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Autor:
Andreas Lamprou, Regierungspräsidium Freiburg, Referat 52 - Gewässer und Boden, Freiburg im Breisgau
Zusammenfassung
Bei der Betrachtung des Transports organischer und anorganischer Umweltschadstoffe aus der
ungesättigten Bodenzone in das Grundwasser sind die konzeptionellen Grundlagen der Arbeitshilfe
Sickerwasserprognose bei der Detailuntersuchung der Länderarbeitsgemeinschaft Bodenschutz
(LABO) grundlegend (LABO 2008).
Das in dieser Arbeitshilfe enthaltene analytische Berechnungstool ALTEX-1D eignet sich
ausschließlich für eine Anwendung auf den sogenannten Standardfall mit einer Lage der
Schadensquelle in der ungesättigten Bodenzone (LBEG 2019). Dem Anspruch einer quantifizierenden
Abschätzung von Sickerwasserkonzentrationen und –frachten im Rahmen der Sickerwasserprognose
wurde durch den konzeptionellen Ansatz einer integrativen, summarischen Betrachtung mit
vereinfachten Modellvorstellungen und Parametrisierung mit „überschaubarem Aufwand“
Rechnung getragen.
In der Realität ist der Schadstofftransport in der ungesättigten Zone generell durch nichtlineare und
instationäre Prozesse gekennzeichnet. Dabei können Sonderfälle wie das Auftreten präferenzieller
Fließwege, ein Eintrag organischer Schadstoffe in Phase (NAPL-Transport) oder bodenluftgetragener
Transport im 3-Phasen-System (Boden-Bodenluft-Sickerwasser) den Eintrag der Schadstofffront in
das Grundwasser beschleunigen.
Eine Untersuchung verschiedener für die Sickerwasserprognose entwickelter Simulations-
programme stellt exemplarisch die Vor- und Nachteile von ALTEX-1D im Vergleich mit dem
Programm SIWAPRO DSS heraus, das den Ansatz inhomogener Untergrundverhältnisse sowie einer
instationären Grundwasserneubildung erlaubt (Euler et. al. 2009 a).
Im Resultat dieser Untersuchungen steht, dass der vereinfachte integrative Modellansatz von ALTEX-
1D der Komplexität der Transportprozesse in der ungesättigten Zone häufig nicht gerecht wird (Euler
et. al. 2009 b). Die Nichtberücksichtigung instationärer Strömungsrandbedingungen liefert
insbesondere bei der Simulation volatiler Organika (VOC) fehlerhafte Ergebnisse (LUBW 2023).
Die novellierte Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV 2021) führt neben dem
Ort der Probennahme (OdP) mit entsprechend tabellierten Prüfwerten eine weitere neue
Bewertungsdomäne ein, die fakultativ die bereits etablierte Bewertung am Ort der Beurteilung
(OdB) im Übergang des Sickerwassers in das Grundwasser ergänzt.
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Abb. 1: Neue Bewertungsdomänen der novellierten BBodSchV am Beispiel der Bewertung des Eintrags
organischer Schadstoffe auf dem Sickerwasserpfad in das Grundwasser. Bei der
Einmischungsprognose handelt es sich entsprechend der §§ 12 – 14 um eine optionale KANN-
Bestimmung, die in der Anwendung aufgrund des erforderlichen Dateninventars in der Regel auf eine
Detailuntersuchung (DU) beschränkt bleibt.
Abb. 2: Darstellung des Verdünnungsfaktors (VF) bezogen auf die Sickerwasserkonzentration am Ort der
Beurteilung nach Einmischung in den ersten Meter des Grundwasserleiters (Konvention nach § 14
BBodSchV). Typische Verdünnungsfaktoren von 5 – 10 ergeben sich unter Ansatz von
Grundwasserdurchflußraten zwischen 10 und 100 m/a, wie sie charakteristisch für quartäre
Aquifersysteme in den Flussniederungen sind (LBEG 2019).
Die Voraussetzungen für den Ansatz der Eimmischungsprognose orientieren sich an den idealisierten
Randbedingungen einer vollkommenen Einmischung des Sickerwassers in den oberen Meter des
Grundwasserleiters (Rührkesselmodell):
Die Konzentration (Cmix) ergibt sich aus dem Eintrag von belastetem Sickerwasser (Csw) entlang einer
die Schadensquelle repräsentierenden Einmischungslänge (LQ) in das Grundwasser (Zeddel et. al.
2016). Die Arbeitsgruppe Sickerwasserprognose bei der LABO arbeitet aktuell an dem Update der
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Arbeitshilfen OU/DU und wird in 2024 Vorschläge über die Ableitung der LQ bei komplexen
Schadstoffverteilungen in der Schadensquelle vorstellen.
Die Berücksichtigung einer Einmischung des Sickerwassers in das Grundwasser nach der
beschriebenen Konvention ist vom Grundsatz gleichbedeutend mit einer Frachtbegrenzung. Als
Bewertungsmaßstab kommen die in der BBodSchV (2021) in Anlage 2, Tabelle 2 (Anorganika) und 3
(Organika) gelisteten Prüfwerte (OdB) zum Ansatz.
Somit stellt die Einmischungsprognose in definierten Fallkonstellationen ein praktikables
Berechnungswerkzeug dar, um insbesondere die Bewertung von Sickerwasserkonzentrationen nahe
dem Prüfwert (am OdB) in Relation zur potenziellen Verdünnung durch das anströmende
Grundwasser zu setzten.
Literatur: