuralplatte (aus mehrreihigem Neuro- dies zur Anenzephalie. Hier fehlt das Schädeldach und
epithel). Die Neuralplatte vertieft sich zur Neural- in der vorderen und mittleren Schädelgrube ist kein
rinne, an der sich lat eral die beiden Neuralwülste normales Hirngewebe anzutreffen während Teile des
( Neuralfalten) vorwölben. die schheßhch an der Kleinhirns und des Hirnstamms man<hmal vorhanden
Mme verschmelzen. Der Verschluss begmnt auf sind. Auffällig sind die .Froschaugen• an der höchsten
Höhe des 4. Somiten und schreitet von dort nach Stelle des Kopfes. Da Ungeborene mit Anenzephalie
kranial und kaudal fort. Diesen geS<Jmten Vorgang i.d.R. kein Fruchtwasser schlucken können, kommt es
bezeichnet man als Neurulation. oft zum Hydramnion (erhöhte Fruchwassermenge).
Die Anenzephalie ist die schwerste aller Neuralrohrde-
fekte. Ihre Häufigkeit kann durch Folsäureeinnahme
Die Bildung der Neuralwülste und ihr Zusamrnen- vor Eintritt und während des ersten Drittels einer
schluss zum Neuralrohr werden als Neurulation be· Schwangerschaft gesenkt werden.
zeichnet.
2.2.2 Die Neuralleist e
Gleichzeitig w1rd das Neuralrohr in die Tiefe verla- Be• der Verschmelzung der Neuralfalten verlieren
gert und das epitheliale Ektoderm schließt sich die Ektodermzellen, die unminelbar lateral der Fal-
uber dem Neuralrohr. ten liegen. ihren Kontakt zu den Nachbarzellen und
Der Hohlraum des Neuralrohrs (Canahs neurahs)
ordnen sich zunächst zu emer flachen Neuralleiste
hat fur kurze Zeit oben und unten eine Öffnung: zwischen Neuralrohr und epithelialem Ektoderm
Neuroporus ant erior (cranialis oder rostralis) und an (Abb. 2.1 ). Die Le1ste trennt sich in rechten und
Neuroporus posterior (caudalis). linken Teil und differenzieren sich zu:
Diese Öffnungen stehen mit der Amnionhöhle in
Neuronen der Spinalganglien
Verbindung. Der obere Neuroperus verschließt sich Neuronen der Ganglien des vegetativen Nerven-
am 24./25. Tag. der untere am 26./27. Tag. systems (i nkl. der parasympathischen Kopfgan-
glien im Verlauf der H.rnnerven 111. VII , IX und
X)
2 Entwicklung des Nervensystems Entwicklung des Rückenmarks und der Spinalnervenwurzeln 23

- Schwann-Zellen
1 Oe<kplaue
Mantelzellen
r2 Mantelzone
Nebennierenmarkszellen
Melanozyten der Haut
C-Zellen der Schalddrüse
9
3 Ventrokularzoroe
4 Zentralkanal
5 Marginalzone
6 Bodenplane
11
8
Mesenchymzellen des Kopfes (Kopfmesekto- 7 Grundplane
8 Sulcus limltan$
derm~ 9 Flügelplatte
«> 7
..• ... Check-up
tl' Rekapitulieren Sie, was die Neuralleiste ist
und welche Strukturen sich aus ihr ent- 6
wickeln. Abb. 2.2 Anlage des Rückenmarks im QuerschOllt

2.3 Die Entwicklung des Rücken-


marks und der Spi nalnerven- rone an Dicke zu. ln ihr erkennt man auf beiden
wurzeln Seiten je zwei Verdickungen:
- ventrolateral die Grundplane
;
.... Lerncoach
- dorsolateral die Flügelplarre.
Zwischen den beiden Planen liegt eine Furche, der
Während der embryonalen Entwicklung wird
Sulcus llmitaros.
durch Teilung und Wanderung von Vorläufer-
ln der Grundplatte entwickelt sich das motorische
zellen Im Neuralrohr eine bestimmte Anord-
Vorderhorn (somatoefferent) und dahinter ein Teil
nung von Neuronen angelegt. Prägen Sie sich
des Seirenhorns. nämlich viszeraefferente Neurone
dieses Anordnungsprinzip gut ein - da es Im
(Grundplatte • somato-viszero-motorische Zone).
adulten Rückenmark und Hirnstamm belbe-
Die Axone dieser efferenten Neurone wachsen aus
halten wird, kann es Ihnen in den weiteren
und bilden die Vorderwurzel der Spinalnerven.
Kapit!'lro das Verstärodnl< erll'lfhtern und als
GedächtnisstOtze dienen.

Aus dem kaudalen Abschnart des Neuralrohrs ent- Spinale Muskelatrophie (SMA): Diese neuromuskulä-
steht das Rückenmark. Im Neuroepithel (. Neuro- re Erkrarokung führt zum Untergang von Moloneuro-
epithelschicht. Prollferatlons- oder Ventrtkul.uzoroe) nen im Vorderhom. Bei der autosomal rezessiv
entstehero durch Proliferation immer mehr Neuro- vererbten Form liegt der genetische Defekt im . survi-
blasten. Nicht mehr tealungstahage Proneurone val motor neuroro (SMN) gene" auf Chromosom 5.
wandern aus der Proliferauonszone radaal aus. Nach Alter bei Krankheitsbeginn und Schweregrad
Die Migration (Wanderung) erfolgt entlang von werden verschiedene Typen unterschieden. Bei frOher
spezialisierten Gliazellen. den Radlalgllazellen. die Manifestation der atropischen Paresen (Lähmungen)
schon vor den Proneuronen entstehen. Sie besitzen wirken die betroffenen Kinder durch den herabgesetz-
lange radiale Fortsätze. Die ausgewanderten Pro- ten Muskeltorous insgesamt schlaff (.Hoppy infants").
neurone bilden um das Neuroepathel die Mantelzo- Eiroe wirksame Therapie ist nicht bekannt, die Prog-
roe. aus der die graue Substanz des Ruckenmarks nose ist infaust.
hervorgeht. Um die Mantelzone herum liegt die
Marglnalzoroe (Randschleier). die durch das Ein- Die Flügelplatte wird zum sensiblen Hinterhorn
wachsen von Axonen emstehr und der Vorläufer (somatoafferent). vor dem als Teil des Seitenhorns
der weißen Substanz des Rückenmarks ast (Abb. 2.2 viszeraafferente Neurene liegen (Fiügelplatte • so-
und T•b. 2.1). mato-viszero-sensible Zone). Die afferenten Axone,
Die Mantelzone nimmt durch ständig einwachsen- die über die Hinterwurzel das Rückenmark errei-
de Proneurone und durch Differenzierung der Neu- chen. wachsen aus den Perikarya der unipolaren
24 2 Entwicklung des Nervensystems Die Entwicklu ng d es Gehirns

mend nach kranial: e10 scheinbarer Aszensus des


Ruckenmarks. Der Conus medullaris als kaudales
Ende des Rückenmarks steht bei der Geburt auf Hö-
Zellsch ichten Im Strukturen im reifen
Neuralrohr
he des dritten Lendenwtrbels ( beim Erwachsenen
Rückenmark
auf Höhe des zweiten Lendenwirbels). Die unteren
Ventrlkullr·/Proll- Ependym
feratlonszone (ein- und austretenden ) Nervenfasern müssen folg-
• Neuroepithelschicht lich erst eine Strecke zwischen Rückenmark und ih-
Mantelzone graue Substanz rem jeweils zugehörigen Foramen intervertebrale
- Grundplatte (ventro- - Vorderhorn somatornotorisch
lateral _ Seitenhorn vlszeromotorisch im Wirbel kanal (innerha lb des Subarachnoidal-
- Flügelplatte (dorso· viszerosenslbel raums. s. S. 169) zurücklegen. Diese Fasern werden
lateral) - Hinterhorn somatosenslbel
Marginalzone weiße Substanz
in ihrer Gesamtheit als Cauda equlna bezeichnet.
mit Vorder-. Seiten· und Hmter·
strang sowie den Comm1ssurae
albae
Das Rückenmark ist der Teil des ZNS, in dem die
Prozesse Proliferation und Migration am frühesten
Nervenzellen im jeweiligen Spinalganglions aus
beendet werden. Es bleibt im Wachstum auch hin·
(Herkunft s.o.). ln der Flügelplane (Hinterhorn)
ter dem der Wirbelsäule zurück, was dazu führt.
kann dann eine Umschaltung auf das 2. Neuron er-
dass v. a. die Nervenfasern kaudal gelegener
folgen.
Rückenmarkssegmente einen langen Verlauf im
Subarachnoidalraum haben.

Der Sulcus limitans ist die funktionelle Grenze. die


<D
somato· und viszeraefferente Neurone der Grund·
_.W.. Ch eck-up
platte von somato· und viszeraafferenten Neuro·
tl' Machen Sie sich nochmals klar, was der
nen der Flügelplatte trennt.
Sulcus limitans trennt.
Aus den Neuroepithelzellen der Ventrikulärzone tl' Wiederholen Sie anhand von Abbildung 2.2
werden die Ependymzellen; der Hohlraum an den und Tabelle 2.1 die embryologischen Begrif-
sie grenzen. wird zum Zentralkanal. fe, die bel der Entwicklung des Rücken-
Vor und hinter dem Zentralkanal liegen zwei marks von Bedeutung sind.
dünne Wa ndabschnitte des Neuralrohrs:
- ventral die Bodenplatte 2.4 Die Entwicklung des Gehirns
- dorsal die Deckplatte.
Diese beiden Platten blei ben im Wachstum stark
~
.... Lern coach
zurück: später liegen hier vornehmlich Axone. die Oie embryonalen Veränderungen des Neural -
von einer Seite des ROckenmarks zur anderen kreu- rohrs sind umso ausgeprägter, je weiter ro-
zen. Im Bereich des späteren Ventrikelsystems ent- stral die Abschnitte liegen. Dies führt dazu.
wackeln sich aus den Neuroepithelzellen der Deck- dass sich die Hirnanlage schon frOh von der
platte auch dte Plexus choroidei. des Rückenmarks unterscheidet. Durch die
Im 2. Entwicklungsmonat füllt das Ruckenmark Entwicklung der Hirnblasehen werden bereits
den Wirbelkanal in seiner ganzen länge aus. Da- die Abschnitte angelegt, die auch Im reifen
durch verlaufen die Fasern. die in einen Rücken- Gehirn zu seiner Gliederung genutzt werden.
marksabschnitt (Segment, s. S. 75 ) ein- und austre- Prägen Sie sich schon jetzt diese Abschnitte
ten horizontal zum jeweiligen Foramen mit den zugehörigen Anteilen des Ventrikel·
intervertebra le. systems gut ein - dies hilft Ihnen, de n Über-
Etwa ab dem 3. Entwicklungsmonat wächst die blick zu bewahren, wenn Sie ln den folgen-
Wirbelsäule schneller als das Rückenmark. Dadurch den Kapiteln Ober den komplexen Aufbau des
verschiebt sich das .kürzere" Rückenmark zuneh- adulten Gehirns lesen.
2 Entwicklu ng des Nervensystems Die Entwicklung des Gehirns 25

2.4.1 Die Ausbildung der Form primaren Bläschen die sekundären Hirnbläschen
hervor. Der Hohlraum des Neuralrohrs w ird im Zu-
2.4.1. 1 Die Hirnbläschen ge der Bläschenbildungen zu den vier Ventrikeln.
Schon in der 4. Woche sind im rostralen Abschnitt Tabelle 2.2 und Abbildung 2.3 fassen diese Ent-
des Neuralrohrs drei hintereinander gelegene bla- w icklungsprozesse mit den wichtigsten Hirnstruk-
senrörmige Auftreibungen zu erkennen: die primä- turen. die aus den einzelnen Bläschen hervorgehen,
ren Hirnbläschen. Ab der 5. Woche gehen aus den zusammen.

1 Riechplakode
19 2 Anlage der Seitenventrikel
3 Anlage des 111. Ventrikels
18 2 4 Linsenplakode
5 Thalamus
17 6 Vierhügelplatte
7 Ohrbläschen
3
8 Anlage des IV. Ventrikels
16
9 Anlage des Zentralkanals
4 10 Rückenmark
15 11 Myelencephalon
12 Metencephalon
5
13 späterer Aqueductus mesencephali
14 14 Mesencephalon
6
15 Augenbecher
13 16 Diencephalon
17 Telencephalon
18 Foramen interventriculare
7 19 Lamina terminalis
12 8

10 --------------1 ---------------- 9
Abb. 2.3 Hirnbläschen
links: 6. Entwicklungswoche: rechts: 8. Entwicklungswoche

primäre Hirnbläschen sekundäre Hirnbläschen reife Hirnstrukturen Ventrikelsystem


Prosencephalon- • 2 seitliche Telencephalon· • Endhirnbläschen Telencephalon • Endhirn I. und IL Ventrikel
Vorderhirnbläschen mit 2 Hemisphären ~tenventrikel)
Diencephalon- • Zwischenhirnbläschen Diencephalon • 111. Ventrikel
- wird von den Endhirnbläschen .überwachsen· Zwischenhirn
- bildet auf beiden Seiten ein ~enbläschen' aus
Mesencephalon- • Mittelhirnbläschen (bleibt im Wachstum zurück) Mesencephalon • Aqueductus
Mittelhirnbläschen Mittelhirn mesencephall
Rhornbencephalon- • Metencephalon- • Nachhirnbläschen Pons • Brücke IV. Ventrikel
Rautenhirnbläschen Cerebellum • Kleinhirn
Myelencephalon- • Markhirnbläschen Medulla oblongata •
verlär>qertes Mark
• Anlage von Nervus und Tractus opticus sowi~ d~r RetiN
26 2 Entwicklung des Nervensystems Die Entwicklung des Gehirns

1 Deckplatte
2 allgcmetn 111szeroefferent

111 8
3 speziell viszeroefferent
4 allgernetn sannatoefferent
5 allgerne1n viszeraafferent
6 spezu~ll v1szeroafferent
7 7 allgeme.1n somataafferent
8 spcz1ell somataafferent
j
9 Sulcus limitans
6
2
5
3
9
4
Abb. 2.4 Kernsäulen im Bereich des Rautenhirns

2.4.1.2 Die Krümmungen Zwischen der allgemem somato- und allgemein


Gleichzeitig mit der Bildung der primaren Hirn- viszeraefferenten Kernsäule sch1eb1 sich noch eine
bläschen beugt sich die Hirnanlage nach ventral: speziell viszeroefferente Säule in d1e Grundplane.
sodass zun~chst rolgende Krümmungen entstehen: ln der Flügelplatte differenziert sich zwischen der
Nackenbeuge (Fiexura cervicalis. zwischen allgemein somato- und allgemein viszeroarferenten
Rhombcncepha lon und Rückenmark) eine speziell viszeraafferente Säule sowie ganz la -
Scheitelbeuge ( Mirtelhirnbeuge. Flexura mesen- teral eine speziell somataafferente Säule dazu
cephalica am Mittelhirn). ( Abb. 2.4 ; s. a. S. 108).
Später (mit der Ausbildung der sekund:lren Hirn- Aus der Flügelplane gehen noch die Zellen der
bläschen. s. u.) krümmt sich das Rhombencephalon Nuclei olivares inreriores hervor. Aus Zellen sowohl
stark nach ventral: es entsteht die der Aügel- als auch der Grundplane stammen die
- BrOckenbeuge (Flexura ponrina~ Neurone der Formauo reucularis.

2.4.2 Oie Entwicklung des Rautenhirns 2.4.2.2 Das Kleinhirn


Die prinzipielle Gliederung des Rückenmarks in Im Bereich des Metencephalon ( • rostraler Anteil
Grund- und Flügelplatte setzt sich im Hirnstamm des Rombencephalon ) entsrehen am Rand der Flü-
rort. Dabei unterscheiden sich die Lageverhältnisse gelplatte nahe der Grenze zur Deckplatte die Rau-
innerhalb der Medulla oblongata und des Pons als tentippen (etwa in der 6. Entwicklungswoche). Sie
ventrale lc11c des Rhombencephalon von denJClll- vergrößern sich be1dse1ts zu den Kleinh1rnwulsten.
gen im Minelhirn. Erklärbar ist dieser Unterschied die zur Kleinhirnplatte verschmelzen.
durch das Kleinhirn, das sich im dorsalen Teil des Die lateralen Anteile d1eser Plane (~ Kleinhirnhe-
Rhombencephalon aus dem Metencephalon ent- mlsphären) vergrößern s1ch starker als der mittlere
WICkelt. Abschnitt ( .... Klemh1rnwurm. unpaar).
Bei der Histogenese des Klemh1rns gibt es zwei Be-
2.4.2. 1 Die Medulla oblongata und der Pons sonderheiten:
Im Bere1ch des Rhombencephalon ist das Neural- Proneurone wandern entlang der FortSätze von
rohr wie ein Buch aufgeklappt. Dadurch w ird zum Bergmann-Gliazellen, eme besondere Form der
einen die Deckplane lang gezogen (- Velum me- Radialglia.
dullare superius und inrerius. s. S. 176). Die Neurone der Kleinhirnrinde (s. S. 120) stam-
Zum anderen liegt die Flügelplatte lateral von der men aus zwei Prolirerationszonen.
Grundplatte und ist von ihr wie im ROckenmark • Die Purkinje-Zellen entstehen direkt aus der
durch den Sulcus limitans abgegrenzt So entsteht primären Prohferationszone.
auch d1e Rautengrube.
2 Entwicklung des Nervensystems Die Entwicklung des Gehirns 27

• Die Körperzellen entstammen der unter der Pia


mater gelegenen sekundären Proliferationszo- Die Epiphyse hat sich aus einem Photorezeptoror-
ne. in die mitoseaktive Vorläuferzellen aus der gan entwickelt, das im laufe der Evolution modifi-
primären Proliferationszene einwandern. Die ziert wurde (s. auch Lehrbücher der Histologie).
sekundäre Proliferationszene verschwindet
erst im Laufe des zweiten Lebensjahres. Eine Bodenplane ist in der Zwischenhirnanlage
nicht ausgebildet, jedoch eine Deckplatte, aus der
sich der Plexus choroideus des 111. Ventrikels ent-
Die Anlage des Kleinhirns liegt am rostralen Rand wickelt
der Rautengrube. ln der sich entwickelnden Klein- Die Differenzierung des Diencephalon erfolgt deut-
hirnrinde werden bis zum Ende des 2. Lebensjahres lich früher als die des Endhirns.
noch Proneurene durch Mitose gebildet. Lateral an der Zwischenhirnanlage entstehen am
Ende der 4. Woche die beiden Augenbläschen. die
sich zum doppelwandigen Augenbecher umformen.
2.4.3 Die Entwicklung des Mittelhi rns Die Augenbläschen (..... Retina) sind mit dem Dien-
Im Bereich der Mittelhirnanlage erfolgt kein Auf- cephalon über den Augenbecherstiel (..... Nervus
klappen der Flügel platten. Aus der Grundplatte und Tractus opticus) verbu nden.
entstehen die Kerne der Hirnnerven 111 und IV. Aus
der Flügelplatte wandern Proneurene in das Gebiet 2.4.4.2 Die Hypophyse
der Deckplatte und bilden das Teerum mesence- Die Hypophyse. eine endokrine Drüse. besteht aus
phali (Vierhügelplatte, Lamina tecti). zwei funktionell unterschiedlichen Anteilen: Neu-
ln die Marginalzone im Bereich der Grundplatten ro- und Adenohypophyse.
wandern zahlreiche Nervenfasern ein und bilden Entwicklungsgeschichtlich ist nur die Neurohypo-
die ( kräftigen) Crura cerebri. physe als Teil des Zwischenhirns anzusehen: Sie
Das Lumen des Mittelhirnbläschens wird zum entsteht als Ausbuchtung im Boden des 111. Ventri-
Aqueductus mesencephali eingeengt. der den 111. kels ( Recessus infundibularis).
und IV. Ventnkel verbindet. uie Adeno11ypophyse hingegen entsteht ais eine
Epithelausstülpung (Rathke-Tasche) im Dach der
2.4.4 Die En twicklun g des Zwisch enhirns und Mundbucht (Stomatodeum). Die Rathke-Tasche
der Hypoph yse entfernt sich von der Mundbucht wobei der zu-
nächst vorhandene epithel iale Verbindungsstrang
2.4.4.1 Die Kernkomplexe der Zwischenhirn- zwischen beiden Strukturen verloren geht. Sie er-
anlage reicht den Boden des Zwischenhirns. wo die beiden
Das Zwischenhirnbl äschen hat einen zunächst wei- Anlagen der Adeno- und Neurohypophyse ver-
ten Hohlraum, der schließlich zum spaltförmigen schmelzen (Abb. 2.5).
111. Ventrikel wird. ln den Seitenwänden des Bläs-
chens liegen die Anlagen der Kernkomplexe des 2.4.5 Die Entwicklung d es En dhirns
Zwischenhirns (Etagen von oben nach unten): Die Hemisphärenbläschen zeigen eine erhebliche
Epithalamus Entfaltung. Dadurch wird das Erscheinungsbild des
- Thalamus sich entwickelnden und auch des adulten Gehirns
- Hypothalamus. geprägt. Das Zwischenhirn und die Lamina termi-
Diese An lagen sind durch Sulci voneinander ge- nalis ( = unpaarer mittlerer Teil des Telencephalon)
trennt Der Sulcus hypothalamicus (zwischen Tha- werden durch die Hemisphärenbläschen überlagen
lamus und Hypothalamus) ist auch beim Erwachse- und nach innen vertagen.
nen noch sichtbar. Die Hemisphären dehnen sich nach frontal. okzipi-
Aus dem Epithalamus entstehen die Habenulae tal und temporal, jedoch kaum nach lateral aus.
und die Epiphyse (Giandula pinealis). Dadurch entsteht die Fossa lateralis über der späte-
28 2 Entwicklung des Nervensystems Die Entwicklung des Gehirns

I I

a 2
'
I
b c

ecessus infundlbularis
8 athke-Tasche
eurohypophyse

Pars tuberal•s
Pars d1stalis
Pars 1ntermed1a

Lobus post nor (Neurohypophyse)


7 Lobus nervosus
8 lnfund1bulum

d
Abb. 2.5 Entwicklung der Hypophyse
a 6. Woche; b 8. Woche; c 11. Woche; d 18. Woche

ren Insel. Im Rahmen der Hemisphärenexpansion Sulcus calcarinus mit Area striata (-+ Sehen}
erfolgt zudem eine Rotation um eme Achse. d1e et- und Sulcus panetOOCCipltalis
wa transversal durch die Insel verlauft. D1e Insel Gyri rransvers1 am Gyrus temporalis superior
w1rd dann durch auswachsende Teile (Opercula) {unter dem Sulcus lateralls: - Hören}.
des Frontal-, Parietal- und Temporallappens über- Zum Ende der Schwangerschaft entstehen Sekun-
deckt (Operkularlsation). sodass aus der Fossa late- där- und Tertiarfurchen. d1e individuelle Unter-
ralis der Sulcus lateralis (Sylvii ) entsteht. Anschlie- schiede zeigen.
ßend bilden sich weitere Primärfurchen und Gyri Im Inneren des Endhirns entstehen subkortikale
aus. Die Gyrifizierung beginnt dort. wo sich die pri- Kerne {z. B. Nucleus caudatus. Putamen. Amygda la}
mären Areale (für Motorik. Sensibilität, Sehen. Hö- aus dem Ganglienhügel. eine prominente Verdi-
ren) befinden. also u. a.: ckung der telenzephalen Proliferationszone (in der
Sulcus centralis mit Gyrus precentrahs (- Mo- Wand der Seitenventnkel, grenzt an das Zwischen-
torik) und GyJU~ po~tcenrralis ( • Sens1b1htat) hirn}.
2 Entwicklung des Nervensystems Die Entwickl ung des Gehirns 29

Nucieus caudatus und Puramen gehören zu den


sog. Basalganglien (motorisches System). Perlventrikuläre Leukomalazie: Die perlventrikuläre
Wenn sich die Hemisphären nach frontal, okzipital Leukomalalie ist eine häufige Form der Hirnschädi·
und temporal ausdehnen, folgen auf beiden Selten gung bei Fnihgeborenen. Ursächlich ist eine Ischämie
jeweils der Seitenventrikel und - in seiner lateralen (Sauerstoff-Minderversorgung). Es kommt dabei zur
Wand gelegen - der Nucleus caudatus dieser Ex- Schädigung der ventrikelnah gelegenen (• periventri·
pansionsbewegung. Dadurch werden Vorder-. Hin- kulären) Fasern der Pyramidenbahn fiir die Beine. Das
ter- und Unterhorn der Se1tenventnkel erkennbar. in der Regel beidseitige Auftreten erklärt, dass die
Auch die Anlage des Nucleus caudatus erf.ihn da- periventrikuläre Leukomalalie meist zu einer spas-
bei eine Formveränderung, sodass er 1m adulten tischen Lähmung beider Beine führt (Diplegie).
Gehirn etwa eine C-f'örmige Gestalt aufweisr. --
4v•. .
<I>
Check-up
Wiederholen Sie, wie die Hypophyse ent·
Durch die Ausdehnung und Rotation der Hemis-
steht.
phären sind im adulten Gehirn sowohl Vorder· und
Unterhorn der Seitenventrikel als auch der Nucleus
v Machen Sie sich nochmals klar, welche
Form- und Lageveränderungen durch das
caudatus bogen- bzw. C-förmig.
starke Wachstum der telenzephalen Hemls·
phären bedingt sind. Beachten Sie dabei
Während der Fetalentwicklung entstehen auch die
auch die Verlagerung der Lamina termlna·
großen Faserbahnen (s. S. 161):
lis.
Projektionsbahnen: z. B. Capsula interna mit Fa-
serbahnen aus der Endhirnrinde (Pyramiden-
bahn). die Nucleus caudatus und Puramen aus-
einander drängen
Kommissurenbahnen: aus der Kommissurenplat-
te an der Lamina terminahs. z. B. Commissura
anterior und Corpus callosum (Balken).
Die Assoziationsbahnen entstehen zu unterschied-
lichen Zeitpunkten (z. T. erst postnatal).

Klinischer Fall

Andenken aus dem Urlaub ken Auge nach links eingeschränkt. Um einen Prozess
im Hirnstamm mit Schädigung der dort liegenden
Hirnnervenkerne auszuschließen. lässt der Mediziner
ein zerebrales MRT der Patientin anfertigen. Nach de-
ren kann er beruhigt sein: Er findet keine Zeichen für
eine Durchblutungsstörung oder andere Pathologien
im Hirnstamm. Inzwischen konnte der Arzt herausfin-
den, dass Helena U. ein paar Wochen zuvor im
Schwarzwald wandern war. Kurz nach ihrer Rückkehr
aus dem Urlaub sei ein Ausschlag auf ihrem rechten
Oberschenkel aufgetreten .•Die Hautverfärbung war
schnell wieder verschwunden. Ich habe mir keine Ge-
danken darüber gemacht". erzählt die junge Frau.

Beim Ze<kenstich ist u.a. die Übertragung von Borrelien Antikörper im Liquor
möglich. die als Krankheitserreger zu den hier geschilderten
Symptomen führen können. Dr. Funke hat jetzt einen starken Verdacht auf Neuro-
borreliose. eine durch Zecken übertragbare Infektion .
• Hatten Sie in letzter Zeit Schmerzen?", vervoll-
Es gibt zwölf Hirnnerven. Manche von ihnen wer- ständigt er die Anamnese. Darauf antwortet Helena
den von Lähmungen häufiger betroffen als andere. U., dass sie vor zwei Wochen ziehende Schmerzen im
Der siebte Hirnnerv, Nervus facialis, wird durch sei- Gesäß hatte, die in das linke Bein ausstrahlten und
nen anatomischen Verlauf bei vielen Erkrankungen sie vor allem nachts geplagt hatten. Oie Beschwerden
in Mitleidenschaft gezogen. Schädelbasisbrüche, seien nach drei Tagen wieder verschwunden gewe-
Mittelohr- und Innenohrerkrankungen sowie lokale sen.•Auch diese Schmerzen passen zur Neuroborre-
Entzündungen - etwa im Rahmen einer Neurobar- liose", denkt der Mediziner. Dann legt er der Frau ei-
rellose - können zu seiner Schädigung führen. nen intravenösen Zugang, nimmt Blut ab und führt
eine Liquorpunktion durch. Anschließend beginnt er
Gelähmte Gesichtshälfte die i. v.-Therapie mit einem gegen Borrelien wirksa-
Klack, klack. klick, klack - die Absätze von Frau U. er- men Antibiotikum.
zeugen ein hallendes Geräusch in dem leeren Gang, Als er am nächsten Tag den Liquorbefund in der
wo die junge Bankkauffrau auf ihr Vorstellungs- Hand hält, freut sich Or. Funke, dass er sofort mit
gespräch wartet. Als sie einen letzten Blick in den der antibiotischen Therapie angefangen hatte: Neben
Spiegel wirft. um den Lippenstift zu kontrollieren. ist einer Zellzahlvermehrung als unspezifisches Ent-
sie verblüfft: Ihr linker Mundwinkel hängt herunter! zündungszeichen zeigt der Befund nachgewiesene
Probeweise lächelt die 24-Jährige ihrem Ebenbild zu lgM·Antikörper gegen Borrelien, die im Liquor ge-
und lässt einen lauten Schrei los: .Aaaaahhhh. mein genüber denen im Serum überproportional erhöht
Mundwinkel bewegt sich nicht!" Auch das linke Auge sind (intrathekale Synthese). jetzt ist der Verdacht
kann sie nicht so gut wie das rechte schließen. Trotz bestätigt: Die Patientin leidet an einer Neuroborre-
ihrer Ratlosigkeit bewahrt die junge Frau einen Hose mit Beteiligung der Hirnnerven N. Facialis und
kühlen Kopf und versucht, während des Vorstellungs- N. abducens.•Sie wurden beim Wandern vermutlich
gesprächs nicht an ihr Gesicht zu denken. Anschlie- von einer Zecke gestochen, die mit dem Bakterium
ßend steigt sie sofort in ein Taxi und fährt ins Kran- Borrelia burgdorferi infiliert war", erklärt der Arzt
kenhaus. der Bankkauffrau.
Nach vierzehn Tagen antibiotischer Therapie kann
Mehrere Hirnnerven geschädigt sich Helena U. gleich zweimal freuen: Die Nervenläh-
ln der Notaufnahme stellt der Neurologe Dr. Funke mungen sind deutlich besser geworden. Außerdem
bei der Untersuchung eine Schädigung mehrerer hat es mit der Arbeitsstelle in Berlin geklappt - trotz
Hirnnerven fest: Neben den von der Patientin bereits des herabhängenden Mundwinkels beim Vorstel-
bemerkten Ausfällen ist auch der Blick mit dem lin- lungsgespräch.
3 Peripheres Nervensystem Die Spinalnerven und ih re Äste 33

3 Peripheres Nervensystem 3.2.1 Die Entst eh ung des Spinalnervs


Die Rückenmarksnerven (Spinalnerven ~ Nn. spina-
3.1 Der Überblick les) entstehen durch BündeJung von Nervenfasern.
die jeweils einem bestimmten Rückenmarksseg-
Zum peripheren Nervensystem gehören (Tab. 3.1): ment (s. S. 75) zugeordnet sind. Sie entstehen
Spinalnerven (Nn. spinales): insgesamt 31 -33 durch Vereinigung der Fila radicularia, die das Rü -
Nervenpaare mit Verbindung zum Rückenmark ckenmark als motorische vordere Wurzel (Radix
und anterior) verlassen (Efferenzen) und als sensible
Hirnnerven (Nn. craniales): insgesamt 12 Ner- hintere Wurzel (Radix posterior) in das Rücken-
venpaare, die von rostral nach kaudal mit römi- mark eintreten (Afferenzen ). Durch Vereinigung der
schen Ziffern du rchnummeriert werden. wobei Fasern beider Wurzeln einer Seite entsteht im Fo-
jedoch lediglich mit dem Hirnstamm in Verbin- ramen intervertebrale jeweils ein gemischrer Spi-
dung stehenden Hirnnerven 111- XII tatsächlich nalnerv (Abb. 3.1. Ausnahme: Cl . s.u.).
periphere Nerven sind. während die ersten bei- Kurz vor seiner Bildung sind die Perikarya der sen-
den Hirnnerven als entwicklungsgeschichtliche siblen pseudounipolaren Neurene im Verlauf der
Ausstülpungen des End- bzw. Zwischenhirns Hinterwurzel als Spinalganglion zusammengela-
und damit als Teile des ZNS angesehen werden. gert Da jeweils ein Spinalnervenpaar mit einem
Rückenmarkssegment in Verbindung steht. gibt es
insgesamt 31-33 Spinalnervenpaare, die mir Aus-
3.2 Die Spinalnerven und ihre Äste nahme des 1. Zervikalnervs immer unrerhalb des


...... Lerncoach
Differenzieren Sie beim Lesen des folgenden
Abschnitts sorgfältig zwischen Radix (Wur-
zugehörigen Wirbelkörpers austreten:
8 Zervikalnervenpaare
12 Thorakalnervenpaare
5 Lumbalnervenpaare
zel) und Ramus (Ast) anterior bzw. posterior. 5 Sakralnervenpaare
Achten Sie dabei darauf, dass diese beiden 1-3 Kokzygealnervenpaare.
ähnlichen Begriffspaare sehr unterschiedliche
Strukturen beschreiben. 3.2.2 Die Äste des Spinalnervs
Jeder einzelne Spinalnerv (auch Spinalnerven-
stamm genannt) verzweigt sich nach kurzem ge-
meinsamem Verlauf der Fasern in folgende Äste
(Abb. 3.1 ):

~~!1- und Hlmnerwn Im Vergleich


Spinalnerven Hirnnerven

Anordnung - segmental (Zuordnung zu Rückenmarkssegmenten) - nicht segmental


- 2 Wurzeln: efferente Vorder- und afferente Hinterwurzel ::_jeweils nur eine Ein· bzw. Austrittsstelle am Gehirn
Faser- - insgesamt 4: - insgesamt 7. entsprechend den Kerngruppen
qualitäten efferent (Perikaryen im Vorderhorn des Rückenmarks, (durch branchiogene Nerven und spezifische Sin-
s. 78): nesorgane erweitert: s. S. 57)
- allgemeine Somatoefferenzen (zur Skelettmuskulatur)
- allgemeine Viszeroefferenzen (zu glatter Muskulatur.
Herzmuskulatur. Drüsen)
afferent (Perikaryen im Spinalganglion
- allgemeine Somatoafferenzen (aus Haut und Bewe-
gungsapparat)
- allgemeine Viszeroafferenzen (aus inneren Organen)
- Zusammensetzung (mit Ausnahme der vegetativen Fa· - Zusammensetzung sehr heterogen
sern) ähnlich
Ganglien - sensible Ganglien (Spinalganglien) - sensible/sensorische Ganglien
- vegetative Ganglien (s. S. 17) - Kopfganglien (nur parasympathisch!. s. S. 57)
34 3 Peripheres Nervensystem Die Spinalnerven und ihre Äste

16

~~------------------------- 2
~~-------------------- 3
4

6
----- 7
- ---- 8
9

lf' IJ-- - 10

15
___ __,{ 12
14 ~ 13
1 Sulcus medlanus posterior 7 Ganglion spinale 13 Verbindung zum Truncus
2 Columna posterlor 9 N. spinalis mit: sympathicus
3 Columna lateralis 8 Ramus communicans albus 14 Flssura mcdlana anterior
4 Columna anterior 10 Ramus posterior 15 Fila radlcularia der Radixanterior
5 Fasciculus lateralis II Ramus anterior 16 Fila radtcularia der Radix posterior
6 Fasciculus anterior 12 Ramus communicans griseus

Abb. 3.1 Oreldlmensionale Darstellun!j etnes thor~lcalen Ruckenmarkssegments mit Bildung des Spinalnervsaus Vorder· und
Hinterwurul SOW1e Aufteilung in seine Aste (R. mentngeus nicht dargestellt)
Die Farben der fasern deuten die unterschtedhchen Qu.Jitlaten an: rot • somatoefferent. griln • viszeraefferent (sympathisch).
blau • somatoafferent, braun • viszeroafferent.

Ramus anterlor (besonders dick): lediglich d te • N. occipitalis major (aus C2): durchbohrt die
12 thorakalen Rami anteriores bilden jeweils ei- Mm. semispinalis capitis und trapezius und
nen eigenständigen Nerv: Diese II Nn. intercos- innerviert sensibel den Hinterkopf bis zum
tales und der ihnen entsprechende N. subcosta- Scheitel
li~ innervieren segmental über Haut und • N. ocdpltalls tertlus (aus CJ): versorgt sensi-
Muskeläste die ventrolaterale Rum pfwand. Die bel das Hautareal. das sich nahe der Median-
llbngen Rami anteriores bilden Nervenplexus linie an das vom N. occipitalis major inner-
(s. u.). vierte anschließt und anastomosiert mit
Ramus posterior: Er teilt sich in Jewetls emen Letzterem
Ramus medtahs und Ramus laterails auf und • Nn. dunium superiores (lumbal) und medii
versorg1 segmental die autochthonen Rucken- (sakral ).
muskeln sowie die Rücken- und Nackenhaut Im Ramus meningeus (R. recurrens): Dieser relativ
oberen Zervikal- und Lumbesakralbereich haben dünne Ast zieht durch das Foramen interverteb-
die Rr. posteriores eigene Namen: rale zurllck in den Wtrbelkanal. wo er die Rü-
• N. subocclpltalis {aus Cl, rein motorisch ): liegt ckenmarkshäute versorgt.
im Trigonum suboccipitale und innerviert die Rami communlcantes albus (nur auf den Höhen
kurzen Nackenmuskeln (Mm. rectus capitis C8-L2 ) und grlseus: Sie werden von sympathi-
posterior major und minor. Mm. obliquus ca- schen Fasern gebildet, die zwischen Spinalnerv
pitis superior und inferior) sowie dte Mm. und sympathischem Grenzstrang verlaufen. Die
Iongisstmus capitis und semispmails capitls präganglionaren {• ersten) Neurene des Sympa-
3 Peripheres Nervensystem Die Spinalnerven und ihre Äste 35

thikus liegen im thorakalen und lumbalen Rü-


ckenma rk (s. S. 78 und 223). Ihre Axone verlas- Ein streifenförmiges Dermatom wird durch Fasern
sen das Rückenmark zusammen mit den soma- einer bestimmten Hinterwurzel (Radix posterior)
toefferenten Fasern über die Rad ix anterior und aus einem definierten Rückenmarkssegment sensi-
verl aufen ein kurzes Stück (ca. 1 cm ) im Spinal- bel versorgt (radikuläre oder segmentale lnnervati·
nerv. Letzteren verlassen die schwach myelini- on, Abb. 3.2a). Sie entspricht mit Ausnahme des
sierten sympath ischen Fasern im Ramus com- Rumpfbereichs nicht der Innervation durch Haut·
municans albus. über den sie zu einem Ganglion äste peripherer Nerven (Abb. 3.2b)l
des Truncus sympathicus (S. 223) gelangen. Hier
wird ein Teil der Axone auf das postganglionäre Die Dermatome im Rumpfbereich sind regel mäßig
(e zwei te) Neuron umgeschaltet. Diese postgan- ( parallele Streifen), die übrigen mehr oder weniger
gl ionären marklosen Axone ziehen z. T. über den unregelmäßig angeordnet. Benachbarte Dermatome
Ramus communlcans grlseus zurück zum Spi- überlappen sich beträchtlich, d. h. jedes Derma tom
nalnerv. über dessen andere Äste sie ihre Er- wird meist durch Fasern aus drei Segmenten i nner-
folgsorgane (Biutgefaße. Schweißdrüsen, Mm. viert.
arrectores pi lorum ) erreichen. Zum Verlauf der
übrigen, ebenfalls in einem Grenzstrangganglion
oder an anderer Stelle umgeschalteten Sympa- Radikuläre Symptome: Durch die Überlappung von
thikusfasern siehe S. 223 ff. Dermatomen ist zu erklären. dass es bei Verletzung
einer Hinterwurzel im zugehörigen Dermatom nicht
3.2.3 Die Dermatome und Hautnervenareale zu einem kompletten Sensibilitätsausfall (Anästhesie)
Die sensiblen Fasern einer Hinterwurzel (Radix kommt, sondern lediglich zu einer verringerten Emp·
posterior), die einem Rückenmarksegment zuge- findlichkeit (Hypästhesie) oder einer verringerten
ordnet sind, versorgen jeweils ein bestimmtes. räumlichen Reizdiskrimination. Auch Missempfindun·
meist streifenförmigen Hautareal (Dermatom). Da- gen (Parästhesien) bis hin zu Schmerzen können im
bei verlaufen sie über die im Rumpfbereich seg- betreffenden Hautbereich auftret en.
mentalen Rami anterior und posterioreines Spinal- Ist die Vorderwurzel geschädigt, kann dies zu mot ori·
nelvs. Im Rumpjbereich sind also Dermatom und sehen Ausfällen (Paresen) führen, die (aufgrund der
sensibles lnnervationsgebiet eines peripheren überwiegend plurisegmentalen Muskelinnervation,
Nervs identisch. s. S. 77) auch z. T. kompensiert werden. Eine Schädi-
Bei den Rami ant eriores zur Versorgung der Bare- gung von Hint er· und Vorderwurzel bedingt das ge·
miröten kommt es zur Plexusbi ldung (s. u.): Da- meinsame Auftreten sensibler und motorischer
durch werden die sensiblen Fasern einer Hinter- Ausfälle, die durch fasern von Neuronen des gleichen
wurzel auf verschiedene periphere Nerven verteil t. Rückenmarkssegments innerviert werden (segmentale
Trotz dieser Verteilung auf versch iedene Nerven & radikuläre Beschwerden). Die häufigste Ursache für
ziehen die sensiblen Fasern einer Hinterwurzel zu radikuläre Symptome ist ein Bandscheibenvorfall
dem zugehörigen Dermatom. Da jeder periphere (s. S. 77).
Nerv. der aus einem Plexus hervorgeht, sensible Fa-
sern aus mehreren Hinterwurzeln führt. unter-
3.2.4 Die Plexusbildung
scheidet sich sein sensibles Versorgungsgebiet
Die Rami anteriores bilden - mit Ausnahme derje-
stark von den Dermatomen.
nigen, die thorakalen Ursprungs sind - Nervenge-
flechte. In diesen Plexus vermischen sich Fasern
aus unterschiedlichen Riickenmarkssegmenren:
Plexus cervica lis (C1- C4) -+ Innervation von
Hals und Tei len des Kopfes. Zwerchfell und z. T.
serösen Häuten der Brust- sowie Bauchhöhle
36 3 Peripheres Nervensystem Die Spinalnerven und ihre Äste

1- - - - - -_/ 4
3
11~1.------ 10
2- - -
wl~----- 1 1
11 - - - -
12- - - - - . : : -J:;. ------ 13
13-----:::~~~ ~~:-..~"'1~-- 17
s- - -

C7 C7
C8 C8 - - - - 28
"__- - - 38
F>---- - - - 34

\ L. - - - - - 39
L-f.kR'\1""'=---- 36

44 ----~

40

a b

Äste des N. t.rigeminus (V): Plexus brachialis:


1 N. ophlhalmicus(VI) direkte Hautäste aus dem Plexus:
2 N. mandibularis (Vl) 14 N. cutaneus brachii medialis
3 N. maxillaris V2) 15 N. cutaneus antebrachii medialis

Hautnerven aus dorsalen Spinalnervenästen: aus dem N. musculocutaneus:


4 N. occipitalis major (aus C2) 16 N. cutaneus antebrachii lateralis
5 Rr. posteriores nervi spinales (aus Th 1 - Th 12
und angrenzenden Zervikalsegmenten) ous dem N. oxillaris:
6 Nn. clunium Superiores (aus L1 -l3) 17 N. cutaneus brachii lateralis superior
7 Nn. clunium medii (aus $1- 53)
ous dem N. medianus:
Hautnerven aus ventralen Spinalnervenästen 18 R. palmaris
bzw. Plexus: 19 Nn. digitales palmares communes und proprii
8 Rr. cutanei anteriores nervi intercostalium
9 Rr. cutanei laterales nervi intercostalium aus dem N. rodiolis:
20 N. cutaneus brachii posterior
Plexus cervicalis: 21 N. cutaneus brachii lateralis inferior
10 N. occipitalis minor 22 N. cutaneus antebrachii posterior
11 N. auricularis magnus 23 R. superficialis
12 N. transversus colli
13 Nn. supraclaviculares
3 Peripheres Nervensystem Der Plexus cervicalis 37

Plexus brachialis (C5-Th1) --+ Innervation der


aus dem N. ulnoris:
24 R. dorsalis oberen Extremität
25 R. palmaris Plexus lumbalis (Th12-L4) und Plexus sacralis
26 Rr. digitales dorsales (L4-S3), zusammengefasst zum Plexus lumbosa-
27 Nn. digitales palmares communes und proprii
cralis--+ Innervation der unteren Extremität
Plexus lumbosacralis:
direkter Hautost aus dem Plexus:
28 N. cutaneus femoris lateralis

aus dem N. iliohypogostricus: Plexus werd en nur aus Rami anteriores gebildet!
29 R. lateralis
30 R. medialis
<I>
aus dem N. ilioinguinalis: ~•... Check-up
31 Nn. Serotales anteriores tl' Führen Sie sich noch einmal den Unter-
aus dem N. genitofemaralis: schied zwischen den Rami anteriores und
32 R. femoralis posteriores vor Augen.
33 R. genitalis
Überlegen Sie, wodurch sich die Derma-
ous dem N. obturotorius: tome von Versorgungsgebieten peripherer
34 R. cutaneus Nerven unterscheiden.
aus dem N. femoralis: Rekapitulieren Sie, welche Spinalnerven
35 Rr. cutanei anteriores (d. h. Spinalnerven welcher Segmente)
36 N. saphenus
präganglionäre sympathische Fasern führen.
aus dem N. cutoneus femaris posterior: Wiederholen Sie, welche Fasern im Ramus
37 Nn. clunium inferiores
38 Endäste des N. cutaneus femoris posterior communicans albus verlaufen.
Wie heißt der Ramus posterior des ersten
aus dem N. tibia/is: Spinalnervs und was innerviert er?
39 N. cutaneus surae medialis
40 Nn. plantares medialis und lateralis
aus den Nn. tibia/is und fibularis communis: 3.3 Der Plexus cervicalis
41 N. suralis
aus dem N. fibularis communis: ; ...
~ Lerncoach
42 N. cutaneus surae lateralis
Die Äste des Plexus cervlcalis können Sie sich
aus dem N. fibularis profundus: gut merken. wenn Sie die motorischen zur in-
43 Nn. digitales dorsales pedis
frahyoidalen Muskulatur, die sensiblen zur
aus dem N. fibularis superfioalts: Haut des Halses (mit angrenzenden Arealen)
44 Nn. cutanei dorsales intermedius und medialis und den für die Atmung wichtigen gemisch·
Abb. 3.2 Hautinnervation ten N. phrenicus getrennt lernen.
a Dermatome (segmentales oder radikuläres lnnervations·
muster)
b Versorgungsgebiete peripherer Nerven Vor Bildung des Plexus cervicalis geben die Ram i
anteriores der Spinalnerven C1-C4 zunächst moto-
rische Äste zu den tiefen Ha lsmuskeln ab (M. rec-
tus capitis anterior und iateralis. M. longus capitis
und colli, Mm. scaieni anterior. medius und poste-
rior). Längere Äste ziehen noch zum M. sternoclei-
domastoideus und zum M. trapezius, die zusätzlich
noch eine Innervation aus dem N. accessorius
(s. S. 72) erhalten.
Anschließend bilden die Rami anteriores aus Cl-
(4 den Plexus cervicalis. Aus ihm gehen hervor:
38 3 Peripheres Nervensystem Der Plexus cervicalis

dem N. hypoglossus ( d. h. dem N. hypoglossus an-


gelagen). steigt dann 1ns Trigonum caroticum ab.
Don verbindet sich die Radix superior mit der
schräg über d1e V. Jugulans Interna verlaufenden
Radix inferior. d1e Fasern aus C2 und 0 enthält.
Die Ansa cervicalis versorgt dte infrahyoidalen
Muskeln (M. sternohyoideus. M. sternothyroideus
3 und M. omohyoideus). Der infrahyoidale M. thyro-
9 4 hyoideus und der suprahyoidale M. geniohyoideus
2 werden von Fasern versorgt. die. nachdem sich die
11 Radix superior vom N. hypoglossus getrennt hat.
weiter mir diesem Nerv verlaufen und sich erst
10
5 später abspalten.
8 6
3.3.2 Die sensiblen Äste
7 Die sensiblen Fasern aus den Ram1 anteriores Ct-
C4 formieren sich zu vier Nerven. die am Hinter-
rand des M. sternocleidomastoideus (etwa im mitt-
( leren Drittel) an die Oberfläche rreren (Punctum
nervosum. Erb-Punkt). Sie strahlen von hier nach
1 N. occlpltalls minor kran ial, ventral. dorsal und kaudal; dabei durchbre-
chen sie die Lamina superlicialis der Fascia cervica-
2 N. aurlcularis magnus mit:
1 3 R. antenor lis (Abb. 3.3). Die vier Nerven sind:
N. ocdpitalis mlnor: Der dünne Nerv verläuft
4 R. posterior
am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus
Nn. supracfaviculares:
5 Nn. supradaviculares laterales nach dorsal zur Haut des HmterhauplS.
6 Nn. supracfaviculares intermedii N. auricularis magnus: Der Nerv zieht vertikal
7 Nn. supraclaviculares mediales

J
auf dem M. sternocleidomas101deus auf.väns.
8 M. sternocleidomastoideus Hinter dem Angulus mandibulae teilt er sich in
Ramus anterior ( • Kieferwinkel und Vorderseite
9 N. transversus colli mit:
10 Rr. Inferiores der Ohrmuschel) und Ramus posterior (-+ Hinter-
11 Rr. Superiores fläche der Ohrmuschel und Haut hinter dem Ohr).
N. transversus colll: Der Nerv verläuft horizontal
Abb. l.l Sensible Aste des Plexus cerv,calls an Ihrem Aus·
trittspunkt (Erb-Punkt) (bedeckt vom Platysma) über den M. srernoclei-
domastoideus nach ventral zur Halshaut Hier
verzweigt er sich m Rr. supenores und mferio-
rein motorische Aste (über die Ansa cerv1cahs) res. Ein R. supenor verbmdet siCh mit dem mo-
rem sensible Nerven (Austritt am Punctum ner- torischen R. colh nerv1 fac1ahs (-> Innervation
vosum) des Plarysmas) zur sog. Ansa cervlcalis superfi·
N. phremcus (gemischt). cialis.
Nn. supradavlculares: Die Äste strahlen facher-
3.3.1 Die m otori schen Äste (Ansa cervicalis) förmig (unter dem Plarysma) in die Schlüssel-
Die Ansa cervicalis (profunda) ist eine Nerven- bein- und Schultergegend abwärts. Sie versorgen
schlinge aus Ct -C3. die die infrahyoidalen Muskeln die Haut über der ClavJcula. über der Pars clavi-
innerviert. cularis des M. pectoralis major und über dem
Sie setzt sich aus zwei Wurzeln zusammen: Die Schultergelenk. Es werden unterschieden; Nn.
motorischen Fasern aus Cl bilden die Radix supe· supraclaviculares med1ales. inrermedii und late-
rior. Sie zieht zunächst über eine kurze Strecke mit rales.
3 Peripheres Nervensystem Der Plexus brachialis 39

3.3.3 Der Nervu s phrenicus Der Plexus brachialis wird hauptsächlich von den
Der gemischte N. phrenicus innerviert das Zwerch- Rami anteriores aus es- es und Th 1 gebildet: klei-
fell motorisch und hat zudem sensible Äste zum nere Zuflüsse kommen über Verbindungsäste aus
Perikard ( mit R. pericardiacus). zur Pleura und zum e4 und Th2. in seinem Verlauf bilden sich zunächst
Peritoneum im Oberbauch ( mit Rr. phrenicoabdo- drei Trunci (Primärstränge). die sich jeweils in zwei
minales). Anteile auftei len. Diese Anteile ( Divisiones) lagern
Er enthält größtenteils Fasern aus e4 sowie Ne- sich zu drei Fasciculi (Sekundärstränge) zusammen
benäste aus 0 und es. Auf dem M. scalenus ame- (Abb. 3.4).
rior verläuft er (begleitet von der A. cervicalis as-
cendens ) abwärts und gelangt dann zwischen A. 3.4.1 Die Bildung der Trunci u nd Äste d er
und V. subclavia durch die obere Thoraxapertur zu - Pars supraclavicularis
nächst in das obere Mediastinum). Hier zieht er Nach kurzem Verlauf formieren sich die Rr. anterio-
vor dem Lungenhilum abwärts in das mittlere Me- res zu 3 Trunci:
diastinum (zwischen Pleura mediastinalis und Peri- - Truncus superior: aus eS und e6 (und kleinere
kard) zum Zwerchfell. Begleitet wird er dabei von Zuflüsse aus e4)
der A. pericardiacophrenica. - Truncus medius: aus e7
- Truncus inferior: aus C8 und Th1 (und kleinere
Zuflüsse aus Th2).
Läsion des N. phrenicus: Bei einseitiger Schädigung Die Trunci ziehen oberhalb der A. subclavia durch
des N. phrenicus kommt es zum Zwerchfellhochstand. die Skalenuslücke (zwischen den Mm. scalenus an-
den man im Röntgenbild erkennen kann. Da das terior und medius ) und teilen sich jeweils in einen
Zwerchfell der Hauptatemmuskel ist. droht bei beid· vorderen und hinteren Ast (Divisiones anteriores
seitigern Ausfall bzw. zentraler Schädigung der Neu- und posteriores ).
rone im Bereich der Rückenmarkssegmente C3-C5 Die Äste. die den Plexus direkt aus den Rami ante-
die Gefahr lebensbedrohlicher Störungen der Atmung. riores oder den Trunci oberhalb der Clavicula ver-
lassen. bi lden die Pars supraclavicularis (Tab. 3.2).
Unterhalb der elavicula (Pars infraclavicularis) ge-
<D
hen die Äste in der Regel aus den Faszikeln hervor.
..• ... eheck-up
Wiederholen Sie, welche Nerven am Punc- <D
tum nervosum austreten. ~·~ lassen Sie sich nicht durch die z. T. vonein-
Rekapitulieren Sie den Verlauf und das Ver- ander abweichenden Zuordnungen der Nerven
sorgungsgebiet des N. phrenicus. zur Pars supra- oder lnfraclavicularis verwirren.
Entscheidend sind Ihr Verlauf und das jeweilige
Versorgungsgeblet, wodurch ein Rückschluss von
3.4 Der Plexus brachialis bestimmten Ausfallserscheinungen auf den je-

;
..... Lerncoach
weils geschädigten Nerv und den Läsionsort
möglich Ist.
Die Nerven des Plexus brachialis (Armge-
flecht) versorgen motorisch und sensibel die
obere Extremität lnkl. Schultergürtel. Er zeigt
im Vergleich zu anderen Plexus eine recht Läsion des N. thoracicus longus (.Rucksackläh-
komplizierte Verflechtung zu Trunci und Fas- mung*): Typischerweise kommt es zur Scapula alata.
ciculi. Versuchen Sie den Überblick darüber d. h. zu einem Abheben des medialen Scapularandes
zu behalten. aus welchem Faszikel jeweils die vom Thorax. Die Scapula alata wird beim Stemmen
langen gemischten Nerven zum Arm hervor- der ausgestreckten Arme gegen eine Wand besonders
gehen. gut sichtbar.
40 3 Peripheres Nervensyst em Der Plexus brachialis

1 Rr. anterlores aus:


2 1 C4
2CS
3 3C6
4(7
4 5C8
6Th I
29 5 7 N. phreniCus (aus Plexus cervicalis)
28 Äste der Pars lnfraclavicularis:
6 8 Nn. pectorales
27 9 Nn. subscapulares
26 10 N. thoracodorsalis
25 11 N. cutaneus brachii medialis
24 12 N. cutaneus antebrachii medialis
23 13 N. ulnaris
22 14 N. medianus
15 N. radlalos
21 17 N. axill.lris
7
20 18 N. musculocutaneus
19 8 16 A. axillans
18 Fasckull:
9
17 19 Fasciculus medialis
20 Fasclculus posterior
16 21 Fasclculus lateralis
Äste der Pars supradavicularis:
15 23 N. suprascapularis
14 24 N. subclavius mit:
22 Nebenphrenikus
13
25 N. thoraclcus longus
29 N. dorsalis scapulae
Truncl:
26 Truncus onfenor
27 Truncus medius
28 Truncussuperior
--'

Abb. 3.4 Truncl und Fasciculi des Plexus brachlalis

Herkunft Nerv Verlauf Innervierte Muskeln


C4-CS N. dorsalls scapulae • durchbohrt den M. scalenus medius - M. Ievator scapulae
Truncus supenor • •erl.uft dann unter den Mm. Ievator scapulae SOWle - Mm. rhomboodei
rhomboodei maJOf und monor (parallel
zum medoalen 5chliisselbeonrand)
cs-o N. thoradcus longus • durchbohrt ebenfalls den M. scalenus medous - M. serratus anterior
Rr antenores • z~ht in der mottleren Axillarlinie auf dem
M. serratus antenor (leotmuskel) abwärts
C5-C6 N. subclavius • dunner Nerv zum gleichnamogen Muskel • M subclavius
Truncus superior • schickt h~ußg einen Ast (.Nebenphrenikus•) zum
N. phrenlcus
C4-C6 N. suprascapularls • verMuh unterhalb des lig. transversum scapulae - M. supraspinatos
ITruncus superior durch die lnclsura scapulae zur Fossa suprasplnat<l ~ M. Infraspinatos
• sein Endast gelangt in die Fossa infraspinata
3 Peripheres Nervensyst em Der Plexu s brachialis 41

Herkunft Nerv Verlauf Innervierte Strukturen


CS-0 N. muscuiO<utaneus • durchbohrt den M. coracobrachialis (Abb. 3.6. Flexoren des Oberarms:
Fasciculus lateralis (C5-C7) s. 44) ~ M. coracobrachialis
• zieht dann zwischen M. biceps brachii und - M. biceps brachii
M. brachialis nach distal - M. brachialis
• sensibler Endast N. cutaneus ant ebrachii - Haut an der Radialseite
lateralis (tritt lateral von der Sehne des des Unterarms
M. biceps brachii durch die Armfaszie)
N. medlanus (Radix s. 5.44 - s. Tab. 3.5, S. 46
lateralis. C6-C7)
N. pectoralis lateralis • • durch die Fascia pectoralis zum jeweiligen .... M. pectoralis major
(Q_-Q) Muskel -+ M. pectoralis minor
C8-Th1 N. pectoralis medialis"
Fasciculus medialis (C8-Th 1)
N. medianus (Radix s. S. 44 -+ s. Tab. 3.5, S. 46
medialis, es-
Th1)
N. ulnaris (C8-Th1) s. S. 46 ..... s. Tab. 3.6, S. 48
N. cutaneus brachii • vereinigt sich in der Achselhöhle mit den Nn. -+ Haut an der Medial·]
medlalls intercostobrachiales aus 2. und 3. Interkostalnerv seite des Oberarms
(C8-Th1) • durchbricht am Unterrand des M. pectoralis major
die Faszie
N. cutaneus antebrachil • tritt mit V. basilica am Hiatus basilicus durch die -+ Haut an der Medial·
medlalis (C8-Th 1) Faszie seite des Unterarms
~tet sich in Rr. antererior und posterior
C5-Th1 Nn. subscapulares • • meist 2 Äste mit kurzem Verlauf -+ M. subscapularis
Fasciculus posterior CS-C7 -+ (meist auch) M. teres
major
N. thoracodorsalis " • am seitlichen Rand der Scapula -+ M. latissimus dorsi
(C6-C8) • mit gleichnamigen Gefäßen auf der Innenseite .... (manchmal) M. teres
des M. latissimus dorsi major
N. axillaris (C5-C6) • verläuft auf dem M. subscapularis - M. deltoideus
• tritt mit A. und V. circumflexa humeri posterior ..... M. teres minor
durch die laterale Achsellücke (Abb. 3.8, S. 47)
• zieht um das Collum chirurgicum humeri herum
von innen zu den durch ihn innervierten Muskeln
• sensibler Endast -+ Haut über dem
N. cutaneus brachillateralls superior am Hinter· M. deltoideus
rand des M. deltoideus
N. radlalis (CS-Th1) s. s. 42 s. Tab. 3.4, S. 43
• D.ese Nerven werden manchmal auch zur Pars supr;1claviculari.s gerechnet

3.4.2 Die Bildung der Fasciculi und Äst e der


Pars infraclavicularis Läsion des N. axillaris: Sie kann z. B. als Begleitverlet·
Die Divisiones der Trunci bilden die Fasciculi: zung bei einer Oberarmfraktur auf\, Höhe des Collum
• Fasdculus late ralis: aus den vorderen Anteilen chirurgicum auftreten, also bei einem typischen Kno-
des Truncus Superior und des Truncus medius chenbruch älterer Menschen (z. B. beim Sturz auf die
• Fasciculus medialis: aus dem vorderen Anteil ausgestreckte Hand). Eine weitere Ursache ist die
des Tru ncus inrerior Schulterluxation. Symptome bei Schädigung dieses
• Fasciculus dorsalis: aus den hinteren Anteilen Nervs sind eine Beeinträchtigung der Abduktion und
aller drei Trunci. Elevation des Armes sowie Sensibilitätsstörungen an
Die drei Fasciculi sind nach ihrer Lage zur A. axilla· der proximalen Oberarmaußenfläche.
ris benannt. Aus ihnen gehen die großen Nerven-
stämme des Arms hervor (Tab. 3.3).
42 3 Peripheres Nervensystem Der Plexus brachialis

Nach Austritt aus seinem Kanal durchbricht der N.


3.4.2.1 Der Nervus radialis
radialis das Septum intermusculare laterale. um
Der Verlauf des N. radialis und seiner Äste auf die Beugeseite zu gelangen. ln dem Spalt zwi-
Der N. radialis entspringt hinter der A. axillaris aus schen M. brachioradia lis und M. brachialis erreicht
dem Fasciculus posrerior. Er überkreuzt die Ansatz- er die Fossa cubiti. Auf Höhe des Radiusköpfchens
sehnen der Mm. latissimus dorsi und teres major teilt er sich in seine beiden Endäste: Ramus super-
und zieht auf die Rückseite des Oberarms in den ficia lis und Ramus profundus.
Radialiskanal (Abb. 3.5). Letzterer wird gebildet Der sensible R. superlicialis zieht. bedeckt vom
durch den Sulcus radialis am Humerus und die Ur- M. brachioradia lis und begleitet von der A. radi -
sprünge vom Capur mediale und Caput laterale des alis. zunächst in der radia len Gefaß-Nelven-Stra-
M. triceps brachii. Dem Knochen dicht anliegend ße. Am Übergang zum distalen Drittel des Unter-
verläuft der N. radialis in seinem Kanal von proxi- arms verlässt der Ramus superficialis die Gefäß-
mal-medial nach distal- lateral (begleitet von der A. Nerven-Straße: er un terkreuzt den M. brachiora-
profunda brachii ). dialis und gelangl so auf die Streckseite.

1 N. radialis
1 2 N. cutaneus brachii posterior
3 N. cutaneus brachii lateralis inferior
4 R. profundus mit:
5 N. interosseus posterior
6 R. superficialis mit:
7 R. communicans ulnaris
8 Nn. digitales dorsales

9 R. dorsalis nervi ulnaris


2
10M. extensor indicis
11 M. extensor pollicis longus
12 M. extensor pollicis brevis
13M. abductorpollicis longus
14 M. extensordigitorum und M. extensorcarpi ulnaris
15 M. anconeus

M. triceps brachii:
16 Caput mediale
17 Caput laterale
18 Caput longum

Abb. 3.5 N. radialis und seine Äste am rechten Arm (Ansicht von dorsal)
3 Peripheres Nervensystem Der Plexus brachialis 43

Aste des N. r •+
Äst~ mit Höh~ ihru Abgangs Innervierte Strukturen
om Oberarm:
- Rr. musculanes ~ M. triceps brachii
.... M. anconeus
- N. cutaneus brachll posterior .... Hautareal am dorsomedialen Oberarm
- N. cutaneus brachil lateralis inferoor ~ Haut des laterodorsalen Oberarms
- N cutaneus antebrachii posterio< ~ Hautareal über dem Ellenbo<J~n bts zum dorsalen Unterarm

m der fosso cubrr~:


- Rr. musculares -+ radoale Muskelgn.oppe am Unterarm
- M. brachloradialis
- M. extcnsor carpi radlaUs longus
- M. extensor carpi radoalis brevis
ou( Hölw des RodousJcöp(cMilS:
- R. superlkialis -+ radoale Seote des Handrückens
- Nn. dtgitales dorsales - Dorsalnk~ des Daumens, des Zeigefongers und der radialen Hdlfte des
Mittelfingers (ohne Endglieder des Zeige- und Mottellingers)
- Ramus communlcans cum n. ulnaris ~ Verbindung zum R. dorsalos n. ulnaris (s. S. 48)
- R. profundus -+ tiefe und oberflächliche Extensoren am Unterarm:
- M suponator
- M. extensor digiton.om
- M. extensor dogib monomi
- M. extensor carpi ulnans
- M. abductor pollios longus
- M. cxtcnsor poilleis longus
- M. extensor poilleis brevis
- M. extensor indicis
- N onterosseus post~rior - Penost von RadJus und Ulna
.... Kapseln des dostalen Radooulnargelenks und der Handgelenke

Der Ramus profundus des N. radialis zieht durch


den M. supinator {im Supinatorkanal, zwischen Läsion des N. radialis: Während seines langen Ver·
oberflächlichem und tiefem Anteil des Muskels). Iaufs kann der N. radialis an mehreren Stellen verletzt
Dann verläuft er zwischen der oberflächlichen werden. Da jeder vor der jeweiligen Läsionsstelle ab-
und tiefen Schicht der Extensoren. die er mi t gezweigte Ast unversehrt ist. kommt es zu unter-
zahlreichen Muskelästen innerviert. Sein Endast schiedlich ausgeprägten Ausfallserscheinungen, die
{N. interosseus posterior) liegt zunächst weiter- umso ausgedehnter sind, je weiter prox.imal die Ver-
hm zwischen den zwei Muskelsch1chten. Im dis- letzungsstelle des Nervs liegt:
talen Unrerarmdrirtel gelangt er auf d1e Mem- Bei einer Schädigung Im Bereich des Handgelenks
brana interossea (begleitet von der A. inte rossea (sog.• Fesselungslähmung"), die z. B. auch durch
posterior) zur Hand. Druck eines festen Uhrenarmbands auf den R. su·
Dos Versorgungsgebiet des N. radiaUs und seiner perficialis bedingt sein kann, ist lediglich ein Sensi-
Äste
bilitätsausfall am radialen Handrücken zu beobach-
ten.
Wird der R. profundus am proximoltn Unterorm
(beim Durchtritt durch den M. supinator) kompri-
Der N. radialis und seine Äste versorgen motorisch
miert. führt dies zu einem rein motorischen Aus-
die Strecker des Ober· und Unterarms sowie sensi-
fallsmuster, das durch Lähmung der Fingerstrecker
bel die Haut an der Dorsalseite des Arms (Tab. 3.4).
dominiert wird.
Liegt der Schädigungsort weiter prox.imal (Ober-
arm), z. B. bei einer Oberarmschaftfraktur oder ei·
ner Druckschädigung in der Oberarmmitte (. Schlaf-
oder Parkbanklähmung") ist die Handstreckung
44 3 Pe ripheres Ne rve nsys te m Der Plexus brachialis

durch Ausfall der Extensoren am Unterarm gar reflex dieses Muskels (s. S. 87) ist nicht auslösbar
nicht mehr möglich (Fallhand). ln der neurologi· bzw. abgeschwächt. Die Sensibilität ist in allen vom
sehen Untersuchung unterbleibt die Flexion im EI· N. radialis innervierten Hautbereichen gestört.
Jenbogengelenk beim Schlag auf das distale Radius·
ende am leicht gebeugten und proniertem Arm 3.4.2.2 Der Nervus medianus
(Abschwächung/Ausfall des Brachioradialis- oder
Radiusperiostreflexes durch Lähmung der aufs EI· Der Verlauf des N. medionus und seiner Äste
Jenbogengelenk flektierend wirkenden radialen Der Nerv entsteht auf der A. axi llaris durch Vereini-
Muskelgruppe). Zusätzlich kommt es je nach gung seiner medialen Wurzel aus dem Fasciculus
Läsionshöhe zu Sensibilitätsstörungen in den vom medialis mit seiner lateralen Wurzel aus dem Fas-
N. radialis innervierten Hautarealen. ciculus lateralis (Medianusgabel). Dann verläuft er
Kommt es zur Verletzung im Bereich der Axillo kann im Sulcus bicipiralis medialts (vor dem Septum in·
auch das Ellenbogengelenk durch den M. triceps termusculare mediale) zusammen mir der A. bra-
brachii nicht mehr gestreckt werden und der Eigen· chialis und N. cutaneus antebrachit medialis zur EI-

1 fasciculus medialis
2 fasdculus later alls
1
2 3 N. muscuiO<utaneus mit:
3 4 N. cutaneus antebrachii lateralis
14
5 5 N. medianus mit:
9 6 N. interosseus antebrachii anterior
7 Nn. digitales palmares communes
8 Nn. dig1tales palmares proprii

9 N. cutaneus antebrachii medialis mit


10 R. postenor
11 R. anreri«

13 12 M. pronator teres
13 M. brachialis
14 M. coracobrachialis
10 ~

12

4
11
6

Abb. 3.6 N. medianus. N. musculocutaMUs und N. cutan~s antebrachii mediahs m11 1hren Asten •m rechten Arm (Ansicht
von~tr.,)
3 Peripheres Nerve nsyste m Der Plexus brachialis 45

lenbeuge. Hier liegt er bedeckt von der Aponeurose


des M. b1ceps brachIi (Abb. 3.6 ). Läsion des N. medlanus: Auch dieser Nerv kann an
Der N. med1anus verlässt d1e Ellenbeuge. indem er verschiedenen Stellen verletzt werden:
zwischen den beiden Köpfen (Capur humerale und Beim Karpaltunnelsyndrom kommt es zu einer
Caput ulnare} des M. pronator teres hindurchtritt chronischen Druckschädigung des N. medianus
und zieht danach zwischen den oberflächlichen unter dem Reti naculum fl exorum im Canalis carpi
und tiefen Beugern (in der minieren Gefaß-Ner- (meist bei Frauen im mittleren Alter, auch z. B. bei
ven-Straße des Unterarms} d1stalwärts. Distal am Patienten mit Gicht oder Diabetes mellitus). Im
Unterarm liegt er oberflächlich zwischen M. fl exor Vordergrund stehen Kribbelparästheslen im sensi-
carpi radialis und M. palmaris longus. Dann zieht blen Versorgungsgebiet der 3 1h radialen Finger,
er durch den Canahs carpi (unter dem Retinaculum die v. a. nachts auftreten. Auf Dauer kann es
fl exorum) zur Hohl hand. zusätzlich zu einer langsamen Atrophie der vom
Wahrend er am Oberarm keine Äste bildet. gibt der N. medianus innervierten kurzen Thenarmuskeln
N. medianus am Unterarm neben den Muskelästen kommen (Daumenballenatrophie).
den N. interosseus anrebrach ii anrerior ab (Tab. 3.5). Aufgrund seines oberflächlichen Verlaufs ist der N.
Dieser Nerv entspringt auf Höhe des M. pronaror medianus auch bei Schnittverletzungen am Hand-
teres und zieht auf der Membrana interossea ante- gelenk relativ häufig verletzt. Dann fallen zusätz-
brachii nach distal, wobei er Äste zu den riefen Fle- lich die von ihm Innervierten kurzen Handmuskeln
xoren entlasst. Auch der R. palmans zweigt noch aus (--+ .Affenhand") und es kommt zu:
am distalen Unterarmdrittel ab und durchbricht ... ungenügender Opposition des Daumens sowie
die Faszie bevor er zur radialen Hand zieht. - ungenügender Abduktion des Daumens. Dies
bedeutet. dass ein runder Gegenstand (z. B. eine
Das Versorgungsgebiet des N. medianus und seiner
Flasche) nicht vollständig umfasst werden kann
Äste
und die Haut zwischen Daumen und Zeigefinger
dem Gegenstand nicht ganz anliegt (.Raschenzei-
chen", Abb. 3.7).
Der N. medianus versorgt motorisch am Unterarm
Bei einer Medianusläsion am Oberann oder im Be-
fast alle Flexoren (2 Ausnahmen : M. flexor carpl ul-
reich des Ellenbogens kann der Patient beim Ver-
naris und ulnarer Anteil des M. flexor digitorum
such, eine Faust zu machen, lediglich die ulnaren
profundus). von den kurzen Handmuskeln jedoch
Finger beugen (über den vom N. ulnaris innervier-
nur 3 Thenarmuskeln und 2 Mm. lumbricales. Sein
ten Anteil des M. flexor digitorum profundus}. wo-
sensibles lnnervationsgebietliegt auf der Radialsei-
durch die sog. Schwurhand entsteht. Zudem tre-
te der Hand hauptsächlich palmar (Tab. 3.5). ten auch hier dte je nach Läsionshohe typtsehen
Sensibilitätsstörungen auf (s. Tab. 3.5}.

Abb. 3.7 Flasd>enlek hen bei MedianuslaSIOn (a) im Vergleich zur Normalsotu.-.tion (b)
46 3 Peripheres Nervensystem Der Plexus brachialis

Aste Innervierte Strukturen


zum Unteronm: • olk Fk~ortn am Unteranm ou&er den M. flexor carpo ulnans und den ulnaren
Tetl des M. flexor digitorum profundus (s. N ulnans)
- Rr. musculares - M. pronator teres
- M. palmarls longus
M. flexor carpl radialis
- M. llcxor digitorum superficialis
- N. lnterosseus antebrachii anterior - M. llcxor poilleis longus
- M. flexor digitorum profundus (radialer Teil)
- M. pronator quadratus

lUr Hand:
- R. palmans n. mediani • Haut des Daumenballens (Thenar) und der lateralen Hohlhand
- Rr. musculares - oberflachlieh gelegene Thenanmuskeln:
- M . .Jbcluctor pollicis brevis
M. opponens poilleis
- Caput superfkiale des M . flexor polhm br~s
- Mm. lumbflcales I und ll110n den mtttleren kurzen Handmuskeln
- Nn. dogttales palmares communes 1-111 m•t - palmare Haut der 3 '/, radialen Finger
Nn. dtgttales palmares proprii - Dors.llsette der Endphalangen dieser Finger
- R. communluns cum n ulnaris Verbmdungsast zum Ramus superfidalis des N. ulnans

3.4.2.3 Der Nervus ulnaris Das Versorgungsgebiet des N. ulnaris und seiner Äste

Der Verlauf des N. ulnaris und seiner Äste


Der Nerv bildet sich medial der A. axillaris aus
Das lnnervationsgeblet des N. ulnaris liegt vorwie-
dem medialen Teil des Fasciculus mediahs und ver-
gend im Bereich der Hand: Motorisch werden die
läuft anfangs im Sulcus bicipitalis medialis.
kurzen Handmuskeln (m it Ausnahme der 5 durch
Etwa auf Höhe der Oberarmmine durchbohrt er das
den N. medianus innervierten) von ihm versorgt,
Septum intermusculare mediale und z1eht anschlie-
am Unterarm dagegen nur 2 Flexoren. Sensibel in·
ßend auf der Streckseite zum Sulcus n. ulnans des
nerviert er die Haut im ulnaren Handbereich
Ep1condylus medialis (Abb. 3.8). Zurück auf d1e Beu-
(T.Jb. 3.6).
geseite gelangt er zwischen caput humerale und
Caput ulnare des M. nexor carpi ulnaris hindurch.
Anschließend verläuft der Nerv mit der A. ulnaris
(i n der ulnaren Gefaßnervenstraße des Unterarms. Uislon des N. ulnarls: Typisch für diese Nervenverlet·
bedeckt vom M. nexor carpi ulnaris) distalw:lrts. Er zung ist der Ausfall der Mm. interossei. die bereits
zieht über dem Retinaculum nexorum in der äußertich durch die Atrophien zwischen den Mittel·
Guyon·loge zur Hand. Innerhalb dieser Loge (lateral handknochen (Ossa metacarpalia) erkennbar ist. Da
vom Os p1stforme) teilt sich der N. ulnans tn seine ihre beugende Komponente in den Grundgelenken
zwe1 Endaste. R. superficialis (unter der Palmarapo- (Metakarpophalangealgelenken) des 2. bis 4. Fingers
neurose) und R. profundus. Letzterer Zieht durch wegfällt, kommt es hier zu einer Überstreckung. Im
den Kleinfingerballen (zwischen M. nexor dtgtll mt- Mittel· und Endgelenk dagegen fehlt die Streckung
nimi und M. abductor digiti minim1) 10 die Tiefe durch diese Muskeln, sodass hier das beugende Mo-
und verläuft parallel zum tiefen Hohlhandbogen. ment überwiegt. Es resultiert die sog. wKrallenhand".
Im Oberarmbereich gibt der N. ulnaris keine Äste Ferner kann der Ausfall des M. adductor pollicis nach-
ab. Im Unterarmbereich gehen neben den Muskel:i- gewiesen werden (Froment·Zelchen. Abb. 3.9): Bei
sten zwei Hautäste zur Hand ab: Etwa in der Mitte kräftigem Festhalten eines nachen Gegenstandes (z. B.
des Unterarms der dorsale. der unter der Sehne des eines Blattes) zwischen Daumen und Zeigefinger wird
M. nexor carpi ulnaris auf die Strecksette gelangt die eingeschränkte Adduktlonsfähigkeit kompensiert,
und tm distalen Drinel der palmare. indem der Patient das Blatt mittels Flexion fixiert (M.
3 Peripheres Nervensystem Der Plexu s brachialis 47

1 Fasciculus medialis
2 Fasciculus posterior
1
3 N. axillaris mit:
16 2 4 N. cutaneus brachii lateralis Superior
3
5 N. ulnaris mit:
4 6 Rami musculares
7 R. dorsalis nervi ulnaris
8 R. palmaris nervi ulnaris
15 9 R. profundus
5
10 R. superficialis mit:
11 N. digitalis palmaris communis und
12 Nn. digitales palmares proprii

13 M. flexor digitorum profundus


14 M. flexorcarpi ulnaris

15 M. teres minor
16 M. deltoideus

14

13

~--------------- 9
r----------------- 10
l~--------------- 11

~------------- 12

Abb. 3. 8 N. ulnaris und N. aJCillaris (s. S. 41) mit ihren Ästen am rechten Arm (Ansicht von ventral)

-
... . .. ..··
'o

...• ··.:....
.~

Abb. 3. 9 Froment-Zeichen bei Ulnaris-Parese links


48 3 Peripheres Nervensystem Der Plexus lumbosacralis

Aste dn N. uNrts
Ast lnMrvlerte Strukturen
zum Unterarm:
- Rr. musculares - M. rlexor carpl ulnaris
• M. rlexor digitorum prorundus (ulnarer Teil)
zur Hand:
- R. dors.llos n. ulnans - Haut der ulnaren Handrückenhalhe
- Anastomose mot dem R. superfkialos des N. radiahs
- Nn. dogotales dorsales • dorsale Haut der 11; ulnaren Finger (bos aur doe Endglteder. die von p.1lmaren
Ästen mitversorgt werden)
- R. palmarls n. ulnans - Haut des Kleinfingerballens
- R. Superficialls
- N digotahs p.1lmans communos - palmare Haut der 1\; ulnaren Finger und deren Endphalangen aur der Dorsalseote
- Nn. digitales p.1imares proprii
- R. profundus - Hypothenarmuskeln.
M. abductor dogou mommi
- M. nexor digotl minimi
- M. opponens dlgitl minimi
• Von den mittleren kurzen Handmuskeln:
Mm. interosseo p.1lmares und dorsales
- Mm. lumbricales 111 und IV
- am Thenar doe toeren Muskeln:
- M. adductor polhcis (mit Caput transversum und Caput obhquum)
- Caput prorundum des M. flexor poilleis brevis

flexor pollicis longus wird nicht durch den N. ulnaris, Rekapitulieren Sie Insbesondere Verlauf,
sondern durch den N. medianus innerviert). Bei länger Äste und Versorgungsgebiet folgender Ner·
bestehender Ulnarisschädigung kann es zu einer Hy- ven des Plexus brachlalls: N. thoraclcus lon-
pothenaratrophie kommen. gus, N. musculocutaneus, N. axillaris, N. ra-
Mögliche Lähmungsursachen sind: Ellenbogenverlet· dialis, N. medianus und N. ulnaris. Die
zungen, chronische Druckschädigung im Sulcus n. ul- häufig geprüften Ausfallserscheinungen der
naris (längeres, auch berufsbedingtes Aufstützen des Nerven können Ihnen helfen, sich nochmals
Ellenbogens), Anomalien Im Sulcus n. ulnaris (mit Ihre jeweiligen Funktionen vor Augen zu
Herausspringen des Nervs aus seinem Sulcus beim führen.
Beugen des Ellenbogens). Schnittverletzungen oder
Druckschädigungen an der Handwun;el (langjähriger
3.5 Der Plexus Jumbosacralis
Umgang mit bestimmten Arbeitsinstrumenten. z. B.
Schmiedehammer) oder chronische Schädigung in der ;
...... Lerncoach
Guyon·loge. in Abhängigkeit von der läsionshöhe
Teile der unteren Rumpfwand sowie die un-
kann die Sensibilität ebenfalls gestört oder intakt sein
tere Extremität erhalten Ihre Nervenversor-
(vgl. sensible Äste, Tab. 3.6).
gung aus dem Plexus lumbosacralis (lenden-
kreuzbelngeflecht, Abb. 3.10). Die Untertei-
<I> lung ln Plexus Iumbaiis und Plexus sacralls
...• ... Check· up können Sie zur groben Orientierung nutzen:
V' Wiederholen Sie zur Bildung des Plexus Fasern .höheren" Ursprungs sind vorrangig
brachlalis: an der nervalen Versorgung von Bauchwand
- woher die Fasern der 3 Truncl stammen, sowie ventrolateralem Ober· und Unter-
- aus welchen Anteilen der Truncl welcher schenkel beteiligt, während Fasern aus wei-
Fasclculus entsteht und ter kaudal gelegenen ROckenmarkssegmen -
- welche großen Äste des Plexus brachialis ten eher dorsal gelegene Strukturen des
aus welchem Faseleulos hervorgehen. Beins Inklusive Fuß Innervieren.
3 Peripheres Nervensystem Der Plexus lumbosacralis 49

25
1
N. subcostalis
Plexus sacralis:
=l
Nn. glutei Superior und Inferior
24 3 N. pudendus
17 4 N. ischiadicus
23 5 N. cutaneus femoris posterior
22
6 Ug. inguinale
16
21 7 Foramen obturatum
15
20 18 Plexus lumbalis:
14 8 N obturatorius
13 9 N femoralis
2 11 N. cutaneus femoris lateralis
12
15 N. geMofemoralis m11:
11 12 R. genitalis
10 6 I0 R. femoralis
16 N.llioinguinalis mit:
3 17 N. 11iohypogastricus m1t:
I 3 R. cutaneus lateralis
14 R cutaneus anterior

18 Truncus lumbosacralis

I9 Plcxuscoccygeus

20 M. iliacus
21 M. transversus abdom1n1s
22 M. obliquus internus abdominis
23 M. obliquus externus abdom~nis
l 24 M. psoas major

[3su
Abb. 3. 10 Plexus lumbosacralis und seine Äste

3.5.1 Der Plexus lumbalis rat zwischen M. transversus abdominis und M.


Der Plexus lumbalis (Lendengeflecht) wird gebildet obliquus internus abdominis. die er beide inner-
aus den Rr. anteriores der SpinalneJVen aus den viert.
5egmenten Ll-L3 sowie aus kleineren Faserbün- D1e zwe1 Hautäste des N. 1liohypogastricus versor-
deln aus Th 12 und L4 (Truncus lumbosacralis. s. u.). gen das Areal oberhalb und medial des äußeren
Er hegt innerhalb des M. psoas major (zwischen Leistennngs (R. cutaneus anterior) und die Haut
dessen oberflächlicher und tiefer Muskelschicht). der Hüfte (R. cutaneus lateralis).
Kurze Äste (Rr. musculares) entspringen direkt aus Der N. lllolnguinalls hat oft einen gemeinsamen
dem Plexus und versorgen benachbarte Muskeln: Stamm mit dem N. 11iohypogastricus. Weiter kau-
M. psoas major. M. psoas minor. M. ihacus und M. dal verläuft er parallel zu letzterem auf dem M.
quadratus lumborum. quadrarus Jumborum und dorsal der N1ere.
Er erre1cht ebenfalls die Mm. rransversus abdomi-
3.5.1.1 Die NeiVi iliohypogastricus, ilioinguinalis nis und obliquus internus abdominis. 5eine sensi-
und ge nitofemoralis blen Fasern (Nn. scrotales/labiales anteriores) zie-
Der N. lliohypogastrlcus gelangt durch den M. hen dann durch den Leistenkanal und versorgen
psoas major nach lateral und zieht auf der Vorder- ein Hautareal im Bereich des Skrotums bzw. die
flache des M. quadrarus Jumborum hmter d1e Nie- großen Schamlippen vorne sowie die benachbarte
re. Er verläuft schräg abwärts und dann nach vent- Oberschenkelhaut.
50 3 Peripheres Nervensystem Der Plexus lumbosacralis

Der N. genitofemoralls durchbricht den M. psoas Der R. anterior versorgt mocorisch folgende Ad-
maJor. läurt auf ihm abwarts und teilt sich in R. ge- duktoren des Hüftgelenks: M. pecuneus ( Dop-
Malis und R. femoralis : pelinnervation mit N. femoralis). M. adductor
Der R. genitalis verläuft durch den Leistenkanal brevis. M. adductor longus und M. gracilis. Sein
zum M. cremaster und zur Haut des Skrotums sensibler Endast (R. cutaneus) durchbricht die
bzw. zur Haut der großen Schamlippen. Fascia lata und innerviert ein handtellergroßes
Der rein sensible R. femoralis tritt (zusammen Areal distal an der Innenseite des Oberschen-
mot den Vasa femoralia durch die Lacuna vaso- kels.
rum und gelangt am Hiatus saphenus an doe Der R. posterior des N. obturatonus mnerviert
Oberfläche. um die Haut unterhalb des Leisten- mororisch den M. adductor magnus (Doppehn-
bandes zu versorgen. nervation mit Tibialisanteil des N. ischiadicus).
Außerdem gibt er einen sensiblen Ast zur Hin-
3.5.1.2 Die Nervi cutaneus femoris lateralis, ob- terwand der Kniegelenkskapsel ab (R. artlcularls
turatorius und femoralis genus).
Der rein sensible N. cutaneus femoris Iaterans ver-
läuft schräg über den M. ohacus (unter der Fascoa
iliaca) in die Umgebung der Spina iliaca anterior Der N. obturatorius innerviert motorisch die
superior (Abb. 3.11). Medial der Spina iliaca antenor Adduktoren des Hüftgelenks: M. adductor magnus,
geht der Nerv aus einem etwa horizontalen Verlauf M. adductor longus. M. adductor brevis. M. gracilis
im Becken in einen vertikalen Verlauf über. Hier. und M. pectineus. Letzterer erhält eine Doppelin-
d. h. im lateralen Teil der Lacuna musculorum. nervation durch die Nn. obturatorius und femora-
kann er von Fasern des Leostenbandes umfasst sein. lis. Das durch den N. obturatorius sensibel
Am Oberschenkel verlauft er zunächst unter der versorgte handtellergroße Hautarealliegt an der
Fascia lata. die er nach kurzem Verlauf durchbricht. distalen Oberschenkelinnenseite.
um sei ne laterale Haut zu versorgen.

' Klinischer Bezug


Läsion des N. obturatorius: Wird der Nerv in seinem
Meralgla paraesthetlca: Beim Durchtritt unter bzw.
Verlauf geschädigt (:z. B. unter der Geburt, bel Becken-
im Leistenband kann der N. cutaneus femoris lateralis frakturen oder selteneren Obturatoriushemien) be·
komprimiert werden. Neben den anatomischen Be- stehen eine Schwäche der Adduktoren und Sensibi·
sonderheiten können äußere Faktoren eine Rolle spie- litätsstörungen am d1stalen medialen Oberschenkel.
len. wie beengende Kleidung. zu straffer Gürtel oder
abnormer Fettansatz (Hängebauch). Doe Patoenten kla-
gen über Missempfindungen (Parästhesien) oder Der N. femoralls (st:!rkster Ast des Plexus lumbalis)
manchmal brennende Schmel7en an der Außenseite tritt am unreren. seotlichen Rand des M. psoas ma-
des Oberschenkels. Die Beschwerden sind bei Streck- jor in die Rinne zwischen M. psoas major und M.
stellung im Hüftgelenk ausgeprägter. iliacus. Hier verläuft er abwärtS (Abb. 3.11). gibt Rr.
musculares zu diesen beiden als M. Hiopsoas zu-
sammengefassten Muskeln ab und zieht durch doe
Der gernosehre N. obturatorius zieht medial des M. Lacuna musculorum.
psoas major abwärtS ins kleme Becken. wo er beo
der Frau in der Nähe des Ovars verläuft. Nach Un- !lftlj;J31
terkreuzen der Vasa iliacae internae tritt er in den
Genau wie der N. cutaneus femoris lateralls :zieht
Canalis obturatorius ein.
der Nervus femoralis durch die Lacuna museuforum
Er gibt Rr. musculares zum M. obturatorius exter-
während der Romus femoralis des N. genitofemo-
nus ab und teilt sich in Ramus anterior und poste-
ralis :zusammen mit A. und V. femoralis durch die
nor:
Lacuna vosorum tntt.
3 Peripheres Nervensystem Der Plexus lumbosacralis 51

r 1 M. iliacus
2 M. pectineus
3 M. sartorius
4 M. vastus intennedius
5 M. vastus lateralis
6 Membrana vastoadductoria
7 M. rectus femoris
8 M. vastus medialis
11
9 M. tibialis anterior
10 M. extensor digitorum longus
11 M. extensor hallucis longus

18 N. fobularis communis mit Aufteilung ln:


16 N. fibularis profundus mit:
12 Nn. digitales dorsales ped•s
17 N. fibularis superficialis mit·
13 N. digitales dorsales ped1s
14 Nn. cutanei dorsales med1ahs und intermedius

21 N. femoralis mit
22 Rr. cutanei antenores
19 N. saphenus mit:
20 R. infrapatellaris
15 Rami cutanei cruris mediales

23 N. cutaneus femoris lateralis


IJ.t.--- - 7
Hf-- - - 8

18-- - - -

17--- - - - - l
16-- - - - -

~--- 9
1\tt-- - - - 10
Hl-t - -- - 11

Abb. 3.11 N. femoralls, N. cutaneus femoris lateralis und N. fibularis communis (s. S. 54) mit ihren Asten am rechten Bein
(Ansicht von ventral)
52 3 Peripheres Nervensystem Der Plexus lumbosacralis

Danach teilt er sich ( in der Fossa iliopecrinea) fa- henden Nervenstämme Ziehen durch d1e Foramina
cherförmig in supra- und infrapiriforme (ober- und unterhalb des
Rr. musculares für die Mm. quadriceps femoris M. piriformis) auf die Dorsalseite. Hinzu kommen
(M. recrus femoris. Mm. vasrus medialis. latera- kleine Rr. musculares zu Muskeln in der Nahe des
lis und mtermedius). M. sarrorius und M. pecti- Plexus: M. p1riformis. M. obturatonus tnternus.
neu s. der eine Doppelinnervation (s. a. N. obtu- Mm. gemelli superior und inferior sowie M. qua-
ratorius) erhält. drarus femoris.
Rr. cutanel anterlores durchbrechen die Fascia
lata und versorgen die Haut auf der Vorderseite 3.5.2.1 Der Nervus ischiadicus und seine
des Oberschenkels bis zum Knie. Endäste
N. saphenus: Der rein sensible N. saphenus zieht Dieser dickste Nerv des Körpers verlässt da s kleine
zunächst zusammen mir der A. und V. femoralis Becken durch das Foramen infrapirifomte und wird
in den AdduktorenkanaL Er verlässt diesen Ka - ( bei Streckstellung des Hüftgelenks) vom unteren
nal aber wieder. indem er seine vordere Begren- Teil des M. gluteus maximus bedeckt (Abb. 3.12). Er
zung (Septum intermusculare vasroadductori- zieht über die Mm. gemellus Superior. obturarorius
um) zusammen mit der A. genus descendens in internus. gemellus inferior und quadratus femoris
der Mine durchbricht Bedeckt vom M. sarrorius nach unten zur Rückseite des Oberschenkels. Hier
zieht der N. saphenus zur medialen Seite des liegt der N. ischiadicus (von dorsal gesehen) auf
Kniegelenks. durchbricht die Faszie. gibt den R. dem M. adducror magnus und wird proximal vom
infrapatellaris ( bogenförmig au f die Vorderfläche Caput longum des M. bi ceps femoris überkreuzt
der Knieregion) und auf der medialen Unter- Distal dieser Kreuzung liegt der N. ischiadicus zwi -
schenkelseire die Rr. cutanei crurls mediales ab. schen den Mm. biceps femoris und semitendi-
Letztere übernehmen die senstble Versorgung nosus.
des medialen Unterschenkels inklusive des ln-
nenknöchels. '*'!;)31
Der N. ischiadicus liegt dorsal der Mm. gemelli, ob-
turatorius internus, quadratus femoris und adduc-
Neben dem M. pectineus (Doppelinnervation mit tor magnus, jedoch ventral vom Caput longum des
N. obturatorius, s.o.) innerviert der N. femoralis M. biceps remoris.
motorisch auch die ventral gelegenen Mm.
iliopsoas. quadriceps femoris und sartorius. Über Der N. ischiad1cus besteht aus zwei Anteilen bzw.
seine sensiblen Äste (Rr. cutanei anteriores und Nerven (N. fibularis commums und N. ttb1ahs). die
N. saphenus) werden d1e Vorderseite des Ober- in der Glutealreg10n und am Oberschenkel durch
schenkels. die Knieregion und die mediale Unter- eine Bindegewebshülle zum N. ischiadicus zusa m-
schenkelseile versorgt. mengefasst werden. Meist am Obergang vom min-
Ieren zum distalen Drirrel des Oberschenkels teilen
sich die zwe1 Anteile des N. 1schiadicus zum N. ii-
3.5.2 Der Plexus sacralis
bularis communis und N. tibialis. Die Höhe der Tei-
Der Plexus sacralis (Kreuzbeingeflecht) entsteh t
lungsstelle variiert erheblich. ln Fällen einer hohen
durch das Zusammentreten der Rr. anteriores nervi
Teilung trin der N. fibularis commums durch den
spinalis aus den Segmenten LS-SJ m1t Zuflüssen
M. piriformis und der N. t1b1alts durch das Foramen
aus L4 (uber den Truncus lumbosacrahs) und S4.
infrapiriforme.
Der Truncus lumbosacralls ist ein kräftiger Stamm
aus L4 und LS. der die beiden Plexus lumbalis und
sacralis zum Plexus lumbosacralis verbindet.
Der Plexus sacralis liegt 1m kleinen Becken auf der Das Caput longum des M. biceps femoris wird vom
Tibialisante1l, das Caput brevevom Fibularisanteil
Ventralseite des M. pinformis. bedeckt von Ästen
des N. ischiadicus innerviert.
der A. iliaca interna. Die aus dem Plexus hervorge-
3 Peripheres Nervensystem Der Plexus lumbosacralis 53

poplitea ), die er im unteren Teil der Kniekehle (auf


dem M. popliteus) Oberkreuzt. Der N. tibiali s ver-
lässt die Kniekehle (gemeinsam mit der A. tlblalls
Anteile versorgte Muskeln posterlor) durch den Arcus tendineus m. solei. So
Tibiahsanteil • M semimembranosus gelangt er zwischen die oberflächlichen und tiefen
- M. semitendinosus
- Caput longum des M. blceps femorls Flexoren des Unterschenkels und zieht lateral der
- M. adductor magnus (zusammen mit A. tibialis posterior in Richtung Malleolus medialis
N. obturatorius; Ooppelinnervation)
(lnnenknöchei~ Hinter dem Malleolus medialis ver-
Fobularisanteil - Caput breve des M. biceps femons
läuft der Nerv mit der A. ribialis posterior zwischen
M. nexor digitorum longus und M. nexor hallucis
Der Nervus tibialis longus, bedeckt vom Retinaculum museulerum ne-
ln der Kniekehle setzt der N. tibialis den geraden xorum. Hier spa ltet sich der N. tibialis in seine
Verlauf des N. ischiadicus nach kaudal fort. Hier zwei Endäste: N. plantans medlalls. der zwischen
liegt er lateral von den Kniekehlget:ißen (A. und V. M. abductor haliucis und M. nexor digitorum brevis

Aste Innervierte Strukturen


om Unterschenkel:
- Rr. musculares -+ M. popliteus
- Flexoren am Unterschenkel:
- M. tric:eps surae (M. gastrocnemous: Caput mediale und
Caput laterale . M. soleus)
- M. plantans
- M. tiblalls posterior
- M. flexor hallucls longus
- M. ßexor dogitorum longus
- N. cutaneus surae medoahs- Verbindung mit dem - Haut am dostalen lateralen Wadenberekh
R. communic:ans fibul.lris zum N. suralls (111lt -iterer -+ l.lteraler Fersenbereich
Aufzweigung in Rr calcanei laterales und N. cutaneus - lateraler Fußrand und kleine Zehe
dorsalls lateralis)
- N. lnterosseus crurls -+ Tibiofibulargelenk
.... Periost von Tlbla und Fibula
- Membrana lnterossea
- Syndesmosis tiblofibul.lrls
- oberes Sprunggelenk
omru~
- Rr. calcanei mediales - Fersenhaut
- N. plantaris medlalls (mit Muskelasten sowie weiterer lnnervationsmuster ähnelt dem des N. medlanus an der Hand:
Aufzweigung in Nn. digitales plantares communes und motorisch:
proprii) -+ M. abductor halluds.
- M. flexor hallucis brevis. Caput mediale
- M. ßexor dlgotorum brevis
- Mm. lumbncales I + II
sensibel:
-+ plantare Haut der medialen 3 Zehen (und Dorsalfläche deren
Endglieder)
- N. plantans lateralis (mot Aufspaltung on R. profundus. lnnervat100smuster ähnelt dem des N. ulnans an der Hand:
der die meisten Muskeläste abgobt und R. superflclahs. motonsch:
der soch nochmals on Nn. digotales pl.lntares communes .... M. abductor dogiti monomi
und proprii teolt) -+ M. ßexor digitl minimi
- M. opponens dlgiti mlnlml
_. M. quadratus plantae
- Mm. loterossei plantares und dorsales
- Mm. lumbrocales 111 + IV
- M. adductor hallucis
- M. flexor hallum brevis. Caput laterale
sensibel:
_, plantare Haut der lateralen 1 'II Zehen
54 3 Peripheres Nervensystem Der Plexus lumbosacralis

liegt und N. plantans lateralis. der zw ischen M. Oe- der Flexoren der Streckertonus. Dadurch kommt es
xor digirorum brevis und M. quadratus plantae
neben den o.g. Symptomen auch zur Hackenfußstel-
schräg nach d1stal-lareral verläuft und sich in einen lung, und der Zehenstand Ist beeinträchtigt.
R. superficia lis und einen R. profundus aufspaltet
Lerzerer zieht bogenförmig unter den M. nexor dl-
gitorum longus (in Begleitung des Arcus plantaris Der Nervus fibuloris (peroneus) communis
profundus ) und dann unter das Caput obliquum ln der Kniekehle verl~uft der N. fibularis communis
des M. adductor hallucis. am medialen Rand der Bizeps-femoris-Sehne schräg
ln seinem proximalen Verlauf gibt der N. tibialis nach lateral-unten, uberkreuzt das Caput laterale
neben Muskelästen auch sensible Äste ab. deren des M. gastrocnemius, zieht um das Collum fibulae
Verlauf nachfolgend beschrieben ist: und in die Fibularisloge (Peroneusloge) ein. Von sei-
Der N. cutaneus surae medlalis geht in der Knie- nen meist zwe1 Hautasten in der Kniekehle z1eht
kehle aus dem N. tib1alis ab, ver1äuft in Beglei- der N. cutaneus surae lateralis in Richtung Mallea-
tung der V. saphena parva zwischen den beiden lus lateralis. Der R. communicans fibularis. der hau-
Köpfen des M. gasrrocnemms nach unten und fig auch aus dem N. cutaneus surJe lateralis kommt,
durchbohrt die Fascia cruris in der Mine der zieht (auf dem Caput laterale des M. gastrocnemius)
Wade. Er verbindet sich mit dem R. communi- nach unten und verbindet sich m1t dem N. cutaneus
cans fibulans zum N. suralis. der hinter den la- surae medialis (aus dem N. ribialis). zum N. suralis
teralen Knöchel zieht und in seinem weiteren (Tab. 3.8). ln der Ursprungsportion des M. fibularis
Verlauf die in Tab. 3.8 aufgeführten Äste bildet longus teil! sich der N. fibularis communis in seine
Der N. interoueus cruris zweigr meist vom zwei Endäste, N. fibularis superficialis und N. fibu-
Muskelast zum M. popl iteus ab und verläuft auf laris profundus (s. Abb. 3.11. S. 51):
der Ruckflache der Membrana inrerossea cruris, - Der N. flbu larls superflclalls zieht innerhalb der
dann zwischen den Blättern der Membran nach Fibularisloge distalwärts und gibt hier Muskel -
distal zur MalleoiengabeL äste ab. Im distalen Drittel des Unterschenkels
D1e Rr. calcanel mediales sind kleine mediale durchbricht er die Fascia cruris und teilt sich in
Äste zur Ferse. zwei Hautäste zum Fußrücken.
Der N. flbularis profundus durchbricht kurz nach
Klinischer Bezug seiner Abzweigung vom N. fibularis communis
Läsion des N. tlblalis: Kommt es (meist nach Fraktu- das Septum intermusculare anterius. So gelangt
ren Im Knöchelbereich) zu einer Kompression des N. er in die Extensorenloge, in der er ( mit der A.
libialis (oder seiner Äste: Nn. plantares) hinter dem tibialis anrerior) abwärts zum Fußrücken ver-
Mallealus medialis unter dem Retlnaculum nexorum, läuft. Am Fußrücken zieht sein sens1bler Endast
spricht man vom (hinteren) Tarsaltunnelsyndrom. Es mir der A. dorsalis pedis 111 Richtung des 1. Ze-
können schmerzhafte Missempfindungen oder ein henzwischenraumes, um dort die emander zu-
Taubheitsgefühl an der Fußsohle (besonders beim Ge- gekehrten Seiten der Großzehe und der 2. Zehe
zu versorgen.
hen), eine Druckschmerzhaftigkeit des N. tibialis hin-
ter dem Innenknöchel sowie Paresen mit Atrophie der
kleinen Muskeln an der Fußsohle und verminderte
Schweißsekretion der darüber gelegenen Haut auftre·· Uislonen des N. flbularls: Besonders gefahrdet ist der
ten. Nerv im proximalen Bereich. wo der N. fibularis com-
Die Therapie besteht in einer operativen Freilegung munis direkt unter der Haut verläuft. So können Ver-
des Nervs mit einer Spaltung des Retinaculum Oexo- letzungen nicht nur bei Fibulaköpfchenfrakturen oder
rum, sofern die wiederholte Infiltration von Lokal- Luxationen des Kniegelenks auftreten. sondern auch
anästhetika nicht zum Erfolg führt. z. B. durch einen falsch angelegten Gipsverband oder
Ist der N. tibialis weiter proximal geschadigt (im Be- durch die ungeschickte Lagerung eines Bewusstlosen
reich der Kniekehle), überwiegt infolge des Ausfalls (Druckschädigung). Bei einer hier gelegenen Läsion
des N. flbularis communis kommt es zum Vollbild
3 Peripheres Nervensystem Der Plexus lumbosacralis 55

1 N. gluteus superior
2 N. gluteus inferior
3 N. cutaneus femoris posterior
4 N. ischiadicus mit Aufteilung in:
--1-- - --1 SN. fibularis communis (s. Abb. 3.11)
- ---4 6 N. tibialis mit:
+-- - -2 7 N. plantans medialis
~~- ~-~r------3
8 N. plantaris lateralis
9 R. superficialis
10 R. profundus
Aufzweigungen der Hautäste:
11 Nn. digitales plantares communes
12 Nn. digitales plantares proprii

13 M. ßexor hallucis longus


14 M. ßexor digitorum longus
15M. soleus
16 M. popliteus
17 M. semitendinosus
18 M. semimembranosus
1---- -s M. biceps femoris:
19 Caput breve
--------6 20 Caput longum
21 M. gluteus medius
22 M. gluteus maximus
16------..u: 23 M. gluteus minimus
15- -------/.,

.\.------- - - 7
- - -- - -8
r - - - - -- - 9
n-------------10
""-------------1'1
-------12
Abb. 3.12 N. ischiadicus. Nn. glutei und N. cutaneus femoris posterior am rechten Beln (Ansicht von dorsal)

der sog. •Fibularis- oder Peroneuslähmung·, bei der Bei isolierter Läsion des N. fibularls profundus inner-
neben dem Auftreten von Sensibilitätstörungen so- halb der Streckerloge (nicht dehnbarer osteofibröser
wohl die vom N. fibularis profundus innervierten Ex- Kanal), die z. B. durch ein raumforderndes Hämatom
tensoren als auch die durch den N. fibularis nach Unterschenkelfraktur auftreten kann, ist die Pro-
superficialis versorgten Muskeln der Fibularisgruppe nationsfähigkeit erhalten. Der Steppergang wird be-
als wichtige Pronatoren ausfallen. Um die Fußhe- gleitet von der charakteristischen Sensibilitätsstörung
berschwäche zu kompensieren, muss der Patient bei im ersten Zehenzwischenraum (= sensibles lnnervati-
jedem Schritt das gesamte Bein stark anheben, damit onsgebiet des N. fibularis profundus).
die Fußspitze nicht am Boden schleift (.Stepper- Liegt dagegen eine isolierte Schädigung des N. fibula-
gang"). Aufgrund der fehlenden Pronation durch die ris superficiaUs vor, kommt zu Sensibilitätstörungen
Fibularisgruppe ist eine Hebung des lateralen Fußran- in den durch diesen Nerv versorgten Arealen in Ver-
des nicht möglich und der Fuß steht in Supinations- bindung mit einer Pronationsschwäche (ohne Stepper-
stellung. gang).
56 3 Peripheres Nervensystem Der Plexus lumbosacralis

Aste des N. tlbulilris communls


Äste innervierte Strukturen
- N. cutaneus surae lateralis - Haut des lateralen Unterschenkels
- R. communicans fibularis - Verbindung mit dem N. cutaneus surae medialis zum N. suralis (s. Tab. 3.8, S. 53)
- N. ftbularls superfielaUs
- Rr. musculares -+Fibularisgruppe am Unterschenkel: Mm. fibulares (peronei) longus und brevis
- Nn. cutanei dorsalis medialis und in· -+Haut am medialen Fußrücken und medialen Fußrand
termedius (mit weiterer Verzwei· - Haut im mittleren und lateralen Bereich des Fußnückens
gung in Nn. digitales dorsales pedis) - Zehenrucken ohne Endglieder
- N. ftbularis profundus
- Rr. musculares -+ Extensoren am Unterschenkel und am Fußrücken:
- M. tibialis anterior
- M. extensor digitorum longus
- M. extensor hallucis longus
- M. fobularis (peroneus) tertius
- M. extensor digitorum brevis
- M. extensor hallucis brevis
- Nn. digitales dorsales pedis -. Haut der einander zugekehrten Seiten der Großzehe und der 2. Zehe

3.5.2.2 Die Nervi g lutei su pe rior und inferior beim Gehen das Becken zur Seite des (gesunden)
sowie der N. cutaneus femoris posterior Spielbeins. wenn eine Lähmung auf der Standbein-
Der N. gluteus superior verlässt das Becken durch seite vorliegt.
das Foromen supropiriforme und gelangt zwischen Fällt bei einer Läsion des N. gluteus inferior der
Mm. gluteus medius und minimus. Ein Nervenast M. gluteus maximus aus, tritt eine erhebliche
zieht zum M. tensor fasciae latae. Diese drei Mus- Streckschwäche der Hüfte auf, was sich z. B. in der
keln werden vom N. gluteus superior innerviert (s. Unfähigkeit äußert, eine Treppenstufe zu erstei-
Abb. 3.12, S. 55). gen.
Der N. gluteus inferior tritt durch das Foromen in-
frapiriforme aus dem Becl'<en; er fachert sich dann Der (rein sensible) N. cutaneus femoris posterior
auf und strahlt in den M. gluteus maximus ein. verlässt das Becken ebenfalls durch das Foromen
den er innerviert (s. Abb. 3.12, s. 55). infropiriforme (s. Abb. 3.12, S. 55) und zieht nach
unten an den Unterrand des M. gluteus maximus.
Er gibt hier ab:
Läsion der Nn. glutei: Mögliche Ursachen für eine • Nn. clunium inferiores (zum unteren Bereich
Schädigung der Glutealnerven sind sind z. B. direkte des Gesäßes )
Traumen oder fehlerhafte Injektionen (Spritzenläh· • Nn. perineales (zur Dammregion).
mungen). Der restliche Teil des Nervs versorgt die Haut auf
Die Symptomatik von Verletzungen des oberen oder der Rückseite des Oberschenkels.
unteren Glutealnervs unterscheidet sich entsprechend
der unterschiedlichen Hauptfunktion der jeweils inner· 3.5.2.3 Die Nervi pudendus und coccygeus
vierten Muskeln: Der N. pudendus verlässt das Becken durch das Fo-
Durch die Haltefunktion der Hüftabduktoren (ins- romen infrapiriforme, zieht um die Spina ischiadica
besondere Mm. glutei medius und minimus) wird und das lig. sacrospinale. um durch das Foramen
das Becken sowohl beim Gehen als auch beim ischiadicum minus wieder zurück in das Becken zu
Stand auf einem Bein waagerecht gehalten. Sind gelangen. Hier verläuft der Nerv (zusammen mit
die Muskeln durch Schädigung des N. gluteus su- der A. pudendal in der lateralen Wand der Fossa
perior gelähmt. so sinkt das Becken beim Stand ischioanalis auf dem M. Obturator internus bedeckt
auf dem .kranken Bein" zur gesunden Seite ab von einer Faszienduplikatur des Muskels (• Alcock-
(Trendelenburg-Zelchen). Dementsprechend sinkt Kanal ). Der Nerv zweigt sich auf in:
3 Peripheres Nervensystem Oie Hirnnerven 57

Nn. anales ( rectales) inferiores: zum M. sphinc- 3.6.1 Die Funktion, Faserqualit äten und
ter ani externus und zur Haut der Perinealre- Ganglien der Hirnnerven
gion Die einzelnen Hirnnerven führen unterschiedlich
Nn. perineales: zu Haut und Muskeln des Dam - viele Faserqualitäten. die ihre jeweiligen Funktio-
mes (M. transversus perinei, M. bulbospongio- nen bedingen (Tab. 3.10). Die 7 Faserqualitäten. die
sus. M. ischiocavernosus). sowie zur Haut der im Bezug auf die Hirnnerven unterschieden wer-
Dorsalseite des Seroturn (Nn. scrotales posterio- den. entsprechen der funktionellen Einteilung in
res) bzw. der Labien ( Nn. labiales posteriores) Kerngruppen (s. S. 108). Das lnnervationsgebiet der
N. dorsalis penis (Endast): zur Haut des Penis Hirnnerven liegt vorwiegend im Kopf-Hals- Bereich
(bzw. Clitoris) und zum M. tra nsversus perinei und dehnt sich nur beim N. vagus (X) auf Organe
profundus. i m Brust- und Bauchbereich aus.
Der N. coccygeus tritt als letzter Spinalnerv zwi- Eine Ausnahme hinsichtlich Anordnung und Auf-
schen Os coccygis und Os sacrum aus. Er bildet mit bau, die nicht peripheren Nerven (s. S. 16) entspre-
Ästen aus dem 4. und 5. Sakralnerv ein kleines Ge- chen. bilden die Hirnnerven I (N. olfactorius) und II
flecht. den Plexus coccygeus. Aus diesem Plexus (N. opticus). Entwicklungsgeschichtl ich sind sie
geht der N. anococcygeus hervor. der die Haut zwi- Ausstülpungen des Prosencephalon und werden
schen Steißbein und Anus versorgt. von Gliazellen des ZNS und Meningen umgeben.
<I> Somit sind sie in Tab. 3.10 sowie im weiteren Kapi-
...• ... Check-up tel nur der Vollständigkeit halber mit aufgeführt
v Wiederholen Sie, was der Truncus lumbosa- während ihre Bedeutung und ihr Verlauf innerhalb
cralis ist. des jeweiligen funktionellen Systems beschrieben
v Rekapitulieren Sie die Doppelinnervatlonen ist (s. S. 218 und 210).
am Oberschenkel (M. adductor magnus. M. Die Lage der jeweils zugehörigen Neurone unter-
pectineus). scheidet sich zwischen efferenten und afferenten
v Führen Sie sich nochmals die häufig geprüf- Fasern: Während die Perikaryen der Efferenzen die
ten typischen Ausfallserscheinungen vor Ursprungskerne innerhalb des Hirnstamms bilden
Augen, die bei Läsion folgender Nerven auf- (s. S. 109). liegen die Zellkörper der Afferenzen
treten: N. gluteus superlor, N. tibialis, N. fi. überwiegend in sensiblen/sensorischen Hirnnerven-
bularis. ganglien (z. B. Ggl. trigeminale) außerhalb des
Hirnstamms. d. h. sie zäh len zum PNS. Damit ent-
sprechen letztere den Spinalganglien (pseudouni-
3.6 Die Hirnnerven polare Neurone. s. S. 17). Die zentralen Fortsätze
;
...... Lerncoach
der in den sensiblen/sensorischen Hirnnervengan-
glien gelegenen Neurone projizieren zu Endkernen
Oie Hirnnerven werden nach der Reihenfolge im Hirnstamm (s. S. 111 ).
ihres Austritts aus dem Gehirn von rostral Zu unterscheiden von diesen sensiblen Hirnnerven-
(• vorne-oben) nach kaudal mit römischen ganglien, in denen keine Umschaltung stattfindet,
Ziffern durchnummeriert. ln diesem Kapitel sind die Kopfganglien, in denen parasympathische
lernen Sie den peripheren Verlauf der Hirn- (• allgemein viszeroefferente) Fasern der Hirnner-
nerven kennen. Die Austrittsstellen aus dem ven 111. VII und IX von präganglionären auf (multi-
Gehirn können Sie aufS. 112 nachlesen; über polare) postganglionäre Neurone umgeschaltet
ihre Kerngebiete Im Hirnstamm erhalten Sie werden (s. a. S. 17). Daneben ziehen jedoch durch
die notwendigen Informationen ab S. 108. jedes dieser Ganglien auch sympathische und sen-
sible/sensorische Fasern hindurch, weshalb man je-
weils drei Wurzeln ( Radices ) unterscheiden kann
(Tab. 3.11 ).
58 3 Peripheres Nervensystem Die Hirnnerven

und Funktionen der Hirnnerven


Hirnnerv Faserqualität Funktion
N. olfactortus speziell viszeroafferent Leitung der Geruchsinformation (s. S. 219)
II N. opticus speziell somataafferent Leitung visueller Informationen (s. S. 210)
111 N. oculomotorius allgemein somatoeflerent Augen- und Lidbewegungen durch motorische Innervation folgender Mus-
keln :
- M. rectus superior
- M. rectus medius
- M. rectus inferior
- M. obliquus inferior
- M. Ievator palpebrae superioris
speziell viszeraefferent motorische Innervation folgender .innerer· Augenmuskeln (nach Umschal-
tung im Ggl. ciliare):
- M. sphincter pupillae-+ Miosis (Verengung der Pupille)
- M. ciliaris ~ u. a. Akkommodation (Naheinstellung der Linse)
IV N. trochlearis allgemein somataefferent Augenbewegungen über den M. obliquus superior
V N. trigeminu.s
mit 3 Hauptästen
- v, N. ophtalmicus allgemein somatoaflerent sensible Innervation der Haut und Schleimhaut im Gesichtsbereich (inkl.
• Vz N. maxillaris (Radix sensoria) vordere 21J der Zunge). Hornhaut und Großteile der Dura mater
• Vl N. mandibularis
speziell viszeroellerent motorische Innervation der Kaumuskulatur sowie der Mm. tensor tympani.
(Radix
-
motoria)- tensor veli palatini. mylohyoideus und Venter anterior des M. digastricus
VI N. abducens allgemein somatoefferent Augenbewegung über den M. rectus lateralis
VII N. facialis speziell viszeraefferent motorische Innervation der mimischen Muskulatur sowie M. stapedius.
(Fazialisanteil) Venter posterior des M. digastricus und M. stylohyoideus
allgemein viszeraefferent parasympathische Innervation folgender Drüsen:
(lntenmediusanteil) - v. a. GI. lacrimalis (nach Umschaltung der Fasern im Ggl. pterygopalati-
num)
- Speicheldrüsen mit Ausnahme der GI. parotldea (nach Umschaltung im
Ggl. submandibulare)
speziell viszeroafferent Geschmacksinformationen aus den vorderen 21J der Zunge
(lntermediusanteil)
VIII N. vestibulo- speziell somatoal'lerent Leitung von Informationen aus dem Gleichgewichts- und Hörorgan des ln-
cochlearis nenohrs
IX N. glosso· allgemein viszeraefferent parasympathische Innervation v. a. der Glandula parotidea • Ohrspei-
pharyngeus cheldrüse
speziell viszeroefferent motorische Innervation der (oberen) Schlundmuskulatur
speziell viszeroafferent Geschmacksinformationen aus dem hinteren 1iJ der Zunge
allgemein viszeroafferf'nt Informationen von Presso- und Chemorezeptoren aus dem S1nus caroticus
bzw. Glomus caroticum
allgemein somatoal'lerent sensible Innervation der Schleimhaut von Paukenhöhle. Tuba aud1tiva und
hinterem '!J der Zunge
X N. vagus allgemein viszeroellerent parasympathische Innervation glatter Muskulatur und Drüsen der Hals-.
Brust· und Bauchorgane bis zum Cannon·Böhm·Punkt'
speziell viszeroeflerent motorische Innervation der Kehlkopf- und (unteren) Schlundmuskulatur
(Fasern stammen z. T. aus
dem N. accessorius)
speziell viszeroal'lerent Geschmacksinformationen aus dem Bereich der Epiglottis und Übergang
zum Zungengrund
allgemein viszeraafferent sensible Innervation der Schleimhaut im Bereich des Kehlkopfes und unte-
ren Rachens sowie sonstige Brust- und Bauchorgane bis zum Cannon-
Böhm-Punkt •
allgemein somatoafferent sensible Innervation von
- Dura mater der hinteren Schädelgrube
- äußerem Gehörgang
XI N. accessorius allgemein somataefferent motorische Innervation von
- M. sternocleidomastoideus und
- M. trapezius
speziell viszeraefferent siehe N. vagus
(nur im kranialen Anteil,
dann Anlagerung an N. vagus)
XII N. hypoglossus allgemein somataefferent Zungenmuskulatur
·Als .Cannon-Bohm-Punkt w.rd das Gebiet etwas or.JI der linken Kolonflexur beltfehn(>t. an dem die Grenze zwischen den lnnervattOnsgebieten de-s
kron..len und ,.kr•len Parosympatlulrus l•egt (slehe S. 226).
3 Peripheres Nervensystem Die Hirnn e rve n 59

Ganglion mit Morpho· lnnervationsgebiet ' Radix parasympathica Radix sympat hlca Radix sensoria
logie und Lage
allgemein: - Drüsen im Kopf- pröganglionäre parasym· postganglionäre sympa· Afferenzen. deren pseu-
Zusammenlagerung mul- bereich pathische Fasern der thische Fasern aus den dounipolare Neurone in
tipolarer postganglionä· Hirnnerven 111. VII und IX perlarteriellen Plexus. die den sensiblen Hirnner·
rer parasympathischer sich nach Umschaltung venganglien liegen
Neurone im Halsgrenzstrang bil·
den
Ggl. ciliare .... Mm. ciliaris und R. ad ganglion ciliare aus Fasern .. aus dem Plexus fasern • • aus dem Aug-
- ca. 2mm sphincter pupillae dem R. inferior des N. caroticus intemus zu apfel (Bulbus oculi) zum
- hinten lateral am N. oculomotorius (111) Gefäßen der Aderhaut N. nasociliaris (aus V1)
opticus (im fettgewe·
be der Orbita)
Ggl. pterygopalatinum - GI. lacrimalis. Gll. N. petrosus major' •• N. petrosus profun· Rr. ganglionaresdes N.
- 4-Smm nasales und aus dem lntermediusan- dus • ' • aus dem Plexus maxillaris (V 2)
- seitlich des Foramen palatinae teil des N. facialis (VII) caroticus internus
Sphenopalatinum in
der Fossa pterygopala-
tina
Ggl. submandibulare - Gll. submandibularis fasern der Chorda tym· Fasern aus dem Ge- Rr. ganglionares des N.
- variabel und Sublingualis pani aus dem lnterme- fäßplexus um die A. fa- mandibularis (V3 )
- am N. Iinguaiis. meist diusanteil des N. facialis cialis
oberhalb der GI. sub- (VII)
mandibularis
Ggl. oticum ~ GI. parotidea N. petrosus minor aus Fasern aus dem Ge- Rr. ganglionares des N.
- platt dem N. tympanicus des fäßplexus der A. menin· mandibularis (V3)
- dicht unter dem Fora- N. glossopharyngeus (IX) gea media
men ovale. medial
des N. mandibularis
• bezieht sich auf d1e postganglionären parasympathischen Fasern, dcten Pefik.arya Im jewetligen Kopfganglion liegen
• • liehen lusammen mit den postgangliooären parasympathischen fasern als Nn. dliares breves aus dem Ggl. ciliare heraus
• • • bflden zusammen denN. canalls prerygoidet im gltkhnamigen Kanal an der Wurzel des Flügelfortsatzes

<I> 3.6.2 Der Ve rlauf d er Hirnne rve n 111- XII


~·~ Wenn Sie sich an dieser Stelle einmal das Nach Austritt aus dem Hirnstamm haben die Hirn-
Prinzip dieser Kopfganglien klar machen, wird es nerven 111-XII e ine unterschiedlich lange Verlaufs-
Ihnen beim lernen der einzelnen HirnneiVen strecke durch den Subarachnoidalraum, bis sie in
leichter fallen zu verstehen. ob deren Fasern zu die Dura mater eintreten. Während bei manchen
den betreffenden Ganglien dort umgeschaltet Hirnnerven der Durchtritt durch die Dura
werden oder lediglich hindurchziehen. (s. Abb. 3.14) und der Austritt aus dem Schädel na-
hezu identisch ist (z. B. N. mandi bularis). weisen
andere Hirnnerven e inen ausgeprägten intra- oder
Eine Umschaltung von prä- auf postganglionäre Fa· extraduralen Verlauf auf (z. B. N. abducens). bevor
sern findet in den Kopfganglien stets nur für die sie durch die knöcherne Schädelbasis treten.
parasympathischen Fasern der Hirnnerven 111 (Ggl.
ciliare). VII (Ggl. pterygopalatinum; Ggl. submandi- 3.6.3 Der Ne rvus ocu lomotorius {111)
bulare) und IX (Ggl. oticum) statt (Abb. 3.13). Sym- Der N. oculomotorius zur Innervation der meisten
pathische und sensible/sensorische Fasern ziehen äußeren Augenmuskeln verläuft zwischen A. Supe-
lediglich durch das jeweilige Ganglion hindurch. rior cerebelli und A. cerebri posterior zu r Seite und
liegt dann lateral der A. communicans posterior.
Am Processus clinoideus posterior des Os Sphenoi-
dale durchsetzt der Nerv die Dura und verläuft
6( 3 Peripheres Nervensystem Die Hirnnerven

------------------- 1 1 N. oculomotorius (I II)


- 2 4 Ganglion d liare
27
26 \ /
~- - -3
- 4
6 zu inneren Augenmuskeln
24 Nd. accessorius ncrvi
oculomotorii
25
--5 S Gl. lacrimahs
24
7 Gll. nasales
8 Gll. palatlnae
23 10 GI. sublingualis
22 11 Ganglion submandibulare
21 12 GI. submandibularis
20 15 Chorda tympani
19 21 Ncl. sallvatorius superior
23 N.lac~alos (VII)
18 25 N. petrosus major
27 Ganglion pterygo-
palat lnum
17
- 9
16 13 Ganglion otirum
15 14 GI. parotidea
16 N. petrosus minor
14 18 N. tympanicus
13 _ _ _ _ ___...
19 N. glossopharyngcus (IX)
22 Nd. salivatorius inferior

- 11 Äste des N. trigemlnus (V):


N. ophthalmicus (V1) mit:
2 N.lacrimalis
3 N. frontalis
- 12 9 N.ltngualis (aus N. mandi-
bularis. V3)
26 N. maxillaris (V2)

17 Foramen stylomaslotdcum
20 Hirnstamm

Abb. 3.13 Parasympathische hsern mit Umschaltung ln den Kopfganglien und lnnervationsgebiet

oben in der Seitenwand des Sinus cavernosus zur Klinischer Bezug


Fissura orbitalis superior ( s. Abb. J, 14 ). Hier liegt er Okulomotorfusparese: Bei einer Schädigung alle
medial vom N. rroch learis, dann zieht er in den Okulomotoriusfasern sind sowohl die äußeren durct
Anulus tendmeus und teilt sich in zwei Äste unter- ihn innervierten Augenmuskeln (Ophthalmoplegia ex
schiedlichen Kalibers: tema) gelähmt als auch die inneren (Ophthalmoplegi;
Der dünnere R. superlor innerviert den M. Ieva- Interna). Man spricht dann von kompletter Okulomo·
tor palpebrae superioris und den M . rectus su- toriusparese.
perior. Unter einer Ophthalmoplegla extema versteht mar
Der krä ftigere R. inferior gibt unterhalb des N. eine Ptosis (Ausfall des M. Ievator palpebrae superio·
opticus Äste zum M . rectus medialis. M. rectus ris) und ein nach außen und unten abgelenktes Auge
mferior und M . obhquus infenor ab. Die eben- (durch die Wirkung der von den intakten Nn. tro-
falls abzweigenden parasympathischen Fasern chlearis und abducens innervierten Mm. obllquus su·
bilden den nach seinem weiteren Verlauf be- perior und rectus lateralis). Aufgrund der Ptosis sieht
nannten R. ad ganglion ciliare. Sie innervieren der Patient nur monokular. weshalb Doppelbilder erst
die Mm. c1haris und sphmcter pup1llae. bei Anheben des Augenlids auftreten.
Unter Ophthalmoplegla Interna fasst man die wei te.
mcht auf licht reagterende Puptlle (Lähmung des M.
3 Peripheres Nervensystem Die Hirnnerven 61

20
2 2
24 - - ,.~,----------- 3
7 - - - - -- ....._ -----4
19
18 s
6

7
8
- - - - - 21

9
10
9 - - - - - - - - 11
12 12
13 13
1s - - - --\'.-\\:------., - - - - - 14
14 -------~~\~~ 1 ------------ 15
17

16 16
......__ _ _ _ _ 17

~---------- 22

- - ---23
1 Bulbus ollactorius 10 N. trigemlnus (V) mit 11 N. abducens (VI) 20 Glandula lacrimalis
2 N. opticus (II) Ganglion, Wurzeln und 12 N. faclalis (VII) mit 2 1 A. meningea media
6 Nn. temporales profundi Ästen : N. Intermedios 22 Confluens sinuum
7 N. oculomotorius (111) 3 N. ophthalmicus (V 1) 13 N. vest1bulocochlearis (VIII) 23 Sinus sagittalis
9 N. trochlearis (IV) 4 N. max•llans (V2) 14 N. vagus (X) supenor
S Ganglion trigeminale 15 N. glossopharyngeus (IX) 24 A. carotis Interna
8 N mand•bulalis (V3 ) 16 N. hypoglossus (XII)
18 Radix sensona 17 N. accessonus (XI)
I 9 Rad1x mototia

Abb. 3.14 HimneNen an der inneren SeMdeibasis

sphincter pupillae) und die Unmöglichkeit der Akko- parasellarer Ausdehnung oder Sinusitis sphenoidalis).
modation (Lähmung des M. ciliaris) zusammen. Darüber hinaus sind auch Schädigungen innerhalb des
Da die parasympathischen Fasern innerhalb des Nervs Hirnstamms möglich (während des intrazerebralen Fa-
zunächst außen, weiter peripher eher innen verlaufen. servertaufs oder nukleär. d. h. im Bereich des mesenz-
können bei Nervenkompression je nCKh Lokalisation ephalen Kemgebiets).
auch Teilschädigungen auftreten.
Entsprechend seines intrakraniellen Verlaufs gibt es
vielfältige Ursachen der Okulomotoriusparese, wie 3.6.4 Der Nervus troc h learis (IV)
z. B. Schädigungen innerhalb des Subarachnoidal- Der N. trochlearis ist vom Kaliber her der
raums (bei basaler Meningitis oder Aneurysma der A. schwächste Hirnnerv und verläuft nach seinem
communiuns posterior) oder weiter distal (z. 8. bei dorsalen Austritt in der Cistema ambiens um die
Sinus-Cavemosus-Thrombose, Hypophysentumor mit Hirnschenkel herum ( zwischen den Ai!. cerebri po-
62 3 Peripheres Nervensystem Die Hirnnerven

sterior und cerebelli superior). ln der Nähe des Pro- 3.6.5.2 Der Nervus maxillaris (V 2 )
cessus posrerior tritt er in die Dura des Sinus ca- Nach Verlassen des Ganglion trigeminale zieht der
vernosus ein und zieht in dessen Seitenwand nach N. maxillaris (Abb. 3.15) unten in der Seitenwand
vorne (s. Abb. 3.14. S. 61 ). des Sinus cavernosus zum Foramen rotundum und
Er tritt durch die Fissura orbitalis superior in die gelangt durch dieses Loch in die Fossa pterygopala-
Augenhöhle ein und verläuft hier über den Anulus tina (Fiügelgaumengrube). Während seines Verlaufs
tendineus communis hinweg zum M. obliquus Su- gibt er die in Tab. 3.13 aufgeführten Äste ab.
perior. den er innerviert.
3.6.5.3 Der Nervu s mandibularis (V3 )
3.6.5 Der Nervu s t rigeminus (V) Der N. mandibularis (Abb. 3.16, S. 66) nimmt die ge-
ln der Nähe der Spitze der Felsenbeinpyramide samte Radix mororia auf und zieht durch das Fora-
durchbricht der N. trigeminusdie Dura marer. men ovale in die Fossa infratempora/is ( medial des
Die Radix sensoria ( • Portio major. Gesamtheit al ler M. pterygoideus lateralis). Seine Äste sind Tab. 3.14
sensiblen Trigem inusfasern) geht hier in das halb- zu entnehmen.
mond förmige Ganglion trlgeminale (Gasseri) über,
das über der A. caroris interna liegt. Zwischen der
Arterie und dem Ganglion liegt eine Lamelle aus Mit verschiedenen Unterästen des N. trigem inus
Knochen oder Bindegewebe. Dieses sensible Hirn- verlaufen streckenweise postganglionäre parasym -
nervenganglion l iegt in einer Ausstülpung des Sub- pathische Fasern . Diese stammen aus Ganglien, in
arachnoida lraums in einer Durarasche der mittle- denen die Fasern anderer Hirnnerven (III, VII und
ren Schädelgrube. An der konvexen Seite des IX) umgeschaltet werden, und lagern sich den Tri-
Ganglions ziehen die drei Hauptäste heraus geminusästen lediglich an (rein topographische Be-
(s. Abb. 3.14, S. 61): N. ophthalmicus (V,), N. maxil- ziehung). Der N. trigeminus selbst rührt neben
laris (V2 ) und N. mandibularis (V3 ). einigen motorischen Fasern (V3 , vorwiegend zu r
Oie Radix motoria (• Portio minor, Gesamtheit al- Kaumuskulatur) viele sensible Fasern für das Ge-
ler motorischen Trigeminusfasern) gelangt an die sicht. Sie verteilen sich auf die drei Trigeminus-
Un terseite des Ganglions und schließt sich dem N. Hauptäste. deren Versorgungsgebiete die Abbil-
mandibularis an. dung 3.17 zusammenfasst.

3.6.5. 1 Der Nervus ophtha lmicus (V 1)


Nach Verlassen des Ganglion trigeminale zieht der
N. ophthalmicus in der seitlichen Wand des Sinus Trigeminusneuralgie: Neuralgien sind Schmerzen mit
cavernosus nach vorne. Beim Eintritt in die Fissuro fast unerträglicher Intensität im Ausbreitungsgebiet
orbiralis superiorteilt sich der Nerv in drei Äste (N. eines peripheren Nervs. Hierbei treten blitzartig ein-
nasociliaris, N. frontalis und N. lacrimalis. Tab. 3.12). schießende Schmerzen (für Sekunden bis wenige Mi-
nuten) im Versorgungsgebiet eines Trigeminusastes
(meist V2 oder ,V3 ) auf. Sie dauern zwar nur wenige
Komealreflex: Fasern des N. ophthalmicus bilden den Sekunden, können sich aber bis zu 1OOmal täglich
afferenten Schenkel des Kornealreflexes. Dieser wird wiederholen. Gleichzeitig kann es zur Kontraktion der
ausgelöst durch Reizung der Cornea (Hornhaut des mimischen Muskulatur und zu vegetativen Reizer-
Auges. s. S. 245). Berührt man sie z. B. mit einem scheinungen (z. B. Rötung) im betroffenen Areal kom-
Wattetupfer, führt dies beim Gesunden zur Kontrakti- men. Es wird vermutet, dass Erregungen aus
on des M. orbicularis oculi (--+ Lidschluss), der durch Berührungsfasern auf Schmerzfasern (in der Nähe des
Fasern des N. facialis (efferenter Schenkel) innerviert Ganglions) aufgrund zerstörter Myelinscheiden über-
wird. springen. Die Lädierung der Myelinscheiden wird
wahrscheinlich durch eine chronische Kompression
durch benachbarte Gefäße hervorgerufen. Betroffen
sind häufig Frauen über 50 Jahren.
3 Peripheres Nervensystem Die Hirnnerven 63

! Tabelle 3.12

Asle des N. ................. (V, )


Äste mit Höhe Ihres Abgangs Verlauf (•) und Innervation (-)
in der Wand des Smus CO\IWOOSUS:
R. menongeu~ recurrens (R. tentonus) - Tentonum cerebello
- Falx cerebrl
in der fissuro orbirolos supenor.
N. nasoclllarls durch den Anulus tendineus. überkreuzt den N. opticus und ge-
• tritt
1.1ngt ~o 1ur medialen Wand der Orbita
- R. communlcao11 cum gangllo clliari {= Radix scnso- • Cornea, Iris. Corpus ciliare, Choroidea und Tunlca conjunctivae bulbi
ria ganglil clllarls) mit Boldung der Nn. cillares breves
(nach Passage des Ganglions. s. S. 59)
Nn. coloares longo' (zusammen mot Nn. coliares breves
- N. ethmoodalos postenor • durch da~ Foramen erhmoidole posterius
• Schleimhaut der hmteren Siebbeonzellen und der Keolbeonhöhle
- R. menongeus anterior - vorderer Anteol der vorderen Schädelgrube
- N. ethmoodahs antenor • durch das foromm erhmoidole onrerius in die vordere Schädelgrube
- vordl're Soebbemzellen
• durch doe lomono cnbroso on doe Nasenhöhle, wo doe Aufspaltung in
laterale und medoale Äste erfolgt
- Rr. nasales laterales und mediales - Nasenschleomhaut
- R. nasalos extemus - Haut des Nasenrückens und der Na~en~poue
N. onfratrochleans • unter der Trochlea
• Haut am medialen Augenwinkel
- Tr3nensack
- Caruncula lacrimalis
- Rr. palpebrales - Ober- und Unterlid
in der Fissuro orborolos superior.
N. frontaUs (stärkstl'r Ast dl's N. ophthalmicus) • aul dem M. Ievator palpebrae supenons
N. supratrochlearos • über die Trochlea
- Haut und Bindehaut am medialen Augenwonkel
- N. supraorbotahs
- R. latl'ralos • durch doe lnCtSuro suproorMofls oder das Foromm suproorl>orok
- Stomhaut
- R. medoalo~ • durch doe lnosuro (ronrolis oder das foromm (ronrok
m der Fiuuro orbotolos supenor.
N. lacrfmalis • • • oben an der lateralen Wand der Orbita (über den M. reclus latl'rali~)
• TraOI'ndru~l'
- Haut und Bondl'haut am lateralen Augl'nwmkel
·o•t Nn. CIII,Jrt~ long1 tnth•ltM auch postg.anghonäre- symp.lthl\(1\t r,JSfm Jtus d~m Pk!x~.n c.aroticus internus. dtt über denN ophtNimKus und d~
N nasocil••rls tu dtn Nn ctllarrs longi gelangen und den M d•lat•tor f)\lpdl~t l~eren
• ·oer N lacnm..JIIS nimmt Ober einen Verblndungs.ast (R. commun•uns cum nervo l)'gomatico) fX?StganghonClre paruymp.ath1sche hstrn auf. Ste
stammen aus dem G.uKJIIOO ptrrygop.Jiatinum und g~Llngen ober Anl4lgc:orung an sensible Unteräste des N. tngeminus (N • .ryoomo~tKus aus V1 und
anschlk>ßend N. l.lCrlm.ll•s itUS V1) zur Tr.inendrüse.

14 1 1 A. ophthalmica
13 - - 2
2 N. canalo$ ptl'l)'9oideo
12 3
3 Ganghon gemculi nefVI facialis

~~~.:=- ; 4 N. petrOSU$ majOI'


5 N facoalos (VII)
6 Gangloon pterygopalatonum
--6
7 N. petrosus profundus
7 8 Plexus caroticu$lntemu$
11
·:- - - 8
9 Plexus dentalis superior
10 Rr. alveolare$ $uperiores
10 11 Nn. palatoni
12 N. infraorbotalis
9 13 N. zygomatocus
14 N. maxillaois (Vl)

Abb. 3.15 N. maxJIIarls mot Asten und angelagertem Ganglion pterygopalatonum, das funktionell dem N. fKoalos zuzuordnen
ost (s. S. 66)
64 3 Peripheres Nervensystem Die Hirnnerven

Aste des N. mullarts


Äste mit Höhe ihres Abgangs Verlauf (•) und Innervation(- )
vor dem Foramen rotundum:
- R. meningeus - Dura mater der mittleren Schädelgrube
in der Fossa pterygopolatino:
- Rr. ganglionares • zum Ganglion pterygopalatinum. durch das sie lediglich hindurchziehen
noch Possoge des Ggl. pterygopolotinum:
- Rr. orbitales· • durch die Fissuro orbitaUs inferior und durch die Orbitawand
--+ hintere Siebbeinzellen und Keilbeinhöhle
- Rr. nasales posteriores superiores • durch das Foramen sphenopolotinum
laterales und mediales· - obere und mittlere Nasenmuschel
.... oberer Teil des Nasenseptums
- N. nasopalatinus • • unter der Schleimhaut des Septums nach vorne ziehend
• durch den Conolis incisivus
- vorderes Drittel der Gaumenschleimhaut
- Zahnfleisch der Schneidezähne
- N. palatinus major " • durch den ConoUs polotinus mojor sowie das gleichnamige Foramen
-+ Schleimhaut des harten Gaumens
- Rr. nasales posteriores inferiores -+ untere Nasenmuschel
- Nn. palatini minores • • durch die (anales polotini minores sowie gleichnamige Foramina
--+ Schleimhaut des weichen Gaumens und Tonsilla palatina (über Rr. tonsillares)
- N. zygomaticus • durch die Fissuro orbitaUs inferior von der Flügelgaumengrube an die laterale Orbita-
wand mit Verbindung zum N. communicans cum nervo zygomatico des N. lacrimalis
aus (s.o.)
• dann durch das Foramen zygomoticoorbitole Eintritt in das von Knochenkanälchen
durchzogene Os zygomaticum und Aufteilung in die beiden Endäste
- R. zygomaticofacialis • durch das Foramen zygomoticofociole
-+ Haut über dem Jochbein.
- R. zygomaticotemporalis • durch das Foramen zygomoticotemporolis
- Haut über der Schläfe
- N. infraorbitaUs (kräftiger Endast) • durch die Fissuro orbitaUs inferior zum Sulcus und Conolis infraorbitaUs am Boden der
Orbita
• Austritt am Foramen infroorbirole
- Nn. alveolares superiores • Bildung des Plexus dentalis superior
--+ Zähne und das Zahnfleisch des Oberkiefers.
- angrenzende Wangenschleimhaut
-+ Kieferhöhle (durch Rr. alveolares superiores posteriores)
noch Austritt aus dem Foramen infroorbirole:
- Rr. palpebrales inferiores - Unterlid
- Rr. nasales externi - äußere Haut der Nasenflügel
- Rr. nasales interni --+ Haut des Nasenvorhofs
- Rr. labiales superiores --+ Haut und Schleimhaut der Oberlippe

·o;.w. Äs,. ~...",...,""'" G.ongllon pt~I.JtWx.m und <ntlwll'e<l noben ••ns.bkfl trlgomon•l«1 r~ •us d<n Rr. g•ngllon.Jm auch po<tg•n
glionäre p.lr.lsympath•sche Fasern. deren pr~ganglionären Antetf Fasern des N. faciahs bzw. seines lntermedtus Anteils l>tklen.
4

Beim Versagen einer medikamentösen Therapie kann Foramen supraorbitale: fü r N. supraorbitalis (aus
eine Thermokoagulation der betroffenen Trigeminus- VI)
astfasern im Ganglion trigeminale durchgerührt wer· Foramen infraorbitale: für N. infraorbitalis (aus V2)
den. das über das Foramen ovale gut erreicht werden Foramen mentale: für N. mentalis (des N. alveola-
kann . ln Folge des Eingriffs tritt eine Sensibilitätsstö- ris inferior aus V3 ).
rung auf, was allerdings von den schmerzgeplagten
Patienten gern in Kauf genommen wird.
3.6.6 Der Nervus abducens (VI)
Bei der Trigeminusneuralgie oder anderen Reiuustän·
Dieser Nerv hat den längsten intrakraniellen Ver-
den (z. B. Sinusitis) im lnnervationsgebiet der drei
lau f. Er kommt von kaudal (Austrittsstelle s. S. 112),
Hauptäste besteht eine Druckschmerzhaftigkeit an
zieht durch die Cistema pontis nach vorn. durch-
den Trigeminus-Druckpunkten (NAP = Nervenaus-
bricht am Clivus die Dura und zieht über die Spitze
trittspunkte im Gesichtsschädel):
der Felsenbeinpyramide in den Sinus cavernosus
3 Peripheres Nervensystem Die Hirnnerven 65

AstadftN. - . lln(V1)
Äste mit Höhe ihres Abgangs Verlauf ( •) und Innervation (-+)
kurz noch Durchtnlt drs forotMn ovok:
- R. menongeus (• N. sptnosus) • zieht mit der A. menongea ~ia durch das ForotMO spinosum on die mottlere Schädel-
grube zuruck
-+ Dura mater im Versorgungsgeboet der A. meningea medoa (s. S.l72)
-+ Schleimhaut von Keilbeinhöhle und Cetlulae mastoodeae
111
in der Fossa ln{roremporolls:
vorderer (vorwiegend motorischer) Stamm:
- N. pterygoldt>us mcdialis -+ M. pterygoideus medialis
.... M. tensor vell palatinl
- M. tensor tympani
- N. pterygoideus lateralls ~ M. pterygoldeus lateralls
- Nn. temporales profundo - M. temporaUs
- N. massetericus • tritt durch doe /ncosuro mondobuloe
- M. masseter
- N. buccalls (sensobel) • verläuft zwischen den belden Kopien des M. pterygoideus lateralos
• Verzweigung im M. bucconator (• mimischer Muskel, der nicht durch den N buccal15,
SCOldem durch den N facialos onnennert wird!)
-+ Haut und Schle.mhaut der Wange sowie angrenzendes Zahnßeosch

in der Fossa ln(rorernporolos:


hinterer (vorwiegend sensibler) Stamm:
- N. alveolarls inferior • zieht zwischen Ug sphenomandobulare und Ramus mandibulae abwarts zum ForotMn
mondobulot', uber das er on den Conolos mondibuloe eintritt
- N. mylohyoideus • Abgang vor dem Canalls mandobulae: zoeht im Sulcus mytohyoideus der Mandibula an
die Unterfläche des M. mylohyoideus
- M. mylohyoldeus
-+ M. digastricus. Venter anterior
- Rr. dentales und gongivales • gehen innerhalb des Canalls mandibulae vom N. alveolaris inferior ab
inferiores -+ Unteri<ieferzähne
~ Zahnfleisch
- N. mentalls ((ndast des • verlässt den Canalls mandobulae durch das ForotMO tMnfole
N. alveolans onfenor) -+ Haut am Kinn
- Haut und Schleomhaut der Unterlippe
- N. IInguaiis • zieht zwischen den Mm. pterygoidei lateralis und medialos (~o.ll und vor dem N. »-
veolaris inferior) Im Bogen nach vome abwärts unter doe Mundschl~mhaut (auf den M.
mytohyoodeus). wo er den Ductus submandibulans unterkretUt
• Anlagerung der Chorda tympani (s. N. lacialis, S. 66)
- Rr IOlguales -vordere zwei Dnttef der Zunge (sensobel)
- Rr osthml faucoum - Schlundenge und zur Gaumentonsille
- N. subllnguahs -+ Schleimhaut des Mundbodens
- Rr. gangloonares ad ganglion • ziehen ohne Umschaltung durch das dem N. Iinguaiis angelagerte Ganghon durch
submandobulare • Radix senso-
ria ganglli submandobulare
- N. aurlculotemporalis • umfasst mit seinen zwei Wurzeln schtingenförmig die A. menlngea medla. zieht hinter
dem Ramus mandlbulae und dann mit der A. temporalis superfoclalis aufwärts
- Rr. parotidei - Faszie der Ohrspeicheldrüse und darüber liegende Haut (teolweose tusammen mot N.
auricularis magnus aus dem Plexus cervicalis)
- N meatus acustocus extemi - äußerer Gehörgang
- Rr. membranae tympani .... Trommelfell
- Rr anoeulares -+ Kiefergelenk
- Rr communieantes cum nervi ~ Anlagerung an Filzoall~ste zur GI. parotJdea (s. Jacobson-Anastomose. S. 70)
facialos •
- Rr. temporales superfooales - Schl.lfenhaut vor und über dem Ohr
(Endaste)
- Nn. auriculari'S anteriori'S .... vordere Abschnotte der Ohrmuschel
66 3 Peripheres Nervensystem Die H irn nerven

(latera l von der A. carotis interna). Durch die Fissu-


ra orbitalis superior kommt er in die Orbita, zieht
durch den Anu lus tendineus und innerviert den M.
11 rectus lateralis.
10 -
9
8 Abduzensparese: Bei isolierter Läsion des N. abdu-
7 cens treten durch Ausfall des M. rectus lateralis ein
6 Einwärtsschielen und Doppelbilder auf (besonders
5
4 1 ausgeprägt beim Blick zur läsionsseite). letzt ere sind
3 2 horizontal gegeneinander verschoben und stehen
parall el. Zur Vermeidung von Doppelbildern dreht der
Patient seinen Kopf leicht zur Seite der Lähmung, um
1 Plexus dentalis inferior 8 N. mandibularis (VJ) die Unbeweglichkeit des Bulbus zu kompensieren.
2 N. mentalis 9 R. meningeus
3 N. alveolaris inferior 10 Ganglion trigeminale
4 N. Iinguaiis 11 Rr. temporales
6 N. buccalis Superficiales 3.6. 7 Der Nervu s f acialis (VII)
7 N. auriculotemporalis 5 A. meningea media
Der N. Facialis und der N. intermedius treten ge-
Abb. 3.16 Äste des N. mandibularis meinsam mi t dem N. vestibulocochlearis (VIII. s. u.)
durch den Porus und Meatus acusticus internus.
Dabei liegt der N. i ntermedius zwischen N. vest i-
bulocochlearis und N. Facial is (desha lb der Name
.. im ermedius"). ln der Felsenbeinpyrami de (Pars
V1 petrosa des Os temporale) folgen sie dem fast
*---V2 rechtwinklig gebogenen Verlauf des Ca nalis nervi

- l - - - V3
Facia lis. wodurch das äußere Fazialisknie entsteht.
Auf d ieser Höhe liegt das sensorische Ganglion ge-
niculi mit pseudounipolaren Nervenzell en. Nach
dem Fazia lisknie verlaufen die Nervenfasern in ih-
rem Kanal in der hinteren Wa nd der Paukenhöhle
im Bogen nach unten. Nach Abgabe von drei Ästen
innerhalb des Cana lis Facialis (Tab. 3.151 verlässt ihn
der Großteil der motorischen Fazialisfasern am Fo-
ramen stylomastoideum (Abb. 3. 18).

Abb. 3.17 Versorgungsgebiete der drei Hauptliste des N. Das Ganglion geniculi n. facialis enthält Perikarya
trigeminus
Zu beachten ist. dass der Kieferwinkel nicht durch den N. tri· der in der Chorda tympani verlaufenden Ge-
geminus. sondern von Ästen des Plexus cervicalis sensibel in- schmacksfasem.
nerviert wird (s. Abb. 3.3, S. 38).
3 Peripheres Nervensystem Die Hirnnerven 67

IT~belle 3.15

Alu des N. fKNIII (VII) mit N. lntenne fl es


Äste mit Höhe Ihres Abgangs Vertauf (o) und lnMrvatlon (-)
innerl>olb des Conolls (oc:1011s om öuBeml Foziollsl<n.f':
- N. petrosus major
(praganglionare
• lll!r1ässt den Canalls facial•s durch den H1otus n. /)<'trosi rnGJOflS, um erneut 1n d1e
Schädelhöhle zu gelangen. Hter lauft er im Sulcus n. petros1 mojons nach medoal (in
111
parasympathosche Fasern Begleitung des ebenfalls parasympathoschen N. petrosus minor aus dem N. glosso-
aus dem N. mtermed1us) pharyngeus) auf der Vorderflache des Felsenbeins bis er d1e mtttlere Schadelgrube durch
das Foramen locerum verl,mt
• Nach Vereinigung mit den sympathischen Fasern des N. petrosus profunduszum N. cana·
lis pterygoidei zieht dieser durch den Conolis pterygoideus (an de• Wurzel des Processus
pterygoideus) zum Ganglion pterygopalatinum in der Fossa pterygopolotino (Abb.3.15}:
nach dortiger Umschaltung auf postganglionäre Neurone (siehe Tab. 3.1 1, S. 59):
-+ GI. lacrimalls
- Gll. nasales und palatmae
1m obsre<gend<'n Tf'ol des Conolu (0<10/is m der hinrem~ Poukenh6hlenwond:
- N. stapedlus - M. stapedous
im Conol1s (oc:iolos kurz - dem Foramen sl)'lomastoideum:
- Chorda tympanl • lll!rt.luft (in einer Schleomhautfalte eingebettet) durch die Poukfflhohle zwoschen Hammer
und Amboss zur fissuro P<'fTOiymponico, über die sie doe Paukenhohle verlasst
• Anlagerung an den N longualis (aus V1) in der Fossa in(rot<'mporolos (Abb. 3.13)
Geschmacksfasern (Penkarya - vordere zwei Dnttel der Zunge
im Ganglion genlculi)
parasympathische Fasern • zweigen wieder vom N. Iinguaiis ab und ziehen über Rr. communiCantes zum Ganglion
submandibulare: nach Umschaltung auf postganglionäre Neurone:
-+ GI. submandibularis
-4 GI. sublingualls

noch AustriU aus dem Foramen srylomostoideum:


- N. auricularis posterior - mimische Muskeln des Ohres
- M. occopotofrontalls. Venter occipttalis
- R. digasrncus - M. digastncus, Venter poster10r
- R. stylohyoodeus -+ M. stylohyoideus

•nnetholb der GI porotldeo:


- Plexus Int raparolideus • Aufte~ung in u.g. Aste
om Vorderrand der GI. porot1deo;
- Rr. remporale1 • fachertörmoger Austnrt der Aste
- Rr. zygomatief - mimische Gesichtsmuskulatur
- Rr. buccales
- R. marg~nalos mandobulae
- R. collo - Plarysma

Klinischer Bezug - Herabhängen des Mundwinkels. pfeifen. d. h. Spit·


Fazialisparese: je nachdem, an welcher Stelle der N. zen des Mundes, ist nicht möglich.
facialis in seinem peripheren Verlauf geschädigt wird, Bei einer weiter peripher gelegenen Schädigung (z. B.
resultieren unterschiedliche Symptomatiken. liegt die in der Glandula parotidea) können auch nur einzelne
Läsion am Foramen stylomastoideum kommt es zum Äste betroffen sein.
Ausfall aller mimtsehen Muskeln mit folgenden ipsila- Wird der N. facialis proximal des Foramen stylomas-
teralen Ausfallsers<heinungen (Abb.3.19a): toideum verletzt, können je nach M1tbefall der betrof-
Fehlender Lidschluss (dadurch auch fehlender Kor· fenen Ästen folgende Symptome hinzukommen:
nealrenex, s. S. 62): Beim Versuch das Auge zu gestörte Geschmacksempfindung + verminderte
schließen, wird das Weiß der Skleren sichtbar Speichelsekretion bei Mitbefall der Chorda tym·
(Bell-Phänomen). Dies kommt durch das physiolo· pani
gisehe Drehen des Augapfels nach oben wstande, Hyperakusis bei Mitbefall des N. stapedius
das unter physiologischen Bedingungen nur auf- verminderte Tränensekretion bei Mitbefall des N.
grund des Intakten Lidschlusses nicht wahrgenom- petrosus major.
men wird. Von den o.g. Formen der peripheren Fazialisparese
Stirnrunzeln nicht moglich (Schi!digung des 2. motorischen Neurons) ist die sog.
68 3 Peripheres Nervensystem Oie Hirnnerven

)4 - ---f::.-jUIJ 1~ ~~~~~~--- 2
)) ----~~
3
32------=~ -;'t!- - -14
1-- - 15
31 -------,~
30 ----~
29 - -. ( - - - "
28 _ _...::::::~.;:
27 ----~

25---~~~~
2 4 - - - - ' ............ ~ ~!~------ 9
23------
22 - - ----Jifl
wn-----37 10
21 - - --n.
-1-- - - - - - - 17
20 - - -n.·
.f--- - - - - - 11
19 - - - -
39----

13

18 --------"""~'
38 - -- - -- - - - - - - - - - - - - J

N. faclalis und N. intermedlus Mimische Muskeln:


mit Ästen und Ganglien: 14 M. auricularis superior 27 M. Ievator labii supenoris
1 Rr. temporales M. occipltofrontalis mit 28 M. auricularis anteri(l(
2 Rr. zygomatici 15 Venter occipitalis 29 M.levator labii supenorls
3 Ganglion pterygopalatinum 35 Vcntcr frontalis alaeque nasi
4 N. petrosus major 16 M. auricularis posterior 30 M. nasalis
5 Ganglion gemculo 17 M. buccinator 31 M. temporoparietahs
6 Austritt des N. facialisund 18 Platysma 32 M. orbicularis ocuh
N. intennedius aus dem Hornstamm 19 M. dcpressor anguli oris 33 M. procerus
7 N. auncularis postefior 20 M. mentalos 34 M. C(l(fUQator superc u
8 Chorda tympano 21 M. deprcssor labil inferioris 36 Galea aponeurotica
9 Plexus Intraparolideus 22 M. risorius
10 R. digastricus und R. stylohyoodeus
11 Rr. buccales
12 R. marginalis mandibulae
23 M. zygomaticus major
24 M. Ievator anguli oris
25 M. zygomaticus minor
37
Nicht mimische Muskeln:
M. trapezius
38 M. sternocleidomastoodeus
[ 13 R. colli 26 M. orbicularis oris 39 M. masseter
----
Abb. 3.18 N. facialis in der o~adllochen Gesochtsregoon mot mlmoschen Muskeln
3 Peripheres Nervensystem Die Hirnnerven 69

Oae Perikarya des Hömervs ( N. cochlearis) bil-


den das bandartige Ggl. sparale cochleae entlang
des Modiolus im lnnenohr; die peripheren Fort-
sätze enden an den Haarzellen des Corti-Organs
(s. S. 240).
Oie peripheren Fortsätze des N. vestlbularls
empfangen Signale von den Haarzellen des Ves-
tibularargans (s. S. 242). Die zugehörigen Perlka-
ryen bilden das Ggl. vesubulare am Boden des
Meatus acusricus internus. durch den beide An-
teile des N. vestibulocochlearis mit dem N. fa-
Abb. 3.19 Fazialisparese
a Läsion des peripheren Nervs (2. motorisches Neuron): !psi- cialis und der A. labyrinthi t reten.
lateraler Ausfall der mimischen Muskulatur
b Supranukleäre Läsion • zentral (1. motorisches Neuron):
kontralateraler Ausfall der mimischen Muskulatur in der 3. 6.9 Der Nervus glossopharyngeus (IX)
unteren Gesichtshälfte bei erhaltener F3higkeit. die Stirn Der N. glossopharyngeus verlässt den Schädel
zu runzeln (l.ldschluss ebenfalls intakt)
durch die vordere Abteilung des Foramen jugulare.
Innerhalb des Foramen jugulare liegt das kleine
Ganglion superius. unmittelbar nach dem Durch-
tritt das größere Ganglion lnferius. Dann zieht der
zentrale Fazialisparese zu unterscheiden. Der Begriff Nerv im Bogen zwischen M. stylopharyngeus und
ist nicht ganz korrekt. da bei letzterer nicht der Nerv M. styloglossus zur Zungenwurzel. Seine Äste sind
geschädigt wird, sondern eine supranukleäre Läsion der Tabelle 3.16 zu entnehmen.
die Ursache für die Lähmungserscheinungen ist: Oie
Schädigung liegt hier vor Erreichen des Nd. n. facialis,
d. h. im Bereich des primär motorischen Kortex oder
Die sensiblen Fasern aus dem Pharynx und aus der
der korttkonukleären Fasern (1. motorisches Neuron).
Zunge sowie die Geschmacksfasern haben ihre Pe-
Wichtig für das Verständnis der Symptomatik bei su-
rikarya in den Ganglia superlos und inferius (ver-
pranukleärer Läsion ist der Verlauf kortikonukleärer
gleichbar mit Spinalganglien). Oie
Fasern zu unterschiedlichen Anteilen des Nucleus n.
parasympat hischen Fasern für die Glandula paroti-
facialis: Der Anteil, der die Stirn- und Lidmuskulatur
dea werden im Ganglion oticum umgeschaltet, die
versorgt, erhält Fasern aus der motorischen Endhirn-
für die Pharynxdrüsen in kleinen lokalen Ganglien
rinde betder Hemisphären. So kann bei einseitiger su-
des Plexus pharyngeus.
pranukleärer Schädigung der Ausfall kompensiert
werden und Stirnrunzeln sowie Lidschluss sind ipsi-
und kontralateral der Schädigung möglich. Der Kern- 3. 6. 10 Der Nervus vagu s (X)
anteil für die übrige mimische Muskulatur dagegen Der N. vagus (Äste siehe Tab. 3.17) tritt gemeinsam
e(hält lediglich eine kontralaterale Innervation. Folge mit dem N. accessorius durch den hinteren Teil des
ist der kontralateral zur supranuklellren Läsion gelege- Foramen jugulare. Im Foramen liegt das kleine
ne Ausfall der mimischen Muskeln für die untere Ge- Ganglion superius, unteahalb des Lochs das we-
sichtshälfte (Abb. 3.19b). Störungen des Intermedios- sentlich größere Ganglion inferius. Zwischen diesen
Anteils liegen bei supranukleären Läsionen nicht vor. beaden sensiblen/sensorischen Ganglien treten dae
Fasern aus dem R. internus n. accessorii (s. u.) zum
N. vagus über und verlaufen mit ihm zu den inne-
3.6.8 Der Nervus vestibu locochlearis (VIII) ren Kehlkopfmuskeln und zur Schlundmuskulatur.
Der N. vestibulocochlearis besteht aus den zentra-
len Fortsätzen der jeweils ersten Neurone inner-
halb der Horbahn (s. S. 214) und des Gleichge-
wichtssystems (s. S. 217):
70 3 Peripheres Nervensystem Die Hirn nerven

Äste mit Höhe Ihres Abgangs Verlauf ( • ) und Innervation(.... )


am Ganglion inferius:
- N. tympanicus • gelangt aufsteigend durch den Conolicu/us tymponicus (in der Fossula petrosa) in die Pou·
kenhöhle und verzweigt sich dort in der Schleimhaut der medialen Wand auf dem Promonto-
rium zum Plexus tympanicus
.... Paukenhöhle
- R. tubarius - Tuba auditiva
- N. petrosus minor • durch den Hiatus n. petrosi minoris gelangt dieser Ast zurück in die Schädelhöhle, wo er pa-
(parasympathisch) rallel zum N. petrosus majorauf der Vorderfläche der Pars petrosa im Sulcus petrosi minoris
nach medialzieht
• durch die Fissura sphenopet.rosa (als laterale Fortsetzung des Foramen lacerum) verlässt er die
mittlere Schädelhöhle und gelangt in die Fossa Infratemporalis
• nach Umschaltung im Ggl. oticum lagern sich die postganglionären Fasern dem N. auriculo-
temporalis an und erreichen (z. T. über R. communicans cum nervi facialis) die von ihnen
ionvervierte Drüse Uacobson·Anastomose ·)
...., GI. parotidea
IM'iter distal je!M'ils auf Höhe der innervierten Strukturen:
- R. musculi stylopharyngei -+ M. stylopharyngeus
- Rr. pharyngei ..... M. constrictor pharyngis Superior
zusammen mit dem N. vagus nach Bildung des Plexus pharyngeus:
..... M. constrictor pharyngis medius
- Pharynxschleimhaut (Pars oralis)
..... Glandulae pharyngei (parasympathisch, nach Umschaltung im Plexus pharyngeus)
- Rr. tonsillares .... Tonsilla palatina (Gaumenmandel)
...., M. palatoglossus
- M. palatopharyngeus
zusammen mit dem N. vagus nach Bildung des Plexus pharyngeus:
- M. Ievator veli palatini
-> M. uvulae
- Rr. linguales (sensible und ..... hinteres Drittel der Zunge
Geschmacksfasem)
- R. sinus carotici _, Presso· und Chemorezeptoren des Sinus caroticus/Giomus caroticum
• Als Jacobson·Anastomose wird meist der Vertauf postganglionärer p.~rasympathischer Fasern .Jus dem Ganglion otkum bezeichnet. d1e sich nach
vorübergehender Anlagerung an denN. auriculotemporal1s Fazialisästen anschließen. um mit ihnen zu ihrem lnnervalloosgebiet (Giandula parotidea)
zu ~.elangen. Manchmal wird auch schon die präganglionare Strecke der GSossopharyngeus·f.uem (über Nn. tympamcus und petrosus menor) hinzu.
gezahlt.

Ösophagus. Hier bildet er den Plexus oesophageus,


Oie Ganglia superius und inferius sind sensible/sen- aus dem in der Nähe des Zwerchfells der Truncus
sorische Ganglien (vergleichbar einem Spinalgan- vagalis anterior hervorgeht.
glion mit pseudounipolaren Zellen). Oie Der rechteN. vagus zieht über die A. subclavia dex-
parasympathischen Ganglien des N. vagus. in de· t ra durch die obere Thoraxapertur. hinter der V.
nen Umschaltungen stattfinden, liegen organnah brachiocephalica dextra und dann hinter dem rech-
(vgl. auch S. 226). ten Hauptbronchus (nahe der Bifurcatio tracheae)
zur Rücknäche des Ösophagus. um hier ebenfall s
zum Plexus oesophageus beizutragen. Aus letzte-
Am Hals verläuft der N. vagus im Gefaß-Nerven-
rem geht dann der Truncus vagalis post erior her-
Srrang hinter der medial gelegenen A. carotis in ter-
vor.
na ( bzw. weiter kaudal der A. carotis communis)
und der lateral gelegenen V. jugulari s interna.
Diese drei Strukturen besitzen eine gemeinsame
Bindegewebshülle (Vagina carotica). Der rechteN. vagus (dexter) bildet den dorsalen
Der linke N. vagus zieht durch die obere Thorax- Truncus vagalis.
apertur. vor dem Arcus aorrae und hinter dem
Bronchus principalis sinister; dann gelangt er in Oie Trunci vagales anterior und posterior ziehen
das hintere Mediastinum auf die Ventra lnäche des durch den Hiatus oesophageus des Zwerchfells und
3 Periphe res Nerven system Die Hirnnerven 71

Äste mit Höhe Ihres Ab- Verlauf ( •) und Innervation (- )


gangs
auf Höhe des Cgl. superius:
- R. menlngeus • ZJeht durch das Foramen jugulare zurück
~ Dura mater der hinteren Schädelgrube
- R. auncularis • zrl'ht rn den Canoliculus mostordeus. den er an der Fissuro tymponomosrOideo verlässt
- hinteren unteren Teil des äuSeren Gehorgangs
- Teil des Trommelfells (s. S. 233)
auf Hoh~ dn Cgl. mf~rius:
- R. pharyngeus • Aufspaltung in mehrere Äste. die mrt den gll'ichnamigen Asten des N. glossopharyngeus und
sympathischen rasem aus dem Halsgrenzstrang den Plexus pharyngeus m der Rachenwand brl·
den
- Geschmacksknospen im Bereich der Epiglottis und Übergang zum Zungengrund
- M. constrictor pharyngis inferior
zusammen mit Glossopharyngeus·Fasem:
- M. constrictor pharyngis medrus
- Mm. uvulae und Ievator veli palatrnr
- Pharynxdrüsen
- Schlcrmhaut im Hypopharynxbereich
unr<'rllotb dn Cgt mferius:
- N. laoyngeus superior • zreht an der Hrnterserte der A. carotrs rntema entlang und terlt srch (auf Hohe des großen
Zungenbernhoms) rn seine 2 Unteräste
- Gll. thyroidea und parathyroideae
- R. extemus (schwach) - M. cricothyroideus (äußerer Kehlkopfmuskeil
- R. lntemus (kräftiger) • durchbohrt zusammen mit der A. laryngea Superior die Membrona thyrolryoideo
- Kehlkopfschleimhaut oberhalb der Strmmfalte
Halste~! dn N ""'gus:
- Rr card.acr Cl'fVIUies su· • zwe. oder drer Äste. die zusammen mrt der A. carotis communrs zum Aortenbogen Ziehen und
per10res und rnfenores mrt dresem zur Herzbasis gelangen. wo sre zur Bildung des Plexus cardrarus bertragen
- Herz (insbesondere Verlangsamung der Herzfrequenz)
- Aortenwand (Dehnungs· und Chemorezeptoren der Aortenwand)
Brustreit dn N. ""'gus:
- N. laryngeus recurrens • zrcht ruckfaulig wieder aufwärts (links um den Aortenbogen lateral vom Llg. arteriosum; rechts
um die A. subclavia)
• in der Rinne zwischen Ösophagus und Trachea gelangt er unter Abgabe kleinerer Äste hinter die
Schilddruse
- Gll thyrordea und parathyroideae (lus.Jmm~>n mit N. laryngeus superror)
- Rr tracheales - Trachea
- Rr. oewphagl'aies -ÖSOphagus
- Rr. pharynger -Pharynx
- N . laryngi'US mfenor" • durchbohrt den M. conslrictor pharyngrs rnfer10r und gelangt rn den Kehlkopf
~ alle rnnert'n Kehrkopfmuskeln
- Schlermhaut unterhalb der Stimmrrtze
- Rr. cardracr thoracrci - Plexus cardiacus (s.o.)
- Rr. bronchiales - uber Plexus pulmonalis zu Bronchren. Gelaßen und Pleura vrsceralrs
Bildung des Plexus oesophageus und weitere Verzweigung mit Versorgung der Bauchorgane s. Text
• Dit~ QO<Mdtnt Btztoehnung dts Endostos oll noeht mehr Btstandttil der •kturll<n Ttrmrnologi.> anatomka, w•d jtd«h im ~ts<htn
Spr~hr1um z. T noch \'~~dtt

geben u.a. Jeweils Rr. gastrtci anteriores bzw. po-


stenore> sowie Rr. heparicae ab. Der R. externus des N. laryngeus superiorversorgt
Dabei z1ehen Fasern aus dem Truncus vagalis anre- den einzigen äußeren Kehlkopfmuskel (M. crico-
rior v. a. zur Vorderwand des M agens während Fa- thyroideus = äußerer Spanner des Stimmbands).
sern aus dem Truncus vaga lis posterior die hintere
Magenwand sowie alle übrigen Eingeweide bis
zum C.mnon-Böhm-Punkt versorgen.
72 3 Peripheres Nervensystem Die Hirnnerven

nem Bogen (Arcus n. hypoglossi im Trigonum caro-


R~rTensp<~rese: Eine Schädigung des N. laryngeus ticum) über die A. carotis extema und ihre Äste
recurrens (meist nach chirurgischen Eingriffen an der nach vorne. um auf der Außennäche des M. hypo-
Schilddrüse. seltener bei mediastinalen Raumforderun· glossus in die Zunge zu gelangen. Der Nerv ver-
gen wie z. B. einem Aortenaneurysma) führt zu einer sorgt alle Binnen- sowie alle äußeren Muskeln der
Uihmung aller inneren Kehlkopfmuskeln (Stimmrit· Zunge.
zenöffner und ·Schließer). Der intakte (äußere) M. cri·
cothyroideus spannt das Stimmband der geschädigten
Seite. sodass es in die Medianlinie gezogen wird und Hypoglossusparese: Bei einer Läsion des N. hypoglos-
zu Heiserkeit führt. Sind beide Seiten betroffen. droht sus weicht die herausgestreckte Zunge zur gelähmten
eine schwere Atemnot. Seite ab (durch die Kontraktion des M. geniohyoideus
Kullssenphllnomen: Bei einer proximalen Läsion von der gesunden Seite). Ursache kann z. B. eine Fraktur
Vagus· und/oder Glossopharyngeus·fasem kommt bei in der hinteren Schädelgrube. ein Tumor im Zungen·
Anspannung des Gaumensegels zum Abweichen der grundhereich oder ein Apoplex im Hirnstammbereich
Uvula und des Gaumensegels zur gesunden Seite. mit Schädigung des Nd. nervi hypoglossi (s. S. 11 0)
sein.
3.6.11 Der Nervus accessorius (XI)
<D
Nach seinem Durchtritt aus dem Foramen jugulare
teilt sich der N. accessorius in R. internus und R. ...• ... Check-up
t/ Führen Sie sich nochmals den genauen Ver·
externus. Der R. internus (m it motorischen Fasern
lauf des N. trochlearls vor Augen.
für Schlund- und Keh lkopfmusku latur) zieht zwi-
t/ Wiederholen Sie, wo die Trlgeminusdruck·
schen seinen Ganglia superius und inferius des N.
punkte liegen.
vagus zu diesem Nerv (s. S. 69). Der R. externus.
t/ Überiegen Sie, von welchem Nerv der M.
der auch häufig als der N. accessorius beschrieben
bucdnator innerviert wird.
wird. zieht lateral der V. jugularis interna. gibt ei-
t/ Die beiden Hirnnerven VII und IX sind
nen Ast 10 das obere Drittel des M. sternocleido-
durch die vielen verschiedenen Faseranteile
mastoideus ab (oder durchbohrt ihn ). zieht schräg
und die Umschaltung Ihrer Parasympathi-
abwärts durch das Halsdreieck und verschwindet
kusfasern in den Kopfganglien besonders
dann hinter dem Vorderrand des M. rrapezius. Er
kompliziert. Nehmen Sie in diesem Zusam·
innerviert die beiden genannten Muskeln.
menhang folgende Zuordungen vor.
I Klinischer Bezug - Hirnnerv - funktionell zugehörige(s)
Kopfganglion bzw. -ganglien
Akzessoriusparese: Weit häufiger als eine proximal
- Kopfganglien - durch Ihre Neurone je-
gelegene Läsion ist eine iatrogene (• durch den Arzt
weils innervierte Drüsen Im Kopfbereich
verursachte) Schädigung des N. accessorius im latera·
t/ Verdeutlichen Sie sich, was der N. glosso-
len Halsdreieck (z. B. bei lymphknotenentfemungen).
pharyngeus neben der zuvor wiederholten
Dabei ist meist der M. sternocleidomastoideus nicht
sekretorischen (par01sympathischen) Inner-
betroffen. Der Ausfall des oberen Trapeziusanteils führt
vation sensibel und motorisch versorgt.
auf der betroffenen Seite zu einem Schultertiefstand
t/ Machen Sie sich nochmals genau den Ver·
und einer sog. Schaukelstellung des Schulterblatts (Ab-
lauf und die Funktion des N. laryngeus re·
weichen der oberen Scapula nach lateral). Das Heben
currens klar, beldes wird häufig geprüft.
des Armes über die Horizontale ist erschwert.
t/ Wiederholen Sie den Verlauf der Chorda
tympanl (mit sekretorischen und parasym-
3.6.12 De r Nervus hypoglos.s us (XII) pathischen Fasern).
Der N. hypoglossus verlässt die Schädelhöhle durch t/ Rekapitulieren Sie die Innervation der
den Canalis nervi hypoglossi. Von der lateralen Sei- Tränendrüse und der Gaumendrüsen.
te der A. carotis interna kommend zieht er 10 e1-

I Klinischer Fall

Vitamine für die Nerven Beschwerden von Tag zu Tag schlimmer werden.
sucht sie das nahe gelegene Medozmosche Versor·
gungszentrum auf und schildert dort ohre Symptome.
Der junge Arzt, der Frau M . untersucht, stellt bei der
Patientin einen breitbeinigen. unsicheren Gang
{Gangataxie), eine diffuse Schw.Jche aller vier Extre-
mität en sowie Hypästhesoen im Bereoch der Füße, der
Hände und der Unterschenkelvorderseiten fest. Die
ReOexe sind insgesamt sehr schwach.•Wir werden
einige Untersuchungen machen müssen· teilt der
Arzt seiner Patientin mit und fährt fort: .Sol;mge Sie
Blut abgenommen bekommen. würde ich gerne noch
meine neurologische Kollegin um Rat fragen.· Doe
Neurologin Frau Dr. Paulsen empfiehlt, zusätzlich ein
MRT·Bild des Rückenmarks anfertigen zu lassen und
bestellt Frau M. zur Besprechung der Befunde wieder
Doe om MRT sochtbaren, scharf begrenzten Lösionen im Hon· ein.
ler\lr~ngber~oth (- •) sind ein typoscher Befund beo funokula·
rer Myelose
Diagnose: Vitaminmangel
Das Rückenmark dient zum einen dem Zustande· . Ihnen fehlt ein Vitamin - das Vitamin B12, das für
kommen von Reßexen. Zum anderen hat es die Ihre Nervenfasern wichtig ist". erklärt Frau Dr. Paul·
Funktion, das Gehirn mit dem peripheren Nerven· sen der Patientin. als die Untersuchungsergebnisse
syst em zu verbinden . Es gliedert sich in die graue vorliegen.•Der Vitamm·Bu·Wert beträgt weniger als
und die w eiße Substanz. ln der grauen Substanz die Hälfte der unteren Normbereichsgrenze· fährt die
befinden sich Nervenzellen mit ihren Verzwelgun· erfahrene Neurologon fort, die unter diesem Verdacht
gen. Die w eiße ~ubstanz des Rückenmarks enthalt schon die Aufnahmen des Ruckenmarks empfohlen
markhaltige Nervenfaserbahnen. hatte. Die MRT·Bilder erklaren die Symptome der Pa·
Da Vitamin B,2 für den Stoffwechsel der Mark· tientin: Im Bereich der Honterstrange des Rücken·
scheiden wichtig ist, kann es bei einem Vitamin· marks auf Höhe der Brust· und Halswirbelsäule sind
B12·Mangel zu degenerativen Prozessen in der wei· als Zeichen von Hinterstrang·lasionen deutliche Hy·
ßen Substanz des Rückenmarks kommen . Man perintensitäten zu sehen.
spricht dann von funikulärer Myelose (oder funl·
kulärer Spl nalerkrankung). Die Ursache liegt im Magen
Damit sind die Untersuchungen für Dorothea M. je-
Schwere Beine doch noch nicht abgeschlossen. Da im Serum auch
Mit Rucksack und Regenjacke gewappnet marschiert Antikörper gegen den lntrinsic Factor nachgewiesen
Dorothea M. fruh morgens zum verabredeten Treff· werden konnten, rat doe Arztin w einer Magenspie-
punkt - voller Vorfreude auf die bevorstehende Berg· gelung. Doe dabeo entnommene Biopsie der Magen·
wanderung in den Appenzeller Alpen. Zwar ost ohre schleimhaut bestatigt Frau Dr Paulsens Verdacht auf
letzte Wanderung schon eine Weile her, aber warum eine chronisch atrophosche Gastritis (Magenschleim·
sich ihre Beine so schwer und müde anfühlen, kann hautentzündung). Der lntrinsic Factor ist ein in der
sich doe 63-j.Jhnge nicht erklären: Sie kann ihre Füße Magenschleimhaut produziertes Glykoprotein. Er bil-
kaum vom Boden abheben. Niedergeschlagen gibt det normalerweise t>lnen Komplex mit dem Vitamin
sie nach rwei Stunden auf, geht alleine in das B, 2 (Cobalamin) und ermöglicht dadurch dessen Auf-
nachstg~:>legene Dorf zurück und fährt mit dem Bus nahme über die Schletmhaut des terminalen Ileums
nach Hause in die Blutbahn. Dieser beo Dorothea M. gestörte Auf-
nahmeweg kann durch intramu~kuläre Gaben von
Diagnoseweisend: Cyanocobalamin umgangen und daher therapeutisch
Neurologische Untersuchung eingesetzt werden. So hofft doe rustige Dame. bald
Etwa zweo Wochen nach der misslungenen Wande· wieder wandern gehen zu konnen. ohne dass ihre
rung ver<;purt Dorothea M. brennende Missempfin- Beine frühzeitig ermud~n.
dungen in den Füßen und in den Handen. Als ihre
4 Rückenmark (Medulla spinalis) Die Gestalt und die Gliederung 75

4 Rückenmark (Medulla spinalis) 4.2.1 Die Lage, Form und Oberfläche


Das herauspräparierte Rückenmark ist ein dünner.
4 .1 De r Überblick ca. 45cm langer Strang mit zwei Verdickungen:
lntumescentia cervlcalls (in Höhe des 4.-8.
Das Rückenmark macht zwar nur 2% des ZNS-Ge- Brustwirbeisl und
wichts aus. erfüllt aber eine große Vielzahl wichti- lntumescentia lumbosacralis (in Höhe des 10.-
ger Funktionen. Es liegt geschützt im Wirbelkanal 12. ßrustwirbels).
und w1rd von den Rückenmarkh~uten umhüllt Im Bereich dieser Verdickungen s111d die graue Sub-
(s. S. 169). ln Ungsrichtung weist das Rückenmark stanz und der Eigenapparat 111 der weißen Substanz
zwe1 Verdickungen und an seiner Obernache meh- besonders stark ausgebildet. da aus dem Bere1ch
rere Furchen auf. der Verdickungen die Innervation der Extremitäten
Durch die graue Substanz des Rückenmarks wird erfolgt (Abb. 4.1 a). Das ROckenma rk zeigt unten ein
die Skelettmuskulatur des Körpers (ohne Kopf und spitz zulaufendes Ende. den Conus medullarls, der
Hals) innerviert Sie enthält zudem viszeraefferente s1ch auf Höhe des ersten oder zwei ten Lendenwir-
Neurone des Sympathikus und Teile des Parasym- bels in das Filum terminale fortsetzt. Dieser faden-
pathikus. Andere in der grauen Rückenmarkssub- förmige Ausläufer. der nur aus Gliagewebe besteht.
stanz liegende Nervenzellen erhalten somato- und ISt am kaudalen Ende des Wirbelkanals (im Sakral-
viszerasensible Afferenzen der Körperoberfläche bereich) befestigt. Das Alum terminale wird von
und vieler innerer Organe. der Cauda equina (Ansammlung der Spinalnerven-
Die weiße Substanz enthält Nervenfaserbahnen. wurzeln unterhalb des ersten oder zweiten Len-
die Rücken mark und Gehirn mireinander verbinden denwirbels) begleitet (Abb. 4.1 b).
(Verbindungsapparat): An der Oberfläche des Rückenmarks sind mehrere
aufsteigende Bahnen (für die Weiterleitung sen- unterschiedlich tiefe Längsfurchen erkennbar. Vor-
sibler Informationen zum Geh1m) und ne 111 der Medianebene hegt d1e tiefe Rssura medl-
abste1gende Bahnen (für die Weiterleitung von ana anterior. Dorsal gegenuberliegend ist nur e111e
motonschen Impulsen vom Gehirn zur grauen nache Rinne, Sulcus medianus posterior. ausgebil-
Substanz des Rückenmarks) det Der Sulcus medianus posterior setzt sich als
Zudem gibt es innerhalb der weißen Substanz Bah- Septum medianum posterius (Blatt aus Gliagewe-
nen. die ROckenmarkssegmente untereinander ver- be) innerhalb des Rückenmarks fort, das besonders
binden (Eigenapparat). im Thorakalbereich ausgebildet ist. Beiderseits der
Fissura mediana anrerior verlauft eine schwache
4 .2 Die Gestalt und die Gliede rung R111ne. der Sulcus anrerolareralis. H1er verlassen du~
motorischen Vorderwurzeln das Rückenmark. Dor-
;
..... Lerncoach sal findet sich beiderseits des Sulcus medianus
posterior eine Oache Rinne (Sulcus posterolatera-
Machen Sie sich im folgenden Abschnitt
lis). in der die Hinterwurzeln eintreten. Im Halsbe-
zunächst mit der Lage, der äußeren Gestalt
reich des Rückenmarks liegt auf beiden Seiten zwi-
und der Inneren Gliederung des Rückenmarks
schen Sulcus medianus und Sulcus posterolaterahs
vertraut. Wiederholen Sie dazu ggf. die allge-
der nache Sulcus intermedius posterior. Er mark1ert
meinen Grundlagen zur grauen und weißen
d1e Grenze zwischen den Fasc1culi cuneatus und
Substanz (s. S. 4 f). Nutzen Sie die Unterschei-
grac1hs (s. S. 82).
dung ln drei Klassen von Nervenzellen, deren
jeweilige Namen bereits einen Hinweis auf
4.2.2 Die Rückenmarkssegment e
Ihre Lage und z. T. Funktion geben.
Die paarig aus dem Rückenmark austretenden Vor-
der- und Hinterwurzeln. die sich auf beiden Seiten
zum Sp111alnerven (s. S. 33) zusammenlagern. kenn-
Zeichnen d1e Rückenmarkssegmente. Ihre Entste-
hung wird während der Entwicklung durch d1e
76 4 ROckenmark (Medulla spinalis) Die Gestalt und die Gliederung

1 Hirnstamm
1 2 Rüd<enmarlc:
2 3 Pars cef'Vlcahs
4 Pars thoracica
5 Pars Iumbaiis
3 9 6 Pars sacralos
11 •
12 7 Pars coccygea
8 filum terminale
9 Conus medullaris
10 lntumescentia lumbosacralis
13
11 lntumescentia cervicalis
12 N. subcostalis
13 rilum terminale
14 Cauda eqUina
15 l V
- 4 14 16 Durasack
17 N. sacralis 3
18 N sacralis 5
19 N. coccygeus
20 Ossacrum
15

-5
10 • 16
6
7
9

"'------ - - 18
8
' - - - - -- 19

a b
Abb. 4.1 Ruckenmark
a lsoliert~s ROckenmark in der Ansicht von dorsal
b Kaudal~ Ruckenmark mit Conus medullaris und Cauda equina Im eröffneten Wirbelkanal von dorsal nach teilweiser Entfer-
nung der Dura mater und Arachnoidea

Somiren induzien. jedoch sind die Segmente als Die zugehörigen Spinalnerven. die durch den Zu-
solche von außen nur durch die zugehörigen Ner- sammenschluss von Vorder- und Hinterwurzel ent-
venwurzeln erkennbar. stehen. treten - mu Ausnahme des ersten zervika-
Man unrerscheidet: len Spinalnervenpaars immer unter dem
- 8 Zervikalsegmente gleichnamigen Wirbel aus dem Spinalkanal aus.
- 12 Thorak.-.lsegmente Die Ausnahme im zervikalen Bere1ch hegt darin be-
5 Lumbalsegmente gründet. dass es 8 zervikale Ruckenmarksseg-
- 5 Sakralsegmente mente. jedoch nur 7 Halswirbel gibt.
- 1- 3 Kokzygealsegmente. Die segmentale Gliederung des ROckenmarks ist
Da das ROckenmark im Vergleich zum Wachstum sowohl für die sensible als auch für die motorische
der Wirbelsäule zurückbleibt, reicht es beim ausge- Innervation der Körperperipherie von Bedeutung:
wachsenen Menschen nur bis zur Höhe des ersten Die sensiblen Fasern eines Rückenmarkssegmen-
oder zweiren lendenwirbelkörpers. Daher liegt ein tes innervieren jeweils ein streifenförmiges Der-
Rückenmarkssegment weiter kranial als der gleich- matom. Auch wenn - bedingt durch die Plexus-
namige Wirbel (Abb. 4.2). bildung (s. S. 35) - d1e Fasern zur Versorgung
4 Rückenmark (Medulla spinalis) Die Gestalt und die Gliederung 77

eines Dermaroms z. T. in unterschiedlichen peri -

~c
pheren Nerven ziehen. t reten jeweils alle zum
Cl l
gleichen Rückenmarkssegment gehörigen sensi-
blen Fasern über die gleiche Hinterwurzel 1
(s. S. 35) in das entsprechende Segment ein. 11

L ,~, I
Die Motoneurone (s. S. 78). die einen einzelnen
Muskel innervieren. sind innerhalb der Columna C8 J
anterior des Rückenmarks (s. S. 78) in einem Th 1
säulenförmigen Kerngebiet zusammen angeord- Th 1
net. Bei großen Muskeln (und/oder kleinen mo-
torischen Einheiten) erstreckt sich die Kernsäu le
über mehrere Segmente (plurisegmentale Mus-
keln, Abb. 4.3). Ein Muskel. dessen Motoneurone
im Wesentlichen auf Höhe eines Segmentes lie- 2
gen. bezeichnet man als Kennmuskel dieses Seg-
10
ments. In den medial gelegenen Kernsäulen fin-
den sich die Motoneurone für Muskeln des
Körperstamms. in den lateralen die für mehr
d istale Extremitätenmuskeln. Die Fasern der
""- Thl2
Motoneurone verlassen das Rückenmark über H-"<~ Ll I
die Vorderwurzel und vereinigen sich im Fora-
3
men intervenebrale mit den sensiblen Hinter-
LT.<:->.J-- L5 _j
wurzelfasern des gleichen Segments zum ge- "<-- - s 1 ---,
mischten Spinalnerv (s.S. 33). 4
'111'~-- s5 --'
5
6
Kompressionssyndrome bei Bandscheibenschäden:
Kommt es durch degenerative Prozesse des Anulus fi-
brosus einer Bandscheibe zu einer Vorwölbung (Protru-
sion) oder Vorfall (Prolaps) des Nucleus pulposus, kann
es je nach Lokalisation dieser Diskushernie zu verschie-
denen Kompressionssyndromen kommen. Ein medialer
Bandscheibenvorfall führt je nach Höhenlokalisation
zur Rückenmarkskompression oder zur Schädigung der
Cauda equina (Kaudasyndrom, s. S. 88). Eine laterale
Diskushernie führt zu Wurzelkompressionssyndromen.
Zwar liegt bei Letzteren eine Läsion des peripheren
Nervensystems vor: bei isolierten Wurzelverletzungen 8 Zervikalsegmente (Cl - CS)
2 12 Thorakalsegmente (Th 1 - Th 12)
kommt es jedoch aufgrund des in diesem Bereich noch
3 5 Lumbalsegmente (L 1- LS)
segmental angeordneten Faserverlaufs zu neurologi- 4 5 Sakralsegmente (S 1- 55)
schen Ausfallserscheinungen, die sich einem Rücken- 5 Cl
6 Cauda equina
markssegment zuordnen lassen (segmentales oder 7 Os coccygis
radikuläres Schädigungsmuster). ln der neurologischen 8Os sacrum {51 - 5 V)
9 LWS(LI - LV)
Untersuchung macht man sich dies zunutze, um die
10 BWS (Th 1- Th XII)
Symptomatik gegenüber einer weiter peripher gelege- HWS {C 1- C VII)
nen Schädigung (Piexusläsion oder Schädigung eines
bzw. mehrerer peripheren Nerven) abzugrenzen. Ne- Abb. 4.2 Lage der Rückenmarkssegmente im Spinalkanal
78 4 Rückenmark (Med ulla spinalis) Die Gestalt und die Gliederung

5 I Kernsäulen im
Vorderhorn
2 4 2 Vorderwurzeln
3 Plexus
4 penphere Nerven

lS plurisegmental
innervoerte Muskeln

Abb. 4.3 P1un~mentale Muslcelinnervation

ben lokalen und Dehnungsschmerzen kann es zur schnitt Vorder-. Hinter- und Seitenhorn ( Cornu ante·
Schmerzprojektion in das sensible Versorgungsgebiet rius, Cornu post erlus und Cornu lateralis). die sich -
(Dermatom) der betroffenen Wurzel sowie Hypästhe· mit Ausnahme des lediglich thorakolumbal ( C8-L2:
sien in diesem Bereich kommen. Motorisch lassen sich und sakral (S2-S4 ) ausgeprägten Seitenhorns- übe1
bei schweren Schäden Paresen der von der betroffenen das gesamte Rückenmark erstrecken und daher auch
Wurzel (mit ) versorgten Muskulatur sowie ggf. als Säulen (Columnae) bezeichnet werden. Vor und
Abschwächung der jeweiligen Muskeleigenreflexe hinter dem Zentralkanal liegt jeweils ein schmale•
(s. S. 86) des zugehörigen Segments nachweisen. Streifen grauer Substanz (Commissura grisea ante·
Diese sind durch die meist plurisegmentale Versor- rlor und Commissura grlsea posterlor).
gung eines Muskels weniger ausgeprägt als bei Verlet-
zungen eines peripheren Nervs. können jedoch bei Die Nervenzellen
Kennmuskeln in jedem Fall einen Hinweis geben (z. B. Es werden drei Klassen von Nervenzellen in det
Kraftminderung bei Dorsalextension der Großzehe grauen Substanz des ROckenmarks unterschieden:
durch Parese des M. extensor hallucis longus als Kenn- Wurzelzellen. Binnen- oder Scha ltzellen und
muskel von l5). Strangzellen (Abb. 4.S).
- Die Wurzelzellen liegen je nach ihrer Funktion
in den Vorder- oder Seltenhörnern der grauen
4 .2 .3 Der Rück enmarksquerschnitt Substanz und schicken thre Axone uber die Vor-
D1e Gliederung des Rückenmarks 111 graue und wet- derwurzel zum Sptnalnerven. Dazu gehören:
ße Substanz lasst sich im Querschnittsbild erken - • a -Motoneurone (große Vorderhomzellen ) mit
nen. Im Zentrum eines Rückenmarksquerschnitts Axonen zur quergestreiften Skelettmuskulatur.
erkennt man das kleine Lumen des Canalis centra- die durch dtese Innervation kontrahiert wird
lis. der von Ependym ausgekleidet ist • '(-Mot oneurone (kleine Vorderhomzellen ),
deren Axone intrafusale Muskelfasern von
Muskelspindeln erreichen und darüber deren
4.2.3.1 Die graue Substanz
Empfindlichkeit auf Dehnungsreize erhöht.
Die Anordnung • Nervenzellen des Sympathikus in den Seiten-
Die graue Substanz liegt in der Tiefe und hat die hörnern der Ruckenmarksegmente C8-L2. de-
Form emes Schmetterlings. vergleichbar dem Groß- ren Axone zu vegeratlven Ganglien des Sym-
buchstaben H (Abb. 4.4). Man unterscheidet am Quer- pathikus gelangen.
4 Rückenmark (Medulla spinalis) Die Gestalt und die Glied erung 79

,------ 1 längsfurchen:
17 1 Septum medianum posterius
r------ 2 2 Sulcus intermedius posterior
~---- 3
10 Fissura mediana anterior
~--- 4
11 Sulcus anterolateralis
15 Sulcus posterolateralis
Graue Substanz:

5
5
6
7
Cornu posterius
Cornu lateralis
Cornu anterius
11
8 Commissurae griseae anterior und posterior
13
6 Weiße Substanz:
12 Funiculus anterior
13 Funiculus lateralis
14 14 Funiculus anterolateralis
16 Funiculus posterior
17 Commissurae albae anterior und posterior
--- 9 Spinalnervenwurzeln:
12 --------,1--1
4 Radix posterior
11 - - - - _ / 10 9 Radix anterior
3 Canalis centralis

Abb. 4.4 Querschnitt durch das thorakale Rückenmark

• Nervenzellen des Parasympathikus in den Sei- 10- - - - -- - - - - - - - - - - . ,


renhörnern der Rückenmarksegmente 52- 54
mit Axonen zu vegetativen Ganglien des Para-
sympathikus.

Die Wu rzelzellen sind efferente Neurone des ZNS,


deren Axone das Rückenmark verlassen: Die Peri-
karya von Ot· und y-Motoneuronen liegen im Vor-
derhorn, die der vegetativen Nervenzellen im
Seitenhorn, das vorwiegend thorakolumbal (Sym-
pathikus) und sakral {Parasympathikus) vorhanden
ist.
1 Strangzeile des Eigenapparats 6 Radix anterior
2 Strangzeile des Verbindungs- 7 Cornu anterius
Die Binnenzellen ( auch Schaltzellen genannt) apparats 8 Cornu laterale
sind lnterneurone, die entweder benachbarre 3 Wurzelzelle des Sympathikus 9 Cornu posterius
4 Binnenzelle (lnterneuron) 10 Radix posterior
Rückenmarksneurone untereinander verbinden
5 Wurzelzelle (Motoneuron)
oder zwischen Axonen absteigender Bahnen und
Rückenmarkszellen eingescha ltet sind. Ihre Fort- Abb. 4.5 Nervenzelltypen im Rückenmark

sätze sind kurz und verlassen die graue Sub-


stanz nicht. Die in der Regel inhibitorischen ln-
sensible Afferenzen. deren Perikarya im Spinal-
terneurone haben Glycin und{oder GABA als
ganglion liegen. als auch absteigende Fasern aus
Transmitter. Sie sind an hemmenden Schaltkrei-
supraspinalen Zentren.
sen beteiligt (s. a. S. 82).
Die Strangzellen liegen vor allem im Hinterhorn Die Zellschichten
des Rückenmarks. Sie sind Neurone des Verbin- Die Zusammenlagerungen von Nervenzellperikarya
dungs- und Eigenapparats (s. u.). deren Axone im Rückenmark werden als Schichten (lamlnae)
sich zu Tractus bündeln. An ihnen enden sowoh l oder Kerne (Nudel) beschrieben. Es werden zehn
8( 4 Rückenmark (Medulla splnalis) Die Gestalt und die Gliederung

Wminae unterschieden. die von dorsal nach ventral


16 ----~
15 - - - - ·/ durchnummeriert werden (I- X. Tab. 4.1). Lediglich
14 die Lamina X liegt abweichend von der sonstigen
13 Anordnung um den Canalis centralis herum
{Abb. 4.6).

<I>
12 8 ~A~ Beachten Sie in Tab. 4. 1 besonders die fett
9 gedruckten Begriffe. Die übrigen Details sind der
11 - - - - '........
10 - - Vollständigkelt halber mit aufgeführt, jedoch in
der Regel für Ihre Prilfungen nicht so bedeutsam.
1 Lamina I I 0 Canalis centralis
2 Lamina II
Die Columna posrerior enthält die Laminae I bis VI.
3 Lamina 111 I 1 Motoneurone
4 Lamina IV 12 Nd. intermedlolateralls die Columna intermedia die Wminae VII und X
5 Lamina V 13 Substantia gelatlnosa und die Columna anterior die Laminae VII I und IX
6 Lamina VII 14 Zona marginalis
7 Lamina VIII 15 Nd. proprius (u nd Teile der Lamina VII).
8 Lamina IX 16 Nd. thoracicus posterior Die Laminae der Hintersäule bestehen aus Nerven-
9 LaminaX
zellen mir klemen bis mittelgroßen Perikarya (vor
Abb. 4.6 Gliederung der grauen Subslanz im Rückenmarle allem lntemeurone). Zudem kommen einige große
Perikarya von Strangzellen ( u. a. Tractus spinotha-
lamicus) vor.

7 I ........ . , t!!!!!!~
$!!1!!!!:1!'II 1!!'!!!!!!!!!•!!..~--
· ... ••
Schicht Charakteristika und Funktfon
Lamina I (Zona marglnalis, schmale Schichten mit kleinen {lnterneurone) und großen Perikarya (Strangzellen, deren Axone die
Substantia sponglosa) Tractus splnothalamicus oder splnoretlcularis bilden)
zusätzliches Vorkommen von synaptlschen Glomeruli in Lamina II
Lamina II Funktion' Schmerzverarbeitung und ·Weiterleitung
(Subrtantla gelatlnosa)
lam1na 111 und IV auf allen Ebenen cles Rücl<enmart<s m1t propr;ozeptrvt'n A!ferenzen {IMe Nucleus dorsahs, s. u.)
(Nucleus proprfus) Funktion: Druck- und Berührungssens1bilttat (und z. T. auch Schmerz)
Lamina V mechano- und noz1zeptive Afferenzen aus Haut. Muskulatur und Eingeweiden
Funktion: Bcruhrung, Schmerz
Lamina VI nur Im Halsbereich signifikant ausgebildet
propnozept1ve und nozo:ept1ve Allerenlen
Lam1na VII größter Te1l der Columna intermedoa (• Zona intenned1a). mot drei Kerngebieten
- Nucleus thoracicus porterfor (Nuc:leus dorsalls. SttlloncJ-C~rke). mit propriozeptNen Afferenzen,
Ursprung des Tractus sponocerebellans posterior: im Halsm.uk hegt eon entsprechender Nucfeus
cervocahs centrahs
- Nucleus lntermediolateralis, auf der Höhe C8-l2, praganghonare Neurone des Sympathikus
- Nudel parasympathicl sacrales, auf der Höhe S2- S4. präganglionäre Neurone des Para-
sympathikus
Außerdem ln lamona VII: z. T. Ursprungsneurone des Tractus sponothalamicus
lamona VIII merst Interneurane fur motonsc~ Zellen (s. Lamina IX) und Strangzellen fur Tractus sponorhalamocus
lalllJna IX somatomotonsc~ Wurzelzellen chol•nerge o- und ß·Motoneurone
- mediale Kemgruppe: für d1e Innervation der aJOalen Muskulatur
- laterale Kerngruppe: besonders ausgepragt im Bereich der lntumescentoae; fur doe Innervation der
ExtremltJtenmuskulatur (weiter lateral liegende Unterkerne für weiter d1stale Muskeln)
- zentrale Kemgruppe: Im Halsmark. Nd. n. phrenlcl, Nd. n. accessorli
- Onuf-Kern' Motoneurone des N. pudendus
Lamona X um Zentralkanal gelegen. kl~ne Neurone
Afferenzen aus Muskulatur und Eongewetde. Elferenzen zu laO'IInae V, V1 und VII
4 Rückenmark (Medulla splnalis) Oie Verschaltungen und Bahnen im Rückenmark 81

ln den l..lminae 1-111 enden Fasern. die nach T-IOr- sind uber die Commissura alba anterlor (vor der
miger Aufteilung im Tractus posterolateralis (lis- Commissu ra grisea anterior gelegen) miteinander
sauer-Randzone) über einige Segmente auf- und verbunden. Entsprechend liegt hinter der Commis-
abwärts verlaufen. Hierbei handelt es sich um sura grisea posterior die Commlssura alba posterlor.
dünne Fasern (mit Signalen aus Nozi- und Thermo-
rezeptoren). die über das laterale Bündel der Hin- 4.2.3.3 Die unterschiedliche Verteilung von
terwurzel in das Rückenmark eintreten. grauer und weißer Substanz
An Neuronen in tieferen Schichten der grauen Rü- Das Querschnirtsbild sieht in den verschiedenen
ckenmarkssubstanz enden dicke Fasern (für die Abschnitten des Rückenmarks unterschiedlich aus.
übrigen Qualitäten). die über das mediale Bündel Die weiße Substanz nimmt von kaudal nach kranial
der Hinterwurzel ziehen. Ein anderer Teil dieser Fa- an Masse zu:
sern steigt ohne Umschaltung über den Hinter- - Zerv1kalmark: dicke Vorderhörner. sehr reichlich
srrang zum Hirnstamm auf. weiße Substanz
Die Neurone des Hinterhorns erhalten nicht nur Af- - Thorakalmark: schlanke Vorderhörner. reichlich
ferenzen aus der Hinterwurzel, sondern auch aus weiße Substanz
supraspinalen Zentren. So werden bereits im Hin- - Lumbalmark: dicke Vorderhörner. deutliche Sei-
terhom nozizeptive Informationen durch deszen- tenhömer, reichlich weiße Substanz
dierende Bahnen gehemmt. wodurch eme Kontrolle - Sakralmark: große Vorderhömer, wemg weiße
der Weiterleitung von Schmerzimpulsen erreicht Substanz.
wird: Fasern aus supraspinalen Zentren (z. B. For- <P
mario reticularis) erregen Interneurane des Hinter- AW.. Check-up
horns. Die inhibitorischen Interneurane hemmen II' Führen Sie sich noch einmal die unter-
dann Strangzellen des Tracrus spinothalamJCus. Die schiedliche Höhenlokalisation der Racken-
Transmarter der lntemeurone sind Glycm. GABA markssegmente Im Vergleich zu den Wir-
und Endorphin. beln vor Augen. Wiederholen Sie ln diesem
Zusammenhang, auf welcher Höhe der Co-
4 .2.3.2 Oie weiße Substanz nus medullarls und die lntumescentla lum·
Die we1ße Substanz liegt im Rückenmark ober- bosacralis liegen.
nachlieh und umgibt die graue Substanz mantei- II' Rekapitulieren Sie, welche verschiedenen
IOrmlg. Hier verlaufen Axone der Strangzellen. die Nervenzelltypen Innerhalb der grauen
sowohl die langen Ruckenmarksbahnen des Ver- Substanz liegen.
bindungsapparats (s. S. 82) als auch intersegmen-
tale Faserverbmdungen. des Eigenapparats bilden. 4.3 Die Verschaltungen und Bahnen
Die we1ße Rückenmarkssubstanz wird gegliedert m: im Rückenmark
Hmterstrang (Fumculus posterior)
- Seltenstrang (Funiculus lateralis)
;
A .. Lerncoach
- Vorderstrang (Funiculus anterior). Die Verschaltungen der Neurene auf ROcken-
Die Hinterstränge liegen zwischen den beiden Hin- marksebene und die BOndelung Ihrer Axone
terhörnern und gliedern sich im oberen Thorakal- zu größtenteils ln Längsrichtung verlaufen·
mark sowie im Halsmark in Fasciculus cunearus den Bahnen sind komplex.
(Burdach) und FasCICulus gracilis (Golf). Hinter- Lassen Sie sich davon an dieser Stelle nicht
srrang und Seitenstrang sind durch den schmalen, verwirren, sondern eignen Sie sich zunlichst
streifenfOrmigen Tractus posterolateralis (lissauer) die Terminologie der hier besprochenen
getrennt. der sich zwischen Hinterhornspitze und Strukturen an. Ihre Einbindung in verschie-
Rückenmarksoberfläche befindet. Seiten- und Vor- dene funktionelle Systeme. in denen sie mit
dersrrang sind nicht so deutlich voneinander abge- Strukturen des Gehirns und peripheren Antei-
grenzt und werden deshalb auch als Vorderseiten- len zusammenwirken, können Sie Im Kapitel
strang zusammengefasst Die beiden Vorderstränge 11 (S. 199) nachlesen.
82 4 Rückenmark (Medulla spinalis) Die Verschaltungen und Bahnen im Rückenmark

4.3.1 Die Verschaltungen 4 .3.2 Der Verbindungsapparat


ln der grauen Substanz findet eine V1elzahl an Ver- Der Verbindungsapparat besteht aus langen Faser-
schaltungen statt. Neben Umschaltungen mnerhalb bahnen, die über das Ruckenmark zum Gehim auf-
einer .lnformationskette" von Neuronen wird sceigen oder vom Geh1rn kommend zum Rücken-
durch zahlreiche. meist hemmende lntemeurone mark absteigen (Abb. 4.7).
die Weitergabe von Informationen modelliert.
111 Die lnterneurone sind die bereits erwähnten Bin-
nen- oder Schaltzellen (s. S. 79) in der grauen
4 .3.2. 1 Die aufsteigenden Bahnen
Die aufsreigenden Bahnen bilden sowoh l den Hin-
Substanz des Rückenmarks, die in folgende Ver- terstrang als auch die Randzone des Vorderseiten-
schaltungsmuster ( hemmende Schaltkreise) einge- strangs. Sie sind Teil einer Kette aus drei Neuronen,
bunden sein können: über die unterschiedliche sensible Informationen
- Vorwärtshemmung: Erregende Afferenzen zu vom peripheren Rezeptor zum somatasensorischen
Motoneuronen, die z. B. die Flexoren innervieren. Kortex geleitet werden (s. S. 154). Diese aufsteigen-
geben Kollateralen zu lmerneuronen ab. Letztere den Bahnen sind drei Systemen zugeordnet:
inhib1eren in diesem Beispiel Motoneurone, die Hinterstrangsystem • mediales lemniskussys·
Extensoren innervieren. tem: Tractus spinobulbans
Rückwärtshemmung: Axonkollateralen eines a- anterolaterales System: Tracrus spinothalamicus,
Motoneurons ziehen im Rückenmark zu Inter- Tractus spinorericularis und Tractus spinome-
neuronen (Renshaw-Zellen, glyzinerg), die das- sencephalicus
selbe und benachbarte Motoneurone inhibieren spinozerebelläres System: v. a. Tracrus s pinocc-
und so deren Aktivitäten bremsen. Die Rück- rebellaris anterior und Tractus spinocerebellari s
wartshemmung verhindert, dass s ich ein Muskel posterior.
zu stark (tetanisch} kontrahiert. Außerdem kann
<Z>
über die Renshaw-Hemmung eine Feinabstim-
mung der Muskelkontraktion erreicht werden. ~·~ Die zu Tractus zusammengelagerten Axone
stammen von Nervenzellen, die entweder das 1.
oder das 2. Neuron Innerhalb der Informations-
kette eines somatasensiblen Systems bilden
Wundstarrkrampf (Tetanus): Bei dieser Infektions·
(s. S. 206). Konzentrieren Sie sich darauf. ob der
krankheit hemmt das bakterielle Toxin die Freisetzung
jeweilige Tractus vor oder noch der ersten Um·
inhibitorlscher Neurotransmitter aus den Renshaw·
schaltung entsteht und ob die in ihm verlaufen-
Zellen. Somit entfällt die Renshaw·Hemmung und es
den Fasern bereits gekreuzt sind oder nicht. Dies
kommt durch Verkrampfung der Muskulatur zu einem
erleichtert Ihnen das Verständnis der Informati-
grinsenden Gesichtsausdruck (Risus sardonlcus), zur
onsleitung innerhalb der somatosensensiblen
Kieferklemme (Trismus) und/oder Oplsthotonus
Systeme und ist nicht nur prüfungsrelevant, son-
(Überstreckung des Rumpfes).
dern auch von großer klinischer Bedeutung bei
Rückenmarksschädigungen.
Laterale Hemmung: Ein erregtes sens1bles Neu-
ron gibt Kollateralen zu inhibitorischen Neuro- Der Tractus spinobulboris (Fosciculus gracilis und
nen ab, die dann benachbarte sens1ble Neurone Fasciculus cuneotus)
hemmen (Umfeldhemmung). So kommt es zur Die zum Tractus spinobulbaris zusammengelager-
Kontrastverschärfung, d. h. Fokussierung unter ten AxoneIeiren Impu lse der Oberflächen- und Tie-
Ausblendung unnötiger Informationen. fensensibilität (ohne Schmerz- und Temperaturem-
Durch synaptische Verschaltungen können Informa- pfinden). Ihre Perikarya liegen in Spinalganglien:
tionen entweder zwischen Gehirn und Ruckenmark die peripheren Fortsätze (afferente Axone) kom-
weitergegeben werden (s. Verbindungsapparat) men von Exterorezeptoren (besonders Mecha nore-
oder innerhalb des Rückenmarks e1genst~ndig und zeptoren der Haut) und Propriarezeptoren (in Mus-
unterbewusst ablaufen (s. Eigenapparat. S. 86). keln. Faszien. Sehnen. Gelenkkapseln und Periost).
4 Rückenmark (Medulla spinalis) Die Verschaltungen und Bahnen im Rückenmark 83

20 - - - - - - - - - - r------------- -- 1 Eigt>nappdrdt
19 - - - ..v---r---:""--- / - - - - - 2 1 Fasciculus proprius
-...........- -- - ) 2 Fasciculus interfascicularis
---4 3 Fasciculus septomarginalis
>.t-- - 5 4 Tractus posterolateralis
18 5 Fasciculus sulcomarginalis
\-----6
Absteigende Bahnen des Verbindungsapparats:
6 Tractus corticospinalis lateralis
7 Tractus rubrospinalis
8 Tractus reticulospinalis
9 Tractus vestibulospinalis
10 Tractus tectospinalis
15 --~...,.",.. 11 Tractus corticospinalis anterior
9
14
13 _ _ _ _ _ _.r--...__,L.;;I 'L-~~ - - - - - 10 12 Canalis centralis
12 11 Aufsteigende Bahnen des Verbindungsapparats:
13 Tractus spinocerebellaris anterior
14 Tractus spinoolivaris
15 Tractus spinomesencephalicus
16 Tractus spinothalamicus anterior
17 Tractus spinothalamicus lateralis und
Tractus spinoreticularis
18 Tractus spinocerebellaris posterior
19 Fasciculus gracilis
20 Fasciculus cuneatus
Abb. 4 .7 Anordnung der Bahnen im Rückenmarksquers~hnitt
Oie langen Bahnen des Verbindungsapparats sind in Blau (aufsteigende Bahnen) und Rot (absteigende Bahnen) dargestellt. Die
grünen Areale kennzeichnen die Lage von Fasern des Eigenapparats (s. S. 86).

wobei über die Mechanorezeptoren der Haut eine


fein diskriminierende Sensibilität vermittelt wird Die Hinterstrangbahnen (Fasciculus cuneatus und
(auch .epikritische Sensibilität" genannt). Die Fa- Fasciculus gracilis) werden im Rückenmark weder
sern des Tractus spinobulbaris sind also Axone des umgeschaltet noch kreuzen sie hier auf die andere
ersten Neurons innerhalb der neuronalen Kette des Seite. Dies geschieht erst im Hirnstamm (Umschal-
Hin terstrangsystems. Sie verlaufen ohne Umschal- tung in den gleichnamigen Hinterstrangkernen
tung auf der gleichen Seite des Rückenmarks (ipsi- und anschließende Kreuzung im lemniscus medi-
lateral) aufwärts bis zu den Hinterstrangkernen in alis).
der Med ulla oblongata (auch Bulbus genannt. da -
her der Name spinobulbaris ).
Der Tractus spinobulbaris ist somatotop gegliedert: Die Tractus spinothalamicus. spinoreticularis und
Im oberen Brust- und im Halsmark liegen d ie spinomesencepholicus
Axone aus der unteren Rumpfhälfte und aus den ln diesen beiden Tractus ziehen Axone des zweiten
Beinen medial und bilden den Fasciculus gracilis Neurons innerhalb der jeweiligen somatosensiblen
(Goll-Strang). Die Axone aus der oberen Rumpf- Neuronenkette. Ihre Perikaryen liegen - mit weni-
hälfte und aus den Armen liegen lateral und for- gen Ausnahmen (s. Tractus spi noreticularis) - im
mieren sich zum Fasciculus cuneatus (Burdach- kontralateralen Hinterhorn des Rückenmarks meist
Strang). etwas ober- oder unterhalb der Höhe. auf der das
Die Untergliederung des Tractus spinobulbaris in Axon des ersten Neurons eintritt.
Fasciculus gracilis und Fasciculus cuneatus ergibt Der Tractus spinothalamicus leitet Temperatur- und
sich dadu rch, dass sich von unten nach oben neue Schmerzimpulse sowie grobe Druck- und Tastemp-
hinzutretende Fasern stets von lateral an lagern. findungen. Die grobe Mechanosensibilität wird
auch als .protopathische Sensibilität" bezeichnet.
84 4 Rückenmark (Medulla spinalis) Die Verschaltungen und Bahnen im Rückenmark

Die Umschaltung vom ersten (Perikaryon im Spinal- Die in den spinozerebellären Bahnen zusammenge-
ganglion) auf das zweite Neuron (multi polare lagerten Nervenfasern sind Axone des 2. Neurons
Strangzelle) erfolgt im Hinterhorn auf der Eintritts- innerhalb der jeweiligen neuronalen Kette.
seite der Nervenwurzel (v. a. in den Laminae 1bis 111). Der Tractus spinocerebellaris posterior (Flechsig)
Besonders in Lamina I Iinden sich Neurone für die und weiter kranial auch die Fibrae cuneocerebella-
Schmerzweiterleitung. Die Axone der Strangzellen res (s. u.) leiten fein diskriminierende Informatio-
kreuzen in der Commissura alba anterior zur Gegen- nen aus kleinen rezeptiven Feldern (E Area le der
seite und steigen im Seitenstrang auf zum Thalamus. Körperperipherie. von denen jeweils ein sensibles
Der Tractus spinothalamicus wird häufig noch in Neuron erregt wird ).
einen (größeren) Tractus spinothalamicus lateralis Die aus der Hinterwurzel eingetretenen Axone zie-
für die Schmerz- und Temperaturleitung und einen hen ipsilateral im Hinterstrang einige Segmente
(kleineren) Tractus spinothalamicus anterior für auf- oder abwärts. Sie enden an den Strangzellen
die grobe Mechanosensibilität (und auch Schmerz) (als zweites Neuron) des Nucleus thoraclcus poste-
unterteilt. rior ( Nucleus dorsalis, Stilling-Ciarke), der sich von
Mit dem Tractus spinothalamicus anterior und von den Rückenmarkssegmenten Th I bis l2 erstreckt.
diesem nicht abgrenzbar verlaufen auch die Fasern Die von diesem Kern abgehenden Axone bi lden
der Tractus spinoreticularis und spinotectalis. den Tractus spinocerebellaris posterior. der ipsilore-
Die Strangzellen des Tractus spinoretlcularls haben rol im Vorderseitenstrang nach oben zieht. um
eine ähnliche Loka lisation wie die des Tractus spi- über den Pedunculus cerebellaris inferior das
nothalamicus. Ihre Axone verlaufen zunächst mit Kleinhirn zu erreichen.
dem Tractus spinothalamicus: dabei verlaufen eini- Afferenzen aus der oberen Körperhälfte ziehen
ge auch ungekreuzt. Im Hirnstamm verlassen die (über den Fasciculus cuneatus ) zusätzlich zum Nu-
Axone auf unterschiedlichen Höhen den Tractus deus cuneatus accessorius ( Monakow. entspricht
spinotha lamicus. um an Kerngebieten der Formatio dem Nucleus thoracicus posterior). Hier erfolgt die
reticularis zu enden. Von diesen Kernen ziehen Fa- Umschaltung auf das zweite Neuron. Die Axone
sern u. a. zu den intralaminären Tha lamuskernen ziehen ebenfalls ipsiloterol (als Fibrae arcuatae ex-
( unspezifische Schmerzverarbeitung). temae posteriores • Flbrae cuneocerebellares) über
Vergleichbar dem Tractus spinoreticularis lässt sich den Pedunculus cerebellaris inferior in das Spina-
noch ein Tractus spinomesencephallcus beschrei- cerebellum.
ben, der u.a. zum Teeturn mesencephali zieht und Der Tractus splnocerebellarls anterior (Gower) lei-
daher manchmal auch als Tractus spinotectalis be- tet Informationen aus größeren rezeptiven Feldern
zeichnet wird. Er verläuft zunächst zusammen mit (Sehnenspindeln, Haut) der unteren Körperhälfte.
dem Tractus spinoreticularis und Tractus spi notha- Die Axone des ersten Neurons aus der unteren Kör-
lamicus und ist auch rur die Schmerzweiterleitung perhälfte ziehen im ipsilateralen Fasciculus gracilis
von Bedeutung ( Projekti on auch zu den Kernen der zu Strangzellen im Jumbosakralen Rückenmark
inneren Augenmuskeln im Mesencephalon - Pu- (Laminae V bis VIII). Die meisten Axone der Strang-
pillenverengung bei Schmerzen). zellen kreuzen zur Gegenseite und bilden den Trac-
tus spinocerebellaris anterior, der in der Randzone
Die Troctus spinocerebellores (mit Fibroe cuneocere-
des Vorderseitenstrangs aufsteigt. Die gekreuzten
bel/ores)
Axone ziehen im Mittelhirn erneut zur Gegenseite
Ober das spinozerebelläre System erhält das Klein-
( Decussatio pedunculorum cerebellarium superio-
hirn (Spinocerebellum) Informationen über die Po-
rum ) und sind damit wieder ipsilocerol. Der Tractus
sition des Rumpfes und der Extremitäten und über
spinocerebellaris anterior zieht über den Peduncu-
den Tonus der Muskulatur. Die Informationen
lus cerebellaris superior ins Spinocerebellum.
stammen aus Propriozeptoren (Spannung und Deh-
Ebenso wie beim Tractus spinocerebellaris poste-
nung in Muskeln, Sehnen, Periost und Gelenkkap-
rior (s. Fibrae cuneocerebellares) gibt es auch für
seln) und Exterozeptoren der Haut (Druck, Vibrati-
den Tractus spinocerebellaris antericr ein Äquiva-
on. Berührung).
lent für die obere Körperhälfte. Die Strangzellen
4 Rückenmark (Medulla spinalis) Die Verschaltungen und Bahnen im Rückenmark 85

(zweites Neuron ) liegen im Nucleus cervicalis cen- Die nicht-gekreuzten Fasern formieren sich zum
tralis. Seine Axone bilden den Tractus spinocerebel- (dünnen) Tractus corticospinalis anterior, der ne-
laris superior, der ipsilaceral (über den oberen und ben der Fissura mediana anterior nach unten zieht.
unteren Kleinhirnstiel ) ins Spinecerebellum zieht. Die Fasern dieses Tractus kreuzen auf Höhe ihres
Kleine aufsteigende Bahnen lassen sich noch dem Zielsegments (über die Commissura alba anterior)
spinozerebellären System zuordnen: Der Tractus zur Gegenseite, d. h. in das kontralaterale Vorder-
spinoolivaris zieht kontralateral zu den Nuclei horn.
olivares accessorii. Von dort ziehen Axone mit dem
Tractus spinovestibularis. Über den Tractus spino-
vestibularis werden Impulse zu den Nuclei vesti bu- Alle Fasern des Tractus corticospinalis kreuzen, je-
lares und von dort zum Kleinhirn geleitet. doch auf unterschiedlicher Höhe: Die im Tractus
corticospinalis /atero/is verlaufenden Axone ent-
stammen dem kontralateralen Kortex, da die Kreuz-
Die spinozerebellären Bahnen kreuzen entweder ung bereits in der Decussatio pyramidum
gar nicht oder zwei Mal. stattgefunden hat, während die im Tractus cortico-
spinalis anterior zusammengelagerten Fasern erst
auf Rückenmarksebene kreuzen und somit aus ipsi-
/ateralen Kortexgebieten kommen.
Propriozeptive Störungen bei Kleinhirnläsionen tre-
ten aufgrund dieses Verlaufs der spinozerebellären Fa-
Die extrapyramidalen Bahnen
sern stets ipsilateral auf.
Die Funktionen des extrapyramidal-motorischen
Systems (s. S. 200) sind
4.3.2.2 Die absteigenden Bahnen unwillkürliche Steuerung/Koordination von Be-
Die langen absteigenden Bahnen ziehen im Vorder- wegungen
seltenstrang; dazu gehören somatornotorische und Regulation der Stützmotorik (aufrechte Körper-
vegetativ~ Bahnen. Bei c.!en somatornotorischen haltung)
Bahnen lassen sich die Pyramidenbahn und die ex- Regulation von unbewusstenfunwillkürlichen
trapyramidalen Bahnen unterscheiden. Während Mitbewegungen
die Pyramidenbahn ohne Umschaltung verläuft, mechanischer Ablauf erlernter Bewegungsmus-
sind die extrapyramidalen Bahnen meist polysyn- ter
aptisch. geordneter Ablauf von Willkürbewegungen (z. 8.
durch An- oder Entspannung von Muskelgrup-
Die Tractus carticaspina/es pen), d. h. das extrapyramidal-motorische Sys-
Die Tractus corticospinales bilden den größten Teil tem ist die Grundlage des pyramidal-motori-
der Pyramidenbahn und sind - mit Ausnahme der schen.
durch die Hirnnerven innervierten Muskulatur - Die extrapyramidalen Bahnen beginnen in subkor-
für die willkürliche Motorik verantwortlich tikalen Zentren. ziehen im Vorderseitenstrang des
(s. S. 199). Rückenmarks abwärts und enden über Interneu-
Die Axone aus verschiedenen (v. a. motorischen) rene oder direkt an a -Motoneuronen (und z. T.
Kortexgebieten sind die Fibrae corticospinales, von auch an '(-Motoneuronen).
denen die meisten (75- 90 %) am unteren Ende der Es werden folgende Bahnen unterschieden s. auch
Medulla oblongata in der Decussatio pyramidum s. 204:
zur Gegenseite kreuzen. - Tractus reticulospinalis: aus der Formatio reticu-
Diese gekreuzten Fasern bilden den Tractus cortlco- laris des Pons (pontine Fasern) und der Medulla
spinalis lateralis, der in der hinteren Hälrte des Sei- oblongata {medulläre Fasern)
tenstrangs nach unten verläuft. - Tractus vestibulospinales lateralis und medialis:
aus den Nuclei vestibulares, s. s. 217
86 4 Rückenmark (Medulla spinalis) Oie Verscha ltungen und Bahnen im Rückenmark

Tracrus tectospina lis: aus dem Colliculus supe- direkt an a -Motoneurone übermittelt (Glutamat
rior. s. S. 102 als Transmitter). Letztere erregen über motorische
Tractus rubrospinalis: aus dem Nucleus ruber. Endplatten. die Synapsen zwischen Nerv und Mus-
s. S. 101. kel mit Acetylcholin als Transmitter. denselben
Tractus olivospina lis: aus dem unteren Oliven- Muskel (-+ Kontraktion: Dehnungsreflex). Durch
komplex. s. S. 96. die Kontraktion erschlaffen die Muskelspindeln
und der Reflex ist beendet.
4.3.3 Der Eigenapparat und die spinale n Über Kollateralen der afferenten Fasern beim Deh-
Reflexe nungsreflex werden Inhibitorische Interneurane ak-
Im Eigenapparat sind Neurone innerhalb des Rü- tiviert. die Motoneurone von antagonistischen
ckenmarks synaptisch verbunden. Muskeln hemmen (-+ Anragonistenerschlaffung;
Die intersegmentalen Faserbahnen des Eigenap- reziproke antagonistische Hemmung).
parats l iegen vorwiegend als schmaler Streifen Die Eigenreflexe dienen der Kontrolle der Muskel-
(Grundbündel. Fasciculi proprii) direkt der grauen länge; dadurch kann die Länge von Muskeln kon-
Substanz an: Fasekuli proprii anterior. lateralis und stant gehalten werden (Haltetonus).
posterior (Abb. 4.7. s. S. 83}.
Die Fremdreflexe
Dazu kommen noch Faserbahnen. die in der wei-
Bei Fremdreflexen sind zwischen den afferenten
ßen Substanz zwischen den Bahnen des Verbin-
und efferenten Neuronen stets ein oder mehrere
dungsapparats liegen:
Interneurane und Strangzellen geschaltet.
- Fasciculus septomarginalis: ovales Bündel. am
Der polysynaptische motorische Reflex läuft über
Septum medianum posterius
mehrere Rückenmarkssegmente; Reiz und Antwort
Fasciculus lnterfascicularis. Schultze-Komma:
liegen - im Gegensatz zum Eigenreflex - nicht im
zwischen Fascilculus gracilis und cuneatus
gleichen Organ. Die Rezeptoren können in der
Fa.sciculus sulcomarginalis: schma les Faserbün-
Muskulatur. in Gelenken oder in der Haut liegen.
del direkt an der Fissura mediana anterior.
So führt ein Schmerzreiz distal am Bein zur Kon-
Die Eigenleistungen des Rückenmarks sind die spi-
traktion der Flexoren (-+ Zurückziehen des Beines;
nalen Reflexe. die unabhängig von supraspinalen
Flexorreflex). Gleichzeitig kann es am kontralatera-
Zentren ablaufen können (unwillkürlich, unbe-
len Bein zu einer Streckung kommen (-> Übernah-
wusst). Der Eigenapparat steht aber auch unter
me der Körperlast; gekreuzter Extensorenretlex).
dem Einfluss supraspinaler Zentren. durch die z. B.
eine Hemmung der Reflexe möglich ist. Bei den
spinalen Reflexen werden unterschieden:
Pathologische Reflexe: Neben den in Tabelle 4.3 auf-
- somatische Reflexe: Eigenreflex und Fremdreflex
- viszerale Reflexe (Eingeweidereflexe) geführten physiologischen Fremdreflexen, sind auch
wichtige pathologische Reflexe Fremdreflexe. Ein Bei-
- gemischte Reflexe.
Bei einigen Reflexen sind intersegmentale Faserver- spiel hierfür ist der Babinski-Reflex, der auf eine
Schädigung der Pyramidenbahn hindeutet (daher
bindungen, die durch Strangzellen gebildet werden.
spricht man auch von sog. Pyramidenbahnzeichen, zu
beteiligt.
denen noch einige andere pathologische Fremdreflexe
zählen): Beim Bestreichen der lateralen Fußsohle
4.3.3.1 Oie somatischen Reflexe
kommt es zur Dorsalextension der Großzehe (und
Der Muskeleigenreflex meist Spreizen der übrigen Zehen). Diese Reaktion
Der Eigenreflex basiert auf dem einfachsten Reflex- tritt physiologischer Weise nur bei Kindern vor dem
bogen, bei dem afferente (sensible) und efferente zweiten Lebensjahr auf. solange die Pyramidenbahn
(motorische) Neurone über eine Synapse verbun- noch nicht vollständig myelinisiert ist; bei älteren Kin-
den sind (monosynaptischer Reflex). Die afferenten dern oder Erwachsenen ist dieser Renex als patholo-
Signale kommen aus Muskelspindeln (= Dehnungs- gisch anzusehen.
rezeptoren. s.S. 255) und werden im Rückenmark
4 Rückenmark (Medulla spinalis) Die Verschaltungen und Bahnen im Rückenmark 87

Klinisch wichtige Muslcelelgenreflen (MER)


Auslösung Erfolg RM-Segmente peripherer Nerv
Bizepssehnenreflex Schlag auf die Sehne Kontraktion des M. biceps brachii C5-C6 N. musculocutaneus
des M. biceps brachii ( Kennmuskel für CS' und C6 ' ')
- Flexion im Ellenbogengelenk
Trizepssehnenreflex Schlag auf die Sehne Kontraktion des M. triceps brachii C6- C8 N. radialis
des M. triceps brachii (Kennmuskel für C7)
- Extension im Ellen~~elenk
Patellarsehnenreflex Schlag auf das Kontraktion des M . quadriceps L2- l4 N. femoralis

Achillessehnenreflex

• zusammen mit M. deltoldeus


lig. patellae

Schlag auf die


Achillessehne
femoris (Kennmuskel für L4)
- Extension im Kni~elenk
Kontraktion des M. triceps surae
( Kennmuskel für S1)
- Extension im Sprunggelenk
L5- S2 N. tibialis
l
• • zusammen m it M. bretdlioradialis

Klinisch wichtige Fremdreflexe


Reflex Auslösung Erfolg RM·Segmente beteiligte Nerven
Bauchhautreflex Bestreichen der Bauchhaut Kontraktion der Bauch· Th6- Th8 (oberer BHR) N. subcostalis
(BHR) (schnelle Bewegung von muskein Th8- Th 10 (mittlerer BHR) N. iliohypogastricus
lateral Richtung Medianlinie) ~ Ziehen der Bauchhaut Th 10- Th 12 (unterer BHR) N. ilioinguinalis
zur gereizten Seite
Kremasterreflex Bestreichen der Innenseite Kontraktion des L1-l2 N. genitofemoralis
des Oberschenkel M. cremaster
Analreflex Bestreichen der Perianal Kontraktion des S3-S5 N. anococcygeus
region M. sphincter ani externus N. pudendus

gestellung besonders der Beine mit Hyperrefle-

Traumatische Rückenmarksläsion: Durch Traumata xie und positivem Babinski-Reflex (Bestreichen

kann es entweder zum kompletten oder halbseitigen der lateralen Fußsohle)

Querschnittssyndrom kommen: - Rückenmarksautomatismen (Retraktionsreflex,

Komplettes Querschnittssyndrom: Das akute Sta- ausgelöst durch passive Fieletion und Supination
dium ist gekennzeichnet durch den sog. spinalen des Fußes)

Schock. Darunter versteht man eine komplette - Die Sensibilitätsstörungen bleiben unverändert

schlaffe Lähmung, Ausfall der Eigen- und Fremdre- wie im akuten Stadium.

flexe, vollständige Lähmung der Blase und des Halbseltensyndrom des Rückenmarks (Brown·

Darms und Sensibilitätsausfall (alle Qualitäten). ln Sequard): Auf der Läsionsseite unterhalb der

späteren Stadien äußert sich das Querschnittssyn- Schädigungshöhe treten auf: spastische Parese,

drom anders: Bedingt durch den Ausfall supraspi- gesteigerte Eigenreflexe, Aufhebung der feindiskri-

naler Afferenzen zu den Rückenmarksneuronen minierenden Sensibilität und der Tiefensensibilität.

werden letztere durch spinale Afferenzen stärker Auf der Gegenseite liegt eine Störung der

erregt, sodass folgende Symptome resultieren: Schmel4· und Temperaturempfindung (dissozi-


ierte Senslbilitäts- oder Empflndungsstörung)
- spastische Paraplegie (Parese der Beine bei
Brustmarkläsionen) bzw. Tetraplegie (Parese der kaudal der Läsionshöhe vor.

Arme und Beine bei Halsmarkläsionen) mit Beu-


88 4 Rückenmark (Medulla splnalis) Die Verschaltungen und Bahnen im Rückenmark

4.3.3.2 Die viszeralen Reflexe Kaudasyndrom: Ist die Cauda equina geschädigt (z. B.
Durch viszerale (oder besser: viszeroviszerale) Re- durch einen medialen Bandscheibenvorfall), tritt zu·
flexe können verschiedene Reaktionen hervorgeru- sätzlich zu o.g. Symptomen eine beidseitige Lähmung
fen werden: Beispielsweise können von Eingewei- der Beine (Paraparese). Die radikulären Sensibi-
derezeptoren Signale zum Rückenmark gehen. die litätsstörungen erstrecken sich ebenfalls bis zur unte-
dort auf präganglionäre Neurone weitergeleitet ren Extremität.
werden und dann nach Umschaltung auf posrgan-
glionäre Neurone (im PNS) z. B. in der Haut eine 4.3.3.3 Die gemischten Reflexe
Ger.tßreaktion auslösen (-. Rötung eines Hautge- Diese Reflexe basieren darauf. dass auf Rücken-
biets. viszerakutaner Reflex). Auch kann eine visze- marksebene
rale Afferenz Druck oder Spannung zum ROcken- Kollateralen von Viszeroafferenzen zu Somatoef-
mark melden, was dann eine reflektorische ferenzen oder
Anspannung (Spasmus) der glatten Muskulatur Kollateralen von Somatoafferenzen zu Viszeroef-
auslöst (..... kolikartige Schmerzen z. B. bei Gallen- ferenzen ziehen.
steinen). Bestimmte viszerale Reflexe werden über Beim vlszeromotorlschen Reflex gelangen Schmerz-
sympathische und parasympathische Zentren (spi- signale aus inneren Organen zu a-Motoneuronen.
noviszerale Reflexzentren) gesteuert: Letztere rufen eine Kontraktion der ipsilateralen
Centrum clllosplnale: Sympathikus an der Gren- Bauchwandmuskeln hervor (Abwehrspannung).
ze zwischen Hals- und Brustmark - Pupillener- Beim kutiviszeralen Reflex gelangen Signale aus
weiterung und Öffnu ng der Lidspalte (s. S. 222) der Haut (z. B. aus Temperaturrezeptoren bei thera-
Centrum veslcosplnale: Sympathikus im Lum- peutischer Wärmeapplikation) an Viszeroefferen-
balmark (Ll - L2 ) ..... tonischer Verschluss des zen (für Viszeramotorik _. reflektorische Entspan-
Hamblasensphinkters; Parasympathikus im Sa- nung von Eingeweidemuskulatur).
kralmark (S2-S4) -. Förderung der Harnblasen-
entleerung 4.3.4 Der übertragene Schmerz
Centrum anosplnale: Lage wie Centrum vesico- Grundlage des sog. übertragenen Schmerzes ist.
spmale. Sympathikus ..... Verschluss des Anus dass Viszeroafferenzen und Schmerzafferenzen aus
(tonischer Verschluss des Sphinkters). Parasym- der Haut auf dieselben Strangzellen des Rücken-
pathikus .... Kontraktion der Muskulatur im dis- marks (-> Tractus spinothalamicus) treffen. Da die
talen Kolon und Rektum sowie Erschlaffung des supraspinalen Strukturen ..gelernt" haben. dass
Sphinkters Schmerzen meist von der Körperoberfläche kom-
Centrum genltosplnale: Lage wie Centrum vesi- men. kommt es bei Signalen aus den Viszera-
cospinaie. Parasympathikus _. Erektion. Sympa- afferenzen zu Schmerzen oder gesteigerter
thikus ..... Ejakulation. Berührungsempfindlichkeit in definierten segment-
Diese Zentren unterliegen der Steuerung durch bezogenen Hautarealen (Head-Zonen). Beispiels-
obergeordnete Zentren (z. B. pontines Mlktionszen- weise treten bei Angma pectoris oder Herzinfarkt
trum. s. S. 104). Schmerzen an der Innenseite des Oberarms und in
einem gürtelförm1gen Areal links am Thorax auf.
I KhnischN Bt."zug
Konussydrom: Bei isolierter Schädigung des Conus
medullarls (entspricht den Rückenmarkssegmenten
S3- S5). z. B. durch einen Tumor oder massiven Band·
scheibenvorfall in Höhe der Wirbel L 1/L II, kommt es
zu Mlktlons-. Defäkations- und Sexualfunktionsstörun·
gen. Zusätzlich sind Sensibilitätsstörungen im periana·
len Bereich und an den Oberschenkelinnenseiten
charakteristisch (.Reithosenanästhesie").
4 Rückenmark (Medulla spinalis) Die Verschaltungen und Bahnen im Rückenmark l9

....
_
v
Check-up
Rekapitulieren Sie, welche Funktionen die
lnterneurone des Rückenmarks haben und
über welche Transmitter sie wirken.
v Machen Sie sich klar, welche Bahnen im
Vorderseitenstrang verlaufen.
v Wiederholen Sie zu den wichtigsten im
Rückenmark verlaufenden Bahnen, ob bzw.
auf welcher Höhe sie kreuzen.
v Überlegen Sie in diesem Zusammenhang,
wie sich ein Halbseitensyndrom des
Rückenmarks äußert und wie dies zustande
kommt.
v Machen Sie sich klar, welche Bahn ihren Ur-
sprung im Nucleus thoracicus posterior des
Hinterhorns (Nucleus dorsalis, Stilling-Ciar-
ke) hat.
.'

'

'
I Klinischer Fall

Hirnstamm in Gefahr Am nächsten Morgen wird dem Professor auf dem


Weg ins Badezimmer wieder schwindelig. Den
Schwindel begleiten diesmal Übelkeit und Doppelbil·
der. Als der 73-Jährige die Küche betritt, um seiner
Frau von den Beschwerden zu erzählen, wird ihm
schwarz vor den Augen - er kollabiert.

Ein Fall für den Notarzt


.Bitte EKG, Blutdruck. Pulsoxymeter, BGA, Monito·
ring. Ich nehme gleich Blut ab". tönt die Stimme des
Assistenzarztes Dr. Kaminski in der Notaufnahme. Er
übernimmt den Patienten vom Notarzt und studiert
den Notfallbericht: .Dysarthrie, Schwindel, Doppelbil·
der, Synkope. Bei Ankunft Pat ient nicht ansprechbar,
im RTW wach, aber verwirrt. Tetraparese, Okulomo·
toriusstörung beidseits, RR 190/90, HF 88/min, 0 2•
Der fehlenden angiographischen Darstellbarkelt der A. basila· Sättigung 97 %. • Frau M. berichtet, dass ihr Mann vor
ris liegt ein proximaler Verschluss des Gefäßes zugrunde etwa einer Stunde die Küche betreten, .wirres Zeug"
(0). Zudem besteht hier eine einseitige distale Vertebralis·
stenose. gesprochen habe und plötzlich umfiel. Sie habe so·
fort den Notarzt gerufen.
Der Hirnstamm hat drei Abschnitte: verlängertes
Mark (Medulla oblongata) , Brücke (Pons) und Mittel· Blutungsausschluss im a
hirn (Mesencephalon). Im Hirnstamm befinden sich Dr. Kaminski stellt differenzialdiagnostische Überle·
unter anderem das Atem· und das Brechzentrum, gungen an und konsultiert einen erfahrenen Ober·
die Kreuzung der Pyramidenbahn und Hirnnerven· arzt. Die zunehmende Somnolenz, verbunden mit
kerne. Läsionen im Hirnstammbereich sind immer Lähmung aller vier Extremi täten, Sprechstörungen,
schwerwiegend. Blutungen, Traumen oder lschä· Schwindel und Doppelbildern lassen die Ärzte einen
mien zählen zu den Ursachen der Schädigungen. Prozess in den hirnstammversorgenden Arterien ver·
muten. Jetzt muss es schnell gehen: Um eine Blutung
Schwindel und Sprechstörung auszuschließen, lassen sie bei Herrn M. eine Compu·
Norbert M. ist Professor aus Leib und Seele. Obwohl tertomographie des Schädels anfertigen. Das Cl-Bild
er längst nicht mehr arbeiten müsste, hält der 73· zeigt, dass keine Blutung stattgefunden hat.
jährige Physik-Dozent noch immer Vorlesungen an
der Universität. Wie gewöhnlich ist auch heute sein Entscheidung: lyse
Hörsaal voll. Doch etwas stimmt nicht: Während er Da die Prognose ohne Therapie sehr schlecht ist. ent·
die Versuchsreihe zum Energieerhaltungssatz auf· scheiden sich die behandelnden Ärzte für eine Angle-
stellt. wird Herrn M. plötzlich schwindelig. Einen Au· graphie der hirnstammversorgenden Gefäße. Wäh-
genblick lang kann er Worte, die er im Kopf formu· rend der Untersuchung sehen sie, dass der Blutfluss
liert hält, nicht richtig aussprechen. Silben, die seine innerhalb der Arteria basilaris unterbrochen ist. Ein
Li ppen verlassen, hören sich verschwommen an - als Blutgerinnsel verstopft das Gefäß. Um es zu zer·
wäre er nicht in der Lage, die Sprechmuskeln zu ko· stören, spritzen die Ärzte die Substanz rtPA in die Ar·
ordinieren. Gleichzeitig bemerkt er ein Taubheits· terie hinein. Auf diese Weise gelingt es ihnen, den
gefühl im Gesicht. Nach ein paar Sekunden sind die Thrombus aufzulösen.
Störungen verschwunden. Trotz der erfolgreichen Lyse-Therapie geht es Norbert
M. noch lange Zeit nicht gut. Nach einem halben Jahr
Übelkeit und Doppelbilder Rehabilit ationsarbeit reicht seine Muskelkraft immer
Der Gedanke daran, dass mit seinem Kopf vielleicht noch nicht aus, um ohne Hilfe zu stehen. Physik-Vor·
etwas nicht stimmt, lässt Norbert M. keine Ruhe. Un· Iesungen wird der engagierte Dozent in nächster Zeit
mittelbar nach der Vorlesung ruft er bei einem Neu· auf keinen Fall halten können, aber er weiß, wie
rologen in der Stadt an und vereinbart einen Sprech· glücklich er sich schätzen kann, eine Basilaristhrom-
Stundentermin für den folgenden Tag. bose überlebt zu haben.
5 Hirnstamm (Truncus encephali) Der Überblick 93

5 Hirnstamm (Truncus encephali) kerne sind kompliziert und werden. genau wie d1e
sich über den gesamten Hirnstamm erstreckende
5.1 Der Überblick Formatio reticularis. systematisch besprochen
(s. S. 108 und S. 102). Das Tectum ist nur im Mit-
Zum Hirnstamm gehören das verlängerte Mark telhirn vorhanden (i n Form der Vierhügelplane ....
(Medulla oblongata). die Brücke (Pons) und das Schaltstellen im visuellen und auditarischen Sys-
Miltelhirn (Mesencephalon). Somit grenzt der tem). Im Bereich der Medulla oblongata und des
Hirnstamm kaudal an das Rückenmark (S. 75) und Pons können die Vela medullaria als eine Art Relikt
kran1al an das Zwischenhirn (Diencephalon. S. 129). der drillen Schicht angesehen werden.
Der Hirnstamm gliedert sich grundsätzlich in drei
1/Jngs orientierte Schichten. die jedoch nur im Me- <»
sencephalon voll ausgebildet sind (Abb. 5.1): ~A., Die jeweils charakteristischen Strukturen,
- Basis (anterior) die dem Inneren Aufbau der einzelnen Abschnitte
- Tegmentum (Haube, miniere Schicht) und damit Ihrer durchgängigen Gliederung ln
- Teeturn (posterior). längs orientierte Schichten zugrunde liegen,
Die Basis enthält vor allem absteigende motorische können Sie am besten ln Querschnitten sehen
Fasern. Im Tegmentum findet sich eine Mischung (Medulla oblongata: Abb. 5.4, S. 96, Pons: Abb. 5.5,
aus we1ßer und grauer Substanz. ln der weißen S. 98 und Mesencephalon: Abb. 5.6, S. 1 00). Ver·
Substanz verlaufen zum einen kürzere Faserbündel, gleichen Sie die Form der Querschnittsbilder un·
die innerhalb des Hirnstamms Verbindungen her- terelnander und versuchen Sie. die verschiedenen
stellen. zum anderen auch lange auf- und abstei- Kerne und Bahnen Innerhalb der Abschnitte zu
gende Bahnen. d1e durch den Hirnstamm hindurch benennen.
Ziehen. Die graue Substanz besteht u. a. aus den
Kernen der Hirnnerven 111- XII, der Formatio reticu- Der Hirnstamm ist dorsal über drei Stiele mit dem
laris. Pons-Kernen. Nucleus ruber und Substantia Kleinhirn verbunden (Pedunculi cerebellares aus
nigra. Anordnung und Funktion der Hirnnerven- Faserbündeln zum und vom Kleinhirn. s. S.124).

1 Teerum mesencephali
2 Mesencephalon
3 Aqueductus mesencephalo
4 Velum medullare superius
2 5 Kleinhirn
10 6 VE.>Ium medullare lnferius
7 Medulla oblongata
8 IV. Ventrikel
3 9 Pons
10 111. Ventrikel (im D1encephalon)
4
9
5
6

8
7

Abb. 5.1 Medianschmu durch den Hirnslamm


Die unterschiedlich eingefarblen längs onen!Jerten Sdliehten liehen sich durch die drei Abschnitte hindurch. Dabei ist die
h1ntere vor allem Im Mesencephalon ausgebildet (Tectum mesencephalo) wahrend weiter kaudal das Kleinhorn dem Hirnstamm
dor~l .,liegt.
94 5 Hirnstamm (Truncus encephall) Die Med ulla oblo ngata

Telencephalon: Hirnnerwn mit Austritt


1 1 Tractus olfactorius aus dem Hlrnstamm:
2 Diencephalon: N. trochlearis (IV)
Chiasma opticum N. abducens (IV)
N. optocus (II) N faciahs (VII) mit
4 lnfundibulum N. intermedius
4 N. vestobulocochlearis (VIII)
5 5 Corpus mammillare
1 N. glossopharyngeus {IX)
6 Mesencephalon: 1 l N. vagus (X)
2~
6 Fossa interpeduncularis '0 N. accessorius (XI)
~.... 11 7 Crus cerebri }I N. hypoglossus (XIII)
23 N. trlgemlnus (V) mit:
22 8
Pons:
8 Sulcus basilaris J J Radix motoria
Rad ox sensoria
Medulla oblongata: N. oculomotorios (I II)
9 Fissura mediana anteroor
10 Decussatio pyramidum Splnalnervenwurzeln:
11 Sulcus anterolateralos Radox anterior n. spinalis 1
13 12 Oliva und2
21 13 Pyramis
12 19
11
18
u
9
b
10

Abb. 5.2 Ansicht des Hirnstamms mit angrenzenden Strukturen von vom

5.2 Die Medulla oblongata kennbare Grenze in das ROckenmark über (daher
..verlängertes· Mark).
;
...... Lerncoach
Vorne liegt in der Mittellinie die Flssura mediana
anterior (vom Rückenmark bis zum Unterrand der
Konzentrieren Sie sich beim lesen des folgen- Brücke). Kran ial endet die Fissur mit einer kl einen
den Abschnitts besonders auf die Lage und Ervvei teru ng (Foramen caecum).
Verbindungen folgender charakteristischer Beidseits der Fissur findet s1ch ein Längswulst aus
Strukturen der Medulla oblongata: Kreuzung Fasern der Pyramidenbahn (S. 200). die Pyramis
der absteigenden Pyramidenbahn, Hinter· (Pyramide). Am unteren Ende der Medulla oblonga-
strangkerne als Umschaltstation für aufs tel· ta befinden sich klemere schräg orientierte Bündel
gende Bahnen aus dem Rückenmark und un- kreuzender Fasern zw1schen den Pyramiden: Decus-
terer Olivenkomplex. satio pyramidum (Pyram1denkreuzung. Abb. 5.2).
Hier kreuzen Fasern des Tractus corticospinalis zur
5.2.1 Die lage und Oberfläche der Medulla Gegenseite (S. 85).
o blongata Seitlich wölben sich im oberen Teil hinter den Pyra-
Die Medulla Oblongara (verlängertes Mark. manch- miden die Oliven vor. Zwoschen Pyramide und Oli-
mal auch als Bulbus bezeichnet) ist birnenförmig ve liegt der Sulcus anterolateralis (oder Sulcus
und ca. 3 cm lang. Sie reich t definitionsgemäß vom preolivaris ).
Unterrand der Brücke bis oberhalb des AustrittS Hier treten die Wurzelr.lden des N. hypoglossus
des ersten Spinalnerven und geht hier ohne er- aus. Hinter der Olive verlassen die Wurzelfasern
des N. glossopharyngeus. N. vagus und N. accesso-
5 Hirnstamm (Truncus encephali) Die Medulla oblongata 95

Oiencephalon:
1 Vcntroculus tertius
2 2 Glandula pinealis
3 Pulvinar
4 Corpus geniculatum
mediale (CGM)
5 Corpus geniculatum
laterale (CGL)
4
Mesencephalon:
6 Colliculus superior
3 7 Brachium coUoculi
superooris
5 8 Colliculus inferior
8 9 Brachium colliculo
9 inferioris
'1 10 Pedunculus cere-
10 12 I bellaris Superior
1 N. trochlearis (IV)
13 21
Pons:
22 12 Velum medullare
14 superius Rautengrube:

---
23 13 Pedunculus cere- 21 Eminentia medialis
18 bellaros medius 22 Colloculus facialis
24 25 23 Striae medullares
26 Medulla oblongata: ventriculi quarti
15 17 14 Pedunculus cerebellaris 24 Area vestibularis
inferior 25 Trigonum nervi
16 hypoglossi
15 Area postrema

20
-- 19
16 Obex
17 Tuberculum gracile
18 Tuberculumcuneatum
26 Trigonum nervi
vago

19 Sulcus medianus
posterior
20 Sulcus intermedius
t___!>OSter_io_r_ __
Abb. 5.3 Ansicht des Hirnstamms mit angrcnlenden Strukturen von hinten

rius (seme Radix cranialis) im Sulcus retroolivarls tung mechanorezepttver und propriozeptiver Infor-
das Gehtrn. malton enthalten (s. S. 206).
Dorsal erkennt man als Fortsetzung der hinteren Ore betden Tubercula sind am Unterrand der Rau-
Rinne des ROckenmarks den Sulcus medianus pos- tengrube schräg nach oben-lateral ausgerichtet.
terlor. der etwa am Übergang zur oberen Hälfte der Sei tlich vom Tuberculum cuneatum findet sich das
Medulla oblongata an einer schmalen quer verlau- Oache Tuberculum trigeminale als Vorwölbung des
fenden Marklamelle (Obex) endet (Abb. 5.3). Beid- spinalen Trigeminuskerns (s. S. 111 ).
seirs des Sulcus medianus postenor hegen die bei- Vom oberen Teil der Medulla oblongata steigt der
den Hmterstränge aus dem Rückenmark: medial untere Kleinhirnstiel (Pedunculus cerebellaris mfe-
der fasdculus gracills (Goii-Strang, Fasern aus der nor. s. S. 124) nach dorsal zum Klemhirn auf. Der
unteren Körperhälfte) und lateral der Fasdculus cu- obere mittlere Teil der Dorsalseite der Medulla bil-
neatus (Bu rdach-Strang, Fasern aus der oberen Kör- det einen Teil der Rautengrube (s. S. 176).
perhälfte); zwischen beiden liegt der nache Sulcus
intermedius posterior. Die beiden Faszikel, die zur
Hinterstrangbahn gehören, enden jeweils mit einer
I'MI'dß'
Die Oberfläche der Medulla oblongata wird ventral
Anschwellung: Tuberculum gracile und Tuberculum durch die Pyramiden und Oliven geprägt. dorsal
cuneatum, dte den Nudeus gracllls und Nudeus cu- durch die Tubercula gracile und cuneatum.
neatus als wichtige Umschaltstattonen ffir die Lei-
96 5 Hirnstamm (Truncus encephall) Die Medulla oblongata

1 IV. Ventrikel
. - - - -- - 2 Weifl• Sul 1 n
> Tractus solitarlus
Pedunculus cerebcllarls inferior
fasciculus longotudtnahs mediahs
N . vagus
--4 Tractus sponothalamocus
Lemniscus medialis
N. hypoglossus

111 5 J Pyramidenbahn
Graue Substanz:
10 Nd. olivaris accessorius medialis
11 Nd. raphes obscurus
12 formatio retiCularis
13 Nd. olivans principahs
14 Nd. olivans accessonus postenor
15 Nd. ambiguus
13 16 Nd. n. hypoglossl
12 - --'\.. 17 Nd. posterior n. vagI
18 Nd. spinaUs n. trigemini
11 - - - - 19 Ncl. tractus solitarll
---8
20 Nd. cuneatus
10 - - 21 Nd. vestibularis tnlerior___ ___,
Abb. 5.4 Querschnin durch die Medulla oblongata mit Darstellung der Keme (links) und Fasersysteme (rechts)

<Z> - das Olivensystem (Relaiskern im motorischen


.,.A.,Die genaue funktionelle Bedeutung dieser System. s. u.)
Strukturen erfahren Sie in Kapitel 11 (S. 199). Sie zahlreiche Faserbahnen: lange aufsteigende Bah-
können sich jedoch jetzt schon merken, dass die nen (z. B. Tractus spinothalamicus, s. S. 83) und
ventral gelegenen Strukturen Im Dienste der Mo· Bahnen, die in nerhalb des Hirnstamms verlaufen
torik stehen und die dorsalen eine wichtige Funk· (z. B. Tractus tegmentalis centralis. s. u.).
tlon im Rahmen der Sensibilität haben.
5.2.2.2 Das Olivensystem (Complexus olivaris
inferior, Nuclei oliva res inferiores)
5.2.2 Die Gliederung und der innere Aufbau
der Medulla o blongata <Z>
Das verlängerte Mark gliedert sich in: .,.A., Lassen Sie sich nicht durch die verschiede-
- anteriores Areal und nen Begriffe, deren Bezeichnung den Wortteil
- Tegmentum. .olivaris" trägt, verwirren. Da die Im Folgenden
Dorsal ziehr das Velum medullare inferior zum beschriebenen Kerne die an der Medulla oblonga-
Kleinhirn. ta beidseits sichtbare Olive bedingen, ist im All·
gemeinen der untere Olivenkomplex gemeint,
5.2.2.1 Die Strukturen im anterioren Area l und wenn von der .Olive" gesprochen wird. Achten
im Tegmentum der Medulla oblongata Sie darauf, dass Sie ihn nicht mit dem oberen
Das anteriore Areal besteht aus Fasern der Pyrami- Olivenkomplex verwechseln, der zur Hörbahn
denbahn (Tractus corticospinalis). gehört und Im Pons liegt.
Im Tegmentum, dem größten Teil der Medulla ob-
longata. liegen (Abb. 5.4): Der Complexus olivaris inferior bestehr aus dem
- die Kerne der Hirnnerven VIII b1s XII und teil- Hauptkern (Nucleus olivarfs prfnclpalls) und den
weise von V Nebenoliven ( Nuclei olivares accessoril posterior
- Anteile der Formauo reticulans (s. S. 102) und medialis ~
97
r 5 Hirnstamm (Truncus encephali) Der Pons

Der Hauptkern hat die Fonn emes Beutels mit ge- 5.3 Der Pons
falteter Wand, der nach medial geöffnet ist Die
Öffnung wird als Hilum bezeichnet: hier liegt auch G
..... Lerncoach
der Nucleus olivaris accessorius med ialis. Der pos- Auffällige Strukturen Im Pons sind vor allem
teri ore Nebenkern liegt dorsal vom Hauptkern. die Brückenkerne mit Ihren Afferenzen und
Die wesentlichen Afferenzen des Olivenkomplexes Efferenzen, das innere Fazialisknie und das
stammen aus dem Corpus trapezoideum. Beachten Sie beim Ler-
Nucleus ruber (Pars parvocellularis. s. S. 101 ) des nen der Brückenkerne die Verbindungen zum
Mittelhirns über den Tractus tegmentalis cen- Cerebellum über den mittleren KleinhirnstieL
tralis (zentrale Haubenbahn) und
- Rückenmark über den Tractus splnoolivaris. 5.3. 1 Die Lage und Oberfläche des Pons
Weitere Afferenzen kommen aus der Hirnrinde Der Pons (die Brücke) liegt zwischen Medulla ob-
(Tractus cortlcoolivaris, verl~uft mit dem Tractus longata und Mesencephalon und ist ca. 2,5 cm lang.
corticospinalis) sowie auch aus dem Coll iculus Su- Auf der vorderen Seite wölben sich quer verlaufen-
perior. aus der Formatio reticularis. aus dem zen- de Faserbündel vor. die seitlich zum mittleren
tralen Hohlengrau und aus dem Kleinhirn. Klemh1rnstiel konvergieren (s. Abb. 5.2. S. 94 ). Au-
Die (exZitatonschen) Efferenzen des Olivenkomple- ßerdem wird rechts und links ein Längswulst (•
xes b1lden den Tractus olivocerebellaris. Sie kreu- Vorwölbung du rch d1e Pyramidenbahn) sichtbar.
zen zur Gegenseite. ziehen durch den Pedunculus Zwischen diesen beiden Wülsten liegt eine längs
cerebellaris inferior und enden nach Abgabe von verlau fende Furche. der Sulcus basilaris (rür die A.
Kollateralen zu den Kleinhirnkernen als Kletterfa- basilaris ). Seit/ich tri tt der N. trigeminus aus (late-
sern in der Kleinhirnrinde (s. S. 122). Damit sind ra l der Längswülste, an der Grenze von Brücke und
die Oliven an der Koordination und der Feinabstim- mittlerem Kleinhimstiel). 01e Dorsalfläche des Pons
mung (Prazision) von Bewegungen beteiligt. Eine w1rd erst nach Abtragung des Kleinhirns sichtbar
weitere Efferenz des Olivenkomplexes sind die ex- (s. Abb. s.3. S. 95). Sie bildet die obere Häl fte der
trapyramldal-motorischen Fibrae olivospinales Rautengrube (S. 176).
(• Tractus olivospinalis. s. S. 205).
5.3.2 Oie Gliederung und der innere Aufbau
des Pons
Der untere Olivenkomplex erhält Informationen Von den längs orientierten Schichten (s. S. 93) sind
aus versch1edenen Zentren, die im Rahmen der im Pons prominent ausgebildet:
Motorik von Bedeutung sind. Durch die Verbin- - Pars basilaris pontls (Brückenfuß. anterior) und
dung zum Cerebellum (über den unteren Kleinhirn- - Tegmentum pontls ( Brtickenhaube~
stiel) kann er die Koordination und Im Querschnittsbild durch die Brücke kann man
Feinabstimmung von Bewegungen beeinflussen. die za hl reichen hier liegenden Strukturen erkennen
(Abb. s.s).
<I> Ferner liegt dorsal das Velum medullare superius
_.W.._ Check-up (• Te1 l des Dachs des IV. Ventrikels. s. S. 176).
II' Rekapitulieren Sie, welche Strukturen die
Oberfläche der Medulla oblongata prägen. 5.3.2.1 Oie Pars basilaris pontis
II' Wiederholen Sie zum unteren Olivenkom- ln der Pars basilaris der Brücke hegen
plex - weiße Substanz in Form der Fibrae ponris longi-
- die Herkunft seiner verschiedenen Affe- tudinales und Fibrae pon tis transversae sowie
renzen - graue Substanz in Form der zahlreichen Nuclei
- das Ziel seiner Efferenzen pomis (eingelagert zwischen den Fasern).
- welche dieser Faserbündel Sie benennen
können.
98 5 Hirnstamm (Truncus encephali) Der Pons

1 IV. Ventrokel
W• •• Sub,tan
Genu n. facialis
2 Tractus sp.nalis n. trigeminl
fasCICulus loogitudinalis medialis
- -1-10 Tractus tegmentalis cemralis

.._,....., ~~~-,
....-:-3
-l -11
Lemniscus medialis
Corpus trapezoideum
I 4 Fibrae pontis transversae (ribrae ponto·
I 5 cerebellares)
Fibrae pontis longitudinales (Fibrae cortico·
I
pontinae, corticospinales et corticonucleares)
Griue Substilnz:
10 Nd. n abducentis
11 Nd. n. facialis
12 Ncll. pontis
13 Nd. corporis trapezoidel
8 14 Ncl. olivaris superior
15 Formatio reticularis
16 Ncl. prlnclpalis n. trigem.ni
9 17 Nd. raphes magnus
18 Nd. vestobularis lateralis
19 Nd vesttbularis medialos
20 Nd. vestobularis superior

Abb. 5.5 Querschnitt durch den Pons mit Darstellung der Kerne (links) und Fasersysteme (rechts)

Die Fibrae pontls longitudinales sind die Fortset- 5.3.2 .2 D as Tegmentum pontis
zung der Faserbahnen. die in den Crura cerebri ln der Brückenhaube liegen:
(s. S. 99) verlaufen. also die Pyramidenbahn und die Kerne (zum Teil nur Kernanteile) der Hirn-
die koni kopontinen Fase rn. Die Pyramidenbahn nerven V, VI, VII. VIII
zerfallt beim Eintritt in den Pons in zahlreiche Fas- der Nucleus (oder Locus) caeruleus und weitere
zikel. die zwischen den Brückenkernen vertaufen Anteile der Formatio reticulans
und sich am Unterrand der Brucke wieder zusam- das Corpus trapezoideum (mit Nuclei corporis
menlagern. D1e kortikopontinen Fasern enden an trapezoideil
den Neuronen der Brückenkerne (Nudel pontls ). die Bahnen. die auch im Tegmen rum mesence-
Deren Axone verlaufen als Flbrae pontis transver- phali anzutreffen sind (s. S. 100).
~e quer zur Gegenseite und bilden dort den mitt- Der Nucleus c..eruleus bestehe aus noradrenergen
leren Kleinhirnsuel ( Pedunculus cerebellaris medi- Neuronen, d1e Neuromelanin (P1gment) enthalten.
us). llber den s1e die Kleinhirnnnde erreichen. Dadurch erschemt er blau-schwarz. Dreidimensio-
nal 1st der zur Formauo reticulans (s. S. 102) gehö-
rige Kern langgestreckt und dOnn. im Querschnitt
Die Nudel pontis sind eine wichtige Umschaltstati· punktförmig und liegt gleich unter dem Boden der
on für Bahnen aus dem zerebralen Kortex (Fibrae Rautengrube. Er projiziert u. a. zu nahezu allen ze-
fronto-, parieto- und temporopontinae). Oie Axone rebralen Kortexarealen und wirkt so an der Steige-
der Ponskerne kreuzen im Bereich der Brücke zur rung des Aufmerksamkeitsniveaus m1t (s. ARAS,
kontralateralen Se1te (Fibrae pontis transversae) s. 104).
und gelangen Im Pedunculus cerebellaris medius in
das Kleinhirn. Da diese kortiko-pontino·zerebelläre
Bahn wichtig fur die Feinabstimmung geplanter
Bewegungsablaufe ist, ist sie be1m Menschen be-
sonders mächtig ausgebildet.
5 Hirnstamm (Truncus encephali) Das Mesencephalon 99

Vorne erkennt man zwischen den beiden Crura ce-


Klinische Bedeutung des Nucleus caeruleus: Der Nu· rebri die Fossa interpeduncularis. die am Boden
cleus caeruleus spielt im Rahmen psychiatrischer Er· kleine Löcher als Eintrittsstellen für kleine Arterien
krankungen eine wichtige Rolle. aufweist (Substantia perforata posterior). ln der
Bei der Pathogenese der Depression kann ein Mangel Fossa interpeduncularis tritt der N. oculomotorius
an Noradrenalin von Bedeutung sein (Noradrenalinhy· aus (s. Abb. 5.2. S. 94).
pothese, zu der die Wirksamkeit noradrenerger Sub· Seiclicil ist die Oberfläche des Mesencephalon (im
stanzen als Antidepressiva passt). Bereich des Tegmentums) leicht vorgewölbt: Trigo·
Bei Morbus Alzheimer (s. auch S. 160) fi nden sich u. a. num lemnlscl lateralis. Hier verlaufen unmittelbar
neurodegenerative Veränderungen im Nucleus caeru· unter der Obernäche der Lemniscus lateralis
Ieus. (s. S. 106) und der Lemniscus medialis (s. S. 107).
Auf der Dorsalseite des Mittelhirns (s. Abb. 5.3,
Das Corpus trapezoideum gehört zur Hörbahn $. 95 ) findet sich die Vierhügelplatte (Lamina qua-
(s. S. 214). Hier kreuzen Fasern des Nucleus coch- drigemina oder Lamina tecti). Die zwei oberen Hü-
learis anterior zur Gegenseite. gel (Colliculi superlores) sind höher und breiter als
Eine Besonderheit im Pons ist der Verlauf der Fa- die zwei unteren (Colliculi inferiores). Von beiden
sern des N. facialis. Sie ziehen (vom Nucleus nervi Hügelpaaren ziehen nach lateral-oben makrosko-
facialis) um den Kern des N. abducens herum und pisch erkennbare Faserwülste (.. Arme"), die nahezu
bilden hier das innere Fazialisknie (Genu nervi fa- parallel verlaufen: Das Brachium colliculi superioris
cialis). Dadurch entsteht am Boden der Rautengru- zieht vom Colliculus superior zum Corpus genicu-
be der Colliculus facialis (s. Abb. 5.3. $. 95). latum laterale des Diencephalon (als Teil der Seh-
bahn). Das Brachium colllcull lnferioris verläuft
<I>
zum Corpus geniculatum mediale (als Teil der Hör-
_.W.. Check·up
bahn ).
v' Machen Sie sich noch einmal klar, in wel·
Am unteren Rand des Colliculus inferior tritt der N.
ehern Anteil der Brücke die Nudel pontis
trochlearis aus. Er ist der einzige dorsal austreten-
liegen und welche Bedeutung sie haben.
v' Rekapitulieren Sie, welcher Transmitter in de Hirnnerv und verläuft um die Seitennäche des
Mittelhirns herum nach vorne.
den Neuronen des Nucleus caeruleus vor-
kommt.
5.4.2 Die Gliederung und der innere Aufbau
des Mesencephalon
5.4 Das Mesencephalon Die drei Schichten (s. auch S. 93) sind auf Quer-
schnirtsbildern gut zu erkennen.
~
_... Lerncoach - Crura cerebri (zwei Hirnschenkel. anterior)
Im Mesencephalon (Mittelhirn) liegen mit - Tegmentum mesencephali (Haube)
dem Nucleus ruber und der Substantla nigra - Teeturn (Vierhügelplatte. posterior).
Kerngebiete, die auf den ersten Blick durch Das Tegmentum mesencepha li und die Crura cere-
ihre Farbe erkennbar sind. Achten Sie darü· bri werden zusammen als Pedunculi cerebri (Hirn-
ber hinaus auf das dorsal gelegene Tectum, stiele) bezeichnet.
das mit der Vierhügelplatte viel stärker ent·
wickelt ist als die dorsalen Schichten von 5.4.2.1 Die Crura cerebri
Medulla oblongata und Pons. ln den Hirnschenkeln verlaufen absteigende Bah-
nen von verschiedenen Arealen der Endhirnrinde
5.4.1 Die Lage und Oberfläche des zu Brückenkernen, zu Hirnnervenkernen und zum
Mesencephalon Rückenmark (Abb. 5.6). Diese Bahnen verlaufen in
Das Mittelhirn ist der kürzeste Teil des Hirn- folgender Anordnung von medial nach lateral
stamms (ca. 1.5 cm lang) und grenzt nach kranial durch die Crura cerebri:
an das Zwischenhirn (Diencephalon. s. S. 129).
100 5 Hirnstamm (Truncus encephali) Das Mesencephalon

24 - - - - - - . . . . .------ - - - - - 2 1 Aqueductus mesencephali


23 - - - - - - - - . , - - -- - - -- 3
>c~~l--,r~----------4
W••iße Substanz·
22 - - -- - , .-------5 2 Fasciculus longitudinalis medialis
------- - - 6 ' Fasciculus longitudinalis dorsalis
21----... ~ Tractus mesencephalicus n. trigemini
·~----7
2 o - -- -,( v----- 8
Tractus tectospinalis
6 Brachium colliculi inferioris
1 Tractus spinothalamicus
19 , lemniscus medialis
9 Tractus tegmentalis centralis
0 Decussationes tegmentales
(Bahnkreuzungen)
11 Crus cerebri:
12 Fibrae parietotemporopontinae
1 3 Fibrae corticospinales und
corticonudeares
17 >""-- - - - 14 14 Fibrae frontopontinae
L___.::s=:::::::...____ l 5 15 N.oculomotorius
16 16 Fossa interpeduncularis
Graue Substanz:
Substantia nigra mit:
17 Parsreticularis
18 Pars compacta
20 Formatio reticularis
19 Nd. ruber
2 1 Nd. n. oculomotorii
22 Nd. mesencephalicus n. trigemini
23 Substantia grisea centralis
24 Colliculus Superior

Abb. 5.6 Querschnitt durch das Mittelhirn auf Höhe der Collicull Superiores mit Darstellung der Kerne (links) und Faser-
systeme (rechts)

Fibrae frontopontinae (ganz medial. vom fronta- Mikroskopisch untertei lt man dieses große motori-
len Kortex zu den Pons-Kernen) sche Kerngebier in zwei Anteile. die sich hinsicht-
Fibrae corticonucleares (Bestandteil der Pyrami- lich ihrer Neurotransm itter, ihrer Verscha ltungen
denbahn. vom motorischen Korrex zu Hirnner- und ihrer Funktionen unterscheiden:
venkernen) - Pars compacta mit dicht gepackten melaninhal-
Fibrae corticospinales (Bestandteil der Pyrami- tigen. dopaminergen Nervenzellen und
denbahn. vom motorischen Korrex zu Moraneu- - Pars reticularis ohne melaninhaltige Zellen. zwi-
ronen im Rückenmark) schen Pars compacta und Crura cerebri gelegen.
Fibrae parietopontinae und temporopontinae Die Afferenzen und Efferenzen der Substantia nigra
(ganz lateral. von der parietalen und temporalen werden beim extrapyramidal-motorischen System
Endhirnrinde zu den Pons-Kernen ). abgehandelt (s. S. 200).

5.4.2.2 Das Teg me ntum mesencepha li


Im Tegmentum liegen Kerngebiete und Bahnen. Veränderungen der Substantia nigra beim Morbus
Die Substantia nigra (schwarzer Kern) liegt unmit- Parklnson: Beim Morbus Parkinson kommt es zu de-
telbar den Crura cerebri an (an der Grenze zwi - generativen Veränderungen in den melaninhaltigen
schen dem Tegmentum und den Crura). Neuronen der Substantia nigra. ln diesen Neuronen
Die makroskopisch sichtbare schwarze Farbe be- treten als Zeichen einer Zellschädigung Lewy-Körper-
ruht auf dem hohen Gehalt an Melanin in den Peri- chen auf: hierbei handelt es sich um intrazytoplasma-
karya der Neurone. tische, eosinophile Einschlusskörperchen. Schließlich
5 Hirnstamm (Truncus encephali) Das Mesencephalon 101

gehen die melaninhaltigen Neurone und damit die Antagonisten) beteiligt. Ferner ist er rür die Körper-
dopaminerge nigrostrlatale Bahn zugrunde. Schon haltung und den Muskeltonus von Bedeutung.
makroskopisch erkennt man dann eine Abblassung Der Tractus rubrospinalls. der seinen Ursprung in
der Substantia nigra (auf Querschnitten des Mesence- der Pars magnocellularis nimmt. wird zusammen
phalon). Die charakteristischen Symptome und deren mit dem Tractus corricorubralis auch als ein paral-
Entstehung sind im Rahmen der Basalganglienschlei· leler Weg zum Tractus corricospinalis aufgefasst.
fen beschrieben (s. S. 203). Der Tractus rubrospinalis ist wie die zugehörige
Pars magnocellularis beim Menschen nur sehr
Medial der Substanria nigra liegt d1e Aru ttgmen· schwach (wenn überhaupt) ausgebildet.
talis ventralis. eine kleine Ansammlung dopammer- Die Formatlo reticularis erstreckt sich durch den
ger Neurone. die mit dem Ncl. accumbens des End- gesamten Hirnstamm (s. S. 102).
hirns in Verbindung stehen (s. S. 158). Der Nucleus nervi oculomotoril und der Nucleus
Zwischen rechter und linker Substantia nigra (und nervi trochlearls liegen ventral des Aquädukts (und
damit fast zwischen den Crura cerebri) findet sich des zentralen Höhlengraus).
der Ncl. lnterpeduncularls. der dem limbisehen Sy- Der Aqueductus mesencephall (oder Aqueductus
stem zugerechnet wird (s. S. 227 ). cerebri) verläuft als Kanal zwischen Teerum und
Dorsal davon verläuft die Kreuzung der oberen Tegmentum durch das Mesencephalon. Er verbin-
Kleinhirnstiele (Decussatlo ptdunculorum cerebel· det den dritten mit dem vierten Ventrikel.
larlum superlorum). Oie Substantla grisea centralis (zentrales Höhlen·
grau, auch periaquäduktales Grau) liegt unmittel-
Der Nucleus ruber (roter Kern) liegt als großer bar um den Aqueductus mesencephali (s. S. 174)
rundlicher Kern inmitten des Tegmentum. herum an der Grenze zum und mit ihrem dorsalen
Seine rötliche Farbe, die nur an frischen Schnitten Teil im Tectum. Sie wird häufig auch als Teil der
zu sehen ist. beruht auf dem hohen Eisengehalt Formatio reticularis aufgefasst. Das zentrale Höh-
seiner Perikarya. Der Nucleus ruber gehört zum lengrau hat reziproke Verbindungen mit kortikalen
motorischen System und lässt sich mikroskopisch und subkortikalen Arealen des limbisehen Systems.
untergliedern in Es beeinOussr absteigende Fasern (z. B. aus Rap he-
Pars parvocellularls (kleme Neurone) und kernen. s. S. 103) zum Rückenmark, die über Akti-
- Pars magnocellularis (große Neurone). d1e be1m vierung von inhibierenden Interneuronen eme
Menschen nur wemgausgebildet ISt. Hemmung von Schmerzimpulsen bedingen können.
Seine Faserverbmdungen smd: Tractus cerebelloru-
brahs (s. S. 124). Tractus corttcorubrahs. Tractus
regrnenralis cenrralis (zum Nucleus olivans inferior.
s. S. 105), Tracrus rubrospinahs (s. S. 205) und Trac- Oplold·Analgetika: Die analgetische Wirkung von
tus rubrorericularis. Opioiden zur Behandlung starker Schmerzen beruht
Die Afferenzen des Nucleus ruber (vorw1egend zur u. a. auf der Aktivierung von Opioidrezeptoren in der
Pars parvocellularis) stammen also hauptsächlich Substantia grisea centralis.
aus dem Cerebellum und aus der Endh1rnrinde.
Der kleinzellige Anteil des Nucleus ruber proJiziert
über den Tractus tegmentalls centralls (zentrale 5.4.2.3 Das Teeturn rnesencephali
Haubenbahn) zur unteren Olive. Damit gehört Das Teeturn (Lamina tecti, Lamina quadrigemina •
diese Projektion zur kortiko-rubro·olivo-zerebellä- Vierhügelplatte) besteht aus den Colliculi Superio-
ren Neuronenkette. Der Regelkreis wird durch die res er inferiores.
zerebello-rubrale Projektion geschlossen. Der Nu- Die Collicull superlores bestehen aus sieben Zell-
deus ruber ist wesentlich an der glatten und pr~zi­ schichten. Zu den einzelnen Schichten ziehen be-
sen Ausführung von Willkürbewegungen (Koordi- stimmte Afferenzen und die einzelnen Schichten
nation des Zusammenspiels von Synergisten und sind der Ursprung definierter Efferenzen.
102 5 Hirnstamm (Truncus encephali) Die Formatio reti cularis

Afferen zen erhält der Coll iculus superior aus dem <I>
Sehnerv. aus der Sehrinde. vom frontalen Augen- .,.W... Check-up
feld (s. S. 200 ). vom Rückenmark (Tractus spinotec- tl' Wiederholen Sie, aus welchen drei längs
talis, propriozeptive Signale) und vom Collicu lus orientierten Schichten das Mittelhirn be-
inferior. steht.
Die Efferenzen des Colliculus superior sind der Rekapitulieren Sie für jede dieser drei
Tractus tectobulbaris (s. S. 106. zu motorischen Ker- Schichten die jeweils charakteristischen
nen des Hirnstamms) und der Tracrus tectospinalis Strukturen.
(zu Motoneuronen im Rückenmark). Aufsteigende
Efferenzen ziehen zum Pulvinar und zum Corpus
geniculatum laterale.
5.5 Die Formatio reticu laris
Funktionell handelt es sich beim Colliculus supe-
rior um ein optisches Reflexzentrum. Es ist daran
;
...... Lerncoach
beteiligt, dass bewegte Objekte entdeckt und ver- Bereits am Namen wird ersichtlich, dass es
folgt werden können. Ferner können bei plötzlich sich bei dieser Struktur um ein netzartiges
auftretenden visuellen Reizen (z. B. ein Lichtbl itz) System von Neuronen handelt. Man unter-
die Augen geschlossen ( Lidsch lussrenex ) und der scheidet hier nicht nur einzelne Kerngebiete
Kopf abgewandt werden. Durch die Afferenzen aus nach ihrer Lage, sondern auch nach Transmit-
dem Colliculus inferior können Augen und Kopf in tern und Funktionen. Lassen Sie sich nicht
Richtung eines Geräusches gerichtet werden. Insge- durch diese verschiedenen Einteilungen ver-
samt können also durch den Colliculus superiorauf wirren, sondern führen Sie sich beim Lesen
einen optischen, akustischen und wahrscheinlich des folgenden Abschnitts insbesondere vor
auch taktilen Reiz hin renektorische Augen-. Kopf- Augen, für welche lebenswichtigen Funktio-
und Rumpfbewegungen ausgelöst werden. nen die Formatio reticularls als Koordinati-
Die Colliculi inferiores bestehen aus einem großen onszentrum dient.
Nucleus cenrralis und zwei kl eineren Kernen (Nuc-
lei pericentralis und externus). Der Nucleus centra-
5.5.1 Die Lage u nd Gliederung der Formatio
lis ist eine Umschaltstation in der Hörbahn, hier
reticularis
endet der lemniscus lateralis. Der Kern zeigt eine
Die Formatio reticularis, ein phylogenetisch altes
tonotope Ordnung. Seine Efferenzen ziehen im Bra-
System, erstreckt sich durch den gesamten Hirn-
chium colliculi inferioris zum Corpus geniculatum
stamm (i m Tegmentum) und reicht darüber hinaus
mediale. von wo aus die auditarischen Impulse zur
nach oben bis ins Zwischenhirn und nach unten
Hörrinde weitergeleitet werden.
bis ins Rückenmark. Sie besteht aus Kernen unter-
Die kleinen Kerne. die Afferen zen aus der Hörrinde
schiedlicher Form und Größe. Auch die Packungs-
und aus dem kontralatera len Collicu lus inferior er-
dichte und Größe der Nervenzellen in den Kernen
halten. gehören zum System der absteigenden Fa-
variiert. Zytoa rchitektonisch sind die Kerne häufig
sern innerhalb der Hörbahn; sie sind an einer In-
schwer abgrenzbar. Die Kerne der Formatio reticu-
nervation des Corti-Organs (s. S. 240) beteiligt.
laris lassen sich unter drei Aspekten einteilen:
- Einteilung in drei längszonen:
I'Mid3' • mediane Zone: die Raphekerne
Die Colliculi Superiores sind für das visuelle, die Col-
• mediale Zone: Kerne mit großen Nervenzellen
liculi inferiores für das ouditorische System von Be-
(magnozellulär). Ursprungsgebiet für lange
deutung.
auf- und absteigende Bahnen
• laterale Zone: Kerne mit kleinen Nervenzellen
( parvozellulär).
5 Hirnstamm (Truncus encephall) Die Formatio reticularis 103

Einteilung nach Transmitter: lmmunhistoche-


nmch lassen sich in allen drei Längssäu len
SSRis (selective serotonin reuptake Inhibitors):
Kerne anhand ihres charakteristischen Transmi t-
Diese phanmakologische Gruppe von Antidepressiva
ters identifizieren. Es werden folgende Systeme
hemmt d1e Wiederaufnahme von freigesetztem Sero-
unterschieden:
tonin in die Neurone. Dadurch erhöht sich die Seroto-
• serotoninerge
nin·Konzentration im synaptischen Spalt der durch
• noradrenerge
die Raphekeme innervierten Strukturen. Die antide-
• adrenerge
pressive Wirkung ist vermutlich auf eine Erhöhung
• cholinerge.
des Serotoninspiegels im Kortex zurückzuführen.
Einteilung nach Funktion: Es werden in der For-
matio reticu laris funktionelle Zentren defi niert.
dazu gehören u. a.: 5.5.3 Die funktionellen Zentren
• Atemzentrum
• Kreislaufzentrum 5.5.3.1 Das Atemzentrum
• Brechzentru m Die rhythmischen Kontraktionen der Atemmus-
• Schluckzentrum und andere im Rahmen der kulatur werden durch respira torische Neurone der
Nahrungsaufnahme wichtige Zentren Formatio reticularis in der Medulla oblongata aus-
• Weckzentrum gelöst. Dae inspirororisch und exspiratorisch wirk-
• Augenbewegungszentrum samen Neurone smd abwechselnd akuv ( Rhyth-
• motorisches Zentrum musgenerator). Die Aktivität dieses medullären
• Zentren für die Schmerzkontrolle. zu denen Atemrhythmusgenerators wird durch ein pontines
die Substantia grisea cenrralis gehört pneumataktisches Zentrum moduliert. Auf das
(s. S. 101 ). Atemzentrum wirken ferner Signale aus peripheren
und zentralen Chemorezeptoren (z. B. Glomus caro-
5.5.2 Die Raphek erne t icum. Rezeptoren an der Medulla oblongata) und
Die Raphekerne bilden die mediane Zone: sie liegen aus Mechanorezeptoren (.Lungendehnungssenso-
als schmale Platte beidseits der Mattellime. Auf- ren" mit lnfonmationsleitung über den N. vagus).
grund ahrer Lage am oberen oder unteren Tcal der G>
4
~ ~ An dieser Stelle können Sie sich Querverbin-
Formatio lassen sach verschiedene Kerne abgrenzen
(z. B. Nuclei raphes pallidus. raphes obscurus. ra- dungen zur Physiologie erarbeiten, z. 8.:
phes pontis. raphes magnus). Dae meisten Neurone - Herlng-Breuer-Renex: Ober Informationen aus
der Raphekerne sand serotonlnerg. den Dehnungssensoren wird die Tiefe der Ein-
Die Afferenzen und Efferenzen der Raphekerne atmung begrenzt
sind auffallig zah lreich. Die seroroninergen Efferen- - Atemantrieb: C02·· H'- und Or Wirkung
zen erreichen nahezu das gesamte ZNS. Eine Viel- - periphere Chemosensoren: Glomera carotica
zahl ihrer Afferenzen erhalten die Raphekerne aus (-+ Weiterleitung über den N. glossopharyn-
Tealen des Iimbasehen Systems. zu denen sie auch geus). Glomera aortlca (-+ Weiterleitung Ober
Efferenzen schicken. den N. vagus)
Wichtigste Projektionsziele der Raphekerne sind - zentrale Chemosensoren: an der Medulla
u.a. oblongata.
- der Neokortex (Aktlvierung des zerebralen Kor-
tex. s. ARAS) und 5.5.3.2 Die Kreislaufzentren
- das Rückenmark. Hierbei handelt es sich um autonome Zentren fur
Blutdruck. Herztätigkeit und Cefaßweite in der Me-
dulla oblongata.
Neurone im Pressorzentrum schiCken sympathische
Impulse an Herz und Gefaße. Folgen sand ein An-
stieg der Herzfrequenz und des kardaalen Auswurf-
I 104 5 Hirnstamm (Truncus encephall) Die Form atio reticularis

volumens sowie Vasokonstriktion. Neurone im Oe- 5.5.3.4 Das Schluckzentrum und der
pressorzentrum führen über den N. vagus zur Ver- W ürg reflex
m inderung des Herzzeitvolumens und der Herz- Für den Schluckakt müssen Muskeln (Mundboden.
frequenz sowie über eine Hemmung der Zunge, Pharynx. Larynx. Ösophagus) in bestimmter
sympathischen Gefaßinnervation zur Gefaßerwei - Rei henfolge kontrahiert werden. Die Koord ination
terung (--+ Blutdrucksenkung). verschiedener Nerven erfolgt durch das Schluck-
Afferenzen erhält das Kreislaufzentrum über den zentrum im Bereich der Medulla oblongata. Hier
N. vagus und N. glossopharyngeus (aus Ba resenso- findet sich auch ein Area l für den Würgreflex.
ren z. B. der Aorta und der A. carotis). aus dem Hy-
pothalamus (vegetatives Zentrum ) und aus der 5.5.3.5 Das Speichelsekret io nszentrum
Endhirnrinde ( psychische Erregungen, körperliche Durch Schmecken oder Riechen (oder auch psycho-
Aktivität). gen vom Endhirn) ka nn Speichelnuss reflektorisch
ausgelöst werden. Oie zugehörigen Efferenzen der
5.5.3.3 Das Brechzentrum (pontinen) Formatio reticularis erreichen den Nu-
Als Brechzentrum gilt die Area postrema am unte- cleus sa livatorius superior und inferior (s. S. 110).
ren Ende der Rautengrube (unmittelbar unter der
Oberfläche). Die Area postrema ist reich vaskulari - 5.5.3.6 Das Kauen, lecken und Saugen
siert; eine Blut-Hirn-Schranke ist hier nicht ausge- Im Mittelhirnbereich findet sich in der Formatio re-
bildet (zirkunwentrikuläres Organ. s. S. 178 ). Das ticularis ein übergeordnetes Zentru m. das Prozesse
Brechzentru m löst den Ablauf des erforderlichen w ie Kauen, Lecken und Saugen koordiniert
motorischen Programms aus. Es kann gereizt wer-
den durch Signale aus Mundhöhle. Rachen. Magen- 5.5. 3.7 Das po ntine Mikti onszentrum
sch leimhaut, Geschmacks-. Geruchs- und Vestibu- Dieses Miktionszentrum empfangt Signale aus
larsystem. durch Druckschwankungen im vierten Dehnu ngsrezeptoren der Blase: es aktiviert dann
Vent rikel und durch im Blut zirkulierende Substan- den sakralen Parasympatikus. der an der Harnblase
zen. d ie Kontrakt ion des M. detrusor vesicae hervorruft.

1'&1143'
Eine besondere Rolle bei der Auslösung von Erbre- Im Pons liegt ein übergeordnetes Miktionszen-
chen spielen Chemorezeptoren von Neuronen in trum.
der Area postrema.
5.5.3. 8 Das au fst eigend e reti ku läre aktivierend e
System (ARAS)
Medikamentöse Hemmung des Brechreizes: Die Die Stimulation von bestimmten Anteilen der For-
durch chemische oder andere o.g. Reize hervorgeru- marie rericu laris führt zu einer allgemeinen Akti-
fene neuronale Erregung kann durch die Blockade ver- vierung der Hirnrinde (Weckreaktion). die eine Vor-
schiedener Neurotransmitterrezeptoren, die in der bedingung für Aufmerksamkeit und effektive
Area postrema an der Auslösung von Erbrechen betei- Wahrnehmung ist Dementsprechend ist die Aktivi-
ligt sind, herabgesetzt werden. Auf diesem Mechanis- tät des ARAS im Schlaf stark reduziert.
mus beruht der Effekt zentral wirksamer Antiemetika Oie Efferenzen des ARAS können den zerebra len
wie z. B. Metoclopramid (Handelsname: Paspertin; Kortex direkt akt ivieren oder werden vorher in un-
Antagonist zent raler D2- • Dopaminrezeptoren) und spezifischen Thalamuskernen (s. S. 130) umgeschal-
Ondansetron (Ant agonist von 5-HT3-Rezeptoren, an tet. die dann zum Kortex projizieren. Die Kernge-
denen Serotonin = 5-Hydroxytryptamin angreift). biete der Formatio reticulari s, die zum ARAS
Letzteres hilft sogar bei Zytostatika mit stark emeti· gehören. werden neurochemisch anhand ihres spe-
sehen Nebenwirkungen. zifischen Transmitters charakterisiert: z. B. noradre-
nerg - Nucleus caeruleus, serotoni nerg - Raphe-
5 Hirnstamm (Truncus encephali) Die Bahnen im Hirnstamm 1 OS

kerne. cholinerg - Nucleus tegmental is peduncu lo- Im Hirnstamm lassen sich zwei Arten von Faser-
pontinus (im Mittelhirn ). bahnen nachweisen:
Die Kerne des ARAS erhalten verschiedene sensible Faserbahnen. die Verbindungen innerhalb des
Afferenzen aus dem Hinterhorn des Rückenmarks Hirnstamms herstellen, und
und aus Hirnnervenkernen. ferner Impulse aus lange Bahnen. die entweder Strukturen des
dem zerebra len Kortex. Hirnsramms mi t anderen Anteilen des ZN$ ver-
Sie sind am Wach-Sch laf-Rhythmus beteiligt und binden oder durch den Hirnsramm hindurch
für die Aufrechterhaltung eines Wachheirszustands
von Bedeutung.
ziehen: auf- und absteigende Bahnen.
111
5.6.1 Die Faserbahnen i nnerh alb d es
5.5.3.9 Das mot orische Zentrum (absteigendes Hirnst amms
retikuläres Syst em )
Aus der Formatio reticularis entspringen zwei Bah- 5.6.1.1 Der Fasciculus longitudinalis medialis
nen mir getrenntem Ursprung: Der Tracrus ponto- (mediales Längsfaserb ündel)
reticulospinalis (Tractus retlculospinalis medlalis) Diese Bahn dient der Koordination von Augen- und
entspringt aus der Formatio reticularis des Pans, Halsmuskulatur unter Einbeziehung von Afferen-
der Tractus bul boreticulospinalis (Tractus reticulo- zen aus den Vestibulariskernen. Es handelt sich da-
spinalis lateralis) aus der Formatio reticularis der bei um eine Ansamm lung verschiedener auf- und
Medulla oblongata. Die beiden Tractus wirken so- absteigender Faserbündel, die auf unterschiedli-
wohl erregend als auch hemmend auf cx- und -y- chen Höhen in den Fasciculus einstrahlen oder aus
Motoneurone von Rumpf- und Halsmuskularur. Sie ihm austreten. Die wesentlichen Verbindungen des
gehören zu den extrapyramidalen Bahnen Fasciculus longltudinalis medlalis sind:
(s. S. 204 ). Verbindungen zwischen den Augenmuskelker-
nen und dem zervikalen Rückenmark: Damit
<I> wird z. B. die reflektorische Stabilisierung der
....• ... Check-up Blickrichtung bei einer Kopfdrehung ermöglicht.
v Wiederholen Sie die vielfältigen Funktio- Verbindungen zwischen den Vestibularis- und
nen, an denen die Formatlo reticularis be- Augenmuskelkernen sowie dem zervikalen Rü -
teiligt ist. ckenmark: Damit wird ein Zusammenspiel des
v Rekapitulieren Sie insbesondere, welcher Gleichgewichtsapparates mit den Nerven für Au-
Transmitter in den Raphekernen vor- gen- und Kopfbewegungen vermittelt.
kommt. Verbindungen zw ischen anderen motorischen
Hirnnervenkernen untereinander und mit der
Formatio reticularis: Damit werden reflekrori-
5.6 Die Bahnen im Hirnstamm sche Abläufe wie Schlucken oder Würgen mög-
;...... Lerncoach
lich (s. auch Formario rericularis S. 102).

Vor allem die langen, den Hirnstamm durch- 5.6.1 .2 Der Tractus tegmentalis centra li s
ziehenden Bahnen lassen sich besser im Zu- (zentra le Haubenbahn)
sammenhang mit ihrer jeweiligen funktionel- Diese Bahn besteht vorwiegend aus verschiedenen
len Bedeutung verstehen (s. Kapitel11 , Faserbündeln. Hierzu gehön insbesondere der Trac-
S. 199). Verschaffen Sie sich dazu hier ledig- tus rubroolivaris, der die Pars parvocellularis des
lich einen groben Überblick und konzentrie- Nucleus ruber mit dem ipsilateralen Nucleus oliva-
ren Sie sich vor allem auf die innerhalb des ris inferior verbindet. Hinzu kommen Fasern aus
Hirnstamms verlaufenden Bahnen. dem Thalamus und den Basalganglien. die eben-
falls den unteren Olivenkern erreichen. Damit ge-
hören diese (absteigenden ) Bahnen zum extrapyra-
midal-motorischen System.
106 5 Hirnstamm (Truncus encephali) Die Bahnen im Hirnstamm

mcl. ventralis posterolateralis (VPL)


edunculus cerebellaris medius
7 Pedunculus cerebellaris inferior
19
11 Ncl. gracilis
12 Ncl. cuneatus
18 13 Ncll. olivaresinferiores
14 Nd. olivaris superior •
15 Ncll. pontis
16 Colliculus inferior ·
18 Corpus geniculatum mediale •
19 Ncl. ruber
17 2
16 2 Tractus corticopontinus
3 3 Lemniscus lateralis •
4 4 Fibrae pontocerebellares
5 5 Tractus tegmentalis centralis
6 8 Tractus olivocerebellaris
15 9 Lemniscus medialis
7 10 Tractus spinothalamicus lateralis
14 17 Brachium colliculi inferioris •
8
9 • Hörbahn (s. 5. • l
13 10
12
11

Abb. 5. 7 Bahnen im Hirnstamm


Von den zahlreichen durch den Hirnstamm vertaufenden Bahnen. die z. T. im Rahmen der funktionell zugehörigen Strukturen
oder Systeme beschrieben werden, ist in dieser Ansicht von dorsal nur eine Auswahl dargestellt.

Nach Umschai[Ung im unteren Olivenkern gelangen teln bei extrem unangenehmem Geruch den Wür-
die Signale ins Kleinhirn. gerenex. Zu r Verbindung limbischer Strukturen
Auch Fasern der Geschmacksbahn (aus dem Nu- s. s. 227).
cleus rractus solitarii) ziehen im Tracrus tegmenta- Der Fasciculus verläuft in Ventrikelnähe (z. T. im
lis cenrralis durch den Hirnstamm (aufsteigend ) zentralen Höhlengrau).
zum Thalamus.
5.6.1.4 Tractus tectobulbaris
5.6.1.3 Der Fasciculus longitudinalis dorsalis Diese Bahn gehört zum okulomotorischen System.
(dorsales Längsbündel; Schütz) Die Fasern stammen aus den Colliculi superiores
Der Fasciculus longitudinalis dorsalis (oder poste- und kreuzen im Mesencephalon zur Gegensei<e
rior) mir auf- und absteigenden Fasern verläuft ( Decussatio tegmenta lis posterior. dorsale Hauben-
zwischen Hypothalamus und Medulla oblongata kreuzung nach Meynert). Sie ziehen zu Augenmus-
(z. T. auch Halsmark). Er verbindet reziprok vegeta- kelkernen (sowie zu den Nuclei pontis und zur For-
tive Zentren des Hypothalamus mir solchen im matio reticularis).
Hirnstamm (z. B. Formatio reticularis. Nuclei saliva-
torii, Nuclei tracrus solitarii). Zudem treten olfakto- 5.6.1.5 Der Lemniscus lateralis
rische Fasern ein, die absteigend verlaufen. So sind Der l.emniscus lateralis ist ein Teil der Hörbahn
sie über die Projektion zu funktionellen Zentren (s. S. 214 ). Er beginnt in den Nuclei cochleares.
der Formario reticularis z. B. an der Speichel - kreuzt zur Gegenseite und endet am Colliculus in-
sekretion bei guten Gerüchen beteiligt oder vermir- ferior.
5 Hirnstamm (Truncus encephali) Die Bahnen im Hirnstamm 10 7

5.6.2 Die langen abst eigenden Bahn en 5.6.3.2 Der Tractus spinothalamicus und der
Diese Bahnen gehören zum motorischen System. Tractus trig em inothalamicus
Sie beginnen im Isokortex und verlau fen in der an- Der Tractus spinothalamicus besteht aus Axonen
terioren Zone des Hirnstamms abwärts {Crura cere- des zweiten Neurons. die bereits auf Rückenmarks-
bri des Mittelhirns _, Pars basilaris ponris _, Pyra- ebene zur Gegenseite gekreuzt si nd {s. S. 83 f).
mis der Medulla oblongata). Diese Bahn leitet besonders Schmerz- und Tempe-
Folgende Bahnsysteme werden unterschieden:
- Tractus corticopontinus {zu Brückenkernen.
s. s. 98 )
ratursignale zum Thalamus. wo die Umschaltung
auf das dritte Neuron stattfindet. Der Tractus spi-
nothalamicus legt sich im Mesencephalon der me-
111
Fibrae corticonucleares {Teil der Pyramidenbahn dialen Schleife an. Die Zusammenlageru ng von
zu Hirnnervenkernen. s. S. 200) Tractus spinothalamicus mit weiteren Bahnen zur
Fibrae corticospinales (Teil der Pyramidenbahn Verarbeitung von Schmerz, Temperatur und groben
zum Rückenmark. s. S. 85 und 200). Tast- und Druckempfindungen (wie Tractus spi no-
reticularis und Tractus spinotectalis) bezeichnet
5.6.3 Die langen aufsteigenden Bahnen man als Lemniscus spinalis.
Die langen aufsteigenden Bahnen gehören zu sen- Die Schmerz- und Temperaturleitung aus dem
sorischen Systemen. Zu i hnen gehören: Kopfbereich erfolgt über den Nucleus spinal is nervi
- Lemniscus medialis (mediale Schleifenbahn) trigemini. Hier erfolgt die Umschaltung auf das
- Lemniscus trigeminalis zweite Neuron. Die Axone ziehen dann zur Gegen-
- Tractus spinotha lamicus. seite und steigen als Tractus trigeminothalamicus
zusa mmen mit dem Tractus spi nothalamicus zum
5.6.3. 1 Der Lemniscus medialis und der Lemnis- Thalamus auf.
cus trigeminalis
Die Ursprungsneurene des Lemniscus medialis lie- 5.6.3.3 Weitere Bahnen im Hirnstamm
gen in den Nuclei cuneatus und gracilis. Hier wird Im Hirnstamm sind weitere Bahnen anzutreffen.
die bis dahin ungekreuzte Hinterst rangbahn die meist nur durch einen Teil des Hirnstamms ver-
(s. S. 206) auf das zweite Neuron umgescha ltet. Die laufen. z. B.
glutamatergen Axone des Lemniscus medialis kreu- - Tractus spinocerebellaris anterior und posterior
zen in der Decussatio lemnisci medialis (auf Höhe (S. S. 209)
der Olive) als Fibrae arcuatae internae zur Gegen- - Tractus tectospinalis'
seite. Ansch ließend steigen die Fasern zum Tha la- - Tractus rubrospinalis'
mus (VPL. s. S.132) auf. wo die Umschaltung auf - Tractus vestibulospinales•
das dritte Neuron erfolgt. Diese Bahn dient der Me- - Tractus reticulospinalis'
chanorezeption (Druck. Berührung, Vibration) aus - Tractus olivospinalis'
dem Rumpf und den Extremitäten. - Afferenzen und Efferenzen der Substanria nigra
Im lemniscus trigeminalis verlaufen die Axone aus - Tractus spin oolivaris {s. S. 97)
dem Hauptkern und aus dem spinalen Kern des N. {' • Bahnen des extrapyramidal- motorischen Sys-
trigeminus. die hier in der Mehrzahl zur Gegensei- tems. s. S. 204).
te kreuzen und sich von medial an den Lemniscus
medialis anlegen. Ansch ließend ziehen sie zum <I>

Thalamus (VPM ), wo die Umschaltung auf das A'fl... Check-up


dritte Neuron erfolgt (s. S. 132). t/ Rekapitulieren Sie, über welches Faser-
system Augen- und Halsmuskulatur sowie
ihr Zusammenspiel mit dem Vestibularap-
Der Lernniscus trigeminalis ist mit dem lemniscus pa rat koordiniert werden.
medialis vergleichbar. Er leitet die Mechanorezep- Wiederholen Sie, welche Strukturen der
tion aus dem Kopfbereich. Tractus tegmentaUs centraUs verbindet.
108 5 Hirnstamm (Truncus encephali) Die Hirnnervenkerne und Austrittsstellen der Hirnnerven

Machen Sie sich nochmals die funktionelle rente Zone. Zwischen den Spalten liegt der Sulcus
Bedeutung des Fasciculus longitudinalis limitans. Am Sulcus limitans liegen wie im Rücken-
dorsalis klar. mark die vegetativen Kerne. Somit liegen von me-
Halten Sie sich noch einmal vor Augen, zu dial nach lateral vier Areale : somatoefferem. visze-
welchen beiden verschiedenen Systemen roefferent; (Sulcus lamitans); viszeroafferem.
Lemnlscus medialis und lemniscus Iaterans somataafferent
gehören: Welche Herkunft und welches Ziel Zwischen den (allgemein) somatischen und visze-
haben jeweils die in ihnen verlaufenden Fa - ralen Kernen (bzw. Kernsäulen) schiebt sich im
sern? Hirnstamm jeweils ein Areal für die branchialmo-
torischen Neurone. deren Fasern zu den aus
Schlundbogenmaterial hervorgegangenen Muskeln
5. 7 Die Hirnnervenkerne und Aus- ziehen. und für die spezielle Viszerasensorik (Ge-
trittsstellen der Hirnnerven schmack).

;..... Lerncoach
Ganz lateral kommt noch das Kerngebiet der spe-
ziellen Somatosensensonk (für dae Sinnesorgane
Die Anordnung der Hirnnervenkerne des des lnnenohrs) dazu. Damat ergibt sich im Hirn-
Hirnstamms in mehreren {längsorienlierten) stamm auf beiden Seiten von medial nach lateral
Reihen erscheint zunächst komplex und ver- folgende Anordnung der insgesamt sieben Kern-
wirrend. Machen Sie sich deshalb zunächst gruppen:
die prinzipielle Anordnung aufgrund ihrer Allgemein somataefferente ( • allgemein soma-
embryologischen Herkunft (Grundplatte, tomotorische) Gruppe (am weitesten medial =
Flügelplatte. Schlundbogen) klar. paramedian): Die Fasern dieser Kerne innervie-
ren quergestreifte Skelettmuskularur. die aus
Im Hirnstamm liegen die Kerne der Hirnnerven 111- Somiten und prachordalem Mesoderm ab-
XII (von oben nach unten. Abb. 5.8). Die Kerngebaete stammt.
der Hirnnerven können - bis auf den Nucleus me- Speziell viszeraefferente ( • spezaell viszeromo-
sencephalacus nervi rrigemini. der eane Sonderstel- torische = branchaalmotorische) Gruppe: Die Fa -
lung einnimmt - in folgende Gruppen eangeteilt sern dieser Kerne innervieren quergeStreifte
werden: Muskeln. die von den Schlundbögen abstam-
Ursprungskerne (Ncll. originis): Hier liegen die men.
Zellkörper efferenter (motorischer) Fasern Allgemein viszeraefferente ( • allgemein visze-
Endkerne ( Ncll. terminationis): Hier enden affe- romotorische} Gruppe: Die Fasern dieser Kerne
rente Fasern von Neuronen. deren Perikarya in (präganglionäre Neurone) stellen den kranialen
sensiblen Ganglien liegen. Anteil des Parasympathikus dar. Sie gehören zu
Wie im Rückenmark findet sich auch im Harn- den Hirnnerven 111, VII. IX und X und innervie-
stamm eane Gliederung in motonsche Grundplatte ren glatte Muskulatur der Eingeweide und Drü-
(efferente Neurone) und sensible Flügelplane (affe- sen.
rente Neurone). Die efferenten Gruppen werden durch den Sulcus
Während der Entwicklung kommt es zu Umlage- limitans von den afferemen getrennt.
rungsprozessen. in deren Verlauf dae ehemals dor- Allgemein viszeraafferente ( • allgemein visze-
salen Anteile nach ventral und lateral verlagert rosensible) Gruppe: Diese Kerne vermitteln
werden. Man kann sich diese Anordnung so vor- (meist unbewusst} Sensibilität aus den Einge-
stellen. als w~rc das embryonale Neuralrohr von weiden und Blutget:lßen. Nach Eintritt in den
dorsal bis zum Zentralkanal aufgeschnitten und an- Hirnstamm treten die Fasern als Tractus solitari-
schließend wie ein Buch aufgeklappt worden us abwärts und enden an unteren Teilen der
(s. S. 26). Nudei tractus solitarn (kaudaler Solitariuskern-
Die annere Spalre rechts und links ist die efferenre komplex).
Zone. dae äußere Spalte rechts und links dae affe-
5 Hirnstamm (Truncus encephali) Die Hirnnervenkerne und Austrittsste lle n der Hirnnerven 109

18 Afferente Kerne:
Nd. mesencephalicus n.
l
rigem~no
2 Ncl. pnncipalos n. tngemoni
IV 3 Ncll. vestibulares
4 Ncll. cochleares
5 Nd. tractus solitarll
6 Nd. spinalos n. trigemono
v- - - - Efferente Kerne:
7 Nd. spinalis n. accessono
8 Nd. dorsalos n. vago
9 Nd. n. hypoglossi
10 Nd. ambiguus
V1 11 Nd. salovatorius onlerior
12 Nd. salovatonussuperior
13 Nd. n. lacialis
Vl - 14 Nd. n. abducentis
VIII- VI 15 Nd. motorius n. trigemini
VIII 16 Nd. n. trochlearis
IX -
17 Nd. accessorius
IX n.oculomotorii
18 Nd. n. oculomotorii
X - x
Hirnnerven:
IV N. trochlearis (IV)
V N. trigeminus (V)
VI N. abducens (VI)
VII N. lacialis (VII)
V 1 N. vesitibulocochlearis (VIII)
) N. glossopharyngeus (IX)
~ N. vagus (X)
119 Genu n. lacialos

Abb. 5.8 tage der Hirnnervenkerne om transparent dargestellten Hirnstamm (Ansicht von dorsal nach Entfernung des Kleon·
hirns)

Speziell viszeraafferente (• speztell vtszerosen- enden Fasern. die Signale aus dem Hör- und
sorische) Gruppe: An Neuronen dieser Kern- Gleichgewichtsorgan vermitteln.
gruppe enden Geschmacksfasern. dte m ver- «>
schiedenen Htrnnerven den Htrnstamm ~A., Nutzen Sie die funktionelle Einteilung in sie-
erretchen. Ote Fasern sammeln sich im Tracrus ben Kemgruppen, um sich die verseihledenen fa-
solitarius und enden an oberen Teilen der Nudel serqualitäten der Hirnnerven klarzumachen. Ver·
tractus solitarli. Diese Kernareale werden auch gleichen Sie die Tabellen S.l und 5.2 mit der
als Nucleus gustatorius bezeichnet. Er ist der Tabelle 3.10 (s. S. 58), die zeigt. wie unterschied·
spezielle viszerale Endkern und enthalt das 2. lieh die Anzahl verschiedener Faserqualltäten ln
Neu ron der Geschmacksbahn. jedem einzelnen Hirnnerv Ist.
Allgemein somataafferente (• allgemein soma-
tosensible) Gruppe: Oie an dtesen Kernen en- 5.7.1 Oie Ursprungske rne
denden Fasern vermiueln Druck-. Berührungs-, Die ~one von Neuronen der Urspungskerne bilden
Schmerz- und Temperatursignale sowie Infor- die efferenten Fasern verschiedener aus dem Hirn-
mationen aus Muskeln, Sehnen und Gelenken stamm austretenden Hirnnerven (Tab. 5.1).
der Kopfregion.
Speziell somataafferente (• speziell somarosen-
sorische} Gruppe (am weitesten lateral): Hier
11 0 5 Hirnstamm (Truncus encephall) Die Hirnnervenkerne und Austrittsstellen der Hirnnerven

Kern Lage Hirnnerv lnnervatlonsgeblet


Allgemein somataefferente Cruppe
Nd. nervi oculomotorii Mesencephalon 111 N. oculomotorius - äußere Augenmuskeln
(s. S. 250)
Nd. nervi trochlearis Mesencephalon (kaudal vom IV N. trochlearis
Nd. nervi oculomotorii. auf
Höhe der Colliculi inferiores:
ventral verläuft der Fasciculus
longitudinalis medialis. dorsal
der Fasciculus longitudinalis
dorsalis)
Nd. nervi abducentis Pons VI N. abducens
Nd spinalis nervi accessorii Medulla oblongata und XI N. accessorius (Radix spinalis) .... M. sternodeidomastoideus
Rückenmark (C l -0) --+ M. trapezius

Nd. nervi hypoglossi Medulla oblongata XII N. hypoglossus .... Zungenmuskulatur


Spezielf viszeraefferente {bronchiolmotorische) Cruppe
Nd. motorius nervi trigemini Pons Vl N. mandibularis nervi - Kaumuskulatur
trigemini
Nd. nervi facialis Pons VII N. facialis --+ mimische Muskulatur
Nd. ambiguus Medulla oblongata IX N. glossopharyneus ..... Schlundmuskulatur
X N. vagus ..... Kehlkopf· und teilweise
XI N. accessorius (Radix cranialis) Schlundmuskulatur
Allgemein viszeraefferente
_ Cruppe ___
...:...;__

Nd. accessorius nervi Mesencephalon 111 N. oculomotorius nach Umschaltung im Ggl.


oculomotorii ciliare:
(Edinger·Westphal) - M. ciliaris
.... M. sphincter pupillae
Nd. salivatorius superior Pons VII N. facialis nach Umschaltung im Ggl.
pterygol)alatinum:
--+ GI. lacrimalis
- Gll. nasales
..... Gll. palatinae
nach Umschaltung im Ggl.
submandibulare:
- GI. submandibularis
.... GI. sublingualis
.... GI. Iinguaiis anterior
Nd. salivatorius superior Medul~ oblongata {oberer IX N. gfossopharyngeus v. a. nach Umschaltung im
Teil) Ggl. oticum:
.... GI. parotidea
Nudeus posterior (dorsalis) Medulla oblongata X N. vagus nach Umschaltung in ver·
nervi vagi schiedeneo Ganglien im
Brust· und Bauchraum:
--+ glatte Muskulatur und
Drüsen der Hals·. Brust·
und Bauchorgane bis zum
Cannon-Böhm-Punkt
•.... • Elferenzen zum angegebenen lnnervationsgebiet
5 Hirnstamm (Truncus encephali) Die Hirnnervenkerne und Austrittsstellen der Hirnnerven 111

- Nd. nervi abducentis (im Tegmentum pontis): so- - Die Ncll. tractus solitarll erhalten sowohl allge-
matomotorischer Kern. meine Viszeroafferenzen (aus Eingeweiden und
- Ncl. ambiguus: branchialmotorischer Kern des N. Gefäßen über die Hirnnerven X und IX) als auch
vagus (z. T. über Fasern aus dem XI. Hirnnerv). spezielle Viszeroafferenzen (Geschmacksfasern
Somit enthalten u. a. sowohl der obere als auch über die Hirnnerven VII. IX und X).
der untere Kehlkopfnerv (Nervi laryngei superior - Die Ncll. principalis und spinalis nervi trigemini
und inferior, s. S. 71) Fasern aus diesem Kern . sind somataafferente Kerne.
- Parasympathische Kerne sind die Nuclei accesso-
rius nervi oculomotorii. salivatorius superiorund Zur Anordnung der sensiblen Neurone tm Trigemi-
Inferior sowie dorsalis nervi vagi. nus-Kernkamplex (Tab. 5.2) muss zunächst unter-
schieden werden. dass der Nucleus principalis für
Mechanorezeption, der Nucleus spinalis für Nozi -.
Thermo- und Mechanorezeprion verantwOrtlich ist.
Bulbär- und 1'5eudobulbärparalyse: Eine Degenerati - Innerhalb des langgesrreckten Nucleus spinalis
on der kaudal gelegenen motorischen Hirnnerven- lässt sich weiterhin eine somatotope Ordnung er-
kerne im Bereich der Medulla oblongata bezeichnet kennen: ln seinem kranialen Teil ist das Hautareal
man als Bulbärparalyse. um Mund und Nase. tm mittleren Teil die Augen-
Charakteristische Symptome sind: Sprachstörungen und Wangenregion und im unteren Teil die Stirn-.
(verlangsamte, verwaschene, näselnde Sprache). Schläfen- und Kinnregion repräsentiert. Damit si nd
Schluck- und Kaustörungen, Aspiration von Speichel diese zwiebelschalenförmigen Areale gänzlich an-
und Speisen, Lähmung und Atrophie der Zunge mit ders angeordnet als das periphere lnnervarionsmu-
Faszikulationen (wurmförmige Bewegung der Muskeln ster durch die drei Hauptäste des N. rrigeminus
durch spontane Entladung einzelner motorischer Ein- (V 1-V3).
heiten). Bis auf diese Faszikulationen kommt es zu
ähnlichen Symptomen bei der sog. Pseudobulbärpara- 5.7.3 Die Sonde rst ellung des Nucleus m esen-
lyse. die durch beiderseitige Schädigung der kortiko- cep halicus n ervi trig emini
bulbaren Bahnen (supranukleär) bedingt ist. Zu unterscheiden von den beiden tn Tab. 5.2 aufge-
Mögliche Ursachen einer Bulbärparalyse sind u. a. führten Trigeminuskernen ist der Nucleus mesen-
amyotrophe Lateralsklerose (s. auch S. 199) und Polio- cephalicus nervi trigemini. Er ist kein Endkern. son-
myelitis. Eine Pseudobulbärparalyse kann durch Arte- dern enthält pseudounipolare Zellkörper von
riosklerose der Hirngel äSe mit dadurch bedingter Trigemtnusfasern, die propriozeprive Stgnale leiten
Sauerstoff-Minderversorgung (Ischämie). multiple und am ipsilateralen motorischen Trigeminuskern
Sklerose und Lues bedingt sem. enden (vgl. Masseterrenex. S. 210}. ln sei ner Struk-
tur ist er mit dem Ganglion trigeminale (Gasser-
Ganglion) vergleichbar. in dem die Perikarya der
5.7.2 Die En d kerne übngen sensiblen Tngemmusfasern hegen.
An den Neuronen der Endkerne enden afferente
Fa sern verschiedener Hirnnerven (Tab. 5.2). Die zu-
gehörigen Perikarya liegen entweder in den (Spi-
nalganglien vergletchbaren) sensiblen Hirnnerven- Der propriozeptive Nucleus mesencephalicus ist
ganglien oder tm Ganglion sptrale cochleae bzw. kein Endkem. sondern enthält pseudounipolare
vesribulare ( N. vesribulocochlearis). Nach Umschal- Nervenzellen und entspricht damit einem sensiblen
tung in den Endkernen senden die dort gelegenen Ganglion des PNS (keine Umschaltungl)
Neurone ihre Fasern zu weiteren .Stationen" des
ZNS (Thalamus. Stationen der Hörbahn oder des
vestibularen Systems (s. S. 214 und S. 217).
112 5 Hirnstamm (Truncus encephali) Die Hirnnervenkerne und Austrittsstellen der Hirnnerven

Kern Lage Hirnnerv lnnervatlonsgeblet


Allgemein viszeroofferente Gruppe
Ncll. tractus solitarii Medulla oblongata IX N. glossopharyngeus <- Sinus caroticus bzw. Glomus caroricum (Pres-
(untere Teile) so· bzw. Chemorezeptoren)
X N. vagus - Aortenbogen (Dehnungsrezeptoren)
- Schleimhaut im Bereich des Kehlkopfs und
unteren Schlunds
<-sonstige Brust· und Bauchorgane bis zum
Cannon-Böhm-Punkt
Speziell viszeroofferente Gruppe
Ncll. tractus solitarii Medulla oblongata VII N. facialis -vordere 2( 3 der Zunge (Geschmack)
(obere Teile) IX N. glossopharyngeus +- hinteres '!J der Zunge (Geschmack)
X N. vagus +- Epiglonis und Übergang zum Zungengrund
(Geschmack)
Allgemein somataafferente Gruppe
Nucleus principalis nervi Pons V N. trigeminus - Gesichtshaut und Schleimhaut der Mund- und
trigemini• Nasenhöhle (feine Druck· und Berührungs-
(Hauptkem) empfindungen)
Nucleus spinalis nervi Pons bis Zervikalmark - Gesichtshaut und Schleimhaut der Mund- und
trigemini" Nasenhöhle (grobe Druck- und Berührungs-
empfindungen. Schmerz· und Temperatur)
.... Augenmuskeln (Propriozeption)
Speziell somataafferente Gruppe
Ncll. cochleares (auf jeder Pons und in obere VIII N. vestibulocochlearis - Innenohr (Gehör)
Seite 2, s. S. 214) Medulla oblongata
Ncll. vestibulares (auf je- (extrem weit lateral <- Innenohr (Gleichgewicht)
der Seite 4. s. S. 217) in der Rautengrube)
- • Afferenzen aus dem ;,mgegebenen lnnervationsqebiet
• Zu diesen Trigeminuskernen ziehen auch emige allgemein somatoatfe.-ente Fasern über die Hirnnerven VII. fX und X.

5.7.4 Die Austrittsstellen der Hirnnerven <»


II I- XII ~·~ Das Einprägen der Zahlenfolge
Während der N. olfactorius ( I, s. S. 219) dem Telen- 1 - 1 - 2 - 4 - 4 kann Ihnen helfen, sich die
cepha lon und der N. opticus (II. s. S. 210) dem Höhe der häufig geprüften Austrittsstellen besser
Diencephalon zuzuordnen sind. crecen die restli- zu merken: jeweils 1 Hirnnerv zählt zum Tel- und
chen Hirnnerven aus dem Hirnstamm (und ein Teil Diencephalon (nicht in Tab. 5.3 aufgeführt, da
des XL Hirnnervs aus dem oberen Zervikalmark) nicht zum Hirnstamm gehörig), 2 Hirnnerven
aus (bzw. bei afferenten Fasern funkeioneil gesehen können dem Mesencephalon zugeordnet werden
ein). Im Gegensatz zu den ersten beiden Hirnner- und jeweils 4 Hirnnerven verlassen den Pons so-
ven. bei denen es sich um Hirnausstülpungen und wie (zumindest anteilig) die Medulla oblongata.
somit eigentlich nicht um Nerven. sondern um
Tei le des ZNS handelt. gehören die in Tabelle 5.3 Der Kleinhirnbrückenwinkel (Angulus ponrocere-
aufgeführten Hirnnerven zum PNS (s.a. S. 33). bellaris) ist eine nischenartige Einsenkung zwi-
schen Unterrand der Brücke. oberem Ende der Oli-
ve und Kleinhirn (in der Seitenansicht des
Hirnstamms). Hier treten (von medial nach lateral)
der N. facialis. N. intermedius und der N. vesribulo-
cochlearis aus.
5 Hirnstamm (Truncus encephali) Die Hirnnervenkerne und Austrittsstellen der Hirnnerven 1 13

Tabelle 5.3

Austrtttsstelt.n der HlrniM!IWfl aus dl!lll Hirnstamm . Abb. 5.2 und Abb. 5.3, 5. 94)
Hirnnerv Höhe Austrittsstelle
111 N. oculomotorius Fossa interpeduncuiaris (- Verlauf in der Cisterna interpeduncularis. s. S. 173)
Mesencephalon
IV N. trochlearis unterhalb der Colliculi inferiores (einziger Hirnnerv, der dorsal austritt)
V N. trigeminus seitlich am Pons
VI N. abducens am Unterrand der Brücke (oberhalb der Pyramiden)
Pons
VII N. facialis im Kleinhimbrückenwinkel
VIII N. vestibulocochlearis im Kleinhirnbrückenwinkel
IX N. glossopharyngeus im Sulcus retroolivaris (mit zahlreichen Wurzelfäden über X)
X N. vagus im Sulcus retroolivaris (mit zahlreichen Wurzelfäden, zwischen IX und XI)
XI N. accessorius Medulla im Sulcus retroolivaris (Wurzelbündel: Radices craniales unter X)
oblongata und oberes Rückenmark. zwischen Vorder· und HintelWurzel der Spinalnerven
Cl bis C4, manchmal auch bis C6 (Wurzelbündel: Radix spinalis)
XII N. hypoglossus im Sulcus preolivaris (zwischen Olive und Pyramide. mit zahlreichen Wurzel·
Iäden)

<I>

....• ... Check-up


Akustikusneurinom: Neurinome sind benigne Neubil·
v Machen Sie sich nochmals die Lage des
dungen. die von den Schwann·Zellen ausgehen. An·
Nudeus nervi trochlearis und seine topo·
ders als die Bezeichnung •.Akustikusneurinome"
graphische Beziehung zum Nucleus nervi
nahelegt, treten sie am häufigsten am vestibulären
faclalls klar.
Anteil des N. vestibulocochlearis auf (meist zwischen
v Rekapitulieren Sie, welche Hirnnerven all-
dem 30. und 50. Lebensjahr). Ihre Lage am Klein-
gemein somataefferente Fasern führen.
hirnbrückenwinkel erklärt, dass zunehmende Schwer-
hörigkeit. Ohrgeräusche und Gleichgewichtsstörungen
oft nicht die einzigen Symptome sind. Besonders bei
großen Tumoren können eine Fazialis· und/oder Ab·
duzensparese sowie sogar Trigeminusausfälle und
eventuell Kleinhirnsymptome (s. S. 11 g) hinzukom-
men.

• I
Klinischer Fall

Gift für das Kleinhirn ger zu berühren. Am Schluss trifft Frau V. trotl gro-
ßer Anstrengung nicht die Nasenspitze. sondern ihr
rechtes Auge. .lntentionstremor" und .Dysmetrie"
schreibt die Ärztin in den Aufnahmebogen. Die Koor-
dination der Beinbewegungen ist bei der Patientin
ebenfall s gestört: Angelika V. schafft es nicht, mit
der rechten Ferse geradeaus entlang des linken
Schienbeins zu streifen. Oie Ferse rutscht immer wie-
der nach links und rechts ab. Oie Ärztin schaut sich
auch die Augenbewegungen der Patientin an: Als sie
feststellt, dass die Blickfolge immer wieder unterbro-
chen wird. um gleich wieder nachgestellt zu werden,
dokument iert sie diesen Befund als .sakkadierte
Übermäßiger Alkoholgenuss kann u. a. zu Störungen des Blickfolge•. Der erfahrenen Neurologin ist das Syn-
Kleinhirns führen. drom. das Frau V. zeigt, vertraut: Oie Kombinat ion
aus breitbeinigem Gang, lntentionstremor, Oysmetrie
Das Kleinhirn ist verantwortlich für die Gleichge- und sakkadierter Blickfolge passt gut zu einer
wichtserhaltung, die Kontrolle des Muskeltonus Störung des Kleinhirns. Um zu sehen, was dahinter-
und die Koordination von Bewegungen. Fallen steckt, lässt sie eine zerebrale Computertomographie
Kleinhirnfunktionen aus, sind Bewegungsabläufe ihrer Patientin anfertigen.
schwer gestört. Patienten klagen über Gleichge·
wlchtsstörungen, ihre Bewegungen schießen über Kleineres Kleinhirn
das Ziel hinaus oder werden von einem grob- Als Angelika V. wenige Tage später wieder die Praxi s
schlägigen Zittern, dem so genannten Intentions· aufsucht, sind ihre Symptome unverändert. Oie Neu·
tremor, begleitet. Unter Umständen können be· rologin betrachtet die CT -Aufnahmen der Patientin
troffene Menschen Gegenstände nicht mehr auf dem Bildschirm. Die Diagnose ist nicht schwierig:
greifen und feine Bewegungen nicht ausführen. Das Kleinhirn der Patientin ist unproportional klein;
es handelt sich um eine Kleinhirnatrophie - ein
Koordinationsstörungen Phänomen. das toxisch durch Schwermetalle, Medika·
.Frau Doktor, ich bin so unsicher beim Gehen. Bald mente oder Alkohol auftreten kann, im Rahmen von
kann ich nicht mehr alleine einkaufen - so wackelig Krebserkrankungen beziehungsweise nach zytostati·
bin ich auf den Beinen·, beklagt sich Angelika V. Oie scher Behandlung oder auch genetisch bedingt vor·
58-jährige Hausfrau kommt zum ersten Mal in die kommt.
Praxis von Frau Dr. Straub. Um sich ein genaues Bild
von der Patientin zu machen. führt die Ärztin eine Grund: Alkoholabusus
ausführliche neurologische Untersuchung durch. Im Inzwischen hat sich die Ärztin auch mit den Blutpara-
Stehversuch stellt sie fest, dass Frau V. beim Stehen metern von Frau V. vertraut gemacht. Insbesondere
mal nach vorne, mal nach hinten schwankt. Ihr Gang fielen ihr die erhöhten Leberwerte (v. a. -y·GT) und
ist breitbeinig. Der Ärztin kommt es sogar vor, als vergrößerte Erythrozyten (erhöhtes mittleres korpus-
würde die Patientin torkeln . Um ihre Koordination zu kuläres Erythrozytenvolumen = MCV) auf. Aufgrund
überprüfen, bittet sie die 58-jährige, nach einem der laborwerte und der typischen Kleinhirn-Sym-
Wasserglas zu greifen. Als die Patientin der Aufforde· ptome hat die Ärztin den Verdacht , dass die Patientin
rung nachkommt. macht ihr Arm zickzackartige Be· chronisch Alkohol konsumiert. Als sie Angelika V. da-
wegungen, die umso ausgeprägter werden, je mehr rauf anspricht, ist diese befangen. • Wissen Sie, ich
sich die Hand dem Glas nähert. Dieselben Armbewe- war deswegen schon oft in Behandlung. Doch es hat
gungen präsentiert die Patientin, als die Ärztin sie nichts genützt. Von dem Teufelszeug komme ich ein·
auffordert. bei geschlossenen Augen und weit ausho- lach nicht los•. gesteht die Patientin.
lender Bewegung die Nasenspille mit dem Zeigefin-
6 Kleinhirn (Cerebellum) Die Lage, Gliederung und Funktion 117

6 Kleinhirn {Cerebellum) die entsprechend der unterschiedlichen Her-


kunft Ihrer Hauptafferenzen benannt sind
6.1 Der Überblick und Im Rahmen von Bewegungsabläufen ver-
schiedene Aufgaben übernehmen. Achten Sie
Das Kleinhirn ist ca. 140g schwer und liegt in der hierbei auf die Abgrenzung des Pontocerebel-
hinteren Schädelgrube dorsal des Hirnstamms, mir lum gegenüber den belden phylogenetisch
dem es auf jeder Seite durch drei Kleinhirnstiele älteren Anteilen (Splno- und Vestlbulocere-
verbunden ist. Seine Oberfläche ist gekennzeichnet bellum).
durch parallel verlaufende Furchen. zwischen de-
nen schmale Windungen liegen.
Das Kleinhirn selbst kann keine Ausführung von
6.2.1 Die Lage
Das Kleinhirn (Cerebellum) liegt dorsal von Pons.
11
Bewegungen bewirken. sondern beeinnussr sie im Medulla oblongata und IV. Ventrikel in der Fossa
Sinne einer Feinabstimmung. Koordination und cranii posrerior (hintere Schädelgrube~ Nach oben
Aufrechterhaltung des Gleichgewichts sowie des wird es durch das Tenrorium cerebelh (Kleinhirn-
Muskeltonus. Um dieser Aufgabe gerecht zu wer- zelt. aus Dura mater, s. S. 170) vom Lobus occipita-
den, benötigt es einen hohen lnformationsnuss. der lis getrennt.
durch zahlreiche afferente und efferente Fasern in Auf der Vorderseite ist das Kleinhirn rechts und
den drei Kleinhirnstielen gew~hr1eastet ist. Ober sie links durch jeweils drei Kleinhirnstiele (Pedunculi
erhält es motorische Informationen (v. a. aus dem cerebellaris superior. medius und inferior. Abb. 6.1 a
Telencephalon) sowie für die Motorik wichtige sen- und S. 124) mit dem Hirnstamm verbunden.
sorische Informationen (v. a. über das Gleichge- Über die Pedunculi cerebellares entlässt das Klein-
wicht aus dem Vestibularorgan und dem Rücken- hirn seine Efferenzen und erhält seine Afferenzen.
mark~ Diese Informationen werden durch Die beiden oberen Kleinhirnstiele grenzen nach
komplexe Verschaltungen innerhalb der drelschlch- medial an das Velum medullare superius, eine
tlgen Kleinhirnrinde (unbewusst) aufeinander abge- dünne Platte aus weißer Substanz (Marklamelle)
stimmt. Von hier ziehen die meisten efferenten zwischen Kleinhirn und Vierhügelplatte des Mittel-
Fasern zunächst zu den vier paarigen Klelnhlmker- hirns. Das Velum bildet den oberen Teil des Daches
nen, dae eine Art Zwischenstation bilden. bevor de- vom vierten Ventrikel.
ren Efferenzen dann das Kleinhirn verlassen und Der untere Teil des Daches wird durch eine zweite
wiederum wichtige motorische Zentren des ZNS Marklamelle gebildet. das Velum medullare inferi-
sowie die Vesribulariskerne erreichen. Durch diese us. Es spannt sich zwischen Kleinhirn (Nodulus
Einbindung des Kleinhirns in das motorische und und Aocculus) und Medullaoblongara aus.
vestabuläre System können u. a. differenzierte Be-
wegungen zielsicher ablaufen und Anpassungen an 6.2.2 Die morphologische Gliederung
plötzliche Lageänderungen erfolgen. Das Kleinhirn gliedert sich in
- zwei Kleinhirnhemisphären (Hemlspherla cere-
belll) und
6.2 Die Lage, Gliederung und Kleinhirnwurm (Vermls cerebelll). Er liegt in der
Funktion Mitte zwischen den beiden Hemisphären und
umfasst u. a. auch den Nodulus vermls an seiner
;
~... Lerncoach
Unterseite.
Der Flocculus liegt als kleiner Teil der Hemisphä-
Machen Sie sich Im folgenden Kapitel ren beidseits am Pedunculus cerebellaris medius
zunächst mit den rein topographischen und und inferior der Kleinhirnunterfläche und ist über
deskriptiven Begriffen zum Kleinhirn ver- einen Stiel (Pedunculus nocculi) mit dem Nodulus
trilut. verbunden. Dieser kleine lobus flocculonodularls
Von größerer Bedeutung Ist die funktionelle wird der übrigen (Haupt-)Masse des Kleinhirns
Gliederung des Kleinhirns ln drei Abschnitte, (Corpus cerebelll) gegenübergestellt.
118 6 Kleinhirn (Cerebellum) Die Lage , Gliederung und Funktion

1
------- 2
~-- 21
3 2
4 22
5
20 1ft..."_ . . - - - - 6
~~~'lJj c-- 7
8
9

a b

Vermis cerebelli: Hemispheria cerebelli:


1 Culmen 5 Pedunculus cerebellaris superior 12 Fissura posterolateralis
2 Lobuluscentralis 6 Pedunculus cerebellaris inferior 13 Fissura secunda
3 Ungula cerebelli 7 Pedunculus cerebellaris medius 19 Fissura horizontalis
15 Uvula vermis 28 Fissura Superior posterior
16 Nodulus 8 Flocculus 29 Fissura prima
24 Pyramis vermis 9 Lobulus semilunaris inferior
25 Tubervermis 10 Lobulus gracilis 4 Velum medullare superius
26 Folium vermis 11 Lobulus biventer 18 Recessus lateralis ventriculi quarti
27 Declive 14 Tonslila cerebelli 17 Plexus choroideus ventriculi quarti
21 Lobulus quadrangularis anterior 20 Velum medullare inferius
22 Lobulus quadrangularis posterior
23 Lobulus semilunaris superior

Abb. 6 .1 Ansicht des Kleinhirns von vorne (a) und hinten-oben (b) mit farblicher Differenzierung seiner drei Anteile

Die Obernäche des Kleinhirns zeigt eine auffällige Die Fissura secunda findet sich zwischen Lobulus
Furchung. Zwischen zahlreichen annähernd parallel biventer/ Pyramis und Tonsilla/ Uvula.
verlaufenden Furchen (Fissurae cerebelll ) liegen Mit diesen ( beidseitigen} Läppchen der Hemisphä-
schmale Windungen (Folia cerebelll ). Einige Fur- ren sowie der paarigen Tonsilla hängt i n der Regel
chen sind tiefer und entstehen ontogenetisch zu ei- jeweils ein Abschnitt des Wurms zusammen
nem früheren Zeitpunkt. Diese Furchen unterteilen (Abb. 6.1 b}, Z. 8.:
das Kleinhirn in Lappen: Tonsilla - Uvula
Die Flssura prima teilt das Kleinhirn in Lobus cere- Lobulus gracilis und Lobulus biven ter- Pyramis
belli anterlor und Lobus cerebelli posterlor. Die tie- Lcbulus semilunaris inferior - Tuber
fe Fissur auf der h interen-oberen Fläche des Klein- Lobu lus semilunaris superior - Folium
hirns zieht über den Vermis und die Hemisphären Lobu lus quadrangularis posterior - Decl ive (zu-
hinweg. sammen auch als Lobulus simplex bezeichnet)
Die Flssura posterolateralis grenzt den Lobus floc- Lobulus quadrangularis anterior- Culmen.
culonodularis vom Lobus cerebell i posterior ab. Bis auf den Lobulus quadrangularis anterior gehö-
Anhand weiterer Fissuren werden in der traditio- ren alle Lobu li, die zugehörigen Wurmanteile und
nellen Nomenklatur verschiedene Abschnitte unter- die paarige Tonsilla zum Lobus cerebelli posterior.
schieden, die größtent eils als Läppchen bezeichnet Der Lobu lus quadrangularis amerior bildet zusam-
werden: men mit der Ala lobuli und den Wurmanteilen Lo-
Die Fissura horizontaUs liegt zwischen Lobulus se- bulus cenrra lis. Lingula cerebelli sowie Culmen den
milunaris Superior und Lobulus semilunaris infe- Lobus cerebelli anterior.
rior.
6 Kleinhirn (Cerebellum) Die Lage, Gliederung und Funktion 11 9

<S> Koordinanon von fein abgestimmter ( präz1ser)


~·.. Diese deskriptiven makroskopischen Begrif- Zielmotorik und Sprechmuskulocur zu.
fe können nicht mit definierten Funktionen oder
Projektionen korreliert werden. Da sie in der Re· 6 .2.4 Die Funktionen des Kleinhirns
gel nicht Im Detail geprüft werden, sind hier Die Informationen, die u. a. aus dem Vestibularap-
nicht alle Fissuren und Abschnitte einzeln auf- pa rat, Rückenmark und über die pontinen Kerne
geführt. Einzelheiten können Sie Abb. 6.1 entneh· aus kortikalen Area len zum Kleinhirn gelangen.
men. werden hier ( unbewusst) verarbeitet. Die Efferen-
zen der Kleinhirnkerne ziehen zu Zentren. von de-
6.2.3 Die funktionelle Gliederung nen d1e Kleinhirnrinde z. T. auch Afferenzen erhält
Nach funktionellen Kriterien lässt s1ch das Klein- und die für die Motorik von Bedeutung sind. Über
hirn in drei Anteile gliedern. Die funktionelle Glie- die dadurch entstehenden Rückkopplungsschleifen
derung steht größtenteils in Obereinstimmung mit ist es dem Kleinhi rn möglich. koordi nierend i n Be-
der phylogenetischen Gliederung (Abb. 6.1 ). wegungsabläufe einzugreifen (s. a. S. 204). Im Ein-
zelnen ist es verantwortlich für:
<S> - d1e GleiChgewichtserhaltung
~·.. Lassen Sie sich nicht von den z. T. unter· - d1e Kontrolle des Muskeltonus
schiedlich genutzten Einteilungen mit etwas vari- präzise und zielgerichtete Ausflihrung ( Koordi-
ierenden Grenzen irritieren. nation und Feinabstimmung) von Bewegungen
Zusammenspiel einzelner Muskelgruppen
Die drei Anteile sind: Integration von Korrekturen in Bewegungsim-
- Vestibulacerebellum (Archicerebellum, Urklein- pulsc.
h•rn): D1eser phylogenetisch älteste Teil des
Kleinhirns ist eng mit dem Vestibularapparat !+Xii43'
verbunden (Afferenzen aus den Vestibularisker- Das Kleinh•rn greift modulierend in Bewegungspro-
nen). Er besteht in erster Linie aus dem Lobus zesse ein, indem es - sowohl bei willkürlich durch·
nocculonodularis. Seine Hauptfunktionen liegen geführten als auch bei unerwartet notwendigen
im Bereich der Slilrzmotorik (Stabilisierung von Bewegungen (z. B. bei Veränderungen der Lage) -
Stand und Gang) sowie der Blickmororik. Informationen darüber erhält und Anpassungen,
Spinacerebellum (Paleocerebellum, Altklein- d. h. Korrekturen am motorischen Programm vor·
h•rn): D1eser Teil erhält seine Afferenzen vor- nehmen kann.
wiegend aus dem Rückenmark. Er besteht aus
dem Kleinhirnwurm (ohne Nodulus) und der
paravermalen Zone der Hem1spharen (auch Pars
intermedia • intermediäre Zone genannt). Funk- Klinische Zeichen bei Kleinhirnerkrankungen: Die
tionell steht die Regulation des Muskel tonus im funktionelle Bedeutung des Kleinhirns wird insbe·
Vordergrund. sondere bei Kleinhirnläsionen deutlich. Sie sind
Pontocerebellum (Cerebrocerebellum. Neocere- charakterisiert durch Störungen in der Gleichge-
bellum, Neukleinhirn): H1erbei handelt es sich wichtsregulation sowie der Koordination und Feinab·
um den größten Teil des Kleinhirns, der sich stimmung von Bewegungen. Dementsprechend sind
phylogenensch zuletzt ( m1t der Entfaltung des bei der neurologischen Untersuchung folgende Auf·
EndhirnS) entwickelt hat. Das Pontocerebellum fälligkeiten zu beobachten. die je nach Ort der Schädi·
erhält seine Afferenzen aus den Panskernen und gung in ihrer Ausprägung variieren können:
steht damit in enger Beziehung zur Endhirnrin· Dysmetrie: Unfähigkeit, Bewegungen richtig abzu·
de. Es wird von den beiden Partes laterales der messen; die fehlende Kontrolle führt insbesondere
Kleinhirnhemisphären gebildet. Besondere Be- zu Bewegungen über das Ziel hinaus (Hyperme-
deutung kommt dem Pentacerebellum bei der trle)
120 6 Kleinhirn {Cerebellum) Der Aufbau

a b c
Abb. 6.2 Rebound-Phänomen bei Kleinhirnläsion im Vergleich zum Gesunden: a und b normale Reaktion; a und c Reaktion
bei l..'lsion

- Dysdiadochokinese: das schnelle Zusammenwirken 6.3 Der Aufbau


von antagonistischen Muskeln ist beeinträchtigt;
rasche Pro· und Supinationsbewegungen (wie z. B.
beim Schraubendrehen) sind nicht möglich
;...... Lerncoach
lntentionstremor: Auftreten von Zittern bei An· Das Kleinhirn muss eine Vielzahl an lnforma·
näherung einer Bewegung auf ein Ziel (z. B. beim tionen aus anderen Zentren des ZNS erhalten
Versuch, mit dem Finger die Nasenspitze zu tref· und aufeinander abstimmen, um eine koordi·
fen • Finger-Nase-Versuch) nierende Wirkung auf die Motorik ausüben
- Makrographie: verwackelte große Schrift zu können. Achten Sie beim Lernen der dafür
skandierende Sprache: undeutlich, schleppend, erforderlichen zahlreichen Verbindungen und
monoton, abgehackt, stockend, z. T. explosiv Verschaltungen insbesondere auf:
Rebound-Phänomen: plötzliches Abbremsen einer - die komplexen Verschaltungen in der
Bewegung gelingt nicht (Abb. 6.2) Kleinhirnrinde
grobschlägiger Nystagmus: langsame und entge· - die besondere Stellung der Kleinhirnkerne
gengerichtete schnelle Augenbewegungen. - die Fasersysteme, die in den Kleinhimstie·
Muskelhypotonie: Abschwächung des Muskeltonus len verlaufen.
Rumpf· und Standataxie: Schwanken beim Sitzen
oder Stehen An Kleinhirnschnitten wird der Aufbau sichtbar:
Gangataxie: unsicherer, torkelnder, breitbeiniger • Graue Substanz findet sich - wie auch im
Gang. Großhirn - in Form der Kleinhirnrinde (Cor·
Bei einer Schädigung der Pars lateralis der Hemis· tex cerebelll) und den Kleinhirnkernen (Nudel
phären überwiegen die ersten sechs der genanMen cerebelll).
Symptome während die letzten vier bevorzugt bei • Weiße Substanz bildet als Verbindung zum
Läsionen von Vestibulo· und Spinocerebellum auftre· Hirnstamm die Kleinhirnstiele (Pedunculi ce·
ten. rebelli), umgibt die Kerne als Corpus medulla -
re cerebelll und dringt in die Windungen der
<Z> Rinde ein. Daraus ergibt sich das typische Bild
...• ... Check·up des Lebensbaumes (Arbor vltae).
Vergegenwärtigen Sie sich, woher die drei
funktionellen Kleinhirnanteile (Vestlbulo·, 6.3.1 Die Kleinhirnrinde
Spino· und Pontocerebellum) Afferenzen er· Die Kleinhirnrinde ist in drei Schichten unter-
halten, um Ihre Aufgaben erfüllen zu schiedlicher Breite gegliedert (Abb. 6.3).
können. Diese Dreischichtigkeit kommt durch die charakte-
Machen Sie sich klar. aus welchen morpho· ristische Verteilung verschiedener Zellen und ihrer
logischen Kleinhirnstrukturen jeder dieser Zellfortsätze zustande. Zusätzlich enden in der
drei funktionellen Anteile besteht. Kleinhirnrinde Afferenzen aus anderen Teilen des
6 Klei nhirn (Cerebellum) Der Aufbau 121

Rinde: 1 1Sternzelle
2 Parallelfasern
2 3 Korb-Zelle
4 Purkinje-Zelle
5 Körner-Zellen
6 Glomerulus cerebellaris
-Stratum moleculare
7 Golgi·Zelle
8 Kletterfaser
9 Moosfaser

-Stratum purkmjense 4

s
- Stratum granulosum
6
7

8
Mark
9
.. ..
Abb. 6.3 Verschaltungen in der Kleinhirnrinde

ZNS. Die einzelnen für das Verstllndnrs der Klein- «>


hirnrinde wichtigen Neurone und Faserarten sind ~A~ M achen Sie sich mit Hilfe von Tabelle 6.1
i n Tab. 6.1 zusammengefasst u nd bilden von außen und Abbildung 6.3 klar, welche Strukturen in
nach innen folgende Schiehren : welcher der drei Schichten liegen und w elche
- Stratum moleculare (Molek ularschicht): Dies ist Verschalt ungen zwischen den Zellen best ehen.
die dickste der drei Schichten. Sie enthält zahl-
rerche Fasern und viele Synapsen, aber nur we- i$ii;J31
nige Nervenzellkörper. - Im Stratum moleculare stehen dre Dendriten-
St rat um purklnjense (früher: Stratum gangliona- baume der Purkinje-Zellen senkrecht zur
re: Purkrnje-Zellschicht) als schmale Schicht in Langsachse der Folia cerebelll. die Parallelfasern
der Mi tte. der Körnerzellen hingegen ln Längsrichtung.
- St ratum granulosum ( Körnerschicht): Diese - Die Axone der Purkinje-Zellen sind die einzigen
breite Schicht grenzt innen an das Marklager. efferenten Fasern der Kleinhirnrinde und wirken
Von den verschiedenen in der Klernhirnrinde vor- - wie fast alle anderen Zellen der Kleinhirnrinde
kommenden Nervenzelltypen entsenden nur Purki- - inhibitorisch.
nje-Zellen Axone, die die Rinde verlassen. Alle - Die Kornerzellen sind die einzigen Zellen der
anderen (Golgr-. Stern- und Korbzellen) sind Inhibi- Kleinhirnrinde mit exzitatorischer Wirkung.
torische lnterneurone. Sie hemmen bestimmte Pur- - Dre ebenfalls exzi tatorischen Moos- und Kielter-
kinje-Zell en (vgl. Umfeldhem mung, laterale Hem- fasern sind Afferenzen aus anderen Gebieten des
mung S. 82) und dienen dadurch der räumlichen ZNS.
Kontrastverstarkung.
122 6 Kleinhirn (Cerebellum) Der Aufbau

neuronale Charakteristika
Struktur
Zellen
Purkinje- - inhibitorisch (GABAerg)
Zellen - Perikarya:
- groß. rundlich oder bimenlörmig
- im Str. purkinjense in einer Reihe mit definierten Abständen zueinander
- Dendritenbäume:
- meist 2 ( 1-4) Dendriten
- stark ve!'lWeigt
- spalierbaumartig angeordnet (Lage in einer Ebene, die quer zur Längsachse der Kleinhirnwindungen steht)
- in der Molekularschicht (ganze Höhe)
- Axone:
- einzige Efferenzen der Kleinhirnrinde
- ziehen zu den Kleinhirnkernen
- Kollateralen zu Korb- und Golgi-Zellen
Sternzellen - Inhibitorische Interneurane '
- Molekularschicht. obere Hälfte
1--------_ Ax ......:o_n..:e..:bilden Synapsen mit Dendritenbäumen der Purkinje-Zellen im Str. purkinjense
Korbzellen - Inhibitorische Interneurane
- Perikarya: Molekularschicht (untere Hälfte)
- Axone: umfassen im Str. purkinjense korbartig die Somata der Purldnje-Zellen und enden an deren
Axoninitialsegmenten
Golgi- - Inhibitorische Interneurane
Zellen - Perikarya:
- größer als die der Körnerzellen
- im Stratum granulosum
- Dendriten:
- ziehen durch das Str. purkinjense
- vel'lWeigen sich dreidimensional im Str. moleculare
- Axone bilden in den Glomeruli Cerebellares (s. u.) synaptische Kontakte an Dendriten der Körnerzellen
Körner- - einzige exzitatorische Zellen der Kleinhirnrinde
zellen - Perikarya:
- sehr klein und rund
- dicht gepackt im Stratum granulosum
- Axone bilden Parallellasern in der Molekularschicht (s. u.)
Bergmann- - Sondertyp der Astroglia
Gliazellen - Perikarya im Str. purkinjense
- radiäre Fortsätze bilden mit Endfüßen Gliagrenzmembranen um Gefäße und unter der Pia mater
(Membrana limitans gliae vascularis und superlicialis)
afferente Fasern
Parallel- - Axone der Körnerzellen (also aus der Kleinhirnrinde selbst)
fasern - verzweigen sich T-lörmig
- verlaufen parallel zur Längsachse der Kleinhirnwindungen und damit senkrecht zur Ebene der
Dendritenbäume der Purkinje-Zellen
- bilden eine große Anzahl von Synapsen an
- Dendriten vieler Purkinje-Zellen
- Korb- und Sternzellen
- Dendriten der Golgi-Zellen
Kletter- - Axone aus dem Nudeus olivans inferior
Iasern - ziehen durch Str. granulosum und Str. purkinjense hindurch
- steigen an Dendritenbäumen der Purkinje-Zellen auf und bilden mit ihnen synaptische Kontakte im Str. moleculare
- exzitatorische Wirkung
Moos- - Axone aus verschiedenen Gebieten des ZNS:
lasern - Pons (Tractus pontocerebellaris)
- Nuclei vestibulares (Tractus vestibulocerebellaris)
- Formatio reticularis (Tractus reticulocerebellaris)
- Teeturn (Tractus tectocerebellaris)
- Nudeus cuneatus accessorius (Fibrae cuneocerebellares, s. S. 84)
- Rückenmark (Tractus spinocerebellaris anterior und posterior)
- enden im Str. granulosum und bilden dort synaptische Kontakte mit
- Dendriten benachbarter Kömerzellen
- Axonen und Dendriten der Golgi-Zellen.
Diese Synapsenfelder (lichtmikroskopisch frei von Zellkernen) werden als Glomeruli Cerebellares bezeochnet.
- exzitatorische Wirkung
6 Kleinhirn (Cerebellum) Der Aufbau 123

1 Nucleus dentatus
9 2 Nucleus fastigii
8 3 Nuclei globosi
2 4 Nucleus embolilormis
S Vermis
7
6 Fissurae cerebelli
3 7 Cortex cerebelli
8 Folia cerebelli
6
4 9 Hilum nuclei dentati

Abb. 6.4 Schrägschnitt (aus der Horizontalebene gedreht) durch das Cerebellum mit Kleinhirnkernen.

6.3.2 Die Kleinh i rnkerne ticularis). Lediglich einige Purkinje-Zellen projizie-


ren ohne Umschaltung in den Kleinhirnkernen auf
6.3.2.1 Die Lage und die Form der Kleinhirn- den Ncl. vestibu laris lateralis.
kerne Der Nucleus dentatus erhält seine Zuflüsse aus der
Eingelagert in die weiße Substanz des Kleinhirns Rinde ( Purkinje-Zellen) der Kleinhirnhemisphären
sieht man auf Horizontalschnitten die Kleinhirn- (Pontocerebellum. vor allem Pars lateralis, d. h. la-
kerne (Abb. 6.4) : terale Zone der Hemisphäre). Er projiziert über den
Nucleus dentatus (Zahnkern ): Dieser größte Pedunculus cerebellaris superior (s. u.) zum Nu-
Kleinhirnkern liegt am weitesten lateral und äh- deus ruber (Pars parvocellularis) und zum Thala-
nelt einem Beutel mit anteromedialer Öffnung mus (Nucleus ventralis lateralis) der Gegenseite.
( Hilum nuclei dentati), dessen Oberfläche stark Die Nuclei globosi und emboliformis erhalten ihre
gefaltelt (gezähnelt) ist Afferenzen aus der intermediären Längszone (auch
Nucleus fastigli (First- oder Giebelkern): Seinen paramediane oder paravermale Zone der Hemi-
Namen hat dieser mediale Kern von seiner Lage sphäre. Spinocerebellum). Die Efferenzen ziehen
im Dach des IV. Ventrikels. über den oberen Kleinhirnstiel zum Nucleus ruber
Nuclei globosi (Kugelkerne): Die beiden kleine- (Pars magnocellularis) und zum Thalamus ( Nucleus
ren Kerne lateral vom Nucleus fastigii und medi - posterior ventrolateralis) der Gegenseite.
al vom Nucleus dentatus sind rundlich. Der Nucleus fastigii erhält seine Afferenzen vor al-
Nucleus emboliformis (Pfropfkern): Er liegt vor l em von den Purkinje-Zellen des Wurms (media le
dem Hilum des Nucleus dentatus. Längszone, Vestibulocerebellum). Seine Efferenzen
Die Nuclei globosi und emboliformis werden auch verlaufen zu den Vestibulariskernen (Nuclei vesti-
als Nucleus interpositus zusammengefasst bulares medialis und inferior) und zur Formatio re-
ticu laris beider Seiten. Die zur Gegenseite ziehen-
6.3.2.2 Die Verschaltungen der Kleinhirnkerne den Fasern kreuzen als Fasciculus uncinatus
Die Kleinhirnkerne erhalten ihre Afferenzen von innerhalb des Kleinhirns und ziehen dann durch
Kollateralen der Bahnen. die zur Kleinhirnrinde den Pedunculus cerebellaris inferior (Corpus juxta-
projizieren. Eine weitere Afferenz der Kerne kommt restiforme) zu ihren Zielgebieten.
von den Purkinje-Zellen des Kleinhirns, über die Einige Axone der Purkinje-Zellen des Vermis proji-
eine inhibitorische Kontrolle der Kerne stattfindet zieren direkt (ohne Umschaltung im Nucleus fasti-
Von den Kleinhirnkernen gehen fast alle Efferenzen gii) auf den Nucleus vestibularis lateralis, der somit
aus. die das Kleinhirn verlassen (z. B. zum Thala- die Position eines Kleinhirnkerns einnimmt
mus. Nucleus ruber. Ncll. vestibulares, Formatio re-
124 6 Kleinhirn (Cerebellum) De r Aufbau

6 .3.3 Die Kleinhirnstiele (Pe d unculi


Die Purkinjezellen der Kleinhirnrinde projizieren cerebellares)
größtenteils zu den Kleinhirn kernen, deren Axone Oie za hlreichen Afferenzen und Erferenzen des
dann das Cerebellum verlassen; d. h. (fast) alle Effe- Kleinhirns. die seine modul ierende Funktion inner-
renzen des Kleinhirns haben ihre Ursprungsneu- halb e ines Bewegungsablaufs ermöglichen. verlau-
rone in einem der Kleinhirnkerne. fen beidseits in den dre i Klei nhirnstielen (Abb. 6.5
und Tab. 6.2). Diese s ind auf der anterioren Seite des
Kleinhirns e ine Fortsetzung sein er weißen Substanz
und verbinden das Klei nhirn mit dem Hi rnstamm;
Pedunculus cerebellaris superior: Verbindung
zum Mesencephalon
Pedunculus cerebellaris medius: am wei testen
latera l gelegene krä ftige Verbindung zum Pons
Pedunculus cerebellaris inferior: Verbindung zur
Medulla oblongata.

<I>
~A~ An der Höhenlokalisation der mit dem
Kleinhirn verbundenen Hirnstammstrukturen
können Sie sich ableiten , durch welchen Klein-
hirnstief die jeweilige Faserverbindung zieht. Die
einzige Ausnahme von dieser Faustregel ist der
Tractus spinocerebellaris anterior, der über den
oberen Kleinhirnstiel zieht, obwohl er von kaudal
1 kortikonukleäre Fasern
2 Pedunculus cerebellaris inferior aus dem Rückenmark kommt.
3 Medulla oblongata Machen Sie sich zu den in Tab. 6.2 aufgeführten
4 Pedunculus cerebellaris medius
5 Pons Afferenzen klar, dass sie die Kleinhirnrinde errei·
6 Pedunculus cerebellaris superior chen
7 Mesencephalon - als Kletterfasern (aus der unteren Olive über
Abb. 6.5 Kleinhirnstiele mit Ihren Verbindungen lUm Hirn· den Tractus olivocerebellaris) oder
stamm (vgl. Tab. 6.2) - als Moosfasern (über die anderen in
Tab. 6.2 genannten Faserbündel).

ICielnhlmltlele mit duidozhlhen d1n ....._


Kleinhirnstiel zerebelläre Afferenzen zerebelläre Elferenzen
oberer nur Tractus spinocerebellaris Tractus cerebellothalamlcus zum kontralateralen
(Pedunculus cerebellaris superior) anterior· Thalamus
Tractus cerebellorubralis zum kontralateralen
Nucleus ruber

II(Pedunculus
mittlerer
cerebellaris medius)
Fibrae pontocerebellares
(Tractus pontocerebellaris)
keine

unterer Tractus spinocerebellaris posterior· Tractus fastigiobulbaris (zu Vestibulariskernen) ..


(Pedunculus cerebellaris inferior) Tractus vestibulocerebellaris Tractus cerebelloolivaris
Tractus olivocerebellaris Tractus cerebelloreticularis' •
Tractus reticulocerebellaris
Fibrae cuneocerebellares (aus Nucleus
cuneatus accessorius. s. S. 84)
"Ourch die starke Entwtcklung des Pontoc:e..-ebe-llum und des mtttleren K~nhimstiefs während der Phylogenese wurden die ursprünglich zusammen-
hangenden spinozerebelli ren Bahnen auseinemder gedr~ngt (Tractu$ spinocerebeflares anterior und posterior).
• *Gekreulte fasemaus dem Nucleus fastigii zu Vestlbufarisk:~ und zur fonnabo reti<ularis werden auch als fascic:ulus undncm.IS cerebellt bt·
zek:hneL
I
.
6 Kleinhirn (Cerebellum) Der Aufbau 125

<I>
- Der Hauptteil der zerebellaren Efferenzen ver· ...• ... Check-up
läuft im Pedunculus cerebellaris Superior und o/ Besonders bellebte Prüfungsthemen sind
kreuzt im Mittelhirn zur Gegenseite. die Kleinhirnrinde und die Klelnhlmstiele.
- Der Pedunculus cerebellaris medius führt nur Rekapitulieren Sie hierzu insbesondere
zerebelläre Afferenzen aus dem Pons. - wo die zerebellären Afferenzen (Moos·
- Der Pedunculus cerebellaris inferior enthält ver· und Kletterfasern) jeweils enden
schiedene afferente und efferente Bahnen als - welche Interneurane und Fasern auf die
Verbindung zu den Vestibulariskemen und kau- Purkinje-Zellen wirken
dal des Pons gelegenen Strukturen (z. B. Tract us
splnocerebellaris posterior, Tractus olivocerebel-
- welche Bahnen Ober welchen Kleinhirn·
stlel das Cerebellum erreichen bzw. ver·
111
laris). lassen.
- Nur der ebenfalls von kaudal aus dem Rücken- o/ Machen Sie sich klar, über welche extraze-
mark kommende Tractus spinocerebellaris ante- rebellären Kerne die Efferenzen des Klein·
rior zieht nicht über den unt eren, sondern den hirns zum Rückenmark gelangen.
oberen KleinhirnstieL Oberlegen Sie, warum der Tractus spinoce·
rebellans anterlor (nicht aber posterlor}
W1e aus dem Namen der j ewe11igen Bahnen in durch den Pons verläuft.
Tab. 6.2 ersichtlich. verlaufen die Efferenzen des
Kleinhi rns u. a. Ober die Formatio reticuiaris. den
Nucleus ruber und den Nucleus vestibularis iatera-
lis zum Rückenmark.

I
Klinischer Fall

Hormonüberschuss im Gehirn Operation könnte der Nerv im Karpaltunnel entlastet


werden. Allerdings kommt seon langjähriger Patient
Herrn Dr. Fritsche auch sonst verändert vor: Seine
großen. wulstig wirkenden Finger waren ihm bei der
Untersuchung sofort aufgefallen. Außerdem ist sich
der erfahrene Allgemeinmediziner sicher. dass der zu-
vor nie ernsthaft kranke Mann bei seinem letzten Be·
such in der Praxis anders ausgesehen hatte. Doe seot-
dem verstrichene Zeot reocht dem Arzt nocht als
Erklärung für die auf einmal grob erscheonenden Ge-
sichtszüge mit der auffallig großen Nase und den dok·
ken Lippen.

Zu kleine Schuhe
.Haben Sie in letzter Zeit irgendwelche Veranderun-
gen in Ihrem Alltag bemerkt?". ergänzt Dr. Fritsche
seine Anamnese. Lukas K. denkt scharf nach. Obwohl
PS ihm belanglos t>rscheont. berichtet er, dass ihm
Typo~hes E<Kheinungsbold ei~ Patoenten mit Akromegalie. seine Baskenmutze aus orgendwelchen Grunden nicht
mehr richtig passt. Auch seine Schuhe erscheinen
Die Hypophyse Ist ein zweiteiliges Organ. Sie glie- ihm • irgendwie kleiner". Er musste sich kürzlich ein
dert 5kh in die Neurohypophyse, eine Ausstülpung neues Paar kaufen, weil die alt en Schuhe druckten.
des Zwischenhirns, und die Adenohypophyse, eine .Ich glaube. dass wir noch ein paar Untersuchungen
endokrine Drüse. Die Adenohypophyse produziert benötigen". sagt der Arzt zu seinem Patienten. Er
cbi Wachstums- oder SO!Ntotrope Hormon (5TH), nimmt Blut für eine eingehende endokrinologosche
cbi Prolaktin, Gonadotroplne und das adrenolcortl· Diagnostik ab und schickt Herrn K. zum Radoologen.
kotrope Hormon (ACTH). Gutartige Tumoren der um ein MRT des Kopfes anfertigen zu lassen.
Adenohypophyse (Hypophysenadenome) können Seine Vermutung Ist, dass hinter den Symptomen
zu einem Überschuss eines oder mehrerer dieser von Herrn K. ein Hypophysenadenom st eckt : Ein gut ·
Hormone Im Körper führen. artiger Tumor om Hypophysenvorderlappen, der das
Wachstumshormon (STH) om Überschuss produziert.
Schwäche und Schmerzen in den Händen Es bewirkt beo Erwachsenen u. a. das Wachstum von
.Oh je. das gibt's doch mchtl", flucht der Backer- Knochen, Knorpel und Sondegewebe om Bereoch der
meoster Lukas K. Gerade eben fiel ohm das Blech mot Akren (Akromegaloe). Oie beidseitigen BeschwerdEm
dem Spritzgebäck aus der Hand - und das ost nicht in den Händen ließen sich durch eine Bindegewebs-
lUm erst en MaL Schon seit mehreren Monaten hat vermehrung im Karpaltunnel mit Kompression des
der 50-Jährige Schwierigkeiten. schwere Gegenstände Nervus medianus gut erklären.
zu halten. Auch quälen ohn seot einigen Wochen
nächtliche Schmerzen on beiden Handgelenken. Lukas Überraschung für den Patienten:
K. vermutet. dass doese Schmerzen und doe Operation am Kopf
Greifschwache moleinander zusammenhängen. Als Dr. Fritsche bei Wiedervorstellung des Patoenten
dessen MRT-Aufnahmen begutachtet. bestatogen sie
Nervus medianus eingeklemmt seine Diagnose: Im Bereich der Sella turcica des Keil·
Als der Bäckermeister wegen seiner Probleme den beinkörpers sieht man eine runde, gut abgegrenzte
Hausarzt aufsucht. diagnostizoert dieser bei dem Pa- Raumforderung der Hypophyse. Auch die Erhöhung
tienten eon beidseitiges Karpaltunnelsyndrom. .Im des STH-Werts und zugehöriger peripherer Marker
Handgelenk verlauft ein Nerv, der Nervus medoanus. sprechen für die Akromegalie. Nachdem Or. Frot~he
Wird er durch Veränderungen im Sondegewebe oder seinem verdutzten Patienten erklärt hat, was doe Un-
durch Knochenveranderungen eongeengt. treten hau- tersuchungen ergeben haben, überweist er ohn on die
log Muskelschwäche und Schmerzen in den Handen Neurochirurgie. Dort wird die Entscheidung getroffen,
auf•, erklart der Arzt seinem Patienten. Durch eine das gut operable Hypophysenadenom zu entfernen.
7 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Überblick und die Oberfläche 129

7 Zwischenhirn (Diencephalon) die Lamina terminaUs mat der Commissura anterior


begrenzt.
7.1 Der Überblick und die Oberfläche Oberhalb des Hypothalamus liegt der Thalamus.
Zwischen diesen beiden Zwischenhirnanteilen liegt
7 . 1.1 Die Anteile des Zwischenhirns der Sulcus hypothalamlcus. Diese Furche verläuft
Zum Zwischenhirn gehören der Thalamus (mit vom Foramen interventriculare zum Aqueductus
dem Metathalamus). der Hypothalamus (mit der mesencephali (s. S. 174). Das Foramen interventri-
Hypophyse) und der Epithalamus. Alle drei be- culare wird nach vorne durch den Fornix, nach hin-
stehen aus zahl reichen Kernen. die sehr unter- ten durch das vordere Ende des Thalamus be-
schiedliche Funktionen erfüllen. Dabei ist der Tha- grenzt. Der Fornix steigt bogenformig über den
lamus der größte Kernkomplex des Zwischenhams. Thalamus.
Im Dach des 111. Ventnkels liegt. unterhalb des For-
<E>
nix, die dunne Tela choroadea ventriculi tertii (be-
~A~ Die verschiedenen Anteile des Zwischen· festigt an der Taenia rhalami • Abrisslinie nach
hirns gehören zu sehr unterschiedlichen Syste- Entfernung der Tela an der ThalamusoberOäche).
men. Um sich dies besser einzuprägen, ordnen Die beiden Thalami sind meist (70-80 %) durch
Sie beim lesen dieses Kapitels die anatomischen eine Adhesio interthalamlca miteinander verbun-
Strukturen immer direkt einer Funktion zu. den. Dae Adhesio enthalt keine Faserbahnen, son-
dern besteht vornehmlach aus Gliazellen. Die hin-
7 .1.2 Die Ansicht des Zwischenhirns von tere Begrenzung des dritten Ventrikels ist die
medial und basa l Commissura posterior. die Commissura habenu la-
Das Zwaschenhirn schließt sich nach oben ohne rum sowie die Epiphyse.
deutliche Grenze dem Mittelhirn an. Es begrenzt Nur ein Teil der bosalen Oberfliiche des Daencepha-
beidseats den 111. Ventrikel (s. s. 175). sodass nach lon ist an der Unterseite des Gehirns zu erkennen.
dessen Eröffnung durch einen Medianschnitt die Zwischen Chiasma opticum, Tracrus opticus und
OberO~che des Zwischenhirns sichtbar wird den beiden Hirnschenkeln liegen (als Teile des Hy-
(Abb. 7.1). pothalamus) das lnfundlbulum (Hypophysenstiel)
Der Hypothalamus bildet den Boden und dae unte- mat dem Tuber dnereum als Verdickung in seiner
ren Abschnitte der Seltenwand des Venrnkels. Vor- Rückwand und die paarigen rundlichen Corpora
ne werden Hypothalamus und 111. Ventnkel durch mammlllaria.

1 Pfe~us chorotdeus I 1 Adenohypophyse


2 Thalamus 12 Neurohypophyse
";.--- 2 3 Commossura habenularum 13 lnfundibulum
_".-- 3 4 Stna medullaris thalami 14 Tuber onereum
_".-- 4 5 Glandula plnealis (Eplph~e) 15 Lamina terminaUs
.·..,--- 5 6 Commissura posterior 16 Hypothalamus

l
....-- 6 7 Adheslo interthalamica 17 Commissura anlcrlor
8 Aqueductus mesencephall 18 Fornlx
9 Sulcus hypothalamicus
0 Corpus mammillare
19 Septum pelludicum J
"--7
13 -~~ ' ~t\Ni•'
"'"'"""' '--- 8
12 - -.:.:.:>;A.
ifW~~ g
"'·~~- 10

Abb. 7.I D~s Dienc~lon (blau hetvorge~n) mot seonen lopog~phlschen Bezlehungen in der AnskhliiOI'I medo~l an
einem Mediansagittalschnott
13 0 7 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Thalamus und der Metathalamus

7.2 Der Thalamus und der Zudem finden s ich auch innerhalb der Lamina me-
Metathalamus dullaris medialis Kerne (Nudellntralaminares).
Zum Thalamus dorsalis gehören die allermeisten
;...... Lerncoach Thalamuskerne. lediglich der Nucleus rencularis,
Oie Signale aus allen Sinnessystemen, außer die Zona incerta und der Nucleus subthalamicus
dem olfaktorischen, werden im Thalamus/ werden als Thalamus ventralis zusammengefasst
Metathalamus umgeschaltet und können hier (s. S. 133).
auch modifiziert werden, bevor sie zur End- 01e oberhalb des Nucleus subthalamicus gelegene
hirnrinde weitergeleitet werden (Thalamus = Zona incena enthält zahlreiChe doparninerge Neu-
Tor zum Bewusstsein). Motorische Kerne des rone und wird häufig als (obere) der Formatio reti-
Thalamus erregen den motorischen Kortex. cularis aufgefasst. Häufig wird der Nucleus subtha-
Andere Thalamuskerne gehören zum limbi- lamicus als eigenständiger Abschnitt des
sehen System oder zum aufsteigenden Weck- Zwischenhirns beschrieben. was seine funktionelle
system. Bedeutung im Rahmen der Verschaltung der Basal-
Machen Sie sich in diesem Kapitel erst einmal ganglien unterstreicht (s. S. 159).
mit der Einteilung und Zugehörigkelt der ver-
schiedenen thalamisehen Kernkomplexe zu 7 .2. 1.2 Die fu nktionelle Gliederung
unterschiedlichen funktionellen Systemen Als spezifische Thalamuskeme. auch Palliothalamus
vertraut. Dies erleichtert Ihnen im Kapitel11 genannt, bezeichnet man solche Kerne. die mit ei-
(S. 199) die Einordnung einzelner Thalamus- nem bestimmten Bezirk der Hirnri nde (reziprok)
kerne als Schaltstation Innerhalb des jeweili- verbunden sind (z. B. Nuclei anteriores - limbischer
gen funktionellen Systems, in das sie einge- Gyrus cinguli; Nucleus ventrahs lateralis - motori -
bunden sind. sche Präzentralregion; Nucleus ventralis posterior
- sensible Postzentralregion: Corpus geniculatum
7.2.1 Die Einteilung und die Verbindungen latera le - Sehrinde).
der Thalamuskerne Unspezifische Thalamuskeme, auch Truncothala-
mus genannt. aktivieren über polysynaptische Ver-
7 .2.1.1 Die morphologische Gliederung bindungen nicht scharf begrenzte Areale der End-
Der Thalamus. der den größten Teil des Zwischen- hirnrinde (a lso keine genaue Zuordnung zu einem
hirns einnimmt, hat eine bohnen- bis eiförmige spezifischen Kortexareal). Afferenzen erhalten diese
Gestalt. Er besteht aus zahlreichen Kernen (Abb. 7•.2) Kerne aus anderen Teilen des Zwischenhirns und
mit unterschiedlichen Funktionen. Zw1schen den aus dem Hirnstamm. insbesondere aus der Forma-
Kernen verlaufen intrathalamisehe Marklamellen tio reticularis. Funktionell gehören sie zum ARAS
(Abb. 7.3, S. 5. 133). (s. 5.104). Zu den unspezilischen gehören insbeson-
Die Marklamellen verlaufen hauptsächlich para llel dere die intra Iaminären Kerne. z. B. Nucleus centro-
zueinander von anterior nach posterior. Oie Lamina medianus und auch die Nuclei mediani. Der Begriff
medullaris lateralis erstreckt sich an der lateralnä- .unspezifisch" 1St etwas irrefuhrend, da d1e Funkti-
che des Thalamus. Die Lamina medullaris medialis on dieser Kerne doch eine spezifische ist (z. B.
verläuft innerhalb des Thalamus und teilt sich vor- Weckfunktion ).
ne y-förmig auf ( besonders auf Horizonta lschnitten
erkennbar). Dadurch wird der Thalamus m drei Ter- 7 .2.1.3 Die Nervenzelltypen im Thalamus
ritorien (Kemgruppen) gegheden: Außer im Nucleus reticularis (s. Tab. 7.1. S. 133) smd
- vordere Kerne (i n der Aufgabelung der Lamina im Thalamus zwei Neuronentypen anzutreffen:
medullaris medial is): Nudel anterlores - Projektionsneurone: exzitatorisch (Glutamat als
Kerne med1al der Lamina: Nudel mediales und Transmitter)
median I lnremeurone: mhibitorisch (GABA als Transmit-
Kerne lateral der Lamma: Nudel ventrales, dor- ter).
sales und posteriores.
7 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Thalam us und der Me tathalamus 131

19

13 18 11~-t--4

15 12 15
12 10 11-- 16
16
7a
9 -l--4 11 7b
--+--s 1--5
8 6 17
i:::===~~~_:j--6
a b
Nudeus reticularis 8 Nudeus subthalamKus 15 Lamina medullaris extema
Nuclt~ Vl ld Nudei ontralam rl 16 Capsula intema
2 Nucleus ventrahs anterior 9 Nudeuscentrahs medialis
3 Nucleus anterior ventrolateralls 17 Zona incerta
10 Nudeuscentralls lateralis
4 Nucleus posterior ventrolateralis 11 Nucleus centromedianus Nuclei po\trriores:
Nucleus ventralis posteromedoahs (VPM) 18 Nucleus dorsalis lateralis
> Nucleus ventralos posterior onlerior 12 Nucleus mediodorsalis 19 Nucleus laterahs posterior
Nucleus ventrahs posterolateralos (VPl)
a Pars anterior
b Pars posterior
Nuclei anteriores
13 Nucleusanterodorsalos
14 Nucleus anteroventralis
_j
- -
Abb. 7.2 Kerne des Thalamus
Frontalschnitte durch das vordere (~)und durch das mottlr<~ Thalamusdrittel (b)

7.2.1.4 Die Verbindungen der thalamisehen Systeme eingebunden: Empfindungen aus dem
Kern komplexe Gesichtsbereich werden im Nd. ventralis postero-
Als Umschaltstatlon sind die verschiedenen Kern- medialis (= VPM). solche aus den ubrigen Körper-
komplexe in Abhängigkeit von ihrer jewe1hgen regionen im Nd. ventralis posterolateralis (= VPL)
Funktion afferent und efferent mit unterschi edli- umgeschaltet. Der Nd. ventralis posterior inferior
chen Hirnregionen verbunden (Tab. 7.1 und Abb. 7.3). ist Umschaltstation lür nozizeptive Fasern.
- Die Neurone des Nucleus reticularis hemmen die
Klinischer Bezug thalam1sche lnformationsverarbeitung.
Lasion des Nd. mediodorsalis: Word doeser Hauptkern
der medialen Gruppe geschädigt (bei einem relativ 7.2.2 Der Me tathalamus: Corpus ge niculatum
seltenen Infarkt innerhalb des Thalamus). kommt es laterale und Corpus geniculatum mediale
insbesondere zu Persönlichkeitsverilnderungen (z. B. Das Corpus geniculatum laterale (CGL. lateraler
Gleichgültigkeit. Störungen des sozialen Verhaltens. Kniehöcker) und das Corpus geniculatum mediale
Aggressivität. Zwangsvorstellungen). Diese Symptome (CGM. medialer Kniehöcke r) we rden zum Meta tha-
ähneln denen bei Schädigung des präfrontalen Kortex lamus 7usammengefassr.
(Frontalhirnsyndrom. z. B. bei M. Pick, s. S. 153), was Das Corpus genlculatum laterale liegt erwas abseits
durch die Verbindung des Nd. mediodorsalis mit dem von den ubrigen Thalamuskernen lateral an der ba-
prä frontalen Kortex verständlich ist. salen Oberfläche (grenzt also an den Suba rachnoi-
dalraum ). Es weisr eme Einbuchtung an seiner
OberOllehe auf.
i$jj;131 Histologisch bestehr das Corpus gen1culatum late-
- Während die Nudei ventrales anterior und latera-
les für die Motorik von Bedeutung sind, sind die rale aus sechs (kappenartig überemander gelager-
übrigen Kerne der ventralen Gruppe in sensible ten) Zellschichten. die von basal aus durchnumme-
132 7 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Thalamus und der Metathalamus

Kerngruppe • Herkunft der Afferenzen • Ziel der Efferenzen • funktionelle Bedeutung


Thalamus dorsafis
Ncll. anterlores: Corpora mammillaria (Tractus limbisches System: ~ Beteiligung an emotionalem
- Nd. anterodorsalis mammillothalamicus • - Gyrus cinguli Verhalten und Gedächtnis·
- Nd. anterom.-dialis Vicq d'Azyr·Bündel) - Gyrus parahippocampalis bildung
- Nd. anteroventralis -+ Bestandteil des Papez·N<'u·
ronenkreises (s. S. 227)
Ncll. mediales: - Corpus amygdaloideuro anteriore frontale Rindenfel· -+ Verhaltensweisen.
- Nudeus m.-diodorsalis (Pars

J
- olfaktorische Kortexareale der (präfrontaler Kortex) intellektu.-lle Leistungen
magnocellularis mediatis und (v. a. piriformer Kortex.
I Pars parvoc.-llularis lat.-ralis) s. S. 22_0.:....)_
Ndl. mediani (Mittellinienkeme): - Hypothalamus - Corpus amygdaloideum -+ Wachheitszustand.
- Nd. parataenialis - Formatio reticularis (beson· - Hippocampus Gedächtnis
- Nd. reuniens ders Locus caeruleus und - Nudeus accumbens
Raphe-Kerne. Substantia - Gyrus cinguli
grisea centralis)
- Gyrus cinguli
Ncll. ventrales funktionell heterogene Gruppe
- Nd. ventralis anterior Substantia nigra pramotorischer und supple· - Verarbeitung von motori·
(Pars reticularis) mentär motorischer Kortex sehen Impulsen aus den
- Ncll. ventrales laterales Basalganglien (Pallidum)
- Nd. anterior ventrolateralis Globus pallidus prämotorischer und primär und assoziierten
- Nd. postenor ventrolateralis Kleinhirnkerne motorischer Kortex Kernen (Substantia nigra)
sowie aus dem Kleinhirn
(s. s. 201 ff)
- Ncll. ventrobasales -+ Umschaltung somatasen-
• Ncll. ventrales posteriores sibler Impulse aus der
- Nd. ventratis posterolatera· Hirnstamm und Rückenmari<: sensible Rindenfelder im Körperperipherie bevor sie
lis (VPL) über Gyrus postcentraUs - unter Beibehaltung der
- lemniscus medialis somatotopen Ordnung - zu
- lemniscus spinalis sensiblen Rindenfeldern
- Nd. ventralis posteromedia· Hirnstamm (Nd. principalis und weitergeleit et werden
lis (VPM) Nd. spinalis nervi trigemini)
über Lemniscus trigeminalis
- Nd. ventralis postenor Tractus spinothalamicus anteriore Inselrinde -+ Beteiligung an der Schmerz-
inferior weiterleitung
Ncll. dorsales
- Ncll. pulvinares anterior. - Nuclei pretectales kortikale Assozlalionsgebie· -+ Beteiligung innerhalb des
inferior. lateralis und medialis - Colliculus superior te im Parietal·, Okzipital· visuell-motorischen Systems
(Pulvinarkeme: das und Temporallappen (z. 8. bei Augenbewegungen
Pulvinar nimmt etwa das hin· und zielgerichteten Arm·
tere Drittl'l d.-s Thalamus l!in) bewegungen)
- Ncl. dorsalis lateralis
- Nd. lateralis posterior
Ncll. posteriores (anterior Tractus spinothalamicus Inselrinde -+ Beteiligung an der Schmerz·
von den Pulvinari<ernen. weiterleitung
wenig differenliert)
- Nd. posterior
- Nd. limitans
r.;-::;1, intralamina~ - efferente und afferente Verbindungen mit funktionell un- -+Teil des ARAS (Wachheits·
I :.:·~nteriore Gruppe: terschiedlichen Arealen fast des gesamten Kortex (mit Aus· lUStand. Erzeugung von
- Nd. c.-ntralis lateralis nahme auditarischer Areale) Aufmeri<samkeit: s. S. 104)
- Nd. centralis medialis - lUdern ausgeprägte Elferenzen zum Striatum -Teil des motorischen
- Ncl. paracentralis - Afferenzen kommen noch aus verschiedenen Gebieten des Systems (s. S. 204).
- posteriore Gruppe: ZN$ (z. 8. Kleinhirnkeme. Rückenmark. Formatio reticularis
- Nd. centromedianus sowie cholinerge. serotoninerge und noradrenerge Hirn·
- Nd. parafascicularis stammkeme)
- Afferenzen für den Nucleus centromedianus stammen vor
allem aus dem Globus pallidus.
7 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Thalamus und der Metathalamus 133

Wlchdge Thll1m111k•me undihN ltluptverblndun !!!J[!!!!:!!!!!!!!!!~-----------------t


Kerngruppe • Herkunft der Afferenzen • Ziel der Elferenzen • funktionelle Bedeutung
Thalamus ventralis
1Nd. reticutarts (schalenför· Kollateralen von kortikothalami- Thalamuskeme. von denen sie -+ Hemmung der thalamisehen
mig an der lateralen Fläche sehen und thalamokortikalen ihre Afferenzen erhalten Informationsverarbeitung
des Thalamus. entlang seiner Axonen. die durch den Kern
gesamten antero-posterioren ziehen
Ausdehnung zwischen Lamina
medullaris externa und C..ps-
ula Interna)
Zona lncerta - verschiedene Kortexareale -Thalamus·· - vegetative Funktionen
- Formatio reticularis - Hypothalamus
Nd. subthalamicus s. s. 159 ..... siehe extrapyramidal-
motorisches System. S. 200
• Es sind jeweils nur die Hauptkerne einer Gruppe mit den wichtigsten Afferenzen und Efferenzen genannt.
··enthalten auch reziproke Fasern

limbischer Kortex
13 ------------------ (Gyrus cinguli)
12 --------------~

präfrontaler
Kortex

motorische
Kortexareale

~tosensorischer
~.C:.:::::::::.____ Kortex (Gyrus
visueller
Assoziationskortex postcentralis)
(visuell·motonsch) .~~----------------~---- 8
~------------------------ 9
Colliculus inferior

Sehrinde (Area striata


am Sulcus calcarinus)

1 Ncll. intralaminares (mit Ncll. 6 Nd. ventralis lateralis 12 Ncll. mediani


centromedianus und parafascicularis) 7 Nd. lateralis posterior 13 Ncll. mediales
2 Ncll. anteriores 8 Nd. ventralis posterolateralis (VPL) (mit Nd. mediodorsalls)
3 Nd. ventralis posteromedialis (VPM) 9 Pulvinar
4 Nd. reticularis 10 Corpus geniculatum laterale (CGL) • Hemmung in fast allen
5 Nd. ventralis anterior 11 Corpus geniculatum mediale (CGM) Thalamuskernen
~------------------------------
Abb. 7.3 Dreidimensionale Darstellung der Thalamuskerne mit wichtigen Projektionen
Ansicht von schräg hinten lateral
134 7 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Hypothalamus und die Hypophyse

riert werden. Die zwei basalen Schichten sind 7.3 Der Hypothalamus und die
großzellig (magnozellulär) und die vier darüber lie- Hypophyse
genden kleinzellig (parvozellulär). Zwischen den <D
Zellschichten liegen FaseriJmellen. die von den •
.... Lerncoach
Fasern des Tracrus opricus gebildet werden. Die Der Hypothalamus dient der Aufrechterhai·
Netzhaut beider Augen projizieren JeWeils spezi- tung lebenswichtiger Körperfunktionen und
fisch in definierte Schichten (retinotope Abbildung. der Arterhaltung (Integrationszentrum vege·
s. s. 211 ). tativer Funktionen). Seine Aufgaben erfüllt er
Außer den Afferenzen aus dem Tractus opricus er- dabei insbesondere durch eine enge Zusam·
hält das Corpus geniculatum laterale PrOJektionen menarbeit mit dem endokrinen System. wo-
aus der primären Sehrinde und aus der Formatio bei die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) einen
reticularis. D1e Efferenzen z1ehen hauptsächlich zur besonderen Stellenwert einnimmt. Konzen-
Sehrinde; ein1ge verlaufen auch zum Colliculus Su- trieren Sie sich Innerhalb dieses Kapitels auf
perior. die Kerne. deren Funktion näher beschrieben
Im Corpus geniculatum laterale erfolgt nicht nur Ist, und auf die unterschiedlichen Prinzipien.
eine Umscha ltung sondern eine Verarbeitung der über die der Hypothalamus mit der Hypo-
retinalen Afferenzen (z. B. durch lnterneurone). Da- physe in Verbindung steht.
bei übt die Projektion aus der Fonnatio reticularis
eine Filterfunktion aus. 7 .3.1 Die Kernge biete des Hypothalamus
Das Corpus geniculatum mediale erhält seine Aire- Üblicherweise wird der llypothalamus in antero-
renzen aus dem Colliculus inferior (über das Bra- posteriorer Richtung in drei Kemgruppen(Regionen
chium collicuh infenoris). Im Corpus geniculatum unterteilt. die mit ihren wichtigsten Kernen in
mediale erfolgt die Umschaltung au f das letzte T~b. 1.2 und Abb. 7.4 dargestellt sind.
Neuron der Hörbahn. das zur Hörrinde im Tempo- Be• den drei Reg1onen handelt es SICh um drei
rallappen (Cyri transversi) projiziert. dünne frontale Scheiben durch den Hypothalamus.
Auf diesen drei Scheiben lassen s1ch die hypothala-
misehen Kerne bzw. Areale weiter gl iedern in peri-
Während das Corpus geniculatum loterote eine ventrikuläre. mediale und laterale Kerne.
wicht1ge Schaltstelle innerhalb des visuellen Sys·
tems darstellt. Ist das Corpus geniculatum mediale
die d1enzephale Schaltstation der Horl>ohn (CGM
und CCL = spezifische Relaiskerne).
Wldlllgit 1CMM und AruiR des ll)p IICh :1 -
<D Region Kerne
..• .. Check-up chlasmati.che Region Nd. sup<iiOptkus
tl' Wiederholen Sie die wichtigsten Kemgrup· (über dem Chiasma optkum): Nd. paraventnculal'ls
vordere (rostrale) Kerngruppe Ncll. preoptici
pen des Thalamus mit Ihren Projektionen Nd. suprachiasmaiiCus
zur Endhirnrinde und der damit verbunde- Area hypothalamoca antenor
nen funktionellen Bedeutung. Beachten Sie luberale Region (uber Ncl. arcuatus • Ncl.
dem Tuber cinerum): 1nfunchbularis
dabei an einzelnen Kernen insbesondere m•ltlefe (•ntermedlare) Nd. venuomed•~hs.
VPL. VPM, Nd. centromedianus. Nd. medio- Kerngruppe Nd. dorsomed1ahs
Ncll. tuberales laterales
dorsaiis und die anterioren Thalamuskeme. Nd. tuberomamm•llaris
tl' Rekapitulieren Sie. welche Kerngruppe fast Area hypothalamka laterahs
zum gesamten Kortex projiziert. mammill:ire Region Ncll. mammillares med•ahs
(•m Bereoch des Corpus e1 later~hs
tl' Machen Sie sich nochmals klar. zu welchen mammdlare)· Nd. tuberomammdlans
funktionellen Systemen die beiden Anteile hintere (posteriore) Area hypothalamlca posterlor
Kerngruppe
des Metathalamus (CGM und CGL) gehören.
7 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Hypothalam us und die Hypophyse 135

chiasmatische Region:
1 Nucleus paraventricularis
10 Nucleus supraopticus
2 Fornix
tuberale Region:
3 Area hypothalamica lateralis
4 Nucleus dorsomedialis
5 Nucleus ventromedialis
7 Nucleus tuberis lateralis
8 Nucleus infundibularis
m 'lrnil~re P g on:
6 Nucleus tuberomammillaris
14 Area hypothalamica posterior
9 Tractus opticus
11 Globus pallidus
12 Capsula interna
13 Fasciculus mammillaris princeps
15 Corpus mammillare

Abb. 7.4 Hypothalamisehe Kerne und Areale in lWei Frontalschnitten


a tuberale Region, b mammilläre Region

Im Hypothalamus werden neben Kernen auch Are- 7.3.2.3 Tractus m am m ill otegm ental is
ale (Areae hypothalami) beschrieben. Die Areae Der Tractus mammillotegmenralis (Gudden) ent-
sind im histologischen Schnitt nicht so scha rf ab- springt gemeinsam mir dem Tractus mammillotha-
grenzbar wie d ie Kerne und die Packungsdichte ih- lamicus aus dem Corpus mammillare. Dann zieht
rer Neurone ist nur gering. er zum Tegmentum des Mittelhirns (und zur For-
matio reticu laris ).
7 .3.2 Die Afferenzen und Efferenzen des
Hypothalamus 7 .3.2.4 Stria terminali s
Die Stria terminalis zieht vom Corpus amygdaloi-
7 .3.2.1 Fascicul us longitud inalis d orsalis deum (s. S. 159) im Bogen über dem Thalamus (be-
(Schütz) gleitet von den Vasa thalamostriata su perior) zum
Über den Fasciculus longitudinalis dorsalis (oder Hypothalamus.
posterior) erhä lt der Hypothalamus als vegetatives
Zentrum Afferenzen aus dem Hirnstamm. Ebenfalls 7.3.2.5 Fo rnix
laufen über dieses Fasersystem hypothalamisehe Der Fornix, ein makroskopisch gut sichtbares Faser-
Efferenzen zu vegetativen Zentren im Hirnstamm bündel. bringt Fasern aus der Hippokampusforma-
und zum Seitenhorn des Rückenmarks. Darüber tion hauptsächlich zum Corpus mammillare. Er ver-
kann der Hypothalamus diese weiter kaudal gele- läuft bogenförmig unter dem Corpus callosum und
genen Strukturen beeinflussen. erreicht in Form der Columna fornicis das Corpus
mammillare. Weiteres zum Fornix s. $. 166.
7.3.2.2 Tractus m am millothalam icus
Der Tractus mammillothalamicus (Vicq d' Azyr- 7 .3.2.6 Fasciculus medialis t elencephal i
Bündel) verbindet (als präparierbares Faserbündel) (m edia les Vorderhirnbündel)
das Corpus mammillare des Hypothalamus mit den Das mediale Vorderhirnbündel. eine polysynapti-
Nuclei anteriores des Thalamus. Er ist Teil des Pa- sche Faserbahn. verläuft zwischen Stirnhirn ( medi-
pez-Kreises (s. S. 227). al und orbita l). olfaktorischen kortikalen Arealen.
Septumkernen. Hypothalamus und Kernen des
Hirnstamms (besonders Formatio reticularis). Diese
136 1 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Hypothalamus und die Hypophyse

Hirngebiete werden durch den Fasciculus reziprok Nucleus arcuatus. Hier hemmt es die NPY-produ-
verbunden. zierenden Neurone und aktiviert die a-MSH-produ-
zierenden Neurone. Seide Neuronentypen projizie-
7.3.3 Die Funktionen des Hypothalamus ren zum Nucleus paraventricularis und zur Area
hypothalamica lateralis.
7.3.3.1 Temperaturregulation Das bedeutet. dass Leptin letztlich über a-MSH-Ef-
Im vorderen Hypothalamus (besonders in den Nuc- fekte bei gleichzeitiger Hemmung der NPY-Effekte
lei preoptici ) liegen thermosensitive Neurone (zen- zu einer Gewichtsabnahme führt.
trale Temperaturfühler). Die meisten von diesen Eine Rolle bei der Nahrungsaufnahme spielen auch
sind warm-sensitiv. d. h. sie steigern ihre Feuerrate zwei weitere Kerne des Hypothalamus: Nucleus
bei Erwärmung. Die wenigen kalt-sensitiven Neu- ventromedialis und Nucleus dorsomedialis.
rone werden bei Abkühlung unter den Sollwert ak-
tiviert. Durch endogene (z. B. Prostaglandin E) und 7.3.3.3 Regulation von Schlaf und zirkadianer
exogene (z. B. bakterielle) Substanzen ( Pyrogene) Rhythmik
wird die Empfindlichkeit der warm-sensitiven Neu- An der Regulation der zirkadianeo Rhythmik ein-
rone reduziert und der Sollwert der kalt-sensitiven schließlich des Schlaf-Wach-Rhythmus ist der Nu-
Neurone erhöht. Dabei entsteht Fieber infolge ver- deus suprachiasmaticus ganz wesentlich beteiligt.
mehrter Wärmebildung durch Kältezittern (Schüt- Seine Neurone besitzen Melatoninrezeproren. über
telfrost) und Minimierung von Wärmeverlusten die sie (durch Melatonin. dem Hormon der Epi-
durch periphere Vasokonstriktion. physe. s. S. 140) gehemmt werden. Der Kern erhält
Afferenzen aus der Retina (über den Tractus retino-
hypothalamicus).
Die Neurone des Nucleus suprachiasmaticus zeigen
Fiebersenkung durch Acetylsalicylsäure: Die fieber- rhythmische Veränderungen in ihrer Aktivität (en-
senkende (antipyretische) Wirkung von Acetylsalicyl- dogener periodischer Rhythmus). Die endogene zir-
säure (Aspirin) erklärt sich dadurch, dass Acetylsalicyl- kadiane Periodik (innere Uhr) beträgt 24 bis 25
säure die Prostaglandinsynthese hemmt. Stunden (bei völliger Isolierung von der Umwelt).
Ober die Afferenzen aus der Retina (d. h. letztend-
lich durch Licht) wird diese Rhythmik auf die ge-
7.3.3.2 Regulation der Nahrungsaufnahme naue 24-Stunden-Periodik synchronisiert.
Für die zentrale Regulation der Nahrungsaufnahme Der Nucleus suprachiasmaticus projiziert zum NU-
spielen peptiderge Neurone. eine wesentliche Rolle. deus paraventrlcularls. der Efferenzen zum Nucleus
die z. B. im Nucleus arcuatus liegen. Diese Neurone intermediolateralis des oberen thorakalen Rücken-
enthalten appetitanregende (z. B. Neuropeptid Y. marks hat. Die Axone dieses Kerns werden im Gan-
NPY) oder appetithemmende (z. B. a -MSH) Peptide glion cervicale superius umgeschaltet. Die postgan-
und besitzen z. B. Leptinrezeptoren. glionären Fasern erreichen schließlich die Epiphyse.
NPY hemmt im Nucleus paraventricularis die TRH- die während der Nacht Melatonin ausschüttet. Me-
Produktion (- weniger TSH ..... weniger Schilddrü- latonin gelangt auf dem Blutweg zum Nucleus su-
senhormon im Blut ..... Reduktion des Grundumsat- prachiasmaticus und hemmt ihn (Rückkopplung).
zes) und aktiviert in der Area hypothalamica late- in der Area hypothalamica lateralis (des anterioren
ralis Neurone. die (über Verbindungen zum Hypothalamus) liegen Neurone. die eine deutliche
Telencephalon und Hirnstamm) das Hungergefühl Aktivitätssteigerung während des Schlafs zeigen
und Nahrungsaufnahme fördern. und auch vom Nucleus suprachiasmaricus inner-
ln entgegengesetzter Wirkung (Steigerung des viert werden. Diese Neurone hemmen aktivitäts-
Grundumsatzes und Hemmung der Nahrungsauf- steigernde Kerne wie Locus caeruleus. Nuclei ra-
nahme) wirkt a -MSH. phes oder Nucleus ruberomammillaris (s. u.).
leptin. ein Zytokin aus Adipozyten. gelangt über ln der Area hypothalamica lateralis gibt es auch
das Blut (und über die Bluthirnschranke) in den Neurone. die im Wachzustand stark aktiv sind. Sie
7 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Hypothalamus und die Hypophyse 137

wirken exzitatorisch auf den Locus coeruleus und 7.3.3.5 Regulation des Wasserhaushalts und
den Nucleus ruberomammillaris. des Blutdrucks
Der Nutleus tuberomammillaris ISt ean ausgedehn-
tes Kerngebiet aus großen Neuronen. die u. a. His- <D

tamin und GABA enthalten. Er prOJIZiert u. a. zum ~·~ Zum besseren Verständnis rekapitulieren
telenzephalen Kortex und bewarkt eane Aufmerk- Sie an dieser Stelle das Renin-Anglotensln-Aido-
samkeitssteigerung (.arousal" ). steron-System (RAAS), das in diesem Zusammen-
hang auch von Bedeutung ist Eine Hypovol:lmle
li$ii;j$1 aktiviert das RAAS. Dabei entsteht Angiotensln II,
das sowohl eine Gefäßverengung bewirkt als
Der Nudeus tuberomammillaris ist der einzige
auch die Aldosteron-Sekretion ln der Nebennie-
Kern im ZNS, dessen Transmitter Histamin ist.
renrinde stimuliert (-> erniedrigte Wasseraus-
letzteres bewirkt im Kortex eine Aufmerksamkeits·
scheidung über die Nieren). Beides führt zur Er-
Steigerung.
höhung des Blutdrucks (s. Lehrbücher der Physio-
logie).

Antihistaminika: Medikamente mit antihlstaminerger Neurone z. B. in der Area hypothalamica anrerior


Wirkung, die z. 8. bei allergischen Erkrankungen wie haben Angiotensin-11-Rezeptoren oder Osmorezep-
Heuschnupfen eingesetzt werden, können zu aus· toren (-+ Registrierung von Abweichungen der
geprägter Müdigkeit führen (sedierende Wi(kung Blutplasma-Osmolalität) oder erhalten indirekt
durch Hemmung der Histamin·vermittelten Aufmerk· (Ober die Kerne des N. glossopharyngeus und N.
Samkeltssteigerung im ZNS). vagus) Informationen aus z. B. Dehnungsrezeptoren
des Sinus caroticus. Diese Neurone projizieren
dann zum Nucleus supraopricus und Nucleus para-
7.3.3.4 Beteiligung am limbisehen System ventricularis (..... ADH ..... verringerte Wasseraus-
Das Corpus mammlllare (mit Nuclei mammillares scheidung über die Niere) sowie zu den Nuclei in-
medialis und lateralis, hauptsächlich glutamaterg) termediolaterales und parasympathici sacrales (-
ist ein Bestandtell des Iimbasehen Systems. das we- Gefaßverengung). Beides fUhrt zu eaner Blutdruck-
sentlich an Gedachtnisprozessen beteahgt ist. Über erhöhung und wirkt damit synergistisch zum
seine Verbindungen, Fomax und Tractus mammillo- RAAS. Auch die Stimulation von Angiotensin-11-Re-
thalamicus. ist es in den Papez-Kreas eangeschaltet zeptoren im Organum subfornicale löst über den
(s. S. 227 ). Ncl. preopticus als Relais-Station einen ;!hnhchen
Mechanismus zur Regulation des Wasserhaushalts
I Klinischer Bezug aus.
Korsakow-Syndrom: lnfolge eines chronischen Alko-
holabusus kann es zu einer toxischen Läsion des Cor- 7 .3.4 Das Zusammensp iel von Hypothalamu s
pus mammillare kommen: Durch Glla- und Gefäßpro- und Hypophyse
liferationen entstehen Blutungen und eine spongiöse Einige hormonproduzierende Kerne des Hypothala-
Gewebsauflockerung. Klinisch treten dabei Ge- mus stehen in enger Beziehung zur Hypophyse
dächtnisstörungen, Desorientiertheft und Konfabula- (Hirnanhangsdrüse). Hinsichtlich dieser Verbindun-
tionen auf. Bei letzteren handelt es sich um gen gilt es. zwei grundsätzlich unterschiedliche
Überspielung der Gedächtnislücken durch Erzählen Mechanismen zu unterscheiden (Abb. 7.5):
zufälliger Einfälle ohne Bezug zur Situation. - Die großzelligen neurosekretorischen Neurone
der Nudel supraoptlcus und paraventlcularls
sind mit dem Hypophysenhinterlappen (. Neu-
rohypophyse) verbunden Die beiden im Nucleus
supraopticus und Nucleus paraventricularis ge-
bildeten Hormone (ADH und Oxytocin, s. u.)
138 7 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Hypothalamus und die Hypophyse

1 Corpus mammillare
2 Nucleus paraventricularis
17 3 Nucleus supraopticus
4 Tractus hypothalamohypophysialis
16 5 Arterie
15 6Vene
7 Hypophysenhinterlappen (Neurohypophyse)
14 8 Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse)
2 9 Zellen der Adenohypophyse
13 10 2. Kapillargebiet
3 11 Portalgefäße
12 - - - - - , _ - 12 1. Kapillargebiet
13 Arterien
11 -------=:o:l 14 Chiasma opticum
15 Tractus tuberoinfundibularis
16 lnfundibulum
10 17 Nucleus infundibularis

l.~~~::..__- 5

~-
....._~,
..u- - -6
8- - " --=--- - - 7

Abb. 7.5 Hypothalamus-Hypophysen-System

gelangen über axonalen Transport zum Hypophy- • ADH, Vasopressin ..... Blutdruckerhöhung, s.o.)
senhimerlappen. wo sie in die Blutbahn frei- bilden.
gesetzt werden und zu ihren jeweiligen Wirk- Die Axone dieser Nervenzellen ziehen als Tractus
orten in der Peripherie gelangen. hypothalamohypophysealis über das lnfundibulum
Die kleinzelligen Kerngebiete des Hypothalamus in den Hinterlappen der Hypophyse und enden
(u.a. Nucleus infundibularis. s.u.) produzieren dort in der Umgebung ausgedehnter Kapillargebie-
sog. Steuerhormone. Diese gelangen nach Frei- te mir fenesrriertem Endothel. Oxytocin und ADH,
setzung im Bereich des Hypophysenstiels über die an das Trägerprotein Neurophysin gebunden
den Blutweg zu endokrinen Zellen des Hypophy· sind, gelangen so mittels axonalem Transport in
senvorderlappens (• Adenohypophyse). Hier be- den Hypophysenhinterlappen und werden hier in
wirken sie eine vermehrte oder verminderte das Blut abgegeben.
Freisetzung der Hypophysenvorderlappenhor- Afferenzen zu den neurosekretorischen Nuclei su-
mone. die wiederum verschiedene Effekte in der praopricus und paravenrricularis stammen u. a. aus
Peripherie haben. den Nuclei preoprici und der Area hypothalamica
lateralis, deren Neurone osmosensitiv sind. Ober
7.3.4. 1 Nucleus supraopticus und Nucleus para- diese Afferenzen und über eigene Messeinrichtun-
ventricu laris gen erhalten die magnozellulären Neurone Infor-
Der Nucleus supraopticus liegt oberha lb des Chias- mation über den Flüssigkeits- und Elektrolythaus-
ma opticum und des Tractus opticus. Der Nucleus halt des Körpers (--> Regulation der ADH-
paraventricularis ist eine Nervenzellplatte. die Ausschüttung. s.o. ).
parallel zur Ventrikeloberfläche ausgerichtet ist. in Der Nucleus paraventricularis ist zudem in die
beiden Kernen liegen magnozelluläre Neurone, die Steuerung der zirkadianeo Rhythmik (s. S. 136) ein-
Oxytocin (- Uteruskontraktion unter der Geburt gebunden.
und Milchsekretion) oder antidiuretisches Hormon
7 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Hypothalamus und die Hypophyse 139

1 Klinischer Bezug biting-Hormone/Statine) Freisetzung der Hypohy-


senvorderlappenhormone.
Zentraler Diabetes insipidus: Bei einer Läsion des Nu-
Afferenzen erhält der Nucleus infundibularis aus
deus supraopticus und/oder Nucleus paraventricularis
hypothalamisehen Kernen (z.B. Area hypothalam1ca
kommt es durch fehlendes AOH zur massiv vermehr-
lateralis) und aus dem limbisehen System.
ten Ausscheidung von gering konzentriertem Urin
über die Nieren.

Oie Nuclei supraopticus und paraventricularis so-


wie der Nucleus infundibularis stellen wichtige
7.3.4.2 Nudeus infundibularis (• Nudeus
Schaltstellen zwischen endokrinem und neurona-
arcuatus)
ln der tuberalen Region ist die Schicht der perlven- lem System dar.
trikulären Neurone zum Nucleus infundibularis
(oder Nucleus arcuarus) verbreiten. D1e zahlrei- 7 .3.5 Die Hypophyse
chen kleinen Neurone dieses Kerns gehören zum
parvozellulären neuroendokrinen System. Sie bil- 7.3.5.1 Die Lage der Hypophyse
den die Steuerhonnone, die wiederum Einfluss auf Oie Hypophyse (Giandula p1tuitaria, Hirnanhangs-
die Freisetzung von Hypophysenvorderlappenhor- drüse) wiegt nur etwa 0,6- 0.B g und liegt in der
monen (s. S. 140) haben. indem sie ihre Ausschiir- Fossa hypophysiahs der Sella turcica vom Keilbein-
rung fljrdem (Releasing-Honnone) oder hemmen körper.
(Release-inhibiting-Hormone; zu Details siehe Durch diese Lage steht sie in enger räumlicher Be-
Lehrbücher der Biochemie und Physiologie): GnRH ziehung zum Sinus cavemosus (seitlich~ Sinus
(Gonadotropin releasing hormon). CRH (Corticotro- sphenoidalis (kaudal) und Chiasma opricum (vor-
pin releasing hormone), TRH (Tyreorropin releasing ne). Von der mittleren Schädelgrube ist die Sella
hormone~ GHRH (Growth hormone releasing hor- rurcica durch das Diaphragma sellae (Ourablan.
mone), SRIF (Somatotropin release inhibiting fac- s. S. 171 ) abgetrennt.
tor~ MRF (Melanotropin releasing factor). MlF (Me-
lanotropin release mhibiting factor), PRF (Prolactin 7.3.5.2 Die Gliederung der Hypophyse
releasing factor), PlF (Prolactin release inhibiting Unter funktionellen und entwicklungsgeschichtli-
factor. Dopamin). chen Gesichtspunkren gliedert sich die Hypophyse
CRH und TRH werden auch in kleinen Zellen des in zwei grundlegend unterschiedliche Anteile:
Nucleus paraventricularis gebildet. - Neurohypophyse als Teil des Zwischenhirns und
Die Axone der lnfundibularis-Neurone verlaufen als - Adenohypophyse. die streng genommen nicht
kurzer Tractus tuberoinfundlbularls zum Tuber ci- zum ZNS zahlt, sondern eme endokrine Druse
nereum und zur Eminentia med1ana (mediane ist.
leichte Vorwölbung am Tuber cinereum). Dort en- Die Neurohypophyse (Hypophysenhlnterlappen)
den sie an Kapillarschlingen und geben die Steuer- besteht aus dem lnfundibulum (Hypophysenstiel)
hormone an das Blut ab. D1e Kapillaren munden in und dem Lobus nervosus oder Pars nervosa (die
kleine Venen, die zur Adenohypophyse ziehen und manchmal auch als Hypophysenhinterlappen im
hier em zweites Kapillargebiet b1lden. ln Anleh- engeren Smne bezeichnet wird). Letzterer ist über
nung an die vergleichbare Gefäßsituation des Por- das lnfundibulum direkt mit dem Hypotha lamus
talvenensystems im Abdomen (1. Kapillarbett im verbunden; somit stellt das lnfundibulum eine
Darm. 2. Kapillarben in der Leber) bezeichnet man trichterförmige Fortsetzung des Zwischenhirnbo-
diese Anordnung als hypophysäres Pfortadersys- dens dar. Es enthält den Tractus hypothalamohypo-
tem. DarOber gelangen die hypothalamisehen Steu- physealis. dessen (marklose) Axone im lobus ner-
erhormone an die endoknnen Zellen der Adenohy- vosus enden und dort von Gefaßen und Gliazellen
pophyse und bewirken eine vermehrte (Releasing- (Pituizyten) umgeben sind.
Hormone/Ubertne) oder verminderte (Release-inhi-
140 7 Zwischen hirn (Diencephalon) Der Epithalamus

7.4 Der Epithalamus


Das lnfundibulum durchbohrt das Diaphragma sei·
lae und liegt hinter dem Chiasma optlcum. ;... ... Lerncoach
ln diesem kleinen Kapitellernen Sie u. a. die
Die Adenohypophyse ( Hypophysenvorderlappen) Zirbeldrüse kennen, in der sich Im Laufe des
gliedert sich m Lebens .Himsand" (Aceruleus) einlagert.
Pars tuberaUs ( umrasst das lnrundibulum) Diese Kalkkonkremente sind dann Im
Pars distalis (großter Te1l der Hypophyse) Röntgenbild erkennbar.
Pars Iotenmedia (Zw1schenlappen. zwischen Pars
distahs und Lobus nervosus der Neurohypo- 7 .4.1 Die Ant eile des Epithalamus
physe). Der Epithalamus liegt in der hinteren Wand des 111.
Der Hypophysenvorderlappen ist eme endokrine Ventrikels; er sitzt dem Thalamus hinten aur. Zum
Drüse mit azidophilen. basophilen und chromo- Epirhalamus gehören:
phoben Zellen. Hier gebildete sog. glandotrope Epiphyse (Giandula pinealis. Corpus pineale. Pl-
Hormone wirken ihrerseits aur verschiedene Drü- nealorgan. Zirbeldrüse)
sen (z. B. Adrenokortikotropes Hormon • ACTH -+ Habenulae (Zügel ) mir Nuclei habenulares. Com-
Zona fasciculata der Nebennierenrinde: Glukokorti- missura habenularum und Stria medullaris
koidsynthese: tyroideastimulierendes Hormon - - Commissura post erior
TSH ... Schilddrüsenhormonsynthese: Gonadotro- - Area pret ectalis.
pine als rollikelstimulierendes Hormon • FSH und
luteinisierendes Hormon • LH - Keimdrüsen: u.a. 7.4.2 Die Epiphyse
Zyklusregulation: Prolaktin -+ Brustdrüse: Milch- Die Epiphyse liegt wie ein kleiner Pinienzapren der
bildung). Vierhügelplatte des Mittelhirns aur. Sie ist wäh-
rend der Phylogenese von einem augenähnlichen
<I>
Sinnesorgan zu einer endokrinen Drüse geworden.
...• ... Check-up
Histologisch bestehr die Epiphyse aus Pinealozyten
v Wiederholen Sie, welche hypothalamisehen (• modifizierte Photorezeptorzellen ). die das Hor-
Anteile im Wesentlichen für die Tempera-
mon Melatonin ins Blut sezernieren und Nervenfa-
turregulation von Bedeutung sind und wel-
sern. die hauptsächlich aus dem Ganglion cerv1cale
cher Kern eine Rolle im Rahmen zirkadianer
superius stammen.
Rhythmen eine Rolle spielt.
Die Ausschüttung des Melatonins ist hchtabhängig:
v Rekapitulieren Sie, welche hypothalami- s1e errolgr während der Nacht (s. Nucleus supra -
sehen Neuropeptide an der Regulation des
ch1asmat1cus. S. 136). Melatomn hemmt d1e
Hungergefühls beteiligt sind und woher
AusschOnung von Gonadotropmen (auf d1e Keim-
das an diesen Zellen wirkende l eptin
drüsen wirkende Hormone des Hypophysenvorder-
kommt.
lappens) und beeinOussr d1e z1rkadiane und saiso-
v Wiederholen Sie, welcher Transmitter in
nale Rhyrhmi k.
Neuronen des Nudeus tuberomammillaris
vorkommt und was er bewirkt.
7.4.3 Die Habenula, Nuclei habenulares, Com -
Machen Sie sich nochmals klar, wo Relea-
missura habenularum und Stria medullaris
sing-Honmone und wo Vasopressin und
Die Stria medullaris enthält Fasern aus den Nuclei
Oxytocin gebildet werden.
seprales des Endhirns. Nuclei preoprici und aus
dem Corpus amygdaloideum. Sie zieht als weißer
Markstreiren über die mediodorsale Thalamusn:l -
che und bildet beidseits die Habenula. die sich ver-
einigen und in die Glandula pinealis rortsetzen. Am
7 Zwischenhirn (Diencephalon) Der Epithalamus 141

Obergang von Stria medullaris zur Habenula findet 7.4.4 Die Area pretectalis und Commissura
sich das Trigonum habenulae. in dem die Nudel posterior
habenulares medialis und lateralis liegen. Die Area pretectalis (Nuclei pretectales) gehört ent-
Die Nuclei habenulares erhalten ihre Afferenzen wicklungsgeschichtlich zum Epithalamus. funktio-
aus der Stria medullaris. Die Efferenzen ziehen nell zum visuellen System (s. S. 213).
über die Commissura habenularum zur Gegenseite ln der Commissura posterior (oder Commissura
und über den Tractus habenulointerpeduncularis epithalamica, oberhalb der Öffnung des Aqueduc-
zum Nucleus interpeduncularis im Mirrelhirn. Von rus mesencephali zum 111. Ventrikel) kreuzen Fa-
diesem Kern ziehen Fasern zu vegetativen Hirn- sern der Area pretectalis (und anderer Mittelhirn-
stammzentren (besonders Formatio reticularis: z. B. kerne).
Speichelsekretionszentrum). So nimmt man an.
<E>
dass die Nuclei habenulares u. a. an der Speichel -
....• ... Check-up
sekretion bei wohlriechenden Speisen (Riechinfor-
tl' Machen Sie sich noch einmal die Lage und
mation aus Nuclei septales) beteiligt sind.
die funktionelle Bedeutung der Epiphyse
(s. a. S. 136) klar.
:

• •

• • t t I

Klinischer Fall

Diagnose mit Folgen als wäre die Handlung beabsichtigt gewesen.


Während der Untersuchung fallen noch andere un·
kontrollierte. schnelle Schleuderbewegungen seiner
Beine und der Am1e auf.•Hyperkinetisches Syndrom·
wird der Arzt später in der Patientenakte notieren.
Bei der Untersuchung macht Andreas L. einen unkan-
zentrierten Eindruck. Manche Aufforderungen muss
Dr. Neuss 2· bis 3-mal wiederholen. bos der 40-j ähri-
ge sie befolgt. Der Neurologe bittet seinen Patienten,
die Zunge mehrere Sekunden lang ausgestreckt zu
halten. Diese scheinbar eonfache Aufgabe bereitet
dem Mann größte Mühe, was Dr. Neuss als .motori·
sehe lmpersistenz". ein typosches Zeichen für seine
Verdachtsdiagnose, dokumentoert.

81otzartog tinschi~S~nde Bevo~ungen tr~ten ~~ Patlt'nten Verhängnisvolle Genfolge


mot Chorea Hunhngton u a im Gesichtsbereoch •uf (orobuk·
kolonguale Hyperkinesen). Den Krankheitsverdacht. den der Arzt hat, möchte er
noch nicht aussprechen. Er weiß. dass die Nennung
Basalganglien sind Kerne des motorischen Systems, der Diagnose .Chorea Huntington" schlimme Folgen
die von der w eißen Substanz des Telencephalon haben w ürde, und zwar nicht nur für Andreas L.
umgeben werden . Sie sind in motorische Schalt· selbst: Da die Erkrankung autosomal dominant ver·
kreise eingebunden und übernehmen bei der erbt wird. wäre der Sohn des Ehepaars mit hoher
Ausführung von Bewegungen komplexe regulieren- Wahrscheinlichkeit ebenfalls betroffen.
de Aufgaben. Zu den Basalganglien zählen Globus Um seinen Verdacht zu uberprüfen. veranlasst der
pallldus und Striatum. Letzteres gliedert skh in Arzt eine genetische Diagnostik und lässt ein kraniel·
den Nucleus caudatus und das Putarnen. Kommt es les MRT des Pat ienten anfertigen. Die Ergebnisse sind
zu Störungen Im Berekh der Basalgangllen, können leider eindeutig: Der genetische Test ergibt die für
BewegungsabiJute schwerwiegend gestört wer- Chorea Huntington typoschen Wiederholungen des
den. Basentripletts CAG im verantwortlochen Gen auf
Chromosom 4. ln der Computertomographie des
Psychische Symptome Kopfes st ellt der Neuroradiologe eine Atrophie im Be·
.Er ist on letzter Zeit so komisch. Manchmal setzt er reich von Nucleus caudatus und Pulamen fest.
sich abt>nd< mit st>inl'r Bil'rllascht> hin und <t.lrrt blond
in eone Ecke", beschreobt Frau L das Verhalten ihres Therapie: unzureichend
Mannes. Der 40·j.lhrige Tontechniker Andreas l. sitzt jetzt fällt dem Arzt eine schwere Aufgabe zu: Er muss
dem Neurologen Dr. Neuss gegenüber und ist still. dem Patienten die Diagnose seiner Erkrankung mit ·
Der Arzt beobachtet nur ein sporadisches Zucken sei · teilen. Auch diesmal ist Andreas l. in Begleitung sei·
nes Gesichtes••Er ist auch so reizbar. Kürzloch hat er ner Frau in die Praxis gekommen. Während der Neu·
unseren Sohn grundlos angebrüllt. Das hat er fruher rologe spricht. kann Frau L die Tränen nicht
nie gemacht. Außerdem zucken seone Arme und unterdrücken. Auch für Dr. Neuss ist das Gespräch
Beine so seltsam", führt die Ehefrau fort. schwierig: Er kann dem Patoenten nicht einmal eine
neuroprot ektive Therapoe anboeten. Bisher ist in
Versteckte Hyperklnesien Deutschland nur eine symptomat ische Behandlung
Als Dr. Neuss aufsteht, um den Mann zu untersuchen, von Chorea Huntlogton zugelassen. Gegen Hyperki·
bemerkt er eine schleudernde Bewegung dessen nesien kann allenfalls der anlidopaminerge Effekt von
rechten Armes. Zugleoch nimmt der Neurologe wahr, Neuroleptika eingesetzt werden. Da als Nebenwir·
dass Andreas leotner versucht, das Schleudern des Ar· kung doeser Substanzgruppe Jedoch auch die Entwick·
mes zu vertuschen, indem er skh aus der unkontrol· lung von Bewegungsstorungen möglich ist, sollten
lierten Bewegung heraus lässig über das Ha<~r streoft. solche Medikamente sparsam eingesetzt werden.
r 8 Endhirn (Telencephalon) Der Überblick 145

8 En dhirn (Telencephalon) Lobus occipitalis (Okzipital- oder Hinterhaupts-


lappen)
8.1 De r Überblick Lobus insularis (lnsellappen. auch einfach lnsula
• Insel genannt)
Das Endhirn (Telencephalon, Cerebrum oder Groß- Lobus limbicus (limbischer 1...1ppen).
hirn ) besteht aus zwei Hemisphären. zwischen de- An Hirnschnitten ist die innere Gliederung des Tel-
nen sich die t1efe Flssura longitudlnalls cerebri befin- encephalon zu erkennen: Als graue Substanz d1e
det. und uberdeckt große Teile des Zwischenhirns Rinde (Cortex cerebri) an der OberOäche und sub·
und des H1rnstamms. Es ist d1e .höchste Instanz· kortikale Kerne in der T1efe. Den größten Teil der
des ZNS und macht etwa 80 % der gesamten Hirn- Endhirnrinde bildet der sechsschichrige lsokortex.
masse aus. an dem - je nach funktioneller Bedeutung - ver-
Die Obernliehe des Telencephalon ist durch eine schiedene spezialisierte Areale unterschieden wer-
starke Faltung charakterisiert. Dicht gepackte Win- den können. Die phylogenetisch älteren Teile der
dungen (Gyri cerebri) sind durch Furchen (ri nnen- Hirnrinde werden zum drei- bis fünfschichtigen Al-
förmige Einsenkungen, Suld cerebri) getrennt lokortex zusammengefasst. zu dem u. a. der Hippo-
(Abb. 8. 1). campus zahlt. Zwischen der Endhirnrinde und den
Das Endh1rn gliedert sich (entsprechend der 1...1ge subkortikalen Kernen liegen Ansammlungen ver-
zu den angrenzenden Schädelknochen) in folgende schiedener Bahnen als weiße Substanz. Die graue
1...1ppen (lobl): Substanz des Cortex cerebri und die darunter gele-
Lobus frontalis (Frontal- oder Stirnlappen) gene weiße Substanz bilden zusammen das Pallium
Lobus parietalis (Parietal- oder Scheitellappen) (G roßhimmantel ).
Lobus temporalis (Temporal- oder Schläfenlap-
pen)

1 llFissura longitudinalis cerebri


2 Sulcus frontalis superior
14 3 Sulcus lrontalis inferior
2
4 Sulcus centralis
3 5 Sulcus postcentralis
6 Sulcus onfraparietalis
7 Sulcu~ parietoocdpitalis
13
12 8 lobulus parietalis inferior
9 lobulus parietalis superior

10 Gyrus postcentraUs
11 Gyrus precentralis
11 12 Gyrus frontalis inferior
13 Gyrus frontalos medius
10
14 Gyrus frontalos superior

lobus frontalis
Lobus parietalis
- Lobus ocdpitalis
1 Lobus temporalis
9

8 7

AbO. 8.1 Hemlspharen des Endhirns mot Gyri und Sulci


ln der Ans.cht von oben sind nocht ~~~ u~ ericennbar.
146 8 Endhirn {Telencephalon) Die Oberfläche

8.2 Die Oberfläche lis inferior besteht aus den Gyri supramarginalis
und angularis. Der Gyrus supramarginalis liegt bo-

;
...... Lerncoach
genförmig um den hinteren Furchenteil des Su lcus
lateralis. Ähnlich ist der Gyros angularis als bogen-
Im Folgenden werden die Strukturen des förmige Windung um das Hinterende des Su lcus
Endhirns beschrieben, die makroskopisch temporalis superiorangeordnet
sichtbar sind, wenn man ein Gehirn als Gan· Im Lobus temporaUs liegt der Gyros temporalis su-
zes und im Medianschnitt betrachtet. Neh· perior parallel zum Sulcus lateralis. darunter die
men Sie sich beim lesen möglichst ein Modell Gyri temporales medius und inferior (vonei nander
oder die zugehörigen Abbildungen zu Hilfe getrennt durch den Sulcus temporalis superior und
und prägen Sie sich beim lernen insbesonde- inferior). An der oberen Fläche des Gyrus tempora-
re die hervorgehobenen Begriffe ein; diese lis superior. die im Sulcus lateralis liegt, finden sich
benötigen Sie für die Zuordnung wichtiger die Gyrl temporales transversi (2-4 Heschi-Quer-
Funktionen. Oie Nennung der übrigen de- windungen. Hörwahrnehmung, s. S. 154). Okzipital-
skriptiven Begriffe sollihnen helfen, sich am wärts liegt hinter den Heschi-Windungen das Pla-
Hirnpräparat besser zurechtzufinden. num tempora le.
Die Insel (Insu la, lobus insularls, Abb. 8.2b) liegt in
8 .2 .1 Die Ansicht vo n late ral der Tiefe des Sulcus lateralis, bedeckt von den
Frontal-. Parietal- und Temporallappen sind durch Opercula frontale. parietale und temporale. Sie be-
deutliche Furchen voneinander getrennt: steht aus dem hinten-unten gelegenen Gyrus lon-
Der Sulcus centralis trennt den Lobus parietalis gus insulae und den vorne-oben gelegenen Gyri
vom Lobus frontalis ( Abb. 8.1 und 8.2a). breves insulae (voneinander durch den Su lcus cen-
Der tiefe Sulcus lateralls grenzt den Lobus tem- tralis insulae getrennt). Die Insel als Ganzes wird
poralis gegen den darüber liegenden Lobus fron- vom Sulcus circularis insulae fast vollständig be-
talis und Lobus parietalis ab (Abb. 8.2a). grenzt Nur am Urnen insulae geht die Insel in die
Der Lobus occipitalis ist nicht durch einen Sulcus basa le Hirnfläche über.
scharf abgegrenzt Seine Abgrenzung erfolgt durch Im lobus occipitalis bildet der Polus occipitalis den
eine schräge Hilfslinie, die vom Sulcus parietoocci- hintersten Teil des Gehirns.
pitalis (s. u.. mediale Fläche) absteigt Oben geht die Facies lateralis der Hemisphären an
Im lobus frontalis. der mit dem Polus frontal is den der relativ scharfen Mantelkante (Margo superior)
vordersten Teil des Gehirns bildet. liegt vor dem in die mediale Hemisphärenfläche über.
Sulcus centralis der Gyros precentralis (motorisches
Rindenfeld). Vor dem Gyrus precentralis liegen drei 8 .2 .2 Die Ans icht von m e dial
nach vorne verlaufende Windungen: Gyri frontales Nach Abtrennung des Hirnstamms und nach Tren-
superior, medius und inferior (voneinander durch nung der Hemisphären durch einen Medianschnitt
den Sulcus frontalis superiorund inferior getrennt). ist die mediale Hemisphärenfläche erkennbar
Der Gyrus frontaUs inferior kann in drei Teile unter- (Abb. 8.3). Man erkennt den bogenförmigen durch-
gliedert werden (von vorne nach hinten ): Pars orbi- trennten Balken (Corpus callosum), an dem vorne
talis. Pars triangularis und Pars opercularis. Die drei das Genu, hinten das Splenium und dazwischen
Teile begrenzen den Su lcus lateralis von oben und der Truncus corporis callosi zu unterscheiden sind.
sind durch seine zwei V-f<irmig angeordneten Aus- Das Rostrum des Balkens ist das vordere, nach un-
läufer voneinander getrennt ten spitz in die Lamina terminalis auslaufende En-
Im lobus parietalis liegt zwischen Sulcus centralis de. Die Lamina terminalis bildet die vordere dünn-
und Su lcus postcentralis der somatasensorische Gy- wandige Begrenzung des 111. Ventrikels (s. S. 175).
rus postcentralis (parallel zum Gyrus precentralis). Unmittelbar hinter der Lamina terminalis liegt auf
Dahinter finden sich die Lobuli parietales superior Höhe des Sulcus hypothalamicus die Commissura
und inferior (voneinander durch den Sulcus intra- anterior. Im hinteren Bereich liegt unter dem Bal-
parietalis getrennt, s. Abb. 8.1 ). Der Lobulus parieta- ken der Fornix (s. S. 135). Vorne findet sich zwi-
8 Endhirn (Telencephalon) Die Oberfläche 147

. - - - - ----------- 1
_"--------- - 2
2 0 - -- ~~~--~~r7" 14
1 9 - -- ....,. .._;:~~---3
18---{,
~~~~ ~~~-- 4
17- --1/-
16- -'' --~

' - ---- ~--248


9
23 .........- -10
22
11
11
~---------- 15
~-------12
a 13

1 Gyrus postcentralis 14 Sulcus frontalos superior 1 Gyrus postcentraUs


2 Gyrus precentralis 15 Sulcus temporalis supcrior 2 Gyrus precentralls
3 Gyrus frontalls medius 16 Sulcus tem;>oralos inferior
4 Gyrus frontalis supcrlor 17 Sulcus lateralis 3 Lobus insularls:
18 Sulcus frontalis inferior 5 Gyrus longus insulae
Gyrus frontahs Inferior: 19 Sulcus postcentralos 4 Gyri breves insulae
5 Pars opercularls 20 Sulcuscentralts 6 Sulcus centralis onsulae
6 Pars triangularis
7 Pars orbotalos 21 Polus frontalts 8 Gyrus temporalis \uperior
22 Polus temporahs 7 Gyri temporales transversi (Heschl)
8 Gyn orbotales 23 Polus occipotalts
9 Gyrus supramargonalis
10 Gyrus temporalis superior 24 Bulbus olfactorius
11 Gyrus temporaUs medous
12 Gyrus temporalis onferior c::J lobus frontaUs
13 Gyrus angularis c:::l lobus parietahs
- Lobus occlpotalis
L
- Lobus temporalos
Abb. 8.2 Ansicht der rechten Hemisphäre von lateral (a) und nach Abtragung des Operculum fronteparletale (b) 1ur Oarstel·
lung des Lobus lnsularls (weiS) sowie der Gyri temporales transversi (Ausschnitt)

sehen Balken und Fornix das dünne S4!ptum pellu- Gyrus dentatus (als Teil des Hippocampus. s. S. 165)
cidum (aus Gliazellen~ eine zweiblättrige Trenn- fort.
wand zw1schen den Seitenventrikeln. Oie zvve1 Medial und lateral vom Indusium griseum verlau-
Blatter (l...lmsnae septi pelluddi) begrenzen esne fen zwei Ungsstreifen. Striae longitudinales medi-
schhtzform1ge Höhle. das Cavum septi pelluc1d1 alis und lateralis. die Faserbahnen des Hippecam-
(beim Medianschnitt eröffnet). pus enthalten. Sie sind z. T. bedeckt vom Gyrus
Ober dem Balken liegt eine dünne Schicht grauer cinguli.
Substanz (wenig differenziert). das Indusium gri- Insgesamt bilden Gyrus paratern1inalis. Indusium
seum. das vorne unter dem Rostrum corporis callo- griscum ( mit den Striae longitudinales). Gyrus fas-
si in den Gyrus paraterminalis (vor der l...lmina ter- ciolaris, Gyrus dentarus und der Limbus Giacomini
minalis) übergeht. Hinten geht das Indusium (vorderer Ausläufer des Gyrus denrarus über dem
griseum uber dem Splenium corporis callosi sn den Uncus. s. u. ) den inneren Ring des limbisehen Kor-
Gyrus fasciolans über. Letzterer setzt s1ch sn den rex {lobus limbicus).
1 148 8 Endhirn (Telencephalon) Die Oberfläche

22- -- - --.....
2 8 - -- - - ,
2 7 - - - - --.....
.-------- - - -- 3

26 ------i<.~ .

2 5 - - - - - f - i ;.....~~~
9 -------~'-'-..:~1~

24 ---~r~~,;,:~~
21 ------~~~~

23==~~
20 - - - - -12
~------7
19------~
........__ _ _ _ _ 8
17----------------/ - ------13
16--------------------' ------·-14
1 Indusium griseum 11 Gyrus Iinguaiis 23 Lamina terminalis
2 Lobulus paracentralis 12 Gyrus fasciolaris 24 Commissura anterior
3 Precuneus 13 Gyrus occipitotemporalis medialis
4 Cuneus 14 Gyrus occipitotemporalis lateralis Corpus callosum:
15 Gyrus parahippocampalis 25 Genu
5 Sulcus parietooccipitalis 16 Gyrus dentatus 26 Rostrum
6 Sulcus calcarinus 17 Uncus 27 Truncus
7 Sulcus collateralis 18 Limbus giacomini 28 Splenium
8 Sulcus occipitotemporalis 19 Gyrus ambiens c::J Lobus frontalis
9 Sulcus corporis callosi 20 Gyrus semilunaris
10 Sulcuscinguli 21 Gyrus paraterminalis r::::::l Lobus parietalis
22 Gyrus cinguli - Lobus occipitalis
- Lobus temporalis
- Lobus limbicus
Abb. 8.3 Medianansicht der rechten Hemisphäre

Um den inneren Ring liegt der äußere Ring des lo- pocampalis und dem darunter gelegenen Gyrus oc-
bus limbicus: cipitotemporalis media lis liegt der Sulcus collatera-
Der Gyrus cinguli verläuft über und parallel zum lis, der sich vorne am Uncus in den Sulcus rhinalis
Balken; er wird vorne und oben durch den Sulcus fortsetzt.
cinguli und zum Balken durch den Sulcus corporis Über dem Gyrus cinguli erkennt man vorne als
callosi abgegrenzt. Unter dem Rostrum corporis Windung des Stirnlappens den Gyrus frontalis me-
callosi geht der Gyrus cinguli in die Area subcallosa dialis. Dahinter findet sich der Lobulus paracentra-
(vor dem Gyrus paraterminalis) über. Hinten (am lis. der eine hakenförmige Verbindung zwischen
Splenium corporis callosi) verjüngt sich der Gyrus Gyrus pre- und postcentralis bildet. Der lobulus
cinguli, biegt nach vorne um und vereinigt sich mit paracenrralis ist hinten durch eine vom Sulcus cin-
dem Gyrus Iingualis zum Gyrus parahlppocampalls. guli aufsteigenden Furche vom Precuneus abge-
Das vordere hakenförmige Ende des Gyrus parahip- grenzt. Letzterer wird nach hinten durch den Sul-
pocampalis ist der Uncus. Vor dem Uncus liegen cus parietooccipitalis begtenzt, der den Parietal·
noch zwei kleine Windungen (Gyrus semilunaris vom Okzipitallappen trennt. Hinter dem Sulcus pa-
und Gyrus ambiens). Zwischen dem Gyrus parahip- rietooccipitalis liegt der dreieckige Cuneus, der
8 Endhirn (Telencephalon) Oie Oberfläche 149

1 1 Fissura longitudinalis cerebri


15 2
7 2 Bulbus olfactorius
3 3 Tractus olfactorius
11
4 Trigonum olfactorium
4 5 Striae olfactoriae Iaterans
5 und medialis
6 6 Substantia perforata anterior
17 7 Gyrus rectus
8 Gyrus temporalisinferior
16 9 Gyrus occipitotemporalis
medialis und lateralis
14 10 Gyrus parahippocampalis
8
13 11 Gyri orbitales
2

10 9 12 Sulcus temporalisinferior
13 Sulcus parahippocampalis
14 Sulcus rhinalis
15 Sulcus olfactorius

16 Corpus mammillare
17 Chiasma opticum
c::J Lobus frontalis
- Lobus occipitalis
t::::l Lobus temporalis
c:::J Lobus limbicus

Abb. 8.4 Basalansicht des Endhirns

nach unten durch den Sulcus calcarlnus vom Gyrus Seiten des Trigonum gehen die Strlae olfactorlae
Iingualis abgegrenzt ist Ganz basal erkennt man medlalls und lateralls hervor und setzen sich in die
den Gyrus occipitotemporalis lateralis. der am Sul- gleichnamigen Gyri olfactorii fort. Zwischen den
cus occipitotemporalis an den Gyrus occipitotem- Striae olfactoriae und dem Trigonum olfactorium
poralis medialis grenzt liegt die Substantla perforata anterlor, ein von Ge-
fäßen durchlöchertes Feld. Die übrigen Gyri und
8.2.3 Die Ansicht von unten Sulci, die an der Facies inferior zu erkennen sind.
Der Interhemisphärenspalt (Fissura longitudinalis wurden berei ts bei der Ansicht von med ial behan-
cerebri), das Chiasma opticum, die Basalfläche des delt.
Hypothalamus (u. a. mit Corpora mammillaria) so-
wie das durchtrennte Mittelhirn sind sichtbar <I>
(Abb. 8.4). Am Frontallappen (vorne mit Polus fron- ..• ... Check-up
talis) liegen die Gyrl orbitales (dazwischen die Sulci v Machen Sie sich noch einmal die Lage der
orbitales). Am medialen Rand befindet sich der Gy- einzelnen Endhirnlappen klar.
rus rectus, der durch den Sulcus olfactorius von v Ordnen Sie folgende Gyri dem jeweils zu-
den Gyri orbitales abgegrenzt ist Im Sulcus olfac- gehörigen telenzephalen Lappen zu: Gyrus
torius liegen der Tractus olfactorlus und davor der precentralls, Gyrus postcentralls, Gyrus su-
flache Bulbus olfactorlus. Hinten verbreitert sich pramarglnalls, Gyrus clngull, Gyrus parahlp·
der Tractus olfactorius zum dreieckigen Pedunculus pocampalls und Gyrus rectus.
olfactorius mit dem Trigonum olfactorium. Aus den
150 8 Endhirn {Telencephalon) Der Isokortex

8.3 Der Isokortex Ihr Perikaryon ahneil e1ner Pyramide. deren


Spitze nach oben ( Richtung H1moberfläche) ge-
~~
.. Lerncoach richtet ist. Von der SpitZe z1eht der Apikalden-
Der Aufbau dieses phylogenetisch jüngsten drit senkrecht zur H1rnoberflache: dabei gibt er
Teils der Endhirnrinde ist spezialisiert und un· zahlreiche Seitenäste ab und endet meist in der
terscheidet sich demnach in verschiedenen Lamina I (s. u.). Weitere Dendriten gehen vom
Rindenbezirken. Diese Spezialisierung be· Rand der Basis (des Somas) ab: diese Basalden-
dingt sehr spezifische Ausfallsmuster bei der driten sind horizontal oder schräg ausgerichtet.
Schädigung einzelner Areale (z. 8. bel Durch· Alle Dendriten besitzen kleine Ausziehungen
blutungsst örungen), anhand derer Sie sich (Domen. Spines). an denen synaptische Kontakte
die funktionelle Bedeutung der jeweiligen mit Axonen anderer Nervenzellen ausgebildet
Zentren gut vor Augen führen können. sind. An der Zellbasis (oder am Stamm eines
Balsaldendriten) entspnngt das Axon der Pyra-
8.3.1 Der histologische Aufbau des Isokortex midenzelle. das senkrecht nach unten (in Rich-
tung weiße Substanz) verlauft. Zur Klasse der
8.3.1.1 Die Nervenzelltypen Pyramidenzellen gehoren auch .modifizierte Py-
Im lsokonex. der aufgrund seines phylogenetischen ramidenzellen·. die Abweichungen von den be-
Alters auch Neokortex genannr wird. lassen sich schriebenen Charakteristika zeigen.
zwei Haupttypen von Nervenzellen unterscheiden: Die Nicht -Pyramiden:tellen (auch Sternzellen ge-
Pyramidenzellen und Nicht-Pyramidenzellcn: nannt) sind intrakortika le Interneurane und ent-
- Die Pyramidenzellen sind Projektionsneurone halten in der Regel den Transm itter GABA. Sie
und enthalten als Transmitter meist Glutamat. haben kleine. polygonale oder spindelrormige
Sie machen 85% aller isokortikalen Neurone aus. Zellkörper. Die Dendriten haben keine Spines.
Das Axon kann von allen Teilen des Zellleibes
entspringen und verlässt die Hirnrinde nicht. ln
der Klasse der Nicht- Pyram1denzellen sind auch
einige Sonderformen beschrieben worden (Korb-
zellen. bipolare Zellen. Doppelbuschzellen).

..•' ....'. ...:


Die Form der Perikarya und das Fortsatzmuster
von Neuronen lassen sich mittels Golgi-lmprägna-
• • ••••
~ '• :' tion (m it Hilfe von Silbersalzen) darstellen.

....
I

I
j • •


oI I 4
' •

•' 4 •
8.3.1.2 Die Schichtung
111 ~· ·
4··· • ·
• ·
• "• '•
.•;' Die Schichtung ( Laminanon ) des Kortex lässt sich

,,.
. ... .....
..... .
..4 .. ........
.. . ...
. .
mit Nissi-Präparaten (Zytoarchitektonik) und in

'· .. ...
~

IV • • •' ·'•:
~ • · •• ' Markscheidenpräparaten (Myeloarchitektonik) ana-
~ '
•' . ....
lysieren.
••
'• .I I • Beim Isokorrex werden von der Oberflache in Rich-
\ ~~
:61 ~·/1~6 tung Marklager sechs Schichten unterschieden. die
V

...•',.,..........
...'.,.....
.... O••
~·~ durch die charakteristische Verteilung unterschied-

. .... ..
heher Nervenzellen und 1hrer Axone gekennzeich-
\
net sind (Abb. 8.5). Neben den in Tabelle 8.1 aufge-
' fühnen Neuronen si nd in allen Schichten Nicht-

.. .,. .....•;..•' '


,' • • 4
VI • •I • • '
Pyramidenzell en anzutreffen (häufiger in den
I ' •' I • t
~ Schichten i- 111).
,
a• • • , • c Wenn der Schichtenaufbau, wie hier beschrieben.
Abb. 8.S Oi~ Schichten des Isokortex im Nissi·Pr~parllt (a). klar erkennbar ist. handelt es sich um den homoty-
Golgi-Praparat (b) und Marl<scheidenpräparat (c) pischen lsokortex. Heterotypische Isokortexareale
8 Endhirn (Telencephalon) Der Isokortex 151

S ~hlcht Charakteristika
Lamina I - nur wenige Neovenzellen (Nicht-Pyramidenzellen)
(Lamina molecularis, Molekularschicht) - Axone dieser Nicht-Pyramidenzellenverlaufen in der unteren Hälfte der Schicht
tangential und bilden mit Fortsätzen anderer kortikaler Neurone Synapsen
(s. Pyramidenzellen)
Lamina II - Kleine. sehr dicht gepackte Pyramidenzellen
(Lamina granularis externa, äußere - Axone der Pyramidenzellen bilden Assoziationsfasern (s. S. 161)
Körnerschicht)
Lamina 111 - Pyramidenzellen. die von außen nach innen größer werden. in lockerer Anordung
(Lamina pyramidalis externa, - Axone formieren sich hauptsächlich zu Kommissurenfasern
äußere Pyramidenschicht) -Im oberen Teil dieser Schicht kann ein horizontal orientierter Faserplexus vorhan-
den sein {rl_ur in Sekundärfeldern aus.9ebildet).
Lamina IV - dicht gepackte kleine Pyramidenzellen, deren Axone sich in der eigenen oder in
(Lamina granularis interna, tieferen Schichten verzweigen (zusammen mit dem ähnlichen Aspekt in Lamina II
innere Körnerschicht) entsteht der namensgebende Eindruck einer Kömeransammlung)
- Bündel horizontal verlaufender Fasern von hier endenden Afferenzen aus dem
Thalamus
Lamina V - z. T. sehr große Pyramidenzellen in lockerer Packungsdichte. deren Axone die
(Lamina pyramidalis Interna. Fibrae corticostriatales, pontinae, nucleares und spinales bilden
innere Pyramidenschicht) - horizontal verlaufende Axone oder Axonkollateralen aus den Laminae II , 111 und V
bilden in der Mitte der Lamina V den inneren Baillarger·Streifen
Lamina VI - morphologisch unterschiedliche Zellen: meist kleinere modifizierte Pyramiden·
(Lamina multiformis. multiforme Schicht) zellen (oft mit spindeiförmigen Soma), die ihre Axone zu den Thalamuskernen
schicken
- meist unscharfe Grenze zum darunter gelegenen Marklager

zeigen Abweichungen (s. z. B. primär motorischer lumnen durch die Aktivität hemmende Interneu-
Kortex, S. 152). rane begrenzt. Letztere hemmen Pyramidenzellen
benachbarter Kolumnen (laterale Hemmung).
Beispielsweise erhal ten vertikale Kolumnen im pri -
mär somatasensorischen Kortex (s. S. 154) jeweils
- Lamina IV: Hier enden die meisten spezi fischen
weitergel eitete Impulse aus Rezeptoren eines um·
t halamokortikale Projektionen.
schriebeneo kleinen Hautbezirks.
- Lamina V und VI: Ihre Efferenzen ziehen zu sub·
kortikalen Gebieten (z. B. aus VI zum Thalamus).
8.3.2 Die funktionellen Kortexareale
- Lamina II und 111: Sie bi lden Assoziations· und
Kommissurenrasern.
8.3.2.1 Die Primär· . Sekund är- und
Assoziati onsfelder
Unter funktionellen Gesichtspunkten lässt sich der
8.3. 1 .3 Die verti kale Kolumnen - das Modul-
Isokortex in Primär·, Sekundär- und Assoziations-
Konzept
felder gliedern. Insgesamt lassen sich in der End -
Bei den vertikalen Kolumnen (Säulen) handelt es
hirnrinde mehr als 50 verschiedene Rindenfelder
sich um kleine Funktionseinhei ten des lsokorrex,
(Areae) unterscheiden, die nach ihrem Erstbe-
die senkrecht zur Oberfläche der Hirnrinde ausge-
schreiber Brodmann nummeriert werden.
richtet sind und all e sechs Schichten umfassen. Die
vertikalen Kolumnen weisen einen Durchmesser Die Primärfelder
von 30-300 J.Lm aur. enthalten ca. 2500 Neurone jeder Lappen enthält ei n primäres Rindenfeld :
{daru nter ca. 100 Pyramidenzellen) und sind als visuell im Okzipitallappen
elekt rophysiologische, d. h. funktionelle Module auditarisch i m Temporallappen
aufzufassen. Ihre Neurone sind i n rad iärer Richt ung somatasensorisch im Pa rietallappen
mi teinander verknüpft. Am Rand werden die Ko- somatornotorisch im Frontallappen.
152 8 Endhirn (Telencephalon) Der Isokortex

denfeldern eines funktionel len Systems afferent


und efferent verbunden.
ln Analogie zu sensorischen Systemen gibt es auch
im motorischen System Kortexareale. die mit dem
primär motorischen Kortex efferent und afferent
verbunden sind (prämotorischer und su pplementär
motorischer Kortex). in diesen Arealen werden in
Verbindung mit den Basalganglien und dem Klein-
hirn Bewegungsentwürfe erstellt, die zur lnitiie-
rung an den primär motorischen Kortex weiterge-
leitet werden.

Q)

~4~ Prägen Sie sich die Lage der einzelnen funk-


tionellen Zentren ein, Indem Sie ggf. noch einmal
die Ansichten des Gehirns (s. S. 145 ff) zu Hilfe
nehmen. Dies erleichtert es Ihnen später, be·
stimmte Funktionsausfälle dem Verschluss einzel·
ner Hirngefäße zuzuordnen und ist von großer
Abb. 8.6 Motorischer Homunkulus klinischer Relevanz.

8.3.2.2 Der Frontallappen


Die sensorischen Primärfelder erhalten ihre Affe-
Dos motorische Primärfeld
renzen aus dem Thalamus; sie sind also primäre
Der primär motorische Kortex (Brodmann-Area 4)
Zielgebiete der jeweiligen Sinnesbahn (Sehbahn,
liegt vor dem Sulcus centralis. Er ist ca. 2 cm breit
Hörbahn und sensible Bahnen). Hier erfolgt die
und entspricht etwa dem hinteren Teil des Gyrus
korrikale lnformationsverarbeitung. Die Informatio-
precentralis; er ist also weitgehend im Sulcus cen-
nen werden interpretationsfrei zu Bewusstsein ge-
tralis verborgen.
bracht
Die Körperteile sind .. landkartenarrig" auf dem pri-
Neben den rezeptiven Primärgebieten existiert ein
mär motorischen Kortex repräsentiert ( motorischer
primär motorisches Rindenfeld (primär motori-
Homunkulus, Somatotopie, Abb. 8.6). Dabei fallt auf.
scher Korrex • Motorkortex), das über die Pyrami-
dass z. B. Hand. Gesicht oder Zunge überproportio-
denbahn Bewegungen initiieren kann.
nal große Areale einnehmen (-> Feinmotorik und
Die Sekundär· und Assoziotionsfelder Sprache). Auf der medialen Hemisphärenoberfläche
Im menschlichen Gehirn machen die Sekundär- und an der Mantelkante ist die untere Extremitä t
und Assoziationsfelder einen Großteil des Isokorrex repräsentiert. Nach lateral sch ließen sich der
aus. In den sensorischen Sekundärfeldern, die je- Rumpf und die obere Extremität. dann der Kopf an.
weils neben den entsprechenden Primärfeldern lie- Aus dem primär motorischen Kortex (und auch an-
gen. erfolgt die weirere kortikale lnformationsver- deren motorischen Gebieten s. u.) entspringen die
arbeirung. Dabei findet eine ersre Interpretation Axone, die ohne Unterbrechung (und damit schnell
der Sinnesinformation, d. h. Zuordnen/Erkennen leitend) bis in den Hirnsramm und in das Rücken-
des Wahrgenommenen. statt. mark ziehen (Fibrae corriconucleares und Fibrae
Die sensorischen Assoziationsfelder verarbeiten In- corricospina les).
formationen verschiedener sensorischer Modalitä- Histologisch ist der Motorkortex charakterisiert
ten (Verarbeitungsschrirte höherer Ordnung aus Si- durch:
gnalen verschiedener Sinnessysteme). Sie sind also
mit verschiedenen primären und sekundären Rin-
8 Endhirn (Telencephalon) Der Isokortex 153

Fehlen der Lamina IV (d. h. keine thalamisehen soziales und ethisches Verhalten mit Affektkon-
Affereruen) __. agranulärer Kortex (vgl. granulä- trolle
rer Kortex, S. 155). Motivation und Initiative
Betz·Riesenzellen in Lamina V: Hierbei handelt Verstand und Vernunft
es sich um besonders große Pyramidenzellen - Ausdauer und Konzentration
(entsprechend der enormen Länge ihrer Axone). - kognitive Leistungen (z. B. planerisches Denken).
Der präfrontale Kortex ist afferent und efferent mit
zahlreichen Endhirnarealen verbunden. Er erhält
zudem Afferenzen aus den medialen Thalamusker-
Läsionen im Bereich des primär motorischen Kortex
nen und aus der Fortnatio reticularis.
haben kontralaterale motorische Ausfälle (zentrale
Lähmung) zur Folge. Dabei sind die Muskelgruppen
betroffen, die im geschädigten Bereich des Gyrus pre-
centralis liegen: Ist die laterale Hemisphärenseite be- Morbus Pick: Diese Erkrankung (besonders bei
troffen, kommt es zu Lähmungen im Bereich der Männern zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr) wird
oberen Körperhälfte. Läsionen auf der Medialseite auch als Frontallappendegeneration betrachtet. Be·
sonders im Bereich des präfrontalen Kortex sind
führen zu Muskelausfällen der unteren Extremität
schmale Gyri und breite Sulci erkennbar. Es kommt
(s. a. S. 188).
insbesondere zu Persönlichkeitsveränderungen wie
triebhafter Enthemmung, Witzelsucht, Verlust von
Der prämotorische und supplementär motorische Antrieb und Initiative sowie Fresssucht. Später stellen
Kortex sich Gedächtnisstörungen und ein Sprachverlust ein.
Der prämotorische Kortex liegt auf der lateralen Der Verlauf der Erkrankung ist therapeutisch nicht zu
Hemisphärenoberfläche vor der Area 4. Etwa ab beeinHussen (Tod nach ca. 8 Jahren).
der Mantelkante liegt der supplementär motorische
Kortex vor der Area 4 auf der medialen Hemisphä- Das Broca-Zentrum (motorisches Sprachzentrum)
renoberfläche. Sowohl im prämotorischen als auch Das motorische Sprachzentrum liegt in der Pars
im supplementär motorischen Kortex findet man opercularis und in der Pars triangularis des Gyrus
eine Somatotopie. Beide sind reziprok mit der Area frontalis inferior der dominanten Hemisphäre.
4 verbunden. Als dominant bezeichnet man die Hemisphäre, in
Der prämotorische Kortex ist bei der Ausführung der die sensorische und motorische Verarbeitung
komplexer Bewegungsabläufe (Aufeinanderfolge der Sprache erfolgt. Bei Rechtshändern ist es die
von Muskelkontraktionen und deren Abstufung) linke, bei Linkshändern auch die linke oder (selte-
beteiligt. z. B. beim Schreiben. Die Funktion des ner) die rechte Hemisphäre. ln der dominanten
supplementär motorischen Kortex ist die Planung Hemisphäre liegen zudem ari thmethische und ana-
und Initiierung eines komplexen Bewegungsmus- lytische Fähigkeiten, während in der nicht domi-
ters (vorbereitende Funktion). nanten Hemisphäre emotionsbetontes und phanta-
Der prämotorische Kortex schickt zudem Efferen- sievolles Denken möglich ist.
zen zu extrapyramidalen Zentren (z. B. Fortnatio re-
ticularis. Nucleus ruber) und gibt Fasern in die Py-
ramidenbahn ab (besonders für die proximale Broca-Aphasle: Bei einer kortikalen Läsion im Bereich
Extremitätenmuskulatur). des motorischen Sprachzentrums kommt es zu einer
Der präfrontale Kortex besonderen Form der Aphasie (zentrale Sprachstörung
Der präfrontale Kortex (auch frontaler Assoziati- bei erhaltener Funktion der Mund· und Zungenmus-
onskortex) liegt vor der prämotorischen Rinde und keln). Leitsymptome der Broca·Aphasie sind nichtHüs·
reicht nach vorne bis an den FrontalpoL Er ist für sige Sprache (Telegrammstil, hauptsächlich Substanti·
die höheren Funktionen des menschlichen Gehirns ve) und Agrammatismus (grammatikalische Fehler).
von besonderer Bedeutung: Das Sprachverständnis bleibt meist intakt.
154 8 End hirn (Telencephalon) Der Isokortex

Dos frontale Blasenzentrum Das Wernicke-Zentrum erhält seme Afferenzen u. a.


D1eses Zentrum hegt im vorderen Teil des Gyrus aus den Areae 4 I/42. Es 1st als Assoziationsgebier
cmguh und im angrenzenden Gyrus frontalis medl- die Grundlage des Sprachverstandnisses. Hier wer-
alis. Es ist wesentlich an der willkurliehen Kontrol- den Wörter oder Melod1en erkannt. weshalb das
le der Harnblasen- und Enddarmemleerung betei- Wernicke-Zentrum auch als sensorisches Sprach·
ligt. zentrum bezeichnet wtrd.
ln der nicht-dominanten lft>misphäre wird das Ge-
hörte eher nichtrational vt>rarbeitet, z. B. Empfi n-
dung für Musik.
Die meisten motorischen Rindenfelder sind Im
Frontallappen lokalisiert. Darüber hinaus liegen im
Frontallappen aber auch ganz andere Areale, die
z. T. für die höheren Funktionen des menschlichen Wernicke-Aphasle: Charakteristisches Symptom der
Gehirns von besonderer Bedeutung sind (-+ Wemicke-Aphasie ist das erheblich gestörte Sprach·
präfrontaler Kortex). verständnis. Die Spontansprache ist zwar flüssig und
in normaler Geschwindigkeit, sie weist aber über·
schießende Sprachproduktrvitat mit Kauderwelsch.
Wortneubildungen (Neologismen). Wortdeformierun-
8.3.2.3 Der Temporallappen gen (Paraphasien) und Paragrammatismus (fehlerhaf-
Die primäre und sekundäre Hörrinde ter Satzbau) auf.
in der Tiefe des Sulcus lateralis liegen auf der obe-
ren Fläche des Gyrus temporalis superior zwei bis Efferent ist das Wernicke-Zentrum u. a. mi t dem
vier Windungen. die quer bzw. eigentlich schräg zu motorischen Sprachzentrum Ober den Fasciculus
den sonst längs ausgerichteten Gyri verlaufen. arcuatus verbunden.
D1ese Gyri temporales rransversi. auch Heschl-
Querwindungen. werden erst sichtbar. wenn das
panetale und frontale Operculum entfernt werden.
leitungsaphasie: Bei der Leitungsaphasie ist das
Der primär auditarische Kortex. die Area 4 I, liegt in
Nachsprechen schwer beeinträchtigt. Das Sprach-
der vorderen Querwindung. Hier endet die Hör-
verständnis ist nur gering e1ngeschränkt. Die Spontan·
strahlung (aus dem Corpus geniculatum mediale)
sprache ist flüssig, wird von Pausen zur Wortsuche
in tonotoper Anordnung, d. h. jede Tonfrequenz hat
unterbrochen und durch Silbenvertauschungen oder
ihren eigenen Ort in der primären Hörrinde (tiefe
Wortverstümmelungen (phonematische Paraphrasie)
Frequenzen sind mehr anterolateral. höhere Fre-
durchsetzt. Die Läsion liegt meist im Fasciculus arcua-
quenzen eher posremmedial repriisenriert).
tus.
Histologisch zeigt die Area 41 die charakteristi-
schen Merkmale eines primären sensorischen Kor-
texareals. d. h. die Schicht IV ist besonders breit 8.3.2.4 Der Parietallappen
und nervenzellreich. Die sekundäre Hörrinde (Area
Dos somatasensorische Primärfeld
42 ) umg1bt d1e pnmäre hufeisenfOrmig. H1er wer-
Der primär somatosensonsche Kortex (Area 1. 2
den z. T. auditarische Signale erkannt (z. B. Klingel-
und 3 nach Brodmann) erstreckt sich im Gyrus
ton).
postcentralis von der Medialseite über die Mantel-
Dos Wernlcke-Zentrum (sensorisches Sprachzentrum) kante bis nach unten zum Sulcus lateralis. Dieses
Okzipital von den Areae 41/42 liegt im Gyrus tem- Rindenareal ist v.a. für die Verarbeitung sensibler
poralis Superior das Wernicke-Sprachzentrum. Es Zuflüsse (Oberflächen- und Tiefensensibilität aus
erstreckt sich Ober weite Teile des Planum tempo- Mechano-. Schmerz-. Thermo- und Propriozepto-
rale. das eine erhebliche interindividuelle Vanabili- ren) der kontralateralen Körperhälfte zuständig.
tat zeigt und in der meist linken dommanten He- Seine Afferenzen kommen aus dem Nucleus ven-
mlsphare größer als in der rechten ist. rralis posterolaterahs (VPL) und posteromedialis
8 Endhirn (Telencephalon) Der Isokortex 155

(VPM ) des Thalamus. Wie das pnmllr motorische


Rindenfeld ist auch die Postzentralregion somato-
top gegliedert. Ober dem Sulcus lateralis sind
Schlund und Mundhöh le repräsentiert. darüber
dann Gesicht. Arm. Rumpf mit Genitalien und Bein.
Die Beinregion reicht über die Mantelkante hinaus
auf die MediaiOäche. Hautbezirke mit hoher Sensi-
bilität sind 1n besonders großen Rmdenarealen re-
präsentiert (- somatosensorischer Homunkulus,
Abb. 8.7 ).
Histologisch bezeichnet man die Rinde des somata-
sensorischen Primärfeldes, die durch eine kräftig
ausgebi ldete Lamina IV gekennzeichnet ist. als
.granulär".

1 Klinischer Bezug
Kortikal bedingte Senslbilitlitsstörungen treten bei
Schädigungen des Gyrus postcentralis auf. Auch hier
rührt die somatatopische Organisation je nach Lokali-
sation und Ausdehnung der Läsion zu kontralateralen
Abb. 8.7 Somatasensorischer Homunkulus
Sensibilitätsausfällen in unterschiedlichen Hautarea-
len.

Der Gyrus onguloris


Der sekundäre somatasensorische Kortex und der
Der Gyrus angularis (Area 39 nach Brodmann) liegt
parietale Assoziationskortex
bogenfllrmig um das Hinterende des Sulcus tempo-
Das kleine ebenfalls somarorop gegliederte Areal
ralis Superior (hinter dem Wernicke-Zentrum). ln
des sekundären somatasensorischen Kortex liegt
der dominanten Hemisphäre spielt er als eine
latera l im parietalen Operculum (im Dach des Sul-
Schaltstelle zwischen sekundärer Seh- und Hörrin-
cus lateralis). Einen großen Teil des übrigen Parie-
de eme wesentliche Rolle bei der Zuordnung vi-
tallappens. das posteriore parietale Areal. nimmt
sueller Impulse zu sprachlichen Begriffen. Mithin
der Assoziationskortex ein.
d1ent der Gyrus angularis dazu. gelesene Worte zu
Das sekundare Areal ist für das Erkennen (also die
vt'rstehen.
Interpretation) des Getasteten von großer Bedeu-
tung. Der parietale Assoziationskortex. der auch
8.3.2.5 Der Okzipitallappen
aus anderen Kaitexarealen {vor allem aus visuellen.
Die Seilrinde erstreckt sich über den ganzen Okzi-
auditarischen und vestibulären Rindenbezirken)
pitallappen.
Impulse erhalt. ist insbesondere auch für die räum-
Die primäre Sehrinde {Area 17 oder Area striata)
liche Vorstellung und Orientierung verantwortlich.
liegt um den Sulcus calcarinus herum auf der me-
dialen Aache der Hemisphäre: am Okzipitalpol
greift sie etwas auf die Lateralnäche über. ln der
Taktile Agnosie: Diese Unfähigkeit. vertraute Ge- Sehrinde enden die Fasern der Sehstrahlung (aus
genstände lediglich durch Ertasten zu erkennen, tritt dem Corpus geniculatum laterale) topalogisch ge-
bei Ausfällen des sekundären somatasensorischen ordnet: es kommt jedoch zu einer deutlichen Ver-
Kortex auf. zweigung. Die Projektion der Fovea centralis (Ort
des scharfsten Sehens) n1mmt etwa vier Fünftel der
gesamten Sehrinde ein.
156 8 Endhirn (Telencephalon) Der Isokortex

ronen der stark myelinisierten Schicht IVc. die auf


Pyramidenzellen umgescha ltet werden. Letztere
leiten die Informationen in die sekundäre Sehrinde
weiter.
Die sekundäre Sehrlode umfasst die übragen Teile
des Okzipitallappens (außer der Area srriata). Dazu
gehört die Area parasrriata (Area 18). die ringl'ör-
mig die Area striata umgibt. und die Area peristria-
ta (Area 19. an dae Area parasrriata angrenzend ).
Die Area perisrriata wird auch als okzipitaler Asso-
ziationskortex bezeichnet. Area 18 und 19 werden
auch als extrasrriärer Kortex zusammengefasst. der
in mehr als nur 2 (nämlich mehr als 20) funktio-
nell unterschiedliche Areale unterteilt werden
kann. Zudem reicht der extrastriäre Kortex auch
über die Grenzen des Okzipitallappens in den Pa-
··. rietallappen und in den unteren Temporallappen
Abb. 8.8 01~ Schichtung in der Ar~a striata om Nossi-Präpa-
hinein. Seine Hauptafferenzen erhalt der exrrasrriä-
rat
re Kortex aus der Area 17: er dient der Interpreta-
tion visueller Informationen. Dabei erfüllen be-
Die prim~re Sehrinde ist verantwortlich für das Be-
stimmte umschriebene Areale spezifische
wusstwerden von visuellen Impulsen aus der Reti-
Funktionen. z. 8. Areale zur Wahrnehmung der
na. Eine Interpretation. d. h. das Erkennen des
Form. der Farbe. der Bewegung.
Wahrgenommenen erfolgt hier noch nicht
Die Elferenzen des extrastriaren Kortex ziehen
zu zahlreichen kortikalen Arealen: u. a. zum
frontalen Augenfeld (s. S. 200) und zum Gyrus
Kortikale Blindheit: Wird die primäre Sehrinde ge- angularis (s. S. 155)
schädigt. kommt es zu einem kontralateralen Ge- zu den CoII iculi superiores
sichtsfelddefekt beider Augen. Da bei beiden Augen zur Area pretectalis
die gleiche Seite des Gesichtsfeldes betroffen ist (ho- zur Formatio reticularis.
monyme Hemianopsie. s. a. S. 212). kann der Patient Auch das magno- und parvozelluläre System wer-
im kontralateralen Gesichtsfeld nichts sehen. den im srriären und extrasrriaren Kortex gerrennt
weiterverarbeitet
Die primäre Sehrinde zeagt eine deutliche modu lä- <I>
re Organisation (Kolumnengliederung). Jede Ko- ...• ... Check-up
lumne ist mit einem bestimmten Bezark der Netz- II' Machen Sie sich klar, welche der 6 Schich-
haut verbunden (Retmoropae~ Dabei reihen sich ten des Isokortex in motorischen und wel-
jeweils eine Kolumne für die rechte Retina und che in sensorischen Kortexarealen gut bzw.
eine für die linke aneinander (Augendominanzsäu- gering ausgeprägt sein müssen.
len. okuläre Dominanzkolumnen). II' Rekapitulieren Sie die Zuordnung der ver-
Der komplizierte Aufbau der Schichten in der Area schiedenen sensorischen Zentren zum je-
17 spiegelt die hohe Differenzierung des visuellen weiligen Endhlrnlappen.
Systems beim Menschen wider (Abb. 8.8~ Oie Lami- II' Wiederholen Sie die Lokalisationen des Bro-
na IV ist extrem differenziert: Sie wird durch einen ca- und Wernicke-Zentrums. Machen Sie
schon makroskopisch sichtbaren weißen Streifen sich die funktionelle Bedeutung dieser Zen-
(Gennari·Strelfen. daher dae Bezeachnung Area tren anhand der klinischen Ausfilllssympto-
striata) an drei Sublammae gegliedert (IVa - IVc). matlk klar.
Der Gennari-Srreifen bestehr aus Axonen von Neu-
8 Endhirn (Telencephalon) Die subkortikalen Kerne 157

r bahn ( .. pyramidal-motorisches System") gegenüber-


8.4 Die subkortikalen Kerne
gestellt. Diese Begriffe sind streng genommen zwar
;
...... Lerncoach
unzu treffend, da die beiden Systeme strukturell
und funktionell eng miteinander verzahnt sind.
Konzentrieren Sie sich in diesem Kapitel
Dennoch haben sie sich gerade im klinischen
zunächst auf die Einteilung der im telenze-
Sprachgebrauch aufgrund der unterschiedl ichen
phalen Marklager gelegenen Nervenzellan-
Symptomatik von Erkrankungen dieser beiden Sys-
sammlungen (subkortikale Kerne). Dies er-
teme (s. S. 199) e ingebürgert und werden daher
leichtert Ihnen das Verständnis für die kom-
auch hi er weiterhin genutzt.
plexe Verschaltung der Basalganglien
untereinander sowie mit kortikalen, dlenze-
phalen (Thalamus) und mesenzephalen (Sub-
stantia nigra) Strukturen, die Insbesondere Die den Basalganglien funktionell assoziierten
für komplexe gelernte Bewegungen (z. B. Kerne sind Strukturen anderer Hirnanteile (Sub-
Schreiben) von großer Bedeutung sind stantia nigra- Mesencephalon; Nd. subthalamicus
(s. S. 201 ). - Diencephalon). Auch der im reifen Gehirn eng
am telenzephalen Putamen gelegene Globus palli-
dus gehört ontogenetisch zum Diencephalon.
8.4.1 Die Basalganglien un d funktionell
assoziierte Kerne
Oie Basalganglien (Abb. 8.9) gehören zu den inner- 8 .4.1. 1 Das Striatum: Nucleus caudatu s
halb der weißen Substanz des Endhirns gelegenen und Putamen
Kernen (subkortikale Nuclei ). Im engeren Sinne ge- Der Nucleus caudatus ist ein c- oder bogenförmiger
hören zu den Basalganglien: Kern, bei dem man Caput ( Kopf), Corpus (Körper)
das Striatum aus Nucleus caudatus und Puta- und Cauda (Schwanz) unterscheidet. Das vorn gele-
men sowie gene Caput ist wulstförmig. Corpus und Cauda
der Globus pallidus (• Pallidum). der ontogene- werden zunehmend schlanker. Der Kopf bildet in
tisch zum Oiencephalon gehört. der Tiefe des Frontallappens den Boden und die
Globus pallidus und Puramen werden auch als Nu- Sei tenwand des Vorderhorns vom SeitenventrikeL
deus lentiformis ( Linsenkern ) zusammengefasst. Das Corpus nuclei caudati liegt als mittlerer
jedoch beinhaltet dieser Begriff funktionell und on- schlankerer Teil lateral oben vom Thalamus im Bo-
togenetisch unterschiedliche Strukturen. den des Haupttei ls jedes Seitenventrikels (i m Parie-
Die als Basalganglien zusammen-
gefassten Kerngebiete sind ein we-
sentlicher Teil des motorischen
Systems. Sie sind in komplexe
Schaltkreise eingebunden. Zu die-
sen Schaltkreisen gehören weitere
Kerngebiete (• funktionell assozi- 2
ierte Kerne der Basalganglien).
nämlich der Nutleus subthalami·
cus (s. u.) und die Substantla nigra
(s. S. 100).
Lange Zeit hat man die Basalgan-
1 Thalamus
glien. ihre assoziierten Kerne und 2 Putamen
die zugehörigen Verschaltungen 3 Nudeus caudatus
zum . extrapyramidal-motorischen 4 Corpus amygdaloideum
System· zusammengefasst. So hat Abb. 8.9 Subkortikale Kerne und Thalamus in ihrer räumlichen Lage (vgl. auch
man dieses System der Pyramiden- Abb. 11.2, S. 202)
158 8 Endhirn (Telencephalon) Die subkortikalen Kerne

ta llappen). Die sich stark verjüngende Cauda be- den übrigen Kortexarealen in sbesondere den Nu-
sch reibt als hinterer und unterer Teil des Kerns ei- deus caudatus. Weitere Afferenzen stammen aus
nen nach dorsal konvexen Bogen und liegt schließ- den intralaminären Thalamuskernen. aus der Sub-
lich im Dach des Unterhorns vom Seitenventrikel stantia nigra. aus den Raphekernen der Formatio
( im Temporallappen ). Aufgrund dieses bogenförmi- reticularis und aus dem Corpus amygdaloideum.
gen Verlaufs ist der Nucleus caudatus in Frontal- Oie Hauprefferenz des Striatum verläuft zum äuße-
schnitten durch seine Cauda zweimal angeschnit- ren und inneren Segment des Globus pallidus. Wei-
ten ( unten: Cauda. oben: Corpus. s. Abb. 13.5. tere Efferenzen ziehen zur Substantia nigra.
S. 261 ). Beim enzymhistochemischen Nachweis von Acetyl-
Das Putamen hat die Form einer dicken ova len cholinesterase Jassen sich im Striatum zwei Kom-
Scheibe und liegt zwischen Globus pallidus und partimente unterscheiden. Fleckenartige Areale mit
Claustrum ( im Marklager der lnselrinde). niedriger Enzymaktivität, die Striosomen, sind in
Die Capsula externa trennt das Puramen vom late- eine Matrix mit hoher Enzymaktivität eingelagert.
ral gelegenen Claustrum. Medial wird das Puramen Matrix und Striosomen haben unterschiedliche Af-
durch die dünne Lamina medullaris lateralis (oder ferenzen und Efferenzen. Zu den Striosomen proji-
Lamina medullaris externa) vom Globus pallidus zieren limbisehe telenzephale Areale. zu r Matrix
getrennt. im Wesentlichen die übrigen Afferenzen (s.o.).
Entwicklungsgeschichtlich sind Nucleus caudatus Striosomen schicken ihre Axone zur Substantia ni-
und Puramen eine einheitliche Struktur. Sie werden gra; die übrigen Efferenzen (s.o.) gehen von der
durch die eingewachsenen Faserbündel der Capsula Matrix aus.
interna (s. S. 162) voneinander getrennt, sind aber
noch durch Nervenzellbrücken streifenförmig (da- 8.4.1.2 Der Globus pallidus
her Striatum) miteinander verbunden. Der Globus pallidus (Pallidum, blasser Kern) er-
Der vordere- untere Teil des Caput nuclei caudati scheint makroskopisch deutlich heller als das an-
ist über einen unscharf begrenzten Kernkomplex. grenzende Putamen. Er ist dienzephaler Herkunft
dem Nucleus accumbens, mit dem vorderen Tei l und wird während der Entwicklung durch ein-
des Puramen verbunden. Der Nucleus accumbens wachsende Fasern der Capsula in terna nach lateral
gehört zum ventralen Striatum (oder Paleostria- an das Puramen gedrängt Durch die dünne Lamina
rum); die übrigen Teile von Nucleus caudatus und medullaris medialis (oder Lamina medullaris inter-
Puramen bilden das dorsale Striatum (oder Neo- na) wird er in ein inneres und äußeres Segment
striatum, hier weiterhin nur Striatum genannt). geteil t (Globus pallidus medialis und lateralis).
Der Nucleus accumbens gliedert sich zyroarchitek- Diese beiden Tei le haben unterschiedliche Faserver-
tonisch in ein Kernsrück und eine Schale. Er gehört, bindungen.
wie der Nucleus basalis. das diagonale Band und Oie Hauptafferenz des Globus pallidus stammt aus
die Septumkerne (s. S. 161 ). zu den Kernkomplexen dem Striatum (s. o.). Zum Globus pallidus medialis
des basalen Vorderhirns. projiziert zudem die Substantia nigra ( Pars com-
Der Nucleus accumbens verfügt prinzipiell über pacta, s. S. 100) und der Nucleus subthalamicus
die gleichen Verbindungen wie das dorsale Stria- (s. u.). Oie Hauptmasse der Efferenzen (aus dem
tum. Er ist jedoch mit dem limbisehen System be- Globus pallidus medialis) ziehen über die Ansa len-
sonders eng verbunden und hat zudem insbeson- ticu laris oder den Fasciculus lenticularis zu motori-
dere Verbindungen zum präfrontalen Kortex und schen Thalamuskernen. Der Globus pallidus larera-
zu r Area regmentalis venrralis (= kleine dopamin - lis schickt Axone zum Globus pallidus medialis,
erge Zellgruppe im Mittelhirn). zum Nucleus subthalamicus und zur Substantia ni-
Diese Projektionen werden auch zum Suchtverhal - gra (Pars reticularis).
ten in Beziehung gebracht. Oie Basalganglien Striatum und Globus pallidus bil-
Das Striatum erhält Afferenzen aus allen kortikalen den zusammen mir dem motorischen Thalamus ei-
Regionen. Dabei erreichen die Axone aus dem mo- nen polysynaptischen Schaltkreis, die Hauptschleife
torischen Kortex bevorzugt das Putamen. die aus der komplexen Basalganglien-Verschaltungen. Sie
8 Endhirn (Telencephalon) Die subkortikalen Kerne 159

beginnt und endet kortikal : Cortex cerebri • Stria- einer verminderten Hemmung motorischer Thalamus·
rum -+ Globus pallidus • Thalamus -+ Cortex ce- kerne (durch das mediale Pallidum und die Pars reti·
rebri. cularis der Substantia nigra). Daraus resultiert eine
Außerdem werden aufgrund ihrer engen Verbin- vermehrte Aktivlenung motorischer Rindenfelder
dungen mir dem Globus palhdus im weiteren Sinne (durch die motorischen Thalamuskeme). Diese Akti·
auch die Subsranria nigra und der Nucleus subtha- vienung kann dann das Auftreten hemiballistischer Be-
Jamicus zu den Basalganghen gezahlt. W1e aus den wegungen auf der kontralateralen Seite heiVonrufen.
o.g. Verbindungen ersichtlich ISt. bilden sie Neben-
schleifen. die den Informationsnuss m der Haupt-
8.4.2 Die weiteren subkortikalen Kerne
schleife modulieren können. Oie ausfuhrliehe Be-
des Endhirns
schreibung, die filr neurologische Ausfiille z. B. be1
Im telenzephalen Marklager liegen weitere subkor-
Morbus Parkinson von Bedeurung sind. finden Sie
tikale Kerne. die aufgrund ihrer funktionellen Be-
im Kapitel .Funktionelle Systeme· (s. S. 199).
deutung separat beschrieben werden:
- das Corpus amygdaloideum.
8.4. 1 .3 Der Nucleus subthalamicus
das Claustrum und
Der Nucleus subthalamicus (Corpus Luysi) liegt
- der Nucleus basalls ( Meynert).
medial vom unteren Ende der Capsula interna un-
ter dem Thalamus. Er liegt im Obergangsgebiet
8.4.2. 1 Das Corpus amygdaloideum
zwischen Diencephalon und Mesencephalon. Daher
Das Corpus amygdaloideum (Mandelkernkomplex.
grenzen Substantia nigra und Nucleus ruber von
Amygda la) findet sich im vorderen Teil des Tempo-
unten und medial an den Nucleus subthalamicus.
rallappens. Es liegt vor dem Hippocampus. Mit sei-
Der Kern weist eine bikonvexe Gestalt auf und be-
ner hinteren Fläche grenzt es von vorne an das Un-
steht im Wesentlichen aus großen glutamatergen
terhorn des Seitenventrikels. Mikroskopisch lässt
Neuronen.
sich das Corpus amygdaloideum zyroarchitekto-
Afferenzen und Efferenzen des Nucleus subthalaml-
nisch und funktionell in verschiedene Nuclei unter-
cus sind ähnlich denen des Striatum. Der Nucleus
teilen. Im Wesentlichen wird eine oberflächliche
subthalamicus erhält Afferenzen aus motorischen
(kortikomediale ) und tiefe (basolaterale) Kerngrup-
Kortexarealen (sowie aus dem Globus palhdum la-
pe unterschieden (Abb. 8.10).
teralis und projiziert zum Globus palhdus mediahs
Oie verschiedenen Kerne des Corpus amygdalo-
und zur Subsrantia nigra (Pars rencularis).
ideum sind untereinander komplex verschaltet.
Im Gegensatz zur inhib1torischen W1rkung des
wodurch eine inrraamygdaläre Informationsverar-
Srriarums, ist die ProJektion des Nucleus subthala-
beitung ermöglicht wird. 01e oberOächhchen ( kor-
micus exz1tatorisch und stellt dam1t em Gegenge-
tikomedialen ) Kerne haben haupts.Jchllch rez1proke
wicht zu den strialen Axonen dar.
Verbindungen mit den olfaktorischen kon1kalen
Arealen. Oie tiefen (basolateralen) Kerne erhalten
Afferenzen aus sensorischen Assoziationsarealen
Hemiballismus: Bel dieser Bewegungsstörung treten (auditorisch. visuell. gustatorisch. somatosenso-
blitzartige schleudernde Bewegungen auf. d1e proxi· risch/ -sensibel ). Sie projizieren in diese Kortex-
mal betont sind. Arme und Beine können mit Wucht areale zurück und zum mediodorsalen Thalamus-
gegen ein Hindernis geworfen werden. Verletzungen kern. Ober Letzteren erreichen Signale aus dem
sind deshalb nicht selten. Die häufigste Ursache ist Corpus amygdaloideum den präfrontalen Kortex.
eine Läsion des kontralateralen Nucleus subthalamicus Diese Projektion könnte für höhere kognitive Leis-
durch Ischämie. Durch den Wegfall der exzltatorl· tungen (z. B. Lernen) und für Motivationen von Be-
sehen Projektion des Nucleus subthalamlcus in das deutung sein.
mediale Pallidum und die Pars reticularis der Substan· Der Mandelkernkomplex projiziert auch zum Stria-
tia nigra überwiegt in diesen Kerngebieten die inhibi· tum: eine Projektion. die für die Ausführung emo-
torisehe Projektion aus dem Striatum. Dies führt zu tionsbedingter Bewegungen (z. B. Schreckreaktion
160 8 Endhirn {Telencephalon) Die subkortikalen Kerne

1 3 4 5 1 Claustrum
2 Putamen
3 Nucleus basalis (Meynert)
4 Globus paflidus lateralis
5 Globus patlidus medialis

6 Tractus opticus

Oberflächliche (kortikomediale) Kerne des Corpus


amygdaloideum:
7 Nucleus centralis
8 Nucleus medialis
~......_- 1 0
9 Nucleus corticalis anterior
14 - -1-- - ' -11
12 Tiefe (basolaterale) Kerne des Corpus amygdaloideum:
L_----~~~:__L_j·--- 1 3 10 Nudeus basalis medialis
11 Nudeus basalis lateralis
12 Nucleus lateralis

13 Area entorhinalis
14 Substantia innominata
15 Commissura anterior

Abb. 8.10 Kerne des Corpus amygdaloideum im Frontalschnitt mit angrenzenden Basalganglien

beim Anblick ei ner Spinne ) ei ne Rolle spielt. Ausge- 8.4.2.3 Der Nucleus basal is (Meynert)
prägte. z. T. reziproke Verbindungen bestehen zum und die Substantia inno minata
Hypothalamus. Die Fasern verlaufen dabei über die Unterhalb des Globus pallidus und des Puramen
Ansa peduncularis und über die Stria termina lis. und oberhalb des Corpus amygdaloideum liegt in
Durch die Stria medullaris (über d ie Nuclei ha- Nachbarschaft zur Commissura anterior das un-
benulares) hat das Corpus amygdaloideum Verbin - scharf begrenzte Areal der Substantia i nnominata
dungen mit vegetativen Hirnstammzentren. (Abb. 8.10). Ihre meist cholinergen Neurone sind
Über die Verbindungen mit dem Hypothalamus locker angeordnet. Innerhalb der Substantia inno-
und dem Hirnstamm kann das Corpus amygdalo- minata bilden dicht gepackte choli nerge Neurone
ideum emotionale vegetative Reaktionen hervorru- den gut abgrenzbaren Nucleus basa lis (Meynert).
fen. wie Blutdruckanstieg, Aufmerksamkeit u. ä. Die cholinergen Neurone projizieren zum gesamten
Beim Menschen steht wohl noch eine Funktion. die Cortex cerebri und zum Corpus amygda loideum.
für den Mandelkernkomplex spezifisch ist, im Vor- Die cholinerge Innervation der Endhirnrinde (ex-
dergrund. Der Mandelkernkomplex scheint für die trathalam lsche Afferenzen) ist wesentlich fur die
Interpretation von Gesichtsausdrücken von großer se lektive Aufmerksamkeit und für das Lernen ver-
Bedeutung zu sein. So wird z. B. das Erkennen von antwortlich. Sie fördert die Speicherung von Infor-
Furcht im Gesichtsausdruck ermöglicht. mationen und Erinnerungsprozesse.

8.4.2.2 Das Cla ustrum


Das Claustrum ( Vormauer) liegt als dünne Scheibe
Morbus Alzheimer: Bei dieser Form der Demenz
grauer Substanz lateral vom Puramen und medial
kommt es zu einem ausgeprägten Untergang der cho-
von der lnselrinde.
linergen Neurone im Nucleus basalis Meynert. Daher
Sein unteres Ende ist etwas dicker. Es hat vielfalti-
wird therapeutisch der Versuch unternommen, durch
ge reziproke Verbindungen mit kortikalen Arealen.
Gabe eines Hemmstoffs der Acetylcholinesterase (-+
Zu r funktionellen Bedeutung des Claustrum ist we-
Anstieg der Acetylcholinkonzentration im synapti·
nig bekannt (evtl. z.B. Beteiligung bei Stressverhal -
sehen Spalt) eine Verbesserung der kognitiven Fähig-
ten).
keiten zu erreichen.
8 Endhirn {Telencephalon) Die weiße Substanz des Endhirns 161

8.4.2.4 Die Nuclei septales Man unterscheidet dabei kortlkofugale Fasern.


Die Nuclei septales (auch Septum verum oder Area die von der Endhirnrinde zu tiefergelegenen
septalis) liegen unterhalb des Septum pellucidum IHmstrukturen ziehen und kortlkopedale Fasern
und vor der Commissura anterior im oberen Teil mit umgekehrter Verlaufsrichtung.
des Gyrus paraterminalis. Unterhalb der Nuclei
septales liegt der vertikale Schenkel des diagonalen 8.5.2 Die Assoziationsba hnen
Bandes (von Broca). der dann in den nach lateral Nach der Länge und dem Verlauf der Assoziations-
ausgerichteten horizontalen Schenkel des diagona- bahnenj-fasern werden unterschieden:
len Bandes übergeht. Die Septumkerne und das Flbrae arcuatae breves: verbinden benachbarte
diagonale Band enthalten große GABAcrge und Windungen miteinander: verlaufen bogenförmig
cholinerge Neurone. die z. B. zum Hippocampus und liegen dicht unter der Endhirnrinde.
projizieren. - Flbrae arcuatae longae: längere Fasern. die eine
Die Nuclei septales sind im olfaktorischen. vegeta - (oder mehrere) Windungen llberspringen.
tiven und Iimbasehen System eingeschaltet (s. z. B. Die folgenden Assoziationsbahnen (Abb. 8.11 ) ver-
S. 227). laufen zwischen den Lappen des Gehams und sind
Der horizontale Arm des diagonalen Bandes geht gut zu präparieren (Faserpräparate):
ohne scharfe Grenze in die Substantia innominata Fasclculus longitudlnalls superlor: zieht zwi-
mit dem Nucleus basalis ( Meynert) über. schen Frontal- und Okzipitallappen mir Fasern
<I> zum Parietal- und Temporallappen: verläuft la-
...• ... Check-up teral vom Puramen (in der Capsula externa)
Rekapitulieren Sie Nomenklatur und topo· Fasclculus longitudlnalls Inferior: verbindet den
graphische Beziehungen der Basalgangllen. Okzipitalpol mit dem Temporallappen: verläuft
Machen Sie sich noch einmal klar, wo das lateral von der Radiatio optica
Corpus amygdaloideum liegt und mit wel- Fasciculus uncinatus: verläuft ZWISChen Stirn-
chen Strukturen es ln Verbi ndung steht. und Schläfenlappen (vorderer Teal)
Clngulum: verbindet den lobus frontahs mit
dem lobus parietalis (und weiter bis zum Gyrus
8.5 Die weiße Substa nz des Endhirns parahippocampalis): verläuft im Mark des Gyrus
cinguli bogenformig um den Balken
I;
...... Lerncoach Fasciculus occipitofrontalis superior
Oie weiße Substanz enthält Nervenfaserbün- - Fasciculus occipitofrontalis inferior.
del, die mit dem Kortex in Verbindung ste-
hen. Beachten Sie bei der folgenden systema- 8.5.3 Die Kommiss ure nbah nen
tischen Darstellung, was jeweils miteinander Das Corpus callosum ( Balken) stellt dae weataus
verknüpft wird . größte Kommissurenbahn dar. Am Medianschnitt
des Gehirns unterscheidet man von anterior nach
8.5.1 Die Einteilung der Fasersysteme posterior folgende Abschnine des Balkens: Genu.
Unter der Endharnnnde und zwischen den End harn- Rostrum. Truncus und Splenium corporis callosi. ln
kernen befindet sich die weiße Substanz (Substan- Faserpräparaten verlaufen die Fasern am Mmelteal
tia alba, das Marklager) des Telencephalon. Sie be- des Balkens transversal, vorne und hmten verlaufen
steht aus drei Fasersystemen. die mir dem Cortex sie bogen- oder z. T. u-formig frontal- bzw. okzipi-
cerebri verbunden sind: talwärts: Forceps fromalis (minor) und Forceps oc-
- Assoziationsbahnen verbinden verschiedene Kar- cipitalis (major). Als Tapetum bezeichnet man bo-
rexbezirke derselben Hemisphäre. genförmige Balkenfasern. die in die Seitenwand
Kommissurenbahnen verbinden korrespondie- von Unter- und Hinterhorn herabziehen.
rende Kortexareale der beiden Hemisphären. Die Commlssura anterlor verbindet vornehmlich
Projektionsbahnen verbinden Kortexareale mit vordere und mittlere Teile der beiden Temporallap-
anderen Tealen des Gehirns oder Rückenmarks. pen. Auf einem Medianschnin grenzt dae elhptasche
162 8 Endhirn (Telencephalon) Die weiße Substa nz des Endhirns

1 Fa~ckulu~ longitudinalis superior


2 Fasckulus unicnatus
3 Fa~Kulus longotudonalos inferior

Abb. 8. 11 Große Assoziationsbahnen des Endhirns

1 Nucleus caudatus
2 Globus pallidus medialis
3 Globus pallidus lateralis
4 Put<Jmen
5 Claustrum
6 Thalamus
(
Crus posterius
Genu
Crus anterius

Abb. 8. 12 Horizontalschnitt durch die Capsula onterna mot Projektion der somatopisch angeordneten Pyramidenbahnfasern

Commossura anrerior, oben an das Rostrum corpo- 8.5.4 Die Projektionsbahnen


ris calloso und unten an die Lamina termonalis. Auf Die capsula Interna (innere Kapsel. Abb. 8.12) liegt
Frontalschniuen liegt sie streifenf6rmig unter Glo- zwischen Nucleus caudatus. Tha lamus (medial ).
bus pallodus und Puramen und biegt weiter lateral Globus pallidus und Putamen (la teral}. Auf Hori-
nach hinten um. zontalschnitten erschein t d ie Capsu la interna wie
Die Commlssura fornicis liegt zwischen den Fornix- ein nach lateral stumpfer Winkel. mit einem vorde-
schenkeln (Crura fornicis). Hier kreuzen Fasern aus ren Schenkel (Crus anterlor zwischen Cauput nuclei
dem Hoppocampus zur Gegenseite. Soe bolden eone caudari und Nucleus lentiformis • Globus pallidus
dunne Platte, die an der Unterseite des Balkens hegt. und Putamen) und einem hinteren Schenkel (Crus
8 Endhirn (Telencephalon) Der Hippocampus 1 63

capsul.a lnt• rna


Anteil Fasersystem
Crus anterior - Tractus frontopontinus
- Radiatio anterior thalami •
Genu - kortikonukleäre Fasern (zu den motorischen Hirnnervenkernen) der Pyramidenbahn
Crus posterior - kortikospinale Fasern der Pyramidenbahn in somatotopischer Ordnung:
- obere Extremität (vorne)
- Rumpf (Mitte)
- untere Extremität (hinten)
- Fibrae corticorubrales
- Fibrae corticoreticulares
- Fibrae parietopontinae
- Radiatio centralis thalami •
- Radiatio inferior thalami •
Pars sublentiformis - Radiatio acustica (Hörstrahlung: vom Corpus geniculatum mediale zu den Gyri temporales
transversi • Heschi-Querwindungen. s. Hörbahn S. 214)
- Fibrae temporopontinae
- Fibrae corticotectales
Pars retrolentilormis - Fibrae occipitopontinae
- Fibrae occipitotectales
- Radiatio optica (Sehstrahlung: vom Corpus geniculatum laterale zur Area striata im Lobus
occipitalis. s. Sehbahn. s. 210)
- Radiatio posterior thalami •
• Radiationes thalami • aufste~nd~ thalamokortikaSe Projektionen

posterior). Die beiden Schenkel gehen am Knie (Ge- <I>


nu) ineinander über. Okzipitalwärts spaltet sich die .."l... Check-up
Capsu la interna in einen unter und einen hinter Rekapitulieren Sie unbedingt die topogra·
dem Linsenkern gelegenen Teil ( Pars sub- und re- phisehe Anordnung der Projektionsbahnen
trolen tiformis). Innerhalb der Capsula Interna.
ln der Capsula internaverlaufen dichtgepackt korti -
kofugale und kortikopedale (also ab- und aufstei-
8.6 Der Hippecampus
gende) Bahnen. Dabei können den einzelnen Bah-
nen ganz bestimmte Abschnitte der inneren Kapsel
zugeordnet werden (Tab. 8.2). Lerncoach
Als Corona radiata wird allgemein der Faserfächer ln diesem Kapitellernen Sie den Hippocam-
zur Capsu la interna hin bezeichnet (auf- und ab- pus kennen. der lernen und Gedächtnisbil-
steigende konvergierende Fasern). dung ermöglicht. lassen Sie sich nicht ver-
Zwi schen ihren Fasern findet sich stellenweise wirren, wenn Sie auf Begriffe stoßen, die
graue Substanz (s. Striatum. S. 201 ). auch beim Kleinhirn vorkommen - die hier
Die Capsula externa und die Capsula extrema (me- beschriebenen Strukturen haben eine ganz
d ial und lateral des Claustrum gelegen) e nthalten andere Bedeutung.
nur wenige Projektionsfasern. die dann zur Capsula
Interna ziehen. sowie Assoziationsfasern. Zum Hippocampus gehören der Gyrus dentatus,
Eine weitere Projektionsbahn ist der Fornix das Cornu ammonis (CA) und das Subiculum. Hip-
(S. $. 135). pocampus und Area entorhinalis werden auch un-
ter dem Begriff .Hippokampusformation" zusam-
mengefasst. Daneben existieren noch andere
Einteilungen.
164 8 Endhirn (Telencephalon) Der Hippocampus

CA3 1 1 Sulcus fimbriodentatus


16 3
4 2 Gyrus dentatus mit:
15 5 3 Stratum multiforme
4 Stratum granulosum
CA2 2
5 Stratum moleculare
14
13 6 6 Sulcus hippocampi
7 Subiculum
12 7 8 Presubiculum
9 entorhinaler Kortex
11
' 10 Zellinseln der Schicht pre-a
CA 1 / ''
'' 11 Alveus
. : ..
;

CA4 '' -
' -- -
8
Cornu ammonis
(CA 1,CA2, CA3, CA4)mit:
' 9
12 Stratum oriens
13 Stratum pyramidale
14 Stratum radiatum- lacunosum -
moleculare

15 Lage der Pyramidenzellen


10 (s. Abb. 8.14)
16 Fimbria hippocampi

Abb. 8.13 Hippokampusformation

Sie liegt in der Tiefe des Tempora llappens, wird vom Stratum radiatum-lacunosum-moleculare
weitgehend vom Gyrus parahippocampalis überla- spricht.
gert und erstreckt sich entlang des Cornu inferius Die Dendriten der Pyramidenzellen weisen einen
des Seitenventrikels. dichten Besatz mit Dornen auf (Abb. 8.14), an denen
Afferenzen Synapsen bilden. Die verschiedenen Af-
8.6.1 Das Cornu ammonis ferenzen endigen an spezifischen Abschnitten des
Das vordere Ende des Cornu ammonis erscheint als Dendritenbaumes. z. B.
ratzenförmige Struktur {Pes hlppoc.ampi) mir kral- im Stratum oriens: Fasern aus den Nuclei septa-
lenförmigen Ausstülpungen (Digitationes hippo- les (s. S. 161 )
campi). im Stratum radiatum : Assoziationsfasern aus
Histologisch ist das Cornu ammonis ein Zellband, CAJ (Schaffer-Kollateralen )
das C-förmig angeordnet 1st (Abb. 8.1 3). Es lässt sich im Stratum lacunosum-moleculare: Kommissu-
in vier Sektoren einteilen: CA1, CA2. CA3, CA4. Das renfasern aus dem kontralateralen Hippecampus
Zellband lässt sich, wie auch die beiden anderen (im Stratum lacunosum) und Fasern aus der
Bestandteile des Hippocampus, in folgende Schich - Area entorhinalis (an den distalen Dendritenab-
ten gliedern: schnitten im Substratum moleculare).
Stratum orlens (mit den basa len Dendriten der Im Cornu ammonis finden sich auch inhibitorische
Pyramidenzellen. mit Korbzellen, s. u.). lnterneurone, z. B. Korbzellen, die im Stratum pyra-
Stratum pyramidale (mit den Zellkörpern der midale hemmende Synapsen an Pyramidenzellen
Pyramidenzellen ), bilden.
Stratum radiatum und Bevor die Axone der Pyramidenzellen der CA3-Re-
Stratum lacunosum mit Substratum moleculare gion den Hippecampus verlassen. geben sie Kolla-
(zusammen auch als Stratum lacunosum-mole- teralen ab. Diese sog. Schaffer-Kollateralen enden
culare bezeichnet). Hier liegen - wie auch im an den Dendriten der Pyramidenzellen der CA I-Re-
Stratum radiatum - die apikalen Dendriten der gion (Assoziationsfasern ).
Pyramidenzellen, weshalb man auch insgesamt
8 Endhirn (Telencephalon) Der Hippocampus 165

soziationsarealen; seine Efferenzen bilden einen


1 Alveus
2 Stratum oriens wesentlichen Teil des Fornix (s. u.).
3 Stratum pyramidale
4 Stratum radiatum
5 Stratum lacunosum 8.6.4 Die Area entorhinalis
6 Stratum moleculare Die Area entorhinalis (= entorhinale Rinde) liegt an
Teilen des Gyrus ambiens und an Teilen des Gyrus
parahippocampalis (s. Abb. 8.13).
Am Sulcus rhinalis liegt die Grenze zwischen ento-
rhinalem Allekortex und perirhinalem lsokortex.
Histologisch befindet sich hier eine Übergangsre-
gion (transentorhinaler Kortex}.
Eine zyroarchitektonische Besonderheit der ento-
Abb. 8.14 Pyramidenzellen aus dem Ammonshorn rhinalen Rinde sind die Schichten pre-cx und pre-ß
(Schicht II und 111), die die glutamarergen Ur-
sprungsneurone des Tractus perforans (s. u.) ent-
halten. Letzterer durchbricht das Subiculum und
8.6.2 Der Gyrus dentatus endet an den Körnerzellen des Gyrus dentatus (so-
Der Gyrus dentatus erscheint nur mir einem gerin- wie an den Pyramidenzellen von CA1 - CA3}. Somit
gen Teil an der Hirnoberfläche. Hier liegt er (mit ist die Area entorhinalis als Tor zum Hippecampus
Kerben und Erhebungen} zwischen Sulcus hippo- aufzufassen.
campi (Abgrenzung zum Gyrus parahippocampalis} Seine Afferenzen erhält die Area entorhinalis aus
und Sulcus fimbriodentatus (Abgrenzung zur Fim- dem olfaktorischen System und vor allem aus iso-
bria hippocampi , Fimbria fornicis). kortikalen Assoziationsarealen.
Das Zellband des Gyrus dentatus (oder Fascia den- ln der Schicht pre-cx liegen Zellinseln. die an der
tata) umgreift die CA4-Region des Cornu ammonis. Hirnoberfläche makroskopisch als warzenförmige
Die Schichten des Gyrus denrarus sind: Erhebungen sichtbar sind.
Stratum moleculare (mit den Dendriten der Kör-
nerzellen) 8.6.5 Die Erregungsausbreitung und die
Stratum granulosum (mit den Zellkörpern der Verbindungen des Hippocampus
Körnerzellen) Die komplexen Verschaltungsmuster im Hippecam-
- Stratum multiforme (auch Hilum. geht ohne pus (s. a. unter 8.6.2) sind das morphologische Kor-
scharfe Grenze in die CA4-Region über}. relat für die Bildung von Gedächtnisinhalten, d. h.
An den distalen Dendritenabschnitten der Körner- sie ermöglichen das Lernen und Integrieren von
zellen endigen ein Großteil der Fasern aus der Area neuen Informationen.
entorhinalis und inhibitorische Kommissurenfa - Afferenzen aus der Area entorhinalis ziehen im
sern. Exzitatorische Kommissurenfasern bilden Tractus perforans, der das Subiculum durchbricht,
Synapsen an proximalen Abschnitten der Dendri- zum Gyrus dentatus. Dort werden die Körnerzellen
ten. Die Axone der Körnerzellen bilden das Moosfa- aktiviert, die wiederum über die Moosfasern die
sersystem; sie enden in der CA3-Region. Die Syn- CA3-Pyramidenzellen erregen. Letztere wirken
apsen der Moosfasern liegen zwischen den Strata schließlich über die Schaffer-Kollateralen exzitato-
pyramidale und radiatum in einer auf die CA3-Re- risch auf die CAl-Pyramidenzellen. An allen drei
gion begrenzten Schicht, die als Stratum lucidum Umschaltstellen dieses trisynaptischen Erregungs·
bezeichnet wird. weges im Hippecampus ist Glutamat der Neuro-
transmitter.
8.6.3 Das Subiculum Auf dem Stratum oriens des Cornu ammonis findet
Das Subiculum (inkl. Presubiculum} liegt zwischen sich der Alveus. der unter dem Ependym des Sei-
Area entorhinalis und Cornu ammonis. Es erhält tenvenrrikels liegt. Im Alveus verlaufen neben affe-
Afferenzen aus der CA1-Region und kortikalen As- renten Fasern (z. B. aus der Area septalis) die Effe-
166 8 Endhirn (Telencephalon) Der Hippocampus

<. 11 Otgotaltones hoppocampt


19 5 Splenoum (des Pes hoppocampi)
Trun<us 12 Sukus hippocampi
Genu 13 Gyrusdentatus
18 6 Rostrum 14 Taenoa fomicis
17 5 Commossura fornocos 15 Gyrus fasciolaris
16 6 Septum pelludicum 16 rornix, Corpus
4 7 Columna romleis 17 Stria longitudinalis
15 8 Hippocampus medlalis
14 precommissuralis 18 Indusium griseum
7
13 9 Corpus mammillare 19 Strla longitudinalis
8
12 10 Fimbria hippocampi latcralis
9
10
11

Abb. 8.1 S Or~idomeosionale Darstellung des Hoppocampus mit fomix und Balken

renzen, also die Axone der Pyramidenzellen. Die einen schwächeren präkommissuralen Anteil zur
Faserbündel des Alveus gehen in die Fimbria hip- Area sepralis und zum vorderen Hypothalamus
pocampi (• Fimbria fornicis ) über (s. u.). Sie ist der einen stärkeren postkommlssuralen Anteil zum
Beginn des Fornix und liegt oben-medial auf dem Corpus mammillare.
Hippocampus.
Die Fimbria löst sich auf Höhe des Splenium corpo-
ris callosi vom Hippecampus und geht so in das
Die Mehrzahl der im Fornix verlaufenden Fasern
Crus fomlcls über. das einen nach dorsal gerichteten
stammt aus dem Hippecampus (hippokampale
Bogen bildet. Am dünnen seitlichen Rand des For-
Efferenzen). jedoch führt der Fomix auch einige
nix (Taenia fomicis) ist der Plexus choro1deus des
Afferenzen {z. B. aus der Septumregion) zum
Seltenventrikels befestigt. Zwischen den Crura for-
Hippocampus.
niCJS findet SICh an der Balkenunterfläche d1e Oache
Commlssura fornlcls. Die beiden Crura konvergieren
zur Mitleilinie und vereinigen sich unter dem Trun- <I>
cus corporis callosi zum Corpus fomlcls. Im Bereich ..• ... Check-up
des Foramen interven triculare trennen sich rechter v Machen Sie sich nochmals die Funktionen
und linker Fornix wieder. Sie lösen sich vom Balken des Hippocampus klar.
ab und ziehen als Columnae fomlcls {größtenteils Wiederholen Sie. was der Tractus perforans
von der grauen Substanz des Hypothalamus be- ist.
deckt) im Bogen nach unten an die Commissura an- Rekapitulieren Sie die Abschnitte des For-
terior. H1er teilen sich die Fornixfasern in nlx.
''

• ''


Klinischer Fall

Aus heiterem Himmel im Hinterkopf und Nacken verspürt, ist so heftig, dass
sie keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Sie
muss sich sofort setzen. Schweißperlen stehen auf ih-
rer Stirn, ihre Hände sind ganz nass vor Schweiß und
ihr Herz rast wie verrückt. Mehr noch: Der Schmerz
im Hinterkopf wird schlimmer. Peter bekommt Angst
um seine Freundin: Er ruft sofort den Notarzt.

Erbrechen und Bewusstseinsstörung


Als das Rettungsteam eintrifft, findet es die Patientin
bleich auf der Couch liegend.•Sie hat mehrmals erbro·
chen·. bericht et ihr Freund. Susanna S. reagiert zwar
auf Ansprache, doch ihr Bewusstsein ist eingetrübt.
Auf komplexe Fragen gibt die Patientin keine klaren
Antworten. Als der Notarzt ihren Kopf hebt, schreit
die Frau vor Schmerzen auf und ihr Nacken ist steif.

Verdacht: Blutung
Sctlädel-a bei Subarachnoidalblutung: Oie Blutansammlung ln der Klinik fordert der Oberarzt Dr. Frank sofort
in der präpontinen Zysteme stellt sl<h hyperdens dar. eine zerebrale Computertomographie an. Er zieht
diese Untersuchung der Magnetresonanztomographie
Je nach Lokalisation von Blutungen aus Gefäßen, vor, weil sie schnell geht und frisches Blut im CT gut
die in Beziehung zu den Hlmhluten stehen, können sichtbar ist. Als er die fertigen Bilder betrachtet. sieht
drei Krankheitsbilder unterschieden werden: der erfahrene Arzt gleich, was er befürchtet hat: Be·
1. Das Eplduralhämatom Ist eine Blutung zwischen sonders deutlich sieht man das sich hyperdens dar-
Dura mater und Schädelknochen. stellende Blut in der präpontinen Zisterne: ein typi-
2. Beim Subduralhämatom blutet es zwischen der scher Cl-Befund bei einer Subarachnoidalblutung. Als
Dura mater und der Arachnoldea. Akutmaßnahme verordnet Dr. Frank strikte Bettruhe,
3. Subarachnoldalblutungen betreffen den Raum eine regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks und den
zwischen dem Inneren (Pia mater) und dem Kalziumantagonisten Nimodipin. Gemeinsam mit ei-
äußeren (Arachnoldea mater) Blatt der welchen nem Neuroradiologen sucht der Neurologe mittels
Hirnhaut. Während Subduralhämatome in einer Katheterangiographie die Blutungsquelle und werden
akuten und chronischen Form auftreten können bald fündig: Schuld war ein sackförmiges Aneurysma
und nicht Immer notfallmäßig behandelt werden in der Arteria communicans anterior des Circulus ar-
müssen, stellen Eplduralhämatome und Sub· teriosus Willisi, eine Gefäßausstülpung, die durch ei-
arachnoldalblutungen absolute Notfallindikatio- nen invasiven Eingriff aus der Zirkulat ion ausgeschal-
nen dar. tet werden muss.

Plötzlicher Sc:hmerz Glück gehabt


Der Urlaub kommt wie gerufen. Bei Susanna S. haben Susanna S. hat Glück: Sie gehört zu dem Drittel der
sich mittlerweile 52 Überstunden angesammelt und Patienten. die eine Subarachnoidalblutung ohne
das Telefon klingelt ununterbrochen. Dazu sitzt ihr schwere Folgen überstehen. Zwar musste die 32-
auch noch ihr Chef wegen einer dringenden Angele· jährige noch 10 Tage zur Überwachung auf der Inten-
genheit im Nacken. Eines ist klar: Susanna S. braucht sivstation bleiben und den Kalziumantagonisten zur
Pause. Zwei Tagen muss sie noch durchhalten. bis sie Vorbeugung eines Vasospasmus weiter nehmen.
in den Flieger nach Buenos Aires steigen und erst Diese gefürchtete Komplikation konnte jedoch
mal alles vergessen kann. glücklicherweise in der täglichen Kontrolle ihrer Hirn·
.Sssss, aua", zischt Susanna vor Schmerz, als sie ihren geläße mittels Doppler-Sonographie nicht nachge·
Koffer öffnet, um ihn für den Urlaub zu packen.•Was wiesen werden. Nach vier Wochen kann Frau S. das
ist denn los?" fragt ihr Freund Peter besorgt. Doch Su- Krankenhaus verlassen. Doch den Südamerika-Urlaub
sanna antwortet nicht. Der Schmerz, den sie gerade wird sie erst mal verschieben ...
9 Hüllen des ZNS und Liquorsystem Die Meningen 169

9 Hüllen des ZNS und Liquorsystem 9.2 Die Meningen

9.1 Der Überblick


;
...... Lerncoach
Die Hüllen. die das Gehirn umgeben. gleichen
Sowohl das Gehirn als auch das Rückenmark wer- ln Ihrem Aufbau denen des Rückenmarks. Un-
den von den Hirnhäuten (Menlngen) umgeben. bei terschiede bestehen tellweise hinsichtlich Ih-
denen man die äußere harre Hirnhaut (Dura mater) rer Anordnung. Machen Sie sich diese Unter-
von der inneren weichen Hirnhaut unterscheidet schiede klar und achten Sie dabei auf die
Letztere bestehr aus zwei Bl~ttern (Arachnoidea Räume, die durch die Anordnung der Menin-
und Pla mater). zwischen denen ein mit Liquor ce- gen entstehen.
rebrosplnalls (.. Hirnwasser" ) gefüllter Spaltraum
liegt. Dieser Subarachnoidalraum bildet den äuße- 9.2.1 Die Einteilung der Menlngen
ren Liquorraum und steht mit dem inneren in Ver- Gehirn und Rückenmark sind von den Meningen
bindung, der aus den vier Ventrikeln des Gehirns umhüllt. Dabei unterscheidet man von außen nach
und dem Zentralkanal im Rückenmark besteht. innen:
ln den vier Ventrikeln wird der l.Jquor kontinuier- Dura mater (· Pachymenlnx, harte Hirn- bzw.
lich von den Plexus choroidei gebildet, zirkuliert Rückenmarkshaut)
über den VIerten Ventrikel bis zum Subarachnoidal- Arachnoidea mater
raum und tritt dort ins Blut über (Resorption). Pia mater (Abb. 9.1)
Der Liquor des Subarachnoidalraums bietet gewis- Arachnoidea und Pia mater werden zur Leptame-
sermaßen einen mechanischen Schutz. indem Ge- ninx (weiche Hirn- bzw. Rückenmarkshaut) zusam-
hirn und Rückenmark darin schwimmen und somit mengefasst.
z. B. Erschütterungen nicht so stark ausgesetzt sind.
Im Ventrikelsystem dient der I.Jquor v. a. der inne- 9.2.2 Oie Pachymenlnx (Dura mater)
ren Stabilisierung des Gehirns. Die Dura mater (• Pachymeninx) ist eine reißfeste
Platte aus straffem genechtartigen Bindegewebe
mit hirnwärts aufgelagerten epithelähnlichen Me-
ningealzellen (Duraneurothel).

12 1 Duramater
2 Schädelknochen
11 2 3 Ouraneurothel
3 4 Arachnoidea mater
4 5 Subarachnoidalraum
6 Pia mater
5 7 Arachnoidaltrabekel
6 8 Blutgefiiße
9 Cortex cerebri
10 Gliagrenzregion
7 11 Sinus durae matris
12 Atachnoidalzotten
8

10
Abb. 9.1 Oarst~llung der Menongen am fronta1sd\nitt durch das Sc~eldach
170 9 Hüllen des ZNS und Liquorsystem Die Meningen

1 1 Sinus sagottalos onfenor


~----- 2
4 Sinus sagottalos superior
_,.--- 3
2 Vv. Superiores cerebri
20 3 V. magna cerebri
4
19 5 Sonus transversus
6 Sonus rectus
18 7 Confluens sinuum
9 Sinus occipitalis
17 11 Sinus petrosus superior
16 12 Sinus petrosus inferior
13 A. carotls int.
14 N. optocus
15 Sinus ontercavernosi
16 Hypophyse (bei abgetrenntem
Diaphragma sellae)
15 17 Sinus sphenoparietalis
14 18 Sonus cavernosus (bei abge-
13 trenntem Diaphragma seliae)

11
19 Sinus sigmoodeus
8 Tentonum cerebelli
10 lncisura tentorii
20 Falx cerebri
_j
Abb. 9.2 Auskieldung der Schädelhöhle durch die harte Hirnhaut (Dura mater) in der Ansicht von lateral nach Entfernung des
rechten Schädeldachs. Zu den einzelnen hier mit dargestellten Sinus durae matris s. S. 193.

9.2.2.1 Die Dura mater cranialis rior befestigt. Im Bere1ch der hinteren Schädel-
Innerhalb des Schädels ist die Dura mater auf dem grube verbreitert sich d1e Falx cerebri und läuft
Periost der Schädelknochen fest verwachsen. An ei- OügelfOrmig in das Tentorium cerebelli aus. Die
nigen Stellen spaltet sie sich in zwe1 Blätter (Lami- Falx cerebri enthalt in ihrem oberen Rand den
na Interna und Lamina externa). Dadurch entstehen Sinus sagittalis superior. in ihrem freien unteren
an definierten Stellen längliche Hohlräume. die SI- Rand den Sinus sag1ttalis Inferior.
nus durae matris. die von Endothel ausgekleidet Tentorium cerebelll (Kieinhirnzelt): Es spannt
sind. ln den Sinus wird venöses Blut aus Gehirn sich zwischen Kleinhirn und Okzipitallappen
und Hirnhäuten gesammelt und zur V. jugularis in- aus und ist an der l'rotubcrantia occipitalis in-
rerna geleitN (s S. 193~ Zudem bildet die l.dmina rema. an den Rändern des Sulcus sinus transver-
interna der Dura mater an einigen Stellen Septen si, an der Oberkante der Felsenbeinpyramide so-
(Platten). die weit in den Schädelinnenraum vor- wie (vorne-Seitlich) an den l'rocessus clinoidei
springen und ihn unterteilen. Dadurch werden Be- befestigt. Vorne findet s1ch im Tentorium cere-
wegungen der weichen Hirnmasse gedämpft. Im belli eine we1te Öffnung. d1e lncisura tentorii. il'l
emzelnen smd d1es folgende Strukturen: der das Mesencephalon hegt. Die lncisura tento-
Falx cerebri (Großhirnsichel): Dies 1st eme si- rii liegt som1t auf gle1cher Höhe wie der Nucleus
chelformlge Duraplatte in der Med1anebene ruber.
(Abb. 9.2). Sie liegt in der Fissura longnudmalis
cerebri zwischen den beiden Endhirnhemisphä-
ren und dringt bis zum Balken vor. Vorne ist die Obere Einklemmung: Bei einem intrakraniellen
Falx cerebri an der Crista galli und an der Crista Druckanstieg (z. B. durch ein Himödem) kann es zu
frontalis. hinten an der Protuberanria occipiralis einer Verlagerung und Einklemmung von Teilen des
intema fixiert. Oben ist sie im gesamten Verlauf Temporallappens im Tentorlumschlitz kommen, was
an den R.'indern des Sulcus sinus sagmahs supe- zu einer Kompression des Mottelhims führt (obere Ein-
9 Hüllen des ZNS und Liquorsystem Die Meningen 171

klemmung: bei anhaltendem Druck kann es zusätzlich dea hebt sich an der Stelle der Blutung von der Dura
zur unteren Einklemmung, d. h. Verlagerung der ab. Das akute subdurale Hämatom entwickelt sich in-
Kleinhirntonsillen in das Foramen magnum und damit nerhalb von Stunden nach einem Trauma. Klinisch ist
Kompression der Medulla oblongata kommen). Die eine Unterscheidung gegenüber einem Epiduralhäma·
Folge sind von rostral nach kaudal fortschreitende tom oft nicht möglich. Auch bei schnellem operati-
Schädigungen von Strukturen im Hirnstamm. Dies ist vem Eingriff ist die Prognose nicht sehr günstig.
aufgrund der Lage von Kreislauf- und Atemzentrum Das chronische subdurale Hämatom macht sich erst
im Hirnstamm lebensbedrohlich. sechs Wochen (oder später) nach einem häufig Ieich·
ten Trauma bemerkbar. Symptome sind Kopfschmer-
Falx cerebelli ( Kieinhirnsichel): Dieses kurze Du- zen, psychische Veränderungen, Bewusstseinsstörun·
rablan hinten zwischen den beiden Kleinhirnhe- gen oder auch Krampfanfälle. Oie Prognose ist
misphären ist an der Crista occipital is interna besser.
befestigt.
Diaphragma sella e: Das horizontale Duraseptum
spannt sich über der Fossa hypophysialis zwi- 9 .2.3 Die Leptameni nx {Arachnoidea mater
schen den beiden vorderen und den beiden hin- und Pia mater)
teren Processus clinoidei aus. ln der Mitte des Die Leptomeninx besteht aus Meningealzell -Lamel-
Diaphragma sellae findet sich ein Loch für den len und wenig Kollagenfasern. Zwischen ihrem in -
Durehrritt des Hypophysensriels. neren (Pia mater} und äußeren Blatt (Arachnoidea
Cavum trlgeminale (Meckel; für das Canglientri- mater) findet sich ein spaltförmiger Raum, der
geminale. s. S. 62). Subarachnoidalraum. Er wird von Arachnoidaltra-
bekeln durchzogen und ist mit Liquor cerebrospi-
9.2.2.2 Die Dura mater spinalis nalis gefüllt (äußerer Liquorraum, s. u.).
Die das Rückenmark umgebende Dura mater inner- Die Arachnoidea mater liegt mit mehreren Lamel-
halb des Wirbelkanals ist nicht mit der knöchernen len dicht gepackter Meningealzellen (• Neurothel
Wand verwachsen. Dadurch entsteht hier ein Epi- mit Tight junctions} der Dura mater dicht an; sie
duralraum (Spatium epldurale}. der mit Fettgewebe zieht also über die Furchen der Hirnoberfläche hin-
und einem dichten Venenplexus (s. S. 193} ausge- weg. Die Pia mater hingegen liegt dem Hirn- und
füllt ist. Rückenmarksgewebe an und folgt allen Furchen
und Windungen.
in Nachbarschaft der Sinus durae matris. besonders
entlang des Sinus sagirtalis superior. bildet die
Ein Epiduralraum ist physiologischer Weise nur
Arachnoidea matergefäßfreie Ausstülpungen (pilz-
kaudal des Foramen magnum vorhanden während
förmig mit langem Stiel), die Granulationes arach-
innerhalb des Schädels die Dura mit dem Periost
noldeae (Pacchioni-Granulationen). Diese dringen
verwachsen ist.
bis i n das Lumen der Sinus und in deren seitl iche
Ausbuchtungen (Lacu nae laterales} vor: sie können
z. T. bis in den Schädelknochen an die Diplovenen
Epiduralhämatom: Zu einer Ablösung der Dura von reichen (Abb. 9.1. s. 5.169}.
der Schädelkalotte kommt es nur infolge arterieller Hier hinterlassen sie am Knochen kleine Impressio-
Blutungen aus der A. meningea media (s. S. 172) mit nen, Foveolae granulares. Der bindegewebige Kern
Ausbildung eines Epiduralhämatoms. Je schneller ope- der Granulationen ist von Kanälchen/ Hohlräumen
riert und das blutende Gefäß unterbunden wird, durchzogen. die mit dem Subarachnoidalraum in
desto besser die Prognose. Verbindung stehen. Über die Granulationen wird der
Subduralhämatom: Zum subduralen Hämatom Liquor in das venöse Blut abgeleitet, was u. a. durch
kommt es durch eine Ruptur von Brückenvenen das hier abgeflachte Neurothel ermöglicht wird.
(s. S. 191 ). Es liegt dann eine venöse Blutung zwi- Eine Besonderheit der Pia mater spinalis ist das Llg.
schen Dura und Arachnoidea vor, d. h. die Arachnoi- denticulatum. Hierbei handelt es sich um eine
172 9 Hüllen des ZNS und Liquorsystem Das Liquorsystem

frontal gestellte Plaue. die sich beidseits zwischen Die Arachnoidea besitzt keine Kapillarnetze. die
Rückenmark und Dura mater ausspannt. wobei sie der Pia mater werden von oberOächlichen Hirnar-
die Arachnoidea durchbrichL Damit dient sie als terien gespeist.
Aufhängevorrichtung fur das Rückenmark.
9.2.4.2 Die Innervation
Die sensible Innervation der Hirnhelure erfolgt
Meningitis: Auf dem Blutweg (hamatogen) oder im durch Rr. meningei der drei Trigemmusäste (V 1-
Rahmen einer Entzündung des Felsenbeins (otogen. V3) sowie des N. glossopharyngeus (IX) und N. va-
bei akuter oder chronischer Otitis media) können Er- gus ( X~ Die Rückenmarkshäute werden von den Rr.
reger eine leptomeningitis hervorrufen, die meist meningei der Spinalnerven (s. S. 34) versorgt.
auch auf das angrenzende Hirngewebe übergreift
(Meningoencephalitis). leitsymptome sind Kopf-
9.3 Das Liquorsystem
schmerzen. Fieber und schmerzhafte Nackensteifig-
keit. Ferner können Lichtscheu, Übelkeit und i;
...... Lerncoach
Erbrechen auftreten. Die in der neurologischen Unter-
Im Vergleich mit dem umgebenden Sub-
suchung häufig positiven Dehnungsphänomene (z. B.
arachnoidalraum, der das gesamte ZNS um -
bei Anheben des gestreckten Beines oder passiver
gibt, Ist die Lage des Ventrikelsystems Inner-
Neigung des Kopfes nach vorne) sind durch Schmerz-
halb des Gehirns schwerer vorstellbar. Nut-
verstärkung bis hin zur reflektorischen Gegenreaktion
zen Sie die häufig geprüften topographischen
gekennzeichnet. ln schweren Fällen ist eine Überstre-
Beziehungen zur Wiederholung der Hirn-
ckung von Kopf, Rumpf und Extremitäten (Opistotho-
strukturen und achten Sie Im folgenden Ab-
nus) zu beobachten. Die diagnostische Abkiärung
schnitt besonders auf die Begrenzungen der
erfolgt über den Liquorbefund (s. S. 176).
Ventrikel.

9.2.4 Oie Blutversorgung und die Innervation 9.3.1 Der äußere liquorraum
der Meningen Der äußere Liquorraum wird durch den Subarach-
noidalraum (Spatium subarachnoldeum. s. auch
9.2.4.1 Die Blutversorgung S. 169) gebildet. An Stellen. an denen sich d1e Hlrn-
Die arterielle Versorgung der Dura mater craniahs bzw. Rückenmarksoberfläche von der Arachnoidea
erfolgt im Wesentlichen Ober folgende Gefäße: samt Dura mater mit der ihr anliegenden mneren
- R. menlngeus ~nterlor (aus der A. ethmo1dahs Schädeloberfläche entfernt. entstehen als Erweite-
antenor der A. ophthalmica • Dura an der rungen des Subarachnoidalraums die Subarachno-
Ruckflache des Os frontale und mediale Bere1che idafzisternen (Osternae subarachnolde~. Abb. 9.l).
am Boden der vorderen Sch~delgrube <P
A.. meningea media (aus der A. max1llans - tie- ~·~ Die genaue Kenntnis der Subarachnoidal -
fer Endast der A. Carotis externa). die durch das zisternen und ihre topographischen Beziehungen
Foramen spinosum in das Schädelinnere tritt ist v. a. in der Neurochirurgie relevant. Achten Sie
und sich in R. frontalis. R. orbi talis. R. parietalis. beim lernen insbesondere auf die fett gedruck-
R. petrosus und R. accessorius aufzweigt -+ ten Zisternen.
größter Teil der Dura oberhalb des Tentorium
cerebelli Die größte Zisterne ist die Clsterna cerebellomedul-
A. menlngea posterlor aus der A. pharyngea as- farls (Ausdehnung: transversal 3 cm. sagittal
cendens (Ast der A. carotis externa). die durch .. 2 cm). Sie wird begrenzt durch Kleinhirnwurm
das Foramen jugulare 7ieht -+ Dura der hinteren und -tonsillen. Medulla oblongata und Squama os-
Schädelgrube sis occipitalis.
Die Dura mater spinalis wird durch Rückenmarks- Die Osterna basafis erstreckt sich an der Hirnbasis
arterien (S. 190) versorgt. von der Crista galli bis zum Foramen magnum. Sie
9 Hüllen des ZNS und Liquorsystem Das Liquorsystem 173

1 Granulationes arachnoideae
2 Plexus choroideus ventriculi tertii
3 Sinus sagittalis superior
4 Sinus rectus
5 Connuens sinuum
2 6 Adhesio interthalamica
7 Foramen interventriculare
8 Plexus choroideus ventriculi quarti
9 Apertura mediana
10 Canalis centralis
20 Spatium subarachnoideum mit
~1--- 6 Cisternae subarachnoideae:
~.0---- 7
11 Cisterna cerebellomedullaris
13 Cisterna pontomedullaris
~--- 8 15 Cisterna ambiens
16 Cisterna interpeduncularis
17 Cisterna chiasmatica
18 Cisterna laminas terminalis
19 Cisterna pericallosa
12 Ventriculus quartus
14 Aqueductus mesencephali
21 Ventriculus tertius
Abb. 9.3 Der äußere Liquorraum mit seinen Erweiterungen und Verbindungen zum inneren Liquorraum am Medianschnitt
Die Pleile deuten den Liquorfluss an.

besteht aus verschiedenen Kammern. zwischen de- steriores und die V. basalis. An der hinteren Basal-
nen z. T. septenartige Arachnoidaltrabekel liegen. zisterne. die vom Dorsum sellae bis zum Foramen
Sie enthält die Wurzeln von Hirnnerven, das Chias- magnum reicht. wird noch eine weitere Teilzisterne
ma opticum und große Arterienstämme (z. B. A. ba- beschrieben, die Cistema pontocerebellaris im Be-
sila ri s. Circulus arteriosus Willisi). Es lassen sich reich des Kleinhirnbrückenwinkels (unter dem
zwei größere Anteile der Cisterna basalis unter- Flocculus). Sie enthält die Aa. cerebelli inferiores
scheiden. die als vordere und hintere Basalzisterne anteriores und labyrinthi. die Nn. faciales und ve-
bezeichnet werden. Die vordere Basalzisterne stibulocochleares und den N. trigeminus. ln die Ci-
grenzt an Corpora mammillaria. lnfundibulum, sterna pontocerebellaris mündet beidseits die
Chiasma opricum. Tractus und Bulbi olfactorii. Eine Aperrura lateralis venrriculi IV.
gesondert bezeichnete Teilzisterne der vorderen Weitere Zisternen des Gehirns sind die Cisterna
Basalzisterne ist die Clsterna chiasmatica (um das pericallosa. Cisterna laminae terminalis und die
Chiasma opticum). Nach hinten geht die vordere Cisterna fossae lateralis (über der Fissura lateralis
Basalzisterne in die Cisterna interpeduncularis (im Sylvii). Letztere enthält Äste der A. cerebri media
Bereich der Fossa interpeduncularis) über. die eine (z. B. Aa. insulares). An der Lamina tecti liegt die
Teilzisterne der hinteren Basalzisterne ist und die Cisterna quadrigeminalis, die die Glandula pinealis,
Nn. oculomotorii. die Aufzweigung der A. basilaris die Ursprünge der Nn. trochleares und die V.
sowie die Anfangsstrecken der Aa. superiores cere- magna cerebri enthä It.
belli und der Aa. cerebri posteriores aufnimmt. Die Kauda l des Rückenmarks findet sich zwischen dem
Cisrema interpeduncularis kommuniziert mit der auf Höhe des ersten und zweiten Lumbalwirbels
Cisterna ambiens ( s Teilzisterne/Erweiterung der liegenden Conus medullaris und dem bis erwa zum
hinteren Basalzisterne), die seitlich an den mesen- zweiten Sakralwirbel reichenden Durasack die
zephalen Crura cerebri liegt. Sie enthält die Nn. Cisterna lumbalis.
trochleares, Aa. cerebri posteriores. Vv. cerebri po-
174 9 Hüllen des ZNS und Liquorsystem Das Liquorsystem

1 Ventroculus lateralos:
2 1 Comu frontale
2 Pars centralls
3 Cornu occop1tale
6 4 Cornu temporale
7 5 Ventriculus tertous mt
19 6 Recessus supraponea os
5 7 Recessus ponealos
8 Recessus infundibuli
18 9 Recessus supraopto<us
17
3 10 Aqueductus mesencephah
16 10
11
11 Ventriculus quartus mit:
9 12 Recessus lateralos
8 13 Apertura medoana
15 Apertura latefalos

111 4
12

13
14 Canalis centralos
16 Lamina terminaUs
17 Commissura anterior
14
15 18 Foramen interventriculare
19 Adhesio interthalamlca
Abb. 9.4 Dreidimensionale Darstellung des inneren Liquorraums (1.- IV. Ventrikel)

9.3.2 Der innere liquorraum


Uquorentnahme aus dem Subarachnoldalraum: Zur Zum inneren Liquorraum zählen das Vent rikelsys-
Entnahme von Liquor cerebrospinalls (s. S. 176) wird tem innerhalb des Gehirns und der Zentralkanal
am häufigsten eine Lumbalpunktion vorgenommen. des Rückenmarks. Die vier Ventrikel stehen unter-
Hierbei wird beim liegenden oder sitzenden Patienten einander und mit dem Zentralkanal sow1e m1t dem
mit kyphosiertem (nach ventral gebeugtem) Rücken äußeren Liquorraum in Verbindung. Man unter-
die Punktionsnadel zwischen den Domfortsatzen der scheidet folgende Anteile:
Wirbel LIV und l V (•/- ein Segment) eingeführt. zwei Seitenventrikel in den Hemisphären des
Nach Durchstich des Ug. navum word das Erreichen Endhirns: links I. Ventrikel, rechts II. Ventrikel
der Dura mater (und der ihr anloegenden Arachno- den sp.~ldormigen 111. Ventrikel im Bereich des
idea) durch einen deutlichen Widerstand spürbar, ist Zwischenhirns
dieser überwunden. befindet sich die Kanülenspitze in - den zeltffirmigen IV. Ventrikel zwischen Rauten-
der Cisterna lumbalis des Subarachnoidalraums. Die hirn und Kleinhirn (Abb. 9.4).
Verletzungsgefahr von Nervengewebe ist bei dieser Die Seitenventrikel stehen über d1e Foramina inter-
Punktionshöhe sehr gering. da das Rückenmark ober- venrricularia (Foramina Monroi) mit dem 111. Ven -
halb endet und die Spinalnervenwurzeln der Cauda trikel und dieser über den Aqueductus mesence-
equina (s. S. 75) im Liquor .ausweichen· können. phali ( = Aqueductus cerebri) mit dem IV. Ventrikel
Die Subokzipitalpunktion als andere Möglichkeit der in Verbindung. Der IV. Ventrikel hat drei Öffnungen
Liquorgewinnung wird heute nur noch ln Ausnahmefäl- zum äußeren Liquorraum (Subarachnoida lraum):
len angewandt (~. B. bei lumbalen eitrigen Pro~essen). - 2 Aperturae laterales (Foraminae luschkae)
Hierbel werden die Membrana atlantooccipitalis poste· - 1 untere Apertura mediana (Foramen Magendii ).
rior (zwischen hinterem Atlasbogen und Os occipitale). Nach kaudal setzt sich der IV. Ventrikel in den Zen-
Dura und Arachnoidea durchstoßen. um zur Cisterna tralkanal (Canalis centralis) des Rückenmarks fort.
cerebellomedullaris zu gelangen.
9 Hüllen des ZNS und Liquorsystem Das Liquorsystem 175 I

~itenventrikei·Abschnil1 Endhirnlappen
Comu frontale (Vord~rhom) Lobus Frontalls (Frontai·/Stornlappen)
Pars centralis (Mittelteil) Lobus panetahs (Parietai·JScheitellappen)
Cornu occipotale (Honteohom) Lobus occipltalis (Okzlpltai ·/Hinterhauptsla0'Cn)
Cornu temporale ..:;
lU:_n:.::.
te:.:.r..c
ho:.:.rn'-')_ _ _ _.:.
Lo:..:b..:
u:_
s .t:..:e-- .:..ralts (Tem_E:~~~~~~L_ _ _ _ _ _ _ _ _ __j
m.:.po

9.3.2.1 Die Seitenventrikel (Ventriculi laterales) mus ( mit Lamina affixa) gebildet. Medial liegt der
jeder Seitenventrikel besitzt vier Abschnitte. die m Fornix und der Plexus choroideus.
den vier Lappen des Endhirns (Telencephalon) he- Der hintere Abschnitt des Mirteltetls ist erweitert
gen (Tab. 9. 1). (Atrium ). Aus ihm gehen nach hinten das Hinter-
horn und das nach unten, vorne und etwas lateral
Comu frontale
ausgerichtete Unterhorn hervor.
l n Frontalschnuten erscheint das Vorderhorn als
dreieckige Struktur. die oben vom Balken (Rostrum Comu temporale
und Truncus corporis callosi). medial vom Septum Die laterale Wand des Unterhorns wird wie die des
pellucidum und lateral vom Caput nuclei caudati Hinterhorns vom Tapetum und Fasern der Seh-
begrenzt wird. in der dreidimensionalen Darstel- strahl ung gebildet. Der Boden wird von der Emi-
lung lässt sich erkennen. dass das Vorderhorn vorne nentia collateralis (Vorwölbung, bedingt durch den
durch Genu und Rostrum corporis callosi (s. S. 161 ) Sulcus collateralis) gebildet. Im Dach liegen der
abgeschlossen wird. Nach hinten reicht es bis an die sublentikuläre Teil der Capsula interna. die Stria
Frontalebene. m der steh das Foramen interventricu- t erminalis und lateral die Cauda nuclei caudati.
lare (-+ Übergang zum dntten Ventrikel) befindet. ln der medialen Wand finden steh der Fornix und
die Fimbra hippocampi. An betden Strukturen ist
Comu occipitole
der Plexus choroideus angeheftet (s. auch Taenia
Das Hinterhorn ist in Größe und Form sehr varia -
fornicis. S. 166). Ferner wölbt sich 111 der medialen
bel. Rechtes und linkes Hinterhorn sind zudem
Wand der Hippocampus mit dem Alveus vor. An
häufig asymmetrisch. Es ist auf allen Seiten von
der vorderen Spitze des Unterhorns findet sich das
weißer Substanz umgeben. Dabei wird die weiße
Corpus amygdaloideum.
Substanz im Dach und in der Seitenwand größten-
teils vom Tdpetum und von Fasern der Radiatio op-
9.3.2.2 Der dritte Ventrikel (Ventriculus tertius)
tica gebildet.
Der dritte Ventrikel ist ein unpaarer enger. hoher
ln der medialen Wand fallt ein länglicher Wulst.
Raum. Seine Seirenwände werden von den Mediai-
calcar avls (Vogelwulst ). auf. der durch das liefe
Oächen des Zwischenhirns (Hypothalamus. Thala-
Einsehnetden des Sulcus calcarinus hervorgerufen
mus und Epithalamus) gebildet.
wird. Am Boden des Hinterhorns findet sich das
Die vordere Begrenzung btldet die Lamina termina-
Trigonum collaterale. das durch den vorgewölbten
lis und die Commissura antenor. die hintere die
Sulcus collaterahs verursacht wird.
Commissura posterior. dte Commtssura habenula-
Pars centrolis rum und das Corpus pineale. Im Dach liegt die Tela
Der Mltteltell reicht bis an die Frontalebene, in der choroidea ventriculi tertii, im Boden der Hypophy-
das Splenium des Balkens beginnt. Er wird durch senstieL
den sich vorwölbenden Thalamus eingeengt. Wie Der dritte Ventrikel besitzt vier kleine Ausbuchtun-
beim Vorderhorn bildet der Balken (Truncus corpo- gen/Nischen ( Recessus):
ris callosi ) das Dach und der Nucleus caudatus dte Recessus infundibuli: im Anfangsteil des Hypo-
laterale Begrenzung. Der Boden w ird vom Thala- physenstiels
I 176 9 Hüllen des ZNS und Liquorsystem Das Liquorsystem

Recessus supraopricus: oberha lb des Chiasma


opticum Verbindungen des IV. Ventrikels zu äußeren bzw.
Recessus suprapinealis: zwischen Ventrikeldach benachbarten inneren Liquorräumen sind:
und Corpus pineale
- Eingang in den Aqueductus mesencephali
Recessus pinealis: dringt in das Corpus pineale
- Aperturae laterales
ein.
- Apertura mediana
Unterhalb der Commissura posterior geht der 111.
- Eingang in den Canalis centralis.
Ventrikel in den Aqueductus mesencephali über.

9.3.3 Der Liquor cerebrospinalis und die


Der dritte Ventrikel grenzt an den Thalamus, den Plexus choroidei
Hypothalamus (mit Tuber cinereum) und vorne an
die Lamina terminalis. 9.3.3. 1 Der Liquor cerebrospinalis
Der Liquor cerebrospinalis ist eine nahezu zellfreie
und proreinarme klare Flüssigkeit.
9.3.2.3 Der vierte Ventrikel
(Ventriculus quartus)
Den Boden des IV. Ventrikels bi ldet die Rautengru- liquordiagnostik: Die Untersuchung des Liquor cere-
be (Fossa rhomboidea). Das zelrförmige Dach (Teg- brospinalis dient dem Nachweis von entzündlichen Er-
men ventriculi quarti) besteht aus einer oberen krankungen des ZNS (z. B. Multiple Sklerose) und
und unteren Wand (Lamelle). die im Giebel (Fasti- seiner Hüllen (Meningitis) oder hier lokalisierten Tu-
gium) aufeinander treffen: moren. Bei bestimmten Erkranku ngen kann schon der
Die obere Wond wird vom Velum medullare su- makroskopische Aspekt des Liquors diagnoseweisend
perlus und von den medialen Rändern der Pe- sein: So weist trüber Liquor auf eine Meningitis hin,
dunculi cerebellares Superiores gebi ldet. Das Ve- blutiger Liquor - sofern eine Verletzung des epidura-
lum medullare superius erstreckt sich vom len Venenplexus bei der Punktion ausgeschlossen ist
unteren Rand der Lamina tecti zum Kleinhirn - lässt auf eine Subarachnoidalblutung (s. S. 186)
und liegt zwischen den oberen Kleinhirnstielen. schließen.
Die untere Wand des Dachs wird im oberen Be-
reich vom Velum medullare inferius, das sich
zwischen Nodulus. Stiel des Flocculus und Me- Der äußere und innere Liquorraum enthalten zu-
dulla Oblongara ausspannt, gebildet. Im unteren sammen etwa 140 ml Liquor. der drei- bis viermal
Bereich schließt sich die Tela choroidea venrri- täglich erneuert wird; d. h. am Tag werden etwa
culi quarti an. die aus Ependym und Pia mater 500 ml Liquor produziert. Seine Produktion findet
besteh t. Sie trägt den Plexus choroideus des IV. in den Plexus choroidei der Ventrikel statt (s.o.).
Ventrikels. Nach Zirkularion bis in den äußeren Liquorraum er-
Nach unten verjüngt sich der IV. Ventrikel und folgt der Abfluss hauptsächlich über die Arachno-
setzt sich in den Zentralkanal des Rückenmarks idalzotten ( Pacchioni-Granularionen) in die Sinus
fort. Nach lateral weist er Aussackungen auf, die durae matris (s. S. 193). Ein kleiner Anteil fließt
Recessus laterales, deren Enden je eine Öffnung. wohl auch über Endoneuralräume ( = vom Perineu-
die Apertura lateralis ventriculi quarti (Foramen rium umschlossene Räume) der Hirn- und Spinal-
Luschkae) besitzen. Ein Teil des Plexus choroideus nerven in lymphbahnen ab.
des IV. Ventrikels ragt als Bochdalek-Biumenköri>-
chen aus den Aperrurae laterales in den Subarach-
noidalraum hinein. Die unpaare Apertura medlana Hydrocephalus: Bei diesem Krankheitsbild kommt es
( Foramen Magendii) liegt oberhalb des Obex zu einer Erweiterung des inneren und/oder äugeren Li-
(s. s. 95 ). quorraums im Gehirn durch ein Ungleichgewicht zwi-
schen Liquorproduktion und -resorption bz.w. -abnuss.
9 Hüllen des ZNS und Liquorsystem Die Blut-Liquor-Schranke 177

Grund kann z. B. eine Fehlbildung des Gehirns sein; Die I Klinischer Bezug
Neugeborenen fallen meist durch prall hervortretende
C.rboanhydrasehemmer bei Himdruck: Durch Hem-
Fontanellen und einen vergrößerten Kopfumfang auf,
mung der Carboanhydrase bei Hirndruck (z. B. nach
da die Schädelknochen noch dem Druck nachgeben
einem Schädel-Hirn-Trauma) kann die Liquorproduk-
und auseinanderweichen können. Sind die Schädel-
tion gedrosselt und somit der intrakranielle Druck ge-
nähte bei Ausbildung des Hydrocephalus bereits ver-
senkt werden.
schlossen (wie z. B. nach Subarachnoidalblutungen.
Schädelhirntraumata oder Meningitiden, die durch Ver-
klebungen von Teilen des Subarachnoidalraums zum Im Seitenwinkel findet sach der Plexus choroadeus
sog. Hydrocephalus malresorptivus führen), stehen nur in der Pars cenrrahs und am Unterhorn (Cornu
symptomatisch meist Hirndruckzeichen im Vorder- inferius). Im Vorder- und Hanterhorn gibt es keinen
grund; Kopfschmerzen, Erbrechen und Störungen der Plexus choroideus. Im dritten Ventrikel liegt der
Vigilanz (Aufmerksamkeit, Reaktlonsbereitschaft). Im Plexus am Dach, im vierten am Velum medullare
a lässt sich eine symmetrische Erweiterung der inne- inferius und in den Apenurae laterales.
ren Liquorräume nachweisen. Die Therapie besteht i.A. G>

in einer ventrikuloperitonealen oder ventrikuloatrialen ...•~ Check-up


Shuntoperation (Ableitung des Liquors über eine tl' Rekapitulieren Sie zu den ventrikelbegren-
Schlauchverbindung zwischen Seitenventrikel und zenden Strukturen Insbesondere, welche
Bauchhöhle oder rechtem Vorhof). am Aufbau der Wand von Cornu frontale
und Pars centraUs belder Seltenventrikel
beteiligt sind und woran der 111. Ventrikel
9.3.3.2 Die Plexus choroidei grenzt.
G> Machen Sie sich den "Weg" des Uquors
~A~ Prägen Sie sich ein, wo sich der jeweilige von seinem Bildungsort bis zur Resorption
Plexus choroldeus innerhalb des Ventrikelsystems klar.
befindet.
9.4 Die Blut-liquor-Schra nke, die
Die Plexus choroidei sind zarte. zotten- und falten- Blut-Hirn-Schra nke und die
reiche Strukturen. die als Auffaltungen der Ventri- zirkumve ntrikulä re n Organe
kelwände in jedem Vemrikel vorhanden sind. Sie
bestehen aus emem stark kapallansierten Bindege-
~
... ~ Lerncoach
webe (Tela choroidea, als Fortsetzung des Pia-Bin- Die Schranken verhindem ein unkontrollier-
degewebes). das von einem spezialisierten Epen- tes Eindringen von Stoffen ln das ZNS. Damit
dym (ventrikelauskleidendes Epithel) überzogen spielen diese Schranken und das Fehlen der
ist. Dieses spezial isierte Ependym wird auch Plexu- Blut-Hirn-Schranke in umschriebenen Berei-
sepithel genannt und besitzt Mikrovilli und Tight chen (zirkumventrikuläre Organe) auch für
junctions. Es ist für die Liquorproduktion verant- die Verteilung von Arzneimitteln eine Rolle.
wortlich. ln der apikalen {zum Lumen hin ausge- Wenn Sie sich die physiologische Funktion
richteten ) Membran der Plexusepithelzellen finden der ziricumventrikulären Organe vor Augen
sich Na' -K'-ATPase, Wasserkanale {Aquaporine) führen, können Sie sich diese prüfungsrele-
und Chloridkanäle. An der basalen Membran wer- vanten Strukturen besser merken.
den uber Na'-W-Austauscher und Anionaustau-
scher Natrium- und Chloridionen aufgenommmen. 9.4.1 Die Blut-liquo r-Schranke
Die Chiaridaufnahme erfolgt im Austausch gegen Das Liquor produzierende Epithel (mi t Tighr junc-
HC03 , das durch die Zytoplasmatische Carboanhy- rions) des Plexus choroideus bildet die Blut-Liquor-
drase produzaert wird. Schranke in den Ventrikeln. Im äußeren Liquor-
raum wird die Schranke durch das Neurothel der
Arachnoadea aufgebaut
178 9 Hüllen des ZNS und Liquorsystem Die Blut-Hirn-Schranke und die zirkumventrikulären Organe

9.4.2 Die Blut-Hirn-Schranke Organum vasculosum laminae terminalis: an der


Die Blut-Hirn-Schranke besteht aus dem Kapilla- Lamina terrninalis
rendothel. der Basalmembran und aus einem Man- Organum commissurale (Subkommissuralor-
tel von Gefäßfüßchen, die von Astrozytenfortsätzen gan): nur während der Entwicklung oben in der
ausgehen. Die eigentliche Diffusionsbarriere und Hinterwand des Aqueductus mesencephali vor-
damit die eigentliche Blut-Hirn-Schranke ist das handen
Endothel, das zahlreiche, besonders dichte Tight - Area postrema (s. S. 104).
juncrions besitzt. Die funktionelle Bedeutung der zirkumventriku lä-
Dadurch wird ein parazellulärer Durchtritt von ren Organe ist:
Substanzen verhindert. l n den Endothelzellen fin- - Teil des neuroendokrinen Systems: Übertritt von
det keine Transzytose statt. Stoffe, die das ZNS be- Hormonen ins Blut (Neurohypophyse. Corpus pi-
nötigt, werden über spezifische Transporter durch neale und Eminentia mediana im Rahmen des
die Schranke transportiert (z. B. Glukosetranspor- hypophysären Pfortaderkreislaufs. s. S. 139)
ter-1, Transporter für Aminosäuren). Die Astrozy- Zugang von Substanzen zu Neuronen: Aus lösung

111 tenfüßchen sind für die Differenzierung und den


Erhalt der spezifischen Diffusionsbarriere verant-
des Brechrenexes (Area postrema ).

wortlich.

9.4.3 Die zirkumventriku lären Organe Zugänglichkeil der Area postrema: Da in der Area
Bei den zirkumventrikulären Organen handelt es postrema keine Blut-Hirn-Schranke ausgebildet ist,
können hier liegende Neurone, die an der Auslösung
sich um kleine Areale, in denen die Blut- Hirn-
des Brechreizes beteiligt sind, von verschiedenen Sub-
Schranke fehlt. ln diesen auch als neurohämale Zo-
stanzen über den Blutweg gut erreicht werden. Dies
nen bezeichneten Arealen können Substanzen aus
dem Blut durch fenestrierte Kapillaren (mit weitem gilt sowohl für Substanzen, die den Brechreiz im
perivaskulären Raum) in den Interzellularraum des Sinne einer Schutzfunktion gegenüber Toxinen u. ä.
vermitteln, als auch für pharmakologische Wirkstoffe
ZNS übertreten. Im Bereich der zi rkumventrikulä-
ren Organe findet sich ein spezielles Ependym mit (s. S. 104).

Tight junctions. wenigen Kinozi lien und z. T. mit


Tanyzyten (spezielle Ependymzellen mit langen ba- Regulation z. B. des Wasserhaushaltes: Verbin-
sa len Fortsätzen, s. Abb. 1.7, S. 14). dungen des Organum subfornica le mit hypotha-
Die meisten zirkumventrikulären Organe sind un- lamisehen Kerngebieten und Arealen (z. B. Ncl.
paar und finden sich nahe der Medianebene in der preopticus und Area hypothalamica anterior,
Nachbarschaft des dritten Ventrikels: s. s. Bn
- Hypophysenhinterlappen und Eminentia me-
diana am Boden des 111. Ventrikels <I>

- Corpus pineale ..• .. Check-up


Organum subfornicale (Subfornikalorgan): vorne ....- Machen Sie sich klar, in welchen Bereichen
am 111. Ventrikel, im Bereich der Columnae forni- die Blut-Hirn-Schranke nicht ausgebildet
cis ist.
••
Klinischer Fall

Vorsicht Sauerstoffmangel zu vergehen ... Als er kurz vor 15 Uhr vom Sessel auf-
steht , um den Fernseher anzumachen, wird es Chris·
toph T. plötzlich ganz komisch: Seine rechte Hand
will ihm auf einmal nicht gehorchen: Er kann die
Fernbedienung nicht greifen. Gleich danach spürt er,
wie seine rechte Gesichtshälfte taub wird, und fällt
kurz darauf zu Boden.

Sprachstörung und Lähmungen


.Ich weiß nicht, wie lange er schon so dalag - vor
ein paar Stunden haben wir noch telefoniert". berich·
tet die Tochter von Christoph T. in der Notaufnahme
der Klinik.•Als ich in die Wohnung kam, sprach mein
Vater wirres Zeug und konnte seine rechte
Körperhälfte nicht bewegen. Ich rief sofort den Not-
arzt•, spricht die junge Frau weiter. Der Assistenzarzt
J. Grämer, der den Nachmittagsdienst auf der Stroke·
Unit hat, untersucht den Patienten. Er findet bei
Herrn T. abgeschwächte Muskeleigenreflexe der rech·
ten Körperseite. Der positive Babinski-Reflex rechts
deutet auf eine Schädigung der Pyramidenbahn hin.
MRT des Schädels mit deutlicher Demarkierung des Infarkt· Die Halbseitenlähmung ist für den Arzt schwer fest·
areals nach Verschluss der linken A. cerebri medla. Da Trans- zustellen, weil der Patient Aufforderungen wie .Bitte
versalschnitte immer so betrachtet werden, als blicke man
von kaudal auf den Patienten, ist der pathologische Befund heben sie den Arm· weder mit rechts noch mit links
im Bild rechts erkennbar. befolgt. Dies wertet Dr. Grämer als Teil der aus-
geprägten Sprachstörung. bei der Aufforderungen
Das Gehirn reagiert besonders empfindlich auf Sau- nicht verstanden werden, und beobachtet während
erstoff· und Glukosemangel. Neurone im ZNS besit· der Untersuchung aufmerksam Spontanbewegungen
zen fast keine Or und Glukosevorräte. Wird die des Patienten. Dabei fällt ihm auf, dass Herr T. das
Blutzufuhr zum Gehirngewebe unterbrochen, er- rechte Bein, den rechten Arm und die rechte Ge·
lischt schnell die Funktion der Nervenzellen: Nach sichtshälfte im Gegensatz zur linken Seite nicht be·
6-B Sekunden findet man in der grauen Substanz wegt.
des Gehirns keinen molekularen Sauerstoff mehr.
nach 3-4 Minuten Ist die freie Glukose verbraucht, Entscheidungshilfe MRT
die hauptsächlicher Energielieferant des Hirngewe- Sofort veranlasst der Assistenzarzt bei Herrn K. eine
bes Ist, und nach S Minuten treten Irreversible Neu- kranielle Magnetresonanztomographie. Er will wissen,
ronenschäden auf. Diese Besonderheit des Gehirn· wie fortgeschritten der Infarkt ist. Als er zusammen
gewebes hat zur Folge, dass Hirninfarkte oft mit dem Oberarzt der Stroke-Unit das Schädei-MRT
schwere Verläufe zeigen und kaum heilbar sind. Ein von Christoph T. auf dem Computerbildschirm sieht.
Gefäßverschluss im Gehirn ist Immer ein Notfall. bestätigen die Bilder seinen klinischen Verdacht: die
linke Arteria cerebri media des Patienten ist ver-
Ein ganz normaler Tag schlossen. Der Infarkt im Versorgungsbereich dieses
Wie immer steht der Rentner Christoph T. am Fens· Gefäßes ist deutlich sichtbar und nicht mehr
ter und sieht den Schulkindern beim Spielen zu. Er rückgängig zu machen, sodass der Patient von einer
fühlt sich heute wohl. Am Nachmittag wird seine intravenösen Lyse nicht profitieren würde. Wichtig
Tochter zu Besuch kommen. Gemeinsam mit den En· für den Patienten ist jetzt v. a. eine gute symptomati-
kein wollen sie zu Abend essen, worauf er sich sehr sch~: Therapie mit logopädischer und physiotherapeu-
freut. tischer Betreuung sowie die Prävention eines erneu-
Die Zeit bis zu dem ersehnten Besuch versucht der ten Gefäßverschlusses nach Abklärung der Ursache.
76-jährige mit Spazierengehen, Kaffeekochen und Le· Doch ob Christoph T. wieder auf beiden Beinen ste·
sen zu überbrücken, aber die Zeit scheint schleppend hen können wird ... Das kann niemand vorhersagen.
10 Blutgefäße des ZNS Die Arterien 181

10 Blutgefäße des ZNS uber die A. cerebri posterior einen Teil des End-
hirns (Lobus occipitalis und basale Abschnitte
10.1 Der Überblick des Lobus temporalis ).

Eine ausreichende Durchblutung ist rGr das ZNS 10.2.1. 1 Die Arte ria vertebra lis
besonders wichtig. weil es auf einen OrMangel Die A. vertebralis entspringt als erster Ast aus der
ausgesprochen empfindlich reag1ert und zugrunde konvexen Seite der A. subclavia und gliedert sich in
gegangene Nervenzellen nicht mehr ersetzt werden vier Abschnitte (Tab. 10.1):
können. Pars prevertebralis: Gef:!ßabschnitt vom Abgang
Die zuführenden Blutgef.iße des Gehirns sind die aus der A. subclavia bis zum Eintritt in die Hals-
paarige A. carotis inrerna (Karotlsstromgeblet) und wirbelsäule
die beiden Aa. vertebrales. die sich zur A. basilaris Pars transversaria (• Pars cervicalis): Abschnitt
vereinigen (vertebrobaslläres Stromgebiet). Die bei- während der Verlaufsstrecke durch die Foramina
den Stromgebiete sind über ein Anastomosensystem transversaria der Halswirbel
an der Hirnbasis (Circulus arteriosus cerebri) ver- Pars atlantica: kurvenreicher Abschnitt am Atlas
bunden. Pars intracranialis: intrakranieller Abschnitt bis
Die Venen des Gehirns verlaufen unabhängig von zur Vereinigung der rechten und linken A. verte-
den Artenen, was innerhalb des Gef:!ßsystems eine bralis zur A. basilaris.
Besonderheit darstellt. Eine weitere Besonderheit
ist der Abfluss aus dem oberflächlichen sowie tie-
13
fen Venensystem des Gehirns in die Sinus durae
matrls, die ihrerseits hauptsächlich in die Vena ju- 12
gularis interna drainieren. 11

10.2 Die Arterien

;I
...... Lerncoach
Machen Sie sich ausgehend von den Strom-
gebieten zunächst mit den wichtigsten Arte· 4
7
rlen vertraut. Indem Sie Insbesondere die 5
fettgedruckten Gefäßabschnitte und Äste be· 6
achten. FOhren Sie sich anschließend Ihre
umschriebenen Versorgungsgebiete Im Zu-
sammenhang mit den typischen, bel einem
Gefäßverschluss auftretenden Symptomen
vor Augen , um sich diese klinisch und 1 A. basllaris mit: 9 A. cerebri posterior
prüfungsrelevanten Inhalte besser merken zu
r 2 Aa.pontis
3 A. labyrinthii •
10 A. cerebri media
11 A. communicans
k6nnen. 4 A. inferior anterior posterior
cerebeUi 12 A cerebri anterior
5 A. superior cerebell1 13 A. communicans
antenor
1 0 .2 . 1 Das vertebrobasiläre Stromgebiet 6 A. vertebralis mit:

l
Die Arterien des vertebrobasilären Stromgebiets 7 A. splnalis anterior ' 15% direkt aus der
8 A. Inferior posterior A. basilaris, sonst aus der
versorgen
cerebelli A. Inferior anterior cerebelli
über Aa. spinales und kürzere Äste (u.a. Aa. ce-
Abb. 10.1 Arterien an der Hirnbasls: Ursprungsgefäße der
rebelli und Aa. ponlis) einen Großteil des Rü- hlm~rsorg~nd~n Art~rien und Circulus arteriosus cerebri
ckenmarks. Hirnstamm und Klemhirn sowie (s. S. 186)
182 10 Blutgefäße des ZNS Die Arterien

Abschnitte und Äste Verfaul (•) und Vef'SOI'gungsgeblet (-)


Pars prevertebralls • zieht hinter dem M scalenus antenor aufwärts und tntt nach kur2em Verlauf on das Foramen
transversarium des 6. HaiSWirbels (C VI; selten auch C V oder C VII) em
Pars transversarfa • zieht durch die Foramina transversaria von C VI bos C II aufwarts. umgeben von einem Venen-
ge Hecht und sympathischen Nervenfasern aus dem Ganglion cervicothoracicum
• nach medialtopographische Beziehungen zu den Processus unclnatl der Halswirbel und Disci
intervertebrales
- Rr. spinales • segmentale Aste. die durch die Foramina intervertebralla ziehen und sich in Unteräste
aufteilen
- Rückenmark. Nervenwur2eln. Spinalganglien. Meningen
- Rr. musculares - liefe Halsmuskeln
- autochthone Ruckenmuskeln
komplizierter Verlaut mot Krummungen:
• wendet si<h nach lateral. gelangt durch das Foramen transvers.lnum des Atlas. biegt recht·
winkiHJ um und 1oeht nach medoal hinter die Massa laterahs
• nachdem sie si<h über den Arcus posterior (im Sukus artenae vertebraiJS) g""'endet hat
durchbohrt s~e doe Membrana atlantooccipit.1lis sowie die Dura mater

111 - Rr. musculares


Pars lntracranlalis
• im Subarachnoodalraum Durchtntt durch das Foramen magnum
- tiefe Nackenmuskeln
• zieht nach vome. vertauft vor der Radox spinalis des N. accessorius und den Wurzelfasern des
(Abb. 10.1) N. hypcHJiossus und steigt auf dem Clivus aufwärts
• am Unterrand der Brücke Vereinigung der Aa. vertebrales belder Selten zur A. basilaris (s. u.)
- Rr. menlngel • nach Abgang auf llöhe des Foramen magnum ziehen sie zur Dura mater der honteren
Schädelgrube und 1ur Falx cerebelli
- A. Inferior posterfor • stärkster Ast mit variablem Verlauf: geht auf Höhe der Olive ab. liegt in der Cisterna cerebel·
cerebeltl lomedullans. verläuft meist durch die Wurzeln des N. hypcHJiossus. 11eht um doe Olive nach
dorsal
- UnterOäche des Kleinhornwunms und angrenzende Teile der Kleonhornhemosphären
- A. spinaUs poslerfor • verläuft abwarts entlang dem Sukus poslerolateralos beoder Seoten (ventral oder strecken·
weise auch dors.1l der Radoces posteriores der Spinalne"'en)
.... RU<kentnilrk
- Rr. tonsillares cerebeUi - Klemhomtonsolle
- R. choroodeus ventnculi - Plexus choroideus des IV. Ventrikels
quarto
- A. splnalis anterfor • nur kurzfnshg paarlCJN Ver1duf bos zur Vereinigung auf Höhe der I. Zervokalwurzel
• Abstieg als unpaares Gefaß in der Fissura mediana antenor
_, Rückenmark
- Rr. medullares medrales ~ Medulla oblongata
und laterales'
~mcn manchm1l auch aus A. inferior posteriOI' Ct:;.'~;..;~><'
:.;.l;;;.l'--------------------------'

, KlinischN B~zug Der stark gewundene Verlauf der Pars atlantica ver-
Subdavlan-Steal-Syndrom: Diesem Syndrom liegt hindert. dass dieArteriebet Bewegungen in den be-
eine hochgradige Stenose bzw. ein Verschluss der A. nachbarten Kopfgelenken angespannt oder gezem
subclavla proxomal des Abgangs der A. vertebralis zu- wird.
grunde. Bei Bewegungen des Arms (auf der Stenose-
bzw. Verschlussseitel kommt es vorübergehend zur 10.2.1.2 Oie Arteria b asilaris
St römungsumkehr in der ipsilateralen A. vertebralis: Die beiden. manchmal untersch1edhch dicken Ail.
Blut fließt von der A. vertebralis der Gegenseite über vertebrales vereinigen sich am Unterrand der Brü-
den Stamm der A. basilaris in die A. vertebralis der cke meist spitzwinkelig zur A. basilaris (Tab. 10.2).
stenoslerten Seite rückläufig zum Arm. Dadurch wird Das ca. 3 cm lange Gefäß verläuft in der Cistema
die Perfusion im vertebrobasilären Stromgebiet herab- pontis im Sulcus basilaris der Brücke aufwärts und
gesetzt. Typische Symptome sind: Schwindel, Ohrge- teilt sich an deren Oberrand in die beiden Aa. cere-
räusche. Gleichgewichts- und Sehstörungen. Eine bri posteriores (s. u.).
beidseiltge Blutdruckmessung ergibt einen deutlich
niedrigeren Druck auf der betroffenen Seite.
10 Blutgefäße des ZNS Die Arterien 183

Tabelle 10.2

Aste der A. basilaris


Äste Vertauf (o) und Versorgungsgebiet (- )
A. inferior anterior cerebelli • geht aus dem Anfangsteil der A. basilaris ab. verläuft auf der Brücke nach lateral
(überquert dabei den N. abducens) und teilt sich
- Unterfläche der Kleinhirnhemisphäre
- A. Iabyrinth! • • verläuft mit N. Iadails und Pars cochlearis des N. vestibulocochlearis
- Innenohr (einzige Arterie für das lnnenohr)
Aa. pontis zahlreiche (bis 10) kleine Arterien zur Brücke
(mit Rr. mediales und laterales)
A. superior cerebelli • entspringt kurz vor der Aufgabelung der A. basilaris
(mit Rr. mediales und laterales) • zieht durch die Cisterna interpeduncularis und Cisterna ambiens (hinter dem N. occulo·
motorius)
• anastomosiert mit Aa. inferiores cerebelli und A. posterior cerebri
~ v. a. Kleinhirnhemisphäre

·in 15 %direilt aus der A. basilaris, häufig auch 2 Aa. labyrinthi

Tabelle 10.3

Abschnitte der A. cerebrl posterlor


Abschnitte Beschreibung/Verlauf (•) und Versorgungsgebiet (- ) der jeweils abgehenden Äste
(Abb. 10.2)
Pars precommunic:alis (PI-Segment) • von der Aufteilung der A. basilaris bis zur Einmündung der A. communicans
posterior
• liegt in der Cisterna interpeduncularis (s. S. 173) und überkreuzt denN. oculomotorius
~ Mittel· und Zwischenhirn

Pars postcommunicalis • von der Mündung der A. communicans posterior bis zur Aufzweigung in die beiden
(P2-Segment) Okzipitalarterien
~ Mittel· und Zwischenhirn sowie untere Anteile des Schläfenlappens •

A. occipitalis lateralis (P3·Segment) • lateraler Endast der A. cerebri posterior


_ _ _ _ ~ hinterer Abschnitt des Temporallappens und Basalfläche des Okzipitallappens
A. occipitalis medialis (P4-Segment) • medialer Endast der A. cerebri posterior
.... mediale Fläche des Okzipitallappens
• uber Rr. temporales. die auch aus der A. occtpitalis lateralis hervOfgehen können

10.2.1.3 Die Arteria cerebri posterior


Die (bogenförmige) A. cerebri posterior geht aus
der Ga belung der A. basilaris hervor. Du rch die
Mündung der A. commun icans posterior wird d ie
A. cerebri posterior in eine Pa rs precommunicalis
und Pars posrcommunicalis unterteilt. Die Pars
postcommunicalis tei lt sich vor dem Okzipitallap- 4
pen in die A. occipital is lateralis und die A. occipi- :::...__ _ _ 5
tal is med ial is. ln der Klinik bezeichnet man diese ~L-------------- 6
vier Abschnitte als Segmente Pl - P4 (Tab. 10.3).
1 A. occipitalis medialis mit: 4 A. occipitalis lateralis
Die A. cerebri posterior zieht zunächst um die Pe- 2 R. parietooccipitalis 5 A. cerebri posterior
dunculi cerebri in der Cisrema ambiens. dann durch ~3~R:....c:..:a:...lc:..:•:...ri...:n.:.us~-----~
6 Rr. temporales
den Tentoriumsch litz auf die Basa lnäche des Tem- Abb. 10.2 Äste der A. cerebri posterior
porallappens und verläuft entlang des Gyrus para-
hippocampalis nach dorsal zum Okzipitallappen.
I 184 10 Blutgefäße des ZNS Die Arterien

1 0.2 .2 Das Karotisstromgebiet im Trigonum caroticum in ihre beiden großen End-


Durch das Blut aus der A. carotis Interna werden äste aufteilt Anders als die A. carotis externa gibt
über die A. cerebrl anterior vorwiegend mediale die A. carotis interna am Hals keine Äste ab. son-
Anteile des Fronta l- und Parietallappens versorgt. dern erst in den folgenden drei ihrer insgesamt
über die A. cerebri medla v. a. laterale Teile der vier Abschnitte (Tab. 10.4). Aus der Bifurkation der
gleichen Hirnlappen sowie der g rößte Teil des A. Carotis interna (am Proc. clinoideus anterior) ge-
Lobus temporalis. hen die Aa. cerebri anterior und media hervor.

1 0.2.2. 1 Die Arteria carotis interna 1 0.2.2.2 Die Arteria cerebri anterior
Die A. carotis interna versorgt nicht nur den größ- Dieser vordere schwächere Endast. die A. cerebri
ten Teil des Gehirns. sondern (über die A. ophthal- anterior zieht nach medial vorne. wo an der Fissura
mica) auch die Orbita, die Schleimhäute der Sieb- longitudinalis cerebri die Arterien beider Seiten zu-
beinzellen, der Stirnhöhle und z. T. der Nasenhöhle. nächst dicht nebeneinander liegen und durch die
Ihr Ursprungsgefäß ist die A. carotis communis, die A. communicans anterior (s. S. 186) miteinander
rechts aus dem Truncus brachiocephalicus und verbunden sind. Durch den Abgang letzterer wird
links aus dem Aortenbogen hervorgeht, in der Ge- die A. cerebri amerior in zwei Gefäßabschnitte ge-
faßnervenstraße des Halses aufwärts zieht und sich gliedert (Tab. 1 0.5) .

Tabelle 10.4

Abschnitte und Äste Beschreibung/Verlauf (•) und Versorgungsgebiet (-+)


Pars cervicalls • extrakranieller Abschnitt ohne Äste
• verläuft zunächst hinter der A. carotis externa
• bildet vor dem Eintritt in den Canalis caroticus einen leichten Bogen
Pars petrosa • Gefaßabschnitt im Canalis caroticus der Pars petrosa ossis temporalis (Eingang • Apertura
externa: außen an der Schädelbasis zwischen Foramen jugulare und canalis musculotubarius:
Ausgang • Apertura Interna: an der Spitze der Pars petrosa)
• innerhalb des Kanals, der die Vorderwand der Paukenhöhle bildet. folgt das Gefäß seinem
Verlauf mit Biegung nach vorne medial und wird vom Plexus venosus caroticus internus
umgeben
- Aa. caroticotympanicae -+ Paukenhöhle
- A. canalis pterygoidei • zum gleichnamigen Kanal in der Basis des Proc. pterygoideus
-+ Tuba auditiva, Pharynx
Pars cavernosa • Gefäßabschnitt im Sinus cavernosus mit S·förmiger Krümmung (Karotlsslphon)
• im Sulcus caroticus Anlagerung an die Seitennäche des Corpus ossis sphenoidalis
- R. basalis tentorii und .... Kleinhirnzelt
R. marginalis tentorii
- R. meningeus .... Dura der mittleren Schädelgrube
- R. sinus cavemosi - Wand des Sinus cavernosus
- A. hypophysialis inferior - Hypophyse
- Rr. ganglionares trigemlnales - Ganglion trigeminale. N. trigeminus und N. trochlearis
und nervorum
Pars cerebralls • nach Durchbohren der Dura materVerlauf in die Cisterna carotica (Cisterna chiasmatica)
- A. ophthalmica .... Orbita (s. S. 252)
- A. hypophysialis superior -+Hypophyse
- A. communicans posterfor • entspringt aus der Hinterwand der A. carotis Interna (oder aus der A. cerebri media) und
schafft eine Verbindung zur A. cerebri post. (aus A. basilaris)
• überkreuzt den Tractus opticus und verläuft durch die Cistema interpeduncularis
- Aa. cenrrales posrero- - Diencephalon
mediales
- A. choroldea anterfor • dünne Arterie. die kurz vor der Aufgabelung der A. carotis Interna in Aa. cerebri anterior
(mit zahlreichen dünnen und media abzweigt (manchmal auch aus der A. cerebri medial
Asten) • folgt dem Tractus opticus nach hinten zum Corpus geniculatum laterale und zieht anschlie-
ßend zum Unterhorn des Seitenventrikels
.... Teile des Mittelhirns (Nd. ruber, Substantia nigra, Crura cerebri), des Zwischenhirns
(ventrolaterale Thalamuskerne). des Hippocampus. der Basalganglien und der Capsula
interna
- R. meningeus ... Dura der mittleren Schädelgrube
10 Blutgefäße des ZNS Die Arte rie n 185

Tabelle 10.5

Abschnitte und Äste Beschreibung/Verlauf (•) und Versorgungsgebiet (-+)


Pars precommunicalls • Abschnitt vor Verbindung der rechten und linken A. cerebri anterior durch die
(AI-Segment) A. communicans anterior
• überquert den N. opticus (nahe am Chiasma) und zieht nach medial-vorne
- Aa. centrales anteromediales • ca. I 0 dünne Äste
.... Hypothalamus. Septum pellucidum. Commissura ant.. Fornix und Strlatum
- A. communlcans anterior • unpaare, nur wenige mm lange Verbindung der Aa. cerebri anteriores beider Seiten vor
dem Chiasma opticum in variabler Ausprägung (z. B. Verdopplung oder Verdreifachung)
- Aa. centrales anteromediales - Teile des Hypothalamus. lnfundibulum und präoptische Region
Pars post communlcalls • gelangt in der Fi ssura longitudinalis cerebri auf die mediale Hemisphärenfläche
(Al-Segment) (Abb. 10.3)
• steigt (vor der Lamina terminalis) zum Rostrum corporis callosi auf. zieht um das
Balkenknie herum und dann weiter nach dorsal, wo sie sich in ihre beiden Endäste auf·
teilt
- kürzere Äste (z. B. A. frontobasalis) .... Unterfläche und vorderen Pol des Frontallappens
-+ vordere Abschnitte der Basalganglien und der Capsula Interna
- Endäste:

111
- A. perlcallosa • im Sulcus cinguli vertaufend
-+ mediale Fläche des Frontallappens, Gyrus cinguli
- A. callosomarginalls • Fortsetzung des Arterienstamms
• zieht entlang des Sulcus corporis callosi bis zum Splenium des Corpus callosum
- Corpus callosum, Gyrus cinguli und Medialfläche des Parietallappens

Tabelle 10.6

Abscllllllla und Allll der A. cenbrt .....


Abschnitte und Äste Beschreibung/Verlauf ( • ) und Versorgungsgebiet (-+)
Pars sphenoldalis • Gefäßabschnitt mit Verlauf entlang des Os sphenoidale (Aia minor)
(Ml·Segment, auch Pars horizontalis)
- Aa. centrales anterolaterales • dringen durch die Substantia pertorata anterior ein
(• Aa. lenticulostriatae) Teile der Basalganglien (u.a. Caput nuclei caudati) und der Capsula
-+
Interna
- Aa. polaris temporalis und temporalis anterior .... Temporalpol
Pars insularis • nach Eintritt von unten in den Sulcus lateralis Aufteilung in zahlreiche
r (M2·Segment. Abb. 1 0.4) größere Endäste
Aa. insulares· .... Inselrinde
-+ daustrum und Teile des Pulamens
Rr. terminales (oder corticales) inferiores -+ Ri nde des Temporallappens
Rr. terminales (oder corticales) Superiores - Ri nde des Frontal· und Parietallappens
• meist ..., dtn Anr."g.wbschfllttm dtr Rr. ttrmio.J~

10.2.2.3 Die Arteria cerebri media


Die A. cerebri media ist der stärkere sei tliche End-
ast der A. carotis interna und setzt deren Verlaufs-
richtung fort. Auch bei dieser Arterie unterscheidet
man zwei Abschnitte (Tab. 10.6): Während ihres
Verlaufs entlang des Os sphenoidale (Aia minor)
nach lateral wird sie als Pars sphenoidalis (MI -
Segment) bezeichnet. nach Eintritt von unten in
den Sulcus lateralis (Cistema lateralis) als Pars in-
sularis (M2-Segment). Im Sulcus lateralis teilt sie
sich in zahlreiche größere Endäste. 1 A. pericallosa 3 A. frontobasalis medialis
2 A. callosomarginalis 4 A. cerebri anterior

Abb. 10.3 Aufteilung der A. cerebri anterlor (Pars postcom·


municalis) und ihrer Endäste
186 10 Blutgefäße des ZNS Die Arterien

- -3 Aneurysmata und Subarachnoidalblutung: Aneurys-


8
mata sind umschriebene. meist sackförmige Aus·
4
stülpungen der Arterienwand. Im ZNS finden sie sich
7
ganz überwiegend am Circulus arteriosus Willisi:
5
meist sitzen sie am vorderen Teil des Circulus (z. B. A.
communicans anterior, A. cerebri anterior oder A. ce-
6 rebri media).
Ursache der Aneurysmabildung ist eine angeborene
1 A. cerebri medoa
Wandschwäche: ln der Media fehlen doe elastischen
Rr. terminales Rr. terminales und Kollagenfasern: die Anzahl der Muskelzellen ist
superlores: Inferiores: stark reduziert.
2 A. sulci postcentraUs 6 A. temporalis anterior
3 A. sulci centralts 7 A. temporahs posterior Aneurysmata können klinisch symptomlos bleiben.
4 Aa. parietales 8 A. gyri angularis Bei anderen Patienten treten anfallsweise Kopf·
5 A. prefrontalis
schmerzen und neurologische Symptome auf. wie
111 Abb. 10.4 Äste der A. cerebrl medla (Pars lnsularis) Okulomotoriuslähmung (s. S. 60) oder Druckschädi·
gung des N. opticus bzw. des Chiasma opticum.
Die Ruptur eines solchen Hirnbasisaneurysmas liegt
meistens einer nichttraumatischen Subarachnoldalblu·
1 0.2.3 Der Clrculus arteriosus cerebri (Willisi) tung zugrunde. Dabei treten aus völliger Gesundheit
Der Circulus arteriosus cerebri ist ein kranzförmi - u. a. folgende Symptome auf: schlagartig einsetzende,
ges Anastomosensystem an der Hirnbasis. über das heftigste Kopfschmerzen, Nackensteingkeit. Übelkeit
Verbindungen zwischen vertebrobasi lärem und Ka - und Erbrechen, Veränderungen von Blutdruck. Puls-
rotisstromgebiet beider Seiten bestehen. schlag und Atmung. Bewusstseinsstörung und fokale
Beteiligt sind alle großen Hirnarterien mit ihren Hirnnervenausfälle (v. a. N. oculomotorius mit Auftre-
Ursprungsgefäßen sowie zwei Arteriae communi- ten von Doppelbildern). Diagnostisch kann mit bild·
cantes (s. Abb. 10.1.S.181 ): gebenden Verfahren (v. a. CT) frisches Blut im
Die Karotisstromgebiete be1der Selten stehen Subarachnoidalraum und somit in den Zisternen (z. 8.
über die unpaare A. communlcans anterior zwi- Ostemac cerebellomedullaris, chiasmatis: s. S. 172)
schen den be1den Aa. cerebri antenores m Ver- sichtbar gemacht werden (im CT hyperdens). Ist doe-
bindung. .Bindungsghed" zwischen vorderer ser Nachweis nicht möglich, kann der mottels lumbal·
und mmlerer H1rnartene 1st d1e A. carotis Inter- punktion (s. S. 174) gewonnene kontinuiertoch blutige
na als ihr gememsames Ursprungsgefäß. Liquor die Diagnose bestatogen. Ooe Therapoe besteht
Der Anschluss des KarotiSStromgebiets an das in einer operativen Beseitigung der Blutungsquelle.
vertebrobas1l:ire Stromgebiet erfolgt uber die A.
communlcans posterior zwischen der A. cerebri Der Circulus arteriosus cerebri liegt in der Cistema
media und A. cerebri posterior. Letztere sind basalis und umrahmt folgende Strukturen (von vor-
wiederum m1t dem gleichen Gefäß der Gegen- ne nach hinten ): Chiasma opticum. Tuber cine-
sei te über den gemeinsamen Ursprung aus der reum. Corpora mammillaria und Fossa interpedun-
A. basilaris miteinander verbunden. cularis. Bezogen au f die Schädelbasis bildet er
Da die Aa. communicantes relativ schwach ausge- einen Arterienkranz um die Sella turcica herum.
bildet sind. ermöglicht das Anastomosensystem
zwar einen Druckausgleich. jedoch kann hierüber
bei akutem arteriellen Verschluss keine adäquate
Blutversorgung gewährleistet werden. auch wenn
er proximal der Verbindungsäste auftritt.
10 Blutgefäße des ZNS Die Arterien 187

10 .2.4 Die Versorgungsgebiete der drei Die großen Äste der drei Zerebralarterien (Aa. cere-
großen Hirnarterien bri) liegen an der Hirnoberfläche. Von ihnen drin-
Für die Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff und gen kleine Arterien senkrecht in die Hirnsubstanz
Glukose sind die drei großen Hirnarterien von her- ein:
ausragender Bedeutung. Aa. cortica les breves ziehen in die graue Sub-
stanz der Rinde
Aa. subcorticales versorgen weiße Substanz di -
Zerebrale IS<hiimie: Störungen der Hirndurchblutung rekt unter der Rinde
führen fast immer zu neurologischen Ausfallerschei· Aa. medullares longae dringen in tiefer gelegene
nungen. die nach Schweregrad und Dauer klassifiziert we1ße Substanz vor.
werden können. Geht die Durchblutungsstörung mit
anhaltenden zentral-neurologischen Ausfällen einher,
spricht man von einem Schiagantall (• Apoplex oder Alle drei Aa. cerebri sind funktionelle Endarterien,
zerebraler Insult). Dies ist ein rein deskriptiver Begriff d. h. ein Verschluss führt zu schweren Ausfällen.
und sagt nichts über die Ursache der Störung aus.
Während in 15- 20 % eine Hirnblutung zugrunde liegt, <I>
ist in der Mehrzahl der Fälle eine Minderdurchblutung ~·~ Achten Sie beim lesen des folgenden Ab-
(Ischämie) bei hochgradiger Einengung (Stenose) schnitts darauf. welche funktionellen Zentren
oder Verschluss eines hirnversorgenden intra- oder (s. S. 151) im Versorgungsgebiet der jeweiligen
extrakraniellen Gefäßes verantwortlich. Häufig liegt zerebralen Arterien liegen. Dies ermöglicht es lh·
eine arteriosklerotische Gefäßwandveränderung vor, nen, von charakteristischen Ausfallsmustern
jedoch kann auch ein Blutgerinnsel, das sich z. B. bei Rückschlüsse auf das betroffene Gefäß zu ziehen.
bestehenden Herzrhythmusstörungen gebildet hat, in
den Blutkretslauf gelangen und ein Hirngefäß verle-
10.2.4. 1 Die arterielle Versorgung
gen (Embolie). Je nach betroffener Hirnarterie treten
der Hirnrinde
unterschiedliche typische Ausfallsmuster auf (vgl. Ge-
fäßsyndrome der großen Hirnarterien, S. 188). Wird Das Versorgungsgebiet der A. cerebri onterior
ein kleinerer Ast verlegt, ist das Ausmaß der Schädi- Es erstreckt sich an der medialen Hemisphären -
gungen entsprechend geringer. Bel komplettem Ver- fläche über Fronta l- und Parietallappen (bis etwas
schluss einer Arterie oder länger andauernder rostral des Sulcus parietOOCCipitalis) und reicht et-
Minderperfusion kommt es zum irreversiblen Unter- wa 2- 3 cm über die Mantelkante hmaus:
gang von Hirngewebe (Infarkt). Als •Vorläufer" Das Versorgungsgebiet auf der medialen Fläche be-
können auch vorübergehende neuroJoglS<he Störun- inhaltet daher den medialen und angrenzenden ba -
gen auftreten, die unbedingt eine Abklärung nach salen Teil des Fronrallappens. das am Obergang
sich ziehen sollten: Bei einer transitorisch ischämi- zum Parietallappen liegende kortikale Blasenzen -
schen Attacke (TIA) bilden sich die Symptome nach trum sowie den medialen Parietallappen bis zum
maximal 24 Stunden vollständig zurück, halten jedoch Su lcus parietooccipitalis. Weiterhin werden von der
oft auch nur Sekunden bis wenige Minuten an. Typi· A. cerebri anterior größtenteils der Gyrus cinguli,
S<he Störungen sind z. B. Amaurosis fugax. d. h. eine der Balken und das Septum pellucidum versorgt.
vorübergehende ipsilaterale Erblindung als Ausdruck Der Streifen lateral der Mantelkante. umfasst Teile
verminderter Perfusion in der A. centraUs retinae aus des Gyrus frontalis superior. der Gyri pre- und
der A. ophthalmica (Karotisstromgebiet). Aphasie posrcentralis und der oberen Parietalwindungen.
oder sensornotorische Störungen unterschiedlicher (Abb. 10.5).
Ausdehnung ln Abhängigkeit vom betroffenen Gefäß Im Versorgungsgebiet dieser Arterie liegen also die
(s. u.). pnmären motorischen und sensiblen Rindenfelder
fllr das kontralaterale Bein (vgl. Abb. 8.6. S. 152 und
Abb. 8.7, S. 155~
1 88 10 Blutgefäße des ZNS Die Arterien

b
Abb. 10.5 Versorgungsgebi ete der drei großen Hirnarterien in der Ansicht von lateral (a) und von medial (b): hellgrün =
A. cerebri anterior; rosa • A. cerebri media; blau • A. cerebri posterior: dunkelgrün • A. cerebri anterior + A. cerebri posterior

A.-cerebri-anterior-Syndrom: Verschlüsse der vorde- A.-cerebri-media-Syndrom: Die Symptome bei ei-


ren Hirnarterie sind seltener als bei den anderen gro- nem Verschluss des A.-cerebri-media·Stammes sind
ßen zerebralen Arterien. liegt der Verschluss in der u. a. kontralaterale Hemiparese und Sensibilitätsstö-
Pars precommunicalis. finden sich meist keine Ausfall· rungen mit besonders starker Ausprägung im Gesicht
serscheinungen (Versorgung von der Gegenseite und am Arm (brachiofazial betont). Wenn die sprach·
durch A. communicans anterior). Verschlüsse der Pars dominante Hemisphäre (i.d.R. die linke) betroffen ist.
postcommunicalis führen zu einer kontralateralen. tritt zusätzlich eine Aphasie auf. Bei einem Verschluss
beinbetonten Hemiparese, entsprechende Sensibi- in der nicht sprachdominanten Hemisphäre, kann sich
litätsstörungen und Blasenschwäche. eine Neglect (Nicht-Wahrnehmen der meist rechtssei-
tigen Sinneseindrücke) ausbilden.

Das Versorgungsgebiet der A. cerebri medio


Das große Stromgebiet der mittleren Hirnarterie Das Versorgungsgebiet der A. cerebri posterior
umfasst die Seitennäche des Frontal-. Parietal- und Von der hinteren Hirnarterie werden der basale Be-
Temporallappens (mit Ausnahme des Streifens late- reich des Temporallappens mit dem Hippocampus
ral der Mantel kante. s.o.) mit den Opercula sowie sowie der gesamte Okzipitallappen (und damit die
die durch Letztere bedeckte lnsula. Zum Territori- Sehrinde) versorgt.
um der Arterie gehören also u.a. motorischer und
sensorischer Kortex für Rumpf. obere Extremität
und Kopf. auditarischer Kortex. das Areal zum Ver- A.-cerebri-posterior-Syndrom: Hauptsymptom beim
stehen gelesener Worte (Gyrus angularis ) sowie Verschluss dieser Arterie ist eine kontralaterale homo-
motorisches und sensorisches Sprachzentrum (so- nyme Hemianopsie (vgl. S. 212).
weit die sprachdominante Hemisphäre betroffen
ist).
Außerdem versorgt die Arterie den Temporalpol 10.2.4.2 Die arterielle Versorgung der Basal-
und basal die laterale Hälfte der Facies orbitalis ganglien und der Capsula interna
des Frontallappens. Die tiefen Strukturen des· Vorderhirns werden
durch Perforansäste der Hirnarterien von der Hirn-
basis her versorgt.
10 Blutgefäße des ZNS Die Arterien 189 I
Das Striatum sowie der größte Te1l des Globus pal-
lidus und der Capsula interna {Crus anterius und
Genu) werden von der A. cerebri media {über Aa.
cemrales anterolaterales) versorgt (Abb. 10.6). Me-
dial davon ziehen kleinere Äste der A. choroidea
anterior in die Tiefe {u.a. Crus posterius der Capsu-
la interna ).
Noch weiter medial gelangen Aste aus den Aa.
commumcantes anterior und postenor zu Teilen
des Zwischenhirns.

Intrazerebrale Blutung: Die Aa. centrales anterolate- 4


rales (• Aa. lenticulostriatae), die Im strömungstech- .----- s
nisch ungünstigen rechten Winkel vom Hauptgefäß - - -6
abzweigen, sind typischer Ort für eine spontane intra-
zerebrale Blutung bei chronischer arterieller Hyperto-
nie (Bluthochdruck). Bei dieser sog. hypertensiven
---- 7
8
1111
Massenblutung, die einen Teil der nicht ischämischen
Schlaganfälle ausmacht, kommt es zu Einblutungen in
die Capsula Interna, was aufgrund der zahlreichen, 3 Aa. cerebri anterolaterales
4 A. choroidea anterior
1 Striatum
2 Thalamus
1
auf engem Raum nah beieinander verlaufenden Faser-
6 Aa. centrales posteroiaterales 5 Corpus
systemen kontralaterale motorische und sensible 7 A. cerebri posterior mammillare
Ausfälle zur Folge hat: Durch Schädigung der PyTami- 8 A. cereb::;ri~m:.::ed
= ia~--
denbahn kommt es zu spastischen Paresen {s. S. 199), Abb. 10.6 Blutversorgung der Basalganglien und der Capsu-
und die Unterbrechung afferenter thalamokortikaler la Interna
Bahnen führt zu sensiblen Störungen. Darüber hinaus
können Basalganglien und thalamisehe Areale betrof-
fen sein.
Dabei gehen die Kleinhirnarterien v. a. von der A.
basilaris ab (s. Tab. 10.2. S. 183) und eine auch beid-
selts aus der A. vertebralis (s. Tab. 10. 1. S. 182~
Oie arterielle Versorgung der Capsula Interna ist D1e Äste zum Hirnstamm entspnngen in der Regel
von besonderer klinischer Relevanz, da dort auf JeweilS den größeren Artenen, d1e auf gleicher Ho-
engstem Raum zahlreiche Bahnen verlaufen, die he wie der entsprechende Hirnstammabschnin lie-
bei einer Durchblutungsstörung ln diesem Bereich gen (zur Med ulla oblongata: A. vertebra lis bzw. A.
geschädigt werden. spinalis anterior: Pans: A. basilaris: Großteil des
Mesencephalon: A. cerebri posterior).
<I>
~•., Wiederholen Sie an dieser Stelle die durch I Klinischer Bezug
die capsula Interna ziehenden Fasern (s. S. 162), Hlmstammischämie: Eine Schadigung durch Minder-
die h:luflg geprüft werden. perfusion im Bereich des Hirnstamms kann zu einer
Vielzahl von Symptomen führen, die abhängig vom
1 0.2.5 Die arterielle Versorgung des Klein- genauen Ort der Gefäßverengung sind. Eine einseitige
hirns und des Hirnstamms Hirnstammläsion führt zu sog. Alternans-Syndromen,
Die Äste fllr das Kleinhirn und den Hirnstamm bei denen sich der Hirnnervenausfall infolge der nu·
zählen überwiegend zum vertebrobas1laren Strom- kteären Schädigung homolateral (auf der gleichen Sei-
gebiet (S. 181 ~ te der Schädigung) ausprägt, die Symptome infolge
I 190 10 Blutgefäße des ZNS Die Venen und die Sinus durae matris

Verleuung der langen durch den Hirnstamm hindurch- Oie Rr. spinales entspringen aus Ästen folgender
ziehenden Bahnen oberhalb ihrer Kreuzung dagegen großer Arterien:
kontrolotero/ (auf der Gegenseite) in Erscheinung tre- - A. subclavia (A. vertebrahs. A. cervicalis ascen-
ten. dens. A. intercostalis suprema)
Schwerste neurologische Ausfälle mit oft fluktuieren- - Aorta (Aa. intercostales posteriores. Aa. lumba-
der Symptomatik können bei einer Basllarlsthrom- les) und
bose auftreten, die auch vom Ausmaß des - A. iliaca Interna (A. iliolumbalis. Aa. sacrales la-
geschädigten Areals abhängt, klassischerweise jedoch terales).
meist durch Schwindel, Bewusstseinstrübung. Hirnner-
venstörung und Tetra- oder bei Restdurchgängigkelt
des Gefäßes auch Hemiparese gekennzeichnet ist A.-spinalis-anterlor-Syndrom: Oieses Syndrom tritt
(s. a. klinischer Fall. S. 92). aufgrund der proximal ausgeprägteren Anastomosen
v. a. bei distalem Verschluss der A. spinalis anterior
auf und ist durch Folgen der Ischämie in den versorg-
10 .2.6 Die a rterielle Versorg ung des Rücken-
ten Arealen gekennzeichnet: Durch Vorderhornschädi·
marks
gung kommt es zur schlaffen Lähmung auf Höhe der
Bei den ROckenmarksarterien sind lange vertikale
betroffenen Segmente. Oie Minderdurchblutung der
und kurze horizonrale Gefaße zu unterscheiden.
Pyramidenbahn führt zur spastischen Paraparese
Oie langen vertikalen Arterien entspringen weit
(s. S. 199) kaudal des Gefäßverschlusses. Oie Läsion
oben aus der A. vertebralis. bzw. der A. inferior
des Tractus spinothalamicus bedingt eine beidseitige
posterior cerebelli als einem ihrer Äste (s. Tab. 10.1.
dissoziierte Empfindungsstörung (Ausfall der Schmerz·
s. 182): und Temperaturempfindung bei erhaltener Be-
- A. spinaUs anterlor (unpaar) zur Versorgung der
rührungsempfindung aufgrund intakter Hinterstrang·
Vorderhörner und des Vorderseitenstrangs
bahn).
- Aa. spinales posteriores (paarig) zur Versorgung
des Hinterhorns samt Hintersträngen der jewei-
G>
ligen Seite.
Die horizontalen Gefäße sind die Rr. spinales, die
~•.. Ch eck-up
.,t Wiederholen Sie den genauen Verlauf der
durch die Foramina intervertebraiia in den Wirbel-
A. vertebralls.
kanal eintreten und sich in A. radicularis anterior
.,t Überlegen Sie, welches Gefäß durch den SI·
(anastomosiert mit der A. spinalis anterior) und A.
nus cavernosus fließt.
radicularis posterior (anasromosiert mit Aa. s pina-
.,t Machen Sie sich nochmals die Versorgungs·
les posteriores) aufteilen. Dadurch entsteht um das
gebiete der Aa. cerebrl •nterlor, medla und
Ruckenmark em gurteiförmiger Gel1!ßkranz (Vasa
posterior klar. Rekapit ulieren Sie dabei,
corona). von dem aus kleine Äste in das ROcken-
welche wichtigen funktionellen Zentren im
mark emdringen.
jeweiligen Versorgungsgebiet liegen.
Der SkiZZierte Gefäßverlauf der horizontalen Arte-
neo 1st nicht auf allen 31 Segmenten vorhanden.
Nach Ruckbildung von Arterienasten ble1ben me1st
10.3 Die Venen und die Sinus durae
8 vordere und 12 hintere Aa. radiculares ubng (auf
matris
individuell unterschiedlichen Segmenthohen).
Ein besonders dicker vorderer Ast, der von einer A.
intercostalis posterior ausgehend meist im Bereich
~
...... Le rncoa ch
der Brustwirbel Th IX und Th XII links in den Wir- Machen Sie sich das Prinzip des venösen Ab·
belkanal eindringt, wird als A. radicularls magna flusses des Gehirns klar und konzentrieren
(Adamkiewicz-Arterie) beschrieben. Über dem Rü- Sie sich auf die nur hier vorhandene Besan·
ckenmark verzweigt sich die Arterie und anasto- derheit: die Sinus durae matrls. Sie werden
mosiert m1t der A. spinalis anterior. häufig abgefragt.
10 Blutgefäße des ZNS Die Venen und die Sinus durae ma tri s 191

~,... ~~~:----:= ~
9 3
4
4

7
16
1s - - - - - _ J

a b
Sinus durae matris: Vv. profundae cerebri:
2 Sinus sagittalis superior 11 V. interna cerebri
7 Sinus transversus 12 V. magna cerebri
10 Sinus sagittalis inferior ~-
13 Sinus rectus
14 Sinus occipitalis
15 V. basalis
16 V. anterior cerebri 11111

Abb. 10.7 Oberflächliche Venen des Gehirns (Vv. superficiales cerebri) in der Ansicht von lateral (a) und von medial mit eini-
gen wichtigen tiefen Hirnvenen (b)

Die dünnwandigen Himvenen, die keine Klappen 1 0.3.1 Die Venae Superficiales cerebri
besitzen, münden in die Sinus durae matris. Aus
diesen wird das venöse Blut zur V. jugularis interna 10.3.1.1 Der Verlauf und die Mündung
geleitet. oberflächlicher Hirnvenen
Aufgrund ihrer Lage und ihrer Drainagegebiete un- Die oberfläch lichen Venen nehmen über kurze Vv.
terscheidet man: corticales Blut aus der Hirnrinde sowie über länge-
Vv. superflclales cerebri: Sie nehmen hauptsäch- re Vv. medullares Blut aus der weißen Substanz
lich Blut aus der Hemisphärenoberfläche (Cortex auf. Hinsichtlich ihres Verlaufes und ihrer Einmün-
cerebri und subkortikale weiße Substanz) auf, dung in die Sinus durae matris zeigen sie erhebli-
das direkt in die Sinus durae macris abfließt che Variationen. Sie verlaufen im Subarachnoidal-
Vv. profundae cerebri: Die Drainage tiefer gele- raum, orientieren sich aber weder an Arterien noch
gener Regionen des End- und Zwischenhirns er- an definierte Furchen oder Windungen.
folgt über diese größtenteils verdeckt liegenden Die Arachnoidea durchbrechen diese Venen erst
Hirnvenen zunächst in die V. magna cerebri , be- kurz vor ihrer Mündung in die Sinus durae matris
vor diese es in die Sinus durae matris weiterlei- und verlassen somit den Subarachnoidalraum. Ihre
tet. Adventitia verschmilzt mit dem straffen Bindege-
Anastomosen zwischen Vv. Superficiales und pro- webe der Dura mater. Diese kurzen subduralen Ve-
fundae cerebri sind im tiefen Marklager nachweis- nenabschnitte bezeichnet man als Brückenvenen,
bar. die leicht verl etzt werden und durch Einblutung ei-
Der venöse Abfluss aus dem Kleinhirn und Hirn- nen physiologisch intrakraniell nicht vorhandenen
stamm erfolgt entweder direkt in die Sinus oder Subduralraum erzeugen können (s. $. 171 ).
über die V. magna cerebri. Man unterscheidet folgende oberflächlichen Hirn-
venen:
192 10 Blutgefäße des ZNS Die Venen und die Sinus durae matris

Vv. superiores cerebri mit bogenförmigem Ver- sowie basalen und medtalen Hemisphärenanteilen
lauf tm oberen Abschnitt der medialen und late- geleitet
ralen Hemisphärenfläche und Mündung in den Die V. basalls (Rosenthal ) entsteh t im Bereich der
Sinus sagittalis superior. Zu dieser Gruppe fasst Substantia perforata anterior durch die Vereinigung
man die Vv. prefromalcs. frontales. parietales der V. anterior cerebri mit der V. media profunda
und occcipitales zusammen (Abb. 10.7). cerebri. Sie verläuft zunächst mit dem Tractus opri-
V. media superficlalls cerebri: Sie beginnt über cus. dann um die Pedunculi cerebri nach hinten
dem Gyrus angularis. verläuft durch den Sulcus (Cisterna ambiens). wo sie sich mit dem gletchna-
lateralis. erhält kleinere Zuflüsse aus der Umge- migen Gefäß der Gegensette vereinigt (s.o.).
bung und mündet meist in den Sinus sphenopa- Oie Vv. anteriores cerebri sind durch dte V. com-
rietalis (seltener in den Sinus cavernosus. Sinus municans anterior miteinander verbunden. so-
petrosus superioroder die V. basalis). dass insgesamt ein geschlossenes venöses Ring-
Vv. inferiores cerebri (im Wesentlichen VV. system entsteht.
temporales inferiores) ziehen im unteren Be- Die V. media profunda cerebri verläuft in der
reich der lateralen Hemisphärenfläche schräg Tiefe des Sulcus lateralis (bedeckt von der A. ce-
abwärts in den Sinus transversus. rebri media).
111 10.3. 1.2 Anastomosen zwischen den
Die V. Interna cerebri zteht vom Foramen mterven-
triculare auf dem Dach des 111. Ventrikels (zwischen
oberflächlichen Venen Fornix und Thalamus) nach hinten in Richtung
Diese Anastomosen. die Ober die oberfl ächlichen Vierhügelplatte und vereinigt sich mit der V. ba-
Hirnvenen ei ne Verbindung zwischen verschiede- salis sowie den beiden entsprechenden Gefllßen
nen Abflussgefäßen darstellen. sind: der Gegenseite zur V. magna cerebri. Auf ihrem
- V. anastomotica superior (Trolard-Vene): ZWI- Weg nimmt sie aus ihrer Umgebung zahlretche Ve-
schen Vv. parietales und V. media superficialts nen auf, die Blut aus inneren Hirnstrukturen füh-
cerebri. d. h. Verbindung zwischen Sinus sagttta- ren.
lis superior und Sinus sphenoparietalis (bzw.
seltener Sinus cavernosus oder Sinus petrosus 1 0.3.3 Die Venen des Kleinhirns und des
superior) Hirnstamms
V. anastomotica Inferior (Labbe-Vene): zwi- Die Venae cerebelll mUnden - mit Ausnahme der
schen V. media superficialis cerebri und einer V. superior vermis und V. precenrralis cerebelli
stlirkeren V. temporalis inferior (schräg abstei- (aus der vorderen und oberen Kleinhimoberfl:iche).
gend); d. h. Trolard-Vene + Labbe-Vene • Verbm- deren Blut über dte V. magna cerebri abfließt. di-
dung zwischen Sinus saginalis superior und Si- rekt in die Sinus durae marris:
nus transversus. - V. inferior vermis - Sinus rectus
Vv. superiores und inferiores cerebelli medialis
10.3.2 Die Venae profundae cereb ri und lareralis (aus dem überwiegenden Teil der
Vergleichbar dem Circulus arteriosus cerebri findet Kleinhirnhemisphären) ..... Sinus transversus)
sich an der Hirnbasis ein (vom arteriellen Circulus - V. petrosa (aus den vorderen Teilen der Hemi-
bedeckter) basaler Venennng (.Circulus venosus sphären) -+ Sinus petrosus Superior.
cerebri"). der durch dte Vv. basales beider Setten Die Venae trund encephali bilden insbesondere trn
gebildet wird. Aus threr Veremigungsstelle dorsal kaudalen Hirnstammberetch ein kräftiges longttu-
des Mittelhirns. an der auch die Vv. internae cere- dinales sowie ein transversales System. dte sich
bri münden. geht die V. magna cerebri (Galeni) nach kaudal in die Rückenmarksvenen fortsetzen.
hervor. Sie ist nur 1 cm lang. liegt hinter der Epi- Nach kranial anastomosieren sie mir den basalen
physe und mündet in den Anfangsteil des Sinus Hirnvenen. So drainieren die unterschiedlichen
recrus. Ober dieses System. das weitere kleine Ve- Hirnstarnrn-Anteile abhängig von ihrer Lage eher
nen aufnimmt. wird Blut aus tieferen Hirnstruktu- über die V. basahs. Ober angrenzende Kletnhtrnve-
ren von End-, Zwischen- und z. T. auch Minelhtrn nen (V. perrosa) oder direkt in den nahegelegenen
10 Blutgefäße des ZNS Die Venen und die Sinus durae matris 193

Sinus marginalis. Eine weatere Möghchkeat ast der Wände werden von der relativ starren Dura mater
Abfluss nach kaudal in die Rückenmarksvenen. gebildet: Sofern sie - wie dae meisten Sinus durae
matris - dem Schädelknochen in breiten Furchen
1 0.3.4 Die Venen des Rückenmarks angelagert sind, liegen sie zwischen periostalem
Wie bei den Anerien gibt es auch bei der venösen und meningealem Blatt der Dura. andernfalls {z. B.
Draanage des Rückenmarks ein venikales und ein Sinus sagattalis inferior und Sinus rectus) ward ahr
honzontales System. die zusammen das piale gesamtes Lumen vom meningealen Durablatt um-
Venengeflecht (Vv. perimedullares) bilden. Das ver- geben. Innen sind die Sinus durae marris von En-
tikale System besteht aus (nur) zwei Gefaßen: dothel ausgekleidet. besitzen jedoch keine Klappen.
V. splnalis anterlor (entlang der Fissura medi- sodass innerhalb des Systems prinzipiell der Blut-
ana anterior) und fluss in beide Richtungen möglich ist Der Haupr-
V. spinalis posterlor (stärker ausgebaldeL ent- abfluss des Systems erfolgt über den Sinus sigmo-
lang dem Sulcus medianus posterior). ideus an die V. jugularas interna. jedoch bestehen
Beide Venen sind über horizontale verlaufende nicht nur Verbindungen der Sinus untereinander
dünne Venenkränze miteinander verbunden. und zu den Hirnvenen. sondern auch zu exrrakra -
Das Blut aus den Vv. spinales anrerior und posre- niellen Venen und Venengeflechren. die von klini-
rior flaeßt über Vv. radiculares (Wurzelvenen) in scher Bedeutung sind {s. u. ).
den Plexus venosus vertebralis intemus (anterior
und posterior). der am Epiduralraum (innen am
knöchernen Wirbelkanal) liegt Die zusammen mit Am Confluens sinuum, der an der Protuberantia
den Spinalnerven verlaufenden Vv. intervertebrales occipltalis Interna liegt, vereinigen sich die unpaa·
führen das Blut aus dem Plexus venosus vertebralis ren Sinus sagittalis superior, Sinus rectus und Sinus
internus ab in die occipitalis mit dem paarigen Sinus transversus.
- V. vertebralis und V. cervacalis profunda {zur V.
subclavia)
- Vv. intercosrales (zur V. azygos und V. hemiazy- 1 0.3.5.2 Die Verbindungen zu extrakranlellen
gos ) Venen
Vv. lumbales (zur V. lumbalis ascendens) Die Verbmdungen der Sinus durae marris zu extra-
- V. sacralis lareralis und mediana {zur V. iliaca kramellen Venen. in denen das Blut in beiden Rich-
intema bzw. V. iliaca communis sinistra). tungen flaeßen kann, ermöglichen z. B. den Aus-
Kranaal steh t der Plexus venosus vertebralis anter- gleich bei schwankendem antrakraniellen Druck. in
nus mit dem Sinus marginalis (s. u. ) und mit dem diesem Zusam menhang sind folgende Verbindun-
Plexus basilaris in Verbindung. gen relevant:
Die Plexus venosi vertebrales extemus anterior Vv. emissariae zaehen durch kleinere Offnungen
(auf der Vorderfläche der Warbelkörper) und poste- der Schädelknochen und verbinden verschie-
rlor (hanter den Wirbelbögen. bedeckt von der au- dene Sinus durae marris mat den äußeren Kopf-
tochthonen Rückenmuskulatur) haben ähnliche Ab- venen sowie mit Vv. diploicae (s. u.). Beispiele
flüsse wie das innere Venengeflecht und si nd:
anastomosieren mir ihm. Eine Anastomose ist die • Vv. emissariae parietales: zwischen Sinus sa-
V. basivertebralis, die jeweals in einem Wirbelkör- gartalis superior und Vv. temporales Superfi-
per verlauft ciales
• Vv. emissariae condylares: zwischen Sinus
1 0.3.5 Die Sinus durae matris sigmoideus mit Plexus venosus vertebralis ex-
ternus
10.3.5.1 Der Aufbau und die Funktion • Vv. emissariae mastoideae: zwischen Sinus
Die Sinus durae marris {s. Tab. 10.7 und Abb. 10.8) sigmoideus und Vv. auriculares posteriores
smd veoose Blutleiter. dae das Blut aus den ober- oder Vv. occipitales
flachliehen und uefen Hirnvenen draimeren. Ihre
194 10 Blutgefäße des ZNS Die Venen und die Sinus durae matris

Sinus dlll'll~ matrls


Name Lage und Charakteristika Verbindungen
unpaar angelegt
Sinus sagittalis • verläuft in der Medianebene entlang der Anhef- • Aufnahme der Vv. superiores cerebri. Vv. menin·1
superior tungsstelle der Falx cerebri am Schädeldach (von geae (aus den Hirnhäuten). Vv. diploicae (aus
der Crista galli nach hinten bis zur Protuberantia dem Schädeldach) und Vv. emissariae (von der
occipitalis intema - hinterlässt als Impression Außenfläche des Kopfes. s. S. 193)
den Sulcus sinus sagittalis Superior in Stirn·.
Scheitel- und Hinterhauptsbein)
• wird von vorne nach hinten breiter • Mündung in den Confluens sinuum
• besitzt im Bereich der Scheitelbeine beidseits
lacunae laterales (s. S. 171)
Sinus sagittalis inferior • verläuft im freien Rand der Falx cerebri • Mündung in den Sinus rectus
kleinkalibrig
-- --
Sinus rectus • verläuft an der Anheftungslinie der Falx cerebri • Aufnahme des Sinus sagittalis inferior und der
am Tentorium cerebelli V. magna cerebri auf
• Mündung in den Conlluens sinuum
Sinus occipitalis • liegt in Verlängerung des Sinus sagittalis Superior • Verbindung zwischen Sinus marginalis und
unterhalb des Confluens sinuum an der Anhef- Confluens sinuum
tungsstelle der Falx cerebelli
Sinus marginalis • umfasst das Foramen magnum ringförmig • Verbindung zwischen Sinus ocdpitalis. Plexus
basilaris • und Plexus venosus vertebralis
internus (über das Foramen magnum)
paarig angelegt
Sinus transversus • verläuft horizontal entlang der Ansatzlinie des • Verbindung zwischen Confluens sinuum und
Tentorium cerebelli Sinus sigmoideus
• hinterlässt an der Squama ocdpitalis den Sulcus
sinus transversi
Sinus sigmoldeus • S-förmig gekrümmt • Fortsetzung des Sinus transversus
• hinterlässt an der Innenfläche des Processus Mündung die V. jugularis Interna (am Foramen
mastoideus den Sukus sinus sigmoiMus jugulare)
Sinus cavernosus • schwammartiges Gebilde auf beiden Seiten des • Aufnahme des Sinus sphenoj>arietalis
Corpus ossis sphenoidale (zwischen Fossa hypo-
physialis und Cavum trtgeminale)
• grenzt oben an das Diaphragma sellae • Abnuss über Sinus petrosi Superior und inferior
• Verbindung von rechtem und linkem Sinus ca- • Verbindungen zu:
vemosus über die Sinus intercavernosi anterior - Plexus basilaris •
und poslerior, so dass ein venöser Ring um den - Plexus pterygoideus • • (über das Foramen
Türkensattel entsteht ovale)
• durchziehende Strukturen: - Vv. ophthalmicae Superior und inferior
- A. carotis intema
- N. abducens (VI)
• in seiner lateralen Wand verlaufen von oben
nach unten:
- N. oculomotorius (111)
- N. trochlearis (IV) und
- N. ophthalmicus (V2)
Sinus sphenoparietalis • unter der Ala minor des Os Sphenoidale • nimmt meist die V. cerebri media superficlalls
auf
Sinus petrosus superior • an der oberen Kante (Margo superior) des • Verbindung zwischen Sinus cavemosus und
Felsenbeins (Pars petrosa ossis temporalis) Sinus sigmoldeus
Sinus petrosus inferior • am Hinterrand (Margo posterior) des Felsenbeins • Verbindung zwischen Sinus cavernosus und
V. jugularis intema
·ventngtRKht auf dem d ivus und verbindet Sinus c.avemosus und Sinus rnargino~li.s
• · VeMnplexus der t1efen seithche-n Geskhuregion
10 Blutgefäße des ZNS Die Venen und die Sinus durae matris 195

19 , . - - -- - - - 1 --
s sphenoparietalis
18 2 2 S1nus sagittalts superior
3 Sinus sagittalis inferior
- 3 7 Sinus 1ntercavernosus
17
16 I9 Sinus cavernosus
10 Sinus petrosus inferior
11 Sinus petrosus Superior
12 Sinus sigmoideus
-- 4 16 Sinus occipitalis
- s 17 Conßuens sinuum
15 18 Sinustransversus
19 Sinus rectus

4 V. ophthalmica superior

I 5 V. angularis
6 V. ophthalmka 1nferior
8 Plexus pterygoideos
14
13 V. jugularis intema
13 14 Vv. emissariae rnastoideae
15 V. occipitalis
- --
Ab~. 10.8 Venoser Abfluss aus dem Schädelinnenraum: Sinus durae matris mit Verbindungen zu extrakraniellen Venen in der
AnsiCht von posterolateral

• V. emissaria occipitalis: zwischen ConOuens


Klinischer Bezug
smuum mit Vv. occipttales.
Vv. diplolcae verlaufen in der Diplee (• Spongio- Slnusthrombose: Dieses Krankheitsbild, bei dem ein
sa des Sch:ldeldachs) und stehen ebenfalls so- Sinus durae matrls durch ein Blutgerinnsel verlegt
wohl mit den Sinus durae matris als auch mtt wtrd. kann nicht nur folge einer Gerinnungsstörung
den außeren Kopfvenen in Verbindung. sein. sondern auch durch Krankheitserreger hervorge-
Dte V. angularis als Endast der V. factalts hat rufen werden. für letztere bilden die Verbindungen
über die V. ophthalmica Superior Anschluss an zwischen extrakraniellen Venen und den Sinus durae
den Sinus cavemosus. malris eine mögliche Eintrittspforte, über die sich
Venöse Plexus. die in Begleitung von Arterien zunächst harmlose Infektionen im Bereich des Ge-
und Nerven durch die Schadelbasis ziehen. bil- sichts oder der Kopfschwarte nach intrakraniell aus-
den eine zusätzliche AbOussmöglichkeit über breiten können. Auch der direkte Durchbruch einer
die Venenplexus im Wirbelkanal und den Plexus eitrigen Entzündung von Nachbarorganen in einen Si-
pteryg01deus der settltchen Gestchtsregion. Letz- nus ist möglich wie z. B. bei einer Mastoid1tis (eit rige
terer spielt aufgrund seiner zahlreichen Verbin - Einschmelzung der knöchernen Cellulae mastoideae
dungen zur extra- und mtrakrantellen venösen nach nicht ausgeheilter Otitis media, s. S. 235) mit
Cefl!ßen (z. B. im Gesichtsbereich zur V. retro- Knochenarrosion und Thrombosierung des benachbar-
mandibularis und zur V. profunda faciet als Ast ten Sinus sigmoideus.
der V. faciahs sowie auch zur V. meningea medta Neben typischen allgemeinen Symptomen wie z. B.
und zum Sinus cavernosus) eine besonders Kopfschmerzen und anderen Zeichen erhöhten Hirn-
WIChtige Rolle. drucks infolge des Blut rückstaus können in Abhäng 1g-
keit von der Lokalisation der Thrombose auch
speztfische Ausfälle auftreten: So sind z. B. bei einer
Sinus-cavernosus-Thrombose die topographisch in en-
ger Beziehung zu ihm verlaufenden Hirnnerven be-
troffen (zuerst der mitten durch den Sinus cavemosus
ziehende N. abducens, dann auch die in seiner Wand
verlaufenden Hirnnerven 111. IV und V1).
196 10 Blutgefäße des ZNS Die Ve ne n und die Sinus durae matris

V

<D

... ... Check-up


Wiederholen Sie, welche Venen jeweils zu
den oberflächlichen und zu den tiefen Hirn-
venen gehören.
V Welches venöse Gefäß liegt in der Nähe
der Epiphyse?
V Rekapitulieren Sie, welche Sinus im Con-
fluens slnuum unmittelbar zusammentref-
fen.
V Führen Sie sich Lage und Mündung des Si-
nus sagittalis Inferior vor Augen.
V Machen Sie sich nochmals klar, mit wel-
chen venösen Blutleitern der Sinus caverno-
sus in Verbindung steht und welche Struk-

111 V
turen topographische Beziehungen zu ihm
haben.
Wiederholen Sie, welche Funktion die Vv.
emissariae erfüllen.
I I ••

I
Klinischer Fall

Gestörte Bewegungsbahnen Gestörte Bewegungssteuerung


.Doktor. ich bin heute fast überfahren worden·. be-
richtet Herr C. dem Facharzt für Neurologie Or. B.
Sauer.•Als ich die Straße überquerte, kam em Auto
von links angefahren. Ich wollte stehen bleiben,
schaffte es aber nicht und wäre fast in den Wagen
hineingelaufen·, erzählt der Mann relativ ausdrucks·
los weiter. Als er Ihm auch seine anderen Beschwer-
den schildert. hat der Neurologe bereits einen Ver·
dacht. Er bittet den Steuerberater. einige Sätze zu
S<hnftbold eines Patoenlen mot Morbus Paricinson (Mikrogra· schreiben. Dabei sieht er, dass die Buchstaben be-
phle). sonders zum Zellenende hin kaum erkennbar klein
werden. Bei der klinischen Untersuchung fällt dem
Ein funktionelles System umfasst mehrere zent1111- Neurologen eine gewisse Bewegungseinschränkung
nerv6se und z. T. MICh periphere . Stationen•. die der Extremitäten auf, die links ausgepr.lgter ist als
gernelAMm bestimmte Aufg*n erfüllen. Für du rechts. Der Tonus der Arm· und Beinmuskeln scheint
motortsdle System sind ah zentrainenlöse Strulctu· insgesamt erhöht zu sein. Als Or. Sauer den Gang sei·
ren v. a. der Cortex cerebrl. BasalgancJIIenschlelfen nes Patienten begutachtet, bemerkt er. dass die
mit Verbindung zu motorischen Thalamuskemen. Schritte des Mannes langsam sind und seine Arme
das Kleinhirn mit seinen Projektionen sowie pyra· beim Gehen kaum mitschwingen, besonders aber
mldale und extrapyramidale Bahnen von Bedeu· seine linke Hand in Ruhe !einschlägig zittert. Alle kll·
tung. Tritt eine St6rung Im Bereich der Basalgan- nischen Symptome. die der Neurologe dokumentiert,
glienschleifen auf, so verindem sich das kann er der typischen Symptomtrias .Rigor. Ruhetre·
Bewegungstempo. die Haltung und der Muskelto- mor und Hypo- bis Akinese· beim Morbus Parkinsan
nus des Patienten. Ein Belspiel für eine solche zuordnen. Auch die depressive Stimmungslage.
St6rung 1st Morbus Partclnson. Bei dieser Ertcran- Schulterschmerzen und das Alter das Patienten pas·
kung kommt es zur Symptomtrias Tremor (Zittern), sen zu einer Erstmanifestation dieser Erkrankung
Rlgor (Starre) und Aklnese (Unbeweglichkeit).
Therapie: Dopamlnagonlst
Lustlosigkeit und Schulterschmerz Für die weiterführende Diagnostik schickt Or. Sauer
M.utin C. ist müde. Seit zwei Wochen schafft er es den Steuerberater in eene neurologische Klinik. Als
kaum. sich morgens aus dem Bett zu quälen. Appetit· sich der Patient nach drei Wochen wieder in der Pra·
los und lustlos schleppt er sich durch den Tag. Er xis vorstellt. ist dM1 Entlassungsbericht u. a. zu ent·
fuhlt s~th unbeweglich und stolpert ofter als fruher. nehmen, dass die kranoelle Bildgebung unauffällig,
Zusätzlich zittert v. a. seine linke Hand seit neuestMl, aber der L·Oopa-Test posit iv war. letzteres bedeutet,
wenn er nichts damit tut. dass sich die Symptome des Patiel)ten nach der Gabe
Noch vor einem halben Jahr war der 57·Jährige stets eines L·Dopa·Präparates besserten. Oie klinoschen
auf Achse. Als engagierter Steuerberater arbeitete er Kollegen sind von einem Idiopathischen Morbus Par·
nkht nur im eigenen Büro. sondern fuhr auch oft di· kinson ausgegangen und haben bei Herrn C. ~ne
rekt zu seinen Kunden. Dann begannen eines Tages Therapie mit einem Dopamin-Agonisten begonnen.
die Schmerzen in seiner linken Schulter und ver· Von dem Erfolg kann sich Or. Sauer selbst uberzeu·
schUmmerten sich mit jeder Woche. Auf Rat eines gen: Oie Bewegungen des Patienten verlaufen glat·
Orthop.'lden schluckte M<1rtln C. entzündungshem· ter, die Schulterschmerzen sind schwächer und Herr
mende Medikamente, die aber wenig halfen. Zu den C. wirkt wieder viel zuversichtlicher.
Schmerzen gesellte sich bald die Lust- und Kraftlosig·
keit. Sein Hausarzt sprach von einer Depression und
riet ihm, einen Nerven.1rzt aufzusuchen.
11 Fu n k tionelle Systeme Das somatornotorische System 199

11 Funktionelle Systeme
Motorische Ausfallserscheinungen: je nach Ort der
in einem funktionellen System werden verschie-
Läsion innerhalb des somatornotorischen Systems
dene kortikale und nukleäre Hirngebiete und ihre
kann es zu sehr unterschiedlichen klinischen Syndro-
Verknüpfungen mit Blick auf ihre gemeinsame Auf-
men kommen. Sind Strukturen der modulierenden
gabe zusammengefasst. Zu den meisten funktionel-
Rückkopplungsschleifen geschädigt. führt dies nicht zu
len Systemen gehören auch Anteile des peripheren
Lähmungen der Muskulatur, sondern zu Störungen des
Nervensystems.
Bewegungsablaufs (s. Parkinson-Syndrom, s. S. 203
und Kleinhirnerkrankungen, s. S. 119). Schädigungen
11.1 Das somatornotorische System des 1. oder 2. motorischen Neurons dagegen haben
partielle Lähmungen (Paresen) oder einen kompletten
i;
...... Lerncoach Ausfall der Muskulatur (Piegle) zur Folge.
Die einzelnen Strukturen innerhalb des soma- Dabei ist eine Läsion des 1. motorischen Neurons im
tomotorischen Systems kennen Sie größten- Gehirn oder Rückenmark (mit Ausnahme der akuten
teils bereits aus anderen Kapiteln. Konzen- Phase. s. S. 87) durch eine spastische Parese mit To-
trieren Sie sich beim lesen dieses Abschnitts nuserhöhung. gesteigerten Muskeleigenreflexen, posi-
daher darauf, wie sie untereinander verschal- tiven Pyramidenbahnzeichen und abgeschwächten
tet sind, um beim Ausführen einer Bewegung Fremdreflexen bei herabgesetzter Muskelkraft ge-
mitwirken zu können. kennzeichnet (zentrale Parese durch Wegfall des hem-
menden Einflusses auf -y-Motoneurone). Ist das 2.
11 .1 .1 Der Überblick motorische Neuron geschädigt, tritt eine schlaffe
Planung und lnitiierung von Bewegungen erfolgen Lähmung auf, bei der begleitend zur herabgesetzten
im Wesentlichen im prämotorischen und supple- Muskelkraft auch der Tonus und die Muskeleigenrefle-
mentär motorischen Kortex (s. S. 153 ). Diese erhal- xe abgeschwächt sind. Auch setzt schnell eine Atro·
ten Rückkopplungen aus motorischen Thalamusker- phie der betroffenen Muskeln ein. Da bis auf das
nen (s. S. 131 ) und über diese indirekt v. a. aus den Perikaryon im Vorderhorn des Rückenmarks der
Basalganglien und dem Kleinhirn. Darüber können längste Anteil des betroffenen Neurons (Axon) zum
initiierte Bewegungen abgestimmt und moduliert PNS zählt, spricht man auch von einer peripheren
werden. Vom prämotorischen Kortex wird das ab- Lähmung. Durch gezieltere neurologische Untersu-
gestimmte Bewegungsprogramm an den primär chung lassen sich dann Rückschlüsse auf den wahr-
motorischen Kortex weitergeleitet. Hier liegen die scheinlichen Ort der neuronalen Läsion (Vorderwurzel.
Setz-Riesenzellen. die den Ursprung der Pyrami- peripherer Nerv) oder eine muskuläre Ursache ziehen.
denbahn bilden. Als Pyramidenbahn wird die di- Sind sowohl das 1. als auch das 2. motorische Neuron
rekte und schnelle (monosynaptische) Verbindung betroffen (wie z. B. bei der Amyotrophen Lateralskle-
vom primär motorischen K01tex (1. motorisches rose ~ ALS). kommt es zur Kombination von Muskel-
Neuron) zu den Motoneuronen im Hirnstamm bzw. atrophie (durch Untergang von Motoneuronen) und
Rückenmark ( 2. motorisches Neuron) bezeichnet, Spastizität mit Pyramidenbahnzeichen (durch Seiten-
die im Wesentlichen der Willkürmotorik dient. Sie strangbefall). Diese degenerative Erkrankung verläuft
besteht aus: unaufhaltsam progredient.
Fibrae corticonudeares. die an den motorischen
Hirnnervenkernen im Hirnstamm enden, und Der unwillkürlichen Steuerung und Koordination
Flbrae cortlcospinales, die sich als Tractus corti- der Somatamotorik dient das so genannte extrapy-
cospinalis fortsetzen und direkt oder meist über ramidal-motorische System. das jedoch funktionell
Interneurane auf a -Motoneurone im Vorderhorn mit dem pyramida l-motorischen System eng ver-
des Rückenmarks projizieren. knüpft ist: Kollateralen der Pyramidenbahn ziehen
Letztere innervieren die Skelettmuskulatur in der - genau w ie die Fasern aus dem prämotorischen
Peripherie mit dem Erfolg der Muskelkontraktion. und supplementär motorischen Kortex - sowohl zu
200 11 Funktionelle Systeme Das somatornotorische System

subkortikalen Kerngebieten als auch Ober den Pons Im Pons (Pars basilaris) ist die Pyramidenbahn in
zum Kleinhirn. So enrstehen polysynaptische Ver- Faserbündel aufgespalten (als Te1l der Fibrae pontis
bindungen im Sinne von Rückkopplungsschle1fen: longitudinales, s. S. 98). Auf der ventralen Seite der
- Die Verschaltungen der Basalganglien sind für Medulla oblongata vereimgen sich die Faserbündel
die Ausfuhrung komplexer erlernter Bewegung zu einem Strang (-+ Pyram1s).
(z. B. Schreiben) von großer Bedeutung. Während ihres Verlaufs durch den Hirnstamm ver-
FOr den geordneten Ablauf einer Bewegung sind lassen die Fibrae corticonucleares auf unterschied-
zudem Kleinhirnschleifen von Bedeutung. in die lichen Höhen die Pyramidenbahn. um an motori-
neben dem Cerebellum z. B. die Ponskerne, der schen Hirnnervenkernen zu enden. Am Ende der
untere Olivenkomplex und (als Zwischenstation) Medulla oblongata liegen somit nur noch Fibrae
der Nucleus ruber eingebunden sind. Die .Sta- corticospinales vor.
tionen· dieser Rückkopplungsschleifen stehen Die Mehrzahl dieser Fasern (ca. 70-90 %) kreuzen
mit weiteren Hirnstammstrukturen in Verbin- hier in der Decussatio pyramidum, um kontralate-
dung. die ebenfalls Einfluss auf die Motorik neh- ral als Tractus cortlcosplnalls Iaterans im Funiculus
men. lateralis des ROckenmarks abzuste1gen. Die nicht
Efferenzen aus vielen der beteiligten Kerngebiete gekreuzten Fasern verlaufen als Tractus cortlcospl·
(Kieinhimkerne, Ncl. ruber, Colliculi superiores. nalis anterior ipsilareral im FunleuJus anterior ab-

111 Complexus olivaris inferior • untere Olive, Forma-


tio reticularis und Vestibulariskerne), die als extra-
pyramidale Bahnen zusammengefasst werden kön-
wärts, um dann auf Höhe ihres Zielsegments die
Seite zu kreuzen.
Die Fibrae corticonucleares kreuzen zur Gegenseite
nen. dienen der unwillkürlichen Steuerung und und enden an den motorischen Hirnnervenkernen
Koordination der Somatomotorik. V, VII, IX, X, XI und XII (direkt an Moloneuronen
oder über lnterneurone). Die Kerne V. IX und X
11.1.2 Das pyrarnldal-mot ori.s che Syst em werden zudem von ipsilateralen Fasern erreicht
Die Pyramidenbahn (Tractus pyramldalls. Abb. 11. 1) Der Faserverlauf zum Kern des N. facialis ist diffe-
ist für d1e willkürliche Motorik verantwortlich. Sie renziert, s. S. 69.
übermittelt v. a. Signale vom motorischen Kortex Das frontale Augenfeld entsendet Fibrae corticonu-
an motorische Hirnnervenkerne im Hirnstamm cleares, die im Hirnstamm abzweigen und u. a. zur
Ober Flbrae cortlconucleares Area pretectalis, zum Colliculs Superior und zur
an Motoneurone im Vorderhorn des ROcken- Formatio reticularis ziehen. Nach Umschaltung er-
marks über Fibrae corticospinales. folgt dann die Projektion auf die Hirnnervenkerne
Die Axone der Pyramidenbahn enden kontralateral 111, IV und VI.
und haben Glutamat als Transmirrer. Der Ursprung Die Fasern. die aus den o.g. motorischen Kortex-
dieses Fasersystems liegt hauptsächlich im primär arealen stammen, enden an:
motorischen Kortex (Gyrus precenrralis. Area 4. - a-Moroneuronen (direkt, nur ein geringer Teil
s. Betz-Riesenpyramidenzellen, S. 153), prämotori- der Fasern). deren Axone das Rückenmark über
schen und supplementär motorischen Kortex die Vorderwurzel verlassen. um die querge-
(s. S. 153) sowie dem Kortex für die Okulomotorik streifte Skelerrmuskulatur zu mnervieren (s. mo-
(frontales Augenfeld im Gyrus frontalis medius, torische End plane. S. 9)
s. S.146~ lnterneuronen. die dann die Signale zu a-Moto-
Ein kleiner Teil stammt aus dem somatasensori- neuronen Ieiren
schen Kortex (s. u.). Nach dem Verlassen des Kortex lnterneuronen. die die Signale über weitere ln-
bilden die Fasern der Pyramidenbahn einen Teil der rerneurone an a-Motoneurone leiten.
Corona radiata (s. S. 163) und verlaufen dann - wei-
terhin immer somatatop geordnet- durch die Caps- 11.1.3 Das ext rapyram idal -motorische System
ula interna (Genu und Crus posterior, s. Tab. 8.2. Das extrapyramidal-motonsche System dient der
S. 163). Weiter ziehen die Fasern durch den mittle- Abstimmung unterschiedlicher motonscher Pro-
ren Teil der mesenzephalen Crura cerebri. gramme im Rahmen einer Bewegungsvorbereirung.
11 Funktionelle Systeme Das somato rnotorische System 201

1 Telencephalon
1 Cortex cerebri:
Gyrus precentralis
2 Capsula interna

2 Hirnstamm
3 Mesencephalon:
Crus cerebri
4 Pons: Pars basilaris pontis
5 Medulla oblongata:
anteriores Areal
ROckenmark
10 6 Vorderseitenstrang
3 Bahnen
11
7 Tractus corticospinalis
lateralis
9 8 Tractus corticospinalis
anterior
9 Decussatio pyramidum
10 Fibrae corticospinales
11 Fibrae corticonucleares
4

s -----....
7 --------.,.

Abb. 11 .1 Verlauf der Pyramidenbahn

Es kann als eine Art .Servo-System'" für die Pyrami- pallidus medialis und die Nuclei ventrales amerio-
dalmotorik aufgefasst werden. indem es . glatte·· Be- res und laterales des Thalamus.
wegungen mit ermöglicht. Das Striatum erhält Afferenzen aus allen Kortex-
arealen {Transmitter: Glutama t ~ exzitatorisch),
11. 1.3.1 Die Basalgangli enschleifen über die Fibrae nigrostriatales aus der Pars compac-
Bei den Basalganglienschleifen (Abb. 11.2) handelt es ta der Substantia nigra {Transmitter: Dopamin ..... je
sich um polysynaptische Schleifen, die mit dem nach Rezeptor unterschiedliche Wirkung, s. u.) und
Kortex in Verbindung stehen. aus dem Ncl. centromedianus des Thalamus {Trans-
Oie Hauptschleife {auch als direkter Weg der Basal- mitter: Glutamat).
ganglienverschaltung bezeichnet) enthält das Stria- Es projiziert hemmend {Transmitter: GABA) zum
tum (Nucleus caudatus und Putamen). den Globus Globus pallidus medialis. Von dort zieht {genau wie
202 11 Funktionelle Systeme Das somatamotorische System

hem mt vermindert Thalamuskerne _, Thalamus-


kerne aktivieren vem1ehrc den Kortex.
2 Die Nebenschleifen (auch als indirekter Weg der
Basalganglienverschaltung bezeichnet) modulieren
den Informationsfluss in der Hauptschleife. Dabei
projizieren die Efferenzen des Striatum nicht direkt
in den Globus pallidus medialis und die Substantia
nigra (Pars reticularis ). sondern über .. Zwischensta-
tionen" im Globus pallidus lateralis und Ncl. sub-
thalamicus. Weitere Verbindungen entsprechen de-
nen der Hauptschleife.
Wie das Striatum erhält der Nucleus subthalamicus
erregende Afferenzen aus dem Kortex und proj i-
ziert zum Globus pallidus medialis und zur Sub-
stantia nigra. Pars reticularis. Diese Projektionen
3 des Ncl. subthalamicus sind exzitatorisch. Das
heißt, im Globus pallidus medialis können diese
exzitatorischen Impulse die inhibitorischen Signale
aus dem Striatum (s. Hauptschleife) sowie die aus
dem Globus pallidus lateralis abstufen.
Der Nucleus subthalamicus wird durch den Globus
~-- 5 pallidus lateralis gehemmt. Letzteres wird wieder-
--~• ..,. um durch das Striatum gehemmt (Transm itter:
GABA). Das bedeutet. die Projektion vom Striatum
zum Globus pallidus lateralis ist letztlich motorik-
hemmend: Striatum hemmt Globus pallidus lateralis
-> Globus pallidus la teralis hemmt vermindert Nu -
1 supplementär Substantia nigra:
motorischer Kortex 6 Pars compacta cleus subthalamicus-. Nucleus subthalamicus akti-
2 prämotorischer Kortex 7 Pars reticularis vierr vermehrt Globus pallidus medialis _, Globus
Thalamus: 8 Globus pallidus pallidus medialis hemme vennehrt Thalamuskerne
3 Nd. ventralis lateralis medialis _, Thalamuskerne akcivieren venninderr den Kortex.
4 Nd. centromedianus 9 Globus pallidus lateralis Die Aktivität des motorischen Kortex wird also
5 Ncl. subthalamicus 10 Putamen durch Inhibition und Disinhibition der motorischen
Thalamuskerne reguliert. was insbesondere bei der
Abb. 11.2 Basalganglienschleifen (grün • Hauptschleife.
pink • Nebenschleifen) und ihre Verknüpfungen mit motori· Bewegungsplanung von Bedeutung ist.
sehen Kortexarealen
Stellvertretend für das Striatum ist hier nur das Pulamen
dargestellt.
I'Mi43'
Das Striatum empfängt dopaminerge Fasern von
von der Pars reticularis der Substantia nigra) eine
der Substantia nigra (Pars compacta) und glutama-
hemmende Projektion zu den Nuclei ventra les an-
terge Fasern vom Cortex cerebri. Striatale Efferen-
teriores und latera les des Thalamus. Letztere schi-
zen sind GABAerg. Sie ziehen weder direkt zum
cken erregende Fasern zum prämotorischen und
Rückenmark noch direkt zurück zum Kortex. son·
supplementär motorischen Kortex. von wo aus ein
dern u. a. zu beiden Anteilen des Globus pallidus.
Anschluss an das pyramidal-motorische System ge-
So bewirken sie über die Hauptschleife
geben ist. Oie Projektion des Striatum zum Globus
(direkter Weg) eine Steigerung, über die Neben·
pallidus medialis (i n der Haupcschleife) ist also
schleifen (indirekter Weg) eine Hemmung der mo·
letztlich motorikfördemd: Striatum hemmt Globus
torischen Aktivität.
pallidus medialis -. Globus pallidus medialis
11 Funktionelle Systeme Das somatamotorische System 203

Der Informationsfluss in direktem und indirektem


Weg kann durch weitere Projektionen in diese
Schaltkreise hinein modifiziert werden. Die dopa-
minergen Neurone der Substanua nigra (Pars com-
pacta) inhibieren den motorikhemmenden Teil des
Striatum (über 02-Rezeptoren) und erregen mit ei-
nigen Fasern den motorikfördernden Teil des Stria-
tum (Ober 01-Rezeptoren). D.h. diese Projektion
hat einen fördernden Einfluss auf die Motorik.

Oie dopaminergen Fasern aus der Pars compacta


der Substantia nigra haben (über verschiedene Do-
paminrezeptoren im Striatum) unterschiedliche
Auswirkungen auf die Motorik.

Morbus Parldnson: Durch den Untergang der dopa-


minergen Neurone in der Sustantla nigra kommt es zu
- verminderter Aktivierung des motorikfördernden
Teils (direkter Weg) des Striatum. d. h. die Inhibito-
rische Wirkung des Globus p<JIIidus mediolis ist
verstartet
- verminderter Hemmung des motorikhemmenden Abb. 11.3 Haltung eines Parklnson-Kranken
Teils (Indirekter Weg) des Striatum; das bedeutet:
vermehrte Hemmung des Globus pallidus lateralis
-+ verminderte Hemmung des Nucleus subthala-
micus -> vermehrte Erregung des Globus palhdus Oie Reduktion der dopaminergen Projektion zum
medlalis, d. h. die inhrbitorische Wirkung des Globus Striatum führt zu einer Aktivitätssteigerung von cho-
pollidus mediolis ist verstärkt. linergen Interneuronen im Striatum. Das cholinerge
Insgesamt wird uber belde Wege die hemmende Wir- ÜbergewiCht wird fllr die Symptome Ruhetremor (Pil·
kung des Globus pallidus medialis auf den Thalamus lendrehen) und Rlgor verantwortlich gemacht. Der Rl·
gesteigert und motorikfördernde Effekte der thalamo- gor ist ein erhöhter Muskeltonus. Bei passiver
kortikalen Verbindung reduziert. Dies führt zu einer all- Bewegung Im Handgelenk bemerkt der Untersucher
gemeinen Reduktion einer spontanen Bewegung. einen gleichmäßig anhaltenden Widerstand, der ruck-
Aklne~ (oder Hypokinese). Der Ablauf von Bewegun- artige Unterbrechungen aufweist (Zahnradphäno-
gen ist verlangsamt und Mitbewegungen sind aufgeho- men).
ben (fehlendes Schwingen der Arme beim Gehen). Es
sind ferner zu beobachten: eine starre Mimik (Masken-
Auch limbisehe Schleifen beeinflussen die Signal-
gesicht). seltener Lidschlag. Mikrographie. Schluckstö- übertragung im direkten und indirekten Weg (Psy-
rungen, undeutliche und monotone Artikulation,
chomotonk). Die Pars reucularis w1rd durch Axone
Gangstörungen (z. B. kurze Schritte. Füße werden kaum
aus den striatalen Striosomen gehemmt. die selbst
angehoben), Haltungsänderung (nach vorn gebeugter
Afferenzen aus limbisehen Kortexarealen bekom-
Kopf und Rumpf sowie leicht angewinkelte und addu-
men.
zierte Arme, s. Abb. 11.3), herabgesetzte renektorlsche
Der Globus pallidus medialis erreicht mit seinen
Ausgleichsbewegungen (-> Stolpern. gehäuft Stürze).
Axonen nicht nur die motorischen Nucle1 ventrahs
2 04 11 Funktionelle Systeme Das somatornotorische System

anterior und lateralis, sondern auch den Nucleus die untere Olive wieder dort ankommt. Die
centromedianus. Funktion dieser Neuronenkette ist die präzise
Letzterer projiziert auch zu limbisehen Kortexarea- Ausführung von Bewegungen (-+ Zielmotorik,
len und frontalen Assoziationsarealen. Zudem zie- Sprechmuskulatur).
hen auch Projektionen aus dem Corpus amygdalo- Einen ähnlichen Weg nehmen auch Efferenzen
ideum zum Striatum (-> Beteiligung der der Ncll. globosi und emboliformis. mit dem Un-
Basalganglien an emotionalen Prozessen). terschied, dass sie die Pars magnocellularis des
Ferner lässt sich eine thalamisehe Nebenschleife Ncl. ruber erreichen. Hier beginnt der Tractus
nachweisen: rubrospinalis (s. S. 205). Spinozerebelläre Affe-
Die intralaminären Kerne des Thalamus, die inhibi- renzen erreichen wiederum Rindenareale des
torische Afferenzen aus dem Globus pallidus medi- nach ihnen benannten Spinocerebellum, die auf
alis erhalten. erregen das Striatum. Letzres inhi- die Ncll. globosi und emboliformis projizieren.
biert vermehrt den Globus pallidus medialis. Über diese Verbindungen kann das Kleinhirn re-
gulierend auf den Muskeltonus einwirken.
11.1.3.2 Die Kleinhirnschleifen Neben Afferenzen aus den Vestibulariskernen er-
Das Kleinhirn kann keine Bewegungen initiieren. hal ten zum Vestibulacerebellum zählende Rin-
Es ist unbewusst u. a. für Kontrolle von Muskelro- denregionen von Vermis und lobus anterior
nus, Cleichgewichcserhaltung. Korrekturen und Glät- auch Signale aus der Formatio reticularis. Rück-
tung von Bewegungsabläufen verantwortlich (s. Ka- läufige Fasern verlassen das Kleinhirn größten-
pitel 6, S. 117). teils über den Nd. fastigll. Die Tractus vestibula-
Diese Leistungen werden durch die so genannten und reticulospinalis spielen für die Gleichge-
Kleinhirnschleifen erreicht. Dazu steht das Klein- wichcsregulienmg und die Stützmotorik eine Rol-
hirn sowohl mit dem Kortex (afferent über die le. Zudem kann das Vestibu lacerebellum über
Panskerne und efferent über den motorischen Tha- seine Projektion zu den Vestibulariskernen. die
lamus) als auch mit verschiedenen subkortikalen wiederum mit den Augenmuskelkernen in Ver-
Zentren, die im Rahmen der Motorik eine Rolle bindung stehen. die Blickmotorik beeinflussen.
spielen. in Verbindung. Eine direkte Verbindung So sind also verschiedene Hirnstammstrukturen in
besteht z. B. zum Ncl. ruber (s. S. 101 ) und der un- die Kleinhirnschleifen eingebunden, über die Infor-
teren Olive (Complexus olivaris inferior. s. S. 96), mationen des Kleinhirns weitergegeben werden.
die beide auch kortikale Afferenzen erhalten. Eben- Die Motoneurone im Rückenmark werden dabei
falls besteht eine Rückkoppelung zwischen Klein- von den subkortikalen Zentren über die extrapyra-
hirn und Formatio reticularis (s. S. 102) sowie Vesti- midalen Bahnen (s. u.) weitergeleitet. Über die sen-
bulariskernen (s. S. 217 ). Die Ausbi ldung von siblen Bahnen des Rückenmarks ist dann wieder-
Rückkopplungsschleifen lässt sich vereinfacht ent- um eine Rückmeldung an das Kleinhirn und - über
sprechend der funktionellen Kleinhirnanteile den Thalamus - an den somatasensorischen Kortex
(s. S.119) mit Afferenzen der drei Rindenareale. möglich. Durch das enge funktionelle Zusammen -
Projektion in die verschiedenen Kleinhirnkerne und wirken von motorischem und somatasensiblem
deren efferenten Verbindungen beschreiben: System erklärt sich der Begriff ..Sensomotorik".
Das Pontocerebellum erhält via Brückenkernen
Afferenzen aus nahezu allen Kortexarealen. Über 11.1.3.3 Die ext rapyramidalen Bahnen
den Nd. dentatus mit Efferenzen zu motori - Die extrapyramidalen Bahnen entspringen von sub-
schen Thalamuskernen, die wiederum zu moto- kortika len motorischen Zentren. die u. a. Verbin-
rischen Kortexarealen projizieren. ist es an der dungen mit unterschiedlichen Arealen des zerebra-
Planung und Ausfiihnmg von Bewegungen betei- len Kortex und dem Kleinhirn haben.
ligt. Zudem besteht von ähnlichen Rindenarea- Sie verlaufen im Vorderseitenstrang des Rücken-
len ausgehend eine Schleife, die das Kleinhirn marks und enden direkt oder unter Vermittlung
ebenfalls über den Ncl. dentatus verlässt und von Interneuronen überwiegend an "f-Motoneuro-
über den Ncl. ruber (Pars parvocellularis) sowie nen, deren Axone intrafusale Muskelfasern von

J
11 Funktionelle Systeme Das somatasensible System 205 I
Muskelspindeln erreichen (seltener ziehen sie auch 11 .2 Das somatasensible System
zu a -Motoneuronen ).

Der Traetus reticulospina/is G


...... Lerncoach
Aus der Formatio reticluaris entspringen:
ln den somatosensiblenf-sensorischen Teil·
auf Höhe des Pons: Tractus pontoreticulospinalis
systemen sind (mit Ausnahme der Weiterlei-
(verläuft ipsilateral)
tung von nefensenslbilität) drei Neurone hin-
auf Höhe der Medulla oblongata: Tractus bulbo- tereinander geschaltet: das erste außerhalb
reticulospinalis (verläuft ipsi- und komralateral). des ZNS, das zweite im Rückenmark oder
Die Bahnen erregen Rumpfmuskulatur und proxi- Hirnstamm, das dritte im Thalamus. Nutzen
male Extremitätenmuskeln.
Sie diese grundsätzliche Gemeinsamkeit als
Der Tractus rubrospinalis Hilfe, um sich Umschaltort und Verlauf (Kreu-
Diese Bahn ist beim erwachsenen Menschen nur zungsstelle) innerhalb der einzelnen Bahn-
wenig ausgeprägt und erreicht nach Kreuzung in systeme klarzumachen. So fällt es Ihnen
der mesenzephalen Decussatio tegementalis ante- leichter, sich auch die ebenfalls vorhandenen
rior nur das zervikale Rückenmark. Sie hat exzita- Unterschiede einzuprägen.
torische Effekte auf Flexoren und inhibitorische auf
Extensoren.

Der Tractus tectospinalis


11.2.1 Der Überblick
Im somatasensiblen System werden verschiedene
IlD
Der Tractus tectospinalis entspringt im Collicu lu s Reize über unterschiedliche Rezeptoren aufge-
Superior (visuelles Renexzentrum) der Vierhügel- nommmen. Man unterscheidet:
platre. kreuzt in der Decussatio tegmentalis dorsa- Oberflächensensibilität: Berührung{fastempfin-
lis und zieht im Vorderstrang zum Zervikalmark. Er dung, Druck, Vibration, Wärme. Kälte, Schmerz
koordiniert Kopf- und Halsbewegungen (bei Blick- --> über Exterozeptoren: u. a. Mechanorezepto-
bewegungen). ren, Thermorezeptoren. Nozizeptoren
- Tiefensensibilität (Propriozeption): Stellung der
Die Traetus vestibulospinales
Gelenke, Geschwindigkeit und Richtung von Be-
Die Tractus vestibulaspinales medialis und lateralis
wegungen, Muskelkraft für die Bewegungen -
(größtemei ls ipsilateral verlaufend) bewirken eine
über Propriozeptoren: u. a. Muskel - und Sehnen-
Erhöhung des Tonus in den Extensoren bei gleich- spindeln, Gelenkrezeptoren.
zeitiger Entspannung der Beuger.
Die Reize werden über periphere Nerven in das
Der Tractus olivospinalis Rückenmark bzw. in den Hirnstamm geleitet. Im
Diese Bahn kommt von den Nuclei olivares inferio- ZNS erfolgt nach Umschaltung auf ein zweites Neu-
res. Ihre Ausprägung und Bedeutung beim Men- ron die Weiterleitung zum Thalamus oder zum
schen ist nicht genau bekannt. Kleinhirn ( Endziel). Im Thalamus findet die Um-
schaltung auf ein drittes Neuron statt, das zur End-
<I>
hirnrinde (Endziel) projiziert.
~•... Check-up Es werden zwei Wege im somataafferenten System
ol Rekapitulieren Sie die Faserverbindungen
unterschieden:
des Striatum und nutzen Sie in diesem Zu- spinaafferentes System: über das Rückenmark
sammenhang die Gelegenheit, den Inhalt (für den Körper ohne Kopf)
von S. 157 zu wiederholen.
trigeminoafferentes System: über den Hirn-
stamm (für den Kopf. hier vor allem über den N.
trigeminus).
206 11 Funktionelle Systeme Das somatasensible System

11.2.2 Das Verschaltungsprinzip


somataafferenter Bahnen Die Perikarya der Axone, die im lemniscus medialis
Der Weg vom peripheren Rezeptor bis zum soma- verlaufen, liegen in den Nuclei cuneatus und graci-
tosensorischen Kortex besteht im Allgemeinen aus lis.
drei hintereinander geschalteten Neuronen:
1. Neuron: Perikarya im Spinalganglion (s. S. 33 )
11.2.3.2 Das Vorderseitenstrangsystem
- Umschaltung auf 2. Neuron im Rückenmark
(anterolaterales System)
oder in der Medulla oblongata ..... Kreuzung der
Axone (des 2. Neurons) auf Rückenmarksebene Die Funktionen und Anordnung der Neurone
oder im Hirnstamm Fu nktionen: 1 Schmerz. Temperatur und grobe Me-
- Umschaltung auf das 3. Neuron im Thalamus ..... chanorezeption (Tast- und Berührungsempfindun-
Projektion des 3. Neurons zum Kortex. gen).
Ausnahmen von diesem Verschaltungsprinzip bil- 1. Neuron: I Die Perikarya befinden sich im Spinal-
den die spinozerebellären Bahnen und die Fortlei - ganglion. Die Axone des ersten Neurons gelangen
tung trigeminaler Propriozeption. über das laterale Bündel der Hinterwurzel zum
Rückenmark und teilen sich T-förmig im Tractus
11.2.3 Die spinaaffe renten Systeme posterolateralls (s. S. 81 ). Diese Fortsätze verlaufen
Die Lage des 2. Neurons. der Ort der Kreuzung und einige Segmente auf- und abwärts. bevor sie in das
die Funktionen (geleitete Sinnesmodalität) unter- Hinterhorn eintreten.
scheiden sich in den Systemen der spinaafferenten 2. Neuron: 1 Im Hinterhorn des Rückenmarks liegen
Bahnen: die Perikarya (s. S. 83 ), deren Axone in der Commis-
Hinterstrangsystem sura alba anterior zur Gegenseite kreuzen und
Vorderseitenstrangsystem größtenteils als Tractus spinothalamlcus (lateralls
spinozerebelläres System. für Schmerz und Temperatur; anterior für grobe
Mechanorezeption) im Seitenstrang zum Thalamus
11.2.3.1 Das Hinterstrangsystem aufsteigen.
(med iales Lemniskussystem) 3. Neuron: I Diese Perikarya liegen im Nucleus
Funktionen: I Fein diskriminierende Mechanosensi- ventralis posterolateralis (VPL) bzw. in intra Iaminä-
bilität, bewusste Propriozeption (besonders aus ren Kernen. die zugehörigen Axone projizieren zum
Muskel- und Sehnenrezeptoren). somatosensorischen Kortex bzw. in unspezifische
1. Neuron: 1Die Perikarya des sog. primär afferenten Kortexareale.
Neurons (s. S. 6) liegen im Spinalganglion. Die Axone
lagern sich als Fasciculus gracllis und Fasciculus I Klinischer Bezug
cuneatus zusammen (s. Tractus spinobulbaris. Chordotomle: Bei schwersten einseitig en Schmerz-
s. 82). zuständen infolge maligner Tumoren kann eine perku-
2. Neuron: I Die Perikarya liegen im Nudeus gracllls tane zervikale Chordotomie durchgeführt werden.
(für die untere Körperhälfte) und Nucleus cuneatus Dabei wird die Schmerzbahn kontralateral einseitig
(für die obere Körperhälfte mit Ausnahme des lädiert (z. B. durch Elektrokoagulation). Bei dem Ein-
Gesichts). Ihre Axone kreuzen in der Medulla griff ist die Nachbarschaftsbeziehung des Tractus spi-
oblongata als Fibrae arcuatae internae in der nothalamicus zur Pyramidenbahn zu beachten. Nach
Decussatio lemnlsci medialis. einem solchen Eingriff ist auch das Temperaturemp-
3. Neuron: 1 Die Perikarya liegen im Nucleus ven- finden gestört.
tralis posterolateralis (VPL) des Thalamus. Ihre
Axone enden im Gyrus postcentralis.
Die Weiterleitung von Schmerzsignalen
Die Registrierung von Schmerz erfolgt über freie
Nervenendigungen. die als Nozizeptoren anzusehen
sind. Es werden unterschieden:
11 Funktionelle Systeme Das somatasensible System 207

2 IlD
~---------------------3
~--------------- 4

Propriozeptoren (Spannung
r;====l und Dehnung von Muskeln,
Sehnen, Gelenken)
Exterozeptoren:
,..--_J~- Mechanorezeptoren
~---I - Nozizeptoren
-Thermorezeptoren

5
r 1. Neuron
10
-....__________________ 6 7
muskulatur
L___ _ _ _ _ _ _ _ - - - - - - 8

1 Fibrae cuneocerebellares 10 Tractus spinothalamicus lateralis


2 Nd. cuneatus 11 Lemniscus medialis
3 Nd. cuneatus accessorius 12 Thalamus (VPL)
4 Fasciculus cuneatus 13 Cortex cerebri: Gyrus postcentralis
5 Ganglion spinale
6 Tractus spinocerebellaris posterior Tiefensensibilität (unbewusst)
7 Tractus spinocerebellaris anterior Tiefensensibilität (bewusst). Vibration,
8 a·Motoneuron Druck, Berührung (fein diskriminierend)
9 Tractus spinothalamicus anterior Druck, Berührung (grob diskriminierend)
Temperatur, Schmerz

Abb. 11.4 Übersicht spineafferenter Bahnen


208 11 Funktionelle Systeme Das somatasensible System

mechanische Nozizeptoren (Ansprechen auf len der Lamina V. Dieser Weg wird auch als
z. 8. Kneifen, Quetschen, Stich) (phylogenetisch älterer) paläospinothalamischer
thermische Nozizeptoren (Ansprechen auf z. B. Teil des Tractus spinothalamicus lateralis be-
Hitze) schrieben. Die Axone der Strangzellen kreuzen
polymodale Nozizeptoren (Ansprechen auf ver- zu einem großen Teil die Seite und enden im
schiedene Reize. z. 8. auch chem ische Schmerz- Wesentlichen in i ntra Iaminären Thalamuskernen
reize). (s. S. 132). Von dort erfolgen Projektionen in un-
Nach dem Ort des Schmerzreizes kann man zwi- terschiedliche Kortexareale (s. u.).
schen folgenden Schmerzformen unterscheiden: Eng verknüpft mit dem pa läospinothalamischen
somatischer Schmerz: obernachlieh aus der Weg sind Schmerzbahnen, die nicht direkt via Tha-
Haut oder tief aus z. B. Knochen und Gelenken lamus im Kortex terminieren, sondern an subkorti-
und kalen Strukturen enden. Diese Bahnen sind im We-
viszeraler Schmerz: aus Eingeweiden (z. B. bei sentlichen:
Koli ken oder Entziindungen). Die Weiterleitung Tractus spinomesencephalicus: endet an der
erfolgt immer iiber unmyelinisierte Fasern. ist Substantia grisea centra lis (s. S. 101 ). Die Sub-
jedoch sonst derjenigen somatischer Schmerzen stantia grisea centra lis enthäl t die Ursprungs-
vergleichbar (s. auch Head-Zonen) und wird da- neurane des absteigenden schmerzhemmenden

111 her nicht gesondert abgehandelt


Die Schmerzleitung aus den Nozizeptoren erfolgt
Systems.
Tractus spinoreticularis: endet in der Formatio
reticularis, die w iederum u. a. zu unspezifischen
über:
- myelinisierte M -Fasern (s. S. 14) -+ schneller Thalamuskernen und zum Corpus amygdalo-
Schmerz. genau lokalisiert (leitungsgeschwin- ideum projiziert).
digkeit: 12 bi s 30 m/s) Über die paläospinothalamische Projektion und
- nicht-myelinisierte C-fasern (s. S. 14) -+ lang- über die Projektionen zu den subkortika len Struk-
samer, dumpfer Schmerz von polymodalen No- turen erhalten auch das limbisehe System (s.S.227)
zizeptoren (leitungsgeschwindigkeit: 0.5 bis und das ARAS (s. S. 104) direkte Zuflüsse aus der
2 m/s). Schmerzbahn. Das erklärt die starke Weckreaktion
Die Perikarya der primär afferenten Neurone (1. und die ausgeprägte emotionale (a ffektive) Kompo-
Neuron) der Schmerzbahn liegen in den Spinalgan- nente von Schmerzen. Über diese Projektionen
glien. Ihre Fortsätze ziehen ins Rückenmark zur werden letztlich sehr unterschiedliche Regionen
Umschaltung auf das 2. Neuron; die weitere Ver- des zerebralen Kortex erreicht (z. B. präfrontaler,
schaltung und Weiterleitung ist fü r den schnellen zingu lärer, insularer Kortex), was zur Vielschichtig-
und langsamen Schmerz unterschiedlich: keit bei der Wahrnehmung von Schmerzen passt.
- Die AlTerenzen des schnellen Schmerzes werden
hauptsächlich in Lamina I auf Strangzellen um- 1 1.2.3.3 Das spinozerebelläre System
geschaltet, deren Axone im selben oder in un- Das ebenfalls zur Somatasensibilität gehörige spi-
mittelbar benachbarten Segmenten in der Com - nozerebelläre System unterscheidet sich von den
missura anterior zur Gegenseite kreuzen. Diese anderen spinoatTerenren Systemen dadurch. dass
Fasern werden als neospinothalamischer Teil des hier nur zwei Neurone hintereinandergeschaltet
Tractus spinothalamicus lat eralis bezeichnet sind.
Diese Axone des 2. Neurons enden im Nucleus Funktionen: 1 Propriozeprion (aus Muskelspindeln.
ventralis posterolateralis des Thalamus. Von dort Sehnen- und Gelenkrezeptoren); Exterozeption (aus
projiziert das 3. Neuron zum Gyrus postcentra- Hautrezeptoren)
lis. 1. Neuron: I Seine Perikarya liegen im Spinalgan-
Die Afferenzen des langsamen Schmerzes enden glion.
in der Substantia gelatinosa (Lamina II und 111) 2. Neuron: 1 Bei diesen Strangzellen unterscheidet
und werden hier auf Interneurane umgeschaltet sich sowohl die Lage der Perikaryen im Rückenmark
letztere geben die Signale weiter an Strangzel- als auch der weitere Faserverlauf abhängig von der
11 Funktionelle Systeme Das somatasensible Syst em 209

Zugehörigkeit zum Tractus spinocerebellaris ante- spricht Bei der weit eren Verschal tung der
rior oder posterior: mechanosensiblen Signale ist zwischen fein und
Tractus spinocerebellarls anterior. Die meisten gering diskriminierender Mechanosensibilität zu
Axone der in den laminae V- VIII (lumbosakral ) unterscheiden:
gelegenen Zellkörper kreuzen zur Gegensei te Bei der fein diskriminierenden Mechanosensibi·
und kreuzen im Mittel hirn zurück. Einige ver- lität ziehen die zentralen Fortsätze der 1. Neu-
laufen auch ipsilateral. Das Kleinhirn erreicht rene zum Nucleus principalis nervi trigemini im
der Tractus spinocerebellaris anterior über den Pons, wo die Umschaltung auf die 2. Neurene
Peduncul us cerebellaris superior (s. $. 124). erfolgt. Anschließend kreuzt die Mehrzahl der
Tractus spinocerebellaris posterior. Die Axone Axone die Seite und lagert sich als lemniscus
von Strangzellen im Ncl. thoracicus posterior trlgemlnalis medial dem Lemniscus medialis an.
ziehen ipsilateral und erreichen das Kleinhirn Die Axone gelangen zum Nucleus ventralis po-
über den Pedunculus cerebellaris inferior steromedialis (VPM) des Thalamus (Umschal-
(s. S. 124). tung auf das 3. Neuron). Von dort ziehen Fasern
Einige Afferenzen aus der oberen Körperhälfte zie- zum somatasensorischen Kortex ( im Gyrus post-
hen auch zunächst mit dem Fasciculus cuneatus. centralis. in Nachbarschaft zum Sulcus Jateral is).
um den Ncl. cuneatus accessorius zu erreichen. Die Bei der grob diskriminierenden Mechanosensibi-
Fasern der dort liegenden Perlkaryen (2. Neuron) lität gelangen die zentralen Fortsätze der 1. Neu-
erreichen als Fibrae cuneocerebellares über den Pe- rone zum Nucleus spinalis nervi trigemini, der
dunculus cerebellaris inferior das Kleinhirn. die 2. Neurone enthält. Deren Axone (Tractus
trigeminothalamicus Iaterans) kreuzen zur Ge-
11 .2.4 Das Trigeminussystem genseite und lagern sich dem Tractus spinotha-
lamicus anterior an. Weitere Verschaltungen
<I> entsprechen denen der fein diskriminierenden
~4~ Die trigeminalen Bahnen, die somato- Mechanosensibilität.
senslble Informationen aus dem Kopfbereich lei-
ten , entsprechen ln vielen Punkten den sensiblen 11.2.4.2 Nozizeption
Bahnen aus dem übrigen Körper. So ist der lem- Die Leitung von Schmerzsignalen erfolgt im Prinzip
niscus trigemin.'lis mit dem lemniscus medialis wie die der grob diskriminierenden Mechanosensi-
vergleichbar. Beide vermitteln mechanorezeptlve bilität. Die Perikarya der 2. Neurene liegen im Nu-
Informationen. Wenn Sie sich diese Parallelen deus spinalis nervi trigemini.
klarmachen, können Sie sich die Besonderheiten
des trigeminalen Systems besser einprägen. Wie- 11.2.4.3 Propriozepti on
derhol en Sie ggf. vor Lektüre dieses Abschnitts Bei der trigeminalen Propriozeption gibt es eine
die Trigeminuskerne (s. S. 111) und den Nervus Besonderheit: Die pseudounipolaren Perikarya der
trigeminus mit seinen Hauptästen (s. S. 62). 1. Neurone liegen nicht im Ganglion trigeminale.
sondern sind ins Mittelhirn .. verlagert": in den Nu-
Die Signalweiterleitung aus Exterozeptoren (Me- deus mesencephalicus nervi trigemini.
chane-, Thermo- und Nozizeptoren) des Kopfes Die peripheren Fortsätze aus der Kaumuskulatur
( Haut, Schleimhäute und Zähne) und aus Proprio- (und auch aus dem Kiefergelenk) gelangen mit der
zeptoren des Kopfes (besonders aus Kaumuskeln. Radix motoria in den Pons und ziehen dann als
Kiefergelenk und Zähnen) erfolgt über die Radix Tractus mesencephalicus nervi trigemini zum Nu-
sensoria ( Portio major) des N. trigeminus. efeus mesencephalicus ( keine Umschaltung! ). Die
zentralen Fortsätze der pseudounipolaren Nerven-
11.2.4.1 Mechanore.z eption zellen des Nucleus mesencephalicus gelangen zu
Die Perikarya der Primärafferenzen liegen im Gan- den Motoneu ronen des Nucleus motorius nervi tri-
glion trigeminale, das aus pseudounipolaren Ner- gemini.
venzellen besteht und einem Spinalganglion ent-
21 0 11 Funktionelle Systeme Das visuelle System

11 .3.1 De r Übe rblick


Masseterreflex: Der geschilderte • Weg• stellt auch Oie Axone aus der Retina (Netzhaut. S. 247) gelan-
den Reflexbogen des monosynaptischen Masseterre- gen über den N. opticus, das Chiasma opticum und
flexes (Oehnungsreflex) dar. Ausgelöst wird er durch den Tractus opticus zum Corpus geniculatum late-
abwärts gerichtetes Beklopfen des Kinns bei leicht rale (s. S. 131 ). Von hier geht die Sehstrahlung (Ra-
geöffnetem Mund. Dies führt zur kurzen Schließbewe- diatio optica ) in die primäre Sehrinde (Area striata
gung des Mundes. des Okzipitallappens. S. 155). Dieser retino-geniku-
lo-kortikale Weg des visuellen Systems. über den
bewusste Seheindrücke vermittelt werden, bildet
G>
die eigentliche Sehbahn. im weiteren Sinne können
...• ... Check-up
auch Seitenwege der Sehbahn zu ihr hinzugerech-
II' Rekapitulieren Sie die Unterschiede zwi-
net werden, die funktion ell gesehen auch Einfluss
schen den verschiedenen spineafferenten
auf den Seheindruck haben (z. B. durch Steuerung
Systemen und wiederholen Sie jeweils
der Pupillenweite).
- welche Funktion sie erfüllen
- Lokalisation der Umschaltung auf das
11 .3 .2 Die Sehbahn zur Vermittlung
2. Neuron
bewusster Seheindrücke
- Kreuzungsstelle(n) innerhalb des Systems
(falls eine Kreuzung der Fasern statt- Die retinalen Neurone
findet). Den mit unbewegten Augen wahrnehmbaren Teil
II' Was bedingt eine Durchtrennung des rech- seiner Umwelt bezeichnet man als Gesichtsfeld. Es
ten Tractus spinothalamicus lateralis7 ist für das rechte und linke Auge gößtenteils de-
V Machen Sie sich nochmals klar, wo die Peri- ckungsgleich (binokuläres Sehen). jedoch wird der
karya der propriozeptiven, pseudounipola- äußere Bereich (etwa 300) auf beiden Seiten jeweils
ren Neurone des Trigeminussystems liegen. nur vom ipsilateralen Auge gesehen ( monokulares
Sehen). Von dem Gesichtsfeld jedes Auges wird je-
weils die äußere (• temporale) Seite auf der inne-
11.3 Das visuelle System
ren ( ~ nasalen) Seite der Netzhaut (Retina. S. 247)
;I
...... Lerncoach
abgebildet und umgekehrt.
ln der Retina liegen die ersten drei Neurone der
Eignen Sie sich in diesem Kapitel zunächst die
Sehbahn:
einzelnen Stationen der Sehbahn an, über die
- 1. Neuron: Stäbchen- und Zapfenzellen (als Re-
bewusste Seheiodrücke vermittelt werden.
zeptoren)
Vergegenwärtigen Sie sich dabei stets, aus
2. Neuron: bipolare Zellen ( in der inneren K(jr-
welcher Netzhauthälfte die Fasern des jewei-
nerzellschicht)
ligen Sehbahnabschnitts kommen und aus
3. Neuron: muftipolare Ganglienzellen (im Stra-
welcher Hälfte des Gesichtsfelds die weiter-
tum ganglionare).
geleiteten Informationen somit stammen.
Widmen Sie sich anschließend den unbe- Der N. opticus und weitere Stationen der Sehbahn
wusst ablaufenden optischen Reflexen, die Oie myelinisierten Axone der muftipolaren Gan-
von großer klinischer Relevanz sind: Die be- glienzellen lagern sich zum N. optlcus (II) zusam-
teiligten Strukturen können z. B. bei zuneh- men. Dieser zieht vom Bulbus oculi in einem leicht
mendem Hirndruck leicht geschädigt wer- S-förmigen Verlauf durch den Fettkörper der Orbita
den; pathologische Verä nderungen dieser Re- zum Canalis opticus. wo er über der A. ophthalmi-
flexe, die durch einfache neurologische ca durch den Anulus tendineus communis tritt.
Untersuchung gut prüfbar sind, geben darauf Die Nn. optici beider Seiten vereinigen sich zum
einen Hinweis. Chiasma opticum, von dem nach hinten die Tractus
optici um die Hirnschenkel zum Corpus genicula-
tum laterale ziehen (s. S. 131 ).
11 Funktionelle Systeme Das visuelle Syst em 211

Das Chiasma opticum liegt direkt vor dem Hypo-


,.____.--\-- - - - 1
physenstiel über dem Corpus ossis sphenoidalis
- ,' -- - - 2
und medial der A. carotis interna. Hier kreuzen et-
wa die Hälfte der Sehnervenfasern (Abb. 11 .5) : Die
Sehnervenfasern von der nasalen Netzhaut kreuzen
im Chiasma opticum, die von der temporalen Netz-
haut kreuzen nicht. Somit verlaufen nach dem 13
Chiasma opticum die Fasern. die von der ipsi latera- 12 - ---'
Jen temporalen Retina hälfte stammen, und jene, 11 - -f{-.._,_
die von der kontra lateralen nasalen Retinahä lfte
kommen, zusammen im Tractus optlcus. Dieser en-
det im Corpus geniculatum laterale (CGL) des Zwi-
schenhirns. Hier erfolgt zum größten Teil die Um-
schaltung auf das 4. Neuron, dessen Axone als
Radlatio optica durch den retrolemi kulären Teil der
Capsula in terna (s. S. 162) zur pri mären Sehrinde
ziehen.
Die linke Sehrinde erhä lt also Signale von Rezepto-
ren der nasalen Retinahälfte des rechten Auges und
aus der temporalen Retinahäl fte des linken Auges, Gesichtsfeld des linken Auges: 8 Area striata
1 nasal (Area 17)
d. h. aus dem rechten Tei l des Gesichtsfeldes. Dabei 2 temporal 9 Radiatio optica
gelangen Signale aus der oberen Retina hälfte, d. h. (Gratiolet)
aus dem unteren Gesichtsfeld, zum visuellen Kor- Retina des linken Auges: 10 Corpus genicula-
3 nasal tum laterale
tex oberhalb des Sulcus calca rinus. Entsprechend 4 temporal (CGL)
gehen die Signa le aus dem oberen Gesichtsfeld in 11 Tractus opticus
5 Brachium colliculi superioris 12 Chiasma opticum
den visuellen Kortex unterhalb des Sulcus calcari- 6 Pulvinar thalami 13 N. opticus
nus. Eine solche feste Beziehung einzelner Anteile 7 Splenium corporis callosi
der Retina besteht nicht nu r zum visuellen Kortex.
Abb. 11.5 Sehbahn
sondern auch zu den anderen Stationen der Seh-
bahn (Retinotopie). Die Größe der Areale. die von
korrespond ierenden Retina-Anteilen eingenommen
<I>
werden, spiegelt deren Bedeutung für den Sehein-
druck wider: Die Projektion, die letztlich aus der t.•~ Aufgrund der Retinotopie kommt es bei
Fovea centralis (• Gebiet des schärfsten Sehens) Läsionen im Verlauf der Sehbahn zu spezifischen
Ausfallsmustern, die jeweils Rückschlüsse auf den
stammt, nimmt sowohl im Kortex (na he am okzipi-
Ort der Schädigung erlauben. Versuchen Sie, aus
talen Pol) als auch im Corpus geniculatum laterale
den nachfolgend aufgeführten und häufig geprüf-
ein besonders großes Gebiet ein. Die Axone aus der
Fovea centralis verlaufen im Nervus und Tractus ten Schädigungsstellen den jeweiligen Gesichts-
opticus jeweils zentral. feldausfall abzuleiten. Dadurch können Sie
überprüfen, ob Ihnen der Weg von der Retina bis
zur kortikalen Wahrnehmung des Seheiodrucks
klar geworden ist.
ln der gesamten Sehbahn zur Vermittlung bewuss-
ter Sinneseindrücke (N. opticus ..... Tractus opticus
-> CGL -+ Radiatio optica -> Sehrinde) ist eine
streng retinotope Anordnung nachweisbar. Gesichtsfeldausfälle (Skotome): Läsionen an be-
stimmten Stellen der Sehbahn führen zu typischen
Gesichtsfeldausfällen:
212 11 Funktionelle Systeme Das visuelle System

Einseitige Schädigung des N. optlcus ..... Erblin- Das M-System. das für die Erkennung von Bewe-
dung des betroffenen Auges (Amaurose). gungen verantwortlich ist. nimmt einen parietal-
Mittlere Schädigung des Chiasma opticum (z. B. frontalen Weg (VS ) und endet im frontalen Augen-
durch einen raumfordernden Tumor der topogra- feld (Area 8). das konjugierte Augenbewegungen
phisch eng benachbarten Hypophyse) ..... Schädi- für das Verfolgen von bewegten Objekten steuert.
gung der im Chiasma optlcum kreuzenden fasern, Die VS-Projektion ist dabei eine sensorische Rück-
die aus den nasalen Retinah~lften belder Augen kopplung für das frontale Augenfeld.
stammen. Da auf der nasalen Retinahälfte jedes
Auges die jeweils temporale Gesichtsfeldhälfte ab-
gebildet Ist, werden letztere nicht mehr wahrge- l..lsion in VS: Statt kontinuierlicher Bewegungen wird
nommen (d. h. vom rechten Auge die rechte und eine unterbrochene Abfolge von Einzelbewegungen
vom linken Auge die linke Gesichtsfeldhälfte --> wahrgenommen (Bewegungsagnosie).
unterschiedliche Gesichtsfeldhälften): heteronyme
bitemporale Hemianopsie • .Scheuklappenphäno-
Das P-System, das für die Wahrnehmung von Far-
men·.
ben und Form (insbesondere komplexer Struktu-
Einseitige Schädigung des Tractus opticus -+ Aus-
ren) zuständig ist. nimmt einen temporalen Weg
fall der Fasern aus der temporalen Retinahälfte
(V4 ) in den unteren temporalen Kortex (Area 20.
des ipsilateralen Auges und der fasern aus der na-
21 ).
salen Retinahälfte des kontralateralen Auges. Das
bedeutet einen Ausfall derselben Gesichtsfeldhälfte
(rechte oder linke Hälfte) belder Augen: homo-
nyme Hemianopsie. Läsion in V4: Hierbei kommt es zu Fehlfunktionen
der Farb- und Formwahrnehmung (z. B. ist das Erken-
nen von Gesichtern gestört).
Eine strikte Punkt-zu-Punkt-Verbindung existiert
auch im M- und P-System (s. Retina. S. 247). Diese
beiden Systeme sind für unterschiedliche Funktio-
11.3.3 Weitere visuelle Untersysteme
nen im Rahmen des Sehprozesses zuständig: Infor-
Neben dem rerino-genikulo-kortikalen System gibt
mationen zur Bewegungserkennung verlaufen über
es weitere visuelle Systeme, dte ihre Funktionen
das M-System. während Farb- und Formerkennung
unbewusst erfüllen:
den Weg über das P-System nutzen. Dabei bilden
- retlno-prätektales System: stehe opusehe Re·
rerinale M-Zellen synapttsche Kontakte in großzel-
Oexe
ligen (magnozellulären) Schichten des CGl wäh-
- retlno-tektales System: Retina - Nervus und
rend rerinale P-Zellen in kleinzellige (parvozelluiJ-
Tractus opticus -+ Colhculus supenor (s. S. 101 )
re) Schichten proJizieren. Nach Umschaltung in
ftir die unbewusste (renexartige) Steuerung von
verschiedenen Unterschichten der Lamina IVc im
Augen- und Kopfbewegungen zur Ftxierung be-
primär visuellen Kortex (VI ) wird die Information
wegter Objekte
aus dem P-System zu Pyramidenzellen in Lamina II
retlno-hypothalamlsches System: Synchronisie-
und 111 weitergeleitet. Diese Pyramidenzellen sind
rung der zirkadianeo Rhythmik (s. Nucleus su-
entweder zu rundlichen Flecken angeordnet
prachiasmaticus des Hypothalamus. S. 136. und
(.. Biobs" .... Farberkennung) oder liegen als .lnter-
Epiphyse. S. 140)
blobs" (..... Formerkennung) dazwischen.
akzessorisches optisches System: Retina -+ Ner-
Die darauffolgende Informationsverarbeitung findet
vus und Tractus opticus ..... Tegmentum mesen-
im sekundären visuellen Kortex (V2 ) sowie in wei-
cephali (Nuclei terminales tractus optici) _,
teren nachgeschalteten kortikalen Arealen V3 (ter-
Nuclei vestibulares für die Steuerung des optokl-
tiärer visueller Kortex). V4 und VS statt V4 und VS
netlschen Nystagmus: Beispielsweise folgt das
liegen außerhalb des Okzipitallappens und sind ge-
Auge beim Blick aus dem Zugfenster während
trennte Zentren fOr das P- und M-System.
der Fahrt einem Gegenstand mit relativ langsa-
11 Funktionelle Systeme Das visuelle System 21 3

mer Bewegung entgegen der Fahrtriehr und ; Klini"h<>r Bezug


spnngt beim Verschwinden dieses Objekt ruck- Amaurotlsche Puplllenstarre: Zu dieser Störung der
artig auf einen neuen Fixationspunkt im Ge- Pupillomotorik kommt es bei Erblindung eines Auges
sichtsfeld. Der Nystagmus setzt sich also aus ei- (durch Schädigung der Retina oder des Sehnervs). Sie
ner langsamen Folgebewegung und dem Ist durch die Kombination folgender Symptome ge·
Zurückschnellen (Sakkade) des Auges zusam- kennzeichnet:
men. - Ausfall der direkten Lichtreaktion auf der erkrank·
ten Seite
11 .3.4 Die optischen Reflexe konsensuelle Lichtreaktion von der erkrankten Sei·
te aus nicht auslösbar: aber Lichteinfall in das ge-
11.3.4.1 Die Hell-Dunkel-Einstellung sunde Auge führt zur konsensuellen Reaktion im
Die Hell-Dunkel-Einstellung erfolgt durch eine Ver- kranken Auge
engung (Miosis ) oder Erweiterung (Mydriasis) der Nahelnstellungsmiosis (s. u.) normal.
Pupille. Fällt Licht ins Auge. verengen sich die Pu-
pillen reflektorisch (Puplllenreflex).
Die Ganglienzellen der Retina entsenden auch 1 1.3.4.2 Die Nah-Fern-Einstellung
Axone. die direkt (ohne Umschaltung im Corpus Bei der Nah-Fern-Einstellung kommt es zu einer
geniculatum laterale) zur Area pretectalls (zwi-
schen Commissura posterior und Colliculus Supe-
Veränderung der Linsenkrummung (Akkommoda·
tlon im weiteren Sinne). Bei der Naheinstellung
ID
rior) ziehen. kontrahiert sich der M. ciliaris. die Zonulafasern er-
Die Axone aus diesem Areal ziehen zum Nucleus schlaffen und die Linse rundet sich ab (s. S. 246).
accessorlus nervl oculomotorll {Edinger-Westphal. Gegenstände in der Nähe werden auf der Retina
parasympathischer Teil des N. oculomotorius) bel- scharf abgebildet Zur Ferneinstellung wird die
der Selten (zum kontralateralen Kern über die Linse in einer flachen. wenig gekrümmten Form
Commtssura posterior). Die pr:lganglionären Fasern gehalten. So wird eine scharfe Abbildung weit ent-
aus dem Edinger-Westphai-Kern gelangen über den fernter Gegenstände auf der Retma ermöglicht.
N. oculomotorius zum Ganglion clllare. Die hier ge- Für den Akkommodationsreflex gelangen Signale
legenen postganglionären Neurone schicken ihre aus dem primären visuellen Kortex zur Area pre-
Axone zum M. sphlncter puplllae, dessen Kontrak- tectalls. von dort dann ungekreuzt und gekreuzt
tion zur Verengung der Pupille rührt Da die Area (in der Commissura posterior) zu den Nudel acces·
pretectalis einer Seite zu beiden Nuclei accessorii sorll nervl oculomotorll. Letztere schicken pr:lgan-
nervi oculomotorii projiziert. kommt es bei Belich- glionäre Fasern zum Ganglion clllare. Nach Um-
tung eines Auges auch zu einer Puptlienverengung schaltung ziehen dann postganglionäre Fasern zum
des unbelichteten Auges (konsensuelle Pupillen- M. clllarfs. der den Spannungszustand der Ltnse re-
reaktion). guliert (s.o.).
Bei Dunkelheit kommt es zur reflexartigen Erweite- Beim Fixieren eines Objektes. das sich dem Be-
rung (Dilatation) der Pupillen. Dabei wird folgen- trachter nähert. werden reflektorisch drei Vorgänge
der Weg der Signalübertragung benutzt: Ganglien· (Nahreaktionen) ausgelöst:
zellen der Retina .... Area pretectalls .... Substantla Nilhakkommodatlon
grlsea centraUs -+ Centrum clllosplnale im Seiten- Puplllenverengung: kleine Blende. um die Sch~r­
horn des Rückenmarks auf Hohe C8-Th2 (• Zona fe (scharfe Abbildung auf der Retina) zu erhö-
intermedta der Rückenmarkssegmente C8-Th2) -+ hen
präganglionäre Fasern über Truncus sympathicus Konvergenz: zeitgleiche Innervation der Mm.
zum Ganglion cervlcale superlus ..... postganglionäre recti mediales beider Seiten ..... Einstellung der
Fasern mit A. carotis interna. A. ophthalmica und Sehachsen auf das Objekt.
schließhch über die Nn. ciliares longi zum M. dlla- Dabei ist der Weg der Signalübertragung: primäre
tator puplllae. Sehnnde ..... ipsilaterale und kontralaterale Ar~a
pretectalis ..... Nucleus Perha (medialer Unterkern
214 11 Funktionelle Systeme Das a udit arische Syst em

des Nucleus nervi ocu lomotorii) - Kern des M. 11 .4 Das auditarische System
recrus medialis ( • Konvergenz) sowie Nuclei ac-

~
cessorii nervi oculomororii ( nach Umschaltung im
Ggl. ciliare _. Nahakkomodarion und Pupillenver- ...... Lerncoach
engung/Miosis). Oie Weiterleitung akustischer Signale bis
zum Kortex ist aufgrund der unterschledll·
chen Anzahl und Anordnung der betelllgten
Absolute Pupillenstarre: Diese Form gestorter Pupil· Neurone samt ihrer Faserkreuzungen recht
lomot orik ist meist durch eine Schädigung des N. komplex. lassen Sie sich dadurch nicht ver-
oculomotorius bedingt (z. B. 1m Bere1ch der Fissura or- wirren, sondern achten Sie besonders auf die·
bitalis superior). jenigen Stationen der Hörbahn, ln denen im-
Kennzeichen sind: mer eine Umschaltung stattfindet.
- Ausfall der direkten Lichtreaktion auf der Seite der
Schädigung 11.4.1 Der Überblick
keine konsensuelle Lichtreaktion auf der Seite der Akustische Signale aus dem Corti-Organ werden
Schädigung bei lichteinfall in das kontralaterale über ei ne Kette von Neuronen (Hörbahn) zur Hör-
(gesunde) Auge rinde in den Gyri tempora les transversi (s. S. 154)

1111 keine Naheinstcll ungsmiosis auf der Seite der


Schädigu ng
gelei tet. Signale aus den Certi-Organen gelangen
dabei in die ipsi- und kontra laterale He misphäre.
- daneben Motilitätsstörungcn des Augapfels (- Folgende Strukturen gehören zu r Hörba hn : Nuclei
Doppelbilder) du rch Lähmung des M. rectus medi· cochleares. obere Olive. Lem niscus latera/is, Coll icu-
alis. lus inferior. Corpus genicu larum mediale.

<» 11.4.2 Die Hörba hn


...• ... Check-up Die Perikarya des 1. Neurons der Hörbahn liegen
tl' Wiederholen Sie die Stationen der im Ganglion splrale cochleae im Modiolus des ln·
Sehbahn. nenohrs (s. S. 240). Ihre zenrralen Fonsätze bilden
tl' Machen Sie sich dabei noch einmal die kli- den Nervus cochlearis des VIII. Hirnnervs ( N. vest1·
nisch relevante Lage des Chiasma opticum bulocochlearis).
klar. Oie Umschaltung auf das 2. Neuron erfolgt entwe-
tl' Überlegen Sie Insbesondere, zu welchem der im Nudeus cochlearis anterlor oder 1m Nucleus
Ausfall es bei folgenden Schädigungsfor- cochlearis posterior. Die Axone aus den be1den
men kommt: Nuclei verlaufen untersch iedlich und b1lden den di-
- sagittale Durchtrennung des Chiasma rekten und indirekten Teil der Horbahn. W1e der
opticum Name bereits andeutet. ist der direkte Te• I der Hör-
- vollständige Durchtrennung des linken bahn durch einen kürzeren Weg. d. h. wemger Um-
Tractus optlcus. schaltsteilen und Kreuzungen gekennzeichnet.
tl' Rekapitulieren Sie, wo die Ursprungsperika· während Umschaltstarionen und Faserverlauf in-
rya der Radlatlo optlca liegen. nerhalb der indirekten Hörbahn mehrere Möglich-
tl' Wiederholen Sie den Unterschied der keiten aufweisen (s. Tab. 11 .1, S. 216).
Ausfälle bei verschiedenen Formen von
Störungen der Pupillomotorlk.
Verdeutlichen Sie sich anhand dieser Die Nuclei cochleares, die Collicull inferiores und
Störungen den jeweiligen afferenten und das Corpus geniculatum mediale sind obligate
efferenten Schenkel fllr den Pupillenrenex Umschaltst ellen der Hörbahn.
und für die Nahakkomodatlon.
11 Funktionelle Systeme Das aud itarische System 21 5

1 Gyrus temporalis
transversus (Heschl)
2 Radiatio acustica
3 Corpus geniculatum
mediale (CGM)
4 Brachium colliculi
inferioris
5 Colliculus inferior
2 6 lemniscus lateralis
7 Corpus trapezoideum
8 Striae acusticae dorsales
9 Cochlea
3 10 Nd. cochlearis posterior
14 11 N. cochlearis
4 12 Nd. cochlearis anterior
13 13 Ncll. olivares superiores
5 14 Ncll.lemnisci lateralis

6
12
7
11
8
10
9

Abb. 1 1.6 Stationen der Hörbahn (Ansicht auf den Hirnstamm von dorsal nach Entfernung des Kleinhirns)

Im indirekten Teil der Hörbahn erfolgen darüber über dem Mastoid lassen sich die Hirnstammpoten-
hinaus weitere Umschaltungen z. T. im oberen ziale nachweisen. die mit kurzer Latenz nach einem
Olivenkomplex (ipsi- und kontralateral ) und in den akustischen Reiz auftreten. Dabei wird eine typische
Nuclei lemnisci lateralis. Kurve mit Wellen ableitbar, die in den Stationen der
Während im direkten Teil insgesamt nur eine Kreu- Hörbahn (Nucleus cochlearis, oberer Olivenkomplex.
zung vorhanden ist. kreuzen Fasern des indirekten lemniscus lateralis und Colliculus inferior) entstehen.
Teils z. T. im Corpus trapezoideum und wieder zu- Oie Bestimmung der Hirnstammpotenziale wird z. B.
rück in der Decussario lemniscorum lateralium. durchgeführt:
Alle Axone vom Colliculus inferior (der Vierhügel - bei Neugeborenen und Kindern zur Bestimmung
platte) zum Corpus geniculatum mediale (medialer der Hörschwelle
Kern der Kniehöcker des Metathalamus) bi lden das bei Hirnstammläsionen
Brachium colllculi inferioris. Vom Corpus genicula- im Rahmen einer Begutachtung (bei Verdacht auf
tum mediale geht die Radiatio acustica aus. die Simulation).
durch die Pars sublenticularis der Capsula interna
(s. 5.162) zur primären Hörrinde zieht. Durch die Kreuzung des etwas größeren Teils der
Fasern innerhalb der Hörbahn und dem ipsilatera-
len Verlauf der restlichen Fasern ist die Vorausset-
Akustisch evozierte (Hirnstamm-)Potenzlale (AEP): zung für das Richtungshören ( räumliche Lokalisa-
Wie beim Elektroenzephalogramm (EEG) werden die tion der Schallquelle). Dabei spielt der obere
auditorisch evozierten Potenziale an der Schädelo· Olivenkomplex. der als erste Station der Hörbahn
berfläche mittels Elektroden registriert. Signale von beiden Ohren erhält. eine wichtige Rol-
Mittels Oberflächenelektroden auf dem Scheitel und le. Kommt ein Schall von links. erreicht er das linke
216 11 Funktionelle Systeme Das auditarische System

Direkt« und Indirekter Tell der HllrbMn


Axone des 2. Neurons mit Umschaltung auf das 3. Neuron Wei terer Verlauf
Direkter Teil der Hörbahn: Umschal t ung auf das 2. Neuron im Nd. cochlearis post erior
Kreuzung als posteriore Akustikkreuzung • Striae acuslicae • Axone des 3. Neurons ... Corpus geniculatum mediale (CGM)
dorsales oder Hörstreifen (dicht unter dem Boden der • Nach Umschaltung auf das 4. Neuron -+ Hörrinde
Rautengrube. in der Nähe der Striae medullares ventriculi
quarti) ... kontralateral im Lemniscus lateralis zum Colticulus
inferior (Umschaltung auf 3. Neuron)
Indirekter Teil der Hörbahn: Umschaltung auf das 2. Neuron im Nd. cochlearis onterior
nach Kreuzung (Corpus trapezoideum) ... kontralateraler oberer • Axone des 3. Neurons: -+ im Lemniscus lateralis zum
Olivenkomplex· (dort Umschaltung auf das 3. Neuron) Colliculus inferior(-+ Umschaltung auf das 4. Neuron)
• Axone des 4. Neurons: ... Corpus geniculatum mediale
(-+ Umschaltung auf das 5. Neuron
• Axone des 5. Neurons -+ Hörrinde
zunächst ungekreuzt Kreuzung -+ ipsilateraler oberer Oliven· • Axone des 3. Neurons: -+ Kreuzung (Corpus trapezoldeum)
komplex (dort Umschaltung auf das 3. Neuron) ... kontralateraler oberer Olivenkomplex (dort Umschaltung
auf das 4. Neuron)
• Axone des 4. Neurons: ... im Lemniscus lateralis zum
Colticulus inferior(-+ Umschaltung auf das 5. Neuron)

1111
• Axone des 5. Neurons ..... Corpus geniculatum mediale
(-+ Umschaltung auf das 6. Neuron)
• Axone des 6. Neurons -+ Hörrinde
nach Kreuzung (Corpus t rapezoideum) -+ Verlauf durch oberen entweder:
Olivenkomplex (im Lemniscus lateralis) ohne Umschaltung -+ • Axone des 3. Neurons ..... Colliculus inferior (-+ Umschaltung
Nett. lemnisci lateralis (Schleifenkernkomplex, dort Umschal- auf 4. Neuron)
tung auf das 3. Neuron). • Axone des 4. Neurons -+ Corpus geniculatum mediale
( -+ Umschaltung auf 5. Neuron)
• Axone des 5. Neurons -+ Hörrinde
oder:
• erneute Kreuzung der Axone des 3. Neurons in der Decussa·
tio lemniscorum l ateralium ... Nudei lemniscl lateralis
(wieder ipsilateral; -+ Umschaltung auf 4. Neuron)
• Axone des 4. Neurons -+ im Lemniscus lateralis zum
Colliculus inferior (Umschaltung auf 5. Neuron)
• Axone des S. Neurons-+ Corpus geniculatum mediale
(Umschaltung auf 6. Neuron)
• Axone des 6. Neurons -+ Hörrinde
• Oberer Olivenkomplex • Nudel ohvares super1ores oder Nudtl corporis trapezokl~

Ohr früher als das rechte (Laufzeitdifferenz) und sondern auf bestimmte Merkmale eines Schall-
der Schalldruck ist im linken Ohr höher als im musters. z. B. Ampli tudenänderung ( Lautstärkenän-
rechten (Pegeldifferenz). derung). Frequenzzunahme oder Frequenzabnah-
Die frequenzspezifische Aktivität der Ganglienzel- me.
len im Ganglion cochleare wird auf die nachfolgen-
den Stationen der aufsteigenden Hörbahn übertra- 11 .4.3 Die Kollat eralen der Hörbahn
gen: Von den Kochleariskernen bis zur Hörrinde Von der Hörbahn gehen auf unterschiedlichen Hö-
lässt sich eine Tonotopie nachweisen. Beispiele für hen Kollateralen ab:
diese tonotope Ordnung sind: zur Formatio reticularis -> Akrivierung des ARAS
Nuclei cochleares: hohe Frequenzen mehr dorsal ( s. S. 104) -> Weckreaktionj Korrexaktivierung
Colliculus inferior: hohe Frequenzen mehr me- zu Augenmuskelkernen (über den Fasciculus
dial longitudinalis medialis) und Colliculus superior
auditarischer Kortex: hohe Frequenzen mehr (aus Colliculus inferior. s. S. 102) -> reflektori-
hinten-medial. sche Augen-. Kopf- und Rumpfbewegungen (Zu-
Viele Neurone in den Stationen der Hörbahn rea- oder Abwendung) auf einen akustischen Reiz
gieren nicht nur auf charakteristische Frequenzen. hin
11 Funktionelle Systeme Das vestibu läre System 217

zu motorischen Abschnitten der Nuclei nervi tri- Perikarya sind im Ganglion vestibulare lokalisiert,
gemini und nervi Facialis -+ Kontraktion des M. das sich am Boden des inneren Gehörganges befin-
tensor tympani und des M. stapedius (Schutzre- det
nex. s. s. 236). Die zentralen Fortsätze der 1. Neurone bilden den
N. vestibu laris des VII I. Hirnnervs (N. vestibulo-
<I>
cochlearis). in den Nuclei vestibulares erfolgt die
AW... Check-up
Umschaltung der afferenten Fasern au f das 2. Neu-
v Wiederholen Sie die obligaten Umschalt-
ron:
stellen der Hörbahn.
Ncl. vestibularis superior ( Bechterew): Signale
v Machen Sie sich nochmals klar, wie das
aus den Bogengängen
Richtungshören erfolgt.
Ncl. vestibularis medialis (Schwalbe): ebenfalls
Signale aus den Bogengängen
Nd. vestibularls Inferior (Roller): Signale aus
11.5 Das vestibuläre System
Sacculus und Utricu lus


A... Lerncoach
Wenn Sie sich an dieser Stelle informieren
wollen, wie eine Lageveränderung oder
Ncl. vestibularis lateralis (Deiters): erhä lt vor-
nehmlich Afferenzen aus dem Kleinhirn.

1 1.5.2.2 Oie Efferenzen der Vest ibulariske rn e


Drehbewegung des Kopfes über das Gleich- Die Efferenzen der Nuclei vestibulares erreichen
gewichtsorgan registriert wird, können Sie folgende Strukturen:
dies aufS. 241 nachlesen. Konzentrieren Sie Kleinhirn: Bis auf wenige Fasern aus dem Vesti-
sich im folgenden Abschnitt auf die efferen- bularapparat (besonders aus den Cristae am pul-
ten Verbindungen der Vestlbularlskerne, die lares), die das Vestibu locerebellum direkt errei-
für Reaktionen auf eine Lageveränderung chen (direkte sensorische Kleinhirnbahn), ziehen
oder Beschleunigung hin von Bedeutung die meisten vestibulozerebellären Fasern nach
sind. Umschaltung in den Ncll. vestibulares über den
unteren Kleinhirnstiel zum Vestibulocerebellum
11 .5 .1 Der Überblick (s. S. 119).
Bei der reflektorischen Aufrechterhaltung des - Augenmuskelkerne: Diese Elferenzen der Ncll.
Gleichgewichts spielen die Vestibulariskerne eine vestibulares erreichen die Augenmuskelkerne
zentrale Rolle. Ihre Afferenzen erhalten sie vor al- über den Fasciculus longitudinalis medialis
lem aus dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr (s.S. 105).
( Haarzellen a ls sekundäre Sinneszellen, s. S. 241) Rückenmark: Hier unterscheidet man zwei Bah-
und sind efferent mit verschiedenen Zentren des nen:
ZNS verbunden: Sie erreichen das Kleinhirn, die • Tractus vestibulospinalis lateralis (aus Nucleus
Augenmuskel kerne und die Formatio reticularis im vestibularis lateralis, ipsilateral bis ins Lum-
Hirnstamm. das Rückenmark und über den Thala- bosakralmark ..... Tonuserhöhung der Extenso-
mus den motorischen Kortex. ren, Entspannung der Flexoren)
• Tractus vestibulospinalis medialis (aus Nu-
11 .5.2 Oie Vestibulariske rne un d ihre deus vestibularis medialis, ipsi- und kontrala-
Verbindunge n teral bis zum mittleren Thorakalmark ..... Ent-
spannung von Nacken- und oberen
11 .5.2. 1 Oie Vestibul ariskerne und ihre Rückenmuskeln ).
Afferenzen - Thalamus und Kortex: Tractus vestibulothalami-
Über synaptische Kontakte des peripheren Fortsat- cus (zum Nucleus ventralis posteroinferior, wei-
zes erhält das 1. Neuron des vestibulären Systems ter zum Gyrus postcentralis nahe der sensiblen
Signale von den Haarzellen aus Sacculus, Utricu lus Gesichtsrepräsentation -+ bewusste Raum-
und den Bogengängen (s. S. 241 ). Die zugehörigen orientierung).
218 11 Funktionelle Systeme Das olfaktorische und das gustatorische System

Formatio reticularis: Brechzentrum (--> Brechreiz 11 .6 Das olfaktorische und das


bei starken Drehbewegungen ). motorisches Zen- gustatorische System
trum(-+ Tractus reticulospinalis).

~
..... Lerncoach
11.5.2.3 Die funktionell e Bedeutung
der vestibulären Verschaltungen Durch den Vergleich von olfaktorischem und
Die Verschaltungen der Vestibulariskerne dienen gustatorischem System können Sie sich noch·
der Kontrolle der Augenmuskeln: Die Augäpfel mals den Unterschied zwischen primären und
werden bei verschiedenen Kopfhaltungen immer sekundären Sinneszellen klarmachen (s. auch
so ausgerichtet, dass ein aufrechtes Bild auf der Kapitel 1, S. 6).
Retina entsteht
- der Koordination der Haltung von Kopf, Körper 11 .6.1 Der Überblick
und Extremitäten __, Gleichgewichtserhaltung, Das olfaktorische und das gustatorische System
aufrechter Gang vermitteln über chemische Sinnesorgane ( Riech-
der Bewegungskoordination: Das Kleinhirn be- schleimhaut und Geschmacksknospen s. S. 253 und
nötigt die vestibulä ren Informationen für die 254) aufgenommene Signale. die bei der Nahrungs-
motorische Koordination (s. auch S. 119 und aufnahme nicht nur über den Genuss entscheiden.
S. 204). sondern auch eine Warnfunktion übernehmen kön-
nen. So werden verdorbene Speisen oft bereits am
Geruch erkannt und die Genießbarkeit kann zu-
sätzlich schnell und zuverlässlich durch das Ge-
Zentral bedingte vestibuläre Störungen: Schwindel schmacksorgan überprüft werden. Zudem können
und Gleichgewichtsstörungen können auch Ursachen beide Sinnessysteme emotionale Verhaltensweisen
im ZNS haben. Die häufigste Ursache ist eine Durch- hervorrufen.
blutungsstörung im Himstammbereich. jedoch Die Riechbahn beginnt mit primären Sinneszellen
können dieses Symptome auch z. B. bei Multipler in einer umschriebenen Region der Nasenschleim-
Sklerose auftreten (meist mit retrokochleärer haut (Regio olfacroria) und führt über den I. Hirn-
Hörstörung). Es treten dann Veränderungen des opto- nerv (N. olfactorius), Tractus und Bulbus olfactorius
kinetischen Nystagmus auf. ln der Kernspintomogra- zu verschiedenen telenzephalen Kortex- und Kern-
phie sind demyelinisierte Bereiche im Hirnstamm gebieten und wird als einziges sensorisches System
nachweisbar und die Ableitung akustisch evozierter nicht im Thalamus umgeschaltet.
Potenziale kann die Diagnose weiter bestätigen. Die Geschmacksfasern ziehen über verschiedene
Hirnnerven (VII. IX und X) zum Nucleus tractus so-
<I> litarius im Hirnstamm.
..• ... Check·up
Rekapitulieren Sie, wodurch sich der Nd. 11.6.2 Da s olfaktorische System
vestibularis lateralis von den anderen Vesti-
bulariskernen unterscheidet. 11.6.2.1 Die Funktionen des olfaktorischen
Systems
Bei vielen Tieren spielt das Geruchssystem eine
wesentliche Rolle bei der Nahrungsaufnahme. beim
Verhalten und bei der Reproduktion. Sie besitzen
folglich große Areale des Endhirns. die für die Ge-
ruchswahrnehmung verantwortlich sind (sog. Ma-
krosmatiker). Beim Mikrosmatiker (Mensch) wer-
den die o.a. Funktionen z.T. von anderen
Sinnesorganen übernommen (Sehen, Hören). Trotz-
dem ist der Geruchssinn auch beim Menschen von
11 Funktionelle Systeme Das olfakt orische und das gust at orische Syst em 219

großer Bedeutung. Er ist für den Respirationstrakt ..--------- 1


eine Art Kontrollstation (z. B. für gefahrliehe Gase); ~------- 2

gut Schmeckendes wird auch über den Geruch so ~------ 3


~----------- 4
eingeordnet; Ekel oder Genuss können durch Ge-
ruch hervorgehoben werden.
Riechen ist ein Vorgang der Chemorezeption.

11.6.2.2 Die Riechbahn

Die olfaktorischen Rezeptorzellen und der ' -- - - 7


N. olfoctorius (I)
Die ol faktorischen Rezeptorzellen { Riechzellen,
s. S. 253) liegen in der Regio ol factoria ( olfaktori-
sches Epithel), die beim Menschen nur einen klei- 1 Sinus frontalis 5 Fossa hypophysialis
nen Teil der Nasenschleimhaut auf der oberen Na- 2 Crista galli 6 Lamina cribrosa
3 Bulbus olfactorius 7 Sinus sphenoidaUs
senmuschel und angrenzenden Bereichen von 4 N. olfactorius
Nasendach und Nasenseptum einnimmt.
Abb. 11.7 N. olfactorius (Gesamtheit der Fila olfactorii) mit
Die Axone der Rezeptorzellen bilden die Fila olfac- Durchtritt durch die Lamina cribrosa zum Bulbus olfactorius
toria, die in ihrer Gesamtheit als N. olfactorius (1. am Paramedianschnitt durch die Nasenhöhle
Zu beachten ist, dass die olfaktorisch innervierten Riechzel-
Hirnnerv ) zusammengefasst werden (Abb. 11.7). So- len lediglich in einem umschriebenen Teil der Nasenhöhle
mit sind die Rezeptorzellen das 1. Neuron im olfak- liegen (Regio olfactoria). Die übrigen dargestellten Nerven
sind Äste des N. trigeminus (s. S. 62). zur Innervation der Na-
torischen System (primäre Sinneszelle, s. S. 6). Die sen· und Gaumenschleimhaut.
einzelnen Fila olfactoria ziehen durch die Lamina
cribrosa des Os ethmoidale und erreichen so den
Bulbus ol factorius.
Die Hemmung der Projektionsneurene ( Mitral - und
Der Bulbus olfactorius
Büschelzellen) durch die Interneurane bewirkt ei ne
Der nach-ovale Bulbus olfactorius liegt auf der La-
Kontrasrbildung. wodurch eine genauere Geruchs-
mina cribrosa des Siebbeins in der vorderen Schä-
wahrnehmung möglich wird.
delgrube (Fossa cranii anterior). Er ist eine Station
der Informationsverarbeitung und weist histolo- Der Troctus olfoctorius und die weiteren Stationen
gisch einen 6-schichtigen Bau auf: der Riechbahn
Die Axone der Fila olfactoria ziehen durch das Stra- Der Tractus olfactorius liegt an der Basalnäche des
tum fibrosum und bilden i n sog. Glomeruli Synap- Frontallappens (Länge: 3-4 cm): er teilt sich in die
sen mit Dendriten von Mitral- und Büschelzellen Stria olfactoria Jateralis, die am Vorderrand der
( Projekt ionsneurone des Bulbus olfactorius). Ihre Substantia perforata anterior zum Uncus ver-
langen Axone bilden den Tractus olfactorius (s. u.). läuft, und die
Stria olfactoria medialis, die an der Substantia
perforata anterior entlang zum Gyrus paratermi-
nalis zieht.
Im Bereich der Glomeruli erfolgt die Umschaltung
Jn der Aufteilungsstelle des Tractus olfactorius liegt
zwischen Rezeptorzellen und Büschei-/Mitralzellen .
das Trigonum olfactorium mit dem Nucleus olfac-
Die Büschel· und Mit raizelien sind die Projektions·
torius anterior. Hier werden Axone/Axonkollatera-
neurone des Bulbus olfactorius.
len des Tractus olfactorius umgeschaltet. Der Nu-
deus olfacrorius anterior sch ickt seine Axone über
Durch verschiedene Typen von Interneuronen wird die Commissura anterior zum kontralateralen Bul-
die Erregungsweiterleitung im Bulbus olfactorius bus olfactorius.
moduliert.
220 11 Funktionelle Systeme Das olfaktorische und das gustatori sche System

ln der Stria olfactoria lateralis verlaufen die Axone Der Cortex periamygdaloideus gehört zum Mandel-
zur Area prepiriformis (Teil des Gyrus olfactorius kern komplex (s. S. 159). Hier bekommt das olfakto-
lateralis) und zum Cortex periamygdaloideus rische System direkten Anschluss an das limbisehe
( s. Abb. 11.8). System und - über Verbindungen des Corpus
Die Area prepiriformis (3-schichtiger Rindenauf- amygdaloideum mit dem Hypothalamus - auch an
bau ) wird manchmal auch als primäre Riechrinde das vegetative System.
aufgefasst. D.h. das Riechsystem ist das einzige Sowohl aus der Regio prepiriformis als auch aus
sensorische System, das primär nicht über eine dem Cortex periamygdaloideus ziehen Fasern zu
Umschaltung im Thalamus zum Kortex gelangt. den Nuclei mediales tha lami; von dort verlaufen
dann Projektionen zum orbitafronta len Kortex.
ln der Stria olfactoria medlalis verlaufen die Axone
zu den Nuclei septales (und zu einem beim Men-
....--- 1
schen allerdings kaum ausgebildeten Tuberculum
~-- 2
ol factorium).
~-- 3
Von den Nuclei septales bestehen Verbindungen zu
~-- 5
den Habenulae und zur Hippokampusformation.

Kakosmien: Hierunter versteht man spontane, oft an·


fallsartige Wahrnehmung unangenehmer Gerüche. Sie
können als sensorische Störung auftreten und gehen
------ 7 auf Läsionen des limbisehen Systems im Schläfenlap·
_,...--- 8
pen zurück, was auf enge Verbindung zwischen olfak·
torischem und Iimbisehern System hinweist.

."...__ _ _ 9
11.6.3 Das gustatorische Syst em
.' J'--.--- 10
Die Geschmackssinneszellen sind sekundäre Sin-
•""----- 11 neszellen (ohne eigenes Axon). Ihre Rezeptorpo-
~---- 12
tentiale erregen über Synapsen (Transm itter:
1 Bulbus olfactorius 9 Chiasma optlcum Glutamat) Geschmacksfasern (speziell viszerosen-
2 Tractus olfactorius 10 lnfundibulum sorisch), die drei Hirnnerven zugeordnet werden
3 Stria olfactoria medialis 11 Corpus mammillare können (Tab. 11.2).
4 Substantia perforata 12 Mesencephalon
anterior Die zentralen Fortsatze des ersten Neurons errei-
5 Trigonum olfactorium chen die unteren Teile der lang gestreckten Nuclei
6 Stria olfactoria lateralis
7 Cortex periamygdaloideus tractus solitarii im Hirnstamm.
8 Area prepiriformis Hier werden die Fasern auf das zweite Neuron der
Abb. 11.8 Olfaktorische kortikale Areale in der Ansicht von Geschmacksbahn umgeschaltet. Die Axone des
basal zweiten Neurons steigen hauptsächlich ipsilateral

1. Neuron dn gusblllrlschen Systems)


Hirnnerv Perikaryon (Lage) gustatorlsches lnnervat ionsgebiet
VII N. facialis (N. intermedius) G.9l. geniculi vordere 'b der Zunge
IX ~lossopharyngeus _ .::;G9:cll. superius und inferius hinter~ der Z~e
X N. vagus Ggll. superius und inferius Bereich der Epiglottis und Übergang zum Zungengrund
(um Kehlkopfeingang)
1 1 Funktionelle Systeme Das vegetative Nervensystem 221

im Tractus tegmentalis centralis bzw. im Lemniscus 11 .7 Das vegetative Nervensystem


medialis zum Nucleus ventralis posteromedialis
des Thalamus auf. wo die Umschaltung auf das 3. G
_. ... Lerncoach
Neuron erfolgt. Letzteres projiziert zum unteren Die großen funktionellen .Gegenspieler" des
Bereich des Gyrus postcenrrahs (im Bereich des vegetativen Nervensystems sind der Sympa·
Operculum parietale) in enger Nachbarschaft zum thikus und der Parasympathikus, deren effe·
somatasensiblen Gebiet der Zunge und zum an- rente Strecke jeweils aus zwei aufeinander
grenzenden Bere1ch der lnselrinde. folgenden Neuronen besteht. Nicht nur funk·
Kollateralen aus dem Nucleus tractus solitarii zie- tionell unterscheiden sich diese belden Unter·
hen zudem zu folgenden Kemgeb1eten: systeme des vegetativen Nervensystems.
Nuclei salivaton• _, reOektorische Speichelsekre- sondern auch durch die Lage der Umschalt·
tion stellen(-+ Ganglien) und z. T. durch die
Nucleus dorsalis nervi vag• - renekronsehe Ma- Transmitter. Achten Sie beim lesen des fol·
gensaftsekretion genden Abschnitts besonders auf diese
Hypothalamus (Ober den Fasciculus longitudina- Unterschiede - wenn Sie sich das allgemeine
lis dorsalis) -+ vegetative und emotionale Reak- Prinzip gut einprägen, lassen sich damit
tionen (Übelkeit. mimische Reaktionen). viele Prüfungsfragen leicht beantworten.
1111
11.7.1 Der Überblick und die Funktion
Geschmacksstörungen können selten auch zentrale Das vegetative (= autonome oder viszerale) Ner-
Ursachen haben (z. B. schwere Schädei·Hirn-Traumata. vensystem reguliert (zusammen mit dem endokri-
CO-Vergiftung). nen System) lebenswichtige Funktionen. Die Lei-
Bei Schizophrenie können Geschmackshalluzlnatio· srungen der inneren Organe werden aufeinander
nen auftreten (zumeist Vergiftungsängste Im Zusam· und an wechselnde Anforderungen angepasst (Ho·
menhang mit einem Verfolgungswahn). möostase). Atmung. Kreislauf. Stoffwechsel. Körper-
temperatur. Verdauung. Sekretion. FortpOanzung
<I> u. a. werden durch das vegetative Nervensystem
_.W... Check-up gesteuert.
tl' Rekapitulieren Sie die sensorische Inner· Das vegetative Nervensystem funktioniert unbe-
vation der Zunge. wusst/unwillkürlich (daher stammt auch d1e Be-
tl' Überiegen Sie dabei, welche wmelnsam· zeichnung ..autonomes Nervensystem"). Es 1st Je-
keiten und Unterschiede es zur sensiblen doch zu bedenken, dass auch v1ele Funktionen des
Innervation in den gleichen Bereichen gibt somatischen (animalischen) Nervensystems unbe-
und wiederholen Sie dies ggf. mit Hilfe von wusst ablaufen und sich somit aus der Autonomie
Kapitel 3 (S. 58, 65 und 70). allein keine Definition ableiten lässt. Auch d1e Be-
schreibung des vegetativen Nervensystems als ein
System. das alle Strukturen außer den Skelettmus-
keln innerviert. ist umstritten. da diese Definition
die Viszeroafferenzen nicht berücksichtigt. die fOr
das Funktionieren des vegetativen Nervensystems
unabdingbar sind (s. S. 88).
Beim vegetativen Nervensystem lassen sich zentra-
le und periphere Antei le beschreiben. Zu den zen·
rrolen Anteilen im Gehirn gehören Teile der Forma-
tio reticularis und des Hypothalamus (als
Obergeordnetes Steuerungszentrum. Insbesondere
in diesen beiden Hirngebieten ist das vegetative
222 11 Funktionelle Systeme Das vegetative Nervensystem

I Tab~llr 11.3

Ft 7n •w dft SpQ II! r uwd l'aU)SS; II' r


Organ Sympathikus Parasympathikus
Bronchialbaum
- Muskulatur --+ Bron<hod1latat1on - Bronchokonstriktlon
- Drüsen - Sekretion I - Sekretion 1
Herz
- Erregungsleitungssystem - Frequenl 1 (Tachykardie) - Frequenz I (Bradykardie)
- Muskulatur ~ Steigerung der Kontraktionskraft
(positive lnotropie)
Magen-Darm-Trakt
- Wandmuskulatur - Peristaltik • - Penstalt1k I
- Sphinktermuskulatur - KontraktiOn • D;latat1on
- Drüsen (in den Wandsch1chten) - Sekretton • - SekretiOn t
Urogenitaltrakt
· M. sph1ncter urethrae 1ntemus - Kontrakt1on - bete.bgt an Verschluss-
mechanismus - UnnkontJnenz
- M. detrusor vesicae - Harnblasenentleerung (Miktion)
- Musku,.tur der Samenwege - Kontraktion - Ejakulation
Blutgelißt
- Haut. Skelettmuskulatur (weniger in • Konstnktlon
Niere und Darm)
- Sexualorgane - Dilatation - Erektion
Innere Augenmuskeln
- M. dllatator pupillae • Kontraktion - Pupillenerweiterung
- M. sphlnctcr pupillae .... Kontraktion • Pupillenverengung
- M. cillaris - Kontraktion - Nahakkommodation
- M. tarsahs - Erwe1terung der lidspalte
DrGsen
- Tranendruse - SekretiOn I (?) - SekretiOn I
- Kopfspeicheldrüsen - Sekret1on: mehr mukös - Sekretion: mehr serös
- Bauchspeocheklruse (Pankreas) - Sekret1on I - SekretiOn I
- Schweißdrusen - SekretJon I . (I)
Haut
- Mm. arrectores pilorum -Aufrichten der Haare
Nebennierenmark • Katechoiaminausschüttung

Nervensystem funktionell eng mit dem somati- gllonären Neurone. die i hre Axone zu den Erfolgs-
schen Nervensystem verknüpft. Die zentralen An - organen schicken.
teile 1m Ruckenmark sind Renexzentren. wie z. B. Bei den Viszeroefferenzen lassen sich im klassi-
das Centrum vesJCospinale für die Regulation der schen Sinn zwei uncerschredliche funktionelle Sys-
Hamblasenentleerung. teme unterscheiden:
Eine Besonderheit des peripheren vegetativen Ner- Das sympathische und das parasympathische Sys-
vensystems isr. dass außerhalb des ZNS Schalmei- tem wirken uberw1egend antagonistisch
Jen (in Form von Ganglien) vorkommen. Das be- (s. Tab. t 1.3) und unterscheiden sich in
deutet. dass der efferente Schenkel aus zwei der Lage der Ganglien. d. h. länge der prä- und
aufeinander folgenden Neuronen besteht. Die Peri - postsynaptischen Axone
karya der prägangllonären Neurone liegen im ZNS; dem Transmitter der postganglionären Neurone
ihre Axone ztehen zu den peripheren vegetativen der Funktion.
Ganglien. Dort liegen die Perikarya der postgan-
11 Funktionelle Systeme Das vegetative Nervensystem 223

Umschaltung durch die Ganglien ziehen. um dann


in einem prävertebra len Ganglion (s. u.) synapti-
Übertrainingssyndrom: ln der Sportmedizin versteht sche Kontakte mit postganglionären Neuronen zu
man unter dem Übertrainingssyndrom einen anhal-
bilden. Die postganglionären Neurone des Sympa-
tenden Abfall der sportlichen Leistung mit körperli- thikus entha lten Noradrenalin (mit Ausnahme der
chen Symptomen (Bel1ndlichkeitsstörungen mit cholinergen Fasern zu Schweißdrüsen!).
schneller Ermüdbarkeit) bei gleichbleibendem oder in- Die Wirkungen des Sympathi kus in den Zielorga-
tensiviertem Training. Man unterscheidet meist zwei nen sind in Tab. 11 .3 zusammengefasst.
unterschiedliche Phasen:
Die sympathische Frühphase ist gekennzeichnet
11 .7 .2.1 Der Grenzst rang (Truncus sympathi-
durch Ruhelosigkeit, Übererregbarkeit, Schlafstö-
cus) m it paravertebralen Ganglien
rungen , Gewichtsverlust, erhöhte Ruheherzfre- Der sympathische Grenzstrang (Truncus sympathi-
quenz, erhöhten Blutdruck in Ruhe und langsame cus) erstreckt sich beidseits der Wirbelsäule (para-
Erholung von Herzfrequenz und Blutdruck nach vertebral) von der Schädelbasis bis zum Steißbein.
Belastung. Seine Ausdehnung ist also wesentlich größer als
Die parasympathische Spätform geht einher mit
der Bereich, aus dem er über die Rr. communican-
phlegmatischem und depressivem Verhalten, feh-
tes albi (s. S. 34) präganglionäre sympathische Zu-
lenden Schlafstörungen, normalem Appetit, kon-
flüsse erhä lt (C8-l2). Der Grenzstrang bestehr aus
stantem Gewicht, niedriger Ruhefrequenz. rascher einer Kette von 21 - 25 Ganglien. die durch Rami in-
Erholung der Herzfrequenz nach Belastung und
terganglionares verbunden sind.
Hypoglykämie während der Belastung. Verant- Die paravertebralen sympathischen Grenzstrang-
wortlich für das Ausbleiben der für die Frühphase
ganglien (aus multipolaren Nervenzellen) sind:
typischen Überlastungssymptome ist ein mit dau-
Ganglion cervicale superius: groß. spindelförmig,
erhaftem Trainig erhöhter Vagotonus.
vor den Querfortsätzen des 2. und 3. Halswir-
bels gelegen
Neben Sympathikus und Parasympathikus kann - Ganglion cervicale medium: inkonstant, variable
das Intramurale Nervensystem des Magen-Darm - Lage
Kana ls (enterisches Nervensystem) als dritte Kom- Ganglion cervicothoracicum oder stellatum: Ver-
ponente des vegetativen Nervensystems betrach tet schmelzung des Ganglion cervicale inferius mit
werden. Seine Hauptaufgaben sind die autonome dem 1. Brustganglion mit Fasern aus den Rü-
Steuerung der Darmbewegungen sowie die Sekre- ckenmarkssegmenten Th3- Th7; vor dem Quer-
tion der Darmwanddrüsen. Durch sympathische fortsatz des 7. Halswirbels und nahe des Ab-
und parasympa thische Fasern kann diese auto- gangs der A. vertebralis aus der A. subclavia
nome Tätigkeit ..moduliert" werden. liegt es der Pleurakuppel an
Eine Vielzahl vegetativer Funktionen wird über vis- Ganglia t horacica: 10- 13 Ganglien, auf den Rip-
zerale Reflexe erfüllt ( s. S. 88). penköpfchen gelegen
Ganglla lumbalia: 4 retroperitoneale Ganglien.
11 .7 .2 Der Sympathi kus am medialen Ende des M. psoas major gelegen
Die Perikarya der präganglionären Neurone (Trans- Ganglia sacralia: 4- 5 Ganglien medial der Fora-
mitter: Acetylcholin) befinden sich in thorakalen mina sacra lia pelvina
und lumbalen Segmenten des Rückenma rks {Sei- Ganglion impar (durch Zusammenfluss des rech-
tenhörner). Ihre Axone ziehen gemeinsam mit den ten und linken Grenzstrangganglions al s einziges
somatornotorischen Fasern in der Vorderwurzel unpaar, median vor dem Os coccygis gelegen).
und dann im Spinalnerv. Sie verlassen den Spinal- Ein Teil der postganglionären Axone des Grenz-
nerv als Ramus communicans albus. der zu den strangs zieht über Rr. communicantes grisei zurück
sympathischen Grenzstrangganglien zieht. Hier zu den Spinalnerven, mit denen sie zur Haut gelan-
kann eine Umschaltung auf das postganglionäre gen. um dort Gefaße, Drüsen und Mm. arrectores
Neuron erfolgen. Axone können aber auch ohne pilorum zu innervieren.
224 11 Funktionelle Systeme Das vegetative Nervensystem

Der Holsteil des Truncus sympothicus Miosis (= Pupillenverengung durch Lähmung des
Die Zervikalganglien stehen in topographi sch enger M. dilatator pupillae)
Beziehung zur tiefen Schicht der Halsfaszie ( Lami- Ptosis (• herabhängendes Augenlid durch Ausfall
na prevertebralis faSCJae cervicahs). Sie entsenden des M. tarsalis)
postganglionäre Fasern. die häufig (ohne Umschal- Enophthalmus (• Aspekt des eingesunkenen Aug·
tung I ) durch die Kopfganglien (s. S. 57) hmdurch apfels).
ziehen und mit den Blutgeflißen zu ihren Erfolgsor-
ganen ziehen.
Vom Ganglion cervlc~le superius Ziehen Fasern Der Brustteil des Truncus sympothicus
zum Auge. zu Tranen - und Speicheldrllsen. zu Aus den oberen Thorakalganglien (2.-5.) schließen
Kopfgeflißen und z. B. auch zur Epiphyse (s. S. 140). sich postganglionäre Fasern Gefaßen an, um die s1e
Die Fasern begleiten als dunnes Genecht (Plexus Genechte bilden und somit penarteriell zu ihren
caroticus internus aus dem N. caroucus internus) Zielorganen gelangen. Dort bilden sie zusammen
die A. caroris interna und ein Te1l ihrer Äste (z. B. mit Viszeroefferenzen und -afferenzen des N. vagus
A. ophthalmica). Weitere Efferenzen gelangen (s. S. 69ff) organnahe gemischte Plexus:
ebenfalls periarteriell zu den Halsorganen und als Rr. cardiaci thoracici -+ zum Plexus cardiacus
N. cardiacus cervicalis Superior zum Plexus cardia- Rr. pulmonales rhoracici -+ zum Plexus pulmo-
cus des Herzens. nalis am Lungenhilum
Rr. oesophageales thoracici - zum Plexus oeso-
phagealis.
Der Halsteil des Truncus sympathlcus liegt auf oder Aus Ästen der Grenzstrangganglien 5- 9 entsteht
im Bindegewebe der Lamina prevertebralis fasciae der N. splanchnlcus major, der überwiegend prä-
cervicalis. ganglionäre Fasern enthält (daneben auch einige
postganglionäre und afferente Fasern). Er zieht seit-
lich an der Wirbelsäule nach kaudal und tritt rechts
Fasern aus dem Ganglion cervlcothoracicum ziehen
mit der V. azygos und links mit der V. hemiazygos
zu Ästen des Plexus brachialis. zum Plexus pulmo-
im medialen Teil durch das Zwerchfell. Dann ver-
nalis und als N. cardiacus cervicalis inferior zum
läuft er zu prävertebralen Ganglien (z. B. Gangha
Herz. Sie bilden feine Genechte um die A. subclavia
coeliacae. s. u.). wo die Umschaltung von pragan-
(Ansa subclavia) und einen Teil ihrer Äste.
glionären auf posrganglionäre Neurone erfolgt.
Der N. splanchnicus minor entsteht aus Ästen des
10. und 11. Brusrganglions. Seme Faserzusammen-
Stellatumblockade: Durch Blockade oder auch ander- setzung entspricht der des N. splanchmcus major.
weitige Schad1gung des Gangl1on stellatum (z. B. und er z1eht ebenfalls se1thch an der W1rbelsdule
durch einen sog. Pancoast·Tumor an der Lungenspit- nach unten. Zusammen mit dem Truncus sympa-
zel kommt es zu einem Ausfall der sympathischen thicus gelangt er durch das Zwerchfell. um we11er
Versorgung in den genannten lnnervationsgebieten zu den prävertebralen Ganglien zu ziehen.
(Hautgefaße, Schweißdrüsen und Mm. arrectores pilo-
rum am Arm; Herz; Auge). Da auch Viszeroafferenzen
auf dem Weg zum Spinalnerv (ohne Umschaltung!)
Die organnahen Plexus in der Brusthöhle sind ge·
durch die Grenzstrangganglien ziehen, kann auch die
mischte Plexus. So enthält z. B. der Plexus pulmo·
sensible Organversorgung mit beeinträchtigt sein.
nalis neben efferenten Sympathikusfasern (-
Die Augensymptome erklären sich dadurch, dass die
Bronchodilatation und Vasokonstriktlon) auch in
im Ganglion cervicale superius umgeschalteten Fasern
Ästen des N. vagus verlaufende Vlszeroefferenzen
zunächst durch die belden unteren Zervikalganglien
(-> Engstellung der Bronchien) und Viszeroafferen·
hindurchziehen. So kann es bei Schädigung des Gan·
zen aus Dehnungsrezeptoren (s. Hering-
glion stellatum zum Homer-Syndrom kommen. das
Breuer·Reflex, S. 103).
durch folgende Symptomentrias gekennzeichnet ist:
11 Funktionelle Systeme Das vegetative Nervensystem 225

Der Bauch- und Beckenteil des Truncus sympathicus 14 - - - - - -


Aus den Ganglia lumbalia und sacralia gehen die 13
Nn. splanchnici lumbales und sacrales ab. Letztere
bilden im Becken zusammen m1t parasympathi-
schen Fasern vegetative Nervengenechte {Plexus
hypogastricus superior und mFerior). Aus denen er-
Folgt die vegetative Innervalion von Harn- und Ge-
schlechtsorganen. Ferner gehen aus den Bauch-
und Beckenganglien Fasern sympathiSCh versorgter
Strukturen der unteren Extremität ab. 12
11

11.7.2.2 Nervenplexus und prävertebrale 10 - - -·


Ganglien im Bauch- und Beckenraum 9
AuF der ventralen Seite der Aorta liegt ein mächti-
ges NervenFasergenecht, Plexus aortlcus abdomlna-
lis. das im Wesentlichen aus Fasern der Nn.
splanchnici majores und minores besteht. Eingela- 1 R. interganglionaris 8 paravertebrales Ganghon
gert in diesen Plexus liegen pr~vertebrale sympa- 2 Spinalganglion des Truncus sympathicus
3 N. spinalis 9 Erfolgsorgan
thische Ganglien mit gleichnamigen Plexus (s. u.): 4 R. posterior 10 prävertebrales Ganglion
Ganglla coellaca (auf beiden Seiten des Truncus 5 R. anterior 11 N. splanchnicus
6 R. communicans 12 Radix anterlor
coeliacus) albus 13 Cornu laterale
Ganglion mesenterlcum superlus {an gleichna- 7 R. communicans 14 Radix posterior
griseu~s:..__ __ _ _ __ __
miger Arterie)
Ganglia aortorenalla {an den Abgängen der bei- Abb. 11.9 Verschaltung sympathischer Viszeroelferenzen
den Aa. renales) zur Innervation von Bauch- und Beckenorganen
- Ganglion mesentericum lnferlus {an gleichna-
miger Arterie).
ln den ersten drei der genannten Ganglien werden auch präganglionäre parasympathische sow1e VIS-
die präganglionaren Fasern der Nn. splanchnici ma- zeraafferente Fasern.
jor und minor auF postgangllonare Neurone umge- Kaudale Fortsetzungen des Plexus aonicus abdomt-
schaltet. Das Ganglion mesentencum inFerius er- nalis sind die Plexus hypogastricus superior und
hält vornehmlich zunusse aus dem lumbalen Tetl hypogastricus inferior {mit Ganglia pelv1ca ~
des Grenzstrangs. Der Plexus hypogasrricus infenor setzt sich in Rich-
Der ausgedehntesie Te1l des Plexus aort1cus abdo- tung Baucheingeweide in weitere Plexus fort. u. a.:
minahs ist der Plexus coellacus {Plexus solaris. Plexus vesicalis. Plexus prostaticus. Plexus uterova -
Sonnengenecht), der sich zw1schen den Abgangs- ginalis. Plexus rectalis medius.
stellen des Truncus coehacus. der A. mesentenca
superior und der Aa. renales ausbreitet. Wie der
Plexus coeliacus liegen auch um die anderen o.g.
Die sympathischen Fasern zu Bauch- und
gleichnamigen Ganglien Nervengenechte. Meist bil-
Beckenorganen werden entweder bereits in den
den sie noch weitere Unterplexus. die sich auf
paravertebralen Grenzstrangganglien oder in den
Ästen der Aorta und ihren Verzweigungen ausbrei-
prävertebralen Ganglien, die es nur im Bauch· und
ten. um zu den ErFolgsorganen zu gelangen (z. B.
Beckenraum gibt, umgeschaltet (Abb. 11.9).
Plexus suprarenalis, Plexus renalis. Plexus hepati-
cus. Plexus lienalis. Plexus gastricus. Plexus rectalis
superior). Neben den Oberwiegend postganglionä-
ren sym pathischen Fasern ziehen in d1esen Plexus
226 11 Funktionelle Systeme Das vegetative Nervensystem

11.7.3 Der Parasympathikus Die postganglionären Fasern innervieren Drüsen im


Die Umschaltung vom präganglionären auf das Kopfbereich. innere Augenmuskeln, Brust- und
postganglionäre Neuron erfolgt beim Parasympa- Baucheingeweide (bis Cannon-Böhm-Punkt nahe
thikus erst im Erfolgsorgan bzw. in seiner Nähe. der linken Kolonflexur). Ab dem Cannan-Böhm -
Demzufolge sind die Axone der präganglionären Punkt erfolgt die Innervation vom Sakralteil des Pa-
Neurene länger als die der postganglionären. Als rasympathikus.
Transmitter findet sich sowohl im prä- als auch im
G>
postganglionären Neuron Acetylcholin. Der Para-
sympathikus gliedert sich in einen Kopftei l und ei -
~A.., An dieser Stelle ist es sinnvoll, den Verlauf
und das genaue lnnervationsgebiet der parasym-
nen SakralteiL
pathischen Hirnnervenfasern zu wiederholen
(s. Kapitel3, S. 58, 59, 67 und 69 ff).

Parasympathomimetika und Parasympatholytika:


Hierbei handelt es sich um Stoffe. die das parasympa- 11.7 .3.2 Der sakrale Parasympat hikus
thische System beeinflussen. Die präganglionären Neurene des sakralen oder
Direkte Parasympathomimetika (z. B. Carbachol) er- pelvinen Parasympathikus finden sich in der Zona
regen spezifische Acetylcholin-Rezeptoren am Erfolgs- intermedia der Rückenmarksegmente S2-S4.
organ. Sie werden nicht von der Acetylcholinesterase Ihre Axone ziehen mit den Radices anteriores der
(Enzym, das Acetylcholin spaltet und somit seine Sakralnerven in der Cauda equina. Nach dem
Verfügbarkeit am postsynaptischen Neuron senkt) ge- Durchtritt durch die Foramina sacralia pelvina ver-
spalten. Carbachol wird z. B. bei Darm- und Blasenato- laufen die parasympathischen Fasern dann ge-
nie eingesetzt. Indirekte Parasympathomimetika trennt als Nn. splanchnici pelvici (Nn. erigentes)
sind Hemmer der Acetylcholinesterase. und ziehen in den Plexus hypogastricus inferior.
Parasympatholytika sind Substanzen, die an spezifi- Hier vermischen sie sich mit Sympathikusfasern.
schen Acetylcholin-Rezeptoren des Erfolgsorgans an· Ein Teil der parasympathischen Fasern wird in Gan-
tagonistisch (hemmend) wirken, z. B. Atropin. glia pelvica des Plexus hypogastricus inferior, ein
letzteres verabreicht man beispielsweise vor einer anderer Teil erst in intramuralen Ganglien umge-
Operation, um eine mögliche Hypersekretion von schaltet.
Bronchialschleim zu unterbinden, da unter Narkose Der sakrale Parasympathikus innerviert den Dick-
das Abhusten nicht möglich ist. darm ab dem Cannon-Böhm-Punkt. die Blase und
die Genitalorgane. Im Dickdarm wird die Motorik
gesteigert, an der Harnblase die Miktion ermöglicht
11.7 .3.1 Der krania le Pa rasympathikus und in den Genitalorganen werden Blutgefäße er-
Oie Perikarya der präganglionären Neurene des weitert (-+ Erektion, daher ..Nn. erigentes" ).
Kopfteils liegen in folgenden allgemein viszeraeffe-
renten Hirnnervenkernen (s. S. 108): 11 .7.4 Das enterische Nerven system
Ncl. accessorius oculomotori i (Edinger-West- (Darmwandnerven system )
phal ) Die Neurene des enterischen Nervensystems liegen
Ncl. salivatorius superior im Plexus submucosus (Meißner-Plexus, in der Tu-
Ncl. salivatorius inferior nica submucosa ) und im Plexus myentericus (Auer-
Ncl. posterior (dorsalis) nervi vagi. bach-Piexus, zwischen Stratum circulare und Stra-
Die präganglionären Fasern verlaufen in den Hirn- tum longitudinale der Tunica muscularis).
nerven 111, VII. IX und X und werden im Ganglion Sie sind v. a. verantwortlich für die autonome
ciliare. Ganglion pterygopalatinum. Ganglion sub- Steuerung der Darmbewegungen (zur Durchmi-
mandibulare, Ganglion oticum oder in organnahen schung und Fortbewegung des Inhalts) sowie für
Ganglien im Brust- und Bauchraum auf postgan- die Sekretion der Darmwanddrüsen.
glionäre Neurene umgeschaltet.
11 Funktionelle Systeme Das limbisehe System 227

<J> T•b~ll~ 11.4


~•... Check-up
Machen Sie sich nochmals klar. IICorte__. und KeiM 11ft • • t l tt.n S,Ac:sa
- worin sich Sympathikus und Parasympa- t~hmz~phale Kort~x.a~ale Hoppoc:ampus
Gyros cingull
thikus unterscheiden und lndusoum grlseum
- wo jeweils die hauptsächlichen Um- Area en1orh1nahs

schaltstellen der sympathischen Fasern telenzephale subkortikale Corpus amygdaloldeum


Kerngebiete Nucleus accumbens
zu Brust-, Bauch- und Beckenorganen Nudel septales
liegen. dientephale Kerngebiete Corpus mammillare
Vergegenwärtigen Sie sich, zu welchen Nudel anterlo~s thalaml
Strukturen postganglionäre sympathische mesenzephale Kerngebiete Nucleus interpedunculans
Fasern des Ganglion cervitale superius zie-
hen .
------------------ Nudei habenulares
------~

tl' Wiederholen Sie die Besonderheit bezüglich


der Innervation von Schweißdrüsen. D1e Strukturen. die im Allgememen zum limbi-
sehen System gerechnet werden. sind m Tab. 11 .4
zusammengefasst.
11 .8 Das limbisehe System
I;
...... Lerncoach
D1e komplexen Verschaltungen limbischer Struktu-
ren sind in Abb. 11.10 zusammengefasst. Beteiligt
sind folgende Verbindungsbahnen:
IlD
Die einzelnen Strukturen, die funktionell zum - Fornix (s. S. 135)
limbisehen System zählen, liegen in unter- - Cingulum (s. S. 161 )
schiedlichen Himabschnitten. Nutzen Sie die- - Tractus perforans (s. S. 165)
ses Kapitel, um die entsprechenden Struktu- - Striae terminales (s. S. 135)
ren ggf. noch einmal nachzuschlagen und - Tractus mammillothalamicus (s. S. 135)
sich einen Uberblick über ihre Verbindungen Commissura anrerior (s. S. 161 )
zu verschaffen . Stna longitudinalis (s. S. 147)
Fasciculus medialis telencephah (s. S. 135)
11.8.1 Der Überblick Fasciculus longitudinalis dorsalis bzw. posterior
Bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankun- (s. S. 135)
gen sind Sch:ldigungen limbischer Strukturen und - Fibrae amygdalofugales ventrales (basale Man-
ihrer Verbindungen sehr häufig. Neben kortikalen delkernstrahlung).
Arealen gehören auch zahl reiche Kerngebiete in al - Ein Teil der angeführten Faserbahnen gehört zum
len Abschnitten des Gehirns zum limbisehen Sys- Papez-Kreis : Die Pyramidenzellen im Ammonshorn
tem. und Subiculum des Hippocampus proJizieren über
den Fomix zum Corpus mammlllare. deren Neu-
11.8.2 Die St ruktu re n d es limbisehen Systems rone llber den Tractus mammlllothalamicus d1e an-
und ihre Verbind ungen terioren Thalamuskerne erreichen. Von dort geht es
Unter dem Begriff .hmb1sches System" werden m we1ter zum Gyrus cinguli. dan n uber das Ongulum
den Neurowissenschaften oft unterschiedliche zur Area entorhinalis. Letztere entllisst den Tractus
Funktionen und Strukturen zusammengefasst. wo- pertorans zum Subiculum und Hlppocampus {•
bei eine exakte und umfassende einheitliche Defi- Ausgangspunkt).
nition kaum möglich ist. Ursprünglich wurden Früher nahm man an, dass im Papez-Kreis Erregun-
Hirnstrukturen. die an der medialen Hemisphären- gen kreisen würden (Ärger und Wut). Heute geht
wand wie ein GUrtel (• Limbus) den Balken ring- man al lerdings davon aus. dass die Verschaltungen
förmig umfassen. als limbisches System definiert. wesentlich komplexer sind als im Papez-Kreis. Ver-
gleichen Sie dazu die vielfälngen Afferenzen und
Efferenzen der limbisehen Strukturen.
228 11 Funktionelle Systeme Das limbisehe System

26 1
25 2

24
23 4
5
22 6
21 7
8

10

18 11
17 12
16
13
15
14

1 Gyruscinguli 10 Nd. interpeduncularis 19 Fasciculus medialis telencephali


2 Stria tenninalis 11 fasciculus longotudonalis dorsalis 20 lamona terminalos
3 Fornox 12 Kern der formatio reticularis 21 Area septahs (mit Nudel septales)
4 Ndl habenulares 13 Hoppocampus 22 Commissura anterior
5 Tr1ctus rnammollothalamicus 14 Area entorhinalis 23 Hypothalamus
6 Nd. ruber 15 Tractus pertorans 24 Stria medullaros thalami
7 Tractus habenulointerpeduncularis 16 Kern~ des Corpus amygdaloideum 25 Nd. anterior thalami
8 Tractus mammollotegmentalis 17 Corpus mammlllare 26 Corpus callosum
9 Nd. tegmentaUs dorsalis 18 Fibrae amygdalofugales ventrales
(basale Mandelkernstrahlung)
Abb. 11 . 10 Verbindungen limbischer Strukturen

11 .8.3 Die Fu nktionen des limbisehen I Klinischer Bezug


Syst ems Gedächtnisstörungen: Bei Läsionen limbischer Struk-
Das IImbasche System ist wesentlich beteiligt an: turen kann es zu einer anterograden Amnesie kom-
der Steuerung von Verhalten men. Hier ist der Erwerb neuer Gedächtnisinhalte
- vegetauven Vorgängen gestört.
Lern- und Gedächtnisvorgängen Auch bei der Alzheimer-Demenz weisen u. a. die lim-
emotionalen Prozessen (Angst Wut. Aggression) bisehen Strukturen ausgeprägte degenerative Verän-
Sexualität und Anerha lrung derungen auf.
der Regu lation von Aufmerksamkeit, Antrieb
und Aktivi tät. <J)

Eine wichtige Rolle für die Bildung von Gedächtn is- ..• ... Check-up
inhalten spielen die komplexen Verschaltungen im V' Wiederholen Sie den Erregungsweg Im
Happocampus (s. S.l65~ Papez-Kreis.
Klinischer Fall

Schwindel im Supermarkt .Mir ist irgendwoe schlecht. Alles dreht sich auf eon·
mal", sagt er hilfesuchend. Um nicht zu sturzen. woll
sich der 45-Jährige am Regal festhalten. Dabe1 greoft
er prompt am Regalgestell vorbei. Seine Hand landet
in den wohlgeordneten Konserven, die im nächsten
Moment mit einem lauten Krach auf den Boden fal·
len. Als Martha zur Hilfe herbeigeeilt kommt. sieht
sie, dass Uwe stark schwollt und dass er sich kaum
auf den Beinen halten kann. .Ich habe so ein lautes
Ohrensausen. Das ist ganz komisch", sagt ihr rreund.
Schon im nächsten Moment lässt er sich in doe Arme
von Martha fallen.•Sorry. aber alles dreht soch. Ich
kann nicht alleine stehen.·
M1th1lfe einer Frenzei·Brille, die eine optiSChe Fixation verhtn· Als der Rettungsdienst im Supermarkt eintrifft, geht
dert sow1e d1e Augen vergroßen und beleuchtet. 1st etne es dem Mann immer noch schlecht. Selbst im Sitzen
besst-rt' Beobachtung des Nystagmus mogltch.
fallt Uwe ständig hin. Setn Körper stürzt dabei immer
auf die hnke Seite. Nur om Uegen kann der 45·Jahrige
Im Innenohr liegen zwei wichtige Sinnescwgane den Schwindel ertragen. Zum Ohrensausen gesellt
des Menschen: das Hör· und das Glekhgewichtsor- sich jetzt ein starkes Druckgefühl auf dem linken Ohr.
gan. Für den Hörvorgang ebenfalls von Bedeutung
sind das äußere Ohr und das Mittelohr (Schalllel- Typische Symptomkonstellation
tung und -umwandlung). Die Unterscheidung, ob Im Krankenhaus hat die Assistenzärztin Dr. Evelyn L.
eine Höntörung im Mittelohr, Im Innenohr oder Im große Schwierigkeoten, den Patienten zu untersu-
weiteren Vertauf der H6rbahn Ihre Ursache hat, Ist chen. Der Schwindel des Mannes verstärkt sich bei je-
nicht Immer einfach. Da das Innenohr aus dem der Koplbewegung. Die Arztin st ellt bei dem Patien·
Gehör· und dem Gleichgewichtsorgan besteht, t en einen Drehschwindel, eine Fallneigung 1ur linken
können bei Innenohrerkrankungen nicht nur Seite sowie einen Spontannystagmus fest, der mit
Gehörstörungen, sondern auch Symptome wie seiner kurzen Komponente nach links ausschlägt - zu
Schwindel und Übelkelt auftreten. Wie etwa bei derselben Seite. auf der Uwe W. das Druckgefuhl im
Morbus Menlere: Die Erkrankung Ist durch Hörver· Ohr verspürt. Der 45-jahrige gibt auch an, auf der lon-
luste und anfallsweisen Schwindel gekennzeichnet. ken Seite schlechter zu hören als auf der rechten.
Die Symptome erklän man sich durch einen Hy· lahmungen oder Sensibtlttiltsstörungen be~tehen
drops der Endolymphe Im lnnenohr. Im Intervall nicht. Der Blutdruck ost normal, der Puls mot 54
zwischen den Anfällen kann es zu einer langsam Schlägen pro Minute etwas verlangsamt. Wdhrend
fon schreltenden, meist einseitigen Schwerhörig· frau Dr. l. den Rettungsdoenst·Bericht liest, oberlegt
kelt kommen. sie: .Aus heiterem Himmel aufgetretener stc1rker
Drehschwindel. Ohrensausen. Brechreiz, Schweißaus-
Alles dreht sich bruch. Bei den Symptomen könnte es sich um die
.Lass uns doch noch Zucchom fur die Gemusesoße Erstmanifestation eines Morbus Meniere handeln."
kaufen·, sagt Uwe zu semer Freundin Martha. Am
Gemusestand im Supermarkt wahlen die beiden das Therapieziel: Schwlndelbeklmpfung
schonste Zucchini-Exemplar aus.•Aber bitte mit Bio- Um den Patienten von seinem Schwindel zu befreien.
Siegel!" lacht Martha. Sie macht sich oft darüber verordnet ihm die Arltln sofort nach der Untersu·
lustig, dass Uwe so ein absoluter Öko-Fanatiker ist. chung das Antivertiginosum Dimenhydrinat I. v. Die
Die Zucchini ist ausgesucht. Uwe und Martha mar· weiteren Untersuchungen des Gehörs und des Gleich·
schieren gemeinsam on Rochtung Kasse. Doch gewichts will sie durchführen. wenn der Schwondel
plotthch bleibt Uwe stehen. Seon Gesicht wird blass. des Patienten etwas nachgelassen hat.
12 Sinnesorgane Das Ohr mit Hör- und Gleichgewichtsorgan 231

12 Sinnesorgane bei und leiten die Schallwellen zum Trommel-


fell. das dadurch zum Schwingen gebracht wird.
Alle Lebewesen sind einer Vielzahl physika lischer Mittelohr (Auris media): Die zu einer Kette ver-
und chemischer Reize ausgesetzt, deren Erfassung bundenen Gehörknöchelchen in der Paukenhöh-
und korrekte Interpretation für das Überleben ei- le übertragen die Schwingungen des Trommel-
nes Individuums von entscheidender Bedeutung fells (äußeres Ohr) auf das ovale Fenster des
sind. Da diese Reize ganz unterschiedlicher Natur lnnenohrs. Dabei findet eine Verstärkung der Si-
sein können, haben sich im Laufe der Evol ution un- gnale sowie eine Anpassung des Eingangswider-
terschiedliche Organe herausgebildet, die für die standes (lmpedanzanpassung) statt. Eine dyna-
Erfassung von Umweltreizen spezialisiert sind. Oft mische Anpassung der Empfindlichkeit kann
werden bereits in diesen Sinnesorganen die resu l- durch die beiden kleinen Mi ttelohrmuskeln er-
tierenden elektrischen Nervenimpulse ver- bzw. folgen. Dem Druckausgleich zwischen Pauken-
bearbeitet bevor sie ans ZNS weitergeleitet wer- höhle und Nasenrachenraum dient die Ohrtrom-
den. wo die Wahrnehmung und Interpretation die- pete (Tuba auditiva).
ser Sinneseindrücke sta ttfindet. Innenohr (Auris Interna): Es besteht aus einem
Labyrinth von Kanälchen und Räumen aus Kno-
<I>
chen (Labyrinthus osseus ). das äh nlich geformte
~•., Besonders für die Sinnesorgane bietet sich
Bindegewebsstukturen (Labyri nthus membrana -
ein fächerübergreifendes lernen an, da es viele
ceus) umgibt. Funktionell unterscheidet man bei
Schnittstellen zu Inhalten der Histologie und Phy-
Letzterem das Labyrinthus cochlearis (-> Hören)
siologie gibt.
von dem Labyrinthus vestibularis (... Gleichge-
wicht).
12.1 Das Ohr mit Hör- und
Gleichgewichtsorgan

~
..... Lerncoach
Während das Innenohr die Sinneszellen von Hör-
und Gleichgewichtsorgan beinhaltet, sind äußeres
Sowohl für das Hören als auch für das Erfas- Ohr und Mittelohr nur für den Hörvorgang von Be-
sen von Bewegungen und der Lage des deutung (-> Schallleitung und lmpedanzanpas-
Kopfes im Raum ist die Aufnahme von me- sung. s. S. 23S).
chanischen Reizen und deren Umwandlung in
elektrische Reize erforderlich. Diese Funktio-
nen werden von Strukturen des kompliziert 12.1.2 Das äußere Ohr (Auris externa)
gebauten Ohres erfüllt. Konzentrieren Sie
sich beim lesen dieses Kapitels in erster Linie 12.1.2.1 Die Ohrm uschel (Auricula)
auf das lnnenohr, das die Sinneszellen von Die Ohrmuschel ist eine trichterförmige Hautfalte.
Hör- und Gleichgewichtsorgan enthält. Ihre Form wird durch elastischen Knorpel (= stüt-
Achten Sie bel den anderen beiden Abschnit- zendes Gerüst) aufrechterhalten. Nur das Ohrläpp-
ten des Ohres darauf, auf welche Weise sie chen ist knorpelfrei.
jeweils zur Verbesserung der Hörfunktion Der äußere. gebogene Rand der Ohrmuschel ist die
beitragen. Helix. Vor ihrem hinteren Teil liegt - durch eine
Rinne (Scapha) abgetrennt - die bogenförmige An·
12.1.1 Der Überblick thelix. deren untere Fortsetzung als Antltragus be-
Das Ohr befindet sich lateral am bzw. im Os tem- zeichnet wird. Der Tragus ist ein flächenhafter Vor-
porale des Schädels. Es gliedert sich in folgende sprung. der sich von vorne vor die Öffnung des
Abschnitte: äußeren Gehörgangs legt. Weitere anatomische
Äußeres Ohr (Auris extema): Ohrmuschel und Strukturen sind Abb. 12.1 zu entnehmen.
äußerer Gehörgang tragen zum Richtungshören
232 12 Sinnesorgane Das Ohr mit Hör- und Gleichgewichtsorgan

Der äußere Gehörgang wird von einem mehr-


schichtigen verhornten Plattenepithel ausgekleidet.
Nur der knorpelige Anteil hat Haare (Tragi, beson-
ders am Eingang). Talgdrüsen und tubulöse Glan-
n - --
12 _ ________,,\;
dulae ceruminosae. Das Sekret der Drüsen und ab-
------- 5 geschilferte Epithelzellen bilden das Cerumen
(Oh renschmalz). das gegen Pilze. Bakterien und ge-
'ML-l-4-- - 6 gen das Eindringen von Insekten wirkt.

Cerumen obturans (Zeruminalpfropf): Normalerwei·


se verlagert sich das gebildete Cerumen in Richtung
der äußeren Gehörgangsöffnung. Durch Reinigungs·
1 Helix mit: 8 Lobulus auriculae versuche mit z. B. Wattestäbchen wird es jedoch in
4 Crus helicis 9 lncisura intertragica die Tiefe des Gehörgangs verlagert, sammelt sich dort
5 Scapha 10 Tragus
6 Anthelix mit 12 Concha auriculae mit: an und verleg t u. U. den äußeren Gehörgang. Die da·
2 Fossa triangularis 11 Cavitas conchae durch entstehende Schallleitungsschwerhörigkeit kann
3 Crura anthelicis 13 Cymba conchae durch Ohrspülung beseitigt werden.
7 Antitragus
Abb. 12.1 Ohrmuschel (Relief der Außenseite)
Die vordere und untere Wand des Meatus acusticus
externus liegen in Nachbarschaft zur Glandula par-
otidea und zum Kiefergelenk. Führt man einen Fin-
12.1 .2.2 Der äußere Gehörgang ger in den Meatus ein. so kann man die Bewegun-
(Meatus acusticus externus) gen des Caput mandibulae beim Öffnen und
Der äußere Gehörgang (Länge: ca. 3 cm. abhängig Schließen des Mundes spüren.
von der Neigung des Trommelfells. s. u.: Weite:
5-10 mm) gliedert sich in einen inneren knöcher- 12.1 .2.3 Das Trommelfell
nen Anteil (in der Pars tympanica des Os tempora- (Membrana tympanica)
Je) und einen äußeren knorpeligen Teil (außerhalb Das Trommelfell bildet die Grenze des äußeren Ge-
des Schädels): Der rinnenförmige Knorpel (Cartila- hörgangs zur Paukenhöhle. Durch seine fast ring-
go meati). der oben durch straffes Bindegewebe förmige Befestigung an der Pars tympanica ossis
verschlossen ist. bildet die Verbindung zwischen temporalis ist der größte Teil des Trommelfells
dem Knorpel der Ohrmuschel und dem Porus acu- straff gespannt (Pars tensa) und nur ein kleiner Teil
sticus externus. Er zeigt leichte. nach vorne und im oberen Bereich schlaff und auch dünner (Pars
unten konvexe Krümmungen und geht an der eng- flaccida • Sharpneii-Membran).
sten Stelle des äußeren Gehörgangs unter Bildung Das Trommelfell ist von außen-oben-h inten nach
eines stumpfen. nach unten gerichteten Winkels in innen-unten-vorne in einem Winkel von etwa 45°
den knöchernen Abschnitt über. Dieser endet am geneigt. Dadurch ist der äußere Gehörgang hinten-
Trommelfell. das durch die Krümmungen des Ge- oben ca. 6 mm kürzer als vorne-unten.
hörgangs vor direkten Verletzungen geschützt wird. Beim Blick au f die Außennäche des Trommelfells
ist die von vorne-oben nach hinten-unten verlau-
fende Stria mallearis erkennbar. Hier ist an der In-
nenseite das Manubrium des Hammers mit dem
Otoskopie: Um mit Hilfe eines Ohrtrichters das Trom·
Trommelfell fest verwachsen. Diese Verbindung er-
melfell betrachten zu können (s. u.). werden die
möglicht die Übertragung von Schwingungen des
Krümmungen des Gehörgangs durch einen nach hin-
Trommelfells. die durch Schalldruckschwankungen
ten-oben gerichteten Zug an der Ohrmuschel ausge-
erzeugt werden. auf die Gehörknöchelchen (s. u.).
glichen.
12 Sinnesorgane Das Ohr mit Hör- und Gleichgewi chtsorgan 233

Für die Übertragung der Schallenergie auf die


Gehörknöchelchen des Mittelohrs ist die
Schwingfähigkeit des Trommelfells entscheidend.
Kommt es zu Beeinträchtigungen (z. B. durch
Änderung der Druckverhältnisse im Mittelohr, 1 Pars ftaccida
s. u.). ist dies eine mögliche Ursache für eine 2 Stria mallearis
Schallleitungsschwerhörigkeit 3Umbo
4 Lichtreflex
5 Pars tensa
An der Manubrium-Spitze ist das Trommelfel l zum Abb. 12.2 Außenfläche des Trommelfells mit Einteilung in
Trommelfellnabel (Umbo) eingezogen. Zieht man vier Quadranten (HV) bei otoskopiS<her Betrachtung
eine Linie du rch die Stria mallearis (und verlängert
sie bis zum Rand ) und ei ne Linie senkrecht zur ers-
ten und durch den Umbo. so lässt sich das Trom- Die Gefaßversorgung des Trommelfells erfolgt über
melfell in vier Quadranten einteilen (Abb. 12.2). A. auricularis posterior {s.o.) und A. tympanica an-
Bei der Betrachtung des gesunden Trommelfells terior {aus der A. maxillaris ).
(mit Beleuchtung) wird ein vom Umbo nach vorne- Der venöse Abfluss erfolgt über gleichnamige Ve-
unten gerichteter dreieckiger Lichtreflex sichtbar. nen.
Histologisch besteht das Trommelfell aus:
- Stratum cutaneum (außen): mehrschichtiges 12.1.3 Das Mittelohr (Auris media)
verhorntes Plattenepithel
Lamina propri a: Bindegewebe mit Kollagenfibril- 12.1 .3.1 Die Paukenhöhle
len, die außen radiär. innen zirkulär angeordnet Die Paukenhöhle {Cavitas tympani) ist ein luftge-
sind (wenig ausgebildet in der Pars flaccida ) füllter Raum. der von Schleimhaut (mit einschichti-
Stratum mucosum {Paukenhöhlenschleimhaut. gem Epithel, z. T. mit Kinozilien und Becherzellen)
s. u.). ausgekleidet ist.
Sie liegt in der Pars petrosa des Os temporale und
12.1.2.4 Die Innervation und Gefäßversorg un g hat die Form einer flachen Schachtel mit abgerun-
des äußeren Ohres deten Ecken {ca. 20 mm hoch, 10 mm lang. 1,3-
2 mm breit). Entsprechend dieser Form werden
Nerven
sechs Wände unterschieden. die nach topographi-
Die sensible Innervation der Ohrmuschel und des
schen Aspekten benannt sind (Tab. 12.1 und
äußeren Gehörgangs erfolgt du rch N. trigeminus
Abb. 12.3 ).
(V3, N. auricu lotemporalis). N. facial is. N. glosso-
pharyngeus und N. vagus. <I>
Das Trommelfell wird außen durch den N. auricu- ~4., Nutzen Sie die Bezeichnungen der einzelnen
lotemporalis (aus V3• vorne) sowie den R. auricula- Paukenhöhlenwände zur Orientierung über be-
ris des N. vagus (hinten) innerviert; innen sind sonders wichtige und prüfungsrelevante benach-
Äste des Plexus tympanicus zuständig {s. S. 237). barte Strukturen (in Tab. 12.1 fett gedruckt):
Wenn man z. B. weiß, dass die mediale Wand der
Gefäße
Die Blutversorgung der Ohrmuschel erfolgt über Paukenhöhle an das Innenohr {Labyrinth,
die A. auricularis posterior (aus der A. carotis ex- s. S. 238) grenzt, ergeben sich die dort prominen-
terna) und mehreren Rr. au riculares anteriores der ten Strukturen automatisch.
A. temporalis superficialis. Der äußere Gehörgang
wird aus den gleichen Gefaßen sowie zusätzlich Die Paukenhöhle wird in drei Etagen gegliedert:
der A. auricularis profunda {aus der A. maxillaris) mi ttlere Etage a Mesotympanon: Raum hinter
versorgt. dem Trommelfell
234 12 Sinnesorgane Das Ohr mit Hör- und Gleichgewichtsorgan

17 1 Ug. anulare stapedis


16 1
2 Basis stapedis
15 2
im ovalen Fenster
3 3 Stapes
14
4 4 M. stapedius
13 5 Chorda tympani
5 6 N. facialis
12 7 Cellulae mastoideae
8 Sinus sigmoideus
11 6 9 V. jugularis interna
10 A. carotis interna
11 Tuba auditiva
12 M. tensor tympani
7 13 Membrana tympanica
14 N. petrosus minor
15 N. petrosus major
10 8 16 Malleus
17 lncus
9

Abb. 12.3 Topographische Beziehungen der Paukenhöhle

r hisehe Beziehungen der hukenh6hle


Lage und Name wandbildende und benachbarte Strukturen
der Wand
vorne: im unteren Bereich:
Paries caroticus - dünne Knochenlamelle als Abgrenzung zur Pars petrosa der A. carotis Interna im Canalis caroticus
- über Canaliculi caroticotympanici als Verbindung zum Canalis caroticus ziehen Aa. caroticotympanici
zur Schleimhaut und vegetative (sympathische) Äste des Plexus caroticus internus zum Plexus tym-
panicus
im oberen Bereich: innere Öffnung der Tuba auditiva (Semicanalis tubae auditivae. s. S. 237)
hinten: Abgrenzung zu den Cellulae mastoideae im Processus mastoideus mit:
Paries mastoide us - Aditus ad antrum mastoideum = kurzer Eingangskanal von der Paukenhöhle ins Antrum mastoideum
(etwa bohnenförmiger Raum. von dem aus sich die Cellulae mastoideae nach unten erstrecken)
- Austritt des M. stapedius
- Durchtritt der Chorda tympani
unten; dünne Knochenplatte als Trennwand zum Bulbussupenorder Vena jugulans Interna m der
Parles jugularls Fossa jugularis
in der unteren Wand: Canaliculus tympanicus. in dem N. tympanicus und A. tympanica inferior verlau-
fen
oben: dünne knöcherne Trennwand zur mittleren Schädelgrube aus Pars petrosa und Pars squamosa des
Paries tegmentalis Os temporale mit:
- fissura petrosquamosa und
- Canaliculus n. petrosi minoris
medial: Labyrinth des Innenohrs und andere prominente Strukturen:
Paries Iabyrinthieus - Promontorlum (durch basale Schneckenwindung hervorgerufene Vorwölbung) in zentraler Lage
- Fenestra cochleae • rundes Fenster: unterhalb des Promontorium)
- Fenestra vestibull • ovales Fenster: hinter und über dem Promontorium
- Vorwölbungen des Fazialiskanals (Promlnentla canalis facialis) und des lateralen Bogengangs
(Prominentia canalis semicircularis lateralis): oberhalb des ovalen Fensters bis zur Hinletwand
- Processus cochleariformis: Knochenvorsprung vor dem ovalen Fenster als Hypomochlion für den
M. tensor tympani
lateral: Trommelfell (+ knöcherne Umrahmung) als Abgrenzung zum äußeren Gehörgang
Parles membranaceus
12 Sinnesorgane Das Ohr mit Hör- u nd Gleichgewichtsorga n 235

obere Etage • Epitympanon (Kuppelraum): 13 - --::::>-<:<:-....-<.,.._,",.


Raum oberhalb des Trommelfells
untere Etage • Hypotympanon { Paukenkeller): ~iij----2
Raum unter dem Niveau des Trommelfells. ~- 3
in der Paukenhöhle liegen die drei Gehörknöchel- ~- 4
chen (s. u.) mit ihren Bändern, die an den Knöchel-
chen ansetzenden Mittelohrmuskeln. Gefaße und
Nerven. Durch diese Strukturen werden Schleim-
hautfalten aufgeworfen. die wiederum Nischen
bzw. Taschen bilden. Zwischen den Falten, die
durch den Hammer gebildet werden ( Piicae mal-
leares anterior und posterior) und dem Trommelfell lncus: Malleus:
liegen die Recessus membranae tympani anterior 1 Corpus incudis mit 9 Manubrium mallei
2 Crus breve 10 Collum mallei
und posterior. Die hintere Tasche dehnt sich hinter
3 Crus longum 11 Caput mallei
die Pars flaccida aus (Recessus membranae tym· 4 Proc. lenticularis
pani superior = Prussak-Raum). Durch die beiden Gelenke:
Stapes: 12 Articulatio
Hammerfalten zieht die Chorda rympani. 5 Caput stapedis incudostapedialis
Die mit der Paukenhöhle über das Antrum masto- 6 Crus posterius 13 Articulatio
7 Basis stapedis incudomallearis
ideum in Verbindung stehenden. ebenfalls von

111
8 Crus anterius
Schleimhaut ausgekleideten Cellulae mastoideae
entstehen durch Pneumatisierung des Processus Abb. 12.4 Kette der Gehörknöchelchen
mastoideus nach der Geburt. Ihre enge topographi-
sche Beziehung zum Sinus sigmoideus ist aufgrund
der Ausbreitungsmöglichkeit von Entzündungen
kl inisch relevant (s. S. 195). - Die Fläche des Trommelfells ist etwa 17-mal
größer als die des ovalen Fensters (Fenestra ves-
12.1.3.2 Die Gehörknöchelchen und ihre tibul i).
Verbindungen Durch die unterschiedlich langen Hebelarme
von Hammer und Amboss wird eine weitere
Die Funktion der Gehörknöchelchen
etwa 1.3-fache Verstärkung erreicht.
Die Gehörknöchelchen { Hammer = Malleus. Am-
boss • lncus und Steigbügel = Stapes. Abb. 12.4} bil- Der Hammer (Mo/leus)
den durch gelenkige Verbindungen eine Kette. Dar- Der Hammer ähnelt einer Keule mit Handgriff (Ma-
über werden die durch Schallwellen verursachten nubrium mallei) und kugelförmigem Hammerkopf
Schwingungen des Trommelfells am ovalen Fenster (Caput mallei), der auf seiner Hinterfläche eine sat-
auf ein wässriges Medium (Perilymphe in der Scala teiförmige Gelenkfläche besitzt. Das Caput l iegt im
vestibuli des l nnenohrs) übertragen. Epirympanon. Zwischen Manubrium und Kopf liegt
hinter der Pars flaccida des Trommelfells das
schmale Collum mallei. Kopf und Hals sind gegen-
Ausgehend vom Trommelfell erfolgt die Schall- über dem Hammergriff um etwa 130• abgewinkelt.
übertragung im Mittelohr über: Hammer (Malleus) Das Manubrium ist in der Stria mallearis des Trom-
.... Amboss (lncus) .... Steigbügel (Stapes) melfells eingewoben.
-+ ovales Fenster (Fenestra vestibuli). Der Amboss (lncus)
Der Amboss setzt sich aus dem abgeflachten Kör-
Zusammen mit dem Trommelfell bewirken die Ge- per (Corpus incudis) und zwei Schenkeln (Crus lon-
hörknöchelchen dabei eine insgesamt 22-fache Ver- gum und Crus breve) zusammen. Am Corpus. das
stärkung der Schall wellen {lmpedanzanpassung). im Epitympanon liegt, findet sich auf der Vorder-
Dafür sind folgende Gegebenheiten verantwortlich: seite die satteiförmige Gelenkfläche für den Harn-
236 12 Sinnesorgane Das Ohr mit Hör- und Gleichgewichtsorgan

mer. Das Crus breve weist horizontal nach hinten. 12.1.3.3 Oie Muskeln des Mittelohrs
Das Crus longum verläuft senkrecht hinter und par- Beide Muskeln des Mittelohrs setzen an den Ge-
allel zum Hammerstiel abwärts. Es besitzt ein klei- hörknöchelchen an, vermindern über verschiedene
nes Endstückchen. den Processus lenticularis, der Mechanismen die Schallwirkung auf die Gehörknö-
rechtwinklig nach medial umbiegt, um mit dem chelchen und werden von unterschiedlichen Ner-
Steigbügel zu artikulieren. ven innerviert.

Der Steigbügel (Stapes) Der Musculus tensor tympani


Der Steigbügel. der annähernd horizontal liegt, be- Ursprung und Ansatz I Der Muskel entspringt von
sitzt eine Fußplatte (Basis stapedis). zwei Schenkel den Wänden des gleichnamigen Semicanalis. der am
(Crus anterius und Crus posterius, dazwischen die Paries labyrinthicus der Paukenhöhle endet. Seine
Membrana stapedialis) und einen Kopf (Caput sta- Sehne zieht rechtwinklig um den Processus coch-
pedis). Letzterer hat eine konkave Gelenkfläche für leariformis und setzt am Hammerhals (und an der
die konvexe Fläche des Processus lenticularis vom Basis des Hammerstiels) an.
Amboss. Die nierenförmige Fußplatte ist mit Hilfe Innervation 1 N. pterygoideus medialis des N. man -
des lig. anulare stapediale im ovalen Fenster (Fe- dibularis (V3 ).
nestra vestibuli) verankert. Funktion 1 Der M. tensor tympani zieht den Ham-
merstiel nach innen; er spannt dadurch das Trom-
Die Verbindungen der Gehörknöchelchen
melfell und versteift die Gehörknöchelchenkette.
Die Verbindung der Gehörknöchelchen untereinan-
der erfolgt über zwei Gelenke. deren Beweglichkeit Der Musculus stapedius
nur sehr gering ist (straffe Kapseln, Amphiarthro- Ursprung und Ansatz I Dieser kleinste Muskel des
sen): Körpers entspringt im Inneren der Eminentia pyra-
Articulatio incudomallearis (Hammer-Amboss- midalis. Seine Sehne erscheint an der Spitze der
Gelenk): Sattelgelenk mit kleinen Knochenvor- Eminentia und zieht zum Caput und Crus posterius
sprüngen an seinen Gelenkflächen (Sperrzähne) des Stapes.
- Articulatio incudostapedialis (Amboss-Steigbü- Innervat ion I N. facialis.
gelgelenk): naches Kugelgelenk. Funktion I Der M. stapedius kippt den Steigbügel
Mit den Wänden der Paukenhöhle sind die Gehör- und verkantet die Stapesplatte. deren Schwingungen
knöchelchen über Bänder verbunden. Besonders im ova len Fenster dadurch gedämpft werden.
wichtig ist das Lig. anulare stapediale. durch das
die Basis stapedis am Rand der Fenestra vestibuli 12.1.3.4 Die Ohrtrompete (Tuba auditiva)
beweglich befestigt ist (Syndesmosis tympanosta- Die Ohrtrompete ist eine 4 cm lange Röhre. die den
pedialis). Nasenrachenraum (Pars nasalis pharyngis. Epipha-
rynx) mit der Paukenhöhle verbindet. Sie befindet
sich in enger topographischer Nachbarschaft zur A.
Otosklerose: Dieser Erkrankung liegen Knochenum- carotis interna. Im Nasenrachenraum. dessen
bauprozesse zugrunde, bei denen es zur herdförmi- Schleimhaut sich auch innerhalb der Ohrtrompete
gen, überschüssigen Bildung von Knochengewebe fortsetzt. liegt das trichterförmige Ostium pharyn-
besonders im Bereich des ovalen Fensters kommt. geum tubae auditivae. Dann steigt die Ohrtrom-
Dies führt zu einer Fixierung des Steigbügels. Es tre- pete schräg nach lateral-hinten auf und bildet mit
ten zunehmende Schallleitungsschwerhörigkeit und den drei Raumebenen je einen Winkel von 45•; nur
Ohrensausen (Tinnitus) auf; der Stapedius-Reßex bei Neugeborenen und Kleinkindern ist sie nahezu
(Kontraktion des am Steigbügel ansetzenden M. sta· horizontal ausgerichtet. ln der Paukenhöhle mün -
pedius als Antwort auf definierte akustische Reize) ist det die Tuba auditiva mit dem Ostium tympanicum
ausgefallen. tubae auditivae.
12 Sinnesorgane Das Ohr mit Hör- und Gleichgewichtsorgan 237

l$ii;!31 schmerzen schlagartig. Kommt es nicht spontan zu ei-


Die Schletmhaut der Ohrtrompete Ist als Fortset- ner Perforation, kann etne Parazentese (kleiner
zung der Rachenschleimhaut durch Flimmerepithel Schnitt im vorderen unteren Trommelfellquadranten)
mit Becherzellen gekennzeichnet. durchgeführt werden.
Das Seromukotympanum (sekretorische Otitis me-
dla) entsteht durch anhaltenden Unterdruck in der
Sie besteht aus einem knöchernen und einem knor-
Paukenhöhle (bedingt durch Tubenfunktionsst örun-
peligen Ametl:
gen). Es kommt durch Umwandlungsprozesse in der
Die P~rs ossea tubae audltlvae b1ldet das late-
Schleimhaut zur vermehrten Sekretion von Schleim.
rale Dnnel und grenzt med1al an den Canalis
Die meist bei Kindern auftretende Erkrankung führt
caroticus. Dieser als Semicanalis tubae auditivae
zu zunehmender Schwerhörigkeit. Man kann ein (kra-
bezeichnete umere Teil des Canalis m usculot u-
genknopfähnliches) Paukenröhrchen in das Trommel-
barlus (i n der Pars perrosa) w ird durch ein Sep-
fell einsetzen (Paukendrainage). Dieses Röhrchen
tum cana lis musculotubarii unvollständig von
stößt sich nach einiger Zeit von selbst in den äußeren
dem oberen Semicanalis m. tensoris tympani für
Gehörgang ab. danach verschließt sich das Trommel-
den gleichnamigen Muskel getrennt. Das Lumen
fell wieder.
der Pars ossea tubae aud1t1vae 1st 1mmer offen.
D1e Pars cartilaglnea tubae auditlvae (mediale
zwei Drittel der Ohrtrompete) besteht aus einer 12.1.3.5 Die Innervation und Gefäßversorgung
hakenförmig gebogenen elastischen Knorpel- d es Mit telo hrs
platte. deren Öffnung nach la tera l-unten von ei-
ner Bindegewebsplane (Lamina membranacea) Nerven
bedeckt wird. Die Lichtung der Pars cartilaginea Die Innervation der Paukenhöhlenschleimhaut er-
ist bis auf eine Spalte im Bere1ch des Hakens ge- folgt durch den N. rympanicus aus dem N. glosso-
schlossen. öffnet s1ch aber be1m Schlucken pharyngeus ( IX). der zusammen mit sympat hi -
durch d1e Aktivität der Mm. tensor veli palatini schen Fasern den Plexus tympanicus bildet
und salpingopharyngeus. d1e an der Pars mem-
branacea und am Tuberknorpel entspringen.
Durch das ö ffnen kann ein Druckausgleich zwi- Zu beachten ist, dass der häufig im Zusammen-
schen der Paukenhöhle einerseits und dem Na- hang mit der Paukenhöhle genannte N. facialis und
senrachenraum (und damit auch der Außenat- seine hier verlaufenden Äst e rein topographische
mosphäre) andererseits erre1cht werden. Dieser Beziehung zum Mittelohr haben, jedoch bis auf die
Mechanismus dient gleichzeitig der Belüftung Versorgung des M. stapedius nicht an dessen In-
des Mittelohrs. nervation beteiligt sindl

Gefäße
Mittelohrentzündung (Otitis medla): Bei Entstehung Mit einer Ausnahme (Aa. caroticorympanici aus der
der verschiedenen Formen der Mittelohrentzündung A. Carotis intema) erfolgt die arterielle Versorgung
spielt die Tuba auditiva eine wesentliche Rolle. des Mittelohrs über Arterien aus Ästen der A. caro-
Die Otitis medla acuta. eine akut e Entzündung der tis extema (Aa. tympamca anterior. inferior. supe-
Paukenhöhlenschleimhaut. entsteht meist durch eine nor und posterior).
aufsteigende Infektion vom Nasenrachenraum über D1e Venen der Paukenhöhle münden u. a. in die SI-
die Tube Ins Mittelohr (z. 8. nach einer Erkältung). Es nus sigmoideus und petrosi. d1e V. meningea me-
treten heftige Ohrenschmerzen, Schallleitungs- d ia, den Bulbus jugularis su perior und die Plexus
schwerhörigkeit, Kopfschmerzen und Fieber auf. Nach venosus pharyngeus sowie pterygoideus.
wenigen Tagen kann es zu einer Spontanperforation
des Trommelfells mit Sekretaustritt in den äußeren
Gehörgang kommen. Dadurch bessern sich die Ohren-
238 12 Sinnesorgane Das Ohr mi t Hör- und Gleichgewichtsorgan
1
12.1.4 Das Innenohr (Auris Interna) Canales semicirculares (drei knöcherne Bogen-
gänge). in denen die häutigen Bogengänge ( Duc-
12.1 .4.1 Der prinzipielle Aufbau tus semicirculares) ebenfall s mit Sinneszellen
Das Innenohr ist ein kompliziert gebautes Kana l- des Gleichgewichtsorgans liegen. und
system (Labyrinth. Abb. 12.5) und besteht aus einem Cochlea (Schnecke), die über das runde Fenster
knöchernen Labyrinth ( labyrinthus osseus) und ( Fenestra cochleae) mit der Paukenhöhle in Ver-
einem ähnlich geformten bindung steht und den häutigen Schneckengang
häutigen (oder membranösen) Labyrint h ( laby- ( Ductus cochlearis) mit Sinneszellen des audita-
rinthus membranaceus). rischen Systems enthält (s. u.).
Das häutige Labyrinth ist ei n mi t Endolymphe ge- Das Vestibulum setzt sich in den Meatus acustlcus
flilltes System miteinander kommunizierender lnternus (innerer Gehörgang) fort, an dessen Be-
Röhrchen und Säckchen. in dem an definierten ginn auch die Schneckenbasis liegt. ln ihm verlau-
Stellen die Sinneszellen fü r Hör- und Gleichge- fen der N. vestibulocochlearis (VIII). N. Facialis (VII)
wichtssystem liegen. Es befindet sich innerhalb des sowie die A. und V. labyrinthi bis zum Porus acu-
knöchernen Labyrinths. das geräumiger ist als das sticus internus der hinteren Schädelgrube.
häutige. Dadurch entsteht ein Spaltraum (Peri-
lymphraum), der die Perllymphe enthält. Letztere 12. 1.4.2 Das Hörorgan mit zu gehörigen
umhüllt also das häutige Labyrinth wie ein breiter Anteilen des knöchernen und häutigen
FlüssigkeitsmanteL
Labyrinths
Im Einzelnen besteht das knöcherne Labyri nth aus
folgenden Antei len:
ll$ij;j:Ji
Vestibulum (Vorhof): ln ihm l iegen Sacculus und
Das Hörorgan (Corti-Organ) liegt im membranäsen
Utriculus des häutigen Labyrinths mit Sinneszel-
Ductus cochlearis innerhalb der knöchernen
len des Gleichgewichtsorgans (s.S. 241). Das Ve-
Schnecke (Cochlea).
stibulum steht zum ei nen über das ovale Fenster
( Fenestra vesti buli). in dem die Basis des Steigbü-
gels liegt. mit der Paukenhöhle i n Verbindung. Oie Cochlea (Schnecke) und der Ductus cochleoris
zum anderen münden darin die folgenden weite- Die knöcherne Schnecke ist insgesamt 4-5 mm
ren Hauptstrukturen des knöchernen Labyrinths: hoch. Ihre Spitze (Cupu la cochleae) zeigt nach vor-

-====-====:: : =:.: ; ~~
1 Ductus semicircularis anterior
2 Canalis semicirularis anterior
21 0 - - - - -
2 3 Ductus semimcularis lateralis
4 Canalis semicirularis anterior
5 Ductus semicircularis posterior
6 Canalis semicircularis posterior
7 Ampullae osseae
8 Ampullae membranaceae
3
9 Fenestra vestibuli (darin: Stapes)
4 10 Ductus perilymphaticus
5 11 Fenestra cochleae (-Paukenhöhle)
12 Ductus reuniens
13 Vestibulum
14 Sacculus
15 Utriculus
16 Ductus utriculosaccularis
17 Ductus cochlearis
18 Cochlea
\\ L - - - - - - - - - - 8 19 Ductus endolymphaticus
accus endolymphaticus
L----------------9 ura mater
---
Abb. 12.5 Labyrinth des Innenohrs
12 Sinnesorgane Das Ohr mit Hör- und Gleichgewichtsorgan 239 I

~1}J,\-)

f..;....:*-1-\- 10
~.,.4-4+ 11

~~==~~~~~~:i~~~~~~f~1~+~127 ,.;...,.,.-4#-..J.I-13

' - - - -- - - 14

a b
li""Helicotrem.l 6 N. cochl~aris 11 Tektori.llmembran 16 tnnere Phalangenzelle
2 Scala vestibuli 7 Basilarmembran 12 äußer~ Haarzellen 17 tnnere Haarzelle
3 Ductus cochlearis 8 Cortt..Organ 13 lig. spirale 18 Tunnel
4 Scala tympani 9 Retssner·Membran 14 außere Phalangenzellen
5 Modiolus _ _ _ _1_0_Stria vascul_an_·s_ _ _ _ 15 Lamina spira::l:i.:.s..:
os::s..:
ea: __ _ _ _ _ __ __
Abb. 12.6 Aufbau der Cochlea (a) und des Corti·Organs (I>)

ne-lateral-unren: ihre 8-9 mm breite Basis (Basis Die obere Scala vestibull steht über das Vestibu-
cochleae) ist zum inneren Gehörgang gerichtet. lum m1 t dem ovalen Fenster (fenestra vestibuh)
Der knöcherne Schneckengang (Canalls spiralis co· in Verbmdung.
chleae) windet sich spiralig 2.5-mal um eine knö- d1e untere Scala tympanl (unten) endet am run-
cherne Achse. den Modlolus (kegelformige Schne- den Fenster (s. Druckausgleich. S. 240).
ckenspindel). Die vom Modial us abgehende Wand Kurz vor dem runden Fenster geht von der Scala
zwischen den Windungen bildet das knöcherne rympan i der Ductus perilymphaticus ab. der durch
Septum cochleae. In die Schneckenwindung hinein den Canalicus cochleae verläuft und vor der Fossa
ragt als plattenförmiger Knochenvorsprung die La· Jugularis endet. Hier besteht eine Verbindung des
mina splralls ossea, die ebenfalls vom Mod1olus ab- Ductus endolymphaticus mit dem SubarachnOidal-
geht und s1ch um ihn windet. Vom freien Rand der raum.
lamma sp1ralis ossea zieht die Lamina basilaris (Ba· Zwischen Scala vestibuh und Scala rympani liegt
silarmembran) zur seitlichen Wand des Schnecken- der mit Endolymphe gefüllte Ductus cochlearls, der
kana ls. wo sie über das lig. spirale am Periost ver- an der Schneckenspitze bl ind endet. Im Querschnitt
ankert ist. durch den Schneckengang sieht man seine drei -
eckige Form mit folgenden Begrenzungen:
Dach (Abgrenzung gegenüber der Scala vestibu-
Die Basilarmembran ist zw1schen der Lamina spira· li): Relssner·Membriln (Membrana vestibularis •
lis ossea (innen) und dem lig. spirale (außen) befe- Basalmembran mit emsch1chtigem Epithel auf
stigt. be1den Seiten)
äußere Wand: llg. splrale und seinem speziel-
len. mehrschichtigen ka pillarisierten Epi thel-
Auf diese Weise wird der Schneckenkanal in zwei überzug (Strla vascularls). der die kaliumreiche
.Etagen" ge1e1lt. die mit Perllymphe gefüllt und an Endolymphe sezerniert
der Schneckenspitze über das Schneckenloch (Heli·
cotrema) miteinander verbunden sind (Abb. 12.6a~
240 12 Sinnesorgane Das Oh r mit Hör- und Gleichgewichtsorgan

Boden {Abgrenzung gegenuber der Scala tympa- Ienkung der Basilarmembran wirkt dann zunächst
ni): Lamina spiralis ossea und Basilarmembran ein kochleärer Verstärkermechanlsmus: Durch
mit dem Corti·Organ. Scherbewegungen zwischen Membrana tectona
und den Stereozilien der llußeren Haarzellen öffnen
sich K" -Kanäle in ihrer Membran. Der Kahumem-
Die Stria vascularis ist für d1e hohe K' ·Konzentra· strom aus der Endolymphe fuhrt uber eme Poten-
tion in der Endolymphe verantwortlich, die für die zialänderung letztendlich zu .Kontraktionen·. an
Erregung der Sinneszellen (s. u.) e1ne bedeutende denen Konformationsänderungen emes Protems
Rolle spielt. (Prestin) in der lateralen Zellmembran bete1hgt
sind. Die Längenveränderungen der äußeren Haar-
zellen rufen atoakustlsche Emissionen (Schallab-
Das Corti·Organ (Organum sp1ra/e)
srrahlungen aus dem lnnenohr) hervor. Erst die
Das Corti-Organ (Abb. 12.6b) 1st em System aus Sin-
Kontraktionen der äußeren Haarzellen rufen mikro-
neszellen und Stützzellen ( u.a. Pfeiler- und innere
mechanische Schwingungen der Basilarmembran
sowie äußere Phalangenzellen). DarOber liegt die
hervor. sodass die im Ruhezustand weiter entfern -
zellfreie. gallertige Tektorialmembran (Membrana
ten Kinozilien der inneren Haarzellen an d1e Tekto-
tectoria). die vom Limbus spiralis (auf dem freien
rialmembran stoßen. Der von den inneren Haarzel-
Ende der Lamina spiralis ossea) entspringt.
len daraufhin freigesetzte Neurotransm itter erregt
Zwischen den St ützzellen finden sich drei Tunnel
die peripheren Fortsätze bipolarer Neurone. deren
m it hier als Corti-Lymphe bezeichneter Perilymphe.
Perikarya im Modialus das Ganglion splrale coch-
die durch die Basilarmembran diffundieren kann.
leae bilden. Deren zenrra le Fortsätze ziehen zum
Apikal bilden die StOtzzellen durch interzelluläre
inneren Gehörgang und bilden den N. cochlearis
Verbindungen eine Diffusionsbarriere (in ihrer Ge-
als Teil des N. vestibulocochlearis (s. S. 69). Eine
sam theit als Lamina reticularis bezeichnet) gegen-
größere Schallintensität führt zu häufigeren Ak-
über der Endolymphe im Ductus cochlearis.
tionspotentialen in den Nervenfasern und einer
Bei den Sinneszellen unterscheidet man
Einbeziehung ( Rekrutierung) benachbarter Nerven-
- Innere Haarzellen (in einer Reihe liegend) und
fasern.
- äußere Haarzellen (in 3- 5 Reihen angeordnet).
Die Haarzellen besitzen apikal 50- 100 Stereozilien.
die nach Größe sortiert 111 mehreren Re1hen ange-
i$1Jd31
ordnet und durch sog. T1p hnks unteremander be- Durch Auslenkung von Stereozilien der mntren
festigt smd. D1e Spitzen der Haarzellen ragen durch Haarzellen wird frequenzspezifisch an eng um·
die Lamma reticulans hmdurch. wobe1 d1e langsten sehnebener Stelle der adäquate Reiz für die Signal-
Stereoz1hen der ~u&ren Haarzellen d1e Tektonal- weiterleitung in die Hörbahn erzeugt Die flulkrrn
membran erre1chen. Haarzellen wirken dabei durch aktive längenande-
rung als Signalverstärker.
Die Verarbeitung des Schalls im Innenohr
Die Schwingungen der Steigbügelplatte 1m ovalen
Fenster werden auf die Pen lymphe in der Scala I Klinischer Bezug
vestibuli übertragen. Ein Druckausgleich erfolgt am Innenohrschädigung durch äußere Einwirkungen:
Ende am runden Fenster ( Fenestra cochleae mit Die Haarzellen der Cochlea sind sehr empfindlich und
Membrana tympanica secundaria). Durch die können durch verschiedene Mechanismen geschädigt
Druckstöße auf die Perilymphe entstehen Wellen- werden. Beim akuten akustischen Trauma (Knalltrau-
bewegungen von der Basis zur Spitze der Cochlea. ma) durch ein intensives. sehr kurz dauerndes Schall-
die zu Aus lenkungen der Basilarmembran führen ereignis (z. B. Schuss. Knallkörper) kann es zu einer
(Wanderwellen). Die Amplitudenmaxima entstehen direkten mechanischen Schädigung der Sinneszellen
dabei frequenzabhängig (bei hohen Frequenzen in kommen, die sich jedoch oft in den ersten Tagen
der Basis. bei niedrigen Frequenzen im Spitzenbe- nach dem Ereignis bessert. Irreversibel dagegen sind
reich der Cochlea). An der Stelle der größten Aus- mechanische Läsionen der Sinneszellen, die durch
12 Sinnesorgane Das Ohr mit Hör- und Gleichgewichtsorgan 241

chronische Lärmbelastung entstehen. vom Schallpegel hinteren Fläche der Pars petrosa des Os tempora le
sowie der Expositionsdauer abhängen und zu einer endet.
chronischen Lärmschwerhörigkeit führen. Der distale Teil des Ductus endolymphaticus ist
Auch bestimmte ototoxische Medikamente können zum Saccus endolymphaticus erweitert, der blind
die Haarzellen schädigen, wie z. B. die Aminoglykosid- endet und sich z. T. unter der Dura ausdehnt. Sein
Antibiotika, die besonders bei Einschränkung der Nie- Epithel besitzt hier u. a. Aquaporine. Funktionell ist
renfunktion hohe Konzentrationen in der Endolymphe er wahrscheinlich für die Resorption der Endolym-
erreichen und irreparable Zellschäden verursachen. phe oder Druckausgleich zuständig.
Eine Innenohrschädigung kann durch die Messung
Die vestibulären Sinnesfelder
von transitorisch evozierten otoakustischen Emissio-
Der Aufbau der vestibulären Sinnesfelder ist grund-
nen geprüft werden. Diese erlauben über die selektive
sätzlich ähnlich und z. T. auch vergleichbar mir dem
Funktionsprüfung der äußeren Haarzellen einen
Corti-Organ. Sie bestehen aus Sinnes- und Stützzel-
Rückschluss auf das Hörvermögen.
len. die von einer Gallertmembran bedeckt werden
(vergleichbar mit Tektorialmembran. s.o.).
Jede Sinnes- oder Haarzelle. bei denen man zwei
12.1.4.3 Das Gleichgewichtsorgan mit
Typen unterscheidet, trägt apikal ein langes Kinozi-
zugehörigen Anteilen des knöchernen und
lium und ca. 80 Stereozilien. die nach länge ange-
häutigen Labyrinths
ordnet, durch Tip links verbunden sind (-+ gleich-
zei tige und gleichsinnige Auslenkung) und in die
gallertige Masse hineinragen. Die Stützzellen liegen
Das Gleichgewichtsorgan setzt sich aus verschiede·
zwischen den Sinneszellen und sind apikal durch
nen Sinnesfeldern zusammen, die auf unterschied-
Zellkontakte mit den Sinneszellen verbunden.
liche Reize reagieren.
Die Gallertmembran der Maculae ist etwas anders
beschaffen als die in den Bogengangsampullen:
Die Bogengänge Auf der Crista ampullarls erstreckt sich die gal-
ln den drei knöchernen Bogengängen (canales se- lertige Cupula quer durch die Endolymphe bis
micirculares anterior, posterior und lateralis). die zum Dach der Ampulle. wo sie befestigt ist
jeweils vor ihrer Einmündung in das Vestibulum (Abb. 12.7). Bei Beginn oder Ende einer Drehbe-
eine Erweiterung (Ampulla ossea) aufweisen. liegen wegung des Kopfes wird in dem betroffenen Ge-
die drei membranösen Bogengänge (Ductus semi- hörgang die Endolymphe aufgrund ihrer Träg-
circulares anterior. posterior und semicirculares). heit weniger schnell bewegt als die fixierte
Ihre Erweiterungen (Ampullae membranaceae) tra- Cupula. Dadurch lenkt die Endolymphe die Cu-
gen Sinnesleisren (Crlstae ampullares) für die pula in der Gegenrichtung aus. was zu einer
Wahrnehmung von Drehbeschleunigungen. Kn ickung der Kino- und Stereozilien führt.
An der Oberfläche der gallertigen Deckschicht
Das Vestibulum mit Sacculus. Utriculus und ihren
der Maculae sind Kalkkonkremente eingelagert
Verbindungen
(Stato- oder Otolithen = Statoconia), weshalb sie
Im knöchernen Vestibulum liegen Sacculus und
auch als Stato- oder Otolithenmembran bezeich-
Utriculus mit ihren Makulaorganen (Maculae stati-
net wird (Membrana statoconiorum, Abb. 12.8).
cae). die aufgrund ihrer Ausrichtung senkrechte
• Die Maculae utriculi stehen bei aufrechter
und horizontale Linear- oder Translationsbeschleu-
Kopfhaltung waagerecht und werden somit
nigungen registrieren. Der Sacculus steht über den
durch die Schwerkraft nicht erregt. lineare
Ductus reuniens mit dem Ductus cochlearis in Ver-
Beschleunigungen. wie z. B. beim Autofahren.
bindung. Sacculus und Urriculus sind durch den
führen zu leichten Verschiebungen der Sratoli-
Ductus urriculosaccularis miteinander verbunden.
thenmembran. was Scherbewegungen der Ki-
von dem der Ductus endolymphatlcus abgeht. Letz-
no- und Stereozilien erzeugt.
terer verläuft im Aqueducrus vestibuli. bzw. in des-
sen Fortsetzung (Canaliculus vesribuli). der auf der
242 12 Sinnesorgane Das Ohr mit Hör- und Gleichgewichtsorgan

1 Ampulla membranacea
2 Cupula
2 3 Endolymphe
9
3 4Zilien der Sinneszellen
5 Sinneszellen
4 6 Stützzellen
7 Crista ampullaris
8 Nervenfasern
5 9 Ductus semiciruclaris

'---- ~~:::::::...----- 7
L----------------------- 8
Abb. 12.7 Bogengangsampulle mit Crista ampullaris

Die Haarzellen der Cristae ampullares in den Bo-


gengängen, die in die Cupula ragen. registrieren
Drehbeschleunigungen. Die Haarzellen der Macu-
lae in Sacculus und Utriculus werden bei Linear-
bzw. Translationsbeschleunigungen durch Ver-
schiebungen der Statolithenmembran erregt. Alle
Haarzellen des Vestibularargans sind sekundäre
Sinneszellen. An ihnen enden afferente Nervenfa·
sern, deren Perikaryen das Ggl. vestibulare am Be·
ginn des inneren Gehörgangs bilden.

1 Statolithen 3 Sinnes-/Haarzellen Die afferente Innervation der Sinnesfelder des


2 Gallertmembran 4 Stützzellen Vestibularargans erfolgt durch (dendritische) Axone
(Statolithenmembran) 5 afferente Nervenfasern
bipolarer Nervenzellen des Ganglion vestibulare,
Abb. 12.8 Aufbau der Macula statica das sich am Boden des inneren Gehörgangs befin-
det Die zentralwärts gerichteten Axone der großen
• Die Maculae sacculi stehen bei aufrechter bipolaren Neurone bilden den N. vestibularis des
Stellung des Kopfes senkrecht Die Schwer- N. vestibulocochlearis (VIII).
kraft verschiebt daher die Statolithenmem-
bran nach unten. Beschleunigungen in Rich-
tung der Schwerkraft (z. B. im Aufzug) Peripher-vestibulärer Schwindel: Kristallablagerun-
erhöhen oder reduzieren die Erdbeschleuni- gen in der Macula utriculi, virale Entzündungen und
gung und führen dam it zu Veränderungen bei Durchblutungsstörungen des Innenohrs können zu pe-
der Auslenkung der Kino- und Stereozilien. ripher-vestibulären Schwindelattacken führen, die sich
Die Auslenkung (Scherbewegung) der Kino- und in Dreh- oder Schwankschwindel, Übelkeit und Erbre-
Stereozilien führt über Veränderung von Ionenströ- chen äußern. Aufgrund der Verschaltung des vesti·
men an der Membran letztendlich zu erhöhter bulären Systems (s. S. 217) kann auch ein Nystagmus
Transmitterfreisetzung in den basal gelegenen syn- auftreten.
aptischen Spalt und damit zu einer Aktivierung der
afferenten Nervenfasern.
12 Sinnesorgane Das Sehorgan und seine Hilfseinrichtungen 243

<D neszellen (Stabchen- und Zapfenzellen ) in der Reti -


..• ... Check-up na am Augenhintergrund. Dabe1 sind an der Uchr-
Rekapitulieren Sie, welcher Nerv überwie- brechung Cornea mit Tränenfilm. Kammerwasser.
gend für die Innervation der Mittelohr- Linse und Glaskörper) beteiligt. ln Abhängigkeit von
schleimhaut zuständig ist. der Lichtintensität kann die Weite der Pupille. einer
Welche Strukturen finden sich Im Meatus im Normalfall kreisrunden Öffnung variabler Größe
acustlcus lnternus bzw. ln seiner Wand? im Zentrum der Iris, durch zwei Innere Augenmus-
Wiederholen Sie, was der Ductus endolym- keln (M. sphincter pupillae und M. dilatator pupll-
phatlcus und der Ductus reunlens sind. lae) e~ngestellt werden. Der dritte innere Augen-
Führen Sie sich nochmals vor Augen, was muskel (M. ciliaris ) liegt 1m Z1harkörper und kann
passiert, wenn die Basilarmembran durch die Krümmung der Linse und damit ihre Brechkraft
Druckwellen der Perllymphe ln Schwingun- regulieren (Nah- und Fernakkomodation). Der Zi liar-
gen gerät. körper produziert zudem das Kammerwasser. das
Rekapitulieren Sie, wo die Zellkörper der die hintere und vordere Augenkammer ausflillt.
Nervenfasern liegen, die an den Inneren ln der Retina wird das Signal von den Sinneszellen
Haarzellen enden. über Bipolarzellen auf d1e Ganglienzellen des N.
v Machen Sie sich noch einmal klar, in wel- opucus weitergeleitet.
chen Anteilen des häutigen Labyrinths die Die Hilfseinrichtungen des Auges haben unter-
Sinneszellen des Hör- und des Gleichge- schiedliche Funktionen: Der Augapfel wird durch 6 ~­
wichtsorgans jeweils liegen und wodurch äußere Augenmuskeln (4 Mm. recti und 2 Mm. ob- 11111
sie erregt werden. liqui) bewegt Die Augenlider (Palpebrae) begren -
zen die Lidspalte, die durch die Mm. tarsales und
Ievator palpebrae superioris geöffnet und durch
12.2 Das Sehorgan und seine
den M. orbicularis oculi geschlossen wird. Die 10
Hilfseinrichtungen
der Tr~nendrüse (Giandula lacrimalis) gebildete Tr.!-
I;
..... Lerncoach
nenOüssigkeit wird von den Lidern verteilt und
Oießt über Canaliculi lacrimales und Saccus lacri-
Um beim Erlernen der zahlreichen Struktu- ma lis in den Tränennasengang (Ductus nasolacri -
ren, die zur Sehtunktion beitragen, nicht den
malis) in den unteren Nasengang ab.
Überblick zu verlieren, orientieren Sie sich
Umgeben von einem Fettgewebskörper liegen der
am besten an folgenden funktionellen Aspek·
Bulbus oculi mit dem Sehnerv. die außeren Augen-
ten:
muskeln. die Glandula lacnmahs sowie die versor-
- Passage des Lichtes durch lichtbrechende genden Leitungsbahnen 10 der knöchernen Orbita
Strukturen des Augapfels
(Augenhöhle~
- Verarbeitung des Lichtreizes ln elektrische
Signale durch Photorezeptoren der Netz-
12.2.2 Der prinzipie lle Aufbau d es
haut
Bulbus oculi
- Ausrichtung des Augapfels durch äußere Der Bulbus oculi (Abb. 12.9) ist annähernd rund.
Augenmuskeln, die wie Lider und Tränen-
Der vordere Augenpol (Polus anterior) liegt im Be-
apparat zur Ausübung von Schutzfunktio-
reich der Cornea (Hornhaut). der h10tere Pol ( Polus
nen zum Hilfsapparat des Auges zählen. posterior) liegt dem vorderen Augenpol gegenüber.
Senkrecht zur Verbindungsachse der Pole (• opti-
12.2.1 Der Überblick sche Achse) verläuft der Äquator, der den Bulbus in
Das Sehorgan besteht aus dem Bulbus oculi (Augap- eine vordere und hintere Hälfte teilt. Etwas medial
fel) mit dem Sehnerv (N. optlcus) und Hilfseinrich-
vom Polus posterior verlässt der N. opticus den
tungen (Tr~nenapparat, Lider. B10dehaut und äuße-
Bulbus.
ren Augenmuskeln). Im Bulbus ocuh fokussiert der
D1e Bulbuswand besteht aus drei Schichten
optische Apparat das einfallende Licht auf die Sin-
(Tab. 12.2).
244 12 Sinnesorgane Das Sehorgan und seine Hilfseinrichtungen

I Tabelle 12.2

Schicht Anteile Hauptfunktion


Tunica nbrosa bulbl Cornea (Hornhaut. vorne) --+ Lichtbrechung
(äußere Augenhaut) Sclera (Lederhaut, hinten) -+ Kompensation des Augenbinnendrucks
Tunica vasculosa bulbl Iris (Regenbogenhaut) mit:
(mittlere Augenhaut) - Mm. sphincter und dilatator pupillae .... Regulation des Lichtdurchtritts (Adaption)
durch die Pupille
- Epithel an der Irisruckseite (Teil der -+ Lichtundurchlässigkeit der Iris
Pars caeca retinae •• s. u.)
Corpus clllare (Ziliarkörper) mit:
- M. ciliaris .... Regulation der Brechkraft der Linse
(Akkommodation)
- Ziliarepithel (Teil der Pars caeca retinae •• s. u.) ... Produktion von Kammerwasser
Choroldea (Aderhaut, Gefäße s. S. 253) -+ Nährstoffzufuhr und Fernakkommodation
(durch Bruch-Membran. s. u.)
Tunlca Interna bulbl Retina (Netzhaut) mit:
(innere Augenhaut) - Pars optlca (lichtempfindlicher Teil) - Signaltransduktion und Weiterleitung
- Pars caeca (.blinder" Teil): bildet als -+ s. Ziliar· und Irisepithel
Pars lrldica retinae und Pars ciliaris retinae
das Epithel auf der Innenseite von Iris bzw.
___Zi_lia_rkörper der mittleren Augenhaut •
• Diese Überschneidung von Innerer und mitderer Augenhaut ist tntwiddung5gtschkhthch bedingt.

Eine besondere Bedeutung komm t der Bruch-Mem-


bran zu (s. S. 246 und 247). die sich al s 2 IJ.m dicke
Schiehr aus Extrazellulärmarerial (i nsbesondere
elastische Fasern und Kollagenfibrillen) zwischen
Choroidea und Reti na erstreckt.
Im Innenraum des Bulbus oculi finden sich die
linse (lens) und die Augenkammern (Camerae bul-
bl), von denen die hinterste (Camera postrema )
den Glaskörper (Corpus vitreum) enthält. die davor
gelegenen (Camera post erior und anterior) dagegen
mi t Kammerwasser gefüllt sind.

12.2.3 Der optische Apparat


Beim Durchtritt des Lichtes durch Cornea ( mit Trä-
nenfilm), Kammerwasser. linse und Glaskörper
wird es gebrochen. Die Brechkraft kann dabei
1 Hornhaut (Cornea) 9 Fovea centralis durch Änderung der Linsenkrümmung variiert wer-
2 Bindehaut (Tunica 1o optische Achse den (Akkomoda tion). sodass je nach Fokussierung
conjunctivae) 11 Glaskörper
3 Regenbogenhaut 12 Ora serrata Objekte entweder in der Nähe oder in der Ferne
(Iris) 13 hintere Augenkammer scharf erscheinen. Hierfür spielt der M. ciliaris eine
4 Ziliarkörper (Camera posterior)
(Corpus ciliare) 14 linse entscheidende Rolle. Eine weitere regulierbare Grö-
5 Lederhaut (Sdera) 15 Zonulafasern ße ist der lichtdurchtritt durch die Pupille (zentra·
6 Aderhaut (Choroidea) 16 Kammerwinkel le Öffnung in der vor der linse gelegenen Iris). die
7 Discus n. optici 17 vordere Augenkammer
8 Netzhaut (Retina) (Camera anterior) durch den M. dilatator pupillae weit oder durch
seinen Gegenspieler ( M. sphincter pupillae) eng ge-
Abb. 12.9 Horizontalschnitt durch den Bulbus <>euli
stellt werden kann.
12 Sinnesorgane Das Sehorgan und seine Hilfseinricht ungen 245

12.2.3.1 Die Hornhaut durch bedingte Sehverschlechterung (Grauschleier,


Die gefaßfreie Hornhaut (Cornea) bildet den vorde- unscharfes Sehen, veränderte Farbwahrnehmung)
ren Anteil der äußeren Augenhaut Sie ist stärker kann verschiedene Ausprägungen haben und auch in·
gekrümmt als die Lederhaut (Sclera ). die sie nach dividuell unterschiedlich empfunden werden. Die ope-
lateral und hinten fortsetzt, und trägt dadurch mit rative Therapie ist der am häufigsten durchgeführte
ca. 40 Dioptrien maßgeblich zur Gesamtbrechkraft Eingriff in der Augenheilkunde.
des Auges (ca. 65 Dioptrien) bei. Sie besteht größ- Presbyopie (Aitersweltslchtlgkelt): Durch die im Al·
tenteils aus parallel angeordneten Kollagenfasern. ter nachlassende Elastizität der linse wird ihr
die vorne von einem mehrschichtigen, unverhorn- Krümmungsradius im .entspannten" Zustand (s. u.)
ten (I) Epithel (auf der Bowman·Membran) und geringer. Dies hat eine verminderte Brechkraft mit
hinten von einem einschichtigen Epithel (auf der schlechterem Sehen in der Nähe zur Folge, ohne dass
Descemet·Membran) bedeckt sind. Innerviert wird die Sehfähigkeit in der Ferne beeinträchtigt ist, sodass
die Hornhaut über sens ible Trigeminusfasern (s. a. i.d.R. nur zum Lesen eine Brille benötigt wird.
Kornealrenex, S. 62 ).

Die Vorderfläche der Cornea trägt am meisten zur Wie die Hornhaut ist auch die Linse frei von Blut·
Gesamtbrechkraft des Auges bei. gefäßen. Seide Strukturen werden über das Kam-
merwasser ernährt. Im Unterschied zur Hornhaut
wird die Linse nicht se nsibel innerviert.
12.2.3.2 Die linse
Die bikonvexe, transparente Linse ( Lens) ist hinten
stärker gekrümmt als vorne. Sie wird vollständig
12.2.3.3 Die Iris
von einer sehr dicken, kohlenhydratreichen Basal-
Die Iris ist der Linse wie eine Scheibe mit zentraler
membran, der Llnsenkapsel, umhüllt. Das nur an
Öffnung (Pupille) angelagert. Die Pupillenweite
der Vorderfläche vorhandene Linsenepithel liegt
kann durch Muskeln (s. u.) reguliert werden. in der
subkapsulär. Es enthält mitoseaktive Stammzellen.
Nähe der Pupille liegt der ringförmige M. sphincter
aus denen die Linsenfasern hervorgehen. Letzte bil-
pupillae (-+ Pupillenverengung = Miosis mit gleich-
den die Hauptmasse der Linse und sind langge-
zeitiger Erweiterung des Kammerwinkels durch
streckte, dünne, kernlose. aber vitale Zellen, von
Parasympathikusinnervation; Kammerwinkel
denen die neu gebildeten immer außen liegen. Die
s. S. 246). An der Hinterfläche liegt das zweischich-
Linse ist gefaß- und nervenfrei; ihre Ernährung er-
tige Irisepithel (als Teil der Pars caeca retinae.
folgt über das Kammerwasser. Sie ist leicht ver- s. Tab. 12.2). Da die Zellen beider Schichten pigmen-
formbar, sodass ihre Krümmung und damit ihre
tiert sind, ist die Iris lichtundurchlässig. Die Zellen
Brechkraft verändert werden kann. Diese Formver-
der hinteren Schicht sind radiär angeordnet und
änderung erfolgt über Anspannung und Erschlaffen
haben Muskeleigenschaften ( Myoepithel ): Sie bil-
der Zonulafasern. die als Aufhängebänder der Linse den den M. dilatator pupillae (-+ Pupillenerweite-
in der Basalmembran des Ziliarepithels (s. u.) ver-
rung • Mydriasis durch Sympathikusinnervation).
ankert sind.
Anzahl und Anordnung von Melanozyten in der Iris
bestimmen die Augenfarbe (zahlreiche Melanozy-
ten-+ braune Augen).
Katarakt (grauer Star): Von einer Katarakt spricht
man , wenn die Linse so stark getrübt ist, dass die 12.2.3.4 Der Ziliarkörper
Sicht des Patienten beeinträchtigt ist. Neben zahlrei· Der Ziliarkörper reicht von der Basis der Iris bis
chen anderen Ursachen ist der Verlust an Transparenz zur Höhe der Ora serrata (s. u.) und gliedert sich in
der Linse im Alter ein normaler Vorgang, der durch eine Pars plana (liegt dem Glaskörper an) und eine
den sinkenden Wassergehalt und erhöhten Anteil Pars plicata (grenzt an hintere Augenkammer) mit
unlöslicher Linsenproteine zustande kommt. Die da· ca. 70 kleinen Ziliarforuätzen. Er spielt sowohl für
246 12 Sinnesorgane Das Sehorga n u nd seine Hil fseinrichtu ngen

Kontraktion des M. ciliaris -+ Erschlaffung der Zo-


~renzu~n der vorderen und hlnte!!r!n
e ~~~~~~
nulafasern -+ Linsenkrümmung t -+ Brechkraft l
Augenkammer Begrenzungen
-+ Nahakkommodation.
Vordere Kammer ventral: Rückseite der Cornea
(Camera anterior) dorsal: Linse und Vorderseite der Iris
Erschlaffung des M. ciliaris -+ Spannung der Zonu-
lateral: Kammer- oder lridokomealwi nkel lafasern -+ Linsenkrümmung ! --. Brechkkraft l
Hintere Kammer ventral: Rückseite der Iris -+ Fern-f Desakkommodation.
(Camera dorsal: Glaskörper
posterior) medial: Linse
lateral: Ziliarkörper mit Befestigung der
Zonulafasern. die durch die hintere
Die kontinuierliche Produktion des Kammerwas-
Augenkammer laufen sers (s. u.) erfolgt durch das Epithel der Zil iarfort-
sätze. Von den beiden Schich ten des Ziliarepithels
ist nur die äußere Schicht pigmenti ert. Seide wer-
die Brechkrafrveränderung der Linse eine Rolle als den von einer Basallamina umgeben.
auch fü r die Prod uktion des Kammerwassers.
Die Brechkra ft der Li nse wird durch den parasym-
pathisch innervierten M. ciliaris verändert. An die- Während beim Irisepithel beide Schichten pigmen-
sem inneren Augenmuskel aus glatten Muskelzel- tiert sind, trifft dies beim Ziliarepithel nur für die
len unterscheidet man folgende Anteile: äußere Schicht zu. Beide Epithelien leiten sich vom
Fibrae meridionales (longi tudinal von vorne Pigmentepithel der Retina (Pars caeca retinae,
nach hinten, Brücke-Muskel -+ für den Abfluss s. u.) her.
des Kammerwassers von Bedeutung. s. u.). Die-
ser Muskel entspringt an der Übergangszone
von Cornea u nd Sclera (Limbus corneae) und in- 12.2.3.5 Die Augenkamm ern mit
seriert in der elastischen Bruch-Membran Kammerwasser und Glaskörper
(s. S. 244 ) Durch die über die Zonulafasern aufgehängte Linse
Fibrae radiales und der ihr vorne aufliegenden Iris entstehen in -
Fibra e circu lares (Müller-Muskel). nerhalb des Bulbus ocu li zwei mit Kammerwasser
Durch Kontraktion des Muskels wird der Ziliarkör- gefüllte Räume (Tab. 12.3, vgl. auch Abb. 12.9,
per nach vorne und innen gezogen. Dadurch er- S. 244): Die vordere (Camera anterior) und hintere
schlaffen die Zonulafasern. die als Au flhängebänder Augenkammer (Camera posterior) stehen über die
der Linse in der Basalmembran des Ziliarepithels Pupil le i n Verbindung. Hierüber gelangt auch das
veran kert sind. lnfolge ihrer Eigenelastizität nimmt Kammerwasser, das vom Zi liarepithel in die hintere
die Krümmung der Linse zu. wodurch ihre Brech- Augenkammer abgegeben wird, in die vordere
kraft erhöht wird. Somit wird es möglich, nah gele- Kammer. wo es im Kammerwinkel (lridokorn eal-
gene Gegenstände zu fokussieren (_, Nahakkom- winkel am Rand zwischen Cornea und Iriswurzeil
modation. kurz auch als Akkommodation bezeich- über Fontana·Räume eines Trabekelwerks und den
net). Bei Erschlaffung des Ziliarmuskels passiert Schlemm-Kanal in intra· und episklerale Venen ab-
das Gegenteil : Die Zonulafasern werden durch die fließt.
elastischen Eigenschaften der Bruch-Membran ge- Der Abfluss des Kammerwassers kann verbesserr
spannt und führen zur Abflachung der Linse und werden durch die pa rasympathisch innervierten i n-
damit zur Reduktion der Brechkraft (-+ Fern- oder neren Augenmuskeln (M. sphincter pupillae _,
Desakkommodation ). Miosis + Erweiterung des Kammerwinkels: Brücke-
Muskel als An teil des M. ci liaris-+ Erweiterung der
Fontana-Räume). Die parasympathischen Fasern
stammen aus dem Ggl. ciliare. wo die präganglio-
nären Okulomotoriusfasern auf postganglionä re Fa-
sern umgeschaltet werden (s. S. 63).
12 Sinnesorgane Das Sehorgan und seine Hilfseinrichtungen 247

ches Au ftreten von schwarzen Punkten. Blitzen oder


Glaukom ("grüner StarM): Eine Abflussbehinderung vorhangähnlichen Schatten vor dem bet roffenen Au-
des Kammerwassers im Trabekelwerk ist die häufigste ge. je nach Ursache erfolgt eine konservative oder
Ursache für Erkrankungen. die unter dem Sammelbe· chirurgische Therapie.
griff .Glaukom· zusammengefasst werden. Sie gehen
meistens mit einer Erhöhung des Augeninnendrucks
Stratum pigment osum 1 Die melanosomenreichen
einher. Charakteristisch sind die Atrophie des Seh-
Zellen dieses einschichtigen Epithels sind unterei-
nervs und besondere Muster von Gesichtsfelddefekten
nander durch Haftkomplexe (Biut-Reuna-Schranke)
mit drohender Erblindung. Therapeutisch können SO·
und basal mit der Bruch-Membran verbunden. Sie
wohl Medikamente zum Einsatz kommen. die den
um fassen apikal die Spi tzen der i m inneren Blatt
Abfluss des Kammerwassers verbessern (z. B. Parasym-
gelegenen äußeren Segmente der Photorezeptorzel-
pathomimetika) als auch solche, die seine Produktion
len und spielen für deren Funktion eine wichtige
hemmen.
Rolle (s. u.). Zudem d1ent das Pigmentepithel dem
Stoffaustausch und verhindert lichtrenexionen.
Den Raum zwischen linse und Netzhaut (Camera Stratum nervosum I Hier liegen hintereinand er-
postrema) füllt der Glaskörper (Corpus vitreum) als geschaltet die ersten drei Neurone der Sehbahn:
gallertige Masse (99% Wasser, 10 dem Hyaluronan 1. Neuron: Photorezeptorzellen (Si nneszellen:
gelöst ist) und drückt das Stratum nervosum an Stäbchen und Zapfen. s. u.)
das Pigmentepithel der Retina (s. u.). - 2. Neuron: bipolare Zellen und
3. Neuron: Ganglienzellen. deren Axone sich
12.2.4 Die Netzh aut (Retina) zum N. opticus vere1mgen. Man kann parvozel -
01e Retina gliedert sich in zwei Anteile, deren lulare (P-) von magnozellulären (M -)Canglien-
Grenze die bis an den Ziliarkorper reichende Ora zellen unterscheiden. die den Begmn des P- und
serrata bildet: M-Systems der Sehbahn bilden (s. S. 212).
Oie nicht l ichtempfindl iche ( ..blinde" ) Pars caeca Zudem kommmen noch Interneurene (Horizontal·
bedeckt die Hinterfläche der Ins und den Ziliar- zellen und amakrine Zellen) sowie eine Sonderform
körper. der Asrrozyten (Muller-Zellen) vor. Durch be-
D1e lichtempfindliche Pars optlca liegt 1m hm- stimmte Anordnung und Verschaltungen der Neu-
teren Abschnill des Bulbus. rone entsteht eine besondere Schich tung. Dabei lie-
Beide Antei le bestehen aus zwei Blättern. von de- gen d1e Rezeptorzellen außen. sodass das
nen sich vorw1egend die inneren unterscheiden. einfallende licht alle anderen Schichten durchdnn-
Für den Sehvorgang relevant smd d1e beiden Blat- gen muss (inverser Aufbau der Reuna). Auf die au-
ter der Pars optica. d1e nur an der Ora serr.ua und ßere Sch1cht der lichtempfindlichen Fortsatze fol -
an der Sehnervenpapille mi teinander verwachsen gen in definierter Reihenfolge Schichten aus
sind: Zellkörpern und Synapsen. Dabei liegen die Ver-
- außen: Stratum pigmentosum ( Pigmentep1thel) schaltungen zwischen I. und 2. Neuron in der :iu-
und ßeren plex1formen Schllht, die zwischen 2. und 3.
- innen: Stratum nervosum. Neuron in der inneren plexiformen Schicht
(Abb. 12.10: zu Details der einzelnen Schichten s.
lehrburher der Histologie).
Netzhautablösung: Da die beiden Blätter der Retina
mit Ausnahme ihrer Verbindung an der Ora serrata
und der Sehnervenpapille nicht miteinander verwach· Die Retina ist durch einen inversen Aufbau (Photo-
sen sind, kann sich der entwicklungsgeschichtlich be- rezeptorzellen liegen außen) und eine definierte
dingte Spalt zwischen Stratum pigment osum und Schichtung gekennzeichnet .
Stratum nervosum vergrößern und zur Netzhautablö-
sung führen. Die Patienten beschreiben oft ein plötzli-
248 12 Sinnesorgane Das Sehorgan und seine Hilfseinrichtungen

1 verschiedene Wellenlangen unterscheidet man


2 blau-. grün- und rotempfindliche Zapfen.
Beide Rezeptorzelltypen beSitzen einen sensori-
17 3
schen Fortsatz. der aus eanem Innensegment (mit
metabolischer Funktion) und einem lichtempfindli-
chen Außensegment besteht. ln Membranstapeln
4
16 des Außensegments von St~bchen ist das Sehpig-
15 ment Rhodopsln ( Retina ! + Opsin der Stäbchen)
eingebaut. Durch licht wird eine Isomerisierung
14 --~J--fi 5
von 11-cis-Retinal in all-trans-Retinal induziert.
13 Letzteres ruft eine Konformationsanderung des Op-
sins hervor, die schließlich eine Hyperpolarisation
6 der Zellmembran auslöst (Transduktion von licht
in elektrische Signale). ln den Zapfen. die andere
7 Opsin-Typen besitzen. findet ean .maloger Signal-
8
transduktionsprozess statt.
Die Außensegmente werden st:lndig erneuert: Sie
12 9
wachsen von proximal nach. während es an der
11
Spitze zur Abschnürung von Fragmenten und deren
Phagozytose durch Pigmentepithelzellen kommt.
Schichten: Zellen: Letztere sind auch für die Regeneration des Reti-
I Innere Gllagrenzschicht 1. Neuron: nals zuständig. Störungen dieser Funktionen führen
2 Nervenfaserschicht II Zapfenzelle
3 Gangloenzellschicht 12 Stabehenzelle zur Erblindung ( Retinitis pigmentosa).
4 1nnPre plex1forme Sch1cht 2. Neuron:
5 •nnPre Körnerschicht 14 bipolare Zelle
6 außere pleXJforme Schicht J.Neuron:
7 außere Kornerschicht 17 Ganglienzelle Die Zellen des Pigmentepithels sind zwar kein Teil
8 3ußere Gl•agrenzschicht der Sehbahn, erfullen jedoch für den Sehvorgang
9 Schicht der Stäbchen weitere retinole
und Zapfen Ze/ltypen: zwei wichtige Funktionen: 1. Regeneration des Re-
13 Horizontalzelle tinals, 2. Phagozytose von Membranfragmenten
10 Pigmentepithel 15 Müller-Stütuelle
_ _ _ _ ____:1:.:6~amakrine Zelle der Photorezeptor-Außensegmente.

Abb. 12.10 Aufbau der Retina


Die Za pfen- und Stäbchenzellen sind in verschiede-
nen Abschnitten der Retina unterschiedlich verteilt
Stäbchenzellen kommen fast überall vor. während
ln der Retina kommen zwei Typen von Photorezep- die meisten Zapfenzellen in der Macula lutea anzu-
torzellen vor. die sich durch unterschiedliche Emp- treffen sind. Hierbei handeil es sach um ein um-
findlichkelt fur Lichtintensir.1ten bzw. -wellenl~n­ schriebenes kleines Areal 1m zentralen Teil der Re-
gen unterscheiden: tina (durch den die optische Achse verläuft). ln der
- Stabchen(zellen): ca. 120 Millionen Zellen mu Mitte der Macula findet sich eine trichterfOrmige
hoher Lichtempfindlichkeit zur Wahrnehmung Vertiefung (Fovea centralis ). Diese Einsenkung ent-
von Helligkeitsunterschieden und Schwarz- steht dadurch, dass die anneren Retinaschichten.
Weiß-Sehen (- Dämmerungssehen. skotopi- d. h. v.a. die Ganglienzellen (3. Neuron). an den
sches Sehen) Trichterrand verlagert sind. An dieser Stelle muss
- Zapfen(zellen): ca. 6 Millionen Zellen mit gerin- das Licht nicht erst die übrigen Retinaschichten
ger Lichtempfindlichkeit zur Wahrnehmung von durchdringen(-. wenig Streuung). Im Zentrum des
Farben ( • Sehen bei Tageslicht. photopisches Trichters liegen ausschließlach schlanke Zapfen. Sie
Sehen). Entsprechend ihrer Empfindlichkelt fur sind dicht gepackt und I : I m1t den Ganglienzel-
12 Sinnesorgane Das Sehorgan und seine Hilfseinrichtungen 249

DrD ndlrt I "1


Orilsen~rt Lage
Name
Melbom·Drilsen (Giandulae tarsales, ca. JO) große Talgdrüsen ln den Tarsus eingelagert mit MOndung nahe des
Udhlnterrandes (Umbus postenor palpebrae)

Zeis-Drilsen (GII. sebaceae) kle~ne Talgdrü~


an die Follikel der W1mpem assoz•lert
Moii-OrOsen (Giandulae clllares) apokrine Schweißdrüsen

len verschaltet Das bedeutet hier in der Fovea


cenrralis liegt die Stelle der höchsten AuOösung Die Macula lutea ist gefäßfrei und liegt temporal
und damit der höchsten Sehschärfe. der Sehnervenpapille.
Mit zunehmender Entfernung vom Trichterzentrum
nimmt die relauve Anzahl der Zapfen ab. in der Pe- 12.2.5 Die Hilfsei nrichtungen des Auges
ripherie der Macula lurea sind Stäbchen und Zap-
fen in gleicher H3ufigkeit anzutreffen. 12.2.5.1 Die Augenlider (Palpebrae) und die
Die marklosen Axone der Ganglienzellen konver- Bindehaut (Tunica conjunctiva)
gieren zur Sehnervenpapille (Oiscus nervi optlci Oie Augenlider schutzen den Bulbus vor Verletzun-
oder Papilla nervt optlci). dem Beginn des N. opti· gen und sie verteilen die TränenOüssigkeit.
cus (II). An der Sehnervenpapille. die nasal der ge- Die Form und die Festigkeit der Lider beruhen auf
faßfreien Macula lutea liegt. fehlen Rezeptorzellen deren bmdegeweb1gen Platten (Tarsl superior und
(.... blinder Fleck). Inferior), die das Lidgerüst darstellen und über
Die Sehnervenaxone verlassen den Bulbus durch Bänder an den Orbitarändern befestigt sind. Diese
die h1er siebartige Sclera (Lamma cnbrosa) und Bänder dienen gleichzei tig dem Ursprung des M.
werden von den Vasa centralis retinae begleitet. orbicularis oculi, der zur mimischen Muskulatur
Nach Du rchtritt der Lamina cribrosa erhalten sie zählt (Innervation: N. facialis) und den I.Jdschluss
eine Myelinscheide von 0\igodendrozyten (zentra- bewirkt. Nach hinten steh t der Tarsus supenor mit
les Myeli n). Der N. opticus wird hier dann wie das der Aponeurose des quergestreiften M. Ievator pal-
Gehirn von Dura mater. die in d1e SCiera übergeht. pebrae superioris (Lidheber) in Verbindung. Oie
Arachnoidea und Pia mater umhüllt. glarm1uskulären und sympathisch innervierten
Mm. tarsales superiores und Inferiores strahlen
1Klinischer Bezug ebenfalls m den Hmrerrand der Tarsi ei n ( • Regu-
Ophthalmoskopie (Fundoskople): Bei Betrachtung lation der Lidspaltenweite).
des Augenhintergrunds (Fundus oculi) mit Hilfe eines Das Lid enthält Drüsen (Tab. 12.41. die auch an der
Ophthalmoskops (.Augenspiegel") erkennt man die Bildung des Tränenfilms beteiligt sind.
helle, im Normalfall scharf abgegrenzte Sehnervenpa· Oae Wimpern (Cllla) sind entlang des vorderen Lid-
pille. Von ihrer Mitte aus verzweigen sich Äste der A. randes (Limbus anterior palpebrae) in mehreren
und V. centralis retinae, lassen jedoch die temporal Reihen dicht gepackt
der Papille gelegene Macula lutea frei. Gefäße der Am Udr.1nd geht d1e äußere Haut in die Bindehaut
Aderhaut dagegen sind nicht sichtbar. Im Rahmen über, die sowohl die lnnennäche des Augenlids als
dieser Untersuchung lassen sich SChäden an Gefäßen auch die vorderen Teile der Sclera bedeckt Am
(z. B. bei diabetiseher Retinopathie oder infolge oberen und unteren Obergang vom Lad zum Bulbus
langjähriger arterieller Hypertonie) sowie auch z. B. finden sich die Fomices conjuctivae superior und
Zeichen erhöhten Hirndrucks (~ Stauungspapille) di· mferior m1t Reservefalten für die Beweglichkeit des
rekt erkennen. Bulbus.
250 12 Sinnesorgane Das Sehorgan und seine Hil fseinri chtu ngen

1 Meibom-Drüsen) und eine Muzinschicht (aus Be-


cherzellen der Bindehaut) enthä lt.
~~~ ----2
l'T' -----3 Durch den Lidschlag gelangt d ie TränenOüssigkeit
~=~ 4
von lateral nach medial in Richtung der ableiten -
~- s den Tränenwege. Die Flüssigkeit sammelt sich im
..X!;'; _ - - 6
Tränensee (Lacus lacrimalis. Raum im medialen Au -
l lif\·fr-- 7 genwinkel). Dort liegen auf kegelart igen Erhebun-
12 gen (Papillae lacrimales) an der inneren Kante des
Ober- und des Unterlides die Puncta lacrimalia. An
ihnen beginnen die beiden Tränenkanälchen (Cana-
liculi lacrimales) und verlaufen zum Saccus lacrima-
lis (Tränensack). Seine Wandung ist u. a. mit dem
Periost des Os lacrimale verwachsen. sodass sein
Glandula lacrimalis: 6 Saccus lacrimalis
1 Pars palpebralis 7 Canaliculus lacrimalis Lumen stets geöffnet bleibt.
2 Pars orbitalis inferior Der Saccus lacrimalis setzt sich in den Ductus na-
3 M.levator palpebrae 8 Ductus nasolacrimalis
Superior mit Sehne 9 Plica lacrimalis solacrimalis {Trä nennasengang) fort, der im unte-
4 Punctum lacrimale 10 Concha nasalis inferior ren Nasengang (Meatus nasalis inferior) mündet.
(auf Papilla lacrimalis) 11 Meatus nasi inferior
Dort fi ndet sich eine Schleimhautfalte (Plica lacri-
5 Canaliculus lacrimalis 12 Lacus lacrimalis
superio•.:.r_ _ __ _ _ _ _ _ __ _ _ ____J malis. Hasner). die wie ein Ventil verhindert, dass
Lu ft in den Tränennasengang hineingepresst wer-
Abb. 12.11 Tränenapparat des rechten Auges
den kann.

12.2.5.3 Di e äu ßeren Augenmuskeln


(Mm. externi bulbi oculi)
Es werden 4 gerade (Mm. recri) und 2 schräge (Mm.
Konjunktivitis: Die Bi ndehautentzündung ist eine der obliqui) äußere Augenmuskeln unterschieden. durch
häufigst en Aug enerkrankungen, die sich durch deren Zusammenspiel der Bulbus oculi in alle Rich-
Rötung. Lidschwellung. Verklebung der Augenlider tungen bewegt werden kan n. Bis auf eine Ausnahme
am Morgen. Fremdkörpergefühl, Juckreiz und ver- (M. obliquus inferior) entspringen sie gemeinsam an
mehrtes Tränen äußert. je nach Ursache (bakteriell, einem sehnigen Ring (Anulus tendineus communis)
viral, allergisch, t oxi sch durch äußere Reize wie z. B. um den Canalis opticus (Abb. 12.12b). Von hier aus
Rauch) kommen therapeutisch unterschiedliche Medi- laufen sie divergierend und bilden einen Muskel -
kamente zum Ei nsatz. trichter.
Gerade Augenmuskeln (M. rectus superior, M.
rectus inferior. M. rectus medialis und M. rectus
12.2.5.2 Der Trä nena pparat lateralis): Ihre Endsehnen strahlen in die Sclera
Die Tränendrüse (Giandula lacrlmalis. lnneJVation vor dem Bulbusäquator in unterschiedlicher Ent-
s. $. 63 ) l iegt unter dem oberen lateralen Rand der fernung vom Hornhautrand ein. Die gerade Au -
knöchernen Augenhöhle. Sie wird durch die apo- genmuskeln werden fast alle vom N. oculomoto-
neurotische Sehne des M. Ievator palpebrae supe- rius (111 ) inneJViert. lediglich die Innervation des
rioris zweigeteilt. Ihr Sekret nießt über Ausfüh- M. rectus lateralis. der den Bulbus abduziert, er-
rungsgänge in den oberen Fomix conjunctivae folgt über den nach seiner Funktion benannten
{oberer Bindehautsack) ab. Es dient der Reinigung N. abducens (VI ).
von Horn- und Bindehaut. schützt vor Austrock- Schräge Augenmuskeln ( M. obliquus Su perior
nung, gleicht Oberflächenunebenheiten aus und und M. obliquus inferior): Sie setzen an der late-
bildet den größten Anteil des Tränenfilms. Letzte- ra len Bulbushälfte hinter dem Äquator an (oben:
rer ist dreischichtig, da er neben dem wässrigen M. obliquus superior. unten: M. obliquus infe-
Sekret der Tränendrüse noch eine Lipidschicht {aus rior). Während der M. obliquus inferior von der
12 Sinnesorgane Das Se horgan und seine Hilfseinrichtungen 251

,.__ 2 20 ---.;;.
3 19 ----..1
~- 4
1--- 5 18
".......- - 6 17
16 9
,_..- 7
I
-;.--- 8
I

I 15 ~

\ 14 ~
a 13 ·b
12 -------~

1 M. rectus lateralis 9 Anulus tendineus communis 18 Fissura orbitalis superior


2M. Ievator palpebrae superior mit Durchtritt von: mit Durchtritt von:
3 M. rectus superior 10 N. opticus (II) 16 V. opthalmica superior
4 Trochlea 11 A. opthalmica 17 N. trochlearis (IV)
5 M. obliquus superior 12 N. nasociliaris (aus V1) 19 N.lacrimalis (aus V1)
6 M. rectus medialis N. oculomotorius (111) 20 N. frontalis (aus V1)
7 M. rectus inferior 13 R. inferior
8 M. obliquus inferior 15 R. superior
14 N. abducens (VI)

Abb. 12.12 Äußere Augenmuskeln mit Anulus tendineus


a Rechter Bulbus oculi mit Muskelansätzen in der Ansicht von ventral
b Ursprünge der Augenmuskeln und Durchtritt von Strukturen durch den Anulus tendineus sowie neben ihm durch die Fissura
orbitalis superior

medialen Orbitawand entspringt und direkt Achsen bewegt werden. Dabei üben der M. rectus
nach dorsal zieht. zeigt der M. obliquus superior media lis und der M. rectus lateralis jeweils ledig-
einen besonderen Verlauf: Von dorsal kommend lich nur eine Hauptfunktion aus. die übrigen Mus-
zieht er zunächst nach ventra l bis zur Troch lea. keln zusätzlich noch Nebenfunktionen (Tab. 12.5).
einem knorpelig-sehnigen Ring am medialen sodass sie kombin ierte Bewegungen ausführen.
Augenwinkel. wo seine Endsehne spitzwinklig
w ieder nach dorsal umbiegt. Anhand dieses Ver-
laufs durch die als Hypomochlion wirkende Tro- Neben ihrer rotatorisehen Komponente haben die
chlea kann man siCh die Innervation des M. ob- beiden schrägen Augenmuskeln durch ihren Ansatz
liquus superior durch den N. trochlearis (IV) dorsal des Bulbusäquators eine ihrem lagebeding-
merken. Der M. obl iquus inferior dagegen wi rd t en Namen entgegengesetzte Wirkung: Der M. ob-
- wie die meisten geraden Augenmuskeln - liquus superior senkt den Blick, der M. obliquus
durch den N. oculomotorius innerviert. inferior hebt den Blick. Zusätzlich wirken sie beide
<I> abduzierend (-+ Blickbewegung nach lateral). Da-
~·-#'
Wenn Sie sich für jeden der äußeren Au- gegen bewirken sowohl der M. rectus superiorals
genmuskeln klarmachen. aus welcher Richtung auch der M. rectus inferior u. a. eine Adduktion(-+
er jeweils Zug auf seine Ansatzstelle am Bulbus Blickwendung nach medial). Die seitlichen geraden
ausübt, ist es leichter, sich die verschiedenen Augenmuskeln führen keine Kombinationsbewe-
Funktionen zu merken. gungen aus, sondern ziehen den Bulbu s in der Ho-
rizontalen nach medial oder lateral.

Durch die schnellen und feinen Bewegungen der


äußeren Augenmuskeln kann der Bulbus um drei
252 12 Sinnesorgane Das Sehorgan und seine Hilfseinrichtungen

Tabelle 12.5

BIAushwagunp n durch IIIIen Allganlnlllbln


Bewegung um vertikale Achse: um transversale Achse: um sagittale Achse:
Muskel Abduktion Adduktion Elevation ' Depression ' ' Innenrotation Außenrotation

M. rectus lateralis +
M. rectus medialis +
M. rectus superior + + +
M. rectus inferior + + +

M. obliquus Superior + + +
M. obliquus inferior + + +
+ • Hauptfunktion: ,. • Nebenfunktion
• Blick 1\ich oben; • • Bhck nach unten

~!!!!!!!ll!!!..!!
dar
! o.llb mit •d•etandan 5tnlkbnn
Öffnung Lage Verbindung zu durchtret ende Strukturen
------~---------
Canalis opticus an der Wurzel der Ala minor mittlerer Schädelgrube - N. opticus
des Os sphenoidale - A. ophthalmica
Fissura orbitalis superior zwischen Ala minor und Ala mittlerer Schädelgrube - N. oculomotorius (111)
major des Os sphenoidale - N. trochlearis (IV)
- N. abducens (VI)
- N. ophthalmicus (V 1)
- V. ophthalmica superior
Flssura orbltalis inferior zwischen Maxilla und Ala Fossa pterygopalatina - Äste des N. maxillaris (V2): N. zygo-
major maticus' und N. Infraorbitalls'
- A. Infraorbitalls
- V. ophthalmica inferior
Canalis nasolacrimalis zwischen Maxilla und Os Ia- Nasenhöhle (unterhalb der - Ductus nasolacrimalis
crimale unteren Nasenmusehell
"verla;istn dte Orbiti über kleinere wieder und zith~n zum Gesicht

12.2.6 Die Orbita (Augenhöhle) Die durch die Öffnungen der Orbita tretenden Lei-
mit leitungsbahnen tungsbahnen versorgen das Sehorgan sowie z. T.
Die Orbita ist ein knöcherner, pyramidenförmiger weitere Strukturen im Kopfbereich.
Raum, in dem der Bulbus oculi von einer derben. Die einzelnen Nerven sind bereits in Kapitel 3 (ab
bindegewebigen Kapsel (Tenon-Kapsel). den äuße- S. 58) beschrieben. Die Arterien stammen alle aus
ren Augenmuskeln und einem Fettgewebskörper der A. ophthalmica. die als Ast der A. carotis inter-
(Corpus adiposum orbitae) umgeben wird. Weiter- na zusammen mit dem N. opticus in die Orbita
hin finden sich hier die Glandula lacrimalis und tritt und zum medialen Augenwinkelläuft
zahlreiche Leitungsbahnen. Ihr meist erster Ast ist die A. centraUs retlnae, die
Neben der großen vorderen ÖITnung (Aditus orbita- kurz nach Eintritt in die Orbita in den N. opticus
lis) zum Gesicht bestehen weitere Verbindungen zieht und in ihm die Netzhaut erreicht. Gemeinsam
über Löcher und Kanäle in den wandbildenden mit anderen Leitungsbahnen treten sie durch den
Knochen (s. Lehrbücher der makroskopischen Ana- Anulus tendineus, der den meisten Augenmuskeln
tomie). Strukturen, die für das Auge und seine als Ursprung dient.
Hilfseinrichtungen von Bedeutung sind, treten
durch die in Tab. 12.6 aufgeführten ÖITnungen.
12 Sinnesorgane Das Geruchs- und das Geschmacksorga n 253

ll$1i;)iii Wiedemoien Sie, welche Muskeln vom N.


Durch den Anulus tendineus treten (Abb. 12.12b. oculomotorius Innerviert werden. Beden-
s. S. 251 ): N. opticus mit der in ihm verlaufenden A. ken Sie dabei nicht nur die äußeren, son-
centralis retinae, A. ophthalmica. N. oculomotorius dern auch die Inneren Augenmuskeln.
(111). N. nasociliaris (aus V,) sowie N. abducens {VI). Rekapitulieren Sie, aus welcher Arterie die
A. centraUs retlnae stammt und wo sie ver-
läuft.
Das Versorgungsgebiet der A. centralis retinae
reicht bis zur Ora serrata. d. h. nur die Pars optica
retinae erhält über dieses Gef:lß Blut Die Pars cae- 12.3 Das Geruchs- und das
ca hingegen wird - wie alle anderen Bulbusschich- Geschmacksorgan
ten mit Ausnahme der über das Kammerwasser er-
nährten Struktu ren (Horn haut und linse) - vom ~
..... Lerncoach
choroidalen Gefäßnetz versorgt. Dieses kurze Thema wird eher selten geprüft.
Gespeist wird das choroidale Gefäßnetz aus Ästen. Wichtiger ist die Weiterleitung der Ge-
die ebenfalls der A. ophthalmiCa entstammen. Da- schmacksinformatlon, die Sie sich in diesem
bei versorgen die dorsal durch d1e Sclera tretenden Zusammenhang noch einmal vergegenwärti-
Aa. clliares posteriores breves eher den hinteren gen und ggf. aufS. 220 nachschlagen
Bereich der Choroidea, wohingegen die Aa. dliares können.
posterlores longae zwischen Sclera und Choroidea
nach ventral zum Zil iarkörper und zu r Iris ziehen.
wo sie Gefaßkränze bilden (Circulus arteriosus iri-
12.3.1 Das Geru ch so rga n 111
Die Riechschleimhaut ( Regio olfactoria. aus Riech-
dis major und minor). Die Aa. clllares anteriores epithel und Lamina propria ) liegt (als beim Men-
entstammen den Muskelästen der A. ophthalmica schen relativ kleines Areal) an der oberen Nasen-
(zu außerern Augenmuskeln) und versorgen neben muschel (Concha nasahs superior) und am dieser
dem Ziliarkörper auch Bindehaut und Sclera. Muschel gegenüber liegenden Areal des Nasensep-
We1tere Aste der A. ophthalm1ca ziehen zur Trä - tums. Das mehrreihige Riechepithel besteht aus
nendrO se und zu den Augenlidern und beteiligen Riech-. Stütz- und Basalzellen. Die Riechzellen sind
sich a n der Versorgung von Nasenhöhle. Siebbein- primäre Sinneszellen: Der dendri tische Fortsatz der
zellen sowie Gesichtshaut und -muskulatur. bipolaren Nervenzellen ist am Ende zu einem Kol-
<D ben verdickt, von dem mehrere lange Zilien ausge-
..• ... Check-up hen. Letztere liegen parallel zur Epitheloberflache
II' Wiedemoien Sie Aufbau und Funktion des im Riechschleim (s. u.). Ihre Membran enthalt d1e
Ziliarkörpers. Rezeptorproreine filr d1e Geruchsstoffe. Der basale
II' Überlegen Sie, wo die Bruch-Membran liegt Fortsatz der Sinneszellen ist das Axon. das in die
und welche Funktionen sie hat. La mina propria e intritt. Hier bi ldet die Gesamthei l
Rekapitulieren Sie die Begrenzungen der der Axone denN. olfactorius (S. 219).
Augenkammem.
Überlegen Sie sich, welc:he Zellkö rper in ! 1 Geschmac:ks-
porus
der Fovea centralis am uhlreichsten sind. 2
2 Sinneszellen
Machen Sie sich anhand von Abb. 12.10 noch 3 Stützzellen
Basalzellen
einmal klar. wo die Synapsen der Foton!- [ Nervenfaser
4
zeptorzellen in der Retina liegen.
Verfolgen Sie gedanklich den .Weg" der 5
Tränenflüssigkeit von Ihrem Sekretionsort
bis zum Abfluss über die Nase und benen-
nen Sie die dabei passierten Strukturen in
der richtigen Reihenfolge. Abb. 12.13 Aufbau ~iner ~hmackslcnospe
254 12 Sinnesorgane Rezeptoren in der Haut und im Bewegungsapparat

Die Riechzellen können wohl einige Wochen alt <D


werden und werden dann durch Teilung der Basal- ...• ... Check-up
zellen (• Stammzellen) ersetzt; d. h. olfaktorische tl' Wiederholen Sie die Ausdehnung des Riech-
Neurone werden hier auch im En.vachsenenalter epithels in der Nase.
regelmäßig regeneriert I
ln der Lamina propria unter dem Riechepithel lie-
gen die Bowman-Drüsen (Giandulae olfactoriae).
12.4 Die Rezeptoren in der Haut und
Ihr Schle1m liegt auf dem Riechepithel und enthält
im Bewegungsapparat
auch spez1elle Proteine. d1e Geruchsstoffe binden
(Odorant binding proteins • OBPs).
;
..... Lerncoach
legen Sie den Schwerpunkt in diesem Kapitel
12.3.2 Das Geschmacksorgan auf das lernen der Rezeptororgane mit Ihrer
Die verschiedenen Geschmacksqualit;lten (s. u.) jeweiligen Funktion und Lage in der Haut; da-
werden durch Sinneszellen der Geschmacksknos- zu werden des Öfteren Fragen gestellt.
pen wahrgenommen. Neben einer geringen Anzahl
von Geschmacksknos pen am weichen Gaumen. an 12.4.1 Die Hautrezeptoren
der Rachenhinterwand und der Keh ldeckel- Die Haut (Cutis). die als nächenmäßig größtes Sin-
rückseite, finden sie sich be1m Menschen vorwie- nesorgan anzusehen ist, besteht aus zwei Schich-
gend auf der Zunge in: ten:
Papillae vallatae (Wallpapillen) entlang des Sul- - der epithelialen Epidermis (Oberhaut) und
cus terminalis. der bindegewebigen Dermis (Corium • Leder-
Papillae follatae ( Biaupapillen) und haut mir Stratum papillare und Stratum rericu-
- Papillae fungiformes ( Pilzpapillen~ lare).
Die meisr hell erscheinenden ovalen Geschmacks- Das Corium geht ohne scharfe Grenze in die Subcu-
knospen l iegen im mehrschichtigen Epi thel und tis (Tela subcutanea) über. letztere ist reich an
besitzen an der Epithelobernäche eine grübchen- Fettgewebe und stellt die Verbindung zwischen Cu-
förmige Öffnung (Porus gustatorius). Sie bestehen us und Muskelfaszien bzw. Periost her.
aus verschiedenen Zellen: Geschmacks-. Stutz- und ln der reich innervierten Haut liegen zum emen so
Basalzellen. Die langgestreckten Geschmackszellen genannte freie Nervenendigungen. d. h. Axone ohne
ragen mit langen Mikrovilli in den Porus gustatori- erkennbare morphologische Spezialisierung. die
us hinein. Die Membran der Mikrovilli ist die Re- beim Eintritt 111 die Dermis bzw. Epidermis die
zeptorobernäche für Geschmacksstoffe. Von basal Myelinscheide verlieren und bis nahe an d1e epi-
treten Fasern der Hirnnerven Vll. IX und X theliale Obern:iche reichen können.
(s. S. 220) an die Geschmacksknospe und bilden Es lassen SICh entsprechend 1hrer Funkt1on dre1 Ty-
mit den Geschmackszellen (• sekundäre Sinneszel- pen unterscheiden:
len) synapt1sche Kontakte. - Mechanorezeptoren
Die Geschmackszellen, zwischen denen Stutz- und - Nozizeptoren
Basalzellen liegen. haben eme Lebensdauer von nur - Thermorezeptoren.
8-10 Tagen. Aus den Basalzellen (• Stammzellen) Daneben gibt es speziell gebaute Mechanorezepto-
entstehen ständig neue Geschmackszellen. ren zur RegiStrierung unrerschiedlicher mechani-
Bei den Geschmacksqualitaten unterscheidet man: scher Reize und Übertragung auf Axone. D1ese Ge-
süß (Zungensp1tze). sauer und salzig (Sellenränder bilde aus neuronalen und mehr neuronalen
der Zunge). bitter (Zungenwurzel am Sulcus termi- Anteilen (Aufbau s. Lehrbücher der Histolog1e) wer-
nalis) und Umami ( hervorgerufen durch Glutamat: den auch Endkörperehen oder Rezeptororgane ge-
nicht lokalisiert). nannt. Sie liegen in definierten Schichten der Haut
(Tab. 12.7).
ln der behaarten Haut kommen Rezeptoren vor. d1e
den in Tab. 12.7 genannten ahneln: Durch Auslen-
12 Sinnesorgane Rezeptoren in der Haut und im Bewegungsapparat :55

T~b~ll~ 12.7

Rezeptor Lage in der Haut Funktion


Meri<ei·Zellen Stratum basale der Epidermos zeitlich hochaullöseride Reglstnerung voo Druck
und Druckönderun!/('11
Meißner·Tastkörperchen Stratum papillare der Oermos Regostnerung von Beruhrung~n (Geschwondigkeit
(besonders zahlreich an den Fongerbeeren} von Reizänderungen)
Ruffini· Körperchen • Stratum retoculare der Ocrmis Registrierung von srörk~rem Druck (bei Dehnung
mit Auftreten von Scherkräften)
Vater-Paclni-Körperchen • • Stratum reticulare der Ocrmis Subcutis Registrierung von stilndog wechsl'lnden
Beschleunigungen (bei Vlbrorlon)
• •uch on C..ltnkk•~ln
•· u.~ ~uch •m Ptnon. 1m ~u..JrUkul.nen 81ndegewebe. im ~ntonrum und tn drr Ple\H-i

kung eines Haares kann z. B. über Haarfolhkelre-


zepwren Beruhrung wahrgenommen werden.

12.4.2 Die Rezeptoren des Bewegungs- 1

~ 111 2
apparats
Die Mechanorezeproren des Bewegungsapparats
dienen der Registrierung von Informationen über
die Stellung und dte Bewegung von Rumpf und Ex-
tremitäten ( Propriozeption). 3
Spezielle Propriozeptoren sind die Muskelspindeln
und dte Golg1-Sehnenorgane. andere Mechanore- 4
zeptoren. w1e z. B. Ruffini- und Vater-Pacmi -Körper- 6 •
chen kommen auch als ExteroLeptoren in der Haut
vor.

1 2.4.2.1 Die Muskelspindeln


Die Muskelspindeln registrieren als Dehnungsre-
zeptoren die Muskellänge. jede einzelne Muskel-
spindel (ca. 8 mm lang und ca. 0.2 mm bre1t) be 5
steht aus emer Perineuralkapsel. deren Enden im
PerimysiUm des Muskels verankert sind sowie aus
dünnen mtrafusalen Muskelfasern. letztere verlau-
fen parallel zu den exrrafusalen Fasern der Arbeits-
muskulatur. D1e Kerne der intrafusalen Fasern lie-
1 Kemkettenfaser 4 eff~ente Nervenfasern
gen im mittleren Abschnitt (- Äquatorreg1on ) 2 Kernsackfaser 5 Perincuralkapsel
entweder 3 afferente Nervenfaser 6Aquator
- haufenförm1g angeordnet (Kernsadcfasern ) oder
Abb. 12.1 4 Aufbau einer Muskelspindel
- in einer Kette aufgereiht ( Kemkettenfasern).
Nur in ihren Endbereichen besitzen die intrafusa-
len Fasern Myofibrillen.
ln der Äquatorregion treten efferente und afferente
Nervenfasern in die Muskelspindel ein bzw. aus:
256 12 Sinnesorgane Rezept oren in der Haut und im Bewegungsapparat

Die efferenten Fasern ziehen zu den myofibnl - 12.4.2.2 Die Golgi-Sehnenorgane


lenhaltigen Endabschnitten der intrafusalen Fa- Diese Mechanorezeptoren, die auch Sehnenspin-
sern. Sie können die Länge der intrafusalen Fa- deln genannt werden, treten am Obergang von Ske-
sern an die der exrrafusalen anpassen. lettmuskulatur zu Sehnen auf und regi strieren die
Außerdem können sie über eine Vordehnung Spannung des zugehörigen Skelettmuskels.
der inrrafusalen Muskelfasern deren Empfind- Sie bestehen aus einer Perlneuralscheide und Seh-
lichkeit erhöhen. nenfaserbündeln. zwischen denen sich Nerven fa-
Bei den afferenten Fasern umfassen die primä- sern verzweigen.
ren spiralig die einzelnen Muskel fasern (Kern- Ein durch Muskelkontraktion oder -dehnung be-
sack- und Kernkettenfasern ) der Äquatorregion. wirkter Zug an der Sehne (adäquater Reiz) führt zu
Die Dehnung des Äqua tors ist der adäquate Reiz einer Kompression der Axonendigungen.
fOr die afferenten Fasern. G>
..• ... Check-up
v Überlegen Sie sich, welche Strukturen
Die Muskelspindeln gehören zu den wenigen Schmerz- und Temperaturempfindung ver-
Rezeptororganen, die auch efferent innerviert mitteln.
werden. Die efferente Innervation ist über die v Machen Sie sich nochmals die Bestandteile
Regulation der Muskelvorspannung maßgeblich an einer Muskelspindel klar.
der Abstimmung feiner Bewegungen beteiligt.

13 Anhang 259

13 Anhang
Im Folgenden Iinden Sie eine Zusammenstellung Benennen wichtiger neuroanatomischer Struktu-
von Abbildungen. die Sie während und/oder im An- ren an Hirnschnitten relevant.
schluss an die Lektüre dieses Kurzlehrbuchs nutzen Die Schemata zur Verschaltung einiger neuro·
können: anatomischer Strukturen dienen insbesondere
Die Schnittserien durch das Cehlm ermöglichen der Wiederholung von funktionellen Aspekten
Ihnen eine bessere Vorstellung der Lage einzel- der aufgeführten Strukturen. die Sie anhand
ner Strukturen und machen Sae mat der Darstel- ihrer Projektionen (Afferenzen und Efferenzen)
lung vertraut. die Sie später bei der Interpretati- noch einmal rekapitulieren können.
on von radiologischen Befunden benötigen.
Auch rür Ihre Prüfungen ist das Erkennen und

13.1 Schnittbilder

13.1.1 Frontalschnitte

15 I Septum pellucidum
2 Ventriculus lateralis,
Comu frontale
14 3 Nd. caudatus. Glput
4 Capsula Interna
13 5 Putamen
----- 4 6 Capsula externa
~·--- 5
7 Cla,,strum
8 Capsula extrema
.----- 6 9 Tractus olfactorius
1- - - 7 10 Gyrus temporalis superior
--8 11 Sulcus lateralis
11 12 Gyrus frontalis inferior
13 Corpuscallosum
14 Gyrus cinguli
15 Fissura loogotudinalis cerebri

Abb. 13.1 Frontalschnitt vor dem Chiasma optlcum


Als prominente Verbindung beider Hemlsph5ren ist der Balken (Corpus callosum) zu erkennen, Ober dem der Gyrus cinguli
liegt. Unterhalb des Balkens sieht man als einzige Strukturen des Ventrikelsystems das jewelllge Vorderhorn (Cornu frontale)
der beiden Seltenventrikel. die durch das Septum pellucidum getrennt sind (der dritte Ventrikelist aufgrund der rostralen
Schnittebene nicht getroffen). ln der Wand der Seitenventrikelliegt der docke Kopfteil des Nudeus caudatus, von dem das
lateralliegende Putamen nur durch wenige Fasern der Capsula Interna getrennt ist (-+ Striatum). An das Put<lmen grenzt doe
Capsula extema. nach lateral folgen das Claustrum und die upsula extrema. ~tztere findet steh unter der lnsetrinde. die wie-
derum in der Tiefe des Sukus lateralis (zwoschen Gyrus frootalis Inferior und Gyrus temporalis superior) liegL Basal sind die
Tractus olfactooo mit angeschnitten.
260 13 Anhang

1 Nd. caudatus, Caput


2 Lamina medullaris lateralis
3 Pulamen
4 Fornix, Columna
5 Globus pallidus
\ \_.- - - - - 1 6 Claustrum
------- 2 7 Hypothalamus. Chiasmatische
Region
L-- - 3 8 Chiasma opticum
9 Ventriculus tertius,
Recessus supraopticus
10 Nd. basalis (Meynert)
11 Commissura anterior
11 - --t 12 lnsula
10 -~~·;.:;~ 13 Ventriculus lateralis,
9 ------- Cornu frontale
14 Gyrus frontalis superior

Abb. 13.2 Frontalschnitt durch das Chiasma opticum


Hier ist der dritte Ventrikel bereits mit angeschnitten. Der Globus pallidus ist hinzugekommen, der Nucleus caudatus erscheint
in dieser Ebene kleiner. Beachte die Commissura anterior (s. S. 161).

21 -----.."_ 1 Ventriculus lateralis, Pars centralis


2 Foramen interventriculare
3 Nd. caudatus. Corpus
20 ---..._ 4 Claustrum
5 Fornix, Corpus
6 Putamen
7 Globus pallidus lateralis
8 Lamina medullaris lateralis

~~~~~~~~i
18 - -+ 9 Lamina medullaris medialis
10 Globus pallidus medialis
19 - ---'löi ::.~H.
11 Nd. basalis (Meynert)
17 - -t 12 Columna fornicis
r--- - 6 13 Hypothalamus: tuberale Region
16 -~~ ~"___~~\!~~ ~~ ::::tll-- - 7 14 Corpus amygdaloideum
15 -~~,1 ------ 8
......___ _ 9 15 Ventriculus tertius
14 --~:""i
16 Thalamus, Ncll. anteriores
" ' - - 10 17 Gyrus temporalis superior
13 ---~~~~~~
' - - -11 18 Gyrus frontalis inferior
L___.::::::::::: __ _ _ _ 12
19 Capsula Interna
20 Gyrus frontalis medius
21 Gyruscinguli

Abb. 13.3 Frontalschnitt durch das Corpus amy9daloldeum


Das Corpus amygdaloideum ist Im frontalen Ende des Temporallappens vor dem Unterhorn des Seitenventrikels sichtbar. Vom
Globus pallidus erkennt man beide Anteile (Pars lateralis und Pars medialis) mit der dazwischenliegenden Lamina medullarls
medialis. ln dieser Ebene, in der das Foramen interventriculare als Verbindung zwischen dem jeweiligen Seitenventrikel und
dem dritten Ventrikel liegt, sind sowohl der Corpus als auch die Columnae fornicls angeschnitten. Der Hypothalamus ist in der
tuberalen Region getroffen.
13 Anhang 261

1 1 Gyrus frontalis superior


2Nd. caudatus. Corpus
2 3 Claustrum
3 4 Putamen
5 Nd. subthalamicus
4 6 Globus pallidus
5 7 Substantia nigra
6 8 Corpus amygdaloideum
7 9 Corpus mammillare
10 Sulcus collateralis
8 11 Ventriculus lateralis,
Cornu temporale
12 Ventriculus tertius
13 Thalamus
14 Ventriculus lateralis,
Pars centralis
15 Plexus choroideus
9

Abb. 13.4 Frontalschnitt durch die Corpora mammillaria


Lateral des Corpus mammillare ist deutlich die Substantia nigra zu erkennen. Der Thalamus zeigt sich größer als auf den vorhe·
rigen Schnitten und erstmals ist das Unterhorn (Cornu temporale) der Seitenventrikel angeschnitten.

1 Nd. caudatus, Corpus


Thalamus:
22 ~- 1
2 Nd. medialis
2 3 Nd. ventralis posterolateralis (VPM)
.----- 3 4 Nd. centromedianus
21 /"'- 4 5 Nd. reticularis
~~~~ 5 6 Putamen
7 Globus pallidus
6 ~ Ventriculus t'!rtiu~
9 Nd. caudatus. Cauda
10 Ncl. ruber
11 Nd. subthalamicus
12 Substantia nigra
13 Crus cerebri
14 Pons
18 15 Gyrus parahippocampalis
16 Sulcus collateralis
17 17 Hippecampus
18 Ventriculus lateralis, Cornu temporale
16 19 Corpus geniculatum laterale (CGL)
15 20 Capsula Interna
14 21 Fornix. Corpus
22 Ventriculus lateralis, Pars centralis

Abb. 13.5 Frontalschnitt durch den Hirnstamm


Beachte die Lage von Mittelhirnstrukturen (Nd. ruber, Substantia nigra und Crus cerebri); darunter der Pons. Pulamen und
Globus pallidus wirken kleiner und nach lateral .verdrängt·: vom Corpus des Nd. caudatus, der jetzt weit endernt vom Puta·
men liegt, ist ebenfalls ein kleinerer Durchmesser getroffen. Der Hippocampus liegt am Unterhorn (Cornu temporale) des Sei·
tenventrikels, darunter der Gyrus parahippocampalis. Der prominente Anschnitt des Thalamus erlaubt die Unterscheidung
einzelner Kerne.
262 13 An hang

13.1.2 Horizont alschnitte

I 1 Corpus callosum, Genu


2 Ncl. caudatus. Caput
3 Putamen
Thalamus:
4 Nucleus ant.
5 Nucleus ventralis lat.
6 Nucleus med.
7 Nucleus lat. post.
8 Nuclei pulvinares
9 Ncl. caudatus, Cauda
10 Ventriculus lateralis, Cornu occipitale
11 Corpus callosum, Splenium
12 Colliculus superior
13 Recessus suprapinealis ventriculi
tertius
14 Ventriculus tertius
Capsula interna:
15 Crus posterius
16 Genu
17 Crus anterius
18 Fornix
19 Ventriculus lateralis. Cornu frontale

Abb. 13.6 Horizontalschnitt durch Fornix und Thalamus

1 fissura longitudinalis cerebn


2 Ncl. caudatus. Caput
3 Putamen
2 4 Globus pallidus lateralis
3 5 Globus pallidus medialis
4 6 Claustrum
7 Capsula externa
5 8 Capsula extrema
1 9 Thalamus. Ncl. ventralis
6 posterolateralis (VPM)
7 10 Colliculus superior
1 11 Vermis cerebelli
8
12 Ventriculus lateralis, Cornu
9 temporale
13 Ventriculus tertius
Capsula interna:
10 14 Crus posterius
15 Genu
17 Crus anterius
16 Commissura anterior

11

Abb. 13.7 Horizontalschnitt durch Thalamus und Striatum


13 Anhang 263

1 1 Fissura longi tudinaliscerebri


2 Nd. accumbens
2 3 Putamen
4 Claustrum
3 5 Corpus mammillare
6 Corpus amygdaloideum
4 7 Substantia nigra
8 Crura cerebri
- -5 9 Hippocampus
6 10 Gyrus parahippocampalis
7 11 Pedunculus cerebellaris superior
14 12 Aqueductus mesencephali
13 Cerebellum
8
14 Ventriculus lateralis,
9 Cornu temporale
15 Ventriculus tertius mit
10
Recessus supraopticus

11
- - 12

- - - - 13
Abb. 13.8 Horizontalschnitt durch die Pedunculi cerebri kaudal der Vierhügelplatte

13.1.3 Sagitta lschnitte

r--
------------ 1 i Ventncuius la:et aits
:u=~r--------- 2 2 Corpus callosum
3 Capsula interna
4 Crus cerebri
18 - - - 5 Nd. caudatus
6 Globus pallidus
r~~~- 4 7 Putamen
8 Commissura anterior
""".;.4'""'--- - 5
9 Nd. basalis (Meynert)
6 10 Hippocampus
11 Pedunculus cerebellaris
medius
7 12 Ncl. dentatus
Thalamus:
8 13 Nd. ventralis postero·
lateralis (VPM)
14 Ncll. pulvinares
13 ' - - - - --9 16 Nd. lateralis posterior
- - - - - 10 15 Area striata
17 Crus fornicis
12 - - - 11 18 Sulcus parietooccipitalis

Abb. 13.9 Sagittalschnitt durch Fornix, Nutleus nuber, Vierhügelplatte und oberen Kleinhirnstiel
264 13 Anhang

1 Fornix
r--------------- 1
2 Corpus callosum
~iJ~=:. , . . . - - - - - - 2 3 Thalamus
4 Ventriculus lateralis
18 -------.... 5 Columna fornicis
6 Ncll. habenulae
7 Chiasma opticum
8 Corpus mammillare
9 N. oculomotorius
10 Substantia nigra
11 Pons
12 Ncll. olivaresinferiores
13 Tractus tegmentalis
centralis
14 Pedunculus cerebellaris
~Sf~=---- 7 Superior
15 Ncl. ruber
~--------------- 8
16 Sulcus calcarinus
~--------------- 9
17 Lamina tecti
13 __________, ~----------- 10
18 Sulcus parietooccipitalis
~------------ 11
12-----------
Abb. 13.10 Sagittalschnitt durch Nucleus caudatus und Thalamus

13.2 Verschaltungen

13.2.1 Verschaltungen im motorischen System

e !r---------l[i:ortex cerebri '••- - - - - -- ---,, ~


Striatum (ihalamus
(Ncl. caudatus und Putamen)
8! indirekter Weg direkter Weg 8
Globus pallidus lateralis l
....---- -~-'-----
8
Ncl. subthalamicus jt-----
8
-:::_:---- •
Globus pallidus medialis und
Substantia nigra. Pars reticularis
8
Abb. 13.1 1 Verschaltung der Basalganglien (s. a. S. 201)
13 Anhang 265

Cortex cerebri
Area4

Ncl. motorius n.trigemini


I Nd. motorius n.trigemini

L Ncl. 11. facialis I Nd. 11. facialis


für Stirnareal für Stirnareal
für übrige Gesicht für übrige Cesich t

_ __:N~c:::l. ambiguus ~ Ncl. ambiguus


J
~
Nd. n. accessori
J
Ncl. n. h ypo glosSi
l
Abb. 13.12 Fibrae corticonucleares (ohne Hirnnervenkerne der Okulomotorik), s. a. S. 200

Cortex cerebri, motorisch - - - - - - Thalamus

1 Kleinhirnrinde

Ncl. ruber J
I Kielter-
fasern
1111
Formatio
reticularis
ll--===:::;::: Ncll. olivares
inferiores •
' •._tL_~
Medulla spinalis

Abb. 13.13 Verschaltungen der Nuclei olivaresinferiores und des Nucleus ruber (s. a. S. 96 und S. 101)

Kleinhirnrinde
T
• Kleinhirnkerne
Moosfasern Cortex cerebri
t 1
1----< Pons

-
[]halamus
Tractus reticulospinalis
Formatio reticularis
Tractus vest ibulosptnalis
Ncll. vestibulares

Colliculus superior

Medulla spinalis
-- Tractus tectospinalts

Abb. 13.14 Moosfasersystem des Kleinhirns (s. a. S. 122)


266 13 Anhang

13.2.2 Verschaltun gen im somatasensible n Syste m

Gyrus Gyrus cinguli;


postcentralis präfrontaler Kortex
t t
Thalamus
3.Neuron (VPL) J

Commisuro a/ba anterior
Tractus spinothalamicus lateralis
• Formatio reticularis
{ Tractus sp1nothalamicus antenor
und Tractus spinoreticularis
Tractus sp1nomesencephalicus Teet urn mesenceph~
• Substantia grisea ce~t;~lis l
[ Hinterhorn 2. Neuron

laterales Bündel
Spinalgangl1on 1. Neuron

aus freien Nervenendigungen
Abb. 13.15 Schmerzleitung (s. a. S. 206)

Nd. motorius ] ••---]..., [ Gyrus postcentraUs J


Nd. mesencephalicus
Propriozeption

1. Neuron
2. Neuron 3. Neuron

Gangl1on
trigeminale
(ein diskriminierende
Mechanosensibilitöt -
~-..:..:.....:......:..:..:.....:....:._

grob diskriminierende
Nd. principalis
Nd. spinalis
Lemn~scus
trigem,nalis
. __;===::..:....-•
Thalamus (VPM)

,_ ___Jr Mechanosensibilität,
N tr gern xhmerzleitung.
Temperaturleitung
Abb. 13. 16 Trigeminussystem (s. a. S. 209)
13 Anhang 267

Gyrus postcl'ntralis
(somatosensorischer Kortex. Projektoonen vor allem on Lamina 4)
~

lemn ~us mt'doalos m t


"'"< • o lcmn sei r.tedoa os
Nuclet gracohs und cuneatus

1. Neuron

Abb. 13.17 Honterstrangs~tem (s. a. S. 206)

13.2.3 Verschaltungen im vi suellen System

[ Area striata am Sulcus calcarlnus

l~ddl ! 10 OpliO

Corpus geniculatum laterale

t .. ~ C,..-
(1-uasma optocum
N opucus
Retin.l ( 1. - ~. ll:et.ron)
Abb. 13.18 Sehbahn (s. a. S. 210)
268 13 Anhang

Nd. accessorius [ Area Nd. accessorius


n. oculomotorii pretectalis n. oculomotorii
l
Ganglion ciliare Ganglion ciliare
I ReL J
l l
a M. sphinctcr pupillae M. sphmcter pupillae

Sustantia grise;:;a;-;c:;;e:;;ntrtr;a~lis;-]•o------~ Area pretecta lis


l
Centrum ciliospinale

Ganglion cervicale supcrius

M. dilatator pupillae Retina


b
Abb. 13.19 Pupillenreflexe (s. a. S. 213)
a Miosis (konsensuelle Lichtreaktion)
b Mydriasis
13 Anhang 269

13.2.4 Verschaltungen im auditarischen und vestibulären System

Gyri temporales transversi Gyri temporales transversi


Heschi·Querwindungen Heschi-Querwindungen

tRadiatio acustica Radiatio acustica t


Corpus geniculatum mediale ' Corpus geniculatum mediale

Brach1um colhculi mferions Brachium colliculi inferiorist


Colliculus inferior Collicul~

Corpus

,,_____________
trapezoideum Nd. lemnisci lateralis
Nd. olivans superior ~====~. Nd. olivaris superior 1--...J
__jj lemniscus

f a:nn~t;;iO;]~ri~o;rl-f[N~c~l~.c~o~c~hl~ea~r~is~p~o~st~e~ri~o~r:=====j___
. Nd. cochlearis ___J
lateralis

Striae acusticae
t_ .t dorsales
I N vcst bu ococ I a •s
Ganglion cochleare
1111
Abb. 13.20 Hörbahn (s. a. S. 214)

Gyrus postcentraUs
t
Vestibulacerebellum Augenmuskelkerne Thalamus

I
1 Fasciculus longitud1nal•s med1alis
(Ncl. posteroinferior)

Gleichgewichtsorgan Nclf. vesttbufdres


(Sacculus, Utriculus, sup. med. inf.
Bogengänge)
lat.
Tractus vestibulospmahs laterahs Tnctu· vestibulosp1nalis medial1s
Medulla spinalis

Abb. 13.21 Verschaltungen der Ncll. vestibulares (s. a. S. 217)


270 13 An hang

13.2.5 Verschaltungen im gustatorischen und olfaktorischen System

l Gyrus postcentraUs am Operculum parietale


L
Nd. ventralis posteromedialis thalami

Hypothalamus •
> im Tractus tegmentalis centralis
~ Nd. dorsalis n. vagi • und Lemniscus medialis
Nd. salivatorii •
Nd. tractus solitarii
• • •
N. facialis N. glossopha· N. vagus
(N. intcrmcdius) ryngeus

Abb. 13.22 Geschmacksbahn (s. a. S. 220)

[ orbitofrontaler Kortex

Habenula [ Hippocampus
t t
I
Nd. septales I
Stria olfactoria med1alis Stria olfactoria lateralis
Commissura antcnor
[Nd"olfactorius anterior
Tractus olfactorius

Bulbus olfactorius
1
Bulbus olfactoriuJ
t
Fila olfactoria
Abb. 13.23 Riechbahn (s. a. S. 219)
13 Anhang 271

13.2.6 Verschaltungen im limbisehen System

Area entorhinalos Cyrus congulo


i
lractus pertorans Thalamus
(Ncll. anterlores)

f l ractu mammollothalamocu~
Hippocampus Formx ]
(Ammonshorn. Sublculum) ,__ ___;..;;.;.=- Corpus mammlllare

Abb. 13.24 Papez·Kreis (s. a. S. 227)

Hippocampus prafrontaler kortikale Assozoationsareale


• Kortex
t
(auditorisch. visuell .
gustatorisch. sensorisch)
Thalamus ~
11 (Nd. medtdorsalis) I !____
liefe Kerne
Corpus amygdaloideum

l
An!>a pec! c ' s - -- - - -r Strla mcdu l.lr s
und Stnaterminahs
Ncll. habenulares

Striatum Hypothalamus J
+
Hornstamm (v(>(Jctatove Zentren)

Abb. 13.25 Verbrodungen des Corpus amygdaloodeum (s. a. S 159)

13.2.7 Verschaltungen im vegetativen und neuroendokrinen System

Reizeaus
Magen· Darm·Trakt guslatorisehe
(z. B. schadliehe Substanzen) Horndruck I und olfaktorische Reize
~ l ! !
"[ ]"m~
Blut vierter Ventnkcl


fehlende
Bluthirnschranke

Area postrema
I •

Abb. 13.26 AktMMJng der Area pomema (s. a S 104)


272 13 Anhang

[ Cortex cerebri I
Hippocampus Corpus
,-- amygdaloideum
Fornix ,·
Thalamus
(Ncll. anteriores)

Stria Tractus mammill0·


term1nalis thalamicus
olfaktorischer
Hypothalamus J. Kortex.,
Nuclei septales
( 1>- Fasciculus
longitudinalis dorsalis

Tegmentum Hirnstamm I
mesencephali (vegetative Zentren)
J Formatio reticularis)

Abb. 13.27 Wichtige Verschaltungen des Hypothalamus (s. a. S. 135)

Melatonin im BluQ • • • • • • • • • • • • • • • • ·:
Lichtreiz
t
IRet l
r
Nd. suprachiasmaticus hypothalami
Epiphyse

Ncl. paraventricularis hypothalami]

oberes Thorakalmark 1 - - - - - - --+( Ganglion cervicale


(Nd. intermediolateralis) superius

Abb. 13.28 Steuerung der Epiphyse (zirkadiane Rhythmik. s. a. S. 136)


13 Anhang Literaturverzeichnis 273

13.3 Literaturverzeichnis

Adel man. G. er al.: Encyclopedia of Neuroscience. Mumenthaler M.. Manie H.: Kurzlehrbuch Neurolo-
Vol. 1+2. Elsevier. Amsrerdam 1999 gie. Thieme. Stuttgart 2006
Aumüller. G. et al.: Duale Reihe Anatomie. Thieme, Riede. U.-N .. Schaefer, H.-E.: Pathologie. 5. Aufl ..
Sruttgart 2007 Thieme. Stuftgart 2004
Bähr. M.• Frorscher. M.: Duus' Neurologisch-topi- Rohkamm. R.: Taschenatlas Neurologie. 2. Aufl ..
sche Diagnostik. 8. Aufl .. Thieme. Sruttgart 2003 Thieme, Stutrgan 2003
Dauber. W.: Feineis' Bild-lexikon der Anatomie. Schirmer, M.: Neurochirurgie. 10. Aufl .. Urban & Fi -
9. Aufl .. Thieme, Stuttgart 2005 scher (Eisevier). München 2005
Delank. H.-W.. Gehlen. W.: Neurologie. 11. Aufl .. Schünke. M.. Schulte. E., Schumacher, U.: Prome-
Thieme. Stuttgart 2006 theus LernAtlas der Anatomie, Allgemeine Ana-
Dilling. H.. Reimer. C.: Psychiatrie und Psychothera- tomie und Bewegungssystem. 2. Aufl .. Thieme.
pie. 3. Aufl .. Springer. Berlin Heldeiberg 1997 Stuftgart 2007
Drenckhahn. D.• begr. von Benninghoff. A.: Anato- Schünke, M .. Schulte, E.. Schumacher. U.: Prome-
mie. Bd. 2, 16. Aufl .. Urban & Fischer (Eisevier). theus LernAtlas der Anatomie. Kopf und Neuro-
München 2004 anatomie. Thieme, Stuttgart 2006
Graham. 0. 1.. Lantos. P. L: Greenfield's Neuropa- Trepel. M.: Neuroanatomie. 3. Aufl .. Urban & Fi-
thology. Vol. I, 6th ed.. Hodder Arnold. New York scher (Eisevier), München 2004
1997 Ulfig. N.: Bewegungsapparat Karger. Basel 2002
Graumann. W.. Sasse. D.: Compact Lehrbuch Anato- Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Histologie. 2. Aufl .• Thieme,
mie. Bd. 4, Schattauer. Sruttgart 2005 Stuttgart 2005
Kahle w .. Frorscher M.: Taschenatl01s der Anatomie. Ulfig. N.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme.
Bd. 3, 9. Aufl .. Thieme. Stuttgan 2005 Stuftgart 2005
leonhardt. H.. Tillmann, B.• Tondury, G.. Zilles. K.• Schiebler. T. H.: Anatomie. 9. Aufl .. Springer. Berlin
begr. von Rauber. A. und Kopsch. F.: Anatomie Heldeiberg 2007
des Menschen. Bd. 3 u. 4. Thieme. Stuttgarr. Tllhndnn, B. N.: Atlas der Andtomie. Springer, Berlin
Bd. 3: 1987, Bd. 4: 1988 Heldeiberg 2005
Lüllmann-Rauch, R.: Histologie. 2. Aufl .. Thieme. Williams P. L. Warwiek R., Gray H.: Gray's Anaro-
Stuttgan 2006 my. 37th ed .. Churchill Livingstone. Edinburgh
Moore. K. L. Persaud. T. V. N.. übersetzt und bear- 1989
beitet von Viebahn, Chr.: Embryologie. 5. Aufl .. Zilles. K.. Rehkamper. G.: Funkuonelle Neuroanato-
Urban & Fischer (Eisevier). München 2007 mie. 3. Aufl.. Springer. Berhn Heidelberg 1998
Mumemhaler. M.. Mattle, H.: Neurologie. 11. Aufl ..
Thieme. Stuttgart 2002
274 13 Anhang Que ll enverzeichnis

13.4 Quellenverzeichnis

Abbildungen zu Inhaltsübersichten: Abbildungen zu klinischen Fällen als


Kap. 1. 6. 7 Kühnel. W.: Taschenatlas Histologie. Kapiteleinstieg:
12. Auf! .. Thieme. Sturtgan 2008 Kap. 1 Füeßl. H. S.. Middecke, M.: Duale Re1he
Kap. 2 ccvision Anamnese und Klinische Unrersuchung. 3. Auf! ..
Kap. 3 Neundörfer. B.. Heuß. 0.: Polyneuropath1en. Thieme. Stuttgan 2005
Thieme. Srungan 2006 Kap. 2 Sterry. W.. Paus. R.: Checkliste Dermatologie.
Kap. 4 Heinzeller. T.. Busing. C. M.: Histologie. 5. Auf! .. Thieme. Stuttgart 2004
Histopathologie und Zytologie für den Einstieg. Kap. 3 Hof. H.. Dörries. R.: Duale Reihe Medizim-
Thieme. Stuttgan 2001 sche Mikrobiologie. 3. Auf! .. Th1eme. Stuttgart
Kap. 5. 10. 13 Möller. T. B.. Re1f. E.: Taschenatlas 2004
Schnittbildanatomie. Bd. 1. 3. Auf! .. Thieme. Kap. 4 Grehl. H.. Reinhardt. F.: Checkliste Neurolo-
Stutegart 2005 gie. 3. Auf! .. Thieme. Stuttgart 2005
Kap. 8. II. 12 PhotoDisc Kap. 5 Sartor, K.: Neuroradiologie. 3. Auf! .. Thieme.
Kap. 9 Haupt, W. F., Jocheim, K. A.• Remschmidt, H.: Sturtga rt 2006
Neurologie und Psychiatrie filr Pflegeberufe. Kap. 7 TIM - Thiemes Innere Medizin. Thieme.
9. Auf! .. Thieme. Sruttgart 2002 Stuttgarr 1999
Kap. 8. 11
Abbildungen aus anderen Thleme·Werken Masuhr, K. F., Neumann. M.: Duale Reihe Neuro-
Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Histologie. 2. Auf! .. Thieme. logie. 6. Auf! .. Thieme, Sturtgart 2007
Stuttgart 2005: Abb. 1.2. 1.3. 1.4, 1.5. 1.6. 1.8. 7.5. Kap. 9 Gerlach. R.. Bickel. A.: Fall buch Neurologie.
12.6. 12.9 Thieme, Stuttgart 2005
Ulfig, N.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme. Srutt- Kap. 10 Sarror. K.. Hähnel. S.. Kress. B.: Pareto-Reihe
garr 2005: Abb. 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5 Radiologie Gehirn. Thieme. Sturtgan 2006
Kap. 12 Oesrreicher, E. et al.: HNO. Augenheilkunde,
Dermatologie und Urologie für Pflegeberufe.
Thieme. Srungarr 2003
13 Anhang Sachverzeichnis 275

Sachverzeichnis

A ARAS - aufstetgendes reukulares - spmahs posterior 182. 190


Abduzenspa~~ 66 aktiVIerendes System 104 - subcorttcales 187
Abstetgendes reukul~res Sys- - Thalamus 130 - superior cere~llt 183
tem lOS Arbor vttae. Klemhtm 120 - temporaUs antenor 185
Acerylcholm II Archtcerebellum 119 - venebrahs 181
- motorische Endplane 86 Area( -ae) Aniculatio
- Sympathtkus 223 - entorhinahs 165, 227 - incudomallearis 236
- Parasympathikus 226 - hypothalami 134 - incudostapedialis 236
Achillessehnenrenex 87 - postrema 104.27 1 Assoziationsbahnen 161
Adamkiewicz-Anerie 190 - prepiriformis 220 Assoziationsfelder. lsokonex 152
Adenohypophyse 138, 140 - pretectalis 213 Assoziationskortex
- Entwicklung 27 - septaUs 161 - frontaler I 53
Aderhaut 244 - striata 155, 210 - parietaler ISS
- Gefaße 2S3 - subcallosa 148 Astrozyt II
ADH - anttdturettsches Hor- - tegmemahs ventrahs 101. 158 Astrozytom. ptlozytäres 12
mon 138 Arteria( -ae) Atemzentrum 103
Adhesto mterthalamtca 129 - AdamkteWICZ 190 Audnonsches System 214. 269
AEP- akustiSCh evozterte Poten- - basilans 182 Auerbach-Piexus 226
ztale 21S - callosomargmahs 185 Aurstetgendes reukul~res akuvteren-
A-Faser 14 - c.analts pterygotdet 184 des System • ARAS 104
- Schmerzlenung 208 - c.aroucorympamcae 184 Augenbecher 27
Affenhand 4S - c.arotts tntem.a 184 Augenbecherstlei 27
Afferenzen 6 - Centrates Augenbl3schen 27
Agnoste. taktile ISS - - anrerolaterales 185. 189 Augenreld, frontales 200
Akkommodation 213 - - anteromedtales 185 Augenhintergrund 249
Akromegalie 128 - - posteromedtales 184 Augenkammern 244
Akustikusneurinom 113 - cenrralis retinae 252 - Begrenzungen 246
Akustisch evozierte Potenziale - - cerebri anterior 184 Augenlid 249
AEP 21S - - Versorgungsgehtel 187 Augenmuskelkerne 110, 269
Akzessanusparese 72 - - Verschluss 188 - Verbindungen 105. 216 ff
Allekortex 14S - cerebn medta 185 Augenmuskeln
Alrernans-Syndrom 189 - - Versorgungsgebtet 188 - innere 243, 245. 246
Alrerswetlstchugkell 24S - - Verschluss 188 - - Innervalton 58. 222
Alveus 16S - cerebn postenor 183 - außere 243. 250
Alzhetmer, Morbus 99. 160, 228 - - Versorgungsgebiet 188 - - Innervation 58 ff. 251
Amaknne Zellen. Reuna 247 - - Verschluss 188 Auncula • Ohrmu<ehel 231
Amauro~ 212 - chorotdea anrenor 184 Auns
Ambcss 23S - ciheres - extema srehe Ohr. außeres 231
Amboss-Stetgbugei-Gelenk 236 - - antenores 253 - interna stehe Innenohr 238
Ammonshorn 164 - - postenores 253 - media siehe Mittelohr 233
Amphizyt 14 - commumcans Axon 7
Amygdala siehe Corpus amygdaloi- - - antenor ISS f - dendnusches 8
deum IS9 - - postenor 184. 186 A-Zelle. senstbles Ganglion 17
Amyotrophe Lateralsklerose 199 - corucales breves 187
Analrenex 87 - hypophysialis 8
Anäsrhesie 35 - - inferior 184 Babinski-Renex 86
Anenzephalie 22 - - superior 184 Balken siehe Corpus callosum 161
Aneurysma 186 - mfenor Band-Synapse 10
Anfangssegmem. Nervenzelle 7 - - anrenor cerebelh 183 Bandschetbenschaden. Kompres-
Angulus ponrocere~llaris 112 - - postenor cerebelh 182 sionssyndrome 77
Ans.a cervtcalis 38 - infraorbnahs 252 Basalganghen 157
Antagomsrenerschlaffung 86 - insular«>s 185 - anenelle Versorgung 188
Anthehx 231 - labynntht 183 - Verschaltung 201. 264
Antidiu~usch«>s Hormon • - lenuculostnatae 185 Basalzellen. Ceschm~cksorgan 254
AOH 138 - - Blutung 189 Basalztsteme
Anllhistammtka 137 - medull;~res longae 187 - hintere 173
Antitragus 231 - menmgea medta 172 - vordere 173
Anulus tendmeus 2SO - - Blutung 171 Bastlansthrombo~ 92. 190
- durchtretende Struktu~n 2S3 - memnge.J postenor 172 Basilarmembran. Cochlea 239 r
Apenura - occtptt.ales 183 Bauchhautrenex 87
- lateralis, IV. Venrrikel 174. 176 - ophthalmtca 184. 252 f BauchspeicheldrOse. Inner-
- mediana. IV. Ventrikel 174, 176 - pericallosa 185 vation 222
Aphasie IS3 - polans temporahs 185 Beii-Phanomen 67
- Leitungsaphasie IS4 - pontts 183 Bergmann-Gliazellen 122
Apoplex 187 - radtculam Setz-Riesenzellen 153
Aqueductus mesenc«>phah - Aque- - - antenor 190 Bewegungsapparat. Rezeptoren 255
ductus cerebn 101, 174, 176 - - m.agna 190 Bindehaut 249
Arachnotdalzonen 176 - - posterior 190 Binnenzellen. ROckenmark 79
Arachnotdea mater 171 - sptnahHnterior 182. 190 Btpolare Nervenzelle 8
- - Verschluss 190
276 13 Anhang Sachverzeichnis

Bipolare Zellen, Isokortex 150 Cerumen obturans 232 - - Läsion 137


Bizepssehnenreßex 87 CGL siehe Corpus geniculatum - pineale siehe Epiphyse 140
Blasenzentrum. frontales 154 laterale 134 - trapezoideum 99. 216
Blinder Fleck 249 CGM siehe Corpus geniculatum - vitreum 247
Blindheit. kortikale 156 mediale 134 Cortex
Blut-H irn-Schranke 178 Chiasma opticum 21 1. 260, 264 - cerebelli 120
Blut-Liquor-Schranke 177 Chorda rympani 67 - cerebri 145
Blut-Nerven-Schranke 16 Chordatornie 206 - periamygdaloideus 220
Blutd ruckregulation 137 Chorea Huntington 144 Corti-Organ 238, 240
Blutgef:iße. Innervation 222 Choroidea 244 Coup 4
Blutung. intrazerebrale 189 -Gefäße 253 Crista ampullaris 241
Bochdalek-Biumenkörbchen 176 Cingulum 161 Crus cerebri 99, 261
Bodenplatte 24 Circulus arteriosus Culmen 118
Bogengang 241 - iridis 253 Cuneus 148
Bogengangsampulle 242 - cerebri (Willisi) 181. 186 Cupula 241
Borreliose 32 Cisterna( -ae) - cochleae 238
Bouton. Axon 8 - ambiens 173 Cutis siehe Haut 254
Bowman-Drüsen 254 - basalis 172
Brachium - cerebellomedullaris 172 D
- - collicu li inferioris 99. 215 - chiasmatica 173 Dämmerungssehen 248
- - coll iculi superioris 99 - interpeduncularis 173 Darmwandnervensystem siehe Ner-
Brechkraft 244 - lumbalis 173 vensystem. enterisches 226
Brechzentrum 104 - pontocerebellaris 173 Deckplatte 24
Broca-Aphasie 153 - quadrigeminalis 173 Declive 118
Broca-Sprachzentrum 153 - subarachnoideae 172 Decussatio
Bronchialbaum. Innervation 222 Claustrum 160, 259 - lemnisci medialis 206
Brown-Sequard-Syndrom 87 Cochlea 238 - pedunculorum cerebellarium
Bruch-Membran 244 Colliculus(-i) superiorum 101
Brücke-Muskel 246 - facialis 99 - pyramidum 94. 200
Brückenvenen 191 - inferiores 99, 102. 216 - tegmentalis posterior 106
Bulbärparalyse 111 - superiores 99. 101. 262 Dendrit 7
Bulbus Columna( -ae) Depression 99
- oculi 243 - fomicis 166 Demoatom 35, 76
- olfactorius 149. 219 - Rückenmark 78 Dermis 254
Bulbuswand. Schichten 244 Commissura(-ae) Desakkommodation 246
Burdach-Strang siehe Fasciculus - albae 81 Diabetes insipidus. zentraler 139
cuneatus 83 - anterior 129. 146. 161, 260.262 Diaphragma sellae 171
Büschelzellen, Bulbus olfactorius - epithalamica 141 Diencephalon siehe Zwischen-
219 - fomicis 162. 166 hirn 129
B-Zelle. sensibles Ganglion 17 - griseae 78 Discus nervi optici 249
- habenularum 141 Dissoziierte Sensibilitätsstörung 87
c - posterior 141
Commotio cerebri 4
Doppelbuschzellen. Isokortex 150
C-Faser 14 Ductus
- Schmerzleitung 208 Complexus olivaris inferior 96 - cochlearis 238, 239
Calcar avis 175 Conßuens sinuum 193 - endolymphaticus 239
Camerae bulbi siehe Augenkam- Contre-Coup 4 - nasolacrimalis 250. 252
mern 244 Contusio cerebri 4 - perilymphaticus 239
Canaliculus Conus medullaris 24. 75 - reuniens 241
- lacrimalis 250 Corium 254 - semicircularis 238, 241
- vestibuli 241 Cornea 244. 245 Dura mater 169
C~nalis( -es) Cornu(-a) - crani~lis 170
- centralis. Rückenmark 24 - ammonis. Hippocampus 164 - spinalis 171
- musculotubarius 237 - anterius. Rückenmark 78 Duraneurothel 169
- nasolacrimalis 252 - frontale. Seitenventrikel 175. 259 Dysdiadochokinese 120
- opticus 252 - laterale, Rückenmark 78 Dysme[rie 11 6. 119
- semicirculares 238, 241 - occipitale. Seitenventrikel 175
- spiralis cochleae 239 - posterius. Rückenmark 78, 81 E
Capsula - temporale, Seitenventrikel 175. Edinger-Westphai-Kern siehe Ncl. ac-
- externa 158. 163. 259. 262 261 cessorius nervi oculomotorii 110
- extrema 163, 259. 262 Corona radiata 163 Efferenzen 6
- imerna 158, 162. 259, 262 Corpus(-ora) Ektoderm 21
- - arterielle Versorgung 188 - adiposum orbitae 252 Emission, otoakustische 240
Cauda equina 24. 75 - amygdaloideum 159, 227, 260. Empfindungsstörung. dissozi-
- Schädigung 81 263.271 ierte 87
Cavitas rympani 233 - callosum 146. 161 ,259. 262. 263 Encephalon siehe Gehirn 3
Centrum - cerebelli 117 Endhirn • Telencephalon 145
- anospinale 88 - ciliare 244. 245 - Entwicklung 27
- ciliospinale 88. 213 - geniculatum laterale • CGL 134. - weiße Substanz 161
- genitospina Je 88 211.261 Endolymphe 238
- vesicaspinale 88, 222 - geniculatum mediale • CGM 134. Endoneuralraum 16
Cerebellum siehe Kleinhirn 117 216 Endoneurium 16
Cerebracerebellum 119 - mammillare 129. 137. 227. 261. Endplane. motorische 9
Cerebrum siehe Endhirn 145 263
13 Anhang Sachverzeichnis 277

Entetisches Nervensystem 5, 223, Fimbria - cervicale


226 - fornicis 166 - - inferius 223
Enzephalomyelitis di sseminata 15 - hippocampi 166 - - medium 223
Ependymzellen 13 Finger-Nase-Versuch 120 - - superius 2 13. 223. 224
Epidermis 254 Fissura(-ae) - cervicothoracicum 223. 224
Epiduralhämatom 171 - cerebelli 118 - ciliare 59, 213
Epiduralraum 171 - longitudinalis cerebri 145 - coeliaca 225
Epikritische Sensibilität 83 - mediana anterior - geniculi 66
Epineurium 16 - - Rückenmark 75 - impar 223
Epiphyse 140 - - Medulla oblongata 94 - inferius 69
- Entwicklung 27 - orbitalis - lumbalia 223
- zirkadiane Rhythmik 136, 271 - - inferior 252 - mesentericum
Epithalamus 140 - - superior 252 - - inferius 225
Epitympanon 235 - prima 118 - - superius 225
Erb-Punkt 38 - secunda 118 - oticum 59, 70
Erregungsleitung, saltatorische 15 Flaschenzeichen 45 - pelvica 225 f
Exterozeptor 6, 205 Fleck. blinder 249 - pterygopalatinum 59. 67
Extrapyramidale Bahnen 85, 204 Flocculus 11 7 - sacralia 223
Extrapyramidal-motorisches Flügelplatte 23 - spirale cochleae 214, 240
System 85, 157, 199. 200 Folia cerebelli 118 - stellatum 223
Fontana-Räume 246 - submand ibulare 59, 67
F Foramen(-ina) - superius 69
Fallhand 44 - caecum 94 - thoracica 223
Falx - infraorbitale 64 - trigeminale (Gassen) 62, 209
- cerebell i 17 1 - imerventriculare (Monroi ) 174, - vestibulare 217. 242
- cerebri 170 260 Gehirn 3
Fasciculus - - Begrenzungen 129 - Abschnitte 3
- cuneatus (Burdach) 81. 83, 95, - Luschkae 174, 176 - Entwicklung 24
206 - Magendii 174. 176 - Frontalschnitte 259
- dorsalis 41 - mentale 64 - Horizontalschnitte 262
- gracilis (Goll) 81. 83, 95. 206 - supraorbitale 64 - Sagittalschnitte 263
- interfascicularis 86 Formatio reticularis 102 Gehirnerschütterung 4
- lateralis 41 Fomix 129, 135. 146. 166, 260, 264 Gehörgang
- longirudinalis - conjunctivae 250 - äußerer 232
- - dorsalis/posterior (Schütz) 106, Fossa - in nerer 238
135 - interpeduncularis 99 Gehörknöchelchen 235
- - inferior 161 - rhomboidea siehe Rauten- Gennari-Srreifen 156
- - medialis 105 grube 176 Genu nervi facialis 90
- - superior 161 Fovea centralis 211. 248 Geruchsorgan 253
- medialis 41 Foveolae granulares 171 Geruchssystem 218
- - tel~r.ccph.lli 136 Fr~ie Nervcncndigung 6, 206, 254 GPSCh:"''JCksbahn 220, 270
- proprius, Rückenmark 86 Fremdreßex 86 Geschmacksfa.sern 2 18
- septomarginalis 86 Froment-Zeichen 46 Geschmacksknospe 253
- sulcomargi nalis 86 Frontales Augenfeld 200 Geschmacksorgan 254
- uncinatus 124, 161 Frontales Blasenzentrum 154 Geschmackszellen 254
Faser siehe Nervenfaser 6 Frontallappen 152 Gesichtsfeld 210
Fazialisknie Fundoskopie 249 Gesichtsfeldausfall 211
- äußeres 66 Funiculus GFAP • glial fibrillary acidic pro-
- inneres 99 - anterior • Vorderstrang 81 rein 11
Fazialisparese 32, 67 - lateralis • Seitenstrang 81 Glandotrope Hormone 140
- periphere 67 - posterior • Hintersrrang 81 Gl.mdula( -ae)
- zentrale 69 Funikuläre Myelose 74 - ciliares 249
Fernakkommodation 246 - lacrimalis 250
Fibra( -ae) G - - Innervation 58, 67, 222
- arcuatae 161 GASA - online style-"font-family: Lu· - olfactoriae 254
- circulares 246 cida Sans Unicode Greek;•7-Ami- - pinealis siehe Epiphyse 140
- corticonucleares 100, 152. 199, nobuttersäure 11. 79, 150 - parotidea. Innervation 58, 70
200, 265 Gangataxie 74, 120 - pharyngei. Innervation 70 f
- corticospinales 85, 100. 152, 199, Ganglien - sebaceae 249
200 - A-Zelle 17 - sublingualis, Innervation 67
- cuneocerebellares 84, 124, 209 - 8-Zelle 17 - submandibularis. Innervation 67
- frontopontinae 100 - Kopfganglien 59 - tarsales 249
- meridionales 246 - paravertebrale 223 Glaskörper 247
- parietopontinae 100 - prävertebrale 225 Glaukom 247
- pontis longitudinales 98 - sensible 17 Gleichgewichtsorgan 241
- pontis transversae 98 - vegetative, allgemein 17. 222 Glia
- pontocerebellares 124 - Vergleich Spinal- und Hirnner- - periphere 11
- radiales 246 ven 33 - zentrale 11
- temporopontinae 100 Ganglienzellen Gliazelle 11
Filum(-a) - magnozelluläre. Retina 247 Glioblastom 11
- - olfactoria 219 - parvozelluläre. Retina 247 Globus pallidus 158, 260. 262
- - radicularia 33 Ganglion(-a) - arterielle Versorgung 189
- - terminale 75 - aortorenalia 225 - lateralis 158. 202
278 13 Anhang Sachverzeichnis

med1alls 158. 201 - rez1proke antagonistische 86 llypothalamus-Hypophysen-Sys-


- Verschaltungen 158. 201 Herz. Innervalion 222 tem 138
Glomus carollcum. Innervalion 58. Heschi-Querwindungen 146. 154 Hypotympanon 235
70 Hmterhorn
Glutamat II, 86, ISO - Ruckenmark 78, 81 I
Glyon 11. 79 - Seuenvenmkel 175 Impedanzanpassung 235
Golg1· Sehnenorgan 256 timterstrang • Fumculus posre- 1nc1sura tenron1 170
Golgi·Typ-1-Zelle 8 nor 81 lncus 235
Golg1-Typ-2-Zelle 8 Hmterstrangsysu~m 82. 206. 267 lndus1um gnseum 147, 227
Golg1·Zellen. Klemh1m 122 Hmterwurzel siehe Radix poste- lnfund1bulum 129. 139
Colt-Strang siehe Fasc1culus graci- nor 33 lnh1biting-Horrnone 139
hs 83 H1ppocampus 163, 261. 227 lnitlalsegment, Nervenzelle 7
Granulationes arachnoideae 171 - Afferenzen 165 Innenohr 231. 238
Graue Substanz 3 - Effercnzen 166 Innenohrschädigung 240
- Endhirn 145 H1ppokampusformation 163 lnsula 145, 146, 260
- PNS 5 Hirnbläschen 25 Insult. zerebraler 187
- Ruckenmark 75. 78 H1rnh~ute siehe Menmgen 169 Intentionstremor 116. 120
- ZNS 4 H1rnmfarkt 187 Interneuron 8
Grauer Star 245 - A. cerebn mcdia 180 - Pyramidenbahn 200
Grenzstrang • Truncus sympathi- H1rnnerven 57 InternodiUm 15
cus 223 - Austnttsstellen 112 lntumescenua
Großhirn s1tht Endh1rn 145 - Ganglien 57 - CerviCahS 75
Grundplane. Ruckenmark 23 - Kerne 108 - lumbosacrahs 75
Gruner Star 247 -Verlauf 59 lndokornealwmkel 246
Gustatonsches System 220. 270 - VergleiCh zu Spmalnerven 33 Ins 244. 245
Guyon-Loge 46 HirnStamm • Truncus encephali 4. 1sch3mu!, zerebrale 187
Gyrus( -1) 93 lsokonex 145, 1so
- angulans 146, ISS - anenelle Versorgung 189 - AsSOZiationsfelder 152
- cmguh 148, 227. 259 - Bahnen 105 - Sekundärfelder 152
- dentatus 147, 163. 165 - Usion 92 - Nervenzelltypen 150
- front,lles 146, 260 Hirnstammischämie 189 - Primärfelder 151
- orbitales 149 Hirntumoren II - Schichtung ISO
- pMahippocampalis 148. 261 Homunkulus - venikale Kolumnen 151
- paratermmahs 147 - motorischer 152
- postcentrahs 146 - somarosensensorischer ISS
- precemrahs 146 Höhlengrau, zenrrales siehe Substan- J
jacobson-Anasromose 70
- rectus 149 lla gnsea centrahs 101
- supramargmalls 146 Horbahn 214, 269
K
- temporales rransvers1 siehe - Kollateralen 216 Kakosm1e 220
Heschi-Querwmdungen 154 - Umschahstellen 102, 214 Kammerwasser 246
Honzontalzellen, Rellna 247
Kammerwmkel 246
H Hormone, glandotrope 140
Karoussrromgeb1et 184
Haarzellen Horner-Syndrom 224 Karpaltunnelsyndrom 45
- Con1-0rgan 240 Hornhaut • Cornea 244, 245
- be1 Akromegalie 128
- Cristae ampullares 242 Hörorgan 238 Katarakt 245
- Maculae 242 Hömnde Kaudasyndrom 88
Habenula 141 - primare 154 Kaumuskulatur. Innervation 58
Hackenfußstellung 53 - sekundäre 154 Kehlkopfmuskularur. Innervation 58
llalbseitensyndrom (ßrown-S~uard) Hörstreifen 216 Kennmuskel 77
87 Hortega-Zellen 13 Kernkettenfasern. Muskelspin-
Hammer 235 Hydrocephalus 176 del 255
Hammer-Amboss-Gelenk 236 HypJs1hes1e 35 Kernsackfasern. Muskelspindel 255
Hasner-Kiappe 250 Hyperkmcusches Syndrom 144 Klemh1rn • Cerebellum 117. 120
llaubenbahn, zentrale siehe Tractus Hypermetne 119
- Afferenzen 122. 124
tegmemahs centrahs 105 Hypoglossusparese 72
- anenelle Versorgung 189
Haut 254 Hypophyse 139 Efferenzen 124
- Innervalion 35 - Entwlcklung 27
- Entwicklung 26
- Mm arrectores p1lorum 222 Hypophysenadenom 128
- Funktionen 119
- Rezeptoren 254 Hypophysensuel 129. 139
- Verschallungen 120 fT.. 265
Head-Zone 88 Hypothalamus 134. 260 Klemh1rnarroph1e. be1 Alkoholabu·
Helicotrema 239 - Afferenzen 135
sus 116
Helix 231 - Blutdruckregulanon 137
Klemh1rnbruckenwmkel 112
Heli-Ounkei-Einsrellung 213 - Efferenzen 135 Klemh1rnerkrankungen. klinische
Hemianopsie - Kerngebiete 134
Zeichen 119
- hereronyme 212 - Regulauon der Nahrungsauf-
Klemh1rnkerne 123
- homonyme 156. 212 nahme 136 Klemh1rnrmde 120
Hemibalhsmus 159 - Regulation des Wasserhaus- Kleinhirnschleifen 204
Hemisphäre halts 137 Kleinh1rnsllele • Pedunculi cerebella-
- Endhirn 145 - Regulauon von Schlaf 136
res 117, 120. 124
- dommanre 153 - Steuerhormone 138 Klemh1rnwurrn 117
- Kemh1m 117 - Temperaturregulation 136 Kletterfasern 97. 122. 124. 265
Hemmung - Verschalrungen 272 Knalltrauma 240
- laterale 82 - mkad1ane Rhythmik 136 Kolumnen. vemkale.lsokonex 151
13 Anhang Sachverzeichnis 279

Kommtssurenbahnen 161 lewy-Körperchen 100 Medulla oblongata 94


KonJunkttvius 250 ltberine 139 - Entwtcklung 26
Konussydrom 88 LichtreakttOn sieht Puptlienre- Medulla spmahs siehe Rück!'n-
Konvergenz 213 flex 213 mark 75
Kopfganglten 57 Liddrüsen 249 Mctßner-Piexus 226
Kopfspeicheldrusen. Innerva- Lidschlussreflex 102 Metßner-Tastkörperchen 255
tion 222 Ligamentum Metbom-DrOsen 249
Korbzellen - denticularum 171 Mel,n onin 136. 140
- Klemhirn 122 - Spirale 239 Membrana
- Isokortex 150 Umbisches System 137, 203. 227, - hmttans gliae vascularis 12. 122
Kornealreflex 62 271 - hmttans superficialis 12. 122
Kornersehtchi Ltmbus spiralis 240 - statoconiorum 241
- ,,ußere ltnse 245 - tectona. Corn-Qrgan 240
- - Isokortex 151 linsenfasern 245 - rympamca siehe Trommelfell 232
- - Reuna 248 Linsenkapsel 245 - vesttbularis 239
- mnere Upofuszingranula 7 Memere. Morbus 230
- - Isokortex 151 Liquor cerebrosptnahs 169. 176 Meningealzellen 169, 171
- - Rcuna 248 ltquorentnahme 174 Meningen 169
- Kletnhtrn 121 Liquorraum - Blutversorgung 172
Kornerzellcn. Kleinhirn 122 - außerer 169, 172 - Innervation 172
Korsakow-Syndrom 137 - innerer 169. 174 Meningitis 172
Kortex ltquorsystem 172 MentngO!'ncephaliris 172
- Allokortex 145 Lobulus( -i) Meralgia paraesthetica SO
- auduonscher siehe Hörrinde 154 - cerebelli 118 Merkei-Zellen 255
- extr.utnarer 156 - paracentrahs 148 M!'Saxon 14
- Isokortex 145. 150 - quadrangulans postenor 118 M!'sencephalon stehe Mmelhtm 99
- präfrontaler 153 Lobus( -i) M!'SOtympanon 233
- pr~motorischer 153 - cerebelli 118 Metathalamus 134
- pnm~r moronscher 152 - flocculonodulans 117 Mikrogha, ZNS 13
- - Läsionen 153 - frontalis 146 Mikrographte, bei Morbus Parkm-
- pnmär somatasensorischer 154
- sekundär somatasensorischer ISS
- supplementär motorischer 153
- tnsularis 146
- li mbicus 147
- nervosus 140
son 198
Mikttonnentrum, pontines 104
Miosis 213, 245, 268
111
- visueller siehe Sehnnde ISS - occipitahs 146 Mitralzellen, Bulbus olfactonus
Korttkale Blindheit 156 - parietalis 146 219
Krallenhand 46 - temporahs 146 Mtttelhtm • Mesencephalon 99
Kretslaufzentrum 103 Lumbalmark 81 - Entwicklung 27
Kremasterrenex 87 Lumbalpunktton 174 Mtttelohr 231, 233
Kultssenphanomen 72 - GeDßversorgung 237
M - Innervation 237
l M•culat -ae) - MLskeln 2J6
Labbe-Vene 192 - lurea 248 MtttelohrentzOndung 237
L.lbynnrh. Innenohr 238 - sraticae 241 Modiolus 239
L.1cus lacnma lis 250 Magen-Darm-Trakt, Innerva- Molekularschicht
L.ihmung 199 tion 222 - Isokortex 1S1
L.lmtna(-ae) Magnozellulare Neurone. Hypothala- - Kletnhtrn 121
- bastlans. Cochlea 239 mus 138 Moll- Drüsen 249
Isokortex 151 Makroglia II Moosfasern
- Medullares, Thalamus 130. 260 Makrographte, bet Kl!'mhtm- - Klemhtrn 122. 124. 265
- Ruckenmark 79 laston 120 - Gyrus dentarus 165
- qu.1drigemm" ~ht Vierhtlgel Mdlltm 23.5 Moron!'Uron
plane 101 Mandelkernkomplex steht Corpus - Anordnung 77
sptralts ossea 239 r amygdalotdeum 159 - a- Motoncuron 78, 200
- tecu siehe Vierhügelplatte 101 Mantelkante 146 - -,- Motoneuron 78. 204
- termmalis 129, 146 Mantelzelle, Ganglion 14 Motorische Endplatte 9
längsfascrbu ndel. Mantelzone. Rückenmark 23 Motorik 199
- dorsales 106, 135 Margmalzone. ROckenmar k 23 M-System. Sehvorgang 212
- medtales lOS Markschetde Muller-Muskel 246
Larmschwerhöngkeit 241 - PNS 14 Muller-Zellen, Retina 247
Laterale Hemmung 82. 151 ZNS 15 Muhtforme Schicht. Isokortex ISI
le<lerhaut 244 Markschetdenenrwtcklung. PNS 1s Muhtpie Sklerose 15
leuungsaphaste 154 Massenblutung. hypertensive 189 Multipolare Nervenzelle 8
lemntscus Masseterrenex 210 Musculus(- i)
- latcrahs 106. 216 Meatus - abductor
- medtalts 83, 107, 206 - acusticus extemus 232 - - dtgttt mmtmt, Hand 48
- spmalis 107 - acusticus internus 238 - - dig1t1 mmimi, Fuß 53
- trigeminal is 107, 209. 266 - nasalis inferior 250 - - hallum 54
Lemniskussysrem. mediales sielte Mechanorezeption 82 f. 206 - - polhcts brevts 43
Htnterstungsystem 206 - trigernmale 209 - - polhm longus 46
Lens 245 Mechanorezeptoren 6 - adductor
Lepun 136 - Bewegungsappam 255 - - brevts 50
leptomenmx 169, 171 - Haut 254 - - hallucts 54
leukomalazte, perivenrnkulare 29 Medtanusgabel 44 - - longus 50
280 13 Anhang Sachverzeichnis

- - magnus 50. 53 - - supenor 58. 250 ff MydriasiS 213. 245, 268


- - poillos 48 - obruralonus mlemus 52 Myehn. Kompaktierung 14
anconeus 43 - opponens Myehnisterung. PNS 15
- btceps - - diglll mmtmt. Hand 48 Myelinscheide
- - brachit 41 - - digiti minim1. Fuß 54 PNS 14
fcmoris 53 - - pollicis 46 - ZNS 15
brachialis 41 - orbicularis oculi 249 Myelose. funikuläre 74
- brachioradialis 43 - palaloglossus 70 M-Zelle. retinale 212, 247
- bulbospongiosus 57 - palalopharyngeus 70
- Clhans 58. 213. 244. 246 - palmaris longus 46 N
- constricror pharyngts - pectineus 50 Nahakkommodation 213, 246
- - mcdms 70 f - pectorales 4 1 Nah-Fem-Emstellung 213
- - supenor 70 f - peronet 56 Nahrungsaufnahme. Regulauon
- - mfenor 71 - pirifonms 52 136
- coracobrachialis 41 - planraris 54 Nebenmerenmark. Innervalion
- cricothyroideus 71 - pophteus 54 222
- deltoideus 41 - pronator Neocerebellum 119
- digastricus 58 - - quadratus 46 Neokortex 150
- - Ventcr anterior 65 - - teres 46 Neostriatum 158
- - Venter posrerior 67 - psoas Nerv. peripherer 16
- dllatator pupillae 213. 222. 244. -- major 49 - - Durchtrennung 16
245 -- mtnor 49 Nervenendigung. frete 6. 206. 254
- exlensor - pterygotdet 65 Nervenfaser 6
- - carpi radialis brtVIS 43 - quadratus - A-Faser 14
- carpi radialis longus 43 -- femons 52 - afferente 6
- - carpt ulnaris 43 - - Jumborum 49 - C-Faser 14
- - dtgtti minimi 43 - - plantae 54 - efferente 6
- - d tgitorum 43 - recrus - markhaltige 14 f
- - dtgtrorum brevis 56 - - infenor 58. 250 ff - marklose 14. 16
- - digitorum longus 56 - - lateralis 58. 250 ff - periphere. Regeneralion 16
hallucis brevis 56 - - medialis 58. 250 ff - sensible 6
- - hallucis longus 56 - - superior 58. 250 ff - sensorische 6
-- mdtds 43 - rhomboidei 40 Nervenläsion
pollicis brevis 43 - semimembranosus 53 - N. abducens 66
- - polhcts longus 43 - semitendinosus 53 - N. accessorius 72
- externt bulbi oculi 250 - serrarus anlenor 40 - N. axtllaris 41
- fibul.1res 56 - soleus 54 N. cutaneus femoris laterahs 50
- nexor - sphincter - N. facialis 67
- - carpi radialis 46 - - ani ex1emus 57 - N. fibularis
- - carpi ulnaris 48 - - pupillae 58. 213. 244, 245 - - communis 54
- - dtgttt minimi. Hand 48 - srapedius 58, 67, 236 profundus 55
- - dtgiti minimi. Fuß 54 - sternocleidomastoideus 58 - - superficialis 55
- - digitorum brevis 54 - srylohyoideus 58 - N. glossopharyngeus 72
- - digitorum longus 54 - srylopharyngeus 70 - N. gluteus
- - digtlorum profundus 46. 48 - SUbclaVIUS 40 - - superior 56
- - dtgttorum superficiahs 46 - subscapularis 41 - - mfenor 56
- - halluds brevis 54 - supmator 43 - N. hypoglossus 72
- - h.1llucis longus 54 - supraspm.nus 40 N laryngeus recurrens 72
- - poilleis brevis 46. 48 - tarsales 249 - N. medtanus 45
- - pol hos longus 46 - temporahs 65 - N obturatonus 50
- ganrocnemius 54 - tt>nsor • N. ocufornororius 150, 214
- gemelh 52 - - fasciae latae 56 - N. Opt1CUS 212
- glutet 56 - - rympam 58. 65. 236 N. phrenicus 39
- gracilis 50 - - veli palau ni 58. 65 - N. radialis 43
- iliacus 49 - teres - N. 1horacicus longus 39
- infraspinatus 40 -- major 4 1 - N. tibtalis 54
- tnterossei - - minor 41 N. ulnaris 46
- - dorsales. Hand 48 - tibiahs N. vagus 72
- - dorsales. Fuß 53 - - antenor 56 Nervensystem
- - palmares 48 - - postenor 54 - amm.1hsches - somatisches 5
- - plantares 53 - transversus - autonomes - vegetanves • VISZera-
- tschtocavemosus 57 - - abdommts 49 les 5. 221
- lausstmus dorsi 41 -- pennet 57 - entensches s. 223. 226
leva10r - rrapezius 58 - Enrwtcklung 21
- - palpebrae 58. 249 - rriceps - peripheres • PNS 5, 33
- - scapulae 40 - - brachn 43 - zentrales • ZNS 3
- - veli palatini 70. 71 - - surae 54 Nervenzelle 7
- lumbricales 46. 48 - uvulae 70 f - bipolare 8
- masseter 65 Muskel. plunsegmentaler 77 - multtpolare 8. 17
- mylohyoideus 58. 65 Muskelatrophte. spmale 23 - pseudounipolare 8, 17
obhquus Muskeletgenrenex 86 Nervus(-i)
- - mfenor 58. 250 ff Muskelhypotonie 120 - abducens (VI) 58. 64, 252
mtemus abdomtnts 49 Muskelspmdel 255 - - Ausmnsstelle 113
13 Anhang Sachverzeichnis 2S1

- - Uston 66 - tschiadirus 52 ubtalls 52, 53


- accessorius (XI) 58. 72 - Iabtales 57 - - Usion 54
- - Austrittsstelle 113 - lacri malis 63 - transversus colli 38
-- l..'lsion 72 - laryngeus - tngeminus (V) 58, 62, 209
- alveolares superiores 64 - - inferior 71 Austrittsstelle 11 3
- alvtolaris inferior 65 - - recurrens 71 r - trochlearis (IV) 58. 61 , 252
- anales mferiores 57 - - Superior 71 - - Ausrnrtsstelle 113
- aunculans - IInguaiis 65 - rymparucus 70
- - anterior 65 - mandibularis (V1 ) 58. 62 - ulnaris 41, 46
- - magnus 38 - massetencus 65 -- Usion 46
posterior 67 - mmllaris (V2 ) 58. 62 - vagus (X) 58, 69
- aunculotemporalis 65 - mearus acusllcus externus 65 - - Austrittsstelle 113
- axillans 41 - medtanus 41. 44 ff -- Usion 72
l..'lsion 41 Usion 45 - vesribulocochlearis (VIII) 58, 69
- buccalis 65 - mentahs 65 - - Austrittsstelle 113
- ctllares 63 - musculocuraneus 41 , 44 - - Hören 214, 240
- clumum - mylohymdeus 65 - - Gletchgewicht 217. 242
- mfenores 56 - nasociharis 63 - zygomarirus 64, 252
-- medii 34 - nasopalannus 64 Neuhaut siehe Retma 247
- - supenores 34 - obturatonus SO Netzhautablösung 247
- coccygeus 57 Usion 50 Neuralfalte 22
- cochlearis 69 - occip~talis Neuralleiste 21. 22
- craniales siehe Hirnnerven 57 -- major 34 Neuralplatte 22
- cutaneus mmor 38 Neuralrinne 22
- - antebrachii laterahs 41 - - lt'rtiUS 34 Neuralrohr 21
- - antebrachii medtahs 41. 44 - oculomotorius (111) 58. 59, 252 Neuralwulst 22
- - antebrachii posrenor 43 Austnttsstelle 113 Neunt 7
- - brachii lareralls 41. 43 - - Usion 60, 214 Neurobarreliese 32
- - brachu medtalls 41 - olfactorius (I) 58. 2 19 Neuroektoderm 21
- - brachii postenor 43 - ophthalmicus (V1 ) 58, 62, 252 Neuroepithel. Rückenmark 23
- - dorsalis medialis 56 - opticus (II ) 58. 210. 252 Neurofibromarose 20. 21
- - femoris lateralis 50 -- Usion 212 Neurohämale Zonen 178
- - femoris posterior 56 - palatini 64 Neurohypophyse 138, 139
- - surae lareralls 53. 56 - peoorales 41 - Entwicklung 27
- - surae medialis 53, 54 - perineales 56 r Neurokutane Erkrankungen 20
- dtgttales - perone1 siehe Nn. fibulares 53 Neuromodulatoren II
- - dors.1les 43, 48 - petrosus Neuron 7
- - dorsales pedis 56 -- ma)or 67 - afferentes 6
- - palmares 46, 48 -- mmor 70 - efferentes 6
- dorsa lis - phrenicus 39 - Interneuron 8
- - pcnis 57 - - LJ~ion 39 - n•agnc.zellular. HypothJia-
- - scapulae 40 - plantans mus 138
- erigentes 226 - - lateralls 53. 54 - Projektionsneuron 8
- ethmotdales 63 medtahs 53 Neuropeptid Y • NPY 136
- faoalis (VII) 58. 66 - pterygotdet 65 Neuroptl 8
Austnttsstelle 113 - pudendus 56 Neuroperus
USIOO 67 - radtahs 42 - anterior 22
- - Cenu n. facialis 99 I..'ISIOn 43 - posterior 22
- femoralis SO - reoales inferiores 57 Neurularion 21
flbularis - saphenus 52 Nexus 15
- - communis 52 (f sci'O(dltf poscerior~ 57 Ntssi-Subsranz 7
- - Uston 54 f spmahs siehe Spmalnerv 33 Nodulus vermis 117
- - profundus 54 rr - spmosus 65 Noradrenalin II
- - superficiaUs 54 fT - splanchmcus( -i ) - Sympathikus 223
frontahs 63 lumbales 225 - Ncl caeruleus 98
- gemrofemoralis 50 maJor 224 Noradrenalinhypothese 99
- glossopharyngeus (IX) 58. 69 -- mmor 224 Nomeption 206
- - Austrittsstelle 113 - - pelvici 226 - trigeminale 209
-- Usion 72 sacrales 225 Nozizepror 208
- glutei 56 stapedius 67 NPY • Neuropeptid Y 136
-- Usion 56 - subclavius 40 Nucleus( -i)
- hypoglossus 58. 72 - Sublingualis 65 - accessorius nervt oculomotorii
- - Austrittsstelle 113 - suboccipiralis 34 (Edmger-Westphal ) 110
-- Usion n - subscapulares 41 optische Renexe 213
- illohypogastrirus 49 - supraclaviculares 38 accumbens 158, 227. 263
- illomguinalis 49 - supraorbiralis 63 - ambiguus 110
- lnfraorbiralis 64, 252 suprascapularis 40 - antenores 130, 132, 227
- infrmochlearis 63 - suprarrochlearis 63 arcuatus 135. 136. 139
- mtermedius 66 - surahs 53 r - bas.ths (Meynert) 160, 260
- mterosseus - temporales profund1 65 - caeruleus 98, 104
- - antebrachii antenor 45 f - thoradcus longus 40 caudatus 157. 259, 262
- - cruris 53 r -- Usion 39 - centrahs 102
- - posrenor 43 - thoracodorsalls 41 - - larerahs 132

282 13 Anhang Sachverzeichnis

- - medtalis 132 - termmauoms 108 Pallidum stehe Globus pallidus


- c~nrromedtanus 132. 261 - t horacicus posterior 80. 84 158
- ~rebelh 120 - tractus sohuru 108 ff. 112. 220 Palliothalamus 130
- cochl~arM 112. 214 - rngemmus. Radtx mororia 209 Pallium 145
- cun~atus 95. 206 - tuberal~s lateral~s 135 Palpebra 249
- - acc~ssorius 84 - tuberomammtllaris 135. 137 Pankreas. Innervation 222
- d~ntatus 123. 204. 263 - ventrahs Papez-Krets 137. 227. 271
- dorsales. Thalamus 130. 132 - - postenor mrenor 132 r Paptlla(-ae)
- dorsalis (Sttlling-Ciarke) 80. 84 - - posterolaterahs - VPL 132 f. - rohata~ 254
- dorsalis nervi vagi 110 r 206.261 - run~irormes 254
- dorsomedialis 135 r - - posteromediahs • VPM 132 f. - lacnmales 250
- emboliformis 123. 204 209 - nervi optlci 249
- exr~rnus 102 - ventromcdialis 135 r - vallatae 254
- rastigii 123. 204 - vestibulares 112. 123. 217. 269 Parallelrasern 121. 122
- globosi 123. 204 Nystagmus Paraparese 88. 190
- gractlis 95. 206 - bei Kleinhirnläsion 120 Paraplegie 87
- gustatonus 109 - optokineuscher 212 Parästhesie 35
- habenular~s 141. 227 - bet vesubularen Störungen Parasympathikus 5. 226
- mrundtbulans 135. 138. 139 - - zentral 218 - Funknonen 222
- tntermedtolaterahs 80. 136 - - peripher 242 - kramaler 226
- mterpedunculans 101. 227 - Nervenzellen. Ruckenmark 79
- mterposuus 123 0 - sakral~r 226
- Intralammares 130. 132 Oberfläch~~nsibllitllt 205 ParasympatholytJka 226
- lemmsct laterahs 216 Oberer Olivenkomplex 215 r Parasympathomimettka 226
- l~nurormts 157 OBP • odorant binding prorein 254 Parese 35. 199
- hmuans 132 Obex 95 Pan es
- mammlilares 135 Odorant binding prorein • OBP 254 - caroticus 234
- mediales 130. 132. 261 Ohr. 3uß~res 231 - jugu lans 234
- mediani 130. 132 - Ge111ßversorgung 233 - labyrinthtcus 234
- medlodorsalis 131. 132 - Innervation 233 - mastoideus 234
- m~sencephalicus nervi trige- Ohrmuschel 231 - membranaceus 234
mlnl 111. 209 Ohrtrompete siehe Tuba audi- - tegmentalis 234
- motorius nervi trigemini 110 tiva 236 Parietallappen 154
- n~rvl Okulomotonusparese 60 Parkbankl3hmung. N. radialis 43
- - abduc~nris 110 Okzipttallappen 155 Parkinson. Morbus 100. 198. 203
- - raciahs 110 Olfaktonsch~s System 218. 270 Pars
- - hypoglossi 110 Ohgod~ndrozyt 12. 15 - naccida. Trommelfell 232
- - oculomotorii 101. 110 Ohv~ 94 - t~nsa. Trommelfell 232
- - rrochl~aris 101. 110 Olivenkomplex Parvozellular6 neuroendokrines
- olractonus ant~nor 219 - oberer 215 r System 139
- olivarM - unt~rer 97 Parella~hn~nrenu 87
- - tn[~nOrM 96. 263. 265 Operculum 146 PaukenhOhle 233
- - aCC6SOrll 96 Operkulansatton 28 Paukenh0h1enschletmhaur. lnnerva-
- olivans princtpalis 96 Ophthalmoplegta uon 237
- orlgmts I 08 - externa 60 Pedunculi c~rebellares • Kleinhirn-
- paracentrahs 132 - Interna 60 stiele 117. 120. 124
- pararascicularis 132 Ophthalmoskopie 249 Pedunculus cerebri 99
- parasympathici sacrales 80. 137 Oplold-Analgetika 101 Perlaquäduktales Grau siehe Subsran-
- parataeniaiis 132 Opsin 248 tia grisea centralis 101
- paraventricularis 135, 136. 138 Optischer Apparat 244 Perikaryon 7
- pencentrahs 102 Opt1sche> System, akzessori· Perilymphe 238
- pontls 98 sches 212 Perlneuralscheide 16
- postenor n~rv1 vagi 110 Ora serrata 247 Perineurium 16
- post~nor~s 130. 132 Orbna 252 Peripheres Nervensystem = PNS 5.
- preoprtci 135 rr - ~uungsbahnen 252 33
- pret~al~s 141 - Offnungen 252 Penventnkul3re ~ukomalazie 29
- pnnctpahs n~rv1 rngemini 112 Organum sptral~ stehe Coni- Pletlerzellen. Com-Organ 240
- propnus. Ruc~nmark 80 Organ 240 Plonadersysr~m. hypophysäres 139
- pulvuum 132 Osuum Phakomato~ 21
- reuculans 133 - pharyng~um tubae auditivae 236 Phalangenzell~n. Cort1-0rg;an 240
- reum~ns 132 - rympamcum tubae audirivae 236 Photoptsch~s ~hen 248
- ruber 101. 261. 265 Orins m~dta 237 Photorezeptorz~ll~n. Retina 247
- sahvatoru 110 Otoakustlsche Emtssionen 240 l'la mater 169. 171
- septales 161. 220. 227 Otolithen 241 Ptck. Morbus 153
- spmahs 111 Otoskl~ros~ 236 Pmealorgan sieht Epiphyse 140
-- nervl accessorii 110 Otoskopie 232 Plegie 199
- - nervi trigemini 111. 112 Oxytocm 138 Plexus
- subthalamicus 130. 133. 159. 202. - aontcus abdomlnalis 225
261 p - brachtalis 37. 39
- suprachtasmaricus 135 rr Pacchioni-Granulationen 171 . 176 - - Pars mrraclavicularis 41
- supraopttcus 135. 137. 138 Pachym~ninx 169
- - Pars supraclavJculans 40
- t~menuiis pedunculoponb- Pal~erebellum 119
- cardiacus 71. 224
nus 105 Paleostnatum 158 - cervtcahs 35. 37
13 Anhang Sachverzeichnis 283

- chorordeus 177 Pyramidenschicht


- coehacus 225 - gingrvales. N alveolans rnfe-
- außere. Isokortex 151 nor 65
- hypogastncus
- innere, Isokortex 151
- - inferior 225 f - inferior. N. oculomotorrus 60
Pyramidenzellen. Isokortex ISO - infrapatellaris. N. femoralis 52
- - superior 225 Pyramis
- lumbdlis 37. 49 - rnterganglionares. Grenz-
Medulla oblongata 94. 200 strang 223
- lumbosacrahs 37, 48 - vermrs. Kleinhirn 118
- myemericus 226 - ist~mi faucmm, N. IInguaiis 65
P Zelle, retinalc 212. 247
- ~phage~lis 224 - Iabtaies supenores. N. maxilla-
- pcerygoideus 195 ns 64
- pulmonaUs 224 Q - lateralis. N. supraorbrtahs 63
- sacralis 37, 52 Querschmussyndrom 87 - linguales
- solans 225 - - N. glossopharyngeus 70
- submucosus 226 R - - N. hnguahs 65
- venöse. Gehrrn 195 RMS • Renm-Angrotensin-Aidoste- - margrnahs
- venosus venebralis 193 ron-Systcm 137 - - mandibul,le, N. f.1crahs 67
Plexu~pi!hel 177 Radralghazelle. Rückenmark 23 - - tentorii. A. cMotis rntema 184
Plica Radratio - mediahs. N supraorbrtahs 63
- lacnmalis 250 - acustrca 215 - medullares, A. vertebrahs 182
- mallearis 235 - optica 211 - membranae tympani, N. auriculo-
Plurisegmenraler Muskel 77 Radrationes thalami 163 temporalis 65
PNS • penphere~ Nervensystem 5 Radrkuläre Symptome 35 - menrngeus( -1)
33 . RadiX - - A. carons rntema 184
Polus - anterior • Vorderwurzel. Spinal- - - A. vertebrahs 182
- fromalis 149 nerv 33. 75 ff - - anterior, A. ethmordalis ante-
- occrpualis 146 - mferior. Ansa cervrcahs 38 1n
nor
Polyneuropathie 2. 17 - motoria. N. trigemmus 62 - - antenor. N. ethmordahs poste-
Pons 97 - posterior • Hi merwurzel, Spmal- nor 63
- Entwrcklung 26 nerv 33. 35. 75 rr - - N. mandibularis 65
Ponum~s Mikuonszemrum 104 - sensona. N. trigemmus 62 - - N. maxillans 64
Ponrocerebellum 119, 204 - Superior. Ansa cervrca lis 38 - - N. vagus 71
POrtiO Ramus(- i) - - recurrens. N. ophthalmicus 63
- mmor. N. mgemmus 62 ad ganghon cihare. N oculomo- - - Spinalnerv 34
- maJor. N. mgemmus 62
Porus gustatorius 254
Potenzrale. akususch evozierte •
torius 60
- amerior
N. obturatorius 50
- musculares
- - A. venebrahs 182
- - N. femorahs 52
1111
AEP 215 - - Spinalnerv 34 f - - N. fibularis profundus 56
Precuneus 148 - artrculans: -es) - - N fibularis superfimhs 56
Presbyopre 245 - N. aunculotemporahs 65 - - N. medianus 46
Prestin 240 - - N. obruratorius 50 - - N. radialis 43
Prc~cb;~uluM 16S - - N. VaJ!US 71 - - N. tibraiis 54
Primarfelder. Isokortex 151 - bdsali) t<'moni. A. c•rotis rr.tema - - N. ulnar1s 4'3
Proccssus Jenticularis 236 184 - - Plexus Iumbaiis 49
Projektionsbahnen 161. 162 - bronchiales. N. vagus 71 - mu~culi stylopharynget, N. glosso-
Projektionsneuron 8 - buccales. N faciahs 67 pharyngeus 70
Propnozeption 84. 205 ff - calcaner. N llbtahs 53 - nasales
- trigernmale 209 - CdrdlaCI - - N. ethmordahs amenor 63
Propriozeptor 6. 205. 255 - - cervicalcs. N. vagus 71 - - N. maxillans 64
Prosencephalon 4 - thoracrcr . Sympathrkus 224 - oesophageales
Protopathrsche Sensrbihtat 83 - thoracrct. N. vagus 71 - - N. vagus 71
Prussak-R.wm 235 - choroideus venrrrcuh quani. - - Sympathrkus 224
Pseudobulb.'irparalyse 111 A. vertebrahs 182 - orbuales, N. maxillaris 64
Pseudoumpolare Nervenzelle 8 - colh. N. faciahs 67 - palmaris
P-System, Sehvorgang 212 - commumcans - - N medranus 46
Punctum - - albus 34, 223 - - N. ulnaris 48
- lacrimale 250 - - fibularis. N. fibularis commu- - pa lpebrales
- nervosum 38 nrs 54, 56 - - N rnfratrochlearis 63
Pupille 245 - - griseus 34 - - N maxrllans 64
Pupillenrenex 213. 268 - conrcales. A. cerebn media 185 - parouder. N. aunculotempora-
Pupillenstarre - cutaneus( ·il lis 65
- absolute 214 antenor. N. lliohypogasrn- - pharyngeus( ·I)
- amaurousche 213 cus 49 - - N. glossopharyngeus 70
PurkmJe·Zelle 121. 122 - - interiores. N. femorahs 52 - N. vagus 71
Puramen 157. 259. 262 - - cruris mediales, N. femorahs 52 postenor
Pyramrdal-mo<Orisches System - - laterahs. N rhohypogastn- - - N. obturatorius 50
200 cus 49 - - Sprn.~lnerv 34
Pyramrde siehe Pyramis 94 - dentales. N. alveol.urs rnferior 65 profundus
Pyramidenbahn 85 . 94 , 98, 100 - digastricus. N. facialis 67 - - N. radialis 43
107. 200 • - dorsalis. N ulnaris 48 - - N. ulnaris 46. 48
- 111 der Capsula mtema 162 f - femol'ilhs, N genrtofemorahs 50 pulmon~Jes. Sympathrkus 224
- Schä.drgung 86, 180. 190. 199 - ganghonares - smus
Pyramidenbahnzeichen 86. 199 - - A. carous mterna 184 - - carouci. N. glossopharyn-
Pyramidenkreuzung 94, 200 - - N maxllfans 64 geus 70
- genrtalis. N genrtofemorahs 50 - - cavemosr. A. carom rntema 184
284 13 Anhang Sachverzeichnis

- spinal~s. A. venebrahs 182. 190 Rachtungshören 215 Sclera 244


- scylohyoideus. N. facaalis 67 Riechbahn 218. 219.270 Sehbahn 2 10. 267
- superficialis Riechschleimhaut 253 Sehnenspindel 256
- - N. radialis 42 f Riechzellen 219. 253 Sehnervenpapille 249
- - N. ulnaris 46. 48 Rigor 203 Sehrinde
- Superior. N. oculomotorius 60 Rindenprellungsherd 4 - primäre ISS
- temporales Rückenmark 75 - sekundäre 156
- - N. auriculotemporahs 65 - absteigende Bah~n 85 Senenhorn. Ruckenmark 78
- - N. facialis 67 - arterielle V~rsorgung 190 Seatenstrang • Funaculus latera-
- tentorius. N. ophthalmacus 63 - aufsteigende Bahnen 82 hs 81
- terminales. A. cerebn media 185 - Eigenapparat 86 Seltenventrikel 174. 175, 263
- tonsillares. N. glossopha ryngeus - Halbseitensyndrom (Brown- Sekundärfelder, Isokortex 152
70 Sequard) 87 Selective serotonin reuptake inhibitor
- tonsillares cerebelli. A. venebra- - Nervenzellen 78 • SSRI 103
lis 182 - Verschaltungen 82 Semicanalis
- tracheales. N. vagus 71 - Zellschichten 80 - musculi tensons rympani 237
- tubarius. N. tympanacus 70 Ruckenmarksautomatismus 87 - tubae auditavae 237
- zygomatici, N. facaalis 67 Rllckenrnarkslasaon. traumari- Sensibilität
- zygomaticofacialls. N. zygomau- sche 87 - epikritische 83
cus 64 Rückenmarkssegment 34, 75 - OberOächensensabaht.it 205
- zygomaticotemporalis. N. zygoma- Rucksacklähmung 39 - protopathasche 83
ticus 64 ROckwänshem mu ng 82 - Tiefensensibila t3t 205
Ranvier-SchnOrring 15 Rumni-Körperehen 255 Sensibilitätsstörung
Ra phe-Kerne 103 Rumpfataxie 120 - dissoziierte 87
Rautengrube 95. 97. 176 - kortikal bedangte 155
Rautenhirn • Rhombenc~phalon 4
- Entwicklung 26
s - radikul~r bedingt~ 35
Sensomotorik 204
Sacculus 241
Rebound-Phlinomen 120 Saccus Septum
Recessus - endolymphaticus 241 - pellucidum 147. 259
- infundibuli 175 - lacrimalis 250 - verum 161
- laterales 176 Sakkadiene Blickfolge. bei Kleinhirn- Seromukocympanum 237
- membranae cympani 235 läsion 116 Sinnesfelder. vestibul~re 241
- pineaJis 176 Sakralmark 81 Sinneszellen
- supraopticus 176. 263 Sat~llirenzelle. PNS 14 - auditonsches System 240
- suprapineahs 176 Scala - gustatorisches System 220. 254
Recklanghausen. Morbus 20. 21 - rympani 239 - pnmär~ 6. 218
Renex - v~stibuli 239 - olfaktonsc:hes System 218. 253
- kuliviszeraler 88 Schaffer-Kollateralen 164 - sekund3re 6, 220. 242
- monosynaprischer 86 Schallverarbeitung, Innenohr 240 - vestibuläres System 241
- optischer 213, 268 Schaltzellen. ROckenmark 79 - visuelles System 247
- pathologischer 86 Scheuklappenphänomen 212 Sinus
- polysynaptisch~r 86 Schichten - caroticus 58. 70
- somatischer 86 - Cornu ammonis 164 - cavemosus 194
- spanaler 86 - Cyrus dentatus 165 - durae marns 170. 193
- vaszeral~r 88 - Isokortex 151 - marginalis 194
- viszeromoronscher 88 - Kleinhirnnnde 121 - occipitalis 194
Renexzenrrum - Rückenmark 80 - petrosus
- optisches 102 Schlaf. Regulataon 136 - - inferior 194
- spineviszerales 88 SchlaOähm ung, N. radialis 43 - - superior 194
Reg~nbogenhaut siehe Iris 245 Schlaganfall 187 - rec:tus 194
Reissner-Membran 239 Schlemm-Kanal 246 - s.1gitulis
Realhosenanästhesie 88 Schluckzentrum 104 - - infenor 194
Rekurrensparese 72 Schlundmuskulatur. lnn~rvation 58 - - supenor 194
Relaiskern. spezifisch~r 134 Schmerz - sigmoideus 194
Releasing-Hormone 139 - langsamer 208 - sphenopari~tahs 194
Renin-Angiotensin-Aidosteron- - schneller 208 - transversus 194
System • RAAS 137 - somatischer 208 Sinusthrombos~ 195
Renshaw-Zellen 82 - Obenragener 88 Skotom 211
Retina • Netzhaut 244, 247 - viszeraler 208 Skotopisches Sehen 248
- Ce~Bversorgung 253 Schmerzleitung 206, 266 Somatornotorisches System 199
Reunal 248 Schmerzverarbeatung 84 Somatosensables System 205. 266
Retanitis pigm~ntosa 248 Schmadt-lantermann-Emker- - V~rschaltungen 266
Retano-hYpothalamasch~s bung 15 Spatium
System 212 Schnecke 238 - epadurale 171
RNano-tektales Syst~m 212 Schock. spinaler 87 - subarachnoadeum saeht Subarach-
Retanotopie 156, 211 Schütz-Bündel sieht Fasciculus longi- noidalraum 172
Rezeptor 6 tudinalis dorsalis/posterior 106 Speicheldrüsen, Innervation 58
Reziproke antagonistische Hem- Schwann-Zelle 14 Speichelsekretionszentrum 104
mung 86 Schweißdrüsen. Innervation 222 Spinale Muskelatrophie 23
Rhodopsin 248 Schwindel Spinaler Schock 87
Rhombencephalon siehe Rauten- - periph~r-vesnbulär 230, 242 Spinalnerv 33. 76
harn 4 - zentral 218 -Aste 33
Rabbon-Synapse 10 Schwurhand 4S - Entstehung 33
13 Anhang Sachver2eichnis 285

Spmes. Nervenzelle 7 Sulcus Tarsaltunnelsyndrom 53


Sptnoafferente Systeme 206 - anterolateralis Tarsus
Spmocerebellum 119, 204 - - ROckenmark 75 - mfenor 249
Spinozerebell3res System 208 - - Medulla oblongata 94 - superior 249
Sprache. skandierende 120 - basllaris 97 Teeturn mesencephali 93, 101
Sprachzentrum - calcarinus 149. 155.211 Tegmentum
- motorisches (Broca) 153 - centraUs 146 - Hirnstamm 93
- sensomches (Wernicke) 154 - collateralls 148 - Medulla oblongata 96
Spntzenllhmung 56 - hypothalamicus 129 - Mesencephalon 101
SSRI • selective seroromn reupLJke - mtermedius posterior - Pons 98
inh1bitor 103 - - ROckenmark 75 Telencephalon siehe Endh1m 145
SUbchen. Retina 248 - - Medulla oblongata 95 Temperaturemplinden. Weuerlei-
Standataxie 120 - lateralis 146, 259 tung 83. 206
Stapes 236 - limitans 23 f. 108 Temperaturregulation 136
Statine 139 - medlanus posterior Temporallappen 154
Statoconia • Stato-/Otohthen 241 - - ROckenmark 75 Tenon-Kapsel 252
Ste1gbOgel 236 - - Medulla oblongata 95 Tentorium cerebelli 170
Stellatumblockade 224 - panetooccipitalis 148 Tetanus 82
Sternzellen - posterolateralis 75 Tetraparese. bei Basilansthrom-
- Kletnh1rn 122 - preohvaris 94 bose 92. 190
- lsokonex 150 - retroolivaris 95 Tetraplegie 87
Steuerhormone 138. 139 Sympathikus s. 22.3 Thalamus 130, 157. 260 ff
Strangzellen. Rückenmark 79 - Funktionen 222 - dorsalis 130
Stratum - Nervenzell en. ROckenmark 78 - Nervenzelltypen 130
- ganghonare. Kleinhirn 121 Synapse 9 - ventralis 130
- granulosum - axoaxonale 10 - Verschaltungen 131 ff
- - Gyrus dentarus 165 - axodendritische 10 Thalamusmfarkt 131
- - Kletnhlrn 121 - axosomausche 10 Thermorezeption 83. 206
- lacunosum. Cornu ammoms 164 - Band-Synapse 10 Thorakalmark 81
- moleculare - cholinerge 11 TIA • transitorisch isch3mlsche
- - Gyrus dentatus 165 - Dornsynapse 10 Attacke 187
- - Kleinhirn 121 - en passant 10 Tiefensensibilität 205
- multiforme. Gyrus dentatus 165 - erregende • exzitatorische 10 Tip links 240
- nervosum. Retina 247 - Gray-I-Synapse 10 Tonotop1e 216
- oriens. Cornu ammoms 164 - Gray-li-Synapse 10 Tonsllla. Kleinhirn 118
- p1gmenrosum. Retina 247 - hemmende • inhibitonsche 10 Tractus
- purktnJense. Kleinhirn 121 - mtemeuronale 9 - bulboreticulospinalis • Tracrus
- pyramidale. Cornu ammoms 164 - komplexe 10 reticulospinalis lateralls 105. 205
- radiatum. Cornu ammonis 164 - monoaminerge II - cerebelloolivaris 124
Stria(-ae) - neuroglanduläre 10 - cerebelloreticularis 124
- ~CIISticae c1orsale' 216 - neuromuskul5rc 9 - ccrcl)cllorubralis 124
- malleans 232 - Ribbon-Synapse 10 - cerebellothalamicus 124
- medullarts 141 - serielle 10 - cortlcoohvaris 97
- olfactonae 149. 21 9 Synapusche Glomeruli 10 - corucopontinus 107
- termmahs 135 SyndesmoSIS tympanostapedla · - COrtiCOSplnalis 199
- vasculans 239 lis 236 - - anterior 85. 200
Stnatum 157, 201 System(e) - - lateralis 85, 200
- anerielle Versorgung 189 - absteigendes retikuläres lOS - fastiglobulbaris 124
Stnosomen 158 - akzessorisches optisches 212 - hypothalamohypophysealis 138
Stromgebiet - auditarisches 214, 269 - mammlllotegmentalts 135
- Karotisstromgebiet 184 - aufsteigendes retikul~res aktivie- - mammillotlwl.lmicus 135
- venebrobas1lares 181 rendes • ARAS 104 - mesencephalicus nerv1 trigemim
Sturzzellen - extrapyramidal-motorisches 85. 209
- Com-Organ 240 199. 200 - olfactonus 149. 219, 259
- Geschmacksorgan 254 - gust.nonsches 220. 270 - ohvocerebellaris 97. 124
Subarachn01dalblutung 168. 186 - hmb1sches 137, 227, 271 - ohvospmalls 205
Subarachno1dalraum 169. 171. 172 - olfaktorisches 218. 270 - opticus 211
Subclavian-Steai-Syndrom 182 - parvozelluläres neuroendo- - perforans 165
Subduralhämatom 171 krines 139 - pontocerebellaris 124
Subiculum 163. 165 - pyramidal-motorisches 200 - pontoreticulospinahs • Tractus
Subkortikale Kerne 157 - retmo-hypothalamisches 212 reuculosp1nalis med1ahs 105. 205
SubokziPitalpunktion 174 - reuno-tektales 212 - posterolateralis 206
Substanua - somatornotorisches 199 - pyro~m1dalis siehe Pyramiden-
- gelaunosa 80 - somatosensensibles 205, 266 bahn 200
- gnsea centrahs 101. 103. 208. 213 - spmoafferenre 206 - retlculocerebellaris 124
- innommata 160 - spmozerebelläres 208 - reticulospmalis 85, 205
- nigra 100. 203. 261. 263 - trlgemlnoafferentes 205 - - lateralis • Tractus bulboreticulo-
- perforata - vestibulllres 217, 269 spinalis 105
- - antenor 149 - VISUelleS 210, 267 - - mediahs • Tractus pontoreticulo-
- - posterior 99 spmahs tOS
- spoflllosa 80 T - rubroohvaris 105
Substruum moieculare. Cornu am- Tanyzyl 13 - rubrospmalls 101. 205
moms 164 Taperum 161 - spmobulbaris 82
286 13 Anhang Sachverzeichnis

- spinocerebellaris Urogenitaltrakt. Innervation 222 Vestibulariskeme 217


- - anterior (Gower) 84, 124. 209 Ursprungskegel. Nervenzelle 7 - Verbindungen 217
- - posterior ( Flechsig) 84. 124. 209 Utriculus 241 Vestibulocerebellum 119. 204
- - superior 85 Uvula 118 Vestibulum. Innenohr 238. 241
- spinomesencephalicus 84, 208 Vierhügelplane 99. 101. 264
- spinoolivaris 85, 97 V Visuelles System 210, 267
- spinoreticularis 84, 208 Vagina carorica 70 Vorderhirn 4
- spinothalamicus 83, 107 Vasa corona. Rückenmark 190 Vorderhirnbündel. mediales 136
- - anterior 84. 206 Vasopressin 138 Vorderhorn
- - Ulsion 190 Vater- Pacini-Körperchen 255 - Rückenmark 78
- - lateralis 84. 206, 208 Velum medullare - Seitenventrikel 175, 259
- spinovesribularis 85 - - inferius 96, 117, 176 Vorderhornzelle. Rückenmark 78
- tectobulbaris 106 - - su1>erius 97. 117. 176 Vorderseitenstrang 81 ff
- tectospinalis 205 Vegetatives Nervensystem 5. Vorderseitenstrangsystem 206
- tegmentaUs centralis 97. 101. 105 221 Vorderstrang • Funiculus ante·
- trigcminothalamicus 107, 209 Vena(-ae) rior 81
- tuberoinfundibularis 139 - anastomotica Vorderwurzel siehe Radix ante-
- vestibulocerebellaris 124 - - inferior 192 rior 33
- vestibulospinales 205, 217. 269 - - superior 192 Vorwärtshemmung 82
- vesribulothalamicus 217 - angularis 195 VPL • Nucleus venrralis posterolate-
Tragus 231 - anteriorcs cerebri 192 ralis 132 f. 206. 261
TranendrOse siehe Glandula lacrima- - basa1ls 192 VPM • Nucleus ventralis posterome-
lis 250 - cerebelli 192 dialis 132 f. 209
TrlnensacK 250 - cerebri
Transitorisch ischämische Attacke = - - anteriores 192 w
TIA 187 - - inferiores 192 Wach-Schlaf- Rhythmus 105
Trauma. akutes akustisches 240 - - interna 192 Waller-Oegeneration 16
Trendelenburg-Zeichen 56 - - media 192 Wasserhaushalt, Regulation 137
Trigeminus-Druckpunkte 64 - - profundae 192 Weiße Substanz 3
Trigeminusneuralgie 62 - - Superficiales 192 - Endhirn 145, 161
Trigeminussystem 209, 266 - cervicalis profunda 193 - PNS 5
Trigon um - diploic~e 195 - ROckenmark 75, 81
- lemnisci lateralis 99 - emissari~e 193 - ZNS 5
- olfactorium 219 - inferior( -es) Wernicke-Aphasie 154
Trizepssehnenrenex 87 - - cerebelli 192 Wernicke-Sprachzenrrum 154
Trolard-Vene 192 - - cerebri 192 Wundstarrkrampf 82
Trommelfell 232 - - vermis 192 worgrenex 104
- GeDßversorgung 233 - intercostales 193 Wurzelzellen. Rückenmark 78
- Innervation 233 - mterna cerebri 192
Truncothalamus 130
Truncus( -i)
- lumbales 193 z
- magna cerebri 192 Zapfen. Retina 248
- encephali siehe Hirnstamm 93 - media Zeis-Orüsen 249
- lumbosacralis 52 - - profunda cerebri 192 Zentrales Höhlengrau siehe Substan-
- Plexus brachialis 39 - - superficialis cerebri 192 tia grisea centralis 101
- sympathicus • Grenzstrang 223 - ophthalmica Zentralkanal, Rückenmark 24
- vagaUs - - inferior 252 Zentralnervensystem siehe ZNS 3
- - anterior 70 - - superior 252 Zentrum. motorisches 105
- - posterior 70 - petrosa I 92 Zeruminalpfropf 232
Tuba auditiva 23 1, 236 - profundac cerebri 191, 192 Zervikalmark 81
- 1nnervarlon 58, 70 - radiculares 193 Ziliarkörper 244 f
Tuber - sacrales 193 Zirbeldrüse siehe Epiphyse 140
- cinereum 129 - spinales 193 Zlrkadiane Rhythmik 136, 273
- vermis. Kleinhirn 118 - superficiales cerebri 191 Zirkumventrikuläre Organe 178
Tuberculum - superiores ZNS • Zentralnervensystem 3
- cunearum 95 - - cerebelli 192 - graue Substanz 4
- gracile 95 - - cerebri 192 - weiße Substanz 5
Tuberöse Sklerose 21 - trund encephali 192 Zona incerta 130, 133
Tunica - venebraUs 193 Zona marginalis. Rückenmark 80
- fibrosa bulbi 244 Ventrikelsystem 174 Zunge
- intema bulbi 244 - Entwicklung 25 - Geschmacksknospen 254
- vasculosa bulbi 244 - Zellen 13 - motorische Innervation 72
Vermis cerebelli 117 - sensible Innervation 6, 58, 65, 70
u Verstärkermechanismus. koch- - sensorische Innervation 6. 58. 67.
Umbo 233 lelirer 240 70.220
Umfeldhemmung 82 Vertikale Kolumnen. Isokortex Zwischenhirn • Oiencephalon 129
Uncus 148 151 - Entwicklung 27
Unterer Olivenkomplex 97 Vestibuläre Sinnesfelder 241 Zytoskelett. Nervenzelle 7
Unterhorn. Seitenventrikel 175, 261 Vestibuläres System 217, 269

Das könnte Ihnen auch gefallen