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LERNEN SICHTBAR MACHEN

Kombination von lehrerzentriertem Lehren


mit schülerzentriertem Lernen

Schulen Baar

14. AUGUST 2015

Philipp Schmid
Pädagogische Hochschule FHNW
Campus Brugg-Windisch
Ziele heute

Orientierende Ziele für das Referat


Die Teilnehmenden können ...

− Inhalte von John Hatties Büchern und die Bedeutung


der statistischen Masszahl „Effektstärke“ grob skizzieren;
− Ihr Wissen über Einflussfaktoren auf die Lernleistung überprüfen;
− drei Kernaussagen aus Sicht der Baarer Schulentwicklung diskutieren;
− die grosse Relevanz „wechselseitiger Rückmeldungen“ in Hatties
Wirkmodell des Lehrens und Lernens nachzeichnen;

Institut Weiterbildung und Beratung 2


Inhalt Bücher

Zwei Bücher John Hatties


zu Faktoren, die zu Lernleistungen von Lernenden (SuS*) beitragen
Was trägt zu Lernleistungen von SuS* bei? Welcher Unterricht fördert sie besonders?
Visible learning I (2009) Visible learning for teachers II (2012)
378 Seiten 280 Seiten - Aufl. 200 000
Deutsch: 2013/2014 - 439/472 Seiten, Aufl.: 50 000 Deutsch: 1/2014 – 296 Seiten

Ziel: - wirkfähige Faktoren identifizieren Ziel: Umsetzung der Erkenntnisse von


- Wichtigkeit belegen, Lehr- und Visible Learning I in schulische Praxis
Lernprozesse sichtbar zu machen Basis: Visible Learning I ergänzt um über 100
Meta-Analysen/12 Faktoren
Basis: - 15 Jahre Forschung zu beitragenden
Faktoren zu Lernleistungen von SuS Inhalt:
- Synthese v. 816 (736) Meta-Analysen Zielgruppe Lehrpersonen:
zu 52 649 Primärstudien mit 83 Mio. • Fokus auf Feedbackkultur
(hochgerechnet 250 Mio.) SuS • 42 Anregungen für Unterricht
Inhalt: - Aggregation zu 138 Faktoren, Ausweis (Planung/Durchführung)
der Effektstärken (d); jeder Faktor • Übungen, Checklisten, Fallbeispiele
detailliert beschrieben Zielgruppe Schulleitung:
- Gruppierung der Faktoren zu • Hinweise für eine
6 „Domänen“/22 „Subdomänen“ “Visible Learning” Schule
*Schülerinnen und Schüler

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Vorgehen von Hattie

„Effektstärke“ – die zentrale Kennzahl


Sie quantifiziert den Unterschied zwischen zwei Gruppen;
- „Gruppe vorher“ vs. „Gruppe nachher“
- Massnahmengruppe vs. Vergleichsgruppe

in Bezug auf ein ausgelöstes Merkmal;


SuS-Lernleistungen in Erstsprache, Mathematik, Naturwissenschaften
passt sich an auf alle Bandbreiten
(1 bis 6 / 0 bis 10 / -1000 bis 1000 usw.).

Video:

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Vorgehen von Hattie

Die fünf Zonen des Effektstärken-Barometers

0.4

Feedback d = 0,73

Quelle: Hattie 2009/2013


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Baukasten Lernerfolg

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Lösung

• Was hat mich besonders überrascht?


• Wo bin ich mit der präsentierten Lösung besonders einig?

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Ergebnisse von Hattie im Überblick

Domänen im Überblick:
6 Domänen, 22 Subdomänen, 150 Faktoren

Lernende Elternhaus Schule Lehrperson Curricula Unterrichten

(keine Subdomäne) Merkmale der (keine Subdomäne) Lesen, Schreiben Lernintentionen


Hintergrund
Schule und Künste

Mathematik und Erfolgskriterien


Einstellungen und Schultyp und -art Naturwissen-
Dispositionen schaften wechselseitige
Rückmeldung
Merkmale auf Andere curriculare Lernenden-
Körperliche Schulebene Programme perspektive
Merkmale meta-kognitives/
selbstreguliertes
Merkmale der Lernen
Klassenbildung
Vorschulische
Erfahrungen Lehrstrategien
Fördermass-
nahmen für schulweite
Hochbegabte Unterrichtsreform

Technikeinsatz
Merkmale der
Klasse Lernen ausserhalb
der Schule

19 Faktoren 7 Faktoren 32 Faktoren 12 Faktoren 25 Faktoren 55 Faktoren

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Interesse im zeitlichen Verlauf (google trends)

«John Hattie»

«Visible Learning»

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Wolfgang Beywl,
Lehrerinnen und Lehrer machen Lernen und Lehren sichtbar

KONFERENZ DER KANTONALEN KADER FÜR DIE VOLKSSCHULE DER DEUTSCH-


UND MEHRSPRACHIGEN KANTONE DER SCHWEIZ UND DES FÜRSTENTUMS
LIECHTENSTEIN - TAGUNG «SO GEHT DAS !?" BAUSTEINE DES LEHRPLANS 21
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Ergebnisse von Hattie im Überblick

Die Lehrperson macht den entscheidenden Unterschied!


Beiträge von Domänen zur Lernleistung

Lehrpersonen/
Unterricht Einstellungen
und
Dispositionen
30%
Lernende
50%

Peers

Schulen/
Schulleitung
Elternhaus

Institut
Quelle: Hattie,Weiterbildung und Beratung
John (2003): Teachers make a difference: What is the research evidence?, Australian Council for Educational Research Annual 11
Conference on: Building Teacher Quality. University of Auckland.
Ergebnisse von Hattie im Überblick

Ausgewählte Einflussfaktoren auf Lernleistungen (Hattie 2009-2014)


starke Welche Faktoren
Starker tragen
Einfluss wieInterventions-Daten-Zyklen
von stark zu Lernleistungen bei?
Micro-Teaching d=0.88
 Positive
Beiträge 26 Rhythmisiertes vs. geballtes Üben d=0.71
d≥0,60 Formative Evaluation d. Unterrichts d=0.70
Ziele d=0.56 je grösser die horizontale
44 Sozioökonomischer Status d=0.52 Distanz, desto grösser
0,40≤d<0,60 die Effektstärke
Weiterbildung LP d=0.51
mittlere

Concept Mapping d=0.57


Motivation d=0.48 Umschlagpunkt: d=0.40

Finanzielle Ausstattung d=0.41


46
0,20≤d<0,40

Kleine Auswahl

D-A-CH
schwache

aus Hatties
150 Faktoren
LP-Aus-
bildung
29 d=0.11 Interventionen fett, Unterrichts-
0≤d<0,20 Interventionen fett kursiv

 5
Negative
Beiträge Schulwechsel d=-0.34Fernsehkonsum d=-0.18
d<0

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Kernaussagen zu lernwirksamem Unterricht

Kernaussage 1: Voraussetzung ist lernförderliches Klima

− warmes, vertrauensvolles und empathisches Klima (aus Schülersicht)


(Lehrer-Schüler-Beziehung d=0.72)
− geprägt von gegenseitigem Respekt sowie Fehler begrüssend
(Klassenzusammenhalt d=0.53)
− Lehrpersonen gestalten das Klassenklima
(Klassenführung d=0.52)
− Klima im Lehrerzimmer
(Schulleitungsstil d=0.39)

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Kernaussagen zu lernwirksamem Unterricht

Kernaussage 2: Erfolgreiche Lehrpersonen führen Regie


Tabelle 21 Effekte der Lehrperson als Regisseurin und Moderatorin (Hattie 2013/2015, S. 287)

Lehrperson als Regisseurin+ d Lehrperson als Moderatorin0 d

Reziprokes Lehren 0,74 Induktives Vorgehen 0,33


Feedback 0,73 Simulationen und Simulationsspiele 0,33
Meta-kognitive Strategien 0,69 Forschendes Lernen 0,31
Lautes Denken 0,64 Individualisierung 0,23
Direkte Instruktion 0,59 Webbasiertes Lernen 0,18
Mastery-Learning 0,58 Problembasiertes Lernen 0,15
Ziele 0,56 Ganzheits-Methoden 0,06
Verhaltensziele/Advance Organizers 0,41

Durchschnitt Lehrperson als Regisseurin 0,62 Durchschnitt Lehrperson als Moderatorin 0,23
3:1
Bedienung
Am Drehknopf je
angemessenes Verhältnis
3:2 einstellen

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Kernaussagen zu lernwirksamem Unterricht

Kernaussage 3: Perspektivwechsel stärkt Unterricht & Lernen

Geisteshaltung 1: Lehrpersonen/Schulleitende sind überzeugt,


dass ihre fundamentale Aufgabe darin besteht, ihr Lehren sowie
das Lernen und die Lernleistung der Schülerinnen und Schüler
wirkungsorientiert zu evaluieren. Hattie 2014, S. 183

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Drei Kernaussagen im Überblick

− Voraussetzung ist lernförderliches Klima


gegenseitiger Respekt LPSuS; SuSSuS, LPLP

− Erfolgreiche Lehrpersonen führen Regie


Ziele, Meta-Kognition, Feedback, Differenzierung

− Perspektivwechsel stärkt Unterricht und Lernen


LP sehen durch die Augen der SuS; beschaffen sich
‘Stellvertreter’ von deren Sinneseindrücken = Daten
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Lehrperson als datennutzende Regisseurin

Wie erfolgreich unterrichten?

«Was wirkt wirklich?» ist zu simpel gefragt!

− Die meisten der 150 Faktoren wirken kausal auf die Lernleistungen, es
sind überwiegend Interventionen, nicht immer Unterrichtsmethoden.

− Kombinationen mehrerer solcher Faktoren ermöglichen optimale


Wirkungen auf Lernen und Lernleistungen

− Diese können allein professionell Lehrende für ihre Klassen erstellen.

− Unterrichtsentwicklung nach Hattie erfordert oft lediglich minimale


Schwerpunktverschiebungen oder Ergänzungen zum Courant normal.

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Wechselseitige Rückmeldung als Schlüssel
-
drei wichtige Arten

Feedback LPSuS Feedback LPSuS


z. B. Individualfeedback

Dokumentation

plus Datenerhebung

plus Berichte  Systemebene

Formative Evaluation des Unterrichts

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Feedback der LP an SuS

Ebene Fragestellungen
4 Das Selbst Wie werden eigene Person/ Gefühle bezüglich des Lernens bewertet?
Selbst- Welches Wissen/Verständnis ist unabdingbar um zu verstehen, was du gerade
3
regulation machst? Selbstüberprüfung, Steuerung des Vorgehens und der Aufgaben
Welche Strategien sind erforderlich, um die Aufgabe zu bearbeiten.
2 Prozess
Gibt es andere nutzbare Strategien?
1 Aufgabe Wie gut wurde die Aufgabe erledigt; richtig oder falsch?

Wohin gehe ich? Wie komme ich voran? Wohin geht es als Nächstes? Welche
Was sind meine Welcher Fortschritt wurde nächsten Aktivitäten sind erforderlich, um
Ziele? in Richtung Ziel gemacht? einen größeren Fortschritt zu machen?
A B C
Feedback-Fragen
Quelle: Abb. 22 in Hattie (2014, S. 132)

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Forschungsbasierte Evidenz aufbereitet im Internet

20
Lehrperson als datennutzende Regisseurin

Das Schweizer e-asTTle

https://www.mindsteps.ch
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Lehrperson als datennutzende Regisseurin

Daten zum eigenen Unterricht erzeugen

www.fhnw.ch/ph/iwb/luuise

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Schlussthesen

Einordnung der Hattie-Studie

− Die Studie ist Startpunkt, nicht Endpunkt, einer weiteren Etappe der
Entwicklung pädagogischer Professionalität von Schulleitenden und
Lehrpersonen.

− Die Bedeutung der Haltung und Kompetenz der Lehrperson wird


hervorgehoben.

− Starke Hebel liegen in den Verfahren der wechselseitigen


Rückmeldungen: Zyklen von Zielen, Kriterien, Interventionen und
Daten als Katalysatoren lernförderlicher Differenzierung.

− Der Impuls, Schulentwicklung, Personalentwicklung und


Schulleitung auf das Kerngeschäft des Unterrichtens
auszurichten, wird gestärkt.

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Zusammenfassung

Zusammenfassung
− Die Lehrperson kann 30% und mehr des Lernerfolgs ausmachen

− Lehrpersonen sind besonders effektiv, wenn sie ...

− gemeinsam Forschungswissen in ihre Praxis integrieren;

− aktiv ein lernförderliches Klima schaffen;

− als Regisseurinnen den Unterricht planen und dirigieren;

− klare Ziele, angemessen hohe Erwartungen und Bewertungskriterien


formulieren;

− differenziert Feedback geben, es von Lob/Tadel und Noten trennen;

− ihren Unterricht schlank untersuchen und evidenzbasiert entwickeln.


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Quellen

Literatur
Beywl, Wolfgang/Bestvater, Hanne/Friedrich, Verena (2011): Helmke, Andreas (2014): Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität :
Selbstevaluation in der Lehre. Ein Wegweiser für sichtbares Lernen Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. 5. Auflage.
und besseres Lehren. Münster: Waxmann Seelze-Velber: Kallmeyer.
Beywl, Wolfgang (2013): "Mit Taten zu Daten. Der Ansatz der Herzog, Walter (2011): "Eingeklammerte Praxis - ausgeklammerte
unterrichtsintegrierten Selbstevaluation". In: Journal für Profession. Eine Kritik der evidenzbasierten Pädagogik". In:
Schulentwicklung - Themenheft: Mit Daten zu Taten - Wenn Schulen Bellmann, Johannes/Müller, Thomas (Hg.): Wissen was wirkt.
Wissen nutzen, Jg. 17. Jahrgang, Heft 1, S. 7-14. Wiesbaden: VS Verlag, S. 123-145
Diemer, Tobias (2013): Innerschulische Wirklichkeiten neuer Steuerung Huber, Stephan Gerhard u.a. (2013): "Vorlieben und Belastungen im
Zur Nutzung zentraler Lernstandserhebungen. Wiesbaden: Springer Schulleitungshandeln: Ausgewählte Ergebnisse aus der Schullei-
Fachmedien Wiesbaden. tungsstudie 2011/2012 in Deutschland, Österreich und der Schweiz..
Gärtner, Holger (2013): "Wirksamkeit von Schülerfeedback als In: ders. (Hg.): Jahrbuch Schulleitung. Berlin: Carl Link, S. 259-271
Instrument der Selbstevaluation von Unterricht". In: Hense, Koch, Ursula (2011): Verstehen Lehrkräfte Rückmeldungen aus
Jan/Rädiker, Stefan/Böttcher, Wolfgang/Widmer, Thomas (Hg.): Vergleichsarbeiten? Datenkompetenz von Lehrkräften und die
Forschung über Evaluation Bedingungen, Prozesse und Wirkungen. Nutzung von Ergebnisrückmeldungen aus Vergleichsarbeiten.
Münster: Waxmann, S. 107-124 Münster: Waxmann.
Gross Ophoff, Jana (2013): Lernstandserhebungen: Reflexion und Koch, Ursula (2013): "Datenauswertungskompetenzen von Lehrkräften".
Nutzung. Münster: Waxmann In: Hense et al. a .a. O., S. 21-41
Hattie, John A. C. (2014): Lernen sichtbar machen. Überarbeitete und Petty, Geoff (2009): Evidence-based teaching: A practical approach 2nd
erweiterte deutschsprachige Ausgabe von "Visible Learning", besorgt edition. Cheltenham: Nelson Thornes.
von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler: Schneider Sackett, David L./Kunz, Regina (1999): Evidenzbasierte Medizin. Dt.
Hohengehren. Ausg. München: W. Zuckschwerdt.
Hattie, John A. (2014): Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen:
Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von "Visible Learning for Tresch, Sarah (2007): Potenzial Leistungstest. Wie Lehrerinnen und
Teachers". Besorgt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Lehrer Ergebnisrückmeldungen zur Sicherung und Steigerung ihrer
Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren. Unterrichtsqualität nutzen. Bern: hep.
Newsletter: www.lernensichtbarmachen.net
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