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M . Harmann, M. A.

Pabst, Dohr

Zytologi~, Histolog•e und


Mlkroskl>pische Anatomie
licht- und elektronenmlkroslcoplscher Bildatlas

lnld. Obungs-DVD
Zytologie, H1stologte und Mikroskopische Anatomte
Institut fOr Zellblolog1e, Histologie und Embryologie
Medizinische Universität Graz

Der Bildatlas 1st e1n interaktives Lernprogrammtor Studentinnen der Med1zm. MedtZ•msch Technische
Analytikertnnen und Ätztlnnen.

Oie lichtmikroskopischen Aufnahmen stammen b1s auf wenige Ausnahmen von Hämatoxy1m-Eosin (H.E.}-
gefärbten Präparaten. Angegebene VergrOßerungen beziehen sich auf das zur Aufnahme verwendete Objektiv.

Autorinnen

' Mlchaele Hartmann


Mana-Anna Pabst
Gottfried Oohr

Technische Assistenz
Rudo4f Schmied
Hans-Chnshan Caluba

Wir danken Astrid Blaschitz, Elisabeth Bock , lrmgard Ghassempur, Sabine Richter und Margarethe Wagnertor
d1e Anfertigung der histologischen Präparate sowte Herrn Ao Univ -Prof. Or. Albert WOfler (Universitatskbnik tor
Innere MediZin, Klinische Abtedung fOr Hämatolog18) fur dl8 BereitStellung der Knochenmaf1(sausstnche

Allen Menschen. deren Gewebe zur Herstellung histologischer Präparate verwendet wurde, danken Wir
respektvoll.

Systemvoraussetzungen

IBM-kompatibler PC mit Pentium II Prozessor ab 400 Mhz ab Windows 95


64MBRam
24 lach CO-Rom und OVO Laufwerk
VGA-Monitor, AuflOsung 800x600 (High Color, 16 Bit)
Maus

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Keine Haftung fOr Folgeschäden: Der Hersteller d ieser CDs und DVD haftet keinesfalls für d irekte oder
Indirekte Schäden , gleich welcher Art, welche durch die Anwendung dieses Programms entstehen
können.
M. Hartmann, M.A. Pabst, G. Dohr
R. Schmied, H.-C. Caluba

Zytologie, Histologie und


Mikroskopische Anatomie

Licht- und elektronenmikroskopischer Bildatlas

5., überarbeitete Auflage

inkl. Übungs-DVD

facultas.wuv
Autorlnnen:
Ass.-Prof. Dr. med.univ. Mic haele Hartmann
Univ.-Prof. i.R Mag. Dr. rer.nat. Maria-Anna Pabst
0. Univ.-Prof. Dr. med.univ. Gottfried Dohr

Technische Assistenz:
Rudolf Schmied, BMA
Hans-Christlan Caluba (ehem. Mitarbeiter)

Institut für Zellb1olog1e, Histologie und Embryologie, Medizmische Universität Graz

B1bhografische Information der Deutschen Nallonalblbhothek

D1e Deutsche Nallonalb1bliothek verzeichnet d1ese Pubhkalion '" der Deutschen Nahonalblbliografie,
detaillierte bibliografische Daten s1nd 1m Internetuber hhp1/dnb d-nb de abrufbar

5 , Oberarbettete Auflage 2011


Copynght Cl 2002 Hartmannet al., lnst1tut fur H1stolog1e und Embryolog•e. Ka~-Franzens-Un1versttat Graz
Alle Rechte. Insbesondere das Recht der Verv1elfältJgung und der Verbrettung
sowie das Recht der Übersetzung, stnd vorbehalten.
Druck Facultas Ve~ags- und Buchhandels AG
CD-Rom-ProduktiOn d1scexpress W1en
Pnnted 1n Austna
ISBN 978-3 7089-0682-9
Seite 1

ZYTOLOGIE 5
1 Zelle 5
1.1.Zellmembranen 5
1.2.0berflächend ifferenzierungen 6
1.2.1 Mikroplicae 6
1.2.2 Mikrovilli 6
1.2.3 Stereozilien 7
1.2.4 Kinozilien 7
1.2.5 Geißel 8
1.2.6. Crusta 9
1.2.7. Vergrößerungen derbasolateralen Membranoberfläche 9
1.3 Zytoskelett 9
1.31 Aktinfilamente 9
1.3.2 Mikrotubuli 9
1.3.3 Zentrosom, Zentriol 10
1.3.4 Intermediärfilamente 10
1.4 Zellkontakte 11
1.4.1 Haftkontakte 11
1.4 2 Verschlusskontakte 12
1.4 3 Kommunikationskontakte 13
1.5. Zellorganellen 13
1.5.1 Mrtochondrien 13
1.5.2 Endoplasmatisches Retikulum und Ribosomen 14
1.5.3 Golgi-Apparat 15
1.5.4 Lysosomen 16
1.5.5 Peroxisomen 16
1.6 Transportprozesse 17
1.6 1 Endozytose 17
1.6 2 Exozytose 17
1.6 3 Transzytose 18
1.7 Zytosol 18
1.7.1 Glykogenpartikel 18
1.7.2 Lipidtropfen 18
1.7.3 Eiweißkristalle 18
1.7.4 Pigmente 19
1.7 5 Proteasomen 19
1.8 Zellkern 20
1.9 Zelltod 22
HISTOLOGIE und MIKROSKOPISCHE ANATOMIE
GEWEBE und ORGANE 23
2 Epithelgewebe 23
2.1 Oberflächenepithel 24
2.1 1 einschichtige Eprthelien 24
2 .1.2 mehrschichtige Epithelien 25
2 1.3 Übergangsepithel (Urothel) 27
2.2 Dniseneprthei!Drusen 27
2.2.1 exoknne Drüsen 27
2.2.2 endokrrne Drüsen 31
3 Binde- und Stützgewebe 32
3.1 Bindegewebe 32
3.1 1 Bauelemente des lockeren kollagenen Bindegewebes 32
3.1 2 Brndegewebsformen 35
3.2. Knorpelgewebe 38

r.> Hartmann er al lnst•lut fur Zellb•olog•e. H1s1olog•e und Embryotog•e. Med•z•msche Umvers•tat Graz
Seite 2

3.2.1 Hyaliner Knorpel 38


3.2.2 Elastischer Knorpel 39
3.2.3 Faserknorpel 39
3.3. Knochengewebe 39
3.3.1 Geflechtknochen (Faserknochen) 40
3.3.2 Lamellenknochen 40
3.3.3 Knochenbildung 41
4 Muskelgewebe 45
4.1 Skelettmuskulatur 45
4.2 Glatte Muskulatur 47
4.3 Herzmuskulatur 48
5 Herz 48
6 Nervengewebe 50
6.1 Nervenzellen (Neurone) 50
6.2 Gliazellen 52
7 Nervensystem 54
7.1 PNS 55
7.1.1 Nerven 55
7.1.2 Ganglien 56
7.2 ZNS 57
7 .2.1 Rückenmark 57
7.2.2 Großhirn 58
7.2.3 Kleinhirn 59
7.2.4 Hirnhäute 60
8 Blutgefäße und Lymphgefäße 60
9 Blut und Blutbildung 63
9.1 Blutausstrich 63
9.2 Knochenmark 64
9.2.1 Knochenmarksausstrich 64
10 Lymphatische Organe 66
10.1 Tonsillen 67
10.1.1 Tonsilla palatine 67
10.2 Lymphknoten 68
10.3 Milz 69
10.4 Thymus 71
11 Endokrine Organe 72
11 .1 Hypophyse 72
11 .2 Epiphyse 74
11 .3 Schilddrüse 74
11.4 Epithelkörperchen 75
11 .5 Nebenniere 76
12 Respirationstrakt 77
12 1 Nasenhöhle 78
12.2 Rachen 79
12.3 Kehlkopf 79
12.4 Trachea 80
12.5 Lunge 80
13 Harntrakt 82
13 1 Niere 83
13 2 Ablettende Harnwege 87
13 2.1 Ureter 87
13.2.2 Harnblase 88
13.2.3 Urethra 88

Cl Hartmann et al lnstolUI fur ZeDboolog1e, H1slolog e und Embryologoe. MediZiniSche Umversrtal Graz
Seite 3

14 Männliche Geschlechtsorgane 89
14.1 Hoden 90
14.2 Nebenhoden 93
14.3 Ductus deferens 94
14.4 Samenblase 94
14.5 Prostata 95
14.6 Penis 96
15 Weibliche Geschlechtsorgane 97
15.1 Ovar 97
15.2 Tuba uterina 101
15.3 Uterus 102
15.4 Vagina 104
16 Plazenta 104
16.1 Bauelemente der Plazenta 105
16.2 Reife Plazenta 106
16.3 Nabelstrang 108
17 Verdauungstrakt 109
17.1 Mundhöhle 109
17 .1.1 Speicheldrüsen 109
17.1.2 Zunge 110
17.1 .3 Gaumen 112
17 .1.4 Zahne 11 2
17.2 Ösophagus und Magen-Darmkanal 11 5
17.2 1 Ösophagus 117
17.2.2 Magen 117
17.2 3 Dünndarm 120
17.2.4 Dickdarm 123
17.3 Pankreas 124
17.4 Leber und Gallenblase 125
18 Haut und Hautanhangsgebilde 128
18.1 Haut 128
18.2 Hautanhangsgebilde 130
18.2.1 Schweißdrüsen 130
18.2.2 Duftdrüsen 130
18.2.3 Talgdrüsen 130
18.2.4 Brustdrüsen 131
18.2 5 Haare 132
18.3 Differenzialdiagnose verschiedener Hautpräparate 134
19 Augenlid und Auge 135
19.1 Augenlid 135
19.2 Auge 136

Anmerkungen·

01e Abbildungen m der vorhegenden Broschure smd nur e•ne Auswahl von Blidem. die m der C01 und C02 enthal-
ten s1nd

Allen Menschen. deren Gewebe zur Herstellung h1stolog1scher Präparate verwendet wurde. danken wir respektvoll

~ Hartmann et al. , lnst•tut fur Zellbtolog•e. H•stolog•e und Embryologie Mediz•n•sche UnrverSitat Graz
Seite 5

ZYTOLOGIE

1 Zelle
Eine Zelle besteht aus einem Zellleib (Zytoplasma) und einem Zellkern. Das Zytoplasma bein-
haltet das Zytosol, Zellorganellen und das Zytoskelett. Der Zellleib ist von der Zellmembran
(Piasmamembran) umgeben, der Zellkern von der Kernmembran.

1.1 Zellmembranen

Jede Zelle wird an ihrer Oberfläche durch eine Zellmembran (Piasmamembran, Plasmalemm)
begrenzt. Diese besteht im Wesentlichen aus polaren Lipiden (hauptsächlich Phospholipiden)
und Protemen.

Phospholipidmoleküle bilden eme flexible Doppelschicht, wobei die hydrophilen Anteile der
Moleküle nach außen weisen, während ihr jeweiliger hydrophober Molekülanteil das Innere der
Doppelschicht bildet. Diese Lipid-Doppelschicht bildet die Grundstruktur von biologischen
Membranen. Sie muss flexibel sein, sich zum Beispiel Formveränderungen der Zelle anpassen
können. Dazu müssen dte Lipidmoleküle innerhalb threr Ebene beweglich sem (Fluidität der
Btomembranen). Cholesterinmoleküle innerhalb der Membran vermindern diese Fluidität, sie
dienen der Verfestigung, Versteifung der Membran.
ln die Lipid-Doppelschicht stnd Proteme eingelagert. Ein Teil der Proteine reicht durch die Lipid-
Doppelschicht hmdurch (integrale Membranproteme), andere sind der Lipidschicht angelagert
(penphere Membranprotetne). Die Membranproteine sind für die metsten Funkttonen der
Membran verantwortlich. Sie fungieren als Strukturproteme, Enzyme, Kanäle, Transporter,
Pumpen und als Rezeptoren (z.B. Endozytoserezeptoren. Hormonrezeptoren,
Neurotransmitterrezeptoren, lmmunrezeptoren).

Die Glykokalix ist Bestandteil der Plasmamembran. Glykolipide in der äußeren Ltpidschtcht tra-
gen an ihrem nach außen weisenden Ende Zuckerketten, Oligosaccharide. Ebenso besitzen
manche der integralen Membranproteine Zuckerketten (Glykoproteine, Proteoglykane), mit
denen sie über die äußere Lipidsehtchi hinausragen können. Dte Gesamtheit aller dteser
Zuckerketten an der äußeren Oberfläche der Plasmamembran wird als Glykokalix bezeichnet
und 1st für jede Zellart charakteristisch.

Neben der Zellmembran an der Oberfläche sind auch 1m Inneren der Zelle derartige Membranen
vorhanden, die den Zellkern und eintge Zellorganellen (z.B. Mttochondrien, endoplasmatisches
Retikulum, Golgi-Apparat, Lysosomen, Peroxtsomen) begrenzen Durch diese Membranen wer-
den in der Zelle verschiedene Reakttonsräume oder Kompartimente geschaffen.

Darstellung der Zellmembran


Bet der Fixterung von Zellen mit Osmiumtetroxid steht man dte Ltpiddoppelschtcht tn
Ultradünnschmtten 1m Transmissionselektronenmikroskop (bei starken Vergrößerungen) als zwei
elektronendichte, dunkle Linien, die durch eine dazwischen liegende helle Zone voneinander
getrennt smd (Abb. 1) Die Glykokalix erschetnt in solchen elektronenmikroskopischen
SchmUbildern als filzarttge Auflagerung an der Außensatte der Zellmembran.
Im Gefnerätzpräparat steht man dte Membranproteine als kleine, meist punktförmige
Erhebungen aus der Lipidschicht herausragen.

COI Hartmann et al • tnst11Ul fur Zellb10log1e, H1stolog1e und Embryologie, Med12on1sche Unlversltat Graz
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Dte lichtmikroskopisch stehtbare Zellmembran ist ein Artefakt der Histotechnik. Dteser entsteht
dadurch, dass sich Proteine des Zytoplasmas an die Membran anlagern und sie dadurch deutli-
cher erscheinen lassen.

1.2 Oberflächendifferenzierungen

Jede Körperzelle hat speztfische Aufgaben zu erfüllen. tntt mit threm Umfeld - m1t anderen
Zellen und mit dem Extrazellulärraum- in Wechselbeziehung, und besitzt dazu (neben ihrer
Ausstattung mit bestimmten Rezeptoren und Kanalproteinen) speziell d1fferenz1erte Strukturen
an ihrer Oberfläche.
Viele Zellen sind polar dtfferenziert, msbesondere tnfft dtes auf Epithelzellen zu. An diesen
Zellen kann ein apikaler von emem basalen Pol unterschteden werden.
An den jeweiligen Bereichen der Oberflächenmembran (apikal, lateral und basal) finden sich
unterschiedliche Differenzierungen

1.2.1 Mikroplicae
sind kleine faltenförmige Aufwertungen der Oberflächenmembran. die - wie Mikrovilli -
Aktinfilamente enthalten und der Oberflächenvergrößerung dienen

1.2.2 Mikrovilli
sind etwa 0,1 IJm dtcke, fingerförmige. 1-2 IJm lange Fortsätze an der aptkalen Zelloberfläche.
die ebenfalls der Vergrößerung der Zelloberfläche dienen. Sie besitzen etn inneres Stützgerüst
aus Aktinfilamenten. (Abb. 1)
ln kleiner Anzahl finden Steh Mikrovtlli bei unterschiedlichen Zellarten, w1e zum Beisptel bei
Endothelzellen, Lymphozyten oder Leberzellen. Manche dteser Mtkrovtlli stnd mogllcherwetse
nur temporär vorhandene Strukturen. Bei Zellen, die vorrangtg 1m Dienste der Resorption stehen
- Darmepithelzellen, Epithelzellen des Tubulus proximalis der Niere-, bilden Mikrovilli einen
dtchten Rasen an der Zelloberfläche. 1n der Lichtmikroskopie als BOrstensaum bezetchnet
Diese Mtkrovllli bes1tzen em 1nneres Stützskelett aus Aktmfilamentbundeln, dte von der Spttze
der Mikrovilli bis in den apikalen Zytoplasmabereich retchen und hier 1n emem Filamentnetz
(Terminal web) verankert sind.

Ci Hartmann el al , lnslllul fur Zetlb!Oiog1e. H1Stologoe und Embryologoe MediZiniSChe Un•verSilal Graz
Seite 7

ln die vergrößerte Oberflächenmembran dieser Zellen sind für spezifische Resorptionsprozesse


verschiedene Enzyme und Transportproleine eingebaut. Im Gefrierbruchpräparal treten sie als
kleine Partikel in Erscheinung.
An der Mtkrovilhmembran tsl eine besonders deutlich ausgebildete Glykokalix vorhanden.

1.2.3 Stereozilien
sind ebenfalls fingerförmige, 0,2 ~m dicke und bis zu 10 ~m lange Fortsätze und besitzen - wie
Mikrovilh- ein Btnnengerüst aus Akllnfilamenten.
Samenweg-Stereozilien kommen an der apikalen Oberfläche der Epithelzellen des Ductus epidi-
dymidis und am Beginn des Ductus deferens vor.
Sie bilden häufig Büschel, die aus einem gemeinsamen Sockel kommen können. Büschel sol-
cher Stereozilien sind lichtmikroskopisch zu sehen.

Innenohr-Stereozilien an Sinneszellen (Haarzellen) des Innenohres sind steife Stereozilien. Sie


besitzen ein Skelett aus auffallend vielen, dicht gepackten Aktinfilamenten, die in einer soge-
nannten Kutikularplatte (entspricht dem Terminal web bei Epithelzellen) verankert sind. Sie sind
sowohl am Hörvorgang als auch an der Funktion des Gleichgewichtsorgans beteiligt

1.2.4 Kinozilien (.,Flimmerhärchen")


sind etwa 0,25 ~m dicke, bis 5 ~m lange, wimpernförmige Zellfortsätze. die mit einem axialen
Mikrotubulus-Dynein-Bewegungsapparat schlagende Bewegungen ausführen können
Epithelzellen mit vielen Kmozilien an der apikalen Oberfläche (Abb. 2) werden als Flimmerzellen
bezeichnet. Sie kommen im Epithel der Atemwege, des Eileiters und der Ductuli efferentes des
Nebenhodens vor. Jeweils ein Kinozilium ist an den Sinneszellen des Gleichgewichtsorgans im
Innenohr vorhanden.
Dte Bewegung eines Kinoziliums besteht aus einem raschen Schlag und einer langsamen
Rückholbewegung. Alle Kinozilien einer Zelle bzw. eines Zellverbandes schlagen rhythmisch in
einer genetisch festgelegten Richtung, die Schläge erfolgen koordiniert nacheinander,
metachron.

Der Bewegungsapparat einer Kinoztlie wird aus Mtkrotubult und dem Motorprotein Dynein gebil-
det. Das Mikrotubulussystem im Inneren einer Kinozilie besteht aus einer zylinderförmigen
Anordnung von 9 Mikrotubulus-Paaren (Doubletten) und 2 zentral gelegenen Einzeltubuli
(9x2plus2-Struktur). Bei den Doubletten ist jeweils ein Mikrotubulus mit 13 Prolofilamenten voll-
ständig ausgebildet: A-Tubulus. Der zweite, 8-Tubulus, ist mit 11 Prolofilamenten inkomplett und
mit dem A-Tubulus verbunden.

Das Mikrotubulusgerüst der Kinozilie ist aus dem knapp unterhalb der Basis der Kinozilie im api-
kalen Zytoplasma gelegenen Kinetosom ausgewachsen. Ein Kinetosom (Basalkörperchen) ist
aufgebaut wie ein Zentriol, zylinderförmig, mit einer Wand bestehend aus 9 längsver1aufenden
M1krotubulus-Tripletten, wobet jeweils eme Tnplette aus emem kompletten A-Tubulus, einem
inkompletten B-Tubulus und eineminkompletten C-Tubulus besteht (9x3-Struktur).
Die 9 Mikrotubulusdoubletten der Kinozilie sind jeweils Fortsetzungen der A- und B-Tubuli des
zugehörigen Kinetosoms

D1e Bewegung von Kmozilien erfolgt durch Gleitbewegungen zwischen benachbarten


Tubulusdoubletten, die durch das Motorprotein Dynein verursacht werden. An jedem A-Tubulus
sind .Dyneinarme" befestigt, die- unter Spaltung von ATP- an den B-Tubuli der jeweils
benachbarten Doublette Richtung Basts der Kinozilie entlangwandern, wodurch Doubletten
gegenemander ,gleiten". Da die M1krotubulus-Doubletten der Kinozilie jedoch nicht frei beweg-
lich, sondern mit den M1krotubuli des Kinetosoms verbunden sind, wird aus der Gleitbewegung

Cl Hartmann et al lnst•tut fur Zeflblologte, Htslologte und Embryologte. Medtztntsche Untvers•tal Graz
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eine Verbiegung. Diese findet abwechselnd in der einen bzw. anderen Hälfte der Zilie statt, was
einen Vor- bzw. Rückschlag bewirkt.

Die Kinozilien von Flimmerzellen stnd lichtmikroskopisch erkennbar. An der Basts der Kinozilien
ist ein stärker färbbarer Streifen zu sehen, der durch die Summe der Kinetasomen
(Basalkörperchen} hervorgerufen wird.

1.2.5 Geißel (Flagellum)


Eine Geißel ist eine einzelne, extrem lange, speztalisierte Kinozilie im etwa 55 1-1m langen
Schwanzstück eines Spermiums, mit deren Hilfe sich das Spermium vorwärts bewegen kann.

1.2.6 Crusta
ist ein lichtmikroskopischer Begnff für spezielle Oberflächendifferenzierungen an der apikalen
Oberfläche von Deckzellen des Urothels (Obergangsepithels): der apikale Zytoplasmasaum die-
ser Zellen färbt sich stärker an als der übrige Zellleib.

An der apikalen Zellmembran der Deckzellen smd dtcht anetnander liegende, plattenförmige
Areale (Plaques} ausgebildet, zwischen diesen sind jeweils schmale, flexible Membrananteile
(Gelenke} gelegen. Im Bereich der Plaques sind in der Plasmamembran dicht gepackte, integra-
le Membranproteine (Uroplakine} vorhanden. Diese Plaques können eingestülpt und in Form
von scheibenförmtgen Vestkeln im Zytoplasma unterhalb der Zellmembran .gespeichert" und bei
Bedarf wieder in die Plasamamembran emgefügt werden.
Die Vesikal, wie auch ein im apikalen Zytoplasma vorhandenes dichtes Netz von lntermedtär-
und Aktinfilamenten sind ursächlich für die stärkere Anfärbbarkeit des oberflächlichen
Zytoplasmas, dte im Lichtmikroskop als Crusta gesehen wird.

Die Crusta dient in den harnableitenden Organen (Nierenbecken, Ureter, Harnblase, proxtmaler
Beretch der Urethra} als Schutz vor potentiell schädtgenden Substanzen im Harn. mit dem die-
ses Epithel ständig in Kontakt ist.

1.2.7 Vergrößerungen derbasolateralen Membranoberfläche


Nachbarzellen können lateral mehr oder mtnder kompliztert durch Einfaltungen und
Ausstülpungen miteinander verschränkt sein (z.B. im Nieren- und Darmepithel}, was zu einer
Vergrößerung der Oberfläche führt. ln Nierenkanälchen (proximaler und distaler Tubulus) und im
Streifenstück des Ausführungsgangsystems von Spateheldrüsen gtbt es zur basalen
Oberflächenvergrößerung basale Einfaltungen der Zellmembran, die Platz fur Ionenpumpen
schaffen. Zwischen den Membraneinstülpungen sind in Reihen viele Mitochondnen angeordnet
Beide Strukturen zusammen bilden die lichtmikroskopisch sichtbare basale Stre1fung

Wettere Betsptele für Strukturen zur Membranoberflachenvergrößerung stnd schlauchförmige


Einsenkungen der Zellmembran (T-Tubuli) in Skelettmuskulatur und Herzmuskulatur

1.3 Zytoskelett

Im Zytoplasma von Zellen tst elektronenmikroskopisch em Netzwerk von Filamenten und Tubuh
zu sehen. das einen internen Stütz- und Bewegungsapparat, das Zytoskelett oder Zellskelett.
btldet. Das Zytoskelett tst verantwortlich für die mechanische Stabilisierung einer Zelle und ihrer
äußeren Form, für Bewegungen der Zelle (Muskelkontrakllon. Zellwanderung;
Kmozilienbewegung) und für Transportvorgange tnnerhalb der Zelle.

C> Hartmann el al • lnst~ut lur Zellb1olog1e. H1stolog1e und Embryologie Med1Z1n1sche UmverSilat Graz

l
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Zum Zytoskelett gehören:


Aktinfilamente oder Mikrofilamente (7nm Durchmesser)
Intermediärfilamente (1 Onm Durchmesser)
Mikrotubuli (25nm Durchmesser)

Alle Elemente des Zytoskeletts bestehen aus Einzelbausteinen (Proteinen). die sich zu
Filamenten zusammenlagern (polymerisieren) und auch wieder auseinander fallen (depolymeri-
sieren) können. Für jedes Filamentsystem gibt es spezifische Begleitproteine, die
Polymensabon und Depolymerisation, wie auch Anordnung und Stabililtät des Filamentsystems
regulieren.

ln Verbindung mit Motorproteinen dienen Aktinfilamente und Mikrotubuli der Bewegung von
Zellen selbst und Bewegungsabläufen innerhalb der Zelle, z.B. dem Intrazellularen Transport
von Zellorganellen.

ln gebündelter Form können Filamente und Tubuli auch lichtmikroskopisch als .Fibrillen" sichtbar
sein (z.B. Neurofibrillen in Nervenzellen, Tonefibrillen in Epithelzellen).

1.3.1 Aktinfilamente oder Mikrofilamente


Aktinfilamente sind in allen Zellen vorhanden. Sie bilden s1ch durch Aneinanderlagerung globula-
rer Aktinmoleküle (G-Aktin), von denen es verschiedene Isoformen gibt. Zwei a-helikal umeinan-
der gewundene Stränge bilden ein Aktinfilament (F-Aktin) mit einem Durchmesser von 7nm.
Aktinfilamente sind polar gebaut: am (+)-Ende (Plus-Ende) können sie sich rasch verlängern.
aber auch ebenso rasch wieder zerfallen, am (-)-Ende (Minus-Ende) laufen die Vorgänge
langsamer ab.

Verschiedene Aktin-Begleitproteine regulieren Umbau und Zerfall der Akt~nfilamente, verbinden


die Filamente zu Bündeln oder Netzen und verankern sie an Transmembranproteinen der
Plasmamembran.
D1e Motorproteine der Aktinfilamente sind die Myosine. Myosine, von denen es viele verschie-
dene Klassen und Unterklassen gibt, finden sich in fast jeder Zelle und sind in Verbindung mit
Aktinfilamenten die Voraussetzung für die Kontraktilität von nicht-muskulären Zellen und
Muskelzellen.
ln Muskelzellen b1lden Myos1ne d1cke Myosinfilamente.

Aktinfilamente können einzeln oder 1n Bündeln durch das gesamte Zytoplasma z1ehen und fin-
den sich bei den meisten Zellen als dichtes Netz unter der Zellmembran (kortikales Netz). Es ist
für die Aufrechterhaltung der Zellform und -durch rasche Umgestaltung der Aktinfilamente- für
akt1ve Formveränderungen von Zellen verantwortlich, z.B. werden bei der Phagozytose und
Zellwanderung kurzlebige Fortsätzen w1e Pseudopodien bzw. Lamellipod1en gebildet.

Aktinfilamente d1enen auch der Stabilisierung von Mikrovillt und Stereoztften und Sind
Baubestandteile von Zellkontakten (Zonulae adhaerentes, Fasc1ae adhaerentes,
Fokalkontakten).

1.3.2 Mikrotubuli
bestehen aus starren, unterschiedlich langen Röhrchen, d1e jewe1ls e1nen Durchmesser von 25
nm bes1tzen. Ihre Wand wird aus Molekülen der globularen Proteine a-Tubulin und ß-Tubulin
gebildet, die zu Tubulin-Dimeren zusammengelagert sind. Die Tubulin-Dimere aggregieren zu
langen Strängen, den Protofilamenten. 13 solcher Prolofilamente bilden einen vollständigen
M1krotubulus.

• Hartmann el al , lnsbiUifur Zellboolog>e, Hoslolog•e und Embryolog•e. Medozonrsclle Unovers11ä1 Graz


Seite 10

Mikrotubuli haben ebenso wie Aktinfilamente ein (+)-Ende, an dem sie sehr schnell aufgebaut
werden können und sehr schnell wieder zerfallen, und ein (- )-Ende, an dem die Vorgänge
langsamer ablau fen. Die Regulierung erfolgt über Begfeitproteine (Mikrotubulus-assoziierte
Proteine).

D1e Motorproteine der M1krotubuh smd Kinesine und Dyneine. Sie sind für den gerichteten
Transport von Zellorganellen und Sekretvesikeln entlang den Mikrotubuli, die als
Transportschienen dienen, verantwortlich. Mikrotubuli sind Bestandteile der Zentriolen und
Kinetosomen. Zusammen mit dem Motorprotein Dynein bilden sie den Bewegungsapparat von
Kinozilien und Geißeln.
Bei der Zellteilung bilden Mikrotubuli die Mitosespindel und sind für den Chromosomentransport
zuständig.
Mikrotubuli tragen auch zur Form und mechanischen Stabilisierung einer Zelle bei und sind an
Veränderungen der Zellform beteiligt.

Die Neubildung von Mikrotubuli geht vom Zentrosom aus (Mikrotubulus-Organisations-Zentrum).

1.3.3 Zentrosom, Zentriol


Zentriolen sind 0,2 I.Jm dicke und 0.5 I.Jm lange Hohlzylinder. Sie liegen in der Regel paarweise
(auch als Diplosem bezeichnet) in der Nähe des Zellkerns, in enger Lagebeziehung zum Golgi-
Apparat. Die Längsachsen der beiden Zentriolen bilden zueinander e1nen rechten Winkel.
Die Wand eines Zentriols ist aus 9 längsverlaufenden Mikrotubulus-Tnpletten aufgebaut (9x3-
Struktur). Die Tripletten bestehen aus einem vollständigen A-Mikrotubulus (13 Protofilamente)
und zwei inkompletten A· und 8-Tubuli mit je 11 Protofilamenten.

Em Zentrosom besteht aus zwei Zentriolen und einer sie umhüllenden Prote1nwolke, der peri·
Zentriolären Matrix. Von der perizentriolären Matrix gehen die Neuentstehung und das
Wachstum von Mikrotubuli für die Bildung des Zytoskeletts, der Mitose-Spindelrasern und d1e
Neubildung von Zentriolen aus. Ein Zentrosom gilt somit als Mikrotubulus-
Orga n isationszentru m.
Vor jeder Zellteilung verdoppeln sich die Zentriolen, es entstehen zwe1 Zentrosomen. d1e an die
gegenüberliegenden Zellpole wandern und für die Ausbildung der Mitosespindel verantwortlich
sind.

1.3.4 Intermediärfilamente
Ihr Name leitet sich von ihrem Filamentdurchmesser (10nm) ab, der zwischen dem der
M1krotubuli und jenem der Mikrofilamente liegt. Intermediärfilamente smd aus länglichen
Proteinunterheiten aufgebaut, die aus einem Kopfte1l und emem Schwanzteil bestehen und zu
Tetrameren zusammengelagert sind. Diese Tetramare polymerisieren zu Filamenten.
Durch Begfeitproteine werden Intermediärfilamente häufig zu Bündel zusammengefasst. kön-
nen an Plasmamembran-Proteine angeheftet und m1t dem Aktinfilament- und
M1krotubulussystem verbunden werden.

Intermediärfilamente sind zugfest Sie stellen die stabilste Komponente des Zytoskeletts dar und
sind an mechan1sch besonders beanspruchten Stellen im Zytoplasma anzutreffen. S1e smd am
Bau von Zellkontakten (Desmosomen, Hemidesmosomen) beteiligt.

Morphologisch stellen Intermediärfilamente eine einheitliche Gruppe dar. biochemisch unter-


scheiden sie sich jedoch. Viele Intermediärfilament-Proteine sind jewe1ls für e1ne bestimmte
Zellart bzw. em best1mmtes Gewebe typisch (praktische Bedeutung in der Tumord1agnost1k)

C Hanmann el al , Insblut fur Zellboologoe. Hostologoe und Emboyologoe. Medozonrsche Universotat Graz
Seite 11

ln Epithelzellen sind Intermediärfilamente aus verschiedenen Zytokeratinen (Keratinen} aufge-


baut: Zytokeratinfilamente (auch .Tonofilamente").
Zellen, die sich vom Mesenchym ableiten, wie z.B. Bindegewebszellen, Fettzellen, Knorpel- und
Knochenzellen, Endothelzellen, enthalten Vimentinfilamente, die aus dem Protein Vimentin auf-
gebaut sind
Muskelzellen enthalten Intermediärfilamente aus Desmin (Desminfilamente).
Astrozyten enthalten Gliafilamente, die aus glial fibrillary acidic protein bestehen.
Nervenzellen enthalten Neurofilamente aus neurofilament triplet protein.
Im Zellkern, unter der inneren Kernmembran, befinden sich Filamente aus Laminen.

1.4 Zellkontakte

Zellkontakte sind strukturell definierte Zellverbindungen. Unabhängig davon bilden fast alle
Zellen vorübergehende oder dauerhafte Kontakte zu Nachbarzellen oder zu ihrer Umgebung
aus Viele d1eser Verbindungen zeigen jedoch keine ultrastrukturell nachweisbaren, auffälligen
Spezialisierungen. Zellkontakte sind dynamische Strukturen, sie können umgebaut. oder aber
auch aufgelöst und w1eder neu gebildet werden.

Man kann Zellkontakte nach 1hrer Bauwe1se und 1hrer Funktion in drei Typen unterteilen:

Haftkontakte oder Adhäsionskontakte verbinden Zellen zur mechanischen Haftung mit


Nachbarzellen (Zeii-Zeii-Haftkontakte. Desmosomen und Adhärenskontakte - Zonula adhaerens
und Fasc1a adhaerens} oder m1t der extrazellulären Matnx (Zeii-Matrix-Haftkontakte
Hem1desmosom. Fokalkontakt)

Verschlus skontakte oder Barrierenkontakte (Tight junctions, gürtelförmige Tight junctions =


Zonulae occludentes} verschließen den Interzellularspalt

Kommunikationskontakt (Nexus = Gap junc!lon) erlaubt den Durchtntt kleiner Moleküle und
Ionen zw1schen benachbarten Zellen und dient daher der interzellulären Kommunikation und
Signalübertragung.

1.4.1 Haftkontakte
Haftkontakte finden s1ch vorw1egend 1n Ep1thelien. d1e starken mechanischen Beanspruchungen
ausgesetzt sind. Im Bereich der Haftkontakte ist intrazellulär, der Zellmembran innen angelagert,
eine elektronendichte Haftplatte (Plaque) ausgebildet. Sie besteht aus Plaque-Proteinen
(Anheftungsproteinen}, die in Kontakt mit Filamenten des Zytoskeletts (Aktin- oder
lntermediärfilamenten} stehen.
Spezifische Transmembranproteine (Cadherine, lntegrine) der Zellmembran sind einerseits
mit Plaque-Proteinen der Haftplatte verbunden und andererseits - bei Zell-Zell-Kontakten - mit
Transmembranprotemen der Nachbarzellmembran (Cadherine}, bei Zell-Matrix-Kontakten - mit
der extrazellulären Matnx (lntegnne}.

Desmosomen (Abb. 3) sind fleckförm1ge (deshalb auch Maculae adhaerentes bezeichnet),


rundliche Zell-Zell-Kontakte mit einem Durchmesser von etwa 0,3 1Jm. Der Abstand zwischen
den benachbarten Zellmembranen, der lnterzellularspalt. ist 1m Bereich der Kontaktstelle auf 25-
35 nm erwe1tert. Er 1st von femfibnllärem Matenal durchsetzt, das einen mittleren, dunklen
Stre1fen aufweist, der der Grenze zwischen den Glykokalices der aneinandergrenzenden
Zelloberflächen entspricht. ln den auffälligen, elektronendichten Haftplatten (Plaques) sind
Intermediärfilamente befestigt Desmosomen kommen hauptsächlich in Epithelien in Verbmdung

C> Hartmann et al. , tnsbtul fur Zellboologoe. H1stolog1e und EmbfyOlog>e, MediZinische Unoversotat Graz
Seite 12

mit Zytokerat1nfilamenten vor, besonders reichlich 1n mehrsch1chltgen Plattenepithelien (v.a.


Epidermis). aber auch zwischen Herzmuskelzellen (in Verbindung mit Desminfilamenten).

Zonulae adhaerentes sind Adhärenskontakte, die gürtelförmig - rund um die Zelle herum -
ausgebildet s1nd, sodass eine Zelle rundum mit allen benachbarten Zellen verbunden wird An
der Innenseite der Zellmembran ist ebenfalls eine Haftplatte (Plaque) ausgebildet, die aber mcht
so elektronendicht, daher weniger auffällig als die eines Desmosoms ist. Hier inserieren
Aktinfilamente, die parallel zur Oberflächenmembran verlaufen. Zonulae adhaerentes weisen
e1nen gleichmäßig weiten 15-20 nm breiten interzellulären Spalt auf. Zonulae adhaerentes kom-
men bei allen einschichtigen Eptthelien einschließlich Gefäßendothel und Mesothel vor.

Fasciae adhaerentes sind flächenhafte Adhärenskontakte, ebenfalls mit einstrahlenden


Aktinfilamenten, die in den Disci intercalares der Herzmuskulatur vorkommen.

Hemidesmosomen sind Zell-Matrix-Kontakte, die Epithelzellen an der Basallam1na verankern.


Morphologisch gleichen sie halben Desmosomen. Die am Bau beteiligten
Transmembranproteine sind lntegrine. An den Haftplatten (Plaques) inserieren
lntermediärfilamente. Sie kommen in allen Epithelien vor, d1e vermehrt Scherkräften ausgesetzt
sind.

Fokalkontakte sind ebenfalls Zell-Matrix-Kontakte und den Adhaerenskontakten ähnlich. Sie


kommen zum Beispiel im Endothel von Arterien, an Sehnen-Muskelübergängen und in der
Herzmuskulatur vor.

1.4.2 Verschlusskontakte (Barrierenkontakte)


Tight junctions sind meist als Zonulae occludentes (Abb. 4) gürtelförmig um d1e Zelle herum
ausgebildet. kommen jedoch auch fleckförm1g (Macula occludens) und streifenförm1g (Fascia
occludens) vor. Im Bere1ch d1eses Zellkontaktes sind die benachbarten Zellmembranen so dicht
miteinander verbunden, dass der Interzellularspalt verschlossen ist. Der Verschluss des
Interzellularspalts betrifft Jedoch nicht den gesamten Bereich der Tight junction. Im
Gefrierbruchpräparat sieht man im Bereich dieses Zellkontakts netzartig angeordnete
Membranpartikel Es handelt sich dabei um integrale Membranproteine (Ciaud1ne. Occludine),
die mit solchen der Nachbarmembran leistenartig verbunden s1nd. Nur 1n d1esem Bereich ist der
Interzellularraum komplett verschlossen. Im Schnittbild s1eht man daher punklförm1ge

<t Hartmann el al lnshtut fur Zellboologte, Hostolog•e und Embryologte. Medt4tnoselle Unoversotat Graz
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"Membranverschmelzungen" (Anschnrtte von Verschlusslersten), dazwrschen Abschnitte, 1n


denen der Interzellularspalt noch sichtbar ist. An der Innenseite der Plasmamembranen findet
sich eine Haftplatte (Plaque), die im Vergleich mit Haftkontakten wenig auffällig ist. in welcher
Aktinfilamente inserieren. Tight junctrons srnd in ernschrchtigen Epithelien (ernschließlich
Endothel) und einigen mehrschichtigen Eprthelien vorhanden. Sie sind wrchtlg für dre
Aufrechterhaltung von Konzentratrensunterschieden kleiner hydrophiler Moleküle zwischen dem
apikalen, lumenseiligen Bereich und dem basalen, abluminalen Bereich eines Epithelverbandes.
Es wird also eine Barriere gegen den unkontrollierten Stoffübertritt geschaffen. Weiters verhin-
dern Tight junctions eme Verlagerung von Membranproteinen (Transportprotemen, Enzymen,
Rezeptorproteinen) zwrschen aprkaler und basolateraler Zellmembran. Dadurch wird der polare
Charakter von Zellen (z.B. resorbierenden oder sezernierenden Epilhelzellen) erhalten.
Tight junctions sind in unterschiedlichen Epithelien unterschiedlich durchlässig. Tighl junctions
der Endothelzellen von Hirnkaprllaren sind sehr dicht.

1.4.3 Kommunikationskontakte
Gap junctions oder Nexus sind die häufigsten Zellkontakte. Sie verbinden Zellen desselben
Typs, aber auch Zellen verschiedener Gewebe. Im Bereich der Gap junction sind die benachbar-
ten Zellmembranen emander stark angenähert. Der interzelluläre Spalt beträgt 2-4 nm. Gap jun-
ctlons sind von unterschiedlicher Größe und Form. Im Elektronenmikroskop (Gefnerbruch) sieht
man eine sehr dichte und regelmäßige Anordnung von Membranpartikeln. Jedes dieser
Membranpartikel besteht aus sechs Transmembranproteinen (Connexinen), die ein Connexon
bilden. Dieses ist mit einem Connexon der Nachbarzellmembran verbunden, dadurch entsteht
ein Kanal von ca. 1,5nm Durchmesser
Vrele solcher Connexon-Connexon-Verbindungen bilden eme Gap junction.
Durch die Verbindungskanäle können Ionen und kleine Moleküle (Monosaccharide,
Aminosäuren, Nucleotide) in Nachbarzellen übertreten. Nexus können rasch gebildet und wieder
abgebaut werden Sre drenen dem Stofftransport von Zelle zu Zelle und sind bei elektrophysrolo-
gischen Abläufen (z.B. eiekinsehe Synapse) beteiligt. Durch sie werden Aktivrtäten benachbarter
Zellen koordinrert und Zellen zu größeren Funktionsemheilen zusammengeschlossen.

Schlussl ei stenkomplexe
sind gürtelförmrg um dre Zelle vorhanden und befinden sich rm apikalen Bereich von
Eprthelzellen. Ein Schlusslerstenkomplex besteht aus: Zonula occludens, Zonula adhaerens
und Desmosom.

1.5 Zellorganellen

1.5.1 Mitoc hondrien

Mitochondrien kommen in allen kernhaltigen Zellen vor. Sie sind die wesentlichsten
Energieproduzenten der Zelle und Ort der Zellatmung. Die Energie der hier durch biologische
Oxrdallon abgebauten Moleküle wird in Form von ATP gespeichert und der Zelle zur Verfügung
gestellt. Je nach Energiebedarf erner Zelle rsl eine unterschiedlich große Zahl von Mitochondnen
vorhanden.
Mitochondrien sind meistlängliche (bis 20 ~m lange, 0,5~m dicke) Organellen, die lichtmikrosko-
pisch zwar rm Phasenkontrastmikroskop zu sehen sind, in H.E-gefärbten Sehnriten Jedoch nicht
als emzelne Strukturen erkannt werden können. Die Femstruktur wird erst im
Elektronenmikroskop sichtbar. Die Wand eines Mitochondriums besteht aus zwei funktronell
unterschiedlichen Membranen, der äußeren und der inneren Membran. Die äußere Membran
grenzt das Mitochondrium zur Umgebung ab. Die innere Membran begrenzt die mitochondriale

C Hartmann er al., l ns~IUI fur ZeUboologoe, Hostologoe und Embtyolog•e. Medozonosche Unoversotat Graz
Seite 14

Matrix. Zwischen beiden ist ein schmaler intermembranärer Raum vorhanden. Im Inneren eines
Mitochondriums - begrenzt von der inneren Membran - befindet sich die mitochondriale Matrix.
Die innere Membran bildet zur Oberflächenvergrößerung Einfaltungen, deren Anzahl von der
Aktivität der Zelle abhängt. Die Eintallungen können leistenartig {Cnstae) oder auch röhrchenför-
mig (Tubuh) sein. ln den meisten Zellen sind Mitochondrien vom Crista-Typ (Abb. 5) vorhan-
den. Mitochondrien vom Tubulus-Typ sind in Steroidhormon-produzierenden Zellen (z.B.
Leydig-Zellen des Hodens, Zellen der Nebennierenrinde) zu finden. ln die innere Membran sind
die Enzyme der Atmungskette eingebaut und an ihrer Matrixseite befinden sich kleine
ElementarpartikeL Sie entsprechen einem Proteinkomplex, der die ATP-Synthase, ein Enzym
zur Bildung von ATP aus ADP und Phosphat, enthält.
Im Matrixraum findet sich ein feingranuliertes Material, in dem die meisten Enzyme des
Citratzyklus und der ß-Oxidation der Fettsäuren lokalisiert sind. Außerdem sind hier auch kleine,
elektronendichte Körnchen {Granula mitochondnalia) anzutreffen, die als Calzium-Speicher {als
Ca-Phosphat) d1enen. Im Matrixraum sind auch eine ringförmige mitochondriale DNA {mtDNA)-
wie in Bakterien -, RNA und Ribosomen zur Erzeugung eimger mitochondrialer Proteine vorhan-
den.
Die durchschnittliche Lebensdauer von Mitochondrien wird mit 10 bis 20 Tagen angenommen.
Danach werden sie in Lysosomen abgebaut. Mitochondrien vermehren sich durch Wachstum
und Querteilung aus vorhandenen Mitochondnen.
Herkunft der Mitochondrien: Mitochondrien der Zygote stammen von der Eizelle, werden also
von der Mutter an das neue Individuum weitergegeben. Defekte der mtDNA werden von der
Mutter vererbt.

1.5.2 Endoplasmatisches Retikulum und Ribosomen

Das endoplasmatische Retikulum (ER) ist e1n dreidimensionales Netzwerk membranbegrenzter.


zusammenhängender Zisternen und Schläuche. Elektronenmikroskopisch kann man zwei unter-
schiedliche Formen unterscheiden, das raue endoplasmatische Retikulum (rER), an dem auf der
zytosolischen Seite der Membranen kleine elektronendichte Körnchen, die Ribosomen, angehef-
tet sind (Abb. 5) und das glatte ER (gER). dem die Ribosomen fehlen.
Ribosomen d1enen der Proteinsynthese. Ein Ribosom besteht aus emer großen und einer klei-
nen Unterem heil. Jede Untereinheit besteht aus ribosomaler RNA {rRNA) und Protemen D1e

0 Hartmann el al Ins11M for Zellboolog.e. Hoslologoe und Embryolog-e Medizonische un,verMal Graz
Seite 15

beiden Untereinheiten werden aus dem Kern durch die Kernporen ins Zytosol ausgeschleust
Sie lagern sich dann zu einem kompletten Ribosom zusammen, wenn die kleinere der beiden
Untereinheiten an eine Boten-RNA (mRNA) gebunden hat und die Proteinsynthese beginnt.
Ribosomen, die sich an die Membranen des rER anheften, dienen vorwiegend zur Produktion
von Proteinen, dte für die Sekretion bestimmt sind, in Membranen eingebaut werden oder Iyso-
somaie Proteine sind.
Nicht Membran-gebundene Ribosomen sind im Zytosol über einen Strang von mRNA zu spirali-
gen oder kettenförmtgen Ribosomengruppen (Polyribosomen) verbunden. Hier erfolgt die
Synthese von Proteinen für das Zytosol der Zelle.

Größere Ansammlungen von rER (lichtmikroskopisch als Ergastaplasma bezeichnet) finden sich
z.B. in exokrinen Drüsenzellen des Pankreas, in Plasmazellen oder in Nervenzellen (hier in
mehrere größere Felder - Nissi-Schollen - aufgeteilt) und sind ein Zetchen für
Proteinsyntheseaktivität. Alle Rtbosomen-reichen Zellen, d.h. auch Zellen, in denen die
Proteinsynthese an Polyribosomen stattfindet, zeigen lichtmikroskopisch ein basophiles
Zytoplasma.

Dte Membranen des rER stehen in kontinuierlicher Verbindung mit der äußeren Kernhülle und
mit den Schläuchen des gER

Das gER ist nicht mit Ribosomen besetzt. Es besitzt Enzyme, die für die Synthese von Lipiden -
Membranlipiden (Phospholiptden, Cholesterin) und Spetcher1iptden (Triglyceride) - notwendtg
sind. Besonders stark ausgebildet tst es in Zellen, die Steroidhonnone erzeugen
(Nebennierenrinde, Hoden, Ovar) und in Leberzellen (Cholesterinsynthese). Es ist es am
Glykogenstoffwechsel beteiligt (Leber, Tubuli der Nierenrinde), dient in der Muskulatur als
Speicher für Kalziumionen und hat speziell in Leberzellen Entgiftungsfunktion.

1.5.3 Golgi-Apparat

Der Golgi-Apparat ist in allen kernhaltigen Zellen vorhanden. Seine Lokalisation ist in verschie-
denen Zellarten unterschiedlich. Häufig liegt er jedoch in der Nähe des Zellkerns. Seine
Hauptfunktion besteht darin, die im rER synthetisierten, noch unretfen Proteine schrittweise zu
modifizieren, und die reifen Proteine in Transportvesikal zu verpacken. Dadurch spielt der Golgi-
Apparat eine zentrale Rolle bei der Sortierung von Proteinen mit verschiedenen
Bestimmungsorten.
Der Golgt-Apparat besteht aus Stapel von 3 bis 10 glattwandtgen, am Rand meist bläschenför-
mig erweiterten Membransäcken (Zisternen), die nicht miteinander in Kontakt sind. Die Anzahl
der Golgi-Stapel (Golgi-Felder) variiert je nach Zelltyp. Der Stapel von Membransäcken ist leicht
gebogen, vergleichbar mit einem Tellerstapel, sodass eine konvexe und eine konkave Seite
unterschieden werden kann. ln der Umgebung der Ztsternen finden sich zahlreiche Bläschen
(Vesikel), die für den Transport von Proteinen und Lipoproteinen vom und zum Golgi-Apparat
und zwischen den Zisternen vorhanden sind. Der Golgi-Apparat (Abb. 6) ist polar organisiert.
Die konvexe Seite ist die Aufnahmeseite oder cis-Seile. Hier treten die vom ER abgeschnürten
Bläschen über das Cis-Golgi-Netz (CGN) an den Zisternenstapel heran. Jede Zisterne hat ihre
eigene Enzymausstattung und bildet daher ein eigenes Kompartiment, in dem es jeweils zu
Veränderungen der aus dem ER stammenden Moleküle kommt (Mehrschritt-
Verarbeitungssystem). Die Moleküle werden am Rande der Membransäcke über
Transportvesikal von einer Zisterne zur nächsten gebracht. Auf diese Weise werden aus dem
ER stammende Moleküle u.a . glykosyliert und sulfatiert, sodass Glykoproteine, Proteoglykane
und Glykoliptde entstehen. Die konkave Seite ist die Abgabeseite oder trans-Seile. Die
Membransäcke gliedern sich hier schließlich 1n ein Netz aus Schläuchen (Trans-Golgi-Netz;

C Hanmann et at tnsutul fur Zellboolog1e, H1stolog1e und Embryologie. MediZinosehe Unrvers•tat Graz
Seite 16

TGN). Im TGN werden die fertigen Golgi-Produkte (lysosomale Transportvesikel, sekretorische


Vesikel und Material für die Erneuerung der Oberflächenmembran) nach ihrem Bestimmungsort
sortiert und abgeschnürt.

1.5.4 Lysosomen

sind meist rundliche, membranbegrenzte Zellorganellen unterschiedlicher Größe (mittlerer


Durchmesser 0,5 IJm). Sie enthalten eine große Anzahl verschiedener hydrolytischer Enzyme
(saure Hydrolasen) mit einem pH-Optimum unter 6, die dem Abbau von Makromolekülen, also
I
der intrazytoplasmatischen Verdauung dienen. Abgebaut wird sowohl zelleigenes als auch über
Endozytose aus dem Extrazellulärraum aufgenommenes Material. Die beim enzymatischen
Abbau entstandenen Spaltprodukte (Aminosäuren, Fettsäuren, Monosaccharide, Nucleoside
etc.) können die Lysosomen mtt Hilfe von speztfischen Transportern wteder verlassen und
gelangen ins Zytosol. Unverdauliche Stoffe verbleiben in der Zelle als Telalysosomen
(Residualkörper).

Lysosomale Enzyme werden in Vestkeln vom Golgt-Apparat abgeschnürt: Iysosomale


TransportvesikaL ln den Transportvesikeln Sind die noch inaktiven lysosomalen Enzyme an
Rezeptoren (Mannose-6-Phosphat-Rezeptoren) gebunden.
Lysosomale Transportvesikal fusionieren mit Endesomen . Aufgrund des niedrigen pH-Wertes in
den Endesomen dissoziieren die Enzyme von den Rezeptoren. Von Endesomen werden reife
Lysosomen, in denen die Enzyme akttv s~nd, abgeschnürt. Dtese fusionteren mtt autophagi-
schen oder heterophagischen Vakuolen (Autophagosomen bzw. Heterophagesomen - siehe
Transportvorgänge) zu Autolysosomen bzw. Phagolysosomen.
Unverdauliche, von den lysosomalen Enzymen nicht weiter abbaubare Stoffe. verbleiben in den
Lysosomen. Solche Lysomen werden dann Telolysosomen genannt Lichtmikroskopisch treten
ste z.B. als Ltpofuszmgranula '" Erschemung.

Die morphologische Beschreibung verwendet die Begriffe primäres und sekundäres Lysososom.
Im Elektronenmikroskop zeigen Lyosomen. die noch kein abzubauendes Material enthalten-
pnm:ire Lysosomen-. einen mehr oder mmder elektronendichten, homogenen Inhalt (saure
Hydrolasen). Die begrenzende Membran enthält eine deutlich sichtbare innere Glykokahx, dte
als helle schmale Zone zum nach innen anschließenden dunkleren Inhalt der Lysosomen
erkennbar ist. Lysosomen, die abzubauendes Material enthalten - sekundäre Lysosomen- sind
durch das Vorhandensein hellerer und dunklerar Inhalte, ev mit Strukturresten, erkennbar ln
Telolysomen finden sich, ähnlich wte tn sekundären Lysosomen, unterschiedlich elektronendich-
te und unterschiedlich geformte Bestandtetle.

1.5.5 Peroxisomen

Peroxtsomen sind membranbegrenzte, runde Zellorganellen, dte durch Abschnürungen von


Aussackungen e1nes schlauchförmtgen Membransystems (wahrscheinlich ER) entstehen.
Peroxisomen mit einem Durchmesser von 0,2-1.5 1-1m finden sich tn größerer Anzahl vor allem tn
Leberzellen und Zellen der proximalen Nterentubuh. Peroxtsomen mtt emem Durchmesser unter
0,2 1-1m werden als Mikroperoxtsomen bezetchnet und stnd wett verbrettet. Dte Matrix von
Peroxisomen zeigt e~ne feingranuherte, elektronendichte Struktur, die auf das Vorhandensetn
von zahlreichen Enzymen zurückzuführen 1st
Peroxisomen enthalten Oxtdasen für den oxidativen Abbau von - bevorzugt verzweigten und
langketttgen - Fettsäuren
Lettenzym der Peroxtsomen 1st dte Katalase, die das Zellgtft Wasserstoffperoxid (H202l abbaut.

•~ Hartmann et al • lnsl•tul fur Zellboolog1e. H•slolog•e und Embryolog•e. Me<lizon•sch<' Umvers•tal Graz

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1.6 Transportprozesse

1.6.1 Endozytose

ist der Überbegriff für alle Vorgänge, bei denen Stoffe aus dem Extrazellulärraum in die Zelle
aufgenommen (internalisiert) werden. Das betrifft Stoffe, die die Plasmamembran nicht passiv
pass1eren können und auch nicht mit Hilfe eines Membrantransporters aufgenommen werden
können.
Dazu wird das aufzunehmende Material von einem bestimmten Abschnitt der Plasmamembran
umschlossen. der sich dann in das Zytoplasma einstülpt und als Vesikel abschnürt.

Grob können zwei Typen von endozytollschen Vorgängen unterschieden werden: Pinozytose
und Phagozyt ose.

Bei der Pinozytose (pinein gr. trinken) wird Flüssigkeit und in ihr gelöste Moleküle in kle1nen
endozytotische Ves1kel in die Zelle aufgenommen. ln den meisten Zellen erfolgt die Aufnahme
über die Rezeptor-vermittelte Endozytose, die ein sehr selektiver und effektiver
Aufnahmemechanismus ist. Die aufzunehmenden Moleküle werden an entsprechende
Rezeptoren der Zellmembran gebunden. Diese Membranareale werden an der Zytoplasmati-
schen Se1te m1t einer spez1ellen Protein-Hülle aus Clathnn, - Clathrin-vermittelte Endozytose -
versehen und als .coated vesicles" (Stachelsaumvesikel) abgeschnürt. Die aufgenommen
Moleküle gelangen für den Abbau zunächst in Endesomen und schließlich in Lysosomen.
Bei der Clathrin-unabhängigen Endozytose werden .glatte" Vesikel abgeschnürt. Diese Art der
Endozytose ist kein einheitlicher Typ. Sie kann über morphologisch uncharakteristische Vesikel
- Rezeptor-verm1ttelt oder unspazifisch-oder über Caveolae erfolgen. Caveolae sind 0-förmige
Grübchen an der Zellmembran, für deren Bildung und Stabilisierung das Protein Caveolin ver-
antwortlich ist. Caveolae entstehen auch bei anderen Zellprozessen (siehe Lehrbücher).

Zur Phagozytose (phagein gr. fressen) sind nur wenige Zellen befäh1gt. Makrophagen. Zellen
des mononukleären Phagozytensystems, phagozytieren größere Zelltrümmer oder ganze, geal-
terte oder geschädigte Zellen, aber auch nicht-biologische, unverdauliche Stoffe (z.B.
Kohlepartikel, Tuschepartikel). Neutraphila Granulozyten phagozytieren kleinere Partikel wie z.B.
Bakterien.
Dendritische Zellen nehmen Antigene auf (siehe Lehrbücher).
Bei der Phagozytose werden die aufzunehmenden Partikel zunächst an Rezeptoren an der
Oberfläche des Phagozyten gebunden, dann von sich bildenden Fortsätzen (Pseudopodien) des
Phagozyten umfasst, und allmählich -durch Fusion der Pseudopodienränder- als heterophagi-
sche Vakuole oder Heterophagesem in d1e Zelle eingeschlossen. Durch Fusion mit emem
Lysosom entsteht ein Phagolysosom, in dem das aufgenommene Material - soweit möglich -
verdaut wird.

A uto phagie: Überalterte oder überflüssige intrazelluläre Bestandteile (Ribosomen,


Mitochondrien) werden durch Autophagie in eine autophagische Vakuole oder Autophagosom
eingeschlossen und vom übngen Zytoplasma abgesondert. Durch Fus1on m1t einem Lysosom
entsteht ein Autolysosom, in dem der Inhalt enzymatisch abgebaut wird.

1.6.2 Exozytose

Durch Exozytose werden von der Zelle m Ves1kel verpackte Stoffe in den Extrazellulärraum
abgegeben. Dazu fusionieren Vesikalmembran und Plasmamembran. es entsteht eine Öffnung,
durch die der Inhalt der Vesikel in den Extrazellulärraum gelangt. Die Vesikalmembran wird

C Hartmann el al .. lnsl~ul fur Zellbtolog•e HostOiogoe und Emb<yologoe. MediZinische Umversrtat Graz
Seite 18

dabei vorübergehend in die Plasmamembran eingebaut. Die Exozytose ist der häufigste
Sekretionsmechanismus, durch den der Inhalt von Sekretvesikeln oder Sekretgranula abgege-
ben wird.

1.6.3 Transzytose

Das Durchschleusen von Vesikal-verpackten Molekülen durch die Zelle - also eine Kombination
von Endo- und Exozytose- wird Transzytose genannt. An einem Pol der Zelle werden die
Moleküle durch Endozytose aufgenommen, am gegenüberliegenden Zellpol durch Exozytose
freigesetzt.

1.7 Zytosol

Als Zytosol (Hyaloplasma) wird das wässrige, proteinreiche Med1um bezeichnet. 1n das alle
Zellorganellen und das Zytoskelett eingebettet sind.
Im Zytosol sind zahlreiche Enzyme für die Synthese von Aminosäuren, Monosacchariden,
Nukleoliden und Fettsäuren vorhanden. Im Zytosol finden weiterhin noch folgende Prozesse
statt: Glykolyse, Synthese und Speicherung von Glykogen und Neutralfetten. Proteinsynthese
an Polyribosomen, Abbau von zytosolischen Protemen in Proteasomen.
Morphologisch erkennbare Strukturen im Zytosol (zytoplasmatische Einschlüsse, auch als
Paraplasma bezeichnet) sind Glykogenpartikel, Lipidtropfen, kristalline Proteineinschlüsse,
Ribosomen, Pigmente, Proteasomen, Sekretgranula.

1.7 .1 Glykogenpartikel

Glukosemoleküle werden durch Enzyme im Zytosol in die hochmolekulare Speicherform


Glykogen überführt. Bei Bedarf kann dieses sehr schnell durch Enzyme im Zytosol und im gER
wieder zu Glukose abgebaut werden Glykogen ist in größeren Mengen in der Herz- und
Skelettmuskulatur und in der Leber anzutreffen. Elektronenmikroskopisch 1st Glykogen 1n Form
von 20-30 nm großen elektronendichten Partikeln zu erkennen. D1ese können einzeln liegen
oder z.B. in Leberzellen rosettenförmig zusammengelagert sein.

1.7.2 lipidtropfen

Lipidtropfen unterschiedlicher Größe s1nd in vielen Zellen anzutreffen (Abb. 7). Vor allem in
Fettzellen und steroidhormonbildenden Zellen (Nebennierenrinde, Corpus luteum. Leydig-Zellen)
können sie einen erheblichen Teil des Zytoplasmas einnehmen. Während des Einbettvorgangs
in Paraffin oder Cellotdln werden Lipide durch Alkohole und Intermedien aus den Zellen heraus-
gelöst, sodass an deren Stellen leere Vakuolen zu sehen sind. E1ne Darstellung von Lipiden in
der Lichtmikroskopie ist nur durch Färbung von Gefrierschnitten mit Fettfarbstoffen (Sudan 111,
Sudanschwarz-B) möglich. Im elektronenmikroskopischen SchmUpräparat erscheinen
Lipidtropfen durch Fixierung m1t Osm1umtetroxid als dunkle, runde Tropfen Lipidtropfen sind von
keiner Membran umgeben.

1.7.3 Eiweißkristalle

Knstal hne Proteineinschlusse kommen z.B. in den Leydtg-Zellen des Hodens vor. S1e hegen frei
im Zytoplasma oder liegen im rER. ln den Granula der eos1nophilen Granulozyten s1nd Knstalle
von stark zytotoxisch wirkenden, basischen Prote1nen vorhanden Proteinkristalle dienen wahr-
scheinlich der Speicherung von Proteinen.

<Cl Hartmannetal. lnst1tut fur Zellboolog1e, H1stolog1e und Embryologie. Medi1101sclle Un,verSilat Graz
Seite 19

1.7.4 Pigmente

Pigmente sind Stoffe, die aufgrund ihrer Eigenfarbe in ungefärbten Präparaten erkannt werden
können. Endogene Pigmente werden 1m Organismus selbst synthetisiert, exogene Pigmente von
außen in den Körper aufgenommen.

Melanin ist ein braunschwarzes Pigment, das von Melanozyten aus der Aminosäure Tyrosin
gebildet wird. Die Synthese erfolgt in mehreren Schritten und Stadien in membranumschlosse-
nen Organellen, den Melanosomen. Melanin findet sich in der Epidermis der Haut, in Haaren, im
Pigmentepithel und Melanozyten des Auges. Es d1ent in der Haut als Schutz vor UV-Strahlung,
im Pigmentepithel verhindert es störende Lichtreflexionen. Albinismus (siehe Lehrbücher).

Lipofuszin ist ein gelb-braunes Pigment, das 1n Lysosomen aus nicht weiter abbaubarem
Matenal entsteht. Chemisch handelt es sich dabei um noch mcht genau definierbare, unlösliche
Lipid-Protem-Komplexe. Sofern dieses Material nicht über Exozytose in den Extrazellulärraum
abgegeben werden kann. verbleiben die Lysosomen als Telalysosomen (Residualkörper) im
Zytoplasma und smd als Lipofuszingranula in den Zellen sichtbar, insbesondere in
Herzmuskelzellen und Nervenzellen, in denen der Lipofuszingehalt im Lauf des Lebens zunimmt
(Aiterspigment).

Porphyrine
Die rote Farbe der Erythrozyten wird durch den Blutfarbstoff Häm (Porphyrinring m1t gebunde-
nem Fe2+) hervorgerufen, der an Globin gebunden ist: Hämoglobin . Ähnlich ist der
Muskelfarbstoff Myoglobin aufgebaut. Die bräunliche Farbkomponente der Muskulatur, sowie
die braune Farbe des braunen Fettgewebes werden durch die dort vorhandenen zahlreichen
Mitochondrien hervorgerufen, die ebenfalls Fe2+_Porphynnringe besitzen, die an verschiedene
Zytochrome (Atmungspigmente) gebunden sind.
Durch den Abbau des Hämoglobins entstehen die hämoglobmogenen Pigmente. Zu ihnen
zählen das eisenhaltige Hämosiderin und eisenfreie Pigmente wie die Gallenfarbstoffe
Biliverdin und B ilirubin Bilirubin wird von der Leber über d1e Gallenflüssigkeit in das
Dünndarmlumen abgegeben. Das dort entstehende Stercobilin und Urobilin ist für d1e Farbe des
Stuhls verantwortlich.

Bilirubin kann in Makrophagen, wenn diese Erythrozyten abbauen, intrazelluläre kristalloide


Aggegrate (Hämatoidin) bilden, z.B. bei Blutergüssen.

Zu den exogenen anorganischen P1gmenten gehören Ruß- und Staubpartikel, d1e über die
Atemluft in die Lungen gelangen (anthrakotisches Pigment) und Farbstoffe, die durch
Tätowierung in der Haut abgelagert werden
Organische exogene Pigmente werden über die Nahrung in den Körper aufgenommen. V1tamin
A (Karotin) ist lipophil und wird u.a auch im Fettgewebe gespeichert. Der Gehalt an Vitamin A
und dessen Metabolite bestimmt die gelbliche Farbe des Fettgewebes.

1.7.5 Proteasomen

Proteasomen sind Schreddermaschinen für Prote1ne, die nicht mehr gebraucht werden bzw.
falsch gefaltet oder geschädigt sind. Es handelt sich dabei um Proteinkomplexe mit Protease-
Eigenschaften in Form von Hohlzylindern. Die zu beseitigenden Proteine werden an Ubiquitin
gebunden und durch das Hohlzylinder-förm1ge Proteasom hindurch gefädelt und dabei zer-
stückelt

C> Hartmann et al . lnslllul fOr ZellbiOlogie H1stologte und EmbryolOgie. Medoz,nlsche Umvers1ta1 Graz
Seite 20

1.8 Zellkern
Der Zellkern oder Nukleus (Abb. 8) enthalt die Chromosomen, deren wesentltche Bestandteile
Desoxynbonuklemsäuren (DNA) sind, dte auf Protetnkomplexe, Histone, aufgewickelt stnd. Dte
Erbinformalton ist in Form der Basensequenz der DNA festgelegt. Der Kern einer normalen
Körperzelle enthält 46 Chromosomen (diploider Chromosomensatz).

Anzahl der Zellkerne: ln der Regel ist m Jeder Körperzelle ein Zellkern vorhanden (Ausnahmen:
retfe Erythrozyten, verhornte Zellen der Epidermts, Linsenfasern).
Zellen können auch mehrere Zellkerne besitzen: zwei Zellkerne können z.B. in Leberzellen,
Deckzellen des Urothels und Belegzellen in den Magenhauptdrüsen vorhanden sein. Viele
Zellkerne finden sich in Osteoklasten und in quergestreiften Skelettmuskelfasern. Mehrkernige
Zellen, die durch Fuston von Einzelzellen entstanden sind, bezetchnet man als Synzytium:
Osteoklasten, Skelettmuskelfasern , Synzytiotrophoblast der Plazenta.
Als Plasmodium wird eine mehrkerntge Zelle bezeichnet, wenn sie durch mitotische Teilung der
Zellkerne ohne anschließende Zytokinese entstanden ist. Plasmodienbildung kommt in der
Leber vor. 1st jedoch sonst tn gesunden Zellen selten

Größe der Zellkerne: Zellkerne können unterschtedhch groß setn (durchschmtthch 5-15 iJm)
und ihre Größe steht in Beziehung zur Zellgröße: die Kerngröße beträgt 10-25% des
Zellvolumens (Kern-Plasma-Re/al/On) Abwetchungen: Skelettmuskelfasern. Fettzellen. kleine
Lymphozyten. Zellkerne von metabolisch akttven Zellen (hohe SyntheseaktiVItät, rasches
Wachstum) und Vorläuferzellen (Proerythroblast, Myeloblast) stnd generell großer als dte von
weniger aktiven Zellen bzw. ausdifferenzierten Zellen.
Zellkerne mit einem Mehrfachen des normalen diplotden Chromosomensatzes werden als poly-
ploid bezeichnet und kommen in manchen Zellen regelmäßtg vor (Leberzellen,
Megakaryozyten). Sie smd entsprechend größer.

Form der Zellkerne. Die Kernform passt sich innerhalb bestimmter Grenzen der Zellform an
und ist vielfach zelltypisch Zum Beispiel 1st der Zellkern tn emer erschlafften glatten Muskelzelle

C Hartmann et al lnst•tut lur ZeUbJOiog•e. H•stolog•e ur>O Embryologie. Moo•z•n•sche Unovers•lat Graz
Seite 21

z1garrenfönnig, in einer kontrahierten korkzieherartig gewunden; Kerne mit mehreren


Segmenten finden sich bei reifen neutrophilen und eosinophilen Granulozyten.

Lage der Zellkerne: Die Lage des Zellkerns ist ebenfalls typisch für bestimmte Zellen. So
haben kubische Zellen einen runden zentralliegenden Kern, hochpnsmatische Zellen einen
länglichen, oft basalliegenden Kern.

Zellkerne im Zellzyklus: Der Zellkern kann in zwei Zustandsformen vorliegen: als


Interphasenkern (Arbeitskern) und als Teilungskern.
Der Interphasenkern (Abb. 8) 1st zwischen zwei Teilungen anzutreffen. ln der Interphase führt
die Zelle ihre zellspezifischen Arbeiten durch. Nur in dieser Phase ist der Zellkern als abge-
grenzte Einheit vorhanden. Er wird von zwei Membranen umhüllt. Die äußere Kernmembran ist
m1t Ribosomen besetzt und setzt s1ch in d1e Membranen des rER fort. Die beiden
Kernmembranen verschmelzen stellenweise kreisförm1g und bilden zusammen mit angelagerten
granulären Protetnen die Kernporen (Abb. 8). Diese stellen eine Verbindung zwischen dem
Kerninnenraum und dem Zytoplasma her und erlauben einen kontrollierten Durchtritt von
Substanzen in beide Richtungen. Je aktiver eine Zelle ist, desto mehr Kernporen sind vorhan-
den.
Im Kernraum befindet sich das genetische Material. Die Chromosomen liegen in der Interphase
als lange, mehr oder weniger entspiralisierte Fibrillen vor. Dieses Knäuel von DNA-Proteinfäden
(Chromatinfibrillen) wird insgesamt als Chromatin bezeichnet. Locker gepackte Anteile des
Chromatins färben SICh schwach und werden Euchromatin (Abb. 8) genannt. Be1 akt1ven Zellen
ist der Anteil an Euchromatin hoch. in Teilen des Euchromatins kann die genetische Information
für die Bildung eines bestimmten Proteins abgelesen werden (Transkription). Das
Heterochromatin (Abb. 8) ist dicht gepackt und daher stärker gefärbt (basophil). Es findet sich
vermehrt in inaktiven Zellen. Heterochromatin tritt oft an der Peripherie der Zellkerne und in der
Nähe des Kernkörperchans (s.u.) auf Für besttmmte Zellen ist das Verteilungsmuster von
Euchromatin und Heterochromaltn so charakteristisch, dass es zur Zelldiagnose herangezogen
werden kann (Radspeichenstruktur bei Plasmazellen). Ein geschlechtsspezifisches
Heterochromatin ist das Sexchromatin. Es ist bei weiblichen Individuen anzutreffen, da Teile
eines der beiden X-Chromosomen dicht gepackt vorliegen und daher genetisch tna kltv s1nd. Das
Sexchromatin legt sich als Barr-Körperchen der tnneren Kernmembran an. Bei 3% der neutro-
philen Granulozyten ist es als trommelschlägelartiger Anhang (drumstick) am segmentierten
Kern zu sehen.
An der Peripherie des Kerns nehmen die dicht gepackten Chromatinfibrillen Kontakt mit
Lam1nen auf, die eine Schicht (Lamina fibrosa) an der inneren Kernmembran bilden und die
Kernhülle stabilisieren.

Im Kernraum können ein oder mehrere Kernkörperehen (Nukleolen) (Abb. 8) vorhanden sein.
Es sind rundliche, schon lichtmikroskopiSCh gut sichtbare Gebilde, die wegen ihres hohen RNA-
Gehaltes stark basophil sind Nukleolen werden an spez1ellen Chromosomenabschnitten, den
Nukleolus-Organisator-Regionen, gebildet. Hier liegen die Gene für die Bildung der beiden
Hauptkomponenten der r-RNA. D1e transkribierte r-RNA sammelt sich in diesen
Chromosomenbereichen an. Nukleolen sind elektronenmikroskopisch durch ein oder mehrere
helle, fibnlläre Zentren, d1e von elektronendichterem, fibnllären Material umgeben sind, zu erken-
nen (Pars filamentosa). Innerhalb des Nukleolus kommt es zur Bindung der r-RNA an spezifi-
sche Proteine (diese werden im Zytoplasma gebildet und 1n den Kern transportiert) und so zur
Bildung der Untereinheiten der Ribosomen. Dieser Bereich des Nukleolus erscheint elektronen-
mtkroskoptsch granulär (Pars granulosa) Die Unteretnheiten der Ribosomen werden über dte
Kern poren tn das Zytoplasma ausgeschleust

0 Hartmann el al .. Insblut fOr ZellbiOiogte. H1SIOiog1e und Embryologte MediZinische UmverSIIQI Graz
Seite 22

Ein Teilungskern liegt während einer Mitose vor. Bei der Kernteilung kommt es zu einer erb-
gleichen Verteilung der im Zellkern lokalisierten Gene. Dazu müssen sich die Chromosomen vor
jeder Mitose reduplizieren, sodass sie jeweils aus zwei identischen Chromatiden bestehen.
Durch Spiralisierung der Chromatinfibrillen werden in der Prophase der Mitose die
Chromosomen als fadenförmige Strukturen sichtbar, die sich gut mit bastschen Farbstoffen
anfärben. ln der Prophase verschwinden die Nukleolen weitgehend, Oberflächenstrukturen von
Zellen (z.B. Mikrovilli) bilden sich zurück, im Zytoplasma zerfällt der Golgi-Apparat in kleine
Fragmente, das ER wird größtenteils zurückgebildet und die Mikrotubuh des Zytoskeletts werden
abgebaut. Die beiden Zentnolen haben stch beretls vor Beginn der Mitose verdoppelt. Jedes
Zentriolenpaar wandert an einen Zellpol und beginnt schon während der Wanderung mtl der
Bildung der Teilungsspindel. ln der Prometaphase löst sich die Kernmembran auf, sodass
Spindelmikrotubuli Kontakt mit den Chromosomen aufnehmen können. Mit ihrer Hilfe werden in
der Metaphase die Chromosomen in der Äquatorialebene der Zelle angeordnet. ln der ansch-
ließenden Anaphase werden die beiden Chromatiden jedes Chromosoms getrennt. S1e werden
durch die Mikrotubuli an die beiden Zellpole gezogen. ln der Telophase sind die
Tochterchromatiden (man kann sie jetzt wieder als Chromosomen bezeichnen) an den Zellpolen
angelangt. Es bildet s1ch um diese Chromosomen wieder eine Kernhülle aus, die Chromosomen
dekondensieren und die Nukleolen werden neu gebildet. Dte abgebauten Zellorganellen werden
rekonstruiert.
ln enger Beziehung zur Kernteilung (Mitose) erfolgt die Aufteilung des Zytoplasmas der
Mutterzelle in zwei Tochterzellen, die als Zytokinese bezeichnet wird.

Die Teilung der Keimzellen unterliegt einem speziellen Teilungsprozess, der als Meiose bezeich-
net wird. Ziele der Meiose sind die Reduktion des diploiden auf einen haploiden
Chromosomensatz sowie die Rekombination des genetischen Materials (siehe Lehrbücher).

1.9 Zelltod

Zellen können durch Nekrose oder Apoptose zugrunde gehen.

Nekrose ist die Folge einer irreversiblen Zellschädigung. Ursachen können Gtfte,
Sauerstoffmangel, Httze, Kälte, chemtsche Noxen oder mechanische Schädigungen setn Dabei
kommt es zur Schädtgung der Plasmamembran und Membranen von Zellorganellen. W1rd dte
Lysosomenmembran zerstört, treten Enzyme aus und es kommt es zum Abbau intrazytoplasma-
tischer Proteine. Nachfolgender Einstrom von Wasser führt zur Schwellung der betroffenen
Zelle, dte schließlich zerfällt Meist Sind größere Gewebsareale davon betroffen. Im Zuge der
Nekrose treten Entzündungsreaktionen auf.

Apoptose wird auch als programmierter Zelltod bezeichnet. d.h. die Zelle lötet sich selbst. Das
Apoptoseprogramm kann durch unterschtedhche externe und tnlerne Sltmuli, aktiviert werden.
Externe Stimuli stnd z.B das Fehlen von für dte Zelle notwendigen Hormonen, oder werden 1m
Rahmen von lmmunreaklionen wirksam. Interne Stimuli ergeben stch nach Schädtgungen von
Mitochondrien oder DNA-Defekten. ln der Zelle werden daraufhin Caspasen (Proteasen) aktiv.
die eine Kaskade von Reaktionen auslösen. Meist Sind nur Einzelzellen betroffen Die Zelle
schrumpft, zerfällttn einzelne. Membran-umschlossene. apoptolische Körperchen, d1e von
Makrophagen phagozytiert werden. Be1 d1esem Vorgang treten keine Entzündungsreaktionen
auf.
Apoptose hat eine wichtige Funktion während der Embryonalentwicklung und zur
Aufrechterhaltung der Zellzahl im adulten Organismus.
Be1 den metsten Tumoren ist der Apoptose-Stgnalweg gestört.

C Hartmann e1 a1. Insblut tur Zetlbtolog•e. H•stolog.e und Embryolog•e, Medoz•ntSche Un•verSJtal Graz

I
Seite 23

HISTOLOGIE und MIKROSKOPISCHE ANATOMIE

GEWEBE und ORGANE

Gewebe sind Verbände von gleichartig differenzierten Zellen und ihrer Interzellularsubstanzen
(extrazellulären Matrix). Man unterscheidet vier Grundgewebe:

Epithelgewebe
Bindegewebe- und Stützgewebe
Mu skelgewebe
Nervengewebe

Diese vier Grundgewebe liefern die Bauelemente für die Organe. Das für das jeweilige Organ
spezifische Gewebe bezeichnet man als Parenchym, das strukturbildende Bindegewebe als
Stroma des Organs.

2 Epithelgewebe

Epithelgewebe besteht aus Epithelzellen, die eng aneinander angrenzen (zwischen den Zellen
ist nur in geringer Menge extrazelluläre Matrix vorhanden) und durch Zellkontakte miteinander
und über eine Basalmembran (Basallamina + Lamina fibroreticularis) mit ihrer Unterlage verbun-
den sind. Epithelzellen sind in der Regel polar gebaut: Man unterscheidet einen apikalen und
einen basalen ZellpoL Entwicklungsgeschichtlich können Epithelien aus allen drei Keimblättern -
Ektoderm, Entoderm und Mesoderm - stammen.

Grob unterscheidet man zwei große Gruppen von Epithelien:


Oberflächenepithelien und Drüsenepithelien.

Oberflächenepithelien bedecken die äußere Oberfläche des Körpers und kleiden innere
Hohlräume, Hohlorgane und Gangsysteme aus.

Drüsenepithelien und Drüsen entwickeln sich aus dem OberflächenepitheL Es handelt sich
dabei um Epithelzellen bzw. strukturierte Verbände von Epithelzellen, deren Hauptaufgabe d1e
Sekretion ist. Nicht immer ist eine eindeutige Abgrenzung zwischen Oberflächenepithel und
Drüsenepithel möglich. Es gibt Oberflächenepithelien. die gleichzeitig Drüsenfunktion haben. Ein
Be1spiel dafür ist das Magenoberflächenep1thel: Die Epithelzellen des einschichtig hochprismati-
schen Epithels sind gle1chze1tig Drüsenzellen (Fiächendrüse). Auch in vielen anderen
Oberflächenepithelien sind Drüsenzellen zu finden, z. B. Becherzellen im mehrreihig hochpris-
matischen Epithel der Atemwege oder im einschichtig hochprismatischen Epithel des Dünn- und
Dickdarms.

Ebenfalls zum Epithelgewebe zählen spez1elle Formen, wie Sinnesep1lhelien, Myoepithelzellen,


sowie atypische Epithelien.
Sinnesepithelien sind spezialisierte Epithelabschnitte z.B. in der Zunge und im lnnenohr, die
Rezeptorzellen für Geschmack, akustische Reize und Gleichgewichtssinn tragen. Diese
Epithelabschnitte bestehen aus Sinneszellen und Stützzellen.
C> Harlmann et al. lns~tul fur Zellbtologte. Htstolog•e und Embryologie, Medoztnlsche Universitat Graz
Seite 24

Myoepithelzellen sind kontraktile Epithelzellen im Bereich von Drüsenendstücken der Schweiß-


und Duftdrüsen, Mundspeicheldrüsen, Tränendrüsen und Milchdrüsen. Durch ihre Kontraktion
werden die Drüsenendstücke zusammengepresst und so der Sekretabfluss erleichtert.
Atypische Epithelien: an einigen Stellen des Körpers verlieren die vom Oberflächenepithel
abzuleitenden Zellen ihre epitheliale, d.h. geschlossene Anordnung (Schmelzpulpa der
Zahnanlage, Thymusepithelzellen) oder ihre ursprüngliche Gestalt (Linsenfasern der
Augen linse).

2.1 Oberflächenepithel

Oberflächenepithelien bedecken äußere und innere Körperoberflächen. Sie bilden- mit wenigen
Ausnahmen - gefäßlose Zellverbände, die ein oder mehrere Zelllagen dick sein können. Mit
dem unterlagerten Bindegewebe sind sie durch eine Basalmembran verbunden.
Oberflächenepithelien können nach der Zellform und nach der Anzahl der Zelllagen (Schichtung)
eingeteilt werden.

Einteilung nach der Zellform

platt: der Durchmesser der Basis der Zellen ist wesentlich größer als ihre Höhe.
isoprismatisch (kubisch}: Breite und Höhe der Zellen sind in etwa gleich.
hochprismatisch (zylindrisch}: die Zellen sind höher als breit.

Einteilung nach der Schichtung

2.1.1 Einschichtige Epithelien

bestehen aus nur einer Lage von Zellen, die alle der Basalmembran aufliegen.
ln einfachen Epithelien sind die Zetllen alle gleich groß und erreichen alle die freie
Epitheloberfläche, die Zellkerne lieQJen in einer Reihe

(1) einschichtig (einfach) platt - z:.B. Alveolarepithel, Endothel der Blut- und Lymphgefäße
(Abb. 9a). Mesothel (Pleura. Peritoneum. Perikard), Hornhautendothel (Abb. 9b}.

(2) einschichtig (einfach) isoprisrm atisc h (kubisch )- z.B. verschiedene Abschnttte der
Nierenkanälchen; Pigmenteptthe der Netzhaut; vorderes Linsenepithel (Abb. 10}, klemere
Drüsenausführungsgänge, Peritone•alüberzug des Ovars.

IAbb. 9b . Hornhautendothel: einschichtig platt

Cl Har1mann et al lnst•tut for Zellbtolog•e. H tslOkojjte und Embryologte, Med•ztn•sche Umversttat Graz
Seite 25

Epithel

(3) einschichtig (einfach) hochprismatisch - z.B. Magenoberflächenepithel (Abb. 19), größe-


re Sammalrohre und Ductus papillares der Niere;
mit Mikrovilli: Darm (Bürstensaum), Gallenblase (Abb.11 );
mit Kinozilien: Eileiter, periphere Abschnitte des Bronchialbaums (Bronch1oli).

Mehrreihige Epithelien sind Epithelien, bei denen ebenfalls alle Zellen Kontakt mit der
Basalmembran haben (einschichtig), aber nicht alle die freie Epitheloberfläche erreichen.
Hochprismatische Zellen erstrecken sich durch die ganze Epithelhöhe, dazwischen liegen basal
kleinere Zellen, die die fre1e Epitheloberfläche nicht erreichen. Da die Kerne der Zellen in unter-
schiedlichen Höhen angeordnet sind, sieht man im Schnittbild mehrere Reihen von Zellkernen.

(1) zweireihig hochprismatisch


mit Stereozilien: Nebenhodengang (Abb. 12).
(2) mehrreihig hochprismatisch - z.B. Urethra (zum Teil);
mit Kinozilien: respiratorisches Epithel in den luftleitenden Atemwegen - Nasenhöhle,
Nasopharynx, Larynx, Trachea (Abb. 13), Hauptbronchien und intrapulmonal gelegene
Bronchien.

Abb 13· Trachea: mehrrethtg hochpnsmatisches


matisches Epithel mit Stereozilien Eptthel m1t Flimmer· und Becherzellen

2.1.2 Mehrschichtige (geschichtete) Epithelien

bestehen aus mehreren, übereinander geschichteten Lagen von Zellen. Nur die unterste
Zelllage liegt der Basalmembran auf und nur die Zellen der obersten Lage erreichen die freie
Cl Hartmann et al lns111u1 IOr ZellbiOiogle. H1SIOiog1e und Embryologie, MediZinische Umversllät Graz
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Epitheloberfläche. Ein mehrschichtiges Epithel wird nach der Form der Zellen der obersten
Zelllagen benannt.

(1) mehrschichtige Plattenepithelien

(1.1) unverhorntes mehrschichtiges Plattenepithel - z.B. Mundhöhle {Abb 15). Ösophagus.


Vagina, Bindehaut des Augenbulbus (Conjunctiva bulbi) und des Augenlides (Conjunctiva palpe-
brae), Fossa navicularis der Urethra.
Folgende Schichten können unterschieden werden:
Stratum basale: eine Lage hochprismatischer Zellen, die der Basalmembran aufsitzen
Stratum intermedium: mehrere Lagen polygonaler Zellen
Stratum superficiale: einige Lagen platter Zellen

(1.2) verhorntes mehrschichtiges Plattenepithel - Epidermis der Haut - Leistenhaut (Abb. 16)
und Felderhaut (Abb. 17), Haut-Schleimhaut-Übergänge (z.B. Llppenrot)
Folgende Schichten können unterschieden werden:
Stratum basale: eine Lage hochprismatischer Zellen, die der Basalmembran aufsitzen
Stratum spinosum: mehrere Lagen polygonaler Zellen
Stratum granulosum: ein- bts mehrere Lagen von zunehmend platten Zellen, dte in ihrem
Zytoplasma Keratohyalingranula enthalten
Stratum lucidum: zellkernfreie Schicht zwischen Stratum granulosum und Stratum corneum, die
nur in der Leistenhaut (Handinnenflächen, Fußsohlen) vorkommt;
Stratum corneum, Hornschicht: mehrere Lagen von kernfreien. platten. verhornten Zellen -
Hornzellen (Hornschuppen).

Stratum basale und Stratum spinosum werden zusammen auch als Stratum germinativum
bezeichnet.

(2) zwetschtchllges isoprismatisches Epithel - z.B. Ausführungsgänge von Schweiß- und


Duftdrüsen.

(3) mehrschichtiges hochprismatisches Epithel - selten!


Z.B. Forntx conjunctivae (Übergang Conjunctiva bulbi in Conjunctiva palpebrae); Epiglottis
(Übergang geschichtetes unverhorntes Plattenepithel in respiratorisches Epithel), Urethra (teil·
weise in der Pars spongiosa).

I
Platteneptthel, unverhornt
c Hartmann e1 al lnslllul fur ZellbtOiogoe. H1stolog1e und Embryologie, Med1z•n•sche Un1vers1tat Graz
Seite 27
I



.
Abb. 17. Kopfhaut. Felderhaut
mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel

2.1.3 Übergangsepithel (Urothel)

ist ein teils mehrschichtiges. teils mehrreihiges Epithel, das nur in den ableitenden Harnwegen
vorkommt- im Nierenbecken, Harnleiter (Ureter- Abb. 14), Harnblase und Anfangsteil der
Harnröhre (Urethra). Dte oberste Zelllage des Epithels bilden auffallend große, oft zweikernige
Deckzellen, die an ihrer apikalen Oberfläche eine lichtmikroskopische Crusta (siehe
Oberflächendifferenzierungen) zeigen.
Das Epithel muss sich speziell in der Harnblase Größenveränderungen des Organs (Füllung
und Entleerung) anpassen. Dabei ändert sich die Epithelhöhe: ln der leeren (entspannten)
Harnblase scheint das Epithel aus mehreren Zelllagen zu bestehen, in der gefüllten (gedehnten)
Harnblase aus nur wenigen. Je nach Dehnungszustand findet man die Deckzellen halbkugelig
vorwölbt oder flächenhaft ausgebreitet

2.2 Drüsenepithel/Drüsen
Drüsenepithelzellen sind Ep1thelzellen, dte Sekrete bilden und abgeben können. Drüsen
(Giandulae) sind Verbände von Drüsenepithelzellen und entwicklungsgeschichtlich aus dem
Oberflächenepithel entstanden. Exo kri ne Drüsen bleiben mit dem Oberflächenepithel - meist
über einen Ausführungsgang - in offener Verbindung. Endokrine Drüsen verlieren im Lauf ihrer
wetteren Entwicklung die Verbindung zum Oberflächenepithel, ihre Sekrete (Hormone) gelangen
in die Blutbahn.

2.2.1 Exokrine Drüsen


bilden Sekrete, die über emen Ausführungsgang bzw. ein Ausführungsgangsystem an eine
äußere oder innere Körperoberfläche abgegeben werden. Z.B. äußere Körperoberfläche: Haut -
Schweißdrüsen, z. B. innere Körperoberfläche Mundhöhle - Speicheldrüsen. Einzelne
Drüsenepithelzellen oder -Zellgruppen. die endeepithelial (intraepithelial), also innerhalb des
Oberflächenepithels, gelegen smd, wte zum Setspiel Becherzellen, geben ihr Sekret direkt an
die Oberfläche ab.

Systematis che Einteilung v on exokrinen Drüsen

Für die Einteilung von exoknnen Drüsen gtbt es viele verschiedene Klassifizierungsmöglichkeiten.
Ein1ge davon werden hier angeführt. Es lassen sich aber nicht alle Drüsen des Körpers den
gegebenen schematischen Einteilungen zuordnen.

Cl Har1mann el al lnst1tut rur Zellbtologoe. H'stolog1e und Emb<yolog.e. Med1Z1nische Un1verSilat Graz
Seite 28

2.2.1 .1 Lage zum Oberflächenepithel

Endoepitheliale (intraepitheliale) Drüsen: darunter versteht man Drüsenepithelzellen, die


innerhalb eines Oberflächenepithels liegen. Sie können als Einzelzellen, wie z.B. Schleimstoffe
(Muzine) sezernierende Becherzellen der Schleimhautepithelien im Darm und in den
Atemwegen (Abb 13), oder in Zellgruppen vorkommen: z.B. Gruppen von Schleim-bildenden
Zellen im Epithel der Harnröhre (Abb. 18), Becherzellgruppen in der Nasenschleimhaut.
Bei diesen endeepithelial gelegenen Drüsenzellen bzw. Drüsen wird das Sekret dtrekt an die
freie Oberfläche des Epithels abgegeben.
Ein Oberflächenepithelien, das gleichzeitig Drüsenfunktion hat, ist das Magenoberflächenepithel,
dessen Epithelzellen Schleim sezernieren (Fiächendrüse) (Abb 19).

Gruppe von Drüsenzellen 1m Epithel

Exoepitheliale (extraepithelale) Drüsen: diese sind gewöhnlich mit dem Ausdruck Drüsen
gemeint. Sie liegen im Bindegewebe unterhalb des Oberflächenepithels, aus dem sie entstan-
den sind. Die Drüsenepithelzellen bilden die Drüsenendstücke. von ihnen wtrd das jewetlige
Sekret gebildet und sezerntert. Über thren Ausführungsgang bzw. - bet großen Drüsen - ein
gegliedertes Ausführungsgangsystem stehen sie mtt dem Oberflächenepithel in offener
Verbindung. Er leitet das Sekret an die jeweilige äußere oder innere Körperoberfläche ab.

2.2.1.2 Form der Endstücke


Oie Endstücke bestehen (mit Ausnahme der
mehrschichttgen Talgdrüsen) aus etner etnzel-
nen Lage von meist hochprismatischen
Orüsenepithelzellen, die einer Basallamina auf-
sitzen. Mit ihren aptkalen Zelloberflächen
begrenzen die Drüsenepithelzellen ein Lumen,
in das sie das Sekret abgeben. Endstücke
können verschiedene Formen haben:

Tubulös - schlauch- oder röhrenförmig, das


Lumen ist im Vergleich mtt dem azinöser
Endstücke eher wett Z.B Endstücke von
Schleimbildenden Drüsen, Endstücke von
Schweißdrüsen, Magendrüsen. Drüsen der
Uterusschletmhaut.
C Hartmann et al • Institut fur ZellbiOlogie H1stolog1e und Embryologie. MediZtnlsel'le Unovers1tat Graz
Seite 29

Acinös - beerenförmig, enges Lumen, z.B. seröse Endstücke in Parotis und Pankreas.
Alveolär - bläschenförmig, weites Lumen
ln Mischformen sind zwei Endstückformen innerhalb eines Endstückes kombiniert:
tubuloacinös - z.B. in seromukösen Drüsen der Atemwege; in Glandula submandibularis und
sublingualis.
tubuloalveolär (Tubuli mit bläschenartigen Erweiterungen) in der laktierenden Brustdrüse

2.2.1.3 Architektur der Drüse

Einzeldrüsen
Einfache Drüsen können nur aus einem Endstück bestehen, wie zum Beispiel die einfach
tubulösen Drüsen der Uterusschleimhaut (Giandulae uterinae - Abb. 20). Ein eigentlicher
Ausführungsgang 1st hier nicht vorhanden, das Drüsenlumen öffnet sich an der
Epitheloberfläche.
Schweißdrüsen und Duftdrüsen bestehen aus einem - stark aufgeknäuelten - tubulösen
Endstück und einem Ausführungsgang.
Verzweigte Einzeldrüsen sind Drüsen, die aus einer mehr oder m1nder großen Anzahl von
Endstücken und emem Ausführungsgang aufgebaut sind.
Einzeldrüsen sind überwiegend kleine Drüsen, die meist in einer größeren Anzahl über eine
bestimmte Oberfläche verteilt vorkommen (z.B. kleine Speicheldrüsen, Schweißdrüsen, Drüsen
der Atemwege). Sie sind meist in den dem jeweiligen Epithel unterlagerten
Bindegewebsschichten zu finden und der Zusammenhang mit der Epitheloberfläche ist in den
meisten Präparaten direkt zu erkennen.

Zusammengesetzte Drüsen
besitzen eine Vielzahl von Sekret-produzierenden Endstücken und ein in verschiedene
Abschnitte gegliedertes Ausführungsgangsystem, das nach Art eines Baumes verzweigt ist. An
die Endstücke schließen d1e kleinen Ausführungsgange an, die sich zu immer größeren
Ausführungsgangabschnitten vereinigen. Der Hauptausführungsgang steht mit dem
Oberflächenepithel in offener Verbindung.
Meist handelt es sich hier um große Drüsen, die gleichzeitig auch eine Gliederung in Lappen
(Lobi) und Läppchen (Lobuli) zeigen und eigenständige Organe bilden (große
Mundspeicheldrüsen, Pankreas, Milchdrüsen).

2.2.1.4 Beschaffenheit des Sekrets

serös: die Drüsenepithelzellen produzieren ein dünnflüssiges, proteinreiches Sekret.


Morphologie seröser Endstücke: azinöse Form, enges Lumen, hochprismatische
Drüsenepithelzellen mit kugeligen Zellkernen, die in der basalen Hälfte der Zellen liegen.
Seröse Drilsen: Glandula parotis (Ohrspeicheldrüse- Abb. 21 ), Tränendrüse, Pankreas- exo-
kriner Teil, Spüldrüsen des Geruchs- und Geschmacksorgans.

mukös: die Drüsenepithelzellen produzieren einen sauren, zähflüssigen Schleim.


Morphologie muköser Endstücke: tubulöse Form, weites Lumen, Drüsenepithelzellen meist
etwas niedriger als bei serösen Endstücken, Zellgrenzen deutlich zu sehen, die Zellkerne liegen
an der Basis der Zellen und sind oft abgeplattet. Der Schleim verhält sich färbarisch basophil, ist
aber meist ausgewaschen, daher sehen die Drüsen/-endstücke im Präparat hell und wabig aus.
Muköse Drüsen: Glandulae linguales posterioras (Abb 22) und Glandulae palatinae.
Auch Becherzellen produzieren ein muköses Sekret.
mukoid· d1e Drüsenepithelzellen produzieren ebenfalls Schleimstoffe (Muzme). ihr Sekret unter-
scheidet sich jedoch bezüglich des pH-Werts.

C Hartmannetal. Institut for Zellbtolog1e. HostOiogoe und Embryologoe Medizomsche Unrvers~at Graz
Seite 30

Morphologie mukoider Endstücke: Endstücke mukoider Drüsen zeigen das gleiche Aussehen
wie muköse Endstücke. Sie werden von vielen Autoren ebenfalls als mukös bezeichnet.
Mukoide Drüsen: im Verdauungstrakt (Giandulae card1acae. pyloricae, duodenales), im
Genitaltrakt (Giandulae bulbourethrales. vestibulares).

gemischt (seromukös ):
Morphologie gemischter Endstücke: von gemischten (seromukösen) Endstücken spricht man,
wenn Drüsenendstücke neben mukösen auch seröse Drüsenepithelzellen besitzen. Den tubulö-
sen, mukösen Endstücken liegen außen kappenartig bzw. halbmondförmig Gruppen von serö-
sen Endstückepithelzellen (Ebner-Halbmond) auf.
Gemischte Drüsen: Atemwege (Nasenhöhle: Glandulae nasales, Larynx: Glandulae laryngeae.
Trachea: Glandulae tracheales, Bronchi: G landulae bronchiales). Mundhöhle: gemischte kleine
Speicheldrüsen wie Glandulae labiales, buccales, linguales antenores (Abb. 23); gemischte
große Mundspeicheldrüsen: Glandula submandibularis und Glandula sublingualis.

Homokrine Drüsen: die Endstücke besitzen nur eine Art von Drüsenzellen. die alle das gleiche
Sekret produzieren.
Heterokrine Drüsen: die Endstücke bestehen aus verschiedenen Drüsenzellen, die jeweils
unterschiedliche Sekrete produzieren. z.B. Magenhauptdrüsen (Giandulae gastricae propriae-
Abb. 24)

gem1schte Endstücke heteroknne Drüsen

Cl Hanmann et al Insblut fur Zetlboolog1e, H1stolog1e und Embryologie. MediZin•sche Un1vers1tat Graz
Seite 31

2.2.1.5 Art der Sekretabgabe

Holo krin: Die ganze Drüsenepithelzelle geht während des Sekretionsvorganges durch Apoptose
zugrunde. Dieser Sekretionsmechanismus findet sich nur bei den (mehrschichtigen) Talgdrüsen
(Abb 223 - Haut).
Apokrin: Zusammen mit dem eigentlichen Sekret werden von der Drüsenepithelzelle auch
Zytoplasmabestandteile mit abgegeben, die die Zelle nach Sekretabgabe wieder regenerieren
muss. Beispiel ist die laktierende Brustdrüse - Fettbestandteile der Milch werden apokrin sezer-
ntert, dabet werden die Fetttröpfchen samt einer umhüllenden Plasmamembran als Sekret abge-
geben.
Merokrin. Abgabe des Sekretes (Proteine) durch Exozytose
Ekkrin: Sekretion von Wasser und Ionen.
Die meisten exokrinen Drüsen geben ihr Sekret per Exozytose- merokrin -ab, wobei gleic h-
zeitig Wasser - ekkrin - sezerniert wird.

2.2.1.6 Lokalisation

Schleimhautdrüsen und Hautdrüsen:


Schleimhautdrüsen - kleine Drüsen der Schleimhaut des Verdauungs-, Respirations- und
Urogenitaltraktes.
Hautdrüsen- Schweißdrüsen. Duftdrüsen. Talgdrüsen, Milchdrüsen

2.2.2 Endokrine Drüsen

besitzen keine Ausführungsgänge. Sie bilden Hormone, welche meist unmittelbar nach ihrer
Synthese in Blutgefäße gelangen und über das Kreislaufsystem zu ihrem Wirkungsort gebracht
werden. Endokrine Drüsen haben ein gut entwickeltes Kapillarsystem, in das die Hormone
abgegeben werden. Diese Kapillaren sind auch häufig erweitert (sinusoide Kapillaren).
Endokrine Drüsen bzw. endokrine Organe (siehe dort) sind Hypophyse, Epiphyse, Nebennieren,
Schilddrüse (Follikel, in denen Hormone gespeichert werden- Abb. 25) und Nebenschilddrüsen.
Hormonbildende Drüsenepithelzellen kommen aber auch in vielen anderen Organen vor: z.B.
Bauchspeicheldrüse (Langerhans-lnseln - Abb. 26), Hoden (Leydig-Zellen - Abb. 135 und 139 -
männliche Geschlechtsorgane). Ovar (Corpus luteum - Abb.157 - weibliche
Geschlechtsorgane); endo(intra)epitheliale endokrine Zellen in allen Abschnitte des Magen-
Darm-Traktes (enteroendokrine Zellen), im Respirallons- und Urogenitaltrakt.

C Hartmann el al lnshtut fOr ZeltbiOiogoe. H1stologoe und Embryologoe. MediZinische Umversotat Graz
Seite 32

3 Bindegewebe und Stützgewebe

Bindegewebe und Stützgewebe (Knorpelgewebe und Knochengewebe) stammen entwick-


lungsgeschichtlich hauptsächlich vom Mesoderm und in weiterer Folge vom Mesenchym ab.
Charakteristisch ist, dass zwischen den jeweiligen Zellen (verschiedene Arten von
Bindegewebszellen, Knorpelzellen. Knochenzellen) meist reichlich lnterzellularsubstanzen, die
unter dem Begriff extrazellultire Matnx (Extrazellultirmatrix) zusammengefasst werden, vorhan-
den ist. Im Knochengewebe ist die extrazelluläre Matrix mineralisiert, sie enthält Hydroxylapatit-
Kristalle.

3.1 Bindegewebe

Bindegewebe kommt überall im Körper in unterschiedlicher Zusammensetzung und Menge vor.


Bestandteile des Bindegewebes sind Zellen und Interzellularsubstanzen (Extrazellulärmatrix).
Man unterscheidet fixe (ortssttindige) Bindegewebszellen. die Interzellularsubstanzen produzie-
ren, von sog. freien (mobilen) Zellen, die vor allem aus dem Blut in das Bindegewebe eingewan-
dert sind und der Abwehr dienen. Interzellularsubstanzen bestehen im Wesentlichen aus amor-
pher Grundsubstanz und Fibrillen bzw. Fasern.
Als Beispiel für das Bauprinzip der Bindegewebe wird zunächst das lockere kollagene
Bindegewebe beschrieben.

3.1.1 Bauelemente des lockeren kollagenen Bindegewebes

3.1.1.1 Fixe (ortsständige) Zellen

Fibroblast/Fibrozyt: es handelt sich hier um zwei verschiedene Funktionszustände desselben


Zelltyps. Der Fibroblast ist die aktive, Extrazellulärmatrix bildende, der Fibrozyt die ruhende
Zellform (geringe Syntheseaktivität). Die Zellen sind verzweigt und stehen durch Fortsätze mit-
einander in Verbindung. ln den üblichen Schnittpräparaten ist das Zytoplasma kaum angefärbt
Der Zellkern eines Fibroblasten (Abb 27) ist groß. oval, hell - chromatinarm - und enthält e1n
bis mehrere Nukleoli. Der Zellkern eines Fibrozyten (Abb. 28) 1st kleiner, spindeiförmig und
dunkler- chromatinreich. Zwischen Fibroblasten und Fibrozyten gibt es zahlreiche Übergangs-
formen .

Abb 28. Lockeres Bindegewebe


Flbroblaslenkern Fibrozytenkern
Q Hartmann et al , Institut fur ZellbiOlogie H1stolog1e und Embryologie, MediZiniSChe Umversrtat Graz
Seite 33

Myofibroblast. modifizierter Fibroblast, der Extrazellulärmatrix bildet und zugleich Ähnlichkeiten


mit einer glatten Muskelzelle (kontraktile Eigenschaft) aufweist.

3.1.1.2 Freie (mobile) Zellen

Lymphozyt (Abb 29): kleine Zelle mit einem runden, chromatinreichen Zellkern. Der schmale
basophile Zytoplasmasaum ist lichtmikroskopisch meist nicht zu sehen.
Eosinophiler Granulozyt (Abb 29 und Abb. 30): Der Zellkern besteht meist aus zwei
Kernsegmenten (hantelförmig). Im Zytoplasma finden sich mit Eosm 1ntens1v anfärbbare
Granula. Sie enthalten basische, zytotoxische Proteine und Iysosomaie Enzyme. Im
Elektronenmikroskop ist in den Granula ein kristalloides Zentrum zu sehen.
Neutrophiler Granulozyt (Abb 31 ): ist an der Form seines Zellkerns zu erkennen. Dieser ist
segmentiert und besteht in der Regel aus drei, seltener aus zwei bis fünf Kernsegmenten, die
über feine Chromatinbrücken miteinander verbunden sind (segmentkemiger neutrophiler
Granulozyt). Das Zytoplasma mit den feinen neutrophilen Granula ist lichtmikroskopisch nicht
immer erkennbar. Man unterscheidet zwei Granula-Typen: azurophile und spezifische Granula
mit Enzymen zum Abbau von Bakterien und Zellfragmenten.
Mastzelle (Abb 32): zeigt 1n H.E.-gefärbten Präparaten große, rote Granula im Zytoplasma, ist
aber meist größer als ein eosinophiler Granulozyt. Die Granula enthalten u.a. Heparin und
Histamin. Die Zellform ist häufig rundlich, manchmal polymorph. ln Relation zum Zytoplasma ist
der Zellkern eher klein, rund bis leicht oval und nicht selten exzentrisch gelegen.

C Hartmann et al InsblUt tur Zellboologie, Histologie und Embryologie, Med,zomsche Unoversotat Graz
Seite 34

Plasmazelle (Abb 33 und Abb. 34): rundliche bis leicht ovale Zelle mit basephilern Zytoplasma
(große Mengen an rER zur Bildung von Antikörpern), wobei der Zellkern von einem hellen Hof
(Golgi-Apparat) umgeben ist. Der Zellkern liegt exzentrisch und zeigt typischerweise ein
Radspeichenmuster (durch die Anordnung keilförmiger Heterochromatinareale an der Innenseite
der Kemmembran).

Makrophage: vielgestaltige Zelle mit unregelmäßig geformtem, oft eingebuchtetem Zellkern. Im


routinehistologischen Präparat sind Makrophagen nur dann sicher von anderen Zellen zu unter-
scheiden, wenn sie phagozytiertes Material enthalten. Elektronenmikroskopisch fallen sie durch
zahlreiche große Lysosomen in ihrem Zytoplasma auf.

3.1.1.3 Extrazellulärmatrix (lnterzellularsubstanz)

Grundsubstanz

Wesentliche Bestandteile sind Glykoproteine (z.B. Adhäsionsproteine), sowie


Glukosaminoglykane und Proteoglykane. D1ese Makromoleküle ze1chnen sich durch ein
hohes Wasserbindungsvermögen aus und sind wichtig für den Stoffaustausch zwischen
Kapillarblut und Zellen. Menge und Zusammensetzung zeigen lokale und funktionelle
Unterschiede.

Fibrillen und Fasern

kollagene Fasern bestehen- je nach Dicke der Faser - aus unterschiedlich vielen, parallel
angeordneten kollagenen Fibr illen, die elektronenmikroskopisch eine Querstreifung zeigen
(Abb. 35a,b) F1bnllen bestehen aus Kollagenmolekülen (am häufigsten Typ I, II, 111).
01e Fasern können s1ch zu kleineren und größeren Faserbündeln zusammenlagern, d1e einen
gewellten Verlauf zeigen. Kollagenfasern sind zugfest, die mechanische Beanspruchbarkeil
hängt von der Menge und der Anordnung der Faserbündel ab.
Kollagenfibrillen/Kollagenfasern kommen im Bindegewebe, Knorpel und Knochen vor.

retikuläre Fasern sind eine spezielle Form der kollagenen Fasern (bestehen hauptsächlich aus
Kollagentyp 111) und sind ebenfalls aus Fibrillen aufgebaut. Sie s~nd dünner als kollagene
Fasern und bilden Netze. Da s1e sich mit Silbersalzen darstellen lassen. werden sie auch als
argyrophile Fasern bezeichnet. Retikuläre Fasern kommen geme~nsam m1t kollagenen Fasern in
Bindegeweben vor. ln Form von flächigen Netzen sind s1e Bestandtell von Basalmembranen
(Lamina fibroreticularis) und bilden zarte Stützgerüste um Kap1llaren und um periphere

C Hartmannetal , Ins11M 1\lr Zellboologoe Hrstologoe und Embryologoe. Medrz1nrsche Unovor~rtat Graz
Seite 35

Nervenfasern, um Epithelzellverbände in vielen Organen (Drüsen, Leber, Niere etc.), um


Muskelfasern und um Fettzellen. Im retikulären Bindegewebe bilden sie räumliche Netze.
elastische Fasern (Abb. 35a) bestehen ultrastrukturell nachweisbar aus amorphem Elastin und
Mikrofibnllen. Sie zeigen unterschiedliche Dicke, verzweigen sich und bilden Netze. Sie sind
reversibel dehnbar. Für die lichtmikroskopische Darstellung werden Elastika-Färbungen (z.B.
Orcein) verwendet. Elastische Fasern kommen meist gemeinsam mit Kollagenfasern in
Bindegeweben und im elastischen Knorpel vor. Besonders reich an elastischen Fasern sind z.B.
das Bindegewebe in der Lunge und elastische Bänder.
Die Wand von elastischen Arterien enthält in der Tunica media elastische Lamellen oder
Membranen, dte ebenfalls aus Elashn und Mtkrofibrillen aufgebaut stnd.

3.1.2 Bindegewebsformen

Die üblichen Einteilungen in verschiedene Bindegewebsarten berücksichtigen im Wesentlichen


die Art und Menge an fixen und freien Zellen, die Art, Menge und Anordnung von
Bindegewebsfasern, sowie die Menge und Zusammensetzung der Grundsubstanz. Zum Beispiel
besitzen embryonale Bindegewebe wie Mesenchym und gallertiges Bindegewebe sehr viel
Grundsubstanz, beim zellreichen Bindegewebe stehen die Zellen quantitativ im Vordergrund,
beim Iasengen Bindegewebe die Bindegewebsfasern Darüber hinaus hat jedes Btndegewebe
bestimmte Struktur- und Funktionseigentümlichkeiten.
Zum Großteil handelt es sich bei den verschiedenen Bindegeweben um Mischformen. So gibt es
zum Beispiel zwischen dem lockeren und straffen Bindegewebe fließende Übergänge. Fettzellen
kommen nicht nur im Fettgewebe, sondern einzeln oder tn kleinen Gruppen auch im lockeren
Bindegewebe vor.

3.1.2.1 Embryonale Bindegewebe

Mesenchym besteht aus Mesenchymzellen, die durch Fortsätze miteinander in Verbtndung ste-
hen und ein wetträumiges dreidimensionales Netzwerk bilden. Dazwischen findet sich
Grundsubstanz (v.a. Hyaluronsäure), in der noch keine Fasern nachweisbar sind. Aus dem
Mesenchym entwickeln sich alle Binde- und Stützgewebe.

Cl Hartmann el at.. lnstrtut fur ZellbiOlogie H1stotog1e und Embryologie. Me<!iZIMldle Un!Vers!Uit Graz
Sei te 36

Gallertiges Bindegewebe kommt • als Wharton-Sulze bezeichnet - in der Nabelschnur vor.


Zwischen spindeiförmigen Fibroblasten mit zahlreichen Fortsätzen, die einen weitmaschigen
Verband bilden, befindet sich reichlich gallertige lnterzellularsubstanz, die große Mengen an
Hyaluronsäure sowie kollagene und retikuläre Fasern enthält.

3.1.2.2 Zellreiche Bindegewebe

Das spinozelluläre Bindegewebe in der Rinde des Ovars {Abb. 150 -weibliche
Geschlechtsorgane) besteht aus dicht liegenden, spindeiförmigen Fibroblasten, zwischen denen
nur wenig Interzellularsubstanz mit retikulären und kollagenen Fasern liegt. Die Zellen zeigen
eine sehr charakteristische, ihre Verlaufsrichtung immer wieder wechselnde Anordnung
{"Wirbelbildung"). Aus diesen Bindegewebszellen können sich die hormonproduzierenden
Thekazellen entwickeln.

Ein sehr zellreiches Bindegewebe findet sich auch in der Lamina propria der
Uterusschleimhaut Dieses Bindegewebe unterliegt im Rahmen des Menstruationszyklus peri-
odischen Veränderungen. Im Zuge einer Schwangerschaft können sich diese
Bindegewebszellen zu Deziduazellen differenzieren.

3.1.2.3 Faserige kollagene Bindegewebe

Nach der Menge und Anordnung der Bindegewebsfasern unterscheidet man lockeres und straf-
fes kollagenes Bindegewebe.

Lockeres {faserarmes) kollagenes Bindegewebe ist im Organismus sehr weit verbreitet. Es


verbindet Organe und Organteile, füllt Lücken innerhalb und zwischen verschiedenen Geweben
aus (interstitielles Bindegewebe), dient als Verschiebeschicht zwischen Strukturen (z B
Muskelfaserbündel können sich gegeneinander verschieben), umhüllt Nerven, Blut- und
Lymphgefäße und bildet das Stroma vieler Organe. Das lockere Bmdegewebe ist von wesentli-
cher Bedeutung für Wasserhaushalt, Stoffwechsel-, Abwehr- und Regenerationsvorgänge des
Organismus.

Im lockeren Bindegewebe {Abb. 36) bilden die fixen Bindegewebszellen (Fibroblasten/


Fibrozyten) mit ihren Fortsätzen ein weiträumiges Maschenwerk. Im Interzellularraum finden
sich locker angeordnet vor allem kollagene, aber auch retikuläre und elastische Fasern, sowie
reichlich Grundsubstanz. Hier kommen alle Arten von freien Bindegewebszellen vor. Ihr Anteil
kann sehr hoch sein (z.B. in der Lamina propria von Schleimhäuten). Häufig finden sich 1m
lockeren Bindegewebe auch Fettzellen.

Straffes {faserreiches) kollagenes Bindegewebe kommt im Organismus dort vor, wo eine


hohe mechanische Beanspruchung besteht. Mengenmäßig überwiegen h1er kollagene
Bindegewebsfasern (vorwiegend Kollagen Typ 1), die zu dicken Bündeln zusammengelagert
sind. D1e Anzahl an freien Zellen ist gering.
Im straffen geflechtartigen Bindegewebe {Abb. 37) verlaufen die Kollagenfaserbündel einander
kreuzend und bilden so ein dreidimensionales Geflecht. das in alle Richtungen auf Zug bean-
spruchbar ist Diese Bindegewebsform bildet die Kapseln v1eler Organe, Stratum reticulare der
Haut, Sklera des Augenbulbus, Dura materdes ZNS, Bindegewebskapseln der Gelenke.
Muskelfaszien, Penost, Penchondnum etc.
Im straffen parallelfaserigen Bindegewebe verlaufen die Kollagenfaserbündel parallel, es ist
daher in eine Richtung auf Zug beanspruchbar, z.B. Sehnen und Bänder

Q Ha11mann el al lnsi•IUI fur Zetlbiologl6, HIStologie und Embryologie. MedtZ•n•sche Un•verSttat Graz
Seite 37

Sehnen sind aufgebaut aus Sehnenfasern (Kollagenfaserbündel) und Sehnenzellen oder


Tendinozyten (langestreckte Fibroblasten, aufgrund des Schnittbildes auch als
.Fiügelzellen"bezeichnet). Elastische Bänder besitzen einen hohen Anteil an dicht gelagerten
elastischen Fasern, weshalb sie makroskopisch gelblich aussehen, Ligamenta flava zwischen
den Wirbelbögen.

3.1.2.4 Retikuläre Bindegewebe

Fortsatzreiche, faserbildende (fibroblastische) Retikulumzellen bilden miteinander ein weitma-


schiges Netzwerk. Die retikulären Fasern bilden ihrerseits ebenfalls ein Netzwerk und werden
von Fortsätzen der Retikulumzellen eingehüllt. ln den weiten Zwischenräumen finden sich zahl-
reiche freie Zellen. Retikuläres Bindegewebe bildet das Grundgewebe des Knochenmarks und
der lymphatischen Organe (Ausnahme Thymus). ln lymphatischen Organen und Geweben wird
es- aufgrund des hohen Anteils an Lymphozyten- auch als lymphoretikuläres Bindegewebe
bezeichnet. ln den Routinepräparaten sind Retikulumzellen an ihren großen, meist ovalen, chro-
matinarmen Zellkernen zu erkennen. die Zellkerne der Lymphozyten sind klein, rund und chro-
matinreich (Abb 38).

3.1.2.5 Fettgewebe

Fettgewebe kommt in zwei Formen, als weißes (univakuoläres) und als braunes (plurivakuolä-
res) Fettgewebe. vor. Das Fettgewebe des erwachsenen Organismus 1st überwiegend weißes
Fettgewebe (Baufett und Speicherfett - Abb 39).

0 Hartmannetal. lnstotul tor ZellbiOiog•e. Hostologoe und Embryologie. Medozonosche UnoverßoUit Graz
Seite 38

Die Fettzellen (Adipozyten oder Lipozyten) des weißen Fettgewebes sind große, runde bis poly-
gonale Zellen, die fast vollständig von einem großen Fetttropfen ausgefüllt werden (univakuolär).
Das Zytoplasma und der abgeflachte Zellkern sind an den Rand der Zelle verlagert. ln routinehi-
stologischen Präparaten wird das Fett durch organische Lösungsmittel herausgelöst. Zurück
bleiben der schmale lichtmikroskopisch kaum sichtbare Zytoplasmasaum und der an den Rand
gedrängte Zellkern (,Siegelringform"). An der Stelle des Fetttropfens ist ein leerer Raum
(Vakuole) vorhanden. Der in der Aufsicht ovale Zellkern scheint gelegentlich durchlocht
( ..Lochkern"). Jede Fettzelle wird von einer Basallamina und retikulären Fasern, die ein Netzwerk
bilden, umschlossen.
Fettzellen kommen einzeln oder in kleineren Gruppen im lockeren Bindegewebe vor. Das
eigentliche Fettgewebe (z.B. Subkutanfett) ist durch Septen aus kollagenem Bindegewebe in
Läppchen gegliedert.

3.2 Knorpelgewebe

Knorpelgewebe besteht aus Zellen (Chondroblasten, Chondrozyten) und Extrazellulärmatrix


(Knorpelmatrix)- v.a. Proteoglykane und Hyaluronsäure (hohes Wasserbindungsvermögen)
sowie kollagenen Fibrillen und Fasern. Elastischer Knorpel enthält zusätzlich elastische Fasern.
Knorpel entsteht - wie alle Binde- und Stützgewebe - aus Mesenchym. Mesenchymzellen diffe-
renzieren sich zu rasch proliferierenden Chondroblasten, die Knorpelmatrix bilden. Solange die
Knorpelmatrix noch weich ist, können sich die neu entstandenen Chondroblasten voneinander
entfernen und sich weiter teilen (interstitielles Wachstum). Mit Abschluss des interstitiellen
Knorpelwachstums und Reifung der Matrix bleiben die aus den letzten Zellteilungen hervorge-
gangenen Knorpelzellen in sogenannten isogenen Gruppen zusammen und werden zu nicht
mehr te1lungsfäh1gen Chondrozyten.
An der Oberfläche des Knorpels wird aus dem Mesenchym die bindegewebige Knorpelhaut. das
Perichondrium, gebildet, aus dessen innerster Schicht sich Zellen zu Chondroblasten differen-
zieren, Matrix bilden und so für ein appositionelles Wachstum sorgen.
D1e 1sogenen Gruppen von Chondrozyten werden als Chondrone bezeichnet. Ein einzelner
Chondrozyt ist von perizellulärer Matrix (Knorpelkapsel) umgeben, ein Chondron von temtoria-
/er Matrix (Knorpelhof, Zellhof). Die dazwischen liegende Knorpelmatrix ist die interterritoriale
Matrix.
Das Perichondrium (Knorpelhaut) umgibt den Knorpel außen und geht kontinuier1ich in das
Knorpelgewebe über. Ausnahme 1st der Gelenkknorpel, er bes1tzt kein Perichondrium.
Knorpelgewebe 1st in der Regel gefäßlos. Die Ernährung erfolgt durch D1ffus1on aus den
Kapillaren des Perichondriums oder beim Gelenkknorpel aus der Synovialflüssigkeit. Knorpel hat
auch keine Lymphgefäße und Nerven.
Knorpelgewebe kommt 1n dre1 Arten vor hyaliner Knorpel, elastischer Knorpel und FaserknorpeL

3.2.1 Hyaliner Knorpel (Abb 40 und Abb. 41)

ist die meistverbreitete Art von Knorpelgewebe: Gelenkknorpel, Rippenknorpel, Nasenknorpel,


Großteil des Kehlkopfskeletts, Luftröhre und größere Bronch1en. ln der Embryonalzeit bildet hya-
liner Knorpel den größten Te1l des Skeletts.
Im hyalinen Knorpel finden sich zellreiche Chondrone, Gruppen von bis zu 8 Knorpelzellen. Die
Knorpelmatrix erscheint bei Betrachtung im gewöhnlichen Licht völlig homogen, die kollagenen
Fasern (Fibrillen), v.a. aus Kollagen Typ II bestehend, Sind .maskiert" Die an die
Kollagenfibnllen gebundenen Proteoglykane binden Wasser und es kommt zum Aufquellen der
Fibrillen. Das führt zur Angleichung der optischen Eigenschaften von aufgequollenen Fibnllen
und Grundsubstanz, die Fasern können nicht mehr als eigene Strukturen wahrgenommen wer-

C Har1t11ann e1 al , lnsl•lullur ZellbiOiogle, Hlslologie und Embryologie. MediZiniSChe Umvers11:11 Graz


Seite 39

den. Im Alter, wenn die Menge an Proteoglykanen und der Wassergehalt abnehmen, kommt es
stellenweise zur ..Demaskierung" der Fasern (,Asbestfasem.- Abb. 41 ).

3.2.2 Elastischer Knorpel (Abb 42)

Elastischer Knorpel findet sich als Ohrknorpel, in Teilen des Kehlkopfskeletts (z.B. Epiglottis), als
elastische Knorpelstuckehen in der Wand kleinster Bronchien. Die Chondrone sind zellanm, sie
enthalten 1 bis 2, maximal 3 große Chondrozyten. ln der Knorpelmatrix finden sich neben kolla-
genen Fasern (Fibrillen) zahlreiche, netzartig angeordnete, elastische Fasern, die sich mit
Elastika-Färbungen darstellen lassen.

3.2.3 Faser knorpel (Abb 43)

Faserknorpel findet sich z.B. als Symphysenknorpel und Bandscheibenknorpel.


Mengenmäßig dominieren hier nicht maskierte kollagene Fasern vom Typ I. Die Chondrozyten
sind länglich und liegen vorwiegend einzeln in der Matrix.

'
.' ' '
~~~~~~=:: ] rrd·~·~-==-:---'-•___,_._____,
I
t:...::: IAbb. 43· Faserknorpel

3.3 Knochengewebe

Knochengewebe besteht aus Zellen (Osteoblasten. Osteozyten, Osteoklasten) und


Extrazellullärmatrix (Knochenmatnx).
Osteoblasten entstehen aus Mesenchymzellen und sind für die Synthese und Sekretion von
Osteoid zuständig. Dieses wird anschließend mineralisiert. die eingemauerten Osteoblasten

C Hartmann et al . Ins11M for Zellblotogoe. Hrstologoe und Emb<yologoe. Med1z1nlsche Umvers•tilt Graz
Seite 40

werden zu Osteozyten. Diese liegen in Knochenhöhlen und besitzen zahlreiche lange


Fortsätze, die in Knochenkanälchen liegen. Über ihre Fortsätze stehen benachbarte Osteozyten
miteinander in Verbindung.
Ostecklasten sind große vielkernige Zellen, die Knochensubstanz enzymatisch abbauen kön-
nen. Sie entstehen aus Monozyten und zählen zum mononukleären Phagozytensystem.
Die Extrazellulärmatrix (= Knochenmatrix) besteht aus organischen und anorganischen
Komponenten. Organische Bestandteile der Knochenmatrix werden als Osteoid bezeichnet: Es
handelt sich dabei um Proteoglykane. Glykoproteine etc. und kollagene Fibrillen (Kollagen Typ
1). Die anorganischen, mtneralischen Komponenten bilden Hydroxylapatit-Kristalle.

Strukturell lassen sich zwei Arten von Knochengewebe unterscheiden, Geflechtknochen


(Faserknochen) und lamellenknochen.

3.3.1 Geflechtknochen (Faserknochen)

ist die Art von Knochengewebe, die im Zuge von Knochenneubildung in der Embryonalzeit und
meist im Rahmen von Frakturheilungen entsteht. Im Geflechtknochen sind die kollagenen
Fibrillen zu Bündel zusammengelagert und in der mineralisierten Matnx wte bei einem
Bindegewebe geflechtartig angeordnet, sie zeigen keine bestimmte Verlaufsrichtung.
Geflechtknochen wird - mit wenigen Ausnahmen - im lauf der Entwicklung zu Lamellenknochen
umgebaut. aus dem der größte Teil des reifen Skeletts besteht.

3.3.2 Lamellenknochen

ist das reife Knochengewebe, das im erwachsenen Organismus bei weitem überwiegt. Hier sind
die kollagenen Fibrillen in sich regelmäßig wiederholenden Struktureinheiten, den
Knochenlamellen, angeordnet.
Eine Knochenlamelle besteht aus Knochenmatrix, tn der die Kollagenfibnllen tn mehr oder
weniger steilen Schraubentouren parallel verlaufen. in der benachbarten Lamelle ändert sich
dann die Verlaufsrichtung (Sperrholzprinzip). Zwischen den Lamellen liegen die Zellleiber der
Osteozyten.

Ein Knochen besteht makroskopisch aus kompaktem Knochen, Substantia compacta oder
Kompakta, und spongiösem Knochen, Substantia spongiosa oder Spongiosa. Die Kompakta
bildet die äußere Schicht eines Knochens, die Spongiosa bildet tm Inneren ein Bälkchen- bzw.
Trabekelwerk. Die Hohlräume zwischen den Spongiosabälkchen und - tn langen Knochen
(Extremitätenknochen) - dte zusammenhängende Markhöhle enthalten Knochenmark.
Histologisch bestehen sowohl Kompakta wie auch Spongiosa aus Lamellenknochen. in der
Kompakta sind dte Knochenlamellen zu konzentrischen lamellensystemen, den Osteonen oder
Havers-Systemen (s.u.) angeordnet. ln den Bälkchen der Spongiosa sind die Knochenlamellen
meist flächtg zu halbmondförmigen Lamellenpaketen geschichtet, Osteone fehlen weitgehend.

Die strukturelle Grundeinheit der Kompakta (Abb. 44 und Abb. 45) ist ein Osteon (Havers-
System). ln der Längsausdehnung sind Osteone annähernd zylinderförmig, lassen sich aber in
Längsrichtung nicht klar als einzelne Gebilde voneinander abgrenzen, da sie ineinander überge-
hen und dem Verzweigungsmuster der Blutgefäße folgen . Im Querschmt1 sind sie rund oder
oval. Im Zentrum eines Osteons findet sich der Havers-Kanal, der von Endost (s.u.) ausgeklet·
det ist und in dem Blutgefäße sowie Nervenfasern verlaufen. Er ist von etwa 10 konzentrisch
angeordneten Knochenlamellen (Speziallamellen) umgeben. Zwischen den Lamellen finden
sich - ebenfalls in konzentrischen Anordnung - die Osteozyten. Ihre Zellletbar hegen in
Knochenhöhlen (Lakunen), ihre langen und zahlreichen Fortsatze. über die sie mttemander

C> Hartmann et al , lnstotul fur Zellboologoe. Hostologte und Embfyolog•e. Medozomsche Unoversotat Graz
Seite 41

durch Gap junctions in Verbindung stehen, in Knochenkanälchen. Diese Knochenkanälchen


kommunizieren mit dem Havers-Kanal (Ernährung der Osteozyten).

Zwischen den Osteonen liegen Sc haltlamellen. Es handelt sich dabei um Reste von älteren, im
Zuge des stetigen Knochenumbaus nicht vollständig abgebauten Osteonen. Osteone sind
gegeneinander und gegen die Schaltlamellen durch stärker färbbare Linien, sogenannte
Kittlinien (auch Zementlinien) abgegrenzt.

Abb. 44·
Volkmann-Kanal

Volkmann-Kanäle sind Querverbindungen zwischen den Havers-Kanälen und zwischen diesen


und dem Periost. Sie sind ebenfalls von Endost ausgekleidet und führen Blutgefäße. Sie sind
nicht von konzentrischen Lamellen umgeben (Abb. 45).

An Querschnitten durch die Substantia compacta eines Knochens findet man in ihrem oberfläch-
lichen, direkt unter dem Periost gelegenen, Bereich Knochenlamellen, die parallel zur
Oberfläche des Knochens vertaufen und nicht um Blutgefäße herum orientiert sind, die äußeren
Generallamellen. ln manchen Knochen findet man auch (unregelmäßiger) innere
Generallamellen, die die Substantia compacta gegen die Markhöhle zu begrenzen und parallel
zu den äußeren Generallamellen orientiert sind.

Sämtliche inneren Oberflächen des Knochens (Markraum, Havers- und Volkmann-Kanäle) sind
von Endost bedeckt. Dieses besteht aus einer dünnen Lage nicht mmeralisierter Matrix und
einer kontinuierlichen Lage von endostalen Zellen (Saumzellen). Es handelt sich dabei um
ruhende Vorläuferzellen, aus ihnen können Osteoblasten entstehen.

An seiner äußeren Oberfläche ist der Knochen vom Periost (Knochenhaut) bedeckt. Man unter-
scheidet zwei Schichten, ein inneres Stratum osteogenicum, welches ebenfalls osteogene
Vortäuferzellen enthält, und ein aus straffem Bindegewebe bestehendes äußeres Stratum fibro-
sum, das mit dem Knochen durch Sharpey-Fasern (kollagene Fasern) verbunden ist. Das
Periost ist reich an Blutgefäßen und Nerven.

3.3.3 Knochenbildung (Os sifikation, Osteogenese)


Ossifikation: Bildung von Knochengewebe
Osteogenese: Entstehung eines Knochens

Die Entstehung emes Knochens aus Mesenchym kann auf zwei Arten erfolgen.

C> Hartmannetal lns~tut ror ZeQbtOiog•e. H•stolog.e und Emblyolog•e. Med•zlmsche Un•vers.tat Graz
Seite 42

Die direkte Knochenbildung aus dem embryonalen Bindegewebe (Mesenchym) wtrd als desma-
le Ossifikation (Osteogenese) bezeichnet.
Die Bildung von Knochen über ein knorpeliges Vorstadium (indirekt} erfolgt durch chondrale
Ossifikation (Osteogenese). Neben der Neubildung von Knochengewebe muss hier gleichzetlig
Knorpel abgebaut werden.
Auf beiden Wegen entsteht zunächst Geflechtknochen (Faserknochen). Dieser wird später zum
größten Teil in Lamellenknochen umgebaut.

3.3.3.1 Desmale Ossifikation

Durch desmale Ossifikation entstehen die platten Knochen des Schädeldachs und des
Gesichtsschädels.
Mesenchymzellen differenzieren sich am Ort des späteren Knochens zu Osteoblasten. Diese
synthetisieren Osteoid, das anschließend mineralisiert wird. Wenn Osteoblasten rundum Osteoid
abgeschieden haben, werden sie darin eingemauert und damit zu Osteozyten, die durch lange
Fortsätze miteinander in Verbindung bleiben. An der Oberfläche der so entstandenen
Knochenbälkchen (Abb. 46 und Abb. 47) entstehen aus Mesenchymzellen neue Osteoblasten,
die weiteres Knochengewebe anlagern. Dadurch werden die Knochenbälkchen immer dicker.
Die Form der Knochen und die Anpassung an die Größenzunahme der von ihnen eingeschlos-
senen Organe (z.B. platte Schädelknochen- Gehirn) entsteht im Verlauf der Entwicklung und
des Wachstums dadurch, dass an der Außenseite durch Osteoblasten Knochengewebe ange-
baut, auf der Innensatte durch Osteoklasten Knochengewebe abgebaut wtrd.
ln lichtmikroskopischen Präparaten sind an der Außensatte der Knochenbälkchen epithelar!Jg
angeordnet die basophilen Osteoblasten zu sehen, darunter ein Osteoidstreifen, der meist heller
als das mineralisierte Knochengewebe gefärbt ist. An der Innenseite findet man Osteoklasten
(Abb. 47), große, vtelkernige, meist mit Eosin deutlich angefärbte Zellen. Sie liegen häufig in
Einbuchtungen, den sog. Howshtp-lakunen, Resorpbonslakunen, die durch enzymatischen
Knochenabbau entstanden smd.

3.3.3.2 Chondrale Ossifikation

Der größte Tetl des menschlichen Skeletts wtrd knorpelig vorgebtldet. Am Ort des künfttgen
Knochens differenzieren sich Mesenchymzellen zu Chondroblasten, die ein Modell des jeweili-
gen Knochens aus hyalinem Knorpel bilden Das knorpelige Modell wird anschließend zum
Knochen umgebaut

C> Hartmann et al lnst•tut fur Zellb•ologoe, Hostolog e und Embryolog•e. Med•z•msche Umversrtat Graz
Seite 43

D1e chondrale Osteogenese besteht aus zwei Vorgängen, der perichondralen und der enchon-
dralen Ossifikation. Die perichondrale Oss1fikat1on (an der Oberfläche des Knorpelmodells)
läuft grundsätzlich gleich ab wie die desmale, direkte Ossifikation. Die enchondrale Ossifikation
(im Inneren des Knorpels) ist eine indirekte Ossifikation, da durch Auflösung von Knorpelgewebe
erst Platz geschaffen werden muss, bevor Knochengewebe abgelagert werden kann

Die chondrale Osteogenese lässt sich am besten am Beispiel eines Röhrenknochens beschrei-
ben. (Abb. 48)
Mesenchymzellen des Penchondnums des Knorpelmodels d1fferenz1eren sich zu Osteoblasten,
d1e 1m Bereich der späteren Diaphyse außen an den Knorpel Knochengewebe anlagern. Auf
d1ese Weise entsteht e1ne perichondrale Knochenmansc hette. Das dem perichondralen
Knochen außen anliegende Bindegewebe wird zum Periost. Von ihm geht das weitere
Dickenwachstum der Knochenmanschette aus.

Unter der Knochenmanschette kommt es im Inneren des Knorpelmodells zu charakteristischen


Veränderungen. Die Knorpelzellen vergrößern sich, hypertrophieren, und die Knorpelhöhlen wer-
den erweitert. ln weiterer Folge kommt es zur Mineralisierung der Knorpelmatrix. Nun bauen an
umschriebenen Stellen der perichondralen Knochenmanschette Osteoklasten Knochensubstanz
ab, sodass Löcher in der Knochenmanschette entstehen. Durch diese wachsen aus dem Penost
Blutgefäße, begleitet von Mesenchymzellen, in den verkalkten Knorpel em. Chondroklasten
(große vielkernige Zellen -entsprechen Osteoklasten) beginnen, mineralisierte Knorpelmatrix
abzubauen. ln die dadurch entstehenden Hohlräume wachsen Blutkapillaren und
Mesenchymzellen ein. Im Bereich der Diaphyse entsteht so allmählich eine Höhle, die primäre
Markhöhle. S1e wird zunächst von blutgefäßreichem Mesenchym ausgefüllt. Sobald 1m
Mesenchym die Blutzellbildung einsetzt- 5. Monat- spncht man von einer sekundären
Markhöhle.
Das Dickenwachstum des Diaphysenschaftes und parallel dazu die Erweiterung der (primären
und spater sekundären) Markhöhle erfolgt dadurch, dass an der Außenseite der
Knochenmanschette von Osteoblasten neues Knochengewebe gebildet wird, während gleichzei-
tig auf der Innenseite Ostecklasten Knochen abbauen.
Besondere Bedeutung für das Längenwachstum des Knochens hat die Zone zwischen der
Anlage des Knochenschaftes (Diaphyse) und der - zunachst noch zur Gänze knorpeligen-
Knochenenden (Epiphysen).
Hier können von der Epiphyse Richtung Diaphyse folgende Zonen unterschieden werden (Abb
49 und Abb. 50):

0 Hartmann etal lnsbtut fOr Zellbtologoe. HIStologoe und Embryologte. Med1Z1nische Un•vers1tat Graz
Seite 44

t • •

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I
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I

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• • I t • t
• r

Knorpelabbau-. Gelenkknorpel (G)


enchondrale

(1) Reservezone (Zone des ruhenden Knorpels)


hier liegt hyaliner Knorpel mit mitotisch weniger aktiven Knorpelzellen vor. ln frühen
Entwicklungsstadien nimmt diese Zone die ganze Epiphyse ein.

(2) Proliferationszone (Zone des Säulenknorpels}


hier erfolgt das Knorpelwachstum, d.h. die Knorpelzellen teilen sich lebhaft. Da die
Knochenmanschette eine seitliche Ausdeh nung des Knorpels verhindert, ordnen sich die
Knorpelzellen entlang der Längsachse des Knochens säulenartig an. Die Teilungstätigkeit der
Knorpelzellen in dieser Zone gewährteistet das Längenwachstum des Knochens.

(3 Hypertrophe Zone (Zone des g roßblasigen Knorpels )


M1t Annäherung an d1e Markhöhle nehmen die Knorpelzellen erheblich an Größe zu (hypertro-
phieren), wobei die säulenartige Anordnung der Zellen größtenteils erhalten bleibt.
Die Knorpelmatrix zwischen den Zellsäulen im Bereich der letzten 1 bis 3 Zellreihen verkalkt.

{4) Zone des Knorpelabbaus (Eröffnungszone) und der enchondralen Knochenbildung


(Ossifikationszone)

(4.1) Eröffnungszone
ln dieser Zone werden durch Abbau der parizellulären {unverkalkten) Matrix und Untergang der
Chondrozyten die Knorpelhöhlen eröffnet. Blutkapillaren sowie Mesenchymzellen können ein-
wachsen. Die untergegangenen Chondrozyten und Teile der verkalkten Matrixsepten werden
von Chondroklasten abgebaut.

(4.2) Ossifikationszone
Aus Mesenchymzellen entstehen Osteoblasten, die sich an d1e Oberfläche der bälkchen- bzw.
septenartigen Reste der verkalkten Knorpelmatnx anlagern und dort enchondralen Knochen
bilden.

Im Zuge des Längenwachstums des Knochens wird der 1n den Zonen ablaufende Prozess konti-
nuierlich fortgesetzt: Vermehrung von Knorpelgewebe, Minerahs1erung der Knorpelmatrix , Abbau
von mineralisierter Knorpelmatrix, enchondrale Knochenbildung, Abbau von Knochen , usw.

Zu einem spateren Zeltpunkt beginnt auch der Epiphysenknorpel im Inneren zu verkalken. wird
abgebaut und durch enchondralen Knochen ersetzt.

C Hartmann e1 al . lnslolul fur Zellb!Oiogoe Hosl ologle und Embryologoe. Medoz•nosche Unoversl13t Graz
Seite 45

Erhalten bleibt zwischen Epiphyse (Abb. 51) und Diaphyse die Wachstums platte (auch
Wachstumsfuge, Epiphysenscheibe oder Epiphysenfuge), eine hyaline Knorpelplatte mit tei-
lungsbereiten Knorpelzellen samt angrenzenden epiphysären und diaphysären enchondralen
Ossifikationsbereichen mit den oben beschnebenen Zonen.
Solange der Epiphysenknorpel durch Teilung seiner Knorpelzellen wächst und damit immer
neues Material zum Abbau und anschließendem Ersatz durch Knochengewebe bereitgestellt
wird, ist ein Längenwachstum des Knochens möglich. Wenn die Knorpelzellen ihr Wachstum
etnstellen, werden auch die Wachstumsplatten durch Knochen ersetzt (.die Epiphysenfugen
schließen sich") und das Längenwachstum ist beendet.
Der Knorpel an der Oberfläche der Epiphysen bleibt als Gelenkknorpel erhalten.

4 Muskelgewebe

Muskelgewebe besteht aus Muskelzellen. Die Muskelzellen der Skelettmuskulatur werden als
Muskelfasern bezeichnet. Muskelzellen können sich aktiv verkürzen (kontrahteren). Dazu
besitzen alle Muskelzellen in ihrem Zytoplasma Myofibrillen aus Aktin- und Myosinfilamenten.
Entwicklungsgeschichtlich entsteht das Muskelgewebe mit wenigen Ausnahmen aus dem
Mesoderm.
Man unterscheidet drei Arten von Muskelgewebe: Skelettmuskulatur, glatte Muskulatur und
Herzmuskulatur. Skelettmuskulatur und Herzmuskulatur werden aufgrund ihrer lichtmikrosko-
pisch sichtbaren Querstreifung gemeinsam als quergestreifte Muskulatur bezeichnet. Die mei-
sten Skelettmuskeln können bewusst gesteuert werden (Willkürmuskulatur), Herzmuskulatur und
glatte Muskulatur nicht (autonome Muskulatur).

4.1 Skelettmuskulatur

Die Skelettmuskulatur ist mengenmäßig im Körper am stärksten vertreten. Größtenteils ist sie
Bestandteil der Muskeln des Bewegungsapparates, doch sind auch die Gesichtsmuskeln, die
Muskulatur der Zunge und des Gaumens, die Schlundmuskulatur und die Muskulatur des obe-
ren Teils des Ösophagus, die Muskulatur von Kehlkopf, Zwerchfell und Beckenboden, der M.
sphtncter urethrae, M. sphmcter an1 externus und M. cremaster sowte dte äußeren
Augenmuskeln und die Mittelohrmuskeln quergestreift.

Eine Skelettmuskelfaser ist durch Fusion von Einzelzellen, Myoblasten, entstanden. Sie kann
bts mehrere Zentimeter lang sein und ist10-100 IJm dick. Je nach Länge kann sie Hunderte von
Zellkernen enthalten. Die Zellkerne smd oval und liegen randständig unter der Zellmembran
(Sarkolemm) mitthrer Längsachse parallel zur Längsachse der Muskelfaser. Die Zellkerne kön-
nen sich nicht mehr teilen. Es sind jedoch den Skelettmuskelfasern an ihrer Oberfläche
Satellitenzellen angelagert, ruhende Myoblasten, dte bei Bedarf proliferieren und mit der
Muskelfaser fusionieren können. Dte Satellitenzellen liegen innerhalb der Basalmembran, die
Jede Skelettmuskelfaser umgtbt
Die Myofibrillen im Zytoplasma (Sarkoplasma) durchziehen die gesamte Länge der
Muskelfaser und sind über Desminfilamente untereinander verbunden und am Sarkolemm befe-
stigt. Etne Myofibnlle besteht aus längs orientierten, regelmäßig in Sarkomeren angeordneten
Myosin- und Aktinfilamenten. Die Sarkomare aller Myofibrillen hegen jeweils auf gleicher
Höhe. Dadurch entsteht im lichtmikroskopischen Bild die Querstreifung der Skelettmuskelfaser.
Dunkler gefärbte A -Banden wechseln mit helleren I-Banden ab. Diese Querstreifung ist an

~ Hanmann et al, lnstotull\.ir Zellbtologoe. Hoslologoe und Embryologie Medozonosche Unrversotäl Graz
Seite 46

längs- und auch an Schrägschnitten zu sehen (Abb. 52a). Querschnitte durch Muskelfasern zei-
gen die Myofibrillen lichtmikroskopisch als Punlctierung (Abb. 52b). Im Elektronenmikroskop
sieht man innerhalb der I-Banden den Z-Streifen. in den A-Banden eine hellere H-Zone. in deren
Zentrum ein dunklarer M-Streifen zu sehen ist (Abb. 53). Der Abschnitt zwischen zwei Z-Streifen
wird als Sarkomer bezeichnet.
Am Kontraktionsvorgang beteiligte Strukturen sind das Sarkoplasmatische Retikulum (entspricht
dem glatten ER) und Transversaltubuli. Das Sarkoplasmatische Retikulum dient als intrazel-
lulärer ca2+ -Speicher und ist ein membranbegrenztes Hohlraumsystem aus Schlliuchen ( ent-
lang erner Myofibnlle longitudinal onentrert) und terminalen Zisternen (zrrkulär um dre Myofibrille
herum verlaufend). Die Transversai-Tubuli (T-Tubuli) sind Einstulpungen des Sarkolemms in
das Sarkoplasma und verlaufen transversal zur Längsachse der Myofibrillen, an der Grenze zwi-
schen A- und 1- Bande. Der T-Tubulus und die beiden angrenzenden terminalen Zisternen bilden
jeweils eine Triade.

Aufbau eines Muskels


ln den Muskeln des Bewegungsapparates sind quergestreifte Muskelfasern und gefäß- und ner-
venführendes Brndegewebe morphologisch und funktionell miteinander verbunden. Zwischen
einzelnen Skelettmuskelfasern findet sich ein sehr kapillarreiches, lockeres Bindegewebe mit
retikulären Fasern, das Endomysium. Gruppen von Muskelfasern werden von Perimysium,
einem lockeren kollagenen Bindegewebe, zu Primär- und Sekundärbündeln zusammengefasst.
Alle Muskelbündel eines Muskels werden außen von Epimysium (lockeres kollagenes
Bmdegewebe) umhüllt, das den Muskel mit seiner Faszie (straffes, geflechtartiges kollagenes
Bindegewebe) verbindet, die den Muskel oberflächlich bedeckt.

?'
,-1

I-Streifen(- ). A-Streifen (<:IQ), Muskelsprndel


Z-Strerfen A )
C Hanmann el al . lnslllul fur Zellboologoe, Hostologoe und Embryologoe, Medtztnosche Unoversot~r Graz
Seite 47

Muskelspindeln (Abb. 54) sind Dehnungsrezeptoren, die der Regulation der Spannung des
jeweiligen Muskels dienen, und liefern Informationen über Stellung und Bewegung der
Extremitäten und die Haltung des Körpers. Sie liegen im Perimysium und bestehen aus einer
Gruppe von besonders differenzierten, kleinkalibrigen Skelettmuskelfasern (intrafusalen
Fasern), die von einer Bindegewebskapsel umgeben sand und mit afferenten und efferenten
Nervenfasern in Verbindung stehen.

4.2 Glatte Muskulatur

Glatte Muskulatur findet man in der Wand von Blut- und Lymphgefäßen, in der Wand des
Verdauungskanals (Ösophagus, Magen, Dünndarm, Dickdarm und Rektum bts zum Anus;
Gallenblase), der Luftwege (Trachea; Bronchi und Bronchioli der Lunge bis zu den Alveolen:
Basalringe), in den ableitenden Harnwegen (Ureter, Harnblase, Urethra), im männlichen
Genitaltrakt (Ductus epididymidis, Ductus deferens, Samenblase, Prostata, Corpus cavernosum
penis, Skrotalhaut- Tunica dartos) und im weiblichen Genitaltrakt (Eileater, Uterus, Vagina).
Glatte Muskeln sand auch M. sphincter und M.dilatator pupillae, M. ciliaris, M. orbitalis, Mm. tar-
sales und in der Haut die Mm. arrectores pilorum.

Glatte Muskelzellen (Abb. 55 und Abb. 56} sind langgestreckte, spindelförm1ge Zellen (20-200
tJm- im schwangeren Uterus bis 800 iJm- lang, 5-10 iJm dick) mit nur einem einzigen, zentral
gelegenen, stäbchenförmigen (zigarrenförmigen) Zellkern, der bei stark kontrahierten
Muskelzellen eine geschlängelte b1s schraubag gewundene Form annehmen kann. Jede
Muskelzelle ist von einer Basalmembran umgeben, zwaschen den Muskelzellen finden sich reti-
kuläre Fasern. Glatte Muskelzellen können auch ihre extrazelluläre Matrix selbst synthetisieren.
Glatte Muskelzellen bilden in der Regel Bündel, in denen die Muskelzellen jeweils parallel aus-
gerachtet sind. Die Bündel können zu Schichten angeordnet sein (z.B. im Verdauungskanal}.
ln glatten Muskelzellen sand die Aktan- und Myosanfilamente nicht zu Sarkomeren angeordnet,
die Organisation ist weniger klar ersichtlich. D1e Zellen zeigen keine lichtmakroskopische
Querstreifung, deshalb .glatte• Muskulatur.
Ultrastrukturell finden sich an der Oberfläche der Zelle zahlreiche 0-förmige Einstülpungen der
Plasmamembran, Caveo/ae, 1m Zytoplasma manchmal schlauchförmige Membransysteme. Dae
Mehrzahl der Zellorganellen liegt in kappenförmigen Zytoplasmaarealen an beiden Polen des
Zellkerns. Im Zytoplasma und an der Innenseite der Plasmamembran sind zahlreiche
Verdichtungszonen zu sehen, im Zytoplasma als dense bod ies, an der Plasmamembran als

C Hartmann et al • Institut fOr Zellboologl9. H•stOiogoe und Embryologie, Med1Z101sehe Unlvers1tat Graz
Seite 48

Anheftungsplaques bezeichnet. Es sind Verankerungsstellen für Aktinfilamente und für ein


Netz aus Intermediärfilamenten (Desmin}, das die Zelle durchzieht. Die Aktin- und
Myosinfilamente sind annähernd in Längsrichtung der Zelle orientiert.
Glatte Muskelzellen sind häufig über Gap junctions miteinander funktionell verbunden.

4.3 Herzmuskulatur

Die Herzmuskulatur ist - wie die Skelettmuskulatur - eine quergestreifte Muskulatur, jedoch
unwillkürlich und in ihrem Vorkommen ausschließlich auf das Herz beschränkt. Hier findet sie
sich im Myokard der Herzwand.
Herzmuskulatur besteht aus verzweigten Herzmuskelzellen (Abb. 59, 60 und 61 ). Dtese besitzen
jeweils emen zentral gelegenen Zellkern (gelegentlich auch zwei Zellkerne). Um den Zellkern
findet sich ein spindelförmiger, myofibrillenfreier Zytoplasmabereich, das Endoplasma. Hier lie-
gen Zellorganellen, wie z.B. rER und Golgi-Apparat, sowie Lipofuszingranula, deren Menge mit
dem Alter zunimmt. Die Anordnung der Akttn- und Myostnfilamente m den Myofibnllen tst ähnlich
wte die in der Skelettmuskulatur. ln Längsschnitten ist dte Querstrettung sowie- als.
Besonderheit der Herzmuskulatur - die Glanzstreifen (Disci intercalares) zu sehen. Gewöhnlich
treppenförmig abgestuft gliedern sie als Zellgrenzen das Herzmuskelgewebe in etwa 100 ~-tm
lange Abschnitte. Hier sind Haftkontakte (Fasciae adhaerentes und Desmosomen) und
Kommunikaltonskontakte (Gap junctions) ausgebildet. Durch die Glanzstreifen werden die
Herzmuskelzellen zu verzweigten faserförmigen Ketten (.Herzmuskelfasern") verbunden, die
jeweils von einer gemeinsamen Basalmembran umgeben sind.
Sarkoplasmatisches Retikulum und T-Tubuli sind in der Herzmuskelzelle ebenso wie in der
Skelettmuskulatur vorhanden, doch ist das Sarkoplasmattsche Retikulum nur spärlich ausgebil-
det, die transversal verlaufenden T-Tubuli sindwetterund umgeben dte Myofibrillen jeweils m
der Höhe eines Z-Streifens.

5 Herz

Das Herz tst ein muskuläres Hohlorgan, das sich rhythmisch kontrahiert und Blut in den
Körperkreislauf (großer Kreislauf) und den Lungenkreislauf (kleiner Kreislauf) pumpt (Abb. 57).
Histologisch ist die Herzwand aus drei Schichten aufgebaut. deren stärkste das Myokard ist. Auf

Truncus pulmonahs

Abb 57:
Schema. Herz:
großer (Körper-)Kreislauf und
kleiner (Lungen-)Kreislauf
reA. ~ rechtes Atnum
h.A = 11nkes Atnum
rechter Ventnkel Imker Ventnkel
Cl Hartmann et al. lnsutul fur ZellbiOlogie H1slolog1e und Embryologie, Med•z•msche Umvers1tat Graz
Seite 49

dieses folgt innen das Endokard und außen das Epikard. Umhüllt wird das Herz vom
Herzbeutel, dem Perikard. Zw1schen Penkard und Epikard findet SICh em flüss1gkeitsgefüllter,
kaplllärer Spalt, die Perikardhöhle.

Epika rd
Das Ep1kard (Abb. 58) 1st die der Außenfläche des Herzens aufliegende seröse Haut. Es besteht
aus einem einschichtigen, platten Epithel (Mesothel), das einer Basallamina aufs1tzt, und einer
dünnen anschließenden Bindegewebsschicht. Mit dem Myokard ist das Epikard durch das sub-
epikardiale Bindegewebe (entsprechend einer Subserosa) verbunden, das reichlich
C Hartmannet al. Insblut hlr ZellbtOiogoe. Hostologoe und Embryologoe. Medoz•nosche Unlversitat Graz
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Fettgewebe enthält. ln das subepikardiale Binde- und Fettgewebe sind Blutgefäße und Nerven
eingelagert.

Myokard
Hauptbestandteil des Myokards ist Herzmuskulatur (Arbeitsmuskulatur- Abb. 59 und 60), beste-
hend aus einzelnen Herzmuskelzellen, die über Glanzstreifen miteinander zu langen, verzweig-
ten Ketten verbunden sind. Zwischen ihnen findet sich lockeres Bindegewebe, das
Endomysium, das sowohl mit dem subepikardialen als auch mit dem subendokardialen
Bindegewebe in Verbindung steht. Hier sind auffallend viele Blutkapillaren vorhanden, die paral-
lel zu den Herzmuskelzellen verlaufen.

Endokard
Das Endokard (Abb. 62) bildet die innere Oberfläche des Herzens. Es besteht aus einem ein-
schichtig platten Epithel, dem Endothel, und einer unterlagerten subendothelialen Schicht, die
kollagene und elastische Fasern, wie auch vereinzelt glatte Muskelzellen enthält. Darunter findet
sich eine unregelmäßig dicke Bindegewebsschicht, das subendekardiale Bindegewebe, das
sich kontinuierlich in das Endomysium des Myokards fortsetzt. Hier finden sich Gefäße und
Nerven, sowie Purkinje-Fasern, die Endaufzweigungen des Erregungsbildungs· und
Erregungsleitungssystems. Verg lichen mit der Arbeitsmuskulatur des Myokards haben die
Purkinje-Muskelfasern (kettenförmig aneinander gelagerte spezialisierte Herzmuskelzellen) in
der Regel einen deutlich größeren Durchmesser und sind in histologischen Präparaten heller
gefärbt, da sie weniger Myofibrillen und mehr Glykogen enthalten (Abb. 63).

Das Erregungsbildungs- und Erregungsleitungssystem des Herzens ist verantwortlich fGr


die Entstehung von elektrischen Impulsen sowie deren Fortleitung und Verteilung. Dazu zählen
Sinusknoten, Atrioventrikularknoten (AV-Knoten), AtrioventrikularbOndel (His-Bündel),
Kammerschenkel und Purkinje-Fasern.

Manche Herzmuskelzellen des Vorhofmyokards können auch Hormone bilden, sie sezernieren
atriales natriuretisches Peptid (ANP).

6 Nervengewebe

Das Nervengewebe liefert d1e Bauelemente für das zentrale Nervensystem (ZNS) und das peri-
phere Nervensystem (PNS). Es besteht aus Nervenzellen (Neuronen) und Gliazellen.
Entwicklungsgeschichtlich stammen die Zellen des Nervengewebes aus dem Ektoderm, in wei-
terer Folge aus dem Neuralrohr und den Neuralleisten (Ausnahme Mikrogliazellen)

6.1 Nervenzellen (Neurone)

Sie s1nd d1e spezifischen, erregungsbildenden, -leitenden und informationsverarbeitenden Zellen


des Nervengewebes. S1e stehen untereinander oder m1t anderen Zellen über Synapsen in
Verbindung (siehe Lehrbücher). Nervenzellen sind von sehr unterschiedlicher Größe und zeigen
einen außerordentlichen Formenreichtum, das Bauprinzip ist jedoch immer gleich. Der Zellleib
der Nervenzelle 1st das Perikaryon, das den Zellkern enthält. Dieser ist typischerweise rund ,
chromatmarm, mit e1nem auffällig großen Nukleolus (Abb. 64 und Abb. 68). Im Zytoplasma fin-
den sich basophile Körnchen oder Schollen, die Niss I-Schollen (Nissi-Färbung m1t basischen
Farbstoffen). Elektronenmikroskopisch entsprechen diesen Nissi-Schollen Areale mit stark ent-

C Hartmann et al • lnshlul fur Zellb10log1e. H1stolog•e und Embryologie, Med1z1msche Umvers•lät Graz
Seite 51

wiekeitern rER. Nissi-Schollen-frei ist nur der Ursprungskegel des Neuriten. Neben anderen
Zellorganellen (Golgi-Apparat mit vielen Golgi-Stapeln, Mitochondrien, Lysosomen) enthält das
Parikaryen auch in unterschiedlicher Menge Lipofuszingranula (Telolysosomen). gelbbräunliche
Körnchen, deren Menge mot dem Alter zunimmt.
Mit Spezoalfärbungen sind lichtmikroskopisch sog. "Neurofibnllen" darstellbar. die elektronenmi-
kroskopisch dem Zytoskelett entsprechen: Mikrotubuli (Neurotubuli), Intermediärfilamente
(Neurofilamente) und Aktinfilamente.

Vom Perikaryon gehen zwei Typen von Fortsätzen aus, Dendnte (meist mehrere) und eon Neunt
(=Axon). Die Dendrite sind in der Regel baumartig verzweigte, verästelte Fortsätze des
Perikaryons. ln ihrem breitbasigen Ursprung und den anfänglichen Verzweigungen sind Nissi-
Schollen vorhanden. An den Oberflächen der verzweigten Dendritenbäume besitzen sie kleine
stachelartige Fortsätze- Domen (dendritic spines), die Orte von synaptlschen Kontakten sind.
Dendnte empfangen Erregungen von anderen Nervenzellen und leoten sie zum Parikaryen hin
(afferent).

Der Neurit (=Axon) ist e1n stets in der E~nzahl vorhandener, oft sehr langer Fortsatz. Er ent-
springt vom Perikaryon mit einem Ursprungskegel (Axonhügel), der keine Nissi-Schollen enthält.
Sein distales Ende ist in kleine Äste verzweigt (Telodendron). Entlang des Neuriten wird die
Erregung vom Perikaryon weg (efferent) über längere Strecken fortgeleitet und an den
Endverzweigungen oder Kollateralen über Synapsen auf nachgeschaltete Nervenzellen oder
andere Zellen (Effektoren, z.B Muskelfasern) übertragen. Die Übertragung erfolgt fast immer
über Neurotransmitter.

Nervenfaser
Neunte besitzen e~ne Scheide (Umhüllung), doe von Gliazellen (s.u ) gebildet word. Ein Neurit
zusammen mit se~ner Gliascheide wird als Nervenfaser bezeichnet (sowohl 1m PNS wie auch
im ZNS). Je nachdem, ob in dieser Gliascheide eine Markscheide(= Myelinscheide) ausgebildet
ist oder nicht, unterscheidet man markhaltige (myelinisierte) Nervenfasern (Abb. 65 und Abb
67) und marklose (nicht myelinisierte) Nervenfasern.

Aufgrund der Anzahl der Fortsätze können verschoedene Bautypen von Nervenzellen unterschie-
den werden.
Multipolare Nervenzellen: ein Neurit, zahlreiche Dendnte. Multipolare Nervenzellen kommen im
ZNS und PNS am häufigsten vor.
Bipolare Nervenzellen: e1n Neunt, eon Dendnt. (lnnenohr, Retina)

C Hartmannetal • lnstJIUt fur Zellbtotogte HISiologte und Emb<yOiogoe. Medozonische Unoversot~t Graz
Seite 52

Pseudounipolare Nervenzellen: vom Perikaryon geht nur ein Fortsatz ab, der sich T-förmig in
einen Neurit und einen Dendrit aufteilt. (Spinalganglien)
Unipolare Nervenzellen: z.B. Stäbchen- und Zapfenzellen der Retina besitzen nur einen
Neuriten.

6.2 Gliazellen

Gliazellen kommen im Nervengewebe bis zu zehnmal häufiger vor als Nervenzellen. Sie umhül-
len die Nervenzellen, dienen der Isolierung, füllen den Raum zwischen den Nervenzellen aus,
grenzen das Nervengewebe gegen andere Gewebe ab und haben Bedeutung für den
Stoffwechsel der Nervenzellen.

6.2.1 Gliazellen im peripheren Nervensystem (PNS )

Im PNS werden die Nervenzellen von Schwann-Zellen und Mantelzellen (Satellitenzellen)


umhüllt. Schwann-Zellen umhüllen den Neurit, Mantelzellen das Penkaryon der Nervenzelle. Im
Anschluss ist jeweils eine Basallamina vorhanden.

Schwann-Zellen
bilden die Gliascheide um die Neurite von Nervenzellen.
Bei der Entstehung von markhaltigen (myelinisierten) Nervenfasern umhüllt eine Schwann-
Zelle jeweils eine Teilstrecke eines Neuriten und umwickelt ihn mit einem Teil ihres Zellleibs,

Abb. 66. Nervengewebe: Schema Schwann-Zelle:


Markscheide

Abb 71 : Nervengewebe: ZNS


Schema Oligodendrozyt

0 Hanmann et al. Institut ltJr Zellb<ologoe. H•stolog1e und Embryologie, Med1Z1n1sche Un1Ve<S1Ult Graz
Seite 53

sodass eine kleinere oder größere Anzahl von konzentrischen Lipid-Protein-Lamellen (entspre-
chend der Zellmembran der Schwann-Zelle) entsteht. Diese besonders lipidreichen
Membranlamellen ergeben in Summe die Markscheide (= Myelinscheide - Abb. 66, Abb. 67).
Der Zellkern der Schwann-Zelle liegt an der Peripherie der Zelle. ln routinehistologischen
Präparaten sind die Lipide der Markscheide durch organische Lösungsmittel herausgelöst, von
der Markscheide bleiben die Proteinbestandteile als netzartiges sog .•Neurokeratingerüst" erhal-
ten. Da jede Schwann-Zelle nur eine Teilstrecke eines Neuriten mit einer Markscheide versorgt,
ist zwischen den einzelnen Schwann-Zellen die Markscheide unterbrochen. Lichtmikroskopisch
erscheinen diese Stellen als Emschnürungen, Ranvier-Schnürringe. Der Abstand zwischen
zwei Schnürringen wird als Internodium bezeichnet; ein Internodium entspricht so der Länge
einer Schwann-Zelle. Die Erregungsleitung läuft nicht kontinuierlich, sondern springt gewisser-
maßen von einem Schnürring zum anderen: saltatorische Erregungsleitung.
Bei marklosen (nicht myelinisierten) Nervenfasern (Abb. 67) wird von den Schwann-Zellen
keine Myelinscheide gebildet. Hier sind mehrere (6-12) Neurite in eine Schwann-Zelle emgebet-
tet. Sie liegen in Einsenkungen der Zellmembran der Schwann-Zelle. Der Zellkern liegt hier in
der Mitte der Zelle. Die Erregung wird bei marklosen Nervenfasern kontinuierlich fortgeleitet
Im PNS ist jede Nervenfaser- markhaltig oder marklos- von einer Basallamina umgeben, die
von Schwann-Zellen gebildet wird

Mantelzellen (Satellitenzellen, Amphizyten)


umhüllen epithelartig die Parikaryen von Nervenzellen. Nach außen liegt den Mantelzellen eine
Basallamina an. Mantelzellen sind überwiegend platte Zellen, im Bereich des meist rundlichen,
chromatinreichen Zellkerns etwas verbreitert (Abb. 68).

6.2.2 Gliazellen im zentralen Nervensystem (ZNS)

Im ZNS stehen d1e Nervenzellen in engem Kontakt m1t Oligodendrozyten (sie bilden
Markscheiden) und Astrozyten. Ependymzellen kleiden die inneren Liquorraume aus. Ebenfalls
zu den Gliazellen des zentralen Nervensystems zählen Mikroglia- oder Hortega-Zellen.

Oligodendrozyten (Oiigodendrogliazellen)
sind 1n routinehistologischen Präparaten an ihren kleinen, runden, chromatinreichen Zellkernen
zu erkennen (Abb. 70). Sie bilden die Markscheiden zentraler Nervenfasern: Ein
Oligodendrozyt besitzt mehrere breitflächige Fortsätze und kann mit jedem dieser Fortsätze an
mehreren, unterschiedlichen Neuriten jeweils die Markscheide eines Internodiums bilden (Abb.
71).

Parikaryen ( ! ) Oligodendrozyt( ~ ), Astrozyt( )- ),

C Hartmann et al .• lnst1tut ror Zellboologoe. H1stologoe und Embtyologoe. Med1Z1n1sche Un~vers,tat Graz
Seite 54

Astrozyten (Astrogliazellen)
haben im Vergleich zu Oligodendrozyten deutlich größere, runde, chromatinarme Zellkerne mit
einem oft exzentrisch liegenden Nukleolus (Abb. 70). Astrozyten sind die häufigsten Gliazellen
im ZNS. Sie bes1tzen zahlreiche Fortsätze (.Sternzellen") und sind durch Gap junctlons unterein-
ander verbunden. Mit den verbreiterten Enden 1hrer Fortsätze umgeben ste d1e Parikaryen von
Nervenzellen, bedecken Dendrite und Synapsen. Ebenso erreichen sie mit Fortsätzen die
Oberflächen von Blutkapillaren (bilden hier die Membrana limitans glialis perivascularis) und
grenzen das ZNS an seiner Oberfläche gegen die Hirnhäute ab (Membrana limitans g/ialis
superficialis).
Flächige Fortsätze von Astrozyten umfassen Gruppen von marl<Josen Nervenfasern.

Je nach Menge ihrer Intermediärfilamente (aus glial fibrillary acidic protein) können fibrilläre und
protoplasmafische Astrozyten unterschieden werden.

Mikrogliazellen = Hortega-Zellen
sind vielgestaltig mit länglichen, mäßig chromatinreichen Zellkernen (Abb. 70). Hortega-Zellen
sind bewegliche Zellen, sie können phagozytieren und speichern. Sie sind mesenchymaler
Herkunft (werden auch als Mesoglia bezeichnet), ihre Vorläuferzellen stammen aus dem
Knochenmark und sind großteils schon während der Fetalzeit in das ZNS eingewandert. Sie
zählen zum mononukleären Phagozytensystem.

Ependymzellen
sind hochprismatische Zellen, die als einschichtige Lage die inneren Liquorräume des ZNS aus-
kleiden.
Den Ependymzellen verwandt sind die Epithelzellen des Plexus choroideus (sezernieren Liquor)
sowie die Tanyzyten (kleiden den Boden des 111 Ventrikels aus).

Wettere, aus Astrozyten differenzierte Gliazellen: Müller-Zellen, Bergmann-Zellen, PltUJzyten,


etc.

7 Nervensystem

Topographisch wtrd das Nervensystem eingeteilt in das zentrale Nervensystem (ZNS ), zu dem
Gehirn und Rückenmark zählen, und das penphere Nervensystem (PNS), das alle Teile des
Nervensystems außerhalb des ZNS umfasst: Spmalnerven mit afferenten und efferenten Fasern,
Htrnnerven (111-XII), Ganglien (Sptnalganglien, vegetative Ganglien), intramurale Nervengeflechte
(z. B. Plexus myentericus - Abb. 77a, Abb. 77b- S.122) des Enterischen Nervensystems im
Verdauungstrakt, efferente Nervenfasern mit motorischen Endplatten und afferente
Nervenfasern aus Rezeptororganen z .B Muskelspindeln (Abb. 54), Meissner-Tastkörperchen
(Abb. 78), Vater-Pacm1-Lamellenkörperchen (Abb. 79).

Funktionell kann das Nervensystem in ein somatisches (animales) Nervensystem und ein
vegetatives (autonomes) Nervensystem gegliedert werden. Sowohl das somatische als auch
das vegetative Nervensystem besttzen zentrale und penphere Antetle Die Leistungen des
somatischen Nervensystems geschehen zum größten Teil auf der Ebene des Bewusstsetns, das
vegetative Nervensystem regelt vorwiegend die Funkttonen der inneren Organe, ohne dass
seine Tätigkeit im Einzelnen bewusst wird. Zwischen beiden Systemen bestehen jedoch enge
Verbindungen (Siehe Lehrbücher)

C> Hartmann et al lnst•tut fur Zeltboologoe. HIStologoe und Emb<yologte Medaztntsdle Untversttat Graz
Seite 55

7.1 PNS

7 .1.1 Nel"'en

Ein größerer peripherer Nerv (Abb. 72- N. ischiadicus) besteht aus mehreren
Nel"'enfaserbündeln. Ein Nervenfaserbündel besteht aus markhaltigen und marklosen
Nel"'enfasern. Die Nervenfasern verlaufen innerhalb eines Bündels (Abb. 73) leicht gewellt und
sind eingebettet in ein lockeres Bindegewebe, das Endoneurium.
Eine einzelne markhaltige Nervenfaser besteht aus einem Neurit (Axon) und der in den
Präparaten oft netzartig strukturiert erscheinenden Hülle aus Schwann-Zellen
(.Neurokeratingerüst• - bleibt nach Extraktion der Lipidbestandteile von der Markscheide übrig).
Zellkerne innerhalb des Nervenfaserbündels können im lichtmikroskopischen Präparat nicht ein-
deutig zugeordnet werden, sie gehören zu Schwann-Zellen oder zu Zellen des Endoneuriums
(Bindegewebe, Kapillaren ).

Jedes Nervenfaserbündel wird an seiner Oberfläche von einem Perineurium


(Perineuralscheide) umhüllt. Das Perineurium besteht aus mehreren Lamellen von epithelartig
differenzierten Bindegewebszellen.

Das Epineurium. ein lockeres Bindegewebe mit Fettzellen, verbindet mehrere vom Perineurium
umgebene Nervenfaserbündel miteinander und überzieht die Oberfläche der größeren Nerven.
Kleinere periphere Nerven bestehen aus nur einem NervenfaserbOndel, das vom Perineurium
umgeben ist (Abb. 74a,b).

0 Hanmann et al • lnsbl\Jt fllr Zellboologoe. H•stologte und EmbrtoiOgle. Med121n1sche Univers•tat Graz
Seite 56

7.1.2 Ganglien

Ganglien (Spinalganglien, vegetative Ganglien) sind Ansammlungen von Perikaryen von


Nervenzellen.
Spinalganglien (Abb. 75 und Abb. 76) liegen in der dorsalen Wurzel der Spinalnerven. Sie sind
an der Oberfläche von einer Bindegewebskapsel bedeckt. Im Inneren des Spinalganglions fin-
den sich Gruppen von (überwiegend pseudounipolaren) Nervenzellen mit sehr großen
Perikaryen und einem kugeligen, meist chromatinarmen Zellkern mit deutlichem Nukleolus. Im
Zytoplasma kann man fein verteilte (staubförmige) Nissi-Schollen und eventuell
Lipofuszingranula sehen. Die Perikaryen der Nervenzellen werden von einer Schicht flacher
Gliazellen, den Mantelzellen (Satellitenzellen) umgeben, von denen im lichtmikroskopischen
Präparat meist nur die runden, chromatinreichen Zellkerne zu sehen sind (Abb. 68). Zwischen
den Parikaryen finden SICh häufig gebündelt verlaufende, meist markhaltige Nervenfasern, ein-
gebettet in ein zartes, an Blutkapillaren reiches Bindegewebe (entsprechend dem
Endoneurium).

Spinalganglion Spinalganglion· intramuraler

Nervenendigungen Nervenendigungen
Vater-Pacim-Lamel l<>n ~llrn..•·,.h••n

Cl Hartmann el al Institut fur Zellboologoe Hostologoe und Emtxyologoe. Medozonosche Umversotat Graz
Seite 57

7.2 ZNS
Weiße und graue Substanz

Schnitte durch das ZNS (Gehirn und Rückenmark) zeigen im Frischpräparat makroskopisch eine
Gliederung in weiße Substanz und graue Substanz.
Die weiße Substanz (Substantia alba) enthält Gliazellen und neben marklosen, vorwiegend
markhaltige Nervenfasern (Abb. 65). Aufgrund des Fettgehalts der Markscheiden erscheinen
Ansammlungen von solchen Nervenfasern 1m Frischpräparat weiß.
ln der grauen Substanz (Substantia grisea) finden sich (neben Gliazellen und Nervenfasern)
überwiegend Perikaryen von Nervenzellen (Abb. 64). Ansammlungen von Parikaryen zeigen im
Frischpräparat einen grauen Farbton.

Im Gehirn liegt die graue Substanz als Cortex (Rinde) an der Oberfläche, die weiße Substanz -
Ansammlungen von Nervenfasern, die Faserbahnen (Tractus) oder Bündel (Fasciculi) bilden-
überwiegend im Inneren.
Im Inneren, eingelagert in die weiße Substanz, findet sich graue Substanz in Form von Kernen
(Nuclei).
Im Rückenmark liegt die graue Substanz innen, dte weiße Substanz an der Oberfläche.

Mit der Eisenhämatoxilinfärbung (Heidenhain) lässt sich lichtmikroskopisch die Anordnung


der grauen und weißen Substanz gut erkennen. Eisenhämatoxilin färbt - neben Zellkernen und
Erythrozyten - die Markscheiden von Nervenfasern. Die weiße Substanz wird also mit dieser
Färbung schwarz-blau, die graue Substanz jedoch kaum gefärbt.

Für zytoarchitektonische Studien eignet sich die Nissi-Färbung, bei der mit einem basischen
Thtazinfarbstoff (z.B. Kresylviolett. Methylenblau oder Toluidmblau) selektiv die Perikaryen
(Zellkern, Nissi-Schollen im Zytoplasma) dargestellt werden können.

7.2.1 Rückenmark (Medulla spinalis)

Querschnitte durch das Rückenmark (Halsmark - Abb. 80, Brustmark- Abb. 81) zeigen in sei-
nem gesamten Verlauf einen prinzipiell gleichen Aufbau. Sie sind rund bis oval und weisen ven-
tral etnen liefen Etnschnitt (Fissura mediana ventralis) auf. Dorsal1st medtan eine seichte
Furche (Sulcus medianus dorsalis) ausgebildet, von dort geht das Septum medianum dorsale
aus. Zusammen teilen sie das Rückenmark in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften.
Die graue Substanz (Substantia grisea) liegt innen und bildet eine schmetterlingsförmige
Ftgur, die den Zentralkanal umschließt. Sie gliedert stch 1m Querschnittsbild beiderseits tn je ein
Vorderhorn und ein Hinterhorn. Der zwischen Vorder- und Hinterhorn liegende Teil der grauen
Substanz ist die Pars intermedia. Aus ihr geht im Bereich des Brustmarks lateralwärts jederseits
das Seitenhorn hervor. (ln der Längsausdehnung des Rückenmarks bilden Vorderhorn,
Hinterhorn. Pars intermedia und Sattenhorn Säulen: Columna anterior, posterior, intermedia.
lateralis). Der unpaare Teil der Pars intermedta, der die paarigen grauen Teile miteinander ver-
btndet und den Zentralkanal enthält, wird auch als Commissura grisea bezeichnet. Der
Zentralkanal ist von Ependymzellen ausgekleidet und enthält Liquor cerebrospinalis.
Die Nervenzellperikaryen tn der grauen Substanz sind von unterschiedlicher Größe, Form und
Funktton und nicht gletchmäßtg verteilt, sondern können Schichten (Laminae} bilden oder stnd
zu Kernen (Nuclei} gruppiert. Im lichtmikroskopischen Präparat auffallend ist eine Gruppe von
relativ großen Nervenzellperikaryen an der Basis des Hinterhorns im Bereich des Brustmarks,
der Nucleus thoracicus.

Cl Hartmann et al • Insblut fur Zeflb1olog1e. HIStologie und Embryologie, Med1Zon1sche UntvefSI~I Graz
Seite 58
..

IAbb. 81:

Die weiße Substanz (Substantia alba) umgibt außen die graue Substanz. Diese gliedert sich
beiderseits in je einen Hinterstrang, Vorderstrang und Seitenstrang (letztere auch gemeinsam
als Vorderseitenstrang bezeichnet), die jeweils aus gebündelten, vorwiegend längsverlaufenden
markhaltigen Nervenfasern (Tractus oder Fasciculi) bestehen. Die beiden Vorderstränge stehen
über die Commissura a/ba miteinander in Verbindung.
Die Radix dorsalis (hintere Spinalnervenwurzel) enthält Neurite von Spinalganglienzellen, die in
das Rückenmark eintreten.
Die Radix ventralis (vordere Spinalnervenwurzel) enthält Neurite von Wurzelzellen aus dem
Vorderhorn (und aus dem Seitenhorn), die das Rückenmark verlassen.

7.2.2 Großhirn (Cerebrum)

Das Großh1rn (auch Endhirn, Telencephalon) bildet in Form der beiden Großhirnhälften
(Hemisphären), verbunden durch das Corpus callosum, den größten Teil des
Zentralnervensystems. Durch die Ausbildung von mehr oder weniger tief einschneidenden
Furchen (Fissurae und Sulci) und Windungen (Gyri) wird eine starke Vergrößerung der
Großhirnoberfläche erreicht. Im Unterschied zum Rückenmark liegt h1er- wie auch be1m
Kleinhirn- der überwiegende Teil der grauen Substanz als Rinde (Cortex) an der Oberfläche,
die weiße Substanz als Marklager im Inneren.
Der größte Teil (lsocortex) der Großhirnrinde (Abb. 82) kann aufgrundder unterschiedlichen
Form, Größe und Lagerungsdichte der Pankaryen in sechs Ineinander übergehende horizontale
Schichten (Laminae) gegliedert werden. Diese werden traditionell nach dem Aussehen der
Parikaryen in der N1ssi-Färbung (Zellfärbung) benannt, woraus aber nicht auf die jeweilige
Funktion dieser Nervenzellen geschlossen werden kann.
Lamina molecularis (I). Die Molekularschicht ist die oberflächlichste Schicht der
Grasshirnrinde S1e enthält nur wen1ge kleine, oft spindeiförmige Nervenzellen
Lamina granularis externa (II). ln der äußeren Körnerschicht liegen d1cht gelagert relat1v klei-
ne, oft kugelförmige Nervenzellen.
Lamina pyramidalis externa (111): ln der äußeren Pyramidenzellschicht finden sich kleine und
mittelgroße (10-40 11m) pyramidenförmige Nervenzellen.
Lamina granularis interna (IV): Die innere Körnerschicht mit d1cht gelagerten, kleinen
Nervenzellen 1st - w1e auch die Lamina granularis externa - in den einzelnen Rmdenarealen
unterschiedlich ausgebildet. Sie kann in sensorischen Rindenarealen sehr gut entwickelt se1n, in
motorischen weitgehend fehlen.
Lamina pyramidalis interna (V) D1e mnere Pyramidenzellschicht enthält mittelgroße
Pyramidenzellen, in molansehen Rindenarealen auch große Pyramidenzellen (Betz-
Riesenpyramidenzellen). Sie können eme Größe von 100 11m und mehr erreichen.

0 Hartmann el al. lnslllut fur Zellboo!ogoe. H1siOIOQie und Embryologie. Med1Z1n1sch& Un1v&rs11ä1 Graz
Seite 59

Lamina multiformis (VI): Oie multiforme Schicht enthält mtttelgroße, unterschiedlich geformte,
häufig spindeiförmige Nervenzellen.

Mit der Markscheidenfärbung werden aus der weißen Substanz radiär m die Rinde einstrah-
lende markhaltige Faserbündel (Radiärfaserbündel, Markfaserbündel) und parallel zur
Rindenoberfläche, tangential verlaufende Geflechte markhaitigar Nervenfasern dargestellt.

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7.2.3 Kleinhirn (Cerebellum )

Wie das Großhirn besitzt auch das Kleinhirn zwei Hemisphären. Sie sind durch einen unpaaren
mittleren Teil, den Wurm miteinander verbunden. Oie Oberfläche des Kleinhirns ist durch quer-
verlaufende Windungen (Folia), die von tiefen Furchen (Fissurae) begrenzt werden, stark ver-
größert Auch das Klemhirn besttzt außen eine graue nervenzellreiche Rinde (Cortex cerebelli),
tnnen e1n wetßes nervenfaserreiches Mark.
Oie Kleinhirnrinde (Abb. 83) zeigt zytoarchitektonisch überall einheitlich eine Gliederung in drei
Schichten.
Stratum moleculare (Molekularschicht)· hier finden sich verhältnismäßig wenige Nervenzellen
Korbzellen - 1m inneren Drittel der Molekularsehtchi - und Sternzellen- 1n der äußeren Hälfte
der Molekularschicht
Stratumganglionare (Purkinje-Zellschicht): wird von einer Reihe großer Nervenzellen, den
Purkinje-Zellen, gebildet Von ihrem Penkaryon gehen zwei kräfttge Dendritenäste weg, die sich
spalierbaumartig in der Molekularschicht verzweigen.
Stratum granulosum (Körnerschicht): besteht aus dicht gelagerten, sehr klemen Nervenzellen,

0 Hartmannetal . lnstotut fur Zellbiologie. Hlslologie und EmbryolOgie, Med,z~nosche Unoversotal Graz
Seite 60

den kleinen Körnerzellen. Daneben finden sich in geringerer Anzahl auch große Körnerzellen
(Go/gi-Zellen). Kleine zellkernfreie Areale werden als Glomerulicerebellares (auch
Parenchyminseln) bezeichnet.

7.2.4 Hirnhäute (Meninges)

sind bindegewebige Hüllen, die das ZNS umgeben. Sie gliedern sich in
Pachymenlnx (Dura mater) = harte Hirnhaut und Leptameninx = weiche Hirnhaut.
Die Leptameninx besteht aus Arachnoidea und Pia mater. Zwischen beiden liegt der
Subarachnoidalraum, der mit Liquor cerebrospinalis gefüllt ist.
Der Liquor cerebrospinalis wird vom Plexus choroideus gebildet, gelangt in das
Ventrikelsystem und von dort in den Subarachnoidalraum.

8 Blutgefäße- und Lymphgefäße

Blutgefäße sind Arterien (elastischer und muskulärer Typ), Arteriolen, Kapillaren, Venolen und
Venen.
Die Arterien sind die vom Herzen wegführenden Gefäße. Sie haben die Aufgabe, Blut zu den
Organen zu transportieren. Sie verzweigen sich und werden mit fortschreitender Aufteilung
1mmer dünnwandiger und enger, der Gesamtquerschnitt der Strombahn nimmt jedoch zu; dies
führt zur Ver1angsamung der Blutströmungsgeschwindigkeit Die kleinsten arteriellen
Gefäßabschnitte, die den Kapillaren vorgeschaltet sind, sind die Arteriolen.
Kapillaren liegen zwischen arteriellem und venösem Teil des Blu tkreislaufs (Ausnahmen sind
portale Gefäßsysteme, Glomeruli in der Niere) und bilden nahezu überall im Körper ein dichtes,
reich verzweigtes Maschenwerk. Sie besitzen eine sehr dünne Wand, durch d1e der Stoff- und
Gasaustausch zwischen Blut und Gewebe erfolgen kann.
Die kleinsten Abschnitte des venösen Gefäßsystems sind die Venolen, die das aus den
Kapillaren kommende Blut sammeln. Sie schließen sich zunächst zu kleinen, dann zu immer
weitlumigeren und dickwandigeren Venen zusammen, die das Blut w1eder zum Herzen zurück-
führen.
Das Lymphgefäßsystem beginnt peripher m1t Netzen von Lymphkapillaren, die die Lymphe
aus dem extrazellulären Raum ableiten (Drainagesystem). Lymphe ist ein Filtrat des Blutes und
beinhaltet u.a. Plasmaproteine und Zellen der Abwehr. Über kleinere, mittlere und größere
Lymphgefäße (Sammelgefäße), die sich schließlich zu zwei großen Lymphgängen (Ductus
lymphabcus dexter, Ductus thorac1cus) zusammenschließen, gelangt die Lymphe wieder in den
Blutkreislauf.

Allgemeiner Schichtenbau der Artenen-, Venen- und Lymphgefäßwand (Abb. 84)

Tunica intima (Intima): besteht aus einem Endothel (einschichtiges, plattes Epithel), das einer
Basallamina aufsitzt. Darunter findet sich eine dünne subendotheliale Schicht, die kollagene und
elastische Fasern enthält. Endothelzellen sowie Bindegewebsfasern s1nd mehr oder mmder in
Richtung der Gefäßachse onent1ert.
Tunica media (Media): besteht aus glatten Muskelzellen und Bindegewebsfasern Muskelzellen
und Bindegewebsfasern sind annähernd zirkulär um das Gefäßlumen angeordnet.
Tunica adventitia (Adventitia ) oder Tunica externa 1st eine Bindegewebsschicht.
Bindegewebsfasern (und 1n größeren Venen auch glatte Muske/ze//en) s1nd w1e in der Tun1ca
mtima annähernd in der Richtung der Gefäßachse angeordnet.

C Hartmann el al , lnst11Ut fur Zellbtolog1e H1stolog.e und Embryologie Medozonosehe Umveos1tät Graz
Seite 61

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Abb 84· Schema: Schichtenbau einer Arterie vom


muskulären Typ

An der Grenze zwischen Tunica media und Tunica adventitia und in den äußeren
Mediaschichten sind Vasa vasorum (Versorgungsgefäße der Gefäßwand) zu finden.

Arterien vom elastischen Typ


Große herznahe Artenen smd nach diesem Typ gebaut. Die breite Tumca media besteht, neben
glatten Muskelzellen, hauptsächlich aus elastischen Membranen. Zwischen elastischem und
muskulärem Bautyp findet ein allmählicher Übergang statt, wobei der Anteil an glatter
Muskulatur in der Media zu-. der Anteil an elastischen Membranen abnimmt.

Arterien vom muskulären Typ


Die Dreischichtung der Wand ist hier besonders deutlich zu erkennen (Abb. 84 und Abb. 85).
Zwischen Tunica intima und Tunica media ist eine elastische Membran ausgebildet, die
Membrana e/astica interna. Die Tunica media - bei Arterien die dickste der drei Schichten- ist
aus mehreren Lagen dicht gepackten, fast konzentrisch angeordneten glatten Muskelzellen mit
nur wenig dazwischenliegenden Bindegewebsfasern aufgebaut. Die Tunica externa kann von
der Tunica media durch eine - nicht regelmäßig vorhandene - Membrana elastica externa abge-
grenzt sein.
Sonderformen von Artenen send Sperrarterien mit verdickter Media oder/und Intima.

Venen
Da in Venen der Blutdruck niedriger und die Strömungsgeschwindigkeit langsamer ist, sind
Venen im Vergleich zu Arterien in der Regel dünnwandiger und weitlumiger. Die Dreischichtung
der Wand ist nicht so deutlich zu erkennen (Abb. 86). Venen besitzen in der Regel keine
Membrana elastica interna. Die Tunica intima ist stets schmäler als in entsprechend großen
Arterien. ln der Tunica media findet man neben glatter Muskulatur reichlich Bindegewebe. Bec
den meisten Venen ist die Tunica adventitia besser entwickelt als die Tunica media. Vor allem
bei größeren Venen der unteren Körperhälfte kann man hier neben reichlich Bindegewebe auch
Bündel von längsverlaufenden glatten Muskelzellen finden. ln Venen (besonders der unteren
Körperhälfte) kommen ebenso wie cn Lymphgefäßen Klappen vor. Sonderformen von Venen
sind Drosselvenen mit zusätzlichen longitudinal ausgerichteten glatten Muskelbündeln im inne-
ren und äußerenBerecch der Media und/oder Adventitia.

Arteriovenöse Anastomosen sind Kurzschlussverbindungen zwcschen klemen Arterien und


Venen.

C Hartmann et al , lnshiUI ror ZetlbiOiogoe. HostOiogoe und EmbryolOgie. MediZinische Un1vers1tat Graz
Seite 62

Lymphgefäße (Sammelgefäße)
Lymphgefäße sind in der Regel noch dünnwandiger als Venen. Dte Schtchtung ist be1 kleineren
und m1ttleren Lymphgefäßen praktisch nicht mehr zu erkennen (Abb. 87). ln der Tunica media
tritt die glatte Muskulatur mengenmäßig noch stärker zurück, es überwiegt das Bindegewebe.
Lymphgefäße sind von Blutgefäßen (Verwechslung mit dünnwandigen Venen möglich) in lichtmi-
kroskopischen Präparaten auch an ihrem Inhalt zu unterscheiden: Lymphe 1st H.E.-Schnitten
homogen blass rötlich gefärbt, an zellulären Bestandteilen können Lymphozyten gefunden wer-
den, jedoch keine Erythrozyten.

Arteriolen

C Hanmann et al • InsioM fOr Zellbooklgoe HostoiOgoe und EmbryolOg-e Medozornsche Unoversoläl Graz

I
Seite 63

Arteriolen sind die kleinsten Äste des arteriellen Gefäßbaumes. Die Media einer Arteriole besitzt
nur noch eine (bis zwei) geschlossene Lagen ringförmig angeordneter glatter Muskelzellen (Abb.
88b und Abb. 90). Wurden die glatten Muskelzellen in kontrahiertem Zustand fixiert, erscheint in
den histologischen Präparaten das Lumen einer Arteriole oft sehr klein.

Kapillaren
Die Wand von Kapillaren (Abb. 88a und Abb. 89) besteht aus Endothel und einer Basallamina.
ln der Regel sind zusätzlich noch Perizyten vorhanden, kontraktile Bindegewebszellen mit eige-
ner Basallamina, die mit zahlreichen Fortsätzen die Kapillarwand außen tellweise umgreifen.
Der mittlere Durchmesser von Kapillaren liegt bei etwa 7 ~m. Eine typische Kapillare ist gerade
so weit, dass ein Erythrozyt hindurchpasst, bei engeren Kapillaren müssen sich die Erythrozyten
verformen. Sinusoide Kapillaren können einen Durchmesser von 20-30 ~m haben.
Man unterscheidet drei Grundtypen von Kapillarendothelien: kontinuierliches Endothel (ist am
häufigsten), fenestriertes Endothel (z.B. Kapillaren in endokrinen Drusen, in neurohämalen
Regionen des ZNS) und diskontinuierliches Epithel (selten, in Lebersinusoiden,
Knochenmarkssinusoiden).

Venolen
Die auf die Kapillaren folgenden postkapillären Venolen haben bis zu einem Durchmesser von
etwa 30 ~m einen Wandaufbau wie Kapillaren und nehmen auch am Stoffaustausch teil (Abb.
90). Die folgenden Abschnitte der Venolen mit einem Durchmesser von etwa 50 ~m haben
ebenfalls eme sehr dünne Wand, jedoch bereits vereinzelt glatte Muskelzellen 1n e1ner dünnen
Media.

9 Blut und Blutbildung


Das Blut besteht aus dem flüssigen Blutplasma und den darin suspendierten Blutzellen
(Blutkörperchen).
Blutzellen lassen sich unterteilen in:
rote Blutzellen (Erythrozyten): 4,8-5,4 Millionen/~! Blut, dienen dem Sauerstofftransport.
weiße Blutzellen (Leukozyten): 5000-10000/~1 Blut, weiße Blutzellen sind Granulozyten,
Lymphozyten und Monozyten, sie alle dienen der Abwehr. Nur ein kleiner Teil der im Körper vor-
handenen Leukozyten zirkuliert im Blut. der weitaus größere Teil befindet sich in den lymphati-
schen Organen und im Bindegewebe.
Blutplättchen (Thrombozyten): 150000-300000/~1 Blut, smd an der Blutgerinnung beteiligt.
Die Neubildung der Blutzellen erfolgt im roten Knochenmark (pränatal auch 1m Dottersack, in
der Leber und in der Milz).

9.1 Blutausstrich

Rote Blutzellen (Erythrozyten)


Reife Erythrozyten besitzen keinen Zellkern. Sie haben die Form von bikonkaven Scheiben, in
der Flächenansicht ist ihr (dünneres) Zentrum heller gefärbt. Ihr Durchmesser beträgt 7,5 ~m.

Weiße Blutzellen (Leukozyten)besitzen alle emen Zellkern.


1) Granulozyten
neutrophile Granulozyten (50-75% aller Leukozyten): 10-12 ~m Durchmesser; Zytoplasma
schwach az1dophil mit sehr feinen neutrophilen - schwach rötlich-violett gefärbten - Granula.

0 Hartmann el al. lnsiiiUI fur Zellb<ologi<l. Histologie und Embryologie, Med,zlnrsche Unrvers1tat Graz
Seite 64

Überwiegend segmentkernige Neutrophile: segmentierter Zellkern mit 3-4 Kernsegmenten,


dazwischen faden förmige Einschnürungen. Junge Formen mit einem länglichen, gebogenen
Zellkern, noch ohne deutliche Einschnürungen sind stabkernige Neutrophile.
eosinophile Granulozyten (1-4%): mit 12-14 ~o~m Durchmesser größer als die Neutrophilen; im
Zytoplasma dicht gepackte, grobe eosinophile- rot gefärbte - Granula.; segmentierter Zellkern
mit meist 2 (Hantelform), manchmal auch 3 Kernsegmenten.
basophile Granulozyten (0-1%): mit 8-10 ~o~m Durchmesser kleiner als die anderen
Granulozyten; die groben dunkel-violetten Granula Obertagern oft den Zellkern, der etwas
gelappt sein kann.
2) Lymphozyten (20-40%): die meisten sind kleine Lymphozyten mit 7-10 ~o~m Durchmesser;
annähernd runder bis leicht ovaler Zellkern mit dichter scholliger Chromatinstruktur, der in etwa
die Größe eines Erythrozyten hat; schmaler, manchmal kaum erkennbarer basophiler
Zytoplasmasaum; große Lymphozyten (bis 15 ~o~m Durchmesser) haben einen breiteren basophi-
len Zytoplasmasaum.
3) Monozyten (2-8%): sind mit 14-20 ~o~m Durchmesser die größten Zellen, ihre Form ist vielfäl-
tig, sie können manchmal auch etwas unregelmäßig begrenzt sein; ihr Zellkern ist oft exzen-
trisch gelegen, vielgestaltig, meist eingekerbt, "nierenförmig", oder gelappt m1t feinerer
Chromatinstruktur (heller) als der Zellkern der Lymphozyten; ihr Zytoplasma ist schwach baso-
phil.
Blutplättchen (Thrombozyten)
Bei Thrombozyten handelt es nicht um Zellen, sondern um Zytoplasmaabschnürungen von
Megakaryozyten. Ihre Größe variiert ZWISchen 1-4 ~o~m. Im Blutausstrich sind sie oft in Gruppen
zusammengelagert. Sie sind basoph1l und lassen ev. einen stärker basophilen, körn igen, zentra-
len Anteil - Granulomer- und ein schwächer basophiles, peripheres Hya/omer erkennen.

9.2 Knochenmark

Im roten Knochenmark findet die Blutbildung (Häma topo1ese) statt. Das Grundgewebe des
roten Knochenmarks 1st ein retikuläres Bindegewebe. Fortsatzre1che, fibroblast1sche
Retikumzellen und retikuläre Fasern bilden ein Netzwerk, in dessen Maschen die unreifen und
reifen Blutzellen der verschiedenen Blutzellreihen liegen. Außerdem kommen Fettzellen und
zahlreiche Makrophagen vor.
Durchzogen wird das Knochenmark von weiten sinusoiden Kapillaren (Knochenmarkss1nus)
einschließlich der zu- und abführenden Gefäße. Das Endothel der sinusoiden Kapillaren weist
große Poren auf, eine Basallamina fehlt weitgehend (diskontinuierliches Endothel).

Si!mtliche Blutzellen leiten sich von einer Population multipotenter hämatopoietischer


Stammzellen ab. Aus 1hr gehen mehrere Generat1onen von Vorläuferzellen (Progenitorzellen)
hervor, deren D1fferenzierungsm6glichke1ten immer we1ter emgeschränkt werden. Im
Knochenmarksausstrich kann man nur die relativ we1t entwickelten Vorstufen erkennen.

9.2.1 Knochenmarksausstrich

Erythropoiese

Bildung der roten Blutzellen Alle Reifungsstufen haben emen runden Zellkern, d1e 1m Vertauf der
Differenzierung 1mmer klemer und kompakter und schließlich ausgestoßen wird. Das niCht-gra-
nulierte Zytoplasma wechselt von anfangs basophil zu oxiphil (Abnahme des rER und der
Polyribosomen. Zunahme der Hämoglobinmenge).

c Hanmann e1 al lnslolul fur ZeUboologoe, Hlslologoe und Embryologoe Medozonosche Unoversolai Graz
Seite 65

(1) Proerythroblast größte Zelle dieser Reihe, Durchmesser 14-19 ~m. großer runder Zellkern
mit feiner, dichter Chromatinstruktur und - oft nur undeutlich - 2-3 Nukleolen; schmaler tiefblau-
er Zytoplasmasaum, oft mit einer perlnuklearen Aufhellung.
Erythroblasten/Normoblasten
(2) basophiler Erythroblast: 13-16 ~m Durchmesser; runder Zellkern mtt grobscholliger
Chromatinstruktur, Nukleolen fehlen meist; basophiles Zytoplasma.
(3 und 4) polychromatischer Erythroblast / Normoblast: 12-15 IJm Durchmesser; Zellkern rund,
deutlich kleiner und dichter; Zytoplasma wird mit fortschreitender Harneglobinsynthese abneh-
mend basophtl und zunehmend azidophil.
(5) oxiphiler (azidophiler oder orthochromatischer) Normoblast letzte kernhaltige Reifungsstufe
der Erythropoiese, nicht mehr teilungsfahig, 8-10 ~m Durchmesser; manchmal exzentrisch lie-
gender, noch kleinerer, intensiv gefarbter, pyknotischer Zellkern; azidophiles Zytoplasma. Der
Zellkern wtrd ausgestossen. Mit dem Verlust des Zellkerns werden die Normoblasten zu
Retikulozyten (ca 1% im Blut) und schließlich zu
reifen Erythrozyten.

Thrombozytapolese

Megakaryozyten: entwickeln sich aus Megakaryoblasten. Sie sind die größten Zellen des
Knochenmarks mit bis 100 IJm Durchmesser; sehr großer, vielgestaltiger, oft mehrfach gelappter
Zellkern; basophiles Zytoplasma mit feiner violetter Granulierung. Nach Zerfall des Zytoplasmas
in Thrombozyten bletbt der Zellkern zurück und wird von Makrophagen abgeraumt.

Granulozytopalese

Bildung der Granulozyten. Mit Ausnahme des Myeloblasten ist das Zytoplasma der Zellen gra-
nuliert.
(1) Myeloblast: 10-20 1-1m Durchmesser; großer, runder Zellkern mit sehr feiner
Chromatinstruktur und 2-3 deutlichen Nukleolen; schmales basophiles Zytoplasma (aber nicht
so tiefblau wie bei Proerythroblast), meist perlnukleare Aufhellung zu sehen.
{2) Promyelozyten: größte Zellen der Granulopoiese, 20-25 !Jm Durchmesser; runder, meist
exzentrisch gelegener Zellkern mit feiner Chromatinstruktur und Nukleolen; vergleichsweise viel
Zytoplasma. Das Zytoplasma ist basophil und enthält grobe, rote (azurophile), unspazifische
Granula; parinukleare Aufhellung.
(3) Myelozyten: 10-12 ~m Durchmesser; Zellkern mit zunehmend gröberer Chromatinstruktur,
Nukleolen meist nicht mehr zu sehen, der Zellkern ist rund bis oval, z.T. einseitig abgeplattet bts
leicht eingedrückt; das Zytoplasma wird mit fortschreitender Reifung abnehmend basophil und
zunehmend azidophil, die roten Azurgranvia nehmen ab, die spezifischen Granula (neutrophil,
eosinophil oder basophil) treten in den Vordergrund. (Neutrophile, eosinophile und basophile
Myelozyten)
(4) Metamyelozyt: Zytoplasma azidophil mit spezifischen Granula; plumper Zellkern mit unter-
schiedlicher Form von leicht eingekerbt bis nierenförmig. Der Übergang zum
stabkernigen Granulozyten mit einem länglichen, gebogenen Zellkern ist fließend. Durch
Kerneinschnürungen (Segmentierung) wird dieser zum reifen segmentkernigen Granulozyten.

Monozytapolese
Vorstufen sind im üblichen Knochenmarksausstrich nicht eindeutig erkennbar. Die Monozyten
des Knochenmarks unterscheiden sich nicht von Monozyten im Blut.

Im Knochenmark finden sich wetters:


Lymphozyten (Vorstufen verschiedener Lymphozytenpopulationen sind im

C Hartmann el al. lnsbtut fOr Zellbiologl8, Histologie u nd Embryologoe Med•zin•sdle Un1Vers1tat Graz
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Knochenmarksausstrich rein morphologisch nicht identifizierbar, lmmunzytologie)


Plasmazellen (differenzieren sich aus 6-Lymphozyten), runder, exzentrisch gelegener Zellkern
mit grobscholliger Chromatinstruktur, deutlich basophiles Zytoplasma mit perinukleärer
Aufhellung.
Makrophagen: unspazifische Kernform, Einschlüsse im Zytoplasma (phagozyt.1ertes Matenal).
Mastzellen: sehr dicht gepackte basophile Granula im Zytoplasma, von Vorstufen der basophi-
len Granulopoiese schwer zu unterscheiden.

10 Lymphatische Organe

Die lymphatischen Organe gehören zum Immunsystem, dessen Aufgabe es ist, den
Organismus gegen schädigende körperfremde und auch veränderte körpere1gene
Substanzen/Zellen zu schützen. Das Immunsystem besteht aus zwei großen Abwehrsystemen,
dem System der angeborenen (natürlichen) Abwehr und dem System der adaptiven (erworbe-
nen) Abwehr. Beide Systeme funktionieren nicht getrennt voneinander, sondern arbeiten Hand in
Hand und bedienen sich humoraler und zellulärer Mechanismen.
Das System der angeborenen (natürlichen) Abwehr ist von Geburt an funktionstüchtig.
Eingedrungene pathogene Mikroorganismen können relativ unspezifisch, jedoch rasch unschäd-
lich gemacht werden. Zu den Zellen der angeborene Abwehr zählen Mikrophagen (in erster
Linie neutrophile Granulozyten, aber auch eosinophile Granulozyten), Makrophagen und NK
(Natural Killer)-Zellen (NK-Zellen sind Lymphozyten, die Virus-infizierte oder entartete Zellen
erkennen und abtöten).
Das System der erworbenen (adaptiven) Abwehr kommt erst nach der Geburt in Gang.
Zuständige Zellen sind überwiegend Lymphozyten: T-Lymphozyten (T-Helfer-Zellen und zyto-
toxische T-Lymphozyten) und 8 -Lymphozyten (Effektorzellen, die sich aus den B-Lymphozyten
differenzieren, sind die Plasmazellen).
Beide Zellformen sind imstande, körperfremde von körpereigenen Molekülen zu unterscheiden
(d.h. sie sind immunkompetent) und können ganz spezifisch Antigene erkennen und mit einer
Immunantwort reagieren. ln der Art ihrer Immunantwort unterscheiden sich T- und 6-
Lymphozyten:
zellvermittelt (zelluläre) Immunität- T-Lymphozyten;
humorale Immunität - B- Lymphozyten.

Zellen, d1e in belden Abwehrsystemen aktiv Sind, Sind dendritische Zellen und Makrophagen

ln den primtiren lymphatischen Organen, Thymus und Knochenmark, differenzieren sich die
Lymphozyten aus lymphatischen Vorläuferzellen (Progenitorzellen), d1e aus dem Knochenmark
stammen. Von hier aus verteilen s1ch d1e Lymphozyten über den Blutweg im ganzen Körper und
gelangen 1n d1e sekundtiren lymphatischen Organe (Tonsillen, Lymphknoten, Milz) und
Gewebe (lymphatisches Gewebe Jn den Schleimhäuten des Verdauungstraktes, des
Respirationsiraktes und des Urogenitaltraktes).

Das Grundgerüst der lymphatischen Organe (Ausnahme: Thymus) bildet ein lymphoretikuläres
Bindegewebe: fibroblastische Retikulumzellen (ovaler, großer, chromalmarmer Zellkern) und
retikuläre Fasern bilden ein dreidimensionales Maschenwerk, in welches überwiegend
Lymphozyten (kleiner, runder, chromatinreicher Zellkern) teils regellos, teils in Form von
Knötchen (=Lymphfollikel), Strangen (1m Lymphknotenmark) oder Gefäßscheiden (in der Milz)
emgelagert sind.

C Hartmann el al. Insblut fOr Zellboolog•e. Hos1olog1e und Embryologoe . MediZinische Umvers•tat Graz
Seite 67

Lymphfollikel
sind knötchenförmige bzw. kugelförmige Ansammlungen von Lymphozyten. ln den
Primärfollikeln sind die Lymphozyten gleichmäßig dicht verteilt. Aus einem Primärfollikel ent-
wickelt sich nach Antigenkontakt ein SekundärfollikeL Sekundärfollikel zeigen ein lympho-
zytenärmeres Zentrum (Reaktions- oder Ke1mzentrum ) umgeben von e1nem Mantel aus dicht
gelagerten Lymphozyten.

Sekundärfollikel

10.1.Tonsillen

Tonsillen finden s1ch am Übergang des Mund- und Nasenraumes 1n den Rachen Sie bestehen
aus lymphatischem Gewebe in enger räumlicher und funktioneller Beziehung zum jeweiligen
OberflächenepitheL
Die Tonsillae palatinae (Gaumenmandeln), die Tonsilla pharyngealis (Rachenmandel), die
Tonsilla Iinguaiis und die Tonsillae tubariae werden zum lymphatischen Rachenring
(Waldeyer-Schlundring) zusammengefasst. S1e kommen mit Krankheitserregern, die über Mund
und Nase eindringen, unmittelbar in Kontakt.

10.1.2 Tonsilla palatina

An der Oberfläche der Tonsilla palatina (Abb. 91 und Abb. 92) findet sich ein geschichtetes
unverhomtes Plattenepithel, welches sich zu 10-15tiefen, eventuell verzweigten Krypten ein-
senkt. ln den Krypten können Pfröpfe aus abgeschilferten Ep1thelzellen, abgestorbenen
Leukozyten und Baktenen (sog. Detntus) vorhanden sein. Unmittelbar unter dem Epithelliegt
das lymphoretikuläre Gewebe mit zahlreichen großen Sekundärfolflkeln. D1e zwischen den
Lymphfollikeln gelegene interfollikuläre Zone entspricht der T-Zone, hier sind hochofJndotheliale
Venolen zu finden. Gegen die Umgebung wird die Tonsille durch ein kapselartiges Bindegewebe
abgegrenzt, von dem Septen in das Organ Richtung Oberflache z1ehen Das Epithel wird von

0 Hanmann el al . InsblUt fur Zellbiologte. H1slolog1e und EmbryologiE!. Med1zon1sche Un1ve<s1ta1 Graz
Seite 68

Lymphozyten durchwandert (Lymphodiapedese), die auf diesem Weg in die Mundhöhle gelan-
gen. ln den Krypten ist das mehrschichtige Plattenepithel oft so reichlich mit Lymphozyten, aber
auch neutrophilen Granulozyten und Makrophagen durchsetzt, dass es kaum noch als Epithel
erkannt werden kann. Gegen das Kryptenlumen zu ist die Oberfläche nur mit wenigen Lagen
platter Zellen abgedeckt.

10.2 Lymphknoten
Lymphknoten (Abb. 97- Schema) sind rundliche bis bohnenförmige Organe von unterschiedli-
cher Größe (wenige mm bis zu 2-3cm). Am Hilus des Lymphknotens (von außen als Einziehung
der Lymphknotenoberfläche zu erkennen) findet man die ein- und austretenden Blutgefäße,
sowie wegführende Lymphgefäße (Vasa efferentia).
Ein Lymphknoten wird außen von einer bindegewebigen Kapsel umgeben, von der Trabekel
(Abb. 94) ins Innere des Organs ziehen. Zusammen mit Trabekeln, die vom Hilusbindegewebe
ausgehen, bilden sie ein grobes Gerüstwerk, in das die Lymphsinus und das lymphatische
Gewebe eingelagert sind.
Das Lymphknotenparenchym kann in Rinde (Cortex), parakortikale Zone (Paracortex) und Mark
(Medulla) gegliedert werden (Abb. 93).
ln der Rinde sind die Lymphozyten in Lymphfollike/n, Primär und Sekundärfollikel, angeordnet.
(Abb. 93 und Abb. 94). Die Rinde entspricht der 8-Zone. An die Rinde schließt die parakortikale
Zone an, hier sind keine Lymphfollikel ausgebildet, die Lymphozyten liegen gleichmäßig dicht
beieinander. Die parakortikale Zone entspricht der T-Zone, hier sind auch hoch-endotheliale
Venolen zu finden . Sie lässt sich in Routinefärbungen nicht deutlich begrenzen. Das Mark

Lymphknoten Kapsel. Rands1nus, Rinde


0 Hartmann et al lnstrtut fur Zellbrologre, Hrslologre und Embryologte. Medrzrnrsche Unrversrtat Graz
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besteht aus verzwe1gten Strängen lymphatischen Gewebes, den Marl<stmngen, die untereinan-
der und mit der Parakortikalzone und Rinde zusammenhängen. Zwischen den Marksträngen lie-
gen die Marksinus (Abb. 93 und Abb. 96).
Lymphsinus
Lymphknoten sind in das Lymphgefäßsystem als biologische Filter eingeschaltet. Die Lymphe
durchströmt langsam die Lymphsinus des Lymphknotens und dabei werden Fremdpartikel,
lnfektionserreger, aber auch z.B. Tumorzellen aus der Lymphe von Makrophagen abgefangen
und wenn möglich phagozytiert Alle Lymphsinus sind von einem Endothel (Sinusendothel ) aus-
gekleidet. Fortsätze von Retikulumzellen und retikuläre Fasern bilden innerhalb der Sinus eine
Art Reusensystem, das zur Filterwirkung des Lymphknotens beiträgt. Im Sinuslumen sind v.a.
Lymphozyten und Makrophagen vorhanden.
An der konvexen Oberfläche des Lymphknotens durchbrechen zahlreiche zuführende
Lymphgefäße- Vasa afferentia (Abb. 94)- die Kapsel und münden in den Randsinus, der
zwischen Kapsel und Rinde gelegen 1st (Abb. 95). Vom Randsinus fließt die Lymphe über weni-
ge, unauffällige Intermediärsinus (in der Rinde gelegen, können von Trabekeln begleitet sein)
in die weiten, verzweigten, miteinander kommunizierenden Marksinus (Abb. 96). Der Abfluss
der Lymphe erfolgt im Hilusbereich über weni-
ge Vasa efferentia.
tntennell~ar - - ,
sinus

Marlesinus

v -.s efferens

Abb. 97 Lymphatische Organe: Lymphknoten - Abb. 98: Lymphattsche Organe:


Schema M1lz - Schema der Gefäße

10.3 Milz

Im Unterschied zu den Lymphknoten ist die Milz als Filterstation in den Blutkreislauf einge-
schaltet. Neben Abwehrfunktionen hat die Milz auch die Aufgabe des Abbaus von Erythrozyten.

Die Milz besitzt außen eine Kapsel aus straffem Bindegewebe, die oberflächlich von einem
Pentonealepithel (Mesothel) bedeckt ist. Vom Hilus der M1lz ziehen kräfttge Bindegewebsbalken,
Trabekel, in das Innere des Organs in Richtung Kapsel. Diese Trabekel, in denen zunächst die
größeren Äste der Milzarterie und Milzvene verlaufen, verzweigen sich in zunehmend kleinere
(gefäßlose) TrabekeL Innerhalb dieses groben bindegewebigen Gerostwerks liegt das retikuläre
Bindegewebe (fibroblastische Retikulumzellen und retikuläre Fasern) der Milz, das von zahlrei-
chen venösen Sinus, den Milzsinus, durchsetzt ist.
Wegen seiner weichen Konsistenz bezeichnet man das Parenchym der Milz als Pulpa. lnfolge
des hohen Blutgehaltes in den Milzsinus und im retikulären Maschenwerk der Pulpastränge zwi-
schen den Milzsinus 1st im Frischpräparat die Milzpulpa von roter Farbe- rote Pulpa.
Makroskopisch sind innerhalb d1eser roten Pulpa kletne we1ßgraue Knötchen sichtbar, die

C Hartmann el at • lnslotut fur Zetlbtologoe. H1Siolog1e und Embryologie, MediZifUSChe Umversttal Graz
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.Milzknötchen" (Lymphfollikel), deren Gesamtheit- zusammen m1t den panarteriellen lymphati-


schen Scheiden- die weiße Pulpa, das lymphatische Gewebe der Milz, bilden.

Blutgefäßsystem der Milz (Abb. 98)


Die großen Äste der am Hilus ein- bzw. austretenden A. und V. lienalis verlaufen zunächst
gemeinsam in großen Bindegewebstrabekeln und verzweigen sich mit diesen ln mittelgroßen
Trabekeln findet man gewöhnlich eine Arterie oder eine Vene allem. Kieme Trabekel sind gefäß-
los.
Trabekelarterien (Abb. 99) erkennt man an ihrer deutlich ausgebildeten muskulären Tunica
media, während Trabekelvenen (Abb. 102) nur eine Tunica intima besitzen und vom
Bindegewebe der Trabel umhüllt sind.
Äste der Trabekelarterien verlassen die Trabekel und treten in die we1ße Pulpa ein: sofort nach
ihrem Austritt aus dem Trabekel sind sie von lymphatischem Gewebe in Form einer pariarteriel-
len lymphatischen Scheide (überwiegend T-Lymphozyten) umgeben und werden
Zentralarterien (Abb. 100) genannt. An die lymphatische Scheide stnd Lymphfollikel (überwie-
gend 8-Lymphozyten) angelagert, um d1e herum eine (hellere) Marginalzone ausgebildet ist
(überwiegend 8 -Lymphozyten).
Beim Verlassen der lymphatischen Scheide teilt sich die Zentralarterie in zahlreiche
Pinselarteriolen auf, die schließlich in Kapillaren übergehen. Zum Teil besitzen die Kapillaren
abschmttsweise um ihre Wand eine Manschette aus kontraktilen Zellen und Makrophagen
(Hülsenkapillaren).
Ein Teil der Kapillaren mündet direkt in die verzweigten, miteinander anastomosierenden
Milzsinus- .,geschlossener Kreislauf'.

C Hartmann el al • lns!JIUI fOr ZellbOO!Ogoe HJS!ologte und Embryologie Med•z•n•sche Unl\lers•läl Graz
Seite 71

Die Wand der Milzsinus besteht aus Endothelzellen, zwischen denen Lücken vorhanden sind.
Die Basallamina ist auf schmale Streifen reduziert. Die Zellkerne der Endothelzellen sind gegen
das Lumen vorgewölbt {Abb. 101 ).
Aus anderen Kapillaren fließt das Blut zunächst in das retikuläre Maschenwerk der Pulpastränge
zwischen den Sinus und gelangt von dort - durch die Lücken zwischen den Endothelzellen der
Sinuswand -in die Milzsinus und damit ins Gefäßsystem zurück - .,offener Kreislauf".
Das Blut aus den Milzsinus sammelt sich in dünnwandigen, muskelfreien Pulpavenen {Abb.
102), die in Trabekelvenen münden

10.4 Thymus

Der Thymus (Abb. 103) liegt hinter dem oberen Teil des Brustbeins und besteht aus zwei meist
ungleich großen Lappen. Das Organ ist nur bis zur Geschlechtsreife voll ausgebildet. Unter dem
Einfluss der Geschlechtshormone kommt es zu einer teilweisen Rückbildung des
Thymusparenchyms und zur Entstehung eines retrosternalen Fettkörpers.

An seiner Oberfläche besitzt der Thymus eine Bindegewebskapsel, von der kurze
Bindegewebssepten ausgehen. Das Grundgewebe des Thymus besteht aus epitheliogenen
{entodermalen, aus dem Epithel der 111. Schlundtasche stammenden) Retikulumzellen,
Thymusepithelzellen, die mit ihren Fortsätzen ein dreidimensionales Netzwerk bilden, in
welches - neben Makrophagen - zahlreiche
_"., unreife (T-) Lymphozyten eingelagert sind.
Man unterscheidet eine äußere, lymphozyten-
reiche Rinde {Abb. 104) von einem zentral
gelegenen, relativ lymphozytenarmen Mark, in
dem die auffälligen Hassall-Körperehen
(Abb.1 05) vorkommen. Sie bestehen aus
abgeflachten, konzentrisch geschichteten
Epithelzellen. Ihre Funktion ist noch unklar.

Hormone, die im Thymus produziert


werden,sind u.a. Thymosin und Thymopoetin.

C Hartmann et al , Institut fur Zetlboolog~e. H1stotog10 und Embryologie. Medl>:•mselle Umvers1tat Graz
Seite 72

11 Endokrine Organe

Zum endokrinen System gehören Zellen und Organe, die Hormone produzieren:
Endokrine Zellen im Oberflächenepithel aller Abschnitte des Magen-Darm-Trakts (enteroendokri-
ne Zellen), des Respirations- und Urogenitaltrakts, endokrine Zellen bzw. Zellgruppen in
Pankreas (Langerhans-lnseln), Hoden (Leydig-Zellen), Ovar (Granulosazellen, Theka-Zellen,
Corpus luteum), Hypothalamus (hormonbildende Nervenzellen), Herz (Herzmuskelzellen im
Vorhof}, Niere (interstitielle Zellen der Nierenrinde, Epithelzellen des Tubulus proximalis).

Endokrine Organe (oder auch endokrine Drüsen) sind Hypophyse (Giandula pituitaria),
Epiphyse (Corpus pineale, Zirbeldrüse), Schilddrüse (Giandula thyreoidea),
Epithelkörperchen (Giandulae parathyreoideae) und Nebennieren (Giandulae suprarenales).

Hormone sind körpereigene Botenstoffe (chemische lnformationsträger), die in sehr geringen


Konzentrationen wirksam sind. Sie werden von den endokrinen Zellen fre igesetzt und gelangen
me1st auf dem Blutweg zu ihren Zielorganen bzw. Zielzellen. Hormone üben ihre Wirkung nur an
solchen Zellen aus, d1e den entsprechenden Rezeptor für das jeweilige Hormon besitzen.

Hypothalamus-Hypophysen-System

Der Hypothalamus (Teil des Zwischenhirns) beeinflusst mit seinen Steuerhormonen. die über
ein portales Gefäßsystem von der Eminentia mediana zur Adenohypophyse gelangen, die
Bildung und Abgabe we1terer Steuerhormone (glandotrope Hormone) aus der
Adenohypophyse. Diese glandotropen Hormone der Adenohypophyse steuern wiederum die
Bildung und Abgabe von Effektorhormonen in bestimmten peripheren endokrinen Drüsen (z.B.
Schilddrüse, Nebenniere). Die Effektorhormone dieser peripheren endokrinen Drüsen führen in
den entsprechenden Zielgeweben und Organen zu bestimmten physiologischen Wirkungen, und
können ihrerseits 1m Sinne einer positiven oder negativen Rückkoppelung Hypothalamus und
Adenohypophyse beeinflussen.
Neben Steuerhormonen bilden Hypothalamus und Adenohypophyse auch Effektorhormone. Im
Hypothalamus werden in speziellen Nervenzellen des Nucleus supraopticus und paraventricu-
laris Oxytocin und Adiuretin (antiddiuretisches Hormon = ADH, Vasopressin) gebildet.
Steuerhormone und Effektorhormone der Adenohypophyse s.u.

11 .1 Hypophyse

Die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse - Abb. 106) besteht aus zwe1 entwicklungsgeschichtlich,


morphologisch und funktionell verschiedenen Anteilen: Adenohypophyse (Drüsenteil) und
Neurohypophyse (Hirnteil).

11.1.1 Adenohypophyse

Die Adenohypophyse gliedert sich in Lobus anterior (Hypophysenvorderlappen), Pars tuberalis


(Trichterlappen) und Pars intermedia (Zwischenlappen).
Der Lobus anterior besteht aus unregelmäßig gestalteten, miteinander zusammenhängenden
Strängen von verschiedenen Drüsenep1thelzellen. Dazwischen liegen weJtlumJge, sinuso1de
Kapillaren (Abb. 107). Pseudofollikel sind Kolloidtropfen unterschiedlicher Größe, die von
Drüsenepithelzellen umgeben werden. Aufgrund der Ahnliehkeil mit Schilddrüsenfollikeln werden
sie als Pseudofollikel bezeichnet.
0 Hartmannet al • lnsbtut fur Zellb1olog1e. Hostotogoe und Embryotog1e. Med1Z1n1sche Un•vers•t3t Graz

I
Seite 73

Alle Hormone der Adenohypophyse sind Proteine bzw. Glykoproteinhormone, die in Form von
membranbegrenzten Granula im Zytoplasma der Drüsenepithelzellen gespeichert werden.
Ultrastrukturell lassen sich fünf verschiedene Zelltypen beschreiben. Lichtmikroskopisch, in H.E.-
gefärbten Schnittpraparaten. lassen sich aufgrund der verschiedenen Anfärbbarkeit der Granula
folgende Typen von Drüsenepithelzellen (die jedoch keine einhartliehen Populationen darstellen)
differenzieren:
Azidophile Zellen (Abb. 107- A) sind rundliche Zellen mit eosinophilen Granula im Zytoplasma
und einem kugel igen Zellkern: mammotrope und somatotrope Zellen, die nicht-glandotrope
Hormone (Effektorhormone ) bilden.
Basophile Zellen (Abb. 107 - 8) kommen weniger häufig als die azidophilen Zellen vor und
besitzen basophile Granula im Zytoplasma und einen kugeligen Zellkern: kortikotrope, thyrotro-
pe und gonadotrope Zelllen, die glandotrope Hormone (Steuerhormone) bilden.
Azidophile und basophile Zellen werden auch als chromophile Zellen bezeichnet.
Chromophobe Zellen (Abb. 107- C) sind keine morphologisch einheitliche Zellpopulatron. Zur
Gruppe der chromophoben Zellen werden degranulierte chromophile Zellen (in Größe und Form
etwa den chromophilen Zellen entsprechend, jedoch keine anfärbbaren Granula im Zytoplasma)
und undifferenzierte Stammzellen (kleinere. zytoplasmaarme. nicht granulierte Zellen) gezählt.
Ebenfalls farbscheu srnd sog. Sternzellen, verzwergte Zellen, die mit langen dünnen Fortsätzen
Gruppen von Drüsenepithelzellen umgeben.
Die Pars tuberalis (Trichterlappen) ist dem Hypophysenstiel angelagert. Sie besteht vorwiegend
aus Strängen von chromophoben Zellen.
Dte Pars intermedia (Zwrschenlappen) tsl eine schmale Zone der Adenohypophyse, die direkt
an die Neurohypophyse angrenzt. Hter überwiegen die basophilen Zellen. An einigen Stellen


Abb. 108 Hypophyse. Pars intermedia: Zysten (Z).
Basophilenrnvasion (BI) Acervulus cerebri
0 Hartmannetal lnst11U1 fOr Zellbtolog>e H1stolog>e und EmbryologlEI Med1zmlsche Un1vers1tat Graz
Seite 74

überschreiten sie die Grenze und dringen bis in die Neurohypophyse vor. Dieses Phänomen
wird als Basophileninvasion bezeichnet. Die auffälligsten Strukturen der Pars Intermedia sind
von flachem Epithel ausgekleidete, mit Flüssigkeit gefüllte Zysten (Abb. 108).

Hormone der Adenohypophyse


Steuerhormone (glandotrope Hormone): Kortikotropin (Adrenocorticotropes Hormon- ACTH),
Thyrotropin (Thyroidea stimulierendes Hormon - TSH), Follitropin (Follikel stimulierendes
Hormon - FSH) und Lutropin (Luteinisierendes Hormon - LH = Interstitielle Zellen stimulierendes
Hormon - ICSH).
EffektorlJormone: Somatotropin (Somatotropes Hormon- STH, growth hormone- GH,
Wachstumshormon), Prolaktin (laktotropes Hormon- LTH), Melanotropin (Melanozyten stim-
ulierenes Hormon - MSH)

11 .1.2 Neurohypophyse

Die Neurohypophyse besteht aus dem Lobus posterior (Hypophysenhinterlappen) und dem
lnfundibulum (Hypophysenstiel), über welches der Lobus posterior mit dem Hypothalamus ver-
bunden ist. ln der Neurohypophyse finden sich Pituizyten (spezielle fortsatzreiche Gliazellen)
und marklose Nervenfasern. Über die Neurite dieser Nervenfasern werden die im Hypothalamus
von Nervenzellperikaryen gebildeten Hormone Oxytocin und Adiuretin in die Neurohypophyse
transportiert. Hier werden sie gestapelt, freigesetzt und in Kapillaren abgegeben (neurohämale
Kontakzone). Dte Neurohypophyse bildet keine eigenen Hormone.

11.2 Epiphyse

Die Epiphyse (Epiphysis cerebri, Corpus pineale, Pinealorgan, Zirbeldrüse, Glandula pinealis) ist
eine zapfenförmige Bildung des Zwtschenhirns. An der Oberfläche ist die Eptphyse von einem
zarten gefäßretchen Bindegewebe umgeben, von dem fetne Septen ausgehen, dte das
Parenchym 1n unregelmäßige, nur unvollständtg vonemander getrennte Läppchen gliedern. Die
Hauptmasse des Parenchyms bilden endokrin aktive Nervenzellen, die Pinealozyten. Sie sind
vielgestaltige Zellen mit einem meist chromatinarmen, größerem Zellkern mit meist deutlichem
Nukleolus. Die Kernmembran kann unregelmäßig eingefaltet sein Im Elektronenmikroskop sieht
man, dass Pinealozyten mtt ihren Fortsätzen eine enge Beztehung zu Kapillaren etngehen (neu-
rohämale Kontaktzone). Die Ptnealozyten sind ein dichtes Gerüstwerk aus Gliazellen
(Astrozyten) eingebaut. Weiters finden sich in der Epiphyse markhaltige und marklose
Nervenfasern, sowie veremzelt andere Nervenzellen. Auffällig sind verkalkte Konkremente.
Corpora arenacea auch Htrnsand oder Acervulus cerebri (Abb 109). Pmealozyten bilden
Melatonin

11 .3 Schilddrüse

Dte Schilddrüse (Giandula thyreotda) besteht aus zwet größeren - rechts und links neben
Schtld- und Rmgknorpel und den oberen Trachealknorpeln gelegenen - Lappen, die durch etnen
Isthmus miteinander verbunden sind. Selten kann em Lobus pyramtdalls vorhanden sem.
Im Gegensatz zu anderen endokrinen Organen. die in der Regel die Hormone nach Bedarf bil-
den und ms Blut abgeben, können Hormone der Schilddrüse 1n großen Mengen m Follikeln
gespeichert werden

0 Hartmann et al • lnst•tut fur Zellboologoe. H1stotog•e und Embryotogoe, Med•z•nosc/1e Unovers~ät Graz
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Follikeleptlhelzellen und C-Zelle (C)

Die Hormone Thyroxm (T4} und Trijodthyronin (T3) werden von endokrinen Drüsenzellen, die die
epitheliale Auskleidung der Schilddrüsenfollikel bilden, synthetisiert, und als Bestandteile des
Protetns Thyroglobulin in den Follikeln als Kolloid gespeichert. Bei Bedarf nehmen die
Schilddrüsenepithelzellen Kolloid wieder in ihr Zytoplasma auf, die Hormone werden aus dem
Thyroglobulln abgespalten und anschließend 1n Kapillaren abgegeben.
Dte endokrine Aktivität der follikulären Schilddrüsenepithelzellen wird von TSH aus der
Adenohyophyse gesteuert.
Calcitonin wird von den morphologisch und funktionell eigenständigen, parafollikulären Zellen
oder C-Zellen produztert und ohne wettere Speicherung an das Blut abgegeben.

Dte Schtlddrüse ist von einer zweiblättrigen Bindegewebskapsel umgeben, vom inneren Blatt
führen gefäß- und nervenhaltige Trabekel in das Innere und unterteilen das Parenchym in unre-
gelmäßige Läppchen (Lobult). Dte Läppchen enthalten d1e für d1e Schilddrüse typischen, unter-
schiedlich großen. mtt Kolloid gefüllten, kugelförmigen Follikel. Die Wand der Follikel wird aus
einer einschichtigen Lage von follikulären Schilddrüsenepithelzellen gebildet (Abb. 110}. Diese
zeigen je nach Funktionszustand eine wechselnde Höhe: Während der Hormonbildung, und
während das in den Follikeln gespeicherte Hormon wieder rückresorbiert und an die Kapillaren
abgegeben wird, sind die (aktiven) Zellen kubisch bis hochprismatisch, während der
Hormonspeicherung ist das (inaktive) Eptthel abgeplattet. Die einzelnen Schilddrüsenfollikel wer-
den von einem dichten Netz von Kapillaren umgeben.
C-Zellen (parafollikuläre Zellen) sind größer und heller als die Drüsenepithelzellen der Follikel.
Ste liegen im zarten Bindegewebe zwischen den Follikeln (parafollikulär} und auch im
Follikelepithel, erre1chen aber nicht das Follikellumen (Abb. 111 }.

11 .4 Epithelkörperchen

Die v1er Epithelkörperchen (Giandulae parathyreoideae, Nebenschilddrüsen} sind etwa linsen-


große Gebilde. S1e liegen der Schilddrüse dorsal an, wobei sie zwischen den beiden Blättern
der bmdegewebigen Kapsel der Schilddrüse lokalisiert sind
E1n Epithelkörperchen wird von einer eigenen dünnen Bindegewebskapsel umgeben. Von hier
aus ziehen zarte Bindegewebsepten ins Innere der Drüse. Das Parenchym besteht aus polygo-
nalen Ep1thelzellen. die in engem Kontakt mtt einem dtchten Kaptllarnetz stehen. Man unter-
scheidet zwei Zelltypen. Die mengenmäßig llberwtegenden Hauptzellen sind verhältnismäßig
kleme, polygonale, te1ls hellere, teils dunklere Epithelzellen mit kugeligen, mäßig chromatinrei-

C> Hartmannet al. Insblut fur Zellboolog•e H•stolog•e und Embryolog•e . MediZinische Unrvers~tat Graz
Seite 76

chen Zellkernen. Sie produzieren Parathormon. Oxiphile Zellen sind größer, zeigen ein deutlich
azidophiles Zytoplasma und einen dichteren, verhältnismäßig kleinen Zellkern. Sie liegen meist
in Gruppen oder auch einzeln zwischen den Hauptzellen. Im Epithelkörperchen finden sich
meist viele Fettzellen.

11 .5 Nebenniere

--
Die Nebennieren (Giandulae suprarenales) liegen jeweils kap-
penarttg den oberen Polen der Nieren auf und werden von der
Fettkapsel der jeweiligen Niere mit umschlossen. Die
...." .
Nebennieren bestehen aus zwei entwicklungsgeschichtlich und
funktionell verschiedenen Anteilen. Die peripher liegende
Nebennierenrinde entwickelt sich aus dem Zölomepithel
(Mesoderm), das zentral gelegene Nebennierenmark entsteht
aus der Neuralleiste (Neuroektoderm). Drei Nebennierenarterien
(A. suprarenalis superior, media und inferior) versorgen die
Nebenniere: Über Artenoien gelangt das Blut in sinusoide
Kaptllaren der Nebennierennnde. Von hier über Kapillaren des
Marks in die Markvene (V. central is), wo es gesammelt wtrd und
über die V. suprarenalis das Organ verlässt. Einzelne dünne
Arterienäste gelangen von der Oberfläche der Nebenniere direkt
in das Mark.
Jede Nebenniere ist an ihrer Oberfläche von etner
Bindegewebskapsel umgeben, von der feine Septen in die
Nebennierenrinde ziehen.
Dte Nebennierenrinde besteht aus Strängen von
Drüsenepithelzellen mtt dazwischen liegenden weitlumigen
Kapillaren. Nach Anordnung dieser Zellstränge und dem
Aussehen der Zellen können von außen in Richtung Mark drei
verschiedene - aber nicht deutlich voneinander abgrenzbare -
Zonen unterschieden werden Dte Hormone aller drei Zonen stnd
• Sterotdhormone.
• Zona glomerulosa: besteht aus knäuelartig gewundenen
Drüsenepithelzellsträngen. Die Zellen sind eher klein, azidophil
und enthalten nur wentg Lipidtröpfchen (Abb 112-ZG) Die Zellen
produzteren Mtneralokorttkoide (Aldosteron) und werden durch
Angtotenstn zur Produktton sttmultert.
Zona fasciculata : tst die breiteste der drei Rindenzonen. ste
besteht aus parallel verlaufenden, zwei bis drei Zellen bretten
Zellsträngen. Dte dazwischen hegenden stnusotden Kaptllaren
verlaufen ebenfalls radiär markwärts. Dte relativ großen Zellen
der Zona fasctculata enthalten zahlratehe Lipidtröpfchen
(Steroidhormone) in ihrem Zytoplasma. Diese sind jedoch in den
Routinepräparaten durch organische Lösungsmittel herausgelöst.
i • • ~
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sodass das Zytoplasma wabenarttg durchlöchert erscheint Dte
Zellen werden deshalb auch als Spongtozyten bezetchnet (Abb.
Abb 112 Endoknne Organe 112-ZF). Ste produzieren Glukortokoide (Cortisol) und werden
Nebenmere.
durch ACTH stimuliert.
Rinde und Mark (M}
C Hartmann et a• tnshtut tur Zellbootog•e. HlStOIOgte und Emb<yologoe Medtztmsclle Un.versotät Graz
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Zona reticularis: 1st die innerste Schicht an der Grenze zum Nebenn1erenmark. Die
Drüsenepilhelzellstränge sind hierschmälerund netzartig miteinander verbunden. Die Zellen
dieser Zone sind klein, azidophil und enthalten häufig lipofuszin (Abb. 112-ZR). Sie produzieren
schwach wirksame Androgene. Auch sie werden von ACTH beeinflusst.

Nervenzellen Mark: Markvene

Das Nebennierenmark besteht aus einem Netzwerk von vielgestaltigen, fein granulierten,
epithelartigen, hormonbildenden Zellen mit verschieden großen, chromatinarmen Zellkernen. Sie
stammen aus der Neuralleisie und sind Abkömmlinge von Sympathikoblasten Daneben finden
s1ch em dichtes Geflecht von vegetativen Nervenfasern und vereinzelte, nicht hormonbildende
vegetative Nervenzellen (Abb. 113a). Dazwischen liegen weite Kapillaren, die über kleinere und
größere Venen in die zentrale Markvene (Abb. 113b) münden. Diese besitzt 1n ihrer Wand
Längsmuskelpolster (Drosselvene).
D1e Zellen des Nebenmerenmarks bilden die Katecholamme Adrenalin und Noradrenalin. Die
Bildung und Freisatzung dieser Hormone erfolgt unter dem Einfluss des vegetativen
Nervensystems.

12 Respirationstrakt

Die Hauptaufgabe des Respirationstraklas ist es. Sauerstoff aus der Luft aufzunehmen und
Kohlendioxid abzugeben. ln den msgesamt etwa 300 Millionen Lungenbläschen oder Alveolen
der Lunge (Pulmo) findet über 0JffusJon der Gasaustausch zwischen der eingeatmeten Luft und
dem Blut in den Kapillaren des Lungenkreislaufs statt. Aus der eingeatmeten Luft in den
Alveolen wird 02 in die Kapillaren aufgenommen, C02 abgegeben.
Die Luft wird über extra- und intrapulmonal gelegene Atemwege, wo sie angefeuchtet, erwärmt
und gerein1gt w1rd, in die Alveolen geleitet.

Luftleitende Atemwege
Extrapulmonal: Nasenvorhof, Nasenhöhle, Rachen (Pharynx), Kehlkopf (Larynx). Luftröhre
(Trachea). Hauptbronchien
Intrapulmonal: Bronchialbaum m11 Bronchien und Bronch1oh
Gasaustausch
Bronch1oh respiratorii (Alveolen) und Ductus alveolares

Die luftleitenden Atemwege sind mit Schleimhaut ausgekleidet. D1e Lamina epithelialis der
Schleimhaut nahezu der gesamten Atemwege bis einschließlich der Bronchien ist e1n mehrre1hi-
C Hartmann et al • lnstttut fur ZellbiOiog~e . HtstologiE! und Embtyologte. Medtztntsche Untvers.tat Graz
Seite 78

..... _".
Abb. 114: Respirationstrakt respiratorisches
Epithel: Fhmmer(F)- und Becherzellen(B)

ges Flimmerepithel mit eingestreuten Becherzellen. Man bezeichnet dieses Epithel auch als
respiratorisches Epithel (Abb. 114 und Abb. 115), da es im menschlichen Körper ausschließ-
lich im Atmungstrakt vorkommt. Flimmerzellen haben an ihrer Oberfläche bewegliche
Zellfortsätze, Kinozilien oder Flimmerhärchen (siehe Oberflächendifferenzierungen),
Becherzellen sind endoepitheliale, exokrine Drüsenzellen, die Schleimstoffe (Muzine) bilden und
an die Epitheloberfläche abgeben. Die Basalzellen des Epithels sind klemer und erreichen nicht
die freie Epitheloberfläche, sie können proliferieren und werden als Vorläufer der anderen
Zelltypen angesehen. Im Epithel der Atemwege sind überall auch Hormon-bildende Zellen vor-
handen, neuroendokrine Zellen, die jedoch im Routinepräparat nicht zu erkennen sind. Das
Epithel sitzt einer auffallend dicken Basalmembran auf. Im Bindegewebe der darunter gelegenen
Lamina propria der Schleimhaut sind zahlreiche trete Bindegewebszellen und auch gelegentlich
Lymphfollikel vorhanden. Hter oder auch in tteferen Wandschichten hegen dte für dte Atemwege
typischen gemischten, seromukösen Drüsen (Giandulae nasales, laryngeales, tracheales,
bronchiales).
Das Epithel ist an seiner Oberfläche von einem Schleimteppich bedeckt Die Schleimstoffe
(Muzme) werden von den Becherzellen des Epithels und von den seromukösen Drüsen produ-
ziert. Die oberflächliche Schleimschtcht, m der Staubteilchen der eingeatmeten Luft haften blei-
ben, wird durch die Schlagbewegung der Kinozilien kontmuierlich rachenwärts transportiert und
verschluckt oder ausgehustet.

12.1 Nasenhöhle

Dte Nasenhöhle wird durch die Nasenscheidewand m eine rechte und eme hnke Nasenhohle
unterteilt. Die Seitenwand jeder Nasenhöhle trägt die drei übereinanderliegenden
Nasenmuscheln. Conchae nasales, die sich nach medial und unten vorwölben. Die Nasenhöhle
wtrd von Schleimhaut ausgekleidet, deren Eptthel zum größten Teil e1n resptratonsches Eptthel
ist - Regio respiratoria. Nur ein kleiner Tetl der Nasenschleimhaut im Beretch des Daches der
Nasenhöhle ist als Riechschleimhaut ausgebildet und besitzt Riechepithel (Regio olfactoria).

Dte Nasenmusc heln (Abb. 116) bestehen aus gebogenen dünnen Knochenplatten
(Lamellenknochen), die von etner dicken Schleimhaut überzogen sind An der Oberfläche findet
sich ein respiratorisches Epithel mit Flimmerzellen und vtelen Becherzellen. die nicht nur emzeln
liegen, sondern öfters auch in Gruppen als endoepitheliale mehrzellige Schleimdrüsen vorkom-
men. Die dem Epithel unterlagerte Basalmembran ist auffallend dick. Das lockere Bindegewebe

CHanmannetal lnstrtut tur Zellbtolog1e. H1stolog1e und Embryologie. MediZinische Unrvers•tat Graz
Seite 79

der Lamina propria enthält viele freie Bindegewebszellen, v.a. Lymphozyten. in der Lamina pro-
pria sind die seromukösen Glandulae nasales zu finden, sowie auffallend viele weillumige
Venen, die miteinander ein Venengeflecht (Schwellkörper) bilden.

12.2 Rachen (Pharynx)

Der oberste Teil des Pharynx, Epipharynx (Pars nasalis pharyngis, Nasenrachenraum). tst
Luftweg mit respiratorischem Epithel und seromukösen Drüsen. Mesopharynx (Pars oralis) und
Hypopharynx (Pars laryngea) sind gleichzeitig Luft- und Nahrungsweg mit mehrschichtigem
unverhornten PlattenepitheL

Nasenmuschel

12.3 Kehlkopf (Larynx)

Der Kehlkopf dient der Luftleitung, aber auch der Stimmbildung (Glottis)
Der überwiegende Teil der Kehlkopfschleimhaut bestlzt etn respiratorisches Eptthel.
Während des Schluckakts wird der Kehlkopfeingang vom Kehldeckel, der Epiglottis, verschlos-
sen, damit die Nahrung in die Speiseröhre und nicht in die unteren Luftwege gelangt.

Epiglottis
Das Skelett des Kehldeckels bildet ein elastischer Knorpel (Carttlago epiglottica). Er tst auf bet·
den Seiten von Schleimhaut überzogen (Abb. 117). Auf der dem Zungengrund zugewandten lin-
gualen (oralen) Oberfläche der Epiglottis ist ein hohes geschichtetes, unverhomtes
Platteneptthel vorhanden. das Bindegewebspapillen aufsitzt.

An der laryngealen Oberfläche tst das geschichtete unverhornte Platteneptthel deutlich niedriger,
man findet hier in der Regel keine Bindegewebspapillen, es kommen jedoch nicht selten
Geschmacksknospen im Epithel vor. An der Basis der Epiglottis geht das geschichtete unver-
hornte Platteneptthel der laryngealen Sette tn em resptratonsches Eptthel Ober.
ln der Lamma propria der Schleimhaut smd beiderseits - häufig in Einbuchtungen oder Lücken
des Knorpels - seromuköse Glandulae laryngeae zu finden, die über Ausführungsgänge an die
laryngeale Epiglottisoberfläche ausmünden.

C Hanmann el al lnsutut fOr Zellboologoe Hostologoe und Embryologie, Medozonosche Unoversltilt Graz
Seite 80

12.4 Trachea

Die Trachea oder Luftröhre (Abb.118) ist ein elastisches Rohr, das durch 16-20 in seine Wand
eingebaute, hufeisenf6rmige Trachealknorpel (Cartilagines tracheales) den Luftweg dauernd
offen halt. Die Trachealknorpel bestehen aus hyalinem Knorpel. Sie sind untereinander in
Längsrichtung der Trachea durch Ligamenta anularia verbunden, Bandstrukturen aus faserrei-
chem kollagenem Bindegewebe mit d1chten elastischen Fasernetzen.
Die Knorpelspangen umfassen nurVorder-und Seitenwand der Trachea, die Hinterwand der
Trachea, Paries membranaceus, ist knorpelfrei und besteht aus Bindegewebe und vorwiegend
querverlaufenden glatten Muskelzellbündeln (M. trachealis). Knorpelspangen mit Ligamenta
anularia und Paries membranaceus werden zusammen als Tunica fibromusculocartilaginea
bezeichnet. Diese ist innen mit einer Schleimhaut bedeckt, die respiratonsches Epithel besitzt.
Ihre Lamina propria ist reich an elastischen Fasern, hier liegen die seromukösen Glandulae tra-
cheales, besonders zahlreich im Bereich des knorpelfreien Paries membranaceus, hier aller-
dings auch im Bindegewebe zwischen den glatten Muskelzellbündeln. An der äußeren
Oberfläche der Trachea findet sich eine Tunica adventitia aus lockerem Bindegewebe.
Die Trachea teilt sich an ihrem unteren Ende in die extrapulmonal gelegenen zwei
Hauptbronchien, die histologisch den gleichen Aufbau wie die Trachea zeigen.

Trachea Bronchiolus

12.5 Lunge

Von den Hauptbronchien gelangt d1e Luft über einen re1ch verzweigten 1n v1ele
Teilungsgeneralionen aufgespaltenen Bronchialbaum 1n die Alveolen.
Alle Aste des Bronchialbaums, die in ihrer Wand Knorpel und gemischte Drüsen enthalten, sind
Bronchi. Äste, die 1n ihrer Wand keinen Knorpel und keme gemischten Drüsen mehr enthalten.
sind Bronchioli. Das Bindegewebe der Lunge ist auffallend re1ch an elastischen Fasern.

Bronchi
D1e Schleimhaut der Wand eines Bronchus w1rd von respiratorischem Epithel, das mit abneh-
mendem Durchmesser der Bronch1 medriger w1rd, und e1ner Lamina propna m1t vielen elasti-
schen Fasern gebildet Anschließend findet s1ch e1ne Sch1cht von Zirkulär angeordneter glatter
Muskulatur (Tun1ca musculans). S1e 1st mit der darunterhegenden Tun1ca fibrocartilaginea ver-

II:> Hartmann el al, lnsl1tut lur Zellboolog19, H1slol0goe und Embryologie. MedlllniScl\e Umvers1tät Graz
Seite 81

bunden, einer Bindegewebsschicht mit vielen elastischen Fasernetzen, in die Knorpel eingela-
gert ist. Bei großen Bronchi sind dies noch Knorpelspangen, mit abnehmendem Durchmesser
der Bronchi wird die Form der Knorpel zunehmend unregelmäßiger, es sind dann unterschied-
lich geformte Knorpelstückehen emgefügt. Diese Knorpelstückehen bestehen zunächst aus hya-
lmem, in kleineren und kleinsten Bronchi aus elastischem Knorpel. Die seromukösen Glandulae
bronchiales liegen meist im Bindegewebe zwischen den Knorpelstücken.
Das paribronchiale Bindegewebe umgibt die Verzweigungen des Bronchialbaums. Es ist ein
lockeres Bindegewebe mit reichlich elast1schen Fasern, fre1en Bindegewebszellen und gelegent-
lich vorkommenden Lymphfolhkeln, 1n das d1e Bronchialgefäße, sowie die Äste der
Lungenarterien eingebettet sind.

Bronchioli
Bronchioli (Durchmesser weniger als 1 mm) haben in 1hrer Wand keine Knorpeleinlagerungen
mehr. D1e glatte Muskulatur der Tunica muscularis ist verhältnismäßig gut entwickelt, be1 ihrer
Kontraktion entstehen Schleimhautfalten (sternförmiges Lumen der Bronchioli im Schnittbild
Abb. 119 und Abb. 120). Drüsen fehlen. Das Flimmerepithel ist einschichtig, Becherzellen sind
kaum noch vorhanden. stattdessen treten im Epithel einzelne sekretorische Zellen. Clara-
Zellen, auf.
Die Endaufzweigungen der Bronchioli sind die Bronchioli terminales.

Bronc hioli respiratorii


gehen durch Teilung aus den Bronch1oh terminales hervor. ln ihrer Wand sind bereits einzelne

nge
Bronchiolus resp1ratorius

Typ II .......... / Typ I

't' Hartmann et al lnsbtul tor ZellbiOiogte, Hostologle und Embryologoe. Medozonosche UnrversoUII Graz
Seite 82

Alveolen vorhanden (Abb 121 ). Zwischen den Öffnungen der Alveolen findet sich einfach kubi-
sches Epithel.
Nach etwa drei Teilungsgenerationen gehen die Bronchioli respiratorii über in Ductus alveolares.

Ductus alveolares
sind verzweigte Gänge aus aneinandergereihten Alveolen. Die Endverzweigungen der Ductus
· alveofares· enden fn' Sacculi alveolares. · · ·
Die Wand der Ductus alveolares besteht aus dicht nebeneinander gelegenen Zugängen zu
Alveolen (Abb 122). Die Eingänge in Alveolen werden umfasst von Basalringen mit kollagenen
und elastischen Fasern sowie glatten Muskelzellen.
Der Durchmesser der mehr oder minder polygonalen Alveolen liegt beim erwachsenen
Menschen in der Größenordnung von 0,2 bis 0,5 mm. Benachbarte Alveolen haben jeweils eine
gemeinsame Wand (lnteralveolarseptum). Die Alveolarwände enthalten das engmaschige
Blutkapillarnetz des Lungenkreislaufs. Ausgekleidet werden die Alveolen von einschichtigem
Alveolarepithel mit den Alveolarepithelzellen (Pneumozyten) vom Typ I und Typ II (Abb. 123).
Alveolarepithelzellen vom Typ I sind großfläche, sehr dünne Zellen, die fast die gesamte
Oberfläche der Alveolen bedecken, Alveolarepithelzellen vom Typ II sind kubische Zellen, die
Surfactant produzieren. An den dünnsten Stellen der Blut-Luft-Schranke sind die Basallamina
des Alveolarepithels und die Basallamina des Kapillarendothels miteinander verschmolzen. Das
bindegewebige Grundgerüst der Alveolarwände besteht aus kollagenen Fibrillen und elastischen
Fasern.
Alveolarmakrophagen sind aus den Kapillaren ausgewanderte Monozyten, die in die Alveolen
gelangte Staub-, Ruß-, Kohleteilchen u.a. phagozytieren können (Staubzellen). Zum Teil werden
diese Alveolarmakrophagen ausgehustet. Sie können aber auch in das Bindegewebe der Lunge
zurückwandern, hier abgelagert werden (anthrakotisches Pigment) oder auf dem Lymphweg in
die regionären Lymphknoten gelangen
Pleura
Die Pleura pulmonalis überz1eht als seröse Haut die Lungenoberfläche. Sie besteht aus einem
einschichtigen Plattenepithel (Mesothel) und einer unterlagerten Bindegewebsschicht mit vielen
elastischen Fasernetzen.
Blutgefäße der Lunge
Lungenarterien (Aa. Pulmonales) und ihre Äste, d1e in ihrem Verlauf den Aufzweigungen des
Bronchialbaums folgen und sich in die alveolären Kapillarnetze aufzweigen, und Venen, die das
nun 02-reiche Blut aus den Kapillaren aufnehmen und in die Pulmonalvenen (Vv. Pulmonales)
führen (,.Arbeitskre1slauf'), werden als Vasa publica der Lunge bezeichnet und zählen zum
Lungenkreislauf.
Bronchialarterien (Rami bronchiales) und Bronchialvenen (Vv. pulmonales), auch Vasa privata,
sind Teil des Körperkreislaufs und versorgen d1e Gewebe des Bronchialbaums mit Sauerstoff
und Nährstoffen - .Ernährungskreislauf'.

13 Harntrakt

Harn-bereitende Organe sind die be1den Nieren. Harn-ableitende Strukturen Nierenbecken,


Harnleiter, Harnblase und Harnröhre.
ln den Nierenkörperehen der N1ere w1rd aus dem Blutplasma der Pnmärham fi ltriert, in den
anschließenden Tubuli und Sammelrohren entsteht durch Rückresorptions- und
Sekretionsvorgänge der Endharn, der über Ductus papillares in das Nierenbecken gele1tet wird,
von dort über den Harnleiter in die Harnblase, aus der er über d1e Harnröhre entleert wird

C Hanmann e1 al. lns~IUI fur Zellb10logoe, Hosl ologoe und Embryologoe. Medozonosche Unoversolai Graz
Seite 83

13.1 Niere

Die Ntere (Ren oder Nephros) ist an ihrer


Oberfläche von einer dünnen Kapsel aus straf-
fem Bindegewebe, der Capsula fibrosa, über-
zogen. Gemeinsam mit der Nebenniere ist sie
zusätzlich tn etne Fettkapsel, die Capsula adi-
posa, eingeschlossen.
Das Nierenparenchym wird in Nierenmark
(Medulla) und Nierenrinde (Cortex) unterglie-
dert (Abb 124).
Das Nierenmark besteht aus meist 6-8 fetn
gestreiften Markpyramiden, die mtl ihrer
Spitze, den Nierenpapillen (Papillae renales),
in die Nierenkelche des Nierenbeckens hinein-
ragen.
Die Nierenrinde liegt zwischen der
Bindegewebskapsel und der Basis der
Markpyramiden und - als Columnae renales -
zwischen den Markpyramiden.
Der oberflächliche gelegene Rindenanteil tst
nicht einheitlich gebaut. Man findet hier fetn
gestreifte Markstrahlen, die von der Basis der
Abb. 124.Harntrakt Niere Markpyramiden Richtung Nierenoberfläche zie-
1 - Markpyramide 6 - A. renalis hen. Das zwischen den Markstrahlen gelegene
2 - Columnae renales 7 - V. renalis Rindengewebe wird als Rindenlabyrinth
3 - Nierenkelche bezeichnet.
4 • Nterenbecken
5 - Nierenpapillen
Der Sinus renalis, der sich am Nierenhilus
nach außen öffnet, enthält das Nierenbecken
(Pelvts renalls) mit den Nterenkelchen (Calices renales) sowie Gefäße, Nerven und Fettgewebe.
Wesentliche Bauelemente der Niere sind Nephrone, Sammalrohre und Blutgefäße, die in der
Niere nicht nur versorgende Aufgaben haben, sondern in die Funktion des Organs unmittelbar
integriert sind.

13.1.1 Nephron

Ein Nephron besteht aus einem Nierenkörperehen (Corpuseulum renale) und einem daran
anschließenden langen Kanälchen. dem Tubulus renalis , der in verschiedene Abschnitte, teils
gewunden. teils gerade verlaufend, gegliedert ist. Er mündet in ein Sammelrohr.

13.1.1 .1 Nierenkörperehen (Abb. 126)

Dte Nierenkörperehen liegen alle tn der Nterenrinde Ein Nterenkörperchen besteht aus e~nem
Gefäßknäuel, dem Glomerulus, und der Bowman-Kapsel. Der Glomerulus enthält
Kaptllarschlingen, die Blut aus der Arteriola afferenserhalten und es in die Arteriola efferens
weiterleiten. Seide Arteriolen liegen am Gefäßpol des Nierenkörperehen nebeneinander.
Zwischen den Kapillarschlingen findet sich das intraglomeruläre Mesangium, an dem die
Kaptllarschhngen befestigt sind. Es besteht aus sternförmtgen, kontraktilen Zellen mesenchyma-
ler Herkunft und Extrazellularmatrix. Diese intraglomerulären Mesangtumzellen stabilisieren die
Kaptllarwände und sind durch phagozy1otische Aktivitäten an der Regeneration der glomerulären
Cl Hanmann et at. Insblut tur Zetlbtologoe. Hostologoe und Embryologoe, Medozonoscl1e Universotat Graz
Seite 84

Basalmembran beteiligt. (Extraglomeruläre Mesangiumzellen sind zwischen Arteriola afferens


und efferens gelegen und gehören zum juxtaglomerulären Apparat.)

Die Bowman-Kapsel umgibt den Glomerulus. Sie besteht aus einem inneren und einem äuße-
ren Blatt. Das innere Blatt bilden die Podozyten, die der Basalmembran der Kapillaren außen
aufliegen und mit fingerförmigen Fortsätzen die Kapillaren so dicht umgreifen, dass zwischen
den Fortsätzen nur mehr schlitzförmige Öffnungen bleiben (Abb 125a,b). Am Gefäßpol werden
die Podozyten durch ein einschichtiges Plattenepithel abgelöst, das gemeinsam mit einer
Basalmembran das äußere Blatt der Bowman-Kapsel bildet. Zwischen dem inneren und äuße-
ren Blatt liegt der spaltförmige Kapse/raum, in den hinein der Primärharn filtriert wird.

Dem Gefäßpol gegenüber liegt der Harnpol des N1erenkörperchens, über den der vom
Glomerulus abtiltnerte Pnmärham 1n das zugehänge Nierenkanälchen geleitet wird. Hier setzt
sich das einschichtige Epithel des äußeren Blattes der Bowman-Kapsel in das Epithel des
anschließenden Tubulus proximalis fort.

Bei der Filtration des Pnmärharns aus dem Blut müssen d1e abgetilterten Stoffe folgende
Schichten passieren: Kapillarendothel, glomeruläre Basalmembran und Schlitzporen, die von
den Fortsätzen aneinandergrenzender Podozyten gebildet werden.

Der juxtaglomeruläre Apparat 1st am Gefäßpol des Nierenkörperchans gelegen und umfasst
verschiedene Strukturen, die Einfluss auf den Filtrationsdruck und dam1t auf die
Primärharnbildung 1m Glomerulus eines Nierenkörperchens, sowie Einfluss auf den systemi-
schen Blutdruck nehmen.

Folgende Strukturen zählen zum juxtaglomerularen Apparat:


1. juxtaglomeruläre, granulierte Zellen (.Polklssen")- Gruppe von spezialisierten glatten
Muskelzellen in der Wand der Arteriola afferens. die Ren in bilden und als Druckrezeptoren fun-
gieren.
2. Macula densa des Tubulus distalis (s.u ) - liegt den extraglomerulären Mesangiumzellen
außen an, .missr den Salzgehalt (NaCI-Konzentration) des Tubulusharns am Ende der Henle-
Schleife.
3. extraglomeruläre Mesangiumzellen (Goormatigh-Zellen) zwischen Macula densa und der
Gefäßgabel, d1e von Arteriola afferens und efferens gebildet w1rd . Ihre Funklien 1st noch nicht
klar

Q Hartmann el al , lnst•IUI fur ZeRbtolog•e. H•slolog•e und Embryolog•e. Medlz•n•sche Un•vers•tal Graz
Seite 85

13.1.1.2 Tubulus renalis

Der Tubulus renalis eines Nephrons ist in


mehrere Abschnitte unterteilt, die teils
gewunden, tetls gestreckt vertaufen und
teils in der Rinde, teils im Mark gelegen
sind. (Abb. 127). Nach der Lage der
Nterenkörperchen m der Rinde, mehr

...
t>
c
oberflächlich oder nahe am Mark, unter-
scheidet man oberflächliche und juxta-
medulläre Nephrone. Die Tubuli der ober-
11:: flächlichen Nephrone bilden kurze Henle-
Schleifen (s.u.), die juxtamedullären
Nephrone lange Henle-Schleifen.
Am Harnpol des Nierenkörperchans
beginnt der Tubulus proximalis (Abb.
128). Sein Anfangsteil verläuft stark
gewunden. Dieser Abschnitt hegt in der
Nterenrinde und wird Pars convoluta
(Tubulus contortus proximalis) genannt.

II 1
Er setzt sich fort in einen gestreckt ver-
laufenden Teil, Pars recta (Tubulus rectus
proximalis), der Richtung Mark zieht. Der
Tubulus proximalis besitzt ein einschichti-
ges, isoprismatisches Epithel mit dicht
stehenden langen Mikrovilli
(Bürstensaum) an der Oberfläche,
wodurch lichtmikroskopisch das Lumen
unscharf begrenzt erscheint. Die großen
Zellen sind deuUich mit Eosin anfärbbar,
haben kugelige Zellkerne und besttzen
eine basale Streifung, die durch viele
Mitochondrien zwischen den basalen
Einfaltungen der Zellmembran hervorge-
rufen wird. Die Zellgrenzen zwischen
I benachbarten Epithelzellen stnd ntcht zu
erkennen.
An die Pars recta des Tubulus proximalis
schließt der Tubulus intermedius (Abb.
129) an. Er vertauft Richtung Spitze der
Abb. 127. Harntrakt Ntere Schema des Tubulus- und Markpyramide (Pars descendens), btegt
Gefäßsystems hier haarnadelförmig um und zieht wieder
1 - Tubulus proximalis 7 - Arteriolae rectae zurück in Richtung Rinde (Pars ascen-
2 - Tubulus tntermedtus 8 - Venulae rectae
dens). Der äußere Durchmesser dieses
3 - Tubulus dtstahs 9 - Vena arcuata
4 - Sammalrohr Kanälchenabschnitts ist gering (nur 1/4
10 - Arteria arcuata
5 - Arteriola afferens bts 1/3 des proximalen Tubulus), die
6 - Artenola efferens Weite des Lumens 1st jedoch im
Vergleich zu den anderen Abschmtten
kaum vermindert, da die Epithelzellen des emschtchhgen Epithels stark abgeplattet sind, nur der
kernhaltlge Tetl der Zelle ist etwas bretter und gegen das Lumen vorgebuchtet

C Hartmann et al • lnst•tut !ur Zellbtologoe, H•stolog•e und Embryolog•e. MediZinische UnrYers•tat Graz
Seite 86

Der Tubulus distalis (Abb. 128) schließt mit einem gestreckt verlaufenden Teil, Pars recta
(Tubulus rectus distalis), an den Tubulus intermedius an, zieht- aus dem Mark kommend- zum
Gefäßpol seines zugehörigen Nierenkörperchans in die Rinde und setzt sich hier in einen
gewundenen Teil, Pars convoluta (Tubulus contortus distalis). fort. Der Tubulus distalis besttzt
einschichtig kubisches Epithel mit - im Vergleich zum Tubulus proxtmalis - kleineren und heller
gefärbten Epithelzellen, die ebenso wie die Epithelzellen des Tubulus proximalis eine basale
Streifung (hohe basale Eintallungen und Mitochondrienreichtum) aufweisen. Sie besitzen jedoch
keinen Bürstensaum, das Lumen erscheint scharf begrenzt. Zellgrenzen stnd ntcht deutlich zu
erkennen.
An jener Stelle, wo sich der Tubulus distalis am Gefäßpol seines zugehörigen
Nierenkörperchans an die extraglomerulären Mesangiumzellen anlagert, ist innerhalb seines
Epithels die Macula densa ausgebildet. Das ist eine Epithelplatte von etwa 20-30 hochprismati-
schen, schmalen Zellen. Im Präparat erscheinen die Zellkerne dicht nebeneinander liegend. Sie
zählt zum juxtaglomerulären Apparat.
Als Henle-Schleife werden alle gestreckt verlaufenden, ab- und aufsteigenden
Tubulusabschnitte zusammengefasst: Pars recta des Tubulus proximalis, Pars descendens und
Pars aseendans des Tubulus intermedius und Pars recta des Tubulus distalis.
Der Endabschnitt des Nephrons, der Verblndungstubulus, mtt unauffälligem kubtschem
Epithel, verbindet den distalen Tubulus mit einem Sammelrohr.

13.1.2 Sammelrohr (Abb. 130)

Dte Sammalrohre sind durch Konzentrierung des Harns wesentlich an der Endharnbildung betei-
ligt (Steuerung durch ADH =Antidiuretisches Hormon). Sie nehmen die Verbindungstubuli auf,
\

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C Hartmann et al lnst1tul for Zellb1ol0gie. HIStolOgie und EmbryolOgie. MediZiniSche Univ~1tat Graz
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ziehen ins Mark und und vereinigen sich im inneren Mark zu immer größeren Sammalrohren
und schließlich zu den Ductus papillares, die im Bereich der Papillae renales in die
Nierenkelche des Nierenbeckens münden.
Das Epithel der Sammalrohre besteht aus hellen, farbscheuen Zellen mit deutlichen Zellgrenzen
(Hauptzellen). Die Höhe der Epithelzellen nimmt mit der Größe der Kanälchen zu: rn den Initia-
len Sammalrohren (Markstrahl) sind sie noch kubisch, in den größeren Sammalrohren (Mark)
hochprismatisch. in initialen Sammalrohren sind im Epithel zusätzlich noch dunklere
Schaltzellen vorhanden.

13.1.3 Blutgefäße (Abb. 127).

Die Äste der Arteria renalis, die sich im Bereich des Sinus renalis aufteilt, verlaufen zunächst als
Arteriae interlobares zwischen den Markpyramiden in den Columnae renales. dann teilen sie
sich rn Arteriae arcuatae auf, die bogenförmig zwischen Pyramidenbasis und oberflächlicher
Rindenschicht verlaufen. Von den Arteriae arcuatae entspringen die Arteriae cortica/es radiatae
(Aa interfobulares). Diese ziehen zwischen den Markstrahlen radiär kapselwarts und geben die
Arteriolae afferentes für die Glomeruli der Nierenkörperehen ab
Nach Durchströmung der Kapillarschlingen der Glomeruli mit einem für Kapillaren hohen Druck
(Filtrationsdruck) fließt das immer noch sauerstoffreiche Blut über die Arteriolae efferentes ab.
Die Arteriolae efferentes der oberflächlichen Glomeruli (in subkapsulären und mittleren
Rindenschichten gelegen) versorgen die paritubulären Kapillarnetze der Rinde.
Die Arteriolae efferentes aus den juxtamedullären Glomeruli (in marknahen Rindenschrchten
gelegen) zrehen ins Mark, teilen sich in ein Bündel von langen Gefäßen. die Arteriolae rectae
(absteigende Vasa recta), die geradlinig in Richtung Pyramidenspitze ziehen und dabei die pari-
tubulären Kapillarnetze des Marks versorgen. Über Venu/ae rectae (aufsteigende Vasa recta)
gelangt das Blut zurück in abführende Venen Arterielle und venöse, ab- und aufsteigende Vasa
recta zeigen den Wandbau von Kapillaren, sind zu Gefäßbündeln zusammengefasst und brlden
Gefäßschleifen. Sie sprelen eine wesentliche Rolle bei der Brldung des Endharns (srehe
Lehrbücher der Physiologie)

13.2 Ableitende Harnwege

Nierenbecken, Harnleiter, Harnblase und der Anfangsteil der Harnröhre sind mit Über-
gangsepithel (Urothel) (Abb. 131), ausgekleidet, welches in der Lagerst, sich versehredenen
Dehnungszuständen der Wand anzupassen (Harnblase). Es ist ein teils mehrreihiges, teils
mehrschichtiges Epithel, dessen oberste Zelllage die Deckzellen bilden. Deckzellen sind große,
verformbare, oft zweikernige Zellen, die durch Tight junctions und Haftkontakte miteinander ver-
bunden srnd und lichtmikroskopisch an der aprkalen Oberfläche eine Verdrchtung ihres
Zytoplasmas. erne Crusta, erkennen lassen (srehe Oberflächendifferenzierungen).

13.2.1 Ureter

Die beiden jeweils etwa 25-30 cm langen Ureteren oder Harnleiter (Abb. 132) lerten den Harn
aus den Nrerenbecken in die Harnblase
Die Wand des Ureters ist aus Tunica mucosa, Tunica muscularis und Tunica adventitia aufge-
baut. Die Tunica mucosa: besteht aus Übergangsepithel (Urothel) und einer unterlagerten binde-
gewebigen Lamina propria mit vielen elastischen Fasern. Sie bildet längsverlaufende Falten (im
Schnittbrld sternförmiges Lumen), die bei Dehnung des Ureters verstreichen. Die Tunica muscu-
laris aus glatten Muskelbündeln, zwrschen denen srch Bindegewebe findet, lässt in den oberen

C Hartmann et al • lnslltut fur Zellblologie. H1stologle und Embryologie Med1Z1n1sche Un1Vers1tat Graz
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zwei Dritteln eine innere Längsmuskelschicht und eine äußere Ringmuskelschicht erkennen, die
jedoch nicht streng voneinander getrennt sind. Im unteren Drittel des Ureters kommen außen
noch longitudinal verlaufende Muskelzellbündel dazu, während dte Zirkulär verlaufende
Muskulatur abnimmt. Die Tunica adventitia ist eine äußere Bindegewebsschicht, die Nerven,
sowie größere Blut- und Lymphgefäße enthält und den Ureter mit der Umgebung verbindet.

13.2.2 Harnblase

Die Harnblase (Vesica urinaria) zeigt einen ähnlichen Wandaufbau wie der Harnleiter.
Die Tunica mucosa bestehend aus Übergangsepithel (Urothel) und e1ner breiten Lamina propria
aus lockerem Bindegewebe mit elastischen Fasern, bildet bei leerer Blase Falten, die bei zuneh-
mender Füllung verstreichen
Die kräftige Tunica musculans besteht aus glatten Muskelzell bündeln, die ähnlich wie im dtsta-
len Ureter innen und außen vorwiegend längs, dazwischen annähernd zirkulär verlaufen.
Zwischen den Muskelbündeln ist oft reichlich Bindegewebe vorhanden. Als äußerste
Wandsehtchi findet sich eine Tunica adventifta oder - in den von Pentoneum überzogenen
Abschnitten - eine Tela subserosa und Tunica serosa.

13.2.3 Urethra

Die Urethra oder Harnröhre lettel den Harn von der Harnblase nach außen ab.
Die weibliche Urethra hat eme Länge von durchschnittlich 3-5 cm und mündet in das
Vestibulum vaginae. Ihre Schletmhaut 1st im geschlossenen Zustand 1n Falten gelegt und besitzt
im Anfangsteil noch Übergangsepithel (Urothel), das sich in mehrschichtiges unverhorntes
Platteneptthel fortsetzt in der Lamina propna finden sich Schletm-bildende Glandulae urethra-
les.
Die männliche Urethra ist mit etwa 20 cm wesentlich länger als dte weibliche und wird durch
die Einmündung der Ductus ejaculatorii zur Harnsamenröhre, die an der Penisspitze ausmündet
Man unterscheidet verschiedene Abschnitte der Urethra Der erste Abschnitt, dte Pars intramu-
ralis, liegt m Wand der Harnblase. Die Pars prostatica durchsetzt die Prostata. in dtesem
Abschnitt münden die beiden Ductus eJaculatorii und dte Ausführungsgänge der Prostatadrüsen
in die Urethra e1n. Die Urethra wtrd anfangs von einem Übergangsepithel (Urothel) ausgekleidet,
das aber schon in der Pars prostatica von emem teils mehrreihtgem. teils mehrschichtigem
hochpnsmahschen Epithel abgelöst w1rd. Auf dte Pars prostallca folgt dte Pars membranacea,
em kurzer enger Abschntlt, mit dem dte Urethra durch das Dtaphragma urogenitale
(Beckenboden) tritt. Hier münden d1e Glandulae bulbourethrales in die Urethra ein.

Q Hartmann et al , lnst<tut fur Zellbtologoe. Hostologoe und Embryotog•e, Medozon•sc/le Unovers•lat Graz
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Die Pars spongios a (Abb. 133a) ist der längste Abschnitt der Urethra. Sie liegt im Corpus spon-
giosum penis (siehe männliche Geschlechtsorgane) und endet an der Penisspitze mit der Fossa
naviculans.
01e Schleimhaut der Pars spong1osa •st im ungedehnten Zustand in Längsfalten gelegt, ihr
Oberflächenepithel ist teils mehrreihig, teils mehrschichtig hochprismatisch. Innerhalb des
Epithels sind einzeln oder häufiger in Gruppen Schleim-produzierende Drüsenzellen (intraepithe-
liale Drüsen) vorhanden. Epitheleinsenkungen 1n die Lamina propriawerden als Lacunae ure-
thrales bezeichnet. D1e Lam1na propriader Schleimhaut enthält zahlreiche weitlumige dünnwan-
dige Venen sowie verzweigte Schleimdrüsen, Glandulae urethrales (Abb. 133b), die häufig in
Lacunae urethrales münden. Der erweiterte Endabschnitt der Urethra, die Fossa navicularis,
besitzt ein unverhorntes geschichtetes Plattenepithel, das am Ostium urethrae externum in das
verhornte Plattenepithel der Glans pems übergeht.

14 Männliche Geschlechtsorgane

Die männlichen Geschlechtsorgane dienen der Bildung von Samenzellen (Spermien) und
Samenflüssigkeit (Seminalplasma) sowie deren Übertragung in den weiblichen Genitaltrakt Im
Hoden erfolgt auch die Bildung von Hormonen, z.B. Testosteron.
D1e Bildung der Sperm1en erfolgt m den gewundenen Samenkanälchen des Hodens.
Samenwege: Aus dem Kanälchensystem des Hodennetzes (Rete testis) gelangen die Spermien
über Ductuli efferentes testis in den Nebenhodengang, Ductus epididymidis. Dieser setzt sich
fort in den Samenleiter, Ductus deferens, der in die Pars prostatica der Harnröhre einmündet.
Über die Harnröhre, d1e ab der Einmündung des Endabschnitts des Samenleiters auch als
Harnsamenröhre bezeichnet wird, können die Spermien den Körper verlassen.

Zu den akzessorischen Geschlechtsdrüsen zählen Samenblasen, Prostata- und


Bulbourethraldrüsen (Giandulae bulbourethrales oder Cowper-Drüsen). Ihre Sekrete smd ein
wesentlicher Bestandteil der Samenflüssigkeit

Das Ejakulat oder Sperma besteht aus den Samenzellen und der Samenflüssigkeil
(Semina/plasma). Letztere stammt aus Hoden und Nebenhoden, aus den Samenbläschen und
der Prostata (liefern den Hauptanteil), sowie den Glandulae bulbourethrales und Glandulae ure-
thrales.

C Hartmann el al • lnsl•tut ror Zellblologoe. HostOiogoe und Emll<yOiogoe. MediZinische Un~vers1ta1 Graz
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14.1 Hoden

Der Hoden (Testis, Orchis - Abb. 134) 1st von emer Kapsel aus straffem kollagenen
Bindegewebe umgeben, die als Tunica albuginea bezeichnet wird. Sie bildet am Hodenhilus das
Mediastinum testis, in dem das Rete testis liegt. Vom Mediastinum testis aus ziehen radiär
dünne Bindegewebssepten (Septula testis) zur Tunica albuginea und unterteilen das
Hodenparenchym in unvollständig voneinander getrennte Hodenläppchen (Lobuli testis). Die
Hodenläppchen enthalten die stark gewundenen Samenkanälchen (Tubuli seminiferi contorti),
in denen die Samenzellen gebildet werden. Über kurze, gerade verlaufende Tubuli recti werden
die Samenzellen in das Rete testis geleitet.
Im lockeren Bindegewebe zwischen den Samenkanälchen liegen Gruppen von Leydig-Zellen,
die Testosteron bilden (Abb. 135 und Abb. 139).

Tubuli seminifen, Leydig-Zellen (LZ)

Spermatogenese (Samenzellbildung)

Ab der Pubertät teilen sich Spermatogonien. die sich von den Urkeimzellen ableiten, mitotisch
(Vermehrungsperiode). Ein Teil der Tochterzellen bleibt als Stammzellpopulation erhalten. aus
den anderen entstehen die Spermatozyten I. Ordnung Diese besitzen einen regulären diploi-
den Chromosomensatz (22 Paare homologe Chromosomen oder Autosomen + 1 Paar
Geschlechtschromosomen oder Gonosomen), haben aber unmittelbar vor 1hrer Entstehung ihren
DNA-Gehalt verdoppelt, d.h. jedes Chromosomenpaar besteht aus 4 Chromatiden, und treten in
die Prophase der 1. Reifeteilung ein. Im Verlau f dieser langen Prophase (sie dauert etwa 3
Wochen ) lagern s1ch homologe Chromosomen paarwe1se ane1nander und tauschen DNA-
Abschmtte unteremander aus. D1e an d1e Prophase anschließenden Phasen der 1. Re1fete1lung
(Meta-. Ana -. Telophase) verlaufen sehr rasch. Es entstehen aus einem Spermatozyt I. Ordnung
jeweils zwe1, nicht erbgleiche Spermatozyten II. Ordnung Jede Spermatozyte II besitzt einen
haplOiden Chromosomensatz (22 Autosomen + 1 Geschlechtschromosom). jedes Chromosom
besteht aus 2 Chromatiden
An die 1. Reifeteilung schließt SICh unmittelbar die 2. Reifeteilung an. ohne dass es vorher zu
einer Verdoppelung der DNA-Menge kommt- jeder Spermatozyt II. Ordnung te1lt sich in jeweils
zwei Spermatiden.
Spermiogenese:
Im Verlauf der anschließenden D1fferenz1erungspenode, der Sperm1ogenese, werden d1e
Spermatiden zu Spermien umgeformt. Ihr Kem verkleinert und verdichtet sich auf etwa ein
Zehntel seiner Ausgangsgröße. aus dem Golgi-Apparat entsteht das Akrosom. ein modifiziertes

Cl Hartmannet al . lnsutut fOr ZellbiOIOgte Hostologte und Embryologte. Medozonosclle Unoversltat Graz
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Lysosom, das sich kappenförmig der Kernoberfläche anlagert, und es bildet sich der Schwanz
des Spermiums, dessen Bewegungsapparat aus Mikrotubuli und Dynein (Axonema) aus einem
der beiden Zentriolen auswächst.
Die zunächst noch funktionell unreifen, befruchtungs-und bewegungsunfähigen Spermien wer-
den aus dem Ketmeptthel freigesetzt und in den Nebenhoden transportiert, wo sie ausreifen und
gespeichert werden. Die Spermatogenese von Spermatogonie bis zur reifen Samenzelle dauert
etwa 80 Tage.

Tubuli seminiferi contorti und Keimepithel

Die Wand der gewundenen Samenkanälchen, Tubuli seminiferi contorti, besteht aus dem
Keimepithel, das einer Basalmembran aufsitzt, und einer Lamina propria, einer dünnen
Bindegewebsschicht mit eingelagerten Myofibroblasten.
Das Keimepithel setzt sich aus zwei verschiedenen Zellpopulationen zusammen, den Sertoli-
Zellen (Stützzellen) und Keimzellen in verschiedenen Stadien der Entwicklung -
Spermatogonien, Spermatozyten I und II, Spermatiden und Spermien.

Sertoli-Zellen sitzen der Basalmembran breitbasig auf und erstrecken sich durch die gesamte
Höhe des Epithels bis zum Tubuluslumen. Sie stehen untereinander mit ihren zahlreichen
Fortsätzen in Kontakt und bilden so ein schwammartiges Gerüstwerk, in das die verschiedenen
Generationen der Keimzellen eingelagert sind. Neben dieser Stützfunktion haben Sertoli-Zellen
noch viele andere Funktionen zu erfüllen. Im basalen Bereich des Keimepithels sind benachbar-
te Sertolizellen über Tight junctions miteinander verbunden und bilden die Blut-Hoden-Schranke.
Sertoli-Zellen bilden Tubulusflüssigkeit, versorgen die Keimzellen mit Nährstoffen und phagozy-
tieren die bei der Spermiogenese anfallenden Zytoplasmareste der Spermatiden und bauen sie
ab. Außerdem bilden sie das Androgen-bindende-Protein (ANP) und lnhibin. Sie werden von
FSH beeinflusst.
Sertoli-Zellen erkennt man im Keimepithel an ihrem ellipsotdalen, hellen, chromatinarmen
Zellkern mit großem Nukleolus und einer deutlicher Kernmembran. Der Zellkern der Sertoli-
Zellen findet sich gewöhnlich im basalen Drittel des Keimepithels (Abb. 136, Abb. 137 und Abb.
138).

Spermatogonien liegen an und nahe an der Basalmembran des Tubulusepithels und bes1tzen
kugelige, mäßig chromatinreiche Zellkerne (Abb. 136, Abb. 137 und Abb. 138)
Spermatozyten I. Ordnung sind auffallend große Zellen mit großen Zellkernen, in denen die im
Lauf der Prophase dichter und dicker werdenden Chromosomen als fädige Chromatinstrukturen
sichtbar sind. Sie sind im mittleren Bereich des Tubulusepithels zu finden und werden 1n
Anschnitten der Samenkanälchen sehr häufig angetroffen, da die Prophase der ersten
Reifeteilung lange dauert (Abb. 136 und Abb. 138)
Spermatozyten II. Ordnung besitzen einen mäßig chromatinreichen, kugeligen Zellkern, der in
Größe und Aussehen dem der Sperrnatogenien ähnelt und in Lumennähe gelegen ist. (Abb.
137). Spermatozyten II. Ordnung existieren nur für sehr kurze Zeit - nur wenige Stunden, da die
2. Reifeteilung unmittelbar an die 1. anschließt, und sind deshalb in Tubulusanschnitten nur sel-
ten zu finden
Spermatiden sind deutlich kletnere Zellen mit runden Zellkernen. Ihr Zellkern verkleinert und
verdichtet sich im Zuge der Spermiogenese (Abb. 136 und Abb. 137).
Spermien haben sehr kletne, stark angefärbte, abgeflachte, im Schnitt oft dretecktge Zellkerne
(Abb. 136 und Abb. 138). Bei starker Vergrößerung sind auch die Spermienschwänze zu erken-
nen. Den Feinbau eines Spermiums sieht man erst im Elektronenmikroskop. Ein Spermium
besteht aus Spermienkopf, Hals, Mtttelstück, Hauptstuck und Endstück. Mtttelstück, Hauptstuck
und Endstück btlden den Spermienschwanz.

0 Hanmann et al , Insblut ftlr Zellboologie, Histologie und Embryologoe. Medozonosehe Universltat Graz
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Abb. 136 bis 138. Hoden: Tubulus seminiferus


Zellen der Spermatogenese: 1- Spermatogonien, 2- Spermatozyten I. Ordnung
3- Spermatozyten II. Ordnung, 4- Spermatiden, 5- Spermien, 6- Sertoli-Zellen

Tubuli recti
sind kurze, gerade verlaufende Kanälchen, über welche die Spermien aus den Tubuli seminiferi
contorti in das Rete testis transportiert werden. Sie haben ein einschichtiges Isoprismatisches
Epithel.

Das Rete testis liegt im Mediastinum testis. Es besteht aus netzartig miteinander verbundenen
Kanälchen und Spalträumen, die von einem einschichtigen Epithel. das platt bis isoprismatisch,
stellenweise auch hochprismatisch ist, ausgekleidet sind.

Leydig-Zellen
liegen in kleineren und größeren Gruppen im lockeren Bindegewebe zwischen den Tubuli semi-
niferi. Leydig-Zellen sind endokrine Drüsenzellen, die das männliche Geschlechtshormon
Testosteron produzieren Ihr Zytoplasma ist me1st stärker als das übnge Hodenparenchym m1t
Eosin gefärbt, die Zellkerne sind kugelig und zeigen oft emen deutlichen Nukleolus (Abb. 135
und Abb. 139). Sie werden von LH stimuliert.

Tunica vaginalis testis


Die Tunica vaginahs test1s 1st eine seröse Haut, die 1m Rahmen des Descensus testis aus dem
Bauchraum m1t dem Hoden in das Skrotum verlagert wird. Sie besteht aus einem einschichtigen
Plattenepithel (Mesothel) und subserösem Bindegewebe. Man unterscheidet ein viszerales und

" Hanmann e1 al Insblut fur Zellboologoe. Hostolog•e und Embryologoe. Medozonrsche Unoversotat Graz
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ein parietales Blatt. Das Epiorc hium (viszerales Blatt) bedeckt fast vollständig die Oberfläche
des Hodens und zum großen Teil auch die des Nebenhodens. Es geht in das Periorchium
(parietales Blatt) Ober. Seide Blätter begrenzen einen ßüssigkeitsgefüllten Spalt, die Cavitas
vaginalis testis

14.2 Nebenhoden

Der Nebenhoden (Epididymis) dient der funktionellen Ausreifung und Speicherung der
Samenzellen.
Er 1st dem Hoden angelagert und lasst sich makroskopisch in Kopf (Caput), Körper (Corpus)
und Schwanz (Cauda) gliedern. An seiner Oberfläche 1st er von einer dünnen
Bindegewebskapsel (und teilweise vom viszeralen Blatt der Tunica vaginalis testis) bedeckt. Der
Nebenhoden besteht aus mehren Ductu li efferentes (nur im Nebenhodenkopf vorhanden) und
dem Ductus epid idy mid is. die in Bmdegewebe eingebettet sind.

Ductuli efferentes
Die 8-12 Ductuli efferentes sind gewunden verlaufende Gänge, die im Nebenhodenkopf liegen.
Sie transportieren die Samenzellen aus dem Rete teshs in den Anfangsteil des Ductus epididy-
midis. Die Wand der Ductuli efferentes besteht aus Epithel, einer dünnen bindegewebigen
Lamina propria sowie ringförmig angeordneten Myofibroblasten und glatten Muskelzellen. Das
Epithel ist unterschiedlich hoch, sodass die Begrenzung des Lumens im Schnitt wellenförmig
erscheint. ln den Nischen findet man eine einfache Lage kubischer, heller Zellen mit meist chro-

Nebenhoden. Ductus
Cl Hartmannetal lnst•tut fur ZeUbtolog•e. Hostolog•e und Embryolog•e. Medozonosclle Unoversotal Graz
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matinarmen kugeligen Kernen. An den sich vorwölbenden Stellen ist das Epithel mehrreihig
hochprismatisch und enthält schmale, häufig kinozilientragende Zellen mit chromatinreicheren,
in der Mehrzahl länglichen Zellkernen (Abb. 140 und Abb. 141 ).

Ductus epididymi dis


Der Ductus epididymidis ist ein einziger, stark aufgeknäuelter, in gestrecktem Zustand insgesamt
5-6 m langer Gang, der sich in den Ductus deferens fortsetzt. Die Wand des Ductus epididymi-
dis besteht aus Epithel, Lamina propria und ringförmig angeordneten glatten Muskelzellen. Die
Muskulatur wird gegen das Ende des Ductus epididymidis zu immer dicker, und zusätzlich zur
zirkulären Schicht treten außen auch längsverlaufende Muskelzellbündel hinzu. Das Epithel ist
zweireihig hochprismatisch: es besteht aus Basalzellen mit kugeligen Zellkernen und hochpris-
matischen Zellen mit länglichen Zellkernen und Stereozilien an der Oberfläche. Im Vergleich zur
gewellten Epitheloberfläche der Ductuli efferentes erscheint die Lumenbegrenzung des Ductus
epididymidis auffallend glatt (Abb. 140 und Abb. 142).

14.3 Ductus deferens

Der etwa 40 cm lange Ductus deferens oder Samenleiter setzt den Ductus epididymidis fort. Er
verläuft zunächst extraabdominal im Samenstrang (Funiculus spermaticus) gelegen und z1eht
dann durch den Leistenkanal ins kleine Becken. Vor dem Eintritt in die Prostata ist er zur
Ampulla ductus deferentis erweitert. Der anschließende enge letzte Abschnitt des Samenleiters
wird - ab Einmündung der Samenblase - als Ductus ejaculatorius bezeichnet. Er zieht durch
die Prostata und mündet in die Urethra. (Abb 144)
Der Ductus deferens (Abb. 143) hat eine außerordentlich dicke Wand, d1e aus einer Tunica
mucosa (Epithel und Lamina propria), Tunica muscularis und Tunica adventitia besteht. Die
Tunica mucosa des Samenleiters zeigt gewöhnlich einige wenige niedrige Längsfalten und ist im
Verhältnis zur Gesamtdicke der Wand sehr dünn. Das Epithel ist wie im Nebenhodengang zwei-
reihtg hochprismatisch. Stereozilien kommen nur im Anfangsteil noch regelmäßig vor, im weite-
ren Verlauf verschwinden s1e. Den Hauptanteil der Wand bildet d1e Tunica muscularis, deren
glatte Muskelzellbündel drei Hauptverlaufsrichtungen (längs- rings- längs) zeigen. Die Tunica
adventitia, die die größeren Gefäße und Nerven enthält, setzt sich in das Bindegewebe der
Umgebung fort.

Samenstrang
Außer dem Samenleiter enthält der Samenstrang zahlreiche Arterien, ein Geflecht muskelstarker
Venen (Plexus pampiniformis), Lymphgefäße und Nerven. Hier findet man auch den querge-
streiften M. cremaster.

14.4 Samenblase

Die Samenblasen oder Samenbläschen (Vesiculae seminales, Glandulae vesiculosae,


Bläschendrüsen) gehören zu den akzessorischen Geschlechtsdrüsen und bilden ein gelatinö-
ses, alkalisches, Fructose-haltiges Sekret, das für die Bewegungsfähigkeit der Spermien wichtig
ist. Dieses Sekret w1rd in den Ductus deferens knapp vor dessen Eintntt 1n d1e Prostata abgege-
ben.
Die Samenblase (Abb. 145) besteht aus einem, etwa 15 cm langen, mehrfach gewunden verlau-
fenden Drüsengang mit einer gut entwickelten Tunica muscularis . Er ist in ein Bindegewebe
eingebettet, das SICh an der Oberfläche zu e1ner Kapsel verdichtet D1e Tunlca mucosa des
Drüsenganges bildet reich verzweigte Falten, wodurch die sezermerende Schleimhautoberflache

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Samenblase
Ductus
ejaculatorius
Prostata - - - - -- ' ~-- Corpus
Glandula cavernosum
bulbourethralis Harnröhre
Corpus
spongiosum
Nebenhoden------------------~
Glans
penis

IAbb 144 männliche Geschlechtsorgane: Schema

stark vergrößert wird. Das sezernierende Epithel ist iso- bis hochprismatisch, ein- bis zweireihig,
und enthalt oft Lipofuszingranula.

14.5 Prostata

Die Prostata liegt zwischen Harnblase und Diaphragma urogenitale und wtrd von der Urethra
und den beiden Ductuli ejaculatorii durchzogen. Sie besteht aus 30-50 verzweigten tubulo-
alveolären Prostatadrüsen (Abb. 146), die ein dünnflüssiges, milchiges, schwach saures
Sekret, das Prostata-spezifisches Antigen (PSA) und Prostata-spezifische saure Phosphatase
enthält, produzieren. Ste münden mtt 15-30 Ausführungsgängen in die Urethra. Die verzweigten
Drüsenschläuche sind verschieden wett und auch die Epithelhöhe ist unterschiedlich: zwei- bis
mehrreihig iso-bis hochprismatisch. Häufig sind Falten zu sehen, die ein zartes Bindegewebe
mit Kapillaren enthalten. Auf den Falten ist das Epithel gewöhnlich höher als in den dazwischen
liegenden Buchten. Im Lumen der Drüsen kann man aus eingedicktem Sekret entstandene, kon-

Cl Hartmannet al. tnstrtut fur Zellboologoe. HIStologoe und Embfyologoe, MediZinische UnMlrsotat Graz
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zentnsch geschichtete, gelegentlich verkalkte Pr ostatasteine finden . Das Stroma der Prostata
macht mengenmäßig ungefähr ein Viertel bis ein Drittel des Organs aus. Charakteristisch sind
die zahlreichen Bündel glatter Muskelzellen im Bindegewebe. Oberflächlich besitzt die Prostata
eine ebenfalls aus straffem Bindegewebe und glatter Muskulatur bestehende K apsel.
Die Prostata kann topographisch und aufgrund unterschiedlicher Ansprachbarkeil auf
Geschlechtshormone in verschiedene Zonen eingeteilt werden: periphere Zone, zentrale Zone,
Pariurethralzone und Transitionszone. Die gutartige Prostatahyperplasie betrifft Prostataanteile.
die mehr zentral -an die Urethra anschließend -gelegen sind, das Prostatakarzinom geht von
peripher gelegen Drüsenantetlen aus (PSA-Konzentration tm Blut als etn dtagnostischer
Parameter bei Vorliegen eines Prostatakarzinoms.)

14.6 Penis

Der Penis besitzt zwei unterschiedlich gebaute Schwellkörper, Corpus cavernosum und Corpus
spongiosum (Abb. 147 CC und CS).
Das Corpus cavernosum penis ist von einer sehr kräfttgen Tunica albuginea aus straffem, kol-
lagenem Bindegewebe umgeben. Von ihr geht in der Medianebene von ventral her das Septum
penis (Septum pectiniforme) aus, welches das Corpus cavernosum unvollständig in zwei
Hälften unterteilt. Das Schwallgewebe des Corpus cavernosum (Abb. 148) besteht aus vielge-
staltigen, mit Endothel ausgekleideten, anastomosierenden kavernösen Räumen (Cavernae).
Sie sind in ein Gerüstwerk aus Bindegewebstrabekeln, die reichlich glatte Muskelzellbündel ent-
halten, eingelagert. Zwischen den Kavernen sind Rankenarterien (= Aa. helicinae - Äste der A.
profunda penis; Sperrarterien) zu finden , die ihr Blut bei der Erektion des Penis direkt in die
Kavernen ergteßen.

Das Corpus spongi osum penis liegt der unteren Seite des Corpus cavernosum an. Es umgibt
die Pars spongiosa urethrae und endet an der Penisspitze mit der Glans penis. Es ist eben-
falls von einer Tunica albuginea umgeben, die jedoch wesentlich dünner ist. Für das
Schwallgewebe des Corpus spongtosum (Abb. 149) charaktenstisch stnd wettlumige, mitetnan-
der anastomosterende Venen, dte in etn lockeres Btndegewebe eingelagert stnd. Dte glatte
Muskulatur im Corpus spongiosum ist in der Regel Bestandteil der Venenwände und besteht
großteils aus längsverlaufenden Muskelbündeln, die sich häufig wulstartig in die Venenlumina
vorwölben (Sperreinnchtungen, Drosselvenen) Bei der Erektion des Penis wtrd auch das
Venengeflecht des Corpus spongtosum und der Glans pents mtt Blut gefüllt, bletbt aber wetch,
sodass dte Urethra (Harnsamenrohre) tmmer durchgangtg bleibt.

Abb. 147:mannliche cavemosum:


Geschlechtsorgane. Pents kavernöse Raume
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15 Weibliche Geschlechtsorgane

Zu den weiblichen Geschlechtsorganen zählen die paarigen Ovarien (Eierstöcke), Tubae ute-
rinae (Eileiter), der Uterus (Gebärmutter), die Vagina (Scheide) und die Vulva (äußeres
Genitale - Clitoris, große und kleine Labien, Vestibulum vaginae mit Glandulae vestibularas und
Mündungsöffnungen von Vagina und Harnröhre).
ln den Ovarien erfolgt die Bildung der weiblichen Sexualhormone und hier entstehen befruchtba-
re Erzellen (Oozyten), die über die Tubae uterinae in den Uterus transportiert werden. Im Fall
einer Befruchtung der Eizelle findet diese in der Regel in einer Tuba uterina statt, während des
Transports entwickelt sich die Zygote bis zum Blastenzystenstadium und nistet sich dann in die
Uterusschleimhaut ein.

15.1 Ovar

Das Ovar erner geschlechtsreifen Frau ist nahezu an seiner gesamten Oberfläche von einem
einschichtig kubischen Epithel (Peritonealepithel) überzogen. Darunter findet sich eine schwach
ausgebildete Tunica albuginea (Bindegewebskapsel).
An Schnitten durch das Ovar kann man - unscharf voneinander abgegrenzt - ein inneres Mark
und eine äußere Rrnde unterscheiden.
Das Mark besteht aus lockerem Brndegewebe mit zahlreichen geschlängelt verlaufenden
Blutgefäßen, Lymphgefäßen. sowie Nerven.
ln der Rinde findet sich ein auffallend zellreiches, spinozelluläres Bindegewebe, das die ver-
schiedenen Rerfestadien (und Atresrestadien) der Ovanalfollikel. sowie die aus den
Tertiärfollikeln hervorgegangenen Strukturen, Corpus luteum und Corpus albicans, enthält.
Ein Follikel besteht aus einer heranreifenden Eizelle (Oozyte) und Follikelepithel, und in spä-
teren Entwicklungsstadien zusätzlich einer Theka.
Dre Oogenese (Entwicklung der Eizelle) und die Follikulogenese (Entwicklung der Follikel vom
Primordral- über den Sekundär- und Terträrfollikel zum sprungrerfen Follikel) gehen Hand in
Hand.

Oogenese

Dre mitollsehe Vermehrung der Oogonien (entwickeln s1ch aus den eingewanderten
Urkeimzellen) und ihre anschließende Entwicklung zu Oozyten I. Ordnung finden bereits vor
der Geburt statt. Zum Zeitpunkt der Geburt befindet sich jede Oozyte I. Ordnung in einem spezi-
ellen Ruhestadium am Ende der Prophase der 1 Reifeteilung, dem Diktyotänstadium, und ist
von einer ernschrchtrgen Lage platter Follikelpithelzellen umgeben (Pnmordialfollrkel).
Im Zuge der Follikelrerfung (Follikulogenese) vergrößert srch die Oozyte I. Ordnung (im sprung-
reifen Follikel bis über 120 J.Jm Durchmesser), verbleibt aber noch im Diktyotänstadium. Erst
knapp vor der Ovulation wird die 1. Reifeteilung abgeschlossen. es entsteht eine Oozyte II.
Ordnung. Drese begrnnt unmrttelbar anschließend mit der 2. Rerfeterlung, dre rn der Metaphase
zum Stillstand kommt. Nur 1m Falle des Erndnngens emes Spermienkopfes wird dre 2.
Rerfeterlung fortgesetzt. Es entsteht eine reife Eizelle, deren Kern zum weiblichen Vorkern wird,
der mit dem männlichen Vorkern. der sich aus dem Kopf des Spermiums entwickelt, fusioniert.
Durch die berden Reifeteilungen entstehen bei den Eizellen nrcht vrer glerchgroße Zellen wre bei
der Spermatogenese. sondern es wird bei jedem Teilungsschritt der Me1ose nur e1n kleines
Polkörperehen abgeschnürt, sodass der Eizelle das Zytoplasma fast vollständig erhalten bleibt.

C Hartmannetal . lns~tut fur Zellblolog1e. H1stolog1e und Embryologie, Medaz1n•sche Unoversotat Graz
Seite 98

Follikulogenese
Primordialfollikel (Abb. 150). besteht aus einer Eizelle (Oozyte !.Ordnung im
Diktyotänstadium), die von einer Schicht pla tter Follikelepithelzellen umgeben ist (Durchmesser
30-50 ~m)
Primärfollikel (Abb. 151): E1zelle (Oozy1e I) und e1nsch1chllg kubisches b1s hochpnsmatisches
FollikelepitheL (Durchmesser bis 100 ~m)
Sekundärfollikel (Abb. 152): Eizelle (Oozy1e I) umgeben von einem mehrschichtigen
Follikelepi thel Das mehrsch1cht1ge Follikelepithel wird auch als Stratum granulosum, d1e
Follikelepithelzellen auch als Granulosazellen beze1chnet. Zw1schen Eizelle und
Granulosazellen ist eme helle, glykoproteinre1che Schicht, d1e Zona pellucida, entstanden. Das
dem Follikel unmittelbar anliegende Bindegewebe. vom Follikelepithel durch eme Basalmembran
abgegrenzt, d1fferenz1ert SICh zur Theca folliculi Sekundärfollikel s1nd deutlich größer als
Primärfollikel (Durchmesser b1s 200 ~m)
Tertiärfollikel (Abb. 153, Abb. 154 und Abb. 155): Im Zuge der we1teren Entwicklung treten ZWI-
schen den Granulosazellen flüssigkeitsgefüllte (Liquor folliculi) Spalträume auf, die zu einem ein-
heitlichen Hohlraum, als Follikelhöhle oder Antrum folliculi bezeichnet, zusammenfließen.
Durch d1e Entstehung des Antrum follicuh gerät die Eizelle (Oozy1e I ), die jetzt 1hre endgültige
Größe von 120 ~m erre1cht hat, 1n e1ne exzentrische Lage. Sie liegt an der Wand des
Tert1ärfolhkels 1n einer Anhäufung von Granulosazellen, dem Cumulus oophorus oder E1hügel.
der in das Antrum folliculi vorspringt. Die die Eizelle im Anschluss an die Zona pellucida unmit-
telbar umgebenden hochprismatischen Granulosazellen sind radiar zu ihr ausgenchtet und wer
den als Corona radiata beze1chnet.

Cl Hanmann et al . lnstolUI fur Zellb!Oiogoe. Hoslologoe und Embryologoe , Medozomsche Unoversotal Graz
Seite 99

Abb.155 .wetbhche Geschlechtsorgane Ovar


Tertiärollikel, Cumulus oophorus

D1e Wand des Tert1ärfollikels, die das Antrum follicult umschließt, besteht aus dem Stratum gra-
nulosum und der aus dem umgebenden Bindegewebe entstandenen Theca folltculi, die sich in
Theca folliculi interna und Theca folliculi externa gliedert. Die Theca folliculi interna ist die
innere zellreiche Schicht mit großen polygonalen Zellen und enthält zahlreiche Kapillaren. Sie
dient der Ernährung des Follikels (der Follikel selbst ist gefäßlos) und beteiligt sich an der
Bildung von weiblichen Geschlechtshormonen. Vom Stratum granulosum ist sie durch eine
Basalmembran getrennt. Die Theca folliculi externa tst die äußere faserreichere, zellärmere
Schicht.
Die heranwachsenden Tertiärfollikel erreichen einen Durchmesser von 2-5 mm.
Unter Einnuss von FSH beginnen dann etliche dieser Tertiärfollikel rasch an Größe zuzunehmen
Innerhalb einer Woche erreichen sie einen Durchmesser b1s 8 mm. Dte Produktion von Östro-
gen erfolgt durch Kooperation von Theca interna- und Granulosazellen. Aus d1eser Gruppe von
rasch wachsenden Tertiärfollikeln wird ein einziger zum dominanten Follikel und wächst inner-
halb einer weiteren Woche zum sprungreifen Follikel heran.

Sprungreifer Tertiärfollikel (Graaf-Folltkel): durch weitere mitotische Vermehrung der


Granulosazellen, vor allem aber durch Zunahme des Liquor folliculi erreicht der sprungreife
Follikel einen Durchmesser von 2-2,5 cm und wölbt die Oberfläche des Ovars vor. Durch einen
steilen Anstieg der LH Konzentration (LH-peak- 12 Stunden vor Ovulation) treten im Cumulus
oophorus Oüsstgkeitsgefi.illte Lücken auf, durch welche die Verbindung zwischen Eizelle und
Follikelwand gelockert wird. D1e E1zelle löst sich vom Cumulus oophorus und schw1mmt im
Liquor.
(Die Oozyte I. Ordnung vollendet die 1. Reifeteilung, die entstehende Oozyte II Ordnung tritt in
die 2. Reifeteilung ein, die in der Metaphase zum Stillstand kommt.)

Follikelsprung und Ovulation


Aufgrund der zunehmenden Größe des sprungreifen Tertiärfollikels wird das Gewebe zwischen
Follikel und Oberfläche des Ovars immer dünner, es wird durch proteelytische Enzyme abge-
baut und reißt schließlich durch den erhöhten Druck im Inneren des Follikels an der am wetta-
sten vorspnngenden Stelle etn (Follikelsprung). Mit dem Liquor folliculi wird die Eizelle (Oozyte
II. Ordnung in der Metaphase) samt den sie umgebenden Corona radiata-Zellen hinaus gespült
und vom abdominalen Ende des Eileiters aufgenommen (Ovulation).

Corpus luteum (Abb. 156 und Abb. 157)


Nach der Ovulation bleibt die kollabterte, faltige Follikelwand im Ovar zurück. Aus ihr entsteht

0 Hartmannetal lns111ut fur Zellblolog•e. H1slolog1e und Embryologl8. MediZiniSChe Un1Yer1iltal Graz
Seite 100

das Corpus luteum oder Gelbkörper, eine temporäre endokrine Drüse, die hauptsächlich
Progesteron, aber auch Östrogene sezerniert.
Aus den Eptthelzellen des Stratum granulosum entstehen die Granulosa-Lutelnzellen, große
helle Zellen, dte etn 10-15 Zellschichten breites, gefälteltes Band bilden. Aus den
Bindegewebszellen der Theca interna entstehen die Theca -Luteinzellen, die im Vergletch zu
den Granulosa Luteinzellen deutlich kletner und stärker anfärbbar smd. Aus der ehemaligen
Theca mterna wachsen zahlratehe Blutgefäße in das Corpus luteum ein. Das Corpus luteum
wird- wenn keme Befruchtung stattfindet- nach etwa 12 Tagen abgebaut und durch kollagen-
faserreiches, sehr zellarmes Bindegewebe ersetzt. Diese durch dieses Narbengewebe entste-
hende Struktur bezetchnet man als Corpus albicans (Abb. 158).

Follikelatresie
Pro Zyklus wachsttn der Regel nur ein Follikel (dominanter Follikel) aus der Gruppe der
Tertiärfollikel zu einem sprungreifen Terttärfollikel heran. Die meisten Follikel gelangen nicht zur
Ovulation und gehen schon als Primordialfollikel, Primärfollikel oder in einem späteren
Entwtcklungsstadium, als Sekundärfollikel oder Tertiärfollikel, zugrunde. Dtesen Vorgang
bezeichnet man als Follikelatresie
Atresie der Primordia/follikel, Primär- und Sekundärfollikel: sie gehen zugrunde, ohne morpholo-
gisch stehtbare Spuren zu hinterlassen.
Aireste der Terttärfollikel Granulosazellen lösen sich aus dem Zellverband, gelangen in den
Liquor follicuh und gehen zugrunde. ebenso dte Etzelle. Der degenenerende Follikel Wird von
Bindegewebe durchwachsen (Corpus atreticum) Die ursprünglich zwischen Follikelepithel und

c:> Hartmann et al • InsNut fur Zellb1olog1e, H1stotog1e und Embryotog1e, Med1z1msche Umvers1tät Graz
Seite 101

Theca intema gelegene Basalmembran verdickt sich im Zuge der Follikelatresie. Diese verdickte
Basalmembran (Giashaut) ist noch einige Zeit lang als gewundenes homogenes Band
(Siavianski-Membran) im Gewebe zu erkennen (Abb. 159).

15.2 Tuba uterina

Die Tuba uterina (Salpinx, Eileiter) nimmt dte Eizelle samt anhaftenden Corona radiata-Zellen
nach der Ovulation auf und transportiert sie in den Uterus.
Sie kann makroskopisch in vier Abschnitte gegliedert werden: lnfundibulum - trichterförmiger
Anfangsteil, dessen abdominale Öffnung von Fimbnen umgeben ist, Ampulla - längster
Abschnitt, Isthmus und Pars uterina - durchsetzt die Uteruswand und mündet in das
Uteruslumen.

Die Tubenwand ist aus Tuntca mucosa, Tunica muscularis, Tela subserosa und Tunica serosa
aufgebaut.
Die Tubenschleimhaut, Tunica mucosa, bestehend aus einem einschichtigen, hochprismati-
schen Epithel und einer Lamina propria, bildet- besonders ausgeprägt in der Ampulla- zahlrei-
che hohe, mehrfach verzweigte Falten die das Lumen der Tube fast ganz ausfüllen (Abb. 160).
Im einschichten Eptthel (Abb. 161) sind Flimmerzellen mit Kinozilien, die uteruswärts schlagen,
und keulenförmige sezernierende Zellen vorhanden, die gegen das Lumen vorgewölbt sein
können und ein schleimiges Sekret produzieren. Das Mengenverhältnis von Flimmerzellen und
Drüsenzellen ist abhängig vom untersuchten Tubenabschnitt (Anzahl der Flimmerzellen nimmt
Richtung Isthmus ab) und von der Zyklusphase (in der zweiten Zyklushälfte nimmt die Anzahl
der sezemterenden Zellen zu).
Stiftehenzellen stnd schmale Zellen mtt dichten, länglichen Kernen. Sie werden besonders in
der prämenstruellen Phase gefunden und als zugrundegehende Drüsenzellen gedeutet. Die
Tunica musc ularis enthält die tubeneigene Muskulatur, die aus zwei einander durchflechtenden
Spiralsystemen von glatten Muskelzellbündeln besteht (Peristaltik- Keimtransport). Im außen
angrenzenden Btndegewebe, das tn das Bindegewebe der Tela subserosa übergeht, finden sich
längsvertaufende Muskelzellbündel, die die sogenannte subperitoneale Muskulatur bilden
(Lageveränderungen der Tube- Eiabnahmemechanismus). Das Bindegewebe der Tela sub-
serosa enthält zahlreiche Blut- und Lymphgefäße sowie Nerven. Außen ist die Tube von einer
Tuni ca serosa mit einem einschichtig platten Serosaepithel (Peritonealepithel) überzogen.

Abb. 160: wetbliche Geschlechtsorgane·


Tuba uterina Tuba uterina, Lamma epithellalis,
Stiftehenzelle ( 1) ), Flimmerzelle ( ..., ),
Drüsenzelle (o )
C Hartmann et al Insblu t fur Ze!lb1ologoe. Histologie und Em bryologie. Med,z1n1sche Umve<Sltllt Graz
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15.3 Uterus

Gebärmutter {Uterus, griechisch: Metra) ist ein birnenförmiges Hohlorgan, das sich makrosko-
pisch in Fundus, Corpus, Isthmus und Cervix untergliedern lässt. Die Portio vaginalis der Cervix
ragt in die Vagina vor.
Die Schleimhaut {Tunica mucosa) von Fundus und Corpus uteri ist das Endometrium, dessen
funktionelle Schicht im Rahmen des Menstruationszyklus zyklisch aufgebaut und wieder abge-
stoßen wird {s.u.).
Die Schleimhaut der Zervix uteri zeigt zwar auch zyklische Veränderungen, wird jedoch bei der
Menstruation nicht abgestoßen.
D1e Muskelschicht (Tunica muscularis) ist das Myometrium. Es btldet die Hauptmasse des
Organs und ist aus eng durchflochtenen Bündeln von glatten Muskelzellen aufgebaut; die in der
Schwangerschaft an Menge und Größe zunehmen. Das Myomatrium enthält zahlreiche
Blutgefäße.
Das Perimetrium {Tunica serosa und Tela subserosa) bedeckt Fundus sowie Vorder- und
Htnterfläche des Korpus. Die bindegewebige Verbindung zwischen Uterus und seiner
Umgebung erfolgt durch das Parametrium.

15.3.1 Endometrium und Menstruationszyklus

Im Endometrium des Corpus und Fundus uteri spielen steh im fortpflanzungsfähigen Alter all-
monatlich die periodischen Veränderungen des Menstruationszyklus (in Abhängigkeit vom ova-
riellen Zyklus) ab, um- im Fall einer Befruchtung der Eizelle -die Voraussetzung für die mögli-
che Einntstung einer Blastozyste zu schaffen

Menstruationsphase (Desquamationsphase): 1.-4.Tag


Proliferationsphase: 5.-14.Tag
Sekretionsphase: 15.-28.Tag

Das Oberflächeneptthel des Endometnums ist ein einschichtig hochpnsmatisches Epithel


Stellenweise {vor allem im Bereich der Einmündungsstellen der Tuben) tragen die Zellen
Kinozilien, die vaginalwärts schlagen. Darunter liegt eine Lamina propria aus sehr zellreichem
Bindegewebe. Hier finden sich die tubulösen Glandulae uterinae. die bts zur Muskelschicht und
sogar tn d1e Muskelschicht htnein reichen können.
Im Endometrium unterscheidet man zwe1verschiedene Schichten:
Stratum basale (Basalis): basal gelegene, an das Myomatrium angrenzende Schicht, die nicht
abgestoßen wird. Von ihr geht in jedem Zyklus der Wiederaufbau der Funktionalls aus.
Stratum functionale {Funktionalis): oberflächliche Sch1cht, dte zyklisch aufgebaut und- wenn
keine Befruchtung erfolgt - während der Menstruationsphase w1eder abgestoßen wtrd.

15.3.1 Menstruationsphase

Abstoßung der Funkttonalis und Ausscheidung zusammen mtt Menstruationsblut Dte Basalis
bletbt mtt einer Wundfläche zurück.

15.3.2 Proliferationsphase

ln der Prollferationsphase {Abb. 162 und Abb. 163) wirdem neues Stratum funcllonale aufge-
baut. Diese Phase wird von Östrogen gesteuert.
Zunächst bildet sich nach Ablösung des Stratum functionale in der Menstruationsphase mner-
halb wen1ger Tage - ausgehend von Drüsenstümpfen des Stratum basale - ein die Wundfläche

C Hartmann et al • lnstrtut fur Ze4lblologre Hrslologre und Embryologie. Medlzrnosche Umversrtjjt Graz
Seite 103

bedeckendes Epithel. Durch Proliferation von Drüsenepithelzellen und Bindegewebszellen,


sowie Aussprossung neuer Gefäße wird das Endometrium zunehmend dicker und es entstehen
langgestreckte, gegen Ende der Proliferationsphase geschlängelt verlaufende Drüsen.

1 5.3.2 Sekretio ns phase

(Abb. 164, Abb. 165, Abb. 166 und Abb. 167) Nach der Ovulation lagern die Drüsenzellen
zunächst große Mengen Glykogen 1n 1hr Zytoplasma e1n. Die Drüsen werden weitlumiger und
immer stärker gefältelt. Wenige Tage danach beginnen sie mit der Sekretion eines glykoprotein-
reichen, schleimigen Sekrets. Dies erfolgt unter Einfluss von Progesteron. Auf dem Höhepunkt
der Sekretionsphase zeigt die Wand der Drüsen im Längsschnitt ein sägeblattartiges Aussehen .
Die das Stratum functionale versorgenden Arterien nehmen einen spiralig gewunden Ver1auf an
(Sp1ralarterien).
Das Stratum functionale lässt sich in dieser Phase in eine äußere Zona compacta und eine
anschließende Zona spongiosa gliedern. ln der Zona compacta (Abb. 165) liegen die schlanke-
ren und weiter auseinander liegenden Drüsenhälse. Die Bindegewebszellen der Lamina propria
werden insbesondere in dieser Zone durch Speicherung von Glykogen und Lipiden auffallend
groß und lagern s1ch eng aneinander. Sie werden wegen ihrer Ähnlichkeit m1t den in der
Schwangerschaft entstehenden Deziduazellen auch als .Pseudodeziduazellen" bezeichnet. Die
anschließende breitere Zone des Stratum functionale zeigt durch die weitlumigen, gefältelten
Drüsenschläuche ein schwammartiges Aussehen: Zona spongiosa (Abb. 166).
Die im Stratum basale gelegen Drüsen bleiben während der zyklischen Veränderungen mehr

Stratum
functionale

Stratum
basale

0 Hartmannetal lnsbtul fur ZellbtOiogoe. H1stOiogoe und Embryologie, MediZiniSChe Un1vers1ta1 Graz
Seite 104

oder minder unverändert (Abb. 167). Das Stratum basale wird von eigenen Blutgefäßen ver-
sorgt.
Wird die Eizelle befruchtet und kommt es zur Einnistung der Blastozyste 1n das Endometrium,
so entwickelt sich das Stratum functionale des Endometriums zur Dezidua. Die
Bindegewebszellen werden zu großen, dicht gelagerten, glykogenreichen Deziduszellen und
später zu einem Bestandteil der Plazenta.
Kommt es zu keiner Befruchtung, wird- durch Abfall von Progesteron -ein Gefäßspasmus der
Spiralarterien erzeugt, es kommt zur Ischämie und zum Untergang der Funktionahs. Die
Menstruationsblutung setzt ein.

15.4 Vagina

D1e Vagina (Scheide, griechisch· Kolpos ) begmnt m1t dem Scheidengewölbe (Fornix vagmae),
das die Portio vaginalis der Cervix uteri umfasst, und mündet m das Vestibulum vaginae.
D1e Wand der Vagina besteht aus Tunica mucosa, Tunica muscularis und Tunica adventitia.
Die Schichten sind gegeneinander nicht scharf abgegrenzt.
Die Tumca mucosa besteht aus einem geschichteten unverhornten Plattenepithel und einer bin-
degeweb•gen Lam1na propna. An derVorder-und Hinterwand der Vagma bildet die Schleimhaut
Querfalten. Das Vaginalepithel. das auch d1e Port1o vaginahs der Zerv1x überzieht, zeigt zyklus-
abhängige Veränderungen. Epithel-Abstriche von Port1o bzw. innerem Muttermund werden zyto-
logisch untersucht und dienen der Früherkennung von Cervixkarzinomen.
Das in Vaginalepithelzellen eingelagerte Glykogen w1rd durch Zerfall von abgestoßenen Zellen
freigesetzt und von M1lchsäurebaktenen in Milchsäure umgewandelt (saures Vag1nalmiheu).
ln der Tun1ca muscularis smd glatte Muskelzellbündel, die sich in verschiedenen Richtungen
durchflechten, dazwischen reichlich Bindegewebe mit Gefäßen und Nerven zu finden.

16 Plazenta

Die Plazenta ist das Austauschorgan (Gas- und Stoffaustausch) zwtschen Mutter und ungebore-
nem Kind. Sie w1rd von zwei getrennten Blutkreisläufen, dem der Mutter und dem des Kindes.
versorgt. Sie entsteht aus zwei genet•sch unterschiedlichen Geweben. dem kindlichen (fetalen)
und dem mütterlichen Gewebe.

0 Hanmann e1 al lns11tu1 tur Zellb10log1e H1s1ologoe und Embryologie. Med•z•n•sehe Unoversolai Graz
Seite 105

16.1 Bauelemente der Plazenta

Amnion
(fetales Gewebe) besteht aus dem meist einschichtig kubisch bis hochprismatischem
Amnionepi thel und dem darunterliegenden gefäßlosen Amnion-Bindegewebe.

Chorion
(fetales Gewebe): Chanon-Bindegewebe (mtt fetalen Blutgefäßen) und Trophoblast.
Chorion frondosum oder villosum: Zotten(baum)-tragendes Chorion - bildet zusammen mit dem
Amnion und der Decidua basalis die Plazenta.
Chorion laeve: glattes Chorion - bildet zusammen mit dem Amnion und der Decidua capsularis
und panetalis die Eihäute. (Abb. 168)

Trophoblast: steht einem Epithelgewebe nahe. Kommt in verschiedenen Formen vor.


Zytotrophoblast: zellig gegliederter Trophoblast (Trophoblastzellen). findet sich als villöser
Zytotrophoblast (auch als Langhans-Zellen bezeichnet) an der Oberfläche der Zotten unterhalb
des Synzyttotrophoblast. Am Begtnn der Schwangerschaft bildet er hier etnen mehr oder minder
geschlossenen Zellbelag, im Zuge der Plazentareifung nimmt die Anzahl der Zellen immer mehr
ab. Trophoblastzellen, die außerhalb der Zotten vorkommen, werden in ihrer Gesamtheit als
extravillöser Zytotrophoblast bezeichnet. Man findet solche Trophoblastzellen in der
Chorionplatte, der Basalplatte und in den Eihäuten.
Synzytiotrophoblast: entsteht aus dem Zytotrophoblast durch Zellfusion Der
Synzytiotrophoblast stellt eine vielkernige Zytoplasmamasse dar, welche die Oberfläche der
Zotten. sowie die dem intervillösen Raum zugewandten Oberflächen von Chorionplatte und
Basalplatte überzteht und so dtrekt mit dem mütter1tchen Blut in Kontakt kommt Durch
Zellteilung der unterlagerten Zytotrophoblastzellen und anschließender Fusion der Tochterzellen
mit dem Synzytiotrophoblast werden diesem tmmer wieder neue Zellen angegliedert.
Trophoblast-Riesenzellen sind große mehrkernige Trophoblastzellen, die man in der Basalplatte
finden kann.

Dezidua
(mütterliches Gewebe): Entsteht aus der Funktionalis der Uterusschleimhaut bei Eintritt einer
Schwangerschaft. Je nach Lagebeziehung zum implantierten Keim wird sie als Decidua basa-
lis, capsularis oder parietalis bezetchnet (Abb 168)

Decidua basalis
.,
Chorion I Plazenta

~ ~ ...
frondosum \

jI /
~-
Chorionhöhle
I ~ (~ \
~

'
,I
Chorion laevae
Dectdua capsularis ~
Decidua parietalis •
Dottersack
Cavumuteri
Amnionhöhle
Eihäute
I

IAbb. 168. Strukturelemente der Plazenta: Schema


c Hartmann el al lnsi•tuiiur Zellb•ologie, Hislolog•e und Embryolog•e. MediZinosehe Umvers•läl Graz
Seite 106

Fibrinoid
ist eine fibrinahnliche, im Lichtmikroskop homogene, mit Eosin anfärbbare Substanz, die in ihrer
Zusammensetzung und ihrer Entstehung heterogen ist. Fibrineid kommt 1m Bereich verschiede-
ner Strukturen der Plazenta vor, ersetzt stellenweise den oberflächlichen Synzyllotrophoblast,
und kann je nach Lokalisatton unterschiedlich benannt werden: Langhans-Fibrineid an der dem
intervillösen Raum zugewandten Oberfläche der Chorionplatte, Rohr-Fibrineid an der dem inter-
villösen Raum zugewandten Oberfläche der Basalplatte, Nitabuch-Fibrinoid innerhalb der
Basalplatte, sowie Zottenfibrineid im Bereich der Zottenbäume.

16.2 Reife Plazenta

Die reife , geborene Plazenta ist scheibenfönmig mit einem Durchmesser von etwa 20 cm. Die in
vivoder Amnionhöhle (Fruchthöhle) zugewandte fetale Seite der Plazenta. an der der
Nabelstrang inseriert, wird von der Chorionplatte gebildet, die gegenüberliegende von der
Basalplatte. Zwischen Chorionplatte und Basalplatte ist der mit mütterlichem Blut gefüllte inter-
villöse Raum, der die reich verzweigten Zottenbäume enthält. D1ese Zottenbäume sind m1t
Zottenstämmen an der Chorionplatte verankert und mit kleinen Haftzotten an der Basalplatte
und den Plazentasepten befestigt. (Abb. 169)

Fetaler Blutkreislauf: Die Plazenta ist über den Nabelstrang mit dem Fetus verbunden. Im
Nabelstrang finden sich zwei Nabelstrangarianen und eine Nabelstrangvene. Die beiden venö-
ses Blut führenden Nabelstrangarterien verzweigen sich zunächst sternförmig in der
ChorionplaNe, von dort biegen sie in die ZoNenstämme um und verzweigen sich entsprechend
den größeren und kleineren Asten des Zottenbaumes. Im Bereich der Terminalzotten (Hauptort
des Gas- und Stoffaustausches) bilden sie welflum1ge, nahe der Zottenoberfläche gelegene
Kapillaren. Über kleinere und größere Venen, die ebenso wie die Arterien den Verzweigungen
des Zottenbaumes folgen, wird das jetzt m1t Sauerstoff und Nährstoffen angereicherte Blut zur
Nabelschnurvene geleitet.

Amnionhöhle mit
Fnscht\\asser

IAbb. 169: Plazenta: Schema


Cl Hartmannetal . lnstotut tor ZellbiOiog.e. Hostologoe und Emblyologoe. Medozonosche Unoversotät Graz
Seite 107

Mütterlicher Blutkreislauf: Durch die Basalplatte hindurch ziehen uteroplazentare Arterien (ent-
wickeln sich aus den Spiralarterien) und geben ihr Blut in den intervillösen Raum ab. Das Blut
umspült hier die Zottenoberflachen, wobei im Bere1ch der Terminalzotten der Stoff- und
Gasaustausch stattfindet: aus den fetalen Kapillaren werden Kohlendioxid und auszuscheidende
Stoffe in das mütterliche Blut abgegeben, Sauerstoff und Nährstoffe aus dem mütterlichen Blut
werden in die fetalen Kapillaren aufgenommen. Über uteroplazentare Venen wird das Blut aus
dem intervillösen Raum wieder abgeleitet und in den mütterlichen Kreislauf zurückgeführt.

Chorionplatte
Die Chorionplatte (Abb. 170) ist an ihrer der Amnionhöhle (Fruchthöhle) zugewandten
Oberfläche von Amnion bedeckt. Die Chorionplatte besteht aus einer Bindegewebsplatte, in
der die Verzweigungen der Nabelstranggeftlße zu sehen sind. Gegen den Intervillösen Raum zu
ist d1e Chononplatte von emer F1bnnoidsch1cht bedeckt, dem Langhans-Fibnnoid. Zwischen
Chorionbindegewebe und Fibrino1d sowie innerhalb des Fibrineids kann man Trophoblastzellen
(extravillöser Zytotrophoblast) finden .

Zottenbäume
Die Zottenbäume s1nd m1t Zottenstämmen an der Chononplatte verankert. Sie verzweigen sich
in zunächst größere, dann 1mmer klemere Zottenäste. Endverzweigungen sind die
Terminalzotten. Innerhalb der Zottenbäume verzweigen sich die fetalen Blutgeftlße. Während die
Zottenstämme und ihre größeren Äste vorwiegend für die mechan1sche Stabilität der
Zottenbäume verantwortlich smd, sind die Terminalzotten Hauptort des Gas- und
Stoffaustausches. An der Basalplatte und den Plazentasepten sind die Zottenbäume mit speziel-
len Zottenästen, den Haftzotten, befestigt.

Bau einer Zotte:(Abb. 171) Im Inneren findet sich Zottenbindegewebe m1t fetalen
Blutgefäßen, an der Oberfläche e1n Überzug von Synzytiotrophoblast. Unterhalb des
Synzyt1otrophoblast liegen vereinzelt Trophoblastzellen (villöser Zytotrotrophoblast). Stellenweise
kann der Synzytiotrophoblastüberzug durch Zotten-Fibrineid ersetzt sein.
ln Zottenstämmen und größeren Ästen des Zottenbaumes (Stammzotten) findet man relativ viel
Zottenb1ndegewebe, die Blutgefäße hegen h1er mehr oder minder zentral. ln Terminalzotten ist
wenig Bindegewebe vorhanden, die weitlum1gen Kapillaren liegen an der Oberfläche direkt unter
dem Synzytiotrophoblast, der zellkernlose Areale und Abschnitte mit regelmäßig verteilten
Zellkernen unterscheiden läßt, sowie Zellkernanhäufungen (Synzytialknoten), die sich
abschnüren und in den matemalen Kreislauf gelangen.

Basalplatte
Die Basalplatte (Abb. 172) bildet den Boden des intervillösen Raums. Sie besteht aus
Trophoblastzellen (extravillöser Zytotrophoblast und Trophoblast-Riesenzellen) und Zellen der
mütter1tchen Decidua basalis. Weiters sind h1er mütterliche Blutgefäße sowie F1brinoid vorhanden.
Trophoblastzellen (extravillöser Zytotrophoblast): größere, polygonale, me1st basophile Zellen
mit annähernd kugeligen Zellkernen (Abb. 173). Trophoblast-Riesenzellen (Abb. 174): auffallend
große vielkernige Trophoblastzellen.
Deziduazellen (Abb. 174): große, blasse, verzweigte, oft fischzugartig angeordnete Zellen mit
meist ovalen Zellkernen.
Fibrinoid: Rohr-Fibrin01d (Abb. 172) findet sich an der dem intervillösen Raum zugewandten
Oberfläche, Nitabuch-Fibrinoid (Abb. 172) innerhalb der Basalplatte (entsteht im Bereich der
Kontaktzone zwischen fetalem und mütterlichem Gewebe).
Von der Basalplatte ragen 1n unregelmäßigen Abständen größere und klemere Erhebungen in
den intervillösen Raum R1chtung Chononplatte, ohne s1e aber zu erre1chen. S1e zeigen den glei-
chen Aufbau wie d1e Basalplatte und werden als Plazentasepten bezeichnet.

C Hartmann e1 al Insblut fur Zellbiolog1e. H1StOiog1e und Emb<yolog~e, MediZiniSChe Umvers.tal Graz
Seite 108


Abb. 173.Basalplatte: A:174.Deziduazellen (0),
Trophoblastzellen Trophoblastriesenzell. (T)

Zellinseln
sind annähernd kugel ige Gebilde 1m intervillösen Raum. S1e bestehen aus Fibnnoid, in dem
Trophoblastzellen (extravillöser Zytotrophoblast) und eventuell auch Deziduazellen zu finden
sind. Solche Zellinseln können durch weitere Auflagerung von Fibrinoid sowie Anlagerung
benachbarter Zotten, die dann in die Fibrinoidmasse einbezogen werden , eine beachtliche
Größe erre1chen.

16.3 Nabelstrang

Der Nabelstrang besteht aus gallertigem Bindegewebe, das als Wharton-Sulze bezeichnet w1rd.
ln d1esem Bindegewebe finden s1ch d1e Nabelstranggefäße, zwet Artenen und eme Vene, sow1e
manchmal noch der Urachus, ein Rest des Allantoisganges. An seiner Oberfläche 1st der
Nabelstrang von Amnionepithel überzogen.

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Seite 109

17 Verdauungstrakt

17.1 Mundhöhle

17.1.1 Speicheldrüsen

17.1.1.1 Große Mundspeic heldrüsen


Be1 den drei paang vorkommenden großen Mundspeicheldrüsen, Glandula parotis
(Ohrspeicheldrüse), Glandula submandibularis (Unterkieferspeicheldrüse) und Glandula sub·
Iinguaiis (Unterzungenspeicheldrüse) handelt sich um zusammengesetzte Drüsen mit einem
mehrfach verzweigten und in verschiedene Abschnitte gegliederten Ausführungsgangsystem
(Schaltstücke-.Streifenstücke- interlobuläre Ausführungsgänge-+Hauptausführungsgang), die
eigenständige Organe bilden. Von einer Bindegewebskapsel ausgehend unterteilen gefäß- und
nervenführende bindegewebige Septen das Organ in Läppchen (lobuh). ln dem inter1obulären
Bindegewebe liegen - neben Gefäßen und Nerven • die kleineren und größeren Aufzweigungen
der Ausführungsgänge. Der Hauptausführungsgang der GI. parotis mündet in das Vestibulum
oris, dte Hauptausführungsgänge von GI. submandtbularis und GI. Sublingualis unterhalb der
Zunge in die Mundhöhle.

Drüsenendstücke
Die rein seröse Glandula parotis besitzt ausschließlich seröse Drüsenendstücke, die gemischte
Glandula submandibularis vorwtegend ser6se Endstücke, hier kommen Jedoch auch gemisch-
te (seromuköse) Endstücke vor, bei denen seröse Endstückepithelzellen als Ebner-Halbmonde
den schlauchförmigen mukösen Endstücken außen aufsitzen (Abb. 175). Die ebenfalls gemisch-
te Glandula Sublingualis besitzt vorwiegend muköse, daneben auch gemischte Endstücke. Die
Endstücke der Mundspeicheldrüsen smd von Myoeptlhelzellen umgeben.

Ausführungsgangsystem
Schaltstücke (Abb. 176) sind - nur in serösen Drüsenabschnitten vorhandene - verzweigte
Gänge, die das Sekret mehrerer seröser Endstücke zusammenführen. Schaltstücke haben ein
enges Lumen und ein einschichtiges, meist plattes bis isoprismatisches Eptthel. Mehrere
Schaltstücke münden in ein Stretfenstück.
Streifenstücke (=Sekretrohre - Abb.177) sind ebenfalls verzweigt, ihr Durchmesser ist mehr als
doppelt so groß wie jener der SchaUstücke. Sie haben in der Regel ein iso- bis hochprismati-
sches, stark azidophiles Epithel, das eine lichtmikroskopisch sichtbare basale Streifung (basale

0 Hanmann et al . lnstotut fur Zellboologoe. Histologoe und Embryologoe. MedtZonosche Unoversotat Graz
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Eintallungen der Plasmamembran mit dazwischen liegenden Mitochondrien) aufwe1st.


Schaltstücke und Streifenstücke liegen zwischen den Endstücken im Drüsenläppchen (intralo-
bulär).
Die Ausführungsgänge (Abb 178) sind ebenfalls verzweigt und liegen mehrheitlich im
Bindegewebe zwischen den Drüsenläppchen (interlobulär). ln den kleineren Gängen ist das
Epithel zunächst einschichtig isoprismatisch, dann hochprismatisch. Mit der Größenzunahme
der Gänge wird es meist zweireihig hochprismatisch.
Das Epithel der Hauptausführungsgänge der großen Mundspeicheldrüsen geht unmittelbar vor
der Mündung in ein unverhorntes Plattenepithel über.

17.1.1.2 Kleine Mundspeicheldrüsen

Dazu zählen Glandulae labiales der Lippen (gemischt}, Glandulae buccales der Wangen
(gemischt), Glandulae linguales anteriores (gemischt}, Ebner-Spüldrüsen (serös) und Glandulae
linguales posterioras der Zunge (mukös) sowie Glandulae palatmae des Gaumens (mukös). S1e
bestehen Jeweils aus einer mehr oder m1nder großen Anzahl von Endstücken und einem einzi-
gen, n1cht nennenswert gegliederten Ausführungsgang.

17.1.2 Zunge

01e Zunge (Lingua) ist ein mit Schleimhaut überzogenes, hauptsächlich aus Skelettmuskulatur
bestehendes Organ. wobei die Muskelfaserbündel verschiedene. aufeinander senkrecht stehen-
de Verlaufsrichtungen zeigen. Das die Muskelfaserbündel umgebende Bindegewebe bildet
zusammen m1t dem Septum und der Aponeurosis linguae das Bindegewebsgerüst der Zunge.
D1e Aponeuros1s hnguae besteht aus straffem Bindegewebe und liegt d1rekt unter der
Schleimhaut des Zungenrückens. Das Septum hnguae steht senkrecht zur Zungenoberfläche
und teilt die Zunge unvollständig in zwei Hälften. An der Zungenspitze findet sich beidseits des
Septum hnguae jeweils eine gemischte Drüse, die Glandula Iingualis anterior.
D1e Schleimhaut des Zungenrückens ist unverschiebhch m1t der Aponeurose verbunden und bil-
det d1e verschiedenen Zungenpapillen (Papillae linguales): Papillae filiformes, Papillae fungl-
formes, Paplllae vallatae und Papillae foliatae (seltener). Die Zungenpapillen bestehen aus dem
Oberflächenepithel. einem geschichteten unverhomten Plattenepithel, und einem vom
Bindegewebe der Lamina propria gebildeten Papillenstock (Primärpap1lle) mit Sekund/Jrpapillen
Papillae filiformes (Abb 179). fadenförm1ge Papillen, sind sehr zahlreich und über den ganzen
Zungenrücken verte1lt. Sie besitzen e1nen nach oben zu schmäler werdenden bmdegewebigen
Papillenstock mit Sekundärpapillen. Das geschichtete Plattenepithel der Oberfläche bildet an der

C Hartmannetal . lnstiiUI ror Zellb<ologie. Hostologoe und Embryologoe. Medozonosche Unoversit:lt Graz
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' #

'

Papillae vallatae. Geschmacksknospen

Spitze der Papillen verhornte, oft aufgesplitterte, fadenförmige Fortsätze, die rachenwärts
geneigt sind.

Papillae fungiformes (Abb. 180), pilzf6rmige Papillen. sind spärlicher und kommen vor allem
an Zungenrand und Zungenspitze vor. Der Papillenstock mit Sekundärpapillen verbreitert sich
nach oben. Ihre Oberfläche ist von geschichtetem, unverhorntem Platteneptthel bedeckt.

Papillae vallatae (Abb 181 und Abb. 182), 6-12 umwallte Papillen, sind die größten
Zungenpapillen und am hinteren Ende des ZungenrOckens zu finden. Sie ragen kaum über die
Zungenoberfläche vor und sind nngsum von einem Graben und einem anschließenden ebenfalls
nngförmtgen Wall umgeben. Im geschichteten unverhornten Platteneptthel batder Grabenwände
liegen Geschmacksknospen. ln den Graben münden die Ausführungsgänge von serösen
Drüsen, den Ebner-SpOidrüsen.
Papillae foliatae sind blattförmtge Zungenpapillen am hinteren Sattenrand der Zunge, die eben-
falls Geschmacksknospen im Eptthel besttzen.

Der Zungengrund trägt keine Papillen mehr Hier findet sich in der Schleimhaut, unterhalb des
Epithels, das zu Krypten e~ngesenkt ist, ratchiich lymphattsches Gewebe. Folliculi linguales oder
Zungenbälge (werden tn ihrer Gesamtheit als Tonsilla Iinguaiis bezeichnet und zählen zum
lymphatischen Rachennng). Ebenfalls tm Zungengrund stnd muköse Drüsen (Giandulae lingua-
les posteriores, Weber-Drüsen) vorhanden, die zwischen den Krypten der Tonsilla Iinguaiis aus-
münden.
C Hartmannet al., lnslllut fur ZellbiOiogoe. Histologie und Embryologie, MediZinische Un1Vers1tät Graz
Seite 112

17.1.3 Gaumen

Oie zur Mundhöhle gewandte Schleimhaut des harten Gaumens (Palatum durum) besitzt ein
unverhomtes geschichtetes Plattenepithel an ihrer Oberfläche und ist mit der knöchernen
Unterlage unverschieblich verbunden. 01e den Boden der Nasenhöhle bildende Seite trägt respi-
ratorisches Epithel.
Der weiche Gaumen (Palatum molle} schließt nach hinten an den harten Gaumen an. Er besitzt
ein Grundgerüst aus straffem Bindegewebe und Skelettmuskulatur. das auf beiden Seiten von
Schleimhaut bedeckt ist. Auf der oralen Seite findet sich Mundschleimhaut m1t einem geschich-
teten unverhomten Plattenepithel und einem Schleimhautbindegewebe, in dem zahlreiche kleine
muköse Speicheldrüsen (Giandulae palatinae) liegen. Die nasale (oder pharyngeale) Seite ist
von respiratorischem Epithel (mehrreihig hochprismatisches Epithel mit Flimmerzellen und
Becherzellen) bedeckt. Im unterlagerten Schleimhautbindegewebe smd kleine gemischte Drüsen
zu finden

17.1.4 Zähne

17 .1.4.1 Zahnentwicklung

Im Bereich des späteren Zahnbogens wächst im 2. Embryonalmonat aus dem


Oberflächenektodem der Mundhöhle die Zahnleiste in das darunterliegende Mesenchym ein.
Aus ihr entstehen in bestimmten Abständen die Anlagen der epithelialen Schmelzorgane,
zunächst als knospenartige Verdickungen. Diese nehmen dann Kappen- und schließlich
Glockenform an, die der späteren Form der Zahnkrone des betreffenden Zahnes entspricht. Das
Mesenchym im Inneren der Glocke (entsteht aus der Neuralleiste) w1rd zur Zahnpapille, aus der
später die Zahnpulpa und die Odontoblasten entstehen. Die Odontoblasten differenzieren s1ch
aus den d~rekt an das Schmelzorgan angrenzenden Mesenchymzellen und bilden Dentin
Im Inneren der Schmelzorgane w~rd das Epithel aufgelockert, die Epithelzellen bilden einen
Verband von sternförmig verzweigten Zellen, es entsteht die Schmelzpulpa oder mittleres
Schmelzepithel zwischen dem äußeren Schmelzepithel und dem inneren SchmelzepitheL
Aus dem inneren Schmelzepithel differenzieren sich die Adamantoblasten (oder Ameloblasten),
die den Schmelz der Zahnkrone bilden. (Abb. 183 und Abb. 184)
Um jedes Schmelzorgan und die dazugehörige Zahnpapille bildet s1ch eine

184. Verdauungs-
trakt Zahn-
entwicklung
1 -äußeres
2 - mittleres
~"'~;:;l!)o...., 3- 1nneres
Schmelzepithel
4- Dentm
5- Schmelz
~t~~~~[~ 6-- Adamantoblasten
Zahnpapille
:"'i
- Odontoblasten

C Hanmann e1 al . lns~lul ftir Zellboologoe. Hostologoe und Embryologoe. Med•zonosche Universität Graz
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Mesenchymverdichtung, das Zahnsäckchen. Bei der späteren Entwicklung der Zahnwurzel


(erst nach der Geburt!) entstehen aus der inneren Schicht des Zahnsäckchens die
Zementoblasten, die das Zement (Cementum) der Zahnwurzel bilden. Aus der äußeren Schicht
entsteht die Wurzelhaut (Penodontium oder Desmodont).
Nach Ausb ildung der Schmelzorgane begtnnl sich die Zahnleiste zwischen Oberflächenepithel
und Schmelzorganen zurückzubilden und in Epithelinseln aufzulösen. Der freie Rand der
Zahnleiste wächst jedoch weiter in den Kiefer vor und wird zur Ersatzzahnleiste (für die
Ersatzzahnanlagen).

Zahnhart.s ubstanzen

Dentin (Zahnbein, Dentinum -Abb. 184, 185, 186, 187)


Ende des 4. Fetalmonats begmnt an der Spitze der mesenchymalen Zahnpapille die
Dentinbildung durch Odontoblasten. Im Zuge der Dentinsynthese bilden die Odentoblasten
Fortsätze aus, die 1m Dentin verbleiben und mit zunehmender Dicke der Dentinschicht immer
länger werden. Diese Odontoblastenfortsätze, die auch als Zahnbeinfasern oder Tomes-Fasern
bezeichnet werden, liegen 1n Dentinkanälchen. Die Extrazellulärmatrix des Dentins besteht vor
allem aus Kollagenfibnllen (Typ I Kollagen) und Hydroxylapatti-Kristallen. Denim wird von den
Odentoblasten zunächst als nicht mineralistarte Vorstufe, Prädentin, gebildet.

Schmelz (Enamelum, Substantia adamantina- Abb. 184, 185,186, 188)


Sobald das Prädentin mineralisiert wird setzt die Schmelzbildung ein. Der Schmelz besteht aus

0 Hartmann et al , lns~tut für Zellblologoe. Hostologoe und Embryologoe, Medozonosche Unove<sot31 Graz
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Schmelzpris men, die von den Adamantoblasten (Ameloblasten) des inneren Schmelzepithels
gebildet werden Ein fertiges Schmelzprisma besteht aus langen, parallel angeordneten
Hydroxylapatit-Kristallen Schmelz enthalt weder Kanälchen, noch Zellen oder kollagene
Ftbrillen. Die Schmelzbildung ist vor dem Durchbruch der Zähne abgeschlossen

Zement (Cementum - Abb. 189,190)


Zement entsteht bei der Wurzelbildung. also erst nach der Geburt. Zunächst wächst der
Umschlagsrand des glockenförmigen Schmelzorgans als Epithelscheide tn die Tiefe. Diese
Eptthelscheide löst dte Differenzierung von Odontoblasten aus. die das Wurzeldentin bilden.
Anschließend degeneriert die Epithelscheide und die außen angrenzenden mesenchymalen
Zellen des Zahnsäckchens differenzieren sich zu Zementoblasten. die Zement bilden. das
außen an das Wurzeldentin angelagert wird. Zement ähnelt einem Geflechtknochen, in den in
der unteren Hälfte der Wurzel Zementozyten eingemauert smd (zelluläres Zement) ln der obe-
ren Hälfte der Wurzel fehlen dte Zellen (azelluläres Zement).

17.1.4.2 Zahn

Ein Zahn besteht zum größten Teil aus Dentin, das im Bereich der Zahnkrone (sichtbarer Teil
des Zahns oberhalb der Gingiva) von Schmelz, im Bereich der Zahnwurzel/n von Zement über-

g1ngivales B1ndegewebe(g8) Grenze(t )


Dentin(D). Schmelz(S). gingivales B1ndegewebe(g8), Dent1n(D)
1nneres Saumepithel(iSe). inneres Saumep1thel(iSe).
äußeres Saumep1thel(äSe) äußeres Saumepithel(äSe)
c Hartmann et al lnstotut fur ZellbiOIOgiEl Hostotogoe und Embryotogoe, Medozonosche Untversnat Graz
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zogen 1st. Der Zahnhals ist jener Bereich, wo Schmelz und Zement aneinandergrenzen und der
von der Gingiva umschlossen wird. Durch ein System von Kollagenfaserbündeln (Wurzelhaut,
Periodontium oder Desmodont), die sowohl im Zement als auch im Alveolarknochen verankert
sind, sind die Zahnwurzelfn in derfden knöchernen Alveolefn federnd aufgehängt.
Im Inneren des Zahns, von Dentin umgeben, liegt die Pulpahöhle (Abb. 185). S1e enthält die
Zahnpulpa, ein lockeres. gefäß- und nervenfaserreiches Bindegewebe. Gefäße und Nerven
erreichen die Pulpahöhle über den Wurzelkanal. An der inneren Dentinoberfläche liegen zeitle-
bens d1e das Dentin bildenden Odontoblasten. Ihre Fortsätze liegen in DentmkaniJichen (Abb.
186 und Abb 187) und re1chen b1s zur Dentin-Schmelz- bzw. Denlln-Zementgrenze. Die ober-
flächlich gelegene, weniger dicht mineralisierte Dentinschicht, die an Schmelz bzw. Zement
angrenzt, wird als Manteldentin bezeichnet.
Die Zahnkrone wird an der Oberfläche von Schmelz überzogen und reicht bis zum Zahnhals. Im
Schliffpräparat s1eht man- bedingt durch d1e Anordnung der Schmelzpnsmen -jeweils Gruppen
von quergetroffenen (Diazon1en) und längs getroffenen Schmelzpnsmen (Parazomen). (Abb.
186 und Abb. 188)
Das Zement überzieht das Dentin im Bereich der Zahnwurzel vom Zahnhals bis zur
Wurzelspitze. wo es seine größte D1cke erreicht (Abb 189 und Abb. 190)

Zum Zahnhalteapparat (Parodontium) werden folgende Strukturen gezählt (Abb. 190):


(1) Zement der Zahnwurzel
(2) Periodontium (=Desmodont=Wurzelhaut): straffe Bündel kollagener Fasern. die einerseits in
das Zement, andererseits in den Alveolarknochen einstrahlen
(3) Alveolarknochen.
(4) Gingiva (Abb. 189, Abb. 191 und Abb. 192): bedeckt den Alveolarknochen und umschließt
den Zahnhals. Das innere Saumepithel umgibt ringförmig den Zahnhals und erstreckt sich von
der Zement-Schmelz-Grenze bis zum Boden des Sulcus gingivalis. Dem inneren Saumepithel
schließt sich das äußere Saumepithel der Gingiva an, welches mit dem darunter liegenden
Bindegewebe eng verzahnt 1st und Verhornungszeichen ze1gt. Das gingivale Bindegewebe ent-
hält zahlreiche kollagene Faserbündel, die zur Verankerung des Zahnes im Alveolarknochen bei-
tragen.

17.2 Ösophagus und Magen-Darmkanal (Rumpfdarm)

Allgemeiner Schichtenbau

Alle Abschnitte des Verdauungskanals- Ösophagus, Magen. Dünndarm (Duodenum, Jejunum,


Ileum) und Dickdarm (Caecum und Appendix, Colon). sowie auch Rectum und Analkanal -
haben im Pnnz1p einen gleichartigen Wandbau. (Abb. 194)

Tunica mucosa (Schleimhaut)


Lamina epithelialis mucosae = Oberf/IJchenepithel. Das Oberflächenepithel zeigt- den jeweili-
gen Anforderungen entsprechend - regionale Unterschiede. Der Ösophagus besitzt ein unver-
horntes geschichtetes Plattenepithel. Magen, Dünndarm und Dickdarm bis zum Analkanal sind
mit emem einschtchtigen, hochprismatischen Epithel ausgekleidet. Im Analkanal erfolgt ein all-
mählicher Übergang des einschichtig hochprismatischen Darmepithels in das geschichtete
Plattenepithel der äußeren Haut.
Lamina propria mucosae· besteht aus einem lockeren Bindegewebe mit zahlreichen reti-
kulären Fasern, das v1ele freie Zellen v.a. Lymphozyten enthält. Im Magen-Darm-Trakt wird es
von manchen Autoren auch als lymphoretikuläres Bindegewebe beschrieben. Hier finden sich
die kleineren Blut- und Lymphgefäße, Lymphfollikel und - regional unterschiedlich - auch Drüsen.

0 Hanmann el al , lnst•tul tur ZeUboologle. H•slologoe und Embryolog•e. Med•zomsche Unoverslllll Graz
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Lamina muscularis mucosae: ist eine zusammenhängende Schicht aus spiralig, hauptsächlich
längsorientierten glatten Muskelzellen und ermöglicht der Schleimhaut eine gewisse
Eigenbeweglichkeit

Tela submucosa
besteht aus lockerem Bindegewebe, das auch Fettzellen enthält. ln der Tela submucosa finden
sich in allen Abschnitten des Verdauungskanals größere Blut- und Lymphgefäße, ein vegetativer
Nervenplexus (Plexus submucosus, Meißner-Plexus) und stellenweise auch DrOsen und/oder
Lymphfolllkel.

Tunica muscularis
Muskelhaut, besorgt das Durchmischen und Weiterbefördern des Darminhaltes (Peristaltik). Mit
Ausnahme des oberen und teilweise mittleren Drittels des Ösophagus besteht die Muskularis
des Verdauungskanals aus glatter Muskulatur. Es lässt sich eine innere Ringmuskelschicht
(Stratum circulare) mit vorwiegend zirkulär verlaufenden Muskelbündeln und eine äußere
Längsmuskelschicht (Stratum longitudinale) unterscheiden. Im Bindegewebe zwischen beiden
Muskelschichten ist- vom Pharynx bis zum Rectum- ein vegetativer intramuraler
Nervenplexus, der Plexus myentericus (Auerbach), zu finden.

Je nach topographischer Lage des jeweiligen Darmabschnittes folgt auf die Muskelschicht nach
außen entweder eine Tunica serosa (Peritoneum viscerale) unterlagert von einer Tela subsero-
sa, oder aber eine Tunica advent11ia.
Das Peritoneum oder Bauchfell ist eine seröse Haut. Es überzieht als Peritoneum parietale die
Innenwand der Bauchhöhle und als Peritoneum viscerale die in der Bauchhöhle - intraperitoneal
-gelegenen Teile der Bauch- und Beckenorgane. Die seröse Haut, die Tunica serosa. besteht
aus einem einschichtigen, platten Epithel (Mesothel), das von einer dünnen
Bindegewebsschicht (Lamina propria serosae) unterlagert wird. Eine Tela subserosa verbin-
det d1e seröse Haut m1t der Muskelhaut. Sie ist eme aus lockerem Bmdegewebe bestehende
Verschiebeschicht und enthält auch Fettzellen. Diese Schicht ermöglicht dem betreffenden
Organ eine gewisse Bewegungsfreiheit gegenüber dem Peritoneum.
Wo ein Pentonealüberzug fehlt - Hals- und Brustteil des Ösophagus, Teile des Duodenums und
des Enddarms -sind Tun1ca serosa und Tela subserosa durch eme Tunica adventitia aus
lockerem Bmdegewebe ersetzt.

Lymphatisches Gewebe ist in der Schleimhaut des gesamten Verdauungskanals vorhanden.


besonders reichlich 1m Ileum (Peyer-Piaques oder Noduh lymphatic1 aggregali) und in der

T"''"'" adventoha
Tunoca m11:scularos
Tela sut>m~•f:mXI

unteres Dnttel: Schichtenbau


1:. Har1mann et al lnstotul fur ZellbiOlogie H1slolog1e und Embryologie, Medozon•sdle Un~vers1Jat Graz
Seite 117

AppendiX vermiformis. Hier reichen die Lymphfollikel jeweils bis in die Tela submucosa.
Einzelne Lymphfollikel (Noduli lymphatici solitarii) finden sich in Ösophagus. Magen, Duodenum
und Jejunum vorwiegend in der Lamina propria, im Colon auch in der Tela submucosa.

Enteroendokrine Zellen
ln der Schleimhaut aller Abschnitte des Magen-Darm-Traktes kommen verschiedene hormon-
produzierende Zellen vor. Sie liegen im Oberflächen- und/oder Drüsenepi thel und ihre Wirkstoffe
sind an der Regulation der Verdauungsvorgänge bete11tgt.

Enterisches Nervensystem - intramurale Nervenplexus


Geflechte aus vegetativen Nervenfasern und Nervenzellen, die sich in verschiedenen Schichten
der Ösophagus-, Magen- und Darmwand finden. (Abb. 77a S. 56, Abb. 77b S.122).
Plexus submucosus (Meissner-Piexus) in der Tela submucosa.
Plexus myentericus (Auerbach-Piexus ) zwischen den Muskelschichten der Tunica muscularis.
Interstitielle Zellen von Cajal. Zellen mesenchymaler Herkunft, übernehmen in der Tunica
muscularis wahrscheinlich Vermittlerfunktion zwischen glatten Muskelzellen und Enterischem
Nervensystem. Ihnen kommt eine Schnttmacherfunktion im Rahmen der gastro1ntestinalen
Penstaltik zu.

17.2.1 Ösophagus

(Abb 193 und Abb. 194)


Durch die Speiseröhre (Ösophagus) wird die feste und flüssige Nahrung vom Pharynx in den
Magen befördert.
Anatomisch unterscheidet man im Verlauf des Ösophagus einen kurzen Halsteil, Pars cervicalis.
etnen langen Brusttetl, Pars thoracica, und einen kurzen Bauchteil, Pars abdominalis. der den
Abschnitt vom Durchtritt durch das Zwerchfell b1s zum Mageneingang umfasst
D1e Lam1na ep1theliahs der Tunica mucosa 1st etn geschichtetes unverhorntes
Plattenepithel, das mit der Lamina propna durch Bindegewebspapillen fest verzahnt ist (mecha-
nische Beanspruchung durch verschluckte Nahrung). ln der Lamina propria kann man
Lymphfollikel finden und im Endabschnitt des Ösophagus mukoide Glandulae cardiacae. Die
Lamina musculans mucosae 1st me1st erst 1m unteren Abschnitt des Ösophagus deutlich ausge-
bildet.
Im Bindegewebe der Tela submucosa liegen muköse Drüsen, die Glandulae oesophageae,
deren Sekret über Ausführungsgänge an die Epitheloberfläche geleitet wird.
Die Tunica muscularis besteht im oberen Drittel des Ösophagus aus quergestreifter Muskulatur
(als Fortsetzung der Schlundmuskulatur); die Tuntca muscularis des m1ttleren Drittels ist
gemischt, sie besteht teils aus glatter, teils aus quergestreifter Muskulatur, im unteren Drittel des
Ösophagus findet sich nur noch glatte Muskulatur.
Der größte Teil des Ösophagus liegt im Brustraum und wird dort durch eine bindegewebige
Tunica adventitia in die Umgebung eingebaut
Der kurze abdomtnale Teil des Ösophagus w1rd nach Durchtntt durch das Zwerchfell außen von
e1ner Tela subserosa und Tunica serosa umgeben.

17.2.2 Magen

Im Magen (Ventnculus, Gaster) wird d1e aufgenommene Nahrung m1t dem Sekret der
Magenschleimhaut, das Säure und Enzyme enthält, durchmischt Der so entstandene
Speisebrei (Chymus) wird aus dem Magen durch den Pförtner, Pylorus, in kleinen Portionen an
das Duodenum weitergegeben. Der Magen kann 1n mehrere Abschnitte gegliedert werden

ICi Hartmannetal Institut fur Zellblolog1e. H1stolog1e und Embryologie, Med1Z1n1SCtle Un1ver~;,tat Graz
Seite 118

(Abb. 195): Die Pars cardiaca befindet sich


Oesophagus am Mageneingang. Anschließend folgen
Fundus und Corpus ventriculi und in Richtung
Pars Magenausgang d1e Pars pylorica. Oie Pars
card1aca pylorica lässt sich weiter untergliedern in ein
Antrum pyloricum (schließt an das Corpus an)
und einen Canalis pyloricus. Am
Corpus Magenausgang, dem Pylorus. bildet die
Ringmuskulatur den Musculus sph~ncter pylon.

Tunica mucosa- Magenschleimhaut

01e Magenoberfläche ist mit einer d1cken


IAbb 195:Verdauungstrakt: Magen· Schema Schleimschicht bedeckt. Bei Lupenbetrachtung
der Schleimhautoberfläche des Magens sieht
man. dass diese durch tiefere Furchen in
Felder - Areae gastricae- gegliedert ist. Auf den Feldern endigen punktförmig die
Magengrübchen - Foveolae gastricae.
Das einschichtig hochprismatische Epithel besteht aus Magenschleim- produzierenden
Drüsenzellen (das Oberflächenepithel ist hier also gleichzeitig auch ein Drüsenepithel - Abb. 19
- Epithelgewebe). Der Magenschleim ist in Salzsäure unlöslich und schützt die Magenwand vor
Selbstverdauung.
Das Oberflächenepithel senkt sich zu schlauchförmigen Foveolae gastricae in die Lamina pro-
pria mucosae ein. ln diese Foveolae gastricae münden die in der Lamina propria gelegenen
tubulösen Magendrüsen, die sich in den verschiedenen Abschnitten des Magens voneinander
unterscheiden

Drüsen der Pars cardiaca


Glandulae cardiacae oder Kardiadrüsen sind am Mageneingang gelegen und enthalten nur
einen Typ von mukoiden Drüsenzellen, die Schleimstoffe sezernieren

Drüsen von Fundus und Corpus


sind die Glandulae gastricae propriae oder Magenhauptdrüsen -dicht gelagerte, zumeist
gestreckt verlaufende, wenig verzweigte, englumige Orüsenschläuche.
Das einschichtige Drüsenepithel enthält verschiedene Arten von Orüsenzellen, d1e auch ver-
schiedene Sekrete produzieren- heterokrine Drüsen.
Nebenzellen s1nd am zahlreichsten in dem an die Foveolae anschließenden Abschnitt e1ner
Drüse (Drüsenhals). Oie kleinen Zellen sind im Schnittbild annähernd tütenförm1g, sie sind apikal
breiter als basal, das Zytoplasma ist in der H.E. Färbung in der Regel kaum gefärbt, der Zellkern
hegt me1stens basal (Abb. 196) Nebenzellen bilden ebenfalls Schleimstoffe (Muzine), die zum
oberflächlichen Magenschleim beltragen
Belegzellen (Parietalzellen) kommen in der oberen Hälfte eines Drüsenschlauchs häufiger vor,
finden sich jedoch auch im unteren Drüsenabschnitt (Abb. 197). Sie sind große, im Schnitt rund-
liche. m1t Eosin intensiv anfärbbare Zellen Sie haben e~nen, n1cht selten auch zwe1, kugelige
Zellkerne D1e Belegzellen können anderen Drüsenzellen außen aufgelagert se1n (.Belegzellen")
Die Eos~nophilie ist durch zahlreiche Mitochondnen bedingt, die rund um Intrazelluläre
Sekretkanälchen = Einstülpungen der apikalen Plasmamembran (Sitz einer Protonenpumpe)
lokalisiert s1nd (Abb.198). Belegzellen sezernieren H+-1onen und Cl--Ionen (Salzsäure), sow1e
lntrinsic factor (notwendig für die Resorption von Vitamin B12 im Ileum). Die Regulierung der
Salzsäuresekretion erfolgt durch das vegetative Nervensystem. das enterische Nervensystem
sow1e durch Hormone der entereendokrinen Zellen.

Cl Hartmann et al , lnsutut ftir ZellbiOiogoe H1stologoe und Embryologoe. Medo.zoniSChe Unoversitl!l Graz
Seite 119

Magen· Magen Magen·


Magenhauptdrusen Hauptzellen(H) Belegzelle
Nebenzellen(N) Belegzellen(B)

Hauptzellen srnd 1n den unteren Abschmtten der Drüsen zu finden. Es srnd zylindrische Zellen
mit kugeligen Zellkernen. Das Zytoplasma ist auffallend basophil, da die Zellen reichlich rER
besitzen (Abb. 197). Die Hauptzellen sezernieren Pepsinogene, inaktive Vorstufen (,.Zymogene")
von Peps1nen, proteelytischen Enzymen des Magensaftes.

Drüsen der Pars pylorica


Glandulae pyloricae oder Pylorusdrüsen sind ebenfalls schlauchförmig (tubulös) und münden
in die Foveolae gastricae. Die
Foveolae gastricae sind hier
jedoch t1efer als im Fundus-
und Corpusbereich, d1e
Drüsenschläuche sind ent-
sprechend kürzer, verzweigt,
gewundener verlaufend und
etwas we1Uum1ger als die
Magenhauptdrüsen {Abb 1g9).
Es handelt sich hier um muko-
ide Drüsen mit nur einer Art
von Drüsenzellen (Abb. 200),
die Schleimstoffe sezernieren.

Tel a submucosa (so.)

Tunica muscularis

Zusätzlich zur Längs- und


Ringmuskulatur kommen in
der Magenwand als innersie Magen: Pars pylonca Magen Pars pylorica
Tumca mucosa Glandulae nvl,n rir"""
C Hartmann el al • lnslrtul fur Zellboologte Htslolog•e und Embryologie. Medtztntsclle UniVersttal Graz
Seite 120

Schicht schräg verlaufende Züge glatter Muskulatur, Fibrae obliquae, vor. Die Ringmuskulatur
ist am Magenausgang, dem Pylorus, verdickt und bildet den M. sphincter pylori.

Tela subserosa und Tunica serosa (s.o.)

17.2.3 Dünndarm

Der Dünndarm ist der längste Abschnitt des Darmrohres (3-5 m) und gliedert sich in
Duodenum, Jejunum und Ileum. Er ist em wichtiges Organ für die Verdauung und Resorption
der Nahrung. Diese wurde vorher im Mund zerkleinert und mit Amylase (Kohlenhydratspaltung),
im Magen mit Pepsinen (Eiweißspaltung) versetzt und durchmischt Der so entstandene
Nahrungsbrei wird im Dünndarm mit dem Pankreassekret (Bauchspeichel), mit Galle und
Sekreten des Darmepithels durchmischt Nach Spaltung der Proteine, Fette und Kohlenhydrate
· durch die Pankreasenzyme und Enzyme der Mikrovillimembran der Enterozyten (Saumzellen)
werden die Einzelbausteine (vor allem Aminosäuren, Fettsäuren, Monoacylglycerine,
Monosaccharide) zum Teil durch spezifische Transportproteine in die Zellen aufgenommen.
Außerdem werden Vitamine, Elektrolyte und Wasser resorbiert. Der größte Teil der resorbierten
Stoffe gelangt über Kaplilaren in das venöse Blut und von dort über die Vena portae zur Leber.

Durch Falten, Zotten und Krypten, sowie Mikrovilli der Enterozyten wird eine gewaltige
Vergrößerung der Schleimhautoberfläche erreicht

Plicae circulares (Kerckring-Falten) sind ortsständ1ge, d.h. nicht verstreichbare, nngförmige,


quer zur Längsachse des Darms orientierte Falten. Die an der Faltenbildung beteiligten
Schichten sind die Tela submucosa und d1e Tunica mucosa. Die Falten werden ab der Mitte des
Jejunums n1edriger und wen1ger Im unteren Ileum fehlen s1e meist schon.

Zotten (Villi 1nteshnales) s1nd finger-oder blattförmige


Vorstülpungen der Lamina propria und der Lamina epithelia- Zotte
lis der Tunica mucosa. Die Dichte und Länge der Zotten
nimmt Richtung Ileum ab.
Unmittelbar unter dem Zottenepithel findet sich 1m
Zottenstroma ein Blutkapillametz, das durch Arteriolen von
Becherzellen
/ '
der Zottenspitze her gefüllt wird. Etwa in der Zottenachse
..
verläuft ein Lymphgefäß, das sog. zentrale Chylusgefäß, in
welches resorbierte Fette (in Form vom Chylomikronen)
gelangen (Abb. 201 ). D1e Zotten enthalten überdies glatte
Saumzellen '- I

"I
Muskelzellen, die rhythmische Kontraktionen ausführen ~ ...
(.Zottenpumpe") ~
Blutkap1llametz
und zentrales
Krypten (Kryptae intestinales, L1eberkühn-Krypten, auch
Chylusgefäß ( • )
Glandulae intestinales) sind röhrenförm1ge Einsenkungen
Krypte
der Lamina epithelialis in die Lamina propria. die bis zur
Paneth·
Muscularis mucosae reichen
...
• j- Körnerzellen

Die Enterozyten des Zottenepithels tragen lange, dichtste-


hende Mikrovilli (in Summe e1nen Bürstensaum) an 1hrer
apikalen Zelloberfläche (Abb 202). Diese Mikrovilli sind Abb 201 Verdauungstrakt
lichtmikroskopisch als stärker färbbarer Saum zu sehen - Dunndarm Schema·
Saumzellen. Zotte und Krypte

c Hanmann et al , lnslllutlur Zellb1ol0g1e. H1stolog1e und Embryologie. MediZmosche Umvers1tat Graz


Seite 121

Lamina epithelialis des Dünndarms

Im einschichtig hochprismatischen Oberflächenepithel des Dünndarms findet man verschiedene


Zelltypen. Zwtschen den resorbierenden Saumzellen (Enterozyten) sind schleimbildende
Becherzellen vorhanden (Abb. 203). Die Anzahl der Becherzellen 1m Eptthel nimmt analwärts
zu. Im Epithel der Krypten finden sich zusätzlich undifferenzierte Zellen, Stammzellen, von
denen die Regeneration des Darmepithels ausgeht. Hier sind häufig Mitosen zu sehen.
Ebenfalls im Epithel der Krypten, meist am Grund der Krypten, sind Paneth-Körnerzellen vor-
handen, exokrine Drüsenzellen mit azidophtlen Granula im aptkalen Zytoplasma (die
Sekretkörnchen enthalten unter anderem Lysozym). Sie sind im Jejunum und Ileum zahlreicher
als im Duodenum. (Im Dickdarm kommen sie- ausgenommen Appendix - nicht vor). Im Epithel
der Krypten, seltener auch dem der Zotten, kommen in allen Dünn- (und Dickdarmabschnitten)
enteroendokrine Zellen vor. Sie haben einen chromatinarmen Zellkern und ein helles
Zytoplasma.
M-Zellen sind Antigen-transportierende Zellen, die im Epithel direkt über Lymphfollikeln
(Domepithel) gefunden werden.

Differenzialdiagnose der Dünndarmabschnitte

Duodenum (Zwölffingerdarm) (Abb. 204 und Abb. 205a,b)


Hier finden sich hohe und breite Plicae ctrculares mtt dicht gestellten, tm Vergleich mtt dem
Jejunum - eher plumpen Zotten. Kennzetchnend für das Duodenum stnd dte Brunner-Drüsen
(Giandulae duodenales), mukoide Drüsen, die zum Teil in der Lamina propria, vorwiegend aber
in der Tela submucosa gelegen sind und in die Krypten münden. Die Lamina muscularis muco-
sae wird dadurch mehrfach unterbrochen. Sie sezernieren Schleimstoffe und Bikarbonat-Jonen.
Jejunum (Leerdarm) (Abb. 206 und Abb. 207)
Im Anfangsteil des Jejunums finden sich sehr hohe, schmale, dicht stehende Plicae circulares,
m der unteren Hälfte werden sie dann niedriger und seltener. Das Jejunum hat lange, fingerför-
mige Zotten. Die Anzahl der Becherzellen im Epithel nimmt im Verlauf des Jejunums zu.
Ileum (Krummdarm ) (Abb. 208 und 209)
Niedrige, nur noch 1m Anfangsteil vorhandene Plicae circulares. Die Zotten sind hier plumper
und kürzer. Die Anzahl der Becherzellen im Eptthel ist deutlich vermehrt. Kennzeichnend für das

Cl Hartmann el a1 , lnslttut fur Zellboologoe. HtSiolog>e und Embryolog>e, Medtztntsche Untversrtal Graz
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c Hartmann e1 al lnshlul fur Zellbiologte. Htslologte und Embryologoe. Medozontsche Untverstlal Graz
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Ileum sind die gegenüber dem Mesenterialansatz gelegenen Peyer-Piaques (Noduli lymphatici
aggregati) aus zusammengelagerten Lymphfollikeln, die bis in die Tela submucosa reichen. Die
Lamina muscularis mucosae ist an diesen Stellen unterbrochen. Das Oberflächenepithel, das
d1rekt an die Lymphfollikel der Peyer-Piaques grenzt, Domepithel, enthält M-Zellen.

17.2.4 Dickdarm

Zum Dickdarm zählen Caecum (Blinddarm) m1t Appendix vermiform1s (Wurmfortsatz) und Colon
(Grimmdarm), der längste D1ckdarmabschnitt. Im D1ckdarm werden hauptsächlich Wasser und
Elektrolyte resorbiert. Hier findet die bakterielle Zersetzung nicht abgebauter
Nahrungsbestandteile statt. Der eingedickte Dickdarminhalt (Faeces) wird mit Schleim (viele
Becherzellen im Epithel) durchsetzt und gleitfähig gemacht.

17.2.4.1 Colon

Die Tunica mucosa des Colon (Abb. 210) hat keine Plicae circulares (enden bereits im Ileum)
und keine Zotten mehr. Es sind jedoch zahlreiche tiefe Krypten vorhanden, d1e 1m Colon sehr
regelmäßig angeordnet, enger gestellt und länger sind als im Dünndarm. D1e Tiefe der Krypten
n1mmt analwärts zu. Das einschichtig hochpnsmatische Epithel ist außerordentlich reich an
Becherzellen. Daneben kommen Saumzellen, undifferenzierte Zellen (Stammzellen), entereen-
dokrine Zellen, aber keine Paneth-Körnerzellen vor. Die Tela submucosa ist breiter als im
Dünndarm und enthält m der Regel mehr Fettzellen. Lymphfollikel kommen im Colon nicht nur in
der Lamma propria, sondern auch in der Tela submucosa vor.
Wie alle anderen Abschnitte des Rumpfdarms zeigt die Tunica muscularis des Colons eine
äußere Längs- und innere Ringmuskulatur. Während aber die Ringmuskulatur überall gleich-
mäßig dick ist, ist die Längsmuskulatur zu drei parallel zur Längsrichtung des Darms verlaufen-
den bandartigen Strukturen, den Taenien, verdickt, dazwischen ist sie sehr dünn. Das Colon
liegt teilweise retroperitoneal, bes1tzt also in diesen Abschmtten eme Tumca adventia. Der
größere Teil jedoch liegt intraperitoneal, diese Abschnitte haben außen einen Serosaüberzug
(Tunica serosa) unterlagert von einer Tela subserosa, die oft reichlich Fettzellen enthält
Charakteristisch für das Colon sind Appendices epiploicae, von Serosa überzogene
Fettgewebsanhängsel an der Außenseite des Colon.

17.2.4.2 Appendix

W1e auch im Colon sind in der AppendiX verm1formis keme Falten und keine Zotten, sondern nur
Krypten vorhanden, d1e hier aber kürzer und unregelmäßiger sind. Im Kryptenepithel findet man

1Atib.21iifv'SrijiäUiJriiiStiik!t'C~;-:"l Abb. 211: Verdauungstrakt Abb. 212.Appendix:


Tunica mucosa, Krypten Appendix: Lymphfollikel
C Hartmann el al • Insblut für Zellboologoe. HIStologie und Emb<yologte. MediZinische Un1vers1täl Graz
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Paneth-Körnerzellen. Charakteristisch sind zahlreiche große Lymphfollikel, dte - um das


gesamte Lumen verteilt - von der Laminapropria bis in die Tela submucosa reichen (Abb. 211
und Abb. 212). Die Lamina muscularis mucosae ist an diesen Stellen unterbrochen. Im Epithel
direkt über den Lymphfollikeln sind M-Zellen vorhanden. Ring- und Längsmuskulatur der Tunica
muscularis sind gleichmäßig breit. Es sind hier keine Taenien ausgebtldet.

17.3 Pankreas

Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) besteht aus zwei morphologisch und funktionell unter-
schiedlichen Anteilen. dem exokrinen Pankreas, das die Hauptmasse des Organs ausmacht,
und dem endokrinen Pankreas (Langerhans-lnseln).

17.3.1 Exokriner Antei l des Pankreas

Der exokrine Anteil ist eme retn seröse, zusammengesetzte Drüse, die makroskopisch 1n Caput,
Corpus und Cauda gegliedert werden kann. Sie besitzt an threr Oberfläche eine dünne
Bindegewebskapsel und ist durch Bindegewebssepten in Läppchen (lobuli) gegliedert. ln den
Läppchen finden sich die serösen Drüsenendstücke, die ein alkalisches, enzymhaltiges Sekret
(Bauchspeichef) produzieren, das über den Ductus pancreaticus (und den Ductus pancreaticus
accessorius) in das Duodenum geleitet wird. Die Verdauungsenzyme (u. a. Trypsin,
Pankreasamylase und -Iipase) werden als inaktive Vorstufen (Zymogene) sezerniert. Ihre

0 Hartmann et al lnst>tul fur Zellbtolog>e. H1stolog1e und Embryologie. MediZimsche Umverstt<lt Graz
Seite 125

Aktivierung erfolgt erst im Darmlumen. Die Sekretion wird durch Hormone enteroendokriner
Zellen sowie durch das vegetative Nervensystem stimuliert.
Die Drüsenzellen der azinösen, serösen Endstücke (Abb. 213 und Abb. 214) zeigen im apika-
len Zytoplasma aztdophile Granula (Zymogengranula). Das basale Zytoplasma ist deutlich baso-
phil (reichlich r ER). Die Zellkerne sind kugelig und hegen basal. Ote Anfänge der Schaltstücke
sind häufig etwas in das Lumen der Endstücke hineingeschoben. Man sieht daher am
Schnittpräparat lumenwärts von den Endstückzellen (im Zentrum der azinösen Endstücke) helle
Zellen, dte Schaltstückepithelzellen entsprechen: zentroazinäre Zellen. Ote Schaltstücke zeigen
em emschichtiges, plattes bis kubisches Eptthel. Sie münden dtrekt tn dte Ausführungsgänge.
Streifenstücke fehlen im Pankreas.
Oie Ausführungsgänge beginnen bereits intralobulär, die größeren Ausführungsgänge liegen
dann im interlobulären Bindegewebe. Oie Wand der Ausführungsgänge besteht aus einem
Epithel und emer unterlagerten Bindegewebsschicht Das etnschichtige Epithel ist anfangs iso-
prismatisch und dann -allmählich an Höhe zunehmend- hochpnsmatisch.

17.3.2 Endokriner Anteil des Pankreas

Der endokrine Anteil des Pankreas besteht aus hellen, verschteden großen Epithelkomplexen,
den Langerhans-lnseln, die in den Drüsenläppchen zwischen den exokrinen Drüsenanteilen
liegen (Abb. 26- Epithelgewebe, Abb. 215 und Abb. 216). ln den Langerhans-Inseln findet man
Stränge oder Gruppen von schwach gefärbten Drüsenepithelzellen mit dazwischen liegenden
weitlumigen 8/utkapi//aren. Durch geeignete htstologische Färbungen und elektronenmikrosko-
pisch lassen sich verschiedene endokrine Zelltypen unterscheiden. Sie produzieren u. a. die
blutzuckerregulierenden Hormone Insulin (B-Zellen) und Glucagon (A-Zellen), sowie
Somatostatin (O-Zellen) und das pankreatische Polypeplid (PP-Zellen).

17.4 Leber und Gallenblase


Die Leber (Hepar) ist dte größte Drüse und das zentrale Stoffwechselorgan des menschlichen
Körpers. Vtele Blut- und Gerinnungsproteine sowie Cholesterin werden von Leberzellen
(Hepatozyten) synthetisiert und in das Blut abgegeben. Über die Pfortader erhält die Leber
venöses Blut aus den Kapillargebieten von Milz und Pankreas sowie dem Magen-Darmtrakt (die
resorbierten Stoffe gelangen so direkt zu den Leberzellen). Für Glukose dient die Leber als
Speicherorgan (Giykogenspetcherung). Die Leber sezerniert die Galle, dte über intra- und extra-
hepatische Gallenwege zunächst in die Gallenblase gelangt und in den Dünndarm abgegeben
wird. Die Leber ist notwendig für Abbau und Entgiftung körpereigener und körperfremder
Substanzen, deren Metaboliten zum Teil in die Galle abgegeben werden, zum Teil über die Niere
ausgeschieden werden. Während der Embryonalzeit 1st die Leber zusätzlich zu threr Funktion
als Stoffwechselorgan etn wichtiger Ort der Blutbildung.

17.4.1 Leber
Die Leber besttzl an ihrer Oberfläche eine Kapsel aus straffem Btndegewebe (Capsula fibrosa
oder Glisson-Kapsel) und 1st- abgesehen von der Verwachsungsfläche mit dem Zwerchfell und
der Gallenblase - mtt einer Tunica serosa überzogen. Mit den Gefäßästen setzt sich das
Bindegewebe der Kapsel an der Leberpforte ins Innere des Organs fort und umgtbt als Capsula
fibrosa penvascularis (Bmdegewebe der Panportalfelder 1m Schntttbtld) die Blutgefäße und
Gallengänge.

Leberläppchen
Ote morphologischen Bauemhetten der Leber smd dte Leberläppchen (Abb. 217)

C Hartmann el al • lnshiUI fur Zellblologte. H1s10iog1e und Emb<yologl8, MediZinische Un1Vers1tat Graz
Seite 126

Ein klassisches Leberläppchen (Zentralvenen-Uippchen) ist von unregelmäßiger Form -im


Schnitt polygonal - und hat einen Quer- und Längsdurchmesser von 1-2 mm. Im Zentrum des
Läppchens befindet sich eine Zentralvene, in welche die radiär auf die Zentralvene ausgerichte-
ten Lebersinus (sinusoide Kapillaren, Sinusoide) einmünden. Diese vielfach miteinander ana-
stomosierenden Blutgefäße besitzen eine Wand aus dünnen Endothelzellen, die große Poren
aufweisen, eine Basallamina fehlt hier (diskontinuierliches Endothel). Der Iumenwariigen Fläche
des Endothels sind phagozy1terende Kupffer-Zellen angelagert. Jede Leberzelle hat mmde-
stens auf einer Seite Kontakt zu einer sinusoiden Kapillare. Zwischen der Zellmembran der
Leberzellen, die hier Mikrovilli aufweist, und dem Sinusendothelliegt der Ort des
Stoffaustausches, der Disse-Raum. Im Disse-Raum kommen lto-Zellen (perisinusoidale Zellen,
Fettspeicherzellen. Sternzellen), fortsatzratehe Zellen mesenchymaler Herkunft vor, die in ihrem
Zy1oplasma Fetttröpfchen enthalten können, in denen Vttamin A gespeichert 1st.

Zwischen den Lebersinus bilden Hepatozyten (Leberzellen) eine dreidimensionale Struktur von
verzweigten - meist ein bis zwei Zellen breiten - ebenfalls radiär ausgerichteten Platten bzw.
Balken. Leberzellen stnd große, polygonale Zellen mit kugeligen , oft polyploiden Zellkernen.
Auch zwetkemige Leberzellen sind häufig. Mt! einem Teil ihrer Oberflache grenzt jede Leberzelle
an einen Lebersinus bzw. den Disse-Raum. Hier werden Stoffe aus dem Blut aufgenommen
(z.B. Glukose, Aminosäuren, auszuscheidende Stoffe) und Syntheseprodukte (z.B. Proteine)
und Glukose an das Blut abgegeben. Mtt einem anderen Teil ihrer Oberfläche grenzt die
Leberzelle an etne benachbarte Leberzelle. Zwischen den Zellmembranen der Jewetls benach-
barten Zellen werden - durch Tight junctions und Haftkontakte abgeschlossen -
Gallenkanälchen gebildet, in die hmein die Galle sezerniert wird. Diese verlaufen zwischen den
Leberzellen Richtung Läppchenpenphene und münden in die tntralobulären Gallengänge.

Pariportales Feld (Periportalfeld)


Überall dort, wo drei und mehr Läppchen mtt ihren Kanten zusammenstoßen, bildet die Capsula
fibrosa perivascularis emen Bindegewebszwickel, ein periportales Feld oder Pariportalfeld
(Abb. 218). Hier hegen dte zuführenden Blutgefäße- Venae interlobu/ares und Arteriae interlo-
bulares - sowie die ablettenden Gallengänge (Ductus interlobulares bilifen). Diese dret
Strukturen werden als Glisson-Trias bezeichnet. Die Vena tnterlobularis 1st wettlumtg und dünn-
wandig, die Arteria interlobularis auffallend klein, besitzt aber eine verhältnismäßig dicke Tunica
media aus glatter Muskulatur. Der Ductus interlobularis biliferi (tnterlobulärer Gallengang) 1st an
setnem einschichtig kubtsch bis hochpnsmatischen Epithel mit hellen Zellen und kugeligen
Zellkernen zu erkennen.

e Hartmann et al tnstotul fur Zeflboologte, H<stologte und Embryologte , Medtztntsche Untvers•lilt Graz
Seite 127

Blutkreislauf der Leber - Arbeitskreislauf und Ernährungskreislauf

D1e Pfortader (Vena portae) bnngt venöses Blut aus dem Magen-Darm-Kanal (enthält die resor-
bierten Nährstoffe) sowie venöses Blut aus Pankreas und Milz zur Leber. Das Pfortaderblut
gelangt in die Venae interlobulares der periportalen Felder und über Venolen an der
Läppchenoberfläche in die Lebersinus (Arbeitskreislauf).

Das Pfortaderblut ist als venöses Blut relativ sauerstoffarm. Sauerstoffreiches Blut bringt d1e
Leberarterie, Arteria hepatica propria, zur Leber. Ihre kle1nen, aber verhältnismäßig muskel-
starken Aste verlaufen als Arteriae interlobulares ebenfalls im Bindegewebe der Periportalfelder.
Über Arteriolen an der Läppchenoberfläche gelangt so zusätzlich arterielles Blut in die
Lebersinus (Ernährungskre1slauf).
Das Mischblut in den Lebersinus fließt auf die 1n der Läppchenachse gelegene Vena centralis
zu. Mehrere Zentralvenen vereinigen sich zu einer Sammelvene. Die Wand der Zentral- und
Sammalvenen scheint lichtmikroskopisch muskelfrei. Über Venae hepaticae (Lebervenen)
gelangt das Blut schließlich in die Vena cava inferior

Gallenwege

Intrahepatische Gallenwege. GallenkanlJichen (Canaliculi biliferi) besitzen keine eigene Wand,


sondern ihre Wand wird durch Einbuchtungen an der Oberfläche von jeweils benachbarten
Leberzellen gebildet. Zw1schen den Leberzellen verlaufen s1e Richtung Läppchenoberfläche und
münden schließlich in die Ductus interlobulares biliferi, die in den periportalen Feldern liegen.
Aus dem Zusammenfluss der interlobulären und der dann folgenden immer größeren
Gallengänge bilden sich schließlich der Ductus hepaticus dexter und sinister.
D1ese vereinigen sich an der Leberpforte zum Ductus hepaticus communis, der den Anfangsteil
des extrahepatischen Gallengangsystems b1ldet. Vom Ductus hepaticus gelangt die Galle über
den Ductus cysticus in d1e Gallenblase. Der Ductus hepaticus setzt sich nach Einmündung des
Ductus Cysticus in den Ductus cho/edochus fort, der- meist gemeinsam mit dem
Hauptausführungsgang der Bauchspeicheldrüse (Ductus pancreaticus)- auf der Papilla duoden1
major in das Duodenum mündet.

17 .4.2 Gallenblase

Pro Tag werden von der Leber etwa 500-800 ml Gallenflüssigkeit produziert, die über den
Ductus hepaticus und Ductus cyst1cus 1n d1e Gallenblase (Ves1ca b1liaris) gelangt. ln der
Gallenblase wird die Galle hauptsächlich durch Wasserentzug eingedickt und gespeichert.
Werden z.B. im Anschluss an eine (fettreiche) Mahlzeit Gallensäuren zur Emulgierung der Fette
benötigt, wird die Gallenblase durch Kontraktionen ihrer glatten Muskulatur entleert, und die
Galle gelangt Ober den Ductus cysbcus zum Ductus choledochus.

Wandbau der Gallenblase


Die Tunica mucosa bildet netzartig miteinander verbundene, je nach Dehnungszustand unter-
schiedlich hohe Falten. Sie besteht aus emem einschichtig hochprismatischen
OberfUicheneplthel, das emen Bürstensaum besitzt, und einer bindegewebigen Lamina propria
(Abb. 11 - Epithelgewebe). Die Tunica muscularis besteht aus Bindegewebe und sich durch-
flechtenden glatten Muskelbündeln. Eme Tunica adventitia findet sich im Bereich der
Verwachsungsfläche der Gallenblase mit der Leber Die dem Darm zugewandte Oberfläche der
Gallenblase 1st von emer Tela subserosa und Tumca serosa überzogen.

0 Hartmann el al . Institut tur Zellboolog1e. H1stologoe und Embryologie, MedJz•nosche Universltat Graz
Seite 128

18 Haut und Hautanhangsgebilde


Die Kutis (Haut) besteht aus der epithelialen Eptdermis (Oberhaut) und der bindegewebigen
Dermis (Corium oder Lederhaut). Darunter liegt dte Subkutis (Unterhaut).
Die Haut (Kutis) bildet zusammen mit der darunterliegenden Unterhaut (Subkutis) die
Hautdecke (lntegumentum commune). Da Haut und Unterhaut zusammen eine funktionelle
Einh911 bilden, werden oft dte Begriffe Haut und Hautdecke nicht streng getrennt. Mit Haut ist im
praktischen Sprachgebrauch meist die Hautdecke gemeint.
Zu den Hautanhangsgebilden, die sich aus der Epidermis entwickeln, zählt man Haare, Nägel,
Talgdrüsen, Schweißdrüsen und Brustdrüsen (siehe auch Lehrbücher).
Oie Haut ist ein flächenhaftes Organ, das die äußere Bedeckung und Abdeckung des Körpers
bildet. Sie bietet einen wirksamen Schutz gegen schädliche physikalische und chemische
Einflüsse und verhindert das Eindringen von Mikroorganismen. Sie trägt zur Regulierung der
Körpertemperatur bei und hat wichtige Funktion für den Wasser- und Elektrolyt-Haushalt
(schützt den Körper vor Austrocknung und gibt andererseits über ihre Drüsen Flüssigkeit und
Salze nach außen ab). Ote Haut ist Sitz einer Reihe von Sinnesrezeptoren. spielt eine wesentli-
che kommunikative Rolle und ist an immunologischen Vorgängen beteiligt.
An den Körperöffnungen geht die Haut kontinuierlich in die Schleimhaut über.

18.1 Haut

18.1.1 Epidermis

Oie Epidermis (Oberhaut) 1st ein geschichtetes verhorntes Plattenepithel, das sich überwie-
gend aus Keratinozyten in verschiedenen Stadien ihrer Differenzierung zu Hornzellen zusam-
mensetzt. Ziel der Differenzierung ist die Bildung etner Hornschicht

Folgende verschiedenen Schtchten können unterschieden werden (Letstenhaut- Abb. 219 und
Abb. 220 1-5):
Stratum basale (1):besteht aus einer Lage hochprismatischer Zellen, die mit der Basallamina
über Hemidesmosomen in Kontakt stehen. Im Stratum basale findet die Mehrzahl der Mttosen
statt, die für die ständtge Regeneration der EpidermiS notwendtg sind. Von den bei der
Zellteilung entstehenden Tochterzellen wandert eine Rtchtung Epitheloberfläche und tritt 1n den
Verhornungsprozess ein, die andere bleibt als Stammzelle im Stratum basale und kann sich
erneut teilen.

Fingerbeere Leistenhaut. Schichtenbau


e Hartmann et al lnst~ut fur Zellb!ologoe. HIStolog•e und Embryologoe. MediZiniSChe Umversotat Graz
Seite 129

Stratum spinosum (2): besteht aus mehreren Lagen polygonaler Zellen, die sich mit zuneh-
mender Verlagerung nach oben abflachen. Die Zellen stehen über zahlreiche Desmosomen mit-
einander in Verbindung. (ln den Präparaten sind die Keratinozyten infolge Wasserentzugs
geschrumpft und zeigen im Bereich 1hrer Desmosomenkontakte kleine Fortsätze -
Stachelzellschicht). Auch in den unteren Zelllagen des Stratum spinosum können noch Mitosen
stattfinden. Stratum basale und Stratum spinosum werden daher zusammen auch als Stratum
germinativum (Keimschicht) bezeichnet.
Stratum granulosum (3): besteht aus ein- bis mehreren Lagen flacher Zellen, die in ihrem
Zytoplasma lichtmikroskopisch sichtbare, mit Hämatox1hn gefärbte Keratohyalingranula als
Zeichen des beginnenden Verhornungsprozesses enthalten.
Stratum lucidum (4): meist zellkernfreie, lichtmikroskopisch homogen erscheinende, eosinophi·
le Schicht zwischen Stratum granulosum und Stratum corneum, die nur in der Leistenhaut vor-
kommt
Stratum corneum (Hornschicht) (5): Die Zellen haben s1ch zu kernfreien, polygonalen, plätt-
chenartigen Hornschuppen (Hornzellen, Korneozyten) entwickelt, die an der Oberfläche ständig
abschilfern. Lichtmikroskopisch erscheint die Hornschicht eosinophil und lamellenartig struktu-
nert.

Neben Keratinozyten kommen 1n der Epidermis noch we1tere Zelltypen vor: Melanozyten,
Merkeizellen und Langerhans-Zellen (siehe Lehrbücher).

Der größte Teil der Körperoberfläche 1st von Felderhaut (Abb 17- Epithelgewebe) bedeckt. D1e
Hautoberfläche zeigt 1n der Aufsicht eine Gliederung 1n rhombische Felder, die von Furchen
begrenzt sind. Auf den Feldern münden die Schweißdrüsen, in den Furchen treten die Haare
aus. Außer Schweißdrüsen finden sich in der Felderhaut Talgdrüsen und - in bestimmten
Körperregionen - zusätzlich Duftdrüsen. Die D1cke der EpidermiS der Felderhaut variiert an ver-
schiedenen Stellen der Körperoberfläche. Sie ist aber immer dünner als d1e Leistenhaut

Die Haut der Handinnenflächen und Fußsohlen ist eine Leistenhaut (Abb. 16- Epithelgewebe,
Abb. 219 und Abb. 220). Das Anordnungsmuster der Leisten 1st genetisch festgelegt und bei
jedem Menschen verschieden (Fingerabdruck). Auf der Höhe der Leisten münden die hier zahl-
reich vorkommenden Schweißdrüsen. Haare, Talgdrüsen und Duftdrüsen fehlen. Die Epidermis
der Leistenhaut ist bis zu zehnmal dicker als die der Felderhaut, zwischen Stratum granulosum
und dem auffallend dicken Stratum corneum ist ein Stratum lucidum ausgebildet.

18.1.2 Dermis (Corium, Lederhaut)

Epidermis und Dermis sind m1temander durch Bindegewebspapillen der Derm1s und
Epithelleisten der Epidermis eng verzahnt. Die Gesamtheit der Bindegewebspapillen bildet das
Stratum papillare der Dermis, ein zellreiches. lockeres Bindegewebe mit zahlreichen
Blutkapillaren. ln den Papillen der Le1stenhaut liegen Meissner-Tastkörperchen. Unter dem
Stratum papillare liegt das Stratum retlculare der Derm1s, ein zellarmes, straffes, geflechtarti-
ges Bindegewebe, das für d1e mechanische Widerstandsfähigkeit der Haut verantwortlich ist.

18.1.3 Subkutis

D1e Subkutis verbmdet die Haut m1t der jeweiligen Unterlage und ermöglicht ihre
Verschiebhchkeit. Sie besteht gewöhnlich aus lockerem Bmdegewebe mit Einlagerungen von
Fettgewebe. ln der Subkutis liegen die größeren Blutgefäße und Nerven, sowie
Sinnesrezeptoren

CHanmann el al ., lns~lul fur Zellbtolog1e, H1slolog'e und Embryologie. Mediz1n1sche UmverSital Graz
Seite 130

18.2 Hautanhangsgebilde

18.2.1 Schweißdrüsen (kleine Schweißdrüsen) (Abb. 221b)

kommen fast überall in der Haut vor, besonders zahlreich im Bereich der Handinnenflächen und
Fußsohlen (Leistenhaut). Schweißdrüsen sind unverzweigte, schlauchförmige (tubulöse)
Drüsen. An der Grenze von Kutis und Subkutis liegt das stark aufgeknäuelte Endstück. Dieses
hat ein enges Lumen, das Drüsenepithel ist einschichtig hochprismatisch mit schwach angefärb-
ten. gleichbleibend hohen Zellen. Den Endstückepithelien liegen außen Myoepithelzellen an,
kontraktile Epithelzelien, ähnlich glatten Muskelzelien, die durch ihre Kontraktion die
Sekretabgabe fördern können. Der Durchmesser des Ausführungsganges ist immer kleiner als
der des Endstückes. Ausführungsgänge haben ein zweischichtiges, kubisches Epithel. Im
gefärbten Präparat erscheinen sie im meist dunkler, da die Zellen ihres Epithels kleiner sind,
und daher die Zellkerne enger zusammengelagert erscheinen als in den Endstücken. Die
Ausführungsgänge verlaufen spiralig gewunden durch die Epidermis und münden an der freien
Hautoberfläche. Im Stratum corneum besitzt der Ausführungsgang keine eigene
Epithelauskleidung mehr.

18.2.2 Duftdrüsen (große Schweißdrüsen, sogenannte apokrine Schweißdrüsen) (Abb. 221a


und Abb. 222)

sezernieren ein Duftstoffe enthaltendes Sekret und kommen beim Menschen nur in bestimmten
Hautgegenden vor: Achselhöhle, parianal (Giandulae circumanales), Mons pubis, Labium majus,
Brustwarzenhof (Giandulae areolares mammae). Skrotalhaut, Vestibulum nast, äußerer
Gehörgang und Augenlid (Giandulae ciliares, Moli-Drüsen). Sie beginnen thre sekretorische
Tätigkeit erst mtt der Pubertät.
Duftdrüsen sind ebenfalls tubulöse Drüsen, ihre Endstücke liegen aufgeknäuelt in der Subkutis
und haben ein deutlich w911eres Lumen als die der Schweißdrüsen. Das einschichtige
Drüseneptthel zetgt unterschiedliche Zelihöhe. Myoepithelzellen stnd hter stärker ausgebildet.
Die Ausführungsgänge der Duftdrüsen sind etwas weiter als die der Schweißdrüsen. Ste mün-
den knapp oberhalb der Talgdrüsenmündung in die Haartrichter.

18.2.3 Talgdrüsen (Abb. 221a und Abb. 223)

Sind fast über dte ganze Körperoberfläche verbrettet (Ausnahme Handinnenflächen und
Fußsohlen) und kommen in der Regel gemeinsam mit Haaren vor und münden in den
Haartrichter.

Fre1e Talgdrüsen, Talgdrüsen ohne Beziehung zu Haaren, finden stch metst tm Übergangsbe-
reich von äußerer Haut zu Schletmhaut: z.B. Lippen, Augenlid (Giandulae tarsales oder Metbom-
Drüsen), Labium minus, Anus, Brustwarze, Glans penis, Praeputium.
Talgdrüsen stnd ein- bts mehrlapptge Drüsen, die tm Corium liegen Dte Endstücke sind
mehrschtchtlg. ln der äußeren, der Basalmembran aufsitzenden Ketmschtcht (Basalzelien) teilen
sich dte Zellen mttotisch. Eme der betden Tochterzellen verbletbtm der Ketmschicht, die andere
begtnnt mit der Sekretbildung. Das entstehende Sekret wird im Zytoplasma angehäuft, solange,
bis im Zuge der Sekretbildung die Zelle zugrunde geht und stch allmählich auflöst (holokrine
Sekretion). Der anfangs runde Zellkern wird dabei pyknohsch und verschwindet schließlich
ganz, wenn dte Zelle absttrbt. Sekret und Zellreste werden gemeinsam als Talg über kurze
Ausführungsgänge entweder in dte Haartrichter oder- bei freien Talgdrüsen - direkt an die freie
Hautoberfläche abgegeben.

C Hartmannet al .. lnstrtut fur Zellb•olog•e. Htstolog•e und Embryotogoe. M edtztnlsche Unwersrtat Graz
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18.2.4 Brustdrüsen
Die Brustdrüse (Milchdrüse, Mamma) besteht aus 10 b1s 20 Einzeldrüsen (Lappen, Lobi). die
jeweils mit einem Hauptausführungsgang (Ductus lactlfer coihgens) an der Spitze der
Brustwarze (Mamilla) ausmünden. Zwischen den Drüsen findet sich das bindegewebige Stroma,
das auch Fettgewebe enthält.
Ruhende Brustdrüse
Das Gangsystem einer Einzeldrüse kann folgendermaßen untergliedert werden:
Der Hauptausführungsgang (Ductus lactifer colligens) liegt in der Brustwarze und mündet mit
einem Milchperus an der Sp1tze der Brustwarze Kurz vor dem Eintritt in die Brustwarze ist er
zum S1nus Iachter (M1Ichsäckchen) erwe1tert
Nach peripher zwe1gt sich der Hauptausführungsgang mehrfach 1n zunehmend kleinere Ductus
lactiferi (Milchgänge) auf. Von den kleinen Ductus lactiferi gehen die terminalen Ductus ab,
die für jeweils einen Lobulus zuständig Sind. (Ein Lobulus umfasst jeweils alle Endstücke, die
von einem Termmalductus drain1ert werden.) Termmaler Ductus und Lobulus bilden die sekreten-
sehe Funktionseinheit der Brustdrüse. Der termmale Ductus besteht aus e1nem extralobulären
und einem intraiobulären Abschnitt Vom intralobulären Abschnitt gehen die, in der ruhenden
Brustdrüse nur rudimentär vorhandenen, zum Teil als kleine Tubuh, zum Teil als noch nicht
kanalisierte Epithelknospen vorliegenden, Endstücke ab. Alveoltir erwe1terte Endstücke fehlen
in der ruhenden Drüse.
Im intralobulären Te1l des terminalen Ductus liegen Stammzel/en. Von diesen geht das weitere
Wachstum des Ganges und die Proliferation und Differenzierung der sekretorischen Endstücke
C Hartmannetal lns~tut fur ZeHbiologoe, Hostologoe und Embryologoe Medozonoscl1e Unrversotat Graz
Seite 132

während der Schwangerschaft in Vorbereitung auf die Lakaiion aus. (Von diesem Eptthel gehen
auch die meisten Mammakarzinome aus.)
Die Epithelauskleidung des Gangsystems besteht aus zwei Schichten: innen aus einem hoch-
prismatischen. in kleineren Gangabschnitten kubischem Epithel und einer außen liegenden
geschlossenen Lage von Myoeptlhelzellen. Auch dte Endstocke besitzen eine geschlossene
Lage von Myoepithelzellen.
Die terminalen Ductus und Endstücke der lobuli sind in ein fettfreies, zellreiches, lockeres
Bindegewebe eingebettet, das intralobullire Bindegewebe oder Manie/bindegewebe. Zwischen
den lobuli ist sehr viel zellarmes, faserreiches Bindegewebe mit Fettzellen (Stroma, interfobulli-
res Bindegewebe) vorhanden, hier liegen die größeren und kleineren Ductus lactiferi.

ln der Schwangerschaft kommtes-hormonell gesteuert (Östrogen, Progesteron; Prolaktin) -


zur Proliferation des Gangsystems, zur Proliferation und Differenzierung der Endstücke, sowie
zur Reduktion des Bindegewebes zu Gunsten der epithelialen Anteile. Das erste Sekret, das dte
Milchdrüse in der letzten Zeit der Schwangerschaft und in den ersten Tagen nach der Geburt bil-
det, ist das Kolostrum.

laktierende Brustdrüse
ln der laktierenden Brustdrüse sind die lobuli um ein Vielfaches größer als in der ruhenden
Brustdrüse und enthalten dicht liegende, weitlumige alveollire Endstücke mit einschichtigem,
unterschiedlich hohen Eptthel, das die Milchbestandteile synthetisiert und sezerniert. Milchfett
wird apokrin sezerniert, Milcheiweiße merokrin.
Nach dem Abstillen kommt es zur Rückbildung in den ruhenden Zustand.

18.2.5 Haare
kommen überall in der Felderhaut vor, fehlen an Handinnenflächen und Fußsohlen
(leistenhaut), am lippenrot. Glans penis, Präputium von Penis und Clitoris, Labia minora und
Innenseite der Labia majora.
Lanugohaare: in der Fetalzeit
Flaumhaare oder Vellushaare: stnd ähnlich den fetalen lanugohaaren, kurz, dünn, meist em-
zeln stehend, bedecken beim Ktnd und bei Frauen sowie bei alten Menschen den größten Teil
des Körpers.
Terminalhaare - Kopfhaare (langhaare), Achselhaare, Barthaare. Schamhaare, Augenbrauen,
Wtmpern, Haare des äußeren Gehörgangs und des Naseneingangs länger, dtcker. stnd meist
zu Gruppen von Jeweils mehreren Haaren zusammengefasst.
Ein Haar (Abb. 224b) gliedert sich in den frei aus der Haut herausragenden Haarschaft
(Scapus) und die Haarwurzel (Radix), die schräg in der Haut steckt. Die Haarwurzel ist an
threm unteren Ende zur Haarzwiebel (Bulbus) verdickt. Die Haarzwiebel enthält die undifferen-
zterten Matnxzellen (Epithelzellen, die das Haar. die Haarepidermtcula und dte innere epttheliale
Haarwurzelschetde bilden) sowte Melanozyten. Die bindegewebige Haarpapille tst von unten in
dte Haarwurzel etngestülpt. Die Haarwurzel ist von der Wurzelscheide (siehe unten) umschlos-
sen. Ab der Mündung der Talgdrüse ist die Wurzelscheide gegen die Hautoberfläche zu trichter-
förmig erweitert- Haartrichter. Der glatte Haarmuskel, M. arrector pili, insenert an der binde-
gewebtgen Wurzelscheide unterhalb der Talgdrüsenmündung und setzt mit elashschen Sehnen
unter der Eptdermts im Bindegewebe des Coriums an. Durch Kontraktion des Muskels wtrd die
Haut an der Ansatzstelle etwas eingezogen ("Gänsehaut").
Etn Haar (Abb. 225 und Abb. 226) besteht aus folgenden Schtchten:
Haarepidermicula, Rinde und Mark. Den größten Tetl des Haarquerschnitts bildet die Rtnde. Im
Bereich der Haarzwiebel sind alle Schichten noch unverhornt, gegen die Hautoberfläche zu ver-
hornen ste und btlden außerhalb der Haut den Haarschaft.

C Hartmann et al , Insblut tur Zellbtolog•e. Hostologoe und Emb<yolog•e. Medozmische Unoversotat Graz
Seite 133

• •
r

Abb 224a· Haut und Hautanhangsgebilde·


Kopfhaut

• J

lbgW

. ~

Haarwurzelscheide: Haarwurzel scheide,


bindegewebige Wurzelscheide(bgW) 1 -Rinde
Basalmembran( 'r) 2 • Haarepidermicula
äußere epitheliale Wurzelscheide(äeW), 3 - Scheideneptdermtcula
innere eptthellale Wurzelschetde(ieW) - 4 - Huxley-Schicht
verhornt, 5 - Henle-Schicht
Rtnde(R) und Mark(M) - verhornt 6 • äußere epitheliale Wurzelschetde

Innerhalb der Hautast das Haar von der Haarwurzelscheide (Abb. 225 und Abb. 226) umge-
ben. Diese gliedert sich tn eane annere und eine äußere epatheliale und eine bindegewebige
Wurzel scheide.
Die innere epitheliale Wurzelscheide besteht aus drei Schichten, die alle tm Bereich der
Haarzwiebel noch unverhornt sind, gegen d1e Hautoberfläche zu aber sehr bald verhornen.
Scheidenepidermicula: dünne, etnschichtige Zelllage, schließt an dae Haarepidermicula an.
Haarepidermicula und Scheidenepidermicula sind im Bereich der Haarwurzel ineinander ver-
zahnt. Huxley-Schicht. ein- bis zwei Zelllagen breite Schicht, die Zellen zeigen schon in der
Nähe der Haarzwiebel mit Eosan anfärbbare Trichohyalink6mchen in ihrem Zytoplasma.

c Hartmannetal , lnsntut fllr Zellb1ologoe. H1stolog1e und Emboyologle. Medau\osche UniVersität Graz
Seite 134

Henle-Sc hicht: besteht aus einer Lage platter Zellen. Die Henle-Schicht verhornt von allen drei
Schichten am frühesten . Die innere epitheliale Wurzelscheide reicht hautwarts bis zur Höhe der
Talgdrüseneinmündung bzw. bis zum Haartnchter.
Die äußere epitheliale Wurzelscheide besteht aus mehreren Schichten nicht verhornender
Zellen, die sich in Stratum basale und Stratum spinosum der Epidermis fortsetzen.
Die bindegewebige Wurzelscheide differenziert sich aus dem Stratum papillare der Dermis.
Zwischen epithelialer und bindegewebiger Wurzelscheide liegt eine Basalmembran, die sich im
Zuge eines Haarwechsels zu einer Glashaut verdickt.

18.3 Differenzialdiagnose verschiedener Hautpräparate

18.3.1 Fingerbeere

Leistenhaut Epidermis mit Stratum lucidum und auffallend dickem Stratum corneum. Im Stratum
comeum sind häufig korkzieherartig geschlängelte, daher im Schnitt mehrfach getroffene
Schweißdrüsenausführungsgänge zu finden. die hier keine eigene Wand mehr haben.
Zahlreiche Schweißdrüsen, aber keine Haare, Talgdrüsen oder Duftdrüsen. ln den
Bindegewebspapillen des Stratum papillare direkt unter der Epidermis liegen Meissner-
Ta stkö rperchen (Abb. 78 - Nervensystem). Es sind ovale bis längliche, mit ihrer Längsachse
senkrecht zur Oberfläche orientierte Gebilde, die aus übereinander geschichteten, hellen, keil-
förmigen Zellen (Schwann-Zellen) bestehen, zwischen denen marklose Nervenfasern ein
Geflecht bilden. Außen werden die Körperehen teilweise von emer dünnen Bindegewebskapsel
umgeben. Me1ssner-Tastkörperchen sind vorwiegend Berührungsrezeptoren.

ln der Subkutis sind Vater-Pacini-Lamellenkörperc hen (Abb. 79 - Nervensystem) vorhanden.


große (3-4 mm lange), im Längsschnitt elhpt1sche, im Querschnitt runde Geb1lde. S1e smd aus
zwiebelschalenartig aufeinander geschichteten Lamellen (abgeplattete Penneuralzellen) aufge-
baut. Im Zentrum liegt der etwas stärker anfärbbare sog. Innenkolben (aus Schwann-Zellen), in
dem eine marklose Nervenfaser verläuft, oberflächlich eine BindegewebskapseL Vater-Pacini-
Körperchen sind Rezeptoren vorwiegend für Vibrationsreize.

18.3.2 Kopfhaut (Abb. 224a)

Felderhaut im Vergleich zur Leistenhaut insgesamt dünnere Epidermis. v.a . dünne Hornschicht.
kein Stratum lucidum. Haare. TalgdrOsen. SchweißdrOsen

18.3.3 Ac hselhaut (Abb. 221a)

Felderhaut mit Haaren, Talgdrüsen, Schweißdrüsen und - differentialdiagnostisch wichtig - vie-


len Duftdrüsen.

18.3.4 Skrotalhaut

Felderhaut, m der die basalen Epidermisschichten oft stark pigmentiert sem können.
Es finden sich vereinzelt Haare, Talgdrüsen, Schweißdrüsen und Duftdrüsen.
Charakteristisch für die Skrotalhaut sind glatte Muskelzellbündel im Bindegewebe des Stratum
reticulare und der Subkutis - Tunica dartos (Fie1schhaut).

0 Hartmann el al , lnsbM tur Zellbiologie, Histologoe und Embryologie, Med•zlfltSChe Unrvers11ät Graz
Seite 135

18.3.5 Labium minus


Die kleinen Schamlippen, Labia minora puden-
di, sind Hautfalten, die den vorderen Abschnitt
des Scheidenvorhofs, Vestibulum vaginae,
sattlieh begrenzen. Das Eptthel der kleinen
Schamlippen besteht aus einem meist stärker
pigmentierten dünnen. geschichteten, an der
Außenseite verhornten Platteneptthel. Im
Inneren findet sich etn fettzellfreies
Bindegewebe. Charakteristisch sind freie
Talgdrüsen (Abb. 226b). Haare, Schweiß-
oder Duftdrüsen kommen nicht vor.

19 Augenlid und Auge

19.1 Augenlid

Ein Augenlid {Abb. 227a,b) 1st jeweils durch eine Platte aus straffem kollagenem Bindegewebe,
den Tarsus, versteift. Der Tarsus enthält die Glandulae tarsales (Meibom-Drüsen), verzweigte
freie TalgdrOsen, die im Bereich der inneren Lidkante ausmünden. Vor dem Tarsus liegt der
quergestreifte M. orbicularis oculi.

Ein Augenlid ist an der Außenseite mit Haut, an der Innenseite mtt Bindehaut bedeckt. Dte Haut
des Lides mit Haaren (Vellushaaren) und Hautdrüsen ist dünn und nur schwach verhornt. An der
inneren Lidkante hört die Verhornung auf und die äußere Haut geht über in die Bindehaut des
Lides (Tunica conjunctiva palpebrae), die die Hinterfläche des Augenlides bedeckt. Sie besteht
aus einem unverhomten geschichteten Plattenepithel und einer Lamina propna. Im Bereich des
Fornix conjunctivae - hier findet sich ein geschichtetes hochprismattsches Epithel mit einzelnen
Becherzellen - geht sie in die Bindehaut des Augapfels (Tunica conjunctiva bulbi) über.

Am Lidrand sind 2-4 Reihen von Wimpern (Zilien) vorhanden. Zu den Wimpern gehören
Talgdrusen (Zeiss-Drüsen) und auch DuftdrOsen, Glandulae ciliares (Moll-Drüsen). ln der
Lamtna propria der Tunica conjunctiva • insbesondere des Oberlides- finden sich kleine, seröse
Drusen, die akzessorischen Tränendrüsen (Krause-Drüsen).

0 Hartmann et al .• Institut tor Zellbtolog1e, H1stologoe und Embryologoe Medlzinisdle Unrvers~at Graz
Seite 136

19.2 Auge

Schema (Abb.228)
Die Wand des Bulbus oculi (Augapfel) kann in eine äußere, mittlere und innere Augenhaut
untergliedert werden: Tunica fibrosa bulbi, Tunica vasculosa bulbi, Tunica interna bulbi.

19.2.1 Äußere Augenhaut (Tunica fibrosa bulbi)

Die äußere Augenhaut (Abb. 229 und Abb. 230) setzt sich aus der Sklera (Lederhaut) und der
Kornea (Hornhaut) zusammen. Die Grenze zwischen beiden liegt am Limbus corneae.
Sklera (Lederhaut): ist undurchsichtig und besteht aus e1nem straffen geflechtartigen
Bindegewebe. Im vorderen Bulbus ist sie außen von der Conjunctiva bulbi bedeckt, deren
unverhorntes geschichtetes Plattenepithel die Fortsetzung des Korneaepithels ist. An der
Durchtrittsstelle des Nervus opticus ist die Sklera siebartig durchlöchert (Lamina cribrosa).
Kornea (Hornhaut): durchsichtiger, gefäßloser, vorderster Abschnitt der äußeren Augenhaut
Von vorne nach hinten können an der Hornhaut verschiedene Schichten unterschieden werden:
(Vorderes) Homhautepithel: mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel
Bowman-Membran: zellfreier, lichtmikroskopisch homogen erscheinender oberster
Stromabereich mit dünnen Kollagenfibrillen (entspricht der Lamina fibroreticularis der
Basalmembran des Epithels)
Stroma (Substantia propria corneae): spezifische, durchsichtige Bindegewebsschicht
Descemet-Membran: dicke Basalmembran des Hornhautendothels
Hornhautendothel (hinteres Hornhautepithel): einschichtig plattes Epithel (Abb. 9 -
Epithelgewebe)

19.2.2 Mittlere Augenhaut (Tunica vasculosa bulbi, Uvea)

Zur mittleren Augenhaut (Abb. 229 und Abb. 230) zählen Choroidea, sowie die nicht-epithelialen
Anteile von Corpus clliare und Iris.

Choroidea (Aderhaut)
Die Choroidea ist eine blutgefäßreiche Bindegewebsschicht mit meist vielen Melanozyten zwi-
schen der Sklera und dem lichtempfindlichen Teil (Pars opllca) der Netzhaut. Von hier aus

Ora serrata ---------~~jjiiii!iiiiiiiii~--­ ~----- Lederhaut


Ziliarkörper - - - - - - - - - - - . (Sclera)
(Corpus ciliare) """'- : - - - - - - Aderhaut
(Chorioidea)
" " - - - - - Netzhaut
(Retina
Pars optica)
Linse - - - - - - - .....___ ~=•~v••"' centralis
Regenbogenhaut (Iris) _ _ ....._"
Fibrae zonulares -----'t~+-­
Schlemm-Kanal
Bindehaut (Conjunctiva) - - - \

1Abb. 228 .Auge Schema

<t:> Hartmannetal Institut tur Zellb10logoe. Htstolog1e und Embryologie. Med1Zm1<ehe Un1vers1tät Graz
Seite 137

erfolgt die Ernährung der äußeren gefäßlosen Netzhautschichten. An der Choroidea kann man
drei Anteile unterscheiden:
Lamina choroidocapillaris (choriocapillaris) : schließt an das Pigmentepithel der Netzhaut an und
enthält em dtchtes Kapillarnetz.
Lamina vasculosa: mittlere Schicht, enthält kletnere Blutgefäße, Arteriolen.
Lamina suprachoroidea: grenzt an die Sclera, hier liegen die größere Blutgefäße.

Zwischen der Lamma choroidocapillans und dem Pigmentepithel der Retina liegt die Bruch-
Membran, die auch dem Epithel der Pars plana des Ziliarkörpers unterlagert ist, und ein Netz
aus elastischen Fasern enthält.

Corpus ciliare (Ziliarkörper, Strahlenkörper)


An der Ora serrata (siehe unten) geht die Choroidea in das Corpus ciliare über, das den glatten
Musculus ciliaris {Akkomoda!lonsmuskel) enthält. Das Corpus cihare ist von dem zweischichti-
gen Epithel der Pars ciliaris retinae (Ziliarepithel - Teil der inneren Augen haut) überzogen: die
äußere Epithelschicht ist pigmentiert (Pigmentepithel der Retina), die innere Epithelschicht ist
nicht pigmentiert.
ln setnem vorderen Abschnitt (Pars phcata) btldet das Corpus cliiare leistenartige Erhebungen,
d1e Processus ciliares. Hier erfolgt die Bildung des Kammerwassers, an der vor allem das nicht-
pigmentierte Epithel beteiligt ist. Der hintere Abschnitt des Corpus ciliare ist eben (Pars plana).
An der Pars plana und zwischen den Einsenkungen der Processus ciliares der Pars plicata sind
dte Aufhängefasern der Linse, Fibrae zonulares (Zonulafasern) , am Ziliarepithel fixiert .

Augenlinse (Lens, Abb. 229) liegt zwischen Glaskörper und Iris und entwickelt sich aus dem
Oberflächenektoderm. Sie ist bikonvex, durchsichtig, gefäß- und nervenfrei und von weicher
Konsistenz. Sie ist von der Linsenkapsel (entsprechend einer dicken Basallamina) umgeben, an
deren äußerster Sehtchi im Beretch des Äquators der Linse die Zonulafasern befestigt sind. An
der Vorderfläche der Linse ist die Linsenkapsel deutlich dtcker als an der Htnterfläche. Das dar-
unter befindliche Linsenepithel ist einschichtig kubisch {Abb. 10 - Epithelgewebe) und nur an
der Vorderfläche der Linse vorhanden, da die Epithelzellen am Äquator der Linse sich zu
Linsenfasern (Fibrae lentis) differenzieren, die den größten Tetl der Linse ausmachen.

Abb. 229.Auge. Abb 230 Auge.


1 - Lederhaut 1 - Lederhaut
2 - Ziliarkörper 2 - Ziliarkorper
3 - Hornhaut 3 - Hornhaut
4 - Regenbogenhaut 4 - Regenbogenhaut
5 - vordere Augenkammer 5 - Processus eilrares
6 - Lmse 6 - Schlemm-Kanal

Cl Hanmann et al . Institut fur Zellboolog•e. Hlstolog~e und Embryolog•e. Medtz•n•sche Un•versuät Graz
Seite 138
I
Iris (Regenbogenhaut)
Die Iris ist der am weitesten vorne gelegene Anteil der mittleren Augenhaut und umschließt die
Pupille. Sie besteht aus lockerem Bindegewebe, dem lrisstroma, das in unterschiedlicher Menge
(Augenfarbe) Melanozyten enthält. An der Vorderfläche der Ins s1nd dte Bindegewebszellen
epithelartig ausgebreitet. Die Hinterfläche der Ins wird von dem zweischichtlgen Epithel der Pars
iridica retinae (lrisepithel- Teil der inneren Augenhaut) überzogen: anders als beim Ziliarepithel
sind hier beide Epithelschichten pigmentiert. Die Iris enthält den glatten M. sphincter pupillae
und M. dilatator pupil/ae.

Das Kammerwasser wird vom Ziliarepithel der Processus ciliares produziert und strömt aus der
hinteren Augenkammer (zwischen Glaskörper und Iris) durch die Pupille in die vordere
Augenkammer (zwischen Iris und Kornea ) und fließt im Kammerwinkel ab. Als Kammerwinkel
(Angulus iridocornealis) w1rd jene Stelle beZeichnet, an der d1e Vorderfläche der Iriswurzel m1t
der Sklera unmittelbar vor deren Übergang in die Kornea zusammentrifft. H1er findet sich ein
mesothaiüberzogenes bindegewebiges Trabekelwerk, das Reticulum trabeculare, durch dessen
Lücken das Kammerwasser aus der vorderen Augenkammer in den mit Endothel ausgekleideten
Schlemm-Kanal und von dort in Venen abfließen kann.

Der gallertige, durchsichtige Glaskörper (Corpus vitreum) füllt den Augenbulbus ZWISchen Linse
und Netzhaut aus. Er enthält Hyaluronsäure und besteht insgesamt zu 99% aus Wasser.

19.2.3 Innere Augenhaut - Retina

Die Retina entwickelt sich aus dem Augenbläschen (Ausstülpung des ZNS). Wenn sich das
Augenbläschen zum Augenbecher einstülpt, liegen zwei Blätter aufeinander. das innere Blatt
wird zum Stratum nervosum retinae, das äußere Blatt zum Stratum pigmentosum retinae
(Pigmentep1thel).
Jener Teil der Retma. der das Corpus c1hare und dte Hinterfläche der Ins bedeckt, differenziert
sich nicht zu einem neuronalen Netzwerk, sondern bleibt zweischichtig, mit einem inneren Blatt
als Fortsetzung des Stratum nervosum und einem äußeren pigmentierten Blatt, dem Stratum
pigmentosum (Ptgmentepithel ). Da dieser Teil keine Photorezeptorzellen enthält, wird er als blin-
der Tetl, Pars caeca bezeichnet. D1e Pars caeca lässt sich in die Pars ciliaris (Zthareptthel) und
die Pars iridica (lrisepithel) we1ter untergliedern.
Der vielschichtige lichtempfindliche Teil der Retina ist die Pars optica, die Photorezeptorzellen
enthält: Sttibchenzellen für das Hell-, Dunkel- sowie Dämmerungssehen und Zapfenzellen für
das Farbsehen

An der Ora serrata geht die Pars optica in die Pars caeca über. (ln diesem Bereich finden sich
die sog. Blessig-Zysten.)

Pars optica retinae (Abb. 231, 1-10)


besteht aus dem Stratum pigmentosum (Pigmentep1thel) und dem Stratum nervosum.

Stratum pigmentosum
=
(1) Stratum p1gmentosum Pigmentepithel· emschichtiges kubisches Epithel m1t
Pigmentgranula (Melanin), das der Lamma chorotdocaptllans der Choro1dea unter Vermittlung
der Bruch-Membran aufliegt.
Stratum nervosum
(2) Sehtchi der Stäbchen und Zapfen - h1er hegen (nur) die Außenglieder und Innenglieder der
Photorezeptorzellen (Stäbchen und Zapfen)
(3) äußere Ghagrenzmembran: Stratum hm1tans externum (äußere Grenzschicht)

c Hartmann et al ' lnSIJIUI fur ZellboOiogJe, HJSIOiogJe und EmbryOlogie ' MediZinische UnlverSitat Graz
Seite 139

IAbb 231 :Auge: Schema und Schichtenbau

(4) äußere Körnerschicht- Perikaryen der Photorezeptorzellen (1 . Neuron der Sehbahn)


(5) äußere plexiforme Schicht - Synapsen zwischen Axonen der Sahzellen und Dendriten der
bipolaren Nervenzellen der inneren Körnerschicht
(6) innere Körnerschicht- Pankaryen der bipolaren Nervenzellen (2. Neuron der Sehbahn),
außerdem Parikaryen von amakrinen Zellen und Horizonte/zellen, lnterneurone, die mit ihren
Fortsätzen Querverbindungen herstellen. ln dieser Schicht sind auch die Zellkerne von Müller-
Zellen gelegen. Dabei handelt es s1ch um langgestreckte Gliazellen (Sonderform der Astroglia).
die die Netzhaut radiär von der mneren b1s zur äußeren Gliagrenzmembran durchziehen. Die
Fortsätze der Müller-Zellen füllen die Räume zwischen den Nervenzellen der Retina aus.
(7) innere plexiforme Schicht - Synapsen zwischen Axonen der bipolaren Nervenzellen und
Dendriten der multipolaren Nervenzellen der Ganglienzellschicht
(8) Ganglienzellschicht- Parikaryen von multipolaren Nervenzellen (3. Neuron der Sehbahn)
(9) Nervenfaserschicht -Axone der mult1polaren Nervenzellen
(10) innere Gliagrenzmembran: Stratum limitans internum (innere Grenzschicht)

Die Axone der muftipolaren Nervenzellen bilden zusammen den Nervus opticus. ln der Retina
sind die Axone noch marklos, nach Durchtritt durch die Lamina cnbrosa der Sklera erhalten sie
eme Markscheide. Außen w1rd der Nervus opticus von bmdegewebigen Scheiden (Pia mater,
Arachnoidea, Dura mater) umhüllt, die den Hüllen des Gehirns entsprechen und sich in diese
fortsetzen . Im Zentrum des Nervus opticus liegen A. und V centralis retinae.

Die Austrittsstelle des Sehnervs w1rd als Papilla nervi optici (blinder Fleck - ke1ne
Photorezeptorzellen) bezeichnet.

Die Macula lutea mit der Fovea centralis liegt temporal der Austrittsstelle des Sehnervs und ist
d1e Stelle mit der höchsten Sehschärfe Hier finden sich fast ausschließlich Zapfenzellen, d1e 1:1
mit den Nervenzellen verschaltet sind

C Hartmann et al , lnstrtut fur ZellbiOlog~e, Hostologle und Embryologoe, Medozonosche UnoversiiJjJ Graz

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