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Endspurt- die Skripten fürs Physikum

Physiologie 2

47 Abbildungen
14 Tabellen

Die Inhalte dieses Werkes basieren überwiegend auf


dem Kurzlehrbuch Physiologie von Jens Huppelsberg
und I<erstin Walter, 3. Auflage, Thieme 2009

Georg Thieme Verlag


Stuttga rt · New York
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gegenüber der Angabe in di ese m Buch abweicht. Eine solche Prüfung
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ISBN 978 -3-1 3-153451 -4 1 2 3 4 5 6 norar nachträglich gezah lt.

Auch erhältlich als E-Book:


eiS BN (PDF) 978-3-13 - 16672 1-2
111

Vorwort
Wenn Sie die ses Heft in Händen halten. dann ha t für Sie wahr- Wochen vor der Prüfung, hab en Sie dann no ch einmal einen Tag
scheinlich der Endspurt begonnen - der Endspurt zum Physi- pro Skript Zeit zum Wiederholen.
kum.
Dieses Skript wird Ihnen dabei helfen, sich in möglichst kur-
ze r Zeit so effizient wi e möglich auf den schriftlichen Teil der Wir helfen Ihnen beim Lernen!
1. ÄP vorzubereiten.
Um Ihnen das Lernen so angenehm wie möglich w ges talten,
bieten die End spurt-Skripten Ihnen ei ni ge tolle Features an, mit
Modulares Lernen -Schritt für Schritt! denen Sie spielend durch die Prüfungsi nhalte kommen werden:
• Gelbe Hinterlegungen im Text markieren passge nau da s
Die Endspurt-Reihe besteht aus 14 Skripten. Zu den "kleinen" Prüfungswissen. das in den letzten Ja hren gefragt wurde.
Fächern (Biologie, Chemie, Histologie, Psyc h/Soz, Physik) g ibt es • Lerntipps gehen ga nz gezielt darauf ein, wie das IMPP sei ne
jeweils ein Skript. Die "großen" Fäche r (Biochemie, Physiolog ie Fragen stellt, wa s für Fallstricke Ihnen möglicherweise ge-
und Anatomie) umfa sse n jeweils 3 Skripte. Zur besseren Unter- stellt werden und wie Sie sich bestimmte Prüfun gsi nhalte
sc heidbarke it hat jedes Fach seine eigene Kennfarbe. damit das besser merken können.
Chaos auf Ihrem Schreibtisch nicht z u groß wird. j edes Skript • "Apropos"-Abschnitte enthalten interessantes Zusatzwis-
ist wiederum unterteilt in 3 bis 4 handliche und gut zu bewäl- se n, das Spaß macht, aber nicht prüfungs relevant ist- wenn
tige nde Lernpakete. Sie in Eile sind. können Sie diese Texte getros t überspringen .
• Rechenbeispiele zeigen Ihnen Sc hritt für Schritt, wie man
mathemati sc he Aufgaben in der Prüfung löst und welche
Jederzeit einsteigen! Formeln man hierzu benötigt.
• Die FAZIT-Kästen ermöglichen Ihnen da s rasche, stich-
Beim Lernen mit der Endspurt-Reihe spielt es keine Roll e. wie punktartige Wiederholen der Prüfungsinhalte.
groß Ihr Vorwi ssen ist, Sie können zu jeder Zeit mit dem Lernen • Zahlreiche farbige Abbildungen illu strieren den Lernstoff
beginn en: und machen ihn anschaulich.
• Wenn Sie sich das grundlegende Wi sse n erst erarb eiten
müssen, empfie hlt es s ich, die Skripten als Leitfaden zu
verwenden und zusätzlich ausführlichere Lehrbücher her- Noch mehr Nutzen durch examen online!
anzuziehen, um etwa s t ie fer in die Materie einzusteigen.
• Können Sie bereits auf ein Wis sensfundament zurück g reifen. Wenn Sie einen Zugang zu examen online habe n, profitieren
reicht es aus, wenn Sie sich die Zusammenhänge rund um Sie g leich doppelt. in examen online (w ww.examenonline.de)
da s prüfungsrelevante Wissen au ssc hließlich mit den End- finden Sie zu jedem Lernpaket der Skriptenreihe eine eigens
spurt-Skripten erarbeiten. Alle Inhalte, die in den Examina zusa mmengestellte Prüfungssitzung, mit der Sie alle Fragen,
von Frühjahr 2003 bis Herbst 2010 gefragt wurden, sind ge lb passend zum Lernpaket, kre uzen können. Hier ist das Prinzip
markiert. Sie erkennen a ls o auf den ersten Blick was wichtig "erst lernen dann kreuzen" perfekt verwirk licht! Wer alle Lern-
ist, um da s schriftliche Physikum zu bestehen. pakete der Endspurt-Reihe kreuzt, kann sicher se in, da ss er alle
• Rückt der Prüfungstermin näher und sind Sie sc hon gut Examensfrage n der letzten Jahre beantworte t hat.
vo rbereitet. so llten Sie sich vor allem auf jene Textpassagen
ko nze ntrieren, die besonders viele gelbe Hervorhebungen Wir hoffen, dass Ihn en un sere Skripten-Reihe gefä llt und freuen
enth a lten. un s über Ihr Feedback über
• Als Repetitorium zum schnellen Wiederhol en bis unmit- www.thieme.de/service/feedback.html
telbar vor der Prüfung si nd die FAZIT-Kästen hervorragend od er per Mai! an
gee ignet. ku ndenservice®rh ieme.de

Die Inhalte der Lernp akete sind darauf ausgerichtet, da ss Sie Nun wünschen wir Ihn en einen effizienten Endspurt und v iel
etwa 70 Tage vor der Prüfung beginnen können, sich ein Lern- Erfolg im Physikum!
paket pro Tag zu e rarbeiten. Im Endspurt, also den letzte n zw ei
lllr Endspurt-Team
IV

ENDSPURT- PHYSIOLOGIE 2

ln diesem Heft dreht sich alles um die Aufrechterhaltung lung und die Reproduktionsphysiologie. Alle prüfungs-
der Homöostase des Körpers. Es geht los mit Ernährung relevante n Inhalte, die das IM PP seit 2003 im Physik um
und Verdau ung sowie dem Energie- und Wärmehaushalt. zu diesen Themen abgefragt hat, sind in diesem Skript
Anschließend folgen der Wasser- und Elektrolythaushalt berücksichtigt.
mit der Nierenfunktion, die Hormone. die Sexualentwick-

Alle Skripten in der Übersicht

Anatomie 1
Allg. Anatomie, allg. Embryologie, Extremitäten,
Leibeswand
Anatomie 2
Brust-. Bauch- und Beckeneingeweide
Anatomie 3
Kopf. Hals. ZNS. Sinnesorgane

Physiologie 1
Zellphysiologie, Blut, Immunsystem, Herz-Kreislauf- ---- Biologie
System , Atmung
Physiologie 2
Verdauung, Energiehaushalt, Niere, Wasser,
Elektrolyte, Hormone
Physiologie 3
Muskulatur, Nervensystem, Motorik, Sensorik

··- Histologie

Biochemie 1
Kohlenhydrate. Lipide, Aminosäuren. Peptide,
Proteine
Biochemie 2
1
Enzyme, Ernährung, Hormone, Organstoffwechsel
Biochemie 3 ....... PsychSoz
Blut, Immunsystem. Molekularbiologie, Zellbiologie

Physik
V

Inhaltsverzeichnis

LERNPAKET 5 3 Wasser- und Elektrolythaushalt,


Nierenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Ernährung und Verdauung ...... . ....... ... . 3.1 Wasser- und Elektrolythaushalt . . . . . . . . . . . . . . 25
1.1 Nahrungsbestandteile . .. ...... .. ..... ... ... . 3.1 .1 Wassergehalt des Körpers und
1.1.1 Vitamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Flüssigkeitsräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1.1.2 Spurenelemente .. ... .. ....... . . ... ... .. .. .. 2 3.1.2 Volumenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1.2 Steuerung und Funktion des Gastrointestinaltrakts 2 3.1.3 Regulation der Wasseraufnahme und -abgabe . . 26
1.2.1 Gastrointestinale Motilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 3.1.4 Störungen des Wasser- und Salzhaushalts . . . . . . 26
1.2.2 Das enterische Nervensystem des Darmes . . . . . . 3 3.1.5 Wichtige Elektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
1.2.3 Hormone und Signalstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3.2 Niere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
1.3 Mund und Speiseröhre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3.2.1 Bau und Funktion der Niere . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
1.3.1 Speichel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3.2.2 Durchblutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
1.3.2 Schlucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3.2.3 Filtration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
1.3.3 Erbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 3.2.4 Resorptions- und Sekretionsmechanismen
1.4 Magen . .. ...... ...... ......... ... ......... 6 im Tubulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
1.4.1 Funktionelle Anatomie des Magens ..... .... ... 6 3.2.5 Renale Säure- und Basenausscheidung . . . . . . . . 41
1.4.2 Magenmotorik und Magenentleerung . . . . . . . . . . 7 3.2.6 Diuretika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
1.4.3 Magensaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.2.7 Harnkonzentrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
1.5 Pankreas . . .. . . . . .... . . .. . . . . . .. . ...... . ... 9 3.2.8 Globale Nierenfunktion und Regulation . . . . . . . 44
1.5.1 Bicarbonat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.2.9 Ableitende Harnwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
1.5.2 Pankreasenzyme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.5.3 Steuerung der Pankreassekretion . . . . . . . . . . . . . 10
1.6 Leber und Galle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 LERNPAKET 7
1.6.1 Gallenflüssigkeit . .. .. . .............. . . .. ... 10
1.6.2 Enterohepatischer Kreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 4 Hormone .. ....... .. .. ... ............ ... 48
1.7 Darm .. . ........ . ...... . ....... .. .... . .. . 12 4.1 Regulation des Hormonsystem s und
1.7.1 Dünndarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Eigenschaften der Hormone . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
1.7.2 Kolon und Rektum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.1 .1 Verkn üpfung von Nerven- und Hormonsystem . 48
1.7.3 Darmbakterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.1.2 Eigenschaften der Hormone . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
1.7.4 Defäkation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.2 Hypothalamu s- und Hypophysenhormone . . . . . 51
Absorption der Nahrungsbestandteile . . . . . . . . . 13 4.2.1 Hormone des Hypothalamus . . . . . . . . . . . . . . . . 51
1.8
1.8.1 Min era lstoffe und Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 4.2.2 Hormone der Hypophyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
1.8.2 Kohlenhydrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4.3 Hormone der Nebennierenrinde . . . . . . . . . . . . . 52
1.8.3 Proteine .......... . .. . .... . ....... . . ... . .. 15 4.3.1 Mineralokortikoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
1.8.4 Fette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4.3. 2 Glukokortikoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.3.3 Androgene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
4.4 Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4 )
LERNPAKET 6 und Triiodthyronin (T3 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
4.4.1 Bildung und Regulation
2 Energie- und Wärmehaushalt ... · · · · · · · ·... 17 der Schilddrüsenhormone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
2.1 En ergiehausha lt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4.4.2 Wirkung der Schilddrüsenhormone . . . . . . . . . . . 57
2.1 .1 Energieumsatz .... . .. .. ........... . .. . . ... 17 4.5 Pankreashormone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
2.1.2 Energiegehalt der Nahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4.5.1 In sulin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
2.2 Wärmehaushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 4.5.2 Glukagon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
2.2.1 Regelkreis zur Th ermoregulation . . . . . . . . . . . . . 20 4.6 Regulation des Calciumhaushalts . . . . . . . . . . . . . 60
2.2.2 Wärm ebildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4.6.1 Parat hormon (PTH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
2.2.3 Wärm eabga be . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.6.2 Kal zitrial (Vitamin-0 -Hormon,
2.2.4 Hautdurchblutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1,25-Dihyd roxy-C holeca lciferol) . . . . . . . . . . . . . . 61
2.2.5 Akklimatisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.6.3 Kal zitonin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
2.2.6 Hyperth ermi e und Fi eber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
VI

4.7 Wachstumshormon (Growth Hormon, 5. 2.4 Androgene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66


Somatotropin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 5.3 Menstruationszyklu s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
4.7.1 Bildung des Wachstumshormons und 5.3.1 Follikelphase (1. Zyklushälfte) . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Regulation der Freisetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 5.3.2 Ovulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
4.7.2 Die Funktion des Wachstumshormons . . . . . . . . 63 5.3.3 Lutealphase (2. Zyklushälfte) . . . . . . . . . . . . . . . . 67
5.3.4 Zyklische Veränderungen im Uteru s . . . . . . . . . . 67
5 Sexualentwicklung und 5.4 Gametogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Reproduktionsphysiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 5.4.1 Oogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
5.1 Hormone zur Steuerung der Sexualfunktion 64 5.4.2 Spermatogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
5.1 .1 Gonadotropin-Releasing-Hormon 5.5 Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
(GnRH , Gonadoliberin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 5.5.1 Konzeption und Nidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
5.1 .2 Follikelstimulierendes Hormon (FSH) 5.5.2 Hormonelle Veränderung en während
und luteinisierendes Hormon (LH) . . . . . . . . . . . . 64 der Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
5.2 Effektorische Sexualhormone . . . . . . . . . . . . . . . . 65 5.6 Geburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
5.2.1 Östrogene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 5.7 Laktation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
5.2.2 Gestagene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
5.2.3 lnhibin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
1.1 Nahrungsbestandteile

1 Ernährung und Verdauung 1.1 .1 Vitamine

1.1 Nahrungsbestandteile Chemisch werden wasserlösliche und fettlösliche Vitamine un -


tersch ieden:

I LERNTIPP !
.. wasserlösliche Vitamine. Die meisten wasserlöslichen Vit-
Der chemische Aufbau der Nahrungsbestandteile (Kohlenhyd-
amine sind Vorstufen von Cofaktoren, die für viele enzy mati -
rate, Lipide. Nukleinsäuren und Protei ne) wird in der Biochemie
sc he Reakti onen benötigt werden (Tab. 1.1). Die wa sse rlöslichen
gefragt und daher hier nicht explizit abgehandelt. Das Wissen
Vitamin e w erden im oberen Dünndarm über Na•-abhängige
ist jedoch not wendig , um die physiologisch en Zusa mmenhänge
Transportmechanismen absorbiert - mit Ausnahme von Vita-
zu verste hen. Falls Sie sich also nicht mehr ganz fi t darin fühlen ,
min B12. das erst im Ileum durch reze ptorvermi tte lte Endozyto -
schauen Sie noch ei nmal in der Biochemie na ch.
se aufgenommen wird (s.S. 8).

Kohlenhydrate, Fette und Proteine dienen im Energiestoff- ,. Fettlösliche Vitamine. Ei nige der fettlöslichen Vitamine (Tab.
wech sel der AlP-Synthe se bzw. stellen die Bau steine für den 1.2) sind Vorstufen von Signalmolekülen oder von Hormonen :
Stoffwech se l zur Verfü gung. Neben diesen 3 Nährstoffen ent- • VitaminAi st in seiner Aldehydform (Retina!) die lichtab-
hält die Nahrung au ch Besta nd tei le, die der Körper nicht selber sorbierende Komponente des Sehfarbstoffes Rhodopsin oder
syn th eti si eren kann. Sie werden als essenzielle Nahrungsbe- wirkt als Cofaktor bei Glykosy lierungen.
standteile bezeichnet. Dazu gehören Vitamine, Spurenelemen - • Vitamin 0 3 (Ca lciol, Chol eca lcifero l) is t Vorläufermolekül des
te, Salze sow ie einige Fettsäuren und bestimmte Aminosäuren . Vitamin D-Hormons (Ca lcitr iol ). das für den Calcium- und
Sie sind überlebenswichtig und mü ssen in jeweils bestimmten Phosphathau shalt von entscheid ender Bedeutung ist (s. S.
Mindestmen gen aufgenommen werden. 60). Vitam i n D3 se lber entsteht unter UV-Strah lung in der
Haut aus Provitamin D, in der Leber erfolgt die Umwandlung

Tab. 1.1 Wasserlösliche Vitamine (nach: R Klinke et al., Physiologie, Thieme 2010)

Vitamin Funktion Mangelsymptome Quellen tgl. Bedarf'

Thi amin Deka rboxylieru ngsfaktor Beriberi. Wernicke- Schwe inefleisch, unbehandel- 1,4 mg
(Vitamin B1) Enzepha lopathie tes Getre ide
------------------------------------ -------
Riboflavin Flavoproteinbest andteil Glossitis Leber. Hefe. Milch. Weize n- 1.6 mg
(Vitamin-B2-Ko mpl ex) keime
Nicotinamid und -sä ure' • Besta ndteil von NAD' und NADP' Pellag ra Leber, Nahrungstrypt opha n 18mg
Pantothen sä ure CoA-Bestan dteil Burning -Feet-Syndrom Eier, Leber, Hefe 5-lOmg
(Vitamin-B 2-Ko mpl ex)
----------
Folsä ure Coenzy m bei der Fettsynthese Sprue, megaloblastische grünes Gemüse, Leber, 0,4mg
(Vitamin-B 2-Ko mpl ex) Anäm ie Getreide
--------
Pyridoxol Besta ndteil von Pyridoxal- periphere Neuropathie Hefe. Weizen. Leber. Fleisch 2,2mg
(Vitam in B6 ) phosphat
Cobalam in Coenzym für Homocystin- perniziöse Anämie Leber. Fl eisch, Eier 0,003mg
Bd methylierung
Ascorbin sä ure Red oxsyste m (fördert Skorbut Zitrusfrüchte, Gemü se 60mg
(Vitamin C) Eisena ufnahme)
Biotin Coenzy m bei der Fettsynthese Dermatitis, Hypercholes te - Eigelb, Leber, Hefe 0,2 mg
(Vitamin H) rinämi e
' empfohlene Menge für einen 70kg schweren Mann. Werte für Frauen sind sehr ähnli ch.
· ' Eigensynth ese. Pe llagratritt nur bei verm inderter Tryptophanbereitstellung auf.
2 1 Ernährung und Verdauung

Tab. 1.2 Fettlösliche Vitamine (nach: R Klinke et al .• Pnysiologie, Thieme 2010)

Vitamin Funktion Mangelsymptome Quellen tgl. Bedarf*


Retinol Rhodopsinbestandteil reguliert Nachtblindheit, gelbe Gemüse und Früchte, 1 mg
(VitaminA) Epithelwachstum und -differen- Xerophtha lmie, Leber
zierung trockene Haut
Calciol erhöht Ca 2 •- und PO 4 ·- Rachitis, Fischöl 5
(Vitamin D. Cholecalci- Resorption im Darm, (s. 5. 60) Osteomalazie
ferol) Mineralisatio n des Knochens
Tocopherol Antioxidans, schützt Membran- Muskelschwäche grünes Gemüse, Pflanzenöle 10 mg
(VitaminE) proteine
Menachinon Cofaktor der y-Karboxylierung Gerinnungsstörungen grünes Gemüse, Synthese 0,03mg
(Vi ta min K) der Geri nnungsfakto ren II, VII, durch Darmbakterien
IX und X
·empfo hlene Menge für einen 70kg schweren Mann. Werte für Frauen sind sehr ähn lich

zu Calcidiol (25-0 H-Calci fero l), und in den Nieren entsteht


sc hließlich das wirksame Hormon Calcitrial (1,25-Di hyd -
roxy-Cholecalciferol). Calcitrial fördert die transepitheliale
Ca 2+-Aufnahme im Dünndarm und in der Niere die Rückre-
sorption von Ca2+_
Die Verdauung der fettlöslichen Vitamine erfolgt wie die der
Fette. Vitamin D3 z. B. wird in Mizellen aufgenommen, zu deren
Bildung Gallensalze erforderlich sind, und dann im Dünndarm
absorbiert. Ist die Gallensäureproduktion gestört, funktioniert
auch die Aufnahme des Vitamin 0 3 nicht mehr richtig.

Die fettlösl ichen Vitamine kann man sich leicht mit dem Na men
eine r großen Supermarktkette merken: EDeKA. -1---1'--- Magen
1-3 h
APROPOS
Chro nischer Alkoholismus, länger anhaltende parenterale Ernäh rung, aber
auch eine man gelhafte Thiamin-(Vitamin-B 1)-Resorption (Malresorption) im
jej unum führen zu ei nem Vitamin-8 1-Mangel. der sic h in Gewichtsverlust,
Mu skelschwäche und psychischen Veränderungen wie Reizbarkei t und Dünndarm
·:;.+-k'-....,.P-\R--\---
depressive Stimmungslage äußert bzw. sich zu einer Wern icke-Enze phalopa- 2-7 h
thie oder ei nem entwickeln kann . "__ _"r-;;"-+-+--- Kolon
5-70 h
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
.. Calcitrial fördert die transepitheliale Ca2+-Aufnahme im
Dünndarm .
.. Die Aufnahm e von Vitamin D3 (Cholecalciferol) ist bei gestör-
Abb. 1.1 Verdauungstrakt mitdenjeweiligen Passagezeiten. Der
ter Gallensäuresekretion beeinträchtigt. Gastrointestina ltra kt gliedert sich in Mundh öhl e, Speiseröhre (Öso-
phagus), Magen (Gaster), Dünndarm (Duodenum, Jejunum und Il eum),
Dickdarm (Kolon) und Enddarm (Rektum). in di e Mundhöhle münden
1.1.2 Spurenelemente di e Ausführungsgänge der 3 großen Speicheldrüsen, in das Duodenum
die Ausführungsgänge von Pankreas und Gallenblase.
Verschiedene Elemente, wie Kupfer, Eisen, Zink, Jod, Chrom. Se-
len. Fluor, Mangan, Molybdän und Kobalt sind für die Funktio- intestinale Motilität dient dabei dem Transport. der mec ha-
nen des Körpers unerlässlich, werden aber nur im Milligramm- nischen Zerkleinerung der Nahrungsbestandteile und ihrer
Bereich benötigt ("in Spuren", daher Spurenelemente). Durchmischung mit den Ve rdauungssäften. Außerdem werden
die niedermolekularen Verbindungen in Kontakt mit dem ab-
sorbierenden Darmepithel gebracht.
1.2 Steuerung und Funktion des
Gastroi ntestina ltrakts 1.2.1 Gastrointestinale Motilität
Bei der Verdauung werden die Nahrungsbestandteile erst me- Die Nahrungsaufnahme, das Kauen und die Ein leit ung des
chanisch und ansch ließend durch die verschiedenen Verdau- Schluckakts sind willkürlich gesteuerte Vorgä nge, die durch
ungs säfte enzymat isch in niedermolekulare Verbindungen quer gestreifte Muskulatur am Oropharynx und oberen Öso-
ze rlegt (Abb. 1.1). Diese können ins Blut oder die Lymphe auf- phagus bewerks telligt werden. Auch die Defäkation wird
genommen werden. Nicht verdaubare Nahrungsbestandteile wi llkürlich ges teuert, und zwar über den querges treiften
werden weiter tran sportiert und ausgeschieden. Die gastro- M. sphincter ani externus.
1.2 Steuerung und Funktion des Gastrointestinaltrakts 3

Die Wände des übrigen Magen -Darm-Traktes enthalten glat- myentericus (Auerbach) und dem Plexus submucosus (Meiss-
te Muskulatur. Diese besteht aus 3 Schichten: der zur Schleim- ner).
haut gehörenden Lamina mu sc ulari s mucosae, einer inneren Der Plexus myentericus liegt zwischen Längs- und Ring-
Ringmuskulatur und einer äußeren Längsmuskelschicht Au s- muskelseilicht und steuert renektorisch die Peristaltik bzw. die
gangspunkt der Aktivität der glatten Muskulatur im Magen- Durchblutung des Darmes. Besonders bei de r propulsiven Pe-
Darm-Trakt sind Schrittmacherzellen, deren Ruhepotenzial ristaltik bedürfen Kontraktion und Erschlaffung benachbarter
rhythmischen Spontandepolarisationen unterliegt. ln den ver- Abschnitte einer präzisen Kontrolle. damit es zu einem geord -
schiedenen Abschnitten des Magen- Darm-Traktes treten den neten Transport des Speise brei s in aboraler Richtung kommt.
unterschiedliche Funktionen entsprechende typische Motili- Der Plexus submucosus liegt zwischen Ringmuskulatur und
tätsmuster auf: Lamina muscularis mucosae, seine Hauptaufgabe ist die Steue-
rung der Sekretion .
... Propulsive Peristaltik. Sie dient dem Transport des Speise- Um die Aktivität des Magen-Darm-Traktes a n den allge-
breis im Ösophagus, Magen, Dünn- und Dickdarm. Während meinen Aktivitätszustand des Körpers anzupassen, wird das
es in dem Abschnitt, der den Nahrungsbrei enthält, zu einer enterische Nervensystem durch das vegetative Nervensystem
Kontraktion der Ringmuskulatur und einer Erschlaffung der moduliert (ext rinsische Innervation). Der Sympathikus hat da-
Längsmuskulatur kommt, erschlafft gleichzeitig im aboral gele- bei einen hemmenden, der Parasympathikus einen fördernden
genem Abschnitt die Ringmuskulatur und die Längsmuskulatur Einnuss.
kontrahiert sich. Es entsteht eine wellenförmige Bewegung von Freie Nervenendigungen der Afferenzen beider Plexus liegen
oral nach aboral. in den Wänden des Magen-Darm-Traktes. Sie fun g ieren als Me-
chano-, Schmerz- und Chemosensoren. Ihre Afferenzen laufen
... Nicht propulsive Peristaltik. Sie wird verursacht von lokalen zusammen mit den parasympathischen und sy mpathischen
Kontraktionen der Ringmuskulatur und dient der Durchmi- Fasern zum ZNS. Sie ermöglichen die Entstehung vagovagal er
schung des Speisebreis im Dünndarm . Renexe.

.. Segmentations- und Pendelbewegungen. Sie dienen im


1.2.3 Hormone und Signalstoffe
Dünn- und Dickdarm ebenfalls der Durchmischung des Speise-
breis. Segmentarionsbewegungen kommen durch die gleichzei- An der Steuerung der Motilität und Freisetzung von Verdau-
tige Kontraktion der Ringmuskulatur eng benachbarter Berei- ungsen zymeil im Gastrointestinaltrakt ist eine Vielzahl ver-
che zustande. Pendelbewegungen werden durch rhythmische schiedener Botenstoffe beteiligt (Tab. 1.3).
Kontraktionen der Längsmusi<Uiarur ausgelöst, die Darmwa nd
schiebt sich dabei über den Darminhalt.
[ LERNTIPP ·. ,: , ' ., t ;_ '!
Die Funktion der Hormone läs st sich an ihren Namen ableiten:
... Dauerkontraktionen. Tonische Dauerkontraktionen der ... Gastrin (gaster fördert bei gefülltem Magen die
Ringmuskulatur an den Sphinkteren (Ösophagussphinkter, lle- Magensaftsekretion.
ozökalklappe, Abb. 1.1) verschließen Funk tionsräume und ver- ... CCK (Chole Cysto =Blase, Kin in= Bewegung, Kontrak-
hindern einen ungewollten Rücknuss in proximal gelegene Ab- tion) fördert die Kontraktion der Gallenblase.
schnitte. Die Ringmuskulatur erschlafft nur, um den Durchtritt
des Speisebreis in den nächsten Funl<tionsraum zu ermöglichen. FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
.. Der Plexus myentericus (Auerbach-P lexus) steuert reflekto-
risc h die peristaltischen Kontraktionen des Darmes .
1.2.2 Das enterische Nervensystem ... Gastrin und Histamin stimuli eren die HCl-Sekretlon der
des Darmes Belegzellen des Magens, Sekretin hemmt sie .
.. Eine ungenügende Ansäuerung des Magen s führt zu einer
Die Motilität des Darmes und die Freisetzung von Verdauungs-
vermehrten Gastrinsekretion .
enzymen werden von einem eigenständigen Nervensystem
... GLP-1 und GIP förder n die lnsulinfreisetzung .
gesteuert, dem enterischen Nervensystem (intrinsische Inner-
... Motilin erhöht den Tonus des unte ren Ösophagussphinkters.
vierung). Es besteht aus 2 Ganglienzellschichten, dem Plexu s

Tab. 1.3 Hormone und Signalstoffe zur Steuerung der Magen-Darm-Tätigkeit (nach: R Klinke et al., Physiologie, Thieme 2010)

Hormon Syntheseort Freisetzungsreiz Wirkung

Gastrin G-Zellen im Magenantrum, - Magendehnung - Sekretion von HCI un d Pepsinogen T


in geringen Mengen in der - Vagusreizung - Mag enm ot ilität T
Duodenalschleimhaut - Proteine im Mag en - Tonus des unteren Ösophagussphinkters T
- ung enügende Ansäuerung
des Mage ns
Sekretin 5-Ze lle n in Duodenum und - pH im Duodenum< 4 - HC03 --Sekret ion im Pankreas T
jejunum - Gallen- und Fettsäuren im - Gastrin-Ausschüttung L
Duod enum - Magenmotilität L
- HCI-S ekretion !
- Magenentleerung !
- Tonus des unteren Ösophagussph inkters !
- Ga ll e ngan gse kretion HC0 3--reiches
4 Ernährung und Verdauung

j,,
Tab. 1.3 Fortsetzung

I Hormon
CCK (Cholecystokinin)
Syntheseort
I-Zellen in Duod-enum und
Freisetzungsreiz
- Peptide, Aminosäuren und
Wirkung
- Enzymsekretion im Pankreas i
jejunum Fettsäuren im Duodenum - Kontraktion der Gallenblase i
- Pepsinogensekretion T
- Magenmotilität l
- Hel-Sekretion l
- "Sättigungshormon"
Acety lcholin 2. Neuron des Parasympa- - Parasympathikusaktivierung - Aktivierung der Verdauung durch Stimu lation
thikus von Sekretion und Motilität
- regt die Ga llenblasenkontraktion an
- Tonus des unteren Ösophagussphinkters T
Histamin H- oder ECL-Zellen im - Vagusreizung - Hel-Sekretion i
Magenfundus - Pepsinogensekretion
GIP (Gastric inhibitory K-Zellen im Dünndarm, - Glukose, Fette oder Amino- - lnsulinfreisetzung i
Glucose-depen- Duodenum säuren im Dünndarm - Hel-Sekretion l
dent Insulin-releasing - Magenmotilität l
Peptide) - Magenentleerung l
GLP-1 (Giucagon-like Pep- L-Zellen in Ileum und Kolon - Fettsäuren und Glukose im - lnsulinfreisetzung f
tide. Enteroglucagon) Ileum - Glukagonfreisetzung l
- Magenmotilität l
- Darmmotilität !
VIP (vasoaktives intestina- Nervenendigungen im - neuronal (Neurotransmitter) - Gallesekretion i
les Peptid) Dünndarm - Pankreassaftsekretion i
- Hel-Sekretion l
- Motilität l
- Tonus des unteren Ösophagussphinkter l
SIH (Somatostatin) O-Zellen im Pankreas (Lan- - Fettsäuren , Glukose, Peptide - Motilität 1
gerhans-lnseln), Magen und und Gallensäuren im Dünn- - Vagusaktivität l
Dünndarm darm - Hel-Sekretion l
- Gastrinfreisetzung !
- Magenentleerung l
- Gallesekretion l
- Pankreassaftsekretion l
- Insulinsekretion !
- Transmitterfreisetzung l
Motilin M-Zellen im Dünndarm - Säure, Fett- und Gallensäu- - gastrointestinale Motilität i
ren im Duodenum - Tonus des unteren Ösophagussphinkters i
Seroton in APUD-Zellen' im gesamten - cholinerge sekretarnotorische Nervenaktivität
(5-Hyd roxytrypta min) Magen-Darm-Trakt i
' Das APUD-Syst em (amin precurs or upt ake and decarboxylation) best eht aus verstreut liegenden endokrinen Zell en, die biogene Amine und Polypeptide
sy nthetisieren und speichern . Die APUD -Zellen stammen überwiegend vom Neu roektoderm ab und wand ern von dort in die verschiedenen Gewebe ein (u . a.
Hypothalamus, Hypophyse, Nebenschi lddrüse, endokrines Pankreas, Nebennierenmark, Magen-Da rm-Trakt).

1.3 Mund und Speiseröhre das Wasser wird der Mundraum feucht gehalten und Sprechen
und Kauen erleichtert. Lysozym und Antikörper haben erste
Die Nahrung wird im Mund durch Kauen mechanisch zerk lei- Abwehrfunktion gegen eindringende Mikroorganismen. Die
nert. Dort wirken auch erste Verdauungsenzyme auf die Nah- Amylase spaltet a-1,4-glykosisidische Bindungen und leitet
rung ein . Der durch die Kaubewegungen mit dem Speichel ver- die Stärkeverdauung ein. Die Muzine machen den durch Kau -
mischte Nahrungsbissen (Bolus) wird heruntergeschluckt. Über bewegungen gek ne teten Nahrungsbissen gleitfähig, sodass er
den Ösophagus gelangt der Speisebrei in den Magen. sc hließlich heruntergeschluckt werden kann.

und SekundärspeicheL Die Speichelbildung vollzieht


1.3.1 Speichel
sich in 2 Schritten (A bb. 1.2):
Täglich werden 500-lSOOml Speichel gebildet. Davon stam- Zunächst wird in den Drüsenkanäl chen (Azini) der Primär-
men 70% aus der Glandula submandibularis, 25 %aus der Gl an- speichel gebi ldet, der in seiner Elek trolytzusammensetzung
dula parotisund die restlichen 5 %aus der Glandula sublingualis weitgehend der des Blutes entspricht. Über einen Na•JK./2CI--
und den Drüsen der Mundschleimhaut Symporter in der baselateralen Membran wird Cl- in die Azi-
nuszelle aufgenommen. das dann über einen Cl--Kanal in der
und Funktion. Der Mundspeichel besteht apikalen Membran sezerniert wird. Die Na•tK• -ATPase in der
aus Wasser (99 %). Mu zinen (Schleimstoffe), Enzymen (Amy- basolateralen Membran produ ziert die treibend e Kraft für den
la se. Lipase, Lysozym), Immunglobulinen (v.a. lgA) und Elek- Symport, der durch Na•-Einstrom angetrieben wird (sekundär-
trolyten, deren Gehalt von der Sekretionsrate abhängt. Durch aktiver Transport). Na• und H20 folgen passiv auf parazellulä-
1.3 Mund und Speiseröhre 5

Abb. 1.2 Speichelbildung. a Bi ldun g des Primä r-


ll B'+'lut speichels in den Azini. Cl- wird an der base late ralen
Gangzelle j .!J v Membran über sekun där-aktiven Transport in die
",.- Ze lle aufge nommen und verlässt diese auf der lu mi·
Na• "===1 ---. nalen Seite über Cl· -Kanäle. Na• fo lg t para-, Wass er
·- --- .,.. Na• _____.
cr- ....._K. para- und transzellulär. b Bi ldu ng des Sek undärspei-
chels in den Ausführungsgängen. K' und HC03 - wer·

"irI .
den sezerniert, Na • und c1· resorbiert.

HCO] \
' --..
I
"===1

""'
b r
mecha nische Rei ze (z.B. Kauen) fördern die Speichelbildung.
Neuropeptide (z. B Substanz P) sind an der Stimulation beteiligt.
Durch differenz ierte Inn ervation der Speicheldrüsen üb er
c
vegetative Fasern wird die Zusamme ns etzung des Mundspei-

§c
chels dem Bedarf angepasst:
• Durch Aktivierung des Sympathikus wird über Noradrenalin
c a ls Transmitter ein mu zi nreicher, hoch viskö ser Speichel
3 sezern iert.
+
z"' • Durch Aktivieru ng des Parasympathikus wird über Ace-
tylcholin die Durchblutung der Speic hel drü sen angeregt,
soda ss v iel wässriger Speic hel fre igesetzt wird .

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN


Speichelbi ldung/Zeiteinheit .. Etwa 70%des Speichels wird von der GI. submandibularis
Abb. 1.3 Abhängigkeit der Na•-Konzentration im Speichel vom ge li efe rt.
Speichelfluss. Bei Zunahme des Speiche lfiusses steigt di e Konzent- "' An der Sekretion des Primärspeichels sind CI--Kanäle in der
ration von Na •, da die Resorptionsvorgänge nur noch ein geschränkt apikalen Membran der Azinuszellen beteilig t.
ablau fen können.
"' je höh er der Speichelfluss ist, desto größer ist die Na•-
Konzentration im Speichel.
remWeg na ch, Hp auch transzellulär. Auf di ese Weise erfolgt
z. B. au ch die Sekretion des Pankreassaftes.
Wäh rend der Primärspeichel di e Ausführungsgä nge pass ier t, 1.3.2 Schlucken
wird e r zu m Sekundärspeichel m od ifi ziert: Na• und cl-werden
aus d em Lumen resorbiert und K+ und HCQ 3- sezerniert. An de n .. Orale Phase. Zur Ei nleitung des Sc hluckakts wird willkür-
Austauschvorgängen in den Ep ithelien der Ausführungsgänge lich geste uert zunächst mit der Zunge ein Bissen abgetre nnt
sind H+JK+-ATPasen und Na•JHC0 3--symporter beteiligt. und gegen den weichen Gaumen gedrückt. Am weichen Gau-
Die Zusammensetzung des endgü ltigen Speichels ist von der men werden Mechanorezeptoren akt ivi ert, deren Signale über
Sekretionsrate abhängig. Bei der basalen. nicht sti mulie rten denN . glossop ha ry ngeu s und denN. larynge us sup erior an das
Speichelbildung überwi egt die Na •- und Cl-- Rückresorption be i Sc hlu ckze ntrum in der Medulla oblongata weitergeleitet wer-
gleichze it ig ger inger Wasserpermeabilität der Ausführungs- de n. Im Sc hlu ckzent rum wird der Schluckreflex ausgelöst und
gä nge, sodass a m End e die HC0 3- -Ko n ze ntration g rößer al s die gesteuert. Der Sc hluckvorga ng ist unwillkürlich und läuft nach
CI- -Kon ze ntratio n ist und de r Sp eichel deutlich hypoton (bis ein em festen Programm ab.
50 mo smolfl) wird. Je höher die Sek retion srate. desto sc hn e l-
ler fli eßt der Speic hel durch die Au sführun gsgä nge, sodass nur • Pharyngeale Phase. Damit kei ne Nahrung in die Atemwege
wenige Au stau sc hvorgä nge stattfind e n können . Dah er findet ge langt, wird in der pharyngealen Pha se das Gaumensege l an -
man bei zunehmendem Speichelfluss en tsprechend hö here ge hob en. die Mundhöhle vom Nasen - Rachen-Raum getrennt.
Na•- und CI- - Kon ze nt ra t ionen und niedrige re J<•- und HC0 3- - und die Epiglottis deckt den Kehlkopf ab. Nun ersc hl afft de r
Kon ze ntrat io nen und di e Elekt ro lytzu sa mm ensetzung des obere Ösophagussphinkter und der Bisse n gelangt durch Kon-
Speichels nähert sich d er des Blu tp lasmas (Abb. 1.3). traktion de r Pharynxm usk ul atu r in den Ösopha g u s.

"' Steuerung der Speichelbildung. Die Spe iche lse kretion er- • Ösopharyngeale Phase. Zu Beginn der ösop haryngea len Phase
fo lgt reflektorisch . Psyc hi sc he Einflüsse (E rwartun g und Ap- wird durch De h nu ng der oberen ösophaguswand eine peristal -
petit: .,das Wasse r läuft ein e m im Mund zusa mm en"), Reiz un g ti sc he Welle a usgelöst, die dafür so rgt , dass de r Bissen weiter-
von Geruchs- und Gesc hm ac ksreze ptoren (v.a. bei Säu re wird transportiert wird . Der unte re Öso phagussphinkter ersch la fft
dünnflü ss ige r Spülspe ichel zur Neutrali sat ion fre igesetz t) und be reits zu Begin n des Sch lu ckre fl exes, sodass der Nah run gs -
brocken - unterstützt durch die g leichze iti ge Erschlaffung des
6 1 Ernährung und Verdauung

Magenfundus (rezeptive Relaxation)- in den Magen gedrückt durch den Ösophagus ins Freie presst. Dünndarminhalt samt
wird. Die peristaltische Welle ermöglicht ein Schlucken .. im Gallenflüssigkeit wird bei erschlafftem Pylorus durch eine Um -
Kopfstand" gegen die Schwerkraft. Wenn die Welle den unteren kehr der Dünndarmperi staltik mit erbrochen.
Ösophaguss phinkter erreicht, schließt sich dieser wieder und
der Schluckvorgang ist beendet. >- Chronisches Erbrechen. Bei schwerem oder chronischem
Der untere Ösophagussphinkter besitzt einen relativ star- Erbrechen kommt es durch den Verlust großer Flüssigkeits-
ken basalen Muskeltonus. Er wird exzitatorisch über cholinerge mengen (Magensaft, Speichel und Dünndarmsekret) zu einer
Nerven und inhibitorisch über sogenannte NANC-Nerven (non- Hypovolämie. Durch den Magensäureverlust gehen erhebliche
adrenergic, non-cholinergic) innerviert. Transmitter der inhibi- Mengen an W-lonen verloren (10-100 mmol W-lonen/1 Mage n-
tor ischen Nerven ist u.a. NO. oft unter der Beteiligung von VIP. saft). es entwickelt sich eine metabolische Alkalose. Sie wird
Außerhalb des Schluckaktes ist der untere Ösophagusshpinkter durch die entstehende Hypokaliämie verstärkt. J<+geht mit dem
gesch lossen, um zu verhindern, dass saurer Mageninhalts in die Erbrochenen verloren, wird aber auch aufgrund des hypovolä-
Speiseröhre zurückfließt (Reflux). Gelangt z. B. beim Au fstoßen. miebedingten Hyperaldosteronismus vermehrt über die Nieren
Schlucken oder unerwarteten Druck auf den vollen Magen doch ausgeschieden (s.S. 40). Die Alkalose wird respiratorisch kom-
saurer Mageninhalt in den Ösophagus, wird reflektorisch eine pensiert, der C02-Partialdruck steigt an und damit die Bikar-
peristaltische Welle ausgelöst, die den Mageninhalt zurück in bonat konzentration (C0 2 und H2 0 H 2C0 3 HC0 3- + W) . Die
den Magen befördert (Volumen-Ciearance). Der gleichzeitig CJ- -Konzentration sinkt.
verschluckte Speichel puffert die Magensäure weitgehend ab
(pH-Clearance).
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Als Folge eines chronischen Erbrechens sind zu erwarte n:
APROPOS
>- eine metabolische. nichtrespiratorische Alkalose
Der Rückfiuss von sa urem Magenin halt (.. Sodbrennen") in die Speiseröhre
durch eine Fe hl funktion des unteren Ösophagussp hinkter ist se hr häufi g. Bei
>- eine erhöhte HCo 3--Konzentration und verminderte
Cl --Konzentration im Blutplasmaaufgrund der der respiratori-

J
chronischem Refiux kann es durch das aggressive Re fiu at zu entzündli chen
Verä nderungen der Speiseröhre, kleinen Schl eimhauteros ionen bis hin zu schen Kompensation der Alkalose
ei ner Umwand lung des ösophagealen Plattenepith els in ei n Zylinderepithel >- Hypovolämie
vom Magentyp kommen (Sch leimh autmetaplasie, "Barrett-Ösophagus").
>- Hypokaliämie
Das Zy li nderepithe l ist zwar w iderstand sf ähig er gegenüber der Magensä ure.
neigt aber zu Ulzera tionen un d kann entarten. Ein Ba rret l-Ösophag us mu ss
daher regelmäßig endoskopisch kontrolliert we rd en. Th erapeutisch spielt
die med ikam entöse Hemmung der Magensäuresekreti on eine große Rolle
(s. u.). 1.4 Magen
Be im Krankheitsbild der Achalasle fehlt die Ersc hlaffung des un teren Öso-
phagussphinkters im Rahmen des Schl uckreflexes durch Degeneration
in hibit orischer Neuroneode r sie ist zu schwach ausgeprägt. Dadu rch staue n Im Magen wird die aufgenommene Nahrung gespeichert, zer-
sich die verschluck t en Speisen in der Speiseröhre an. Es kö nnen erhebli che kleinert, homogeni siert und angedaut und dann portionsweise
Erwe iterungen der Speise röhre und krampfartige Schm er zen auftreten. an das Duodenum wei tergege ben. Da zu ist der Magen funktio-
nell in 2 Abschni tte untertei lt: Der proximale Teil hat in erster
1.3.3 Erbrechen Linie speichernde Funktion. während der distale Teil für Durch-
mischung und Weitertransport der Na hrung zuständig ist.
Das Erbrechen ist ein Schutzreflex. der den Körper daran hin-
dern soll, körperschädliche Substanzen aufzunehmen . Die Steu-
1.4.1 Funktionelle Anatomie des Magens
er ung erfolgt über das Brechzentrum in der dopaminergen Area
postrema der Medulla oblongata. >- Proximaler Magen. Über die Kardia mündet der Ösophagus
in den Magen. Kardia, Fundus und de r obere Teil des Korpus
>- Auslöser. Das Brechzentrum kann durch verschiedene Reize bilden zusammen den proximalen Mage n. Als speichernder Teil
erregt werden : erzeugt er keine Peristaltik. Er ist in der Lage, die Nahrungs-
• Noxen im Mage n-Dar m-Trakt über viszerale Afferenzen aufnahme zu erleichtern und seine Größe dem Füllungsz ustand
• Toxine (z. B. Alkohol ) oder Medikamente im Blut durch anzupassen. Bei Erregung von Dehnungssensoren in Pharynx
direkte Reizung der Chemorezeptoren-Triggerzone in der und Larynx erschlafft die tonische Wandspannung im prox i-
Medulla oblongata malen Magen (rezeptive Rel axation). sodass Nahrung vom Öso-
• Bewegungsreize über das Gleichgewichtsorgan phagus in den Magen üb ert reten kann. Dehnungssensoren in
• hormonelle Reize (z. B. Schwangerschaftserbrechen) der proximalen Magenwand werden bei größeren Mahlzeiten
• erhöhten Hirndruck (z. B. durch ei ne Blutung) aktiv, sie passen di e Wandspannung üb er vagovagale Renexe an
• starke Schmerzen (adaptive Rel axatio n oder Akkommodat ion), sodass der Innen-
dru ck im Mage n trotz des erhöhten Füllungsvolumens kau m
>- Ablauf. Der teils willkürlich, teils unwillkürl ic h geste uerte ansteigt.
Ablauf des Erbrechens folgt einem festen Programm. Vor dem In der Schleimham (Mukosa) des proxi malen Magens find en
Erbrec hen kommt es zu nächst zu Übelkeit. Schweißausbruch, sich verschiedene Drüsenarten. Die Kardia enthält zah lreiche
Blä sse und Tachykardie. Vermehrter Speichelnu ss bildet für mukoide Drü sen, deren alkalischen Schleim stoffe di e Magen-
Zä hne und Schlei mhäute einen Schutz vor der Magensäure. schleimhaut vor der aggressiven Mage nsäure schützen. ln Fun-
Nach einer tiefen Inspi rat ion werden Glottis und Nasapharynx dus und Korpus enthalten di e Drüsen außerdem :
ve rs chlossen. Der untere Ösophagussphinkter und die Magen- • Nebenzellen, die ebenfalls Muzine produzieren,
muskulatur relaxieren, sodass ein ruckartiges Kontrahieren der • Belegzellen, die Magensäure und lnt rin sic Factor sezerni e-
Bauchdeckenmu skulatur und des Zwerchfells den Mageninhalt ren und
1.4 Magen 7

• Hauptzellen. denen Pepsinogen und eine Mage nlipase ent- mittelt die Magensa ft sekretion in Gang. Etwa 40 %des Ma -
stammen. gensafts wird in dieser Phase sezerniert.
• Gastrale Phase: Beim Übertritt des Speisebre is in den Magen
• Distaler Magen. Die unteren 2 Drittel des Korpus und das Ant- wird die Magensaftsekretion ges teigert. Vermittelt wird
rum bilden den distalen Magen. Ausgehend von Schrittmacher- dies reflektori sch durch Dehnung des Magens über denN .
zellen im proximalen Korpus entstehen peri staltisc he Wellen . vagus und über lokale Reflexbögen des enterischen Ner-
Sie haben bei unterschiedlicher Stärke eine relativ konstante vensystems. Vor allem Proteinabbauprodukte, Alkohol und
Frequenz von 3 Wellen pro Minute. Sie vermischen und homo - Kaffee veranlassen die G-Zellen zur Gastrin- Freisetzung. Mit
genisieren den Nahrungsbrei und verschieben ihn in Richtung 50-60 % wird der Haupt tei l der gesamten Sekretion in der
Pylorus. Bei verschlossenem Pylorus wird der Nahrungsbrei zu- gastra le n Phase erb rach t.
rück in den proximalen Magen geschleudert, was zur Durchmi- • Intestinale Phase: Mit dem Übertritt von Chymus in den
schung und mechanischen Zerkleinerung der Nahrung beiträgt. Dünndarm stimulieren vorhandene Proteinabbauprodukte
In der Antrumschleimhaut lokalisierte G-Zellen schütten bei G-Zellen im Duodenum zur Gastrinausschüttung. Gastrin
Dehnung des Magens oder bei dem Kontakt mit protein- und stimuliert Beleg- und Hauptze llen im Magen. Der Anteil an
aminosäurehaltigem Speisebrei Gastrin aus. der gesamte n Magensaftproduktion beträgt nur etwa 10%.

Magensäure
1.4.2 Magenmotorik und Magenentleerung
.,. Bildungsort und Funktion. Die Belegzellen sind die Bildungs-
Die Entleerung de s Magens wird humoral und neuronal gesteu- orte der Salzsäure. Bei maximaler Sekretion kann der pH-Wert
ert. Sie hängt vom Kontraktionsgrad des Pylorus ab. Die dicke im Magen auf 1 absinken. Durch den niedrige n pH-Wert werden
Muskelschicht is t in Ruh e so stark kontrahiert. dass nur Flüs- Bakterien abgetötet. Proteine denaturiert und das optimale pH-
sigkeiten ins Duodenum übertreten können . Um auch festere Milieu für die Aktivität der Magenenzyme ges chaffen. Das pH-
Nahrung durch den Pylorus zu befördern, mu ss dieser erschlaf- Optimum von Pepsin liegt im stark sauren Bereich (pH 1,8-3,5).
fen, während sic h gleichzeitig die Antrummuskulatur verstärkt
kontrahiert. Die Erschlaffung des Pylorus wird durch den N. .,. Säuresekretion in den Belegzellen. Wird die Belegzelle sti-
vagus (Parasympathikus) ve rursacht, der auch die Magenmo- mul iert, so ändert sich innerhalb von Sekunden ihr Aussehen.
tilität verstärkt. Ebenfalls fördernd auf die Magenentleerung Im Ruhezustand liege n entlang der Ausführungsgä nge (Cana-
wirkt Motilin aus den M-Zellen im Dünndarm und die Dehnung lic uli ) der Belegzelle zahlreiche Tubulovesikel im Zyotop la sma.
des Magens. Hemmenden Einfluss haben der Sympathikus, CCI<. Sie verschmel zen nach Aktivierung mit der Membran der zum
Sekretin, GIP und Gastrin (Tab. 1.3). Lumen hin geöffneten Canaliculi, wodurch sich die Oberfläche
Die Beschaffenheit der Nahrun g und die Zusammensetzung der Canaliculi in zah lreiche Falten legt und um da s 50-100-Fa-
des Chymus (mit Verdauungssekreten vermi schter Speisebrei) che vergrößert wi rd. In den Membranen der Tubulovesikel be-
bestimmen die Verweildauer de s Spei sebreis im Magen. Flüs- finden sich die zur Salzsäureproduktion benötigten Protonen-
sigkeiten und kleine Partikel verlassen den Magen schne ller a ls pumpen und lone nkanäle , die durch die Verschmelzu ng in die
größere Partikel. Im Duodenum vorhandene Chemose nseren Canaliculimembran integriert werden.
messen Osmolarität. pH-We rt und Zusammensetzung de s in Die W-l(onzentration im Magenlumen (p H 1- 4) ist etwa
den Dünndarm ge langten Chymus. Sie geben entsprechendes 1Q3- 106-fach höher als im Intraze llularraum (pH 7.1-7,3). Eine
Feedback an den Magen. CCK und Sekretin z. B. hemmen die W/W-ATPase in der apikalen Ze llmembran pumpt daher pri-
Magenentleerung bei Hyperosmolarität und e in e m sehr nied- mär aktiv W-lonen im Au sta usch gegen )(+- Ionen aus der Be-
rigen pH -Wert bzw. bei einem hohen Fettgehalt. legzelle in den Magen (Abb. 1.4). Das Kalium rezirkuliert über
Große, feste und unverdauliche Bestandteile (z. B. Ballast- lum inale J<+-Kanäle, sodass im Mage nlumen eine ausrei chende
stoffe, Fremdkörper) können den Magen während der Entl ee- 1<+- I<onzentration erhalten bleibt. Die baso latera l lokalisierte
rungsphase ni cht verlassen. Erst in der in terd igestiven Phas e
laufen kräfti ge Kontrak t ion swellen über den Magen und beför-
dern die u nverdaulichen Bestandteile ins Duodenum.

1.4.3 Magensaft
H20"'"C02
Pro Tag werden von den verschiedenen Drü se nze llen im Ma-
gen bedarfsab hängig etwa 2-41 Magensaft produ ziert. Neben
,K' - ... \ lcA
Salzsäure (HCI) s ind im Mage nsaft Pepsine, säurestabile Lipa se, '·H
·· ·. ·-rA
bTP . K; H:. HCLO]
Magenlumen .J
lntrinsic Factor und Mu zine entha lten. HCO)
Cl- - .................... Cl-
Phasen der Magensaftsekretion
3Na'
Der Magen passt seine Sek re tion dem Bedarf an . ln der interdi-
gestiven Phase ( Nli chternzu stand) beträgt di e Basa lse kretion
etwa 0,2 ml Magen saft pro Minute. in der digestiven Phase, di e
sich aufgrund der untersc hiedlich beteili gten Strukturen in 3
Phas e n unterte il en lässt, ste ig t die Sekretion au f 3 ml/min an:
Abb. 1.4 Salzsäureproduktion. Mechanismus der HCI-Se kretion ins
• Kephale Phase: Die Vorste llung an Essen. der Anblick, der Mage nIum en. Die H'/ K' ·AT Pase in der ap ika len Membran ist das Ziel vo n
Geruch oder der Geschmack se tzen übe r denN . vagus ver- Proto nenpump enblockern bei der Beha ndlung von Mage nu lce ra oder
Renuxösophagi ti s. CA: Carboan hydrase.
8 1 Ernährung und Verdauung

Na •JI<+-ATPase sorgt für die Aufrechterhaltung der ionalen Zell- • Medikamentöse Hemmung der HCI-Sekretion. Um einem
homöostase. Magengeschwür oder einer Renuxösophagitis vorzubeugen
Die W-lonen werden im Zytoplasma durch die Carboanhy- bzw. um diese zu therapieren. kann die W/W-ATPase und damit
drase gestellt (H 2 0 + C0 2 ..... H2 C03 ..... W + HCo 3 - ). Das entste- die Magensäureproduktion durch sehr spezifische Protonen-
hende HC0 3- verlässt im Austausch gegen ci- über einen An- pumpenblocker (PPI. z. B. Omeprazol) gehemmt werden.
ionencarrier (HCo 3-;CI--Antiporter) auf derbasolateralen Seite Mittel der 2. Wahl blockieren die I-1 2-Rezeptoren an den Be-
die Belegzelle. Das CI· wand ert durch die Belegzelle und folgt legzellen. Durch diese H2 -Antagonisten (z.B. Ranitidin) fällt der
wie bei der Speichelbildung den positiv geladenen W-lonen in s Histamin-Stimulus weg, und die Säuresekretion kann bis auf
Magen Iumen, sodass pro sezerniertem W-Jon auch ein CI--Ion die Hälfte reduziert werden.
in das Magenlumen gelangt.
: LERNTIPP !
• Stimulation der Magensäuresekretion. Die Magensäurese- Die Salzsäureproduktion in den Belegzellen und ihre Steuerung,
kretion wird bedarfsabhängig neurohumoral gesteuert. Stimu- besonders aber die Protonenpumpe und ihre Inhibition, ist in
lierend wirken Gastrin, Histamin und Acetylcholin, die jeweils den letzten Jahre n bevorzugte r Prüfungsstoff geworden .
an eigenen Membranrezeptoren der Belegzelle binden. Die 3
Botenstoffe wirken synergistisch an der Belegzelle. Fällt einer APROPOS
aus, so ist die Säuresekretion deutlich reduziert. Durch einen gastrin produzierend en Tumor (Gastrinom) komm t es zu einer
Gastrin wird in der Mukosa von G-Zellen im Magenantrum sta rken Magensä uresekretion mit rezidivierenden. oft atypisc h lokalis iert en
Ulze ra. Di ese treten ni cht nur im Magen. sond ern auch im Dünn da rm auf.
und Duodenum gebildet und ins Blut freigesetzt, wenn in der
Häufig leid en di e Betroffenen ouch unter Diarrhö. Therapeut isch gi lt es de n
gastrischen Phase die luminale Seite der Zellen durch Protei- Tum or zu entfern en. wen n er noch nicht meta st asiert ha t. Wen n dies nicht
ne und Proteinabbauprodukte chemisch gereizt wird. Durch möglic h ist , st eht die medikamentöse Säureblockade mit Protonenpumpen-
die Magendehnung aktiviert setzen außerdem auf der Blutsei - inhibitoreil im Vord ergrund .
te efferente Fasern des N. vagus das Gastrin-releasing Peptide
(GRP) frei. das ebenfalls zur Gastrinfreisetzung führt. Gastrin lntrinsic Factor
wird über den Blutweg zu den Belegzellen transportiert und Die Belegzellen des Magens sezernieren neben Salzsäure auch
bindet an Gastrinrezeptoren (CCKB) der Belegzellen. Es bedingt den lntrinsic Factor. Das Glykoprotein wird für die Resorption
über den gleichen Mechanismus wie Acetylcholin einen Ca 2•- des für die DNA-Synthese unentbehrlichen Vitamin 8 12 (Coba-
Anstieg und fördert damit die Magensaftsekretion. Zusätzlich lamin) benötigt. Vitamin B12 bildet zunäch st mit dem R-Protein
stimuliert es die Histamin-Freisetzung. (Haptocorrin) aus dem Mund speichel einen magensaftresisten-
Histamin wird von denH-oder ECL(Enterochromaffin-like)- ten Komplex. Im oberen Dünndarm wird dieser Komplex durch
Zellen der Fundusdrüsen freigesetzt . Es bindet an H 2 -Rezepto- Pankrea senzyme gespalten. Vitamin 8 12 bindet an denlntrinsic
ren der Belegzellen und stimuliert über einen Anstieg der intra- Factor und dieser Komplex kann im Ileum durch rezeptorver-
zellulären cAMP- Konzentration die Säuresekretion. mittelte Endozytose aufgenommen werden. Über den Blut-
Acetylcholin wird schon im Rahmen der kephalen Phase strom gelangt Vitamin B12 an Transcobal a min gebunden in die
durch efferente Fasern des N . vagus freigesetzt. Es bindet direkt Leber oder andere schnell proliferierende Gewebe.
an muskarinerge M 3 -Rezeptoren der Belegzelle. Über Phospho- Die Steuerung der Sekretion des lntrinsic Factars erfolgt wie
lipase C und einen intra zellulären Ca 2•-An stieg wird die W / I<•- die Salzsäuresekretion. Wird in den Belegzellen z. B. bei einer
ATPase aktiviert und so die Säuresekretion stimuliert. atrophischen Gastritis kein od e r zu wenig lntrinsic Factor ge-
bildet, ist die Vitamin-B 12 -Aufnahme gestört. Es entwi ckelt sich
• Physiologische Hemmung der Hel-Produktion. Durch den eine perniziöse Anämie. Bei normaler Ernährung reicht aller-
Nahrun gsbrei wird die sezernierte Magensäure zunächst ab- dings das in der Leber gespeicherte Cobalamin noch für einige
gepuffert. Sinkt im Verlauf der Magen entleerung der pH-We1·t Jahre aus .
im Magen unter 2, so wird al s Schutz gegen Übersäuerun g di e
Gastrinausschüttung gehemmt. Ein niedriger pH-Wert stimu- Alkalischer Schleim
liert die O-Zellen in der Magenschleimhaut zur Somatostatin- Die Magenschleimhaut ist zum Schutz vor der aggressive n
Freisetzung. Somatostatin wirkt direkt auf die Belegze llen und Magensäure und Pepsin von einem zäh en alkalischen Schleim
sen kt antagonisti sch zu Histamin die zytosolische cAMP- Kon- überzoge n. Die Muzine werden von den Oberflächenepithelzel-
zentration. Außerdem hemmt es die Gastrin- und Histaminfrei- len , den Kardia- und Pylorusdrüsen sow ie von den Nebenzellen
setzung in den G- und ECL-Zellen. freigeset zt. Obernächenepithel zel len se zernieren außerdem
Wenn ein saurer, ein sehr Jetthaitiger oder hyperosmolarer HC0 3 --Ionen. di e d ire kt in der der Magenwand auniegenden
Chymus in den Dünndarm übertritt, werden zahlreiche Hormo- Schleim schicht die Magensäure neutralisieren und Pepsin inak-
ne im Dünndarm sezerniert. die die Magen säuresekretion hem - tivieren. Die Magenschleimhautzellen liegen dadurch in einem
men. Dies geschieht, indem sie direkt auf die Belegzellen od er neutralen pH-Milieu von etwa 7_
auf die hormonproduzierenden Zellen im Magen rückwirken: Di e HC0 3 - -Sekretion und die Mu z insekretion werden durch
• Sekretin hemmt die Ga strinsekretion und stimuliert die Prostaglandine (PGE 2 ) stimuli e rt. währe nd die HCI -Sekretion
Somatostatin sekretion. in den Belegzellen durch PGE 2 gehemmt wird. Prostag landine
• VIP und GIP hemmen die Castrinsekretion. erhal ten also die schützende Schl e imh a ut.
• CCK, Neurotensin und PGE 2 hemmen die Säurebildung der PGE 2 spielt eine wese ntliche Roll e beim Erhalt und Schutz der
Be legz ellen. PGE 2 reduziert zu sätzlich die Histamin- und Magensc hleimhaut. Medikamente wie Cyclooxygenase-Biocker
Ga st rinsekre tion . (nichtsteroidale Antirheumatika, z. B. Aze tylsal izylsäure. Dicl-
ofenac), die die Prostaglandinsynthese hemmen, schädigen die
Magenschleimhaut und können zu Magengeschwüren führen _
1.5 Pankreas 9

Pepsinogene ze ll en der Ausführungsgänge werden mit z une hm end er Sekre-


Die Hauptzellen des Magens sezernieren über Exozytose e in tions rate in de r di gestiven Phas e gro ße Mengen ei nes HCo 3 --
Gemisch aus mindestens ac ht versch iedenen proteolytischen reichen alkalischen Sekrets seze rn iert, das im Duodenum den
Proenzymen, den Pepsinogenen. Ihre Aktivi erung durch Ab- sauren Chymu s aus dem Magen ne utralisiert und das pH-Opti-
spaltung ei ner Pept id kette erfolgt autokatalytisch in sau re r mum für die pankreatischen Enzyme herste llt.
Umgebung. Das pH- Op timu m der Pepsine li egt im stark sauren HCo 3- wird aus dem Blut übe r e inen Na•/HC0 3 --Cotranspor-
Be rei ch (pH 1,8-3,5), im a lka li schen Milieu werden sie irrever- ter oder a ls C0 2 aufge nommen. das über die Carboanhydrase
sibel gehemmt. in HC0 3 - um gewa ndelt wird (C0 2 und H2 0 __, H2 C0 3 --+ HC0 3 - +
Die Pepsinogen-Sekretion w ird wie die Sa lzsäu re sek reti - H'). Eine Na' /K'-ATPase baut den Ionengradient au f. über den
on übe r ACh , Gastrin und Histamin st imuli ert. Fö rde rnd wi rkt W über einen basolateralen Na' /H'-A ntiporter entfernt wird.
auch CCI<. HC0 3 - gelangt im Austausch gegen o- über einen luminalen ct-/
HC03 - -Antiporter ins Ganglumen. Fü r dessen Fun ktion muss
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X üb er einen spez iell en ct--Kanal (CFTR) ausre ichend o- zurück
Die Magenperistaltik geht von Schrittmacherzellen im ins Ganglumen transponiert werden . Na• und H2 0 fo lge n pas-
Magenkorpus aus. siv parazellulär. Mit steigender Sekretionsrate und entla ng des
De r W-Transport aus de r Belegze lle in das Magen lum en Ausführu ngsga nges gelangt ein immer HC0 3- -reicheres und al-
verläu ft primär aktiv über eine H' /K•-ATPase. kalischeres Sekret in das Duodenum.
He mm stoffe der W/K•-ATPase (Protonenpumpenblocker)
setzen die Magensaftsekretion herab.
Die Carboanhydrase ist für die Bildung der Protonen verant-
1.5.2 Pankreasenzyme
wortlich, di e vo n den Belegze llen zur Magensäurerb ildung Die Azinuszellen in de n Drüsenläppchen des Pankreas habe n
sezerniert werden. eine der höch ste n Proteinsyntheseraten aller menschlichen
Proteine und Proteinabbauprodukte im Magen lum en stimu- Zellen. Die Pankreasenzyme (u. a. Trypsin, Chymotrypsin, Amy-
lieren die HCI -Sek retion. lase und Elastase) w erde n über Exozytose fre igesetzt, nachdem
Gastrin , Histamin und Acety lcholin stimuli eren die Hel-Sekre- sie in Granula zur Zellmembran tra nspo rtiert wurden. Die Sy n -
t ion in den Belegzellen des Magens. theserate wird d urch Cholecystokinin (CCK) (Ta b. 1.3) geste i-
Ein niedriger pH im Mage n(< 3) st im uli e rt di e Somatostatin- gert, da s verstärkt na ch Na hrungsaufna hm e - v.a. von Lipiden,
Sekretion im Antrum . Peptid e n und Aminosäuren - aus den I-Ze ll en des Dü nndarms
Im Ileum wird Vitamin B12 (Coba lamin) als Kompl ex mit dem freigesetzt wi rd . Die Pankreasenzy me (Tab. 1.4) sind für die
lntrinsic factor über End ozytose aufgenommen. weitere Verdauung der Proteine, Kohlenhydrate, Lipide und Nu -
Cyclooxigenase-Hemmer verhindern in erste r Lini e die kleinsäuren im Darm vera ntwort lich.
Bildung von Prostagtandin Mehrere Mechanismen schützen das Pankreasgewebe vor
den Verdauungsenzymen :
• Ei nige der proteelytischen Enzyme werden in Form vo n in-
1.5 Pankreas aktiven Vorstufen (Zy moge nen) sezern iert. Ih re Aktivieru ng

Im endokrinen Teil der Bauc hspe icheld rüse (Pa nkreas). den Tab. 1.4 Die Pankreasenzyme
Langerhan s- lnse ln . werden Peptidhormone gebildet und in s
Enzym Vorstufe Substrate
Blut abgegeben.
De r exokrine Teil besteh t aus mehreren 1000 Läppche n. die proteolytisch wirksame Enzyme:
jeweils mehrere Drüsengänge (Azini) enthalten. Diese werden Trypsin Trypsi neg en basische Peptidbin-
von den Azinuszellen umgebe n, die pro Tag etwa 1.51 e in er dung e n
proteinreiche n a lkali schen Flü ss igkeit sezernieren, di e über Chymotrypsin Chymotryps inogen aromatische Peptid-
den Ductus pancrea ti cus in s Duode num gelangt. Dieses Pank- bind ungen
reassekret ent hä lt üb er 20 versc hi ede ne Pro teine, in akt ive Ver-
Elastase Proelastase Elastin
dauungsenzymvorst ufen und aktive Verdauun gsenzy me sowie
schützende und regularari sc he Prote in e. Ein weite rer wic htige r Carboxypeptidase n Procarboxypept i- (-terminale Amino-
Bestandteil ist Bikarbonat (HC0 3-)zu r Ne utra li sation des sau- dase n sä uren
re n Magensafts. Aminopeptid asen Proa min ope pti- N-termina le Amino-
Da s Pankreassekret ist unabh äng ig vo n der Sekre tion s rate dasen sä ure n
isotonzum Blutplasm a. lipolytisch wirksame Enzyme:
Pankreas- Li pase Triacylglyce rin e
1.5.1 Bicarbonat Phosp ho lipase A Prophospholipase A
Die Konzentrationen der beid e n wichti gste n Kationen Na• und Cho lesterinesterase Cholesterinester
K• bleibe n konstant, währe nd sic h di e Kon ze ntrationen der kohlenhydratspaltende Enzyme:
Hau ptanio nen HCo 3- und Cl - gege nl äufig verändern: Mir zuneh-
a-Amy lase Stärke. Glykogen
mender Sekretionsrate nimmt di e Cl --Konzentration ab, wä h-
re nd di e HC0 3 -- Konzentration g leichze itig ansteigt. wodurch nukleolytisch wirksame Enzyme:
de r pH -Wert bei starker Sekretion auf bi s zu 8,2 a nsteigen kann. Ribonuk lease RNA
Die Azinuszellen produzieren zusammen mit de n Verda u-
Desoxyribonuklease DNA
ungsenzymen ein cl--reiches Primärsekret. Von den Ep ith el-
10 1 Ernährung und Verdauung

erfolgt erst im Duodenum und zwar du rch Trypsin. Dieses Gastrinausschüttung eine Sekretionssteigerung. in der intes-
..' ' wird zuvo r- ebenfalls erst im Duodenum - von der Ente- tinalen Phase ge langt sa urer Chymus ins Duod en um . Sekretin
rapeptidase (Enterokinase) von seinem inaktiven Vorläufer wird von den Schleimhautzellen ausgeschüttet. Es sp ielt an den
Trypsinegen abgespalten. Azini nu r eine untergeordnete Ro lle, es lässt aber die Freiset-
• Zusätzlich verhindert ein Trypsininhibitor in den Ausfüh- zung des bikarbonatreichen und damit alkalischen Sekrets in
rungsgängen eine vorzeitige Aktivierung der Proteasen. die Ausführungsgänge merklich ansteigen, sodass die Magen-
Lipase. Amylase und die Ribonukleasen werden in aktiver Form säure neutralisiert wird. Da sich die Konzentrationen von Bikar-
sezerniert. Die Pankreaslipase wird aber nur in Gegenwart von bonat und CI- gegenläufig verhalten (s.o.), füh rt die vermehrte
Ca 2+ und Colipasen aktiv. Deren Aktivierung wiederum erfolgt HC0 3--Sekretion zu einer Abnahme der Cl--Konzentration im
aus Procolipasen des Pankreassaftes durch Trypsin im Duode- Pankreassaft Gleichzeitig bremst Sekretin di e HCI-Produktion.
num. Gehemmt wird die Pankreassekretion durch die Nn.
splanch nici (Sympathikus). Somatostatin. Glukagon und pank-
,. Akute Pankreatitis_ Werden die proteelytischen Enzyme be- reatisches Polypeptid (PP).
reits im Pankreas aktiviert, komm t es zu einer Selbstverdauung
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
bis hin zur vollständigen Zerstörung des Pankreas. Die Ursa-
chen sind Alkoholabusus, eine Abflussstörung durch Verlegung ,. Pankreassekret ist plasmaisoton.
des Ductus cho ledochus durch Gallensteine. aber auch Medika- ,. Tryps in wird über Exozystose aus den Azinuszellen freige-
mente oder Traumata. Die akute Pankreatitis ist lebensbedroh - setzt.
lich und erfordert eine intensivm edizini sc he Überwachung. ,. Die Enterepeptidase setzt aus dem inaktiven Trypsinegen das
aktive Trypsin frei.
,. Chronische Pankreatitis. Eine chronische Pankreatitis wird ,. Eine vermind erte Pankreassekretion, z. B. bei chronisc her
in etwa 80 % der Fälle durch chronischen Alkoholabusus ver- Pankreatitis, führt zu Maldigestion mit Gewichtsabnahme,
ursacht. Die fortschreitende Zerstörung des Pankreasgewebes fetthaltigen Stühlen und Diarrhö.
führt zu einer Abnahme der Sek ret ionsleist ung. Es kommt zu " Bei gestörter Funktion der Cl -- Kanä le der Ausführungsgänge
einer Maldigestion mit Gewichtsabnahme, fetthaltigen Stühle (bei Mukoviszidose) steigt die intrazelluläre Cl--Ko nze ntration
und Diarrhö. und der HC0 3 -Jci--Antiport kann nicht mehr ablaufen.
" Die so verminderte HC03 - -Sekretion beeinträchtigt die Puffe-
,. Mukoviszidose. Bei der Mukoviszidose (Cystische Fibrose) rung des Magensaftes, die W-Konzentration im Duodenum
liegt eine Mutation im CFTR-Gen vor, das für den spez iflschen steigt.
CI--Kanal codiert. Dadurch ist der CI- -Ausstrom aus den Pank- ,. Sekretin bewirkt eine Zunahme der HC03 --Konzentration im
reasgangzellen ins Lumen stark vermindert. Die Cl--Konzentra- Pankreassekret bei gleichzeitiger Abnahme der Cl--Konzent-
tion in der Zelle steigt, weshalb der Transport von HC0 3- ins Lu- ration.
men über den HC0 3-tCI--Antiporter an der IuminaJ en Membran
gestört ist. Da die CI --Konzentration im Lumen d ie treibende
Kraft für das osmotisch nachströmende Wasser ist und der Cl- 1.6 Leber und Galle
-HC03- -Au sta u sch nicht mehr erfolgt, ist das Pankreassekret
entspreche nd zäh flü ssig und weniger alkalisch. Letzteres führt Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan des menschlichen
dazu, dass der ins Duodenum ge langte saure Mageninhalt nicht Körpers. Sie bildet Gerin nungsfaktoren , speichert Nahrungsbe -
mehr ausreichend neutralisiert werden kann und im Duode- standte il e wie Glukose und Vitamine und produziert Galle, die
num eine erhöhte W-Konzentration vorliegt. Das Pankreasge- sowo hl bei der Fettverdauung als auch bei der Ausscheidung
webe kann durch Verlegung der Ausführungsgänge mit zähem von Stoffwechselendprodukten, Medikamenten und Giftstoffen
Schleim irreversibel gesc hädigt werden. eine wichtige Ro lle spielt.
Die Therapie erfolgt wie bei der akuten Pankreatitis ggf. Eine der wichtigsten Funk t ionen de r Leber ist die Entgif-
sy mptomati sch durch Substitution der Pankreasenzyme. tung . In der Leber werden körpereigene und körperfremde Sub-
sta nze n (Steroidhormone, Medikamente. Giftstoffe etc.) inakti-
viert. abgebaut und zu r Ausscheidung wasserlöslich gemacht.
Achtung , klinisc he Prüfungsfragen im Physikum! Alkoholabusus Lipophile Stoffe werden in der Leber mit reaktiven Gruppen
und Mukoviszidose sind beliebte Theme n des IM PP. versehen und anschließend mit hydrophilen Substa nzen (Giu-
kuronsäure, Acetat, Glutathion etc.) konjugiert, damit sie üb er
die Nieren oder über die Ga ll e ausgeschieden werden können .
1.5.3 Steuerung der Pankreassekretion
1.6.1 Gallenflüssigkeit
Die Sekretion des exokrine n Pankreas wird ähn li ch wie die des
Magensafts sowoh l humoral als auch neuronal geste uert. Die • Lebergalle. In der Leber werden pro Tag etwa 700-lOOOml
Sek retion schwankt in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnah- Ga llenflüss igke it produziert. Die Lebergalle ent hä lt:
me stark. In der kephalen Phase reicht die Vorstellung. der An- • Gallensalze bzw. -sä uren (10-20mmolfl)
blick und Geruch einer appetitli chen Mahlzeit au s, um. durch • Cholesterin (3-S mmol/1)
den N. vagus vermittelt, die Sekretion besonders der Verdau- • Lecithin (= Phosphatidylcholin. ca. 3 mmolfl )
ungsenzyme im Pankreas zu steigern. • Steroide
Die Azinuszellen besitze n Rezeptoren für Acetylcholin und • Bilirubin
Cholecystokinin. In der gastrischen Phase bewirkt die Magen- • Elektro lyte
dehnung über vagovagale Reflexe und verm ut li ch auch die • a usscheidungspflichtige Substanzen und Abbauprodukte
1.6 Leber und Galle 11

Disse-Ra um Hepatozyt Disse-Ra um


Ga ll ensäuren in die Hepatozyten aufgenommen werden, desto
-------- t- Canaliculus
mehr werden nach Konjugation wieder in die Gallenkanälchen
biliferus
seze rniert. Was se r und Na • ströme n nach und das sezernierte
Ga ll evolumen wi rd größer.

75-80 % der Ga llensteine si nd Cholesterinstei-


ne. Sehr viel se ltener sind Bili rubi nsteine (Pigmentstein e), die
neben Bilirubin noch Kalkeinlagerungen enthalten. Normaler-
weise wird da s Cholesteri n in der Galle durch Gallensäuren und
0
;;
N
Phospholipide, z. B. Lec ithin, du rch Mizellenbildung in Lösu ng
gehalten. Cholesterin fällt au s, wenn die Cho lesterinkon zen-
:E'
>--
a tration in der Ga llenfl üssigkeit zu stark ansteigt undfa der die
.; Konzentration der Ga llensa lze oder der Phos ph ol ip ide zu stark
.",
0
0
·;;;
abs inkt. Als günstigstes Ve rhältnis vo n Cholesterin, Ga llensä u-
>-
f ren und Phospholipiden wird 4 : 75: 21 betrachtet.
'"
.<: Gallensteine können den Ga llenab flu ss störe n. Wird der Au s-
ga ng der Gallenblase verlegt, kommt es zu Koli ken und einer
'"
;;;
6 leicht eingeschränkte n Fettverdauung. Der Abflu ss der Leber-
;;; ga ll e durch den Ductus hepaticus und Ductus cho ledochus und
'W
damit auch eine weitestgehend normale Verd au ung ist aber wie
" nach einer Resektion der Ga ll enblase möglich.
"'
"';;; b (Ikterus). Bei einer Verleg ung des Ductus choledo-
Abb. 1.5 Gallesekretion. a Ga llensä uresynthese und Abgabe in das chus, die neben Gallensteinen z.B. auch du rch e inen Tumor ver-
Ga ll enkanälchen. b Bikarbonatsekretion des Hepatozyte n zur Bild ung ursacht sein kann, kommt es mit e iner Entfä rbung des Stuhles
der Ga ll enflüssigkeit. Gs: Gallensäure, CA: Carboanhydrase.
von braun zu grau, unklaren Oberbauchbeschwerden und einer
Gelbfärbung der Skleren zu den typischen Sympto m en eines
Die primäre n Gallensäuren (z. B. Cholsäure) werden in den He - Verschluss- Ikterus ( posthepatischer Ikterus).
patozyten aus Cholesterin synthetisiert und mit Glycin bzw. der Ein Anstieg der Plasmabilir ubinkonzen trati on über 30).J molfl
nicht proteinoge nen Aminosäure Taurin zu den Ga ll ensa lzen führt zu ei ner Ge lbfärbung der Sk leren, später auch der Haut.
Glycocholsäure bz w. Taurocholsäure konjugiert. Die Ga llen- Neben ei nem Gallens tei n oder ei nem Tumor kann ein Ikterus
säuren werden unt er AlP-Verbrau ch, a lso über primär akt iven verschiedene weitere Ursachen haben.
Transport, in die Gallenkan älc hen sezern iert, Wasser und Na• Eine gesteigerte Hämolyse und die damit einhergehende
folgen passiv nach (Abb. 1.5 a). Über einen sekundär akt iven verstä rkte Bilirubinbildung, die die Kapazität der Leber über-
Tra nsport sezerniert der Hepatozyt außerdem noch e in HC0 3 - ste igt, verursachen ei nen prähepatischen Ikterus. Wä hrend
-reiches Sekret (Abb. 1.5 b). Di e Fu n ktion der Gallenka nälchen eine Abflussbehinderung in den Gallenwegen das konjugie rte
ähnelt der der Ausführungsgänge des Pankreas. Bilirubin anste ige n lässt, ist bei einem prähepati sc hen Ikter us
Die sezernierten Ga ll ensalze können über de n enteroh e- v.a. das un konjugierte Bilirubin erhöht.
pat isc hen Kreis lauf (s. u.) wieder zurück zur Leber gelangen. Im Rahme n einer Hepatitis. einer Intoxikation oder einer ge-
Werden sie auf diesem Weg dekonjugiert und dehydroxyliert , netisc hen Stör ung können Tra nsport. Konjugat ion oder Exkret i-
bezeichnet man sie als seku ndäre Gallensal ze. on von Bilirubin gestö rt sein (intrahepatischer Ikterus).

Blasengalle. Die Gallengänge det· Leber vereinigen sich zum von Gallensäuren zur Fettverdauung. Die in
Ductus hepaticus communis, über den ca. die Hälfte der produ - der Leber ge bildete n konjugierten Ga llensäuren sin d a mphip-
zierten Lebergalle in die Galle nblase gelangt , wo er als Bla se n- hil: Mit dem Cho leste ringerü st enthalten sie e inen li pophi len ,
ga lle auf 1/10 des Volu mens eingedickt und gespeichert wird. mit dem Aminosä urerest ein en hydrophilen Te il. Sie wirken
Die verschiedenen Bestandteile werden dad urch stark konzen- als Detergenz ien u nd em ulgie ren die Nahrungsfet te bzw. ih re
triert, aber das Mi schu ngsverhältn is bleib t erh a lten. Die ande- Spaltprodukte. Es entste hen Mizellen, deren größere Oberflä-
re Hälfte gelangt direkt ins Duodenum. Die Ga ll enb lase hat ein chen die Nahrungs fett e für die lipidspa lte nden Enzyme und d ie
Fassungsvermögen von ca. 30-70 ml. Tritt Fettha itiger Chymus abso rbierende Darmwa nd besser zugä nglich macht. Bei einem
ins Duodenum über, so kontrahiert sich die Ga llenblase unter Feh len von Ga ll ensäuren wi rd Fett ausgesch ie den (Fettstühle,
dem Einfluss von Cholecystokinin und über eine parasympa- Steatorrhö ).
thisch-cholinerge Innervation. Die Ga llenflüssigkeit w ird üb er
den Au sführun gsgang der Ga ll enb lase (Ductus cysticus) freig e- von Bilirubin. Bilirubin ist ein Au sscheidungs-
setzt. Ductu s hepaticus commu ni s und Ductu s cysticus vere ini- produkt, es stammt aus dem Hämabbau. Ein Zw ische nprodukt
ge n sich zum Ductus choledochus über den die Gallenflüssig- ist Bi li verd in, aus dem das sc hl echt wasserlösli che unkonjug ier-
keit ins Duodenum gelangt. te (indirekte) Bilirubin e ntsteht. Im Blut wird unk onjug iertes
Di e Lebe r produ ziert ständig eine geringe Menge Ga llen- Bilirubin d esha lb an Albumin ge bunden transportiert. ln den
flüs sigke it. Sekretin fördert den Gallenfluss durc h Stimulati- Lebe rzell en w ird Bil irubin, um die Wasser lösli ch keit zu er hö-
on der Wa sse r- und NaHC0 3-Se kret ion im Duct us hepatic us hen , a n Glu kuron säure gekoppelt und als konjugiertes (direk-
com muni s, aber v.a. di e rückresorbierten Gall ensalze (em ero - tes) Bilirubin in di e Ga ll enflü ss igkeit abgegeben. Im Darm w ird
hepatischer Kreis lauf, s. u.) st imulieren di e Sek reti on. Je me hr Bi lir ubin du rch Darm bakterien deko njug iert und zu Sterkobi-
12 1 Ernährung und Verdauung

linogen, Sterkobilin. Urobilinogen und Urobilin umgewa ndelt. 1.7 Darm


15-20 % dieser Abbauprodukte werden rückresorbiert und ge-
lan gen in den entero hepatische n Kreislauf (s. u.). Der Rest wird Im Darm finden die weitere Verdauung der Nahrungsbesta nd -
ausgeschieden und ist für die bräunliche Farbe des Stuhles bzw. teile und die Resorption d er Spaltprodukte zu samme n mit Was-
für die gel be Farbe des Harns (Uro bilinogen) verantwortlich. ser, Elektrolyten und Vitaminen statt. Kohlenhydrate, Proteine
und Fette werden fast ausschließlich im Dünndarm absorbiert.
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN .X Wasser und Elektrolyte auch im Kolon . im Kolon wird der Fäzes
ln der Gallenflüssigkeit ist die molare Konzentration an durch die Wasserresorption weiter eingedickt und bis zur De-
Gallensäuren höher al s die von Cholesterin . fäkation gespeichert.
Die Konzentration der Bestandteile (z. B. Lecithin) ist in der
Blasengalle wesentlich höher als in der Lebergalle, weil d ie
Gallenflüssigkeit in der Gallenblase ei ngedickt wird.
1.7.1 Dünndarm
Sekretin erhöht den Gallenfluss im Ductus hepaticus. Der je nach Kontraktion szustand 3-6m lange Dünn-
Über 75% der Gallensteine sind Cholesterinsteine. darm ist von proximal nach distal in 3 Abschnitte geg liedert:
Als günstigstes Verhältnis von Cholesterin zu Gallensäuren zu • Duodenum (Zwölffingerdarm, 20-30 cm).
Phospholipiden gilt 4:75:21. • jejunum (Leerdarm, 1,5 m) und
Bei zu hoher Cholesterin- bzw. zu niedriger Gallensäure- oder • Ileum (Krummdarm. 2 m).
Phospholipidkonzentration fällt das Cholesterin aus. Am Anfang des Duodenums münd en die Ausführgänge des
,.. Bei ei ner Verlegung des Ductus choledochus kommt es zu Pankreas (Ductus pancreaticus) und der Leber (Duct us chole-
eine r Entfärbung des Stuhles. dochus, Gallengang) in den Darm. Um den Resorpt ionsfunkti-
,.. Unkonjugiertes Bilirubin wird im Blut an Albumin gebunden onen gerecht zu werden, ist die innere Oberfläche des Dünn-
transportiert. darms stark vergrößert. Morphologisch auffallend si nd gro be,
quer zur Längsrichtung orientierte, etwa I cm hohe Falten
(Kerckring-Falten). Sie sind mit Zotten von etwa I mm Länge
1.6.2 Enterohepatischer Kreislauf bedeckt. Die apikale Oberfläche der Zottenepithelzellen bildet
eine Vielzahl von fingerartigen Ausstülpungen (Mik rovilli) aus,
Die Fettverdauung findet im oberen Teil de s Dünndarms statt. die den sog. Bürstensaum bilden. Dadurch wird die Oberfläche
Die Gallensäuren (meist passiv durch nicht ionische Diffusion) des Dünndarms um das 600- Fache auf etwa200m 2 -also etwa
und die Gallensalze (ü ber einen Na•-symport-Carrier) werden der Fläche eines Tennisplatzes - vergrößert.
zu über 98 % im terminalen Ileum rückresorbiert und gelangen
mit dem Pfortaderblut zurück zur Leber (enterohepatischer ,.. Motorik_ Lokale Pendelbewegungen und rhythmische Seg-
Kreislauf). Dort werden sie von den Leberzellen über verschie- mentationen durchmischen den Darminhalt und bringen ihn
dene Carrier aktiv aufgenommen . Di e zur Leber zurückgelang- in Kontakt mit dem Epithel. Di e Dünndarmschleimhaut ist zum
ten Gallensäuren sind der stärkste Stimulus für die Gallesekre- Abtransport der absorbierten Nährstoffe reichlich mit Blut- und
tion . Da die im Körpervorhandene Gesamtmenge an Gallensäu- Lymphkapillaren versorgt. Durch die glatte Muskulatur (Mu-
ren (2-4 g) ni cht für die Fettverdauung ausreicht, durchlaufen sc ularis mucosae) sind auch die Zotten beweglich. di es unter-
die Gallensäuren den enterohepatischen Kreislauf in Abhän- stützt die Durchmischung und die Resorption des Chymus so-
gigkeit von der Nahrungsaufnahme vier- bis zwö lfmal pro Tag. wie die Entleerung der Lymphkapillaren.
Täglich mit dem Stuhl ausgeschieden werden nur 200-600mg Langsame Kontraktionswellen gehen von Sch rittmachern
Gallensäuren. die dann durch Neusynthes e aus Cholesterin in in der Darmwand aus. Ihre Frequenz nimmt vom Duodenum
den Leberzellen ersetzt werden, d. h. nur eine geringe Menge (12/min) zum Ileum (8/min) ab. Für die propulsiven peristalti-
wird neu synthetisiert. Ist die Rückresorption im Dünndarm schen Wellen , die den Chymus in Richtung Zökum verlagern,
gestört, können nicht ausreichend Gallensäuren synt hetisiert sind v.a. die Erregungsimpulse aus dem Plexus myentericus
werden, um die Differenz auszugleichen. Es kommt zu Fettver- verantwortlich. Sie werden reflektor isch durch Dehnung der
dauungsstörungen. Darmwand a usgelöst. Dabei verengt sich der betroffene Darm-
Auch die Abbauprodukte des Bilirubins durchlaufen zu ei - abschnitt , während sich gleichzeitig der weiter anal ge legene
nem kleinen Teil einen enterohepatischen Kreis lauf. Sie werden Teil erweitert un d die Längsmuskulatur kontrahiert, so dass der
erneut über die Leber, zu einem kleinen Teil jedoch auch über Bolus analwärts versc hoben wird.
die Nieren eliminiert. Der Da rminha lt wandert mit ei ner Geschwindigkeit von
6-Scmfmin durch den oberen und von 2cm/min durch den
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN .X unteren Dünndarm. Die Passagezeit hängt dabei v.a. von der
Im terminalen Ileum werde n 98%der Gallensäuren meis t Nahrungswsammensetzung ab. Kohlenhydratreiche Nahrung
passiv aus dem Darmlumen in die Enterozyten resorbiert. wird am schne ll sten, fettreiche am langsamsten transportiert.
Eine fehlende oder gestörte Rückresorption von Gallensäuren In sgesa mt erreicht der Darminhalt nach ca. 2-10 h das Zökum.
im Dünndann kann nicht ausreichend durch Ne usynthese von Sympathikus und Parasympathikus haben ei ne modulierende
Gallensäuren kompensiert werden. Wirkung auf die Dünndarmmotilität.
Auch zwisc hen den Mahlzeiten (in terdigestive Phase) ist der
Darm periodisch wiederkehrend motorisch aktiv. Nach einer
Ruhephase von etwa 90 min (Phase 1) treten Minute n bis Stun-
den dauernde , spo radi sc he Kontraktionen auf (Phase 2). Daran
sc hlie ßt sic h eine Phase starker propulsiver Peristaltik (Phase 3)
an. die als myoelektrischer Motorkomplex (MMC) bezeichnet
1.8 Absorption der Nahrungsbestandteile 13

wird. Ausge löst wird der MMC wahrscheinlich durch Motilin. APROPOS
Auch die Sekretion der Verdauungssekrete in Magen und Pank- Im Rahm en in sbesond ere einer o ralen Antibiotikatherapie w ird auch ein
großer Teil der ph ys iologischen Darmfi ora abgetötet . Einig e Bakterien. die
rea s ist währenddessen gesteigert. Der MMC wirkt vermutli ch
gegen das einge setzt e An tibiotikum res ist ent sind, vermehren sich dann
einer bakteriellen Besiedlung des Dünnda r ms entgegen. beson ders g ut. Clostridium difficile kann . insbesondere nach der Gabe von
Clindamyci n, den Darm überwuchern und eine pseudomembranöse Kolitis
hervorrufen. Die Pseudomemb ra nen bes tehen aus Fibrin und Exsuda t. die
1.7.2 Kolon und Rektum sich auf di e betroffe ne Darm eschl eimhaut aufiag ern . Die Patienten leiden
un te r wässrig en bis blutig-schleimig en Durch fällen , die m it Ab dom inal-
Im Dickdarm überwiegt eine nicht propulsive Pe-
krämpfen, Erbrechen und Fieber einhergehen kö nn en. Als Kom plikation
ristaltik mit vielen Segmentarionen (Hau strierungen), Pendel- ka nn es zu einer Darmp erfora t io n m it Perit o nitis und Sepsis oder einem
bewegungen und retrograder Peri staltik. Der schnell ste und toxisc hen Megako lon kom men. Th erapeutisch we rden neben dem Ausg leich
damit wichtigste Schrittmacher für die Kolonbewegungen sitzt des Elekt rolyt- und Flüssigkeitshaushalts die gegen C. diffici le w irk sa men
im Colon tran sversum. von ihm gehen Peri staltikwellen sowohl Ant ibiot ika Metro ni dazol oderVa ncomycin eingesetzt.

in analer al s auch in oraler Richtung au s (retrograde Peristal-


tik). Auf diese Weise werden die Fäzes vorwiegend im Colon 1.7.4 Defäkation
ascendens und dem Zökum . aber auch im Rektum gespeichert.
Findet keine Stuhlentleerung statt. akkommodiert da s Rektum Wenn da s Rektum durch zunehmende Füllung gedehnt wird,
(Speicherfunktion). werden anorektale Afferenzen erregt und es entsteht ein ver-
Zwei- bis dreimal pro Tag finden sog. Massenbewegungen stärkter Stuhldrang. Dabei relaxiert der M. sphincter ani in·
statt. Dabei verschwinden die Haustrierungen und die Tänien ternus durch einen lokalen Reflex, während der Tonu s des M.
erschlaffen. Es entsteht ein ringförmiges Kontraktion sband. da s sphincter ani externus zunäch st anstei gt. Der Defäka tion sre -
von proximal nach distal wandert und dabei den Darminhalt flex kann willkürlich kontrolliert werden. d. h. der Stuhldrang
vor sich hers chiebt. Diese propulsiven Massenbewegungen lässt sich beim Erwachsenen willentlich über den Sympathiku s
stehen unter der Kontrolle des autonomen Nervensystems. Die vermittelt unterd rücken. ln diesem Fall kontrahiert sich der M.
durch die Fäzes im Rektum verursachte Dehnung löst den De- sphinc ter ani internus wieder und das Rek t um passt sich dem
fäkationsretlex au s. vermehrten Inhalt an.
Aufgrund der vorwiegend nicht propulsiven Peristaltik er- Wenn die Defäkation erfol gen soll, mu ss der M. sphin cter
geben sich im Kolon lange Passagezeiten, die interindividuell externus bewusst entspannt werden. Die Defäkation tritt ein,
auch stark variieren können. Je nach Nahrungszu sammen set- w enn auch der innere Schließmuskel erschlafft und gleichzei-
zung - ballaststoffreiche Nahrung beschle uni gt die Darmpas- tig durch rektale Afferenzen über einen spinalen parasympa-
sage - beträgt die durchschnittlich e Passagezeit 1-3 Tage. Die thischen Reflex die Kontraktion von Colon sigmoideum und
durchs chnittliche Stuhlmenge beträgt bei norma le r Ernährung Rektum ausgelöst wird. Die willentlich e Erhöhung des intra-
50- 100 g pro Tag. a bdominellen Drucl<es durch Zwerchfellkontraktion und An -
spannung der Bauchdecke (Pressen beim Stuhlgang) kann di e
APROPOS
Bei einem Ileus ist die Darmpassage infolg e ei nes Darmversc hlu sses gestört. Defä ka tion unterstützen. Die Zahl der Defäkationen schwankt
Bei einem mechanischen Ileus (z. ß. Strangul ation, He rni ati o n, Ko lo nkarzi- zwis chen 3 pro Woche und 3 pro Tag. Das Stuhlgewicht beträ gt
nom) kommt es zunächst zu einer Hyperperist alt ik. bei der m an charak teris- bei norm aler Ernäh rung etwa 50- 100 g/d .
t ische. met allisc h klingen de oder sprit zende Darmgeräusche ausk ultiere n
kan n. Diese entstehen, wenn der Darm ver sucht. das Passage hinde rni s zu FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
überw inde n. Ein e Darml äh m ung (paralytischer Ileus) kann viele verschie-
Der Plexus myentericus steue rt reflektorisch die Peristaltik im
dene Ursachen haben (m et abolisch, toxisc h, refiektorisch). bei der Ausku l-
ta tion fe hl en Darmgeräusche (.. Totenstille"). Die Th erapie richtet sich nach
Dünndarm.
der Ursac he. Unverdaulich e Pflanzenfasern we rden im Kolon bakteri ell zu
kurzkettigen Carbonsäuren (z. B. Propionsäure) und kurzketti-
1.7.3 Darmbakterien gen Fettsäuren umge setzt.
Von Darmbakteri e n we rden au ße rdem H1 und Methan produ-
Während der obere Gastro inte stinaltrakt aufgr und der Barri - ziert
erefunktion des sauren Ma ge ns kaum Bakterien enthält, ste igt Ra sc he De hnung des Rektum s führt zur reflektorischen
die Zahl der Bakterien an der Bauhin-Klappe (lleocoecai-I<Iap - Erschlaffung des M. sphincter internus.
pe) sprunghaft an. Das Kolon enthält etwa 10 11 - 10 12 Bakterien An der Defäka t ion sind Kontraktionen des Colon sigmoideum
pro Milliliter Darminhalt . ln der Me hrza hl hand e lt es sich um bete iligt.
obligate Anaerobier. Die Trockenmasse des Stuhles besteht zu
30-70 % aus Bakte ri en. Die Bakterien spalten unverdaute Nah-
rungs bestandteile und eine n Teil der für den Men schen unver- 1.8 Absorption der
daulichen Ballasts toffe (z. B. Zellulos e) und produzi e ren dabei
Nahrungsbestandteile
kurzkettige absorbierbare Carbonsäuren (darunter auch Pro -
pionsäure), kurzket tige Fettsäure n, Ammoniak sowie Methan, Die tre ibende Kraft für die me isten in test inal e n Tra nsportpro-
C0 2 und Wasserstoff. zess e ist der Na•-cradient. der primär aktiv durch di e basol ate-
Täg lich werden bis zu 400- l SOOml Gas über den Anu s a us- ra le Na •/K.·ATPase aufge baut wird. Di e Resorption de r meiste n
ge schi eden. Di e Ga smenge häng t von de r Menge an Balla st stof- Nahrungs bestandteil e erfol gt im Symport mit Na• (se kund ä r
fen in d er Nahrung ab, insbeso nd e re Hülse nfrü chte fö rd ern di e a ktiver Tra nsport). Di e organi sc hen Nahrun gss toffe werde n fas t
enterale Ga sbildung. au sschließlich im obere n Dünndarm absorbiert, Wasse r und
Die Kolonbakte rie n synth eti sie ren Vitamin K, da s Elektrolyte auch im Di cl<d a rm.
resorbi e rt wird und für di e Blutge rinnung wichtig ist.
14 1 Ernährung und Verdauung

Für die Stoffaufnahme aus dem Darmlumen kommen 2 leisten deutlich schlechter permeabel, sodass hier anteilsmä-
Transportwege infrage: ßig die transzelluläre (und damit regulierbare) Na• -Aufnahme
Beim transzellulären Transport werden Substanzen über überwiegt. Aldosteron fördert in diesen Absc hnitten wie im
spezifische Transportproteine in der luminalen (apikalen) Tubulu ssystem der Niere die Na•- Resorption durch Einbau und
Membran aufgenommen, durch die Zelle geschleust und auf der Aktivierung von Na•-Kanälen (ENaC ) in die luminal e Enterozy-
basolateralen Seite über weitere Transportproteine abgegeben . tenmembran. Durch den elektrogenen Na•-Transport wird I(•
Auf diese Weise können Substanzen auch entgegen ihres elekt- elektrochemisch getrieben sezerniert. Wasser und CI - folgen
rochemischen Gradienten in den Körper aufgenommen werden. den Na• -Ionen.
Der parazelluläre Transport erfolgt passiv entlang eines
elektrochemischen oder osmotischen Gradienten (.. passive Per- .. Kalium. Die Resorption von J<• erfolgt im Jejunum und Ileum
meabilität" ) durch die lnterzellularspalten. Das Ausmaß des zum größten Teil passiv parazellulär. Im Kolon findet bei 1(• .
parazellulären Transports hängt dabei stark von der Durchläs- Mangel über eine W/K• -ATPase eine aktive Resorption statt. Die
sigkeit der Schlussleisten ab. Sie ist im Dünndarm wesentlich J<•-Resorption im Kolon ist über die Na•-Resorption aldosteron-
höher als im Dickdarm. weil die Porengröße von proxima l nach abhängig.
distal kontinuierlich abnimmt.
.. Chlorid. Im Duodenum und Jejunum wird CI · vorwiegend
passiv über Solvent drag und durch die transepitheliale Poten-
1.8.1 Mineralstoffe und Wasser
zialdifferenz aufgenommen. Im Kolon sind die Schlussleisten
.. Natrium. Mit etwa lOg NaCI pro Tag über die Nahrungsauf- dichter, daher findet hier die CI--Aufnahme bevorzugt über ei-
nahme und 25 g über die Verdauungssekrete erreichen etwa nen ci-/HC0 3 • -Antiporter statt (Ab b. 1.6).
35g NaCI das Damlumen.lm Dünndarm erfolgt die Na•-Resorp-
tion zu einem großen Teil (75 % je nach Nahrungsaufnahme), .. Bikarbonat. HC0 3· wird zum größten Teil im Austausch gegen
24% werden im Kolon resorbiert und nur 1 % mit dem Stuhl aus- c1· sezerniert (Abb. 1.6). im Jejunum kann es aber auch resor-
geschieden. biert werden.
Na• wird über das Darmepithel sowohl parazellulär als auch
transzellulär transportiert. .. Calcium. Täglich werden mit der Nahrung etwa 1 g und über
Ein großer Teil der Na •-Aufnahme im Duodenum und jejun- die verschiedenen Verdauungssekrete etwa 375 mg Ca 2• dem
um erfolgt über parazelluläre Resorption durch Solvent Drag. Darmlumen zugeführt. Davon werden nur etwa 175 mg/d resor-
Die Schlussleisten (Tight Junctions) in diesen Darmabschnitten biert, der größte Teil wird mit der Fäzes ausgeschieden. Ca 2•-
sind relativ undicht, sodass Wasser dem chemischen Gradien- Kanäle in den apikalen Enterozytenmembranen des Duodenum
ten folgend au s dem Darmlumen strömt und Na• mir sic h reißt. transportieren Ca2• aktiv aus dem Lumen. In der Zelle wird es
Der transzelluläre Na•-Transport erfolgt über verschiede- an Calbindin gebunden. zur basolateralen Seite gebracht und
ne sekundär aktive Mechani smen. Nährstoffabhängig werden dort über einen 3 Na•fca 2•-Antiporter oder eine Ca 2•·ATPase
Na•-lonen über verschiedene Na•fsubstrat-Cotransportsys- aus der Zelle transportiert. Vitamin -D- Hormon (Calcitriol) för-
teme (z. B. Na•tclukose-Symport. Na•fAminosäure-Symport dert die aktive Calciumaufnahme im Dünndarm (s. S. 61). Der
etc.) re sorbiert (wesha lb einer oralen Rehydrationslösung Glu- größere Teil der Ca 2•- Resorption im jejunum und Ileum erfolgt
kose zugesetzt wird ). Ein Na•fW-Antiporter, der Na• im Aus- parazellulär.
tausch gege n Protonen aus dem Lumen transportiert. wird
im Duodenum und Jejunum besonders durch HC0 3-- reiche .. Eisen. Der Eisenbestand des Körpers beträgt etwa 2,5 g (Frau-
Verdauungssekrete stimuliert. Dieser Transporter übernimmt en) bis 4 ,5 g (Männer). Der größte Teil ist im Hämoglobin ge-
in der interdigestiven Phase im Ileum und proximalem Kolon bunden (70%). 25 % werden an Ferritin gebunden in der Dar-
zusammen mit dem ci-/HC0 3·-Antiporter hauptsächlich die meschleimhallt bzw. in den Hepatozyten gespeichert. Eisen
Na•-Aufnahme (Abb. 1.6).1mlleum und Kolon sind die Schluss- wird im Blut in 3-wertiger Form (Fe 3• ) an Transferrin gebunden
transportiert.
Der tägli che Bedarf beträgt etwa 10mg für Männer und
Lumen 15 mg für Frauen. Frauen haben einen höheren Eisenbedarf als
(apikal) ( Männer, da sie bei der Menstruation regelmäßig Blut verlieren.
1 Die Eisenresorption im Duodenum hängt vom Eisenbedarf ab
und schwankt zwischen 10-20 %. Über die Nahrung wird Ei-
Na' • A
r-co,
sen z.T. als anorganisches Salz (Fe 2• oder Fe 3•) aufgenommen.
)H' ../!
I Haupteisenquelle ist aber Fleisch, in dem Eisen an Häm gebun-
I (

den vorl iegt. Bei Eisenmangel ist neben dem Serumeisen auch
der Ferritinspiege l erniedrigt, das Transferrin dagege n ist er-
höht und ze igt eine verminderte Sättigung.
Cl- • ( ) HCO)

Cl" L
(
Der Eisenbedarf li egt mit 10-15 mg im Milligrammbereich, Eisen
ist ein Spurenelement.

Abb. 1.6 Na •- und ci--Resoprtion im Ileum und im proximalen Fe 3• kann nicht resorbiert werden . Vitamin C, da s als Reduk-
Kolon. Der Na •/ H'-Antiporter ist in der in terdig estive n Pha se hauptver- tionsmittel Fe 3• in Fe 2• überführt , fördert daher die Eisenauf-
antwortl ich für di e Na •-Resorption nahme.
1.8 Absorption der Nahrungsbestandteile 15

Für Fe2 • gibt es 2 verschiedene Aufnahmeprozesse: 1.8.2 Kohlenhydrate


• An Häm gebundenes Fe 2 • wird an der apikalen Membran
über Endozytose aufgenommen und intra ze llulär durch die Über die Nahrun g werden 60 % der verdaubaren
Hämoxygenase aus dem Porphyringerüst frei gesetzt. Kohlenhydrate in Form von Stärke aufgenommen und etwa
• Nicht an Häm gebundenes Fe 2• wird durch eine n proto - 30 % in Form der Disaccharide Saccharose und Laktose. Stär-
nengekoppelten Fe 2 •-Transporter (Fe 2 •t W-Symporter) in ke und Disaccharide können nur als Monosaccharide resorbiert
der apikalen Membran der Enterozyten aufge nommen. Mit werden. Stärke wird durch die Amylase aus den Speicheldrü-
diesem Transporter werden auch andere divalente Ionen sen und dem Pankreas in Oligosaccharide gespalten. Oligo- und
transportiert. Disaccharide werden durch Enzyme am intestinalen Bürsten-
In den Mukosazellen steht Eisen im Gleichgewicht mit Ferritin . saum (Maltase, lsomaltase, Lactase, Saccharase) weiter zu den
Wird dessen Kapazität überschritten. sinkt di e Resorption aus Monosacchariden Glukose. Fruktose und Galaktose hydroly-
dem Darm Iumen. Bei der Ze llmauserung geht ein Teil des absor- siert.
bierten Eisen s mit den Mukosazellen wieder verloren. Das sind Die nicht verdaubaren Kohlenhydrate, z. B. Zellu lose. sind
die Gründe, warum bei ausgeglichener Eisenbilan z die Eisenre - Ballaststoffe. Sie werden über anaerobe Bakterien im Dickdarm
sorption nur etwa 10 % des zugeführten Eisens beträgt. zu kurzkettigen Fettsäuren (Essig-, Prop ion- und Buttersäure)
fermentiert und absorbiert. Die dabei entstehenden Darmga se
Über den Mund (2 I) und die Sekretion der verschie- sind Wasserstoff(H 2 ). Kohlendioxid (C0 2 ) und Methan.
denen Verdauungssäfte (11 Speichel. 21 Magensaft. 11 Pankre-
assaft 11 Galle, 3 1 Dünndarmsekret) gelangen pro Tag ca. 8-10 I Die Aufnahme von Glukose über die apikale
Wasser in den Darm. Die treibende Kraft für die Wasserresorp - Enterozytenmembran erfo lgt sekundär aktiv über einen Na •-
tion ist der v. a . durch die Aktivität der Na•t K• -ATPase aufrecht gekoppelten Symporter (SGLTl). der 2 Na•-lonen zusammen
erhaltene osmotische Gradient zwische n Darmlumen und In- mit 1 Glukosemolekül transportiert. Der Carrier ist relativ spe-
terstitium. Den resorbierten osmotisch wirksamen Teilchen zifisch für Glukose und Galaktose. andere Zucker werden von
strömt Was se r passiv nach. Auf diese Weise werden über 85 % ihm schlechter oder gar nicht transpor t iert. Die Aufnahme von
des Wassers bereits im Dünndarm resorbiert (6 1 im jejunum, Fruktose aus dem Darmlumen über die apikale Membran der
31 im Ileum). im I<olon (1 I) wird der Darminhalt noch weiter Enterozyten erfolgt passiv durch erleichterte Diffu sion über ei-
eingedickt, sodass nur etwa 100m! Wasser mit dem Stuhl aus- nen eigenen Transporter (GLUTS ).
geschiede n werden. Überdie ba so laterale Membran gelangen alle 3 Monosaccha-
ride mittels erleichterter Diffu sion über den Uniporter GLUT2
! in s Pfortaderblut. Die Resorption erfo lgt relativ schnell und ist
Bei Durchfallerkrankung von Kindern mit leichter bis mäßiger bereits im oberen Dünndarm weitgehend abgesch lossen.
Dehydratation wird häufig eine ora le Rehydratation durchge·
führt. Du rchfall führt in der Regel zu einem isoosmotischen FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Flüssig ke itsverlust weil der Darminhalt isoton ist (isotone Dehy- wird sekundär aktiv mit einen Glukose/Na•-sympor-
dratation). Bei der Be hand lung wird üblicherweise der kochsalz· ter durch die apikale Enterozy te nm embran transport iert.
haltigen Rehydratationslösung noch Glukose hinzugefügt, da Fruktose wird passiv durch erleichterte Diffusion über den
m it der Gluko se -Resorption über den Na+/Giuco se-Symporter spezifischen GLUT5 in di e Ente rozyte n aufgenommen.
die Na+-Resorption geförd e rt wird. und damit wiederum die
Wasserreso rption.
1.8.3 Proteine
Wenn der ora len Rehydratationslösung Stärke (z. B. in Form von
Reisschl e im) anste ll e von Glukose zug esetzt wird -wie in einer .. Verdauung. Im Magen werden Proteine durch Salzsäure de-
Prüfungsfrage vorgeschlag en - hat das den gleichen steigernd en naturiert und die enzymatische Spa ltung durch die Pepsine ein-
Effekt auf die Na •- und Wasse r-Resorption. ge lei tet. Im Dünndarm ist der pH -Wert durch den alka li schen
Pankreassaft so hoch, dass die Pepsine inaktiviert werden. Pan-
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X kreatische Proteasen (pH-Optimum 7-8) spalten Prote ine und
.. Die Schlu ss leisten de s Kolonepithel sind wesent li ch undurch- Polypeptide in Oligopeptide aus maximal 8 Amino sä uren. Die
letzten Spaltungsschritte zu Di - und Tripeptiden oder einzel-
lässiger fü r Ion en al s di e Tight junctions von Duodenum und
nen Aminosäuren erfo lgen durch Oligopeptidasen des Bürsten-
jejunum .
saums. z. B. durch Aminopeptidasen. die Peptide vom Amino-
.. in den Entero- und Hepatozyten sind ca. 25 %de s Eisens an
ende her spalten.
Ferritin gebunden gespeichert.
.. Der Eisenbedarf ist im All gemeinen be i Frauen im gebä rfä hi-
Im Dünndarm w e rden bis zu 90 % des Nahrungs-
gen Alter höher als be i gleichaltrigen Männern.
eiweißes (Duodenum ca. 60 %, Il eum 20-30 %) absorbiert. Die
.. Nicht an Häm gebunden es Fe 2 • gelangt mit te ls ein es Trans-
restlichen 10% werden im Kolon bakteriell abgebaut.
porters für divalente Meta lli onen in die Enterozyten.
Üb er W-gekoppelten Symport werden Di- und Tripeptide
.. De r osmotische Gradient zwischen Darmlumen und Interst i-
rel ati v schn ell sekundär aktiv in die Mukosazell e n des Dünn-
tium ist di e tre ib end e Kraft fü r die Wa sse rresorption.
da rms aufgenommen und dort intrazellulär zu freien Amin o-
.. Er wird durch eine Na•JK•-ATPase aufrec hterh alte n.
sä uren hydrolysiert.
Die Resorption von freien Aminosäuren in die Enterozyten
de s Dü nnd arms erfolgt größtente ils über se kundär aktiven
Na•-symport. Es ex isti e ren verschiedene Na •-symporter, di e
16 1 Ernährung und Verdauung

jewei ls für mehrere Aminosäuren spezifisc h s ind. Diese lassen ung durch Lipasen ermöglichen. Unte r der Ei nwi rkung ei ner
sich in mehrere Gruppen einteilen : säurestabilen Lipase aus den Zungengrunddrüsen und den
• neutrale Aminosä uren , z. B. Alanin und Leuein Hauptzellen des Magens werden h ier bis zu 30% der Nahrungs-
• bas isc he (kat ion ische) Aminosäuren, z. B. Arginin. Lysin und fette gespa lten (Abb. 1.7).
Ornithin Im Duodenum mischt sich der fetthaltige Chymus mit den
• saure (an ionische) Aminosäuren. z. B. Glutamat und Aspartat lipidspa lten den Enzymen des Pankreassafts (Pankreas-Lipase,
• ß-Am inosäuren. z. B. Taurin und ß-Aianin Phospholipase A2 , Cholesterinesterase etc.). Die Pankreas-Li-
• Iminesäuren pase spa ltet die Triacy lglycerine v. a. zu freien Fettsäuren und
2-Monoacylglycerinen. Sie ist in Gegenwart von Ca 2+ und Ko-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN .X lipasen aktiv. die aus Pro-Kolipasen des Pankreassaftes unter
"' Bei der Aminopeptidase handelt es sic h um ei n Verdauungs- Einwirkung von Trypsin entste he n. Gallensäuren des Pa nkre-
enzym, das im Bürstensaum des Dünndarmepithels loka lisiert assaftes sind für die feine Emul gat ion und Mizellenbildung ver-
ist. antwort li ch. Sie bilden aus den Fe tten und Fettspaltprodukten
"'Dipeptide und Tripeptide werden mithilfe vo n sekundä r akti- (freie Fettsäuren, Mono- und Triglyceride, Cholesterin. fettlös -
ven H+-symportern von den Mukosazellen des Dünndarms li che VitJminen, z. B. Cholecalciferol ) zusammen mit Ga ll en sa l-
resorbiert. ze n Micellen. deren Durchmesser nur noch 20-50 nm beträgt.
"' Glutamat und Aspartat werden über den gleichen Carrier in
die Ente rozyten aufg enommen. Als Micelien gelangen die Fettspaltprodukte
leicht zw isc hen die Mikrovilli des Dünndarmepithels und wer-
den dort rasch passiv (z. T. carriervermittelt) durch die lipophile
1.8.4 Fette Zellmembran absorbiert. Unter normalen Umständen werden
etwa 97 % der zugeführten Fette reso rbiert. Die Fettverda uung
Nahr ungsfette bestehen zu 90 % aus Triacylglycerinen m it vor- ist spätestensa mEnd e des Jejunums abgesch lossen. Kurzketti-
wiegend langkettigen Fettsäuren, die rest li chen 10 %setzen sich ge Fettsäuren werden allerdings z. T. erst im Kolon resorbiert.
aus Cholesterin, Cholesterinestern. Phospho- oder Sphingolipi- Die frei werdenden Gallensalze werden in den "leere n" Micelien
den und den fettlöslichen Vitami nen (A. D, E und K) zusamme n. weitertransportiert und schli eß lich im terminalen Ileum eben-
Aufgrund der schlechten Wasserlöslichkeit von Fette n bedarf fa ll s resorbiert (enterohepat ische r Kreis lauf. s. 5. 12).
ih re Resorptio n besonderer Mechanismen. Die kurz- und mittelketti gen Fettsäuren sind relativ polar
(und dadurch hydroph il) und gelangen aus den Enterozyten di-
"' Mechanische Emulgation und Verdauung. Um ei ne g ute An - rekt ins Pfortaderblut. Die langkettigen Fettsäuren und Mono -
griffsfläche für die verdauenden Enzyme zu bieten. müssen Fet- acylg lycerine werden im Endoplasmatischen Retikulum wieder
te emu lgiert, d. h. a uf m öglic hst kleine Partikel verteilt werden. zu Triacylglycer in en zusammengesetzt. Die resynthetisierten
Im Magen werden die Nahrungsfette durch die peristaltischen Fette werden zusammen mit Apoproteinen (A polip oprotein B)
Kontraktionen mechanisch emulgiert. Dadurch e ntstehen Fett- als Chylomikronen verpackt. die die Ze ll e per Exozytose ver-
tröpfchen mit e inem Durchmesser von 0,5-2J.!m, die aufgrund lassen und über den lymphweg in den systemischen Kreislauf
ihres großen Oberflächen-Volumen-Verhältnisses die Verdau-

Abb. 1.7 Absorption von Lipiden.


Triglyzeride,
Cholesterinester,
Phospholipide.
Speicheldrüsen fettlösliche Vitamine
(se röse Anteil e) der Nahrung
Zungengrundlipase
Magen
Mag enlipase
der Hauptzell en --t-.,.
Pankreas
Pankreaslipase
o + Kolipase,
Phosphol ipase A2.
Cholesterin-Esterase
:E Abgabe von
>- Leber
Gallensäuren ---1--.,. Chylomikronen
0 Enterozyten an die Lymphe
0 2-Monoglyzeride. (- D. thoracicus)
f
1!
langkettige Fettsäuren,
Cholesterin,
Lysophospolipide.
fettlösliche Vitamine
" in Mizellen
0
kurz- und mittelkettige
Fettsäuren
Glyzerin ----'t----'----------.
2.1 Energiehaushalt 17

gelangen. Ein blockierter Lymphabtluss beein träch tigt daher FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN .)(
v. a. die Fettresorption. ., Die Motorik des distalen Magens dient der mechan ischen
Emulgierung von Nahrungsfetten.
APROPOS
Unter Maldigestion ve rsteht man ein e Störu ng der Verdauung, also der
Spa ltung der Nahrungsstoffe. z. B. nach Magenresek tion oder bei Mangel an
GESCHAFFT
Pankreassekret oder Gallenflüssigkeit. Malabsorption meint dagegen eine
Absorptionsstörung, z. B. im Rahmen von Darm erkrankungen, Darmresekti- Haben Sie das erste Lernpaket gut verda ut? Weiter geht es mit dem ver-
onen oder bei Störungen der Darmdurchblutung. wandten. abe r eher übersichtlichen Thema Energie- und Wärm ehausha lt. Im
Bei der ein heimi schen Sprue ( glutensensitive Enteropathie) liegt eine ge- An sch luss müssen Sie sich in Lernpaket 6 noch mitdem Wasser· und Elet-
netisch prädisponierte Unverträg lich keit gegenüber der Gliad inlraktion des krolytha ushalt sowie der Nierenfun ktion beschäftigen. Zum Verständ nis der
Glutens (einem Getreideprotein) vor. Sie führt zu einer Schädigung des ab· Niere sollten Sie sich de n anatom ischen Au fb au dieses Organ s noch einmal
sorbierenden Epithels und damit zu ein em Malabsorptionssynd rom. Klini sch vergegenwärtigen sowie den Aufbau ein es Nephrons gut beherrrschen.
äußert sich die Erkrankung durch chronisch rezidiv ierende Durchfäll e und
Mangelernährung. Durch glutenfreie Ernährung kann Beschw erdefreih eit
erzielt werden. Bei Kin dern nennt man das Kra nkheitsbild Zöliakie.

LERNPAKET 6
"'

2 Energie- und Wärmehaushalt .; LERNTIPP !


Zum Energiehaushalt werden za hlreiche Rechenaufgaben
2.1 Energiehaushalt gestellt. Hierzu ist es wichtig, sich fo lgende Definitionen und
Umrechnungen klar zu machen:
Die energiereichen Nahrungsbestandteile Kohlenhydrate, Fette .. Die Maßeinheit für die physikalischen Größen "Energie" und
und Eiweiße dienen dem Körper als Energiequelle. Im Energie- "Arb eit" ist da s Joule.
haushalt stehen der Energiea ufnahme über die Nahrung sämtli- .. Die Gesam ten erg ie eines Systems bleibt konstant.
che energieverbrauchenden Prozesse des Körpers wie Auf- und .. Energie kann we der neu geschaffen noch vern ichtet werden ,
Abbauproze sse, zu verrichtende Arbeit oder Wärmeproduktion sondern nur von einer Energieform in ei ne andere überführt
gegenüber. Ist die Energiebilanz positiv, wird die überschü ssige werden.
Energie gespeichert (z. B. in Form von Fettdepots), ist die Bilanz Diese werden entsprechend ihrer Natur (chemisch. mechanisch
nega tiv, werden Reserven abgebaut. etc.) in verschiedenen Einheiten ausgedrückt. Für die Umrech-
Die Umwandlung der chemischen Energie der Nährstoffe nungen gilt:
in den zellulären Energiespeicher ATP oder die anschließende 1 Jou le (1 j) = 1 Newtonmeter (1 Nm) = 1 Wattsekunde (1 Ws)
Umwandlung in z. B. mechani sche Energie durch eine Mu skel- Abgeleitet davon ist die Leistung (Arbeit/Zeit), die in Watt ange-
bewegung ist nicht zu 100 %möglich, sondern beijeder Energie- geben wird:
umwandlung wird ein Teil der Energie als Wärme frei. Dieser Watt= 1]/s = 1 Nm /s
Energiebetrag steht zur Arbeitslei stung nicht zur Verfügung. Eine noch häufig verwendete, abe r veraltete Einheit der Energie
Den Quotienten aus geleisteter Arbe it und verbrauchter Ener- ist die Kalorie:
gie bezeichnet man als Wirkungsgrad. Der Wirkungsgrad kör- 1 ca l = 4,187 J oder 1 J = 0,239 ca l
perlicher Arbeit liegt kaum höher als 25 %. d. h. der Großteil der
Energie geht als Wärm e verloren. Die so im Körp er entstehend e
Wärme bestim mt maßgeblich die Körpertemperatur. Um über-
2.1.1 Energieumsatz
schießende Reaktionen zu verhindern (wie etwa eine über-
mäßig erhöhte Körp ertemperatur bei erhöhtem Stoffwechsel), Die Menge an Energie, di e ei n Mensch innerhalb eines Zeit-
müssen Energie- und Wärmehaushalt notwendigerweise aufei- raums verbraucht, wird als Energieumsatz bezeichnet. Der
nander abgestimmt sein. Energieu msatz des Körpers ist neben anderen Faktoren (s. u.)
von der körperl ichen Tätigkeit abhängig. Entsprechend we rd en
verschiedene Belastungsstufen un terschieden , deren Definitio-
nen ni cht immer ei nheitlich sind :
18 2 Energie- und Wärmehaushalt

Tab. 2.1 Prozentualer Anteil der Organe am Grundumsatz (Mann).


60
Organ prozentualer Anteil 1
Leber 20 %
,.,
N

Muskulatur 26 % E::J
-o 50
Gehirn 22 % c
::J

Herz 10 %
l5
:;;
>
Nieren 10 %
40
übrige Orga ne 12 %

0 10 20 30 40 50 60
• Ruheumsatz und Grundumsatz. Unter Ruheumsatz versteht Alter (Jahre)
man den Energieum satz bei geistiger und körperlicher Ruhe. Da Abb. 2.1 Abhängigkeit des relativen Grundumsatzes vom Lebensal-
hierbei andere einflussnehmende Faktoren n ic ht berücksichtigt ter. ln der Wachstumsphase sink t der Grundu msa tz zunächst stark ab,
sind, wurde der Grundumsatz eingeführt, der unter definierte n um dann beim erwachsene n Men sch en über mehrere Jahre praktisch
Standardbedingu ngen gemessen wird: konstant zu bleiben. Ab etwa 40-50 Jah ren geht er dann allmählic h um
• nü chte rn (12 - 14 Stunden nach der letzten Mahlzeit), weitere rund 10 %zurück.
• morgens,
• bei völ liger körperlicher und geistiger ( liegend und ent- und von der hormonellen Situation (v.a. von der Aktivität der
spannt) Ruhe, Schilddrüsenhormone, s.S. 55}.
• bei Indifferenz temperatur (27- 31 "C, unbekleidet) und Körpergröße und Körpergew icht bestimmen die Kör-
• normaler Körpertemperatur. peroberfläche eines Menschen, über die der größte Teil der
Der Grundumsatz bezeichnet den Energieumsatz eines ge- Wärmeabgabe erfolgt. Die Wärmeproduktion findet im Kör-
su nden Erwachsenen, der zur Aufrechterhaltung der Organ- perinneren statt, sie hängt vom Volumen ab. Entsc heidend ist
funktionen notwendig ist. Er umfasst die benötigte Energie für daher das Verhältnis von Körperoberfläche zu I<örpervolumen.
Strukturerhaltung und Temperaturregulation sowie für ständig Bei gleichem Gewicht muss also der Grundumsatz be i einem
ablaufend e phys iologische Vorgänge der versch iedenen Organe größe re n Mensche n mit großer Körpe roberfläche und g röße-
wie Herz. Lunge oder Niere, deren Anteil am Grundumsatz un- rem Wärmeverlust h öher sei n. Bei g leicher Größe und unte r-
terschiedlich ist (Tab. 8.1 ). schiedlichem Gewicht hat der schwerere e ine größere Kör-
peroberfläche und damit einen höheren Grundum satz.
• Grund bedarf. Der Grundbedarf a n Energie für einen 70 kg Eine sc hwi erige Situation stellt die Abhängigkeit des Grund-
schweren Mann beträgt ca. 7100kJ/d = 7,1 MJ/d. In den a lten umsatzes von der Körperoberfläche für ein Neugeborenes bzw.
Einhe iten entspricht dies 1700 kcal/d. Für eine Frau beträgt der ei nen Säugling dar. Seine Körperoberfläche ist im Verhältnis
Grundumsatz ca. 6300 kj/d = 6,3 MJ/d. Der tatsächliche Energie- zum Körpervolumen größer als beim Erwachsenen. Der Ge-
bedarf des Körpe rs liegt in Abhängigkeit von der körperlichen samtum satz ist natürlich deutlich kleiner als beim Erwac hse-
Aktivität höher. nen, aber bei e iner Um rech nung des Grundumsatzes relativ zur
Körperoberfläche (relativer Grundumsatz, angegeben in W/m 2)
• Freizeitumsatz. Ein nicht körperlich arbeitender Mensch, der ergeben sich recht hohe Za hlenwerte. Zudem ist der Körperkern
auch außerha lb der Arbeit keine Anstrengungen (z. B. Sport) durch die schma lere Sch a le sch lechter isoliert. Eine Unterküh-
unternimmt. verbraucht pro Tag etwa 8400 kj (Fraue n) bzw. lung kann deshalb sc hon bei für Erwachsene völlig unbedenk-
9600kj (Männer). Die Werte li egen somit etwa 30% über dem li chen Tempera turen auftreten. Folgl ich setzt die aktive Wär-
Grundumsatz. Ausgehend vo n diesem Frei zeitumsatz erhöht m ebi ldung des Neugeborenen sc hon bei höheren Temperaturen
sich der Energ iebedarf du rch körperliche Aktivität. e in (s. S. 21).
Der Grundumsatz hängt aber nicht nur von der Körper-
• Arbeitsumsatz. Der zusätz liche Energieumsatz bei le ich- masse a b, sondern auch von ihrer Zusammensetzung. je mehr
ter körperlicher Arbeit beträgt 2000 kJ/d, bei Schwerstarbeit stoffwechselaktive Ze llm asse (Skele ttmu sku latu r, Skelett und
müssen bis zu 10000kj/d zusätzl ich zugefü hrt werden. das innere Organe) eine Person hat, desto höh er ist ihr Energ iever-
entspricht maximal einer Ve rdreifachung des Grundumsatzes. brauch . Fra uen haben aufgrund des re lativ höheren Anteils an
Auch bei geistiger Arbeit erhöh t sich d er Energieumsatz. Die- stoffwechseli na ktivem Fettgewe be e inen um ca. 10 % niedri-
se Steigerung erklärt sich jedoch nicht durch einen erhöhten geren Grundumsatz. Auch im Alter sinkt der Grundumsatz ab
Energiebedarf des Gehirns. so ndern durch eine reflektorische (Abb. 2.1 ), da sich die Zusa mmen setzung des Kör pers ändert
Anspannung der Skelettmuskulatur ("a ngestre ngtes Nachd en - und z.B. Muskelmasse, d. h. ein Tei l der fettfreien stoffwechse-
ke n" ). lakt iven Masse. abnimmt.
Will man den Energ ieumsatz in Watt berechnen . gi lt : 1 W Auch die Umgebungstemperatur hat einen w ichtigen Ein-
= 1 Jfsec fluss auf den Energie um sa tz. Bei Indifferen ztemperat ur oder
thermoneutraler Umgebung ist der temperaturbedingte Ener-
Faktoren, die den Energieumsatz beeinflussen g ieumsatz am ge ringsten. Er steig t bei höhere r Umge bungstem-
Neben der Art der körperlichen Aktivität ist der Energ ieumsatz peratur durch die Zunahme der Rea ktionsge sc hwindigkeiten
noch von za h lre ichen anderen Faktoren abhängig, z.B. von der bzw. stä r kere Hautdurchblutun g und Schweißdrüsentä ti gkeit,
Außentemperatur, von der Aktiv ität e in ze lner Organsysteme bei n iedr igeren Te mperature n z. B. durc h aktive Wä rmeproduk-
tion.
2.1 Energiehaushalt 19

Bei der Verdauung, Resorption und Speicheru ng von Nah- Tab. 2.2 Brennwerte der Hauptnahrungsbestandteile. Der physio-
rung finden energieverbrauchende Prozesse statt, zu sätz li ch logische Brennwert von Ethanolliegt mit 29,7 kJ/g nur wenig niedri-
kommt es zu ei ner durch den Sy mpathiku s indu zierten Erhö- ger als der von Fetten
hung der Stoffwec hselaktivität d. h. die Nahrungszufuhr se lb st physikalischer physiologischer
führt zu e iner Zunahme des Energieumsat zes und e in Teil der Nährstoff
Brennwert (kJ/g) Brennwert (kj/g)
aufgenommenen Energie ge ht al s Wärme verloren. Diese postp-
Kohl enhydrate 17,6 17,2
randiale Steigerung des Energieumsatzes- m a n bezeichnet sie
auch als die spezifisch-dynamische Wirkung der Nährstoffe - Eiweiß 23 17,2
erk lärt. warum es einem beim Esse n warm wird. Mit bis zu 30 % Fette 38,9 38,9
-
ist di e spezifisch-dy nami sche Wirkung bei reiner Eiweißkost
Ethanol 29,7 29,7
am höc hsten , d . h. etwa V. der ent haltene n Energiemenge wer-
den zu r Verdauung gebra ucht oder gehen a ls Wärme verloren.
Deshalb eignen sich z. B. kalte (eiweiß reich e) Milchprodukte nur Indirekte Kalorimetrie
bedi ngt zur Erfr isc hung in sommerli chen Temp eraturen , da bei Au ch der physiologische Energieumsatz einer Tes tperso n kann
ihrer Verdauung noch zusätz li ch Wärme frei gesetzt wird. direkt über deren Wärmeabgabe in einem Kalorimeter gemes-
sen werden (direkte Kalorimetrie). Hierfür ist ein relativ hoher
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Au fwand nötig. Einfac her ist di e Methode der indirekten Kalo-
,.. 1 Watt = 1 Jfsec rimetrie, bei der man den Umsta nd nutzt, dass bei der Verbren-
,.. Geistige Arbeit erhöht de n Energieumsatz, Ursac he ist eine nung der Nährstoffe im Stoffwechsel 0 2 verbraucht und C0 2
reflektorische Anspannung der Mu skul atur. abgegeben wird.
,.. Bei Neugeborenen und Sä ugling en isl der relative Grundum- So werden z. B. bei der Verbrennung von 1 Mol Gl uko se
satz (Grundumsatz bezo gen auf die Körperoberfläche) am (180 g):
höchsten.
,.. Mit ste igendem Alter sinkt der Gru nd umsatz. C6 H 12 0 6 + 6 0 2 ..., 6 C0 2 + 6 H2 0 + 2868 kj

und einem Molvolumen eines Gases von 22,41


6 x 22,4 1 = 134,41 0 2 verbraucht.
2.1.2 Energiegehalt der Nahrung
Bei der vollständigen Oxidation von 1 Mol Glukose werden
Fette, Eiweiße und Kohlenhydrate un te rsc heide n sich in ihrem 2868kj frei gesetzt. dabei entste he n 30-32 ma l ATP mit e in er
Energ iege ha lt. De r Energiegehalt außerhalb des Körpers lässt Gesamtenergie von etwa 1488 kj, der Res t geht als Wärme ver-
sich in einer geschloss enen Brennkammer (Kalorimeter) ermit- loren.
teln, indem unter Sauerstoffatmosphäre jeweils eine identi sc he Zur Messung der Atemgasmengen st ehen moder ne Verfah-
Menge voll stä ndig zu C0 2 u nd Wasser verbrannt wird. Di e dabei ren zur Verfügung. bei denen normal a us der Umgebungsluft
frei werdende Energie, die in Form der Wärmezunahme gemes- geatmet und über zwischengeschaltete Ventile und Messgeräte
se n wird, entspricht dem physikalischen Brennwert (Tab. 2.2). da s Atemzeitvolumen sow ie die 0 2 - und CO[ Konzentra tion s-
Die Energie , die bei der Verbrennung der Nä hrstoffe im Kör- differenzen zwischen Ein - und Ausatmungsluft bestimmt wird.
per e ntsteht, wird als physiologischer Brennwert bezeichnet.
Ist di e Zusa mmensetzung der Nahrung bekannt, kann mithilfe ,.. Kalorisches Äquivalent. Aufgrund ihrer unterschied lichen
des physiologischen Brennwerts die zugeführte Energie be- Brennwerte wird bei der vo ll ständigen Ox id ation der verschie-
rechnetwerden. Der physikalische Brennwert liegt in sbesonde- denen Nährstoffe pro Li ter verb rau chtem Sauerstoff unter-
re für Eiwe iße höher als der durch den Körper nutzbare physio- sch iedl ich viel Energie frei. Ma n bezeichnet das Verhältnis aus
logisc he Brennwert, während diese be id en Werte für Kohlenhy- frei werdender Energie und verbrauchte m Sa uerstoff als das ka-
drate, Fette und Ethanol m ehr oder weniger identisch sind. Der lorische (energetische) Äquivalent, angegeb en in kj/1 0 2.
Unterschi ed e rklärt sich dadurch. dass Proteine im Körper nicht Das kalorische Äquivalent für Glukose entsp ri cht:
vollstä ndig abgebaut werden, sondern da ss das Stoffwechse-
kalorisches Äqu ivalentctu k= 2868 kj/134,41 0 2 = 21,4 kj /1 0 2
len dprod uk t (z. 8. Harn stoff), das über die Niere ausgeschieden
wird, selbs t noch Energ ie e nth ä lt. Die Werte für die andere n Nährstoffe sind in Tab. 2.3 aufgelis-
tet. Da nicht bekannt ist, welche Nährstoffe in welchen Antei-
RECHENBEISPIEL len zu ei nem bes timmten Zeitpun kt im Körper verbran nt wer-
Ein Mann trinkt 0, 51eines alkoholfreien Biers. 100m I di eses Getränk s
den , wird bei Mischkost mit e inem Mittelwert von ca. 20kj/l
ent halten ca . 0,4 g Prot ein und 5.3g Maltose. Wils den ph ysiologischen 0 2 gerechnet. Oder a nd ers ausged rückt: Beim Verbrauch von
Brennwert angeht , sind di e übrigen Inhaltss t off e ni cht von Belang. Der 1 I Sauerstoff wird bei Mischkos t e ine Ene rgiemenge von 20 kj
täg liche Energi ebedarf des Mann es li egt bei 10 Mj . Wi e hoch ist der Ant eil freigesetzt.
am t ägli chen Energiebedarf, der du rch das Bier gedeckt wi rd?
Mithilfe des kalorischen Äquivalentes und des Sauerstoff-
Lösung : Der physiologisc he Brennwert vo n Prot einen und Kohlenhydra ten
li eg t bei jeweils 17 kj /g (Tab. 2.2) . Die Angabe der Inhalt ss toffe bezieht sich
verbrauchs (ge messen über indirekte Ka lorimetrie) lä ss t sich
auf 100 ml. der Man n trink t abe r 500 ml. Er nimm t also üb er das Bier 2 g der Energieumsatz bestimme n. Er berechnet sich al s Produkt
Protein und 26.5g Mal to se zu sich und dami t: au s 0 2 -Aufn a hme pro Zeit mul tip li zier r mit dem ka lorisc he n
2. 17 + 26,5 X 17 • 484,5 kj Äquival e nt. Bei ein er no rm a len 0 2-Aufn ahm e von 300 ml /min
Der täg liche Energi ebedarf des Mannes lieg t bei 10 000 kj (· 10 MJ), er ergäbe s ich bei nor maler Mi sch kost ein Ene rgieum satz von
deck t du rch das Getränk also4.85 % ab.
0,3 10 2/m in x 20 kj/1 0 2 = 6 kj /min, entspreche nd 8640 kjfd.
20 2 Energie- und Wärmehaushalt

Tab. 2.3 Kalorisches Äquivalent und respiratorischer Quotient der Thermorezeptoren:


Hauptnahrungsbestandteile - im inneren Körperkern
-in der äußeren Körperschale
Nährstoff
kalorisches Äquiva- respiratorischer
lent von 0 2 (kj/1 0 2 ) Quotient (RQ)
Kaltrezeptoren I IWarmrezeptoren
Ko hlenhyd rate 20,96 1,0
Eiweiß
Fette
18,7
19,6
0,81
0,70
y_ Istwert r
Mischkost 20,2 0,82- 0,85 Reg ler

J
RECHENBEISPIEL
Bei einer Versuchsperson mit einem Atemzeitvolum en von 151/min beträgt
I Sollwert I
der Volumenanteil des 0 2 exspiratorisch 0,171/1, inspiratorisch 0,21 I/I. Hypothalamus
Errechnen Sie den Energieumsatz! Wärmeabgabe: Wärmebildung :
- Hautdurch- - Hautdurch-
Lösung: Die Differenz zwischen dem inspiratorischen und dem exspiratori· blutung t blutung L
sehen Sauerstoffvolumenanteil- und damit die Sauerstoffaufnahme -liegt -Schweiß- - Kältezittern
bei 0,04 1/1. Pro Minute werden daher vom Probanden 15 x 0,04 0,6 10 2 sekretion - Muskeltonus t
aufgenommen. Das kalorische Äquiva lent für norma le Mischkost wird mit -Verhalten - Verhalten
20k]/l o, angenommen, d. h.
0,61 x 20 k] /1= 12 k]/min (= 12000 J!min = 200 ]/sec) Abb. 2.2 Regelkreis zur Einstellung der Körpertemperatur
1 Watt entsprechen 1 J!sec. der Energieumsatz beträgt demzufolge 200 W.
der Außentemperatur weitestgehend konstant. Der Mensch ge-
.,. Respiratorischer Quotient. Den zu einem bestimmten Zeit- hört - wie alle Säuger- zu den homoiothermen Organismen .
punkt vorherrschend verstoffwechselten Nährstoff kann man
anhand des Verhältnisses von abgeatmeter C0 2-Menge zu auf-
2.2.1 Regelkreis zur Thermoregulation
genommener 0 2 -Menge ermitteln, d. h. mithilfe des respiratori-
schen Quotienten (RQ). Im menschlichen Körper wird die sog. Kerntemperatur, also die
Temperatur im Inneren von Rumpf und Schädel. durch aktive
RQ = C0 2 -Abgabej0 2-Aufnahme
Regulation über einen Regelk re is im Mittel auf einen Sollwert
Bei der Verbrennung von Kohlenhydraten wird für jedes ver- von etwa 37"C gehalten (Abb. 2.2). Die Temperatur der Kör-
brauchte Mol 0 2 ein Mol C0 2 erzeugt (s.o.). Der RQ beträgt 1. perschale (Scha lentemperatur) ist von der Außentemperatur
Für die Verbrennung der stärker reduzierten Moleküle, wie abhängig, sie kann bis zu 9 "C unter der Körperkerntempe ratur
Fette und Eiweiße, wird bei der Verbrennung mehr Sauerstoff liegen.
verbraucht als Kohlendioxid abgegeben wird, der RQ liegt unter Das Zentrum des Regelkreises liegt in den ka udalen Anteilen
1 und zwar bei 0,81 für Eiweiße und 0,70 für Fette (Tab. 8.3). des Hypothalamus (A rea hyp otha lamica posterior). Als Tempe-
Für die Oxidation von z. B. Palmitinsäure ergibt sich: ratursensoren fungieren temperatursensible Neuronen im Be-
reich des rostralen Hypothalamus (Regio praeopticafvorderer
C, 5 H3 ,COOH + 23 0 2 ___, 16 C0 2 + 16 H2 0 und damit folgender
Hypothalamus), aber auch im unteren Hirnstamm und beson-
RQ:
ders im Rückenmark. Neben diesen inneren Temperatursenso-
RG.ralm = 16/23 = 0,7
ren registrieren äußere Kälte- und Wärmesensoren in der Haut
die Umgebungstemperatur. Als äußere Störgröße wirkt sich
Für den respiratorischen Quotienten wird ein Mittelwert für z.B. eine Änderung der Umgebungstemperatur aus. als innere
Mischkost von 0,82 angegeben. z.B. eine reichha ltige Mahlzeit oder körperliche Anstrengung.
Die Kerntemperatur eines Marathonläufers z. B. kann auf bis zu
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
40 "C ansteigen.
Der physiologische Brennwert sowo hl für Kohlenhydrate als Bei einer Istwert-Änderung stehen dem Körper mehrere
auch für Eiweiß liegt bei 17,2 kj/g. Stellglieder zur Wärmeabgabe oder-aufnahmezur Verfügung:
.,. Der Energieumsatz kann aus der 02·Aufnahm e pro Zeit multi- Als wichtiges Stellglied greift das Verhalten in den Regelkreis
pliziert mit dem ka lorischen Äquivalent berechnet werden. ein, z. B. durch eine Änderung der Kleidung oder dem Anstel-
1> Als kalorisches Äquivalent für gemischte Kost werden 20kJ/I len ei ner Heizung, eines Ventilators etc. ln der Regel si nd diese
02 angenommen. Maßnahmen möglich und ausreichend. Wenn nicht, wird bei ei-
.,. Das kalorische Äqu ivalent ist bei überwiegendem Fettabbau nem zu hohen Istwe rt die Wärmeabgabe üb er die Körperober-
(19,6 kj/1 02) niedriger als bei Glucoseabbau (21 kJ/1 02). fläche durch eine erhöhte Hautdurchblutung bzw. vermehrtes
Schwitzen erhö ht. Umgekehrt w ird bei einem zu niedr igen Ist-
wert die Hautdurchblutung gedrosselt und die Wärmebildung
2.2 Wärmehaushalt im Körperinneren durch einen erhöhten Muskeltonus oder Käl-
tezittern gesteigert.
Im Gegensatz zu den poikilothermen (wechselwarmen) Orga-
nismen. deren Körpertemperatur nur knapp über der Um ge- Thermoregulationsbereich
bungstemperatur liegt, halten homoiotherme (gleichwarme) Innerha lb eines schma len Temperaturbereiches, der Indiffe-
Lebewesen die Temperatur im Körperinneren unabhängig von renztemperatur oder thermischen Neutralzone, können die
nötigen ge rin gen Anpassungeil allein durch die Hautdurchblu-
2.2 Wärmehaushalt 21

Schlaf APROPOS
37,5 Die Messung der Körperkerntemperatur erfolgt klassisc herwe ise sublin-
gual, axi llär un d rekta l. Die rektale Messu ng erg ibt de n exaktesten und auch
höchsten Wert. Die subli ng uale bzw. die axilläre Temperatu r liegt um0 ,5 ' C
nied riger. Seit einigen Jah ren sind Oh rthermometer auf dem Mark t. die die
Wä rmestrahl ung aus dem Innenohr registrieren und daraus die Kerntempe-
ratu r berechnen . Die Messwerte der Ohrthe rm ometer sind allerdi ngs ni cht
so zuve rlässig wie di e der klassischen Methode.

2.2.2 Wärmebildung
37,0
G Zur Einstellung einer gleichbleibenden Körperkerntemperatur
müssen Wärmebildung und Wärmeabgabe im Gleichgew ic ht
stehen. Die Wärmebildung erfolgt bei jede r Energieumwand-
E lung im Körper, bei der aufgrund des geringen Wirkungsgrad es
0:'" (s. S. 17 ) ein groß er Teil der Energie als Wärme "verloren" geht.
a.
Diese "Abwärme" wird in Ruhe zu etwa 70%von den stoffwech-
:0 I selintensiven inneren Organen und dem Gehirn geliefert. Bei
36,5 ------------
körp erlicher Aktivität überwiegt hingegen die Wärmebildung
'
in der Muskul atur, sie nimm t im Vergleich zur körp erli chen
Ruhe um ein Mehrfaches zu (Tab. 2.4).
Ist mehr Wärme nöti g, um die Körp erkerntemperatu r au f-
rechtzuhalten (und eine proteinreiche Ma hlzeit mit hoher
spezifi sch-dy namischer Wi rkung ist nicht in Sicht), muss der
Körp er zu sä tzlich Wä rm e produzieren und es wird die thermo-
____ , ________________ ----1--- - --- -- regulatorische Wärmebildung in Ga ng gesetzt.
36,0 - -
' '
' ' Hierzu steht dem Erwach senen nur die Wärmeprod ukt io n
12 18 24 6 12 über eine verstärkte Muskelaktivität zur Verfüg ung. So wird
Tageszeit bei Abkühlung der Drang nach körperlicher Bewegung erhöht
Abb. 2.3 Zirkadianer Verlauf der Körperkerntemperatur mit Mini- (willkürliche Muskelbewegung). Reflektorisch werden bei
mum nachts gegen 3 Uhr. Kälte tonische Mu skelfas ern aktiviert bzw. bei einer w eiteren
Abkühlung auch phasische Mu skelfasern. Es kommt zu dem
tung reguliert werden. Die Indifferenztemperatur hän gt ab von sichtbaren Kältezittern (unwillkürliche Muskelbewegung). Die
relativer Luftfeuchtigkeit. Windgeschwindigkeit Wärmestrah - Temperatur. bei der Kältez ittern einsetzt. bezeichnet man al s
lung der Umgebung und der Bekleidung. Für einen unb ekleide- Zitterschwelle.
ten, ruhenden Menschen liegt d iese Temperatur bei 28-30 ·c. Fällt di e Kerntemperatur trotz Gegenreg u la tion unter 32 oe,
wenn die relative Luftfeuchtigkeit 50 % beträg t und kein Wind kann Bewusstlosigkeit auftreten. Unter 28 ' C droht der Tod
weht. Im Wasser ist diese Temperatur 5- 6 ·c höher, da Wasser durch Kammerflimmern.
eine höhere Wärmeleitfähigkeit als Luft bes itzt und dem Körper Neugeborene und Säuglinge haben kaum subkutanes Fett,
so verstärk t Wärme durch Konduktion und Konvektion entzo- damit eine schlechte Isolation und die Oberfl äche ist relat iv zu m
gen wird. Kö rpervolumen sehr gro ß. Der Berei ch der Umgebungs tempe-
Außerhalb der thermi schen Neutral zone müssen zusät zli- ratur, in der Neugeborene und Säug linge ihre Kör pertempera-
che Mechani smen der Thermoregulation ak tiv werden, um di e tur konstant halten können , ist deshalb I<feiner als bei Erwa ch-
Körperkerntemperatur im Bereich des Sollwerts von 37 ·c zu senen. Sie verfüge n über eine zusät zliche Möglichkeit zu r Wär-
halten. mebildung, die zitterfreie Wärmebildung. Daz u besitzen sie
Der Sollwert beträgt nur im Mittel 37 •e, seine Einstellung braunes Fettgewebe. Das braune Fettgewebe ist stark durch-
unterliegt einem zirkadianeo Rhythmus. Über den Tag verte ilt blutet und enthält viele Mitochond rien. ln den Mi tochondrien
kann man Schwankungen der Kerntemperatur fes tstellen, mit werden di e bei der Lipolyse frei werdenden Elektronen über di e
einem Mini mum am früh en Morge n zwi schen 3 Uhr und 6 Uhr Atmungs kette auf 0 2 übertrage n und dabei Protonen aus der
und einem Max imum am Abend. Die Schwankungsbreite liegt Matrix t ransportiert. ln der inneren Membra n der Mitochond-
bei 1 ·c (Abb. 2.3). ri en des braunen Fettgewebes sind integ rale Membranproteine
Auch Hormone wirken auf di e Sollwertverstellung im Hypo- wie das Thermogenin lokalisiert. di e al s Ent kopplungsproteine
thalamu s ein . Progesteron bew irk t e inen Temperaturan stieg. (UCP, Uncoupl ing Protein) wirken. Als W-Transporter stellen sie
Die zirkadiane Te mperat urkurve von Frauen ist deshalb nac h den Protonen einen Rückweg an der ATPa se vorb ei in die Matri x
der Ovulat ion um ca. 0,5 ·c nac h oben ve rschoben (Abb. 2.3).
Der Temperaturanstieg blei bt bei Eint ritt einer Schwanger-
schaft, ebenfa ll s durch Progeste 1·on vermitte lt, erhalten. Über Tab. 2.4 Anteile der Organe an der Wärmebildung des Organismus
die Mess un g der Kör perkerntemperatur kann man den Te rmin Organe in Ruhe bei Arbeit
des Ei sprungs bestimmen (S. 66).
Brust- un d Ba ucheingeweide 56 % 8%
Zu ein er vorüberge hende n So llwertverste llung kommt es
auch im Fieber (S. 24). Gehi rn 16 % 1%

Musku latur 18 % bis 90 %


übr ige Organe 10 % 1%
22 2 Energie- und Wärmehaushalt

zur Verfügung. Als Ergebnis dieses Protonenkurzschlusses wird Blutstrom eine wesentlich g rößere Rolle, wobei die Durchblu-
die Energie der Oxidation der Fettsäuren nicht zur ATP-Synthe- tung dazu bedarfsabhängig regional angepas st wird.
se verwendet, sondern mehr oder weniger vollständig in Form
von Wärme freigesetzt. d. h. der Abbau der Fettsäuren von der 50-60% der Gesamtwärmeabgabe über die Kör-
ATP-Syn the se entkoppelt. peroberfläc he erfolgt im thermischen Neutralbereich über
Aktiviert wird diese Art der Wärmebildung durch den Sym- Strahlung. Die langwellige Infrarotstrahlung benötigt kein
pathikus, der die Lipolyse durch Noradrenalinwirkung an ß3 - Übertragungsmedium.
Rezeptoren steigert. Eine zitterfreie Wärmebildung ist ökono-
mi sc her, da durch das Fe hlen der Zitterbewegungen die Wär- Die Verdunstung(= evaporative Wärmeabga-
meverluste durch Konvektion klein bleiben . be), d.h. die Abgabe von Wasser in Form von Wasserdampf,
stellt für den Körper einen effektiven Weg der Wärmeabgabe
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
dar. Die Verdunstungswärme von Wasser beträgt ca. 2400 kJ/1
Im Hypothalamus befinden sich temperatursensible Neuro- H2 0. Die Verdunstung ist abhängig von der Differenz der Was-
nen . serdampfpartialdrückeauf der Haut und in der Umgebungsluft.
Neugeborene und Säuglinge besitzen braunes Fettgewebe, in Die Verdun stungsrate über die Haut wird durch Wind (oder ei-
dem bei Kälte eine zitterfreie Wärmebildung stattfindet. nen Ventilator) größer. da die wasse rdampfgesät tigte Luft ge-
gen ungesättigte Luft ausgetauscht wird.
Bei Außentemperaturen über 36 ' C ist die Verdunstung das
2.2.3 Wärmeabgabe einzige Mittel des Körpers. um Wärme abzugeben. Den Me-
chanismus de r Wärmeabgabe über Schweißbildung bezeichnet
Die Wärmeabgabe an der Körperoberfläche ist von vielen Fak- man auch als Perspiratio sensibilis (=Schwitze n). Die Schweiß-
toren abhängig. Dazu gehören Umgebungstemperatur, Klei- bildung ist regulierbar und ein wichtiges Stellglied der Thermo-
dung, Luft- bzw. Wasserbewegung, Hautdurchblutung, Atmung reg ulation. Sie wird durch cholinerge Fasern des sympathischen
und Schwitzen. Sie erfolgt durch unterschiedliche Mechanis- Nervensystems aktiviert und kann daher durch Hemmstoffe
men: Le itung, Konvektion, Strahlung und Verdunstung. Da sie muscarinerger Acetylcholin-Rezeptoren. wie z. B. Adrenalin.
über die Körperoberfläche erfolgt. ist sie immer proportional ge hemmt werden. Zunächst wird von den Schweißdrüsen ein
der Körperoberfläche, die Größen werden in W/m 2 angegebe n. isotoner Primärschweiß gebildet. Durch Na•-Rückresorption in
den Drüsengänge n entsteht darau s ein hypotoner Schweiß. Im
Konduktion und Konvektion. Als Konduktion (Wärmeleitung Extremfall werden bis zu 41 des hypotonen Schweißes pro Stun-
oder Wärmediffusion) bezeichnet man den Wärmetransport de ausgeschieden . Daher kann es bei sehr starkem Schwitzen zu
über leitende ruhende Medien. Bei der Wärmeabgabe über Kon- einer hypertonen Dehydratation kommen.
duktion kommt die Haut direkt mit einem Material in Berüh- Ein Anstieg der Luftfeuchtigkeit behindert die evaporative
rung, z. B. einem kalten Stuhl. der sich mir der Zeit erwärmt. Die Wärmeabgabe. Schwierig ist daher die Thermoregulation in
Wärmeabgabe wird we se ntlich von der Wärmeleitfähigkeit des den Tropen (bis zu 100 % Luftfeuchtigkeit und hohe Tempera-
I<ontaktmaterials, der Größe der Kontaktfläche und der Tempe- turen). Hier kommt es zwar auch - besonders bei körperlicher
raturdifferenz zwischen Haut und Kontaktmaterial bestimmt. Aktivität - bei Temperaturen oberhalb der Körpertemperatur
Unter Konvektion versteht man den Wärmetransport über zu einer starken Sekretion von Schweiß, dieser kann aber auf-
ein leitendes Medium. das selbst in Bewegung ist. z. B. ein Gas gr und der hohen Luftfeuchtigkeit nicht verdunsten und damit
(Luft) oder eine Flüss igkeit (Blut, Wasser). An der Körperober- nicht zur Wärmeabgabe beitragen (Abb. 2.4). Er läuft an der
fläche wird mittels Konduktion die an die Haut angrenzende Haut herunter und tropft ab.
ruhende Luftsc hicht erwärmt. Die warme Luft steigt auf und Nicht regulierbar ist der unmerkliche Wasserverlust durch
wird durch kalte ersetzt. Äußere Luftbewegung (z. B. natür- Verdun stung über die Haut und Schleimhäute, z. B. in den Atem-
licher Wind oder Wind durch einen Ventilator) verstärkt die
Wärmeabgabe durch Konvektion. Deshalb kommt uns die glei-
che Lufttemperatur bei Wind kühler vor als bei stehender Luft.
Auch die Wärmeabgabe über Konvektion wird wesentlich von
der Temperaturdifferenz. z. B. zwischen Haut und Umgebungs-
luft. und von der Wär meleitfähigkei t des Mediums bestimmt.
Von daher ist die Wärmeabgabe in Wa sser um ein Viel faches
höher als in Luft.
Unter Ruhebedingunge n bei Indifferen z tem peratur und
mittlerer Luftfeuchte (50 %) finden etwa 20 % der Gesamtwär-
meabgabe über Konvektion (15 %) und Konduktion (5 %) s latt.
Konduktion und Konvektion spielen nicht nur an der Kör-
30 35 40
peroberfläche bei der Wärmeabgabe über die Haut eine Rolle.
Auch der Tran sport der im Körperkern gebildeten Wärme an die Umg ebu ngstemperatur (' C) bei 100% rel. Luftfeuchte
Oberfläche erfolgt mithilfe der Konduktion über die verschie - Abb. 2.4 Evaporative Wärmeabgabe. Die Abbi ldung zeigt die Abhän-
denen Gewebe bzw. über Konvektion mit dem Blutstrom. Die gi gkeit der eva porative n Wärmeabga be durch Verdun stung von der
Umg ebungstemp eratur (Lufttemperatur, keine Sonn enein strahlung)
Wärmeleitfähigkeit de r Gewebe ist relativ gering, Fettgewebe
bei körperli cher Schwerarbe it in Tro penkl ima (100%relative Luft·
z. B. hat etwa die gle iche Leitfähi gke it wie Holz, von daher spielt feuch te). Die Wärmeabga be durch di e Verdunstu ng vo n Schweiß ge ht
bei der inneren Wärmeübertragung die Konvektion über den gegen null , wenn die Um gebun gs tem pera tur auf Körpertemperatur
ansteigt!
2.2 Wärmehaushalt 23

wegen, die auch beim nicht schw it zenden Menschen auftritt.


Auf diesem Weg gehen täglich ca. 500-800 ml Wasser verloren.
Wärmeaustausch
Die damit verbundene Wärmeabgabe trägt ebenfa lls zur Tem-
peraturregulation bei, kann aber vom Körper nicht beeinflusst
Gefäße
werden (Perspiratio insensibilis). Bei Indifferenztemperat ur
und mittlerer Luftfeuchte (50 %) werden immerhin 20-30% der
Wärme über diesen Weg abgegeben.

LERNTIPP !
Zur evaporativen Wärmeabgabe in den Tropen wurden mehr-
fach Fragen gestellt. die nur Wenige richtig beantwortet hab en.
Beachten Sie, dass häufig nach der Wärmeabgabe und nicht Kapillaren
nach der Schweißsekretion gefragt wird! niedrig Durchblutung hoch
Abb. 2.5 Gegenstromprinzip des arteriovenösen Wärmeaus-
tauschs.
RECHENBEISPIEL
Eine Person erb ringt eine körperli che Dauerleistung von 100 W. Daraus
ergibt sich ei ne zusätzliche Wärmeproduk tion von 400 W, die durch Ve r- in den Hautgefäßen. Mehr Blut kann nun über die AVAs fließen,
dunstung wieder abgegeben werden soll. Wenn die spezifisc he Verduns- und um so größer ist der Wärmetransport an die Oberfläche.
tungswärme von Wasser 2,4 MJ/kg beträgt. we lche Wasse rmenge wird Eine besondere Rolle spielen die Extremitäten, auf die mehr
dann zusätzli ch in l Stunde vom Kö rper verdunstet?
als die Hälfte der Körperoberfläche entfällt. Hier sorgt ein Ge-
Lösung: l Wentspricht 1 )/sec, die zusätzli che Wärmeproduktion beträgt genstromprinzip für einen ko ntinuierlichen Wärmeaustausch
damit
zw ischen den parallel verlaufenden Arterien und Venen. Das in
400 w x 3600 sec= 1440000 J = 1.44 MJ.
Richtung Akren fli eßende Blut wird dadurch abgeküh lt und das
Die Verdunstungswärme von Wasser li egt wie angegeben bei 2.4 M)/ kg,
also: zurückströmende Blut wieder aufgewärmt. Bei Kälte und eng
1.44 MJ /2.4 M)/ kg =0,6kg gestellten Hautgefäßen ist dieser Austausch besonders intensiv,
sodass der Wärmeabstrom in die Peripherie minimiert wird.
Eine gesteigerte Durchblutung der Gefäße und AVAs dagegen
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN führt zu einem nur ger ingen Austausch. sodass mehr Wärme
1>- Im thermischen Neutralbereich erfolgen 50-60% der Cesamt- abgegeben werden kann (Abb. 2.5 ).
wärmeabgabe über Strahlung.
1>- Eine hohe Luftfeuchtigkeit behindert die evaporative Lewis-Reaktion
Wärmeabgabe {Verdunstung), nicht aber die Schweißbildung. Wirkt über eine n längeren Zeitraum starke Kälte auf einen
1>- Cholinerge Fasern des Sympathikus aktivieren die ther- Hautbezirk ei n, so kann man in regelmäßigen Zeitabständen
mische Schweißbildung. Sie ka nn daher durch Hemmstoffe eine kurzzeitige Dilatation beobachten, die die anhaltende Kon-
muscarinerger Acetylcholin-Rezeptoren gehemmt werden striktion der Hautgefäße unterbricht. Dieser als Lewis-Reaktion
(z. 8. Adrenalin). bezeichnete Vorgang geht vermutlich auf eine Kältelähmun g
1>- Sehr starkes Schwitzen kann zu einer hypertonen Dehydrata- der glatten Gefäßmuskulatur zurück und beugt Gewebeschä-
tion führen. den durch eine länger dauernde Minderperfusion vor. Die Le-
wis- Reaktion ist loka ler Natur und kann nur an den unterkühl-
ten Hautarealen beobachtet werden.
2.2.4 Hautdurchblutung
2.2 .5 Akklimatisation
Die Hautdurchblutung ist ein wichti ges Stell glied der Tempe-
raturregulation. Der Wärmetransport aus dem Körperinne ren Bei längeren Aufenthalten unter extremeren Klimabedingun-
über den Blutstrom (Konvektion) an die Körperoberfläche zur gen sind neben Verhaltensanpassunge n (z.B. wärmere Kleidung
Wärmeabgabe ist von der Durchblutung abhängig und muss bei Kälte, bewuss tes Einhalten von Ruhepausen während der
entsprechend reguliert sein. Die Regulierung der Hautdurch- g roßen Mittagshitze) auch physiologische Reaktionen und An-
blutung erfolg t hauptsächlich über den Sympathikus. passungen zu beobachten.
In kalter Umgebung werden die Hautgefäße eng gestellt. in Anpassung an heißen Klimabedingungen verändert sich
Hierbei wird die glatte Gefäßmusk ula tur akt iviert. vermit- di e Schweißprodukt ion, sie setzt bei niedrigeren Temperaturen
telt über die Noradrenalinwirkung an a 1-Rezeptoren, und es ein und der Elektrolytgehalt wird redu ziert. Dadurch werden
kommt zur Vasokonstriktion . Elek trolyte eingespart und die Verdun stun g erleichtert. Durch
In warmer Umgebung soll über weitgestellte Gefäße die die Ausscheidung einer hypotonen Flüssigkeit wird das Blut-
Wärme an die Umgebung abgegeben werden . Hierzu nimmt die plasma leicht hyperton, sodass Durst entste ht und die Trink-
konstriktorische Innervat ion der Hautgefäße über a-adrenerge menge gesteigert wird. Für ein erhöhtes Pla smavolumen sorgt
Nerven ab und es kommt zur Vasodilatation . Zusätz lich wirken auch ei n höhere r Plasmaproteinge halt. durch den weniger Was-
einige Stoffe ebenfalls vasodilatierend , z. B. Bradykinin , da s bei ser in der Ni ere filtriert wird. So wird der Kreislauf stabi lisiert
der Stimulation von Schweißdrüsen frei gesetz t wird und üb er und eine r Hypotonie (durch die weit ges tellten Blutgefäße der
Endothelin-1 wirkt. Bei Wärmebe las tung werden auc h zahl - Haut) vorgebeugt. Diese Umstellung ist oft erst nac h eini ge n
reiche arteriovenöse Anastomosen (AVA) geö ffnet. Durch die jaiHen in he ißen Gebieten abgeschlossen.
Umgehung de s Kapillarbe ttes sinkt der Strömungswiderstand Bei Mensc he n, die längere Zeit oder häufi ge r in kälteren Ge-
genden leben, kommt es zu einer vermehrten Wärmebildung
24 2 Energie- und Wärmehaushalt

durch einen ges teigerten Energieumsatz und einer stärkeren z. B. Acetylsalicylsäure (Aspirin). indem sie di e Bildung der Pro-
Drosselung der Hautdurchblutung. Bei Völkern dieser Regio- staglandine hemmt.
nen ist eine sog. Toleranzadaptation zu beobachten: Ein hö -
herer Muskeltonus und Kältezittern tritt bei kälteadaptierten Hyperthermiebedingte Erkrankungen
Menschen erst bei niedrigeren Temperaturen auf als bei Kon - Ein Hitzekollaps beruht auf einer Überforderung der Kreislauf-
trollpersonen, d.h. eine geringe Hypothermie von 1-2"C wird reg ulation im Stehen (Orthostase) unter Hit ze belastung. Um
toleriert. den Anstieg der Körperkerntemperatur auszugleichen, wird
vermehrt Schweiß sezerniert, es kommt zu einem Flüssigkeits-
verlust und gleichzeitig ist die Hautdurchblutung erhöht. Der
2.2.6 Hyperthermie und Fieber
Blutdruckabfall führt zu einer Minderversorgun g des Gehirns
Eine Erhöhung der Körperkerntemperatur über 37 "C kann mit den Symptomen von Schwindel und Ohnmacht.
durch starke körperliche An streng ung oder auch Wärmebela s- Lange anhaltende, direkte Sonneneinstrahlung auf den Kopf
tung wie etwa ein Saunabesuch verursacht werden. Bei einer kann zum Sonnenstich (Insolation) führen. Durch die lokale
Hyperthermie kommt es du rch äußere oder innere Störgrößen Erwärmung des Gehirns kommt es zum Hitzestau und zur Rei -
zu der Temperaturerhöhung, es besteht ein Missverhältnis von zung der Hirnhäute. Die Symptome sind ähnlich wie bei einem
Wärmebildung oder -z ufuhr und Wärmeabgabe. Bei Fieber Hitzschlag.
hingegen kommt es zu der Erhöhung der Körperkerntempera- Gefährlichste Komplikation durch eine langa nhaltende Er-
tur durch eine Sollwertverstellung im Hypothalamus. höhung der Körperkerntemperatur auf Werte über 41 "C ist der
Hitzschlag. Beim Hitzsc hlag ist die Regulation im Hypothala-
Fieber mu s gestört, sodass es nicht über eine verme hrte Schweißbil-
Die Sollwertverstellung wird durch sog. Pyrogene (fieberaus- dung (die Haut eines Patienten mit Hitzsc hlag ist trocken) und
lösende Stoffe) ausgelöst. Krankheitserreger wie Viren oder einer vermehrten Hautdurchblutung zu einer Wärmeabgabe
Bestandteile von bakteriellen Erregern wie Toxine oder (Lipo)- I<Ommt. Symptome sind Schwindel. Bewusstseinsstörungen bis
Polysaccharide wirken als exogene Pyrogene. Sie regen Ma - zum Koma. Krampfanfälle und Hirnödeme, die zum Tode füh-
krophagen und Granulozyten z ur Bildung von lnterleukinen. ren können .
v.a. lnterleukin-1, Interferonen und Tumornekrosefa ktoren, an , ln allen Fällen der hyperthermiebedingten Erkrankungen
die wichti ge Mediatoren des Immunsystems darstellen. Diese besteht die Therapie schweregradabhängig vorrangig in Küh-
wirken als endogene Pyrogene über die Induktion von Prosta- lung und Flüssigkeitszufuhr.
glandin E2 auf den Hypothalamus und bewirken die Sollwert-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
erhöhung.
Pyrogene sind Substan ze n, die Fieber durch eine Temperatur-
LERNTIPP ! Sollwertverstellung im Thermo regulations zentrum erzeu-
Mehrfach wurde nach den äußerlich erkennbaren Zeichen für gen.
einen Fieberanstieg bzw. -abfall gefragt. Daher sollten Sie sich lnterleukin-1 zä hlt zu den endogene Pyrogenen .
den folgenden Abschnitt gut einprägen! Eine wichtige Wirkung von Prostglandin E2 ist die Erhöhung
der Körperkerntemperatur.
Da die Kerntemperatur anfänglich unterhalb des neuen Soll- Im Fieberanstieg reagiert der Körper, bis de r neue Sollwert
wertes liegt, reagiert der Körper mit Konstriktion der Hautge- erreicht ist, wie in kalter Umgebung, nämlich mit Konstriktion
fäße und Muskelzittern (Schüttelfrost), als sei ihm zu kalt. Der der Hautg efäße und Muskelzittern (Schüttelfrost).
Körper wird bis zum neuen Sollwert aufgeheizt. Wird durch Bei FieberabfalL z. B. durch fiebersenkende Mittel (Antipy-
fiebersenkende Mittel (Antipyretikum) der Sollwert abgesenkt, retikum), kommt es zur Dilatation der Hautgefäße und zum
kommt es zur Vasodilatation und zum Schwitzen. Die Körper- Schwitzen.
temperatur wird dadurch wieder gese nkt. Fiebersenkend wirkt
3.1 Wasser- und Elektrolythaushalt 25

3 Wasser- und Elektrolyt- 100 -


haushalt, Nierenfunktion I "I;
3.1 Wasser- und Elektrolythaushalt TS
80 - ca. 40%
der KM
Schon geringe Änderungen der Elektrolytkonzentrationen kön -
nen m ass ive Auswirkunge n auf die Zellfunktion haben. Daher 1

r/l,'l!/
müssen das Flü ssigkeitsvolumen und die Elektrolytkonzent- 60 -
rationen in den verschiedenen Flüssigkeitsräumen (Kompart i-
menten) des Körpers in enge n Grenzen konstant ge halten wer-
den (Homöostase). Die Nieren variieren die Ausscheidung von - ca.
Wasser und Sa lz je nach Bedarf. Wird ihre Reg ul at ionskapazi tät H20 ze llulär
ca. 60%
überschritten, kann es zu Homöostasestörunge n kommen . der KM

20 - - ---------- --
3.1 .1 Wassergehalt des Körpers und Flüssig- Blutplasma ca. V.
keitsräume ca. Y, extra-
zellulär ca. 3/.o
interstitiell
0
Der Hauptbesta ndteil des Körp ers ist Wa sser. Bei Erwachsenen
beträgt sei n Anteil etwa 60 %, bei Säuglingen etwa 75 %. Der Abb. 3.1 Wasserverteilung im Körper. Der Körper besteht zu ca. 60 %
aus Wasse r. wovon ca. ein Drittel ex traze ll ulär liegen. Dies entsp richt
Wasse ranteil ist außerdem von der Menge an Fettgewebe ab-
ca. 20 %der Körpermasse. Unte r transzelluläres Wasser fallen z. B.
hängig, das nur relativ wenig Wasser enthä lt. Frauen, die natür- Liquor. Pleuralfiüssigkeit oder Kam merwasser. TS: Trocke nsubstanz.
licherweise einen etwas höheren Fettgewebeantei l a ls Mä nner
aufweisen, haben daher proze ntual einen geri nge ren Wasser-
anteil als Män ner. Diese Maßgaben gelten nur bei schlanken, also normalg ewichtigen Men·
Man unterscheidet 2 g rund sätzlich voneinander getrennte se hen! Bei ad ipösen Personen ist der Anteil des Wassers am Gesamtge-
wicht ni edriger.
Kompartim ente: denintra-und den Extrazellulärraum (IZR und
EZR; Abb. 3.1 ). Etwa zwei Drittel des Körperwassers befinden
sic h intra-, ca. ein Drittel extrazellulär. Als Faustregel gilt: Bei LLERNTIPP !
einem normalgewichtigen Me nsc hen kann der Extrazellulär- Sie brauchen sich nicht die genaueprozentua le Vertei lung des
raum mit 20-25% des Körpergewichtes angenommen we rden. Wassers auf die versch iedene n Körperräume merke n. Für ein e
Das Lymphsystem stellt eine Verbindung zw ischen intra- grobe Vorstell ung reic ht: Der Mensch besteht etwa zu 2/3 aus
und extravasalem Flüss igkeits rese rvoir her. Pro Tag wird mehr Wasser, davon befinden sich wiederum etwa 2/3 intrazellulär.
als 1 Li ter Lymphe ge bildet. Das restliche Wasser findet sich zu Y4 interstitiell.

RECHENBEISPIELE
Ein schlanker 20-]ähriger hat ein Körpergewicht von BOkg. Wie groß ist 3.1.2 Volumenbestimmung
sein Extra ze ll ulärvo lumen?
Lösung: Man rec hnet grob, dass bei einem Norma lgewichti gen der Anteil Das Volumen der einzelnen Kompartimente lässt sich mit dem
des Extrazellulä rraums am Körpergewicht 20-25 %beträgt. Bei 80 kg ent-
spricht dies 16-20 kg. Fü r Wasser k<1nnrnan ein spezifisches Gewicht von 1 lndikatorverdünnungsverfahren bestimmen. Verschiedene
annehmen. also erhäl t man16-20 I. Indikatoren verteilen sich je nach ihrer Struktur unterschied-
Etwas genauer wird es. wenn man den Wasse rgehalt be rii cksichtigt: Zwei lich in den verschiedenen Wasserräumen. Man app liziert eine
Drittel des Körpergewichts en tfallen auf Wasser. bei 80 kg also ru nd 56 kg bestimmte Menge der gewäh lten Indikatorsubstanz und mi sst
bzVJ.I. Von diese n 56 1W<1sser liege n wiederum zwei Drittel intraze llulär ihre Kon zentration . nachde m sie sich hinre ichend in dem zu
und ein Drittel extrazellulär. Ein Dri ttel von 56 1entspricht 181.
messenden Wasserraum verteilt hat. Da die Konzentration als
26 3 Wasser- und Elektrolythaushalt, Nierenfunktion

Menge pro Volumen defini ert ist. gilt: j e geri nger die Konzent- 3.1.3 Regulation der Wasseraufnahme
ration. d esto größer ist da s Verteilungsvolumen. und -abgabe
. V applizierte Menge der Substanz S Für eine ausgeglichene Bilanz mu ss di e tägliche Wasserabgabe
Ver t e1 1ungsvo 1umen = --'-''-----::-:------"'---:,---r::::" , - - - - -
I<onzentration [s] der -a ufnahme entsprechen. Die Wasseraufnahme eines Er-
wachsenen beträg t täglich ca. 2,5 I. Sie erfo lgt über:
.,. Plasma- oder Blutvolumen. Um das Plasmavolumen zu be- • Flüssigkeit (ca. 1000- 1500 ml)
stimme n, benötigt man eine Substa nz, die sich im Plasma ver- • Wasser a ls Bestandteil fester Nahrung (ca. 700 ml)
teilt. aber die Gefäße nicht verlasse n kann. Dazu eignen sich z. B. • Oxidationswasser aus dem Stoffwechsel (ca. 300 ml ).
• Evansblau, das an Plasmaproteine bindet, oder Die e ntsprechende Wasserabgabe e rfo lgt über:
• radioaktiv markierte Proteine (z. B. Albumin). • den Urin (ca. 1000-1800ml),
Zur Bestimmung des Blutvolumens kann man radioaktiv mar- • Perspiratio insensibilis (ca. 500-800 ml ).
kierte Erythrozyten verwenden. • Perspiratio se nsibilis (Schw itzen) und
• d en Stuhl (ca. 100m!).
.. Extrazellulärraum und interstitieller Raum. Zur Abschätzung Die tatsächlichen Werte können je nac h Wasseraufnahme und
des Extrazellulärvolumens eignet sich bspw. -verbrauch bzw. -ausscheidung erheblic h von den angegebenen
• Inulin, weil es zwar die Gefäße verlassen kann. aber ni cht in Werten abweichen.
di e Zellen aufgenommen wird, oder Wenn die Flü ss igke itsaufnahme geringer als der aktuelle
• radioaktives Na+. Flü ss igkeitsbedarf ist, tritt Durstgefühl auf. Die Plasmaosmola-
Da keiner der Indikatoren s ich ausschließlich im gesamten Ext- lität wird durch Osmorezeptoren im Hypothalamus kontinuier-
raze llulär ra um verteilt, erlaubt diese Methode nu r eine -wenn lich registriert. Bereits eine Zunahme der Osmolalität um 1-2 %
auch hinreichend ge naue - Ab sc hätzung des tatsächlichen Vo- fü hrt zu Durs t. Auch die Füllung der ze ntrale n Gefäße und der
lum ens. Um die Größe des inters ti tie lle n Raums abschätzen zu Vorhöfe wird erfasst und bei Volumenmangel Renin und in d er
können, zieht man das Pla smavo lumen vom Volumen des Ext- Folge Angiotensin II (S. 45 ) ausgesc hüttet, das e ben fall s Durst
razellulärraums ab und vernachlässigt die tran szelluläre Flüs- a uslöst.
sigkeit.
3.1.4 Störungen des Wasser- und Salzhaushalts
,. Gesamtkörperwasser und lntrazellulärvolumen. Zur Bestim-
mung d es Gesamtkörperwassers benötigt man eine Indika to r- Wenn die Regulation des Wasse r- und Sa lzhau shalte s nicht
s ubsta nz , die sic h in allen Wa sserrä umen des Körpers gleich- funktio niert oder es zu einer unphysiologischen Flüssigkeits-
mäßig verteilt. Dies gi lt für aufna hme oder -abgabe kommt, können folgende Störungen
• tritiummarkiertes Wa sser (THO), der Wasserbilanz resultieren:
• .. sc hweres Wasser" (D2 0) oder • Hyperhydratation (.,Überwässer un g"): erhöhtes Flüssig-
• Antipyrin. keitsvolumen
• Das Intra zellulärvolum en erhält man, indem man vom Ge- • Dehydratation ( ..Wa ssermange l" ): vermindertes Fli.issig-
samtkörperwasser d en extrazellul ären Anteil abzieht. keitsvolumen
Die genannten Stö rungen können mit (hyperton oder hypoton)
LERNTIPP ! oder ohne (isoton) Änderungen der Osmolarität ei nhergehen.
Es werden immer wieder Aufgaben zur Bestimmung de s Gesamt- Die Osmolalität der Körperflüssigkeiten (Plasma) beträgt
körperwassers gestellt. Hierbei müssen Sie aus den applizierten normalerweise 290 mosmolJI, wobei im Körper die Na+-lonen
und gemessenen Konzentrationen der Ind ikato rsubstanzen das (normal e Kon ze ntration145 mmol/1) ga nz üb erwiegend den os-
Verteilungsvolumen errechnen. motischen Druck tragen. Flüssigkeiten mit derse lben Osmol a ri -
Beispiel: Werden e in em 80 kg schwe ren Mann 10 000 Bq triti- tät werden als isoton beze ichnet. Im Vergleich dazu beze ichnet
ummarkierten Wassers injiziert, so verteilen sic h die einzelnen man Flüssigkeiten mit einer höheren Osmolarität als hyperton,
Moleküle im gesamten Wasserbestand des Körpers. Nimmt solc he mit einer niedri geren Osmolarität a ls hypoton.
man etwa 2 Stund en später Blut ab und misst dort eine Aktivität St reng ge nommen beziehen sich diese Aussagen auf den Ext-
von 200 Bq/1. so ergibt sich das Ve rteil ung svolumen, das dem razellulärraum , allerdings verändert sich der Intrazellul ä rraum
Gesamtkörperwasser entspric ht: (ausgeno mmen bei isotonen Störungen) durch osmotische
10000 Wasserverschiebungen innerhalb weniger Minuten entspre-
Verteilungsvolumen V = Bi 50 1 che nd den Veränder ungen im Extrazellulärraum .
200 Bq /
Da die Ze llmembra n für Wasser wesentlich besser permea-
bel ist a ls fü r Ionen. verhält s ie sich ähnli ch wie ein e sem ipe r-
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
meable Me mbran :
,. Der normalgewichtige Erwachsene mittleren Alters beste ht zu • Bei ei nem An st ieg der Kon zen tra t io n osmotisch wirk sa me r
2/3 aus Wasser. Te il chen im Extrazellulä rraum (hypertone Störung ) folgt
,. Etwa 2/3 des Gesamtwassers befinden sich intrazellulär, 1/3 Wa sser dem osmotische n Druck und strö m t a us dem In tra-
extrazellul är. ze llulärraum nac h extraze llul ä r: Die Zelle n schrumpfen.
,. Das extrazelluläre Wasser ma cht 20-25 % des Körpe rge- • Umgekehrt ist bei ei ner Abna hm e der osmotisch w irksame n
wichts aus. Konzentration im Extrazellul ärraum (hypotone Störung )
der os mot isc he Druck de s In traze ll ulä rraums im Verhält-
ni s erhöht, sodass Was ser in die Zelle n strömt : Die Ze llen
schwe ll en an.
3.1 Wasser- und Elektrolythaushalt 27

ri EZR IZR
Tab. 3.1 Störungen des Wasserhaushalts

• •• •• • •• • •• •
Salz -;-e Störung Ursache Beispiel Auswirkung
Normalzustand
:. Isotone Verlust von Erbrechen , Das Extr<JZellulärvolu-
Dehydrata- Wasser und Durchfälle, men ist vermindert.
tion Salz in glei- Blutverluste
ehern Aus-
maß (Ver-
hypertone Iust isotoner
Hyperhydratation
Flüssigkeit)

• • ••• • • • • • • • • Hypertone
Dehydrata-
Verlust
von mehr
Du rsten,
Du rchfälle,
Das extraze lluläre
Volumen nimmt ab.
• ••• • • • tion Wasser als Schwitzen Die Osmolarität des
•••••• isotone
Salz (Verlust
hypotoner
(Schweiß
NaCI-Kon -
EZR ste igt an. Wasser
strömt aus dem IZR
• • • Hyperhydratati on
Flüssigkeit) zentration
etwa 100
aus. Das Ges amtvo-
Iumen ist erniedrigt
mosmol/ 1) und die Osmolarität
intra- und extrazellulär
hypotone erhöht.

•• • e
• Hyper-
hydratation Hypotone Verlust von Erbrechen Das Gesamtvolumen
Dehydrata- mehr Salz hypertoner ist vermindert. Es
tion als Was se r Flüssigkeit, liegt ein Na Cl-Mangel
(Verlust Trinken von vor. Gleichzeitig geht
hypertoner sehr mine- osmotisch zusätzlich
••
• • •• hypertone Flüssigkeit) ralarmem extrazelluläres Wasser

•• • • Dehydratation Wasser bei


gleichzeiti-
in den Intrazellulär-
raum ..verloren".

• •••••• gern starken


Schwitzen,
• • • • chro nisch es

• • • • • • •• isotone
Dehyd ratation
Erbrechen

Isotone Überschuss Überinfu- Das extrazelluläre Volu-


Hyperhydra- an Wasser sio n einer men nimmt zu. Der
tation und Salz in isotonen Intra ze llul ärraum bl eibt
gleichem Kochsalz- unverändert, weil die
Ausmaß Iösung im Osmolarität in beiden


• •
• • • •
hypotone
Dehydratation
Rahmen
einer lnten-
Räumen gleich ist.

sivtherapie
Abb. 3.2 Störungen des Wasserhaushalts. Hypertone übermäßige Trinken Das extraze llul äre Volu-
Hyperhydra- Zufuhr von salz- men und die Osmolari-
tation hypertoner haitigern tät im EZR nehmen zu.
• Bei isotonenStörungenändert sich der osmotische Druck
Flüssigkeit Meerwasser Zusätz lich wird Wasser
auf beiden Seiten der Membran nicht, daher finden auch oder Überin- nach extraze llulär
keine nennenswerten Wasserverschiebungen über die Mem- fus ion einer verschoben, das Volu-
bran statt. hypertonen men des IZR nimmt
Kochsalzlö- ab. Insgesa mt nimmt
Abb. 3.2 und Tab. 3.1 zeigen die verschiedenen Störungen des
sung das Gesamtvolumen
Wasserhaushalts. zu, damit nimmt die
Eiweißkonzentration
ab, da die lnfu sionslö-
Besonders wichtig ist die Kenntnis der hyper- und hypotonen sung kei ne Proteine
Dehydratationen. enthält.

Hypotone Zufuhr gro- Trinken von Das Volumen im EZR


Hyperhydra- ßer Mengen destillier- steigt, die Osmo larität
ILERNTIPP ! tation hypoton er tem Wasser, sinkt, wei l die Glukose
Es wurde bereits mehrfach nach den Folgen einer übermäßigen Flü ssigkeit Überinfu- schnell verstoffwech-
isotonen Glukoseinfusion bei ein em niereninsuffizienten Pati- sion ein er seit wird, sodass
enten gefragt. Hierbei ist es wicht ig zu wissen, dass es sich in isoton en Wa sser in den IZR
Glukoselö- wandert. Die Osmo -
dieser Situation um ein e hypotone Hyperhydratation hand elt.
sung bei larität ist durch die
da di e Glukose inn erhalb kurzer Zeit aus dem Blut entfernt wird, Verdünnung auf beid en
Ni eren in-
der Körper aber das reine Wasser .. behält". Sowohl Extra- als suffi zienz, Seiten erniedrigt und
auch Intraze llul ärvo lum en steigen also an und in beid en Kompar- ADH -bild en- das Gesamtvolum en
timenten sinkt di e Osmolarität! der Tumor erhöht .
28 3 Wasser- und Elektrolythaushalt. Nierenfunktion

.. Hypotone Dehydratation. Sie wird durch den Verlust hyper- - Volumenzunahme im EZR bei sinkend er Osmolarität
toner Flüssigkeit verursacht oder wenn bei einer bestehenden - EZR-Wasse r strömt in den IZR
isotonen Dehydratation nur hypotone Flüssigkeit getrunken - Osmolarität in IZR und EZR erniedrigt, Gesamtvolumen ist
wird . Das Gesam tvolumen ist vermindert (Dehydratation) und erhöht
gleichzeitig geht durch Osmose zusätzlich extrazelluläres Was- Als Folge eines chronischen Erbrechens kommt es :
ser in den Intrazellulärraum "verloren". .,. zunächst zu einer nichtrespiratorischen Alkalose (Säureverlust
Beim chronischen Erbrechen lwmmt es durch den Säurever- über erbrochenen Magensaft)
lust mit dem erbrochenen Magensaft zu einer nicht respirato- .. dann infolge einer respiratorischen Kompensation zu einer
rischen Alkalose. Diese wird respiratorisch kompensiert, der erhöhten HC0 3·-Konzentration
C0 2-Partialdruck steigt an und damit die aktuelle Bicarbonat- .,. zu einer verminderten Chiaridkonzentration im Blutplasma
konzentration (C0 2 -+H 2C0 3 -+W + HC0 3· ). Die Chloridkonzent- (Chloridverlust über erbrochenen Magensaft)
ration im Blutplasma wird entsprechend abnehmen. durch den .. zu Hypovolämie (Fiüssigkeitsverlust über Erbrochenes)
Flüssigkeitsverlust wird auch das Blutvolumen abnehmen. Als .,. zu Hypokaliämie (wegen Flüssigkeitsverlust freigesetztes
Gegenreaktion kommt es zu einer gesteigerten Aldosteronse- Aldosteron steigert die K+-Ausscheidung)
kretion und damit zu einer gesteigerter I(+-Ausscheidung (Hy-
perkaliämie).

LERNTIPP ! 3.1 .5 Wichtige Elektrolyte


Einehypotone Dehydratation kann sich zum Beispiel auch bei
anhaltendem. sehr starkem Schwitzen mit erheblichen Salzver- (Na+). Der Gehalt des Körpers am mengenmäßig
lusten und gleichzeitigem Trinken von mineralarmem Wasser wichtigsten Kation des Extrazellulärraums beträgt ca. 70-
entwickeln. in den Prüfungsfragen wird hierzu gerne ein stark 100 g. Pro Tag werden etwa zwischen 5 und 15 g (85-255 mmol)
schwitzender Hochofen-Arbeiter bemüht. Hier ist dann der NaCI mit der Nahrung aufgenommen (entspricht etwa 1 Tee-
Nettoverlust hyperton, weil zu salzarmes Wasser aufgenommen löffel Salz). Die Na• -Konze ntration beträgt extrazellulär etwa
wird! 145 mmolfl, im Intrazellulärraum dagegen nur etwa 12 mmolfl.
Eselsbrücken: Bei der Dehydratation steht das .. hyper{ hypo" im Oieses Konzentrationsverhältnis. das für viele zellulären Trans-
Gegensatz zum jeweiligen Wasserverlust: port- und Erregungsprozesse wichtig ist, wird mithilfe der
.,. Hypotone Dehydratation -+Verlust von hypertoner Flüssig- ubiquitär vorkommenden Na+fK•-ATPase aufrechterhalten. Die
keit Na+-Ausscheidung erfolgt zu 95 % über die Niere und unterliegt
.,. Hypertone Deyhdratation -+Verlust von hypotoner Flüssig- der Steuerung durch Aldosteron und das atriale natriuretische
keit Peptid (ANP, s.S. 47). der Rest wird über den Schweiß und den
.. Bei den Hyperhydratationen is t es umgekehrt: Stuhl ausgeschieden .
.,. Hypotone Hyperhydratalon -+Zufuhr von hypotoner Flüssig-
keit (K+). Kalium befindet sich zu 98 % in der lntrazellu-
.. Hypertone Hyperhydratation -+Zufuhr von hypertoner Flüs- lärflüssigkeit, es ist das wichtigste intrazelluläre Kation. Der
sigkeit Kaliumgehalt des Körpers beträgt 40-SOmmol I<+jkg KM. Die
tägliche 1<+-Zufuhr liegt zwischen 2 und 6 g{d (50- 150 mmol).
Die J<+. J<onzentration beträgt intrazellulär ca. 155mmolfl, ex-
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
trazellulär ca. 4,5 mmol/1. Die K+-Ausscheidung ist von seiner
.. Hypertone Dehydratation (Verlust hypotoner Flüssigkeit). Zufuhr und von Aldosteron abhängig.
z. B. durch starkes Schwitzen:
- sinkendes Vo lumen und Anstieg der Osmolarität im EZR (Ca2•). Die tägliche Calcium-Zufuhr beträgt ca. 0,8-
- IZR-Wasser strömt in den EZR 1.2 g/d. Die Ca 2+-Konzentration im Extrazellulärraum wird
- Osmolarität in IZR und EZR erhöht. Gesamtvolumen ernied· streng bei 2,2-2,6 mmol/1 konstant gehalten (s. Kap. 60). da
rigt schon relativ geringe Schwankungen der Ca 2+-I<onzentration
.,. Hypotone Dehydratation (Verlust hyperton er Flüssigkeit), einen erheblichen Einfluss auf die Erregbarkeit von Zellen ha-
z. B. durch chronisches Erbrechen: ben. Biologisch aktiv ist nur freies, ungebundenes Ca 2 +: das
- Gesamtvolumen vermindert sind etwa 50 %des Gesamt-Serum-Ca 2+· Etwa 40 %sind an Plas-
- EZR-Wasser strömt in den IZR maproteine. etwa 12 % an Phosphat, Sulfat, Bicarbonat etc. ge-
- Osmolarität in IZR erniedrigt bunden und damit biologisch inaktiv. Im Zytosol befindet sich
- NaCI-Mangel wesentlich weniger freies Ca 2+ als extrazellulär. Die Bindung
.,. Hypertone Hyperhydratation (übermäßige Zufuhr hyp erto- von Ca2+ an die Plasmaproteine und damit der Anteil an freien
ner Flüssigkeit), z. B. Üb erinfusion mit hyperton er Koch salzlö- caz• ist pH-abhängig.
sung:
- Steigendes Volumen und erhöhte Osmolarität im EZR Die Phosphatkonzentration im Serum beträgt nor-
- !ZR-Wasse r strömt in den EZR malerweise etwa 0,8-1,4mmol/l. die tägliche Zufuhr mit der
- erniedrigte Eiweißkonze ntration wegen erhöhtem Gesamt- Nahrung liegt bei ca . 0,7-1 ,3 g/d. Der Phosphathaushalt ist eng
volumen mit dem Calciumhau shalt verknüpft. jedoch weni ger streng ge-
.. Hypotone Hyperhydratation (übermäßig e Zufuhrhypotoner regelt. Die Phosphatbila nz wird v. a. über di e renale Ausschei-
Flü ssigkeit), z. B. bei ADH-bildendem Tumor oder Überinfusion dung bestimmt (S. 40).
einer isotonen Glukose lösung bei Ni ereninuffi zienz:
3.2 Niere 29

Tab. 3.2 Ionenkonzentrationen


23 g 35 g
0,150 mol x-+0,150 mol x--=8,7g .:9g
Ion extrazellulär intrazellulär Besonderheiten mol mol
(Serum)
145mmolfl 12mmol/l 70-100g Gesamt- FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
gehalt
Die extrazelluläre Na•-Konzentration beträgt 145 mmolfl.
4.5mmol/l 155mmolfl Ausscheidung ist Die extrazelluläre K•-Konzentration beträgt ca. 4,5 mmol/1.
u. a. von der K' - Magnesium-Mangel führt zu gesteigerter neuromuskul ärer
Zufuhr und von
Aldosteron abhän- Erregbarkeit (Muskelkrämpfe).
gig
Ca2• 2,2-2,6 mmol/1 ca . 0,1 ca . 1 kg Gesamt-
davon nur 50% Ca2• 3.2 Niere
frei! davon> 99% im
Knochen 3.2.1 Bau und Funktion der Niere
Phosphat 0,8-1,4 mmol/1
Beide Nieren wiegen zusammen nur ca. 300 g. Sie si nd sehr
Mg2+ 1mmo l/ l ca . lOmmol/1 0,3 g/kg KM stark durchblutet, pro Minute fließen ca . 1200ml Blut durch sie
davon nur 2/3 Gesamtgehalt
frei! hindurch, das sind ca. 20%des Herz-Zeit-Volumens. Diese star-
ke Durchblutung ist nötig für die vielfältigen Funktionen und
Cl- llOmmol/1 Stoffwechselleistungen, die die Niere zu erfüllen hat:
HC0 3· 25mmolfl • Regulation des Elektrolyt- und Wasserhaushalts,
• Aussc heidung harnpflichtiger Substanzen (z. B. Harnstoff,
(Mg 2•). Magnesium ist ein wichtiger Kofaktor für J<reatinin und Harnsäure oder Fremdstoffe),
viele Enzyme und für Membranfunktionen. Mg2• hemmt die • Konservierung wertvoller Blutbestandteile (z. B. Glukose,
Acetylcholin-Freisetzung an der motorischen Endplatte und Aminosäuren),
hemmt K•- und Ca 2•-Kanäle und NM DA-Kanäle. Ein Mg 2 •-Man- • Regulation des Säure-Basen-Haushalts,
gel führt daher zu einer gesteigerten neuromuskulären Erreg- • Regulation von Blutdruck und Blutvolumen,
barkeit und Muskelkrämpfen. Mg 2• hemmt z. B. auch den Tonus • Hormonproduktion (Erythropoietin, Vitamin-D-Hormon).
der Uterusmu sk ulatur. Der Mg 2• -Gehalt des Körpers beträgt ca.
0.3 g/kg KG, die tägliche Zufuhr sollte bei ca. 5 mg/kg KM liegen. aLERNTIPP !
Ein Drittel des Gesamtmagnesiums befindet sic h im Serum (ca. Die Anatomie der Nierengefäße ist eine wichtige Grundlage fü r
1 mmol/1), davon wiederum ist ein Drittel proteingebunden. Die das Verständnis der Vorgänge in der Niere. Wiederholen Sie dazu
zelluläre Mg 2•-Aufnahme wird stimuliert durch In sulin. Schild- bitte ggf. die entsprechenden Abschnitte der Histologie und der
drüsenhormone und durch intrazelluläre Alkalose. Die Regula- Anatomie.
tion der Mg 2•-Bilanz erfolgt durch intestinale Resorption und
renale Ausscheidung. Makroskopisch lässt sich die Niere in Rinde (Kortex) sowie
äußeres und inneres Mark (Medulla) unterteilen. Die kleinste
APROPOS
ln der Klinik w ird eine .. aufgepeppte" Isotone Koch salzlösung für Infusionen
funktionelle Einheit der Niere ist das Nephron (ca. 1- 1,5 Mio.
bei isotonem Flüssigkeitsverlust oder zur intravenösen Verab reichung von pro Niere). Jedes Nephron besteht aus Glomerulus mit zugehö-
Med ikamenten verwendet : die Ringer-lösung . Sie enthält pro Liter: rigem Tubulus- und Sammelrohrsystem. Ein Glomerulus (N ie-
8,6g NaC I renkörperchen, Abb. 3.4) enthält ein Knäuel aus etwa 30 Blut-
0,3 g KCI und
kapillarsc hlinge n, die in die zum tubulären System gehörende
0,33g Ca Cl
Bowman-Kapsel eingestülpt sind. Im Glomerulus findet die
Tab. 3.2 gibt einen Überblick über die wichtigsten lonenkonzen- Filtration des Primärharns in die Bowman-J<apsel hinein statt,
trationen. die wie ei n Trichter den Primärharn in das Tubulussystem leitet.

·· LERNTIPP ! Im Tubulussystem (Abb. 3.3) sind die Funkti-


in der Prüfung werden hin und wieder Aufgaben gestellt, die Sie onen 1·egional verteilt:
entweder mit einem si mpel auswend ig gelernten Za hlenwert Der proximale Tubulus umfasst mit za hlreic hen Windungen
oder aber mithilfe aufwändiger Rechnungen beantworten kön- das proximale Konvolut (Pars co nvolu ta) und den dicken abstei-
nen. Um sich überflüssiges Rechnen zu ersparen, sollten Sie sich genden Teil der Henle·Schleife. Im proximalen Tubulus findet
daher unbedingt merken, dass eine NaCI-Lösung dJnn zum Blut- der Haupt teil der Rückresorption statt. Glukose und Aminosäu-
plasmaisoton ist, wenn sie 0,9% (also 9 g/1) Kochsalz enthält. in ren werden fast vollständig aus dem Primärharn rück resorbiert
ein er Prüfungsfrage wurde genau danach gefragt. und auch zwei Drittel des Wassers und der Sa lze werden isoton
Unter Zu hil fena hm e der Molmassen von Na (23 g/mol) und Cl (35 zurückgewonnen.
gfmo l) kann man sich diesen Wert auch errec hn en, wenn man Die Henle-Schleife besteht aus einem dicken absteigendem
we iß , dass die Osmolalität des Blutes 300 mosmol beträgt. Teil. der noch dem proximalen Tubulus zugerechnet w ird. e i-
Weil Na Cl in Wasser vollständig dis soziiert vorl iegt, ergeben sich nem dünnen absteigenden, und einem dünnen und dicken auf-
daraus 150 mmol Na+ 150 mmol Cl, die für eine isotone Lösung steigenden Teil, der dem distalen Tubulus zugerechnet wird .
erforde rlich sind. Aus dieser Stoffm enge und den Molmassen Die Henle-Schleife dient v.a. dem Aufbau einer osmotischen
kann man dann die notwendige Na Cl-Meng e errechnen: Hochdruckzone im Ni erenmark. die für die Harnkonzentrie-
rung entscheidend ist. Im dicken aufste igende n Teil de r Hen le-
30 3 Wasser- und Elektrolythaushalt, Nierenfunktion

Schleife sitzt der dafür verantwortliche Motor. der sekundär- 1> Verbindungsstück und Sammelrohr. Erst in den letzten Ab-

aktive Na•tK•f2CI- -Symporter. schn itten (Verbindungsstück und Sammelrohr) erfolgen die
Zum distalen Tubulus zäh lt- neben dem dicken aufsteigen- durch Aldosteron und ADH kontrollierte Feinanpassung der
den Teil der Henle-Schleife- auch das distale Konvolut. Harnzusammensetzung und die Wasserausscheidung bzw.
Die Tubulusschleife eines jeden Nephrons kehrt immer zu Harnkonzentrierung. ADH veranlasst über den Einbau spezi-
.,ihrem" Glomerulus zurück und ermöglicht so im Bereich des eller Wasserkanäle (Aquaporine) in die Epithelzellmembranen
juxtaglomerulären Apparats ein tubuloglomuläres Feedback, eine hohe Wasserpermeabilität im Sammelrohr. Wasser fließt
d. h. die Anpassung der glomerulären Filtrationsrate an die dem osmotischen Gradienten folgend in die osmotische Hoch-
Zusammensetzung des Tubulusinhalts. Der juxtaglomeruläre druckzone des Nierenmarks, der Harn w ird dadurch konzent-
Apparat setzt sich aus den glomerulusna hen Teilen des Vas af- riert.
ferens und Vas efferens (s. u.). den Macula-densa-Zellen des di- Die Sammetrohre treten zu immer dicl<eren Sammetrohren
cken aufsteigenden Teils der Henle-Schleife und den extraglo- zusammen, sodass der Harn aus den 1-1,5 Mio. Nephronen
merulären Mesangiumzellen zusammen (Abb. 3.4).1st die Na•- schließlich über etwa 350 Papillen ins Nierenbecken fließt. Von
Konzentration oder die Flussrate im Tubuluslumen zu hoch, so dort aus gelangt der Urin durch die Ureteren (Harnleiter) in die
gehen vom juxtagtomerulären Apparat Signale aus, die die Blut- Blase und wird sch ließlich über die Urethra (Harnröhre) ausge-
zufuhr zum Glomerulus (Vas afferens) drosseln und so die glo - sch ieden.
meruläre Filtrationsrate senken (negative Rückkopplung). Die
tubuloglomeruläre Rückkopplung spielt bei der Autoregulation .,. Energiestoffwechsel. Für die tubulären Transportprozesse
der glomerulären Filtrationsrate (s.S. 32) eine wichtige Rolle. braucht die Niere viel Energie, die sie in erster Linie aus freien
Fettsäuren und Ketonkörpern gewi nnt. Im proximalen Tubu-
lus wird keine Glukose verbraucht, sondern stattdessen findet
proximaler sogar Glukoneogenese aus Glutamin statt. ln den distalen Tu-
Tu bulus bulusabschnitten und in den Sammetrohren (die in dem mit nur
(Konvolut) relativ wenig Sauerstoff versorgten Nierenmark im Papillenbe-
reich liegen) kann dagegen auch aus anaerober Glykolyse ATP
gewonnen werden. Insgesamt entfallen ca. 7% des gesamten
Energiegrundumsatzes auf die Niere.

3.2.2 Durchblut ung


Verbin-
dungs- Mit einem renalen Blutfluss (RBF) von 1-1.21 Blut/min- also
stück etwa 20% des Herzzeitvolumens - sind die Nieren die am bes-
ten durchbluteten Organe des Körpers, obgleich ihr Anteil am
Gesamtkörpergewicht nur 0,4 % beträgt. Ihre starke Durchblu-
proximaler tung dient primär der Filtration und der Primärharnbildung
Tubulus und nicht - wie bei anderen Organen - der Versorgung mit
(gerader Teil)
Sauerstoff. Die Nieren entnehmen dem Blut weniger als 10 %des
darin enthaltenen Sauerstoffs. Die arteriovenöse 0 2 -Differenz
Teil der in der Niere ist daher gering, und die 0 2-Sättigung im Nierenve-
dünner - -- + Henle-Schleife
absteigender nenblut mit ca. 90%noch sehr hoch .
Teil der Die Nieren werden über die jeweilige Nierenarterie (A. re-
Henle-Schleife nalis) versorgt, die sich über lnterlobararte rien, Bogenarterien
und lnterlobulararterien zu den afferenten Arteriolen (Vasa af-
ferentes) verzweigt. Die Vasa afferentes bilden die parallelen
Gefäßschlingen der 1,5 Mio. Glomeruli einer Niere. Am Ende
Abb. 3.3 Aufbau eines Nephrons. der Glomeruli vereinigen sich die Kapillarschleifen wieder zu

:= Vas efferens - - - - -- ----",.,r==


Macula-densa· Abb. 3.4 Aufbau des Glomerulus.
:;;: Zellen des distalen
Tubulus
Vas afferens ______/
Polkissen
Gefäßpol (extraglomeruläre
·c;, Mesangiumzellen)
äußereWand - - --HJ granulierte Zellen
·t der Bowman-Kapsel in der Wand des
ö:
1! Vas afferens
Mesangiumzellen --+1.1-+''Ff"f,&r.""'
V
-;;;
Kapillaren des Glomerulus
innereWand
3 Bowman-Kapsel Spaltraum (nimmt den
j (Podozyten) Primärharn auf)

Harnpol (Anfang des


Nierenkanälchens)
3.2 Niere 31

jeweils einer Arteriole. Diese efferenten Arteriolen verzwei- Glomeruläre Filtrationsrate


gen sich wieder und bilden das peritubuläre Kapillarsystem . Unter "Glomerulärer Filtrationsrate" (GFR) versteht man die pro
Während das erste Kapillarnetz der Glomeruli der Bildung des Zeiteinheit von beiden Nieren filtrierte Flüssigkeitsmenge. Die
Primärharns dient, versorgen die peritubulären Kapillaren das GFR beträgt bei einem gesunden Erwachsenen etwa 120 ml/
Rindenparenchym. Dabei entfallen rund 90% des RBF auf die min. Die Filtration in den Glomeruluskapillaren ist. wie der
Nierenrinde und nur 10% auf das Nierenmark Flüssigkeitsaustausch in anderen Kapillaren auch, ein passiver
Die Markdurchblutung ist relativ gering, weil eine übermä- Vorgang. Sie ist vorrangig vom Blutdruck in den Kapillaren ge-
ßige Durchblutung dazu führen würde, dass die für den Kon- trieben, ihr wirken 2 Drücke entgegen.
zentrierungsmechanismus der Henle-Schleife osmotisch wich-
tigen Teilchen im Interstitium mit dem Blut ausgewaschen wür- .. Effektiver Filtrationsdruck. Die Summe der Drücke, die die Fil-
den. Bei einem erhöhten systemischen Blutdruck kommt es zu tration bestimmen, wird unter dem effektiven Filtrationsdruck
einer gesteigerten Markdurchblutung, die zu einer vermehrten Pen zusammengefasst. Neben dem effektiven Filtrationsdruck
Diurese ("Druckdiurese") führt. hängt die GFR von der Filtrationsfläche F und der Filterleitfä-
Bei sehr starker körperlicher Arbeit kann es durch die ver- higkeit L (Durchlässigkeit für Wasser) ab. Die beiden letzten
stärkte Muskeldurchblutung in geringem Maße zu einer Ein- Faktoren werden vereinfachend zum Filtrationskoeffizienten
schränkung der Nierendurchblutung kommen. KF der Niere zusammengefasst:

FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN GFR = Pen x F x L = Pen x KF


.. ln der Niere werden beim Erwachsenen die Hormone Erythro- Der effektive Filtrationsdruck Peff und damit die Filtration wird
poietin und Vitamin-D-Hormon (Kalzitriol) gebildet. gefördert vom hydrostatischen Druck in den Glomeruluskapil-
.. Eine gesteigerte Markdurchblutung, z. B. bedingt durch laren (Pkap' "Blutdruck in den Kapillaren", ca. 48 mmHg). Durch
einen erhöhten systemischen Blutdruck, führt zu einer ihn wird das Ultrafiltrat abgepresst. Theoretisch spielt auch der
vermehrten Diurese (Druckdiurese). onkotische Druck in der Bowman-KapseiTTbow eine Rolle. Prak-
tisch kann er jedoch vernachlässigt werden, weil das Filtrat na-
hezu eiweißfrei ist.
3.2.3 Filtration Der Filtration wirken entgegen:
• der onkotische (= kolloidosmotische) Druck in den Kapilla-
Glomerulärer Filter ren (TTonk• ca. 25-30mmHg) und
Die Filtration im Glomerulus erfolgt durch mehrere Schichten: • der hydrostatische Druck in der Bowman-Kapsel (Pbow• ca.
• Das gefensterte Endothelmit einer mittleren Porengröße 13mmHg).
von 50-100 nm. das die Kapillarschlingen innen auskleidet,
ist durchlässig für größere Moleküle, hält aber die Blutzellen
fi LERNTIPP !
zurück. Zur Beeinflussung des effektiven Filtrationsdrucks werden
• Die Basalmembran besteht aus einem dichten Netz negativ häufig Fragen gestellt. Es ist daher sehr wichtig, dass Sie sich die
geladener Proteine, die Plasmabestandteile mit einer relati- unterschiedlichen Drücke, die auf Pell einwirken, gut einprägen
ven Molekülmasse> 50-400 kDa zurückhalten. Für die Filt- und die Vorgänge verstanden haben . Merken Sie sich die fol-
rierbarkeit spielt dabei nicht nur die Größe, sondern auch die gende Formel:
elektrische Ladung der Makromoleküle eine Rolle: Negativ p ell= p kap- nonk- pbow( + nbow)
geladene Moleküle werden elektrostatisch abgestoßen und Pe11 =48- 25-13 (+ 0)= lOmmHg
können den Filter daher schlechter passieren.
• Podozyten (viszerales Blatt der Bowman-l<apsel) sind Zellen
mit zahlreichen langen Fortsätzen, die sich untereinander Der onkotische Druck in den Glomeruluskapillaren nank verän-
verzahnen und enge Schlitze bilden. Sie sind durchlässig dert sich in deren Verlauf. Da die abfiltrierte Flüssigkeit fast kein
für Moleküle bis zu einer Größe von ca. 5 nm . Die Fortsätze Eiweiß enthält, dem durchströmenden Blut also v.a . Wasser
der Podozyten überzieht eine negativ geladene Glykokalix und Salze entzogen werden, nimmt die Proteinkonzentration
(Schlitzmembran), die negativ geladene Plasmaproteine im Kapillarbett zu. Damit steigt der onkotische Druck von zu -
zusätzlich am Durchtritt hindert. nächst ca. 25mmHg im Vas afferens auf Werte über 30 mmHg
Zwischen den Kapillaren befinden sich Mesangiumzellen, die im Vas efferens. sodass der effektive Filtrationsdruck am Ende
die Kapillarschlingen in Position halten und die Glomeruli rei- des Glomerulus auf 0 mmHg absinkt. Es stellt sich ein Filtrati-
nigen, indem sie großmolekulare Ablagerungen durch Phagozy- onsgleichgewicht ein.
tose aufnehmen und in den Lysosomen abbauen.
Durch den Filteraufbau werden neben Wasser und Elektroly- .. Renaler Plasmafluss. Bei der Bildung des Primärharns wer-
ten nur kleine Moleküle bis zu einer Masse von etwa 5 kDa (z. B. den die zellulären Blutbestandteile (Erythrozyten, Leukozyten,
Harnstoff, Harnsäure, I<reatinin, Glukose, Aminosäuren, Pepti- Thrombozyten) durch den glomerulären Filter (s. o.) zurück-
de, Inulin) frei filtriert. Mit zunehmender Größe ist der Filter gehalten. Die eigentliche klinisch relevante Größe stellt somit
nur schwierig und ab einer Molekülmasse von ca. 70 kDa gar nicht der renale Blutfluss (RBF) dar. sondern der renale Plas-
nicht mehr passierbar. Proteine. z. B. Albumin (Molekülmasse mafluss. Den renalen Plasmafluss (RPF} erhält man, indem man
69 kDa), sowie an Albumin oder andere Plasmaproteine gebun - den zellulären Anteil des Blutes (Hämatokrit, HKT) vom renalen
dene Substanzen werden daher nur in Spuren filtriert. Der Pri- Blutfluss (RBF) subtrahiert:
märharn ist also ein nahezu eiweißfreies Ultrafiltrat.
RPF = RBF x (I - Hkt) = ca. 600 ml/min
32 3 Wasser- und Elektrolythaushalt, Nierenfunktion

Tab. 3.3 Funktionsgrößen der Nieren c


1-"
2,0
/
c .Q
Funktionsgröße Größe Bemerkungen "' .....
Cii..O:

/
1.5
renaler Blutfluss 1-1,21/min ca . 20 % des HZV (Herzzeit-
(RBF) volumen) C>!l .....
1,0
V
Q.l 0

--- .
renaler Plasmafluss 600 mlfm in RPF = RBF x (1 - Hämato- lJ-2'
Qj'ro /
(RPF) kr it) > c
·.;:; C1.l
0,5 ..E
:.<:
Fi ltra t ion (GFR) 120 mlfmin 20 % des RPF "'"' >-
gesamt 180 I/Tag 0 ";
·c;,
0
S?
Rückresorption 99 % bei starker Antidi urese 150
auch> 99%
Urinausscheidung 1-2 I/Tag c
E I Autoregulation
.,. Filtrationsfraktion und -volumen. Die Filtrationsfraktion (FF)
I 50 I
u..
u.. al
bezeichnet den Anteil der GFR am gesamten rena le n Plasma- lJ
fluss. Sie beträgt ca. 20 %. 0
0 40 80 120 160
FF= GFR/RPF Mitteldruck in der Ni erenarterie [mmHg]
"'
Insgesamt ergibt sic h daraus ein Filtrationsvolumen (Primär- Abb. 3.5 Konstanthaltung des Filtrationsdrucks.
harn) von ca. 1801 täglich, das zu 99 % wieder rückresorbiert
wird. Es wird also nur 1% des g lomerulär filtrierten Wassers den Gefäßmuskelzellen (myogene Reaktion) und eine lo ka l
renal ausgeschieden. Bei starker Antidiurese l<ön nen allerdings chemische Reaktion über den juxtaglomerulären Apparat.
auch mehr als 99% resorbi ert werden. • Myogene Reaktion (Bayliss-Effekt): Bei einem steigenden
intravasalen Druck n immt die Wandspannung der Aa. in-
... Harnzeitvolumen. Die Urinausscheidung (Harnzeitvolumen) terlobularis und der afferenten Arteriolen zu, wodurch me-
beläuft sich auf 1-21 am Tag. chanosensitive Kationenkanäle in den glatten Gefäßmuskel-
ln Tab. 3.3 sind die wichtigsten Funktionsgrößen der Nieren ze llen geöffnet werden. Du rch die einströmenden Kationen
zusammengestellt. depolarisieren die Mu skelze ll e n. Ca 2+- J<anäle (L-Typ) werden
aktiviert und über Ca 2+ eine Kontraktion der Gefäßmuskula-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X tur ausgelöst. Daher kommt es bei einem Blutdruckanstieg
.,. Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) beträgt bei einem zu einer Vasokonstriktion der präglomerulären Gefäße. d. h.
gesunden Erwachsenen 120 ml /min . zu einer Erhöhung des Gefäßwiderstand es. und bei einem
.,. Die Filtrationsfraktion (FF) bezeichnet den Anteil der GFR am Blutdruckabfall zu einer Dilatation.
gesamten renalen Plasmafluss. • Tubuloglomerulärer Feedback-Mechanismus (TGF): Die Ma-
.,. Die FF berechnet sich als Quotient von glomerulärer Filtrati- cula-densa-Zellen des juxtaglomerulären Apparats senden
ons ra te und rena lem Blutfluss: bei einer Erhöhung der NaCI-Konzentration im aufsteigen-
FF = GFR/RPF. d en Teil der Henle-Schleife ein vasokonst ri ktorisc he s Sig nal
.,. 99% des Primärharns werden wieder rückresorbiert , d . h. die an die afferenten Arteriolen des dazugehörigen Glomerulus.
renale Au ssche idung von Wasser beträgt nur 1 %. Ei n An st ieg der NaCI -Konze ntration im Tubu lu slu men redu-
ziert so mit di e GFR und passt die Primär harnmenge an die
Resorptionskapazität des Tubulus an.
Regulation der glomerulären Filtration So kann der renale Blutfluss und damit der Blutdruck in den
Die Niere kann ihre Funktionen nur bei einer g leichb leib e nd en Glomer ulu skap illaren über einen große n Bereich hinweg kon-
GFR erfüllen. Da diese maßgeblich vom Blutdruck in den Kapil- sta nt gehal te n werden.
laren (Pkap) bestimmt wird. besitzt die Niere eine seh r ausge-
prägte Autoregulation . mit der sie ohne äußere nerva le oder .,. Renin-Angiotensin-Aidosteron-System. Wenn aber der arteri-
hormonale Kontrolle in der Lage ist, ihre Durchblutung dem Be- ell e Mitteldruck Werte von SOmmHg unterschreitet. sezernie-
darf anzupassen und im physiologischen Bereich des arteriellen ren die Epithelo id zell en des juxtaglomerulären Apparats Ren in .
Blutdrucks konstant z u halten. Renin führt zur Bi ldung von Angiotensin II (Ren in-An g ioten-
Die Nierendurchblutung wird hauptsächlich von den Ge- sin-Aidosteron -System, s.S. 45), das stark vasokonstriktorisch
fäßwiderständen der afferenten und efferenten Arteriolen be- wirkt und systemisc h zu ein er Erhöhung des Blutdrucks führt
stimmt. Schwankungen des arteriellen Mitteldrucks zwischen (und damit auch zur Blutdrucksteigerung in der Niere). Angio-
80 und 180mm Hg werden durch ei ne Veränderung der rena len tensin II bew irkt außerdem eine verstärkte Konstr iktion der ef-
Gefäßwiderstände kompensiert. wodurch Durchblutung und ferenten Arteriolen , sodass der Blutabfluss aus den Glomeruli
damit die GFR auch bei Blutdruckveränderungen innerhalb erschwert ist. Beide Mechanismen sorgen für einen Anstieg der
dieser Werte konstant ble ib en . Bei arterie ll em Mitteldruck < GFR.
80 mmHg oder > 180 mmHg verändert sic h dagegen auc h die Prostaglandine und atria les natriuretisches Peptid (ANP)
GFR (Abb. 3.5). senken den Gefäßwiderstand und damit die GFR.

... Autoregulation. An der Autoregulation sind im Wesentlichen .,. Nervale Steuerung. Die nervale Steuerung der Nierendurch-
2 Mechanismen beteiligt: eine loka l mechanische Reaktion an blutung erfolgt aussc hli eß li ch über sympat hi sche Fasern. Nor-
3.2 Niere 33

adrenal in führt über a 1-Rezeptoren zur Gefäßkonstriktion, Do- den Teil des Plasmas angibt, der von der Substanz vollständig
pamin über 01-Rezeptoren zur Dilatation. befreit worden ist. Diese Aufteilung ist natürlich nur ein ge-
dankliches Konstrukt. tatsächlich lässt sich das gereinigte Plas-
rLERNfiPP ! mavolumen VP aus der Konzentration der Substanz in Urin (Cu)
Merken Sie sich den Autoregulationsbereich: 80-lSOmmHgl und Plasma (Cp) und dem Urinzeitvolumen (Fiussrate) Vu, d. h.
ln den Prüfungsfragen werden Ihnen imm er wieder auch andere der Urinausscheidung pro Zeit, bestimmen. Die Clearance-Be-
Blutdruckwerte angeboten. Lassen Sie sic h davon nicht verwir- rechnung basiert also auf folgendem Zusammenhang:
ren und merken Sie sich, dass inne rhalb dieses Bere ichs keine
wesentliche Änderung der GFR eintritt. V r X e r = Vu X Cu
Die GFR hängt vom hydrostatischen Kapillardruck Pk ap ab: Wird die Gleichung entsprechend nach V r aufgelöst, ergibt sich :
.. Kontraktion des Vas afferens (verringerter Zufluss)-.. Pkap ! -..
GFR ! Vr = Vux Cu(mi/Zeit)
.. Misst die Macula densa einen starken Na Cl-Anstieg, so wird die Cr
Kontraktion des Vas afferenseingeleitet-.. GFR ! je niedriger die Konzentration im Plasma nach der Nierenpas-
.. Kontraktion des Vas efferens durch Ren in bzw. Angiotensin II sage ist, desto größer ist der Anteil des .. vollständig gereinigten
(gedrosselter Abfluss) -.. Pkap i -.. GFR i Plasmas", also die Clearance. Entspricht die Clearance der GFR,
wird eine Substanz vollständig filtriert und weder zusätzlich
APROPOS resorbiert oder sezerniert. Clearance-Werte, die größer als die
GFR im klinischen Alltag. Die GFR dient als Kenngröße zur Beurteilung GFR sind, bedeuten. dass die Substanz zusätzlich zur Filtration
der Nierenfunktion (vgl. lnulin-Ciearance. S. 34). Bei einer Einschränkung auch noch (netto) sezerniert wird. Ist die CleJra nce kleiner Jls
des Glomerulusfiltrats mit Zunahme harnpflichtiger Substanze n irn Serum die GFR. wird die Substanz nach der Filtration wieder resorbiert.
sp richt man von einer Niereninsuffizienz.
Die Clearance lä sst sich für alle im Plasma enthaltenen Sub-
stanzen bestimmen. Sie wird im klinischen Alltag zur Beurtei-
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
lung der Nierenfunktion eingesetzt.
.. Ein wichtiger Mechanismus bei der Autoregulation der Nieren- ln diesem Zusammenha ng ist eine weitere Größe wichtig,
durchblutung ist die druckbedingte Kontraktion der glatten nämlich die fraktionelle Ausscheidung (FA). Sie entspricht dem
Muskulatur der präglomerulären Nierengefäße (Bayliss- Quotient aus ausgeschiedener und filtrierter Stoffmenge pro
Effekt). Zeit (Abb. 3.6) :

Clearance und Fraktionelle Ausscheidung


Die Clearance (Klärung, Reinigung) gibt das .. fiktive" Plasma-
volumen an. das pro Zeiteinheit in der Niere von einem be-
stimmten Stoffvollständig gereinigt wird. Sie ist von Filtration.
Sekretion und Resorption der betroffenen Substanz abhängig. in einigen Aufgaben wird anstelle der GFR die Kreatinin-Ciea-
Dazu stellt man sich vor. die Konzentration der Substanz rence angegeben. Da Kreatin in frei filtriert wird (s. u.). können
wäre nach der Nierenpassage in einem Teil des Plasmas unver- Sie die Kreatinin-Ciearence der GFR gleichsetzen.
ändert und im anderen gleich null, wobei die Clearance dann

Konzentration Konzentration Konzentration


venös ve nös venös
l c:=:J-100 %
Nieren-
arterie

bei vollständiger
Resorption
Clea rance = 0

system

Au ssc heidung
a FA < GFR b FA = GFR FA > GFR
• freie Filtration • freie Fi ltration • freie Filtration
• Resorption • keine Resorption • keine Netto-Reso rption
• keine Sekretion • keine Sekretion • Sekretion
Abb. 3.6 Fraktionelle Ausscheidung und Clearence. Verg leichen Sie jeweil s di e Stoffm eng en in Nierenar te rie und ·vene. a Bei einer Substanz. die
frei filtriert , aber kompl ett re sorbiert wird (z. B. Glukose), ist di e Clearan ce 0. b Bei einer Substan z, die frei filtriert, aber weder sezerni ert noch res or-
biert wird (z. B. Inul in). entspricht di e Clea rance der glomerulären Filtrationsrate. c Bei einer Substan z. di e frei filtri ert und zusätzlich sezerni ert wird
(z. B. PAH), entspricht di e Clearence dem renal en Plasmanuss. FA: fraktion eile Aussc heidung.
34 3 Wasser- und Elektrolythaushalt, Nierenfunktion

Tab. 3.4 Typische Clearance-Werte

Substanz Clearance (Normalwert)


Aminosäuren ca. Omlfmin
Glukose ca. Oml/min
Harnstoff ca. 75 mlfmin
Inulin ca. 125mlfmin
Kreatin in ca . 125ml/min
Paraaminohippursäure (PAH) ca. 600ml/min

RECHENBEISPIEL
Bei ein em Pati enten mit ein em Harn zei tvo lum en von 0,9 ml/ min und einer
GFR
Kreatinin-Ciea rence von 90 ml/min wird eine Na' -Piasmakonzentration von Abb. 3.7 Abhängigkeit der Kreatinin-Konzentration im Blutplasma
150mmol/lgemessen.lm Harn beträgt die Na'-Konzentra tion 15mmol/l. von der glomerulären Filtrationsrate.
Berechnen Sie die fraktioneile Na' -Ausscheidung!
Lösung: Sie müssen die Formel zur Berechnung der FA anwenden:
Kreatinin-Ciearance. Kreatinin ist ein Abbauprodukt von Kre-
ati n, das in der Muskulatur ständig anfällt. wesha lb sein Plas-
Da die Krea tini n-Ciea rance ein Ma ß für die glomeruläre Filtrationsrate ist. maspiegel auf einem bestimmten Wert gle ichbleibt Kreatinin
kann di e Krea tinin-Ciearence als GFR eingesetzt werden : w ird über die Niere ausgeschieden, wobei es sich in der Niere
äh nlich wie Inulin verhält: Auch Kreatinin wird frei filtriert und
FA(%) 0.9ml /minx15mmol/l x100 =0 1%
90ml/minx150mmol/l ' ni cht resorbiert. d. h. die fraktionelle Kreatinin-Ausscheidung
(=Quo tient aus ausgeschiedener und filtrierter Kreatininmenge
Wer ungern rechnet. kann di e Aufgabe auch fo lgendermaßen lösen: Es
wird nur 1/100 des filtrierten Volumens ausgeschieden. Bliebe die Na' - pro Zeit, s.o.) beträgt etwa 1. Daraus resultiert, dass ein An stieg
Konzentra tion unverändert. würde ebenfal ls 1/100 des Na' ausgesc hi eden. der Kreat ini nkonze ntration im Plasma zu einer entsprec hend
also 1%. Sie reduziert sich aber auf 1/10. Damit liegt die fraktioneile Aus- erhöhten Kreatinausscheidung führt.
scheidung von Na' bei 0.1 %. Ände rt sich die GFR (GFRN), stellt sich nach kurzer Zeit ein
neues Gleichgewicht ein, d. h. die Kreatinin -Aussc heidung (PR)
bei reduzierter GFR (GFRR) erreicht wieder den gle ichen Wert
ln Tab. 3.4 si nd ei nig e Clearance-Werte unter Normalbed ingun- wie vor der GFR-Änderung:
gen aufgeführt. Merken Sie sich die Größenordnungen . Wenn in
GFRN X PN = GFRR X PR
der Prüfung nach der Reih enfo lge der Clearance-Werte gefragt
wird , können Sie sic h ganz ei nfac h am Alphabet orientie ren: Von Kreatin wird in geringen Mengen auch tubulär sezerni e rt. Da-
A wie Aminosäuren bis P wie PAH steigen di e Werte unter Nor- durch fällt die Bestimmung der GFR mithilfe der Kreatinin-
malbedingungen an. Ciearance e twas zu hoch aus. Die Bestimmung der Kreatinin-
Aminosäuren/Glukose< Harnstoff< lnulin/Kreatinin < PAH Clearance zur Abschätzung der GFR ist aber im klinischen All-
tag hinreichend genau.
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X M
g !tNTIPP !
Die Clearance ents pricht dem Plasmavolumen. das pro Zeit- Vielen Stud enten sc he int Abb. 3.7 Schwierigkeite n zu bereiten:
ei nh eit durch die Niere von einer Substanz gereinigt wird: VPx Gefragt wird nach dem Diagramm, dass (bei konstanter Kreati-
Cp=Vux Cu nin-Bildung) die Abhängigkeit der Kreatinin-Plasmakonzentra-
Ist der Clea rence-Wert größer als die GFR bedeutet dies, dass tion von der GFR am besten wiedergibt (bei linearem Maßstab
die Substanz zusätzlich sezerniert wird. de r Koordinatenachsen). Sinkt z. B. bei einer Niere nstörung di e
Diefraktionelle Ausscheidung stellt das Verhältnis von rena- GFR, steigt die Kreatininkonzentration im Blutplasma entspre-
ler Aussc heidung und GFR dar: chend an. Das Produkt aus Kreati nin-Piasmakonzentrati on und
Fraktioneile Ausscheidung(%)= Vu ·Cu . 100 GFR ist also konsta nt. Daher vermuten die meisten Ihrer Kom-
GFR·Cp mili tone n eine Ge rade - das ist aber falsch! ln Diagrammform
resu ltiert aus diesem Zusammen hang eine Hyperbelfunktion!
.,. lnulin-Ciearance_ Inulin ist ein Polysaccharid (Molekü lmasse Durch Eintragen einig er Werte lässt sich das leic ht veranschau-
5000 Da), das im Körper natürlicherweise ni cht vorkommt. Es lichen: Si nkt die GFR um die Hälfte verdoppelt sich die Plas ma-
wird frei filtriert und im Tubulus weder sezerniert noch resor- konzentratio n, bei Abnahme der GFR auf e in Viertel steigt die
biert. Das gesamte Inulin wird also im Primärharn ausgeschie- Kreatininkonze ntrat ion um den Faktor 4, bei Abnahme auf 1/10
den, seine Konzentration im Endharn entspricht damit derjeni- um den Faktor 10.
gen im Glomer ulusfi ltrat. Die lnulin-Ciearance ist so mit g leich
der GFR.
APROPOS Bei den meisten Rechenaufgabe n zur Clearence müssen Sie vor-
Die Bestimmung der lnulin-Ciea rance zu r Diagn osti k der Nierenfunk tion ist gegebene We rte einlach nur in die Formel
durch die notwendige in travenöse Infusion relati v aufwendig. ln der Prax is
wird daher häufi ger die Kreatinin-Ciearance bes timmt.
3.2 Niere 35

steige nd e r PAH-Pla sma kon ze nt ra tion wird der für di e Sekret i-


VP • Cp = Vu · Cu
on verantwortliche Carri e r gesättigt. Außerd em muss beachtet
einsetze n und anschließe nd nach de r gefragt en Größ e aufl ösen. w erden, dass der renale Plas mafluss etwas höher als di e PAH-
Dabei ist ve reinfac hend zu beachten. dass bei der Betrachtung Ciea rance is t, da nicht gan z 100 %sezerniert we rden.
von Kreatinin oder Inulin VP = GFR = Kreati nin-/lnulin-Ciearan ce Bei bekanntem Häma tokrit kann man mithilfe de r PAH-
ist! Ciearance auch den renalen Blutfluss (RBF) berechnen :

1
RBF = RPF - --
RECHENBEISPIEL 1 (1 - Hkt)
Berechnen Sie das Harn zeitvolum en aus fo lge nden Inform ationen:
GF R 100ml/m in
• Inulin-Plasmakonze nt ratio n 0.1 gfl
RECHENBEISPIEL
• Inulin-Urin konzentration 2 a/1
Zu r Abklärung einer Nierenerk rank ung soll bei einer Patientin die Filt rati-
Lösung : Ein gesetzt in die Formel VP x c, = Vu x Cu und aufge löst nac h Vu ons frakt io n de r Nie ren bestim m t werden. Die Ko mbinatio n we lche r Werte
ergibt sich:
ist da für sinnvoll?
V 100ml / min x 0.1g/ l I/ . Lösung: W ie aufS. 32 angegeben, beze ichnet die Fi ltrationsfraktion (FF)
u = 5 m m1n
29 11 den Ante il der GFR am gesa mten re nalen Plasma flu ss (RP F):
Für diejenige n unter Ihn en. di e ungern mi t Form eln hant ieren. f ührt auch FF = GFR/RP F
fo lgend er Weg zum Ziel: Die Konze nt ratio n von Inulin im Prim ärha rn
Als Maß für GFR kann die Kreatinin-Ciearance, als Maß für RPF die PAH-
entsp ri cht der des Blutplasm as . da Inulin frei fil t riert wird (s.o.). We nn also Ciearance ge nom m en we rden. Zur Bestim mung der Kreatinin - bzw. PAH-
di e Inuli nko nzent rati o n im Endharn auf das 20-Fache anste igt. so mu ss die
Ciea rance be nötigt man die Plasma- und Harn-Konzentrationen sowohl
Flüss igkeitsm enge durch Rückresorptio n auf 1/20 der fi ltrierten Me nge
von Kreatinin (CPKce• ' Cukce,) als auch von PAH (CPPAH und CUPAH). Zusätz lich
reduziert worde n sein. Das Harn zeitvo lum en bet rägt da mi t 1/20 der Filtra-
be nötigt m an t heoretisch die jewe ilige n Urin fl uss raten Vu=
t ionsrate, also 5 m l/m in.
Vr· Cp = Vu·Cu
RECHENBEISPIEL 2 Au fgelöst nach VP und eingeset zt in di e ob ige Formel ergiot sich:
Be i einem Pa ti ente n sinkt die glome rul äre Filtrat ionsrate (GFRN) um ein FF = (Vu x CuKce,/CPKceJ/(Vu x CUPAH/CPPAH)
Drittel ab (GFR,). Es ist davo n auszugehen. dass sich ein neues Gleichge- Da Vu für beide Bestimm un g g leich ist, lässt es sich rauskürzen:
w icht einste llt und die Kreatini n-Prod uktionko nsta n t bleibt. W ie ve rändert
sich di e Kreatinin-Ko nzent ration im Blu tp las ma? FF = (CUKce.fCPKce,)/(CUPAH/CPPAH) = CUKceo x CPPAH/CPkcea x CUPAH
Fazit: Zur Bestimm ung der Fil t rat ionsfra kt ion sind die Angaben der Plas m a-
Lösung : Hier mü ssen Sie die oben angegebene Gleichu ng für ein e geä n-
und Urinko nze ntra tion en von Kreatinin und PAH ausreichend .
derte GFR be nut ze n:
GFRN x pN= GFRR x P,
W ird GFRN um \0 red uziert, also auf 0,67, so erg ibt sich:
GFRN X PN= 0,67 X GFRN X P,
I LERNTIPP !
Nach P, aufgelöst und P., gleich 1 gesetzt ergibt sich: Manche Prüfun gsfragen ve rsuchen Sie hi er aufs Glatteis zu füh-
ren! Anhand de r PAH-Ci earan ce kann der Plasmafluss berechnet
P, -
_ GFRNx 1 1 = 1 SP
' N
werd en. Gefragt wird hingege n manchmal nach dem Blutfluss
0,67 x GFRN 0,67
(unter Angabe des Hämatokrits). Es muss also nac h de r Berec h-
Di es bedeutete in en Anstieg der Kreatinin konze ntration um 50 %. nung des gereinigten Plas mavolum ens noc h mithilfe des Häma-
Auch hi er kann m an es oh ne zu rech nen versuchen: Zur Aussc heidung tokrits (Ante il der zelluläre n Blut bestandteil e) auf das Blutvo lu-
derselb en Kr eatini nmenge steht nun \0 weniger Filtrat zu r Ver fü gun g, d. h. men hoc hge rec hn et werde n!
dieselbe Menge an Kreatin in (die Prod uk t io n bleibt ja gleich) m uss mit de n
ve rble ibende n 2/3 ausgesc hi eden werde n. Auf jedes der be ide n Drittel
ent fäll t also zusätz li ch 1/6 des auszuscheid ende n Kreatinins. was 50 %
ents pri cht. RECHENBEISPIEL
Bestimm en Sie die Ni erendurchblu t ung ein es Patiente n anhand fo lgender
Wer t e:
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X UrinA uss: 2 ml/m in
PA H-Konze ntration im Blutplasma: 15 mg/1
Kreatin in wird frei filt riert, d. h. das gesa mte filt rierte Kreat i-
n in wird ausgeschieden. Seine fraktioneile Ausscheidung ist PAH-Konze ntrati on im Urin: 4500mg/l

dami t 1 (100%). Häm atokrit: 0.4

Ein Ansti eg der Kreatininkonze ntration im Plas ma bewi rkt eine Lösung: W ie oben angegebe n kan n der rena le Blutflu ss m it fo lge nder
Form el berechnet werden :
Zunahme de r Krea tininaussc heidung. Bei Änd erun g der GFR
1
stellt sich des halb ein neues Gleichgewicht ein : GFRN x PN = RBF = RPF - --
(1- Hkt)
GFRR X PR
RBF entspri cht dabe i der PA H-C iea rence. Die Clearence errechn et sich:
Mit der Kreatinin-Ciea rance lässt sich di e GFR abschätze n.
V,·C, = Vu ·Cu
Also:
PAH-Ciearance. Paraaminohippursäure (PAH ) wird ebenfa lls PAH-Ciearance = 2 ml/m in x 4500 mg/1/lS mg/1= 600 mlfmin
frei filtri ert und ni cht rü ck reso rbiert , zusä tzlich abe r auch noc h Eingesetzt in obige Formel:
tubulär sezerni e rt. Fas t da s gesa mte restliche (al so ni cht fil t- RBF = 600 mlfm in x 1/0,6 = 1000 mlfmin
ri erte) PAH a us den Gefäße n wird in s Tubulu slumen sezerni ert,
sodass über 90 % des durch di e Nie re fließend e n PAH ausge-
sc hiede n we rd e n. Die PAH -Ciea rance ist somit ein hinreiche nd Glukose wird in de r Nie re frei fi ltri ert,
ge naues Maß für de n renalen Plasmafluss (R PF), alle rdin gs nur jedoc h be reits im prox imale n Tubulu s prakti sc h vo ll stä ndi g
we nn di e Sek re ti on noch ni cht im Sättigu ngs bereich li egt. Mi t
36 3 Wasser- und Elektrolythaushalt, Nierenfunktion

rückresorbiert Die Glukose-Clearance einer gesunden Niere ist RECHENBEISPIEL 2


damit gleich null.
Wi e hoch ist die Freiwasse rcl ea rence. wenn das Harnzeitvolum en 1 1/d und
Im Rahmen einer Entgleisung des Blutzuckers kann die Blut- di e Urinosmolalität % der Pla smaosmolalität beträg t?
glukose-Konzentration aber so stark ansteigen (Nierenschwel- Lösung: Anteil freien Wasser = 1 - '14 = V.
le: 1,8-2 g/1). dass die Transportkapazität des Tubulussystems Das Harn zeitvolum en li egt bei 1 I/Tag, davon y, und damit der Anteil freien
für Glukose überschritten wird. Das Transportmaximum bzw. Wa ssers ergibt 0,251/Tag.
renaltubuläre Resorptionsmaximum für Glukose liegt bei
1,2 mmolfmin. Es wird dann mehr Glukose filtriert als rückre-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
sorbiert, die Glukose-Clearance nimmt dadurch einen positiven
Wert an. Sind die GFR. das Resorptionsmaximum für Glukose • Die Clearence von Paraaminohippursäure (PAH) eignet sich zur
und die renale Glukoseausscheidung bekannt, kann die Blutglu- Bestimmung des renalen Plasmaßusses.
kosekonzentration berechnet werden : • Mit der PAH -Ciearence kann bei bekanntem Hämatokrit der
renale Blutfluss errechnet we rden.
• Die Blutglukosekonzentration kann aus GFR, Resorptions·
RECHENBEISPIEL maximumfür Glukose und der renalen Glukoseausscheidung
Be i eine r Diabetikerin mit einer Glukose-Ausscheidung von 0,4mmolf min berechnet werden .
so ll die Blutgluko sekonzent ration berechnet werd en. Folgende weitere
• Unter ,.Freiwasser-Ciearance" versteht man das rena :pro:J
Werte sind bekannt:
Minute ausg eschiedene freie Wasser. Sie berechnet sich mit:
GF R 100ml/min
1 - (OsmufOsm p).
renaltubuläres Res orpt ion smaximum (Transportmaximum) 1,2 mmolfmin
--- -
Lösung: Um die Blutglukose konzentration der Patientin berechnen zu kön·
nen, muss man zunäch st wissen, bis zu welc her Blutglukosekonzentrati on
es zu kein er Au sscheidung kommt: 3.2.4 Resorptions- und Sekretions-
1,2 mmolf min / 100mlfmin = 0,012 mmol fml = 12 mmolf l mechanismen im Tubulus
Das Resorpt ionsmax imum wird um 0,4mm ol/ min, al so um Yl überschrit·
ten. Daraus folgt, da ss au ch di e Blutglukosekon zentration um Y, erh öht Proximaler Tubulus (Abb. 3.8)
sein mu ss. Di e Blutglukosekonzentration der Pati entin liegt demzufolg e
Der proximale Tubulus spielt mengenmäßig die größte Rolle
bei 16mmolfl.
für die Rückresorption : ca. 66 % des Wassers und des NaCI, 95%
des Bikarbonats und praktisch 100 % der filtrierten Glukose und
• Freie Wasserclearance. Um einen plasmaisotonen Harn zu Aminosäuren werden bereits hier rückresorbiert. Für die Trans-
produzieren, ist das Ausscheiden einer bestimmten Menge an portaufgaben sind die luminalen Membranoberflächen durch
Wasser notwendig. Die Wassermenge, die darüber hinaus aus- fingerförmige Ausstülpungen (Bürstensaum) um das 30 - bis
geschieden wird, wird als .. freies Wasser" bezeichnet. Als freie 60-Fache vergrößert. Lecks in den Interzellularverbindungen
Wasserclearance bezeichnet man das renal pro Minute ausge- (Tightjunctions) zwischen den Epithelzellen und sowohl in den
schiedene freie Wasser. Ist die freie Wasserclearance gleich basolateralen als auch IuminaJen Membranen vorhandene Was-
null, ist der Harn gegenüber dem Blutplasma isoton, ist sie > 0 serkanäle (Aquaporin 1, AQP1) sorgen für einen para-und tran-
ist der Harn hypo-, ist sie< 0 hyperton. Der relative Anteil frei- szellulären Transport großer Wassermengen. Daher kommen
en Wassersam Urinvolumen errechnet sich au s: zwischen Tubuluslumen und peritubulärem Interstitium keine
Konzentrationsgradienten zustande. Die Tubulusflüssigkeit be-
hält entlang des proximalen Tubulus die gleiche Osmolarität
Osmu = Urinosmolalität; Osm r = Plasmaosmolalität wie das Glomerulusfiltrat bzw. das Plasma in den peritubulären
Kapillaren (isoosmotische Rückresorption).
( LERNTIPP ! Die Resorption fast aller genannten Stoffe ist im proximalen
Im Physikum werden häufig Aufgaben zur freien Wasserclea· Tubulus an die Na•-Resorption gekoppelt. Treibende Kraft ist in
rance gestellt. Überlegen Sie sich hierbei , wie viel Wasser dem erster Linie der elektrochemische Na• -Gradient. Er wird mithil-
Harn entzogen werden müsste, bis er die gleiche Osmolalität wie fe der an derbasolateralen Seite der Epithelzellen lokalisierten
das Plasma annimmt (also isoosmotisch wird)! Na•fW-ATPase aufrechterhalten. die 3 Na--Ionen aus der Zelle
ins Interstitium und gleichzeitig 2 1<•-Ionen aus dem Intersti-
tium in die Zelle pumpt. Steigt der Na•-Einstrom an der lumi-
RECHENBEISPIEL 1
nalen Seite, erhöht sich die Aktivität der Na•fK•-ATPase. Die
Berech nen Sie die freie Wasserc lea rence bei ein er Pati entin mit folg end en
We rten:
W-lonen wandern über I<•-I<anäle zurück ins Interstitium (Abb.
• GFR 120ml/mi n 3.8). Zahlreiche Mitochondrien in den Epithel zellen sorgen v.a.
Urinstromst ärke 3 mlfmin über den Abbau von Fettsäuren für den Nachschub an ATP für
• Urinosmolalität 200 mosmol/1 die Na•j i<•-ATPase .
• Pla smaosmolal ität 300 mosmol/1
An der luminalen (apikalen) Membran wird Na• entlang
Lösung: Die freie Wasserclea rence errechn en Sie wi e oben ang egeben mit
dem Gradienten resorbiert. Die Resorption erfolgt frühproxi-
folgend er Formel:
mal über verschiedene Symportcarrier, durch die z. B. Gluko-
Ante il fr eien Wasser = 1 - (Osmu/Os mp)
se. Aminosäuren, Phosphat sekundär aktiv in die Epithelzellen
Also:
transportie rt werden, und über Antiportcarrier über die z. B.
1 - (200 m osmolf l /3 00 m os molf l) = Yl
Na•-lone n in di e Zelle aufgenommen und W-lonen sezerniert
Die Urin strom st ärke beträgt wie ang egeben 3 mlfmin, davon sind Y, freies
werd en (s ie werden zur HC0 3 - -Resorption gebraucht, s. u.).
Wasser, also 1 ml/min.
Während der letztgenannte Tran sport. bei dem 2 positiv gela-
dene Ionen au sgetauscht we rd e n, elektroneutral bleibt, kommt
3.2 Niere 37

Abb. 3.8 Transportvorgänge im proximalen


proximaler Tubulus Tubulus.

Tubuluslumen Interstitium
__

• 0
=Pumpen

= Ko-/Symport

0 = Antiport
= Carrier
0
verhinderte
I Diffusion
= Tight
IIII Junctions

Aqua orin 1

H20.
Na' , K+, Ca 2 ' ,
Cl-, Mg 2 '
-;;; +2mV
<U

-o +
c
<U
1:<U
"'

es bei dem Transport von einem oder - um die Triebkraft zu dem herrscht in den Kapillaren ein hoher onkotischer Druck,
verstärken - mehreren Na• -Ionen gekoppelt an ein neutrales da durch die Filtration einer eiweißfreien Flüss igkeit die Pro-
Molekül wie Glukose zu einem Nettoeinstrom von positiv gela- teinkonzentration in den Kapi llaren erhöht ist. Beides fördert
denem Na' in die Zelle. Durch den elektrogenen Transport de- den Einstrom von Flüssigkeit aus dem Interstitium zurü cl< in
polari sert die luminale Membran. Es entsteht ein lumennegati- das Gefäßbett.
ves transepitheliales Potenzial, wodurch die negativ geladenen
o --Jonen aus dem Lumen drängen und parazellulär resorbiert FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
werden. Im Strom des durch diese Resorptionsprozesse resor- Ca. 95% des Bikarbonats (HC0 3 -)werden im proximalen
bierten Wassers werden weitere Ionen mitgerissen (Solvent Tubulus resorbiert.
drag). Steigt an der IuminaJen Seite der Einstrom von Na ' , nimmt die
Durch die zunehmende Resorption von o --Ionen aus dem Aktivität der Na•JK' -ATPase an der baselateralen Seite zu.
Tubuluslumen ändert sich das transepitheliale Potenzial wie-
der. bis es im Verlauf des spätp roximalen Tubulus schli eßlich
lumenpositiv wird. Dies drängt positiv geladene Ion en (Katio- GI u kose-Resorption
nen), wie Na•, K', Ca 2 ' und Mg 2' , aus dem Lumen und ermöglicht Glukose a ls kleines Molekül wird frei filtriert. Die Glu kose-
die parazelluläre Resorption . Der proximale Tubu lus verfügt Konzentration im Ultrafi ltrat entspricht also der im Plasma
neben den gena nnten Resorptionsmechanismen auch über Se- und liegt beim Ges unden nüchtern bei etwa 0.8-1 gf l. Nor-
kretionsmechanismen zu r Ausscheidung von Fremdstoffen so- malerwe ise wird Glukose über de n sek und är-akt iven Na' /
wie organischen Säuren oder Basen (z. B. Penicillin, Furosemid, Glukose-Symport im proximalen Tubulus praktisch vo ll stä ndig
Harnsäure). rückresorbiert. Die Carrier sind bekannt: Im proximalen Kon-
Die im proximalen Tub ulus resorbierte Flü ss igkeit gelangt volut werde n Na• und Gl ukose über SGLT2 im Verhältnis 1:1
über die peritubulären Kapillaren zu rü ck in den Kreislauf. Der transportiert, im spätp rox imalen Tubulus hingegen über SGLTl
Einstrom in die Kapillaren ist abhäng ig vom hydrostatischen (kommt auch im Dünndarmepithel vo r, S. 15), der pro Glukose 2
und onkotischen Druck in den peritubulären Kapillaren und Na' -Ionen transportiert. An der baso latera len Seite erfo lgt der
im Interstitium sow ie von der Permeabilität der Kapillaren: Die Übergang der Glukose ins peritubuläre Blut durch erleichterte
Widerstandsgefäße (Vas affere ns und Vas efferens) senken den Diffusion über GLUT2. Bei erh öhten Glukosemengen nimmt die
Druck in den peritubulärenKap ill are n auf etwa 10 mmHg, wäh- Rückresorption zunächst proportional zu. Steigt die Glukose-
rend im Interstit ium durch die Sa lz- und Wasserresorption aus Kon zentration allerdings über die Sättigungskonzentration der
dem Tubulus der hydrostatische Druck relativ hoch ist. Außer- Glukose-Carr ier von 1,8- 2 g/1 (lOmmol/1; Schwellenwert) an,
38 3 Wasser- und Elektrolythaushalt, Nierenfunktion

so wird die restliche Glukose mit dem Urin ausgeschieden (Giu- malerweise wird durch die Resorption im proximalen Tubulus
kosurie). eine nennenswerte Ausscheidung von Aminosäuren, Peptiden
Eine Glukosurie tritt z. B. beim unbehandelten Diabetes mel- und Proteinen verhindert. Ist die Durchlässigkeit des Glome-
litus auf(s.S. 59). Da Glukose eine osmotisch wirksame Substanz rulus jedoch erhöht oder besteht e in tubulärer Defekt, dann
ist. reißt sie vermehrt Wasser mit sich (osmotische Diurese). Im werden Proteine im Urin ausgeschieden (Proteinurie = erhöhte
Gegensatz zur Wasserdiurese ist bei der osmotischen Diurese Eiweißausscheidung > 150 mg/d oder Abweichung vom physio-
die Osmolalität des Harns nicht vermi ndert. Der erhöhte Was- logischen Proteinmuster).
serverlust (Polyurie) wird über eine erhöhte Trinkmenge aus- Um herauszufinden, welcher Teil des Nephron s wahrschein-
geglichen (Polydipsie). Auch angeborene Defekte des Carriers lich geschäd igt ist, ist die Größe der Proteine relevant. Bei glo-
können zur Glukosurie führen . merulären Schäden (z. B. Glomerulonephritis, nephrotisches
Sy ndrom) ist häung die Filterfunktion gestört, sodass auch grö-
! ßere Proteine (z. B. Albumin) in größeren Mengen in das Ultra-
Häufig werden im Zusammen hang mit der Glukoseresorption filtrat gelangen. Bei tubulären Schäden ist dagegen die Rückre-
der Niere Fragen zum Diabetes mellitus gestellt . Deshalb hier sorption der physiologischerweise im Ultrafiltrat enthaltenen
noch einmal die wichtigsten Zusammenhänge: kleinen Proteine (v. a. ß2 -Mikroglobulin) gestört.
Der Insulinmangel beim Diabetes mellitus führt zu einer
Erhöhung des Blutzuckerspiegels (Hyperglykämie). Wird die Natrium-Resorption
Nierenschwelle (10 mmolfl) überschritten, kommt es zu einer Normalerweise wird nur ca. I % des filtrierten Na• ausgeschie-
Ausscheid ung von Glukose über die Niere (Giucosurie) und zur den. Treibende Kraft für die Na+-Resorption aus dem Tubulus-
osmotischen Diurese. Gleichzeitig ist die Lipolyse gesteigert. lumen ist der Konzentrationsgradient zwischen Tubuluslumen
da die hemmende Wirkung von Insulin entfällt. Der Anstieg von und Tubuluszelle. Er wird durch die Aktivität der Na+JK+-ATPase
ß-Hydroxybuttersäure und Acetessigsäure führt zu einer meta- in der basolateralen Membran der Tubuluszelle aufrechtgehal-
bolischen Azidose, die durch Hyperventilation kompensiert ten. Na+wird in allen Nephron segmenten resorbiert:
wird. 65 % werden im proximalen Tubulus rück resorbiert. Davon
wird ein Drittel im proximalen Tubulus über sekundär-aktive
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN Kotransporte (Na+/Giukose-Sy mport. Na +/Aminosäure-Sym-
port, Na•J H+-Antiport etc.) aufgenommen. Der Rest der Na+-
• Bei der osmotischen Diurese ist die Osmolalität des Harns
unverändert. Rückresorption im proximalen Tubulus erfolgt parazellulär. Die
Na+-Ionen folgen dabei den Cl-- Ionen, die durch interzelluläre
Spalten entlang ihres chemischen Gradienten aus dem Tubu-
Aminosäure-Resorption lu slumen diffundieren. Durch die Resorption von Elektrolyten,
Aminosäuren werden im Prinzip sehr äh nli ch wie Glukose re- Glukose und Aminosäuren sinkt die Anzahl osmoti sch aktiver
sorbiert, d. h. die meisten filtrierten Aminosäuren werden im Teilchen im Tubuluslumen. Wasser strömt daher osmotisch
proximalen Tubulus mithilfe sekundär-aktiver Na+-symporter ebenfall s aus dem Tubuluslumen aus und reißt dabei weitere
rückresorbiert Die verschiedenen Transportsysteme sind da- gelöste Teilchen mit, u.a. Na+ und CJ- (Solvent Drag).
bei jeweils für unterschiedliche, strukturell verwandte Ami- Jn den aufsteigenden Teilen der Henle-Schleife werden etwa
nosäuregruppen (sa ure Aminosäuren, basische Aminosäuren. 25 % der filtrierten Na+-Ionen rückresorbiert Im dünnen auf-
neutrale Aminosäuren) spezifisch. Eine (vermehrte) Aminosäu- steigenden Teil der Henle-Schleife transportieren za hlreiche
ren-Ausscheidung mit dem Urin bezeichnet man als (Hyper-) Chiaridkanäle (CLC-KA) in der IuminaJen und basolateralen Sei-
Aminoazidurie. Die Ursache für eine vermehrte Aminosäuren- te CJ- in das Interstitium. Na+folgt durch die in diesem Bereich
Au sscheidung kann prärenal (durch erhöhte Plasmakonzentra- für Kationen durchlässigen lnterzellularkontakte. Im dicken
tion mit Überschreiten der Transportkapazität der Carrier) oder aufsteigenden Teil der Henle-Schleife (Abb. 3.9 a) wird Na• über
renal (z. B. durch Defekte im Transportsystem) bedingt sein. einen Na•tK+/2CJ--Kotransporter in der IuminaJen Membran in
Durch die relative Spezifität der Transporter kann auch nur die Tubul uszelle resorbiert und über die Na+JK+-ATPase in das
eine Gruppe von Aminosäuren betroffen sein (z. B. Cystinurie). Interstitiu m gepumpt. J<+diffundiert über J<+-Ka näle zurück ins
Außerdem können sich Aminosäuren, die den gleichen Carrier Tubulu slumen, da sonst der Transport schnell erliegen würde.
benutzen. gegenseitig kompetitiv in ihrer Resorption hemmen. Die Cl--Ionen diffund ieren über spezinsche Cl--Kanäle (CLC-J<B)
Bei einem Überangebot von Argini n kommt es bspw. auch zu ins Interst itium.
einer vermehrten Ausscheidung von Lysin und Ornithin, weil Im distalen Konvolut werden etwa 7 % der filtrierten Na+-
diese Aminosäuren alle durch denselben Transporter resorbiert lonen über einen IuminaJen Na+/CI--Kotransporter resorbiert.
werden. Auch hier ist die treibende Kraft die Na +jK• -ATPase in der ba-
solatera len Membran. Durch die Aktivität der Na+/K+-ATPase
Resorption von Peptiden und Proteinen gelangen J<+-Jonen in die Zelle, die zusa mmen mit Cl- durch ei-
Größere Proteine (> 70 kDa) können normalerweise den glome- nen J<+fc J--Symporter in derbasolateralen Membran passiv ins
rulären Fi lter nicht passieren. Albumin (69 kDa). das quantitativ Interstitium gelangen (Abb. 3.9 b).
wichtigs te Plasmaprotein, gelangt in geringen Mengen in das Im Verbindungsstück und im Sammelrohr wird Na+ über
Glomerulusfiltrat, es wird so wie ande re kleinmolekulare Plas- apikale (luminale) Na+-Kanäle (E NaC) in die Hauptzellen trans-
maproteine (z. B. Lysozym, ß2-Mikroglobulin) über Endozytose portiert und über diebasolaterale Na+/K+-ATPase weiter ins In-
in die Epithelzellen aufgenommen und intrazellulär lysosomal terstitium gepumpt (Abb. 3.13). Sowohl der Na+- Kanal a ls auch
hydrolysiert. Oligopeptide werden größtenteils bereits im Tu- die Na+/J<+ -ATPase sind aldosteronabhängig, ihr Einbau und ihre
bulu slumen durch Peptidasen aus dem Bürstensaum in Dipep- Aktivität werden durch Aldosteron (s.S. 44) gefördert. Da s über
tide und Aminosäuren zerlegt und erst dann resorbiert. Nor- die Na +/1<+-ATPase in die Ze ll e ge langende 1<+ verlässt diese über
3.2 Niere 39

Chlorid-Resorption
dicker aufsteigender Teil der Henle-Schleife
Im Normalfall wird Cl- fast vollständig aus dem Primärharn
(19 moi/Tag) rückresorbiert und weniger als 1 % des filtrierten
CI- mit dem Urin ausgeschieden. 65% der Rückresorption er-
Tubuluslumen Interstitium
folgt im proximalen Tubulus parazellulär dem elektrischen
Gradienten folgend, der durch die Akkumulation von positi-
ven Na• -Ionen im Inneren der Epithelzellen gebi ldet wurde,
Na+ bzw. über Solvent drag. Die Resorption von CI- hinkt daher der
von Wasser hinterher. Die Resorption großer Wassermengen
bereits im frühproximalen Tubuius sorgt dafür, dass die CI--
Konz entration im proximalen Nierentubulus über die Piasma-
lwnzentration (110 mmol/1) ansteigt.
Die restlichen 35% der CI--Ionen werden im dünnen aufstei-
genden Teil der Henle-Schleife passiv und im dicken aufsteigen-
den Teil der Henie-Schieife bzw. distalen Konvolut sekundär
akt iv über Na+fi<+/2CI--Kotransport bzw. Na +/CI--Kotransport
(TSC, Abb. 3.9) rückresorbiert Der Transporter ist Angriffsort
der Thiazid-Diuretika (s.S. 43).

Bicarbonat-Resorption
Na+, Mg2+, Ca2+
+10mV 90% des filtrierten Bicarbonats (HC0 3-)werden im proximalen
a Tubulus rückresorbiert Die Rückresorption erfolgt mithilfe des
+
Na+/W-Antiporters, über den 1 Na• im Tausch gegen 1 H•-Ion
elektroneutral in die Zelle aufgenommen wird. Im Tubuluslu-
distales Konvolut
men reagieren die W-lonen mit HC0 3- zu H20 und C0 2 . Das ge-
Ca2+ bildete C0 2 diffundiert in die Zelle und reagiert dort mit Wasser
Tubulusvolumen Interstitium wieder zu HCo 3 - und W. Da diese Reaktionen normalerweise
nur sehr langsam ablaufen würden, werden sie in beiden Fäl -
len von der Carboanhydrase katalysiert. Während das W-lon
C>
erneut gegen ein Na• -Ion ausgetausch t wird, verlässt das HC0 3-
die Zelle auf derbasolateralen Seite. Dazu stehen verschiedene
E
"
:c Transportmechanismen zur Verfügung: HC0 3-/C0 32 -/Na+-Sym -
f- Na• port und der Na+/HC0 3 --symporter NBCl (wobei Na+gege n sei-
ai
'0>
0
nen elektrochemischen Gradienten mitgenommen wird) oder
l
Q._
Cl- HC0 3-/CI--Antiport (Abb. 3.8).
"
.c
.", I LERNTIPP !
Mg2+
"'" Mehrfach wurde nach der HC0 3 --Menge gefragt, die täglich
0
-;;;
resorbiert wird. Sie lässt sich einfac h errechnen:
'Q; H20 Die physiologische HC0 3--Konzentration im Blutplasma und
-o damit im Glomerulusfiltrat liegt bei 25 mmolfl. Da HC0 3 - nahezu
_c
b vollständig rü ckresorbiert wird, erg ibt sich bei ein er Filtration
"'" von 180 1pro Tag ein e HC0 3 --Resorption von 4500 mmol pro Tag .
""'
Abb. 3.9 Transportvorgänge. a Dicker aufs teigender Tei l der He ni e·
Sch leife. b Distales Konvolut. Legende s. Abb. 3.8. FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Die CI--Konzentration der Tubulusflüssigkeit liegt im proxima-
Iuminale K•-Kanäle wieder. Eine gesteigerte Na•-Resorption len Nierentubulus über der Plasmakonzentra tion (11 0 mmolfl).
geht daher mit ei nem gesteigerten 1<+-Verlust einher. Der lu - Im proximalen Tubulus werden 90% des Bicarbonats (HC0 3·J
minale Na•-Transport ist elektroge n (da CI- nicht transportiert rü ckresorbiert
wird). durch den Einstrom der Na• -Ionen depolarisiert die lumi- Im proximalen Tubulus wird bei der HC0 3 --A usschl eusung über
nale Membra n, sodass die I<• -Sekretio n über die luminalen K+-
J
den basolateralen Na•/HC0 3 --symporter NBC1 Na +gegen
Kanäle gefördert wird. CI- und Wasser folgen dem resorbierten seinen elektrochemischen Gradienten mitgenommen. _
Na+.
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X Calcium-Resorption
Na+wird nahezu vollständig (ca. 99%) resorbiert. 40% der Gesa mt-Ca 2 •-Jo nen sind im Plasma an Albumin gebun -
Die Na•-Resorption in den Sammelrohren erfolgt hauptsäch- den und werden daher nicht filtriert. Von den freien Ca 2• -Ionen
lich über luminale Na•-Kanäle. im Primärharn werden etwa 2/3 über Solvent Drag im proxima-
.,.. Aldosteron induziert di e Synthese und Aktivierung der Na +- len Tubulus und etwa Y'l hormonabhängig regu liert im dicken
Kanäle in der luminalen und der Na+/K+-ATPase in der basolate- aufsteigend en Teil der Henle-Sc hleife und im distalen Konvolut
ralen Membran. rück resorbiert. Treibende I<raft für die Ca 2• -Resorption ist im
dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife das lumenpositi -
40 3 Wasser- und Elektrolythaushalt, Nierenfunktion

ve. transe pitheliale Potenzial. das im mittleren bis späten pro- kretion im distalen Tubulus ist an die Na•-Resorption gekoppelt
ximalen Tubulus und im dicken aufsteigenden Teil der Henle- und damit aldosteronabhängig (Na+ -Kanäle und Na+J J<+-ATPase
Schleife ( Na•JK•f2CJ· -Kotransport) durch die cJ--Resorption werden durch Aldosteron aktiviert). Der Na•-Einstrom über lu-
entsteht. Die Ca 2' -Resorption im distalen Konvolut erfolgt über minale Na+ -Kanäle depolarisiert die luminale Zellmembran und
spezifische Transportproteine. Maximal 5 % der filtrierten frei- fördert die Sekretion von 1<+ über luminale K•- Kanäle. Bei einem
en Ca 2•-Jonen werden mit dem Urin ausgeschieden. hohen Na+-Angebot im distalen Tubulus (z. B. durch Hemmung
Eine Hyperkalzämie hemmt die Resorption und fördert so der Na+ -Resorption in den stromaufwärts gelegenen Tubulus-
die Ca 2 •-Ausscheidung. Parathormon und Kalzitrial (Vitamin- abschnitten durch Diuretika) wird Na+ im Austausch gegen 1<+
D-Hormon) steigern die Ca 2+-Resorpt ion. resorbiert. Auch bei hoher 1<+-Zufuhr ist die Sekretion von J<•
gesteigert. Bei hoher W -Sekretion (akute Azidose) ist sie ver-
APROPOS
Die meisten Nierensteine bestehen aus Calciumoxalat oder -phos phat. Eine mindert.
er höhte Ca 2+·Ausscheidung steigert das Risiko der Steinbildung. Einige Stoffe
(z. B. Nephrocalcin, Pyrophosphat) wirken als Inhibitoren der Kristallbildung. FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Komplex bildner wie Citrat halten di e Ca 2+-Konzentration im Harn niedrig. Der größte Anteil des glomerulär filtrierten Mg 2 +-lonen wird in
der Henle-Schleife resorbiert.
Magnesium-Resorpti o n Anorganisches Phosphat wird frei filtriert und zu 80-95%
15 % des filtrierten Mg 2 • werden im spätproximalen Tubulus rück resorbiert.
parazellulär rückresorbiert. Der größte Teil der Rückresorpti- Die Regulation des K•-Haushalts erfolgt im distalen Tubulus
on (75 %) erfolgt parazellulär im aufsteigenden dicken Teil der und im Sammelrohr.
Henle-Schleife. Dabei bewirkt wie bei der Ca2+ -Resoprtion das Aldosteron steigert im distalen Tubulus und im Sammelrohr
lumenpositive, transepitheliale Potenzial den Einstrom der die Na•-Rückresorption und die J<+.sekretion .
Mg 2 +-Ionen in die Tubuluszellen. Im distalen Konvolut sorgen _j

aktive Transporter für die Mg 2• - Rückresorption von weiteren


5-10 %der filtrierten Mg 2•-Ionen. Harnsäure-Ausscheidung
Harnsäure (Urat) ist ein Endprodukt des Purinstoffwechsels
Phosphat-Resorption und wird über die Niere ausgeschieden. Im proximalen Tubu-
Anorganisches Phosphat (Pi ) wird frei filtriert und im proxima- lus werden normalerweise über 90% der filtrierten Harnsäure
len Tubulus übe r einen Na+(Pi·Symportcarrier sek undär-aktiv zunächst wieder resorbiert und ein Teil davon gegen Ende des
resorbiert. Dabei schwankt die Resorptionsrate in Abhängig- proximalen Tubulus erneut sezerniert. Die Netto-Ausschei-
keit von der Parathormonkonzentration und der Phosphat- dung beträgt ca. 10% der filtrierten Menge.
Konzentration im Plasma zwischen 80 und 95%. Parathormon Harnsäure besitzt nur eine geringe, vom pH-Wert abhängige
(PTH). Phosphatüberschuss, Hypokalzämie, Azidose senken, WasserlöslichkeiL Bei hoher Harnsäurekonzentration (Hyperu-
niedrige PTH- und Phosphat-Konzentrationen. Hyperkalzä- rik äm ie) oder niedrigem pH-Wert kann Harnsäure in Form von
mie. Alkalose steigern die Transportaktivität über die Anzahl Urat-Kristallen ausfa llen (v. a. in den Gelenken). Eine schmerz-
der Symportcarrier in der Membran. Die normale Phosphat- hafte Entzündungsreaktion ist die Folge (Gicht). ln der Niere
Resorptionskapazität der Niere ist für den Normbereich ausge- können die Uratablagerungen zu einer interstitiellen Nephritis
legt. Überschreitet die Phosphatkonzentration im Plasma den oder zur Bildung von Harnsäuresteinen führen .
Normbereich (0,8-1,4mmolf l) wird das überschüssiges Phos-
phat ausgeschieden. Harnstoff-Ausscheidung
Der im Eiweißstoffwechsel in großen Mengen anfa llende Am-
RECHENBEISPIEL moniak (bzw. Ammoniumionen, NH/) wird in der Leber mit
Berechnen Sie die fra ktioneile Ausscheidung des anorganischen Phosp hats , HC0 3- zu Harnstoff umgewandelt. Harnstoffwird als Stoffwech-
we nn: selendprodukt zur Ausscheidung in die Niere transportiert. Be-
GFR 0,1 1/min vor Harnstoff ausgeschieden wird, spielt er neben NaCI für den
• Phosphat-Plasmakonzentration 1 mmolfl Aufbau des Konzentrationsgradienten zur Harnkonzentrie-
• Phosphat-Ausscheidung 0,01 mmoljmin
rung noch eine wesentliche Rolle. Da Harnstoff ein sehr kleines,
Lösung : Anorganisches Phosphat wird frei filtri ert. Bei den obigen Anga-
ben beträgt die filtrierte Menge 0,1 mmolfmin (0,1 1/min x 1 mmol/1). Wer- ungeladenes Molekül ist, wird er frei filtriert und kann durch
de n nun 0,01 mmolfm in Phosp hat mit dem Harn ausgeschieden , beträgt die meisten biologischen Membranen leicht hindurch treten.
die fraktioneile Ausscheidung 10 %. Der proximale Tubulus, der dünne Teil der Henle-Schleife
und das papilläre Sammelrohr sind für Harnstoff gut permea-
Kalium-Resorption bel. Während der Passage durch den proximalen Tubulus wird
Die 1<'- Resorption im proximalen Tubulus macht 65 % der fil - mehr als die Hälfte des filtrierten Harnstoffs mit dem Wasser-
trierten Menge aus. Sie erfolgt fast ausschl ießlich parazellulär strom mitge rissen und resorbiert. Der dicke aufsteigende Teil
durch Solvent Drag und ist getrieben durch das leicht lumen- der Henle-Schleife, das distale Konvolut und das erste Stück
positive Potenzial der spätproximalen Tubulusflüssigkeit. Im des Sammelrohrs sind dagegen kaum durchlässig für Harnstoff.
dicken Teil der aufsteigenden Henle-Schleife werden weitere Weil dort jedoch Wasser resorbiert wird, nimmt die Harnstoff-
25% über den Na•JK.J2CI--Kotransporter resorbiert. Die K'- konze ntration zu. Der papillennahe Abschnitt des Sammel-
Resorption im proximalen Tubulus und im dicken Teil der Hen- rohrs ist (besonders bei Antidiurese in Anwese nheit von ADH,
le-Schleife ist konstant und unabhängig von der J<• -Bilanz. Die s. S. 46) wieder permeabel für Harnstoff, zusammen mit dem
Regulation des J<• -Haushalts erfolgt im distalen Tubulus (Ver- Wasser verlässt e r daher das Tubuluslumen und ge langt ins In-
bindungsstück) und im Sammelrohr. Hier wird 1<+ entweder terstitium. Von dort aus kann er entlang seines Kon ze ntration s-
sezerniert oder über eine WfK•-ATPase resorbiert. Die J<•-se- gradi enten erneut in den dünnen Teil der Henle-Schleife diffun -
3.2 Niere 41

Nur ein kleiner Teil (< 0,1 %) vel'lässt den Körper in Form
undurchlässig für Ha rnstoff
freier W-lonen. Die Sekretion der W-Ionen du rch den Na' /W-
Antiport dient dabei gleichzeitig auch der Rückresorption von
Bikarbonat (Abb. 3.11 a) .

.. Phosphatpuffer. Etwa 30-50 % der 1-1+-lonen werden im Form


titrierbarer Säure ausgeschieden, also pl-I-neutral. Der Phos-
phatpuffer (Abb. 3.11 b) stellt das wichtigste Puffersystem dar
(HP0 4 2 -/H 2 P0 4 -. pi<s 6,8). Phosphat ist eine trivalente Säure, die
in Abhängigkeit vom pl-I-Wert unterschiedlich dissoziiert ist:

alkalisch- P0 4 3- + 3W .= HPO/ -+ 2W .= H2 Po 4 - + W .=
H 3 P0 4 - sauer

Bei einem pl-I-Wert im Blut von 7,4 liegt Phosphat zu 80 % als


HPO/ - und zu 20 % als H 2 P0 4 - vor. Im Tubuluslumen we1·den
die W - lonen an HPO/ - gebunden. Der H 2 P04 --Anteil steigt
dadurch an, bis schließlich fast ausschließlich( > 99 %) H 2 P0 4-
vorliegt.
Abb. 3.10 Verhalten des Harnstoffs in der Niere. Durch das Rezirku- Um die Menge W zu ermitteln, die in Form titrierbarer Säu-
lieren des Harnstoffs im Nierenm ark wird dort eine hohe Osmolarität re ausgeschieden wurde, pipettiert man den Harn mit NaOH so
erreicht. lange, bis man den Blut-pH von 7,4 erreicht.

dieren. Der Harnstoff rezirkuliert dadurch im Nierenmark und .,.. Ammoniak-Weg. Protonen werden auch in Form von nicht
trägt so zu ca. 50% zur Aufrechterhaltung der Hyperosmolarität titrierbarer Säure als Ammonium-Ionen (NH/) ausgeschieden.
bei. So bleibt die NaCI-Konzentration niedrig genug, um noch Ammonial< (NH 3) entsteht beim Abbau von Aminosäuren und
eine passive NaCI-Resorption im inneren Mark zu ermöglichen ist für den Körper bereits in geringen Konzentrationen tox isch.
(Abb. 3.10). Daher wird er v. a. in der Leber unter ATP-Verbrauch in Harn-
Normalerweise werden ca. 40% des filtrierten Harnstoffs stoff (CO(NH 2 )z) umgewandelt und der Rest über die Niere aus-
ausgeschieden, d.h. bei der Nierenpassage werden 40 % des geschieden. Für die Umwandlung in Harnstoffwird pro Ammo -
Harnstoffs aus dem Blut eliminiert. Die Harnstoffkonzentration nium-Ion ein Bikarbonat-lon verbraucht, die direkte Ausschei-
in der A. renalis ist daher im Verhältnis zu der in der V. renalis dung von Nl-1 4 +spart also Bikarbonat ein.
hoch - bei vollständig rückresorbierten Stoffen ist der Unter- Ammoniak ist eine schwache Base (pK, 9,2), das Gleichge-
schied geringer bzw. nicht vorhanden. wicht Nl-1 3 .= NH/ liegt bereits bei einem Blut-pl-I von 7,4 (und
Die Harnstoff-Clearance ist direkt von der glomerulären Fil- erst recht im leicht sauren Tubuluslumen) auf Seite des NH / .
trationsrate und Diurese oder Antidiurese abhängig: Bei nied - Nl-1 3 kann leicht dur-ch biologische Membranen diffundi eren .
riger glomerulärer Filtrationsrate oder starker Antidiurese ge- wohingegen NH/ sie nur mithilfe von Transportsyste men
langt nur relativ wenig Wasser in da s distale 5ammelrohr, die passieren kann (z. B. anstelle 1<+ durch einige K+- Kanäle, über
Harnstoffkonzentration ist dadurch erhöht und es wird mehr den Na+/K+I2CI--Transporter oder anstelle von W durch die H+/
Harnstoff rückresorbiert. Die Harnstoffkonzentration im Nie- Na+-ATPase). Für den Transport zur Niere wird NH / in der Le-
renmarkund letztlich auch im Plasma steigt dadurch an. ber mithilfe der Glutaminsynthetase in Glutamat eingebaut, es
Bei starker Diurese bleibt die Harnstoffkonzentration auf- entsteht die Aminosäure Glutamin. In den proximalen Tubulus-
grund der großen Wassermen ge im Sammelrohr niedri g , der zellen der Niere wird das rückreso rbierte Glutamin zunächst
Gradient ist gering und nur wenig Harnstoff wand e rt ins Inter- durch das mitochondriale Enzym Glutaminase zu NH/ und Glu-
stitium. Dadurch geht dort die Osmolalität immer weiter (bis tamat gespalten. In einem z weiten Schritt wird Glutamat durch
auf ca. 700 mosmol / 1) zurück. Die Konzentrationsfähigkeit der die Glutamat-Oehydrogenase weiter z u NH/ und 2-0xogluta-
Niere nimmt ab. rat (a- I<etoglutarsäure) desaminiert, das z ur Glukoneogenese
verwendet wird. Die neu entstandenen NH 4 +-Ionen können ent-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
weder zu Nl-1 3 und W dissoziieren und das gut membran gän-
.,.. Der größte Unterschied zwi sch e n de n Plasmakon ze ntra t ionen gige nicht ionische NH 3 diffundiert direkt über die Membran
in A. re nali s und V. renalis besteht für Harnstoff. ins Lumen. oder NH / wird anste lle eines H+-lons direkt gegen
Na+ ausgetauscht und ins Lumen gepumpt (Na+/Nl-1 4 +-Antiport)
(Abb. 3.11 c).
3.2.5 Renale Säure- und Basenausscheidung Ein Teil de s NH 4 +wird im dicken aufstei genden Teil der Hen-
le-Schleife an s tell e von I(+ über den Na+fK+/2CI-- Kotransp orter
Pro Tag mü sse n z ur Kon st a nthaltun g d es Säure-Base n-Gleich - resorbiert und akkumuliert im Ni e renmark, sodas s dort hohe
gewichts e twa 60 - 100mmo l H+-lonen üb e r die Ni ere au s- Kon ze ntration e n von Nl-1 4 + .= Nl-1 3 + H' e rreicht w e rden. NH 3
geschieden werd e n. Der pl-I -We rt d es Ha rn s lieg t be i durch- ge lang t durch nicht ionische Diffusion zurück in s Sammelrohr
schnittlic he r Ernährun g zwi sc hen 6 und 7, e r kann nur bi s auf und bildet dort mit W erne ut NH / . Etwa 80% de r proxima l se-
einen Wert von e twa 4,5 ab sinke n. Zur Au sscheidung der W- zerni e rte n Menge werden s o a usgeschied e n.
lonen sind des halb Puffe rsys te me e rford e rlich . Die be iden wich-
ti gsten Puffersyst e me sind de r Phosphatpuffer (HPO / -/ H2 P0 4 - .
30-50 %) und da s Ammoniaksystem (Nl-1 3/ NH / . 40 - 60 %).
42 3 Wasser- und Elektrolythaushalt, Nierenfunktion

Lumen

HCOj +H '

HP+ co 2 H2
Bicarbonat-Resorption

o +co 2
3 Na '

(
(
HCO j

3 HCOJ"
• ···· H' +HCO:i .......................
·····.. Na '
---'""""'""="...-Na' .. ··
Na'
····.......... 3 HCO)
2
a (0 3

y
Phosphat-Puffer

Ammoniak-Mechanismus

............ Glutamin

i··::: NH; :d- Abb. 3.12 Angriffspunkte und Wirkmechanismen von Diuretika.

'J:- L. L1
Na' Glutamat·
buluszelle an und sie werden vermehrt sezerniert. Die Rückre-
sorption von HC0 3-. die ja von der W-Sekretion abhängig ist.
NH 3 --==:::::.,... wird dadurch gesteigert. Außerdem kann die Niere die Aus-
scheidung von titrierbaren Säuren um den Faktor 1,5 und die
H' +--E;::::;<=- H' 2-0xoglutarat + 2 H'

y
Glucose
W -Ausscheidung über den Ammoniak-Mechanismus sogar um
den Faktor 10 steigern.

c
Kompensationsmechanismen bei Alkalosen. Bei einer
Alkalose steht auch in den Tubuluszellen weniger W zur Verfü-
Abb. 3.11 Säureausscheidung. a Bikarbonat-Resorption. b Phosphat- gung, als Folge nimmt die W -Sekretion ab. Da die W -Sekretion
puffer. c Ammoniakmechanismus. aber die Voraussetzung für die HC0 3 - -Resorption ist, wird ver-
mehrt Bikarbonat ausgeschieden, die Rückresorption ist ver-
mindert. Außerdem wird bei einer metabolischen Alkalose mit
&LERNTIPP ! erhöhtem Bikarbonat-Spiegel im Plasma bereits mehr HC0 3- fil-
Der Beitrag der NH 4 '-Ausscheidung zum Säure-Base-Haushalt triert. Durch die geringe HC03- - Rückresorption kann der Urin,
kommt dadurch zustande, dass pro ausgeschiedenem NH 4 • ein der normalerweise leicht sauer ist, sogar alkalisch werden.
HC0 3- zur Harnstoffsynthese eingespart wird (und nicht weil NH 3 FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
im Lumen ein W bindet). NH 4 • .= NH 3 (pK, 9,2) wirkt also nicht
.,. Mehr als ein Drittel der Protonen werden über NH 4 + ausge-
als Puffer im klassischen Sinne.
schieden .
.,. Bei Alkalose ist die hepatische Harnstoffsynthese erhöht und
Bei der Glukoneogenese aus 2-0xoglutarat werden außerdem 2 die renale Bikarbonat-Rückresorption vermindert.
W verbraucht, allerdings müssen zur Glutaminsynthese in der
Leber auch 2 HC0 3- eingesetzt werden, sodass dies in der Ge- 3.2.6 Diuretika
samtbilanz unberücksichtigt bleibt.
Die renale Ausscheidung von W über NH/ hängt davon ab, Diuretika sind harntreibende, also den Harnfluss (Diurese) för-
ob das Glutamin vorwiegend für die Harnstoffsynthese in der dernde Mittel. Sie bewirken eine vermehrte Wasser- und Salz-
Leber oder für die NH/ -Ausscheidung in der Niere genutzt ausscheidung, indem sie entweder direkt die Wasse rresorption
wird: hemmen (z. B. osmotische Diuretika) oder die Salzresorption
• Bei Alkalose is t die hepatische Glutaminase aktiv und die beeinflusse n (z. B. Schleifendiuretika) (Abb. 3.12). Eine vermehr-
Harnstoffsynthese in der Leber überwiegt, weil dabei formal te Salzausscheidung geht dabei mit einer vermehrten Wasser-
2 HC0 3 - (und 2 NH/) verbraucht werden. ausscheidung einher.
• Bei Azidose wird dagege n die hepatisc he Glutaminase
gehemmt und die renale Glutaminase stimuliert, sodass .,. Osmotische Diuretika. Sie we rd en intravenös zugeführt, ver-
NH 4+vermehrt ausgeschieden wird und netto HC0 3- "übrig t eilen sich im Plasma und werden aufgrundihrer ge ringen Mo-
bleibt". Dieses kann dann die W neutralisi eren. lekülg rö ße frei filtriert. Al s körp e rfremde Substanz werden sie
jedoch nicht rückresorbiert und verbleiben im Tubulussystem.
.,. Renale Kompensationsmechanismen bei Azidosen . Bei einer Dort erzeugen s ie e inen osmotischen Druck, de r den Übertritt
Azidose steigt auch die Kon ze ntration der W -Ionen in der Tu- von Wasse r ins Interstitium he mmt, sodass mehr Wasser aus-
3.2 Niere 43

geschieden wird . Eine osmoti sc he Diurese kann man auch bei (durch sc hnittlich 290 mosmolfl). Der Gradient ist die Triebkraft
stark erhöhten Glucose-Konzentrationen beobachten, wenn für die Wasserrückresorption und ermöglicht eine Anpassung
mehr Glucose filtriert wird als rückresorbiert werden kann. Ein der Wasserau ssc heidung an die aktuellen Bedürfnisse des Kör-
Beispiel für ein osmotisches Diuretikum ist der Zuckeralkohol pers .
Mannitol (Mannit). Der Aufbau des Gradienten und die Wa sserresorption wird
durch ein sog. Gegenstromsystem ermöglicht, einer parallelen
Sie hemmen die Carboanhyd- Anordnung verschiedener Tubuli mit gege nläufiger Flussrich-
rase im proximalen Tubulus, die H' für den Na'/H' -Antiport zur tung. Daran beteiligt sind die ab- und aufsteigenden dünnen
Verfügung stellt (Abb. 3.11 a). Der Na'/ H'-Austausch und damit und dicken Anteile der Henle-Schleife, da s Sammelrohr und da s
auch die Resorption von Natrium und Bikarbonat werden auf arterielle und venöse Gefäßsystem der Vasa recta. Beim Aufbau
diese Weise eingeschränkt. Insgesamt ist die natriuretische des Gradienten spielen die unterschiedlichen Permeabilitätsei-
Wirkung jedoch nur relativ schwach ausgeprägt. Ein Beispiel ge n sc haften der beteiligten Tubulusseg mente eine große Rolle.
für einen Carboanhydrase-Hemmer ist Acetazolamid. Im dicken aufsteigenden Teil der He nle-Sc hleife sind Na•f
K' /2CI --Kotransporter lokali siert, über di e NaCI ins Interstitium
.... Thiazid-Diuretika. Sie hemmen den Na' /CI--I<otransporter befördert wird. Da die aufsteigenden Segmente der Schleife für
(TSC) in der IuminaJen Membran des frühdistalen Tubulus (z. B. Wasser impermeabel sind, führt di e effektive NaCI-Resorption
Hydrochlorothiazid). Neben der vermehrten Ausscheidung von zu e iner Verdünnung des Urins im Tubulus und im umgebenden
Na Cl steht auf diese Weise auch im distalen Tubulus mehr Na' In terstitium zu einem Anstieg der Osmolarität.
zum Austausch mit I<' zur Verfügung. Die )('-Ausscheidung wird Der absteigende Ast der Henle-Schleife ist sehr wasserdurch -
dadurch deutlich gesteigert. lässig, soda ss Wa sser aus dem Tubuluslumen osmotisch ins hy-
perosmolale Interstitium abgezogen w ird. lnfolge des se n wird
Sie sind die am stärksten wirksamen der zuvor isoos motische Harn hyperton. Er erreicht den aufstei-
Diuretika (z. B. Furosemid ). Sie hemmen den Na'/K'/2Cl-- genden Teil der Henle-Schleife, wo wieder- w ie oben besc hrie-
Kotfansporter im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife, ben - Na' und CJ- ins Interstitium abgegeben werden. Damit
sodass diese Ionen verstärkt ausgeschieden werden und gleich- steigt die Osmolarität im Interstitium weiter an. die des Harns
zeitig kein so hoher Konzentration sg radient mehr aufgebaut sinkt wieder. Dieser sich selbst verstä rkende Mechanismus führt
werden kann. Als Folge sinkt die Osmolarität im Nierenmark da zu, das s die Osmolarität des Urins bis zum Ende des dicken
und die Rückresorption von Wasse r im Sammelrohr nimmt ab. aufsteigenden Teils der Henle-Schleife bis auf 100mosmolfl -
Als Nebenwirkung kann es zu starken I<' -Verlusten und einer al so auf Werte unterhalb des Blutplasmas - abfällt. Insgesamt
Hypokaliä mie kommen bzw. zu einer erhöhten fraktioneilen sind also mehr Salze als Wasser entzogen worden.
Ausscheidung von Ca 2 ' und Mg 2'. weil die Triebkraft für die Re- Harnstoff, der von der Henle-Schleife über den distalen Tu-
sorption dieser Ionen wegfällt. bulu s und Sammelrohr zum papillären Interstitium krei st (s.o.,
Abb. 3.10), trägt zu ca. 50 % der Gesamtosmolalität im Nieren-
Diuretika. K' -s parende Diuretika (z.B. Ami- mark bei. So bleibt die NaCI-Kon ze ntration niedrig genug, um
lorid, Triamteren) hemmen Na'-I<anäle (E NaC) im spätdistalen noch eine zusätzliche passive NaCI-Resorption im dünnen auf-
Tubulus und im kortikalen Sammelrohr. Dadurch wird der Aus- steigenden Teil der Henle-Schleife im inneren Mark zu ermög-
tausch von Na' gegen K' verringert, Na' wird vermehrt ausge- lichen.
schieden, K' dagegen zurückbehalten. Der Osmolaritätsgradient zwischen Rinde und Mark wird
durch die gegenläufige Anordnung der Vasa recta aufrec ht er-
.... Aldosteron-Antagonisten. Diese Diuretika (z. B. Spironolac- halten. Aufgrund der steigenden Osmolarität des Nierenmarks
ton ) blockieren die Zytoplasmatischen Aldosteron-Rezeptoren wird den absteigenden Gefäßen osmotisch Wasse r entzogen.
und hemmen dadurch die Synthese d er beiden Aldosteron-in- Die Osmolarität des Bluts g leicht sich daher bis zum inneren
duzierten Transport-Proteine, den luminalen Na' -Kanal und die Mari< an die des Interstitiums an. Auf seinem Weg zurück zur
basolate ra le Na' /1<' -AT Pase. Auf diese Weise wird die Aldoste- Nierenrinde wird das Wasser in den aufsteigenden Kapill are n
ron-Wirkung (Na'-Resorption, I<' - und H'-Sekretion ) blockiert wieder aufgenommen. Au f diese Weise wird die Versorgung des
und es kommt zu ei ner vermehrten Na' ·Ausscheidung und Nierenmarks ges ichert, ohne dessen Osmolarität zu beeinflus-
gleichzeitiger K'- und H'-Retention. se n bzw. die für den Konzentrierungsmechanismus wichtige n
Osmolyte (NaC I und Harnstoff) abzutransportieren.
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
.,.. Schleifendiuretika (2. B. Furose mid) hemmen den Na' /K' /2CI -
fi LERNTIPP !
-Kotransporter im dicke n aufsteigend en Teil der Henl e- Das Ziel des Aufbaus eines Kon zen t rationsgradienten ist nicht
Sc hl eife und erhöhen fraktion e il e Au ssc he idung von Ca 2'. primär di e Rückresorption in der Henl e-Schleife (die würd e auch
.,.. Die re nale K' -Au ssc heidung wird durch Aldosteron-Antago- "ganz norm al" ohne Gegenstromsys tem funkti on iere n). Vie l-
nisten vermindert. die Na' -A ussc heidung steigt dagegen an. mehr ist der Konzentrationsgradient notwendig, dam it später im
Sammelrohr de r Urin kon ze ntriert we rd en kann .

3.2.7 Harnkonzentrierung
Distales Nephron
Henle-Schleife An die Henl e-Sc hl eife schließt sich di e Pars convoluta des dista-
Di e Hen le -Sc hle ife di e nt in e rster Lini e dem Aufbau eines os- len Tubulus a n, di e über ein Verbindungsstück in das Sammel-
motischen Gradienten im Ni e re nint e rstitium zwi schen Papi l- rohr münd et. Diese Absch nitte bilde n wsa mm en das di sta le Ne-
len spitze (d urchsc hni tt li ch 1300 mo so mo l/1) und Ni e renrind e phro n und di ene n de r Harnkon ze ntrier ung und Feinabstimmun g
44 3 Wasser- und Elektrolythaushalt, Nierenfunktion

0
0
N
Sammelrohr FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
E
.<:;
.. Am Ende des dicken aufsteigenden Schenkels der Henle-
>-
oi Tubuluslumen Interstitium Schleife ist die Osmolarität des Urins auf kleinere Werte als die
·c;,
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0·v;
des Blutplasmas abgefallen .
E Na• .. Bei Antidiurese ist die Osmolarität des Blutplasmas in der [
Q.

,.:; Nierenvene kleiner als in der Nierenarterie. ___j


_K+ Hauptzelle
"' K• ... - - - --- ---,o -

Cl
3.2.8 Globale Nierenfunktion und Regulation
--;;;

Während die Reabsorption in den proximalen Nephronab-


]
..c schnitten unabhängig von Hormonen erfolgt, wird die Fein-
"' Abb. 3.13 Transportvorgänge an den Hauptzellen von Verbindungs- abstimmung der Harnzusammensetzung im distalen Nephron
stück und Sammelrohr. durch Aldosteron, ADH und ANF bestimmt.

Aldosteron
der Harnzusammensetzung. Dabei unterliegen sie der Regulati- Aldosteron wird in der Zona glomerulosa der Nebenniere aus
on durch verschiedene Hormone (Aldosteron, ADH. ANP, s. u.). Progesteron gebildet. Das Mineralokortikoid bindet an einen
Die Harnkonzentrierung erfolgt mithilfe des in der Henle- intrazellulären Hormonrezeptor, der als Transkriptionsfaktor
Schleife aufgebauten Konzentrationsgradienten. Aus osmoti- wirkt. Der Hormon- Rezeptor-Komplex induziert die Synthese
schen Gründen gibt der aus dem aufsteigenden Teil der Henle- bzw. steigert die Aktivität einiger Proteine, die für die tubuläre
Schleife stammende, hypotone Harn im wasserdurchlässigen Rückresorption von Na• verantwortlich sind:
distalen Tubulus und Sammelrohr Wasser an die Umgebung ab, • luminaler Na•-Kanal
bis seine Osmolalität der des plasmaisotonen Interstitiums der • basolaterale Na•fK./ATPase
Nierenrinde (ca. 290 mosmol/1) entspricht. • Na•;w -Antiporter
Im Sammelrohr fließt der isotone Urin durch Bereiche zu-
nehmender Osmolalität wieder in Richtung Nierenmark. Die ... Wirkung. Durch die gesteigerte Na•-Resorption entsteht
Interzellularkontakte im distalen Tubulus- und Sammelrohre- ein lumennegatives transepitheliales Potenzial (die luminale
pithel sind wasserundurchlässig. Wasser kann daher aus dem Membran wird also depolarisiert), was J<• -Ionen verstärkt aus-
Sammelrohr nur transzellulär durch Aquaporine in den Iumi- wärtsströmen lässt. Durch die vermehrte W -Ionen-Ausschei-
naJen und basolateralen Membranen der Hauptzellen in das In- dung aufgrund der höheren Aktivität des Na•;w-Antiporters
terstitium diffundieren . An den IuminaJen Membranen finden resultiert intrazellulär eine Alkalose. Sie fördert ebenfalls den
sich Aquaporine2 (AQP2), basolateral AQP3 und 4 (Abb. 3.13). Im J<•-Ausstrom. Auf diese Weise führt Aldosteron zu einer gestei-
distalen Nephron befinden sich 80 % der AQP2 exprimierenden gerten Na•-Resorption bei gl eichzeitig gesteigerter K•- und
Nierenepithelzellen. Der Wassertransport hängt von der Kon - W-Sekretion. Über diese Mechanismen ist K+ der Bestandteil
zentration an ADH im Blutplasma ab und wird über die Anzahl des Harns, für den die mögliche fraktionelle Ausscheidung am
der AQP2 in den IuminaJen Membranen reguliert. In Anwesen- höchsten ist. Wenn J<+ im Überschuss vorliegt. kann- angetrie-
heit von ADH, d. h. bei Wassermange I, werden vermehrt AQP2 ben durch Aldosteron - die ausgeschiedene 1<+-Menge die filt-
eingebaut. Wasser folgt dem osmotischen Gradienten entspre- rierte Menge sogar übersteigen, d . h. die fraktionelle Ausschei-
chend ins Interstitium. dung kann über 100 %liegen . Dem Na• folgend werden vermehrt
Die Harnkonzentrierung (Antidiurese) kann dabei maximal cJ- und Wasser resorbiert, was eine Zunahme des Extrazellulär-
bis aufeine Urinosmolalität von 1200-1400 mosmol/1 gesteigert volumens und damit einen Blutdruckanstieg zur Folge hat.
werden, d. h. bis auf die im Interstitium im Bereich des inneren
Nierenmarks herrschende Osmolalität. Das zurückgehaltene
!
Wasser wird über die Nierengefäße abtransportiert, weshalb Zahlreiche Prüfungsfragen hab en Aldosteron und seine Effekte
bei Antidiurese die Osmolarität des Blutplasmas in der Nieren- zum Inhalt! Deshalb noch einmal zusammenfassend:
vene niedriger ist als in der Nierenarterie. Aldosteron bewirkt durch vermehrte Na• -Retention und K+- und
Fehlt ADH, ist das Sammelrohr wasserundurchlässig und der H•-sekretion eine Volumenzunahme und dadurch einen Blut-
Harn wird wieder hypoton, weil auch im distalen Nephron wei- druckanstieg.
terhin Na CI resorbiert wird. Wasser aber nicht nachfolge n kann. Die wichtigsten Stimuli für die Aldosteron-Auss chüttung sind ein
Bei maximaler Wasserau sscheidung (Diurese) kann die Osmo- Blutdruckabfall bei Volumenmangel und ein e Hyponatriämie.
lalität des Urins bis auf 50 mo smol /1sinken. Die Urinosmolalität Beiden Zuständen wird durch die verstärkte Resorption von
kann also zwischen 50 und 1200 mosmolf! variiert werden, d. h. Natrium , de m Wa sser nachfolg t, entgegen gewirkt.
zwischen 1/6 und dem 4-fachen der Plasmaosmolalität.

APROPOS
Bei m akuten Nierenversagen hand elt es sich um ein e aku t auftret ende,
in de r Regel reve rsible Ni erenin suffiz ienz mi t Abnahm e der glomerul ären
Fil trationsrat e und Ans teige n de r Nierenret entionswerte (H arn stoff. Kreati-
n in). Ursachen kö nn en u.a. eine ve rmin derte Ni erendu rchblu t ung (Mind er-
perfu sio n z. B. im Rahm en ein es Schoc ks) . struk t urell e Sc häd ig un gen der
Ni ere (z. B. akute tubul äre Nekrose) oder Störun ge n des Urinabnusses sein. j e
nach Lokali sation der St örun g spricht man von prä-, in tra-, oder postrena lem
Ni erenversage n. Di e Th erapi e ri chtet sich nach de r Ursac he.
3.2 Niere 45

APROPOS
Ein genetischer Defekt der epith elial en Na' -Kanäle (EN aC) im Sa mmelrohr
.,. Eine Hyperkaliämie ist ei n Auslöser für eine Aldosteronaus-
der Ni ere hat zur Folge, dass di e Na' -Kanäle ein e nicht regelba re, kon st ant schüttung.
hohe Offenwahrsch einlichkeit besitzen (Liddle-Syndrom). Durch da s starke .,. Hyperaldosteronismus führt zu einer Hypokaliämie.
Na ' -Konzentrationsgefälle im Tubulu ssyst em kommt es zu ein er starken Na' - .,. Aldosteronmangel führt zu einer Hyperkaliämie aufgrund
Resorption und damit einh erg ehend zu ein er Hypokaliämie. Gleichzeitig
einer verminderten Na•-Rückresorption und zum Anstieg der
wird verst ärkt Wa sser rückre sorbiert. da s Ex trazellul ärvolum en und damit
Renin -Konzentration im Blutplasmaaufgrund eines ve rmin-
der Blu tdruck steigen (Volum en-Hypertoni e). Urn die K' -Se kretion zu vermin-
dern , wird di e Ald ost eron sekret ion gedrosse lt . Es mü sst e dadurch zu ein er
Hyperk ali ämie kommen. Aber bei di ese m Defekt überwi egt der Effekt des
derten Blutdrucks . J
elektroch emi sc hen Na' -Gradi enten, durch denK' seze rni ert wird. Da di ese
Untersch eidung im Physikum nicht verl angt we rd en ka nn. gehört das Liddl e- Das Renin-Ang iotensin-Aidosteron-System (RAAS)
Syndrom eig entlich nicht zum Physiku m sstoff Renin ist ei n Peptidhormon, das von den Epit heloid zellen des
juxtaglomerulären Apparats ins Blut freigesetzt w ird , wenn
.,. Freisetzung. Die wichtigsten Stimuli für die Aldosteron-Aus- der Blutdruck in der Nierenarterie, d. h. der renale Perfusi-
schüttung sind e in Blutdruckabfall bei Volumenmangel (z. B. onsdruck, sinkt (unter 70 mmHg). Ursachen für einen solche n
bei chronischem Erbrechen, s. S. 6) und eine Hyponatriämie, Blutdruckabfall könne n z. B. eine Nierenarterien-Stenose oder
die durch die verstärkte Resorption von Natrium, dem Wasser ein vermindertes Blutvolumen sein. Auch eine Aktivierung des
nachfolgt, gegenreguliert werden. Auch ein e Hyperkaliämie Sympathiku s mit Stimulation von ß1-Rezeptoren des juxtaglo-
und eine Azidose. ACTH oder ein erhöhte r Sympathikotonus m erulären Apparats, eine Hyponatriämie und e in Aldosteron-
stimulieren die Aldosteron-Sekretion. mangel bzw. eine Antagonisierung des Aldosteron-Rezeptors
fördern die Renin-Freisetzung (Abb. 3.14, Abb. 3.15) .
... Abbau. Als lipop hiles Steroidhormon liegt Aldosteron zu e i- Im Kreislauf spaltet das als Protease wirkende Renin von
nem großen Teil nichtkovalent an Plasmaeiweiße gebunde n vor, dem aus der Leber stammenden Glykoprotein Angiotensinogen
nur ein kleiner Teil, das freie Aldosteron , ist biologisch tatsäch - das (bio logisch inaktive) Dekapeptid Angiotensin I ab. Angio -
lich aktiv. Inaktiviert wird Aldosteron durch Glucuro nidi er un g, tensin I wiederum wird durch das Angiotensin-Converting En-
dadurch verliert es seine biologische Wirksamkeit, wird was- zyme (ACE), das aus dem Gefäßendothel v. a. der Lunge sta mmt,
serlöslich und kann über die Niere ausgesc hi eden werden . um 2 Aminosäuren gekürzt. Es entsteht das biologisch aktive
Okrapeptid Angiotensin II (AT II ), dessen Wirkung über Mem-
... Hyperaldosteronismus. Eine übermäßige Aldosteronproduk- branrezeptoren vermittelt wird. Sei ne Hauptwirkungen sind :
tion (Hyperaldosteronismus, Conn-Syndrom, S. 53) hat eine • Es erhöht in der Nebenniere nrinde die Freisetzung von Aldo-
hypokaliämische Hypertonie zur Folge. Häufig le iden die Pa- steron.
tienten unter Kopfschmerzen, Obstipation, Muskelschwäche, • Es ist einer der stärksten bekannten Vasokonstriktoren
Polyurie und -dips ie, EI<G-Veränderungen und einer metaboli- (Steiger ung des totalen peripheren Widerstandes).
schen Alkalose mit Parästhesien. Die Ursache für die verme hrte • Es führt damit insgesamt zu e inem Blutdruckanstieg.
Aldosteronproduktion kann entweder in der Nebennierenrinde Das durch AT II freigeset zte Aldosteron steigert die !(•-Ausschei -
selbst (primärer Hyperaldosteronismus) liegen, z. B. Nebennie- dung (s. o.), sodass be i einer Nierenarterienstenose über die Ak-
renrinden-Adenom, oder durch e ine Überstimulation der NNR tivierung des RAAS eine verminderte I<• -Piasmako nzentration
bedingt sein (sek und ärer Hyperaldosteronismus), z. B. durch zu erwarten ist. Therapeutisc h werden bei einer Einengung der
Überstimulation des RAAS bei Nierenarterienstenose. Nierenarterie ACE-Hemmer eingesetzt bzw. AT-Rezeptor-Blo-
cker, die den Angiotensin-11-Rezeptor blockieren .
... Hypoaldosteronismus. Bei e iner primären Nebennierenin- Angiotensin II vermittelt darüber hinaus e in vermehrtes
suffizienz (primärer Hypoaldosteronismus, Morbus Addi son; Durstgefühl und ei nen verstärkten Sa lzhunge r, was die blut-
S. 55) z. B. a ufgru nd eines Autoimmunprozesses oder bei e i- drucksteigernde Wirkung noch ergänzt. Die durch Angioten-
ner Hemmung der Aldosteron-Rezeptoren, treten als typische sin II veran las ste Blutdrucksteigerung wirkt hemmend auf die
Aldosteronmangel-Symptome auf: Hyp onatriäm ie, Hyperkali- Reninfreisetzung (negatives Feedback). Bei einer Hemmung
ämie und Azidose. Da Aldosteron in den Hauptzellen des spät- des ACE wird keine AT II gebildet. die negative Rückkopplung
distalen Tubulus und des Sammelrohrs die Na• -Resorption und entfä llt und die Stimulation der Reninsekretion bleibt weiterhin
die J<• -Ausscheidung fördert , führt ein Aldosteronmangel dort bestehen.
zu einem verminderten Na•-Trans port durch die apika len Na•-
Kanäle und einer J<• -Retention. Die erhö hte Diurese zieht ein
vermindertes Blutvolumen nach sic h. Im Ra hmen der dadurch
ausgelösten Gegenregulationen wird zur Blu tdr ucksteigeru ng Blutdruck! Angiotensinogen
auch die Reninausschüttung stimu liert. Hypovolämie
Zusätzlich zu den oben beschriebenen Me chani smen unter-
Hyponatriämie
....:':....1
Hyperkaliämie ....:':.... Renin
liegt die Aldosteronsekretion einem über die Niere gesteuerten Azidose
Sympathikus T Angiotensi n I
Regelkreis, dem Renin-Ang ioten s in-Aidosteron-System (Abb.
3.14).

FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X


.,. Von all e n Harnbes tandtei le n ist K• derj enig e mit de r höchst-
möglichen fraktionellen Ausscheidung .
Na'·Retention -
K'., H '·Sekretion

Abb. 3.14 Renin-Angiotensin-Aidosteron-System.


46 3 Wasser- und Elektrolythaushalt, Nierenfunktion

Niere Hypothalamus Herz Abb. 3.15 Zusammenspiel von RAAS, ADH- und ANP-
Hypophyse System. NNR: Nebennierenrinde, RR: Blutdruck, rote
Osmosensor Val um ensensor Pfeile: Hemmung, grüne Pfeile: Steigerung.
1- [Na' ]T VolumenT
t
H2 0-
Vasopressin (ADH ) l
Ausscheidung
ANP

Na•-
Ausscheidung
-J1Li
I
NNR

I
I
Ld Gefäße
Erhöhung
Widerstand

Na•- und RR- Aldo! eron


Sensor
T '' ...
RRT '' RRl
Na· r ' Na ' l
t
Adrenalin Angiotensi-
nagen
A
Angiotensin I Angiot ensin II
'

FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X nung, d. h. bei Burdruckanstieg bzw. Volumenzunahme, hem-
Ren in wird aus den Epitheloidzellen des juxtaglomerulären men die Dehnungsrezeptoren die ADH-Bildung. Eine vermin-
Apparats freigesetzt. derte Dehnung der Rezeptoren in den Vorhöfen stimuliert die
Seine Freisetzung erfolgt u. a. bei: ADH-Freisetzung.

- niedrigem Blutdruck in der Nierenarterie (z. B. auf- • Wirkung. An der Gefäßmuskulatur wirkt ADH über Vl - Re -
grundeiner Nierenarterienstenose), zeptoren vasokonstriktorisch, steigert also den totalen peri-
- Aktivierung von IJ-Adrenozeptoren des juxtaglomerulä- pheren Widerstand, wodurch der Blutdruck steigt. Eine Aus-
ren Apparats und nahme bilden die ZNS- und Koronargefäße, die auf ADH mit
- Aldosteronmangel bzw. Antagonisierung des Aldoste- einer endothelvermittelten Vasodilatation reagieren, um auch
ron-Rezeptors. bei größerem Blutverlust die Versorgung von Gehirn und Herz
Angiotensin II ist ein Peptidhormon, dessen Wirkung über sicherzustellen.
Membranrezeptoren vermittelt wird. In der Niere stimuliert ADH über V2-Rezeptoren den Ein-
._ Seine Hauptwirkungen sind die Aldosteron-Freisetzung und bau der Aquaporine (AQP2, S. 44) in die luminale Membran
eine Vasokonstriktion. der Hauptzellen des distalen Tubulus und des Sammelrohrs.
Es wirkt hemmend auf die Reninfreisetzung. Gleichzeitig fördert ADH die Diffusion von Harnstoff aus dem
Eine Hemmung des Angiotensin-Converting-Enzymes führt zu Sammelrohr durch den Einbau von Harnstoff-Carriern in die lu-
einer verminderten Angiotensin-11-Bildung, die negative Rück- minalen Membranen der Epithelzellen. sodass die Menge osmo-
kopplung fällt weg und es kommt zu einer erhöhten Renin- tisch wirksamer Teilchen dort zusätzlich ansteigt. Die Osmola-
Aktivität im Blutplasma. lität des Tubulusinhalts steigt aufgrund der vermehrten Was-
Folge einer Nierenarterienstenose kann eine verminderte serresorption an und es wird nur wenig Wasser ausgeschieden
K•-Piasmakonzentration aufgrundder RAAS-vermittelten (Antidiurese). Der Harn kann so maximal bis auf die Osmolalität
Aldosteron-Freisetzung sein . des Interstitiums (ca. 1300 mosmolfl ) konzentriert werden.
Bei einem großen Blutverlust (z.B. durch eine Schnittver-
letzung) kommt es zu einer akuten isotonen Dehydratation.
Antidiuretisches Hormon (ADH) Durch den Blutverlust sinken der zentrale Venendruck und der
ADH (antidiuretische Hormon, Adiuretin, Vasopressin) wird von Druck in den Herzvorhöfen. Daraufhin wird die ANP-Sel<retion
Neuronen im Nucleus paraventricularis und Nucleus supl·aopti- gehemmt. Durch die abnehmende Vorhofdehnung (Volumen-
cus des Hypothalamus gebildet Das Peptidhormon besteht aus abnahme) entfällt die hemmende Wirkung der Dehnungsre-
9 Aminosäuren und wird aus einem größeren Vorläuferpeptid, zeptoren, sodass im Hypothalamus die ADH-Bildung und in der
dem Pro-Vasopressin, herausgeschnitten. Hypophyse die ADH-Frei setzung stimuliert wird. Durch den
sinkenden Blutdruck aktivieren Pressorezeptoren sympathi-
Steigt die Osmolarität bzw. die Na•-Konzentra- kusvermittelt die Herztätigkeit und steigern über eine erhöhte
tion des Blutes an (Normalwert 290 mosmol/1). so stimulieren Noradrenalin-Konzentration im Plasma über Vasokonstriktion
Osmorezeptoren im Ncl. supraopticus die ADH-bildenden Neu- den peripheren Strömungswiderstand. Durch den massiven
rone. Bei erhöhter Osmolarität des Plasmas oder Volumenman- Blutverlust kommt es auch zu einer Minderdurchblutung der
gel wird ADH aus dem Hypophysenhinterlappen in den Krei s- Niere. Die Renin sekretion, die auch durch die sympathische
lauf ausge schüttet und wirkt in der Peripherie über 2 vers chie- Stimulation und Noradrenalin stimuliert wird, wird weiter ge-
dene G-Protein -gekoppelte Vasopressinrezeptoren auf Niere steigert. Sie fördert di e Bildung von Ang iote nsin II , das wieder-
und glatte Gefäßmuskulatur (Abb. 3.15). um die Aldoste ron sekretion und damit di e Na•- Rückresorption
Unabhängig von der Osmolarität erhalten die ADH-bilden- stimuliert.
den Neurone Signale von Dehnungsrezeptoren im Bereich des Bei Wa sserüberschuss w ird kein ADH au sgeschüttet und
Karoti ss inus und Aortenbogens über den Blutdruck bzw. von da s Sammelrohr bl e ibt wa ss erundurchläss ig. Der Tubulu s inhalt
Dehnungsrezeptoren im Be reich der Herzvorhöfe und großen pa ss iert da s hocho s molare Ni e re nm a rk, ohne Wa sser abz uge -
Venen über da s Extrazellulärvolumen. Bei einer passiven Deh-
3.2 Niere 47

ben (Diurese), gleichzeitig wird durch aktive NaCI-Resorption vermehrten Dehnung der Vorhöfe (z. B. bei Erhöhung des zen-
der Urin noch weiter verdünnt. tralvenösen Drucks durch Zufuhr einer isotonen Elektro lyt lö-
Bei einer permanent erhöhten ADH-Freisetz ung z. B. durch sung), bei einem Absinkende s Na +-Spiegels, einem Anstieg d es
einen Tumor kommt es ADH-abhängig zu einer Anitidiurese. 1<+-Spiegels und durch Angiotensin II ausgeschüttet und bewirkt
Wasser sammelt sich im Körper an, die Blutosmolarität und da- eine Senkung des Blutdrucks und des Blutvolume ns. Es wirkl
mit der Salzgehalt- also auch die Na+-Kon ze ntration- werden auf diese Wei se als Antagonist zu ADH und Aldosteron. ANP er-
dabei erniedrigt. lnfolge entsteht eine hypotone Hyperhydrata- höht die Na•-Ausscheidung (Natriurese), indem es die glomeru-
tion. Wasser drängt ins Interstitium, wodurch es auch zu einem läre Filtrationsrate steigert und die renale Na+-Rücl<resorption
gefährlichen Hirnödem kommen kann. hemmt(Abb. 3.15). Als Folge geht mit dem Natrium auch Wasser
Zusammen mit CRH (Corticotropin-releasing Hormone) hat verloren: Das Blu tvolumen nimmt ab. Außerdem hemmt ANP
ADH noch eine weitere Funktion: Es stimuliert im Hypophysen - die Freisetzung von Aldosteron, Renin und ADH und wirkt va-
vorderlappen die Freisetzung von ACTH (Corticotropin). sodilatierend auf kleine periphere Gefäße.
ANP aktiviert an den Zielzellen G-Protein-gekoppelte Rezep -
.. Diabetes insipidus.lst die Bildung von ADH im Hypothalamus toren, die über die Aktivierung der Guanylylcyclase die Bildung
(zentra ler Diabetes insipidus) oder - durch einen genetischen von cGMP als Second messenger fördern.
Defekt der (V2-)Rezeptoren (nephrogener Diabetes insipidus. Bei einer akuten Hypervolämie nach Trinkenisotoner Elekt-
Diabetes insipidus renalis)- die Wirkung von ADH auf die Ze l- rolytlösung kommt es zu einer Erhöhung des Blutvolumens und
len des Sammelrohrs in der Niere gestört, kommt es zu ei ner pa- damit zu ei ner vermehrten Dehnung der Vorhöfe. ANP wird
thologisch geste igerten Diurese. Die Patienten scheiden große sezerniert und veranlasst die Natriurese (s.o.). Der verstärkte
Mengen (5-25 I/Tag) eines stark hy potonen Urins aus. Fluss durch da s Tubulussystem kann die Reso rptionsprozesse
Mithilfe des Durstversuchs und anschließender parentera- überfordern . Sa lze und Flüssigkeit werden nur noch vermindert
ler Gabe von ADH lässt sich unterscheiden, welcher der beiden resorbiert, die Ausscheidung steigt an. Dabei kann es zu einem
Defekte vorliegt. Beim Durstversuch wird die Flüssigkeitszu- Abfall des interstitiellen osmotischen Gradienten im Nieren-
fuhr über mehrere Stunden ausgesetzt und die Urinosmolarität mark kommen.
gemessen. Bei einem Diabetes insipidus ohne ADH -Wirkung
ändert sich die Urinosmolarität nicht. Bei einem zentra len Di-
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
abetes insipidus kommt es aber nach parenteraler Gabe von
ADH zur Wasserretention und damit zur Erhöhung der Urinos-
molarität. Beim renalen Diabetes insipidus bleibt die ADH-Gabe
wirkungslos.
len Venendrucks freigesetzt.
,.. ANP hemmt die Aldosteron-Freisetzung .
,.. Bei akuter isotoner Hypervolämie kann der interstitielle
osmotische Gradient im Ni e renmark vermindert sein.
J
,.. Atriopeptin (ANP) wird bei einem akuten Anstieg des zentra-

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X


.,.. Freisetzungsort de s ADH ist de r Hypophysenhinterlappen .
... Die ADH-Frei se tzung wird u. a. durch Volumenmangel Hormone der Niere
(verminderte Aktivität der Dehnungsrezeptoren in den Vorhö- Die Niere bildet auch selbst Hormone, die beiden wichtigs-
fen) stimuliert. ten sind Erythropoietin und Ka lzitrial (Vitamin-D-Hormon,
... Über die Vl-Reze ptoren wirkt ADH vasokonstriktorisch und 1 ,25 -(0Hh-Vitamin-0 3 ).
steigert den pe ripheren Gefäßwiderstand. Das Peptidhormon Erythropoietin wird bei Anämie und Hy-
,.. Über V2-Reze ptoren steig ert ADH im Sammelrohr den Einbau poxie freigeset zt und fördert die Erythropoiese (B ildung von
von Aquaporinen auf der luminalen Seite der Hauptze llen und roten Blutl<örperchen), indem es die Differenziel'llng und Proli-
damit die Was se rresorption (Antidiurese). ferationsrate der erythroid-determin ierten Vorläuferzellen im
,.. Ein Defekt der V2-Rezeptoren kann Ursache für di e Ausschei- Knochenmark stimuliert. Ein Leitsymptom einer Niereninsuf-
dung von großen Mengen eines stark hypotonen Urins sein fizienz ist damit auch eine durch die ungenüge nde Produktion
(Diabetes insipidus renal is). von Erythopoietin bedingte Anämie .
.,.. ADH erleichtert die Diffusion von Harnstoff aus dem Sammel- Das Steroidhormon Kalzitrial fördert die Calc iumaufnahme
rohr in die Henle-Sch leife. und spielt für den Knochenaufbau eine wichtige Rolle. Es wird
.,.. Ein weiterer Effekt von ADH ist die Freisetzung von ACTH . ab S. 61 ausführlich besprochen .
.,.. Die max. Harnkonzentration lie gt bei ca. 1300 mosmol/1.
,.. Bei einer akuten isotonen Dehydra tation kommt es zu e in er
erhöhten Noradrenalin-Konzentration im Plasma.
3.2.9 Ableitende Harnwege
,.. Eine erniedrigte Na+-Konzentration kann durch e in e gestei- Über die Niere werden einige Ionen oder organische Substan-
gerte ADH-Freisetzung verursac ht werden , z. B. aufgrund ze n ausgeschieden, die eine relativ ger inge Löslichkeit besitze n.
e ines Tumors. Wird diese überschritten, fall e n die Substanzen aus und bilden
,.. Beim Diabetes insipidus centralis bleibt die Osmo larität de s Konkremente. Besonders häufi g entstehen Konkre me nte aus
Urins beim Durstversuch gleich, sie erhöht sich aber bei ADH- Ca lciumphosphat oder -oxalat, seltener sind Harn sä ure-, Cys-
Gabe. tin- oder Xanthin -Steine. Neb e n d er Konzentration der I<Dnkre-
mentbildenden Substanzen l1ängt die Steinbildung auch vom
pH-Wert de s Urin s, der Verwei ldauer im Harntrakt und der
Atriales natriuretisches Peptid (ANP) Bildung von Kri stallation s ke rne n (z. B. bei Harnwegsinfekten
ANP (syn. Atriopeptid, At riop eptin, atrialer na triureti scher Fak- ges teige rt) ab. Vorbeugend so llte also zur Verh inderung von
tor, ANF) wird in Mu ske lze ll e n de r Herzvorhöfe geb ildet und Harnsteinen auf e ine ausreichende Flüssig keitsaufnahme sowi e
intrazellulär in Sekretvesikeln ges peichert. Es wird bei einer
48 4 Hormone

eine regelmäßige und vollständi ge Entleerung der ableitenden


GESCHAFFT
Harnwege geachtet werden.
Super ! Sie haben auch das nicht ganz einfache Thema Niere bewä ltigt. Im
APROPOS letzte n Lernpaket des 2. Physiolog ie-Sk ri pte warten nun noch die Hormone
Typ ische Symptome bei Nierenstein en (Nephrolithiasis) sind heftigste, auf Sie. Dieses Thema w ird ebenfall s in der Bioch emi e bes proch en, hi er lohn t
anfa llswe ise auftrete nde krampfartige Sc hmerze n mit Ausstra hlung in den sich dah er vielleic ht hin und w ieder ein Blick auf die Nachbard iszip lin.
Bauchraum, die Leiste oder da s Gen ital , begl eitet von tei lweise mit dem
bloßen Auge sichtbaren Blutbeimengung en im Urin (Makrohämaturie).
Wä hrend eines akute n Anfa lls kommt es dann häufig auch schon zum spon·
ta nen Stei nabgang. Ein Spontanabgang wird weiterhin gefördert durch viel
Flü ssigkeitsaufnahme, körperli che Betätigung und Wärmezufuhr. Sollten
ko nse rvative Maßnahmen kein e Linderung bring en, ist ein interve ntion ell es
Vorgehen angeze ig t.

i5
0
0
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0..

4 Hormone effektarischen Hormone aber auch direkt aus Hypophyse oder


Hypothalamus.
4.1 Regulation des Hormonsystems und
Eigenschaften der Hormone Effektorische Hormone. Die effe ktari sche n Hormon e sta m-
men g rößtentei ls aus peripheren Hormondrüsen oder ver-
ln dem aus mehr a ls 10 14 Zellen bestehende n Körper ei ne s er- streut liege nden endokrinen Zellen . Dazu ge hören Thyroxin,
wachsenen Menschen mu ss es ein reg uliertes Zusammenspiel Aldosteron, In sulin und Progesteron. Ausnahmen sind ADH und
der einzelnen Zellen und Organe geben , um das innere Mili e u Oxytocin, sie sta mmen aus dem Hypothalamus, sowi e Somato-
aufrecht zu erhalten, aufändernde Umweltbeding unge n l·eagie- tropin und Prolaktin, die von der Hypophyse gebildet werden.
ren zu können bzw. Wachstum - und Differenzier un gs vorgä nge Die Effektorhormone entfalten am Erfo lgso rga n ihre spe-
zu steuern. Für die Regulation dieser Körperfunktionen sind 2 zifi sc he Wi rk un g, dabei si nd Re ichweiten bzw. Wirl<orre der
Systeme vorhanden: Nerven- und Hormonsyste m Sie habe n effektarischen Hor mone se hr untersc hiedli ch. Die klas sischen
verschiedene Aufgaben, arbeiten aber eng verknüpft. Während Hormon e wirken endokrin, sie werden von Hormondrü se n
das Nervensystem für eine sc hnelle und räumli ch differenzie r- bzw. Drüse nze llen gebildet und üb er den Blutweg im gesa m-
te Weiterga be der Info rmat io n sorgt, sind viele v. a. vegeta tive ten Körper verteilt. Sie ge lan gen so auch zu entfer nt liege nden
Funk tionen effizienter durch da s Hormonsyste m üb er körperei- Zie lorga ne n . Parakrine Sig nalstoffe (z. B. Leukotriene, Prostag-
gene chemische Signalstoffe zu reg uli ere n, die Hormone. landine) dagegen wirken als sog. Gewebshormone lokal auf um-
liege nde Ze llen. sie können aber, wenn sie in g rö ßere n Mengen
gebildet werden. auch endokrine Wirkung entfa lten. Autokrine
4.1 .1 Verknüpfung von Nerven- und Hormone wirken auf die seze rni ere nd e Zelle selbst zurück oder
Hormonsystem aufbenachbarte Zellen des gle ichen Typs. Ein Hormon kann so-
wohl auto-a ls auch para-oder endo krin wirken .
Bindeglied zw isc hen Nerven- und Hormonsystem ist de r Hypo- Nebe n den Hor m one n gi bt es noch e ine weitere Sig nalgrup -
thalamus. Er e rh ält Sig nal e aus übergeordneten Hirn ze ntren, pe: die Zytokine. Als Zytokine werden Signa lmoleküle be ze ich-
d em limbi sehen System sowie dem Thalamus, und a us de r Pe- net, die in erste r Linie Wachst um svorgän ge, Zellprolife1·ation
riph e ri e über Temperatur- und Osmorezeptoren bzw. nervale und -diffe renzie rung reguli eren. Man untersc he idet Wachs-
Afferenzen. Die Inform ati o n wird verarbeitet und die entsp re- tum sfaktoren wi e FGF (; fibrobla sr growth facror) oder NGF (;
chend e n Befehl e - meist in Fo rm von Releasing Hormonen - nerve growth fac tor). Hä mato p oetine, di e di e Entw ick lun g der
an die Hypo physe weitergegeben. Die Hypophyse stimulie rt hämatopoet ischen Zellen reg ulie re n, und di e Zytokine des Im-
die Sy nth ese der g land otropen Horm o ne. Diese wirken an den mun system s. Zytok ine s ind Proteine, s ie werden von za hlre i-
Hormondrüsen , welche dann wieder um effektorische Hormo- chen Ze ll en gebil det und wirk e n v. a. para- und autokrin.
ne in Richtun g Zie lorga ne ent la ssen. Te ilweise stammen diese
4.1 Regulation des Hormonsystems und Eigenschaften der Hormone 49

ren geladen ist, sind Peptidhormone hydrophil. Aus diesem


Ihöhere Zenrr: n I
Bewertung: e Grund benötigen sie im Blut keine spezifischen Transportpro-
metabolischer Status. EB teine. Sie wirken über extrazelluläre membranständige Rezep-
Energiestatus. Stress etc. toren , die das Sig nal an intrazelluläre Botenstoffe. Second Mes-
18 oder EB senger, weitergeben. Die wichtigsten Second Messenger sind
Ca 2•-lonen, cAMP, cGMP und IP 3.
e Hypothalamus Die Peptidhormone werden am rauen Endoplasmatischen
Retikulum synthe tisiert, im Lumen des ERs bzw. im Golgi-
Releasing-Hormone Apparat modifiziert und prozessiert. Die Synthese dauert ver-
häl tnismäßig lange. Daher werden Peptidhormone .. auf Vorrat"
HypoJJhyse
e produziert und in Membranvesikeln gespe ichert, aus denen sie
auf ein extrazellu läres Signal hin freigesetzt werden.
I
glandotrope Hormone
Zu den Tyrosinderivaten gehören die hy-
l drophilen Katecholamine Dopamin. Noradrenalin und Adre-
e I> Hormondrüse
e nalin, die enzymatisch aus L-Tyrosin gebi ldet werden und ihre
Wirksamkeit über Ektorezeptoren entfa lten. Ihre Halbwer tszeit
ist sehr kurz (Sek unde n bis Minuten). Tyrosinderivate sind auch
effektarische Hormone die Schilddrüsenhormone T3 und T4, die durch Zusammenlage-
Stoffwechsel- rung 2er iodierter Tyrosinmoleküle entstehen. Sie sind lipophil
antworten und können daher wie die Stereidhormone die Plasmamemb-
Abb. 4.1 Neuroendokriner Regelkreis. ran durchdringen und binden v.a. an intrazell ul äre Transkripti-
onsfaktoren als Rezeptoren.
Viele Effektorhormone wirken auf die Hormond-
rüse, viele glandotropen Hormone auf Hypothalamus und Steroidhormone. Die lipophilen Steroidhormone (A ndro -
Hypophyse zurück und bremsen dort die we itere Hormonaus- gene. Östrogene. Gestagene. Aldosteron, l<ortisol. Vitamin-D-
schüttung. Diesen Effekt bezeichnet man als negative Rück- Hormon) leiten sich von der Grundstruktur des Cholesterins
kopplung (negatives Feedback) (Abb. 4.1 ). So entstehen Regel- ab. Ihre Synthese erfordert nur wenige verschiedene Reakti-
kreise auf den verschiedenen Ebenen. onstypen . Die bei den Umwandlungen stattfinde nden Hydro-
Im Falle eines einfachen Regelkreises wird die Hormonaus- xy lierungs- und Oxidationsreaktionen werden bis auf wenige
schüttung direkt an der Hormondrüse reguliert. Ein Beispiel Au snahmen von Enzymen durchgeführt. die zu der Familie der
ist Aldosteron und die Na+-Resorption in der Niere (s.S. 44): Cytochrom-P450-Enzyme gehören (Abb. 4 .2). Die Synthese von
Bei Na+-Mangel wird in der Nebenniere die Ausschüttung von Aldosteron z. B. erfolgt vom Cholesterin ausgehend über Preg-
Aldosteron gesteigert. wodurch in der Niere mehr Na+ rückre- nenolon und Progesteron und weitere Zwischenstufen. Vom
sorbiert wird. Steigt der Na+ -Spiegel im Blut, wird die Aldoste- Pregnenolon zu 17a-O H-Pregnenolon bzw. vom Progesteron zu
ronsekretion in der Nebenniere wieder reduziert. 17a-Progesteron weiter über 11 -Desoxycortisol führt der Weg
Ein Bei spiel für einen neuroendokrinen Regelkreis ist die zu l<ortisol.
Steuerung der Schi lddrü se nhormon e (Abb. 4.5 ): TRH (Thyreo- Durch den hydrophoben bzw. lipophilen Charakter ergeben
tropin-Releasing-Hormon) aus dem Hypothalamus bewirkt in sich e ini ge Eigenschaften der Steroidhormone :
der Hypophyse die Ausschüttun g von TSH (Thyroid ea-stimulie- • Stereidhormone durchdringen zelluläre Membranen. Sie
rendes Hormon). TSH seinerseits stimu li ert in der Schilddrüse können daher nicht in membranumgebenen Vesikeln gespei-
die Abgabe der Schilddrüsenhormone T3 und T4 . Durch negati- chert werden, sondern werden bei Bedarf neu synthetisiert.
ve Rückkopplung verhindern diese die weitere Freisetzung von • An den Zielzellen ge langen sie durch die Zellmembranen
TRH und TSH. Sinkt ihre Konzentration jedoch zu weit ab, fällt in das Ziel inne re. ln der Ze ll e bilden sie mit intrazellulären
die hemmende Wirkung auf Hypothalamus und Hypophyse Rezeptoren Komplexe. Bei den Rezeptoren handelt es sich
weg und die TRH- und TSH-Synthese nimmt wieder zu . um ligandenabhängige Transkriptionsfaktoren. die sic h
a ls Komplex mit dem jeweiligen Hormon an spezifische
DNA-Abschnitte im Ze llker n anlagern und dadurch die
4.1 .2 Eigenschaften der Hormone
Transkription bestimmter Gene beeinflussen. So fördert
Hormone ge hören unterschiedlichen che mischen Substanz- Kortisol bspw. die Transkription der Sch lüsselenzyme für
klassen an . Die substanzspezifischen Eigensc hafren z. B. ihre die Glukoneoge ne se. Neben den gene mi sche n Effekten kön-
Wasserlöslichkeit, hab en Auswirkungen auf den Transport, die nen Stereid hormon e intra ze llulär Einflu ss auf verschiedene
zellu lären Wirkmechanismen, die Speic herung und die Halb- Tran sportmechanismen und z. B. verschiedene Proteinkina-
wertszeit der Hormone. Nach ih rer Wasserlöslichkeit lassen sen hab e n.
sich die hydrophilen Peptidhormone und Aminosäurederivate • Aufgrund ihrer schlechten Wasserlöslichkeit werden sie im
(mir Ausnahme der lipohilen Schi ldd rüsenhormone) und die Blut an Transportproteine gebunden. So liegt z. B. Kortisol
hydroplloben Steroid e und Lipidderivate unterscheiden. im Blut zu 90 % an Plasmaeiweiß gebund en vor (75 % an
Transkorti n = Corticosteroidbindendes Globulin= CBG. 10 %
Peptidhormone. Zu den Peptidhormonen gehören kleinere an Albumin). Die Bindung a n die Transpor t proteine sc hützt
Oligopeptide (z. B. ADH, TRH). größere Polypeptide (z. B. In sulin, die Hormone vor einem schnellen Abbau.
ACTH ) und Glykoprote in e. die zu sät zliche Kohlenhydratketten
e nthalten (z. B. Erythropo etin, FSH). Da ein Teil der Aminosäu-
50 4 Hormone

21 22

HO
Cholesterin

_.m
CH3
I
C=O 0

§]

Pregnenolon 17a-Hydroxypregneno lon DHEA DHEA-Sulfat


01 01 0
1
OuSDOH ffi
0

.I

Androstendion

Zona reticularis

Enzym/ Aktivität
QJ Desmolase (P450scc)

11 -Desoxykortikosteron
0 3ß-Hydroxysteroid-Dehydrog enase
[I] 21a-Hydroxylase (P450c2 1)
001 CH2 0H
I
0 11 ß-Hydroxylase (P450c11)
C=O [}] Aldosteronsynthase,
besitzt drei Aktivitäten:
11 ß-Hydroxylase, 18-Hydroxylase,
18-0xidase
P450c1 7, besitzt zwei Aktivitäten:
@§] a) 17a-Hydroxylase
b) 17, 20-LyasefDesmolase
Kortikosteron ITJ Su lfokinase
ITJ1 0 CH20H

oc(?S
'' I

Aldosteron
Zona glomerulosa Zona fasciculata
Abb . 4.2 Übersicht über die Steroidhormonsynthesen in der Nebennierenrinde. jeder der 3 Nebenni ere nschi chte n besitzt zu r Synthese der
verschi edenen Steroidhormon gruppen eine untersc hi edl iche Enzymausstattung.

Wirkdauer und Inaktivierung wegen einer Reihe hoch ak tiver Enzyme e ine sehr kurze Halb-
Die Plasmahalbwertszeit g ibt an, nach welcher Zeit 50 % der wertszeit von nur 5-15 Minuten.
Hormonmenge aus dem Plasma elimin iert ist. Lipophile Hor- Die Inaktivierung der Hormone erfolgt meist entweder di -
mone (S teroidhormone, Schilddrüsenhormone) sind durch ihre rekt im Erfo lgso rga n oder in der Leber. Pe ptidhormone werd en
hoh e Plasmaeiweißbindung vor einem sc hn e llen Abbau ge- durch Proteolyse in Aminosä ure n gespa lten , di e dann im Stoff-
sc hützt, ihre Halbwertszei t ist dah er deutlich höh er (S tund e n wechsel we iterver wend et we rd en. Stereidhormone werde n
bi s Tage) als die der hydrophilen Hormone (Pe ptidhormone : du rc h Hydrie rung der Doppelbindung in de n He patozyte n in-
Minuten bis Stunden , Katecholamine: Sekunden). Insulin hat a ktiviert. Ansc hli eße nd werd en siez. B. mi t Gluku ronsäure und
Sulfat ve res ter t und dami t wasse rl ösliche r. sodass sie über di e
4.2 Hypothalamus- und Hypophysenhormone 51

Galle oder mit dem Urin ausgeschieden werden können. Schild- Releasing-Hormone (Liberine) fördern di e Ausschüttung
drüsenhormone werden zunäch st deiodiert und dann ebenfalls des entsprechenden glandotropen Hormon s. z. B. CRH (Corti-
sulfatiert oder glukuronidiert. Katecholamine werden durch cotropin-Releasing-Hormon), TRH (Thyreotropin-Releasing-
Desaminierung und Methylierung inaktiviert. Hormon) oder GnRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon), lnhibi-
ting-Hormone (Statine) hemmen sie.
APROPOS
Als Ursache ein er überschieße nden oder ma nge lnd en Horm onproduktion
kann ein e prim äre oder eine sekundäre Störung vo rli egen . .,. Rostraler Hypothalamus. Im rostralen Hypothalamus synthe-
Bei primären Störungen ist di e periph ere Horm ondrü se se lbst betroffen tisieren neurosekretorische Zellen des Ncl. supraopticus und
und produziert zu viel (z. B. NNR-Ad enom) oder zu we nig (z. B. nach hämor- Ncl . paraventricularis Antidiuretisches Hormon (ADH, Adiu-
rh agischer lnfarzierun g beider Nebennieren) Hormon e. Di e gla nd otropen
retin, Vasopressin) und Oxytocin. ADH und Oxytocin sind sich
Horm one und Releasing-Horrn one sind aufgrundd er Rü ckkopplung durch
die jewe ili ge n Horm onspiege l entsprechend supprimiert oder erh öht. strukturell sehr ähnlich : Sie bestehen beide aus 9 Aminosäuren
Bei sekundären Störungen ist der Überschuss bzw. Mangel an Effekto rh o r- mit jeweils 2 Cysteinmolekülen, die eine Disulfidbrücke bilden.
mon auf ei ne gest örte Stimul ation der periph eren Horm ondrü se zurü ckzu- Trotz ihrer Ähnlichkeit kann eine Zelle aber jeweils nur entwe-
führen. daher sind sowohl di e Konzent ration des Effektorh ormons als auch der ADH oder Oxytocin synthetisieren. In beiden Kern gebieten
die des gland otropen Horm ons veränd ert.
des Hypothalamus findet man jedoch beide Zell typen . Sie ge-
Zwisc hen prim ären und se kundären Ursachen lässt sich durch einen Sti-
mul ationsversuch mit den entsprechenden glandotropen Horm onen oder
langen über axonalen Transport in die Neurohypophyse (Hypo-
Releasing-Horm one un te rscheiden. Bei se kundären Ursachen ste ig t di e physenhinterlappen).
Kon zent ration des Effektorh orm ons nac h exogener Zufuhr des Tropin s an.
be i primären Störung en bl eibt sie unve ränd ert ni edrig.
4.2.2 Hormone der Hypophyse
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Die Hypophyse besteht aus der Adenohypophyse (Hypophysen-
.,. Insulin hat mit 5-15 Minuten eine kurze Halbwertszeit. vorderlappen) und der Neurohypophyse (Hypophysenhinter-
lappen).

4.2 Hypothalamus- und .,. Adenohypophyse. Die Adenohypophyse (Hypophysenvorder-


lappen, HVL) bildet unter dem Einfluss der hypothalami sehen
Hypophysenhormone Releasing- und Inhibiting-Hormone glandotrope Hormone
4.2.1 Hormone des Hypothalamus (Tropine), die über das Blut zu den endokrinen Drüsen gelangen
(; Zielorgan) und dort die Freisetzung von effektarischen Hor-
Der Hypothalamus verarbeitet die Signale aus den übergeord- monen steuern (Tab. 4.1). Dazu ge hören z. B. ACTH (Adrenocor-
neten Zentren und schickt die entsprechenden Befehle an neu - ticotropesHormon), TSH (Thyroidea -stimulierendes Hormon)
rosekretorische Zellen im medialen und rostralen Hypothala- und FSH (follikelstimulierendes Hormon).
mus :
.,. Neurohypophyse. Die aus dem Hypothalamus sta mmenden
... Medialer Hypothalamus. Im medialen Hypothalamus pro- Hormone ADH und Oxytocin gelangen über axonalen Trans-
duzieren neurosekretorische Zellen Releasing- und lnhibiting- port in die Neurohypophyse (Hypophysenhinterlappen, HHL).
Hormone, die über die Axone der Neurone zum Hypophysen- Dort werden sie in den axoterminalen Strukturen gespeichert
stiel (lnfundibulum) transportiert werden. Dort gelangen die (vergleichbar mit Neurotransmittern in synaptischen Vesikeln).
Hormone in die Portalgefäße. die sich im Bereich des Hypo- Ein Aktionspotenzial der Nervenzelle führt zur Freisetzung der
physenvorderlappens zu einem zweiten Kapillarsystem auf- Hormone ins Blut. ADH und Oxytocin sind effektarische Hor-
zweigen (Pfortadersystem). In der Adenohypophyse werden die mone. Bei der Regulation des ADH- und Oxytocin-Systems gibt
Hormone durch das gefensterte Endothel aufgenommen und es also weder Releasing- noch glandotrope Hormone, sondern
beeinflussen dort die Bildung der gla ndotropen und nicht glan - ADH und Oxytozin wirken direkt auf periphere Organe.
dotropen Hormone.

Tab. 4.1 Hypothalamus- und Hypophysenhormone (nach Silbernagi/Despopoulos)

Abkürzung Name Wirkung


Hypothalamus (Releasing-Hormone, Liberine)
TRH Thyreotropin-Releasing-Horm on, Thyroliberin förd ert die Freisetzu ng von :
- Thyreotrop in (TSH)
- Prolactin (Pr!)
- Somatotropin (STH GH)
CRH Corticotrop in-Releasing-Horm on, Corti coliberin förd ert die Freiset zu ng von :
- Corticotropin (ACTH , Vorstufe: POM C)
GnRH Go nadotropin-Releasing-H ormon, Gonadoliberin förd ert di e Freisetzung von :
- Luteotropin (LH)
- Follikotropin (FSH)
GHRH Growth-Horm one-Releasing-Hormon, So matoliberin förd ert die Freisetzung von:
- So matotro pin (STH GH)
52 4 Hormone

Tab. 4.1 Fortsetzung

Abkürzung Name Wirkung

Hypothalamus {lnhibiting-Hormone, Statine)


GHIH, SIH Somatostatin, Growth-Hormone-lnhibiting-Hormon hemmt die Freisetzung von:
(GHIH) - Somatotropin (STH GH)
- Thyreotropin (TSH)
PIH Dopamin, Prolactin-lnhibiting-Hormon hemmt die Freisetzung von:
- Prolactin (Prl)
Adenohypophyse (Giandotrope Hormone, Tropine)
ACTH Adrenocorticotropes Hormon, Corticotropin wirkt auf:
- Nebenniere (Kortikoide, insbesondere Glukokortikoide)
TSH Thyroidea-stimulierendes Hormon, Thyreotropin wirkt auf:
- Schilddrüse (T 3 und T4 , Iodaufnahme und Schilddrüsen-
wachstum)
FSH follikelstimulierendes Hormon, Follikotropin wirkt auf:
- Ovar (Follikelreifung, Östrogenfreisetzung)
- Hoden (Spermatogenese)
LH Luteinisierendes Hormon, Luteotropin wirkt auf:
- Ovar (Ovulation, Progesteronfreisetzung)
- Hoden (Testosteronfreisetzung)
MSH Melanozytenstimulierendes Hormon, Melanotropin wirkt auf:
- Pigmentbildung in den Melanozyten
effektarische Hormone des Hypohysenvorderlappens
Pr I Prolaktin bewirkt:
- Milchbildung (Brustdrüse)
- Hemmung der GnRH-Freisetzung
STH GH) Somatotropin, Growth Hormon bewirkt:
- Körperwachstum
- Blutzucker t
- lipolyse t
- Freisetzung von lnsulin-like growth factor (IGF-1)
effektarische Hormone des Hypohysenhinterlappens
ADH Antidiuretisches Hormon , Adiuretin, Vasopressin wirkt auf:
- Niere (Antidiurese)
Oxytocin wirkt auf:
- Uterus
- Brustdrüse

• ADH (Adiuretin, Vasopressin) induziert den Einbau von Die Nebenniere besteht aus funktionell weitgehend unabhän-
Aquaporinen in die Sammelrohrwand und bewirkt so eine gigen Teilen: der Nebennierenrinde (NNR) und dem Nebennie-
vermehrte Wasserrückresorption (s. S. 46). renmark (NNM).
• Oxytocin (s.S. 72) steigert die Uteruskontraktiliät (Wehen) Die Nebennierenrinde lässt sich histologisch und funktio-
und löst Kontraktionen der myoepithelialen Zellen der nell von außen nach innen in 3 Schichten gliedern:
Milchdrüsen aus (Milchejektion). • Die Zona glomerulosa produziert Mineralokortikoide (v. a.
Aldosteron), die der Regulation des Elektrolyt- und Wasser-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X haushalts und des Blutdrucks dienen.
Somatostatin (SIH) hemmt die Freisetzung von Thyreotropin • In der Zona fasciculata werden Glukokortikoide (v. a. Korti-
(TSH). sol) gebildet. die Einfluss auf fast alle Stoffwechselvorgänge
Dopamin ist der bedeutsamste Hemmer der hypophysären haben und v.a. der Energiebereitstellung in Stresssituatio-
Sekretion von Prolactin. nen dienen.
• Die Zona reticularis setz t Androgene (v.a. Dehydroepiand-
rosteron und Androstendion) frei, sie sind Vorstufe für die
4.3 Hormone der Nebennierenrinde Synthese von Testosteron und Östrogenen (s. S. 65).
Im Nebennierenmark sind der vorherrschende Zelltyp die
! chromaffinen Zellen. Diese modifizierten Ganglienzellen pro-
Zielorgan der Mineralokortikoid e ist die Niere. Diese Überschnei- du zieren die Amine Adrenalin und Noradrenalin. Sie werden
dung können Sie zum themenübergreifenden Lernen nutzen bei Stresssituationen in s Blut fi·eigesetzt. Für Adrenalin ist das
(Kapitel Niere, s. 5. 29). NNM die wichti gste Quelle, Norad renalin wird zusätzlich in
4.3 Hormone der Nebennierenrinde 53

postganglionären sympathischen Neuronen gebildet, wo es als ehe, Polyurie und -dipsie, EKG-Veränderungen und einer meta-
Transmitter wirkt. bolischen Alkalose mit Parästhesien. Ein primärer Hyperaldos-
teronismus (Conn-Syndrom) l<ann z. B. durch einen Aldosteron
produzierenden Tumor in der Nebennierenrinde (NNR-Adenom)
4.3.1 Mineralokortikoide
verursacht sein. Eine anhaltend starke Stimulation der NNR, z.B.
Das in der Zona glomerulosa produzierte Mineralkortikoid durch Überstimulation des RAAS bei Nierenarterienstenose,
Aldosteron ist das wichtigste Hormon für die Regulation des führt zu einem sekundären Hyperaldosteronismus.
Na• -und 1<+-Haushaltes (S. 44). Zielorgan von Aldosteron ist
hauptsächlich die Niere, wo es die Na•-Rückresorption und die
I LERNTIPP !
K•- und W-Sekretion steigert. Dem Na • folgend wird vermehrt Was bei einem Hormonmangel bzw. -Übe rschuss passiert, ist
CI- und Wasser resorbiert, was eine Zunahme des Extrazellu- klinisch wichtig. Besonders Conn-Syndrom , Cushing-Syndrom,
lärvolumens und einen Anstieg des Blutdrucks zur Folge hat. Morbus Addison sind wichtige IM PP-Themen . Es gibt zahlreiche
Mineralokortikoide spielen damit eine wi c htige Rolle bei der Fragen zu den Befunden beim Hyperaldosteronismus. Hyper-
Regulation des Elektrolyt- und Wasserhaushalts und damit des und Hypokortisolismus.
Blutdrucks. Zusätzlich zur Niere wird auch im Magen- Darm-
Trakt und in den Schweißdrüsen die Na• -Resorption unter Al - FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
dosteron - Einfluss gesteigert.
Angiotensin II stimuiert die Aldosteron-Freisetzung.
Die Aldosteron-Freisetzung wird in erster Linie über das
Bei Hyperaldosteronismus kommt es zur Hypokaliämie
Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) in Abhängigkeit
(Normalwert K•-Konzentration: 4,5 mmol/1).
von der Plasmaosmolalität und dem Blutdruck reguliert (s.S.
45 ). Ein wichtiger Stimulus an den Zellen der Zona glomerulosa
ist Angiotensin II. Außerdem beeinflussen die Na•- und K•-Kon-
4.3.2 Glukokortikoide
zentrationen im Plasma die Zellen direkt:
• Eine niedrige Na•- (Hyponatriämie, < Normalwert Die vorwiegend in der Zona fasciculata, aber auch in der Zona
145mmol/l ) und hohe !(•-Konzentration (Hyperkaliämie. > reticularis gebildeten Glukokortikoide (Kortisol, Kortison. Kor-
Normalwert: 4.5 mmol/1) steigern die Aldosteron-Synthese. tikosteron) beeinflussen zahlreiche Stoffwechselprozesse, die
• Eine hohe Na•- und niedrige 1<+-Konzentration hemmen die der Energiebereitstellung in Stresssituationen dienen. In Ruhe
Al dos tero n-Sy nthese. haben sie einen Einfluss auf das Immunsystem.
Auch der pH-Wert spielt eine, wenn auch nur untergeordnete Das biologisch wirksamere Glukokortikoid ist Kortisol,
Rolle: es macht 85 % der gesamten Glukokortikoidaktivität aus.
• Bei Azidose wird vermehrt Aldosteron ausgeschüttet. Korti sol wird enzymatisch durch die llß-Hydroxysteroid-
• Bei Alkalose wird vermindert Aldosteron ausgeschüttet. Dehydrogenase 2 in das biologisch inaktivere Kortison um-
Das hypophysäre ACTH , das die Zona fasciculata zur Produktion gewandelt (Abb. 4.3). Die umgekehrte Reaktion - die Bil-
von Glukokortikoiden anregt, hat auch eine schwache stimulie- dung von Kortisol aus Kortison - wird von der NADPH-ab-
rende Wirkung auf die Aldosteronproduktion, allerdings in sehr hängigen 11 ß-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 1 katalysiert.
viel geringerem Ausmaß als auf die Kortisolfreisetzung. Die beiden Enzyme werden gewebsspezifisch exprimiert.
Bei einer übermäßigen Aldosteronproduktion (Hyperaldos- llß-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 1 wird v.a. in Haut, Leber,
teronismus) kommt es aufgrund der verstärkten Ausscheidung Fettgewebe und ZNS gebildet. während die llß- Hydroxysteroid-
von 1<+ zu einer Hypokaliämie, aufgrund der verstärkten Na•- Dehydrogenase 2 in der Niere in hohen Konzentrationen vor-
Rückresorption. der Wasser nachfolgt, zu einer Zunahme der kommt. Kortisol hat eine hohe Affinität zum Aldosteronrezep-
Extrazellulärflüssigkeit und dadurch zu einer Blutdrucksteige- tor, während Kortison nur schlecht bindet. Die Umwandlung
rung. Die Hypernatriämie bedeutet einen Anstieg der Blutos- de s im Blut zirkulierenden Kortisols in der Niere zum Kortison
molarität, sodass es über die Osmorezeptoren im Hypothalamus verhindert die falsche Besetzung der Aldosteronrezeptoren.
zu einer vermehrten Sekretion des antidiuretischen Hormons Al s lipophile Steroidhormone wi rken Glukokortikoide über
(ADH) kommt. ADH sorgt für eine weitere Zunahme der Wasser- intra zelluläre li gandenaktivierte Transkriptionsfaktoren . Der
resorption in der Niere und damit einer weiteren Steigerung des Transkriptionsfaktor- Hormon-Komplex bindet an zelluläre
Flüssigkeits- und Blutvolumens und Blutdrucks. Häufig leiden DNA und beeinflu sst die Transkription spezifischer Gene. Dabei
die Patienten unter Kopfschmerzen, Obstipation, Muskelschwä- ist die Spezifität der Rezeptoren nicht absolut, sodass Glukokor-

Abb. 4.3 lnterkonvertierung von Glukokortiko-


iden.
1111-Dehydrogenase 2
(11fi-HSD 2)

1111-Dehyd rogenase 1
(llll-HSD 1)

0 0

biologisch aktive 11-Hydroxysteroide biologisch inaktive 11-Ketosteroide


- Kortisol - Kortiso n
- Kortikosteron - 11 -Dehydrokortikosteron
54 4 Hormone

tikoide eine leichte mineralokortikoide Wirkungen und umge-


kehrt haben.
Corticoliberin
(CRH) ....- - - - -......
Wirkungen
Da alle Körperzellen Glukokortikoidrezeptoren besitzen, hängt
die Wirkung von der jeweiligen Funktion der Zelle ab und die
Wirkungen der Glukokortikoide sind entsprechend vielfältig.
Sie spielen insbesondere für den Stoffwechsel eine zentrale Rol-
le:
• Anstieg des Blutzuckerspiegels durch vermehrte Glukoneo-
genese und Senkung des Glukoseverbrauchs in der Periphe-
rie.
• Steigerung der lipolyse. Die Konzentration der Fettsäuren .
die z. T. in Ketonkörper umgewandelt werden. steigt.
• Katabole Wirkung auf den Proreinstoffwechsel besonders
auf die Muskulatur mit negat iver Stic kstoffbi lanz (die dabei
anfallenden Aminosäuren werden zum großen Teil zur Glu-
koneogenese verwendet). Bei hohen Glulwkortikoidkonzent-
rationen kann der Proteinkatabolismus zur Muskelschwäche
fü hren. Ebenso werden Fibroblasten und die Kollagensyn-
these im Fibroblasten gehemmt.
• Mineralokortikoide Wirkung: Na •- Retention und K•- und W -
Sekretion führen zum Blutdruckanstieg.
• Abbau von Knochensubstanz
• Sensibilisierung verschiedener Organe (z. B. Herz und Ge-
fäße etc.) für die Wirkung der Katecholamine (Vasoko nst-
Abb. 4.4 Regelkreis der Kortisolfreisetzung.
riktion, Blutdrucksteigerung), z. B. durch Stimulierung der
Rezeptorbildung.
• Glukokortiko ide hemmen Immunprozesse wie z. B. die Bil- Die Freisetzung von Kortisol unterliegt einer ausgeprägten zir-
dung von Lymphozyten und eosinophilen und basophilen kadianen Rhythmik . Sie folgt der pulsatilen Freisetzung des
Granulozyten. Sie stimulieren die Bildung von neutrophilen CRH . die in den frühen Morgenstunden am intensivsten ist. Da-
Granulozyten und bewirken eine verminderte Zytokinfrei- her ist auch der Kortisolspiegel am frü hen Morgen am höchs-
setzu ng, bei längerer Anwendung wird auch die Antikörper- ten, er sinkt bis Mitternacht wieder auf etwa ein Viertel ab. Zu
bildung herabgesetzt. Dieser Effekt wird zur Unterdrückung diesem Tag-Nacht- Rhyrhmus kommt die bedarfsangepasste
unerwünschter Immunreaktionen (z. B. Verhindern einer Freisetzung, dabei ist der stärkste Stimulus für die Kortisol -
Abstoßung nach Transplantation, bei Asthma bronchiale, ausschüttung körperliche oder psychische Belastung (.. Stress"),
chronisch-entzünd lich en Darmerkrankungen) genutzt. durch den die Sekretion auf das lOfache geste igert werden
• Beeinfluss ung des ZNS mit Steigerung der Erregbarkeit ge- kann.
genüber senso ris chen Reizen, euphorisierende oder auch de-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
pressionsauslösende Wirkung, Senku ng der l<rampfschwelle.
• Stimulierung der Säuresekretion im Magen. Stress und eine .. Glukokortiko id e führe n zu ei nem Anstieg des Blutzuckerspie-
exogene Kortisonzufuhr begünstigen die Entstehung von gels.
Magengeschwüren. .. Sie wirken am Knochen katabol.
.. Sie führen zu eine r Sensibilisierung der Organe für Katecho-
Regulation der Glukokortikoidsekretion lamine.
Das aus dem Hypothalamus stammende CRH (Corticotropin- .. Sie hemmen die lymphozytenbildung.
Releasing- Hormon) stimuliert in der Hypophyse die Ausschüt- .. POMC (Proopiome lanocorticotropin) ist Vorläuferpeptid u. a.
tung von ACTH (Adrenocorticotropes Hormon). Allerdings wird auch für ß-Endorphin .
ACTH nicht direkt synthetisiert. so ndern ist Bestandteil eines .. Kortisol he mmt über ei ne negative Rückkopplung di e Frei·
Vorläuferproteins. dem sog. POMC (Proo pio mel anocort icotro- setzun g von ACTH .
pin). POMC wird posttranslational durch Proteasen in mehrere .. De r Kortisolspiegel ist morgens hö her als nacht s (zirkadiane
Peptide gespa lten. Dabei e nt ste he n: ß-Endorphin ( .. Opio"), a- Rhythmik) .
und y-MSH (.,Melano"), ACTH ("Cort ico") und y- LPH (lipotropes
Hormon ). Eine stark vermehrte ACTH-Sekretion geht daher mit
einer vermehrten Sekretion auch der anderen hormonal wir- Hyper- und Hypokortisolismus
kenden Peptide e inh er, insbesondere ß-Endorphin und cx- MSH .. Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom). Die Symptome eines
(Melanozyten- stimulierendes Hormon ). Letzteres führt z. B. Hyperkorti so li smus (Cushin g-Sy ndrom ) sind aufg rund der un -
beim Morbu s Addi son zu verstärkter Pigmentierung der Haut. terschiedlichen Glu cokortikoideffekte vielfältig.
ACTH wirkt auf die Zona fasciculata der Nebenniere nrinde • Die gesteigerte Gluconeogenese begünstigt eine diabeti-
und reg t dort die Ausschüttung von Kortisol an. Übe r negative sche Stoffwechsellage mit erhöhtem Blutg lukosespiegel
Rückkopplung hemmt J<ortiso l di e Synthese und Freisetzung ("Steroiddiabetes" ).
von ACTH (Abb. 4.4).
4.4 Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T 3) 55

• Durch die Umverteilung des Fet tgewebes entw icke ln s ich FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
eine Stammfettsucht, Stiernacken und Vollmondgesicht.
• Symptome beim Cushing-Syndrom (Hyperko rtisoli smus) sind
• Gleichzeitig sind die Extremitäten auffallend dünn, was
u.a. erhöhte Blutglukosewerte und eine arterielle Hyperto-
durch den Muskelschwund (Proteinkatabolismus!) verstärkt
nie.
wird.
• Bei ein er NNR-Insuffizienz ist die ACTH-Produktion gestei-
• An der Haut s ieht man neben einer Atrophie Striae distensae
gert, da die negative Rückkopplung durch das Kortiso l fehlt.
und Purpura.
• Als weiteres Produkt fällt bei der gesteigerten ACTH-
• Die Immunabwehr ist herabgesetzt.
Synthese vermehrt MSH an. Die Folge davon ist eine
• Die Wirkung auf das ZNS kann zu einem endokrinen Psycho-
verstärkte Pigmentierung von Haut und Sch leimhaut.
syndrom führen.
• Ein 21-Hydroxy la se-Mangel führt über e ine vermehrte Andro-
Kortisol hat eine leichte mineralokortikoide Wirkung, sodass
gensekretion aus der NNR zur Virilisierung des weib li chen
sich Symptome wie beim Hyperaldosteronismus (s. o.) ausbil-
Geschl echts.
den: Hypokaliämie und Hypern atriämie, wa s eine Hypervolä-
mie nach sich zieht. Der Blutdruck ist erhöht (arterielle Hyper-
tonie) und ebenso ka nn durch die verstärkte H+-Ausscheidung
4.3.3 Androgene
in den Nieren eine Alkalose auftreten.
Als endogene Ursachen für e in Cus hing-Syndrom kommen Beim Mann findet die Androgenproduktion v. a. in den Leydig-
Störungen der Nebennierenrinde (z. B. NNR-Adenom) oder er- Zellen des Hodens statt. Die Androgenproduktion in der Neben-
höhte ACTH- oder CRH-Sekretion (z. B. ektope ACTH-Sekretion nierenrinde spielt nur bei Frauen eine nennenswerte Rolle. In
bei kleinze lligem Bronchialkarzinom) infrage. Weitaus häufi - der Zona reticularis wird vorwiegend Dehydroepiandrosteron
ger ist jedoch das exogene, iatrogene Cushing-Syndrom durch (DHEA) und Androstendion synthetisiert (Ab b. 4.2). Die relativ
Langzeitbehandlung mit Steraiden (z. B. zur Immunsuppression schwach wirksamen männlichen Sexualsteroide dienen v. a. als
nach Transplantation oder bei Autoimmunkrankheiten ). Dabei Vo rs tufen, sie werden peripher in Testosteron, Dihydrotestoste-
kann eine langdauernde exogene Kortisolzufuhr zu einer Atro- ron oder Östrogene umgewandelt. Weitere Info rmationen s. Ka-
phie der Nebennierenrinde führen . pitel Sex ualentwicklung und Reproduktionsphysiologie S. 64.

.. Hypokortisolismus. Ein Mangel an Glukokortikoiden ma ni- FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
festiert sich mit Hypotonie, Schwäche und rascher Ermüdung, • Beim Mann wi rd Testosteron hauptsächlich von de n leydig-
Adynamie, Gewichtsverlust. Auch beim Hypokortisolimus un- Zellen des Hodens sezerniert.
terscheidet man zwische n primären (NNR-Insuffizienz) und
sek undären (Insuffizienz von Adenohypophyse ode r Hypotha -
lamus) Störungen, die man bereits klini sch unterscheiden kann .
Eine NNR-Insuffizienz (Morbus Addison) ist durch den 4.4 Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4 )
Mangel an Glukokortikoiden und Mineralkortikoiden (Aldos- und Triiodthyronin (T3 )
teron ) ge prägt. Da Aldosteron die Rückresorption von Na+ und
die Sekretion von K+ und W fördert, finden sich beim Mangel Die Schi ldd 1·üsen hormone spielen eine wichtige Rolle für die
eine Hyponatriämie e inhergehend mit Flüssigkeitsmangel und körperliche und ge istige Entwicklung (insbeso ndere im Emb-
erniedrigtem Blutdruck. eine Hyperl<aliämie und eine meta- ryonalstadium und der frühen Kindheit). Sie passe n die Stoff-
bolische Azidose. Wegen der feh lenden negativen Kortisoi - wechselaktivität den physiologischen Erforderni ssen an und
Rückkopplung ist die ACTH-Produktion deutlich gesteigert. regulieren den Energieumsatz und die Lei stungsfähi gkeit.
Als Nebenprodukt fällt bei der ACTH -Synthese (Vorstufe POMC) Die Schi lddrü senfollikel sind Synthese- und Speicherort für
immer auch MSH (- Melanozyten-stimulierendes Hormon) an, die Hormone Thyroxin (T4 ) und Triiodthyronin (T 3 ) . Sowohl die
die Haut und Schleimhäute s ind dadurch stark pigmentiert. Im Synthese a ls auch die Abgabe der Schi ld drüsenhormone ste-
Gegen satz dazu ist die Haut bei einer Hypophyseninsuffizienz hen unter ständiger Kontrolle durch Hypothalamus (TRH) und
durch den MSH - Mangel blass und pigmentlos. Hypophyse (TSH). Zwischen den Follikeln loka lisierte C-Zellen
Ursache e ines Kortisolmangel s l<ann ein ange borener 21 - Hy- produzieren Kalzitonin. das an der Reg ulation des Ca lcium-
roxylase-Mangel sein. Die durch den Kortisolmangel verstärkte Hau shalts beteiligt ist.
ACTH-Synthese hat eine vermehrte Sekretion von Androgenen
aus der NNR zur Folge. Beim weiblichen Gesch le cht kommt es
deswegen zur Virilisierung (adrenogenita les Sy ndrom). 4.4.1 Bildung und Regulation
der Schilddrüsenhormone
!
Zur Hautpigm entierung wird gerne differe nziert gefragt: Die Regelkreis
vermehrte Hautpigmentie rung kommt nur be i primärer Neben- Der Regelkreis der Schilddrüsenhor mone stellt den Prototyp
niereninsuffizienz (Morbus Addison) vor. bei ei ne r sekundären eines neuroendokrinen Regelkreises dar. Im Hypothalamus
Nebe nniere ninsuffizienz (z. B. in folg e einer Hypo physe nin suffi- wird da s Tripeptid TRH (Thyreotropin Releasing-Hormon) pro-
zienz) nicht , da in di ese m Fall nicht genügend ACTH und dann duziert. TRH fördert in der Adenohypophyse die Ausschüttung
nat ürlich auch kaum MSH produzie rt wird. von TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon = Thyreotro-
pin ). da s wiederum die Bildung und Frei setzung d er Schi ld -
drü se nhormone T3 (Triiodthyronin ) und T4 (Thyroxin) sowie
da s Wach stum der Schi ld drüse stimuliert. Ein e mangelnde
56 4 Hormone

der Synthese der Schilddrüsenhormone mit oxidiertem Iodid


reagieren. Pro Tag sind dazu etwa 150pg Iod notwendig. Die
Iodid -Ionen werden basolateral an der dem Blut zugewandten
Membran über einen sekundär-aktiven Na+W-Kotransport in
die Follikelepithelzellen transportiert (Abb. 4.7b). Ihr Weiter-
weg in das Follikellumen wird passiv durch einen speziellen 1·1
Cl --Kanal in der apikalen Membran ermöglicht. Die Oxidation
des Iodids wird durch eine NADPH-Oxidase, die lodierung der
Tyrosinreste zu Mono- bzw. Diiodtyrosylresten durch die Thy-
reoperoxidase katalysiert. Die iodierten Tyrosylreste werden
anschließend ebenfalls durch die Thyreoperoxidase auf ande-
re Diiodtyrosylres te übertragen. sodass proteingebundene Tri-
und Tetraiodthyronylreste entstehen. Die Schilddrüsenhormo-
ne 3,3',5-Triiodthyronin (T 3 ) und 3,3',5,5'-Tetraiodthyronin (T4 =
Thyroxin) sind also Tyrosinderivate (Abb. 4.6).
Unter dem Einfluss von TSH wird Thyreoglobulin durch En-
dozytose wieder in die Follikelepithelzellen aufgenommen und
in Lysosomen mithilfe von Proteasen vollständig hydrolysiert.
Bei den dabei freigesetzten Schilddrüsenhormonen handelt es
Triiodthyronln (T 3 ) sich hauptsächlich um T4 (ca. 90 %) und nur zu einem geringen
Anteil um T 3 (ca. 10 %). Eine geringe Menge T4 wird noch in der
Abb. 4.5 Regelkreis der Schilddrüsenhormone. Schilddrüse zu T 3 umgewandelt.
Die wasserunlöslichen Schilddrüsenhormone werden zu
TSH-Ausschüttung (zentrale Hypothyreose) hat daher eine über 99 %an Trägerproteine gebunden im Blut transportiert. Im
erniedrigte T3-Piasmakonzentration zur Folge. Die Schilddrü- Blut liegt nur ein sehr kleiner Teil (< 0,3 %) der Schilddrüsenhor-
sen hormone wirken ihrerseits durch negative Rückkopplun g mone in freier, biologisch aktiver Form vor. Der größte Teil ist
hemmend auf Hypothalamus und Hypophyse und halten so den an Albumin, thyroxinbindendes Präalbumin und v.a. thyroxin-
Hormonspiegel konstant (Abb. 4.5). Kann die Schilddrüse z. B. bindendes Globulin (TBG) gebunden, das in der Leber gebildet
bei Iodmangel nur noch geringe Hormonmengen bilden, s inkt wird.
der Plasmaspiegel und entsprechend werden Hypothalamus
und Hypophyse stimuliert. Die exogene Zufuhr von Thyroxin
I LERNTIPP !
führt über den Regelkreis zu einer Hemmung der TRH- bzw. Achtung: TBG nicht mit Thyreoglobulin verwechseln- Thyre-
TSH-Ausschüttung. Äußere Einflüsse wie Stress und länger oglobulin ist die Speicherform in der Schilddrüse, TBG ist die
anhaltende Kälte wirken stimulierend auf die TRH - Bildung im Transportform im Blut!
Hypothalamus.
ln der Peripherie sorgen gewebsspezifische Enzyme für die De-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X iodierung von T4 zu T3 . Neben aktivem Triiodthyronin T 3 kann
"' Bei zentraler Hypothyreose ist der TSH-Spiegel vermindert. durch Deiodierung am Phenol- statt am Tyrosinring auch sog.
"'Eine exogene T3 -Zufuhr hemmt die TSH-Ausschüttung. reverses T3 entstehen, das biologisch inaktiv und als Abbaupro-
dukt aufzufassen ist.

Hormonsynthese FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X


Schilddrüsengewebe besteht aus Follikeln. die von einschichti- Di e Follikelzellen der Sc hilddrü se nehmen Iodid an ihrer ba so-
ge m Epithel umgeben sind (Abb. 4.7 a). Deren Epithelzellen, ge- lateralen Seite über einen sekundär aktiven Cotransport auf.
nauer gesagt die Außen se ite ihrer luminalen Plasmamembran, Die Schilddrüse bildet nicht thyroxinbindendes Globulin, es
sind der Syntheseort der Schilddrüsenhormone. Diese werden handelt sich dab ei um das in de r Leber sy nth eti sie rte Trans-
im Follikellumen bi s zu ihrer Freisetzung proteingeb und en als portprotein für die Schilddrüsenhormon e im Blut!
Kolloid ges peichert. Bei dem Protein handelt es sich um Thy- Extrathyreoidales T3 entsteht hauptsäc hlich durch die Deio-
reoglobulin. dem Au sgangss toff für die Schilddrüsenhormon- dierung von T4 -
sy nthese. Es wird in der Schilddrüse geb ild et und ins Follikel-
lumen seze rniert. Es enthält zahlreiche Tyrosinreste. die bei

Abb. 4.6 Struktur der Schilddrüsenhormone.

Triiodthyronin (T3 )

Thyroxin (T4 )
4.4 Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4 ) und Triiodthyronin (T3 ) 57

Follikellumen

Nafi-
Symporter NADPH +W

NADP'

Thyreo-
peroxi-
dase
(Häm-
Enzym)

b
TC= Thyreoglobulin
Abb. 4.7 Biosynthese der Schilddrüsenhormone. a Schilddrüsenfollikel mit Kolloid. b Einzelschritte der Schilddrüsenhormonsynthese.

4.4.2 Wirkung der Schilddrüsenhormone dingt und führtunbehandelt innerhalb kurzer Zeit zu massiver
und irreversibler Beeinträchtigung der Intelligenz und zu ver-
Schilddrüsenhormone vermitteln ihre Wirkung v.a. über die in- zögertem und vermindertem Wachstum (Kretinismus).
trazelluläre Bindung an ligandenaktivierte Transkriptionsfak- Bei der erworbenen primären Hypothyreose fallen die Pa-
toren. Als nicht genornisehe Wirkungen beeinflussen sie ver- tienten v. a. dureil Antriebslosigkeit. kalte. trockene. schuppige
schiedene zelluläre Transportvorgänge und Kinasen. Nahezu Haut, Obstipation und Gewichtszunahme sowie schnelle Er-
alle Zellen verfügen über entsprechende Rezeptoren. Unter dem müdbarkeit auf. Die Unterfunktion der Schilddrüse ist häufig
Einfluss von T3 und T4 stehen za hlreiche Wachstums- und Diffe- durch Iodmangel verursacht. Bei Iodmangel kann die Schild-
renzierungvorgänge. Beim Knochenwachstum stimulieren sie drüse nicht mehr genügend Hormone herstellen. Der zu nied-
Osteoblasten und Osteoklasten, das Längenwach stum wird sti - rige Hormonspiegel stimuliert Hypothalamus und Hypophyse.
muliert (z.T über Steigerung der Somatotropm-Ausschüttung). Die Hypophyse produziert daraufhin vermehrt TSH, was die
Bei der Gehirnentwicklung fördern sie die Ausbildung der Axo- Schilddrüse zum Wachstum a nregt, aber nicht zu einer ver-
ne. Dendriten und Myelinscheiden. mehrten Hormonbildung führt. Es kommt neben den genann-
Schilddrüsenhormone regulieren in Anpassung an physiolo- ten Symptomen einer Hyperthyreose längerfristig zu einer Ver-
Anforderungen zahlreiche Stoffwechselprozesse. Dabei g röß erung der Schilddrüse (Kropfbildung).
werden teilweise anabole und katabole Stoffwechselreaktionen
gleichermaßen gefördert, mit dem Effekt, dass der Energiever- FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
lust durch die katabolen Reaktionen durch die anabolen gleich Eine vergrößerte Schilddrüse kann Hinweis auf ein en
wieder ausgeglichen wird . Es kommt zu: Jodmangel sei n.
• Steigerung des Intermediärstoffwec hsels mit Zunahme des Symptome einer primären Hypothyreose sind u. a. eine
intra zellulären ATP-Verbrauchs und erhöhtem Energieum- verminderte Leistungsfähig ke it, Obstipation und ein erhöhter
satz (insbesondere Grundumsatz). Die Aktivität der Na+jJ<+- TSH-Spiegel.
ATPase ist dabei gesteigert,
• gesteigerter Lipogenese, Glykogensynthese. Glukoneogene-
se, Hyperthyreose
• gesteigerter Glykogenolyse, Glykolyse und Expresssion von Eine Hyperthyreose wirkt sich auf den gesamten Organismus
Enzymen für Zirratzykus und die Atmungskette, im Sinne eines Hypermetabolismus aus. Grundumsatz, Herz-
• Steigerung der Fettsäurekonzentration durch verstärkte frequenz und Körpertemperatur sind erhöht, die Patienten
Lipolyse. Abbau von VLDL und Umbau von Cholesterin in verlieren Gew icht und leiden u. a. unter Unruhe. Schwitzen.
Gallensäuren, Wärmeintoleranz, Tremor, Diarrhö und Schlafstörungen. Die
• Sensibilisierung von Herz und Gefäßen für Katecho lamine möglichen Ursachen für eine Überfunktion sind vielfältig: Sie
durch vermehrte Expression von ß-Rezeptoren, kann entzünd lich , durch funkti onelle Autonomie (z. B. Ade-
• gesteigerter neuromuskulärer Erregbarkeit. nom ), neoplastisch, durch erhöhte TSH-Sp iegel, aufgrundeiner
Gain-of-function-Mutation im TSH-Rezeptorgen. durch exoge-
Hypothyreose ne Hormonzufuhr oder wie beim Morbus Basedow autoimmun
Bei einer Unterfunktion bzw. einem Funktionsausfall der bedingt sein.
Schilddrüse mit Verminderung des Thyroxingehaltes des Blutes Beim Morbus Basedow sind Autoantikörper gegen die TSH -
spric ht man von einer primären Hypothyreose. Rezeptoren der Schi lddrü se ge ri chtet. Diese Antiköper stimu -
Ein angeborener Mangel an Schi lddrüsen hormon en ist lieren die Sc hilddrü se wie TSH. es kommt zum Wachstum der
meist durch ei ne Aplasie oder Hypoplasie der Schilddrüse be- Schilddrü se (l<ropfbi ldung) und zu eine runkontroll ie rten Frei-
58 4 Hormone

setzung von T3 und T4 . Die Schilddrüsenhormone wirken zwar Das Pankreas besitzt exokrine und endokrine Funl<tionen. Zwi-
negativ rückkoppelnd auf Hypothalamus und Hypophyse (TRH schen den exokrinen Drüsen und Ausführungsgängen, in denen
und TSH sind also niedrig), da die Schilddrüse aber durch die der Bauchspeichel gebildet wird, liegen locker verstreut Zellag-
Antikörper weiter stimuliert wird, besteht trotzdem eine Hy- gregate, die endokrinen Langerhans-lnseln. Sie setzen sich aus
perthyreose. Nach (subtotaler) Resektion der Schilddrüse ent- 4 verschiedenen hormonproduzierenden Zelltypen zusammen:
fällt die negative Rückkoppelung, die TSH-Konzentration steigt • DieB-Zellen (ß-Zellen) bilden Insulin, die A-Zellen (a-Zellen)
postoperativ wieder an. Durch Kreuzreaktionen der Antikörper produzieren Glukagon. DieB- und A-Zellen stellen die
mit Muskel-, Fett- und Bindegewebe der Augen und einwan- Hauptzelltypen dar. Insulin und Glukagon sind die beiden
dernden Immunzellen kann es zu einem Hervortreten der Aug- zentralen Hormone für die Regulation des Blutzuckers.
äpfel (Exophthalmus) kommen. • ln den O-Zellen wird Somatostatin produziert. Es wirkt so-
Auch bei einer funktionellen Autonomie, z.B. durch einen wohl auf die Insulin- als auch auf die Glukagonfreisetzung
hormonbildenden Tumor (Adenom) oder eine Gain-of-function- hemmend, aber auch auf Wachstumshormon, TSH, Gastrin
Mutation, bei der die TSH-Rezeptoren übermäßig aktiviert sind, und VIP. Somatostatin wird auch im Magen, Darm und Hy-
findet sich nach demselben Prinzip eine verminderte TSH- und pothalamus gebildet.
TRH-Konzentration bei gleichzeitig erhöhter Schilddrüsenhor- • Die PP-Zellen synthetisieren das pankreatische Polypeptid
mon-Konzentration. Die vom Tumor ausgeschütteten Hormone (PP). Es hemmt im Pankreas die Sekretion des Bauchspei-
bewirken am Hypothalamus eine negative Rückkoppelung, die chels und die Kontraktion der Gallenblase.
TSH-Ausschüttung sinkt.
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN 4.5.1 Insulin
einer Hyperthyreose sind u.a. eine erhöhte Herz· Synthese und die Freisetzung von Insulin
frequenz, ein gesteigerter Grundumsatz, Wärmeintoleranz, Insulin ist ein Peptidhormon aus 2 Aminosäureketten (insge-
Zittern, Schwitzen und Schlaflosigkeit. samt 51 Aminosäuren), die über 2 Disulfidbrücken miteinander
bei einer Schilddrüsenüberfunktion die Schilddrüse verknüpft sind. Bei der Synthese in den B-Zellen entsteht ein
teilweise entfernt. kommt es postoperativ zu einem Anstieg einkettiges Vorläufermolekül, das nach Abspaltung eines Si-
der TSH-Konzentration im Plasma . gnalpeptids als Proinsulin ins Lumen des Endoplasmatischen
Bei übermäßiger Aktivierung der Schilddrüsenrezeptoren Retikulums transportiert, gefaltet und im Golgi-Apparat weiter
(z. B. durch Autoantikörper bei Morbus Basedow oder einer prozessiert wird. Dabei wird durch proteolytische Spaltung ein
Gain-of-function-Mutation) sind di e TSH- und TRH-Konzen- Zwischenstück, das sog. C-Peptld (connecring pepride) heraus-
trationen im Blutplasma niedrig, die T3-Konzentration ist geschnittenund das aktive Insulin entsteht. Es wird als Zink-ln-
dagegen erhöht. sulin-Hexamer zusammen mit dem C-Peptid in Vesikeln gespei-
Ein autonomes Schilddrüsenadenom führt zu einem ernied- chert und bei Bedarf per Exozytose freigesetzt. Dabei werden
rigten TSH-Spiegel. äquimolare Menge n des C-Peptids frei. Die ( -Peptid-Konzent-
ration im Blut ist diagnostisch relevant, da sie Rückschlüsse auf
die vom Körper produzierte Insulinmenge erlaubt. Inzwischen
4.5 Pankreashormone ist bekannt. dass auch das C-Peptid biologische Aktivität besitzt
und u.a. die Nierenfunktion verbessert.
! !
Insulin hat eine große klinische Bedeutung, weil es das einzige Der Mechanismus der Insulinsekretio n ist gut untersucht und mit
Hormon ist. das den Blutzuckerspiegel senkt. Zahlreiche Fragen allen Einzelschritten Thema za hlreicher Prüfungsfragen (Abb.
behandeln die Insulinregulation und Diabetes. Gerade hier bietet 4.8) . Es ist unbed ingt sinnvoll, ihn sich gut einzuprägen!
sich auch unbedingt ein Blick in das Kohlenhydratkapitel der
Biochemie an! Hauptreiz für die Insulinausschüttung ist ein erhöhter Blutzu-
ckerspiegel (Normalwert: 0,8- 1,0 g/1). Die Glukoseaufnahme

Abb. 4.8 Induktion der Insulinsekretion durch


K+
Glukose.
AlP-abhängiger Kaliumkanal
ATP-Bi ndu ngsstelle
Glykolyse
Zitratzyk lus
Atmungskette
Glu kose;

2
Q

qo oloo - - - - - -
Ca • Exozytose

spannungsa bhängiger
Kalziumkanal
Insulin
4.5 Pankreashormone 59

in die B-Zellen erfolgt Carrier-vermittelt (GLUT 2) proportional Wirkungen des Insulins


zum Blutzuckerspiegel: je höher der Blutzuckerspiegel, desto Die wichtigste Aufgabe von Insulin ist die Senkung des Blutzu-
mehr Glukose wird aufgenommen, über Glykolyse. Citratzyklus ckerspiegels. Daneben hat Insulin aber noch weitere Wirkun-
und Atmungskette vollständig abgebaut und zur Synthese von gen auf den Stoffwechsel und den Elektrolythaushalt
ATP verwendet. So steigt proportional zum Blutzucker auch die • Insulin induziert Enzyme der Glykolyse und Glykogenese
AlP-Konzentration in der B-Zelle. Die AlP-Konzentration spielt und hemmt Enzyme der Glukoneogenese.
eine Schlüssel rolle. ATP bindet an AlP-abhängige K+-Kanäle, die • Insulin fördert die Speicherung von energiereichen Substra-
daraufhin schließen und die Zelle depolarisiert. Die Depolarisa- ten (Glukose, Fettsäuren und Aminosäuren) v. a. in Muskel-,
tion wiederum führt zur Öffnung von spannungsgesteuerten Fett- und Leberzellen.
Ca 2+-Kanälen und der Anstieg der intrazellulären Ca 2+-Konzen- • Insulin fördert die Glukose-Aufnahme in Muskel- und Fett-
tration zur Exozytose von Insulin. zellen über erleichterte Diffusion, indem es die Synthese und
den Einbau insulinabhängiger Glukose-Transporter (GLUT4)
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN in deren Memran induziert.
Zellulärer Mechanismus der Insulinsekretion der B-Zellen:
Glukose strömt über GLUT 2 in die B-Zellen.
Die Glukose wird über die Glykolyse abgebaut, es entsteht Achtung: ln den anderen Geweben (Leber, Erythrozyten, ZNS
ATP. etc.) erfolgt die Glukoseaufnahme insulinunabhängig!
ATP-abhängige K+-Kanäle in der Zellmembran schließen.
Die Zellmembran depolarisiert. • Insulin wirkt proteinanabol (positive Stickstoffbilanz).
Spannungsabhängige Ca 2+-Kanäle öffnen, die Ca 2 '-Konzentra- • Insulin hemmt die Lipolyse und fördert die Lipogenese.
tion in der Zelle steigt. • Insulin fördert die Phosphat-Aufnahme in die Zellen.
Insulin wird über Exozystose freigeset zt. • Insulin fördert die W-Aufnahme in den Intrazellulärraum
der Skelettmuskelzellen durch Stimulation der Na+/K+-
ATPase.
APROPOS
Der Effekt, dass Insulin die 1<+-Aufnahme in die Zellen fördert,
Der ATP-abhängige K'-Kanallässt sich durch Sulfonylharnstoffe hemmen.
Sie werden zur Therapie bei Diabetes Typ 2 eingesetzt, um die Insulinsekre- ist von großer klinischer Bedeutung: Bei der Behandlung einer
tion zu steigern. Hyperkaliämie (z. B. im Rahmen einer Niereninsuffizienz) kann
man den Kaliumspiegel durch eine Infusion aus Glukose und
Acetylcholin und verschiedene gastrointestinale (z. B. Gastrin, Insulin ausgleichen. Umgel<ehrt muss man bei einer Stoffwech-
Sekretin, GIP oder GLP-1) und hypophysäre (Somatotropin. selentgleisung im Rahmen eines Diabetes mellitus, die durch
ACTH) Hormone fördern die lnsulinausschüttung. Adrenalin Insulingabe therapiert werden soll, gleichzeitig Kalium substi-
aus dem Nebennierenmark aktiviert ß2 -Rezeptoren und er- tuieren, um eine gefährliche Hypokaliämie zu vermeiden.
höht damit über cAMP und Proteinkinase C die Exozytose von
Insulin. Über cAMP und Proteinkinase C erfolgt auch die sti-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN .X
mulierende Wirkung von freien Fettsäuren und GLP-1. Insulin Insulin fördert den Einbau von Glukosetransportern (GLUT4)
senkt nicht nur den Blutzuckerspiegel. sondern fördert als all- in die Membran der Skelettmuskelzellen.
gemeines Energiespeicherhormon den Fett- und Eiweißaufbau. Insulin fördert die Aufnahme von K+ in die Skelettmuskelzel-
Deshalb fördern auch Aminosäuren - v. a. Arginin und Leuein len. nach Insulininjektion kann es daher zu einer akuten Hypo-
-die lnsulinsekretion, wobei der fördernde Mechanismus noch kaliämie kommen.
unbekannt ist. Arginin wirkt allerdings auch fördernd auf die In sulin hemmt die Lipolyse.
Ausschüttung von Glukagon und Somatotropin.
Bei niedrigen Blutzuckerwerten sind die sel<retionsfördern- mellitus. Während viele Hormone (z. B. Kortisol,
den Faktoren jedoch unwirksam. Durch die Kopplung der Insu- Somatotropin, Glul<agon) einen Anstieg des Blutzuckerspiegels
linausschüttung an die Nahrungsaufnahme (über gastrointes- bewirken, ist Insulin das einzige Hormon, das ihn senl<t. Des-
tinale Hormone und Vagusreize) wird Insulin gewissermaßen halb ist ein Insulinmangel von so großer klinischer Bedeutung.
im Voraus ausgeschüttet und hohe Blutzuckerspitzen nach den Das Krankheitsbild, das aus einem absoluten oder relativen ln-
Mahlzeiten vermieden. sulinmangel resultiert, bezeichnet man als Diabetes mellitus:
Hemmend auf die Insulinausschüttung wirken Somatosta- Der Typ-I-Diabetes (juveniler Diabetes mellitus, IDDM =
tin aus den O-Zellen des Pankreas und der Sympathikus (über ln su lin-dependent D.m.) ist meist eine Autoimmunerkrankung,
Noradrenalin an a-Rezeptoren). Das ist sinnvoll, da der Sympa- bei der die B-Zellen der Langerhans-Inseln zerstört werden. Es
thikus die Leistungseinstellung fördert und dabei der Gluko- kommt zu einem absoluten lnsulinmangel, der therapeutisch
sebedarf steigt. Der Gegenspieler Parasympathikus wirkt über nur durch die lebenslange exogene Zufuhr von Insulin ausge-
Acetycholin e ntgege ngese tzt. glichen werden kann.
Beim Typ-li-Diabetes (Altersdiabetes, NIDDM = Non-lnsulin-
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN .X dependent D.m.) ist die Wirkung von In sulin auf die Zielzellen
... Arginin und leuein fördern die lnsu lin-Freisetzung. vermindert. Dadurch kommt es zu einem relativen lnsulinman-
stimuliert darüber hinaus die Sek retion von Glukagon gel, obwohl die absolute Menge an Insulin soga r erhöht sein
und Somatotropin. kann. Diese Resisten z ist oft die Folge von Adipositas und ei ner
Noradrenalin und Somatostatin hemmen die lnsulinfreiset- damit verbundenen Down-Regulation der Rezeptoren. Da die
zung . B-Zellen anfänglich selbst nicht gesc hädigt sind. ist es im Früh-
stadium oft ausreichend, die Insulinempfindlichkeit in der Peri-
pherie durch Umstellung der Ernä hrungs- und Lebensgewohn-
60 4 Hormone

heiten wieder zu erhöhen. Führen diese Maßnahmen nicht zu m • gesteigerte Glykogenolyse in der Leber und Förderung der
Ziel. muss die In su linproduktion mithilfe oraler Antidiabetika Glukoneogenese bei gleichzeitiger Hemmung der Glykolyse.
gesteigert werden. sodass die frei werdende Glukose ins Blut abgegeben wird.
Bei einem Insulinmangel werden Glykogen. Proteine und • lipolyse, ß-Oxidation und Bildung von Ketonkörpern aus
Fette vermehrt abgebaut. Neben einer Hyperglykämie steigen Fettsäuren in der Leber.
die freien Fettsäure n im Blut an und werden wiederum in Ke- • Proteolyse. wobei die freiwerdenden Aminosä uren zur Glu-
tonkörper und Aceton (der Atem riecht nach Aceton) umge- koneogenese eingesetzt werden.
wandelt. Diese Mechanismen führen zu einer metabolischen
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Azidose (Ketoazidose, mit einer erhöhten W-Konzentration im
Blut), die der Körper durch eine langsame und vertiefte Atmung • Eine erhöhte Aminosä ure-Kon ze ntration (v.a. Arginin oder
(Kussmaui-Atmung ) respiratorisch zu kompensieren versucht. Alanin) stimuliert die Glukagon-Freisetzung.
_j
Schließlich kann auch Bewusstlosigkeit auftreten. Übersteigt
die Glukosekonzentration die maximale Transportkapazität
der Niere ( .. Nierenschwelle" bei ca. 10 mmol/1). kommt es zur 4.6 Regulation des Calciumhaushalts
osmotischen Diurese mit Glukosurie und dadurch zu einer hy-
pertonen Dehydratation , die ein starkes Durstgefühl zur Folge Der größte Teil des Körpercalciums befindet sich im Knochen
hat. Im proxima len Nierentubulu s besteht lsoto nie. Wenn mit (> 99 %). wo es überwiegend in Verbindung mit Phosphat (Hyd-
zunehmender Flüssigkeitsresorption im proximalen Tubulus roxylapatit-Kristalle) die minerali sc he Knochengrundsubstanz
die Glukosekonzentration steigt, wird entsprechend die Na•- bildet und für die Steifigkeit d er Knochen sorgt. Calcium ist aber
Konze ntration gesenkt. Da der Na•-Einstrom in die Epit hel zel- auch an vielen Steuerungsprozessen und Zellfunktionen (Mus-
le n der wichtigste Antrieb für die Wasserresorption ist, wird kelkontraktion, Blutgerinnung, Seco nd Messenge r etc.) beteiligt
diese durch die Glukose im Harn vermindert und vermehrt und spielt eine entscheidende Rolle für die neuromuskuläre Er-
Harn ausgeschieden. regbarkeit, indem es Ionenkanäle reg uliert.
Oberstes Ziel der hormonelle n Regulation ist es, den Calci-
APROPOS
Als lnsulinom bezeichnet man einen m eist gutartigen insulinproduzieren·
umspiegel im Blut bei 2,1-2,6mmol/l konstant zu halten. Die
den Tumor der B·Zellen . Die Patienten zeige n die typi schen Symptome ein er Konzentration von Calcium in der extrazellulären Flüssigkeit
Hypogly kämie : Schwitzen. Übelkeit, Tachyka rdie. Zittern. Heißhunger sowie beträgt 1,3 mmol /1 und intrazellulär ca. l001Jmolfl.
versc hieden e zentrale Symptome, wie Sehstörungen. Parä sthesien oder Entscheidend für die biologisc hen Funktionen ist die Kon-
Verha ltensänderungen. Nach ora ler oder intravenöser Gabe von Glukose
zentration der freien Ca 2•-1onen im Blut. Im Blutplasma liegt
besse rt sich die Symptomatik ra sc h. Diagnostisch typi sch ist di e feh lende
physio logisc he Insu linsuppression bei Abfall des Blutzuckers im Hungerver·
nur etwa die Hälfte des Calciums als freie Ca 2• -Ionen vor. Der
such . Außerdem ist der Wert fü r Proinsulin im Blut erhöht . Die Therapie der Rest ist an Proteine gebunden bzw. als schwerlösliches Salz
Wahl besteht in der chirurgischen Entfernung des Tumors. vorhanden. W-lonen binden kompetitiv an die Ca 2•-Bindungs-
stellen der Plasmabindeproteine. sodass bei Alkalosen ver-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X mehrt Proteinbindungsstellen fre i werden und Calcium stärker
.. Die osmotische Diurese (Polyurie) ist eines der Hauptsymp- ge bunden vorliegt. Bei Azidosen dagegen sinkt der Anteil des
tome beim Diabetes mellitus. proteingebundenen Calcium sa m Gesamtcalcium und die Kon-
.. Weiterhin typisch ist eine metabolische Azidose (Anstieg der ze ntration des freien Calciums steigt. Das heißt. dass es durch
W-Konzentration; Ketoazidose mit Geruch na ch Azeton) mit ei ne pH-Änderung bei unverändertem Gesamtcalcium zu den
respiratorischer Kompensation (vertiefte Atmung) gleichen Symptomen wie bei einem tatsächlichen (absoluten)
Calciumüberschuss oder -mange! kommt.
Bei der Reg ulati on des Calciumspiegels wird der Knochen als
4.5.2 Glukagon großer körpereigener Calciumspeicher ge nutz t, aus dem Calci-
um mobilisiert bzw. in den es eingebaut werden kann. Da Cal-
Das in den A-Zellen d er Langerhans-Inseln ge bildete Glukagon cium im Knoch en in gebundener Form mit Phosphat vorliegt,
ist der direkte Gegenspieler des Insulins. Es dient der Bereit- wird es auch zusammen freigesetzt. Das Löslichkeitsprodukt
stellung energiereicher Substanzen (v. a. Glukose). Stimulus für der Calciumphosphatsalze ist se hr niedrig. sodass der Anstieg
die Freisetzung ist v.a. ein niedriger Blutzuckerspiegel und einer der be iden Ione nsorten zum Ausfallen von Calciumphos-
eine niedrige Konzentration an freien Fettsäuren. Es wird - phat führt. wenn nicht g leich ze itig die Kon zentration der an-
wie auch Insulin - durch di e Anwesen heit von Aminosäuren. deren Ionensorte gesen l<t wird. Der Calciumhaushalt is t daher
v. a. Alanin und Argini n, stimuliert. Durch Aktivi e rung von Glu- untrennbar mit dem Phosphathau sha lt verknüpft.
kagon kann so bei e iner proteinreichen Mahl ze it e inem Abfall An der Kontrolle des Calciumhaushalts sind 3 Hormone be-
der Blutglukose durch das ebenfalls vermehrt ausgeschü tte te teiligt:
Insu lin vorge beugt werden. Auch e ine Aktivi erung des Sym- • Parathormon aus den Nebensch ildd rüse n
pathikus fördert über ß2- Rezeptoren die Glukagonfrei setzung. • Kalzitrial (1,25-(0 Hh-Vitamin- 0 3 , 1,25-Dihydroxy-Cho lecal-
Hemmend wirkt Somatostatin aus den O-Zellen. ciferol)
Glukagon besitzt weitgehend dem In sulin e ntgege ngesetz- • Kalzitonin aus den C-Zellen der Schilddrü se
te Wirkunge n. Zie l ist es. de n Blutzuckerspiegel auch zw isc hen Bei de r kurzfristi ge n Regulation de s Calciumspiegels wird der
den Mahlzeiten und bei hohem Glukoseverbrauch konstant zu Knochen für ei ne sc hnell e Ca lciummobili sier un g ge nut zt. Län-
ha lten und Energiereserve n zu mobilisieren. Dies gesch ieht ge rfristig wird der Ca lciumspiege l über di e vermehrte Aufnah-
durch: me oder Aussc he idung von Ca lci um üb e r Darm und Niere re-
guliert.
4.6 Regulation des Calciumhaushalts 61

4.6.1 Parathormon (PTH) FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X


Folgen eines Parathormon-Übersc huss es (Hyperparathyre-
Parathormon (PTH, syn. Parathyrin) wird von den Epithelkör-
oidismus) sind u.a . der Abbau von Knochensubstanz und
perchen der Nebenschilddrüsen bei Absinken des Blutcalci-
damit verbunden eine Hyperkalzämie.
umspiegels freigesetzt. Parathormon stimuliert die schnelle
Mobilisation von Calcium, indem es im Knochen die Produkti-
on Osteoklasten-aktivierender Substanzen fördert. Die Ostec-
klasten bauen den Knochen ab und setzen dabei Calciumsalze 4.6.2 Kalzitriol (Vitamin-0-Hormon,
(Calciumphosphat, Calciumcarbonat) frei. Da die moblisierten 1,25-Dihydroxy-Cholecalciferol)
Calciumsalze schlecht löslich sind, besteht die Gefahr. dass sie
außerhalb des Knochens ausfallen und die Konzentration an
freien Ca 2 •-Ionen wieder sinkt. Um dies zu verhindern, wird Für Kalzitrial sind mehrere Synonyme gebräuchlich:
durch PTH in der Niere nicht nur die Resorption von Calcium, 1,25-(0H) 2-Vitamin D3
sondern gleichzeitig die Ausscheidung von Phosphat gefördert. 1,25-Dihydroxy-Cholecalciferol
sodass auch bei steigendem Calciumspiegel das Löslichkeits- Vitamin-D-Hormon
produkt nicht überschritten wird. Ein Mangel an Magnesium
behindert die Calciumfreisetzung aus dem Knochen. wodurch
es zu einer Hypokalzämie kommen kann. Kalzitrial ist ein Steroidhormon. das in mehreren Synthese-
Parathormon ist mit einer Halbwertzeit von 20 Minuten gut schritten gebildet wird, die in verschiedenen Organen ablau-
geeignet, um kurzfristig eine Hypokalzämie auszugleichen. fen. Vorstufe des Kalzitrials ist Vitamin 0 3 (Cholecalciferol,
Längerfristig würde es allerdings zu einer Entmineralisierung Calciol ), das entweder mit der Nahrung aufgenommen oder
des Knochens kommen. Deswegen stimuliert Parathormon au- unter dem Einfluss von UV-Strahlen in der Haut aus 7-Dehydro-
ßerdem die Ausschüttung von Kalzitriol (Vit-D-Hormon) in der Cholesterin gebildet wird . In der Leber wird Calciol zu Calcidiol
Niere (Abb. 4.9). (25-[0H]-D 3 ) hydroxyliert und abschließend in der Niere durch
die 1a-Hydroxylase zum wirksamen Kalzitrial (1.25-[0Hh-D 3 )
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X umgewandelt und sezerniert. Über diesen letzten Synthese-
Parathormon (PTH, Parathyrin) wird bei sinkendem Blutcal- schritt wird auch der Kalzitrial-Spiegel geregelt. Dabei steigern
ciumspiegel sezerniert. v. a. das bei Hypokalzämie ausgeschüttete Parathormon, aber
Parathormon setzt Calciumphosphat aus den Knochen frei auch eine Hypophosphatämie oder Prolactin (Muttermilch ist
und fördert die Phosphatausscheidung über die Niere. Ca 2• -reich) den Kalzitriolspiegel.
stimuliert außerdem die Kalzitrial -Synthese (1,25-Dihyd- Bei einer chronischen Niereninsuffizienz kann der Mangel
roxy-Cholecalciferol) in der Niere. an Kalzitrial mitursächlich für eine gestörte Calcium-Homöo-
stase sein. Bei Vitamin-0 3-Mangel ist die Kalzitriolbildung
Hypoparathyreoidismus. Eine Unterfunktion der Neben- gestört und es wird nur unzureichend Kalzium aus dem Darm
schilddrüse mit Mangel an Parathormon tritt am häufigsten aufgenommen. Durch den daraus resultierenden Kal ziumman-
nach einer Schilddrüsenoperation auf, bei der die Epithelkör- gel kommt es zu einer gesteigerten Ausschüttung von Parathor-
perchen versehentlich mit entfernt wurden. Klinisch treten die mon. Bei einer Vitamin-D-Überdosierung kann es durch die ge-
typischen Symptome einer Hypokalzämie auf: Parästhesien , steigerte Ca 2• -Aufnahme aus dem Darm (s. u.) zu einem Anstieg
gesteigerte Reflexe sowie evtl. Krampfanfälle bei erhaltenem der Konzentration an freiem Ca 2 • im Blutplasma kommen .
Bewusstsein. Bei lan gfristig bestehendem Hypoparathyreoidis-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
mus kommt es außerdem zu Verkalkungen in den Stammgan-
glien und in der Augenlinse. Die Therapie besteht in der oralen Kalzitrio I wird von der Niere gebildet und abgegeben.
Langzeitsubstitution von Calcium und Vitamin D. Bei sc hwerer chronischer Niereninsuffizienz entsteht ein
Kalzitriolmangel.
Hyperparathyreoidismus. Eine vermehrte Bildung von Para- Parathormon stimuliert die Kalzitriolbildung.
thormon kann verschiedene Ursachen haben . Bei einem primä- Ein Vitamin-D 3-Mangel führt zu einer kompen sato risch
ren Hyperparathyreoidismus wachsen z. B. eines oder mehrere gesteigerten Parathormon-Ausschüttung.
Epithelkörperchen der Nebenschilddrü se unkontrolliert und • Bei Vitamin-D-Hypervitaminose kommt es zu e inem Anstieg
steigern ihre Hormonabgabe. Die Überproduktion manifestiert des freien Ca 2 •.
sich v. a. an der Niere (Nephrolithiasis, Ne phrokalzinose), am
Knochen (Abbau von Knochensubstanz, Osteopenie). im Ma-
gen-Darm-Trakt (Ul zera, Pankreatitis etc.) und am Bewegungs- Kalzitrialwirkung
und Nervensys tem (Muskelschwäche, Depression). Verschiede- Kalzitrial fördert die Ca 2•-Resorption über die apikale Memb-
ne mali g ne Tumoren bilden PTHrP. das eine dem PTH ähnliche ran der Epithelzellen des Darmes. In den Enterozyten bindet es
Wirkung bes itzt. als Steroidhormon an intrazelluläre Rezeptoren . Die Hormon-
Von einem sekundären Hyperparathyreoidismus spricht Rezeptor-Komplexe aktivieren im Zellkern die Transkription
man, wenn eine Erkrankung zum Absinkendes Serumcalciums von Genen, welche für einen Ca 2 • -Kanal in der apikalen Entero -
führt, auf die di e Nebe nschilddrüse n dann mit einer Mehrse- zytenmembran und für ein intrazelluläres calciumbindendes
kretion von Parathormon reagiere n. Diese Mehrsekre tion kann Protein (Calbindin) codieren. Calbindin verlängert die Wir-
sich verselbstständigen, sodass sich sch li eßlich soga r e ine Hy- kungszeitvon Kalzitrial um ein Vielfaches - Kalzitrial allein hat
perkal zä mi e e ntwi ckeln kann . nur eine Halbwertzeit von mehre ren Stu nd en. Die Ca 2• -Resorp-
tion kann so bi s auf90 %geste ige rt werden (be i ausgeglichener
62 4 Hormone

4.6.3 Kalzitonin
Kalzitonin ist ein Peptidhormon, es wird in d en C-Zellen (para-
follikulären Zellen) der Sch ild drüse bei Anstieg des Plasmacal-
ciumspiegels gebildet. Im Vergleich zu Parathormon und Kalzi-
trial sp ie lt es nur eine untergeordnete Rolle. Kalzitonin hat eine
ebenso kurze Halbwertzeit wie Parathormon und wirkt in e rs-
I Knochenabbau I ter Linie als dessen Gegenspieler. Es hemmt Ostecklasten und
- ca 2+ stimuliert stattdessen Osteoblasten, die Calciumphosphatsalze
- Phosphat in den Knochen einbauen. Im Darm hemmt es die Ca 2• -Resorp-
I'K
-n-oc-h-en- a-ufb
-au'l tion und wirkt so calciumsenkend. Die physiologische Bedeu-
Ca 2 - -+ tung d er Ka lzitoninwirkung in der Niere, wo es in der Henle-
Phospila t - Schleife die Ca 2•-Resor ption förde rt und im distalen Konvolut
Knochen hemmt, ist noch nicht abschließend gek lärt.

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN


.. Kalzitonin hemmt die Aktivität der Osteoklasten.
_j

4.7 Wachstumshormon (Growth


Abb. 4.9 Wirkungen von Parathormon und Kalzitrial auf den Blut·
calciumspiegel.
Hormon, Somatotropin)
4.7.1 Bildung des Wachstumshormons und Re-
Calcium-Bilanz wird das mit der Nahrung zugeführte Calcium gulation der Freisetzung
dagegen zum großen Teil wieder mit dem Stuhl ausgeschieden).
ln der Henle -Schleife der Niere fördert Kalzitrial die Resorp- Somatotropin (Grow th Horm one. GH. STH) ist ein 22 kDa gro-
tion von Ca 2• -Ionen. Da Kalzitriol außerdem für den Aufbau des ßes Proteohormon. Es wird in den azidophilen Zellen der Hy-
Knochens zuständig ist. wird gleichzeitig auch die Phosphatre- pophyse gebildet. Seine Sekretion steht unter der Kontrolle der
sorption in Darm und Niere geförde rt, was längerfristig zu e i- hypoth a lamise hen Releasing-Hormone Somatoliberin (Soma -
ner verstärkten Mineralisation des Knochens führt. totropin-Releasing-Hormon, SRH, GHrH) und Somatostatin
Kalzitrial und Parathormon erhöhen damit beide den Ca 2•_ (Somatotrop in - lnhibiti ng-Hormon. SIH). An der Regulation der
Spiegel, aber über 2 unterschiedliche Mechanismen (Abb. 4.9): Somatotropinausschüttu ng sind außerdem viele weitere. z. T.
Parathormon ist v.a. für die kurzfristige Calciummobilisation noch ungek lä rte Faktoren beteiligt (Abb. 4.10). Neben SRH ist
zuständig und setzt dafür Calcium aus dem Knochen frei. Um das im Blut zirkulierende Peptid Ghrelin stärkster Stim ulu s, es
langfri stig eine Entkalkung des Knochens zu verhindern, akti- wird in e nd ok rin en Zellen des Magens freigesetzt. Fördernd
viert es gleichze itig Kalzitriol. das Calcium und Phosphat durch wirken z. B. auch Aminosäuren (v. a. Arginin). TRH, Kortisol in
e ine verstärkte enterale und renale Resorption gew innt und physiologischer Konzentration. Schilddrüse nhormo ne. Östro-
den Knochenaufbau fördert. gene und Testosteron (v. a. beim Heranwachsenden), Noradre-
nalin , Hypoglykämien oder körperliche Arbeit, auch im Tief-
und Osteomalazie. Ein Mangel an Kalzitrial führt bei sch la f wird vermehrt Somatotropin freigesetzt.
Kindern zum Krankheitsbild der Rachitis mit eine r gestörten Hemmend wirke n neben SIH hohe Blutzuckerspiegel, freie
Mineralisation des Knochens, ei ner verminderten ca+-Aufnah- Fettsäuren, lan gfristig erhöhte Ko rti so lspiegel und Adrenalin
me im Darm und Desorganisation der Wach stumsfuge, bei Er- oder zirku li erende Wach stum sfaktoren im Sinne ei ner negat i-
wachsenen (bei denen die Epiphysenfugen ja scho n geschlossen ven Rückkopplung.
sind ) zur Os teomala zie m it einer mangelnden Knochenminera- Im Gegensat z z u den and ere n Peptid- und Proteinhormo-
li sation. Klini sch imponieren Knochenschmerzen und Skelett- nen ist Somatotropin st re ng artspezifisch, d. h. anders als bspw.
deformitäten, Pseudofrakturen, Muskelschwäche etc. Ursache beim In sulin ist ti e ri sc hes Somatotropin beim Menschen wir-
kann ein Vitamin-D-Ma ngel bei ungenügender Zufuhr oder kungslos.
fehlender UV-Strahlung oder eine Störung des Vitamin-O -Stoff-
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
wech sels z. B. im Rahmen einer Niere nin suffizien z sein.
Somatotropin ist e in Proteohormon .
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN Es wird in der Hypophyse gebi ldet.
Kalzitrial erhöht die Ca 2 +-Aufnahme im O<J rm . Es ist stre ng artspezifisch.
Ursache e in er Rachtitis ist meist ein Kalzitriolmangel . .. Seine Au sschüttung wird u. a. durch das Releasing-Hormon
Fol ge des K<J izitriolm<Jngels ist e ine verminderte Ca 2•-Resorp· SRH (Somatolibe rin) reguli er t.
tion im Darm. .. Auch ein e hoh e Aminosäure n-Konzentration. v. .3. von Arginin ,
--' st imuli er t di e Fre ise tzung .
_ ____J
4.7 Wachstumshormon (Growth Hormon, Somatotropin) 63

Adrenalin ---1 .--- - -- - - - - - -------, • Aufnahme von Aminosäuren in die Zelle und erhöhte Pro-
Kortisol T ---1 L-----,.---H.:..:ypc...o_t_ha_la_m_u_s---,----" teinsynthese (positive Stickstoffbilanz) mit Wachstum von
Arginin -------. +--- Noradrenalin
I-- Insulin, Glucose Weichteilgewebe und Muskeln (deshalb wird Somatotropin
auch als Doping-Mittel verwendet)
• vermehrte Lipolyse mit einer Latenz von 2-3 Stunden (direkt
Somatostatin Somatoliberin
und durch Sensibilisierung für die lipolytische l<atechola-
Adenohypophyse
minwirkung)
Östrogen. • Freisetzung von Glukose aus der Leber und Hemmung der
Testosteron
weiteren Glukoseverwertung (Anstieg des Blutzuckerspie-
T3{T4 I Kortisol
""+/ r.--
GH-Gen
___.1 gels)
• gesteigerte Ca 2 • -Resorption aus dem Darm (Knochenaufba u)
• Na•- und Cl- - Retention in der Niere

1--
t
freie FS Ghrelin Somatotropinmangel. Ein Wachstumshormonmangel (z. B.
GH durch einen Defekt der 5TH-Biosynthese) führt im Kindesal-
ter zu hypophysärem Zwergwuchs. Das Wachstum der Kin-

Leber 0 IGF-1
der wird na ch dem zweiten Lebensalter deutlich verlangsamt,
die Kinder sind übergewichtig (aufgrund fehlender Lipolyse).
/ IGF-2 Durch e in e Substitionstherapie mit gentech ni sch hergestelltem
humanem STH ist ein Wachstum bis zur Normalgröße möglich.
Abb. 4.10 Neuroendokriner Regelkreis des Somatotropins.
Somatotropinüberschuss. Ein Übersc huss an Wachstums -
hormon (z.B. durch einen Hypophysentumor) im Kindesalter
4.7.2 Die Funktion des Wachstumshormons führr dagegen zu überschießendem Längenwachstum (Gigan-
tismus). Im Erwachsenenalter sind die Epiphysenfugen bereits
Die Wirkungen des Soma totrapins auf die Zielorgane kommen gesch los sen, d . h. auch ein übermäßig erhöhter Somatotropin-
größtenteils über Somatomedine zustande, das wichtigste So- spiegel kann kein erneutes Längenwa chstum aus lösen. Statt-
matomedin ist IGF-1 (lnsu lin-like Growth Factor 1). Sie werden desse n zeige n sich ein appositionelles Knochenwachstum und
in der Leber gebildet, die so als "Hormondrüse" wirkt. Anders ein Wach stum an Knorpel und Weichteilen. v.a. an den Akren
als andere hypophysä re Hormone beeinflusst Somatotropin je- (z. B. Kinn, Nase, Stirnwülste. Hand- und Fußknochen), sowie
doch auch direkt Zielorgane. eine Vergrößerung der inneren Organe (z. B. Herz, Zunge). Das
Somatotropin fördert das Wachstum von Knochen und Or- Krankheitsbild wird als Akromegalie bezeichnet. Aufgrund der
ganen und stellt dem Körper die dafür notwendige Energie be- blutzucke rsteigemden Wirkung von STH kann eine diabetische
reit. Es ist aber auch nach der Wachstumsphase an der Steue- Stoffwechsellage e intreten.
rung des Stoffwechsels beteiligt. Dabei werden die Steigerung
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
der Proteinsynthese, da s Längenwachstum und die Zellteilung
vorwiegend über IGF-1 vermittelt, die metabolischen und v.a. Somatotropin induziert in der Leber die Freise tzung von lnsu-
anabolen Effekte auf Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel ent- lin-ähnlit:hen Wachstumsfaktoren.
faltet Somatotropin dagegen direkt. Soma totro pin steige rt die Proteinsynthese (po sit ive Stick-
Folgende Wirkungen von Somarotropin sind bekannt: stoffbilan z).
• gesteigerte enchondra le Ossifikation vor Schluss der Epiphy- Appositionelles Knochenwachstum und Hyperglykämie
se nfugen (Längenwachstum) beim Erwachsenen können Hinweis auf einen Somatotropinü-
• gesteigertes apophysäres und periostales Knochenwachs - berschuss sein.
tum nach Schluss der Epiphysenfuge n (Dicl<enzunahme)
64 5 Sexualentwicklung und Reproduktionsphysiologie

APROPOS
5 Sexualentwicklung und Wird GnRH nicht pulsatil. sond ern in Form z. B. eines GnR H-Ana logons als
Depotprä parat kontinuierlich verabreicht, ko mmt es zunäc hst zu ein er
Reproduktionsphysiologie akuten Ausschüttung der Gonadotropine und dann zu einem Sekretionsab-
fall von FSH und LH. Als Folge entsteht ein Östrogenmange L GnRH-Analoga
Das genetische Geschlecht ist durch das Geschlechtschromoso- lassen sich daher zur Therapie hormonabhängiger Mammakarzinome
menpaar (XX oder XY) in der befruchteten Zygote festgelegt. e in setzen.
Mit Einsetzen der Pubertät kommt es zur Ausbildung sekundär-
er Geschlechtsmerkmale. Dabei unterliegt die Steuerung der
5.1.2 Follikelstimulierendes Hormon (FSH) und
Sexualfunktion bei beiden Geschlechtern einem Regelkreis . an
dem Hypothalamus, Adenohypophyse und die entsprechenden
luteinisierendes Hormon (LH)
Hormondrüsen (Hoden bzw. Ovar) und effektarischen Hormone
beteiligt sind. Die im Hypophysenvorderlappen gebildeten Gonadotropine
FSH (follikelstimulierendes Hormon, Follitropin) und LH (lutei-
nisierendes Hormon, Lutropin) werden, wie GnRH auch, pulsatil
5.1 Hormone zur Steuerung freigesetzt. FSH und LH sind Glykoproteine. Ihre Sekretion wird
der Sexualfunktion ebenfalls über negative Rückkopplung durch die effektarischen
Hormone im Blut reguliert (Ausnahme positive Rückkopplung
5.1.1 Gonadotropin-Releasing-Hormon der Östrogene direkt vor der Ovulation, s. u.). FSH und LH haben
unterschiedliche Wirkungen (Ta b.ll.l ).
(GnRH, Gonadoliberin)
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Da s Gonadotropin-Releasing-Hormon (Gonadoliberin, GnRH)
ist ein Peptidhormon. Es besteht beim Menschen aus 10 Ami- .. Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH, Gonadoliberin) wird
nosäu ren und wird im Hypothalamu s synthetisiert. Seine Frei- pulsatil freigesetzt.
setzung aus dem Hypothalamus ins hypophysäre Pfortadersys- .. LH erhöht die Testosteron-Sekretion in den Leydig-Zwischen-
tem geschieht pulsatil, wobei die Pulse bei Frauen in der ersten zellen des Hoden.
Zyklushälfte alle 90 Minuten, in der zweiten Zyklushälfte und
bei Männern alle 2,5-4 Stunden erfolgen. GnRH gelangt über
da s Blut in den Hypophysenvorderlappen und fördert die Aus-
sc hüttung der Gonadotropine FSH (follikelstimulierendes Hor-
Tab. 5.1 Wirkungen der Gonadotropine FSH und LH
mon) und LH (luteinisierendes Hormon). Dabei ist nicht nur
di e freigesetzte GnRH-Menge, sondern auch die Sekretionsfre- Hor-
Frau Mann
qu enz ausschlaggebend. mon
Die GnRH-Sekretion wird über negative Rückkopplung - fördert die Follikelrei- - induziert die Spermatoge-
FSH
durch die Blutspiegel der effektarischen Hormone reguliert: fung (Öst ro ge nsy nth ese nese in den Sertoli-Zellen
• Stimulierend wirken niedrigeGonadotropin-und Sexual- T) des Hodens
hormon spiegel. - fördert die lnhibinse kretio n
• Hemmend wirken hohe Spiegel an Gestagenen und Östroge- - fördert die Synthese des
And ragen bind ungsprote ins
nen (A usnahme positive Rückkopplung direkt vor der Ovula-
tion, s. u.) bzw. Androgene.
Modulierend auf die Ausschüttung von GnRH wirken überge-
ordnete Zentre n (Groß hirnrinde, Iimbi seiles System. Formatio LH - förd ert die Follikelrei- - induziert die Testosteron-
fung (Östrogensynthese bildung in den Leydig-Zwi-
reticularis) oder Umweltfaktoren. Dies erk lärt, warum es unter T) schenze llen des Hodens
starken Belastungen wie großem psyc hi sc hem St ress. Unter- - induziert die Ovulation
er nährung oder Le istungss port zu Unregelmäßigkei ten beim - induziert die Ge lbkör-
Menst ru at ionszyklu s kommen kann. perbildung und -e rhal -
tung (Gestagensynth ese
T)
5.2 Effektorische Sexualhormone 65

5.2 Effektorische Sexualhormone Ös trogene werden bei der Frau v. a. im Ova r (Granulo sazellen,
s. o.), perip he r im Fettgewebe und in der Nebennierenrinde ge -
Die Gonaden oder Geschl echtsdrüs e n (Ovar und Testis) produ- bildet und w ä hre nd der Schwange rschaft auch in d er Pla zenta .
zieren Sexualsteroide und lnhibin (S. 66 ). Sowohl die männ- Beim Ma nn w erden in den Leydig-Ze ll en im Hod e n nur geringe
liche n (Androgene) al s auch die weiblichen Sexualhormone Mengen gebildet, 80 %entstehen im periphere n Fettgewebe.
(Östrogene, Gestagene) sind Steroidhormone . Sie leiten si ch Ös troge ne haben zahlreiche genitale und ex tragenitale Ef-
vom Cholesterin ab. Bei beiden Ges chlechtern werden sowohl fekte au f den Körper. Zu den Wirkungen auf die weiblichen Ge-
männliche als auch weibliche Sexualhormone gebildet. Da ihre schlechtsorgane gehören :
Wirkung jedoch dosisabhängig und die Kon zentration der Se- • Entwi cklung und Reifung primärer (Ute rus, Sche ide, Ovari-
xualhormone je na ch Ge schle cht deutlich unterschiedlich ist, en) und sekundärer Geschlechtsmerkmale (weiblich e Brust.
überwiegen bei Männern die androgene n. be i Fraue n die ös tro - typ isch w ei bliche Fettverteilung)
genen Wirkungen. Neben ihren Wirkungen auf die Geschlechts- • Ste ueru ng des Menstruationszyklus.
organe und -merkmale haben Sexual st e roid e noch zahlreiche • Vorbere itung für eine erfol greiche Befruchtung :
extragenita le Effekte. Zeitpunkt und Dosis der Freise tzung wer- - Proliferation des Endometrium s
den durch die Hormone des Hyp ot halamu s und der Hypophyse - Förd e rung d er Follikelreifung
geste ue rt (Abb. 5.1 ). - e rh ö hte Du rchlä ss igkeit d es Ze rvi xschleims
Im Ovar werden in den äußeren Zell schi chten (Thekazellen) - gesteige rte Tubenmotilität
der Follikel v. a. Androgene (Androstendion und Testosteron) ge- - Epithelproliferation in der Vag in a
bildet. De t·en Umwandlung in Östrogene e rfolg t. wie auch die • Säuerung des Vaginalmilieus und damit Behinderung der
Synthese von lnhibin, in den inneren Zellschichten (Granulo sa- Besiedlung mit pathogenen Keimen
z ell e n). • w ä h rend der Schwangerschaft Stimula t io n:
Im Gelbkörper we rden da s Cestage n Progesteron und eben- - der Uteru sdurchb lutung
fall s Östrogene ge bildet. - des Bru stdrüs enwachstums
Im Hoden werden in den Leydig-Zwi sch e nzellen v.a. An- - d er Progesteronsynthese
drogene gebildet und geringe Men ge n an Östrogenen . In den Beim Man n wirken Ös trogene hemme nd auf di e Androge nsyn-
Sertoli-Zellen erfolgt die Bildung von lnhibin . th ese und ko nzentration sabh ä ng ig auf die Spermatogene se.
Zum Transport im Blut w erden Sex ual ste roide an Bluteiwei- Neb en den genitalen Wirkun gen haben di e Östrogene auch
ß e gebund e n. Nur ein kle inerTeil kommt in ungebundener, bio- Effekte auf den Gesamtorgani smu s (w obe i be im Mann nur Ef-
logis ch aktiver Form vor. fekte auf da s Lä ngenwachstum und den Kno chenstoffwechsel
eindeuti g nachgewiesen sind):
• Sie bremsen das Längenwachstum, we il sich unter ihrem
5.2.1 Östrogene
Einflu ss di e Epiphysenfugen sc hli eße n.
Das bi ologisch wirks amste Öst rogen is t das Estradiol (Östradi- • Sie ha be n a nabol e Wirkung, a ktivi e re n die Os te oblasten
ol ). We iterhin wichtig sind Östron und Estriol. und wirken somit positiv a uf den Knochenaufbau. Östro-
genmangel (z . B. nach der Menopause) fü hrt da he r zu e inem
Ma nge l an Knochenmas se (Osteoporose).
• Sie bee influsse n die Blutfette in Hinbl ic k auf da s HDL/ LDL-
Verhä ltnis pos iti v u nd wirken da he r ein er Arteriosklerose
e ntgegen.
• Sie führ en zu einer verstärkten Gerinnungsneigung des
Blutes und damit zu e iner erhöhten Thrombosegefahr.
• Sie führe n z u einer vermehrten NaCI- und Wasserretention.
• Sie wirke n stimmungsaufhellend und aktivitä t sste ige rnd auf
d ie Psych e.

5.2.2 Gestagene
Das wichtigs te Ces tagen ist das Progesteron. Im normalen
Me nst ruation szyldu s w ird Proge steron nach de r Ovulation im
Corpus luteum gebildet und sc hafft g ün st ige Voraus setz ungen
für di e Impl a ntation e ines befruchteten Ei es. Bei erfolg rei cher
Nid ation ist di e Aufrechte rhaltung e in e r hohe n Progesteronkon-
ze ntra tion de r wi chti gs te Schutzfa ktor für die Schwan gerschaft
("Schwangerschaftsschutzhormon"). Im Verlau f einer Schwan-
ge rsch aft üb e rnimmt di e Plazenta zune hm end die Proges teron-
bildung. Proges tero n w ird ni cht nur im Corpu s lute um und der
'---- --' (Q)© \ Pla ze nta gebild et, so ndern in ge ringen Menge n be im Erwach-
Foll ikel Corpus senen be id erle i Geschlechts auch in de r Ne be nni e re nr inde. Au s
luteum Proges te ro n kö nn e n Androge ne und Östrogene ge bild et w erden.
Se rtoli-
zellen Proges te ron bew irk t be i der Fra u u.a. :
Abb. 5.1 Regelkreis der Sexualfunktion beim Mann und bei der • di e sekre to ri sche Tran sform ati o n des prolife ri e rte n End ome-
Frau. t rium s a ls Vorau sset zun g fü r d ie Nidati on
66 5 Sexualentwicklung und Reproduktionsphysiologie

• den Erhalt des Endometriums FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN .)(
• eine Viskositätszunahme des Zervixschleims
• das Wachstum von Uteru s .. Ein Östrogenmangel führt zur Osteoporose (Mangel an
• eine Verminderung der Uteruskontraktionen Knochenmasse).
.. Progesteron bewirkt eine Erhöhung der Basaltemperatur
• zur Geburtsvorbereitung den Einbau von Oxytozin-Rezep-
während der Lutealphase (ca. Zyklustag 15 bis 28) um etwa
toren
0.5 "C.
• die Vorbereit ung der Brustdrüsen auf die Laktation
Die Testosteronproduktion im Hoden wird durch LH stimu-
• die Erhöhung der Basaltemperatur um ca. 0,5 "C (Abb. 2.3).
liert.
Testosteron hemmt über ei ne negative Rückkoppe lung die
5.2.3 lnhibin GnRH-Produktion im Hypothalamus.
Das dimere Glykoprotein beste ht aus einer o:-Untereinheit und
einer von 2 möglichen ß-Untereinheiten. lnhibin wird bei der
Frau in den Granulosazellen im Ovar gebildet. es wirkt über ne- 5.3 Menstruationszyklus
gative Rückkopplung auf die FSH-Freisetzung in der Hypophy-
se und hat dadurch eine wichtige Aufgabe bei der Rekrutierung Unter dem Wechselspiel hypothalamischer (G nRH). hypo-
des dominanten Follikels in der ersten Zyklushälfte. physärer (FS H, LH) und im Ovar gebildeter Horm one (lnhibin,
Beim Mann wird lnhibin in den Sertolizellen im Hoden ge- Progesteron, Östradiol) reiftjeden Monat ein befr uchtungsfähi-
bildet. Es wirkt ebenfalls negativ auf di e Sekretion des Gona- ges Ei heran. Der Menstruationszyklus dauert im Durchschnitt
dotrop ins FSH zurück und fördert damit die Spermatogenese. 28 Tage. Er beginnt definition sge mäß mit dem 1. Tag der Men s-
Außerdem ist es für die Rückbildung der Müller-Gänge mitver- truation sblutung, die ca. 2-6 Tage dauert, und g liedert sich in
antwortlich. 2 Abschnitte, die Follikelphase und die Lutealphase. Während
die Lurea lphase konstant 14 Tage dauert, kann die Länge d er
5.2.4 Androgene Follikelphase abhängig von der Gesamtzyklusdauer sc hwan-
ken. Zwischen den beiden Phasen findet der Eisprung (Ovula-
Das wichtigste Androgen ist das Testosteron und sein Metabo- tion) statt.
lit 5a-Dihydrotestosteron. Androgene werden in den Keimdrü -
sen (Hoden. Ovar. dort in der Theca interna) und bei Frauen in
5.3.1 Follikelphase (1. Zyklushälfte)
geringen Mengen auch in der Nebennierenrinde gebildet. Bei
Männern übertrifft die Androgenproduktion im Hoden die der Unter dem Einfluss von FSH, dessen Kon ze ntrat ion bereits am
NNR bei weitem. Wie andere Steroid hormone auch wird Testo- Ende der Lurealphase d es vorangegangenen Zyklus ansteigt.
stero n aus Cholesterol gebildet und an spezifische Transport- reifen im Ovar einige Follikel (40-100) heran. FSH erhöht dabei
proteine gebunde n. die Teilungsrate der Granulosazellen und induziert die Ausbil-
Die Testosteronfreisetzung unterliegt der Regulation durch dung von Rezeptoren für FSH und LH auf den Follikelzellen. Die
Hypothalamus und Hypophyse: GnRH fördert die Sekretion von kleinen Follikel produzieren zu Beginn noch wenig, mit zuneh-
LH, das an die Leydig-Zellen im Hoden bzw. die Thekazellen d es mender Größe immer mehr Östrogene und auch lnhibin. Durch
Ovars und die Hormonproduzierenden Zellen der NNR bindet die steigende Östrogenkonzentration und lnhibin. da s selektiv
und dort die Testosteronbiosynthese stimuliert. Testosteron übt die FSH-Ausschüttung der Hypophyse hemm t, s inkt die FSH-
wiederum e ine negative Rückkopplung auf Hypothalamus und Konzentration (negative Rückkopplung ).
Hypophyse und damit auf die GnRH-Synthese aus (Abb. 5.1 ). Die Fo lli ke l stellen ihr Wachstum ein und gehe n zugrunde
Die bei Frauen im Ovar gebildeten Androgene dienen v.a. (Follikelatresie). Nur ei n Follikel, der dominante Follikel, d er
als Vorstufen für die Östrogensynthese in der Granulosazell- die mei ste n FSH-Rezeptoren besitzt, wird durch die jetzt nied -
schicht der TertiärfollikeL Androgene wirken teilweise, da ih re rige Gonadotropin-Konzentration ausreichend s timuliert und
Wirkung dosisabhängig ist, in schwac her Au sprägung auf den e ntwick e lt sich zum reifen (s prun gbereite n) Follikel (Graaf-
weiblichen Körper. Bei überhöhter Bildung treten Virilisie- Follikel). Die Selektion des dominanten Fo llikels ist bis zum 7.
rungserscheinungen auf. Zykl ustag abgesc hlo sse n. Der dominante Follikel produziert
Im männlichen Körper haben Androgene eine Vielzahl von z unehmend Östrogen, mehr als 95 % der zirk uli erend en Östro-
Funktionen: ge nm enge stammen von dem dominanten Follikel. Damit ist di e
• Differenzierung der primären mä nnli c hen Gesc hlechtsmerk- Östrogenkonzentration im Blutplasma gegen Ende der Follikel-
male (Hoden mit Testosteronsynt hese ab der 6. Woche nach phase am h öc hste n.
Befruchtung, Penis)
• Differenzierung der sekundären (z. B. tiefe Stimme. Sc ham-
5.3.2 Ovulation
und Achselbehaarung) männlichen Geschlechtsmerkmale
• Förderung des Längenwachstums in der Pubertät. später in Am 12./ 13. Tag ist die Östrogenkonzentration so weit ange -
hohen Dosen Sc hlu ss der Ep iphysenfugen st iegen, da ss die bisher negat iv e Rückkopplung in e ine positi-
• anabole Wirkung mit Zuna hm e vo n Muskel- und Knochen- ve Rückkopplung um sch lä gt. Dadurch wird die Hypophyse zu
masse ( Dopingmittel sind überwiegend Androgenderivate) ei ner sc hubart igen Freisetzung von LH veranlass t. Der stei le
• Förderung von Libido und Potenz Anstieg der LH -Ko nzent ration (LH -Peak) löst die Ovulation
• Stimulation der Erythropoese und d ie Ge lbkörperbildung au s. Durch Aktivierung von Kol-
• Steueru ng der Spermatogenese (zusammen mit FSH) lagenase n rupturiert der Fo llikel und das Ei tritt aus. Es wird
vom Fimbrientrichter der Tuba uterina aufgefangen und wan-
d ert in Richtung Uteru s. Die Östrogenproduktion sinkt und die
5.3 Menstruationszyklus 67

Konzentration fällt wieder auf Werte, bei denen die negative 5.3.4 Zyklische Veränderungen im Uterus
Rückkopplung auf die Hypophyse wirksam wird . Der Rest des
Follikels wandelt sich in das Corpus luteum (Gelbkörper) um : Endometrium. Im Verlauf de s Men struation szyklus unterliegt
Blutgefäße sprießen ein, au s den Granulosa- und Thekazellen das Endometrium zyklischen Veränderungen. Es lassen sich
entstehen Lutealzellen, deren hoher Lipoid-Gehalt für di e Ste- 2 funktionelle Schichten unterscheiden: das etwa 1 mm dicke
roidhormonsynthe se zur Gelbfärbung führt. Stratum basale und da s sich mit dem Verlauf des Zyklus verän-
dernde Stratum functionale.
H ERNTIPP ! • Desquamationsphase: Durch den sinkenden Progesteron-
Um sich die Verläufe der Hormonkonzentrationen während des und Östrogen s piegel am Ende des Menstruationszyklus
Menst ruationszyklus herleiten zu können , ist es entscheidend, kommt es zu einer Unterversorgung des Strarum funcriona -
sich de n Rückkopplungsmechanismus der Östrogene auf die le, das daraufhin abgestoßen (Desquamation: lat. Abschilfe-
Gonadotropinfreiset zung zu me rken : rung), proteolytisch verflüssigt und mit dem Menstruations-
niedrige bis mittlere Östrogenkonzentration __, negative Rück- blut ausgeschieden wird .
kopplung • Proliferationsphase: Noch während der Menstruation be -
hohe Östrogenkonzentration -+ positive Rückkopplung ginnt das Stratum basale unter dem Einflu ss des steigend e n
Östrogenspiegels mit der Regeneration. Die Epithel- und
Bindegewebszellen vermehren sich , die Drüsentubuli ver-
5.3.3 Lutealphase (2. Zyklushälfte) längern sich zu geschlängelten Schläuchen und die charakte-
ristische n Spiralarterien wachsen ein. Die Schleimhautdicke
Das neu entstandene Corpus luteum beginnt mit der Synthese nimmt insgesamt während der ersten Zyklushälfte wieder
v. a. von Progesteron, aber auch Östrogenen. Die Progesteron- auf 10- 12 mm zu.
konzentration steigt an und erreicht in dieser Zyklusphase ihr • Sekretionsphase: ln der zweiten Zyklushälfte wird da s En -
Maximum. Auch der Östrogenspiegel nimmt wieder zu . Dabei dometrium unter dem Einfluss von Progesteron stark durch-
werden allerdings keine so hohe n Östrogenspiege l mehr wie blutet und die Drüsen z u weiterem Wach stum an gereg t. Es
vor der Ovulation erreicht. Unter dem Einfluss des Progesterons wird zunehmend glykogenreicher Schleim sezerniert und
steigt die Basaltemperatur 1-2 Tage nach der Ovulation bis zum Glykogen und Fett im Gewebe eingelagert. Das Endometri-
Zyklu se nde um 0,5 oc an. um ist so optimal auf die Eieinnistung (Nidation) vorbereitet.

APROPOS
Durch morg endliche Temperaturm essung lässt sich de r Ze itpunk t der Ovul a- Östrogene verringern die Viskosität des Zer-
tion fest st ell en. Bei ein er Temperaturm essung üb er mehrere Mo nat e hinweg vixsekrets. Das Sekret wird glasig, ist leicht spinnbar, d.h. es
und ei ner reg elm äßigen Zyk luslänge könn en au f diese Weise di e fru chtbaren kann in langen Fäden au sgezogen w e rden. Auf einem Objekt-
Tage vorh erge sag t und die Temperaturmessung als Methode zur Kont- träger kristallisiert der eingetrocknete Sch leim in einem fa rn -
razeption ve rwe ndet we rd en, wen n der Geschl ech tsverk ehr auf di e siche r
krautähnlichen Muster aus (positives Farnk rautphänomen). Die
unfru chtbaren Tage beschrän kt wird (3. Tag nach Temperaturanstieg bis zur
nächst en Reg elblutun g). Im st ati stisc hen Mittel werden 1-3 von 100 Frauen
Durchlässigkeit des Zervixsekrets erreicht zum Zeitpunl<t der
inner ha lb eines Ja hres sc hwa nge r, we nn sie nac h d iese r Meth od e ve rh üte n, Ovulation ihr Maximum und lässt Spermi en in die Gebärmut-
die Einnahme oral er Kontra ze ptiva ist mit 0.1-0,9 sich erer. ter eindringen. Nach der Ovulation überwiegt der Einfluss d es
Progesterons, das die Vi skosität des Zervixschleims erhöht und
Progesteron und Östrogene wirken hemmend auf di e Hypophy- damit seine Durchlässigkeit für Spermien verrin gert. Auf diese
se, die Gonadotropinspiegel fallen dahe r nach dem Eisprung Wei se wird bei einer Schwan gerschaft auch da s Eindrin gen von
wieder ab. Das Corpus luteum is t aber auf LH angewiesen. Mit aufsteigenden pathog enen Keimen ve rhindert.
dem Abfall des LH-Spiegels unter einen bestimmten Wert de-
APROPOS
gene riert das Corpus luteum , seine Progesteron- und Östrogen- Östrog en- und gestagenhalti ge Präparat e wirke n als Kontrazeptiva. Bei ih -
produktion sistiert. Da Progesteron nötig ist, um da s Endome- re r rege lmäßig en Einn ahm e hemmen di e un ph ysiolog isch ho hen peri pheren
trium zu erhalten, geht nun auch das Endom etrium zugrund e Horm onspi egel üb er negat ive Rückkopplung die Synth ese der Gonadotropi·
und es kommt zur Menstruationsblutung. ne in d er Hy pophyse. lnfolge f ällt de r LH-Peak zur Zyklu sm it t e un d da m1t die
Ovu lati on aus. Aus di esem Gru nd bezeichnet man die Kontrazeptiva auch
i i ERNTIPP ! als Ovulationshemmer. Für ein e kont ra zepti ve Wirkung sc heint aber auch
die lokale Wirkung der Gestagene alle in e aus reic hend . Gestage ne ve rän-
Die Plasm akonzentration en der verschieden en Hormon e zu dern die Zusa mmense t zung des Ze rvixsch leim s. sodass di e Aszens ion de r
untersc hiedlichen Zeitpunkten des Men strua t ionszyklus sind Sperm ie n verhi ndert w ird, we iterhin stören sie di e Tuben molili tä t und damit
Geg enstand zahlreicher Fragen. Es ist unbedingt sinnvoll, sich d en Ei t ransport. Auf diese Weise kom m en in zwischen ouch ni edrig dos ierte
den Verlauf der Hormon spi ege l in Abb. 5.2 ein zupräg e n. rein e Cestage npräpa rate ( .. Minipille ..) auch ohne Ovulationshem mun g zu m
Ein satz, das Risiko ei ner un gewollten Sc hwangersc haf t ist aber höher.

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN


• De r Östrogenspiegel steig t in de r Follike lph ase (1. Zyklu s-
hälfte) auf se in Maximum a n, fällt zum Ovulation sze itpunkt
hin ab un d st eigt in der Lurealphase (2 . Zyklu shälfte) e rn e ut an
(all erding s wenige r sta rk als in der 1. Zy klu shäl fte).
Progesteronspiegel st e igt postovul atori sc h an und fällt
gege n End e de r Lurea lph ase wi ed er ab. Sein Max imum li egt in
de r Mitte der 2. Zykl ushälfte.
68 5 Sexualentwicklung und Reproduktionsphysiologie

GnRH !! uu u u! uu!! u uu! u!! ! alle 90Min .


!!! !!
alle 2,5- 4 Std.
! ! Abb. 5.2 Die hormonel-
len Vorgänge während
Einheite n /I des weiblichen Zyklus.

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12 0,3 positive
c Rückkopp lung
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0,2 - l: ..... ········ ····-·--
negative
Rückkopplung
0..

4 0,1

37,5 '(
37,0 '(
basale Körpe r-
t emperatur
36 ,5 ' (

Ovulation
'
:@-:: Ei

''
: .
. .
Follikelreifung
.;1-:. ,
im Ovar
unrei fer : reifender
'
Folli f<elsprung Gelb- degenerierender
Follikel Follikel körper Gelbkörper

Uterusschleim haut

Tage 7 14 21 28
Menstruation Follikelphase Gelbkörperphase -
Proliferationsphase Sekretionsphase

5.4 Gametogenese schaft sdrittel zu Oozyten I. sie erhalten i m we ite ren Verlauf
5.4.1 Oogenese ei ne Schicht von Granulosavor läuferzellen. Die dann als Pri-
mor dialfollikel bezeichneten Keimzell en befi nden sich zum
Bereits wä hren d der we iblichen Embryonalentwicklung w an- Zeitpun kt de r Geburt zw ischen Pro- und Metaphase der ersten
dern Urke i mzellen in di e Gonadenanl age. Au s den Urkeimzel- meioti schen Teilung (1. Re i fe tei lung). Sie t reten in dieser Phase
len di ffere nzieren Oogonien. die sich durch mi to ti sc he Teilun- ins Ruh esta di um ein (Ar reti eru ng im Dil<tyo tän). Mi t Ei nsetzen
gen ve r mehren. Bis zu m 5. Schw ange rsc hafts monat wäc hst der Puber tät sind von den bei der Geburt i m Ovar vorhand enen
ih re Anzah l auf ei nen Max imalwer t von ca. 6- 7 Mi ll ionen. die 400 000- 500 000 noch ca. 40 000 Pri mordial fo lli l<el vo rh and en.
M ehrza hl de r Ke im ze llen dege neriert allerd ings bis zur Geburt. Ein Tei l entw icke lt sich in jedem Ova r ialzyk lus über mehre re
Ein Te i l der Oogon ien entw ickelt sich im zwei te n Schwa nger- Ph asen (Primärfollikel mit Gra nu losazellen, Sekund ärfollikel
5.5 Schwangerschaft 69

mit zusätzlichen Thekazellen) zum Graaf-Follikel (s.o.) weiter. FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Die erste Reifeteilung wird erst kurz vor der Ovulation abge- .. Der Re ifungs vo rgang am Spermienkopf (Kapazitation) erfo lg t
schlossen, dabei entstehen 2 ungleich große Zellen mit jeweils norma lerweise im weiblichen Genitaltrakt.
haploidem Chromosomen satz. Oie kleinere wird als erstes Pol-
körperchen bezeichnet, die größere Zelle mit nahezu dem ge-
samten Zytoplasma ist die Oozyte II. Die 2. Reifeteilung schließt 5.5 Schwangerschaft
sich direkt an, sie wird erst bei einer erfolgreichen Befruchtung
beendet, we nn ein Spermium in das Zytoplasma der Eizelle 5.5.1 Konzeption und Nidation
eindringt. Das Ergebnis der zweiten ebenfalls asymmetrischen
Reifeteilung ist wieder eine große Oozy te li und 3 kleine Pol- Die Eizelle (Oozyte) ist nach dem Eisprung nur etwa 6- 24 Stun-
körperchen, die aufgrund des mangelnden Zytoplasmas dege- den befruchtungsfähig, am wahrscheinlichsten is t eine Be-
nerieren. fru chtun g innerhalb der ersten 12 Stunden. Von den Zilien des
Tubenepithels wird die Ei zelle in Richtung Uteru s transportiert,
di e Verschmel zung mit dem Spermium (Spermatozoon ) find e t
5.4.2 Spermatogenese
in der Regel im ampullären Teil der Tube statt. Der Kontakt mit
Die Vermehrung und Reifung der Spermien (S permatogenese) de r Zona pellucida der Eizelle löst beim Spe rmium die Akroso-
setzt erst in de r Pubertät ein. sie findet in den Samenkanälchen menreaktion aus. Dabei verschmil zt die äu ßere Akrosomen-
(Tubuli seminiferi contorti) des Hoden s statt. ln den Wänden membran mit der Zellmembran d es Spermiumkopfes und die
der Samenkanälchen liegen die Sertoli-Zellen. die durch FSH im Al<rosom enthaltenen Enzyme (hydrolytis che Enzyme und
(aus der Hypophyse) stimuliert werden und der Ernährung und die Protease Akrosin) werden freigesetzt (Abb. 5.3). Die Enzyme
dem Schutz der entstehenden Keim zellen dienen. Zu ihren Auf- ermöglichen dem Spermium das Durchdringen der Zona pellu-
gaben gehören auch die Bildung von androgenb indendem Pro- cida , es gelang t in den perivitellinen Spalt und zur Eizellmemb-
tein (AB P) und lnhibin. ln dem loc kere n Bindegewebe, da s die ran. Nach Kontakt des Spermienkopfes mit der Eizellmembran
Samenkanälchen umgi bt, sind die testosteronproduzierenden verhä rtet sich die Zona pellucida (Kortikalreaktion). sodass sie
leydig-Zwischenzellen lokalisiert. Das Tes tosteron wird von für w eite re Spermien undurchdrin gbar wird. Spermium- und
ABP der Sertoli-Zellen gebunden und den Keimzellen zugeführt. Eizellmembran verschmelzen, der Kern de s Spermienkopf ge-
Die Spermatogenese läuft in mehreren Schritten ab und lan gt in s Inn ere der Oocyte (Imprägnation). Oie Eizelle setzt
nimmt etwa 74 Tage in Anspruch. Au s den unreife n Keimzellen ihre 2. Re ifeteilung fort , der 2. Polkörper wird gebi ld et und
(Spermatogonien) entstehen durch mitotische Teilung Sperma- ausgeschleust Die beiden Vorkerne, die jewei ls den väterlichen
tozyten und daraus Spermatiden. Die Spermatiden differenzie- oder den mütterlichen haploiden Chromosomensatz enthalten,
ren in dem Prozess der Spermiogenese zu den fertigen Sperma- werden au sgeb ildet. Durch ihre Verschmelzung (Konjugation)
tozoen (Spermien) mit Kopf und Schwan z. ln de n Nebenhoden entsteht der diploide l<ern der Zygote.
erlangen die Spermien ihre Beweglichkeit. Der letzte Reifungs- No ch auf dem Weg zum Uteru s. etwa 24 Stunden nach der
sc h ritt (Kapazitation) erfolgt - wahrscheinlich begüns ti gt Befruchtung finden die ersten Furchungs teilungen der Zygo te
durch das Ze rvi xsekret - erst nach der Befruchtun g beim Auf- statt. Diese wiederholen sich , sodass nach et wa 3 Tagen ein
st ieg im weiblichen Genitaltrakt. Da bei erlangen die Spermien Zellhaufen au s 32 kugeligen Zellen entstand e n ist (Morula).
die Fähigkeit, die Eihülle zu durchdringe n. Die Spermatozoen Nach etwa 4 Tagen erreicht die Zygote den Uterus. Im Inneren
können bis zu 3 Tagen im weib liche n Genitalt rak t überleben, der Morula bildet sich ein flüssigkeitsgefüllter Hohlraum. es
die opt imale Befruchtungsfähigkeit haben sie aber an Tag 1. entsteht di e Blastozyste. Der die Höh le umgebende Zellmantel
Die Hodentemperatur ist für die Bildung der Spermien und diffe renziert sich zum Trophoblasten . im Inneren liegt der Em-
ihre Funktion optimiert und li egt normal e rwei se 2- 5 "C unter bryoblast (Abb. 5.4). Au s dem Trophoblast werden die späteren
der Körper kerntemperatur. Eihäute und der kindliche Plazentaanteil. aus dem Embryoblast
der e ige ntliche Embryo.

Abb. 5.3 Konzeption. Aufl ösung der Zo na pel lucida


Oozyte durch akrosomale En zyme (1 ) und Impräg nation (2).
perivitelliner Raum Lona pellucida

/ Corona radiata

in Metap hase
Zytoplasma der 2. Re ife-
tei lung
CTJhs:=:::=:-::J=-- 1. Polkörperehen
70 5 Sexualentwicklung und Reproduktionsphysiologie

Vakuolen - ----,_

Trophoblast Embryoblast Synzytio-


trophoblast

Ektoderm
Entoderm
Zyto- - - - --+--t-++-
trophoblast

Blastozystenhöhle Zona pellucida


Endometrium

a b

Abb. 5.4 Blastozyste_ a Vor Implantation. b Nach Implantation.

Etwa 6 Tage nach der Konzeptio n beginnt sich die Blasta- luteum gravidatis) und produziert weiter Progesteron . Ab
zyste in die Uterusschleimhaut einzunisten (Nidation, Implan- etwa dem 2. Schwan gersc haftsdrittel übernimmt dann die Pla-
tation). Zu diesem Zeitpunkt befindet sich das Endometrium zenta die Progesteronproduktion in ausreichender Menge. Das
gerade in der Sekretionsphase. Die Blastozyste lagert sich mit Corpus luteum gravidatis wird nicht mehr benötigt, es ge ht zu-
dem embryonalen Pol an die Uterusschleimhaut an. Der Anteil gru nde. Der HCG-Spiegel sinkt nach dem 1. Schwangerschafts-
des Trophoblasten, der keinen Kontakt zur Uterusschleimhaut drittel auf ein niedriges Plateau ab, das bis zur Geburt erhalten
hat, differenziert zum Synzytiotrophoblasten. Er sezern iert ly- bleibt. Die meisten Schwangerschaftstests basieren auf dem
tische Enzyme und dringt unter Auflösung mütterlicher Zellen Nachweis von HCG, das ab dem 6.-8. Tag nach der Befruchtung
tiefer in das Endometrium ein , sodass er schl ießlich die Blasta- im Urin nachweisbar ist.
zyste vollständig umgibt. Die Uterusschleimhaut wandelt sich
APROPOS
ihrerseits in die Dezidua um. Glykogen und Fette werden ein- Durch di e Gabe ein es Anti-Progesterons. dessen Wirkung auf der kompetiti-
gelagert. immunkompetente Zellen wandern ein und eine ex- ven Hemm ung der Progesteronrezeptoren beruht. lässt sich medikam entös
trazelluläre Matrix wird gebildet, sodass die Schleimhaut über bis zum 49. Zy klustag ein Schwa ng erschaftsabbruch induzieren. Seit 1999
dem eingenisteten Keim wieder verschlossen wird. ist in Deutschl and die ,.Abtreibungs- Pille" Mifegyne B ( RU 486. Mifepriston)
zug elassen. Die Einmaldosis wird in Anwesenh eit eines ermächtigten Arztes
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN verab reicht. Innerh alb vo n 36-4 8 Stunden später wird zusätzlich ein Pros·
taglandinpräparat verabreicht. es erweicht die Zervix und beschleunig t die
Die Eizelle lässt sic h am wahrsc hei nlichsten in den ersten 12
Ausstoßung des Embryos.
Stunden nach der Ovulation befruchten .
Etwa 6 Tage nach der Konzeption beginnt die Nidation. Im weiteren Verlau f der Schwangerschaft entwi ckelt sich die
Plazenta. die für die Austauschprozesse zwischen Mutter und
Kind notwendig ist und wi chtige endokrine Aufgaben über-
5.5.2 Hormonelle Veränderungen während nimmt. Insbesondere bildet sie in großem Umfang Östrogene
der Schwangerschaft und Progesteron . Die Plazenta ist bei der Östrogenbildung auf
die Anlieferung von Vorstufen angewiesen . Die Östrogen-Vor-
Nach Befruchtung der Eizelle und ihrer Einn istung muss die stufen, DHEA (Dehydroepiandrosteron) und DHEA-S, werden
Progesteronproduktion gesichert werden, weil sonst die Ute- im letzten Schwangersc haftsmonat überwiegend in der fetalen
russchleimhaut und mit ihr die Blastozyste mit einer Regel- Nebenniererinde gebi ldet und in der Plazenta zu Östriolumge-
blutung abgestoßen wird. Da die LH-Kon zenrration aufgrund wandelt, man spricht daher auch von der fetoplazentaren Ein-
der negativen Rückkopplung durch Progesteron und Ostrogen heit. Die Östrogenproduktion in der Plazenta steigt bis zur Ge-
sinkt, beginnt der Synzytiotrophoblast schon in einem sehr frü - burt hin kontinuierlich an. Anders al s bei der Östrogensynthese
hen Stadium HCG (humanes Chorion-Gonadotropin) zu bilden. ist der Fetus nicht an der Progesteronsynthese beteiligt. Des-
Die höchsten HCG-Plasmaspiegel im Blut der Mutter finden sich sen Synthese geht vom mütterlichen Cholesterin aus und die
während der embryonalen Phase (1. Schwangersc haftsdritrel. Produktion steigt bis zum letzten Schwangerschaftsdrittel an.
Abb. 5.5).
HCG ist dem LH sehr ähnli ch. sodass da s im Ovar gebildete
HCG di e Wirkun g des feh lenden LH s aus der Hypophyse ersetzt.
Unter seinem Einfluss bleibt der Gelbkörper erhalten (Corpus
5.7 Laktation 71

E 60
HCG zwi schen de n Myometriumzellen ausgebildet, damit sich wäh-
Ci
.s \.J
rend der Geburt Kontraktionen schnell üb er den ges amte n Ute-
u ru s au sbre iten können. Außerdem werden unter Östrogen- und
50 100 I
Progeste rone influ ss vermehrt Oxytocin-Rezeptoren geb ildet,
sodass We hen e ffektiv au sgelöst und gesteuert werden können .
c Oxytocin wird in den neuro sek reto ri sc hen Ne uronen des
e 40 - 80
t; Hypoth a la mu s (Nucleus supraopticus und Nucleu s paraventri -
Cl/
cu la ris) gebilde t und im Hypophysenhinterl appe n ges pe ichert.
e
Ol

c.. 30 60 Durch Wach stum oder Bewegungen de s Fetus und unter der
0
;; Ge burt kommt es zu Dehnungen der Uteru sm uskulatur bzw.
N
de r Zervix. Dehnungs rezeptoren ge ben die Impul se an den Hy-
" 20 40 pothalamus weiter (Fe rgu so n- Refle x), sodass Oxytocin frei ge-
E
>-- 10
.;
8
setzt wird und am Myometrium Kontraktionen auslöst. Unter
.." =E
0 de m Einfluss von Östrogen und Oxytocin werden in allen int ra -
0 6 Ci
i 4
2:
...J
c..
uterin en Geweben Prostaglandin e gebildet, sie wirken wehen-
fö rdern d. auß erdem erweichen sie da s zer vika le Bindegewebe
2 I
und der Mutter mund öffnet sich.
0
4. 8. 12. 16. 20. 24. 28. 32 . 36. 40.
Woche (seit der letzten Menstruation)
Abb. 5.5 Konzentrationen der Plazentahormone im Plasma der 5.7 Laktation
Mutter im Verlauf der Schwangerschaft.
Wä hrend der Sc hwange rsc haft reift das Drüsengewebe der
Brust unter dem Einfluss verschiedener pla ze ntarer Hormone
wie Östrogenen. Proges teron und HPL bzw. d e m aus dem Hypo-
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
physenvorderlappen freige setzte n Prolaktin heran.
• Di e höch st e HCG-Konzentration find et sich im 1. Drittel de r
Unterhalte n wird die Laktation durch einen neuro ho rmo na-
Schwangerschaft.
le n Re fl ex: Das Saugen des Kinde s a n de r Mamill e stimuliert di e
• HCG bewirkt, da ss im 1. Drittel der Schwangerschaft der
Freisetzung von Oxytozin und Prolaktin (Abb. 5.6).
Gelbkörper und damit die ovarielle Progesteronproduktion
aufrecht erhalten wird .
Es fördert das Wach stum und die Differenzierung
• Im 3. Drittel der Schwangerschaft übe rnimmt die Plazenta
der Brustdrüse und dient damit der Vorb e reitung auf di e Milch-
die Bi ldun g von Progesteron und Östrogenen .
produktion. Während die ansteigenden Östrogenspiegel ge-
• Die Vorstufen de r von der Pla ze nta produzierten Östroge ne
gen Ende der Schwangerschaft die Synthese von Prolaktin in
sta mmen von der fetalen Nebennierenrinde. Sinkt im 2.
der Hy pophyse sti mulieren, werden gleich ze itig d ie Prolaktin-
Trime non der Östrogenspiegel anstatt anzuste igen . ist die
rezeptoren in der Brustdrüse v.a. durch Progesteron ge hemmt.
Ursach e meist eine In suffi zienz der fetalen NNR.
sodass de r Milchflu ss nicht schon vor der Geburt e in se tzt. Nach
der Geburt fällt der Progesteronspiegel dann durc h den Wegfa ll
ln der Plaze nta w ird v. a . im spä te re n Verl a uf der Schwanger- der Plazenta ra sc h ab. so da ss unter dem Ei nflu ss von Prola ktin
sc haft HPL (humane s pla zentares Laktogen bzw. HCS Hu- die Milc hp roduktion in der Brust einsetzt. Darüber hinau s in -
manes Chorion somatoma mmotropin ) gebild et. HPL wirkt wie duziert Prolaktin die Bildung der mRNAs für das Milchprotein
Somatot ropin auf den Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel und Casein und andere wichtige Milchsy nth esee n zy m e.
fördert d as Gewebewachstum (vgl. S. 62). Zusa mmen mit den Die Prola ktinfre isetZLing aus den laktotropen Ze llen des
ste ige nd e n ö strogen spiegeln ist es an de r Vorbereitun g der Hypophysenvorde rlappen s unte rli egt ein e m komplexen Regel -
Bru stdrüse auf di e Laktation bete ili gt. Die Ausschüttung des krei s (Abb. 5.6). Im Gegensatz zu den anderen HVL- Hormonen
für die Mi lchsekretion erforderlichen Prolaktins (s. u.) wird erst steht die Prolaktinsek retion dauernd unter de r dire kten Hem-
nach der Geburt in Gang gesetzt. Östrogene sens ibil is ieren zu- mung des Hypotha la mus, v.a. durch das Prolak ti n- lnhibiting-
d em de n Ute ru s für die Wirkung vo n Oxytocin, während die ho - Ho rmon (Dopamin). Die hohen Östrogenspiegel beso nd ers zum
hen Progesteronspiegel di e Mu ske lakt ivitä t des Uter us he m- Ende der Schwa nge rscha ft führen wahrscheinlich üb er eine
m en und dadurch e ine vorze it ige Wehentätigkeit verhindern . Desensibilisierung der Dopaminrezeptore n an den laktotropen
Zelle n zu e in er erhöhten Prolaktinfreisetzung.
' LERNTIPP ! Eine Reihe von hypoth alami se he n Hormonen (Angiotens in
Beliebtes Thema sind die versc hiede nen Hormo nspiegel im II , ADH. VIP. TRH ) stimuli ert ebe nfall s di e Prolaktinfreisetzung .
Verlauf der Schwa ngerschaft. Auch hier ist es sinnvoll, sich den ln de r Stillp e ri ode he mmt da s Sa uge n des Kind es an d e r Ma-
Verlauf der Kurven in Abb. 5.5 ein zuprägen. mill e re fl ektor isc h di e Dopam infreisetzu ng im Hypothalamus,
wodurch in der Hypophyse nu n vermehrt Prolaktin frei gesetzt
wird . Die bei jedem Stille n um ein 10-faches freigese t zte Pro-
5.6 Geburt lak ti nm en ge st imulie rt die Milchproduktion für da s nächste
Sti lle n.
Feta le Signa le und Hormone leite n etwa 40 Wochen pos t me n s- Prolaktin wird auch be im Mann gebildet. über se in e Wir-
truationem (a lso ca. 38 Woc he n na ch de r Konzeption) di e Ge - kung ist bi sla ng jedoch nu r weni g beka nnt.
burt ein. Unter de m Ei nflu ss des steil en Östroge np eaksa m Ende Ein e pat ho logisc h er höhte Pro laktinkon zent ration (Hyper-
der Schwa ngerschaft werden im Ute ru s vermehrt Gap junction s prolaktinämie) führt bei der Frau z u eine r Verminderung der
72 5 Sexualentwicklung und Reproduktionsphysiologie

erhöhten Prolaktinspiegel kommt eine erhöhte TRH-Sekretion


des Hypothalamus infrage oder auch ein hormo nprodu ziere n-
der Tumor der Hypophyse (Prolaktinom).
APROPOS
Die Therapi e bei Nachweis eines Prolaktinoms mithilfe bildgebender Verfah-
ren (CT. MRT) besteht je nach Größe des Tumors in der Gabe von Dopamina-
goni ste n (Prolak tinh emmer) oder in de r neurochirurgi schen Entfern ung .

.. Oxytocin. Beim Stillen wird durch Saugen an den Brustwar-


zen Oxytozin aus dem Hypophysenhinterlappen ausgeschüttet.
Unter seinem Einfluss kont rahieren sich die Myoepithelzellen
in der Brustdrü se, dadurch wird Milch aus den Azini in die Aus-
führung sgä nge ge presst (Milchejektion). Gleichzeitig kommt
es. bedingt durch die hohe Oxytozin-Rezeptordichte im Uterus.
zu teilweise auch stärkeren Uteruskontraktionen. Diese "Nach-
wehen" beim Stillen begünsti gen die Rückbildung des Uterus
und den Abfluss der Lochien ("Wochenfluss").
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
.. Die Prola ktin se kretion wi rd durch Dopamin gehemmt .
.. TRH stimuliert die Prolaktinfreisetzung .
.. Das Saugen des Kind es an den Bru stwa rze n beim Stillen führt
Abb. 5.6 Steuerung der Laktation. Die Hemmung vo n Dopamin wird zu einer refl ektori schen Oxytozinfreisetzung .
dessen inhibitorischer Effekt auf die Prolaktinfreisetzung aufgehoben
und Prolaktin wird verstärkt ausgesc hüttet. Außerhalb der Stillperiode
wird die Prola ktinfreisetzu ng du rc h Dopamin blockie rt (gestrichelter GESCHAFFT
Ka sten).
He rz lichen Glückwunsch! Sie haben alle prü fungsreleva nten Inha lte des 2.
Physiologie-Sk ripts erfolgreich gelernt und sich hoffentlich nicht von den Hor-
pulsatilen GnRH-Freisetzung und dadurch zu ei ne r sekundären monen aus dem Gleichgewicht bringen la ssen. Zum Wiederholen sol lten Sie
Ovarialinsuffi zienz. Diese man ifes tie rt sich u.a. durch Follikel- sich kurz vor der Pr üfung noch einma l auf di e ge lb mark ierten Textpassagen
reifungs-, Zyk lus- und Fertilitätsstörungen. Außerdem kann und di e FAZ IT-Kästen kon zentriere n. Vi el Erfo lg beim Physikum!

eine Galaktorrhö auftreten (spo ntane milchige Absonderung


aus der Bru stdrü se außerhalb der Still zeit). Al s Ursache fü r den
Sachverzeichnis 73

Sachverzeichnis

A Azinuszell e C-Peptid 58 Filtrationsfraktion (FF) 32


- Pankreas 9 CRH (Corticotropin-Releasing- Filtrationskoeffizient 31
Absorption, Nahrung im Darm 13
- Speicheldrüse 4 Hormon) 51 Fil t rationsrate, glomeruläre
ACE (Ang iote nsin-Converting Cushing-Syndrom 54 (GFR) 31
Enzyme) 45
Fol likel 66
Acetylchol in B
Foll ikelat resie 66
- Insulinausschüttung 59 Ba llast stoffe 15
D Fol likel ph ase 66
- Magensäuresekretion 8 Barrett-Ösophagu s 6 Darmba kterien 13 folli kelst imulierendes Horm on
- Pankreassekretion 10 Bayliss-Effekt 32 Defäkation 13 (FSH) 52
- Speichelzusamm ensetzung 5 Belegzelle, Magen 6, 7 Defäkationsreflex 13 Folli kotropin 52
Achalasie 6 Beriberi-Syndrom 2 Dehnungs rezeptor 46 Follit ropin 64
ACTH {Ad renocorticot ropes Bikarbon at Dehydratation Fo lsäure 1
Hormon) 52 - Pankreassekret 9 - hypertone 27 Freizeitumsat z 18
Adeno hypophyse 51 - Resorption - hypotone 27 , 28 FSH (follikelst imul ierendes Hor-
ADH (an t idiuretisches Hor- - Darm 14 Dehydroepiandrosteron mon) 52 . 64
mon) 46, 52 - Niere 36, 39 (DHEA) 55, 70 Fu ndus, Magen 6
Adiuretin 46, 52 - Speichel 5 Deiodierung 56 Furosemid 43
Adrenocorticotropes Hormon Bi lirubin 11 Desquamationsphase 67
(ACTH) 52 Bilirubinsteine 11 DHEA (Dehydroepiandroste-
Akklimatisation, Temperatur 23 Biotin 1 ron) 55, 70
G
Akromegal ie 63 Blasenga lle 11 Diabetes in si pid us 47 Gallenfl uss 11
Akrosin 69 Blastozyste 69 Dia betes mellitus 38, 59 Gallenfl üssigkeit 10
Akrosom enreaktion 69 Blutfl uss . re naler (RBF) 30 Dickdarm 13 Gallensalze 11
Aldosteron 44 Bowm an-Kapsel 29 1 ,25-Dihydroxy-Cholecalciferol 61 Gallensäuren 11
Aldosteron-An tagonisten 43 Brechzentrum 6 Diurese 44 Gallen steine 11
Alkalose Brennwert 19 - osmotische 38 Gametogenese 68
- metabolische 6 Bürstensaum 12 - Diabetes mellitus 60 Gaslric inhibitory Peptide (GIP) 4
- renale Kompensation 42 B-Zellen 58 Diuretika 42 Gastrin 3. 7
Altersdiabetes 59 Dopamin 52 Gastri nom 8
Am inoazidurie 38
Aminosäurecarrier 16
c Druckdiurese 3 1
Dünnda rm 12
Geburt 71
Gegenstromprinzip
Aminosäure-Resorption Calbindin 61 Duodenum 12 - Harnko nzentrierung 43
- Darm 15 Calcidi ol 5·1 Durstversuch 47 - Wärm etausch 23
- Ni ere 38 Calciol 2, 6 1 O-Zellen 58 Gelbkörper 67
Ammoniak 40 Calcitrial (a Kalzitriol) 61 Gelbsucht 11
Ammoniak-Weg 41 Calcium 28 Gesamtkörperwasser 26
Ammoniumi onen 40 Calcium hausha lt 60
E
Gestagen 65
Amyla se 4 Calcium-Resorption Einh eit, fetep lazentare 70 GFR (glomeru läre Filtra t ionsra-
Anämie, perniziöse 8 - Da rm 14 Eisenbeda rf 14 te) 31
Androge ne 55, 66 - Ka lzitrialwirkung 61 Eisen-Resorptio n 14 GH (Growth Hormone) 52
Androstendion 55 - Niere 39 Embryobl ast 69 GHIH (Growth-Hormon e-ln hibi-
ANF (atrialer natri uret ische r Cana liculi (Belegzellen) 7 ENaC 14, 38 t ing-Ho rmon) 52
Faktor 47 Carboan hyd rase 8 Endometrium 67 Ghrelin 62
Angiotensin 32 , 45 Carboan hydrase-Hemmstoffe 43 ß-Endorphin 54 GHRH (Growth-Horm one-Relea-
Angiotensin-Converting Enzyme CCK. siehe Cholecystok inin Energiehaushalt 17 sing-Horm on) 51
(ACE) 45 CFTR 9 En ergieum satz 17 Gigantismus 63
ANP (atriales nat riuretisches CFTR-Ge n 10 Entereglucagon 4 GIP (Gastric inhibitory Peptide) 4
Peptid) 47 Chl orid-Resorption Ente ropathie. glutense nsitive 17 Globulin , thyroxinbindendes
An t idiurese 44 - Darm 14 Erbrech en 5 (TBG) 56
An t id iuretisches Hormon - Niere 39 - ch ron isches 28 Glomerulu s 29
(ADH) 46 . 52 Cholecalcife rol 61 Erythropo ietin 47 GLP-1 (G iucago n-like Peptide) 4
An t rum 7 Cholecystok inin (CCK) 4 Estradiol 65 Glu cagon-like Peptid e (GLP-1) 4
Apparat, juxtaglomerulärer 30 - Ga ll ensekretion 11 Extrazellulärvolumen 26 Glu kago n 60
Aquapo rin e 30, 36, 44 - Pankreassekreti on 9 Glu kokortikoide 53
Äqu ivalent. kalori sches 19 Cholesterin stein e 11 F 35
Arbeitsumsatz 18 Cholsäure 11 Glu kose-Resorption
Asco rbin säure 1 Chorion somatom arnmotrop in, FA (rra ktionelle Aussche id ung ) 33 - Darm 15
Atrial er natriuret ischer Faktor huma nes (HCS) 7 1 Faktor, atrialer natriuretischer
- Niere 37
(ANF) 47 Chylom ikron en 16 (ANF) 47 Glukosurie 38
Atri ales natriureti sches Peptid Chymotrypsin 9 Feedba ck-Mechanism us, tubulo- GLUT2 15
(ANP) 47 Cleara nce 33 glom eruläre r (TGF) 32
GLUT4 59
Atri opeptid 47 Cleara nce-Werte 34 Feedback. negat ives 49
GLUT5 15
Atriopeptin 47 Cobala min 1 Ferritin 14
Glu t aminase 4 1
Au sscheidun g. fraktioneile (FA) 33 - Resorption 8 Fettaufn ahme 15
Glu t amin (Harn stoffau sschei-
A-Zellen 58 Conn-Syndrom 45. 53 Fet tgewebe, bra un es 21
dung) 4 1
Azidose Corpus luteum 67 Fieber 24
Glycocholsäu re 11
- metabol ische, Diabetes m elli- - gravidati s 70 Fi lterleitfähigkei t 3 1
GnRH (Gonadotropin-Releasing-
t us 60 Corticotropin 52 Fil tration. glom eruläre 31
Horrn on) 64
- re nale Kompensation 42 Corl icotropin-Releasing-Hormon - Regu lation 32
Gonadoli berin 51
(C RH) 51 Filtrationsclruck. effektiver 3 1
74 Sachverzeichnis

Gonadotropine 64 Hypoka lzäm ie 61 Kreis lauf, enterohepatischer 12 N


- human es (HCG) 70 Hypokorti solismu s 55 Kretin ism us 57
Gonadotropin-Releasing-Hormon Hypoparathyreo idismu s 61 Kropfbildung 57 NADPH-Oxid ase 56
(CRH) 51 Hypophyse 51 Krummdarm 12 NANC-Nerven 6
Gonodotropin-Releasing-Hormon Hypot halamu s 51 Natrium 28
(GnRH) 64 Hypot hyreose 57 Natrium-Resorption
L - Darm 14
Graaf-Follikel 66, 69 hypoton 26
Growth-Hormone-lnhibiting- Hypovolämie, chronsiches Erbre- La ktation 7 1 - Niere 38
Hormon (GHIH) 52 chen 6 La ktogen, humanes plazentares Natriurese 47
Growth-H ormone-Releasing-Hor- (HPL) 71 NBC1 3g
mon (GHRH) 51 La ngerhans-Inseln 58 Nebennierenmark 52
Growth Horm on (GH) 52, 62 Lebergalle 10 Nebennierenrinde 52
IDDM (Insu lin depend ent Diabetes Leerdarm 12 Nebenzelle, Magen 6
Grundbedarf (Energie) 18
Grundumsatz 18 mellitus) 59 Lewis-Reaktion 23 Nephrolithiasis 48
- relativer 18 Ikterus 11 Leydig-Zwischenzellen 69 Nephron 29
G-Zelle, Magen 7 Il eum 12 LH (luteini sierend es Hormon) 52, - Harnkonzentrierung 43
Il eus 13 64 Nervensystem, enteri sches 3
lmplont<ltion 70 Liberine 51 Neurohypophyse 51
H Imprägnation 69 Liddle-Syndrom 45 Neutralzo ne, thermi sche 20
Haptocorrin 8 Indifferenztemperatur 20 Lurealphase 67 Nicotinamid 1
Harnkonze ntrierung 43 lndikatorverdünnung sverfah- Lutein isierend es Hormon (LH) 52, Nidation 70
Harnsä ure-Ausscheidung 40 ren 25 64 NIDDM (Non-In sulin dependent
Harn ste in e 47 lnhibin 66 Luteotropin 52 Diabetes mellitus) 59
Harnstoff-Ausscheidung 40 lnhibiting-Horm one 51 Lutropi n 64 Niere 29. 30
Harnzeitvolumen 32 Insolation 24 Lysozym 4 - Funktionsgrößen 32
Hauptzelle. Mag en 7 Insu lin 58 Ni erendurchblutung 30
Hautdurchblutung 23 Insu lin ausschüttung 59 Nierenkörperehen 29
M Nierenstein e 40
Hautpigmentierung, vermehr- lnsulinom 60
te 55 Insulinsek retion 58 Macula-den sa 30 Nierenversagen, akutes 44
HCG (humanes Chorion-Gonado- Introzellulärvolumen 26 Magen 6 Nikotin sä ure 1
tropin ) 70 lntrinsic Factor 8 Magenentleerung 7
HCS (humanes Chorionsomato- lnulin-Ciea rance 34 Magenmotilität 7
Magenmotorik 7
0
mammotropin ) 71 Iodmangel 57
Henle-Schl eife 29 lonenkonzentrationen, Magensaft 7 Om eprazol 8
- Harn konzentrierung 43 29 Magensäuresek retion 7. 8 Oogenese 68
Histamin isoton 26 - Hemmung 8 Oogonien 68
- Magensäuresekretion 8 Magnesi um 29 Oozyte 68
- Verdauung 4 Magnesium-Resorption , Niere 40 Osmolaritätsgradient, Harnkon-
Hitzeko llaps 24 J Ma labsorption 17 ze ntri erung 43
Hitzschlag 24 jejunum 12 Ma ldigestion 17 Osmorezepto r 46
Horm on Joul e 17 Masse nbewegu ngen. propu lsi- Ösophagus 4
- <i drenoco rticotropes (ACTH ) 52 ve 13 Ösophagussphinkter 5
Melanotropin 52 Osteoma lazie 62
- antidiuretisches (ADH) 46, 52 K Osteo porose 65
- follikelstimulierendes (FSH) 64 Melanozytenstimuli erendes Hor-
- luteinisie rend es (LH) 52 . 64 Kalium 28 mon (MSH) 52 ästradial 65
Hormon e 48 Kalium-Resorpti on Menachinon 2 Östrogen 65
- Hypothalamus/ Hypophyse 51 - Darm 14 Menstruationsblutung 67 Ovu latio n 66
- Nebennierenrinde 52 - Ni ere 40 Menstruationszyk lu s 66 Ovul atio nshemmer 67
- Verdauung 3 Ka lorim eter 19 Mesangiumzelle 31 Oxytocin 52, 72
Horm on inaktivierung 50 Ka lorim etrie 19 Milchejektion 72
HPL (huma nes plazentares Lakto- Kä Irezittern 21 Mineralokortikoide 53 p
gen 71 Kalzitonin 55, 62 Minipille 67
Ka lzitriol 61 MMC (Myoelektrisc her Motorkom- PAH-Ciearance 35
huma nes Chorion- Gona dotropin
Kapazitation 69 plex) 12 PAH (Paraa min ohi ppursäure) 35
(HCG) 70
Kapillarsystem, peritubuläres 31 Morbus Addison 45 , 55 Pankreas 9
Hyd roxystero id-Dehydrogenase 53
Kardia 6 Morbu s Basedow 57 Pa nkreasenzyme 9
Hyperaldosteronismus 45. 53
Kerckring-Falten 12 Morula 69 Pankreashormone 58
Hyperh yd r<itat ion 27
Kerntemperatur 20 Motilin 4. 7 Pankreassekret 9
Hyp erkaliämie
Ketoazidose 60 Motorik Pankreassekret ion 10
- Aldostero n-Sekretion 45
Koh lenhydrata ufnahme 15 - Darm 12 Pankreatitis, ak ute/ chron ische 10
- ch ron isches Erbrec hen 28
Kolitis, pseudomembranöse 13 - Ko lon 13 Pantothensäure 1
- NNR-Insuffi zienz 55
Kolon 13 - Magen 7 Paraa minohippursä ure (PAH) 35
Hyp erkortisolismu s 54
Konduktion 22 Motorkomplex, myoelektrischer Parathormon (PTH) 61
Hyperparathyreoid ismus 61
Konjugation 69 (MMC) 12 Parathyrin 61
Hyperprol<iktinämie 71
Konvektion 22 MSI-I (M elanozytenstimu lierendes Pendelbewegungen 12
Hyperthermie 24
Konvolut, Niere 29 Hormon) 52 Pepsin 9
Hyp erthyreose 57
Körperwassers 25 Mukovi szidose 10 Pepsin ogen 9
hyperton 26
Korpus, Magen 6 Mund 4 Peptid
Hypoald osteronism us 45
Kortika lreak t ion 69 Muzine - atriales na t riurelisc hes
Hypokaliämie
Korti sol 53 - Magen 8 (ANP) 47
chron isches Erbrechen 6 - vasoa ktives intest inales (VIP) 4
Ko rtison 53 - Mund 4
Hyperaldost eroni smus 53 Peptidhormone 49
Kreatin in-Au sscheidung, fraktio-
- Liddle-Syndrom 45
neile 34
- nach Insulininjektion 59
Kreatin in-Ciearance 34
- Schl eifendiu retika 43
Sachverzeichnis 75

Peristaltik
- Darm 12
R Somatotropin (STH) 52, 62
Sonnenstich 24
u
- Kolon 13 RAAS (Ren in-Angiotensin-Aid oste- Überwässerung 26
Speichel 4 . 5
- Magen 7 ron-Syst em 45 UCP (Uncoupling Protein) 21
Speichelbildung 4
Ro chitis 52 Uncoupling Protein (UCP) 21
Perspiratio insensibilis 23 Speiseröhre 4
Perspiratio sensi bili s 22 RBF (rena ler Blutfluss) 30 Urobil in 12
Spermatide 69
Pfortadersystem (H ypoph yse) 51 Rea kti on. myogene 32 Spermatogenese 69 Urobil inoge n 12
Phasen Regel kreis
Spermatogon ie 69
_ Mage nsaf ts ekretion 7 _ neuroendokrin er 49
Spermatozoon 69 V
_ Menstruationszy klus 66 _ Schilddrüsenhormone 55
Spermatozyte 69
- Schluckakt 5 Rek tum 13 vaseaktives intest inales Peptid
Spermien 69
pH-Cieara nce 6 Rele<Jsing-Hormone 5 1 (VIP) 4
Spiralarteri en 67
Phosphat 28 Renin-Angiot ensin-Aidosteron-
Sprue 17 Vasopressin 46. 52
Phosphathausha lt 60 Sys t em (RAAS) 32, 45 Spurene lemente 2 Verdunstung 22
Phosphatpuffer 41 Resorpti on Statine 51 VIP (vasoaktives intestinales
Phosphat-Resorption, Niere 40 - Darm 13
Sterkobil in 12 Peptid) 4
Pigmentsteine 11 - Niere 36, 37, 38. 39 Sterkobilinogen 12 Vitam in-D-Hormon 61
- parazelluläre 37 Vitam ine 1. 2
PIH (Prolactin-lnhibiting-H or- Steroidd iabetes 54
mon) 52 Retinol 2 Vo lumenbestimmungen 25
Steroidhormone 49
Plasma flu ss, renaler (RFP) 3 1 Riboflovin 1
STH (Soma totropin) 52, 62 Volumen-Ciearance 6
Plasmahalbwe rtszeit 50 Ringer-Lösung 29
Synzytiotrophoblast 70
Plasmavolu m en 26 RPF (rena ler Pl as m aflu ss) 31
R-Protein 8
w
Plaze nt<J 70
Plexus myentericus 3, 12 Rückkopp lung. negative 49 T Wachsturnshormon 62
Wärm ea bgabe 22
Plexus submucosus 3 Rückresorption, isoos motische 36 Taurocho lsä ure 11
Podozyt 31 Ruh eum sa t z 18 TBG (thyroxinbinden des Globu-
- eva porative 22
Wä rmebildung 21
Polkörperehen 69 lin) 56
POMC (Proo piomelanocorticotro- s Temperaturse nso ren 20
- zitterfreie 21
Wärmediffusion 22
pin) 54 Testosteron 66
Sa lzsä ure 7 Wä rmehaushal l 20
PP-Zellen 58 TGF (tubulo glomerulärer
Sammelrohr, Harnkonze ntrie- Wä rm estrahlung 22
Prim ärfoll ikel 68 Feedback-Mechan ismus) 32
rung 44 Wärmetran sport 22
Primärs peichel 4 Thermogenin 21
Säu rea usscheidung 41 Wasserabgabe 26
Primo rd io lfollikel 68 Th ermoreg ulation 20
Schalentem p eratur 20 Wasseraufnahme 26
Prl (Prolaktin) 52, 71 Therm oreg ulati onsbereich 20
Schilddrüsenh orm one 55 Wasse rcl ea rance, freie 36
Progeste ron 65 Thiam in 1
_ Temper-aturregu lation 21 Sch lei fendiureti ka 43 Thiazid-Diuretika 43 Wasserhaushalt 25
Schlitzm embran 3 1 - Stö ru ngen 27
Prolactin-lnhib iti ng-Hormon Thyreog lobu lin 56
Sch luckakt 5 Wassermangel 26
(PIH) 52 Thyreope roxidase 56
Sch luckreflex 5 Wasserresorption
Prolaktin (Prl) 52, 71 Thyreotropin 52
Schrittmacherze lle - Darm 15
Proliferationsp hase 67 Thyreotrop in-Releasing-Hormon
- Darm 12 - Niere 37
Proopiomelanocorticot ropin (TRH) 5 1
- Magen 7 Was se rver schiebung . osmoti-
(POMC) 54 Thyroidea-stimu lierendes Hormon
Schwangerschaft 69 (TSH) 52 sche 26
Prostag landin
Schwangerschaftssc hut zhor- Wernicke-En zephalopathie 2
- Fiebe r 24 Thyro liberin 51
mon 65 W irkungsgrad (kö rp erlic he
- GFR 32 Th yroxin 55
_ M agensä uresekreti o n 8 Segmentatione n, rhythmi sc he 12 Arbeit) 17
Tocopherol 2
Sekretin 3 W irkung, spzifisch dynamische 19
Pro t ein. androgenbind en des Toleran zadaptation 24
- Gallenfluss 11
(ABP) 69 TRH (Thyre otropin-Releasing-
Proteinaufnahm e 15 - Pank reassekretion 10
Sekretionspha se 67
Hormon) 51 z
Protein-Resorp tion Triiodthyron in 55
Sekundärfo lli kel 68 Ze rvixse kret 67
_ Magen 15 Troph obl ast 69
Sek undär spe ichel 5 Zitterschwelle 21
- Niere 38 Tropin e 51
Seroto nin , Verdauung 4 Zöl iak ie 17
Proteinurie 38 Tr ypsin 10
Sertoli-Zellen 69 Zwergwuchs, hypophsärer 63
Protonenpumpenblocker 8 Tryp sininhib itor 10
Sexualhormone 65 Zwö lffingerdarm 12
PTH (Parathormon) 61 TSH (Th yro idea-stimu lierendes
SIH 52 Zygote 69
Pyridoxol 1 Horm on ) 52
Sodbrennen 5 Zyto kin e 48
Pyro gene 24 Tu bu lovesikel 7
So lvent drag 37 Tubulu s, proximal er 36
Somato liberin 51, 62 Tubulussystem , Niere 29
Q Somatomedin 63 Typ I Diabetes 59
Quoti ent , resp iratori scher 20 Somatostatin 4 , 52, 62
Typ 11 Diabetes 59
· Die letzte Seite ... · · ' '· .· · ·. : ' · ·- ·· . . . ·
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1
• I ' '

.,--- 2 3 Waagerecht:
-
2 Prod uziert Sekrete 4 vom Magen synthe-
4 s
3 t isiert es Horm on 6 Geschmacksrichtu ng 8
!--- Horm on der Nebennierenrinde 10 von der
6 7
Magensch lei m ha ut prod uzierte Flüssigkeit 13
1--- 1--- !--- 1--
Darm abschnitt 14 Hormon des He rzens 15
beweglich 16 Ausscheidungsorgan 18 Eisen-
!--- 1-- 8 9
speicherprotein 19 in der Leber synthetisierter
1
r-- 1--- Fettemulgator 20 Hormon der Schilddrüse
5 22 Ze lle des viszera len Blattes der Bowman-
r-- !--- !--- 1---- I-- r-- Kapsel23 Teil eines Rege lkreises

1--- 1--
10 11 Senkrecht:
.___ 1--- 1 Fettabbau 3 Endprodukt der Speichelbi l-
12
.J dung 4 ein Monosaccharid 5 Lidd le, Conn und
1----
13 14 Cushing äußern sich als solches 7 zel lfreie
fi ltrierte Flüssigke it 9 renale r Blutfluss (Abk.)
1S 11 letzter Absch nitt des Nep hrons 12 ein
!--- Calciumbindeprotein 17 stoßweise 18 Grund-
16
na hrungsstoff 19 g lomeruläre Filtrationsrate

17
!--- I-- 1- (Abk.) 21 chemisches Element. wichtig für die
Schilddrüse
1--- 18
1-

!---
19

!--- 1-- !--- Senden Sie uns das Lösungswo rt über


das Form ular auf der lnternetseite :
!--- '----
20 21 www.thieme.defend spurt
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23
J al len korrekten Einsendungen aus den
4 Endspurt-Rätse ln.

APROPOS
Lösungswort:
Wo mög lich sp ielen die Test os t eron- und Östrogenkon-
ze ntrationen, di e im Mutterleib auf das Ung eborene
einwirken, eine Rolle bei der späteren Be rufswah l. Män-
ner und Fr auen . die eine m stärkeren Tes tos te roneinfluss
ausgesetzt wa ren, neigen laut neuste r Studien dazu,
späte r eher techn isch ori e nti erte Berufe auszuwä hl en,
während ös t roge nd om inierte Perso nen sich eher im
sozia len Bereich beheimat et füh len. So gesehen ist es
ke in Wunder, dass in bestimmte n Berufszweigen Männer
domini eren und in anderen eher Fra uen. Zu m Glück
bietet der Arztberuf für j eden Typ etwas.

RELAX-TIPP !
.Viel trinken!" ist ein oft gehörter Ra tschlag.
Meist ist von einer Mindesttrinkmenge von
1.5-2 Litern di e Red e. Es mehren sich j edoch die
Stimmen. die diese in zw ischen geläufige Emp-
fehlung infrag e stellen. Der menschliche Körp er
ist mi t einem gut funktioni eren den Alarm- und
Sicherheitssystem ausgestat tet, da s ihn vor zu
große n Wasserverlusten schützt. Durst ist einer
dieser Mechanismen. Sie müssen also nicht
permanent Wasser nachfü llen. wä hrend Sie am
Schreibtisch sitzen. Aber vergessen Sie über das
Lern en auch nich t. auf Ihre Körpersigna le wie
Hunger und Durst zu hören.
.. Seid ihr sicher. dass ihr mir den Richtigen geschickt habt?"

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