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Endspurt - die Skripten fürs Physikum

Physiologie 1

53 Abbildungen
18 Tabellen

Die Inhalte dieses Werkes basieren überwiegend auf


dem Kurzlehrbuch Physiologie von Jens Huppelsberg
und Kerstin Walter, 3. Auflage, Thieme 2009

Georg Thieme Verlag


Stuttgart · New York
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ISBN 978-3-13- 153441 -5 1 2 3 4 5 6 norar nachträgli ch geza hlt.

Auch erhältlich als E-Book:


eiSBN (PDF ) 978-3-13-166711-3
111

Vorwort
Wenn Sie dieses Heft in Händen halten, dann hat für Sie wahr- Wochen vor der Prüfung, haben Sie dann noch einmal einen Tag
scheinlich der Endspurt begonnen - der Endspurt zum Physi- pro Skript Zeit zum Wiederholen.
kum.
Dieses Skript wird Ihnen dabei helfen, sich in möglichst kur-
zer Zeit so effizient wie möglich auf den schriftlichen Teil der Wir helfen Ihnen beim lernen!
1. ÄP vorzubereiten.
Um Ihnen das Lernen so angenehm wie möglich zu gestalten,
bieten die Endspurt-Skripten Ihnen einige tolle Features an, mit
Modulares Lernen -Schritt für Schritt! denen Sie spielend durch die Prüfungsinhalte kommen werden:
• Gelbe Hinterlegungen im Text markieren passgenau das
Die Endspurt-Reihe besteht aus 14 Skripten. Zu den .. kleinen" Prüfungswissen, das in den Ietztenjahren gefragt wurde.
Fächern (Biologie, Chemie, Histologie, Psych/Soz, Physik) gibt es • Lerntipps gehen ganz gezielt darauf ein, wie das !MPP seine
jeweils ein Skript. Die .,großen" Fächer (Biochemie. Physiologie Fragen stellt, was für Fallstricke Ihnen möglicherweise ge-
und Anatomie) umfassenjeweils 3 Skripte. Zur besseren Unter- stellt werden und wie Sie sich bestimmte Prüfungsinhalte
scheidbarkeit hat jedes Fach seine eigene Kennfarbe, damit das besser merken können.
Chaos auf Ihrem Schreibtisch nicht zu groß wird . jedes Skript • "Apropos"-Abschnitte enthalten interessantes Zusatzwis-
ist wiederum unterteilt in 3 bis 4 handliche und gut zu bewäl- sen, das Spaß macht. aber nicht prüfungsrelevant ist - wenn
tigende Lernpakete. Sie in Eile sind, können Sie diese Texte getrost überspringen.
• Rechenbeispiele zeigen Ihnen Schritt für Schritt, wie man
mathematische Aufgaben in der Prüfung löst und welche
jederzeit einsteigen! Formeln man hierzu benötigt.
• Die FAZIT-Kästen ermöglichen Ihnen das rasche, stich-
Beim Lernen mit der Endspurt-Reihe spielt es keine Rolle, wie punktartige Wiederholen der Prüfungsinhalte.
groß Ihr Vorwissen ist, Sie können zu jeder Zeit mit dem Lernen • Zahlreiche farbige Abbildungen illustrieren den Lernstoff
beginnen: und machen ihn anschaulich.
• Wenn Sie sich das grundlegende Wissen erst erarbeiten
müssen, empfiehlt es sich, die Skripten als Leitfaden zu
verwenden und zusätzlich ausführlichere Lehrbücher her- Noch mehr Nutzen durch examen online!
anzuziehen, um etwas tiefer in die Materie einzusteigen.
• Können Sie bereits auf ein Wissensfundament zurückgreifen, Wenn Sie einen Zugang zu examen ontine haben, profitieren
reicht es aus, wenn Sie sich die Zusammenhänge rund um Sie gleich doppelt. In examen online (www.examenonline.de)
das prüfungsrelevante Wissen ausschließlich mit den End- finden Sie zu jedem Lernpaket der Skriptenreihe eine eigens
spurt-Skripten erarbei ten. Alle Inhalte, die in den Examina zusammengestellte Prüfungssitzung, mit der Sie alle Fragen,
von Frühjahr 2003 bis Herbst 2010 gefragt wurden, sind gelb passend zum Lernpaket, kreuzen können. Hier ist das Prinzip
markiert. Sie erkennen also auf den ersten Blick was wichtig .. erst lernen dann kreuzen" perfekt verwirklicht! Wer alle Lern-
ist. um das schriftliche Physikum zu bestehen. pakete der Endspurt-Reihe kreuzt, kann sicher sein, dass er alle
• Rückt der Prüfungstermin näher und sind Sie schon gut Examensfragen der letzten Jahre beantwortet hat.
vorbereitet. sollten Sie sich vor allem auf jene Textpassagen
konzentrieren, die besonders viele gelbe Hervorhebungen Wir hoffen, dassihnen unsere Skripten-Reihe gefällt und freuen
enthalten. uns über Ihr Feedback über
• Als Repetitorium zum schnellen Wiederholen bis unmit- www.thieme.de/service/feedback.html
telbar vor der Prüfung sind die FAZIT-Kästen hervorragend oder per Mai I an
geeignet. kundenservice@thieme.de

Die Inhalte der Lernpakete sind darauf ausgerichtet, dass Sie Nun wünschen wir Ihnen einen effi zienten Endspurt und viel
etwa 70 Tage vor der Prüfung beginnen können. sich ein Lern- Erfolg im Physikum!
paket pro Tag zu erarbeiten. Im Endspurt, also den letzten zwei
Ihr Endspurt-Team
IV

ENDSPURT- PHYSIOLOGIE 1

Dieses Skript beginnt mit der allgemeinen Physiologie, der sowie Arbeits- und Leistungsphysiologie. Alle prüfungs-
Zellphysiologie und der Erregung von Zellen , wobei die relevanten Inhalte zu diesen Themengebieten, die das
Neurophysiologie ausführlich in Skript 3 besproch en wird . IMPP seit 2003 im Physikum abg efragt hat, werden in
Es geht weiter mit den Kapiteln zu Blut und Immunsystem. diesem Skript berücksichtigt.
an schließend folgen die Themen Herz. Kreislauf. Atmung

Alle Skripten in der Übersicht

Anatomie 1
Allg. Anatomie, allg. Embryologie, Extremitäten,
Leibeswand
Anatomie 2 •·- 1 Chemie
Brust·, Bauch - und Beckeneingeweide
Anatomie 3
Kopf, Hals, ZNS. Sinnesorgane

Physiologie 1
Zellphysiologie, Blut. Immunsystem. Herz-Kreislauf-
------'-"-··--'' Biologie
System, Atmung
Physiologie 2
Verdauung, Energiehaushalt, Niere, Wasser,
Elektrolyte, Hormone
Physiologie 3
Muskulatur. Nervensystem. Motorik. Sensorik

Histologie

Biochemie 1
Kohlenhydrate, Lipide, Aminosäuren, Peptide,
Proteine
Biochemie 2
Enzyme, Ernährung, Hormone. Organstoffwechsel
Biochemie 3 ...... PsychSoz
Blut, Immunsystem, Molekularbiologie, Zellbiologie

Physik
V

Inhaltsverzeichnis

LERNPAKET 1 3.2.3 EKG-Extremitätenableitungen . . . . . . . . . . . . . . . 34


3.2.4 Verschiedene Lagetypen des Herzens . . . . . . . . . 35
Allgemeine und Zellphysiologie, Zellerregung . 3.3 Herzrhythmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
1.1 Stofftransport . . .... . .. . . .. . ....... . .... . .. . 3.3 .1 Atrioventrikuläre Leitungsstörungen . . . . . . . . . . 37
1.1.1 Osmose . ... . ....... .. . . ... . ..... .. .... ... . 3.3.2 Extrasystolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
1.1.2 Diffusion . . . . . ...... . ..... ... . ......... . .. . 2 3.3.3 Flimmern und Flattern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
1.1.3 Transport durch Membranen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 3.4 Mechanik des Herzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
1.1.4 Intrazellulärer Stofftransport . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3.4.1 Herzzyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
1.1.5 Kommunikation von Zellen untereinand er 3 3.4.2 Druck-Volumen-Veränderungen
1.1.6 Ionenkonzentrationen und während des Herzzyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Gleichgewichtspotenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3.5 Regulation der Herztätigkeit,5 . . . . . . . . . . . . . . . 44
1.1.7 Membranpotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 3.5.1 Frank-Starling-Mechanismus . .. . .. . ...... .... 44
3.6 Durchblutung und Stoffwechsel des Herzens . . . 47
2 Blut und Immunsystem ............ ....... . 9 3.6.1 Regulation der Koronardurchblutung . . . . . . . . . 47
2.1 Erythrozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.6.2 Stoffwechsel des Herzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2.1.1 Lebenszyklus der Erythrozyten . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.1.2 Erythrozytenparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.1.3 Ursachen von Anämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 LERNPAKET 3
'
2.1.4 Blut(körper)senkungsgeschwindigkeit (BSG) . . . 12
2.2 Blutplasma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4 Kreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2.2.1 Plasmavolumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2.2.2 Niedermolekulare Bestandteile des Plasmas . . . . 13 4.1.1 Stromstärke des Blutes und Gefäßwiderstand . . 48
2.2.3 Plasmaproteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.1.2 Blutströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
2.3 Blutstillung, Blutgerinnung und Fibrinolyse . . . . 15 4.1.3 Gefäßwandmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
2.3.1 Blutstillung (primä re Hämostase) . . . . . . . . . . . . . 15 4.2 Kreislaufsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
2.3.2 Blutgerinnung (sekundäre Hämostase) . . . . . . . . 16 4.2.1 Funktionelle Anatomie des Gefäßsystems . . . . . 51
2.3.3 Fibrinolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4.2.2 Hochdrucksystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
2.3.4 Gerinnungstests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4.2.3 Niederdrucksystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
2.4 Immunsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 4.2.4 Kapillarsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
2.4.1 Leukozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 4.2.5 Stoffaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
2.4.2 Unspezifische Immunantwort . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4.3 Regulation des Kreislaufs und
2.4.3 Spezifische Immunantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 der Organdurchblutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
2.4.4 Hypersensitivitätsreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4.3.1 Kurzfristige Blutdruckregulation . . . . . . . . . . . . . 59
2.5 Blutgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4.3.2 Langfri stig e Blutdruckregulation . . . . . . . . . . . . . 61
2.5 .1 ABO-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4.3.3 Regulation der Organdurchb lutung . . . . . . . . . . . 61
2.5.2 Rhesussystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4.4 Anpa ssung des Kreislaufs an besondere
Situationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
4.4.1 Anpassung des Kreislaufs an Orthosta se . . . . . . . 65
LERNPAKET 2 4.4.2 Anpassung des Kre islaufs an körperliche Arbeit . 65
4.4.3 Anpa ssung des Kr·eislaufs
3 Herz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 an t hermisch e Bela stung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
3.1 Di e elektrische Erregung des Herzens . . . . . . . . . 28 4.5 Messung von Krei slaufparametern . . . . . . . . . . . . 66
3.1.1 Erregungs entstehung und -ausbreitung 4.5.1 Blutdruckmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
am Herzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4.5.2 Messung der Blutströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
3.1.2 Aktionspotenzial e im Herzen . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4.5.3 Bes timmung des Herzzeitvolumens . . . . . . . . . . . 67
3.1 .3 El ektrom ech anische Kopplung . . . . .. . .. . .... . 31 4.6 Pathophysiologisch e Veränd erungen
3.1.4 Au swirkung en eines gest örten des Kreislaufsyst ems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Elektrolyt haushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 4.6.1 Kreislaufschock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
3.2 Grundlagen der Elektrokardiografi e . . . . . . . . . . . 32 4.7 Fet aler Kreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
3.2.1 Vektort heorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 4.7.1 Kurzschlü sse im fetal en Kreislauf (Abb. 4.11 a) . . 69
3.2.2 EKG-Kurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.7.2 Periparta le Kreislaufumst ellung (Abb. 4.11 b) . .. 69
VI

LERNPAI<ET 4 5.4.2 Parameter zur Überprüfung


des Säure-Basen-Haushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
5.4.3 Störungen des Säure-Basen-Haushalts . . . . . . . . . 88
5 Atmung ................................ 71
5.5 Regulation der Atmung unter normalen
5.1 Atemmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
und besonderen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . 90
5.1.1 Inspiration und Exspiration . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
5.5.1 Atmungsregulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
5.1.2 Druckverhältnisse in Lunge und Pleura . . . . . . . . 71
5.5. 2 Atmung in der Höhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
5.1.3 Statische Atemvolumina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
5.5.3 Atmung beim Tauchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
5.1.4 Atmungswiderstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
5.2 Gasaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 6 Arbeits- und Leistungsphysiologie . . . . . . . . . . 93
5.2.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 6 .1 Umstellung bei körperlicher Arbeit . . . . . . . . . . . 93
5.2 .2 Ventilation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 6.1.1 Metabolische und muskuläre Umstellung
5.2.3 Respiratorischer Quotient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 bei körperlicher Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
5.2.4 Diffusion der Atemgase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 6.1.2 Anpassung des Herz-Kreislauf-Systems . . . . . . . . 94
5.2 .5 Perfu sion der Lunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 6.1.3 Anpassung des respiratorischen Systems . . . . . . 95
5.3 Atemga stransport im Blut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 6.2 Körperl iche Leistungsfähigkeit und Training . . . . 96
5.3.1 Physikalische Löslichkeit und chemische 6.2.1 Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
Bindung von Gasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 6.2.2 Leistungsdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
5.3 .2 0 2-Transport im Blut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 6.2 .3 Ermüdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
5.3 .3 C0 2-Transport im Blut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 6.2.4 Training . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
5.4 Säure-Basen-Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
5.4.1 Blut-pH-Wert und seine Pufferung . . . . . . . . . . . . 87 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
1.1 Stofftransport

1 Allgemeine und Zell- Der osmotische Druck steigt proportional zur Anzahl der ge-
lösten Teilchen. Für Blutplasma beträgt er 745 kPa.
physiologie, Zellerregung Wie alle gelösten Teilchen erzeugen auch makromolekulare
Proteine einen osmotischen Druck, den man onkotischen oder
1.1 Stofftransport kolloidosmotischen Druck nennt (s.S. 14).
1.1 .1 Osmose FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Als Osmose bezeichnet man die Diffusion von Lösungsmittel .. Die Formel für die osmotische Druckdifferenz lautet:
durch eine semipermeable (= halbdurchlässige) Membran, Lm ; 0 · R · T ·l:.Cosm
die nur für das Lösungsmi ttel . nicht aber für die in ihm gelös- t:.rr ; osmotische Druckdifferen z
ten Stoffe durchlässig ist. (Da es sich bei dem Lösungsmittel o ; Reflexionskoeffizient
im Körper um Wasser handelt, könnte man Osmose auch mit R ; allgemeine Gaskonstante
"Wasserdiffusion übersetzen.) Die Osmose erfolgt aufgrundvon T ; absolute Temperatur
Konze ntrationsunterschieden. Durch Osmose gleicht sich die l:.c 0 , ." ; Osmolaritätsunterschied zwisc hen beiden Seiten der
Stoffkonzentration auf beiden Seiten der Membran an. Membran
..J
Füllt man die beiden Kammern eines Gefäßes, die durch eine
semipermeable Membran voneinander getrennt sind, mit zwei
unters ch iedlich konzentrierten Zuckerlösungen, stellt man Osmolarität und Osmolalität
fest, dass Wasser aus der weni ge r konzentrierten in die hoch - Die Osmolarität (osmol/1) gibt die An za hl gelöster osmotisch
kon zentrierte Lösung strömt. Durch die Volumenverschiebung wirksamer Teilchen pro Volumen Lösungsmittel an, es handelt
stei gt der Flüssigkeitsspiegel auf der Seite mit der hochkonzen- sich also um eine Stoffmengenkonzentration.
trierten Lösung an und der hydrostati sche Druck nimmt zu, Die Osmolalität (osmol kg(H 2 0J-I) be zieht die Teilchenzahl
während der Spiegel auf der Seite mit der geringer konzent- dagege n auf die Masse des Lösungsmittels.
rierten Lösung abnimmt. Der hydrostatische Druck wirkt dem
APROPOS
Wassereinstrom entgegen und ist irge ndwann gleich groß. so- in stark verdünnten Flüssigkeiten sind Mola rität und Molalität bzw. Osmola-
da ss kein e Nettodiffusion von Wasser mehrdurch die Membran rität und Osmolalität nahezu identisch (bei 4 ' C 11Wass er - 1 kg Wasser). In
stattfindet. höher konzentrierte n, physiologischen Flüssigkeiten (z. B. Plasma) kann das
Moleküle oder Ionen. die nicht durch die Membran diffun- Volumen der gelösten Stoffe wesentlich zum Gesamtvo lumen der Lösung
beitragen. sodass sich Molarität und Mola lität bzw. Osmolarität und Osmola-
dieren können, ziehen Wasser an und erzeugen so einen Dru ck.
lität unterscheiden.
de r als osmotischer Druck beze ichn et wird . Dieser hängt in
erster Linie von der Anzahl der ge lösten osmotisch wirksamen Die Osmolalität hängt außerdem von der Anzahl der Dissoziati-
Teilchen ab. Nach van't Hoffund Stavermann gilt: onsprodukte ab: Löst man z. 8. 1mmol Glucose in 1 kg Wasser,
so beträgt die Osmolalität 1 mosmolfkg Hp. Löst man dagegen
tm ; o . R . T ·C.C 0 sm
1 mmol NaCI in 1 kg Wasser, so dis soz iieren die Elektrolyte in
t.n ; osmotische Druckdifferen z 1 mmol Na• und 1 mmol CI -. Die Osmolalität beträgt dann also 2
o; Refl exio nskoeffizient mosmolfkg Hp. Wenn der Stoff vollständig dissoziiert, spricht
R ; allgemeine Gaskonstante man auch von der idealen Osmolalität. ln höher konzentrierten
T; absolute Temperatur Lösunge n di ssoz iieren schwächere Elektrolyte nur teilweise.
C.cosm; Osmolaritätsunterschied zwischen beiden Seiten der die nichtideale (reale) Osmolalität ist daher kleiner.
Membran Die reale Osmolalität des Plasmas beträgt etwa 290 mosmol /
kg H20. Eine Lösung. die den gleichen osmotischen Druck wie
c ; n (Anzahl gelöster osmotisch wirksamer Teilchen)
osm m {Masse Lösungsmittel) da s Blutplasma erzeugt, wird als isoton bezeichnet. Die Toni -
zität beschreibt also die Osmolalität einer Flü ssigke it im Ver-
Der Reflexionskoeffizient o beschreibt die Durchläss igkeit der gleich zur Osmolalität des Blutpla smas. Ist die Osmolalität ge -
Membran für die ge lösten Stoffe, e r kann zw isc hen 1 (undurch - r inger als die des Plasmas, so handelt es sich um ei ne hypotone
lässig) und 0 (frei durchl äss ig) li ege iL Für sem ip ermeable Mem- Lösung, ist sie höher. um eine hypertone Lösung.
branen ist o ; 1.
2 1 Allgemeine und Zellphysiologie, Zellerregung

1.1.2 Diffusion "' Solvent drag. Entsteht aus osmotischen Gründen ein Was-
serst rom. so kann dieses Wasser durch Massenträgheit weitere
Der einfachste Stoffaustauschprozess ist der passive Transport gelöste Teilchen mit sich reißen. Dieses Phänomen bezeichnet
durch Diffusion. Unter Diffusion versteht man den Transport man als solvent drag. Es kommt sich v.a. an relativ durchläs-
eines Stoffes aufgrund der zufälligen tl1ermischen Bewegung sigen Epithelien und bei parazellulärem Wasserstrom (z. B. in
(Brown'sche Molekularbewegung) seiner Moleküle oder Ionen. der Niere) vor.
Die Transportrate hängt vom Konzentrationsunterschied des
Stoffes auf beiden Seiten der Membran und von deren Perme- Aktiver Transport
abilität für die entsprechenden Teilchen ab. Beschrieben wird Um Stoffe, die nicht durch einen elektrischen Gradienten oder
dies durch das Fick'sche Diffusionsgesetz: Konzentrationsgradienten über die Membran getrieben werden
oder die entgegen eines bestehenden Konzentrationsgradien-
!J.c
j ct;rr = A· D. fu.Jmol/s] ten bewegt werden sollen, transportieren zu können, muss ak-
tiv Energie aufgewa ndt werden. Der aktive Transport:
jdiff =pro Zeiteinheit transportierte Stoffmenge .,Nettodiffu- • unterliegt einer Sättigungskinetik, d. h. die maximale Trans-
sionsrate"[mol/s] portkapazität ist begrenzt (da die Zahl der Transportprotei-
A =Fläche [m 2 ] ne begren zt ist),
D = Diffusionskoeffizient [m 2/s] • ist auf Energiezufuhr angewiesen,
!J.c = Konzentrationsdifferenz [mol/m 3 ] • ist mehr oder weniger spezifisch; wenn er für eine ganze
!J.x = Membrandicke [ml Substanzgruppe spezifisch ist, konkurrieren die verschiede-
Die Diffusionsrate ist also um so größer, je größer A, D und !J..c, nen Substanzen um den Transport; die Affinität der einzel-
und umso kleiner. je dicker die Trennwand !J.x ist. nen Substanzen zum Transportsystem ist i. d.R. unterschied-
lich.
Werden zwe i oder mehr Substanzen transportiert, unterschei-
1.1.3 Transport durch Membranen
det man je nach Richtung der Transportprozesses:
Transportprozesse durch die Membran, fü r die keine eigene • Symport (oder Cotransport): alle Stoffe werden in diesel-
Transportenergie eingesetzt werden muss, nennt man passiven be Richtung transportiert (z. B. Na• -K•-2cl-Sympo rt in der
Transport. Stofftransporte, die unter direktem oder indirektem Henle-Schleife. s. Niere; Na• -Giucose-Symport in den Entero-
Energieverbrauch stattfinden. werden als aktiver Transport be- zyten),
zeichnet. • Antiport: die Substanzen werden in entgegengesetzte
Richtungen transportiert (z. B. Na• -Ca 2• -Antiport. Na • -K•-
Passiver Transport ATPase) .
.. Einfache Diffusion. Die einfache Diffusion direkt durch Zell- Bei einem elektrogenen Transportprozess werden netto La-
membranen kommt nur für sehr kleine oder lipidlösliche Mo- dungen über die Membran verschoben. Beispiele dafür sind:
leküle (z. B. 0 2, C0 2, N2, Ethanol ) in frage. Dabei steigt die Trans- • Na•-Glucose-Symport: transportiert 1 Na•. also eine positive
portrate mit zunehmender Konzentration des zu transportie- Ladung. nach innen;
renden Moleküls linear (proportional ) an. • Na+-1<•-ATPase: 3 Na•-lonen werden aus d er Zelle heraus-
transportiert, 2 J<+-Ionen in die Zelle hinein; das macht netto
.. Erleichterte Diffusion. Für geladene Teilchen (Ionen) sind d ie eine positive Ladung nach außen;
Phospholipiddoppelschichten der Zellmembran praktisch un - • Na•-ca 2 •-Antiport des Sarkolemms: 1 Ca 2•- ton nach außen
passierbar (impermea bel ). Der Transport größerer oder gelade- und 3 Na•-Jonen nach innen, also eine positive Ladung nach
ner Teilchen erfordert daher Kanalproteine oder auch spezifi- innen).
sche Transportproteine (Carrier). Elektroneutral ist ein Transportprozess. wenn entweder nur
• Kanalproteine sind kleine, in die Zellmembran eingelagerte ungeladene Teilchen transportiert werden oder wenn g lei ch
Proteine, die Kanäle oder Poren (lonenkanäle) ausbilden, vie le .,Ladungen" die Zelle verlassen wie hineinwandern :
durch die die entsprechenden Teilchen entlang ihres Kon- • Na•-H•-ATPase.
zentrationsgradienten wandern können . • Gluco setransport durch GLUT.
• Carrier binden an die zu transportierende Substanz, der
Tra nsport erfolgt aber dennoch passiv enr lang des Gradi- ... Primär-aktiver Transport. Wird für einen Transportprozess
enten. Beispiele sind J<•-. Na•- oder Ca 2•-Kanäle und Gluco - direkt ATP verbraucht. handelt es sic h um einen primär-aktiven
setransporter (GLUTs) (so nehmen z. B. Skelettmuskel- und Transport. Das Transportprotein ist eine ATPase, spaltet also di-
Fettzellen Glucose durch carriervermittelte Diffusion über rekt ATP, und erbr in gt mithilfe der so gewonnenen Energie die
GLUT4 auf und auch die Blut-Hirn -Schranke überwindet Pumplei stung .
Glucose passiv über Carrier). Wie bei der einfachen Diffusion Den wi c ht igsten primär-aktiven Transportprozess leistet die
muss der Körper keine Energie für den Transport aufwen - ubiquitär vorkommende Na+-J<•-ATPase. Sie ist für die Aufrecht-
den. sondern der Konzentrationsgradient ist die treibende er haltung der Na•- und 1<•-lonenkon zentrationen intra- und
Kraft. extrazellulär verantwortli ch und so au ch an der Aufrechterhal-
Da die erleichtei'te Diffusion auf die Kanal- oder Carrierprotein e tung d es Membranpotenzials (s. S. 6 ). Die Na •-1<•-ATPa se bindet
angewiesen ist und diese nu r in begren zter Za hl zur Verfügung ATP, das sie in da s en e rg ieä rmere ADP und anorgani sches Phos-
stehen. wei st sie eine Sättigungskinetik nach Michaelis-Menten phat (P;) spaltet. die dabei freiwerd end e Energ ie wird für den
auf. Ion entransport eingesetzt. Die Ionen. die durc h Diffus ion in die
Ze ll e ge la nge n und di e bes teh e nd e n J< onze nt rati ons unterschie-
1.1 Stofftransport 3

de sonst schnell ausgleichen würden, werden auf diese Weise 1.1.6 Ionenkonzentrationen und
akt iv wieder zurückgepu mpt Gleichgewichtspotenziale
Weitere wichtige ATPasen sind die Ca 2•-ATPasen von en-
doplasmatischem Retikulum und Plasma membran. die H•-K•- Ionenkonzentration im Intra- und Extrazellulärraum
ATPasen der Belegzellen im Magen und der renalen Sammel- Grundlage für elektrische Vorgänge an Zellen ist die Ungleich-
rohre sow ie die W-ATPase der Lysosomen. verteilung von Ionen und Ladungen zw ischen Intra- und Extra-
zellulärraum (Tab. 1.1 ). An der Aufrechterhaltung dieser Kon-
APROPOS
Na' -K•-Pumpen kön nen durch Herzglykoside (z. B. Digitoxin. Strophantin) zentratio nsunterschiede, die sich bei freier Diffusion schnell
reversibel gehemmt werden. Diese Substan zen binden an die Na '-K'- ausgleichen würden, sind verschiedene Mechanismen beteiligt
abhängig e AlPase und blockieren so den Transport. Als Folge steigt die (Abb. 1.1 ):
intrazelluläre Na' -Konzentration an. Na ' wird über einen Na'-Ca 2 '-Antiport • die Na•-K•-ATPase. die aktiv K•-lonen in die Zelle hinein und
aus der Ze lle geschleust. Der intrazelluläre Ca 2'-Gehalt nimmt zu und die Na•-Ionen aus der Zelle hinauspumpt (s_ o.).
Kontraktion sk raft des Herzmuskels erhöht sich (s. a. S. 31).
• die selektive Ionenleitfähigkeit der Membran.
• Sekundär-aktiver Transport. Wird für ei nen Transportprozess
APROPOS
nicht direkt ATP verbrauc ht. sondern unter Energieverbrauch Die extrem ni edrige intrazell uläre Ca2' -Kon zentra tion ist di e Voraussetzung
aufge bau te Konzentrationsgradienten als treibende Kraft ge- I für die Nu tzung von Ca 2'-lonen als intra zellulären Botenstoff.
nutzt. spricht man von einem seku nd ä r-aktive n Transport. Im
Darm und in den Ni erent ubuli wird z.B. ein Na•-Ionengradient {LERNTIPP ,. - , - - ' !
genutzt, der durch eine Na•-I<•-ru mpe aufgebaut w urde, um ln der Prüfung werden Sie möglicherweise nur nach der Rei-
Glucose und Aminosäuren gegen ihren Konzentrationsgradien- henfolg e der extra- oder intrazellulären Ionenkonzentrationen
ten im Cotransport mit Na+ in die Zelle zu transportieren . gefragt und nicht nach den abso lu ten We rten . Damit Sie in der
Kürze der Zeit nicht wild sortie ren müssen, ist es hilfreich, sich
die Reihenfolge ei nzupräge n:
1.1.4 lntrazellu lärer Stofftransport
.. in traze llulär absteigend (mmol/1): K' > Mg 2' > Na• > HCo 3- >
Für den intrazellulären Tt·ansport werden Sub stanzen in Vesikel CI - > Ca 2 '
verpackt und entlang des Zytoskeletts transportiert. Dazu ge- • extrazelluläre absteigend (mmol/1): Na ' > Cl- > HC0 3- > K' >
hört z. B. der axonale Transport in Nerven zellen oder der Trans- Ca 2 ' > Mg 2•
port von Substanzen, die sekretiert werden. Diese Vorgänge Dennoch sollten Sie die absoluten Konzentrationen der wich tigs-
werden in der Biologie besprochen. ten Ionen, die in Tab. 1.1 aufgeführt sind, kennen.

1.1.5 Kommunikation von Zellen


untereinander Tab. 1.1 Durchschnittliche Ionenkonzentrationen

extrazellulär Intrazellulär Konzentrations-


Die Kommunikat ion zwischen Zellen. Zellverbänden und Or- (mmol/1) (mmolfl) verhältnis
ganen im Organismus kann zum einen über spezifische Bo-
tenstoffe (z.B. Hormone) erfolgen , die über das Blut und über Na ' 145 12 12:1
Diffusion zu ihren Zielze llen gelangen. Zellen kom muni zieren K• 5 155 1:30
aber auch über Änderungen des Membranpotenzials, entwe- (a 2• 0,0001- 2 x 104 -2x
2
der über chem isc he Synapsen oder über direktes Übergreifen 0,00001 (bis 10- 8 ) 10 5 :1
der Erregung benachbarter Zellen durch Gap junctions (s. S. 28).
Mg2• 15 1:15
Gap ]unctions verbinden das Zytoplasma benachbarter Zellen
miteinander und erlauben den Austausch kleinerer Moleküle Cl- 120 4 30:1
wie Glucose aber auc h größerer Signa lmoleküle zwischen den HC0 3 - 27 8 3,5:1
Zellen. Bei einer Zell schädigu ng ist es wichtig, die Durchläs-
.. große 155
sigkeit der Gap junctions zu kontrollieren . Daher können Gap An ionen" '
junctions wahrschein lich durch Erhöhung der intrazellulären
• Ani o nen sind neg ativ g eladen, Kation en po sitiv.
W-Konzentration verschlossen werden.
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN .X EJ @ [±]
• Skelettmuskelzellen nehm en Glucose passiv über carrierver- 0 @ 9
mittelten Transport auf. 0 @
(§)
• Die Na•-K•-ATPase transportiert 3 Na'- lonen aus der Zelle 9 0@
heraus und 2 K'-lonen in di e Ze lle hin ein .
• Der durch di e Na•-K•-ATPase verm ittelte Transport ist elekt-
(§) 0 9 @
(@
rogen. @ @
@@ 9
• Gap ]unctions erlauben den Austausch von kleineren Mole- 3Na+

külen zwisc hen be nachbarte n Zell en. 0 (@ 0


• Gap junctions werd en durch einen Anstieg der intrazellulä-
ren H•-Konzentration versc hlosse n.
9
Abb. 1.1 Ionenverteilung im Intra- und Extraze llulärraum un d Tri eb-
kräfte. di e auf die ein zelnen Ionen wirken. (Pror- = Protei ne und andere
große Anionen).
4 1 Allgemeine und Zellphysiologie, Zellerregung

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X .ll.Ex =-61mV·__!__·Ig([X]innen


2x
J
Ca 2 ' hat intrazellulär eine extrem geringe Stoffmengenkon- [Xlaußen
zentration.
Das Gleichgewichtspotenzial .ll.Ex entspricht dem Membran-
Die Reihenfolge absteigender extrazellulärer Ionenkonzen-
potenzial, bei dem für ein bestimmtes Ion keine Nettodiffusi-
tration (mmolfl) ist: Cl-> HC0 3 - > K'.
on durch die Membran stattfindet. Oder anders formuliert: Zu
Die Reihenfolge absteigender intrazellulärer Ionenkonzent-
einem bestimmten Konzentrationsverhältnis einer Ionensorte
ration (mmolfl) ist: K' > Cl - > Ca 2 ' .
existiert jewei ls ein bestimmtes GleichgewichtspotenziaL
ln nichterregten Zellen ist das Verhältnis zwischen extra-
und intrazellulärer Konzentration i. d.R. für Ca 2 ' am größten. !
Die Nernst-Gieichung samt Membran- und Gleichgewichtspo-
Elektrochemisches Gleichgewicht tenzial ist ein sehr zentrales Prüfungsthema. Es werden fast
Angenommen, 2 Lösungen mit unterschiedlichen Konzentra- jedes Jahr Fragen dazu gestellt. daher lohnt es sich. hier Zeit zu
tionen des Kations X' werden durch eine Membran getrennt, investieren. Machen Sie sich die Zusammenhänge klar und legen
die nur für X' permeabel ist. X' wird entlang des Konzentra- Sie einen besonderen Schwerpunkt auf die Vorzeichen, denn hier
tionsgradienten von der Seite der höheren Konzentration zur werden viele Fehler gemacht und die angebotenen Antworten
Seite mit der niedrigeren Konzentration wandern. Gleichzeitig stiften häufig Verwirrung.
häufen sich auf dieser Seite aber positive Ladungen an. Das be- Es gibt unterschiedliche Arten der Darstellung dieser Gleichung,
deutet, dass die Antriebskraft für weitere (positive) Ionen, sich was die Vorzeichen und die Konzentrationsverhältnisse angeht.
entlang des Konzentrationsgradienten durch die Membran zu Merken Sie sich nur eine Formel und bauen Sie auf ihr allihre
bewegen, immer stärker abnimmt, denn sie stoßen auf immer logischen Überlegungen auf, damit Sie nicht so schnell durchein-
mehr positive Ladungen. durch die sie abgestoßen werden . Das ander kommen.
Endstadium ist ein elektrochemisches Gleichgewicht, in dem
kein Nettofluss von X' über die Membran stattfindet. Die An-
triebskraft aufgrunddes Konzentrationsgradienten wird durch RECHENBEISPIEL
die Abstoßung gleicher Ladungen genau ausgeglichen. Wo das Berechnen Sie die Gleichgewichtspotenziale für K-, Na' und Cl- an hand de r
Gleichgewichtspotenzial jedes einzelnen Ions liegt, wird u. a. Angaben in Tab. 1.1.
von der intra- und extrazellulären Konzentration des Ions und Die Lösung erhält man durch Einsetzen de r Kon zentrationen in die Nernst-
seiner Ladung bestimmt. Es lässt sich mithilfe der Nernst-Glei- Gleichung. Dabei muss man aber darauf achten, da ss man für und Na • +1
chung ermitteln. für Zx einsetzt und - 1 für Cl -.
Das K'-Gieichgewichtspotenzial betriigt:
Nernst-Gieichung
M =-61mV -Ig [ [K +]'""' nJ
Das Gleichgewichtspotenzial eines Ions ist erreicht, wenn die K [K +]außcn
elektrische und die chemische (osmotische) Kraft, die das Ion
=- 61 mV- Ig ( 155 mmoii ·' J
über die Membran bewege n, gleich groß und entgegengesetzt 5mmoll"1
sind. Es findet dann kein Nettofluss mehr statt, d. h. für jedes
Ion, das in die Zelle wandert. wandert auch genau eines wieder =-61 mV-1,49 =-91 mV
hinaus. Bei welcher elektrischen Spannungsdifferenz zwischen Das Na'-Gieichgewichtspotenzial beträgt:
den beiden Seiten der Membran das elektrochemische Gleich-
gewicht eines Ions erreicht ist, lässt sich mithilfe der Nernst- M =-61 mV ·lg( [Na' linnen J
Na {Na-+ Jaußcn
Gieichung berechnen.
12 mmoll" J
=- 61 mV· Ig ( 145
1

Mx= R·T ·ln ( [Xlaußen ) mmoll 1

F · Zx [X linnen =-61 mV (- 1,08) =66mV


Da lg xfy = -lg yfx kann die Nernst-Gieichung auch wie folgt Das CI--Gieichgewichtspotenzial beträgt:
formuliert werden:
liECI =61 mV lg ( [Cl: ]'"""" )
Mx [Cl ]'"""'
F 2x lXIaußen =61 mV ·Ig ( 4mmol/l )
120mmol/l
.ll.Ex = Gleichgewichtspotenzial des Ions X
R =allgemeine Gaskonstante (8,314J/fi<·mol]) =61 mV -(- 1.48) =- 90mV
T =absolute Temperatur (310 I<)
F = Faraday-Konstante (9,65 x 104 Cfmol = 9,65 x 10 4 J/fV·mol])
z, = Ladungszahl des Ions S (+1 für K'. +1 für Na' . +2 für Ca 2' . Tab. 1.2 Gleichgewichtspotenziale wichtiger Ionen
-1 für Cl- usw.)
[X linnen= effektive intrazelluläre Konzentration des Ions X Ion extra- intra- Konzentra- Gleichgewichts-
(Xlaußen =effektive extrazelluläre Konzentration des Ions X zellulär zellulär tionsver- potenzial
hältnis
Da die Kon sta nten R, T und F im l<örper unverändert bleiben Na ' 145 mmol/l 12 mmolfl 12:1 66mV (ca. 60 rnV)
und unter Einführung des dekadischen Logarithmu s, lä sst sich K' 5 mmolfl 155 mmolf l 1:30 - 91 rnV (ca. - 90 mV)
für .ll.Ex vereinfacht schreiben :
Cl- 120m molfl 4mmol/l 30:1 - 90 mV
1_1 Stofftransport 5

Lösung 2 : Sie können die Aufgabe aber auch löse n, ohne dass Sie die
Nernst-Gieichung dazu auswengig w issen mü ssen. Sie müsse n dazu nur
Bei den meisten Fragen zum Membran- bzw. Gleichgewichtspo-
w issen. dass bei einwertig en Ionen ein effektive r Konzentratio nsunter-
tenzial müssen Sie gar nicht mit der Nernst-Gieichung rechn en , sc hi ed von 10:1 zwisc hen den Lö sungen ein er Potenzialdifferenz von 61
sondern komm en mit logischem Überlegen weiter. Dazu sollten mV entspricht (s.o.). Und zu r Erinnerung: Im Gleichgewicht gilt: Gleichge-
w icht spotenzial = t:.E0 = -61 mV.
Sie sich Folgendes merken:
Bei einwertigen Ionen (und um die geht es in der Regel) bedeu- Also : t:.fc1 = -61 m V, d. h., das Potenzial ist inn en negativ. Cl -- Io nen werd en
durch das negati ve Potenzial nach außen gedrängt, sodass die Cl - -Konzen-
det ein zehnfacher Konzentrationsunte rschied zwischen den
tra tion außen höher ist als inn en. je höher die Konzentration außen. um so
beiden Seiten der Membran eine Potenzialdifferenz von 61 mV größer ist auch di e chemische Kraft. di e die Ionen entlang ihres Konzentra-
(für die Aufgaben im Physikum reicht es, mit 60 mV zu arbeiten): t ion sgradi enten auch w ied er zurück in die Zelle schi ebt. Im Gleichgewicht
• Zehn mal mehr positive Ionen innen wie außen: negatives haben beide Kräfte den gleichen Be trag, wobe i die Cl --Konzentration
außen höher ist als inn en . Das Konzentrationsverhältn is, bei dem ein elek-
Potenzial, -60 mV. t rochemisches Gleichgewicht herr scht, ist daher 1:10 ([CI-Lnnen/lC I- ]'"ßenl '
• Daraus folgt: also 8 mmol / 1zu 80 mmol / 1.
• Zehn mal mehr positive Ionen außen wie innen: positives
Potenzial: +60 mv. RECHENBEISPIEL 2
Wie weit verschiebt sich das Gleichgewichtspotenzial ei ne r peripheren
• Zehn mal mehr negative Ionen außen wie innen: positives
Nervenzel le, wenn bei ein em Patienten die extrazell uläre K•-Konzentration
Poten zia l, +60 mV. (IK•Jaußeo) durch eine In sulininjektion von 6mmolfl auf 4 mmolf l abni mmt.
Vor der Inj ektion hatte das Gleichgewichtspotenzial seine n normalen Wert.

I LERNTIPP ! Die rein mathem atische Lösung (Lösung I) kommt in der Prüfung sicherli ch
nicht in frag e, da Sie den Loga rithmu s o hn e Taschenrechner nicht lösen
Es lohnt sich, sich einige Zahlen der logarithmischen Skala zu können. Fü r die Prüfung sol lten Sie sich daher auf die logische Herleitung
merken, da sie immer wieder in Rechenaufgaben vorkommen: der Lösung (Lösung 2) konzentrieren.
Lg 0,01 -2 Lösung 1: Grundlage fü r die Lösung der Aufgabe ist die Anwendung der
lg -1 Nernst-Gieichung bzw. ih re r vereinfachten Form. Sie müssen al lerdings die
intraze llulä re K·-Konzentration vo n 155 mmol/1 ken nen . Es gilt:
lg 10 1
(lg 30 ca. 1,5) M, =-61 mV ·_!_· lg ( IK • ];,"" )
lg 100 2 ZK [K -t- laußen
lg 1000 3 Für K' ist z = +1 und die Gleich un g vereinfa ch t sich zu:

t:.E, =-6 1 mV ·Ig ( [K: ]'"'"" )


[K l au&en
Vor der Injek t ion ist M,:
RECHENBEISPIEL 1
ln ein er Ze ll e herr scht ein e Cl- -Konzentra tion von 80mmol/l. Das Mem- t:.E =-61 mV .lg( 155 mV
branpotenzial di eser Zelle beträgt -61 mv. Bei welcher zytosolischen ' 6 mmolfl
Cl --Kon zentration find et keine Nettod iffusion von Cl --Ionen mehr über
Nach der Inj ektion ist t:.f,:
Mem branka näle statt? (Die Temperatur sei 37'C).
Um die Aufgabe zu lösen . könn en Sie die Nernst-Gieichung anwe nden I1E =-61 mV ·lg( 155 moi/ IJ=-97 mV
(Lösung 1). sich di e Lösung aber auch log isch erschli eßen (Lösung 2). ' 4mmol/l
Wählen Sie den Weg, der Ihnen in der Prü f ung ssit uation am einfachsten
Lösung: Das Gleichgewichtspotenzial versc hi ebt sich um etwa 10 mV in
er scheint.
Richtung eines stä rk er negativen Wertes.
Lösung 1: Wenden Sie die Nernst-Gieichung bzw. ihre vereinfachte Form
Lösung 2 : Beginnen Sie damit, Antworten auszuschli eßen, und überlegen
an, dan n gil t:
Sie, in we lch e Ri chtu ng sich das Gleichgewicht spo tenzial versch ieben wird ,
we nn di e extraze llul äre K' -Kon ze ntrat ion abnimmt. Außen we rd en noch
we niger K+-lon en se in als. Die c hemische Kraft. die die Ionen
aus der Ze lle nach außen t reibt , wird st ärk er als vo rh er. Soll sich die intra ·
Für das ein wert ige Kation CJ - ist zCI ::c - 1. Die Gleichu ng vere infac ht sich zelluläre K·-Konze ntration aber nicht ändern, dann muss die elektri sche
also zu: Kraft. di e die K' -Ionen in der Zell e hält. entsprec hend negativer se in . Das
K·-Gieichgewichtspotenzial wi rd also negative r, wenn die extrazellu läre
K'- Konzentra tion ab nimmt und sich die zy t osolische Konzentration nicht
verändert. Ein Tei l der Aufgabe ist gelöst und Sie können schon ei nig e
angebote ne An tw orten ausschließen. j etzt geht es noc h um Ihr Gespür
Bei einer Nettodiffusio n von null ist das Gleichgewichtspote nziall1E 0 gleich für Größenverhä ltni sse. Dazu müssen Sie die Konzentratio n der intra - und
dem Mamb ranpotenzial: extrazellul ären K•-Konzentration unter Noemalbedingungen kennen- sie
t:.E0 = -6 1 mV. beträgt etwa 155 bzw. 6 mmolfl. Das K' -G ieichgewichtspoten zial, das sich
daraus errechnet. ist etwa - 90 mV. Sol lte sich das Gleichgewichtspotenzial
ln der obigen Gleich un g ist das da nn der Fa ll , wenn
tat säc hl ich um ein en große n Betrag w ie 100 m V auf - 190 mV versch ieben.
dann müsste etwa gelten :

Für da s Kon ze ntrationsverhältni s bedeutet das w iederum, dass : IK ' ],.,ßen

woraus folgt:
dalg0.1 =- 1.
[Cl LuRen IK• ],"'"" = 1000
D.1 [CI - Lnnt•n gesuc ht is t, löst rn a n d a nac h au f: IK +L'""""

(CI - (;.,.,..n = (CI- J""""' X 0. 1 So lche Verhältnisse sind hi er nicht gegeben . da sich die extrazel luläre Kon -
ICI - J,.,."." • 80mmo lf l x 0, 1 = 8 mmo l/ 1 zentrat ion nicht so stark verändert. Es bleibt also nur eine Verschieb ung
des K'-Gieichgewicht spo tenz ial s um etwa 10 mV in Richtung ein es stärker
negativeren Wertes.
6 1 Allgemeine und Zellphysiologie, Zellerregung

f
l c: LERN TIPP -
Spielen Sie zur Übung ein wenig mit den Konzentrationsverhält-
nissen und Potenzialen und stellen Sie sich die Kräfte vor. die auf
Das elektrochemisch e Potenzial ist errechnet, doch in welch e Richtung
wirkt es? Man ka nn sich vor ste llen. dass das mit -90 mV negativere Mem-
branpotenzial mehr Cl--Ionen aus der Ze ll e treibt, als es beim Glei chge·

I die Ionen wirke n. Sie gewinnen dadurch an Sicherheit und gut
wich tspot enzial von -70 mV der Fall ist.
Lösung: Das CI-·Potenzial beträgt -20 mV, und di e Ionen werden aus d er

I investiert ist die Zeit auch, da Ihnen die Membran- und Gleich-
gewichtspotenziale in der Physiologie noch häufig begegnen
Ze lle hinausgetri eben

werden.
Das Potenzial an der Membran einer nicht erregten Zelle nennt
man Ruhemembranpotenzial oder auch RuhepotenziaL Seine

I FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN


Die Nernst-Gieichung für einwertige Ionen lautet:
X Höhe hängt von der Ionenverteilung und der Leitfähigkeit (Per-
meabilität) der Membran für die verschiedenen Ionensorten ab.
Die ungleiche Ionenverteilung wird durch die Na•-1<·-ATPase
L'IE X = - 60 mV ·lg( [X linnen ) aufrechterhalten (s.o.).
[Xl außen
Unter Ruhebedingungen liegt das Membranpotenzial der
Bei einwertigen Ionen bedeutet ein effektiver Konzentra- meisten Zellen etwa bei -60 bis -80 mV und damit nahe am
tionsunterschied von 10:1 zwischen den Lösungen auf beiden K•-GJeic hgewichtspotenzial. Das liegt daran, dass die Membran
Seiten der Membran eine Potenzialdifferenz von 60 mV. unter Ruhebedingung wesentlich durchlässiger für J<+ als für
alle anderen Ionen ist. Die Na•-lonen sind bei schlechter Perme-
abilität. aber großem elektrochemischen Gradienten dafür ver-
1.1.7 Membranpotenzial antwortlich, dass sich nicht genau das 1<•-cleichgewichtspoten-
zial einstellen kann, sondern dass das Ruhemembranpotenzial
-
! etwas weniger negativ als das 1<•-Gieichgewichtspotenzial ist.
Der Ionenflu ss durch die Membran lässt sich nach folgender
Die Aufgaben, die in der Prüfung zu m Membranpotenzial gestellt
Gleichung berechnen:
werden. lassen sich alle durch logische Überlegungen (.. gesun-
den Menschenverstand") lösen. Man muss nicht wirklich mit lx = gx. (ßEM - ßEx ) = gx . E
den kompliziert aussehenden Gleichungen rechnen können. Sie
lx =Fluss vonlon X durch die Membran
müssen nur einige Fakten kennen (am besten auswendig lernen,
gx =Leitfähigkeit der Membran für das Ion X
siehe am Ende des Abschnitts).
liE x = Gleichgewichtspotenzial des Ions X
Trotzdem ist der folgende Abschnitt etwas ausführlicher gehal-
liEM = Membranpotenzial
ten, da Sie einmal verstanden haben sollten, wie das Membran-
E =elektrochemische Triebkraft (liEM - ßEx)
potenzial zusta nde kommt. Das lässt sich tatsächlich relativ ein-
fach verstehen , wenn man Formeln dazu benutzt. Die Formeln.
Der Ionenfluss ist also das Produkt aus Leitfähigkeit und elek-
die Sie kennen müssen , sind entsprechend gekennzeichnet. Alle
trochemischer Triebkraft. Die Gleichung oben zeigt, dass der
anderen Formeln dienen nur zur Erklärung und es reicht aus,
Fluss eines Ions durch die Membran von der Leitfähigkeit der
wenn Sie sich das ,.Ergebnis" merken.
Membran für das betreffende Ion abhängt. je größer die Leit-
fähigkeit der Membran für ein Ion. desto besser kann das Ion
Das Gleichgewichtspotenzial beschreibt den Gleic hgewichtszu- die Membran passieren. desto geringer muss der Potenzialun-
stand nur einer lonensorte.ln lebenden Zellen existieren jedoch te rschied sein. der das Ion treibt und desto größer ist sein Anteil
viele lonensorten, lonenkanäle. Konzentrationsgradienten und am MembranpotenziaL
die jeweiligen Gleichgewichtspotenziale nebeneinander. Aus Man erkennt auch, dass der Ionenfluss lx gleich null ist, wenn
der Summe der Potenziale vieler unterschiedlicher Ladungs- das Membranpotenzial dem Gleichgewichtspotenzial (ßEM =
träger ergibt sic h das Membranpotenzial. Weicht das Memb- liEx) entspricht oder die Membran für das betreffende Ion nicht
ranpotenzial vom Gleichgewichtspotenzial ab, dann besteht permeabel ist (gx = 0).
für das betreffende Ion kein elektrochemisches Gleichgewicht Bei mehreren Ionen so rten setzt sich der Gesamtstrom aus
zwischen den zwei Lösungen zu beiden Seiten der Membran. den Komponenten der einzelnen Ionensor ten zusammen. Es ist:
Das elektrochemische Potenzial E. das auf ein Ion wirkt.
wenn das Membranpotenzial vom Gleichgewichtspotenzial des
Ions abweicht. lässt sich nach folgender Formel berechnen:
/ges = gK . (ßEM- t.EK) + gN,,. (liEM -llENa) + gCI. (llfM -llEciJ
E = llEM- ßEx Ist der Gesamtstrom null (lges = 0), wie es in nicht erregten Zel-
RECHEN BEISPIEL
len der Fall ist. dann lässt sich die Gleichung zur Berechnung des
Ruhemembranpotenzial s wir folgt umstellen:
Eine Zelle hat ein Membra npotenzial von -9 0 mV. Das o --G ieichge-
wichtspoten zial (LIEd = -70 mV. Wie groß i>l das elek troch em ische ßfM = gK . flfK + gNa . flfNJ + gCI .[lfCI
Cl--Po t enz ial in dieser Ze lle und in welche Richtung werd en die Cl -·lon en gK + gNa + g CI
getrieben .
Lösung: Setzen Sie di e Werte in folgend e Forme l ei n:
E=fi.EM - M CI
E • -90 mV- (-70 mV)
E = - 20 mV Dabei ist G die Gesa mtleitfä higkeit der Membra n (G = gK + gN"
+ gc1).
1.1 Stofftransport 7

Zur weiteren Vereinfachung führt man am besten die relati- RECHENBEISPIEL3


ve (in der Prüfung auch fraktionelle) Leitfähigkeit/der Memb- Di e Ionenleitfähigkeit der Membran ein er Zelle ist für Na' und K' ·l onen
ran für ein bestimmtes Ion ein. Der relative Anteil z. B. der Na•- gleich groß. Für andere Ionen ist die Membran nicht perm eabel. Di e Na'·
Leitfähigkeit an der Gesamtleitfähigkeit ist f Na ; gNa/G. und die K' ·Konzentra tionen auf der Ze llaußenseite und im Zellinnenraum
sind folg end e:
Die Gleichung zur Bestimmung des Ruhemembranpotenzi-
als lautet dann: )K'];","": 150 mmol /1und JK' )""'" : 5 mmol /1
)Na'];"",": 10 mm olf l und )N a' ],"ßen: 100 mm ol/ 1
L'lEM; fK. L'lEK + fNa . L'lENa + fc1. L'lECI Berechnen Sie das Membranpot enzial dieser Ze lle. (Der dekadische Loga·
rithmu s von 3 ist et wa 0.5 .)
Das Ruhemembranpoten zial ist also die Summe der Gleichge-
Lösung: Errechnen Sie zunächst di e Gl eichgewich t sp otenziale fü r Na' un d
wichtspotenziale, gewichtet nach den relativen Leitfähigkeiten.
K' mit Hilfe der Nernst-Gieichun g.
Kleiner Tipp: Sie können sich den Rec henweg sparen, we nn Sie direkt
RECHENBEISPIEL 1 erkennen, dass die angegebenen Kon zentra tionsverhältni sse für eine ni cht
e rregte Ze ll e t ypisch sind. Sie mü sse n dan n nur w issen , dass das Gl e ichg e ·
Die fraktioneil e (relative) Leitfähigkeit einer Ze lle für K' ·l onen ist 0,9 und
wichtspote nzial, das mit diese n Konze ntrationsverh ältni sse n (1:10 für Na'
für Na'· lonen 0,1. Die Konze ntratio nsverhältni sse entspreche n dem Gleich·
bzw. 30:1 für K' ) einh erg eht , für Na' -lonen 60 mV und fü r K'· lonen -90 mV
gewi chtspote nzial von K'·lonen von - 90 mV und dem Gleichgewich t spo·
ist .
t enzial von Na' ·lonen von +60 mV. Welches Membran potenzial st ellt sich
unter den gegebene n Bedingu nge n ein? Das Gleichgewichtspotenzial von Na' ·1onen ist:

Lösung 1: Gegeben ist also f, = 0,9 , fN, = 0,1, LI E, = -90 mV und LIEN,= +60 I1E ; -60 mV . ....!.... 1g( !Na' );""'" )
mV. Daraus sollen Sie das Ruh em embranpot enzi al berechn en. Di eses setzt Na ZNa laußen
sich aus den Gleichgewichtspotenzia len der bet eili gten Ionen zu sammen.
Di ese dürfen jedoch nicht einfach addiert werd en. so ndern es mü ssen die Für Na' ist z = +1. Daher vereinfacht sich die Gleichung zu:
relative n Leitfähi g keiten für die einzelnen Ionen ber ück sichtigt werden . Für
die Berechnung des Ruh em embran potenzial s eign et sich daher folg ende I1E ; - 60mV ·g( jNa' );",." J
Na [Na· Lußt'n
Gleichung:
LIEM = f, . LIE, + fN, . LIE,, llE ; - 6 0m V -I 10 mmol fl
Na g 1 00 mmol/1
Ein se t ze n der Werte ergibt:
IIEM = 0. 9 . (-90 mV) + 0,1 · (+6 0 mV) = - 8 1 mV + 6 mV = - 75 mV - 60 mV. denn log0.1 = -1.
Lösung 2: Di e Aufgabe läss t sich auch ohn e Forme l lösen , we nn m an sich Da s Gleichgewichtspotenzial von K' ·lonen ist:
kl ar m ach t, da ss K' 9m alleichte r über die Membran geht als Na ' . Fürdas
Na' muss al so gmal m ehr Kraft aufgewen det werd en. um es üb er di e Mem· M, =-60 mV ...!.... lg( [K: );nnen )
bran zu bring en. Im Gleichgewicht . wenn das Membranpotenzial erreicht z, jK J.,ßen
ist. sind beid e Ionenströme gl eich groß . In sgesamt stehen al s Potenzialdif·
ferenz 150 mV .. zur Verfügung". Davon we rd en 90% (135 mV) für da s Na• Für K' ist z = +1 . Daher ve reinfacht sich die Gleichung zu:
benöti gt und 10% (15 mV) für das K' . Es mu ss also das Gleichgew ichtspo·
I1E = - 60 mV lg ( [K ' ];""" )
t enzial von Na' um1 35 mV in Ri chtun g des Gl eichg ewichtspotenzial s von K [K +l außen
K' ve rsc hoben we rden , dam it sich di e St rö me im Gleichgewi cht befi nden:
Es st ell t sich ein Membra npotenzial vo n - 75 mV ei n. Man ka nn au ch vo n der M 61mV -I g30
Seite des K' aus gehen : Wenn man das K'-G iei chgewichtspotenzial um 15 Na 5 mm ol/1
mV in Ri chtu ng des Na'-G ieichgewichtspot enzials versch iebt, land en wir
MN,= -9 0 mV, den n lg3 0 = lg(3 x 10) = lg3 + lglO = 0,5 + 1 = I ,5.
ebenfall s bei -75 mV.
jet zt errechn en Sie das Membranpotenzial nach dem selben Sc hema w ie
RECHENBEISPIEL 2 in den vo rausgehend en beiden Be ispielen. Di e Leitfähi gkeit der Membran
Das K"· Gieichgewichtspotenzial einer Zell e beträ gt -9 0 mV und da s Na' . ist für be ide gleich - bei ein er Gesamtl eit fähigkeit von 1 also fü r jed es Ion
Gl eic hgewichtspotenzial +60 mV. Wi e hoc h das Membranpote nzial der 0,5.
Zelle, wenn die Zellm emb ra n nu r für diese Ion en perm ea bel und die Na'· Zur Berechnung des Ruhem embranpotenzials dient f olg ende Gl eichung:
Leitfähigkeit der Membra n doppelt so hoch ist w ie für K'· lonen?
l1E., = {, • l1E, + {N, ·llEN,
Lösung 1: Die Aufgabe ist ähnli ch gelagert wie Beispiel 1. Hi er habe n w ir
Se t zen Sie die Wer te ein und es erg ibt sich:
diese lbe Potenzialdifferenz (150 mV}, abe r andere Anga ben zu Leitfähig·
keit: Di e Gesam t leitfähi gkeit ist gleich 1. We nn die Na'· Leitfähi gkeit der MM = 0, 5 · (-90 mV) + 0, 5 · (+60 mV) = - 45 mV + 40 mV =-15 mV
Membran doppelt so hoch ist w ie für K' · Ionen, dan n heißt das , dass f, Das Membran pote nzial ist also - 15 mV.
0, 33 und f"·' = 0, 67. Di e Berech nun g des Ruh emem branpot enzials erfolgt
Lösung 2: Ebenfa ll s an alog zu Beispi el1 und 2 kann man h ier auch ohne
nach der bekannten Gleichung :
Fo rmel zu Lösung kom m en: Wen n di e Leitfähigkeit fü r bei de Ionen g leic h
LIEM = f, . LI E, + '"" .f1fN, groß ist, bede utet das, dass jewe il s di e Hälf t e der Pote nzialdifferenz zwi·
Setzen Sie di e We rte ein , und es ergib t sich : sehen den beiden Gleichgewichtspote nzialen auf die beid en Ionen fäl lt.
LIEM = 0, 33 · (-9 0 mV) + 0, 67 · (+60 mV) = -29 .7 mV + 40. 2 mV = +10.5 mV. verschi eben w ir al so di e Gleichgewichtspotenziale j ewe il s entsprec hend
um 50% (75 mV) in Ri cht ung des j eweil s anderen Gleichgew ich tspotenzials,
Lösung 2: Ana log zu ße ispie ll kö nn e n w ir hi e r a nn e hme n, d ass als erh alten w ir ein Membra npotenzial von - 15 mV.
Gesa m t pote nzial w ieder 150 mV "zu r Verfü gung" stehen. Da die Leit·
Fähigkeit für Na' in di eser Ze lle abe r doppelt so groß ist wie für K', geht
Na' leichter über die Membran un d braucht deshalbe we ni ger Energie. Es
werden also 2/3 der Pote nzialdifferenz für K' und 1/3 für Na' benöti g t. W ir
des Membranpotenzials. Ändert sich die Leitfä-
ve rsc hi eben also das Na'·G ieichg ewich t spotenzial von 60 mV um 1/3 (50 higkeit der Membran für ein Ion, so wirkt sich das unmittelbar
rnV) in Richt un g K"·G ieichgew ichtspot enzial und erh alten als Mem branpo· auf das Membra npoten zial au s. Beim Aktionspotenzial öffnen
te nzial +10 mV. Oder umge keh rt, ver schiebe n wir das K'·G ieichg ewichtspo·
sich bspw. die Na• -Kanäle, die Leitfäh ig keit der Membran für
l enzial um 2/3 des Gesa m tpot enzials (1 00 rnV ) in Ri ch tun g Na ' ·G ieichge·
w ichtspote nzial, erh alten w ir ebenfall s+ 10 mV. Na• ste igt schlaga rtig an und das Membranpoten zial verschiebt
sich da her in Richtung Na•-Gleichgewichtspotenzia l. Das Mem-
branpote nzial wi 1·d wenige r nega tiv als das Ruh emembran-
potenzial (Depolarisation). We nn sich die Na' -Kanäle wieder
schließen und sich stattd essen die W-J<anäle öffn en, üb erwi eg t
wieder di e 1<•- Leitfähigl<eir und das Membranpote nzial nä hert
8 1 Allgemeine und Zellphysiologie, Zellerregung

sich wieder dem K•-GJeichgewichtspotenzial a n. Das Memb- zu wandern. Die K•- lonen wandern ebenfalls nach innen, indem
ranpotenzia l wird wieder negativer (Hyperpolarisation). Ein e sie dem elektrischen Poten zial folgen. Die Ionen wandern so
ausführliche Besprechung der Vorgä nge beim Aktion spoten zi al lange, bis das ents tehende elektri sc he Potenzial di e Wanderung
finden Sie in Skript 3. beendet. Dieses Potenzial entspricht dem Gleichgewichtspo-
Eine Depolarisation finde t auch statt, wenn die extrazellu- tenzial der Ione n unter diesen Bed in gungen. ln einer ruhenden
läre K•- Konzentration ansteigt. K•-Jonen werden in die Zelle Zelle si nd di es -20 mV (Donnan-Potenzial ). Gleichzeitig mit der
verschoben, wodurch das Membranpotenzial weniger negativ Ion enwanderung entsteht innerhalb der Zelle ein osmotischer
wird. Überdruck, dem die Zellmembran ni cht sta ndhalten könnte
Eine Hyperpolarisation finde t dagegen s tatt, wenn sich die (die Zelle würde platzen). Die Zelle muss also die Ents tehung
K•-Leitfähigkeit der Membran e iner ruhenden Zelle erhöht. einer Donnan-Verteilung verhindern. Dies gesch ieht durch die
Weitere K•-Ionen strömen in die Zelle und das Membranpoten- Na•- K•-ATPase und die relativ selekt ive Permeabilitä t de r Mem-
zial nähert sich noch weiter dem K•-GJeichgewichtsp otenzial- bran nur für K' - Ionen. Das dadurch entstehende, sta rk negative
e s wird negative r. Membranpotenzial ve rhindert weitgehend das Ei ndringen von
CI--Ionen. Ist die Energieversorgung der Zelle da gegen ges tört
APROPOS
(z. B. bei Sauerstoffmangel und die damit ei nhergehende redu-
Bei einem epileptischen Anfall kann die extrazell uläre K' -Konzentration
eines Neurons durch die sta rke Akti vität von größeren Ner venzellverbänden zierte Bildung vo n ATP), funktioniert der aktive Transport durch
akut ansteigen, wodurch es zu ei ner Depolarisation kommt. die Na•-K•-ATPase nicht mehr reibungslos und die Ionenver tei-
lung ändert sich in Richtun g Donna n-Verteilung. Die Na•- und
K•-Konzentrationen zu beiden Seiten de r Membran gleichen
Merken Sie sich folgende Begriffe. Sie werden Ihn e n noch häufig sich einander an. Das Membranpoten zial wird weni ger negativ
begeg nen: (Depola risat ion), Cl--Ionen strömen ein, gefo lgt von weite ren
"'" Hyperpolarisation: Das Membranpotenzial nimmt einen stär- Kationen und auch Wassermolekül e ströme n in die Zelle. was
ke r negative n Wert an als das RuhemembranpotenziaL eine osmotisch bedingte Zellschwe llung nach sich zieht.
Depolarisation: Das Me mbranpotenzial nimmt einen stärker
positiven Wert an als das Ruhem embranpotenzia L FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Die Beg riffe beruhen darauf, dass die Membran im Ruhezustand • Das elektrochemische Potenzial e in es Ions X errechnet sich
polarisiert ist. Bei der Hyperpolarisat ion wird die Membran stär- aus:
ker polarisiert al s im Ruhezustand, bei der Depolarisation nimmt E = !'J.EM- !'J.Ex; MM =Me mbra n pote nzial;
die Polarisation ab. • Der Ionenfluss durch die Membran hängt un ter anderem
von der Leitfähigkeit de r Membran für das betreffende Ion ab.
Erhöht sich di e Leitfähigkeit für ein bestimmtes Ion . erhöht
Donnan-Verteilung sich dessen Fluss durch die Membran.
Eine Donnan-Verteilung ents teht dann, wenn sich auf einer • Berechnung des Ruhemembranpotenzia ls:
Seite de r Membran Moleküle befinden, für die die Membran {',fM= fK. f'l.fK + f Na . f'l.fN a + f o "f'l.fcl
völlig undurchlässig ist. Dies trifft z. B. auf Proteine oder Nuk- • Erhöht sich die extrazelluläre K•- Konzentration ein es Neurons,
leinsäuren im Zellinneren zu. Die se negative Ladung im Zellin- ko mm t es zu einer Depolarisation.
neren beeinflusst auch das MembranpotenziaL Aufgrund der • Erhöht sich die Leitfähig ke it der Membran ein er ruh enden
zusätz li chen negativen Ladung der nicht diffundierba ren gro - Ze ll e für K'- lonen, kommt es zu einer Hyperpolarisation.
ßen Moleküle in der Zelle beginnen CI --Ion en , deren Konzen- • Ist der aktive Transpo rt durch di e Na•-K•-ATPase gestört (z. B.
tration außen im Ruhezu sta nd wesentlich höher ist als innen, durch Sauerstoffmangel ), schwi llt ein e Ze lle osmotisch bed ingt
entgegen ihrem Konzentrationsgefälle von auße n nach innen an.
2.1 Erythrozyten 9

2 Blut und Immunsystem Verlauf dieser pro Zelle ca. 6-9 Tage dauernden Erythropoese
(Bildung von Erythrozyten) werden pro Tag etwa 2 x 10 11 Ery-
Das Blut erfüllt eine Vielzahl von Aufgaben. Neben der Trans- throzyten hergestellt.
portfunktion (z. B. 0 2, C02 , Nährstoffe, Hormone) gehören die EPO istein Glykopeptidhormon, das beim Erwachsenen zum
Aufrechterhaltung des pH-Wertes und der Elektrolytkonzent- Großteil in der Nierenrinde gebildet wird (in geringen Mengen
ration, Abwehrfunktionen und die Blutstillung dazu . auch in der Leber). Bei Fehlen von EPO (z. B. bei Nierenversagen:
Blut besteht aus: Dialysepatienten) kommt es zu einer Anämie (s. u.). Die ver-
• Plasma enthält u. a. Proteine (z. B. Gerinnungsfaktoren, Anti - stärkte Bildung von Erythropoietin bei 0 2 -Mangel beruht auf
körper) und Elektrolyte, dem Transkriptionsfaktor HIF-1 (hypoxieinduzierbarer Faktor
• Blutzellen: Erythrozyten. Leukozyten, Thrombozyten. 1), der bei 0 2 -Mangel (z. B. bei Höhenaufenthalt) die Expression
Das Blutvolumen eines Erwachsenen bet rägt 6 - 8% (ca. 1/13 des Erythropoietingens verstärkt.
des Körpergewichts), entsprechend 4-6 I. Ein 80 kg schwerer jugendliche Erythrozyten, die das Knochenmark erst vor
Mann hat a lso ca. 61 Blutvolumen. Liegt das Blutvolumen im Kurzem verlassen haben. werden als Retikulozyten bezeichnet.
Normbereich, spricht man von No rmovo lämie, bei erhöhtem Sie enthalten noch RNA-Reste im Zytoplasma. Ihr Anteil an den
bzw. erniedrigtem Volumen von Hyper- bzw. Hypovolämie. gesamten Erythrozyten beträgt ca. 1 %. Im Laufe der Zeit ver-
lieren die Erythrozyten ihre Verformbarkelt Überalterte und
. LERNTIPP ! damit steifere Zellen werden in der Mil zpulpa identifiziert und
Für die Laborwerte si nd jeweils die Referen zbere ich e angegeben. abgebaut. Die Zellbruchstücke werden im retikuloendotheli-
doch kann man sich oft leichter e inen th eo retischen Mittelwert alen System von Milz. Leber und Knochenmark phagozytiert.
merken. Dieser ist in di esem Abschnitt häufig ergänzt. ln der der Hämring des Hämoglobins wird zu Bilirubin abgebaut und
mündlich en Prüfung so llten Sie aber unb edingt ein .,um" hin zu- ausgeschieden. Das Eisen aus dem Hämoglobin wird wieder-
fügen bzw. bei den in der schriftlichen Prüfungen angebotenen verwendet. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Erythro-
Lösung en ein e gewisse Abweichung vom gelernten Wert als zyten be trägt 90- 120 Tage.
normal hinnehmen.
APROPOS
Retikulozyten sind lichtmikroskopisch nach Vitalfärbung z. B. mit Brilliant-
I kresylblau als gitterförmige Strukturen erkennba r.

2.1 Erythrozyten
Die Retikulozytenzahl im Blut ist ein Maß für die Erythropoe-
Erythrozyten (rote Blutkörperchen) stellen den Großteil der seleistung des Knochenmarks. Eine Veränderung kann unter-
Blutzellen. Ihre Haupta ufgabe ist der Atemgastransport (s.S. schiedliche Ursachen haben:
83). Das Hämog lobin in den Erythrozyten ist ein sehr wichtiges • Abfall der Retikulozytenzahl; durch Proliferationsstörun-
Puffersystem (s.S. 85). gen, verursacht z. B. durch :
Erythrozyten sind kernlose Zellen. Sie enthalten keine Mi- - Schädigung des Knochenmarks.
tochondrien und kein endop lasmat isc hes Retikulum. Entspre - - Störung der Hämoglobinsynthe se (Eisenmangel),
chend müssen sie ihren Energiebed.Jrf über anaerobe Glykolyse - Störung der Zellproliferat ion (Cobalaminmangel, EPO-
decken. Sie sind scheibenförmig mit e iner ze ntralen Eindellun g Mangel).
(bikonkave Form). Im Durchschnitt beträgt ihre Dicke am Rand • Anstieg der Retikulozytenzahl (Retikulozytose); die Eryth-
2 J..II11 und ihr Durchmesser 7,5 J..lm . ropoeseleistung des Knochen marl< s ist erhöht, z. B.:
- durch kompensatorische Erhöhung bei Anämien (z . B. bei
hämolyti schen Anämien).
2.1 .1 Lebenszyklus der Erythrozyten
- nach größeren Blutverlusten,
Eryt h rozyten w erden im Knochenmark über einige Zw ischen- - bei Höh enaufe nthalten (in folge einer verstärken EPO -
sch ri tte (Präerythrob last, Erythroblast, Normoblast) aus p lu - Bildung).
ripotenten Stammzell en gebildet, ein Vorgang, der durch da s
Hormon Erythropoietin (EPO) sti muliert w ird. Der Normoblast
ist die letzte kernhaltige Vorstufe. Nach Ausstoßen des Kerns
verlässt die reife Ze ll e (; Erythrozyt) das Knochenmark. Im
10 2 Blut und Immunsystem

APROPOS .. Hämatokrit . Als Hämatokrit (Hkt) bezeich net ma n den Vol u-


Angeborene Störu ngen der Eryt hrozytenfunktion mena ntei l a ll er Blu t zellen am gesam ten Blurvo lu me n. Da die
Die Kug elzellanämie ist ein Beispiel für eine hämelyt ische Anä mie (s. u.).
Erythrozyten 99 % des Zellvol umen s im Blut au smachen. kann
Die Erythrozy t en nehm en im Blut eine kugelförmige Gesta lt an. da da s
Zytoskelett bzw. die Eryt hrozyte nmembra n ges chwächt ist. und werden
man de n Häma tokr it als Parameter für da s Eryt hrozyte nvo -
fr ühzeitig in der Milz abgebaut. Laborch emi sch ist die osmot ische Res ist enz lu m en nutze n. Einen erhöhten Hkt findet man nach längerem
herabgese tzt. Höhenaufenthalt oder bei chronischen Lungenerkrankungen
Die Sichelzellanäm ie beruht auf einer Mutatio n im HbA-Gen und dem (EPO T). Dieser a ls Polyglobulie bezeichnete Zustan d geht mit
daraus fo lgend en Au st ausch der Ami nosäure Glutamin gegen Vali n an
einem e rhöhten Thromboser isiko e inhe r. Auch Neugebore ne
Position 6 der ß-Kett e. Das dadurch ge bildet e Hämogl obin wird als HbS
habe n physiologisc herweise e inen erhö hte n Hä m atokrit.
bezeich net. Typisch ist die Sichel form der Erythrozyten bei homozygoten
Merkma lsträgern . Diese Zellen sind se hr starr und neige n zu r Ausbi ldung vo n
Konglomerat en. Daraus könn en äußerst schmerzhafte va seok klu sive Krisen .. Erythrozyten indizes. Au s d en 3 Mess werten Hämoglobin-
resultiere n, also die Ausbildung multipler Gefäßverschlüsse in ve rschiede nen kon ze ntration, Hämatokr it un d Eryt hrozy te nzah l kann man
Organen, die zum Tode führen können. Die Sichelzellanä mie find et m an die sog. Eryt hrozyte n ind izes berechnen . Es ha nde lt s ich hi erbei
besonde rs häu fig in tropi sc hen und subtrop ischen Gebieten (beso nders
u m Hi lfsgrößen , die nähere Auskunft über die Eryt h rozyten-
häufig in Äquato rialafrika). Dort ist die Hct eroz ygoti e unter Um stä nden
ein positive s Selektions merkm al, da hi erdu rch di e Re sistenz gegen Ma lari a
e ige nschaften li e fern und be i der Differe nzialdiagnostik von
erh öht wird. wäh rend sie keine negativen Fo lgen hat . Anämien (s . u.) w e iterhe lfen . Di e Eryth rozy te n indi zes sind ge-
Bei den Thalassämien, die vo rw iegend im Mittelmeerrau m vor ko mmen, ist schlechtsunabhängig. ln Tab. 2.1 sind die Erythro zyte nparame-
die Sy nthese des Prote inanteils des Häm oglobins gest ört . Di e gebi ldeten ter au fgefü h rt.
Er ythrozyten sind hypochrom und mikrozytär. Das Vollbild der Krankheit ist
MCH (mea n corpu sc ular hemoglobin. au ch Färbekoeffiz ient
gekennze ichnet du rch massive Hämo lys e. extra medulläre Blut bildung in Milz
und Leber mi t nachfolgender Hepat osplenomegalie und Her zinsuffi zienz.
HbEge nannt): m ittle re Hä mog lobinmasse pro Erythrozy t.
Hä moglobinkonzentration
2.1.2 Erythrozytenparameter MCH
Erythrozyten zah l

.. Erythrozytenzahl und Hämoglobinkonzentration . Die Eryt h- MCV (mean corp uscul ar vo lume) : mittl e res Vo lum en eines Ery-
rozytenzah l ist beim Ma nn höher als be i de r Fra u. Entsprechend t h rozyten.
ist auch die Hämoglo binkonze ntration beim Mann höher (Tab.
MCV = Häma tokrit
2.1). Durch eine n Höhenaufenthalt findet eine Anpa ss ungsre - Erythrozytenza hl
akt ion starr, soda ss d ie Hämoglobin konzentrat ion im Blut über
den No rma lwert ans teigt- ein Effek t. de r entsprechend der Le - MCHC (m ea n corpusc ul a r hemoglo bin conce ntratio n): m ittle re
ben sdau e r der Eryth rozyten auch nach Rückkeh r auf ca. Mee- Hämoglob in kon zentra ti on der Erythrozyte n.
reshöhe e in ige Woch en a nhä lt. MCH C = Hämoglobinkonze ntration
Das Hä moglobin (roter Blutfarbstoff) bes teht au s vier Po ly- Hämatokrit
peptidketten mit je einer Farbstoffkomponente , die a ls Häm
bezeichnet wird und den Sauerstoff tran spo rtiert. .. Transferrinsättigung. Di e Tran sferri ns ättig ung im Bl utpla s-
m a g ibt Au sku nft über den Eisenspiegel im Blut. Tra n sferrin ist
APROPOS
Die Polycythaemia vera ist eine Erkrankung mit pathologisc h zu hohen Ery- ei n Prote in, das in der Leber gebilde t wird . Es bi nde t Ei sen im
th rozyt enzahlen. Hier kommt es zu ein er autono men Pro liferati on aller drei Plasm a u nd tra nsportier t es. Die Sätt igung lässt sich berech-
Blu tzellreihen im Knochenmark, wobei v.a. die Erythropoese gesteiger t ist. nen, in dem ma n den Quotienten au s dem Ei sengeha lt und dem
Symptome sind u.a. ein e st arke Gesicht srötung , diffuser Juck reiz, Schw indel, Tra n sferri ngehal t des Serums bi ldet.
Kop fschmerzen und Ohrensause n. Die Laborparameter sind au f t ypi sche
Weise ve rändert: Di e Anzah l der Eryth rozyten, Leukozyt en und Throm bo-
zyte n ist erhöht, ebenso Höm oglobingehalt und Hämat okrit . Erythropoetin
>'LERNTIPP !
ist kompensat ori sc h supprimiert. Die Th erapie besteht in regelmäßig en Dass hier nur we nig e Blut param ete r als prü fung sre levant hervo r-
Aderlässen zur Blutverdü nnung oder der Gabe von Zy t ostatika zur Unterdrü- gehobe n sind, mag Sie irri tieren, liegt jedo ch daran , das s selte n
ckung der Ze llvermehrung . dire kt danac h gefragt wi rd. l ernen Sie sie trotzdem. denn es ist
gut möglic h, dass Ih nen in der Prüfu ng ein Blu tbild vorge legt
wird und Sie e rkennen müsse n. was da ran ung ewö hn li ch ist.
Tab. 2.1 Die Erythrozytenparameter im Überblick
Dazu müsse n Sie die Normwerte ke nnen.
Refere nzbereiche Normalwerte

Einheit Männer Frauen Männer Frauen FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Erythrozyte n- 4 ,6-6 .0 4, 0- 5.5 5,0 4 ,5 .. Erythropoietin stim uliert di e Bildung von Normoblaste n im
Z<l hl = 1Q12fl Knoche nm ark .
Hämoglobin- g/1 145 .. De r größte Te il des Erythropoietins wi rd beim Erwac hse ne n
140-175 123-153 155
kon ze ntration mmo l/1 8,7-10, 8 7,6-9,5 9,5 9,0 in de r Nierenrinde gebildet.
.. Nac h ein em Höhenaufenthalt ist di e Hä moglobinkonzentra-
Hämatokrit 0,40- 0, 37- 0,47 0,42
0.54 0,47 tion im Blut erhöht.
.. De r Normalwert für Hä moglob in bei Fra uen bet rägt 145 g/1.
MCH pg = 28-32 30
lQ-12 g .. De r Normalwert für MHCH ist 330 g/1.
_J
MCHC g/1 320-360 330
MCV fl = 80-1 00 90
lQ -151
2.1 Erythrozyten 11

2.1.3 Ursachen von Anämien • Hämatokrit un ter dem Normalwert von 0,42 (w) bzw. 0,47
(m)(s.o.),
LERNTIPP ! • MCH: ! (hypoc hrom),
• MCV: ! (mikrozytär).
Die untersch ied lichen Anämien sind ein zentrales Prüfu ngs-
Typisches Beispiel für die hypochrome, mi krozytäre Anämie
thema . Das IMPP li efert gern e ein ku rzes FallbeispieL Um die
ist die Eisenmangelanämie. Im Knochenmark steht nicht ge-
richtige Diagnose zu stellen, schauen Sie sich zuerst die Beschrei-
nüge nd Eise n für die Hämo globin sy nthese zur Verfüg un g, die
bung der Symptome an. Ist die Rede von Menschen mi t blasser
Ery th rozytenbildung an sich ist aber intakt. Der einzelne Eryt h-
Haut undfader Sc hl eimhäuten und eingeschränkter Leistungs-
rozyt wird jedoch mit weniger Hämoglobin beladen und bleibt
fäh igkeit? Prima, dann können Sie sc hon auf eine Anä mie schlie-
kleiner al s normal (mi krozytär). Typische Ursac hen sind:
ßen. Gesel lt sic h dazu noch ein erni edrigte Erythrozytenzahl
• chronischer Blutverlust (z. B. über den Magen-Darm-Tral<t);
oder Hämoglobinkonzentration um so besser, denn Ih re Vermu -
häufigste Ursache für eine Eisenmangelanämi e,
tung wird bestätigt.
• erhöhter Eisenbedarf (z. ß. während der Schwangerschaft,
Um welche Art vo n Anämie es sich handelt. darüber geben
Still zeit, Wach stum),
häufig die mitge lieferten Blutindizes und -paramete r Au skun ft.
• unzureichende Zufuhr von Eisen mit der Nahrung,
Sc hauen Sie sich die untersc hi edlichen Formen der Anäm ien gut
• Eisenverlust mit dem Menstrualblut (Frauen sind für Ei sen-
an und üben Sie. diese anband der Blutwerte zu unte rscheiden.
mangelanämien anfälliger als Männer).
Es ist wic htig, da ss Sie erkenn en, ob die angegeben Werte im
Die Transferriosättigung im Blutplasma gibt Auskunft über den
Normbereich liegen und welche Ursachen ein e Abweic hung
Eisenspiegel im Blu t. Ist die Transfer rin sätti gung ger ing, ist der
haben kann.
Eisenspiegel im Blut re du ziert, wa s in Kombinationmit an deren
Wei te re Hinweise kön nen ebe nfall s im Fall beisp iel versteckt sein.
Symptomen wie Blässe auf eine Eisen mangelanämie hinweist.
Ist z. B. ei ne Il eu mresektion erwähnt, können Sie ein e Hyper-
chrome, makrozy täre Anämie in Erwägung ziehen (s. u.).
RECHENBEISPIELE
Ein junger Mann mit blasser Haut und blassen Sc hl eimhäuten ze igt eine
Als An äm ie bezeichnet man ein Absinken von Eryt hrozyten- geringe körperliche Leistungsfähigkeit. Sein Blu tbild sieht folgendermaßen
za hl. Hämoglobinkonze ntration und/oder Häm ato krit unter aus:
den Normbereich. Mithilfe von MCH und MCV wird die Anämi e • Hämoglol>inkonzentration: 100 g/1
• Erythrozytenzahl: 4.5 x 10"/1
weiter kl ass ifi ziert. Ist das Zellvolu men verändert, dan n spricht Hämatokri t: 0.30
man von ei ner makrozytären (MCV i) bzw. mikrozytären • Retikulozytenzahl: l
(MCV ! ) Anämie, ist der die Menge a n Hämoglobin pro Eryt h- • MCV: I

rozyt verändert, dann hand elt es sich um eine hyperchrome Wie lautet die Diagnose?
(MCH i ) bzw. hypochrome (MCH ! ) Anämie. Lösung: Symptome wie Blässe und mange lnde Leistungsfähigkeit weisen
in Richtung Anäm ie. Bes tätigt wird diese Anna hme durch die Blutwe rte:
Die Hämog lobinkonzentration liegt deutli ch unter dem für Männer norma·
"' Normochrome, normozytäre Anämie. Typische Kennzeichen
len Wert. Außerdem ist der MCV reduziert. Diese Angal>en reichen eigentl-
si nd: lich schon für die Dia gnose: Eisenmangelanämie.
• Blässe der Haut und Sch le imhäute, Müdi gke it, man gelnde Zur Sic herheit kö nn en Sie noch berechnen, wieviel Hämogl ol>in in einem
körperlic he Leist ungs fähigkeit, Erythrozyten enthalten ist.
• Hämoglobinkonze nt ra tion unter de m Normalwert von 145 MCH Hämog lobinkonzentration 1OOg/1 22 2 1 2 22 2
(w) bzw. 155 gjl (m) (s. o), Erythrozytenzahl 4,5 x 10 12/1 · X o-' g · Pg
• Hämatokrit unter dem Normalwert vo n 0,42 (w) bzw. 0.47
(m) (s. o.), Auch dieser Wert ist viel ge ringer als der normale Wert von 30 pg. Alle
Hinweise zusamme ngenommen, bleil>t als Diagnose nur die Eisenmange·
• MCH: normal (normoc hrom), lanäm ie.
• MCV: normal (normozytär).
Bei der no rm ochromen, normozytä ren Anämie läuft die Ery-
t hropoese im Knochenmark zwar normal , aber für die aktuelle FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Situation zu langsa m ab. Typi sc he Ursac hen sind :
.. Erythropoietinmangel ist eine typi sche Ursac he einer normo-
• akuter Blutverlust: z. B. durch ei nen Unfall ; intersti tielle
chromen, normozytären Anämie.
Flüss igkeit strömt ein, gleic hzeit ig gehen Eryt hrozyte n über
"' Häufigste Ursache einer Eisenmangelanämie ist ein chroni-
die Wund e verloren,
scher Blutverlust.
• Erythropoietinmangel: z. B. bei chro nischer Ni ere nin suf-
"' Die Eisenmangelanämie ist eine hypochrome, mikrozytäre
fi zienz; fehlende EPO-B ildung in den Ni eren und darau s
Anämie.
res ulti erende Stör ung der Erythropoese (renale Anämie);
"' Symptome für eine hypochrome, mikrozytäre Anämie sind:
Therapi e durch EPO-Substitution möglich.
- Blässe der Haut und Sc hl eimhäute, Müd igke it, mange lnde
• Erkrankung des Knochenmarks: all ge meine Stö run g der
körperliche Leistungsfähigk eit ,
Zel lbildu ng (aplastische Anämie).
- Hämoglobin konzentration unter dem Norma lwert von 145
(w) bzw. 155 gjl (m),
.. Hypochrome, mikrozytäre Anämie. Typische Ke nnze ichen
- Hämotkrit unter dem Normalwert von 0,42 (w) bzw. 0,47
sind:
(m),
• Blässe der Haut und Sc hleimhäute, Müdigkeit, mangelnde
- MCH: L,
körperlich e Leist ungs fähi gkeit,
• Hämog lobi nkonzent ration unter dem Normalwert von 145 - MCV: !.
(w) bzw. 155 gjl (m) (s.o).
12 2 Blut und Immunsystem

,.. Eine geringe Transferrinsättigung des Blutes weist in Kombi- ,.. Hämolytische Anämie. Typisc he Kennzeichen sind :
nation mit Symptomen wie Blässe auf eine Eisenmangelanä- • Blässe der Haut und Schleimhäute, Müdigkeit, mangelnde
mie hin. körperliche Leistungsfähigkeit,
,.. Die Formel zur Berechnung des MCH lautet: • erhöhte Konzentration an unkonjugiertem Bilirubin.
Is t der Erythrozytenabbau oder -zerfall (Hämolyse) beschleu-
MCH = Hämoglobinkonzentration nigt und dadurch die Lebensdauer der Erythrozyten verkürzt,
Erythrozytenzahl können sich hämelytische Anämien entwickeln. Der erhöhte
Hämoglobinabbau führt dazu. dass vermehrt Bilirubin anfällt.
Das unkonjugierte Bilirubin löst sich in Wasser schlecht. Daher
,.. Hyperchrome, makrozytäre Anämie. Typische Kennzeichen wird Bilirubin im Blut an Albumin gebunden transportiert und
sind: so an die Galle abgegeben.
• Blässe der Haut und Schleimhäute, Müdigkeit, mangelnde je nach Ort des verstärkten Abbaus der Erythrozyten unter-
körperliche Leistungsfähigkeit. scheidet man:
• Hämoglobinkonzentration unter dem Normalwert von ISS • intravasale Hämolyse: Abbau innerhalb der Blutbahn,
g/1 (m) bzw 14S (w) (s.o). • extravasale Hämolyse: Abbau außerhalb der Blutbahn durch
• Hämatokrit unter dem Normalwert von 0,47 (m) bzw. 0,42 Makrophagen (z. B. bei Rhesusunverträglichkeit).
(w) (s.o.),
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
• Erythrozytenzahl unter dem Normalwert von S,O x 10 12/1(m)
bzw. 4 ,S x 10I 2JI (w), ,.. Bei Erythropoetinmangel kommt es längerfristig zu einer
• MCH: T (hyperchrom), normochromen normozytären Anämie.
• MCV: T (makrozytär). ,.. Bei einer hyperchrome, makrozytäre Anämie sind typischer-
Ursache der hyperchromen, makrozytären Anämie, die auch als weise die Erythrozyten vergrößert.
megaloblastische Anämie oder perniziöse Anämie bezeichnet ,.. Eine hyperchrome, makrozytäre Anämie wird mit großer
wird, ist eine Teilungsstörung der Erythrozytenvorstufen im Wahrscheinlichkeit durch einen Mangel an Vitamin B12 verur-
Knochenmark. Die wenigen Erythrozyten. die ausreifen kön - sacht.
nen, enthalten dann mehr Hämoglobin . So erklären sich die ,.. Symptome für eine hyperchrome, makrozytäre Anämie
erhöhten MCH und MCV-Werte. Typische Ursache ist einjahre- sind:
langer Mangel an Vitamin B12 (Cobalamin) oder Folsäure durch: - Blässe der Haut und Schleimhäute, Müdigkeit, mangelnde
• unzureichende Mengen in der Nahrung, körperliche Leistungsfähigkeit,
• Mangel an lntrinsic Factor (s. Skript 2). der in der Magen- - Hämoglobinkonzentratio n unter dem Normalwert von 155
schleimhaut gebildet wird, als Folge einer chronischen Gast- g/1 (m) bzw 145 (w) (s .o),
ritis oder einer Magenresektion, - Hämatok rit unter dem Normalwert von 0,47 (m) bzw. 0.42
• eine Resorptionsstörung im unteren Ileum (z. B. nach einer (w) (s.o.),
Ileumresektion). - Erythrozytenzahl unter dem Normalwert von 5,0 x 10 12 /1(m)
Bei Vitamin -8 12 - und Folsäuremangel kommt es zu einer Stö- bzw. 4,5 x 10 12 /1 (w),
rung der DNA-Replikation und damit der Zellteilung, wobei die - MCH: l (hyperchrom),
Zellen des Knochenmarks aufgrund ihrer häufige n Teilungen - MCV: l (makrozytär).
beso nders betroffen sind. Ebenfalls von der Teilungsstörung ,.. Die hyperchrome. makrozytäre Anämie wird auch als perni-
betroffen sind die Stammzellen der Leuko- und Thrombozyten, ziöse Anämie bezeichnet. Sie kann Folge einer Ileum- oder
ihre Anzahl im Blut sinkt ebenfalls. Magenresektion sein, die zu einem Vitamin-8 12-Mangel führen
kann .
,.. Bei einer normozytären Anämie deutet eine erhöhte Konzen-
RECHENBEISPIELE tration von unkonjugiertem Bilirubin im Plasma auf eine
Eine Frau mittleren Alters. deren Haut auffällig blass is t, hat fol- Anämie durch verstärkte intravasale Hämolyse hin. __j
gende Blutwerte:
Hämoglobi nkonzentration: 90 g/1
• Erythrozytenzahl: 2,5 • 10 11 /1
• Hämato krit: 0.26 2.1.4 Blut(körper)senkungsgeschwindigkeit
Wie könnte die Diagnose lauten? (BSG)
Lösung: Hautb lässe, gerine Hämoglobinkonze ntration und geringe Zahl
an Erythrozyten deutet auf eine Anäm ie hin. Um sagen zu kön nen. um wel- Aufgrund ih res höheren spezifischen Gewichts sinken di e
che Form der Anäm ie es sich hand el t. müssen Sie den durchschnittlichen Erythrozyte n im Plasma von ungeri nnbar ge machtem Blut ab.
Hämoglobingehalt eines einzelnen Eryth rozy ten (MCH) berechnen: Eine Erhöhung der BSG wird durch bestimmte Proteine verur-
MCH Hämoglobinkonzentration 90g/l sacht (sog. Agglomerine). in deren Anwesenheit sich die Ery-
Erythrozytenzahl 2.5 x 10 12 /1
36 x 10 " g = 36 pg
throzyten zu größeren Komplexen ZUsammenlagern und daher
sch neller absinken. Agglomerine treten u.a. bei Entzündungen
DieserWert ist viel höh er als der normale Wert von 30 pg. Das bedeutet,
die Frau leide t wahrschei nl ich an ei ner hyperchromen. makrozytären und Tumorerk rankungen im Plasma auf. Auch ein verminder-
Anämie, die möglicherweise du rch einen Vitamin-B 12-Mangel hervorgeru- te r Hämatokrit (z. B. bei Anämien) beschl eunigt die Senkung, da
fen wurde. durch di e verminderte Erythrozy ten za hl die Reibung der Ze llen
aneina nd er während des Absinkens vermindert ist.
2.2 Blutplasma 13

Insgesamt ist die Blutsenkung ein sehr sensibler, aber wenig Tab. 2.2 Plasmakonzentrationen wichtiger niedermolekularer
spezifischer Test, d . h. bei einer normalen BSG kann man rele- Stoffe
vante Entzündungen oder Tumorleiden so gut wie ausschlie-
mmol/1 ** Merkwerte
ßen. eine beschleunigte BSG sagt aber nichts über deren genaue (mmol/1 ** )
Ursache aus .
Kationen Natrium 135-145 150
APROPOS
Bestimmung der BSG nach Westergren : 1,6 ml venöses Blut werden mit Kalium 3,5-5,1 5
0.4 ml Na•·C itrat ungerinnbar gemacht. in ei nem 20cm langen Röhrchen auf· Calcium ges.* 2,2- 2,6 2,5
gezogen und senkrecht aufgestellt . Nach einer und zwei Stunden wird dann
abge lesen. um wieviele Millimeter sich die Blutzellen nach unten abgesetzt Magnes ium ges .' 0,65- 1,05 1,5
ha ben. erkennbar durch die Breite des goldgelben Überstandes aus Plasma Anionen Bicarbonat 22-26 24
in dem Röhrchen. Normalerweise liegt die BSG in der ersten Stund e bei (HC0 3- )
Männern unter 15mmundbei Frauen unter 20mm. Da der Zwei-Stunden·
Wert keine höhere Aussagekraft als der Ein·Stunden·Werl besitzt. wird er Chiarid 97-108 100
kaum noch bestimmt.
anorganische 0,87-1,67 1,3
Phosphate
2.2 Blutplasma Lactat 0,6-2.4

Als Blutplasma bezeichnet man die flüssigen Blutbestandteile, Nichtelek- Glucose (nüchtern) 3,9-6,1
sozusagen das Vollblut ohne die Zellen. Es ist eine klare, gold- trolyte
gelbe Flüss igkeit. Davon abzugrenzen ist das Blutserum. Blutse- Harnstoff 2,0-8,0
rum ist Plasma ohne Gerinnungsfaktoren. Kreatin in 0,08-0,1
Im Plasma des Blutes sind Elektrolyte, Nährstoffe. Stoff-
Ca 2• und Mg'. liegen zu ca. 50 % an Protei ne gebunden vor. Die für die
wechselprodukte, Gase und Proteine gelöst. Zu den Aufgaben Ze llfunktion maßgebliche Konzentration vo n ion isiertem Ca 2 ' im Plasma
der Plasmap ro teine gehören u.a. die humorale lmmunabwehr, li eg t bei 1,1 2-1,32 mmol/ 1(1 mmol/1).
die Aufrechterhaltung des onkotischen Druckes und der Trans - Neben der Einheit mmo l/1ist für Elektro lyte auch die Angabe in mval/1
port wasserunlöslicher Stoffe. gebräuchlich. Sie gibt nicht die Anza hl an Mo lekül en, sondern der elek·
trisehen Ladungen (Valenzen) an. Für zweiwe rtige Ionen (z. B. Ca'•) gilt
1 mmol/1• 2 mval/1 usw.
2.2.1 Plasmavolumen
Der Anteil des Blutes am Körpergewicht liegt bei einem nor- konzentrationen müssen sehr konstant gehalten werden, da
malgewichti ge n Menschen bei 6-8%, entsprechend 4 - 6 I. Da sich Veränderungen hier auf die Membranpotenziale und Erre-
Fettgewebe nur schwach durchblutet ist. lieg t der prozentuale gungsvorgänge der Zellen auswirken. Besonders kritisch ist in
Anteil des Blutes bei Fettleibigen niedriger. Dem Hämatokrit diesem Fall der Kaliumspiegel , da sowohl eine Hypo - als auch
(0.45) entsprechend macht da s Plasma insgesamt 2,2-3.31 aus. eine Hyperkaliämie lebensbedrohliche Herzrhythmusstörun-
gen hervorrufen kann.
.. Bestimmung des Blut- und Plasmavolumens. Man injiziert Plasma ist elektrisch neutral, d. h. positive und negative La-
eine bekannte Menge eines Indikatorstoffes (geeignet sind z. B. dungen g lei chen sich aus. Es gibt allerd ings eine Abweichung
rad ioaktiv markiertes Albumin oder der Farbstoff Evans Blue), zwischen den Ladungen der Kationen und der niedermoleku-
wartet einige Minuten, bis sich der Indikator gleichmäßig im laren Anionen im Plasma (sog. Anionen Iücke). Im Vergleich zur
Blut verteilt hat und bestimmt dann die Konzentration dieses inters t itiellen Flüssigkeit wird im Plasma ein Teil der Anionen
Indikators im Blut. Das Plasmavolumen bere chnet s ich dann durch die Plasmaproteine gestellt, die andererseits aber auch
wie folgt : Pufferfunktion haben. Die Anionenlücke wird also durch nega -
tiv geladene Seitenketten der Plasmaproteine gefüllt.
Die Osmolalität der im Plasma ge lösten Stoffe addiert sich
zu einer Gesamtosmolalität von 290 mosmol kg- 1 Hp. Den
(V; ; Volum en der injizierten Indikatorflüssigkei t, C; ; Konzen - Hauptanteil dar an haben Na', CI- und HC0 3 - . Die im Plasma
tration des Indikators in der injizierten Flüssig keit, VP = Plas- vorhandenen Proteine haben aufgrund ihrer geringen molaren
mavolumen. c"; Konzentration des Indikators im Plasma nach Konzentration nur einen sehr geringen Anteil an der Osmolali -
Durchmischung). tät, aber eine besondere Bedeutung für den kolloidosmotischen
Diese Formel setzt voraus. da ss die Indikatormenge im Blut Druck (s.u.). Die Plasmaosmolalität entspricht der Osmolalität
nach der Inj ektio n nahezu konstant bleibt. Der Indikator mu ss einer 0,9 %igen NaCI - Lösung (sog. physiologische oder isotone
deshalb besti mmte Eigenschaften habe n : Er darf die Blutbahn Kochsalzlösun g).
nicht verla sse n (z. B. ins Interstitium) und auch nicht zu rasch
renal oder hepati sc h eliminiert werden.
2.2.3 Plasmaproteine
2.2 .2 Niedermolekulare Bestandteile Dabei setzt sich die ser Anteil aus einer sehr heterogenen Grup-
pe von Proteinen zusammen (s. Tab. 2.3). Viele sind sog. Funk-
des Plasmas
tionsproteine, d. h. sie dienen e inem bestimmten Zweck (z. B.
Al s ..Ve rdünnun gs m edium" für die Blutzellen besteht Plasma Gerinnungsfaktoren, Antikörper). Sie haben aber auch funkti-
z u 90 % au s Wa sser. Die rest li chen 10 % vertei le n sich auf Pro- onsunabhängige Bedeutung:
teine, Stoffwec hse lmetabo lire (z. B. Glu cose, Harn stoff), Lipid e, • Abpufferung des pH -Werte s (v.a. Albumin , s.a.S. 87).
Hormone und Elektrolyte (Tab. 2.2). Vor allem die Elektrolyt-
14 2 Blut und Immunsystem

Normal Ib nephrotisches Syndrom Tab. 2.3 Wichtige Vertreter der Serumproteinelektrophoresefrakti-


Albumin: - 60 % Albumin: - 17 % onen (nach KoolmannfRöhm)
a 1 : -4 % -9 %

A A :;:: Fraktion
Albumin
Vertreter
Präalbumin
Funktion
Thyroxinbindung
Albumin unspezifische Trägerfunktion,
kolloidosmotischer Druck,
Energiereserve
Albumin a 1 a2 Albumin a 1 rt 2 a 1-Giobuline a 1-Antitrypsin Proteinaseinhibitor
a 1-Lipoprotein Lipidtransport (HOL)
akute Enzündung d Leberzirrhose a 2-Giobuline a 2-Makroglobulin Proteinaseinhibitor
Albumin: -48 % Albumin: -40 % Haptoglobin Hämoglobintransport
a , : -4 %
"" -6 %
a 2: -17 % a 2: -7 % Caeruloplasmin Kupfertransport
ß: -1 1% ß: -8 %
y: -1 8% y: -41 % ß-Giobuline ß-Lipoprotein Lipidtransport (LDL)
- - - - - --
Transferrin Eisentr<msport
(-reaktives Protein Akute-Phase-Protein (Entzün-
____(CRP) ;____:___ dungsmarker)
Albumin a , a2 ß Albumin a 1 u2 y-Giobuline lgG, lgM, IgA, lgE, lgD Immunglobuline (Antikörper)
Bei der (unüblichen) elektrophoretischen Auftrennung vo n Plasma käm e in
der ß-Fraktion noch das Fibrinog en hinzu.
e monoklonale Gammopathle
Albumin: -48 %
a 1: -3 % y-Giobulin 4 x4 = 16 %
a 2 : -8 %
ß: -8 %
Re st Albumin (60 %).
y: -33%

Kolloidosmotischer Druck (KOD). Die Plasmaproteine sorge n


auch für den KOD des Plasmas. Als I<OD bezeichnet man den
durch die Proteine erzeugten osmotischen Dru ck. Mit 25 mmHg
Albumin a , a2 (3,3 kPa) beträgt er weniger als 1 % des gesamten osmotischen
Abb. 2.1 Serumproteinelektropherogramme. Druckes im Plasma: dieser wird hauptsächlich erzeugt durch
Elektrolyte und andere niedermolekulare Stoffe. Albumin hat
• Transport : Viele Stoffe werden im Blut an Proteine gebu nden durch seine hohe Konzentration den größten Anteil am KOD (ca.
transportiert. Neben speziellen Transportproteinen (z. B. 80 %).
Haptoglobin für freies Hämoglobin, Transferrin für Fe 3 • - Der KOD ist von entscheidender Bedeutung für die Filt-
lonen ) werden auch die übrigen Proteine für un spezifische rationsvorgänge in den Kapillaren. Da er im In terstitium bei
Transportprozesse herangezogen. So binden Schilddrüsen- 0 mmHg liegt und die Gefäßwand für Proteine undurchlässig
hormone u.a . an Albumin, Kationen wie Ca 2• und vie le Me- ist, wirkt der KOD dem hydrostatischen Druck entgege n. Ein-
dikamente binden unspezifisch an Plasmaproteine. und Auswärtsfiltration in den Kapillaren bleiben so im Gleich-
• Energiequelle: Proteine sind eine schnell verfügbare Ener- gew icht. Ein abfallender KOD führt zu einer vermehrten Aus-
giequelle. die bei Bedarf abgebaut werden kann. wärtsfiltration von Plasmawasser und so zur Ausbildung von
Ödemen . Ursache kann z. B. Leberversagen sei n, da die Leber
Serumelektrophorese. Mit der Serumelektrophorese lasse n nicht mehr in der Lage ist, ge nügend Proteine nachzuproduzie-
sich die Plasmaproteine gena uer charakteri sieren. Dabei tren- ren um den KOD aufrec htzuerhalten.
nen sich die Proteine bei der Wanderung durch ein elektrisches
APROPOS
Feld in unterschiedliche Fraktionen auf (Abb. 2.1a, Tab. 2.3). Al- Zum Ausgleich einer Hypovoläm ie (>. B. bei Blutverlust) muss verlore n ge-
bumin hat mit 60% den größten Anteil am Gesa mtprotein im gan genes Plas ma e rsetzt we rd en. Neben gefrore ne m Frischplas ma, da s aus
Serum. Es fo lgen die 4 Globulin Fraktionen, deren Vertreter- im Spenderblut gewonnen wird. kommen zum Großteil sog. Plasmaersatzmit-
Gegensatz zu Albumin- meist spezifische Aufga ben erfüllen. tel zum Einsatz. Die In fusionslösungen mü ssen plasmaisoton se in un d auch
de n gleichen KOD wie PI.J sma h.1 ben, damit di e Flü ssigkeit im ln tr<1 v<1SMirau m
Einige Krankheiten gehe n mit typischen Veränderungen der bleibt und den Kreis lau f stützt. Für den KOD so rgen z. B. Polysaccharid e oder
Elektrophoresekurve einher. Bei einer systemischen Entzün- das Polypeptid Ge latine.
dung findet man einen Albuminmangel (Synt heseleistung l)
und einen Anstieg der ß- und y-Fraktion en. FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
• Besti mmung de s Blutvolumens mit der lndikatormethode:
V ·C
Sie können sich die Anteile der Globuline leicht nach der 4er- VI·C; = Vp ·(p c:> VI' =-'- '
Ci>
Regel merken:
a 1-Giobu lin 1x4 = 4 % (V1 = Vo lum en der inj izierten lndikatorOüss ig ke it. c1 = Ko nze n-
a 2-Giobulin 2x4 - 8% trat ion des In dikators in der injizierten Flüssigkeit, V" - Plas-
ß-Giobulin 3x4 = 12 % mavolumen, cl' - Konze ntra tion des Indikators im Plasma na ch
Du rc hmischung).
2.3 Blutstillung, Blutgerinnung und Fibrinolyse 15

.. Die Konzentration von Cl- im Blutplasma beträgt etwa Mithilfe der Ergebnisse der Gerinnungstests (s. u.) müssen Sie
lOOmmolfl. dann noch we iter differenzieren und z. B. zwischen Thrombozy-
.. Bei einer systemisc:hen Entzündung nimmt die Konzentra- topenie (zu geringe Thrombozytenzahl) und Thrombozytapath ie
tion von Albumin typischerweise ab. (normal e Thrombozytenzahl, aber beeinträchtigte Funktion)
unterscheiden.

2.3 Blutstillung, Blutgerinnung und APROPOS


Bei der idiopathischen thrombozytopenischen Purpura hand elt es sich um
Fibrinolyse eine lmmunthrombozytopenie. wobei die Lebensdauer de r Thrombozy ten
durch freie oder plättchenassoziierte Autoantikörper vom verkürzt

I LERNTIPP ! ist . Die Autoantikörper richten sich sowohl gegen die


ne der Thrombozyten als auch gege n die Megakaryozy ten im Knochenm ark.
Die Abfolge der <J n der Blutgerinnung beteiligten Faktoren ist Th erap eutisc h we rden Glu ko kortiko ide eing esetzt. da sie die Antikörperpro-
eigentlich nur durch stures Auswendiglernen zu behalten. Dabei duktion hemm en.
kann man sich die Nummern in der Regel besser merken als die
Bei Verletzung eines Blutgefäßes kommt es zunächst zur Vaso-
Eigennamen de r Fak toren.
konstriktion und Ausbildung eines Thrombozytenpfropfes. Die
Va sokonstriktion entsteht zum einen reaktiv durch die Verlet-
Unser Körper verfügt übe r ein ausgeklügeltes System, um bei zungder Endothelzellen selbst. zum anderen durch Mediatoren,
Verletzungen die Blutung zum Stillstand zu bringen. Ziel ist die die an der Verletzungsstelle aktivierte Thrombozyten freiset-
feste Abdichtung der Blutungsquelle durch einen Fibrinthrom- zen (Serotonin, Thromboxan A2 ) .
bus. Zuerst findet eine schnelle Blutstillung (primäre Hämosta- Ist das Endothel intal<t, setzen die Thrombozyten l<eine Stof-
se) statt. Dieser Vorgang dauert Selwnden bis wenige Minuten fe frei und haften auch nicht am Endothel. Das liegt zum einen
und wird durch Thrombozyten (Blutplättchen) vermittelt. An- daran, dass sie keine entsprechenden Rezeptoren besitzen, zum
schließend wird diese primäre Abdichtung durch die plasmati- anderen setzen gesunde Endothelzellen Prostacydin (= Prosta-
sche Gerinnung (sekundäre Hämostase) gesichert. Sie nimmt g landin I) und Stickstoffmonoxid (NO) frei. die ebenfalls einer
mehrere Minuten in Anspruch und ist Aufgabe der plasmati- Anhaftung entgegenwirken. So ist bei Störungen der Endo-
schen Gerinnungsfaktoren. thelfunktion , wie sie z. B. bei Atherosklerose vorkommen, die
Thromboseneigung erhöht, da zu wenig NO gebildet wird.
Entsteht jedoch eine Lücke im Endothel, haften die Throm-
2.3.1 Blutstillung (primäre Hämostase)
bozyten sofort an den freigelegten subendothelialen Kollagen -
.. Thrombozyten. Thrombozyten sind flach, unregelmäßig ge- fasern an und werden dadurch aktiviert. Vermittelt wird die
formt und haben einen Durchmesser von ca. l.41Jm. Sie sind Anhaftung der Thrombozyten durch den von-Willebrand-Fak-
vollgepackt mit Granula (a-Granula, elektronendichte Granu- tor (vWF), der von den Endothelzellen sow ie Megakaryozyten
la, Lysosomen), die wich tige Substanzen für die Blutgerinnung bzw. Thrombozyten gebildet wird. Ein Teil des vWF zirkuliert
enthalten. Wie die Erythrozyten ge hen auc h die kernlosen an den Gerinnungsfaktor VIII gebunden im Plasma, der ande-
Blutplättchen aus kernhaltigen Stammzellen des Knochen- re Teil befindet sich subendothelial und in den Blutplättchen.
marks hervor. Diese dillerenzieren sic h unter dem Einfluss Bei Verletzung des Endothe ls bindet der vWF an das freigeleg-
von Thrombopoetin (wie EPO ei n Peptidhormon, Bildungsort: te Kollagen und wird wiederum von den Thrombozyten über
Leber- und Nierenzellen) zu Megakaryozyten. Thrombozyten einen speziellen vWF-Rezeptor in der Plasmamembran (sog.
entstehen durch Ab schnürung aus diesen Riesenzellen, wobei GPib-Rezeptor, GP = Glykoprotein) gebu nden . So entsteht eine
jeweils ca. 1000 Thrombozyten in die Blutbahn gelangen. Die molekulare Brücke, über die die Thrombozyten an der Verlet-
normale Thrombozytenzahl beträgt 150-300 x 109 pro I Blut. zungsstelle anhaften können.
Sie zirku lieren etwa 10 Tage im Blut. bevor sie in der Milz ab- Durch die Anheftung werden wiederum auch die Thrombo-
gebaut werden. zyten aktiviert: Sie entleeren ihre Granula (Tab. 2.3) und ver-
Mit einer vermehrten Blutungsneigung ist erst bei einem ändern ihre Form (Ausbildung von Pseudopodien). Durch die
Abfall der Thrombozyten unter 50 x 10 9 pro I Blut zu rechnen Ausbildung von Pseudopodien können sie sich dicht ane inan-
(Thrombozytopenie). Eine Verlängerung der Blutungszeit (bei derlagern (Aggregation ).
norma ler Anzahl von Thrombozyten) kann auc h auf funkti- Kollagenkontakt ist jedoch nicht der einzige Aktivierungs -
onsumüchti ge Thrombozyten zurückgehen. Man spricht dann mechanismus für Thrombozyten. Leukozyten sezernieren den
von einer Thrombozytopathie, die wie die Thrombozytopenie sog. plättchenaktivierenden Faktor (PAF), der ebenfa ll s die
durch Petechien (kl ein e punktförmi ge Hautblutungen aus Ka - Aggregation fördert . Als Cofaktoren sind u.a. ADP, Adrenalin,
pillaren) ge ken nze ichnet ist. Calcium und Serotoninan derThrombozytenaktivierung betei-
ligt. Aus den präformierten Granula der Thrombozyten werden
LERNTIPP ! Substan zen freigesetzt, die für die Vasekonstriktion sorgen , die
Das IM PP prü ft Ihr Wi sse n gerne anhand von Fallb eispie len. Sie pl asmat isc he Geri nnung an stoßen und zusätzlich bereits die
mü ssen ein we nig kombini eren und auf jeden Fall die normale Wundheilung fördern (v. a. Wachstumsfaktoren. z. B. PDGF [pla-
Thrombozytenzah l im Blut kenn e n. Häufig gibt de r Text sc hon te let- derived growth factor], TGFß [transformi ng growth factor
Hinweise auf di e Erkrankung. (So de uten e in e andauernde Blu- ß], FGF [fibroblast g rowth factor]).
tung z. ß. auf ein e Ge rinnung sstörung hin oder Petechi en auf Thrombozyten bilden auch akt ive Substanzen wie Throm-
ein e thrombozy täre Störung.) boxa n A2 . Es wirkt al s starker Vasokonstriktor und fördert die
Agg regation. In der Me mbran der Thrombozyten bildet sich
außerdem Plättchenfaktor 3 (PF3) , der die plasmatische Ge-
16 2 Blut und Immunsystem

Tab. 2.4 Einige Inhalt sst offe der Thrombozytengranula und ihre Tab. 2.5 Die Gerinnungsfaktoren
Funktion
Faktor Bezeich nung Funktion (a =aktiviert)
St off Funktion
Fibri nogen Fibrin (Ia): Gerinnselbildung
ADP Thrombozytenaktivierung, Akt ivierung der
II Prothrombin Thrombin (IIa): Serinprotease
Aggregatio n
111 Gewebsthrom bo- von Geweben gebi ldet; Start-
Ca 2' Cofaktor für Thrombozytenaktiv ieru ng un d
plastin pu nktextrinsisc her Weg
plasmat ische Gerinn ung
IV Calc ium Cofaktor
Serotonin Th rombozytenaktivierung und Vasokonst-
riktion V Proacce lerin Va: Cofaktor von X
Fibrinogen Thro mb ozytenaggregation über GPII b/ llla, VI Va; aktivierter Fak- Begriff wi rd nicht m ehr ver-
plasm atische Geri nnung tor V wen det

Gerinn ungsfakto- plasmatische Gerinn ung VII Prokonve rt in Vlla: Serinprotease


re n V, VIII
VIII antihämophil er Fak- Vill a: Cofaktorvon IXa
von-Will ebrand - Plättchenadhäsion an Ko llagen tor A
Faktor
IX anti hämop hil er IXa: Serinprotease
Fibronektin Glykoprotei n, dient der Ze llhaftung Faktor B, Christ mas
Faktor
Wachstumsfakt o- Vasokonstriktor, m itoge n für g latte Muskel-
ren (z. B. PDGF, FGF, zel len (Wun dh eilun g)? X Stuart-Prower-Fa ktor Xa: Serinprotease; gemein-
TGFß) sa m eEndstrecke

XI Plasma-Thromboplas- Xla: Serinprotease


r i nnung aktiviert, und der GPIIb/llla-Rezeptorkomplex . Über tin-Antecedent
diesen Rezeptor bilden sic h Fibri nogen brücken zwische n den XII Hageman-Faktor XIIa : Serinprotease ; Startpunkt
ei n ze l nen Throm bozyten au s. M it der Au sbi ldung des Throm - intrinsischer Weg
b ozytenpfropfes (weißer Abscheidungsthrombus) ist die pri - XIII fibrinstab ilisiere nder XII Ia: Transamidase; Ausbil -
märe Hä m ostase beend et. Faktor (FSF) dungdes Fibrinpolymers

APROPOS HMK hochm oleku lares Cofaktor; besc hl eu ni gt Kon-


Hemmung der Thrombozytenaggregation: Da s Schlüsse lenzym bei der Kini nogen. Fitzge- taktaktivierung von XII
Bildung von Prostag landinen, Thromboxanen und anderen Eikosanoiden aus ra ld-Faktor
Arachidonsäure ist die Cyclooxygenase. Dieses Enzym kann medikam entös Ka ll ikrein: Serinprotease; akti-
Präkal likrein Fl etcher-Faktor
gehemmt werden . Bekanntestes Beispiel ist Acetylsalicyl säure (z. B. As-
viert XII
pirin), die die Aggregation durch eine Hemmung der Cyclooxygenase und da-
durch verminderte Thromboxan-A 1-Synthese blockiert. Da die Thrombozy·
tenaggregation einen maßgebl ichen Mechanismus bei thrombemboli, chen
Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Sch laganfall darstell t, erhalten Risi kopa- Fibrinthrombus dau erh aft geschlossen werden, der bei der
tienten für einen Herzinfarkt oder Schlaganfa ll prophylakti sch einen solchen Wu n dhei l un g da nn durch neugebi ldetes Gewebe und Endoth el
Aggregationshemmer. Weitere Medikamente könn en die Aktivierung der ersetzt wird. Kernreaktion dieser sog. plasmatischen Gerin-
Thrombozyten durch ADP hemmen (Ciopidogrel, Ticlopidin). Eine weitere nung ist die Umwa ndlung von im Plasma zi rk u lierendem Fib-
neu e Entwi cklung istAbciximab, ein monoklonaler Antikörper gegen den
rinogen i n Fibri n, das sich zu einem Netz zusammenlager t in
GPIIb/llla-Reze ptorkomplex.
H3 Stop dem sich Blu tzell en fangen u n d so d ie Blutungsquell e abdichten
(roter Thrombus).
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Die Gerinnungskaskade i st ei ne Abfo lge von Reakt ionen. in
... Bei einer Thrombozytopathie, ist die Blutungszeit verlänge rt , denen sich d ie Faktoren gegenseitig aktivieren. Gerinnungsfak-
die Anzahl der Thro m bozyten ab er normal. Charakteristisch toren sind proteolytische Enzyme, die im Plasma i n inaktiver
ist das Auftreten vo n Pet echien. Form vorliegen und erst durch andere Faktoren aktiviert wer-
... Bei einer Thrombozytopenie ist die Bl utungsze it verlängert den müssen (Tab. 2.5). Aktivierte Faktoren werden durch den
und die Anzah l der Thrombozyten zu gering . Charakteristisch Zusatz "a" kenntl ich gemacht.
ist ebenfa ll s das Auftreten von Petechien
... Der von-Willebrand-Faktor (vWF) verbindet bei Endothell ä- ·LERNTIPP !
sion di e subendothelialen Ko ll agenfasern mit der Thrombozy- Die Beteiligung von Vitam in Kund die Nummerierung der Gerin-
te nmembran. nun gsfaktoren könne n Sie sic h leicht merken:
... Die Plasmamembran der Thrombozyten trägt Rezeptoren ... Vitam in K - K w ie Koagulation .
f ü r den von-Willebrand-Faktor. .,. Beteiligte Faktoren: IX, X VII , II : 1972
... Bei Störungen der Endothelfunktion . wie sie z. B. bei At hero-
sk lerose vorkommen , ist die Th r omboseneigung erhö ht. da APROPOS
zu wenig NO gebi ldet wird . Da VitaminK an der Synthese der Gerinnu ngsfaktoren X, IX, VII und II betei-
J ligt ist, ka nn es bei eing eschränkter Funktion der Leber (z. B. Leberzirrhose)
zu Gerinnungsstörungen kommen . Da Vita min K fettlöslich ist. kann die
Sy nthese der Fak tore n auch be i Störungen der Fettresorpt ion gestört sein.
2.3.2 Blutgerinnung (sekundäre Hämostase) z. B. bei Pa nkreasinsuflizienz.

Nach der provisorisc hen Abdichtung ein er Blutungsquel-


l e durch Thrombozyten m u ss die verletzte Stelle durch einen
2.3 Blutstillung, Blutgerinnung und Fibrinolyse 17

intrinsisches System extrinsisches System Abb. 2.2 Schema der Blutgerinnung. Einge-
all e Gerinnung sfaktoren sind irn Blut Faktor 111 wird nachGewebsläsion zeichnet sind auch die hemmenden Einflüsse
aus dem Gewebe freigesetzt
durch Antithrom bin 111 (ATIII) und Protein C/Pro-
111 tein S (PC/PS).

IX
VIT
I
-
_ VIlla
Phospholipide
Ca 26
IXa 1--6--

!
AT 111

_
Vlla - - - - VII
Phospholipide
Ca 26
Aktivierungsphase

X
l
Xa .-- - - - X
PC/PS ------B-------1 Va - - - - - V
Phospholipide
Ca 26

Prothrombin Thrombin f----------8-- AT 111


II lla

Fibrinogen
I ..... \
1+-- XIIIa •- XIII
Fibrinpolymer

Die einzelnen Schritte der Blutgerinnung das wiederum die Aktivierung des Faktors XII beschleunigt.
Die Gerinnungsfaktoren bilden eine Enzymaktivierungskas- Auch andere unphysiologische Flächen aktivieren den Fak-
kade, an deren Ende die Bildung eines stabi len Fibrinpolymers tor XII (z. B. die Wand eines Röhrchens zur Blutentnahme).
steht (Abb. 2.2). Die Blutgerinnung läuft in 3 Schritten ab: in der Folge wird Faktor XI aktiviert, der seinerseits zur
• Aktivierungsphase: Spaltung von Faktor IX in Faktor IXa führt. Faktor IXa bildet
- extrinsischer Weg: kürzer als der intrinsische Weg; vom gemeinsam mit Faktor VIlla sowie Phospholipiden (Pl) und
Gerinnungsfaktor 111 (Gewebsthromboplastin) aktiviert, Ca 2• einen Komplex, der Faktor X zu Faktor Xa aktiviert. Mit
der jedoch erst bei Gewebeschädigung ins Blut gelangt; der Bildung von Faktor Xa ist die gemeinsame Endstrecke
überwiegt bei einer Gewebezerstörung mit Zellzerstö- der Blutgerinnung erreicht. Faktor VIlla hat dabei eine stark
rung, beschleunigende Wirkung.
- intrinsischer Weg: alle notwendigen Gerinnungsfaktoren • Endstrecke der Blutgerinnung: Faktor Xa aktiviert zusam-
sind im Blut vorhanden; überwiegt bei reinen Endothel- men mit Faktor Va, Phospholipiden und Ca 2+ das Prothrom-
defekten. bin (Faktor II); aus Prothrombin entsteht so durch limitierte
Beide Wege haben eine gemeinsame Endstrecke. Proteolyse Thrombin (Faktor lla).
• Koagulationsphase,
APROPOS
• Retraktionsphase. Hämophilie (Bluterkrankheit): Die klassischen Hämophilien sind X-chro-
Tatsächlich laufen intrinscher und extrinsischer Wege niemals mosomal rezessiv vererbte Krankh eiten, di e mit einem Mang el an Faktor VIII
alleine ab. Auch bei einem Start der Gerinnung durch das exo- (Hämophilie A) bzw. Faktor IX (Hämophilie B) einherg ehen. Bedingt durch
gene System wird später die endogene Kasl<ade überwiegen, da den Erbgang sind fast ausschließlich Männer betroffen. Klini sch äuße rt sich
diese zusätzlich durch Rückkopplungsvorgänge der gemeinsa- die Hämophili e durch ausgedehnte Blutungen aus kl einen Wunden. groß-
fiächige Hämatome und (schmerzhafte n) Einblutunge n in Gelenke (ev tl.
men Endstrecke aktiviert wird. mit vorze itige r Abnu tz ung vo n Gelenke n). Petechien treten nicht auf. Die
primäre Blutstillung (Biutungszeit) ist normal, typisch ist die Nachblu tung
Aktivierungsphase (verläng erte Gerinnung szeit), da nur das intri ns ische System betroffen ist!
• extrinsischer Weg: Der extrin sische Weg beginnt mit der Die Therapie bes teht in der Substitu tion von entsprec henden Faktorenkon-
Frei setzung von Faktor 111 (Gewebsthromboplastin ) aus den ze ntraten.
verletzten Gefäß- und Bindegewebszellen ins Blut. Fa ktor 111 Koagulationsphase. in der Koagulationsphase spaltet Throm-
bes itzt eine hohe Affinität für Faktor VII und aktiviert diesen bin vom löslichen Fibrinogen (Faktor I) durch limitierte Pro-
zusamme n mit Ca 2+-lonen al s Cofaktor. Faktor Vlla, Ca 2• und teolyse Peptide ab, sodass das unlösliche Fibrin entsteht. Di e
Phospholipide ( Plättchenfa kto r 3. PF3) bilden einen Komplex Fibrinmoleküle lagern sich zunächst locker durch elektrosta-
der Faktor X zu Faktor Xa aktivie rt, de r be1·eits zur gemein- tische Kräfte zusammen und werden an schließend durch den
samen End strec ke der Gerinnun g ge hört. Faktor Xllla kovalent verknüpft. Durch die dabei entstehenden
• intrinsischer Weg: Der intrin sisc he Weg beginnt mit der Bindungen zwi schen Glutamin- und Lysinresten der einzelne n
Aktivi erung von Faktor XII durch Kontakt mit negativ gela- Fibrin-Moleküle entsteht ein stabi les Netz aus Fibrin fasern. Ab-
den e n Obernäch en, z. B. frei geleg ten Kollagen fa sern. Diese schli eßend kommt es noch zu einer weiteren Verfestigung des
Reaktion läuft spontan sehr langsam ab. wird aber durch Thrombu s durch l<ontral<tion, vermittelt durch myosinähnliche
eine positive Rü ckkopplung besc hle unigt: Faktor XI Ia ak- Proteine (Thrombosth enin) der Thrombozyten (sog. Kontrak-
tivi e rt im Pla sma vorhandenes Präkallikrein zu Kallikrein, tions- oder Retraktionsphase).
18 2 Blut und Immunsystem

Retraktionsphase. Durch die Koagulation ist ein Fibrinnetz APROPOS


APC-Resistenz {Faktor-V-Leiden): Durch ei ne Mu ta t ion im Gen für Fakto r
entstanden, das in den Thrombozytenthrombus eingeflochten
V ist die Spaltung von Fa ktor Va d urch akti viertes Prot ein C (APC) gestört
ist. Das Fibrin ist über GP-llb/llla-Rezeptoren mit den Throm-
(s.o.). Folge ist eine erh öhte Th ro mboseneigung (Thrombophi lie). Es ha nde lt
bozyten verbunden. Unter der Einwirkung von Thrombin und sich um den hä ufigsten geneti sch bed ingten Ri siko fak tor fü r die Entwicklun g
Thrombosthenin ziehen sich die noch intakten Th rombozyten vo n Thro mbembo li en.
zu sammen. Dadurch schrumpft der ursprüngliche Thrombus Tiefe Belnvenenthrombose und Thromboseprophylaxe: Al s Throm bose
bezeichnet m an ga nz allgemein ein e intravas.:lle, intravita le, lokalisier te
auf einen Bruchteil sei ner ursprünglichen Größe und die Wund-
Ge ri nnun g vo n Blutbes t and t eilen. Die Entwicklun g einer Throm bose im
ränder nähern sich einander an .
t iefen Beinvenensystem (Phl ebot hrombose) wird begünstigt du rch die sog.
Virchow-Trias: Gefäßwandveränderun gen (z. B. Verkalkun g, Entzündung ),
Regulation und Hemmung der Blutgerinnung Ve ränderung der Blu tzusa mmense t zu ng (Thromboph ilie z. B. durch APC-
Die Blutgerinnung ist ein sich selbst verstärkender Vorgang. Resistenz) und Ve rän de run gen de r Blu tströmun g (z. B. Wirbelbildu ng durch
Va ri ze n, Strö mungsverl ang sa mung durch Immobilisa ti on). \.Yichtige Ri siko-
Entsprechend muss der Organismus die Mö glichkeit haben,
faktoren sind u.a. das Rauchen sowie di e Einnahme oraler Kon trazept iva. Die
diesen Vorgang auch zu hemmen, um so eine generalisierte Ge- gefürchte tst e Kompl ikat ion ein er ti efen Beinve nenthro mbose ist ei ne unter
rinnung zu verhind e rn . Umst änd en leb ensbedrohli che Lungenembolie, also die Vers t op fung vo n
Der wichtigste physiologische Inhibitor der Gerinnung ist Lun gengefäßen durch mit dem Blut eingeschwemmtes Th ro m busmate ria l.
da s Antithrombin 111 (ATIII ). Durch Komplexbildung inhibiert Lun genembolien kam en fr üher gerade nach Operation en häufig vor. da die
Pati ent en oft lange Bettruh e einhalten müsse n. Zur Prop hyla xe dienen heute
ATIII die Bildung von Thrombin (Faktor lla) aus Prothrombin
Kompressio nss trümpfe, die den venösen Abflu ss fördern . eine Therapie mit
(Faktor II ), sowie die Faktoren !Xa, Xa, X Ia und Xlla.
niedermolekularem Heparin und eine m ögli chst früh zeitige Mobi lisa ti on des
Auch da s Protein-C/5-System spielt eine wichti ge Rolle bei Patien t en.
der Hemmung der Blutgerinnung. Die Proteine C und S sind
Be sta ndteile des Plasmas. die in der Leber Vitamin-K-abhängig FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
gebildet werden. Dabei aktivieren Protein S und an Thrombo- Faktor 111 (Gewebsthromboplastin) hat e in e hohe Affinit ät für
modulin gebundenes Thrombin das Protein C. Diese s aktivierte Faktor VII.
Protein C (APC ) besitzt proteolytische Aktivität, hemmt so die Faktor Xlila sorgt für die kovalente Verknüpfung der zunächst
Faktoren Va und VIlla und auf diese Wei se die Thrombusbil - locker assoziierten Fibrinmonomere.
dung. Aktiviertes Protein C he mmt di e Thrombusbildung.
Weitere Gegenspieler des Thrombins sind die Proteinasein- • Heparin hemmt die Bildung von Thrombin aus Prothrom-
hibiroren a 1-Antitrypsin und Antitrypsin-a 2-Makroglobulin. bin.
Heparin wird parenteral gegeben.
Hemmung der Blutgerinnung in der Klinik
Heparin nicht , kann e in Mangel an ATIII vorl iegen.
Heparin, ein saures Glykosaminoglykan, hemmt die Bildung • Cumarinderivate hemmen di e Vitamin-K-abhängige
von Thrombin aus Pmthmmbin, ind e m es die Wirkung von y-Carboxylierung bestimmter Gerinnungsfakto re n.
AT III verstärkt. Es kommt im Körper selbst vor (Leber, basophile
Granulozyten, Ma st zellen), wird aber auch therapeuti sch zur
Gerinnungs hemmung genut zt. Weitverbreitet is t die parente- 2.3.3 Fibrinolyse
rale (subkutane) Applikation von Heparin zur Thrombosepro-
phylaxe bei immobilisierten Patienten. Wirkt Heparin nicht , Zuviel oder an der fal schen Stelle gebildetes Fibrin kann durch
kann ein Mangel an ATIII vorliegen. Entscheidend fü r die Wir- das fibrinolytis che Syste m wieder abgebaut werden. Im Pl asma
kung dieser Prophylaxe ist aber die Hemmung des Faktors Xa. befindet sich Plasminogen. aus dem Plasmin freige setzt wird.
Antagoni st von Heparin ist Protaminsulfat. Dieses kann z. B. be i Plasmin kann durch verschiedene Faktore n im Blut (Kallikrein,
Überdosierung die Heparinwirkung aufh e ben. Hepa rin kann hochmolekulares Kininogen IHMK], Faktor Xlla [Hagemann-
außerd em in vitro zur Gerinnungshemmun g von Blutproben Faktor]). im Gewebe (tis sue plasminogen activator, tPA) und im
verwe ndet werden. Urin (Urokinase) aktiviert werden . Plasmin ist ein e Protea se. die
Will man therapeutisch die Blutgerinnung eines Patienten Fibrin zu löslichen Spaltprodukten abbaut. Diese Spaltprodukte
längerfristig hemmen, so setzt man Cumarinderivate ein. Cu- hemm en zusätzlich die Thrombinwirkung, sodas s Auf- und Ab-
marinderivate sind Vitamin-K-Antagonisten und hemmen die bau eines Thrombus nicht gleich zeitig ablaufen (Abb. 2.3).
Vitamin- K-a bhängige y-Carboxylierung der Gerinnun gsfakto- Rekombinanter tPA und Streptokinase w erden al s Aktiva-
ren II , VII, IX und X durch die Epoxidreduktase in de r Leb er. Sie toren zur Thrombusauflö sung verwe ndet (z.B. bei Herzinfarkt).
wirken daher nur in vivo, nicht aber in vitro, und müssen oral Die Streptol<inase ist kein körperei gen er Stoff. sondern ein Me-
verabreicht werden . dikam ent da s aus Bakterien (Streptokokken) gewonne n wird.
In vitro ist die einfachste Möglichkeit der Gerinnungs hem- Streptokinase ist kein En zym, sondern bildet e inen Komple x
mung ein Ca 2 • -Entzug. Ca 2• -Ionen w e rden hier entwe de r durch mit ein e m Plasminogenmolekül, der weitere Plas minoge nmo -
Kompl exbildung (z. B. mit EDTA) oder in fest en Bindunge n mit leküle aktiviert. Physiolog ischer Hemmstoff der Fibrinolyse ist
Citrat oder Oxalat neutralisiert. Be i letz te rem wi rd der Blut-
prob e Na•- Citrat od e r Na•-oxalat zugegeben ; e s e rfol gt ein An- Gewebsplasminogenakti vator (t-PA)
ionenau st au sch , bei dem da s Na• durch Ca 2• e rsetzt wird und Urok inasc
di eses so dem Blut entzoge n wi rd. Streptokinase
Faktor XII + Kall ikrein + HMK

Plasminogen .,. Plas min

Fibrin polymer .. Fibrinspalt produkte

Abb. 2.3 Aktivierung der fibrinelytischen Protease Plasmin.


2.3 Blutstillung, Blutgerinnung und Fibrinolyse 19

a 2-Antiplasmin. Ein angeborener Mangel an a 2-Antiplasmin Quick-Wert wird zunehmend abgelöst durch die Angabe der
führt zu einer krankhaften Blutungsneigung (hämorrhagische sog. international normalized Ratio (INR, normal um 1,0).
Diathese), da die Fibrinolyse gefördert und der Gerinnungspro-
zess abgeschwächt werden. Therapeutische Hemmstoffe sind .,. (Aktivierte) partielle Thromboplastinzeit (aPTT oder PTT).
Tranexemsäure und E-Aminocapronsäure. Mit der partiellen Thromboplastinzeit wi 1·d auf Störungen im
intrinsischen Weg oder in der gemeinsamen Endstrecke ab Fak-
! tor X getestet. Die PTT ist z. B. bei der Hämophilie oder hoch-
Sie müssen di e hemm end en und aktivierenden Faktoren der dosierter Heparintherapie verlängert. Die Bestimmung erfolgt
Fibrinolyse gut kennen. Das IM PP hält natürlich auch ein paar du rc h Zugabe von Ca 2+-Ionen und Plättchenfaktor 3 zu Citrat-
Fallstricke bereit und mischt unter die angebotenen Antworten blut und Messung der Gerinnungszeit Die Zeit bis zum Auf-
gerne Faktoren, die einen Einfluss auf die Blutgerinnung haben treten von Fibrinfäden wird in Sekunden angegeben (normal
und nicht auf die Fibrinolyse. Unterscheiden Sie daher genau 25-38 s).
zwisc hen Blutgerinnung und Fibrinolyse.
Thrombinzeit. Mit der Thrombinzeit wird durch Zugabe von
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X Thrombin zum Patientenplasma die Umwandlung von Fibrino-
Rekombinanter t-PA und Streptokinase fördern die Auflö- gen in Fibrin getestet. Auf diese Weise kann ein Fibrinogenman-
gel aufgedeckt werden. Außerdem dient sie der Kontrolle einer
sung eines Thrombus und werden auch klinisch eingesetzt.
Lysetherapie mit Streptokinase und der Therapie mit Heparin.
Kallikrein und Urokinase aktivieren die Fibrinolyse.
Streptokinase aktiviert Plasminogenmoleküle.
!
Die Thrombolyse wird gehemmt durch a 2-Antiplasmin.
Ein angeborener Mangel an a 2-Antiplasmin führt zu einer Auch di e Gerinnungstests lassen sich wunderbar mit Fallbei spie·
krankhaften Blutungsneigung (hämorrhagische Diathese). len prüfen. Im Text zu diesen Fallbeispielen finden Sie Hinweise
auf eine Gerinnungsstörung (z. B. Weichteileinblutungen nach
leichten Traumen oder eine Cumarintherapie). Ergebnisse von
2.3.4 Gerinnungstests Gerinnungstests ergänzen das Bild und erlauben eine genauere
Diagnose. Es ist wichtig, dass Sie wissen, welche Arten von Gerin·
Die Blutgerinnung kann man durch verschiedene Labortests nungsstörungen es gibt und welche Laborwerte dabei jeweils
überprüfen. So können Gerinnungsstörungen diagnostiziert pathologisch verändert sind. Deshalb hi er noch ei nmal eine
oder eine therapeutisch gewünschte Antikoagulation (z. B. mit Tabelle als Zusammenfassung (Tab. 2.5).
Cu marinen) gesteuert werden (Tab. 2.5).

Blutungszeit. Die Blutungszeit gibt Aufschluss über die Tab. 2.6 Interpretation der diagnostischen Tests zur Ursache von
Thrombozytenfunktion. Nach einem Lan zettenstich wird ge- Blutungsneigungen
messen, wie lange es aus der Stichwunde blutet (normal 1- 3 Blutungs- Thrombo- PTT Quick- wahrscheinliche
Minuten). zeit zytenzahl Wert Ursachen einer Blu-
tungsneigung (gilt
Die Gerinnungszeit bezeichnet die Zeit zwi- für mittelschwere
schen Entnahme einer Blutprobe und deren Gerinnung im Pro- bis schwere Störun-
gen)
benröhrehell (normal 5-7 Minuten). Der Kontakt zu r Röhrchen-
wand aktiviert dabei den Faktor XII (endogenes System). normal normal normal Faktor-V II-Mangel
Die beiden wichtigsten Gerinnungstests sind der Quick-Test normal normal normal Heparingabe, Faktor-
und die partielle Thromboplastinzeit (PTT). Seide werden bei mangel VIII, IX (Blu-
37 "C an Citratblut durchgeführt, da diese Gerinnungshemmung terkrankheit)
durch Zugabe von Ca 2+ im Überschuss wieder aufgehoben wer- normal normal Thrombozytopenie
den kann.
normal normal Cumaringabe, Vita-
min-K-Mangel
(Thromboplastinzeit, Prothrombinzeit). Der
Quick-Test testet den extrinsischen Weg. Einen erniedrigten normal normal Mangel an von-Wil·
Iebrand-Faktor (von-
Quick-Wert (Thromboplastinzeit verlängert) findet man z. B. Willebrand-jürgens-
bei der Therapie mit Cumarinderivaten (Antikoagulanzienthe- Syndrom; geht ei nh er
rap ie). bei Störungen von Faktor VII oder der abwärts von Faktor mit Faktor-111-Mangel)
------------------------------
X aktivi erten Faktoren der Gerinnungskaskade. Der Quick-Test Lebersc haden, Ver-
wird häufi g zu r Kontrolle der Prothrombinkonzentration ein- brauchskoagulopa-
gesetzt. wenn mit Cumarinderivaten die Blutgerinnung ge- thie, Sepsis
schwächt werden soll. Die Bestimmung erfolgt durch Mess ung 1 verläng e rt ; l erniedr ig t
der Gerinnungszeit von Plasma, das vorübergehend durch Ci-
trat un ge rinnbar gemac ht wurde. und dem anschließend Ca 2+
und Gewebsthromboplastin im Üb ersc huss zugegeben werden.
Man mi sst die Zeit bis zum Auftreten der ersten Fibrinfäden.
Kla ssisch ist die Angabe dieser Zeit in Prozent der Gerinnungs-
ze it von Normalplasma (Quick-Wert. normal 70-125 %). Der
20 2 Blut und Immunsystem

APROPOS ter Mediatoren aus pluripotenten Stammzellen gebilde t. Die


Beim von-Willebrand-Jürgens-Syndrom liegt ein angeborener quantita- Granulozyten- und Monozytenbildung wird dabei durch sog.
tive r oder qu ali tative r Ma ngel des von-Willebrand-Faktors (vWF) vor. Di es
koloniestimulierende Faktoren (colony stimulating factors,
führt zu ei ner gest ört en Thrombozy tenagg rega tio n sow ie sekundär zu
ein em Faktor-VIII -Ma ngel. Klini sch bes teht ei ne erhöhte Blutung sneigung , CSF ) angeregt. Im Gegensat z zu diesen Zellen werden die Lym-
beso nders typisch sind punktförmige Hautblutung en (sog. Petechi en) und phozyten. die zum spezifischen Abwehrsystem zählen, unreif
Schl eimhautblu tungen (z . B. Nasenbluten) . Tret en st ärk ere Blutunge n au f aus dem Knochenmark freigeset zt. Sie erhalten in den primären
oder ist ein e Operati o n geplant, muss vWF substituiert werden. Auch die lymphatischen Organen Thymus und Knochenmark (s. u.) noch
Gabe von Desmopress in, ein em Analogon des ADH , kann bei leichteren
eine Prägung. Alle Leukozyten sind amöboid beweglich und
Blutung en ind iziert sein, da es di e Konze ntration von vWF ansteigen lässt.
können die Wände der Blutgefäße durchdringen (Leukodiape-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN dese).
X
Die leukozytenzahl im Blut von gesunden Personen liegt bei
"' Ist die partielle Thromboplastinzeit verlängert, die anderen
Ein Anstieg der Leukozytenzahl über 10 000/IJI
Gerinnungswerte aber normal, dann liegt wahrscheinlich ein
wird al s Leukozytose (z. B. bei Entzündungen) bezeichnet, ein
Mangel an Faktor VIII ode r IX (Bluterkrankheit) vor.
Abfall der Leukozyten unter 4000/111 al s Leukopenie (z. B. bei
"' Bei einer verringerten Thrombozytenzahl im Blut (Throm-
Knochenmark sc hädigung).
bozytopenie) ist die Blutungszeit verlängert, die sonstigen
Unter dem Mik roskop kann man die verschiedenen Zellarten
Gerinnungswerte sind jedoch normal.
unterscheiden. Oft gibt man zu sätzlich zur absoluten Leu kozy-
"' Bei der Gabe von Cumarinderivaten sind Thromboplastin-
tenzahl auch noch die prozentuale Verteilung an (sog. Differen-
zeit und partielle Thromboplastinzeit verringert, Thrombo-
zialblutbild).
zytenzahl und Thrombinzeit sind dagegen normal.
"' Ist die Thromboplastinzeit verlängert (Qui ck-Wert ernied- !
rigt) kann ein Faktor-VII-Mangel vorliegen . Sie müssen die no rmalen Blutwerte kennen und Abweichungen
"' Typische für das von-Willebrand-jürgens-Syndrom sind ein davon interpretieren können. Schauen Sie sich deshalb die in
Mangel an Faktor-VIII und an von-Willebrand-Faktorund diesem Kapitel angegebenen Werte genau an und prägen Sie
eine verlängerte Blutungszeit und partielle Thromboplas- sich die Werte ein. ln der Prüfung gibt es häufig Fallbespiele und
tinzeit. dazu ein paar Blutwerte. Sie müssen dann kombinieren und Ihre
Schlüsse ziehen .

2.4 Immunsystem
Granulozyten
Die un s pezifische und spezifi sche Immunabwehr des Körpers Die Unterteilung der Granulozyten erfolgt nach der Anfä r bbar-
richtet sich gegen Mikroorganismen (Viren, Bakterien. Parasi- keit ihrer Granula.
ten, Pilze) und .. fremde" Makromoleküle. Auf diese sog. Anti-
gene reagiert die Immunabwehr u.a. mit der Aktivierung und Neutrophile Granulozyten. Die neutrophilen Granulozyten
Vermehrung antigenspezifischer T- und B-Lymphozyten. B-Zel- ge hören zu den Phagozyten (Fresszelle n). Sie sind Teil des un -
len differenzieren sich dabei zu Plasmazellen, die antigenspe- spezifi schen Abwehrsystems und phagozytieren eingedrunge-
zifische Antikörper produzieren (Immunglobuline, lg, s.S. 24). ne Fremdkörper und Mikroorganismen. Zu diesem Zweck kön-
Außerdem werden durch das Immunsystem anomale (z. B. ma- nen sie die Blutgefäße verlassen und in das Gewebe einwandern
ligne entartete) Körperzellen beseitigt. (sog. Emigration, s. u.). Angelockt werden die neutrophilen Gra-
Das Immunsystem besteht aus einer spezifischen und einer nulozyten durch sog. Chemotaxine. hierzu zählen bestimmte
un spezifischen Abwehr: Zytokine, Kinine, aktivierte Komplementfaktoren (C3a. CSa,
• spezifische Abwehr: geht gezielt gegen bestimmte Invasoren s.S. 22), Leukotriene und bestimmte Bakterienbestandteile.
vor: Komponenten werden in primären und sekundären Etwa die Hälfte der neutrophilen Granul ozyten zirkuliert nicht
lymphati schen Organen gebildet : erworben. fre i im Blut, sondern haftet an den Blutgefäßwänden v. a. von
• unspezifische Abwehr: greift Eind ringlinge aller Art an: Mil z und Lunge. Bei Bedarf könn en di ese Zellen sc hnell in d en
angeboren: Blutstrom freigesetzt werden.
Spezifische und unspezifi sche Abwehr sind au s einem zellulä- Aufgenommenes Material bauen die neutrophilen Granulo -
ren Ante il (Le ukozyten. weiße Blutkörperchen) und einem hu- zy ten mithilfe einer Vielzahl von En zyme n ab (z. B. Lysozym),
moralen, löslichen Anteil (Antikörp er) a ufgebaut. Bakte rien können zusätzlich durch intra zellulär gebildete
Beide Abwehrsysteme sind eng miteinander verwoben und Sauerstoffradikale abgetöte t werden. Zu diese m Zweck besit-
ergän zen sich gegenseitig. Zu Beginn einer Infektion setzt sich zen di e ne utrophilen Granulozyten spezielle En zyme wie die
m eist da s un spe zifis che Abwehrsystem zuerst mit dem Errege r Myeloperoxidase. Neutrophile Granulozyten können auch die
au seinander, die (z. T. effektive ren) Mecha ni smen de s spezifi - Ent zündungsreaktion durch Freisetzung verschiedener Medi-
sc hen Abwehrsystems brauchen dagege n e ini ge Zeit, um anzu - atoren steuern. Daz u gehören u. a. di e Arac hidon säurederiva te
laufen. Leulw t r iene, Thromboxane und Prostag landine (sog. Eikosano-
ide. s.S. 63).
2.4.1 Leukozyten
"' Eosinophile Granulozyten. Eosin ophil e Granul ozyten e nthal -
Le ukozy te n (weiße Blutkör perchen) sind kernh a lt ige Ze llen, zu ten Gra nula, di e sic h mit Eosin ro t a nfä rb en la sse n. ln d iese n
de ne n die Lymphozyten , di e Monozyten und di e Granulozyten Gra nul a befi nd en sich Pe rox id asen. Kata lase n und Pro tease n.
mit ih re n Unte rarten ge höre n. Wi e a ll e Blu tze lle n werd e n a uch Eos in ophile Gra nul ozyte n sind e benfall s zur Phagozytose be-
di e Le ukoz yten im Kno chenmark unter dem Einflu ss bes timm - fähi g t. Für s ie ex isti e re n spezielle Loc kstoffe. de ren prominen-
2.4 Immunsystem 21

tester Vertreter das aus Mastzellen freigesetzte Histamin ist. Lymphknoten), in denen die eigentlichen Abwehrreaktionen
Die Anzahl der Eosinophiten im Blut unterliegt tageszeitliehen stattfinden. Im Rahmen einer Immunreaktion können sich die
Schwankungen. Eine Eosinophilie, also das vermehrte Auftre- Lymphozyten nochmals vermehren, ohne aber ihre Spezifität
ten von eosinophilen Granulozyten im Blut, findet man bei all- zu ändern (sog. klonale Proliferation).
ergischen Reaktionen (z. B. auch beim Asthma bronchiale) und Die Untergruppen der Lymphozyten unterscheiden sich auch
Parasitenbefall (z. B. Wurminfektionen). funktionell:
8-Lymphozyten reifen nach Ant igenkontakt zu Plasmazellen
.,. 8asophile Granulozyten. Basophile Gra nulozyten sind die aus und produzieren Antikörper. Zur Erkennung ihres Antigens
seltensten Granulozyten im Blut. Ihre Granula färben sich mit tragen diese Plasmazellen auf ihrer Oberfläche ein Immunglo-
basischen Farbstoffen blauschwarz an. Aktiviert werden die bulin als Rezeptor (lgD und lgM).
basophilen Granulozyten über lgE- Rezeptoren auf ihrer Ober- T-Lymphozyten erkennen ihr Antigen durch Bindung an den
fläche, sie setzen dann Heparin, Histamin und Proteasen aus T-Zell-Rezeptorkomplex, bestehend aus dem T-Zeii-Rezeptor
ihren Granula frei. Sie sind für die histaminabhängigen Aller- und dem Oberflächenmerkmal CD 3 (von cluster of differenti-
giesymptomeverantwortlich (u. a. Rötung und Quaddelbildung ation). Bei den T-Zellen unterscheidet man zytotoxische Zellen,
der Haut, Schleimhautschwe llung, Bronchokonstriktion). Au- die virusinfizierte Zellen abtöten, von T-Helferzellen, die durch
ßerdem setzen sie chemotaktische Lockstoffe für eosinophile Ausschüttung von Botenstoffen eine zentrale Steuerfunkt ion
Gra nulozyten frei. im Immunsystem innehaben . Eine Besonderheit von Lympho-
zyten ist die Ausbildung von Gedächtniszellen, die nach einer
Monozyten überstandenen Infektion über Jahre im Blut zirkulieren und
Monozyten können ebenfalls Fremdstoffe phagozytieren und bei erneutem Kontakt mit dem Erreger sofort eine spezifische
besitzen zusätzlich die Fähigkeit, diese Fremdstoffe dem spezi- Immunantwort initiieren können. Solche Zellen sind der Grund
fischen Abwehrsystem zu präsentieren und es dadurch zu akti - dafür, warum man einige der sog. "Kinderkrankheiten" wie z. B.
vieren. Dazu werden die Fremdstoffe durch verschiedene Iyso- Masern in der Regel nur einmal bekommt.
somale Enzyme de r Monozyten zunächst zerlegt, die Bruchstü- Der T-Zeii-Rezeptor erkennt nur Antigene, die ihm von einer
cke dann an Proteine des MHC-Komplexes (s. S. 23) gebunden antigenpräsentierenden Zelle an MHC-Moleküle gebunden dar-
und an die Zelloberfläche transportiert. Dort können sie durch geboten werden (MHC = major histocombatibility complex, s. S.
Lymphozyten erkannt werden. Durch Ausschüttung bestimm- 23). Bei dieser sog. MHC-Restriktion spielen die beiden Molekü-
ter Medi atoren (z. B. Leukotriene, Interferon y und Interleukin le CD4 und CD8 eine wichtige Rolle, die sich ebenfalls auf der
1, Tab. 2.7) sind Monozyten auch an der Steuerung der Entzün- T-Zeii-Oberfläche befinden.
dungsreaktion beteiligt.
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Im Blut halten sich die Monozyten nur ca. 2- 3 Tage auf, bevor
sie ins Gewebe auswand ern. Dort bleiben sie als sog. Gewebsm- .,. Ein Ansti eg der Leukozytenzahl über 10 000 pro iJI als Leuko-
akrophagen oder Histiozyten sesshaft. Die Monozyten bilden zytose (z. B. bei Entzündungen) bezeichnet.
zusammen mit den Gewebsmakrophagen das sog. mononukle- ... Aktivierte neutrophile Granulozyten bilden Sauerstoffradi-
äre Phagozytensystem (früher: retikuloendotheliales System, kale.
RES). zu dem u.a. auch die Kupffer-Sternzellen in der Leber und .,. Histamin bewirkt eine Kontraktion der Bronchialmuskulatur.
die Alveolarmakrophagen gehören . ... Eine Plasmazelle (ein reifer, ab er noch nicht aktivie rter
8-Lymphozyt) trägt lgD und lgM auf der Zelloberfläche.
Lymphozyten
Man unterscheidet 2 Hauptgruppen von Lymphozyten: 8- und
T-Lymphozyten (im Blut findet man vorwiegend T-Lympho- 2.4.2 Unspezifische Immunantwort
zyten). Die Lymphozyten unterscheiden sich in der Funktion
sowie durch bestimmte Oberfl:ichenmerkmale und sind die Die unspezifische Abwehr besteht wie die spe zifi sche aus einem
Effektorzellen der spezifischen Immunabwehr (Ausnahme sind zellulären und einem humoralen Teil, an denen unterschiedli-
die sog. natürliche I<illerze llen, s.S. 22). Sie können sich nur ge- che Zellenund Faktoren beteiligt sind :
gen ein bestimmtes Anti gen richten, da s während der Zellrei- • zellulärer Teil:
fun g bereits durch somati sche Rekombination festgele gt wird - Makrophagen,
(s. S. 25 ). Die Rekombination betrifft die Strukturen, mit denen - Granulozyten,
die Lympho zyten ihr Antigen erkennen können: den T-Zeii- Re- - Na türliche l<illerzellen.
zeptor bzw. die Immun g lobuline (zu den Me cha nismen der An - • humoraler Teil:
tikörp e rvi elfalt s.S. 25). Da di es auf dem Zufall sprinzip beruht, - Komplem entsystem: Proteine, deren kaskadenarti ge Ak-
e ntsteh en au ch autorea ktive Ze llen , die körpereigene Strul<tu- tivierung zu r Eliminierung von Bakterien und anderen
ren al s fremd e rkenn en . Diese mü sse n e rkannt und un schäd- Zellen führt ,
lich ge ma cht w erd e n, bevor sie im Körper Schaden anrichten. - Lysozym : g reift Bakterienzellwände an,
Daz u e rhalten sie wä hrend ihrer Ausreifung eine Prägung, die - Zytokine: hab en Botenstofffunktion.
e ntwed er im Kno che nm ark (B - Lymphozyten) oder im Thymus Im Gegen satz zur spezifi schen Abwehr erkennen die Faktoren
(T-Lymphoz yte n) stattfind et (= primä re lymphatische Organe). der unspezifi schen Abwehr Antigene unspezifisch. Dabei wer-
Ze llen. di e kö rpereige nes Gewe be ang reife n würd en, werd en de n häufi g unsp ez ifi sche Strukture n wie Lipo polysaccharide
durch Apoptose zerstört oder auf and erem Wege un sc hädlich auf Bakteri enze lloberflä chen a ls Anti ge n e rkannt. Eine wichti ge
ge m ac ht. Funktion der un spez ifi sche n Abwehr ist, sc hn e ll auf ve rschie -
Na ch de r Präg un g wa nd e rn die Lymphozyten üb er di e Blut- den e Eindringlinge zu reagie ren. Um di e Errege r völlig zu e limi-
bahn z u de n se kundären ly mphatisc he n Orga nen (z. B. Mil z,
22 2 Blut und Immunsystem

nieren, arbeitet die unspezifische Abwehr mit der spezifischen den membranangreifenden Komplex (MAC; membrane attack
Abwehr zusammen. complex). Er bildet eine Pore in der Wand eines Bakteriums.
Ein weiterer Unterschied zur spezifischen Abwehr ist, dass was zu dessen Lyse führt.
die unspezifische Abwehr keine Gedächtniszellen ausbild et.
Phagozytose
Komplementsystem Unter Phagozytose versteht man die Aufnahme fester Partikel
Das Komplement ist eine Gruppe im Blut zirkulierender Prote- (z. B. Fremdkörper, Mikroorganismen) in das Zellinnere sog.
ine, die ein Kaskadensystem bilden ähnlich der plasmatischen Phagozyten mit intrazellulärem Abbau. Die Phagozytose ist
Gerinnung. Zentraler Bestandteil des Komplementsystems sind der Hauptmechanismus der zellvermittelten unspezifischen
die im Blut zirkulierenden Faktoren Cl-C9. Das Komplement- Abwehr und erfo lgt v.a. durch (v.a. neutrophile) Granulozyten
system übernimmt mehrere wichtige Funktionen im Rahmen und Monozyten, die dazu in das betroffene Gewebe e inwandern
der lmmunabwehr: (Diapedese). Dort bewegen sie sich zielgerichtet durch Chemo-
• Lyse fremder Zellen, taxis auf den Entzündungsherd zu. Neben den Komplementfak-
• Fremderkennung, toren C3a und CSa wirken auch lnterleukin-8 und Bakterienbe-
• Aktivierung immunkompetenter Zellen, standteile (z. B. Lipopolysaccharide) chemotaktisch. Erleichtert
• Opsonisierung (s. u.) durch Anlagerung des C3 an Antigen- wird die Phagozytose der Fremdsubstanzen durch die Opsoni-
Antikörper-Komplexe, wodurch deren Phagozytose begüns- sierung mittels des Komplementfaktors C3b oder Antikörpern
tigt wird (Chemotaxis). (lgG oder lgM, s.S. 25)
Die Komplementaktivierung kann auf zwei Wegen erfolgen
(Abb. 2.4): Weitere Mechanismen der unspezifischen Abwehr
Der klassische Aktivierungsweg beginnt mit dem Komple- .,. Lysozym . Das Enzym Lysozym wird beim Zerfall phagozyti-
mentfaktor Cl , der durch Bindung eines Komplexes aus Anti- erender Zellen frei und kann Mucopolysaccharide in der Zell-
körpern der Klasse lgG oder lgM und deren Antigen aktiviert wand grampos itiver Bakterien spalten. Als Folge wird die Zell-
wird. Über Zwischenschritte bilden C4 und C2 die C3jCS-Kon- wand undicht und das Bakterium stirbt ab. Im Zusammenspiel
vertase und die gemeinsame Endstrecke beider Wege ist er- mit dem Komplementsystem können auch gramnegative Keime
reicht. C4a ist ein Chemotaxin. angegriffen werden . Lysozym findet man in den Gra nul a von
Der alternative Aktivierungsweg ist antikörperunabhängig Granulozyten und Makrophagen sowie den Schleimhäuten des
und somit auch nicht auf das spezifische Abwehrsystem ange - Nasen-Rachen-Raums und Magen-Darm-Traktes. In besonders
wiesen. Auch hier entsteht, unter Beteiligung der Faktoren B hoher Konzentration liegt es in der Tränenflüssigkeit vor.
undDeine C3jCS-Konvertase, womit die gemeinsame Endstre-
cke erreicht ist. .. Akute-Phase-Proteine. Unter diesem Oberbegriff fasst man
Die gemeinsame Endstrecke von klassischem und alter- Plasmaproteine zusammen, die im Rahmen einer Entzündungs-
nativem Weg beginnt mit der C3jCS-Konvertase. Die C3/ reaktion vermehrt im Blut zirkulieren. Ihre Synthese in der
CS-Konvertase spaltet C3 in C3a und C3b. Komplementfaktor Leber wird durch den Botenstoff lnterleukin-6 stimu liert. Der
C3a ist ebenfalls ein Chemotaxin. C3b ist wie C3a und C4a ein prominenteste Vertreter ist das (-reaktive Protein (CRP). das in
Chemotaxin, dient aber auch als Opsonin, das die Phagozytose der Klinik als Entzündungsmarker genutzt wird . Das CRP bindet
erleichtert. und aktiviert Faktor es. Mit CSa entsteht ein weite- an Oberflächenstrukturen, die auf Bakterien vorkommen, und
res Chemotaxin, CSb bildet dagegen mit den Faktoren C6 bis C9 kennzeichnet diese für das Komplementsystem. Zu den akute-
Phase-Proteinen zählen außerdem Proteinaseinhibitoren wie
klassischer Weg alternativer Weg
a 1-Antitrypsin und a 2 -Makroglobulin.
Aktivierung durch Ag·lgG- Aktivierung durch Oberflächen-
(oder lgM-)Komplexe strukturen von Bakterien
.,. Interferone. Die Interferone (INF) sind speziesspezifische
(z. B. Lipopolysaccharid)
Glykoproteine. die eine Rolle bei der Abwehr von Virusinfekti-
l C3b
onen spielen. Produziert werden sie von virusinfizierten Zellen .
Clq,r,s Interferone wirken antiviral indem sie die Virusvermehrung
(4 B
C2 0 hemmen und zugleich benachbarte Zellen vor einer Infektion
schützen. Sie wirken außerdem antiproliferativ und immunmo-
dulatorisch. IN F-a wird von Leukozyten, INF-ß von Fibroblas ten
produziert. Das INF-y rechnet man mehr zur spezifischen lm-
Z3 munabwehr. Es wird von aktivierten I-Lymphozyten ge bildet,

l
C4a
verbess e rt die Antigenpräsentation durch Makrophagen und
Chemotaxis aktiv iert natürliche Killerze llen.
C3b Opsonin

C
I
.,. Natürliche Killerzellen. Die natürli chen Killerze ll en ähnel n
vom Aussehen her den Lymphozyten, trage n aber ni cht d ere n
typische Oberfläche nm erkma le (daher auch der Name "Nu ll zel-
'
CSb
len" ). Sie können fremde Ze ll en, Tumorzelle n und viru sinfi zierte
membranangreifender
Zellen ohne vorh e rige Al<tivi e rung oder Immuni sierung töten.
(porenbildender)
Komplex (MAC) -- lyse

Abb. 2.4 Ablauf der Komplementkaskade. Die gemeinsa me Endstre-


cke des klass isc hen und de s alternativen Weges beginnt mit Fak tor C3.
2.4 Immunsystem 23

2.4.3 Spezifische Immunantwort Tab. 2.7 Funktionen einiger wichtiger lnterleukine (nach Kayser et
al.)
Die spezifische Abwehr kann bestimmte Oberflächenmerkmale
Interleukin produzierende Wirkung
von Fremdkörpern (z. B. ein bestimmtes Membranprotein eines
Zelle
Bakteriums oder einer entarteten Zelle) direkt erkennen und
eine gezielte Abwehrreaktion initiieren. Ein solches Merkmal, Interleukin 1 Makrophagen, Stimulation der meisten
gegen dass sich eine Abwehrreaktion richten kann, bezeichnet (IL-1) B-Lymphozyten, Leukozytenarten, v. a. Mak-
Fibroblasten, Endo- rophagen und Neutrophile,
man als Antigen. Antikörper sind von Plasmazellen gebildete thelzellen Endothelaktivierung, Fieber
Proteine, die sich gegen Antigene richten (s. u.). Sie binden mit-
tels Wasserstoffbrücken und hydrophoben Wechselwirkungen Interleukin 2 aktivierte T-Zellen T-Zeii-Proliferation
(IL-2)
an .. ihr" Antigen (Antigen-Antikörper-Reaktion). Aufgrund der
eingeschränkten Größe der Antigen-Bindungsstelle des Anti- Interleukin 4 TH-Zellen Proliferation von B-Zellen und
körpers fungiert meist nur eine kleine, spezifische Stelle des (IL-4) Ausreifung zu Plasmazellen
Gesamtmoleküls als Erkennungsstelle (Determinante). Trennt Interleukin 6 T-u. B-Zellen, Mak- Proliferation und Ausreifung
man die Determinante vom Trägermolekül, erhält man ein sog. (IL-6) rophagen. Endothel- von T- und B-Zellen, lnduk-
Hapten, das zwar mit vorhandenen Antikörpern reagieren, aber zellen. Fibroblasten tion der Synthese von Akute-
Phase-Proteinen in der Leber
für sich allein keine Immunreaktion hervorrufen kann.
Interleukin 8 Stromazellen, Fibro- Anlockung und Aktivierung
Antigenp räsentation (IL-8) blasten von Neutrophilen und Mak-
rophagen
.. Antigenpräsentierende Zellen (APZ). In den Organismus
eingedrungene Fremdkörper werden meist zunächst mit dem Interleukin 10 T-Zellen Hemmung der Makrophagen-
(IL-10) funktion
unspezifischen Abwehrsystem konfrontiert und phagozytiert.
Noch im Gewebe oder in den regionalen Lymphknoten werden lnterferon-y aktivierte T-Zellen Aktivierung von Makrophagen
diese Fremdsubstanzen T-Lymphozyten und damit dem spezi- (IFN-y) und natürlichen Killerzellen?
fischen Abwehrsystem präsentiert. Diese Präsentation erfor-
dert die Kooperation durch sog. antigenpräsentierende Zellen Proteinen bzw. Glykoproteinen, zu denen auch die lnterleukine
(APZ). Hierzu zählen die Monozyten und die sich aus ihnen gehören. lnterleukine wirken in der Zielzelle durch die Aktivie-
differenzierenden. gewebeständigen Makrophagen , die B-Lym- rung intrazellulärer Signalproteine. die die DNA-Transkription
phozyten, die dendritischen Zellen und die Langerhans-Zellen beeinflussen und nehmen in der Kommunikation zwischen den
der Haut. Sie nehmen Fremdprotein auf, zerlegen es und prä- Leukozyten eine zentrale Stellung ein (Tab. 2.7).
sentieren es zusammen mit MHC-11-Molekülen (s. u.) auf ihrer
Zelloberfläche den antigensensitiven T-Helferzellen (s. u.). Die spezifische zelluläre Abwehr durch T-Lymphozyten
T-Lymphozyten (oder T-Zellen) sind für die spezifische zelluläre
.. Histokompatibilitätskomplex. Die Präsentation von Anti- Abwehr verantwortlich. Sie besitzen auf ihrer Oberfläche an-
genen erfolgt grundsätzlich über die Moleküle des sog. MHC- tigenspezifische Rezeptoren (I-Zell-Rezeptoren), die Antigene
Komplexes (MHC = major histocompatibility complex, auch nur erl<ennen, wenn sie auf der Oberfläche von Zellen gemein -
HLA = humanes Leukozytenantigen). Die MHC-Proteine spielen sam mit MHC-Molekülen präsentiert werden. Nach antigener
für die Immunabwehr eine große Rolle, da sie die Oberfläche Stimulation vermehren sie sich und differenzieren zu T-Effek-
aller Körperzellen markieren und so eine Unterscheidung zwi- torzellen. Die T-Effektorzellen lassen sich unterteilen in zyto-
schen fremd und selbst ermöglichen. Dabei existiert eine sog. toxische T-Zellen (TcZellen) und T-Helferzellen (T H-Zellen). So-
MHC-Restriktion: T-Zellen sind nur dann in der Lage, mit ihrem wohl Tc als auch TH-Zellen können Gedächtniszellen bilden, die
T-Zeii -Rezeptor ihr Antigen zu erkennen, wenn es ihnen in ei- im Falle eines erneuten Antigenkontaktes zu einer schnelleren
nem MHC-Molekül präsentiert wird. Der MHC-Komplex kommt Abwehrreaktion führen. Vor einer überschießenden Immunre-
in 2 Formen vor: aktion sollen sog. T-Suppressorzellen schützen. die Abwehrre-
• MHC-Kiasse-1-Moleküle befinden sich in der Membran aller aktionen unterdrücken können.
kernhaltigen Zellen. Sie werden von zytotoxisc hen T-Lym-
phozyten (CD8-positiv) erkannt und sind wesentlich an der T-Zellen. Zytotoxische T-Lymphozyten (TcZel -
Erkennung und Bekämpfung vii"Lisinfizierter Zellen beteiligt. len) spielen die Hauptrolle bei der Abwehr von Virusinfektio-
• MHC-Klasse-11-Moleküle sind in der Membran von mononu- nen. Von Viren befallene Zellen produzieren in ihrem Inneren
kleären Zellen und B-Lymphozyten enthalten. Sie werden Viruspartikel, von denen einige an MHC-1-Moleküle gebunden
von T-Helferzellen (CD4-positiv) erkannt. auf der Zelloberfläche präsentiert werden. Mittels ihres T-Zeii-
Die MHC-Proteine werden durch eine hochpolymorphe Gengrup- Rezeptors können die Tc-Zellen so ihr Antigen erkennen, wo-
pe kodiert, sodass die Wahrscheinlichkeit, dass 2 Personen glei- bei jede einzelne T-Zelle nur ein spezifisches Antigen erl<ennen
che MHC-Moleküle haben, äußerst gering ist. Problematisch ist kann. Dieses ist durch den T-Zeii-Rezeptor (TZR) vorgegeben
dies z. B. bei einer Organtransplantation, da T-Lymphozyten auf ist, de r bei der Zellreifung eine bestimmte Spezifität erhält. Für
fremde MHC-Komplexe mit einer Abstoßungsreaktion reagieren. die Bindung des TZR ist ein weiteres Bindungsmolekül auf der
T-Zell-Oberfläche notwendig: CD8 (CD = cluster of differentia-
Verständigung zwischen den Zellen tion). Tc Zellen werden deshalb auch als CD8-positive T-Zellen
Um eine effektive und ökonomi sche Arbeit des Immunsystems bezeichnet. Nach Erkennung des Antigens wird die infizier-
zu gewährleisten. mu ss die Vielzahl der Abwehrmechanismen te Zielzelle abgetötet, indem die Te lelle das En zym Perfarin
koordini ert werden. De r da zu nötigen Verständi gun g zwischen freisetzt und so die Zellmembran zerstört. Ein anderer zyto-
den be teiligten Ze llen di enen di e Zytokine, eine Gruppe von toxischer Mechanismu s ist die Auslösung einer Apoptose (ei-
24 2 Blut und Immunsystem

nes .. Selbstmordprogramms" der Zielzelle). Der zytotoxischen Schematische Darstellung des lgG-Moleküls
Abwehrreaktion geht eine Phase der Aktivierung und klonalen
Proliferation der Tc·Zellen voraus. Ag-Bindung

.,. T-Helferzellen. T-Helferzellen (TH-Zellen) sind eine Art Schalt-


stelle der lmmunabwehr. Sie erkennen mit ihrem T-Zell-Rezeptor 2 Fob
Antigene, die ihnen durch antigenpräsentierende Zellen zusam- Fragmente
men mit MHC-11-Molekülen präsentiert werden. Für die Bindung
des TZR ist ein weiteres Bindungsmolekül auf der T-Zell-Oberflä- Papain-
che notwendig: CD4. TH-Zellen werden daher auch als CD4-posi- Spaltung
tive T-Zelle bezeichnet. Es gibt zwei Untergruppen der TH-Zellen:
• TH 1 -Zellen produzieren u.a. IFN-y und aktivieren so Makro-
phagen, die phagozytierte Erreger besser abtöten können . So r---1 variable F,
wird eine eher zellbasierte Entzündungsreaktion initiiert. L__J Region Fragment
• TH 2-Zellen sezernieren u. a. IL-4 und IL-10. IL-4 stimuliert da-
konstante
bei die Differenzierung von B-Lymphozyten zu Plasmazellen Region
und leitet so eine humorale, antikörpervermittelte Reaktion
- COOH
ein. Gleichzeitig inhibiert das IL-10 aus den aktivierten TH2-
Zellen die Aktivität der Makrophagen. Abb. 2.5 Aufbau eines Antikörpers (Spaltung durch Papain setzt 2
F,b·Fragmente und das F,-Fragment frei).
APROPOS
Das Immunsystem kann auch selbst Opfer einer Infektion werden, die zur APROPOS
Immunschwäche führt. Bekanntestes Beispiel hierfür ist di e Krankheit AIDS lgM-Antikörper kommen v. a. in der Frühphase der Immunantwort vor.
(acquired immunodeficiency syndrome), die durch das HI-Virus ausgelöst später dominieren dann lgG-Antikörper. Entsprechend weise n hohe lgM-
wird. Das Virus bindet an Zellen, die an der Oberfläche CD4-Rezeptoren Titer auf eine akute Infektion. hohe lgG-Titer aber au f eine chronische ode r
tragen. Vor allem di e Infektion und Zerstörung der T-Helferzelle, ohne die zurückliegende Infektion hin.
eine effektive Imm unantwort ni cht möglich ist, lässt die Immunabwehr
schließlich zusamme nbrechen. Dabei nutzen die Viren das CD4-Molekül, um
in die Zelle einzudringen. Haupttodesursache sind dann opportunistische Auch B-Zellen bilden Gedächtniszellen aus, die bei erneutem
Infe ktion en durch für gesunde Menschen meist harmlose Krankh eitserr eger Antigenkontakt eine schnellere und ausgeprägtere Antikörper-
(z. B. Lungenentzündung durch Pneumocystis carinii). bildung erlauben. Diese sog. Sekundärantwort unterscheidet
sich von der oben beschriebenen Primärantwort u.a. dadurch,
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X dass bereits von Beginn an lgG gebildet wird.
T-Zell-Rezeptoren von T-Lymphozyten binden nur dann an
Antigenpeptide, wenn diese zusammen mit einem MHC-Mole- "" Immunglobuline (lg). Immunglobuline sind Glykoproteine
kül präsentiert werden . mit Y-förmiger Grundstruktur. Sie werden nach Kontakt des
Den CDS-positiven T-Lymphozyten werden Antigene von Organismus mit einem Antigen von B-Lymphozyten bzw. Plas-
MHC-Kiasse-1-Molekülen präsentiert. mazellen gebildet und sind die Antikörper, die als Effektormole-
"" B-Lymphozyten exprimieren auf ihrer Oberfläche MHC- küle die humorale Immunität bilden (Abb. 2.5). Aufgebaut sind
Kiasse-11-Moleküle. Immunglobuline aus je 2 schweren Ketten (H-Ketten = heavy
"" IL-10 aus den aktivierten TH2-Zellen inhibiert die Aktivität der chains) und zwei leichten Ketten (L-Ketten = light chains). Es
Makrophagen. gibt 5 Arten von schweren Ketten, die durch die griechischen
Buchstaben a. y, ö. E und JJ gekennzeichnet werden und dem
jeweiligen lg seinen Namen geben: IgA (s. u.) enthält z. B. 2
Antikörpervermittelte Immunantwort schwere a-Ketten. Bei den leichten Ketten unterscheidet man
Für die humorale spezifische Abwehr sind die B-Lymphozyten d ie I<-(I<appa-)Kette und die f.-(Lambda -)I<ette.
verantwortlich . Sie erkennen ,.ihr" Antigen durch Antikörper An den beiden N- terminalen Enden befindet sich zwischen
(auch als Immunglobuline bezeichnet), die sie als Rezeptor in H- und L-Kette je eine Antigenbindungsstelle. Diese Domäne
der Membran tragen (lgM oder IgD). Finden sie dieses Antigen, der Antikörper ist extrem variabel, sodass praktisch für jedes
phagozytieren sie es und zerlegen es in kleine Bruchstücke, die denkba re Antigen ein passender Antikörper gebildet werden
wiederum mithilfe des MHC-II-Proteins auf der Oberfläche des kann. Man bezeichnet diese Region und die anschließenden
B-Lymphozyten präsentiert werden. Erkennt dann eineT H-Zelle konstanten Areale bis zur Hinge-Region, dem Gelenk, als F.b-
ebenfalls dieses Antigen, so stimuliert sie durch die Freisetzung Fragment (ab= antigen binding).
von Zytokinen die B-Zelle sich zu teilen (klonale Expansion = Das Fc·Fragment (c = crystallizable) dient als Bindungsstelle
starke Vermehrung des antigenspezifischen B-Zell-Klons) und für die Fe-Rezeptoren von Leukozyten und des Komplements.
zur Plasmazelle auszureifen. Die Plasmazelle nimmt dann die APROPOS
Antikörperproduktion auf. Plasmazellen zirkuliere n meist nicht Zur Neutralisierung bestimmter Giftstoffe ist die Verbindung des schäd-
mehr frei im Blut sondern sind gewebsständig. Die produzier- lichen Antigens rnit dem Antikörper sc hon ausreichend. So kann man z. B.
ten Immunglobuline. die sich alle gegen das eine Ep itop richten. bei einer Vergiftung mit Herzglykosiden (Digitalis) isolierte F,b·Fragrnente
für das die B-Zelle spezifisch war, bezeichnet man als monoklo- von Digitalis-Antikörpern als Gegeng ift einsetzen: Sie binden sich so an das
Digitalis-Molek ül. dass es keine Wirkung mehr entfalten kan n.
nale Antikörper. Im Verlauf der Immunreaktion kommt es noch
zu leichten Anpassungen der Antikörperspezifität und zu einem Es existieren 5 verschiedene Klassen von Immunglobulinen: lgA,
Umschalten der ursprünglich produzierten lgM -Antikörper auf lgD, lgE, lgG und lgM (Tab. 2.8). Eine Besonderheit von lgG ist die
IgG-Antikörper. Plazentagängigkeit. lgG gelangen über einen aktiven Transport-
2.4 Immunsystem 25

Tab. 2.8 Aufbau und Funktion de r fünf Antikörperklassen

lgA lgD lgE lgG lgM


Struktur

u
meist Dimer Monomer Monomer Monomer Pentamer
Molekulargewicht (kDa) 150 (Dimer: 400) 180 200 150 900
schwere Ketten (H) a 6 € V
leichte Ketten (L) K oder II K oder II K oder II K oder II K oder II
Komplementaktivierung (+) + +++

Hauptfunktionen Schl eimhautschutz; Beeinflussung der Auslösung einer Schutz des extra- erste Abwehr gegen
Schutz des Neugebo- Lymphozyten[ unk- anaphylaktischen vasku lären Raumes Mikroorganismen im
renen (lgA ist in Mut- tio n? (ist neben lgM Reakt ion; Parasi- vor Bakterien und Blut (Frühphase einer
term ilch vorhanden) auf der Oberfläche von tenabwehr Viren; Nestschutz Infektion)
B-Zellen vorhanden) des Neugeborenen

mechanismus durch die Plazentarschranke, sodass Neugebore- die Antikörper wieder abgebaut sind . In der Regel w ird bei Ver-
ne, die selbst noch kei ne Antikörper produzie ren können , ein dacht auf Kontakt passiv geimpft bzw. zur Prophylaxe, wenn
Gemisch mütterlicher Antikörper erhalten, die sie in den ersten keine Zeit mehr für ei ne aktive Immunisierung besteht.
Lebensmonaten vor Infektionen schützen sollen (Nestschutz).
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
APROPOS lgG gelangen über einen aktiven Transportmechanismus
Bei der X-chromosomalen Agammaglobulinämie (Typ Bruton) besteht
ein e ang eborene Reifungsstörung der B·Ze ll en mi t Mang el an allen lmmun-
durch die Plazentaschranke und sorgen für die passive
globu lin klassen. Die Symptome beg inn en gewö hnli ch zwischen dem 3. Immunisierung des Neugeborenen.
und 5. Lebens mon at, wenn die mütterl ichen Immungl obulin e weitgehend Die in der Muttermilch enthaltenen Antikörper gehören
abgeba ut sind . Die Sä ugling e werden durch häufige bak teri elle pu lmonale hauptsächlich zur Klasse lgA.
Infektion en (z. B. du rch Pneumokokken, Staph ylokokken) auffällig . Im Serum Bei der aktiven Immunisierung gege n eine Infektionskrank-
ist d ie Konzentration aller lg-Kiassen deutlich vermind ert . Die Therapi e der
heit aktiviert man mithil fe abgeschwächter Antigene die
Wahl ist die lebenslange lmmung lobulinsubst ituti on.
spezifische Abwehr des Körpers.
der Antikörpervielfalt. Die enorme Vielzahl der
Antil<örperspezifitäten beruht auf dem Mechanismus der soma- 2.4.4 Hypersensitivitätsreaktionen
tischen Rekombination. Die variablen Anteile der H-Kette setzen
sich aus 3 Segmenten (V = variable segment, D = diversity seg- Trotz der Regelmechanismen kann das Immun system auf einen
ment, j = joi ning segment), die der L-Kette aus 2 Segmenten (V. Antige nkontakt auc h überschießend reag ieren . Heuschnupfen
J) zusammen. Für diese Segmente existieren auf der DNAjewei ls z. B. ist eine Überreaktion auf eingeatmete Pollen, die eine Im-
mehrere unterschiedliche Kopien. Im Laufe der B-Zeii-Reifung munreaktion hervo rrufen . Solche und andere Allergieformen
werden diese auf der DNA zufällig rekombi niert, sodass jeweils sind oft Ausdruck einer ges teigerten Reaktionsbereitschaft des
eine H-und ei ne L-I<ette gebildet wird. So entstehen B-Zellen mit Organismus. Molekularbiologisc h lassen sich vier ve rschiede-
einer zufä llige n Spezifität, die unabhängig von einem Antige n- ne Typen von Hypersens itivitätsreaktionen unterscheiden , die
kontakt entstanden ist. Die Vielfa lt wird noch dadurch erhöht, sich a lle erst nach erfolgter Sensibi lisierung durch erstmaligen
dass die Genblöcke mit einer gewissen Unge nauigkeit rekombi- Antigenkontakt abspielen:
niert werden. Die Zufä lligkeit der Spez ifität lässt auch die Ent- • Typ I (Reaktion vom Soforttyp, anaphylaktische Reaktion):
stehung von B-Zellen zu, die sich gegen körpereigenes Material Typ-I-Reaktionen werden durch lgE-Antikörper vermittelt.
richten. Diese mü ssen bei der Prägung im lymphatischen Anteil Diese sind als zy tophile Antikörper über einen Rezeptor an die
des Knochenmarkes vernichtet werd en (k lonale Deletion). Membran von Mastzellen und ba so phi len Granu lozyten ge-
Unter Immunisierung versteht man das Au sbilden einer spe- bunden. Die Vernetzung von mindestens 2 lgE-Molekülen, die
zifischen Immunantwort auf bestimmte Antige nrei ze und die über den Fe-Teil an die Mastzelloberfläche gebundenen sind,
darauffolge nde Ausbi ldung eines immunologi schen Gedächt- durch ein Antigen, ist das Signa l, das die Degra nulation von
nisses. Man kann diesen Erstkontakt mit dem Antige n durch Mastzellen und damit die Freisetzung vasoaktiver Mediatoren
Schutzimpfungen vorwegnehmen. Bei der aktiven Immunisie- aus löst. Der wichtigste ist Histamin. das die gesamten Sym-
rung gege n ei ne Infektionskrankheit gibt man abgeschwächte ptome einer allergischen Sofortreaktion (Reaktionszeit Se-
Antige ne, auf die de r Körper da nn im Zuge der spezifischen kunden bis Minuten) ausz ulösen vermag: Vasodilatation (Ery-
Abwehr mit Antikö rpe r- und Gedächtniszellenbildung reagiert. them), Steigerung der Gefäßendothelpermeabilität (Ödem),
Bei der passiven Immunisierung werd en spezifi sche Antikörper Kontra ktion der glatten Muskulatur (Bro nchospasmus. Koli-
direkt zugefü hr t, ohne dass der Körper sie selbst bilden muss ken), Hypersekretion der Sch leimhäute (R hiniti s) und Juckreiz.
(hu morale Immuni tät). Der Sc hu tz hält hier nur solange an, bis Die le bensbedrohliche Maximalvariante der Typ-I-Reaktion
26 2 Blut und Immunsystem

ist der anaphylal<tische Schock. Typische Beispiele für Typ-I- rer Bedeutung sind die Blutgruppen bei der Durchführung von
Reaktionen sind die allergische Rhinitis gegen Pollenantigene Bluttransfusionen, da die Transfusion einer inkompatiblen Blut-
(Heuschnupfen) und Allergien gegen Insektengifte. lmnserve schwere Zwischenfälle hervorrufen kann.
• Typ II (zytotoxische Reaktion): Bei dieser Reaktion aktivieren
zellgebundene Antikörper das Komplementsystem. Typi-
2.5.1 ABO-System
sches Beispiel ist die Transfusion von inkompatiblem Blut:
Präformierte Antikörper binden sich hier an die fremden Dieses System beruht auf den Antigenen A und B, die Kohlen-
Erythrozyten und führen zur Lyse der Zellen (s. u.). hydratreste auf Glykolipiden darstellen . Seide Merkmale sind
• Typ 111 (lmmunkomplexbildung): Schwer lösliche Komplexe codominant, werden also gleichberechtigt nebeneinander ex-
aus Antikörpern und Fremdstoffen lagern sich in den Kapil- primiert. Ein Träger der Allele A und B hat also Blutgruppe AB.
laren ab und schädigen diese durch Komplementaktivierung. Bei einer 3. Allelvariante ist nur eine Grundstruktur vorh ande n
• Typ IV (Reaktion vom Spättyp): Spezifisch sensibilisierte (Allel 0), die antigenen Zuckerreste fehlen . Dieses Merkmal ist A
T-Lymphozyten bestimmen diesen Reaktionstyp (zellulärer und B gegenüber rezessiv. Ein Träger der Allele A und 0 hat also
Typ). Das klinische Bild entwickelt sich erst 24-48 Stunden die Blutgruppe A. Liegt das Allel 0 aber homozygot vor, hat der
nach Antigenexposition. Häufigstes Beispiel ist das aller- Träger Blutgruppe 0. Au s der Kombination der verschiedenen
gische Kontaktekzem (z. B. auf Nickel in Schmuckstücken). Allele ergeben sich also 4 Blutgruppen: A, B, AB und 0. Die mög-
Weiter gehören die Tuberkulinreaktion, die Transplantatab- lichen Genotypen und die Häufigkeitsverteilung zeigt Abb. 2.6.
stoßung und zahlreiche Arzneiexantheme in diese Gruppe. Im Plasma zirkulieren präformierte Antikörper gegen das je-
weils fehlende Antigen, z. B. Antikörper gegen das Antigen A (sog.
APROPOS
Neben überschießenden Reaktionen kommen auch Immunreaktion en du rch
Anti-A-Antikörper) bei Personen mit Blutg ruppe B. Diese Immun-
Bildung von Autoantikörpern gegen körpereigene Antigene vor. Man unter- globuline vom Typ lgM werden auch als Isoagglutinine (oder Ag-
scheid et organspezifische Autoimmunerkrankungen mit einer lmmunreak· glutinine) bezeichnet, da sie Erythrozyten fremder Blutgruppen
t ion, die sich ausschließlich gegen spezifische Antigene ein es Organs richtet zum Verklumpen bringen (Agglutination). Isoagglutinine werden
(z. B. Diabetes mellitus Typ 1 durch Zerstörung der Langerhan s- In se ln des
bereits in den ersten Lebensmonaten gebildet, ohne dass das Im-
Pankreas, Morbus Basedow mit Bildung von Autoantikörpern gegen den TSH-
Rezeptor der Sc hilddrü senze llen der Rezeptor wird aktiviert und so ei ne munsystem in Kontakt mit Fremdblut gekommen sein muss.
Schilddrüsenüberfunktion ausgelöst, ohne dass die Zellen direkt geschä digt
werden) und nicht organspezifische Autoimmunerkrankungen (Krank- der Blutgruppe. Bestimmt wird die ABO-Blut-
heiten des sog. rh eumatischen Formenkreises) mit Immunreaktion gegen gruppe mittels 2er Testseren, die Anti-A- bzw. Anti-B-Antikör-
verschiedene Körpergewebe (z. B. systemischer Lupus erythematodes).
per enthalten. Welche Antigene in der Blutprobe enthalten sind,
läss t sich aus dem Verklumpungsmuster erkennen: Wenn das
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X Gemisch aus Testser um und Blutprobe verklumpt (sog. Hämag-
Bei Hypersensitivitätsreaktionen vom Typ I (Soforttyp, glutination), dann ist das Antigen, gegen das sich das Testserum
anaphylaktische Reaktion) spielen Immunglobuline der Klasse richtet, im Blut vorhanden (Abb. 2.6). Kommt es z.B. nur mit
lgE eine wichtige Rolle. Anti-A-Serum zur Hämagglutination, so bedeutet das, dass nur
Bei einer allergischen Reaktion setzen Ma stzellen durch Degra- das Antigen A in der Blutprobe vorhanden ist- die Blutgruppe
nulation Histamin frei. das auf die kleineren arteriellen Gefäße ist folglich A.
stark vasodilatierend wird.
Histamin erhöht d ie Endothelpermeabilität kleiner Blutgefäße. !
Die Vernetzung von mindestens 2 lgE-Molekülen, die über Das IM PP bindet, wie Sie sich sicher denken können, auch die
den F,-Teil an die Ma stzelloberfläche gebundenen sind, durch Frage n zu dem ABO- und Rhesussystem gerne in Fallbeispie le ein.
ein Antigen, ist das Signal, das die Degranulation von Mastzel- Um die entsprechenden Fragen beantworten zu können, mü sse n
len und damit die Freisetzung von Histamin auslöst. Sie häufig die Genotypen kennen, die für di e unterschiedlichen
Blutgruppen infrag e kommen. Außerdem sind einige wenige
Grundlagen der Vererbungslehre notwendig :
2.5 Blutgruppen Von den homolog e n Chromosomen des Kindes stammt eines
vom Vater. das andere von der Mutter.
Auf der Oberfläche der Erythrozyte n befinden sich Antigene All e l 0 ist rezess iv gegen über A und B,
(meist Glykolipide), die die Zugehörigkeit zu einer bestimmten die Allele A und B sind codominant, werden also beide ausge-
Blutgruppe festlegen. Das ABO- und Rhesussystem sind d ie bei- prägt.
den bekanntesten und wichtigsten Blutgruppen. Von besonde-

Diagnose Zugabe von Serum mit dem Antikörper Tabelle Abb. 2.6 Das ABO-System.

Anti-A Anti-B Anti-A+

Erythrozyten- Plasma- mög licher Häufigkeit( %)


antigene antikörper Genotyp

AA / AO
II 44

00
II 42

B BB/ BO
II 10

AB AB
II 4
2.5 Blutgruppen 27

RECHENBEISPIEL 1 .". Von den homologen Chromosomen des Kindes stammt eines
Welche Blutgruppe hat das gemeinsame Kind eines Eh epaares . wenn die vom Vater, das andere von der Mutter,
Mutter Blutgrupp e 0 und der Vater die Blutgruppe AB hat?
.". Allel 0 ist rezessiv gegenüber A und B.
Lösung: Die beiden Allele A und B des Vaters werden dominant vererbt.
.". Die Allele A und B sind codominant.
Wenn die Mutter Blutgruppe 0 hat. dann ha t das Kind mit 50%Wahrschein-
lichkeit die Blu tgruppe A (AO) oder B (BO).

RECHENBEISPIEL 2 2.5.2 Rhesussystem


Einem 7-jährigen Mädchen fälltinfolg e ein er bakteri ell en Infektion in einen
septischen Schock. Dabei kommt es durch eine Verbrauchskoagulopathie Das Rhesussystem umfasst die Antigene C, D, E, c. d und e. Die
zu einer bedrohlichen Blutgerinnungsstörung. Der behandelnd e Arzt stärkste antigeneWirkunghat das Antigen D. Es ist dominant
ordnet deshalb die Transfusio n von Spender-B lutpla sma an. Das Mädchen
über d und wird zur Einteilung der Blutgruppen in Rh+ (rhesus-
hat die Blutgrupp e B.
positiv; Genotyp DD oder Dd) und rh - (rhesusnegativ; Genotyp
Blutplasma von Spendern we lch er Blutgruppe(n) ist für da s Mädchen
bezüglich des ABO-Systems kompatibel? dd ; hi er fehlt das Antigen D a uf der Erythrozytenoberfläche)
Lösung: das Mädch en darf kein Blutplasma der Blutg ruppen A und 0 herangezogen. Antigen D ist bereits auf den Erythrozyten rhe-
erhalten, da di ese die Agglutinine Anti-B enthalten. Es kommt also nur suspositiver Feten vorhanden .
Blutpla sma der Gruppen 8 und AB zu r Tran sfu sion in Frage.
Im Gegensatz zum ABO-System existieren keine präformier-
RECHENBEISPIEL 3 ten Antikörper gegen den Rhesusfaktor. Solche werden nur
Bei einem Bedside-Test zur Überprüfung der Blutguppen vor ein er Transfu- von rhesusnegativen Personen nach Kontakt mit rhesuspositi-
sion agg lutini ert das Blut des Patienten bei Zugabe von Anti-A-Antikörpern,
vem Blut gebildet (z. B. bei Fehltransfusion oder während der
nicht aber bei der Zugabe von Anti-B-Antikörpern . Da s Spenderblut dage-
gen agglutiniert sowoh l bei der Zugabe von Anti-Aals auch bei der Zugabe Schwangerschaft/Geburt). Die gebildeten Antikörper gehören
von Anti-B. Was würe bei einer Transfusion pa ssieren? der Klasse lgG an und sind somit plazentagängig. Ist eine rh·
Lösung: Das Patientenblut agglutini ert nur bei der Zugabe von Anti -A . -Mutter mit einem Rh+·Kind schwanger. so kann ihr Immun-
Das bedeutet, der Patient hat Blutgruppe Bund sein Blut enthä lt Anti-B-
system während der Geburt mit dem kindlichen Blut in Kon -
Antikörper. Da s Spend erblut enthä lt weder Anti-A- noch Anti-B-Antikörper
(ist also Blutgruppe AB), denn es agglutini ert, wenn man es mit diesen bei- takt kommen und Anti-D-Antikörper bilden. Bei einer erneuten
den Antikörpern versetzt. Die Anti-B-Antikörper des Patientenbluts würd en Schwangerschaft mit einem Rh+ -Ki nd treten diese Antikörper
also bei einer Transfu sion di e Erythrozyten des Spenderb lut s agg lu tinieren ins kindliche Blut über und führen dort zur Zerstörung der
lassen , was schließlich zur Hämolyse führt.
kindlichen Erythrozyten. Dieses für das Ungeborene lebens -
bedrohliche Krankheitsbild mit immunhämolytischer Anämie
LERNTIPP ! und Ikterus bezeichnet man als Morbus hämolyticus neonato-
Die vorangehenden 3 Besipiele behandeln im Grunde genom- rum. Um dieser Situation vorzubeugen, spritzt man einer Mut-
men immer dasselbe Thema, nämlich die Reaktion der verschie- ter mit bekannter Rhesusinkompatibilität unmittelbar nach der
denen Erythrozyten bzw. Antigen-Antikörper bei einer Kombina- Geburt des 1. Rh+· Kindes ein Antiserum, dass sich gegen den
tion verschiedener Blutgruppen. Was geschieht dabei? Gehen sie Rhesusfaktor richtet Die injizierten Antikörper zerstören die
aufeinander los oder bleiben sie friedlich? kindlichen Erythrozyten, die in s mütterliche Blut übergetre-
Sie können sic h zu r Übung dafür imm erwe iderneue Szenarien ten sind, bevor das Immunsystem der Mutter auf sie reagieren
ausdenken und verschiedene Blutguppen miteinander kombinie- kann.
ren. Sie können das mit Vollblut oder auch nur mit Blutplasma
APROPOS
tun. je mehr sie üb en, desto schneller sind sie beim Lösen der xxxBei der Transfusion von Blutkonserven wird in der Regel nur blutgru p-
Aufgaben hinterher. Es würde zu weit führen, hier alle möglichen penidenti sche s Blut verabreicht, zumind est bezogen auf die ABO-Blutgruppe
Kombinationen zu besprechen. Merken Sie sich deshalb: und den Rh es usfaktors. u. Vor Tran sfu sion wird die Blu tg ruppe des Patien-
tenb luts und des Blutes in der Konse rve bestimmt. Di ese w ird am Patien-
Übertragung von Erythrozyten:
tenbett nochmals wiederholt (dah er auch der Name .. Bed sid e-Test" für di e
.". Blutgruppe A kann Erythrozyten von A und 0 empfangen
Blutgruppenbestimmung) .
.". Blutgruppe B kann Erythrozyten von Bund 0 empfangen Im Labor wird zuvor noch die Kreuzprobe du rc hg eführt. Beim Major-Test
.". Blutgruppe 0 kann nur Erythrozyten von Blutgruppe 0 empfan- werden dabei Spendererythrozyten mit dem Se rum des Empfängers ver-
gen misc ht. beim Minor-Test Spenderserum mit Empfängererythrozyten. Tritt
eine Verk lurnpung auf, ist die verwendete Blutkonserve 111kompatibel und
.". Blutgruppe AB kann Erythrozyten von AB, A, B und 0 empfan-
da rf nicht t ran sfundi ert werd en. Durch sog . irreguläre Antikörper kann
gen eine Verk lumpung all erd in gs auch bei id entischer Blu tgruppe auftreten. Auf
Übertragung von Plasma : Kreuzprob e und Bedside-Test kann man nur in extremen Not situation en ver-
.". Blutgruppe A kann Plasma von A und AB empfangen zichten. wenn z. B. sc hwerst verletzte Patienten ohne sofortig e Tran sfu sion
.". Blutgruppe B kann Plasma von Bund AB empfangen zu verbluten drohen. Bei unb ekannter Blutgruppe kann man dann Blu t der
.". Blutgruppe 0 kann Plasma von AB, A, B und 0 empfa ngen Blutgruppe 0, rh --negativ tran sfund ie ren. Di eses Blut istwegen der feh len-
den Oberflächenantigene prinzipi ell mit jeder anderen Blutgruppe kompati -
.". Blutgruppe AB kann nur Plasma von AB empfange n.
bel. All erd ings sollte die Transfu sion wegen der mit dem Se rum zugeführten
Antikörper au f geringe Blutm eng en beschränkt we rden und so schn ell wie
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X möglich auf eingekre uztes Blut umgest ellt werden.
Bei d er Tr an sfu sion inkompat ibl en Blutes kan n es zu sc hwe ren Transfusi -
Blutgruppen, Antikörper, Genotypen : onszwisdoenfällen komm en. Durch die Isoagg lutinine werd en die fremd en
- Blutgruppe A Anti-B-Antikörper Genetyp AA oder AO Erythro zyt en verk lump t und das Kompl ementsystem aktivi ert. Die Antig en-
- Blutgruppe 0 Anti-A- und Ant i-B-Antikörper Genotyp 00 Antikörper-Komplexe können die kl einen Blutg efäße verschließen. Durch
den Memb ranangriffskom plex des Kom pl ements kommt es zur Häm olyse.
- Blutgruppe B Anti-A-Antikörper Genotyp BB oder BO
Kl ini sch sin d di e erste n Symptome ein es Transfu sionszwischenfal ls oft Fieber
- Blutgruppe AB kein Antikörper Genotyp AB
und Sc hüttelfrost. Durch di e Freisetzu ng von Hämoglobin und se inen
28 3 Herz

Abbauprodukten kann Nierenversagen drohen. Die massive Komplement-


GESCHAFFT
aktivierung kann zum anaphylaktischen Sc hock und dam it zum Tod führen.
Deshalb muss eine laufende Transfusion bei ersten Anzeichen für ein e Unver- Nachdem Sie sich durch die all gemeine Physiologie und das Blut- und Im-
träglichkeit sofort gestoppt werden! munsystem gearbeitet habe n, geht es jetzt mit der teilweise komplexen
Physiologie des Her zens weiter. Hier ist es wi rkli ch hilfreich . wenn Sie da s
FAZIT -DAS MÜSSEN SIE WISSEN Thema durchdrungen und verstanden haben. Lesen notfalls noch einma l das
X entsprec hende Kapitel in ein em ausführlichen Lehrbuch .
.,. Antigen D ist bereits auf den Erythrozyten rhesuspositiver
Feten vorhanden.
"" Merkmal D ist dominant über d.
"" Anti-0-Antikörper gehören zur Klasse lgG .
"" Bei einem Feten mit Rh• kann es aufgrund eine Blutgrup-
penunverträglichkeit mit rh--Biut der Mutter zu einer
immunhämolytischen Anämie kommen.

depolarisieren und so selbst eine Erregung auslösen. Zu den


3 Herz verschiedenen Schrittmacherzellen s. u.
Für die Weiterleitung einer Erregung am Herze n ist von
3.1 Die elektrische Erregung großer Bedeutung. dass Herzmuskelzellen über Gap ]unctions
des Herzens an den Glanzstreifen miteinander in Verbindung stehen. Die
Durchlässigkeit der Gap junctions wird durch die zytoso li sche
Das Herz pumpt sauerstoffarmes Blut in die Lunge und sauer- Ca 2 •- und H• -Konzentration kontrolliert. Nehmen die intra-
stoffreiches Blut in den Körperkreislauf. Die Pumpwirkung be- zelluläre W - oder die Ca 2•-Konzentration zu, werden die Gap
ruht auf einem Wechsel von Kontraktion und Erschlaffung der junctions verschlossen. Durch die Verbindung sind letztlich
Herzmuskelzellen. Grundlage für die Kontraktion einer Herz- a lle Herzzellen elektrisch gekoppelt, d.h. wird eine Zelle erregt,
muskelzelle sind ein elektri scher Impuls und Ionenströme in breitet sich diese Erregung auf al le Herzmuskelzellen aus . Man
die Zelle. Dabei steigt die Ca 2 '- Konzentration in der Muskelzelle spricht daher von einem funktionellen Synzytium. Während
an und bewirkt eine Kontraktion. d ie Zellen des Vorhofs und der Kammern jeweils miteinander
Die Aktionspo tenziale sind in den verschiedenen Zellen des verbunden sind, si nd die Vorhöfe und Kammern durch die bin-
Herzens (Schrittmacherzellen, Zell en des Erregungsleitungs- degewebige Ventilebene voneinander getrennt. Daher kann
systems und Herzmuskelzellen) unterschiedlich; je nach Zell- d ie Erregung nur am sog. AV-Knoten von den Vorhöfen auf die
typ finden auch unterschiedliche Ionenströme statt. Kammern übergeleitet werden.

3.1.1 Erregungsentstehung und -ausbreitung "" Ablauf eines normalen Erregungszyklus. Normalerweise be-
am Herzen ginnt ein Erregu ngszyk lus. ind em die Schrittmacherzellen des
Sinusknotens spontan depolarisieren und sich die Erregung zu-
Der Herzmuskel besitzt elektrophysiologisch gesehen gegen- nächst über das Vorhofmyokard ausbreitet. Die nächste Station
über der Skelettmuskulatur zwei Beso nderheiten: ist der Atrioventrik ular-(AV-)Knoten. Er ist die einzige leiten-
• Schrittmacherzellen, de Verbindung zwischen Vorhof und Ventrikel. Im AV-Knoten
• Weiterleitung der Erregung von Zelle zu Zelle. selbst erfolgt die Weiterleitung sehr langsam. Dadurch wird die
Da s Herz besitzt einen Eigenrhythmus, d. h. auch wenn man Kammererregung um ca. 90 ms verzöge rt, soda ss sich die Vor-
alle zum Herze n führenden Nerven durchtren nt. schlägt es in höfe zeitlich vor den Kammern kontrahieren. Vom AV-Knoten
einem regelmäßigen Rhythmus von ca. 70 Schlägenimin weiter. aus sorgt das sog. Erregungsleitungssystem dafür, dass das ge-
Dieser Rhythmus entsteht in den Schrittmacherzellen. Sc hritt- sa mte Arbeitsmyoka rd schnell und gleicl1mäß ig er regt wird .
macherze llen sind spezia li sierte Herzmuskelzel len, die spontan Da s Erregungsleitungssystem besteht aus spezia li sierten, be-
3.1 Die elektrische Erregung des Herzens 29

sonders schnell leitenden Muskelfasern, dem sog. His-Bündel, { LERNTIPP !


den Kammer-(Tawara-)Schenkeln und den Purkin je-Fasern. Die Hinter dem AV-Knoten ist die Dauer des Aktionspotenzials in
Leitungsgeschwindigkeit nimmt im Erregu ngsleitsystem wie- den unterschiedlichen Abschnitten ähn lich lang. in den Purkinje·
der deutl ich zu. Fasern aber offenbar am lä ngsten. Die Abstufung müssen Sie
sich merken. Sie wird häufig nicht genau darg estellt, kann aber
der Erregungsausbreitung. Die Schrittmacherzel - prüfungsrelevant sein.
len des Sinusknotens. die bei einem norma len Erregu ngszyk-
lus am Herzen eine Frequenz von ca. 70 Schlägenfmin erzielen,
sind die primären Schrittmacherzellen. Doch nicht nur die Aktionspotenzial der Schrittmacherzellen. Schrittmacherzel-
Zellen des Si nusknotens haben ei nen Eigenrhythmus, sondern len besitzen im Gegensatz zu den meisten anderen Zellen kein
auch die Zellen des AV-Knotens und des Erreg ungsleitungssys- stabi les Ruhepotenzial (Abb. 3.2). Nach einer Erregung repolari-
tems (His-Bündel, Tawara-Schenkel, Purkinje-Fasern) können sieren sie zwar auch, erreichen dabei aber maximal ca. -60 mV
über Spontandepolarisation rhythmische Erregu ngen auslösen. (maxima les diastolisches Potenzial). Durch einen unselektiven
Diese Schrittmache rze llen nennt man sekundäre bzw. tertiäre Einstrom von Kationen beginnen sie dann direkt, erne ut zu de-
Schrittmacherzellen. Ihre Eigenfrequenz istjedoch geri nger als polarisieren. Wenn diese langsame diastolische Spontandepo-
die der Schrittmacherzellen des Sinusknotens. Normalerweise larisation das Schwellenpotenzial von ca. -40 mV erreicht, wer-
wird ih re Spontanaktivität durch die schnell ere Sponta naktivi- den spa nnun gsabhängige Ca 2• -Kanäle geöffnet. Dieser Anstieg
tät des Sinusknotens überdeckt, d. h. während die sek und ären der Ca 2•-Leitfähigkeit führt zu einem AktionspotenziaL
Schrittmacher noch langsa m depolarisieren, erreicht sie schon Da aufgrund der langsame n Depolarisation keine Na• -Kanä-
das aus dem Sinusknoten stammende AktionspotenziaL le, sondern Ca 2• -Kanäle aktiviert werden und das Ca 2•-system
langsamer als das Na• -System ist, ist der Aufstrich flacher als
APROPOS
Nur bei einem Ausfall des Sinusknotens macht sich der Eigenrhythmus bei den Aktionspotenzialen des Arbeitsmyokards (s.S. 30).
der nachg eschalteten Schrittmacherzellen bemerkbar. Da nn schlägt das Um die Zelle wieder zu repolarisieren. werden K•-Kanäle ak-
Herz mit einer geringe ren Frequ enz, di e vomOrt der Erregungsentstehung tiviert (J<• wandert aus der Zelle). Wenn das maximale diastoli-
abhängt. Die Frequ enz des Sinusknotens beträ gt normalerweise in Ruhe sche Potenzial erreicht ist, si nkt die !<•-Leitfähigkeit wieder ab
60- 80 Schläge/min, der AV·Rhythmus beträg t 40-55 Schläge/min, tertiäre und Kationen strömen in die Zelle ein . Die Zelle beginnt erneut
(=ventrikuläre) Schrittmacher liegen bei 25- 40 Schlägenjmin.
Membranpotenzial (mV)
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Zellen des Arbeitsmyokards sind über Gap Junctions mitei- 40
nander verb und en .
Die Gap junctions werden verschlossen, we nn die intrazellu-
lären H•- und Ca 2 •-Konzentrationen zune hmen. 0

Schwellen-
3.1.2 Aktionspotenziale im Herzen potenzia l

Den unterschied lichen Abschnitten des Herzens lassen sich ver-


schiedene Aktionspotenziale zuordnen (Abb. 3.1 ). - 80
Das Aktionspotenzial ist im Sinusknoten und bei Zellen
des Vorhofmykards und des AV-Knotens relativ kurz. Im Erre-
Leitfähigkeit
gu ngsleitungssystem hin ter dem AV-Knoten ist die Dauer des
Ak tionspotenzia ls relativ lang (ä hnlich wie die des Arbeitsmyo-
kards). Von den Abschnitten des Erreg un gsleit- und -bildungs-
systems dauert das Aktionspotenzial in den Purkinje-Fasern
mit am längsten.

Abb. 3.2 Aktionspotenzial und Ionenströme in Schrittmacherzel-


len . Oben: rote ra sche diastolische Sponta nd epolarisation (z. B.
im Sinusknoten) mit hoher AP-Frequ enz, orange fi ac here di as toli-
Abb. 3.1 Erregungsbildung und Form der Aktionspotenziale in den sche Spontandepolarisation (z. B. im AV-Knoten) erze ugt eine gering ere
verschiedenen Abschnitten des Herzens. AI>· Frequ enz.
30 3 Herz

langsam zu depolarisieren bis sie wieder den Schwellenwert er- Membranpotenzial (mV)
reicht und das nächste Aktionspotenzial ausgelöst wird.
Die Frequenz der Autorhythmie hängt von 4 Faktoren ab:
0
• Steilheit der diastolischen Spontandepolarisation: je flacher
die diastolis che Spontandepolarisation verläuft, desto länger
dauert es bis das Schwellenpotenzial erreicht wird und desto
später wird ein Aktion spotenzial ausgelöst.
• Dauer der Repolarisation: je länger die Repolari sation dau-
ert, de sto später beginnt die nächste diastolische Depolari-
sation. - 80
• Höhe des Schwellenpotenzials: je weniger negativ das ms
Schwellenpotenzial ist, desto länger dauert es, bis es erreicht Leitfähigkeit
wird und dadu rch ein neues Aktionspotenzial ausgelöst
wird .
• Höhe des maximalen diastolischen Potenzials: Je niedriger
das maximale diastolische Poten zial ist, desto weiter ist der
Weg zum SchwellenpotenziaL

Aktionspotenzial des Arbeitsmyokards. Wie Nervenzellen


besitzen auch die Zellen des Arbeitsmyokards in der Diastole
ein Ruhepotenzial von ca. - 85 mV. Für das Ruhepotenz ial der
Herzmuskel zelle gelten die allgemeinen Gesetzmäßigkeiteil für
erregbare Zellen. je höher die J<+-Permeabilität der Zellmem-
bran ist, desto mehr nähert s ich das Membranpotenzial dem
Gleichgewichtspotenzial der K• -Ionen von ca. -90 mV. Wird 0
diese Leitfähigkeit der Membran für 1<• -Ionen verringert, indem
z. B. die Offenwahrscheinlichkeit der K•-Kanäle in der Zellmem-
bran reduziert wird, dann strömen weniger 1<+-Ionen in die
Zelle und das Ruhepotenzial der Zelle verschiebt sich Richtung
Depolarisation.
Werden Herzmuskelzellen durch einen Rei z, der normaler-
weise au s dem Sinusknoten stammt, bis auf da s Schwellenpo-
tenzial von -65 mV depolari siert, entsteht ein Aktionspoten- Abb. 3.3 Aktionspotenzial in Zellen des Arbeitsmyokards und die
ziaL Das Besondere dieses Aktionspotenzials sind seine lange zugehörigen lonenströme.
Dauer von ca . 300 ms und seine charakteri sti sc he Form. di e es
in unterschi edliche Phasen unterteilt. Diese Phase n sind:
• eine schnelle Depolarisation mit einem Übersc hießen des Substanzen, die die Ca 2•-Leitfähigkeit der Myokardzell-
Poten zials zu positiven Werten , membran erhöhen wie Adrenalin und Noradrenalin, führen zu
• Plateauphase, einer erhöhten Konzentration von Ca 2•-Ionen im Zytosol (s.S.
• Repolarisation. 31 ), wodurch die Kontraktion skraft des Herzen s gesteigert wird .
Die schnelle Depolarisation beruht auf der vorübergehenden
Öffnung spannungsabhängiger Na•-Kanäle, durch die in kur-
!
zer Zeit Na•-Ionen in die Zelle einströmen. Die erhöhte Na•- Schauen Sie sich die Phasen des Ak t ionspoten zials der Arbeits-
Leitfähigkeit führt zu einem steilen Aufstrich (Abb. 3.3). In der myokardzellen und auch die Leitfähigkeit der Zellmembran fü r
Plateauphase werden durch die Depolarisation spannungs- die jeweiligen Ionen gut an. ln der Prüfung wird Ihnen mögli-
gesteuerte L-Typ-Ca 2 •-Kanäle geöffnet, Ca 2• -Ionen st römen cherwei se der Ve rlauf des Aktio nspotenzials präse ntiert und Sie
aus dem Extrazellulärraum ein und bilden in dieser Phase die mü ssen erkenne n, welch e r Ione nstrom ge rad e für die jeweilige
hauptsächliche Stromkomponente. Gleich zeitig werden K•-Ka- Phase au sschlaggebend ist.
nä le geschlossen. sodass die Zelle zunächst depolari siert bleibt.
obwohl das schnelle Na•-syste m bereits wi ede r inaktiviert ist. .,. Refraktärzeit der Herzmuskelzelle. Während die He rzmus -
Dieses System bleibt während d er Plateauphase inaktivie rt (= kelzelle voll ständig depolari sie r t ist. ist es unmöglich. ein w ei-
absolute Refraktärphase , s. u.). Einström end e Ca 2• -Ionen akti- teres Aktion spotenzial au sz ulösen. Diese Pha se wird als di e ab-
vieren ryanodin se n sitive Ca2+ -Kanäle im sa rkopla smati sc he n solute Refraktärzeit bezeichn e t. Grund für die Unerregbarkeit
Retikulum , de m intra zelluläre n Ca 2 •-speicher, durch die weite- ist die Inaktivierun g de s sc hn e llen Na• -System s, die bi s zum
re Ca 2• -Ionen in s Zytosol strömen und eine Ko n trakti on au slö- End e der Plateauphase and aue rt. Wenn da s Na•-system mit
se n. Es fol g t die Repolarisation, in der die Ca 2• - Kanä le ge hemmt wn ehm ender Re polarisation lan gsa m wieder in d en aktivi er-
und stattdessen K•-Kanäle geöffnet werden. Gegen Ende der baren Zust a nd übe rge ht, beginnt die relative Refraktärzeit:
Repolarisation werden die Ca 2 •-1onen durch einen Na•-ca 2 •- e nt spreche nd starke Re ize könn en ab e inem Me mbranpote n zi-
Austauscher (auch Na• -Ca 2 •-Antiporter genannt) gegen ihren al von ca. - 40 mV zwar wi eder Aktionspote nzia le au slösen, die
elektrochemischen Gradienten aus der Zelle transportiert oder Erreg un gssc hwe lle ist aber e rh ö ht und die au slösbare n Poten-
über Ca 2• -ATPase n wieder in das sarkopla smati sc he Reti kulum ziale sind de utlich klein e r al s außerhalb de r Re fra ktärp e riod e .
ge pumpt. Die Kontraktion ist beendet.
3.1 Die elektrische Erregung des Herzens 31

Die Refraktärzeit endet, wenn das schnelle Na• -System wieder 3.1.3 Elektromechanische Kopplung
vollständig aktivierbar ist.
Das refraktäre Verhalten hat den Sinn, eine vorzeitige Wie- Im Herzen wird eine elektrische Information (Aktio nspotenzi-
dererregungder Zellen zu verhindern und so den für die Pump- al) in eine mechanische Aktion (Kontraktion) umgesetzt, man
funktion zwingend notwendigen rege lmäßigen Wechsel von spricht von elektromechanischer Kopplung.
Erschlaffung und Kontraktion sicherzustellen.
und Entspannung des Herzmuskels. Das Akti-
eines Aktionspotenzials. Das Aktionspotenzial des Ar- onspotenzial läuft (ähnlich wie beim Skelettmuskel) über die
beitsmyokards dauert in Abhängigkeit von der Herzfrequenz Zellmembran bis zu den T-Tubuli, Ca 2• -Ionen strömen aus dem
und der Lage der Herzmus kel ze lle ca. 200-400 ms. Durch die Extrazellulärraum bzw. den T-Tubuli in die Zelle und induzie-
relativ lange Dauer sind die zuerst erregten Myokardteile noch ren die Ca 2•- Freisetzung aus dem sarko plasmatisc hen Retiku-
refraktär, wenn die letzten Teile erregt werden. Dadurch wird lum. Während des Aktionspoten zials steigt so die intrazellu-
eine Tetanisierung des Herzm uske ls und die Entstehung krei- läre Ca 2 •-Konze ntration von w-7 auf 10- 5 mol/1. Die aus dem
sender Erregungen verhindert. Da die Dauer der Plateauphase Extrazellulärraum stammenden Ca 2•-1onen reichen jedoch bei
in der Regel länger ist als die Dauer der Einzelzuckung ist der weitem nicht zur Auslösung einer Kontraktion, sondern sie ver-
Herzmu skel nicht tetanisierbar. Die Aktionspotenzialdauer mitteln hauptsächlich das Signal.
passt sich der Herzfrequenz an, ein Schutzmechanismus, der Durch Absättigung der Troponin-C-Bindungsstellen heben
auch bei se hr niedrigen oder se hr hohen Frequenzen wirksam die Ca 2• - Ionen den troponinvermittelten Hemmeffekt des Tro -
ist. So wird das Aktionspotenzial mit zunehmender Herzfre- pemyosins auf. Die Interaktion von Aktin und Myosin führt
quenz insgesa mt kürzer. Dies beruht in erster Linie auf der er- schließlich zur Kontraktion.
höhten K•-Leitfähigkeit der Zellmembran am Ende eines Akti- In de r Diastole werden die Ca 2--lonen mithilfe einer Ca 2• -
onspotenzials, die mit der Zeit geringe r wird. ATPa se wieder in die intra ze llulären Speicher und mithilfe ei-
nes Na•- ca 2•-Antiporters in den Extrazellulärraum befö rd e rt.
APROPOS
Bei ein em Elektrounfall gehören Störung en der Her zfunktion zu den häu ·
Bei letzterem handelt es sich um einen sekundär aktiven Trans-
figst en Komplikationen. Besond ers gefähr lich ist Wec hselstrom, we il durch port, dessen treibende Kraft der von der Na• -K• -ATPase erzeug-
die ständig e Umpolung die Gefahr sehr groß ist, d ass ein Strom sch lag in di e te, elel<trochemische Na•- Gradient is t.
sensible Phase (we nn das Herz teils no ch erregt. tei ls sc hon w ieder unerregt
ist) trifft. Di e Erregungsbi ldun g und -Ieitung kann dadurch mass iv gestört
der Kontraktionskraft (lnotropie). Anders als
werd en. Dies äußert sich in Rhythmu sstö rung en bis hin zum Kamrn erflim·
beim Skelettmuskel betrifft jede Erregung alle Muskelfasern
mern (s. S. 38) und/o der Herzstillstand.
(funktionelles Synzytium, s.o.), eine Erhöhung der Kontrakti -
onskraft kann also nicht über eine Rekrutierung zusätzlicher
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
motorischer Einheiten erfolgen. Gleichzeitig ist der Herzmus-
Von den Abschnitten des Erregungsleit- und -bildungssystems kel nicht tetanisierbar, sodass die Kontraktion sk raft nur über
dauert das Aktionspotenzial in den Purkinje-Fasern mit am Beeinflussung nachgeschalteter Pro zesse in de n Zellen se lbst
längsten. gesteigert werden kann.
Die Depolarisation von Schrittmacherzellen wird, nachd em Eine prinz ipielle Möglichkeit, die Herzkraft zu beeinflus-
da s Schwellenpotenzial überschritten ist, hauptsäc hlich durch sen. bes teht in der ummittelbaren Erhöhung oder Senkung
den Einstrom von Ca 2• -Ionen e rze ugt. des transmembranären Ca 2• -Einstroms während des Aktions-
Eine Abnahme der Offenwahrscheinlichkeit der K•-Kanäle poten zial s. Unabhängig von der Vordehnung des Herzmuskels
in der Ze llmembran verschiebt das Ruhep ote nzial der Zelle in in folge der diastolischen Ventrike lfüllung (s . S. 40) hängt die
Richtung Depolarisation . Kontraktionskraft (lnotropie) wesentlich von der Höhe der zy-
Plateauphase wird haupt sächlich vom Strom der Ca 2• - tosoli sc hen Ca 2• - Konzentration ab. Die positiv inotrope Wir-
lon e n durch span nungsabhängig e Ca 2•-Kanäl e g etrage n. kung des Sympathikus beruht auf der ß1 -Rezeptor-vermittelten
Das Aktionspotenzial des Arbeitsmyokards ist gekennzeich- Erhöhung des transmembranären Ca 2•-Einstroms aus dem Ex-
net durch e in en ste il en Aufstrich, der durch e ine n starken trazellulärraum. Auch ein verlängertes Aktionspotenzial (mit
Einstrom von Na•-lonen durch spa nnungsabhängige Na •- entsprechend verlängertem Ca 2•-Einstrom) oder eine Hem -
Kanäle he rvorgerufen wird . mung der Na• - K• -ATPase (mit konsekutiver Hemmung des Na•-
Ende der Repolarisation werden di e Ca2 •-Jonen durch Ca 2•-Antiporters) führen zu einer Zunahme der Kontraktilität.
e in e n Na•-ca 2 •-Antiporter gegen ihre n e lektroche misch e n
Gradi enten aus der Ze ll e transportiert. 3.1.4 Auswirkungen eines gestörten
Erhöhung der Ca 2 •-Leitfähigkeit der Myokardzellmem-
Elektrolythaushalts
bran führt zu ein er e rhöhten Konze ntrat ion von Ca 2•- Jon en im
Zytoso l. der K•-Konzentration. Die ](• -Leitfähigkeit der 1<•-
Die Verkürzung des Aktionspotenzials mit zunehmender Kanäle hängt v. a . von der ](•- Konzentration im Kana l ab, die
Herzfrequenz beruht in e rste r Lini e auf d er erhöhten K•-Le itfä- wiederum aus den K•-Konzentrationen a uf beiden Seiten der
higke it der Ze llm e mbran am End e e in es Aktionspotenzials. Mem bran resultiert.
_J
• Hypokaliämie: Bei ](• -Mangel ist di e Leitfähigkeit der K•-Ka-
näle herabgesetzt, die Plateaupha se ist dadurch verlängert
wäh re nd g le ic h ze iti g di e diastoli sche Spo ntandepo lari sat ion
in den Sc hrittmacherze llen beschleunig t wird . Ei ne (mäßi ge)
Hypokaliämie wirl<t daher pos itiv inotrop (S te iger un g der
Herzkraft) und positiv c hronotrop (S teige l"lln g de r Herzfre -
32 3 Herz

quenz). Mit weiterer Abnahme der 1<+ -Ko nzentration neh- 3.2 Grundlagen der Elektrokardiografie
men aber die Automatieprozesse zu, was zu Herzrhythmus-
stör ungen (v.a. ektope Erregungsbildung) führen kann. Im Durch die Depolarisation der He rzm uskel ze llen entstehen klei-
EI<G ze igt sich eine Senkung der ST-Strecke, eine abgeflachte ne elektrische Dipole. In de r Summe sind diese Potenzialän-
T-Welle und eine hohe U-Welle. derungen stark genug, um an der Körperoberfläche registriert
• Hyperkaliämie: Bei 1<•-übersc huss ist infolge des geringer we rden zu können. Die Erregung des gesamten Herzens führt
ausgeprägten Gradienten zwischen intra- und extrazellu- so zu auf der Hautoberfläche me ss baren Potenzialdifferenzen.
lärer 1<+ -Konzentration da s Ruhepotenzial weniger negativ Das Elektrokardiogramm (EKG) ist eine grafische Aufzeich-
(Depolarisation). Die Depolarisation führt zu einer Erhöhung nung der elektrischen Vorgänge, die Rückschlüsse auf die Erre-
der !(•-Leitfä higkeit der Membran. Das Ruhepotenzial wird gungsbildung, die Erregungsausbreitung und -rückbildung, den
wieder negativer (Hyperpolarisatio n), doch die depola- Lagetyp des Herzens und den Rhythmu s zulässt. Zum Verständ-
risierende Wirkung wird besonders bei ex trazellulären nis der Entstehung der EKG-Kurve dient die Vektortheorie.
K• -Konzentrationen von über 6 mmolfl nicht vollkommen
ausgeglichen. Eine Verschiebung des Ruhepotenzials durch
3.2.1 Vektortheorie
eine Hyperkaliämie in Richtung weniger negativer Werte
reduziert Erregbarkeit, leitungsgeschwindigkeit und Kon- Das Membranpotenzial jeder einzelnen Herzmuskelzelle wird
traktionskraft des Herzens . Grund hierfür ist eine gewisse bei Erregung umgepolt. Während der Depolarisation wirken
Inaktivierung von Na•-Kanälen durch die leichte Depolarisa- die Herzmuskelzellen wie kleine elektrische Dipole und erzeu-
tion des Ruhepotenzials, sodass die anfängliche, durch den gen je nach Richtung der Erregungsau sbreitung einen kleinen
Einstrom von Na•- tonen vermittelte Depolarisa tion beim elektrischen Vektor. Da das Herz ein funktionelles Synzytium
Aktionspotenzial etwas langsamer abläuft; ebenso verlang- ist, kann es in seiner Gesamtheit als Dipol betrachtet werden.
sa mt ist die Erregungsau sbreitung auf die Nachbarzellen. Die Richtung des integralen Summationsvektors (= Integ ral-
Du rc h den Anstieg der W-leitfähigkeit der Membran wird vektors) des Gesamtherzens kommt durch di e Summation der
außerdem die Repolarisation gefördert und die Dauer des einzelnen Vektoren aller Myokardzellen zustande. Die Stärke
Aktionspotenzials verkürzt. Im EKG typische Veränderun- des Gesamtvektors ist von der Muskelmasse abhängig und spie-
gen sind hohe T-Wellen, Abflachung oder Verlust der P-Welle ge lt daher v.a. die Abläufe im linken Ventrikel wider.
und eine Verbreiterung des QRS-Komplexes, der mit der Ist eine Zelle (bzw. das gesamte Herz) gleichmäßig erregt
T-Welle zu einer sinusförmigen Kurve verschmelzen kann. (also überall unerregt oder überall erregt), findet man mit ex-
Auch AV-Biockierungen bis zum AV-Biock III . Grades kön- trazellulären Elektroden keine Potenzialdifferenz. Ein elektri-
nen auftreten. Die Auswirkungen einer Hyperkaliämie am sc her Vektor entsteht nur, wenn sich die Erregung verändert
Herzen werden durch eine gleichzeitig vorliege nde Azidose, (also ausbreitet oder rückbildet) und die Oberflächenladung an
Hy po kalzämie oder Hyponatriämie noch verstärkt. den beid en .. Enden" unterschiedlich ist.
APROPOS
ln der Her zchiru rgi e kann man kün stlich einen Her zs ti ll stand herbeiführen.
" Richtung und Verlauf des Summationsvektors. Die Richtun g
Wen n man das Herz mit einer hochkonzen t ri erten K+-haltigen Lö sung p er- des Summationsvektors wird durch die Richtung bestimmt. in
fundi ert. kommt es zur Kardioplegie. die sic h die Erregung au sbreitet. Während der Herzerregung
ändert der Summationsvektor also sowo hl seine Länge (Aus-
.,. Einfluss der Ca2•-Konzentration. druck der Potenzialgröße) als auch seine Richtung (Pfeilspitze:
• Hyperkalzämie: Bei Ca 2•- übersc hu ss ist der Ca2•-Einstrom +). Stark vereinfacht kann man sage n, da ss die Erregung de s
in die Zelle gesteigert, der schnelle An stieg der intrazellu- Herzen s "von oben nach unten" (von der Herzbasis in Richtung
lären Ca 2•-Konzentration bedingt eine Verkürzung der Pla- Herzs pitzel und die Rückbildun g in die entgegengesetzte Rich-
teauphase, die zu Rhythmus stör ungen führen kann. Im EKG tung (vo n der Herzs pitze in Richtung Herz basis) verlaufen.
findet man die QT-Zeit auf Kosten der ST-Strecke verkürzt. Zieht man den Weg der Vektorspitze in den einzelnen Pha-
• Hypokalzämie: Ca 2 • -Mangel verlängert das Aktionspoten- se n der Herzerregu ng nach, erhält man eine dreidimensionalen
zial in den Zellen des Arbeitsmyokards und führt so zu einer Figur. die sog. Vektorschleife.
Verl ängerung der Plateauphase mit einem verlängerten
QT-Intervall im EKG. " Vektorschleifen der verschiedenen Herzabschnitte (Abb.
3.4). Die Vektorschleife ist dreiteilig. Die Erregung der Vorhöfe
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
... Durch ei ne Hyperkaliämie mit deutlich erhöhter extra zell ul ä-
re r !(•-Konze ntration wird da s Ruhepotenzial in Richtung weni-
ger negative r Werte verschoben und di e Leitungsgeschwindig-
i 0..
keit de s He rzens reduziert .
... Bei einer Hyperkaliämie wird außerdem die !(•-Leitfähig ke it -8 [ :
der Membran erh öht. wod urch die Repo larisation gefördert
und die Aktionspotenzialdauer verkürzt wird .
.,. Hypokalzämie verlängert das Aktionspotenzial in den Zell e n •. .
<BI -
j+ R
des Arbeitsmyokards und führt so im EKG zu einem verlänger-
ten QT-Intervall.
Abb. 3.4 Vektorkardiogramm. Messa nordnung zur Darste llun g der
Vektorsc hleifen während ein es Herzzykl us. Eingezeichnet ist di e Lag e
des Vektors zum Zeitpu nkt der R-Zacke im EKG .
3.2 Grundlagen der Elektrokardiografie 33

P-Welle Das Bild eines normalen Herzzyklus im EI<G besteht aus P-, Q-,
(<0,1 Sek. T-Welle U-Welle
<0,25mV)
R-, S-, T- (und evtl. U-) Wellen oder -Zacken, die sich den einzel-
nen Phasen des Herzzyklus zuordnen lassen (Abb. 3.5). Wie die
Erregungen zustande kommen, zeigt Abb. 3.6. Das EI<G bildet
nur die Phasen der Vorhof- und Ventrikelerregung ab; das Er-
PQ-Intervall - + - -11--t QT-Intervall - - --.J
(0.12- 0,2 Sek.) regungsleitungssystem des Ventrikels hat eine so geringe Mus-
kelmasse, dass sich seine elektrische Erregung mit den Standar-
R
dableitungen des EKG nicht erfassen lässt.
Bei intrazellulärer Ableitung sind beim Aktionspotenzial des
Herzmuskels Potenzialdifferenzen von rund 100 mV messbar.
Die Potenzialdifferenzen beim EKG, das auf Körperoberfläche
gemessen wird, liegen in der Größenordnung von rund 1 mV.
Die P-Welle ist Ausdruck der Erregungsausbreitung in den
Vorhöfen. Da die Muskelmasse der Vorhöfe nur relativ gering
Abb. 3.5 Normales EKG. ist, ist auch die P-Welle nur relativ klein.
Nachdem die Vorhöfe komplett erregt sind, muss sich die
erzeugt die Vorhofschleife (= P-Welle im EKG). Nach der Vor- Erregung über den AV-Knoten in die Kammern ausbreiten. Da
hoferregung werden die Kammern erregt (Ventrikelschleife). sich zu diesem Zeitpunkt der Erregungszustand nicht verändert
Da sie eine wesentlich größere Muskelmasse besitzen, ist auch (die Vorhöfe sind vollständig erregt, die Kammern vollständig
die Vektorschleife deutlich größer (= QRS-I<omplex im EKG). unerregt), zeigt sich während der PQ-Strecke im EI<G eine iso-
Die Erregungsrückbildung in den Ventrikeln(= T-Welle im EKG) elektrische Linie. Das PQ-lntervall (PQ-Zeit, Beginn P bis Beginn
verläuft entgegengesetzt zur Depolarisation (Repolarisations- Q) dauert normalerweise < 200 ms.
schleife). Während der Repolarisation sind also kurzzeitig (ähn- Der QRS-Komplex bildet die Erregungsausbreitung in den
lich wie bei der Depolarisation) die herzbasisnahen Teile (noch) Kammern ab. Er dauert normalerweise etwa 80 ms. Zunächst
erregt und die herzspitzennahen Teile (schon wieder) unerregt, verläuft die Depolarisation der Ventrikel kurz in Richtung der
deshalb zeigt die T-Welle ebenfalls einen positiven Ausschlag. Ventrikelbasis (Q-Zacke). Dann setzt die Depolarisation entlang
der Herzachse ein (R-Zacke). Die bei normaler Herzlage erzeug-
te R-Zacke spiegelt eine Erregungsausbreitung ventrikulär von
3.2.2 EKG-Kurve
der Herzbasis zur Herzs pitze wider. Die Richtung des größten
Summationsvektors entspricht dabei der elel<trischen Herz-
r LERNTIPP ! achse. Sie stimmt weitgehend mit der anatomischen Herzachse
Schauen Sie sich genau an, welche Phase des Herzzyklus die ein- überein und kann daher Auskunft über den Lagetyp des Her-
zelnen Abschnitte eines EKG beschreiben. ln der Prüfung werden zens (s. S. 35) geben. Als Letztes werden die subepikardialen An-
Sie möglicherweise mit Abweichungen vom normalen Verlauf teile an der Basis des linken Ventrikels depolarisiert (S-Zacke).
konfrontiert, die Sie richtig interpretieren müssen . Während der Depolarisation der Ventrikel erfolgt die Re-
polarisation der Vorhöfe. Diese Repolarisation ist im EI<G aber
nicht zu erkennen, weil die durch die Ventrikeldepolarisation
hervorgerufenen zeitgleichen Potenzialänderungen wesentlich
erregt - - m stärker sind.
Während der ST-Strecke sind die Ventrikel vollständ ig er-
regt, sie verläuft daher isoelektrisch.
p PQ Die T-Welle ist Ausdruck der Erregungsrückbildung in den
+
Ventrikeln. Dabei verläuft die Repolarisation im umgekehrter
Reihenfolge wie die Depolarisation, also von außen nach innen
und von der Herzs pitze in Richtung Herzbasis. Zu Beginn der
T-Welle ist bereits der größre Teil des Herzschlagvolumens aus-
geworfen.
Das QT-Intervall (Beginn Q bis EndeT) ist von der Herzfre-
quenz abhängig und dauert ca. 300- 400 ms. Die Dauer stimmt
nahezu mit der Dauer des Aktionspotenzials im Kammermyo-
kard überein. Ist die Dauer des QT-Intervalls verlängert. weist
da s auf eine verzögerte Repolarisation (bspw. durch defekte
K+-Kanäle) hin.
Gelegentlich kann nach der T-Welle noch eine U-Welle be-
obachtet werden. deren Bedeutung allerdings noch unklar ist.
Hohe U-Wellen finden sich bspw. bei Hypokal iä mie oder Anti -
arrhythmikagabe.
ST

Abb. 3.6 Vorhof- und Ventrikelerregung und die Entsprechung im


EKG. Zu den Einzelh eiten siehe irn Text.
34 3 Herz

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN rente Elektrode: Zusamme n sc hlu ss von rechtem und linkem
Arm) gemessen (Abb. 3.7a).
.,. Die Potenzialdifferenzen beim EKG, das auf Körperoberfläche
gemessen wird, liegen in der Größenordnung von rund 1 mV.
..Ableitungen nach Einthoven (1, II und 111}. Die Ableitungen
.,. Die P-Welle im EKG ist Ausdruck der Erregungsausbreitung in
sind bipolar, d. h. sie messen jeweils die Potenzialdifferenz zwi-
de n Vorhöfen.
schen 2 Elektroden (Abb. 3.7b). Ableitung I bezieht sich auf die
.. Die bei normaler Herzlage erzeugteR-Zacke spiegelt eine
Verbindung zwischen rechtem und linkem Arm, Ableitung II
Erregungsausbreitung ventrikulär von der He rzbas is zur Herz-
auf die zwischen rechtem Arm und linkem Fuß. Ableitung 111
spitze wider.
auf die zwischen linkem Arm und linkem Fuß .
.,. Eine Ve rlängerung des QT-Intervalls weist auf eine verzögerte
In allen Ableitungen ändert sich die zeitliche Abfolge der Po -
Repolarisation hin.
ten zia lschwankungen nicht. wohl aber die Amplitude und/oder
die Polarität. Befindet sich die Ableitungse bene se nk recht zum
3.2.3 EKG-Extremitätenableitungen Summationsvektor ergibt sich kein Au sschlag ("der Vek torwirft
keinen Schatten auf die Ebene"), liegt die Ableitungsebene par-
Mithilfe der Extremitäten- und Brustwandableitungen läss t allel zum Summationsvektor, dann wird der Summationsvektor
sich der zeitliche Verlauf des Summationsvektors, projiziert auf voll auf ihr abgebildet.
die jeweilige Ableitungsebene, sichtbar machen. Die Messelek-
troden werden jeweils am rechten und linken Unterarm sowie .. Einthoven-Dreieck. Die Verbindungslinien der Ableitorte auf
a m linken Unterschenkel angebracht. Am rechten Unterschen- dem Torso ergeben ein in etwa g leich seitiges Dreieck, da s Ein-
kel befi ndet sich eine Erdungselektrode. um externe Störein- thoven-Dreieck. Bei den Ableitungen nach Einthoven stellen die
flü sse auszuschalten. Die Extremitätenableitungen registrie- Dreiecksseiten die Ableitungsebenen dar, auf die der Summati-
ren v.a. Ströme in der Frontalebene. Mithilfe diese r Elektroden onsvektor jeweils projiziert (Abb. 3.8).
kann man uni- oder bipolar ableiten. Bei den Ableitungen nach Goldherger proji zieren die Sum-
mationsvektoren dagege n auf die jewei ligen Winkelhalbieren-
.. Ableitungen nach Goldberg er (aVR, aVL, aVF). Diese Ablei- den des Dreiecks (die Verbindungslinie zwischen dem gedach-
tungen si nd unipolar, d. h. man schaltet jeweils 2 Elektroden zu ten Mittelpunkt zwischen den beiden zusammengeschalteten
einer indifferenten Elektrode zusammen und misst gegen die Elektroden und der differenten Elektrode). Die Ableitungsebe-
übrig gebliebe ne , differente Elektrode (mit dem +-Eingang des nen sind daher um 30° gegen die Ableitungsebenen nach Ein-
Messgeräte s verbunden ; auch als Gegenelektrode bezeichnet). thoven gedreht.
Bei der AbleitungVR wird der rechte Arm (differente Elektrode)
gege n den Zu sam menschluss der beiden anderen Elektroden .. Elektrische Herzachse. Die Ri chtung des g rößten Summati-
(linker Arm mit linkem Fuß; indifferente Elektrode) abgeleitet. onsvektors der QRS-Schleife, de s QRS-Vektors oder auch kurz R-
Es entsteht ein vers tärktes Messig nal: aVR. Neben aVR werden Vektors, wird als elektrische Herzac hse bezeichnet. Bei norma-
auch die Ableitungen aVL (differente Elek trode : linker Arm ; in- ler Erregungsausbreitung stimmt ihre Richtung in der frontalen
differente Elektrode: Zu sa mmen sc hlu ss vo n rechtem Arm und Projektion annähernd mit der anatomischen Längsac h se des
linkem Fuß) und aVF (differente Elektrode: linker Fuß; indiffe- He rzens überein. Die elektrische Herzachse läss t s ich mithilfe

Abb. 3.7 Extremitätenableitungen und ihre Polaritä-


ten nach Einthoven (a) und Goldberger (b).
rechter linke r
Arm Arm

111
a nach Eint hoven EKG: Einth oven

aVR

aVL
---.rv--------
aVR aVL

b na ch Goldbe rger EKG: Goldbe rge r


3.2 Grundlagen der Elektrokardiografie 35

des Einthoven-Dreiecks aus den R-Zacken zweier Ableitungen Veranschaulichen kann man sich das mithilfe des Cabrera-
bestimmen. Die Amplitude wird auf die entsprechende Ablei - Kreises (Abb. 3.9). Den Cabrera-Kreis erhält man, wenn man
tungslinie de s Dreiecks und we iter zum Zentrum de s Dreiecl<s die drei Ableitungslinien nach Einthoven parallel verschiebt,
projiziert (Abb. 3.8). Die Schnittpunkte der Senkrechten durch sodass sie mit den Ableitungslinien nach Goldherger einen ge-
die Anfangs- und Endpunkte bilden die Punkte, die die elektri- meinsamen Mittelpunkt haben. Es entstehen 6 Ableitungslini-
sche Herzachse festle gen (s. u.). en. die jeweils um 30' gegeneinander gedreht sind. Die elektri-
sche Herzachse liegt etwa parallel zur Ableitungslinie mit der
größten R-Zacke.

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X


Abteilung I Bei der Ableitung aVL wird die durch Zusammenschaltung der
El e ktrode am rechten Arm mit der am linken Fuß entstehende
indiffe rente Elektrode gegen die Elektrode am linken Arm
(Gegenelekt rode) abgeleitet. ___j
rechter Arm..---- - - -- ---:-- -- -- - ----, linker Arm
:lmv:

3.2.4 Verschiedene Lagetypen des Herzens


Die elektrische Herzachse stimmt während d e r Erregungs-
ausbreitung zur Herzspitze weitgehend mir der anatomischen
Herzachse überein und kann daher Auskunft über den Lagetyp
des Herzens geben. Diese r wird durch den Winl<el a bestimmt,
den die elektrische Herzachse (der maximal e R-Vektor) mit der
Horizontallinie (Einthoven-Ableitung I) bildet (Tab. 3.1. Abb.
3.10).
Ein EKG mit den 6 unterschiedlichen Ableitungen ist in Abb.
linkes Bein
3.11 da rges tellt. Es handelt sich um den für Erwachsenen nor-
malen lndifferenztyp. Beachten Sie, dass die maximaleR-Zacke
Abb. 3 .8 EKG-Ableitungen am Einthoven-Dreieck. Mithilfe der Ablei-
tungen I, II und III wird die elektrisc he Herzachse bestimmt. Dazu trägt in der Ableitung aVR nach unten zeig t und negativ ist.
man die in jeder Ableitung gemessene Potenzialdiffere nz zum Zeit-
punkt der R-Zacke auf die entsprechende Seite des Dreiecks auf. des Lagetyps mithilfe der Extremitätenablei-
tungen. Bei de n Extremitätenableitungen den kt man sich das
Herz in der Mitte eines gleichseitigen Dreiecks und schaut sich
mithilfe des EKGs an, wie der Summationsvektor, der vom Drei-
ecksmittelpunkt aus in Richtung der elektrischen Herzachse
zeigt, auf die einzelnen Ableitungen projiziert wird. Steht der
Summationsvektor senkrecht zur Ableitungsebene, so ist d er
Ausschlag null. Am größten wird der Ausschlag, wenn der Sum-
mationsvektor genau parallel zur Ableitungsebene verläuft.
+90' Um bei der Bestimmung des Lagetyps anhand der EKG-
Ausschläge zu einem sicheren Ergebnis zu kommen, empfiehlt
sich daher, nach einem festen Schema vorzugehen, solange man
noch unsicher ist:
Abb. 3.9 Cabrera-Kreis.

Tab. 3.1 lagetypen des Herzens

Lagetyp Winkel des R-Vektors QRS-Komplex Größe der Vorkommen


mit Horizontallinie R-Zacke
(Einthoven I) II 111

Linkstyp - 3o• < a < 30 •


_fl ___}\_ -v- I> II > 111 Linkshe rzhyp e rtrop hie z. B. bei
Bluthochdruck; bei Schwange-
renhäufig
-----
Indifferen ztyp 30' < a < 60°
_/\__ _A_ -
Jv-- II > I> III Normallage beim Erwachsenen

St e iltyp 60' < a < 90'


_IL ____/\_ II > 111 > I be i Kindern und sc hlanken
jugen dli chen

Rec htstyp 90' < a < 120°


v __A_
_jl_ 111 > II > I Rechtsherzhypertrop hi e z. B.
be i pulmonaler Hypertoni e,
Lung e nödem
36 3 Herz

-90'

-150' -30'
aVR aVL

"'
0
0
N

:c
...._ ± 180'
_{ - 0'

+30'
aVR

+120'
III
+90'
aVF
Abb. 3.11 EKG eines gesunden Erwachsenen vom lnfifferenztyp,
Abb. 3.10 Einthoven-Dreieck mit eingezeichneten lagetypen normaler Sinusrhythmus.
(Cabrera-Kreis).

1. Zeichnen Sie das Einthoven-Dreieck und tragen Sie die Ablei-


tungen mit ihren Polaritäten (+und-) ein.
2. Machen Sie sich jeweils klar, welche Ableitung Sie betrach-
ten, und tragen Sie dann die Ausschläge der R-Zacken auf
die Ableitungslinien auf. Ausgangspunkt ("null") ist dabei
entweder die Mitte der Dreiecksseite (für I, II, 111) oder der
Dreiecksmittelpunkt (für aVL, aVR, aVF). Aussc hläge nach
oben werden in Richtung+, Ausschläge nach unten in Rich-
tung- entsprechend ihrer Größe eingezeichnet.
3. Ziehen Sie jeweils eine Senkrechte zur Ableitungslinie durch
die Spitzen des Ausschlags: Der Schnittpunkt der Senkrech-
ten ist die Spitze des Summationsvektors.
4. Verbinden Sie den Ursprung (entspricht dem Mittelpunkt .'!!

T-rn[J
des Dreiecks) mit der Spitze, um den Summationsvektor zu
erhalten.
5. Mithilfe des Cabrera-I<reises stellen Sie fest, in Richtung
welchen Lagetyps der ermittelte Summationsvektor zeigt.

: LERNTIPP ·' !

Jv--JV\ J
ln der Prüfung müssen Sie mögliche rweise mithilfe von EKG-
Ableitungen den Lage typ des Herzens bestimmen. Sie können
diese Aufgabe auf 3 Arten löse n: a b
"' Skizzieren Sie das Einthoven-Dreieck und tragen die Ampli-
Abb. 3.12 Rechts- und linksherzbelastung: a EKG eines Patienten
tuden der R-Zacken auf; bestimmen Sie die elektrische Herz- mit einer chron ischen Rec htsherzbelastung ; Lagetyp: Rechtstyp b; EKG
achse und mithilfe des Cabrera-Kreises den Lagetyp. eines Patienten mit einer chronischen Linksherzbelastung; Lagetyp:
"' Schneller geht es, wenn Sie sich anse hen, in welcher Extremitä- Linkstyp.
tenableitung der größte Ausschlag zu sehen ist. Der R-Vektor
liegt dann in etwa parallel zu dieser Ableitung. Mithilfe des Linkstyp, dann zeigt die e lektrische Herzachse nach links und
Cabrera-Kreises lässt sic h anhand di ese r Informat ionen schnell projiziert hauptsäch lich auf Ableitungsebene I (bei einem Winkel
der Lagetyp ermitteln. 0' sogar vollständig). Ableitung I hat also die größte R-Zacke.
"' Sie können die wichtigsten Lagetypen und Größenverhä ltnisse je nach angebotene n Antworten sind Sie jetzt sc hon am Zie l.
der QRS-Komplexe auch e infac h auswendig lernen (Tab. 3.1). Vielleicht müssen Sie aber auch die Größe der anderen R-Zacken
Gelegentlich wi rd in der Prüfung auch der Lagetyp vorgegeben ermitteln .
und eve ntuell auch der Winkelzur Hori zo ntalen . Gefragt wird
dan n nach den Ausschlägen bei den einzelnen Ableitungen. "' Lagetypveränderungen im EKG. Der Lagetyp kann sich z. B.
Auch hier können Sie das Einthoven-Dreieck zeichnen, müssen durch Vergrößerung des Herzmuskels verändern. Abb. 3.12 a
die ri chtigen Sch lüsse aus den Informationen in der Frage zie hen zeigt ein EKG bei chro ni sc her Belastung des rechten He1·zens:
und "rückwärts" vorgehen. Handelt es sich z. B. um einen Die Herzach se ha t sichnach rec hts verlage rt, es liegt e in Recht-
3.3 Herzrhythmus 37

styp vor. Abb. 3.12 b zeigt ein EKG bei einem vergrößerten lin- 3.3.1 Atrioventrikuläre Leitungsstörungen
ken Herzen: Hier hat sich die Herzachse nach links verlagert.
Auch die vollständige Blockierung deslinken Tawara-Schen· Als AV-Biock bezeichnet man eine gestörte Überleitung der Er-
kels führt zu einer Veränderung des Lagetyps im EKG, da die regung vom Vorhof über den AV-Knoten auf die Kammern. Man
Erregungsausbreitung im linken Ventrikel erheblich gestört unterscheidet je nach Schweregrad verschiedene Typen.
und der QRS-Komplex verbreitert wird.
.. AV-Biock I. Grades. Die atriovenrrikuläre Erregungsüberlei-
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN .)C
tung im AV-Knoten ist abnorm langsam. das PQ-lntervall dau-
Sie müssen anhand von EKG-Ableitungen den Lagetyp des ert länger als 200 ms (Abb. 3.13 a).
Herzens erkennen können.
Bestimmen Sie anhand des Lagetyps die Größe der R-Zacken .. AV-Biock II. Grades. Es wird nicht mehr jede Erregung weiter-
in den einzelnen Extremitätenableitungen. geleitet, d. h. mit einer bestimmten Periodik fallen Schläge aus.
Zeigt die elektrische Herzachse genau nach links (im Cabrera- Im EKG sieht man dann P-Wellen, denen keine QRS-Komplexe
Kreis o·). dann projiziert sie sich vollständig auf Ableitungslinie folgen.
I. sodass in Ableitung I die größteR-Zacke zu erwarten ist. • Typ Mobitz I (Wenckebach): Die PQ-Zeit nimmt von Schlag
ln der Ableitung aVR im EKG eines gesunden Erwachsenen zu Schlag zu bis die Überleitung schließlich ganz ausbleibt.
zeigt die maximale R-Zacke nach unten und ist negativ. Danach beginnt der Vorgang von neuem (Abb. 3.13 b.l ).
.. Die vollständige Blockierung des linken Tawara-Schenkels • Typ Mobitz II: Die Erregungen werden in einem fixen Ver-
führt zu einer Veränderung des Lagetyps im EKG. hältnis übergeleitet, also z. B. nur jede zweite Vorhoferre-
gung (2:1 Block) (Abb. 3.13 b.2).

3.3 Herzrhythmus AV-Biock 111. Grades. Erregungen aus dem Vorhof werden gar
nicht mehr weitergeleitet. Die Kammererregung erfolgt über
Der normale Rhythmus des Herzens (Sinusrhythmus von etwa sekundäre Schrittmacher. die einen langsameren Eigenrhyth-
70 Schlägenfmin) entsteht im Sinusknoten, indem dort regel- mus als der Sinusknoten haben. Vorhöfe und Kammern schla-
mäßig durch die langsame diastolische Spontandepolarisation gen daher regelmäßig, aber unabhängig voneinander. Im EKG
das Schwellenpotenzial erreicht und ein Aktionspotenzial aus - sieht man sowohl regelmäßige P-Wellen als auch regelmäßige
gelöst wird. Der rhythmische Wechsel von Kontraktions- und QRS-Komplexe, die allerdings völlig unabhängig voneinander
Erschlaffungsphasen ermöglicht eine regelrechte Pumpfunkti- auftreten (Abb. 3.13 c).
on.
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN .)C
Zu einer Störung dieses Ablaufs kann es bspw. kommen,
wenn Erregungen ektop, also außerhalb des Sinusknotens, ent- .. Beim AV-Biock I. Grades ist die atrioventrikuläre Erregungs-
stehen (z. B. Extrasystolen) oder nicht regelhaft weitergeleitet überleitung verlangsamt und im EKG das PQ-lntervall verlän-
werden (z.B. AV-Biock). gert.
Für einen AV·Biock 111. Grades gibt es keine festen zeitlichen
! Abstände zwischen den P-Wellen und den QRS-Komplexen.
Machen Sie sich bei jeder Herzrythmusstörung klar, welche Stö- Die P-Wellen und R-Zacken sind völlig unabhängig voneinan-
rung im Ablauf der Erregungsentstehung und -Ieitung vorliegt der, haben aber jede für sich eine regelmäßige Frequenz.
und wie sich das EKG verändert.

Abb. 3.13 AV-Biock.


a AV·Biock I. Grades;
b.l AV-8/ock II. Grades
Typ Mobit z I (Wencke-
bach): b.2 AV-Biock II.
> 0. 2 5 Grades Typ Mobi tz II;
(c) AV-Biock /II. Grades.

p p p
I I I

QRS QRS QRS QRS


38 3 Herz

Abb. 3.14 Extrasys-


tolen. (a) Suprave ntri·
kuläre Extrasystolen;
(b) 1 inte rpanierte
ve ntrikuläre Extrasys tole,
(1) (2) 2 Extrasys-
to le mit kompensatori-
scher Pause.

3.3.2 Extrasystolen
Unter Extrasystolen versteht man Erregungen des Herzens. die
nicht von den normalen Schrittmacherzellen ausgehen. son-
dern peripher in sog. "ektopen Schrittmachern" (z. B. minder-
durchbluteten Myokardzellen) entstehen. Je nach Entstehungs-
ort unterscheidet man sup ra vent riku läre und ventrikuläre Ex-
trasystolen. Abb. 3.15 Flimmern. a Vorhofflimmern ; b Kammerfiimmern .

.. Supraventrikuläre Extrasystolen (SVES). Supraventrikuläre APROPOS


Extrasystolen entstehen "über dem Ventrikel " (s upraventriku- Auf den ersten Blick sieht auch eine absolute Arrhythmie oft relativ regel-
lär), genauer gesag t oberhalb der Bifurkation des His-Bündel s. mäßig aus, des halb soll te man im Zweifelsfall di e Abstä nde zwischen den
QRS-Komplexe n mit einem EKG-Lineal aus messen und genau dara uf achten.
also im Vorhof. Je nach Entstehungsort finde t man entweder ob regelmäßige P-Wellen auftreten oder nicht.
eine deformierte oder ga r ke ine P-Welle (Abb. 3.14). Der AV-
Knoten unterscheidet nicht zw ischen .. normalen" Erregungen Kammerflimmern. Beim Kammerflimmern (Abb. 3.15) kommt
und Extrasystolen und leitet daher die Erregung ganz normal es zu ei ner hochfrequenten, unkaard ini erten Erregung des
weiter, die Kammererregung verläuft also regelgerecht Dem- Myokards. Häufige Ursache sind ventrikuläre Extrasystolen,
entsprechend sieht der QRS-Komplex normal aus, das Intervall die in der "vulnerablen Phase" während der T-Welle am Ende
zum vorhe rgehenden QRS-I<omplex ist aber verkürzt. der Systole ein fa llen, wenn Teile des Herzens noch depolari siert,
andere bereits repolarisiert sind . Statt einer Repolarisation des
.. Ventrikuläre Extrasystolen (VES). Ventrikuläre Extrasystolen gesa mten Herzens werden jeweils die Teile des Herze ns. die
entstehen im Ventrikel. Statt den spezifischen Leitungsbahnen gerade nicht mehr refraktär sind, erneut erregt. Die Erregung
(über den AV-Knoten und das Erregu ngsleitungssyste m) zu fol- kreist also zwischen jeweils schon wieder erregbaren Myo-
gen, breitet sich die Erregung von dem ektopen Schrittmacher kardbezirken (Reentry). je kürzer ein Aktionspotenzial und die
ausgehend über das Herz aus. Diese irreguläre Ventrikelerre- Refaktärzeit einer Myokardzelle ist, und je langsamer die Erre-
gung spiegelt sich in einem deformierten, plumpen und ver- gungsausbreitungsgeschwindigkeit, umso wahrscheinl icher
breiterten (> 0,12 s) QRS-I<omplex wider (Abb. 3.14). ist ein Reentry.
Bei einer VES kann es zu einer kompensatorischen Pause Statt zu einer geo rdneten, synchronen Kontraktion des ge-
kommen. Fällt die nächste, vom Sinusknoten ausgehende Er- sa mten Herzmuskels kommt es zu unkaardinierten Zuckungen
reg ung in die Refraktärphase des Kammermyokards, kann sie von Myokardteilen, die weder eine Füllung des Herze ns noch
nicht weitergeleitet werden und die Kammern werden nicht eine Pumpfunktion ermöglichen. Hämodynamisch entspricht
erregt. Erst die nachfolgende Erregung aus dem Sinusknoten dies ei nem Still sta nd des He rzens, man spricht daher auch vo n
führt wieder zu einer l<ammererregung. Der Abstand zwischen einem hyperdynamen oder funktionellen Herzstillstand.
den beiden normalen QRS-Komplexen beträgt dann gena u 2
APROPOS
RR-Intervalle. Eine VES kann aber auch gena u zwischen zwei Therape utisch versucht man, die kreisenden Erregungen durc h Defibril-
normalen Herzaktionen auftreten. lation zu unterbrechen. Durch elektrische Stromstöße von 150-400 J
sollen alle Zellen dazu gebracht werd en, gleichzeitig zu depo larisieren und
ansch liegend zu repolarisiere n. Erst wenn alle Zellen wieder unerregt si nd.
3.3.3 Flimmern und Flattern kann spon tan ein neuer geordneter Erregungszyklus einsetzen und zu ei ner
geregelten Herza ktion füh re n.
.. Vorhofflattern und -flimmern. Eine hochfrequente Impul sfre-
quen z des Vorhofs nennt man Vorhofflattern (bis 350 Schläge/ "" Herzinfarkt. Sym ptomatisch für einen Herzin fark t sind starke
min) oder Vorhoffl immern (> 350 Schläge{ min . Abb. 3.15). Durch Thoraxschmerze n, die in den linken Arm ausstrahlen, Engege-
die lange Überleitungszeit im AV-I< note n könne n nicht alle Im - fühL Übelkeit, Atemnot (Dyspnoe), Rasse lge räusche beim At-
pulse weitergeleitet werden. Erst wenn di e Refraktärzeit vor- men und kalte Schweißausbrüche.
über ist, wird d ie nächste ein treffe nde Erregung übergeleitet. Bei einem Infarkt wird durch Verschluss eines Astes einer
Es entsteht eine unregelmäßige Kammerfreque nz von etwa Koronararteri e die Durchb lutun g des entsprechenden Ver-
120- 150 Sc hläge n{min. Man spricht auch von ei ner absoluten sorgun gsge bietes unterbro chen. Die unzureiche nd e 0 2-Ver-
Arrhythmie. Im EKG findet ma n statt der P-Wellen unregelmä- sorgung in den Myokard ze llen führt zu einem intra zelluläre n
ß ige , hochfrequ ente Poten zia lschwankunge n und ei ne unregel- EnergiemangeL In der Folge komme n energieabhängige Prozes-
mäß ige Abfolge vonnorma len QRS-Komplexen. se wi e di e Aufrechterha ltung eines norma len Ruhepote nzials
mithilfe der Na• -K• -ATPase zu m Erli egen, di e Zellen sind bereits
3.4 Mechanik des Herzens 39

Ist da s ventrikuläre Erregungsleitungssystem teilweise


blockiert (Blockierung eines Tawara-Schenkels). ist der
QRS-Komplex deutl ich verbreitert und auch der Lagetyp des
unmittelbar nach nach einigen nach Tagen Herzens verändert sich.
dem Myokardinfarkt Stunden

Abb. 3.16 EKG nach einem Herzinfarkt. Bei einem akuten anterobasa-
len Herzinfarkt ist im EKG unm ittelbar nach dem Ereignis eine Überhö- 3.4 Mechanik des Herzens
hung der T-Wellen zu sehen, einige Stunden nach dem Infarkt kommt
es zur Hebung der ST-Strecke und na ch einigen Tagen zu einer tiefen Das Herz hat im Kreislauf eine zentrale Funktion , da es sauer-
Q-Zacke. stoffarmes Blut in die Lunge und sauerstoffreiches Blut in den
Körperkreislauf pumpt. Das Herz besteht aus 2 Pumpensyste-
in Ruhe depolarisiert, d. h. das Ruhepotenzial ist verringert und men, wobei jeder der Herzkammern (Ventrikel) je ein Vorhof
die Dauer des Aktionspotenzials verkürzt. vorgeschaltet ist. Das rechte Herz pumpt venöses Blut durch
je nach Ausdehnung und Lage des geschädigten Gewebes die Kontraktion des rechten Ventrikels über die A. pulmonalis
ist das EI<G verändert. Bei einem akuten Herzinfarkt z. B. durch in den Lungenkreislauf. Das linke Herz befördert sauerstoffge-
Verschluss eines Seitenastes der linken Koronararterie (antero- sättigtes Blut durch Kontraktion des linken Ventrikels über die
basaler Infarkt) zeigt sich unmittelbar nach dem Ereignis eine Aorta in den Körperkreislauf (Abb. 3.17).
Überhöhung der I-Wellen. Nach einigen Stunden kommt es
zu einer Hebung der SI-Strecke, die nach einigen Wochen zur
3.4.1 Herzzyklus
Nulllinie zurückkehrt. Nach einigen Tagen entwickelt sich eine
deutliche Q-Zacke. die häufig bestehen bleibt (Abb. 3.16). Die Pumpwirkung des Herzens beruht auf der rhythmis chen
Rhythmusstörungen sind mit die häufigsten Komplikationen Abfolge von Systole (Kontraktion) und Diastole (Entspannung)
bei einem Herzinfarkt. je nachdem. welche Zellen von der Man- (Abb. 3.18).
gelversorgungbetroffen sind, kann es durch die ektopischen Er-
regungen sowohl zu Erregungsbildungs- als auch zu Erregungs-
leitungsstörungen wie Kammerflimmern oder einen AV-Biock
(s.o.) kommen. Lungenkreislauf
rechte co 2 o,
• Schenkelblock. Ist das ventrikuläre Erregungsleitungssystem Herzhälfte
teilweise blockiert (Biocl<ierung eines Tawara-Schenkels), ist
der QRS-Komplex deutlich verbreitert und auch der Lagetyp
des Herzens verändert sich. Durch den Schenkelblock ist die Er-
regung verzögert (Verlängerung des QRS-Komplexes) und die
Erregungsausbreitung nimmt einen anderen Weg, wodurch der
maximale R-Vektor eine andere Richtung erhält (Veränderung
des Lagetyps; s.o.).
APROPOS
Herzrhythmuss törung en können hämed ynami sche Auswirkun gen haben.
Unter ein em Adam-Stokes-Anfall ve rsteht man eine kurze Bewusstl osigkeit
du rch 0 2-Minderverso rgung des Ge hirns infolge aku te r Herzrhythmu sstö-
rung en. Dabei kann es sich um eine kurzzei tige Asystolie. eine extreme a co2 02
Bradykardie, aber auch um eine ve ntrikul äre Tachykardi e, Kamm ernatte rn,
KammerAimm ern oder Misc hform en ha nd eln. Ursache di eser Rhythmu ss tö-
rung en könn en z. B. arterioskl eroti sche ode r entzündli che Schädigun gen des
Erregungsleitun gssystems, Medikamentenwi rkung en oder ein Herzinfarkt
sein . Bei Pati enten mit kurzzeitiger plötzlicher Bew usstlosigkeit mu ss daher
immer eine kardiologische Diagnos tik erfolg en. Der Pa tient benötigt dann
unter Um st änden ein en kün st li chen Herzschri t tm acher.

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X


• Ventrikuläre Extrasystolen sind ge kenn zeichnet durch defor-
mierte QRS-Kompl exe, di e verbreite rt sind, also länger als die
normalen 0,12 s dau ern.
Kammerflimmern wird häufig du rch ve ntrikuläre Extrasys-
tolen verursach t . di e in der .. vuln era blen Phase" währe nd der
T-Well e de s EKG einfalle n.
• Je kürze r ein Aktionspo tenzial und di e Refr akt ärzeit einer
Myokardze lle ist und je langsam er di e Erregungsausbreitung s- Abb. 3.17 Das Herz. Venöses Blut fli eßt üb er di e V. cavas uperi orund
inferior in den rec hten Vorhof, arterialisiertes Blut gelang t über di e 4
geschwindigke it, umso größer ist di e Wahrsc heinlichkeit, dass
Pulmonalvenen in den linken Vor hof. Nach Öffnen der Sege lklappen (Tri-
es zu einem Reentry kommt. ku spidal- und Mitralklappe) strörnt das Bl ut in der Dias tole in den rec h-
• Die Hebung der ST-Strecke weist auf e inen akuten Myokard- ten und linken Ventrikel und wird in der näc hsten Systol e nac h Öffnen
infarkt hin. der Tasc henklappen (Pulrnonal- und Aor te nkl appe) in di e Pulmon alarte-
ri e bzw. Ao rta ausgewo rfen. Die Herzkl appen liegen in der Ve ntilebene.
40 3 Herz

R bleiben als endsystolisches Restvolumen im Ventrikel zurück.


Somit beträgt die Ejektionstraktion (Anteil des ausgeworfenen
T Volumens am Gesamtvolumen) ca. 0,5 (ca. SO % des Füllungs-
vo lum ens). Sobald die Ventrikelkontraktion nachlässt und der
EKG Inn endruck unter den Aortendruck si nkt. sch lie ße n sich die Ta-
Q
sc henklappen wieder. Die Diastole beginnt.
Systole Diastole Wie man in Abb. 3.18 sehen kann, fällt die R-Zacke de s EKG in
die Phase mit dem maximalen Volumen des linken Ventrikels.
'" "' Bei beginnender Austreibung ist sie bereits abgek lungen.
"'5l-
..r:::
0'>
5l-
0'>
%
0'>
c: *
..r:::
&-
0'> Ein de utlich erhöhtes endsystolisches Volumen bedeutet
§
c:
§
.0

&-
*"'
..r:::
&-
c:
c:
"
c: eine starke Dilatation des Ventrikels und weist auf eine Herz-
insuffizienz hin. Da der insuffiziente Muskel ständig unter er-
0.
1: .2 &-
mmHg
<(
"'
<(
c:
<(
schwerten Beding unge n arbe itet, ist sein gegen-
"
N M

über e inem ges unden Herzen erhöht.


120

Drücke im Diastole
linken 80 Die Diastole beginnt mit der Entspannungsphase. ln dieser
Herze n
und in Phase nimmt der Ventrikeldruck rasch ab. Fällt er unter den in
der Aorta den Vorhöfen herrsc hend en Druck, öffnen sich die Segelklappen
40
und Blut strömt passiv in die Ventr ikel. m a n sprich t von der Fül-
0 lungsphase. Am ihrem Ende entspricht der Druck im Ventrikel
rnl dem Vorhofdruck von 5-lOmmHg. Insgesa mt fließen in dieser
Phase jeweils ca. 70ml in die beiden Ventrikel und bereits im
120
ersten Drittel der Füllungsphase sind etwa 80 % des Schlagvo-
lumens wieder aufgefüllt. Bei einem ruhig liegenden Erwach-
Volumen 80
des linken senen beträgt das Blutvolumen im linken Ventrikel am Ende
Ventrikels der Füllungsphase, d as enddiastolische Füllungsvolumen, etwa
40 Rest-(endsystolisches) 140 ml, bei einem stehenden ist es durch den abnehmenden Fül-
Volumen
lungsdruck geri nger. Am Ende der Diastole erfolgt die Vorhof-
0 kontraktion. Wenn die Erregung aus den Vorhöfen die Ventrikel
Taschenklappen I geschlossen offen c geschlossen erreicht hat, beginnt wieder die Systole.
Segelklappen A geschlossen D offen
Mechanismen der Ventrikelfüllung
Abb. 3.18 Zeitlicher Ablauf der Herzaktion. Einzelheiten dazu siehe Der Ventilebenenmechanismus ist für einen erheblichen Teil
im Text.
der Ventrikelfüllun g verantwortlich und insbesondere für die
;LERNTIPP ! frühe diastorisehe Fü llung von Bedeutung. Wenn sich das Herz
kontrahiert, verschiebt sich die Ventilebene mit den Klappen
Schauen Sie sich an, welche Phase des Herzzykl us we lcher
in Richtung Herzspitze, a lso im Verhältnis zu den z uführenden
Phase im EKG entspricht und wie sich da s Volumen des linke n
Venen "nach unten". Durch eine Dehnung der Vorhöfe nimmt
Ventrikels verhält. in der Prüfung werden häufig falsche Zusam-
der Druck in den Vorhöfen deutlich ab, es entsteht ein Sog , der
menhänge als Antworten angeboten , die Sie direkt ausschließen
Blut aus den ze ntralen Körpervenen ansaugt und so den venö-
können, we nn Sie die Phasen kennen.
sen Rückstrom des Blutes zum Herzen fördert. ln der Diastole
Se hen Sie sich auch die Dauer der einze ln en Phasen an. damit Sie
erschlafft das Herz. Es verschiebt sich der Blu t säule e ntg egen
ein Gespür dafür bekommen.
wieder nach oben und das in den Vorhöfen angesammelte Blut
kan n nun in die ersch lafften Ventrikel strömen .
Der Vent il ebenenmec hanism us ist besonders bei h öheren
Systole Herzfrequenze n wichtig. ln Ruhe entfallen etwa 1/3 der He rz-
Die Systole beginnt mit der Anspannungsphase. Die Ventrikel periodendauer auf die Systole, 2/3 auf die Diastole. Bie hohe n
kontrahieren sich und der Innendruck beginnt zu steigen , was Herzfrequen zen verkürzt sich die Herzperiodendauer. Die Dias-
zum sofortige n Verschluss der Atrioventrikular-(AV-)Kiappen to le wird im Vergleich z u r Systole d e utli ch verkürzt, sodass die
(Mitra !- und Trikuspidalklappe) führt. Die Klappen sc hli eßen Anteile an der Herzperiodendauer nu n 2/3 zu 1/3 sind .
sic h, da der Ventrikeldruck den Vorhofdruck übersteigt. Damit Die Vorhofkontraktion spielt dagegen für die Ventrikelfül-
wird der Rückfluss von Blut in den Vorhof verhindert. Die An- lung in Ruhe keine große Rolle. ledig lich 10-15 % der Fü llun g
spannungsphase dauert weniger als 0,1 s. sind ihr zuzuschreiben. Sie spielt eher gegen Ende der Fü llungs-
Wenn der Druck im Ventrikel den in der Aorta (bzw. in der A. phase e in e Rolle. Die Bedeutung der Vorhofkontraktion für die
pulmonalis) herrschenden Druck übersteigt, öffnen sich d ie Ta- Ventrikelfüllung nimmt jedoch bei höheren Herzfrequenzen
schenklappen und die Austreibungsphase beginnt. Der Druck und damit kürzerer Diastole zu .
bei Öffnung der Klappen entspricht dem diastolischen Aor- Ein weiterer Faktor. der für die Ve ntrike lfüllung von Bedeu-
tendruck von ca. 80 mmHg (diastorischer Pu lm ona li sdruck ca. tung ist, ist die Druckdifferenz zw ische n Vorhof und Ventrikel
10 mmHg), im Verlauf der Au streibungsphase steigt er auf ca . während der Füllungsp hase. Die Differen z ist, wie Abb. 3.18
120 mmHg (A. pulmonalis ca. 25 mmHg) an. Der lin ke Ventrikel ze igt, wä hrend der Füllungspha se jedoch nur g ering und trägt
pumpt pro Sch lag ca . 70 m l Blu t in die Aorta , etwa weitere 70 ml damit nur unwesentlich zur Füllung bei.
3.4 Mechanik des Herzens 41

FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN zurück, sodass das enddiastolische Volumen im linken Ventri-
kel zunimmt. Der Druck in der Aorta nimmt dagegen deutlich
'" Die isolvolumetrische Anspannungsphase dauert weniger
ab. Das Herz passt sich dieser Situation bis zu einem gewissen
als 0,1 s.
Maß durch eine Hypertrophie des linken Ventril<els an. In der
'" Die R-Zacke des EKG fällt in die Phase mit dem maximalen
Systole wird ein größeres Schlagvolumen ausgeworfen, wobei
Volumen des linken Ventrikels.
der Druck auf normale systolische Werte steigt. Die Blutdruck-
'" Ein deutlich erhöhtes endsystolisches Volumen bedeutet
amplitude ist deutlich vergrößert. Typische ist ein diastolisches
eine starke Dilatation des Ventrikels und weist auf eine Herzin-
Herzgeräusch (s. u .).
suffizienz hin, die mit einem erhöhten 0 2-Verbrauch des Herz-
muskels einher gehen kann.
'" Aortenklappenstenose. Bei einer Aortenklappenstenose ist
'" Das enddiastolische Volumen des linken Ventrikels ist bei
der Blutfluss vom linken Ventrikel über die Aorta in den Körper-
einem ruhig Liegenden in der Regel größer als beim ruhig
kreislauf behindert, sodass das Herz einen erhöhten Druck auf-
Stehenden.
wenden muss, um Blut in die Aorta zu pumpen. Während der
'" Der Ventilebenenmechanismus fördert den venösen Rück-
Austreibungsphase ist also die Druckdifferenz zwischen linkem
strom des Blutes zum Herzen.
Ventrikel und Aorta erhöht. Der Blutdruck in der Aorta steigt
'" Die Bedeutung der Vorhofkontraktion für die Ventrikelfüllung
während der Systole nur relativ langsam, die arterielle Blut-
nimmt bei höheren Herzfrequenzen und damit kürzerer Dias-
druckamplitude bleibt klein. Durch Hypertrophie des linken
tole zu.
Ventrikels kann dieser Effekt jedoch weitgehend ausgeglichen
werden. Charakteristisch ist ein systolisches Herzgeräusch
(s. u.), das sich mit dem Blutfluss in die Aa. carotides fort leitet.
Herzklappen Daher liegt das Maximum des Geräusches typischerweise über
Aufgrund der Druckverhältnisse sind die Taschenklappen (Pul- dem zweiten Interkostalraum rechts .
monal- und Aortenklappe) nur in der Austreibungsphase geöff-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
net, die Segelklappen (Trikuspidal- und Mitralklappe) dagegen
nur während der Füllungsphase. '" Bei einer Mitralklappeninsuffizienz steigt der Druck im linken
Ventrikel.
! .. Bei einer Mitralklappenstenose steigt der Druck im Pulmonal·
Die Stenosen und lnsuffizienzen der Herzklappen sind ein zentra- kreislaufund das enddiastolische Volumen des linken Ventri-
les Prüfungsthema. Machen Sie sich ihre Auswirkungen klar. Wie kels nimmt ab (d . h. der Ventrikel füllt sich nicht mehr ganz).
verändern sich jeweils die Drücke in Pulmonal- und Körperkreis- '" Die Aortenklappeninsuffizienz macht sich durch ein diastoli-
lauf? Wie verändern sich Schlagvolumen und Ventrikelfüllung? sches Herzgeräusch bemerkbar und geht mit einer erhöhten
Wichtig sind auch die Herzgeräus che, die für die unterschiedli- Blutdruckamplitude einher.
chen Veränderungen der Herzklappen charakteristisch und für '" Bei der Aortenklappenstenose ist in der Austreibungsphase
die Diagnose von Bedeutung sind. di e Druckdifferenz zwischen linkem Ventrikel und Aorta
erhöht.
Mitralklappeninsuffizienz. Wenn die MitraHdappen nicht '" Bei einer Aortenklappenstenose steigt der arterielle Blut-
richtig schließen, fließt während der Ventrikelsystole Blut vom druck nur langsam und die Amplitude bleibt kl ein . Bei der
linken Ventrikel in den linken Vorhof zurück, wodurch dort Auskultation hört man ein systolisches Herzgeräusch, das in
der Druck ansteigt. Der Maximaldruck, den der linke Ventrikel die Aa. carotides fortgeleitet wird. Außerdem kann das EKG
während der Systole aufbauen kann, ist geringer als bei einer auf eine linksventrikuläre Hypertrophie hinweisen.
vollständig funktionierenden Mitralklappe. Dieser Effekt kann
aber in gewissem Ausmaß durch eine Hypertrophie ausgegli-
chen werden. Der erhöhte Druck im linken Vorhof kann zu ei- Herztöne
nem Druckanstieg in de n Lungenkapillaren führen, sodass der Während des Herzzyklus wird das Blut in Schwingungen ver-
rechte Ventrikel das Blutvolumen gegen einen höheren Druck setzt, die auf die Brustwand übertragen werden. Diese Schwin-
auswerfen muss. Typi sch ist ein systolisches Herzgeräusch gungen bezeichnet man als Herztöne. Ihr Auftreten korreliert
(s. u.). mit bestimmten Phasen des Herzzyklus (s. Abb. 3.18).
• I. Herzton: entsteht in der Anspannungsphase durch An-
'" Mitralklappenstenose. Wenn die MitraHdappen verengt sind, spannung der Kammermuskulatur um die Blutsäule beige-
ist der Blutfluss vom linl<en Vorhof in den linken Ventrikel be- schlossenen Klappen; ist relativ lang und dumpf; korreliert
einträchtigt. Das Volume n im linken Vorhof nimmt zu und der zeitlich mit dem QRS-I<omplex im EI<G,
Druck im linken Vorhof und im Pulmonalkreislauf steigt. Da die • II. Herzton: entsteht, wenn die Taschenklappen (Pulmonal-
Füllung des linken Ventrikels behindert ist. nehmen sein end- und Aortenklappe; auch Semilunarklappen) zusammen-
diastolische Füllungsvolumen und auch sein Schlagvolumen ab. schlagen und das Blut gegen sie prallt; korreliert zeitlich mit
Der arteriell e Blutdruck im Körperkreislauf sinkt ebenfalls. Es dem Ende der T-Welle im EKG; kürzer und heller als der I.
kann zur Entstehung eines Lunge nödems kommen. Der rechte Herzton : I. und II. Herzton m.Jrl<ieren Beginn und Ende der
Ventrikel muss da s Schlagvolum e n gege n einen höhere n Druck Systole,
auswerfen. Es kommt zu eine r Hypertrophie des rechten Vent- • 111. und IV. Herzten: diastolische, ventrikuläre Füllungstöne;
rikels . Typisch ist ein dia stoli sches He rzge räusch (s. u.). kommen manchmal physiologi scherweise bei Kind ern und
Jugendlichen vor, bei Erwach senen mei st Ausdruck patholo-
'" Aortenklappeninsuffizienz. Bei der Aortenklappenin suffi zi- gischer Veränd e run ge n ( z. B. Herzinsuffizien z).
enz s tröm t Blut während der Dia stole in de n linken Ventrikel
42 3 Herz

Aortenklappe Pulmonalklappe 3.4.2 Druck-Volumen-Veränderungen


während des Herzzyklus
Laplace-Gesetz
Das Laplace-Gesetz beschreibt den Zusammenhang zw ischen
der Wandspannung K und dem Innendruck bei Kugeln (Modell
Trikuspidal- für das Herz) oder Zylindern (Modell für Blutgefäße).
klappe Denkt man sich das Herz als eine Hohlkugel, so gi lt:
Mitralklappe

K= r (Nm 2 ] bzw. P1m = I< (Pa]


Abb. 3.19 Auskultationsstellen der Herzklappen.
I<= Wand spann ung (I<raft/Wandquerschnitt)
!
P,m = transmu raler Druck (entspricht normalerweise dem
Möglicherweise werden Ihnen in der Prüfung EKG-Aufzeichnun-
Innendruck)
gen präsentiert, in denen I. und II. Herzton unterschiedlichen
r = Innenradius
Phasen zugeord net sind. Sie werden aufgefordert. die richtige d = Wanddicke (je nach Füllungszustand beim linken Vent-
Zuordnung zu erkennen. Machen Sie sich daher klar, wann die
rikel etwa 6 mm)
Herztöne zu hören sind (s. Abb. 3.18).
Die Wandspannung des Herzens steigt also proportional mit
Herzgeräusche dem Innendruck und dem Radius bzw_ der Innendruck steigt
Herzgeräusche entstehen durch Wirbelbildung (Turbulenzen) proportional mit der Wandspannung und umgekehrt propor-
in der Blutströmung. Ursache sind meist Veränderungen der tional mit dem Radius. Die Wandspannung wird kleiner, wenn
Klappen (Stenosen oder lnsuffizienzen) aber auch Veränderun - die Wa nddicke zunimmt.
gen des Septums oder der Fließeigenschaft des Blutes (z. B. bei
Anämie).
!
Charakterisiert werden Herzgeräusche durch den Zeitpunkt Lassen Sie sic h nicht verwirren . ln der Prüfung we rde n für das
des Auftretens (diastolisch, systolisch), ihre Lautstärke und Laplace-Gesetz gerne andere Variablen verwendet und die For-
Frequenz und die Art des Geräuschs (Crescendo, Decrescendo, mel sieht dann folg e nderma ßen aus:
Spindel- oder Band form) :
• Systolische Geräusche gehen zurück auf:
- Stenose von Pulmonal- und Aortenklappe (Tasc henklap -
pen), T = Wandspannung
- Insuffizienz von Trikuspidal- und Mitralklappe (Segel klap- P =Druck
pen). r = Innenradius
- Ventrikelseptumdefekt h = Wanddicke
• Diastalische Geräusche gehen zurück auf:
- Stenose von Trikuspidal- und Mitralklappe, Während der Austreibungsphase nimmt die Wandspannung
- Insuffizienz von Pulmonal- und Aorten klappe. ab, da sich der Ventrikelradius verkleinert und die Dicke der
Ventrikelwand z unimmt, obwohl der Druck steigt. Ein kleines
APROPOS
Die Auskultation von Herztönen und-geräuscheni st eine wichtig e di-
bzw. bereits teilweise entleertes Herz kann a lso mit relativ ge-
agnostische Method e. Sie erfordert viel Gedu ld und Übung beim Lern en, ringer Kraftentwicklung einen relativ hohen Druck erzeuge n.
bringt aber auch viel Spa ß. wei l man mi t relativ einfacher Aussta t tung (Sie Umgekehrt führt eine übermäßige Füllung oder Herzgröße, wie
brauchen nur ein Stethoskop! ) rec ht gut Verdachtsdiagn osen bez. patholo- sie bei Herzinsuffizien z typisch sind, zusätzlich zu einer Abnah-
gischer Veränderungen am Herzen stell en kann (z. B. Kl appenstenose n oder
me der Leistungsfähigkeit des Herzens.
Herzinsuffizienz). Abb. 3.19 zeigt ein Schema. welche Herzklappe wo auskul-
tiert werden kann .
Muss das He rz durch einen höheren peripheren Wider-
sta nd einen höheren Druck erzeugen, dann steigt die maximale
Wandspannung. Nimmt die Herzfüllung in der Diastole zu (grö-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X ßeres enddiastol isches Volumen), dann steigt auch die maxi-
.. Der I. Herzton korreliert zeitl ich mit dem QRS-Komplex im male Wandspannung , nimmt das enddiastolische Volumen ab,
EKG, der II. Herzton mit dem Ende der T-Welle.
dann wird auch die Wandspa nnun g geringer.
.. Der II. Herzton entsteht, wenn die Taschenklappen (Semilu-
narklappen bzw. Pulmona l- und Aorten klappe) zusammen- Chronische Druck- und Volumenbelastung des Herzens
schlagen. Unter bestimmten pathologischen Voraussetzungen ist das
.. Systolische Geräusche gehen typischerweise auf ein en Vent- Herz chron isch erhöhten Druck- oder Volumenbelastungen
rikelseptumdefekt zurück. ausgesetzt.
Ein e chronische Druckbelastung entsteht, wenn da s Herz
dauerhaft gege n ein en erhöhten Widerstand arbeiten mu ss z. B.
bei einer Aortenklappenstenose oder bei arter ie ll er Hype rtoni e.
Durch die Druckbelastung nimmt die Wand spannung zu, wo-
durch eine konzentrische Hypertrophie. al so e ine Verd ickung
der Herzm usku latur ohne Verg rößerung des Radiu s (also des
He rzinn e nraum s) e nts teht.
3.4 Mechanik des Herzens 43

Zu einer chronischen Volumenbelastung kommt es, wenn Arbeitsdiagramm des Herzens


das enddiastolische Füllungsvolumen chronisch erhöht ist, wie Um die Herzarbeit zu veranschaulichen, trägt man die Druck-
es z. B. bei Klappeninsuffizienzeil der Fall ist, wenn ein Teil des und Volumenänderungen während eines Herzzyklus in einem
Blutes jeweils wieder zurückfließt und erneut gepumpt werden Druck-Volumen-Diagramm gegeneinander auf und erhält so ein
muss . Die Folge ist eine exzentrische Hypertrophie, also eine Arbeitsdiagramm des Herzens (Abb. 3.20). Es umspannt eine
Verdickung des Herzmuskels bei gleichzeitiger Zunahme des Fläche, deren Begrenzungslinien den einzelnen Herzphasen
Radius (Dilatation). entsprechen und die die während eine Herzzyklus geleistete
Im sog. kompensierten Stadium haben diese Veränderungen Arbeit widergibt.
keine hämodynamische Relevanz. Wenn das Herz aber unter
Belastung dekompensiert, werden klinische Zeichen einer Herz-
insuffizienz deutlich: Das Blut staut sich vor der betreffenden Gelegentlich werden der einzelnen Phasen des Herzzyklus in
Herzkammer zurück, da die Ejektionsfraktion verringert ist. Ist der Prüfungun ungewöhnlich beschrieben . Anstatt einfach von
v.a. die linke Herzkammer betroffen, staut sich das Blut in der "während der Entspannungsphase" zu sprechen, ist von dem
Lunge, das auffälligste Symptom ist ein Lungenödem mit Atem- Zeitraum zwischen "Ende der Austreibungsphase" und dem
not, bei der Auskul tation hört man feuchte Rasselgeräusche. "Ende der Entspannungsphase" die Rede. Merken Sie sich : Das
Ist die rechte Herzkammer betroffen, staut sich das Blut in den Ende der Austreibungsphase ist der Beginn der Entspannungs-
großen Kreislauf zurück, als Folge entstehen Ödeme v. a. der un - phase usw ....
teren Extremitäten, eine Lebervergrößerung ("Stauungsleber")
oder Aszites. Wie aufS. 39 beschrieben, besteht ein Herzzyklus aus Systole
Eine Hypertrophie und Dilatation des rechten Ventrikels ist (Anspannungs- und Austreibungsphase) und Diastole (Entspan-
zu erwarten, wenn im Lungenkreislauf der Strömungswider- nungs- und Füllungsphase).
stand erhöht ist und sich eine Hypertonie entwickelt hat. Die Anspannungsphase (Abb. 3.20 A-B): Das Herz beginnt sich
Leistung des rechten Ventrikels ist erhöht, was durch eine Hy- z u kontrahieren. Da noch alle Klappen geschlossen sind, kann
pertrophie (evtl. mit Dilatation) kompensiert wird. kein Blut entweichen, es handelt s ich also um eine rein isovo-
lumetrische Kontraktion. Entsprechend zeigt das Arbeitsdia-
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X gramm eine Zunahme des Druckes bei gleichbleibendem Volu -
Das Laplace-Gesetz lautet: men. Der Aortendruck liegt bei einem diastolischen Wert von
K·2d T·2h ca. 80 mmHg.
Pt = - -[Pa] bzw. P = - - [Pa]. Austreibungsphase (Abb. 3.20 B-C): Wird der Druck in der
m r r
Aorta überschritten, öffnen sich die Taschenklappen und das
,.. Nimmt die Herzfüllung in d er Diastole zu (größeres enddias- Herz beginnt, Blut auszuwerfen. Durch die Verringerung des
tolisches Volumen) ab, dann nimmt die maximale Wand- Volumens und die Zunahme der Wanddicke (Laplace-Gesetz,
spannung ab. s.o.), steigt der Druck dabei weiter an. Die Kurve des Arbeits-
,.. Während der Austreibungsphase nimmt die Wanddicke des diagramms bewegt sich zu erhöhten Druck- und verringerten
linken Ventrikels zu und die Wandspannung ab. Volumenwerten (auxotone Kontraktion ; auch auxobare Kon-
,.. Bei einer akuten Insuffizienz des linken Ventrikels sta ut traktion genannt), bis die Kurve der Unterstützungsmaxima
sich das Blut im linken Ventrikel zurück und die Ejektionsfrak- erreicht wird.
tion ist verringert. Entspannungsphase (Abb. 3.20 C-D) : Nach der Systole er-
,.. Eine Hypertrophie und Dilatation des rechten Ventrikels schlafft die Muskulatur, der Druck nimmt ab. Solange er noch
ist zu erwarten, wenn im Lungenkreislauf der Strömungswi- höher ist als in den Vorhöfen, bleiben die AV-Klappen geschlos-
derstand erhöht ist und sich eine pulmonale Hypertoni e entwi- sen. Im Arbeitsdiagramm sieht man daher einen reinen Druck-
ckelt hat. abfall, das Volumen im linken Ventrikel verändert sich währen

200

150

100 ---------------- 1 . _ en dsystoli scher Druck


------- J'-- systo li scher Druck-
anstieg
50
Ruh edehnungs-
kurve
. _ enddiastolischer Druck
0 50 100 150 200 25 0 300 Ventrikelvolumen
Ventrikelvolum en (ml)

Abb. 3.20 Arbeitsdiagramm (Druck-Volumen-Diagramm) des linken Ventrikels. A, B, C und D ent sprec hen A, B, C und D in Abb. 3.18.
An spannungsphase , 8- C Austre ibun gsp hase. Entspannungsp hase, Füllung sphase. Di e hellgraue Fläche entspri cht der äußeren Herz-
arb eit. Die dunkelgraue Fläc he ist di e Arbe it, di e verrichtet werd e n mu ss, um den Ve ntrike l in der Di asto le zu füllen .
44 3 Herz

der Entspannungsphase nicht, die Phase ist isovolumetrisch Empfindlichkeit der kontraktilen Elemente führt. Erst wenn
(Abb. 3.20). das Herz so weit vorgedehnt wird, dass Aktin und Myosin nicht
Füllungsphase (Abb. 3.20 D-A): Wenn der Druck im Ventri- mehr optimal interagieren können. sinken die Maximakurven
kel unter den des Vorhofs fällt. öffnen sich die AV-Kiappen und wieder ab.
die Ventrikel füllen sich wieder mit Blut_ Im Arbeitsdiagramm
wandert man entlang der Ruhedehnungskurve bis das enddias- • Kurve der Unterstützungsmaxima (U-Kurve). Da es sich bei
tolische Volumen erreicht ist. Bei einem untrainierten Erwach- der Ventrikelkontraktion tatsächlich aber um eine Kombination
senen beträgt es in Ruhe und liegend ca. 120-140ml. aus beiden Kontraktionsformen (erst isovolumetrisch bei ge-
schlossenen Herzklappen und dann auxoton bei offenen Herz-
LERNTIPP ! klappen) handelt, konstruiert man eine neue Kurve, die beide
Das Druck-Volumen- bzw. Arbeitsdiagramm ist ein zentrales Prü- Elemente enthält. Die Verbindungslinie von B' und A', die sich
fungsthema. Schauen Sie sich die Phasen der Herzaktion genau von einem Punkt A auf Ruhedehnungskurve ableiten, ergibt die
an und machen Sie sich klar, wann es sich um eine isovolumetri- Kurve der Unterstützungsmaxima (Abb. 3.20). So entsteht für
sche und wann um eine auxotone Phase handelt. jeden PunktAder Ruhedehnungskurve eine eigene U-Kurve.
Möglicherweise wird Ihnen in der Prüfung auch ein Diagramm
präsentiert, anhand dessen Sie angebotene Aussagen überprü- • Druck-Volumen-Arbeit. Die Druck-Volumen-Arbeit, die das
fen und die richtige erkennen müssen. Sie müssen den Druck- Herz durch Pumpen verrichten muss. entspricht der vom Ar-
anstieg während der isovolumetrischen und auch auxotonen beitsdiagramm eingeschlossenen Fläche (äußere Herzarbeit).
Kontraktion ablesen können, wie auch den enddiastolischen Es ist das Produkt aus dem Volumen, das das Herz auswirft
Druck, das enddiastolische und das endsystolische Volumen, den und dem Druck in den großen Gefäßen. gegen den es anpum-
systolischen Druckanstieg und das Schlagvolumen (s. Abb. 3.20)_ pen muss_ Zusätzlich zur Druck-Volumen-Arbeit muss noch
Beschleunigungsarbeit geleistet werden_ Beim Herze n ist diese
Die Form des Arbeitsdiagramms wird durch die Ruhedehnungs- Komponente jedoch unter normalen Bedingungen vernachläs-
kurve, die Kurve der isovolumetrischen und isotonen Maxima sigbar (1 %).
und die Kurve der Unterstü tzungsmaxima bestimmt.
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Die Ruhedehnungskurve gibt die Ände- • Während der frühen Austreibungsphase ist der Druck im
rung von Druck und Volumen bei Füllung des Herzens an. Bei linken Ventrikel höher als in der Aorta.
der Füllung der nicht erregten Ventrikel während der Diasto- • Da sich während der Austreibungsphase sowo hl der Druck als
le dehnt sich der Ventrikel passiv. Der Druck steigt dabei im auch das Volumen im Ventrikel ändern, bezeichnet man diese
physiologischen Bereich nur wenig - die Ruhedehnungskurve Art der Kontraktion auch als auxoton .
verläuft zunächst sehr flach und steigt erst bei hohen Volumina • Die Entspannungsphase ist isovolumetrisch.
immer steiler an. Erst bei einer Füllung außerhalb des physiolo -
gischen Bereichs ist ein recht hoher Druck notwendig, um doch
noch eine weitere Volumenzunahme zu erzielen (Abb. 3.20)_ 3.5 Regulation der Herztätigkeit
• Kurve der isovolumetrischen und isotonen Maxima. Diese Das Herz verfügt über unterschiedliche Möglichkeiten. seine
Kurven stellen wichtige Hüllkurven des Arbeitsdiagramms dar, Leistung an verschiedene Situationen anzupassen_ Die Pum-
sind aber nur experimentell zu bestimmen . Man kann das Herz paktivität des Herzens wird so reguliert, dass das Herzzeitvo-
experimentell rein isovolumetrisch oder rein isobar kontrahie- lumen (das pro Zeiteinheit über die Aorta ausgeworfen Blut-
ren lassen. Die entsprechenden Maximalwerte lassen sich in volumen) die Bedürfnisse der Gewebe deckt_ Diese Anpassung
Abhängigkeit vom Füllungsvolumen ermitteln . kann über eine Veränderung des Schlagvolumens und/oder
Die Kurve der isovolumetrischen Maxima gibt den höchsten der Herzfrequenz erfolgen. Das Schlagvolumen bzw. die Kraft,
Druck an , der bei einem bestimmten Füllungsvolumen (und ge- die zur Förderung des Volumens notwendig ist, kann über den
schlosse nen AV- und Tasc henklappen) und extrem hohem Aor- Frank-Starling-Mechanismus und das vegetative Nervensys-
tendruck durch isovolumet rische Kontraktion maximal erzeugt tem reguliert werden . Vereinfachend lässt sich sagen, dass der
werden kann. Für das Volumen am Punkt A ist der Punkt B' da s Frank-Starling-Mechanismus auf passiv erfolgte Veränderun-
Druckmaximum. Die Verbindungslinie zw ischen den Punkten gen reagiert, das vegetative Nervensystem pa sst die Herzlei s-
B', die sich von unterschiedlichen Punkten A auf der Ruhedeh - tung dagegen aktiv an einen veränderten Bedarf an .
nungskurve ableiten. ergibt die Kurve der isovolumetri schen
Maxima (Abb. 3.20). 3.5.1 Frank-Starling-Mechanismus
Die Kurve der isotonen (= isobaren) Maxima gibt das größte
Volumen an, das bei einem bestimmten Füllungsvolumen be i Der Frank-Starling-Mechanismus dient der automatischen An-
konstantem Druck (und offenen Klappen ) durch isotone Kon - pa ssung der Kammertätigkeit an kurzfristige Änderung des
traktion ma ximal ausgeworfen werden kann. Punkt A' kenn - venösen Rückstroms (Vo rlast, preload) oder des Aortendrucks
zeichnet den Endpunkt der Kontraktion. Die Verbind ungslinie (Nachlast, afterload ). Entscheidend für die Spannungse ntwick-
zwischen den Punkten A'. die sic h von unterschiedlichen Punk- lung des Herzmuskels ist se ine Vordehnung. Ein indirektes Maß
ten A auf der Ruhedehnungskurve ableiten. ergibt die Kurve der für diese Vordehnung ist da s Volumen des Ventrikel s.
isotonen Maxima (Abb. 3.20).
Dass die Maxima mit zune hmendem Füllungsvolumen zu- .,. Akute Volumenbelastung (Vorlast; preload). Bei einem akut
nehmen, liegt daran, dass eine erhöhte Vord ehnung des Myo- venöse n Rückstrom (Vorlast) in den linken Ventrikel steigt das
kards zu erhöhter Ca 2+-Freisetzung und auch erhöhter Ca 2+- enddiastolische Fül lungsvolumen des linken Ventrikels und
3.5 Regulation der Herztätigkeit 45

damit Vordehnung des Ventrikels bewirkt, dass Punkt A nach


rechts verschoben wird (A, ). Damit wandert auch B' auf der
Kurve der isovolumetrischen Maxima (B'xl und A' auf der Kurve
der isotonischen Maxima (A'J. Es können höhere isovolumetri-
c
QJ
E
sche und isotone Maxima erreicht werden, dementsprechend
:::J
vers chiebt sich auch die U-Kurve nach rechts. B, und C, bleiben
]
Ol auf gleichem Druckniveau, da der Aortendruck gleich bleibt.
..r::;
u Das Res t volumen D, ist nur weni g erhöht, da s Schlagvolum en
V)

SV, steigt jedoch deutlich .

.. Akute Druckbelastung (Nachlast; afterload). Unter Nachlast


versteht man den Auswurfwiderstand, gegen den da s Herz
enddiastolischer Füllungsdruck anpumpen muss. Die Nachlast hängt also vom mittleren Aor-
tendruck ab. Ist der Druck in der Aorta erhöht, öffnen sich die
Abb. 3.21 Ventrikelfunktionskurve. ln einem bes timmten Bereich
nimmt das Schlagvolumen mit dem enddiastolischen Füllungsdruck zu. Taschenklappen erst bei höheren Druckwerten .
Im Arbeitsdiagramm sieht man, dass bei unverändertem
diastolischen Füllungsvolumen (A) während An spannungspha-
die Vordehnung nimmt zu. Das Herz entwickelt eine erhöhte se ein höherer Druck (Bzl aufgebaut werden muss, damit sich
Muskelspannung, die Kraftentwicklung wird gesteigert und die Aortenklappe öffnet (Abb. 3.22 b). Die U-Kurve ist unverän-
das Schlagvolumen vergrößert sich. Die zunehmende Kraftent- dert. Der endsystolische Druck (C , ) ist höher, woraus ein erhöh-
wicklung kommt zum einen durch eine Änderung der Aktin- tes Restvolumen (D , ) und ein verkleinertes Schlagvolumen (SV, )
Myosin-Überlappung zustande, zum anderen steigt die Emp- folgen. In der nächsten Diastole ergibt sich durch das erhöhte
findlichkeit des kontraktilen Apparats für Ca 2• mit zunehmen- Restvolumen ein erhöhtes enddiastolisches Füllungsvolumen
der Dehnung. (A.) und ein neues Arbeitsdiagramm (A,-D, ). Es entsteht eine
Der Frank-Starling-Mechanismus lässt sich auch anhand ei- neue U-Kurve (A'x- B'xl· Das neue Schlagvolumen (SV, ) ent-
ner Funktionskurve veranschaulichen , die die Abhängigkeit des spricht in etwa dem alten (SV ). Bei akut erhöhtem Aortendruck
Schlagvolumens (oder Herzzeitvolumens) vom linksventrikulä- hat das Herz nach zwei Herz zyklen durch di e Erhöhung des
ren enddiastolischen Füllungsdruck darstellt (Abb. 3.21). enddiastolischen Füllungsvolumens erreicht, dass das Schlag-
volumen wieder in etwa auf den ursprünglichen Wert ansteigt.
URNTIPP ! Das Herz pumpt also das gleiche Volumen auf einem höheren
Machen Sie sich klar, dass die Kontraktionskraft des Herzens zum Druclmiveau.
einen von der Menge der intrazellulär fre igeset zten Ca 2 •-lonen
abhängt, die vom vegetativen Nervensystem gesteuert wird, APROPOS
Beirn aku te n Angina-Pectoris-Anfallliegt eine Minderdurchblutung der
zum anderen von dem Überlappungsgrad von Aktin- und Myos- Herzkranzgefä ße (z. B. durch Ateroskl erose) vo r, was typischerweise zu
infilamenten, also von der Vord ehnung des Muskels . einem retrosternalen Schmerz. häufig verbunden mi t Atemnot führt. Die
Möglicherwe ise wird Ihne n in der Prüfung e in Diagramm präsen- Gabe von Nitraten wirk t hi erbei in aller Regel schrn erzlindernd. we il Ni trate
tiert, in dem die zytoso/ische Ca 2•-Konzentration und die e nt- insbesondere auf die ve nösen Kapazitätsgefäße dilati erend wirke n. Dadurch
sprechende Kraftentwicklung vor und nach einer Intervention nimmt das venöse Blutang ebot an das Herz ab, als Folge sinkt di e diastoli-
sche Wandspann ung (Vorlast). ln den Koronargefäßen kommt es so zu einer
dargestellt sind . Ist di e Ca 2•-Kon ze ntration vorh er und nachher Abna hrn e des Perfu sionswiderstan des und sornit zu einer Zuna hrn e der
gleich, di e Kraftentwicklung aber verändert, we ist das auf eine Du rchblutun g bzw. des Sa uerstolfang ebotes. Gleichze itig si nkt di e systoli-
veränderte Vordehnung des Muske ls hin . sche Wandspann ung (Nac hl as t). weil auc h der Aortendru ck und di e ve ntrik u-
läre Füllung abnehm en. Beirn akuten Angina- Pec tori s-A nlall ve rabreicht man
Ni trate meist in Form eines Sprays, das un te r die Zung e gesprüht und do rt
Im Arbeitsdiagramm kann m an die Auswirkung einer Erhöhung se hr sc hn ell von den Gefäß en aufg enommen wird.
der Vorlast verfol gen (Abb. 3.22 a). Eine erhöhte Füllung und

Abb. 3.22 Regulation der Herztätigkeit durch den


B',
Frank-Starling-Mechanismus. a Bei erh öhter Vorlast:
b bei erh öhter Nac hl as t. SV= Schlagvolum en. Blau,
c;:; 300 c;:; 300 Ruh edehnungskurve; rot. Kurve der isovolumetri sc hen
:r: :r: Max ima: grün, Kurve der isobaren Max ima: orange,
E Kurve der Un terstü tz un gs max ima.
E
.s .s
-"' -6 200
2 200
u
u
2
u
äj ]
-"'
·.s "E
c
100 100

Ventrikelvo lumen Irnll Ventrikelvolumen lmiJ


a Valu rnenbelastun g b Druckbelastung
46 3 Herz

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X


.. Im physiologischen Bereich gilt: je stärker die enddiastolische
Ventrikelfüllung, umso größer das Schlagvolumen .
.. Eine erhöhte Vordehnung fördert in einem bestimmten
Bereich die Kraftentwicklung des Herzmuskels .
.. Nimmt die Vordehnung zu. dann vergrößert sich das Schlag-
100 ms
volumen . - 80L-------------------------
Abb. 3.23 Einfluss von sympathischen und parasympathischen
Transmittern auf die Herzfrequenz. Adrenalin führt zu einer
Zunahme, Acetylcholin zu einer Abnahme der diastolischen Spontande-
Wirkungen des vegetativen Nervensystems polarisation im Sinusknoten. Dadurch erreicht das Membranpotenzial
Das vegetative Nervensystem reguliert u. a. Kontraktionskraft. der Schrittmacherze llen im Fa ll von Acetylcholin das Sc hwell enpoten-
Herzfrequenz und Überleitungsgeschwindigkeit der Erregung zial später (negativ chronotrop), im Fall von Adrenalin früher.
von den Vorhöfen auf das Ventrikelmyokard. Die Wirkung von
Transmittern auf die Kraftentwicklung wird als lnotropie be- .,. Sympathikus. Sympathische Nervenfasern ziehen z u allen
zeichnet, auf die Herzfrequenz als Chronotropie und auf die Teilen des Herzens. Die la ngsame diastolische Spo ntandepola-
Überleitungsgeschwindigkeit als Dromotropie. risation verläuft unter Sympathikuseinfluss steiler. darau s re-
Das Herz wird parasympathisch über denN. vagusund sym- sultiert eine gesteiger te Frequenz der Schrittmacherzellen (po-
pathisch über die Nn. cardiaci innerviert, wobei im Ruhezu- sitiv chronotrop). Die Erhöhung der Ca 2•-Leitfähigkeit hat eine
stand die Wirkung des Parasympathikus überwiegt. Beschleunigung der Überleitung im AV-Knoten von den Vorhö-
fen zu den Ventrikeln (positiv dromotrop). eine Steigerung der
Kontraktionskraft (positiv inotrop) und eine allgemeine Erhö-
Der Einfluss von Parasympathikus und Sympathikus auf Kraft- hung der Erregbarkeit (positiv bathmotrop) zur Folge.
entwicklung, Herzfrequen z und Überleitungsgeschwindigkeit Sympathische Neurone setzen als Transmitter hauptsächlich
si nd ein zentra les Prüfungsthema, zu dem häufig Fragen gestellt Noradrenalin und zum geringen Teil auch Adrenalin frei. Diese
werden. Versuchen Sie daher, die Wirkung nachzuvollziehen und binden an die in den Myozyten häufigen ß1-Adrenorezeptoren.
schauen Sie sich auch die molekularen Grundlagen an. Die Bindung aktiviert ein stimu liere ndes GTP-bindendes Prote-
in (G,-Protein ), dessen a-Untereinheit die Adenylatzyklase akti -
.,. Parasympathikus. Der Parasympathikus innerviert haupt- viert. Sie bildet aus ATP zyklisches AMP (cAMP), das wiederum
sächli ch den Sinusknoten, den AV-Knoten wie auc h zum Teil Proteinkinase A (PKA) aktiviert. Die PKA phosphoryliert u.a.
die Vorhöfe; seine Wirkung auf die Ventrikel ist sehr ger ing. Na+-Kanäle. wodurch die Leitfähigkeit für Na• -Ionen steigt und
Der Parasympathikus senkt die Herzfrequenz (negativ chro- die diastolische Spontandepolarisation beschleu nigt wird (Abb.
notrop), indem er inhibierend auf die Schrittmacherzellen im 3.23). Außerdem werden L-Typ-Ca 2+-Kanäle in der Zellmembran
Sinusknoten wirkt. und bewirkt eine Verzögerung der AV- Über- aktiviert. was zu einem verstärkten Einstrom von Ca 2 • aus dem
leitun g (negativ dromotrop). Außerdem führt er zu einer allge- Zytosol führt. Daneben wird über die Phosphorylierung des
mein verringerten Erregbarkeit (negativ bathmotrop). All diese Regulatorproteins Phospholamban die Hemmung der SERCA-
Wirkungen sind im Wesentlichen auf eine durch Acetylcholin 2a (e iner Ca 2+ -ATPase in der Membran des sarkoplasmati schen
induzierte Steigerung der K+ -Permeabilität der Zellmembran Reticulums) aufgehoben. wodurch die Ca 2+-Aufnahme in das
zurückzuführen, die einer diastolischen Depolarisation entge- sa rkop lasmatische Retikulum gefördert wird. Das führt zum
genwirkt. einen zu einer sch nelleren Erschlaffung und zum anderen zu
Parasympathische Neurone setzen als Transmitter Acetyl- einer erhöhten Ca 2 •-Freisetzung bei der nächsten Kontrakti-
cholin frei. Die Bindung des Acetylcholin s an muskarinische on. Durch die erhöhte zytoso li sche Ca 2•-Konzentration werden
M2 -Acetylcholinrezeptoren (a uch Cholinozeptoren genannt) mehr Bindungsstellen am Aktin frei, der Aktivierungsgrad der
aktiviert ein inhibitorisches GTP-bindendes Protein (G(Prote- Muskelzellen nimmt zu, wodurch der Druckanstieg im linken
in), dessen ßy- Untereinheitwiederum an einen K+-Kanal bindet. Ventrikel während der Anspannungsphase beschleunigt ist und
Die Leitfähigkeit des Kanals wird erhöht, es strömen mehr 1<+- auch die maximale Kraft der Kontraktion steigt.
Ionen aus der Myozyte. was der diastoli sche n Spontandepola- Das cAMP wird durch eine Phosphodiesterase wieder ge-
risation entgegenwi rkt. Daher erreicht das Membranpotenzial spa lten und auf diese Weise inaktiv iert. Daher führt auch eine
der Schrittmacherzellen des Sinusknotens unter Einfluss des N. reduzierte Aktivität der Phosphodiesterase in den Myozyten
vagus erst später das Schwellenpotenzial als es unter Einfluss z u einer höheren CAMP-Konzentration und hat som it eine er-
des Sympathikus der Fall ist (Abb. 3.23). Außerdem hemmt die höhte Kraftentwicklung der Herzmuskulatur z ur Folge.
a-Untereinheit des G;-Proteins die Adenylatzyklase und senkt Im EKG ist die Aktivierung der ß 1-Adrenorezeptoren durch
so den cAMP-Spiegel. Acetylcholin wirkt daher a ntagon istisc h Einfluss des Sympathikus an der Verkürzung der PQ-Strecke zu
z u Adrenalin und Noradrenalin (s. u.). erkennen .
Da der Parasympathikus nicht direkt auf die Ventrikel wirkt Im Arbeitsdiagramm erkennt man, da ss sich unter Sympathi-
(die Ventrikel si nd nur sympathisch inn erviert), hat er auch kuseinfluss die Werte der isovo lumetrischen und isotonen Ma-
keinen direkten Einfluss auf die Inotropie. Durch die Senkung x ima zu höheren Werten verschieben: die U-Kurve verschiebt
der Frequenz mit relativer Zunahme der Diastolendauer kön- sich nach links und wird steiler. Entsprec hend ist die vom Her-
nen jedoch mehr Ca 2 +-Jonen aus den Myozyten herausgepumpt zen geleistete Druck-Volumen -Arbeit erhöht (Abb. 3.24).
werden. sodass indirekt doch eine Abnahme der In otropie re-
sultiert.
3.6 Durchblutung und Stoffwechsel des Herzens 47

3.6.1 Regulation der Koronardurchblutung


Druck
Das Herz erhält ca . 5% des Herzzeitvolumens, weil es wegen
seines hohen Sauerstoffverbrauchs auf eine überdurchschnittli-
che Durchblutung angewiesen ist. In Ruhe beträg t sie 70-80 ml /
min pro 100 g Gewebe und ka nn bei Belas tun g auf da s 4 - 5- Fa-
che steigen. Der Strömungswiderstand in den Koronargefäßen
nimmt bei Belastung ab. Die Differen z zwischen Ruhe- und Ma-
ximaldurchblutung wird als Koronarreserve bezeichnet.
Die starken Druckeschwankungen. die durch den Wechsel
von Systole und Diastole entstehen, übertrage n sich auch auf
die Koronargefäße. Während de r Systole werde n die intra-
mura len Gefäße komprimiert, der Blutfluss in der linken l<o -
ronararterie (A. coronaria) sinkt deutlich und wird zu Beginn
Volumen sogar unterbrochen (Abb. 3.25 ). In der Austreibungsphase steigt
Abb. 3.24 Wirkung des Sympathikus (Änderung der lnotropi e): di e der Blutfluss wieder leicht an, aber erst zu Beginn der Diastole,
geleistete Druck-Volumen-Arbeit nimmt zu (blaue Kurve: vor Sympathi- wenn das Herz wieder erschlafft, nimmt der Blutfluss deutlich
ku saktivierung, rote Kurve: nac h Sympath ik usa ktivierung). zu und die Gefäße füllen sich. Die eigentliche Durchblutung des
Herzens erfolgt al so nur in der Diastole.
APROPOS In Ruhe beträgt das Verhältnis der Dauer der Systole zur
ß·Rezeptorblocker bloc ki eren, wie ihr Name sc hon sagt, ß1-
Adrenorezepto ren am Herzen. Dadurch sinken Herzfrequenz und Kontrak- Dauer der Diastole etwa 1:2, eine Zunahme de r Herzfrequenz
tionsgesc hwindigkeit; der Sa uerstoffbedarf des Myokords nimm t ab. Außer- erfolgt v. a. auf Kosten der Diastole. während die Systolendau-
dem wird das Herz vo r einem verstärk ten Antri eb du rch den Sympathikus er nahezu unverändert bleibt. Eine Erhöhung der Herzfrequen z
abgesc hirmt, wie er in Situationen körp erlicher und psyc hisc her Belastung hat also letztlich zur Folge, dass weni ger Ze it für die Herzd urch-
auftritt. ß-Biocker werd en u. a. bei koronarer Herzkrankh eit, arterieller blutung zur Verfügun g steht. Bei einem vorgeschädig ten Her-
Hypertoni e, Tachyarrythmi en un d funkti onellen Herz-Kreislauf-Besc hwerd en
eingesetzt. zen können hohe Frequenze n di e kardiale Situation deutlich
versch lechtern.
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Erhöhung der Aktivität des Parasympathikus am Sinus-
knoten führ t zu r Aussc hüttung von Acetyl cholin, das an ei nen
muskarinisc he n Cholinoze ptor bindet, wodurch ein G;-Protein
aktiviert wird . Druck (mmHg)
Unter Einfluss des N. vaguserreicht das Membranpotenzial Diastole
der Schrittmacherze ll en des Sinusknotens späte r das Schwel- 120
lenpotenzial als unter Einfluss des Sympathikus .
Die Membranrezeptoren, an die Adrenalin bindet, induzie-
100
ren über G,-Protein e und Aktivierung e in er Ade nylatzyklase
di e Bildung von cAMP.
Die Bindung der Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin
a
an ß1 -Adrenorezeptoren der Myokard zellen führt zu einer
Ak tivitätssteigerung de r SERCA-2a, einer Ca 2•-ATPase in der Blutfluss (ml/min)
Membran des sarkoplasmatisc hen Reticulums.
100
Be i sympathisc her Stimulation steigt der Druck im linken
Ventrikel in der Anspannungsphase sc hn el le r an. 80
li nke
Eine redu zierte Akti vität der Phosphodiesterase in den 60 A. co rona ria
Myozyten hat daher ein e e rh öhte Kraftentwicklung der Herz-
40
muskul atur zur Folge.
Eine Aktivierung der ß1-Adrenorezeptoren im Herze n durch 20
Einflu ss des Sympathikus ist im EKG an der Ve rkürzung der b
PQ-Strec ke zu erkenne n.
Un te r Sympat hi kuseinfluss ve rsc hi e bt sich di e U-Kurve im
Arbeitsdiagramm nac h links und wird steile r. 100

50
3.6 Durchblutung und Stoffwechsel Sinu s coronari us
des Herzens
c 0 0, 2 0,4 0,6 0,8
Be i e rhöhter Herzleistu ng ist e ine ve rm e hrte Stoffw ech seltät ig- Zeit (s)
ke it der Herzze llen notwendi g und es besteht e in erhöh ter Sau - Abb. 3 .25 Durchblutung des Herzens. a Druck im linken Ventrikel und
ersto ffbedarf des He rzmu ske ls. Diese r e rh öhte Sauerstoffb eda rf Ao rtendru ck als Referenz; b Blutfl uss in der lin ken A. co ronaria); c Blu t-
wird am Herze n durch e ine ges te ige rte Durchblutung e rzie lt. flu ss im Sinus co rona ri us.
48 4 Kreislauf

APROPOS
das Angebot anpassen. Fällt bei schwerer körperlicher Arbeit
Unter dem Begriff der Koronarinsuffizienz verst eht man ein e relativ oder
absolut unzureichende Korona rdurchblutung. Bei der Ko ronarin suffizienz be-
viel Laktat an, erfolgt auch die Energiegewinnung bevorzug t
steht ein Missverh ältn is zwischen Blu tangebot und Blutbeda r f bzw. zwi schen aus Laktat. Bes te ht 0 2-Mangel kann auch da s Herz verstärkt zur
Sa uerstofftransport und Sauerstoffbedarr. Ursache ein er solchen Störung ist anaeroben Glykolyse übergehen, bei der Laktat entsteht, sodass
me ist ein e kran khafte Ve rengung der Koronarge fäße. Di e Verengu ng kann die Laktatkon zentration im koronarvenösen Blut über die im
durch arteri osk leroti sch e Gefäßa blagerung en oder aber auch durch Ge fäß- arteriell en Blut ansteigen ka nn.
spasmen zu stand e komm en. Die typische Symptomatik ein er ausgepräg t en
Stenose ein es ode r me hre re r Koronaräs te ist m eist de r tho raka le Schm e rz
unter Belastung, da das Verh ältni s zwischen Sa uerstoffb edarf und -an gebot FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
hinter der Stenose des Gefäße s gest ört ist (Angina pectoris, s.o.). in Ruh e ist • ln Ruh e fließen etwa 5% des Herzzeitvolumens durch d ie
der Pat ient dagege n m eist beschwerd efrei. da di e Ko rona rdurchblutun g für
Koronargefäße.
eine Aufre chterhaltu ng des Energie stoffwec hsels au sreicht.
• Charakte ristisch für den Blutfluss in der linken A. coronaria

3.6.2 Stoffwechsel des Herzens


ist eine starke Abnahme in de r Systole, u. U. sogar auf negative
Werte, und eine deutliche Zunahme zu Beginn der Diastole.
1
• ln Ruh e entnimmt das Myokard mehr als 50% des 0 1 aus dem
Der myokardiale 0 2-Verbrauch in Ruhe beträg t etwa 10-11 ml Koronarblut.
0 2 /min pro lOOg Gewebe. Schon in Ruhe entnimmt das Herz • Nach Entnahme des Sauerstoffs liegt der 0 2 -Partialdruck im
dem strömenden Blut ca. 70 % des Sauerstoffs. Nach Entnahme Sinus coronarius deutlich unter 40 mmHg.
des Sauerstoffs liegt der 0 2 -Partialdruck im Sinus coronarius __J

deutlich unter 40mmHg. Die 0 2 -Ausschöpfung ist also bereits


in Ruhe deutlich höher als im übrigen Organismus. Ein gestei- GESCHAFFT
gerter Bedarf kann daher nicht durch eine ge steigerte 0 2- Ex- Sie haben nun di e Hälfte des ersten Physiologie-Skripts gescha fft. Es geht in
traktion gedeckt werden. sondern erfordert eine Steigerung der Lernpake t 3 mi t einem nicht we niger komplizierten Thema wei ter. der Phy-
Durchblutung. siologie de Kr eislaufsystem s. Auch hier ist ein Verst ändni s f ür di e Materi e von
großem Vorteil beim Lern en. Vielleicht hilft es Ihnen auch, eine kur ze Pau se
Der Energieverbrauch wird etwa zu gleichen Teilen über die
einzulegen und vor dem Weit era rb eiten Ihre eig enes Kreislaufsystem noch
Oxidation von freien Fettsäuren. Laktat und Glucose gedeckt. ei nma l aufTo uren zu bring en. Das macht den Kopf frei!
Allerdings kann sich da s Herz mit seiner Substratau swahl an

4 Kreislauf 4.1.1 Stromstärke des Blutes


und Gefäßwiderstand
4.1 Physikalische Grundlagen Die Blutströmung ist von viel en verschiedenen Fa ktoren abhän-
g ig. Es g ibt mehrere physikalische Formeln. die unterschiedli-
Für die Strömung d es Blutes durch da s Gefäßsyste m gelten di e c he Aspekte dieser Zusammenhä nge beschreiben.
a llgemeinen physikali schen Strömungsgesetze. Blut w e ist alle r- Die Strom stä rk e häng t zum einen von de r Druckdiffere nz
dings im Vergleich zu einer id e alen .. Ne wton'sc hen Flü ss ig keit" L'IP zwisch e n Anfangs - und Endpunkt und dem Strömungswi-
eini ge Besonderheiten auf. Blut ist keine homogen e Flü ss ig keit, de rstand Rund zum andere n vom Ge fäßque rs chnitt D und der
sondern au s Wasse r, El e ktrolyten, korpu s kuläre n Bes tandte i- Strö mungsgesc hwindi g ke it d es Blutes a b.
len und Proteinen zusamm en ge set zt. Diese Flüss ig keit ström t
nicht durc h starre Röhre n. sonde rn durch mehr od e r weni ge r • Ohm'sche Gesetz. Analog z um Ohm'schen Gesetz g ilt:
e lasti sche Ge fä ß e und verursacht dabei eine w ech se lnd e, s tre- . L'IP
Q =-
ckenweise t urbulente Strömung. Au s di ese m Grund ste llen die R
physikalischen Geset ze eine Nä he rung da r. die a be r klini sc h
au sreichend ist. Q= Stromst ä rke 11 /minj
L'IP = Dru ckdiffe ren z zwi sc he n Anfan gs - und Endpunkt
[mmHg j
4.1 Physikalische Grundlagen 49

R = Strömungswiderstand [mmHg min/1] Das 2. Kirchhoff'sche Gesetz besagt, dass sich der Kehrwert
des Gesamtwiderstandes in parallel geschalteten Gefäßen aus
APROPOS
Zum Vergleich: ln der Physik heißt diese Formell = I1U , mit I = eLStrom - der Summe der Kehrwerte der Einzelwiderstände ergibt:
R
stä rke, und U= el. Spannung. 1 1 I 1
- -- =-+- + +-
Rgesamt R1 R2 ... Rn
Die Bedeutung dieser Formellässt sich am Beispiel des sog. Bay-
liss-Effekts (s. S. 62) erkennen. Soll die Stromstärke in einem Ge- Daraus folgt , dass der Gesamtwiderstand in einem System
biet (z. B. Niere) auch bei steigendem Druck konstant gehalten aus mehreren parallel geschalteten Gefäßen immer kleiner ist
werden. dann muss sich die glatte Gefäßmuskulatur kontrahie- als der Widerstand in jedem einzelnen Gefäß und dass er um so
ren und so den Widerstand im gleichen Verhältnis erhöhen. kleiner wird, je mehr Gefäße parallel geschaltet sind. Der Ge-
samtwiderstand im großen Blutkreislauf beträgt bei körperli-
Es gilt: cher Ruhe ca. 20 mmHg min/1.
Q = D·v = const. APROPOS
Bei der Lungenembolie ist ei ne Lungenarte rie oder ein Lungenarteri enast
Q= Stromstärke und damit eines von vi elen parallel geschalteten Gefäß en ve rschl ossen und
D = Gefäßquerschnitt trägt nicht mehr zur Reduktion des Gesa mtwidersta ndes bei. Der Gesa mtwi-
v =mittlere Strömungsgeschwindigkeit derstand in den Lungenarterie n erhöht sich (2. Ki rchh off'sches Gesetz).

Diese Beziehung ist in Zusammenhang mit dem sog. Kontinui- .. Hagen-Poiseuille-Gesetz. Da Blut keine homogene Flüssig-
tätsgesetz von Bedeutung. Demnach ist in einem System ver- keit ist, sondern Erythrozyten, hochmolekulare Proteine usw.
bundener Röhren die Stromstärke in jedem Abschnitt des Röh - enthält, ist die Viskosität höher als die von Wasser. Im Hagen-
rensystems konstant (Abb. 4.1). Poiseuille-Gesetz wird diese besondere Strömungseigenschaft
Aus der Formel folgt, dass eine Zunahme des Gesamtgefä- des Blutes berücksichtigt. Das Gesetz lautet:
ßquerschnitts mit einer Verlangsamung der Strömungsge- 4
schwindigkeit einhergeht. Bedeutung hat dies insbesondere im
SI] I
Bereich der Kapillaren: Durch den hohen Cesamtquerschnitt ist
die Blutströmung dort besonders langsam- eine Voraussetzung Q=Stromstärke
für einen optimalen Stoffaus tausch . r = Gefäßradius
T) =Viskosität
Gesetze. Für den Widerstand R gelten die I = Gefäßlänge
Kirchhoff'schen Gesetze. liP = Druckdifferenz
Das 1. Kirchhoff'sche Gesetz besagt, dass sich die Einzelwi -
derstände von hintereinander (in Reihe) geschalteten Gefäßen Setzt man diese Formel in das Ohm'sche Gesetz ein, so erhält
addieren: man :
4
· rr · r liP = liP
Rgesa mr = R, + R2 + .. · + Rn Q = 81]·1 R
Der Gesamtwiderstand steigt also mit der Zahl der hintereinan- R = 8!]·1
der geschalteten Gefäßabschnitte bzw. der Länge des Gefäßes. rr · r 4

Die Aussage des nach dem Widerstand um formulierten Hagen-


b
Poiseuille-Gesetzes lautet: Der Strömungswiderstand ist pro -
a portional zur Viskosität und zur Länge des Gefäßabschnittes
() () und umgel<ehrt proportional zur vierten Potenz des Gefäßra-
dius, also:

R "'_!_
r4

Dies bedeutet, dass sich bei einer gegebenen Druckdifferenz


auch eine geringe Änderung des Gefäßradius sehr stark auf den
Gefäßwiderstand und damit auf die Durchblutung auswirkt.
Daher kann die Durchblutung eines Organs über eine Kon -
traktion oder Erschlaffung der zuführenden arteriellen Wider-
standsgefäßesehr effektiv gesteue rt werden .
APROPOS
Gefäßverengung bei Arteriosklerose: Bei ei ner Arte riosklerose ist das
meist ve rengt. je nach Grad der Verengung wird die Durchblu·
tung sehr stark eingesc hränkt. Eine Ve rrin gerung des Gefäß radius auf 10 %
des ursprün glichen Wertes führt zu einer Einschränkung der Stromstärke auf
0, 1' = 0,0001 =0,0 1% des Ausga ngswertes. Sind die Koro nargefäße von de r
Abb. 4.1 Kontinuitätsbedingung. Durch di e Verzweigung de r Leitar- Verengu ng betrof1 en, so versucht das Herz bereits in Ruh e auf die Ko ronar·
teri en in vi ele Kapillaren steigt der Gesa mtquersc hnitt an. Dadurch wird reserve (s.S. 47) zurückzugreifen, d. h. durch Senkun g des Gefäßtonus di e
die Strömung sgesc hwindi gkeit stark verl angsa mt. di e Stro mstärke ist Durchblutun g zu steigern . Die Kom pensationsmög lichke iten bei erhöhtem
jedoc h in jedem Absc hnitt des Gefäßsys tems gleich.
50 4 Kreislauf

Bedarf sind dadurch natürlich stark eingeschränkt und bei Belastung kommt baren (apparenten) Viskosität. Im Bereich der kleinen Gefäße
es dann zu einer Myokardischämie. die sich durch retrosternal e Sc hmerze n spielen für die scheinbare Viskosität und damit für die Blutströ-
(Angina pectoris) bemerkba r macht. Eine Erweiterung der Ste nose durch
mung zwei gegensätzliche Mechani smen eine Rolle:
Ballondilatation. bei der die 90%ige Ste nose auf eine 60%ige Stenose aufge-
dehnt wird (Zunahme des Gefäßradius um Faktor 4, nämlich von 0,1 auf 0.4).
erhöht dagegen die Stromstä rk e um das 256-Fac he, sodass die Koronarreser- Fähraeus-Lindqvist-Effekt. In sehr kleinen Gefäßen mit Ge-
ve wieder ausreicht. fäßdurchmessern von ca. 7- 10(.1m ist die scheinbare Viskosität
des Blutes nur geringfügig höher als die von Plasma . Die gerin-
4.1.2 Blutströmung ge scheinbare Viskosität beruht darauf, dass sich die Erythro-
zyten zunehmend wie Münzen in einer Geldrolle in der Mitte
Laminare und turbulente Strömung des Blutstroms anordnen ( .. Axialmigration"), während am Rand
Im Gefäßsystem ist die Strömung unter physiologischen Bedin- eine zellarme .. Gieitschicht" aus Plasma für g ute Fließeigen-
gungen weitgehend laminar. Lediglich in den proximalen Ab - schafren sorgt. Zudem können sich die Erythrozyten aufgrund
schnitten der großen Gefäße (z. B. Aortenbogen zu Beginn der ihrer hohen Flexibilität bei zunehmender Schubspannung gut
Austreibungsperiode), bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten an die Strömungsbedingungen anpassen. Sie verhalten sich
und geringer Viskosität kommt es zu Turbulenzen. dann ähnlich wie Flüssigkeitströpfchen in einer Emulsion und
verringern so weiter die hydrodynamischen Störeffekte.
Strömung. Unter laminarer Blutströmung versteht Erst wenn die kleinen Arteriolen sich in die Kapillaren auf-
man ein .,geordnetes" Strömen der Blutbestandteile in konzen- zweigen. deren Durchmesser mit ca. 4J..Im unter dem der Eryth-
trischen Schichten. Diese Art der Strömung kommt durch die rozyten (7 J..Im) liegt, steigt die scheinbare Viskosität wieder an.
Reibung zwischen Gefäßwand und Blutanteilen einerseits und Die Kapillaren sind so eng, dass die Erythrozyten an die Grenze
verschiedenen konzentrischen .. Biutschichten" andererseits ihrer maximalen Verformbarkeit kommen, um sich hindurch -
zustande. Die äußerste Schicht strömt am langsamsten, wäh- zwängen zu können.
rend sich die inneren Schichten jeweils teleskopartig gegen die
außen angrenzenden Schichten verschieben. Das Geschwindig- Aggregation. Auf der anderen Seite kann es bei
keitsmaximum wird im Axialstrom, also im Zentrum des Gefä- sehr langsamer Strömung, insbesondere in kleineren Gefäßen,
ßes. erreicht. zu einer reversiblen Aggregation der Erythrozyten kommen.
Begünstigt wird diese Zusammenlagerung durch hochmole-
Strömung. Bei einer turbulenten Strömung ver- kulare Plasmaproteine wie Fibrinogen, o: 2-Makroglobulin usw.
wirbeln die Blutbestandteile, die Flüssigkeit bewegt sich nicht Die g rößeren Korpuskeln passen nicht mehr so gut durch die
nur parallel. sondern auch quer zur Längsachse des Gefä- kleinen Gefäße, die Viskosität steigt steil an und die Strömungs -
ßes. Dadurch nimmt der Reibungswiderstand stark zu und es geschwindigkeit verringert sich. Dieser Effekt spielt pathophy-
kommt zu zusätzlichen Energieverlusten. siologisch beim Schock eine große Rolle.
Um den Überga ng von einer laminaren zur turbulenten Strö- Physiologisch bedeutend ist die Schubspannung in der Nähe
mung abschätzen zu können. bedient man sich der (dimensi- des Endothels. die Wandschubspannung. Sie verformt durch
onslosen) Reynolds-Zahl. Reibung zwischen Blut und Gefäßwand das Endothel und stellt
Eine turbulente Strömung entsteht umso leichter, je höher einen Stimulus für die Freisetzung vasoaktiver Substanzen wie
Strömungsgeschwindigkeit, Gefäßradius und Dichte sind. und NO dar. Die Wandschubspannung ist direkt proportional zur
umso sc hwerer, je höher die Viskosität ist. Überschreitet die Strömungsgeschwindigkeit und zur Viskosität und umgekehrt
Reynolds-Zahl den kritischen Wert von 2000-2200, dann geht proportional zum Innenradius des Gefäßes. Bei hohen Schub-
die laminare in eine turbulente Strömung über. spannungen, die bei schneller Strömung auftreten, ist die Vis-
kosität des Blutes deutlich niedriger ist als bei geringer Strö-
APROPOS
Im Rahmen ein er Anämie kann die Blutviskosität so weit absinken. dass der
mung.
kritische Wert der Reynold-Zahl überschritten wird und es zur Bildung von
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Turbul enzen kommt. Dies gesc hie ht v.a. an den Herzklappen (und ist dann
ggf. als Systol ikum ausku ltierbar) und dort. wo die Strömungsgeschwind ig- Eine turbulente Strömung e ntste ht um so leichter, je höher
keit (z . B. aufgrundein er Gefäßverengu ng) erhöht ist. Die Turbulenze nl asse n die Strömungsgeschwindigkeit ist.
sich dann als Strömungsgeräusche ausku ltieren. Die Schubspannung am Endothel steigt mit der Strömungs-
Viskosität geschwindigkeit des Blutes.
Die Viskosität (Zähigkeit) ist ein Maß für die innere Reibung
einer Flüssigkeit. Die Einheit für die absolute Viskosität ist Pa
s. Meist wird sie jedoch im Verhältnis zu der Viskos ität von 4.1.3 Gefäßwandmechanik
Wasser als relative Vi skos ität angegeben: Wa sser = 1, Plasma=
1,9-2 ,3, Vollblut= 3- 5. Der Dehnungszustand eines Gefäßes wird durch den trans-
Die Viskosität von Newton'schen Flüssigkeiten ist eine kon - muralen Druck und die elastischen Eigenschaften des Gefäßes
stante Materialeigensc haft und nur von der Temperatur abhän - bestimmt und beeinflusst das hindurchfließe nde Strömungsvo-
gig. lumen.
Die Viskosität des Blutes ist dagegen kein konstanter Wert,
sondern variiert je nach Hämatokrit, Plasmaprotein ge halt, Tem- Transmuraler Druck und tangentiale Wandspannung
peratur und Strömungsbedingungen. Da sic h Vollblut in Bezug Der transmurale Druck P1111 stellt die Differenz zw isc hen intra-
auf di e Viskosität je nach Gefäßgröße und Fließgesc hwindigkei t und extravasalem Druck dar:
in versch iede nen Abschnitten des Gefäßsystems ganz unter- Abhängig ist der tran smura le Druck v. a. vom intrava sa le n
sc hi edli c h verhalten kann , sp richt man auch von der schein- Druck, w e il de r extravasa le Druck (D ruck im Gewebe) mei st
4.2 Kreislaufsystem 51

relativ konstant ist (und zudem so niedrig, dass man ihn meist er demnach erheblich geringer al s im arteriellen System. Bei
vernachlässigen kann). Eine Ausnahme davon stellen die Lun- Kindern ist die Wanddehnbarkeit besonders hoch, der Aorten-
ge oder der linke Ventrikel dar, wo die Gewebedrücke stark durchmesser allerdings so klein, dass die Compliance trotzdem
schwanken. geringer und somit E' größer ist als beim jungen Erwachsenen.
Der transmurale Druck dehnt die Gefäßwand und erzeugt
dabei eine tangentiale Wandspannung, dem die Gefäßwand K. Das Volumenelastizitätsmodul

standhalten muss. Neben dem transmuralen Druck hängt die K erhält man, wenn man die Volumenänderung f:N in Bezug zu
Wandspannung auch vom Innenradius r des Gefäßes und der einem Gesamtvolumen V setzt (relative Volumenänderung). Es
Dicke der Gefäßwand h ab. Sie nimmt mit steigendem Druck, ist demnach das Produkt aus E' und V:
steigendem Innendurchmesser und abnehmender Wanddicke
K= E'x V = liPtm x V
zu. t.V
Dies erklärt auch, warum Arterien und Venen einen unter-
schiedlichen Wandaufbau aufweisen. Arterien stehen aufgrund Das Volumenelastizitätsmodul gibt die spezifische Volu-
ihres hohen Innendrucks unter starker Dehnungsbelastung. menelasti zität an und ist ein Maß für die Dehnbarkeit der Ge-
Damit die Wandspannung trotzdem nicht zu hoch wird, müs- fäßwand .je weniger dehnbar sie ist, um so höher istKund umso
sen sie den erhöhten Druck durch eine dicke Gefäßwand und schneller wird eine Druckwelle in einem Gefäß weitergeleitet.
einen relativ kleinen Innendurchmesser kompensieren. Dem in Das Volumenelastizitätsmodul ist also eine Determinante zur
den Venen herrschenden, relativ niedrigen Blutdruck können Bestimmung der Pulswellengeschwindigkeit (s.S. 53).
dagegen auch Gefäße mit geringerer Wanddicke und größerem
Innenradius standhalten. Die tangentiale Wandspannung ist in
den Kapillaren am geringsten. 4.2 Kreislaufsystem
Compliance Der Gesamtkreislauf besteht aus 2 hintereinander ("in Reihe")
je nach ihren elastischen Eigenschaften reagieren Gefäße un- geschalteten Kreisläufen mit 2 Pumpen. Sauerstoffreiches Blut
terschiedlich auf wechselnde Druckbelastungen. Ein Maß für wird aus dem linken Herzen in den Körperkreislauf ( .. großer
die Dehnbarkeit eines Gefäßes ist die Compliance ( ..Volumen- Kreislauf") gepumpt und gelangt über die Aorta und die großen
dehnbarkeit"), die die druckabhängige Volumenzunahme in Arterien bis in die Kapillaren, in denen der Stoffaustausch mit
einem Gefäß beschreibt: den Organen stattfindet. Aus den Kapillaren fließt das Blut über
die Venolen und Venen in das rechte Herz und tritt dort in den
C= I:!.V Lungenkreislauf ( .. kleiner Kreislauf") ein, um erneut Sauerstoff
I:!.P
aufzunehmen und C0 2 abzugeben. Funktionell kann man das
C: Compliance lml/mmHg] Kreislaufsystem in ein Hoch- und ein Niederdrucksystem un-
!'N: Volumenänderung terteilen.
t.P: Druckänderung
4.2.1 Funktionelle Anatomie des Gefäßsystems
Die Compliance des venösen Systems ist bis zu 200-fach höher
als die des arteriellen Systems. Deshalb geht auch eine relativ Die Gefäße in den verschiedenen Kreislaufabschnitten haben
große Volumenzunahme nur mit einer geringen Druckesteige- unterschiedliche Aufgaben. Sie unterscheiden sich deshalb in
rung einher. Das venöse System eignet sich daher besonders gut ihrem Aufbau und weisen charakteristische funktionelle Be-
zur Speicherung größerer Blutvolumina, man spricht deshalb sonderheiten auf. Man unterscheidet Windkesselgefäße, Wi-
auch von Kapazitätsgefäßen. derstandsgefäße, Sphinkter-Gefäße, Shunt-Gefäße, Kapillaren
und Kapazitätsgefäße.
APROPOS
Folge ndes Beispiel verd eutli cht die Eigenschaft der Kapazitätsgefäße:
Von ca. 80ml Schlagvo lum en werden ca. 40 ml kurzfr is tig in der Ao rta Windkesselgefäß. Als Windkesselgefäß bezeichnet man die
. gespeichert " (Windkesselfunktion. s. u. ). Daz u mu ss der Druck et wa um großen Arterien (Aorta und ihre großen Äste). Sie weisen einen
40 mmHg (von diast oli sch 80 mmH g auf systoli sc h 120 mmHg) erh öh t wer· hohen Anteil an elastischen Fasern auf. Die Windkesselfunk-
den. Di e Compli ance der Aort a beträgt demnach C 40 ml/40 mmHg 1 ml/
tion dieser Gefäße wandelt die pulsi erende Strömung, die aus
mmH g. Pro mmH g Dru ckzuwachs st eigt das Volum en also um 1 ml.
Im venöse n Syst em dagegen, in dem di e Cornpli ance et wa 200-fach höher
dem Herzen kommt. in den peripher gelegenen Arterien zuneh-
ist, würde ein e Druckerhöhung von 1 rnmHg erst durch di e Zugabe von mend in eine kontinuierliche Strömung um:
200m I erreicht. Diese großen Unterschi ede in der Cornpli ance führen dazu, In der Systole fließt nur etwa die Hälfte des ausgeworfenen
da ss sich infundierte Volumina sehr unterschi edli ch irn Kreislauf verteil en. Blutes direkt in die Arterien, die andere Hälfte wird zunächst in
Von 11 Koc hsa lzlösung wa ndern etwa 5 ml in das ar teri elle System und
der Aorta .. gespeichert". Durch die elasti schen Rückstellkräfte
99Sml in di e Kapazitä t sgefäße.
der Aorta wird danndas Blut auch während der Dia stole in die
.,. VolumenelastizitätskoeffizientE'. Zur Beschreibung des Arterien gedrückt. Auf diese Weise werden Druck- und Strö-
druck- und volumenabhängigen Dehnungsverhaltens kann mungsspitzen wirkungsvoll geglättet (Abb. 4.2).
man auch den Volumenelasti zitätskoeffizienten E' verwenden. Im Alter nimmt die Windkesselfunktion ab. Dadurch steigt
Es handelt sich hierbei um den Kehrwert der Compliance. das vom linken Ventrikel mit jedem Schlag zu beschleunigende
Blutvolumen und damit die Beschleunigungsarbeit.
E' : ..!_ = t.P,m
C t.V
Widerstandsgefäße. Zu den Widerstand sgefäßen gehören
Der Volumenelasti zitätskoeffi zient E' ist um so kleiner. je hö - die kl einen Arterien und Arteriolen , die den Blutdruck vor dem
her die Nachgiebigkeit des Systems ist. Im venösen System ist Eintritt in da s Kapillarsystem redu zieren. Der Anteil dieses Ge-
52 4 Kreislauf

Blutdruck Anteil am Widerstand


25
g
Oi
I 80
20 v
c:
E
c
.s
-"' 60 15 v
QJ

"'
c
u
:::J
c t:
""c >"' "'"'> 0 'E
0"'
""e"'
c
QJ
c "'u 40 10 QJ

>
QJ
>
QJ
0\ >
> \.J

2,6 3,2
I
s"' 20 5
E
.B"'
0,4 0,3-0,06 0,01 0,002 c
-<
0 0
Innendurchmesser des 3500
einzelnen Gefäßes (cm)

100 30
Cf!; 5;,;,
,3= =20= =2=0 =:::::::-
10

Gesamtquerschnittsfläche (cm 2)

Abb. 4.3 Blutdruck in unterschiedlichen Abschnitten des Gefäß-


Druckverlauf systems und Anteil der Abschnitte am TPR.
(mmHg)
------------------------------------------------- -- -·
1 00 -- ------------------------------------------------- Sphinktergefäße reguliert werden kann. Der Anteil dieses Ge -
80 - - - - - - - - - -- ---- -----------------------------------------
fäßabschnitts am TPR b eträgt etwa 25% (Abb. 4.3).
__ _
Kapazitätsgefäße. Die Kapazitätsgefäße des Niederdruck-
system s dienen aufgrund ihrer hohen Compliance als Blutre-
Abb. 4.2 Gefäßabschnitte und einige ihrer Eigenschaften. servoir. In ihne n befinden s ich etwa 80% des gesa mten Blutvo-
lumens, von dem bei Bedarf ein Teil durch Tonuserhöhung der
fäßabschnitts am Gesamtwiderstand (TPR total peripheral glatten Gefäßmuskulatur mobilisiert werden kann. ln diesem
resistance) beträgt etwa 50% (Abb. 4.3). Dieser starke Einfluss Gefäßabschnitt nimmt der mittlere Blutdruck wesentlich weni-
auf den TPR beruht auf der starken Abnahme d er Einzelradien ger stark ab als im Abschnitt der Widerstandsgefäße (Abb. 4.3).
de r Gefäße. durch die der Gesa mtwiderstand in sgesa mt stärker
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
beeinflusst wird (R = 1/rl (Hagen-Po ise uille -Gesetz]) als durch
die Zunahme des Gesamtquerschnitts (R"' r2). Bei Konstriktion Bei Konstriktion der Widerstandsgefäße sinkt der Druck in
der Widerstandsgefäße sinkt der Druck in den nac hgescha lte - den nachgeschaltete n Kapillaren.
ten Kapillaren. in den Kapillaren ist die mittlere Strömungsgeschwindigkeit
d es Blutesam geringsten.
Diese habe n einen ri ngförm igen Ver- Der Anteil des Kapillarsystemsam TPR beträgt etwa 25 %.
schlussmechanismus aus glatter Muskulatur, mit dem sie den Im Abschnitt der Kapazitätsgefäße nimmt der mittlere
Blutfluss im nachgeschalteten Gebiet regulieren können. Im Be- Blutdruck wesentli ch wen ig er stark ab als im Abschnitt der
reich der p räkapillären Arteriolen steue rn sie die Blutverteilung Wid erstandsgefäße.
auf die kapilläre Austauschfläche.

Shunt-Gefäße si nd Kurzschlussverbindungen 4.2.2 Hochdrucksystem


zwischen arteriellem und venösem Gefäßbett. Das Kapillarbett
wird umgange n und das betroffene Organ partiell und funkti- Zum Hochdrucksystem gehö re n die arte ri e llen Gefäße des Kör-
onell von der norma len Kreislauffunktion abgekoppelt. Shunt- perkreislaufs (Aorta und Arterien bis zu den Arteriolen) sow ie
Gefäße sind nur unter bestimmten Bedingungen geöffnet, z. B. der linke Ventrikel in der Systole. Der mittlere Blutdruck li egt
zur Umgehung des Lungenkreislaufs während der Fetalperiode mit ca. 100 mmHg etwa 10-mal höher als im Ni ederdrucksys-
(Ductus arteriosus Botalli; s.S. 69) oder in der Haut zur Verr in- tem, dafür ent hält das Hoc hdr ucksystem abe r auch nur etwa
ger un g des Wärmeverlusts in kalter Umgebung (s. S. 66). 15 % d es gesamten Blutvolumens. Spricht man allge me in vom
"Blutdruck", so ist der im Hochdrucksystem herrschende arte-
In den Kapillaren findet der Gas- und Stoffaus- ri e ll e Blutdruck gemeint.
tausch zwischen Blut u nd Gewebe statt. Aufgrund ihres aus-
gesprochen hohen Gesamtquerschnitts ist die Strömungsge- Druckpuls und Strompuls
schwindigkeit in den Kapillaren besonders niedrig, die Gesam- Die rhythmische Pump leistung des Herzens erzeugt in den
toberfläche, an der die Austauschvorgänge stattfinden , dagegen nachgeschalteten Gefäße n ei ne Welle der Druckände run g ,
extrem groß. Kapillaren se lbst besitzen keine Muskulatur. Ihre die Pulswelle, und eine Welle der Volumenverschiebung, die
Weite wird passiv über die Änderung des Perfusionsdrucks be- Stromwelle, die sich in Richtu ng der Kapillaren fortp fl anzen.
stimmt, der über die prä- und postkap illären Widerstands- und Dabei bewegt sich die Pu lswe lle wese n t li ch sch ne ll er vo1·an a ls
die Stromwelle.
4.2 Kreislaufsystem 53

An Gefäßverzweigungen oder an Stellen, an denen sich Ge- 160


fäßeigenschaften (Querschnitt, Wanddicke, Elasti zität) ändern,
systolische
wird die Pulswelle reflektiert. Bei der Überlagerung von Wellen Maxima
entgegengesetzter Laufrichtung (peripherwärts laufende und InZISUr .... .... J.. ··· · .. 'lf .. . .
reflektierte Welle) addieren sich die Drücke während sich die
Stromstärken subtrahieren, daher nimmt die Amplitude der

•...;
Pulswelle peripherwärts zu, die der Stromwelle dagegen ab.
Die rhythmischen Schwankungen des Blutdrucks werden durch
den Druckpuls, der zeitliche Verlauf der Blutströmung durch
den Strompuls charakterisiert. o Mitteldruck
diaslohsehe dikrote
Minim a Welle
Druckpuls. Den Druckpuls erhält man, indem man an einer 40 ------------- --------·---- ------------- -------- -- ---
bestimmten Stelle im arteriellen Gefäßabschnitt die während
eines Herzzyklus über die sen Abschnitt laufende Pulswelle
misst.
Der Druckpuls entsteht, wenn der Aortendruck in der Aus-
wurfphase rasch von diastolischen auf systolische Werte an- Aorta Ao rt a A. A. tibia li s
asce nd ens abdom ina lis fe mo ralis ante rior
steig t. Der Druckanstieg beträg t normalerweise etwa 40 mmHg
(von 80mmHg auf 120 mmHg).
150 --- ......... ------------- ------ -- - ------ ----------
Die Differen z zwischen dem systolischen Maximal- und dem
diastoli schen Minimalwert des Blutdrucks bezeichnet man
E
als Blutdruckamplitude, die über die Ze it gemittelten, durch - :;;- 100 .... ------- - ----------- ------- -- ---- -
schnittlichen Blutdruckwerte ergeben den arteriellen Mittel- j!
0>
druck. Da Systole und Diastole unterschiedlich lange dauern , 'ö
c
ergibt sich der Mitteldruck genau genommen nicht einfach "§ 50 -- --
als arithmetisches Mittel aus systoli sc hem und dia s tolischem
Druck, sondern aus der Integration der Druckpulskurve übe r "'c
die Zeit. E
Wie Abb. 4.4 zeigt, nehmen systolisches Maximum und Blut-
druckamplitude von der Aorta ascendens nach distal zu und ________
sind in der A. tibialis sehr hoch. Grund hierfür ist die abneh - Aorta Aorta A. A. tibialis
ascendens abdomin alis femoralis anteri or
mende Compliance der Gefäße. Das dia stoli sche Minimum wie
auch der Mitteldruck nehmen Richtung Peripherie leicht ab. Abb. 4 .4 Änderungen des Druckpulses (a) und Strompulses (b) im
Form und Amplitude des Druckpul ses unterscheiden sich je arteriellen System beim liegenden Menschen.
nach Gefäßabschnitt (Abb. 4.4). Herznah und daher typisch für
die Aorta zeigt sich eine scharfe Inzisur im zentralen Druckpuls. je starrer das Gefäß ist und je kleiner der Radius ist, de sto höher
die durch einen kurzen Rückstrom des Blutes in Richtung der ist die Pulswelle ngeschwindig keit. Au s diesem Grund steigt sie
sich schließenden Aortenklappe am Ende der Systole verur- von ca . 5 mfs in der Aorta (viele elasti sc he Fasern und g roßer
sacht wird . Sie wird aber durch die ela stische Dämpfung schnell Durchmesser) auf 8 - 12 mfs in der Peripherie (kl ein e re Lumina.
abgeschwächt und ist in den peripheren Gefäßen nicht mehr muskel s tarke, relativ starre Gefäßwände) an. Bei Arteriosklero-
nachwei s bar. Herzfern tritt durch die Reflexionen der Druck- se ist die Pul swellengeschwindigkeit aufgrund der starren Ge -
welle in Richtung Herz ra sc h e ine Üb e rhöhung der ursprüngli - fäßwände ebenfall s e rhöht (Abb. 4.4).
chen Druckkurve auf. Auch die rücklaufende Druckwelle wird Die Pul swell e ngeschwindi gkeit c läss t sich auch aus de r
erneut reflektiert - nun wieder in Richtung Peripherie - und Pulslaufstrecke i und der Pulslaufzeit M e rrechnen :
bildet dort einen zweiten, schwä cher au sgepräg ten Gipfel, de n
i
man al s dikrote Welle bezeichnet. Dieser zweite Gipfel ist v.a . C = --
L'.t
in den di stalen Beinarterien wi e der A. tibiali s pos teri or ausge-
prägt. Die Pulslaufstrecke ergibt sich aus dem Abstand zwis chen 2
Die Pulswellengeschwindigkeit c (Au sbreitungsgeschwin- Abnahmes tellen für die Druckpulskurve. die Pulslaufzeit er-
dig keit der Druckwelle) ist wese ntlich höher al s die Strömung s- gibt sich au s der zeitlichen Verzögerung de r Fußpunk te von 2
geschwindigkeit des Blutes und häng t ne ben de m Blutd ruck Druckpulskurven.
u. a. von der Elasti zität der Gefäßwänd e und de m Radiu s ab. Die
Pulswellengeschwindigkeit läss t sich au s dem Volumenelasti- RECHENBEISPIEL
zitätsmodul K (s. S. 51 ) des Gefä ßes und de r spez ifi sche n Dichte
ln Abb. 4.5 sehen Sie 2 gleic hzeit ig regist rierte Druckpul sk urven. Die bei-
des Blutes p bestimmen: den Abnahmest eile fü r die obere und unte re Kur ve liegen 70 cm ause inan-

c=fi
der, die Pul swell engeschwind igkeit zwi schen den beiden Abnahm es telien
w ird als konst ant angenomm en. Di e hori zonta le Ab lenkgeschwindigkeit
der Registri erun g betr ägt 1Ocmf s. W ie gro ß ist die ungefähre Pul swell en-
geschwin digkeit?
c = Pul swe ll e ngesc hwindi g ke it
I< = Volum e nelas ti zitäts mo dul
p =spez ifi sche Dic hte d es Blutes
54 4 Kreislauf

lf 11
Druck !
{1\
"" \
ln der Prüfung wird Ihnen möglicherweise ein Diagramm präsen-

1\ tiert, das Strompuls und Druckpuls zeigt, und Sie müssen den

j j
Kreislaufabschnitt erkennen, aus dem di e Messungen stammen.
Schauen Sie sich daher Abb. 4.4, insbesondere den Verla uf bei
1\ \ de r Aorta ascendens, genau an.

Druck
-:;;:::-

""' "" Arterieller Blutdruck


Der arterielle Blutdruck schwankt bei Gesunden zwischen

I/ 1\ systolischen Werten < 140 mmHg und diastolischen Werten <


90mmHg.

\ ......__
!\
\ I'-
\
Die Höhe des Blutdrucks hängt vom Herzzeitvolumen und
dem totalen peripheren Widerstand (TPR) ab und wird durch
kurz-. mittel - und langfristige Regulationsmecha nismen ge-
steuert (s. S. 59). Durch Veränderung des Gefäßwiderstandes in
den zuführenden Arterien kann außerdem die Durchblutung
einzelner Organe jeweils dem aktuellen Bedarf angepasst wer-

""
den .
............ In der Aorta schwankt der Blutdruck normalerweise etwa
I'-
zwischen 80 und 120 mmHg, der Mitteld ruck beträgt etwa
0 5 10 cm
100 mmHg. Durch die Reflexion der Druckpulswelle in den pe-
Abb. 4.5 Druckpulskurven zum RechenbeispieL ripheren Gefäßen nimmt der systolische Blutdruck in den herz-
fernen Gefäßen zu. Gleichzeitig sinkt jedoch der diastolische
Blutdruck ab, sodass die Blutdruckamplitude zwar größer wird ,
lösungsweg: Ermitteln Sie zu nächst die Pulslaufzei t: Die beiden Pulswel- der arterielle Mitteldruck aber insgesamt abnimmt (Abb. 4.4a).
le n sind um 1 cm gege neinander verschoben. Bei einer Registrierung mit Erst in den Widerstandsgefäßen (terminale Arteriolen) fällt
10cm/s. entspricht das einer zeitlichen Verzögerung von 0,1 s. Die Pulslauf- der Blutdruck stark ab und die Unterschiede zwischen diastoli-
zeit llt ist also 0,1 s. schem und systolischem Druck verringern sich, bis sie schließ-
Dan n wenden Sie die Formel zur Berechnung der Pu lswellengeschwindig- lich in den Kapillaren kaum noch nachweisbar si nd .
keit an:
i APROPOS
C= -
1\t Rhythmische Blutdruckschwankungen: Die bei der kont inuie rlichen Mes-
sung des Blutdrucks messbaren Druckpulse bezeichnet man als Blutdruck-
c= 0.7m =7m/s schwankungen I. Ordnung. Darüber hinaus gibt es atemabhängige Blut-
0,1s druckschwa nkungen. Bei normaler Atemfrequenz ze igt sich bei Inspiration
ein leichter Abfall, bei Exspiration ein leichter Anstieg des Blutdrucks. Diese
Lösung: Da die Pulswelle in 0,1 s 70cm zurückgelegt hat, ist die Pulswellen-
Schwa nkun gen bezeichnet man als Blutdruckschwankungen II. Ordnung.
geschwindigkeit also 7 m/s.
Die Blutdruckschwankungen 111. Ordnung haben eine Periodendauer von
ca. 10 s und stehen wahrscheinlich im Zusammenh ang mit Schwankungen
des Tonus der peripheren Gefäße.
. LERNTIPP ! Der Blutdruck unterliegt außerdem einer endogenen zirkad ianen Rhythm ik
Die Pulswellengeschwindigkeit ist eine Geschwindigkeit und in mit Minimalwerten gegen 3.00 Uhr morgens.
der Physik werden Geschwindigkeiten nach der Formel v = sft
berechnet. Nicht anderes verbirgt sich hinter der Formel c = i/ FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
ßt. Vielleicht hilft diese Verbindung zur Physik, dass Sie sich die .. Das systolische Maximum nimmt von der Aorta ascendens
Formel besser merken können . nach distal zu und ist in der A. t ibialis sehr hoch.
.. Die Pulswellengeschwindigkeit lässt Rückschlüsse auf das
.. Strompuls. Der Strompuls entsteht durch den rhythmischen Volumenelastizitätsmodul zu .
Auswurf von Blut aus dem Herzen in die Aorta, bei dem die .. Die Pulswellengeschwindigkeit in de r Ao rta ei nes Erwachse-
Stromstärke kurzfristig bis auf ca . 600 mlfs steigt. ln der Aus- nen hat eine Geschwindigkeit von etwa 5 m/s.
treibungsphase, die vom Beginn des Druckanstiegs bis zur .. Die Pulswellengeschwindigkeit c lässt sich auch aus der
Inzisur reicht, ist die Strömungsgeschwindigkeit in der Aorta Pulslaufst recke i und der Pulslaufzeit L'.t bestimmen:
ascendens sehr hoch und geht nach Schluss der Aortenklappen
i
auf null zurü ck. Dabei wi rd di e kritische Reynolds-Zahl von C= -
L'.t
2000-2200 mei st deutlich überschritten. soda ss es hier zu Tur-
bul enzen in der Blutströmung kommt. Zeitweise ist die Fließge- .. Der für di e Aorta ascendens typ ische Druckpuls zeigt ei ne
schwindigkeit sogar negativ und das Blut strömt zurück. deutlich ausgeprägte Inzisur. Der typische Strompuls zeigt,
ln Richtung Peripherie nehmen die Strömungsgeschwindig- dass die Strömungsgeschwindigkeit vom Beginn des Druck-
keit und damit auch der Strompuls immer weiter ab (Abb. 4.4). anstiegs bis zur Inzisur sehr hoch un d nac h Klappensc hluss
gleich null ist
4.2 Kreislaufsystem 55

4.2.3 Niederdrucksystem ln Abb. 4.6 ist der effektive Gefäßdruck in stehender Positi-
on dargestellt. Dabei gilt: lOOcm Blutsäule entsprechen etwa
Zum Niederdrucksystem gehören die Kapillaren, das gesamte 100cm Wassersäule entsprechen 75 mmHg. Aufgrund der
venöse Gefäßsystem, das rechte Herz, die Lungenstrombahn Schwerkraft herrscht im Stehen ein effektiver venöser Gefäß-
und der linke Vorhof sowie der linke Ventrikel während der druck , der in den Fußgefäßen etwa 90mmHg, in den Unter-
Diastole. Der mittlere Blutdruck ist mit Werten zwischen 0 und schenkelvenen etwa 70 mmHg und im intrakraniellen Sinus
25 mmHg wesentlich geringer als im Hochdrucksyste m . lm Nie- etwa -lOmmHg beträgt. Der effektive arterielle Blutdruck be-
derdrucksystemfindet zum einen der Stoffaustausch statt, zum trägt in der Fußwurzel etwa 190 mmHg, im intrakraniellen Si-
anderen befinden sich hier ca. 85% des gesamten Blutvolumens nus 70 mmHg und in der erhobenen Hand ca. 30 bis 50 mmHg.
und so dient es in gewissem Umfang als Blutspeicher. Die Gefä- Bei einem Wechsel vom Liegen in den Stand ist der relative
ße des Niederdrucksystems sind wesentlich dehnba rer als die Anstieg des Gefäßdruckes im arteriellen und venösen System
des Hochdrucksystems und können daher relativ viel Blut auf- unterschiedlich groß. Besonders deutlich ist die Zunahme des
nehmen, ohne dass der Druck deutlich zunimmt. Gefäßdruckes im Vergleich zum Ausgangsd ruck in den Venen,
die weit unterhalb der Indifferenzebene liegen (z. B. der Vcna
Blutdruck im Niederdrucksystem saphena parva).
Der Blutdruck im venösen System liegt im Bereich der postka- Da die Schwerkraft in gleicher Weise auf die Drücke im ar-
pillären Venolen im Liegen zwischen 15 und 25mmHg und fällt teriellen und im venösen System einwirkt, bleibt die arteriove-
bis zum rechten Vorhof auf 3-5 mmHg ab. Die Höhe der Werte nöse Druckdifferenz, die ja die treibende Kraft für den Blutfluss
wird wesentlich durch den Füllungszustand des venösen Sys- darstellt, unbeeinflusst.
tems bestimmt.
!
.,. Blutdruck in der Orthostase. Der im Nieder- und Hochdruck- Gelegentlich müssen Sie im Zusammen hang mit dem Blutkreis-
system herrschende Druck ist zusätzlich abhängig von der lauf auch Ihre Anatomiekenntnisse bemühen, um eine Frage
Messebene und der Körperhaltung. Im Liegen ist aufgrund der beantworten zu können. Anband der Lag e der Gefäße zur Indiffe-
geringen vertikalen Differenzen im Gefäßsystem der durch die renzebene können Siez. B. absc hätzen, ob sich der Blutdruck bei
Schwerkraft verursachte hydrostatische Druck vernachlässig- einer Veränderung der Körperposition vom Liegen zum Stehen
bar klein. Im Stehen setzt sich der effektive Gefäßdruck dagegen stark ändern wird.
aus dem durch das Herz erzeugten hydrodynamischen Druck
und dem hydrostatischen Druck zusammen. ln Höhe der hyd- FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
rostatischen Indifferenzebene des Körpers, die sich etwa lOcm
.. Bei einem ruhig ste henden Menschen beträgt der Gefäßdruck
unterhalb des Zwerchfells befindet, ändert sich der Druck im
in den Unterschenkelvenen etwa 70 mmHg .
Venensystem bei Veränderung der Körperposition nicht. Ober- .,. Bei einem aufrecht stehenden Menschen mit senkrecht nach
halb der Ebene ist der effektive Gefäßdruck geringer als der
oben ausgestrecktem Arm beträgt der arterielle Blutdruck an
hydrodynamische Druck, da der hydrostatische Druck dem hy-
der Handwurzel zw ischen 30 und 50 mmHg.
drodynamischen Druck entgegenwirkt, unterhalb dieser Ebene
.. Beim Wechsel vom Liegen in den Stand steigt der Gefäß-
addieren sich hydrostatischer und hydrodynamischer Druck. druck in den Venen. die weit unterhalb der Indifferenze-
bene liegen (z. B. der V. saphena parva) im Verhältnis zum
Druck [mmHg) Ausgangsdruck besonders stark an und nimmt entspreche nd
Venen Arterien beim Wechsel vom Stand zum Liegen stark ab.
1+- - - - - - - - -3 0 - 50 _j

Zentralvenöser Druck
r-- - - - 10 - 70
Von den 5-61 Blut befinden sich mehr als 50 % im Niederdruck-
-2 system. Der kurz vor oder im rechten Vorhof gemessene zen-
tralvenöse Druck (auch zentraler Venendruck, ZVD) baut sich
+6
+8 erst bei höheren Volumina auf und bleibt auch dann mit nur
0- 100 3-5 mmHg ger ing. Er ist abhängig von der Blutfüllung des
+ 11 Kreislaufsystems und der Förderleistung des Herzens und zeigt
hydrostatische pulssynchrone und atmungsabhängige Schwankungen. Die
Indifferenzebene
\ -- --1'\---- + 22
pulssynchronen Schwankungen nennt man auch "Venenpu ls".
Sie stehe n in festem zeit lichem Zusammenhang zur Herzaktion .
+35
Die Ermittlung des ZVD ist eine häufig angewandte diagnosti-
sc he Methode im Bereich der lntensivüberwach un g. Mithilfe
des ZVD lassen sich Aussagen insbesondere bez. der Rechts-
herzfunktion und des intravasalen Flüssigkeitsvolumens tref-
fen.

Wird der ZDV geg en das Blutvolumen aufg e tragen , steigt die
Kurve des ZDV mit zunehmendem Volumen nur leicht an .

Abb. 4.6 Arterieller und venöser Blutdruck im Stehen.


56 4 Kreislauf

Systole Diastole sodass dort der resultierende hydrostati sche Druck deutlich
niedriger ist als es der Gesamthöhe entspräche.
EKG p
APROPOS
Q
Venöse Insuffizienz: Die Venenwände haben nur relativ wenig glatte Mus-
120 kulatur und ha lten daher lang andauernden Druckbelastungen ni cht stand.

. :---:-[ -----,__ . Durch langes Stehe n oder Entzündu ngen der Venen können die Venenwände
auseinanderweic hen. Die Venenklappen schli eßen dann nicht mehr richtig.
: AortendCuc: -- - -- - - - - - · -- - · Dadurch ste igt der Druck in den peripherwärts gelegenen Venenabschn it-
: : t en weiter an und weitere Venenklappen werden in suffizient. Es entsteht
Cl Druck in: der linken Kammer : eine ko nt inuierli che Blutsäu le von den Fußvenen bis zur Herzebene mit
I
E en tsprechend hohen intravasalen hydrostatischen Drücken. Das Blut staut
.s sich in die oberfiächli chen Beinvenen zu rück, was man als Aufweitung dieser
-G
2 Gefäße (Krampfadern= Varikosis) sehen kann. Der erhöhte Ve nendruck geht
Cl
mit einem erhöhten Filtrationsdruck in den Kap illaren einh er, es entstehen
Ödeme und eine Mangelversorgung, die zu Gewebedefekten (Ulcus cruris)
führen kann. Zudem steigt das Risiko von Thrombosen durch die langsame
Blutströmu ng stark an.

Muskelpumpe: Kontrahiert sich die Muskulatur um die Venen,


Abb. 4.7 Herzzyklus und Venenpulskurve.
so werden die se komprimiert und das darin enthaltene Blut
ausgepresst. Da die Venenklappen nur den Blutfluss in eine
.,.Verlauf der Venenpulskurve (Abb. 4.7)- Am Ende der Diastole Richtung ermöglichen, wird das Blut so von Segment zu Seg-
kontrahiert sich der Vorhof und drückt Blut in den Ventrikel, ment herzwärts befördert. Durch den rhythmischen Wec hsel
gleichzeitig steigt dadurch der Druck im Vorhof an. Das führt zu von Kontrak tion und Entspannung (z. B. beim Gehen) werden
Druckanstieg a im Venenpuls (-+ a-Welle). die Beinvenen effektiv entleert und der Druck sinkt bis auf 20-
ln der nun folgenden isovolumetrischen Anspannungspha- 30 mmHg.
se der Ventrikel steigt der Druck im Ventrikel an, die Klappen Atmungspumpe: Während der Inspira tion weitet sich der
sind jedoch noch geschlossen. Dadurch drückt das Blut von in- Thorax. Der intrathorakale Druck sinkt und damit nimmt auch
nen gegen die Klappen und wölbt die Trikuspidalklappe in den der Druck in den herznahen Venen auf negative Werte ab, so-
Vorhof vor, mit der Folge, dass dort der Druck nochmals kurz dass Blut aus der Peripherie angesa ugt wird. Gleichzeitig steigt
ansteigt(-+ c-Welle). durch Absenken des Zwerchfells der intraabdominale Druck an,
ln der Au streibungsphase verschiebt sich die Ventilebene in komprimiert die abdominalen Gefäße und presst Blut in die tho-
Richtung Herzspitze (Ventilebenenmechanismus) und verur- raka len Ve nen, ein Rückfließen in die Extremitätenarterien wird
sacht einen Sog in den herznahen Venen; der Venendruck fällt dabei von den Venenklappen verhindert (vgl. Muskelpumpe).
ab(-+ Druckabfall von c nach x; x-Senke). Ventilebenenmechanismus: Auch die rhythmische Ver-
Nach der Systole entspannt sich das Herz wieder, di e AV- sc hi ebung der Ventilebene in Richtung Herzs pitze während der
Kiappen bleiben aber in der Entspannungsphase zunächst ge- Systole erzeugt in den herzna hen Venen einen Sog, der den ve-
sch losse n, da s Blut "staut" sich vor dem Ventrikel und der Druck nösen Rückstrom unte rstü t zt (s. au ch S. 40).
steigt dadurch wieder an(-+ Druckanstieg von x nach v).
Mit Beginn der Füllungsphase öffnet sich die Trikuspidal-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
klappe und da s Blut kann in den Ventrikel fließen, dadurch .,. Die a-Welle der ZVD-Kurve wird durch die Vorhofkontrak-
sinkt der zentralvenöse Druck kurzfristig wieder ab(-+ Druck- tion hervorgerufe n.
abfall von v nach y), steigt mit zunehmender Ventrikelfüllung .,. Der zentralvenöse Druck baut sich erst bei höheren Blutvo-
aber wieder an(-+ Druckanstieg nach y). lumina von über 2000 ml auf und steigt auch mit zune hm e n-
-------- dem Volumen auf nicht mehr als etwa 5 mmHg .
· lERNTIPP ! .,. Der Ventilebenenmechanismus ruft während der Austrei-
.,. Die a-Welle a m Ende der Diastole kommt durch di e Kontrak- bungsphase im ze ntral en Venendruck die x-Senke hervor.
tion des Vorhof) zustand e . .,. Während der Inspiration sinkt der intrathorakale Druck und
.,. Die c-We ll e e ntsteht durch Vorwölben der Cuspis (Klappen- damit a uch der Druck in den herznahen Venen auf negative
segel der Tricuspidalklappe) in den Vorhof. W e rte.
_,

Venöser Rückstrom Statischer Blutdruck


Während im arteriellen System mithilfe der Pumpleistung des Unter dem statischen Blutdruck versteht m an den Druck im
Herzens ein ausreichender Blutfluss in alle Körperregionen auf- Gefäßsystem. der ohne regelmäß ige Herztät igkeit (also bei
rechterhalten wird, wird die Sc hwerkraft im venösen System Herzstillstand) beim liegenden Mensc he n im gesamte n Gefäß-
durch das arteriovenöse Druckgefälle, die Mu sl<elpumpe, die system vorliegt. Er liegt norm a lerweise be i 6- 7 mmHg und ist
Sogeffekte der Atmung und auch der sog. Ventilebenenmecha - ein Maß für den Fü llun gszusta nd des hängt a lso
n is mu s überwunden. vom Blutvo lum en und von der Gefäßkapaz ität ab.
ln den meisten kle inen und mittleren Venen befinden sic h
ventilartige Venenklappen, di e e in en Rückfluss des venösen
4.2.4 Kapillarsystem
Blutes zurück in die periphereren Venena ntei le verhindern. Auf
diese Weise werden in sbeso nd e re die Beinvene n un te rgliede rt, Zur sog. Mikrozirkulation ge hö hre n die Kpaillaren, d ie ihnen
vor- und nachgeschalteten termi nale n Arteriolen und postka-
4.2 Kreislaufsystem 57

pillären Venolen sowie die terminalen Lymphgefäße. Die ter-


minalen Arteriolen sind über ihre Gefäßweite an der Regulation

0 G
der Durchblutung beteiligt.
In der terminalen Strombahn. die von den Kapillaren und
den postkapillären Venolen gebildet wird , findet der eigentliche
Stoffaustausch zw ischen Blut und den Zellen der Gewebe statt.
Die terminale Strombahn weist je nach Organ unterschiedliche
Charakteristika auf.
a kontinuierlich fenestriert diskontinuierlich
Die terminalen Arteriolen mit einem Innendurchmesser von
20-40J.Im zweigensich immer weiter auf und teilen sich in sog.
Metarteriolen) mit einem Innendurchmesser von 8-20J.!m. Ge- transzelluläre Fenestration
meinsam mit ihrer direkten kapillären Fortsetzung bilden sie transzelluläre Pore Diffusion
die sog. Hauptstrombahn mit einer direkten Verbindung zu den
Interzellul ar-
postkapillären Venolen. spa lt
Die echten Kapillaren (lnnendurchmesser 4-8 J.lm), die vo n
den Arteriolen oder den Metarteriolen abzweigen, besitzen
keine Muskulatur. so ndern bestehen nur noch aus einer En-
dothelzellschicht. die von der Basalmembran um geben wird.
In manchen Organen (z. B. Mese nterium) findet man an ihrem
Ursprung einen Ring aus glatten Muskelfasern, den sog. prä-
kapillären Sphinkter. über den die Blutströmung in den nach- große hydrophil e Wasser und kleine
geschalteten Kapillaren ges teuert werden kann. In anderen Moleküle hydrophile Moleküle
Organen (z. B. Herz. Skelettmuskulatur) fehlen diese Sphinkter; b lipophile Moleküle
ihre Funktion übernehmen die glattmuskulären Abschnitte der
Abb. 4.8 Kapillartypen und Wege der Stoffpassage durch das
terminalen Arteriolen .
Gefäßendothel. a Querschnitt durch Kapillaren der 3 Typen. bUnte r-
Die postkapillären Venolen (lnnendurchmesser 8-30J.!m) schiedliche Austauschwege durch das GefäßendotheL
entstehen aus dem Zusammenschluss venöser Kapillaren. Sie
besitzen ebenfalls keine glatte Muskulatu r und nehmen am
Stoffaustausch teil. Erst in den größeren Venolen (lnnendurch - Im Gehirn erfolgt der Stoffaustausch daher hauptsächlich tran-
messer 30- SOJ.!m) findet man wieder zunehmend glatte Mus - szellulär und nicht parazellulär.
kelfasern.
In einigen Abschnitten der terminalen Strombahn (z. B. Haut, Fenestrierter Typ. Das Endothel von Kapillaren dieses Typs
Lunge) findet man arteriovenöse Anastomosen. Es handelt sich wird von 50-60 nm breiten Fenestrationen. die von einer dün-
dabei um Kurzschlussverbindunge n zwischen arteriellem und nen, perforierten Membran bedeckt sind, unterbrochen. die
venösem Strombett, durch die das Kapillarbett und damit der Basalmembran ist jedoch vollständig erhalten. Insgesa mt sind
Stoff- und Wärmeaustausch umga ngen werden kann. Sie besit- fenestrierte Kapillaren für Wasser und kleine was serlösliche
zen eine besonders muskelreiche Gefäßwand, die in der Lage Moleküle 100-1000fach durchlässiger als Kapillaren vom kon-
ist. das Lumen bei Bedarf vollständig zu verschließen . sodass tinuierlichen Typ. Sie finden sich in Organen. die auf den Aus-
das Blut wieder durch da s Kapillarbett strömt. tausch von Flüssigkeit spezialisiert sind (Niere, Magen -Dar m-
Aufgrund des hohen Gesamtquerschnitts von ca. 0,2-0.4 m 2 Trakt. Drüsengewebe).
ist die Strömungsgeschwindigkeit in den Kapillaren sehr gering.
Zusammen mit der großen Austauschfläche von ca. 300m 2 und Typ. Die Kapillarwand der di s kontinu-
den dünnen Gefäßwänden werden so optimale Voraussetzun- ierlichen Kapillaren wird durch 0,1-1 J.lm breite inter- und in-
gen für den Stoffaustausch geschaffen. trazelluläre Lücken unterbrochen, die auch die Basalmembran
einbeziehen. Dadurch wird ein weitgehend uneingeschränkter
Aufbau der Kapillarwand Stoffaustausch auch von hochmolekularen Proteinen und kor-
Nach der Struktur der Kapillarwand kann man 3 Typen von Ka- puskulären Elementen ermöglicht. In der Leber si nd die Kapil-
pillaren untersch e iden (Abb. 4.8). laren besonders durchlässig für Proteine. Die Proteinkonzentra-
tion im interstitiellen Raum kann dort bis auf 30 gj l ansteigen.
Typ. Bei Kapillaren dieses Typs bilden die Kapillaren vom diskontinuierlichen Typ finden sich in Geweben,
Endothelzellen einen gesc hlos se nen Zellverband. Es gi btjedoch in denen ein ausgeprägter Stoffaustausch zwischen Blut und
Interzellul a rspalten, die den parazellulären Durchtritt von Gewebe stattfindet (Leber, Knochenm a rk, Mil z).
Wasser. Glucose. Ha rn stoff und anderen lipidunslöslichen Sub-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
stanzen erlauben. Teilweise sind di e Spalten jedoch durch Tight
junction s verschlossen und es können daher nur kleine Mole - " Es gibt weniger parallel gescha ltete Arteriolen als para ll el
küle passieren. Kapillaren vom kontinuierlichen Typ finden sich geschaltete Kapillaren .
in Herz- und Skelettmuskulatur. Binde- und Fettgewebe. der " Tight junctions zw isc he n den Kapillarendothelzellen im
Lun ge und dem ZNS. Gehirn bilden ein e Diffusionsbarriere, die Blut-Hirn-Schranke.
Eine So nd erstellung nimmt das ,.Tight-junctions-Epithel" " Die Durchlässigkeit des Gehirnkapillarendothels der Blu t-
im ZNS e in . Um die Hirnkapillaren sind die Tight junctions so Hirn-Sc hra nke ist sehr gering .
stark ausgeprägt, dass sie die In terzellulä rs palten praktisch
vollständig verschließen und so die Blut-Hirn-Schranke bilden.
58 4 Kreislauf

4.2.5 Stoffaustausch 40

Der Au stau sch von Gasen , Nährstoffen. Stoffwechselendpro- --


dukten und Flüssigkeit erfolg t vorwiegend über Diffusion. Ci 30
I
E ' '' '----------'----'--
.. Austausch fett- und wasserlöslicher Substanzen. Fettlösli- ..§. 20
elle Substan zen , zu denen Sauerstoff und C0 2 gehören, können
""u
:J
-- - - -------- - - - -- - -- - - ..-.::..----- - - -- - · ßrr

0 I --------
le ic ht durch Membranen diffundieren. Ihr Au stau s ch erfolg t 10 --- II P
d ahe r tran szellulär über die gesamte Endothe l fläche, wobei die
Transportrate prakti sch nur von der Kapillardurchblutung ab-
hän g t.
Wa sserlösliche Substanzen s ind dagegen auf Poren und In-
-10
terzellularspalten angewiesen, sodass die Tran sportrate we -
sentlich von dem Verhältnis Molekül- z u Pore ngröße abhängt.
Während kleine Moleküle wie Glucose nahezu uneingeschränkt Kapillare (-1 mm lang)
pass ieren können, wird der Durchtritt für Proteine mit zuneh-
m ender Molekülmasse schwieriger. Daher gibt es im Interstiti- Arteri ole Interstitium Venole
um auch deutli ch weniger Proteine als im Plasma. Abb. 4.9 Druckgradienten, Filtration und Reabsorption an einer
Kapillare .
.. Austausch von Flüssigkeiten. Der Flüssig keitsaustausch in
den Kapillaren g eschieht zu sät z li c h zur Diffus ion auch mithilfe sehen Druck (rr;) und hydros tati schem Druck de s Interstitium s
von Filtration und Reabsorption, dabei entstellt ein Fließg leich- (P. ), die Wa sser in die Kapillare ziehen bzw. drücl<en.
gewicht, das dafür sorg t, dass 90 % der filtri e rten Menge auch Be i Perr < 0 strömt Flüssigkeit aus dem Interst itium in das
wie de r reabsorbiert werden , di e restlichen 10 % (etwa 2 I/Tag) Ge fäß (Reabsorption). Dazu kommt es, wenn der intrakapilläre
gelangen über da s Lymphsystem (s. u.) zurück in den Kreislauf. kolloidosmoti sche Druck (rr; ). d e r Wa sser in die Kapillaren zieht,
Die tre ibende Kraft für die Filtration ist der effektive Filtrati- und der hydro stati sche Druck des Inters titiums (Pa). der Wasser
onsdruck, der wiederum durch den hydrostatischen Druck und zurück in die Kapillaren drückt, größer sind al s Pi.
kolloidosmotischen Druck in den Kapillaren und im Interstiti- Pa is t mit etwa 5 mmH g se hr ge rin g und ändert sich aufgrund
um bestimmt wird . Da der intravasale Druck fast immer höher de r hoh en Compliance des Gewebes nur weni g. rra ist ebenfalls
ist al s der ex trava sale, bes teht eine hydrostatische Druckdif- gering. da das Kapillarendothel für g roße Proteine nur wenig
fe ren z zwischen dem Kapillarinneren und der Außenseite. die permeabel ist und diese im Gefäßlumen bleiben. Ebenso bleibt
eine Auswärtsfiltration hervorruft. Diesem Gradienten wirkt rri während der Kapillarpa ssage annähernd konstant bei ca.
e in Gradient des kolloidosmotis chen Druckes entgeg en. Der 25 mmH g, we il die Flüssigkeitsbeweg ung über die Kapillar-
kolloido smotische Druck ents teht durch große Moleküle (Kollo- wand im Verhältnis zum durchfließend en Volumen nur relativ
id e; hauptsächlich Proteine des Blutplasmas wie Albumin). für gering ist.
di e d as Kapillarendothel nicht oder nur begren zt permeabel is t. P; (der hydro stati sche Druck in d e n Ka pillaren) ist daher die
Der effektive Filtrationsdruck ist laut Starling-Gesetz g leich bestimmende Kraft für Filtration und Re absorption . Er fällt
der Differenz von hydrostatisch e m und kolloidosmotischem von etwa 40 mmHg im arteriellen Kapillarschenkel auf ca.
Dru ck innerhalb und außerhalb der Kapillare: 10-15mmHg im venösen Kapillarschenkel ab. So überwiegt im
arteriellen Schenkel die Filtration und im venösen Schenkel die
Perr; liP -liTT= (Pi - Pa) - (rr i - rr")
Reab sorption (Abb. 4.9).
Perr = effe ktiver Filtrationsdruck De r Druck in den Kapillaren ändert sich entscheidend bei
P; und P. =hydrostatischer Druck innen bzw. außen Änderung des Widerstands in den vor- und nach geschalteten
rri und rra; kolloidosmoti sche r Druck inne n bzw. außen Ge fä ße n. Durch eine Vasedilatation der präkapillären Arterio-
len steigt daher der effektive Fi ltrati onsdruck in den Kapillaren
Nimmt die hydrostatische Druckdifferenz zu und/oder nimmt und d ie Auswärtsfiltration aus den Kapillaren nimmt zu.
die kolloidosmotische Druckdifferenz ab, dann steigt Peff an.
Ist z. B. der kolloidosmotische Druck des Plasmas verringert.
LERNTIPP , !
dann ste igt Peff und es wird mehr Flüssigkeit aus dem Blutgefä- De r Fi ltration sdru ck ist ein zentrales Prüfungsth e ma. Machen Sie
ßvo lumen in das Interstitium filtriert. sich dah e r klar, wodurch de r Filtratio nsdru ck e rhöht wird:
Das fil t rierte Flü ssig keitsvolum e n häng t au ch von der Pe r- .. i de s Tonu s d er nachg es chaltet en venö se n Gefä ße,
mea bilität der Gefäßwand und d er Au s ta usc hfläch e ab. Da s Pro- .. I des Tonu s d er vorg eschal tet en a rteri e ll en Ge fäße,
dukt be id e r Größen ist d er Filtrationskoeffizient Kr; er ist be i .. i des inte rsti tie ll e n hydrostati schen Dru ckes,
kontinui e rli che m Kapill a re nd o th e l kl e in , be i di skontinui e rli - .. ! de r Albuminko nze ntrat ion im Plasma.
ch e m g roß . Das pro Zeiteinhe it filt rierte Volum e n lässt s ich mit
folge nd e r Fo rm e l qu a nt itativ bes timm e n : .. Ödeme. Öde me sind patho log isc he Flüss igke itsa n sammlun-
ge n im Gew e be. Sie e ntste hen. w e nn da s Gl e ichgewicht zwi -
V=r eiT. Kr sc he n Filtratio n und Rea bso rption ges tör t is t. Ursache n hierfür
Be i Perr> 0 e rfol gtein Ne ttoflu ss au s de m Ge fä ß in da s Inte rs titi - kö nn en z. B. e ine Ste ige run g des hydros t a ti sc he n Kapillardru cks
um (Filtra tion ). Da z u kommt es, we nn de r hydro stati sche Druck se in, e ine Erni e dri g ung des ko lloiclos moti sch e n Druckes im
in d e n Ka pilla ren (P;l. d e r Wa sse r au s de n Ka pilla re n drü ckt, Pla sm a od e r e in e ge steige rte Pe rm e abilitä t d er Kapillaren.
g röße r is t a ls di e Summ e aus intrakapill ä re m kolloidos m oti -
4.3 Regulation des Kreislaufs und der Organdurchblutung 59

Bei einer Rechtsherzinsuffizienz z. B. staut sich das Blut zu- Die Formatio reticularis enthält kreislaufsteuernde Neuro-
rück und der zentrale Venendruck steigt. Dadurch erhöht sich nenverbände, die unter Ruhebedingungen eine normale Kreis-
der hydrostatische Druck in den Kapillaren und der effektive laufhomöostase aufrechterhalten. Sie sorgen für eine Grundak-
Filtrationsdruck nimmt zu. Folge ist eine verstärkte Auswärts- tivität der sympathischen, Vasokonstriktorischen Fasern.
filtration. Man unterscheidet bei der Kreislaufregulation kurzfristige
Bei einer massiven Proteinmangelernährung (Hungeröde- und langfristige Regulationsmechanismen, die den Gefäßtonus
me) nimmt der kolloidosmotische Druck im Plasma ab. Das einerseits und den Herzantrieb andererseits beeinflussen.
Wasser kann nicht mehr im Gefäßbett gehalten werden und
sammelt sich verstärkt im Gewebe an.
, LERNTIPP !
Eine gesteigerte Permeabilität der Kapillaren (z . B. bei Ent- Die Regulation des Kreislauf ist ein sehr zentra les Prüfungs-
zündungen) oder eine Störung des Lymphabflusses (z. B. nach thema . In sbesondere zur kurzfristigen Blutdruckregulation wer-
axillärer Lymphknotenausräumung bei Mammakarzinom) füh- den häufig Fragen gestellt.
ren zu regional begrenzten Ödemen.
4.3.1 Kurzfristige Blutdruckregulation
Ly mphsystem
Lymphe entsteht im I<apillargebiet. De1· hydrostatische Dru c k Bei der kurzfristigen Blutdrucl<regul.:Jtion leiten spezifische Re-
in den Kapillaren bedingt den Austritt von Flü ssigkeit. Ein Teil zeptoren ihre Erregung über den afferenten Teil eines Reflex-
dieser Flüssigkeit wird durch den kolloidosmotischen Druck bogens weiter. Dieser afferente Teil verläuft über den N. gloss-
zurücl<gezogen. Die verbleibende ausgetretene Flü ssigkeit ist opharyngeus und den N. vagus, und wird zentral auf die kreis-
die Lymphe. Täglich werden so etwa 2-31 mehr Flüssigkeit fil- laufsteuernden Neuronen der Medulla oblongata verschaltet.
triert als reabsorbiert und müssen zusammen mit Proteinen, Von dort aus wird die Aktivität von Sympathikus und Para-
die nicht mehr direkt über die Gefäßwand in den Krei slauf ge- sympathikus reguliert. Zielorgane sind neben dem Herzen die
langen können, über da s Lymphsystem zurück ins Gefäßbett Widerstands- und die Kapazitätsgefäße. Der Tonus der Wider-
transportiert werden. standsgefäßebedingt den arteriellen Blutdruck und die Durch-
Lymphkapillaren beginnen blind und sind hochgradig blutung der einzelnen Organe. der Füllungszustand der Kapazi-
durchlässig für die in der interstitiellen Flüssigkeit befindlichen tätsgefäße bestimmt den venösen Rückfluss zum Herzen.
Substanzen einschließlich der Proteine. In der Lymphe im Duc-
tus thoracicus ist die Prote inkonzentration höher als 5 g/1. In Presso-(Baro-)rezeptoren
der Leber kann die abfließende Lymphe Proteinkonzentratio- der Pressorezeptoren. Pressorezeptoren finden
nen von bis zu 50 g/1 erreichen. sich vorwiegend im Bereich des Karotissinus und des Aorten-
Der Transport der Lymphe geschieht zum einen durch die bogens. Sie liegen als freie Nervenendigungen in der Media und
rhythm ischen Kontraktionen der glatten Muskulatur in den Adventitia und leiten ihre Information über den N. glossopha -
Lymphgefäßen, zum anderen wie bei den Venen durch Kom- ryngeus und den N. vagus zum Nucleus tractus solitarii, dem
pression der Lymphgefäße von außen. In der arbeitenden Kreislaufzentrum in der Medulla oblongata, und schließlich zu
Muskulatur kann der Lymphstrom um mehr als das 10-Fache den kreislaufsteuernden Neuronen .
ansteigen. Auch im Lymphsystem sichern Klappen einen Lym-
phfluss in Richtung der großen Venen . der Pressorezeptoren.
• Durch eine Zunahme des transmuralen Druckes (oder des
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X a rteriellen Blutdrucks) in den herznahen Gefäßen wie dem
... Der Filtrationsdruck Peff nimmt mit der hydrostatisc he n Karoti ss inus und de r Aorta dehnt sich die Gefäßwand . Da-
Druckdiffere nz LlP zwisc hen dem Inn e ren der Kapi ll are (P;) durch werden die Pressore zeptoren aktiviert und die Fre-
und dem Interstitium (Pa) zu und mit d er ko ll o idosmotische n qu enz von Aktionspotenzialen im Karoti ss inu snerv bzw. im
Druckdifferenz Lln zw ischen Kapillare (n;) und Inte rsti t ium (na) Aortennerv steigt an. Folge ist eine Hemmung der efferenten
ab. sympathischen Innervation u.a. des Sinuskno te ns und der
... Wird z. B. de r kolloidosmotische Druck des Plasmas verrin- Gefäßwände. Als Folge sinkt die Herzfrequenz und es neh-
gert, d ann steigt P. 11 an und es wird mehr Flüssigkeit aus dem men sowoh l der totale periphere Widerstand (TPR) als auch
Blutge fäßvo lum en in da s Inte rstitium filtri e rt . der Tonus der Kapazitätsgefäße ab. Die Kapaz itätsgefäße
... Durch eine Vasedilatation der präkapillären Arteriolen können m ehr Volumen aufnehmen und das zentrale Blutvo-
steigt de r effekt ive Fil trationsdru ck in de n Kapillaren und di e lumen. das für den Füllungsdruck im Herzen verantwortlich
Auswärtsfiltration aus d e n Kapillaren nimmt zu. ist, sinkt. In der Folge verringert sich auch das Sch lagvolu-
... Bei ei ne r Rechtsherzinsuffizienz steigt de r ze ntral e Venen- men. Gleichzeitig werden parasympathische Nervenfasern
druck wodurch der hydrosta ti sc he Dru ck in den Kapill a ren aktiviert und di e hemmende Wirkung nimmt zu. Zusammen
und de r effektive Filtrationsdruck zun e hmen. Folge ist ei ne führen diese Mechani smen zu einer Blutdrucksenkung.
verstärkte Auswärtsfiltration . • Durch eine Abnahme des transmuralen Druckes in den
he rz na he n Arter ien des großen Krei s laufs fäll t di e Impuls-
frequen z der Presso rezepto ren im Karoti ssi nus und im
4.3 Regulation des Kreislaufs Aortenbogen ab. De r Sympathikus wird stimuli e rt und es
wird verstä rkt Noradrenalin frei gesetzt. Dieses bindet a n
und der Organdurchblutung ß1-Adrenorezeptoren in Kardiomyozyten und führt so u. a.
Die zentrale Ko ntrolle des Kre islaufs e rfolg t üb er da s Kreislauf- zu ei ne r geste ige rte n Frequenz d e r Sc hrittm acher zellen im
zentrum. Es li egt in der Formatio retic ulari s in der Med ulla ob- Sin usknote n und zu e inem An sti eg d e r Herzfrequ enz und
longata und wird se lbs t wi e de rum vom Hypot halamu s ges teuert. der He rz kraft (s. S. 31). Noradrena lin binde t aber a uc h a n a 1-
60 4 Kreislauf

Adrenorezeptoren der Gefäßmuskelzellen (s. u.) und bewirkt


.,. Durch eine Stimulation von Sympathikusfasern, die u. a. zu
so eine verstärkte Vasokonstriktion, derTPR steigt und
den Venenwänden führen, wird der Rückstrom von venösem
der venöse Rückstrom zum rechten Vorhof wird gefördert.
Blut in den rechten Vorhof erhöht.
Durch Konstriktion der Kapazitätsgefäße wird ein größeres
.,. Ein verringertes Schlagvolumen des Herze ns (z. B. als Folge
Blutvolumen mobilisiert und über den erhöhten Füllungs-
eines Valsalva-Pressversuchs) wird von den Presserezeptoren
druck das Schlagvolumen erhöht. Die hemmende Wirkung
im Karotissinus und im Aortenbogen reg is triert. Über eine
des Parasympathikus wird verringert. Zusammen führen
Stimulation der sy mpathische n Elferenzen wird Noradrenalin
diese Mechanismen zu einem raschen Blutdruckanstieg.
freigesetzt, das u. a.ß 1-Adrenorezeptoren im Sinusknoten
APROPOS aktiviert.
Beim Valsalva-Pressversuch wird maximal gegen die versch lossenen Werden die Presserezeptoren im Karotissinus und im
Atemwege ausgeatmet. Dabei kann ein intrathorakaler Druck von bis zu
Aortenbogen ausgeschaltet, zeigt die Häufigkeitsverteilung
120 mmHg entstehen. Der Versuch hat auch Auswirkungen auf den Kreis-
lauf. Durch den hohen intrathorakalen Druck ist der venöse Rückstrom zum
der Blutdruckwerte eine höhere Schwankungsbreite, der
Herzen behindert, sodass Herzfüllung , Schlagvolumen und Herzzeitvo lumen arterielle Mitteldruck ist unverändert.
abnehmen . Der arterielle Blutdruck fällt ab. woraufhin in den Kreislaufzen- .,. Der bei einem Kollaps erniedrigte Blutdruck wird u. a. durch
tren entsprechende Maßnahmen eing eleitet werd en. um den arteriell en eine Hemmung der sympathischen Efferenzen zu den
Blutdruck zu erhöhen. Muskelarteriolen hervorgerufen.

Wie wichtig der Pressorezeptorenreflex ist, zeigt sich, wenn


die Presserezeptoren im Karotissinus und im Aortenboge n Kardiapulmonale Rezeptoren
experimentell ausgeschaltet werden. Nach der Denervierung Die kardiapulmonalen Rezeptoren sind in den Vorhöfen und der
zeigt die Häufigkeitsverteilung der Blutdruckwerte eine höhe- A. pulmonalis, also im Bereich des Niederdrucksystems, lokali-
re Schwankungsbreite, aber einen unveränderten arteriellen siert. Sie reagieren auf eine Druckesteiger ung im venösen Sys-
Mittel druck. tem und beeinflussen synergistisch mit den Pressorezeptoren
das vegetative Nervensystem. Gleichzeitig spielen sie auch eine
APROPOS
Beim Karotissinussyndrom handelt es sich um eine hyperaktive Reaktion
wichtige Rolle im Rahmen der Volumenregulation und sind da-
der Presserezeptoren im Karotissinus. Eine spontane Kopfdrehung oder ein e mit auch an den längerfristigen Regulationsmechanismen (s. u.)
geringfügige Kompression im Bereich der Karotisgabel kann bei den Patien- beteiligt.
ten zu Schwindel oder gar einer kurzzeitigen Bewusstlosigkeit führe n. Man
unterscheidet den sog. kardioinhibitorischen Typ, bei dem es durch Vag us-
.,. Vorhof-Dehnungs-Reflex. Ist das Blutvolumen zu hoch, ist
reizung zu einer Asystoli e von> 3 s kommt. und den sog. vasodepresso ri·
auch das Füllungs volumen der Vorhöfe erhöht und die Vorhöfe
sehen Typ, bei dem es durch Vasedilatation ohne wesentliche Beeinfiussung
der Herzfreq uenz zu einem systoli sc hen Blutdruckabfall kommt. werden passiv gedehnt. Diese passive Dehnung wird von Typ-S-
Dehnungsrezeptoren registriert, die sich in den Vorhöfen be-
Ein Ohnmachtsanfall (eine vago-vasale Synkope) kann durch finden. Analog zu den Presserezeptoren kommt es bei Erregung
eine Überreaktion des Vag us z. B. durch Aufregu ng ausgelöst der Typ-S-Dehnungsrezeptoren zu einer Hemmung des Sympa-
werden. Der Parasympathikus wird aktiviert und seine hem- thikus und Aktivierung des Parasympathikus. Gleichzeitig setzt
mende Wirkung nimmt stark zu. Gleichzeitig werden die sym- der Vorhof ANP (= atriales natriuretisc hes Peptid; Atriopeptin)
pathischen Efferenzen zu den Muskelarteriolen gehemmt und frei, das die Ausscheidung von NaCI und Wasser über die Nieren
der Gefäßtonus nimmt ab. Folge ist eine starke Abnahme der fördert und damit zu einer Abnahme des Blutvolumens führt.
Herzfrequenz und eine Blutdrucksenkung, welche zum Kollaps Umgekehrt führt eine Abnahme der Aktivität der Dehnungsre-
führt. zeptoren zu einer Stimulation der vaskulär-efferenten Sympa-
Fü r die langfristige Blutdruckreg ulation sind die Pressere- thiku sa ktivität.
zeptoren nicht geeignet, weil sie sc hnell innerhalb von einigen
Tagen an ein neues Blutdruckniveau adaptieren. Trotz unphy- .,. Gauer-Henry-Reflex. Der Gauer-Henry-Reflex ("Diuresere-
siologisch hohen Blutdruckwerten stellt sich die Entladungs- flex" ) regelt die ADH-Sekretion und damit die Flüssigkeitsaus-
frequenz wieder auf ein normales Muster ein und ist dann sc heidung in Abhängigkeit von der Dehnung der Vorhöfe, da die
Ausdruck der akuten Blutdruckschwankungen um den neuen afferenten Impul se der Dehnungsrezeptoren in den Vorhöfen
Mitteld ruck. auch den Hypothalamus beeinflussen. Die verminderte Deh-
nung des Vorhofs bei Volumenmangel bewirkt eine verstärkte
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X Freisetzung von ADH (=antidiuretisches Hormon) im Hypotha-
.,. Nimmt der transmurale Druck ab, steigt die Konzentration lamus, da s über eine vermehrte Wasserretention in der Niere zu
von Noradrenalin im Blutplasma. einer Volumenzunahme führt. Eine verstärkte Vorhofdehnung
.,. Al s Folge der Aktivierung der Pressorezeptoren im Karotissi- führt dagegen zu einer reduzierten ADH -Sekretion, soda ss ver-
nus sinkt die Herzfrequenz. mehrt Wasser über die Ni ere ausgeschieden wird .
.,. Eine Zunahme des arteriellen Blutdrucks in de n herznahe n
Gefäßen führt über eine erhöhte Aktivität der Pressere zep- Chemosensoren
toren (AP-Frequenz des Karotissinusnervs r) u. a. zu einer Die Chemosenseren liege n in den Glomera aortica und im Glo-
Hemmung der efferenten sympathischen Innervation des mus caroticum und reagieren auf Änderun g de s 0 2 - und C0 2 -
Herze ns (AP-Frequenz des Sy mpathikus ! ). Partialdrucks sow ie des pH -Wertes. Eine Abnahme des 0 2- und
.,. Ist der transmurale Druck erh öht , nimmt der Venentonus ab eine Zunahme des C02 -Partialdrucks bzw . Abfall des pH -Wertes
und die Kapazität der venösen Gefäße steigt. sind Signale für eine Minderversorgung und führen neben e iner
Stimulation der Atmung auch zu einer Blutdrucksteigerung.
4.3 Regulation des Kreislaufs und der Organdurchblutung 61

Katecholamine dafür ist meist ein Absinken des systemarteriellen Druckes,


Aktivierung des Sympathikus bewirkt einen Blutdruckanstieg durch den der Perfusionsdruck der Niere beeinflusst wird, oder
(wodurch auch das Risiko einer Endothelschädigung steigt). Es auch eine Stenose der Nierenarterie. Aber auch eine gesteiger-
wird vorwiegend Noradrenalin a us den Varikositäten in der te Sympathikusaktivierung führt über ß-Adrenorezeptoren im
Gefäßwand ausgeschüttet, das a 1-Adrenorezeptoren in den juxtaglomerulären Apparat und den Vasa afferentia zu einer
Gefäßmuskelzellen aktiviert. Es kommt zu einer gesteigerten vermehrten Reninsekretion.
Ca 2•-freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum. Die Renin ist eine Protease, die Angioten sinogen in Angiotensin
erhöhte zytosolische Ca 2 • -Konzentration führt zu einer ver- I spaltet, das dann vom Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE)
stärkten Vasokonstriktion, die zusammen mit der sympathiku- weiter in Angiotensin II umgewandelt wird. Angiotensin II be-
sinduzierten Zunahme des Herzzeitvolumens einen Blutdruck- wirkt über verschiedene Mechanismen einen Blutdruckanstieg:
anstieg bewirkt. Zum einen ist es selbst einer der stärksten Vasokonstriktoren
Aus dem Nebennierenmark freigesetztes Adrenalin hat da- und führt direkt zu einer Erhöhung des totalen peripheren
gegen eine höhere Affinität zu P2-Adrenorezeptoren und führt Widerstands (TPR). Zum anderen greift es in die Volumenre-
so v.a. in der Skelettmuskulatur zu einer Vasodilatation mit ei- gulation ein. Unter dem Einfluss von Angiotensin II bildet die
ner verstärkten Durchblutung und damit zu einer geringfügi- Nebenniere vermehrt Aldosteron, das eine vermehrte Na• - und
gen Blutdrucksenkung. In sehr hohen Konzentrationen bindet Wasserretention in der Niere bewirkt. Zugleich verstärkt Aldo-
Adrenalin auch an a 1-Adrenorezeptoren und führt so zu einer steron die Vasokonstriktorische Wirkung von Angiotensin II,
Vasokonstriktion . Insgesamt überwiegt di e Vasokonstriktori- indem es die Erregbarkeit der glatten Gefäßmuskulatur erhöht.
sche und somit blutdrucksteigern de Wi rk ung. Ang iotensin II bewirkt schließlich im Zentralnervensystem
Bei einem Phäochromozytom (Tumor des Nebennieren- auch ein gesteigertes Durstgefühl und stimuliert zusätzlich die
marks) ist die Produk tion der Katecholamine im Nebennie- ADH-Frei setzu ng.
renmark so stark erhöht, dass es zu Krisen mit sehr hohem
Blutdruck kommt. Diese lassen sich durch Blockierung von a,-
APROPOS
Die sog. ACE-Hemmer sind eine in der Therapie des Bluthochdrucks und
Adrenorezeptoren unterdrücken . der Herzinsuffizienz weitverbreitete Substanzgruppe. Es handelt sich dabei
um Wirkstoffe, die über die Hemmung des Angiotensin-Converting-Enzyme
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN (ACE) die Umwand lung von Angiotensin I in Angiotensin II inhibiert. Dadurch
.,. Ist das Blutvolumen zu hoch, wird zur Gegenregulation reduzieren sich die blutdrucksteigemden Mechanismen des Angiotensin II,
der Blutdruck sinkt.
verstärkt ANP (atriales natriuretisches Peptid, Atriopeptin)
freigesetzt. Hormon (ADH). Bei Volumenmangel be-
.,. Nimmt die Aktivität der Typ-S-Dehnungsrezeptoren ab. wirkt ADH über eine vermehrte Wasserretention in der Niere
dann wird die va skulä r-efferente Sympathikusaktivität stimu- ein erhöhtes intravasales Volumen und damit einen Blutdruck-
liert. anstieg (vgl. Gauer- Henry-Reflex). Außerdem wirkt ADH v.a. in
,.. Bei einer Aktivierung des Sympathikus kommt es zu einem höherer Konzentration vasokonstriktorisch (daher auch der alte
Blutdruckanstieg , der auch mit einem erhöhten Risiko einer Name ..Vasopressin").
Endothelschädigung einhergeht. Umgekehrt führt eine Volumenbelastung über die Dehnung
.,. Insbesondere in den Gefäßen der Skelettmuskulatur führen kardialer Volumenrezeptoren zu einer verminderten ADH-Aus -
geringe Blutplasmakonzent rati o nen von Adrenalin zu einer schüttung und damit zu einem verstärkten Wasserverlust über
Vasodilatation, sehr hohe Konzentrationen aber zu einer die Niere.
Vasokonstriktion .
.,. Die für ein Phäochromozytom typischen, durch die stark Atriales natriuretisches Peptid (ANP; Atriopeptin). ANP wird
erhöhte Katecholaminproduktion im Neben ni ere nmark verur- in den Herzvorhöfen gebildet und bei Dehnung der Vorhöfe
sachten Bluthochdruckkrisen lasse n sich durch Blockierung durch ein vermehrtes Blut- und damit auch Füllungsvolumen
von a 1-Adrenorezeptoren unte rdrücken . der Vorhöfe freigesetzt. In der Niere hemmt es die Na• -Resorp-
tion und sorgt gleichzeitig für eine ges teigerte Nierendurch-
4.3.2 langfristige Blutdruckregulation blutung und eine verstärkte glomeruläre Filtration. Auf diese
Weise senkt es das Blutvolumen.
Die längerfristig e n Mechani sme n greife n in den Wasser- und
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X

J
Elektrolythaushalt ein und so rge n über die Niere für eine An-
passung des Gesamtvolumens. Kurz fri st ig kann durch di e Eine renale Mangeldurchblutung (z. B. durch eine Stenose
Stressrelaxation de r Gefäßmuskulatur bei vermehrter Füllung der Nierenarterie) führt zu einer erhöhte n Reninkonzentra-
und die transkapilläre Volumenversc hi ebung bei e rhöhtem Fil- tion im Blutplasma.
trationsdruck zwa r eine Erhöhung des arteriellen Blutdrucks Ein erhöhtes Blut- und damit auch Füllungsvolumen der
teilweise ausgeglichen werden, g leich ze iti g nehmen aber die Vorhöfe führt zu ei ner verstärkten Freisetzung von ANP.
Kompen sation smög lichkeite n im Falle e ines weiteren Blut-
druckanstiegs ab. Für eine lan gfri stige Stabilisierung des Blut-
druck s ist daher e in e Ausscheidung des üb e rflü ss igen Volumen s 4.3.3 Regulation der Organdurchblutung
notwendi g. Diese Volum e nreg ulati on e rfo lgt über verschiedene
Hormone. Die Durchblutung der verschiedenen Organe ist sc hon in Ruhe
se hr unterschiedlich und kann über eine Änderung der Gefäß -
... Renin-Angiotensin-Aidosteron-System. j ede Form ein e r re- we ite z usätz li c h an d en a kuteil e n Bedarf angepasst werden. Die
nalen Mangeldurchblutung führt z u e in e r gesteigerten Renin- Gefäßweite wird dab ei üb e r ein e Vi elza hl von lokalen , hormo-
freisetzung im juxtaglomerulären Apparat d er Ni ere. Ursache nellen oder neuronalen Regulationsmechanismen beei nflu sst.
62 4 Kreislauf

500 -------- --------- -------- --------- -------- --------- --------- von C0 2 , W, ADP, AMP oder Adenosin sind Zeichen für eine im
Verhältnis zum aktuellen Bedarf zu geringe Durchblutung, die
daraufhin reaktiv gesteigert wird (metabolische Dilatation).
Dadurch bessern sich die Versorgung mit energiereichen Sub-
straten und der Abtransport der Stoffwechselendprodukte. Die
metabolische Autoregulation erfolgt v.a. im Gehirn, im Myo-
kard und in der Lunge.
1000 - ---------[--------- Auch eine erhöhte extrazelluläre IC -Konzentration spielt
hier eine Rolle. Über die Aktivierung von K+ -Kanälen nimmt die
500 K+-Leitfähigkeit der glatten Gefäßmuskulatur zu und es kommt
zu einer Hyperpolarisation der Zellen. Auch die Stimulierung
19 22 14 19
der Na+-Ka+·ATPase trägt zur Hyperpolarisation bei. Span-
2000 c------ --1------- --c------- +-----·---f----- - --1----
nungsgesteuerte Ca 2+-Kanäle werden gehemmt und es kommt
zu einer Vasedilatation von Widerstandsgefäßen, insbesonde-
g
re der präkapillaren Arteriolen .
L
<li "'c:
::J
ru
O,.Q1
:Q QJ Autoregulation. In den meisten Gefäßen löst eine
_§ @, 1 0001--- ·----+ - I durch den Anstieg des transmuralen Druckes bedingte Deh-
E§ nung der Gefäßwand eine Vasokonstriktion aus (Bayliss-Effekt).
Durch die Dehnung der Gefäße werden in den Gefäßmuskelzel-
"'
::>
0 len mechanosensitive Kationenkanäle aktiviert. Es kommt zu
einer Membrandepolarisation, die wiederum zu einer Zunah-
Herz- Skelett- Niere Gehirn Pfort- Haut Leber me der Offenwahrscheinlichkeit von spannungsgesteuerten
muskel muskel ader (A.hepatica)
Ca 2 +-Kanälen füh rt. Die erhöhte zytosolische Ca 2+-Konzentra-
Abb. 4.10 Organdurchblutung.
tion bewirkt eine Konktration der glatten Gefäßmuskulatur.
Umgekehrt senkt die Hemmung der Ca 2 +-Kanäle den Tonus der
Die Verteilung des Herzzeitvolumens unter Ruhebedingun- Gefäßmuskelzellen. Der Blutfluss in das nachgeschaltete Organ
gen auf die verschiedenen Organe ist sehr ungleich. Das wird wird auf diese Weise auch bei Zunahme des arteriellen Blut-
v.a. deutlich, wenn man die Durchblutung in Beziehung zum drucks konstant gehalten.
Organgewicht setzt und so die spezifische Durchblutung be- Diese r Mechanismus ist v.a . in der Niere und im Gehirn von
rechnet. Sie gibt an, wie viel Milliliter Blut das Organ pro Minu- Bedeutung. ln den Beinarteriolen vermindert der Bayliss-Effekt
te pro 100 g Gewebe erhält. Die mit Abstand höchste spezifische beim Aufstehen einen Anstieg des kapillären Filtrationsdrucks
Durchblutung zeigt die Niere (Abb. 4.10). Obwohl die Nieren und verhindert so die Entstehung von Ödemen.
nur etwa 300g wiegen, erhalten sie 20% des Herzzeitruhevo- Lungengefäße sind eine Ausnahme und reagieren auf eine
lumens, dies entspricht einer spezifischen Durchblutung von Zunahme des transmuralen Druckes dagegen mit einer Relaxa-
400 ml/min pro 100 g. Dagegen erhält die Skelettmuskulatur tion.
unter Ruhebedingungen nur 2-3 ml/min pro 100 g. Dennoch
verbraucht die Skelettmuskulatur bei Betrachtung der Gesamt- Autoregulation. Das Endothel ist in viel-
durchblutung einen Großteil des Blutes, weil sie etwa 40% der fältiger Wei se an der lokalen Gefäßreaktion beteiligt. Es pro-
Körpermasse ausmacht. duziert parakrin wirksame, vasoaktive Substanzen, die als Au-
Die Durchblutung wird in manchen Organen sehr stark takoide bezeichnet werden, und durch die eine Vasodilatation
durch den Aktivitätszustand des Körpers verändert (z. B. Mus- (NO. Prostazyklin) oder Vasokonstriktion (Endothelin) vermit-
kulatur, Haut), in anderen Organen hat der Aktivitätszustand telt werden kann.
des Körpers dagegen fast überhaupt keine Auswirkung auf die Stickstoffmonoxid (NO) ist der wichtigste vasodilatierende
Durchblutung (Abb. 4.10). Faktor. NO bewirkt eine Dilatation der kleinen Arterien und
Arteriolen und schwächt auf diese Weise eine neuronal, hu-
Lokale Regulationsmechanismen moral oder myogen ausgelöste Vaso kons triktion ab. Das kurz-
Die lokalen Regulationsmechanismen steuern direkt die Durch - lebige NO-Radikal entsteht mithilfe der NO-Synthase bei der
blutung des nachgeschalteten Organs und sorgen für eine An- Umwandlung von Arginin in Citrullin und zerfä llt bereits nach
passung der Organdurchblutung an den aktuellen Bedarf (me- wenigen Sekunden wieder. NO aktiviert die Guanylatzyf<iase,
tabolische Autoregulation) bzw. für eine Konstanthaltung der wodurch die cGMP-Konzentration steigt. Die intrazellulären
Organdurchblutung (Bayliss-Effekt, myogene Autoregulation). Ca 2 +-Konzentration nimmt ab. was zu einer Tonussenkung
der glatten Gefäßmuskulatur führt. Der arterielle Blutdruck
LERNTIPP ! nimmt ab.
Die lokalen Regulationsmechanismen werden gern geprüft. NO wird in Abhän g ig keit von der Schubspannung. die da s
Schauen Sie sich beso nders die Regulation durch Stickstoffmon- vorbeifließende Blut erzeugt, von den Endothelzellen freige -
oxid (NO) genau an. setzt. Dementsprechend hängt die NO-vermittelte Va sodilatati-
on von der Strömung in den bet roffenen Gefäßabschnitten ab. je
Autoregulation. Die Kon ze ntrationen von ener- stärke r die Blutströmung desto größer ist auch die Schubspan-
giereic hen Substanzen, Gasen und Stoffwechselendprodukten nung und damit die Freisetzung von NO. Wird die Durchblutung
sind Ausdruck des aktuellen Verbrauch s und wirken sich direkt in einem Gefäßgebiet erhöht, nimmt die Sc hubspa nnung auch
auf die Durchblutung aus. 0 2 - Man ge l, erhöhte Kon ze ntration en im vorgesc ha ltete n, zuführe nd e n Gefäß zu. sodass di eses ebe n-
4.3 Regulation des Kreislaufs und der Organdurchblutung 63

falls dilatiert und damit den nötigen Blutfluss für eine effektiv der Zellwand der glatten Gefäßmuskelzelle vermittelt. Umg e-
gesteigerte Durchblutung ermöglicht. kehrt senkt die He mmung der Ca 2+-Kanäle den Tonus der
Auch die vasodilatierende Wirkung von Bradykinin, Acetyl- Gefäßmuskelzellen.
cholin. Serotonin usw. werden über eine gesteigerte NO-Frei- NO wird von den Endothelzellen freigesetzt.
setzung vermittelt. Gleichzeitig hemmt NO die Noradrenalin- NO entsteht mithilfe einer NO-Synthase bei der Umwandlung
freisetzung. von Arginin in Citrullin .
NO wird auch von Makrophagen gebildet, wirkt als Zellgift NO wird auch von Makrophagen gebildet und ist so an der
und ist an der Abwehr von Mikroorganismen beteiligt. Abwehr von Mikroorganismen beteiligt.
Endotheline stellen eine Gruppe von Peptiden dar, die in Das Gefäßendothel beeinflusst parakrin die cGMP-Konzentra-
sehr unterschiedlichen Körperzellen gebildet werden. Das in tion in der glatte n Gefäßmuskulatur.
den Endothelzellen gebildete Endothelin 1 (ET-1) besitzt hoch- Die Erhöhung der Guanylatzyklaseaktivität und somit
potente Vasokonstriktorische Eigenschaften. Trotzdem scheint der cGMP-Konzentration führt zu einer Tonussenkung der
es keinen wesentlichen Einfluss auf die physiologische Durch- glatten Gefäßmuskulatur und daher zu einer Abnahme des
blutungsregulation zu nehmen, sondern spielt vorwiegend in arteriellen Blutdrucks.
der Pathophysiologie (Schädigung des Endothels. Schock. pul- Bradykinin führt zu ein e r Vasodilatation.
monale Hypertonie) eine Rolle. Die medikamen töse Hemmung der Cyclooxygenase bei
Eikosanoide (Prostaglandine, Thromboxane und Leuko- Entzündung sreaktionen hemmt Prostagtandin E2 .
triene) leiten sich von der Arachidonsäure ab. Die Gruppe der Das von den Endothel zellen freigesetzte Endothel in 1 erhöht
Prostaglandine umfasst mehrere Substanzen, die zum Teil den Tonus der Gefäßmuskulatur.
stark vasodilatierend wirken (PGEl' PGE 2 ,), zum Teil aber auch Aufgrund unterschiedlicher Expression von adrenergen
Vasokonstriktorische Wirkungen (PGF 20 ) haben. Thromboxane Rezeptoren auf der Gefäßmuskel zelle, hat Adrenalin in
werden aus den Thrombozyten freigesetzt und wirken stark va- bestimmten Konzentrationsbereichen manchmal vasokonst-
sokonstriktorisch. riktorische, manchmal Vasodilatatorische Wirkung.
Ein wichtiger Reaktionsschritt bei der Synthese von Pros-
taglandinen und Thromboxanen aus Arachidonsäure wird von
der Cyclooxygenase katalysiert. Die medikamentöse Hemmung Nervale Regulation
der Cyclooxygenase bei Entzündungsreaktionen hemmt daher Die nervale Durchblutungsregulation erfolgt mithilfe des ve-
Prostagtandin E2 . getativen Nervensystems und dabei fast ausschließlich über
Kinine (Bradykinin, Kailid in ) werden durch das Enzym Kal- den Sympathikus. Er sorgt für einen ständigen Vasokonstrik-
likrein aus der ß2 -Globulinfraktion des Plasmas freigesetzt, torischen Ruhetonus der Arterien und Arteriolen und in gerin-
neben ihrer stark gefäßdilatierenden Wirkung erhöhen sie die gerem Ausmaß auch der Venolen und Venen. Ein Absinken der
Permeabilität der Gefäße. AP-Ruhefrequenz geht mit einer Abnahme des Ruhetonus und
Histamin wird im Rahmen von entzündlichen und allergi - somit mit einer Vasodilatation einher.
schen Reaktionen freigesetzt, es wirkt vasodilatierend und er-
APROPOS
höht die Gefäßpermeabilität Ein völlig er Au sfall des symp athi sch gest euert en Va so ko nstrik t orentonu s.
Serotonin wird bei Verletzungen freigesetzt und dichtet die wi e erz. B. bei ein em neurogenen Schock auftreten kann, führ t zu ein em
Gefäße durch seine Vasokonstriktorische Wirkung ab. starken Blutdrucka bfalL Ist nur ein Ast des Sympathiku s betroffen, wird das
von ihm inn ervi erte Gefäßg ebi et stark dilatiert. da s betroffen e Körp erteil ist
Hormonelle Regulation über Katecholamine dadurch warm und rosig.

Die Katechotamine Adrenalin und Noradrenalin wirken Der Parasympathikus spielt für die Gefäßdilatation in den Ge-
über verschiedene Rezeptoren und haben auf diese Weise un - nitalorganen (Erektion) eine wichtige Rolle, in den übrigen Kör-
terschiedliche Wirkungen auf die Gefäßmuskulatur. Über a 1 - perregionen wird die Gefäßdilatation dagegen über lokale oder
Adrenorezeptoren wirken sie vasokonstriktorisch. über ß2 - humorale Faktoren geregelt.
Adrenorezeptoren vasodilatatorisch.
Während Noradrena lin vorwiegend an a 1-Adrenorezeptoren Spezifische Durchblutung einzelner Organe
bindet und so v.a. vasokonstriktorisch wirksam ist, bindet Ad- (s. Abb. 4.10)
renalin an beide Rezeptortypen . Allerdings reagi e ren die ß2 - Die Lungendurchblutung weist in mehrfacher Hinsicht
Adrenorezeptoren empfindlicher, sodass niedrige Adrenalin- Besonderheiten auf.
konzentrationen eine Vasodilatatorische Wirkung haben und Um das Blut mit Sauerstoff anzureichern fließt das gesamte
erst bei hohen Kon zentrationen die a 1-Re ze ptor-vermittelte Herzz eitvolumen durch den Lungenl<reislauf. Parallel dazu be-
Vasokon s triktion übe rwi egt. sitz t die Lunge selbst aber auch eigene Gefäße (Bronchialgefä-
ß2-Adrenorezeptoren find e n sich v. a. in de r Mu s kul atur, a 1- ße), die eine relativ kleine Menge saue rstoffreichen Bluts wr
Adrenoreze ptoren finden sich bspw. im Mage n-Darm -Trakt. Versorgung des Lungengewebes e nthalten . Der Abflus s erfolgt
geme in sam in den Pulmonalvenen in das linke Herz, das da -
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X durch etwa 1 % mehr Blut pumpt als das rechte Herz .
Bei de r metabolischen Dilatation vo n Wid erst and sgefäße n In den z um Niederdrucksystem ge hörenden Lungen gefä -
we rde n ve rst ärk t K+- Kanäle a ktivi er t. ßen he rrscht ein deutlich schwächerer Strömungs widerstand
Di e autoregulatorische Vasekonstriktion bei de r myo ge ne n und damit auch ein erheblich geringerer Druck al s im Körper-
Autore gula ti on wird durch ein e Zuna hme der Offe nwa hr- kreislauf (ca. 1/ 10). Die relativ dünnen und muskelschwachen
sc heinlichkeit vo n spannungsgesteuerten Ca 2 ' -Kanälen in Gefäßwände reag ieren druckpassiv auf eine Änd e rung der
Durchblutung, d.h . eine verm e hrte Durchblutung führt zu eine r
Zunahm e de s Radiu s, eine verminderte Durchblutung z ur einer
64 4 Kreislauf

Abnahme. Auf diese Weise wird der mittlere pulmonalarterielle .. Gehirn. Die Gehirndurchblutung beträgt 15 %des HZV in Ruhe
Druck auch bei starker Zunahme des Herzzeitvolumens nahezu (ca. 900ml/min). Das entspricht insgesamt einer spezifischen
konstant bei etwa 14 mmHg (systolisch 20-25 mmHg, diasto- Durchblutung von durchschnittlich 40-60 ml/min pro 100 g, al-
lisch 9-12mmHg) gehalten. In den Lungenkapillaren herrscht lerdings ist die Verteilung auf graue (ca. 60-100 mlfmin pro 100
ein mittlerer Druck von etwa 7 mmHg. g) und weiße Substanz (ca. 20-30 ml/min pro 100 g) sehr unter-
Aufgrund des geringen Druckes wird die Lungendurchblu- schiedlich. Obwohl die Gesamtdurchblutung kaum schwankt,
tung wesentlich stärker vom hydrostatischen Druck beein- ist die regionale Durchblutung stark von der Aktivität der je-
flusst als das im Hochdrucksystem der Fall ist. Die regionale weiligen Region abhängig.
Lungenperfusion hängt demnach auch sehr stark von der Kör- Die Durchblutungsregulation erfolgt überwiegend über me-
perhaltung ab. Im Stehen werden die apikalen Lungenspitzen tabolische Regulationsmechanismen, insbesondere über den
kaum noch durchblutet, weil der intrakapilläre Blutdruck so 0 2- und C0 2 -Partialdruck sowie durch aus Neuronen freigesetz-
niedrig ist. dass der Luftdruck in den Alveolen ausreicht, um die tes NO. So bewirken ein steigender 0 2- und ein abnehmender
Kapillaren weitgehend zu komprimieren . C0 2-Partialdruck (z. B. durch alveoläre Hyperventilation) und
Nimmt das Herzzeitvolumen bei körperlicher Arbeit zu. so eine Abnahme der W -Konzentration (Erhöhung des pH-Werts)
wird die Lungendurchblutung homogener. Auch die apikalen eine Konstriktion der arteriellen Gefäße im Gehirn und umge-
Lungenabschnitte werden nun gleichmäßig durchblutet und kehrt. Der Bayliss-Effekt ist stark ausgeprägt und sichert eine
die Kapillaraustauschfläche nimmt zu . konstante Durchblutung.
Um eine möglichst optimale Oxygenierung des Blutes zu
erreichen, müssen Perfusion und Ventilation aufeinander abge- .. Skelettmuskulatur. In Ruhe erhält die Skelettmuskulatur
stimmt werden. Die Regulation erfolgt hauptsächlich über den knapp 20 % des HZV, also etwa 1 I. Aufgrund des großen Anteils,
0 2-Partialdruck. Eine Abnahme des 0 2 -Partialdrucks führt zu den die Muskulatur an der Gesamtkörpermasse hat, entspricht
einer hypoxischen Vasokonstriktion und verhindert so, dass das einer Durchblutung von nur 2- 3 mlfmin pro 100 g. Bei kör-
schlecht belüftete Abschnitte "unnötigerweise" durchblutet perlicher Arbeit kann die Durchblutung enorm (20-30-fach)
werden (s. Euler-Liljestrand-Mechanismus S. 81). gesteigert werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass durch
Die Lungengefäße können aufgrundihrer hohen Compliance die Kontraktion die Muskelgefäße komprimiert werden. Aus
ein beträchtliches Blutvolumen (ca. 0,5 I) aufnehmen. Wenn diesem Grund ist ein Wechsel von Kontraktion und Erschlaf-
die Auswurfleistung des linken Ventrikels akut steigt, kann der fung (wie z. B. beim Laufen) wesentlich weniger ermüdend als
Mehrbedarf an Blut schnell aus diesem zentralen Blutreservoir eine rein isometrische Haltearbeit.
mobilisiert werden, bis der venöse Rückstrom so weit zuge- Metabolische und lokal-chemische Steuerungsmechanis-
nommen hat, dass auch das Schlagvolumen des rechten Ventri- men dominieren hier in der Durchblutungsregulation. Aber
kels an die erhöhte Leistung angepasst ist. auch die nervalen, Vasodilatatorischen Effekte bzw. die hu-
moral gesteuerte Vasodilatation über ß2-Adrenorezeptoren im
.. Niere. Die Nieren weisen mit 400ml/min pro 100g die höchs- Rahmen einer Alarmreaktion spielen eine wichtige Rolle .
te spezifische Durchblutung auf. sie erhalten 20% des HZV in
Ruhe. Dabei verteilt sich das Blut sehr unterschiedlich auf Rin- .. Haut. Die Hautdurchblutung dient in erster Linie der Wärme-
de (90 %) und Mark (10 %). Im Vergleich zu den meisten anderen abgabe. Sie ist damit stark von der Umgebungstemperatur ab-
Organen ist die Sauerstoffausschöpfung durch die Nieren mit hängig und unterliegt außerordentlich großen Schwankungen.
weniger als 10 % außerordentlich gering, wodurch das venöse Daher ist es schwierig, einen Normalwert für die Hautdurchblu-
Blut in den Nieren in Ruhe einen sehr hohen 0 2-Gehalt hat. Der tung anzugeben. Bei thermischer Indifferenz beträgt sie etwa
Grund für die hohe Durchblutung in erster Linie die Reinigungs- 5-10 % des Herzzeitvolumens (0,3-0,6 lfmin), bei großer Hitze
funktion der Niere; zur energetisch ausreichenden Versorgung kann sie aber bis auf3 1/min ansteigen. Dabei ist die Verteilung
würde auch weniger Blut ausreichen . sehr unterschiedlich.
Neben dem Gehirn gehören die Nieren zu den am gleichmä- In den Akren (Hände, Füße, Nase usw. ) wird die Durchblu-
ßigsten durchbluteten Organen, d. h. auch bei Veränderung des tung der Haut hauptsächlich durch Vasokonstriktorische sym-
systemarteriellen Druckes bleibt die spezifische Durchblutung pathische Fasern, die Freisetzung von Noradrenalin und die
gleich. Das ist v. a. deshalb so wichtig, weil der daraus resultie- Aktivierung von a 1-Adrenorezeptoren ge regelt und sc hwankt
rende intrakapilläre Blutdruck in einem hohen Maße die glo- besonders stark. Auf einen großflächi gen Kälterei z hin werden
meruläre Filtrationsrate beeinflusst und diese möglichst kon- die arteriovenösen Anastomosen im Bereich der Akren gerin-
stant gehalten werden muss. Verantwortlich für die gleichmä - ger durchblutet. Durch das Öffnen oder Schließen von arteri -
ßige Gesamtdurchblutung ist in erster Linie der Bayliss-Effekt ovenösen Anastomosen erreicht die spezifische Durchblutung
(myogene Autoregulation), der den renalen Blutfluss im Bereich hier Werte zwischen 1 und 100 ml/min pro 100 g.
mittlerer systemischer Blutdrücke von etwa 70-180mmHg Im Bereich de s Körperstamms (Rumpf und proximale Ext-
konstant halten kann. remitäten) gibt es kaum arteriovenöse Anastomosen. Die Va-
sodilatation erfolgt vorwiegend lokal-c hemisch über Kinine.
.. Herz. Das Herz benötigt aufgrund seiner unermüdlichen v. a. Bradykinin), das bei Aktivierung der cholinerg innervierten
Pumpleistung schon in Ruhe eine intensive Durchblutung von Schweißdrüsen parallel ausgeschüttet wird.
etwa 80-90mlfmin pro 100 g. Da die Sauerstoffausschöpfung
bereits in Ruhe sehr hoch ist (fast 70 %) und kaum weiter gestei- Gastrointestinaltrakt. Die Durchblutung der Abdominalorga-
gert werden kann. muss ein 0 2-Mehrbedarf durch eine gestei- ne wird aufgrundder Innervation durch die sympathischen Nn.
gerte Durchblutung gedeckt werden. Dabei kann die spezifische splanchnici häufi g unte r dem Beg riff "Splanchnikuskrei slauf"
Durchblutung bis auf 300 ml /(min dl) bei körperlicher Arbeit zusammengefass t.
anstei gen (sog. Koronarreserve, s. S. 47).
4.4 Anpassung des Kreislaufs an besondere Situationen 65

Die Leber stellt dabei das am besten durchblutete Organ dar. • Vasokonstriktion der venösen Kapazitätsgefäße ..... Steige-
Neben dem sauerstoffreichen Blut aus der A. hepatica erhält sie rung des verfügbaren Blutvolumens.
über die Pfortader das sauerstoffärmere. aber dafür nährstoff- • Erhöhte Katecholaminausschüttung aus dem Nebennieren-
reiche Blut aus Magen, Darm, Milz und Pankreas. Ihre spezifi- mark.
sche Durchblutung beträgt somit insgesamt etwa 100 ml/min • Anstieg der Herzfrequenz .... trotzweiterhin reduzierten
pro 100 g, entsprechend etwa 30 % des HZV. Schlagvolumens wird ein ausreichendes Herzzeitvolumen
Das Splanclmikusgebiet dient gleichzeitig als Blutreservoir. gepumpt.
normalerweise befinden sich hier etwa 20 %des gesamten Blut- • Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aidosteron-Systems....,
volumens. Über die gut ausgebildete sympathische Innervation Vasokonstriktion. langfristig auch Volumenzunahme.
über a 1-Adrenorezeptoren kann die Durchblutung der Verdau- • Vermehrte ADH-Ausschüttung ...., das zur Verfügung stehen-
ungsorgane durch eine kompensatorische Vasekonstriktion de Volumen wird gesteigert.
stark gedrosselt werden. Dadurch wird das Blutvolumen z. B. Nach der Kreislaufanpassung kehren Herzzeitvolumen und
bei körperlicher Arbeit oder Blutverlust zugunsren einer Zu- arterieller Blutdruck wieder auf den Ausgangswert zurück,
nahme des zentralen Blutvolumens umverteilt und so der arte- Herzfüllung, zentraler Venendruck, zentrales Blutvolumen und
rielle Blutdruck stabilisiert (,.fight-and -flight- reaction"). Schlagvolumen bleiben dagegen verringert, TPR und Herzfre-
quenz sind dagegen erhöht.
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Das venöse Blut in den Nieren hat in Ruhe einen sehr hohen Kollaps. Dieser durch rasches Aufstehen her-
0 2 -Gehalt. vorgerufene Kollaps geht auf die Umverteilung von Blut und die
Ein hoher 0 2- und ein abnehmender C0 2-Partialdruck bewir- darauf folgende Zunahme des hydrostatischen Druckes in den
ken im Gehirn eine Vasokonstriktion. Venen unterhalb der Ind ifferenzebene (s. S. 55) zurück. Beim
Noradrenalin führt bei den arteriellen Gefäßen der Haut zu Aufstehen wird die Gehirndurchblutung durch die lokale Auto-
einer Vasokonstriktion. regulation normalerweise zwar konstant gehalten, doch greifen
Auf einen großflächigen Kältereiz hin werden die arteriovenö- die Kompensationsmechanismen bei entsprechender Dispo-
sen Anastomosen im Bereich der Akren weniger durchblutet. sition (häufig junge Frauen mit niedrigem Blutdruck) manch-
Die gut ausgebildete sympathische Innervation der Verdau- mal nicht schnell genug und es kommt zu einem kritischen
ungsorgane ermöglicht bei schwerer körperlicher Belastung Abfall der Gehirndurchblutung, der sich durch Schwindel und
eine kompensatorische Vasokonstriktion, die den arteriellen Bewusstseinsverlust bemerkbar macht. Auch bei hoher Um-
Blutdruck stabilisiert. gebungstemperatur ist die Orthostasetoleranz eingeschränkt,
weil das zentrale Blutvolumen durch die thermoregulatorisch
stark gesteigerte Hautdurchblutung noch weiter reduziert ist.
Vorbeugend hilft es, etwas langsamer aufzustehen, sodass
4.4 Anpassung des Kreislaufs die Gegenregulation Zeit zur Kompensation hat, und die Mus-
an besondere Situationen kel pumpe der Beinmuskulatur zu betätigen, um den venösen
Rückstrom zu verbessern. Ist der Kollaps eingetreten führt die
Das Kreislaufsystem kann sich an verschiedene Situationen und sog. Trendelenburg-Lagerung (flache Rückenlage mit angehobe-
Leistungsanforderungen anpassen. inde m einzelne Parameter nen Beinen) meist zur schnellen Erholung.
je nach Bedarf variiert werden . Nötig ist das z. B. bei der Ände-
rung der Körperposition, bei körperlicher Anstrengung oder bei 4.4.2 Anpassung des Kreislaufs
Temperaturbelastung. an körperliche Arbeit
Bei körperlicher Arbeit ändert sich die Verteilung des Herzzeit-
4.4.1 Anpassung des Kreislaufs an Orthostase
volumens zugunsren der Durchblutung der Skelettmuskulatur.
Beim Wechsel vom liegen zum Stehen kommt es aufgrundder Dabei kann die Durchblutung des arbeitenden Muskels bis auf
Schwerkraft zu einer Umverteilung des Blutvolumens . 400 - da s 40- Fache des Ruhewerts ansteigen.
500ml des zentralen Blutvolumens versacken in den Kapa zi- Schon vor Beginn der Arbeit kommt es im Rahmen einer
tätsgefäßen der Beine. Dadurch nehmen venöser Rückstrom .. Startreaktion" zu einer gesteigerten Aktivierung des Sympa-
und zentraler Venendrucl< ab, sodass sich der Füllungsdruck thikus. Neben der Steigerung der Herzleistung bewirkt er eine
und damit auch das Schlagvolumen und kurzfristig auch der sog. kollaterale Vasokonstriktion. d. h. er erhöht den Gefäßwi-
arterielle Blutdruck verringern. In der Folge verringert sich die derstand in fast allen zur Muskulatur parallel geschalteten Or-
AP-Frequenz der Pressorezeptoren im Aortenbogen und im Ka - ganen außer dem Herzen. dem Gehirn und der Haut, sodass der
rotissinus sowie der Dehnungsrezeptoren in den intrathoraka- Blutdruck zunächst ansteigt.
len Kapazitätsgefäßen stark und löst folgende Gegenreg ulati- In der arbeitenden Muskulatur selbst kommt es dann über
onsmechanismen aus. die innerhalb von Sekunden zur Umstel- die lokale chemische und metabolische Durchblutungsregula-
lung des Kreislaufs führen : tion zu einer Vasodilatation, die einen Abfall des TPR zur Folge
Durch Konstriktion der Kapazitätsgefäße steig t de r TPR und hat. Da da s Herzze itvolumen jedoch relativ stärker zunimmt als
der venöse Rückstrom zum rechte n Vorhof wird gefördert: der TPR abnimmt, steigt der arterielle Mitteldruck insgesamt
• Vasokonstriktion de r arteri e ll e n Wid erstand sgefäße durch an: Der diastolische Druck bleibt in etwa gleich. während der
verstärkte Stimul ation von a,-Adrenozeptoren ..... Erhöhun g systolische Druck um mehr als 20 mmHg ansteigen kann. Die
des totalen peripheren Widerstands TPR (wodurch z. B. Blutdruckamplitude wird al so größer.
auch die Ni e re ndurchblutun g le icht abne hm en kann ). Die Hautdurchblutung , die bei leichter Arbeit zunächst zu -
g unsten der Muskeldurchblutung gedrosselt wird. steigt im
66 4 Kreislauf

Verlauf der Arbeit aus thermoregulatorischen Gründen an. So 4.5.1 Blutdruckmessung


kann die bei der Arbeit entstehende Wärme an die Umgebung
abgegeben werden. Die Messung des arteriellen Blutdrucks ka nn entweder direkt
durch eine Messsonde in eine Arterie ( .. blutige Messung") oder
4.4.3 Anpassung des Kreislaufs (wie im klinischen Alltag üblich) indirekt mithilfe einer Blut-
an thermische Belastung druckmanschette und eines Stethoskops (.. unblutige Messung")
erfolgen.
Auf Hitze- oder Kältebelastung reagiert der Körper mit einer
APROPOS
Änderung der Hautdu rc hblutung. Ein chroni sch erhöhter Blutdruck ist einer der wichtig sten Risikofaktoren
für die Schädigung von Herz, Nieren, Gehirn usw. Daher ist es wichtig ein e
Kältebelastung. Bei Kältebelastung kommt es v. a. in den Ak- Hyperton ie zu erke nn en und zu behandeln. Für di e Diagnostik sind w ieder·
ren zur Vasokonstriktion der Widerstands- und Kapa zitätsge- holte Blutdruckmessungen, z. B. mithilfe eines Langzeitblutdruckg erätes
über 24 h, notwendig. Dabei ist u.a. auf die richt ig e Größe der Blutdruck-
fäße und das Blutvolumen verlagert sich aus der Haut in die
manschette zu ac hten.
zentralen Gefäße. Gleichzeitig verhindert die reflektorische Ab-
nahme von Herzfrequenz und Herzzeitvolumen einen durch .. Direkte Blutdruckmessung. Die direkte (blutige) Blutdruck-
die Volumenzunahme ausgelösten Blutdruckanstieg. mes sung wird in der Intensivmedizin häufig angewandt. Hier-
bei wird eine Kanüle in die Arterie eingebracht und mit einem
Bei Wärmebelastung muss die Hautdurch- Manometer verbunden. Über einen Druckwandler (Transducer)
blutung stark ansteigen, um eine Überwärmung des Körpers werden die mechanischen Druckeschwankungen in elektrische
zu vermeiden. Es kommt zu einer Öffnung von arteriovenösen Signale umgewandelt. Auf diese Weise lässt sich der Blutdruck
Anastomosen und einer Tonusabnahme der Kapazitätsgefäße kontinuierlich überwachen.
in der Haut. Dadurch verlagert sich ein großer Teil des Blutvolu-
mens aus den zentralen Gefäßen in die Haut und der totale peri- .. Blutdruckmessung nach Riva-Rocci. Zur unblutigen Blut-
phere Widerstand (TPR) nimmt stark ab. Dies zu kompensieren druckmessung nach Riva-Rocci wird in Herzhöhe eine Man-
stellt eine hohe Belastung an das Herz-Kreislauf-System dar. Die schette um den Oberarm gelegt und auf einen Druck deutlich
Herzfrequenz steigt reflektorisch an und das Herzze itvolumen über dem erwarteten systolischen Wert aufgepumpt. In der
erhöht sich bei hoher Hitzebelastung bis auf 15 1/min. Trotzdem Ellenbogenbeuge auskultiert man mit einem Stethoskop die A.
sinkt der diastolische Blutdruck deutlich ab, sodass durch die brachialis. während man langsam den Manschettendruck senkt.
verstärkte Durchblutung der Haut bei thermischer Belastung Solange der Druck in der Manschette höher ist als der systoli-
gehäuft orthostatische Regulationsstörungen auftreten. sc he Blutdruck, ist die Arterie völlig verschlossen und es kann
kein Blut durch sie hindurchströmen. Sobald der Druck jedoch
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
den systolischen Blutdruck unterschreitet. strömt während der
.. Na ch dem Wechsel vom liegen in den Stand erhöht sich der systolischen Blutdruckspitzen kurzzeitig Blut durch das Gefäß.
totale periphere Widerstand (TPR). Die dabei entstehenden pulssynchronen Turbulenzen sind mit
.. Nach dem Wechsel vom liegen in den Stand werden die dem Stethoskop als sogenannte Korotkow-Geräusche zu hören.
a 1-Adrenozeptoren in den Gefäßmuskelzellen der arteriellen Der Druck, den man bei Auftreten der Korotkow- Geräusche ab-
Widerstandsgefäße verstärkt stimuliert. Die folgende Vase- liest, entspricht dem systolischen Druck.
konstriktion dieser Gefäße wirkt dem Abfall des arteriellen Bei weiterem Druckablassen der Manschette werden die Ge-
Blutdrucks entgegen. räusche leiser und verschwinden schließlich ganz. Dies ist ein
.. Nac h dem Wechsel vom liegen in den Stand kann die Durch- Zeichen, dass der Manschettendruck den diastolischen Blut-
blutung der Nieren leicht abnehmen. druck unterschritten hat, das Blut kann nun wieder kontinu-
.. Nach dem Wechsel vom liegen in den Stand bleibt das ierlich durch die Arterie strömen. Insgesamt ist der diastolische
Schlagvolumen der Ventrikel reduziert. Druckwert schwieriger zu bestimmen als der systolische, weil
.. Ein durch rasc hes Aufstehen hervorgerufener orthostatische die Geräuschveränderungen nicht ganz so deutlich zu hören
Kollaps geht auf die Umverteilung von Blut und di e darauf sind.
folgende Zunahme des hydrostatischen Druckes in den Die Mansche ttenbreite mus s etwa der Hälfte des Armum-
Venen unterhalb der Indifferenzebene zurü ck. fangs entsprechen. Eine zu schmale Mansc hette führt zu einer
.. Zu einem orthostatischen Kollaps bei thermischer Belas- punktförmigen Kompression der Arterie und täuscht so zu hohe
tung trägt entscheidend eine erhöhte Hautdurchblutung Blutdruckwerte vor, mit einer zu breiten Mansc hette misst man
bei. zu niedrige Werte. Außerdem mus s die Manschette in Herz-
höhe um den Arm ge legt sein, um e ine hydrostatische Verfäl-
sc hung der Mes sergeb ni sse zu verhindern. So misst man bei zu
4.5 Messung von Kreislaufparametern hoch angelegter Manschette einen zu niedrigen systolischen
Blutdruck.
Die Mess un g von Krei slaufparamete rn ist in der Physiologie
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN .)C
wichtig, um Normwerte aufstellen zu können. In der Klinik die -
nen sie der Ermittlung möglicher Störungen der Herz- Kreislauf- Befindet sich bei der Blutdruckmess ung nach Riva-Rocci der
Funktion. Messort oberhalb der Herzhöhe, dann mi sst man einen zu
niedrigen systolischen Blutdruck .
4.5 Messung von Kreislaufparametern 67

4.5.2 Messung der Blutströmung Lösungsweg: Verwe nden Sie di e Form el zur Berechnung des Herzze itvo-
lum ens. Es gil t :
Die Blutströmung lässt sich mit Hilfe der Doppler-Sonografie Xo2
messen. Trifft dabei der Ultraschall auf die sich bewegenden HZV
( cartcricU- Cvcnös ) 02
[1/ min)

Erythrozyten, ändert sich seine Frequenz bei der Reflexion. Aus


der Frequenzdifferenz zwischen dem einfallenden und reflek- HZV 3 1/min 3000 ml /min 20 I/ min
200 ml / 1- 50 ml / 1 150 ml/ 1
tierten Schall kann man die Strömungsgeschwindigkeit des
Bluts berechnen . Lösung: 20 1/ min

In den zentralen Venen, im rechten Herzen und in der A. pul-


4.5.3 Bestimmung des Herzzeitvolumens
monalis mischt sich sauerstoffarmes Blut aus den arbeitenden
Das Herzzeitvolumen lässt sich mithilfe des Fick'schen Prinzips Organen mit hohem 0 2 -Verbrauch mit sauerstoffreichem Blut
ermitteln. Hierbe i handelt es sich um eine lndikatorverdün- (z. B. aus den Nieren. die nur wenig 0 2 entnehmen). In der Re-
nungsmethode. Sie beruht darauf. dass die pro Zeiteinheit auf- gel beträgt die 0 2-Sättigung des zentralvenösen Mischblutes in
genommene Stoffmenge eines Indikators sowohl von der Kon- Ruhe noch etwa 75 %, die Differenz zur 0 2-Sättigung des arte-
zentration des Stoffes als auch von dem pro Zeiteinheit durch- riellen Blutes ist also etwa 25 %. Ist diese Differenz erhöht (bei
strömenden Blutvolumen abhängt. gleichzeitig normaler 0 2-Aufnahme in Ruhe von etwa 250m! /
Als physiologisch im Körper vorkommenden Indikator be- min, wobei die Werte erheblich schwanken), dann weist das auf
nutzt man häufig 0 2• Die aufgenommene 0 2-Menge wird mithil- ein reduziertes Herzzeitvolumen hin.
fe eines Spirometers bestimmt. Um die arteriovenöse Konzentra- Bei starker körperlicher Leistung nimmt der Anteil 0 2-armen
tionsdifferenz (avD0 2 ) zu bestimmen , muss man die 0 2 -I<onzen- Blutes in den zentralen Venen, im rechten Herzen und in der A.
tration im arteriellen und im gemiscl1t-venösen Blut ermitteln. pulmonalis deutlich zu und die 0 2-Sättigung des gemischtve-
Folgende Überlegungen zum Fick"schen Prinzip liegen zu- nösen Blutes kann auf weniger als 50 %abnehmen. Dabei steigt
grunde: die 0 2-Aufnahme in der Lunge (al so der 0 2-Verbrauch) prozen-
1. Die Konzentration c gibt das aufgenommene Volumen 0 2 pro tual stärker an als das Herzzeitvolumen.
durchgeflossenem Volumen V0 , an : Bei bekannter Herzfrequenz kann au s dem Herzzeitvolumen
c0 2 = X0 , / V0 , . das Herzschlagvolumen errechnet werden:
HZV
2. Das aufgenommene Volumen 0 2 errechnet sich au s der Dif- Schlagvolumen = -:-:----;f:--- -
Herz requenz
ferenz zwi schen der 0 2-I<on zentration im arteriellen und im
venösen Blut bezogen auf das durchgeflossene Volumen:
Um die Rechenaufgaben zum Herzzeitvolumen in der Prüfung
lösen zu könn en, sollten Sie auch wissen, was sich hinter der
3. Sind das aufgenommene Volumen sowie die arteriovenöse Ejek tionsfraktion verbirgt (S. 40). Auch sollten Sie wissen, wie
Konzentration sdifferenz bekannt, so kann man da s durchge- man aus dem Abstand der R-Zacken eines EKG die Herzfrequen z
flossene Volumen berechnen: Vol = Xo2 I (carteriell - cvenös )0 2 ermittelt und aus einem Druck-Volumen-Diagramm das Schlag-
volumen ablesen kann (5. 43).
Berücksichtigt man gleich zeitig auch noch die Zeit, in der der
Blutfluss und die Stoffaufnahme stattfinden, so lässt sich das
Herzzeitvolumen bestimmen: RECHENBEISPIEL 1
Xo2 Um we lch en Fak t or änd ert sich das Herzze itvolum en. wenn die Herzf re-
HZV = 11 / min] qu enz um 4 5%und das Schlagvolum en um 40%zuni m mt?
(carteriell - cvenös lo2
Lösungsweg :
HZV =Volumen , da s pro Minute durch den Körper gepumpt
Sc hl agvolum en HZV _, HZV = Schlagvolum en · Schlagfrequenz
wird Herzfreque nz

X0 2 =aufgenommenes Volumen 0 2 pro Minute HZV = 1.45 x 1.4 = 2.03


Lösung: Das Herzzeitvol um en verdopp elt sich.
{Carteriell )0 2 bzw · {cvenös )0 2 = 0 2 - Kon ze ntra t ion in arteri ellem
bzw. gemi scht-venösen Mi sch- RECHENBEISPIEL 2
blut. Wi e hoch ist die 0 2-Konzent rati onsd ifferenz zw ischen dem Blut in der
Ao rt a und in der A. pul mo nalis, we nn das end diastolische Vo lum en des li n-
ken Ve nt rik els lOOml beträg t. die Ejek t ionsfrak ti on 50 %. die Herzfre qu enz
Das Herzze itvolumen ist al so da s Volumen des Blutes , das in ei - 80 Schläg en/rn in und di e 0 2-Au fn ahme 180ml/min.
ner Minute vom Herz über die Aorta asce ndens in den Blutkreis- lösungsweg: Zunäc hst bestim me n Sie das Herzschl agvolurnen. Wen n
lauf gepumpt wird . Es ist dah er ein Maß fi.ir die Pumpfunktion der linke Ve ntri ke l arn Ende der Herzf üllun g 100 rnl enth ält. dann beträgt
da s Schl agvo lumen bei ein er Ejektionsfraktion von 50 % SOml.
des Herze ns.
Da nn ermitteln Sie das Herz2e itvo lum en. Es gil t:
HZV = Herzfrequenz x Sc hlagvo lum en
RECHENBEISPIEl HZV 80 Sc hl äge/m in x 50 mi/Schlag
Mög licherweise soll en Sie in der Prü fu ng da s Herzze itvo lum en ein es HZV 4 000 m l/m in oder 4 1/rnin
Pro banden bei körp erlicher Belast ung erm it I ein . Gegeben sin d der 0 2 -Ver- Und nun ermi tteln Sie die Konzentrationsdi fferenz: Diese 4 1nehm en in der
brauch mit 3 1/m in. der 0 1 -Ge halt des ar teri ell en Bl utes mil 200ml fl un d Lu nge pro Minu te 180 rnl 0 2 auf t ran sporti eren es in die Aorta. Pro Lit er
der 0 2-Gehalt des gem ischt-venösen lll utes m it 50 m l/ 1. Blu t sind das 180 ml 0 2 / 4 = 45 m l 0 2.
Lösung: 45 rn l
68 4 Kreislauf

RECHENBEISPIEL3 4.6.1 Kreislaufschock


Etwas anders gelagert ist folgende Aufgabe. Vorgestellt wird ein Patient
mit Verdacht auf Herzinsuffizienz. Das enddiastolische Volumen des linken Bei einem (I<reistauf-)Schock handelt es sich um ein generali-
Ventrikels beträgt 120 ml, di e Ejektionsiraktion 33 %. Der Abstand der siertes Kreislaufversagen, bei dem lebenswichtige Organe un-
R-Zacken im EKG ist 500 ms. Wie gro ß ist das Herzzeitvolumen? zureichend mit Blut versorgt werden. Dabei liegt entweder ein
Lösungsweg: Zunächst bestimmen Sie das Herzschlagvolumen. Wenn die reduziertes Herzzeitvolumen oder ein zu geringe r totaler peri-
Ejektionsiraktion 33% beträgt und der linke Ventrikel am Ende der Herzfül- pherer Widerstand vor. Ein l<l'eislaufschock kann verschiedene
lung 120 ml enthält, dann ist das Herzschlagvolumen etwa 40 ml.
Ursachen haben.
Der Abstand der R-Zacken im EKG von 500 ms gibt Auskunft über die Herz-
frequenz . Sie beträgt bei 2 Schlägen/s dann 120 Schläge/min. • Volumenmangelschock: Das zirkulierende Blutvolumen ist
Nun haben Sie die notwendigen Parameter, die Sie zu r Berechnung des z. B. durch Blutverlust, starken Wasserverlust bei Durchfall
HZV benötigen: oder Diabetes insipidus usw. verringert. Dadurch sind der
Es gilt: zentrale Venendruck und der venöse Rückstrom verringert
HZV =Herzfreq uen z x Schlagvolumen und das Schlagvolumen nimmt ab.
HZV = 120 Schlägefmi n x 40mlfSchlag =4800mlfm in oder 4, 81/min • Kardiogener Schock: Er tritt bei Herzversagen auf (z. B. im
Lösung: 4,8 1/m in Rahmen eines Herzinfarktes oder einerdekompensierten
Herzinsuffizienz usw.). Das Herz kann das Blut nicht mehr
weiterpumpen . Das Blut staut sich daher vor dem Herz und
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN der zentrale Venendruck ist erhöht.
X
• Anaphylaktischer Schock oder septischer Schock: Vasodi-
,. Merken Sie sich die Gleichung zur Berechnung des Herzzeit-
latatorische Mediatoren (Histamin usw.) werden freigesetzt
volumens nach der lndikatorverd ünnungsmethode. und das Blut versackt infolge der generalisierten Gefäßer-
HZV =
Xo 2 [1/min]
weiterung in der Peripherie.
( C arteriell - C venös ) Oz
• Hormonelle Ursachen: Sie finden sich bspw. eine Nebennie-
reninsuffizienz (Addison-I<rise). Diabetes mellitus, Insulin-
,. Soll mithilfe des Fick'schen Prinzips das Herzzeitvolumen überdosierung, Hyper- oder Hypothyreosen u.a.
eines Patienten bestimmt werden, dann müssen arterielle • Neurogener Schock: Die zentrale vegetative Kreislaufregu-
und gemischtvenöse 0 2-Konzentration wie auch der latio n ist gestört. Durch den Tonusverlust der Widerstands-
0 2-Verbrauch bzw. das aufgenommene 0 2-Volumen pro und Kapazitätsgefäße ist der venöse Rückstrom stark ver-
Zeiteinheit bekannt sein. mindert.
,. Eine Differenz der 0 2-Sättigung zwischen arteriellem und
gemischtvenösen Blut von über 25% weist bei gleichzeitig APROPOS
Leitsymptome eines Schocks sind Tachykard ie. Hypoton ie. Blässe. Tachyp-
normaler 0 2-Aufnahme in Ruhe von etwa 250 mlfmin (wobei
noe. Dyspnoe, Kaltschweißigkeit. motorische Unruhe und Nachlassen der
die Werte erheblich schwanken) auf ein reduziertes Herzzeit- Harnp roduktion.
volumen hin . Den Quotienten aus Herzfrequenz und systolischem Blutdruck bezeichnet
HZV man als Schockindex. Bei traumatisch-hypovolämisc hem Schock ist er ein
Schlagvolumen = ---,--____:_;.=-:__ _ Anhalt für den Schweregrad; so spricht ei n Schockind ex > 1 für einen Bl utver-
Herzfrequenz lust von ca. 30-40 %.
,. Für die Berechnung des Herzschlagvolumens sind folgende ,. Reaktionsmechanismen des Kreislaufs beim Schock. Im
Angaben notwendig: Schock versucht der Körper, durch gegenregulararische Maß-
- 0 2-Konzentrationsdifferenz zwischen arteriellem und
nahmen eine ausreichende Durchblutung in Herz und Gehirn
gemischtvenösem Blut aufrechtzuerhalten (Zentralisation des Kreislaufs). Die Kapazi-
- die vom Körper pro Zeiteinheit netto aufgenommene tätsgefäße kontrahieren sich und versuchen so. den Volumen-
0 2-Menge
mangel auszugleichen und den zentralen Venendruck zu sta-
- die Herzfrequenz. bilisieren. Die Kontraktion der Widerstandsgefäße v.a. in der
,. Bei starker körperlicher Leistung nimmt der Anteil 0 2-armen Peripherie, der Haut, dem Magen-Darm-Trakt usw. erhöht den
Blutes in den zen trale n Venen, im rechten Herzen und in der
totalen peripheren Widerstand und verhindert zunächst einen
A. pulmonalis deutlich zu, die 0 2-Sättigung des gemischtve- Blutdruckabfall. Diese selektive Vasokonstriktion bei der Zent-
nösen Blutes nimmt also stark ab. Verantwortlich ist eine im ralisation des Kreistaufs beruht auf einer geringeren Häufigkeit
Verhältnis stärkere Zunahme des 0 2-Verbrauchs im Vergleich von a 1-Adrenorezeptoren (s.S. 59) in den Arteriolen des Ge-
zur Zun ahme des Herzzeitvo lumens. hirns im Vergleich zu anderen Bereichen wie z. B. der Haut oder
dem Splanchnikusgebiet. Gleichzeitig werden ADH und Renin
freigesetzt und es gelangt vermehrt Wasser aus dem Interstiti-
um in di e Blutbahn.
4.6 Pathophysiologische Veränderungen Bei an haltender Schocksituation ohne wirksame Therapie
des Kreislaufsystems sa mmeln sich immer mehr vasodilatatorisch wirksame Meta-
bolite an, die sch ließlich doch zu eine r Öffnung der Arteriolen
Der l<reislaufschock, die Hypertonie und die Hypotonie sind bei weiterhin kontrah ierten Venolen führen. Auf diese Weise
häufige Krankheitsbilder. denen unterschiedliche Ursachen und steigt der Filtrationsdruck in den Kapillaren und Volumen geht
pathophysiologische Veränderunge n zugrunde liegen können . nun zu sätzlich ins Interstitium verloren. Die langsa me Strö -
mung in den kleinen Gefäßen führt zu eine r Verklumpung der
Erythrozyten mit einer ma ss iven Vi skositätszu nahme des Blu -
tes. Es entw icke lt sich ei n manifester Sc hock mit hypoxi seben
4.7 Fetaler Kreislauf 69

Organschäden, die zum äußerst kritischen Multiorganversagen diese Weise erhält der Körperkreislauf relativ sauerstoffreiches
führen können. Blut.
Das sauerstoffarme Blut aus der V. cavasuperiorgelangt da-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
gegen zum größten Teil in die rechte Kammer und von dort in
... Die bevorzugte Durchblutung des Gehirns bei der Zentrali- den Truncus pulmonalis. Weil der Strömungswiderstand in den
sation des Kreislaufs beruht auf der geringeren Häufigkeit von Lungengefäßen höher ist als in der Aorta. fließt der größte Teil
a 1-Adrenozeptoren in den Arteriolen des Gehirns im Vergleich des Blutes entlang des Druckgefälles von der A. pulmonalis ent-
zu anderen, schlechter durchbluteten Bereichen wie Haut und lang des Druckgefälles durch den Ductus arteriosus Botalli auf
Splanchnikusgebiet. direktem Weg weiter in die Aorta. Nur etwa 25 % des vom rech-
ten Ventrikel ausgeworfenen Blutes perfundieren die Lunge. Ein
großer Teil des Blutes aus dem unteren Teil des Körperkreislaufs
4.7 Fetaler Kreislauf wird über die beiden Aa. umbilicales (Nabelarterien) zurück zur
Plazenta geleitet.
Die Plazenta übernimmt die Aufgabe von Lunge und Leber des Das offene Foramen ovale und der Ductus arteriosus Botal-
Fetus und versorgt das Kind mit Sauerstoff und Nährstoffen. li führen funktionell zu einer weitgehenden Parallelschaltung
Diese beiden Organe benötigen daher vor der Geburt nur sehr der beiden Ventrikel. Der fetale arterielle Blutdruck beträgt am
wenig Blut und werden deshalb über spezielle fetale Gefäße Ende der Schwangerschaft etwa 50-60 mmHg bei einer Herz-
weitgehend vom Kreislauf abgetrennt. Nach der Geburt muss frequenz von etwa 140-160 Schlägenfmin.
sich der fetale Kreislauf dann an die neue Situation ohne Pla-
zenta anpassen. 4.7.2 Peripartale Kreislaufumstellung
(Abb. 4.11 b)
4.7.1 Kurzschlüsse im fetalen Kreislauf
(Abb. 4.11 a} Vor der Geburt fließen über 50 % des Herzzeitvolumens des Fe-
tus durch die Plazenta. Nach Abbinden der Nabelschnurarterien
In der Plazenta nimmt das fetale Blut Nährstoffe und 0 2 auf und ist dieser Abfluss nicht mehr möglich. Es kommt, unterstützt
gibt Stoffwechselprodukte und C0 2 ab. Das Blut fließt von dort durch eine Kontraktion der Gefäßmuskulatur, zu einer deutli -
über die V. umbilicalis (Nabelvene) zum Feten und dort unter chen Zunahme des peripheren Widerstands und damit zu einer
fast vollständiger Umgehung der Leber über den Ductus veno- Druckzunahme in der Aorta und im linken Herzen.
sus Arantii in die V. cava inferior. Dort vermischt sich das sau- Gleichzeitig steigt durch den Wegfall der Plazentafunktion
erstoffreiche Blut aus der V. umbilicalis mit dem sauerstoffar- der C0 2 -Gehalt des Blutes. Dies ist der Atemreiz. der über die
men Blut aus der unteren Körperhälfte und fließt zum größten respiratorischen Neuronein der Medulla oblongata das Einset-
Teil durch das offene Foramen ovale in den linken Vorhof und zen der Lungenatmung auslöst, sodass sich die Lunge entfaltet.
von dort aus über die linke Kammer in den Körperkreislauf. Auf Der Strömungswiderstand in den Lungengefäßen nimmt durch

Ductus arte riosus Botalli A. pulmonalis

- --->,,..--- Lung e V. cava sup.

geschlossenes
Foramen ovale
V. pulmonali s
V. cava inf. V. cavainf.

Aorta descend ens

Ductu s venosus
Aran tii

V.cavai nf.
Pforta der
Nabe lvene

a Nabelarteri en b
Abb. 4.11 Fetaler Kreislauf. a Fe taler Blutkreislauf. b Blutkreislauf nach der Ge burt. Die Ri chtun g des Blutst ro ms ist durch Pfeil e angede utet.
70 4 Kreislauf

die Entfaltung stark ab und die Lungen werden deutlich stärker men. Kleine Shuntverbindungen verursachen in der Regel keine
durchblutet. Symptome. Große Shuntverbindungen führen zu einer starken
In sgesamt kehren sich also die Strömungswiderstände und Belastung des Herz-Kreislauf-Systems. Der große Kreislaufwird
Druckverhältnisse im Lungen- und Körperkreislauf um, Hoch- insuffizient, was sich in einem verminderten Wachstum, einer
und Niederdrucksystem differen zieren sich. eingeschränkten Belastbarkeit mit Atemnot bei Anstrengung
Die funktionelle Trennung von rechtem und linkem Her- sowie kalten Füßen und Händen äußert. Therapeutisch kann
zen findet statt, wenn der Druck im linl<en Vorhof durch den innerhalb der ersten beiden Lebenswochen ein medikamentö-
vermehrten Zufluss aus der enfalteten Lunge zunimmt, der ser Verschluss mit Prostaglandinsynthesehemmern (z. B. Indo-
Druck im rechten Vorhof durch den Wegfall des Rückflusses metacin) versucht werden; führt dies nicht zum Erfolg, muss
aus der Plazenta dagegen geringer wird. Durch diese Umkeh r man den Ductus arteriosus operativ schließen.
des Druckgradienten zwischen rechtem und linkem Vorhof legt Der Ductus venosus verschließt sich innerhalb der ersten
sich das Vorhofseptum vor das Foramen ovale und verschließt 3 Stunden nach der Geburt ähnlich wie der Ductus arteriosus
es. Rechtes und linkes Herz sind dann nicht mehr parallel. son- durch Kontraktion der glatten Gefäßmuskulatur. Dadurch steigt
dern in Reihe gesc haltet. der Pfortaderdruck und die Leberdurchblutung nimmt deutlich
Gelegentlich verschließt sich das Foramen ovale nach der zu. Die vollständige morphologi sche Obliteration erfolgt inner-
Geburt nicht. Folge ist ein Vorhofseptumdefekt. Es kommt zu halb des ersten Lebensmonats.
einem Links-Rechts-Shunt. sodass das vom linken in den rech-
ten Vorhof zurü ck fließende Blut erneut vom rechten Ventrikel
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
in die Lunge gepumpt werden muss. Dies füh rt zu einer erhöh- .,. Das Blut im Ductus venosus Arantii besitzt die höchste
ten Vo rlast (Volumenbelastung, s. S. 44) der rechten Herzkam- 0 2-Sättigung, die im fetalen Kreislauf erreicht werden kann,
mer. da es direkt aus der Plazenta sta mmt.
Im Ductus arteriosus Botalli kommt es aufgrund der geän- .,. Am höchsten ist der Blutdruck im fetalen Kreislauf in der Arte-
derten Druckverhältnisse zunächst zu einer Strömungsumkehr, ria pulmonalis.
d. h. Blut strömt aus der Aorta durch den Ductus arteriosus in .,. Die fetale Herzfrequenz beträgt am Ende der Schwanger-
die Lunge ngefäße (extrakardialer Links-Rechts-Shunt). Inner- schaft über 100/min.
halb der ersten Stunden bis Tage nach der Geburt verschließt .,. Durch die Umkehr des Druckgradienten zwischen rechtem
sich der Ductus arteriosus durch Kontraktion der glatten Gefäß- und linkem Vorhof nach der Geburt legt sich das Vorhofsep-
mu skulatur, sodass kleiner und großer Kreislauf getrennt sind. tum vor das Foramen ovale und verschließt es.
Im Verlauf des ersten Lebensjahres wird der Ductus arteriosus .,. Bei einem Vorhofseptumdefekt kommt es zu ei nem Links-
auch morphologisch durch Bindegewebsstränge verschlossen. Rechts-Shunt, bei dem die Vorlast des rechten Ventrikels
Ein persistierender Ductus arteriosus Botalli macht etwa erhöht ist.
8% aller angeborenen Herzfehler au s. Bei Frühgeborenen ist er .,. Ist die 0 2-Sättigung des Blutes in der A. pulmonalis höher
Zeichen der Unreife und verschließt sich häufig später spon- als im rechten Ventrikel, weist das auf einen fortbestehenden
tan, bei reifen Neugeborenen handelt es sich um eine Anoma- Ductus arteriosus Botalli hin .
lie, Spontanverschlüsse sind sehr selten. Mit dem Stethoskop
hört man über dem Herzen ein typisches kontinuierliches,
systo lisch-diastolisches Geräusch, das als Maschinengeräusch GESCHAFFT
bezeichnet wird. Aufgrund des höheren Druckes in der Aorta Das letzte große Lernpaket, das Ihnen in diesem Skript noch bevorsteht,
kommt es zu einem Links-Rechts-Shunt. 0 2-reiches Blut fließt beschäftigt sich mit der Physiologie der Atmung. Auch dieses Thema ist nicht
von der Aorta über den Ductus arteriosus und die A. pulmonalis trivial , versuc hen Sie die Atemmechanik und die Druckverhältnisse zu verste-
in den rechten Ventrikel. Ein für die Diagnose wichtige Kriteri- hen , dann wird es Ih nen leichter fallen, die Prüfungsfragen zu beantworten.
um ist daher die in der A. pulmonalis im Vergleich zum rechten Im Anschluss folgt noch ein kurzes Kapitel zur Arbeits- und Leistungsphy·
siologie, das in Teilen noch einmal die Themen Herz, Kreislauf und Atmu ng
Ventrikel höhere 0 2-Sättigung des Blutes. in folge de r daraus re-
aufgreift.
sultierenden erhöhten Druck- und Volumenbelastung der Lun-
ge kann es im Spätstadium auch zu einer Shuntumkehr kom -
5.1 Atemmechanik 71

Intrapulmonaler Druck
5 Atmung Der Druck im Alveolarraum, der sog. intrapulmonale Druck,
entspricht in Ruhelage dem äußeren Luftdruck, da sich die-
5.1 Atemmechanik
se Drücke durch die Atemwege ausgleichen können. Nur bei
Damit ein Gas strömen kann. sind Druckunterschiede notwen- Thoraxbewegungen während der Inspiration und Exspiration
dig. Zwischen Lunge und Umgebung mus s es also unterschied- weicht der intrapulmonale Druckaufgrund der Volumenverän-
liche Drücke geben, damit Luft beim Einatmen in die Lunge und derung der Lunge von der Nulllinie ab. Entlang dem entstehen-
beim Ausatmen aus der Lunge strömen kann . Der Aufbau dieser den Druckgefälle strömt die Luft aus der Lunge heraus- bzw. in
unterschiedlichen Druckverhältnisse und der sich daraus erge- sie hinein . Bei der Inspiration wird der intrapulmonale Druck
benden Druck-Volumen- und Druck-Stromstärke-Beziehungen negativ gegenüber dem äußeren Luftdruck, bei der Expiration
während eines Atemzyklus ist Aufgabe der Atemmechanik. positiv. Auch an der intrapulmonalen Druck- und Volumenver-
änderung ist die Eigenelastizität der Lunge beteiligt. Durch sie
kann die Lunge bei der Einatmung ihr Volumen entsprechend
5.1.1 Inspiration und Exspiration
der Thoraxbewegung ausdehnen.
Lunge und Thoraxwand sind durch den Pleuraspalt voneinan- Die typischen Verläufe der Druckkurven des intrapulmo-
der getrennt.ln dem Spalt befindet sich ein dünner Flüssigkeits- nalen und intrapleuralen Druckes zeigt Abb. 5.1 . Man erkennt,
film, der als Gleitschicht dient und durch den die Lunge an der dass die Druckdifferenz zwischen intrapleuralem und intrapul-
Innenfläche des Thorax haften bleibt und den Bewegungen des monalem Druck bei maximaler Ausatemstellung am ger ings ten
Thorax und des Zwerchfells folgen kann. ist.
Um die Lunge bei der In spiration zu weiten, gibt es 2 Mög-
APROPOS
lichkeiten: die Zwerchfellatmung. bei der sich das Zwerchfell Bei der maschinellen Beatmung werden die phys iologischen Bedingungen
bewegt und Platz für die Ausdehnung der Lunge schafft, und umgeke hrt. Die Luft wird nicht mehr durch einen Unterdru ck in di e Lungen
die Thorakalatmung. bei der sich der Brustkorb bewegt. Die Ru- hin eing esa ugt, sond ern mit einem Überdru ck in sie hin eingepumpt. Da-
heatmung erfolgt fast ausschließlich mithilfe des Zwerchfells. durch entsteht ein positiver intrathoraka ler Dru ck. der sich auf das Kreislauf-
sys tem auswirkt . Kl ein ere Äste der Pulm onalarterien we rden komprimi ert
Die Atemruhelage ist dabei die Position einer entspannten
und dadurch der Wi dersta nd im Lung en kreislauf erh öht. Auße rd em ist der
Mittelstellung von Lunge und Thorax, die ohne Kraftaufwand venöse Rückst ro m zum Herzen behind ert. Da s Herzzeitvolumen nimmt
aufrechterhalten werden kann. Sie wird am Ende einer norma- daher ab. Kon sequenz ist z. B. ein e vermind ert e Nierendurchblutung und
len Ausatmung erreicht. somi t auch e ine v ermind ert e Ha rn bildung. Zud e m ist d e r ve nöse Rü ck stro m
aus dem Gehirn reduziert. wo durch der Hirndru ck anste ig en kann.

5.1.2 Druckverhältnisse in Lunge und Pleura


Intrapleuraler (intrathoraka ler) Druck
Jn Atemruhelage herrsc ht im Pleuraspalt ein subatmosphäri - Inspiration Exspiration
Vpulm( l) ,--- - -
scher Druck von ca . -0,5 kPa. Grund für dies en negat iven Druck
ist die Tatsache, das s di e Lunge e ine gewisse Eigenelasti zität (s.
auch S. 73 ) besitzt und som it das Bestreben hat, sich zusam-
m enz uziehen. Durch die oben beschriebene Fixierung am Tho-
rax entsteht dadurch e in Zug und d amit e innegativer Druck im

::: t .:
kPa Clll H20
Pleura spalt
Der in Atemruhelage nega tive Druck im Pl e uraspa lt von - 0,5 intrapu lmonaler
, - - - - - --:;;>""""""': -- Druck
kPa wird durch Erwei te rung des Thorax bei der Einatembe-
weg ung noch ne ga tive r und e r re icht na ch der In spiration se in
Minimum von ca. - 0,7 kPa. Beim Ausatmen w ird der Dru ck
- 0.4 - - 4 J-"<;:------;;;-----:-r.'--- - intrathora kaler
weniger negativ und auc h be i re la tiv starker Exp iration nicht Druck
- 0.6 - 6 ' - ----""""_-L_ _ __
positiv.
Abb. 5.1 Veränderungen des intrapulmonalen Druckes (PA) und des
intrapleuralen (P pleul Druckes im Laufe der ln-und Exspiration.
72 5 Atmung

5.1.3 Statische Atemvolumina an der mit dem Alter abnehmenden Elastizität von Lunge und
Thorax.
Die Methode zur Bestimmung der ein- bzw. ausgeatmeten (mo-
bilisierbaren) Gasmengen (Atemvolumina) ist die Spirometrie. RECHENBEISPIEL
Ein typisches Spirogramm zeigt Abb. 5.2. Zusammengesetzte Wie groß ist das Residua lvolumen eines Sportlers, dessen Lunge eine
Volumina werden als Kapazitäten gekennzeichnet. Die stati- Vitalkapazität von 8,0 I, eine Inspirationskapazität von 5,0 I und eine funkti·
schen Atemvolumina hängen hauptsächlich von der Anatomie onelle Residualkapazität von ebenfalls 5,0 I hat.
der jeweiligen Persion ab. Lösung:
Es gilt: Residualvolumen =funktion elle Residualkapazität- exspiratori·
APROPOS sches Reservevolumen;
Das Fassungsvermögen der Lunge variiert von Person zu Person stark. Die und: exspiratorisches Reservevolumen =Vitalkapazität- lnspirationska pa-
Volumina sind abhängig von Alter, Körpergröße, Körperbau , Geschlecht und zität.
Trainingszustand. Die Volumina bei Fra uen sind im Schnitt 2S% geringer als
die entsprechenden Volumina des Mannes. Die in diesem Kapitel angegebe- Also: exspiratorisches Reservevolumen = 81- SI= 31 ® Residualvolumen =
51-3 1=21
nen Richtwerte beziehen sich auf ges unde, junge Männer mit einer Körper·
größevon 1,80 m. Das Reservevolumen beträgt 2 I.

• Atemzugvolumen: das Volumen, das bei normaler Atmung


in Ruhe inspiriert bzw. exspiriert wird; ca. 0,5 I; davon ge- Mit dem Spirometer lassen sich die mobilisierbaren Lungenvo-
langen ca. 0,351 bis in die Alveolen, die übrigen 0,151 bleiben lumina messen . Die nichtmobilisierbaren Volumina. d. h. der
im anatomischen Totraum (s. S. 77 ) Teil der Luft. der immer in der Lunge bleibt(= Residualvolumen).
• Inspiratorisches Reservevolumen: das Volumen, das über lassen sich z. B. mit der Helium-Einwaschmethode ermitteln.
den normalen Atemzug hinaus eingeatmet werden kann: ca. Zur Bestimmung der funktionellen Residualkapazität (FRC)
2,51. bzw. des Residualvolumens benutzt man ein Spirometer, das
• Exspiratorisches Reservevolumen: das Volumen, das üb er ein Luft-Helium-Gemisch mit einer definierten Heliumfraktion
den normalen Atemzug hinaus ausgeatmet werden kann (Vi- enthält (Helium tritt nur geringfügig ins Blut über). Der Proband
talkapazität- lnspirationskapazität); ca. 1,5 I. atmet dieses Gemisch aus der Atemruhelage heraus einige Male
• Residualvolumen: das Volumen, das nach maximaler Ausat- ein und aus. Dabei verteilt sich das Helium gleichmäßig auf
mung in der Lunge verbleibt; zur Erfassung ist eine indirekte das bekannte Spirometervolumen und das Gasvolumen in der
Methode notwendig (z. B. Helium-Einwaschmethode) (funk- Lunge des Probanden (FRC). Da Helium nicht ins Blut übergeht,
tionelle Residualkapazität- exspiratorisches Reservevolu- bleibt die Gesamtmenge an Helium gleich, verteilt sich aber auf
men): ca. 1,5 I. ein größeres Volumen. Die Fraktion nach Durchmischung wird
• Vitalkapazität: Summe aus Atemzugvolumen. inspiratori- also niedriger sein als zu Beginn.
schem und exspiratorischem Reservevolumen: zur Ermitt- Aus der FRC kann man das Residualvolumen berechnen, in-
lung ist eine Tabelle mit Körpergröße, Alter und Geschlecht dem man das exspiratorische Reservevolumen abzieht. Alter-
nötig; auch der Trainingszustand ist wichtig; ca. 5-6 I. nativ kann man den Probanden nach maximaler Exspiration
• funktionelle Residualkapazität (FRC): das Volumen, das sich an das Spirometer anschließen, sodass sich das Helium nur mit
in Atemruhelage noch in der Lunge befindet (exspiratori- dem Residualvolumen vermischt.
sches Reservevolumen + Residualvolumen); ca. 3 I. Weitere Methoden zur Bestimmung des Residualvolumens
• lnspirationskapazität: das Volumen, da s von der Exspirati- sind die Stickstoff-Auswaschmethode und die in der Klinik be-
onslage aus maximal eingeatmet werden kann (Atemzugvo- sonders gebrä uchliche Ganzkörperplethysmografie (s.S. 75).
lumen + inspiratorisches Reservevolumen ): ca. 3 I. Bei der Stickstoff-Auswaschmethode wird der in der Lunge
• Totalkapazität: Vitalkapazität+ Residualvolumen; über 6,5 I. befindliche Stickstoff durch die Atmung mit reinem Sauerstoff
Im Alter bleibt die Totalkapazität unverändert, doch nimmt die ausgespült und in der Ausatemluft bestimmt. Die Ganzkörper-
Vitalkapazität ab und daher das Residualvolumen zu. Dies liegt plethysmografie arbeitet mit der Messung von Drücken in einer
gesch lossenen Kabine.
maximale
Einatmung - - - - --1 +3 FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN .X
:2 Der in Atemruhelage negative Druck im Pleuraspalt wird bei
inspiratorisches c Expiration aus Atemruhelage weniger negativ.
Reservevolumen - - - ---j +2 E Bei der Inspiration wird der intrapulmonale Druck negativ
c ca. 2,51 :>
Ci
gegenüber dem Luftdruck.

i1
>
c
- - - --1+ 1 :g, Im Alter nimmt das Residualvolumen der Lunge zu .
1
Atemzugvolumen
c
.3 exspiratorisches Reservevolumen =Vita lkapazität - Inspirati-
g' ca. 0,5 1 onskapazität
0
.3 g. :10 l Residualvolumen = funktione lle Resid ual kapazität- exspirato-
] exspiratorisches risches Reservevolumen
.S 5 Reservevolumen
ca. 1.51 Als Indikatorgas zur Bestimmung des Residualvolumens
_______________________________ _ eignet sich Helium sehr gut.

Ji.
l
Residualvolumen ca.

Abb. 5.2 Normales Spirogramm mit statischen Atemvolumina.


5 .1 Atemmechanik 73

5.1.4 Atmungswiderstände !
Die Compliance ist ein wichtiges Prüfungsthema, zu dem regel-
Bei der Atmung müssen elastische Widerstände des Atemappa-
mäßig Fragen gestellt werden. Machen Sie sich insbesondere
rates und visköse Widerstände durch die dynamischen Vorgän-
die Folgen eines Surfactant-Mangels klar und grenzen Sie dabei
ge des Ein- und Ausatmens überwunden werden.
einen Rechts-Links-Shunt von einer hypoxischen Vasokonstrik-
Compliance (elastische Atmungswiderstände} tion ab: Bei einem Surfactant-Mangel kann zu einem Rechts-
Links-Shunt kommen, einer funktionellen Kurzschlussdurchblu-
Die Compliance C ist das physikalische Maß für den elastischen
tung, da Bereiche de r Lunge durch den Mangel kollabieren . Bei
Widerstand. Sie ist definiert als der Quotie nt aus Volumenände-
der hypoxischen Vasokonstriktion werden schlecht belüftete
rung und der dafür nötigen Druckänderung:
Bereiche schlechter durchblutet, um einen Rechts-Links-Shunt zu
C= 1'1V _ verhindern.
1'1P
P ist hierbei die sog. transmurale Druckdifferenz (vergleichbar APROPOS
mit dem Druckunterschied zwischen dem Inneren eines aufge- Surfactant-Mangel bei Frühgeborenen: Die Bildung vo n Surfac tant ist ein
Reifezeichen der Lunge. Unreife Frühgeborene (< 28. Schwangerschafts·
blasenen Luftballons und der Außenluft). In Atemruhelage be- wache) können noch kein Surfactant bilden. Nach der Geburt leiden sie
trägt die Compliance etwa 1 1/kPa; es reicht also 1 kPa aus. um an Atemnot und könn en das schwerwiegende Bild des infant-respiratory
die Lungen um 11 zu dehnen. distress-Syndroms (IR OS, Atemnotsyndrom) entwickeln.
Man kann die Compliance sowohl für den Gesamtatemappa- Die Lungenreife läss t sich durch Messung des Quotienten aus Lecithin und
rat betrachten als auch für die Einzelkomponenten Lunge und Sphingomye lin im Fru chtwasser bestimmen. Wesentlich ist die Verhinde·
ru ng einer Frühgebu rt. Lässt sich die vorzeitige Geburt ni cht vermeiden, ist
Thorax alleine. Dabei gilt: eine Wehenhemmung für mindestens 24 -72 Stund en indiziert und die Ga be
1 1 1 vo n Kortikoiden an die Schwangere. Die Steroide erreichen über die Plazenta
- -=-+-. den Fetus und beschleunigen di e Synthese oberfläc henaktive r Substanzen in
CTh+L CTh CL
dessen Lunge (Förd erung der Lungenreife).
Die Dehnungswiderstände von Thorax und Lunge tragen etwa
gleich viel zum Dehnungswiderstand des Gesamtsystems bei. Mit der Ruhedehnungskurve des Ate-
Man benötigt also bei normaler Compliance (1 1/kPa) 0,5 kPa für mapparates kann man die Compliance grafisch ermitteln. Die
die Dehnung der Lungen und 0,5 I< Pa für die Dehnung des Tho- Compliance ist dann jeweils die Steigung der Kurve. Zur Regis-
rax. jede Einzelkomponente hat somit eine Compliance von2 1/ trierung der Ruhedehnungskurve füllt man die Lunge mit be-
kPa. stimmten Luftvolumina und misst den intrapleuralen und den
Die Compliance. auch Volumendehnbarkeit genannt, be- intrapulmonalen Druck (s.S. 71).
ruht auf der Eigenelastizität der Lunge. Es gilt: je größer die Da immer die transmuralen Druckdifferenzen betrachtet
Compliance, desto größer ist die Dehnbarkeit. Beim Ausatmen werden, gibt der intrapulmonale Druck (PA ; Druckdifferenz
unterstützt die Elastizität das Austreiben der Luft. Beim Ein- zwischen Außenluft und Alveolarraum) Auskunft über den ge-
atmen muss gegen die Tendenz der Lunge. sich zusammenzu- samten Atemapparat Betrachtet man den intrapleuralen Druck
ziehen. Arbeit durch die Atemmuskulatur verrich tet werden. (Ppleu =Differenz zwischen Außenluft und Pleura spalt). so erhält
Die Eigenelastizität der Lunge setzt sich aus 2 Komponenten man die Ruhedehnungskurve für den Thora x. Die Differenz PA
zusammen. Ungefähr 1/3 der Rückstellkräfte, die die Verklei- - Ppleu ergibt die Kurve für die Lunge alleine. Abb. 5.3 zeigt die
nerung der Lunge bei der Ausatmung bewirken. beruhen auf Ruhedehnungskurven .
elastischen Fasern im Lungengewebe. Die übrigen 2/3 werden Die Ruhedehnungskurve des Gesamtatemapparats (PA)
von der Oberflächenspannung der Alveolen verursacht. Durch zeigt einen S-förmigen Verlauf. Im Bereich der Atemruhela-
die Oberflächenspannung neigen die Alveolen dazu. sich zu- ge verläuft die Kurve am steilsten. d. h. die Compliance ist am
sammenzuziehen und die Dehnung der Lunge wird erschwert. höchsten (1 1/kPa). Daraus folgt, dass die Kraft. die die Atem-
Diese Oberflächenspannung wird allerdings durch ein Gemisch muskulatur zur Überwindung der elasti schen Widerstände
oberflächenaktiver Substanzen, den Surfactant-Faktor, herab- aufbrin gen muss. im Bereich der normalen Ruheatmung am
gesetzt. Dieser Faktor wird durch die Alveolarepithelzellen Typ kleinsten ist. Sowohl bei Inspiration als auch bei Expiration
11 gebildet und besteht zu über 90 %aus Phospholipiden. sowie wird die Compliance geringer.
aus Proteinen und einem minimalen Kohl enhydraranteil. Die Die Ruhedehnungskurve der Einzelkomponenten zeigt,
Wirkung ist ähnlich dervon Seife. So wird die Oberflächenspan- dass die Compliance des Thorax mit zunehmendem Volumen
nung auf 1/10 des Ausgangswerts redu ziert und die inspiratori- zunimmt und die der Lunge mit zunehmenden Volumen ab -
sche Atemarbeit vermindert. nimmt. In Atemruhelage ist der Thorax leicht verkleinert (Ppleu
Besteht ein Mangel an Surfactant-Faktor, z. B. weil die Al - negativ .... Tendenz zur Ausdehnung; die elastische Rückstell -
veolarepithelzellen Typ II wenige r produ zie ren, dann nimmt kraftd es Thora x wirkt also Rich tun g Inspiration) und die Lunge
die Compliance der Lunge ab. Die Neigung der Alveolen sich gedehnt (PA - Ppleu positiv ..... Tendenz der Lunge. sich zusam-
zusammen zuziehen ist dann stärker al s bei normaler Faktor- menzuziehen). Seide Kräfte halten sich in Ruhestellung genau
bildung, sodass der intrapleurale Druck stärker negativ(< -0,5 die Waage, sodass dieser Zustand ohne Muskelkraft gehalten
kPa) wird. Die schlecht oder nicht mehr belüfteten Bereiche der werden kann und den Endpunkt einer normalen Exspiration
Lunge könn en kollabieren und es kann zu einer erhöhten funk- in Ruhe darstellt. Bei gleichmäßigem Einatmen steigt der in·
tionellen Kurzschlussdurchblutung der Lunge (Rechts- Links- trapulmonale Druckgradient PA - Ppleu immer weiter an. Das
Shunt) kommen. Luftvolum en. das dann in der Lunge vorhanden ist. entsprich t
der funktionell en Residualkapa zität (s .S. 72).
74 5 Atmung

Abb. 5.3 Ruhedeh-


nungskurve des Atem·
Retraktionskräfte:
apparates. PA= in trap ul -
--+ Thorax monaler Druck. Ppleu =
--- Lunge intrapleuraler Druck. RV
= Re sidualvolumen, TLC
=totale Lungenkapazität
(nach Klinke/Silbernagl).

V
Atemruhelage
r-ct-- - Retraktion der Lunge

Gleidigewichtslage
Minimalvolumen
der Lunge (PA-Ppt"" • 0)

-4 -2 0 +2 +4
transmurale Druckdifferenz (kPa)

Wird die Kopplung zw isc hen Lunge und Thorax über den ne- Bei einem Mangel an Surfactant-Faktor ist die Neigung der
gat iven intraple uralen Druck aufgehob en (z. B. beim Pneumo- Alveolen sich zusam menzuziehen st:irker als bei normaler
thorax, s. u.), gehen beidein ihre eigene Ruhestellung über- der Faktorbildung, sodass der intrapleurale Druck stärker negativ
Thorax erweitert sic h während die Lunge in sich zusammen- wird .
fällt. Die elastische Rückstellkraft des Thorax wirkt in Atemruhe-
APROPOS lage in Richtung Inspiration.
Im Pleuras palt herrsch t ein Unterdruck, der die Lung e entfaltet hä lt. Von Bei gleichmäßiger Einatmung steig t der intrapulmonale I
einem Pneumothorax spricht man, wenn Luft in den Pleuraspalt ein drin gt. Druckgradient PA- Ppleu immer weiter an. __j
je nach Ausmaß kol lab iert di e Lung e dabei. Der Pa tient verspürt akute Atem·
not, der arterielle p0 2 fällt ab. Ein Pneumothorax kann spontan z. B. durch
das Zerreißen ein er Emphysembl ase (Lu ngenemphysem oder traumati sc h) Resistance (nicht elastische = visköse
en tstehen. Kritisch wird es. wenn dabei ein sog . Spannungspneumothorax
entsteht. Hierbei wird bei jedem Atemzug mehr Luft in den Pleuraspalt
Atemwegswiderstände)
gesaugt, di e aber durch ein en Ventilm echanismu s ni cht mehr entweichen Die nicht elastische n Widerstände werden durch die Reibung
kann. So baut sich ein Druck auf, der das Mediasti num auf die gesunde Sei te der Organe und Gewebe untereinander, zum überwiegenden
verdrängt, sodass die großen Gefäß e zum Herzen abknicken oder kompri· Te il (85 %) aber durch den Strömungswiderstand der Luft in den
miert werd en. Nur die sofortige Pleurapunktion zu r Druckentla stun g ist Atemwegen verursacht.
lebensrettend.
Dieser Strömungswiderstand, der sog. visköse Atem-
wegswiderstand ist hauptsächl ich in den großen Atemwegen
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X (> 2mm; Trachea und Bronchien ) lokalisiert, da hi er viel Luft
größer die Compliance. desto größer die Dehnba rkeit. durch e inen immer enger werdenden Gesamtquerschnitt strö-
Die Oberflächenspannung der Alveolen fördert die Verklei- men muss. Die kleinen Bronchien und Bronchiolen tragen nur
nerung der Lunge bei der Ausatmung. wenig zum Atemwegswiderstand bei.
Der Surfactant-Faktor besteht aus Phosp holipiden und Prote- Die Resistance ist das Maß für die viskösen Atemwegswider-
inen. stände. Sie wird analog zum Ohm'schen Gesetz aus der Atem-
Der Surfactant-Faktor verm indert di e inspiratorische Atem- stromstärke und der treibenden Druckdifferenz berechnet.
arbeit. Diese Differen z besteht zwischen dem Druck im Alveoluraum
Besteht ein Mangel an Surfactant-Faktor, z. B. weil die Alve- und dem Druck im Mund bzw. der Außen Iu ft, a lso der intrapul-
olarepithelze ll en Typ II weniger produzieren, dann nimmt die monale Druck P11 :
Compliance der Lunge ab.
Bei einem Mangel an Surfactant-Faktor können schlecht R = PAL:- PM = PA_
V V
oder nicht mehr belüftete Bereiche der Lunge koll abieren und
es kan n zu einer funktionellen Kurzsch lussdurchb lu tung der R = Atemwegswiderstand
Lunge (Rechts-Links-Shunt) kommen. = Druck im Alveolarraum
PM= Druck im Mund bzw. der Auß enluft
P11 = intrapulmonaler Druck
V= Atemstromstärke [ I/ s J
5.1 Atemmechanik 75

Bei normaler Ruheatmung durch den Mund beträgt die Resis- .,. Messverfahren zur Bestimmung der Resistance. Der Atem-
tance 0,2 kPa/(l·s). wegswiderstand kann direkt bestimmt werden, indem man die
Die Atemwege sollen die Luft mögli chst effi zient, mit einem treibende Kraft (Druckdifferenz zwisc hen Mundraum und Alve-
möglichst geringen Widerstand zu den Alveolen leiten, sodass die olen) und die Atemstromstärke miss t. Hierzu wird die Ganzkör-
Atemarbeit möglichst klein bleibt. Die entscheidende Größe für perplethysmografie eingesetzt. Der Atemwegswiderstand lässt
den Atemwegswiderstand ist der Radius der luftleitenden Wege. sich aber auch durch die dynamischen Atemgrößen, in erster
Diesen Zusammenhang erklärt das Hagen-Poiseuille-Gesetz: Linie Atem stoß und Einsekundenausatmungskapazität. be-
stimmen (der Atemgrenzwert ist dagegen weniger spezifisch)_
81']·1
R= - - Bei der Ganzkörperplethysmografie sitzt der Proband in
n ·r 4
einer luftdicht abgeschlossenen Kamm er und atme t in einen
R = Atemwegs widerstand Beute l außerha lb der Kamm er, während das Mundstück die
r = Gefäßradius Atemstromstärke und den Druck im Mundraum mi ss t. Der int-
11 =Viskosität rapulmonale Druck wird aus den Druckeschwankungen in der
I= Gefäßlänge Kammer, ausgelöst durch die Atembewegungen des Probanden.
berechnet. Im entstehenden Druck-Strom stärke-Diagramm ist
Der Atemwegs widerstand ist also proportional zur Viskosität die Resi stance die Steigung der Kurve. Bei einer erhöhten Resis-
und zur Länge des luftleitenden Wegs und umgekehrt propor- tance (z. B. bei einer obstruktiven Ventilationsstörung, s. S. 76)
tional wr vierten Potenz des Radius eines Bronchus. Während verläuft die Kurve flacher. Die Ganzkörperplethysmografie ist
die Länge der Atemwege und Viskosität der Luft als konstant das exakteste Verfahren zur Bestimmung der Resistance und
angenommen werden können, haben kleine Änderungen zur Diagnose obstruktiver Ventilationsstörungen. Abschätzen,
des Radius der Luftwege große Au swirkungen auf den Atem- ob der Atemwegswiderstand erhöht ist oder nicht, kann man
wegswiderstand. Da der Gesamtquerschn itt der Atemwege auch mit anderen Verfahren.
bis zu den Segmentbronchien vergleichsweise gering ist, dann Als Atemgrenzwert bezeichnet ma n das Atem zei tvolumen,
nach distal mit der zunehmenden Verzwei gun g der Atemwege das ein Proband maximal willkürlich erreichen kann. Man
aber stark zunimmt, wird der Atemwegswiderstand nach distal mi ss t dazu am Spirometer die Atemvolumina über 10-15 s und
geringer. Durch den großen Gesamtquerschnitt ist der Atem- rechnet das bewegte Gasvolumen auf eine Minute hoch . Nor-
wegswiderstand so niedrig, da ss bei der Ruh eatmung schon ge- malerwei se liegt der Atemgrenzwert beim Erwachs enen bei
ringe Druckunterschiede ausreichen, um die Luft zu bewegen. 120- 170 1/min. Werte unter 120 1/min sprechen für eine erhöhte
Verschiedene Faktoren beeinflussen den Radius der Luftwe- Resistance.
ge und damit den Atemwegswiders tand. Am wichtigsten ist Atemstoß (Peak-flow) bezeichnet di e maximale Atemstrom-
das Lungenfüllungsvolumen . Es gil t: je größer das Lungenfül- stärke bei forcierter Exspiration . Diese Flussgesc hwindigkeit
lungsvolumen, umso kleiner ist der Atemwegswiderstand und lässt sich mit einem Pneumatachografen bes timmen. Gesunde
umgekehrt. Dabei wirken sich Änderungen der Lungenfüllung Probanden errei chen einen Atemstoß von ca. 10 1/s. Die Geräte
bei hohen Lungenvolumina nur wenig auf den Widerstand aus. sind sehr handlich und können z. B. von einem Asthm atiker zu
in Bereichen unter der funktionellen Residualkapazität (bei Hause zur Selbstkontrolle genutzt werden.
einer forcierten Expiration) steigt der Atemwegswiderstand Einsekundenkapazität (FEV 1): Bei diese m auch Tiffeneau-
aber um so stärker. Grund dafür ist, dass auch der Radius der Test genannten Verfahren sitzt der Proband an einem Spirome-
Bronchiol en abnimmt, wenn die Alveolen mit immer weni- ter und wird aufgeforde rt, so tief wie möglich einzuatmen und
ger Luft gefüllt sind. wie es bei der (forci erten) Expiration der da nn so schnell und so tief wie möglich auszuatmen. Aus dem
Fall ist, und der Widerstand nimmt zu. Umgekehrt werden die Spirogramm bestimmt man das Volumen. das der Proband in
Bronchiolen mit einer zunehmenden Füllung der Alveolen pas- der ersten Sekunde der Exspiration ausgeatmet hat (forciertes
siv erweitert und der Widerstand nimmt ab. Weitere Faktoren, ex spiratori sches Volumen in einer Sekunde = FEV 1). Bei einer
die den Atemwegswiderstand beeinflusse n, sind ua . Acetylcho- verringerten FEV1 ist die Resistance erhöht.
lin (Transmitter des Parasympathikus), die Katecholamine Nor- Die FEV 1 gibt man in Prozent der Vital kapa zität an (relati-
adrenalin bzw. Adrenalin (Transmitter des Sympathikus bzw. ve Einsekund enkapa zität, rFEV 1). Eine rFEV1 von unter 70-80 %
aus dem Nebennierenmark) und Histamin. Sie wirken auf di e spricht für eine erhöhte Resistance.
glatte Bronchialmusku latur und bewirken dort entweder eine
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Kontraktion (Acetylcholin, Histamin) oder eine Dilatation (v. a.
Ad re nalin über ß2-Adrenorezeptoren), d. h. sie führen zu einer .,. Atemwe gswiderstand: R = p PM = pA
Erhöhung bzw. einer Senkung des Atemwegs widerstandes. Bei V V
körperlich er Anstrengung wird so z. B. der Tonus der glatten R = Atemwegswid ersta nd; PAL = Druck im Alveolarraum; PM=
Bronchialmuskulatur über sympathisch-adrenerge Efferenze n Druck im Mund bzw. der Außenluft ; PA= in trap ulm onaler
gesenkt, um di e Ventil ation ssteigerun g zu erleichtern. Druck; = Ate mstromstärke 11/s]
APROPOS .,. Der Atemwegswiderstand ist am Ende ei ner forcierten Expi-
Beim Asthma bronchiale ist d er A temweg swiderstand stark erhö ht . Ursa- ration höher als am Anfang.
che der Konstrik tion sind En tzünd ungsrea kt ionen in der ßronchi alsch leim- .,. Die Freisetzung von Acetylcholin aus para symp athischen
haut. durch di e Mediatoren freigesetzt we rden, die di e Bronchien verengen, Fasern des N. vagus führt zu einer Bronchiokonstriktion.
w ie Hista mi n und auch l eukotri ene und Prostag landi ne.
.,. Eine Aktivierung der bronchialen ß2-Adrenorezeptoren
Atropin kann als Antag onist der Acetylcholin reLeptoren die Bronchien
erweitern . führt zu einer Dilata tion der Bronchi almu skulatur und auf di ese
ß2-Agonisten aktivieren ß,-Adrenorezeptorenu ncl se nken dadurch einen Weise zu einer Senkung des Atemwegswiderstands.
patholog isc h erh öhten Atemweg;wicler, tallCI.
-
76 5 Atmung

l
,. Mithilfe der Ganzkörperplethysmografie lässt sich ein durch Residualvolumen: etwa 2,5 I
eine obstruktive Lungen erk rankung mit erhöhtem Atem-
J - Compl ia nce: etwa 1 1/kPa

J
wegswiderstand (erhöhter Resistance) fest stellen. - Atemfrequenz: etwa 14/min
,. Bei einerverringerten FEV 1 ist die Resistance erhöht. - relative FEV 1: etwa 80 %der Vitalkapazität

Obstruktive und restriktive Ventilationsstörungen


Krankheiten und exogene Noxen. die auf die Lunge einwirken, 5.2 Gasaustausch
lösen dort im Wesentlichen 2 Störungsbi lder aus, die auch ge -
mischt vorliegen können : Die Funktion des Gasaustausches besteht darin. dass Sauerstoff
Obstruktive Ventilationsstörungen sind durch einen erhöh- aus der Luft in s Blut aufgenommen und entstandenes Kohlen-
ten Atemwegswiderstand (erhöhte Resistance; Tab. 5.1) ge- dioxid abgegeben wird. Grundbedingungen für den Gasau s-
kennzeichnet. Dadurch muss eine erhöhte Atemarbeit geleistet tausch sind der Luftaustausch in der Lunge (Ventilation) über
werden. Subjektiv entsteht dadurch das Symptom der Atem- die Atemwege, die Diffusion der Gase durch die Alveolarmemb-
not (Dyspnoe). Die Verengung der Atemwege kann z.B. durch ran und eine ausreichende Durchblutung der Lunge (Perfusion).
Schleim, muskuläre Engstellung der Bronchien oder Tumorste-
nosen ausgelöst werden. Oftmal s führt die Obstruktion zu ei-
5.2.1 Grundlagen
ner Überblähung des Lungengewebes. da noch Luft eingeatmet.
diese aber bei de r Ausatmung nicht mehr mobilisiert werden Aufbau und Reinhaltung der Atemwege
kann(-+ erhöhtes Residualvolumen). Zu den obstruktiven Ven- Die Luftwege verzweigen sich baumartig, ausgehend von der
tilationsstörungen zählen z. B. das Asthma bronchiale und die Trachea. Bis zu den ersten Alveolen in den Bronchioli respira-
durch Rauchen ausgelöste chronisch-obstruktive Bronchitis. torii hat die eingeatmete Luft sc hon ca. 16 Verzweig ungen pas-
Typi sch ist eine Abnahme der dynamischen Atemgrößen Atem- siert. Insgesamt besitzt ein Mensch ca. 300 Mio. Alveolen mit
stoß. Einsekundenkapazität und Atemgrenzwert. einem Durchmesser von j eweils 0.3 mm. Die gesamte Oberflä-
Restriktive Ventilationsstörungen beruhen auf einer ver- che. die für den Gasaustausch zur Verfügung steht. ist etwa 120
minderten Compliance von Lunge oder Thorax. Kennzeichen m 2 groß. das entspricht etwa der Größe eines Tennisplatzes. Die
ist die erniedrigte Vitalkapazität (Tab. 5.1 ). Mögliche Ursa- verzweigten Luftwege vergrößern die Lungenoberfläche also
chen sind z.B. Thoraxdeformitäten oder die Lungenfibrose (= erheblich.
Durchsetzung des Lungengewebes mit Bindegewebe). Die dy- Die Bronchien sind vegetativ innerviert: Der Sympathikus
namischen Atemgrößen Atemstoß. Einsekundenkapazität und erweitert, der Parasympathilws verengt die Bronchien (s. S. 75).
Atemgren zwert sind nicht verändert. Um den nach außen hin offenen Respirationstrakt vor Ver-
schmutzung und Infektionen zu schützen, gibt es einige Schutz-
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X reflexe. Reinigungsmechanismen und Mechanismen der zellu-
,. Bei einer restriktiven Ventilationsstörung ist die Compliance lären Abwehr. Zu den Schutzreflexen zählen Niesen und Hu s-
verringert. ten. Beide werden durch Schleimhautreizung. z. B. durch einen
,. Eine FEV 1 < 80% der Vitalkapa zität spricht für eine rein obst- Fremdkörper, ausgelöst. Niesen ist ein Schutzreflex der oberen
ruktive Ventilationsstörung. Atemwege (Nasenhöhle, Rachen), während Husten eher dem
,. Ein e deutlich reduzierte Vitalkapazität spricht für eine rein Schutz der tiefen Atemwege (Bronchie n) dient. Die Oberfläche
restriktive Ventilationsstörung. der Atemwege ist mit Flimmerepithel überzogen und besitzt
,. Folgende Werte sollten sie auswendig wissen , denn sie muköse Drüsen. die ein Sekret bilden. das als Flüssigkeitsfilm
werden für die Beantwortung mancher Prüfungsfrage voraus- auf der Oberfläche des gesamten Respirationsirakts bedeckt. In
gesetzt: der apikalen Zellmembran der Bronchialepithelzellen befinden
- Vitalkapazität: etwa 5.5 I sich Cl--Kanäle, über die Cl- -Ionen ins Lumen strömen. Durch
- Atemzugvolumen: etwa 500ml den osmotischen Gradienten strömt Wasser nach. das für ein
ausreichend hohes Flüssigkeitsvolumen im Brachialsekret der
Atemwege sorgt. StaubpartikeL die die Filterung in der Nase
überwinden, werden in dem Schleimfilm fes tge halten. der das
respiratori sc he Epithel bedeckt. Dieser Schleimfilm wird durch
Tab. 5.1 Lungenfunktionsparameter bei obstruktiven und restrikti- Zilienschlag der Epithelzellen Richtung Glottis vorgesc hoben
ven Ventilationsstörungen und Fremdkörper werden auf diese Wei se abtransportiert.
Dieser Transport ist bei Rauchern gestört und prädisponiert zu
obstruktive Ventila- restriktive Ventilati-
chronischen Entzündungen wie der chronisch-obstruktiven
tionsstörung onsstörung
Bronchitis. Zur zellulären Abwehr dienen die Alveolarmakro-
Vitalkapazität normal pilagen und IgA auf der Schleimhaut (s. S. 25).
--------------------
Residualvolumen
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Resistance norm al
,. in der apikalen Zellmembran der Bronchialepithelzellen befin-
! (< 80%) norm al den sich Cl--Kanäle. di e über ei nen Ausstrom von Cl--Ionen
Atemstoß normal-(!) und da s Nachströmen von Wa sser für ein ausre ichend hohes
normal- (!) Flüssigkeitsvolumen im Brochialsekret der Atemwege
Atemgren zwe_rt_ _ __
----- sorgen.
Compliance normal !
5.2 Gasaustausch 77

Zusammensetzung der Luft


RECHENBEISPIEL
Luft ist kein reines Gas sondern ein Gemisch aus:
Ein gesunder Erwachsener hat ein Atemzeitvolum en von 10 ljmin und eine
• 78,1 % Stickstoff (N 2) Atemfrequenz von 10/min. Durch eine Lungenerkrankung vergrößert sich
• 20,9 %Sauerstoff(0 2 ) sein funk ti one ll e Totraum vo n 0,21 auf 0,41. Wie groß ist nun das Atemzug-
• 0,03% Kohlendioxid (C0 2 ) volumen. wenn sich alveoläre Belüftung und Atemfrequenz nicht geändert
haben.
• Spuren verschiedener Edel- und anderer Gase.
Lösungsweg: Berechnen Sie zunäc hst das ursprüng li che Atemzugvol u-
Den Anteil eines Gasesam Gesamtgemisch nennt man Fraktion.
men.
Sie wird al s dimensionslose Zahl angegeben (30% entsprechen
Atemzeitvolumen = Atemzug volum en x Atemfrequenz
z. B. einer Fraktion von 0,3).
Der Partialdruck ist der Druck, den ein Ga s eines solchen Atemzugvolumen = Atemzeitvolumen
Atemfrequenz
Gasgemischs zum Gesamtga sdruck beisteuert. Je höher die 1Ol / min = 11
Atemzugvolumen =
Fraktion eines Gases. desto höher ist der Antei l dieses Gasesam 10 / min
Gesamtdruck. Die Partialdrücke aller Luftbesta ndteile addieren Wenn sich durch die Lungenerkrankung der funktionelle Tot raum um 0,21
sich zum Gesamtluftdruck.ln der trockenen Außenluft beträgt erhöht hat, sich dabei aber weder die alveoläre Belüftung noch die Atem-
der Partialdruck von 0 2 und C0 2 : frequenz verändert haben, dann muss sich das Atemzugvo lumen ge nau um
diese 0.2 1erhöht haben. Ak tu ell beträgt es also 11 + 0.21 - 1,21.
• 0 2 = 150 mmHg, 20 kPa
• C0 2 = 0.2mm Hg, 0.03 kPa.
Totraumventilation
Messbedingungen für das Gasvolumen .. Anatomischer und funktioneller Totraum. Das Atemzeitvolu-
Das Gasvolumen wird durch Temperatur und Gasdruck be- men steht nicht komplett zum Gasaustausch zur Verfügung, da
stimmt. Aus diesem Grund muss man zusätzlich zum Gasvolu- die Atemwege erst ab den Bronchioli respiratorii mit Alveolen
men die Bedingungen angeben, unter denen es gemessen wur- ausgestattet sind. Die davor liegenden Abschnitte des Atemap-
de. Für die Praxis gibt es 3 fest definierte Messbedingungen: parates dienen somit nicht dem Ga saustau sch und werden als
• STPD (Standard Temperature Press ure Dry): physikalische anatomischer Totraum bezeichnet.
Standardbedingungen. d. h. Temperatur 273 I< (0 ' C). Luft- Zum funktionellen Totraum zählen zusätzlich belüftete Al-
druck 101 kPa (760mmHg), trockene Luft (Wasserdampf- veolarbez irke, die nicht durchblutet werden und nicht am Gas-
druck= OmmHg). austausch beteilig t sind.
• ATPS (Ambient Temperature Pressure Saturate d): Spirome- Beim Gesunden stimmen funktioneller und anato mischer
terbedingungen, d. h. Raumtemperatur, aktueller atmosphä- Totraum überein. Einen vergrößerten funktionellen Totraum
rischer Luftdruck, mit Wasserdampf gesä ttigte Luft. findet man dagegen z.B. beim Lungenemphysem (zerstörte Al -
• BTPS (Body Temperature Press ure Saturated): physiologi- veolarwände führen zu großen Blasen in der Lun ge) oder nach
sche Bedingungen im Alveolarraum, d. h. Körpertemperatur Lungenembolien.
(310 K = 37 'C). aktueller atmosphärischer Luftdruck, Was-
serdampfsättigung (Wasserdampfdruck bei 37 ' C x 6,3 kPa .. Berechnung des Totraumvolumens. Bei der Berechnung des
bzw. 47mmHg). Totraumvolumens nutz t man aus, dass der Totraum nicht am
Es gilt: VBTPS > VATPS > VSTPD· Die Werte aus den unterschiedli- Gasaustausch beteiligt ist.
chen Me ss bedingungen lasse n sich über Umformungen der all- Die Luft im Totraum entspricht in ihrer Zusammensetzung
gemeinen Gasgleichung p ·V= n · R · T ineinander umrechnen. der eingeatmeten Frischluft. Bei der Exspiration setzt sich das
ausgeatmete Volumen (VE) zusamm en aus der im Totraum be-
findlichen Frischluft (V0 ) und Luft aus dem Alveolarraum (VA).
5.2.2 Ventilation
Eine am Ende der Ausatmung analysierte Gasprobe entspricht
Funktion und Kenngrößen in der Gaszusammensetzung der Alve olarluft. da die Luft aus
Die Ventilation (= Belüftung) ist für die Aufrechterhaltung dem Totraum al s erstes ausgeatmet wird. Besonders interessa nt
gleichmäßiger alveolärer Gaspartialdrücke verantwortlich. ist der untersc hiedliche C0 2-Gehalt (FA= C0 2-Fraktion in der Al -
Diese müssen ausreichen, um d ie Diffusion der Atemgase durch veolarluft, F0 = C0 2 -Fraktion in der Frischluft bzw. im Totraum,
die Alveolarmembra n zu gewährleisten. FE= C0 2-I<onzentration in der ge mi sc hten Au sate mluft).
Eine wichti ge l<e nng röße für die Ve ntilation ist das Atem - Die gesamte ausgeatmete Kohle ndioxidmenge setzt sich zu-
zeitvolumen . sa mmen aus den entsprechenden Teilmengen. (D ie Gasmenge
Atemzeitvolumen = Atemzugvolu men x Atemfrequenz ist da s Produkt aus Volumen und Fraktion.)
Die Atemfrequenz ist alrersabhängig: Ex piration smenge = Totraummenge + Alveolarmenge
• Säuglinge: 40- 50/min.
VE.fE=Vo·fo+VA·FA
• Schulkinder: 20-30/min.
• Erwachsene: 14- 16/min. V0 = Totraumvolumen
Beim Erwachsenen ergibt sich mit einem Ate m zugvo lume n von VA= Alveolarvolum e n
0 ,51 und einer Atemfrequenz von 14- 16/min ein Atemzeitvolu- VE = exp iratorisches Atemvolumen; Atemz ugvolumen
men von7-8 1/min . Diese Ventilati on lässt s ich be i Belastung auf F0 = C0 2 -Fra kti on in der Frischluft bzw. im Totraum
bis zu 200 1/min bei e ine m Trainierten steige rn. FA = C0 2 -Fraktion in der Alveolarluft
FE= C02 -Fraktion in der gem isc hten Expirationsluft

Da C0 2 in der Frischluft in einer so ger in ge n Konzentration (F 0


= 0.0003) vorkommt. dass s ie g le ich null gese tzt werden kann,
78 5 Atmung

und VE - V0 ist, erhä lt man nach Umformung die Bohr'sche


V0 = Totraumvolumen; VA= Alveolarvo lumen ; VE= expiratori·
Totraumformel:
sc hes Ate mvo lu men; Atemzugvo lumen; C0 2-Fraktion in
V - V _FA- FE der Alveo larlu ft; C02-Fraktion in der gemischten Expira·
D - E FA
tionsluft
.,. Totraumventilation Totraumvolumen x Atemfrequenz
Die Totraumventilation berechnet sich wie folgt :
... Solange sic h die Atemfreq uenz nicht ändert bleibt die
Totraumventilation = Totraumvolumen x Atemfrequenz Totraumventilation gleich , au ch wenn sich das Atemzugvo lu-
Das Totraumvolumen eines normalen Erwachsenen beträgt men erhöht oder verri ngert.
etwa 30 % eines normalen Atemzugvolumens (ca . 500 ml). also
ca. 150 ml. Die Totraumventilation eines norma l atmenden Alveoläre Ventilation
Menschen ist daher 2,1-2.4 1/min. Für die a lveoläre Ventilation gilt:
Solange sich die Atemfrequenz nicht ändert bleibt die To-
Alveoläre Ventilation = Alveolarvolumen x Atemfrequenz
traumventilation gleich , auch wenn sich das Atem zugvolumen
erhöht oder verringert. Wenn das Atemzugvolumen z. B. an- Die alveo läre Vent ila tion ist bei einem Alveolarvolumen von
steigt, dann werden die Atemzüge tiefer, d. h. der Anteil der Al- 350 ml etwa 4,9-5,6 1/min.
veolarluft nimmt zu. Das Totra umvolumen beträgt immer noch Pro Atemzug gela ngen also etwa 350m! Luft in den Alveo-
etwa 150 ml und die Totraumventilation verändert sich bei glei- larra um und vermischen sich dort mit den 31 Gas der funkti-
cher Atemfrequenz nicht, die alveoläre Ventilation steigt an. one llen Residualkapazität, sodass nur 1/10 der Luft im Alveo-
Bei einer sehr flachen Atmung mit kleinem Atemzugvoluminen larraum ausgetausc ht wird; daher bleibt die Zusammensetzu ng
ge langt auch bei erhöhter Atemfrequenz kaum Frischluft in den der Gase dort sehr ko nstant. Folgende Überlegung sol l dies
Alveolarraum und der Anteil der Totraumve nti lation am Atem- vera nscha ulic hen: Der mittlere alveoläre p02 nach Inspiration
zeitvolumen steigt an. Dadurc h steigt sch ließlich der arterielle ist abhä ngig vo m Atemzugvolumen, der funktionellen Resi-
C0 2- Partialdruck. dualkapazität (ca. 3 1), dem p02 der eingeatmeten Frischluft
(20 kPa; 150mmHg) und dem p0 2 im Alveolarraum (13,3 kPa;
100 mmHg). Die Differenz der Pa rtia ld rücke von Frischluft und
RECHENBEISPIEL 1
Alveolarluft (50 mmHg) verteilt sich auf die Summ e aus funk-
Ein Pati ent wi rd mit ein em Atemzugvolumen von 90 0 ml beatm et. Die
tionellem Residualvolumen und Anteil des Alveolarvolumens
mittlere ex piratorische CO,-Fraktion beträgt 0.04. die C02-Fraktion wäh·
rend des endexpiratorischen Plateaus ist 0.06. Wie groß ist das Totraum· am Atemzugvolumen (3350 ml). Unter diesen Bedingungen ver-
volumen? ändert sich der mittlere alveoläre p0 2 nach Inspiration nur um
Lösungsweg: Die Aufgabe ist durch einfaches Einsetzen in die Formel zu etwa 5 %. (Tab. 5.2).
lösen. Gesucht ist da s Totraumvo lumen V0 , gegeben sind: Die Unterschiede in der Gaszusammensetzung zwischen
V, = 900ml; FA= 0,06, F, =0,04. Außenluft und dem alveolären Gasgem isch kommen zum ei nen
durch den Gasausta usch zusta nde. also den Entz ug vo n Sauer-
Vo =V,· FA- F,
FA stoff und die Zugabe vo n C0 2, zum ande ren dadurc h, dass bei
der Passage durch die Luftwege die Einatem luft voll mit Was-
V =900ml 0 ·06 - 0·04 300ml se rdampf gesättigt wird (pH2 0 = 47mmHg; 6,3 kPa).
D 0,06

RECHENBEISPIEL 2 .,. Veränderung des alveolären p02 _ Der alveoläre p0 2 steigt mit
Welche Auswirk ung hat eine Erhöhung der Atemfreq uenz von 12/min auf dem p0 2 der Frischluft (z. B. bei 0 2-Therapie) und einer erhöhten
16/mi n auf die Totraumventilation. wenn die alveoläre Ventila tion unver·
änder t bleibt. alveolären Ven til ation und sinkt mit steigend em 0 2 -Verbrauch
Lösungsweg: Erhöht man die Ate mfrequenz und bleibt di e alveoläre Ve nti· des Körpers (erhöhte 0 2 -A ufnahme).
la tion un ve rä nde rt, dann muss di e To t rau mventilatio n anste ige n. Eine erhöhte Atemfrequenz gekoppelt mit einem vergrößer-
Verdeutlichen kann man sich dies auch durch Berec hnung derTotraum· ten Ate mzugvo lu men führt zu einem Anstieg des alveolären
ventilati on. Das Totraumvolumen ändert sich durch di e Erhöhun g der p0 2 • Dieser nähert sich dem p0 2 der Inspirationslu ft von 20 kPa,
Atemfrequenz ni cht wesentlich. Es be träg t nach wie vor etwa 150ml. Man kann ihnjedoch nicht überschreiten .
berec hnet daher die Totraumventilation vor und nac h de r Erhöhung der
Atemfrequ enz:
Totraumventil ati on =Totraumvolumen x Ate mfrequ enz Tab. 5.2 Atemgasfraktionen und-partialdrückevon Inspirationsluft
Totraumventil ati on vorher = 150 ml x 12/min = 1,8 1/min und alveolärem Gasgemisch
Totraumve ntil ati on nachher = 150ml x 16/min = 2,4 1/mi n Inspirationsluft alveoläres
Lösung: Eine Erhö hung der Atemfrequenz bei gleichbleibender alveo lärer Gasgemisch
Ven tilation fü hrt zu einererhöhte n Totraumventi lati on.
Fraktionen F0 2 20,9 % = 0,209 14 %= 0,14
FC0 2 0,03 % = 0,0003 5,6 % 0,056
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
FHp ca. 6 % = 0,06
.,. Für di e Mess ung vo n Gasvolumen gilt: V81 ps > VATPs > Vsrpo·
.,. Atemzeitvolumen = Atemzug volumen x Atemfrequenz. Partialdrücke pOl 150 mmHg = 20 kPa 100 mmHg = 13,3
kPa
.,. Bohr'sche Totraumformel :
pC0 2 0,2 mmHg = 0,03 40 rnmHg = 5,3 kPa
kPa
pHp 47 mmHg = 6,2 kPa
5.2 Gasaustausch 79

RECHENBEISPIEL 1 RECHENBEISPIEL 2
Welche Auswirkung hat eine Verdopplung der Atemfrequenz (von 15/m in Wi e ändert sich der alveoläre C0 2-Partialdruck. wenn die alveoläre Ven-
auf 30/min) bei gleichzeitiger Halbierung des Atemzugvolumens (von 0,51 tilation bei einem alveolären C0 2-Partialdruck von 40mmHg (5, 3 kPa)
auf 0,25 I). verdoppelt wird (die abgegebene C0 2-Menge = C02 -Produkl ion so ll gleich
Lösungs weg: Wird di e Atemfrequenz verdoppelt , das Atemzugvolum en bleiben)?
aber halbiert, dann bleibt die Gesamtventilation gleich. Das Totraumvolu- Lösungs weg: Die abgegebene C0 2-Menge erg ibt sich aus dem Produk t aus
men ist ebenfa ll s unverändert. jedoch steigt die Totraumventilation stark abgegebenem Volum en (entspricht der alveolären Ven t ila tion) und Kon -
an. ze ntration (proportiona l zum pC0 2 ):
Überprüfen lässt sich diese Aussage mithilfe folgende r Gleichungen: CO = C0 2 -Pr oduktion
2
Totraumventilation Totraumvolumen x Atemfrequenz p alveoläre Venti lation

a lveo läre Ventilation = A lveo larvo lum en x Ate mfre quenz C0 2 -Produktion =a lveoläre Ventilation x pC0 2

Bei einer Atemfrequenz von 15/min und einem Atemzugvolumen von 0,51 Soll die abgegebene C0 2-M eng e kon stant bleiben, dann muss sich de r
(350ml Alveo larluft; 150 ml Totraum) gilt: pC0 2 bei einer Verdopplung alveolären Ventilation auf 20 rnmHg halbieren:

alveo läre Ventilation 15/min x 0,351 = 5,251/m in co,-Produktion = 2 X alveo läre Venti lation X 1/2 pco,

Totraumventilation 15/min x 0,151 = 2,25 1/min 1/2 pC0 2 = 20rnmHg

Bei einer Atemfrequenz von 30/min und einem Atemzugvo lum en von 0,251 Lösung: 20 mmHg (2,7 kPa)
(100ml Alveolarluft ; 150 ml Tot raum) gilt:
alveoläre Ventilation 30/min x 0,11 0,3 1/min FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN .X
Totraumventilation 30/min x 0.1 51= 4. 5 1/min
.,. Totraumventilation = Tot ra umvolu men x Atemfrequenz
Die alveoläre Ventilation nimmt also deutlich ab, die Totraumventilation
.,. alveoläre Ventilation = Alveolarvolumen x Atemfrequenz
nimmt deutlich zu. Fo lge ist ein steigender C0 2-Partialdruck.
.,. Der mittlere alveoläre p0 2 verändert sich bei einem Atem-
Lösung: DerC0 2-Partialdruck im arterie llen Blut steigt an, wenn die Atem -
frequen z verdoppelt, das Atemzugvo lumen jedoch halbiert wird. zugvo lum en von 500 ml, einer funktionellen Residualkapazität
von ca. 3 I, einem p0 2 der eingeatmeten Frischluft vo n 20 kPa
RECHENBEISPIEL 2 (150 mmHg) und einem p0 2 im Alveolarraum von 13,3 kPa
Um welchen Faktor steigt der mittlere alveoläre 0 2-Partialdruck. wenn ein {lOOmmHg) nach In spi ration nur um etwa 5%.
Erwachsener mit normaler Lungenfunktion aus Atemruhelage 500ml Luft
.,. Eine erhöhte Atemfrequenz gekoppelt mit ein em vergrößer-
einatmet?
ten Atemzugvolumen führt zu einem Anstieg des alveolären
Lösungsweg: Sie müssen wissen, dass sich im Alveolarraum eines gesun-
den Mannes in Atemruhelage etwa 31Luft befinden . Diese hat ein en p0 2 , der sich dem p0 2 der In sp irationsluft von 20 kPa näh ert,
p02 von 100mmHg (13,3 kPa). Der p0 2 der ein geatmeten Frischluft ist diese jedoch nicht überschreiten kann.
150 mmHg (20 kPa). .,. Die Partialdrücke müssen Sie kennen und auch damit rechnen
Beim Einatmen gelangen etwa 350ml Frischluft in die Alveo laren . ln die- können;
sen 350m I ist der p02 150mmHg. Diese vermischen sich mit 3000ml mit
einem p0 2 von 100 mmHg. Die Druckd ifferenz von SOmmHg vertei lt sich Inspirations- alveoläres
also auf insgesa mt 3350 ml Luft. Der Pa rtialdruck pO"" in den 3350ml Luft luft Gasgemisch
errec hnet sich wie fo lgt:
p02in x 3350ml = 100 mmHg x 3000 ml + 150 mmHg x 350 ml Partialdrücke p0 2 lSOmmHg = lOOmmHg = 13,3
20 kPa kPa
352500 mmHg ml _ mmH 0.2mmHg = 40mmHg = 5.3
105
3350 ml g
0,03 kPa kPa
War der p0 2 vor der Inspira tion 100 mmHg. beträ gt er nach der
47mmHg = 6,2
105 mrnHg. Das ist eine Steiger un g urn 5%.
kPa
Lösung: Der mi t t lere alveoläre p0 2 ste igt durch die Inspiration also um 5%.

.,. Der alveo läre C0 2-Partialdruck steigt mit der C0 2-Produktion


.,. Veränderung des alveolären pC0 2 • Der alveoläre C0 2 -Partial- des Körpers und mit abfallender alveol ärer Ventilation:
druck stei gt mit der C0 2-Produktion des Körpers und mit abfal- C0 2 -Produkt ion
pC0 2
lender alveo lärer Ventilation: alveoläre Ventilation

C0 2 -Produktion
pco, = alveoläre Ventilation
Hyper- und Hypoventilation
RECHENBEISPIEL 1 Eine Ventilation, bei der in den Alveolen und damit auch im
Wie hoch ist der alveoläre 0 2-Partialdru ck, wenn mit rein em 0 2 beatmet arteriellen Blut ein pC0 2 von 40 mmHg aufrechterhalten wird,
wird und der Luftdruck 760mmHg (101 kPa) beträgt? nennt man al s Normoventilation _ Di e Begriffe Hyper- und Hy-
Lösungs weg: Es gilt: poventilation sind Zustände gesteigerter bzw. verminderte r
p02 + pN 2 + pC02 + pH 20oampl alveo l ärer Ventilation, die der jeweiligen Stoffwechse l situ ation
Bei ein er Beatmung mit rein em 0 2 wird der St icksto ffanteil von etwa 80 % nicht angepasst sind und deshalb auch mit Änderungen des a r-
mit der Ze it au s der Alveo larluft gewaschen und durch 0 2 ersetzt. Erh alten te ri ellen pC0 2 e inhergehen. Eine Hyperventilation , z. B_ als Fol-
bleiben der pC0 2 mit 40 mmHg und der Wa sserd am pfd ruck mit 47 mmHg.
ge e in er Mund - zu - Mund-Beat mung, führt zu einer Hypokapnie
Der p0 2 berechn et sich also wi e folg t:
(Ern i edri g ung des a rteriellen pC0 2 ) ; Folge kann eine Vasokon-
PÜ2 "" pC02- pH20D,unpf
striktion im Gehirn se i n. Ein e Hypoventilation ge ht dagegen
p0 2 = 760 mmHg - 40mrnHg - 47mmHg
mit einer Hyperkapnie (Erhöhung de s arterie llen pC0 2) einher.
p0 2 = 670 rnrnHg
Beid e Situationen führen z u ein e r Störung de s Sä ure- Basen -
Lösung: 670mmHg {89 kPa)
Hau shalt s (s.S. 88).
80 5 Atmung

FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN C0 2-Abgabe = RQ' 0 2-Aufnahm e


Eine Hyperventilation, z. B. psychogen bed ingt oder auch als C0 2·Abgabe = 0,8 x 1.251/min = 1 1/min
Folge einer Mund-zu-Mund-Beatmung , geht mit einer Hypo- Pro Minute wird also 11C02 abgegeben. Da der C0 2-Gehalt in der Alveolar-
luft nur 5%also 1/20 ist, muss die alveoläre Venti lation das 20-Fache, also
kapnie (Erniedrigung des arteriellen pC0 2) einher. Folge kann
20 1/min betragen.
ein e Vasokonstriktion im Gehirn sein.
Lösung: 20 1/min.

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN


5.2.3 Respiratorischer Quotient
Respiratorischer Quotient:
Der respiratorische Quotient gibt das Verhältnis von C0 2 -Abga- RQ C0 2 -Abgabe [C0 2 ] Aiveol<lrlt.lft
be in den Alveola rraum und der 0 2 -Aufnahme aus dem Alveo- 0 2 -Aufnahme
larraum wieder.
Bei Hyperventilation steigt der respiratorische Quotient
RQ = C0 2-Abgabe IC021Aiveolarluft kurzzeitig an.
0 2 -Aufnahme

Für di e Berechnung lassen sich sowohl die in einem bestimmten 5.2.4 Diffusion der Atemgase
Zeitraum gemesse nen Volumina als auch die Konzentrations-
werte verwenden. Die 0 2-Aufnahme ergibt sich dabei aus der 1. Fick 'sches Diffusionsgesetz. Der eigentliche Gasaustausch
Differenz zwischen der Inspiration sluft und der Alveolarluft. zwischen Blut und alveolärem Gasgemisch findet durch Diffu-
Bei der C0 2-Abgabe kann die sehr geringe C0 2-Konzentration in sion statt. Hierbei müssen die Gasmoleküle die Alveolarmem-
der Inspirationsluft vernachlässigt werden. bran überwinden.
Der respiratorische Quotient hängt stark von der Art der im Der Diffusionsstrom der Gasmoleküle ist abhängig vom
oxidativen Stoffwechsel verbrannten Energiesubstrate ab: Partialdruckunterschied des jeweiligen Gases zwischen Al -
• RQ = 0,7: reine Fettverbrennung veolarraum und Blut, von der Diffusionsstrecke und von der
• RQ = 1,0: reine Kohlenhydrateverbrennung Austauschfläche. Dieser Zusammenhang lässt sich physikalisch
• RQ = 0,8: Verbrennung bei durchschnittlicher ge mischter durch das 1. Fick'sche Diffusionsgesetz beschreiben:
Kost
Der RQ hängt auch von der Atmung ab. So steigt der RQ bei
Hyperventilation kurzzeitig an. Die C0 2-Abgabe nimmt zu, da
vermehrt C0 2-abgeatmet wird. Gleichzeitig ist aber ist da s ar- V= Diffusionsstrom
teri ell e Blut vorher schon nahezu mit 0 2 gesättigt, d. h. die 0 2 - F = Austau sc hfl äc he
Aufnahme steigt nicht entsprechend. Folge ist ein Anstieg des d = Diffusionsstrecke
RQ. LlP = Partiadruckdifferenz

Der Diffu sionsstrom steigt proportional mit der Austau schflä-


RECHENBEISPIEL 1
che und der Partia ldruckdifferenz und fäll t umgekehrt propor-
Wie groß ist der respiratorisc he Quotien t bei folg end en Werten: tional zur Diffusionsstrecke.
Luftdruck 101 kPa (760 mmHg) Der Faktor K ist der Krogh'sche Diffusionskoeffizient. Er ist
0 2-Konzentration in der inspirierten Luft 20,9 %(STPD) für jedes Gas und jedes Diffusionsmedium unterschiedlich. So
0 2-Konzentration im Exspirationsgas 16,9 %(STPD) ist I< für C0 2 ca. 20-ma\ größer als für 0 2 • Bei gleichen Bedin-
C0 2-Konzentration im Exspirationsgas 2,8 %(STPD) gungen diffundiert also um den Faktor20mehr C0 2 als 0 2 durch
Lösungsweg: Da die C0 2-Konzentration der eingeatmeten Frischluft die Alveolarmemb ran. Des halb reichen für den C0 2 -Austausch
nahezu nul l ist. wird sie vernachlässigt. Der RQ berechnet sich dann wie auch die kleineren Partialdruckunterschiede zwi sc hen Alveo-
folgt:
larlu ft (40mm Hg; 5,3 kPa) und Blut (46 mmHg; 6,13 kPa) aus.
RQ C0 2-Abgabe [C0 2JA1.eol"'"''
Die treibende Kraft bei der Diffusion ist der Partialdruck-
0 2-Aufnahme [0 2 Jinspirationsluft - [02JAiveoJarluft
unterschied. Im venösen Blut, das über die A. pulmonalis da s
20,9 - 16,9 4,0 Kapillarbett der Lunge erreicht. beträgt der p0 2 40 mmHg (5,3
kPa) und der pC0 2 46 mmHg (6,13 kPa). Bei der Passage durch
Lösung: RQ = 0.7 die Lungenkapillare gleichen sich die Partialdrücke im Blut
völlig denen im a lveolären Gasgemisch (p0 2 = 100 mmHg; 13,3
RECHENBEISPIEL 2 kPa bzw. pC0 2 = 40 mmHg; 5,3 kPa) an. So steigt der arterielle
Bei ei nem Sportler beträgt der durchsc hnittliche 02-Verbrau ch unter 0 2 -Partialdruck bei einer Erhöhung des alveolären 0 2 -Partial-
Belastung 1,25 1/min. Der re spiratorische Quotient ist 0,8, die alveo läre
C0 2-Fraktion 0.05. Wie hoch ist di e alveoläre Ventilation unter diesen drucks (z.B. auf 150mmHg) entsprechend an und in der Aorta
Bedingungen? nimm t der 0 2 -Partialdruck ebenfalls zu. Der größte Anteil des
Lösungsweg: Gegeben ist also der C0 2-Geho lt im Alveo larraum von 5%. Gasaustausches findet dort statt, wo die Lungenkapillaren be-
Die C0 2-Konzentrati on der Frischluft ist mit 0,03 %vernach lässigbar. Zur ginne n, da dort die Partialdruckunterschiede no ch re cht groß
Ermittlung der alveolären Ventilation ist die CO,-Abgabe pro Minute sind. während sie sich bis zu m Kapillarende hin immer weiter
erforderlich. Sie lässt sich aus der 02 -Aufnahm e und dem respiratorischen
Quotienten berechnen. annähern.
Der Austausch der Atemgase muss sc hnell gesche he n. Die
RQ co 1-Abgabe
0 2 -Aufnahme Kontaktzeit des Blutes mi t der Alveolarmembran beträgt
durch schnittlich nur 0,5 s. Um dennoch eine au sreichende Oxy-
5.2 Gasaustausch 81

Ventilation sich der Blutdruck in der A. pulmonalis nur vet·doppelt, wenn


sic h die Lungendurchblutung vervierfacht Zudem vergrößert

-
sic h durch die Eröffnung der Reservekapillaren die Diffusions-
kapaz ität der Lunge.
Der Lungenkreislaufist ein Niederdrucksystem, d. h. der Blut-
druck in der A. pulmonalis beträgt ca. 25 mmHg systol isc h und
10mmHg diastolisch; der Mitteldruck liegt bei 15- 17mmHg.
Deshalb ist die Perfusion regional unterschiedlich: Die Lungen-
spitzen werden bei aufrechter Haltung sc hlechter durchblutet

-
al s die basisnahen Lungenantei le, da das Blut erst gegen den

-
lungenkapi\lafe hydrostatischen Druck bis in die Lungenspitzen hoc hgep ump t
werden muss. Die Folge sind lnhomogenitäten im Ventilations-
Perfusions-Verhältnis. DerVP-Quotient beträgt fü r die gesamte
p02 = 5,33 kPa Alveole p02 =13,3 kPa
(40mmHg) Lunge etwa 1 (alveolä re Ventilation = Herzzeitvolumen = 5-6 1/
(100mmHg)
p02 =13,3 kPa min). Im Bereich der Lungenspitze werden Werte um 3, in den
kPa
pC02 = 6,13 pC02= 5,3 kPa basalen Anteilen um 0.6 erreicht.
(46mmHg) pC02 = 5,2 kPa
{40mmHg)
Ventilations-Perfusions-Quotient =

VA= alveoläre Ventil<Jtion


Q = Lungenperfusion
Erythrozyt
Abb. 5.4 Der Gasaustausch zwischen dem Alveolarraum und den Viele Gefäße zeigen den sog. B<Jyliss-Effekt, d. h. sie reagieren
Lungen kapillaren. auf eine Dehnung mit einer Konstriktion, wodurch der Druck
ansteigt. In der Lunge müssen Druckanstiege jedoch unbedingt
verm ieden werden. So nimmt der Strömungswiderstand im
genierung zu erreichen. ist die Diffusionsstrecke sehr ge ring Lungenkreislauf bei steigendem Herzzeitvolu men durch Dila-
(ca. 1-2j.Jm) und die Austauschoberfläche (Gesamtoberfläche tat ion der Widerstandsgefäße ab. Würde er zunehmen, dann
aller Alveolen. ca. 120m 2 ) sehr groß. käme es zu einem Druckanstieg und sch ließl ich zu einer Aus-
wärtsfiltrationvon Flüssigkeit aus den Kapill aren. Es bestünde
.. Vereinfachte Fick'sche Gleichung für die Lunge. Im Fick'schen die Gefa hr eines Lungenödems.
Diffusionsgesetz kann man die beiden für die Lunge konsta nten
Größen d undFauch zusätzlich in die Konstante K mit einbezie- .. Hypoxisehe Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Mechanis-
hen. Man erhält dann die vereinfachte Gleichung: mus). Während 0 2-Mangel im Allgemeinen eher eine Vaso-
dilatation aus löst. kommt es in den Lungengefäßen zu einer
V= D-L'.P
Konstriktion. Ein besonderer Mechanismus sorgt in der Lunge
D wird hierbei als Diffusionskapazität der Lunge für ein be- durch Regulierung der Gefäßweite für einen effektiveren Gas-
stimmtes Gas bezeichne t. Die Diffusionskapazität von Kohlen - aust<Jusch. Nimmt der alveoläre 0 2 -Partialdruck in der Lunge
monoxid (CO) wird in der Klinik als Parameter für die Intaktheit lokal ab, dann verengen sich die zuführenden Pulmonalarteri-
der Gasaustauschfähigkeit genutzt. enäste. der Strömungsw iderstand steigt und die Perfusion von
Lungenarealen wird gedrosselt, in denen kein effektiver Gas-
APROPOS
Exogen-allergische Alveolitis: Verschiedene Schadstoffex positionen aus tausc h stattfi nd et. Durch diese Lungen bereiche fließt we-
können über eine allergi sche Entzündungsrea ktion zu einer Verdi ckun g niger Blut. das letztli ch wegen der sch lechten Belü ftung auch
d er Al ve ola rm e mbra n mit eingesc hränkte r Diffu sionska paz itä t füh ren. Im ni cht mit 0 2 beladen würde. Zudem wirkt dieser Mech<Jni smus
fortgesc hrittenen Stadiu m ist eine Lungenfibrose (restriktive Ve ntilations- den unten erwähnten druckbedingten Inhomogenitäten entge-
störung) die Folge. Oftmals sind organi sche Stöube die Ursache, denen die gen.
Patienten im Beruf ausgesetzt waren. Ein Beispiel dafür ist di e sog. Fa rmer-
lunge. ausgelöst durch schimmeli ges Heu. Eine hypoxisehe Vasokonstriktion ist auch bei e inem aku-
ten Aufenthalt in großer Höhe zu beobachten. Der geringe
alveoläre p0 2 (a lveoläre Hypoxie) fü hrt zu einer hypoxischen
5.2.5 Perfusion der Lunge Vasokonstriktion der Lungengefäße, wodurch der Strömungs-
widerstand im Lungenkreislauf und der Blutdruck u.a. in der
Die Lungenperfu sion (= Durchblut ung der Lunge) ist für den Pulmonalarterie anste ige n.
Gasaustausch ge nauso wichtig wie die Ventilation. Die Durch-
blutung muss auf die Venti lation abgest immt sein, um einen !
effektiven Gasausta usch zu gewährleisten. Der Lungenkreislauf Achten Sie bei der Fragestell ung zum Thema .. Anpassung und
besitzt eine Reihe von Resonderheite n. die sich auch auf den Reaktionen auf einen Aufentha lt in großer Höhe" darau f, ob nach
Gasaustausch auswirken. kurzfrist igen oder langfristigen Veränderungen gefragt ist. Die
In Ruhe werden nur ca. 50 %der vorhandenen Lungenkapil- Akkl imatisierung durch Ste igerung der Erythrozytenza hl gehört
la ren durchblutet. Bei körperli cher Arbeit (also erhöhtem Herz- z. B. zu den langfristige n Reaktionen.
zeitvo lumen) werd en die rest liche n (sog. Reservekapillaren ) ge-
öffnet und die pulmonalarreriellen Gefäßäste pass iv. also durch
den erhöhten Blutst rom. erweitert. So läss t sich erklären . dass
82 5 Atmung

.. Shunt-Verbindungen. Dem arterialisierten Blut der Vv. pul- FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
monalis wird noch ein Teil sauerstoffarmes Blut aus sog. Shunt-
Bei ein er Erhöhung des alveolären 0 2-Partialdrucks steigt
Verbindungen beigemischt. Dies ist Blut, da s die Lungenka-
auch der arterielle 0 2 -Partialdruck entsprechend an, in de r
pillaren nicht passiert hat und somit nicht oxygeniert wurde.
Aorta ste igt der 0 2-Partialdruck ebenfalls.
Dieses Shunt-Blut stammt unter anderem aus den Vasa priva-
.. Nimmt der alveoläre 0 2-Partialdruck in der Lunge lokal ab,
ta der Bronchien, die über die Vv. bronchiales teilweise in die
dann kommt es in diesen Bereichen zu einer Vasokonstrik-
Pulmonalvenen drainieren. Neben regionalen Inhomogenitäteil
tion, wodurch der Strömungswiderstand in den betroffenen
von Diffusion, Ventilation und Perfusion sorgt dieses Shunt-Blut
Blutgefäßen stei gt.
dafür, dass der 0 2 -Partialdruck in den Körperarterien niedriger
.. Der Abfall des alveolären p0 2 bei einem Aufenthalt in großer
liegt als am Ende der Lungenkapillaren (ca. 100mmHg = 13.3
Höhe führt zu e iner hypoxischen Vasekonstriktion der
kPa), nämlich ungefähr bei 90-95 mmHg (12-12,6 kPa). Im Alter
Lungeng efäße, wodurch der Ström ung swid erstand im Lungen-
sinkt die ser Wert weiter auf bis zu 70 mmHg (9.3 kPa).
kreislauf und Blutdruck u. a. in der Pulmonalarterie steigen .
.. Der normale 0 2-Partialdruck in den Körperarterien ist
.. Hypoxie. Das dem Organismus zur Verfügung stehende 0 2-
90-95mmHg.
Angebot entspricht dem Produkt aus Herzzeitvolumen und
.. Welche Form der hypoxiseben Hypoxie vorliegt, lä sst sich
0 2-Ko nz entrat ion im arteriellen Blut. Diese beiden Parameter
klären, wenn man den Patienten re inen Sauerstoff atmen lässt
können durch unterschiedliche Faktoren bee inträchtigt wer-
und den arteriellen p0 2 mi ss t.
den. Folge ist. dass das 0 2-Angebot abnimmt und eine Hypoxie
entsteht. je nach vorliegender Störung unterscheidet man:
• hypoxisehe Hypoxie: der arterielle 0 2 -Pa rtialdruck ist er-
niedrigt, 5.3 Atemgastransport im Blut
• anämische Hypoxie: Hämoglobinkonzentration (Anämie)
oder 0 2-Bindung an Hämoglobin sind beeinträchtigt; der 5.3.1 Physikalische Löslichkeit und chemische
arterielle 0 2- Pa rtialdruck ist normal, der 0 2-Gehalt des arte- Bindung von Gasen
riellen Blutes ist erniedrigt,
• ischämische Hypoxie: die Durchblutung des Gewebes ist Sauerstoff und Kohlendioxid liege n im Blut nicht nur physika-
unzureichend, lisch gelöst, sondern auch in chemisch z. B. an Hämoglobin ge -
• zytotoxische Hypoxie: die aerobe Energiegewinnung in den bunden vor. Der Grund liegt u.a. in der ger ingen physikalischen
Zellen ist beeinträchtigt. Löslichkeit beider Gase.
Die häufigste Form ist die hypoxisehe Hypoxie. Sie hat vielfäl- Das Henry-Dalton-Gesetz macht eine Aussage über die phy-
tige Ursa chen: sikalische Löslichkeit von Gasen. Es besagt, dass die Konzentra -
• Aufenthalt in großen Höhen , da der alveoläre p02 abnimmt, tion eines physikalisch gelösten Gases proportional zu dessen
• primär restriktive Störungen mit eingeschränkter Diffusion Partialdruck im Gas über der Flüss igkeit ist. Auf den Körper an-
(z. B. Lungenödem), gewendet bedeutet dies. dass die Konzentration des Gases im
• Ventilations - Perfusions-Störungen (CO PD, Lungenembolie), Blut proportional ist zu dem Partialdruck des Gases im Alveo-
• Rechts-L inks-Shunt. bei dem dem mit 0 2-angereicherten larraum. Als Formel ausgedrückt:
Blut aus der Lunge von dem Eintritt in die Aorta venöses Blut
beigemi sc ht wird, Ccas = a X Pca s
• Hypoventilation durch Störungen des Atemantriebs oder der Ccas =Konzentration des Ga ses in der Flüssigkeit
Atemmuskulatur. Pcas= Partialdruck des Gases im Gas über der Flüssigkeit
Welche Form der hypoxischen Hypoxie vorliegt, lässt sich a = Bunsen-Löslichkeitskoeffizient
klären, wenn man den Patienten reinen Sauerstoff (100% 0 2 )
atmen lässt und den arteriellen p02 misst. Bei einem Rechts- Die Konstante a (der Bunse n-Löslichkeitsl<oeffizient) ist spezi-
Links-Shunt wird sich de r arterielle pü 2 kaum ändern. Da s ar- fisch für das jeweilige Gas und die jeweilige Flüss igkeit. Er ist
terielle Blut ist nahezu mit 0 2 gesä ttigt und eine zusätzliche für co2 20-mal größer als für 0 2, sodass m e hr co2 physikali sch
0 2-Gabe kann diese Sättigung nicht so deutlich erhöhen, da ss ge löst ist als 0 2.
die Beimischung des venösen Blutes durch den Shunt kompen- Auch wenn der Anteil der physikalischen Lösung an der Ge-
siert werden könnte. Bei Hypoventilation . Diffusions- und Ver- sa mtmenge im Blut sowohl von 0 2 als auch von C0 2 gering ist,
teilungsstörungeil stei gt der arterielle 0 2 -Partialdruck dagegen so erfüllt dieser Anteil doch eine wichtige Funktion: Es sind
deutlich, da sich die Bedingungen für eine 0 2-Aufnahme erheb- Gasmoleküle "auf der Wanderschaft", die frei ge löst durch das
lich verbessern. Plasma diffundieren, um ihre Zielze llen, z. B. das Innere ei nes
Erythrozyten, zu e rreichen.
APROPOS
Die Lungenembolie ist eine gefürchtete Komplik at ion d er Thrombose. v. a.
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
der Thrombose der ti efen Bein- und Beck envenen. Hi erbe i wird ein Blutg e-
rinn sel au s einer Vene ausgeschwemmt und mi t dem Blut durch das rec hte .. Die Ko nzentrati on ei nes Gases im Blut ist proportional zu
Herz in die Lung enstromb ahn tr anspor tiert. Di eser sog. Embolus bl eibt dessen Partia ldruck im Alveolarraum: cGas = a x Pcas _]
irgendwann in den sich ve ren genden Gefäßen st ec ken und blo cki er t den
Blutnu ss. j e nach Größe des verschl ossenen Gefä ßes reicht die Symptomati k
von leichten Bru st schmerzen übersc hwere At emno t bis hin zu m plötzli chen
Herzversa gen. da der Lungenge fäßwiders t and plötzli ch so erhöht w ird . dass
es zu ein er Überla stung des Herzens kommt. Lebens rettend kann sowohl die
Aun ösung des Embolus mi ttels Fibrinolyse (s. S. 18) als auch di e operati ve
Ernbolektomi e se in .
5.3 Atemgastransport im Blut 83

5.3.2 0 2-Transport im Blut FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN .)(

Hämoglobin .. Fetales Blut hat un ter Sta nd ardbedingu ng en e in e höh er


0 2-Affinität als das Blut vo n Erwachsenen.
Nur C.:l. 1 % des im Blut tran sport ie rte n Sa uerstoffs liegt p hys i-
.. Ist d ie Hämoglobinkonzentration im Bl ut red uzie rt , ist der
ka lisc h gelöst vor. De r Res t wi rd in den Ery th rozy ten revers ib e l
0 2-Partiald ru ck im art erie ll en Blut norma l, der 0 2 -Gehalt abe r
a n Hä mog lobin (Hb) gebunde n.
dennoc h erni edrigt .
Hämoglobin ist ein tetra m e res Prote in, das in j ede r de r Ket-
.. 1 g Hämog lobin bind en in vivo 1,34 ml 0 2 (Hüfner-Zahl).
te n e inen Hämring mit Fe 2+-Atom bes itz t. d as ein 0 2 -Mol ek ül
.. Sinkt die Hämoglobinkonzentration im Blut, da nn nimmt
bind e n ka nn . Ei n Molek ül Hä m oglobin ka nn folg li ch vie r Mole-
auch die 0 2-Bindungskapazität de s Blutes ent spre chend ab.
kül e 0 2 binde n. Das Ei se natom w ird bei der Saue rstoffbindun g
n icht zu Fe 3 + oxid ie rt. Desha lb spri cht man auch nur vo n d er
Oxygenierung des Hämoglobins, ni cht von d er Ox id ati on.
Das Erwachsenenh äm og lobin (HbA) bes te ht aus jeweil s 2 Sauerstoffbindungskurve
cx- und 2 ß-Kette n, fe ta les Hä m og lobin ( HbF) bes itzt statt der Ein e Beso nd erh eit des Hä m oglob in s ist de r sog. kooperative Ef-
ß- Ketten 2 y- Ketten. HbF hat ei ne höhere 0 2-Affinität (wenn be i fekt: Lager t sich e in 0 2 - Mole kül a n e in e de r Hb- Bindun gsste ll en
g le ichem pH -We rt unte rsuc ht wird) u nd e in e ger inge re Affi n i- a n. ve ränd er t s ich d ie Ko nform at ion des Proteins, wo du rc h di e
tä t zu 2,3-Biphosphog lycerat. Anlage rung von 0 2 an di e üb rige n Bi ndu ngsste ll en e rle ichte rt
Be i Voll sä tt igun g mi t Sauerstoff ka nn 1 g Hä m oglobin in v i- w ird. Durch di es e n koo pe rat ive n Effekt ve rl äuft d ie 0 2 -Bin-
t ro 1,39 ml 0 2 binde n. ln vivo ist di ese Za hl etw a s gerin ge r. da du ngskurve S-för m ig (Abb. 5.5). Diese Bindu ngsk u rve zeigt
ke in e komp lette Voll sät t ig ung e rre icht w ird . Es e rgibt sich ein e e in e Abh ä ngigke it de r Sa uerstoffsä ttig ung (S0 2) vo m a rterie l-
Sauers toffbindung vo n 1,34ml 0 2 pro g Hämoglobin (sog . Hüf- le n 0 2- Part ialdru ck p 0 2• Die 50 2 g ibt a n, w ie vie l Proze nt de r
ner-Zahl ). Bei ei ne r durchsc h nittli che n H b-Kon ze nt ratio n von vorha nd ene n 0 2-Bindu ngsste ll en m it Saue rstoffbe leg t sind. Bei
15 gjdl 150 gfl) erg ibt sich da rau s e in 0 2 -Ge halt des oxyge- de r Ruheatmun g von normale r Ra u m luft li egt d ie S0 2 norm a-
n ie rte n Blu tes vo n 200m! 0 2 /1 Blu t. le rw e ise be i 95 - 97 %, d ie Sättigung im venösen Blut ist im m er
Die m ax im a le 0 2 -Bindungskapazität des Blutes ist direk t noch ru nd 75 %(das entspri cht ca. 150m I 0 2 ·1·1 Blut).
p roport iona l zu r Hä mog lobin ko nze nt rat ion. Sind a ll e Bin- Die Sät tig ung des fetalen Hämoglobins ist geringer a ls da s
dungsste llen für 0 2 am Hä m oglobinmol ekü l bese t zt. ist de r 0 2- der Mu tte r. Im d r itte n Trim e non einer Schwa ngerschaft beträgt
Ge ha lt d es Blu tes max imal. Sinkt d ie Hämoglobinkonzentrati- sie im Blut der V. umbilicalis, in de r 0 2 -re ich es Blu t vo n d er Pla -
on des Bl utes , da nn n im m t a uch d ie 0 2-Bindungskapazität d es zenta zu m Fet us fließt und di e 0 2 -Sättigung des fetalen Blutes
Blu tes ents prec he nd a b. a m größten ist, etw a 80 %. in de r A. umbili ca li s sind es etwa
Ist di e Hämoglobinkonzentration im Blut reduziert (z. B. bei 60 %. Ein e Sätt igun g von 80 %w ird bei HbA-Biut durch einen p0 2
An ä mie), dann ist der 0 2-Partialdruck im arterie lle n Blut nor- von etwa 40 m m Hg er reic ht . Da das feta le Blut m it HbF je doch
mal, d er 0 2-Gehalt aber erniedrigt. e ine hö he re 0 2-Affini tä t bes itzt, re icht in der V. umbilicali s ei n
ge r ingere r p0 2 vo n etwa 30 mmHg aus, um di ese 0 2-Sä tt igu ng
RECHENBEISPIEL zu e rziele n.
Ein Patient hat fo lgende Blu twer le: Unter Nor m a lb e ding unge n (Hb - Kon ze ntrat ion 160 g/ 1) e nt-
Hämoglobinkonzent ration: 100 g/1 häl t d as Blut 200 ml 0 2 pro I Blut (= 20%). Da bei ist der physika -
ar teriell er p0 2: 92 mmHg (1 2,3 kPa)
lisc h gelöste An te il de s 0 2 ve rnach läss igbar. lst d ie Hämoglobin-
arterieller pC0 2 : 38 mmH g (5, 1 kPa )
arteriell er pH ·Wert: 7, 39
konzentration im Blut e ines anäm ischen Patienten reduziert ,
Wi e hoch ist der arteri elle Sauerst offgehall seines Blutes?
ist di e 0 2-Sättigung des a rter ie ll e n Blu tes fast 100 %, der 0 2-Ge-
Lösungsw eg: Bei einem arteriellen pOl von 92 mm Hg ist die Sa uerstoffsät·
halt aber reduziert. Auc h bei Zu mi schung vo n 0 2 zur Atemlu ft
t igung des Häm oglobins nahez u 100 %. Bei vo llst ändiger Sätti gun g kann ve rä nd ert sic h der redu zie rte 0 2-Ge halt ni cht w e se nt li ch.
Hämoglobin et wa 1,34 ml 0 2 pro g bi nden. Das bedeutet für dieses Be ispi el:
O, ·Geha lt ; 1,34 m I o , /g X 100 g/1- 134 ml o ,{l Blut
Da die Sättigung des Häm oglobi ns jedoc h nie 100 % is t. is t der t at säch lich e Merken Sie sic h: Unte r Norm albedi ngu nge n enth ält Blut etwa 20
Q .Gehalt des Blutes ein we nig geringer als die errec hneten 13 4 ml 0 2 pro
2
Volumenproze nt Sau erstoff - gena uso vi el wie Fr isch lu ft .
I Blut .
Lösung: ca. 130 ml 0 2/1Blu t.
Die S- Form unte rsche id et di e Bi nd un gsk urve n von Hä mog lob in
und Myog lobin (= 0 2-Ku rzze its pe icher in d e n Mus ke ln). Letzte-
APROPOS re s bes itzt nu r eine 0 2-Bind ungss te ll e. sodass de r koope rat ive
Hämoglobinopathi en: Anomal aufge baute Häm oglobin e könne n zu ver-
Effekt weg fä ll t. Die Myog lobinb ind ungs kurve verläu ft hyper-
sch iedenen Krankh eil sbildern füh re n. Zurze it kennt man ca. 300 anomale
Hil moglobin e, von denen sich di e m eist en in einer einzelnen Ami nosäure
be lfö rmig.
vom normalen Hämog lob in unterscheid en. An der S- Fo rm de r 0 2-Bin dungsk ur ve w ird de ut lic h , w ie
Die sog . Sichelzellan ämie (s. S. 10) ist am weitest en ve rbrei t et. Es hand elt g ü nst ig de r koo pe rative Effekt für di e Aufgab e n des Hämog lo-
sich um eine Erb krankheit, bei der an Pos ition 6 der ß· Kett e Glu taminsäure bin s in de r Lunge bzw. im Gewebe ist :
durch Valin erse tzt ist. Di eses Hb w ird als HbS bezeichn et. Das HbS fällt im
ln der Lunge blei bt e in Abfa ll des a lveo lä ren p0 2 zunächst
desoxygcniert en Zustand aus und die Ery throzyten ver ändern ihre Form so,
dass es zu einer gestörten Mikrozirkulati on und Org an infarkten kom mt .
oh ne g roße Ausw irkunge n au f di e 0 2-Sättigu ng (fl ac he r Antei l
Bei anderen Hämoglobin opathien kom n"'lt es zu einer qua nti ta ti ven de r Kurve = ge ringe r p0 2 -Abfa ll füh rt zu geri nge m Sätt ig ungs -
th eses tö rungdes Htl moglobin s. Bei der sog. Th alassä mie isl di e Synt hese abfa ll ). Ersr we nn e in kri t isc he r We rt u nte rschri t te n w ird . fä ll t
von ß-Kctt cn (ß·Tholassö mi e) oder von o· Ket ten (seltenere o·Thalassa mie) d ie S0 2 ab. Be i eine m p0 2 vo n 75 m m Hg beträg t sie imm e r noch
verrin ger t. Dies hat neben einem gest ört en Saue rstoftt·ra nsport insbe sonde·
üb e r 90 %.
re a u ch Auswi rku ngen a u f Fo rm und Le b e nsda ue r der Ery t h ro zyten (s. S. 9).
84 5 Atmung

.. Lin ksverschi ebung"


20 100
- Norm --
01 ,-
ä:i
, , '-. Rechtsverschiebung"
0 25 mmHg- Halbsättigungsdruck
40 mmHg -gemischt-venöser p02
I..... 10 90 mmHg- arterieller p02
100 mmHg- alveolärer p02
"'
..c
Q)
150 mmHg - p02 Inspirationsluft
'-?
0

0
0 25 40 50 90 100 150 (mmHg)
I
0 4 5,33 8 12 16 20 p0 2 (kPa)

Linksverschiebung = Affinitätszunahme Rechtsverschiebung = Affinitätsabnahme


- pH i (H'"-Konzentration ! ) - pH ! (H'"-Konzentration i )
- pC02! - pC02 i
- Temperatur ! -Temperatur i
- 2,3-BPG! - 2,3-BPG i

Abb. 5.5 Sauerstoffbindungskurve des Hämoglobins.

Im Gewebe ist die Sauerstoffabgabe erleichtert. Wenn dort Eine Linksverschiebung, die Zunahme der Sauerstoffaffinität
ein erhöhter Sauerstoffbedarf besteht, also der kapillare p0 2 des Hämoglobins. wird durch entgegengesetzte Veränderungen
unter 40 mmHg abfällt, gibt das Hämoglobin leicht 0 2 ab (stei ler verursacht:
Anteil der Kurve =geringer p0 2-Abfall, führt zu starkem Sätti- • pC0 2 !, [WJ ! (pH-Wert i); [2,3-BPGJ !, Temperatur!).
gungsabfall). Die Linksverschiebung der Kurve bedeutet auch eine erschwer-
te 0 2-Abgabe im Gewebe.
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Die Abhängigl<eit der Sauerstoffaffinität von pC0 2 und pH-
"' Bei einem abnehmenden arteriellen p02 nimmt die 0 2 -Sätti- Wert bezeichnet man als Bohr-Effekt. Im Gewebe verschie-
gung von Hämoglobin zunächst nurwenig ab, sodass sie bei ben der erhöhte pC02 , die erhöhte W-Konzentration und der
einem p02 von 75 mmHg noch bei über 90 % liegt. erniedrigte p0 2 die Sauerstoffbindungskurve nach rechts und
"' Die 0 2-Sättigung im venösen Blut ist rund 75 % (ca. 150 ml 0 2 fördern die Freisetzung von 0 2 aus dem Hämoglobin (Desoxy-
1·1 Blut). genierung).
"' ln der V. umbilicalis ist die 0 2-Sättigung des fetalen Blutes Ein Paramete r, um die Affinität von Sauerstoff an Hämo-
am größten. globin zu beschreiben, is t der P50 -Wert. Der P50 ist der Sauer-
"' Im dritten Trimenon einer Schwangerschaft hat das fetale stoffpartialdruck. bei dem 50 % der verfügbaren Sa uerstoffbin-
Blut in der V. um bilicalis einen p0 2 von 20-30 mmHg . dungsstellen mit Sauerstoff beladen sind (sog. Halbsättigungs-
.,. Ist die Hämoglobinkonzentration im Blut eines anämischen druck). Dieser liegt normalerweise bei 3,6 kPa = 27 mmHg. Eine
Patienten reduzi ert, ist die 0 2-Sättigung des arteriellen Blutes Erhöhung des P50 bedeutet geringere Affinität und damit eine
fas t 100 %, der 0 2-Gehalt aber redu ziert. Auch bei Zum is chung Rechtsverschiebung der Kurve, eine Erniedri gung des P50 be-
von 0 2 zur Atemluft verändert sich der reduzie rte 0 2-Gehalt deute t höhere Affinität und damit eine Linksverschiebung d e r
nicht wesentlich. Kurve .

'; LERNTIPP !
Beeinflussung der Sauerstoffbindungskurve Oi e Saue rstoffbindungskurve ist ein wichtiges Prüfungsthema .
Eine Reihe von Faktoren beeinflussen die Affinität von Sauer- Ihren Ve rlau f mü sse n Sie aus d em Kopf ze ichnen könne n. ln prak-
stoff zu Hämoglobin. je nachdem. ob diese Faktoren die 0 2- tis ch jeder sc hriftlichen Prüfung kommen Frage n zur Rechts- und
Bindung fördern oder nicht, ver schiebt sich die Sauerstoffbin- Linksve rschie bung vor.
dungskurve nach links oder rechts.
Eine Rechtsverschiebung bedeutet, das s die Affinität des FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Hämoglobins für 0 2 und daher auch die 0 2-Sättigung bei unver- .,. Steigen in e in e m arbeitenden Skelettmuskel der pC0 2 und die
ändertem p0 2 abnehmen (Abb. 5.5). Bedingungen. die z u eine r H•-Konzentration und nimm t zudem der p0 2 ab, kann das
Rec htsve rsc hi ebung führen, sind : Häm oglo bin leic hter 0 2 abgeben (Oesoxygenierung ).
• pC0 2 i: [WI i (p H-Wert ! ): [2 .3-Bisphosphog lycerat (2.3- .,. Steigt der pC0 2 , werden 0 2-Bindungsvermögen und 0 2-Sätti-
BPG)I i Temperatur T gung des Hämoglobins geringer.
Außerde m e rl e ichtert ein abnehmender p0 2 die Desoxygenie- .,. Oie 0 2-Affinität des Häm og lobins steigt, we nn pC02 und
rung de s Hämog lobins im Gewebe. 2,3-BPG-Konzentration im Blut abnehmen.
5.3 Atemgastransport im Blut 85

Die Sauerstoffbindungskurve wird u. a. durch eine reduzierte FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
2,3-BPG-Konzentration im Erythrozyten nach links verscho- "' Bei einer Methämoglobinämie ist der arterielle p0 2 ist
ben. normal, die 0 2-Sättigung des vorhandenen Hämoglobins
"' Die Linksverschiebung der Sauerstoffbindungsk urve bedeu- jedoch stark reduziert. Das Blut ist braunrot
tet auch ei ne erschwerte 0 2-Abgabe im Gewebe. "' Methämoglobin bindet keinen Sauerstoff und wird daher bei
der Berechnung der 0 2-Bindungskapazität des Blutes nicht
mit einbezogen.
Inaktivierte Hämoglobine
Eine gestörte Anlagerung vo n 0 2 an Hämoglobin führt zu einer
Störung im Gastransport. 2 Formen sind klinisch wichtig:
5.3.3 C0 2-Transport im Blut
Anlagerung durch Kohlenmonoxid (CO). CO bindet Für C0 2 existiert kein spez ifi sches Transportmolekül wie für
sich auf die g leiche Weise wie 0 2 an die Sauerstoffbindungs- Sauerstoff. Es wird in 3 verschiedenen Formen im Blut trans-
sre llen des Hämoglobins. CO hat allerdings eine 300-ma l hö- portiert (Abb. 5.6 ):
here Affinität zu Hämoglobin als Sauerstoff. die CO-besetzten • 10 % des C0 2 werden in physikalischer Lösung transportiert.
Bindungsstellen fallen also für den 0 2 -Transport aus. Aufgrund • 10% werden an Aminogruppen des Hämoglobins gebunden
dieser hohen Affinität reicht schon eine sehr geringe Konzent- (Carbamino-Hämoglobin). Bei der Bindung an das Hämoglo -
ration von CO in der Atemluft aus. um Verg iftungse rscheinun - bin wird ein Proton freigesetzt, das aber vom Hb-Molekül
gen hervorzurufen. Der physiologische HbCO-Anteil von 1 % abgepuffe rt werden kann.
kann bei Rauchern auf bis zu 10 % ansteigen. Kritisch wird ein • 80 % werden als Bicarbonat (Hydrogenca rbonat; HC0 3- )
HbCO -A nteil von mehr als 50 %. Blut mit einem hohen HbCO- transportiert.
Anteil kann man an der kirschroten Farbe erkennen. Therapie
der Wahl bei ei ner CO-Vergiftung ist eine Beatmung mit reinem
Sauerstoff um durch den erhöhten p0 2 CO aus der Bindung zu Abatmung
verdrä ngen. Der arterielle p0 2 ist bei einer CO-Vergiftung nor-
mal, die 0 2-Bindungskurve des nicht durch CO blockierten Hä-
moglobins ist ern iedrigt und nach links verschoben (Aus lö sung
eines kooperativen Effekts auch durch CO). wodurch die Sauer-
stoffabgabe im Gewebe zusätzlich erschwert wird .

.. Gestörte Anlagerung durch oxidiertes Eisen im Hämoglobin. Blut


Wie oben erwähnt wird das 2-wertige Eisen im Häm bei der
Sauerstoffaufnahme nicht oxidiert. Bestimmte Gi fte (Oxidat i-
onsmittel wie Nitr ite. bestimmte Medikamente) führen zu ei-
ner Oxidation zum 3-wertigen Eisen. Oxidiertes Hämoglobin
nennt man Hämiglobin oder Methämoglobin (Met Hb). Dieses
kann keinen Sauerstoff mehr transportieren. Bei einer Methä-
moglobinämie ist der arterielle p0 2 normal, die 0 2 -Sättigung
des vorhandenen Hämoglobins jedoch stark reduziert. Das Blut
ist braunrot Physiologisch ist ei n MetHb-Anteil von 1-2%. Im -5% des C0 2
werden frei
Erythrozyten kann eine NADH-abhängige MetHb-Reduktase transportiert
MetHb zu normalem Hämoglobin reduzieren. Dieses Enzym ist
-5% des C0 2
bei Säuglingen noch nicht ausgereift. so da ss ei ne Belastung mit
als Carbamino-Hb
Nitrit (z. B. nitrathaltiges Trinkwasser. in dem Bakterien Nitrit
bilden) zu Vergiftungserscheinungen führen kann.

dLERNTIPP !
Möglicherweise müssen Sie in der Prüfung anhand von Informa-
tionen zum arteriellen p0 2, zur 0 2-Sättigun g des Hämoglobins
und zur Farbe des Bl utes e in e Diagnose stell en:
Bei einer CO-Vergiftung und der Methämoglobinämie

\
ist der arterielle p0 2 normal. die 0 2 -Sättigung des Blutes ist
jedoch verringert; bei einer CO-Verg iftun g ist da s Blut jedoch

\
he llrot. bei einer Methämoglobinämie ist es braun.
"' Bei unterschiedlichen Anämien und bei Ventilationsstörun-
gen sind der arterielle p0 2 und der 0 2-Geha lt des Blutes verri n-
gert (da Hämoglobinmangel herrscht), die 0 2-Sättigung des
vorhandenen Hämoglobins ist je doch normal.

Oz --- - - -----

Abb. 5.6 C0 2-Tra nsport im Blut.


86 5 Atmung

Die Umsetzung von C0 2 zu Bicarbonat verläuft nach fo lgender Erythrozyt


Reaktionsgleichung:
C0 2 + H2 0 .= H2 C0 3 .= HC0 3- + W

-LERNTIPP !
In der Biochemie wird Bicarbonat mit Hydrogencarbon at
beze ichnet. Eigentlich ist dies die korrekte Bezeichnung ist. Da
das IM PP in der Physiologie aber den Ausdruck .. Bicarbonat" (v. a.
bei Laborwerten) etabliert hat, bleiben wir hier bei "Bicarbonat".

Da nach dem Henry-Dalton -Gesetz die Konzentration eines


physikalisch gelösten Gases proportional zu dessen Partial-
druck im Gas über der Flüssigkeit ist, führt eine Zunahme des
C02-Partialdrucks (z. B. als Folge einer Hypoventilation) zu ei-
ner Zunahme der Bicarbonat- und der W-I<onzentration (pH-
Wert L). Außerdem nimmt das Erythrozytenvolumen leicht
zu. da die Konzentration an osmotisch wirksamen Teilchen im
Erythrozyten ansteigt und Wa sser passiv in den Erythrozyten
nachst römt.
Die Hydratation zu Kohlensäure (H2 C0 3 ) verläuft spontan
sehr langsam, in den Erythrozyten wird die Reaktion durch Abb. 5.7 C0 2 -Bindungskurve im Blut.
Carboanhydrase besc hleuni gt. Die Kohlensäure dissoziiert
nach Entstehung spontan zu Bicarbonat und einem Proton. Der
größere Teil des Bicarbonats verlässt den Erythrozyten kon - Mit steigendem C0 2 -Partialdruck nimmt die Menge des ge-
zentration sabhängig wieder in Richtung Plasma. Um die Elek- bundenen C0 2 immer weiter zu, da die Bildung von Bicarbonat
troneutralität des Erythrozyten zu wahren, werden die HC0 3- praktisch unbeschränkt weitergehen kann, nur limitiert durch
-Ionen durch einen Cl--HC03 --Antiporter im Austa usch gegen die Auswirkungen aufOsmolarität und Säure- Basen- Hau shalt.
Cl --Ionen durch die Zellmembran transponiert (sog. Hambur- Die wirklich effektive C0 2-Bindungsk urve ist allerdings nur
ger-Shift). die Strecke zwischen den Punkten a und v in Abb. 5.7. a und v
In der Lunge laufen diese Schritte in umgekehrter Reihen- bezeichnen die physiologischen Werte für den pC0 2 im arteri-
folge ab und ermöglichen so die Abatmung des C0 2 • Bicarbonat ellen und venös e n Blut sowie die dabei normalen C0 2- Konzen-
spielt auch im Säure-Basen-Haushalt eine wichtige Rolle (s. S. trationen.
87).
Insgesa mt ist im Blut mehr C0 2 als 0 2 gelöst. Die Konzent- Haldane-Effekt. 0 2- und C0 2-Transport beeinflussen sich ge-
ration aller Transportformen zusammen beträgt im arteriellen ge nseitig quantitativ, da die Puffereigenschaften des Hämo-
Blut SOOml C0 2 /l Blut, die Bicarbonatkonzentration im Serum globins von seiner Oxygenierung abhängen . Durch die Oxyge-
liegt normalerweise um 24mmol/l. Die chemisch gebundene nierung des Hb in der Lunge kann das Hb schlechter W-lonen
Menge 0 2 im arteriellen Blut beträgt dagege n etwa 200 ml 0 2/1 abpuffern. diese reag ieren mit Bicarbonat zu C0 2 . Außerdem
Blut und nur 1% des gesamten 0 2 sind physikalisch ge lö st. Im ist die Bildung von Carbamino-Hb mit oxygeniertem Hb er-
arteriellen Blut ist daher insgesamt mehr als doppelt so viel schwert. Die Oxygenierung des Hb in der Lunge fördert also die
C0 2 enthalten wie 0 2 . C0 2-Abgabe. Die Desoxygenierung des Hb im Gewebe erleich-
tert die Bildung von Carbamino-Hb. Außerdem kann desoxyge-
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X niertes Hb besser H'-lonen abpuffern, die bei der Bicarbonatbil-
Die Zunahme des C02 -Partialdrucks im Blut (z. B. infolg e ei ner dung e ntste he n. Die Desoxygenierung im Gewebe fördert also
Hypoventilation) füh rt zu einer Zu nahme de r Bicarbonatkon- die C0 2-Aufnahme. Diese Verschiebung der C0 2-Bindungskurve
zentration und zu einer Abnahme des pH -Wertes. wird als Haldane-Effekt bezeichnet. Er erleichtert sowohl die
der C0 2-Partialdruck im Blut, nimmt das Erythrozyten- C0 2-Aufnahme im Gewebe als auch die C02-A bgabe in der Lun-
volumen leicht zu. ge.
Die HC0 3 - -Ionen werden m ithilfe ein es cJ--HC03 --Antiporters
im Austausch gegen Cl--Ionen durch die Zellmembran trans-
portiert. 5.4 Säure-Basen-Gleichgewicht
Im arteriellen Blut ist ing esa mt me hr als doppelt so viel C0 2
enthalte n wie 0 2 . Für eine Viel za hl an Stoffwechselvorgängen im Körper ist e in
konstanter Blut-pH-Wert notwendig.
An de r lan gfri stige n Aufrechterhaltung di eses pH-Wertes
C0 2-Bindungskurve sind hauptsäc hlich 2 Systeme beteiligt:
Da für C0 2 e in Transportprotein wie Hämoglobin fehlt, st rebt • respiratorisches System: beeinflusst den Sä ure-Base n-Ha us-
dessen Bindungskurve kein em Plateau z u. Da her kann auch der halt über d e n pC0 2,
C0 -Partia ldru ck in der Kurve nicht gege n di e Sättigung, son- • nicht-respiratorisches(= metabolisches) System: reg uli ert
2
dern muss gegen die C0 2- I<onze ntrati on aufgetragen werden die Konzentration sog. Pufferbasen.
(Abb. 5.7).
5.4 Säure-Basen-Gleichgewicht 87

Das wichtigste Organ des metabolischen Systems ist die anderen handelt es sich bei diesem System um ein offenes Sys-
Niere. die die H'-lonen- und Bi carbonatau sscheidung über den tem. Überschü ssiges C0 2 kann über di e Lunge abgeatmet, der
Harn regulieren kann, am metabolischen System sind aber auch HC0 3 - -Gehalt des Blutes durch die Ni e re reguliert werden. Auf
noch andere Organe beteiligt, die Protonen produzieren oder die ser Basis funktionieren die Komp ensation smechanismen bei
den Pufferbasenstoffwechsel beeinfluss en (z. B. Muskulatur. Le- Störungen im Säure-Basen-Haushalt.
ber).
An der kurzfristigen Regulation des pH-Wertes sind v.a. die Proteinatpuffersystem. Dieses System besteht aus ionisierba-
sog. Puffersysteme im Blut beteiligt. ren Se ite nketten von Aminosäuren in Proteinen, die ebenfa ll s
Es gibt wichtige Messparameter für den Säure-Basen-Haus- Puffereigenschaften haben können. Das Hämoglobin in den
halt des Körpers. anhand derer man Rückschlüs se über Ursache Erythrozyten und Albumin im Plasma spiele n aufgrund ihrer
und mögliche Kompensation einer Störung ziehen kann . hohen Konzentration im Blut di e größte Rolle. Desoxygeniertes
Hämoglobin kann Protonen besser abpuffern al s oxygeni ertes
(s. C0 2 -Transport S. 85). Der Proteinatpuffe r hat de n zw e itgrö ß -
5.4.1 Blut-pH-Wert und seine Pufferung
ten Anteil an der Gesamtpufferkapazität des Blutes.
Unter normalen Bedingungen liegt der pH-Wert im arteriellen
Blut bei 7,4 ( Normalbereich 7,37-7,43). Phosphatpuffersystem. Das Phosphatpuffersystem besteht
Das respiratorische System (die Lunge) und das metaboli- aus einem Säure-Base-Paar mit primärem und sekundäre m
sche System (vorwiegend die Niere) reg ulieren den Blut-pH- Phosphat :
Wert. Ihre Regulationsmechanismen benötigen allerdings eini -
W + HPO/ - "" H2P0 4-
ge Zeit. um Wirkung zu zeigen . Kurzfristige oder geringe pH -
Schwankungen werden deshalb durch Substanzen mit Puffer- Trotz des recht gün stigen pi<-Wertes (6,8) hat de r Phosphat-
eigenschaften abgefangen. Hierbe i handelt es sich chemisch puffer nur einen gerin gen Anteil an der Gesamtpufferkapa zität
gesehen um korrespondierende Säure-Base-Paare . di e j e nach de s Blutes. Grund ist die niedrige Kon ze ntration der beteili gte n
pH-Wert geringe Mengen von Protonen aufnehmen oder abge - Phosphate im Plasma.
ben können. ohne das s sich ihr pH -Wert ändert. Diese Pufferei- Insgesamt addieren sich die Pufferbasen im Blut auf
genschaften werden in der Henderson-Hasselbalch-Gleichung 48mmol / l. Hierbei halten sich HC0 3 - und Proteinare in etwa die
beschrieben: Waage.

pH = pKs + lg pH-Regulation durch die Lunge


C0 2 • das durch Pufferung anfä llt, wird genau wie da s C0 2 au s
(A- j =Konzentration de r Pufferbase dem Energ iestoffwe chse l über die Lungen abgeatmet. Etwa 15
(HAI = Konzentration Puffersäure mal C0 2 werden so pro Tag ausgeschieden. Steigt die C02 -Kon-
K = Dissoziationskonstante zentration (und damit auch der pC0 2 ) im Blu t a n. so wirkt die s
als Reiz auf das Atemzentrum in der Medulla oblon gata (s. S. 59).
Je höher K, desto stärker ist die Säu re . Die Pufferkapazität e in es Daraufhin wird die Atmung verstä rkt und vermehrt C0 2 a bge-
korre spondierenden Säure-Base-Paares ist dann am g rößten. atmet. Ein fallender pH -Wert hat denselben Effekt.
wenn der pH-Wert ungefähr dem pKs-Wert entspricht. Drei Die verstärkte C0 2-Eiimination verschiebt das Reaktion s-
solcher Paare sind im Blut von Bedeutung. gleichgewicht der Pufferg leichung na ch rechts. sodass mehr
Protonen neu abgepuffert werd e n können. Um gekehrt wird
Puffersysteme im Blut durch eine Hypoventilation weniger C0 2 abgeatmet. Durch
Bicarbonatpuffersystem . Dieses System ist das wichtigste de n anstei genden pC0 2 ve rschiebt sich das Gl eich ge wicht nach
Puffersystem im Blut. Es wird durch folgende Reaktion sglei- links und der pH-Wert wird durch di e Freisetzung von Protonen
chung beschrieben: abgesenkt.

W + HC0 3- "" H2 C0 3 "" HzD + C0 2 pH-Regulation durch die Niere


Im Gegensatz zum Kohlendioxidtrans port (Ca rboanhydrase) Die Niere kann über vielfä ltige Trans portprozess e in den Nie-
läuft die Reaktion H2C0 3 "" H20 + C0 2 im Blut spontan, dafür re ntubuli sowohl die Protonenau ss cheidung als au ch die Bi-
abe r au ch langsa mer ab. Der pK,-We rt de s Puffe rsystem s liegt carbonatrü ckresorptio n reg ulieren . Im No rmalfall werd e n pro
bei 6.1. Di e He nd e rson-H asse lbalch- Giei chung für dieses Puf- Tag etwa SOmmol W-lon e n mit de m Urin ausgesc hieden. Der
fersystem lautet: Großte il davon sind titrie rbare Säure oder Ammoniumionen
(NH/). De r geringe Anteil freie r Protonen so rgt dafür. dass der
Urinm e ist le icht sauer ist (pH -We rt ca . 5.8).Je nach Be da rfkann
de r Urin ab e r auch bas isch e pH -We rte a nn e hmen.
Da H2 C0 3 zerfä llt. es abe r ste ts aus C0 2 nachgebild et w e rde n
kann. ist di e re leva nte Kon ze ntrati on de r Puffe rsä ure ni cht 5.4.2 Parameter zur Überprüfung
[H 2C0 3 j. so nd ern (C0 2 j. De r pK,-Wert ist mit 6.1 de utli ch vo n des Säure-Basen-Haushalts
de m phys iolog isc hen Blut-pH-Wert von 7.4 e ntfe rn t. Das Bicar-
bon atsyst e m im Plas ma pulle rt al so be i ein e m pH -We rt. de r Störungen im Säure-B asen- Hausha lt können vi e le Ursa che n
s ich klar von de m untersc he id e t. be i de m di e hö chste Puffe r- habe n. De r pH -We rt alle in e g ibt kein e n Hinweis auf Ursac he
kapa zität e rre icht würd e. Dass HC0 3 - trotzd e m die wichti gs te und Au sm aß d e r Störung. Anh a nd spez ifi sc he r Mess pa ra m ete r
Puffe rba se ist . li eg t a n 2 Dinge n: Zum ein e n ist di e Bica rbon a t- sind je doc h Au ssagen da rübe r möglich, we lches Syste m (res pi -
kon ze ntra tion mit normale t·w e ise 24mmoljl recht hoc h. zum ra to ri sc h oder me tab oli sc h) ges tö rt ist. All e im Fol ge nd e n be -
88 5 Atmung

Tab. 5.3 Übersicht über die Normalwerte der Parameter des Säure- Standardbicarbonatkonzentration. Die Sta ndardbi carbonat-
Basen-Haushalts konzentration (.. Standardbicarbonat") erlaubt ebenfall s eine
Messgröße Mittelwerte Aussage über das metabolische System und wird auch unter
(Normalbereich) den oben erwähnten Standardbeding ungen gemessen. Mittel-
wert: 24mmolfl (Tab. 5.3).
Plasma-p H-Wert 7,4 (7,37-7,43)
-------
arterieller pC0 2 5,3 kPa; 40mmHg Bicarbonatkonzentration. Misst man die HC0 3 -
Gesamtpufferbasenkonzentration 48 (42-56) mmolfl -Konzentration n icht unter Standardbedingungen so nde rn
unter de n im Blut vorgefundenen Bed ing unge n, so erhält man
Basenüberschuss (BE) 0 (-2,5 bis +2, 5) mmol/1
die aktuelle Bicarbonatkonzentration (.. aktue lles Bicarbonat").
Standardbicarbonatkonzentration 24 (21-28) mmol/1 Dieser Wert hat einen eingesc h ränk te n Aussagewert, da sowo hl
aktuelle Bica rbonatkon zentration 24 (21-28) mmol/1 respiratorische als auch metabolische Einflüsse a u f ihn e inwir-
ken. Eine Veränderung kann man daher nicht eindeutig e ine m
System zuordnen. Mittelwert: 24mmol/l (Tab. 5.3).
sproche nen Para meter werden idealerwe ise im a rteriell en Blut
gemessen. Alternativ kann man arterialisiertes Kapillarblut LERNTIPP !
verwenden. Venöses Blut ist untauglich . Bei Fragen zu den Störungen des Säure-Base n-Haushalts mu ss
man bez. der Bicarbonatkonzentrationen aufpassen ! Mit steigen·
C02 -Partialdruck. Sein Normbereich liegt bei dem C0 2-Gehalt steigt die aktuelle Bicarbonatkonzentration an,
5,3 kPa (40 mmHg) (Tab. 5.3). Er ist der w ichtigste Parameter da zwischen gelöstem C0 2 , H2 C0 3 und HC0 3 - e in Gl e ichgewicht
des respiratorischen Systems. besteht. Die Standardbicarbonatkonzentration dag egen bleibt
gleich, da sie defi niert ist als die Bicarbonatkonzentration unter
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X Normalbeding ungen (normaler pC0 2). Um sie bestimmen zu
Schauen Sie sich die Werte in Tab. 5.3 gut an. in der Prü fung können, wird erst ein normaler pC0 2 in der Blu t probe e ingestellt.
müssen Sie anha nd dieserWerte Diagnose n stellen bzw. beur-
te il en können, ob das res piratorische oder das metabolisch e
System gestört ist (vgl. dazu Tab. 5.4).
5.4.3 Störungen des Säure-Basen-Haushalts
Gesamtpufferbasenkonzentration. Die Pufferkapazitäten
der drei oben erwäh nte n Puffersysteme addieren sich in ihrer
Der Säure-Basen-Haush alt ist ei n seh r ze ntrales Prüfungsthema.
Wi rku ng. Dahe r ist es sinnvoll, die Gesam tpufferbasen ko nzen -
Es werden fast immer Fragen dazu gestellt. Die Fragestellung ist
tration (i m Wesentlichen HC0 3- und Proteinate) als Parameter
oft ziemlich komplex. Sie müssen mehrere Informat io nen zusam-
zu nu tzen . Bei Zunahme des pC0 2 erhöht sic h al so die Gesamt-
menführen und kombiniere n, damit Sie di e ri chtig e Antwort
pufferbasenkon zentration ni cht wesentlich. Zwar nimmt di e
finden . Tei lweise zielen Fragen zum Sä ure-Base n-Haushalt auf die
Bicarbonatkonzentration zu. doch in gle ichem Maße nimmt
tatsächlichen Werte der Blu tparameter, die darau s resultieren-
die Konzentration der Proteinare (Nichtbicarbonatpufferbasen)
den Störungen und die Art der Kompensation ab.
ab, da s ie entstehend en Protonen abpuffern. Die Summ e aus
Achten Sie darauf, ob aus der Fragestell ung hervorge ht, ob es
Bicarbonat und Proteinat (und damit die der Gesamtpu ffe rba-
sich um ei ne akute Stö rung handelt oder ob bereits eine Kom·
sen) bleibt dabei gleich. Die Gesa mtpufferbasen erlaub en ei ne
pensation (z. B. nach drei Tagen) eingesetzt hat.
Aussage über das metabolische System . Mittelwert: 48 mmolfl
(Tab. 5.3).
Definitionen
Basenüberschuss. Eine Abwandlung des Parameters der Ge - Als Azidose beze ichnet man einen Abfall des pH-Wertes im
samtpufferbasenkonze nt ration ist der Base nüberschu ss (base Plasma unter 7,37, als Alkalose einen An stieg über 7,43. Je nach
excess, BE, auch Basenabweichung ge nannt). Letztl ich be ze ic h- der zugrund e liege nden Störu ng spricht man von metaboli-
net der BE eine Zu- oder Abna hm e der Gesamtpufferbasenkon - sc he n (nicht-res piratori sc hen) oder respiratorisch en Az idose n
zentration. Messtechnisch gesehen ist der BE-Wert die Menge bzw. Alkalosen.
an Säure oder Basen, die man ei ner Blutprobe zusetzen muss. Ist ein es der beiden Systeme (resp irato risches bzw. meta-
um unter Standard bed in gungen (pC0 2 = 40mmHg, T = 37 oC) boli sc hes System) ges tört, so versuch t das jeweil s andere. die
wieder einen pH-Wert von 7,4 zu erreichen. Als positiven BEbe- Stör ung zu kompensieren. Zie l d e r Kompensation ist. den phy-
zeic hn et man es, wenn man Säuren hinzugeben, als negat iven siolog ischen pH -Wert von 7.4 wiederherzu ste ll e n. Allerdings
BE, wenn man Basen hi nzugeben muss. Ein BE von + 3 mmol /1 benöti ge n die Ko mpensat ionsmec ha ni sm en ein e gewis se An-
würd e bedeuten , da ss in der Blutprobe um diesen Betrag me hr la ufze it. Anhand der oben beschriebene n Parameter kann ma n
Pufferbasen vorhanden sind als zur Abpufferung de r vorhande- e rkenne n, ob es sich um eine akute. e in e tei lkompens ie rte oder
nen Protonen nötig wären. Der BE ist ein Parameter nur für das eine bereits kompe nsie rte Störung ha nd elt:
metabolische System, da respiratorisc he Einfl üsse durch di e • akute Störungen: nur die Parameter für e ines der Systeme
Messu ng bei Standa rdb edingungen ausgesc haltet werden : Die sind ve rä nd ert.
Blutprobe wird vor der Messung künstlich a uf e in en pC02 vo n • teilkompensierte Störungen : Para mete r be ider Syste me
40 mmH g ge bracht. Normalbereich für den BE: zwischen - 2,5 sin d verändert und der pH -We rt w e icht vo n 7.4 ab.
und +2,5 mmolfl (Tab. 5.3). • voll kompensierte Störungen : Parameter beid e r sind Syste-
me verändert und der pH -Wert li eg t wieder bei 7,4.
5.4 Säure-Basen-Gleichgewicht 89

Tab. 5.4 Befundkonstellationen bei Störungen des Säure-Basen- und folglich die von HC0 3 - (aktuelle Bicarbonatkonzentration)
Haushalts (n: normal, T: erhöht, L: erniedrigt) (nach Lorenz) nehmen zu und der pH-Wert des Blutes nimmt ab. Die meta-
Störung pH pC0 2 Basen· bolischen Parameter BE, Standardbicarbonatkonzentration und
über- Gesamtpufferbasenkonzentration sind in der akuten Situation
schussJ unverändert. Urs ache ist eine a lveoläre Hypoventilation, z.B.
HC03 - verusaehr durch obstruktive oder restr iktive Ventilationsstö-
rungen oder auch Störungen des Atemzentrums.
Mittelwerte 7.4 40mmHg Ommol/1
(Teii)Kompensation: Die metabolische Kompensation be-
akute respiratorische Azidose L n ginnt mit Verzögerung. Über die Nieren wird verstärkt H• und
respiratorische Azidose mit n/L NH 4 • ausgeschieden (die Standardbicarbonatkonzentration
metabolischer (Teii)Kompensa- nimmt zu). Die Konzentration an Gesamtpuffe rbasen steigt an
tion und führt zu einem positiven BE-Wert über 2,5 mmol/1. An der
akute respiratorische Alkalose n Pufferung beteiligt sind Hämoglobin, Phosphat, Albumin und
respi ratori sche Alkalose mit n/T Globulin .
metabolisch er (Teii)Kompensa-
tion B.LERNTIPP !
Die Lehrmeinung zur Beteiligung von Bicarbonat an der Puffe-
akute metabolische Azidose n
rung ein e r respiratorischen Azidose ist untersch ied li ch. Teilweise
metabolische Azidose mit respi· nfL ist explizit von Nichtbicarbonatpufferbasen die Rede. die an der
rata rischer (Teil) Kompensation
Pufferung beteiligt si nd, teilwei se sieht man durchaus Bicarbonat
akute metabolische Alkalose n als Teil des Puffersystems, das für eine metabolische Kompensa-
metabolische Alkalose mit respi- n?/ t tion von Bedeutung ist. Für das IM PP leistet Bicarbo nat jedenfalls
ratarischer (Teil) Kompensation keinen oder nur einen sehr geringen Beitrag.
kombinierte respiratorische
und metabolische Azidose Alkalose. Eine re sp iratorische Alkalose ent-
ste ht, wenn mehr C0 2 abgeatmet wird als im Stoffwechsel ge -
bildet wird. Alveolärer und arterieller pC0 2 nehmen ab (Hypo -
I LERNTIPP ! kap nie) und in der Folge auch die Konzentration an ge löstem
Sie können sich in den Prüfungsfragen die Zuord nung ein wenig C0 2 und HC0 3- (aktuelle Bicarbonatkonzentration). Der pH-
erleichtern, indem Sie versuchen, unsinnige Kombinationen an Wert steigt. Die metabolischen Parameter BE. Standardbicarbo-
Parameterwerten auszuschließen. So führen sowo hl ei n redu- natkonzentration und Gesamtpufferbasenkonzentration sind
zier ter Standardbicarbonatgehalt wie auch ein erhöhter pC0 2 zu in der akuten Situation unverändert. Die alveoläre Hyperventi -
einer Säuerung des Blutes. Die Kombination mit ein em normalen lation ist oft psychogen bedingt (Aufregung, Stress). kann ihre
pH-Wert ist nicht möglich. Ursache aber auch in Ventilationssteigerung durch 0 2 - Mangel
in großer Höh e oder in einer direkten oder reflektorischen Rei -
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN zu ng der Atemzentren. z. B. durch I<atecholamine oder Proges-
teron , habe n.
Ist der pH-Wert L. der pC0 2 t und der BE normal, handelt es
(Teii)Kompensation: Die metabolische Kompensation be-
sich um e in e akute respiratorische Azidose.
ginnt auch bei der respiratorischen Alkalose mit Verzögerung.
Ist der pH-Wert leicht L, der pC02 T und der BE T, hand e lt
Über die Nieren wird verstärkt HC0 3- ausgeschieden (d ie Stan-
es sich um ein e respiratorische Azidose mit metabolischer
dardbicarbonatkonzentration nimmt ab). Die Konzentration an
Teilkompensation.
Gesamtpufferbasen nimmt ab und führt zu einem negat iven
Ist der pH-Wert T, der pC0 2 t und der BE T, ha nde lt es sich
BE-Wert unter 2,5 mmol/1.
um e in e metabolische Alkalose mit respiratorischer Teil-
kompensation .
Ist der pH-Wert L. der pC0 2 t und der BE L, handelt es sich Hypoventilation --+ pC0 2 T --+ pH-Wert t
um eine kombinierte respiratorische und metabolische Hyperventi lation --+ pC0 2 L --+ pH-Wert T
Azidose.
Ist der pH-Wert T. der pC0 2 L und der BE normal , hande lt es
Azidose. Eine metabolische Azidose l<a nn durch
sich um e in e akute respiratorische Alkalose.
ei ne Ansammlung von Säuren oder eine n Verlust von Basen
Ist der pH-Wert T. der pC0 2 L und der BE ! . ha nd e lt es sich
entstehen. Beides führt zu ein em Anstieg des Blut-pH-Wertes.
um eine respiratorische Alkalose mit metabolischer Teil-
BE . Standardbicarbonat- und Gesamtpufferbasenkonzentration
kompensation .
sind erni edrigt. Mögliche Ursachen sind eine l<etoazidose bei
Bei e in er re in respiratorischen Azidose li egt di e Basenabwei-
sc hl echt eingeste lltem Diabetes mellitus. anaerobe Glykoly se
chung im Refe renzberei ch.
bei starker Muskelarbeit (Lactataz idose) oder eine Niereninsuf-
fizienz, die zu einer zu niedrigen Protonenausscheidung über
den Urin führt.
Einzelne Störungen und ihre Kompensation (Tab. 5.4) (Teil)Kompensation: Der ern iedr igte arterielle pH -Wert ist
Azidose. Eine re spiratorische Azidose ent- ein Atemantrieb und führt zu ein er Hyperventilation. Es wird
ste ht, wenn weniger C0 2 abgeat met wird, a ls im Stoffwec h- mehr C0 2 abgeatmet, a ls im Stoffwec hsel gebi ld et wird . Der ar-
se l entsteht. Der pC0 2 in den Alveo len und im arter iell en Blut terielle pC0 2 nimmt ab (was wiederum a ls Atembremse wirkt)
steigt (Hyperkap ni e). d ie I<on ze nrrationen a n gelöstem C0 2 und pH-Wert ste igt wieder.
90 5 Atmung

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X


80
.,. Bei ein e r Hypoventilation und der res ultierend en respiratori-
schen Azidose ist die aktuelle Bicarbonatkonzentration im
60 arterie ll en Blutplasma erhöht.
aktuelle (HCO]) erhöht .,. Ist der pH-Wert leicht ! , der T und der BE normal ,
01
I hand elt es sich um eine akute respiratorische Azidose. Ein
E
E 40 Anst ieg des BE-Wertes über 2,5 mmol/1 ist e in Hinweis auf
0
u eine metabolische (Teii)Kompensation der respiratorischen
"'- Azidose.
20 aktuell e (HC03) .,. An der Pufferung ei ner respiratori schen Azid ose sind Hämo-
ern iedrigt
globin , Phosphat, Albumin und Globulin beteiligt.
aktu ell e (HCO) ) -24mmolfl
.,. Ist der pH-Wert T, der ! und der BE normal , h;:mdelt
0+-----,----+----,-----,----.------ es sich um eine akute respiratorische Alkalose. Um diese zu
7,0 7,2 7,4 7,6 7,8 8,0 pH kompensieren werden verstärkt Bicarbonationen ausg eschie-
Abb. 5.8 Abhängigkeit des C0 2-Partialdrucks im oxygenierten Blut den, um den pH-Wert zu senke n.
vom pH-Wert und Veränderungen bei respiratorischen Störungen .,. Bei einer kombinierten respiratorischen und metabolischen
des Säure-Base-Gleichgewichts. (Erläuterung en siehe Text.).
Azidose nimmt der Plasma-pH-Wert bei e rhöhte m pC0 2 ab
(respiratorisc he Azid ose). Gl eichzeitig ist di e Bicarbonatkon-
zentration durch ein en Mong el on Pufferkapazität im Blut
.,. Metabolische Alkalose. Eine metabolische Alkalose kann
(BE-Wert negativ) geringer als normal .
durch ein verstärktes Auftreten von Basen und durch Verlu st
von Säuren entstehen. So können z. B. Protonen über das Er-
brechen sauren Magensa fte s verloren gehen . Im Blut steigt di e
Konzentration von HC0 3 • • das aus dem Darm resorbiert wird.
5.5 Regulation der Atmung unter
BE, Standardbicarbonat- und Gesamtpufferbasenkonzentration
sind e rhöht . normalen und besonderen
(Teii)Kompensation: Die metabolische Alkalose ist respi ra- Bedingungen
tori sc h nicht zu kompensieren, da sich die Atmung nicht ein-
schränken lässt. Die respiratorische Kompensation smöglichkeit Die Funktion der Atem regu lati on besteht darin, die an der At-
durch Hypoventilation (pC0 2 l) ist durch den Sauerstoffbedarf mung beteiligten Prozesse einerseits so zu koordinieren, dass
des Körpers beg renzt. die Atemarbeit für den Körper so ökonomisch wie möglich ver-
läuft, zum anderen geht es darum, die Atmungs vorgä nge den
.,. Kombinierte respiratorische und metabolische Azidose. sich evtl. ä ndernden Bedingungen (z. B. veränd erte Zusamme n-
Trägt man für einen ges und en Menschen mit normaler Puffer- setzung der Luft) anzupassen .
basenkonzentration (BE-Wert null) den pC0 2 gegen den pH - Fol ge nde Begr iffe besc h re iben unterschiedliche Atemtätig-
Wert auf, dann erg ibt sich für e in e gegebene Standardbicar- keiten :
bonatkon zentration von 24mmolfl e ine abfa ll e nde Gerade: je • Eupnoe: normale Ruheatmun g
geringer der pC0 2, um so höher ist der pH-Wert (Abb. 5.8). • Dyspnoe: s ubjektives Gefü hl der Atemnot (z. B. bei Herzin -
Bei einem pC0 2 von 40 mmHg stellt sich ein pH-Wert von 7,4 suffizienz, Lungenerkrankunge n)
ei n (Abb. 5.8; gestrichelte Linien). Rechts von der Geraden ist • Orthopnoe: stä rk ste Atemnot (der Patient sitzt zum effekti-
die Bicarbonatkonzentration höher a ls 24mmol/l. links davon ven Einsatz der Atemhilfsmusk ula tur aufrech t)
erni edrigt. Pfeil 1 zeigt die Abnahme des pH -Wertes (Az id ose) • Tachypnoe: besc hleuni gte Atemfrequ e nz
bei einem An sti eg des pC0 2 . Da d er pC0 2 erh öht ist, wird we- • Bradypnoe: ve rlangsa mte Atem frequen z
niger C0 2 über die Lunge abgege ben (re spiratori sche Störung). • Hyperpnoe: erhöhtes Ate mzugvolumen
In sgesamt li egt also eine respiratorische Azidose vor. Pfeil 2 • Hypopnoe: vermind ertes Atemzugvolumen
ze igt di e Veränderungen des pH-Wertes bei einem Abfall des • Apnoe: Atemsti llstand
pC0 2 . Der pH -Wert nimmt zu, es hande lt sich um eine re spira- • Asphyxie: Atemstill stand oder ver mind e rte Atmun g mit Hy-
torisch e Alka lose. poxie, Hyperkapnie und respiratorischer Az idose, verursacht
Bei e in er respiratorischen Azi dose mit meta bolischer (Teil) durch ze ntra le Schädigungen
Kompensation erhöht sich die Bica rbonatkon ze ntrati on und d er • Hyperventilation: geste igerte a lveolä re Venti la ti on, definiti-
Messpunkt läge rechts de r Geraden ( Punk t 1). Punkte, die sich onsge m äß immer zusammen mit einer Hypok a pnie (ernied-
links der Geraden befind e n (P unkt 2), zeigen, dass Pufferka paz i- rigter pC0 2 , s. S. 79)
tät fehlt (der BE-Wert ist negat iv), denn die Bicarbonatkonzen- • Hypoventilation: vermind e rte alveo läre Venti lation, defi niti -
tration is t ge ringer a ls normal. Das we ist auf e in e zusätz liche on sgemäß imm e r z usa mme n mit ei ne r Hyp e rkapnie (erhö h-
metabo li sc he Störung hin. Offenbar beste ht h ier neben der res- te r pC0 1 , s.S. 79)
piratorischen Azidose auch eine metabolische Azidose.
5.5.1 Atmungsregulation
Sc hau en Sie sich Abb. 5.8 genau an und versuchen Sie die Mess- Atemzentrum
werte nachzuvollziehe n. Die Atmung wird durch d as Atemzentrum in de r Medulla ob-
longata geste uert. Es wird durch meh re re Atemreize direkt
(z. B. Chemore ze ptore n) oder indirekt (z. B. üb er mod uli ere nde
5.5 Regulation der Atmung unter normalen und besonderen Bedingungen 91

Afferenzen des zentralen Nervensystems) beeinflusst und passt APROPOS


Bei langfristigen Erh öhungen des arteri ellen pC0 2 , wie sie z. B. bei der chro-
so die Atmung den unterschiedlichen Gegebenheiten an.
nisch-obstruktiven Bronchitis ("Rauch erbronchitis") auftre t en, adoptieren
Die Generierung des Atemrhythmus erfolgt in der sog. ven- die Ch emoreze ptoren na ch eini ger Zei t.
tralen respiratorischen Gruppe, nahe des Nucleus ambiguus. Fü r Patienten mi t chr onisch-obstru kti ve r Bronchitis ist de r ebenfa lls oft
Dort gibt es - räumlich getrennt, aber verschaltet - separate chronisch-erni edrig te p0 2 der ein zige Atemreiz. Eine Erhöhung der inspi-
Neuronengruppen für die Ein- und Ausatmung. Der Atemrhyth- ratoris chen Sauerstoffkonzentration (z. B. bei Sauerstoffverabreichung zur
Minderung der Atemnot oder bei kün stlich er Beatmung ) kann in diesem Fal l
mus ergibt sich aus der alternierenden Tätigkeit dieser Grup-
zu einem lebensgefährli chen zentralen Atemstillstand führen.
pen. Zusätzlich gibt es enge Beziehungen zu den Kerngebieten
des vegetativen Nervensystems. So erklärt sich die respirato- Zusätzlich zu den rückgekoppelten gibt es noch eine Reihe
rische Arrhythmie der Herzfrequenz (Anstieg bei Inspiration nicht-rückgekoppelter Atemreize, die verstärkend auf die At-
und Abfall bei Exspiration). Über eine zentrale motorische mung wirken. Dazu zählen Fieber, eine geringe Hypothermie,
Mitinnervation des Atemzentrums kann es Bereits vor Beginn Schmerz, Adrenalin, ein Blutdruckabfall sowie Emotionen wie
einer körperlichen Belastung zu einer Mehratmung kommen. Angst, Schreck oder Freude. Verstärkend auf die Atmung wirkt
Auf die Atemfrequenz wirkt ein zusätzliches Kerngebiet, auch Progesteron. Da Progesteron die Empfindlichkeit der
die sog. dorsale respiratorische Gruppe. Sie sendet aktivieren- Atemzentren für C02 steigert und so eine leichte Hyperventila-
de Signale an die ventrale Gruppe. Dieses Gebiet erhält modu- tion hervorruft, ist bei einer Schwangeren im d ritten Trimenon
lierende Afferenzen aus anderen zentralen Strukturen und aus der arterielle pC02 geringer als bei einer Niclltschwangeren .
der Peripherie. Diese Atemreize sorgen für eine Anpassung der Morphine und Barbiturate hemmen dagegen das Atemzentrum.
Atemfrequenz an den bestehenden Bedarf.
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Atemreize .. Di e Herzfrequenz steigt bei Inspiration und fällt bei Expira-
Reize, die spezifische Signale an das Atemzentrum senden, be- tion.
zeichnet man als rückgekoppelte Atemreize. Dazu zählen der .. Über eine ze ntrale motorische Mitinnervation des Atemzent-
Hering- Breuer- Reflex und die chemischen Atemreize. rums kann es Bereits vor Beginn einer körperlichen Belastung
zu einer Mehratmung kommen.
.. Hering-Breuer-Reflex. Dehnungsrezeptoren im Lungenpar- Der Atemantrieb lässt sich verstärken, indem man der Inspira-
enchym melden den Dehnungszustand der Lunge über den N. tion sluft C0 2 zu mischt und so den alveolären pC0 2 erhöht.
vagus an das Atemzentrum. Bei zunehmender Dehnung wird .. Bei einer Schwangeren im 3. Trimenon ist der arterielle pC0 2
der Inspirationsvorgang gehemmt. Der Hering- Breuer-Reflex geringer als bei einer gleichalten Nichtschwangeren.
verkürzt so die Inspiration, sorgt für eine ökonomischere
Atemarbeit und vermeidet eine Überdehnung der Lunge. Nach
Durchtrennung des N. vagus resultiert eine verlangsamte und Pathologische Atemrhythmen
vertiefte Atmung. Zusätzlich zu diesem Reflex sorgen Muskel - Es gibt Störungen der Rhythmogenese der Atmung, die meist
spindeln in der Atemmuskulatur für eine reflektorische Kont- Ausdruck einer Grunderkrankung sind. Hierzu zählen:
rolle des Atemvorgangs. • Cheyne-Stokes- oder Biot-Atmung: können die Folge von
Vergiftungen, Herz-Kreislauf-Störungen oder Sauerstoff-
.. Chemische Atemreize. Um der Doppelrolle der Atmung für mangel sein,
Gasaustausch und Säure-Basen-Haushalt gerecht zu werden, • Kußmaul-Atmung: eine beschleunigte und vertiefte Atmung
werden 3 chemische Parameter für die Kontrolle der Atmung als Kompensationsversuch bei einer metabolischen Azidose:
herangezogen: p0 2, pC0 2 und pH -Wert im arteriellen Blut. Für tritt typischerweise bei einem ketoazidotischen Coma dia-
diese Werte existieren spezielle Chemorezeptoren: beticum (Koma durch stark erhöhten Blutzuckerspiegel bei
• zentrale Chemorezeptoren: Sie liegen in der Medulla oblon- Diabetes mellitus) auf.
gata. Durch die guten Diffusionseigenschaften von C0 2 wer-
den Veränderungen des pC0 2 und des pH-Wertes im Liquor
5.5.2 Atmung in der Höhe
registriert. Die Werte im Liquor entsprechen nach kurzer
Anpassungszeit denen im Blut. Reaktionen auf einen akuten Höhenaufenthalt
• periphere Chemorezeptoren: Sie liegen in den Glomera Bei gleichbl eibender prozentualer Luftzusammensetzung neh-
aortica und carotica und reag ieren außer auf Veränderungen men mit zunehmender Höhe der Gesamtluftdruck und damit
des pC0 2 und des pH-Wertes auch auf einen fallenden p0 2 . verbunden auch die Partialdrücke der Einzelgase ab. in einer
Die Signale werden über die Nn. vagi und Nn. glossopharyn- Höhe von ca. 5500 m hat sich der äußere Luftdruck mehr als
gei an das Atemzentrum weitergeleitet. halbiert und so auch die Partialdrücke der Einzelgase. Der pH 2 0
Der Atemantrieb lässt sich demnach verstärken, indem man beträgt nach Anwärmen und Wa sserda mpfsättigung der In spi-
der Inspirationsluft C02 zumischt und so den alveolären und rationluft im Totraum jedoch immer noch 47 mmH g.
auch arteriellen pC0 2 erhö ht. Ebenfa lls steigernd auf den Atem- Der mit zunehmender Höhe abnehmende p0 2 wirkt sich
antrieb wirken ein Abfall des arteriellen pH-Wertes und de s ab einer Höhe von 3000m (etwa 30 % verminderter Luftdruck)
arteri ellen p0 2• deutlich auf die Atmung au s. in 3000m Höhe ha ben der p02
der Inspirationsluft wie auch der alveoläre p0 2 deutlich abge-
nommen, sodass a uch der arterielle p0 2 nur noch bei 60 mmHg
liegt. Das Hämoglobin wird nicht mehr vollständi g mit Sauer-
stoff beladen, doch ist der Effekt in dieser Höhe durch den fla-
chen Verlauf der Sauerstoffbindungskurve (s. S. 84) noch gering;
in Höhen über 4000m nimmt di e 0 2-Sättigung des Hämoglo-
92 5 Atmung

bins dagegen deutlich ab (in 5000 m Höhe sind es nur noch etwa men Reizhusten, Zyanose, Tachykardie, Tachypnoe und schließ-
50%). Folge des geringen arteriellen p02 ist eine hypoxisehe Va- li ch Ruhedyspnoe, Orthopnoe und rötlichem Au swurf. Außer-
sokonstriktion (s.S. 81). Dadurch steigen der Strömungswider- dem kommt es zur akuten Höhenkrankheit mit Kopfschmerzen,
stand im Lungenkreislauf und auch der mittlere Druck in den Übelkeit und Müdigkeit, verursacht durch ein Hirnödem.
Lungenarterien. Durch den erhöhten Strömungswiderstand
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
nimmt die Vorlast des linken Vorhofs (der Druck im linken Vor-
hof) ab. .. ln einer Höhe von ca. 5500 m haben sich die Partialdrücke
Der Körper versucht, sich den veränderten Bedingungen an- der Einzelgase mehr als halbiert. Der pH 2 0 beträgt nach
zupassen, um eine massive Hypoxie zu verhindern. Anwärmen und Wasserdampfsätt igun g der In spirationluft im
Totraum jedoch immer noch 47 mmHg.
Anpassungsvorgänge der Atmung in der Höhe .. Bei einem akuten Aufenthalt in großer Höhe (> 4000 m) sind
.. Kurzfristige Anpassungen. Die Abnahme des arteriellen p0 2 der arterielle p0 2 und die 0 2-Sättigung des Hämoglobins
stimuliert die Chemorezeptoren in den Glomera aortica und reduziert.
carotica, wodurch das Atemzeitvolumen gesteigert wird (es .. Als kurzfristige Reaktion auf einen Aufenthalt in großer
kommt zu einer Hyperventilation). Die 0 2 -Aufnahme verbes - Höhe steigt das Atemzeitvolumen in Ruh e an.
sert sich leicht, jedoch wird gleichzeitig mehr C0 2-abgeatmet .. Als kurzfristige Reaktion auf einen Aufenthalt in großer
(RQ ! ). Die Ventilationssteigerung führt so zu einer respira- Höhe steigt die Herzfrequenz und es k;mn sogar zur Tachy-
torischen Alkalose (Höhenalkalose). Durch die Abnahme des kardie komm en.
pC0 2 und die Zuna hme des pH-Wertes steigt die 0 2 -Affinität .. Eine langfristige Reaktion auf einen Aufenthalt in großer
des Hämoglobins und die Sauerstoffbindungskurve verschiebt Höhe ist eine gesteigerte Erythropoese, die zu ein er Erhöhung
sich nach links. Die 0 2-Aufnahme in de r Lunge wird dadurch er- des peripheren Kreislaufwiderstandes führt.
leichtert, die Abgabe ins Gewebe jedoch erschwert. Insgesamt
ist die körperliche Leistungsfäh igkeit stark eingeschränkt.
Mit dem erhöhten Atemantrieb ist auch eine Stimulation 5.5.3 Atmung beim Tauchen
de s Blutkreislaufs verbunden und die Herzfrequenz nimmt zu
(bis hin zur Tachykardie). Problematik des Tauchens
Tauchen stellt den Men sc hen vor zwei Probleme: Zum einen ist
.. Langfristige Anpassungen (Akklimatisierung). Bei längerem der Zugang zur Außenluft versperrt und zum anderen übt da s
Aufenthalt in Höhenlagen kommt es zu weiteren Adaptat ions- Wasser mit zunehmender Tiefe einen immer größer werdenden
vorgä ngen: Druck auf den Körper und die darin befindlichen Gase aus. Mit
Die re spiratorisc he Alkalose wird über die renale Puffer- wachsendem Druck auf die Gase steigen auch die Partialdrücke
basenelimination ausgeglichen. Insbesondere die Bicarbo- der Einzelkomponenten an.
natkonzentration wird reduziert, sodass die aktuelle Bicarbo-
APROPOS
na tkonzentration abnimmt. Daher ist e ine Mehratmung ohne Der Wasserdruck ste ig t pro 10m Tiefe um 98 kPa, e r be trägt in 10m Tiefe
nachteilige Wirkung auf den Säure-Basen-Haushalt möglich. I a lso un gefä hr 200 kPa (= 2 at = Atmosphäre).
Die Steigerung der 0 2-Affinität des Hämoglobins durch die re s-
pirarorische Alkalose w ird dadurch aufgehoben. .. Apnoetauchen. Beim Apnoetauchen wird kein Gerät einge-
Der abnehmende 0 2-Gehalt des Blutes stimu lie rt in der Niere setzt. Der Taucher taucht mi t angeha ltener Luft. Ein begrenzen-
die Bildung von Erythropoetin, da s die Neubildung von Eryth - der Faktor ist die Kompression der Luft in der Lunge mit zuneh -
rozyten im Knochenmark fördert. Durch die damit einherge- mender Wa ssert iefe (bei 10m Tiefe beträgt das Lungenvolumen
hende Zunahme der Hämoglobinkonzentration kann der 0 2- nur noch SO %).
Gehalt (nicht der p0 2 oder die 0 2 -Sättigung des Hämoglobins !) Die Luft kann so lange angeha lten werden. bi s der Ateman-
wieder normali siert werden. Die Erythrozytenkonzentration tri eb eine ern e ute Inspiration erzwingt. Hier spi elt in sbesonde -
im Blut steigt um bis zu 150 %an , de r Hämatokritwert des Blutes re der pC0 2 e ine wichtige Rolle. Wird vor dem Tauchen mehr-
kann über 60 % zunehmen. Dies erhöht die Viskosität des Blu- fach mit einem erhöhten Atemzugvo lumen geatmet (hyperven-
tes, wodurch widerum der Strömunswiderstand (der periphere tiliert), sinkt der arterielle pC02 ab und der Atemantrieb wird
Krei slaufwiderstand) ansteigt. verringert. Es vergeht a lso mehr Zeit, bi s der arterielle pC0 2
Die vermehrte Bildung von 2,3-Bisphosphoglycerat in den wi eder so weit angestiegen ist, dass der neue Atemantrieb ein -
Erythrozyten gleicht die durch den erniedr ig ten pC0 2 bewirkte se tzt; der Taucher kann länger unter Wa sser bl eibe n.
Linksvers chiebung der Sauerstoffbindungskurve aus.
.. Schnorcheln. Schnorcheln ist nu r bis zu ei ner Wa ss ertiefe
.. Höhenkrankheit. Bei der Höhenkrankhe it führt der zu sc hnel - von ca. 40cm möglich. Beg ren ze nd sind hi erbei di e Län ge des
le Aufstieg in große Höhen zu Symptomen wie Kopfsc hmer z, Schnorchels und wie auch der Wa sse rdruck . Den Schnorchel
Schlaflosigkeit, Erbreche n. Atemnot (Lu ngenödem) und Be- kann man nicht beliebig verlängern, da es sich um zusä tzlichen
wusstseinsstörunge n. Totraum (s.S. 77 ) handelt. Der Wa sserdruck ist in 1m Tiefe be-
Bei raschem Aufstieg in große Höhen (> 2500 m ) kann es am reits so hoch, da ss die Ate mmus kulatur de n Thorax gege n di e-
2.-4. Tag v.a. nachts zu Symptomen ei nes Lungenödems kom- se n Druc k nicht me hr erweite rn kann . Ein e aktive Einatmung
men. Unter Normalb edingunge n beträg t der Druck im Lun - ist dann nicht me hr möglich.
ge nkre islau f 10- 15 mmHg. Bei Auftrete n eines Höhenlungen-
ödems kann er, aufgrund ein er hypox ise ilen Va so konstriktion , .. Tauchen in größeren Tiefen. Um größere Ti efe n zu e rre ic hen
auf We rte um d ie 60mmHg ansteigen. Diese r hohe Gefäßdruck (bis ca. 50 m), benutzt man Tauchgeräte mir Drucl<flaschen, die
führ t zu Flü ss igkeit sa ustritt in die Alveolen mit den Sympto- da s Ate mgasgemi sc h imme r auf de num ge be nd en Wa sse rdru ck
6.1 Umstellung bei körperlicher Arbeit 93

Ein erhöhter Sau er stoffpartialdruck in der Einate mluft kann toxisc h w irken.
einstellen und den Thorax so von innen schienen, dass der Tau- Dies kann beim Tauch en m it 0 2-a ngereichert en Pressluftgemi schen (s.o.) ,
cher mit normalem Kraftaufwand atmen kann. Pmblematisch aber au ch unte r ein er Sauerstofttherapie er fol gen. Wenn rein er Sau erst off
ist dabei. dass durch die hohen Drücke die Partialdrücke der bei ein em Druck von 70 kPa (0.7 at) länger als wenig e Stund en ve rwend et
Atemluftfraktionen ansteigen. je größer der Partialdruck ei- w ird . kann das Surfactant (s. 5. 73) geschädig t oder sogar ze rstört werd en.
Symptome können Hu st en und Schmerze n beim At men bis hin zu ein em
nes Gases ist, desto mehr Gas ist im Blut gelöst. So kann es bei
Lungenödem sein.
Tauchtiefen von> 40-60m durch einen hohen N2 -Partialdruck Frühg ebore ne können erblind e n, wenn sie für länge re Zei t eine m Sa uerstoff-
zum sog. Tiefenrausch kommen, während ein zu hoher 0 2-Par- part ialdruck in der Einat emluft über 40 kPa au sgesetzt sind (bei kün stli cher
tialdruck ab ca. 75 m Tiefe zur sog. Sauerstoffvergiftung führen Beatmung). da die Hyperoxie zur sog. Frühgeborenenretinopathie führt.
kann. Ein Tiefenrausch äußert sich in Euphorie, aber auch in Durch die hohe Sauerstoffkon ze ntration im Blut we rd en di e sich in der Net z·
haut entwickelnden Gefäße geschäd igt. Als Folge kan n es zu Glas körp erblu·
Angst, Fehlhandlungen oder Bewusstlosigkeit, eine Sauerstoff-
tung enund einer Netzhautablösung komm en. Daher sind Vor sorgeun ter su·
vergiftung äußert sich in Krämpfen und Bewusstlosigkeit. Au s chunge n se hr w ichtig, da sich dieses Erkrankung sbi ld im Früh st adium noch
den genannten Gründen muss in noch größeren Tiefen Stic k- vollst ändig zurückbild en kann.
stoff durch Helium ersetzt werden.

APROPOS FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X


Die Dekompressionskrankheit entst ehtdurch zu schnel les Auftauch en Wird von dem Tauchen mehrfach mit einem erhöhten Atem-
aus großer Ti efe. Das unter hohem Part ialdruck in Blut und Gewebe g elöste
zugvolumen geatmet (hyperventiliert), sinkt de r arterielle
Gas fällt durch den Dru ckabfal l beim Auftau chen in Form von Ga sblöschcn
au s. Dadurch kommt es zu multiplen Gefäßverschlüsse n (Gasembolien). di e pC0 2 ab und der Atemantrieb wird verringert.
insbesondere in Hirn und Lunge t ödlich se in könn en. Therapi e ist di e solar·
tig e Rekompression in einer Druckkamm er mit anschließender langsa mer
Dekompression.

Leistung im physikalischen Sinn ist allerdings Arbeit pro


6 Arbeits- und Zeit, angegeben in J/s =Watt (W).
Leistungsphysiologie In der Physiologie unterscheidet man dynamische Arbeit.
z. B. das Hochsteigen einer Treppe, von statischer Arbeit, z. B.
6.1 Umstellung bei körperlicher Arbeit das Festhalten eines Koffers.

Der menschliche Körper kann Le is tung erbr ingen , d. h. unter


6.1.1 Metabolische und muskuläre Umstellung
Energieverbrauch Tätigkeiten zu verrichte n. Bei körperlicher
bei körperlicher Arbeit
Anstrengung muss in erster Linie Mu skelarb eit ge leistet wer-
den. Hierbei ist die Nährstoffversorgung der Muskulatur der li- .. Bereitstellung von Nährstoffen. Unter Belastung verändert
mitierende Faktor für die Le istungsfähigkeit. Damit die Versor- sich das Muster der Stoffwechselhormone so, das s vermehrt
gung der Muskulatur mit Nähr stoffen aber auch mit Sauerstoff Glu cose und Fettsäuren bereitge stellt werden. Die Kon ze ntrati-
gewährlei stet ist und auch die entstandenen Stoffwechselpro - onen von Katecholaminen, ACTH, STH, Cortisol und Glukagon
dukte abtran sportiert werden können, mü ss en Anpa ss un gs vor- steigen, der Insulin-Spiegel fällt.
gänge fa st aller Körpe rsysteme stattfinden.
Au s der Physik ke nnen Sie die Beg riffe .. Arbeit" und .. Lei s- Energiebereitstellung im aktiven Muskel. Für die Kont rakti-
tun g". onsvorgän ge mus s den Mu skel ze ll en Ene rgie in Form von ATP
Arbeit im rein physikali sc hen Sinne ist das Produkt a us Kraft zu r Verfüg un g stehen. Folgend e Möglichkeite n hat di e Mu ske l-
Fund Wegs und beze ichn et di e Energ ie, die für e in e bes timmte ze ll e, ATP zu gewinn e n:
Tätigkeit a ufgebracht w e rde n mu ss. Ihre Einhe it ist Nm (New - Fü r di e erste n Sekund e n sta rke r Mu skela ktivität re icht der
tonm ete r) = Jo ul e (J). Um gan gss p1·achlich - und aucl1 in de r Phy - intrazelluläre Vorrat an ATP. Di e Hydrolyse de r e ne rgiere ichen
siolog ie- wird Arbe it oft mit Le istun g g leich gese tzt. Ph os ph atve rbindunge n li e fert die vom Mu skel be nötigte Ene r-
g ie.
94 6 Arbeits- und Leistungsphysiologie

Bei länger andauernden Belastungen wird die als Kreatin- gen, die vermehrt Protonen aussc heidet. Zum anderen ist der
phosphat gespeicherte Energie in ATP um gewandelt. Dazu wird sinkende pH-Wert ein starker Atemantrieb und die Ventilation
durch d ie mitochondriale Kreatinkinase das Phosphat aus dem wird gesteigert (" Hyperventilation"). Dadurch wird vermehrt
Kreatinphosphat abgespalten und auf ADP übertragen. So steht C0 2 abgeatmet und der arterielle pC0 2 wie auch die aktue ll e Bi-
Energie für weitere 20-25 s zur Verfügung. Dieser Speicher er- carbonatkonzentration nehmen ab. Da das entstehende Lacta t
laubt kurzfristige Höch stleist ungen, z. B. einen 100-m-Sprint. Pufferbasen "verbraucht", geht die Pufferbasenkonzentration
Etwas verzögert, etwa na ch 30 s, setzt dann die anaerobe im Blut zurück.
Glykolyse ein. Glucose-6-phosphat, das dem Glykogenvorrat Lactat ist aber kein reines Abfallprodukt des Stoffwechsels.
der Muskelzelle entstammt, wird zu Milchsäure (Lactat) abge- sondern kann weiter zur Energiegewinnung genutzt werden.
baut. Dabei werden pro Molekül Glucose-6- phosphat 3 Mole- Via Pyruvat kann es in den Citratzyklus eingeschleust und
küle ATP frei. Nutzt di e Muskelzelle freie Glucose aus dem Blut, vollständig zu C0 2 und H2 0 oxidiert werden. Zudem ist Lactat
so werden pro Glucosemolekül sogar nur 2 ATP frei. Die Effizi- ein möglicher Ausgangsstoff der Glukoneogenese. Beide Wege
enz der anae rob en Glykolyse ist daher zu gering, als dass sie können allerdings nur unter aeroben Bedingungen beschritten
für schwere körperliche Arbeit ausreichend ATP liefern könnte. werden, also bei Arbeit unterhalb der Dauerleistungsgrenze
Nach ca. 1 min setzt di e aerobe Energiegewinnung durch oder nach Beendigung einer ermüdenden Tätigkeit.
Glykolyse und Fettsäureoxidation ein. Bei schwerer Arbeit, bei Die Energiegew innung aus Lactat findet zum einen in der
der der Muskel nicht so gut durchblutet ist, muss daneben die Skelettmuskulatur (hauptsächlich in den roten Muskelfasern)
anaerobe Glykolyse ablaufen. und wm anderen im Myokard statt. Wäh rend der Arbeit ist
Eine Dauerleistung (s.S. 97) ist nur mit der effektiveren aero- Lactat sogar der wichtigste Energielieferant des Herzens.
ben ATP-Regenerierung möglich (z. B. vollständiger aeroberGiu- Die Verwendung des Lactats zur Gluconeogenese findet in
coseabbau : 36 ATP pro Glucosemolekül). Dazu müssen Krei sla uf der Leber statt. Dazu muss Lactat also wnäch st mit dem Blut-
und Atmung im Sinne der vermehrten Sauerstoffbereitstellung strom zur Leber gelangen.
an die Bedürfnisse de r Muskulatur angepasst werden.
FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN .X
.,. Deckung des Sauerstoffbedarfs im aktiven Muskel. Der er- .,. Während einer mittelschweren dynamischen körperlichen
höhte Sauerstoffbedarf der Muskulatur wird durch eine er- Arbeit nimmt der Insulinspiegel im Blut ab.
höhte Durchblutung gedeckt, wofür wie oben bereits erwähnt .,. Während einer körperlichen Arbeit unterhalb der Dauerleis-
Atmung, Herz und Kreislauf ihre Aktivitäten anpassen müssen. tungsgrenze nimmt die arterielle Cortisolkonzentration zu.
Bis dahin verge hen einige Minuten in denen d ie Zelle ihren Sau- .,. ln den erste n Sekunden schwerer körperlicher Arbeit liefert
erstoffbedarf zum einen Teil durch eine erhöhte Sauerstoffaus- die Hydrolyse energiereicher Phosphatverbindungen (ATP)
schöpfungaus dem Blut, zu m anderen Teil durch an Myoglobin di e vom Muskel benötigte Energie.
gebundenen 0 2 decken kann . .,. Bei schwerer körperlicher Arbeit nehmen 0 2 ·Partialdruck,
pH-Wert und Pufferbasenkonzentration im Blut ab .
.,. Durchblutung des aktiven Muskels. Die Durchblutung der .,. Bei schwerer körperlicher Arbeit nimmt die Lactatkonzentra-
aktiven Muskulatur kann bis um das 40-Fache gegenüber der tion im venösen Blut zu.
Ruhedurchblutung steigen. .,. Das bei schwerer körperlicher Arbeit entstehende Lactat 1

Die Regulierung der Durchblutung erfolgt durch lokale Fak- di ent insbesondere dem Herzen als Energielieferant __j
toren, sodass wirklich nur die gerade aktiven Muskeln stärker
durchblutet werden: Zu den Vasodilatatorischen Faktoren zä h-
len ein fallender 0 2-Partialdruck, ein steigende r C0 2-Partial- 6.1.2 Anpassung des Herz-Kreislauf-Systems
druck sowie ein abnehmender pH-Wert. Zusätzlich wird NO ge-
bildet und die Freisetzung von Noradrenalin aus sympath ischen Die Anpassungsreaktionen des Herz-Kreislauf-Systems erfol-
Nervenendi gungen lokal gehemmt. ge n über eine Aktivierung des Sympathikus. Im Nebe nni eren-
Bei dynamischer Arbeit wechseln sich Phasen der An- und mark werden Katecholamine freigesetzt. die verschiedene Wir-
Entspannung oft ab, sodass in den Entspannungsphasen eine kungen haben .
ausreichende Durchblutung gewährleistet ist. Bei statischer
Muskelarbeit alle rd ings kann die Durchblutung kaum gestei- .,. Anpassung der Gefäße. a: 1-Adrenorezeptore n vermitteln ei ne
gert werden, da die Blutgefäße durch die dauerhafte isome- Konstriktion der Gefäße in der Haut und im Splanchnikus -
trische Kontraktion komprimiert werden. Bereits ab einer to- gebiet. Da es gleichzeitig durch die oben erwähn ten lokalen
nischen Muskelkontraktion von 30% der Maximalkraft ist die Mechanismen zu einer Dilatation der Mu skelgefäße kommt,
Versorgungssituation unzureichend. Die Energiegewinnung er- nimmt der totale periphere Kreislaufwiderstand ab und Blut
folgt dann anaerob. Die Kontraktion kann bei statischer Arbeit wird zugunsten der aktiven Mu skulatur unwerteilt. Von dieser
aus den genannten Gründen nur kurz durchgehalten werd en. Umverteilung nicht betroffen sind das Ge him (Durchblutung ist
Außerdem ist nur ein kleiner Anteil de1· Muskelkraft verfügba r. unverände rt) und das Herz (Durchblutun g verstä rkt). Gleichzei -
tig wird der venöse Rückstrom zum Herze n verstärkt (er höhte
.,. Energiegewinnung aus Lactat. Bei sehr schwerer körperli- Vorlast). Di es gesc hi eht durch ei ne Konstriktion der Venen , ve r-
cher Arbeit steigt im Blut die Lactatkonzentration, während mittel t über a:-Adrenoreze ptoren. So wi rd di e ßlutmenge, die
der 0 2 -Partialdruck abnimmt. Ursache ist die anaerobe Gly- sich in Ruhe im venöse n Blutpool befi nd et. mobi li siert.
kolyse. Während der Ruhewert um 1 mmol/1 liegt, kann der
Lactatspiegel im Extremfall aufü ber 15 mmolfl steigen. Der pH- des Herzens. Am Herze n findet man eine Steige·
Wert des Blutes nimmt ab und es kann w einer metabolischen rung von Herzfrequenz und Kontraktilität (positive ChrotlO -
Azidose kommen. Die Azidose wird durch die Ni ere abgefan- und lnotropi e). Zur Abstimmung zwisc hen loka le n und syste-
6.1 Umstellung bei körperlicher Arbeit 95

eile systolische Blutdruck um 20mmHg oder mehr a nsteigen


kann, bleibt der diastolische Druck fast unverändert, nimmt
nur wenig zu oder sinkt sogar e twas. Die Blutdruckamplitude
(die Differen z zwischen systolischem und diastolischem Blut-
c druck ) wird also größer. Der arterielle Mitteldruck ste ig t so
E 150 nur leicht an . Der Blutdruckan st ieg ist bei Arbeit mit den Armen
N stä rker ausgeprägt als bei Beinarbeit, da bei Armarbe it eine ge -
:ii::> ringere Muske lmasse tätig ist, deren Gefäße weit geste llt sind.
cr
100 Dersystemische Kreislaufwid ersta nd ist deshalb höher.
I" FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
Bei einer körperlichen Belastung ist der totale periphere
Kreislaufwiderstand geringer als in Ruhe.
Bei einer mittelschweren körperlichen Arbeit nimmt die
0 - L---------T--,---,--, - - ,--,--
0 10 15 20 25
Kontraktilität des Arbeitsmyokards zu.
Zeit (min) Der Anstieg der Herzfrequenz zu Beginn ein er schweren
dynamischen Arbeit geht u. a. auf eine Aktivierung von Affe-
Ruhe Arbeit Erholung renzen (C-Fasern) aus de r arbeitenden Muskulatur zurück.
Abb. 6.1 Veränderungen der Herzfrequenz bei wechselnder körper- Im steady-state steigt di e Herzfrequenz mit zunehmender
licher Arbeit. Leistung fa st linear an .
Zu Beginn einer körperlichen Belastung nimmt der arteri-
mischen Regulationsmechanismen werden Informatione n aus elle systolische Blutdruck zu.
der arbeirenden Muskulatur a n das Zentralnervensystem zu- Zu Beginn einer körperlichen Belastung wird die Blutdruck-
rü ckgeme ldet. Daran beteiligt sind Afferenze n der motorischen amplitude grö ßer.
_ _J
Steuerung (Muskelspindeln, Sehnenorgane) wie auch C-Fasern,
die Informationen von Stoffwechselrezeptoren erhalten, wel-
che durch Stoffwechselmetabolire ak tivi ert werden. Im Zusam- 6.1.3 Anpassung des respiratorischen Systems
menspiel mit dem verstärkten venösen Rückstrom nehmen da s
Schlagvolumen und das Herzzeitvolumen zu. Das Herzz eitvo- .. Erhöhte Sauerstoffaufnahme. Unter Belastung kann die Sau-
lume n kann beim Untrainierten um de n Faktor 3 - 4 gesteigert e rstoffaufn ahme des Körpers je nach Trainingszusta nd um den
werden, also von 51/min aufbis zu 20 1/min . Bei Hochleistungs - Faktor 10-20 gesteigert werd en. Ausge hend von einem Ruhe-
sportlern steigt es bis auf 30- 40 1/ min an. Das erhöhte HZV wert von 0,25 1/min können so bis zu S I 0 2/min aufgenommen
kommt im We se ntliche n durch die gesteigerte Herzfre quenz werden.
( bis 200/min) zustande, da da s Schlagvolumen nur zu Beginn Die Steigerung kommt zum einen durch da s erhöhte HZV
relativ geri ng ansteigt und im weiteren Verlauf der Belastung und zum anderen durch ein gesteigertes Atemzeitvolumen
kon stant bleibt. zustande. Bei leichter Arbeit ste igt das Atemzeitvolumen fast
Bei leichter und mittl ere r Arbeit unterhalb der Dau erleis- linear mit der Belastung an. Bei selt r schwerer körperlicher Ar-
tungsg renze er reicht die Herzfrequenz na ch einem anfäng- beit nimmt das Atemzeitvolumen j edoch überproportional zur
liche n Anstieg einen neu en konstanten Wert (Abb. 6.1 ). Das 0 2 -Aufnahme zu. Es erreicht bis zu 200 1/mi n, re sultiere nd aus
Kreislaufsystem hat sich da nn den Erforderni ssen der Mu sku la - tieferen Atemzügen (b is zu 2 I) und einer verstärkten Atemfre-
tur angepasst, e in ne ues Gleichgew icht hat s ich einges te llt. Den quenz (bis zu 60/min ).
e rrei chten stat ionären Zusta nd beze ichnet man al s steady-sta- Die Steigerung der Sa ue rstoffaufnahm e wird zusätzlich
te. Solange man sich im steady-state befindet, steigt di e Herz- durch eini ge lokale Effek te an der Lunge erleichtert. So führt die
frequenz mit zunehmender Leistung fast linear a n. Sympathil<u sak tivierung bei körperlicher Arbeit zu einer Bron-
Bei schwe rste r körperlicher Arbeit findet man e in en über- chodilatation, vermittelt über ß2 -Adrenorezeptoren. Der ver-
proportionalen Anstieg der Herzfrequ e nz. Dieser sog. Ermü- stä rkte Blutstrom durch die Lunge eröffnet zusätzliche Lungen-
dungsanstieg ist ein Ze iche n dafür, dass man Arbeit oberhalb kapilla ren und z ugleich w erden d urch die t ieferen Atemzüge
der Dauerleistungsgrenze le istet (zur Dauerleistungsgrenze s. S. z usätzl iche Alveolen eröffnet. Bei eine r körperlichen Belastung
96). Unterha lb di eser Grenz e li egt der Be reich, in dem man e ine wird also die Lungendurchblutung gle ichmä ßiger zwischen
Leistung a uf Dauer au frechte rh a lten kann. lungenspitze und Lungenbasis verteilt. Beides führt zu einer
Nach Bee ndi g ung de r Bel<l stung fällt die Fre qu enz wieder verbesserten Diffusionskapazität der Lunge.
auf das Ruhenive<lu ab. Dies gesch ie ht a ber mi t ei ner gew issen Diese beschriebenen Mechanismen gre ifen bereits im unte-
Verzögeru ng, d<i verbrauchte Energiespeicher wieder aufgefüllt ren Le istu ngsbere ich . Die Partialdrücke im Alveolarraum ver-
w erd en mü sse n. Die An za hl der Herzsc hlä ge vom Ende der Be- ändern sich hierbei allerdings praktisch nicht. Erst bei starker
la st un g bis Zlllll Erreic he n des Ruheniveau s be ze ichnet man als Anstrengung und anaerober Energiegewinnung bedeutet die
Erholungspulssumme. Nac h Arb eit unte rhalb der Da uerle is- Abnahme des arteriellen pH-Wertes durch die Anreicherung
tungsgre nze sollte sie unter 100 Schl ägen liege n. von Lactat einen zusät zli che n Atemreiz, wod urch da s Ate m-
ze it vo lum e n übe rpropo r t ional a ns teig t. Die re sulti erend e
der Anpassung für den Blutdruck. Der arterielle Blut- Mehratmung kann zum Ab sin ken sowoh l des a lveo lä ren a ls
druck steigt d u rch d ie Vasokonstr ikt ion in der Periph eri e und auc h de s arte ri e ll en C0 2- Partialdrucks führen. De r a rterie l-
da s e rh ö hte HZV. All erdings ist der Effekt auf den systoli sc hen le 0 2 - P<lrtia ldr uc k bl e ibt be i Arbeit kon stant, wäh re nd der
Blutd ru ck höhe r a ls a uf de n di a sto li sc he n. Während de r arteri- ge mi sc htv e nöse ab sinkt. Di es ist be ding t durch e in e höhere
96 6 Arbeits- und Leistungsphysiologie

Sauerstoffausschöpfung , v.a. durch die arbeitende Muskulatur. 6.2 Körperliche Leistungsfähigkeit


Die avD0 2 (arteriovenöse Sauerstoffdifferenz, s. S. 67) kann von
und Training
0,05 auf0,15 ansteigen.
Die erhöhte Sauerstoffaufnahme des Körpers steigt aller- 6.2.1 Leistungsfähigkeit
dings nicht sprungartig zu Beginn der körperlichen Arbeit an,
so ndern benötigt bis zu 5 min, um sich dem Bedarf anzupassen. Der Grundumsatz des Menschen (d. h. der Energiebedarf in
Sie erreicht dann ebenso wie die Herzfrequenz einen steady- Ruhe unter standardisierten Bedingungen) beträgt ca . 1 W pro
state (Abb. 6.2). kg Körpergewicht bis 1,2 W pro kg Körpergewicht.
Auf Dauer kann e in untrainierter Mensch Leistungen im Be-
.,. Sauerstoffschuld. So wie das Herz-Kreislauf-System nach reich des 5- bis 10-fachen Grundumsatzes durchhalten, al so
Ende der Belastung mit der Erholungspulssumme (s.o.) dafür 5-10 W/kg Körpergewicht. Die Leistung, die ein Mensch min -
sorgt, dass die verbrauchten Energiespeicher wieder aufgefüllt des tens 8 Stunden durchhalten kann ohne zu ermüden, be-
werden, so muss auch das respiratorische System nach Ende der zeichnet man als Dauerleistungsgrenze. Bei Arb e it unterhalb
Belastung vermehrt Sauerstoff aufnehmen, da die aufgebrauch- dieses Bereiches stellt sich ein steady-state der Herzfrequenz
ten Energiespeicher natürlich nur unter 0 2 -Verbrauch aufge- und Sauerstoffaufnahme ein, a ls Zeichen einer ausreichenden
füllt werden können. Man spricht bei der vorübergehenden Sauerstoffversorgung der Muskulatur. Bei Arbeit oberhalb der
anaeroben Energiegewinnung über Kreatinphosphat und anae- Dauerleistungsgrenze ist die 0 2-Aufnahme pro Minute dauer-
robe Glykolyse von der Aufnahme einer sog. Sauerstoffschuld, haft geringer als der 0 2-Verbrauch pro Minute; das Atemäqui-
die nach der Belastung durch kurzfristige Fortführung der ge- valent (der Quotient aus Atemzeitvolumen in 1/min und 0 2-Auf-
steigerten 0 2 -Aufnahme wieder ausgeglichen wird (Abb. 6.2). nahme in 1/min) ist größer als bei Arbeit unterhalb der Dauer-
Nach schwerer körperlicher Arbeit mit Überschreitung der leistungsgrenze. Die Sauerstoffschuld wird immer größer, die
Dauerleistungsgrenze ist daher die avD0 2 erhöht. Pulsfrequenz steigt immer mehr an. Durch Training lässt sich
Bei Belastungen oberhalb der Dauerlei stungsgrenze ist die die Dauerleis tunsgrenze etwa bis zum 20-fachen Grundumsatz
Nachatmung von Sauerstoff besonders stark. Dieser Sauerstoff (20 W/kg Körpergewicht) steigern. Für kurzzeitige Höchstleis-
wird dann nicht nur benutzt, um die energiereichen Phosphate tungen (z. B. 100-m-Lauf) kann der Energieumsatz des Körpers
zu bilden, sondern auch, um das gebildete Lactat zu vers toff- auf das bis zu 275-fache des Grundumsatzes ansteigen, es kön -
wechseln. nen also Leistungen bis 275 W/kg Körpergewicht erbracht wer-
den.
FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN
Eine Übersicht über die Kennzeichen der Arbeit unterhalb
.,. Das Atemzeitvolumen steigt bei körperlicher Belastung der Dauerleistungsgrenze gibt Tab. 6.1 .
besonders stark an.
.,. Erst bei starker Anstrengung und anaerober Energiegewin- FAZIT - DAS MÜSSEN SIE WISSEN X
nung bedeutet die Abnahme des arteriellen pH-Wertes .,. Bei Arbeit oberhalb der Dauerleistungsgrenze ist die
durch die Anreicherung von Lactat einen zusätzlichen Atem- 0 2 -Aufnahme pro Minute geringer als der 0 2 -Verbrauch pro
reiz. wodurch das Atemzeitvolumen überproportional Minute .
ansteigt. .,. Bei Arbeit oberhalb der Dauerleistungsgrenze ist das Atem-
.,. Bei einer körperlichen Belastung wird die Lungendurchblu- äquivalent (der Quotient aus Atemzeitvolumen in ljm in und
tung gleichmäßiger. 0 2-Aufnahme in 1/min) größer als bei Arbeit unterhalb der
.,. Nach schwerer körperlicher Arbeit mit Überschreitung der Grenze .
Dauerleistungsgrenze ist die arteriovenöse Sauerstoffdiffe- .,. Bei ei ner Herzfrequenz von mehr als 130/min ist die Dauer-
renz (avD02 ) erhöht. leistungsgrenze ein es Untrainierten bei dynamischer Muskel -
_ j arbeit überschritten.

ljmin Arbeit Abb. 6.2 Sauerstoff-


aufnahme des Körpers
4 bei Arbeit unterhalb
- 0 2-Bedarf
1/ min - maximales der Dauerleistungs-
02·Defizit Oz·Aufnahmevermögen grenze und darüber.
Ein zu Beginn der Arbeit
0, 75 - 02·Bedarf
j e ntstande nes 0 2-Defi zit
wi rd nach deren End e als
Arbeits- Sa uerstoffschu ld au sge-
0,50 verbrauch ..c glichen.

0, 25
_________ l________ !5
-e
Q)

Ruhe- ..c
::>
verbrauch ""
0 ·········--·-- ... 0
'-' '-'
lmin Zeit lmin Zeit
a leichte Arbeit b erschöpfende Arbeit
6.2 Körperliche Leistungsfähigkeit und Training 97

Tab. 6.1 Kennzeichen der Arbeit unterh al b der Dauerleistungs- • > 4 mmolfllactat : anaerobe Schwelle; eine weitere Leis-
gre nze tungss teigerungist nicht mehr zu erwarten; anaerobe Ener-
Leistungsfa ktore n We rte giegewinnung überwiegt und w ird über kurz oder lang zur
Ermüdung führen .
Herzfrequenz steady-state im Bereich< 130/min
Herzzeitvolumen < 10 1/min
6.2.3 Ermüdung
steady-state im Bereich< 1,5 1/min
Zur Ermüdung kommt es immer dann , wenn eine Diskrepanz
Lactatspiegel < 2mmolfl zwischen Sauerstoff- und Nährstoffbedarf der Muskulatur auf
Erholungspu lssumme < 100 der einen und der entsprechenden Bereitstellung durch den
Körper auf der anderen Seite besteht. Limitierend für die Sauer-
6.2.2 Leistungsdiagnostik stoffaufnahmeder Muskulatur kann zum einen die loka le Mus-
keldurchblutung (z. B. bei statischer Arbeit), häufiger aber die
,. Leistungsdiagnostik mit der Ergometrie. Mithilfe der Erga- generelle Sauerstoffaufnahme des Körpers sein. Dabei ist nicht
metrie kann man die Leistungsfähigkeit eines Probanden be- das Atemzeitvolumen, sondern das maximal erreichbare Herz-
stimmen. Unter Überwachung der Vitalfunktionen (EKG, Blut- zeitvolumen der leistungsbegrenzende Fal<tor.
druck) erbringt der Proband eine bestimmte Leistung. Die Er-
gometrie ist ein häufig angewand tes und etabliertes Verfahren
6.2.4 Training
in der Herz-Kreislauf-Diagnostik.
Als Training bezeichnet man Maßnahmen , die dazu dienen, die
APROPOS
Am gebräuch lichsten ist die Fahrradergometrie. Ein Fahrradergometer Lei stungsfähigkeit zu erhalten bzw. zu steigern . Meist versucht
ist wie ein Hometrainer aufgebaut. Über Pedale wird ein Schwu ng rad in man dieses Ziel dadurch zu erreichen, dass man eine Belastung
Beweg ung gesetzt. das den Tretbewegungen einen defi ni erten Widerstand regelmäßig wiederholt. um entsprechende Anpassungsvorgän-
entgegensetzt. Die Leistung des Probanden wird von den meisten Geräten ge im Körper zu erzielen.
direkt in Watt angezeigt.
Alternativ kann auch ein Laufband ergometer eingesetzt werden. Hierbei
läuftd er Proband auf ei ner schiefen Ebene gegen die Bandbeweg ung an. Aus ,.. Ausdaue rtrain ing. Beim Ausdauertraining erfolgt mehrmals
Körpergewicht des Probanden, Neigu ng swin ke l und Bandgeschwindig keit in der Woche die Wiederholung einer länger dauernden, nicht
kann die erbrac hte Leistung berechn et werden. Nachteil dieses Verfahrens erschöpfenden Tätigeit (z. B. 5-mal in der Woche 30 min joggen
ist di e häufige Überlage rung des EKGs mit Wackelartefakten durch di e bei einer Herzfrequenz um 130/min). Ausdauertraining fördert
Körperbeweg ungen beim La ufe n. Gerade bei der Diagnostik von Herzerkran- die Leistungsfähigkeit des kardiovasi<Uiären Systems. Insbe-
kungen ist aber eine exakte Beurteilung von EKG-Verä nd erun gen notwendig.
sondere nimmt das Schlagvolumen des Herzens zu. Mit einer
Es ist zu beachten, dass das Ergometer nur die nach außen ab- ge ringeren Schlagzah l wird so ein gleich großes Herzzeitvolu-
gegebene Leistung erfasst. Da der Wirkungsgrad der Energie- men erreicht. Mit zunehmendem Schlagvolumen sinkt auch die
verwertung im Muskel abe r nur bei ma ximal 30 % liegt und Herzfrequenz in Ruhe ab. während das Herzgewic ht zunimmt.
der Rest als Wärme verloren geht. ist der tatsäch liche Ener- In der Mu skul atur selbst wird die Kapillarisierung gefördert,
gieumsatz entsprechend höher. Die oben angegebenen Werte sodass die Muskeldurchblutung verbessert wird .
zur Leistungsfähigl<eit beziehen sich auf diesen tatsächlichen Während ei ner maximalen körperlichen Arbeit kann das
Grundumsatz (bei Dauerleistung ca. 5 W/kg Körpergewicht). Schlagvolume n eines trainierten Ausdauersportlers um etwa
Die Dauerleistungsgrenze für di e nach außen abgegebene Leis- 50 % zunehmen.
tung liegt dann entsprechend ge ringer, nämlich bei rund 1,5 W/ Tab. 6.2 fasst Veränderu nge n durch Ausdauertraining zu-
kg Körpergewicht. sa mmen.
APROPOS
Eine der Hauptindi kationen zu r Durchfü hrung einer Erga metrie ist das Be- Tab. 6.2 Leistungsparameter in Ruh e und bei maximaler Arbeit bei
lastungs·EKG zur Diagnostik ei ner koronaren Herzerkrankung KHK Untrai nierten und Trainierten (nac h Gekle)
Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße). Die sog. ST·Strec kensenk ung
(zum Ve rl auf einer norm alen EKG· Kurve 5. S. 37) ist ei ne typ ische Verä nd e- untrainiert trai niert
rung im Belastung s- EKG bei einer solchen Durchblutungsstörung.
in Ruhe ma ximal in Ruh e ma ximal

,. l eistungsdi agnostik m ithilfe des Lactats piege ls. Den Trai-


He rzgewicht (g) 300 500
ningszustand kann man zudem am Lacta tspiege l im Blut able-
sen. je schlechter de r Trainingsz ustand, desto hö her wird bei Blutvolum en (I) 5,6 5,9
einer bestimmten Leistun g der Lactatspiegel sein, da der Mu s- Herzfr eq uenz (min- 1) 80 180 40 180-200
kel verme hrt anaerobe Energiegewinnung betreiben mu ss. Au s Schlagvo lumen (ml) 70 100 140 190
der Lactatkonze ntration im Blut kann man außerdem ablesen.
ob eine Arbeit über- oder un terhalb der Dauerlei stungsg ren ze Herzzeitvolum en (1/m in) 5,6 15-20 5,6 25-30
lieg t. Atemzeitvolumen (1/min) 8,0 100 8,0 200
• < 2mmo1Jilactat: au sreiche nd e aero be Energiegewinnung: 0 2-Aufna hme (1/min) 0,3 2,8 0,3 5,2
di e au sgeführt e Arbeit ka nn auch üb e r eine lange Zeit hin-
systolisc her Blutdruck 120 200 120 200
weg durchge halte n we rd e n,
(rnmHg)
• 2-4 mmolfl lactat: aerob-anaerober Überga ngs be reich ;
nebe n den aeroben Vorgän gen läuft eine anaero be Energie- diasto lische r Blutdruck 80 80 80 80
(mmH g)
ge winnun g ab,
98 6 Arbeits- und Leistungsphysiologie

Während die Muskelkraft beim Ausdauertrai-


GESCHAFFT
ning nicht wesentlich gesteigert wird, ist dies Ziel des Krafttrai-
Herzlichen Glü ckwunsch, jetzt ist Zei t zum Du rchatm en ! Sie haben al le prü-
nings. Kurzfristige Maximalleistungen der betroffenen Mus - f ung srelevanten Inhalte des ers t en Physio logie-S kripts er folgreich gelernt.
kelgruppen führen zu einer Hypertrop hie der Muskelfasern . Sie haben sicher gemerkt, dass für die Beantwo rtung der Prüfungsfragen in
Aus dem so erhöhten Mu skelquerschnitt folgt die gesteigerte diesem Sk ript e in gutes Vers tä nd nis de r Zusamme nhäng e extrem nüt zl ich
Muskelkraft. Allerdings wird bei reinem Krafttraining nur die ist . Zum Wiederholen sol lt en Sie sich kurz vor der Prüf ung noch ei nmal auf
die gelb markierten Te xtpassa gen und die FAZIT-Kästen konze ntrie ren. Viel
Leistungsfähigkeit für kurzzeitige stat ische Kontraktionen ge-
Erfolg bei m Physikum!
fördert, die für dyna mi sche und v.a. andauernde Arbeit bleibt
unbeeinnusst.

FAZIT- DAS MÜSSEN SIE WISSEN X


.,. Bei regelm äßigem Ausdauersport nimmt die Herzfrequenz
in Ruhe ab .
.,. Während derdynamischen Belastung ka nn das Schlagvolu-

J
men ei nes train ierten Ausdauersportl ers um fa st 50% zune h-
men .
.,. Die durch schnitt liche maximale 0 2-Aufnahme untrainierter
Männer li egt bei ca. 3 1/min .
.,. Die konkreten Zahlen der erhöhten Sauerstoffaufna hm e,
des gesteigerten Atemzeitvolumens u. a. sind immer wieder
Thema in Originalprüfungsfragen, Sie müssen sie daher
auswendig lernen (s. Tab. 6.2).
Sachverzeichnis 99

Sachverzeichnis

A Arteriole. terminale 57 - Orth ost ase 55 CRP (( -reakti ves Protein) 22


Asphyxie 90 - stati scher 56 Cumarinderivate 18
ABO-Syst em 26 Asthma bronchiale 75 - zent ralvenöse r 55 c-Welle 56
Abscheidungsthrombus. wei- Atemäquiva lent 96 Blutdruckamp lit ud e 53
ßer 16 Blutdruckerh öhung
Atemfreq uenz 76
ACE (Angi otensin-Converting- - kurzfristige 60
D
Atemgasfraktionen 78
Enzym e) 61 At emgrenzwert 7 5 - längerfristige 61 Dauerl eistungsgrenze 96
ACE-Hemmer 61 Blutdruckmessung 56 Defibrill atio n 38
Ate mgrößen . dynamisc he 75
acquired immunodefi ciency Atemnotsyndrom 73 Blutdruckreg ulation Dehnu ngs rezepto r (Vorhof) 60
syndrome (AIDS) 24 - kurzfri stige 59 Dekompress ionskrankheit 93
Atemreiz
Adam-Sto kes-Anfall 39 - langfristige 6 1 Deletion. klonale 25
- che mischer 91
ADH (antidiu retisches Hor- - nicht-rückge koppelter 91 Blutdru ckschwankungen. rhyth- Depolari sation 8
mon) 61 mische 54 Diapedese 22
- rückgekoppelte 9 1
afterload 45 Ate mrhythmu s. Ent stehu ng 9 1 Blutdruckse nkung, kurzfri stige 59 Diastole 40
Agammag lobul inäm ie 25 Bluterkra nkheit 17 Diathese. häm orrh agische 19
Atemruhelage 71
Agglomerine 12 Diffusion 2
At emstoß 75 Blutgerinnung 16
Agglutinine 26 - Regulation 18 - Atemgase 80
Ate mvol um ina 72
AIDS (acquire d immunodefi ciency Diffu sionsgeselz. Fick'sches 2
Ate mwegswiderstand. visköse r 74 Blutgrupp en 26
syndrome) 24 Diffu sionskapazität 81
At emze itvolumen 77 Blut-Hirn-Schranke 57
Akkli matisierun g (Atmung) 92 Diffu sionskoeffi zient 2
Ate mze ntrum 90 Blutkörp erchen
Aktionspotenzial - rote 9 - Krog h'scher 80
Ate mzugvolumen 72 . 76
- Herz 29 Diffu sionsrate 2
ATIII (An tithrombin lll ) 18 - we iße 20
- Herzm uskelzelle 30 Dilatation . metabolische 62
Atmung 71. 72 Blutplasma 13
Akute-Phase-Proteine 22 - Höhenatmun g 91 Blutpl ättchen 15 Diureserefiex 60
Alka lose - Regu lation 90 Blutsenkun gsgeschwin dig keit Donnan-Verteilung 8
- respiratori sche 89 Dopple r-Sonografie 57
- Tauchen 92 (BSG ) 13
- Höhena t mung 92 Dromotropie 46
At mungspumpe 56 Blutserum 13
- Übersicht 89 At mungswide rstand 73 Blutsti llu ng 15 Druck
Allergi en 25 - visköser 74 Blutströmung 48. 49 - Filtrat ion 58
Alveolitis. exogen allergische 81 ATPS (Ambient Tempe rature - lam inar/ turbulent 50 - hydrost at ischer
Ambient Temperature Pressu re Pressu re Satu rated) 77 - Messung 67 - intrapu lmonaler 71
Saturated (ATPS) 77 Blutungsneigung. vermehrte 15 - int ra th orakaler 71
Atri ope pt in 61
E-Aminoca pronsäure 19 Ausdauertrain ing 97 Blutun gsze it 19 - kolloid osmotischer (KOD) 14.
Anä mien 11. 12 Austreibungsphase Bl utvolumen 13 58
- immu nhämolyt ische 27 - onkotischer 1
- Arbe it sdiag ramm 43 B-Lymphozyt 24
Anastomose. arteri ovenöse 57 - Systole 40 Body Temperature Pressure Satu- - t ransmura ler 42 . 50
Angina-Pectoris-An fall 45 Aut oregulat ion 62 rated (BPPS) 77 - zent ralvenöser 55
Ang ioten sin 61 AV-Biock 37 Bohr-E ffekt 84 Druckbelastung (Herz)
Angiotensin-Converti ng-Enzyme AV-Knoten 28 Boh r'sche Tot raumformel 78 - akute 45
(ACE) 6 1 a-Welle 56 Bradypnoe 90 - chronische 42
Anionenlücke 13 Axialmigration 50 BSG (Bi ut se nkungsgeschwin- Dru ckpuls 53
ANP (at riales natriu retisches Azidose digkeit) 13 Druck-Volumen-Arbeit (Herz) 44
Peptid) 61 - kombinierte 90 BTPS (Body Temperature Pressure Druck-Volumen-D iagramm
Allspannungsphase (H erz) - metabolische 89 Saturated) 77 (Her z) 43
- Arbeitsdiagram m 43 - respiratorische 89 Bu nsen-Löslichkeit skoeffi zient 82 Ductus
- Systo le 40 Übe rs ich t 89 arteri osus Botalli 69
An tig en D 27
An tikörper 24 c - pe rsisitie render 70
- venosus 69 . 70
- irreg ulärer 27 B C3/CS-Konverta se 22 Dyspnoe 90
An ti körperklasse n 25 Barorezept or 59 Cabrera-Kreis 35
Anti körp ervielfal t 25 base excess 88 Ca rbam ino-Hämog lobin 85
a 2-Antiplasmin 19
E
Basenabweichung 88 Carboa nhydra se 86
An ti port 2 Basenüberschu ss (BE) 88 Ca rri er 2 Effekt . koope rativer 83
An ti t hrombi n 111 (ATIII ) 18 Bayliss-Effekt 49 . 62 CD 3 2 1 Eikosa noide 63
Ao rtenklappenin suffizienz 4 1 ßeatmung, maschinell e 71 CD4 23, 24 Ein sekund enkapazit ät (FEV 1) 75
Aortenklappenste nose 41 BE (Basenü berschuss ) 88 CD8 23 - relative 76
APC-Resistenz 18 Bedsid e-Test 27 Chemorezeptor (Atmu ng) 9 1 Einthoven-Ableitung 34
Apnoe 90 ßeinvenenth rom bose. t iefe 18 Chemosensor (Biutdruckregu- Ein thoven-Dreieck 34
Apnoet auchen 92 ßelastu ngs-EKG 97 lati on) 60 Eisenmangelanämie 11
APZ (antig enpräsentierende Bicarbonat 85 Cheyne -Stokes-Atmung 9 1 Ejekt ionsfraktion 40
Zel le) 23 ßi carbonat konzentratio n. Chronolrop ie 45 EKG (Elektrokardi ogram m ) 32
Arbeit aktu ell e 88 clust er of differe nti at ion 23 Elektrokardi ogra mm (EKG ) 32
- körperli che 93 ßi carbonatkonze nt ration. C02-Bindu ngskurve 86 Elektrokardiographi e 32. 33. 34
- physikali sc he 93 Standard 88 C02-Transport 85 Elektrounfall 31
Arbeitsdiagra mm (Herz) 43 Bica rb onatpuffersystem 87 Cnmpliance Endothel in 1 63
Arbeit smyoka rd . elektrische ßiot-Atm ung 91 - Atmung 76 Endstrecke (Bl utgerinnung) 17
Erreg ung 30 Blu t 9. 10 - Blutgefäß 51 Ent spannu ngsphase (Herz)
Arrhy th m ie Blutdru ck - Lunge 73 - Arbeits diagramm 43
- absolute 38 - arterieller 54 Coi ra nsport 2 - Diastol e 40
- res piratorische 9 1 - Niederdrucksystem 55 ( -reak t ives Protein (CRP) 22 EI'O (Erythropoiet in) 9
100 Sachverzeichnis

Ergametrie 97 - Starling 58 Hinge-Reg ion 24 Kapazitätsgefäß 51


Erh ol ungspulssumme 95 Gewebsmakrophage 2 1 His-Bündel 2g - Nied erdrucksystem 52
Ermüdung 97 Gewebsthromboplastin 17 Histiozyt 21 Kapillare 52
Ermüdungsanstieg 95 Glanzstreifen 28 Histokompatibilitätskomplex 23 - echte 57
Erythroblast 9 Gleichgewicht Hkt (Hämatokrit) 10 - kontinuierlichffenestriertfdis-
Erythropoese 9 - elektrochemisches 4 HLA (h umanes Leukozytenanti- kontinuierlich 57
Erythropoietin (EPO ) 9 - Säure-Base 85 gen) 23 Kapillarsystem 56
Erythrozyt 9 Gleichgewichtspotenzial 4 HMK (hochmolekulares Kinino- Kardioplegie 32
Erythrozytenindizes 10 - Tabelle 4 gen 18 Karotissinussyndrom 60
Erythrozytenparameter 10 Globulinfrakti one n 14 Hochdruck system 52 Katecholamine, Blutdruckregulati-
Eu ler-Liljestrand-Mechanismu s 81 Goldberger-Ableitung 34 Höhenalkalose g2 on 61,63
Eupnoe 90 GPIIb/ llla-Rezeptorkomplex 15 Höhenatmung g1 Kehrwert (Widerstand) 49
Expansion, klonale 24 Gran ula Höhenkrankheit 92 Killerzellen, natürliche 22
Exspiration 71 - Granulozyt 20 Höhenlungenödem g2 Kinine 63
Extrasystole 38 - Thrombozyt 15 Hormon, antid iuretisches Kininogen, hochmoleku lares
- supraventri kuläre (SVES) 38 Gran ulozyt 20 (ADH) 61 (HMK) 18
- ventrikuläre (VES) 38 Grundumsatz 95 Hüfner-Za hl 83 Kirchhoff'sche Gesetze 4g
Ext remitätenableitung (EKG) 34 Hydrogenca rbonat 85 Koagulationsphase (Blutgerin-
Hyperkal iämie, Herz 32 nung) 17
H
F Hyperkalzäm ie, Herz 32 KOD (kol loidosmotischer
Hagema nn-Faktor 18 Hyperkapnie 7g Druck) 14
Fä hraeus-Lindqvist-Effekt 50 Hagen-Poiseuille-Gesetz Hyperpnoe go Kohlenmonoxidvergiftung 85
Fahrradergametrie 97 - Blut 49 Hyperp olarisation 8 Kollaps, orthost atischer 65
Faktor, plättchenaktivierender Haldane-Effekt 86 Hypersensitivitätsreaktionen 25 Komplementkaskade 22
(PAF) 15 Hämagglutination 26 hypertone Lösung 1 Komplementsystem 22
Faktor-V-Leid en 18 Hämatokrit (Hkt) 10 Hyperventilation 7g, go Komp lex, membranangreifender
Fa rad ay-Konstante 4 Hamburger-Sh ift 85 Hypoka liämie, Herz 31 (MAC) 22
FEV1 (Einsekundenkapazität) 75 Hämog lobin 83 Hypokalzämie, Herz 32 Kon taktekzem, al lergisches 26
Fibrin 17 - fetales 83 Hypokapnie 79 Kontinuit ätsgesetz 4g
Fibrinogen 17 - Inaktivierung 85 Hypopnoe 90 Kontraktionsphase (Blutgerin-
Fib rinolyse 18 - oxidiertes 85 Hypoventilation 7g, 90 nung) 17
Fick'sches Diffusionsgesetz 2 Hämog lobi nopathien 83 Hypoxie 82 Kopplung, elektromechanische
- Lunge 80 Hämophilie 17 (H erz) 3 1
Fick'sches Prinzips 67 Hämestase Koronardu rchblutung 47
fight-and-fligh t-reaction 65 - primäre 15 Koronarinsuffizienz 48
Fi ltrationsdruck 58 - sek undäre 16 Immu ng lob ulin 24 Koronarreserve 47
Filtrationskoeffizient 58 Hapten 23 Immunisierung 25 Korotkow-Geräusch 66
Frank-Starling-Mechanismus 44 Hauptstrombah n 57 Immunsystem 20, 21 Krafttra ining gg
FRC (funktionelle Residualkapazi- Haut (Durchblutungsregulati- lndifferenzebene, hydrostati- Kreati nkin ase 94
tät) 72 on) 64 sche 55 Kreat inphosphat g4
Frühgeborenenretinopathie 93 Helium-Einwaschm ethode 72 Indikatormethode (Piasmavolu- Kreis lauf 48, 49, 50
Füllungsphase (Herz) Henderson-Hasselbalch-Giei- men bestimmung) 13 - fetaler 5g
- Arbeitsdiagramm 44 ch ung 87 infant-respiratory distress-syndro- - peripartaler 69
- Diast ole 40 Henry-Dalton-Geset z 82 me (IRDS) 73 Kreislaufschock 68
Füllungsvolumen , enddiastoli- Heparin 18 lnot ropie 31,46 Kreislaufzentrum 59
sches 40 Heri ng-Breuer-Reflex 91 INR (iternational normalized Kreuzprobe 27
Herz 28, 2g , 30 ratio) 1g Krogh 'scher Diffusionskoeffizi-
G - Durchblutung 47 Inspiration 71
Inspirationskapazität 72
ent 80
- Durchblutungsregulation 64 Kug elzellanämie 10
Ganzkö rp erplethysmographie 75 - Lagetyp 35 In suffizienz, venöse 56 Kussmau latmung g 1
Gap jun ctio n 3 - Stoffwechsel 48 Integra lvektor 32
- Herz 28 - vegatative Ste uerung 46 Interferon e 22
Gasaustau sch (Lunge) 80 Herzachse, elek tri sche 34 ln terleuk ine (Tabelle) 23
L
Gaskonstante. allgemeine Herzaktion, Ablauf 40 international normalized ratio Lactat g4
Gauer-Henry-Reflex 60 Herzgeräusche 42 (INR) 19 Lagetyp (Herz) 35
Gedächtn iszelle 21 Herzinfarkt 38 Inzisur (Druckpuls) 53 Laplace-Gesetz 42
Gehirndurchb lutung 64 Herzinsuffizienz 43 Ion enflu ss (Membran) 6 Laufbandergom eter 97
Gerinnung, plasmatische 16 Herzklappen 41 lonenkonzentrati on, durchschnit t- Leistung
Gerin nungsfaktoren 16 - Ausku ltationsstellen 42 liche 3 - körperliche
Gerin nungskaskade 16 Herzmechan ik 39 lonenverteilung, intra-/extrazel- - Atmungsanpassung 95
Gerinnungstests 19 Herzm uskelzelle lulär 3 - Herz-Kreislauf-Anpassu ng 94
Gerinnung szeit 19 Aktionspotenzial 30 IRDS (infant-respiratory distress- - physikalische 93
Gesamtpufferbasenkonzentra- - elektrom echanische Kopp- syndrome 73 Leistungsdiagno st ik g7
t ion 88 lu ng 3 1 Isoagg lu t inine 26 Leistungsfähigkeit g5
Gesamtwiderstand, tota ler peri- - Refraktärzeit 30 isotone Lösung 1 Leistungsphysiologie 93
pherer (TPR) 52 Herzrhythmus 37 Leitfähigkeit (Membran) 5
Gese tz Herzrhythmusstörungen 37 - frakti oneil e 7
K
- Fick'sches Diffusionsgesetz Herzschlagvolumen 67 Leukopenie 20
- Lunge 2, 80 Herzstill stand 38 Kalli krein 17 Leukozyt 20
- Hagen-Poiseuille Herztöne 41 Kältebela stung 66 Leukozytenant igen. humanes
- Atmung 75 Herzzei tvolumen 67 Kamm erflimm ern 38 (HLA) 23
- Blut 49 Herzzyklus Kamm er-Schenkel 29 Leukozytose 20
- Henry-Dalton 82 - mechanische Phasen 3g Kanalprotein 2 Links-Rec hts-Shunt (Kreislaufum-
- Ki rchhoff'sches 4g - Phase n im EKG 33 Kapazität (Atemvolu men) 72 stellung) 70
- Ohm'sches 48
Sachverzeichnis 101

Linksverschiebung (Sauerstoffbin- 0 Pulswelle 52 Schockindex 68


dungskurve) 84 Pulswellengeschwindigkeit 53 Schrittmacherzellen (Herz) 29
Löslichkeitskoeffizient 82 Ödem (Entstehung) 58 Purkinje-Fasern 29 - Aktionspotenzial 29
L-Typ-Ca2+-Kanal 30 Ohm'sches Gesetz 48 Purpura, idiopathische thrombo- SERCA-2il 46
Luft, Zusammensetzung 77 Organdurchblutung 61 zytopenische 15 Serumelektrophorese 14
Lunge - nerva le Regulation 63 P-Welle 33 Shunt-Gefäß 52
- Aufbau 76 Orthopnoe 90 Shunt-Verbindungen {Lunge) 82
Orthostase 65
- Durchblutungsregulation 63
Osmolalität 1
Q Sichelzellanämie 10, 83
Lungendurchblutung 81 Sinusknoten 28
Lungenembolie 49. 82 - Blutplasma 13 QRS-Komplex 33 Sinusrhythmus 37
Lungenperfusion 81 Osmolarit 1 QT-Intervall 33 Skelet tmuskulatur (Durchblu-
Lymphozyt 21 Osmose 1 Quick-Test 19 tung) 64
Lymphsystem 59 Oxygenierung 83 Quotient, respiratorischer (RQ) 80 Sofortreaktion, allergische 25
Lysozym 22 Q-Zacke 33 Solvent drag 2
p Spannungspneumothorax 74

M PAF (plättchenaktivierender
R Spättypreaktion 26
Sphinkter-Gefäß 52
MAC (membrane attack kom - Faktor) 15 Reaktion. zytotoxische 26 Sphinkter, präkapillarer 57
plex) 22 Partialdruck 77 Rechtsverschiebung (Sauerstoff- Spirogramm 72
Major-Test 27 - Atemluft 78 bindungskurve) 84 Splanchnikuskreislauf 64
Maxima - C02, alveolärer 79 Reentry 38 Spontandepolarisation, diastoli-
- isotone (isobare) 44 - Sauerstoff, alveolärer 78 Reflexionskoeffizient 1 sche 29
- isovolumetrische 44 Pause, kompensatorische 38 Refraktärzeit (Herz) 30 Standard bica rbon at konzentrati-
MCHC (mean corpuscular hemo- Peak-flow (Atmung) 75 Rekombination, somatische 25 on 88
globin concentration) 10 Peptid, atriales natriuretisches Renin 61 Standard Temperature Pressure
MCH (mean corpuscular hemoglo- (ANP) 61 Renin-Angiotensin-Aidosteron- Dry (STPD) 77
bin) 10 Permeabilität (Membran) 6 System 61 Starling-Gesetz 58
MCV (mean corpuscular volu- PF3 ( Plättchenfaktor 3) 15 Repo larisationsschleife 33 Stickstoff-Auswaschmethode 72
me) 10 Phagozytensystem, mononukle- Reservevolumen, inspiratorisches/ Stickstoffmonoxid (NO) 15, 62
mean corpuscular hemoglobin äres 21 exspiratorisches 72 STPD (Standard Temperature
concentration {MCHC) 10 Phagozytose 22 Residualkapazi tät , funktionell e Pressure Dry) 77
mean corpuscular hemoglobin Phäochromozytom 61 (FRC) 72 Streptokinase 18
(MHC) 10 Phlebothrombose 18 Residualvolumen 72 , 76 Strom bahn, terminale 57
mean corpuscular volume Phosphatpuffersystem 87 Resistance (Atmung) 74 Strompuls 54
(MCV) 10 pH-Wert RES (retikuloendot heliales Sys- Stromstärke, Blut 48
Megakaryozyt 15 - Blut 87 tem) 21 Strömung, laminar/turbulent 50
Membran - Regulation 87 Re stvolumen, enddiastolisches 40 Strömungsgeschwindigkeit 48
- Leitfähigkeit 6 Plasma 13 Retikulozyt 9 Strömungswiderstand
- semipermeable Plasmaproteine 13 Retraktionsphase (Blutg erin- - At mung 74
Membranpotenzial Plasmavolumen 13 nung) 18 - Blut 48
- Berechnung 6 Plasmazelle 24 Reynold s-Zahl 50 Stromwelle 52
- Nernst-Gieichung 4 Plasmin 18 - Strompu ls 54 ST-Strecke 33
Metarteriole 57 Plasminogen 18 Rezeptor, kardiapu lmona ler 60 Summationsvektor 32
Methämoglobin 85 Plateauphase (Aktionspotenzial Rhe susinkompatibilität 27 Surfactant 73
Methämoglobinämie 85 Herz) 30 Rh esussystem 27 SVES (supraventrikuläre Extrasys-
MetHb-Reduktase 85 Plättchenfaktor 3 (PF3) 15 Riva-Rocci 65 tol e) 38
Plazenta 69 RQ (respiratorisch er Quotient) 80
MHC-Komplex 23 Symport 2
MHC-Restriktion 23 Pneumothorax 74 Rückstrom. venöser 56 Synkope, vago-vasal e 60
Polycythaemia vera 10 Ruhedehnungskurve
Mikrozirkulation 56 Synzytium , fuktion elles 28
Polyglobulie 10 - Atemapp arat 73
Minor-Test 27 System, retikulo endotheliales
Mitteldruck, arterieller 53 Potenzial, elektrochemisches 6 Ruh epotenzial (RES) 21
- bei körperlicher Leistung 95 PQ-Intervall 33 - Bere chnung 6 Systole 40
PQ-Strecke 33 - Herzmuskelzelle 30
Mobitz I und II 37
Präerythroblast 9 R-Zacke 33
Monozyt 21
Morbus hämolyticus neonato- Prägung (Lymphozyt ) 2 1 T
rum 27 Präkal likrei n 17
preload 44
s Tachypnoe 90
Tauchen 92
Muskelaktivität 93
Pressarezepter 59 Sauerstoffbedarf, aktiver Mus- Tawa ra-Sc hen kel 29
Muskelpumpe 56
Presserezeptorenreflex 60 kel 94 Thalassäm ie 10. 83
Muskulatur
Prinzip , Fick'sches 67 Sa uerstoff-Bindungskapazität 83 T-Helferzelle 21, 24
- Durchblutung 94
Pro liferation , klon ale 21 Sa uerstoffbindung skurve Thorakalatmung 7 1
Myeloperoxidase 20
Prostacyclin 1 5 - Hämoglobin 83 Thrombin 17
Prostag landine 63 - Myoglobin 83 Thrombinzeit 19
N Prost agl and in I 1 5 Sa uerstoffpart ialdruck. alveolä- Thro mboseprophylaxe 18
Nachlast 45 Protamin sulfat 18 rer 78 Thrombosthenin 18
Na +-K +-ATPase 2 Proteinatpuffersy stem 87 Sau erstoffschuld 96 Thromboxan A2 15
Nern st-Gieichung 4 Protein-C/5-System 18 Sä ure-Basen-Gleichgewi cht 86 Thrombozyt 15
Nestschutz 25 Prothro moin 17 - Störun gen 89 - lnhaltstoffe. Tabelle 16
Niederdru cksyste m 55 Prothro mbinze it 19 Sc henkeloloc k 39 Thrornbozytenakt ivi erun g 15
Ni erendurchblutung 64 PTT (portiell e Thrombopl astin- Sc hn orcheln 92 Thro mbozytapathi e 15
Norm obl ast 9 ze it) 19 Sc hock 68 Thro mo ozytopenie 15
Normovolämie 9 Pufferka pazitä t 87 - anaphylakti sc her 68 Tiefenrausch 93
Puffersystem e 87 - All ergie 26 Tieft auchen 92
NO (Sticksto flm o noxid 62
Pulslaufstrecke 53 - neuroge ner 63 , 68 Tifte nea u-Test 7 5
Nullzelle 22
Pulslaufze it 53 - se ptischer 68
102 Sachverzeichnis

Tight-junctions-Epithel 57 u Ventrikelfunktionskurve 45 VP (Ventilations-Perfusions-Quo-


tissue plasminogen activator Ventrikelschleife 33 t ien t 81
(tPA) 18 U-Kurve 44 VES (ventrikuläre Extrasystole) 38 vWF (von Willebrand-Faktor) 15
T-Lymphozyt 23 Unterst ützungsmaxima 44 Virchow-Trias 18
Urokinase 18
Tonizität 1
Totalkapazität (Atemvolumen) 72 U-Welle 33
Viskosität 50
- apparente 50
w
Totraum 77 - Hagen-Poise uille 49 Wandschubspannung 50
Totr<J umform el, Bohr'sche 78 V Vitalkapazität 72, 76 Wandspannung 42, 51
Totraumventilation 77 Vitamin-K-Antagonisten 18 Wärmebelastung 66
Va lsa lva-P re ssversuch 60
Totra umvolum en 77 Volumenbelastung Wasserdiffusion 1
van't Hoff 1
tPA (tissue plas minog en <Jctiv<J- - akute 44 Weg, extrin sicherj intrinsischer 17
Vasokonstriktion, hypoxi sehe 64,
tor) 18 - chro ni sche 43 Welle, dikrote 53
81
TPR (total peripher<JI re sis- Volumenelastizitätskoeffizient 51 Widerstand
Vektorschleife 32
tance) 52 Volumenelastizitätsmodul 51 - Atmung 73
Vektortheorie 32
Traini ng 97 Volumenverschiebung - Ström ung 48
Venendruck, ze ntraler (ZVD) 55
Tranexemsäu re 19 - Osmose 1 Widerstandsgefäß 5 1
Venenklappe 56
Tran sferrin sättigung 10 von-Willebrand-Faktor (vWF) 15 Windkesselgefäß 51
- Anämie 11 Venenpulskurve 56
von-Willebrand-Jürgens-Syn-
Ventilation 77
Tr<Jnsport 2, 3
T-Welle 33 - alveoläre 78
drom 20 z
Vorhof-Dehnungs-Reflex 60
- Tot raum 77 Zelle, antigenpräsentierende
T-Zelle, zyt otoxische 21, 23 Vorhofflattern 38
T-Zeii-Rezeptor (TZR) 23 Ventilations-Perfusions-Quotient (APZ) 23
Vorhoffilimmern 38
TZR (T-Zeii-Rezeptor) 23 (VP) 8 1 ZVD (ze ntraler Venendruck) 55
Vorhofkon trakti on 40
Ventilationsstörungen 76 Zwerchfellatmung 71
Vorhofschleife 33
Ventilebenenmechanismus
Vorhofseptumdefekt 70
- Venenpulskurve 56
Vorlast 44
- Ventrikelfüllung 40
Die letzte Seite ... ---------

2 3 Waagerecht:
1
:--- - 2 Abgre nzu ng zwischen Zellkompartimenten
6 Lungenraum, der nicht am Gasa usta usch
6
- 8 bete il igt ist 8 mean corp uscul ar vo lume (Abk.)
4 9 genetisch identische Organismen (Einza hl )
r---- -
10 EKG-Ab leitung nach ... 12 programmierter
Zelltod 16 Zelle im Kleinhi rn oder Faser im
9 10 11
8 lG """'
'--
Herzen 18 major histocompatibility complex
(Abk .) 19 zellfreier Blutanteil 21 Syndrom
Frühgeborener bei mangelnder Surfactantbil-
f--- r---- 12 dung (Abk.) 23 Vorstufe eines Gerinn ungsfak-
tors 24 eine vasoaktive Substanz (chemisches
f--- r----
Zeichen) 25 Lungenbläschen
f-- r---- - ,----- r----
Senkrecht:
f-- r---- - - r------- 1 Immunglobulin 3 AO ist die bezichnung für
eine ... 4 Sauerstofftransporter im Erythro-
- f--- - - -
15
zyten 5 Änderung des Membranpotenzials
f--- f----- 7 Zentraler Venendruck (Abk.) 11 kreisende
16 17
3 Erregung im Herzen 13 Gerinnungstest
18 14 T-Zeii-Rezeptor (Abk.) 15 Volumenantei l
6 aller Blutzell en am Gesamtblutvo lumen 17
19 20 r------- Hormon, welches die Blutbild ung stimul iert
Q (Abk.) 20 zu geringe Konzentration an Hämo-
f------- f-------
globin 22 Kurzschlussverbind ung zwischen
r---- 1- r--- zwei Gefäßen oder Ko mpartimenten
21 22

r---- r---- f-------

23 r----
I
Senden Sie uns das Lösungswort über
24
das Formular auf der lnternetseite:
r---- 25 www.thieme.de/endspurt
'-----
Zum 31.1. und zum 31.7. eines Jahres
verlosen wir jeweils 5 Thieme-Buchgut-
Lösungswort: scheine im Wert von je 50,- Euro unter
allen korrekten Einsendungen aus den
Endspurt-Rätseln .

APROPOS
Bei einer Bergetappe der Tour de France verbra ucht ein
Radprofi mehr als 8 00 0 kcal. Das entspricht etwa dem
Vierfachen des durchschnittl ichen Tagesbed ar fsan
Kalorien ein es Erwachse nen . Aber auch de n Kalori en·
verbrauc h des Gehirns so ll te man nicht untersc hätzen.
Für den .,normalen Betrieb" sind etwa 20 % des tägli chen
Gesam tk alorie nbedarfs notwend ig. Bei ang est rengte m
Denken wird dieser Verbrauch allerdings nicht signifikant
höher. lernen ist also leider keine Rechtfertigung für
e rhöh te n Schoko laden kon sum.

RELAX-TIPP !
Wer während des Lern ens nicht auf Schokolade
ve rzich ten möchte, sollte auf Bitterschokolade
mit einem hohen Kakaoa nteil zurückgreifen. Sie
enthält wen iger Zucker als herkömmliche Scho-
ko lade und es gibt Hinweise darauf, dass de r
Verzehr durch den hohen Antei l an Flavonoiden
vor Erkrankung en des Herz-Kreislauf-Systems
schützt. Eine gute Sache, wenn man sowieso
"O.K. Das Ding ist jetzt drin. Es tröp felt eine glasklare Flüssigkeit raus.
schon ges tress t ist .
Wa s mach ich als Nö chstes?"

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