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Jß i.
Weigand
Deutsches Wörterbuch
Erster Band
A bis K
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Deutsches Wörterbuch
von

Fr. L. K Weigand
Fünfte Auflage
in der neusten für Deutschland, Österreicli und die Schweiz
gültigen amtUchen Rechtschreibung

Nach des Yerfassers Tode vollständig neu bearbeitet von

Karl von Bahder Herman Hirt Karl Kant


a. 0. Prof. a. d. (iiiv. Leipzig a. o. Prof. a. d. Univ. Leipzig Privatgelehrtem in Leipzig

Herausgegeben von Herman Hirt

Erster Band

A bis K

Ter lag von Alfred Töpelmann


(vormals J. Rick er) Gießen 1909
Druck von C. G. Röiler G.m.b.H., Leipzig;
Vorwort zur fünften Auflage.
F. L. K. Weigands Wörterbuch hat eine lange Geschichte. Es ist ur-
sprünglich eine Bearbeitung des „Kurzen deutschen Wörterbuchs für Etymologie.
Synonymik und Orthographie'' von Friedrich Schmitthenner, 1834, 2. Aufl.
1837 gewesen. Aber wie schon Jacob Grimm dem Verfasser schrieb: ..In
Ihrem -Wörterbuch ist nicht mehr Schmitthenner, sondern bloß Weigand", so
war es in der Tat, und so durfte und mußte mit Recht dieser Name auf dem
Titel stehen. Das Werk hat dann zu Lebzeiten des Verfassers, dank dem aus-
gezeichneten Inhalt, drei Auflagen erlebt; während des Druckes der vierten
starb der Verfasser, es konnten aber noch die zahlreichen in seinem Xachlaß
vorgefundenen Notizen für die neue Auflage benutzt werden.
Daß es sich bei einer weitern Auflage nicht nur um einen etwas ver-
besserten Abdruck handeln konnte, sondern, daß den Fortschritten der Wissen-
schaft entsprechend eine gründliche Umarbeitung stattfinden mußte, war dem
Verleger klar. Leider hat diese manche Schwierigkeiten gehabt. Zunächst
hatte sie Prof. v. Bah der übernommen. Er hat nach mehrjährigen Vorarbeiten,
die in umfangreichen Sammlungen bestanden, A bis Fleckeil geliefert und diesen
Teil auch später bei derDrucklegung noch einmal durchgearbeitet. Dann ist, da
im Jahre 1896 aus Gesundheitsrücksichten aufgeben mußte, Dr. Kant,
er die Arbeit
der längere Zeit neben Hildebrand am Deutschen Wörterbuche gewirkt hatte,
eingetreten, und dieser hat die weitern Teile bis stark im Manuskript fertig-

gestellt (initAusnahme des Buchstaben P). Leider hat Dr. Kant das Werk nicht so
fördern können, wie man wohl hätte wünschen müssen. War doch das Buch schon
seit langem vergriffen, und der Wunsch nach einer neuen Auflage dringend.
Meine eigene Tätigkeit hat »lamit begonnen, daß ich mich auf Wunsch
von Prof, v. Bahder und auf Veranlassung des Verlegers im Jahre 1902
verpflichtete, den etymologischen Teil des Werkes durchzusehen und zu er-
gänzen. Es war dies um so mehr unbedingt nötig, als Dr. Kant auf dem
Gebiete der indogermanischen Etymologie kein Fachmann war.
Unter diesen L^m.ständen hat der Satz begonnen. Bald darauf mußte aber
auch Dr. Kant von der Überwachung der Herau.sgabe und der weitern
Bearbeitung zurücktreten. Da ich bei der Bearbeitung der Etymologie und
der Durchsicht des fertigen Manuskriptes den hohen Wert des bisher Geleisteten
kennen gelernt hatte, so habe ich mich unter diesen Verhältnissen, namentlicli
VI Vorwort.

um das Neuerscheinen des Weigand nicht wieder auf unabsehbare Zeiten zu


verschieben, und um das bisher Geleistete bald zugänglich zu maclieu, ent-

schlossen, im Einverständnis mit Prof. v. Bahder in die Bresche zu treten, und


meinerseits Herausgabe und Fertigstellung des Werkes zu übernehmen.
die
Ich war mir sehr wohl bewußt, daß ich dadurch auf Jahre hindurch von mir
lieb gewordenen Ar])eiten Abschied nehmen mußte, aber ich habe das gern

getan, weil ich auch der Wissenschaft einen Dienst zu leisten glaubte, wenn
ich den Weigand wieder allgemein zugänglich machte.
Durch diese verschiedenen Hände, die an dem Werke beteiligt sind,

mögen namentlich im Anfang einige Ungleichmäßigkeiten in das Werk ge-


kommen sein, die indessen, wie ich bestimmt glaube, seinem Wert keinen Ab-
l)ruch tun. Im übrigen ist meine Arbeit an dem fertigen Manuskript im Laufe
der Zeit immer stärker geworden. Ich habe es, namentlich in den Teilen, die
Dr. Kant bearbeitet hat, noch einmal gründlich durchgearbeitet, Artikel ver-
ändert und nach bestem Ermessen gestrichen und zugesetzt, und diese Arbeit
wird vermutlich in den spätem Teilen immer noch zunehmen. Trotzdem wird
vielleicht doch manches stehen bleiben, was, wenn ich es selbständig gemacht
hätte, anders ausgefallen wäre.
Während anfangs Xeuausgabe in einem Bande geplant war, hat es
die
sich jetzt doch als wünschenswert herausgestellt, sie in zwei Bände zu teilen,
namentlich da dies bei künftigen Auflagen, wo der Umfang wohl noch wachsen
wird, doch nötig geworden wäre. Außerdem ist es dadurch möglich geworden,
schon jetzt das Verzeichnis der Abkürzungen und die Angaben über die Ein-
richtung des Werkes zu geben. Auch die Benutzung des nunmehr abgeschlos-
senen bis zum Schluß von K reichenden ersten Bandes wird in gebundenem
Zustand angenehmer sein als in den Lieferungen.
Nach Erscheinen der einzelnen Ijieferungen sind mir von den verschieden-
sten Seiten Ergänzungen und AVünsche mitgeteilt Avorden. Sie sind, soweit es
möglich war, benutzt worden, und ich kann den Schreibern hier nur meinen
besten Dank aussprechen und die Bitte hinzufügen, mich durch weitere Mit-
arbeit zu unterstützen.
Über die Ziele und Einrichtung des Buches sei nun noch zum Teil unter
Wiederholung des im Vorwort früherer Auflagen ausgeführten, folgendes bemerkt;
1. Weigands Werk war das erste, das die Etymologie genügend berück-

sichtigte, und es hat sich dadurch hauptsächlich sein Ansehen erworben. Dieser
Teil mußte natürlich besonders gründlich erneuert werden, um den Anforde-
rungen der Zeit zu entsprechen. Man kann das sagen, ohne Weigand zu nahe
zu treten, dessen etymologischen Scharfsinn und Takt man nur bewundern kann.
Die Bearbeitung der Etymologie rührt, soweit andre indogermanisclie Sprachen
heranzuziehen waren, von mir her. Mir schien es nun ein unabw^endbares Be-
dürfnis zu sein, auch die Literatur der etymologischen Forschung anzuführen.
Die Rücksicht auf den verfügbaren Raum gebot mir aber, mich kurz zu fassen,
und so habe ich mich bemüht, solche Stelleu zu geb^n, wo Aveitere Literatur
über die betreffenden Fragen zu finden oder wo ausführlich über die betreffende
Etymologie gehandelt ist. Insbesondere genügten oft die Hinweise auf Waldes
Vorwort. VII

vortreffliches lateinisches etymologisches Wörterbuch. Vollständigkeit konnte


schon wegen Raummangels nicht durchgeführt werden. Die Etymologie
des
wird freilich immer ein Feld bleiben, auf dem man oft nicht zur Sicherheit
kommen kann. Bei der Aufklärung der aus dem Orient entlehnten Wörter hat
mich mein Kollege Prof. Stumme auf das dankenswerteste unterstützt.
2. Was aufgenommenen Wörter betrifft, so enthält das Werk die gegen-
die
wärtigen gangbaren Wörter des neuhochdeutschen Sprachschatzes mit
der durch den Umfang des Buches gebotenen Beschränkung, besonders in Hin-
sicht der Ableitungen und Zusammensetzungen. Neben diesen gangbaren AVörtern
aber hat Weigand eine große Zahl von weniger üblichen und seitnern, die in
Luthers Bibelübersetzung und bei den mustergiltigen Schriftstellern aus der
Blütezeit der neuhochdeutschen Literatur, namentlich bei Schiller und Goethe,
sich finden, aufgenommen, auch bezeichnende, und zumal hier und da in Schriften
vorkommende mundartliche Wörter. In dieser Beziehung kann man, glaulje
ich, in einem solchen Werke gar nicht weit genug gehen. Schon Prof. v. Bahder

und Dr. Kaut haben sehr viel nach dieser Richtung hin getan. Ich selbst habe,
namentlich in den spätem Lieferungen, noch manchen in der norddeutschen
Umgangssprache üblichen Ausdruck hinzugefügt, wobei das reichhaltige Wörter-
verzeichnis im Buchdrucker-Duden dankbar benutzt wurde. Das Verbreitungs-
gebiet derartiger landschaftlicher Wörter ist nach ^Möglichkeit mit Heranziehung
der Idiotika gegeben worden, ohne daß freilich Vollständigkeit erzielt werden
konnte. Auf eine Angabe der Werke, aus denen geschcipft wurde, ist meist ver-
zichtet worden, da die unten gebotene Liste (S. XI) die Quellen angibt.
Die Aufnahme der Fremdwörter wird stets eine Schwierigkeit bleiben,
da man dem einen zuviel, dem andern zu wenig bietet. Immerhin wird man
Ijemerken, daß je länger, je mehr Fremdwörter aufgenommen sind, und es wird
das Buch auch nach dieser Richtung hin nicht im Sticli lassen. Die Zeiten sind
ja glücklicherweise vorüber, in denen man die Fremdwörter in der Geschichte
der deutschen Sprache ungestraft vernachlässigen zu können glaubte.
Weigand hat auch die Vornamen berücksichtigt und auch oft eine Er-
klärung versucht. Da es meine feste Überzeugung ist, daß die alten Namen
keine bestimmte Bedeutung gehabt haben, so habe ich diese Erklärungen ge-
strichen, und hätte am liebsten die Namen überhaupt fortgelassen. Da dies
aber nicht mehr angängig war, so sind wenigstens keine neuen melir aufge-
nommen worden, und man hat infolgedessen einige vermißt.
„Übrigens herrecht bei allen verzeichneten Wörtern alphabetische Ord-
nung, und dieselbe wird selbst in den den Wurzel- und Stammwörtern gleich
beigefügten abgeleiteten und zusammengefügten Wörtern nicht gestört, ausge-
nommen, daß die abgeleiteten zuerst stehen und dann die zusammengesetzten."
Man suche also Ableitungen und Zusammensetzungen unter dem Grundwort. Doch
ist durch häufige Verweise an der richtigen alphabetischen Stelle dafür gesorgt, daß
man einWort auch dann findet, wenn man den obigen Grundsatz nicht beachtet.
3. Weigand hatte die Bezeichnung der Betonung durch den Akzent {/),
in Wörtern, die den Ton nicht nach deutscher Weise auf der Stammsilbe tragen,
durchgeführt. Ich habe es gleichfalls getan. Da dies aber anfangs nicht be-

l
YJJJ Vorwort.

absichtigt war, so fehlt es im Buchstaben A und im Anfang von B. Die Wörter


auf -ieren haben, da sie stets auf dem i betont sind, keinen Akzent bekommen.
Ebenso habe ich die Länge der Vokale in deutschen Wörtern, wo diese
nicht durch die Regeln der Rechtschreibung von selbst gegeben ist, nach den
Vorschriften der deutschen Bühnenaussprache, vgl. Siebs Deutsche Bühnen-
aussprache, 2. Aufl. 1901, durch einen - bezeichnet, allerdings auch nicht gleich
vom Anfang Eingeklammerte Buchstaben bedeuten, daß die Schreibung
an.

mit ihnen und ohne sie erlaubt ist, z. B. Kram(me)tsvogel heißt, man kann
Kramtsvogel und Kramnietsvogel verwenden.
Was die sonstige Umschreibung der fremden Sprachen betrifft, so habe
ich für das Indische, Awestische, Altbulgarische, Russische, Litauische, Lettische,
Armenische und Albanesische die einheitliche L^mschreil)ung der fremden
Alphabete durchgeführt, wie ich sie Lidogermanische Forschungen 21, 145 ff.
schon im Hinblick auf dieses Werk vorgeschlagen habe. Es bedeutet also:

1. ~ die Länge des Vokals. Nur in althochdeutschen und mittelhochdeutschen


Worten ist ^ beibehalten worden.
2. ' und ^ auf einem Vokal bezeichnen die Stelle des Haupttons.
3. ' hinter einem Konsonanten drückt die PalataHsation (Erweichung) aus.

4. Abgesehen von den deutschen Dialekten bezeichnet s den stimmlosen Zischlaut


(deutsch SS, ß), z den stimmhaften (deutsch s), s den scha-, z den entsprechenden stimm-
haften Laut (franz. §), c ist gleich ts, c = tsch, j == dsch.
5. Die sonstigen Sph-anten sind durch ß (engl, stimmloses th), ä (der entsprechende
stimmhafte Laut), / und b (deutseh iv), x und y (deutsch cli und ndd. gr) bezeichnet worden.
6. )d = dem gutturalen Nasal, deutsch ng.
7. ^ unter einem Vokal z. B. a^ drückt die 'Nasalierung aus, franz. on.
8. d ist ein unbestimmter Vokal (sog. schwa).

9. Im Litauischen bezeichnet ' den Stoßton: * auf Diphthongen, '


auf einfachen
Längen den Schleifton.

10. Im Indischen bezeichnet ein . unter dem Konsonanten, z. B t die Zerebrali-


sierung; g ist ein palataler Zischlaut, der etymologisch einem k entspi'icht.

4. Die Biegung der Wörter ist angegeben worden, bei den männlichen

und sächlichen Substantiven mit Angabe der Endung des Genitivs im Singular
und des Nominativs im Plural, bei den weiblichen bloß des letzten, bei dem
Pronomen, wo es nötig schien, durch alle Kasus des Singulars oder des Plurals,
bei den starken Verben mit Anführung der Hauptformen, sowie des Präteri-
tums im Konjunktiv oder des Imperativs, und bei den schwachbiegenden nur
dann, wennihre Unterscheidung von gleichlautenden starkbiegenden hervorzu-
heben war. Die Steigerung der Adjektive und Adverbien ist stets angegel)en,
wo sie in derselben den Umlaut bekommen, aber auch sonst gelegentlich angeführt.
Wie schon in den frühern Auflagen ist auch in dieser auf die Entwicklung der
neuhochdeutschen Wortbiegungen hingewiesen; diese Beiträge zu der immer noch
fehlenden historischen neuhochdeutschen Grammatik werden willkommen sein.
5. Die Rechtschreibung ist natürlich die heute durchgeführte einheit-
liche, und zwar geben die fettgedruckten Wörter diese wieder. Doch sind am
Vorwort. J5[

Anfang die Abweichungen der bayrischen und österreichischen Schreibung, so-


wie erlaubte Doppeischreibungen noch nicht regelmäßig mit angeführt worden.
Später ist dies unter ausdrücklicher Hervorhebung der amtlichen Schreibung
nach Dudens Orthographischem Wörterbuch geschehen.
6. Weigand hat außer auf die Etymologie besonderes Gewicht darauf
gelegt, das erste Auftreten eines Wortes nachzuweisen. In diesem Punkt ist

die neue Auflage dank den umfassenden Vorarbeiten Prof. v. Bahders, die sich
auf das ganze Werk dank der Belesenheit Dr. Kants und infolge der
erstrecken,
Fortschritte, die Grimmsche Wörterbuch in den letzten 30 Jahren ge-
das
macht hat, über das von Weigaud geleistete hinausgekommen. Xatürlich werden
eine Anzahl der angeführten Belegstellen mit der Zeit noch durch ältre ersetzt
werden können, weil eben hier das Wort gilt: dies diem docet. Ich selbst habe,
da ich eine Reihe bisher unbenutzter Werke einsehen konnte, manchen Beleg, der
früher war als die bisher bekannten, anführen können. Die Weiland sehen
Zitate sind natürlich, soweit sie wichtig waren, bewahrt worden. Bei der Um-
schreibung dieser auf die neuern, jetzt maßgebenden Ausgaben eine müh- —
same und zeitraubende Arbeit, die ich z. T. erst durchgeführt habe, hat sich —
aber herausgestellt, daß sie nicht in allen Fällen zuverlässig waren,
z. T. haben

sich bei der Drucklegung der vierten Auflage Druckfehler gegenüber der dritten
eingeschlichen, z. T. aber müssen direkte Versehen vorliegen. So waren einige
Zitate bei H. Sachs nach den alten Ausgaben nicht auffindbar. Ich habe sie
aber in [] stehen lassen, weil vielleicht ein andrer den Fehler ermittelt, der
hier Ebenso ergaben sich bei dem Xachschlagen der Zitate, die
vorliegt.
Kant Nachprüfen dem Grimmschen AVörterbuch entnommen hat,
vielfach ohne
nicht nur unauffindbare Angaben, sondern auch direkt falsches, was natür-
lich beseitigt wurde. Seitdem ich dieses bemerkt habe, ist der Nachprüfung
der Zitate eine erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet Avorden, so daß nunmehr
alles, was nur irgend zugänglich ist, nachgesehen werden wird. Nachträglich
wird dies auch noch für die frühern Lieferungen geschehen, und es werden
etwaige Fehler am Schluß berichtigt werden. Für den Nachweis irgendwelcher
Versehen bin ich sehr dankbar. Im übrigen hat sich natürlich die überwiegende
iSfcnge der Anführungen als richtig ergeben.
7. Ein weitrer Vorzug des Weigand bestand in der genauen Angabe der
Bedeutungen des Wortes. Hierbei hat Weigand meist auch die der gewöhn-
lichsten Wörter angegeben, was nur durch etwas schwerfällige Umschreibungen
möglich war. Man kann zweifeln, ob eine Erklärung des Auges als ^ Seh Werk-
zeug des menschlichen und tierischen Körpers" nötig ist; da aber die Bearbeiter
diese Eigentihnlichkeit Weigands beibehalten haben, so konnte ich nicht davon
abgehen. Mancher wird vielleicht auch eine eingehendere Darstellung der Be-
deutungsentwicklung vermissen. Da aber die meisten heutigen Bedeutungen,
die selbständigen durch ;
getrennt, außerdem die mittel- und althochdeutschen
genau angeführt sind, so wird man sich bei einigem Nachdenken die Be-
deutungsentwicklung leicht klar machen können. —
In den Ansichten über die
Bedeutungsentwicklung scheint sich indessen gerade heute ein prinzipieller Fort-
schritt zu vollziehen, und daher ist es vielleicht ganz gut gewesen, daß mit einer
y Vorwort.

gänzlichen Umarbeitung Punktes noch gewartet wurde.


dieses Der Kundige
wird erkennen, daß bei der Zurückführung auf die vorgeschichtlichen Sprach-
stufen nur selten die früher so beliebten allgemeinen Bedeutungen der Wurzeln
angenommen sind, j

Das Nacharbeiten und Durcharbeiten des fertigen Manuskriptes ist jedenfalls


mühsamer und undankbarer gewesen, als die eigne Arbeit sein wird. Vorläufig
muß ich es mir gefallen lassen, daß das Lob für den Weigand den beiden
andern Bearbeitern dieses Bandes zuteil wird, der Tadel aber auf meine
Schultern fällt. Ich werde das im Bewußtsein dessen, was ich an dem Werke
getan habe, zu ertragen wissen.
In Druck und Format hat sich die neue Ausgabe dem heute üblichen
angeschlossen.
Trotz allem, was bisher angeführt worden, ist die neue Auflage des
Weigand eben doch der Weigand geblieben. Möge sie sich in der neuen Form
die alten Freunde bewahren und viele neue gewinnen.
Die weitern Lieferungen werden, wie ich bestimmt glaube, in demselben
Zeitmaß wie bisher erscheinen können, so daß der zweite Band am Schluß des
nächsten Jahres fertig vorliegen wird.

Leipzig, im Fel)ruar 1 909.


H. Hirt.
Angeführte ünelleii.
Das Yei-zeichnis i-utliält dit- wichtigsten Quellen, soweit sie nicht im Text selbst ausführlich bezeichnet sind.
Bei vielen altem Werken, die kurz angeführt sind, gibt Goedekes Grundriß (s. n.i genauere Auskunft. Das
Weigandsehe Verzeichnis zur 4. Auflage ist im •wesentlichen wieder abgedruckt. Was Prof. v. Bahder benutzt hat,
hat er mir kurz angegeben. In bezug auf die Kantischen Angaben war der Herausgeber auf die Sammlung
aus dem Manoski-ipt angewiesen. Es kann daher einiges übersehen sein, was am Schluß des 2. Bandes leicht
nachgeholt werden kann. Dr. Kant hatte aber die Güte, die Korrektur durchzusehen und seine Ausgaben genau
festztistellen. H. Hirt.

Abraham a Santa Clara Sämmtliclie Werke. Arndt, E. M., Gedichte. Leipzig 1843. 1860.
Passau 1835 ff. Auch nach den ersten Drucken. Arnim, Achim von, Sämmtliche Werke. Ber-
Adelung Versuch eines vollständigen gram- lin 1839 ff.
matisch-kritischen 'Wörterbuches der hoch- Augustin Lexikon der Studentensprache 1795.
deutsciien Mundart. Leipzig 1775 Sd Zweite — Neudruck Halle 1894.
Auflage 1793—1801. Aventinus grammatica. Norinberge 1513.
Adrian ilitteilungen aus Handschriften und Sämmtliche Werke. München 1881—1908.
seltenen Druckwerken. Frankfurt 1846. Ayrer, Opus theatricum, hrsg. von Keller,
AfdA. =
Anzeiger für deutsches Altertum. Stuttgart 1865. Ein paar mal nach den Seiten-
Agricola oder Georg Agricola, Beschrei- zahlen des alten Druckes, die bei Keller ver-
bung des Bei-gwerks. Basel 1557. Bermannus zeichnet sind.
sive de re metallica dialogiis. Basileae 1530.
1546. Barlaam, Ausg. von Fr. Pfeiffer. Leipzig 1843.
=
Ahd. Gl. Althochdeutsche Glossen, hrsg. von Basler Chroniken, hrsg. von der histor. Ge-
Steinmeyer und Sievers. Berlin 1879 fg. sellschaft in Basel. Leipzig 1872 ff.
Albertinus Der Kriegßleut Weckuhr. Mün- B a u r Arnsb. Lrk. = Urkundenbuch des Klo-
chen 1601. Landstörzer. München 1615, sters Arnsburg in derWetterau; hess. Urk.
1616. W^eiblicher Lustgarten. München 1605. =
hessische Urkunden 5 Bde. Darmstadt ,

Lucifers Königreich und Seelenge jaidt. Her- 1860—1873.


-ausg. von Liliencron ^Kürschner). Landleben, Bechstein Deutsches Mu.seum für Geschichte
Contemptus vitae aulicae et laus ruris. Mün- usw. Jena 1842 ff.

chen 1610. Beheim Wiener = Mich. Beheims Buch von


Alberus, Erasmus, dict. = novtim dictionarii den AVienern. hrsg. von Karajan. Wien 1843.
genus 1540. Fabeln. Frankf. a. M. 1550. Neu- B ellin, Job.. Hochdeutsche Rechtschreibung.
druck bei Braune. Widder Jörg Witzeln. 1539. Lübeck 1657.
Aler. Paul, dictionarium germanico-latinum. Benecke
mittelhochdeudsches Wörterbuch,
Köln 1727. mit Benutzung des Nachlasses von G. Fr.
Alsfelder Passions spiel, aus der Hand- Benecke ausgearbeitet von W. Müller und
schrift, die Weigand 1847 auszog. Ausgabe F. Zarncke. Leipzig 1854—1866.
von Grein, Cassel 1874. Ber. d. sächs. Ges. d. W. (BSGW.) Berichte =
Altd. Blätter. Altdeutsche Blätter von Moriz der Kgl. sächsischen Gesellschaft der Wissen-
Haupt u. Heiniich Hoffmann. 2 Bde. Leipzig schaften.
1836. 1840. Berneker Die preußische Sprache. Texte.
Altdeutsche Predigten und Gebete aus Grammatik. Et3'mologisches Wörterbuch.
Handschriften. Gesammelt und zur Her- 1896.
ausgabe voi'bereitet von W. Wackernagel. Berthold =
Berthnld von Eegensburg. voll-
Basel 1876. ständige Ausgabe seiner Predigten hrsg. von
Altenstaig vocabularius, Basileae 1508. 1514. Fr. Pfeiffer. Wien 1862—80.
Amadis, hrsg. von Keller, Stuttgart 1857. Besold Thesaurus practicus. Nürnberg 1697.
Amaranthes nutzbares, galantes und curiöses Bezz. Beitr. =
Bezzenberger Beiträge zur
Frauenzimmerlexicon. 1. Aufl. Leipzig 1715. Kunde der indogermanisch enSprachen. 1877 ff.
2. Aufl. 1739. 3. Aufl. 1773. Bindseil, s. Luther.
Anzeiger des Germanischen Museums. Nürn- Birlinger, Anton, schwäbisch-augsburgisches
berg 18.54 ff. Wörterbuch. München 1864. Wörterbüchlein
Apherdianus tirocinium. 1581. zum Volksthümlichen aus Schwaben. Frei-
Apiniis Glossarium novum. Nürnberg 1728. burg i. Br. 1862.
Archenholtz Geschichte des siebenjährigen Blumauer Aeneis. Wien 1784 — 88.
Krieges. Berlin 1793. Bock Kräuterbuch. 1546. 1572.
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XII
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Lpz. 1772. Der Dorfprediger von Wakefield. Claudius, Matthias, Sämmtliche Werke des
Von neuem verdeutscht. Ebd. 1777. Ge- Wandsbecker Bothen. Wandsbeck 1774 ff.
schichte des Thomas Jones eines Findelkindes. clevisch 1477 bezieht sich auf G. van der
(iBde. Aus dem Englischen. Ebd. 1786— 88. Schueren's Teuthonista (s. d.).

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IL 1739. in. 1736. IV. 1735. V. 1736.
VI. 1789. VII. 1743. VIII. 1746. IX. 1748.
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Brunfels, Otto, Kräuterbuch 1530.
=
= Beiträge zur Geschichte der deutschen.
Delbrück Brugmann- Delbrück
Grundriß
Btr.
Grundriß der vergleichenden Grammatik der
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indogermanischen Sprachen. Bd. 8, 1893 ff.
Braune. Halle 1874 ff.
Dentzler, Joh. Jacob, clavis germanico-latina,
Bürger, Gottfr. Aug., Gedichte, hrsg. von
A. Sauer bei Spemann. (Bohtz) =
Sämmt-
als anderer Teil der clavis linguae latinae.
Basileae 1709. 1713.
liche Werke, hrsg. von Bohtz. Göttingen
1835. Gelegentlich auch nach den Original-
Dictionariolum puerorum Germanico-lati-
num, in gratiam stiidiosae juventutis conge-
ausgaben unter Anführung des Jahres.
stum. Tiguri 1556. 8^ 319 S. Von Fri-
Bürster, Sebastian, Beschreibixng des schwe-
sius (s. d.). Ein Vorläufer von Maaler (s. d.).
dischen Krieges. Leipzig 1875.
Dictionarium, s. Neues usw.
Diefenbach, Laurentius, gl(oss.) glossarium =
Calepinus Dictionarium linguarum septem. latino-germanicum mediae et infimae aetatis.
Basel 1579. Dictionarium undecim lingua- Francofurti a. M. 1857. —
nov. gl(oss). =
rum. Basel o. .1. Novum glossarium latino-germaniciim mediae
Campe 1801 ='VVörterbuch zur Erklärung und et infimae aetatis. Frankfurt a. M. 1867. —
Verdeutschung der unserer Sprache aufge- Mlat(einisches) - h(och)d( eutsch) - böhmisches
drungenen fremden Avxsdrücke. Braunschweig Wörterbuch. Frankfurt a. M. 1846.
1801. 1813 =
2. Aufl. 1813. Die übrigen Dief enbach-Wülcker, Hoch- und nieder-
Zahlen beziehen sich auf das AVörterbuch deutsches AVörterbuch der mittleren und
der deutschen Sprache. Braunschweig neueren Zeit. Basel 1885.
1807—1811. Diemer, Deutsche Gedichte des XI. u. XII. Jh.
Castelli italiänisch-teutsch- und tevitsch-ital. .hrsg. von J. Diemer.
. . Wien 1849.
Wörterbuch. Leipzig 1700. 1709. Dietenberger, Johann, Biblia. Meynz 15o4.
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1892/93. 8. Ebd. 1896,7. 9. Breslau 1898/99. sprache. Kronstadt 1865.
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Tagebücher 3. Abteiliuig. Briefe 4. Ab- 5. 1645. 6. 1646. 7. 1647. 8. 1649. Mathe-
teilung. Zuweilen nach dem Datum an- matische und philosophische Erquickstunden.
geführt. 1636—53.
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Gottsched, Johann Christoph, Grundlegung naire general de lalanguefrancaise. Paris o. J.
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Vollständigere und neuerläuterte deutsche Hätzlerin, hrsg. von Haltaus. Quedlinb. 1840.
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sches Wörterbuch, von Moriz Heine. Leipzig 1567. 1577 u. ö.
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reich üblichen Mundart. 3 Teile. Linz 1815. humana 1521. Christlich Bilgerschafft 1512.
Höf er Urk. =Auswahl der ältesten Urkunden Brösamlin 1512. Evangelibuch 1512. Granat-
deutscher Sprache im Königl. Geheimen Staats- apfel 1510. Narrenschiff 1520. Postill 1522.
und Kabinets-Archiv zu Berlin hrsg. von .
Predigen 1508. Schiff der Penitentz 1514.
Ludwig Franz Höfer. Seelen Paradiß 1510. Sünden des Munds 1518.
Hoffmanns waldau Vermischte Gedichte. Keller, Johann Heinrich. Beyträge zu einem
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Kunst-, Berg-, Gewerck- und Handlungs- 1781. Neudruck Leipzig 1899.
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gaben dieser Werke von 1727. 1741. 1745. Kirchhoff Wendunmuth, hrsg. von Österlej-,
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Poetisches Handbuch. Leipzig 1731. Kirsch. Kirschii abundantissimum cornu co-
Hug Rhetorica. Tübingen 1540. piae linguae latinae et germanicae selectum.
HugSchapler. Straßburg 1500. 1508. 1537. Noribergae 1718. 1723.
Auch Ausgabe von H. Urtel. Hamburg 1905. Klein, Anton v.. Deutsches Provinzialwörter-
Hugo von Trimberg der Renner. Hrsg. vom buch. Frankfurt und Leipzig 1792.
Histor. Vereine zu Bamberg 1833 (Facsimile Klop stock, Friedr.Gottlieb.sämmtlicheWerke.
Neudruck Berlin 1904;. Ausgabe des Literar. Leipzig 1823 ff. Der Messias. Halle. 4 Bde.
Vereins in Stuttgart 1908. (I 1760. II 1756. III 1769. IV 1773). Oden.
Hulsius teutsch-ital. und ital.-teutsches Dic- Leipzig 1798 (auch Hamburg 1771). Die
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fahrt 1595 ff. Grammatische Gespräche. Altona 1794.
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Belege für Worte der Gaunersprache stammen Deutschen. 4 Bde. Leipzig 1 865 ff.
aus diesem Werk und sind dort unter dem Limburger Chronik, hrsg. von K. Rössel.
angegebenen Jahr zu finden. Wiesbaden 1860.
Ködiz Das Leben des heiligen Ludwig, hrsg. Lindener Rastbüchlein und Katzipori, hrsg.
von H. Rückert. Leipzig 1851. von Lichtenstein. Tübingen 1883.
Konrad troj. Kr. Der trojanische Krieg von Liscow Sammlung Satyrischer und Ernst-
Konrad von Würzburg, nach den Vorarbeiten hafter Schriften. Frankfurt u. Leipzig 1739.
K. Frommanns und F. Roths herausg. durch Livländische Reimchronik. Ausgabe von
Adelbert v. Keller. Stuttgart 1858. Franz Pfeiffer, Stuttgart 1844: von L. Mever,
Köpkes Passional. Das Passional (drittes Paderborn 1876.
Buch), hrsg. von Köpke. Quedlinburg 1852. Logau Sinn-Getichte 1654, hrsg. von Gustav
Kr am er (Krämer), Matthias, das neue Dic- Eitner. Nach Tavasenden, Hunderten usw.
tionarium oder Wort-Buch in Teutsch-Italiä- angeführt; einige Male nach Seiten.
nischer Spraach. Nürnberg 1678. Allge- Lohenstein Hyacinthen. Breslau 1680. Sopho-
meiner Schau-Platz, auf welchem vermittelst nisbe. Breslau 1680. Rosen. Breslau 1680.
einer kurtzenFrag-Ordnung vorgestellet wird Ibrahim Sultan 1673. Cleopatra 1661.
die Teutsche und Italienische Benennung Londorp Acta publica des Teutschen Krieges.
aller Haupt-Dinge der Welt. Ebenda 1679. 1622.
Das Königliche Nider-Hoch-Teutsch usw. Lonicerus, Adam, Kreuterbuch. 1587.
Dictionarium. Nürnberg 1719. 3te Auflage L o r i t z a neues Idioticon Viennense. Wien 1847.
,

von Moerbeek 1768. 4te Auflage 1787. Lübben Mittelniederdeutsches Handwörter-


Krünitz Ökonomisch -technologische Enzy- buch. 1888.
klopädie. 1773—1858. Ludwig, Christian, Teutsch-Englisches Lexi-
Kuen, Dionys, Oberschwäbisches Wörterbuch con. Leipzig 1716. 2. Aiafl. (mit der ersten
der Bauernsprache. Buchau 1844. gleichlautend) 1745. 4. Aufl. 1789. Englisch-
Kursächsische Schulordnung 1580. Teutsch-Frantzösisch Lexicon. Leipzig 1706.
KZ = Kuhns Zeitschrift für vergleichende Luther. Luthers Bibelübersetzung, im ur-
Sprachwissenschaft. 1852 ff. sprünglichen Texte, nach Bindseils und Nie-
meyers Abdruck. Luther mit Zahl zeigt
Luthers Bücher und Schriften nach den
Lacomblet ürkundenbuch für die Geschichte einzelnen Teilen der Jenaer Ausgabe an:
des Niederrheins. 1840 ff. 1 1575 usw. Auch mit dem Zusatz J. oder Jen.
Ladendorf Historisches Schlagwörterbuch.
Auch nach der Eisleber (Eisl.), Erlanger (Erl.)
Straßburg 1906. und Weimarer (W.) Ausgabe. Die Briefe
Lamprecht Alexander. Ausg. von Weismann. nach de Wette, Berlin 1825—28; Tischreden,
Frankfurt a. M. 1850. Frankfurt 1578, auch nach Förstemann und
Lamprechts Tochter von Syon, Gießener Bindseil. Berlin 1845 ff. An den christlichen
Handschrift, auch mit Yergleichung von Adel. Neudruck, hrsg. von Braune.
Zeithammers Handschr. und der Lobriser.
Ausgabe von Weinhold, Paderborn 1880.
Langbein Gedichte. 1788. Sämmtliche Schrif- Maaler, Die Teütsch Spraach. Tiguri 1561.
J.,

ten, Stuttgart 1841. ;


Magdeb. Blume =
Die Blume von Magde-
L aurin. Laurin und Walberan. im devitschen burg, hrsg. von Böhlau. Weimar 1868.
Heldenbuch I. Magdeburger Fragen, hrsg. von Behrend.
Lehmann Chronica der Stadt Speyer. Frank- 1865.
furt a. M. 1612 u. ö. Mar et a, Hugo, Proben eines Wörterbuches der
Leibniz Deutsche Schriften, herausg. von österreichischen Volkssprache. AVien 1861
Guhrauer. Berlin 1838—40. u. 1865. Zwei Programme.
=
I

Leipziger Ordn. der Stadt Leipzig allerley Mathesius, Historien von M. Luthers anfang
Ordnungen. Leipzig 1544. usw. Nürnberg 1566. Postilla. Ebd. 1579.
!

L e s s i n g Gotthold Ephraim, sämmtl. Schriften,


, Sarepta oder Bergpostill. Ebd. 1562. 1571 u. ö.
!

hrsg. von Karl Lachmann. 13 Bde. Berlin Syrach. Leipzig 1586 (s. DW. 5, XXXIV).
1888-1840. Matthisson, Gedichte. Zürich 1802.
Levy Die semitischen Fremdwörter im Grie- Megenberg, Kom-ad von. Buch der Natur,
chischen. Berlin 1895. hrsg. von Pfeiffer. Stuttgart 1861.
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Messerschmid Die kluge Narrheit. Dielustige loruni usw. Frankfurt u. Leipzig 1694. 1697,
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Meurer, Hermann, lexikalische Sammlungen Nemnich, Wörterbücher der Naturgeschichte.
aus Friedrich Eückerts Werken. Weimar Hamburg 1798. Polyglottenlexikon. 1793—95.
1872. Programm. Neues Teutsch-Frantzösisch-Lateinisches Dic-
Michaelis poetische Werke. Wien 1797. tionarium oder Wort-Buch. Genf, in Ver-
Micrälius. J.. Sechs Bücher vom Alten Pom- legung Wiederhol ds 1669. Auch Wieder-
merlande. Stettin 1639. holds Dicionarium genannt.
Miller, Siegwart. Leipzig 1777. Bey-
J. M.. Neues Dictionarium oder Wörter -Buch Für
trag zur Geschichte der Zärtlichkeit. Ebd. einen Reisenden. Teutsch-Frantzösisch- und
1776. 2. Aufl.1780. Die Geschichte Gottfried Lateinisch. Genf 1683. Eine neue mit erst
Walthers, eines Tischlers. Ulm 1786. aufgekommenen Wörtern vermehrte Auflage
Milstäter Exodus und Milstäter Genesis. erschien ebd. 1695.
Genesis und Exodus nach der Milstäter Neukirchs Sammlung =
Herrn von Hoff-
Handschrift herausg. von Joseph Diemer. mannswaldau und anderer Deutschen auser-
Wien 1862. lesener . . . Gedichte erster Teil. Leipzig 1697.
]Mone Anz. Anzeiger für Kunde der deutschen Dann noch 5 Teile 1703—27.
Vorzeit, herausg. von Mone. 1835 ff. Nib. oder Nibel. Nibelungenlied. Ausg. von
Mone Zeitschr. Zeitschrift für die Geschichte Karl Lachmann.
des Oberrheins. Herausg. von Mone. 1850fg. Nicl. V. Wyle s. Wyle.
Montanus, Martin. Schwankbücher. Herausg. Niebergall, Ernst Elias, des Burschen Heim-
von F.Bolte. Tübingen 1899. kehr, oder: der tolle Hund. Lustspiel in
Monumenta Boica. München 1763ff. vier Aufzügen. Li der Mundart der Darm-
Moerbeek, Ad. Abr. van, städter, Worms, 1837. Niebergall schrieb
neues deutsch-
holländisches Wörterbuch. unter seinem Studentennamen Streff.
Leipzig 1768.
S. Kramer. Nieremberger, Benedikt Friederich, Deutsch-
Mörike Werke in 4 Bänden. Stuttgart 1899. lateinisches Wörterbuch. Kegensburg 1753.
Moritz, Karl Philipp, Vorlesungen über den Nomenciator Latinogermanicus novus. Ex
Styl. Neue Ausgabe von Johann Joachim optimis quibusque authoribus, juxtu vaiias
Eschenburg. Braunschweig 1808. rerum classes digestus. Tiguri 1556. Von
Moscherosch, Hans Michael, wunderliche Frisius (s. d.). Von S. 149a— 203b ist ein
und wahrhafftige Geschichte Philanders von Nomenciator Germanicolatinus beigefügt.
Sittewald. 2 Teüe. Straßburg 1646. 1650. Noreen, Urgermanische Lautlehre. 1894.
Insomnis cura parentum. Neudruck von Notariat und teutsche Khetorik. 1565.
Ludwig Pariser. Halle 1893. Notker, Ps. Notker Psalmen. =
Moser, Justus, patriotische Phantasien. 4 Teile. Notker Boethius, Martianus Capella, aristo-
Berlin 1775 —
1786. Vermischte Schriften telische Abhandlungen, die Ausgabe von Graff.
1797. 98. Nouveau dictionnaire AUemand-Franfois. Straß-
Müller und Weitz, die Aachener Mundart, burg 1762.
Idiotikon. Aachen 1836. Nürnberger Polizeiordnungen, hrsg. von Baader,
Müller, Johann Gottwerth. Siegfried vou Stuttgai-t 1861.
Lindenberg. 4 Teile. Leipzig 1790. Strauß-
fedem 1790.
Müller, Maler, Werke. Heidelberg 1811. Bei
Oheims Chronik von Keichenau. hrsg. von
Barack. Stuttgart 1866.
einzelnen Schriften mit A'ergleichung der
Olearius, Adamus, newe
orientalische Eeise-
ersten Drucke.
beschreibung. Schleßwig 1647. Angehangen
Müller, Laur.. polnische usw. Historien 1585.
mit eigner Seitenzahl ,.Ein Schreiben des
Münchhausen Reisen.
Münster, Coämographey 1567. 1628. Wol Edlen, Gestrengen und Vesten Hohen
Albrecht von Mandelslow". Schleßwig 1645.
Murner, Geuchmatt, hrsg. von Uhl. Luthe-
Moskowitische und Persianische Keisebe-
rischer Narr. hrsg. von Kurz. Schelmenzunft.
schreibung, Hamburg 1696, darin: Persiani-
Narrenbeschwörung nach den Neudrucken.
sches Eosenthai. Persianischer Baumgarten.
M usäus, .Johann Karl August, Volksmährcheu Ölinger. Albert. Vnderricht der Hoch-Teut-
der Deutschen. 5 Teile. Gotha 1787. 1804.
schen Spraach (Grammatica). Argento-
1826. Moralische Kinderklapper. Ebd. 1788.
rati 1574 am Ende 1573), zitiert nach dem
Der deutsche Grandison 2 Teile. Eisenach
alten Druck, dessen Seitenzahlen im Neu-
1781 f. Physiognomische Eeisen. 4 Hefte.
druck von W. Scheel Halle a. iS. 1897 ange-
Altenburg 1788.
Mtiskatblut. Lieder. Hrsg. von E. v. Groote. geben sind, z. T. auch übertragen.
Cöln 1852.
Opel und Cohn. Der dreißigjährige Krieg.
Myst. = Eine Sammlung von historischen Gedichten.
Mystiker, hrsg. von Pf eiffer. Leipzig
Halle 1862.
1845—57.
Opitz, Martin, opera poetica 1629. Amst. =
Amsterdam. I. 1646. TL. 1646. JH. 1645.
Nas, J., Practica Practicorum. 1571. Das Buch von der teutschen Poeterey. Nach
ndl. 1598. 1599. =
Kilian. dem Neudruck bei Braune. Ein paar Mal
Nehring, Joh. Christoph, manuale juridico- nach Witkowski.
politicum diversorum tenninorum vocabu- Ordnungen, s. Eeichsordnungeu.
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. b
XYIII Quellen.

Orthographisches Handbuch. Bonn 1873. Reichsordnungen des Heyligen Römi- =


Ortnit, Im deutschen Heldenbuch III. schen Reichs Ordnungen. Worms 1536. 1539.
Osthoff Etymologische Parerga. Leipzig 1901. Mainz 1579.
Oswald V. AVolkenstein hrsg. von Schatz, Reinwald, hennebergisches Idiotikon. Berlin
,

Göttingen 1904. 1793—1801.


Otfr. Otfried, Evangelienharmonie (Krist), Renner, s. Hugo von Trimberg.
Ausg. von Kelle. Eegensburg 1856. Reuter, Christian, nach den Neudrucken bei
Ottokars österreichische Reimchronik, hrsg. Braune, 1696 erste Fassung, 21696 oder 1697
von Seemüller. Hannover 1890. zweite Fassung des Schelmufsky.
Overbeck, Vermischte Gedichte. Lübeck 1 794. Richey , Idioticon Hamburgense. Hamb. 1743,
1755.
Paracelsus, Opus chirurgicum. 1565. Richthofen, Karl v., altfriesisches Wörter-
Passional, s. Hahns Passional und Köpke's buch.
Passional. Ringwald t. Christliche Warnung des Trewen
Passionsspiel, Alsfelder Passionsspiel und
s.
Eckharts. 1590. Die lauter Wahrheit. 1586.
Eriedberger Passionsspiel. 1598. Evangelia 1581.
Paul, Jean, Sämmtliche Schriften. Berlin 1826 f. Robinson
Crusoe, Leben und Begebenheiten
Auch nach den ersten Ausgaben. Leipzig 1720. Vgl. Goedeke^ 3, 263.
des.
Pauls Grd. =
H. Paul Grundriß der germani- Röding, J. H., Allgemeines Wörterbuch der
schen Philologie. Marine. Hamburg 1793 ff.
PBrBtr. s. Btr. Rolle nhagen Froschmeuseler. Ein paarmal
Pegius Dienstbarkhaiten. Ingolstadt 1559. nach der alten Ausgabe von 1599 auf der
Persianischer Baumgarteu. Hambg.1696. Leipziger l'niversitätsbibliothek, dann nach
Ein Teil des Werkes von Olearius, s. d. Buch, Teil, Kapitel (Vers).
Peypus. Nomenclatura rerum domesticarum. Romanische Forschungen.
Norimb. apud Er. Pe3'pus. 1530. R o n d e a u Neues Teutsch-FranzösischesWörter-
Pfeffel poetische Versuche. Basel 1789— DO. buch. Verbesserte Auflage. Leipzig 1765.
4. Auflage. Tübingen 1802—9. Rößlin Kräuterbuch 1533.
Pf ist er, Chattische Stammeskunde. Kassel Rost, Johann Christoph, Versuch von Schäfer-
1880. erzählungen 1744, Als vermehrte Aiiflage:
Picander, emst-, schertzhaffte und satyrische Versuch von Schäfergedichten 1768. Das
Gedichte. 5 Bände. 1727—51. Vorspiel 1742.
Pistorius thesaurus paroemiacus 1716. Rot, Simon, Ein Teutscher Dictionariiis,
Platen, Aug. von, gesammelte Werke. Stutt- Augspurg 1571, 1572.
gart 1843. Roth, J, F, ,
gemeinnütziges Lexikon, Neue
Platter, hrsg. von Boos. Leipzig 1878. Auflage. iSTürnberg 1791.
Pomey (Pomai), Franciscus, Das Grosse König- Rothe Düringische Chronik, hrsg. von Lilien-
liche Wörterbuch, I. Teutsch-Frantzösisch- cron 1859.
Lateinisch. Frankfurt am Majni 1690. Etliche rot\^elsch, s. Kluge.
Beschreibungen (diverses descriptions) als ,
Rückert Poetische Werke. Frankf. a.M. 1868.
Anhang zu „11. Frantzösisch-Lateinisch- Gesammelte Gedichte. 6 Bde. Erlangen 1834.
Teutscla'-. Auch 1709, zitiert als Grand dict, Rüdiger Neuester Zuwachs der teutschen
Prätorius Mägdetröster 1663. Sprachkunde. Leipzig 1782 93, —
Preciosa, s. Wolff.
Pudor, Christian, der Teutschen Sprache Sachs, Hans, zitiert ohne Zusatz nach Keller,
Grundrichtigkeit und Zierlichkeit. Colin Ein paarmal sind alte Zitate AVeigands, weil
an der Spree 1672. nicht auffindbar, stehen geblieben. W. be-
nutzte I, Nürnberg 1590, U. 1591. JIl. 1588.
Raben er, Gottlieb Wilh., Satiren. 4 Teile. IV. 1578. V. 1579. Die Fastnachtsspiele und
Leipzig 1755. 1766. Fabeln und Schwanke auch nach den Goetze-
Rabenschlacht, im deutschen Helden- schen Neudrucken (Halle, Niemeyer), zit,
buch III. Fastn., Fab.
Rachel Sat. = Joachim Rachels Satyrische S a c h s e n s p i e g e 1 nd. hrsg. von Horae3'er, md.
.

Gedichte hrsg. von K. Drescher. Halle 1903. von Hildebrand.


Rädlein, europäischer Sprachschatz. Erster Salis, Gedichte. Zürich 1800.
Teil. Leipzig 1711. Sallust. übersetzt V. Pleningen. Worms 1513.
Ramler, Karl Wilhelm, poetische Werke. 1515.
Berlin 1800 u. 1801. Gedichte. Berlin 1779. Salomönis hüs, in Adrians Mitteilungen aus
Rauwolff, Beschreibung der Raiß ... in die Handschriften usw. S. 417 455. —
Morgenländer. Laugingen 1582. Sattler Teutsche Orthographey. Basel 1607.
Rebhun,P. Susanna. Zwickau 153G. Dramen, 1616.
hgb. von Palm. Stuttgart 1859. Schaidenroisser Odyssea. Augsburg 1538.
Regel, Karl, die Ruhlaer Mundart. Weimar 868. Schambach. Geoi'g, Wörterbuch der nieder-
1

Das mittelniederdeutsche Gothaer Arznei- deutschen Mundart der Fürstentümer Göt-


buch. Gotha 1872 f. tingen lind Grubenhagen. Hannover 1858.
Reichel, Eugen, Kleines Gottsched -Wiirtev- Schede, Paul (Melissus), Die Psalmen Davids
buoh. Berlin 1902. in teutischeGesangsrevmen. Haidelberg 1572
Quellen, XIX
fauch in den Neudrucken Nr. 144 148,— lirsg. Schröer Yocab., lateinisch -deutsches Voca-
von Jellinek, Halle 1896;. bular von 1420. Presburg 1859. Beitrag
Scheible, Das Kloster. Stuttgart 1845. Das zu einem Wörterbuch der deutschen Mund-
Schaltjahr. Stuttgart 1846. arten des ungrischen Berglandes. Wien 1857
Scheibner Galant interprete. 1685. bis 1859. Gottscheewer Mundart. Wien 1869.
Seh ei dt Grobianus. Neudruck. Halle 1882. Schubart, Christian Friedr. Daniel, Gedichte,
Schelmufsky s, Eeuter, Chr. 2 Bde. Frankfurt a. M. 1787.
Scherff er,W. Gedichte. 1652. Der Grobianer. Schulze, W., Zur Geschichte lateinischer
Brieg 1640. Eigennamen. Göttinger Ges. d. Wiss.
Schiller, Friedrich von. Es sind die ein- (Schummel, Joh. Gottlieb), Spitzbart, eine
zelnen Werke und Gedichte zitiert und die komi-tragische Geschichte für unser päda-
Stellen den ältesten Drucken oder Karl gogisches Jahrhundei't. Leipzig 1779.
Goedekes kritischer Ausgabe entnommen. Schupp (ins), Balthasar, Schrifften. Hanau 1663.
Die Braut von Messina wurde, weil ohne Schütz, Siegerländer Idiotismen, in den Jahres-
Abteilung in Aufzug und Auftritt, nach der berichten der höheren Bürger- und Eeal-
Seitenzahl des ersten Druckes (Tübingen 1803) schule zu Siegen 1845 u. 1848.
zitiert. Schütze, Johann Friedr., holsteinisches Idio-
Schiller Karl, zum Thier- und Kräuterbuche tikon. 4 Teile. Hamburg 1800 ff.
des mecklenburgischen Volkes. 3 Hefte (Pro- Schwartzenbach, Leonhard, Synonyma.

gramme). Schwerin 1861 1864. Beyträge Frankfurt a. M. 1580.
zu einem mittelniederdeutschen Glossar. Schwarzenbcrg. J. v.. der teütsch Cicero.
Schwerin 1867. Augsburg 1534.
Schiller undLübben, Mittelniederdeutsches Schweinichen. Hans. Leben und Abenteuer,
Wörterbuch. Bremen 1875 — 81. hrsg. von Büsching. Leipzig 1823.
Schiltberger. Hans, Beisetagebuch. Heraus- Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch
gegeben von Langmantel. Tübingen 1885. der schweizerdeutschen Sprache. Bearbeitet
S chiltb ergers Keisen von 1394 — 1427. Hrsg. von F. Staub u. L. Tobler. Frauenfeld 1881 ff.
von Neuniann. München 1859. Scriptores rerum Silesiacarum, herausg. von
Schmeller* =Schmeller - Frommann, Bay- Stenzel.
risches Wörtei'buch. 2. Ausgabe. München Sebiz, Melch.. Siben Bücher von dem Feld-
1872. bau. Straßburg 1580.
Schmid, J. Chr. v., schwäbisches Wörterbuch. Serapeum, Zeitschrift für Bibliothekswissen-
Stuttgart 1831. schaft. Leipzig 1840.
Schmidel Reise nach Südamerika (1534 — 54). Serränus, dictionarium latino-germanicum,
hrsg. von Langmantel. Tübingen 1889. Norimbergae 1539. Synon3anorum libellus,
Schmidt (Prediger zu Werneuchen), Friedrich Norimbergae 1552.
Wilhelm August, Gedichte. Berlin 1797. Sleidanus, übersetzt von Stamler 1557.
Almanach romantisch -ländlicher Gemähide. Soltau, Ein Hundert deutsche Volkslieder.
Ebenda 1798. Almanach der Musen und Zweite Ausgabe. Leipzig 1845. Zweites
Grazien für das Jahr 1802. Ebenda 1802. Hundert. Hrsg. von Hildebrand. Lpzg. 1856.
Schmidt Klamer Eberhard Karl, poetische Soranus epitome quatuor librorum Conr.
Briefe. Dessau 1782. Neue poetisch. Briefe. Gesneri de historia animalium. 1571. 1587.
Berlin 1790. Ohne Beisetzung des Namens Spee Trutz -Nachtigal, hrsg. von G. Balke.
erschienene Erzählungen aus der Geschichte Leipzig 1879.
der Actäontischen Nachkommen. Berlin 1789. Sp er ander, ä la Mode-Sprach der Teutschen
Komische und Humoristische Dichtungen. (Fremdwörterbuch). Nürnberg 1727, 1728,
Berlin 1802. Der eigentliche Name des Verfassers ist
Schmidt wQsterwäldisches Idiotikon. Hada- F. Gladow.
mar 1800. Städtechroniken s. Chron. d. d. Städte.
Schnabel, Ludwig, Wunderliche Fata einiger Stalder, Versuch eines schweizerischen Idio-
Seefahrer. I. Noi'dhausen 1731. IL Halber- tikon. Aarau 1812.
stadt 1772. IIL Nordhausen 1739. IV.Ebd.l743. Steinbach, Deutsches Wörterbuch 1725. Voll-
Soweit der Neudruck, die Insel Felsenburg, ständiges deutsches Wörterbuch 1734.
hrsg. von H. Ullrich vorliegt, danach ange- Steinmej'er-Sievers Althochdeutsche Glos-
führt. sen. 4 "Bde. Berlin 1879 ff.

Schönsleder Wolfgang, promptuarium


, ger- Stiel er, Der Teutschen Sprache Stamm-
C.
manico-latinum. Augustae Vindelicoriun 1618. baum und Fortwachs, Nürnberg 1691,
Monachii 1647. Dillingen 1663. Stolberg, Christian und Friedrich Leopold,
Schöpf, tirolisches Idiotikon. Innsbruck 1866. Gedichte. Leipzig 1779. In 2 Bändchen.
Schottelius, Justus Georg, Teutsche Sprach- Leipzig 1821.
kunst. Braunschweig 1641. Die 1663 er- Stoppe, Neue Fabeln. Gedichte 1728. Parnaß
schienene dritte Auflage, auch bloß Schotte- 1735.
lius zitiert,unter besonderem Titel, ,,aus- Dictionarium Germanico-Gallico-Lati-
S t o e r.
führliche Arbeit von der Teatschen Haubt- num. Genevae, Stoer, 1662. 2. Teil des
Sprache". Dictionnaire Francois-Alleman-Latin et Alle-
Schrader, Otto, Eeallexikon der indogerma- man-Fran9ois-Latin,par Jacob Stoer. Geneve,
nischen Altertumskunde. 1901. 1
Stoer, 1664.
b*

k
XX Quellen.

S tr aß burger Zunft- und Polizeiverordnungeu. vocabularius optimus. Liptzk 1501.


Zusammengest. von J. Brucker. Straßb. 1882. voc. praed. = Melber.
Streff E.. s. Mebergall.
, vocabula pro juventute scholastica 1517.
Strodtmann, Idioticon Osnabrugense. Leip- voc. rerum s. Brack.
zig 1756. voc. theut. = vocabularius theutonicus. Nürn-
Stumpf f, Gemeiner Eydgnoschafft Chro-
Job., berg 1482.
nik. Zürich 1548. ZweiteAusgabe Schweytzer Voß, .Johann Heinrich.
: Luise, Königsberg
Chronik. Zürich 1606. 1823. Idyllen, Leipzig. Gedichte, Königsberg
Stürenburg, C. H. ostfriesisches Wörter-
, 1802. Die tausend und eine Nacht, arabische
buch. Aurich 1857. Erzählungen. Aus dem Französischen (des
der Sunden widerstrit, Gießener Handschrift Herrn Anton Galland) übersetzt. 6 Bände.
von 1278. Xach der Seitenzahl derselben Bremen, 1781—1785. Briefe. 1829-38.
lind auch zuweilen nach der Verszahl von
Weigands Abschrift zitiert.
Wächter, Georg, Glossarium germanicum.
Leipzig 1737.
Taberuä montan US Kräuterbuch. 1588. Wächtler Commodes Maniial oder Handbuch
T eich n er. Über Heinrich den Teichner, von 1711. 1714. (Soeben wird mir eine ältere
Karajan. Wien 1855. Ausgabe von 1703 zugänglich, die fast den
Teuerdank, herausg. von Haltaus. Quedlin- gleichen Stoff zu enthalten scheint, so daß die
burg 1836. meisten Belege auf dieses Jahr zu setzen sind).
Teuthonista, G. von der Schueren"s Teu- Wackernagel, Wilhelm, altdeutsches Lese-
thonista of Duytschlender. 1477. Leiden 1804. buch. Fünfte Aufl. (1873), auch die vierte Aus-
In eene nieuwe bewerking uitgegeven door gabe (1861). Wörterbuch zum altdeutschen
J. Verdam. Leiden 1896. Lesebuch. Die Umdeutschung fremder Wör-
Teutscher Michel. Ein ue-n- Klaglied, Teutsche ter. Basel 1863. Altdeutsche Predigten, s.
Michel genannt, o. O. 1617. Altdeutsche Predigten und Gebete.
Theatrum diabolorum, Frankf. 1575. 1587. Wagner, Heinrich Leopold, die Kindermör-
Thomas(ius), Einleitung, Sittenlehre u. a. derin. Neudruck Heilbronn 1883, in dem
Schriften. die Seitenzahlen des ersten Druckes ange-
Thümmel, Moritz August von, Wilhelmine, i

geben sind.
Leipzig 1769, auch mit Berücksichtigung der j
Walde, Lateinisches etymologisches Wörter-
ersten Ausg. von 1764. Reise in die mittäg- buch. Heidelberg 1906.
lichen Provinzen von Frankreich im Jahr | Waldis, Burkhard, Esopus, nach Buch und
1785—1786. 10 Teile. Ebd. 1791—1805. Nummer der Ausgabe von H. Kurz. Leip-
Thurneysser Onomasticon. 1588. zig 1862. Streitged. =
Streitgedichte gegen
Tieck gesammelte Novellen. Breslau 1847. Herzog Heinrich den Jüngern von Braun-
Schriften. Berlin 1828—54. schweig. Hrsg. von Koldewey. Halle 1883.
Tob 1er, appenzellischer Sprachschatz. Zürich Wallhausen, Corpus militare. 1617, Kriegs-
1837. kunst zu Pferde 1616. Kriegß Manual 1616.
;

Tristan, Ausg. von Maßmann. Leipzig 1843. Walther, Walther von der Vogelweide, hrsg.
TrochuSj Baidassar, vocabulorum rerum [
von Karl Lachmann.
promptuarium. Lipsiae 1517. i

Weber, Johann Adam, Teutsch-Lateinisches


Tscher ning Deutscher Gedichte Fi'ühling.
'

Universal -Wörter -Buch (Zweiter Teil des


Breslau 1642. kurz gefaßten Lateinisch - Teutschen und
Teutsch - Lateinischen Universal - Wörter-
Uhland, Ludwig, Gedichte. Stuttgart und buches). Chemnitz 1734. Die Seitenzahlen
Tübingen 1839. Volkslieder. Stuttgart 1844. sind nach dem deutsch -lateinischen Teil
Uhlenbeck, kurzgefaßtes Etymologisches zitiert. Verglichen ist die dritte von Johann
Wörterbuch der gotischen Sprache. 2. Aufl. Daniel Heyde besorgte Ausgabe in 3 Teilen
Amsterdam 1900. (Dresden 1770), deren dritter das deutsch-
Der L^nartige teutsche Sprach verderber. 1643. lateinische Universal -Wörterbuch enthält.
Weckherlin,
G. E., Gedichte, herausg. von
Veith Deutsches Bergwörterbuch. Tübingen 1894—1907.
Breslau Fischer.
1871. Wedels Hausbuch. Tübingen 1882.
Vilmar Idiotikon von Kurhessen. Marburg Weim. Jahrb. Weimarisches Jahrbuch für =
1868. deutsche Sprache. Hannover 1854.
Vintler Die pluenien der tugend. Herausg. Weinhold, Karl, Die Deutschen Monats-
von Zingerle. Innsbruck 1874. namen. Halle 1869. Beiträge zu einem schle-
Virginal, Im deutschen Heldenbuch. V. sischen Wörterbuch. Gießen 1857.
voc. oder vocab. vocabularius, vocabularium. Weise, Chr., Die drei ärgsten Erznarren in
voo. ex quo, Eltuil 1469. der ganzen Welt. Abdruck der Ausgabe von
voc. gemma gemmarum. Köln 1495. Straß- 1673. Halle 1878. Politischer Näscher.
burg 1505. 1508. Hagenau 1610. Vgl. Gemma. Catharina bei Kürschner. Der betrogne
voc. incip. teut., vocabularius incipiens teu- Betrug. 1678.
tonicum ante latinuni. Gegen oder um 1500. "Weis m a n n Erycus, lexicon bipartitum, latino-
,

voc. opt. =
vocabularius optimus, aus dem gennanicum et germanico-latinum. Stutt-
14. Jh., hrsg. von W.Wackei-nagel. Basel 1847. grardiao 1715. Auch 1703 in der ersten Aus-
Quellen. XXI
gäbe des deutsch-lateinischen Teiles zitiert, Wolf dietrich, im deutschen Heldenbuch LQ.
mit welcher ganz der von 1713 stimmt. 'Wolff. Christian. Vollständiges mathemati-
Weisth. = Weisthümer ,
gesammelt von sches Lexicon. Leipzig 1716. 1734. 1746.
J. Grimm. Göttingen 1840fg. Wolff. Pius Alexander. Dramatische Spiele.
:

Weiße, Christian Felix, Gedichte. 3 Bände. I (worin 59—200 Preciosa). Berlin 1823.
Leipzig 1772. Trauerspiele. 5 Teile. Ebd. W^olfram v. Eschenbach Parzival. hrsg. von
177B_1780. Lustspiele. 3 Bände. Ebd. 1783. Lachmann. Berlin 1854.
Komische Opern. 3 Teile. Ebd. 1777 (ver- Wtbch. d. d. Syn. Weigands Wörterbuch der
\


glichen die Ausg. 1768 1772;. Der Kinder- deutschen Synonymen. Mainz 1852.
freund. 12 Teile. Jagd. Württembergische Zollordnung von 1661.
Ebd. 1780—1782.
Well er Dichtungen des Tübingen 1874. jWyle, Translationen von Niclas von Wyle,
16. Jh.
W e1ser - Werlichius Augsburgische Chronica. hrsg. von Keller. Stuttgart 1861.
!

Frankf. 1595. I

Werlhof. Paul Gottlieb. Gedichte. Han- Zachariä, Friedrich Wilhelm. Scherzhafte


nover 1749. Epische und Lyrische Gedichte. 2 Bände.
Werner, Eechtschreibung 1629. Braunschweig und Hildesheim 1761. Die
Wickram, Eollwagenbüchlein, hrsg. von Kurz. einzelnen epischen Gedichte sind mit Na-
Werke, hrsg. von J. Bolte. 8 Bände. Tübingen I
men und Verszahl zitiert. Die Tageszeiten.
1901—6. I Zweyte Aufl. Eostock 1757. Die vier Stufen
Wiedemann, Mich., bist, poetische Gefangen- des weiblichen Alters. Ebd. 1757. Eenommist.
schaften. Leipzig 1690. Monatsweise zitiert. Poetische Schriften. Braunschweig 1772.
Wieland, Christoph Martin. Comische Er- Zauber -Lex. =
Onomatologia curiosa artifi-
zählungen. 1768. Dieselben sind einzeln mit ciosa oder ganz natürliches Zauber-Lexicon.
der Yerszahl zitiert. Idris. Leipzig 1768. 2. Aiifl. Xürnberg1764.
- Der neue Amadis. 2 Bände. Ebd. 1771. Die Zehner Xomenclator 1622.
Abderiten. 2 Teile. Ebd. 1781. Oberon. Zeiller Episteln 1644.
Ebd. 1792. Nach Gesang und Strophenzahl Zeit. -Lex. Christian Weisens Curieuse Ge- =
zitiei-t. Horazens Briefe. Übersetzt. 2 Teile. danken von den Xouvellen oder Zeitungen
Dessau 1782. Horazens Satyren, aus dem und dann Ein Zeitungs- Lexikon.
. , . . . .

Lat. übersetzt. 2 Teile. Leipzig 1786. Ge- Frankfurth Leipzig 1703.


u.
heime Geschichten des Philosophen Pere- Zeitschrift des Vereins für Volkskunde.
grinus Proteus. 2 Teile. Ebd. 1791. Sämmt- Z e r n i t z Christian Friedrich Versuch in mora-
, .

liche Werke. Leipzig 1794 ff. Dazu 6 Supple- lischen und Schäfer-Gedichten. Hamburg u.
mentbände 1797—98. Leipzig 1748. Zeruitz stai'b am 1. Febr. 1745.
Wiener S. B. = Sitzungsberichte der K. Zesen. Deutscher Helikon 1641. 1649. Adria-
Akademie der Wissenschaften in Wien. Phil.- tische Eosemund 1645. Xeudruck von .Jelli-
hist. Klasse. nek. Halle 1897. Eosenmänd. 1651. Ibrahim.
Wierstraat = des Stadt-Secretarius Christia- 1645. Dögens Kriges Baukunst 1648.
nus Wierstraat Eeimchronik der Stadt Xeuss. ZfdA. =
Zeitschrift für deutsches Altertum.
Herausg. von G^rote. Köln 185.5. Auch in Z f h d a. M =
Zeitschrift für hochdeutsche Mund-
den Chroniken der deutschen Städte XX, 479 ff. arten.
Wigalois, Ausg. v. Franz Pfeiffer. Leipzig ZfdPh. ^
Zeitschrift für deutsche Philologie,
1847. hrsg. von Ernst Höpfner und Julius Zacher.
Wilhelmi, .Joh. Gerlacus, Lexicon Germanico- Halle 1869 ff.

Latinum, als zweiter Teil seines Lexicon ZfdW. = Zeitschrift für deutsche Wort-
proso-metricum Latino-Graeco-Germanicum. '

forschung.
Francofurti ad Moenum
1706. Zimmerische Chronik, hrsg. von Barack.
Williram. Ausg. H. Hofimann. Breslau
v. 2. Aufl. Freiburg 1881.
1827; von J. Seemüller, Straßburg 1878. Zincgref Apophthegmata 1626. 1631. 1639.
i

Wilwolt von Schaumburg. 1507. Hrsg. von Auch Amsteldam 1653, fünf Teile.
Keller. Stuttgart 1859. Zupitza, Ernst, Die germanischen Guttvirale.
j

Withof, Johann Philipp Lorenz, academische Berlin 1896. i

Gedichte. 2 Teile. Cleve und Leipziir 1782 Bei Anführung von Schauspielen deuten die
und 1783. beigesetzten Zahlen Aufzug und Auftritt an.
Verzeichnis Yorkoininender Abkürzungen.

a. . = alt
. . . . bayr. = bayerisch. H. = Hälfte, B. H. = z. 1.

a. a. = am angefülirten Ort.
O. Bch. = Buch. erste Hälfte.
ABL. = Ableitung;. bed. =- bedeutet, bedeuten. hd. = hochdeutsch.
ab(uljg. = altbulgarisch (auch Bed. = Bedeutung. '
hebr. = hebräisch.
altkirchenslavisch genannt). Bedd. = Bedeutungen. hess. = hessisch.
adj. = adjektiv(isch). bes. = besonders. hochd. = hochdeutsch.
adv. = adverb(ial). Bez. = Beziehung, Bezug. holst. = holsteinisch.
I

afr(än)k. = altfränkisch bildl.= bildlich, Hs. = Handschrift.


afr(an)z. = altfranzösiscli. Bl. = Blatt.
afr(ie)s. = altfriesisch. bret. = bretonisch. Id. = Idiotikon.
agerm. = altgermanisch. Imp. = Imperativ,
ags. = angelsächsisch. chin. = chinesisch, impers. = impersonal.
ahd. = althochdeutsch (hoch- czech. = tschechisch. Inf. = Infinitiv,
deutsch Yom bis ins 7. 1 2. .Jh.) insbes. = insbesondere.
ai(ud). = altindisch. Interj. = Interjektion,
d. vgl. s. d.
a(lt)ir. = altirisch. d. = das ist.
intrans. = intransitiv.
ion. = ionisch.
i.
aisl. = altisländisch. dän. = dänisch.
ai'lt)kelt.= altkeltisch. Dat. = Dativ. ir. = irisch,
Akk. = Akkusativ. dial. = dialektisch. • isl. = isländisch.
akymr. = altkj^mrisch. dim. = diminutiv. I
ital. = italienisch.
alb. == albanesisch. ! Jh. = Jahrhundert.
alem. = alemannisch.
ebd. = ebenda,
I

älternhd. = älterneuhoch- Kaj). = Kapitel.


eig. = eigentlich.
kämt. = kämtisch.
I

deutsch.
an. = altnordisch.
els(äss.) = elsässisch. j

= keltisch.
engl. = englisch.
kelt.
a(lt)rom. = altromanisch. Komp(ar). = Komparativ.
entl. = entlehnt.
an. anord.
s. Konj. = Konjunktion.
and(d). = altniederdeutsch (die Konj. = Konjunktiv.
kleinern altniederdeutschen f., F(em). = Femininum. körn. = kornisch.
Sprachdenkmäler bezeich- Fakt. = Faktitivum. kurhess. = kurhessisch.
nend). ff. = folgende, kymr. = kymrisch.
andfr(än)k. =
altniedei'fräu- flekt. = flektiert,

kisch. flg. = folgend. lad. = ladinisch.


andl. = altniederländiscli fr(än)k. = fränkisch. laus. = lausitzisch,
an(ord).= altnordisch. fr(an)z. = französisch, lat. = lateinisch,
Anm. = Anmerkung. fries. = friesisch, = leipzigerisch.
leipzig.
apers. = altpersisch (Sprache frühnhd. ^= frühneuhoch- lett.= lettisch.
der pers. Keilinschriftenj. deutsch. Lex. = Lexikon,
apreuß. = altpreuBisch (die lit.= litauisch.
Sprache der alten Preußen, gall. = gallisch.
s. o. Berneker). Gen. == Genitiv, m. .
== mittel
. . . .

arab. = arabisch. germ. = germanisch, m. :^ Maskulinum.


aram. = aramäisch. gew. = gewöhnlich. M(ask). =
Maskulinum.
arm. = armenisch. gl(eich)bd. = gleichbedeutend, Ma. =
Mundarten,
Art. = Artikel. got. = gotisch. md. =
mitteldeutsch (Sprache
asächs. = altsächsisch gr. = griechisch. I Mitteldeutschlands vom 12.
fSprache des Heliand). Gramm. = Grammatik. bis ins 15. Jahrhundert),
aw(est). ^ awestisch. Grdbed. = Grundbedeutung. mengl. =
mittelenglisch.
Abkürztmo:en. XXIJJ
mhd. =
mittelhochdeutsch Part. = Partizipium. Subst. =
Substantiv.
(hochdeutsch von 1150 bis Pass. = Passiv. I

I südd. == süddeutsch.
gegen 15Ö0). Perf. = Perfektum. Süddtschld.= Süddeutschland.
mlat. =
mittellateinisch. Pers. = Person. 1

Sup. =
Superlativ.
mnd(dj. =
mittelniederdeutsch PKttr,. = Plural, ! s. V. =
sub V. ce 'unter dem
(s. Schiller und Lübben, und polab. == polabisch. i Wort).
Lübben). poln. = polnisch, '

s. = soviel
V. a. als.
mndfrk. = mittelniederfrän- pomm. = pommerisch. s. = soviel wie.
V. w.
kisch. portfug). = portugiesisch.
mndl. =
mittelniederländisch, Präp. = Präposition. thür. ^ thüringisch,
mrhein. =
mittelrheinisch, Präs. = Präsens. thrak. = thrakisch.
mundaitl. mundartlich.= Prät. = Präteritum, tirol. =^ tirolisch.
preuß.^ preußischi'die Sprache trans. = transitiv,
tschech. = tschechisch,
,

n. == neu der Provinz Preußen),


türk. = türkisch.
. . . . .

n. N. = Xeutrum. provienz). = provenzalisch.


nass. = nassauisch.
u. = und.
nd. ^ nieder
. . . . . RA. = Redensart, I

übertr. = übertragen.
nd(d). = niederdeutsch rätorom. = rätoromanisch, umbr. = iimbrisch.
('platt-
deutsch). refl = reflexiv, = und und öfter,
ndfränk. = niederfränkisch. rhein. = rheinisch,
u.
u. o., ö. oft,
unpers. = unpersönlich.
ndh = niederländisch. rom. = romanisch,
i

urspr. = ursprünglich.
nengl. = neuenglisch. russ. = russisch.
1

urverw. ^ urverwandt.
nfr(an;z. neufranzösisch.
= Seite, auch sieh. usw. = und so weiter.
nhd. = neuhochdeutsch.
.

S.
nlat. u. neulateiniscli.
(;^neul.;:^
nnd. = neuniederdeutsch.
s. == siehe.
Sachs. = sächsisch.
V. = Verb.
V. = Vers.
nndl. = neuniederländisch. SB. = Sitzungsberichte.
I

Vb. = Verbum.
Nom. = Xominativ. schles. = schlesisch.
verw. ^ verwandt,
nordd. = norddeutsch. schw. = schwachbiegend. vgl. = vergleiche.
Xorddtschld. = Xordeutsch- Schwab. = schwäbiscli.
land. schwed. = schwedisch. wend. = wendisch,
norw. = norwegisch. Schweiz. = schweizerisch. westfl. = westfälisch,
npers. = neupersisch. s. d. = siehe dieses. wetterau. = wetterauisch.
n(eu)prov. = neuprovenzalisch. seit. = selten. Wtbch. == Wörterbuch.
n('d)rhein. = niederrheinisch. sem. = semitisch. Wz. = Wurzel.
Xtr. = Neutrum. serb. = serbisch.
zgs. = zusammengesetzt.
Sg. = Singular.
ob(er)d. = oberdeutsch. skr. == sanskrit.
ZUS. = Zusammensetzung.
Zss. = Zusammensetzungen,
ob(er)hess. = oberhessisch, slav. ^ slavisch.
obsäclis. = obersächsisch,
zuw. = zuweilen.
slov. = slovenisch.
od. = oder, sorb. = sorbisch. * = erschlossene, nicht be-
omd. = ostmitteldeutsch, span. = spanisch. legte Form.
osk. == oskisch. spätahd. = spätahd. — = bis, B. 1.5.— 18. Jh.
z.
oss. = ossetisch. spr. = sprich. ) in Wörtern, z. B. ahd.
Ost. = östen-eichisch. = statt. (
st. (h)linen bedeutet, daß Minen
ostfrfänlk. = ostfränkisch. stk = starkbiegend. und liiicit vorkommt.
Notiz der Verlagsbuchhandlung.

Diese Lieferung kann zur Einsichtnahme aufgeschnitten werden.

Das Vorwort wird zusammen mit Titel, Quellenverzeichnis, usw.

der Schlußlieferung nochmals beigelegt.

Vorwort des Herausorebers.

Die Neubearbeitung des Weigandschen AVörterbuches hat manche Schwierig-


keiten gehabt. Da es von mehreren Gelehrten Ijearbeitet ist, so muß ich hier
über diese Tätigkeit Bericht erstatten. Herr Prof. von Bahder hat A bis

Flecken geliefert. Dann ist, da er die Arbeit im Jahre 1896 aus Gesundheits-
rücksichten aufgeben mußte, Herr Dr. Kant eingetreten,
und dieser hat die
Ausnahme des Buchstabens P). Den
weiteren Teile bis stark ausgearbeitet (mit
Rest hat der Herausgeber übernommen, nachdem auch Herr Dr. Kant die Be-
arbeitung nicht weiter fortführen konnte. Meine Tätigkeit hat damit begonnen,
daß ich mich auf Veranlassung des Verlegers im Jahre 1902 verpflichtete, den
Werkes durchzusehen und zu ergänzen. Da Weigands
etymologisxihen Teil des
Werk das erste war, das die Etymologie genügend berücksichtigte und sich
dadurch hauptsächlich sein Ansehen erwarb, so mußte dieser Teil natürlich
besonders gründlich erneuert werden, um den Anforderungen unsrer Zeit zu ent-
sprechen. Es schien mir dabei ein unabwendbares Bedürfnis, auch die Literatur
der etymologischen Forschung anzuführen. Um aber den Umfang nicht durch
zahlreiche Zitate noch mehr anzuschwellen, habe ich mich bemüht, solche Stellen
zu geben, wo weitere Literatur über die betreffenden Fragen zu finden ist oder
wo ausführlich über die betreffende Etymologie gehandelt ist. Bei dieser Arbeit
an der Etymologie habe ich den hohen Wert des bisher Geleisteten schätzen
gelernt und bin daher gern bereit gewesen, nach Dr. Kants Rücktritt, meiner-
seits auch den Rest der Neubearbeitung sowie die Durchsicht der bereits
abgeschlossenen Teile mich zu nehmen, wobei
auf ich mich des Rates nnd
der Beihilfe Prof. von Bahders erfreuen konnte.
Vorwort zu Weigand. Deutsches Wörterbuch.

Weigand hat außer auf die Etymologie besonderes Gewicht darauf gelegt,
das erste Auftreten eines Wortes nachzuweisen. In diesem Punkt ist die neue
Auflage dank den umfassenden Vorarbeiten Prof. von Bahders, die sich auf das
ganze Werk erstrecken, und der reichen Kenntnis und Belesenheit Dr. Kants
weit über das von Weigand Geleistete hinausgekommen. Natürlich werden eine
Anzahl der angeführten Belegstellen mit der Zeit noch durch ältere ersetzt
werden können, weil eben hier das Wort gilt: dies diem docet.
Ein weiterer Vorzug des Weigandschen Werkes, den kein anderes Werk
hat, darin, daß es auch die Fremdwörter mit heranzog.
bestand Dieser
Vorzug war natürlich beizubehalten. Freilich konnte nicht die ganze Flut
der Fremdwörter angeführt werden, Auswahl muß immer subjektiv
und eine
bleiben, aber ich hoffe, daß man nicht allzuviel wichtige Fremdwörter ver-
missen wird. Für unsere Kulturgeschichte sind die Fremdwörter und ihre
Aufnahme in den Sprachschatz von ganz hervorragender Bedeutung, und des-
halb erhalten sie mit Recht einen Platz in einem deutschen Wörterbuch.
Außerdem hat Weigand zahlrsiche seltene und landschaftliche Wörter auf-
genommen, was in keinem andern kurzen Wörterbuch der Fall ist. Die Be-
arbeiter haben sich bemüht, die reichen Ergebnisse der mundartlichen Forschung
in den letzten Jahren in dieser Beziehung zu verwerten. Auch die Ab-
weichungen in dem Sprachgebrauch von Luthers Bibelübersetzung sowie der
Schriftsteller aus der Blütezeit unserer Literatur hatte Weigand berücksichtigt
und dadurch ein nicht zu unterschätzendes Hilfsmittel für das Verständnis der
altern Sprache geschaffen. Auch das ist beibehalten und nach KJräften ver-
mehrt worden. Zum Schluß aber muß ich betonen, daß das Werk eben doch,
wenn auch die Anordnung des Stoffes innerhalb der einzelnen Artikel eine
andere ist als in den frühern Auflagen, in den Grundlagen doch Weigands
Werk bleibt. Insbesondere ist darum auch die genaue Bestimmung der Be-
deutungen, wie sie Weigand gegeben hatte, beibehalten worden.
Soviel diene zur Vorbemerkung. Weiteres auszusprechen, das Quellen-
verzeichnis anzuführen, wird sich am Schluß des Werkes Gelegenheit finden.

Leipzig-Gohlis, Sommer 1907.


H. Hirt.
Verzeichnis der wichtigsten Abkürzungen.

a. .= alt
. . . . engl. = englisch. ndl. = niederländisch.
adj. = Adjektiv. ndr.- = nieder-.
ABL. = Ableitung. f. = Femininum, nhd. = neuhochdeutsch.
ab(l)g. = altbulgarisch.
fränk. = fi-änkisch.
= französisch, obd. = oberdeutsch,
adv. = Adverb.
franz.
= friesisch. oss. = ossetisch.
AfdA. = Anzeiger für deut- fries.

sches Altertum,
Gen. = Genitiv, Part. = Partizipium.
afranz. = altfranzösiscb. germ. = germanisch, PI. = Plural.
afr(ies). = altfriesisch, got. = gotisch, poLn. = polnisch.
ags. = angelsächsisch, gr. = gi-iechisch. portug. = portugiesisch.
ahd. = althochdeutsch. !
Prät. = Präteritum.
ai(nd). =* altindisch. hd. = hochdeutsch. prenß. = preußisch.
= altirisch. hess. = hessisch.
j

air. ! provenz. = provenzahsch.


alb. = albanesisch.
Id. = Idiotikon. russ. = nissisch.
alem. = alemannisch,
Idg. Forsch. = Indogermani-
anord. = altnordisch,
s. = siehe.
apers. = altpersisch,
sche Forschungen,
= italienisch, SB. = Sitzungsberichte.
apreuß. = altpreußisch,
ital.

= irisch. Schwab. = schwäbisch,


arab. = arabisch,
ir.
schwed. ^ schwedisch.
arm. = armenisch,
Komp. = Komparativ, Schweiz. = schweizerisch,
aw. = awestisch.
kymi-. = kymrisch. serb. = serbisch,

Bezz.Beitr. = Bezzenbergers skr. = Sanskrit,

Beiträge zur Kunde


lat. = lateinisch, slaw. = slawisch,
indo-
germanischen Sprachen.
d.
lett. = lettisch/ slov. = slowenisch.

bret. = bretonisch.
lit.= litauisch. Span. = spanisch,
südd. = süddeutsch.
Btr. =^ Beiträge zur Geschichte m. = mittel
. . . . .

Sup. = Supei'lativ.
der deutschen Sprache und m. ^ Maskulinum,
Literatur. md. = mitteldeutsch, V. = Verb.
mhd. = mittelhochdeutsch,
czech.= czechisch. mlat. = mittellateinisch. ZfdA. = Zeitschrift für deut-
dän. = dänisch, nmd. = mittelniederdeutsch. sches Altertum.
I

dim. = diminutiv. ZfdPh. = Zeitschrift für deut-


DWB. = Deutsches Wörter- n. = neu
. . . . . sche Philologie.
n. = Neuti-um. ZfdW. = Zeitschrift für deut-
buch der Brüder Grimm.
nass. = nassauisch. sche Wortforschung.
elsäss. --= elsässisch. nd. ndd. = niederdeutsch. ZUS. = Zusammensetzung.
Zur Umsclireibuiig der fremden Alphabete.

In diesem Werke, das sich an weitere Kreise wendet, ist im allgemeinen die

einheitliche Umschreibung der fremden Alphabete durchgeführt worden, wie ich sie Idg.

Forsch. 21, 145 ff. schon im Hinblick auf dieses Werk vorgeschlagen habe. Es bedeutet also:

1. "die Länge des Vokals. Nur in althochdeutschen und mittelhochdeutschen


Worten ist ^ beibehalten worden.

2. ' und ^ auf einem Vokal bezeichnen die Stelle des Haupttons.

3. ' hinter einem Konsonanten drückt die Palatahsation (Erweichung) aus.

4. Abgesehen von den deutschen Dialekten bezeichnet s den stimmlosen Zischlaut,


z den stimmhaften, s den scha-, z den entsprechenden stimmhaften Laut (franz. j),

c ist gleich ts, c == tsch, j = dsch.

5. Die sonstigen Spiranten sind durch p (engl, stimmloses th), d (der entsprechende
stimmhafte Laut), f und 8 (deutsch w), x und y (deutsch cli und ndd. g) bezeichnet worden.

6. 19 = dem gutturalen Nasal, deutsch ng.

7. unter einem Vokal z. B. (j drückt die Nasalierung aus, franz. on.

8. 9 ist ein unbestimmter Vokal (sog. scivwa).

9. Im Litauischen bezeichnet ' den Stoßton; '*'


auf Diphthongen, '^
auf einfachen
Längen den Schleifton.

10. Im Indischen bezeichnet ein . unter dem Konsonanten, z. B. t die Zerebrali-

sieining; g ist ein palataler Zischlaut, der etymologisch einem k entspricht.


Aas

Buchstabe des Alphabets. Re- Kopfgestalt mit der Froschbrut. Zusammenges.


a, der erste
densart: das Ä
und das 0, «das Erste und Alrup bei Alberus Fab. 19, 144, Aalrupp 1563
das Letzte» (Offenb. Joh. 1, 8), denn Ä ist der in Forers Fischbuch 172 neben Bup, Raup,
erste und das lange der letzte Buchstabe später wird Aalraupe herrschend (doch Aal-
des griechischen Alphabets. ruppe noch bei Adelung 1793). Im Ndd. gleich-
-a, -ach, Endung bei Fluß- und danach bei bedeutend Aalquappe, s. Quappe.
Ortsnamen, z. B. Fulda, Salzach. Mhd. -ä und Aar, m. (-S, PI. -e): (dichterisch) Adler.
-ahe, ahd. -ä und -aha. Urspr. ein selbständiges Aus mhd. ar, ahd. aro m. dazu anord. are, got.
;

Wort (als Flußname Äa, Achet noch erhalten), ara, daneben (mit andrer Suffixbildung) mhd.
inder Bedeutung «fließen des Quellwasser», mhd. ahd. am, ndl. arend, ags. earn, anord. schwed.
ahe, ahd. aha f. «Wasser, Fluß » dazu asächs. aha,
; örn, dän. örn. Verwandt sind abg. orilü, lit,

ags. ea, anord. ä, schwed. ä, dän. aa, got. aha f. kymr. eryr, bret. er
erelis, preuss. arelis,
«Fluß». Verwandt ist lat.a^itaf. «Wasser»; viel- «Adler»; das griech. öpvic m. f. scheint als
leicht aind. agva- in ägvävant- «wässerig» und Grundbedeutung «Vogel» zu erweisen (vgl.
kam «Wasser». Vgl. Zupitza Gntt. 60, Walde auch mnd. duf-arne m. «Täuber»). Luther ge-
s. V. aqua, dagegen Uhlenbeck Btr. 30, 257. braucht das sonst im 16. Jh. häufige Wort
Eine Nebenform ist -äff, z. B. in Aschaff (ndd. (z. B. bei Hans Sachs, Aventin, Mathesius,
-ep, z.B. inLennep), ahd. -aff'a, die auf ein kelti- Fischart, Arn bei Waldis, Ringwald, Rollen-
sches apa (p für qic eingetreten) zurückgehen hagen) nicht (nur das Komp. Fischar), daher

soll. Doch vgl. Bremer Pauls Grd. ^ i, 774. 801 f. wird es später ungebräuchlich (Schottel, Stieler,

ä, Interj. des Verabscheuens (pfui! was Dentzler, Rädlein, Steinbach verzeichnen es


ist das ein ä Geschmack, Goethe Satyros 1), nur in der schon im 15. und 16. Jh. auftre-
Schon 1573 bei Ölinger Gramm. 165 äh als tenden Bed. «Falke, Habicht, Sperber», oder
Adv. (Interj.) des Spottens, Höhnens neben «Geier», Frisch 1741 «jeder große Raubvogel,
pftty, pfudich und häh: ä als Interj. des besonders Adler»), in der zweiten Hälfte des
Scheltens 1541 bei Frisius 399% auch des 18. Jh. lebt es (im Anschluß an das im Ndd.
Nachrufens und Klagens bei Maaler 11^. erhalten gebliebene Arn) als poetisches Wort
Aal, m. (-S, PI. -e), schon bei Dasypodius wieder auf,von Bürger, Voß u. a. gebi'aucht,
1537 Aal. Aus mhd. ahd. älm.; dazu ndl. aal, während es Schiller nm- 11, 295, Goethe im
ags. ^l, engl, eel, anord. all, schwed. äl, dän. Faust 5462 verwendet. Vgl. v. Bahder Btr.
aal m. Kaum nach E. Schröder Zf d A. 42, 63 aus 22, 520 f. Die ursprüngliche schwache Flexion
*edlos «der eßbare Fisch» oder «der Fresser», ist fast ganz der starken gewichen (Adelung
vielmehi* besteht wohl Verwandtschaft zu dem 1793 verlangt noch den PI. Aaren).
2. Teil von lat. gr. ^Yx-e^uc f. «Aal».
angu-illa f. "'Aas, n. (^Gcen. Aases, PI. Äser) verwesendes :

Der wie im mhd. gewöhn- Fleisch; Schimpfwort. Aus ahd. mhd. äs n.,
PI. lautet älternhd.
lich Äle (so noch 1773 Goethe im Götz, d. j. dazu mnd. äs, ndl. aas, ags. ces n., altes ^Parti-
Goethe 2, 344), doch Aale schon bei Henisch zipium {*etto-) von essen, also eigentl. «Speise
1616, seit Adelung (der Äle nur aus der der Raubtiere und Vögel». Bei Luther aß mit
j

Schweiz kennt) Regel. gleichlautendem PL, bei Dasj^podius 1537 aaß,


|

Aalbauni, -beere, s. Albaum, -beere. |


bei Gueintz 1645 Aas. ABL. aasen, v.: das
Aalraupe, f. (PI. -n): breitmäuliger und Fleisch von dem FeUe schaben beim Gerben
|

breitköpfiger aalähnlicher Fisch, gadus Iota. (bei Frisch 1741); (in etwas a.) in unrein-
Mhd. bloß rupe (rüpe?), ruppe, ahd. ruppa, da- licher Weise in etwas, z.B. einer Speise, herum-
neben mhd. rutte f., entlehnt aus lat. rubeta f. wühlen, es vergeuden (norddeutscher, von
«Frosch, Kröte», wohl wegen Ähnlichkeit in der Heynatz 1775 verzeichneter Ausdruck).
Weigand, Deutsches Wörterbuch, ö. Aufl.
Aas Abele

-Aas, n. (Gen. Aases; besser Aß zu schrei- Sallust N 6 abpild), aber erst in der neuem

ben): Viehfutter. Mhd. ahd. «5 n. ist allge- Dichtersprache üblicher geworden. Von ab-
meiner «Speise». Dazuasächs.auord. äf D., ags. bilden, V.: frühnhd. fauch bei Luther).
^f m. «Speise» Dehnstufige Bildung von essen, Abbiß, m. (Gen. Abhisses): die Pflanze

entspricht abg. jadi f., lit. edis m. «Speise». scabiösa succTsa. Eig. Teufels A. Der Name,
Vgl. auch Walde s. v. jejunm. ABL. aaßeu, weil unten wie abgebissen aussehende
die

V. :fressen (vom Wilde). Als weidmänn. Aus- stumpfe Wurzel nach dem Volksglauben vom
druck bei Jablonski 1721. S. äsen. Teufel abgebissen ist. In frühnhd. Glossaren
ab: weg von, nieder von. 1) Präp. mit ( Dief.- Wülcker 4).

Dat., veraltet und nur noch obd. (bei Hebel, abblitzen, v.: ohne Erfolg abziehen, mit
Gotthelf) z. B. ah den Bergen «nieder von einem Anliegen schroff abgewiesen werden.
den Bergen». Das kaufmännische ah Hamhurg Erst in der neuem Spi-ache. Bildlich aus der
ist verkürzte Ausdrucksweise füi* von H. ah. Schießgewehren vorkommenden
bei altern
In Zusammensetzungen: abhanden, abseifen Bed. «aufblitzend ohne Erfolg veiüiegen» (das
(s. d.). 2) Raumadv. In der verbalen Zu- Pulver auf der Pfanne, das Gewehr blitzte ab).
sammensetzung bezeichnet es auch bloß die abbrCTÜeren, v. Wörter in der Schrift :

Vollendung der Tätigkeit, z. B. ablaufen, abkürzen. Aus mlat. abbreviäre «abküi'zen».


ablehen, ahscMießen, die Erschöpfung der In der frühnhd. Kanzleisprache. ABL. Ab-
Tätigkeit in bezug auf ein Objekt, z. B. ah- breviatur, f. Abkürzung (Reichsordnungen :

ängstigen, ah füttern, ahprUgeln, sowie die 82 '^


vom J. 1512), aus mlat. ahbreviatüra.
Üljertragung auf ein anderes, z. B. abbilden, Abbruch, m. (-es, PI. Abbruche): das Ab-
abdrucken. In Zusammen- brechen Schädigung, Beeinträchtigung. Spät-
der nominalen ;

setzung kann Ab- Bezeichnung des Ver- mhd. äbehruch m. Die 2. Bedeutung (jetzt
zur-

kehrten, Minderwertigen, Negativen stehen, so nur noch in A. tun) schließt sich an mhd,
schon ahd. in abgot und weiter ausgebreitet im abebrechen, älternhd. abbrechen (mit Dat.)
Mhd., indem es vielfach an Stelle eines altern n- «wegnehmen, entziehen, schädigen» an.
tritt, so mhd. abegunst f. «Mißgunst» neben Abc, n. (-S, PI. -e): die (nach den drei ersten
ägunst, abekust f. «Schlechtigkeit» neben benannten) Buchstaben in ihrer Reihenfolge
dkiist, abeicitze f. «Torheit» neben äwifze (1452 bei Janssen Frankf. Reichscorr. 2, 118);
Viele Zusammensetzungen die Anfangsgiiinde einer Wissenschaft. ZUS.
(vgl. aber-, after-).
wie Abbild, Abdruck haben sich von den Abcbucll, n. (in frühnhd. Glossaren). Abc-
verbalen aus entwickelt. 'Mhd. abe, ah, ahd. schütz, m. {-en, PI. -en): Anfänger im Lesen-
aha; dazu asächs. ndl. af, ags. engl, of, anord. lernen (bei Stieler 1691). Im 15./16. Jh. wurden
schwed. dän. af, got. af «von», verwandt mit die Jüngern Schüler, die von den altem unter-
dpa «ab, hinweg», gr. dirö «von», lat. ab,
ski-. richtet wm'den, Schützen genannt fSchmeller-
«wieder, zurück» (ans *2iera2)9'), lit.
a\h. 2}rapd 2, 493 von 1418.)
in apaba «der untere Teil». Bei Luther und Abdachung, f. (PI. -en) : allmähliche Nei-
sonst im altern Nhd. kommt auch noch die gung einer Fläche wie bei einem Dache. 1616
Form ahe vor, die archaisierend auch Goethe, bei Londoii? Acta publica 1, 153^.
Faust 11191 (abestürzf), Pandora 762 (mit abdanken, v. : 1) intrans. (veraltet) eine
ahegewendetem Blick) braucht faber ahe als Dankrede halten, bes. bei einem Leichenbe-
Ausruf bei Schiller Räuber 4, 3 ist dialektisch gängnis; sein Amt
dankend) niederlegen.
(eig.
für abhin = hinab). 2) trans. jemand (eig. mit Dank) verabschie-
Abart, f. (PI. -en): (veraltet) herunterge- den. Das ältere Nhd. kennt dies a. nur mit
kommene Art noch Schiller Räuber 1, 1);
(so dem Dativ, der trans. Gebrauch tritt zuerst
Nebenart, Spielart (von Adelung 1774 als bei Comenius 1640 auf; a. «sein Amt nieder-
naturwissenschaftlicher Ausdruck angeführt). legen» bei Stieler 1691.
Von abarten, v.: aus der Art schlagen. Bei Abdecker, m. (-s, PI. wie Sg.) Schinder. :

Comenius 1640. Eig. der dem gefallenen Vieh die Decke d. i.

abäscheru, v.: sich abmüden. Eig. sich Haut abzieht. Im 16. Jh. Von dem veralteten
beim Äschern (s. d.), «beizen mit Asche» müde abdecken «die Haut abziehen, schinden» (Lilien-
machen. Bei Adelung 1774 aheschern. cron 4, 56, v, J. 1532).
Abbild, n. [-es, PL -er) Wiedergabe eines
: abdrieselu, s. ahtröseln.
Bildes. Schon frühnhd. vorkommend (1515 Abele, f. (PI. -n): Pappel. Von Voß aus

I
Abend abermal

dem Ndd. (schon mnd. abele) aufgenommen. anzusehen, vgl. aind. dparas «der Spätere»
Verkürzt rheinfränk. Belle f. Mit ndl. abeel und asächs. abaro, ags. eaf'ora m. «Nachkomme».
m., engl, abele aus afranz. mibel (auf lat. Vgl. äfern. In der nominalen Zusammenset-
(übellus füi- alhulus <i^^'eiQ» zurückgehend) ent- zung mit Aber- sind aus der Bed. «wiederum,
lehnt. Vgl. Alher. wiederholt» folgende andere hei-vorgegangen:
Abend, m. (-s, PI. e Zeit, dann auch Ge- l) «nach hinten, zuiiick» in Aöerraferm.« Groß-
i :

gend des Sonnenunterganges. Aus mhd. äbent, vater» (bei Luther), Aberwamlel m. «Rück-
ahd. äbant m. dazu asächs. ätand, ndl. avond, gang», Aberklaue f. (s. Afterklaue), mhd. aber-
;

ags.cefen und cefning, wovon engl.evening. Das loette n. f. «hinterlegtes Pfand»; 2 die Bed. des )

Wort enthielt urspiiinglich ein t hinter dem Verkehrten, Minderwertigen, Negativen (vgl.
Labial, wie anord. aptmm, schwed. afton, dän. Aberglaube, Aberwitz, älternhd. Abergunst
äffen m. zeigen. Vgl. Brugmann Idg. Forsch. <<Mißg\mst»,Abername «Beiname», ievner Aber-
5, 376 f. Vielleicht zu gr. ö\\il «nachher, spät», glaube, Aberwitz), in dieser Bed. tritt abey-- seit
ÖTrdipa «Nachsommer». Davon abends, genetivi- Mitte des 15. Jh. an SteDe von ab- (s. d., so-
sches Adv. (bei Lutherj. ABL. abendlich, wie After-). Detter ZfdA. 42, 53 verbindet
adj., mhd. äbentlich, ahd. äbanfWi. ZUS. dies aber mit anord. aur- «miß-».
Abendbrot, n.: Abendessen, in der nordd. aber, aber, äper, adj.: schneefrei. In
Umgangssprache (schon spätmhd. äbentbrotn.). obd. Mundarten (auch ostfrk. äfer, elsäss. a/er).
Abendland, n.: Okzident, im altern Nhd. Aus mhd. aber, ceber, ahd. dpiri. Das Wort,
nur im Pk Abendländer (noch Adelung be- das auch «leer, trocken, mild (vom Wetter),
zeichnet den Sg. als ungel^räuchlich). Abend- sicher» bedeutet, kann nicht aus lat. apricus
mahl, n., mhd. äbentmäl «Abendessen», seit sonnig» entlehnt sem, auch Urverwandtschaft
<

Luther Bezeichnung des am Abend eingesetzten damit ist unwahrscheinlich. Vgl. Ebbe.
Saki'aments des Altars und im urspr. Sinn Aberacht, f.: die über andi-er Acht ste-
wenig mehr gebräuchlich. Abendrot, n., mhd. hende kaiserhche, als vogelfrei erklärende Acht.
äbentrot m. und n., mit Anlehnung an rot, nach Spätmhd. aberähte, (unter Anlehnung an aber
dem bereits ahd. abgeleiteten tagaröt m., ags. «wiederum») hervorgegangen aus oberähtet,
dcegredn. «Morgenrot» gebildet. Abendstern, mndd. over ächte (Sachsenspiegel 3, 34, in der
m., mhd. äbenfsferne, ahd. abantsterno. md. Fassung diu iibere ächte), 1437 mä.obiracht
Abenteuer, n. (s, PI. wie Sg.): wunder- (Janssen Frankf. Reichscorr. 1, 419)f. S. -Acht.
bares Erlebnis: ritterliches Wagnis; dessen Aberglaube, m. (-ns, PI. -n) verkehrter -.

Erzählung; (erst fiühnhd.) seltsame Gestalt, Glaube. 1482 erscheint aberglaub im voc.
Mißgestalt. Aus mhd. äventiure f., entlehnt praed. Co 7% femer Brant (Narrenschiff
bei
aus frz. avenfure, mlat. advenfura f. (von ad- 38, 37. Layenspiegel J 1 ^) und Luther (neben
venlre «zukommen, sich ereignen»). Das ur- Äbglaube), wie es auch 1540 bei AlbenisDict.
sprünghche nur vereinzelt im altern Nhd.
f. und 1541 bei Frisius auftritt. Aber- ist hier
(z.B. bei Gryphius, Grimmeishausen) erhalten. nicht entstellt aus ober- wie man nach lat.
Ältere nhd. Nebenformen sind Ebenteuer (so superstitio f., ndl. overgeloof n., dän. overtro
bei Luther und bei einigen noch im 18. Jh.) «Aberglaube», denken könnte, darf auch nicht
und (ausdeutend) Abendteuer. ABL. aben- mit dem anord. in Zusammensetzungen erschei-
teuerlich, adj., 'i]idXmhd..äventiurlich. aben- nenden afar- «sehr» zusammengebracht wer-
teuern, V., mhd.dventiuren. Abenteurer, den (etwa duixh übermäßiges Glauben ver-
m., mhd. äventiurcere m. kehrter Glaube j, sondern bedeutet «vom rech-
aber, l) Zeitadv. wiederum (veraltend), ten Glauben abweichender Glaube» (s. aber).
a. und a. tausend, 2) stärkern oder gelindem ABL. abergläubisch, adj., bei Luther, 1541
Gegensatz, auch bloß Fortführung der Rede bei Frisius abergläubisch, mit andrer Endung
bezeichnende Konjunktion. Diese als Subst. 1482 im voc. praed. abergloubig, noch bei Hage-
das Aber «entgegenstehendes Bedenken, zu dorn und Herder abergläubig.
bedenkende Schwierigkeit». ^Ihd. aber, aver Aberklaue, s. Afterklaue.
(auch verkürzt abe, ave), ahd. ahur, avar; abermal, abermals, adv.: wiederum,
dazu gehört got. afar Präp. «nach», Adv. beide bei Luther. Verbindung von aber mit
«nachher», das als komparativische Bildung dem Akk. Mal, woran weiter das adverbiali-
zu got. af «von» zu betrachten ist. Als sche -s antreten konnte. ABL. abermalig,
Grundbed, ist «weiter weg», dann «später» adj., in der fmhnhd. Kanzleisprache.
1*
Aberraute abgeführt 8

Aberraute, f.: die Stabwm-z, artemisia chen ffiühnhd. z. B. Rhetorica 52*'); auf eine
abrötanum. Mit Anlehniing an Baute aus dem Fahrt entsenden (Sattler 1607 j; schroff zurück-
gr.-lat. abrötanum n. gebildet. Urspr, niederd. weisen (Opitz 1, 187), vgl. abfahren.
Form (im 15. Jh. averrüte). Dagegen mit Ver- abfinden, v.: durch eüi Abkommen be-
schiebung des t zu. g ahd. avaru^a, woraus friedigen. Eig. den Weg zur Seite jemandes

mundartf. Äfrusch m. (1538 bei Rößlin 131° finden, vgl. ein Abkommen treffen und mnd.
Äbrausch). Vgl. auch Eheritz. afdrepen « sich vergleichen ». Refl. sich a. « über-

aberweise, adj.: einkommen, befriedigt sein». Als Rechtsaus-


verkehi-t weise (Goethe
38, 21). Wie aberklug u. a. Neubildung nach druck bei Sattler 1607. Davon Abfindung,
Aberglaube, Aberwitz (s. d.). f., zu Anfang des 17. Jh. in Wedels Hausbuch 226.

Aberwitz, m.: Verkehrtheit des Geistes. abfolgeu, s. verabfolgen.


Mhd. abenvitze neben früherm abewitze f. «Un- abführen, v.: l) intr. zur Seite führen.
verstand, Wahnsinn». (Vgl. aber und Aber- 2) trans. wegführen, mhd. abeviieren, ahd. äba-
glaube.) Das ui'sprüngliche fem. erhält sich vuoren (Gelder) einer Kasse zuführen, eig. wohl
:

im altem Nhd., z. B. Lohenstein Hyac. 46. als Zins usw. gegebene Tiere wegführen (im
ABL. aberwitzig, adj., frühnhd. (Dief.- 17. Jh. z. B. Logau 3, 127); einem eine Nie-
Wülcker 26). derlage beibringen, ihn ablaufen lassen (Les-
abescliern, s. abäschem. sing 1, 416, als studentisch bei Kindleben 1781),
abfahren, v.: l) intr. eine Fahrt antreten, abrichten, nur im Part. a&-
vgl. abfertigen:,
weggehen; sterben (Ludwig 1716, als bui'schi- gre/iV/iri «verschlagen» (1531 bei Franck Chron.
kos bei Kindleben 1781 und Augustin 1795 an- 304^), hier entstellt aus abgeviert (a. wie ein
geführt); abgleiten, mit seinem Anliegen ab- Würfel), eig. «viereckig». Refl. sich a. (in ver-
gewiesen werden (Goethe 41, 153) vgl. ab- ächtlichem Sinn) «weggehen»' (1711 bei Räd-
fertigen. 2) trans. durch Fahren wegschaffen lein, Günther 530, Schiller Fiesko 1, 9).
oder lostrennen. Mhd. abevarn\%t «weggehen, Abgang, m. [-s, PI. Abgänge): das Weg-
sein Besitztum abtreten, abfallen», ahd. aba- gehen wovon; was abgeht, AbfaU; Abnahme,
varan «verschwinden». Verminderung; Mangel, Gebrechen; Absatz
Abfall, m. (-es, PI. Abfälle): das Meder- (von Waren). Mhd. abeganc m. ABL. ab-
und Wegfallen wovon, mhd. abeval; jähe gängig, adj. (nach den drei letzten Bedd.
Neigung, abschüssige Lage (1711 beiRädlem); von Abgang).
geiingwertiges Abgefallenes wovon (1716 bei abgeben, v.: weggeben, von sich geben;
Lud^vig); Sich-Lossagen und Trennung von (etwas a.) darstellen, sich zeigen als (im 17. Jh.).
einem Verbände (Esra 4, 19); Übergang aus Refl. sich a. «sich beschäftigen mit» (1755 von
gutem in schlechten Zustand (bei Luther); Gottsched Beob. 3 als ein seit weniger Zeit
Geringersein in Vergleich zum rechten Maß etncrerissener Mißbrauch bezeichnet, von Ade-
(1711 bei Rädlein); übeiTaschende Verschie- lung 1774 verteidigt).
denheit (Schiller Räuber 2, 3); Abstufung abgebrannt, adj.: aller Mittel beraubt.
(Moser Verm. Schi-. 1, 105); ungünstige Be- Eig. dui'ch Brand um seine Habe gekommen.
ui'teilung im Gegensatz zu Beifall (1663 bei Nach Moscherosch Phil. 2, 685 zui* Zeit des
Schotteis); Mißerfolg. ABL. abfällig, adj. 30jährigen Krieges aufgekommen.
und adv. (jetzt nur in der Bed. «ungünstig abgebrüht, adj.: sittlich abgestumpft
Adelung 1793 und Heynatz (priapische abgebrüete Ammen, Fischart Garg.
beurteilend», die
1796 noch nicht kennen; bei Luther in der 201). brühen geht hier auf das ndd. brüden,
Bed. «abtrünnig»). brüen «coire» zurück, vgl. DW
4, 1, 2342, doch
abfeimen, den Feim (Schaum) wovon
v. : wird jetzt an brühen «sieden» gedacht, vgl.
abnehmen, klären (Goethe 7, 125), wie raffi- hartgesotten.
nieren (s. d.). Das Part. Prät. abgefeimt, wie abgedroschen, adj.: (von Erzählungen
raffiniert: abgeschäumt; geklärt; gewandt in usw.) oft vorgebracht und daher für niemand
schlimmen Streichen. Schon 1463 den abge- von Wert (bei Rädlein 1711). Ursprünglich
vaimpten schalk (Beheim Wiener 285, 10), da- von abdreschen «ganz ausdreschen,
Part. Prät.
neben auch dbgefamnt (Fastnachtsp. 202, 19), durch Dreschen der Kerne (des Inhalts) be-
ahgefeunipt (Montanus 291, 15), wie noch Les- nehmen». Wohl nach lat. verba trita.
sing 7, 154 eine abgefäumte Buhlerin schreibt. abgefeimt, s. abfeimen.
abfertigen, v.: zum Abgehen fertig ma- abgeführt, s. abführen.
abs'eschmackt ablassen 10

abgeschmackt, adj.: reizlos widrig für awk- in aiükward «ungeschickt». Von ab


den Geschmacksinn. Mit angetretenem t statt abgeleitet, also eig. «abgewendet».
des altern dbgeschmack und so gleichsam in Abiturient, m. {-en, PI. -en): der nach
das Part. Prät. eines Verbums abschmecken vollendeter Schulzeit von der Schule Ab-
«den Geschmack verlieren» umgebildet. Bei gehende. Aus abiturieyis (Gen. abittirientis),
Duez 1664. Part. Präs. von neulat. äbiturire «abzugehen
Abgott, m. i-es, FLAbgötte)-) Abbild eines verlangen».
:

Gottes, nachgemachter Gott; falscher Gott im abkauzeln, v. tüchtig ausschelten. Eig, :

Gegensatz des wahi'en. Mhd. ahd. ahgot n. von der Kanzel herab eine Strafpredigt hal-
(selten m.). Zu dem got. Adj. afgitps «von ten. Als Wort der Umgangssprache bei Ade-
Gott abgewichen, gottlos >. ABL. abgöt- lung erwähnt vxnd von Voß 1, 67 gebraucht.
tisch, adj., spätmhd. abgötisck. Abgötterei, abkapitelu, s. kapiteln.
f.,spätmhd. abgöten. abkappen, v.: zui-echtweisen (Schiller
Abgrund,m. (-s, PI. Abgründe): in die Räuber 4, 3). Eig. tüchtig mit Kappen d. i.
Tiefe hinabgehender Grund. Spätmhd. ab- Ohrfeigen (s. 5, 193) versehen. Schon DW
grunt m. neben häufigenn abgründe n., ahd. im 16. Jh. (Fischart Nacht Rab 8641).
äbgrunti n., ndl. afgrond. Got. afgnmdipa f. abkarten, v.: heimlich verabreden. Eig.
«Abgrund» mit andrer Ableitung. die Karten nach heimlicher Verabredung
Abgunst, f.: die von jemand abgewandte mischen oder geben. Bei Rädlein 1711.
freundliche Gesinnung. Mhd. abegunst, ge- Abklatsch, m. {-es, PI. -e) genaue Nach- :

wöhnlich abegimste f. ABL. abgünstig, adj., bildung ohne eigenen Wert. Moderne Bil-
1482 abgunstig (voc. theut. a 3^). Von abklatschen, v.: (bei den Buch-
dung.
abhanden, adv. : nicht zu Händen, weg,
druckern usw.) eine Nachbildung durch Auf-
verloren. 'Mhd. abe lianden, ahd. aba liantum. klopfen herstellen.
Aus der Präp. ab mit dem Dat. PL von Hand Abkomme, m. (-», PI. -n): Nachkomme.
(s. d.). Ältemhd. bei Mitteldeutschen selten Zuerst bei Campe 1807 verzeichnet, von älter-
und noch von Adelung und Hejnatz Antib. nhd. abkommen «abstammen». Abkömm- —
1, 30 als oberd. Redensart bezeichnet. ling, m. (-.s, PI. -e). Bei Schottel 370 ab-
Abhandlung, f. (PI. -en), im 17. Jh. von kömling. Im Mhd. erscheint nächkomelinc.
Schottel gebildet für lat. tractatus. Abkommen, n.: Übereinkommen. Zuerst
Abhang, m. Abhänge): nieder- bei Steinbach 1734. Urspr. subst. Inf. des V.
(-s, PI.
wärts gehende Seite einer Fläche. Wohl von abkommen i^mit einem a. «übereinkommen»).
Zesen (inDögens Kriegsbaukunst) gebildet. Von abkonterfeien, s. Konterfei.
abhängen, durch Vermischung mit dem tran- abkratzen, v. durch Kratzen wegbringen :

sitiven Verbum auch abhängen, v.: nieder- oder von etwas befreien; sich entfernen, ster-
wärts hangen (frühnhd.); wodurch bestimmt ben. In der 2. Bed., die der neuem Um-
werden, etwas zur Voraussetzung haben (nach gangssprache eigen ist, geht kratzen auf das
frz. dependre in der 1. Hälfte des 18. Jh. ent- Scharren mit den Füßen beim Weggehen,

wickelt, bei Xieremberger 1753 verzeichnet). vgl. abschurren.


ABL. abhängig, adj. Tum 1480 im voc. ine. Abkunft, f.: Abstammung (bei Stieler
teut. a2^ abhängig, «acclivus», in der über- 1691); Übereinkommen ferst bei Adelung 1774).
tragenen Bed. bei Adelung). abküpsen, v. : (der Feder) die Spitze ab-
abhold, adj.: abgeneigt. Spätmhd. abholt. schneiden (Lessing 3, 308); küpsen ist eine
ürspr. oberd. Wort, aber seit 1700 allgemein Weiterbildung von kuppen «die Kuppe, Spitze
in den Wörterbüchern, doch noch bei Hey- abhauen», obersächs. die Feder abkippen.
natz Antib. 1, 33 beanstandet. Ablaß, m. (-sses, PI. Ablässe): Erlassung
Abhub, m. {-es, PI. Abhübe) : was wovon der Sünden; Lossprechung von Kirchenstrafe.
aufgenommen und weggetan wii-d. Von ab- !Mhd. abeläß, abläß m., seltener n. (auch bei
heben. Im 18. Jh. erscheinende Neubildung Luther n.), ahd. ablag m. neben ablägi n.;
(Jablonskil721, übertragen bei Goethe 21, 259). dazu mnd. aflät n. und got. aflets m. «Erlaß,
äbicht, adj.: verkehrt. Nur mundartlich Vergebung» neben afletan v. «erlassen», ags.
(auch äbisch, äbsch, entsprechend ndl. aafsch). oflöetan, ahd. oblä^^an «entlassen».
Mit angetretenem t aus mhd. ebich, ahd. abuh ablassen, v. l intrans. sich von der Fort-
;
: )

dazu asächs. abuh, anord. öfngr, auch engl. setzung einer Tätigkeit abwenden. 2j trans.
11 Ablativ Abriß 12

weglassen, gehen lassen; (Flüssigkeit) weiter abmeiern, v.: den Meier (s. d.) d. i. Bauer
laufen machen; (einem a.) überlassen. Mhd. von seinem Hof vertreiben. 1768 bei Moser
äbeläßen, abelän. (patr. Phant. 1, 145).

Ablativ, m. ('S, PI. -e), der im Deutschen abmergeln,v.: ki-aftlos machen. Frühnhd.
durch Präposition mit Dativ ersetzte Kasus (Franck teutsche Chronik 270 a). S. mergeln.

der lat. Deklination, Aus lat. ablativus (näm- Vgl. Liebich Btr. 23, 223.

lich casus), zu auferre «wegnehmen». abmurksen, v.: heimlich umbringen. Aus


Ablaut, m. {-es, PI. -e): gesetzmäßiger der Studentensprache bei Heine 2, 324. Das
Wechsel des Wurzelvokals bei Verben und md. murksen l^edeutet «schlecht arbeiten, an
Nominibus, z, B. hinäe band gebunden, Binde etwas heiTimschneiden, würgen». Anklingend
Band Bund. ABL. ablauten, v.: diesen abmucken, elsäss. abmuckse, s. mucken.
Wechsel des Wurzelvokals an sich haben. abmüßigen, v. von einer Beschäftigung :

1819 von Jac. Grimm eingeführte gramma- frei (zur Muße bestimmt) machen. Im 17. Jh.
tische Kunstausdiücke. Wohl in der Kanzleisprache entwickelt, vgl.
ablegen, v.: l) trans. weg-, beiseitelegen, mhd. müe^egen «befreien».
mhd. abelegen; (eine Pflicht usw.) erfüllen abnehmen, v.: l) intrans. mehr und mehr
(mhd. «Geld erstatten», also wohl eig. vom schwinden, 2) trans. wovon tun; wovon her-
Niederlegen der überbrachten Zinse usw.); unter tun; von jemand sich dargeben lassen,
(Arbeiter) entlassen (mhd. und ällernhd. mit z. B. eine Rechnung; wovon als Erkenntnis
Dativ, vgl. das Handtcerk legen). 2) intr. ziehen, z. B. aus jemandes Worten abnehmen
schwach werden, versagen (aus älternhd. einem (in der frühnhd. Kanzleisprache, z. B. Janssen
a. «im Stiche lassen», nach Rüdiger 2, 63 ein ober- Frankf. Reichscorr. 448 von 1486). Mhd.
2,

sächsischer Ausdi'uck, Adelung «im gemeinen abenemen ist «geringer werden, abschaffen
Leben», Goethe 25, 165 1. H.). ABL. Ab- usw.», ahd. abaneman «wegnehmen».
leger, m. (-s) durch Niederlegen in die Erde
: abnorm, adj.: von der Regel abweichend.
gebildeter neuer Pflanzentrieb. BeiFrischl741. Aus lat. abnormis (s. Norm). Wohl erst im
ablehnen, v.: etwas von sich wegwenden, 18. Jh. entlehnt. ABL. Abnormität, f. (PI.
entfernt halten, zurückweisen ; auf einen Vor- -en) : Regelwidrigkeit. Aus neulat. äbnormitas
schlag nicht eingehen, ausschlagen (diese ab- f. (Gen. abnormitatis).
geblaßte Bed. erst um abonnieren, v. worauf voraus bezahlend
die Mitte des 18. Jh., :

z. B. bei Nieremberger 1753).Das Wort, noch unterzeichnen. Aus dem gleichbed. franz. a&ow-
nicht mhd., erscheint in der frühnhd. Kanzlei- ner, ital. abbon'are (aus ad und bonne, einer
sprache, z. B. Reichsordnungen 68 als ableinen Nebenform von hörne «Grenze»). Kaum vor
(mhd. leinen neben lenen, s. leimen), daneben 1770—80 entlehnt, bei Adelung 1793 Abon- —
auch ablehnen, z. B. bei Luther; ableinen auch nent, m. {-en, PI. -en) der mit Vorausbezah- :

später bei Oberdeutschen (noch von Heynatz lung Unterzeichnende. Nach franz. aboiinant,
1796 erwähnt und von Wieland gebraucht). Part. Praes. von abonner, aber mit der sonst
abluchsen, v.: einem etwas listig (mit bei lat. Bildungen üblichen Endung -ent.
Luchsaugen) abspähen; einem etwas listig ab- Abort, m. {-es, PI. -e): abgelegener Ort
und sich zuwenden. Von Luchs, vgl. beluchsen. (Ludwig 1716), heimliches Gemach (erst Campe
Bei Adelung 1774 fälschlich ablugsen (mit 1807, vielleicht aus dem Ndd., wo es 1755
Anlehnung an kujen) geschrieben. Richey für Hamburg als Af-Ort verzeichnet).
abmachen, v.: wegmachen; fertigmachen, abrackern, refl. v. sich abschmden (s. :

festsetzen. Schon mnd. afinaken «fertig ma- Backer). Aus der nordd. Umgangssprache bei
chen», aber im Hochd. zuerst bei Dentzler 1709 Campe 1807.
angeführt (mit einem a.) und noch von Hey- Abrede, f. (PI. -n) Festsetzung durch Be- -.

natz 1796 als nicht edel bezeichnet. sprechung; Entgegensetzung durch Rede (na-
abmarachen, v. abmatten. In der nordd. mentl. in A. stellen). Mhd. aberede f
:

Umgangssprache (im bremisch -nieders. Wör- abrichten, v. völlig gerade machen eine : ;

terbuch 3, 129 wii'd marakken «ermüden», bei Fertigkeit wozu beibringen. In der altern
Rüdiger 2, 116 als obersächsisch Schmarach m. Sprache überhaupt «unterrichten»; mhd. abe-
«schmutzige, beschwerliche Arbeit» und da- rihten «gut, recht machen, abschaffen».
von schmarachen aufgeführt), aus. dem Rot- Abriß, m. (Gen. Abrisses, PI. Abrisse):
welschen aufgenommen. 1801 beiReinwald2, 19. nur in den Hauptlinien gemachtes Bild wovon
13 Absage abseiten 14

(1562 bei Mathesius Sar. 60**). Von abreißen, oberhauptes zum Schlüsse einer in öffentlichen
V. inder Bed. «ein Bild im Umriß entwerfen > Landesangelegenheiten gehaltenen Versamm-
(bei Luther). Vgl. reißen, Biß. lung, z. B. Landtagsa. Spätmhd. abeschif,
Absage, (PI. -n): Aufkündigung der häufiger abescheit m. «Abschied, Tod, Ent-
f.

Freundschaft und Ankündigung von Feind- scheidung, Bescheid, Beschluß eines Reichs-,
seligkeit. Spätmhd. absag, aber erst neuerdings Städtetags», auch im altem Nhd. oft Äb-
wieder in die Sprache aufgenommen (nach scheicl m.
Heynatz Antib. 1, 46 ungebräuchlich). Von Abschlag, m.
(-es, PI. Abschläge): abge-

absagen, Gesagtes wideniifen {einem a.) hauenes Holz, mhd. abeslac: Zurückweisimg
v. :
;

die Freundschaft auf- imd Fehde ansagen; eines Angriffs (im Teuerdank 82, 6 «Zurück-
(bildlich) sich wovon lossagen. Mhd. ahesagen. weisung, abschlägige Antwort»); Geringer-
Daher ein abgesagter Feind: einer der sich als werden des Preises wovon (mhd. abeslac «Er-
Feind erklärt hat». niedrigung der Fordening»); vorläufige Min-
Absatz, m. (-es, PI. Absätze): Aufhören derung der Schuld (im 16. Jh., zu spätmhd.
und Wiederanfang wovon, dann das soWieder- dbsiahen «abbezahlen»), z. B. auf A. zahlen.
anfangende selbst (bei Luther Zufernsein des )
; ABL. abschlägig, adj: entschieden von
einen vom andern bei Vergleichung (Wieland sich weisend (1562 bei Mathesius Sarepta 192^).
Idris 7); Abgeben von Ware gegen Bezahlung abschläglich, adj.: wie abschlägig: zahlend
(bei Frisch 1741). ^Mhd. ahesaz m. ist «Ver- zu vorläufiger Mindening der Schuld (1509
ringerung^). bei Janssen Frankf. Reichscorr. 2, 767). —
äbsch, s. abteilt. abschlagen, v.: l) trans. durch Schlagen
Abschach, n. {-s): Schach, das den König wovon trennen; an einer Rechnimg abziehen;
beim Wegziehen eines Steines durch eine hinter zum Entfernen nötigen; entschieden von
diesem stehende Figur angreift (1616 bei Sele- sich weisen, verweigern. 2) intrans. im
nus Schach- oder Königspiel 111). Auch Aber- Preise geringer werden. ^Ihd. abeslahen, abe-
schach (vgl. ab- und aber-). Schon mhd. ab- slän in allen Bedd., ahd. abaslahan «weg-
scMch, Yü,r. aberschäch n., und dann bei Lessing schlagen».
Nathan 2, 1. Vgl. v. Bahder Btr. 22, 522. abschmiereu, v.: tüchtig pi-ügeln, eig.
abschätzig, adj. u. adv. geringwertig; ge- mit Schlägen salben. Bei Duez 1642.
:

ringschätzig. Frühnhd. (Wickram Rollw. 128) abschrecken, v.: einen durch eingeflößte
und auch später in oberd. Quellen von Wie- Furcht von etwas abbringen, m\i(\.abesclir ecken;
;

land gebraucht (als Warmes oder Kaltes durch Hinzutun von Kal-
erklärungsbedürftig bei
Lessing 6, 32 erwähnt). tem oder Warmen in der Temperatur um-
Abschaum, m. (-s, ohne PI.) von wallender springen machen (schon frühnhd.). Vgl. wegen
:

Flüssigkeit ausgestoßene, oben wegzuräumende dieser Bed. schrecken.


ünreinigkeit als zu schlecht und verächtlich
; abschurren, v.: hinweggleiten; abfahren,
ausgestoßener Mensch. Bildlich bei BrantXarr. sterben (s. schurren). Aus der nordd. Um-
o4,19 abschürn, wie schuni^l-amev Genchm.Bl'i. gangssprache bei Voß 2,81. Vgl. abkratzen.
Abscheu, m. ohne PI.); das Zurück-
(-es, abschüssig, adj.: stark abhängig. Erst
schrecken vor etwas Gegenstand, vor dem man
; beiDentzler 1709 verzeichnet (doch früher «&-
zurückschreckt; heftige Abneigung, Wider- schießig, Opitz Poeterey 181). Von Abschuß
wille. Frühnhd. abschew (Keichsordnungen m. in der Bed. jähe Neigung einer Erdfläche,
180 von 1531), abscheueh m., seltener f. (z. B. daß sich darauf ein Körper schnell und heftig
Harsdörfer Gesprächspiele 1, 2), daneben ab- niederbewegt (bei Ludwig 1716).
schewen, n., vgl. Scheu. ABL. abscheulich, Abseite, f. (PI. -n): überwölbter Neben-
adj. u. adv.: abschreckend (frähnhd., z. B. raum des Schiffes der Kirche; Nebengebäude
Fischart Barfüßermönche 4557, zum abscheu- (Flügel) am Hauptgebäude. Aus mhd. absite
lichen Exempel Carolina), Wider\^alIen erre- (mit Anlehnung an ab und Seite ahd. absita, ),

gend (bei Maaler 1561 abscheüchlich). absida f., entlehnt aus gr.-mittellat. absida, gr.
Abschied, m. (-es, PI. -e) das Weggehen ävpic. Gen. ötnjiboc f. «Verbindung, Rundung,
:

aus der Mitte eines Kreises; die Beurlaubung Gewölbe».


bei diesem Anlaß; Dienstentlassung; richter- abseiten, adv.: (veraltet) abseits, von selten
licher Ausspruch als Endurteil in einer Rechts- (mit Gen.). Spätmhd. absiten, Verbindung der
angelegenheit ; Willenserklärung des Staats- Präp. ab mit dem Dat. PI. siten.
: ;!

15 abseits abstoßen 16

abseits, adv,: weg zur Seite, auch mit Gen. sachsen üblich», von Heynatz 1796 empfohlen).
verbunden. Erst bei Stieler 1691 verzeichnet, —
Absprache, f. (nach der 3. Bed. von ab-
mit angetretenem genet. -s, früher äbseit, vgl. sprechen). Bei Ludwig 1716 Absprach, aber
j

diesseits, jenseits. Adelung und Campe.


nicht bei
\

Absicht, f. (PL -en): (veraltet) abrei- Abstamm,


m. (-es, ohne PL): Abstam-
chende Richtung der Augen worauf, z. B. mung; Nachkommenschaft, Abkömmling (Her-
j

beim Zielen; Richtung des Geistes worauf,! der Cid 33). Jägerwort des 18. Jh.

z. B. in Absicht (mit Gen. oder auf) in Be- \


Abstand, m. (-es, PI. Abstände): Weg-
tracht; die als ein zu Erstrebendes gesetzte Recht (früh-
treten, Verzichtleistung auf ein
Vorstellung. Absicht (verzeichnet bei Frisch nhd., erhalten in A. nehmen); Entfemtstehen
1712, noch nicht bei Stieler 1691 und Rädlein wovon (Zesen in Dögens Kriegsbaukunst).
1711) ist in der 2. Hälfte des 17. Jh. für den abstatten, v.: an der dazu bestimmten
subst. Inf. Absehen eingetreten; dies Wort Stelle anbiingen. Frühnhd. Kanzleisprache.
bezeichnet auch konkret das Visier an Meßwerk- abstechen, v.: l) trans. durch Stechen
zeugen (bei Goethe 50, 107 1. H.) und Gewehren wovon entfernen oder trennen, mhd. abe-
(daher sein Ä. auf etwas richten). ABL. ab- stechen; (Tiere) tot stechen, schlachten; über-
sichtlich, adj. u. adv., erst bei Adelung 1793. treffen, eig. im Tui'nier beim Gegenrennen
Absinth, m. (-es, Pl.-e) Wermut; Brannt- vom Pferde stechen; im Kartenspiel durch
:

wein daraus. Ans franz. absinthe m., aufgr.-lat. eine höhere Karte zum Untern machen;
apsinthium, gr.dnJiv6iovn.«Wermut» beruhend. durch Stechen nachbilden. 2) intrans. in die
absolut, adj. u. adv.: unbedingt; unum- See stechen (eig. mit der Schifferstange), fort-
schränkt. Aus lat. absolütus, Part. Perf. Pass. fahren (Fischart Garg. 117); sich merkbar
von äbsolvere s. u. Um 1700 in der phi- unterscheiden (bei Ludwig 1716, gleichzeitig
losophischen Sprache (Thomas Einleitung auch sich a. diese Bed. scheint von der von

:

195). Absolution, f. (PI. -en): Losspre- a. oder abstecken «abgrenzen» aus entwickelt).
chung von Sünden. Spätmhd. (Liliencron 2, Abstecher, m. (-s, PI. wie Sing.) kurze :

205). Aus lat. absolutio, Gen. absolrdiönis. Nebenreise. Nach Heynatz Antib. 1,35 zuerst von
— absolvieren, v.: lossprechen von Sünden, Bode und Mylius gebraucht und aus dem Nie-
beendigen. Mhd. absolvieren. Aus lat. äb- dersächs. aufgenommen, wo es als dialektischer
solvere «ablösen, losmachen». Ausdrack 1781 bei Dähnert verzeichnet ist.
absonderlich, adj.: getrennt von andern abstehen, v.: l) intrans. (veraltet) wo-
(frühnhd.); eigentümlich (Ludwig 1716), selt- von niederstehen, z. B. vom Pferde, mhd.
sam (Eichendorff Taugenichts 74). Als Adv. abestän, -sten: wovon entfernt stehen; aUzu
vor allem (1664 bei Duez). lange stehen und dadm'ch schwächer werden,
•'abspannen, v. der Spannung benehmen, alle innere Kraft, die Lebenskraft verlieren,
:

mhd. abespannen: schlaff machen; von Fort- sterben, z. B. der Essig, Baum, Fisch ist
zuziehendem losmachen. S. spannen. abgestanden (bei Maaler 1561, mhd. mit dem
^abspannen, v. Gesinde durch Verlockung töde abesfen); (von etwas a.) von etwas ab-
:

von jemand abziehen. Bei Luther. Vermischt lassen, darauf verzichten (mhd. eines ding es
mit dem vorigen Worte, während es spätmhd. abesten). 2) trans. einem andern überlassen
abspenen, bei Hans Sachs abspennen heißt. (nach Adelung 1774 besonders m Nieder-
S. Spänen. sachsen häufig).
abspenstig, adj.: durch Verlockung eine Abstich, m. {-es, PI. -e): Abgestochenes,
Verbindung verlassend. 1566 bei Hans v. z. B. von Torf, eines Budes; Sich -Hervor-
Schweinichen (Script, rer. Sil. 4, 74), häufiger heben gegen anderes im Widerstreit mit die-
erst im 18. Jh. (bei Frisch 1712 erwähnt). Zu- , sem, Kontrast (Wieland 9, 21, Schiller 10, lOl).
sammengesetzt mit dem ahd. Kdi}.spenstig «ver- abstimmen, V.: l)trans.gründlich stimmen,
lockend», abgeleitet von spans^ f. «Verlockimg». 1
z. B. ein Instrument. 2) intrans. abweichend
absprechen, v.: jemand etwas durch stimmen, eine andere Meinung haben (bei
entschiedene Erklärung entziehen, mhd. abe- Luther, noch bei Adelung 1793): seine Stimme
sprechen; womber sich entschieden erkläi'en, abgeben (nach Heynatz 1796 obd. Ausdruck).
daß es nicht so womber bis zu Ende
sei; abstoßen, v. l) trans. weg- oder herunter-
:

und zu gegenseitiger Zustimmung sprechen stoßen, m\\d..abestd^en\ (Verpflichtungen usw.)


(erst bei Adelung «besonders in Nieder- beseitigen durch Erfüllmig (erst bei Adelung
17 abstrakt Al)wesen 18

«im gemeinen Leben»): einen unangenehmen Pferde niedersteigend einkehren. 2) trans.


Eindruck auf jemand machen (Gegensatz an- durch Treten beseitigen, abnutzen oder wo-
ziehen, also übertr. von den Wirkungen des von trennen; {einem etwas a.) überlassen (mhd.
Magnets); Redensart: das Herz a. d. i. eines dinges abetreten).
brechen, eig. vom Henker durch das Rad Abtritt, m. (-es, PI. -e): das Weggehen
(schon spätmhd.). 2) intrans. (vom Schiff) ab- wovon nach ausdmcklicher Erklärung (fi-üh-
fahren, eig. durch Stoßen mit der Schiffer- nhd.); Hinscheiden durch den Tod; einstwei-
Stange (schon mhd.). ligesWeggehen wovon zur Seite; geheimer
abstrakt, adj.: abgezogen in Gedanken, Ort zur Verrichtung natürlicher Bedürfnisse
für sich allein betrachtet; nicht wh'klich, (schon beiKrämer 1678) dasXiedersteigen vom :

bloß gedacht. In der Pferde zur Einkehr; Vorrichtung daß etwas


1. Hälfte des 18. Jh.
aufgenommen. Aus lat. ahstradus, Part. tiefer aufgetreten wei'den muß Getrenntsein, ;

Perf. Pass. von abstrallere «weg-, abziehen». bedeutsamer Unterschied (Haller Ged, 122).
Abstreich, m. [-es, PI. -e): öffentlicher abtröseln, v. faserartig abwinden (Thüm- :

Zuschlag auf Mindergebot (Schiller Räuber mel Reise 4, 300). S. auftröseln.


1, 2). Gegensatz Aufstreich (s. d.). abtrumpfen, v.: mit Überlegenheit zu-
abstufen, y. in Stufen abbauen (beim rückweisen, eig. beim Kartenspiel eine Karte
:
j

Bergbau) bestimmte Unterscliiede festsetzen nait Trumpf stechen; {einem etivas a.) mit
;
|

(nach Adelung 1793 neues Wort, von Heynatz Gewaltsamkeit entziehen. Erst in der neuern
'

1796 empfohlen). Sprache. Vgl. auftrumpfen.


Absud, m. Handlung des
{-es, abtrünnig, adj.: sich von einer Verbin-
PI. -e):
Absiedens; die durch Absieden gewoimene dung lossagend. Mhd. abetrünnec, ahd. aba-
Flüssigkeit, s. Sud. Xeues, von Adelung 1793 trunnig, mit mhd. trünne f. «abgesonderter
verzeichnetes Wort. Haufe, Schar» zu einem verlorenen starken V,
absurd, adj.: lächerlich- widersinnig. Aus |
trinnan, wovon auch trennen (s. d,), vgl. ent-
lat. dbsurdus. Um 1700 in der philosophi- rinnen.
schen Sprache (Thomas Einleitung 127). abwägen, s. abwiegen.
Abt, m. {-es, PI. Äbte): Vorsteher einer abwamsen, v. ein tüchtige Tracht Schläge
:

Abtei. Mhd. abt, abbet, ahd. abbat von dem geben, eig. das Wams (s. d.) vollschlagen.
aus syrisch dbba «Vater» in die kirchhch-lat. Bei Campe 1807.
Sprache aufgenommenen abbas, Gen.ahbatism. abwandeln, V.:
verändern; abbüßen (nach
ABL. Abtei, f. (PI. -en) höheres klösterliches der altern Rechtssprache bei Wieland, zu mhd.
:

Stift; Gebiet desselben; Wohnung und Pfründe icandel «Buße, Strafgeld»); (in der Grammatik)
eines Abtes, mhd. abtei, abbeteie, ahd. abba- flektieren. In dieser Bed. zuerst von Schottel
teia von mJat. abbatia f. Äbtissin, f. (PI. (für deklinieren) gebraucht. ABL. Abwand-
-nen) Vorsteherin emer Abtei, mhd. abtissin, lung, f 1748 bei Gottsched füi- Konjugation,
: ,

eppetissin, ahd. abbatissa aus mlat. abbatissa f. 1672 bei Pudor (^DerTeutschen Sprache Gx'und-
abtakeln, v.: die gehörigen Taue, Segel, richtigkeit) für Deklination.
Blöcke, Rahen etc. vom Schiffe abnehmen abwärts, adv. nach unten geiüchtet zur : ;

(nach ndl. aftakelen bei Stieler 1691); (bild- Seite. Spätmhd. abiverts.
lich) seiner Stellung entkleiden. Abweg, ni. {-es, PI. -e) : vom rechten ab-
Abtrag, m. {-es, PI. Abträge): was als führender Weg. m. jSIhd. abetoec

übrig geblieben wovon hinweggetragen wird; Abwehr, f.: Fernhaltung durch Vertei-
Beeinträchtigung, Schmälerung; Beseitigung digung. Jung, noch nicht bei Adelung 1793
einer Verpflichtung durch Erfüllung, Ersatz, (gebraucht von Voß 2, 255); von abwehren.
Genugtuung. Spätmhd. abctrac in der 2. und abwendig, adj.: sich abwendend, abfal-
3. Bed. Von abtragen, v.: wovon hinweg- lend (nur noch in a. machen). Frühnhd.
tragen, mhd. abetragen: durch Ansichtragen (Diefenbach gloss. 60^).
abnutzen; etwas durch Wegtragen davon abwerfen, v. nieder- oder zur Seite wer- :

gleichmachen; durch Leistung einer Obliegen- fen, mhd. abewei'fen; Ertrag bringen, eig. wohl
heit genugtun (spätmhd. abetrage)i). von dem Früchte tragenden und herabwer-
abtreten, v.: l) intrans. beiseite gehen, fenden Baum (Weise Erzn. 52).
mhd. abetreten; weggehen; {von einem a.) Abwesen, n. {-s) das Nichtdasein. Spät- -.

abfallen (bei Luther, mhd. mit Dativ); vom mhd. abeu'esen, eig. subst. Inf. zu abetvesen
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 2
19 abwiegen Acht 20

«fehlen, mangeln», ahd. abaicesan. — abwe- Weiterableitung anord. öxidl, schwed. dän.
send, Part. Praes. zu diesem Verbum. ABL. axel m. «Achse». Urverwandt mit lat. axis m,,
Abwesenheit (für Ahu-esendheit), f.: wie gr. äSuuv m., abg. osi f., lit. asls f., prenß.
Älmesen. Zuerst bei Hulsius 1596. assis, kymr. echel, aind. ciksas m. «Achse». Ob
abwiegen, Schwere wovon prüfen das Wort weiter auf die
v.: die Wurzel ag (in lat.
und bestimmen. Jüngere Bildung (Stieler agere, gr. äyeiv «bewegen», anord. afca «fahren,
1691) neben abicägen, mhd. ahewegen, bei führen») zumckgeht, ist unsicher.
Luther Sir. 42, 7 abivegen. Achsel, f. (PI. -n) der Körperteil, der die
:

abzirkeln, v.: genau abmessen, eig. mit bewegliche Verbindung des Armes mit dem
dem Zirkel. Bei Luther. Rumpf ausmacht. Mhd. ahsel, ahd. ahsala f.;
Abzucht, f. (PI. -en): Ableitung für un- dazu asächs. ahsla, ags. eaxl, anord. öxl, schwed.
reine Wasser (1562 bei Mathesius Sar. 211a). dän. axel f. «Achsel», abgeleitet von Achse. Lat.
Auch Abzug m. (-es, PI. Abzüge). Durch axilla «Achselhöhle» (auch äla «Flügel» aus
Umdeutschung (Anlehnung an abziehen) aus *axla) ist urverwandt. Aus dem Germ, gehört
lat. aquaeductus m. «Wasserleitung» hervor- noch (mit Ablaut) ahd. nohsana, mhd. uohse,

gegangen, vgl. Anäauche. üehse f., Schweiz, uechs «Achselhöhle» (dazu


abzwacken, v.: kleinlich entziehen. Mhd. ndl. oksel m, «Achsel») hierher. Redensarten:
abezwacken, auch bei Luther. S. zivacken. über die A. ansehen, d. i. geringschätzig, stolz
Acc-, s. Akk- u. Akz-. oder mit Hohn; auf beiden Achseln tragen
ach! Äußerung der Schmerzempfindung, «sich zweideutig benehmen, um es mit keinem
Anstrengung, Rührung, seltener der Freude. zu verderben»; die Achseln zucken «unent-
Mhd. ach, ahd. ah: nach Grienberger Unter- schlossen sein». ZUS. Achselbein, n. Schul- :

such, z. got. Wortkonde 17 mit got. ak «aber» terknochen, mhd. ahselbein, ahd. ahsalbein n.
zu verblöden. Vgl. aber auch lat., ital., span., acht, Zahlwort. Aus mhd. o/«fe, ahd. a/«to;
portug. a/t. Substantiviert: Ach n., wie schon dazu asächs. ahto, ndl. acht^ afries. achta, ags.
mhd. Redensart: mit Ach und Krach, d.i. mit eahta, engl, eight, anord. ätta, schwed. ätta,
Stöhnen aus gi'oßer Anstrengung, mit genauer dän. otte. Urverwandt mit lat. octo, gr. oktüj,
Not, kaum. altir. ochtn, ht. astuoni, abulg. osmt, arm. uth,

-ach, s. -a. aind. astau (ein alter Dual). Substantivisch:


Achat, m. (-es, PI. -f) ein Halbedelstein. Acht f. "(1556 bei Frisius 913^ eyn achte).
:

Mhd. achat oder achates. Aus dem gleichbed. ABL. achte, Ordnungszahl. Mhd. ahte,
gr.-lat. achates, gr. dxdxric m., von dem Fluß früher ahtocle, ahd. ahtodo; dazu asächs. ahtodo,

Achates in Sizilien benannt, an dessen Ufern ndl. achtsfe, afries. achtunda, ags. eahtoda,
dieser Stein nach Plinius bist. nat. 37, 54 zu- anord. ätti, schwed. ättonde, dän. ottende: 1540
erst gefunden wurde. bei AlbenisDict.rr 1^ der achtest. Achter, —
Achel, f. (PI. -n): Ähi-enstachel (Voß 2, m.: die Zahl 8, Münze von 8 guten Groschen,
255); abgefallener Ähren stachelsphtter; Sten- von 8 Pfennigen, bei Stieler 1691. ZUS.
gelsplitter bearbeiteten Flachses oder Hanfes. Achtel, n. (-S, PI. wie Sg.), geschwächt aus
Aus dem Ndd., wo aggel mit (spirantischem Achtteil: der achte Teil; ein aus 8 Teilen
g) gesprochen wird. Adelmig verzeichnet bestehendes Trockenmaß, mhd. ahtteil, ahtel.
Achel als ndrsächs, neben dem hd. Agel, das achtzig, s. -zig.
friihnhd. (z. B. 1537 bei Dasypodius agel oder •^Acht, f.: Richtung des Geistes worauf;
egel «festuca») erscheint, auch noch bei Schu- Aufmerksamkeit, Füi-sorge. Mhd. aht, ahte,
bart 2, 211 die Ageln (in der 3. Bed. von Achel). ahd. ahta f.; dazu ags. eaht f.; got. anord, I
Dazu ahd. ahil f. «Ähre», vgl. auch ags. egle PI. nicht vorhanden, doch erscheint hier die Ab-
«Ährenspitzen», engl. a?7 «Granne». S.Akne leitung cefla (aus *ahtilön) «meinen». Die
und Ähre. gleiche Wurzel (Grundbed. wohl «sinnen»),
acheln, v.: essen. Li der Juden- und zeigen got. aha m. «Verstand», rt/y'a» «meinen»
Gaunersprache. Aus hebr. äkhäl «essen». Schon (zu gr. öcco|uai «im Geiste sehen»), ahnia m.
bei Fischart (Pract. Großm. 50), als rotwelsch «Geist». Die Verwandtschaft der germ. Worte
1510 im Liber Vagatorum (Kluge 53). mit lat. oculus, gi". öiruuTra, wird von Uhlen-
Achse, f. (PI. -n) Stange, dann Linie, um beck, Btr. 17, 115 bestritten, aber sein eigener
:

die sich etwas im Kreise bewegt. Mhd.ahse, Vergleich der Worte nüt gr. ökv^u) «zaudern»
ahd. ahsa f. dazu ndl. as, ags. eax f. und mit ist kaum richtig.
; —
achten, v.: den Geist
21 Acht Adel 22

worauf richten; eine daraus hei*vorgehende bauen, spätmhd. ackern (dafür früher ern^
Meinung wovon haben; in seiner Meinung s. Ernte). ZUS. Ackerbau, m., frühnhd.
höher oder tiefer stellen (ohne Adv. hoch- (bei Luther =Ackermann, m., mhd. acker- ). —
achten erst bei Adelung 1774); Aufmerksam- man, ahd. accharman, ags. mcermon. Dazu das
keit und Fürsorge schenken. Mhd. ahten, ahd. Dim. Ackermännchen n., in vielen Gegen-
dlltön; dazu ndl. achten, ags. eahtian. ABL. den Benennung der Bachstelze, weil sie sich
achtbar, adj. und adv.: höhere Meinung ver- imFiühling ihrer Nahrung wegen beim Pflügen
dienend, mhd. ahtbmre. —
achtlos, adj. und Ackern) regelmäßig einfindet. 1517 bei Tro-
i

adv.: ohne Aufmerksamkeit, bei Stieler 1691. chus H 4^ ackermenchen.


— achtsam, adj. und adv.: Aufmerksam- Ackermennig, s. Odermennig.
keit und Fürsorge zeigeiad, mhd. nur in iin- Acker würz, f.: der Kalmus, dessen Wurzel
ahtsam. — Achtung, f.: Wendung der Auf- als Gewürz und Heilmittel dient. IMhd. acker-
merksamkeit und Fürsorge worauf; aner- ivurz. Acker- geht hier auf den gr.-lat. Namen
kennende Memung wofür, spätmhd. ahhmge, dieser Pflanze zurück: acorus, gr. oKopoc f.
ahd. ahtunga f. Adam, Eigenname, hebr. adam «Mensch»,
"Acht, f. Ausschließung vom Rechtsschutz. Redensart: der alte A. d.i.: der alte sündige
:

Mit Kürzung des Vokals (doch Aacht noch Mensch, die angeborne sündhafte Natur (häufig
Oelinger S. 34) aus mhd. ähte, ahd. dhta f. bei Luther). ZUS. Adamsapfel, m.: der
«Verfolgung» dazu ags. öht. Als germ. Gnind- vorstehende Teil der Luftröhre (bei Jablonski
:

form ist *cmlitö anzusehen, die kaum zu eng 1721). Früher dafür Adamshiß; nach einem
(s. d.), also eig. «Bedrängung», eher zu gr. verbreiteten Volksglauben ist Adam beim Ge-

ävÖTKri, altir. ecen «Zwang», kymr. angen nuß des verbotenen Apfels im Paradies ein
«Notwendigkeit, Zwang», lat. necäre «töten», Stück davon (meist wird an den Apfelbutzen
nocere «schädigen» usw. (vgl. Walde s.v. neco) gedacht) im Halse stecken geblieben.
gehört.. ABL. ächten, v. außer Recht und
: addieren, v. zusammenzählen. Von lat. :

Heimat setzen: der Verfolgung preisgeben. addere (aus ad «zu» und dare «geben» ge-
Mhd. cehten, ahd. ähten «verfolgen»; dazuasächs. bildet) «hinzutun». Schon 1514 bei Böschen-
ähtian, ags. ehtan «verfolgen». —
Achter, m. steyn A 3^^.
(-S, PI. wie Sg.l: der in der Acht steht (üh- ade, Interj.: lebe wohl! Substantiviert:
land Ernst von Schwaben 2, 1 Mhd. cehtcere, Ade n.: das Lebewohl. Mhd. ade, verkürzt
).

aber auch in der Bed. «Verfolger», ahd. ähtäri aus franz. adieu (eig. ä dieu «zu Gott! Gott
«Verfolger». befohlen»!). Diese franz. Form selbst wui-de
Achterdeck, n. {-s, PI. -e|:Hinterdeck wieder seit 1600 üblich (volkstümlich in adjes
des Schiffes. In der niederd. Seemannssprache entstellt), während ade der poetischen Sprache
achter ist ndd. Form für after (s. d.). verblieb.
achtsam, Achtung, s. ^Acht Adebar, Adebär (Claudius 3, 66;, m.
ächzen, v.: ach schreien; tief aus der (-n, PI. -en): in Niederdeutschland verbreitete
Brust gepreßte Schmerzenslaute ausstoßen. (fiüher allgemeinere) Benennung des Storches.
Mhd. ächzen, echzen. Von ach. Aus mhd. odehar, odeher, ahd. odohero, dazu
Acker, m.[-s, Vl.Äcke^-}: Pflugland; einem mnd. odevare, ndl. ooievaar m. Gewöhnlich
Eigentümer angehöriges abgegi'enztes Stück als Glückbringer (od «Glück», s. Allod, hero
Pflugland; ein gewisses Landmaß. 'Mhd. acker, «Träger, Bringer», s. gebären) erklärt.
ahd. acchar, ackar m.; dazu asächs. accar,\ Adel, m. (-S, ohne PI.): Geschlechts- und
ndl. akker, ags. cecer, engl, acre, anord. akr, Standesvorzug; Gesamtheit der so Bevorzug-
schwed. äker, dän.ager m. «Acker». Es stimmt ten: Erhabenheit über das Gemeine als sitt-
der Lautverschiebung gemäß mit den gleich- licher Vorzug. Aus mhd. adel n., seltener m.,
bed. ager, gr. dfpöc m. und skr. djras ahd, adal n. «Geschlecht, von dem man her-
lat.

«Flur, Ebene» und wird gewöhnlich zu der stammt, besonders ausgezeichnetes»; dazu
Wurzel gestellt, die sich in lat. ago, gr. afü), asächs. aäali n. «Geschlecht, Gesamtheit der
ai. äjämi «treibe, tue», anord. aka «fahren», Edeln», ndl. adel m., ags. ceäelu n. PI. «natür-
zeigt, unter Annahme einer Entwicklung, wie hche Anlage, vornehme Geburt», anord. aäal n,
in Trift zu treiben. Doch ist dies durchaus «natürliche Beschaffenheit, natürhche Anlage».
unsicher. Vgl. Hirt Idg. Forsch. Anz. 13, 9 f. Grundbed. «Geschlecht» als Vorzug der im
ABL. ackern, v. mittelst des Pfluges Land
: Stande höher Stehenden. Dazu noch (mit Ab-
2*
23 Adept adoptieren 24

laut) ahd. uodil nodal, asächs. ödü, ags. edel, Adjektiv, n. (-es, PI. -e): aus niat. ad-
anord. ödal n., «Erbgut, Heimat». ABL. jectivuni «was sich wozu setzen läßt», von
adlig (eigentlich adlich zu schreiben, vgl. adjicere «hinzutun». VonHelvicus durch «zu-
hülig), adj., mhd. adeUich, ahd. adallih. adeln, ständiges Nennwort», von Zesen Helikon 1649
V.: in den Adelstand erheben; über das Ge- durch «beiständiges Wort», von Schottel durch
meineerheben. Bei Dasypodius 1537, während «beiständiges Nennwort», von Gottsched durch
mhd. dafür edehi erscheint. Mit Adel- zus.- «Beiwort» verdeutscht; in neuerer Zeit ist

gesetzt sind viele Eigennamen: Adall)ert, ge- «Eigenschaftswort» beliebter.


kürzt Albert, Albrecht, ahd. Adalbert, ur- adj es, s. ade.
sprünghch Adalperaht (ahd. peraht, «glän- Adjunkt, m. {-en, PI. -en): der beige-
zend»); Alfons, ahd. Adalfims (urspiüng- gebene Amtsgehilfe. Aus lat. adjunctus, Part.
lich wohl Hadnfuns, ahd. liadu, «Kampf», Perf. Pass. von adjungere «zu-, beifügen». Bei
funs «bereit», vgl. H. Kern ZfdW. 9, If.); Frisch 1741 Adjuncte.
Adelheid , ahd. Adalheit, franz. Adelaide Adjutant, m. (-en, PI. -en): Hilfsoffizier
(ahd. heit «Gestalt», s. heit); Adele, franz. zur Befördening der Befehle. Aus lat. ad-
Adele, geht zurück auf ahd. Adala «die aus- jutans, Gen. adjufantis, Part. Praes. von ad-
gezeichneten Geschlechtes ist»; abgeleitet ist jutare «.helien». Schon 1617imteutschenMichel.
der Familienname Adelung, ahd. Adahinc. Adler, m. (-s, PI. wie Sg.): aus mhd.
I

S. edel. adelar, adlar, adler (Gen. adelarn etc.), auch


Adept, m. (-en, PI. -en): der in die ge- adelarn m., wie ndl. adelaar, zusammengesetzt
heime Kunst des Gohlmachens, der Bereitung aus ahd.öw^aZi «edel» und aro «Aar» (s. d.). Bei
des Lebenswassers usw. Eingeweihte. Von Luther auch adeler, was sich in der poeti-
lat. adeptus «wer etwas erlangt hab>, Part. Perf. schen Sprache bis ins 18. Jh. erhält (bei Voß).

von adipisci «erlangen». Bei Sperander noch Die urspr. schwache Flexion ist schon bei Lu-
in lat. Form adepti (PI.). ther der starken gewichen, der Akk. Adlern je-
Ader, f. (PI. -n): den tierischen KöqDer doch noch bei Hoffmannswaldau Verm. Ged. 3.
durchziehender Gang, Sehne, Blutgang; sonst ZUS. Adlerblick, m. ausgezeichnet scharfer

:

innerer Gang, z. B. des Erzes, im Holze; be- Blick (Gotter 1, 398). Adlernase, f.: stark
sondere Begabung wofür, z. B. dichterisclie A. gebogene Nase (bei Henisch 1616 adlers nas).
(die Adern galten fiüher als Organe des Seelen- administrieren, v. ein Amt verwalten. :

und Gemütslebens). ^Ihd. äder, ahd. ädara Von lat. administrare «hilfreich an die Hand
f.; dazu ndl. ader, aar, ags. ädre, schwed. gehen, besorgen, verwalten» (von ad und
äder, ädra, dän. aare f.; anord. cedr (r ist niinistrare «bedienen, besorgen»). Li der früh-
Nominativendung) entbehi-t des ableitenden r. nhd. Kanzleisprache. ABL. Administration,
Das Wori, das im Got. *ej>ra lauten wüi'de, f. (Fl.-en): Verwaltung (Ordnungen SO^j. Von
gehört mit gr. rirop n. «Herz», firpov n. «Bauch» lat. administratio. Gen. -önis.
zusammen, also Grundbed. «Eingeweide» (diese \
Admiral, m. {-s, PI. -e): Flottenführer.
Bed. hat das mhd. incedere n. noch). ABL. Aus afi-anz. admiral, das auf arab. 'amir-almä
äderig, adj., spätmhd. ce(?enc. —
ädern, v.: «Befehlshaber des Wassers» beruht. Schon
der Adern durch Herauslösen benehmen, mit mhd. findet sich amiral, admirät als Titel des
Adeni künstlich versehen, mhd. cedern. ZüS. morgenländischen Kalifen, um 1500 erfolgte
Aderlaß, m., seltener n., Neuentlehnung in der Bed. «Flottenbefehls-
(Gen. Aderlasses,
PI. Aderlässe und -lasse) Ablassen von Blut haber» (1507 bei Wilwolt von Schaumburg
:

dui'ch Einschnitt in eine Ader, spätmhd. dder- 118 fg. amirall. amerall, bei Fronsperger
läg f. (?), gewöhnlich dderlce^e f. (wie auch Ki-iegsbuch 1,109^ Admiral). ABL. Admi-
einfach Ice^e f., alem. Ice^i); auch nhd. er- ralität, f.: die Gesamtheit derer, die die
scheint ein fem. Aderlässe (bei Frisius 270% Oberaufsicht über das Seewesen haben. Im
Maaler, Henisch, Frisch, sogar noch bei Schu- 17. Jh. ,

bai-t 2, 78, Schiller 9, 377 u. andern Schwaben) Adolf, Mannsname, aus einem got. Namen,
oder Aderlasse, -laß (noch bei Ludwig 1716), der latinisiert Ataulfus lautet und dessen ulfiis
während Adelung für das Mask. eintritt (nach got. wulfs «Wolf» (s. d.) ist.
Analogie von Durch-, Einlaß usw.). —
Ader- adoptieren, v. an Kindesstatt annehmen.
:

SChlag, m.: Schlag der Pulsader (Schiller Von lat. adoptare «annehmen, bes. an Kindes-
Kab. u. L. 5, 2), mhd. äderslac. statt» (von ad und optare «sich ausersehen»).
25 Adresse after 26

Fiühnhd. (Franck teutsche Chronik 26^). — dän. abe m. Aus dem Germ, stammt slav. opica.
Adoption, f. (PI. -en) : Annakme an Kindes- Zusammenhang mit gr. Krj-rroc, skr. kapis m.
statt, fiühnhd. (Sallust 4). Von lat. adoptio, «Affe» ist sehr unsicher. Vgl. 0. Schrader Real-
Gen. -onis. lex. 19. ABL.
äffen, v. zum Toren machen, :

Adresse, f. (PI. -n j : Aufschrift auf einem zum besten haben, mhd. effen. Davon Afferei,
Brief; feierhches Schreiben. Aus franz. adresse f. (bei Luther). Affin, f. (PI. -nen), mhd.
im 17. Jh. entlehnt (Weise pol. Näscher 34), äffinne, effinne, effin: ahd. affinna: anord.
in der 2. Bed. zugleich unter Einfluß des engl. apynja. äffisch, adj., bei Luther 1, 514^ ef-
address «Schreiben des Parlaments an den fisch. ZUS. Aifenliebe, f.: blinde, verzär-
König». — adressieren, wohin zum Emp- telnde Elternliebe (Grimmeishausen Simpl.347).
v.:
fang überschreiben. Aus Affenspiel, n. Narrenpossen, mhd. affenspil.
franz. adresser, das :

auf dem mlat. directiare «wohin richten» (von Affekt, m. (-es, PI. -e): Gemütsbewegung.
directus, s. direkt) beruht. Von lat. affediis m, «Gemütsstimmung, -er-
Advent, m. {-es, ohne Pl.i: die Zeit vom regung/> von afficere (s. affizieren). Fmhnhd.
vierten Sonntag vor Weihnachten bis zu diesem (15.34 bei Franck Weltbuch a 4^j. ABL. af-
als dem Feste der Ankunft Christi im Fleische fektieren, V.: zum Schein annehmen, be-
d. i. seiner Geburt, iihd. ad.vent, advenfe m. sonders auf gezierte Weise, erkünsteln. Aus
von lat. adventus m. «Ankunft». fi-anz. affecter, das auf lat. affedare beruht.

Adyerb, n. (s, PI. Adverhien)-. das Be- Im 17. Jh. entlehnt, das Part. Praet. bei
stimmungswort des Verbums und des Adjek- Günther 429 affediert, während bei Schupp
tivs. Aus lat. adverhium, das nach ad verlyum 2, 183, der lat. Form näher, affedat.

«zumVerbimi (Zeitwort) gehörig» gebüdetist. äffen, Äifiu usw., s. Affe.


Von Helvicus durch «Beiwort», von Schott el affizieren, v.: angi-eifend erregen, Ein-
durch «Zuwort», von Gottsched durch «Xeben- di'uck machend berühren. Aus lat. afficei-e
wort» verdeutscht, in neuerer Zeit dm-ch «Um- (von ad und facere «tun, machen» gebildet)
standswort» (schon 1619 bei Helvicus allgem. «hinzutun, Eindruck machen, in eine gewisse
Sprachkunde 10 üinhstandwort). Stimmung versetzen». Schon bei Rot 1571
AdTOkat, m. (-ew, PI. -en) wer als Eechts- affidrn. -.

gelehrter jemandes Sache vor Gericht zu führen Affodill, m. (-S, PI. -e) lilienartiges Gar- -.

hat, der Sachwalter, Anwalt, (schweizerisch) tengewächs mit vielen kleinen Wurzelknollen.
Fürsprech. Aus lat. advocatiis m. «"der zur Spätmhd. affodiUe m. Mit Anlehnung an Affe
Rechtshilfe Herbeigerufene», Part. Praet. Pass. und Dill aus gleichbed. gr.-lat. asphodüus,
von a<ii;oca?"e «herbeirufen». Im 15. Jh. entlehnt gr. äcqpöbeXoc m.
(Eyb 2, 98, Fastnachtspiele 821, Lüiencron Affolter, m. (-5, PI. wie Sg.) Apfelbaum :

2,5.31). ABL. AdTOkatur, f.: das Advo- (fast nur noch in Ortsnamen wie Ajfolterhadi
katenamt. Aus nlat. advocatura f. Bei Spe- erhalten). Von mhd. äffalter, ahd. affoltra,
rander 1728. apholtra (ZfdWf. 2, 210) f.; dazu ags. apulder
äfern, v.: Bei Luther Spr.
wiederholen. m. und apuldre, cepiddre f., anord. apaldr m.,
Sal. 17, 9 evern,wobei am Rande «widerholen, schwed. apel (früher apald), dän. ahild. Ab-
wider anziehen, wider regen etc.». Mhd. äveren, geleitet von Apfel (s. d.); wegen der ange-
ahd. avarön von avar, s. aber. Noch jetzt bayr. tretenen Ableitung vgl. Hollunder, Maßhol-
Schwab. Schweiz, äfern «wiederholt in Worten der, Wachholder.
vorhalten, tadeln», dafür oberhess. äftern. Afrusch, s. Äbeyraute.
afF, s. -a. After, m. (-S, PI. wie Sg.): der Ausgang
Altäre, f. (PI. -n): Angelegenheit, Sache: des Mastdarms. Mhd. after (Gen. aftern),
kriegerisches Treffen. Aus dem gleichbed. ahd. aftaro, substant. gebrauchtes M. des ahd.
franz. affaire f., entstanden aus ä faire «zu Adj. aftaro, mhd. (selten) after «der hintere,
tun». In der 1. Bed. im 17. Jh. entlehnt (Weise nachfolgende, andere» von after (s. d.). Vgl.
Cath. 110); in der 2. z. B. bei Lessing (Minna Hintere. Die ui'spr. schwache Flexion (noch
V. Barnhelm 1, 12). bei Ludwig 1716) istjetzt ganz der stai-ken
-n): das Tier; wer etwas gewichen.
Affe, m. (-n, PI.
lächerücherweise nachmacht; eitler, törichter after (veraltet), Adv. und Präp. mit Dat.,
Mensch. Mh. äffe, ahd. a/fo m.; dazu ndl. cwp, seltener Akk. : hinter, nach. Mhd. after, ahd.
ags. apa, engl, ape, anord. ajji, schwed. apa. aftar «hinter, nach»; dazu nd. und ndl. achter
:

27 Agel ah! 28

(s. Ächterdeck), ags. ceßer, engl, after «nach»,


Agio, n. (spr. äschjo): das Aufgeld beim
got.aftra «zurück, wiederum». Weiterbildung Umtausche von Münzsorten oder Wechsel-
von got. af, s. ah und aber. In Zusammen- briefen gegen bares Geld. Aus piemontesisch
setzungen nimmt after- gern den Begi-ift' des agio, ital. aggio m. eig. «Gemächlichkeit, gute
Scheinrechten und Schlechten an; es kommt Gelegenheit», dann «Erkenntlichkeit», die man
in dieser Bed. des Negativen, Verkehrten schon dem Wechsler für den Umtausch gibt. Bei
mhd. neben den gleiehbed. Präfixen ah- und Nehring 1694 mit den Nebenformen lagio (mit
aber- (s. d.) vor und verdrängt diese im nhd. dem Artikel l'), lazo, von denen die letzte
bis auf einzelne Reste. ZUS. Afterbürde schon van. die Mitte des 17. Jh. vorkommt,
{b.Mos. 28, bl Äffterhihi) f.: die Xachgebui-t. bei Krämer 1678 Lasch i.

Aftergröße, f. (Schiller 11, 323): Schein- agitieren, v.: en-egend auf die Menge
größe, falsche Größe. Afterklaue, f. (auch einwirken, bes. in politischer Absicht. Aus
Äberklaue): die kleine Hornspitze über dem franz. agifer «eiTegen, (politisch) aufwiegeln»,
Ballen an den Läufen des Wildes (bei Duez entlehnt aus \at.agitare, «in Bewegung setzen»,
1664). Afterkönigill, f. (vgl. Afterkönig abgeleitet von agere (s. Agent). Erst in der
bei Nieremberger 1753): unrechtmäßige und neuern Sprache. ABL. Agitator, m. (-s,
Scheinkönigin Maria Stuart 1, 6). PI. -en). Mit der lat. Endung -ator nach fi-anz.
(Schiller
Afterlehen, n. (bei Henisch 1616): das von agitateur m.
einem Lehnsträger an einen Dritten vergebene Aglei, f.: eine glockenblumenartig blühende
Lehen. Aftermiete, f. (erst bei Campe 1807) Gartenzierpflanze. Mhd. agleie, ageleie, ahd.
Vermietung durch den zur Miete Wohnenden agaleia, agleia f., aus ital. aquilegia d. i. die
an einen Dritten. Aftermontag, m.; (im wassei'ziehende (?). S. Akelei.

östl. Schwaben) der Tag nach dem Montag, Agnat, m. (-en, PI. -en) : Blutsvei-wandter
der Dienstag, mhd. aftermäntac. afterredeil, von väterlicher Seite. Aus dem gleiehbed.
V. (vgl. mhd. afterrede f.): verleumderisch lat. agnatus m. d. i. ad-gnatus. In der früh-
nachreden (bei Luther). Aftersal)bath, m. nhd. Rechtssprache (Liliencron 2, 531). !Mhd.
(Luk. 6, 1) der Tag nach dem Sabbath. After- sagte man sicertmäc.
:

TVeise, m. (bei Aventin afterweis): Schein- Agnes, Fraueimame. Aus mlat. Agnes, dem
weiser. Afterwelt, f. Nachwelt (Hoffmamis- Namen einer um 300 zu Rom enthaupteten
:

waldau Heldenbr. .51). jungfräulichen Heiligen, frtiher von lat. ag-


Agel, s. Acliel.- nus m., agna f. «Lamm» abgeleitet, vielleicht
Agende, f. (PI. -n): Formularbuch für zu gr. äfvii, Fem. des Adj. öiyvöc, ötvöc «rein,
das, was der Geistliche bei seinen Amtshand- keusch, heilig».
lungen vorschriftsmäßig zu reden hat. Aus Agralfe, f. (PI. -n): die Hakenspange;
lat. agenda, eig. «die vorzunehmenden Hand- Hutschleife. Aus dem gleiehbed. franz. agraffe,

lungen», N. PI, von dem Part. Fut. Pass. von agrafef. von a^ra/er «zuhäkeln», gebildet aus
agere «tun». In den Kii'chenordnungen von ad und einem v. *grafer aus ahd. kräphön von
1582 agend. krdplw «Haken», s. Krapfen. Im 17. Jh. ent-
Agent, m. (-en, PI. -en) Geschäftsbesorger. lehnt (1710 bei Nehring).
:

Aus dem gleiehbed. ita\. agente, franz. agentva.., Agrarier, (-.s-, PI. wie Sg.): Mitglied einer
das auf lat. agens. Gen. agentis «tuend, aus- auf Begünstigung der Landwirtschaft ab-
führend», Part. Praes. von agere «tun, aus- zielenden Partei. Neues seit 1874 aufkom-
führen» beruht. 1586 bei Fischaxt Bodinus 336. mendes Wort von lat. agrarius adj. «zum
ABL. Agentur, f. (PI. -en): die Geschäfts- Acker (ciger) gehörig».
besorgung als Gewerbe. Aus einem nlat. Agtstein, m. {-s, PI. -e): Bernstein. Aus
agentvra. mhd. agestein. agetstein «Bernstein, Magnet»;
Ägide, f.: kräftiger Schutz. Eig. der (mit aget- geht wohl auf rom. (ital. span.) agata f.
einem Ziegenfell überzogene? oder aus Eichen- «Achat» zuiiick, da Achat, Bernstein, Magnet
holz bestehende) schreckende SchUd des Zeus. hinsichtlich der großem oder geringem An-
Nach Gen.aegidis, ziehungskraft venvechselt wm'den. Bei Agri-
fi-anz.e'gfiJef.aus gr. lat. «e^/s,
gr. ai-fic, Junge Entlehnung.
Gen. aiYiboc. cola de re metalhca 1546 gagates, schwartzer
agieren, v. handeln, wh-ken; mit Ab- agatstein oder aidstein.

:

sicht sich benehmen als Aus lat. agere ah! Ausmf des Staunens und Wohlge-
. .

(s. Agent). Schon bei Bot 1571 agirn. fallens. Mhd. a. Vgl. franz. ital. span. ah.
I
29 äh ähuelu 30

äh! Interj., s. ä. Kränkung, Eifer»; asächs. ando m. «Aufgeregt-


aha! Ausruf der Üben'aschung, mhd. aha. heit, Zorn ;, ags.anda m. «Haß, Arger, Eifei*», alle
Das an a (hier kurz) angehängte ha ist wohl zurückgehend auf got. anan «hauchen, atmen»
Ausdruck des Lachens. in usanan «sterben» vgl. anord. a«*^^' m., öndi.
ahl! Ausruf der lebhaften Freude und «Atem, Geist» (verwandt mit lat. animus
der freudevollen YerwTinderung. Dichterisch «Geist», anima f. «Seele», gr. aveuoc m. «Wind»).
(bei Goethe, Bürger, Hölty). Mhd. ahi, Aus- Doch vgl. Brugmann Ber. d. sächs. Ges. d. W.
ruf des Schmerzes, des Vei-langens, der Ver- 1897, 30, der gr. vöcoc «Krankheit» mit dem germ.
wunderung. Aus fi'anz. ital. ahi. Wort verbindet, auch lat. nota, noiäre «kenn-

Ahle, f. an ein Heft befestigter zeichnen, tadeln, rügen läßt sich vergleichen.
(PI. -n): ^.

stählerner Stachel zum Vorstechen bei Leder- Das Wort lautet ältemhd. meist anden (so
arbeit. Aus mhd. ale, ahd. äla f.; dazu ndl. noch Frisch 1741, wähi-end Xieremberger 1753
aal, ags, ml f. (daneben äicel, engl, awl), anord. ahnden hat) vmd entstammt dem Obd., wo
alr m. «Ahle». Eine "Weiterbildung zeigt ahd. es auch noch in der altem Bed. «sich über
alansa (daher Schweiz.- schwäb. Alse), vgl. etwas beklagen»(Schönsleder 1618), «seinenUn-
franz. alene aus alesne und ndl. eis f. «Ahle». mut über etwas äußern» (Dentzler 1709) vor-
Verglichen wird aind. ärä f. «Pfiiem, Ahle», kommt (vgl. auch das in md. und obd. Mund-
lit. ila, preuß. ylo, lett. tletis «Ahle». Vgl. arten verbreitete es ist mir and «es ist krän-
noch Liden Idg. Forsch. 18, 492. Die Schrei- kend für mich, tut mir leid», in Leipzig es tut
bung AJil "bei Gueintz 1645, sonst im 17. Jh. mir ände): in der 2. Bed. ist es aus der Kanz-
auch Aal; AJiIe erst bei Xieremberger 17-53.
oft leisprache in die Schiiftsprache übergegangen
Neben dem F. auch ein M. AJil (noch bei (z. B. bei Moscherosch Phil. 2, 917j. ABL.
Heynatz 1775 imd Adelung, daneben nochX.). Ahndung, f.: (veraltet) Äußerung des Un-
Ahm, f., s. Ohm. muts, Zorn: Bestrafung. Frühnhd. (bei Franck
ahmen, s. nachahmen. Chron. 176^).
Ahn, Ahne, m. (-n, PI. -n): (veraltet) -ahnden, v.: wie ahnen (s. d.). Dazu
Großvater; Vorvater eines Geschlechts (1626 ahndeTOll, adj.undadv.: voll einer dunklen
bei Zinkgref Apophth. 1, 339). Ahne, f.: Vorempfindung wovon (Goethe 2, 65 u. ö.).
Großmutter, Vormutter eines Geschlechts. ^Ahne, f.: Groß-, Vormutter, s. Ahn.
Der AJmen Voreltern. Mhd. an, ane, ahd.
PI. : -Ahne, f. (PI -n)-. StengelspHtter von
ayio m. «Großvater»: mhd. ane, ahd-. ana f. Flachs oder Hanf: StachelspHtter vom Barte
«Großmutter». Nicht in den andern germ. des Getreides. Zusammengezogen (bei Alberus
Sprachen, vgl. Enkel. Verwandt ist lat. Dict. Qq l'' und tt 1^ unrichtig aus der
anns «alte Frau», apreuß. rt«e«Altmutter/>, lit. wetterauischen Mundart verhochdeutscht aun
a«i^a «Schwiegermutter», arm. han «avia», gr. statt an) aus mhd. agene. agen, md. auch
dvvic «Schwester des Vaters oder der Mutter» äne, aine, ahd, agana f. «Spreu»; dazu ags.
Hesych. Die urspr. schwache Flexion des M. egenu, anord. ögn «Spreu», schwed. agn f,
weicht jetzt im Sg. z. T. der starken (Gen. «Granne», dän. avne «Spreu», engl, (entlehnt)
Alins, Platen 2, 246 Dat. Ahn Schiller Teil 2, 2, aicn «Abfall von Ährenspitzen», got. ahana f.
:

LTiland 254; Akk. Ahn Goethe 2, 249, Heine «Spreu». Aus der gleichen Wurzel yde Agel
1, 33). Davon abgel. das Schweiz. Dim, Ähni oder J.cÄeZ(s.d.)und.4Äre(s.d.). Verwandt sind
{Ehni Schiller Teil 3,1, schon 1384 eni, 1448 lat. agna f. aus *acna «Ährenstachel», gr. a.-%yr\
äny «Großvater», 1541 bei Frisius 697 der äne, f. «Spreu», preuss. ackons «Granne» und mit
des großvatters vatter). ZUS. Ahnherr, andrer Ableitung auch lit. aknotas «Granne».
mhd. anherre m. « Großvater, Voi^ater ». Ahn- Ahne ist erst neuerdings schriftsprachlich;
fran, mhd. anvrouwe f. «Großmutter, Vor- Stieler 1691 setzt Agen (daneben Aunen) an,
mutter». Dafür bei Voß Luise 3, 1, 636 Ahnin f. Adelung Age f. und bezeichnet AJine als
^ahnden, v.: (veraltet) seinen Unmut über mundartlich.
ein zugefügtes tJbel äußern, rügen; rächend ähneln, v. nur etwas ähnlich sein: einiger-
:

bestrafen. Mhd, anden, ahd. andön, anadön maßen ähnlich machen (Goethe Faust 5079).
«strafen, rügen», mnd. anden auch «andeuten»: Zuerst 1652 bei W. Scherffer Ged. 197, 1775
dazu ags. andian «zornig sein». Abgeleitet von bei Heynatz als ein Wort aus dem gemeinen
mhd. a« de m. «erbitternde Kränkung», ahd. ando, Leben angeführt, im altem Nhd. dafiü' ähn-
anado m. «heftige Erbitterung, Aufwallung über lichen.
31 ahnen Akkord 32

ahnen, dunkel vorempfinden. Auch


v.: leitung, das sonst in r übergegangen ist,

unpersönlich mit Dat. oder Akk. (oft bei anord. schwed. dän. ax, got. ahs n. «Ähre».
Klopstock) verbunden. Mhd, (in md. Quellen) Verwandt ist acus f.. Gen. aceris «Ge-
lat.

mir anet und mich anet, daneben auch andet, treidestachel», aküotas m. «Granne», und da
lit.

aus dem aber anet nicht hei-vorgegangen sein als Grundbed. der Wurzel der Begiiff des
kann, vielmehr Ableitung von der Pi-aep. ane Spitzigen anzusehen ist, auch lat. acies f.

also eig. «es kommt mich etwas an»; später «Schärfe», acuere «schärfen», gr. ölkvjv m.
mit anden (s. ahnden) vermischt. Im 16. Jh. bei «Wurfspieß» usw., s. Walde s. v. acus, vgl.
Luther mir (mich) ahnt, bei Alberus Dict. V 2^ Ecke. S. auch Achel und Ahne. Bei Luther
es anet mir, daneben wird anden (Formen ist das Wort schon Fem. (die Ehr, Eher),

wie ant, andt als 3. Sing, sind zweifelhaft) ebenso bei Henisch (die Ar, Ähr) und Gueintz
auch in der Bed. «vorempfinden» gebraucht, (die Ähre), während z. B. Dasj^podius noch
z. B. bei Hans Sachs. Im 17. Jh. tritt ahnen das N. (Äher) hat.
ganz hinter ahnden zurtick (in der Bed. «dunkel Aiche, aichen, s. Eiche.
vorempfinden» bei Duez, Krämer; Stieler hat Akademie, f.: Hochschule, Gelehrten-,
ahnen und anden). Im 18. Jh. stehen lange Künstlervereinigung. Aus gr.-lat. Academia,
ahnen und ahnden nebeneinander, Heynatz 1775 gr. ÄKabriiLiia f., der angeblich nach einem
im Handbuch und noch 1796 im Antibarbarus Heros Akademos benannte, zu Leibesübungen
zieht ahnden vor, Adelung verwirft noch 1793 bestimmte Platz zu Athen, auf dem Plato
ahnen (in ndd. Dialektwörterbüchern mehr- lehrte; dann die von Plato gestiftete Schule.
fach verzeichnet) als niedersächsisch, während Im 16. Jh. entlehnt (Mathesius Luther 70
Campe 1807 in der jetzt üblichen Weise Academie). ABL. akademisch, adj., 1586
zwischen ahnen und ahnden unterscheidet. bei Fischart Bodinus 39, nach lat. academicus,
Goethe gebraucht ahnden (s. ahndevoll), doch gr. dKabrmiKÖc.
in der Ausgabe letzter Hand meist ahnen. Akazie, f.: der Schotendorn. Aus gr.-lat.

Aus dem Deutschen schwed. ana, dän. ane. acacia, gr. dKOKia f.

ABL. Ahnung, f., bei Stieler 1691. Akelei, f.: wie Aglei (s. d.). Spätmhd.
ähnlich, adj. und adv.: der Überein- ackeley, ahd. ackeleia und acoleia (Stein-
stimmung annähernd. Aus mhd. änelich, meyer-Sievers ahd. Glossen 3, 402, 53), dazu
anelich, ahd. analih, gew. anagüih, abgeleitet mnd. acoleie, nid. akelei. Aus spätlat. aculegia
von ana «an»; dazu got. analeikö adv. «ähn- stait aquilegia.
lich». Mit diesem Adj. (bei Luther enlich, Akklamation, f. (Pl.-en): Beistimmung
bei Frisius 129^, Maaler 12^ änlich, bei durch Zuruf. Aus lat. acclamatio. Gen. accla-
Dasypodius 296 Äenlichheijt) scheint ein md. mationis f. «Zuruf», von acclamare (d. i. ad-
einlich (z. B. voc. praed. x 8^ einlich vel claniare) «zurufen». Bei Sperander 1728.
glich machen «similare», einlicher Waldis 2, akkomodieren, v. anbequemen. Aus lat. :

22, 6, eynligkeyt Alberus Dict. o 2^^) ver- accomodare (d. i. ad-comodare) «anbequemen».
mischt zu sein, abgeleitet von oder angelehnt Schon bei Rot 1571 acconiodirn.
an ein. Vergl. Z. f. hd. Ma. 1, 299, ZfdW. 6, akkompagnieren, v.: in der Musik mit-
100, ABL. ähnlichen, v.: ähnlich sein oder spielend begleiten. Aus franz. accompagner
werden, mhd. anelichen. «begleiten», s. Kompagnie. Um 1600 entlehnt
Ahorn, m. {-es, PI. -e): Platane. Mhd. (Albei'tinus Kriegsleut Weckuhr 48^).
ahd. ahorn (die Quantität des a ist unsicher) Akkord, m. (-es, PI. -e): Übereinkunft,
m., eigentlich ein Stoffadjektiv, vgl. Osthoff abgeredeter Vertrag, im besondern der Lohn-
Parerga 188. Verwandt mit lat. acern. «Ahorn», vertrag; der stimmende Zusammenklang m der
gr. cxKacToc- y] c(p^vbaf.ivoc («Rüster, Ahorn») Musik. Aus dem gleichbed. franz. accord m.
Hesych. ABL. ahornen, adj., mhd. ahornin. von mlat. accordum (d. ad-cordum) oder ac- i.

ZUS. Ahornbaum, m.: spätmhd. ahorn- cordium n., das auf lat. cor. Gen. cordis, «Herz»
houni, früher ahornenhoum. zurückgeht. Im 16. Jh. entlehnt. ABL. ak-
Ähre, f. der oberste Blüte- und kordieren,v.: vertragsweise übereinkommen;
(PI. -n):
Fruchtteil der Gras- und Getreidearten. Aus auf den Preis imterhandehi in Lohnvertrag ;

dem PI. von mhd. äher, eher, ahd. ehir, ahir n. übernehmen., Aus dem gleichbed. franz. ac-
«Ähre»; dazu ndl. aar, ags. ear und cehher, corder. Im teutschen Michel 1617 erwähnt,
engl, ear, ferner mit erhaltenem s der Ab- auch bei Moscherosch Phil. 1, 322.
33 akkurat Akzise 34

akkurat, adj. und adv.: sorgfältig, ganz Schwindschreiber, Rechnungsführer», von actus,
genau. Aus lat. accuratus, s. Akt. In dieser lat. Form schon bei Rot 1571,
eig. Part. Perf.

Pass. von accurare (d. i. ad-curare) «Sorgfalt Akustik, f. Wissenschaft von Schall und :

worauf verwenden, pünktlich besorgen». Im Ton, Klang- und Gehörlehre. Aus gr. cikou-
17. Jah. entlehnt (Weise Erzu. 7). ABL. cTiKr) «die zum Hören gehörige» (nämlich x^x^n
Akkuratesse, f.: Sorgfalt, völlige Genauig- «Wissenschaft»), F. des Adj. dKoucxiKöc von
keit im Tun, Pünktlichkeit. Mit der franz. diKoüeiv «hören». Im 18. Jh. entlehnt. —
Endung -esse nach ital. accuratezza f. ge- akustisch, adj.: der Akustik gemäß.
bildet, das lat. acciiratitia lauten würde. Bei Akzent, m. {-es, PI. -e)-. hervorhebender
Sperander 1728. Silben- oder Wortton; Redeton; Tonzeichen
Akkusativ, m. {-es, PI. -e): der auf die z. B. a a a. Aus lat. accentus m. von acci-
Frage wen? oder was? stehende Fall. Aus nere (d.i. at^-dwere) «wozu singen». Um 1500
lat, accusativus «anklägerischer (Kasus)», von entlehnt (Luther 3, 58* Jen.). J.5Z/. akzen-
accusare «anklagen», eine Übersetzung des tuieren, V., aus mlat. accentuare, im 18. Jh.
griechischen Grammatikerwortes airiaTiKr) f. entlehnt (Lessing 7, 37).
(nämlich tttujcic). akzeptieren, v.: anerkennend annehmen.
akquirieren, v.: erwerben. Von lat. Wie franz. accepter aus gleichbed. lat. accep-
acquirere (aus adund ^waerere gebildet) «dazu tare (d. i. ad-ceptare). 1403 acceptiren (Frankf.
erwerben, erwerben». Schon bei Rot 1571 Reichscorresp. 1, 739).
aequirirn. . Akzeß, m. {-sses, PI. -esse): Zutritt zu
Akt, m. (-es, PI. -e): Handlung, Ver- einem Amt, um sich in Ausübung desselben
handlung; Verhandlungsschrift (daher von vorzubereiten. Aus lat. accessus m. «Zugransf»
einer Sache Ä. nehmen, d. i. zur Kenntnis von accedere (d. i. ad-cedere) «herzutreten,
nehmen, eig. schriftlich) Aufzug im Bühnen- -kommen». Bei Rot 1571 in der allgemeinen
;

spiel. Aus lat. actus, Part. Perf. Pass. von Bed. «Zugang», unsre spez. Bed. erst im 18. Jh.
agere «handeln, tun». In der 1. Bed. bei Al- ABL. Akzessist, m. {-en, V\.-en): der sich
bertinus Lustg. 61, in der 3. Bed. schon im einem Akzeß Unterziehende (GotterGed. 1, 100).
16. Jh. in lat. Form actus, bei Opitz Akt. ——
Akzessit, n.: dem Hauptpreise für eine
Akte, f.: Verhandlung, Verhandlungsschrift, Leistung fast gleichgeltender Nebenpreis. Aus
namentl. eines Parlaments. Bei Wächtler 1711. franz. accessit «Nebenpreis», d. i. lat. accessit,
Aus lat. acta, Neutr. PI. von actus. — I

Akten, «es ist hinzugekommen», der 3.Pers. Sing. Perf,


I

PI.: Verhandlungsschriften, Gerichtsschriften. von accedere (d. i. ad-cedere) «her zutreten».


Aus lat. acta. In der frühnhd. Kanzleisprache Akzidenzien, PI.: Nebeneinnahmen in
(Eeichs-Ordnungen 42^ von 1500 neben acta). einem Amte. Aus lat. accidentia PI. «zufällig
Aktie, f. (PI. -n): Anteilschein als Ver- Zukommendes», eig. «Zufall», von accidens,
sicherungsurkunde bei einem auf Gewinn Part. Praes. von accidere (d. i. ad-cidere)
gegründeten gesellschaftlichen Unternehmen. «zufallen». Bei Krämer 1678 verzeichnet.
Aus ndl. actie, das auf lat. actio «Handlung» Akzise, f. (PI. -n)-. Zehr- und Waren-
beruht, zu agere. Bei Ludwig 1716. ABL. steuer; SteUe, wo sie in Empfang genommen
Aktionär, m {-s, PI. -e): Inhaber eines wird. Aus dem gleichbed. franz. accise f., das
solchen Anteilscheins. Aus auf mlat. accisia von accisum, Part. Perf.
franz. actionnaire,
das auf mlat. actionarius beruht, von actio, Pass. von accidere «an-, einschneiden» zui'ück-
Gen. actionis «Handlung». Erst im Beginn geht, also eig. «Einschnitt, nämlich in die Kerb-
des 19. Jh. stöcke, auf denen der Steuerbetrag des Pflich-
aktiv, adj. und adv.: tätig, wirkend. Aus tigen eingeschnitten war» (diese Stöcke wurden
lat. activus «tätig», von actus, s. Akt. Bei gespalten und dienten, indem die eine Hälfte
Wächtler 1711 actif. Dazu Aktivum, n.: in der Hand des Steuerpflichtigen, die andere
die Form des Verbums, in der es eine Tätig- in der des Erhebers blieb, auch zur Quittung
keit ausdrückt, Tätigkeitsform. —
Aktiva, und Kontrolle). Schon seit 1300 nrhein.
PI.: tatsächliches Vermögen, ausstehende assise, accise, accinse u. dgl., allgemeiner
Schulden. Im 18. Jh. im
(Schupp 1, 512 hat Accis als m.,
16. Jh.
Aktuar, m. {-s, PI. -e)-. der zum Auf- Schottel 1663 dagegen Accis f., bei Fischart
schreiben amtlicher Verhandlungen oder Aus- Pract. Großm. 1607 C 6^ Acciser m. «Steuer-
sagen Angestellte. Aus lat. actuarius m. «Ge- einnehmer)».
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 3
':

35 Alabaster Aldermann 36

Alabaster, m. (s, PI. wie Sg.): fein- ndl. aalbes f.). Auch Alantbeere; der Name
körniger, harter, polierbarer Gipsstein. Mlid. wegen der Ähnlichkeit im Geschmack mit
^

alabaster n. aus lat. alabastrum, gr. äXäßacrpov der Alantivurzel.


j

n. (daher got. alabalstrawi), früher dXcißacTpoc Alber, f. (PI. -n)-. die Weißpappel, poprdus
m. «sinteriger faseriger Kalkstein, daraus ge- alba. Mhd. alber, ahd. albari m. «Pappel»,
arbeitetes Gefäß». Dies stammt vielleicht aus entlehnt aus ital. albero (aus lat. albulus)
dem Levy Sem. Fremdwörter 55. «Weißpappel». Vgl. Abele.
Orient. Ygl.
J.J5I/. alabastern, adj.: aus Alabaster; (bild- albern, adj.und adv.: (veraltet) natürlich-
hch) blendend weiß. einfach und ohne verfeinernde Ausbildung;
^Alant, m. {-es, PI. -e): in schnellfließen- geistig unfähig, ungeschickt. Mit Antritt
dem Wasser lebender, dickköpfiger, wohl- eines n aus mhd. alwcere «einfältig», ahd.
schmeckender Fisch vom Karpfengeschlecht, alawäri aber «gütig, freundlich zugeneigt»,
j

cyprinus cephalus. Mhd. alant, ahd. alant, im got. alawerei f. «volle Aufrichtigkeit»
\

ahmt; dazu asächs. alund m. Dunkler Her- (dui'ch Konjektm- hergestellt), zusamraenges.
kunft, A-i eileicht mit Aal zusammenhängend. aus einem verstärkenden ala- und -wärt
'Alant, m. {-es, PI. -e): bei uns wild- «freundlich», auf welche Bedeutung auch das
wachsende Pflanze mit gewürzhafter, bitter got. unwerjan «unfreundlich werden, unwillig
i

schmeckender Wurzel, die als magenstärkendes sein», schließen läßt. Vgl. DWB. 13, 689. Die
i

Arzneimittel dient, inula helenium. Mhd. ahd. älternhd. Form (auch bei Luther) ist alber (so
alant m. Wahrscheinlich von dem \'xilgär- noch bei Krämer 1678 und Stieler 1691, hier
lat. und span. port. ala (Isidorus orig. 17, 11, 9), aber daneben albern, und selbst bei Frisch

vgl. Älbeere; die Pflanze (lat. inula f., gr. 1741), das auch im 18. Jh. noch vorkommt
^

^\^viov n.) hat im Mlat. schwankende Be- {albre Haller Ged. 71, Akk. albern Lessing 2,
nennung, z. B. anula, elna. ellenius. 231). ABL. albern, v.: sich albern benehmen
\

Alarm, m. {-es): aufregendes Geschrei (bei Stieler 1691). Dazu Alberei, f. (bei
i

und Getöse. Aus dem gleichbed. franz. Lessing). Albernheit, f (dafür Alberheit
i

alarme f., span. allarma f., ital. allarme m. bei Krämer 1678).
«zu den Waffen!» Seit dem 15. -Jh. als Älerni, Albert, Albreelit, s. Adel.
'

Älann, Alarmen, s. Lärm. ABL. alar- Album, n. {-s, PI. -s oder Alben): Stamm-,
1

mieren, v. dm-ch Lärm beunruhigen oder Gedenkbuch. Aus lat. album n. «das Weiße»,
: i

Aus fi-anz. alarme^- Im


aufschi-ecken. . 17. Jh. biet das zu Beschreibende, subst. Neutr. des
Alaun, m. und n. {-es, PI. -e): weißes,] Adj. albus «weiß». Im 17. Jh. aufkommend,
halbdurchsichtiges, zusammenziehendes Erd- bei Nehring 1710 verzeichnet.
salz. Mhd. alün m., aus dem gleichbed. lat. Albus, m. (Gen. u. PI. ebenso): Weiß-
almnen n. (vgl. darüber Walde s. v.), woher pfennig, seit 1360 geschlagene Münze in
auch franz. ahm, ital. alume m. ABL. alail- Westdeutschland, zuletzt im Kurfürstentum
\

neu, V.: mittelst Alaun bearbeiten, mhd. Hessen im AVerte von 9 Pfennigen. Aus
'

alunen. mlat. albus (näml, nummus) «weiße Münze,


Alb, s. Alp. !

Silberscheidemünze ».
AI bäum, m. {-s, Vl.Albäume): der Hecken- Alchimie, f.: die Goldmacherkunst. 1512
kirschbaum, die Hundsbeerstaude, lonicera bei Murner Narrenbeschw. 6, 39 alchimey,
1

xylosteum. Frisch 1741 hat als schlesisch mhd. alchemie, alchamie aus mlat. alchimia f.,
Aalkirsche-, die Frucht ist nach der Ähn- dieses aus gr. xnM^ia (mit Aussprache des
lichkeit mit der Albeere (s. d.) benannt, T] =
i) «die Chemie» (von xvpiöc m. «Saft,

^Albe, f. (PI. -n): das weiße Chorhemd Flüssigkeit» gebüdet, von x^eiv «gießen») durch
|

des Geistlichen. Mhd. albe, ahd. alba aus Vermittlung der Araber und daher mit dem
I

dem gleichbed. kirchlich-lat. alba f., zu lat. arab. Artikel al, arab. alkimijä, woraus auch
albus «weiß». span. alquimia. ABL. Alchimist, m.: der
-Albe, f. (PI. -n): fi-üher Albel, f. (PI. -n): die Goldmaclierkunst beti'eibt, mhd. alchiniiste
^

der kleine Weißfisch, cyprinus alburnus. Mhd. von mlat. alchimista m.


i

albel m. aus dem lat. albula, f. von albulus, Aldermann, m. {-s, PI. -männer): Älte-
Dem. von albus «weiß». ster in seiner Würde als Ratsherr oder über-
Albeere, f.: die schwarze Johannisbeere. haupt als Vorstand. Schon mhd. (in mitteld.
In Niederdeutschland (schon mnd. albere, Quellen) aldirman, aber erst wieder in den
37 Ale Alkoven 38

70 er Jahren des 18. Jh. auftauchend, und zwar


beim Handel bezeichnet, erst später
fahi-en
entlehnt aus engl, alderman «RatsheiT», ags. Anlehnung an Fanz. Vgl. Firlefanz.
erfolgte
ealdorman «Fürst, Vornehmer», zusammenges. ABL. Alfanzerei, f. (bei Luther).
aus ags. ealdor «Ältester, Herr» und man Alfons, s. Adel.
«Mann». Alfred, Mannesname. Aus ags. Alfred
Ale, n. (spr. el) das englische ungehopfte, (ahd. Albrät), zusammenges. aus ags. (elf m.
:

süße Weizenbier. Das engüsche ale, ags. ealu n., «Alp» (s. d.) und red, rced «Rat».
asächs. alo (in alo-fat n. «Biergefäß»), anord. Algebra, f.: die Buchstabenrechnung.
schwed. dän. öl «Bier» gehört zu abg. olü Nach span. ital. algehra, franz. algebre f. aus
«sicera» lit. alüs, lett. alus «Bier», Stamm arab. (mit dem Artikel al) al-jahr (bei den
alu-, von dem auch wohl lat. cdUmen «Alaun» arab. Mathematikern) « Zurückführung gebro-
(s. d.) abgeleitet ist, vgl. chener Zahlen aufs Ganze», eig. «Verbindung
Walde s. v.

Alemanne, m. (-w, PI. -n): Name der getrennter Teile zu einem Ganzen», von arab.
am Oberrhein wohnenden Völkerschaft, die jabara «Getrenntes an einander befestigen,
zuerst im Anfange des 3. Jh. n. Chr. genannt verbinden».
wird. Lat. Alemannus aus ahd. Alaman, zu- Alizarintinte, f.: schwarze Tinte mit
sammenges. aus ala- (in Zusammensetzungen) anfangs blaugiliner ^Färbung, imter Zusatz
«all, ganz» und man «Mann», vgl. got. alamans, von Krapprot zuerst 1855 durch Leonhardi
PI. «alle Menschen, Menschheit». Daraus in Dresden hergestellt. Zusammenges. mit
franz. Ällemand, ital. Älamanno, span. Aleman Alizarin n. «Krapprot», von span. alizari ni.
(mit erweitertem Begrüf) «Deutscher», danach «levantischer Krapp», einem aus dem Morgen-
auch mhd. Ahnan. Das Adj. alemanniscll land stammenden Worte (arab. 'osära «aus-
als Bezeichnung des am Oberrhein gespro- gepreßter Saft» von \isara «auspressen»).
chenen Dialekts erst im Anfang des 19. Jahrh. Alkali, n. (-S, V\. Alkalien): das (aus der
(durch Hebel). Pflanzenasche gezogene) Laugensalz. Im 16. Jh.
alert, adj.: flink, munter. Aus franz. bei Paracelsus (Opera 1, 697) Alkali, 1594 bei
alerte, span. alerto «muntei*, wachsam», zu- Fischart Onomast. 389 Aleali. Nach franz.

sammengerückt aus franz. ä Verte, span. al alcali, span. alcali m. aus arab. (mit dem Ar-
erta «auf der Hut», eig. auf der Höhe,wo tikel aT) al-qäli «die salzhaltige Asche aus der
man von nahenden Feinden nicht überrascht bes. in Südspanien wachsenden Pflanze Glas-
werden kann. Im 17. Jh. entlehnt., schmalz (salicornia)», von arab. (j'fl^ä «im Tiegel
Alexandriner, m. {-s, PI. wie Sg.): aus kochen, rösten».
6 Jamben bestehender Vers mit einem Ein- Alkohol, n, und m. (s, PI. -e) der reinste :

schnitt in der Mitte. Nach franz. {vers) Weingeist. Aus span. alcohol von arab. (mit
alexandrin, zuerst angewandt in dem franz. dem Artikel al) alkuhl «feines Spießglanzpulver
Heldengedicht Alexander der Große (roman zum Färben der Augen» (daher engl, alkool
d'Alixandre) und danach benannt (im 12. Jh.). «Antimonschminke» und frühnhd. bei Thur-
Alfanz, m. (-es, PI. -e): Possenreißerei; neysser Onomast. 1583 alcofol Puder, 1574 in
falsche Vorspiegelung, Betrug. Mhd. alefanz Fischarts Onomastica 388 Alcohol est pulvis
«Betrug, Schalkheit»; auch persönlich «Schalk». suhtilissimus), dann auf den feinsten Wein-
'

— alfanzen, v.: Possen reißen. Betrug j


geist übertragen (bei Fischart a. a. 0. Alcohol
üben (bei Luther). Man vergleicht ahd. giana- ;
vini). Mahn Etymol. Unters. S. 107.
Vgl.
venzön «Gespött treiben», ganavenzöd «Spöt- Alkorau, m. {-s, PI. -e): der Koran, die
terei» (vgl. hess.-thür. fanzen «Possen treiben», heilige Schiift der Mohammedaner. Nach span.
bayr. fenzeln «zum besten haben», gefenz franz. alcoran, ital. alcorano aus arab. (mit
I

«Spott»), mhd. anvanz «Betrug», die zurück- dem Artikel al) alquränu «Lesung, Buch»,
gehen auf ein Masc. vanz «Schalk» (mhd. von arab. garaa «lesen». 1562 bei Mathesius
Dem. vänzelin «junger Schalk», vgl. auch Sarepta 94'' Alcoran. S. Koran.
Fant), dazu anord. fantr «Vagabund, Gaukler». Alkoven, m. {-s, PI. wie Sg.) : zum Schlaf-
Alfanz erscheint aber zunächst in der Bed. cremach bestimmte Seitenvertiefung eines Zim-
«Betrug» (bes. in der Redensart den alefanz mers. Aus franz. engl, alcove, ital, alcova, span.
slahen)und geht daher wohl auf ital. alV alcoha f. «Schlafgemach», entlehnt aus arab.
avanzo «zum Vorteil, zum Gewinn» zurück, (mit dem Artikel al) al-qohha «Wölbung, ge-
indem es zunächst ein betrügferisches Ver- wölbtes Gemach, Zelt» (daher atVanz. aucuhe
3*
39 all allerhand 40

und daraus mhd. bei Wolfram Willeh. ekub legten Baumreihen», urspr. allata, von franz.
«Zelt») von arab. qabba «abschneiden, aus- aller «gehen». 1644 bei Zeiller Episteln 4, 261.
höhlen». 1711 bei Wächtler als Älcove, Al- Allegorie, f. (PI. -n)-. sinnbildliche Dar-
coven und 1716 bei Ludwig als Alcove m. diese stellung. ;
Mit gleichbed. franz. allegorie aus
Form findet sich auch noch später, z. B. bei gr.-lat. allegoria, gr. äWriTopia f. eig. «was
Uhland 78 (bei Voß Luise 2 zu ÄlJcov verkürzt). anders gesagt ist, als es verstanden werden solb
all, adj.: die einzelnen zusammengenom- (äWoc «andrer» und dYopeiv «reden»). Schon
men, so daß nichts fehlt; zuweilen auch wie frühnhd. (Luther 3, 76^ Jen.), allegorisch,
ganz (alle Gegend Goethe 16, 47) und jeder adj., 1586 Fischart Bodinus Vorr. 13.
(mid so schläft nun aller Vogel Goethe 6, 220, allein, alleine (dichterisch, z. B. bei
allen Augenblick Goethe Egm. 1). Mhd. ahd. Goethe, ühland), adj. (nur prädikativ): ohne
al (Gen. alles); dazu asächs. ndl. al, ags. eall, ein anderes. Aus mhd. aleine (mit schwacher
engl, all, anord.allr, schwed. dän. all, got. Flexion) «ganz für sich seiend» (auch das un-

alls. Verwandt ist altir. uile «ganz, jeder, all», verstärkte schwache eine, ahd. eino hat die
lit. al- in alvienas «ein jeder» (Mikkola, Bezz. Bed. «allein»); entsprechend ndl. alleen, engl.
Btr. 25, 73). Da neben auch ein ahd. ala- alone. allein, adv.: ausschließlich, nur; auch
all

in Zusammensetzungen (s. albern) steht, wird in allein daß «nur daß» und (dem sondern =
das zweite / in all durch Assimilation eines auch voraufgehend) nicht allein «nicht nur». =
suffixalen n erklärt, vgl. Bnigmann Die Aus- Als satzeinleitende Partikel bezeichnet allein
drücke für den Begriff der Totalität 66 all Entgegensetzung und Beschränkung
ft'. « doch, =
flektiert stark, daneben kann wie mhd. ein un- aber» (von Luther gebraucht, aber später nicht
flektiertes all in allen Kasus stehen. Außerdem allgemein, noch 1755 vonDomblüth bekämpft).
gibt es (schon bei Luther) ein unflektiertes alle
allemal, adv.: jedesmal ohne Ausnahme;
(auf das auch all z. T. zurückgeführt werden
so und nicht anders, gewiß doch wohl, gleich- ;

kann), dies ist aus dem urspr. nur nach Präp. wohl (Geliert
Fab. Gebildet aus den 1, 51).
gesetzten alten mask.und neutr. Instrumentalis aneinandergefügten Akk. PI. mhd. alliu mal.
mhd. alle, ahd. allu hervorgegangen, z. B. nach
allenfalls, adv.: eintretendenfalls, mög-
alle dem, mit alle dem Heere (l.Mos. 33, 8),
licherweise. Mit angetretenem adverbialischen
der dann auch adverbiell (wie mhd. mit alle,
-s gebildet aus den aneinandergefügten Akk.
bei alle «vollständig») verwendet worden ist,
Sg^ allen Fall, also eig. «auf jeden Fall, ohne
z. B. alle dis volck (2. Mos. 18, 23) d. i. «voll-
Ausnahme, alle möglichen Fälle ins Auge ge-
ständig, ohne Ausnahme dies Volk», dann ganz
faßt»; bei Stieler 1691. A-BL.allenfalsig,adj.:
entsprechend dem unflekt. all verwendet. Auch
nur in der Kanzleisprache; 1775 bei Heynatz.
in alle machen, alle sein, alle werden (seit
Luther vorzugsweise bei Mitteldeutschen) geht allenthalben, adv.: auf allen Seiten.
alle auf den advei'biell gewordenen Instnimen-
Mhd. allenthalben, aneinandergerückte Dat.
talis zurück, also eig. «vollständig», dann «ab- PI. mit eingeschobenem t, ahd.
allenhalbon.

geschlossen, vorbei, nicht mehr vorhanden». zu mhd. halbe, ahd. halba f. «Seite, Richtung»,

Subst. All, n. (-s): die gesamte Schöpfung. aller-, der zur Verstärkung vor den Super-
Im 17. Jh. In Zusammensetzungen steht all- lativ eines Adj. oder Adv. tretende Gen. PI.
(mhd. al-, ahd. ala-) höchst verstärkend, z. B. von all, z. B. allererst, allerliebst, wie mhd.
allgegenwärtig, allwissend, s. auch albern. aller, das aber noch nicht mit dem folgen-

allaf! es lebe hoch! Niederrheinisch, z.B. den Wort fest verbunden ist.

Allaf Köln! Eig. «alles ab», wie mhd. ivol ab, allerdings, adv.: (veraltet) in allen
das in der Bedeutung «Hurra hoch» um 1280 Stücken, gänzlich; gewiß und wahrhaftig,
bei einem schwäb. Spruchdichter in einem (konzessiv gebraucht) freilich. IVIit angetre-
gegen Rudolf von Habsburg gerichteten Spruch tretenem adv. -s aus den aneiniuidergemckten
begegnet (Kluge ZfdWf. 2, 71). Gen. PI. aller dinge (so bei Luther und noch
allda, adv.: das demonstrative räumliche im 17. Jh.); tritt um 1600 auf (Albertinus
da, verstärkt durch all. Mhd. aldä. weibl. Lustgarte 179).
alldieweil, s. dieweil. allerhand, adv., auch attributiv mit einem
alle sein, werden, s. all. Subst. verbUiiiden: von jeder Art, mancherlei.
Allee, f. (PI. -n): Baumgang. Aus franz. Aneinandergei-ückte Gen. PI. mhd. aller hande,
allee f. «Lustgang zwischen zwei dazu ange- aller hende, worin hende s. v. a. Art, eig. die
41 Allerheiligen Allotria 42

durch die Hand bestimmte Richtung (mhd. Das Adj. fi-ühnhd. (1541 bei Frisius 180'',
z.B. auch dner hande «dreierlei»). 1561 bei Maaler).
Allerheiligen (unverändert, weil eig. alliieren, refl. v.: sich vereinigen. Aus
Gen, PL): das allen Heiligen gewidmete, hohe dem gleichbed. franz. s'aUier, dessen allier
Fest der römisch-kath. Kirche am 1. Nov. aus lat. alligare d. i. ad-ligare «an-, festbinden,
Mhd. aller heiligen tac. Bei Krämer 1678. verpflichten».
Allianz, —
allerlei, adv., auch attributiv mit einem f. (PI. -en): Bündnis. Aus franz. alliance f.,
Subst.: in Vielheit verschiedenartig. An- das auf ein mlat. alligantia (vom Part. Praes.
einandergerückte Gen. PI., mhd. edler leige, alligans, Gen. alligantis gebildet) zurückgeht.
aller lei. s. lei. Schon 1617 im teutschen Michel.
Substantiviert: Allerlei, n.
Allermanusharnisch, m.
Alligator, m. (-.9. PI. -s): das amerika-
[-es): die
Pflanzen allium victorialis und andrösaces. nische Krokodil. 1594 bei Frischlin Nomencl.
Benannt, weil sie nach dem Volksglauben Cap. 45 Allegarden, Crocodil. Aus franz. engl.
unverwundbar machen. Schon bei Rößlin alligator, entstellt aus span. el lagctrto (eig.
1538 S. 292 d Allermannharnisch. el lagarto de Indias), vom lat. lacerfus m,,
allerorten, allerorts, adv.: an allen lacerta f. «Eidechse».
Orten. Die 1. Form (z. B. bei Albertinus Alliteration, f. (PI. -en) : der gleiche An-
weibl. Lustgarte 59^) geht auf die aneinander- i
laut verschiedener Wörter. Nach dem gleich-
gerückten Gen. mit angetretenem bed. franz. alliferation aus einem neulat. allite-
PI. aller ort
adverb. -eu, die 2. (erst junge) Form auf ratio (aus ad-liferafio), von litera «Buchstabe».
dieselbe Grundform mit angetretenem adv. Allmacht, f: Macht über alles. Ahd.
-.s zurück. alamahf f., aber mhd, nicht belegt, erst wieder
i

Allerseelen (unverändert, weil eig. Gen. bei Henisch 1616 (nicht bei Luther), Wohl
j

PI.) : in der römisch-katholischen Kirche der neu gebildet von dem Adj, allmächtig, mhd.
Gedächtnistag der Verstorbenen (2. Nov.). almähtec. almehtec, ahd. alamaht ig; dazuasächs,
Urspr. Aller Seelen Tag. alamahf ig. ags. celmihtig, engl, almighty, anord.
allerseits, adv.: auf, nach, von allen almätfigr.
Seiten oder Richtungen. Auf die aneinander- allmählich, adv.: ganz bequem, ohne alle
gerückten Gen. PI. aller seifen (daher das Geschwindigkeit. Aus mhd. (in einer mitteld.
veraltete Adv. allerseiten) zurückgehend, mit Quelle) ahnechlich, später auch algemechlich,
angetretenem adverb. -s. Um
1600., ABL. aus al und gemechlich, woraus mit Anlehnung
allerseitig, adj., 1663 bei Schottel 347 ä. an Mal, die auch bei gemechlich vorkommt
allerwärts, adv.: nach, in allen Rich- (gemählig Moscherosch Phil. 1, 225), aUgemäh-
tungen. Verbindung des Gen. PI. aller mit lich und allmählich (allmählig) wurde. Beide
wärts (s. d.). Erst in der 2. Hälfte des 18. Jh. bei Stieler 1691 verzeichnet. Vgl. mählich.
von Niederdeutschen, z. B. Klopstock ge- Allmende, f. (PI. -n): gemeinheithcher
braucht, aber von Hejnatz 1775 beanstandet. Grund imd Boden zu Nutzung, besonders
allerwegen, an allen Orten. jVIhd. Gemeinweide, Gemeindebezirk (Goethe 16, 47).
adv, :

(in md. Qaellen) Aus den an- In Südwestdeutschland noch übHch. Aus mhd.
aller wegen.
einandergerückten Gen. PI. aller wege mit almende, almeinde (daneben auch almeine,
angetretenem adverbialen -n. algemeine), hervorgegangen aus algemeinde f.,
allewege, adv.: stets fort, immer. Die zu gemeine «gemeinschaftlich» (vgl, bayr, die
aneinandergerückten Akk. PI. mhd. alle icege, Gemein « Gemeinweide »).
von räumlicher Bezeichnung in zeitliche über- AUod, n, {-es, PI, -e): das Ganzeigeu, das
gegangen. echte (vererbhche) Eigentum, im Gegensatz
^
alleweile, adv. zu jedem Zeitpunkt, eben. zu Lehngut,
: Aus gleichbed. mlat. allodium,
Nur mundartlich (ober- und mitteld.). Aus das auf ahd. alöt, afränk. alödis zurückgeht,
dem Akk. Sg. mhd. alle teile, s. Weile. dies aus al «ganz» und 6t n, «Besitz» (davon
allezeit, allzeit, adv.: zu jeder Zeit. ahd, ötag «reich», vgl. asächs. öd, ags. eaä n.,

Aneinandergerückte Akk, PI, mhd. alle zite, anord. audr m. «Reichtum, Besitz» got. auda-
ahd. allo ziti. haffs «beglückt»). ABL. allodial, adj.: frei
allgemein, adj. und adv.: Allen gemein- erb- und eigentümlich, aus mlat. allodialis.
schaftlich. Mhd. findet sich nur das adv. Allotria, PI.: ungehörige Dinge. Aus gr.
algemeine «insgesamt, auf gemeinsame Weise». dXXöxpia, N. PI. von äXXÖTpioc «fremdartig,
43 alls Alphabet 44

nicht zur Sache gehörig», abgeleitet von äXXoc schwed. abnosa, dän. nlmisse f. Aufgenommen
•;;der andere». Im 18. Jh. aufgenommen (der aus dem in der Kirchensprache üblichen gr.-
j. Goethe 2, 449). lat. eleemosyna, gi\ ^XeriMoc'J'vn durch Ver-
immer; wieder- mittlung des Romanischen, wo es afranz.
alls, adv.: in einem fort,
holt. Nur noch mundartlich (in Südwest- almosne, nfranz. aumöne, prov. span. almosna,
Deutschland, Hessen, Thüringen, auch bei ital. limosina f. lautet. Die Form Almosen
Schiller in Kab. u. Liebe 1, l). Aus mhd. (bei Luther, aber sonst im 16. Jh. oft Al-
alle^ «immer», dem adverbiell gebrauchten müsen, Älmusen, Hulsius 1596 hat Allemosen)
Akk. Ntr. von aJ. erklärt sich durch Einwirkung des Grund-

Alltag, m. (s, PI. -e): der gewöhnliche wortes. Altemhd. auch an arm angelehnt
Werktag, den Feiei-tagen entgegengesetzt. Armüsen n. (Hug Rhetorica 1540). ABL.
In der altem Sprache nur das Adv. alitag, Almosenier, m. (-s, PI. -e): Almosenpfleger.
alltags «täglich» (vgl. mnd. aldages) aus den Nach franz. aumonier gebildet, das auf mlat.
aneinandergerückten Akk. PI. alle tage mit eleemosynarius zm-ückgeht.
'

angetretenem adv. -s entstanden, das dann in Aloe, f. (PI. -s, -n), Name mehrerer aus-
Zusammensetzungen wie AlltagsM eider (Stieler ländischer Pflanzen. Mhd. ahd. aide, aus gr.-

1691) erscheint, daraus erst das Subst. Alltag. lat. aloe, gr. ä\6r] f., das auf hebr. 'ahäUm
ABL. alltäglich, adj. werktäglich (aber all- PI. «Aloeholz», npers. älwä zuiückgeht.
:

tä^glichist das durch all verstärkte täglich). Alose, gekürzt Alse, f. (PI. -n): der Mai-,
Allvater, m. (s): Vater des Weltalls, Gangfisch. Aus franz. alose, und dies aus
Gott. Nach anord. alfaäir (der Bezeichnung altkeit. lat. alausa f. (Ausonius Mosella 127).
Odins) von Klopstock gebildet. Alse schon 1563 in Forers Fischbuch 179^.
allzumal, adv.: allinsgesamt. ^l\idi.aXzemal. Alp, m. (-es, PI. -e): lastend aufliegende,
Alm, f. (PI. -en): Gebirgsweide. Neben- brustbeklemmende Traumgestalt. Mhd. alp
form von Alpe (s. d.), mhd. alhe, Gen. alhen, (Pl.elbe) bedeutet «gespenstiges Wesen, Nacht-
woraus im Bayrischen der Nom. alm, der gespenst», ebenso nmd.aZ/'m., übereinstimmend
schon in frühnhd. Quellen des 15./16. Jh. mit ags. celf, anord. dlfr m. «Elfe«, das man zu
;

erscheint. ZTJS. Almrausch, m. {-es): skr. fbhüs- «kunstreich, Bildner», auch Name
Alpenrose. Bayrisch. von drei kunstreichen Elfen, gestellt hat.
Almauach, m. (-es, PI. -e): Jahrbuch. Vgl. Mogk Pauls Grd. ^
3, 268. Alp ist md.
Aus franz. ahnanacli, das auf griech.<iA,|uevixiaKd und* findet sich bei Luther und Alberus in
j

zurückgeht, wie nach Eusebius (f 340) prae- der Bed. «Kobold, Dämon», die sich später
paratio evangelica 3, 4 mit Beziehung auf [auch in der Anwendung auf Menschen zeigt;
den Syrer Porphyrius (f 304) die ägyptischen [jetzt hat sich nur die auch schon mhd. Bed.
Kalender genannt worden sind. Dies stammt «aufliegendes Nachtgespenst» erhalten.
vielleicht aus dem Koptischen. Almanach Alpe, f. (PI. -n): Bergweide auf den
erscheint bei dem Astronomen Georg von Alpen. Mhd. alhe, Gen. alhen (s. Alm), ahd.
Peurbach (f 1461) zu Wien in einer lat. alpa f. (PI. alpim «Alpen») «hoher Berg», hängt
Schrift für astronomische Beobachtungen mit lat. Alpes, gr.-gall. "AXireic zusammen.
I

und Jahresberechnungen und büi-gerte sich Diese sind kaum zu lat. albus «weiß» zu
im 16. Jh. in Deutschland ein. stellen, sondern gehören zu einem wahr-
'

Almer, f. (-s, PI. wie Sg.): Kasten, Wand- scheinlich vorindogeiTD. Worte alh «Berg,
schrank in oberd. und md. Mundarten. Im Höhe»,
i
das in zahh-eichen Örtlichkeitsnamen
15. Jh. almerl, armer, meist weitergebildet wie Albion,
i
ir. Alba «Schottland», ital. Alba

almerei, vgl. Heyne Hausalt. 1, 262. Aus I


longa, Alburnus «ein Gebirge in Lukanien»
mlat. ahnaria f. «Geräteschrank», hervorge- über Westeui'opa verbreitet ist. Vgl. Walde
i

gangen aus dem Plur. des gleichbed. mlat. s. V. albus. Im Nhd. erhielt sich die Bed.
almarium, armarium n., von lat. nrnia pl. «Gebirge» nur in den Namen {die rauhe
i

«Gerät, Waffen». Alb auch mit der ui'sprünglichen Lautfonn).


;

Almosen, n. (-s, PI. wie Sg.): Armen- ABL. Alpiier, m. (-s) Alpenbewohner, uin
I
:

gabe. Aus mhd. almuosen, ahd. alamuosan, 1480 im voc, ine. teut. a 5* alhner. Daneben
\

ahrwsan n. (daneben auch elemosyna, elimuo- Älpler, Älpler m.


sina, alamuasa f.); dazu ndl. aalmoes, ags. Alphabet, n. {-s, PI. -e)-. das Abc. Mhd.
(elmesse, engl, ahns (PL), anord. ölmusa, alfabete aus dem urspr. von Kirchenschrift-
:
45 Alpranke Alter 46

steilem gebrauchten alphahetum n., deres; an Jahren zählend: vor langen Jahren:
gr.-lat. '

gr. äXqpctßnToc nach den !Samen der vorhergewesen (nach dieser Bed. z. B. auch
m. f.,

beiden ersten griech. Buchstaben äXqpa =


a in der Schweiz Altammann «gewesener Am-
und ßfixa h.= I

ABL. alphabetisch, adj. mann», in Baden Altbürger meis fer usw.). Ahd.
Alprauke, f. tPl. -/n: der strauchartig mhd. alt: dazu asächs. ald, ndl. oud, ags. eald.
kletternde Nachtschatten (solanum dulca- engl, old, anord. im Komp. ellri "älter» (sonst
;

maraj, der als^Iittel gegen das Alpdrücken gilt. für «alt» gamall), got. aljjeis. Eig. «durch
Bei Frisch 1741. In Schlesien Alpkraut p.. Xahrung groß geworden, aufgewachsen» von
Alraun, f. i^Pl. -en) und m. -s, PI. -e, -en): dem starken V. got. alan «aufgenäkrt werden
i

Pflanze mit rettigartiger, in Form verschi-änk- anord. ala «nähren, hervorbringen» (das mit
t«r Beine gespaltener Wui-zel, mandragora. lat. alo, altii'. alim < ernähre übereinstimmt), ;>

Aus mhd. alrüne, ahd. alruna f. eig. Be- von dem es (wie lat. altus «hoch»j vermittelst
nennung des weissagenden teuflischen Geistes, des partizip. Suffixes -to- gebildet ist. Weiter
der nach dem Aberglauben aus der AYurzel sind verwandt gr. ävaXxoc «unersättlich», ir.
geschnitten wird. Zusammenges. mit ahd. rü)ia alt «Höhe: Ufer, Küste kymr. allt .rupes», >;,

f. «Geheimnis, geheimnisvolles Zuflüstern» ('s. ir. altram «nutritio:. Vgl. Eltern.


raunen). Altan und Altan (^Schiller 11, 228j m. [^s,

'als, adv.: in einem fort, ?>. alls. PL -e), Altane, f. (PI. -n): Austi-itt ins Freie
1. vergleichend.
"als, adv.: So noch oft hoch an einem Gebäude. Aus dem gleich-
bei Luther und im älteren Nhd., jetzt aber bed. ital. altana, von altus «hoch». Das Fem.
diu"ch wie (daneben als icie zurück gedrängt oltan um 1-170 in Österreich von Beheim ge-
)

erhalten hat sich als in Bez. auf ein voraus- braucht, später z. B. von Hans Sachs (Fab. 8,
gehendes so (so tinscJmldig als ein Lamm), 280); das Mask. erscheint im 16. Jh., bei Pe-
auf ein vorausgehendes negierendes Wort gius Dienstbarkhaiten (Ingolstadt 1557) 60^,
{nietyiand als du, nichts als Kleinigkeiten), 1598 bei Hutteras Lexic. harmonicum 533
femer wird es nach Komparativen (dafür ein AJfhan.
ältemhd. denn) und zui* Einleitung von Ver- Altar, m., selten n. i-s, PI. Altäre): der
gleichssätzen (als icenn, als ob) gebraucht. Kirchentisch. Mhd. altäre, gewöhnlich aber
2. demonstrativ, bei Aufzählungen (die edeln mit deutscher Betonung älter, ahd. altari,

Metalle als Gold, Silber usw.) und beim alter i, aus lat. altare n. «Opfertisch». ImNhd.
prädikaten Attribut (er kam als ein Bote, überwiegt die mit dem Lat. übereinstimmende
ich achte dich als einen Freund). 3. zeit- Betonung Altar (so auch 'üe Bühne), doch
bestimmend, eig. vergleichend in der Zeit, kommt auch (dichterisch und in der nordd.
als Satzeinleitung {als er kam, war es zwölf Umgangssprache^ Mtar vor.
Uhr). Mhd. als, alse, geschwächt aus also, altbacken, adj.: trocken als Backwerk.
das durch al verstärkte $ö. backen ist hier das Part. Praet. (statt ge-
alsbald, adv.: gleich nach dem Augen- backen). Mhd. zufällig nicht belegt (erst 1593
blicke. Das Mhd. verwendet also balde, also bei Colerus Hausbuch 1, 153), doch nach dem
oder so als Konj. =
sobald als, bei Luther Gegensatz niubachen «neubacken» als alfbarhen
findet sich alsbald in gleicher Verwendung, anzusetzen. S. backen.
aber gewöhnlich als Adv. altdeutsch, adj.: den alten Deutschen
alsdann, adv. : verstärktes dann, aus also eigen, nach Art der alten Deutschen. Erst
dann. Frühnhd. (als dann in den Ordnungen nhd. (alt-teutsch 1648 bei Weckherhn 2, 261.
S. 73 V. J. 1512, als denn bei Luther). 437 Fischer, alt teutsch 1588 bei Fischart
Alse, s. Alose. Peter v. Stauffenberg V. 79).
also, adv.: 1. hinweisend, Altenteil, m. n. (-s, PI. -e): der den
z. B. sprich zu
ihm also. 2. folgernd, z. B. also ist er tot? Eltern nach Abtretung des Gutes verbleibende
Mhd. also, durch al verstärktes so: dazii ndl. Teil, der Auszug. Norddeutscher, von Voß
alzoo, ags. ealsivä, engl. also. gebrauchter Ausdruck. ABL. Alteuteiler,
Alt, m. (-es, PI. -e): die tiefe Frauen- m. (s): der Auszügler, Altsitzer.
stimme. Spätmhd. Aus ital. gleichbed. alto Alter, n. (-5, PI. wie Sg.): höhere Lebens-
vmd dies aus lat. altus «hoch». zeit; Zeit des Daseins; Zeitabschnitt, Zeit-
alt, adj. (Komp. älter, Sup. ältest): hoch alter; vergangenes Zeitalter (in der Redens-
an Jahren; länger der Zeit nach da als an- art vor Alters). Aus rnhd. alter, ahd. altar
47 alterieren Amberg 48

n.; dazu asächs. aldar «Lebenszeit, Leben», 47, 98 LH.). Eig. der unter den Meistern (einer
aCTs.ealdor «Leben», anord. aldr m. «Lebens- Zunft) der älteste und deshalb erste ist.
zeit, hohe Lebenszeit», schwed. älder, dän. Altreiß, m. (-en, PI. -en) der alte Schuhe :

alder m., got. in framaldrs «in Jahren vor- flickt; Ti'ödler. Mit Übergang von eu in ei
gerückt» enthalten. Wie alt (s. d.) von got. aus mhd. altriii^e. Vgl. Biester.
alan abgeleitet. ABL. altern, v.: alt werden. Altyater, m. (-.§. PI. -väter): ehrwürdiger,
Erst bei Steinbach 1734, während älternhd. alter Vater, Patriarch. Mhd. altvater m.
mhd. alten, ahd. alten gesagi wird. ABL. nach Art der
altvaterisch, adj.:

alterieren, v.: in schädigender Weise Vorfahren, altfränkisch. Frühnhd.


beeinflussen. Refl. sich a. «sich in Unruhe altvettelisch, adj.: nach Art der alten
des Gemütes versetzen». Aus franz. alterer Weiber. Bei Luther. S. Vettel.
«schädigen, eine Gemütsbewegunghervorrufen Altvordern, PI.: die Urväter. Mhd. alt-
>>

usw., von lat. alterare «anders machen», von vordern, ahd. altfardoron, PI. zu fordoro adj.
aZfer «der andere». Im 17. Jh. entlehnt (Schupp «der frähere», mit alt verstärkt. Der später
Schriften 1, 567). veraltete Ausdruck ist in der 1. Hälfte des
Ältermiltter, f. (PL -matter): Groß- 18. Jh. durch die" Schweizer Schriftsteller
mutter, Urahne. Mhd. (in md. Quellen) wieder aufgebracht worden (Schönaich ver-
eltermüter f. Älteryater, m. {-s): Groß-, spottet ihn, Adelung 1793 führt ihn noch
Yorvater. Mhd. eltervater m. Beide zu- nicht an, Heynatz 1796 kennt ihn nur aus
sammenges. mit dem Kompar. elter. «einigen Gegenden»).
Altertum, n. (-.9, PI. Altertümer): (im Altweihersommer, m. (-s, PI. wie
17. Jh., bei Krämer 1678, jetzt veraltet, doch Sg): die zur Herbstzeit im Freien fliegenden
z. B. noch bei Klopstock Oden 75) Hoch- Spinnenfäden; schöne späte Herbsttage. Erst
sein in Jahren; (seit etwa 1700, z. B. bei bei Campe 1807. Eig. Sommer, der den alten
Günther Ged. 312) längst vergangenes, fernes Frauen zufällt (ebenso bayi*. änlsumnier), der
Zeitalter; aus alter Zeit Herrührendes, mit für die Jugend nicht srut genug ist.
dem PI. Altertümer «Denkmäler jenes fernen am vor einem Subst., aus an dem zusam-
Zeitalters» (bei Steinbach 1734). ABL. alter- mengezogen. Mhd. ame, aus an deme.
tümeln, v.: die Art des Altertums haben Amalgam, n. (-es, PI. -e): die chemische
oder diese zu geben suchen (Goethe 41,1,109). Verbindung von Metall mit Quecksilber zu
altertümlich, adj., erst am Ende des 18. Jh. eineV weichern Metallmasse (1594 bei Fisch-
gebildet (bei Kl. Schmidt und Yoß). art Onomast. 390 Amalgama): (bildlich) Ge-
Altervater, s. Ältermutter. menge durch Verbindimg. Aus gleichbed.
altfränkisch, adj.: veraltet u. der Gegen- span. ital. amalgama f., von gi\ ^dXaYMa «Er-
wart nicht angemessen. Mhd. altfremch d. i. weichungsmittel, weicher Körper».
altfrenkisch. Wahrscheinlich zur Ritterzeit in Amarant, m. {-es, PI. -e): der Garten-
rheinischen Landen aufgekommen, wo man fuchsschwanz. Aus gr.-lat. amarantiis, gr.
die an der einfachen Sitte der Vorfahren fest- ä|udpavToc m. «nicht welkende Blume, Papier-
haltenden Franken in Gegensatz stellte zu den blume», dem als Subst. gesetzten Masc. desgr.
durch die neumodischen, aus Frankreich kom- Adj. d)ndpavToc «unverwelklich», dann wegen
menden Sitten Beeinflußten, vgl. Hugos von der Dauer der Blüten auf den Gai-tenfuchs-
Trimberg Renner 22267. Vgl. ZfdWf. 7, 15. schwanzübertragen. BeiMaaler IbQl Amaranth.
Anders bei Leibniz Unvorgreifl. Gedanken § 32 Amarelle, f. (PI. -«): die Weinkirsche.
das Alt-Fränckische und das Alt- Säcksische, Spätmhd. von dem gleichbed. mlat. amarel-
ohne tadelnden Beisinn, von der Sprache. lum n., dem Neutr. des mlat. Adj. amarellus,
Althee, f., auch m. {-s, nach Tee) das Ei- das, von lat. amanis «bitter» abgeleitet, zuerst
:

bischkraut, eine Malvenart. Aus gr. -lat. althaea, «bitter» und dann etwa «weinsäuerlich» be-
gr. d\eaia, eig.«Heükraut», von äXöeiv «heilen». deutet.
altklug, adj.: (veraltet) durch Alter klug; Amazone, f. (PI. -n): Helden weib eines
für finihes Alter zu klug. Ei-st 1711 bei fabelhaften Weiberstaates in Skythien; über-
Rädlein verzeichnet. haupt kriegerisches Heldenweib. Nach franz.
ältlich, adj.: ein wenig alt. Mhd.
amazone aus gr.-lat. Amazon,
altlich. gr. 'A,uaZ;iüv f.

Altmeister, m. (-s, PI. wie Sg.): hervor- Schon mhd. amazone f.


ragender Meister (1807 bei Campe, auchGoethe Amberg, s. Anhöhe.
49 Amboß Ammer 50

Amboß, m. (-es, PI. -e) der eiserne Häm- Mhd. amen, nach lat. amen, dies aus gr. duriv
:

merblock einer Schmiede. Aus mlid. amhö^, aus dem gleichbed. hebr. Adv. amen.
aribö^. anebo^, ahd. andbo^ m., zusammenges. Amethyst, m. (-es, PI. -e): ein violett-
aus ana und mhd. ho^ m., «Schlag» von hö^en. farbener Edelstein. Mhd. ametiste m. nach
ahd. hö^an ^schlagen, stoßen», wozu auch ags. franz. amethyste f. aus gr.-lat. amethystus, gr.
heatan. engLbeaf. aisl. &a?(/a c< schlagen, stoßen». äueOucToc f., eig. Adj. in der Bed. icnicht trun-
Letzteres ist wurzelverwandt mit fu in lat. con- ken, den Rausch stillend», da diese Eigenschaft
fufäre «niederschlagen , refutäre «widerlegen ,
dem Edelstein beigelegt wurde.
fustis «Knüttel», s. Walde s. v. s. v. Die Länge Amiant, m. (-e.s, PI. -e): der feinfaserige,
des ö in der 2. Silbe nur noch landschaftlich. biegsame, weiße Asbest. Aus gi'.-lat. amianhis,
Ambra, m. (-.si, Aniber, m. (s): ein gr. d.uiavToc m., eig. Adj. in der Bed. «unbe-
wohlriechendes Erdharz. ^Ihd. amber. ämer m. und als Subst. Name des Steines
fleckt, rein»
aas mlat. ital. ambra f., das auf gleichbed. wegen seiner schimmernden Weiße.
arab. 'amhar zuiückgeht. Ammann, m. (-es, PI. Ammänner): (in
Ambrosia, f.: Götterkost. Aus gr.-lat. der Schweiz i höchste obrigkeitüche Person
amhrosia, gi-. öiußpocia, Gemeinde oder eines Landes. Mhd, (in
eig. die unsterblich einer
machende Götterspeise, Fem.desAdj.äußpöcioc alem. Quellen) animan «Diener, niederer Be-
«unsterblich». ABL. ambrosisch, adj.: amter, urteilsprechende Gerichtsperson», zu-
himmlisch süß. sammengezogen aus mhd. amhetman ahd. .

Ameise, f. Entwicklung eines amhahtnmnn, s. Amtmann.


(PI. -ny. Älit

s aus ß in zweiter Silbe aus mhd. ämei^e, Amme, f. (PI. -?n: Aufnährerin und Mut-
ahd. ämeiyi, dazu ags. öemette f., engl, emmef terstelle einnehmende Pflegerin eines Kindes.
und ant. Dunkler Herkunft; wird gewöhn- Mhd. amme, ahd. amma. Eig. wohl Mutter,
lich zu ahd. ema^ig «emsig», Grundbed. also ^vie noch jetzt schwäbisch fdamach Wieland
«das geschäftige Tier» gestellt, was aber kaum 18, 127 vgl. auch anord. amma «Großmutter»; ),

das richtige trifft. Eher als Zusammensetzung weitverbreitetes Lallwort der Kindersprache
zu ahd. ))iei^an, got. maifan «hauen, schneiden» wie Mamu (s. d.), vgl. gr. ctinudc, äjniaia,

(s. Meißel) zu stellen (wegen des Präfixes o- d^^la (bei Hesych) «Mutter, Amme», bask.
s. Ohnmacht, vgl. auch mhd. äschröt «Abge- amu «Mutter», altrom. amma, span. port. aina
schnittenes», äsirinc «Abfallvon Flachs»), so «Amme» und mit Ableitung lat. annta «Vaters
daß auf eine Bezeichnung des aus kleinen Holz- Schwester :.

tt'ilchen bestehenden Waldameisenhaufens zu- Ammeister, m. (-.s, PI. wie Sg.): (noch
rückzugehen wäre. ImFrühnhd. erscheint ebd. im 18. Jh. in Straßburg) der bürgerliche
(mit Übergang des a in 6 vor Nasal) Omeis Obervorstand der Stadt. Mhd. (in elsäs-
(noch im 17. Jh. z. B. bei Harsdörfer Ge- sischen Quellen) ammeister. ammemeister.
sprächsp. 1, 25 vorkommend), im Md. gewöhn- ammanmeister, eig. der Meister, der Am-
lich mit Umlaut (_wie in Emeis und mann (s. d.)
Erheit] ist, der Obermeister (Vorsteher
Emmeis, bei Luther (wahrscheinlich mit An- der Zünfte).
lehnung an ein, dessen n als assimiliert be- ^Ammer, f. (PI. -n): ein Singvogel, embe-
trachtet wurde) Eimmeis, worauf die Formen nza Mhd. amer, ahd. amaro m.
citrinella.
Ämse (Wieland 18, 94 Emse und (mit dialekt.
1, Vielleicht von amer «Sommerdinkel», also
Verwandlung des umlautenden (p in f) Imse Vogel, der gern Sommerdinkel frißt [wieHänf-
(Goethe Faust 7585) zurückgehen. In den ling eig. Hanfsamenfresser, von Hanf) vgl.
mundartlichen Formen (die z. T. auf a- in Liebich PBr. Btr, 23, 223. Mlat, amarellm
der 1. Sübe' führen) vielfach durch Volks- stammt entweder aus dem Deutschen oder ge-
etymologie umgestaltet. hört zu span. aniariUo, port. amarello «gelb .

Amelmehl, n. {-s, PL -e)-. Kraftmehl. ABL. Ammerliug, m. wie Ammer. Mhd.


Mit Wandlung des r zu l aus mhd. amer (mit einfachererAbleitung) amerinc m.
(auch schon amel), ahd. amar n. «Sommer- "Ammer, f. (PI. -«) die große säuerliche :

dinkel», 1546 bei Bock 245 *> Ammeikorn. Engl, Kirsche, die schwärzliche wie die hellrote
amelcorn «Dinkel» ist rein gelehrt, vgl. MuiTay oder Amarelle (s. d.). Scheint geküi-zt aus
New Engl. Dict. s. v. ital. amarisca f. «Weichselkirsche» von ital.

amen, als gewöhnUcher Gebetsschluß: amaro dat. amdnis) «bitter, herb», hier «säuer-
wahrhaftig I so soll es sein I Subst.: Amen, n. Uch . Vgl. Liebich PBr. Btr. 23, 223. Schon
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. i
51 Ammer Amt 52

im 14. Jh. amerhoum, mlat. amarillus «Ama- sammenges,ausc(|uq)i «rundherum» und G^axpov
rellenbaum». n, «Schauspielhaus». Im 18, Jh, entlehnt,
^Ammer, Punkenasche; in der
f. (PI. -n): amputieren, v.: ein Glied des Körpers
Asche erhaltener Funke, Bei Luther, jetzt abschneiden. Aus dem gleichbed. franz. am-
noch mundartlich. 1482 im voc. theut. f 7^ puter von lat. amputare «abschneiden», aus
der Plur. eymeren «lieisze asche», mhd. einiere, am(hi) «herum» \mdi putäre «schneiden». Erst
ahd. eimurja f., dazu ags. cemyrje f., engl. bei Pampe 1801.
enibers, anord. eimyrja emmer, zu
f., dän. Amse, s. Ameise.
anord. eimr m. «Rauch, Dampf» und an. ysja f. Amsel, f. (PI, -n)\ die Schwarzdrossel,
«Feuer». lat. mex'ula. Mhd. amsel, ahd. amsala, amsila,
Ammonshorn, n. {-es, V\.Ammonshörner) : amsla, auch amfsla (daher jetzt mundartlich
das gleich einem (dem Jupiter Ammon bei- anspel, wie wespe aus ivefse) f.; dazu ags.
gelegten) Widderhorne gewundene, verstei- (mit ausgefallenem Nasal) ösle f., engl, ousel
nerte, vorweltliche Schneckengehäuse (Schiller «Amsel», Verwandt ist vielleicht das gleichbed,
Teil 4, 3). lat, merula (für *mesula) f, Fick I* 515, Hirt

Amnestie, f. (PI. -n): (öflfentlich erklär- Ablaut 132 (Bedenken dagegen bei Kluge**,
tes) Vergeben und Vergessen eines Vergehens. Walde s. v. merula). Im altern Nhd. und
Aus gr.-mlat. anmestia, gv. dinvricreia f. «das mundartlich erscheint auch die Form Amschel
Nichteingedenksein, besonders eines erlittenen (vgl. Geischel neben Geisel).
Unrechts« (d «un-, nicht»; juväcGai «einer Sache Amt, n. {-es, PI. Ämter): Inbegriff der
gedenken»). Schon 1643 im unartigen teut- Obliegenheiten, die eine Stellung mit sich
schen Sprachverderber. In der altern Sprache führt; Gebäude zur Ausübung dieser Obliegen-
dafür ündacht heiten; Behörde zur Verwaltung und Recht-
Ampel, f. (PI. -n): Hängelampe. Ober- sprechung; gottesdienstliche Verrichtung des
deutsch. Mhd. ampel, ampulle, ahd. ampla, Geistlichen. Aus mhd. ampt, amhet, amheht,
ampulla, mit ags. ampelle f., anord. ampli m. ahd. amhahf. amhahti n. «Dienst, Amt», dazu
«Gefäß» aus lat. ampulla f. «Flasche, Gefäß», ein persönliches ahd. amhahtm. «Diener»; aus
vgl. Pulle. den verwandten Dialekten gehört hierher
ampeln, wonach strebend zappeln;
v.: asächs. amhaht «Dienst» (in amhahtman m.
überhaupt wonach streben. Ein ndd. Wort, «Diener», amhahtskepi m, «Dienst»), ndl, am-
schon mnd., im 18. Jh. mehrfach als dialektisch bacJit n. «Handwerk», amht n. «Amt», ags.
aufgeführt, auch von ndd. Schriftstellern wie amhiht, ombilit n. «Dienst» (dazu omhilit m.
Voß Briefe 2, 105 und Göckingk Ged. 2, 128 got, andhahti n. «Dienst» (dazu
«Diener»),
gebraucht. Vgl. Hampelmann. andhahts m. «Diener»), vgl. auch anord, am-
Ampfer, m. (s, PI. wie Sg.): eine sauer bätt f. «Sklavin», Das persönliche Mask, geht
schmeckende Pflanze, lat. rumex. M.h.d.ampfer, zurück auf keltisch-lat. amhactus (Cäsar bell,
ahd. ampharo m., dazu ags. ampre, ompre f. gall. 6, 15, 2) eig. «Herumgesandter, Bote», ge-
«Ampfer». Eig. subst. Mask. eines Adj., das ndl. bildet von gall. amb- «herum» und einer Bil-
amper «scharf, bitter, unreif», anord. apr (für dung von der Wurzel ag (s. Acker) «treiben»,
*awtpr) «scharf, kalt», schwed. amj)er «scharf», hier «senden» (mlat. ambactia ambactiata «Auf-
lautet. Wenn das p als eingeschoben zu gelten ambasciata, franz. ambassade f.
trag», ital.

hat, so kann man lat. amärus «bitter» (s. Walde gehen wieder auf das germanische zu-
erst
s.v.), skr. aw?as «sauer» (als subst. Mask. «Säure, i-ück).
Vgl. Baist ZfdWf. 9, 33. Das Lehn-
Sauerklee»), alh. 9nibl' 9 «süß», tdmWd Galle ver- wort ist im Got. an die Bildungen mit der
gleichen. Anders Johansson Idg. Forsch, 3, 240. Vorsilbe and- angelehnt worden (nicht etwa
Amphibie, f. (PI. -n)-. beidlebiges (im selbständige Bildung mit einer Ableitung
Wasser wie auf dem Lande lebendes) Tier. von germ. bak «Rücken», also der im Rücken
Aus dem gleichbed. gr.-lat. anipJiibium, gr. stehende). ABL. amtieren, v. (dafür in der
d|uq)ißiov, dem Neutr. des Adj. di|uqp{ßioc «beid- älteren Sprache amten): ein Amt verwalten.
lebig» (gr, ä|uq)i- Junge, bei Campe 1807 noch nicht verzeichnete
«rundherum, von beiden Sei-
ten», ßioc m. «Leben»), Im 18, Jh. entlehnt. Bildung mit der fremden Ableitungsendung
Amphitheater, n. {-s, PI. wieSg.): halb- -ieren. amtlich, adj., spätmhd. ambetlich.
runde Schaubühne. Aus dem gleichbed. gr.- ZUS. Amthaus, n., mhd. ambethüs, ahd.
lat,amphitheatrum , gr, diucpie^aTpov n., zu- ambahthüs n. Amtmann, m.: Vorsteher
53 Amulett Anarchie 54

eines landesherrlichen Amtes (PI. amtleute ags. engl, on, anord. (mit Tilgung des n) ä,
bei Luther, aber 1532 bei Birck Öusanna schwed. a, dän, aa. Verwandt ist gr. ävd
474fg. amptlüte «Gerichtsknechte»); (in Nord- «auf, an», avest. ana «über-hin», lat, an in an-
deutschland auch) Vorsteher eines Gutes. ^Ihd. heläre «aufatmen», abulg, fj-, vü- «auf, an».
amhefman, ahd. amhahtman m. Beamter, Auf- Vgl. Walde s. v. Neben der jetzt herrschen-
-^^

seher». S. SLXich Ärmttann, Ammeister. Amts- den Aussprache mit Kürze findet sich auch
genOSSe, m.-. Verdeutschung des lat. coUega gedehntes an (Zesen im Reimverzeichnis zum
m., 1579 bei Calepinus amptgenossen. Hehkon reimt an auf Wörter mit langem a).
Amulett, n. (-es, PI. -e): am Kör]oer ge- Anabaptist, m. (-en, PI. -en): Wieder-
tragener Schutzgegenstand gegen Zauberei täufer. Aus dem gleichbed. lat. gr. anabap-
oder zukommendes Übel. Mit franz. armdette, tista, gr. ävaßaiTTicTric m. zu ctvaßaTTTiZuu «wie-
ital, amulefo m. aus dem gleichbed. lat. amu- derholt untertauchen». Daneben auch Anti-
letum, auch amoletum und amolimentum n., baptist (Schiller Wallensteins Lager 485), da
als Nachbildung des gr. cpuXaKxripiov von lat. die Wiedertäufer Gegner der Kindertaufe sind
amoliri «abwenden, entfernen, beseitigen», also (gr. dvTi «gegen»).
eig. Abwendungsmittel, Präservativ gegen das Anagramm, n. (-es, PI. -e): Buchstaben-
Böse. Vgl. Schrader Reallexikon 729, Walde versetzung als W^ortspiel, z. B. Regen in
s. V. Die deutsche Form ÄiHulet wird erst Neger, Dame in Made usw. Aus dem gleich-
im 18. Jh. üblich. bed. gr.-mlat. anagraninia, gr, ävd-fpauiua n.,

amüsieren, v.: unterhalten, belustigen. Zusammensetzungen


zusammenges. aus ävd, in
Aus franz. amuser «miterhalten, aufhalten, «auf, aufwärts, wieder, zuiiick» und Ypäiu|Lian,
hinhalten», eig. «die Zeit vertrödeln lassen», «Buchstabe». Im 18. Jh. aufgenommen, bei
gebüdet aus a-, lat. ad und muser «gaifen», Jablonski 1721 noch Anagramma.

eig. «das Maul aufspeiTen», zu ital. miiso, franz. analog, adj.: gleichförmig, wie ein an-
niuseau «Maul, Schnauze», das noch unaufge- deres sich verhaltend. Aus gr. dvdXoYoc «der
klärt ist imd von Sainean im 1. Beiheft der Vernunft (gr. Xöyoc m.) entsprechend, über-
Zeitschr. rom. Phil. 75 zu nmse, einem Namen
f. einstimmend.» Im 18, Jh. erscheint dafür
der Katze, gezogen wird. Das Wort erscheint analogisch (Lessing 4, 117, noch bei Adelung
schon im 17. Jh. in der Bed. «aufhalten», die 1793), Analogie, f. (PI. -n): Übereinstim-
auch im 18. Jh. anfangs herrscht (noch bei mung, Gleichförmigkeit. Aus gr,-lat. ana'
Nieremberger 1753 erscheint sie aiosschüeß- logia, gr. dva\o-fia f. vom Adj. dvdXoYoc. Bei
lich); später wird die Bed. «unterhalten» die Ludwig 1716.
gewöhnliche (Lessing 6, 15, Wieland Amadis analysieren, v. : auflösend zergliedern.
136, auch 1775 bei Heynatz). Aus dem gleichbed. franz. analyser v., ge-
an: nahe zu oder bis zur Berührang büdet von analyse «Auflösung», das auf
f.

mit — (abstrakt) was betrifft.


;
1. Präp. gr. dvdXucic f. (von dvaXüeiv «wieder lösen,
mit Dat. (auf die Frage wo?) und mit Akk. auflösen») beruht. Bei Wächtler 1711.
(auf die Frage wohin?). 2. Raumadv. Li Ananas f. Aus span. port. ananas, das
der verbalen Zusammensetzung bezeichnet an aus dem Peruanischen stammt. Das Wort
auch den Anfang einer Tätigkeit, z. B. an- erscheint um 1600 in deutschen Schriften
bohren, anbrennen, anreißen, oder eine nur (z. B. bei Hulsius Schiffahrten 7, 155, neben

geringe Tätigkeit, z, B. anfeuchten, ferner Ananasos 7, 85, 1628 bei Münster Cosmogr.
auch eine anhaltende Tätigkeit, z, B. anfüllen, S. 1724 Ananas).
anbauen, andauern oder eine erfolgi'eiche Anapäst, m. {-es, PI. -e): der Versfuß
Tätigkeit, z, B, anblasen; vielfach ist es (na- ^ ^ — Aus lat. anapaestus, gr. avdxraicToc
mentlich in der Kanzleisprache) vor schon zu- zuiückgeschlagener d, i, umgekehrter Dak-
sammengesetzte Verba verstärkend getreten, tylus, dem als Sahst, gesetzten Mask. des gr.
z, B, anbelangen, anempfehlen, angehören. Adj. dvdTTaicToc «zuiückgeschlagen» von dva-
Li der nominalen Zusammensetzung kann an Traieiv « zurückschlagen ».
den Anfang oder einen geringern Grad be- Anarchie, f, (PI. -n) Regierungslosigkeit, :

zeichnen, z, B, Anbeginn, Anhöhe, viele Zu- Nach franz. anarchie von gr.-mlat. anärchia,
sammensetzungen wie Anfall, Anklang haben gr.dvapxiaf «Herrschaftslosigkeit» vonävapxoc
sich von der verbalen aus entwickelt. Mhd. adj. «ohne Oberhaupt» (dv- «un-, ohne», dpxöc
ane, ahd. ana: dazu asächs. an, ndl. aan. m. «Führer, Oberhaupt»). Bei Wächtler 1711,
4*
55 Anatomie Andauche 56

ABL. anarchisch, adj. Anarehist, m. einem aufbinden (s. DW. 1, 622), was auf
(-en, PI. -en) schon im 18. Jh. das Aufsetzen und Festbinden des Helmes
Anatomie, f. (PI. -n): die Kunst Leichen von selten dessen, der sich zum Kampf rüstet,
zu zergliedern; das zur Leichenzergliederung ^eht [mit einem a. zuerst bei Krämer 1678);
bestimmte Gebäude. Aus lat. anatomia l, dies kurz angebunden d. i. bald in Harnisch kom-
aus gr. ävaTOian f. (äva- und TO|uri «Schnitt») mend, leicht gereizt, zum Streite geneigt
«Aufschneiden, Zergliedening». Schon im (zuerst bei Schönsleder 1618). Aus der Bed.
16. Jh. (1565 bei Paraeelsus Op. «festbinden» geht die von «beschenken» her-
chirui'g. 611

Anatomey). ABL. anatomieren, \., 1551 vor (z. B. bei Fleming 42), da Geschenke an
bei Scheidt Grobiauus 4270. anatomisch, den Hals, Arm usw. gebunden zu werden
adj., bei Krämer 1678. pflegten. Redensart: einen Bären a. «Schulden

anbahnen, v. einer Sache den Weg be- machen» (so 1781 bei Kindleben); früher heißt
:

reiten, sie ins Werk setzen und fördern. einetti einen Bären a. «einen belügen» (so
Bei Campe 1807, als landschaftliches Wort. schon bei Grimmeishausen Simpl, 243 und
Anbeginn, m. (-es): der erste Beginn. noch bei Wieland) eig. einem eine ei-logene
Mhd.(md.) anhegin m., gewöhnlich anheginnen. Jagdgeschicht« aufbinden, woraus dann wohl
anbei, adv. (veraltet) zugleich, daneben; die Bed. «durch Vorspiegelungen Geld aus
:

hiebei. Aus der Kanzleisprache von Stieler jemand herauslocken» hervorgegangen ist.
1691 aufgenommen, von Adelung 1793 und Anblick, m. (-es, PI. -e): worauf ge-
Heynatz 1796 noch als oberdeutsch empfunden. richteter Blick; Angeblicktes. ^Ihd. aneblic
anbelangen, v. betreffen, eig. bis an et- m.
:

anblicken, v.: den Blick worauf
was heranreichen. Aus der obd. Kanzlei- richten. Mhd. aneblicken.
sprache bei Krämer 1678 angeführt; bei Ade- anbrechen, v.: l. trans. etwas wovon
lung und Heynatz 1775 noch beanstandet, abzubrechen anfangen, z. B. einen Kuchen,
1796 aber im Antibarl)arus zugelassen, 2. intrans. als Zeit oder zeit-
vgl. eine Flasche.
belangen, anlangen. Erscheinung (mit Geschwindigkeit, mit
liche
anbequemen, v.: anpassen. Eine am Macht) anfangen zu sein, z. B. der Morgen,
Ende des 18. Jh. (nach Heynatz 1796 «bei das Jahr, die Schlacht bricht an. Frühnhd.
neueren Schi-iftstellern») auftretende Ver- (auch bei Luther). Anbruch, m.: der —
deutschung von franz. accomoder, vgl. be- Anfang etwas wovon abzubrechen, sowie dieses
quemen. Abgebrochene selbst; der Anfang des Über-
anberaumen, v.-. von etwas festsetzen, ganges zur Verderbnis an sonst Gesundem,
wann es sein soll. Mit Verwandlung eines z. B. Anbruch des Obstes, Weines; der Be-
ä in au (unter Einfluß von Baum) aus an- ginn einer zeitlichen Erscheinung. Frühnhd.
beramen, so noch Adelung 1793 (wähi-end ABL. anbrüchig, adj. (bloß nach der
Heynatz 1775 und 1796 anberaumen vorzieht), 2. Bed. von Anbruch), bereits im 16. Jh.
spätmhd. berämen, von mhd. ramen, ahd. rämen AnchOTi, f. (PI. -s): eine Sardellenart.
«zum Ziele nehmen, worauf hin sich richten», Nach ndl. ansjovis f., engl, anchovy, aus port.
dazu asächs. rämön «trachten, streben». Aus anchova, span. anchoa, franz. anchois f., das
der Kanzleisprache bei Stieler 1691. aus dem Baskischen abgeleitet wird.
1
Bei
anbeten, v. aufs höchste verehren. Mhd. Anchinoander Gramm. Ital. Vocab. c 2*^ 1653
:

anebeten, ahd. anabeton. ABL. Anbeter, Anschioven, bei Duez 1664 Anchove.
m., mhd. anebetcere, ahd. anabetäri. An-
Andacht, f. (PI. -en): die feste betrach-
betung, f., spätmhd. anebetunge f. tende Richtung der Gedanken, insbesonders
I

Anbetracht, m. erwägende Anschauung, auf Gott und Göttliches; inniges Gebet. Mit
:
'

Erwägung nur in der Verbindung in A.). Kürzung des zweiten a aus mhd. anedäht,
(

Aus der Kanzleisprache bei Gottsched 1758, ahd. anadähtt, von denken. A5L. andächtig,
Adelung 1793, Hej'^natz 1796 angeführt, aber adj., mhd. anedcehtec, ahd. anadähtir.
als oberdeutsch bekämpft. f. (PI. -»): Andauche,
überdeckter Ab-
anbinden, durch Binden anheften, zugsgraben an Gebäuden, auch an nassen
v.:
Mhd. anebinden, ahd.anabintan. Redensarten: Äckern. Am Mittelrhein. Spätmhd. ädüche
mit einem a. «mit jemand Streit anfangen» (1304 fluxum et motum per aqueductum qui
;

(abgeschwächt «überhaupt sich mit jemand dicitur aeduche Böhmer cod. dipl. Francofur-
einlassen»), dafür in der altern Sprache mit tanus S. 360), ädücht, mit Anlehnung an das
i
57 Andenken Anfall 58

aus mhd. ahe f. zusammengezogene a (s. -a) zeichnen. Im 16. Jh. aufgekommen (belegt
aus lat. aquaedudus f. Wasserleitung».
'^<
\^ z. B. bei Albertinus weibl. Lustgai-te 246).
Ahzucht. Andorn, m. {-es, PI. -e^•. die Pflanze
Andenken, wie Sg.): Richtung
n. i-s, PI. marrubium. Mhd. ahd. andorn m. n. Dunkler
der Gedanken auf jemand oder überhaupt Herkunft.
einen Gegenstand, um ihn sich wieder vor- Anekdote, f. (PI. -«): unterhaltendes
zustellen; was zum Andenken gegeben wird. (neuesj Geschichtchen aus jemandes Leben.
Spätmhd. andenken n. «Erinnerung, Wissen», Aus dem gleichbed. franz. anecd.ote f., das
substantivierter Inf. des Y. mhd. anedenken, auf gr.-lat. anecdota, gr. dveKbora, Xtr. PI.
ahd. anadenken. Die 2. Bed. (nach franz. von dvexboToc «nicht ausgegeben, nicht be-
Souvenir) bei Stieler 1691. kanntgemacht» (dv- «un-, nicht», bibövai «ge-
ander, adj.: (veraltet) Ordnungszahlwort ben») beruht. Um die Glitte des 18. Jh. auf-
der Zweizahl: über bereits Bezeichnetes vor- genommen (Gottsched, Lessing 7, 225; Ade-
handen: außer dem Bezeichneten vorhanden lung hat noch die Bed. «eine unbekannte Be-
und davon verschieden. Mhd. ander, ahd. gebenheit»).
andar, dazu asächs. ääar, ödar, ndl. ander, Anemone, f. (PI. -n)-. Windröslein, Wind-
afries. öther, ags. öder, engl, other, anord. bliime. Aus dem gleichbed. gr.-lat. anemone,
annar, schwed. annan, dän. ander, got. anpar. gr.dveuujvrif., abgeleitet vondveuocm. «Wind»;
Eine komparativische Bildung, übereinstim- die Benennung, weil sich die Blume nui- bei
mend mit Jit. rt/7f/-a.9, preiLß. änters, lett. otrs wehendem Winde öflEnet (Plinius bist. nat. 21,
«der andere», ^^.anüiräs «ein andrer, verschie- 94). Doch vgl. Levy Die semit. Fremdw.
dener/-^ (zu anjäs «der andere»). ABL. ändern, im Griech. 49. 1546 bei Bock Kreuterb. 49^
V. : anders machen, mhd. endern, andern. Anemonerößlin und Anemone.
anders, genetiv. adv.: auf andere Weise, Anerbe, m. (-n, PI. -«): der Erbe, der
sonst, mhd. anders, spätmhd. auch änderst, den nächsten Anspruch an ein hinterlassenes
vgl. einst, was auch nhd. selbst schriftsprach- Gut hat. Mhd. anerbe m. Vgl. Ganerhe.
lich vorkommt (Haller Ged. 58. Wieland Anerbieten, n. (-.s, PI. wie Sg.); an je-
Aurora u. Ceph. 583. Schiller Eäuber 3, 2), mand gerichtetes Erbieten. Ln 17. Jh. aufge-

ZUS. anderseits, adv. (bei Gombert 5, 9 kommen Harsdörfer Gesprächspiele 2, AIII^).


(

Belege von 1610 und 1618): mit angetretenem Eig. substantivierter Lif. des V. anerbieten,
genetiv. -s aus mhd. andersit. Ein^ Neben- bei Schönsleder 1618 verzeichnet, stammt wohl
form, die auch den 1. Bestandteil des Wortes aus der Kanzleisprache.
genetivisch gestaltet, ist andrerseits (bei anerkennen, v.: etwas durch bestimmt-e
Gombert mit Beleg von 1661 anders WO, 1. Erklärung als richtig und giltig annehmen,
adv.: mhd. arulerswä, zusammenges. mit dem insbesondere bei Gericht: etwas ausdi-ücklich
genet. Adv. anders, anderthalb, adv. Mit billigen. Erst bei Adelung 1774.
eingetretenem t aus mhd. anderhalp, auch anfachen, v. : zum volleren Dasein auf-

anderthaip. anderwärts, adv.: anderswo- regen, eig. anblasen. Wie fachen (s. d.) erst
hin, anderswo, zum andern Male (in der der neuem Dichtersprache geläufig, bei Gott-
letzten Bed. von Dasvpodius 1537 angeführt): sched, J. E. Schlegel u. a., von Wieland seit

davon anderivärtig, adj. (bei Gombert 7, 5 1751 (Suppl. 1, 145) gebraucht (bei Xierem-
von 1618 andericertig). anderweit, adv.: berger anfacheht).
(veraltet) zum zweiten Male; an andrer anfaliren, v.: l. intrans. zu Schiff oder
Stelle, anders. Mhd. anderweide (ebenso dri Wagen dicht herankommen. 2. trans. zu
weide «dreimal» usw.j in der 1. Bed., wie Wagen heranbringen; sich mit harter Rede
amleriveyt bei Luther; daneben mhd. auch gegen jemand wenden (bei Luther). Mhd.
in der 2. (heil. Ehsabeth 3774 andertceit anevarn «ein Gut in Besitz nehmen», ahd.
«anderwärts», 6526 <^^^auf eine andere Art»). anavaran «herangehen, jemand anfallen».
Davon anderweitig, adj. (bei Gombert 7, 6 Anfall, m. {-es, PI. Anfälle): das plötz-
vom J. 1641 ), in der Kanzleisprache, wo aber liche Herankommen z. B. von Feinden, mhd.
auch andertceit als Adj. verwendet wiid, wie aneval m.; Anstoß von Krank-
plötzlicher
1663 bei Schottel Vorr. u. S. 344. heiten, Gemütsbewegungen; unvermutetes Zu-
andeuten, v.: etwas durch einen Hin- fallen von Eigentum und das Zugefallene
weis zu verstehen geben: nur obenhin be- selbst (auch schon mhd.).
59 Anfang angenehm 60

Anfang, m, (-es, PI. Anfänge) das Erste Brennbarem) entbrennen, mhd. anegan, gen,
:

wovon. Mhd. anevane, ahd. anafang m. Von ahd. anagän, gangan; erträglich, hinreichend
anfangen, früher anfallen s. fangen), v. am sein (bei Luther und im altem Nlid. nur
( :

Beginn wovon sein (eig. Hand woran legen zum mit dem Dat.: »mV gehet an '<mir gelingt,
Halten, woran tätig werden); im Beginn be- meine Sache hat Fortgang»). 2. trans. sich

griffen sein. ]yilid. anevähen, ahd. anaßhan. gegen jemand wenden, feindlich oder freund-
ABL. anfangs, genetivisches adv., frühnhd. lich; (von Dingen) jemand berühren, betreffen
anfänglich, adj. und adv.: bei Luther. ZUS. (beide Bed. auch mhd. ahd.).
Anfangsgründe, PL: 1710 vom Philosophen Angel, f. (PI. -n\ als m. nur noch mund-
Chr. Wolff gebraucht, s. Gombert 6, 3. artlich «Bienen-, Wespen- usw. Stachel») spitzer :

anfechten, v.: (veraltet) mit Waffen wo- Haken zum Fischfange: Einhängehaken für
rauf eindringen: worauf empfindlich ein- Tüi-e, Fenster usw. Mhd. angel m. f., ahd.
wii-ken, beunruhigen; besti'eiten. Mhd. ane- angiilm.; dazu asächs. angul m. «Angelhaken»,
vehten, ahd. anafehtan. mnd. angel m. «Stachel, Fisch-, Türangel», ndl.
Anflug, m. i^-es, PI. Anflüge) da.s Heran- angel m. «Stachel, Angel», ags. ongel m., engl.
:

kommen durch die Luft, sowie das Heran- angle «Angelhaken», anord. öngull m., dän.
gekommene selbst; (veraltet) eine äußerlich angel «Angelhaken», aisl. öll, all m. aMS*anhulas
wahrnehmbare Ki-ankheit. z. B. ein Gesichts- «Keim» (Noreen ürgerm. Lautlehre 25); ent-
ausschlag; eine schwach ausgeprägte Eigen- spricht genau aiad. atdkuräs m. «Sprößling,
schaft, vorübergehende Stimmung (erst bei junger Schoß», gi'iech. ciyküXoc «ki'umm». Das
Campe 1807j. einfache Wort hegt vor in mhd. ange m.
anführen, v. an der Spitze stehend leiten; «Fisch-, Türangel», ahd. a«^o m. «Spitze, Tür-
:

(veraltet) worin unterweisen, (dann) mißleiten, angel», ags. onga m. «Stachel», anord. angi
hintergehen (nach Gombert 6, i schon 1557 m. «Spitze», verwandt mit lat. ancus «mit
mit geschmierten Worten a.): zum Beweise krammem Arm», uncus m. «Haken», gi*. öykoc
für- Gesagtes beibringen, z. B. Woiie eines m. «Widerhaken», öykiüv m. «Bug, Ellenbogen»,

andern (bei Gottsched). ]SIhd. anevüeren «an oYKOc n. «Bucht, Tal», skr. aidkäs m. «Haken».
sich tragen», ahd. anafuaren «herbeibringen». Luther gebraucht das Wort in der Bed. «Pisch-
ABL. Anführung, f. (nach der L und 4.Bed. angel»als m., was auch später bis in die neueste
von anführen). Damit zusammenges. Anfüh- Zeit nicht selten ist, z. B. Günther 873, Wieland
rungszeichen, n., bei Adelung 1774. Musarion 85, Goethe 1, 169, Schiller Picc. 5,
Anfurt, f. (PI. -en) Landeplatz. Bei Luther 1, Eückert 5, 51. ABL. angeln, v.: mit
als m. und f. Wie Furt (s. d.) zu fahren. der Fischangel fischen, mhd. angeln, ahd. an-
angehen, v.: l. intrans. (beim Karten- gilon; übertragen zu fangen suchen. ZUS.
spiel) zuerstgeben; Töne hervorbringen (von Angelstern, m. : Polarstern. Verdeutschung
Instrumentenj. 2. trans. ansagen, vorbringen; des 17. Jh. (bei Fleming 160. 625). angel-
veranlassen, anordnen; zur Bestrafung an- weit, adj. und adv.: so weit offen, als die
zeigen, mhd. anegebeyi. ABL. angeblich, TüiangeLn zulassen. Fiühnhd. (1562 bei Ma-
adj, und adv. (nach der 1. Bed. des trans. thesius Sarepta 203*).
V.), bei Frisch 1741, aber von Adelung 1793 augelegen, Angelegenheit, s. anliegen.
noch beanstandet. angemessen, adj. und adv.: so abge-
Angebinde, n. (-s, PI. wie Sg.): Fest- messen, daß es einer Sache entspricht, passend,
geschenk (eig. Gebui-tstagsgeschenk, das dem ziemhch. 1749 bei Gottsched.
Feiernden an den Hals oder Ann gebunden angenehm, adj.: gern angenommen;
wurde). Im 1 7. Jh. aufgekommen, vgl. anhinden. Wohlgefallen erweckend. Fiühnhd. (im Tri-
angedeihen, v.: zuteü werden, nur in strant, ed. Pfatf 63, 21, Wormser Druck an-
der Redensart a. lassen. In der altern Sprache genäm, Sallust B 3 und Murner luth. NaiT
ist an mich oder mir gedeihet es «gerät an 3040 angenem, Luther 8, 513 Weim. und später

mich, widerfährt mir, wü'd mü- zuteü». angeneme). Im Mhd. (ohne an) genceme, um
Angedenken, n. (-s): wie Andenken 1100 genäme (in «vi^ena^ne «unangenehm»), da-
(s. d.). Im 14. Jh. angedenken «Erinnerung» neben annceme, mnd. annäme und angenäme,
(bei dem Mystiker Eckhart). vgl. ahd. nämi «angenehm», got. andanems
angehen, v. : l. intrans. anfangen, in «angenehm» zu andniman «entgegennehmen».
einen Zustand geraten, z. B. (vom Feuer und Vgfl. annehmlich.
61 Anger Auhöhe 62

Anger, m. (s, PI. wie Sg.): wildgmnes anhalten, v.: l. trans. festhalten; in der
Grasland, Grasfleck. ^Ihd. anger, ahd. angar Bewegung aufhalten, zurückhalten; {zu etwas
m. «ungepflügtes, wildgrünes Bauland, Gras- andauernd zu etwas nötigen (bei Luther).
a.)

land»; dazu anord. e^gr f., engin. «Wiese» und Halt machen; fortdauern: [um
2. intrans.
•weiter zu griech. a-fKoc n. -Tab, vgl. unter J.w^e?. etwas a.) andauernd um etwas bitten (in
Augesicht, n. i-es, PI. -e, -er): worauf beiden Bedd. bei Luther).
fallender Blick; (dem Blick zugekehrte) Vor- Anhang, m. {-es, PI. Anhänge) was sich :

derseite des menscliliclien Kopfes. Aus mhd. anhängt; als unwesentlich Beigefügtes; eine
angesihte n. «Anschauen)^, (in md. Quellen) zugetane in Tun und Treiben folgende Per-
«AntHtz», daneben angesilit f. «Anschauen», son oder eine Gesamtheit solcher Personen.
ahd. (ohne ge-) anasilit f. Anschauen, An- Mhd. anehanc m. — anhangen, durch Ver-
blick». S. Gesicht. ABL. Angesichts, genetiv. mischung mit dem trans. V. auch anhängen,
adv.: im Anblicke; im Augenblick, sofort. V. woran hangen fest zugetan sein. Mhd.
: ;

Bei Luther. anehangen. ABL. Anhänger, m.: der einer


angreifen, v. mit den Händen Avoran Person oder Sache zugetan ist (bei Luther).
:

rühren, mhd. anegnfen, ahd. anagrifan; Hand anhängig, adj.: (veraltet) zugetan: zu-
anlegen, sich zu etwas schicken; (von Geldern) gehörig; (von Prozeßsachen) schwebend, der
anfangen zu zehren (in diesen beiden Bedd. Entscheidung entgegensehend (aus der Kanz-
auch schon spätmhd.): sich feindlich gegen leisprache bei Luther). — anhänglich, adj.:
jemand wenden (bei Luther); die Kräfte in dauernd zugetan. Bei Adelung 1793, aber
Anspruch nehmen (auch bei Luther). In von Heynatz 1796 als wenig üblich bezeichnet.
dieser Bed. auch refl. sich a. Angriff, m. — — Anhängsel, n. : anhangender Gegenstand.
{-es, PI. -e): Beginnen, Unternehmen; Anfall. 1733 bei Gottsched.
Mhd. angrif, ahd. a;i «gm/ «Betastung. Anfall;/. anheben, v.: anfangen, eig. angreifen
Angst, f. (PI. Ängste): das Engewerden zum Bewegen. Mhd. aneheben. Nur in feier-
in beengendes Gefühl worüber. licher Sprache.
der Brust,
Li unpersönlichen Redensarten mir ist, wird. anheim, akkusat. adv.: eig. an das Haus
macht angst, erscheint das Subst. A. adjekti- (vgl. Heim); zu freier Verfügung. Li der
visch. Aus mhd. angest f., seltener m., ahd. Kanzleisprache des 16. Jh. erscheint a. in
angust wie mnd. angest m., abgeleitet von
f., festenVerbindungen mit Verben (vgl. a. ziehen
angi «eng». Entsprechend lat. angustia f. Reichs-Ordnungen 136^), von denen jetzt noch
«Enge» und angustus «enge» von lat. anger anheimfallen, -gehen, -stellen üblich sind (da-
«zusammendrücken, beklommen machen», abg. für bei Luther 3, 112'' Jen. heimfallen, 3, 125^
qzosti «angustiae». ABL. ängsten, häufiger heimgehen).
ängstigen, v.: mhd. engesten, ahd. angusten anheimeln, v. heimisch anmuten. Bei :

und engstigen, das von dem Adj. engstig Dentzler 1709 verzeichnet und durch Schweizer
(bei Luther), ahd. angustig abgeleitet ist. Schriftsteller ins Hochd. gekommen, aus dem
ängstlich, adj. und adv.: Angst habend, es Campe 1807 anführt, heimeln ist mit einer
Angst verursachend, mhd. angestlich, engest- diminut. Endung von heim gebildet.
lich, ahd. angustUh. ZUS. Angstschweiß, anheischig, adj.: durch Versprechen ver-
m., bei H. Sachs. pflichtet (nur noch in sich a. machen). Ent-
^
Angster, m. (-s, PL wie
hohe eng- standen durch Ernwü-kung von heischen (s. d.
Sg.);
halsige Trinkflasche oder Krug. Süddeutsch. aus mhd. anthei^ec «durch Versprechen schul-
Mhd. angster m. aus gleichbed. mlat. angu- dig», abgeleitet von mhd. ahd. anthei^ m.
strum, florent. anguistära, inguistära, von lat. «Gelübde», dazu got. andahaitn. «Bekenntnis»
angustus «eng//. neben andhaitan «bekennen». 1576 beiMathe-
"Angster, m. {-s, PI. wie Sg.j alte kleinste sius Luther 104^ anheischig (1566 anheschig).
:

Schweizer Scheidemünze, ^/g Schilling. Seit anher, adv. hierher, bis hierher. Frühnhd.
:

dem 14. Jh. bezeugt. Wahrscheinlich aus lat. Kanzlei Janssen Frankf. Reichscoir. 1, 913
( ).

angustus «eng, schmal, klein, dünn». anherrschen, v.: herrisch anfahren.


anhahen, v. am Leibe haben
: bei Lutherj Junges Wort, noch nicht bei Campe 1807.
(

[einem etwas an jemand Anhalt ziir


a.) Anhöhe, f. (PI. -n): mäßige Erhöhung.
Schädigung gewinnen (mhd. einem anehaben 1741 von Gottsched und 1748 von Klopstock
«sich an jemand halten, Hand an ihn legen»). (Messias 2, 43) gebraucht. Schon mnd., auch
:

63 Anis Anlaß 64

später bei Niederdeutschen erscheint Amberg Klang : sich anschließender, verwandter Klang,
(d. i. Än-berg) «Hügel», eig. «mäßig ansteigen- (bildlich) entsprechende Empfindung usw. (in
der Berg», wonach wohl Anhöhe gebildet ist. A. finden). Ein Adelung noch unbekannter
Anis, m. (Gen. Anises, PI. Anise): eine Ausdruck der neuern Dichtersprache (in der
Gewürzpflanze und ihr Same. Spätmhd. ants 3. Bed. bei Voß 3, 169, dann auch bei
und (umgelautet) enis n. aus dem gleichbed. Goethe).
gr.-lat. amsum n., gr. avicov n., einer Neben- anklingen, v. (mit starker Flexion): mit
form von gr. ävricov n., ävrixov, äviiGov «Dill». dem Klange woran rühren. Dagegen an-
In der Schriftsprache mit dem Lat. klingen (mit schwacher Flexion): Glas wider
ist die
übereinstimmende Form durchgedrungen, wäh- Glas anstoßen, daß es einen Klang gibt. Oft
rend älternhd. oft aneis und (mit Ton auf bei Voß (aber bei Goethe Faust 5276 mit
der 1. Silbe wie jetzt obd.) enis vorkommt. starker Flexion angeklungen).
anitzt, anjetzt, adv.: Erweiterungen von ankommen, v.: wohin kommen um da
itzt (s. d.) «jetzt», aus der Kanzleisprache zu sein; an jemand herankommen, über jem.

[anietzt bei Opitz 2, 265). kommen (jetzt noch im Ausruf komm an!,
^Anke, f. (PI. -n) «Nacken». In Thüi'ingen,
-.
Schiller Braut v. Mess. 3, 2, Lessing Nathan
Franken, Schwaben und am Mittelrhein (Maler 1, 3, früher wie mhd. anekonien , ahd. ana
Müller 2, 67). Mhd. anke f. «Genick, Gelenk quenian mit trans. Akk.); etwas kommt mich
am Fuß», ahd. ancha f. «Genick», encha (mit an «ich werde davon befallen» (jetzt auch mit
Umlaut) f. «Beinröhre». Urspr. s. v. a. Gelenk, Dat. wie schon bei Luther Weish. 16, 21),
Gliedkrümmimg zur Bewegung. Vgl. auch mit Adv. z. B. schwer «ich werde wovon er-
got. halsagga m. (für überliefertes balsagga griffen» (bei Luther); es darauf a. lassen
vermutet) «Nacken»; zu gr.ciYKÜJv «Ellenbogen» «das Herantreten, den Verlauf einer Sache ab-
s. Angel. S. auch Enkel. warten » (bei Stieler 1691) es kommt an auf;

"Anke, Anken, m. (Gen. und PI. Anken), es tritt an —
heran, um dadurch in seinem
selten f.: Butter. In der Schweiz, dem Elsaß, Verlauf bestimmt zu werden (bei Ludwig 1716).
am Mhd. anke m., ahd. anko m.
Oberrhein. ABL. Ankömmling, m. (s, PI. -e): wer
und anka f., auch in Zusammensetzung ajic- ankommt. Bei Krämer 1678. Ankunft, f.: —
smero m. «Butter». Verwandt sind lat. un- (veraltet, doch noch bei Goethe 16, 50) Ab-
guere «schmieren», unguen, umbr. mnen «Salbe, stammung; Ankommen (so schon bei Luther).
Fett», altir. imb, preuß. anktari «Butter», aind. ankörnen, v.: anlocken, eig. Vögel durch
ats'j «salben», ajjam «Opferschmalz». ABL. ausgestreute Körner (Goethe Götz 2, 13). Bei
anken, v.: buttern. Duez 1664.
^Auker, m. {-s, PI. wie Sg.): Eisen mit Anlage, f. (PI. -n): Beilage; die dem Ein-
Widerhaken zum Auswerfen ins Wasser, zelnen auferlegte Steuerleistung (frühnhd.);
wenn das Schiff stehen soll. Mhd. anker, Aufwendung von Geldern zu bestimmtem
spätahd. anchar m.; mit ndl. anker n., ags. Zwecke Entwurf eines Gebäudes, Gartens usw.
;

ancor, oncor m., engl, anchor, anord. akkeri und das Angelegte selbst (Frisch 1741); an-
n., schwed. ankare n., dän. anker n., entlehnt geborne Fälligkeit (erst um 1750, z. B. Lessing
aus gr.-lat. ancora f., gr. Mhd. anläge f. «Bitte, Anliegen».
ä^Kupa, Grundbegrifi" 7, 363).
«das Gekrümmte», zu der unter Angel be- anlanden, v.: ans Land fahren. In der
sprochenen Sippe gehörig. Der eig. ahd. altern Sprache dafür anlanden (so noch bei
Ausdruck senchil m., sinchila f. «Senkel» (s. d.) Wieland 20, 260).
wurde durch das von Norden her eindringende anlangen, v.: l) intrans. ans Ziel ge-
entlehnte A. verdrängt. ABL. ankern, v. langen, mhd. anelangen. 2) trans. (veraltet)
mhd. ankern, auch (umgelautet) enkern. bittend angehen (bei Luther Ap. -Gesch. 25,
"Anker, m. (-s, PI. wie Sg.): ein etwa 24); betreffen (frühnhd., auch bei Luther).
/g Eimer haltendes Maß. Aus dem ndl. Anlaß, m. (Gen. Anlasses, PI. Anlässe):
anker n. ins Hochd. aufgenommen (bei Frisch das Bewegende zu einer Handlung. Mhd. anelä^
1741 verzeichnet), das auf dem eine kleinere m. «Ort, von dem aus das Rennen losgeht;
Tonne als Maß bezeichnenden mlat. aneheria, schiedsrichterlicher Austrag einer Sache» (die
anceria f. beruht. jetzige Bed. ^chon frühnhd). ABL. anläß-
Anklang, m. {-s, PI. Anklänge): durch lich, adv. (nnt Gen.) in der neuern Kanzlei, :

Anschlag hervorgerufener Klang; anhebender spräche (noch nicht bei Adelung).


65 anlassen annektieren 66

anlassen, v.: wohin oder wozu los lassen, das Maß des Zustehenden in Anspruch nehmen.
mhd. anelä^en, anelän, ahd. analä^an; an Mhd. sich anemä^en (mit Gen.) auch schon in
den Körper angelegt oder angetan lassen; der 2. Bed. ABL. Anmaßung, f., frühnhd.
harte Worte an jemand richten (Stieler 1691). Anmerkung, f. (PI. -en)-. mündliche oder
Refl. sich a. «Fähigkeit und Tätigkeit wozu schriftliche Bemerkung (1663 bei Schottel als
zeigen» (frühnhd.). Verdeutschimg des lat. ohservatio, noch bei
Anlauf, m. (-es, PI. Anläufe) ausholende Lessing,Goethe); gelegentlich angefügte schrift-
:

geschwinde Bewegung woi'aufhin. Mhd. ane- Hche Bemerkung.


loufm. «Anrennen, Angriff», ahd. anahlouf m. Anmut, f.: (veraltet) die Seelenstimmung
«Ansturz». — anlaufen, v.: laufend wider etwas zu etwas, das Vergnügen macht, Neigung,
kommen, mhd. aneloufen, ahd. anahloufan; Verlangen (so zuerst 1514 bei Lilien ci"on 3,
(bildlich, zunächst vom Wüd, das gegen die 147, aber als M., daneben schon im 16. Jh.
Waffe des Jägers rennt) widerrennen, in seinem als F.); Freude, Lust (noch bei Hagedom,
Tun durch Übeln Erfolg abgeschreckt werden; Werke 3, 93) ; wohlgefälliges anziehendes Wesen
anschwellen; von etwas Leichtem überzogen (so zuerst bei Stieler 1691). Diese jüngere Bed.
werden, z. B, der Spiegel, der Wein läuft an im Anschluß an das Adj. anmutig: Neigung
(1696 im Persian. Baumgarten 9, 19). hei'vorrufend, Verlangen erweckend, daher ge-
Anlaut, m. (-es, PI. -e) der Anfangslaut
: fällig, lieblich (so schon bei Mumer Schelmen-
eines Wortes. Grammatischer Kunstausdruck zunft 12, 20 anmietig red d.i. wohlgefälhge),
Jäc. Giimms. anmuten, v.: ein Verlangen an jemand rich-
anlegen, V.: woran legen, mhd. anelegen, ten, einem etwas ansinnen, mhd. aneniuoten
ahd, analeggen; an sich legen als Kleid oder (mit Akk, der Person und Gen. der Sache,
Schmuck (schon mhd. ahd.); (von Schiffen) später mit Dat. der Person und Akk, der Sache)
sich ans Ufer legen; (von Gewehren) zum (mit Akk. der Pers.) das Gemüt ansprechen,
Ziele richten (daher es ivorauf a. «es worauf Wohlgefallen erregen (noch nicht bei Adelung
abgesehen haben»); zu einem bestimmten 1793, von Wieland 23, 341 füi- interessieren
Zwecke nutzbringend verw^enden (spätmhd.); empfohlen und dann von Goethe in der jetzigen
anrichten, anstiften (bei Luther mit Dat. Bed. gebraucht),
«einem etwas zufügen»); entwerfen und zur Anna, Frauenname. Aus der kirchlichen
Ausführung bringen. gr.-lat. Form Anna nach dem hebr. Frauen-

Anlelien, n. {-s, PI. wie Sg.): Hingabe namen Channäh (l. Sam. 1), urspr. Appellativ
von Geld gegen Zinsen. Mhd. anlehen, ahd. in der Bed. «Gnade, Flehen um Gnade».
analehan n. (s. Lehen). — Anleihe, f. (PI. -n), Annalen, PI. geschichthche Ereignisse ver-
j
:

in gleicher Bed., aber mehr von hohen Geld- zeichnende Jahrbücher. Aus demgleichbed.lat.
]

summen. Erst bei Adelung 1774 («in Ober- annales (nämlich Zi&ri «Bücher»), dem subst.Pl.
deutschland»), des M. des Adj. annalis «das Jahr betreffend»,
j

anliegen, v.: sich woran fügen; von annus m. «Jahr». Im 18. Jh. entlehnt.
dicht
einem andauernd bittend zusetzen; einem Annaten, PI.: die im ersten Jahr an die
I

Nachdenken und Sorge verursachen, Mhd. päpsthche Schatzkammer fallende Hälfte des
aneligen, ahd. analiggen in diesen 3 Bedd. Zinses von einer geisthchen Pfmnde. Aus dem
Substantiviert Anliegen, n. (-s, Pl.wieSg.), gleichbed. mlat. PI. annatae von annus m.
\

nach der 2. und 3. Bed. von anliegen. Früh- «Jahr». Frühnhd, (Luther 8, 708 Weim.).
nhd. Das Part. Prät. angelegen steht oft annehmlich, Adj,: gerne angenommen
adjektivisch: Nachdenken und Sorge mit Eifer und gefallend. Gebildet aus dem mhd. Adj,
zvir Tätigkeit verursachend (bei Luther). Da- annceme «angenehm. Heblich», mit der Ab-

von Angelegenheit, f. was mit Nachdenken leituugsendung -lieh. Frühnhd.


:

und Sorge beschäftigt (so noch Lessing Nath. annektieren, v.: sich ein Land anghe-
3, 2), daun überhaupt Geschäft (Gombert 7, dern; überhaupt «sich aneignen». Nach franz.
6 V. J. 1619), rmd angelegentlich, adv.: mit annexer «anhängen, einverleiben» aus lat.
I

eifrigerFürsorge (bei Dentzler 1709 noch ohne annectere (aus ad-nectere) «anknüpfen, ver-
'

das eingeschobene t angelegenlich). einigen». Rot 1571 hat annectirn in der Bed.
\

anmaßen, v. (mit refl. Akk. und Gen. der «aneinander knüpfen», die auch Campe 1811
j

Sache oderDat. und Akk. der Sache): naehMaß- allein kennt. Die jetzige Bed. wurde nach
!

gäbe des Zustehenden in Anspruch nehmen; über 1859 üblich. Vgl. Ladendorf Hist. Schlagwb.
Weiganä, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl.
67 aunoch Ansicht 68

annoch, Adv., mit an verstärktes 7ioch. — anscheinend, Adj. den Anschein habend,
:

Schon in der Kanzleisprache des 15. Jh. eig. Part. Präs. eines V. anscheinen, mhd.
Annonce, f. (PI. -n); Ankündigung in der ane schtnen.
Zeitung. Aus dem gleichbed. franz. annonce f. anschicken, v. : anordnen, zurecht machen
von awwowcer« ankündigen», das auf lat.anwMW- (noch bei Wieland 4, 113), mhd. aneschicken.
ciare d. i. ad-nunciare «ankündigen» beruht. Refl. sich a. «sich zu etwas fertig machen»
Gegen Ende des 18. Jh. entlehnt (1795 bei (Stieler 1691).

Campe Bereicherimg besprochen). anschlagen, v. woran schlagen, ml^d. :

Anomalie, f. (PI. -n); Abweichung von aneslahen, aneslän, ahd. anaslahan: durch
der gemeinen Regel. Aus dem gleichbed. Schlagen festmachen; den ersten hellen Laut
gr.-lat. anomalia i., gr. dvuujuaXia f. eig. hören lassen; das Gewehr an die Wange nehmen;
«Ungleichheit» von dem Adj. dvuj|aa\oc «un- (danach vom Anschlagen und Zielen mit dem
gleich» (dv- «un-», b^dköc «gleich»). Bei Gewehre) nach Berechnimg oder Erwägung
Sperander 1728. bestimmen (spätmhd.); gedeihlich sich zeigen
anonym, Adj.: ungenannt (ohne und Ludwig 1716, schon mnd.
Angabe (bei Rädlein 1711

des Namens). Aus gr. dvdjvu|uoc «namenlos» anslän). —


Anschlag, m. {-es, PI. Anschläge),
(dv- «un-, ohne» und övu|uafür övoiuan, «Name»). nach den Bedd, des Verbums. Mhd. aneslac,
Im 18. Jh. dafür anonymisch (Schiller 2, 381). im 15. Jh. auch «worauf zielender Gedanke,
anranzen, s. ranzen. Plan». Davon anschlägig, Adj.: reich an
Anrecllt, n. (-es, PI. -e) -.
das Recht woran. Einfällen, fiühnhd. (auch bei Luther).
Wohl in der Kanzleisprache gebildet, im 18. Jh. anschmieren, v.; durch Schmieren woran
allgemeiner gebraucht (Herder 1, 2). haften machen (Maaler 1561 anschmirwen);
anregen, v.: (veraltet) a.) einem betrügerisch aufhalsen
an etwas rühren, (einem etwas
mhd. aneregen: berühren, erwähnen (früh- (Ludwig 1716, während im 17. Jh. sich die Bed.
nhd.) den Anstoß zu etwas geben (schon bei «fälschlich eine Schuld beimessen» findet);
;

Luther) (mit Akk. der Person) einen zu etwas {einen a.) betrügen (in der neuern Sprache).
;

bewegen oder auf etwas hinleiten. anschnauzen, v.: an jemand harte Worte
Anrichte, f. (PI. -«) der Küchentisch, die heftig richten. Frühnhd. (Luther). Zusammen-
;

fertigen Speisen zum Auftragen zu bereiten. ges. mit schnauzen von Schnauze (s. d.), das auf
Mhd. anrihte f. —
anrichten, v.: fertige ndd. snuten beruht. Eig. s. v. a. «anschnauben,
Speisen zum Auftragen zurecht machen über- anfauchen», dann «vmgestüm anfahren».
;

haupt «zurecht machen; entstehen machen». anschwärzen, v.: schwarze Farbe an


Mhd. anerihten. etwas bringen; schlecht machen, verleumden
anrüchig, Adj.: in keinem guten Rufe (bei Stieler 1691).
stehend. In neuerer Zeit an Stelle des zuerst Ansehen, n. {-s, eig. subst. Inf, des V.
im 15. Jh. auftretenden anrüchtig (noch bei ansehen^. Anschauung, mhdi. anseilen n.; äußere
Campe 1807) getreten. Dies bezeichnet etwas Erscheinung {mhdt.. ansehen «Angesicht»); Be-
oder jemand, dessen Ruf, Gerücht (s. d.) an- rücksichtigung, Wertschätzung (bei Luther).
fängt schlecht zu werden. Die Umgestaltung J.J5L. ansehnlich, Adj.: in der äußern Er-
des Wortes (gleichsam «anfangend übel zu scheinung hervorragend; allgemeine Berück-
riechen») erfolgte unter Einfluß von Wörtern sichtigung, Wertschätzung findend. Finihnhd.
wie Geruch =
Ruf, ruchhar (s. d.). (z. B. Carolina 158), doch daneben auch (vom
aus, zusammengez. aus an das. Mhd. ang. V. ansehen aus gebildet) ansehelich.
ansässig, adj.: festen Wohnsitz habend. Auselm, Mannsname. Ahd. Anshelm, zu-
Gebildet von einem frülmhd. Anseß «fester sammenges. mit ahd. ans (nur als erstes Wort
Wohnsitz», das entweder auf ein mhd. anse^ in Zusammensetz.), anord. äss, ags. ös «Ase,
(mhd. se^ m. n. «Sitz») oder wahrscheinlicher Gott» und heim.
mit Kürzung des Vokals auf ein mhd. an- Ansicht, f. (PI. -en): das Heften des
soe^e n. (vgl. mnd. ansete n. «Besitz eines un- Augenlichtes worauf; die Art der Auffassung
beweglichen Erbes») zurückgeht. Im 18. Jh. wovon durch die Sehkraft oder (bildKch)
gebraucht (bei Apinus 1728 Anseß igkeif). den Geist; das Gesehene wiedergebendes Bild.
Anschein, m. (-es)-, die Art, wie sich Mhd. anesihty ahd. anasihtf. ist «Anblick»,

etwas den Augen zeigt, als Grundlage der später verschwindet das Wort im Hochd.,
Beurteilung. Mhd. anscMn m. «Erscheinung». erhält sich aber im Ndd., aus dem es bei
69 ansiedeln anstellen 70

Ludwig 1716 angefahrt wird, dagegen be- -stalt ist Abstraktbüdung zu stellen, die sich

zeichnet Frisch 1741 das Wort als nicht ge- an das frilhere Praet stalte anschUeßt.
bräuchlich und selbst Adelung 1793 kennt Anstand, m. (-es, PI. Anstände): das
es in der Bed. «Art der geistigen Auffassung» Stillstehen, vorläufige Aufhören wovon (mhd.
nicht. ABL. ansichtig, adj., jetzt nur in anstant m. «Waffenstillstand»); das Venveüen
ansichtig werden «im Bereiche der Augen des Jägers auf einem Standorte, sowie dieser
haben, daß" diese darauf fallen». Mhd. an- Standort selbst; der Aufenthalt in einer Sache
sihtec in ansihtec iverden, aber auch s. v. a. «an- mit Bedenklichkeit in dieser fortzufahi-en
sehnlich», ahd. anasiktig «gesehen werdend». (Duez 1642); äußerliches schickliches Ver-
ansiedeln, s. siedeln. halten (erst um die Mitte des 18. Jh. aus
ansinnen, (mit Dat. der Person und
v. dem Adj. anständig entwickelt, z. B. bei
Akk. der Sache): an jemand die Forderung Lessing 2, 94, Wieland Amadis 117). ABL.
einer Tätigkeit richten. Frühnhd. (Brant anständig, adj.: passend, schicklich. Seit
Layensp. L 2, mhd. nur an eüien sinnen dem 17. Jh. (unter Einfluß des V. anstehen,
«jemand angehen um etwas»). Der Inf. sub- daher anfangs meist mit Dat. der Person,
stantivisch Ansinnen, n. fi-ühnhd. (Nürn- z. B. Grimmelshausen Simpl. 880).
berger Pol.-Ordn. 109. Brant Layensp. L 3). anstatt, Praep. mit Gen.: an Stelle von.
anspielen, v. : zuerst spielen und so das Zusammengerückt aus an und dem Dat. Sg.
Spiel anfangen;spielend anklingen lassen; von Statt, mhd. an stete, an stat, in der
(daher) etwas in leiser Beziehung worauf Kanzleisprache des 15. Jh. schon als Praep.
sagen oder tun (Lessing 8, 71). verwendet (1444 anstad Germania 28, 359).
Ansporn, m. (-s) Antrieb zu tatkräftigem a. daß, Konj.: an der Stelle daß.
:

Handeln. Neugebildetes Wort (noch nicht anstechen, v. woran stechen, mhd. ane- :

bei Campe 1807) vom V. anspornen, eig. das stechen, ahd. anastehhan; mit dem Stachel
Pferd mit dem Sporn antreiben. (Sporn) antreiben (noch in angestochen kommen
ansprechen, v. Worte an jemand richten,
: d. i. angeritten); (bildlich) reizen, mit emp-
besonders um etwas, mhd. anesprechen, ahd. findlichen Worten auf jemand zielen (Luther)
anasprehhan; ausdrücklich als sein erklären sinnlich reizen, in die Augen stechen (Goethe
und sonach verlangen (auch schon mhd.); 16, 15); (durch Einstechen einer Röhre ein
ausdrücklich wofür erklären (bei Goethe Faß) zum Zapfen öff"nen (schon mhd.).
Wahlverw. 2, 2 und öfter) freundlichen Ein- anstecken, v.: durch Einstechen woran
;

druck auf jemand machen (noch nicht bei haften machen; wie anstechen, vom Öfihen
Adelung 1793, aber von Goethe oft gebraucht, des Fasses; (dadurch daß Brand Hervor-
der es 49, 1, 401 ein Wort der Konversations- bringendes an etwas stechend befestigt wird)
sprache nennt). in Brand setzen (so schon mhd. anstecken);
Anspruch, m. (-es, PI. Ansprüche): die zündstoffartig mitteilen (von Krankheiten,
an jemand gerichteten Worte; das Erheben schon im 16. Jh.). Intrans. : zündstoffartig
einer Forderung gegen jemand (in in A. sich mitteilen.
nehmen, vgl. mhd. anspruch «rechthche For- anstehen, v.: dicht oder nahe zu etwas
derung»); eine für begiündet gehaltene For- hin sein, mhd. anestän, -sten, ahd. anastän,
derung und deren Kundgebung; (Ansprüche) sten, stantan : stehen bleiben, im gegenwärtigen
allgemeine Forderungen, die man ans Leben Zustand verbleiben, namenthch in a. lassen
und andere richtet (erst in der neuem Sprache). (bei Luther); mit Bedenken innehalten; (mit
ZUS. anspruchlos, dem 18. Jh. Dat. der Person) passen, gemäß
adj. Seit sein (schon
(Wieland Suppl. gewöhnUch an- mhd.). S. Anstand.
4, 17), jetzt
spruchslos. — anspruchsvoll, adj., zuerst anstellen, v.: nahe woran stellen; an
bei Campe 1807 als Neubildung. eine Stelle weisen; in ein Amt einweisen
Anstalt, f. (PI. -en): die Anordnung und (von Gottsched bekämpft und noch von
Vorbereitung etwas auszuführen, namentlich Adelung 1793 für oberdeutsch erklärt); ins
in A. machen, Anstalten treffen (mhd. ver- Werk setzen, unternehmen (fiühnhd.); (mit
einzelt anstaltf. «Begründung», in der jetzigen Akk. der Person) anstiften. Refl. sich a.
Bed. im 17. Jh. Diefenbach - Wülcker 72); in (mit Adv.) sich in einer Tätigkeit zeigen
umfassenderer Weise zu körperlicher oder gei- (frühnhd.); ein Benehmen zur Schau tragen,
stiger Pflege usw. Eingerichtetes (im 18. Jh.). namentlich zum Schein. Mhd. anestellen
;

71 anstiften Antipode 72

«aufschieben». ABL. anstellig, adj.: sicli antasten, v.: roh oder gewaltsam Hand
gut anstellend, gewandt, vom refl. sich a. anlegen. Mhd. anetasten «feindhch angreifen,
Nach Heynatz Antib. 1, 134 von Lavater angehend nötigen». Vgl. tasten.
empfohlen und danach auch von andern ge- antedilu Vianisch , adj.: vorsintflutlich.
braucht (Schüler TeU 1, 3). Bei Herder 6, 111 (um 1770), Wieland 47, 64
anstiften, v. am-egen, anreizen, Frühnhd. (Gruber) vom J. 1790. Von lat. ante «vor»
:

(Franck teutsche Chron. IIO''). Vgl. stißen. und lat. düuvium n. «Überschwemmung».
Anstoß, m. (-es, PI. Anstöße): auf etwas Anteil, m. n. (-es, PI. -e): jemand zu-
einwii'kende, nach vorwärts drängende Be- kommender Teil woran, mhd. (selten) anteil
wegung, mhd. anesto^, ahd. anasto^ m.\ Hin- n. (häufiger seit dem 17. Jh.); (nur m. ohne
deiTing in der Bewegung, sowie das unan- PI.) Mitgefühl (bei Adelung 1774).
genehm Hindernde und damit Ärgernis Ge- Anthologie, f. (PI. -n): Blumenlese d. i.
bende selbst (so schon mhd., dann bei Luther) Sammlung kleiner Gedichte und dann auch
schnell zukommendes Übelbefinden an Leib andrer Schi'iftstücke. Aus dem gleichbed.
oder Gemüt; an Zeug angesetztes Zeugstück. :
gr. dvOoXoYia f. von dem Adj. dvGo\ÖYOc
— anstoßen, v.: widerstoßen, mhd. ane- 1
«Blumen lesend» (ävöoc n. «Blume», -Xofoc von
stogen, ahd. anasto^an; dui-ch Stoßen in Be- I \4.^eiv «lesen, sammeln»). Im 18. Jh. entlehnt.

wegung setzen; an jemand empfindlich be- j


Anthropologie, f.: Menschenkunde,
inihrend kommen, z. B. das Fieber stieß ihn
an (so schon mhd.); wider andrer Ansicht
:

anthropolögia
...
Wissenschaft vom Menschen. Aus gr.-neul.
eig. die über den Menschen
und Billigung tun angrenzen anfügen. ABL.
; ;
j
redende, die menschenkundige Wissenschaft,
anstößig, adj. (nach der 2. Bed. von A., der von dem gr. Adj. dvBpuuTroXÖYOC «über den
,

3. von anstoßen), frühnhd. (Fischart Garg. «Menschen redend» (ävöpuuTToc m. «Mensch»,


168).
anstrengen, v. etwas mit Bemühung ins -\o-foc von XeY£iv «reden»). Im 18. Jh. entlehnt.
:

Werk setzen (jetzt nur eine Klage, einen Antihaptist, s. Anabaptist.


Prozeß, mhd. anstrengen ist «inständig bitten») antik, adj. und adv.: altertümlich, in
zur Anspannung der Kräfte bringen, ab- Geschmack und Geist des Altertums. Aus
mühen. Mhd. strengen ist «stark machen, dem franz. Adj. antique, ital. antico, das auf
kräftig ausüben, bedrängen», ohA. strengen »be- lat. antiqims «alt» beruht. Bei Sperander
di'ängen». 172^ noch in der franz. Schreibung. Schon
Anstrich, m. (-es, PL -e): der Strich im 16. Jh. kommt das von lat. antiquus ab-
woran, auch der Strich mit dem Fiedelbogen geleitete Adj. antiquisch vor (1558 bei Rivius
zum Spiele (mhd. anstrich m.); das An- und Büxenmeisterey 3, a 1% Gombert 6, 4). —
Überstreichen womit, sowie das woran Ge- Antike, f. : Kunstarbeit des klassischen Alter-
strichene, um Aussehen zu geben tums und dieses selbst. Aus franz. antique f.,
sich ein
(bei Maaler 1561 «Schminke») eine zum Schein das auf lat. antiqua, PI. von antiquimi (eig.
:

hervorgekehiie Eigenschaft (Günther 687). opus «Werk») beruht. Im 18. Jh. aufge-
ansturen, s. sturen. nommen (im PI. bei Lessing 6, 436).
ansuchen, v.: bittend angehen, ersuchen. Antimon, n. (-s, PI. -e): Spießglanz,
Substantivisch Ansuchen, n.: fiühnhd. Spießglas. Aus mlat. antimonium n., span.-
Kanzleisprache (Reichsordnungen 17^^ vom ital. antimonio, wohl vom gleichbed. arab.
J. 1495). Vgl. mhd. eteivag an einen suochen. al-ithmid, al-uthmud. Der griech. Name da-
ant-, Vorsilbe mit der Grundbed. zu —
hin, für war cTißi, CTiiuiui n., daher lat. stibiuyn n.
gegen, jetzt nur noch in Antlaß Antlitz, Antipathie, f. (PI. -n): natürliche Ab-
,

Antwort, fi-üher häufiger imd als betonte neigung wogegen. Aus gi'.-lat. antipathia,
Form mit dem unbetonten ent- wechselnd. gr. dvTiTrdGem f. «Gegen-, Abneigung», von dem
Mhd. ahd. ant-, dazu asächs. and-, ags. and-, gr. Adj. dvTiTra9ric «von entgegengesetzter Nei-
ond-, anord. and-, got. anda-, and-, hier auch gung seiend» (dvTi «gegen, wider», -iraOric von
ayid als Präp. «an, worauf hin, längs». Ver- irdGoc n. «Leiden, Gefühl», zu iraGeiv, Inf. Aor.
wandt ist lat. ante «vor», gr. dvxi «gegen, von irdcxeiv «leiden»). Im 17. Jh. entlehnt.
gegenüber, vor», skr. änti «gegenüber», aht. Antipode, m. (-n, PI. -?i): Gegenfüßler.
anta «auf, zu», lit. aiit «auf». Zur Bedeu- Aus dem gr.-lat. PI. antipodes, gr. dvTiTrobec
tungsentwicklung vergl. Delbrück Grundriß «Gegenfüßler», dem als Subst. genommenen
3, 1, 740 f. PI. des M. des gr. Adj. dvriTTouc, Gen. dvri-
73 Antiquar Anwärter 74

TToboc «die Füße entgegengekehi-t habend, stelltes Begehren. Frühnhd., von dem V.
gegenfößig// fdvxi «gegen», -uouc von ttoüc m. antragen, mhd. auch in der Bed, «anstiften»,
«Fuß»). Nocli 1710 bei Behring in der lat. frühnhd. «anbringen, vorschlagen».
j

Form Anfipodes. !
Antriel), m. {-es, PI. -e): starke An-
Antiquar, m. (-es, PI. -e): Altei-tmns- regung zu einem Tun. Frühnhd. (bei Nas
forscher ; Händler mit alten Büchern. Aus j
Pract. A 2 Andrib).
lat. antiquarius m. «Altertumskenner, Alter-
antun, v.: an sich legen (mhd. anetuon);
tümler», dem als Subst. genommenen M. des mit Kleidern usw. versehen; (mit Dat. der
Adj. antiquarius «das Altertum betreffend», Person zufügen, namenthch Übles ^frühnhd.) )

von antiquus «alt». Bei Xieremberger 1753 mit Zauber schädigen (^bei Krämer 1678).
noch in der lat. Form, dafür 1595 bei Welser-
Antvogel, s. Ente.
"Werlichius Chron. 4, 81 Antiquitist m. ABL.
Antwort, f. (PI. -en): das auf Worte
Antiquariat, n.
eines andern Gesagte, insbesondere sofern es
Antiquitäten, PL: Gegenstände aus dem
sich auf jene bezieht. ^Ihd. antwurt f. und
Altertum. Aus dem gleichbed. lat. antiqid-
antwürte n., später (mit Anlehnung an wort)
tates, PI. von antiquitas f. «Altertum», von
antwort f. n., ahd. (selten) antwurti f., meist
antiquus «alt». Schon im 16. Jh. gewöhnlich
antwurti n.; dazu asächs. ayidivordi n., ndl.
(Antiquitet in der Zimmerschen Chronik, 1548
antwoord n., ags. andwyrde n., anord. andyräi
bei Stumpf Schweizerchron. 1, 278^, 1562 bei
n., got. andawaurdi n. Dies ist gebildet von
Mathesius Sar. 232 a, Rot 1571).
got. anda- (s. ant-) und einer Kollektivbil-
Antisemit, m. (-en, PI. -en) Gegner der -.

dung von Wort, also urspr. «Gegenwort, Gegen-


Semiten. Ein um 1879 von Wilh. Marr ge-
rede». Luther gebraucht das Wort noch oft
prägtes Kampfwort. Aus gr. övti- «gegen»
als X., daneben als F.; auf das alte N. weist
und Semit (s. d.).
auch noch Anticorts genug (Lessing Em. Gal.
Antlaß, m. (-sses, PI. -sse) Sündener- -.

4, 8). ABL. antworten, v.: mhd. ant-


lassung, Lossprechung (Entlassung)
Ablaß;
würten, antwurten, antworten, Bhdi.antwurten:,
von Kirchenstrafen und Wiederaufnahme in
'

dazu asächs. andwordian, ags. andwyrdan, got.


die KLrchengemeinde. Nur noch bayr.-öst. I

andivaurdjan.
;Mhd. ahd. antläg m., zu dem V. eyitlassen, ahd.
ant-, intlägan.
Anwachs, s. Amcuchs.

Antlitz, n. (-es, PI. -e): Angesicht. ^Ihd. Anwalt, m.


PI. Anwälte): der für (-es,

antlitze n.; dazu (aber den andern eine Rechtssache führt, Advokat:
mit andrer Suffix-
bildung) ags. andiclita m., anord. andlit n. (in Oberdeutschland früher auch) Gemeinde-
«Angesicht». Im Got. steht neben anäawleizn vorstand (so noch jetzt schwäb.J. Aus mhd.
n. «Angesicht» das nicht mit anda- zusammen-
anwalte, ahd. anwalto m., dazu ags, onwealda
m. eig. der Gewalt woran hat, von ahd. ana-
gesetzte wlitsm. «Angesicht, Ansehen, Gestalt».
Dies gehört zu einem verlorenen starken Y. walt f., ags. onweald m. «Gewalt woran, Macht»
wleitan «sehen» (dazu got. wlaiton «umher- zu walten. Ältemhd. begegnet häufig die
blicken, spähen»), dem ags. ivUtan, anord. Uta Schreibung Anwald (im 16. und noch im
Jh., z. B. bei Klopstock, Schiller 12, 456).
(für vlita) entspricht. Im Mhd. findet sich auch 18.
häufig antli'.tze n.,
Die ursprüngliche schwache Flexion noch bei
ahd. antluzzi, anluzzi, mit
Assimilation annuzzi n. (die mit i erst Luther (auch Klopstock im PI. Anwalden),
Form
stark, PI. Anwalte und (jetzt) Amcälte.
im 11. Jh. belegt). Formen, die durch Ver- sonst
mengung mit dem gleichbed. ahd. antlutti n., ABL. Anwaltschaft, f. bei Duez 1664.
mhd. (selten) antlütte n. entstanden sind, anwandeln, v.: herankommen; vorüber-
deren -lutti, -lütte auf got. hidja f. «An- gehend an Geist oder Körper zukommen (mit
gesicht» zurückführt. Luther bediente sich Akk., seltner Dat. der Person, z. B. Liscow
des Wortes in der Form Andlitz. 158. 341, Lessing 2, 49).

Anton, Mannsname. Aus \dX. Antonius, des- Anwärter, m. (-s, PI. wie Sg.): der auf
sen Ursprang und Bedeutimg dunkel ist. Vgl. eine Stelle usw. Anspruch machen kann. Von
W. Schulze Zur Geschichte lateinischer Eigen- mhd. anewarten «worauf sehen, erwarten».
namen 123 f. Danach der Frauenname Antonie. Frülmhd. Anwartschaft, f.: Rechts- —
Antrag, m. (-es, PI. Anträge): an jemand anspruch auf künftigen Besitz. 1641 bei
gerichtetes Erbieten, Vorschlag; förmlich ge- Schottel 336.
;

75 Anweisung Apathie 76

Anweisung, f. (PI. -en) : Hinweis worauf, Köi^per oder einen Teil desselben zur Be-
Unterricht (mlid. anmstmge f.) Bestimmung, deckung ;
oder zum Schmuck ziehen (im
Zuteilung, insbesondere einer auszuzahlenden 15. Jh., z. B. voc. ine. teut. a 8*, auch bei
Geldsumme schon frühnhd.).
(dies Luther); mit Kleidern versehen; beispiels-
anwenden, Richtung
v.: worauf geben, weise oder belegend erwähnen (im 15. Jh.,
beziehen; zu einem bestimmten Zwecke ge- auch bei Luther). 2) refl. sich a.: sich an-
brauchen. Mhd. anewenden ist «ordnen», die kleiden (mhd. dagegen «Anspruch worauf
jetzige Bed. «verwenden» bei Luther. machen»). 3) in trans. (mit sein) im Zuge
Anwesen, n. {-s, PI. wie Sg.): (veraltet) herankommen (frühnhd.) zu ziehen anfangen; ;

das Gegenwärtigsein; unbeweghches Besitz- in einen Dienst, ein Amt usw. eintreten.
tum (im voc. ine. teut. a 8* Anwesen «mansio, Von dem trans. V. das Part. Präs. anziehend
habitaculum»). Der substantivierte Inf. des V. als Adj.: durch sinnlichen Reiz oder geistig
mhd. aneicesen, ahd. anmvesan «darin- und zu sich hin ziehend, für sich gewinnend (1760
dasein». — anwesend, Adj.: eig. Part. Präs. Wieland Suppl.4, 163, vgl. abstoßend). S. Anzug.
des V. Um 1600 gebräuchlich geworden (bei Anzucht, f. (PI. -en): Abzugsgraben für
Duez). — Anwesenheit, f.: um leOO ge- unreines Wasser. Entstellt aus lat. aquae-
bräuchlich (bei Gombert 7, 7 vom J. 1618). ductus, vgl. Ahzucht.
anwidern, s. widern. Anzug, m. {-es, PI. Anzüge): das Ziehen,
Anwuchs, m. {-es, PI. Anwüchse): stei- um inBewegung zu setzen; das Herbei-
gende Zunahme und das in solcher BegrifiPene kommen; das Antreten eines Dienstes, eines
an etwas Gewachsenes. Vom Prät. von an- Amtes; Gesamtheit der Kleidung (Geliert 3,
wachsen aus gebildet; erst bei Adelung 1774. 284). Spätmhd. anznc m. ist «Stellung eines
Älter ist Anioachs (bei Stieler 1691). Zeugen, Zugang von Kaufleuten zum Ein-
Anwünsch, m. {-es, PI. Anwünsche): kauf, Beschuldigung oder Vorwurf». ABL.
Wunsch an jemand (Hagedom Fab. 154). Von anzüglich, Adj. und Adv.: worauf
sich
dem bereits ältemhd. V. anwUnschen. beziehend (worauf zielend), um unangenehme
Anzahl, f.: die zukommende Zahl; über- Empfindung zu verursachen (Stieler 1691,
haupt Zahl, Menge. Spätmhd. anzale, anzal gleichbedeutend anzügisch bei Moscheroseh
f. «von einer Menge dem Einzelnen zufallender Phil. 1, 589, anzügig bei Harsdörfer Ge-
Anteil, Verhältnis, zukommende Zahl». sprächssp. 1, 241, vgl. mhd. anzuc «Beschul-
anzapfen, v.: wovon durch Zapfen die digung, Vorwurf»); durch sinnlichen Reiz
erste Flüssigkeit auslassen; (bildlich, wie an- oder geistig zu sich hin ziehend (Lessing,
siechen) mit Worten auf jemand zielen, ihn Wieland, Goethe).
zu einer Äußerung zu reizen suchen. Im anzwacken, v.: mittels Spitzen an etwas
15. Jh. anzepfen (so noch jetzt schwäb), auch klemmen (Hagedorn Od. 99) mit Worten em- ;

schon in der 2. Bed. pfindlich zusetzen, angreifen (Günther, Voß).


Anzeichen, n. {-s, PI. wie Sg.): auf et- Apanage, f. (PI. -n) standesgemäßes Leib- :

was hindeutendes Zeichen. Bei Krämer 1678. gedinge. Aus fi'anz. apanage f., das auf mlat.
Anzeige, f. (PI. -n) Ankündigung; worauf apanagium, appanagimn (d. i. ad-panagium)
-.

hindeutender Umstand. In der Kanzleisprache n. «Unterhalt des Nachgeborenen und so nicht


um 1500 für älteres Anzeigen n. eingetreten Erbberechtigten» beruht. Dies neben dem
(z. B. Reichs-Ordnungen 38^ vom J. 1500), gleichbed. apanamentum n. von mlat. apanare,

daneben ältemhd. auch Anzeig m., alle von appanare (d. i. ad-panare) «Brot (lat. panis),
dem V. anzeigen ausgehend. Unterhalt geben». Im 17. Jh. entlehnt.
anzetteln, v.: den Zettel (s. d.) d. i. apart, adj. und adv.: für sich stehend;
Aufzug zu emem Gewebe machen; (büdlich) sonderbar. Zusammengerückt aus franz. d
durch kleine Mittel anstiften. Frühnhd. pari, ital. aparte «bei Seite». Im 17. Jh. ent-
(Sallust S 3^). lehnt, zunächst aber nur als Adv. gebraucht
anziehen, v.: l) trans. (mit haben) zu (daher auch Schelmufsky 79 noch in zwei
sich hin ziehen, mhd. aneziehen; durch Worten a parte), später auch als Adj. (bei
Ziehen in Bewegung setzen (auch mhd.); Nieremberger 1753).
durch Ziehen vom Flecke bewegen; zuerst Apathie, f. (PI. -n): Stumpfheit des Ge-
ziehen; straff ziehen, z. B. ein Seil; auf- fühles, Gleichmut. Aus gr.-lat. apathia f.,

ziehen, groß ziehen, z. B. Hühner; an den gr. dirdöeia f. «Unempfijadlichkeit», von dem
77 aper Apotheose 78

Adj. oTraGric «leidenschaftslos, unempfind- «zum Voi'zeigen geeignet», von beiKvüvai


lich» (d- un-, -iraGric von TToieoc n. «Leiden, «zeigen, vorzeigen»). Bei Sperander 1728.
Gefühl»). Apokalypse, f. (PI. -n)-. die Offenbarung
aper, s. a&er. Johannis. Aus gr.-lat. apocalypsis, gr. diro-
Apfel, m. bekannte KdXuv|;ic eig. «Enthüllung» (diro «von, weg»,
(-S, PI. Äpfel): die
Obstart, sowie dann manche andre dieser KaXÜTTTeiv «um-, verhüllen»).
ähnliche rundliche Frucht und überhaupt apokryph, adj.: untergeschoben, unecht.
rundhcher Gegenstand (schon in ahd. Zeit Apokryphen, PI. biblische Bücher, die mit :

auch =
Augapfel). Mhd. apfel (PI. epfel), den kanonischen nicht gleiche Geltung haben.
ahd. aphul, aphol (PI. epfili) m., dazu ndl. Aus dem gr. Adj. dirÖKpuqpoc «verborgen,
fries. appel m.,
ags. ceppel m., engl, apple, untergeschoben» (d-rrö «von, weg», kpOtttciv
anord. epli schwed. äple n., dän. äble n. «verbergen»).
n.,

(got. *aplus zu vermuten). Vgl. auch Äffoltev. Apologie, f. (PI. -n) Verteidigung Schutz- : ;

Verwandt ist irisch aball, uhall, lit. öbuolas rede, -Schrift. Aus dem gleichbed. gr.-lat.
m., abg. jablüko n. Apfel. Diese nordeuro- apologia, gr. dTroXoYia zu dTroXofeicGai «sich
päischen Benennungen der Frucht führte herausreden, verteidigen» (dird «von, weg»,
mau auf den Namen der von Virgil (Aen. \oYeTc0ai zu Xöyoc «Wort, Rede, Erzählung»).
7, 740) als äpfelreich gepriesenen Stadt Ähella Bei Rot 1571 Äpologei.

in Campanien zurück; die Bezeichnung sei Apostel, m. {-s, PI. wie Sg.): Lehrbote.
zuerst ins^ Keltische eingedrungen, von hier Mhd. apostel (Gen. apostels und aposteln,
noch vor der 1. Lautverschiebung ins Ger- gewöhnlich dafüi' zioelßote), ahd. apostolo,
manische (darum ist hier das h der Grund- schon got. apaiistaulus. Aus kirchlich-lat.
form in p gewandelt) und weiter ins Litau- apostolus, gr. d-n-öcToXoc m. «Abgesandter»,
ische und Slavische. Eher ist aber an Ur- kirchlich insbesondere
Lehrbote Christi»,
«;

verwandschaft zu denken, vgl. K. Much Z. f. vornehmlich den zwölf Jüngern, von


aus
Osten'. Gymn. 1896 S. 608, oder der Anklang d-rrocTeWeiv «abschicken» (dirö «von, weg»,
ist nur zufällig, und Äpfel ist eine alte Be- cT^Xeiv «schicken»).
zeichnung des Holzapfels. ZUS. Apfell)aum, Apostroph, m. {-es, PI. -e): das Aus-
m.: mhd. apfelboum m. —
apfelgrail, adj., lassungszeichen '.
Aus dem gleichbed. gr.-
mhd. apfelgrä, ahd. aphulgrä, anord. apal- lat. apöstroplius, gr. dTTÖcxpoqpoc f., dem sub-
grär. —
Apfelmus, n. mhd. apfelmuos n. : stantivisch genommenenF. desAdj.drröcTpoqpoc
— Apfelschimmel, m.: grauweißer Schim- «abgewandt», dann «meidend», vondTTocxpeqpeiv
mel mit apfelrunden Flecken, bei Steinbach «ab-, wegwenden» (dirö «von, weg», crpeqpeiv
1734. —Apfelwein, m.: mhd. apfelwin, «wenden»). Das Zeichen ist 1572 von Schede
auch epfelimn m., noch jetzt dialektisch und 1624 von Opitz in seinem «Buch von der
Äpfehüein. Deutschen Poeterey» nach dem Vorbild der
Apfelsine, f. (PI. -n)-. Orange. Nach Italiener imd Franzosen verwendet worden,
holländisch appelsina d. i. aus China (franz. um Weglassung eines e am Schluß der Wörter
Sine) herstammender Apfel, irajiz. pomme de anzudeuten.
Sine. Die Fracht wurde von den Portu- Apotheke, f. (PI. -n)-. Arzneiladen, Heil-
giesen (vgl. die ital. Benennung portogallo mittelladen. Mhd. apoteke, aus gr.-lat. apo-
m.) bald nach 1500 aus dem südlichen China theca f. «Haus zum Kräuter- oder Spezerei-
nach Europa gebracht. 1681 erscheint Ghi- und Arzneiverkauf», eig. «Vorratsbehältnis
neser-Äpffel (Gombert 7, 7), bei Ludwig 1716 jeder Art, Magazin», gr. dTToGriKr] f. «Weg-
Sina-äpffel, Äpffel-sina von Lissabon und setzungsort, Aufbewahrungsort, Warenlager»
Porto, bei Richey 1755 als hamburgische (diTÖ «von, weg», GriKri «Lager» von riGevai
Form Appelsina; auch Äppel de Sina kommt «setzen, legen, stellen», s. Theke). ÄBL.
vor (noch leipzig. Äppeldesine Albrecht 79^) Apotheker, m. {-s, PI. wie Sg.): Arznei-
Apfelsine erst bei Adelung 1774. bereiter (bei Luther Hobel. 3, 6 «Spezerei-
apodiktisch, adj. und adv.: von schla- händler»). Mhd. apoteker m. «Heilmittel-
gendem Beweise; unwiderleglich. Nach dem händler», aus mlat. apothecärius m., «Eigen-
(i = gr. ei) latinisierten gr. Adj. dirobeiKTiKÖc tümer oder Vorsteher einer apotheca».
«beweisend», eig. «fertig zum Vorzeigen, zur Apotheose, f. (PI. -n): Versetzung eines
Schau» (ctTtö «abj los, von, weg», beiKxiKÖc Menschen unter die Götter. Aus gi-.-lat.
:

79 Apparat Äquator 80

apotheosis, gr.ciTroG^ujcicf. «Vergötterung», von d. i. adprobare «zu etwas seinen Beifall geben».
gr. diToGeöeiv «vergöttern» (dTrd dinickt hier In der frühnhd. Kanzleisprache (Reichs-Ord-
Verwandlung in etwas aus, Geöeiv zum «Gott nungen 41* v.J. 1500). ABL. Approbation,
maclien», von 9eöc «Gott»). f.: Zustimmung, Billigung. Aus lat. appro-
Apparat, m. (-es, PL -e) Zurüstung zu hatio (Gen. approbafionis) f.
:

etwas Vorzunehmenden Werkzeug zur Zu-


; Aprikose, f. (PI. -n): Frucht des arme-
rüstung. Aus lat. apparatus d. i. adparatus nischen Pflaumenbaums. Zunächst aus ndl.
m. «Zurüstung, Zubereitung», von apparare dbrikoos f. (über diese Form s. Hom Beitr.
d. i. adparare «zubereiten». Im 15. Jh. ent- 23, 254), das entlehnt ist aus franz. ahricot m.,
lehnt (Wyle 293, U). ital. alhercocco m., span. alharicoque m. Diese
Appell, m. Zusammenrufungs- Formen beruhen a^^f dem lat. Adj.praecoquus
(-es, Fl.-e):

zeichen dui'ch Trompete oder Trommel; Auf- «frähzeitig, frühreif» also jyraecoqua «die früh-
ruf: Folgsamkeit des Himdes beim Herrufen. reife Frucht», woraus im Mittelgriechischen
In der 1. Bed. bei Sperander 1728, in der 3. irpeKÖKKiov ßepeKÖKKiov n. usw. wurde; daraus
Bed. 1768 bei Heppe wohlred. Jäger 38. Aus bildeten die Araber (mit dem Artikel al) ihr
franz. ajypel m., das auf mlat. appellum m. albarqüq, albirqüq, und auf diese Form gehen
«Vorforderung» (vor Gericht) zurückgeht, von die der romanischen Sprachen zuiiick. In
appellare (s. d. folg.). —
appellieren, v. Deutschland zeigt sich das Wort um die Mitte
höhere Entscheidung amnifen. IMhd. appel- des 17. Jh. (1647 bei Olearius 245 Apricos),
lieren, aus lat. appellare d. i. adpellare «an- wird aber erst im 18. Jh. allgemeiner, ohne
sprechen», (in der Kaiserzeit) «anrufen, an je- indes das schon fräher auftretende Marüle
mand Berufung einlegen», von appeller e d. i. (s. d.) ganz zu verdrängen.
adpellere «herantreiben». ABL. Appella- April, m. (-S, PI. -e): der viei-te Monat
tion, f., Benifung an ein höheres Gericht. im Jahi-. ÄIhd. aprille, aberelle m. aus lat.
Aus dem gleichbed. lat. appelatio f. Schon im aprilis m., unsichi-er Herkunft, vgl. Walde s.v.,
15. Jh. (vom Nom. gebildet) appelaz, später nach Varro 6, 33 gleichsam aperüis d. h. der
(Reichs-Ordnungen 18^ vom J. \A:^b)appellation. alles eröffnende Frühhngsmonat, wie mittel-
Appetit, m. (-es, PI. -e): Eßlust. Wie imd neugriech. der Fmhling ävoiEic f. «Eröff-
das gleichbed. franz. appetit von lat. appetitus nung» heißt. Der deutsche Name ist Oster-
d.i. adpetitus m. «Lust, Verl angen», von appetere inonaf, ahd. östarmanot (s. Ostern). Die urspr.

d.i. adpetere «wonach langen, verlangen». Im schwache Flexion hat sich bis ins 17. Jh. er-
Anfang des 15. Jh. entlehnt (1404 bei Eber- halten (jetzt nui* noch in Zusammensetzungen
hard Cersne Der Minne Regel 2720 fg.j. Aprülen-), daneben schon im 16. Jh. die starke
ABL. appetitlich, adj. und adv.: Eßlust (Fischart Ehez. J 5^), die später herrscht.
erweckend (Fischart Garg. 396). ZUS. Aprilnarr, m. der in den April Ge-:

applaudieren, v.: Beifall klatschen. Von schickte, d. h. der am 1. Apiü Angeführte


lat. applandere d. i. adplaudere «an etwas oder Getäuschte (Frisch 1741). Das April-
schlagen, Beifall klatschen». Bei Rot 1571. schicken ist, aus Franki-eich überkommen,
— Applaus, m. (-es): das Beifallklatschen, schon im 17. Jh. bei uns üblich. April-
der Beifallsruf. Aus gleichbed. lat. applausus wetter, n.: veränderliches Wetter, mhd.
m. Bei Amaranthes 1773 noch Applausus. aberellen weter.
applizieren, v. anwenden, anpassen, bei-
: apropos (spr. apropo): bei Gelegenheit
bringen, refl. sich mit Fleiß auf etwas legen. (wie im Franz. auch mit Gen. bei Lessing 12,
Aus lat. applicare d. i. adplicare «anfügen, 324), da fällt mii- ein, ehe ich es vergesse.
wohin wenden, sich anschließen». Bei Rotl571. Zusammengerückt aus gleichbed. franz. d pro-
apportieren, v.: herbeibringen (vom pos. Im 30 j. Kriege entlehnt (1685 bei
Hunde). Aus franz. apporter von lat. ap- Liebe).
portare d. i. adportare «herbeibringen». 1773 Aquarell, n. (-s, PI. -e)-. Malerei mit
bei Amaranthes (3. Aufl.). Wasserfarben: Gemälde in Wassei'farben. Wie
Apposition, f. (PI. -en): bestimmender das gleichbed. franz. aquarelle aus ital. acque-
Beisatz durch ein Substantiv. Aus dem lat. reih m. «Wasserfarbe», von lat. aqua «Wasser».
appositio d. i. adpositio «Zu-, Beisetzung» f. Äquator, m. (-s): der Erdgleicher, die
approbieren, v. zu etwas seine Zustim- Linie, die die 'Erdkugel in zwei gleiche Teile
:

mung geben, gutheißen. Aus lat. approbare (nördliche und südhche Halbkugel) teilt. Aus
81 Aqnavit arg 82

lat.aequatorm. «Gleichmacher», von aequare Bhd. arbeitsam «beschwerlich, mühselig». ZVS.


«gleichmachen». Bei Eot 1571 verzeichnet. arbeitselig, adj.: mit zuviel Arbeit be-
Aquarit, m. (s, PI. -e) Branntwein. Aus : schwert, mhd. arbeitscelec. Arbeitshaus,
dem gleichbed. nlat. aquavita, eig. «Lebens- n. : öffentKche Anstalt, in der man Arbeit-
wasser» {aqua «Wasser.^, vita «Leben»). Ln scheue oder Verbrecher zur Arbeit zwingt
16. Jh. übHch (1562 bei Mathesius Sar. 289^). (1678 bei Krämer^.
Ar, n. (-S. PI. wie Sg.): Bodenflächenmaß Archäologie, f.: Altertumsforschung und
in der Größe eines Tierecks, von dem jede -künde. Nach lat. Vorbilde aus gr. dpxaioX.OY la
Seite 10 Meter zählt. Erst 1868 aufgenommen «Altertumskunde», vom Adj. dpxaioXöfoc «im
f.

aus dem gleichbed. franz. are m., das auf lat.


Altei+um forschend» (dpxaioc «altertümlich»,
area f., freier Platz, Fläche, Flächeninhalt -Xo-foc von \ij£\v «erzählen»). Lm 18. Jh.
<'

einer mathematischen Figur» beruht. Arche, f. (PI. -«): großer Kasten; kasten-
Arabeske, f. (PI. -n): phantastische, dem artiges Schiff; (mimdartlich auch) Bretter-
Pflanzenreich entlehnte verschlungene Ver- verschlag, Holzstoß u. dgl. Mhd. arche, arke,
zierung nach Art der Araber, denen der Koran ahd. archa,arahha f. «Kiste, Noahs Schiff»;
die Abbildung von Menschen und Tieren ver- dazu ndl. ark f., ags. earce f , engl, ark, anord.
bietet und die deshalb die Laubwerkverzie- örk f., got. arka f. «Kasten» entlehnt, aus
rung der antiken Kunst weiter ausbildeten. lat. arca «Kasten» und in der Vulgata «Noahs
Nach dem gleichbed. fi-anz. Plur. arahesques, Schiff):.

vomadj.rtr«?)€S2?/e«arabisch». Noch beiCampe Architekt, m. (-en, PI. -en): Baukünstler.


1813 mit fremder Endung Arabesques. Aus lat. architecti.t.s m. gebildet aus gr. dpxi-
Arbeit, f. (PI. -en)-. (veraltet) Mühsal, TeKTUjv m. «Baumeister» (dpxi- «Haupt-»,
Beschwerde; Tätigkeit, Kraftanstrengung zu Handwerker oder
TEKTuuv «in Holz arbeitender
einem Zwecke: das dadurch Entstandene. Künstler»). Wohl schon im 16. Jh. entlehnt.
Mhd. arbeit, arebeit, in md. Quellen auch erbeit ABL. Architektur, f.: Baukunst. 1548 im
(daher bei Luther i'nfjeiY ahd. arbeit, arabeit f.
i, Titel der Vitruv-Übersetzung von Walther Riff.
«Arbeit, Mühsal, Not»; dazu asächs. arbed f. Aus dem gleichbed. lat. architedura.
wad arbedi n., ndl. arbeid m., ags. earfoä und Architray, m. {-s, -en, PI. -e, -en) Unter-, :

earfeäe n., anord. erfidi n., Hauptbalken, bes. bei Säulenstellungen der
schwed. arbete n.,

dän. arbeide, arbeid n. (entlehnt ), got. arbaips über den Säulen fortlaufende Balken. 1558
f. «Bedrängnis, Not». Die Etymologie ist nicht bei Rivius Büxenmeisterey 3, a 1^ Architrab.
ganz klar. Es besteht Verwandtschaft mit Aus fi-anz.arc/HY/-avef.m., von gr. dpxi-«Haupt»
abg. rabü m. «Knecht, Leibeigner», dazu ra- und lat. trabs, trabes f. «Balken».
bota f. «Knechtsarbeit, Frondienst», lit. ar- Archiy, n. (-s, PI. -e) Urkundensaal. Aus :

bonas «Ochse» und vielleicht auch mit gr. lat. archivum n., gebildet nach gr. dpxeiov n.
öpqpavöc «Waise», lat. wb^is «beraubt», d. Erbe «obrigkeitliches Gebäude», zu dpxn f. «Anfang,
(s. d.). Von einem vorauszusetzenden germ. Spitze, Regierung». Im Anfang des 17. Jh. ent-
ar^a- «Knecht» ist Arbeit vermittelst eines lehnt (Gombert Anz. f. d. A. 4, 166 mit Beleg
allerdings sonst ungewöhnlichen Suffixes ge- von 1618). ABL. Archiyar, m. (-s, PI. -e):
bildet (andre nehmen Zusammensetzung mit Beamter über ein Archiv. Aus nlat. archi-
einem dem anord. id n. «Werk, Tat» ent- varius m. So noch Nieremberger 1753.
sprechenden Subst. an). Vgl. Uhlenbeck PBr. arg, adj. und adv. (Komp. ärger, Sup.
Beitr. 16, 562, 27, 115 f., Meringer Idg. Forsch. ärgst): nichtswürdig, schlecht, bösartig (als
17, 128, Bezzenberger in seinen Beitr. 27, 150, adv. auch nur: übermäßig, in hohem Grade).
Grienberger Unters, z. got. Wortkunde 28. Davon substantiviert Ai'g n. (namentlich in
Die Gitmdbed. ist jedenfalls Knechtsarbeit», kein Arg): Böses: böse Meinung wovon.
;

woraus sich die von «Mühsal», anderseits die Mhd. arc (Komp. erger, Sup. ergest) ist «nichts-
von «Arbeit» schlechtweg entwickelte. ABL. würdig, geizig», ahd. arg, arag «nichtswürdig,
arbeiten, v., mhd. arbeiten, arebeiten, ahd. geizig, feige» (dazu, auch longobard. arga bei
arabeiten, got. arbaidjan, bei Paulus Diaconus 6, 24. Leg. longobard. 384
Luther arbeiten.
Davon Arbeiter, m., mhd. «der Furchtsame, Feige, Nichtswürdige»): dazu
(zuerst bei Bert-
hold V. Regensburg f 1272) arbeiter. arbeit- ndl. arg, ags. earh «furchtsam, feige, sch limm »,
sam, adj. und adv.: viel vmd gern arbeitend anord.argr, auch ro^r« träge, fui-chtsam, feige»,
(so schon bei H. Sachs Fastn. 7, 153), mhd. schwed. dän. arg. Die Bed. «nichtswürdig» ist

Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl.


6

83 Arie Arm 84

die ursprüngliche und in den germ. Sprachen adj. rmd adv.: bei Gombert 6, 5 Nachweis
nach zwei Seiten hin entwickelt worden; Geiz vom J. 1585.
und Feigheit galten bei den Germauen als Arithmetik, f. Zahlenlehre. Aus gr.-lat. :

größter Schimpf. Die Wurzel ist dunkel; viel- arithnietica, gr. dpi6)ariTiKr) «zum Zählen oder
leicht gehört das Wort zu lit. rägana f. «Hexe», Rechnen gehörige» (nämlich t^x^I «Kunst»),
an-, orgim «verwüste», gr. ipix^w «zerreiße», F. des Adj. arifhmeticus, gr. dpi0|unTiKöc, zu
Noreen Urg. Ltl. 89. ABL. ärgern, trans. dpi6|uöc «Zahl». Am
Beginn des 16. Jh. entlehnt
und refl. v.: mhd. ergern, ahd. ergirön, argiron, (1581 bei Hedio Josephus Vorw. 7^ Arith-
gebildet vom Komp. ahd. argiro, mhd. erger; metick). — arithmetisch, adj. und adv.
es bedeutet eig. «verschlechtern», dann «zum (Luther 8, 115 Jen.), nach dem erwähnten
Bösen reizen, Anstoß geben», refl. «Anstoß Adj. arithmeticus gebildet.
nehmen» (beides oft bei Luther), woraus die Arkade, f. (PI. -n): Bogenwölbung; (im
jüngere Bed. von «verdrießen» entwickelt ist. PI.) Bogenhallen. Aus franz. arcade f., das
Aus dem V. ist Arger m. (s) hervorgegangen, auf ital. arcatai. (zu arcare «einen Bogen er-
das nach der Mitte des 18. Jh. aus dem Ndd. in bauen», von arcus m. «Bogen») bex'uht. Im
die Schriftsprache gekommen ist (oft gebraucht 18. Jh. entlehnt (Lessing 2, 177).
von Bode, z. B. Yorick 1, 111, auch von Les- Arkehnsier, m. [-es, PI. -e): Haken-
sing 12, 405); Adelung 1793 bezeiclmet das büchsen-, Scharfschütz. Aus dem gleichbed.
Wort als selten, Heynatz 1796 bekämpft es franz. arquehusier m., ital. archibusiere m.,
als überflüssig, ärgerlich, adj. und adv. An- : von franz. arquehuse f., ital. archihuso, archi-
stoß gebend (1482 bei Eychman Aa 4^ erger- hugio m. «Hakenbüchse», das mit Anlehnung
^ic/i«scandalosus»): Anstoß nehmend; Verdruß an lat. arais m. «Bogen» aus ndl. haakhus f.

hervorrufend; verdrießlich. Ärgernis, n.: «Hakenbüchse» (s. d.) umgestaltet ist. Im


Anstoß (1482 bei Eychman Aa 4^ ergerniß 16. Jh. entlehnt; 1616 bei Henisch.
«scandalum»); Ärger. Älternhd, auch F., na- Arleshaum, m.: der Mehlbeer- oder
mentlich in der 2. Bed. (noch bei Goethe) Sperberbaum, Crataegus aria L.. Mhd. arliz-
ZUS. Arglist, f.: mhd. argeJist, ahd. (bei howin, ahd. arli^-, erii^bomii, vielleicht mittelst
Notker) ardist f. Davon arglistig, adj. und der Ableitung -i^ von ahd. erla, erila f., virspr.
adv.: mhd. arcUstec. arglos, adj. und adv.: *arila «Erle» (s. d.), da die Blätter des Aries-
zuerst von Adelung 1793 angeführt. Arg- baumes den Erlenblättem ähnlich sind. Die
wohn, m. (-s): üble, nachteilige Meinung von Frucht heißt Ariesheere oder Arieskirsche f.
jemand, Mißtrauen. Aus mhd. arcwän, ahd. Arm, m. (-es, PI. -e): Glied des Ober-
argwän m., noch bei Luther und bis ins 17. Jh. körpers zum Umfangen und Arbeiten; Vorder-
Ärgivahn (s. Wahn). Davon argwöhnisch, bein bei aufrechtgehenden Tieren, weim sie
adj.: (1482 im voc. theut. B 7* argwenisch, damit umfangen; armähnlich Ausgestrecktes.
während mhd. arcwcenec, ahd. arcwänig gilt, Mhd. arm, ahd. arm, anim m.; dazu asächs.
woraus älternhd. argrwö'/im^) und argwöhnen, ndl. arm, fries. enti, arm, ags. earm, engl.
V., wofür bis ins vorige Jh. (noch bei Wieland, arm, anord. armr, schwed. dän. arm, got.
Lessing, Goethe, Schiller) meist argtvohnen arms m. «Arm». Urverwandt ist lat. armus
gebraucht wird, mhd. arcwcenen. m. «Schulterblatt, Oberarm», aslav. ram^ n.
Arie, f. (PI. -n) Lied mit durchgeführter «Schulter, Arm», (serb. räme), preuß. inno
-.

Singweise; Opernlied. Aus ital. aria f. «Ge- «Arm», ai. Irmas m. «Vorderbug», aw. ardmö
sang, Melodie». Im 17. Jh. entlehnt, doch «Arm», arm. arinukii «Ellenbogen, Arm».
noch im 18. Jh. auch oft in ital. Form Aria. Wohl zu gr. dpapicKiu «zusammenfügen, ver-
Aristokrat, m. (-en, PI. -en): Glied der binden», wozu auch lat. artus m. «Gelenk».
Adelsherrschaft; Freund der Adelsherrschaft. Der PI. lautet mundartlich Arme, älternhd.
Aus franz. aristocrate m., das nach gr. dpi- öfter Armen (bei den Schlesiei-n, noch bei
cTOKpäTeia gebildet ist (s. d. folg.). Aristo- Günther 199, Maler Müller Ball. 45ff.). ABL.
kratie, f.; Adelsherrschaft; Kreis der Vor- armen, v. in umarmen, armig, adj. in
nehmen. Aus franz. aristocratie, das auf gr. kurz-, lang-, vielarmig. S. auch Ärmel. ZUS.
dpicTOKpdTem «Herrschaft der Vornehmen» Armband, Hulsius 1596. ArmYOll,
n. bei
(äpicToc «der beste, vornehmste», -KpoTem zu m.: soviel man Arm zu fassen ver-
in einen
Kpareiv «herrschen») beruht. Wohl schon im mag, mhd.' armvol, im Schwab. -Alem. ge-
16. Jh. entlehnt. ABL. aristokratisch. kürzt Arfei.
arm Arrest 86

arm, adj. und adv. (Comp, ärmer, Sup. lehnt (1617 im teutschen Michel als modisches
ärmst): ohne Geld und Gut; hilfsbedüi-ftig; Fremdwort, auch bei Wallhausen Corp.mil. 63).
bemitleidenswert. Mhd. arm, ahd. arm, aram; Ärmel, m. (-s, PI. wie Sg.): Armbeklei-
dazu asäclis. ndl. arm, fries. erm, arm, ags. dung. Mhd. ermel, ahd. armilo (mit schwacher
earm, engl, arm, anord. armr, schwed. dän. Flexion), armil m., dimin. Ableitung von
arm, got.mv«.« «bemitleidenswert». Unsichrer Arm,. [

Herkunft. Vgl. Osthoff Btr. 18, 252. Nicht armen, s. arm.


unwahrscheinlich nach Johansson Btr. 15, 223 armieren, v.: ausrüsten, bewaffnen. Aus
zu gi\ öpqpavöc (Germ. Grundform dem gleichbed. lat. armare, v. zu arma N.
<^
"Waise >.

*arhna-.) ABL. arnien,


v.: arm machen PI. «Waffen». Frühnhd. (Liliencron 3, 38).
(in Almosen gehen armet nicht), dafür mhd. ärmlich, armselig, Armut, s. arm.
ermen (armen ist «arm sein oder werden», Arnold, Mannsname. Ahd. Aranolt, aus
vgl. verarmen), ahd. ermen. ärmlich, adj. ahd. am «Adler» und -alt aus -loalt «Walten-
:

und adv.: Armsein kundgebend, mhd. erme- der, Walter». Koseform dazu Arno.
lich, ahd. armalth. armselig, adj.: be- Aroma, n. (-s, PI. -s): würziger Geruch.
mitleidenswert, jämmerlich. Im 15. Jh. auf- Aus gr.-lat. aröma, gr. äpuj)aa n. (Gen. dpiü-
tretend, abgeleitet von mhd. armsal n. «Elend». luaroc) «Gewürz». Frühnhd. (ein jetzt unüb-
Armut, f. Mangel am Nötigen, mhd. armuot licher PI. Arumaten bei Franck Weltb. 66*').
:

f. und armuote, armuot n., ahd. armuoti, ABL. aromatisch, adj. nach dem gleichbed. :

aramuoti: dazu asächs. armödi, ndl. armoede gr.-lat. aromäticus, gr. dpouiaariKÖc.
schwed.- dän. armod n. Ableitung von arm Aron, m. n.: Natterwurz; deutscher Ing-
(dazu das ahd. Adj. armuoti «unvermögend, wer. Aus dem gleichbed. gr.-lat. aron n.,
düi-ftig»), doch trat fmhzeitig Anlehnung an gl', äpov n. In friihnhd. Glossaren.
Mut ein. Luther gebraucht das Wort als F. Arrak, m. {-es, PI. -e): Reisbranntwein.
und N., und als N. erscheint es auch später Aus arab. 'araq «Schweiß, Saft, geistiges
häufig (nur vereinzelt als M., z. B. bei Weise Wasser», woher auch engl, arrack, rack, franz.
Drei klügsten Leute 8) imd selbst gegen- arack, rack, span. arac, daher auch bloß Back
wärtig noch in der Bed. «arme Leute» (Les- (s. d.). Das aus Ostindien stammende Getränk
sing Nathan 4, 3). ZTJS. Armeritter, PI.: wird um 1600 in Deutschland erwähnt (Hulsius
in Butter gebackene Semmelschnitten, schon Schiffahrten 11, 31), von Jablonski 1721 als
mhd. arme ritter. Armesünder, PI.: zum eine art brantweins in Indien besprochen.
Tode verurteilte Missetäter. arrangieren, hl Ordnuncr bringen.
Armada, f.: Kriegsflotte. Aus span. ar- Aus franz. arranger, zusammengesetzt aus
niada f. «Kriegsflotte, Kriegsheer», ital. armata lat. ad «zu, bei, an» und fi'anz. ranger «in
f., franz. armee f. (s. Armee). Um 1500 ent- Ordnung stellen, ordnen», abgeleitet von franz.
lehnt (Armad bei Liliencron 3, 38, Armada rang m. «Reihe, Zeile, Rang», das auf deutsch
bei Fronsperger 157 =
Kriegsflotte, daneben Bing zumckgeht. Bei Wächtler 1711.
die Bed. «Kriegsheer», z. B. bei Albertinus Arras, s. Basch.
Kriegsleut Weckuhr 112, wofiii' später Armee). Arrest, m. {-es, PI. -e): gefängliche Haft;
Armatur, f. (PI. -en) Kriegsgerät zur Aus- gerichtlicher Beschlag. Aus afranz. arrest,
-.

rüstung. Aus ital. lat. armatura f. «Rüstung», nfranz. arret m., ital. arresto m. «Rechtsspinich,
von lat. armare «bewaffnen». Beschlagnahme, Verhaftung» von mlat. arre-
Rot 1571.
Armbrust, f. aus Bogen
stum m. zu arrestare (s. d. folg.).
(PI. Armbrüste)-, Schon
und Schaft mit Drücker bestehendes Gewehr in der Rechtssprache des 15. Jh. arre- —
zum Abschießen von Pfeilen und Bolzen. Mhd. tieren, V.: gefänglich einziehen, verhaften.
(seit dem 12. Jh.) armhrust n., selten f., durch Aus franz. arreter, afranz. arrester, ital. arre-
Anlehnung an Arm volksverständlich gebildet stare von mlat. arrestare d.i. adrestare '^ein-
aus mlat. arhalista, araihalista f. «Bogen-, halten, hemmen, verhaften». Frühnhd. (z. B.
Wuifmaschine» (schon im 4. Jh. bei Vegetius), Janssen Frankfurts Reichskorr. 2, 878 von
Zusammens. aus lat. arcus m. «Bogen»
einer 1512) arrestieren, üblich bis ins 18. Jh. (noch
und dem von gi\ ßdXXeiv werfen» abgelei- v< bei Adelung 1793) und dann erst durch das
teten mlat. hallista. balista f. «Warfmaschine». dem Franz. angeschlossene arretieren (Hey-
Armee, f. (PI. -n): Kriegsheer. Aus franz. natz 1775 arrestiren imd arretiren) ersetzt.
armee f. (s. Armada). Anfang des 17. Jh. ent- Von jenem arrestieren kommt Arrestant,
6*
87 arrogant artig 88

m. {-en, PI. -en): gefänglich Eingezogener, wirkende Gift». Doch vielleicht auch aus syr.
Verhafteter (auch frühnhd.), das fälschlich zarnik «Arsenik», Levy Sem. Fremdwörter 55.
statt des Part.. Pass. (Ärrestaf) verwendete Bei Dasypodius 1537.
Part. Präs. (afranz. arrestant, ital. arrestante) ^Art, f. (PI. -en): Geschlecht; natürliche
von afranz. arrester, ital. arresfare. Beschaffenheit; Eigentümlichkeit nach Ange-

arrogant, adj.undady. anmaßend, dünkel- hören oder Erscheinen: Gesamtheit dessen,


:

haft. Aus dem gleichbed. fi-anz. arrogant von was sich durch seine Eigentümlichkeit von
lat. arrogans (Gen. arrogantis), Part. Präs. anderm unterscheidet; gute Manier, Geschick

des aus lat. ad «zu, an» und rogare «verlangen, (vgl. Unart). Mit Dehnung des Vokals aus
ft-agen» zusammengesetzten arrogare v., «sich mhd. art m. f. «Geschlecht, Herkunft», dann
an-, zueignen, sich anmaßen». "Wohl schon im «eigentümhche Xatui- und Beschaffenheit»,
16. Jh. entlehnt. ABL. Arroganz, f.: Anmas- dazu mnd. art f. «Abstammung, natürliche
sung, aus dem gleichbed. franz. arrogance, lat. Beschaffenheit». In den altern Dialekten in
arrogantia f. (In der Zimmerschen Chronik). dieser Bed. nicht vorhanden. Zusammenhang
Arscll, m. {-es, PI. Ärsche): mit Deh- mit dem folg. Art ist möglich, da sich die
nung des a (vgl. bei Schottehus S. 1277 die Bed. «Abstammung», dann «angestammte Art»
Schreibung Aars und Alirs) und Übergang aus der von «angestammter Landbesitz» ent-
des s in seh nach r, wie in hirsehen, heiT- wickelt haben kann, vgl. Meringer Idg. Forsch.
schen, Kirsche (doch hat noch Luther Ars, 17, 123; andre knüpfen an lat. ars (Gen.
PI. Erse und so bis ins 17, Jh.), aus mhd. artis) «Art. und Weise, Kunst», skr. rtäm n.
ars (PI. erse), ahd. ars (PI. ersi) m.; dazu «rechte Art» an. Wiedemann Bezz. Btr. 27,
ndl. aars und (mit vorgetretenem n) naars, 221 verbindet Art mit abulg. rodii «Ge-
fries. ers (in ersknop m. «Steißbein»), ags. ears, schlecht», arm. ordi «Sohn». ABL. arten,
engl, arse, anord, ai'S und (mit Umstellung V.: die natürliche Beschaffenheit wovon an
des r) rass m., dän. ars: genau entsprechend sich tragen, in die Art schlagen, mhd. arten
gr. öppoc m. aus opcoc «Steiß, Bürzel, Steiß- «angestammte Beschaffenheit haben, gute Art
beinende». ABL. ärschlings, adv. (Goethe annehmen, gedeihen», artig, adj. und adv.:
15, 322; 16, 59): hinter sich, rückwärts, zum Ganzen passend und gefällig; gute Le-
mhd. erslingen. ZUS. Arschbaeken, m. bensart zeigend; (mundartlich) auffallend
(s. '^Backen), im 15. Jh. arshacJc (mhd. dafüi- eigentümlich, sondei'bar (Wagner Kinder-
arsbeUe f.). Arschkerbe, f. : im voc. theut. mördeiin 1, 1, häufiger in dieser Bed. art-
b 7 * arßkerhe. Arschkitzel, f. : Hagebutte, lich). Dafür mhd. (umgelautet) ertic «edle
im voc. theut. a. a. 0. arßkutzel. Der Xame Xaturbeschaffenheit habend» (bei Luther ar%).
daher, daß die ionem behaai-ten Kerne der "Art, f. (PI. -en) gepflügtes Feld, namentl. :

Hagebutte mit dieser, die gefi'oren gegessen in Artacker, Artfehl, Artland, eig. s. v. a.
wird, genossen, im After kratzen (im Franz. Bebauung, Bearbeitung mit dem Pfluge. Mhd.
entsprechend gratte-cid m. cki-atze den Hin- ahd. art f. «Bejiflügung» (davon ahd. arton
tern»). Arscllleder, n.: halbrundes Leder «bebauen, bewohnen»), asächs. ard m. «Auf-
der Bergleute vor dem Hintern (1557 bei enthalt», mnd. art f. «Ackerbestellung, ge-
Agricola Bergw. 177 Arsleäer, dafür bei ackertes Land», ags. eard m. «angebauter
Ludwig 1716 Arschfell). ArSChloch,Boden, Stammgut, Wohnort», gebildet von
n.,

mhd. ahd. arsloch. dem V. mhd. ern (noch jetzt alem. eren), ahd.
Arsenal, n. {-s, PI. -e): Zeughaus. Aus erien, mndl. eren, anord. erja, got. arjan
dem gleichbed. ital. arsenale, span. arsenal m. «pflügen», das zu lat. arare, gr. dpöeiv, air.
«Schiffszeughaus», mgi"iech. dpcrivdXric, abge- 1. Sg. airim, lit. ärti, abg. orati «pflügen»
leitet von mlat. arsena f., auch altital. noch gehört. Vgl. noch gr. äpoxpov n., lat. arätrum,
arsena, darse)ia, die hervorgegangen sind aus ir. arathar, anord. ardr, lit. arklus, abulg. ralo,
arab. dar eccinaa «Haus der Fabrikation». serb. rälo, ai-m. araur «Pflug». Vergl. Schrader
Ln 16. Jh. entlehnt (1594 bei FrischünXomencl. Idg. Forsch. 17, 32, Meiinger ebd. 121 ff.
Kap. 171 Arsanal). Arterie, f (PI. -n): Pulsader. Aus lat.-
Arsenik, n. (-.s): aus gi-.-lat. arsenicum, gr.arteria, gr. dpTr)p(a f. «Schlag-, Pulsader».
gr. dpceviKÖv, ctppevixöv n., dem Neutr. des Im 16. Jh. entlehnt (Gombert 6, 5 mit Beleg
adj. dppeviKÖc «männlich», zu gr. c(ppr|v, cipcriv von 1532).
«männlich, stark, kräftig», also eig. «das stark artig, s. ^Art.
89 Artikel Asbest 90

Artikel, m. wie Sg.): Abschnitt


(-s, PI. leicht mit mhd. arf «Wui'fspieß» zusammen-
als Glied eines Hauptsatz;
Schriftstückes; hängend.
Handelsgegenstand; in der Sprachlehre das Arznei, f. (PI. -en) Heiltrank. Aus mhd.
:

Geschlechtswort. Schon spätmhd. artikel in arzenteund (mit Umlaut) erzenie (daher bei
der 1. Bed. (doch später auch noch Ärticul), Luther auch ertzney) f., abgeleitet von dem
entlehnt aus lat. articulus na. «Gelenk, Ghed, V. mhd. erzenen, ahd. erzinen und gi-arzinon
j

Abteilung, kleiner Redesatz, Geschlechtswort», «heilen». Mit Unrecht wird an den berühmten,
j

dem Dimin. Ton lat. artus m. «Gelenk». ABL. aus Apamea in Syiien gebürtigen Arzt Ar-
j

artikulieren, v. gegliedert, d. i. nach Silben clxigenes angeknüpft (in Vokabularen findet


-.

bestimmt und deutlich aussprechen, aus lat. sich allerdings Arckigenes, Archienes, Arcienes
articulare, bei Sperander 1728. geradezu mit Arzt glossiert); vielmehr sind
Artillerie, f. (PI. -n): das schwere Ge- arzinon und arzenie als Umbildungen von
schütz: Geschützmannschaft eines Heeres; arzätSn und arzätie (was mhd. vorkommt)
Geschützkunst. Aus franz. ariillerie, prorenz. zu betrachten unter Einfluß der echtdeut-

artüJiaria, span. artüleria, ital. artiglieria f.


schen Ausdrücke lähhinon «heüen» (zu ahd.
«Geschütz» von franz. artüler, sipan. artülero, lähhin n. «Heilmittel», lähhi m. «Arzt», ent-

itaii. artigliere m. «Stückgießer, Geschütz- sprechend ags. löece, got. lekeis) und lächenie
f. «Heilung dui-ch Besprechung oder Zauber».
soldat», die auf provenz. artilha «Festungs-
wei'k» zurückgehen, gleichsam lat. artiada,eiae ABL. arzneien, v.: Arznei eingeben (mit
Ableitung von lat. ars (Gen. artis) «Kunst», Akk.); Arznei einnehmen, mhd. arzenien,
im Mittelalter auch s. v. a, Geschütz. Seit 1500 erzenien.

in Deutschland in verschiedenen Formen übhch Arzt, m. (-es, PI. Äi-zte): Heilkundiger.


(1510 bei Janssen Frankfurts Eeichscorr. 1, Mit Dehnung des a aus Mhd. arzet, arzt,
815 artler ey, 1523 bei G. Rixner Teütscher arzät, ahd. arzät m., dazu mnd. arste, ndl.

Nation nodtui-fift E 3^ artalary, 1585 bei arts m. Nicht von mlat. artista m. «Künstler,

Liliencron 4, 120 artellerey, 1678 bei Krämer Heilkünstler», sondern mit Wegfall des aus-

Ärtollerey, bei Hans Sachs 392 arculey, bei laut. r von lat. archiater (archi- wie arci-
2,

Fronsperger Kriegsb. arkeley usw.). ABL. gesprochen, vgl. erz-) «Ober-Leibarzt», das
Artillerist, m, (-e«, PI. -en)-. der schweres auf gr. dpxiarpöc m. zurückgeht, zusammen-
Geschütz bedienende Soldat. Mit der frem- gesetzt aus dpxi s. erz- und larpöc m. «Arzt».

den Ableitungsendung -ist in Deutschland Die vollere Formen zeigen noch andd. ercetere,
gebildet (bei Nieremberger 1753 verzeichnet). mnl. arsatre, ersatre m. Die Benennung war
am fränkischen Hofe übhch und wurde später
ArtiscllOCke, f. (früher m., z. B. bei
allgemein, indem sie die echtdeutsche Benen-
Duezl664): in Gärten gezogenes Distelgewächs
nung (s. unter Arznei) zui'ückdrängte. ABL.
mit eßbaren Köpfen, welsche Distel. Aus
ärztlich, adj. und adv., mhd. arzätlich.
ital. articiocco, franz. artichaut m., das wie
As, n. (Gen. Asses, PI. Asse): die Eins
neuprov. arqiiichaut entstellt ist aus span.
auf Würfel oder Spielkarte; kleinstes Gold-
alcarchofa (vgl. die ital. Nebenform carciofo
und Sübergewicht; das Apothekerpfund von
m.), das auf arab. (mit dem Artikel al)
24 Lot. Aus franz. as m. in der 1. Bed.,
alcliarsuf zurückgeht, während das arab. arde-
aber zugleich aus lat. as m. (Gen. assis), «teil-
söke aus dem italienischen Worte umgestaltet
bare Einheit in Münz- und Gewichtssystem,
ist. Zuerst 1556 bei Frisius Nomencl. 180*
Pfund». !Mhd. dafür esse n. (aus dem dem lat.
Ärtischock, WältscMistel Cactos, dagegen
1546 Bocks Kreuterb. 327 *> Strohüdorn, hei
,

assis =
as entsprungenen ital. asse), deshalb
auch ältenihd. Äß (noch bei Nieremberger
den Walen Card choffil. Umgedeutet in Erd-
1753 Eß neben Aß).
schocke, bei Stoppe, neue Fab. 1, 189.
Asant, m. (-es): Teufelsdreck, sowie
Artist, m. (-en, PI. -en): Künstler. Aus
Benzoe, jener stinkend, diese wohlriechend.
mlat. artista m. von ars (Gen. artis) Kunst.
Gebildet aus mlat. asa f. «starkriechendes
Bei Maaler 1561.
Harz». Ludwig 1716 hat Asand, Jablonski
artlich, s. ^Art. 1721 Assand.
Arve, f. (PI. -n) Zirbelkiefer, pinus cembra
: Ashest, m. (-es, PI. -e): Steinflachs,
L. In der Schweiz üblich, wo arte, arve seit woraus unverbrennHche Gewebe gearbeitet
dem 16. Jh. vorkommt. Dunkler Herkunft, viel- wurden. Aus gr.-lat. asbestus, gr. äcßecroc f.,
91 Asch assekurieren 92

dem subst. gebrauchten F. des gr. Adj. Piiester die Gläudigen mit geweihter Asche

äcßecToc «unauslöschlich» (d- «un-», -cßecröc bestreut, um sie an den Tod zu erinnern.
von c߀vvO€iv «löschen»). Im 18. Jh. aufge- Im 15. Jh. aschermifwoche m., daneben in
nommen. gleicher Bed. schon im 14. Jh. aschtac(im
Asch, m. (-es, PI. 16. Jh. auch der äscherige mitwoch). Ascher-
Äsche): tiefes topf-

artiges Gefäß. kann nicht auf das Y. äschern zumckgeführt


Nur mundartlich (ostmd.). jVIhd.

asch m. «tiefe Schüssel»: der Name, weil das werden, sondern ist als Nebenform von Asche
Gefäß ursprünglich aus dem Holz der Esche zu betrachten, die mhd. in Zusammensetzungen
(s. d., mhd. wie ascherknoche m., aschervar erscheint und
asch, ahd. asc m.) gedreht war,
wie denn auch noch baj-r. der Ableitung ascheric. escheric, adj. zu-
Asch, mhd. asch m.,
afränk. (latinisiert in der lex salica 21, 4) grmide liegt.
ascus, ags. cbsc, anord. askr m. «Wasserfahr- äschern, s. Äscher.
zeug, Schiff» (von Eschenholz). ZUS. Asch- aschgrau, adj.: grau wie Asche. Bei
kuchen, m.: in einer Form gebackener Ludwig 1716. Redensart: das geht ins Asch-
Kuchen. Bei Adelung 1774. graue «in die graue Ferne, üljer den Horizont
Asche, f. (PI. -n): der von verbrannten und so ins Unglaubliche».
oder auch verwesten Körpern zurückbleibende Aschkuchen, s. Asch.
Staub. Mhd. asche f. m. (alem.-fränk. esche), Aschlauch, m. (-es): die Lauchzwiebel,
ahd. asca f.; dazu ndl. asch, ags. asce, cesce, Schalotte. Bei Liune aUium ascalönium, d. h.
engl, ash, anord. schwed. asha, dän. aske, Lauch von der Stadt Ascalon in Palästina,
got. azgö f. Ableitung von einem Stamme bei den Römern caepa ascalonia. Auf asca-
as, der in lat. ärere «trocken, dürr sein», aind. lönium geht mhd. aschlouch, ahd. asclouh
äsas m. «Asche», gr. äleiv «dörren» u.a. vor- zurück.
liegt, vgl. Osthoff Btr. 13, 396, Walde s. v. äsen, V.: fressen (vom Wilde gesagt).
äreo. Die gotische Form muß gegenüber Mhd. ce^en.^^ Vgl. aasen.
denen der andern Dialekte einen Mittelvokal Aser, Äser m.: Tasche zum umhängen.
verloren haben, also aus *az9gö entstanden sein. Speisesack, Jagdtasche. Ba3'r., schwäb.-alem.,

Asche, f. (PI. -«): gi-auer forellenähn- hess. Mhd. und (mit vorgetretenem
äser, ceser
licher Flußfisch, thymallus. Mit Wechsel des n) ncßser. Wahrscheinlich zu essen, von mhd,
Geschlechts (doch thür. noch asch, äsch m.) aj «Speise» gebildet.
aus mhd. asche (im 15. Jh. auch äsche), ahd. Asket, m. (-en, PI. -en): strenge Fröm-
asco m. Wohl nach der aschgrauen Farbe migkeit Übender. Aus mlat.-gr. asceta, gr.
benannt, oder zu gall. esox «Hecht». dcKriTrjC m. «wer h'gend eine Kunst, ein aus-

Aschenbrödel, m. n. {-s, PI. wie Sg.): schließliches Geschäft übt». Im 18. Jh.
Küchenjunge, dann überhaupt zu allen Aspe, s. Espe.
schmutzigen, staubigen Verrichtungen im Aspekt, m. (-es) Anblick (PI. Aspekten) : :

Hause verstoßener Mensch. Mhd. aschen- Aussichten, Vorzeichen (in der Stemdeutung) ;

hrodele m. (dafür 1482 im voc. theut. b 7^ Anzeichen nach den Stellungen der Planeten
ascherprudel «Küchenjunge»), zu brodeln, v. gegeneinander. Aus lat. aspectiis m. «Anblick,
«wühlen und stauben in der Asche». Daneben Aussicht», abgeleitet von dem V. aspicere (aus
hess. Aschenputtel, zu piitteln «in Flüssigem ad-spicere) «ansehen, anblicken». Bei Para-
oder Staub hin und her schütteln», schweiz.- celsus (t 1541) Schriften (1616) 1, 712 Aspect.
elsäss. Aschengrüdel zu gr adeln «scharren, Asphalt, m. (-es, PI. -e): Erd-, Juden-
1

wühlen» u. a. Formen. pech. Aus dem gleichbed. gr.-mlat. asphältum,


I

Äscher, m. (-s, PI. -wie Sg.) ausgelaugte gr. äcqpaXxoc f. Neue Entlehnung.
:
j

Asche: gelöschter, mit Asche vermischter Aspirant, m. (-en, PI. -en) Amtsbewerber. :

Kalk zum Gerben. Spätmhd. äscher, escher Nach lat. aspirans (Gen. aspirantis), Part.
m., von Asche abgeleitet. ABL. Ascherich, Präs. von aspirare (aus ad-spirare) eig. «an-
m. (-s): wie Äscher, bei Mathesius Sar. 120* hauchen», dann s. v. a. «wonach streben». Im
Ascherich, äschern, v.: mit Asche beizen 18. Jh. aufgenommen.
(vgl. ahäschern) in Asche vervv^andeln (nur in
; assekurieren, v. versichern zu Schaden- :

Zusammens.) mit Asche bestreuen. Frühnhd. ersatz. Nach, ital. assicurare, das auf mlat.
;

Aschermittwoch, m. und f.; der 7. Mitt- assecurare «durch Unterpfand sicherstellen»


woch vor Ostern, an dem der katholische beruht, zu.sammenges. aus lat. ad «zu» und
93 Assel Astrolog 94

dem von dem lat. Adj. securus <^ sicher* abge- wurzel; (urspr. in der Gaunersprache") Buckel
leiteten mlat. semrare «sichern». Bei Wächtler (namentl. in der Redensart '

sich einen A. lachen


1711. ABL. Assekuranz, f.: Versicherang d. i. sich bucklig, krumm lachen). Mhd.
zu Schadenersatz. ast (PI. este), ahd. ast dazu fPl. esfi) m.;
Assel, m. (-8) f. (PI. -n): Kellerassel, got. asts Mit Vokalwechsel gehört
m. «Ast».
oniscus. Spätmhd. assel m., bei H. Sachs 4, 408, hierher ndd. öst, ndl. oest (spr. üst) «Knorren
5 auch als «Fingerwurm» (Krankheit). Man , im Holz», ags. Öst m. «Knoten, Knorren».
knüpft gewöhnlich an lat. asellus m. an, das i
Im Griech. entspricht öZoc m. (aus öcöoc)
als Dim. von lat. asinus m. «Esel» eig. «Esel- \
«Ast, Knoten, Auge am Zweig», arm. osf «Ast»,
chen» bedeutet, dann aber auf das Insekt doch wird die Zugehörigkeit des griech.
wegen seiner gi-auen Farbe übertragen wor- Wortes bestritten, zuletzt von Lagercrantz
den sein soll (vgl. die Benennungen Kelle)'-, Zur giiech. Lautgeschichte 139 f. Bartholomae
Maueresel, gr. övickoc). Da aber 1517 bei Idg. Forsch. 5, 355 stellt noch ai. ädgas m.
Trochus prompt. H 6^ die Form atzel er- 1
«Rohrstab, Stengel», gr. öcxoc m. «Zweig»
scheint (auchGoHus 1579 or-atzel), in
bei als wurzelverwandt dazu. ABL. ästen, v.:
andren Quellen Ossel und (mit vorgetretenem Aste treiben, mhd. asten, esten. Davon ästein,
n wie auch in der Xebenfonn Xassel, 1563 in fi-ühnd. ästig, adj.: Äste habend, spätmhd.
Gesners Fischbuch 157'') Xossel, so dürfte i
astic, estic. ZUS. Astloch, n. : Loch im
als mhd. Form dzel und ä^el anzusetzen sein Brette von einer ausgefallenen Astwurzel,
(vielleicht ju essen, vgl. mhd. wunncezec bei Stieler 1691.
«wurmstichig-j). im Herbst blühende Aster, f. (PI. -n): die
Assessor, m. (-.?, PI. -en): Mit Übergang zum F. (im Ge-
beisitzendes Sternblume.
Mitglied einer Behörde, eines Gerichtes. Aus danken an Blume) aus gr.-lat. aster m. gr.
lat. assessor «Beisitzer», von assiäere urspr. dcTnp m. «Stern». Im 18. Jh. aufgekommen.
ad-sidere «bei jemand sitzen». In der frühnhd. Ästhetik, f.: die Wissenschaft von dem
Eechtssprache (Reichsordnangen 40^ vom Schönen und der Kunst, Geschmackslehre.
*

J. 1500. Lilieneron 4, 180). Aus nlat.-gi". aesthetica, gr. aicGriTiKr) (^näm-


assimilieren, v.: ähnlich machen, ver- [
lieh T^x^Ti «Kunst»), F. des gr.-neulat. Adj.
ähnlichen. Aus lat. asshnüare, urspr. ad- aestheticiis , gr. aic6riTiKÖc «zum Empfinden,
similare «ähnlich machen». Im 18. Jh. auf- zum WahiTiehmen geschickt», abgeleitet von
genommen. ABL. Assimilation, f.: Ver- gr. aicödvecöai «empfinden, durch die Sinne
ähnlichunsf, Ano-leiehung. wahrnehmen». Das Wort geht auf den Philo-
Assisen, PI. : Gerichtssitzimg, insbesondere sophen Baumgarten zurück, von dem 1750 58 —
Tacfung eines Schwurcrerichtshofes. Aus franz. Aesthetica erschienen. Davon Ästhetiker,
assises, PI. des F. des Part. Parf. assis «sich m.: Geschmackslehrer. ästhetisch, adj.,
! —
gesetzt, niedergelassen habend», von assire durch Baumgarten und Meier (seit 1748) ein
«sich setzen», das auf lat. assidere urspr. ad- gern gebrauchtes Wort der Kunstrichter, von
sidere «sich setzen» beinxht. Neue Entlehnung. dem angeführten Adj. aestheticus.
assistieren, v. : beistehen, unterstützen. Asthma, n. (-s): Engbmstigkeit. Aus
Von lat. assistere, urspr. ad-sistere «bei je- dem gleichbed. gr. 5c0,uan. Im 18. Jh. üblich.
mand stehen, jemand unterstützen». Im 16. Jh. ästimieren, v.: wertschätzen, -nürdigen.
entlehnt. — Assistent, m. (-en, PI. -en) wer Aus franz. estimer «schätzen, achten, hoch
:

jemand beisteht: Gehilfe. Aus lat. assistens achten» und dies aus lat. aestimare, mlat.
(Gen. assistentis), Part. Präs. des Y. assistere. estimare «abschätzen», dann auch «gehörig
\

assortieren, mit Sorten versehen und würdigen, anerkennen». Danach schon 1403
'

v. :

in diese ordnen. Nach franz. assortir, das estimieren, 1444 estumieren «abschätzen».
mit lat. ad von Sorte (s. d.) abgeleitet ist. Dann 1571 bei Rot in der Bed. «schätzen,
Bei Sperander 1728. achten ».
assoziieren, refl. v.-. sich vereinigen. Astrolog, m. (-en, PI. -en): Sterndeuter.
Aus gleichbed. franz. s'associer, von lat. asso- '

Aus gr.-lat. aströlogus, gr. dcxpoXÖTOc «Stern-


ciare «vereinigen, verbinden», urspr. adsociare kundiger, Sterndeuter», subst. M. des Adj.
zu socius m. «Gefährte». Bei Sperander 1728. dcTpoXö-foc «sternkundig» (äcrpov n. «Gestirn,
Ast, m. (-es, PI. Äste): dem Stamm ent- Stern», -Xotoc zu \lyeiv, hier «berechnen»).
sprossener BaumteU ; Holzknoten als Ast- 1573 in Luthers Tischreden 414*. ABL.
95 Asyl Attacke 96

Astrologie, f.: Sternlmnst. Aus Frobenius gebraucht). Aus gr.-lat. aether m.,
gr.-lat.

gr. aiGrip m. f. «die obere, reinere Luft, das


astrologia, gr. dcrpoXo-f ia f. « Sternkunde». 1531
bei Hedio Josephus, Yorw. 1^ Astrology, 1534 reine Himmelslichb. Li der poetischen Sprache
bei S. Franck Weltb. 235 ^ Astrologei, 1586 von Bodmer und Klopstock zuerst verwendet
bei Fiscbart Bodin. 140 das Adj. astrologisch. (Gombert 6, 6, 7, 8). ABL. ätherisch, adj.

Astronom, m. {-en, PI. -en): Stemkundiger, (1748 bei Klopstock).


Steraseber. Aus gleicbbed. gi-.-lat. astronomus, Athlet, m. (-en, PI. -en): W^ettkämpfer,
gr. cicTpov6)noc, subst.M. des Adj. dcTpovöiuoc körperkräftig ausgezeichneter Mann. Aus gr.-
«die Sterne in Sternbilder verteilend, ordnend» lat. athleta, gr. dOXrixric m. «Kämpfer, Wett-
(äcTpov n. «Gestirn», -vo|noc zu v^ueiv «ver- kämpfer», von dOXoc m. «Kampf». Im 18. Jh.
teilen»). ABL. Astronomie, f.: Stern-, entlehnt. ABL. athletisch, adj. die Körper- :

Himmelskunde. Aus gi'.-lat. astronomia, gr. kraft betreffend, riesig groß.


äcTpovojaia f. Scbon mbd. «sfo'OWomCe f., 1573 Atlas, m. (Gen. Atlasses, PI. Atlasse und
"^

in Lutbers Tiscbreden 413^ Astronomey, 1586 Atlanten^. Landkartensammlung. Benannt


bei Fiscbart Bodinus 137 Asfronomy und 139 nach einem mauretanischen König Atlas (Gen.
das Adj. astronomisch. Atlantis), der als Freund der Astronomie be-
Asyl, n. (-S, PI. -e): Freistatt. Aus dem kannt war. Nachdem Mercator 1595 das Wort
gleicbbed. gr.-lat. asylum, gr. äcu\ov n., eig. für eine Sammlung von Landkarten verwendet
N. des Adj. äcuXoc «unberaubt» (ä- «un-», cuXäv hatte, setzte es sich in dieser Bed. fest und
«wegnebmen, nacb Kriegsrecbt berauben»), erscheint bei Ludwig 1716 als eingebürgert
dann «unverletzlich, sieber». Bei Heynatz 1775 (dafür 1734 im math. Lex. Atlant).
nocb in der lat. Form asylum. "Atlas, m. (Gen. Atlasses, PI. Atlasse):
Atem, m. (-s): die eingezogene und aus- glattes, glänzendes, rauschendes Seidenzeug.
gestoßene Luft. Mbd. ätem, mitteld. (mit Spätmhd. Überkommen mit dem Handels-
grammatischem Wecbsel) auch ädern, ahd. artikel aus dem Morgenlande, wo türkisch,
äturrir ädiim m. ; dazu asäcbs. äf/iom, ndl. persisch und m'sprünglich arab. atlas «glattes
ädern, afries. ethnia, ags. (Mm m. Verwandt seidenes Tuch», eig. s. v. a. «abgerieben, kahl»,
siad ai. ätma m. «Hauch, Atem, Geist», dann «glatt». ABL. atlaSSen, adj., im
ir. athach «Hauch, Wind», aber nicht gr. 16. Jh. atlassin.
dTjLiöc «Dunst, Rauch», da dies wohl auf atmen, s. Atem.
deT.uöc zmückgeht. Luther bedient sich der Atmosphäre, f. (PI. -n): die Erde um-
Formen Athem und Adern, sowie (mit mund- gebender Dunstkreis. Nach einem neulat.
artlichem = ä) Odem, was als feierhche atmosjihaera aus gi: OTiaocqpaipa f., zusammen-
Form später im Nhd. verblieben ist (bei ges. aus driuöcm. «Dunst» und cqpaipaf. «Kugel,
Dichtem auch abgeschwächt Oden, Dusch Erd-, Himmelskugel». Im 18. Jh. entlehnt
Schoßbund 73, Goethe 6, 43, aber schon 1440 (Zachariä Renommist 3, 321).
oten bei Diefenbach gl. 547^). ABL. atmen, Atom, n. (-5, PI. -e): L'rstofFteilcben. Aus
V., mbd. ätemen (auch cetemen), ahd. ätumön. gr.-lat. atonius f., gr. otoiuoc «ürstoff, unteil-
i

atmig, adj. in kurz-, schwer- usw. atmig. bares Körperchen», dem F. des Adj. äroiuoc
ZUS. atemlos, adj., mbd. atemlos. Atem- «unteilbar» (d- «un-», -TO|ioc von x^iuveiv
zug, m., mbd. ätemzuc. «schneiden»). Der PI. wird auch als Atomen
\

Atheismus, m.: Gottesleugnung. Aus gebildet (Goethe Nat. Tochter 1494).


neulat. atheismus m. Im Anfang des 17. Jh. Atout, n. (-S, PI. S-) (im Kartenspiel) aus
|
:

gebraucht (Moseherosch Lasomnis cura par. frz. ä tont «für alles», zur Zeit des 30jährigen
126). — |

Atheist, m. {-en, PI. -en): Gottes- Krieges aufgenommen, für deutsch Trwnvpf.
leugner. Aus neulat. atheista m., einer Fort- ätsch, Interj. der neckenden Verspottung.
bildung von gl'. äOeoc «gottlos, die Götter Im 17. Jh. etsch! Gewöhnlich mit der Ge-
verwerfend» (d- «un-», Geöc «Gott»). 1617 im bärde, als wenn man eine Rübe schabte, da-
teutschen Michel als modisches Fremdwort her auch ätsch, schabe Rübchen!
angeführt, atheistisch, adj., 1673 bei Chr. Attacke, f. (PI. -n): feindlicher Angriff.
Weise Erznan-en 151, dafür früher im 17. Jh. Aus dem gleicbbed. franz. attaqne f., von
atheisch (Gombert 7, 7 vom J. 1622). attaquer (s. d. folg.). attackieren, v.: —
Äther, m. (-5, PI. wie Sg.): die Himmels- feindlich angi'eifen. Aus dem gleicbbed. franz.
luft; flüchtiger, geistiger Stoff (so 1730 von attaquer, ital. attaccare, eig. «anheften, be-
97 Att« Auditorium 98

festigen», von franz. tache f. «an- urspr. ad-trxbuere «zuteilen, beüegen».


ital. tacca, Bei
haftender Flecken Als modisches Fremd- Sperander 1728.
;>. ,

wort (atiaquieren) 1617 im teutschen Michel Atzel, f (PI. -n): traulicher Name der I

erwähnt, auch bei "Wallhausen Corp. mil. 220. Elster; (wegen der verschiedenen Farben der :

Atte, m. (-n, PI. -n): Vater. In oberd. Elster, ursprünghch mehr im Scherz) falsches i

Mundarten (alem. ätti) in der Kindersprache Scheitelhaar, Perücke (1788 bei Fulda). Mhd.
(in andern Gegenden nur jüdisch). ^Mhd. atzel f., eine dimin. Ableitung von ahd. agazza
ätte m., eine dimin. Bildung zu atte, ahd. f. «Elster» (s. d.).
atto m., got. (das Wort fiii-
gewöhnliche
ätzen, V.: abweiden; zu essen geben (in
«Vater») atta m., wovon
Dimin. der diesen beiden Bedd. auch atzen dies auch refl.);
als ;

Eigenname Ätiüa, e'ig. «Väterchen» (ahd. einfressen machen, von Säuren fschon zu Ende
Ezzüo, mhd. Eizel). Dazu gehört lat. atta, des 15. Jh.). Mhd. atzen und etzen, ahd. azzön
gr. äxTa m. «Vater», ir. aite «Pflegevater», und ezzen: dazu got. atjan in fraatjan «zur
ablg. oüd m. (Demin.) «Vater», vgl. auch ai. Speisung austeilen». Faktitiviun von essen.
attä f. «Mutter» (nur bei Lexikographen Atzung, f was zu essen dargeboten wird. :

belegt). Mhd. atzunge f, von atzen. S. ätzen.


Attentat, n. {-es, PI. -e): gewaltsame au! Ausnif des Schmerzes. Mhd, ou!,
Eechtskränkung des andern: gewaltsamer An- abgelöst von ouwe aus oice.
griff auf andrer Leben. Aus dem gleichbed. Au, s, Aue.
lat. attentatum n., dem N. des Part. Perf. auch, Conj., die eine Vermehrung anzeigt.
Pass. von attenfare, uiSTpr.ad-tentare «antasten, Mhd. oucli, ahd. ouh; dazu asächs, ök, ndl,
angreifen». Schon in der
Kechtssprache des ook, afi-ies. äTi, ags. eac, engl. eTie, anord. auk
15. Jh. (attemptat Fontes
habsburg. II, 2, «dazu», schwed. ock, dän. og, got. auk «denn,
345, attentat Reichs-Ordn. 97^). ABL. Atten- aber», "Wahrscheinlich Imperativ (urgerm.
täter, m. (s, PI. wie Sg.): der ein Attentat auke) zu dem neben ahd, ouhhon, asächs.
begeht. Xach 1844 aufgekommene Bildung, ökian, ags. eaeian stehenden st. V. got. aukan,
mit Anlehnung an Hildebrand
Täte^\ v^l. anord. auka «mehren», die der Lautverschie-
Sprachunterricht S. 116, Ladendorf Schlagwb. bung gemäß stimmen mit lat. augere, gr.
Attest, n. (-es, PI. -e): schriftliches Zeug- auEeiv, auEdv€iv «mehren, vermehren», vgl.
nis, Bescheinigung. Im 18. Jh. gekürzt aus lit. äugfi «wachsen», ai. öjas n. «Kraft». Oder

dem gleichbed. Attestat n. (noch bei Hej-- auch zu gl", aö-fe «wiederum», lat. aut «oder»,
natz 1775), das auf lat. attestatum «Zeugnis > ai. Uta «und, aber, auch», zu stellen, vgl.
beruht, eig. N. des Part. Perf. von attestari "Walde s. v. aut.
(s. d. folg.). — attestieren, v.: bezeugen, Audienz, f, (PI, -en)-. Gehör, das jemand
besonders schriftlich. Aus lat. attestari, urspr. gegeben wird; Verhör, Aus franz, audience,
ad-testari «bezeugen, durch Zeugnis kräftigen». ital. audienza, lat. audientia f. «Gehör, An-
Im 17. Jh. entlehnt. hörung», von aud.iens( Gen. audienti-s) «hörend»,
Attich, m. (-S, PI. -e): Ackerholunder, Part. Präs. von audire hören». In der Rechts-
'<

sambucus ebulus. Mhd. atich, atech, ahd. atak, sprache um 1500 eingebürgert (Reichs-Ord-
atnh m. Mit Angleichung des et zu tt (vgl. nungen 61^ von 1507, "Wüwolt von Schaum-
Dattel) von dem gleichbed. lat. acte (Plinius burg 96, Liliencron 2, 33 1» von 1493).
bist. nat. 26, 73), von gr. dKxea, zusammengez. Auditeur, m. (-s, PI. -e): rechtsgelehrter
üKTfi f. ''Holunderbaum». Richter beim Heerwesen. Aus dem gleich-
attrapieren, v.: worüber ertappen. Aus bed. franz. auditeur m., das auf lat. aiuUtor m.
franz. attraper, ital. attrapare, eig. «in einer «Hörer, Zuhörer», im Mlat. auch «Richter»,
Falle fangen», zusammenges. aus lat. ad und beruht. Im Anfang des 17. Jh. entlehnt
ital. trappare, franz. trajyper, von franz. trappe, (1622 bei Londorp Acta pubHca des Teutschen
mlat. trappaf. «Falle», das auf dem gleichbed, Krieges 1, 1047'').
ahd. trapa f. (auch trapo m.) beruht. Im Auditorium, n.(PI. Auditorien): Hör-
17. Jh. entlehnt. zimmer, Hörsaal; Gesamtheit der Zuhörer.
Attribut, n. (-es, PI. -e) -.
beigelegte Eigen- Aus dem gleichbed. lat. au^itorium, subst. X.
schaft; Beizeichen. Aus lat. attributum eig. des von auditor m. «Hörer, Zuhörer» abge-
«Zugeteiltes», dann auch s. v. a. Eigenschaft, leiteten Adj. aiuJitorius «zum Hören gehörig».
subst. N. des Part. Perf. Pass. von attribuere, Im 17. Jh. entlehnt.
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 7
;

99 Aue aufbiudeu 100

^Aue, Au, f. (PI. Änen): wasserumflos- stimmten Tätigkeit, aufmuntern, c) Wider-


senes Land, Flußinsel; wasserdurchflossenes, hersteUung eines fiühern Zustandes, auf-
feuchtes, gewächsreiches Gelände. Mhd. oitive, lüärmen, aufbraten, d) die Beseitigung des

ou, ahd. omva f. «Wasser, Strom, Wasserland, Objekts durch die Tätigkeit, z. B. aufessen,
wasseiTeiches Gelände»: dazu ags. eg, ig f., aufreiben, und schheßlich e) ganz abge-
anord. ey schwed. dän. ö «Insel»,
f., Mlat. schwächt den Eintritt einer Handlung be-
erscheint augia, avia (z. B. in Scadinavia). zeichnend aufblühen. Die Nomina schließen
Das vorauszusetzende got. *aivi (Gen. *aiijös) sich in ihrer Bedeutung den entsprechenden
steht mit Verlust eines Gutturals für "^agwi Verben an. 2) präp. a) mit Dat. (auf die
und kommt von got. aJva f. «Fluß», ahd. aha Frage «wo») in der Höhe von und zugleich
(s. -a), lat. aqi(a f. «Wasser». in Berührung mit —
während. b) mit
;

-Aue, f. (PI. -n): Mutterschaf. Li obd. Akk. (auf die Frage «wohin») zur Höhe; über-
Mundarten. 'Mh.d. (selten) oiiice, ahd. ou, hin; als Ziel habend; nach: die Art und
ouwi f.; dazu ags. eoivii, engl, eice f. «Schaf», Weise bezeichnend. Dies auch in den ad-
got. nur in Ableitungen wie awistr n. «Schaf- verb. Verbindungen aufs baldigste, aufs beste,
:

stall», awepi n. «Schafherde Dazu stimmen». aufs neue usw. Mhd. ahd. üf adv. u. präp.
lat. OVIS f., gr. öic m. f., air. öi, öe, lit. avls f., dazu asächs. up, ags. üp, upp, engl, tip, got.
aind.ävis m. f., abg. abgeleitet ovica «Schaf», (mit abweichendem Vokal) iup adv. «auf-
lit. äw««.s «Widder», lett. auns, apreuß. aivins, wärts». Verwandt mit oben und über (s. d.),
abg. ovinü «Schaf», vgl. Walde s. v. ovis. doch vgl. Zupitza Die germ. Gutturale 29.
Auer, m. wie Sg.): meist zu-
(-S, PI. aufbäumen, v. : auf einen Baum fliegen,
sammengesetzt Äuerochs m. Mhd. ahd. ür klettei'n, springen. Weidmännisch, 1763 bei
m. (daher altertümlich Ur, s. d.), neben mhd. Heppe wohlred. Jäger.
ürohse, ahd. ürohso m; dazu ags. ür, anord. aufl)äumeu, refl. v.: sich (baumähnlich)
ürr m. «Auerochse». Man vergleicht skr. usräs zur Höhe biegen; sich auflehnen (urspr. von
m. «Stier», eig. «rötlich», germ.-lat. ürus m. Pferden gesagt). Friihnhd. (1482 bei Eych-
Auerhahu, m. (s, PI. Auerhähne, frtlher mann 3^ sich vffbeymen «insultare», mhd.
Äuerhahieri). ]\Ihd. urhaa neben orhan m., bloß sich boumen). Davon das Part. Prät. auf-
ahd. kommt orlmoii, orrelmon f. «Auerhenne» gebäumt «zur Höhe gerichtet, aufgehäuft».
voi\ Auch frühnhd. noch orhan (voc. ine. aufbauscheu, v. schwellend in die Höhe :

teut. p 1*), urhan (voc. theut. 1482 mm


5^), gehen machen; (bildlich) etwas größer er-
1616 bei Henisch uhrhan, ohrhan, selbst noch seheinen lassen, als es in Wh-klichkeit ist.
bei Voß TJrhahn (daneben schon im 16. Jh. Erst bei Campe 1807. S. bauschen. Früher
aurhan). Da im Altnord. Schwed. orre n. dafür aufbansen (Kramer 1719) oder auf-
«Birkhuhn» als selbständiges Wort vorkommt, pausen (Ki'ämer 1678) s. d.
muß erst später Anlehnung an ür, ürohse aufbegehren, v. trotzig auffahren. Erst :

eingetreten sein. Das nord. orre bringt man im 19. Jh. durch schweizerische Schriftsteller
mit skr. vrsan «zeugungski'äftig, männlich», aufgekommen (in der Schweiz in der Bed.
dann auch «Stier», ferner lat. verres (für «sich auflehnen» schon 1582 nachgewiesen,
Verses) m. «Eber», lit. versis m. «Kalb», lett. s. Schweiz. Id. 2, 404). Nicht zu gären.
ve'rsis «Ochs, Stier», zusammen, so daß die aufbieten, v. kundmachen, namentlich :

urspr. Bed. «männliches Tier» sein würde. Verlobte auf der Kanzel (mhd. üfbieten «in
Auf,^ m. {-es, PI. -e): Xachteule, Uhu. die Höhe heben», dann, eig. durch Hochhalten,
Weidmännisch, 1763 beiHeppe wohlred. Jäger. «zur allgemeinen Kenntnis bringen»): zu einer
Leistung auffordern, namentüch zur Heeres-
^Ihd. üve, ahd. üfo, üvo m., dazu das gleich-
bedeutende ags. schwed. üf m. folge (mhd. und älternhd.mitDat.): (bildlich) zu
üf, anord. nfr,
auf, 1) adv.: zur Höhe; vonemander aus Hilfe nehmen, z.B. seine Kräfte (Schiller 4, 38).
dem Zustand des Zuseins. In auf! auf aufbinden, v.: in die Höhe binden (mhd.
und davon! und in Zusammensetzungen wie üf binden): worauf festbinden (auch mhd.);
frisch-, voll-, dar-, her-, hinauf, sowie in (bildlich) vom Auflnnden eines Geschenkes
Verbindung mit Verben und Nomina. Bei auf den Ax'm oder Ärmel Unwahres glauben
der Verbindung mit Verben haben wir a) die machen (Schupp 394, 634 einem einen a.,
urspiüngl. Bedeutung in aufbrausen. Dann 1691 bei Stielör einem eins a.); aus dem Zu-
die Bedeutungen b) anregen zu einer be- stand des Gebundenseins befreien (auch mhd,).
101 aufbrechen Aufgebot 102

aufbrechen, v. : 1 1 intrans. sich gewalt- bildet auferbaueu, mhd. üferbüwen, auf-


sam öffnen Mos. 7, 11); sich er- erregen (^Goethe 9, 278), auferwecken,
(z. B. 1. ]

heben zum Weg- oder Weitergehen, mhd. mhd. üferwecken, auferziehen (bei Luther), i

üfhrechen, auch refl. sich ufbreclien. 2) (ur- die alle das auf- in der Flexion von dem
spr. mit Gewalt) öffnen (auch mhd.). — i übrigen Worte nicht trennen.
Aufbruch m. (nach allen Bedd. von a.). Auffahrt, f. (PI. -en)-. Fahrt zur Höhe,
Mhd. üflyruch. besonders die Himmelfahrt feierliche Schau-
:

aufbringen, v.: in die Höhe bringen,: fahrt. Mhd. üfvart f. «Himmelfahii. Fahrt
mhd. üf bringen: großziehen, pflegen (auch stromaufwärts», ahd. üffart f., zu auffahren
mhd.): durch Tätigkeit sich verschaffen (auch mhd. üfvarn, ahd. üffaran.
spätmhd. finden und vorbringen (auch mhd.)
)
; auffallen, v.: l) intrans. worauf fallen;
in die Mode bringen erregen, in Zorn bringen (mit Dat.j Anstoß geben, die Empfindung
;

(im 15, Jh. z.B. bei Janssen Frankf. Reichskorr. i


des Ungewöhnlichen hervornifen (ei'st bei
'

1, 459 V. J. 1487); aufgehen machen. Nach Adelung 1774, doch schon 1753 bei Xierem-
der vorletzten Bed. das Part. Prät. aufge- berger der Wein fällt a^t/" «gewinnt Säui-e»).
bracht als trans. durch Fallen auf machen.
Adj. (nm* prädikativ) «erzürnt», ABL. 2)
bei Gottsched, Reichel auffällig, adj. u. adv. (nach der 2. Bed.
7).

Aufbruch, s. aufbrechen. von auffalleti). Bei Campe 1807.


auf daß, Absicht anzeigende Konj. ^Ihd. aufflirren, v.: mit Flitterstaat aus-
(in mitteld.. Quellen des 14., 15. Jh.) üf da^, schmücken (Voß Werke 228). Von ndd.
urspr. üf da^ da^ (Mystiker 1, 376, 6), dann flirre f. Flitter, Kopfschmuck einer Frau». ;

bei Luther auff das. auffretzen, v. auffressen machen, ab- :

aufdonnern, refl. v.: (von Frauenzim- füttern; ganz abweiden. Bei Luther (z. B.
mern) sich aufputzen. Aus der Studentenspr. 4 Mos. 22, 4). S. fretzen.

in die neuere Umgangssprache gekommen. aufführen, v. : in die Höhe richten,insWerk

aufdrieseln, aufdröseln (Goethe 18, 290. richten (mhd. ü feueren «nach oben führen»):
24, 149 j, auch auftröselu (Goethe 6, 160j, zur Schau, zum Sehen, Hören usw. bringen
V.: auf- und umwinden; abwindend lösen. oder vorbiingen (bei Maaler 1561 in der Bed.
dröseln geht zuiiick auf ein dialektisches «feierlich einholen»); zur Wahrnehmung an-
md. ndd. triseln (^auch trüsehi, z. B. schles. fühi-en (Schiller 4, 271, 14). Refl. sich a.:

und in ndd. Mundarten) v. «im Kreise drehen, sich in den Lebensverhältnissen zeigen, sich
rollen», dazu trisel m. «Kreisel» (schon nind. betragen (bei Frisch 1712;. ABL. Auf-
triseUn «rollen, kollera»), 1469 im mrhein. führung, f. (zu aufführen u. sich aufführen):
Yoc. ex quo drisslichte «tomabilis»), die Vorstellung eines Theater- oder Musikstücks
wohl gehören zu mnd. trisse, tntse f. «Tau, (Lessing 7, 214); Betragen (Felsenbui-g 1, 87 i.

das sich um eine Drehscheibe windet und Aufgang, m. (-es, PI. Aufgänge): Gang
diese selbst. Winde», trissen, tritsen (vgl. zur Höhe, besonders das Hervorkommen von
triezen) «mit einer Winde aufziehen, hissen» Sonne, Mond, Sternen über den Gesichtskreis,
(dazu die gleichbed. ndl. trijsen, engl, trise, Anfang von Tag oder Nacht; Ost; Anfang,
dän. trid.se). Vgl. abtröseln. voniehmlich erfolgreicher: Eröffnung. Mhd.
aufdunsen, s. aufgedunsen. ahd. üfganc m.
aufeinander, Raum- u. Zeitadv., nach aufgeben, v.: zu erledigen, zu besorgen
seiner Bildung s. v. a. «ein auf das andere». geben, z. B. ein Rätsel a. (fi-ühnhd., auch
Schon bei Luther zusammengerückt. bei Luther); (mit Dat.j ein Lehen usw. in
Aufenthalt, m. (-s, PI. -e): Vei-weilen; die Hand eines andern übertragen, eig. bei
Oii; des Yerweilens. Spätmhd. üfenthalt m. der symbolischen Handlung hochhalten mid
Aufrechthaltung, Stütze, Unterhalt, Woh- übergeben (mhd. üfgeben); sich entäußeni,
<:

nung», von mhd. üfenthalten «aufrecht halten, fahren lassen, unterlassen (auch schon mhd.).
erhalten, Nahrung, Wohnung gewähren», sich aufgeblasen, adj., eig, Part. Prät. von
üfenthalten «sich zuiiickhalten, verweilen». sich aufblasen: eine übertrieben hohe Mei-
auferstehn, v.: nung von sich zur Schau tragend. Schon
vom Tode oder aus tod-
ähnlichem Zustand sich erheben. Mhd. üf mhd. üfgeblasen.
erstän «sich erheben, entstehen, vom Tode Aufgebot, n. {-es, PI. -e): öffenthche Be-
erstehen», ahd. üfarstantan. Ebenso sind ge- kanntmachung z. B. einer zu schließenden
;

103 aufgebracht aufkommen 104

Heirat (Lessing 1, 530); Einberufung von etwas oder über jemand äu£em (bei Nierem-
Heeresmannschaft und diese Mannschaft selbst berger 1753).
356 aufhängen, v.: in die Höhe hängen, mhd.
(Luther 3, 355^ Jen. neben außot n. b);
(übertragen) Zuhilfenahme z. B. der Kräfte. üfhengen neben üfhdhen, s. hangen; als Last
Zu dem älternhd. V. aufgebieten (bei Luther), an jemand hängen; einem etwas a.: ihn zur
= aufbieten (s. d.). An-, Übernahme von etwas bringen (wie auf-
aufgebracht, s. aufbringen. Lessing 3, 6), zum Glauben
halsen, z. B.
aufgedunsen, adj., eig. Part. Prät. des an etwas bringen (wie aufbinden, bei Kind-

verlornen V. sich aufdinsen: (von innen) ge- leben 1781).


haltlos ausgedehnt (Wieland 4, 102). -dinsen aufheben, v.: zur oder in die Höhe
geht zurück auf mhd. dinsen «ziehen», sich heben, mhd. üfheben, ahd. üfheffen; auf-
dinsen auch s.v.a. «anschweEen», dazu ahd. nehmen und wegbringen (mhd. üfheben «er-

dinsan, asächs. thinsan, got. at-pinsan «heran- gi'eifen»); zur BewahiTing wohin tun; auf-
ziehen» zu lit. «durch Ziehen dehnen», hören machen, ungültig machen, abschaffen
t^sti

ai. tc{säjati «er schüttelt, bewegt hin und her. (im 15. Jh. ein urtel ufheben, bei Luther
Aus diesem aufgedunsen scheint ein V. auf- allgemein); {mit einem a.) abrechnen. Refl.
dunsen «gehaltlos ausdehnen» (Maler Müller, sich a.: sich gleichkommen, eig. beim Wiegen
Schubart) entwickelt, doch schon bei Stieler zu gleicher Höhe heben. Das veraltete Part.
1691 dumsen, aufdumsen «anschwellen». Prät. aufgehaben (dafür jetzt aufgehoben, s.
aufgehen, v.: in die Höhe gehen, mhd. heben) kommt noch im 18. Jh. in der Bed.
üfgän, -gen, ahd. ufgangan, üfgän; (von Ge- «zm* Höhe gehoben, emporgehoben» vor (bei
stirnen) hervorkommen, sichtbar werden (mit Klopstock, Wieland, Lessing).
;
Der subst.
Dat.) deutlich werden sich öffnen (von Geld) Inf. Aufheben, n. hat auch die Bed.: schau-
; :

verbraucht werden (schon mhd.); völlig in tragendes Hervorheben vor andern (nament-
ein gi-ößeres Ganze aufgenommen werden; lich in Aufhebens machen), eig. Fechteraus-
(rechnerisch) sich heben (bei Schupp 59). druck von dem (oft mit prahlerischen Reden
aufgehoben, s. aufheben. verbundenen) Erheben der Waffen als Vor-
aufgeklärt, s. aufklären. spiel des Kampfes (bei H. Sachs 4, 213 wird
Aufgeld, n. {-es, PI. -er): das bei Aus- das Aufheben als ein Teil der Fechtkunst er-
wechslung von Münzen hinzugezahlte Geld, wähnt, vgl. Lessing 10, 239).
Agio; bei einem geschlossenen Handel oder aufhören, v.: worauf hören (selten, 1691
Vertrag sogleich dargegebenes Geld, damit bei Stieler); in einer Tätigkeit nicht fort-
er fest ist und nicht zurückgehen kann. fahren. Li der letzten Bed. im Mhd. zu-
Spätmhd. üfgelt n. nächst bloß hoeren, wohl im Sinne von «ge-
aufgelegt, Pai-t. Prät. von auflegen: in horchen, auf jemand hören», dann auch üf-
Stimmung etwas zu tun, wie ital. disposto, hcBren, völlig dui'chgedrungen im 15. Jh.
franz. dispose. Um 1700 üblich geworden aufklären, v.: klar, hell machen (nament-
(Günther 315). lich refl., so bei Stieler 1691); verständlich
aufgeräumt, adj.: in reiner, heiterer und deutlich machen; (eine Gegend) aus-
Seelenstimmung. Eig. Part. Prät. von auf- kundschaften (in der neuern Heeressprache
räumen, mhd. üfrümen, «wegschaffend Raum nach franz. eclairer); im Geiste erleuchten.
machen; alles Unangenehme und Beengende Nach dieser Bed. das Part. Prät. aufgeklärt
wegschaffen». Bei Krämer 1678 mit Adv. übel, als Adj. «erleuchtet im Geiste», namentlich
wol a. und urspr. (wie noch bei Stieler 1691) in religiösen Dingen (1752 von Wieland ge-
mit persönKchem Dat. braucht, Suppl. 1, 414. 424, vgl. auch ReichelS).
aufgeweckt, adj.: lebhaften Geistes. Im ABL. Aufklärung: bei Adelung 1774, vgl.
17. Jh. üblich (Fleming 136). Eig. Part. Prät. Ladeudorf Schlagwb.
von aufwecken in der Bed. «geistig ermun- aufknüpfen, v. eine Schlinge aufmachen
:

tern, anregen» (bei Luther). mittelst einer Schlinge, eines Stranges auf-
aufhalten, v.: in die Höhe halten, mhd. henken (bei Duez 1664, Fischart hat auf-
üfhalten auf einem Punkte verweilen machen, knipfen in beiden Bed., Garg. 76 u. 458).
;

zurückhalten, hemmen (auch schon mhd.); aufkommen, v.: in die Höhe kommen,
offenhalten. Refl sich a. verweilen (bei Luther, mhd. üfkomen, ahd. üfqueman; zum Wachs-
. :

neben sich aufenthalten); sich mißliebig über tum, zur Gesundheit kommen (auch schon
105 aufkrampen aufrecht 106

mhä.); zum Dasein kommen: üblich werden aufmutzen, v.: (fi-üher) reines schönes
(frühnhd.). Aussehen geben, aufputzen, mhd. üfmutzen,
auf krampen, v.: die Krampe (s. d.) wie auch das einfache mutzen diese Bedeutung
öffnen, um die Thüi' aufzumachen. Bei Toß hat rfi'ühnhd. namenthch von Waren, z. B.
Luise 3, 203 aus dem Xdd. 1537 bei Dasypodius auffmutzen zum kauff):
auf krampen (bei Goethe 26, 299 auf- (dann) als vorzüglicher (in die Augen fal- i

krempen i, v. in die Höhe krümmen oder lender) nennen, herausstreichen, doch auch
:

biegen, z. B. den Hutrand. Aus dem Xdd. als ungut, zum Tadel herausstreichen Luther i (

im 17. Jh. eingedrungen Tbei Rädlein 1711). Sir. 1-3, 27): (mit Dat.) einem etwas mit Xach-
Mnd. upkrempen «sich in die Höhe biegen». dnick vorhalten oder zum Vorwurf machen
ABL. auf krämpeln, v. : in gleicher Bed., (schon fiühnhd.). S. mutzen.
1793 bei Adelung. aufnehmen, v.: l") trans. in die Höhe
aufkratzen, v.: durch Kratzen auf- nehmen, mhd. üfnemen (daher es mit einem
machen; durch Kratzen fiisch machen rfriih- a. « es auf einen Streit mit jemand ankommen
nhd.); aufputzen i namentlich sich a.): in gute lassen»,:
eig. die Waffen erheben, um mit je-

Stimmung versetzen {aufgekratzt bei Kind- mand Kampf zu beginnen, vgl. Aufhellen):

leben 1781 als studentisch). bei sich zulassen, Eintritt, Raum usw. ge- i

Auflage, (im Kanzleistil) amt- währen (auch schon mhd.); an sich nehmen,
f. f PI. -n) : 1

Ucher Auftrag Tfrühnhd. der Obrigkeit zu z. B. entliehene Gelder (mhd. üfnemen «in
)
;

Entrichtendes, namentlich an Geld frühnhd Besitz nehmen, einnehmen »J angreifen, um zu


i
)
:

Zusammenkunft der Handwerker, eig. inso- beginnen, z. B. eine Arbeit: entwerfen, z. B.


fern in ihr die Beiträge zu entrichten sind ein Büd, eine ürkutuJe : geistig auffassen und
(Adelung 1774); Beschuldigung z. B. gut a. (bei den Mystikern
(bei Luther 6, beurteilen,
6'' Jen.); die zusammen üfnemen erkennen//).
gefertigten Abdrücke
2) intrans. (ver- ist '<

einer Schrift als aus der Presse hervorge- altet) zunehmen, gedeihen (auch mhd.l Da-
cranofen und zum Verkaufe zur Messe auf- von der subst. Inf Aufnehmen, n., nament-

gelegt (bei Frisch 1712j. lich in i)i A. bringen, woföi- jetzt gewöhnlich
auf lassen, v. in die Höhe lassen, mhd. in Aufnahme brvigen gesagt wird.
:

üflä^en: feierhch aufgeben (s. d.) und einem aufneu, v.: aufbringen, in die Höhe
andern übertragen, z. B. ein Lehen (mhd., bringen, bessera, mehren. Schweizerisch (bei
auch mnd. upläten im Sachsensp.); (ein Berg- G. Keller, Schweiz. Id. 1, 123 seit 1424 be-
werk) zu bearbeiten aufgeben, verlassen (Frei- legt). Älternhd. auch aufen, mhd. v.fen, ahd.
berger Bergi-echt des 14. u. 15. Jh.). üffan und üßn neben kiüffinm, ags. uppian. |

Auflauf, m. {-es, PI. Aufläufe) geschwin- Zu ahd. mhd. üf «auf». :

des in die Höhe Gehen; über und zugleich aufpassen, v.: l) intrans. worauf acht-
unter Kohlen in die Höhe gehendes Gericht; habend warten: worauf achthaben. Früh-
Zusammenlaufen von Menschen, besonders nhd. (H. Sachs Fab. 196, 92). 2) trans. wo-
feindseliges, Aufruhr, mhd. üflouf. zu passend machen. S. passen.
'

auflaufen, v.: l) intrans. sich mehrend aufpausen, v.: (die Backen) aufblasen j

anwachsen, mhd. üfloufen-. aufkeimen: an-' 1678 bei Krämer. Zu pausest, oberd. pfausen
schwellen (auch schon mhd.) in der Schiff- «blasen, pusten». : Vgl. aufbauschen.
(

fahrt) sich auf dem Grunde festfahren. 2)trans. aufl'appelu, refl. v. sich von sitzender :

durch Laufen öffnen, wund laufen. oder liegender Stellung empomchten, auch ;

auflehnen, v. von der senkrechten Rich- bildlich.


: Seit dem 18. -Jh. übliches Wort
tung auf einen Halt Gebendes abweichen. (bei Goekingk 2, 227) mit ndd. Lauten für
Refl. sich a., auch in der Bed. «sich zum hd. aufraffeln (bei Luther), abgeleitet von
Widerstand entgegenwenden». ^[hd. üßeinen, aufraffen (wofüi- Stieler 1691 aufrappen hat,
in md. Quellen auch üflenen. Bei Luther das auf mnd. uprappen beruht).
aufflehnen, bei Obd. bis ins 17. Jh. aufleinen, aufrecht, adj. und adv. in die Höhe :

vgl. ablehnen. gerichtet, in die Höhe gerade, mhd, ahd. üf- '

aufmachen, v.: in die Höhe richten, mhd. reht (s. recht) geradsinnig, offenherzig (auch :

üfmachen: aufspielen ifiühnhd.); offen machen schon mhd.). In dieser 2. Bed. aber schon
(bei Lutherj. Refl. sich a.: sich erheben, auf im 18. Jh. völlig verdrängt durch aufrich-
den Weg machen (schon mhd.). tig, mhd. üfrihtic, das auch zuerst jene
;

107 aufreiben Aufsehen 108

1. Bed. von aufrecht hatte (mhd, und bei Adelung 1793, Heynatz 1796 und noch Campe
Luther Pred. 1, 30. Apostelg. 14, 10). 1807 erklären a. für unrichtig.

aufreiben, v. durch: Reiben öffnen durch Aufsatz, m. (-es, PI. Aufsätze) (veraltet)
;
:

Eeiben verbrauchen; (dann, wie zermalmen) Nachstellung, lauernde Feindschaft, mhd. fif-
zugrunde richten, vertilgen (friihnhd., z. B. saz m.; auferlegtes Gebot (Luther Matth. 15,
bei Murner Karr. 10, 31 und bei Luther). 2 usw., mhd. üfsaz ist «Gesetz, Festsetzung,
Bestimmung, namentlich schriftliche»); (dar-
aufrichten, v.: zur Höhe, emporrichten,
mhd. vfnhfen, ahd. üfrihtan; ins Werk setzen, aus abgeschwächt) in zusammenhängenden
Sätzen schriftlich Verfaßtes (bei Ludwig 1716);
zu Dasein und Bestehen bringen; aus ge-
drückter Stimmung in er- zur Erhöhmig und Verzierung aufgesetztes Ge-
eine das Gemüt
hebende versetzen. empor- bilde (Kant 7, 187 H.).
Refi. sich a. : sich ^Biv-^aufsätzig,
richten; sich aus gedrückter in gehobene
adj.: feindselig gesinnt (nach der 1. Bed. von

Stimmung versetzen (J. Faul Hesp. 2, 168). A.). Spätmhd. üfsetzic «hinterhstig, ver-
schlagen», so auch 1482 im Voc. theut. c 1*
aufrichtig, s. aufrecht.
aufsetzig, im 16. Jh. dann «Nachstellung be-
aufrücken, v. in die Höhe rücken, höher
:

reitend, feindselig», vgl. aufsässig.


rücken, mhd. üfrücken, -rucken, ahd. (Notker)
aufschieben, v.: durch Bewegung zur
üfrucchen: (mit Dat. der Person) beschwerend
Seite oder aufwärts öffnen; zeitlich hinaus-
und empfindlich bemerkbar machen (in md.
Quellen des 15. Jh. und bei Luther).
rücken, mhd. üfschiehen. — Aufschub, m.
{-es, PI. Aufschübe) : zeitliche Hinausrückung.
Aufruf, m. {-es, PI. -e): Ruf zur Erhe-
Mhd. üfscMqj m.
bung, Meldung usw., sowie ein diesen Ruf
Aufschlag, m. [-es, PI. Aufschläge): auf-
enthaltendes Schriftstück. Erst bei Adelung
treffender Schlag; klappenartig umgeschla-
1774 als Handlung des Aufrufens, doch schon
gener Teil eines Kleidungsstückes (Krämer
mnd. uprop m. «Berufung».
1678); rasch öffnendes Voneinandei'legen
Aufruhr, m. {-s, PI. -e): heftige Bewe-
schnelle mit Schlagenverbundene Errich-
gung, besonders eine feindsehge Unterge-
tung; rasche Bewegung in die Höhe; Stei-
ordneter gegen Übergeordnete. Im 15. Jh.
gerung des Preises; Auflage durch Besteue-
üfruor f., zusammengesetzt mit mhd. ruore,
rung, namentlich ei'höhte (mhd. üfslac m.
ahd. hruora f. «Bewegung», s. Ruhr und
«Erhöhung einer Abgabe, des Preises»).
rühren. Älternhd. überwiegt noch das F.
Aufschluß, m. {-sses, PI. Aufschlüsse):
(das M. zuweilen bei Luther und bei Alberus
Offnen mittelst eines Schlüssels; Aufkläning
Dict. dd 2^* voll vffrhurs), auch im 17. Jh.
über etwas (mhd. üfslug m. «Auflösung
voi'kommend (Gryphius Trauersp. 360) und
eines Rätsels»).
noch 1755 von Dornblüth S. 828 verlangt.
aufschneiden, v.: zum Offensein schnei-
Bei Herder 24, 462 der seltene Plm\ Auf-
den; woi'auf einschneiden; (eig. mit dem großen
rühre. ABL. Aufrührer, m. (um 1480 Messer a. d. i. wohl «mit dem Weidmesser»,
im Yoc. ine. teut. b 2^ auffrurer). aufrüh-
übertreibende Jagdgeschichten erzählen, oder
risch, adj. (bei Luther auffrurisch), wofür
S.V.W, große Stücke auftischen, vgl. Borchardt-
später aufrührerisch (Heynatz 1775).
Wustmann 32 mit Beleg von 1621, auch Mo-
aufs, zusammengezogen aus auf das. Schon scherosch Phil.
1, 149) in Reden lügenhaft
mhd. üfe^, ä/j, zusammengez. aus üf da^. großtun. Davon
Aufschueider, m. lügen- :

aufsagen, v.: der Reihe nach hersagen hafter Großtuer (1646 bei Moscherosch 2, 107).
(frähnhd.); als aufhörend ansagen, aufkün-
Aufschneiderei, f.(Opitz 1, 251). aufschnei-
digen, mhd. üfsagen. derisch, adj. (Grimmeishausen Simpl. 114).
aufsässig, adj. und adv.: feindselig ge- aufschnoppern (bei Goethe 33, 168 auf-
sinnt gegen jemand und nach seinem Schaden schnohern), s. schnoppern.
trachtend. Mit Kürzung des Vokals von aufschrecken, v. furchtsam auffahren. :

einem nicht zu belegenden mhd. üfsäge f. Mhd. üfschrecken «aufhüpfen». Dagegen


«Hinterhalt, Lauern auf jemand» (vgl. das trans. aufschrecken, v. furchtsam auffahren :

einfache säge f. in gleicher Bed. und mnd. machen, mhd. üfschrecken, s. schrecken.
upsäte f. «Anschlag, hinterlistiger tlberfall»). Aufschub, s. aufschieben.
Frühnhd. (H. Sachs 13, 150, 27), aber spä- Aufsehen, n. {-s), substantivierter Inf.
ter durch aufsätzig (s. d.) zurückgedrängt; des V. aufsehen: Schauen auf etwas, Auf-
109 aufsetzen aufwerfen 110

merksatnkeit, Acht (Luther Weish. Sal.3, Rechtssprache «übertragen, verleihen», vgl.


9, schon spätmhd. tifsehen n.j: die dm-ch aufgehen auflassen). ,

einen auffallenden Vorgang hei'vorgerufene auftreiben, v.: in die Höhe treiben, mhd.
Aufmerksamkeit, staunende Verwundening üftrthen: aus der Ruhe, von der Stelle trei-
(namentlich in Ä. machen, bei Ludv?ig 1716). ben, z. B. Wild (mhd. uftriben ist auch «auf-
In der 1. Bed. ist Aufsehen jetzt dm-ch Auf- scheuchen, beunruhigen»); (darnach) durch an-
sicht f. verdrängt, das erst im 16. Jh. vor- gestrengtes Suchen sich verschaffen (frühnhd.,
kommt (ßingwaldt laut. "Wahrh. 311). 1618 bei Schönsleder;.
aufsetzen, v. in die Höhe setzen oder
:
| auftreten, v. l) intrans. auf den Boden
:

richten; worauf setzen, mhd. üfsetzen, ahd, | treten,mhd. üftreten: sich öffentlich zeigen
üfsezzan; aufs Haupt setzen; aufs Spiel i
(auch schon mhd.): sich in einer Ai*t und
setzen (spätmhd., noch bei Schiller Picc. 4, Weise öffentlich benehmen (im 18. Jh.) 2) trans.
1): (nach der 1. Bed. von Aufsatz) verleiten, durch Treten öffnen.
täuschen, eig. Nachstellung bereiten (Luther Auftritt, m. (-es, PI. -e): Tritt in die
2. Kön. 18, 29. 19, 10); "(nach der 2. Bed. Höhe (mhd. üftrit «die Höhe selbst»); Tritt
von Aufsatz) festsetzen, bestimmen, anordnen auf den Boden: öffentliches Ei'scheinen; der
(Luther Mark. 7, 13 und schon mhd.); schrift- Unterabschnitt eines Bühnenstückes, die Szene
;

lieh entwerfen (bei Ludwig 1716). (seit Christian Weise j 1708, vgl. Aufzug) und
Aufsicht, s. Aufsehen. davon dann, wie franz. scene, «auffallender
aufspielen, v.: ein musikalisches Spiel Vorgang» (Ew. v. Kleist).
beginnen (bei Stieler 1691). Refl. sich a.: auftrumpfen, v.: (mit Dat.) durch ge-
sich in einer angenommenen Eigenschaft zei- wichtige Reden einem zusetzen (Schiller Kab. 1,
gen (in der neuern Sprache, vom Schau- l), eig. einen Trumpf auf eine niedere Karte

spiel ausgehend). werfen. Bei Rädlein 1711 (schon im 16. Jh.


Aufstand, m. {-es, PI. Aufstände): Er- aufdrumpfen Crecehus 64).
hebung vom Platz oder Lager, namentlich aufwägen, v.: in der Wage zur Höhe
mehrerer, spätmhd. üfstant m.: Erhebung biingen; gegen andi-es schwerer ins Gewicht
gegen die Obrigkeit (bei Duez 1664). fallen. Dafür seit dem 18. Jh. auch aufwiegen

aufstecken, V.: in die Höhe stecken, mhd. (s. u'iegen). Mhd. üfwegen ist intrans. «sich
üfstecken-, worauf stecken; ein Ende machen in die Höhe bewegen», trans. «in die Höhe
womit, aiifgeben (in der neuem üingangs- heben, mittelst der Wage piüfend messen».
sprache, wohl eig. Handwerkswort, eine Ar- Aufwand, m. (-es): was aufgewandt wird,
beit, die man nicht fortsetzt, in der Höhe besonders insofern es viel ist. Bei Steinbach
befestigen, vgL an den Nagel hängen, viel- 1784. Jange Bildung von dem V. aufwenden:
leicht auch vom Aufheben der Eßgeräte, zu einem Zwecke verwenden, vgl. Versand
vgl. 1767 im Bremisch-ndsächs. Wörterb. den zu versenden.
lepel upstecken «sterben», Löffel am Hut bei
aufwarten, v.: urspr. in die Höhe oder
H. Sachs Fab. 855, 25). auf etwas schauen, vgl. warten; (mit Dat.)
aufstöbern (bei Luther aufsteuhern), s, (so schon
des Befehls gewärtig bedienen
stöbern. spätmhd. üfwarten): zu Dienste sein, na-
Aufstreich, m. (-es, PI. -e)-. öffentlicher mentlich bei Hofe (Opitz Poet. 8, Chr. Weise
Zuschlag auf Meistgebot (Schiller Räuber 1, 2. Erzn. 113): besuchen, um seine Ehrerbietung
2, 1). Gegensatz Abstreich (s. d.). Von attf- zu bezeigen ('Weise Erzn. 28). ABL. Auf-
str eichen, v. zu Mehrgebot ausrufen, ein wärter, m.
: Diener, namentlich bei Tisch :

Mehrgebot schlagen. (bei Fischart Garg. 201 auffwarter «höfischer

aufstutzen, v. äußerlich vor anderm zier- Diener, Hofmann»).


:

lich machen (bei Adelung 1774). S. ^stutzen. aufwärts, adv.: zur Höhe, in die Höhe.
Bei Lessing 5, 324 usw. unrichtig aufstützen. Mhd. f(fwert, im 15. Jh. auch mit der ge-
Auftrag, m. (-es, PI. Aufträge): was nitivischen adv. Endung -es üfwerts vfwarts.
aufgetragen wird: Befehl. Dies im 17. Jh. aufwerfen, v.: in die Höhe werfen,
(Zesen Jbr. 207) von auftragen in der Bed, heben oder ziehen, mhd. üfwerfen; durch
j

«anempfehlen» (mhd. üftragen, bei den My- Werfen öffnen (auch schon mhd.); aufstel-
stikern, ist « darbringen », dann in der frühnhd. len, zur Erledigung vorlegen (häufig bei
' :

111 aufwichsen Auge 112

Luther); zu hervorragender Stellung erhe- (Zincgref Ap. 2, 96); äußere Erscheinung,


ben (spätmhd.) Refl. sich a.: sich zu hervor- Bekleidung (Krämer 1678).
ragender Stellung erheben, namentlich in Augapfel, -braue, s. Auge.
unberechtigter Weise (spätmhd.) Auge, n. (-S, PI. -n): Sehwerkzeug des
aufwichseil, v.: mit Wachs glänzend menschlichen und tierischen Körpers; Knospe
machen, aufputzen; (in der Studentensprache, einer Holzpflanze (Hohelied 2, 18. 7, 12);
übertragen vom A. der Kanonenstiefel, vgl. schwimmender Fettropfen; Zahlpunkt auf
Wichs) in die Augen fallend herausputzen dem Würfel (daher die Redensart: auf
(bei Augustin 1795); (ebenfalls studentisch) seinen 5, 9, 11 usw. Augen stehen bleiben,
zu einem Zechgelage oder glänzender Be- gleichsam «bei der geworfenen Zahl recht-
wirtung vorsetzen, auftragen lassen (bei J. M. haberisch, eigensinnig beharren»). Mhd. ouge,
Miller Walther 148 ein Hospiz aiifwixen, ahd. ouga n. ; dazu asächs. öga, ndl. oog,
bei Tieck in Musäus' Straußenfedern 4, 5 afries. äge, ags. eage, engl, eye, anord. auga,
man h'auche das Geld um aufzuwichsen und schwed. öga, dän. öie, got. augö n. Füi- ur-
er wichste auf, bis das Geld alle war; schon verwandt hält man gewöhnlich abulg. oko n,
bei Kindleben 1781). lit. akis f., arm. akn m., lat. oculus m., gr.

aufwiegeln, v.: zur Erhebung gegen öcce (aus ÖK^e) Dual (auch öq)9a\|Liöc), aind.
jemand vermögen; nach und nach heftig aksi n. «Auge»; den für zu erwartendes a in
aufregen, -wiegeln ist eine Ableitung von got. augö eingetretenen Diphthong au pflegt
icegen (s. wägen) und bedeutet eig. «in Be- man durch Anlehnung an ausö n. «Ohr» zu
wegung bringen»; mhd. kommt einmal ein erklären. Doch befriedigt dies nicht, und
intr. wiegelon «wanken» vor, vgl. auch ahd. die Gleichung ist daher besser aufzugeben.
kewigilit «instruit». Das Wort erscheint am Erklärungsversuche bei Osthoff' Btr. 8, 362;
Anfang des 16. Jh. und zwar zuerst in der Stokes KZ. 45, 151 f., Zupitza Germ. Gutt. 79
Kanzleisprache {aufwigler Reichsordnungen (stellen es tadellos zuir.uag f. «Höhle, Grab»
148 V. J. 1529, aufwigeln bei Lilienci'on 4, aus augä), Uhlenbeck Got. WB. s. v. (zu
579, Mathesius Luther 49^, verzeichnet bei aind. öhate «wahrnehmen, beachten», ebenfalls
Maaler 1561), vgl. auch die Adj. aufwegig möglich), Hirt Btr. 22, 231 (zu gr. ÖTTiUTrri)

(Franck Chr. 26 ^'j Aventin), aufwegisch «auf- u, a. Eine Entscheidung ist nicht zu treffen,
rührerisch». Gleichbedeutend mit aufwiegeln doch sollte man sich von dem Wahn los-
erscheint im 16. u. 17. Jh. auch aufwickeln. machen, daß äuge zu lat. oculus gehören
aufwiegen, s. aufwägen. muß. Das Wort flektiert im Mhd. schwach,
aufziehen, v.: l) trans. in die Höhe doch im Sg. mit den Nebenformen Gen. ouges,
ziehen, mhd. ufziehen, ahd. üfziohan; her- \
Dat. ouge, danach schon älternhd. fast aus-
anziehen, bei der Entwicklung leiten, z. B. j
schließlich Auges, Auge. Der PI. bewahrt
Kinder (auch mhd.); zum Tanz auffordern I
die schwache Flexion. ABL. äugeln, v.
(16. Jh.); auf etwas durch Ziehen freundlich, zärtlich zublicken, mhd. äugeln
ziehen; I

öifnen; hinziehen, aufhalten (schon mhd. und (als subst, Inf.) «Liebäugeln»; trans. «das
j

bei Luther); (wohl nach der veralteten Bed. Auge eines Baumes in die aufgeschnittene
i

foltern, eig. durch In die Höhe ziehen, vgl. Rinde eines andern setzen, okulieren» (bei
triezen) necken, verspotten (Ayrer 423*', Stieler 1691 eiigelen). Nach der 1. Bed.
Opitz 1, 186). 2) intrans. sich erheben, in Augeier, m. Augendiener (Goethe Reineke :

der Höhe bewegen, z. B. der Mond zieht auf; 9, 76 nach mnd. ögeler). äugeu, v. blicken, :

einhergezogen kommen schauen (vom Wilde). Mhd. öugen ist trans.


(Opitz Ps. 75). \

Aufzug, m. (-es, PI. Aufzüge) das In die «sehen lassen», während vanä.ögen auch «sehen,
: !

Höhe ziehen und was dazu dient (mhd. üf- schauen» ist (bei Stieler 1691 auseugen). Vgl.
i

zuc «Vorrichtung zum Aufziehen»); als Grund aucheigen. -äugig,adj.: Augenhabend inein-,
eines Gewebes beim Weben aufgespanntes schwarz-, blau-, triefäugig usw. ZUS. 1) mit
j

Garn; (vom Aufziehen des Vorhanges der Aug- Augapfel, m. die häutige, das Licht
I : :

Schaubühne) Hauptabschnitt eines Bühnen- empfangende Kugel im Auge Liebstes, was ;

stückes, Akt (im 17. Jh. oft im Sinne unseres man sorgfältig schützt wie das Auge. Mhd.
Auftritt, z. 2, ougapfel, ahd. ougaphul, auch bloß aphul m.;
B. bei Harsdörfer Gesprächsp.
332. 3, 369,Andr. Gryphius) feierliches Auf- dazu ndl. oogappel, ags. eagappel m., engl.
;
'

treten von Personen in einer Schauhandlunar eyeapple. Augbraue, -punkt, s. Augen-


113 Auge Auktion 114

braue, Augenpunkt. 2) mit Augen- Augen- :


1
dieselben. In der 2. Hälfte des 15. Jh. (1471
arzt, m.: in Vokabularen des 15. Jh. oug- \
bei der Hätzlerin und in Vokabularen, z. B.
arzet, augenarczt Diefenbach nov. gl. 270*. Brack Voc. rer. 48^). Augenweide, f
AugeuMick, m.-. Blick der Augen; kleinste, was die Augen dauernd anzieht und erfreut.
einem Blick der Augen gleiche Zeitdauer, Mhd. ougenweide, selten ougeiveide f., eig.
j

Mhd. ougenUic m., im 12. Jh. noch ougon «Umherschweifenlassen der Augen», dann
j

hlich, also Zusammensetzung mit dem Gen. «Erquickung der Augen». AugeUTVlnk, m.:
!

>> • •

PI. ahd. ougono. Davon das genetivische Adv. (zunächst s. v. a. Bewegung der Augenwim-
I

augeu])licks, frühnhd., und das Adj.augen- pern und danach dann) wie Augenblick als
l)licklicll, mhd. ougenblicklich neben ougen- Zeitteil. Im 17. Jh. Dafür mhd. ougenicanc
hlickic. Augenbraue, Augeubraune, f. m. Augenwinkel, m.: Eckpunkt, an dem
(beide Formen bei Goethe), selten Augen- das obere und untere Augenlid verbunden
braue f. (Herder krit. Wälder 1, 176), Augen- sind. In Vokabularen des 15. Jh., z. B. 1482
braun n. (Schiller Räuber 4, 3) und Augen- im Voc. theut. c 1^. Augenzahu, m., Be-
bran n. (Herder Humanität 6, 54), auch in zeichnung der beiden Hundszähne im obern
älterer Zusammensetzung Augbraue, Aug- Kinnbacken, deren Wurzeln nach dem Auge
hraune f. und Aughraun n. (alle drei Formen zu gehen. Bei Maaler 1561 Augzan. Augen-
bei Goethe, die letzte Naturw. Sehr. 1, XTVT!): zeuge, m. wer das zu Bezeugende mit eigenen :

Haarstreifen quer über den Augen. Älhd. Augen wahrgenommen hat. Bei Stieler 1691.
ongebrä, mich'ä, ahd. ouchrä f.; dagegen Augit, m. {-es, PI. -e): schönglänzender,
anord. augabrün f. (s. Braue). Spätmhd. er- meist dunkel-lauchgrüner Stein aus dem
scheint auch ougenhrä und in frühnhd. Glos- Kieselgeschlechte. Aus gr. lat. augites m. f.,
saren neben aug-, augenbraw (mit Antreten von gr. aufii f. «Licht, Glanz».
des n der obliquen Kasus) oug-, ougenbrähen, ^August, Mannesname. Aus \?ii. Au gustus,
-hrän, -brawen, worauf die spätem Formen dem Beinamen des ersten römischen Kaisers
Äug-, Augenhraune, -hrane f., Aug-, Augen- Octavianus seit seiner Alleinherrschaft und
braun, -bran n. beruhen. Stieler 1691 führt nach ihm aller römischen Kaiser. Das Wort
auch Augenhrame f. an, was später z. B. ist das als Subst. gesetzte Mask. des lat. Adj.
Gesner gebraucht, aber schon 1615 bei Al- augustus «erhaben, geheiligt» von lat. auger
bertinus Landstörzer 379 Augenbräm (Ver- «vermehren, erheben, verherrlichen».
mischung mit Brame «Rand», s. d-)- Bei "August, m. {-es): der achte Monat im
Luther erscheint im PI. die augbrün (Hiob Jahr. Aus lat. augustus, d. i. mensis Augustus,
3, 9), an den Augh-unen (3. Mos. 14, 9). wie der Monat sextilis nach dem Kaiser
Augendiener, m.: Schmeichler. Fiühnhd. Augustus genannt wurde (Suetonius Octav.
(um U80 Voc. ine. teut. b 2*^). Augen- 31). Der ahd. von Karl d. Gr. eingeführte
glas, n.: verschärfendes Glas für die Augen, Xame ist aranmanoth m., nhd. Erntemonat.
BriUe, im 15. Jh. aug-, augenglas n. Augen- An SteUe der dem Lat. angenäherten Form
licht, n.: Sehkraft; (dichterisch) Auge, im August findet sich älternhd. Äugst, mhd.
17. Jh. Augenlid, n. Augendeckel. Zu- ougest (und ouivest) m. «Erntemonat, Ernt?»;
:

sammenges. mit mhd. lit (Gen. lides), ahd. ahd. kommt augusto m. vor.
Mit n. «Deckel», mhd. ougelit n., engl, eyelid. Auguste, Frauenname, abgeleitet von
Augenmerk, n., auch m. (bei Goethe): dem Mannesnamen August (s. d.), eig. aus
Ziel der Augen (Drollinger 66). Augen- lat. augusta, dem Fem. des Adj. augustus
punkt, auch Augpunkt (Goethe 49, 1, 80, « erhaben, geheiligt ». Davon das Dem. August-
schon bei Frisch 1712 verzeichnet), m. Ziel- chen, gekürzt Chistchen (oberd. Chistel, Schil-
:

punkt des Sehens, Gesichtspunkt. Augen- ler Wall. Lager 124).


schein, m. das Voraugensein, Beschauen
: Auktion, f. (PI. -en) Versteigerung. Aus :

(im Davon augenscheinlich, adj. lat. auctio (Gen. auctionis) f. «Vermehrung,


15. Jh.).
und adv.: vor Augen klar (1514 bei Keisers- Versteigerung» von augere «vermehren».
berg Trostspiegel 87*' ougen scheinlich). Au- Schon bei Rot 1571. ABL. auktionieren,
genstern, m.: der Sehfleck im Auge. Mhd. V.: versteigern. Im 17. Jh. Aus lat. auctio-
ougesterne m. Augentrost, m.: die Pflanze näri «auf Mehrgebot ausbieten, versteigern».
euphrasia, weü die Augen erfreuendes Wie- Davon Auktionator, m. (-s): Versteigerer
senblümchen und von heilkräftigem Saft für aus nlat. auctionätor m.
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl.
115 Aiirikel Ausdruck 116

Aurikel, f. (PI. -n)- Bergschlüsselblume. ein Huhn aus dem Korbe; (bildlich) durch
Aus lat. aiiricula f. «Öhrchen» (Dem. von Gehässigkeit verdrängen (schon bei Luther).
lat. auris f. «Ohr»), wie man denn die von Ausbeute, f.: (ehedem z. B. Rieht. 5, 29)
den Gebirgen der Schweiz und Steiermark dem Feind im Krieg Abgenommenes; (im
stammende Pflanze, nach der Form ihrer Gegensatz zu Einbuße) Gewinst als Ertrag
Blätter, im Deutschen auch genauer Bären- wovon, namentlich bergmännischer {Auspeute
öhrlein nannte. Im 18. .Jh. aufgenommen 1556 bei Agricola de re metallica, Äußbeute
(1736 bei Brockes 5, 32). 1562 bei Mathesius Sar. 2*').

aus, 1) adv. und damit auch interj.: von Ausbruch, m. {-es, Ausbrüche): ge-
PI.

innen her, hervor, her (z. B. von Haus a., waltsames Herv'or- und Durchdringen, mhd.
von Grund a.); hervor und fort (z. B. ein Umbruch m. vorzüglichster "Wein, nämlich aus
;

und a., Trumpf a.!); fort, weg (z. B. a. mit Beeren, die als die reifsten und besten vor
dir!); Ende, zu Ende (das Theater,
bis zu den übrigen an den Stöcken ausgebrochen
das Stück ist
a.). Dies Adv. steht in Ver- wurden (urspr. vom Ungarwein zu Anfang
bindung mit andern Adv. wie hinaus, durch- des 18. Jh., Brockes 5, 117).
aus, garaus und mit Subst. und Verben, wo Ausbund, m. (-es, PI. -e): das Muster,
es als erstes Wort den Ton hat. In der ver- Höchste, Ausgesuchteste seiner Art, eig. das
balen Zusammensetzung bezeichnet a. auch zur Probe, zum Muster für den Käufer her-
die Beendigung einer Tätigkeit, z. B. aus- ausgebundene Schaustück an einer Ware als
hlühen, austoben, ausarbeiten, eine anhaltende, das vorzüglichste Stück derselben. Frühnhd.
zum Ziel kommende Tätigkeit, z. B. aus- (bei Keisersberg und Luther). Mhd. kommt
dauern, ausreichen, auslachen, ausbilden, aus- dafür überbunt m. vor. ABL. ausbüudig,
prägen, sowie die Beseitigung des Objekts adj. und adv.: musterhaft, höchst (außhündig
durch die Tätigkeit, z. B. ausblasen, aus- Städtechron. 3, 171 vom J. 1488).
füllen, auslöschen, auswischen. 2) Präp. mit Ausbürger, m. (-s, PI. wie Sg.) wer an :

Dat.: von innen hervor, von —


her (im Ge- anderm Orte wohnt, als wo er erworbenes
danken an das Innere); entnommen (z. B. Bürgerrecht hat. Spätmhd. ußburger m.
einer a. dem Volke): hervorgegangen oder Ausdauer, f.: die Fähigkeit, eine An-
veranlaßt durch (a. —
Gottes Befehl, bei strengung usw. auszuhalten. Junge Bildung,
Luther; a. Kummer,
a. Not). Mit Übergang noch nicht bei Campe 1807, deren sich Goethe
von 5 in s (ältemhd. auch auß) aus mhd. 1809* bedient. Von ausdauern.
ahd. ü^ adv. und (ahd. noch selten) präp.; Ausdruck, m. (-es, PI. Ausdrücke): dem
dazu asächs. üt adv., mnd. üt auch präp., Innern entsprechende bestimmte äußere Ge-
ndl. uit präp., ags. anord. üt adv. «her-, hin- staltung; bestimmte wörtliche Bezeichnung.
aus, außen, außerhalb», engl, out adv. schwed. Mhd. (bei Mystikern) u^fruc m., das aber
^

ut adv. u. präp., dän. ud adv. u. präp., got. später unüblich wird; erst Ludwig 1716 ver-
üt adv. Im präp. Gebrauch hat mhd. ü^ zeichnet wieder A. neben Ausdruckung (letz-
das ahd. ar, ir, got. us verdrängt (s. er-); teres schon bei Luther, aber spätmhd. ü^-
fniher erscheint es zur Verstärkung vor an- drückunge «Ausdünstung»). —
ausdrücken,
dern Präp., z. B. got. üt US, ags. üt of, ahd. V.: herausdrücken, mhd. Umdrucken; drücken

«5 fon. Verwandt ud
ist vielleicht aind. als bis das Innere völlig heraus ist, z. B. eine
Verbalpartikel «in die Höhe, heraus», aufdrückend, äußerlich gestalten
air. Zitrone;
ud-, od- Verbalpräfix. (mhd. vereinzelt); dem Innern entsprechend
ausbaden, v.: fertig baden. Redensart bestimmt oder doch erkennbar äußern, be-
etwas a.: unfreiwillig abbüßen, eig. wohl s. sonders s. V. a. bestimmt erkennbar, wört-
V. a. «das Bad austragen», was dem letzten, lich bezeichnen (fnihnhd. z. B. 1501 im Voc.

der im Bad betroffen wurde, zufiel. Das opt. k 5*^ außdrucken «exprimere, manifes-
Gleichnis ist schon im 15. .Jh. geläufig, vgl. tare» imd bei Luther). Ältemhd. erscheint
Hermann v. Sachsenheim Mörin 660 ich hoff dafür auch ausdrucken (noch bei Goethe 2,
es sol im werden laid e man das bad werd 160 usw. und bei Campe 1807), jetzt nur
giessen uß, 4170 ich vorcht zuo jungst es noch in der Bed. «fertig drucken» oder «im
bring in pin, so man das bad nsgiessen iverd. Druck abnutzen». S. drucken. ABL. aus-
ausbeißen, v. durch Beißen wegschaffen, drücklich, adj. und adv.: bestimmt und
:

mhd. ü^bigen; durch Beißen vertreiben, z. B. entschieden. Frühnhd. (1514 bei Keisersberg
117 aiisecken ansgeben 118

außirücklich, ußtrucklich, 1482 im Yoc. theut. ausfindig, adj. u. adv.: durch Nach- und
c 2^ ausgefrucklich). ansdrnckSTOll, adj. Aufsuchen erkannt (besonders in der Redens-
und adv., Verdeutschung von franz. expressif art etwas a. machen). Richtiger ausfündig
aus dem Ende des 18. Jh. (vgl. Gombert 7, 9). |
geschrieben (so noch Adelung 1793), 1482 im
auseckeil,v. alle Ecken wovon ermessen
:
Voc. theut. c 2^ ausfündig machen «diffinire»,
|

d. vmtersuchen oder ausarbeiten; sorgsam abgeleitet von ältei-nhd. Äusfund m. «durch


i. i

(bis ins einzelnste) untersuchen oder über- Nachforschen gemachte Erfindung».


denken. Im 15. Jh. (Erb 1, 82). Ausflucllt, f. (Tl. Ausflüchte): (veraltet)
Flucht aus einem Orte (im 15. Jh. ußfluchi);
auseinander, ein die Trennung des einen
heimlicher Ausgang zur Entfernung; (ehedem
vom andern bezeichnendes, aus aus ein ander
statt ein aus dem andern, also mit vorge-
im Rechte) Wenden an ein höheres Gericht
lückter Präp. zusammengeschobenes Adv., das
um Recht zu suchen: Vorwand zur Verteidi-
häufig in der Zusammensetzung mit Subst.
gung (schon um 1500 in der Kanzleisprache,
z. B. Janssen Frankf. Reichskorr. 2, 625).
oder Verben erscheint.
Ausflug, m. [-es, PI. Ausflüge): das erste
auserlesen, v. mit genauer Priifung aus-
:

Fliegen aus dem Neste, dann überhaupt aus


wählen, mhd. überlesen. Davon das Part.
einem Orte, mhd. ü^vluc m. kleine Reise von ;

Prät. auserlesen und auserlesen, auch s. v. a.


einem Ort aus. In letzter Bed. hat Adelung,
«ganz vorzüglich», mhd. überlesen. Die Vor-
auch Goethe 34,1,413 und schon 1731 Schnabel
silbe aus- ist hier untrennbar, z. B. ich aus-
Insel Felsenburg 1, 7. 46 Ausflucht f.
erlese. Ebenso auserkiesen (im Präs. ver-
ausfolgen, s. verausfolgen.
altet), mhd. ü^erkiesen nur im Part. Prät.
ü^erkoren, «auserkoren, auserwählt, vorzüg-
Ausfuhr, f.: das Verfahren aus einem
Ort anderswohin, der Export. Bei Rädlein
ausersehen (bei Duez 1642); aus-
lich»: .

1711: daneben (noch bei Adelung 1793) auch


erwählen, mhd. üßerweln usw. Dagegen
Ausführe. Von ausführen in der Bed. aus
in auserzählen «bis zu Ende erzählen» ist
einem Orte führen», mhd. ü^vüe7-en, ahd,
aus- trennbar, z. B. ich erzähle aus.
(i^fuoran. Ndl. uifvoer m.
ausfallen, v.: l) intrans. aus einem Innern
ausführlich, adj. und adv.: über alle
herausfallen, mh(\.n^vallen: wegfallen, unter-
Teile des Ganzen sich verbreitend. Fiühnhd.
bleiben; einen Angriff nach außen machen;
(um 1480 im Voc. ine. teut. b 3^ ausfurlich
mit Worten empfindlich angi'eifen (bei Campe
«divertilis»). Von ausführen in der Bed. «bis
1807); geraten, ausschlagen (beiLudwig 1716),
zu Ende führen».
eig. von dem Herausg-ehen des Züngleins der
Ausgabe, f. (PI. -»): das Von sich weg-
Wage nach der einen oder andern Seite (s.
geben an jemand; (im Gegensatz zu Ein-
Ausschlag). 2) trans. durch Fallen beschä-
nahme) Betrag des Geldes, das man, ohne
digen oder entfernen (auch schon mhd). ABL.
es "wäeder zu empfangen, von sich gibt, spät-
,

ausfällig, adj. (nach der 4. Bed. von aus-


mhd. ü^gabe f.; das Ausgegebene und %o Aus^
fallen). Neue Bildung (Freytag Joum. 3).
gäbe eines Buches, insofern dieses als in be-
'

ausfenstern, v.: tüchtig ausschelten. Eig. stimmter Zahl von Abdrticken erschienen,
mit Scheltworten abfertigen vmd zwar urspr. zum Verkaufe geboten ward vgl. Außage.
'

den nachts unter dem Kammerfenster eines ausgattern, v. heimlich ausspähen, urspr. :

Mädchens um
Erhörung flehenden Liebhaber. durch ein Gatter. Ein sächs.-thüi-. Wort, bei Räd-
Erst bei Adelung 1793 verzeichnet, lein 1711 verzeichnet, dann bei Weiße Jagd
S. fenstern.
1,2,
aber schon vorher in der Umgangssprache Lessing Nathan 5 u. a. Vgl. ergattern. 1,
(Schelmufsky 90, Gottsched, Lessing 7, 289).
ausgehen, von sich weg, aus seiner
v. :

ausfertigen, v. : zur Ausgabe, öffentlichen Gewalt geben, fortgeben, mhd. umgeben, ahd.
Verbreitung fertig machen, z. B. eine Schrift, üggeban; eine Tochter verheiraten (l. Mos.
eine Urkunde. Spätmhd. ti^vertigen «ent- 29, 26) (eine Schrift, ein Buch) durch den
'

senden», vgl. abfertigen. Druck zum Verkauf bringen; (im Gegensatz


ausfilzen, mit Filz besetzen oder aus- zu empfangen) selbsttätig von sich geben,
v.:
stopfen; (dann da bei den Hutmachem ßXzen produzieren (Goethe 28, 208): (jemand, etwas
«Filz walken», auch bildlich) derb ausschelten, ICO für a.) eine Bestimmung davon geben,
,

gleichsam mit Scheltworten vöUig bearbeiten deren Zuverlässigkeit nicht gesichert erscheint
j

(schon bei Luther). (schon bei Luther). Refl. sich a.: durch
'

119 Ausgeburt Ausland 120

Geben des Geldes sich von diesem entblößen (vom Hammer der Schlaguhr). j
Mhd. nur
(Lessing Goethe 36, 175). Intr. als in refl. sich ü^hehen «sich aufmachen.»
1, 514,

natürlicher Weise hervorgehenden Gewinst aushecken, v.: brütend aus den Eiern
j

von sich geben (1697 bei Ettner unwürd. schlüpfen machen (so 1482 außhecken im Voc.
;

Doctor 5), z. B. das Mehl gibt gut {viel Brot) theut. c 2^); dann überhaupt zahlreiche Junge
\

aus. Oberd., von Dentzler 1709 verzeichneter zeugend sich fortpflanzen (Jes. 34, 15); (nach
;

Ausdruck, nach Adelung 1793 nur im ge- dem Sitzen des Vogels über den Eiern bild-
meinen Leben einiger Gegenden. Davon das lich) darüber heimlich sinnend hervorbiingen
Adj. ausgiebig (bei Adelung 1793). (Stieler 1691).

Ausgeburt, f. (PI. -en): Erzeugnis, Pro- ausholen, v. durch weithin reichenden :

dukt von etwas, namentlich im Übeln Sinn. Schwung oder weites Ausstrecken führen, z. B.
Bei Adelung 1793. die Axt (5. Mos. 19, 5), einen Schlag usw.;
Ausgedinge, n. (-s, PI. wie Sg.) das von (eine Person, Gedanken) dui'ch Herauslocken
:

einem abgehenden Wirt ausbedungene Alten- ausforschen (Sir. 13, 14). Mhd. ü^Jwln ist
teil (s. d.). Erst bei Campe 1807. «auswählen».
ausgelassen, von auslassen aushunzen, v.: jemand mit Worten be-
Part. Prät.
als Adj.: lebhaften Empfindungen unein- handeln, daß nichts Gutes an ihm bleibt
geschränkt hingegeben, eig. jedem Zwang (Lessing 12, 47). S. hunzen.

entrückt, freigelassen (ui'spr. vom Vieh, das Auskehricht, n. (-s): das Hinausgekehrte.
aus dem Stall auf die Weide gelassen ist, Frühnhd. (1482 im Voc. theut. c 2^ außkerecht
1561 bei Maaler ausgelassen werden «laxari «Feilspäne, Hammerschlag»). S. Kehricht.

a vinculis»). Schon im 16. Jh. (Kirchhof ausklauben, v. mit den Fingern müh-
:

Wend. 333^). sam auslesen (mhd. ü^klühen), auch bildlich


ausgenommen, dann präp. mit Akk.
adj., (im 15. Jh., Fastnachtsp. 988, 17). S. klauben.
und adv.: nicht mitbegriifen. a. daß, wenn, auskneifen, v. sich heimhch davon (hin-
:

wo erscheinen als Konjixnktionen. Mhd. wj- aus) machen (eig. indem man den Köi-per zu-
ge^iomen ist ziinächst Part, Prät. von ü^- sammenpreßt, um nicht gesehen zu werden,
nemen, dann nach dem Vorbilde von mlat. vgl. sich drücken), nd. Utkmpen. In der neuem
excepto, frz. excepte, im 15. Jh. Partikel und Umgangssprache (urspr. wohl studentisch),
zwar Präp. mit Akk., welchen Kasus bereits auskommen, V.: aus einem Innern heraus-
ausnehmen ei-foi'dert, oder auch stan-e Par- komrnen, mhd. u^komen, ahdi.ü^gueman; sich
tikel, auf die jeder andre Kasus folgen kann. nach außen verbreiten, z. B. von Feuer, einem
ausgepicht, s. pichen. Gerücht (auch schon mhd.); bekanntwerden;
ausgiebig, s. ausgehen. bis zuEnde kommen, (mit Geldmitteln) reichen
Ausgleich, m. {-es, PI. -e) Vergleichung, (schon frühnhd.) (mit einem a.) mit ihm fertig
: ;

Vereinbarung. Ganz junge Bildung von aus- werden, sich vertragen (frühnhd.). Dazu der
gleichen, «gleichmachen», eig. durch eine nach subst. Inf. Auskommen, n. (nach der 4. und
außen gehende Tätigkeit (bei Stieler 1691, 5. Bed. von a.) und auskömmlich, adj.:
der daneben auch eingleichen hat). ausreichend (von Adelung 1774 als obd. Wort
ausgrätschen (Goethe [Egmont] 8, 246): angeführt, früher auskommenlich).
auswärts spreizen. auskratzen, v.: durch Kratzen austilgen,
S. grätschen.

aushalten, v. bis zu Ende durchmachen mhd. abkratzen: (in der neuern Umgangs-
:

(bei Luther); ausdauem; ausstehen, ertragen; sprache) rasch weglaufen, eig. mit schan*enden
Unterhalt gewähren, mhd. ü^halten «ver- Füßen (bei Campe 1807), vgl. abkratzen.
pflegen». Auskunft, f. Weg und Kaum zum Heraus- :

aushändigen, v.: aus der Hand geben, kommen aus etwas, Ausweg (Goethe Götz 2);
übergeben. Kanzleiwort, 1645 bei Zesen adr. Bescheid, um sich in einer Sache zurechtzu-
Kos. 19. Vgl. einhändigen. finden (bei Adekmg 1774). J.BL. Auskunftei,
ausheben, v. durch Bewegung in die
: f.: Auskunftsamt. In neuerer Zeit gebildet
Höhe aus seiner Lage bringen (bei Luther): Ausland, n. {-es): Land außerhalb der
ausnehmen, z. B. Heimat. Erst nach 1750 aufgekommen (z. B
ein Nest; (Soldaten) als
geeignet zum Kriegsdienst auswählen (bei bei Klopstock ,Oden 272, Goekingk 1, 186)
Adelung 1774): auswählen und vorbringen nach Adelung 1793 zwar im Ober- und Nieder
(J. Paul Flegelj. 1, 72). Intr. sich heben deutschen üblich, aber dem Hochd. fremd,
121 Anslant anspntzen 122

dagegen von Heynatz 1796 empfohlen (mhd. Schafe ausgesondert werden, nämlich von der
üglant n. ist «außerhalb der Gemarkung ge- Kennzeichnung durch einen farbigen Strich,

legenes Gut», mnd. rdland n. «Land außerhalb auf bayr. Schafe merken d. h. zeichnen, wozu
des Deichs»). — Ausländer, m.: Fremder, merzen die Iterati\-form wäre, verkürzt aus
aus der Fremde stammender, spätmhd. u^- merkzen, wie blitzen aus Nickzen, schmatzen
lender m. ausländisch, adj., spätmhd. u^- aus schmackzen, vgl. auch engl, ynark out
lendiscJi. «ausmerzen».
Auslaut, m. i-es): der Schlußlaut eines ausmitteln, v.: durch Mittel ausfindig
Wortes. Wie Anlaut (s. d.) grammatischer machen, ermitteln. Bei Adelung 1774 als
Kunstausdruck Jacob Grimms. oberd. verzeichnet, auch in der Bed. «aus-
auslegen, v. aus einem Orte nach vomen sondern».
:

legen, mhd. umlegen; aus zum Verkaufe legen


ausmustern, v. bei sorgfältiger Prüfung :

(auch schon mhd.); zum Verständnis bringen


auswählen; bei sorgfältiger Prüfung ausschei-
(mhd. nach lat. exponere): für einen andern
den. ]^amtl. militärisches Wort. Frühnhd. (in
bezahlen gegen Wiedererstattung (bei Ludwig
der 1. Bed. schon 1507 bei Liliencron 3, 8),
1716, ältemhd. ist a. überhaupt s.v. a. «aus-
S. mustern.
geben, bezahlen», so schon 1501 im Voc. opt.
Ausnahme, f. (PI. -n)-. das Ausscheiden
E 4** außgelecht «expensus», auch mnd. üt- und Absondern; Ausgeschiedenes und Abge-
leggen, die jetzige Bed. hat sich aus für einen
sondertes. Bei Krämer 1678 Ausnahm.
a. entwickelt; dazu das Subst. Auslage f.:

ausgelegtes Geld (Gombert 7, 10 mit Beleg


ausnehmen, v. heraus nehmen; des In- :

halts benehmen: besonders herausnehmen,


von 1600); bei Kunstarbeiten von festem Stoff
hervorheben, auszeichnen; auserwählen, er-
eingegrabene Vertiefungen ausfüllen (im 1 5. Jh.
wählen; von allem andern ausscheiden und
«verbrämen, schmückend besetzen»).
ausmachen, v. zu Ende bringen, fertig, absondern. Mhd. ü^nemen in allen Bedd.,
:

ahd. üpieman «herausnehmen, ausscheiden und


vollständig machen, mhd. üpnachen (daher
absondern». Refl. sich a.\ sich auszeichnen,
das Part. Prät. ausgemacht «vollkommen»);
sich in einer hervortretenden Eigenschaft zei-
zur Entscheidung biingen, namentlich durch
Kampf; (es mit einem a., später auch einem, gen (bei Klopstock 12, 218, Wieland 2, 245,
einen a.) zur Vernichtung bringen (bei Luther,
mhd. sich üpiemen, vom Heerführer, «aus
vgl. Garaus); tüchtig ausschelten (frähnhd.^
dem Heere heraustreten, um voraneilend sich
noch Lessing 411); durch Verabredung fest-
im Kampfe auszuzeichnen», Eolandsl. 209, 10,
4,
Parz. 72, 29); (abgeschwächt) überhaupt «sich
stellen (bei Stieler 1691); ergänzend zustande
zeigen, aussehen» (1783 bei J. Paul grönl,
bringen, entscheiden fSchupp 642); aus etwas
herausbringen (Goethe an Knebel Bß9). Proc. 6). Nach der
1. Bed, das Part. Präs,

ausmergeln, v. : völlig kraft- und saftlos ausnehmend (und ausnehmend) als Adj. u.
Frühnhd. Hug Adv. vor anderm sich hervorhebend, vor-
machen. (z. B. Schapler 48). :

züglich. Seit der 1. Hälfte des 18. Jh. üblich,


Vgl. Liebich Btr. 23, 223. S. mergeln.
ausmerzen, v.: (urspr.) unter der Schaf- nach Adelung besonders in Obersachsen (z. B.
Geliert 4, 288) von Domblüth
herde als untauglich ausscheiden (1562 bei bei Liscow 144,
;

Mathesius Sar. 153* außmertzen): dann über- S. 89 als Ei-findimg der Zeitungsschreiber be-

haupt als untauglich ausscheiden und aus- kämpft. S. ausgenommen.


tilgen, vornehmlich Worte. Wohl von dem ausposaunen, v.: laut verkündigen, eig.

Monat März, in dem die schwachen und die mit Posaunenschall (nach Matth. 6, 2). Bei
zur Zucht untauglichen Schafe ausgeschieden Steinbach 1734.
werden (vgl. bei Frisch Merzschaf «als un- ausputzen, V.: von allem, was hinwegmuß,
tauglich ausgeschiedenes Schaf»). So findet gründlich reinigen mit Schmuck, Flitterstaat
;

sich auch z. B. im Spanischen marzear (im ein völlig glänzendes Aussehen geben (so bei
März, Span, marzo m.) die «Schafe scheren». Luther) in wahren oder falschen Glanz setzen
;

Dieser Erklärung steht jedoch entgegen, daß {die Unwissenheit a. bei Goethe 23, 303) ; was
das Ausmerzen der Schafe hauptsächlich im sich nicht gebührt, derb verweisen zu gründ-
Herbst geschieht; deshalb verweist Neubauer licher Unterlassung (bei Keisersberg Bilg. 141
(Ztschr. d. Ver. f. Volkskunde 1903, S. 100), mitDat. im ußbützen). ABL. Ausputzer, m.
von der Art und Weise aussehend, wie die derber Verweis. Bei Henisch 1616 Außhutzer.
123 ausrangieren ausschweifend 124

ausrangieren, v.: jemand, etwas aus der Form mhd.ü^setze{auch.ü^setzel), ahd.ü^sazzo,


Ordnung ausscheiden. Das Pai-t. Prät. aus- ü^sa^^eo m.: der mit dem Aussatz Behaftete,
rangiert «ausgemustert». Rangier en aus franz. urspr. der wegen dieser ansteckenden ekel-
ranger «ordnen». In der neuern Sprache. haften Krankheit von den andern Menschen
Ausrede, f. (PI. -n): Rede, um sich aus Abgesonderte, an einem besondern Ort Aus-
einer Verlegenheit zu ziehen, Ausflucht. Bei gesetzte, weshalb ein solcher auch bezeich-
Luther 7, 310 Weim. nend mhd. sundersiech hieß und in dem vom
ausreißen, v.: durch gewalt-
l) trans. Ort abgesondert erbauten siecliliüs «Haus für
sames Ziehen aus seiner Lage bringen, mhd. die Aussätzigen» leben mußte. Aussatz (bei

v^ri^en. 2) intrans. ausbrechen (fiühnhd., dem später nicht mehr an aussetzen gedacht
z. B. 1501 im Voc. opt. K wurde verdrängte Benennungen: mhd.
2** außreissen «erum- ) ältere
davonlaufen (bei Luther). ABL. Aus- miselsuht, ahd. misalsuht f., ahd. kruf m. und
pex'e»):
reißer, m.: der davonläuft/flüchtiger Soldat hriohsuht f., got. prutsfill n. eig. «Verdruß-
(WaUhausen Corp. mil. 131). fell, Hautbeschwerde». ABL. aussätzig,
ausreiten, v.: l) intrans. anderswohin oder adj. und adv.: mit Aussatz behaftet. Mhd.
fortreiten, mhd. ü^riten. 2) trans. (ein Pferd) üßsetzic, gebildet von umsetze.
ins Freie reiten; bis zu Ende reiten (Schiller aussaugen, v. mit starker und schwacher
Rätsel 15); mit Reiten auf der Tenne aus- Flexion und in bildlicher Anwendung schon
treten machen, z. B. Hafer. im 16. Jh. (1557 bei Sleidanus übers, v.
ausreuten, v.: bis in die Wurzel weg- Stamler 26 a).
arbeiten und tilgen. Mhd. üpiuten. S. reuten. Ausschlag, m. (-es, PI. Ausschläge):
Dasselbe bedeutet (mit md. ndd. d t) aus- =
was nach außen kommt; junger Baumschöß-
roden, das aber nie abstrakt verwendet wird. ling; aus dem Körper herauskommende Haut-
Mhd. in md. Quelle üpvden, mnd. Fctroden, unreinigkeit (dafür bei Maaler 1561 auß-
im 16. Jh. noch nicht bei Hochdeutschen, aber schlecJit); Herausgehen des Züngleins der
im 17. Jh. schriftsprachlich geworden und bei Wage infolge der schwerern Belastung einer
Stieler 1691 verzeichnet. S. roden. Dagegen Wagschale (schon im 15. Jh. großen oder
ausrotten: (jetzt nur abstrakt) mit Gewalt deinen ußschlag gehen, s. Diefenbach-Wülcker
völlig tilgen. Frühnhd. ausrutten (um 1480 132, auch Luther gebraucht Ausschlag mit
im Voc. ine. teut. b3^ außrutten «eradicare»), Bez. auf das Zünglein der Wage, ebenso
ausrotten (bei Luther) auch «ausroden», aus- ausschlahen^; (danach bildlich) Entscheidung
rodennnd ausrotten haben ausreuten allmählich (im 16. Jh. z. B. bei Maaler 1561, wie auch
zurückgedrängt, Heynatz 1796 weist letzteres in dieser Zeit ausschlahen als «geraten, eine
nur der edlern Schreibart zu; noch Dornblüth Wendung nehmen» vorkommt); Ergebnis,
1755 S. 64 wollte es nur allein gelten lassen. Ende (Opitz 2, 20).
ausrichten, v.: durchaus gerade machen Ausschnitt, m. (-es, PI. -e): das Aus-
(spätmhd. ü^rihten «schlichten, in Ordnung schneiden und Ausgeschnittenes; ellenweiser
bringen»); (eme Geldschuld u.dgl.) berichtigen, Verkauf gewebter Ware
(Reichsordnungen
bezahlen (mhd. und bei Luther); abfertigen zu spätmhd. außsnülen «ellen-
175'' V. J. 1530),
(bei Keisersberg) (spätmhd. «loben, rühmen», weise abschneiden und verkaufen»,
;
davon
daher ironisch) verspotten, heruntermachen Ausschnitter m. Schnittwarenhändler, da- -.
(

(schon spätmhd.) ausführen, ins Werk setzen, für im 15. Jh. bei Beheim 16, 31 ausz Schnei-
;

vollbringen (mhd. und bei Luthei", mit subst. der des geivants).
Objekt jetzt beschränkt, z. B. ein Mahl); (ab- Ausschuß, m. (Gen. Ausschusses, PI.
geschwächt) als Auftrag bestellen (bei Ade- Ausschüsse): das als vorzüglich oder minder-
lang 1774). J-B-L. ausrichtig, adj.: gewandt wertig Ausgeschiedene (in letzter Bed. bei
auszurichten oder etwas zu verrichten (z. B. KJi'ämer 1678); eine Anzahl ausgewählter
1. Kön. 11, 28), anstellig. Mhd. ü^rihtec. Personen (schon im 15. Jh., Basler Chron.
ausroden, -rotten, s. ausreuten. 1, 72 ußschutz). Zu ausschießen in der
Aussatz, m, (-es): im Spiele zu Gewinn Bed. «aussondern» (spätmhd. von minderwer-
oder Verlust gesetztes Geld ansteckender Haut- tigen Geldstücken),
; eig. «herauswerfen», mhd.
ausschlag. Li der 2. Bed. um 1300 Umsatz ü^schie^en. ,

m. f. (Renner 21419), im 14. Jh. auch umsehe f., ausschweifend, Adj. eig. Part. Präs, von
gebildet von dem subst. Adj. in schwacher ausschweifen (s. schweifen): über die Grenzen
125 aussehen aussetzen 126

der Sitt- und Schicklichkeit hinausgehend, außerhalb, adv. u. präp. mit Gen., seltner
eig.unhäushch umher schweifend (bei Maaler Dat.: vor, an, auf der äußern Seite. Aus
1561, dafür im 15. Jh. ußschweiffig, älternhd. mhd. ügerhalp, Präp. mit Gen. und Dat., ahd.
außschweiffig): zu -weit gehend, übertrieben. (bei jS^otker) ngerhalb, auch getrennt ugara.
aussehen, v. l) trans. u.
-. üzerun halb.
refl. mit den
Augen auswählen, ausersehen: Sehen äußerlich, Adj. und Adv. bloß das Äußere
dui'ch :

verderben. 2) intrans. hinausblicken, mhd. angehend, bloß im Äußern. Mhd. (früher


umsehen: sich in einer bestimmten äußeren ohne Umlaut) ügerlich «körperlich (im Gegen-
Gestalt den Augen (übertragen dem Ver- satz zu geistig), außer der Ordnung, uner-
stände) zeigen (bei Schönsleder 1618). Dazu laubt, fremd».
der subst. Inf. Aussehen, n. (bei Duez äußern,
v.: (eig. außer sich geben, dann)

1642j. S. Aussicht erkennen geben, besonders mit Worten


zu
außen, adv. von dem Eaume, der als (erst bei Nieremberger 1753 verzeichnet, wohl
:

innerer bezeichnet oder gedacht wird, hinweg. aus der nordd. Kanzleisprache). Vgl. mnd.
Aus mhd. v^en, ahd. ü^ana. ü^än; adv. und ütern «hinaustreiben, veräußern, herausfor-
auch präp. in der Bed. «außerhalb, ohne», dern, äußern, dartun», engl, utter «äußern,
mit der Endung -ana von ü^ (s. atis) ab- entdecken, veräußern». Refl. sich a.: (ver-
geleitet. Dazu asächs. ütan adv., ags. ütan, altet) von sich abtun (Philipp. 2, 7 sich eus-
üton adv. und präp., anord. ütan adv. und sern), sich wessen enthalten, spätnihd. (selten)
präp., got. fitana adv. und präp. Xdl. hat sich ügern (auch schon sich eussern), neben
sich das Wort mit vorgesetztem &e- in dem sich u^enen, «sich entäußern, sich enthalten,
Adv. und der Präp. hiiiten «außen, außer» sich entfernen»; zum Vorschein kommen (bei
erhalten, a. erscheint in Zusaromensetzungen Ludwig 1716); mit Worten deutlich werden
wie Außending n., Außenseite f., Außenwelt f. (bei Adelung 1774). Mnd. sik ütern ist «sich
(Withof Acad. Ged. 1, 178 vom J. 1745), und zeigen, versichern, sich entäußeni, enthalten».
mit Verben wie aiLßenbleiben (Goethe 12, ABL. Äußerung f. (nach der 2. u. 3. Bed.
90. 50, 256, jetzt gewöhnlicher ausbleiben), von sich äußern). Bei Adelung, aber schon im
außenlassen, mhd. ü^en lägen (jetzt aiis- 14. Jh. alemann, übrige f. «Äußerung, Rede» und
lassen), außensein, mhd. ügen sin. md. ügerunge f. «Entfernung, Ausweisung/,,
außer, präp. mit Dat. (mit Gen. mir in bei Luther eußerung «Lossagung, Trennung».
außer Landes, schon mhd. uger landes) nicht außerordentlich, adj. und adv.: außer
:

in, sondern vor oder weg von —


Aus gleich- der abgeschlossenen Ordnung und über die-
.

bed. mhd. üger, ahd. ügar: dazu asächs. Utar, selbe hinausgehend; über das, was Regel und
afries. fiter. Abgeleitet von üg (s. aus). Hier- Gewohnheit ist, sich erhebend. Bei Stieler
her auch a. sich sein «vor Aufregung seiner 169L
nicht mächtig sein» (bei Ludwig 1716). a. Äußerung, s. äußern.
wird auch als Konj. verwandt s. v, a. «aus- außerwäl'ts, adv.: auswärts (Goethe an
genommen» und mit andern Konjunktionen Frau v. Stein 3, 140). Schon 1540 bei Al-
verbunden: a. daß, a. wenn. berus Dict. kk 3** aussericerts, mit genet. -s
außerdem, adv. und
zusammenge-
Konj., gebildet von mhd. ugericert «auswärtig,
rücktes außer (/^w «mit Ausschluß davon noch». äußerlich».
äußere, adj.: außen befindlich (Gegensatz aussetzen, von einem Orte nach
v. :

zu innere); das Ausland angehend, z. B. die außerhalb setzen, mhd. umsetzen-, (Töchter
äußern Angelegenheiten. Aus mhd. (ohne ausstatten und weggeben Rieht. 12, 9, schon
(^

Cmlaut, der erst im 15. Jh. hervortritt, bei mhd.) ; ans Land setzen : (ein Kind) ins Freie
Luther eussere) ügere, ahd. ügaro. Dazu der setzen und hilflos zuräcklassen: preisgeben,
Superl. äußerste: entferntest (so daß räum- bloßstellen: zu einem Zweck
bestimmen,
Hch nichts weiter ist); dem Grade nach über z. B. einen Preis oder anderes von Geldes-
alles gehend; mhd. ügereste, ahd. ügarösto. wert (älternhd. ist a. überhaupt «bestim-
äußerst, als Adv. in dem Grade, daß nichts
: men»); tadeln, rügen (bei Rädlein 1711), vgl.
darüber geht (bei Lessing 1, 20. 22) dasselbe ausstellen: unterbrechen, ausfallen lassen (bei
;

bed. das adverbiahsche aufs äußerste (bei Ludwig 1716). Li trans. stocken: (bei Aus-
Krämer 1678); zu äußerst, adv.: am ent- führungen) von einem Punkte ausgehen
legensten Ende (bei Aler 1727). (bei Lessing, Goethe).
;

127 Aussicht Ausweis 128

Aussicht, f. (PI. -en) : Blick nach außen Von aussteuern, v.: ausmsten, mhd. ü^-
was vor Augen liegt; als bevorstehend zu stiuren. S. Steuer.

Ervrartendes. Um
1700 aufgekommen (bei Auster, f. (PI. -n): eßbare Seemuschel.
Dentzler 1709und Ludwig 1716 erwähnt.) Mhd. (bei Megenberg) oster, ahd. aostar (in
aussöhnen, s. versöhnen. aostarscala f.). Aus lat. ostrea f. und ostreum

ausspintisieren, v.: durch Nachgrübeln n. «Meerschnecke, Muschel», auf dem gleich-


ausfindig machen, nachgrübelnd herausbrin-
bed. gr. öcTpeov n. beruhend. Im Nhd. hält
gen. 1551 bei Scheidt Grobianus 4366 auß-
sich die Form Oster bis um die Mitte des

spüntesieren. S. spintisieren. 17. Jh. (z. B. noch bei Harsdörfer Gespr.

nach außen springen daneben kommt im


3, 4, Schupp 1, 302),
aussprengen, v.:
16. Jh. nach ndl. oester m. die Form üster
machen; (Gerächte) überallhin verbreiten
auf (z. B. Fischart Garg. 393), auf der dann
(schon bei Luther).
wieder das um 1600 auftretende Auster be-
ausstaffieren, v.: mit Zutaten versehen.
ruht (bei Hulsius Schiffarten 14, 29, auch
Mnd. ütstofferen, auch hd. schon am Ende
bei Henisch verzeichnet).
des 16. Jh., bei Duez 1664. S. staffieren.
Austrag, m. {-es): Schlichtung einer
ausstaken, v.: ein mit Lehm zu ver-
Sache, wodurch diese zu Ende kommt, mhd.
klebendes Fach vorher mit kurzen Stangen
ü^trac m; Schlußurteil, dem Folge gegeben
verbinden. Bei Adelung und Heynatz 1796
wird; (mit dem PI. Austrage, woraus der
als niedersächs. Wort aufgeführt. S. Staken.
mlat. PI. austregae) schiedsrichterliche Ent-
Ausstand, s. ausstehen.
scheidung, aber auch Schiedsmann, der einen
ausstatten, v.: mit dem versehen, was Streit zu Güte oder Recht beendigt (Goethe
dazu taugt oder gehört; (zur Heirat) als
Tasso ausbedungene Nutznießung (wie
2, 4);
Vermögen geben, um den neuen Hausstand Auszug), daher Austrägler m.: Auszügler,
zu gründen. Zu statten. 1640 beiComenius 593. Altsitzer. Von jenem austregae die barba-
ausstechen, v.: durch Stechen heraus- risch-deutschen Wörter Austrägalgerlcht
nehmen oder entfernen, mhd. umstechen; von n. «Gericht zui- Schlichtung der Streitig-
seinem Platze verdrängen, um die früher inne- keiten deutscher Fürsten»; Austrägalin-
gehabte Stellung bringen, eig. beim Turnier stanz f. «Ani-ufung selbstgewählter (Aus-
mit der Lanze vom Pferde stechen (bei Krämer tragungs-) Gerichte».
1678). auswärts, adv.: nach außen hin; über
ausstehen, v.: l) intrans. außerhalb sein, den Grenzen dessen, was als das Linere an-
namentlich von Geldforderungen, die noch gesehen wird nach außen gekehrt, z. B. a.
;

nicht eingegangen sind (vgl. spätmhd. ü^- gehen. Mit angetretenem genetiv. -s für mhd.
stant m. «ausständiges Geld»); außerhalb des ahd. Unwert. Dies a. zuweilen als Adj. ver-
Dienstes sich befinden (dazu Ausstand m.: wendet (z. B. bei Goethe Naturw. Sehr. 7, 62,
«Entfernung vom Dienst», das Adelung und nach auswärtser Richtung). auswärtig, —
Heynatz 1796 nur als obd. Wort kennen, vor adj.: außerhalb befindlich, mhdi. ü^wertic, ahd.
einigen Jahren nebst dem Adj. ausständig üpoertig.
von Süddeutschland aus allgemein üblich Ausweg, m. {-es, PI. -e): nach außen
geworden); öffentlich zur Schau stehen, sich führender Weg; Rettungsmittel. Mnd. Tit-
öffentlich zeigen. 2) trans. aushalten, er- wech m. «nach außen führender Weg» (bei
tragen (bei Luther). Maaler 1561 ist außwäg s. v. a. «Abweg»), hd.
ausstellen, v.: nach einem Orte außer- seit Rädlein 1711 (auch in der 2. Bed.) ver-
halb stellen (frühnhd.) ; ausfertigen, z. B. eine zeichnet.
Urkunde (bei Stieler 1691); zur Schau stel- ausweiden, v.: die Eingeweide heraus-
len; der allgemeinen Beurteilung aussetzen; nehmen. Frühnhd. (1501 im Voc. opt. K 4*
auf etwas hinweisend tadeln (dies nach Ade- außweiden «exinterare»). S. weiden.
lung, Heynatz 1796 und selbst Campe 1807 Ausweis, m. (Gen. Ausweises, PI. Aus-
nur obd. Wort, doch bei Schiller Picc. 1, 4, weise): deutliche Anzeige; schriftliche Aus-
jetzt allgemein). kunft über eine Person. In der Kanzlei-
Aussteuer, f. : Mitgabe bei Verheiratung sprache (vgl.,Gombert 7, 10 v. J. 1619) von
zu eigener selbständiger Einrichtung; über- austveisen gebildet, wie gleichbed. mhd. u^-
haupt Mitgabe. Bei Ludwig 1716 Äussteur. wisunge f.

I
129 auswendig Anto- 130

auswendig, nach aoßen gekehrt; auszuziehen (l. Macc. 8, 26), Aus- und Ein-
adj.:
auf der Außenseite befindlich, äußerlich. Mhd. rede, Einwand, Ausflucht (mhd. ü^zuc m., lat.
ü^wendec, worin -wendec zu wende f., nhd. exceptio); (jetzt in der Rechtssprache) was
Wende (s. d.). Davon das Adv. a., «auf der beim Abtreten liegenden Gutes, vornehmhch
Außenseite; aus dem Gedächtnis». Diese Bed. eines Hauses (airf Lebenszeit) ausgenommen
erscheint frülinhd. in der Verbindung mit und vorbehalten ist (so schon spätmhd.).
lernen (Mumer Geuchm. 53), können (Luther) Davon Auszügler, m.: der diesen Vor-
oder sagen (Maaler 1561). Ahd. entsprechend behalt gemacht hat.
ügana «außen» (Otfrid 1, 1, 109 ü^ana gisingan). aut: etwas (Gegensatz waw^« nichts»). Nur
auswerfen, v. aus etwas (einem Innern) in den mundartlichen Redensarten: aut oder
:

herauswerfen, sei dies durch Tätigkeit von naut (entweder) «etwas oder nichts» (in der
atißen (so z. B. vom Ausnehmen der Ein- Zimmerschen Chronik 1, 48, 31 weder ut noch
geweide bei Wild) oder von innen, mhd. nut); man spricht von naut, es kommt von aut.
umwerfen, ahd. ü^werphan; verwerfend aus- Vgl, engl, ou^ht or nought. aut geht mit der
scheiden oder ausstoßen; (Geld) zu einem westmd. Mundarten eignen Verwandlung von
Zweck bestimmen, aussetzen (im 17. Jh.); iu in ü (später au) zurück auf mhd. iut (für
intr. (vom Perpendikel) im Schwung einen gewöhnliches iht), abgeschwächt aus iuwet,
weiten Zirkelbogen durchlaufen. iuiveht, ahd. eowiht, eig. «irgend ein Ding»,

auswirken, v. (bei Handwerkern) durch ebenso naut auf mhd. niut (für gewöhnliches
:

Arbeit herausbringen oder fertig machen; niht), abgeschwächt aus niuwet, niuweht, ahd.
(Wild) aus der Haut nehmen; erwirken, aus- neowiht, eig. «nicht irgend ein Ding». S. nicht.
richten. Mhd. ü^ivürken. authentisch, adj. und adv.: echt, glaub-
auswischen, durch Wischen besei-
v.: würdig. Nach gi-,-lat. authenticus, gr. auOev-
tigen; durch Wischen reinigen, mhd. üg- TiKÖc «bestimmten Urheber habend», gebildet
wischen; einen raschen Schlag geben (in von m. «unumschränkter Herr,
gr. auöevTTic
einem eins a. eig. ein Auge auswischen?); Selbstherrscher». Schon im 16. Jh. entlehnt
intrans. davonlaufen, eig. rasch über den (Fischart Garg. 153).
Boden dahingleiten (Schiller 1, 351). Auto-: erstes Glied vieler Zusammen-
Auswuchs, m. {-ses, PI. Auswüchse): setzungen, die in deutscher Form erst seit
krankhaft Herausgewachsenes an Körpern, dem 18. Jh. vorkommen und durchweg der ge-
Bäumen usw., auch bildlich. Für .älteres lehrten Sprache angehören. So Autochthone
Auswuchs am 1750 gebildet. Vgl. Anwuchs. m. (-W, PI. -n): Ureinwohner (zu gr. x^^"^ ^^
Auswurf, m. (-es, PI. Auswürfe): die «Erde, Land»), bei Campe 1813. Auto- —
Handlung des Auswerfens (Apostelg. 27, 18); didakt, m. (-e^i, PI. -en): durch Selbstunter-
was ausgeworfen wird, spätmhd. mi^wurf va. richt Gebildeter. Aus gr.-mlat. autodidäctus,
«das durch den After Ausgeworfene»; als dem als Subst. gesetzten M. des gr. Adj,
verabscheut ausgestoßener Mensch oder als aÜTobibaKTOC «durch sich selbst unterrichtet»
verabscheut ausgestoßene Menschen. ABL. (von -biboKToc zu bibdcKciv «lehren»). Auto- —
Auswürfling, m. (nach der letzten Bed. graph, n. (-es, PI. -en) eigenhändige Schrift. :

von Auswurf), spätmhd. ü^ivurfelinc m. Aus gi'.-lat. autögraphum, gr. aürÖYpaqpov «Ur-
auszehren, v. : l) trans. völlig verzehren schrift», dem als Subst. gesetzten N. des gr.
(frühnhd.). 2) intrans. völlig verzehrt wer- Adj. aÜTÖYpacpoc «selbst (eigenhändig) ge-
den, erschöpft, im Schwinden begriffen sein; schrieben» (zu -fpacpoc von YPÖqpeiv «schrei-
mit dem Verzehren zu Ende sein (Sir. 14, ben»). Bei Nehring autögraphum. — Auto-
17), Davon Auszehrung f.: völlige Ver- krat, m. (-en, F\.-en): SelbstheiTscher. Aus
zehrung (1727 bei Aler); auszehrende Krank- franz. autocrat m., gebildet vom gr. Adj,
heit, Schwindsucht (1774 bei Adelimg). aÖTOKpaxric «selbstherrschend» (-Kpaxric von
Auszug, m. (-es, PI. Auszüge): Zug aus Kpareiv «obheri'schen»). Davon Autokratie,
einem Orte, Lande usw., mhd. ü^zuc m.; was f.: Selbstherrschaft. Ausgleichbed. franz. auto-
herausgezogen wird, Kraftauszug (Extrakt) cratie f. (-cratie nach gr. -Kpäreia f. «Herr-
wovon, Feinstes, Bestes aus etwas (bei Opitz, schaft»). — Automat, m. n. (-en, PI. -en):

Fleming), namentlich Wesentlichstes aus sich von selbst bewegende Maschine, Selbst-
einer Schrift (bei Luther) (veraltet die recht-
;
triebwerk. Aus gleichbed. gr.-lat. autömatum,
liche Bed.) Angabe, um sich aus etwas her- gr. aÜTÖiaaTov, dem subst. gesetzten N. des gr.
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl.
9
:

131 Autodafe Azur 132

Adj. auTÖ|LiaTOC «von selbst handelnd». Bei wärts», das auf lat. ah ante benäht. 1617
Nehring 1710 Äut07nataV\. —
Automobil, im teutschen Michel als modisches Fremdwort.
n. {-s, PL -e): Selbstfahrer, zu lat. mobile N. Aversion, f. (PI. -en) Abneigung, Wider- :

des Adj, mobilis «beweglich», ganz junge wille. Aus dem gleichbed. franz. aversion f.,
Bildung. —
autonom, adj.: selbständig das auf lat. aversio (Gen. aversiönis) f. be-
(von gr. vö)uoc m. «desetz», eig. «sich selbst luht, von avertere. «ab-, wegwenden». Im
Gesetze gebend»), bei Nehring 1710 mitonomia. 17. Jh. entlehnt (1670 bei Leibniz 1, 225,
Autodafe, n. {-s, PI. -s): feierliche Hin- Guhrauer).
richtung von Ketzern, aus portug. auto da fe, Avis, m. n. (Gen. Avises, PI. Avise): An-

Span, auto de fe d. i. Akte des Glaubens, lat. zeige, Bericht, Meldung. Aus franz. avis,

actus fidei, ursprüngHch nur die öffentliche ital. avviso m. «Ansicht, Gutachten, Meldung»,
Verkündigung der durch die Inquisition wegen abgeleitetvon altital. viso «Meinung, Ansicht»,
Ketzerei erlassenen Urteile, dann deren Voll- aus ad «an, zu» und visum Neutr. des
lat.

streckung. Im 18. Jh. Part. Perf. Pass. von videre «sehen». 1664
bei Duez 1, 56^ Avis, 1, 471** die avisen oder
Autor, m. (-S, PI. -en): Urheber; Ver-
anlasser; Verfasser, Schriftsteller. Aus lat.
getruckte zeitunge. ABL. avisieren, v.:

anzeigen, benachrichtigen, aus franz. aviser,


autor, fiüher audor m., abgeleitet von augere
ital. avvisare. 1565 avisirn (Notariat und
«vermehren, vergrößern, befördern». Im
teutsche Rheloric 16*).
16. Jh. üblich (bei Nas, J. Nasen Esel 31 '^

Aviso, m. (-S, PI. -s): Eilschiff zur Mit-


author), auch beiRot 1571 verzeichnet. ABL.
teilung wichtiger Nachrichten. 1712 beiHübner
autorisieren, v.: wozu die Macht geben,
Avis- Jagd (d. i. Jacht), «leichtes Postschiff»,
ermächtigen; gültig machen, gutheißen. 1524
ital. harca d'aviso.
bei Emser (Germania 29, 347) auctonsiren.
Wie franz. autoriser aus mlat. auctorizare,
Axiom,
PI. -e): keines Beweises
n. (-S,

unbez weifelter Lehrsatz. Aus


bedüi'ftiger Satz,
bekräftigen. Autorität, f. (PI. -en): das
persönliche gewichtige Ansehen: anerkannte
dem gleichbed. gr.-lat. axiöma, gr. ä£iuu|ua n.,
«unbezweifelter Lehrsatz», aber eig. «Würde,
Glaubwüi'digkeit bewährendes Zeugnis; ge-
;

«Ansehen», dann «Dafürhalten)^, von gr. äEioöv


walthabende Behörde. Aus lat. auctoritas (Gen.
«wüi'digen, nach voraufgegangener Würdigung
aucforitätis) f. «Gültigkeit, Gewähr, fördern-
der Einfluß». Schon im 15. Jh. autoriiet (Voc.
anerkennen». Im 17. Jh. entlehnt.
ex quo) und auctoritet (1461 bei Nicl. v. Wyle
•Axt, f. (PI. Äxte): das aus einem schnei-
denden metallenen (eisernen) Keile, mit
121, 3), mhd. aiictoriteit t Autorschaft, f.
längerm hölzernen Stiele, bestehende Hauwerk-
Urheber-, Schriftstellerschaft. Erst bei Ade-
lung 1774.
zeug. Mit angetretenem t aus mhd. ackes,
ax, seit dem 18. Jh. auch axt, ahd. acchus f.:
autsch! derberes au! bei körperlichem
dazu asächs. akus, ndl. aakse, ags. cex, engl.
Schmerze. Bei Alberus (Barfüßer Eulen-
axe, anord. öx, schwed. yxa, dän. ökse, got.
spiegel Nr. 558) ausch! Maaler 1561 kennt
aqizi f. Verwandt ist gr. ötEivr) f. «Axt, Streit-
ufsch als Spottwort, Frisius 52^ (1541) als
axt» und lat. ascia (wohl aus ac-scid) f.
Klageruf eines betrübten Weibes.
«Zimmeraxt, Maurerkelle». ZTJS. Axthelm,
auweh! Interj. des lebhaften, tiefen Klage- n.: Axtstiel, frühnhd., s. " Helm.
rufes. Aus mhd. oiiwe, Nebenform von otve Azur, m. [-S): die himmelblaue Farbe.
(s. au). Das jüdische auweih! geht auf mhd. Aus franz. azuv, span. azul m., ital. azzurro
ouivt, otoi zurück. adj. mit Abfall eines (als Artikel betrach-
avancieren, v.: vorwärts kommen, na- teten) l aus pers. läjvärd «lasurähnlich», wo-
mentlich in der vorwärts raus arab. läzvärd. Im Anfang des 18. Jh.
Berufsstellmig ;

rücken. Aus «vorwärtskommen, entlehnt, mhd. sagte man lä^i^r (s. Lasur).
franz. ai'aHce>'
vorwärts bringen», gebildet von avant «vor- ABL. azurn, adj.: himmelblau.
133 Bachstelze 134

B
b, der zweite Buchstabe des Alphabets. ahd. bah m.; dazu asächs. beki, biki, mnd.
Redensart: wer a sagt (oder gesagt hat), muß beke f., ndl. beek f., ags. becc m., engl, beck,
auch h «wer einmal etwas anfängt, anord. bekkr m., schwed. bück, dän. bäk.
sagen
maß darin, komme
auch, was da wolle, fort- Bugge Btr. 13, 171 f. vergleicht gr. T^r]v'] f.
fahren» fl716 bei Pistorius thesaur. paroem.). «Quelle», doch stimmt die Lautverschiebung
babbeln, v.: (von kleinen Kindern) die nicht. Nach Zimmer Z. f. kelt. PhU. 1, 98
I

ersten Sprechversuche machen; viel und ge- zu ah', büal (aus *bhogla) «Bachwasser». Von
I

haltlos sprechen. Das Wort geht lautnach- LTilenbeck Aind. WB. zu niss. bagnö, poln.
I

ahmend auf ba ha zuinick, womit das früheste bagno «Sumpf», aind. bhagnas «gebrochen»
Sprechen und Plaudern des Kindes beginnt. gestellt. Am ehesten ist es eine Ableitung zu
Entsprechende Worte sind weit verbreitet, einem Verbum «laufen», das in alg. bSzq «ich
I

so ndl. habhelen, engl, babble, franz. babüler, fliehe», lit. begu «laufe», gr. qpeßojuai «fliehe»
ital. babbolare, lat. babulus «Schwätzer». Schon vorliegt. Das Geschlecht
ist bei Luther über-

im 16. Jh. in der Form babbeln, bappeln, päppeln wiegend Mask., seltner z. B. Hiob 6, 15 Fem.,
vorkommend Henisch 1616 verzeichnet babelen.
; bei den mitteld. Schriftstellern des 16. und 17.,
Babe, Bäbe, f. (PI. -n) ein Backwerk. In • selbst noch des angehenden 18. Jh. Fem. (^noch
Oljei-sachsen, Schlesien und Posen ein Asch- bei Günther 141 und noch jetzt mundartlich
kuchen, Gugelhopf, in einer Form gebackener md. und ndd.), während die Grammatiker seit
Kuchen mit einem von oben bis unten gehenden Schottel das Mask. verlangen.
Loche. Mhd. babe f. ist «Großmutter, altes Bachauner (auch Bachüner, obersächs.
Weib» in letzterer Bed. noch bayrisch _Brt&ew f.
( Bachömer), m. {-s, PI. wie Sg.): Schwein aus
und gehört zu slav. poln. baba «Frau» lit. boba dem Bakonyer Wald im westlichen Ungarn.
«altes Weib», vgl. ahd. Baba als Eigenname Bachbunge, f.: Name zweier in Bächen
Hebendem männlichen J5abo. Diese Bedeutung und still fließenden Wassern wachsenden Ehren-
könnte zugrunde liegen, da das Backwerk viel- preisarten. Im 14. Jh. bachbiüige'fhexvlm'DiGiQw-
fach menschliche Formen nachahmt. Viel- bach 12^, bei Dasypodius 1537 Bachpunge,
leicht aber auch Kinderwort, vgl. schwäb. im 15. Jh. nd. bekebunge, woher neulat. becca-
Babe «Brot», Schweiz. Babi «Gericht aus bunga, ital. beccabungia f. -bunge wohl wegen
Brotschnitten und Äpfeln». der Fruchtknöpfchen, denn mhd. bunge, spätahd.
Babusche, f. (gew. im PI. Babuschen): pungo m. ist «Pflanzenknolle»: dies Wort ist
leichter Hausschuh. Aus franz. babouche f., verwandt mit skr. bahüs (für *bhahu), gr.
von türk. bahudsch, pers. päpüsch «leichter naxüc (für *qpaxoc) «dicht», zu an. &m^?' «Haufen».
Pantoffel zum Gebrauch im Hause». Bache, f. (Pl.-w): das wilde Mutterschwein.
Bacchant, m. [-en, PI. -en): wüster, sich Weidmännisch. Im Mhd. erscheint hache m., ahd.
beti'unken umhertreibender Mensch (so bei baliho m. « Speckseite, Schinken» (noch Schweiz.
Rot 1571 j; wohlgenährter, vom Trinken im schwäb. -bayr. Bachen m.; aus dem Deutschen
Gesichte roter Schwelger; (im 15. bis 17. Jh.) stammt afranz. bacon, engl, bacon), im 1 6. Jh. auf
fahi-ender Schüler, ein nicht mehr zu den das ganze Schwein übertragen (Eber oder Sau,
untersten Schülern (den Schützen), aber auch doch zunächst noch als Mask., wie selbst bei
noch nicht zu den eigentlichen Studenten Stieler 1691), im 17. Fem.
Jh. dann auch das
gehöriger junger Mensch (in Vokabularen Bache « Mutterschwein »(Harsdörfer Gespräch-
zu Anfang des 15. Jh. bacimnt, bachante bei spiele 3, 115). Zur Etymologie vgl. ^Backen.
Diefenb. 65''). Aus lat. bacchans, Gen. bac- ABL. Bacher, m. {-s, PI. wie Sg.): zwei-
chantis, Part. Präs. von bacchari «wild um- jähriger wilder Eber. Bei Stieler 1691.
herschweifen», auch «sich übervoll saufen», Bachminze, f.: die Pflanze mentha aqua-
eig. « das Bacchusfest feiern ». ABL. bacchan- tica. Spätahd. bachminza (ZfdWf. 6, 189), 1482
tisch, adj., frühnhd. (bei Luther). im Nürnberger Voc. theut. pachmintz.
Bach, m. (-es, F\. Bäche): kleines fließendes Bachstelze, f. fPl. -n): dünn- und hoch-
Wasser. Mhd. bach m. (in nid. Quellen auch f.), beiniges, au Bächen laufendes Vögelchen
9*
:

135 Back backen 136

mit langem, wippendem Schwänze, motacüla. ^Backen, m. (-s,Pl.wieSg.) und Backe, f.


Spätmhd. in md. Quellen (Schröers Voc. v. (PI. -w) Gesichtsfläche zwischen Auge, Nase,
:

J. 1420 No. 1577) lachstelze (auch 1482 im Ohr und Hals. Mhd. hacke, ahd. hacko, hahho m.
Nüi-nberger Voc. theut. y 2^ pachsteltz und «Backen», ursprünglich «Kinnlade» (häufig zu-
1501 im Leipziger Voc. opt. K 3^), früher er- sammen ges. mhd.kinnehacke, -hache, ahd. kinni-
scheint wa^^erstelze, ahd. waß^arstelza f., das hahho, dazu asächs. kinnihako m., ndl. kinne-
auch später im Obd. bleibt (noch von Adelung hak f.). Mit dem vorigen Wort nicht verwandt;
erwähnt), -stelze ist eig. «Stelzengängerin» nicht zu lat. huccaf. «Mund, Backe», sondern zu
(im 15. Jh. stelz m. «einer der mit einem gr. qpaYibv «lünnbacken» (Hesych), R. Much
Holzbein gehen muß»), s. Stelze. Dafür mnd. ZfdW. 2, 283. Im altem Nhd., auch bei Luther,
quek-, quakstert «der Vogel mit dem beweg- herrscht dasMask.5acÄ:en (früherBacke, Back),
lichen Schwänze» (s. queck und Sterz), jetzt daneben dringt vom Ndd. aus das Fem. Backe
nd. wipstert (engl, wagtail). vor, schon bei Schottel (aber nicht bei Stieler,
Backen, {-es, PI. -e) tiefe, hölzerne Schüssel, Ludwig, Frisch, Steinbach); bei Adelung und
:

in der einer bestimmten Zahl der Schiffsmann- Heynatz als regelrechte Form. J._Biv.l)äckig,
schaft die Speise aufgetragen wird; Vorder- adj. in dick-, rothäckig. ZUS. Backenbart,
schanze (vorderer innerer Eaum) des Schiffes m., erst bei Adelung 1793; dazu ndl. hakke-
(bei Ludwig 1716 angeführt). In der niederd. haard m. Backenstreich, m., frühnhd. (1482
Schiffersprache. Nd.??acA" «große tiefe (hölzerne) im Vocab. predic. B 1 ), dafür mhd. hacken- '^

Schüssel, Kumpf, Kasten, kastenartiger Be- slac m. Backenzahn, älter Backzahn, m.


hälter»; ndl. lak m. «Trog, Mulde, Kasten», einer der vier hintersten Zähne auf jeder Seite
(bei Kilian 22) «Kahn»; engl, hack «Kufe, des Kinnbackens, mhd. hackzan, -zant, ahd.
niedriges Fahrzeug»; franz. hac «Trog, Bottich, hacchozan, dazu ndl. haktand. Backpfeife, f.
Fähre». Als Grundlage wird spätlat. hacca Ohrfeige (Immermann Münchh. 1, 203).
«Wassergefäß» (bei Isidor) angesehen, dessen backen, v. (Prat. buk, häufig backte, Part.
Herkunft unbekannt ist, gebacken): 1) in trans. durch Hitze (oder Frost)
Backbord, n. {-es, PI. -e): (vom Steuer- fest aneinanderklebend hart werden, 2) trans.
ruder aus gesehen) die linke Hinterseite des durch Hitze in kui-zer Zeit fest und hart machen.
Schiffes (bei Ludwig 1716 angeführt). In der Mhd. hacken (das ck erklärt sich durch eine
ndd. Schiffersprache. Der Name daher, daß Präsens -Verstärkung, wahrscheinhch assimi-
der Steuermann beim Halten des Steuerruders lierfes ti) und bachen, ahd. hacchan und bahhan ;

mit der rechten Hand der linken Seite des dazu ndl. hakken und (der 2. hochd. unver-
Schiffes den Rücken (ndd. hack, s. Backen 1) stärkten Form entsprechend) ags. bacan, engl.
zukehrt (die rechte heißt nach dem Steuer- hake, anord. schwed. haka, dän. hage und
ruder Steuerhord). Über den Ort, an dem mit Ableitung ndl. hakeren «wärmen». Ver-
das Steuer angebracht ist, vgl. E. Werner wandt ist gr. qjiÜYeiv «braten, rösten», aber
Gott. Anz. 1897, 361, Liebich Btr. 23, 224. kaum lat. focus m. «Feuerstatt, Herd», vgl.
Bord (s. Entsprechend Walde s. v. Im altern Nhd. findet sich in
d.) ist hier Schiffsrand.
ndl. hakboord n., woher häbord m.
franz. obd. Quellen die Form bachen (noch von He-
^Backen, m. {-s, PI. wie Sg.), zuweilen nisch und selbst von Krämer 1678 neben backen
Backe f. (Bürger II. 5, 66): die fleischige angefühi-t), hacken ist durch Luther herrschend
Erhöhung zu beiden Seiten des Afters, in geworden. Das Prät. mhd. buoch erhält sich
Ärsch-, Hinterhacken. Mhd. hacke in arshacke auch im altem Nhd. als buch; diese Form
m. (das ck ist nicht ndd., sondern erklärt gibt noch Bödiker als die regelrechte (auch
sich aus Assimilation eines w), das mit hache noch beiHeynatz 1775), während sich Gottsched
«Speckseite, Schinken» (s. Bache) zurückgeht für huck, Adelung für buk entscheidet. Das Part.
auf ahd. bach n. «Rücken, Rückseite» (mhd. Prät. mhd. gebacken ist im Nhd. dem Präs. an-
nicht mehr vorhanden), dazu asächs. hak n,, geglichen worden (schon bei Luther gebacken).
ags. hcec n., engl, hack, anord. hak n., schwed. Seit dem 18. Jh. kommt auch schwache Flexion
hak m., dän. hag «Rücken». Etymologisch vor (namtl. bei dem intrans. backen). ABL.
gehört ahd. hach wohl zu air. bacc «Haken, Beck, m. {-en, PI. -en): Bäcker. Nur noch
Hacke, Krummstab», abg. hokü «Seite», vgl. süddeutsch (als Familienname verbreiteter). ,

Zupitza KZ. 36, 234. Eine weitere Anknüpfung Mhd. hecke, ahd. hecko, heccho (in brothbecco).
bei Persson Wurzelerw. 190. Dafür jetzt Bäcker, m. (-S, PI. wie Sg.), im
137 Backpfeife Bagger 138

altem Nhd. Becker. Mhd. (seit dem 12, Jh.) Besuch eines Badeorts. Erst bei Campe 1807,
hecker; dazu asächs. hakkeri, ndl. hakker, ags. mhd. dafür hadevart, älternhd. Badenfart.
hcecere, engl, haker, anord. bakari, schwed. ha- Badestube, f. mhd. hadestube f., dazu anord. :

gare, dän. hager. Davon Bäckerei, f. (1482 badstofa f.

im Voc. theut. y 4^ peckerey). ZUS. Back- Bafel, m.: nutzloses Gerede; wertloses Zeug,
flsch, m.: Fisch zum Backen, aber zu jung oberd. Md. Babel. VieUeicht zu häbheln (s.d.).

zum Absieden: noch unausgewachsenes Mäd- baflf, s. pa/f.


chen (schon 1555 in Bebeis facetiae 393, vgl. bäifen, v. mit schwachem kurzen Tone :

auch Alberus Fab. 40, 129, wo Backfisch für bellen. Spätmhd. he/fen «zanken, schelten,
Baccalaureus gesagt wird). Vgl. EickhoflF widerbellen», ui'spr. aber (wie 1541 bei Fri-
ZfdU. 14, 213 f. Backofen, m.: gewölbter sius 579* und 388^, danach bei Maaler 1561)
Ofen zum Einschieben und Backen von Brot, «bellen» (vom Hund oder Fuchs). Zugrunde
Kuchen usw., mhd. hachoven, hackoven m. liegt die SchaUinterj. baff vom bellenden
Backstein, m. gebackener künsthcher
: Stein Laute des Hundes, s. paff. Auch ndl. baffen
aus Lehm oder Ton, gebrannter Ziegelstein «bellen», mengl. baffen. ABL. bäffzen, v.,
(Henisch 1616). Backwerk, n.: kleines fei- wie häffen (1541 bei Frisius 507* bäfftzen).
neres Gebäck, mhd. hacwerc. Bagage, f.: Reise-, besonders Heergepäck;
Backpfeife, -zahn, s. Backen (nach dem übelbeleumdeten Heerestroß über-
2.

Backschich, n.: neuerer tragen) Gesindel, Pack.


Trinkgeld, in Aus franz. bagage,
Zeil entlehnt aus pers. bachschisch «Geschenk», ital. bagaglio m., das auf dem gleichbed. mlat.
arab. hachscMsch «Trinkgeld». bagagium n. beruht, von mlat. baga f. «Ka-
Bad, n. (-es, PI. Reinigung des sten, Sack», prov. hagua, afranz. hague f.
Bäder):
Köi^persdui-chHineinsteigenin eine Flüssigkeit; «Bündel», span. baga f. «Packseil, Last des
diese Flüssigkeit selbst; Ort mit heilkräftigen Saumtiers» (die vielleicht auf anord. haggi
Quellen und Anlagen zum Baden. Mhd. hat, m. «Bündel, Tracht, Last» zumckzuführen
Gen. hades, ahd. had n.; dazu asächs. had, ndl. sind, s. Johansson KZ. 36, 361, vgl. Pack).
had, ags. hced, engl, hath, anord. had, schwed. Ein um 1600 ganz geläufiges Fremdwort
dän. had n. Altes to-Partizip zu höhen (s. d.); (vgl. Gombert 6, 9), das 1557 bei F. Platter
verwandt ist abg. hanja «Bad», hanjati 281 als hagaie, 1617 im Teutsehen Michel nr.
«waschen, baden». Redensart: das Kind mit 33 als Bagaschi und bei Wallhausen Coi-p.
dem Bade ausschütten «etwas ganzUnbedachtes mil. 131 als Bagage erscheint.
tun. das Gute mit dem Schlechten verwerfen». Bagatelle, f.: nicht zu beachtende Klei-
Daher der Orts- und Landesname Baden, nigkeit. Aus dem gleichbed. franz. hagatelle
eig. Dat. PL, ahd. Badun, urspr. aj hadun f., nach ital. hagatella f. «Kleinigkeit, Ta-
«zu der Warmbädern». Vom Landesnamen schenspielerei», was als diminutive Bildung
abgeleitet das Adj. l)adiscll, wofür auch zu roman. baga (s. Bagage) anzusehen ist,
badenisch, hadnisch; Badner, m. wer aus also eig. «kleiner Pack», dann «Lumperei,
:

Baden auch mit fremder Endung Ba- Kleinigkeit». Im 17. Jh. entlehnt (Fischer 1,
ist,

denser n. Vgl. ZfdW. 1, 60, 366; 3, 102. 575, Beleg von 1611. —
baden, v. Mhd. baden, ahd. hadön-, dazu bägern, v. quälen, plagen (Wieland an :

ndl. baden, ags. hadian, engl, hathe. ABL. Merck 1, 108). Schwäbisch. VieUeicht als
Bader, m. (-s, PI. wie Sg.) wessen Geschäft
: Ableitung zu mhd. bägen, ahd. bägan «streiten,
es ist, eine öffentliche Badstube zu halten und zanken» anzusehen, das ühlenbeck Btr. 20,
(zunächst in dieser) zur Ader zu lassenund 37 zu air. bägim «ich streite», skr. hähate
zu schröpfen, dann auch Bart und Haare zu «drängt, dmckt» stellt; oder aus dem Rot-
scheren. Mhd. hadcere, hader; dazu asächs. wälschen, wo sich pegern «krepieren, tot
hathere. ZUS. Badehre, f.: Schamtuch, machen» (zu hebr. pegei' '< Leichnam») findet

Schürze beim Baden (Wieland 11, 221, schon (daher Schweiz. ?)ei^ere «plagen»), i%YneY Paget'
bei Dasypodius 1537 Badehr; noch Schweiz, «vergiftete Brocken zum Töten der Hunde».
für «Badehemd»). Ehre war in ältrer Zeit Be- Bagger, m. {-s, PI. wie Sg.): Werkzeug
nennung eines Schleiers oder Tuches, mit dem zum Ausschöpfen und -werfen des Sandes
man Gesicht (Keisersberg Postill 3, 46*) oder und Schlammes aus einem Wasserbette. Bei
andre Teile des Leibes (Dasypodius 318° ) sitt- Jablonski 1721 und Frisch 1741 Baggert.
sam verhüllte. Badereise, f.: Reise zum Von baggern, v.: Sand und Schlamm von
139 bah Bake 140

dem Grund eines Wasserbettes (Baar bei Duez, Krämer, Frisch, j5aÄr bei Lud-
ausschöpfen
und -werfen. Dies ist das ndd. baggern, ndl. ZUS. Bahrrecht, n. Art Got-
wig, Frey er). :

baggeren von ndl. hagger f. «Schlamm auf tesurteil, das darin bestand, daß man, wenn
dem Grunde des Wassers», unsichrer Her- der Totschläger unentdeckt war, alle Ver-
kunft. Vgl. Franck s. v. dächtigen an die Bahre treten und den
bah! Interj. der Geringschätzung und Leichnam berühren ließ, indem man glaubte,
Abweisung (bei Voß). Auch pah! (bei Pla- die Wunde fange bei dem Schuldigen an
ten 4, 197). Vgl. franz. hah! zu bluten (vgl. Nibelungen 984 fg.). Bahr-
bähon, V. in Wärme erweichen am tuch, n. Sarg-, Leichentuch, mhd. bärtuoch.
: ; :

Feuer gelind rösten. Mhd. bcßjen, bcen, ahd. Bai, f. (PI. -en): weit in die Breite sich
bäjan, bähan, bäen. Dazu Bad (s. d.), viel- ausdehnender Meerbusen: (mhd. beie, jetzt
leicht zu lat. fovere «wärmen, warmhalten, veraltet) vorspringendes Fenster an den
baden», also aus *bhwe, doch s. Walde s. v. Zinnen. Zugrunde liegt franz. baie, mit bei-
Bahn, f. (PI. -en) gemachte ebene Fläche den Bedeutungen, entsprechend ital. baja
:

zum Fortbewegen auf derselben Linie, Rich- «Bucht, Hafen», alti'om. (bei Isidor) baja
:

tung einer Bewegung. Mhd. hane, ban f. «Bucht, Hafen», wahrscheinlich auf den Orts-
und ban m., dazu ndl. baan f., schwed. ban, namen Bajae zuriickgehend, vgl. Schuchardt
bana, dän.feane (entlehnt). Es gehört vielleicht Btr. 19, 541 ff. Ins Deutsche gekommen aus
zu höhnen (s. d.), dann mit der Grundbed. engl, bay «Meerbusen», vermittelt durch das
«Glätte, glatte Fläche» oder zu einer germ. Ndl. (baeye «Bucht, Hafen» bei Kilian 29^).
Wurzel ban «schlagen», ahd. bano «Mörder»: Ndd.-Hochd. erscheint Bay am Ende des 16.
dann wäre dieGnindbed. «diefestgeschlaffene». Jh. bei Hulsius Schiffahrten 3, 9, daneben
Luther hat ban, bahn; sonst in altern md. früher auch Baye. ZUS. Baisalz (auch Boi-
Quellen oft noch die vollere Form Bahne Salz), n.: Meersalz. Nach engl, baysali, 1546
(z. B. Zesen Helikon L7^, Fleming 342, bei Georg Agricola 484 Baisaliz (im 16. Jh.
-"^

Lohenstein Ibr. 45, Günther 152. 222). ABL. nd. boisolt).


bahnen, v.: Bahn machen, zur Bahn ma- Bajazzo, m. (-s, PI. -s): der gemeine
chen. Mhd. banen, aber bei Luther benen, Lustigmacher umherziehender Spieler und
behnen, wie auch bei den schlesischen Dich- Gaukler. Aus mailänd. pajazz (Chembini,
tern bahnen (noch bei Günther 393, auch voc. milanese-ital. 3, 239''), entsprechend ital.
1775 von Heynatz und 1793 von Adelung pa'gliaccio m. «Hanswurst, Gaukler», eig.
als obd, noch erwähnt), aber 1642 bei Duez «Strohsack», von mailänd. pa;a, iial. paglia f.
bahnen (so auch bei Gryphius Trauersp. 410). «Stroh» abgeleitet, das auf lat. pal ea f. «Spreu»
ZUS. Bahnhof m., Bahnwart, Bahn- zuinickgeht. Bei Campe 1811. Mundartlich,
wärter m. und andre Eisenbahnwörter seit z. B. obersächsisch, Baiatz, Baiäs m.
den 30 er Jahren dieses Jh. Bajonett, n. (-es, PI. -e): Flintenspieß.
Bahre, f. (PI. -n): langes wagerechtes Aus franz. baionette f., urspr. bayonnette,
Gestell zum Tragen für zwei oder mehr weil (im 16. Jh.) zu Bayonne in Südfrank-
Personen; besonders ein solches Gestell, den reich erfunden. Noch im 17. Jh. entlehnt.
Sarg zum Grabe zu tragen: (daher, aber Bake, f. (PI. -n): sichtbares Schiffer-
selten) Sarg, z. B. bei Schiller Räuber 4, 6. zeichen zu Anfurt und Hafeneinfahrt oder
Mhd. bare, ahd. bära f.; dazu ndl. baar, ags. zur Warnung vor Untiefen. Das ndd. bake
bare, beer f., engl, bier, schwed, bar m,, dän. f., ndl. baak f., entlehnt aus fries. baken n.,
baare; mit abweichendem Vokal anord. harar dazu asächs. bökan «Zeichen», ags. beacen n.
PI. (weitergebildet auch in engl, barrow und «Zeichen», engl, beacon «Bake, Signalfeuer,
ndl. berrief.) «Bahre»; eine 3. Vokalstufe zeigt Leuchtturm», ahd. bouhhan, mhd. bouchen n.
bayr.-schwäb.-alem.-hess. bere (daher franz. f. «Zeichen, Signal» (noch jetzt Schweiz. ^awcA^,
biere). Gehört zu got. bairan, ahd. beran böche m. «Boje»), das wohl zu gr. iriqpaucKeiv
«tragen» (s. gebären), wie lat. feretrum n. ein Zeichen geben» ge-
«erscheinen lassen,
«Bahre» zu dem entsprechenden /erre« tragen», Schon im Anfang des 17. Jh. auch
hört.
vgl. die gleichartige Bildung in aind. bhärns m. im Hochd. (Wallhausen Corpus mil. S. 107
«Bürde, Last» und auch wohl in lat. feralis hat Fewerbqacken, Stieler 1691 Bahk «pha-
adj. eig. «zur Bahre, zum Toten gehörig». Bei rus»). Der Wechsel des Geschlechts erfolgte
Luther bare; sonst im altern Nhd. oft ohne e vom Plur. aus (wie bei Wolke, mhd. wölken n.)
141 Bakel Balg 142

Bakel, m. (s, PI. wie Sg.): Schulstock schaft mit Bild, Bohle, engl,
hill usw. vor-

zur Züchtigung. In der Schulsprache aus lat. liegt und von


mit der Bedeu- eiiier W. hei
baculus m. «Stock». Bei Krämer 1618 Backel. txmg «hauen» auszugehen ist. Das Adv. mhd.
baken, v.: schlagen, z. B. Flachs nach holde, ahd. haldo bedeutet «ungestüm, keck-
dem Dörren, Gerste usw. (Brockes 7, 571). lich lind schnell, sogleich». ABL. Bälde f.
Aus mnd. hohen «klopfen, schlagen». (in Bälde «sogleich»). Der Form nach dem
Bakkalanreus, m.: Gelehrter des nie- mhd, beide, ahd. haldt, got. balpei f. «Kühn-
drigsten akademischen Grades. Mit Anleh- heit, Zuversicht, Dreistigkeit» entsprechend,
nung an laureits «Lorbeer» umgedeutet aus in Wirklichkeit aber Neubildung zu bald
mlat. haccalarius «Ritter, der einem andern (nach Heynatz 1796 nur in obd. Schriften).
untergeordnet ist. Knappe», dann «Inhaber baldig, adj. Schon 1420 (Schröer Voc. 2159)
der dem Doktorgrad untergeordneten aka- baldig «sich überstürzend, schnell», als Ersatz
demischen Würde» (1420 haccalerer Diefenb. des erst in der neuern Sprache
Adj. bald
64 ^'j 1482 im Voc. theut. cS''' haccalari, «halb- Adelung 1793 noch beanstandet.
üblich, von
meyster der freyn kunst»), woher franz. Baldachin, m. {-s, PI. -e): Trag-, Thron-
hacheliei' «Edelknappe, Bakkalaureus», engl. himmel. Mhd. haldekin m. ist kostbarer, sei-
harhelor «Junggeselle, Bakkalaui-eus». ABL. dener, mit Goldfäden durchwirkter Stoff,
Bakkalaureat, m. Wüi-de des Teppich von Baldac, entsprechend mlat.
{-es, PI. -e):
Bakkalaureus. 1520 bei Luther christl. Adel baldakmus, ital. baldacchino. Baldac, ital.
L -3
'^
Baccalariat. Baldäcco, ist aus arab. Bagdad entstanden,
balancieren, v.: das Gleichgewicht hal- dessen Seidenstoffe berühmt waren. Die nhd.
ten. Aus dem gleichbed. franz. halancer, von Bed. daraus, daß die Thronhimmel mit sol-

halance f., chen Seidenstoffen bedeckt waren, sie kommt


mailänd. venetianisch span. halanza
f. «Wagschale, Gleichgewicht, Schwebe», eig. schon im 14. Jh. vor (s. Diefenbach-Wülcker
«Wage», mit Übergang des ursprünglichen S. 152), das der ital. Form angenäherte Bal-
i in a (wie denn noch ital. hilancia f. «Gleich- dachin aber erst im 17. Jh.

gewicht, Wage») hervorgegangen aus dem Baldrian, m. (s, PI. -e): das Katzen-
Akk. Sing, hilancem von lat. hi-lanx «zwei ki-aut. Mhd. baldrian, mit Einschiebung eines
Wagschalen habend». S. auch Bilanz. d aus dem mlat. Namen der Pflanze, Vale-
Baibier, s. Barbier. riana f., hervorgegangen. Im 15. Jh. finden
Balche, s. Belche. sich die deutschen Namen katzenkrüt, katzen-
bald, (dichterisch wie älternhd. auch) bal- lieh, weil die Katzen dem Wasserbaldrian
de, adv. (Komp. hälder, Sup. häldest): ohne (Valeriana officinahs) des Geruches wegen,
Aufenthalt; in kurzer Zeit: in kurzer Ent- der dem des Katzenharns ähnelt, nachgehen.
fernung; beinahe; ohne Mühe. Gebildet vom Balduin, s. bald.
Adj. mhd. halt (Gen. haldes) «rasch, schnell» Balg, m, {-es, PI. Bälge): aufgeschwellte
und (ursprünglicher) «külm, tapfer, freimü- Fruchthülle; abgestreifte (aber nicht abge-
tig, dreist», ahd. hat fast nur diese Bedeu- zogene) Tierhaut; (ehedem auch) Menschen-

tungen, ebenso asächs. hold-, dazu noch ndl. haut, (dann verächtlich, auch als n. mit dem
houd (aus *hald) «trotzig, frech», ags. heald, PI. Bälger) Mensch, besonders unzüchtige
bald, engl, bohl, anord. ballr «kühn, tapfer, schlechte Weibsperson, böses Kind (1564
frech», got. *balps (im Adv. balpaba «kühn, bei Glaser Gesindteufel E6^): schwellendes
dreist»). Hierher der des westgotischen Geräte zum Windausstoßen.
Name Mhd. hole m.
Adelsgeschlechtes der Balthae, d. i. got. hal- (Fhbelge) «Blumenhülle, Hülse, Haut, schlech-
ßai und des Gottes anord. Baldr, ahd. Paltar tes Weibsbild», ahd. bälg (PI. belgi) m. «Ge-
(vgl. ags. bealdor, anord. haldr m. «Fürst»), treidehülse, Haut, Blasebalg»; dazu ndl. balg
auch der Eigenname Balduin, mhd. Balde- m., ags. hcelg m. «Balg», engl, belly «Bauch»
win, dessen zweiter Teil mhd. wine, ahd. und bellows PI. «Blasebalg», anord, belgr m.
wm «Freund, Geliebter» ist, «kühner, schnel- «Balg» fauch auf Menschen angewandt),
ler Freund» (im Tierepos der Name des schwed.-dän. bälg «Balg», got. balgs m. (PI,
Esels). Verwandt ist nach einigen lit. hältas balgeis) «Schlauch». Zu dem Verbum ahd.
«weiß», danach als Grundbed. wohl «licht, belgan «aufschwellen», meist (refl.) «aufge-
hell, offen, freimütig» anzunehmen. Vgl. aber bracht, zornig sein», wie mhd. ndl. beigen,

Meringer IF. 18, 285, nach dem Verwandt- asächs. belgan, ags. belgan, anord. Part. Prät.
143 Balge Ballast 144

holginn «geschwollen». Vgl. auch Polster. ^Ball, m. (-es, PI. Bälle): kugeli-under
Verwandt m. «lederner Schlauch, Körper. Mhd. bal (Gen. balles), spätahd. bal
ist lat. follis

Blasebalg», gall.-lat. bulga f. «lederner Ean- (häufiger in arsbelli PI. «die Hinterbacken,
zen», irisch holg «Blasebalg», altir. holgaim der Hintere»), daneben das schwache M. mhd.
«schwelle», preuß. po-halso «Pfühl», halsinis balle, ahd. hallo (s. Ballen), aus dem aber
«Kissen», slov. Uazina «Federbett», serb. hla- hervorgegangen ist, das vielmehr
hal nicht
zina «Kissen, Polster», aind, harhü n. «Opfer- nach anord. böllr m. «Kugel, Hode», schwed.
streu», upa-barhanam n. «Decke, Polster». boll, dän. hold «Ball» m. als M-Stamm (got.
Vgl. Meringer Wiener SB. 144, 6 S. 102. ABL. *ballus) anzusetzen ist. Verwandt ist noch
halgeUf V.: den Balg abziehen. Refl. sich Bolle (s. d.) und gr. qpaWöc, air. ball «mem-
bälgen: die Haut oder Hülse von sich ab- biTim virile». Weiteres bei Johansson PBr.
gehen lassen. Btr. 15, 225, Walde s. v. follis. Franz. balle,
Balge, f. (PI. Waschkübel.
-n): Aus ital. balla f. «Kugel», ist aus dem Deutschen
dem Ndd. halje, mnd. hallye, bälge «Tonne, (ahd. balla f. neben hallo ra.) entlehnt. ZUS.
Kufe, Schöpfgefäß», mit ndl. balie f. «Zuber», Ballspiel, n.: Spiel mit dem Ball. Zu An-
schwed. balja f. «Eimer», entlehnt aus franz. fang des 15. Jh. ballespil. Davon Ballspieler,
haille f. «Kufe», und dies wohl aus bret. bal m., 1482 im Voc. theut. palspiler.
dss., vgl. Hatzfeld-Darmsteter. ^Ball, m. (-es, PI. Bälle) Tanzfest. Schon :

balgen, v.: (veraltet, noch in obd. Mund- mhd. vereinzelt für den mit Ballspiel ver-
arten) zornig reden, zanken. Reü.sicA &. «ringend bundenen Reigen (Athis 105, 94), in der
und zerrend die Leibeskraft aneinander ver- jetzigen Bed. im spätem 17. Jh. eingedrungen
suchen» (bei Luther). Gebildet von dem (Stieler 1691 verzeichnet das Wort als N.,
älternhd. Balg m.: «Streit, Zank, Handge- als M. wird es z. B. gebraucht von Hagedorn
menge» (Fleming 112), zu beigen «zornig sein» Oden 133). Aus ital. hallo, franz. hal m. «Tanz»
(s. Balg). ABL. Balger, m.: Zänker, Raufer von ital. ballare, afranz. baller «tanzen» Dies
(bei Fischart Nacht Rab V. 1496). Davon ist wahrscheinlich von germ. ball (s. ^Ball)
Balgerei, f. (Fischart Garg. 306). abgeleitet, da im Mittelalter das Ballspiel ein
bälgen, s. Balg. nait Gesang und Tanz verbundenes Spiel war.

Balken, m. (-s, PI. wie Sg.) mittelst der Andre knüpfen an das in Großgriechenland und
:

Säge oder Axt bearbeitetes Stück Bauholz, Sizilien übliche gr. ßaWiceiv «tanzen, hüpfen,
sowie diesem Ähnliches. Mhd. balke, ahd. springen» (von ßdWeiv «werfen») an.
balko, balcho; dazu asächs. balko, ndl. balk, Ballade, f. (PI. -n): mit lyrischer Emp-
fries.-ags. halca m., engl, balk und (mit ab- findung erzählendes Gedicht. Aus franz. hal-
weichender Ablautstufe) anord. bjalki m., lade f., das auf prov. balada, ital. ballata f.

schwed. bjälke, dän. bjelke m. «Balken». Hier- «Tanzlied» beruht, dem substantivisch ge-
her auch ags. bolca m. «SchifFsgang», viel- setzten F. des Part. Prät. von ital. ballare
leicht auch Bohle (s. d.). Zu gr. cpäXajl «tanzen» (s. Nach dieser Bed. bei
^Ball).
«Holzstamm, Glied», lat. sufflämen aus *sub- Fischart Garg. 304. Der jetzige Begi'iff ist
flägmen «unter das Rad gelegter Balken», nach dem Vorbilde der englischen und schot-
lit. balz'ena «Längebalken an der Egge», russ. tischen ballads geltend geworden, aus denen
boJozyio «großes Brett», ai. bhunjäu «Schnitz- Bürger und andre schöpften.
bank». Vgl. Walde s. v. und unter
Bällast und Balläst, m. (-es): Unter-
fulcio.
Im Got. dafür ans m. Die urspr. schwache ladung im Schifte, damit es im Gleichgewicht
Flexion ist nhd. der starken gewichen; doch bleibe und tiefer gehe; Untaugliches und
älternhd. noch Balke (Freyer 263), Balk. Überflüssiges (eig. über Bord zu Werfendes).
Balkon, m. (s, PI. -e): erhöhter Balken- Aus ndd. ndl. bailast m., woher auch engl.
vorsprung am Hause, zu Austritt und Sitz hallast, schwed. barlast, dän. haglast m. «Bal-
im Freien. Nach ital. balcone, venezianisch last». Die Formen des Schwed. und Dän.
und paduanisch wie franz. (entlehnt) balcon m., beruhen auf einer Ausdeutung des Wortes;
gebildet aus ahd. balko m. «Balken», mlat. barlast (früher auch im Ndd.) als «bare, bloße
Im 17. Jh. entlehnt. Last» (im Gegensatz zur eigentlichen Schiffs-
balco (Gen. balconis).
^Ball, m. Anschlag der Jagdhunde. ladung) gen9mmen, haglast (hag
{-es) : ist ndl. =
Weidmännisch. Spätmhd. bal (Gen. balles) m. hak, schwed. back «hinter», vgl. ^Backen) als
\

«Gebelle, GekläÖ'e», zu bellen. «Hmterlast, Last hinter oder unter der eigent-
145 Bailei Balz 146

liehen Ladung. Mhd. sagte man bloß last m. ,


Luftballon. Aus franz. hallon nach ital. hallone
Falls hol- ursprünglich ist, so zu m., dies mit der Vergrößemng ausdrückenden
ist dies '

ndd. ndl. hol-, asächs. talii-, ags. bealu-, ahd. Endsilbe von halla f. (s. -Balt).
,
Schon im
halu-, got. halwa- (in Zusammensetzungen) 16, Jh. ndl. halloen, palloen (Küian 695 '*) und
'

«schlecht» zu stellen, also «schlechte, gering- am 1600 auch hochd. z. B. 1616 bei Henisch
wertige Last» (im Gegensatz zui- wertvollen und 1618 bei Schönsleder D 7^ (als Ballon
Schififslast).Hochd. erscheint das Wort schon bei Fleming 117).
:

in frühnhd. Glossaren (im md. Voc. ex quo, ballotieren, v.: mittelst Stimmkugeln
auch 1501 im Voc. opt. Aa 3^), in der Lite- wählen. Aus dem gleichbed. franz. hallotter.
ratur seit Anfang des 17. Jh. (vgl. Hulsius von hallotte f. «Stimmkugel», dem Dim. von
\

Schiffart 9, 15). halle f. «Kugel, Ball».


, Bei Duez 1664 in der
Bailei, f. (PI. -en): ein Ordensbezirk der Bed. «Ball spielen», in der jetzigen bei Adelung
deutschen Ritter. Mhd. hallte aus mlat. hällia 11793 (Schweiz. Id. 4, 1156 Beleg von 1610).
neben halliva,halHviat, «Bezirk eines hallivus» Ballspiel, s. -Ball.
I

d. i. dem Rechtspflege und Yerwallung eines Balsam, m. (-s, PI. -e): wohlriechender
\

Bezirkes, einer Stadt usw. übertragen ist. Dies Saft aus destillierten Ölen; Wohlgeruch;
i

hallivus (franz. hailli, ital. halivo) m. kommt linderndes Heilmittel. IVIhd. haisame, balsem,
j

von mlat. hälius m. (d. i. hajulus) «Träger, ahd. balsamo m., entlehnt aus gr.-lat. halsa-
Geschäftsträgei-, Vorsteher, Vormund». mum, gr. ßdXcaiuov n. «Harz des Balsam-
Ballen^ rn. (-s, PI. wie Sg.): rundlicher an- baumes». Dies stammt aus arab. hasäm,
einander haftender und meist weicher Körper halsam «Balsamstrauch». Got. halsan n.
(mehr mimdarthch) Spielball (Goethe 11, 22); Balsam» zeigt auffallendes n. ABL. bal-
<!;

rundliche Erhöhung an Hand und Fuß bei sanien, balsamieren, v., mhd. halsemen,
Menschen und Tieren; in einem Umschlag halsamieren. Balsamine, f. das Springkraut, :

zusammengepackte Masse; Maß einer Wareu- impatiens noli tangere, das zu einem Wund-
masse, z. B. ein B. Papier =
200 Buch. Mhd. balsam dient. Aus nlat. halsamina, das auf
halle m., ahd. hallo m. und halla f. (daher gr. ßa\ca|Liivri f. «Balsampflanze» beraht, bal-
franz.halle, s. -Ball). Die m-sprüngliche samisch, adj., bei Stieler 1691.
schwache Flexion ist im Nhd. der starken baltisch, adj.: die Ostsee betreffend, im
mit dem X. Sg. auf -en gewichen. 16. Jh. Zu lat.-germ. Baltia (Plinius 4, 13,
ballen, v.: zu einem Balle machen. Mhd. vgl. Belt).
halleyi. Meist refl. sich hallen. Balustrade, f. (PI. -n)-. Brustlehne, Ge-
Ballett, n. {-es, PI. -e): Schautanz auf der länder. Aus gleichbed. f)-anz. balustrade, ital.
Bühne. Aus ital. haletto m., dem Dim. von halanstrata f., von franz. halustre, ital. ha-
hallo m. «Tanz, Tanzfest» (s. '^Ball). Im Anfang laustro m. «Geländersäule», und dies von mlat.
des 17. Jh. gebraucht, z. B. 1609 bei Gödeke halaustium, gr. ßaXaucTiov «Blüte des wilden
Grundr. ^ 2, 61, ^'"r. 17 und bei Weckherhn. Granatbaumes», nach der ähnlichen Form auf
ballhornisiereii, besser verhallhornen v: die Verzierung des Geländers übertragen.
(eine Schrift) durch vermeinthche Verbesse- Im 18. Jh. (1778 bei Amaranthes ^ 1, 316.)
rungen verschlechtem, verschlimmbessern. Balz, f., seltener m. Begattung des größern :

Das Wort kommt von dem Namen eines vom Federwildes; Ort und Zeit der Begattung.
Jahre 1531 an tätigen Buchdruckers zu Lübeck balzen, v. sich begatten, vom größern Feder-
:

(nach Schuppius Schriften S. 588 zu Soest wilde, als Auer-, Birk-, Haselgeflügel, Fasan,
in Westfalen) Johann Ballhorn, der in einem Kranich, Schnepfe usw. Daneben Falz, falzen
Abcbuche, das er oft herausgab, mancherlei (s. d.). Mhd. erscheint halze m. als Ort, wo
ungeschickte Veränderungen anzubringen und das Federwild sich zu begatten pflegt (im
auf dem Titel beizufügen pflegte «vei'mehrt Salbuch des Klosters Engelthal in der Wetterau
und verbessert*, «auctior et cori'ectior», wes- ame hanen haltzen, in einer
1340 der Flurname
halb er im 17. Gerauer Urkunde v. J. 1355 bei Baur hess.
Jh. allgemein sprichwörtlich
war. hallhornisieren zeigt die undeutsche Urk. 1, 425 vf den haltzen). Unsichrer Her-
Endung -isieren, franz. -iser. kunft. Die Ableitung von it. halzo «Sprung»,
Ballon (spr. Ballung), m. {-s, PI. -s): halzare «hüpfen» wäre der Bed nach mög-
großer Ball, zum Schlagen usw.; mit Luft lich, doch wii'd halzare nie von der Begattung
gefüllter Ball zum Aufsteigen in die Luft, der Vögel gebraucht, auch bleibt dabei die

Weigaud, Deutsches Worte rbnch. 5. Aufl. 10


'';!

147 Bambus Bandit 148

Nebenform Falz unerklärt. mit -Band, n. {-es), PI. Bänder und (in der
Vielleicht
der urspr. Bed. «klopfen» zu von Bed. Fesseln) Batvde: was zum Binden dient,
dem 2. Teil
nid. aanheld, mnd. anebelt, anibolt «Amboß» Bindungsmittel, eigentlich wie bildlich; Bin-
zu stellen {Falz zu dem gleichbedeutenden dungsmittel um Glieder des Gefangenen;
ahd. anafalz, ags. on/ilt, engl, anvil). Vgl. langes, schmales Gewebe zum Binden. Mhd.
ZfdPh. 38, 521. bant (PI. bant und bender, md. bände), ahd,
Bambris, m. (Gen. wie Nom. und Bam- bant n. (PI. bant und bentir): dazu asächs.
Bambusse) ost- und westindisches band (in höbidband «Diadem»), ndl. band m.,
busses, PI. :
j

Knotenrohr zu Spazierstöcken; der Spazier- afries. band n., engl, band, anord. band n.,
stock davon. Aufgenommen zunächst aus (PL band), schwed. band n., dän. baand n.
ndl. hamboes m., dazu franz. baniboii, engl. Zu binden. Mit andrer Ableitung got. bandi
baniboo, span.-portug. bamhu, aus dem gleich- 1
f., afr. bende f., ags.-engl. bend.
bed. malayischen bambü. Im 17. Jh. entlehnt Bandage, f. Bandäsche, PI. -n):
(spr.

(Belege von 1668 und 1686 bei Gombert Verband einer Wunde. Aus franz. bandage f.

6, 10). von bände f. «Binde, Band, Streif», das auf


bammeln, herabhangend hin- und her- das deutsche Band zuräckgeht.
v,: Bei Spe-
schwanken. Dafür auch bambeln (Maaler rander 1728.
^
MüUer 1, 165) und pampeln (Luther 3, 374^ Bande, f. (PI. -n): Rand (Einfassung),
\

Jen. und Mathesius Sarepta 73^ und 144*), z. B. einer Billardtafel. Aus franz. bände f.

das man au.flat.pam2nnus, mlat. auchpampilus (s. Bandage).


m. «Rebschoß, Rebranke», älternhd. pampel, Baude, f. (PI. -n): zu einem Zwecke
banipel m. zui-ückgeführt hat. Es ist aber in Verbindung stehende Personen, mit dem
wohl eher lautnachahmend neben bimmeln, Nebenbegriff des Gemeinen und Schlechten. Im
bummeln, baumeln, vgl. auch bimbam! Krämer 18. Jh. aus franz. bände f., ital. banda f., hier in
1678 verzeichnet bammelen neben bommelen. der Bed. «Schar», die auf die von «Fahnen-
bamsen, v.: (das Fell) durchklopfen. Nicht streifen, Fahne» zurückgeht (vgl. Fähnlein).
identisch mit wamsen (s. d.), sondern geht Schon langobard.- mlat. bandum (bei Paulus
auf mhd. bambas, bams (Grermania 23, 308) Dia Conus 1, 20 quod vexillum bandum apel-
!

«dickes, haariges Fell an einem Sattel» zu- lant), auf dem deutschen band (nach andern
rück (Frisch 1, 54^). auf got, bandtva f. «Zeichen», das wohl zu
banal, alltäglich
adj.: gemein. =
Aus gr. qpttivuj aus *<pay7"iu «scheine, zeige», ge-
franz. banal«der Zwangsgerechtigkeit unter- hört) beruhend. Im 16. Jh. erscheint (mit
worfen, jedem zugänglich, (von Reden) ab- Anlehnung an Band) Bände PL «Truppen-
gedroschen», beruhend auf mlat. bannalis massen», bei Henisch 1616 Bande als ^fänlin,
«dem Bann unterworfen», von bamius m., bände reufers». Vgl. Banner, Panier.
das das deutsehe Bann (s. d.) Bandelier, n. {-s, PL -e): Schultememen,
zur Grund-
lage hat. Erst um Wehrgehenke. Aus franz. bandouliere, it.
1800 auftretend (Goethe
29, 85). bandoliera f., und diese aus span. bandolera f.
Banane, f. (PI. -n): Paradies-, Adams- Am Anfang des 17. Jh. auftretend, z. B. 1616
feige. Aus franz. banane, engl.-span.-port. bei Wallhausen Kriegskunst zu Pferd 38.
hanana, dem eine afrikanische Benennung zu- bändig, adj.: durch das Band, urspr.
grunde liegt. Als Bananas 1595 bei Hulsius die Hundekoppel, festgehalten, (Günther 298),
Schiffart 1, 24, Bonanas bei Münster Cos- mhd. bendec. Jetzt nur noch in unbändig.
mogr. Asien Kap. 106. ABL. bändigen, V.: durch ein Band zwingen,
Banause, m. (PI. -en): handwerksmäßig durch Kraft bemeistern. Bei Henisch 1616.
Arbeitender, gemein Denkender. Aus gr. Bandit, m, {-en, PL -en): Straßenräuber,
ßdvaucoc adj. «handwerksmäßig, gemein». Um Meuchelmörder. Aus ital. bandito m., aus
1800 aufgekommen, vgl. ZfdW. 5, 257. ABL. mlat. bannitus «Verbannter», Part. Praet.
banausisch, adj. von ital. bandire, mlat. bannire «des Landes
'Band, m. {-es, PI. Bände): zusammen- verweisen», eig. wie mhd. ze banne tiion
zubindender Teil eines Schriftwerkes; Buch- «in den Bann tun» d. i. vogelfrei erklären.
schale, Einband. Abgezweigt von Band n. (Andre verbinden bandire mit got. bandwjan
(unter ndd. Einfluß, mnd. bant m.) und zu- «ein Zeichen geben» von bandwa f. «Zei-
erst bei Duez 1664 verzeichnet. chen», also eiw. «durch Ruf ein Zeichen
149 Bandmesser Bankeisen 150

geben», dann «entbieten, vor Gericht laden, ziehen u. dgl. bei Keisersberg, 1574 bei Hö-
Es zeigt sich zuerst niger Narrenschiff 113^ au ff die lange hanck
verui-t eilen, bannen»).
in der Bed. «Verbannter» in schweizerischen sparen «auf die Gerichtsbank, die lange Bank-
Quellen f Schweiz. Id. 4, 1282 mit Beleg von tiTihe, in der man die Akten verwahrte, zu-
1517, auch bei Frisius und Maaler verzeichnet lücklegen, den langen Weg Rechtens gehen
|,

seit Ende des 16. Jh. allgemein. Die Bed. lassen», dann «lang aufschieben überhaupt»:
«Verbrecher, Straßenräuber» tritt nebenbei von der B. fallen, sowohl «mit einer Frauens-
hervor (z. B. bei Fischart Binenkorb 230, person ein uneheh dies Kind zeugen», als auch
Zincgref 1, 356) und verdrängt später völlig «unehelich geboren werden» s. Bankert, die
die m'spriingliche Bed., die sich aber bis Bank hier im Gegensatz zum Ehebett;
ins 18. Jh. erhalten hat. sich hinziehende seichte Sandstelle im Meer;
Bandmesser, n.: handbeilartiges Messer Tisch oder Gestell zu gewerblichen Zwecken
zum Behauen der Faßbänder (Reife). Bei (daher die Redensart durch die B. ziehen,
Henisch 1616. eig. durch die Hechelbank, wie durchhecheln
Bandwnrm, m. : ein langer, weißer Ein- «lästern», bei Schupp 535): Fleischertisch,
geweidewurm mit vielen Gelenken, der die das Fleisch zum Verkauf auszulegen (daher
Form eines Bandes hat. Bei Adelung 1774. die Redensart zur B. hauen «öffentlich zer-

bang, l)ange (Komp. bänger, Sup. hängst hauen, nichts Gutes an jemand lassen», bei
auch banger, bangst), adj. und adv.: be- Luther) Brustwehr eines Walles (spätmhd.),
:

engendes, beklemmendes Gefühl habend. daher über B. schießen, wenn keine Schieß-
Mhd. md. Quellen) bange, aber nur scharten in der Bnistwehr sind (1757 in
(in'
als Adv., aus be-ange, dessen ange das Adv. Eggers Kriegslex. 1, 216). Mhd. banc m. und f.
von enge (s. d.); dazu mnd.-ndl. bange. (PI. henke), ahd. banch m. (PI. henchi); dazu
Auch Luther gebraucht bange nur als asächs. bank, ndl. bank, afries. benc, ags.bencf.,
Adv., das sich später auch im Obd. ver- engl, bench. anord. bekkr m., dän. bänk. Das
breitet. Die schlesischen Dichter verwenden M. ist noch jetzt im Schwab. -Alem. üblich
das Wort dann auch als Adj. (wie schon (darnach Mörike 2, 222). Dunkler Herkunft,
früher im Ndd. übUch), und so wird es schon vielleicht mit der Gnindbed. «Erhöhung» zu
.von Krämer 1678 aufgeführt. ABL. Bange, anord. hakki, schwed. backe, dän. hakke m.
f., mhd. (md. bange m., auch benge, d. i. ahd. «Hügel» zu stellen.
) Vgl. aber Meringer
bengt f. bangen, v. «bange machen: bange Wiener SB. 144, 6, 97.
:

werden», dies auch unpersönhch mir (mich) ^Bank, f. (PI Banken): öffentliche Kasse
bangt. Mhd. bangen in beiden Bedd., später für den Geldverkehr: das Gebäude dieser
aber verloren gehend und erst durch die neuere Kasse der Spieltisch und das ausgesetzte Geld
:

Dichtersprache wieder aufgekommen. Ade- des Spielhalters im öffentlichen Geldwagespiel.


lung 1793 kennt nur sich bangen («in einigen Aus ital. hanca (daraus franz. hanque f.), das
gemeinen Mundarten»), erst Campe 1807 hat auf das deutsche Bank (vgl. mhd. ivehsel-
hangen. Dies scheint durch Wieland einge- banc m. «Tisch des Wechslers», in gleicher
führt, der es im Oberen in der Bed. «zagen» Bed. auch bloß banc m., Schweiz. Id. 4, 1383
und (nach etwas b.) «sehnsüchtig sein» ver- von 1409) zui-ückgeht. Bei Henisch 1616. Da-
wendet. Bangigkeit, f., spätmhd. CBech neben wurde auch ital. banco m. entlehnt in
Germania 18, 260) bangekeit, bänglich, adj. der Bed. «Wechselbank, öffentliche Geldnieder-
und adv., mhd. bängliche, nm* adv. lage», dann auch «^lünzfuß», nach dem bei der
Bangert, m. (-s, PI. -e): angelegter Obst- Geldbank gerechnet wird (daher hamburgisch
baumgarten. Mit Übergang des m, in n aus Mark Banko). Banco «Bank» noch im
mhd. boumgarte m. Vgl. Wingert. Schelmufsky 61 und bei Ludwig 1716.
;

Banier, s. Panier. Bankbrnch, m., eine von Campe 1795


i

^Bank, f. (PI. Bänke): langer erhöhter vorgeschlagene Verdeutschung von Banke-


Sitz (daher die Redensarten: durch die B. rott fs. d.). Das abgeleitete Adj. bank-
ohne Unterschied, nämlich der Daraufsitzen- brüehig wird schon im 16. Jh. bei Fischart
den, schon mhd.; unter der B. liegen, als Garg. 78 gebraucht.
verachtet (16. .Th.): auf die lange B. schie- Bankeisen, n. Eisen zur Befestigung einer
'

ben, im 17. Jh. bei Leibniz Unvorgreifl. Bank, dann auch eines Gestelles, Schrankes
Gedanken § 109, wie uf die langen hanck usw. an die AVand. 1741 bei Frisch.
10*

151 Bänkelsänger Banner 152

Bänkelsänger, m. (s, PL wie Sg.): dann bei Hans Sachs Fastn. 8, 346, Franck
wandernder Sänger oder Dichter, der zur Weltb. 131. ABL. bankettieren, v.: fest-
Belustigung vom Bänkel aus dem Stegreif lich schmausen (hancketieren Franck Chr. 85,

singt oder dichtet. Bänkel ist mundartliches hanckatieren Waldis 4, 96, 59, dafür bei
(südd, oder ost-md.) Dim. von Bank. Nach Luther 4, 440^ Jen. und im 15. Jh. bei
ital. cantamhanco d. i. canfa im banco «sing Ehingen Reisen 27 fg. mit deutscher Endung
auf der Bank!» Wohl im 17. Jh. gebildet, hancketen). Nach franz. hanqueter, ital. han-

da nach Gombert 7, 11 schon 1709 Bänk- chettare.


leinsänger in übertragener Bed. (Neukirchs Bankier, m. (-s, PL -s): Lihaber einer
Sammlung 6, 343 die gelehrten Bäncklein- Bank (s. Bank^), Wechsler. Bei Henisch
Sänger); Bänkelsänger zuerst 1730 bei Gott- 1616 als Banckier verzeichnet.
sched crit. Dichtkunst 13. 75. Banknote, f. (PL -n): schriftlicher, über-
Bankerott, Bankrott, m. {-es, PI. -e): all zahlbarer Schein (Note) einer Geld-,
öffentlich erklärte Zahlungsunfähigkeit zum Wechselbank, der statt baren Geldes dient.
Verluste der Gläubiger. Aus ital. hanco rotto Erst bei Adelung 1774.
(rotto aus lat. ruptus «gebrochen») m. oder banko, s. Bank.
banca rotta f, franz. hanqueroute f. (daher Bann, m. (-es, PL -e): Gebot oder Ver-
die Form Bankrutt); der Name deshalb, bot unter Strafandrohung (z.B. der Heerh.
weil dem zahlungsunfähigen Wechsler auf dem «Einberufung zum Heere»), sowie diese Strafe
Foro (öffentlichen Gerichtsplatze) sein Wechs- selbst (z. B. der Kirchenh. «Ausschluß aus
lertisch (Wechselbank) zerbrochen wurde. der Kirchengemeinschaft»); dem geistlichen
In der 1. Hälfte des oder weltlichen Richter ausschließlich zu-
16. Jh., zunächst in
ital. Form (z. B. bei Hans Sachs Fastn.
stehende Gerichtsbarkeit (z. B. der Bluth.
78,
2A:2 panca rotta, 1533 bei .Weller Dichtungen «Recht über Leben und Tod»), sowie deren

des 16. Jh. 97 hanckarotten spilen), eingedrun- Bezirk; abgegrenztes, gehegtes Gebiet; (über-
gen; Henisch 1616 hat auch Banckerott. tragen) Zwang, Fessel. IVIhd. han (Gen.
Daher bankerott, bankrott, adj.: öffent- bannes), ahd. han m.; dazu asächs. han, ndl.
lich zahlungsunfähig, 1741 bei Frisch. ABL. han, afries. hon, han, ags. bann, engl, bann
Bankerottierer, Bankrottierer, m. wer «Aufgebot, Bann», : anord. (entlehnt) bann n.
Bankrott macht. Bei Pischart Garg. 186, «Verbot, Exkommunikation», schwed. &awn n.,

während 1562 bei Mathesius Sar. 224^ mit dän. ba7id. Von ban-
Mlat. bannus, banmmi.
deutscher Endung Panckerotter , 1540 im nen, V.: den Bann ausüben und mit dem
Edikt Karls V. an die Plauderer a 3 Bancka- Banne belegen (in allen Bedd. des Subst.).
'^

rotter. Vom V. hayikerottieren (l572beiFischart Mhd. bannen (Prät. bien)^ ahd. hannan; dazu
Prakt, Großm. 14), woneben mit deutscher ags. hannan, anord. (entlehnt) banna. Ins
Endung 1616 bei Henisch hanckerotten. Mlat. entlehnt bannire, woraus franz. bannir,
Bankert, m. (-s, PI. -e) unehliches Kind, wohl auch ital. hanäire (s. Bandit). Ver-
-.

eig. auf der Bank (nicht im Ehebett) erzeugtes. wandt ist anord. bön f., «Bitte, Gesuch»; man
Spätmhd. hankart, hanchart, dessen -hart von vergleicht noch gr. qprmi, cpäcKiu «sprechen»,
Eigennamen wie Geh-, Reinhart übertragen lat. färi, fämim, fäbula, arm. han «Wort» (nn
ist, älternhd. hankart. Vgl. ndl. hankaard. in hannan müßte dann Präsenssuffix aus —
Alternhd. kommt auch Bank- nu-, nw
in gleicher Bed. sein). Im Germ, wäre das Wort
kind, Bänkling, Bankhein (Lessing 1, 212) auf feierliche Aussprüche von priesterlicher
vor, vgl. auch mlat. scamnifex «spui-ius» (zu oder richterlicher Stelle aus beschränkt.
scanmum n. «Bank») und Fastnachtssp. 250, Auch an Zusammenhang mit got. handwa f.
32 mein vater machet mich auf einer penk. «Zeichen», wofür ital.-span. ban(?o m. «Aufge-
S. Bastard. bot, Bann», ital. bandire «entbieten, bannen»
Bankett, n. (-es, PI. -e): festliches Gast- (s. Bandit) sprechen könnte, läßt sich den-
mahl. Aus franz. hanquet und dies aus ital. ken (hannan aus *handnan).
hanchettom. «Gastmahl», eig. «Bank Tisch —
Banner, n. (-s, PL wie Sg.): Heerfahne.
Gelage», abgeleitet mit dim. Endung von Spätmhd. hanner, aus mhd. haniere f. n.,
ital. hanco m., auf das deutsche Bank zu- banier (s. Panier), zurückgehend auf franz.

rückgehend. 1495 hancket bei Reuchlin De- hanniere f., von afranz. ban «Fahne», eig.
mosthenes 1. olynth. Rede S. 26 Poland, «Fahnenstreifen, Bande», vgl. -Bande, ital.
153 Bannmeile Bär 154

handiera f., span. handera f., mlat. banderia -bar, Suffix für Adjektive in der Bed.
f. ZUS. Bannerherr, m.: mit fremdem «tragend, an sich tragend, bringend», dann
Bamier belehnter oder ein eignes Banner zu auch die Möglichkeit bietend zu — , z. B.
führen berechtigter hoher Adeliger. Spätmhd. achtbar, dankbar, fruchtbar, kostbar, lastbar.
hanyrherre «vexiUifer» Diefenbach Gl. 617*. Mhd. -beere, ahd. -bäri, urspr. ein selb-
Bannmeile, f.: Weichbild (eine Meile ständiges Adj., von ahd. heran «tragen» (s.
große Umgebung) eines Ortes als Gerichts- gebären) gebildet, vgl. ai. -bharin- «bringend».
bezirk; Stadtbezirk, innerhalb dessen kein Die Form -bar (dafür älternhd. oft -her, aber
Fremder Handel oder Gewerbe treiben darf. Luther -bar) hat sich unter Einfluß des Adv.
Mhd. hamnile. Danach franz. hanlieue f. mhd. -bare festgesetzt. Die Endung tritt an
Bannwald, m.: gehegter Wald, der der Subst. und Verba, kaum an Adjektive an
freien Benutzung entzogen ist. Frühnhd. [offenbar geht von mhd. offen n., kündbar
(vgl. das mhd. gleichbed. hanholz n. und mhd. von Kunde aus). Die Bildungen von Verben,
hanwart «Forstaufseher, Flurschütze x>X wie brauchbar, eßbar, trinkbar, zahlbar gehören
Banse, f. m. (PI. -n)-. weiter Scheunen- zum großen Teil erst der neuern Sprache an,
raum zur Seite der Tenne. Im 15. Jh. in "Bär, m. (-es, PI. -e): schwerer Klotz zum
md. Quellen hanse m., später z. B. bei Tscher- Einrammen der Pfähle, Eammklotz. Bei He-
niüg Ged. Fiühling 124 belegt, bei Stieler 1691 nisch 1616 (mhd. erscheint her f. «Schlag,
aus dem Thüringischen als Bans, Banse m. ver- Streich»). Ableitung von mhd. bern «stampfen,
zeichnet, ^uch im Nd. vorkommend. Dazu schlagen», ahd. feeriaw «treten, stampfen» dazu i

ags. hös (aus *hans) m. «Krippe», nordengl. anord. herja «schlagen»), die zu lat. ferire
höose, anord. häss (aus *hans) m. «Krippe «stoßen, schlagen, hauen» stimmen.
im Kuhstall», schwed. häs, dän. haas m. "Bär, m. (-en, PI. -en): das vierfüßige
«Ständerpfosten im Stall»; got. abweichend Raubtier, lat.ursus; dichtbehaarte Raupe (1721
hansts m. «Scheune». Vielleicht urspr. «Ge- bei Frisch Insekt. 2, 38 Bärenraupe) und deren
flecht zur Aufnahme von Getreide» und dann Schmetterling; die Sternbilder der große und
zu binden zu stellen (band mit angetretenem der kleine Bär, d. i. der große und der kleine
Suffix -ta- konnte hansa- ergeben), vgl. Himmelswagen, 1616 bei Henisch Großbär,
franz. hanse f. «großer Korb». Windisch Idg. Xordbär nach griech.-röm. Uberheferung,
Forsch. 3, 76 stellt das Wort zu air. bess, schon bei Homer 'ApKToc «Bär» und äuaEa f.
hes m. «Gewohnheit, Sitte». Im ,aind. ist «Wagen» für das größere Sternbild. In
bei Lexikographen hhäsa- «Kuhstall» über- urspr. Bed. bei Dasypodius 1537 Bär, bei
liefert. ABL. bansen, v.: in die Banse Luther Beer, mhd. her {Gen. bern), ahd. hero
schichten. Bei Stieler 1691. m.; dazu ndl. beer fGen. beers), ags. hera,
bar (früher gewöhnlich haar), adj.: unbe- engl, hear, anord.-schwed.-dän. (mit ableiten-
deckt; den Blicken frei (z.B. bares Geld «vor dem n, urspr. nu-) hjörn m. Verwandt ist

Augen aufgezähltes»); durch nichts andres ver- wohl Grundbed. also


lit. beras «braun»,
deckt, nichts anders als bloß (z. B. bare Er- «der braune», wie der Bär auch im Tierepos
findung): entblößt, gänzlich benommen (z. B. den Namen Brün führt und weiter zu ai.
aller Ehren h. Schiller Teil 2, 2). Das Wort bhallas aus *hharlas «Bär», russ. berlöga «Wild-
ist in der neuern Dichtersprache hauptsäch- lager, Bärenlager», vgl. Uhlenbeck Btr. 20, 37.
lich durch Wieland (vgl. sein Glossar zum Seit dem 17. Jh. kommt vereinzelt starke
Oberon) wieder aufgekommen, während es Flexion vor (besonders im Sg., Lessing 1. 108
ältemhd. fast nur in bezug auf Geld gebraucht auch PI. Bare). Redensart: einen Bären an-
wird. Mhd. bar (flektiert barer, md. verein- binden, s. anbinden. ABL. Bärin, f., mhd.
zelt, durch Verwinaing der Schreibung, barwer), herin, älter birin f.

ahd. bar (flektiert barer) dazu asächs. (in Zu-


; ^ßär, m. {-s, PI. -e): Zuchteber. Mhd.-
sammensetzungen) bar, ndl. baar, ags. beer, ahd. her m.; dazu asächs. her (in berswin n.

engl, bare, anord. berr, schwed.-dän. bar. Das «Eber»), här m., engl, hoar
ndl. beer, ags.
r geht auf s zurück (got. ist baza- zu vex*- «Eber». Vgl. auch longobard. pahir, pair als
muten); verwandt sind abulg. hosü, lit. hasas zweites Wort in einigen Zusammensetzungen.
«barfüßig», urspr. «nackt», arm. bok aus Dunkler Herkunft.
*boskos «nackt». Weiteres bei Walde s. v. *Bär, m. (-S, PI. -e): starkgemauerter
fänum. Querdamm mit scharfem Rücken in oder an
1

155 Baracke Bardiet 156

fließendem Wasser. Wohl nicht entstellt aus Barberroß, n.: Pferd aus der Barbarei
Wehr n., sondern eher aus mhd. har «Riegel, (Schiller Jungfr. v. 0. 5, 11). Barber ist iden-
Schranke» (s. Barre). Bei Henisch 1616 neben I
tisch mit Barbar (s. d.) und geht hier auf die
Barre angeführt (vgl. auch Schmeller'- 1, 257). Bewohner der nordafrikanischen Küstenstriche

Baracke, (PI f.-n): Feldhütte der Sol- (dafür jetzt Berber). Heynatz 1775 kennt noch
daten; elendes Gebäude. Aus franz. haraquet das einfache Bai bar, Barber (mit Ton auf
«Feldlagerhütte» und dies aus ital. haracca f., der 1. Silbe) für «Pferd aus der Barbarei».
abgeleitet von provenz.-span.-ital. barra f. Barbier, m. (-s,P\.-e): Bartscherer. Aus
«Querstange». Im 17. Jh. entlehnt. \
franz. barbier, ital. barbiere m., das auf mlat.
Barbar, m. (-en, PI. -en): roher, wilder barbarius m. (von barba f. «Bart») beruht.
Mensch. Spätmhd. harhar, harher (so auch Spätmhd. barbierer, das von dem ebenfalls
noch älternhd.) aus gr.-lat. bdrharus «Aus- spätmhd. Y. barbieren abgeleitet ist, erst
länder, Fremder», gr. ßdpßapoc «Nichtgrieche, älternhd. Barbier. Im älternhd. und noch
roher, ungeschliffener Mensch», dem substan- jetztmundartlich auch sehr häufig Baibier
tivisch gebrauchten Mask. des Adj. ßdpßapoc m. und balbieren v. durch Dissimilation der
«nichtgiiechisch». Im 17. und 18. Jh. ist B. beiden r.
in engrer Bed. «Bewohner Nordafrikas» (bei Barch, m. [-es, PI. Barche) verschnittenes :

Stieler 1691), dafür jetzt Berber (s, Barber- männliches Schwein. Mhd. bare (Gen. barges)
roß). Der Ton lag bis ins 18. Jh. (Uz, Ramler) und barch, ahd. barug und barh; dazu ndl.
nach gr.-lat. Vorbild auf der ersten Silbe, dann barg, ags. bearg und bearh, engl, barrow,
drang allmählich die fi'anzösische Betonung auf anord. börgr m.Im Nhd. schwankt Barch
der zweiten Silbe durch (bei Geliert 1, 139 W.). und Barg und außerdem Borch und Borg.
Dazu der Name Barbara, volkstümlich Bärbel, Nicht zu lat. porcus. Wie sich slav, bravü
Bärbchen. ABL. Barbarei, f. A us lat. barbäria «Schöps» oder « geschnittener Eber» dazu ver-
f. Ausland; üngebildetheit, Roheit». Spämhd. hält, ist unklar; beide gehören vielleicht zu
;<

barbarie hat nur die 1. Bed., während 1558 einer Wurzel bher «schlagen», lat. ferire, falls
bei Lindener Katzipori Kap. 49 Barbarey im die Bedeutung «verschnittenes Tier» die ur-
abstrakten Sinne steht. Im 16. bis 18. Jh. in spriingliche ist.

engrer Bed. «das Land der Berbern, Nord- Barchent, m. {-s, PI. -e): auf der einen
afrika» (1530 bei Seb. Franck Cron. d. Türkey Seite rauhes Baumwollenzeug, dessen Kette
L 2^, 1561 bei Maaler), auch die Barbareskeil, Leinen ist. Mhd. barchant, barchent, barchat,
pl. die Raubstaaten Algier, Tunis und Tripolis barchet, urspränglicher barkän, aus mlat. bar-
:

(aus dem ital. Adj. barbaresco «berberisch»). canus, barracanus «Art Zeug aus Kamelshaaren»
barbarisch, adj.: ausländisch (spätmhd.); (Camelot), abgeleitet von arab. barrakän «Art
roh und grausam (1648 bei Kemnitz schwed. langen schwai'zen Gewandes»,
Krieg 1, 266^). Nach gr.-lat. barbaricus, gr. bardauz, (bei Goethe 36,1 12 l.H. baradauz)
ßapßapiKÖc «nichtgriechisch, ausländisch, un- Interj.des schallenden Falles. Lautnachahmend,
gesittet». vgl. ndl. pardoes, perdoes, schwed. burdus,
Barbe, f. (PI. -n): der Bartfisch aus dem und weiter zu baiiz! gehörig.
dän. bardus
Karpfengeschlecht. Mhd. barbe f. ('?), ahd. Bei Lauremberg 2, 693 pardues, bei Grimmeis-
barbo m. aus dem gleichbed. lat. barbus (Au- hausen Vogelnest 1, Kap. 20 pordutz. Ähnlich
sonius Mosella 94. 134) von lat. barba f. «Bart», lit. Imrdilngst (Idg. Forsch. 13, 190).
denn die Barbe zeichnet sich durch vier Bart- Barde, m. (-w, PI. -n): altkeltischer Dichter
fäden aus. Aus jenem lat. Wort auch gleichbed. und Sänger. Aus kelt.-lat. bardus, ir.-kymr.
ital. barbo, barbio, span. barbo m. und franz. bard. Schon im 17. Jh. auch auf deutsche
barbeau m. (aus dem mlat. Dim. barbellum). Dichter angewandt (vgl. Schottelius S. 1018
bärbeißig, adj.: zänkisch, auffahrend. Nach Barden sind die alten Tichfere oder Poeten
Adelung 1774 ein Wort des gemeinen Lebens. bey den Teutschen gewesen), seit den 60er
Wohl nicht zusammengesetzt mit Bär («bissig Jahren des 18. Jh. besonders durch Klop-
wie ein Bär oder wie ein Bärenbeißer (?)»), stock üblich geworden.
sondern entstellt aus bernbeißig, zu Bern m. bärdeu, s. gebärden.
«Krippe», Nebenform von Barn (s. d,), also Bardiet, n. {-es, PI. -e): altdeutscher
eig. vom Pferde gesagt und s. v. a. Krippen- Kriegsgesang. Durch Klopstock (und zwar
beißer (s. d.). alsM.) mit der Herrmanns Schlacht» (^Ham- «;
157 Bärenbeißer barmherzig 158

bürg u. Bremen 1769), wo zugleich auf dem Bariton, m. (s, PI. -e): Singstinune
Titel Ein Bardiet für die Schaubühne (s. auch zwischen Tenor und Baß, tiefer Tenor, Hoch-
daselbst die Anmerkung S. 138), eingeführt baß; (um 1700 erfundene j Art Baßgeige.
(aber fälschlieh als «Bardengesang» genom- Aus dem gleichbed. ital. baritono m., dem M.
men), aus germ.-lat. harditus m. «Sehlacht- des xVdj. baritono, das auf gr. ßapüxovoc «tief,
gesang der alten Germanen mit dem zur Ver- betont» ßapüc «schwer, tief» und -tovoc von
(

stärkung des Schalles an den Mund gehaltenen reiveiv «spannen»j beruht. Bei Adelung 1774.
Schilde» (Tacitus Germ. 3). Barke, f. (PI. -n): kleines Wasserfahr-
Bärenbeißer, m. (-s\: Hund besondi-er zeug. Mhd. barke f., mit engl, bark und
Art zur Bärenhatz. Bei Steinbach 1784. anord. barki m. aus spätlat. barca, barica
Bärendreck, m. {-es}-. Lakritzensaft. In (Ableitung von griech. ßäpic «Xachen», ent-
der Schweiz, Elsaß, Schwaben usw. Kach lehnt aus dem gleichbed. koptisch bari), wo-
der Farbe des Arzneimittels. Fiühnhd. raus auch ital. barca, franz. barque f.

Bärenhäuter, m. {-s): fauler Nichtstuer: Bärlapp, m. Moosart lycopo-


{-s): die
verächtlicher, fauler Mensch. Schon im An- dium, deren gelbhcher entzündbarer Samen-
fang des 16. Jh. (bei Bebel). Der Ausdruck staub Hexenpulver heißt. In Rößlins Kräu-
beniht auf der Redensart auf der Bärenhaut terbuch 1533 als berlapp, bei Alberus Dict.
liegen (1579 bei Hans v. Schweinichen 2, 14) EE4* als beerlapp vei-zeichnet. Zusammen-
«ein tatloses Leben führen», eig. von KJriegern, ges. aus Bär und ahd. lappo m. «Euder-
di^, die kampflosen Tage auf Fellen hinge- schaufel, unterster breiter Ruderteil», eig.
streckt, mit Nichtstun verbiingen. Bäreil- xHand» und hier «vorderste Tatze». Dem-
klan, f.: Pflanzenart mit einer Bärenklaue nach s. V. a. «Vordertatze des Bären» nach
vergleichbaren Blättern oder bärenklauartiger dem Aussehen der Pflanze, wie diese denn
Blüte. ^[h.d. bernkläwe, mlat. «brancaursina». auch Löwenfuß, Drudenfuß und neulat. ly-
Bärenlappe (Wieland 20, 216), s. Bärlapp. copodium «Wolfsfuß» (dän. ulvefod) heißt.
Barett, n. (-es, PI. -e): schirmlose rimde Bärlatsche, f. (PI. -n): plumper Filz-
oder eckige Kopfbedeckung bei Geistlichen, schuh. Obersächsischer Ausdruck, von Gel-
Doktoren usw. Im 15. Jh. harete (1469 voc. iert 1, 342 gebraucht. Eig. Latsche «Pan-
ex quo), auch hirete, hiret(l4S2YOC. theut. 22**), toffel», den man im Gehen am Boden hin-
aus mlat. harretum, eig. hirrettum n., ital. schleift, wie der Bär seine Tatzen, von
herretta, franz. barrette f. «Mütze», von lat. latschen (s. d.) «die Füße beim Gehen am
birrus m., birrum n. «Oberkleid, Mantel, Bi- Boden hinschleifen».
schofskleid». Barlaufen, s. Barre.
Barfrost, m.: Frost ohne das Land be- Bärme, auch Barme f.: Bierhefe; Bier-
deckenden Schnee. 1663 bei Schottel S. 1281 schaum. Xiederd. Wort, frühzeitig auch schon
baarfrosf. Zu bar. im Hochd. (^bei Schönsleder 1618 Bermen).
barfuß, adj. undadv. an den Füßen bloß. Mnd. berm, barm m., ndl. berm m., ags. beorma
:

Mhd. barvuo^ xmd (mit Ableitungsendung) (eo =


ahd. e), engl. barm. Entweder zu ahd.
barvüe^e; dazu mndd, barföt, afries. berföt, beran «tragen, tragen machen, sich heben»
ags. bcerföt, engl, barefoot, anord. barfätr. (vgl. gebären), wie Hefe zu heben oder zu
Eine schon altgerman. Zusammensetzung aus lat. fermentum n. «Gärung, Sauerteig».
bar (s. d.) und dem adjektivisch verwendeten barmherzig, adj. u. adv.: mild gesinnt
Subst. Fuß, vgl. ahd. einfuo^i «einfüßig», aus innigem Mitgefühl bei fremdem Leiden:
fiorfuo^i «vierfüßig». ABL. Barfüßer, m. solches Mitgefühl erregend (Lessing 1, 461).
(-S, PI. wie Sg.): in bloßen Füßen Gehender; Mhd. barmherzec, mit dem adj. Suffix -ec
Mönch vom Orden des heil. Franziskus. Von abgeleitet von mhd. barmherze adj. Dieses
Luther gebraucht, mhd. dafür barvüe^e m., ist nicht zusammengesetzt mit mhd. -ahd.
1482 im Voc. theut. c 6 * barfuß m. barfüßig, barm «Schoß, Busen», sondern muß wegen
adj., spätmhd. barvüe^ic. ahd. armherzi, got, armahairts adj. «barm-
Barg, s. Barch. herzig» (^^dazu auch got. arman sik «sich
barhaupt, adj. und unbedeckten erbarmen») aus bi-armherzi erklärt werden
adv. :

Kopfes. Spätmhd. barhoubet. Eme Zusammen- (vgl, bange, binnen). Es liegen Nachbildungen
setzung, bei der wie in barfuß das Subst, ad- lateinischer Ausdrücke in der christlichen
jektivisch steht. Kirchensprache vor, got. arman sik ist zu
159 BärniTitter Barsch 160

arms adj. «arm» gebildet, wie sich lat. misereri hagen Froschm. 3, 1, 4). Der PI. wurde
«erbarmen» zu miser «arm» verhält; ahd. fiüher auch schwach gebildet [Baronen bei
arniherzi gebildet nach lat. misericors. Vgl. Goethe Reineke 4, 100).
erbarmen. ABL. Barmherzigkeit, f., mhd. Barre, f. (PI. -n): Stange; Querstange,
barmherzecheit Riegel; Schlagbaum. Mhd. barre f. «Riegel,
Bärmutter, f.: Gebärmutter; Mutter- Schranke» mit mhd. bar f. «Stange, Balke,
beschwerde. Mhd. bermuoter f., zu bern «tra- Schranke», ndl. baar, im 16. Jh. ndl. bei
gen, gebären». Kilian 23^ baere f. «repagulum», aus franz.
Barn, m, (-s, PI. -e): Krippe, Raufe; barre f., ital.-span. &arra f., mlat. fcarra «Stange,
Abteilung der Scheuei-, wo das Futter auf- Querstange, Schlagbaum». Dies wird von
bewahrt wird. Nur noch in obd.und md. Mund- Walde s. v. als germanisch angesehen und
arten (s. auch Paar). Mhd. barn (in späten zu lat. forus «Schiffsgang, Sitzreihe, Gang
md. Quellen auch hern, vgl. bärbeißig), barne, um ein Beet, Spielbrett» gestellt. ABL.
ahd. barno m.; dazu ags. bern n., engl, barn Barlaufen, n.: ein turnerisches Spiel, 1618
«Scheuer». Abzuleiten von dem im Adj. bei Schönsleder parlouffen «cursum certare»,
barizeins ei'haltenen got. baris m. «Gerste», mhd. die b. loufen\ dazu 1597 ndl. bei Ealian
ags. bere m., engl, barley «Gerste», die zu lat. de baere jaeghen «cursu ad metas contendere»,
far n. «Getreide, Spelt», abg. ferasfwo «Speise» baerenspel «ludus gymnicus».
stimmen, also eig. «Gerstenfutterbehälter», vgl. Barren, m. (-s, PI. wie Sg.): Stange;
Banse oder einfacher zur Wz. ber «tragen». Metallstange; (durch Jahn eingefühi-t) ein
ABL. Baruheißer, m.: s. v. a. Krippen- Turngerät, das durch zwei Querstangen ge-
beißer (s. d.). Vgl. auch bärbeißig. bildet wird. Aus Barre f. (s. d.) entwickelt
harock, adj.: schiefrund; unregelmäßig, und schon frühnhd. vorhanden (Murner
seltsam, wunderlich.
. Aus franz. baroque Narr. 11, 106).
«schiefrund» (von Perlen), dann «sonderbar», Barriere, f (PI. -n): Schlagbaum, Schutz-
von portug. barroco m. «rohe, ungleiche gatter. Aus franz. barriere, ital. barriera f.
Perle», eig. «unebener Fels», span. barrucco «Schlagbaum», dann «Pfahlwerk zum Schutz»,
m. «ungleiche runde Perle», berrucco m., aus dem F. eines auf lat. -arius ausgehenden
«Warze, Fels, nicht recht runde Perle», Adj., das abgeleitet ist von franz. barre,
deren Herkunft bestritten ist (kaum zu lat. mlat. barra f. (s. Barre). Bei Wächtler 1711.
Verruca f. «Warze, Auswuchs an Edelsteinen»). Barrikade, f. (PI. -n): Straßensperre
Zuerst in der 2. Hälfte des 18. Jh. als ba- mittelst Verschanzung. Aus dem gleichbed.
rockisch. franz. barricade, ital, barricata f. «Schlag-
Barometer, m. n. (-s, PI. wie Sg.): baum, Schutzgatter», span. barricada f, «Ver-
Wetterglas. Aus einem
gr.-neulat. barome- rammelung gegen feindlichen Angriff», ab-
trum n. Schwermesser», gebildet
«(Luft-) geleitet von span. barrica f., franz. barrique
aus gr, ßdpoc n. «Schwere, Druck» imd gr. f. «mit Sand oder Erde gefülltes Schanzfaß
la^xpov n. «Maß, Maßstab». Das Instrument zum Schutz im Kriege, großes Warenfaß»,
wurde von Evangelist a Ton-icelli (f 1647) das vielleicht von mlat. barra (s. Barre) aus-
zu Florenz erfunden. geht. Im spätem 17. Jh. entlehnt.
Baron, m. (-s, PI. -e): Freiherr. Aus Barsch, m. (-es, V\. Barsche und Barsche),
franz. baron, das mit ital. barone m. zunächst selten Bars, Bors (obd. nur weitergebildet
auf mlat. baro (Gen. baronis) zuräckgeht. bärsich, bärsching usw.): ein schmackhafter
Dies ist nicht das altlat. baro m. «Dumm- Raubfisch, lat. des a und
perca. Mit Dehnung
kopf», dann «Troßknecht», sondern entstammt Übergang des s nach r in seh aus mhd. (in
dem German., daher häufig in den Volks- späten md. Quellen) bars, berse und (abge-
rechten (auch bei Isidor durch Vermittelung leitet) bersich, spätahd. bersih m.; dazu ndl.
des Westgot.) in der Bed. «Mann, Krieger, baars, ags. bcers, bears m., engl, barse,
Lehensmann», mhd. bar «Mann», zu aschwed. zusammenges. agborre [rr aus rs,
vgl.
anord. bei~jask «streiten», abg. borjq^ «streite». Vokal abweichend urspr, u), nschwed. dän.
Vgl. Uhlenbeck Btr. 19, 329. Mhd. erscheint aborre m. Man knüpft an die mlat. Be-
barün m., nur in ndrhein. Quellen baron; nennung parca, perca an, gr.-lat. perca f.,
Baron ist unter dem Einfluß des Nfranz. gr. Tt^pKri f. d. i. die Dunkelfarbige, denn
seit dem 16. Jh. herrschend (z.B. bei Rollen- gr. TT^pKoc ist «schwärzlich, dunkelfarbig»,
161 I)arscli Base 162

welches Adj. mlat, zu persus, ital. perso, Barthel, Kürzung der Personennamen
franz. pers wurde; doch ist das Wort wohl Bartholomäus oder Barthold (ndd. füi- Bert-
germ. Ursprungs und zu Borste (s. d.) zu hold, s. d.). Redensart: der weiß, wo B.
stellen, der Fisch hieße also nach seinen den Most holt (schon im 17. Jh.), d. h. er
stacheligen Floßfedern «der Borstige». versteht sich auf alle Kniffe. Aus der Gauner-
barsch, adj. u. adv.: (mundartlich) von sprache vgl. DWB. s. V. Most.
scharfem Geschmack, ranzig hart mit Wor- : Bartholomäus, Mannsname. Aus gr.-
ten anfahrend. Ein ndd. Wort (mnd. im lat. BartJiolomaeus, dies aus hebr. bar talmai
16. Jh. 'basch aus harsch, noch bei Overbeck «Sohn des Furchen- oder Landreichen».
Ged. 155 hasch im Reim auf rasch, ndl. härtig, adj.: einen Bart habend. Dafür
harsch, schwed.-dän. harsk das mhd. hartoht.
entlehnt),
hochd. zuerst von dann 1716
Stieler 1691, Barütsche, Birütsche, f. (PI. -n):
von Ludwig angeführt wird, während es halbbedeckter Wagen in Österreich. Aus ital.
Frisch 1741^ und Adelung 1774 (1793 führt harocdo m. «zweiräderiger Karren», aus dem
er es als ein niedersächsisches Provinzial- gleichbed. mlat. härrota f., lat. bhota f.
wort in den Bedd. «scharf von Geschmack, «leichtes zweiräderiges Fuhrwerk», eig. F.
rauh zum Anfühlen, mürrisch» an) noch des als Subst. gebrauchten Adj. birotus «zwei-
nicht kennen. In übertragener Bed. wird räderig». Bei Blumauer An. 2, 22 Pirutsch,
es von Bürger 392 und andern Niederdeut- 1, 14 Pierutsch n., bei Thümmel Reise 7, 250,
schen verwendet, aber von Heynatz 1796 253 Perutsche f.
noch als nicht schriftsprachlich bezeichnet. Bas, m. «Meister» als ehrende Anrede
j
:

Die Grundbed. ist jedenfalls «scharf», so (des Gesindes an den Herrn, der Gäste an
I

daß Zusammenhang mit Borste, Bürste, wohl den Wirt), auch ndl. haas, dän.-schwed. (ent-
auch Barsch (s. d.), wahrscheinlich ist. lehnt) has «Obmann». !
Im Friesischen und
Barschaft, f.: bares Geld. AIhd. har- Westnd. heimisch, 1597 bei Kilian als baes
j

schaft f. (Germ. 28, 360 vom J. 1363). '«amicus, herus, paterfamilias» und 1767 im
Bart, m. {-es, PI. Barte): Kinn- imd brem. Wb. 1, 58 als Baas «Meister» ver-
Backenhaar; dem herabhangenden männlichen zeichnet, später z. B. bei Immermann Münch-
Kinnhaar Ähnliches. Mit Dehnung des a aus hausen 2. Buch 5. Kap. Man bringt Bas
mhd.-ahd. hart m.; dazu ndl. haard m., ags.- mit Base (s. d.) in Verbindung, so daß es
engl. heard m., afries. herd m. (anord. dafür urspr. Kosewort für Vater oder Oheim wäre.
skegg n.). Vei-wandt ist abg. hrada, lit. Basalt, m. {-es, PI. -e): dichte, aus Augit,
harzdä f. und (mit h für dh) lat. harha f. Labrador (einer Feldspatart) und Magneteisen
«Bart». Vgl. noch Pedersen Idg. Forsch. 5, bestehende vulkanische Felsart. Aus gr.-lat,
72 f., Walde KZ. 34, 505. Redensart: um des basaltes m. (Phnius hist. nat. 36, 11), urspr.
Kaisers Bart streiten d. h. um Dinge, die afrikanisch. In deutscher Form erst im 18. Jh.
sich nicht entscheiden lassen. Basar, m. {-s, PI. -e), (früher Bazar ge-
^
Barte, f. (PI. -«): Beil mit breiter schrieben) auch Bäzar (Schiller Br. v. Messina
Schneide (Luther Ps. 74, 6, noch jetzt obd. V. 813): Reihe kostbarer Warenläden urspr.
und md.). Mhd. harte, ahd. harta f., dazu an orientalischen Handelsplätzen. Aus frz.
asächs. harda f., anord. barda f. «Axt». Ab- bazar ra., das auf persisch häzär «Marktplatz»
leitung von Bart, weil das Eisen vom Stiel beruht. Schon 1582 bei RauwolfF Reise 36
in herabhängt (ebenso anord. Batzar, bei Hulsius Schiffart 15, 61 Basart;
Bartgestalt
skeggja «Barte» von skegg n. «Bart»); andre Jablonsky 1721 erklärt B. als eine aus Kauf-
f.

Auffassung bei Walde s. v. fastigium. Vgl. mannsläden und Gewölben bestehende Straße,
Helleharde. später auch in erweiterter Bed.
^Barte, f. (PI. -w): Fischbeinzahn in der hasch, s. barsch.
oberen Kinnlade des Walfisches. Bes. im PI. Base, f. (PI. -n) Verwandte, Tante (auch
:

Barten, entsprechend ndl. baarden, schwed.- als ehi-ende Anrede üblich), Geschwisterkind.
dän. harder. Auch franz. les harhes, span. Mhd. base, ahd. basa f. «Vaterschwester», wäh-
las harbas zvi franz. harbe rend mhd. muome, ahd. muoma f. (?. Muhme)
f., span. barba f.

«Bart». Der Xame, weil die aus der oberen «Mutterschwester». Doch schon 1482 im Voc.
Kinnlade herabhängenden Zähne den Bart- theut. c 6 und bei Keisersberg J5ase «Vater- und
'"^

haaren verglichen wurden. Mutterschvvester»,beiTrochusE2'^ eine medder


Weigand, Deutsches Wörterbuch. 3. Anfl. 11
!; :

163 Base Bastard 164

oder wasze, «soror matris», bei Luther Wase sehr. Mhd. ahd. &aj: dazu asächs. bat, bet,

«Vaters- oder Mutterschwester (7, 230 Jeu.),


•"»
ags. bet, anord. betr: got. *batis (nach dem
Frau von des Vaters Bruder» (3. Mos. 18, 14), Adj. batiza)
ist nicht erhalten. Es ist (im
aber bei dem gleichzeitigen Alberus Dict. ee 3^ Westgerm,
mit abgefallenem Komparativ-
was f. «Vaterschwester» und überhaupt «Ver- suffis) das Adv. zu dem Adj. besser (s. d.),

wandte» (lat. cognata), auch Fab. 46, 11 Wase, als Positiv gilt wohl. Dazu mit Ablaut
Was f. Dies Wase findet sich schon im 10. Jli. Buße (s. d.). iVls verwandt stellt man hin-
als wasa und mhd. (bei dem Hessen Herbort zu skr. bhadräs «glücklich, vorzüglich», doch
V. Fi-itzlar) als luase: später noch öfter bei ist dies wenig wahrscheinlich, da das ind. a
"Mittel-und Niederdeutschen (Geliert 3, 335, auf 71 zuiückgeht.
noch Heynatz 1775 erwähnt die Form). Base BaSSiu, n. (-S, PL -.9): Wasser-, Brunnen-
und Wase gehören urspr. wohl der Kinder- becken. Aus franz. bassin m. «Becken», das
sprache an und sind vielleicht durch Kürzung mit ital. hacino m. aus dem gleichbed, mlat,
j

aus ahd. faterswestar entstanden, vgl. ags. bacimim n. (s. Becken) beruht. Im 18. Jh.
faäu, afries. fethe «Vaterschwester» zu Vater, entlehnt.
vgl. Bas. Anders, aber gar nicht überzeugend Bast, m. (Bürger 246)
{-es, PI. -e), selten n.

Wiedemann BB. 27, 225. die unter der äußern Rinde liegende innere,
Base, l)asiereu, s. Basis. besonders insofern sie zum Binden und Flechten
Basilikum, n. (
-s) -.
das Königskraut. Das dient; als Binde- und Flechtmittel taugliche
gr.-mlat. hasilicum n., eig. das als Subst. ge- Pflanzenhaut: Haut des Menschen, bei den
brauchte N. des lat. Adj. hasiliais, gr. ßaciXiKÖc Jägern des Hii-sches usw. ]Mhd. bast m. n.
«königlich» (von ßaciXeüc m. «König»). Der (ahd. nicht belegt); dazu ndl. bast m. ags.
Name wegen des edlen, gewürzhaften Duftes, b(Bst m., engl, hast, anord.-schwed. hast n,,

den das ganze Gewächs von sich gibt. Mhd. dän. bast m. Dazu mhd.-ahd. besten «binden,
finden sich die Formen hasilie f., hasilig m. f. schnüren» und (mit Ablaut) &«<os^ «Baststrick»,
Basilisk, m. (-en, PI. -671): die fabelhafte, wozu auch gehört ital. imbastare, franz. bätir
Kopf, Flügel und Füße des Hahnes an sich (aus hastir) «mit weiten Stichen zusammen-
tragende Schlange, deren Blick tötet. Mhd. nähen, heften», ferner wohl auch span.-ital.
hasiliske aus gr.-lat. basüisais, gr. ßaciXicKoc m, basto, franz. bat «Saumsattel», vielleicht auch
«die asjatische Königseidechse» (von ßaciA,eüc ital. bastone, franz. bäton m. «(geschälter, ent-
m. «König») und der Name daher, weil man basteter) Stab». Vielleicht zu lat. fascia «Binde,
sie wegen eines weißen Flecks auf dem Kopf Band, Bandage», fascis «Bund, Bündel, Paket»,
als bist. nat. 8, 33). ir, bask «Halsband», vgl. Walde s, v.
gekrönt ansah (Plinius Auch
Basis, f. Basen): Fußgestell, Grund- ist ganz entfernte Verwandtschaft mit bmden
(PI.
lage, Gnindfläche, Grundlinie, Grund, worauf denkbar,
etwas beruht. Mhd. hasis f. aus gr.-lat. hasis f. basta!: genug! genug davon! Der ital.
«Fuß-, Untergestell, Grundmauer», gr. ßdcic f. Imp. basta des ital.-mlat. bastare, span.-port.
«Schritt, Gang», dann «Fuß, Fußsohle, Grund- bastar «genug sein, him'eichen». Schon 1617
lage, Grundgestell», von ßaiveiv «gehen». Dar- im teutschen Michel augeführt,
aus auch franz. hase f. (das als Base «Scha&t- Bastard, m, {-es, PI, -e): außerehliches
Gesimse» 1716 in Wolifs math. Lex. und 1787 Kind, besonders das mit einer Uneben-
bei Goethe 31, 112 erscheint). ABL. basieren, bürtigen erzeugte. Mhd. bastart und basthart
V.: worauf gründen. Aus franz. haser, einer (diese Form auch noch ältemhd.) m. «un-
Ableitung von base. Erst um 1800. echtes Kind», besonders einerseits von hoher
Baß, m. (Gen. Basses, PI. Bässe): die Herkunft, dann auch unechtes Zeug. Das
tiefste Stimme; dieser Stimme gemäßes großes Wort ist aus dem Roman, entlehnt (afranz.
Streich-Tonwerkzeug. Aus dem gleichbed. bastard, jetzt hätard, ital.-span.-portug. bastardo
ital. basso m., das Ällat. hastardus m. kommt zuerst in
auf mlat. bassus «dick, m.).
fett», dann «niedrig» zurückgeht. Im 15. Jh. der 2. Hälfte des 11. Jh. von Wilhelm dem
entlehnt. ABL. Bassist, m. (-ew, PI. -en): Eroberer, dem natürlichen Sohne des Herzogs
Baßsänger (1517 bei Trochus prompt. C 4^ von der Normandie Robert II. (des Teufels)
bassiste m.). vor. Afranz. bastard zeigt in zweiter Sübe
baß, altertümliches Adv.: besser; mehr, das auch sonst als Suffix verwandte deutsche
leichter, eher; (als Positiv genommen) tüchtig, -hart, und bast erscheint als selbständiges Wort
165 Bastei Batzen 166

in dem in Urkunden batten, V. wozu helfen, wozu dienlich sein,


des 13. u. 14. Jh. für :

B. vorkommenden Ausdruck fils Unpersönl. es hattet mich «es nützt


de hast. Dies nützen.
afranz. hast «ungesetzliche Ehe» geht zuiiick mir». Nur noch mundartlich (in Nieder- und
auf mlat. hastmn, franz. hat, ital. hasto (s. Bast) dem westlichen Mitteldeutschland, im schwäb.-
« Saumsattel», also B. s. v. a. auf dem Saum- alem. Gebiet, Bayern). Im 16. Jh. wird das Wort
sattel Erzeugter, denn Saumsättel dienten den noch gebraucht von Alberus (auch im Dict.
Maultiertreibern des Südens, wie z.B. Spaniens 11 4* es hatt), Scheidt, Fischart. Mhd. hafen,
und der Provence, in Wirtshäusern zu Betten, abgeleitet von hate f. (?) «Förderung, Nutzen».
auf denen Verkehr mit Mägden stattfand. Mnd.-ndl. baten «helfen, nützen», mnd. hate
Vgl. Bankert in seinem Ursprünge. f. n., ndl. haat f. «Vorteil, Gewinn» können
Basteijf. (PI. -enj Bollwerk einer Festung. nur unter der Voraussetzung herangezogen
-.

Spätmhd. hastte aus ital. -mlat. hastia f. von werden, daß das Wort aus dem Ndd. ins
mlat. hastire, franz. hätir (fmher hastir) «bauen». Hd. eingedrungen ist, wofür spricht, daß es
basteln, v. kleine Handarbeit machen, im Mhd. eine geringe Verbreitung hat (hatten
:

mangelhaft zurecht machen. Ein der Um- bei dem Sachsen Albrecht v. Halberstadt,
gangssprache angehöriges Wort (bei Adelung bäte bei Herbort, im Passional und sonst ver-
und Campe noch nicht verzeichnet), das aber einzelt, 1482 im Voc. theut. c 6* bathunge
schon seit dem 1-5. Jh. vorkommt (Schmeller - 1, «Nutzen» und daselbst qq 2^ das abgeleitete
297), fi-üher hästeln (hei Stieler 1691 hestelen), hadmen). hatten würde dann zu haß gehören.
eig. wohl -dimin. Bildung zu mhd. hesten Doch erscheint schon ahd. unpata «unbehilf-
«binden, schnüren» (s. Bast), also «notdürftig lich, langsam» und das asächs. gibada f. «Hilfe,

zusammenbinden, zusammenflicken, oberfläch- Trost» scheint für eine Wurzel had (mit hd.
lich arbeiten». Verschiebung hat) zu sprechen, vgl. auch nass.-
Bastion, f. (PI. -en): was Bastei (s. d.). hess. unhädem m. «Unheil», hatten wäre dann
Aus franz. hastion nach ital. hastione m., das mit den ndd. -ndl., in der Bedeutung über-
gleichen Ursprungs mit ital. hastia (s. Bastei). einstimmenden Wörtern nicht verwandt. Ein
Im 17. Jh. entlehnt. mundartliches (ostfränk.) harten aus *hearten
Bastonnade, f. Tracht Prügel, «gedeihen» ist fernzuhalten.
(PI. -n):
Stocksclaläge. Aus dem gleichbed. fi'anz. Batterie, f. (PI. -n): Geschützstand; die
hastonnade f., das auf ital. hastonata (von Geschütze eines Geschützstandes; Pfannen-
hastone, franz. häton m. Stock) zurückgeht. deckel am Gewehrschlosse; Flaschenreihe zu
Schon 1617 im teutschen Michel angeführt. elektrischen Versuchen. Aus franz. batterie f.
Bataillon, n. (-s, PI. -e) Kriegsschar als eisr. «Schläcrerei, Gefecht, schlafende Kriegs-
-.

größte Abteilung eines Regiments. Aus franz. schar», aus mlat. hatteria von mlat. hattere,
hataillon m. nach ital. hattaglione m., abge- franz. hattre «schlagen» (s. Bataillon). 1617
leitet von franz. hataille, ital. hataglia f. bei Wallhausen Corp. mil. S. 210 Batterei und
«Schlacht», das auf einem volksmäßig lat. S. 215 Batterie, 1616 im Kriegsmanual 76
hattalia, eig. hatualia (PI. eines Ntr. hatuale Batteria und Batterie.
als Kollektiv) beraht, von lat. hatuere, mit Bätz, s. Petz.
Verdoppelung des t später hatfere (woraus ^Batzen, m. (-s, PI. wie Sg.): ehedem
kämpfen». 1616 bei
franz. hattre) «schlagen, Münze von 4 Kreuzern rheinisch; Geld über-
Wallhausen Kriegsmanual 116. haupt, z. B. der hat B. «viel Geld». Früher
Batengel, m. {-s, PI. wie Sg.): heilkräf- Batze, Gen, Batzen. Um 1492 als kleine
tiger Gamander: Lachenknoblauch (teucrium Münze zu Bern mit dessen Wappen, dem
scordium); Schlüsselblume (primula veris) Betz (s. Petz) d. i. Bären geprägt (1562 bei
u. a. Umgestaltet aus mhd. hatonie, hatenie, Mathesius Sar. 234 Schweitzer patzen haben **

batenge, das auf lat. hetonica beruht, viel- vom bern oder petzen den namen), darum
leicht unter Einfluß Dim. hetonieida. auch früher Betzen. Vgl. Kreuzer, Pappen.
eines
Die Form Bafhengel schon im 16. -Jh. Doch ist fradich, ob nicht eig. mit "^Batzen
Batist, m. (-es, PI. -e) feinste Leinwand. identisch als «dicke Münze», vgl. Groschen.
:

Aus franz. hatiste f. Der Name soll auf ^Batzen, m. (-s, PI. wie Sg.): Klumpen
Batiste (Baptist) Chambray aus Cantaing zu- von Lehm oder sonst einer weichen, klebrigen
rückgehen, der im 1.3. Jh. die Leinwandweberei Masse. Mundartlich (schon frühnhd.), dazu
in Flandern sehr in Aufnahme brachte. auch ein V. batzen «klebrig, weich sein,
11*
167 batzig Baner 168

zusammenkleben». Vielleicht zu backen (aus franz. huee f. «das Laugen» (dui*ch Durch-
hackzen, hackezen). laßlöcher), «Waschen mit Lauge», ital. bucato
batzig, s. patzig. m. «Wäsche». Entsprechend gehört Schweiz.
Bau, m. Baue, Bauten [s. d.]): sechten,hajr. sechteln «laugen» znseihen. Andre
{-es, PI.
Bearbeitung des Bodens zu Ertrag und Ge- nehmen besser an, daß die roman. Wörter aus
winst, Betrieb der Bergwerke, was gebaut, dem ndd. büken entlehnt sind, und bringen
d. h. zum Aufenthalt errichtet oder gemacht dies mit Bauch in Zusammenhang. Neuer-
wird; Handlung des Bauens usw.; (über- dings geht Osthoff Besz. Btr. 29, 249 von
tragen) Anlage, Gestaltung. ]\Ihd. hü (Gen. einem urgerm. *bük «Buche» aus (im Ablaut
huwes) m. n., ahd. hü m. dazu asächs. hü n., zu gr. cpriYÖc «Eiche», lat. fägus stehend),
:

ndl. houw m., anord. hU n. «Wohnung», dessen Bedeutungsentwicklung zu «Gefäß aus


schwed.-dän. ho n. Von hauen (s. d.). Buchenholz, Waschkübel» usw. führt.e.
Bauch, m. {-es, PL Bäuche): der den Bauchfluß, -grimmen, bäuchig,
Magen, übei'haupt die Eingeweide enthal- bäuchlings, s. Bauch.
tende Körperteil ; vortretende Wölbung. Mhd. Baude, f. (PI. -n): Hirtenhütte auf den
hüch (PI. hiuclie), ahd. hüh m. (PI. hühhi); Gebirgen von Schlesien, Böhmen und Sachsen.
dazu ndl. hiiik Nebenform von Bude (s. d.). Ein schlesisches
m., ags. hüc m., anord. hükr
m. «Leib, Köi-per», schwed. buk m., dän. hug Wort, das Gombert 6, 12 aus schlesischen
«Bauch». Die Herkunft ist vmsicher. Viel- Urkunden des 15. Jh. nachweist; verzeichnet
leicht ist gr. q)ücKri «Magen, dicker Dai'm», 1734 bei dem Schlesier Steinbach. Vgl. noch
aus *q)UTCKri verwandt. Anders Osthoff Bezz. Lohmeyer Mitt. der Litauischen lit. Ges. 5, 57.
Btr. 29, 254 f., der als Urbedeutung «Gefäß bauen, v. : (veraltet) wohnen, bewohnen;
aus Buchenholz (s. Buche), rundes Gefäß» an- zum Aufenthalt ei'richten oder herstellen;
sieht, vgl. zur Bedeutungsentwicklung Bottich, durch Bearbeiten erzeugen, tragbar machen.
engl, hody «Körper». ABL. baucheu, refl. Mhd. hüwen, hiuwen, bouwen (Prät. schwach
V.: sich wie ein Bauch biegen, bauchig, ad].: hüte, bouwete, aber Part, stai'k gehüiven, ge-
bauchai-tig (in Zusammensetzungen häuchig, bouwen), ahd. büan (Prät. hüta, Part, gi-
z. B. dick-, großbäuchig), mhd. hücheht, bei büan); dazu asächs. büan, ndl. bouwen, ags.
Stieler 1691 hauchig, beuchig. bäuchlings, büan «wohnen», anord. büa (Prät. noch stark
adv.: auf dem Bauche liegend, mhd. (mit der ty'ö)j schwed.-dän. bo «wohnen», got. bauan

adv. Endung -en) hiuchelingen. ZUS. bauch- (Prät. bauaida, aber Part, stark bauans)
bläsig, adj.: schweratmend mit Husten ver- «wohnen». Das V. stimmt mit lat. fui «ich
bunden, von Pferden (1768 bei Moerbeek bin gewesen», gr. qpüeiv «hervorbringen,
38 <^). Bauchfluß, m.: Durchfall (bei Maa- schaffen», qpövai «entstehen, werden», lit. büti,
1er 1561). Bauchgrimmen, n.: Leib- aind. hhü «sein». Über die Grundbedeutung
schmerzen. Mhd. in gleicher Bed. grimme vgl. Meringer Idg. Forsch. 18, 263 f Vgl. auch
m., bei Luther grimmen n. Es liegt jeden- hin. Das Part.-Prät. lautet älternhd. auch noch
falls Vermischung mit mhd. krimmen «knei- gehauen (z. B. Moscherosch Phil. 1, 130), wie

pen» vor, wie auch daneben Bauchkrimmen noch jetzt obd., doch hat Luther gebawet.
^
(noch bei Rückert 2, 141) vorkommt. Bauer, m. und n. {-s, PI. wie Sg.):
Bauche, f. (PI. -n)-. das Einweichen in gegitterter Behälter für sonst wilde Vögel.
Lauge. Frühnhd. (bei Montanus 397, 28 die Frtihnhd. Baur. Älhd. hur m. (PI. biure) schon
Wäsche selbst). Von bauchen oder bau- in jener Bed., aber ahd. bür m. (PI. büri) «auf-
chen, V. durch Lauge weichen. In Nieder- erbauter Behälter, Kammer, Zelle, Haus»;
:

und dem westlichen Mitteldeutschland, so- dazu asächs. hUr, ags. bür n. «Wohnung»,
wie im Schwäb.-Alemann. üblich. Spätmhd. engl, hotver «Laube, Hütte», anord. bür n.
buchen, hiuchen; dazu rand. büken, engl, huck, «Gemach, Speisekammer», schwed. hur m.,
schwed. byka, dän. byge, böge. Da das Wort dän. hur n. «Gemach, Käfig». Mit ableiten-
den altgerm. Dialekten fehlt, denkt man an dem r von bauen. Das N., das wohl eig.
'Entlehnung aus dem Roman. Vgl. afranz. dem kollektiven Gehauer (so z. B. schlesisch
buer (mit Verlust eines Gutturals) «bauchen», für Bauer) zukommt, tritt erst im 17. Jh.
eig. «durch ein mit kleinen Löchern ver- auf, doch bleibt das M. üblicher (Adelung
sehenes Tuch seihen», zu ital. hucare «ein hat das B. und erklärt das M. für mund-
Loch (ital. buca f.) stechen»; dazu noch artlich).
169 Bauer baumstark 170

^Bauer, m. (s, PI. wie Sg.): Bauender, halten (z. B. im baulichen Stand) ; das Bauen
Noch in Äckerhauer, Erbauer. Mhd. hüwaere, betreffend. Mhd. bülicli. biulich ist «zum
ahd. hnäri, mittels -er (s. ^-er) ahd. -äri Bauen geeignet, in gutem Bau stehend». Die
abgeleitet von ahd. hüan. Verschieden von 2.Bed. von baulich gehört erst der neuem
dem folgenden Bauer. Sprache an. ABL. Baulichkeit, f.: was
^Bauer, m. i-n, PI. -n): wessen Be- aufgebaut wird, Gebäude, Gestelle (Goethe
schäftigung ist Ackerbau zu treiben Mensch Faust 9027. 16, 43 usw.).
; Xoch nicht bei
ohne feine Sitten: eine der geringsten Fi- Adelung und Campe.
guren (der Soldaten) im Schachspiel. Früh- Baum, m. i-es, PI. Bäume): Holzstamm-
nhd. Banr Gen. Bauren). ^Ihd. Mir, friiher
( pflanze: Holzstamm. ^Ihä. boum (PI. houme,
gehür, gebüre (Gren. gehuren, auch gebüres), wie auch noch bei Harsdörfer Gespr. 1, 214
ahd. gibtiro und gibür «Einwohner, Mitbür- Baume, aber schon Luther mit Umlaut
ger, Landbewohner», gebüdet von gi- hier Beu-me), ahd. boum m.-. dazu asächs. böm,
«mit-» und ahd. bv.r <;Wohnung» (s. ^Bauer), ndl. boom (auch «Deichsel»), afries. bäm, ags.
also eig. «Mit wohner, Dorfgenosse» (vgl. auch beam, engl, heam «Balken, Deichsel x, anord.
Nachbar). Die mhd. neben der schwachen (mit d für g) badmr, got. bagms m. «Baum»,
vorkommende starke Flexion zeigt sich jetzt Die got. imd westgerm. Fonn lassen sich
noch im Sg. (Bauers Logau 1, 3, Dat. Bauer vielleicht aus einer Grundform *bagwmü-
Schüler TeÜ 2. 1 ABL ^Bäuerin, f., mhd. erklären, doch ist das nicht sicher: bauen
1.

gebiurinne.- bäuerisch, bäurisch, adj., wäre im letzten Grunde verwandt, wenn


mhd. gebiuriscli. l)äuerlich, adj., mhd. ge- bäum zu gr. qpöua n. «Gewächs» gehört, vgl.
biurlich. Später veraltet, aber von Heynatz Johansson Btr. 15, 224. S. noch Grienberger
1796 empfohlen. Bauersame, f.: Gesamt- Wiener SB. 142, 8, 42. ABL. -bäumen,
heit der Bauern als Gemeinde. Ein alem. -bäumeu, adj.: in bim-, kirsch-, nußbaumen
Wort, um 1.300 gebürsami (-sami wohl aus usw. Mhd. ahd. boumin.
-*samni entstanden Bauerschaft, f., mhd.
). Baumel, f. (PI. -n)-. Schaukel; frei sich
gebürschaft ZUS. Bauersmauu, m., mhd. hin- und herbewegendes Ziergehänge, z. B.
geburman und (Zusammensetzung mit dem an der Taschenuhr, am Ohr usw. (im 18.
Gen. des stark flektierenden "Wortes) gebüres Jh.). Von baumeln, v.: hangend sich hin
nmn, PI. gebüres Hufe. Jetzt erscheint Bauers- und her bewegen (Weise Erzn. 32, bei Stie-
in der Zusammensetzung nur hier und in den ler 1691 baumelen). Wohl zu bammeln, bim-
verwandten Bauersfrau, Bauersleute, sonst meln, bummeln (s. d.) gehörig, aber an Baum
Bauer- oder Bauern-, wobei letztere Form angelehnt, vgl. Damköhler ZfdW. 1, 271.
vorgezogen wird, wenn die Abhängigkeit be- bäumen, v.: baumähnlich aufwärts bie-
zeichnet werden soU. z. B. BauernJwf (hei Da- gen Schiller Kab. u. L. -5, 7), gewöhnlich refl.
(

svpodiusl537 baurenhoff), Bauernstand (Grim- sich b. !Mhd. sich boumen. Vgl. aufbäumen.
melshausen Simpl. 12 Bauren- Stand), Bauern- -bäumen, -bäumen, s. Baum.
stolz (beiHenischl616), dagegen Bauerbiirsche, Baumgarten, m.: Garten mit Bauman-
Bauermädchen. Bauerwetzel, m.: eine (beim lagen, besonders Obstbaumgaiien. Mhd. boum-
Landvolk häufige Halsentzündung, die mit garte m. Vgl. Bangert.
)

Geschwulst der Ohr- und Speicheldrüsen ver- Baumöl, n.: Öl aus Oliven d. i. der
bunden ist. -wetzet scheint eig. die Bed. von Frucht des Ölbaumes gepreßt. !Mhd. boumöl
;

«Schlag» zu haben (s. Watsche), vgl. mhd. n., bei Luther (3. Mos. 24, 2) Baumöle n.
\

orwetzelinn. «Ohrfeige» und im 15. .Jh. tanne- Baumschlag, m.: eine Anzahl Bäume;
wetzel m. (entstellt aus tinnewetzel? tinne die äußere Erscheinung der Bäume, des
«Schläfe», also eig. «Schlag vor die Schläfe»), Laubwerks und ihre Wiedergabe bei Malern,
«eine katarrhalische Seuche». Kupferstechern usw. i
In der 2. Bed. bei
baufällig, adj. u. adv.: mit Einsturz dro- Adelung 1774. S. Schlag.
hend. L'm 1400 pauvelUg von Feldgut s.v. a. Baumschule, f.: Anlage zur Zucht jun-
im Bau verwahrlost, aber 1482 bei Eychmann ger Bäume. 1640 bei Comenius Sprachen-
i

Aa 1^ bufeiliger «niinosus». thÜT 93, 382. |

Bauflucht, s. Flucht. baumstark, adj. und adv.: stark wie


Baukunst, f. Bei Hulsius 1596. ein Baum. Frühnhd. (1482 bei Eychmann
baulich, adj. u. adv.: gut im Bau, wohl er- Z 8^ baumstarck machen «robui-are»).
171 Baumwolle beben 172

Baumwolle, f.: die nacli Herodot 3, 106 geführt (bei Bürger 59, Schiller Fiesko 5, 7,

aus Indien stammende, auf einer baumartigen Blumauer An. 2, 153, hinausbaxen bei Voß
Staude wachsende Wolle. Mhd. im 12. Jh. 1, 277). Vgl. boxen.
boumwolle, houmwol (Erec 7703) f. ABL. Bayer, m. [-n, PI. -n), Volksname. Mhd.
baumwollen, adj., spätmhd. (1380 houm- Beier, ahd. Baigari, Baigiri, mlat.-germ.
wollen Germ. 28, 360). (seit 6. Jh.) Bajoarius, Bajuvarius, der aus
Bausback, s. Pausback. Baja oder Bohemum Stammenden, d. i. einer
Bausch, m. {-es, PI. Bäusche): ausge- von den früher dort angesessenen Marko-
dehnter Wulst; dickgelegte Verbandleinwand; mannen, auf die der Name des von ihnen
Gebund Stroh. Redensart: in B. und Bogen aus dem Lande vertriebenen Volksstammes
«eins mit dem andern, ohne auf mehr oder der Boji allmählich übergegangen war. Da-
weniger zu achten», eig. «mit auswärts sich von der Landesname Bayern, mhd. Beiern
dehnender Grenzfläche [B.) und mit einwärts für ze den Beiern, also Dat. PI. des Volks-
biegender (Bogen)». Mhd. Msch m. ist «stump- namens, und das Adj. bay[e]risch, mhd.
fer, schwellenmachender Schlag, Beule, Sat- heierisch.
telschwulst». Von bauschen, v. : wulstartig be-, eine untrennbare stets unbetonte
schwellen machen. Mhd. huschen, hiuschen Zusammensetzungspartikel, die allseitige Ein-
«schlagen, schwellen machen». Verwandt ist viel- wirkung, voUe Bewältigung, ein tätiges ein-
leicht russ. buchnuü «schwellen, sich werfen», wirkendes Nahesein, endlich bloß Verstär-
neuslow. huhnoti «anschwellen», vgl. Wad- kung des Begriffes des einfachen Wortes
stein Btr. 22, 240. Spätmhd. und älternhd. er- ausdrückt. Mhd. he-, ahd. hi-, als abge-
scheint auch hüsen, baMse?? «aufschwellen, her- schwächte Form neben bi- Präp. «bei»;
vorstehen, schwelgen» (dazumnd. bilsen, engl. dazu asächs. hi-, ndl. he-, afries. hi-, ags.
house «schlemmen, zechen»), baus f. «schwel- bi-, he-, engl, be-, got. hi-, im nord. urspr.
lende Fülle» und auch später gehen bausen fehlend. Li manchen Wörtern erscheint he-
und bauschen nebeneinander (Stieler 1691 zu bloßem h abgeschwächt, s. hange, harm-
hat bausen und hausten, auch Adelung kennt herzig, Beichte, binnen, bleiben, Block. Die
noch bausen, vgl. aufbauschen), huschen steht mit he- zusammengesetzten Verba sind Tran-
neben hüsen wie mhd. krischen neben kri^en, sitiva und gehen zunächst auf Verba, dann
lüschen neben lü^en, Grundbed. wohl «schla- aber auch auf Subst. und Adjektive zurück,
gen», wie jetzt noch vielfach mundartlich, indem das vortretende he- hier einerseits
vgl. noch mhd. hü^en «schwellen», Schweiz. Vorhandensein oder Betätigen wovon
das
hüss «Schlag, Beule». ABL. bauschig, oder das Versehen womit, anderseits das
adj.: irühnhä. bauschecht. Yg\. a-uch Bauschet Wozumachen ausdrückt; viele der von No-
und Pauschal-. minibus gebildeten Verba nehmen nach dem
Baute, f. (PI. -n): Aufführung eines Muster der von Adj. auf -ig ausgehenden
Baues; aufgeführter Bau. Adelung 1774 die Endung -igen an, z. B. beschädigen, be-
führt Bauten als niedersächsischen PI. zu kreuzigen, beköstigen. Allen mit he- zu-
Bau an, ebenso Heynatz 1775 als ein kame- sammengesetzten Substantiven liegen Verba
ralistisches Wort; Jean Paul gebraucht 1801 gleicher Zusammensetzung zugrunde.
den Sg. Baute, ebenso Goethe im Faust 11157. Beamte, m. (mit adjektivischer Flexion
Er geht auf mnd. hüwete f. «Bau» (büwete ein Beamter, der Beamte, Gen. eines, des
n. «Gebäude») zurück, dagegen mhd. mit Beamten PI. Beamte, die Beamten) ,wem :

Verschiebung des t gebüwege n. «Gebäude». ein Amt übertragen ist. Bei Henisch 1616.
1

Bauwerk, n.: Erzeugnis der Baukunst, Von beamt, der verkürzten Form des Part.-
Gebäude. Mhd. hüwerc n. (Altd. Pred. 1, Prät. beamtet, von dem frühnhd. V. heamten
j

358, 30 Schönbauh). «mit einem Amt versehen».


\

bauz! Interj. des aufschlagenden Falls. bearbeiten, v.: Arbeit verwenden auf.
Aus der mittel- und nordd. ümgangsspi-ache Spätmhd. erscheint sich h. «sich bemühen»,
1781 bei Kindleben angeführt (1775 bei was auch das ältere Nhd. noch kennt; Stieler
Goethe Götz 3, bei Voß 1, 282). 1691 hat auch bearbeiten «labores subire»,
baxen, refl. v.: ringend schlagen. Aus die jetzige Bed. bei Frisch 1741.
nd. baksen d. i. baks (Schläge) geben. Aus beben, V. in geschwinder Wellenbe- :

der Umgangssprache bei Kindleben 1781 an- wegung sein, besonders starker und nach-
173 Becher bedenten 174

haltiger. Das e der 1. Silbe wird jetzt teils bedauern, v,: Leid worüber haben oder
oifen (z. B. in Sachsen, danach bei Adelung), äußern. Aus mhd. hetüren und (seltener)
teils geschlossen gesprochen. Mit e für % betiuren (unpersönlich, mich hetüret, hetitiret
(bei Luther, fiiiher selten in md. Quellen) eines dinges), das zunächst «tiure (teuer) sein,
aus nihd. hilien, ahd. hihen: dazu asächs. viel kosten, schätzen» bedeutet, dann «hoch
hitön, ags. heofian, anord. bi/a, schwed. häfva, anschlagen, schwer drücken, verdrießen, Leid
dän. häve. Verwandt ist ai. hhls f. «Furcht», verursachen». S. Bei den Mttel-
^dauern.
dazu das dem Deutschen genau entsprechende , deutschen des gewöhnlich betauren,-
17. Jh.

reduplizierende V. htbheti «er fürchtet sich», hetauern, so noch Lessing 2, 167. AJBL.
abg. hojq^ sg «ich fürchte mich», lit. hijoti-s bedauerlich, adj., bei Stieler 1691.
«sich fürchten», häime f. «Furcht». Luthers Abgabe, die ursprüng- Bede, f. (PI. -%):

heben hat das früliere obd. hidmen (s. d.)Mit ndd. und westmd,
ver- lich Freie bezahlten.
drängt. ABL. beberu, v. (bei Bürger): d für t entsprechend mhd. bete f, «Bitte»,
«heftig beben». Iterative Bildung, entsprechend dann auch «erbetene Unterstützung, Abgabe»,
anord. hifm, dän. häire. Bebung, f. (Schiller besonders der Freien, ahd. heta f. «Bitte»
Kab. u. L. 4, 2). zu bitten. Es erscheint z. B. 1417 als bede,
Becher, m. (-s,Tiinkge- rente, stüre (Jansen Frankf. Reichskorr. 1,
PI, wie Sg.):
schirr. Mhd. hecher, hehhari 305), 1540 bei Alberus Dict. G2^ als hed
ahd. hehJiar,
m., dazu andd. hikeri, ndl. heker, anord. (doch heet pp 4^ und xx 4^^), dann im
hikarr m.,. schwed. hägare n., dän. hager n. 17. Jh. (Stieler Beede und Behte), wähi-end
Aus mlat. hiccarmm n. (ital. hiccMere m. hd. Quellen anfangs het, hett (1587 Dasypo-
«Glas»), das auf gr. ßiKoc m. «Gefäß» zurück- dius) haben, das auch später noch vorkommt
geht. Auch Kelch (s. d.) ist entlehnt. ABL. (Goethe Faust 10947 BetW).
bechern, v. den Becher weidlich leeren
: bedenken, v.: von allen Seiten in Ge-
(im 18. Jh.). danken betrachten; (einen) an ihn denkend
Beck, s. hacken. begaben. Refl, sich b.: von allen Seiten Über-
Beckelhaube, s. Pickelhaube. legung anstellen. ]VIhd. bedenken, ahd. biden-
Becken, n.: flaches scheibenförmiges Ge- chen (in der Bed. «beschenken» erst spätmhd.,
fäß zum Aufnehmen einer Flüssigkeit; Me- dann mhd. auch in der von «Verdacht auf
tallscheibe zum Aneinanderschlagen in der —
befallen werden», vgl. Bedenken, bedenk-
Musik; rundliche Vertiefung zwischen erha- lich). Der Inf, als Subst. Bedenken, n. Über- :

ben,en Stellen. Mhd. heckin, hecken, hecke legung, zweifelnde Überlegung. In der Kanz-
n. , ahd, hecchin, hecchi n. Aus spätlat, leisprache des 15. Jh. ABL. bedenklich,
bacclnum n. «Becken» (bei Gregor v. Tours adj. u. adv.: in zweifelnder Überleguag be-
9, 28 hacchinon n. «flache hölzerne Schale», fangen; zweifelnde Überlegung hervorrufend.
ital. m. «Becken»), ab-
hacino, franz. hassin Fiühnhd. (Rollenhagen Froschm. 331). ZUS.
geleitet von bacca s. Back.
f, «Wasserfaß», Bedenkzeit, f. Frühnhd.
bedacht, adj., eig. Part.-Prät. von be- bedeuten, v.: zum Verständnis bringen;
denken: gesammelter Gedanken worüber oder wozu anweisen; Anzeichen wozu sein; Gel-
worauf seiend. IVIhd. heddht. Davon Be- tung haben; von Wichtigkeit sein. Mhd,
dacht, m. IVJbd. heddht f. (in vor- heddht), bediuten «völlig zum Verständnis bringen,
im 15. Jh. auch bedacht m. ABL. bedäch- geistig woraufhinzeigen, klar anzeigen». Das
tig, adj. u, adv. jMhd. hedcehtic, ahd. hidäh- Part.- Präs. bedeutend bed. als Adj. auch
tic. bedächtlich, adj. u. adv. Als Adv. «von erheblicher Wichtigkeit, ansehnlich»
im 15. Jh. z. B. um 1480 im Voc. ine. teut. (in dieser allgemeinen Bed. namentlich durch
p. 3^ pedechtlich «premeditative». bedacht- Goethe aufgekommen, Adelung kennt es nur
sam, adv. u. adv. Friihnhd. (Fischart Binenk. als«Wichtiges anzeigend», wie auch noch
231 a). Davon (mit ausgefallenem
oft bei Goethe).
Bedarf, m. (-es)-, das wozu Erforder- d)Bedeutenheit f. (Goethe 46, lo 1. H.).
liche. Aus dem Präs. von bedürfen gebildet. ABL. bedeutsam, adj. u. adv. Um 1770
Schon mnd. bedarf, hederf, aus der Kanzlei- aufgekommen und von Adelimg 1793 als
sprache von Henisch 1616 angeführt, nach neugebildetes Wort verzeichnet; Goethe ver-
Adelung 1774 veraltet, doch von Campe Be- wendet daneben auch deutsam (27, 122).
reicherung 1795 empfohlen. Davon Bedeutsamkeit (Goethe 22, 132. 174,
175 bedienen Beet 176

daneben Deutsamkeit N.W. 1, 266). Bedeu- beduseln, reÜ. v.: sich ein Räuschchen
tung, f. Mhd. hedmtunge f. ist «Auslegung», antrinken, s. duseln.
im 15. Jli. im jetzigen Sinn. bedutzt, adj.: betroffen und bestürzt
bedienen, v.-. durch Dienstleistungen wovon (Goethe Clav. 4, 1). Eig. Part.-Prät.
sorgsam versehen. Frühnhd. Refl. sich wessen von dem mit Akk. der Person verbundenen
&.: «ihn, es wozu gebrauchen». In dem älter- mhd. betützen (Frät. betutzte, Part, betutzt)
nhd. bedient sein «dienlich sein» hat bedient «betören, heimlich hintergehen». Yg\. verdutzt.
aktive Bedeutung. Daher Bediente, m. beeidigen, v.: eidlich verpflichten. 1618
(mit adjektivischer Flexion): Dienei'. Im bei Schönsleder B 2 ^ beaidigen neben dem ,

17. Jh. (Zesen Ibr. 451). Auch Bediente f. schon früher (1580 bei Schwartzenbach Sy-
(Geliert Lustsp. 273). ABL. Bedienung, nonyma) vorkommenden beeiden.
f.,bei Krämer 1678. beeinträchtigen, v.: (in die Quere
Beding, n., auch m. (-s), fast nur in mit kommen und so) Eintrag tun. Von älternhd.
dem B.: beschränkende Bestimmung. Bei Eintracht (Luther 3. Mos. 13, 48 usw.) statt
Luther, aus der Kanzleisprache (mhd, dafür Eintrag m. Querfäden des Gewebes». S, : ?:

gedingen.). Von bedingen, v. durch Ver- Eintracht und Eintrag. Zuerst 1641 bei
:
j

handlung oder als Unterstellung festsetzen; Schottel S. 489; 1741 bei Frisch als ein
beschränkend bestimmen; als etwas Abhän- «seltsames Juristencompositum» verzeichnet,
giges, damit Verbundenes, daraus Hervor- auch Adelung 1793 schreibt es nur der
gehendes usw. notwendig machen. Mhd. &e- Rechtssprache Oberdeutschlands zu, dagegen
(irngfew «Vertragsbestimmungen festsetzen», wo- empfiehlt es Heynatz 1796.
für ahd. gidingon oder auch bloß dingön, von beendigen, v.: zu Ende bringen. Bei
mhd.-ahd. dinc n. «rechtliche Verhandlung, Ver- Adelung neben beenden als Kanzleiwort an-
trag». Die Flexion ist ursprünglich schwach, geführt, von Heynatz 1796 noch beanstandet.
doch dringt seit dem 17. Jh. (bei der 1. Bed. beerdigen, v.: der Erde übergeben,
des Wortes) auch starke ein, Prät. bedang, begraben. 1663 bei Schottel S. 1310 be-
bedung, Part, bedungen, die Adelung ver- erdigen.
langt. S. dingen. ABL. Bedingnis, n. und Beere, f. (PI. -n)-. kleinere fleischige
f. Kab. 3, 1).
(Schiller Nach Heynatz 1796 Samenkapsel der Pflanzen. Aus dem PI. des
ebd., Adelung unbekannt. Bedingung, f., mhd. N. ber (PI. diu ber, md. auch bere),
bei Luther. ahd. beri n. dazu asächs. beri (in unnberi ;

bedrängen, v.: allseitig, sehr drängen. n.), anord. ber, schwed. dän. bär n., got. mit
Mhd. bedrengen und bedrangen. ABL. Be- dem ursprünglichen s basi (in weinabasi n.),
drängnis, f. und n. In der frühnhd. Kanz- ebenso ndd. bes im Dim. besing, ndl. bes f,;
leisprache bedrengnisse. ags. mit Ableitung berie f., engl, berry, ndl.
beducht, s. betucht. bezie. Vielleicht zu ags. basu «rot», vgl.
bedünken, v.-. den Umständen nach der Liden Idg. Forsch. 18, 416. Bei Luther er-
Ansicht sein, fast nur unpersönlich mich scheint Bee^-, Beere meist als PI., so noch
bedünkt, bedeucht (s. dünken). Mhd. bedünken, 1741 bei Frisch, der einen Sg. Bee^~ n. an-
bedunken. Fiiiher, namentlich bei Oberdeut- [Beere als PI. nicht selten im 18. Jh.
setzt
schen, auch bedunken (Rückert Da- und noch bei Uhland) daneben wurde (ver-
3, 126). 1
;

von der Inf. als Subst. Bedunken, n. {-s)\ einzelt schon bei Luther) Bee^', Beere als
;

Erachten, Meinung (schon mhd.). ABL. be- Sg. eines F. genommen und später dann ein
I

dünkeln, v. mit dimin. Endung (Goethe 6, 95). PI. Beeren neugebildet (z. B. bei Lohenstein
bedürfen, v. (Präs. bedarf, Prät. bedurfte, Rosen 100, dann 1716 bei Ludwig usw., Beere
Part, bedurft, s. dürfen): nötig haben, erfor- als Sg. verlangt Adelung).
derlich sein, besonders insofern aus irgend Beest, n. {-es, PI. -er), die ndd. Form
einem Mangel der Zweck nicht erreicht werden für Bestie (s. d.).

kann. Mlid. bedürfen, bedürfen, ahd. bidurfan. Beet, n. {-es, PI, -e): abgeteiltes Stück
ABL. Bedürfnis, n., früher auch f. (Les- Gai'tenland zur Anpflanzung. Das Wort ist

sing 6, 258). Frühnhd. (1482 im Voo. theut. mit Bett n. (s. d.), geht aber auf die
eins
c 6^ bedurfnusse^ «indigentia»). bedürftig, in md. Quelle^ erscheinende Nominativform
adj,, abgeleitet von dem älternhd. Bedurft, mhd. bet (gleich asächs. bed) statt bette zu-
f. (vgl. Notdurft). Spätmhd. bedurftic. rück. Die Scheiduncr entstammt dem Md.
177 Beete Beffchen 178

und wird 1640 von Comenius und 1645 von Quellen bevel «Empfehlung, Übertragung, Ob-
Gueintz (Bette — Behte) gefordert (Beth in sorge». Bei Luther befelh. Von befehlen,
der angegebenen Bed. bei Opitz 2, 28, Beet Imp. befiehl (befelh Luther Ps. 37, 5, befehle
bei Gryphius Tr. 482). Im 16. u. 17. Jb. Goethe 13, 306), Prät. befahl, Konj. beföhle,
kommt öfter Beth für Bett vor, während Part, befohlen: übergeben, zu eigen und zu
anderseits Duez, Ki-ämer, Stieler und selbst Gunst oder Geneigtheit; anvertrauen; als und
noch Frisch für Beet auch Bett kennen zum Geschäft übergeben oder übertragen;
(bei Scbottel 1663 wird wie jetzt unter- seinen Willen äußern zur Befolgung, anheim-
schieden). Bett bleibt auch später im Obd. stellen: durch eine zu befolgende Willens-
(bei Haller 63 Gartenbetter). äußerung bestimmen. Bei Luther befelhen,
Beete, f. (PI. -n): Mangold, rote Rübe. obd. im 16. Jh. auch befeichen. Aus mhd.
Aus lat. beta f. Die mhd. Form des früh bevelhen, in md. Quellen auch bevelen, ahd.
aufgenommenen Wortes war (mit Verschie- bifelahan, bifelhan, in einigen Quellen bifelan;
bung des lat. t in ^) bie^^e, ahd. bie^a f., dazu asächs. bifelhan, ags. beßolan faus be-
noch bayr. Bießen f., 1598 bei Colerus Behß, feollian) «empfehlen, anvertrauen»; im Got.
1517 bei Trochus Kö*» beißkoel. Die Form ist anafilhan «übergeben, empfehlen». Das
Bete stammt aus dem Xdd. (bei Frisch mhd.-ahd. Wort bed. auch «begraben» (vgl.
1741 angeführt), vgl. ndl. beet m., ags. bete mhd. bivilde füi- bivilhede f. «Begräbnis») d. i.
f., engl. beet. gleichsam der Erde oder beim Leichenbrande) (

befähigen, v.: wozu fähig machen. 1807 den Flammen zu bedecken oder verbergen
von Campe als von ihm gebildetes Wort übergeben; auch asächs. bifelhan ist «der Erde
angeführt. Das Part.-Prät. befähigt als bergend übergeben, begraben». Beide Begriffe
Adj.: Fähigkeiten habend. aber «begi'aben» und «verbergen» sind die des
befahren, v. (Prät. befahrte): in Gefahr, einfachen ahd. felahan, got. fiUian (auch af-,
besorgender Furcht wovor sein. Refl. sich ga-, usfilhan). Auf den Leichenbrand geht
b. (mit Gen.): besorglich wovor sein, urspr. ahd. valach «er schichtete Holz» (zum Scheiter-
vor Nachstellung, Gefahr. Veraltet, aber noch haufen) und wittifelah «Holzschichte» (zur
bei Wieland, Bürger, Goethe, Schiller. Spätmhd. Totenverbrennung). Auch anord. fela bed.
(in md. Quellen) bevären, zu vären, ahd. fären «verbergen, bedecken». Die Herkunft des
«nachstellen», s. Gefahr. Verschieden von b. Wortes ist unsicher, vgl. noch E. Schröder
(Prät. befuhr): «über- und durchfahren», mhd. AfdA. 23, 156, Wiedemann Bezz. Btr. 28, 21 ff.
bevarn «erfahren». Das Prät. lautet ahd. bifelah, PI. bifiduhin,
Befang, s. Bifang. mhd. bevalch, PI. bevulhen, in md. Quellen
befangen (Prät. befing, Part, b., s. fangen), aber auch mit Übertritt zu einer andern Klasse
V.: einschließend, engend umgeben; gefangen (nach stehlen usw.) bevälen, im finihern Nhd
nehmen. womit: sich damit be-
Refl. sich b. gewöhnlich befahl, PI. befohlen (o aus mhd. ä
fassen, zu tun machen. Das Part. Prät. b. wie von Schottel S. 579 verlangt wird (noch
als Adj. bedeutet auch «eingenommenen, un- bei Schubart 2, 52), später dann befahl, be
freien Geistes und dadurch verlegen» (früher fahlen mit Ausgleichung, während der Konj
nur mit Subst., z. B. mit Furcht b., Heynatz beföhle das umgelautete o festhält.
1796 kennt b. «fassungslos», das Adelung 1793 befehligen, v.: den Oberbefehl haben
noch nicht verzeichnet). Mhd. bevähen, bevän, dui'ch Befehl beauftragen. Wohl von Befelch
ahd. bifähan «umfangen, einnehmen». der obd. Form für Befehl, für die auch Be
befassen, v. dem Umfang nach um-: fehlich erscheint, befehligen steht also zu
schließen und in sich aufnehmen. ]Mhd. be- nächst für befehlichen (dies kommt im An
va^j^en «besitzen, befestigen». Refl. sich wo- fanor des 17. Jh. vor, s. Diefenbach-Wülcker
mit b. «sich womit abgeben» (erst bei Ade- 175), vgl. billig für bülich. Noch Adelung
lung 1774). bezeichnet befehligen als ein obd. Kanzlei-
befehden, Krieg über- wort; Steinbach 1734 verzeichnet es zuerst.
v.: mit P'ehde,
ziehen, bekämpfen. Spätmhd. bevehden, von Befehlshaber, m. (-s, PL wie Sg.): Den
Fehde (s. d.). Nach Adelung veraltet, aber Befehl Führender. Bei Luther Neh. 11, 24
durch die Dichtersprache wieder aufgekommen. Befelhhaber, mhd. dafür bloß bevelher m.
Befehl, m. Willensäußerung
(-es, PI. -e): Beffchen, n. (s, PI. wie Sg.): die zwei
zur Befolgung. Spätmhd. bevelch m., in md, länghchen weißen herabhangenden Läppchen
W e i gan d , Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 12
::

179 befinden begegnen 180

unter dem Kanne des Geistlichen ;


(danach seit «Befugnis geben»). — - Befugnis, f. selten

1812) auf beiden Seiten des Gesichtes steif n. (Goethe 47, 165). 1641 bei Schottel S. 334
emporstehender Halskragen, auch «Vatermör- Befugniß, aus Lehmanns Spejo". Chron. 1612.
der» genannt. In der 1. Bed. bei Yoß Luise Befund, m. (-es)-, das Finden wie etwas
2, 99, aus dem Ndd. Mnd. heffe «Chorkappe, ist. Neues Wort, nach Adelung nur «in einigen
Chorhut», im 16. Jh. ndl. bei Kilian 48^' leife obd. Gegenden», das aber Heynatz 1796 als
«fellener Mantel, Kragen», neundl. hef m. auch im nd. Geschäftsstil nicht ungewöhnlich
«Kragen, Krägelchen». Vielleicht desselben bezeichnet. Zu befinden.
Stammes wie bayr. Beffel m. «vorstehende begabt, adj. (eig. Part. Prät. von begaben,
oder überhängende Lippen», auch «Mundstück mhd. begäben «mit Gaben ausstatten»): mit
einer IQarinette», älternhd. Befze f. «Lippe», Geistesgaben ausgestattet (in diesem Sinne
ostfries. Beffe, Bef «über die Fensterrahmen bei Ludwig 1716 hochbegabet).
vorstehendes keilförmiges Gesims». Worte Begängnis, n.:(Leichen-)Bestattung. Mhd.
mit solcher Bedeutung auch im Roman., spau. begancnisse, begenenisse n. S. begehen.
tefo «mit dicken Lippen, Unterlippe eines begatten, refl.v.: sich geschlechtlich ver-
Pferdes», it. heffare «verspotten», frz. hafouer einigen (bei Henisch 1616). Mhd. begaten ist

«beschimpfen». «passend machen, einrichten, verschaffen», erst


beflnden,v.: (Prät. befand, FaYt.befunden): nhd. (unter Einwirkung von Gatte) «sich vei'-
nach Untersuchung in gewissem Zustand oder mählen, die Ehepflicht erfüllen».
Verhältnisse wahrnehmen; nach Untersuchung begeben (Prät. begab, Part, begeben, s.
dafür halten. Mhd. hevinden, ahd. hifindan geben), v.: (als Trans, veraltet) hin-, über-,
«finden, erlangen, lernen, durch das Gefühl aufgeben (Rom. 12, 1), mhd. begeben, ahd.
wahrnehmen». Refl. sich h. «an einem Orte bigeban «wovon ablassen, hin-, aufgeben». Refl.
(wo?) oder in einem Zustande (wie?) sein». sich b.: sich hin-, dargeben (Rom. 6, 16); (mit
Frühnhd. Der Inf. als Subst. Befinden, n. Gen. der Sache) das Wollen, die Verbindung
(-s): Dafürhalten (in nachB.), mhd. hevinden n. auf etwas hin aufhören lassen, aufgeben, mhd.
«Wahrnehmung»; (zu sich b.) Zustand, Ge- sich b. «sich entäußern», auch «in ein Kloster
sundheitszustand (bei Ludwig 1716). ABL.
d. i. die Welt aufgeben; sich wohin
gehen»
befindlich, an einem Orte sich be- bewegen und so daselbst gegenwärtig sein;
adj.:
findend (im 17. Jh., vgl. Gombert 6, 13 vom in der Zeit wirklich werden (diese beiden
J. 1644, während im 16. Jh. die Bed. «wahr- Bedd. bei Luther). ABL. Begebenheit, f.,
nehmbar, bemerkenswert» vorkommt, z. B. von dem Part. Prät. begeben: das Wirklieh-
bei Maaler 1561). S. Befund. gewordensein in der Zeit (bei Duez 1664; mhd.
befleißen, v. (Prät. befliß, Part beflissen) begebenheit f. ist dagegen «Hingebung»). Be-
mit allem FleLße worauf hin tätig sein. Nur gebnis, f. und n. Im 15. Jh. begebnuss. Von
und sich b., meist mit Gen.
in beflissen sein Adelung als obd. Wort bezeichnet.
der Sache. Mhd. dafür bloß vli^en, ahd. fli^an. begegnen, v.: (mit Dat., zuweilen Akk.,
S. Fleiß. Daneben das auf das Adj. fleißig z. B. Lessing 6, 215. H. v. Kleist zerbr. Krug 72.
sich gi-ündende üblichere sich befleißigen Goethe 24, 219) entgegen- und so zusammen-
(bei Luther, wie auch &., mhd. dafür vli^igen). kommen, zusammentreffen, eig. wie bildlich,
befremden, v. fremdartig, sonderbar be-
: (mhd. begegenen, begagenen, ahd. bigaganen),
rühren, auffallend erscheinen. In der Kanzlei-entgegenkommen, feindlich entgegentreten;
sprache des 15. Jh. (Janssen Frankf. Reichs- gegenüber abhaltend tätig sein, entgegen-
korr. 2, 152 v. J. 1461). wirken; sich gegen jemand benehmen; zu-
befrieden, gewöhnlich befriedigen, v. kommen in der Zeit, vorkommen (bei Luther
durch Umhegen, Umzäunen gegen andre ab- mit Dat., seit Anfang des 18. Jh. auch ohne
schließen und so sicher stellen, schützen und Dat., was Heynatz 1796 als obd. bezeichnet).
schirmen; zufrieden stellen. Mhd. bevriden In den 3 ersten Bedd. wird durch Einwir-
«Sicherheit, Schutz verschaffen, umzäunen», kung von frz. rencontrer auch Jiaben als Hilfs-
von vride m.; im 15. Jh. auch bevridigen. wort verwendet, z. B. Schiller Karlos 3, 3.
befugen, v.: Zuständigkeit wozu geben, Jungfr. V. Orl. 3, 4 (mit Akk.); Lessing 1, 283,
jesonders rechtskräftige (Ftig), fast nur in Goethe 21, 258. ABL. Begegnis, f. und n.,
dem Part. Prät. befugt. Mhd. bevuogen oder 1641 bei Schottel S. 334 Begegniß; nach Ade-
bevüegen (nur in md. Quelle sich bevügen lung und Heynatz 1796 obd.
181 begehen begnaden 182

begehen (Prät. beging, Part, begangen, s. bigan, überwiegend bigunda, bigonda, bigunsta,
gehen ), v. : worauf, worüber, woran Hngehen, Part, aber bigunnan); dazu asächs. biginnan,
mhd. begän, begen, ahd. bigän, bigangan: (eig. ndl. beginnen, ags beginnan (neben ä-, on-
durch feierlichen Aufzug^ verherrlichend ver- ginnan), engl, begin, got. dafür duginnan.
bringen, feiern (schon mhd.-ahd. (eine Leiche j )
; Da als urspr. Bed. im Ahd. bei biginnan
feierlich zur Erde besorgen, bestatten (auch \
(ebenso bei in-ginnan) noch «eröffnen, auf-
mhd.): vollbriagen, ausüben (schon mhd.-ahd.): schneiden, spalten» (vgl. franz. entamer «an-
(vom Hengste) bespringen. Eefl. sich b.: sich schneiden, anfangen») hervortritt, hat man
zur Zeugung geschlechtlich vereinigen (im das V^'ort zu gähnen (s. d.), ahd. ginen ge-
17. Jh.); sich im Ungange benehmen. Mhd. stellt, also eig. «klaÖ'en machen». Bugge
sich begen, begän «das Leben führen, sich er- Btr. 12,405 abg.pocina^ m. «fange an» (mit Ver-
nähren». Vgl. Begängnis. schiebung eines idg. k zu gerra. g im Woi-t-
Begehr, n., fi-üher auch m. (-s): die inlaut).Ausfühi'lich über unser Wort Wiede-
innere die Äußerung mann Bezz. Btr. 27, 193if., der es ansprechend
Regung wonach, sowie
dieser Regung. ^Ihd. beger auch ältemhd., zu alb. zd «berähre, fange, fange an» stellt.
f. fso
während bei Luther n. ), in md. Quellen neben 5. auch Walde s. v. recens. Das Prät. lautet
begir f. n. Von begehren, v. innere Regung im Alternhd. überwiegend begunte, begonte,
:

wonach haben oder äußern. Mhd. begern, bei Luther auch begunste, begonste. begunte
neljen einfachem gern, ahd. geron. S. G-ier, erscheint oft im 17. und im 18. Jh., z. B.
gern. ABL. begehrlich, noch bei Freyer 1737, begonte, begonnte wird
adj. u. adv.: Be-
gehr erweckend; Begehr zeigend. Mhd. be- noch von Adelung bevorzugt vor began (das
gerlich neben begirlich. In der 2. Bed. nach Gottsched vei'langt), es ist auch bei den Klas-
Heynatz 1796 ein sächsisches Wort; es er- sikern sehi- gewöhnlich (Geliert, Lessing, Wie-
scheint bei Geliert und TVeiße. land, Goethe Faust 31 76, selbst noch Rückertl,
begeistern, v.: mit lebhaften Vorstel- 342). Das starke Prät. begann hat im PI. mhd.
lungen erfüllen, die Einbildungskraft er- begunnen, alternhd. begonnen, daraus erklärt
regen. In diesem Sinne erst im Anfang sich ein noch im 18. Jh. vorkommender Sg.
des 18. Jh. aufgekommen (1755 von Dorn- begonn (Wieland 21, 19. SchiUer Räuber 5, 1).
blüth S. 154 noch angefochtenj , während Der Konj. mhd. begünne lautet noch jetzt be-
im 17. Jh. begeistern «mit Geist erfüllen» gönne, seltener begänne. Das Part, fast nur
ist (vgl. entgeistern), daneben begeisten (noch stark begonnen (füi- begunnen). Das Wort gut

bei Goethe). Von dem PI. Geister. ABL. schon im 17. Jh. als veraltet, wieder auf-
Begeisterung, f., 1730 in Gottscheds crit. gekommen durch die neuere Dichtersprache.
Dichtkunst 333 (vgl. Gombert, 7, 11). beglanben (Goethe 3, 6), häufiger be-
Begier, f.: die innere sinnliche Regung glaubigen, V.: glaubwürdig machen, zu
wonach. !Mhd. begir f. n., doch häufiger das Glauben bestätigen. Das Part.-Prät. beglaubt:
einfache gir f. (s. Gier). ABL. begierig, glaubwürdig gemacht, sicher zu glaubend;
adj. u. adv. Mhd. begirec neben dem ein- Glauben bestätigt; im Glauben seiend (Wie-
fachen girec. begierlieh (Goethe 49, 1, 297), land Idris 5, 115). beglaubigen schließt sich
adj., wie begehrlich (s. d.j. Begierde, f. an das Adj. glaubig an. Beide Verba er-
(PI. -n) wie Begier. Mhd. begirde f. (auch n.) scheinen am Anfang des 17. Jh. (beglauben
:

neben girde, ahd. girida f., von gehren. bei Henisch 1616, beglaubigen von Gombert
Begine, f. (-«): Nonne ohne Gelöbnis, 6, 13 V. J. 1618 nachgewiesen).
Laienschwester, auch mit übelm Nebensinn. begleiten, v.: mit und bei jemand oder
Schon mhd. aus dem gleichbed. ndl. begijn etwas zugleich sich fortbewegen; musikalisch
nach franz. beguine, wohl benannt nach Lambert mitspielend ergänzen. Aus be-ge-leiten. Bei
Le Begue, dem Grtinder derartiger Gemein- Henisch 1616, während in gleicher Bed. mhd.
schaften (im 12. .Jh.). beleiten, ahd. bileiten, bei Luther geleiten.
Beginn, m. (-es): das erste AVirklich- begnaden, häufiger begnadigen, v.:

werden. Mhd. begin m. n., ahd. (bei Isidor) mit, ausGnade begaben; über jemand Gnade
bighin n. Von beginnen, v.: (in feierliche- für Recht ergehen lassen. Das 1. Verb mhd.
rer Rede) anfangen. Mhd. beginnen (Prät. begnaden, jetzt namentlich noch im Part.-
began neben begunde, begonde, md. auch be- Prät. begnadet (Goethe 16, 324, hochhegnadet
gonste, Part, begunnen), ahd. biginnan (Prät. bei Schiller 11, 252). Für begnadigen er-

12*
183 begnügen behalten 184

scheint älternhd. begnadigen, abgeleitet von halten, fest halten, behaupten, in Bestand
dem Adj. gnädig (begnadigen bei Duez mhd. sich b. «an sich halten, sich
1642). erhalten»,

begnügen, v. (mit Dat.): genug sein; behaupten». Das nhd. sich b. gehört urspr.

zufrieden stellen. IVIbd. begeniiegen, gewöhnlich nur der Umgangssprache an (Campe, der es
aber einfacher benüegen (auch bei Luther noch zuerst anfühi't, bezeichnet es als niedrig) und
häufig benügen). Jetzt fast nur refl. sich b.: ist von Goethe (28, 38, 4, 286) in die Schrift-
für sich genug haben oder sein. sprache eingeführt worden.
begraben, v. eingrabend mit Erde be-
: behäbig, adj. u. adv.: sich wohl haltend,
decken: verbergend zudecken. Mhd. begraben, Wohlhabenheit zeigend. Von behaben. Spät-
ahd. bigraban, entsprechend asächs. bigraban, mhd. bloß das einfache habig, hebig, auch
ags. bigrafan, aber got. bigraban ist «mit gehebig «besitzend, wohlhabend», ahd. in Zu-
einem Graben umgeben». ABL. Begräb- sammensetzungen -habig «haltend, -haft», vgl.
nis, n., selten f. (Job. 12, 7): Leichenver- auch ungahab «inops». Frühnhd. erscheint
senkung in die Erde, Totenbestattung. Mhd. behebig (auch beheb) als «fest-, zuräckhaltend,
begrebnisse f. u. n. karg» (doch bei Dasypodius 153 wolhäbig
begreifen, v.: mit den äußersten Glie- «opulentus»), die jetzige Bed. von behäbig, die
dern des Leibes (Händen, Füßen) fühlend jedenfalls in der Umgangssprache lebte, zuerst
anrühren oder fassen (l. Mos. 27, 21); er- bei Goethe 49, 1, 264, während sie Frisch,
greifen; umfassen; in sich fassen; geistig Adelung und noch Campe nicht kennen.
fassen oder in sich aufnehmen. Mhd. be- behaft (Matth. 4, 24. Luc. 4, 38. Joh.
grifen, ahd. bigrifan «fühlend betasten, um- ö, 4), jetzt gewöhnlich behaftet, adj.: fest-
fassen, in Worte zusammenfassen, in sich gehalten von etwas, eig. festgeheftet, daim
fassen», mhd. besonders bei den Mystikern besessen. Mhd. behaft (mit Rückumlaut)
auch «geistig auffassen» und «in sich auf- und beheftet (md. auch behaftet), ahd. bihaft
nehmen», begriffen sein: die Ausführung und beheftet (bei Notker), sind das Part.
von etwas aufnehmen, daran sein es zu tun. Prät. von beheften, ahd. biheften «zusammen-
— ABL. begreiflich, adj.: geistig auf- heften, fest heften, fest halten, zu etwas
zufassend. Mhd. begrtfelich. Begriff, m. verbinden oder verpflichten, womit beschwe-
{-es, PI. -e) räumliches Umfassen, räumlicher ren»,
: behaftet (als Part. Prät. von behaften)
Umfang, mhd. begrif: Zusammenfassung: gei- schon bei Maaler 1561.
stige Auffassung; Umfang und Inhalt einer behagen, v.: (mit Dat. der Person) zu-
Vorstellung (so schon bei den Mystikern, in der sagende, wohltuende Empfindung erregen.
neuern philosophischen Sprache wohl durch Mhd. (namentlich in md. Quellen) behagen,
Christian Woltf, f 1754, üblich gewoi-den); das ahd. nicht vorhanden; dazu asächs. behagön
Daransein etwas zu tun [im Begriffe sein, erst «günstig sein», mnd. behagen «gefallen» ndl.
bei Steinbach 1734 verzeichnet. behagen, afries. bihagia, ags. in andrer Zu-
begünstigen, v.: einem seine Gmist zu- sammensetzung onhagian «passen, gelegen
wenden. Ausgehend von dem Adj. günstig. sein», anord. bloß haga «einrichten, geraten,
Bei Henisch 1616, älternhd. auch begunsten. passen» (vgl. auch hagr «geschickt» und
begüten (Goethe Faust 8276), häufiger das ablautende höegr «behaglich, angenehm»).
begütigen, v. in gute Stimmung versetzen, Das ahd. Part.-Prät. kihagan «gehegt», mhd.
:

besänftigen. Mhd. begüeten ist «gut machen, behagen (ui'spr. starkes Part.-Prät.) «frisch,
mit Gütern versehen» (wofür jetzt begütern), freudig, stattlich», weist auf ein starkes V.
das von dem Adj. gütig abgeleitete begütigen hagan in der Bed. «schützen, hegen» hin.
erscheint frühnhd. zunächst in der Bed. «gut Verwandt sind Hag, hegen (s. d.); belmgen
machen», bei Dasypodius 1537 in der jetzigen. ist also eig. «sich geschützt», dann «bequem
behaart, adj.: mit Haaren bewachsen. und fröhlich fühlen». ABL. behaglich,
Ahd. dafür gihäret. Das V. behären bed. adj. Mhd. behegelich, auch älternhd. behaglich
im Mhd. «der Haare durch Ausraufen be- (behaglich bei Krämer 1678, doch wird be-
rauben», dagegen kommt behär in der Bed. haglich noch bei Adelung und Heynatz er-
von behaart vor. behaaret bei Duez 1642. wähnt und von Goethe oft gebraucht).
behaben, refl. v.: sich verhalten auf behalten, v.: innehalten, nicht weg-
jemand oder etwas hin, sich benehmen. Mhd. geben, in Bewahrung haben, geistig fest-
behaben, ahd. bihaben ist «in sich fassen, be- halten, nicht vergessen. Mhd. behalten, ahd.
185 behandeln Behör 186

bihaltan (dazu asächs. hiJialdan, ags. bihealdan)


Bed. «Ausflucht» angeführt, später dann all-
I

«für und in haben und bewahren, in gemeiner gebraucht. Vonbehelfen,v.: durch


sich
Obhut haben, rein erhalten, hegen und pfle- Hilfe fördern, mhd. behelfen, jetzt nur refl.
\

gen, beobachten, bewachen», im Mhd. auch sich behelfen womit ausreichen in Ermange-
j
:

«beherbergen, bewii-ten», ndl. hehouden «be- ,


lung voü Besserm (mhd. sich behelfen «sich
wahren», engl. heJwld «genau schauen, be- einer Aushilfe bedienen»).
trachten». Die Bed. «im Gedächtnis bewah- behelligen, v.:bemühen, beschwerlich
ren», erscheint bei Luther. ABL. Behälter, fallen. 1616 bei Henisch. Zusammenges. mit
m. (-S, PI. wie Sg.) selten n. (Goethe Faust ;
helligen, mhd. helligen, von heilig (s. d.),
1473): Gerät, Ort etwas aufzunehmen und auf- behende, adj. u. adv.: geschwind mit
zubewahren. Spätmhd. beheiter. Verschieden Leichtigkeitund Gewandtheit. Mhd. behende
von Behalter «Bewahrer», mhd. hehaltcere, (von Sachen) «bequem zu handhabend», (von
I

ahd. bihaltäri m. Behältnis, n.: wie Be- 1


Personen) «geschickt, gefügig, fertig wozu».
hälter. Um 1480 im Voc. ine. teut. p4^j)e- Nicht entstanden aus bihende «bei der Hand»,
haltniß «reservatorium», während mhd. hehalt- j
woraus allerdings auch mhd. behende wurde,
nisse f. «Erhaltung, Gewahrsam, Sicherheit», j
sondern wie mhd. gehende «bereit» (gleich zur
ahd. bihaltnissi n. «Wahrnehmung» ist. he- Hand) zusammenges. mit einem von haut f.
haltsam, adj.: fähig etwas im Gedächtnis
abgeleiteten, in Zusammensetzungen übhchen
festzuhalten. Bei Henisch 1616, wähi'endmhd. mhd. -hende, ahd. -henti. ABL. Behendig-
behaltsam «heilsam» bedeutet. keit, f., mhd. behendecheit, beheyidekeit, abge-
behandeln, v.: (veraltet) mit den Hän- leitet von demAdj.&eÄew(Zec, älternhd. fee/ie/u/«^.
den beai'beiten; überhaupt bearbeiten, sich beherzigen, v. sich zu Herzen nehmen. :

womit beschäftigen; sich im Verkehr gegen In der frühnhd. Kanzleisprache von Herz mit
jemand zeigen. Bei Krämer 1678 behandelen, angetretenem -ig- gebildet (1507 bei Wilwolt
in der 3. Bed. bei Adelung 1774. V. Schaumburg 116, Janssen Frankf. Reichs-
hehändigen, v.: einem andern eig. in korr. 1, 772 v. J. 1509), aber 1524 von Luther
seine Hand übergeben. Dafür mhd. behenden, (Bindseil 7, 315) angefochten. Älternhd. in
abgeleitet von Jiant; gegen Ende des 15. Jh. gleicher Bed. auch beherzen. Mhd. beherzen
erscheint in der Kanzleisprache behendigen, aber ist «zu Herzen gehen, Herz haben, stand-
das 1524 von Luther (Bindseil 7, 315) als haft sein». Davon das Part. Prät. beherzt:
neues Wort angefochten wird. ein unei-schrockenes Herz, Mannheit besitzend.
behaupten, v.: (siegreich) abwehrend Spätmhd. beherzt, daneben beherze, geherze.
einen Besitz festhalten beharrlich festhalten
; behilflich, adj. u. adv.: wozu Hilfe lei-
; 1

eine Ansicht mit Entschiedenheit (und urspr. stend. Spätmhd. erscheint in md. Quellen
j

erfolgi'cich) vertreten. Mhd. behoubeten ist behulfelich, behul flieh, dem behülflieh bei
«enthaupten», aber im 14. Jh. auch «fest- Luther, Alberus (Fab. 18, 218) usw. ent-
halten» (vgl. das einfache houbeten «als Herrn spricht, abgeleitet von frühahd. Behülfn. (da-
I

anerkennen, ansehen»). Eig. «sich als Herr zu mnd. behtdp) «Beihilfe» (in obd. Quellen
{Haupt) von etwas zeigen». Das Wort ist von dafür Behilf m., wahrscheinlich mit Vertau-
Oberdeutschiand aus vorgedrungen, Luther schung von i und ü). behilflich erscheint
gebraucht es nicht, dagegen hat es Maaler finihnhd. in obd. Quellen, findet aber in die
1561. In der 3. Bed. findet sich im 16. Jh. ein- Wörterbücher keinen Eingang und hat erst
faches haupten (Fischart Binenk. 8^), Maaler neuerdings behülflich (noch bei Adelung und
kennt behaupten in Beziehung auf Rechts- Campe allein angeführt) zuräckgedrängt.
händel {causam teuer e), bei Schönsleder, Duez, Behör, f.: wozu gehörige Sache. Im
Krämer ei'scheint es in der Bed. «dartun, be- 16. Jh. —
Behörde, f. (PI. -n): wie Be-
weisen», abgeschwächt dann zu «aufrecht hör; was gehörig, angemessen ist (vgl. mnd.
halten, verteidigen». Vgl. mnd. behoveden behörde f. «Gebühr», in dieser Bed. bei Frisch
«bekräftigen vor Gericht». 1741, auch bei Adelung u. Heynatz); Ort wo
Behelf, m.: Hilfe Gewährendes in Er- etwas hingehört; die zuständige Gerichts-,
mangelung von Besserm. Spätmhd. behelf m. Verwaltungsstelle. Das Wort scheint sich im
«Ausflucht, Vorwand, Zuflucht», auch mnd. 18. Jh. von den nordd. Kanzleien aus ver-
behelp m. «Hilfe, Vorwand, Ausrede». Noch breitet zu haben; in der letzten Bed. ist es
von Adelung 1793 als Rechtsausdruck in der Adelung und Heynatz ganz geläufig, während
;

187 Behuf beide 188

es ältere Wörterbücher wie Ludwig und äpLcpi, lat. ambi- «umher, um» hin und weiter
Steinbach noch gar nicht aufführen. Von mit tcm, ahd. umbi, skr. abhi «zu, gegen, um»,
älternhd.l)ehÖreil «gehören, gebühren», mhd. wahrscheinlich auch mit lat.
DO 7
o& «tresen, airf —
heho&ren in zuo hehce^'en «zugehöreu». hin», amb.
s. Walde
Li Zusammen-
s. v.

Behuf, m. {-es, PI. -e): Erfordernis zum setzungen ist bei Adv. und hat als erstes
Zwecke, fördernder Zweck, fast nur noch in Wort in Subst., Adjektiven vmd Verben, so-
zum B. Mhd. (in md. Quellen) hehuof m. wie als letztes in Adverbien den Ton.
«das zum Gelingen einer Sache Nötige», dann Beichte, f. (PI. -n)-. Sündenbekenntnis.
«Geschäft» (für einen Zweck Betriebenes), Aus mhd. biht, zusammengezogen aus begiht,
«Nutzen, Vorteü, Zweck, Absicht, Förder- ahd. bigiht, bijiht f. «Bekenntnis», vom 12. Jh.
liches»; dazu mnd. hehöf f. n. «Notdurft», an vorzugsweise «Sündenbekenntnis». Zu mhd.
ndl. hehoefn., ags. heköf-lic «notwendig», engl. bejehen, ahd. bijehan, bigehan «bekennen», von
tehoof «Vorteil». Zu dem V. mhd. beheben mhd. jehen, ahd. jehnn, gehan «sagen» (s.
(früher heheferi), ahd. Mheffen «erlangen, er- Gicht ^). Älternhd. meist Beicht; Beichte,
werben». Vgl. Meringer Idg. Forsch. 18, 224. schon bei Luther, dann von Stieler 1691 an-
Das Wort fehlt im 16. Jh. bei Luther und gesetzt und im 19. Jh. durchdringend (Ade-
in den obd. Quellen (doch kennt es Hans lung 1793 kennt nur Beicht), scheint dem
Sachs), dringt aber im 16. u. 17. Jh. vom abgeleiteten mhd. bihfe, begihte, ahd. (einmal)
Md. aus zunächst in die Kanzleien ein (1598 higihti f. zu entsprechen. ÄBL. beichten,
beim Herzog v. Braunschweig Susanna 4, 2 V., mhd. bihten, für das veraltete bejehen ein-
zu dero hehuff), 1678 bei Krämer. Der Gen. getreten. Beichtiger, m. [-s, PI. wie Sg.):
Sg. behufs als Adv. und dann als Präp. der Beichte Hörende, mhd. hihtegoere, abge-
mit Gen. ist durch den Kanzleistil eingeführt leitet von einem auf das Adj. bihtec, ahd.
(von Heynatz 1796 erwähnt). bijihtic «sündenbekennend» zurückgehenden
behülflich, s. behilflich. Verbum. ZUS. Beichtkind, n.: der Beich-
behutsam, adj. u. adv.: sich hütend, vor- tende. Fiäihnhd. (um 1480 im Voc. ine. teut.
sichtig. Frühnhd. Von dem älternhd. Subst. p 4* peichtkind). Beichtstuhl, m., fiühnhd.
Behut, f.: Vorsicht. (ßingwald getr. Eckh. J 4). Beichtvater,
bei, Präp. mit Dat.: in der Nähe oder m.: Beichtiger, mhd. (bei den Mystikern)
in der Gegenwart von , —
unfern von ——
bihtvater m.
ohne Entfernung und selbst ungetrennt von beide, PI.: zwei zusammen. Ln N. auch
(z. B. bei Gelde sein, Pfeiler bei Pfeiler zer- ein Sg. beides, doch nur alleinstehend. Mhd.
borst) ;
in zeitlicher Verbindung mit —
wäh- beide und bede, N. beidiu und bediu, ahd.
,

rend: in Verbindung mit — , in M. bede und beide, F. bedo und beido, N.


fester Be-
ziehung auf —
z. B. beim Kleide fassen, hei beidiu und bediu. Eine einfachere Bildung
Gott schwären). In der Volkssprache und zeigt got. bai, N. ba, ags. M. hegen, F. bä,
bei einigen nhd. Schriftstellei-n (Luther 1. Mos. N. hü, dazu auch anord. Gen. heggja. Dies
37, 18. 4. Mos. 1, 52. Matth. 26, 58 usw. Klop- entspricht der 2. Silbe von gr. äjuqpuj, lat.
stockMess.r2, 173. Goethe 28, 38, l.H. Weimar ambo, abg. oba, lit. ahü, aiud. (Dual.) M.
verändert, 43, 102) findet sich auch bei mit ubhäu, F. N. MÖÄe' «beide». Ln deutschen beide
Akk. (auf die Frage wohin): in die Nähe ist dies Pronomen mit dem Artikel verbun-
oder in die Gegenwart von —
Bei Zahlen den (vgl. got. ha ßö skipa «beide Schifle») und
.

ist bei s.v. a. «ungefähr, um und nicht ganz» zwar geht beim M. bede auf be
de, beim N.
(gleichsam nahe an), z. B. bei 10 Gulden: beidiu auf bei diu zurück, durch Ausgleichung
auch hier zuweilen mit Akk. (Apostelg. 19, 34). dann auch beide, bediu entsprechend (mit :

Mhd. bi (mit Dat., zuweilen Akk., nament- Verallgemeinerung der Mask.-Porm) asächs.
lich bei Md.), ahd. bi (mit Dat. und Akk.); bethia, N. bethiu, engl, botk (o aus
a), anord.
dazu asächs. bi (mit Dat. und Akk.), ndl. bij, M. bädir, F. hädkir, N. h(^di: ndl. wie nhd.
ags. bi (mit Dat.), engl, by, got. bi «ringsum, beide. In Mundarten findet sich jetzt noch
in Beziehung auf, gemäß», selten «bei, an» Unterscheidung der 3 Geschlechter,
z.B.wetter-
(mit Dat. und Akk.). Urspr. identisch ist auisch M. bid, F. büd, N. häd, bayr. M. hed,
das in der Zusammensetzimg abgeschwächte F. böd, N. heid. Während sich ein F. hode
&e-, mhd. he-, ahd. hi-. Die Bed. des Wortes hterarisch nicht nachweisen läßt, ist
das M.
im Got. weist auf Verwandtschaft mit orr. in der ursprünglichen Form bede im älteren

I
189 beieinander beilegen 190

Obd. häufig, bei Ölinger S. 28 angegeben, im Voc. theut. d 7*^ noch beypoß; diese Form
noch im 17. Jh. bei Harsdörfer Gespr. 2, 17, setzt sich auch noch in Volksmundarten fort.
im 18. bei Schubart 2, 302: auch Dornblüth 262 Beige, ungut Beuge f. (PI. -n): aufge-
giht bedeyoY beide denXovzug. ZUS. beider- schichteter Haufe. Nur noch obd. Aus mhd.
lei, adv. in beider Art. Bei Luther. S. -lei. bige, ahd. biga f. und btgo m. Dunkler Her-
beiderseits, adv.: von, nach beiden Seiten. kunft. ABL. beigen, v. aufschichten. Im :

Mit angetretenem -s (schon bei Luther) aus 16. .Jh. Schweiz, (bei Frisius, Maaler) bigeii,.
mhd. heder, heider sit, das gekürzt ist aus beiher, adv.: nebenher. Bei Stieler 1691
ze heder, heider Sit, auch in, üf beider Sit, beyher. Ein md. Dialektwort, das Lessing,
worin beder eig. der Gen, PI. ist. Von dem Goethe u. a. verwenden.
altern heider seit das Adj. beiderseitig Beikind, n. {-es, PI. -er): uneheliches
(Gombert 7, 11 aus dem 17. Jh. bei Lohen Kind. 1668 bei Schottel.
stein und Caniz). Beiderwaud, m. (-s): Beil, n. {-es, PI. e): keilartiges kurzge-
Zeug aus zwei Stoffen, aus Leinwand, die stieltes W^erkzeug zum Hauen des Holzes.
den Zettel, und aiis Wolle, die den Einschlag Mit Auswerfung eines h (dial. noch heichel)
bildet. 1741 bei Frisch Beider- Wand, 1790 aus mhd. bihel, zusammengezogen hfl, ahd.
bei J. G. Müller Straußfedern 2, 16 Beier- bthal, bial n. Da im Anord. das gleichbed.
wand, noch mundartlich entstellt in Hessen hllda f. (für hutla) hildr m. erscheint, muß
und Thüringen. Wand «Tuch», wie in Lein- das h von ahd. bihal, urspr. bihl auf p zu-
wand, Gewand, beidlebig, adj.: sowohl im rückgeführt werden, vgl. Gemahl. Verwandt
Wasser als auf dem Lande lebend. Nachbil- ist wohl Bille (s. d.), vgl. Sievers Idg. Forsch.
I

dung des gr.-lat. amphibium. Bei Krämer 1678. '4, 339 (dagegen E. Schröder ZfdA. 42, 60)
beieinander, adv. das zusammengescho- und weiter lat. findo «spalten», ai. bhinädmi
:

bene hei einander, mhd. bi einander, mit vor- «spalte», Gnindform *bhid-tlom.
geiückter Präposition (vgl. auseinander). Beilage, f.: was anderm zur Vei'voll-
beiern, v. den Rand der ruhenden Glocken
: ständigung bei- oder zugelegt wird, spät-
mit den Klöpfeln durch befestigte Seile takt- mhd. bilage f.; (ehedem auch) «das bei einem
mäßig anschlagen. Bei Yoß Ged. 1, 11. Aus zur Aufbewahrung Niedergelegte» (2. Makk.
dem Ndd., wo im 16. Jh. heyeren (ZfdA. '

3, 15).
3, 91), ndl. beieren «mit dem Klöpfel (ndl. Beilager, n. {-s, PI. wie Sg.) Vollziehung :

beiaert) an die Glocke schlagen». Dunklen I


der Ehe durch Beiliegen (Luther Tischr. 307 ^)
üz'sprungs. i
Hochzeitsfeier vornehmer Personen (bei Duez
I

Beierwand, s. Beiderwand. i
I
1664). Mhd. dafüi- bileger n. S. Lager.
Beifall, m. (-s): (urspr.) das Sichweg- beiläufig, adv. u. adj.: nebenhergehend,
wenden von einer Partei zur andern: Zu- nebenbei; (oberdeutsch) annähernd, ungefähr.
stimmung. In beiden Bedd. bei Luther. ABL. Das Wort erscheint um 1500 in der 2. Bed.
beifällig, adj. u. adv., im 17. Jh. :

j
(Jansen Frankf. Reichskorr. 1, 772), in gleicher
Beifang, s. Bifang, m. Bed. auch heileufftig bei Luther und hey-
I
!

Beifuß, m. {-es, PI. -e) als Küchengewürz leifftig bei Hans Sachs Fastn. 25, 147 (noch
:

gebrauchte Wermutart, artemisia. Mhd. (seit Steinbach 1734 verzeichnet heileufftig). In der
dem 14. Jh.) bivuo^, 1. Bd. erscheint
ahd. (11. Jh.) beyleufig bei Stieler 1691.
bivo^,
bivu§ (ZfdWf. 3, 247), mnd. Die Bed. «ungefähr» noch bei Heynatz 1796,
blföt, ndl. bijvote
m. Dagegen mhd.-ahd. bihdg m., was wohl doch mit Beschränkung aufs Obd.
als die ui'sprängliche Form anzusehen ist, beilegen, v.: neben ein anderes legen,
zusammenges. mit dem auch in ahd. anahö^ zur Seite legen, mhd. bilegen; (veraltet) bei-
«Amboß» (s. d.) vorkommenden böj zu bo^an seite, weglegen (bei Luther); beseitigen,
schlagen; also biboz eig. als Gewürz an Speisen schHchten, z. B. einen Streit (vgl. spätmhd.
und Getränke zu schlagendes oder zu stoßen- bilegunge «Schlichtung»); {das- Schiff h.) die
des Kraut. Das f scheint (mit Anlehnung an die Segel einziehen; (veraltet, vgl. Beilage)
Fuß, vgl. Schrader Reallex.) aus dem Ndd. hinterlegen, zumcklegen (bei Luther); (mit
eingedrungen. Die Form Bi-, Beifuß findet pers.Dat.) zuweisen, zuerteilen. Intr. sich einer
sich schon in den meisten hd. Glossarien des Sache hingeben, eifrig sein (Schiller Teil 1, 1
15. Jh., ebenso bei Dasypodius (unter artemi- reit zu! wenn ihr frisch beilegt, holt ihr ihn
sia), Frisius 123 Maaler beyfüß, dagegen 1482 noch ein).
'^j
191 beileibe beipflichten 192

beileibe, s. Leib. Stein und Bein «stein- und knochenhart»; Stein


!

Beileid, n. (-s): mitempfundenes Leid, und Bein schwören «auf Altar und Heiligen-
'

mitempfundene Trauer. Seit dem 17. Jh. in knochen» (Reliquien). Der PI. findet sich im
i

der Bed. «Mitleid», aber nicht allgemein ver- altern Nhd. auch als Beiner (namentlich obd.,
standen (Dornblüth 288), bei Adelung in der aber auch Gryphius Trauersp. 34 Menschen-
jetzigen Bed. i
Beiner).
bellen, v.: (von den Jagdhunden) den beinahe, adv.: nicht ganz. Fi-ühnhd. vor-
Hirsch durch allseitiges Anbellen zum Stehen handen (Janssen Frankf. Reichskorr. 1, 750,
bringen, wobei er sich gegen die Hunde zur auch bei Luther, aber noch getrennt hey nahe).
Wehre setzt. Mhd. Mlen, jetzt nur noch in Beiname, m. (-/?, PI. -n) Zuname. Mhd. -.

dem weidmännischen verheilen. Der Augen- biname m.


blick wann, und der Platz wo der Vorgang Beinbrecher, m.: eine die Knochen ge-
I

sich abspielt und das Jagdtier erlegt wird, fangener Tiere brechende Adlerart, lat. ossi-
heißt mhd. m. (namentlich in ze hile sten
hil fragus ra., ossifraga f., 1482 im Voc. theut.
vom Wilde, schon im 10. Jh. pil gipit «sub- jy 3^ dafür paynprech.
stitit» vom Eber, Steinmeyer-Sievers Gl. 2, j
beinern, adj.: aus Knochen (Bein) be-
667), womit Ortsnamen wie Beil-, Bilstein zu- stehend. Mit dem bei Stoffadj. üblichen
sammengesetzt sind. Diesem Ml entsprechend Suffix -ern (nach eisern, s. d.) für mhd.-ahd.
wird franz. dboi, engl, tay, eig. das «Bellen» i
beinin, auch bei Dasypodius und Maaler
verwendet (in etre aux dbois, engl, to stand ;
heinin, sonst älternhd. heinen, während Luther
at iay von dem von den Hunden umstellten (1. Mos. 49, 14) heinern hat.
Wilde), doch ist es nicht wahrscheinlich, daß Beinhaus, n. (ses, PI. BeinMuser) : Haus
wir im Deutschen von der Bed. «bellen» aus- am Kirchhofe zur Aufnahme der ausgegrabenen
zugehen haben. Vielmehr wird nach Sievers Totengebeine, Mhd. heinhus n. Ln altera
Idg. Forsch. 4, 339 hü von ahd. Mdan «warten» Nhd. findet sich auch in dieser Bed. Gerner
(bila- aus Mala-) abzuleiten sein, also eig. i
(s. d.>
^

«das Stehenbleiben des Wildes, die Erwartung adj. knochig Füße (Beine) habend
beinig, : ;

der verfolgenden Hunde». Anders E. Schrö- in zicei-, langbeinig usw. Mhd. -beinec.
!

der ZfdA. 42, 60, der es von heißen ableitet Beinkleid, n. {-es, PI. -er)-. Hose als
«Augenblick, wo die Hunde beißen». Ein Bekleidung der Beine. Der Ausdruck kommt
I

Verbum hilen «bellen» (im 14. Jh. bayrisch, schon im 16.vor (1557 bei Mathesius
Jh.
bei Hans Sachs, auch mndl., noch bei Heppe Syrach 3, 51^)erscheint auch im 17. u.
und
wohlred. Jäger 54 hauen) wird sich von bil 18. Jh. in Wörterbüchern (z. B. bei Comenius,
aus entwickelt haben, da die Hunde die Um- Rädlein, Frisch), aber ohne sich zunächst recht
stellung des Wildes durch Bellen kundtun. einzubürgern, da ihn noch Adelung 1793 als
beim, zusammengez. aus hei dem, schon neugebildet bezeichnet.
mhd. hime, zusammengez. aus hi deme. Beinling, m. (-s, PI. -e): Hosenbein (im
beimessen, v.: (mit Dat. der Person) 15. Jh., s. Diefenbach-Wülcker 227); der obere
durch Erwägung (geistiges Abmessen) einem Strumpf; (bei den Gerbern) der Teil der Tier-
zurechnen. Mhd. erscheint einfaches me^^en haut, der unmittelbar über den obern Beinen
(mit Dat.) in der Bed. zuteilen, geben. Aus gesessen hat.
der Kanzleisprache (1616 bei Sattler). Beinschwarz, n.: Schwärze aus ver-
Bein, n. {-es, PI. -e): Knochen (allgemein brannten Knochen. Bei Stieler 1691.
obd., schriftsprachlich namentlich noch in Zu- Beinwell, m.{-es): die Wallwurz, symphy-
sammensetzungen und Redensarten) das ganze tum.
; Ahd. heinwalla, heinwelle f. (ZfdWf. 3,
Geheglied (gleichsam die am längsten hervor- 281), zu icallen, hier in der Bed. «zusammen-
stehenden Knochen). Mhd. ahd. hein n. in heilen von Knochen bei Knochenbrächen»; die
beiden Bedd.; dazu asächs. ben, ndl. been, Pflanze heißt auch Beinheil n.
ags.bann. «Knochen», engl, hone, anord. hein, beipflichten, v.: (mit Dat.) einem zu-
schwed. dän. hen n. «Knochen, Geheglied». stimmen, eig. sich mit jemand verbinden, sich
Dunkler Herkunft. Vgl. Wiedemann BB. 28, ihm (seiner Meinung) anschließen. Mhd. bed.
60. Zusammenhang mit lat. femur «Ober- das einfache ,phlihten, mit den Präp. m«^, an,
schenkel» scheint möglich, da auch sonst i- zuo «sich mit jemand verbinden», von phliht
und e-Reihe wechseln. Redensarten: es friert (s. Pflicht), hier in der Bed. Anteilnahme, Vei--
193 beisammen Beiwort 194

binduDg. Jedenfalls in der frühnhd. Kanzlei- an heißen (denn der Fisch beißt sich scheinbar
sprache vorhanden (Luther hat Beipflichter an Steine an, heißt auch als von Schlamm oder
m. «Zustimmender», das Adj. 'beipflichtig bei daiin Befindlichem lebend der Schlammbeißer)
Diefenbach-Wülcker 223 v. J. 1553). aus poln. piskorz m., böhm. piskof m., russ.
beisammen, adv.: zugleich da. j^Ihd. piskär m., d. i. eig. Pfeifer, von poln. pisceö,
selten hesamen Msamene).
(aus Frühnhd. hohxn. piskati «pfeifen», abg.j^isÄ;a^^ «flöten»,
(Liliencron 3, 338 v.J. 1519, auch bei Luther). wohl nach einem Tone, den der Fisch mit dem
Beisaß, m. (Gen. u. PI. Beisassen): wie Maule hei-vorzubringen scheint. Das Wort
Hintersaß (s. d.); Ortsangesessener ohne Bür- ist vom östlichen Mitteldeutschland ausge-
gen'echt. Mhd. Msä§e, Msce^e m., zusammen- gangen, ist aber im 15. u. 16. Jh. schon weiter
ges. mit dem als letztes Wort in Zusammen- bekannt, findet sich als peysker in einem
setzungen stehenden mhd. säße, ahd. säp, Glossar des 15. Jh. (Diefenbach 330*), als

s. ^Sasse. Beißker bei Alberus Fab. 19, 151 und bei


: beiseit, beiseite, auch mit angetretenem Forer Fischb. 160^. In bayr.-österr. Quellen
genet. -s beiseits, adv.: zur Seite. Mhd. (auch bei H. Sachs) erscheint dafür Bißgurre.
M Sit. Bei Luther heiseid (Hiob 6, 18), ge- Beißzange, f. (PI. -n): eine vorn scharfe
wöhnlich mit Abschwächung des hei- heseit, Zange zum Kneipen und Festhalten kleiner
auch heiseits, heseits. Gegenstände. Bei Stieler 1691 Beißzänglein.
beisetzen, v.: neben andi-es setzen; be- Beistand, m. {-es, PI. Beistände): Hilfe
statten, eig. den Sarg in der Gruft neben bei und für jemand; persönlich s. v. a. Hilfe
andre setzen. In der 2. Bed. bei Krämer 1678. bei und für jemand Leistender, Spätmhd.
Beispiel, n. (-es, PI. -e): (veraltet) zur bistantm. in der l.Bed. ABL. beiständig,
Belehrung erdichtete Erzählung, Fabel; Gleich- adj.: hilfeleistend, behilflich. Mhd. btstendec.
nis, Begebenheit zui- Yeranschaulichung oder — beistehen, v.: (mit Dat.) Hilfe leisten,
Richtschnur des Verhaltens. Spätmhd. Mspil eig. neben jemand stehen (im Kampfe, vor
(mit Anlehnung an spil «Spiel», mit dem das Gericht), um ihn zu unterstützen. Mhd.
Wort urspr. nichts zu tun hat), früher mhd. bistän, histen, ahd. histantan, bistdn, auch
ahd. aber Mspel (Gen. Mspelles) n. «belehrende noch in der ursprünglichen Bed. wie got,
dichterische Erzählung, Fabel, Gleiclmis», zu- histandan.
sammenges. aus M «bei» und mhd. ahd. spei Beistrich, m. {-es, PI. -e): das Komma.
n. «Rede, Erzählung, Sage», dazu asächs. ags. Schottel Sprachk. S. 669 gab für dies die
spell n., engl, spell, got. spill n. (wovon ahd. Verdeutschung Beystrichlein, was auch von
spellon, got. spillön «erzählen»). Eig. eine Harsdörfer Gesprechsp. 4, 412, Bödiker u. a.
neben der Lehre und zu deren Veranschau- gebraucht wü'd.
lichung gegebene Erzählung. Die Etymo- Beitrag, m. (-s, PI. Beiträge): Beisteuer.
logie von spell ist unbekannt. Vgl. E. Schröder Bei Stieler 1691. Von beitragen, v.: her-
ZfdA. 37, 241, Kögel Idg. Forsch. 4, 318, beibiingen, dann abgeben zui* Unterstützung,
Fröhde Bezz. Btr. 19, 241 f. mhd. hitragen «herzutragen».
beißen (Prät. hiß, Part, gebissen), v.: mit beitreiben, v. herbeiti-eiben (übertragen
:
;

den Zähnen fassen, durchdringen; die Emp- von den herbeigetriebenen Zins-Tieren usw.
findung eines stechenden, scharfen Durch- auf geforderte Gelder) einziehen, beischafifen
dringens verursachen. Aus mhd. bi^en, ahd. (bei Frisch 1741).
hi^an, dazu asächs. hUan, ndl. hijten, ags. Beiwesen, n. (-.s) das Zugegensein. Eig. :

bUan, engl, hite, anord. Mta, schwed. hita, subst. Inf. zu mhd. hiwesen, ahd. biwesan «da
dän. bide. In der altern Sprache auch vom sein, zugegen sein». Als Subst. in der Kanzlei-
Einschneiden oder scharfen Durchdringen des sprache des 15. Jh. vorhanden (Janssen Frankf.
Schwertes. Entsprechend lat. findere, Perf. ReichskoiT. 2, 161).
/?dz «spalten», aind.ftÄZfZ «spalten, durchbohren». beiwohnen, v.: (veraltet) bei einem an-
Vgl. auch beizen, bitter. ABL. beißig, adj: dern wohnen; ehehchen Verkehr mit jemand
zum Beißen geneigt, mhd. M^ec. S. bissig. haben; wobei zugegen sein; (von Dingen)
Beißker, m. (-s, PI. wie Sg.) ein kleiner, wo vorhanden sein, (mit Dat.) innewohnen.
:

eßbarer, im Schlamm und zwischen Steinen Mhd. btwonen (in der 2. Bed. erst bei Luther).
lebender und an diese sich ansaugender Fisch, Beiwort, n. {-es, PI. Beiwörter): Adjek-
cobitis fossüis. Auch Peißker. Mit Anlehnung tivum. Schon in der mhd. Schulsprache aus
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 13
:;

195 Beize beklommen 196

dem Anfang des 14. Jh. begegnet Mwort für lich und bekentlich (von den beiden Formen
Adverbium (Eckhart 271, 11), während sonst des Part. Prät. von bekennen gebildet) als
mhd.-ahd. hiwort die Bed. «Sprichwort, Gleich- Adj., ebenso im altern Nhd. bekanntlich (noch
nisrede» hat. Auch «Adver- bei Steinbach 1734); bekanntlich als Adv. zu
ndl. hijwoord ist
bium» (schon 1719 Dagegen bekannt wird von Adelung den Kanzleien zu-
bei Kramer).
schlug Helvicus 1619 Beiwort für Adjektivum gewiesen, aber von Heynatz 1796 empfohlen.
vor, und diese Verdeutschung ist später viel- Bekanntschaft, f., bei Krämer 1678. ZUS.
fach angenommen worden, auch von Gott- Bekanntmachung, f.: Kundmachung, erst
sched, aber schließlich doch durch andre zu- 1807 bei Campe.
rückgedrängt worden. S. Adjektiv. Bekassine, f. (PI. -n)-. Wasserschnepfe.
Beize, f. (PI. -n) Jagd mit abgerichtetem Aus franz. becassine f., von bec m. (gallisch-

Raubvogel oder auch einem andern Fang- lat. becciis) «Schnabel». Neue Entlehnung.
tiere; zur Zubereitung nötiges Durchdringen- bekehren, v.: vom Unrechten zum Rechten
lassen und Mürbemachen von einer scharfen wenden, besonders in geistlicher Beziehung.
Flüssigkeit, sowie diese selbst. Älternhd. Mhd. bekeren, ahd. bikeren «anderswohm wen-
meist (auch bei Luther, noch jetzt dialek- den, umkehren», besonders in Hinsicht des
tisch) Beiße, mhd. beige, beize, ahd. beiga f. Glaubens und der Sitte. Nachbildung von
(auch Alaun). Von beizen, v. beißen machen, lat. convertere.
:

sowohl einen Jagdvogel, einen Hasen usw. bekennen, v.: erkennen mid seine Er-
durch emen abgerichteten Fansfvogel, als auch kenntnis aussagen nach Bewußtsein aussagen ;

etwas durch scharfe Flüssigkeit zum Mürbe- ein Geständnis ablegen: kundgeben. Refl.
machen usw. Älternhd. meist beißen. Mhd. sich wozu b.: sich als Urheber oder als Zu-
beigen, beizen, ahd. beigan; dazu ags. bcetan getaner erklären. Mhd. bekennen, ahd. bi-
«zäumen», eig. «beißen machen», anord. beita kennen ist zunächst «kennen, erkennen» (s.
«zäumen, füttern, beizen» (daher engl, bait), bekannt), mhd. bekennen aber auch schon «zu
got. wäre *baitjan anzusetzen, beizen ist das erkemien geben, eingestehen». ABL. Be-
Faktitiv zu beißen. Bei der Flexion mußten kenntnis, n., selten f. (Liscow 446). Mhd.
sich Formen mit z und solche mit g ent- bekantnisse, bekentnisse f. n., abgeleitet von
wickeln, worauf dann Verallgemeinerung ein- dem Part, bekannt, weshalb bis ins 18. Jh.
getreten ist im Mhd. überwiegen die Formen auch Bekänntnis geschrieben.
;

mit j, in der Schriftsprache seit dem 17. Jh. bekleiben, v. woran fest haften, -hangen.
:

die mit z. Vgl. heizen, reizen, Weizen, mhd. Veraltet, aber noch bei Lessing, Wieland,
meist heigen, reiben, weige. Goethe, Rückert, Platen. S. kleiben.

beizeit und beizeiten, adv.: früh in bekleiden, v.: am Körper mit Kleidung
Hinblick auf einen Zeitpunkt. Mhd. bi zite, versehen kleidartig überziehen oder bedecken
;

auch mit Schwächung des bi bezite und be- [ein Amt, eine Stelle b.) darin eingesetzt sein,
ziten, bi mit dem Dat. Sg. oder PI. von zit. eig. für dasselbe mit den Zeichen der Amts-
beizen, s. Beize. würde bekleidet (investiert) sein. Mhd. be-
bejahen, v.: zu etwas ja sagen. Mhd. kleiden. Die 3. Bed. bei Stieler 1691.
dafür das auch von mhd. ja abgeleitete be- beklemmen, v. : einengen und zusammen-
jäzen (im 16. Jh. auch bejachzen), auch ein- pressen, eig. wie bildlich. Mhd. beklemmen
fach jäzen. bejahen zuerst bei Henisch 1616, «zusammenpressen», ahd. biklemmen «ver-
aber in der Bed. «bewilligen», später auf sperren, eindämmen, verstopfen»; dazu asäcbs.
«ja sagen» (auf eine Frage) beschränkt. biklem.mia7i «e'ms-perren», ags. beclemman «ein-
bejahrt, adj.: hoch in Jahren seiend. schließen, einsperren». Das Faktitiv zu dem
Mhd. bejaret, eig. Part. Prät. zu dem V. be- altern V. beklimmen (s. d. f.).

jären «die Jahre hinbringen». Vgl. betagt. beklommen, adj.: angstvoll wie einge-
bekannt, adj.: zur Kenntnis gekommen; preßt, Mhd, in md, Quelle beklummen (vom
nicht fremd, vertraut. Eig. Part. Prät, von Herzen), das Part, Prät, des starken V, be-
mhd. bekennen, ahd. bikennen in der im Nhd.
klimmen, das wie das in md, Quellen er-
verloren gegangenen Bed. «kennen, erkennen».
scheinende einfache klimmen und mnd, be-
Davon das substantivische Bekannte, m. f. klimmen «einengend zusammenziehen» be-
(mit adjektivischer Flexion). ABL. be- deutet (vgl, auch mhd. verklummen «krampf-
kanntlich, adv. Im Mhd. erscheint bekant- haft zusammengepreßt» und klamm. «Krampf»,
197 bekommen Beleg 198

s. Klamm). beJclommen fehlt im altern Nhd. gehörig, verwandt, gemäß, abhängig, darauf
(dafür in gleicher Bed. heklemmt) und ist erst ankommend» erscheint) «Bedeutung»; das Wort
im nach Heynatz 1796 aus Nieder-
18. Jh., diiogt in die Kanzleisprache und wirdein
sachsen, eingedrungen, es wird von Hagedorn, nach der Mitte des 18. Jh. allgemein, von
Klopstock, Bürger gebraucht. Heynatz 1775 noch beanstandet, doch schon
bekommen, v.: l) intrans. zum Gedeihen vorher von Lessing und Klopstock gebraucht.
gereichen, überhaupt s. v. a. gereichen, Wir- belangen, v.: l) impers. sich worauf er-
kung haben. 2) trans. durch Überkommen strecken, etwas betreft'en {himüger anbelangen).
von außen haben. Mhd. fast nur intrans. «bei- 2) trans. klagend vor Gericht ziehen eig. mit
kommen, gelangen, hervorkommen, wachsen, der Klage erreichen. Mhd. mich, selten mir
gedeihen, (mit Dat. der Pei'son) begegnen, belanget «mich verlangt», doch auch intrans.
zukommen, (mit Gen. der Sache) erhalten, «sich erstrecken» und trans. «erlangen, er-

gewinnen»; dies bei Luther schon häufig mit reichen», älternhd. dann «betreffen» und «jem.
dem Akk. Ahd. hiqueman auch mit Akk. mit etwas angehen». Vgl. ndl. belangen «be-
«überkommen, ergreifen»; vgl. asächs. hiku- treä"en, anbelangen», engl, belong «zugehüren,
man, ags. hecmnan «zu etwas kommen, ge- betreffen».
langen», engl, become «werden, zukommen», belästigen, v.-. lästig, beschwerlich fallen.

got. hiqiman «überfallen». ABL. bekömm- Im 15. Jh. belestigen(Wyle 15, 1). Mhd. da-
lich, adj. : was wohl bekommt: was zu ei'- für belesten, gebildet von last.
langen ist. In der 2. Bed. bei Maaler 1561 f. (PI. -n), auch Beleben m. (-s,
^Belebe,
bekömmlich, die 1. gehört der neuesten Sprache PI.wie Sg.): eine Salmart, salmo lavaretus.
an (noch nicht bei Campe). Mhd. bekomen- Daneben auch Balche (schon mhd. balche),
lich, gebildet von ' dem Part. Prät. bekomen, Bolche und mit anderm Anlaut Felchen (s. d.).
ältemhd. bekömmlich ist «passend, bequem». Dunkler Herkunft.
S. auch bequem. ^Belebe, f. (PI. -n): Wasser-, Bläßhuhn,
bekräftigen,v. kräftig machen (Hiob4, 4) fulica atra. Älhd. belche, ahd. belihha f., da-
:

zuverlässig, sichermachen (auch bei Luther). neben belihho m. Das laX.fulicai. ist verwandt,
Gebildet von dem Adj. kräftig. Mhd. be- auch gr. cpaXripic f. «Wasserhuhn». Der Name
kreften «stärken», gebildet von kraft. von dem weißen Flecken auf der Stirn des
bekümmern, v.: Kummer verursachen, sonst schwarzen Tieres, denn ahd. belihha
mit Sorge quälen. Reil. sich b.: Kummer gehört mit -ihha als Endung (vgl. Habicht,
empfinden, sich sorgend mühen, sich umtun. Kranich) zu gr. cpaXöc, q)dA.ioc, abulg. belü,
Mhd. bekumbern, bekümbern «in Not bringen, lit. bältas «weiß»; mhd. erscheint Belche auch
belästigen, beschäftigen», (in derRechtssprache) als Name eines (weißen) Rosses. Vgl. Blesse.
«mit Beschlag belegen », vgl. mndl. bekommer en. Beleg, m. (-es, PI. -e): beigefügte be-
Gebildet und zum Teil entlehnt von dem aus weisende Urkunde, beigebrachter Beweis, ur-
lat. incumuläre gewordenen franz. encom'brer, spr. namenthch die unter die Grenzsteine ge-

prov. encombrar, ital. ingombrare, mlat. in- legten dauernden Zeichen der Markmeister
cumbrare «(durch Schutthaufen) den Weg und Feldgeschworenen. Belege, n. (-s, PI.
versperren, verhindern». S. Kummer. ABL. wie Sg.): an den Rand des Kleides gesetzter
Bekümmernis, f., mhd. bekumbemisse f. Streifen, um jenen steifer zu machen. Schon
beknnden, v. kundgeben, ofienes Zeug-
: 1541 bei Frisius 502 '^ die belege eins kleyds
nis womber geben. Erst bei Adelung 1793 als oder leyste. Aus diesem Wort (urspr. über-
der Rechtssprache Niedersachsens angehörig. haupt «das Beigelegte, Beigefügte») geht auch
Belag, s. Beleg. Beleg hervor, bei Frisch 1741 und Adelung
belagern, v.: durch ein Lager einschließen 1793 noch N. (doch kennt dieser das schon
und bedrängen. Spätmhd. belegern, auch bei Rädlein 1711 angeführte M. «aus einigen
ältenihd. belegern (bei Luther), belägern (noch Gegenden»); bei Heynatz 1775 Belege f. Da
bei Stieler 1691). im PI. gebrauchte Wort auch Be-
das meist
Belang, m. {-es): Bedeutung, Wichtigkeit, läge geschrieben wurde, so folgerte man da-
eig. was weit reicht (s. belangen). Verschieden raus auch fälschlich einen Sg. Belag, der

von mhd. belang m. «das Verlangen, Sehnen schon 1673 bei Mühlpforth Leichenged. 155,
wonach», dagegen ist mnd. belang (substant. sowie bei Lessing vorkommt. Von belegen:
Form eines Adj., das im Mndl. als belang ^zu- (ehedem) ringsum legen, belagern (2 Sam. 11,
13*
199 l)elegeu Bellhammel 200

1), mhd. belegen, ahd. hüeggen; auflegend


über- entstanden zu sein scheint. 1542 bei Luther
decken (auch mhd.-ahd.); zu urkundlichem beluern (belvern) neben bellen.
Beweise beilegen, beweisend beigeben (im belieben, v.: l) intrans. (mit Dat.) dem
15. Jh. mit dem eide belegen); durch Auf- Gefallen entsprechend sein. 2) trans. nach
legen eines Zeichens in Anspruch nehmen; Gefallen wofür geneigt sein; nach Gefallen
zu tragen bestimmen; (von Säugetieren) aus ausfuhren. Davon das Part. Prät. beliebt:
Geschlechtstrieb besteigen. nach Gefallen getan (Günther 258); allge-
belegen, adj.: gelegen, der Lage nach be- mein gefallend (17. Jh.) und der subst. Inf.
findlich. Eig. Pai't. Prät. von beilegen, mhd. Beliehen, n. Gefallen. Mhd. dafür das ein-
:

beiigen «liegen bleiben, ruhen, fest woran fache lieben (mitDai.) «gefallen», anth gelieben;
haften», auch «beiliegend umfangen» (so ahd. belieben ist erst finihnhd. (16. Jh., das Subst.
büiggen). im 17. Jh.). ABL. beliebig, adj.: nach Ge-
belehnen, v. : mit einem Lehen versehen, fallen, behaglich, angenehm (bei Grimmeis-
in ein Lehen einsetzen. Mhd, belelienen. hausen Simpl. 1, 78 Kurz); ganz dem Belieben
beleiht, adj.: feisten Leibes. Der Form überlassen (bei Rädlein 1711).
nach Part. Prät., gebildet wie behaart, bejahrt. bellen, (vom Hund und Fuchs) den
v. :

Älternhd. ist beleibt «mit einem Leib, Körper ihrer Stimme Laut hören
eig'nen schallenden
versehen» (so bei Stieler 1691) in der Bed. lassen; (bildlich) Worte und Töne heftig und
von «beleibt» erscheinen schwer b., ivohl b. gellend herausstoßen. Mhd. bellen (Prät. ball,
(dies aber bei Albertinus weibl. Lustg.2'2^ von PI. bullen, Part, gebollen), ahd. bellan; dazu
schönem Körper), das einfache beleibt, das ags. bellan (grunzen, vom Schwein), engl, bell
Adelung nicht kennt, bei Campe 1807. (schreien, vom Hirsch). Als Grundbed. muß
beleidigen, v.: (veraltet) Leid zufügen, etwa «tierische Töne von sich geben» an-
(dann) in Schmerzgefühl versetzen: durch gesehen werden. Hierher noch ags. belgian,
Worte oder Handlungen verletzen. Mhd. engl, belloiv «bellen» und anord. belja «beUen»;
beleidigen, zusammenges. aus be- und leidegen, vgl. auch beilen. Man sieht aind. bhas (für
ahd. (bei Notker) leidegön «betrübt machen, bhals) «bellen», lit, baisas m. «Stimme» als
betrüben», abgeleitet von ahd. (bei Notker) verwandt an, dann müßte -II- aus -Is- ent-
leidig «leidig» (s. d.). ABL. Beleidigung, standen sein. Der Übergang zur schwachen
f.: beschwerendes, Besorgnis erregendes Übel Flexion begmnt im 17. Jh.: 1690 hat Bödiker
(Apostelg. 27, 10); Kränkung durch Worte S. 04 schon im Prät. bellete und boll, im
oder Taten. Frühnhd. Part, gebellet und gebollen, Gottsched setzt
belemmern, v.; dui-ch kleine Kniffe be- die schwachen Formen an und Adelung be-
trügen, übers Ohr hauen. So zuerst bei zeichnet sie als weit gewöhnlicher, die starke
Ludwig 1716. Die Angaben von Duez 1664 Biegung als obd. doch kommt sie bei Dichtern ;

{belemmeln «sordidare») und Krämer 1678 des 18. Jh. noch häufig vor (bei Goethe 2, 208
{belemmeren «bedrecken», in gleicher Bed. billt, 28, 77 boU).
belampern bei Grimmeishausen Simpl. 3, 428, Belletrist, m. {-en, PI. -en): wer sich
Kurz) weisen darauf hin, daß die ursprüng- mit den schönen Wissenschaften (franz. les
liche Bed. «beschmutzen» ist (vgl. bescheißen). belles-lettres), d. h. der Rede- und der Dicht-
Doch vgl. mnd.-ndl. belemmeren «hindern, kunst beschäftigt und sie ausübt. Um die
kraftlos machen», verlemert «verspielt» bei Mitte des 18. Jh. in Deutschland aufgekommen
H. Sachs Fab. 246, 62. (bei Goethe 19, 92, Werther). ABL. Belle-
belesen, adj.: durch vieles Lesen viel tristik, f.: die auf die schönen Wissen-
wissend. Eig. Part. Prät. des ältenihd. V. schaften bezügliche Literatur, Schönschrift-
belesen «durchlesen, gründlich lesen». Bei stellerei. belletristisch,adj. (Goethe28, 177).
Duez 1664, aber Wolbelesenheit schon bei Bellhammel, m. {-s, PI. Bellhämmel)-.
Fischart Garg. 7. Leithammel, d. i. der Hammel der Herde,
belfern, v.: schnell wiederholt bellen; der eme ScheUe am Halse trägt. Zu thü-
(bildlich) sich in vielen Worten und wieder- ringisch, ndd. belle «Schelle», ndl. bei, ags.
holt scheltend auslassen. Mit der Frequen- belle f., engl, bell, altnord. bjalla f. «Glocke»,
tativendung -ern abgeleitet von belfen «bellen» das unsicherer Herkunft ist. Bei Henisch
(Goethe 2, 237), das durch Vermischung von 1616. Auch ndl. belhamel m., dafüi- engl.
bellen mit dem gleichbed. beffen (s. baffen) bell-tcether.
201 Belt benamen 202

Belt, m.
(-es, PI. -e): ileerenge der Ost- bemitleiden, v.: Mitleid haben mit je-
see zwischen Schleswig und Fünen, sowie mand. Zuerst bei Rädlein 1711 aufgeführt,
zwischen Fünen und Seeland, iihd. Ijeltemer noch von Adelung 1793 den niedrigen Sprech-
:

n. ist «Ostsee» (noch P. Fleming und Ramler arten zugewiesen; nach Heynatz 1796 kommt
1, 43. 63 meinen mit Belt die Ostsee). Kaum es auch bei guten Schriftstellern in Aufnahme.
,

zu ags. helt m., anord. helti n. «Gürtel», son- bemittelt, adj.: die Mittel habend, um
dern dem lat.-germ. Baltia (bei Plinius 4, 13) bequem leben zu können (bei Grimmeishausen
entsprechend. S. haUisch. Shnpl. 4, 287 Kui-z). Eig. Part. Prät. eines
beluchsen, v.: hinterlistig Y. bemitteln «mit ^Mitteln wozu versehen».
(luchsartig
spähend) übervorteilen. Am Anfang des 18. 'Jh. (1677 bei Butschky Pathm. 25).
belegt (1706 bei Menantes allem. Art 588 Bemme, f (PI. -n) Brotschnitte, nament- -.

und bei Rädlein 1711 beUtxen, bei Adelung lich in Bidterbemme «Butterbrot». Im öst-
fälschlich ielugsen). S. abluchsen. lichen Mitteldeutschland. Luther hat Putter-

belustigen, v.: lustig, heiter machen, pomme, Zehner 1622 Xomenclator S.408, Duez
Vergnügen erwecken. Bei Dasypodius 1537 1664 und Ki'ämer 1678 Butterbamme, dies
belustigen. auch bei dem Sachsen Weise (Erznarren 71)
Belyedere, n.: Oi-t, von dem aus man und dem Schlesier Stoppe, auch bei Ludwig
eine schöne Aussicht genießt. Das ital. bel- 1716 und Steinbach 1734. Stieler 1691 hat

vedere d.«schöne Aussicht».


i. Um
1700 auf-
das einfache Bamwe, Bamm (daneben Barns
genommen "(Günther 728, auch bei Sperander «Brei»). Etwa zu thüiing. bammen «essen;,
1 728 vei-zeichnet), aber in derBed. Schauspiel,
Schweiz, bampen «wohl behaglich und fast be-
Schaustück schon 1607 bei Scheible Schalt- ständig essen», ein lautnachahmendes Wort,
eig. auf das Schmatzen mit den Lippen
das
jahr 5, 648 Bellvider n.
beim Essen geht. Xach Heyne WB. auf
bemächtigen, refl.v.: sich wessen mächtig
gr. ßduua n. «Brühe» zurückgehend und in
machen, es in seine Gewalt bringen. 1616 bei
den Schülerkreisen der Humanistenzeit auf-
Henisch 277.
gekommen. Vgl. noch E. Schröder AfdA.
bemäkeln, s. mäkeln.
23, 154.
bemängeln, v.: Mängel in etwas finden.
bemoost, adj.: (studentisch in bemoostes
Junges, bei Adelung und Campe noch nicht
Haupt u. dgl.) alt, eig. grau geworden wie ein
verzeichnetes T\'ort, wohl aus der obd. Kanz-
mit Moos bewachsener Stein. Wohl nicht vor
leisprache stammend.
Anfang des 19. Jh. aufgekommen (bemooster
bemannen, v.: mit Mannschaft besetzen Herr bei Goethe Faust 6638j.
oder versehen. Mhd. bemannen.
bemüßigen, v.: Muße wozu geben, in-
bemänteln, v. einen Mantel (der im alt- stand
:
setzen, veranlassen Spätmhd. bemüe-
deutschen Recht als Sinnbild des gewährten gegenist
«erledigen, frei (mhd. müe^ec) machen»
Schutzes gebraucht wirdj um etwas hängen; dieselbe Bed. hat b. in der älternhd. Kanzlei-
verdecken und zugleich einen guten Anschein sprache (vgl. Schmeller -
1, 1678), später ist
geben. Frühnhd. (vgl. Gombert 6, 14 aus Emser
das T. durch müssen beeinflußt worden. Im
vom J. 1524, auch bei Luther), in gleichem 17. Jh. in der jetzigen Bed.
Sinne vermenteln fAlbei-us Barfuser Münche
benachteiligen, v.: in Xachteü bringen.
Nr. 601, Mathesius Sar. 229 »). Xoch nicht bei Adelung. Xach Heynatz
bemeiern, v.: eig. ein Gut mit einem 1796 von einigen versucht (doch steht es
Meier besetzen: jemand betrügen. In der schon 1663 bei Schottel S. 624).
1. Bed. bei Campe.
benamen, v.: mit einem Namen belegen.
bemeistern, v.: Meister werden über Mhd. benamen. Außerhalb der Dicht^rsprache
etwas. Refl. sich b. «sich bemächtigen». Bei veraltet. Im Ablaut dazu steht das von den
Krämer 1678. schlesischen Dichtern (noch von Günther,
bemerken, v.: durch festes Richten der Menantes) gebrauchte beniemen, urspr. be-

Sinne auf etwas wahrnehmen; einen aus solcher nümen, mhd. (in md. Quellen) benuomen, be-
Wahrnehmung hervorgegangenen Gedanken niiemen, ndl. benoemen. ABL. benamsen:
äußern. Mhd. bemerken «beobachten, beob- wie benamen. Frähnhd. (Franck Weltb. 59 ''j.
achtend prüfen», ABL. Bemerkimg, f., bei Jetzt nui- noch in altertümelnder Rede Vgl.
Stieler 1691. namsen unter Nam£.
203 l)enaiieu bequem 204

Genauen, v.: in dieEnge bringen, hart benennen, v. mit einem Namen belegen; :

bedrängen, beängstigen. Aus dem Niederd. namhaft machen; namentlich bestimmen. Mbd.
(nind. henomven) ins Hochd. gedi-ungen, bei henennen. Das Part. Prät. im altern Nhd.
Stieler 1691 verzeichnet. S. genau. Von auch benennt (Lessing 12, 1 1), benennet (Goethe
Heine (6, 355 henaut «beklommen») gebraucht, 30, 211), s. nennen. Benennung, f., mhd.
beidem auch 3, 179 das abgeleitete Subst. (Germ. 28, 360 mit Beleg von 1354).
Benauigkeit, f.: Beklommenheit. Bengel, m. (-s, PI. wie Sg.): ein kurzes
Bendel, m. n. (s, PI. wieSg.): das kui'ze stangenartiges Holz; naturwüchsiger derber,
Bindband, besonders Mhd. dann grober Mensch. Mhd. hengel m., in der
das schmale.
heiiäel, ahd. bentil m., mit Suffixvon haut 1. Bed. als «Holz zum Schlagen», von einem
-il

abgeleitet, dazu anord. hendül, mengl. hendel. nicht belegten V. *hangen (dazu mit Ablaut
beiie, adv. in sich h. tun (Bürger 168), mhd. hunge f. «Trommel»), das dem engl.
auch sich ein h. tun «sich etwas zu gut tun», to bang «schlagen, prügeln» (davon hangle
ist das lat. Adv. hene «gut», das sich in der «Prügel»), anord. />a«<7a «schlagen» entsprechen
Studentensprache in bestimmten Wendungen würde. Dies vielleicht zu lit. hüoze «Keule,
festsetzte, wohl schon im 16. Jb. (vgl. Amadis Klöppel am Dreschflegel». Die 2. Bed. er-
ed. Keller S. 8 ein h. erlangen). scheint frühnhd. (Lüiencron 4, 32 v. J. 1531
benebelt, adj. (eig. Part. Prät. zum Yerb. Milchbengel von Schweizer Bauern, auch bei
heneheln): von Nebel umhüllt (17. -Tb.); (bild- Hans Sachs Fab. 288, 112 Bengel von einem
lich) getrübt, tiiibe (bei Stieler 1691); tranken, Bauern). Auch ndl. hengel m. «Prügel»;
leicht bezecht,wie sich heneheln «sich be- dän. beuget, schwed. hängel (entlehnt) als
trinken» (im 18. Jh., z. B. bei Lichtenberg, Schimpfwort.
vgl. Stieler der Wein hat ihm seine Vernunft h.). benlemen, s. henamen.
benebst, adv. wie nebst. In der frühnhd.
: Benne, f. (PI. -n): Wagenkorb, -kästen,
Kanzleisprache als henehenst, henebest. Sitzkasten eines Schlittens. Oberd. (bei Dasy-
benedeien, v.: segnen, ürspr. kirch- podius 1537 als henn angeführt). Nach franz.
licher Ausdruck. Mhd. heneäien, entlehnt benne f. «Wagenkorb, Tragkorb», ita\. bennat
aus dem gleichbed. lat. henedlcere eig. «wohl «Korbschlitten», die auf gall.-lat. henna «Art
sagen, Gutes wünschen». (bei Festus) beruhen. Auch ndl.
Wagen»
Benediktenkraut, n.: «Korb», engl, bin «Kasten».
die besonders in ben i.

ihrer Wurzel heilkräftige Pflanze herba be- Benno, Mannesname. Aus ahd. Benno,
nedicta, d. i. gesegnetes Kraut. Spätmhd. Koseform von Bernhard (s. d.), seltener von
heneäictenkrüt n. Bernger, Beringär.
Benefiz, n. (-es, PI. -e)-. Vorstellung zu- benötigen, v.: notleidend (mhd. ncetec),
gunsten eines Schauspielers. Aus franz. bedürftig machen; nötig haben. Mhd. benö-
henefice m., das aus lat. heneficium n. «Wohl- tegen (neben benceten) ist «in Not bringen,
tat» stammt. Bei Campe 1813. bedrängen, zwingen». Das Part. Prät. be-
benehmen, v.: (mit Dat. der Person und nötigt «bedürftig» (schon bei Luther), «nötig».
Akk. der Sache) hindernd oder abhaltend benschen, jüd. den Segen sprechen. Aus
wegnehmen; (mit Akk. der Person und Gen. lat. benedicere. Als Gaunerwort 1737 belegt.
der Sache) dui-ch Einwirkung erledigen. Mhd. Benzoe, gewürzhaftes Harz des
n. (-s):
henemen ahä. hineman; dazu as.-ags.-got.
, Benzoebaumes. Bei Franck Weltb. 1534 S.219b
hiniman «wegnehmen». Eefl. sich h. «sich Benzui, bei Lonicerus 1587 Benzoi, aus span.
aufführen» (erst bei Adelung 1793); {mit benjui m., franz. benjoin m., ital. helzuino,
einem) sich mit jemand verständigen. Der balgivi m., wohl aus arab. luhän dschäwl
Inf. als Subst. Benehmen, n. (nach Adelung «javanischer Weikrauch».
«in den Kanzelleyen»). beobachten, v. : in Obacht nehmen streng
;

beneiden, v.: voll Neid auf jemand sein einhalten; anhaltend wonach sehen. Im 17. Jh.

(mit Akk. der Person oder Sache, im 18. Jh. (Harsdörfer Gespr. 1, 287).
nach lat. oder franz. Vorbilde auch mit Dat. bequem, dichterisch auch noch bequeme
der Person und Akk. der Sache, z. B. Lessing (Goethe 2, 268), adj. und adv.: zukommend,
6, 224. Schiller Braut v. Mess. 1243). Mhd. passend, nach Wunsch sich fügend; ange-
(selten) heniden, gewöhnlich in gleicher Bed. messen zum Gebrauch ohne Beschwerlichkeit;
niden, s. Neid. Beschwerlichkeit scheuend. Mit Abfall eines
205 beramen bereuen 206

e aus mhd. hequceme meist heJcceme, bereden gebildet ist; früher auch (mit Anleh-
(obd.
hekoeme), ahd. biquämi, dazu mnd. bequeme, nung an beredt) beredtsam und Beredtsamkeit
ndl. hekivaam, vgl. ags. geaveme «passend». Zu geschrieben, was noch Adelung zuläßt. Um
bekommen (Prät. ahd. biquam, PI. biquämun) 1600 auftretend neben Beredtheit, das 1599
in devBed. «zukommen, passend sein». ABL. bei Albertinus Sendschreiben 2, 4* steht.

bequemen, v.: passend machen. beredt, adj. und adv.: fähig zu bereden
Meist refl.

(wozu durch Redefertigkeit zu bestimmen),


sich bequemen, v.: sich leicht in etwas fügen.
Frühnhd. (1482 im Voc. theut. d2^ bequemen, redegewandt. Eig. das Part. Prät. von bereden,
J

bequem machen «aptare»). bequemlich, adj., aber in der ältenihd. Form mit unterdräcktem
mhd. bequcemelich und Bequenilichkeit, f., e der Endung (auch oft mit kui'zem Vokal
mhd. becj^ucemelicheit. gesprochen). Mhd. beredet, bei Luther beredt
berameu, s. anberaumen. (fiüher auch bered, wie er auch gesand für
berappen, v. : (studentisch) bezahlen, eig. gesandt schreibt).
Rappen (s. d.) geben. Aus der Gaunersprache. Bereich, m. (-es, PI. -e)-. Umki-eis, Raum,
beraten, v. (Prät. beriet, Part, beraten): so weit die Befugnis, die Macht reicht. Bei
womit versehen; worüber zu Rate gehen, Campe 1807 noch nicht verzeichnet; nach
etwas mit jemand besprechen; an jemand Heynatz 1796 von ihm eingeführt und zuerst
Rat erteilen. Mhd. beraten «mit rät (Gerät, gebraucht, dann auch von Goethe. Von älter-
Von'at, Zuiüstung) versehen, ausmsten»; in nhd. bereichen «reichen bis an — , erreichen».
rät (erwägende Besprechung) ziehen, über- bereichern, v.: reicher (mhd. riclm')
legen, ahd. birätan, «mit etwas vollauf ver- machen. Erst um 1600 (Albertinus Ki-iegsleut
sehen, ganz anfüllen». Weckuhr
bereichen, mhd. 2, 187). Frtiher
beräuchern, Rauch gehen berichen «reich machen».
>.: woran
lassen; schmeicheln. Bei Luther bereucliern, bereit, adj. und adv.: gertistet, gerichtet
während mhd. ohne das ableitende -ern. be- zur Tat: zu Diensten stehend. Mhd. bereite,
r Glichen bereit, ahd. bireiti. Urspr. wohl «weg-, reise-

berauschen, einen Rausch ver- fertig», zu reiten gehörig (wie fei'tig zu fahren).
v. : in
setzen. Refl. davon das Part. Prät. Vgl. in andrer Zusammensetzung ags. gercede,
sich b.,

auch adjektivisch. Bei Krämer 1678. (woraus engl, ready «bereit, feiiig»), mhd.
Berberis oder Berberitze, f. (PI. -n): gereite, anord. greidr «bereitstehend, bequem»,
der Saurach, Sauerdorn. Aus neugr. -lat. got. garaids «bestimmt, angeordnet». ABL.
berberis f., das auf dem gleichbed. arab. ber- bereiten, v. : wozu richten, anordnen, mhd.
häris beruht. Im älteren Nhd. dafür Berber- bereiten.
staude, während sich die Form Berberitze Bereiter, m.: wer Pferde zureitet (bei
nicht nachweisen läßt (doch vgl. mnd. beve- Henisch 1616), Kunstreiter; beaufsichtigender
Diefenbach - Wülcker S. 230).
ritte bei Unter reitender Beamte (in Land-, Forst-, Zoll-
den Entstellungen von Berberis im Munde bereiter).
des gemeinen Mannes führt Adelung auch bereits. Gen. des Adj. als Adv.: schon
Berivitzen auf. (vgl. mit gleicher Bedeutungsentwicklung ndl.
berden (Jes. 61, lO), v.: sich gebaren, reeds, alreeds zu reede, engl, already zu ready) ;

sich benehmen. S. Gebärde. (in obd.Umgangssprache) beinahe. Bei


berechtigen, v. das Recht wozu geben.
: Luther und bis gegen Ende des 17. Jh. (z. B.
Bei Luther. Spätmhd. berehtegen neben dem I bei Lohenstein Hyac. 77) dafür bereit (auf
gewöhnlichen berehten ist «rechtlich anspre- 1 das mhd. Adv. bereite zuiückgehend) was ,

chen; vor Gericht entscheiden, richten». auch Stieler 1691 noch anführt; bereits erst
bereden, v.: wovon reden; etwas durch bei Krämer 1678. Bereitschaft, f., mhd.
mündliche Besprechung festsetzen; jemand bereitschaft «Ausrüstung, Gerätschaft, bares
durch mündliche Rede zu einem Glauben Geld» (in der jetzigen Bedeutung bei Krämer
bringen oder wozu vermögen. Mhd. bereden 1678). bereitwillig, adj. und adv. Bei
«worüber reden», dann in den angegebenen Krämer 1678.
Bedeutungen, aber auch s. v. a. «beweisen, bereuen, v.: Reue worüber empfinden.
dartun, überführen». ^Ihd.beriuwen nur vmpersönlich (mich beriuwet
Beredsamkeit, f.: Fertigkeit in der Rede; eines dinges), was auch älternhd. vorkommt.
Redekunst. Von älternhd. beredsam, das von Luther verwendet bere^ven auch als trans. V.
;

207 Berg Berserker 208

Berg, ra. (-es, bedeutende Erd- eines üntem an seinen Obern.


PI. -e): Mhd. beriht
höhe. Mhd, herc ahd. berg, m. und f. (dies auch noch bei Luther) «Mit-
(Gen. herges),
herag m. dazu asächs.-ndl. herg m., ags. heorh teilung, Belehrung, Versöhnung».
; Von be-
(Gen. beorges) m. «Grabhügel», anord. berg richten, V.: zurechtweisen, zui-echtweisend
und bjarg n., schwed. berg, dän. bjerg n., got. belehren Kunde wovon oder woiüber geben
;

*bairgs m. zu erschließen aus bairgahei f. mündlich oder schriftlich darlegen. Mhd. be-
«Berggegend». Berg vielleicht zu bergen rihten «recht machen, in gehörige Ordnung
(s. d.). Zunächst gehört es aber mit Burg, bringen, eimichten, bestellen, schlichten, unter-
arm. berj «Höhe», kymr. bry «hoch», altir. weisen, belehren».
bri, Akk. breg «Berg», zu aind. brJiant, awest. berichtigen, v.: richtig machen. Zuerst
bardzan- «Höhe», so daß als Grundbed. «das bei Adelung 1774 verzeichnet. Früher erscheint
Hohe, Erhabene» anzunehmen wäi'e. ZuBerge in gleicher Bed. berichteil (s. d.). Schon spät-
:

aufwärts, stromaufwärts (schon mhd.^e berge).mhd. berihtigunge f. «Vertrag, Vergleich».


Dazu Adv. bergab, bergan, bergauf
die beritten, adj.-. zu Pferde sitzend; mit
(schon mhd.). ABL. bergig, adj.^ mhd. einem Pferde zum Reiten versehen. Mhd.
bergiht ZUS. Bergknappe, m., mhd. beriten. Eig. Part. Prät. von bereiten, mhd.
bercknappe m. Bergmann, m., 1482 im Voc, beriten « (das Reittier) aufsitzend in Bewegung
theut. y b^perckmann; dazu bergmänniscb, setzen, (eine Fläche) reitend durchziehen».
adj., 1590 bei Albinus Meißn. Bergchron. 80. Berkän, m. (-es, PI. -e): Zeug aus Ziegen-
Bergwerk, n., mhd. b&'cwerc. haar und Wolle. Mhd. barkän m. s. Barchent.
Bergamotte, f (PI. -n): eine Birnenart. Berline, f. (PI. -n): bedeckter Reise-
Aus franz. bergamot, ital. bergamotta f. Aus wagen,
türk. beg-armiidu «Fürstenbirne».
o der zurückgeschlagen werden kann.
Im 17. Jh, Im 18. Jh. aus dem
COgleichbed., bereits 1712
üblich (1652 bei Eist Parnaß 81 Bergamotten- vorkommenden franz. berline f, eig. «Berliner
birne). von Berlin nach Paris und da in
(zuerst
bergen (Imp. birg, Prät. barg, Part, ge- Gebrauch gekommener) Wagen».
borgen), V.: wovor wahrnehmend in Sicher- Berlocke auch Brelocke, f. (PI. -n):
heit halten; der Wahrnehmung entziehen. Uhrgehängsel. Im 18. Jh. aus franz. breloque,
Mhd. bergeniYxäi.barc, Vl.burgen, Konj.bürge, hennegauisch berloquei., «zierliche Kleinigkeit
Part, geborgen), dazu asächs. geringen Wertes, Anhängsel», das man aus
ahd. bergan;
bergan, ags. beorgan, anord. bjarga, schwed. lat. iis und anord. lökr m. etwas «Herab-

berga, dän. bjerge, got. bairgan «bewahren». hangendes» erklärt.


Mit Ablaut gehört hierher ags. byrgan, engl. Bernhard, Mannsname, mhd. Bernhart,
bury «begraben», asächs, burgisli, ags. byrgels ahd. Berinhart.
n., engl, burials (PI.) «Begräbnis». Aus dem Bernstein, m. (-s): gelbes brennbares
Slav. wird abg. bregq «bewahre, behüte» ver- Erdharz. Von ndd. bernen (mit Metathese,
glichen, das aber vielleicht entlehnt ist. Be>'g vgl. bersten) «brennen, schmelzen», also eig.

(s. d.) könnte verwandt sein, weim das Verbum Stein, der im Feuer schmilzt, vgl. börnen.
von dem Nomen abgeleitet ist. Vgl. noch Älternhd. Nebenformen sind Bornstein, Barn-
Meringer Idg. Forsch. 18, 262. stein (auch ndl. barnsteen m.). Schon im
Bergfried, m. (-es, PI. -e): Kampftm-m, 13. Jh. erscheint mnd. bornsten, 1475 im
der bewegliche hölzerne, wie der steinerne Teuthonista bern-, barnstein, auch in hd.
zur Verteidigung. Mhd. bercvrit, mit Ausfall Glossaren des 15. Jh. schon bernstein (selten
des c bervrit m. «hölzerne Verschanzung auf brenn-, brennenstein). Bornstein im 16. Jh.,
einem Berge, Bollwerk, Turm», zusammenges. z. B. bei Mathesius Sar. 61*, Fischart Garg.
aus mhd. berc und vricle «Schutz». Aus dem 397, auch noch bei Henisch 1616 neben Barn-
deutschen Worte das mlat. ber-, belfredus, stein; 1598 bei Hutterus Dict. 792 Börnstein.
afranz. berfroi, beffroit «Wachtiurm-», ital. (mit Schottel S. 512 hat nur Bernstein. Im Ahd.
Anlehnung an battere «schlagen») battifredo ra. heißt der Bernstein gismelzin., von schmelzen,
bergig, Bergknappe, -mann, -werk, im Mhd. agestein eig. Magnet, auch älternhd.
s. Berg. oft Ägstein (s. d.). Vgl. auch Glas.
Bericht, m. (-es, PI. Berserker, m. (-5, PI. wie Sg,): von
-e)-. (veraltet) be-
lehrende Zurechtweisung; mündhche oder Kampfeswut erfüllter Krieger (bei Goethe
schi-iftüche Darlegung woiniber, namentHch 29, 87 Berserkerwuth). EuÜehnt aus dem
209 bersten Besanmast 210

ffleichbed. anord. herserkr m., eig. «Bären- beriichtigen «in übles Gerede bringen», das
kleid» (her- «Bär», serkr «Kleid»), dann aus dem Ndd. stammt (mnd. heruchtigen,
«Männer in Bärengewand, die von tierischer berochtigen neben der einfacheren Bildung
Wut befallen und mit unwiderstehlicher Ge- beruchfen), aber im 15. Jh. auch in md.
walt sich auf alles Lebende stürzen, um es Quellen zu finden ist (1469 heruchtigen im
zu vernichten». mittelrhem. Voc. ex quo «infamare», 1501 im
bersten (Imp. hirst, Prät. barst, Part. Leipziger Voc. optimus, vgl. auch Diefenbach-
j

geborsten), v.: auseinanderbrechen. Mit Um- Wülcker 195). Über rüchtigen s. ruchbar
1

stellung des r (entsprechend dem Md. Ndd.) und Gerücht.


aus mhd. bresten (Prät. brast, PI. hrästen, berücken, v.: Hstig täuschend fangen,
md, auch brüsten, Part, gebrosten), ahd. hrestan, eig. das Netz über die gefangenen Vögel
unpers. anch «mangeln, gebrechen» (s. Ge- rücken (Pred. 9, 12); unvermutet überfallen
bresten): dazu asächs. hrestan, anord. bresta und zu Schaden bringen, betören. Durch
und mit gleicher Umstellung wie im Xhd. Luther eingeführt.
ndl. barsten, afries. bersta, ags. berstan, engl. berücksichtigen, v.: Rücksicht worauf
burst. Gehört zu brechen oder zu air. hrissim nehmen. Zuerst von Campe 1807 als Wort
«breche», gr. trepOuj «zerstöre». S. Walde der Umgangssprache angeführt.
unter frustum. Das Wort ist von Luther Beruf, m. {-es, PL -e): (veraltet; Ruf,
aus dem Md. eingeführt und dem Obd. spätmhd. feer?«?/ «Leumund»; Stellung, in die
urspr. fremd (bei Dasypodius, Maaler und man eingewiesen ist, Bestimmung, Amt fbei
selbst Dentzler nicht angeführt). Das Prät. Luther); innerer Antrieb. Von berufen, v.:
lautet ältemhd. auch borst (Schottel S. 581 herbei, zusammenrufen, zu etwas rufen, mhd.
erborst, auch noch Brockes 1, 151, Bürger 203), beruofen, ahd. hihruofen; zur Rede setzen,
davon noch jetzt der Konj. börste. Imp. birst, tadeln (nxhd. beruofen mit Gen. oder von,
Präs. birstet, birst auch schwach gebildet: umbe): etwas unzeitig und zumUnheü nennen
berste, berstest, berstet. (frühnhd., wie beschreien, eig. nur laut von
-bert, an Mannsnamen wie Ädelbert, Albert etwas reden, vgl. mhd. beruofen «laut aus-
,

(s. Adel), Hubert usw., bed. s. v. a. «glänzend, rufen»). ReÜ. sichber-ufen (mit auf): jemand
i

leuchtend». Aus mhd. herht, ahd. beraJit anrufen, an jemand appellieren, jemand oder
«glänzend, leuchtend»; dazu asächs. berht, etwas zm* Bekräftigung einer Behauptung
ags. beorht, engl, bright, anord. bjartr, got. heranziehen (mhd, sich beruofen mit an, in,
bairhts «offenbar». Weiter vergleicht man lit. auch inti*. beruofen). Davon das Part. Prät.
birsti «wird weiß», s. Wiedemann Idg. Forsch. berufen auch s.v.a, «berühmt» (bei Luther);
;

1,512, gr. cpopKÖv XeuKÖv, iroXiöv, ^ucöv Hes., bemchtigt, verrufen (bei Fleming 586).
'

Grienberger Wiener SB. 142, 43. Vgl. auch berühmt, adj.: mhmlich bekannt. Bei
-brecht. Davon der Frauenname Berta, mhd. Luther. Eig. Part. Prät. von herühmen, mhd.
Berhte, ahd. Berahta, Berhta. Zusammenges. berüemen «rühmen» (später nur s-ich herühmen
mit bert ist auch der Mannsname Bertold, mit Gen.).
mhd. Berhtolt, ahd, Berahtolt, in dem -olt Beryll, m. {-es, PI. -e): ein meergrüner
auf -walt zurückgeht. Edelstein. Mhd. herille fGen. berillen), harille
Bertram, m. oder n. [-es, PI. -e): die aus dem gleichheä.gv.-lAt.heryllus, gr. ßnpuXXoc
Geifensurz, lat.-gr. pyrethrum. Frühnhd. auch m.f., das ausprakYit.velurijam.veru^ijam. aind.
noch berchtram, brechtram, mhd.ahd.herhtram vaidürja stammt. S. auch Brille.
an den deutschen Mannsnamen Berhtram, besabbern, s. sabbern.
Bertram d. i. «glänzender Rabe, Glanzrabe» besage, präp. mit Gen.: nach Wortlaut.
angelehnt und so mit deutschem Klang aus Im Kanzleistil, schon frühnhd., gekürzt aus
dem gr.-lat. Namen der Pflanze pyrethrum, spätmhd.nacÄ besage, woraus sich ein spätmhd.
gr. TTÜpeepov n., abgeleitet voniröpn. «Feuer» besage f. «Wortlaut, ausdrücklicher Lihalt»
und nach dem scharfen brennenden Geschmack ergibt, abgeleitet von besagen, ahd. hisagen
der Wurzel benannt. Der Name Geifer- oder «aussagen».
Speichebcurz weü die Wurzel gekaut den
, Besanmast, m.: Hintermast, Besänsegel,
,

Speichel stark zusammenzieht. In.: Hintermastsegel. Jenes das ndl. hezaans-


berüchtigt, adj.: worüber übles Gerede mast f., zusammenges. mit ndl. hezaan f.
(Gerücht) umläuft. Eig. das Part. Prät. von «nächster Mast am Hinterteil des Schiffes».
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 14
211 Besatz Bescheid 212

Das Wort ist wohl schon im 16. Jb, ein- beschaulich, adj. auf innere Betrachtung :

gedrungen, da Fischart im Garg. 117 hesanet gerichtet. Spätmhd. beschouivelich (in der
Schiff «mit der Besan ausgestattetes» bat: deutschen Theologia), von beschourven, das
Ludwig 1716 verzeichnet znerst Besaant Da- bei den Mystikern (nach lat. contempläri')
neben erscheint eine Form mit anlautendem m von der inneren seelischen Betrachtung ge-
(im 16. Jh. bei Chytraeus Moysahn, bei sagt wurde.
Fleming 584 Meysan «Besansegel»), die dem Bescheid, m. (-es, PI. -e): genaue unter-
ital, mezzana, franz. mizaine, engl, mizzen scheidende Kenntnis; genaue Auskunft wor-
entspricht und als urspiünglicher anzusehen über; schlichtende Erkenntnis in einer Rechts-
ist; zugrunde liegt lat. mediana «die in der sache; zukommende Erwiderang (auch beim
Mitte befindliche». Trinken, vgl. bescheyd thun bei Dasypodius
Besatz, m. {-es, PI. Besätze): das womit 1587, Alberus Fab. Mhd. bescheit m. n.
8, 60).

etwas eingefaßt (besetzt) wird. Junge, bei und bescheide f. Von bescheiden, v. (ehe- :

Adelung 1793 noch nicht verzeichnete Bil- dem völlig scheiden, dann) gehörig ausein-
dung von besetzen (wie Verlag von verlegen, andersetzen; worüber genauen Bericht geben,
Versand von versenden). bestimmt benachrichtigen ; ein die Rechtssache
Besatzung, f. (PI. -en)-. die in einem schlichtendes Erkenntnis erteilen; vorladen;
Orte liegende Mannschaft. Zu besetzen, mhd. zuteilen. Refl. sich bescheiden «zui* klaren
besetzen «mit der nötigen Mannschaft ver- Erkenntnis wovon kommen, in einsichtsvoller
sehen, bevölkern», wie Bestallung znbestellen. Weise sich in seinen Wünschen und An-
Spätmhd. besatzunge (neben besetzunge) f. ist sprüchen beschränken». Mhd.bescheiden «völlig
«Befestigung»; Besatzung in der jetzigen Bed. scheiden, entscheiden, schHchten, einrichten,
erscheint bei Fronsperger Kriegsb. 1, 115, wäh- bestimmen, benachrichtigen, zuteilen». Davon
rend Luther dafür Besetzung hat (l.Makk.4,2). das alte Part. Prät. bescheiden als Adj.
besaufeu, v.: (veraltet) völlig trunken (aber sonst beschieden s. scheiden): 1) (ver-
machen. Mhd. besüfen (Prät. besouf, Part. altet) Bescheid wissend, erkenntnis-, einsichts-
besoffen) «versinken, ertrinken», vermischt voll (Schiller Teil 1, 4. 5, 1), mhd. bescheiden;
mit dem Faktitivum besoufen (Prät. besoufte), 2) zum Refl. (ebenfalls veraltet) zurückhaltend,
ahd. bisoufen «ertrinken machen, ertränken, maßhaltend, züchtig (so zuweilen schon mhd.,
eintauchen». Jetzt nur refl. sich b. (zuerst z. B. Wigalois 155, 1, dann in friihnhd. Glos-

bei Krämer 1678). saren, z.B. 1482 im Voc. theut. d4^ bescheydener
beschaffeil, nach den Merkmalen «tranquillus», in andern Glossaren «modestus»,
adj.:
erscheinend. Mhd. von bei Maaler 1561 «züchtig»); mäßig in Wunsch
beschaffen, Part. Prät.
beschaffen «erschaffen», ist «vorhanden, be- und Anspruch (im 17. Jh.). ABL. Be-
findlich, existierend, durch das Schicksal be- scheidenheit, f. Mäßigkeit in Wunsch und :

stimmt», während geschaffen, Part. Prät. des Anspruch. Mhd. bescheidenheit ist dagegen
einfachen schaffen, auch die Bed. von «ge- «richtige (alles wohl auseinanderlegende und
staltet, gebildet» hat, die bei beschaffen im haltende) Einsicht und Beurteilung, Verstän-
17. Jh. hervortritt. ABL. Beschaffenheit,
digkeit» (so noch Luther, doch schon 1501
f.: bestimmte Art des Erscheinens nach den im Voc. opt. R 2^ «meßigkeit, modestia», bei
Merkmalen. Bei Henisch 1616. Mhd. be- Maaler 1561 «moderatio, verecuudia»). be-
schaffenheit ist «Schöpfung». SCheidentlich, adj.undadv.: der Mäßigkeit
beschäftigen, v.: tätig (geschäftig) ma- in Wunsch und Anspruch gemäß. Mit ein-
chen. Gebildet von einem unbelegten, aber getretenem t aus mhd. bescheidenlich «ver-
nach ndd. beseheftich «geschäftig» vorauszu- ständig, den Umständen angemessen, ge-
setzenden md. Adj. bescheftic (belegt ist nur bührlich, deutlich». -^?7<S. Besch eidessen, n.:
in md. Quellen scheftic «geschäftig, tätig» was man den Nachbarn von einem Schmause
und gescheftic). Bei Krämer 1678. In mhd. oder Schweineschlachten zuschickt, dann was
Zeit erscheint dafür md. beseheften. Gäste beiseite legen und den Ihrigen nach
beschälen, v.: dieStute befruchten. ABL. Hause senden oder bringen, damit sie gleich-
Beschäler, m. Zuchthengst. U^lbescheler sam Bescheid tun d. h. nachessen. Im altern
:

im Voc. theut. d 3 neben scheler cc 4% wofür Nhd. 1482 im Voc. theut, d4'^ und noch 1717
^^

mhd. einfacher sehet, ahd. scelo m. «Schell- Abrahamisches Bescheidessen des P. Abraham
hengst» (s. d.). a. S. Clara.
213 bescheinigen beschuppen 214

bescheinigen, v.-. einen Schein worüber beschleunigen, v.: rasch fördern (bei
ausstellen. Bei Stieler 1691, aber noch in Stieler 1691). S. schleunig.
der altern Bed. «offenbar machen, beweisen». beschmaddem, v.: voll schmieren, be-
Nicht von Schein ausgehend, sondern Neben- schmieren, besudeln fWieland Lucian 1, 331j.
form (mit Anlehnung an das älternhd. Adj. Bei Stieler 1691 heschmaderen. Aus dem Ndd.,
scheinig, mhd. schinec «leuchtend, glänzend, zusammenges. mit ndd. smadäern «beschmut-
in die Augen fallend, sichtbar») von älternhd. zen, schmieren», wohl aus älterm smoddern,
hescheinen, mhd. hescheinen «sichtbar machen, i
ndl. smodderen, das zu Schmutz (s. d.) gehört.
sehen lassen, zeigen, beweisen», dem Faktitivum '

beSChnäufeln, Jagdhunden)
v.: (von
zu dem starken V. hescheinen (Prät. heschien), '

schnaufend beriechen, abgeleitet von he-


mhd. heschinen, ahd. hisMnan «erleuchten, er- I schnaufen, s. schnaufen. Bei Adelung 1774.
hellen» Die jetzige Bed. bei Ludwig 1716
ist. beschneiden, v.: i-ingsum abschneidend
I

(daneben hescheinen noch bei Adelung). schneiden; wegsehneidend der Vorhaut be-
I

beSCheLßen, v.: mi^ Kot beschmutzen; nehmen. Mhd. hesniden, ahd. hisntdan. ABL.
frech betmgen. Mhd. heschinen auch schon beschneitein, v.: wie beschneiden (früh-
in der 2. Bed., ahd. hisd^an nur in der 1. nhd.). S. schneiteln.

bescheren, v, ein Geschenk, als Geschenk


: beschnellen, V. betrügen. Veraltet, aber :

zuteilen. Mhd. hescheni (namentlich von gött- noch bei Bürger, Voß. Wegen der Bedeu-
licher Schickung) «zukommen lassen, verleihen, tungsentwicklung vgl. prellen.
bestimmen;^ eig. «zuteil gebeir;, ahd. hiscerjati beschnüffeln, v.: beriechend untei-suchen.
«abteilen» oder «absondern», besonders zur Bei Lessing 10, 176 ohne Umlaut heschnuffeln.
Wegnahme «berauben»; dazu ags. hescyrian S. schnüffeln.

hescyrtvan «berauben». Das einfache mhd. beschnuppern, an etwas umhemechen.


v.:

schet-n, ahd. scerjan, asächs. skerian, ags. In einem md. Glossar des 14. Jh. hesnoppern

scyrian ist «abteilen, zuteilen, bestimmen» «naschen». Bei Lessing 1, 126 heschnopern.
usw., abgeleitet von Sclmr (s. d.). Ein andres S. schnuppern.
Wort ist hescheren «beschneiden», s. scheren. beschönigen, v.: dui-ch Schönmachen
beschicken, nach jemand schicken, verdecken und entschuldigen.
v.: Dafür mhd.
ihn holen lassen, mhd. heschicken: durch Ab- heschoenen «schön machen, schmücken, ver-
cfesandte besuchen lassen: in Ordnung bringen, herrhchen», dann s.v.a. «entschuldigen, recht-
versorgen (mhd. heschicken ist «im Testament fertigen». Auch im altem Nhd. heschönen (noch
festsetzen»!, vgl. geschickt. 1758 bei Nieremberger) das erweiterte he- ;

beschlafen, v.: beiliegend schwängern, schönigen bei Steinbach 1734.


mhd. hesläfen: zum Überdenken eine Nacht beschränken, v.: in Grenzen (Schranken)
'

verziehen ffrühnhd.). i
fassen, einschließen, einengen. Eefl. sich h.

Beschlag, m. {-es, PI. Grenzen halten. Das Part. Prät. be-


Beschläge): wider j
sich in
anderes Festgemachtes zu Festigkeit oder schränkt auch adj.: begrenzt, allzu eng,
Zierde (spätmhd. heslac m., daneben auch geistig unfähig (bei Goethe). Mhd. hesehrenken
,

heschläge Hufeisen des Pferdes und dessen ist «um klammem, einschränken, verspen'en,
u.);

Befestigung; äußerer Ansatz und Anflug, zu Fall bringen, überüsten», ahd. hiscrenken
der sich abwischen läßt; erhobener Anspruch «zu Fall bringen, verleumden».
auf etwas, um es zurückzuhalten (erst bei beschreiben, v.: voU schreiben; schrift-
,

Steinbach 1734, wohl aus dem Ndd., schon lieh aufzeichnen schriftlich darstellen über-
j
: ;

mnd. das V. heslän «mit Beschlag belegen»). haupt darstellen, schildern (in diesen Bedd.
j

Von beschlagen, v. wider etwas schlagen mhd. heschrihen) eine Linie darstellen, eig.
:
]
;

fest anschlagen an etwas; befestigend womit beim Zeichnen, dann aber auch durch eigene
I

überziehen, einschüeßen, versehen z. B. das Bewegung.


Pferd an dem Hufrand mit einem Hufeisen beschummeln, v.: in niedriger Weise
(in diesenBedd. mhd. heslahen, ahd. hislahan) ;
I betrügen. Bei Adelung als ndsächs. Ausdruck
(weidmännischj trächtig machen. Davon das für «durch Geschwindigkeit oder List be-
Part. Prät. beschlagen auch adjektivisch: trügen» angeführt. S. schummeln.
mit Kenntnissen wohl versehen, eig. durch beschuppen, v.: anführen, überlistend
Eisenbeschlag stark tmd dauerhaft, wie franz. betrügen. Das gleichbed. nd. beschuppen eig. ;

fh-re, (bei Duez 1664). ;


hd. wäre heschupfen. Zusammenges. mit schup-
14*
;

215 Beschwerde Besitz 216

/ew, md.-ndd. schuppen «durch einen kurzen beseitigen, v.: auf die Seite, weg schaffen.
Schwung schaukehid in Bewegung setzen, hin Weiterbildung eines altem beseiten, nach Hey-
und wieder stoßen, überstürzen», (mundartlich natz 1796 nur in obd. Staatsschriften, dann
dann) «übertölpeln, zum besten haben» (s. bei Campe 1807.
Schmeller - 2, 44 1 ), vgl. auch mhd. underschupfen beseligen, v. in hohem Grade beglücken,
:

«ein Bein stellen und so zu Falle bringen, eig. selig (s. d.) machen. Frühnhd. (auch bei
mi List verdrängen, überlisten». 1687 kommt Luther), aber
t, der Bed. «begaben» (noch
in

in der Gaunerspi'ache schuppen «betrügen», doch daneben die jetzige Bed.).


bei Stieler 1691,
1750 beschuppen vor: Adelung 1774 führt Besemer, s. Desem.
den Ausdruck als ndsächsisch an. Besen, m. (-s, PI. wie Sg.) Kehrwerkzeug,
:

Beschwerde, f. Schmerzempfin-
(PI. -n): Rutenbündel zur Zucht; (studentisch)Mädchen,
dung, Betmbnis worüber, sowie Äußerung, namentlich niedem Standes (seit Ende des
Klage derselben; drückend Belästigendes. Mhd. 18. Jh. nachzuweisen, doch jedenfalls weit

heswoerde f., zusammenges. mit ahd. swärida f. älter, Hausbäsem als Schimpfwort schon bei

«drückende Last», von schver; ahd. swäri. — Fischart). Mit Abschwächung des Suffixes zu
beschweren, v.; schwer d. i. schmerzlich, -en (doch Besem noch bei Steinbach 1734,
drückend, lästig machen und sein. Mhd. be- auch bei Goethe, z. B. 14, 308 auf Besmen)
swceren, ahd. (bei Notker) beswären. Refl. aus mhd. besenie (Gen. besemen, dann auch
sich beschivere7i: sich eine Last aufladen; als stark), ahd. besamo m. dazu ndl. bezem, ags.
;

Last empfinden (Sir. 7, 39) über Drückendes


; besma m., engl, besom. Dunkler Herkunft.
klagen (im 16. Jh. mit Gen. der Sache). ABL. Redensart: neue B. kehren gut «wer neu im
beschwerlich, adj.: drückend lästig. Früh- Amt oder Dienst, ist zu eifrig, ist übertätig»
nhd. (bei Luther). Beschwernis, f.: drückend (schon bei H. Sachs 21, 80 die newen Besen
Belästigendes. Mhd. besivcernisse f. keren ivol und im Vridanc 50, 12 der nimce
beschwichtigen, v. durch Zm-eden ruhig beseme keret rvol). Dim. Besenchen, n.,
:

machen. Aus dem Xdd., mit ndd. cht für hd. ft, bei Goethe auch noch Besemchen und gekürzt
Ableitung von ndd. swichten, mhd. swiften Besehen (31, 99). ZUS. Besenstiel, m., mhd.
«stillen, dämpfen», das von mhd. sivift «ruhig» besemstil, bei Goethe (Faust 2308) auch s.v.a.
gebüdetist; ahd.giswiftoyi «stille sein, schwei- Hexenmeister, vom Ritt der Hexen auf Besen
gen». Der zugrunde liegende Stamm wohl (Ebd. 3835).
auch in got. sweiban «aufhören, nachlassen». besessen, als Adj. gesetztes Part. Prät.
Das von Adelung 1793 noch nicht angeführte von besitzen (s. d.): von einem innewohnen-
Wort braucht 1778 Hermes Sophiens Reise den bösen Geiste ganz eingenommen oder
6, 636: 1795 wird es von Campe Bereichei-ung geplagt. So schon mhd, bese^^en.
empfohlen; Wieland führt dann 1797 das schon besichtigen, v.: in Augenschein (Sicht)
1774 von Klopstock gebrauchte schwicMigen nehmen. Im 15. Jh. tritt besichten, daneben
in die neue Bearbeitung der Belsora Suppl. auch schon das weitergebildete besichtigen
2, 65 ein (bemerkt aber S. 79, daß das Wort (1507 bei Wilwolt von Schaumburg 80, auch

1751 außerhalb Medersachsens unbekannt ge- bei Luther) auf.


wesen sei), von da an wird b. oft gebraucht. Besing, s. Beere.
beschwören, v. mit Beteuerungen bitten
: besinnen, refl. v.: etwas durch feste
durch Zauberspruch vergewaltigen, schwörend Richtung der Sinne im Geiste wieder gegen-
bekräftigen. Mit Entwicklung eines e aus ö wärtig machen. Mhd. besinnen (mit st, u.
(s.schivören) aus m]id.beswern, ahd. bisiverian; schwacher Flexion) «mit fester Richtung der
got. (ohne J -Verstärkung im l*räs.) bisivaran. Sinne in Überlegung ziehen, zur Erkenntnis
besebeln, v. betrügen. In der Gauner- bringen, erachten», refl. sich b. «nachdenkend
:

sprache. Schon frühnhd. auch literarisch (z. B. sich bewußt werden». Das Part. Prät. als
besebeln Mathesius Sai-. 78'', 224*, besefeien Adj. gesetzt besonnen: gefaßten Sinnes und
Fischart Garg. 302, davon dann Besebler «Be- überlegt, mhd. hesunnen und besinnet (daher
trüger» Mathesius Sar. 276% Beseffler Mo- auch älternhd. bis ins 18. Jh. besinnt). ABL.
scherosch Phil. 2, 629). Eig. beseheißen (im Besinnung, f. Überlegung Kraft der Über-
: ;

Lib. vag. sefeln «scheißen») zu hebr. arm. zebel legung. Erst, bei Adelung 1793.
«Mist, Kot». Doch vgl. auch sabbeln, sabbern Besitz, m. {-es): Innehaben einer Sache
«den Speichel fließen lassen,beschmutzen». zu voUer Verfügung, Im 15. Jh. (1482 im
217 besoifeu Bestand 218

Voc. theut. d 4^, aber in der Bed. Belagerung), berisch einwirken auf i
» erst bei Adelung —
dann bei Lutber (5 Mos. 33, 23) in der Bed. 1774 (doch schon mnd. bespreJcen), die Bed.
«Besitzung, besessener Grund und Boden» und mündlich verhandeln» ist ganz jung (noch
<•<

später, doch anfangs noch selten. Mbd. dafür nicht bei Campe 1807).
heseg m. n. Im 18. Jb. im Besitz sein «die besser, adj. u. adv.: anderm vorzuziehend,
Macbt wozu haben, in der Lage sein» (Schiller vorzüglicher; noch mehr als anderes. Der
4, 117). Von besitzen, v.: innehaben zu übliche Komparativ des Begriffes gut. Mhd.
freier Verfüonns. Mhd. besitzen, ahd. hisizzen, be^^er, ahd. be^^iro (mit schwacher Flexion);
eig. «umsitzen», daher auch «belagern», dann dazu asächs. betero, ndl. beter, ags. betera,
auch in der jetzigen Bed. dazu a.sAth.'i.hisittian, engl, better, anord. betri, schwed. bättre, dän.
;

ags. hesittan. S. auch besessen. ABL. Be- bedre, got. batiza. Als Adverb steht mhd.
sitztum, n., erst im 17. Jh. (Zesen Ibr. 427 ba^ (s. baß, auch wegen der Etymologie),
Besitztuhm). Besitzung, f., mhd.besitzunget nhd. aber besser. ABL. bessern, v.: besser
besoflFen, als Adj. gesetztes Part. Prät. machen, refl. sich bessern «besser werden».
von besaufe)i (s. d.): aus ünmäßigkeit völlig ^Ihd.be^ßern, ahi.be^girön. Davon Besserung,
betrunken (1697 bei Ettner unw. Doctor84l). f., mhd. beg;^e)-unge, ahd. be^^irunga.
besolbern, s. besulbem. dem Kompar. besser
best, Superlativ zu
besonder, adj.: für sich als Teil eines Mhd. be^^est, be^^ist, meist verkürzt
(s. d.).

Granzen von anderm getrennt ; als eigentümlich (mit Schwinden des 55 vor s) best, ahd. beß^ist:
auszuscheidend; vor anderm hei-vorzuhebend. dazu asächs. betest, betst, ndl. best, ags. betest,
Das Adj. taucht erst im 14. Jh. spärlich auf, betst, engl, best, anord. beztr, schwed. bäst,
gebüdet aus dem mhd. Adv. besunder «in Ab- dän. bedst. Redensarten: zum Besten geben
gesondertheit, im einzelnen, vorzüglich», ent- einem Fest als Preis (das Beste)
eig. «bei
standen aus be- als Abschwächung der mhd. aussetzen», dann «überhaupt für eine GeseD-
Präp. M «bei» und dem Adv. sunder, ahd. schaft spenden, preisgeben» (im 17. -Th. bei
suntar (s. sonder). Davon mit genetivi- A. Gryphius); zum Besten haben «verspotten,
schem s das Adv. besonders. Frühnhd. anführen», eig. wohl «als Zielscheibe beim
(bei Liliencron 3, 395 v. J. 1521 besunder s, Preisschießen bestimmen», dann «zum Ziel
,

bei Luther besonders). von Angriffen machen» (1715 bei Ettner


besorgen, v.: mit Sorge bedenken, mit Hebamme 196; im 17. Jh. dagegen zum
Sorge entgegensehn, mhd. besorgen, ahd. bi- Besten Imben «als Gewinn davonti'agen»).
soragen (auch refl. sich b. mit Gen.): Sorge ABL. bestens, adv., im 17. Jh.
um etwas tragen, die Sorge wofür über- bestallt, adj.: in ein Amt eingesetzt,
nehmen (auch mhd. ahd.); (abgeschwächt) namentlich in dem kanzleimäßigen ivohlb.
auszviführen übernehmen. Das Part. Prät. Ein erstarrtes Part. Prät. mit Rückumlaut
besorgt adjektivisch: Sorge habend worum, von bestellen (s. d.), denn mhd. bestellen bildet
\

fürsorgend bedacht, angstbewegt, mhd. be- im Prät. bestalte, Part, bestalt und bestellet.
sm-get. ABL. besorglich, adj. u. adv., früh- Zuweüen wird zu bestallt ein Inf. bestallen
nhd. Besorgnis, f., erst im 18. Jh. (Heynatz gebildet (schon mhd. in md. Quelle bestallen
1796 führt es als neues Wort auf, das von «besetzen»). Bestallung, f.: Übertragung —
verschiedenen guten Schriftstellern gebraucht einer Stelle; amtliche Stelle, sowie die damit
werde). Beide zu besorgen in der l.Bed. verbundene Besoldung. Im 15. Jh. bestallunge
besprechen, v.: geradezu ansprechen f. Gebildet von bestellen, wie Besatzung von
('Schiller Zerst. v. Troja Str. 48j; in Anspruch, besetzen.
in Beschlag nehmen (Goethe 21, 253; 29, 252. Bestand, m. [-es, PI. Bestände): das
Schiller Parasit 1, 5); verabreden (Goethe 86, Standhalten, Festbleiben, Dauer; aUes zu-
153); durch Hersagen von Spruch oder Formel sammen was ein Ganzes ausmacht; (obd.)
einwirken auf — mündlich be-, verhandeln. Pacht, Miete (das Sein worin für eine Dauer).
;

Refl. sich b.: sich miteinander unterreden, I


Im 15. Jh. bestant m., namentlich «Waffen-
besonders worüber. Mhd. besprechen «an- ^
stillstand», dann auch «Dauer, anhaltendes
reden, bitten, beschuldigen, vei'abreden», auch Sein, Pacht, Miete». Zu bestehen. ABL. Be-
sich b. «sich Sprechen miteinander Ständer fobd., auch Beständner), m.: Pächter.
durch \

beraten», ahd. bisprehhan auch «herabsetzen, (beständig, adj. u. adv.: festbleibend, un-
tadeln, rügen, verurteilen». Die Bed. «zau- unterbrochen dauernd, mhd. bestendec. ZUS.
;

219 bestätigen Besuch 220

Bestandteil, m., bei Adelung 1774 aus der bestellen, v. wohin zu festem Stand an-
:

philosophischen Sprache. weisen (Jos. 10, 18; 2Kön. 7, 17); in ein Amt
bestätigen, v.: stetig (stätig) d. i. fest- einsetzen (2. Chron. 19, 5); wohin bescheiden
stehend, beständig, dauernd machen (sich h. oder zu kommen laden; beauftragen zu fer-
bei Goethe 35, 68); als giltig erklären, be- tigen; in Stand setzen, bestimmt ordnen, zu-
kräftigend giltig machen. Mhd. hestcetigen richten; zur Besorgung befördern. Mhd. be-
(daneben auch hestceten, s. Bestatter), ahd. stellen «rings umstellen, besetzen» (namentlich
iiloQstätigm, von dem Adj.s^a% «stetig» (s. d.). mit Bewaifneten), «einsäumen, m den Stand
bestatten, v.: feierlich zu Grabe bringen. setzen, bestimmen, anordnen, Oi'dnen, als Ei-
Mhd. hestaten urspr. «an seine oder überhaupt gentum, zur Nutzung überweisen, zur Stelle
eine Statt bringen», dann «eine Statt geben, bringen, besorgen», ahd. histellen «rings um-
mit allem Nötigen versehen», besonders «zur stellen, umgeben». S. auch bestallt.
Heii'at ausstatten, zu Grabe bringen». bestens, s. best.
Bestatter, m. {-s, PI. wie Sg.): wessen bestialisch, adj.: tierisch roh, viehisch.
Gewerbe es ist die Versendung von Gütern Aus lat. bestiälis «tierisch wild, viehisch»,
zu besorgen, der Spediteur. Am Rhein. Von von bestia f. (s. d. f.). Frühnhd. (1538 bei
bestatten «mit Leistung von Sicherheit ver- Schaidenreißer Paradoxa 2 ^, 1 598 bei Albertinus
bundene Versendung von Gütern besorgen» Sendschr. 1, 207"^). Bestialität, f.: tierische,
mit Kürzung des Vokals aus mhd. hestceten viehische Roheit. 1603 bei Albei'tinus Zeit-
«beständig machen, festgesetzt machen», dann kürzer 50*^ Bestialitet. Aus neulat. bestialitas
«Sicherheit leisten für —
». Schon im 15. Jh. f. —
Bestie, f.: wildes Tier. Aus lat. bestia
-

in Frankfurt hesteder (Diefenbach-Wülcker f. «wildes (Wald-) Tier», bei Plautus auch


S. 209) Adelung hat noch richtiger Bestäter. Scheltwort. Schon mhd. bestie, frühnhd. auch
;

bestechen, v.: rings um etwas stechen; als Scheltwort. Nd. früher Beest n., PI.
in etwas stechen, einstechend versuchen (in Beeste, jetzt auch Biest n., PI. Biester.
der Bergmannsprache, schon mhd.); durch bestimmen, v.: durch die Stimme be-
Geld zu einer unrechten Handlung verleiten, zeichnen, entschieden bezeichnen, mhd. be-
die Vorteil bringt; (übertragen) für sich ein- stimmen «benennen, mündlich bezeichnen, fest
nehmen. Die 3. Bed. erscheint friihnhd. (Sallust bezeichnen»; einem Gebrauche oder einer Auf-
R 2), daneben auch einfaches stechen (z. B. gabe zuweisen; nach unterscheidenden Merk-
mit gelt gestochen Sallust S 2, stechen mit malen genau abgrenzen (bei Ludwig 1716);
geschenckenhut\ieTb,4:\S^ Jen., mit gelt stechen entscheidend zu etwas veranlassen (bei Ade-
Franck Chr. 66**); sie geht vielleicht von der lung 1774, zunächst aus der philosophischen
2. Bed. aus, bestechen also eig. «auf die Probe Sprache). Davon das Part. Prät. bestimmt
stellen, versuchen » (in diesem Sinn auch mhd. in adjekt. Gebrauch «fest bezeichnet; genau
stechen). ABL. bestechlich, adj., erst bei abgegrenzt; entschieden», wie franz. Meide
Adelung 1793. (erst bei Campe 1807).
Besteck, n. (-[e]5, PI. -e)-. das Futteral, bestreiten, V.: bekämpfen, mhd. bestriten;
in das gewisse zusammengehörige Werkzeuge in der Rede entgegentreten; bewältigen, An-
eingesteckt und in dem sie getragen werden, forderungen Genüge tun (bei Stiel er 1691),
sowie diese Werkzeuge selbst; Messer und namentlich in Bez. auf Kosten.
Gabel (die früher oft in einem Futteral ge- bestricken, v.: bei-ücken eig. im Stricke
tragen wurden). Frühnhd. (Fischer 1, 937). fangen. Mhd. bestricken.
Bei Stieler 1691 auch Gesteck. bestÜrzen, v.: durch Unerwartetes die
bestehen, v.: l) intrans. (worauf, worin) Geistesgegenwart verlieren machen. Mhd. be-
Stand halten, fest bleiben, woraas gebildet Stürzen, ahd. bisturzen «überstürzen, umwen-
oder zusammengesetzt sein, überhaupt sein. den», dann «außer Fassung bringen, verwii-rt
2) trans. feindlich entgegenstehen; kräftig machen». ABL. Bestürzung, f., 1626 bei
(fest stehend) unternehmen oder durchdauern Zincgref Apophth. 1, 23.
stehend räumlich einnehmen. Mhd. hestän, Besuch, m. {-es, PI. -e): das Sichwohin-
ahd. histantan, histän «Stand halten, stehen begeben, um dort eine Zeitlang zu verweUen,
bleiben; bleiben; umstehen, stehend besetzen, sowie die besuchenden Personen selbst. Mhd.
feindlich angreifen, überfallen», mhd. auch s.v. a. besuoch m. ist «das Gehen nach einem Orte,
«als Lehensträger oder Mieter übernehmen». um dort ein Recht (des Weidens, Holzsammeins
221 besudeln Betreff 222

usw.) auszuüben, sowie dieser Ort selbst»; I


hohem Wesen bitten, zu demselben feierheh
ahd. besuch fbeiXotker) «HeimsuchuBg». Die sprechen», abgeleitet von mhd. bete, ahd. beta.
jetzige Bed. bei Henisch 1616. Von besucheo, got.hida f. «Bitte, Gebet. Entsprechend asächs.
V.: (veraltet) durchforschen; wohin begeben, hedön.
um dort eine Zeitlang zu verweilen. Mhd. he- beteuern, v. hoch und teuer versichern.
:

suochen «suchen, aufsuchen, untersuchen, ver- Bei Henisch 1616. Xach den Lauten entspricht
suchen, feindlich angreifen»; ahd. Msuohhen mhd. hetiuren, das aber «zu kostbar dünken»
«versuchen, auf die Probe stellen», doch kommt spätmhd. beteurung
bedeutet,
besudeln, V. : beschmutzen. In Glossaren schon in dem Sinne «Beteuerung» vor.
des 15. Jh. hestidlen, bei Luther hesiiddeln. Betonie oder Betunie, f. (PI. -n): GHed-
S. sudeln, kraut, Schlüsselblume. Mhd. hatonie, ahd. he-
beSUlberUjV.: ai-g beschmutzen. Mit Über- tonia, nach dem lat. Namen betonica f., nach
gang eines lo in & aus mhd. fin md. Quellenj Plinius hist. nat. 25, 46 aus gallisch vettonica
besulwern, abgeleitet von mhd. hesuliven, he- nach dem am Tajo wohnenden Volk der
sülwen, dessen suliven, sühcen von ahd. sol n. Vettones. VgL auch Batengel.
«Kotlache» (s. Suhle) abgeleitet ist. Betracht, m. (-es): Erwägung. Von
betagt, adj.: in hohem Alter stehend. Adelung als obd. Wort den Kanzleien zu-
Mhd. hetaget «in ein gewisses Alter getreten ;\ gewiesen, aber von Wieland 4, 10 gebraucht.
Eig. Part. Prät. von einem V. hetagen «mit Vgl. Anbetracht. Mhd. erscheint hetrahte f.
einem Alter versehen» (mhd. nur sich hetagen «Bedachtsein worauf, Absicht, Erwägung,
«alt werden», während hetagen «Tag werden, tJberlegung». Von betrachten, v.: mit
als Tag bescheinen, ans Licht kommen usw.» Auge und Geist hingezogen sein oder ver-
ist). Vgl. bejahrt. weilen auf —
Mhd. betrahten, ahd. hitrahtön .

betätigen, v.: tätig zeigen, dm-ch Taten «woraufhin denken, worauf achten, bedenken,
an der Tag legen. Refl. sich h.: sich tätig erwägen, ausdenken». ABL. beträchtlich,
zeigen, namentüch in einer Eigenschaft. Zu- adj, u. adv,: was in Betracht kommt, er-
erst bei Heynatz 1796 als ein "Wort der heblich. Frühnhd., in der jetzigen Bed. aber
Aftergeschäftssprache, dann bei Campe 1807, erst im 18. -Jh. üblich werdend (Lessing 7, SS)
seit 1805 oft von Goethe gebraucht. und von Adelung 1793 verzeichnet. Betrach-
betäuben, v.: empfindungslos, gehörlos, tung, f., mhd. hetrahtunge f.
unfähig zum Denken, dumpf an Sinn und Betrag, m. (-es, PI. Beträge): die Summe.
j

Geist machen. Mhd. (meist ohne Umlaut) he- Bei Steinbach 1734 fmhd. hetrac m. ist «Ver-
touhen, eig. «taub machen», dann «besinnungs- gleich»), Von betragen, v.: voU tragen,
los machen, betören, entkräften, vernichten». besonders mit edelm Metalle belegen, xnhd,
^Bete, s. Bede. betragen; zusammengetragen (berechnet^ aus-
2 Bete, f. (PI. -n): Strafsatz im Karten- machen (bei Duez 1664). Refl. sich b.: sich
spiel. S. Labet. im äußern Verhalten zeigen. ^Ihd. sich be-
beteiligen, v.: Anteil geben. Teilnehmen tragen (aber mit schwacher Flexion Prät.
lassen. Refl. sich h.: Anteil nehmen, dazu das hetragete, Part, betraget) ist «sich nähren,
Part. Prät. beteiligt. Erst bei Campe 1807 als sich behelfen, auskommen mit etwas», daim
ebd. Wort angeführt. Ältemhd. findet sich he- auch «mit einem auskommen», diese Bedd.
teüen «Anteil woran geben», wie ndl. hedeelen. auch noch ältemhd., die jetzige zuerst bei
Betel, m. (-s) ostindisches Rankengewächs, Nieremberger 1753. Davon der substanti-snerte
:

dessen rotsaftige, bittere, wohlriechende Blätter Lif. Betragen, n. (Lessing 1, 430).


gekaut werden. Aus franz. hetel m., engl, betle, betrauen, v.: Treu und Glauben zu-
portug. betere und betete m., das aus dem Ma- wenden; (einen mit etwas betrauen): es ihm
layischen abgeleitet wird. Es kommt als Betete auf Treu und Glauben übergeben. Mhd. he-
schon 1595 bei Hulsius Schiffahrten 1, 22 vor, triiiwen,betrüiven «in Treue erhalten, schützen»;
bei Münster Cosmographey Asien Kap. 88. 104 in frühnhd. Glossaren ist betrauen «trauen».
Betete, Bettele. Stieler 1691 und noch Adelung 1793 bezeichnet
beten, v.: eine Bitte an ein höheres Wesen das Verb als unüblich bis auf das Part. Prät.
aussprechen, überhaupt zu demselben feierlich betraut.
sprechen. Mhd. beten, ahd. beton (mit Akk. Betreff, m. (-s) Beziehung auf Aus :
— .

der Person) eig. «bitten», dann «zu einem der Kanzleisprache bei Heynatz 1796 und
223 betreten Bettler 224

schon 1755 bei Dornblüth S. 169 angefülirt. Bett (-es, PI. -en), mundartlich und in
Davon das genetivische Adv. betreffs (hei der Dichtersprache auch Bette, n.: Lager-
Campe 1807 j. Von betreffen, V.: bei etwas und Schlafstatt, sowie Schlafgestell und -gerät;
antreffen,namentlich bei etwas Schlechtem, Gerinne für das Wasser. Älternhd. Bette
ertappen; befallen, zustoßen; angehen, Be- (so bei Luther), Bett, obd. auch Beth (s. Beet).
ziehung haben auf —
In der letzten Bed. Mhd. bette, bet, ahd; betti, beti n. «Bett und
.

ist das Wort frühnhd. (auch bei Luther). Beet»; dazu asächs. bed, ndl. bedde, bed, ags.
Das Part. Prät. betroffen auch adjektivisch bedd, engl, bed, afries. bed n., anord. bedr m.
«unangenehm bei-ührt, betreten». Im 18. Jh. «Polster», schwed. bädd m. «Bett», dän. bed n.
(bei Geliert, Wieland, Lessing). «Beet», got. badi n. «Bett». Schwei'lich ist

betreten, v.: auf etwas treten; eintreten die Bed. «Beet» als die älteste zu nehmen,
in etwas, beschreiten; bei etwas antreffen, vgl. Braune Btr. 23, 250, aber man kann mit
ei'tappen, mhd. hetreteti «treffen, überraschen, Meringer Wiener SB. 144, 6, 107 doch an Ver-
ergreifen»; befallen, zustoßen (bei Luther). wandtschaft mit lit. bedeti, lat. födere «graben»
Das Part. Prät. betreten auch akjektivisch (vgl. Walde s.v.), iQÜ.bedre «Graft» denken;
«unangenehm berühi't, verwirrt» (bei Luther), Bett wäre dann eig. die in die Erde einge-
Betrieb, m. (-es, PI. -e): das Treiben wühlte Lagerstätte (der Tiere). Die 2. Bed.
auf etwas, z. B. des Viehes; Ausübung einer liegt bei afranz. bied «Flußbett» zugrunde. Der
Tätigkeit (bei Adelung 1774); Antrieb (fiiih- Plur. lautet mhd. und älternhd. bette, wie
nhd.). Zu betreiben. ABL. betriebsam, noch Gottsched Sprachk. ^ 232 ansetzt, doch
adj., bei Adelung 1774. daneben schon im 17. Jh. Betten (Zesen Jbr.
betroffen, s. betreffen. 498, Weise Pol. Näscher 190), was Adelung
betrüben, v.: trübe machen; (bildhch) als herrschend bezeichnet, doch daneben noch
freudlos- machen und schmerzlich bewegen. Bette (= Gebett) und als obd. Better; diese
Mhd. betrüeben. Das Part. Prät. betrübt auch Form wird auch 1772 von Goethe 39, 16 ge-
adjektivisch. ABL. Betrübnis, f., spätmhd. braucht, ABL. betten, v.: die Stätte zum
(md.) betrüebnisse f. u. Liegen, Ruhen bereiten. Mhd. betten, ahd.
Betrug, m. (-es): Täuschung zu Nachteil befton.
oder Schaden. Frühnhd. 1501 im Voc. opt. Bettel, m. (s): das Bettelngehen; ärm-
L 5^ bedruck «fraus», dann bei Luther Betrug). lich Geringfügiges. Im 15. Jh. (Wyle 161,3).
Mhd. dafür betroc m. «Betrug», ahd. bitroc Von betteln, v.: anHegend demütig bitten;
«Trugbild». —
betrügen (Prät. betrog, Part. um eine Armengabe bitten, Mhd, beteten,
betrogen), v.: zu Schaden oder Nachteil täu- ahd. betalön, betolön, abgeleitet von bitten-,
schen. Mhd. betriegen, ahd. bitriogan. Älter- dazu ndl, bedeln. ABL. Bettelei, f. bei
nhd. (auch bei Luther) betriegen und so noch Luther, bettelhaft, adj. 1691 bei Stieler.
bei Gottsched und Adelung und im 18. Jh. Bettler, m., mhd. betelxere, ahd. betaläri m.
herrschend bei Goethe in der Ausgabe letzter ZTJS. bettelarm, adj.: bis zum Betteln
;

Hand durchgeführt. Daneben findet sich seit arm. Bei Ludwig 1716. Bettelmann, m.,
dem 16. Jh. (im Anschluß an Betrug und mhd, betelman m. Bettelmönch, m., fiüh-
unter Einfluß von lügen) betrügen, das im nhd. (Brant Layensp. M 3^ bettelmünich).
18. Jh. häufiger wird; Heynatz 1796 zieht Bettelsack, m., mhd. bettelsac m. Bettel-
es vor und Campe 1807 führt es allein an. stab, m., mhd. betelstap m. Bettelvogt,
S. trügen. ABL. Betrüger, m., 1482 im m.: Bettelrichter, im 17. Jh.
Voc.theut.d6a betrieger. Davon Betrügerei, betten, s. Bett.
f., spätmhd. betriegeri. betrüglich, adj. u. Bettlade, f.: Bettgestell, bei Dasypodius
adv.: zum Beträgen geneigt; Betrug mit sich 1537. bettlägerig, adj.: krank im Bette
führend. Spätmhd. betrieglich, dann auch bei liegend, im 17. Jh. (Stieler 1691 hat dafür
Luther, sich mischend mit betrügelich, be- bettlägericht). Bettstatt, f.: Bettstelle, mhd,
trogelich, das von betroc (s. Betrug) gebildet bettestat. Bettstelle, f. bei Adelung als
ist, ahd. bitrogalih «seltsam, scheußlich». niedersächsisch (Bedstelle) aufgeführt. Bett-
Betschwester, f.: dm-ch vieles Beten stoUen, m,: Bettpfosten, mhd. bettestolle ni.
sich auszeichnende weibliche Person. Mhd. S. Stollen, ßettzieche, f.: Kissenüberzug,
betschwester f. ist «Nonne», die jetzige Bed. mhd. bettezieche f., ahd. betteziohha. S. Zieche.
im 16. Jh. (Nas Pract, E7^). Bettler, s. betteln.
225 betuclieii Beutel 226

betüclien und betüeht, adj. u. adv.-. ahd. hiunt, hiunta f. Da im mnd. biivende
still nachsinnend, stül in sich gekehrt, ver- entspricht, dürfte das Wort als zusammen-
steckt verschwiegen. Urspr. Gaunerwort für* gesetzt aus mhd. bi und einer Ableitung von
«leise, stül, verschwiegen, geheim» aus hebr. icant anzusehen sein, eig. worum sich der
bätUach «Vertrauen habend, sicher», dem Zaun windet.
^
Part. (Pass.) von hätach «vertrauen», von den Beute, f. (PI. -n): hölzernes Bienenfaß;
deutschen Juden hetüche ausgesprochen. Auch (in Hessen) Backtrog, Backtisch hohler Holz- :

jüdisch-deutsch hetüches (bei Hebel) «still in kasten (in Leipzig Staarheute f. «Brätkasten
sich gekehrt», aus hebr. haftuchö, einer In- füi- Staare»). Spätmhd. biute f. «Backtrog,
finitivbildung aus hätach. In hetucht ist -t Bienenkorb» (1470 hd.-mlat. hiota f. «weites
angetreten. Doch scheint auch Mischung tiefes langes Gefäß, Ständer» bei Diefenbach
eingetreten zu sein mit ndd.-ndl. heducht (cht mlat.-hd.-böhm.Wb. 51), ahd. bi«f/a f. «Bienen-
aus ft) «bekümmert, besorgt», md. (wetterau- faß». Dazu ahd. hiot, afränk.-mlat. beudus,
isch) hedüft, bayr.-österr. heduft,s. tüfteln. beodus (lex sal. 46, 2), got. hiuds m. «Tisch»,
betulich, adj.: sich tätig zeigend, rühiig: (daraus abg. bljudo n. «Schüssel»), ags. beod
gewandt und entgegenkommend im Verkehr m. «Schüssel zum Auftragen», bayr.-schwäb.
(bei Goethe z. B. Paläophr. 45). Von sich biet f. «Kasten in der Kelter», Schweiz, biet m. f.
hetun: sich geschäftig zeigen (bei Stieler 1691 «Vorder- oder Hinterteü eines Kahns». Das
auch «sich bequem ausbreiten»); im Verkehr Wort wird gewöhnlich zu bieten, got. biudan i

gewandt ujid entgegenkommend sein. «dar-, vorlegen», gestellt. Vgl. indessen


Betzel, f. (PI. -n): Haube oder Mütze, Meringer IF. 16, 159, Grienberger Wiener
besonders weibliche. In Hessen, Franken, SB. 142, 8. Die Grundbed. ist vielmehr
Preußen (thür. elsäss. hetze). Mhd. hezel. Holzblock; auf den Bienenkorb (urspr. ein
Beuche, heuchen, s. Bauche, hauchen. ausgehöhlter Baumstamm) wegen der Ähn-
Beuge, f.: Krümmung. Mhd. bitige f. lichkeit der Form übertragen. Für diesen I

heugen, v.: biegen machen; niederbiegen; findet sich übrigens im 15. Jh. auch peicnte j

niederbiegen ziir oder in Demut; (gramma- f., entsprechend jetzt wetterauisch beune (aus
j

tisch) flektieren (von Adelung 1774 als un- beunde) f. «Backtrog» (Crecelius 156). I

bequem abgelehnt). Mhd. hängen, ahd. (bei "Beute, f.: Kriegs-, Jagdgewinn. 'Mhd.
I

Notker) dazu asächs. högian, ags. in ostmd. Quellen bute, biute f., nebst dem
hougen;
hegan, hfgan, anord. heygja, schwed. höga, V. hüten, hiuten «erbeuten, rauben, Beute
dM. böie; got. haugjan fehlt. Faktitiv zu verteilen», aber auch s. v. a. «Worte wech-
biegen (s. d.). ABL. heugsani, adj. Bei sein, sich unterreden und tauschen». Der j

Krämer 1678. Grundbegriff ist der des Wechsels, des Um-


j

Beule, f. (PI. -n) knotenartig aufgelaufene tausches, des Übergehens in andre Hände.
:
I

Erhöhung am Köi-per, besonders von Schlag, Das Wort ist aus dem Ndd. mit unverscho-
I

Stoß u. dgl. Mhd. biule f., ahd. biulla, hülla benem t ins Hd. gekommen, mnd. bute f.
;

(aus *bulia) f. «Blatter»; dazu ndl. huil f., ags.«Tausch, Verteilunsr, Beute» und hüten «tau-
!

hyle, biß m. «Geschwiilst», engl, hile «Ge- sehen, verteilen, erbeuten»; dazu ndl. huit m.
schwür», anord. höla (für *hühlön-) f. Diese «Beute», anord. hyti n. «Tausch, Beute» und
Form erweist, daß ein Guttural vor l verloren byta «tauschen, verteilen». Franz. butin m.
gegangen ist; Beule gehört mit Bühel (s. d.) «Beute» aus dem Inf. &?<few «erbeuten». Wahr-
zu biegen. Vei-wandt ist wohl noch (mit Nhd. findet
scheinlich zu sivc.büaid n. «Sieg».
Ablaut) got. ufbauljan «aufblasen». Doch sich das Wort im Voc. theut. von 1482 (e4*
sind auch andre Erklärungen vorgeschlagen, blähen, peuten «wechßeln» und jS^pewtnemer
vgl. Uhlenbeck PBrBtr. 20, 327, Johansson |
oder pewtgeher «predator»), dann 1517 bei
KZ. Schröder ZfdA. 42, 62, Walde
36, 364, E. Trochus hüte «preda» und bei Luther, durch
[

s. v. folium, fugio, furunculus. den es allgemein geworden ist. Obd. im


Beunde, f. (PI. -w): umfassendes, urspr. 16. Jh. auch beugt, heigt mit Anlehnung an

eingefriedigtes, von den Rechten der Ge- Beige.


meinde, besonders ihrem Viehtrieb befreites ^Beutel, m. {es, PI. wie Sg.): eine Art
1

und so zu ausschließlicher wie jeder be- Meißel, auch in den Zusammensetzungen


liebigen Nutzung des Berechtigten abge- Lochbeutel, Stechbeutel. Mit ndd. t für hd.
schlossenes Gnindstück. Mhd. hiunt, hiiinde ß und eu für ei (bei Frisch Beisel). Es ent-
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 15
227 Beutel bewegen 228

spricht ndl. beitel, mnd. hetel, heitel m. «Meißel, bevor, adv.: vordem, vormals, zuvor;
Keil». Nicht identisch mit dem folgenden nahe zukommend; voraus. Dann im 17. Jh.
Worte, sondern zu beißen (s. d.), lat, findere auch als Konj. verwandt («ehe»), wobei eig.

zu stellen, da dies auch vom Eindringen als hinter bevor zu ergänzen ist. Mhd. bevor,
einer Schneide, z, B. des Schwertes, Scher- ahd. bifora, adv. u. präp.: angesichts, früher,
messers gebraucht wird. Aind. entspricht in Zukunft. Zusammengerücktes bi «bei»
hhiduräs «spaltend», bheduram n. «Donner- (zu bi-, be- geschwächt) und fora «vor». Vgl.
keil». asächs. biforan, ndl. bevoren, ags. beforan, engl.
-Beutel, m. wie Sg.): rundes before.
{-s, PI.

Holz zum Mürbeschlagen des Flachses vor bewahren, v.: worauf mit Sorge sehen,
dem Brechen. Ins Hochd. aufgenommen (bei daß es erhalten oder behalten werde. Mhd.
Adelung 1774) aus ndd. bötet, dessen ö hier bewarn, ahd. biwarön. S. wahren. Der Konj.
zu eu wurde; dazu ags. bytel, engl, beeile, bewahre auch als Ausruf «nicht doch,
anord. beytilt m. «Hammer». In hd. Form keineswegs», eig. Gott bewahre mich.
würde es Bößel lauten (vgl. mhd. bo^el m. bewähren, v.: als wahr, wirklich, gut
«Prügel»). Zugrunde liegt mhd. bögeti (mit be-, erweisen. Refl. sich b. Mhd. bewceren,
urspr. starker Flexion) «schlagen, klopfen», ahd. biwären, biwärran (aus biwärian) «wahr
ahd. bo^an, ags. beatan, engl, beet, anord. bmita. machen,
wahr, wirklich zeigen, beweisen».
als

Vgl. Amboß. ABL. beuteln, v.: bewährt als Adj. gesetzt


mürbe Das Part. Prät.
klopfen. in der Bed. «durch Erfahrung tüchtig ge-

^Beutel, m. (-S, PI. wie Sg.): Säckchen, funden» (schon mhd. bewceret).
besonders etwas darin zu tragen und aufzu- bewahrheiten, v.: als wahr erweisen. Im
bewahren Mehlsieb in der Mühle dienender
; als 18. Jh. (bei Lavater, Goethe), wohl nach ndl.
wollener Sack der lang niederhangende Hoden-
; bewaarheden. 1793 von Adelung als «albernes
sack mancher Tiere. Mhd. biutel m. n. (auch Wort einiger Neulinge für beweisen» ab-
vom Mehlbeutel), ahd. bUtil m. «Sack»; dazu gelehnt.
ndl. buidet, zusammengez. buil m. Dunkler bewältigen, v. : sich einer Sache mächtig
Herkunft, schwerlich zu bieten, auch nicht {geioaltig) zeigen, überwältigen. Im 15. Jh.
aus mlat. buletellum, das vielmelir aus dem beweltigen und (ohne Umlaut) bewältigen, mhd.
Deutschen stammt. J.BZ/. beuteln, v.: zum
dafür geivaltigen, geweitigen «in seine Gewalt
Durchstäuben des Mehles durch den Mühl- bringen».
beutel sieben; (obd. auch) schütteln. Mhd. bewandert, das Part. Prät. von bewan-
biuteln. ZUS. Beutelgarn, n. sackförmiges dern als Adj. gebraucht: aus eigner Anschau-
:

Fischnetz (s. Garn). Beutelratte, f.: die ung bekannt womit, eig. s. v. a. vielgereist.
ihre Jungen in einem Beutel am Bauche Frühnhd. (Froschmeus. unbewandert, 1631 bei
tragende Rattenart. Beutelschneider, m.: Zincgref 2, 41 bewandert, dafüi- bei Maaler
wer Geldbeutel abschneidet d. h. stiehlt, mhd. 1561 bewandelt).
biutelsnider; wer in die Beutel schneidet, d. h. bewandt, als Adj. erscheinendes Part. Prät.
unmäßig hohe Rechnungen macht. Beutel- von bewenden (s. d.): endlich beschauen, eig.
tucll, n.: Siebleinwand .zu Mehlbeuteln und zu Ende gebracht oder gekommen. Mhd. be-
Nähtereien, mhd. biuteltuoch. want «beschafleu», namentlich mit Adv. tvol,

Beutheie, f. (PI. ->?): Böttcherschlegel bag, iibele bewant. ABL. Bewandtnis, f.,

zum Antreiben der Reife. Bei Adelung 1774. im 17. Jh. (Harsdörfer Gesprechsp. 1, 283
Zusammenges. aus Beute f. «Ständer, hölzernes Betvantniß).
zuberartiges Gefäß» (s. ^Beute) und ohä. Heie f. ^bewegen (Prät. bewog, Part, bewogen), v.:
«Ramme, hölzerner Hammer», mhd. heie, ahd. am-egend den Willen bestimmen, zum Ent-
heia f. «Sturmbock». schlüsse bestimmen. Mhd. beivegen (Prät. be-
BeTÖlkerung, f. (Pl-en): die Besetzung wac, bewegen), fast immer refl. sich b.:
Pai-t.

eines Landes mit einer Volksmenge; die «sichwozu wiegen» d.i. «auf die Glückswage
Volksmenge selbst. Bei Adelung 1774, der legen und somit wozu hinneigen, sich aufs
die 2. Bed. aber nur einigen Neuern zu- Geradewohl wozu entschließen, seinen Willen
schreibt. Von bevölkern, v.: mit Volk bestimmen», dann auch mit Gen. s. v. a. «sich
besetzen. Bei Stieler 1691 neben dem altern seitwärts bewegen, abwenden, sich eutschlagen»,
bevolken, gebildet von dem PI. von Volk. ahd. biwegan «aus dem Zustand der Ruhe
229 bewegen bezeugen 230

bringen, wägend prüfen». Das nhd. stark flek- bewerkstelligen, v.: werkstellig d. h.
tierte hewegen hat sich wohl nicht aus mhd. ausführbar machen, zur Ausführung bringen.
sich h. entwickelt, sondern vielmehr aus dem Im 17. Jh. (1677 bei Butschky Pathmos 611).
schwachen hewegen (s. d. folg.) abgezweigt, Beruht auf einem mhd. ze werke stellen «zur
unter Einfluß des nnnd. hewegen, das stark Ausführung bereiten».
und schwach flektiert. Luther hat ein starkes bewilligen, v.: l) intians. sich willig
hewegen «abwägen und zu einem Entschlüsse erklären, einwilligen. Im 15. Jh. und oft bei
bringen», doch flektiert in dieser Bed. das V. Luther. 2) ti-ans. sich wozu willig erklären,
auch schwach, wie öfter im altern Nhd. (noch namentlich zur Erfüllung einer Bitte. Bei
bei Schiller 11, 282); umgekehrt kommen von Maaler 1561.
hewegen «in Bewegung versetzen» älternhd. bewillkommen, V.: willkommen heißen,
auch starke Formen vor. Im Präs. ist die starke als willkommen begriißen. Bei Krämer 1678.
Flexion überhaupt nicht durchgedrungen (nur Gebildet von mhd. willekome (neben wille-
im 16. Jh. Formen wie heioiegst, heiviegt, he- komen), ahd. luillikomo, s. willkommen. Da-
wieg, auch bei Luther). Das Prät. lautet schon für jetzt gewöhnlich (von tvillkommen aus
älternhd. hewog, das Part, hewogen, s. wägen. gebildet) bewillkommnen, das Campe 1807
"bewegen (Prät. bewegte, Part, bewegt), v.: noch nicht verzeichnet und Schiller, Goethe
aus dem Zustand Ruhe bringen (daher
der nicht gebrauchen.
refl. sich b. dem Zustande der Ruhe,
«außer bewirken, s. wirken, bewogen, s. bewegen.
in einer Veränderung -im Räume sein»); in bewußt, adj.: wissend, geistig gegenwär-
eine Stimmung versetzen, bei der das Gefühl tig. Das als Adj. gebrauchte Part. Prät. von
ergriffen ist (daher das Part. Prät. bewegt ahd. biiüi^^an «geistig inne haben», 1562 bei
«ergriffenen Gefühls»). Mhd. bewegen «wozu Mathesius Sar. 201*^ sich hewissen «Bescheid
aus der Ruhe bringen, antreiben», eig. be- wissen». beivist, bewest kommt wie das
Mhd.
wegen machen, also das Faktitiv des vorher- V. bewi^^en nicht vor: Luther hat bewust,
gehenden stark flektierenden b.; Refl. sich b. S.Franck (Weltb. Vorr. a 2^ u.ö.) u. A. hewist.
«sich auf denWeg machen». ABL. h^W^g- ZUS. bewußtlos, adj., zusammenges. mit
]ich,3idj.n.ai.dY.,mhd.bewegelich. Bewegung, dem substantivischen Betoußf m., älternhd.
f mhd. bewegunge. ZUS. Beweggrund, m. und
, noch bei Adelung 1793 angeführt. Be-
Nach Gombert 7, 13 im Anfang des 18. Jh. wußtsein, n., 1720 bei Chr. AVolff Metaphys.

auftretend (dafür im 17. Jh. Bewegung^grund,


z. B. 1663 bei Gryphius Trauersp. 386). bezähmen. nach Willen oder Gefallen
bewehren, mit Wehr d. h. Waflen zu tun. Vex'schieden von bezähmen «willfährig,
v.:

Schutz und Tx'utz versehen. Bei Henisch 1616. lenksam machen». Bei Luther (der bezemen
Von Wehr (s. d.) gebildet, nicht das mhd. schreibt), z. B. 2. Sam. 16, 11 in bezähmen
bewern, ahd. biwerian, biwerran, «wovon be- lassen. Schon im 12. Jh. in md. Quelle einen
wahrend abhalten, verteidigen, verwehren», bezemen lä^en, ndd. hetemen laten «einen tun
das mit wehren zusammengesetzt ist. lassen was ihm ansteht, wie ihm gefällt».
Beweis, m. (Gen. Beiveises, PI. Beweise) Zusammenges. mit mhd. zemen (s. ziemen).
ausreichende Begründung und was dazu dient. bezecht, das als Adj. gesetzte Part. Prät.
Frühnhd. Von beweisen (Prät. bewies, Part. von bezechen: durch vieles Zechen trunken
bewiesen), v.: belehrend, begründend dartun, geworden. Fiühnhd. (Wickram von guten
tätlich zeigen, Mhd. bewisen (urspr. m. Gen.) Nachb., Hans Sachs Fab. 256, 15).
«zurechtweisen, wessen kundig machen, be- bezeichnen, v.: das Zeichen wofür sein,
lehren, dartun, bestimmt zeigen, aufweisen» usw. sich als sinnliches Zeichen worauf beziehen;
Die Flexion ist urspr. schwach, wie noch bei vorstellig machen: durch ein Zeichen merk-
Luther u. a., doch schon im 15. Jh. obd. auch bar machen. Mhd. hezeichenen «mit einem
stark; Schottel setzt die starken Formen an. Zeichen ausdiücken, bildlich vorstellen», ahd.
bewenden, v., nur noch im bizeihhenen und hizeihhinön, wofür häufiger das
Inf. gebräuch-
hch in der Bed. «verbleiben» und «beruhen». einfache zeihhenen, abgeleitet von zeihhan n.
Mhd. bewenden, ahd. biwenten «völUg weg-, bezeigen, v.: zu erkennen geben. Mhd.
äih-, zum Ende wenden, zu Ende biingen und bezeigen «anzeigen, bezeichnen, kund tun».

kommen, um-, anwenden, verwandeln, ge- bezeugen, v.: durch Zeugnis bewähren.
stalten». Vcjl. bewandt. Mhd. beziugen «mit Zeug d. i. Waflen und
15*
231 beziehten Bilberwnrz 232

Wehr versehen, ausrüsten», dann «durch Zeug- von dem Verbum spätmhd. bezirken «im
nis erweisen», (mit Gen. der Sache) «durch Umfang bestimmen» aus.
Zeugnis überfühi-en». bezüchten, bezüchtigen,
s. beziehten,
beziehten, v.: wie hezichtigen (s. d. folg.). bezichtigen.
Bei Goethe Reineke 9, 112 dafür (mit An- Bezug, m. (-es, PI. Bezüge): Auf- und
lehnung an Zucht) hezücliten. Abgeleitet von Darüberhinziehen Ziehen zum Darauf- oder ;

älternbd. Bezieht, mhd. hiziht f. (im Mhd. findet sich bezoc m.


«Beschuldi- Darübersein
gung», ahd. &m7i^f. «Kennzeichen der Schuld, «Unterfatter»); das Stehen des Einen zum
Verdachtszeichen», zu hezeihen, mhd. hezihen, Andern in gewisser Verbindung und gewissem
ahd. bizihan «als der Tat verdächtig und schul- Zusammenhange. Ei'st bei Adelung 1774.
dig bezeichnen». —
bezichtigen, V.: (mitAkk. ABL. bezüglich, adj. Von Campe 1807 als
der Person und Gen. der Sache) als der Ur- neues Wort verzeichnet.
heberschaft, der Vollbringung von Straffälligem bezwecken, v.: zum Zweck haben. Von
verdächtig in Gedanken haben oder bezeichnen. Adelung 1793 als schlechte Bildung einiger
Finihnhd., wohl zunächst in der Kanzleisprache Neuerer bezeichnet, auch von Heynatz 1796
(auch bei Luther), friih auch schon in der getadelt mit dem Bemerken, daß das obd.
Schreibung hezüchtigen (1524 bei Emser Anm. Wort auch von vielen Niederdeutschen an-
z.K Test. 1 *), wie bei Schiller Karlos 3, 10. genommen werde; von Campe 1807 nicht
Wohl auf ein ahd. Adj. hizihtic «beschuldigt» mehr beanstandet.
zurückzuführen, wie ahd. ginziliticjön mit vor- Bibel, f. (PI. -7i) : die heilige Schrift alten
getretenem gl- auf ahd. inzihttc, mhd. inzihtec, und neuen Testamentes. Mhd. bibel, ursprüng-
von ahd. inziht (s. Inzicht), zurückgeht. licher biblie f., aus dem gleichbed. kirchhch-
beziehen (Prät. bezog, Part, bezogen), v.: lat. biblia f.,das urspr. gr.-lat. PI. von gr.
zum Darübersein ziehen auf zum Bedecken— , ßißXiov n. «Buch» (aus Blättern vom Bast
ziehen über — mhd. beziehen, ahd. biziohan; der Papyrusstaude) eig. «Büchlein». S. auch

,

zum Dasein sichbewegen auf —^ oder in Fibel. ABL. biblisch, adj., frühnhd. (1531
(mhd.-ahd. kommen zu —
eiTeichen, got. bei Hedio Josephus Voxt. 4 ^.)
,

bitiuhan «umherziehen in —
umherführen»); , Biber, m. (-s, PI. wie Sg.) das am Wasser :

als regelmäßig sich wiederholende Einnahme lebende Bautier, gr.-lat. castor; (schon im 16. Jh.
empfangen (mhd. an sich nehmen, einziehen); auch) biberfellartiges Wollenzeug. Mhd. biber,
woher durch Zusendung kommen lassen; wo- ahd. bibar, bibur m.; dazu ndl. bever, ags.
rauf hin in gewisse Verbindung denken (im beofor, engl, beaver, anord. björr, schwed.
18. Jh.); überlisten, fangen, eig. mit Netzen bäfver, dän. bäver m. Urverwandt mit lat.
überziehen (1690 bei Happel, noch 1770 bei fiber, gall. in Bibrax, kom. befer, bret. bieuzr
Lessing 12, 248). Refl. sich beziehen: (auf, «Biber», lit. bebrus, abg. bebrü m., aw. baicra-
älter an einen) wofür beweisend usw. anführen «Biber»; nach aind.&a&/fn?s «braun», alsM. eine
(seit dem 17. Jh., urspr. an einen Richter Ichneumon art bezeichnend, ist die Grundbed.

appelüeren, dafür älternhd. sich ziehen auf «braunes Tier» gewesen, s. braun, auch Bär.
einen, bei S. Franck Weltb. Vorr. a4^, mhd. Bibergeil, n. {-es): starkriechende ölige
an einen etw. ziehen) auf etwas hin in gewisser Masse, die der Biber in zwei zusammenhängen-
;

Verbindung oder in gewissem Zusammenhange den Beuteln unter dem Schwänze hat. Mhd.
stehen. Von dem Part. Präs. beziehend ist be- bibergeil n., zusammenges. mit geil n. (neben
ziehentlich (erst im 19. Jh.) als Übersetzung geile f.) «Hode», weil jene Beutel als die Hoden
von «respective» gebildet. J.BJ>. Beziehung, des Bibers angesehen wurden, von denen man
f., bei Krämer 1678. Davon das Adv. be- glaubte, daß er sie bei Verfolgung abbeiße,
ziehungsweise (von Gombert 1, 14 aus d. J. um zu entkommen. S. auch Biebertvurz.
1755 belegt. Stieler 1691 bat dafür bezieh-
Biberklee, -kraut, s. Bieber.
licher Weise). Biberneil, Bibernelle, f. (PI -n): die
Bezirk, m. {-es, PI. -e): das von einer Kreis- Pflanze pimpinella L. Schon mhd, bibernelle,
linie Umschlossene, Gebietsumfang. Spätmhd. mit Anlehnung an Biber deutsch geformt
bezirk m., zusammenges. mit mhd. zirc m., aus mhd. bibinelle, ahd. bibinella f., die aus
ahd. cirh in umbincirh, umbizirg m. «Kreis», dem unverständlichen mlat. Namen jener.
dann «Kreisgebiet, Uniftmg», entlehnt aus lat. Pflanze pipi-, pipenella f.
circus m. «Kreis»; die Bildung geht zunächst Biberwurz, s. Bieber.
233 Bibliothek biegen 234

Bibliothek, f. (Pl.-e«): Büchersammlung, der Wurzel bi «beben» sein könnte (schwäb.


Bücherei. Aus gr.-lsit.hibliotheca, gr. ßiß\io6riKri steht biseni neben bidem).
f. «Bücherbeliälter, -saal, -Sammlung» (ßißXiov Bieber, n.: Fieber, nur in Bieberklee
n. «Buch», BriKTi f. «Behälter»). Um 1500 auf- m. «Bitterklee», Bieberkraut n. «Tausend-
genommen (ibZl bei Hedio Josephus Voit. 4^ güldenkraut», Bieberwurz f «Aron», Auch
Bibliothec). ABL. Bibliothekar, m, (s, Fieberklee, Fieberkraut, Fiebericurz crenannt
PL Aufseher einer Bibliothek. Aus lat. (1482 byferkraut «centhauria» im Voc. theut.
-e):
hihliothecärms. Im 18. Jh. noch oft in dieser d 8^). Mhd, steht biever n. neben vieber
lat. Form. (s. Fieber). Die Pflanzen dienten als Heilmittel
Bickbeere, f. (PI. -n) : Heidelbeere. Mund- gegen
das Wechselfieber und sind davon be-
artlich in Norddeutschi.Schon mnd. Inckhe^-e, nannt, also nicht von dem Tier Biber. Da-
auch 1599 bei Kilian. Unbekaimter Herkunft. gegen heißt die Osterluzei nach dem stai-ken
'Biekel, Pickel, m. {-s, PI. wie Sg.), widrigen Geruch Biberwurz, ahd. bihiricurz,
auch Bicke, Picke, f. (PI. -n): Spitzhacke lat. castoreuni, castorium (im 12. 13. Jh. auch
mit langem Stiel. Mhd. bickel «Spitzhacke» bibergeile).
neben dem gleichbed. bicke m. dazu ags. bieder, adj. u. adv.: wahr und zuverlässig
;

becca m. «Spitzhacke». Von mhd. hicken, in Wort und Tat; edeldenkend und treuherzig.
auch hecken «stechen, hacken, hauen», ahd. Aus mhd. biderbe und biderbe, ahd. biderbi,
bicclian «angreifen, wonach stechen». Die bidarbi und biderbi, von Sachen s. v. a. «nütze»,
Schreibung PzcÄ-e/, Picke steht unter Einfluß von von Personen s. v. a. «wozu geschickt, tüch-
picken (s. d.), zu dem aber die Subst. nicht edeldenkend», zusammenges. aus
tig, treflPlich,

unmittelbar gehören. Diese schließen sich viel- dem


betonten und daher ungeschwächt ge-
mehr zunächst an gall.-lat. heccus, it. becco, bliebenen bi- und -darbi, das zu ahd. durfan
fi'anz. bec m. «Schnabel», «woran Not, Bedürfnis haben, nötig haben» ge-
it. beccare, franz.
becquer «mit dem
Schnabel hacken», franz. hört, also eig. «einem Bedüi-fnis entsprechend,
beche f. «Grabscheit», beclier «graben» u. a. ein Bedürfnis erfüllend». Die verkürzte Form
-Bickel, m. (-5, PI. -vvie Sg.): Schusser, bider schon spätmhd., dann bei Luther bidder
Schnellkügelchen. Mundartlich, z. B. in Hessen. spätem
(in bidderinann, bidderleute), in der
Mhd. bickel «Wüi^fel» in Zusammensetzungen nachdem 1759 Lessing 5, 309
Zeit selten. Erst
wie bickelspil n. «Würfelspiel», bickelsfein in Anknüpfung an Logau das Schwinden des
«Würfel, Fangstein von Knochen beim Spiel». Wortes bedauert hatte, wii-d es wieder auf-
Das nhd. Bickel also urspr. «Schnellküchelchen genommen, 1767 von Bürger 25, dann nament-
aus Knochen gedreht»; auch ndd. bickel m. lich von Dichtem des Hainbundes (auch in
«beinerne Spielkugel der Kinder», mnd. bickel Zusammensetzungen wie Biederstamm Joh.
«Knöchel», ndl. bikkel. Die Bed. «Knochen» Fr. Hahn im Gott. Musenalm. 1773 S. 177,
auch in den Zusammensetzungen bickelfest, Biederzeit Fr. L. Stolberg Ged. S. 192, Bieder-
adj.: knochen-, beinfest, bickelhart, adj.: seele, Biederton Büi'ger usw.), von Lessing
knochen-, beinhart (bei Frisch 1741). Ob Zu- selbst in der Em. Gal. 1, 4. Auch die auf
sammenhang mit ^Bickel besteht, ist zweifel- mhd. biderbe beruhende Fonn biderb wird
haft, dies müßte dann eig. ein aus Knochen wieder vei-wendet. Während 1775 Heynatz
hergesteUtes spitzes Instrument bezeichnet meinte, bieder sei kaum wieder einzuführen
haben und Benennung dann auch auf konstatierte 1781 Kindleben, daß es wieder
die
andre aus Knochen hergestellte Dinge über- anfange Mode zu werden, ABL. Bieder
gegangen sein. keit, f. Nicht die Fortsetzung des mhd
Bickelhaube, s. Pickelhaube. '

biderbekeit, ahd. biderbecheit, sondern ein neu


biderb, s. bieder. gebildetes Wort, das 1796 Heynatz aus Mode
bidmen, v. beben. Veraltet, aber von schriftsteUem neben Biederheit kennt. ZUS^
:

Goethe 2, 155 wieder gebraucht, nachdem Biedermaun, m. {-es, PI. Biedermänner)


Wieland 18, 18 erbidmen verwendet hatte. mhd. bider man aus biderbman, auch in der
Mhd. bidemen, gewöhnlich auf ein mhd. hi- spätem Zeit üblich geblieben.
benen, ahd. bibinon zurückgeführt, einer biegen (Prät. bog, Part, gebogen), v. : von
Ableitung von beben was aber Be- der geraden Linie abweichen oder abweichen
(s. d.),
denken unterliegt. Eher geht es auf das machen; in seiner Wortform ändern zur Be-
Subst. bideni zurück, das eine Ableitung von zeichnung gewisser Verhältnisse (flektieren).
235 Biene bieten 236

ReÜ. sich h. : von der geraden Linie abweichen. *alu, engl, ale zu ht. aliis m. «Bier») ist. Die
Mhd. biegen, ahd. hiogan; dazu ndl. huigen, Etymologie ist sehr umstritten. Vielfach wird

ags. hügan, engl, low, got, Uugan. Urver- das Wort zu andd. beo, ags. bSow, anord. bygg
wandt sind, aber mit g an Stelle des zu er- \
n. «Gerste» gestellt, also eig. «Gerstensaft».

wartenden k (s. Bühel), aind. hhuj {j für g) Andre sehen eine Ableitung von brauen da-
«biegen», femer gr. (peüreiv, lat. fugere rin (ahd. bior aus *brior) ; nach E, Kuhn
«fliehen», den Rücken wenden, aus- K. Zschr. 85, 313 ist es aus dem slav. pivo n.
«eig.
biegen», (auch ags. Tmgon «sie flohen»), lit. entlehnt, vgl. dazu 0. Schrader Idg Forsch.
hügti «erschrecken», haugüs «furchtsam». Im 1 7, 32. Nach Wackernagel geht es auf ein roman,
Präs. älternhd. Ind. Sg. 2. 3. beugst, beugt, bevere, lat. bibere «Trinken, Getränk» zurück.
Imp. Sg. beug, die auch Grottsched Sprachk. 344 AUes nicht überzeugend. ZUS. Bierbank, f.,
(bis auf Imp. bieg) noch verlangt, doch treten spätmhd. bierbanc f. Bierbrauer, m., spät-
schon früher die Formen mit ie öfters auf, mhd. bierbriuwer , gewöhnlich bierbriuwe,
die in der Mitte des 18. Jh. völlig durch- m, (s. Bräu). Bierhaus, m., mhd. bierhüs.
dringen. ABL. Biege, f.: Krümmung, bei Biese, s. Bise.
Stieler 1691. l)iegsam, adj. u. adv., bei Stie- biesen, v.: (vom Rindvieh) mit aufge-
ler 1691. Biegung, f., bei Dasypodius 1537. recktem Schwanz wie toU hin- und herrennen,
S. auch beugen. vornehmlich bei großer Sommerhitze, wenn
Biene, f. Das Honig und Wachs
(PI. -w) :
es von Bremsen {Bieswürmern) geplagt und

bereitende Insekt. Bei Luther Biene, Gen. verfolgt wird. In obd. Mundai-ten (schweiz.
Bienen, sonst ältemhd. auch Bien. Mhd. bin, :
mit i, entsprechend henneberg. beiern mit
bine f., ahd. aber bini n. Daneben ohne das j
r aus s), auch ndd. (schon mnd.) bissen, .dän.
ableitende n (aus der schwachen Dekl. heiüber- I
bisse. Mhd. bisen, ahd. bisön, bisen «in
genommen?) mhd. bie (noch jetzt alem. bi), : Brunst hin- imd herrennen, voll Unruhe
ahd. Ua f.; dazu ndl. bij, ags. beo f., engl. 1 hin- und herrennen».
by (in by-fluga), schwed.-dän. bi n.
bee, anord. Biest, m. (mundartlich auch) f. n. (-es)

Endhch auch mhd. bin mit langem i (bayr. oder Biestmilch, f.: die erste dicke un-
bein neben beij). Mhd. bie n. ist «Bienen- '

reine Müch der Kuh unmittelbar nach dem


schwarm», dafüi* jetzt schwäb.-hess. der Bien. I
Kalben. Mhd. biest, ahd. Most m.; dazu
Verwandt mit preuß. bitte, lit. bitis f. «Biene», I
ndd. best m., ndl. biest f., ags. beost m., engl.

lat. ßcus m. aus '^bhoikos «Brutbiene, Drohne», abgeleitet beestings PI. Daneben erscheinen
ir. bech «Biene». Vgl. Walde s. v. ZUS. ; Formen mit r, schweiz.-elsäss. briest, briesch,

Bienenbrot, u.: von den Bienen bereitete bayr.-schwäb. briester, auch isl. ä-brystur PI.
Nahrung außer dem Honig. I^Ihd. biebröt n., j
«Biestmilch»; falls diese ursprünglicher sind,
auch andd. bibrot, ags. beobread n., engl, bee- '

würde das Wort zu Brust (s. d.), andd. b>-iost


bread. Bienenkönigin, f.: Weisel, dafür ,
gehören. Doch sind auch die gleichbed. gr. itüöc
spätmhd. bynenkunig. Bienenkorb, m., mhd. m., aind. pijüsa- m. n. (vgl. Bugge PBrBtr.
binkorp, auch binenkorp m. Bienenschwarm, .
12, 421) zu berücksichtigen, mit denen aber
m,, spätmhd. &mest^'arwtm. Bienenstock, m., nur ein indirekter Zusammenhang durch Ent-
urspr. hohler Holzklotz zur Aufnahme eines lehnung aus einer dritten Sprache bestehen !

Bienenschwarms, dann bevölkerter Bienenkorb, kann. S. auch Brös-chen. I

mhd. binestoc m. Bienen vater, m. Bienen- biester, s. verbiestem. :

pfleger, bei Frisch 1741. Bieswurm, m.: Eier in die Haut des
Biensaug, m. n. (-es, PI. -e) : die Pflanze j
Rindviehes und Rotwildes legende stechende
stachys (Roßpolei). Mhd. binsüge, ahd, bini- ! Bremse. Spätahd. bisetimrm m., 1482 im
süga f. d. h. Pflanze, an deren Blüte die Biene Voc. theut. d S'' bißwurm. Zusammenges. mit !

gern saugt, ist zunächst Benennung des Thy- biesen (s. d.).
mians, der als Lieblingspflanze der Bienen bieten (Prät. bot, Part, geboten), v.: dar-
auch Inmienkraut heißt. bringen, -geben, -legen; wofür als Preis dar-
Bier, n. (-es, PI. -e): aus Getreide und zugeben erklären. Mhd. bieten, ahd. biotan;
Hopfen gebrautes Getränk. Mhd. bier, ahd. dazu asächs. biodan, ndl. [
bieden, ags. beodan,
bior n.; dazu andd. bior, ndl. bier n., ags. i
engl, bid, anord. bjöda, schwed. bjuda, dän.
beor m., engl, beer; anord. entlehnt björr m., byde, got. biudan (in andbiudan «befehlen»,
während das einheimische Wort öl n. (aus farbiudan «verbieten»). Verwandt sind gr.
237 Bifang Bill 238

iruvGdvoiaai (ir aus qp wegen des folg. ö) «fragen, bilethe n., im Engl.-Nord. nicht vorhanden
forschen, erfahren», abg. hüdeti, ht. hud£ti, (schwed. bild, dän. billede n. sind aus dem
«wachen», aind, biidh «wachen, Acht haben, Deutschen entlehnt). WahrscheinHch ist in
beschenken». Die Bedeutungsentwicklung ist ahd. biladi, bilidi bil- als Stammsilbe anzu-
nicht leicht klai-zulegen. Wahrscheinlich hatte sehen, sie hängt dann zusammen mit dem
schon das Idg, eine verzweigte Bedeutung. Subst., von dem billig (s. d.) gebildet ist
Ältemhd. erscheinen im Präs. Ind. Sg. 2. 3. und das urspr. «Ebenmäßigkeit, Gleichheit»
die Formen beutst, heut, Imp. beut, die noch bedeutet hat, so daß die Grundbed. von Bild
Gottsched Sprachk. 344 verlangt, während sie «das Entsprechende» wäre, vgl. TJnbüde und
Adelung füi* obd. erklärt; in der poetischen das mnd. abgeleitete büdelik «billig». Vgl.
Sprache auch später durchaus üblich. Detter ZfdA. 42, 54. Anders Meringer Idg.
Blfang (-es, PI. Bi-, Befänge), auch Be- Forsch. 18, 286, der, wie früher Weigand, eine
fang, m.: das schmale erhabene Ackerbeet 1
Wurzel
bil- mit der Bedeutung «spalten, be-
zwischen zwei Furchen. Mhd. bivanc, ahd. hauen» ansetzt. Bild \\ äre dann « das Gehauene
'

hifanc m. «das Äußere was einen Eaiim ein- Kluge sieht in bilidi eine Zusammensetzung
fängt, Umfang, Umgrenzung, eingegrenztes aus bi- und einem Wort, das zu got. lipus m.
Ackerbeet», zusammeng. aus dem wegen der « Glied » gehört. Der PI. lautet bei Luther
Betonung ungeschwächten bi- und -vanc. Zu Bilde und Büder, später nur die letzte Form.
mhd. bevähen, ahd. bißhan «umfassen, be- ABL. bilden, v.: zur Dar- und Vorstellung
grenzen ». geeignet machen, ausgestalten, geistig ver-
Bigamie, f. (PI. -h): Doppelehe. Aus ralat. edeln. Mhd. bilden, ahd. bilidön. bildern,
bigamia von lat- bi (bis) «zweimal, doppelt» V. in einem Bilderbuch blättern (bei
:

und dem gr. weiblichen Adj. fajAxa «ehelich». Adelung 1774); sich in Bildern ausdrücken.
Schon im 16. Jh. entlehnt. bildlich, adj. u. adv., mhd. bildelich. Von
bigott, adj.: streng fromm. Aus franz. bilden sind abgeleitet: Bilder, m. (Schiller
bigot «abergläubisch fromm», dessen Ursprung 11, 318), gewöhnlich Bildner, m.: der zu
bestritten ist; wahrscheinHch iaachs\:>an.hoinbre sichtbarer Darstellung schaflende Künstler,
de bigote «Mann von ernstem festem Charakter», der geistig Veredelnde. Mhd. bildcere, auch
eig. der einen Knebelbart (sTpan-bigote m.) trägt. schon bildenaere m., ahd. bilidäri. Davon
Vergl, Baist Roman. Forschungen 7, 407. Bei Bildnerei, früher Bilderei (beiLuther) f. und
Adelung 1774. bildnerisch, fmher bilderisch (bei Stieler
Bilanz, f. (PI. en): Rechnungsabschluß in 1691) adj. Bildnis, n.: wiedergebendes Bild,
Einnahme und Ausgabe. Aus ital. biläncia f. mhd. bildnisse n. bildsam, adj.: was sich
eig. «Wage», dann s. v. a. «Gleichgewicht», bilden läßt. Erst um 1750 gebüdet, Klop-
hier zwischen Einnahme und Ausgabe, von stock hat 1748 im Messias 2, 387 unbildsam
lat. büanx (Gen. bilancis) «zwei Wagschalen gebraucht, Wieland seit 1751 bildsam yer-
habend», vgl. balancieren. Im spätem 16. Jh. wendet (Gombert 7, 15). Bildung, f.: Ge-
entlehnt (Fischart Garg. 288). staltimg; Gestalt (im 18. Jh., jetzt veraltet):
Bilcb, f. (PI. -e) oder Bilchmaus, f.: geistige Veredlimg (bei Goethe). Mhd. bil-
große Haselmaus, Siebenschläfer. Mhd. Mich, dunge f. «BUdnis», ahd. (bei Notker) bildunga
ahd. hilih f. Verwandt sind afranz. bele (wo- «Vorstellung, Einbildung». ZUS. l) mit Bild.
von nfranz. das Dim. belette) «Wiesel», kelt. Bildhauer, m., in frühnhd. Glossaren (1495
(kymrisch) bele «Marder», kaum aber russ. im voc. rerum f. 2* bildhamver). Bildsäule,
;

belka «Eichhorn». auch lat. f., bei Luther bildeseul. BildstOCk,m. Stock,
Vielleicht ist '
:

ßles «Katze, Marder, Iltis» verwandt, vgl. Säule mit der Statue eines Heiligen, spätmhd.
;

Walde s. v. Aus dem Deutschen stammt abg. büdestoc m. Bildwerk n., mhd. bildewerc n.
'

plüchü m. «Bilchmaus». 2) mit dem PI. Bilder. Bilderbuch, n.,


Bild, n. (-es, PI. -er): sichtbare Dax-- und bei Stieler 1691. Bilderschrift, f., im 16. Jh.
Vorstellung wovon; sich darstellendes Wesen, (Fischart Garg. 189). Bilderstürmer, m.,
Person, z. Manns-, Weibsbild. bei Luther bildstürmer.
B. Frauen-,
Mit Abstoßung eines e (doch kommt Bilde Bill, f. (PI. -s): vor das Parlament ge-
noch bis ins 17. Jh. vor, z. B. bei Harsdörfer, brachter Gesetzentwurf. Das engl. &z7Z «Zettel,
Gespr. 3, 256) aus mhd. bilde, ahd. biladi, Schein, schriftlicher Aufsatz, Parlamentsakte»,
bilidi n. dazu asächs. bilithi, ndl. beeld, afries. zurückgehend auf mlat. hilla, bulla f. «Blase,
;
'

239 Billard Binde 240

Knopf, Kapsel, Siegelkapsel, dann eine (urspr. Bilse, f. (PI. -n): Pflaumenschlehe, dicke
mit einem Siegel versehene) Schrift». Vgl. Schlehenart. Wetterauisch. 1540 bei Alberus
Billett. 1703 im Zeitungslex. (Büle) und im Dict. Gg. 2^ der PI. Bilsen, aber schon
bei Sperander 1728 (^«Y^ «Recht» bei Schottel 1471 im Grüninger Kirche nzinsbuch S. 13No.38
1663 und Stieler 1691 gehört nicht hierher, hylsenhecken. Dunkler Herkunft.
sondern ist aus Unhill erschlossen). Bilsenkraut, n. : das Tollkraut hyoscy-
Billard, n. (s, PI. Ku- amus. Mhd. hilsenkrüt, auch bloß hilse, ahd.
-s, -e): Spiel mit
geln, die auf einer ebenen Tafel gestoßen hilisa f. Das s gehört einer Ableitung an,
werden; diese Tafel selbst. Aus dem gleichbed. wie sich aus der dialekt. Form Bilme mit
franz. billard m., von franz. hille, ital. biglia, anderm Suffix ergibt; dazu noch mnd. hilene
span. billa f. «beinerne Kugel», die vielleicht (Steinmeyer-Sievers 3, 719, 36) und hille (in
auf das deutsche Eichel (s. Bickel') zurück- hillensät f.), mndl. heelde f., ags. heolene f.,

gehen. Bei Fischart Garg. 262. dän. hulmeurt, schwed. holmört und weiter
Bille, f. (PI. -n): Hacke (Querbeil) zum russ. helend f., poln. hielun. Vgl. auch lat. felix,
Schärfen der Mühlsteine. Aus mhd. hil (Gen. filix «Farnkraut», s. Walde s. v.

hilles) n. «Spitzhacke», ahd. hül n. «Schwei-t»; bimmeln, v.: in feinem, hellem Tone (himl
dazu asächs. hil, ags. fci7^ n.« Schwert», engl, j
himl) läuten. Ein lautnachahmendes Wort,
hill «Axt, Hacke». Wahrscheinlich zu Beil ]
schon mnd. himmelen, dann bei Schottel 1663
(s. d.) zu stellen, so daß also hill- mit Assi- verzeichnet.
milation auf hideJ- zui'ückginge, Sievers Idg. Bims, m. (Gen. Binises, PI. Bimse) oder
Forsch. 4, 339, dagegen E. Schröder ZfdA. Bimsstein, m.: leichte, löcherige Steinart.
42, 60; s. auch Meiinger Idg. Forsch. 18, 283. Mit i für ü (schon bei Dasypodius 1537 Bimß-
ABL. l)illeil, V. mit der Hacke Mühlsteine
: stein) aus mhd. hümeg, ahd. punii^, die auf
schäi-fen. Mhd. hillen, ahd. hillon «mit spitzem
,
j
dem gleichbed. lat. püniex (Gen. pümicis) be-
Werkzeuge hauen oder hacken». rahen. ABL. bimsen, v.: (mit Bimsstein)
Billett, n. (Gen. -es, PI. Billette, Billets): reiben, abputzen. 1482 im voc. theut. dS**
Zettel, Handbriefchen. Aus dem gleichbed. himßen.
franz. hillet m., das von mlat. hilla (s. BilT) bin, s. sein.
abgeleitet ist. Bei Henisch 1616. Schon im
f. (PI. -n): Streifen zum Binden.
Binde,
15. Jh. (Diefenbach-Wülcker S. 246) begegnet Mhd. binde, ahd. hi^ita f. Von binden (Prät.
ein gleichbed. Bollet (noch jetzt mundartlich band:, Part, gebunden), v.: zusammenfügen,
im Obd.), das auf ital. holletta f. «Zettel» zu- woran fügen, wodurch festmachen durch ;

lückgeht, einer Ableitung von mlat. hiilla. Bande unfrei machen. Mhd.hinden, ahd.bintan.
l)illig, adj. u. adv. : verbindlicher Anforde- Dazu asächs.-ags.-got. bindan, ndl. binden, engl.
rung, besonders der mildern des Rechtes eben- bind, anord.-schwed. binda, dän. bitide. Urver-
mäßig im Verhältnisse des Wertes mäßig. Mit wandt
; ist bandh (für *hhandh) «binden»,
aind.
Eintreten der Endung -kj (hillig schon bei lat. -fend- in offendimentum n. «Binde», gr.
Stieler 1691, doch daneben hillich bis ins 18. Jh.) -TTCvO- (für -qpevO) in ireiciiia (füi* *TT€v9c|Lia) n.
aus mhd. hillich, Älternhd, lautet wie mhd. der Prät.
ahd. (im 11. Jh.) hillich «eben- «Tau».
mäßig, angemessen, geziemend», mit der En- Plur. blinden (auch zuweilen Sg. hund), Konj.
dung -lieh von einem Subst. gebildet, das als bnnde, die jetzigen Formen bei Bödiker. ZUS.
hili- zu Anfang von Personennamen erscheint, Bindewort, n.: die Konjunktion, das Sätze
auch dem ags. hilewit «einfach, unschuldig» verbindende Wort. Schon im 17. Jh., (bei
(dem mhd. hileivi^, hilwig m. «Kobold, eig. Stieler 1691), dann von Gottsched verwendet.
guter Geist» entspricht) zugrunde liegt und Bindestrich, m.: der zwei zusammenge-
wahrscheinlich zu gr. cpiXoc «lieb» gehört. hörige Wörter verbindende Strich. Erst im
Ndl. hillijk. Vgl. auch Bild, Unhüde, Unhill, 19. Jh. aufgekommen. Bei Adelung 1774
Weichhild. J-ßL. Mlligeil, v.: der Anforde- Bindezeichen n. Bindfaden, m., fi-ühnhd.
rungebenmäßig, für angemessen erklären. Mhd. (1491 im Voc. rer. 15*^ bindtfaden «licium»).
hillichen. Billigkeit, f., spätmhd. hillicheit f. iSindrienien, m. Mhd. hintrieme, ahd.
Billiou, f. (PI. -en): eine Million million- hintriomo m. Redensart: es geht an die
mal. Das franz. nach million gebildete hillion Bindriemen «es wird Ernst mit der Sache»,
m. Im Anfang des 18. Jh. aufgenommen eig. es wird die letzte Hand an die Kleidung,
(Brockes ird. Vergn. 4, 382). Rüstung gelegt.
241 Binetsch Bischof 242

Biuetsch, m. (-es): Spinat (s. d.). Wie f.; dazu ndl. herk m., ags. beorc und hirce f.,

dies Wort aus mlat. spinacea f., ital. spinaccio engl, hirch, anord. björk, schwed. björk, dän.
m. Obd. In finihnhd. Glossaren (Diefenb. nov. hirk f. Urverwandt ist aind. hhürjas m. «Art
gloss. 345'^ vom J. 1466), dann auch 1537 bei Birke», osset. bärz «Birke», abg. hreza f.,
Dasypodius und 1533 in Rößlins Kräuter- lit. birzas m, «Birke», vielleicht auch lat.
buch 290^. fraxinus und farnus «Esche». Auch Borke ist
Bingelkraut, n. die Pflanze mercurialis. wohl verwandt. ABL. birken, adj. (auch
:

Bingel- mit / statt ü aus mhd. hüngel, ahd. IQ Birkenholz usw.). Mhd. hirkin, ahd. hircMn.
hungil n., das aber Xame einer andera Pflanze, ZUS. Birkhuhn, n.: Birkenknospen und
und zwar einer mit knolliger Wurzel, der Zäpfchen gern fressendes Waldhuhn. Mhd.
Mauerraute, ist, von mhd. hinge, ahd. hungo m. birklmon, ahd. hirchuon, hirichlmon n.
«Knollen». S. Bachhunge. Die Übertragung Birne, f. (PI. -n) die Kernobstfrucht lat. -.

auf mercurialis schon bei Maaler 1561, viel- pirum. Hervorgegangen aus dem PI. (mhd.
leicht wegen der FruchtknöUchen der Pflanze. bim) des mhd. hire, bir, ahd. hira f., von dem
binnen, Präp. mit Dat., selten Gen.: in PI. des lat. pirum n. Vgl. auch got. baira-
den Grenzen von —
Fast nui- noch zeitlich; bagms m. «Maulbeerbaum». Während hier p
.

räumlich jetzt als Adv. in Zusammens. wie zu h geworden, ist in dem auf roman. (ital.-
Binnenland usw. Mhd. (vorwiegend md.) span.) pera (franz. poire f.) beruhenden ndl.
hinnen, wie mnd. und mnl., dazu afries. binna, peer f., engl, piear das urspr. ^j festgehalten.
ags. hinnaiL Zusammeng. aus hi (mit Unter- Das ältere Bir findet sich im 16. Jh. (Luther
drückung des Vokals, vgl. hange) und imien. hat Bim- in Zusammensetzungen) und noch
Von Luther (aber nur räumlich) gebraucht, jetzt mundartlich (alem.-schwäb.-rheinfränk.),
während es dem altem Obd. fremd ist. doch kommt Birne schon im 15. Jh. vor
Binse, f. (PI. -n): Flechtpflanze mit mar- (Diefenbach-Wülcker S.250). Die gewöhnliche
kigem Schafte, juncus. Mit s für ß hervor- älternhd. Form (noch bei Adelung) ist Bir7i.
secfancren aus dem Plural des gleichbed. mhd. Ein PI. Bim 1774 bei Goethe (D. j. Goethe 8,
hineß, hin^, ahd. hinu^ m.; dazu asächs. hinit 295). ZUS. Birnbaum, m., dafür mhd. bir-
(in dem Adj. hinitin), ags. heonet, engl. hent. houm, ahd. hiräboum m.
Älterahd. und jetzt in obd. Mundarten auch Birsch, f. (Pl.-e?i) oder Pirsch: Waldjagd
hinz, hinze; Schottel 1663 hat Bintz und Bins mit Spürhunden. Im 16. Jh. Von birschen,
(PI. Bintzen, Binsen), Stieler 1691 nur Binz V.: mit Spürhunden im Walde jagen. Mit
m., Rädlein 1711 Binse neben Bintz (das Fem. Übergang eines s in seh nach r aus mhd.
Binse schon bei Rollenhagen Froschm. 8, 2, 5). hirsen, das auf dem noch unerklärten afranz.
Das Wort besteht wohl aus hi (wegen der herser «mit Bolzen oder Pfeü jagen und
Betonimg ungeschwächt erhalten) und dem schießen» beruht. Auch pirschen und bürschen
Worte na^, das aber kaum zu nass, sondern (so bei Adelung), pürschen geschrieben.
eher zu Netz, Xessel gehört. Xicht verwandt ""^bis, Imp. (altertümUch und dichterisch):

ist das gleichbed. ndl. hies f. ABL. Bin- sei, s. sein.

sicht, n. Mit angetretenem t, da ahd. hi- ^bis, den Zielpunkt in Raum oder Zeil be-
nugahi, hin^alii n. ZUS. Binsenwahrheit, stimmendes Adv., dann Konj. Mit s füi* ß
f.: selbstverständUche Wahrheit. Erst in aus mhd. hi^, Adv. Präp. und Konj., von Mittel-
neuerer Zeit aufgekommen. Eig. wohl Wahr- deutschland aus vordringend und das echthd.
heit wie eine Binse dünn und dürftig. ZfdW. unze, unz allmählich verdrängend. Zusammen-
5, 286. 6, 358. ges. aus bi und ahd. a^ «zu», das dem asächs.
Biograph, m. {-en, PI. -en): Lebensbe- at, ags. at, got. at, lat.ad entspricht, urspr.
schreiber. Aus dem gleichbed. gr.-lat. hio- also bi-az. Im Älternhd. auch bitze, das ähnlich
graplms, gr. ßiöypaqpoc m., zusammenges. aus auf bi und ze zurückgeht.
ßioc m. Leben und --fpaqpoc «Beschreiber»-zu
(-s): Moschus. Mhd. biseni Bisam, m.
Ypdqpeiv «schreiben». Im 18. Jh. aufgenommen
auch bei Luther), ahd. bisam, bisamo m.,
(so
(Lessing 6, 298). ABL. Biographie, f. aus mlat. bisamum n., das auf hebr. besem,
«Lebensbeschreibung». Aus gi'.-lat. hiogra- syrisch besmö «Wohlgeruch, Salbe» beruht.
phia, gr. ßiOTpaqpia f. bis-chen, s. bißchen.
Birke, f. (PI. -n): der Waldbaum lat. be- Bischof, m. {-s, PI. Bischöfe): höchster
tula. Mhd. birke, hirche, ahd. hircha, hirihha Geistlicher: (seit der Mitte des 18. Jh., z. B.

Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 16


243 Bise bitzeln 244

1773 bei Amaranthes) eine Art Rotweinpunsch. hissig, adj.: gern beißend. Frühnhd.,
Mhd. hischof (PI. hisdwve), auch (wohl durch dafür mhd. bi^ec «beißig» (s. d.).
Einwirkung von Namen auf -olf, wie Rudolf Bistum, n. {-s, PI. Bistümer): Gebiet
usw.) Uscholf, ahd. hiscof m., nach ital. ves- eines Bischofs. Mhd. bischtuom, bistuom, ahd.
covo aus dem gleichbed. gr.-lat. episcopus m. biscetuom, gekürzt aus biscoftuom n.
Dies beruht auf gr, eiricKOTroc m. eig. «Auf- bisweilen, adv. von Zeit zu Zeit. Mhd. :

seher», dann «Obwalter», weiter kii'chlich bi^ wtlen kommt noch nicht vor, dagegen in
s. V. a. «Obwalter als Geistlicher, geistlicher
gleicher Bed. bi wilen und ze wilen, so daß
Vorgesetzter», zusammenges. aus gr. d-rri «auf, vielleicht bisweilen aus biziveilen zu erklären
über» und ckottöc «Schauer, Aufseher, Acht- ist; weilen ist der Dat. PI. von Weile (s. d.).
geber» von cKOTTCiv «schauen, spähen». Auf Das Wort tritt erst im 16, Jh., vorwiegend
dem Lat. beruht auch ndl. hisschop, ags. his-
bei norddeutschen Schriftstellern (Mathesius
cop, engl, hishop, anord.-schwed. hiskop, dän.
Luther 90, Eingwald Eckh. E 7^^, Rollen-
hisp m., got. mit engerem Anschluß an die hagen Froschm.
1, 2, 22), doch auch bei Fisch-
Grundform aipiskaupus m. ABL. bischöf- art (Binenk,
58) auf.
lich, adj., mhd. hischo flieh.
Bitte, f, (PI, -n) ausgedrücktes Verlangen
:

Bise, f. (PI. -n): Nordostwind. Schweize-


an jemandes Güte, Spätmhd. bitte (Wyle
risch, mit erhaltenem i (doch älternhd. Beis-
19, 8) neben gewöhnlichem mhd. bete, ahd.
tvind) aus mhd. hise, ahd. hisa f., daher franz.
selten bita neben beta, got. bida f. Von
hise f. Vielleicht verwandt mit biesen (s. d.)
bitten, v. (Prät. bat, Part, gebeten): an je-
mit der Grundbed. «Sturm».
mand ein Verlangen richten in Hoffnung
Biskuit, n, (-S, PI, -s, -e): Zuckerge-
gütiger Gewährung. Mhd. biten, bitten, ahd.
backenes. Aus franz. hiscuit m. eig. «Zwie-
bitten; dazu asächs. biddian^ ndl. bidden, ags.
back», das auf mlat. hiscoctus «zweimal (pis)
biddan, engl, bid, anord. bidja, schwed. bedja,
gebacken (coctus)» beruht. Älternhd. ge-
dän. bede, got. bidjan. Man stellt es zu gr.
wöhnlich das auf ital. hiscotto m. beruhende
•nreieo) (ir für qp wegen des folgenden 6)
Biskott (z. B. 1601 bei Albertinus Kriegsleut
«durch Zureden wozu bestimmen, überreden,
Weckuhr 2, 164, Bißkotte 1598 bei Hutter
erbitten», lat. fido «vertraue», so daß das
Dict. 300, Biscott 1574 bei Fischart Onoma-
V. urspi'. der t- Reihe angehört hätte und
stica 118^) oder das aus dem Dimin. his-
zur er Reihe übergetreten wäre (Osthoff Btr.
cottino m. hervorgegangene Biskotten (z. B.
8, 140), besser aber zu ai.badhate «drängf,
1595 bei Hulsius SchifFart 1, 10, noch jetzt
verdrängt, bedrängt», lit. bädas m. «Hungers-
ebd.), daneben seit dem Anfang des 17. Jh.
not, Hunger». Im letzten Grunde können
auch Biscuit, 1613 bei Hulsius Schiffart 11,
allerdings beide Wurzeln zusammengehören.
2, 154, 1672 bei Grimmeishausen Vogelnest 2,
bitter, adj. u. adv.: beißend scharf. IVJhd.
6 Bisquit.
bitter, ahd. bittar: dazu asächs. bittar, ndl.
bislang, adv.: bisher. Norddeutsch, zu-
bitter, ags. biter, anord. bitr, engl,- seh wed,-
sammengezogen aus älternhd. hissolang (bei
Luther 8, 488 W. hissolange), das in der Kanz- dän. bitter, got. mit Ablaut baitrs. Zu beißen,
leispracheschon am Ende des 15. Jh. vor- aber mit
bewahrtem t, da t vor r nicht ver-
kommt, zusammengeiückt aus bis so lange.
schoben wird, ABL. Bitterkeit, f., mhd,
bitterkeit f. bitterlich, adj. u. adv., mhd.
Biß, m. (Gen. Bisses, PI. Bisse): Hand-
bitterlich.
lung des Beißens; Spur vom Beißen. Mhd.
hi^, daneben mhd.-ahd. auch hiz m. Zu heißen. Bitze, f, (PI. -n): Baum-, Grasgarten. In
hißchen: ein klein wenig. Dem. von der Schweiz, Schwaben, Hessen, der Wetterau,
Eig.
Bissen (s. d.). Seit dem 16. Jh., anfangs ge- Nassau, Spätmhd, bitze f,, abgeschwächt aus
wöhnlich mit der obd. Dim.-Endung als biß- biziune n,, ahd, bizüni n, und bizüna f, «ein-
lein (Ludwig 1716 hat ein bißgen, das schon gezäuntes Grundstück», zusammeng. aus dem
vorher von Weise u. a. gebraucht wird). wegen der Betonung ungeschwächt gebliebenen
Bissen, m. (-s, PI. wie Sg.): soviel als bi und einer Ableitung von z'ün, «Zaun».

man auf einmal abbeißen kann. Aus mhd. bitzeln, v,: schnell wiederholte fein-
hi^^e, ahd. hi^p mit schwacher Flexion; da- stechende Empjfindung haben. Frühnhd. (bei
zu ags. bita, engl, bit, anord. biti m. Von Keisersberg, H. Sachs), abgeleitet von mhd.
beißen. ahd. biz m, «Beißen, Biß».
245 Biwak Blase 246

Biwak, n. (s, PI. -s): militärische Feld- «brennen, leuchten», qpX.öE f. «Flamme», lat.
wache, Feldlager. Aus dem gleichbed. franz. flagräre (s. Walde s. v.) «brennen», fulgur n.
hivouac m., das auf einem ndd. Mwake «Bei- und fulmen n. «Blitz», aind. MräJ «leuchten»,
wache» beruht. Im 17. Jh. entlehnt. vgl. blecken.ABL. Blaker, m. (-s, PI. wie
bizarr, adj. u. adv.: auffallend seltsam Sg.): Wand-, Hängeleuchter. Das nd.-ndl.
und wunderlich. Aus dem gleichbed. franz. blaker, von Frisch 1741 angeführt und von
bizarre, dies aus span. hizärro «tapfer, mutig, Voß 1, 117 gebraucht; vgl. auch ags.blcecern
ritterlich, prächtig», dem baskisch hizarra m. «Leuchter».
«Bart» zu gründe liegt. Vgl. higott. Im blamieren, v.: beschämen. Refl. sich h.:
17. Jh. entlehnt (1697 bei Thomasius Sitten- Beschämung aussetzen.
sich der Aus franz.
lehre 455). blämer, ital. biasimare, altsp. fcZasmar «tadeln»,
blach, adj.: weit und breit ohne Erhaben- das auf mlat. blasimäre, blasmäre beraht, einer
heit,namentlich in Blacllfrost «Frost ohne Zusammenziehung des kirchlich-lat. blasphe-
Schnee», Blachfeld (bei Luther) «das flache inäre, das selbst wieder auf gr. ßXaccprmeiv
Feld». Mhd. selten hlach, identisch mit flach, «von jemand ehi-enriihrig reden» zuriickgeht,
dessen Anlaut f hier weiter zu h verschoben vgl. Blasphemie. Im 17. Jh. entlehnt, aber
wurde. zunächst in der Bed. «beschimpfen», die
Blackflsch,m. (-es, PI. -e) Tintenschnecke. : jetzige Bed. wohl nicht vor der Mitte des
1563 in Forers Fischbuch 112. Aus ndd. hlak- 18. Jh. ABL. Blamage, f. (PI. -n). Im
fisk;ndd, hlak n. ist wie ags. Ucee, schwed.- 18. Jh. mit der franz. Endung -age im Deut-
dän. hläk n. «Tinte» (auch älternhd. placke schen gebildet, vermutlich in der Studenten-
1482 im Voc. theut. z3% ahd. Nach n.), zu sprache, vgl. Renommage.
ags. hlcec, engl, hlack, ahd. hlah «schwarz», blank, adj. u. adv.: glänzend weiß; weiß;
das vielleicht zu gv.jj.iXac «schwarz» gehört, glänzend rein. IVIhd. hlanc, ahd. Manch; dazu
(germ. hla- aus mla-) Hirt PBrBtr. 23, 307. ags. blanc, ndl.- engl, blank, anord. blakkr,
blaff, interj. Knall und Fall! Lautnach- schwed.-dän. (entlehnt) blank. Ins Romanische
ahmend, vgl. haff, paff. ABL. blaflfen, v. aufgenommen, ii'am.blanc, ital. &mwco« weiß».
bellen (Lessing 10, 231). Spätmhd., auch ndl. Zu blinken. Mit Einfügung eines n zu der
Uaffen, vgl. häffen. Wurzel, auf die blaken, blecken zurückgeht.
Blähe, f. (PI. -n)-. großes grobes Leintuch blänkeln, s. plänkeln.
(zur Bedeckung von Wagen, zum .Trocknen Blankett, n. {-es, PI. -e)\ leeres mit
von Friichten, als Fenstervorhang usw.). Spät- Namensimterschrift versehenes Papier zum
mhd. hlahe f. «grobes Leintuch, dann über Ausfüllen für einen Bevollmächtigten. Aus
einen Wagen gespanntes Tuch». Auch. Flache, dem gleichbed. franz. blanquet m., von blanc
Plane, Flaue (s. d.). Wohl nicht von hLplaga f. «weiß», eig. weißes Papier. Schon im Anfang
«Jagdnetz, ausgespanntes großes Tuch, Teppich, des 16. Jh. entlehnt (Luther 7, 358^ Jen. &ZawÄ;e^).
Bettvorhang». Die mundartlichen Formen Blankscheit, n. (-es, PI. -e): linealartiges
(auch Blähe mit Anlelmung an Mähen) führen Miederbrettchen. Das durch Anlehnung
auf ein got. *hlahwa, *hlaiva; verwandt ist deutschverständlich gemachte gleichbed. franz.
anord. hlceja f. «gefärbtes Stück Tuch», schwed. planchette f. (gespr. plangschett) , das Dim.
hlöja f. «Wickeltuch», dän. hie «Leintuch, von pZanc/ie f. «Planke». Um 1700 in Mittel-
Windel». deutschland üblich (1715 bei Amaranthes
blähen, v.: durch Luft ausdehnen. Refl. Blanck- Scheit, bei Günther 537 Blanck- Scheit,
sich blähen: dick (stolz) tun. Aus mhd. bei Gellei-t Lustsp. 317).
hlcejen, hlcen, ahd. hldjan, hläen; dazu mit
Blase, f. (PI. -n) durch Luft oder Flüssig- :

urspr. reduplizierendem hläwan keit rundlich aufgeblähte Haut oder haut-


Prät. ags.
(Prät. Ueoio), engl, hlow (Prät. hlew) «wehen, artige Fülle; (studentisch) freie Vereinigung.
hauchen, blasen». Das Wort stimmt der Mhd. blase, ahd. bläsa f. «Harnblase» (jede
Lautverschiebung gemäß mit lat. fläre «bla- andre Blase heißt mhd. blätere, ahd. blätara,
sen», vgl. blasen, Blatter. s. Blatter); dazu ndl. Maas, schwed. bläsa f.

blaken, v.: Ein ndd. Von blasen, v. (Prät. Mies, Part, geblasen):
flammen, qualmen.
Wort (mnd. u. mnl. blaken), das Heynatz 1796 Luft forttreiben, stark, hörbar wehen. Mhd.
aus der Berliner Sprache anführt und Campe blasen, ahd. bläsan: dazu ndl. Mäzen, anord.
1807 verzeichnet. Verwandt mit gr. (pAcreiv bläsa, schwed. Mäsa, dän. blase, got. blesan.
16*
;}
!

247 blasiert blau 248

Im Ags. hat bläican, engl, hlow (s. blähen) anzusehen, doch sind auch andre Verglei-
'

die Bed, von blasen: in diesem ist das s als chungen möglich, Hirt Btr. 23, 356. Luther
[

ein Ableitungselement anzusehen, es gehört mit hat Blat, PI. Bletter, und die Form Blat
j

blähen zu lat. fläre. ABL. Bläser, m. (s, PI. mit gedehntem Vokal ist auch später sehr
wie Sg.), mhd. bläsmre. ZUS. Blasebalg, m. häufig, den schlesischen Dichtern z. B. bei
(vgl. Balg), mhd. bläsebalc m. Blasrohr, n., (Logau Fleming 93, Günther 148), sie
|
3, 50,
bei Schweinichen 1, 30 vom J. 1562. wird 1737 von Freyer S. 267 verlangt und
blasiert, adj.: abgestumpft, teilnahmlos, noch 1775 von Heynatz erwähnt. j
Redens-
In neuerer Zeit aus gleichbed. franz. blase arten: kein B. vor den Mund nehmen «gerade
umgebildet, dessen Herkunft unbekannt ist. heraus i'eden», eig. wohl vornen in den
blasonnieren, v.: ein Wappen kunst- Mund
Sprache zu verstellen tun, um seine
mäßig ausmalend schmücken; ein Wappen (schon mhd.); das Blättlein
ic endet sich «das
^

kunstgerecht piiifen und erklären. Mhd. Glück schlägt um», wohl von den Kunst-
|

blasenieren aus franz. blasonner «Wappen stücken der Gaukler ausgegangen (1534 bei
malen», von blason m. «Schild, Wappen, S. Franck Weltb. Vorr. a4^ das blätlin ^virt
Wappenkunde», dessen Herkunft unsicher ist. sichumbkören). L. l) mit Blatt, blatten, AB
Blasphemie, f. (PI. -;/) Gotteslästerung. V.: Blätter zahli'eich abpflücken, durch Ab-
:

Aus dem gleichbed. kirchlich-lat. blasphemia, pflücken überflüssiger Blätter derselben ent-
gr. ßXacqpriuia f. « ehrenmhrige Rede, gottes- ledigen; (weidmännisch) Wild durch Pfeifen
lästerliche Rede», von gr. ßXacqpri.ueiv (s. bla- auf einem Blatt locken (bei Rädlein 1711,
mieren). Früh im 16. Jh. entlehnt (z. B. oft blaten geschrieben). Mhd. blaten. 2) mit
1524 bei Emser, vgl. Gombert 6, 17) und dem PI. Blätter. blätterig, adj., mhd.
bei Rot 1571 verzeichnet. bleteroht. blättern, v.: Blätter umschlagen,
I

bla£, adj. (Komp. blasse^', blässer, Sup. mhd. bleiern in Überbietern: wie blatten.
blassest, blässest) weißHch; schwach an Farbe. ZUS. Blattgold, n.: dünngeschlagenes Gold,
:

Mhd. blas (flekt. blasser), ahd. blas «weiß, weiß- 1678 bei Krämer. Blattlaus, f., 1730 bei
lich, besonders an der Stirne» (ahd. blas ros); Frisch Insect. 8, 84.
«bleich, farblos» (bei Nicolaus v. Jeroschin und Blatter,
-n): kranker rundlich f. (PI.
Brun Schonebeck); «kahl, kahl an Ansehn, aufgeblähter Hautfleck.
V. Mit Kürzung des
Wert, gering» (vereinzelt seit dem 13. Jh.), Vokals (bei Luther Blatter) aus mhd. blätere,
vgl. ndl. bles «kahl». In der jetzigen Bed. ist bläter, ahd. blätara f. «Blase»: dazu ndl. (mit
blaß im 16. Jh. selten (Luther hat nur er- ausgefallenem d) blaar, ags. blcedre, engl.
blassen) und dringt im 17. Jh. von Mittel- bladder, anord. blaära, schwed. blädra, dän.
deutschland aus vor, Schottel 1663 verzeichnet bläre f. «Blase, Blatter». Aus einer Wurzel
es. Der wahrscheinliche Gnindbegriff «schei- mit blähen und blasen (s. d.). ABL. blatterig,
nen, leuchten» (die Bedeutungsentwicklung adj.: voll Blattern, mhd. Uäterec.
wie bei bleich, s. d.) zeigt sich in mhd.-mnd. blätterig, blättern, s. Blatt.
blas n., ags. blcese f., engl, blaze «brennende blau, adj.: luftfarbig. Aus mhd, blä (flekt.
Fackel». J-Bi^. Blässe, f.: Farbenschwäche, bläwer), ahd. bläo: dazu ndl. blaauic, ags.
erst im 17. Jh. zu blaß «bleich» gebildet |
bläiu, engl, blue (aus franz. bleu?), anord. blär,
und bei Stieler 1691 verzeichnet, blassen, v.: schwed. bld, dän. blaa. Zusammenhang mit
j

an Farbe schwächer werden oder machen. bleuen (s. d.), so daß blau urspr. die Farbe
Im 17. Jh. Vgl. Blesse. der Haut infolge einer Quetschung ausdrücken
Blatt, n. (-es, PI. Blätter) dünner ebener würde, ist kaum möghch; ebensowenig der
:
|

Pflanzenteil, der sich aus Wurzel oder Stengel mit lat. flävus «blond» wegen der ganz ab-
entfaltet; ähnlicher dünner breiter flacher weichenden Bedeutung. Am ehesten zu gr.
I

Teil wovon; Papierblatt. Mhd. blaf (PI. blat iue\ac «schwarz», ht. melvias «blau», wenn
u. Meter), ahd. blat (PI. bletir), n.: dazu asächs. bl aus ml entwickelt ist. Redensarten: der
blad, ndl. blad, ags. blced, engl, blade «Blatt- blatte Montag eig. «der (durch blaue Altar-
chen, Hälmchen», anord. blad, schwed.-dän. umhängung in den Kirchen ausgezeichnete)
blad n. Das Wort stimmt in seiner Wurzel Montag vor Aschermittwoch, an dem nicht
mit lat. folium, gr. qpüXXov n. «Blatt»; es ist gearbeitet wurde, dann jeder Montag, den
als eine partizipiale Bildung mit dem Suffix die Handwerker zu einer Nachfeier des Sonn-
-to- und schwacher Wurzelstufe zu blühen tags machen» (1719 bei Kramer, dafür im
249 Blänel Bleiche 250

16. und 17. Jh. der gute Montag); ins Blaue blecken, v.: sichtbar machen, bes. die
hinein reden eig. in die Bläue des Himmels, Zähne. Mhd. blecken (Prät. blacte) «sichtbar
in dieunbestimmte Feme: einem einen blauen werden, sich entblößen», sowie «bloßlegen,
Dunst vor die Äugen machen: (eig. von den sichtbar machen», ahd. blecchen «hervor-
Dämpfen, die die Zauberer bei ihren Be- leuchten, blinken, schimmern», b. gehört als
schwörungen aufsteigen ließen) ihn durch Faktitiv zu einem nach der e-KIasse flek-
Vorspiegelungen betragen (schon 1492 ain tierenden nicht erhaltenen ahd. blehhan (vgl.
plahen tunst machen Liliencron 2, 197): eben- bleichen), das zu gr. qpXexeiv «brennen, leuchten»
falls von den Gaukelbildeni der Zauberer und weiter zu lat. flagräre «brennen)., aind.
herrührend sein blaues Wunder sehen (1645 bhräj «leuchten» gehört. S. blaken, blicken.
bei Zesen adr. ßosemund 97). ABL. Bläne, 'Blei, n. (-es, PI. -e): sehr weiches, schwe-
f., mhd. blcewe f. blauen, v.: blau werden, res, bläuhch weißes Metall; Richtblei, Lot.
bei Stieler 1691. bläueu, v.: blau machen, Mhd. bli (Gen. bliwes) n. m., ahd. blio n.; dazu
mhd. blceiven. bläulich, adj. u. adv.: ein anord. bly, sehwed.-dän. bly n. Dunklen ür-
wenig blau, frühnhd. blaulichf. spnings; Persson Bezz. Beitr. 19, 273 vergleicht
Bläuel, s. Bleuel, bläuen schwerhch mit Recht lit. blaivas «licht, klar»,
(schlagen),
s. bleuen. Braune Btr. 24, 195 stellt es wieder zu blaic.
Blaustrumpf, m. (-es, PI. Blaustrümpfe) Vgl. noch Hii-t Btr. 23, 354, der es auf
Angeber, Verräter. Im 17. Jh. (Weise Cath. '^'mliwom zuiückführt und an einen durch
260). Bei Schüler Räuber 2, 3 der höllische Entlehnung vermittelten Zusammenhang mit
Blaustrumpf «der Teufel». Eig. Spottname gl-. ,u6\ißoc, lat. plumbum «Blei» denkt.
der Gerichtsdiener, die vielfach verpflichtet -Blei, m. (-[eis, PI. -e) ein Fisch, s. Bleihe. :

waren, blaue Strümpfe zu tragen. Erst im bleiben, v. (Prät. blieb, Part, geblieben):
19. Jh. B. «gelehrtes Frauenzimmer» nach an einem Orte verharren; in einem Zustand

engl, blue-stocking; blue-stockings hieß ein vei'haiTen: von Dauer, Bestand sein; außerdem
Kreis, der sich um 1750 in London im Hause da sein (übrigbleiben); unterlassen werden
der Frau Montague versammelte, nach einem (in bleiben lassen^, nicht mehr von der Stelle
Mitglied, das blaue Stiümpfe zu tragen kommen (das Leben vei'lieren). Mit Unter-
pflegte, später besonders die weiblichen Teil- drückung des e in der Vorsilbe be- aus mhd.
nehmer an den Zusammenkünften. belihen, bliben, ahd. biliban dazu asächs. biUban, :

Blech, n.: dünn geschlagene .oder ge- ndl. blijven, ags. bellfan, got. bileiban, ent-
walzte Metallplatte; Geld; (seit etwa 1840 lehnt schwed. blifva, dän. blive. Das einfache
im gemeinen Leben nach dem studentischen nicht vorkommende ahd. -liban gehört wohl
Blech reden) schlechtes Geschwätz. Mhd. zu gr. XiTToc n. Fett, Xiirapöc «fett, glänzend»,
blech, ahd. bleh n.; dazu ndl. blik, blek, schwed. abg. lljmqti, Kt. Upti «kleben bleiben», so
bleck, dän. blik n. «Blech», aber anord. buk daß sich also (wie in gr. XmapeTv «behan-en»)
n. «leuchtender Glanz», dann «Gold, Gold- die Bed. des Verharrens aus der des «Klebens»
blech». Zu bleichen (s. d.), die ui'sprüng- entwickelt hätte. Vgl. noch Leib, leben. Das
liche Bed. also «das Glänzende». Die 2. Bed. Part. Prät. mhd. beliben im 17. Jh. noch sehr
nach den ehemahgen Hohlmünzen aus Gold- häufig blieben (doch verlangt schon Schottel
oder Silberblech; sie findet sich schon im 1663 geblieben), auch noch im 18. Jh. dich-
16. Jh., und zwar zunächst im Kotwelschen terisch (Goethe 1, 112. 295), selten in Prosa
1510, dann bei Fischart Garg. 70 vil Ämter (Lessing 11, 84).
und wenig Plech. ABL. blechen, v.: Blech bl eich, ad j. u. adv. matt glänzend schwach
: :

d. i. Geld geben, zahlen (Goethe Götz 2, an Fai'be, weißlich. Mhd. bleich, ahd. bleih;
Schiller Kab. u. L. 5, 6 heraus blechen). Als dazu ndl. bleek, ags. bläc, engl, bleak, anord.
idiotischer Ausdruck bei Adelung 1774 und bleikr, schwed. blek, dän. bieg. Zu ^bleichen.
Kindleben 1781 (fm- die Studentensprache) ABL. Bleichsucht, f.: 1741 bei Frisch
angeführt, blechern, adj. und adv.: aus bleiche suht.
Blech bestehend. Dafür spätmhd. blechen 'Bleiche, f. (PI. -n): Kunst zu bleichen:
aus urspr. blechtn, 1616 bei Henisch blechin Bleichplatz. Mhd. bleiche f. Zu ^bleichen.
neben blechern, noch bei Voß Idyll. 16, 96 "Bleiche, f.: bleiches Aussehen. Mhd.
die blechene Dose. Blechner, m.: Klempner. bleiche, ahd. bleicht f.; dazu mndl. bleke f.

In Südwestdeutschland. Zu bleich.
::

251 bleichen Bleuel 252

^bleichen, v. (mit schwacher Flexion): Blende, f.: Vorrichtung, den freien Bhck
worauf wirken, daß es bleich, weiß wird. zu benehmen; Scheuleder beim Pferde; vor-
Mhd. lleichen (entsprechend ags. blcecan, anord. geschobene Anlage zur Verdeckung einer Be-
bleikja) «blichen machen», Faktitiv zu dem festigung dahinter (bei Ludwig 1716); blindes
starkbiegenden bleichen (s. '"^bleichen). Fenster, blinde Türe, Mauer-, Wandvertiefung,

"bleichen, v. (mit schwacher Flexion): Nische (bei Frisch 1741); glänzendes Mineral
bleich werden. Mhd. bleichen, ahd. bleihhen, ohne Erzgehalt (1546 bei Georg Agi-icola).
abgeleitet von bleich. Von blenden, V.: blind oder wie blind machen.
^bleichen, v. Prät. blich, Part, geblichen) Mhd. blenden (Prät. blante), ahd. bleuten; dazu
matt glänzend, weiß werden. Mhd. blichen ags. blendan. Das V. ist ein Faktitiv, das
«glänzen» (oheY erblichen ist «erblassen»), ahd. wohl unmittelbar vom Adjektivum blind ge-
(bei Notker) in erblichen «erbleichen» und bildet ist, da ein Verbum blindan nicht vor-
liegt (got. ist gablindjan «verblenden», anord.
ferblichen «verbleichen»; dazu asächs. blikan
«glänzen», ndl. blijken «erheUen, oflenbar blinda «blenden»).
werden», ags. blican «glänzen», anord. blikja Blendling, m. {-s, PI. -e) -.
Tier gemischter
(Prät. bleik) «erglänzen, glänzen, leuchten». Li der
Rasse, Mischling; uneheliches Kind.
Die Wurzel gehört zu abg. bliskati aus *blig- 1. Bed. als Jägerwort im 17. Jh. aufgeführt.
skati «funkeln», bleskä m. «Glanz». Ygl. Von mhd. blanden (Prät. blient), ahd. blantan
auch Blech, bleich, blicken, blinken. «anstiften», urspr. «mischen», wie asächs.-ags.

Bleichert, m. (-5, PI. -e): rötlicher (blaß- blandem, engl, blend, anord. blanda, got. blan-

roter, bleicher) Wein. Abgeschwächt aus dan «vermischen» zeigt.


Bleichart, Bleichhart (vgl. -ert in Bankert), Blendwerk, n.: Vorrichttmg zum Blen-
bei Fischart Garg. 84 bleichart. den; Vorgespiegeltes zur Täuschung. Im
17. Jh.
bleiern, adj.:von Blei; (bildlich) schwer-
Blesse, f. (PI. -w): weißer Stimfleck; Pferd
fällig. Bei Luther, während sonst älternhd.
auch bleien (noch bei Yoß Shak. 2, 51), ent-
oder Kuh mit weißem Stirnfleck (vom Pferde
1691 bei Stieler Bläße f., 1575 bei Fischart
sprechend mhd. blijin, ahd. blnn, abgeleitet
Garg. 206 Blasse m., 1447 bei Janssen Frankf.
von Blei (s. d.).
Reichscorr. 2, 97 blessiger hengst): schwarzes
Bleifeder, f.: Bleistift. 1773 bei Ama- Wasserhuhn mit einem weißen Fleck
über
ranthes (3. Aufl.).
dem Schnabel (auch Bläßhtihn). Spätmhd.
Blei(h)e, f. (PI. -n), auch Blei m.: eine und im 16. Jh. blasse f. «(weiße) Stirn»; dazu
Art breiter Weißfische. Aus dem Ndd., wo nd. bles, engl, blaze, anord. blesi m. «weißer
mnd. bleie f., dazu ndl. blei, ags. blcege f., Stirnfleck» und (mit Übergang von s in r)
engl, blaij. Der Ursprung des Wortes mit ndl. blaar «weißer Stirnfleck, Bläßkuh».
f.
den Nebenformen (schweiz.) Bliegge (schon Ableitung von blaß, richtiger daher Blässe.
ahd. blieka). Blicke liegt im Dunkeln. Schwer-
blessieren, v.: verwunden. Aus dem
lich ist nach ahd. bleiclm, dem das anord. gleichbed. franz. Messer, afranz, bieder, das
bleikja f. entspricht, an bleich anzuknüpfen, vielleicht auf das deutsche bletzen d.)
(s.
vgl. dän. biege {-eg- aus -eik) «Bleibe». zuriickgeht. Im 17. Jh. entlehnt (bei Nehring
Bleilot, n.: Bei Frisch 1741. 1710).
Senkblei. ABL. Blessür, f.: Verwundung.
Bleischnur, Schnur unten mit Blei- Aus dem gleichbed. franz. blessure f.
f.:

gewicht als Maß- und Richtschnur beim Bauen. bletzen, v.: handwerksgerecht flicken.
Bei Luther. Bleistift, m. {-es, PI. -e), südd. Südd. {wich. pletzen). Mhd. bletzen, abgeleitet
auch n.: Schreib-, Zeichenstift aus Reißblei. von dem im Obd. erhaltenen mhd. bletz, ahd.
1653 bei Harsdörfer mathem. Erquickstunden blez m. (daneben mhd. bletze, ahd. blezzo m.)
3, 179 Bleijstefft m. Bleiweiß, n.: ein aus «Fleck, Lappen zum Aufnähen», das mit dem
Blei zubereitetes weißhches Pulver, als Farbe, gleichbed. got. plats meist auf abg. platü m.
Salbe usw. Spätmhd. bliwiz. Bleiwage, f. «Tuchfetzen, Lappen» zuräckgeführt wird.
Setzwage mit einem Bleilot, um die senk- Doch ist eher das umgekehrte Verhältnis
rechte Richtung der Mauer zu messen. 1495 anzunehmen und got. plats von bletzen zu
im Voc. rerum f 2^^ blywag. Bleiwurf, m.: trennen. Vgl. .Johansson KZ. 36, 372 f.
Bleilot, Senkblei. Bei Luther (Apostelg. Bleuel, m. (-S, PI. wie Sg.): flaches Holz
27, 28 Bleyiüurff). mit Stiel zum Schlafen. Älternhd. auch Blauet.
253 Blick Blitz 254

Mhd. hliuwel, ahd. hlüil m., dazu ndl. hlouwel Wechsel des Geschlechts (bei Luther 3 Mos.
m. Yon l)leuen, v. heftig schlagen. Mit An- 11, 30 der Blindschleich und noch jetzt obd.)
:

lehnung an hlau auch oft hläuen geschrieben aus mhd. blintsUche, ahd. blintslihho m.
(bei Goethe 2, 89 hleien). Ältemhd. findet blink, adj., als Ablautsbildung zu blank
sich namentlich in md. Quellen (wie brauen von Bürger geschaffen (blink und blank 854).
für brauen, kauen für käuen) auch blauen blinken, v,: hellen Schein von sich geben:
(1691 von Stieler angeführt. 1773 bei Goethe blickweise winken. Mhd. nicht vorhanden,
Götz 1 planen, d. j. Goethe 2, 244 Aus mhd. aber mnl. mengl. blinken (daher engl, blink).
).

bliuwen (Prät. bloii, PI. blüwen, Vart.gehlüiven). Aus dem Xdd. zunächst ins Md. eingedrungen,
ahd. bliuwan, dazu ndl. blouwen «Flachs schla- wo es bei Luther und bei Alberus Dict. u
gen», engl, blow, got. bliggwan «schlagen». 1* und Ki 3** erscheint; allgemein wird es
'

Zusammenhang mit blau (s. d.) ist unwahr- erst im 17. Jh. (bei Stieler 1691 verzeichnet),
scheinlich, vielmehr ist das Wort zxi lat. fehlt aber noch den obd. Mundarten, b. ge-

fligere «schlagen» zu stellen, vgl. Walde


s. v. hört zunächst zu blank, beide gehen mit
An Stelle der starken Flexion schwache Einfügung eines n auf die Wurzel zurück,
ist die

getreten, doch kommt ältemhd. (nicht bei der blaken, blecken zugrunde liegt. Andere
Luther) noch das Pai't, Prät. geblauen vor. verbinden blinken direkt mit dem der i-Reihe
Blick, m. (-es, PI. -e): schnell auskom- angehörigen bleichen, asächs. bUkan und be-
mender wie schwindender Schein z. B. mit trachten das schon altgenn. blank als Neu-
(

blicken des blitzes Luther Hab. 4, 1, den Blick bildung.


vom Pulver Goethe 19, 190); (bergmännischj bliuzeu, V. und mit dim. Ableitung
Aufleuchten des Silbers beim Schmelzen und blinzeln, v.: mit fast zugezogenem, win-
die Masse selbst; woraufhin schnell fahren- kendem Auge bhcken. Mhd. Minzen (daneben
der Augenstrahl. Mhd. blic (Gen. blickes) auch schon blinzeln) geht mit Unterdrückung
«Glanz, Blick, Blitz», ahd. blicch, blic m. des mittleren e zurück auf blindzen, blindezen
«schnelles Glanzlicht, Wetterstrahl, Blitz». (abgeleitet von blind) oder eher auf blinkzen
Dazu ndl. blik m. «Blick» (früher «Blitz»). (vgl. bayr. blinkezen Schmeller 1, 328).
Von l)lickeil, V.: Licht ausstrahlen, beson- Blitz, m. (-es, PI. -e): ausschießender
ders schnell schwindendes. Mhd. blicken, ahd. Glanzstrahl; Wetterstrahl. Mit Ausfall eines
blicchen «Licht ausstrahlen, leuchten, glänzen, k (doch ältemhd. auch noch blix, selbst bei
bhcken». Mit einer Ableitungsendung von Luther, vgl, Schweiz, blitzg) aus mhd. blickeze,
der Wurzel des ahd. blihhan «leuchten» (s. blikze, auch schon blitze m. «Blitz» (ahd., auch
^bleichen) gehMet, \gl. Blitz. ABL. Blick- noch mhd, dafür blic, s. Blick). Dazu das
feuer, n.: auf leuchtendes Feuer. Schon ahd. weitergebildete asächs. blicsmo, ndl. bliksem
(bei Xotker) bligfiur n. Blicksilber, n. m. « Blitz ». An Stelle der mhd. flachen Flexion
(s. die 2. Bed. von Blick). Fiühnhd. (1562 ist die starke getreten, doch bei Luther im
bei Mathesius Sar. 90 Blicksilber, 196^ Blick- Sg. auch noch blitzen und durchgehend so
'^

silber). im PI., auch im 17. Jh. kommen noch schwache


;

blind, adj.: aller Sehkraft unfähig; licht- Formen vor (Hoffmannswaldau Held. 7 Akk.
los; bloß scheinbar, nicht wirklich, des rech- Sg. den blitzen, Gryphius Trauersp. 149 PI.
ten Wesens entbehrend, z. ß. blindes Fenster, blitzen). Von blitzen, v.: glänzend aus-
blinder Lärm. Mhd. blint (flekt. blinder), strahlen; den Wetterstrahl schleudern; unpers.
ahd, blint; dazu asächs.-ndl.-ags.-engl.-schwed.- es blitzt «der Wetterstrahl zuckt durch die
dän, blind, anord. blindr.Dazu blenden (s. d.). Luft». Mhd. blitzen, früher blikzen, blekzen.
Verwandt ist anord. blunda «schlafen, die ahd. blecchazzen. bleckazen «schimmern, leuch-
Augen zutun» und vielleicht got. blandan ten, wetterleuchten, blitzen», ein mit der
«mischen, trüben, der Klarheit benehmen» Endung -azzen, got. -atjan (vgl. lauhatjan
(s. Blendling). Auch gehört lit. blista «es «blitzen») gebildetes Frequentativ von mhd.
wird dunkel» hierher. Weiteres bei Liden blicken (s. blicken). ZUS. blitzblau, adj.
Ups. Stud. 78. Vgl. noch blinzeln. ABL. ganz blau. Blltzbub, m. (Schiller Räuber 3,
Blindheit, f., m)i(i.blintheit f. blindlings, 2). Blitzmädel, n. (Lessing 1, 416j. blitz-
adv., im 17. Jh. (Zesen Ibr. 490j, dafür ahd. ist hier nur verstärkend (wohl vom Fluch
blintilingön. ZUS. Blindschleiche, f.: eine potz Blitz ausgehend), vne in vielen anderen
früher für blind gehaltene Schlangenart. Mit Bilduncren.
255 Block Blume 256

Block, m. {-es, PI. Blöcke): roher Holz- BlÖdsinu, m., bei Adelung 1774, während
klotz; Holz zum Daranschließen der Füße; das Adj. blödsinnig schon am Anfang des
rohe, unförmliche zusammenhangende Metall-, 17. Jh. vorkommt (Gombert 7, 15 v. J. 1617).
Steinmasse. Älternhd. (auch bei Luther) Bloch, blöken, v.: (von Rindvieh, Ziegen, Schafen)
mhd. Uoch n., gewöhnlich hergeleitet mit schreien. Ein lautnachahmendes Wort, das
Unterdi-ückung des e der Vorsilbe he- aus dem Obd. anfangs fremd ist; in md.-ndd. Glos-
ahd. hiloh, auch schon hloh n. «Ab-, Ein-, saren des 15. Jh. hlecken (auch vom Bellen
VerschlieJßung, Eiegel», das zu ahd. hüühhan des Hundes), bei Luther hlecken und blocken,
(entsprechend asächs. hüükan, ags. helücan) auch bei Schottel 1663 noch hleeken und
«schheßen» gehört. Die Grundbed. wäre also hlöcken (die Form hlecken, die von Gueintz
«Absi^errung», dann zum «Absperren, Ein- u. a. auf das Geschrei der Schafe beschränkt

schließen dienender Balken», schließlich über- wird, bei Hoffmannswaldau Schaf. 6), hlöken
haupt «Balken, Klotz» und dem ähnliches. bei Stieler 1691.
Doch erhebt E. Schröder AfdA. 24, 32 mit blokieren, s. blockieren.
Recht dagegen Bedenken. Die Form Block blond, adj.: (vom Kopf haar des Menschen)
(obd. meist hloch) braucht nicht aus dem gelblich, hellfarbig. Aus dem gleichbed. franz.
Ndd. (mnd. hlock m. n.) aufgenommen zu Mond, ital. hiondo, mlat. hlundus, das deutscher
Herkunft ist undzuaiad. &rad/mas «rötlich gelb,
sein, sondern kann sich durch eine angetretene
Ableitungsendung erklären sie begegnet schon falb» gehört.
; Schon mhd. vereinzelt Munt,
vereinzelt mhd. und bei Hans Sachs (plock doch setzt sich das Wort erst im 17. Jh.
m. Fab. 308, 13). An Stelle des mhd. Neutr. dauernd fest, verzeichnet bei Krämer 1678.
herrscht seit Luther das M. (doch noch das Blonde, f. (PI. -n) feine seidene Spitzen. Aus -.

Bloch Grimmeishausen Simpl. 56 und schweiz.- dem gleichbed. franz. Monde f., nach der Farbe,
elsäss. Uoch n.). denn das Wort ist Fem. des Adj. Mond. 1773
Blockade, f. (PI. -n) Einschließung durch bei Amaranthes (3. Aufl.) 1, 472. Blondine,
-.

Besetzung der Zugänge. Aus dem gleich- f. (PI. -n) blondhaarige Frau. Aus dem gleich-
:

bed. ital. hloccata f., dem als Subst. gesetzten bed. franz. hlondine f. Bei Rädlein 1711 ein
Part. Perf. von ital. hloccare, franz. hloquer Blondinigen.
(s. d. f.).Bei Stieler 1691, Simpl. 444 hloc- bloß, adj.: unbedeckt, unverhüllt; alles
quada. l)lockiereil,
v. belagernd ein- und ausschließend, was noch da oder dabei sein
:

durch Besetzung der Zugänge verschließen. könrite. Redensart: sich h. gehen, stellen,
Im teutschen Michel 1617 Nr. 7 hloquieren urspr. Fechterausdruck. Mhd. hlo^; ahd. fc/öj
als modisches Fremdwort angeführt (auch bei ist «stolz» (diese Bed. könnte sich aus der

Zincgref 1, 35). Aus franz. hloquer, abgeleitet von «leer» entwickelt haben, vgl. eitel); da-
von hloc m,, das auf das deutsche Block(s. d.) zu ndl. hloot, afries. hlät «nackt, arm», ags.
zurückgeht. hleat «arm, elend», anord. hlaiitr «weich,
Blockhaus, n. : ein roh aus Baumstümpfen
Dunkler Herkunft, vielleicht
frisch, zart».
und Pflöcken gezimmertes Haus. Spätmhd. verwandt mit Mode (s. d.), vgl. auch hlutt
hlochhüs n. (Lüiencron 2, 259). Blockwageu, Davon das Adv. bloß: nichts weiter als (mhd.
m.: roh gearbeiteter Wagen mit großen un- noch nicht vorhanden, erst in den Fastnachtsp.
beschlagenen Rädern. Spätmhd. hlochivagen m. 284, 8 und bei Keisersberg). ABL. Blöße,
blöde, adj.: zurückhaltend an Tatkraft f.: Unbedeckt-, Nacktheit, unbedeckte Stelle,
und Mut; schwach an Seh- oder geistiger mhd. Moe^ef. bloßen, v.: bloß machen, jnhd.
Kraft. Mhd. hloede «gebrechlich, schwach, Müßten.
zart, zaghaft», ahd. hlödi; dazu asächs. hlödi, blülien, V.: die Knospe zur Befruchtung
ndl. hloode, ags. hleap, anord. hlaupr «schwach, entfalten; sich zu voller, frischer Schönheit
zart», schwed. hlöt, dän, hlöd (got. *hlaupus enfalten. Aus mhd. hlüejen, blüen, ahd. hluo-
ist aus *hlaiißjan «aufheben, abschaffen», eig. jan, hluoen; dazu asächs. hlöjan, ndl. hloejen
«schwach, ungültig machen» zu erschließen). und mit starker Flexion ags. hlöivan (Prät.
Dunkler Herkunft, vielleicht zu aind. mlätäs hleow), engl, hlow (Prät. Metv). Der Laut-
«erweicht», ii'. mläith, hläith «weich, sanft», verschiebung gemäß stimmend zu gleichbed.
wobei das germanische Wort hl- aus ml- lat. flörere, s. Blume, Blust. Blüte, auch Blatt.
hätte und das ganze eine azi -Wurzel wäre. Blume, f. (PI. -n): die für Auge oder
ABL. Blödigkeit, f., mhd. hlcedecheit. ZUS. Geruch entfaltete Knospe; Zierpflanze ihrer
257 Blnmenkolil Blut 258

Blüte wegen; Allerschönste, geschworen zu werden pflegte, so daß das


(bildlich) das
Allerbeste: feinster Weinduft weidmännisch) verstärkende kreuz- (kreuzbrav, kreuzfidel)
: f

Schwanz oder Scbwanzspitze des Wildes. Mhd. zu vergleichen wäre. ABL. bluten, v.: Blut
bluonie m. f., ahd. Vluomo na. und hluoma f, von sich geben (in der Umgangsprache) Geld :

(im Alem.- Schwab, noch jetzt vielfach m.); hergeben (bei Kindleben 1781 als studentisch].
dazu asächs. biomo m., ndl. hloem f., engl. Mhd. bluoten, ahd. bluoten. blutig, adj.:
hloom, anord. hlömi m. und blöm n. fauch Blut an sich habend (dagegen in Zusammen-
weiter abgeleitet hlömstr m., schwed.-dän. setzungen, wo die Eigenschaft des Blutes be-
hlomster n.). Neben diesen Formen stehen zeichnet werden soD, -blutig, z. B. kalt-, rot-,
andre, in denen der Ableitungsendung ein vollblütig). Mhd. bluotec, ahd. bluotag; dazu
s vorausgeht, ndl. hloesem ra., ags. hlösma, asächs. blödag, ndl. bloedig, ags. blödig, engl.
blöstma, blöstmm., engl.hIossom;sie teilen diese
bloody, anord. blödugr. S. auch bh(tt. ZUS.
Erweitening dui'ch s mit m. (Gen. 1) mit Blut-: blutarm, adj.: arm bis aufs
lat. flös

flöris aus *flom) und flörere. S. auch Blust Blut, d. h. nichts als das Blut (Leben) habend,
mit der gleichen Ei-weiterung, dagegen blühen, sehr arm (oder zu blutt?), frühnhd.; arm
Blüte. J^L.MÜmeiljV.: mit Blumen versehen an Blut (noch nicht bei Campe Blut-
).

(davon geblümt), mhd. blvenien. blumig, bad, n.: Metzelei, eig. Waten im Blut
adj., älternbd. auch blumicht, mhd. hluomeht. fmhd. im bluofe baden), bei Luther. Blut-
Blumenkohl, m.: Kohl mit eßbaren bann, m.: Gerichtsbarkeit über Leben und
Blütenbüscheln. Nach ital. cavol fiore (cävolo Tod, mhd. bluotban m. Blutdurst, m.:
m. «Kohl»), Span, coliflor, vgl. auch Karfiol. Drang nach blutiger Tötung (vgl. mhd. nach
Pflanze und Name kamen nach Deutschland bZwofe(//ö-.sfe>i). BeiLuther, nebst blutdürstig

um 1600 (1605 bei Hulsius Dict. Blumköl, adj. Blutegel, m.: blutsaugender Wurm,
1616 bei Henisch Blumenköl), und zwar aus mhd. einfach egele, egel f., ahd. egala f., mnd.
wohin jene im
Italien, 16. Jh. aus der Levante egel m., bei Luther (Spr. Sal. 30, 15) Eigel
gebracht worden war. f.: später im 16. Jh. Blutegel (bei Fischart 2,

blümerant, adj. u.adv.: mattblau. Volks- 9 Kurz Plutägel) und seit dem 17. Jh. durch
tümhche, an Blume angelehnte Umbildung Vermischung mit Igel Blutigel m. (Schupp
des franz. bleu mourant «sterbendes Blau»
52), was später allgemein geläufig wird,
! 2,
d. i. doch erhält sich daneben das z. B. von Ade-
blaßblau, die bis in die ^Mitte des 17. Jh. !

zurücki-eicht (bei Grimmeishausen Vogelnest lung verlangte Blutegel, zuweüen selbst als
I

1, 2 plümerant). Redensart: mir vird blü- Fem. (Ägel f. Lohenstein Soph. 40). blut-
merant, d. h. schwindlig. fremd, adj.: gänzlich fremd, im 17. Jh. Blut-
blumig, s. Blume. gang, m. Abgang von Blut auf natürlichem:

Blumist, m. {-en, PI. -en) Blumenzüchter Wege, spätmhd. bluotganc «geschlechtliches


:

und -kenner. Aus ndl. bloemist m., mit latini- Abgehen von Blut», namentlich als Ki^ank-
sierender Endung von hloem «Blume». Bei heit (bei Luther). Blutgeld, n. durch Blut :

Adelung 1774. erworbenes Geld, bei Luther. Blutgericht,


Blust, m. f. n.: Blüte. Obd., besonders n.: Gericht über Leben und Tod, bei Luther.
alem.-schwäb. Mhd. bluostt., vgl. ags. blöstma Blutgier, f.: wie Blutdurst, erst bei Ade-
m. (s. Blume). lung 1774, während blutgierig adj. schon bei
Blut, n. (-es): die Flüssigkeit in den Adern Luther erscheint. Bluthund, m.: Schweiß-
des tierischen Körpers; (bildhch) Geschlecht, hund; blutgieriger Mensch, Wüterich (im
Herkunft; Verwandtschaft; Mensch. 'Sihd.bluot 15. Jh, bei Beheim Wien. 35, 26); dicke Blut-
n. (auch schon s. v. a. Mensch, z. B. dag un- wurst (Fischart Garg. 77, noch Schweiz.).
schuldige bluot), ahd. blu^t n.; dazu asächs. blutjung, adj.; gar jung, bei Steinbach 1734.
blöd, ndl. bloed, ags. blöd, engl, blood, anord. Blutrache, f.: Rache für vergossenes Blut,
blöd, schwed.-dän. blöd, got. blöp (Gen. hlöpis) namentlich für Venvandtenmord, bei Stieler
:

n. Dunkler Herkunft; Zusammenhang mit 1691 (aber schon bei Luther Blutrecher m.
blühen ist denkbar. In Zusammensetzungen «der für vergossenes Blut Rache nimmt»).
ist blut- vielfach verstärkend, wobei z. T. blutrünstig, adj.: vei-wundet, daß das Blut
wohl an blutt «bloß» (s. d.) anzuknüpfen ist, fließt. Spätmhd. bluotrünstec (neben mhd.
vgl. mhd. bluttMcket; femer ist auch zu be- bluotrunsec), abgeleitet von mhd. bluotrunst
rücksichtigen, daß beim Blut (nämlich Christi) neben bluotruns f. «Abrinnen des Blutes, blut-
Weit, and, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 17
;

259 Blüte bocken 260

fließende Wunde», zusammenges. mit Runs Bocher, m. (-s, PI. wie Sg.): Jüngling,
(s. Älternhd. (auch bei Luther) meist Student. Im Judendeutsch, aus hebr. hächür
d.).

Uutrüstig, mhd. 1335 bluotristic (durch Ein- «Jüngling».


fluß von mhd. bluotrisec «blutiünstig», -risec •'Bock, m. (-es, PI. Böcke) das Männchen
:

zu risen «fallen»), blutsauer, adj.: sauer der Ziege, dann auch der Gemse, des Rehes,
bis aufs Blut, bei Luther. Blutschande, Schafes; den steifen Beinen des Ziegenbockes
f.: geschlechtliches Verbrechen bei Blutsver- Werkzeug oder Gerät; hoher
vergleichbares
wandtschaft. Blutsclireier, Kutschersitz am Wagen (Zachariä Renom-
Bei Luther.
m.: (im mittelalterlichen Gerichtsverfahren) mist 319); Balken oder Klotz zum Stoßen.
der Mordio hinter dem Totschläger und vor Mhd. hoc (Gen. hockes), ahd. bocch, bock m.
dem Blutgericht ruft, 1741 bei Frisch. Blut- dazu ndl. hok, ags. hucca, engl, huck, anord.
schuld, f.: Schuld durch verbrecherisches bokkr und bokki, schwed. bock, dän. buk m.
Blutvergießen. Bei Luther, blutwenig, Frühmlat. huccus m. Entlehnung aus dem
adj. u. adv.: sehr wenig. Um 1700 (Schel- Kelt. (altir. bocc) ist ebenso möglich, wie um-
muffsky 116). Blutwurst, f.: mit Blut ge- gekehrt des Keltischen aus dem Germanischen
füllte Wurst. Fi-ühnhd. (1517 bei Trochus (franz. bouc m. entstammt dem Kelt.). Doch
Q 1* Uuetworst). Blutwurz, f.: blutstillen- vgl. auch awest. bUza «Bock», armen, huc
des Kraut, tormentilla, ahd. hluotwurz. Blut- «Lamm», mit denen das Wort urverwandt
zeuge, m.: Märtyrer, im 17. Jh. 2) mit dem sein dürfte. Vgl. auch Hahergeiß.
Gen. Bluts-: Blutsfreund, m.: Blutsver- "Bock, m. (-es, PI. Böcke): unangenehmer
wandter, bei Luther Blutfreund. Verstoß. Einen B. schießen «einen Verstoß,
Blüte, f. (PI. -n): Entfaltung der Knospe Fehler machen», aber auch, wie wohl ui'spr.
zur Fruchtbildung; eine solche aufgegangene «zu Boden fallen», vgl. älternhd. Burzelbock
Knospe; (bildlich) Zustand ganz nach Wunsch. wie Burzelbaum. Zu mhd. bocken «zu Boden
Aus dem PI. (hlüete) des mhd. -ahd. hluot f.; fallen», buc m. «Sturz», die mit bücken zu
dazu ags. Med (aus *hlödi-) f. Zu hluhen. Bei biegen gehören.
Luther Blüet, landschaftlich noch vielfach ^Bock, m. (-es) und Bockbier, n.: eine
Blut, z. B. obersächs. Baunihlut. Art besonders starken Bieres in Bayern. Der
Blutegel, -gang, -geld usw., s. Blut. Name findet sich hier schon zu Anfang des
blutt, adj. u. adv.: bloß, entblößt, ohne 16. Jh., gekürzt aus Äimbock, d. i. (mit Ver-
alle Bedeckung, kahl (ühland 818 hlutt und derbnis des -beck in -bock) Bier aus Eim-

bloß). Mundartlich (bayr.- schwäb.- schweiz.- beck in Hannover. Man führte nämlich ehe-
elsäss., am Rhein und ndd.). Spätmhd. ver- dem von dort starkes Bier nach Bayern ein
einzelt Mut, dann bei Keisersberg, Brant, und braute es hier allmählich auch. Zur
Murner u. a., auch von Dasypodius und Entstehung mag mitgewirkt haben, daß auch
Maaler angeführt. Weiter scheint ein land- sonst Biersorten und Getränke mit Tiernamen
schaftliches Mutig (Weise Erzn. 11, Schel- belegt werden, z. B. Broylian, Büffel, Ente,
muffsky 80 keinen Mutigen Heller) hierherzu- Kalte Ente, Gause (zu Gans?), Geiß, Hähn-
gehören, wofür obd. Muttig vorkommt. Da- chen, Hund, Kälberzagel, Kater, Schöps, vgl.
zu ndl. Mut, Muts, Mutsch «kahl, leer», dän. die reiche Sammlung bei Kluge Deutsche
(entlehnt aus dem Nd.) Mot. Das Verhält- Studentensprache 22.
nis zu Moß ist unsicher; wahrscheinlich ist bockbeinig, adj. u. adv.: wie ein Bock
Mode (mit Ablaut) zunächst verwandt, das die Beine steifend starr widerspenstig. Schon ;

ndd.-hd. Mutt könnte aus *Muppa- (assimiliert im 16. Jh. in der 1. Bed.
aus *Mupna-) erklärt werden. ^bocken, v.: wie ein Bock springen; nach
blutwenig, Blutwurst, Blutzeuge, dem Bocke verlangen und von ihm bespningen
s. Blut. wei'den; nach dem Bock oder wie ein Bock
Bö, f. (PI. -en): heftiger Windstoß. Aus riechen (vgl. böckseln). Mhd. bocken «wie ein
ndd. höe, unbekannter Herkunft; dazu ndl. Bock stoßen».
hui,schwed. hy, dän. byge f. «Regenschauer, "bocken, v.: den Flachs auf der Bock-
Sturm, Windstoß». Stampfmühle stampfen. Aus dem Ndd.,
d. i.

Bober^ll, Bobereile, f. (PI. -w) : Juden- 1663 bei Schottel boken. Aus mnd. haken
kirsche. Spätmhd. hoborell aus dem uner- «klopfen, schlagen», das mit pochen (s. d.)

klärten mlat. Namen bohorella f. identisch ist.


261 bockig Bogen 262

l)OCklg, adj.u. adv.: wie bockbeinig: nach bis ins 18. Jh., sogar noch bei Rückert, so-
dem Bocke verlangend; nach dem Bocke rie- wie mundarthch) aus mhd. bodem, auch schon
chend oder schmeckend. Älternhd. bockicht, boden, ahd. bodam m.; dazu asächs. bodam,
mhd. dafüi- böckisch (noch 1678 bei Krämer). ndl. bodeni und (mit ITbergang des d in t)
Bockpfeife, f.: Dudelsack mit Bocks- ags. botniy engl, bottom, ferner mit einem n-
hörnern. Bei Krämer 1678. Suffix anord. botn, schwed. botten m., dän.
Bocksbart, m.: herabhangendes Kinnhaar bund (aus budn). Urverwandt sind (ebenfalls
des Bocks; (nach der Ähnlichkeit)Name meh- mit w- Suffix) lat. fimdus, aind. budhnäs, soAvie
rerer Pflanzen (in tmhnhd. Glossaren). gi\ TTueinriv (tt für qp wegen des 0) m. «Grund,
^Bocksbeutel, m.: Hodensack des Bocks Boden». Ln PL ist Umlaut eingedrungen
(bei Stieler 1691): (nach der Ähnlichkeit) (Luther hat noch J5.), doch nicht durch-
Flasche zu Würzburger Steinwein. gängig; Adelung weist die Form B. haupt-
-Bocksbeutel, m.: der steif bewahrte sächlich dem Niederdeutschen zu.
alteBrauch, das steife Kleben an einmal vor- Bodmerei, f. (PI. -en) An- und Darlehen -.

handener Gewohnheit. Zuiiickgehend auf das auf den Iviel eines Schifles oder auf dieses
ndd. boksbüdel (zusammeng. aus dem Gen. Sg. selbst zu hohen Zinsen, wenn das Schiff glück-
von bok «Buch» und büdel «Beutel»), das lich den Ort seiner Bestimmung erreicht, aber
als in der Mitte des zum Verluste der Anforderung des Darleihers
hamburgisch mehrfach
17. Jh. bezeugt Die Benennung stammt im unglücklichen Fall. Aus dem gleichbed.
ist.

daher, daß fi-üher die Hamburgerinnen an ndd. bodmerü, ndl. bodemerij f., engl, bottomry,
der Seite einen Beutel hängen hatten, wo- von ndd.-ndl. bodem m., engl, bottom «Kiel
rin sie ihr Gesangbuch und andres trugen (unterster Boden, Grundbalken) des Schiffes».
und diesen Beutel hei'kömmlich anbehielten, Bofist, BoYist, m. (-es, PI. -e): zischend
so daß er dann zum Sinnbild für- das Haften platzender Staubschwamm. Gnindlage des
an alter Gewohnheit wurde (vgl. Heitmüller mundai'tlich in verschiedenen Formen auf-
in seiner Ausgabe von Borkensteins Bookes- tretenden Wortes ist wahrscheinlich das in
beutel S. IX fg.). Glossaren des 15. Jh. belegte vohenfist, zu-
l)Öckselll, auch böckseru, v.: bockartig sammenges. aus vohen- mhd. vohe f.
(zu
riechen oder schmecken. Statt böckzeln, ab- «Füchsin») und fist m. «leiser Bauchwind».
geleitet von mhd. bockezen «stinken wie ein Derselbe Schwamm heißt gr.-neulat. lycoper-
Bock» (noch bei Schottel 1663, ßädlein 1711 don n. «Wolfsfist» (ndl. wolfsveest f.). Das
bökzen, bei Duez 1664 und bei Stieler 1691 später unverständlich werdende vohen- wurde
dafür bocke uzen, älternhd. auch böckeln, bei mehi'fach umgedeutet, so entstand ndd. bo-
Maaler 1561 böckelen). fist (zu bove «Bube»), das später ins Hochd.
Bockshorn, n.: Hörn eines Bocks; Name eindrang, und poflst (zu po «Pfau»), beide
mehrerer Pflanzen, namentlich des Johannis- auch in hd. Form als Bubenfist (1546 bei
Ijrotes und der cassia fistula (beides schon Bock 3, 1*^), Pfauenfisf.
spätmhd.). Redensart: ins B. jagen «in Angst Bogen, m. (-S, PI. Bogen u. Bögen) Krüm- :

versetzen, kleinmütig machen» zuerst bei Brant mung als Abschnitt einer Kreislinie; Watte
Narrensch. 160 ''j im 16. Jh. sehr gewöhnlich). mit solcher Kiäimmung; zusammengelegtes
Vielleicht eine Nachbildung der ital. Redens- (gebogenes) Papier von einer bestimmten
art dar Verba cassia (dafür altital. auch caccia) Größe. Aus mhd. böge, ahd. bogo m.; dazu
a qualchedutio «jemand den Laufpaß geben, ihn ndl. boog, ags. boga, engl, bow, anord. bogi,
wegjagen», mit Beziehung auf caccia Jagd schwed. bäge, dän. bue m. Zu biegen. An
(dergl.Wendungenmit Anspielungauf Pflanzen- Stelle der schwachen Flexion im Mhd. ist
namen waren sehr gewöhnlich); im Deutschen die starke getreten; doch älternhd. N. Sg.
wäre cassia (cacdd) dnrch Bockshorn übersetzt, auch noch Böge (bei Luther, doch Hiob 20, 24
außerdem noch durch jagen wiedergegeben. Bogen), Bog. Der PI. nimmt jetzt Umlaut
Anders Borchardt -Wustmann 75. ZfdW.4,330. an, namentlich süddeutsch (auch bei Goethe,
Boden, m. (-s, PI. Böden)-, der unterste Schiller), doch steht daneben das nicht um-
Raum wovon als Unterlage Raum unter dem gelautete Bogen. ABL. bogig, adj.: Bogen-
;

Dach als Aufbewahrungsort. Mit Abschwä- form habend. Bei Stieler 1691 bögicht. Bog-
chung des Suffixes -ew zu (schon bei ner, m. Verfertiger von Bogen zum Schießen,
-en :

Luther in der Bibel B., doch daneben Bodem mhd. bogencere m.


17*
263 Bohle -hold 264

Bohle, f. (PI. -n): breites dickes Brett. gr.qpapdeiv «pflügen», aind. bÄ^{r^j' f. «Scheere».
Mhd. md. Quellen) hole f.; dazu anord.
(in ABL. Bohrer, m.: Bohrwerkzeug. 1482 im
holr m. «Baumstamm, Rumpf». Dunkler Her- Voc. theut. e l'' horer.
kunft, vielleicht mit Balken (s. d.) verwandt. Boi, m. (-es, PI. -e): Wollenzeug, feiner
ABL. hohlen, v.: mit Bohlen belegen. als Fries und gröber als Flanell. Aus dem
Böhmen, mhd.-ahd. Beheim. Aus kelt.- ndd. baje f., ndl. haäi f., engl, bay und baize,
lat. Boioliemum n. Wohnsitz des keltischen schwed. boj n., dän. boi, hai n., die alle auf
Volksstammes der Bojer. Davon Böhme franz. boie, afranz. baie f. zm'ückgehen. Bei
m. und höhmisch, adj., mhd. behemisch. Henisch 1616 Bayh, Bay, bei Duez, Krämer
Redensart: höhmische Dörfer «fremde, unver- und Ludwig Bay und Boy.
ständliche Dinge», wie die slavischen Namen Boie, f. (PI. -n) Wiege. In Mitteldeutsch-
:

böhmischer Dörfer einem Deutschen vorkom- land, 1668 beiPrätoriusMagdetröster406Boije,


men (schon bei Rollenhagen Froschm. 1, 2, 15). 1752 bei Frisch teutsch-frantz. Wb. 136 Boye
Boh^merweih, n.: Zigeunerin (bei Schiller f., obersächsisch auch Boheie f. Dazu hoien,
Jungfr. V. Orl. 1, 3), nach franz. Bohemien V.: wiegen, 1711 bei Rädlein hoyen.
m. «Zigeuner», eig. Böhme. Boileine, s. Boje.
Bohne, f. (PI. -n) längliche Schotenfrucht.
: Boisalz, s. Baisalz.
Mhd. hone, ahd. bona dazu ndl. boon, ags. f.: Bojar, m. (-en, PI. -en): adeliger Guts-
hean, engl, hean, f. anord. baun
Das Ver- besitzer in der Walachei. 1585 bei Laur.
hältnis des Wortes zu den anscheinend ver- Müller polnische etc. Historien M. 4^^ Boiar.
wandten lat. fäba f., abg. hobü m. «Bohne» Rumänisch ftoiarm «Edelmann», aus serh.boljär
oder gr. cpoKÖcm. «Linse» ist schwierig zu be- der «Vornehme, Große», von bolji «besser».
urteilen, vgl. Hirt Btr. 22, 235, E. Schröder Boje, f. (PI. -n): schwimmendes, mit einem
ZfdA. 42, 71. Seil an einen Anker befestigtes Stück Holz
höhnen, v. mit Wachs glänzend reiben. oder Tönnchen, zum Zeichen, wo der Anker
;

Dafür mhd. büenen «glänzend machen, mit liegt; dann auch wie Bake (s. d.). 1720 im
Glanz überziehen». Die nhd. Form kann aus Robinson 1, 420 Boy. Aus dem gleichbed. ndd.
dem ndd. bönen abgeleitet werden dazu ndl. boje f., ndl. boei f., engl, buoy, die aus dem
;

hoenen, ags. bönian «eine Heizfläche blank Romanischen entlehnt sind, wo franz. bouee,
reiben». Doch kann auch nach obd. Laut- afranz. hoye, span. boya, port. boie f. Diese
gesetzen (s. versöhnen) höhnen aus einem nicht aber stammen urspr. wie auch das bereits
uragelauteten mhd. buonen hervorgegangen entlehnte mhd.-mnd. boie s. v. a. «SeU, Kette,
sein (ponen schon bei Hans Sachs Fab. 30, Fessel», aus altlat.fcöja f. «Lederriemen, Fessel».
229, hone «Getäfel» 1482 im Voc. theut. e l''). ZUS. Boileine f., Boiseil, n. Leine, Seil, :

Die Wurzel stimmt der Lautverschiebung ge- woran die Boje befestigt ist.
mäß mit gr. q)aiveiv «leuchten», aind. bhänus ^Bolch, m.: Belebe (s. ^Belche).
m. «Licht, Strahl», air. bän «weiß»; vielleicht ^ Bolch,m. (-es, PI. -e): Kabeljau. Als Fisch-

ist Bahn (s. d.) verwandt. name begegnet bollich bereits 1329 (Diefen-
Bohnenlied, n. Redensarten: einem das bach-Wülcker S. 275), ebenso in frühnhd.
B. singen ihm sagen, daß er sich entfernen Glossaren bullich (1482 im Voc. theut. e 4*
soll, weil man seiner nicht mehr bedarf; das «polipus»), bulich, bolich, bolch mit verschie-
geht übers B. «weit über Gebühr». Schon dener Bestimmung; 1561 bei Maaler Bolch
in der Hälfte des 15. Jh.: es ist mir übers «Kahlen».
2. Dazu mnd. bullik, bulik, bulk m.
hohnenlied (Mone Schausp. 2, 406, 78. Fast- «Kabeljau», ndl. bulk m. «eine Art Schell-
nachtssp. 845, 28) d. i. «zu arg». Das, Bohnen- fisch». Kaum zum vorausgehenden zu stellen;
lied ist ein weit in vielleicht von Bolle (s. d.) abgeleitet wegen
verbreitetes Volkslied,
dem allerlei Torheiten werden, der rundlichen, massigen Form des Fisches,
geschildert
mit dem Kehrreim nu gang mir aus den vgl. engl.-dän. bulk «Klumpen, Masse».
Bohnen (vgl. Uhland Volksl. 2, 614 fg.). -hold bezeichnet in Zusammensetzungen
bohren, v.: stechen, daß es ein Loch die Person, die dem in dem ersten Worte
gibt; drehend stechen. Aus mhd. born, ahd. Ausgedrückten nachhängt oder so ist, wie
borön: dazu ndl. hören,7 ags.
' O borian,7 engl.- jenes anzeigt, e. B. in Rauf-, Trunken-, Tücke-,
dä,n. bore, anord.-schwed. hora. Der Lautver- Witzbold. Mhd. -holt in trunkenholt, wankelbolt
schiebung gemäß stimmt ]ni. foräre «bohren», «Wankelmütiger», hetzebolt «Hetzhund», ent-
265 Bole Bomhe 266

spricht dem in Hainen erscheinenden -holt und Bolz, m. (-es, PI. -e) und Bolzeu, m.
geht zurück auf das Adj. mhd. halt, ahd. bald (-S, PI. wie Sg.): kui-zer dicker Pfeil (danach
«kühn». Daraus ist von Dichtern ein Subst. auf ähnlich gestaltete Eisen übertragen, z. B.
Bold, m.: kleines Wesen (Rückert 3, 145) Schließnagel, Plättstahl). Mhd. bolz, selten
geschaffen worden. bolze m., ahd. bolz m.; dazu mnd. holte «Pfeü,
Bole (bei Voß), f. : Kumpf für Speise oder Fußeisen», ndl. bout «Bolz, eiserner Schließ-
Getränk, nach engl, ioivl (s. Boivle). nagel», ags. holt m., engl, holt «Pfeil, Eiegel,
bölkcn, V.: schreien, biüllen (vom Eind- Fessel», schwed. bult, Island, holtiva. «eiserner
vieh usw.). Aus dem gleicbbed. mnd. holken, Schließnagel», dän. holt «Bolz». Man ver-
auch ndl. hdken und in Mitteldeutschland mutet ümdeutschung von lat. catapulta f,

im 15. Jh. hiilken;Henisch 1616 verzeichnet «Wurfmaschine», dann auch «Wurfgeschoß»,


holken und hölken. Lautnachahmendes Woii, doch kann das Wort auch germanischen Ur-
wohl Nebenform zu hlöken. Tgl. auch mhd. sprungs sein, vielleicht zu ahd. bolön «schleu-
bullen, hüllen, ahd. hullön «brüllen, bellen». dern, abschnellen» (s. Böller), doch macht da-
boll, l)Ollig, adj.: steif, ungeschmeidig (bes. bei die Ableitung Schwierigkeiten. Lit. heldu
bei den Lohgerbern vom Leder). Aus dem «anklopfen, anpochen» ist kaum verwandt,
Ndd. (mnd. hol «hohl»), aus dem Henisch 1616 da dies zu poltern (s. d.) gehört. Bolzen
hol und Schottel 1663 boll «hohl, geschwollen, hat sich aus dem mhd. schwach flektieren-
aufgeblasen» verzeichnen. Wohl zu5o//e(s.d.). den bolze entwickelt und hat Bolz jetzt fast
^''S.Boll-eiseil, n. ungeschm eidiges, sprödes ganz verdrängt (dies z. B. bei Heine 1, 311).
:

Stangeneisen. Bei Adelung 1774. Boml)ärde, f. (PI. -n): großes Steinge-


Bolle, f.: (PI. -n): Zwiebel, überhaupt schütz, Donnerbüchse. Aus afranz. hombarde,
Wurzelknollen: Blütenknopf der Pflanze; einerAbleitungvongr.-lat.&om?msm.(s.5om&e).
Samenknopf des Flachses: langrundes, mul- Bei Wächtler 1711. ABL. Bombardement,
denartiges Gefäß. Mhd, holle f. m. «Knospe n, (-S, PI. -s): Beschießen mit Bomben. Aus
und oben wie unten enges, in der Mitte gleicbbed. ft-anz. bombardement m. Bei Spe-
weites Gefäß zum Bombardier, m. (-5, PI. -e):
Auffüllen und Abziehen rander 1728.
des Weines», ahd. holla «Fruchtbalg oder Feuerwerker. Aus franz. bombardier , mlat.
f.

Knoten des Flachses» und m hirniholla f. hombardarius m. Bei Rädlein 1711 Bomhardir-
«Hirnschale»; dazu ndl. hol m. «Kugel, Ball, Gesellen. bombardieren, v.: mit Bomben
Blumenzwiebel», ags, holla m. «Gefäß,.Becber» beschießen. Aus franz. hombarder, mlat.
und in heafodbolla f. «Hirnschale», engl, bowl honibardare. Bei Stieler 1691.
«Gefäß, Napf, Becher», anord. bolli m. «Schale». Bombasin, m. (-5): Art baumwollen-
Das Wort gehört zu mhd. boln, ahd. bolön «wäl- seidenes Zeug. Aus dem gleicbbed. franz.
zen», dann «schleudern» und bezeichnet urspr. bombasin m., das mit ital. hombagino m. auf
überhaupt einen rundlichen Gegenstand. Ver- ein mlat. bombaciniicm n. zurückgeht, einer
wandt ist Ball (s. d.). Ableitung von mlat. bombax (Gen. hombacis)
Bolleisen, s. boll. m. f. «Baumwolle», das seine Grundlage in
Böller, m. (-S. PI. wie Sg.): kleiner Mörser gr.-lat. bombijx (Gen. bomhycis), gi\ ßö|ußut
zum Schießen. Älternhd. auch Böler (noch «Seidem'aupe» hat. Schon 1556 bei Frisius
bei Ludwig 1716, bei Duez 1664 und Krämer S. 1425* Bombasin «xylinum» (mhd. kommt
1678 Böhler), obd. Polier. Spätmhd. boler m. dafür wammasin vor),
«Wurfmaschine, Schleuder», zu mhd. boln, ahd. Bombast, m. (-s) Wortschwall, Schwulst. -.

holön in derBed. «schleudern», ui'spr. «wälzen». Aus engl, bombast «Wortschwall, aufgeblähte
bolllg, s. boll. Rede», eig. mit Baumwolle ausgestopftes
Bollwerk, n. (-es, PI. -e); WaU und Zeug, von mlat. homhax m. f, «Baumwolle»
Schanze zur Veiieidigung; Festvmgswerk vor (s, Bombasin). Im 18. Jh. entlehnt (Gott-
dem Hauptwalle. Mhd. holewerc, bolwerc n. sched, Liscow 77).
«Gerüste (Werk) zum Werfen oder Schleudern, Bombe, f. (PI. -n)-. große gefüllte Hohl-
Wurfraaschine», dann «Gerüst oder Befesti- kugel zum Schießen. Bei Krämer 1678. Aus
gungsanlage zurVei'teidigung einer Feste» usw., franz. bombe, ital.-span, bomba f., gleichsam
gebildet von mhd. boln «schleudera, werfen» «summendes Geschoß», von gr.-lat. bombus, gv.
und werc n. hier «Vorrichtung zuc Arbeit, ßöiLißoc m. «dumpfer, tiefer Ton, Summen,
Maschine, Gerüst». Daher franz. boulevard m. Rauschen».
267 Bonbou Bordell 268

Bonl)011, n. (PI. -s): eine Art Zucker- bei Mathesius Sarepta 80^ Borros), schon
werk, aus franz. bonbon, dem doppelgesetzten spätmhd. buras, aus mlat. borax f. (woher
bon «gut». Im 18. Jb. entlehnt. ital. boracem.), das auf arab. hätiraq beruht.
Boumot, n. (-S, PI. -s): Witzwort, wit- Borch, s. Barch.
ziger Einfall, aus franz. bon «gut» und mot ^Bord, m. (-es, PI. -e): umfassender
«Wort». Anfang des 19. Jli. entlehnt. oberer äußerer Rand; Schüfsrand und damit
BÖllhase, m. (-n, PI. -n): Pfuscher, Un- bildlich auch s. v. a. Schiff. Mit d durch
berechtigter zum Handwerk. Aus ndd. bön- ndd. Einfluß (Adelung hat noch Bort). Mhd.-
hase m. Handwerker, besonders Schneider, ahd. bort m. n. «Rand, Schiflfsrand»; dazu
der, weil er nicht Meister ist, heimhcb auf asächs. bord m. «Rand, Schiflfsrand, Schild-
dem obersten Hausboden (ndd, böne f.) ar- rand, Schild», ndl. boord m. «Rand, Schiflfs-

beitet, wo ihn die Zunftmeister aufsuchen rand, Ufer, Saum», ags. bord n. «Schiflfsseite,

oder wie man sagt, jagen (deshalb Hase). Schild», board «Rand, Schiflfsrand»,
engl,
Schon im 16. Jh. vorkommend (1568). Ent- anord. bord, schwed. -dän. bord n. «Rand,
lehnt ndl. beunhaas, schwed. bönhas, dän. Schiffsrand». Damit berühren sich Worte
bönhase m. Vgl. Walther ZfdW. 8, 191. mit br- im Anlaut, ahd. brort und brart m.
Bonne, f. (PI. -n): dienendes Mädchen, «Rand, Schiösrand, "\^orderteil des Schiffs»,
namentlich zur Kinderwartung. Aus franz. ags. brord m. «Spitze, Ährenstachel» und
bonne f. «Dienstmädchen», eig. F. des Adj. breord m., anord. broddr m. «Spitze». Wahr-
bon «gut», urspr. trauliche Anrede der Kinder. scheinlich sind zwei Wörter zusammenge-
Neue Entlehnung. fallen, ein bord, das eigentlich «Brett» be-
Boot, n. (-es, PI. auch Böte): kleines deutet und mit diesem verwandt ist, und
-e,

leichtes ofienes Wasserfahrzeug. Wie andre ein durch Schwund eines r aus brord «Rand»
Seemaunsausdrücke (s. Flotte, Tau) aus dem entstandenes bord, das zu abg. brazda f.
Ndd. entlehnt. Mnd. bot m. n., mndl. boot, «Furche» gehört und «Rand» bedeutet. Vgl.
entlehnt aus mengl. bot n. (nengl. boat), dies noch Borte.
aus ags. bat n.; dazu anord. beit n., häufiger Bord, n. (-es, PI. -e): Brett. Rheinisch,
aber (nach dem Ags.) bätr m., schwed. bat auch ndd., hd. eigentlich Bort. Aus dem
m., dän. baad. Auch franz. bateau m. «Fahr- gleich bed. mhd. bort n. (selten, vgl. auch
zeug, Boot» beruht auf dem ags. Wort. Diefenbach-Wülcker S. 278 u. Alberus Dict.
Das anord. beit gehört vielleicht zu biti m. BB*2^ bort «asser»); dazu ndl. -ags. feor(?, engl.
«Balken» und weiter zu avra.phait «Balken», board, anord. 6or(f, schwed.-dän.feorcZn. «Brett,
Liden Uppsalastudier 34. Im Hochd. zuerst Tisch, Tafel», got. -baurd in fötubaurd n. «Fuß-
1595 in Hulsius Schiffart als Boot m. n., brett, -bank». Jedenfalls zu Brett gehörend,
z. B. 1, 19, dann auch bei Henisch 1616 ver- dem gegenüber B. Umstellung des r und ab-
zeichnet, ferner 1657 bei Beilin S. 119 als weichende Ablautstufe zeigt. Vgl. ^Bord.
Boot n. «ein kleines schiflein», bei Schottel Borde, s. Borte.
1663, bei Stieler (als Bot m. n.), bei Ludwig Börde,
sich hinziehende fruchtbare f.:

1716 (als Ebene, besonders an einem Fluß, eine Fluß-


Bot, Boot, Both n.) usw.; in der
Literatur z. B. bei Fleming 580 Both, häu- ebene, z. B. Soester, Magdeburger Börde.
figer im 18. Jh. Der PI. zuweilen als Böte Aus mnd. borde, boerde, auch geboerde f.,
gebildet (wohl von dem älternhd. M. Boot das wohl nicht zu ndd. bord «Rand» (Fluß-
aus). Für die Zusammensetzungen Boots- rand) gehört, sondern zu mnd. boren, ho&ren
knecht, Bootsmann usw. «Schiffer» er- «gebüliren», also eig. «Gebührlichkeit, Kom-
scheint schon im 16. Jh. Boßknecht, Boß- petenz», dann «Gerichtsbezirk».
gesell, Boßleute, deren Boß- (beruhend auf Borden, n. (-es, PI. -e) : örtentliches Haus
ndd. bös- aus bots-) allmählich durch Boots- zur Unzucht. Aus dem gleichbed. franz.
verdrängt wird (Potsgesell bei Fischart bordel, ital. bordello m., einer dimin. Bildung
Binenk. 103, Bootsmann bei Henisch 1616, von afranz. borde, span. horda f. «Bretterhütte,
doch kennt noch Stieler 1691 auch Bosmann, Bude», die auf das deutsche -Bord (s. d.)
daraus entlehnt das gleichbed. frz. &ossewianm.). zurückgehen. 1475 findet sich klevisch im
Borax, m. (-es, PI. -e): die natürlich Teuth. bordeel, dann bei Fischart Garg. 90
vorkommende Verbindung der sogenannten bordäl, 1615 bei Albertinus Landstörzer 401
Borsäure mit Natron. Älternhd. Boraß (1562 Bordel, Henisch 1616 verzeichnet Bordeel.
269 bordieren Borst 270

bordieren, bortieren, v.: den Eand Mhd. in md. Quellen bilrnen, börnen, auch 1482
besetzen, einfassen. Aus dem gleichbed. im Voc. theut. e 1^ börnen oder brennen, 1540
franz. horder, von hord m. «Eand, Saum», bei Alberus Dict. Pp 4^ ich börn «brenne»;
dem das deutsche Bord, Borte (s. d.) zu- entsprechend mnd. burnen (neben bernen), ags.
grunde liegt. Bei Krämer 1678 hordiren, byrnan, engl. h.irn «brennen». Gegenüber
bei Erasm. Francisci 1668 hortiren. brennen (s. d.)Umstellung des r und
zeigt b.
^Borg, m. (-es, Vl.Börge): Sehwein, s.Barch. abweichende Ablautsstufe. \ ^.aMchBernstein.
"Borg, m. (-es): Dargabe oder Annahme borniert, adj.: beschränkt. Eig. Part.
auf Zurückgabe fin der Redensart auf Borg, Prät.von bornieren «begrenzen, beschränken»,
bei Schiller und Hebel auf Borgs durch das aus dem gleichbed. franz. &orner von franz.
Vermischung mit einem adv. horgs. Mhd. borne f. «Grenzzeichen, Ziel». Im 18. Jh. ent-
bore (Gen. horges) m.: was auf Zurückgabe lehnt (vonCampe 1795 besprochen).
dargegeben oder angenommen wird. Von Borretsch, m. (-es): als Salat und Ge-
borgen, v.: dargeben oder annehmen auf müse dienendes Gartenkraut mit behaarten
Zurückgabe; auf spätere Bezahlung geben Blättern und hellblauer Blüte, Gui-kenkraut,
oder nehmen. Mhd. borgen «bürgen, Bürge borago officinalis. Spätmhd. burretsch, bor-
sein», daneben aber in ursprünglicherer Bed. retsch m., aus ital. borragine, franz. bourrache
«Nächsicht haben, schonen, Acht worauf f., die auf der spätmlat. Benennung borägo,
haben», ahd. boragen «sich wovor hüten, Acht borrägo beruhen dieser hegt das lat. burra f.
f. ;

worauf haben, schonen»; dazu ndl. borgen, «zottiges Gewand», ital.-prov.-span. borra, franz.
ags. horgian, engl, borrow «borgen». Zu bergen bourre f. «ScheerwoUe» zugrunde. Der Xame
und abg. brega^ «ich sorge füi- etwas»,wegen der haarigen Beschaffenheit der Blätter.
falls

dies nicht aus dem Deutschen entlehnt Bors, s. Barsch.


ist.

Borke, f. (PI. -n) die rauhe äußere Baum-


: Borsdorfer,m.: eine aus dem meißnischen
rinde. Aus dem 2s dd., wo mnd. borke f.; Dürfe Borsdorf stammende veredelte Apfel-
dazu engl, bark, anord. börkr m. Dunkler art. Schon bei Luther. Bei Musäus (Kinder-
Herkunft. Häufig zu Birke gestellt, was klapper 79) verkürzt Borsterapfel.
aber keineswegs sicher ist. Bei Henisch 1616 Börse, f. (PI. -«): Geldbeutel; Versamm-
Borcke, Barcke. lungsort und Gebäude zur Besprechung im
Borkirche, f.: erhöhter ZuhöreiTaum oder Geldhandel usw. Spätmhd. burse f. ist «Geld-
Chor in der Kirche. Spätmhd. borjcv'che f., beutel, Kasse» (1385 die Nebenform borse,
zusammenges. mit ahd.-mhd. bor f. «Höbe, borsen Gombert6, 19), auch «zusammenlebende
oberer Eaum», das mit mhd. bürn, ahd. burian Genossenschaft und deren Haus», ahä.burissa
«erheben» wohl zu ahd.&eraw «tragen» gehört; f. «Tasche», dazu mndl. burse, ndl. beurs f.

ebenso Borscheune, f.: der Scheunenboden Vgl. a.uch. Bursche. Zugi-unde liegt mlat. bursa,
über der Tenne, Borwisch, m. runder
: ital.borsa, franz.boursef. «Beutel» (von Leder j,
Kehrbesen mit langem Stiel, um damit hoch diese aus gr. ßupca f. «abgezogenes Fell»,
hinauf wischen zu können. Vgl. empor. dann «Leder». B. beraht in seiner Lautform
Born, m. {-es, PI. -e): wie Brunnen, zunächst auf dem Ndl. (in Brügge bezeichnete
Quell: Quellwasser. Dichterisch, auch mund- B. zuerst das Versammlungshaus der Kauf-
artlich in Älittel- und Xiederdeutschland. Mit leute, vgl. WB. d. Volkswirtschaft -
1, 500)
Abfall eines -e aus mhd. (in md. Quellen) und wird in dieser Bed. (aber auch als
bume, borne, dann auch born (so 1469 im Studentenhaus) als Bors zuerst von Schottel
Voc. ex quo, 1482 im Voc. theut. e 1** neben 1663 und Krämer 1678 verzeichnet, während
prun)\ entsprechend mnd.-mnl. &orne m., ndl. Henisch in gleicher Bed. noch Burs hat.
born f., afries. burna m., ags. burn i., burna Börse «Geldbeutel» wird zuei-st von Adelung
m. und bume f. Identisch mit Brunnen (s. d. 1774 angeführt.
),
Vgl. Bursche.
^
nm- mit Umstellung des r. Luther gebraucht Borst, m. {-es, PI. -e): auseinanderge-
Born neben Brun, auch ist es verzeichnet brochene Stelle. Aus dem Md. Ndd., mnd.
1540 bei Alberus, dann 1616 bei Henisch. hurst, borst m.; dazu ags. byrst m., engl.
Die urspr. schwache Flexion ist der starken burst «Riß, Bruch». Zu bersten. Dafür bei
gewichen; Luther bildet den PI. Börne. Luther Borste f.
^
börnen, v.: brennen. Bei Luther (Hiob Borst, ra. {-es, PI. -e): Gesamtheit starrer
30, 28j und mimdartlich in Mitteldeutschland. Haare. Oberdeutsch (Schubart 2, 53 mit dem
;

271 Borste bosseln 272

B. der Wimper). In diesem Kollektiv hat zu ahd. hö^^an, engl, to heat «stoßen, schla-
sich mhd.-ahd, hörst erhalten (s. d. folg.). gen», aus *bauttjo (s dann aus tt). AVadstein
Borste, f. (PI. -n): ein starres Haar. geht von einer Bedeutung «schwellen» aus,
Mhd. horste, auch hürste, ahd. lursta f., da- die in einigen
O Fällen im Slavischen vorliegt,7
neben mhd. hörst m. n., ahd. hörst, hurst m. n. russ. huhnut' «schwellen, sich werfen» u. a.
dazu ags. hyrst n., anord. hnrst f., schwed. ABL. boshaft, adj. u. adv., 1535 bei
hörst m. und mit weiterer Ableitung ndl. Schwartzenberg Cicero 134, 1, älternhd. ge-
horstet m., ags. hrystl f., engl, hristle. Urver- wöhnhch hoshaftig (auch bei Luther, schon
wandt ist aind. hhrstisf. «Spitze, Zacke, Ecke», 1470 im m]at.-hochd.-böhm.Wb.l75 hoßhafftig).
lat. fastigium aus *farstigium «Giebel, Spitze». Bosheit, f., mhd.-ahd. hösheit f., auch in

Das M. N. Borst verschwindet im ältei'n Nhd. der Bed. «Nichtigkeit, Gehalt-, Wertlosigkeit».
^SL. borsten, weiter gebildet borsteln, V.: böslich, adj. u. adv.: auf böse, d. i. schlechte,
borstenartig emporrichten; refl. sich horsten, tadelhafte Weise, mhd. hoßsliche adv., selten
horstein: die Borsten sträuben. ßeiFrischl741. hoßslich adj. ZUS. bösartig, adj. u. adv.,
borstig, adj., im 16. Jh. horstig, hörstig, mhd. bei Dentzler 1709 hösärtig. Bösewicht, m.
horstoht. {-es, PI. -e und -er): nichtswürdiger Ver-

Bort, s. -Bord. brecher. Mhd. hoeseiviht (auch noch mit


Borte, f. (PI. -n): starkes, aus Seide und Flexion von hoßse) m., zusammenges. mit wiht
Goldfäden gewirktes Band, zunächst ein den «Wesen», dann «Elender» (s. Wicht). Der
Rand eines Kleides usw. zum Schmuck um- PL lautet schon bei Luther auch Bösewichter.
fassendes Band. Mit Wechsel des Geschlechts böswillig, adj, u. adv., spätmhd. hoestvillic.
aus mhd. horte m. «Einfassung, Rand, aus Boskett, n. (-es, PI. -e): Lustgebüsch.
Seide und Goldfäden gewii'ktes Band für sich Aus dem gleichheä.hanz.hosquet, ital. hoschetto
oder als Besatz», ahd. horto m. «Besatz, Saum, m., von ital. hosco m., das auf Busch (s. d.)
stark- und dichtgewirktes Band», zu mhd.- zurückgeht. Im 18. Jh. entlehnt.
ahd. hört m. «Rand» (s. ^Bord). Bei Luther böslich, s. höse.
noch als M. Borte, ebenso bei Henisch 1616 Boße, m. {-n, PI. -n) u. f Gebund Strohes,
:

und oft im 17. Jh. Borte, Borten, bei Stieler Flachses u. dgl. Mhd. hö^e, ahd. hö^o, mnd.
1691 Borte f. In der Bed. Einfassung gern hote m. «Büschel», dann s. v. a. «Gebund
Borde geschrieben (z. B. Schiller Räuber 2, 3), Flachs». Davon BÖßel, m.: kleines Gebünd-
vgl. hordieren. chen- Flachs, deren eine Anzahl einen Boßen
bös, s. höse. ausmachen, und bößeln, v.: den gerafften
böseben, v.: abhängig machen. Davon Flachs in Wohl zu
Büschel (Bößel) binden.
Böschung, f.: schräge Senkung, Abdachung. ahd. hö^an «stoßen», auf festes
in Hinsicht
h. ist urspr. s. v. a. mit Rasen belegen von zusammenstoßendes Binden, ygl.Stoß «Haufe».

Schweiz. Bosch, Posch m. «Rasen, Rasenstück» ^bosseln, v.-. Kegel schieben, kegeln. Mit
bei Maaler 1561 (auch graspösch), zu husch Kürzung des Vokals aus älterm boßehi (bei
gehörig. Böschung ist am Anfang des 17. Jh. Stieler 1691 hoselen), von dem dialektischen
als militärischer Ausdruck geläufig (1599 bei Boßel m. «Kegelkugel», abgeleitet von mhd.
Speckle Architectui-a). In nordd. Aussprache hogen «Kegel schieben», eig. «stoßen» (s.Am-
und auf der Bühne jetzt mit o. hoß). Davon Bosselleich, m.: Kegelbahn.
böse, gekürzt bÖS (Goethe Iph. 1877), Bei Luther Bosseleich, Bosleich. S. Leich.
adj.u. adv.: gehalt- und haltlos; nichts wert; ^bosseln, v.: in Kleinigkeiten arbeiten,
unnütz; nachteilig zuwider seiend; feindhch zusammenflicken, künsteln. Vielleicht mit Kür-
mißgestimmt. Mhd. hüese, ahd. hosi; dazu zung des Vokals aus spätmhd. hobeln, hoßgeln
mnd. u. mndl. höse, nndl. boos, afries. häse. «klopfen, schlagen», Iterativ zu bogen «schla-
Vergl. ferner engl, to hoast «prahlen, sich gen» (s. Amboß), im 16. Jh. auch in der Bed.
rühmen», norw. haus «hitzig, heftig, über- «künsteln, ausbessern, zusammenflicken, klein-
mütig», schwed.-dial. hös «wild, verwegen lich arbeiten» (z. B. Hans Sachs Fab. 193,24.
daherfahrend» (Wadstein Btr. 22, 238). Für Scheidt Grob. 1528). Doch ist auch nd. pöseln
die Grundbed. ist ahd. hosa f. und gibosi n. «sich mit Kleinigkeiten beschäftigen» zu be-
«Possen», hoson «lästern, scherzen», sowie das rücksichtigen. Davon BosSCl, m.: Haus-
entlehnte prov. hauzaL «Betrug» zu beachten. knecht, eig. der kleinliche Arbeit macht
Herkunft noch nicht aufgeklärt. Vielleicht (Hans Sachs Fastn. 85, 143).
273 bosseln brach 274

^bosseln, v. : halb oder ganz erhabene geht, gebildet von buta f. (s. Bouteille). Der
Arbeit machen. Aus dem Übergang zum M. erfolgte unter Einfluß von
gleichbed. franz.
hosseler, von hosse f. «Beule, Erhabenheit» mhd. botech, ahd. botah m. «Rumpf, Köi'per»,
(s. d. folg.). dem ags. bodig m., engl, body entspricht.
bossieren, v. : in weicher Masse (Wachs, Bottelier, m. (-s, PL wie Sg.): der die
Gips) erhaben formen. Mit fremder Endung Mundvorräte auf den Schiffen verteilt. Aus
gebildet von franz. hosse, ital. hozza f. «Beule, ndl. bottelier, das mit engl, hutler auf franz.
Erhabenheit», die mit ahd. bögan «schlagen» houteillier m. «Kellermeister» (s. Bouteille)
als«durch Schlagen entstandene Geschwulst» zm-ückgeht. Bei Adelung 1774.
zusammengebracht werden. Schon frühnhd. Bouillon, f. (PL -s): Fleischbrühe. Das
böswillig, s. höse. franz. houillon m., das eig. s. v. a. Aufkochen,
Botanik, f.: Pflanzenkunde. Aus nlat. Wallen, von franz. bouillir faus lat. hullire)
hotanica, gr. ßoraviKr] «Pflanzen betreffende» «sieden, aufkochen». 1715 bei Amai-anthes246.
(nämlich ^iricTriuri Bouteille, f. (PL -?i): gläserne Flasche.
«Wissenschaft»), von ßoxdvri
f. «Pflanze;^ Im 18. Jh. aufgenommen. Davon' Das franz. bouteille f., das auf das gleichbed.
Botaniker, m. {-s, PI. wie Sg.): Pflanzen- mlat. buticida f. zumckgeht, das Demin. von
kundiger. botanisch, adj. pflanzenkundig, mlat. huta, hofa, span.-port. bota, franz. boute f.
:

zur Pflanzenkunde gehörig. Nach dem gr.-lat. «Faß, Kübel, Schlauch, Wassergefäß», die
botanicus, gr. ßoxaviKöc. botanisieren, v. wahrscheinlich gr. ßüric, ßoOxic «Flasche» zur
Pflanzen suchen zu wissenschaftlichem Zwecke. Grtmdlage haben. Vgl. auch Bottich, Bütte.
1728 bei Stoppe Ged. 1, 151 hotanisireti. Im 17. Jh. entlehnt.
Bote, rn. (-W, PI. -n): der zum Überbringen
(PL -«): PuDSchnapf; Punsch. Bowle, f.

oder Ausrichten Abgeschickte. Mit Dehnung Aus engl, bowl «Kugel, Schüssel, Xapf».
des Vokals (doch heißt es älternhd. im Obd. S. Bolle. Bei Voß (Horaz. Sat. 2, 8, 86) in
Bott, noch bei Dentzler 1709) aus mhd. böte, deutscher Schreibung Bole.
ahd. boto m. dazu asächs. bodo, ndl. bode,
; boxen, v.: mit geballter Faust zu Leibe
ags. boda, anord. bodi m. Zu bieten. ABL. gehen. Aus dem gleichbed. engl, box, einer
Botin, f., erst im 18. Jh. gebildet (z. B. Ableitung zu dem unter pochen behandelten
Lessing 3, 316), bei Adelung 1793 noch nicht Verbum für «schlagen, stoßen»; entsprechend
verzeichnet. Botschaft, f.: übersandte Mit- wird zu mhd. buc m. «Stoß, Schlag» spätmhd.
teilung, aus mhd. boteschaft, ahd. (bei Notker) buxen «stoßen» gebildet. Vgl. auch haxen.
botoscaft, früher botascaf f.; dazu asächs. Boykott, m. i-s, PL -es) Verruferklärung, :

bodskepi, a.gs.bodscipe m. Dazu Botschafter, dazu boykottieren, v.: in Verruf erklären.


m.(-s, Pl.wieSg.): der im Auftrag eines Staates Nach James Boykott, einem Gutsverwalter
Abgesandte. Von mhd. boteschaften «eine in Irland, über den im J. 1880 die üische
Botschaft ausrichten oder verkündigen». Bei Landliga zuerst den Bann verhängte, was
Krämer 1678 Bottenschafter, allgemein «Bote», die Folge hatte, daß jedermann den Verkehr
seit 1700 als «Staatsgesandter», dem franz. mit ihm abbrach.
ambassadeitr entsprechend, üblich werdend. brach, (sprich brach) adv. : nach der Ernte
botmäßig, adj.: zu Dienst unter- oder umgebrochen ruhend, ohne bestellt zu werden.
bloß ergeben. Spätmhd. potmce^^ig
Zuerst bei Henisch 1616, sonst älternhd. ge-
(in der
Kanzleisprache) «sich nach den Geboten zu wöhnlich brache. Von Brache, f. (PL -n):
halten verpflichtet, Untertan», zusammenges. erstes Umgebrochensein und Ruhen des Bodens
mit mhd. bot n. «Gebot, Befehl». ABL. nach der Ernte: Land, das nach der Ernte
Botmäßigkeit, f.: die Macht zu gebieten. umgebrochen ist und unbesäet ruht. Mhd.
Botin, Botschaft, -schafter, s. Bote. hräche, spätahd. brächa f.; dazu mnd.-mul.
Böttcher, m. (-s, PL wie Sg.): wer brake f., zu brechen. Aus in der Brache
hölzerne Getäße mit nur einem Boden macht. oder im Brach liegen hat sich das Adv. brach
Gekürzt aus spätmhd. botecher. entwickelt; entsprechend ndl. braaÄ;, diin.brak.
Bötticher,
Von Bottich, m. hohes höl- ABL. brachen, v.: den Boden pflügen zum
{-es, PI. -e):
zernes, oben oflenes, aus Dauben zusammen- Ruhen nach der Ernte. Bei Luther dafür
gesetztes Gefäß beim Bierbrauen. Aus mhd. brochen (Hiob 39, 10). Mhd. brächen, ahd.
botech, boteche m., botecJie, bofege, botige f., brähhön. ZC/'5.Brachfeld,n., mhd. u. spätahd.
ahd, bofuhha f., das auf mlat. buiica zurück- brächvelt n. Brachmonat, m.: Juni (Zeit
Weigand, Deutsclies Wörterbuch. 5. Aufl. 18
, :
'

275 Brachse Brand 276

des Brachlegens), mhd. hrächmänot, ahd. hräh- Brahne, s. Brame.


mänöt m. Schwab.- Alem. noch volks-
Im Brakteät, m. (-e«, PI. -en): Hohlmünze
üblich, daneben Brächet m. BrachTOgel, von Gold- oder Silberblech. Aus mlat. hrac-
m., Nanae mehrerer sich geni auf Brache teatus (nämlich nummus «Münze»), abgeleitet
und Saatfeld aufhaltender Vögel, mhd. Iräch- von lat. hractea f. «dünnes Metallblech, Blech».
vogel, ahd. hrähvogel m, Bei Adelung 1774.
j

Brachse, s. Brasse. Bram, m, {-es, PI. -e) und Brameii, m.


\

Brack, Ausschuß, als un- (-S, PI. wie Sg.): Besenginster, Pfriemkraut.
n. (-es, PI. -e):
tauglich Abzusonderndes. Mit Übergang eines Aus ndd. hräni «Ginster», entsprechend ags.
w iah aus ndd. vjrak «untauglich, beschädigt», hröm m., engl, hroom «Ginster, Besen», während
als Subst. jedes Untaugliche, als untauglich mhd. hränie m., ahd. hrämo m. und hräma f.
Ausgeschossene, besonders durch Schiffbruch «Dornbusch» bedeutet, s. Bromheere.
untauglicher Schiffsrumpf (s. Wrack), Schiffs- Bramarbas, m. (Gen. Bramarhasses, PI.
trämmer: entsprechend ndl. ?üraÄ;, ah-ies.ivrak Bramarhasse): Großprahler mit Heldentaten,
«schadhaft geworden, untauglich», entlehnt Urspr. der Xame eines Großsprechers in einem
ins Engl, als Subst. ?t'rec/[; «Schiffbruch, Wrack» auon3'^men satirischen Gedichte, das Philan-
und schwed. vraJc, dän. wag u, «Ausschuß, der von der Linde (Burkhard Menke)
im An-
Wrack». Zuerst bei Steinbach 1734 verzeichnet. hang seiner „Vermischten Gedichte" 1710 mit-
ABL. hracken, v.: als untauglich ausson- teilte; danach gab Gottsched in der „Deut-
dern, z. B. Schafe. Aus mnd. wraken «für schen Schaubühne" der Dethardingschen Über-
untauglich erklären, ausschießen, verwerfen»; setzung des Holbergschen Lustspiels „Jakob
entsprechend ndl. wraken, schwed. vraka, dän. von Tyboe" den Titel „Bramarhas oder der
vrage. ZUS. Brackschaf , n. (dafür bei großsprecherische Offizier". Bei Pfeffel4, 136
Auerbach .Brac/t- m.). Brackware, f. der PI. Bramarhen. ABL. bramarbasieren,
Bracke, m. (-», PI. -w) : Leit-, Spürhund. V.: mit Heldentaten gi-oßtun (Schiller 2, 36).
Mhd. hracke, ahd. hraccJw dazu andd. hracka : Brame und Bräme, f. (PI. -n)-. Rand,
(Eigenname eines Jagdhundes), mnd.-mnl. Randbesatz mit Laubholz bewachsener Wald-, ;

hracke. Daraus entlehnt mlat. hracco, ital. Feld-, Wiesenrand. Bräme mit Wechsel des
hracco, franz. brache m. Dunklen Ursprungs, Geschlechts (Stieler 1691 hat noch Bräm n,,
Die alte Yergleichung mit lat. fragräre «stark Schottel 1663 aber Bräm f,) aus spätmhd. hrem
riechen, duften», vgl. Walde s. v., scheint nicht n. «Randbesatz, Einfassung, Rand» (jetzt obd.
überzeugend. hram, hräm) ; dazu ags. hrimnie m., engl, hrim
Brackwasser, n. : in einen Fluß einge- «Rand» und (mit Ablaut) anord. harmr m.
brochenes Seewasser, durch welches das süße «Rand, Kante, Ufer. Vgl. auch verbrämen. In
Flußwasser verdorben wird. Aus ndd.-ndl. der 2. Bed. erscheint meist Brame oder Brane
hrakwater n., zusammenges. mit ndd. hrak (Brahne), deren Verhältnis zu Bräme nicht
(1475 im Teuthonista) «bittersalzig, salzig«, aufgeklärt ist; vielleicht ist das seit dem 17. Jh.

dazu ndl. hrak «salzig», engl, hrack «Salz». auftretende Brane ganz von Bräme zu trennen
Bei Ludwig 1716. Kaum zu hrechen (dann (kaum durch Einfluß von Brane «Braue» auf
m-spr. s. V. a. eingebrochen vom Bräme zu erklären, während allerdings
Seewasser Bräm,
und später auf den Geschmack übertragen), Nebenform Augenhrame, s. d., auf Ver-
die
sondern eher zu Meer, also aus mrak-, Hirt mischung mit Brame zurückzuführen ist),
Idg. Forsch. 1, 475. Doch unterliegt auch Bramsegel, n. : Segel an der Bramstange.
diese Ableitung Bedenken. Aus dem gleichbed. ndl. hramzeil n. Bei
hrägeln, V. mit hörbarem Geräusch sieden, Apinus 1728. Bramstauge, f.: der kleine
:

schmoren prasseln. Mundartlich in Ober- und spitzzulaiifende Mast, der auf der ersten Ver-
;

Mitteldeutschland. Auch prägein geschrieben längerung des Mastes steht. Aus ndl. hram-
(bei Maaler 1561 präglen, 1562 bei Mathesius stang f. Beide sind zusammenges. mit ndl.
Sai*.IM^pregeln). Schon mhd. hregJen «hräten, hram n. «Bramsegel, Segel am Obermast,
schmoren», auch «schwätzen», später nament- d. i. dem Mast auf dem großen Mast», dessen
lich bei Obersachsen, auch bei Rädlein 1711. Herkunft dunkel ist.
Vielleicht verwandt mit mhd. -ahd. hraht m. Brand, m. ,(-es, PI. Brände): brennendes
Lärm (s. Pracht), doch wohl eher lautnach- Stück Holz; verwüstendes Feuer; Zustand
ahmendes Wort. eines Gegenstandes, daß dieser brennt; (bild-
277 Brand Brassen 278

licli) zerstörende Entzündung; zerstörendes Brandsohle,f.: innere Sohle unter deräuüem.


I

Schwai-zwerden an Pflanzen. Mhd. brant (PI. Bei Ludwig 1716 Brandsole. Brandstifter,
,

brende), ahd. hrant (PI. brenti) m. in den bei- jm.: der einen Brand erregt. Friihnhd. (loOl
den ersten Bedd.; dazu ndl.-afries.-ags. brand im Voc. opt. N5^ brantstiffter «incendiarius»),
m., engl, brand, anord. brandr («brennendes entsprechend ndl. brandstichfer m.
Holzstück»), schwed.-dän. brand m. Mt einer Branke, s. Franke.
Ableitungsendung zu brennen (s, d.) gebildet. Branntwein, m. (-es, PI. -e): aus Wein-
ABL. branden, v. (von Meeres- und Land- hefen, Flüchten oder Gewächsen ab^ezofrene
:

seewellen) aufbrausen und sich brechen. Aus geistige Flüssigkeit. Spätmhd. (^zuerst 1360
dem Xdd., vgl. ndl. branden «in Brand stehen, in Frankfurt a. M. erwähnt, s. ZfdA. 6, 269)
flammen, in Feuerwellen sich bewegen»; in brantvnn, zusammengerückt aus brant (ge-
der jetzigen Bed. von den ndd. Dichtei'n küi-zt aus gebrant) icin «der gebrannte Wein»,
Klopstock (Oden 2, 54) und Voß eingeführt, urspr. mit Flexion des ersten
Wortes (noch
aber Adelung 1793 noch nicht bekannt. Schon Eäuber 2, 3 gebt mir ein Glas
bei Schiller
früher findet sich das abgeleitete Brandung, Brandtemcein), dann in fester Verbindung
f Aufbrausen und Brechung der Wellen an Branntewein (Goethe 12, 93) oder Brannt-
:

der Küste oder verborgenen Felsen. Aus ndd. tvein. Die Nebenform Brandwein erklärt sich
brandung f entsprechend ndl. Iranding f. Im aus dem Part. Prät. gebrand bei Luther, sie
,

Robinson (l720j 1, 420 und bei Stembach 1734 findet sich im 16. Jh. (z. B. bei Rollenhagen
verzeichnet. Brander, m.(-s, Pl.wieSg.j: mit Froschm. 3, 1, 13) und wird noch von Frisch
Brennstoffen angefülltes Schiff zum Anzünden 1741 angesetzt. Bei Adelung Branntwein.
feindlicher Schiffe. Aus dem gleichbed. ndl. Entlehnt ndl. brandeicijn m., dän. brändeviin
brander m. Bei Krämer 1678 (1613 bei Hul- m., schwed. brännvin u.
sius Schiffart 10, 38 begegnet dafür Brauner Braute, s. Pranke.
oder Brandschiff). brandig, adj.: braad- Bra£, m. {(jen. Brasses): Masse wertloser,
artig, älternhd. brandicht; den Brand habend lästig fallender Dinge. Aus dem Ndd., wo
(prandig 1562 bei Mathesius Sarepta 176^ vom mnd. bras m. «Schmaus» (s. prassen), dann
Brand im Getreide). ZUS. Brandbrief, m. «Lärm, Gepränge»; das Wort diingt gegen
Brief, der mit Schädigung durch Brand droht, Ende des 15. Jh. auch ins Hd. ein mid nimmt
spätmhd. (vom J. 1402) brantbrief m.: (bild- hier auch die Bed. «Gemengsei», dann «Haufe
lich) dringlich gehaltener Brief(Goethe Br. 1, wertloser Dinge, Wust» an, bei Stieler 1691
|

104); Bettelbrief, mit Berufung auf er-' verzeichnet und in der Umgangssprache des
eig.

littenen Brandschaden (als studentisch bei 18. Jh. sehr gewöhnlich. Auch nicht selten
Kindleben 1781 angeführt). Brandfuchs, Praß geschrieben (z. B. Weiße Lustsp. 1, 197,
m. Fuchs mit schwarzem Bauche, schwarzer Lessing 7, 234, Goethe Faust 10322j. Ferner
:

Schwanzspitze und schwarzen Läufen; dunkel-, findet sich in gleicher Bed. Brast (Lessing 8,
fuchsrotes Pferd (1644 bei Duez 153); Student 168), Prast (Günther 698), wohl mit ange-
j

im zweiten Halbjahr Kindleben 1781 neben tretenem t aus Braß entwickelt (schon 1482
(bei
Brande^-). Brandmal, n.: Zeichen des Bran- im Voc. theut. e3* brast «pompa»), zugleich
des. Bei Luther. Brandmark, n. u. Brand- auch beeinflußt durch älternhd. und mund-
marke, f.: eingebranntes Zeichen. Dafür artlich Brast m. «Kummer, Sorge», zu mhd.
älternhd. Bra-ndmerk (1616 bei Henisch, auch bresten «auseinanderbrechen, gebrechen, er-
noch 1678 bei Krämer Brandmärck , aber mangeln». Li gleicher Bed. ndl. bras m.
Brandmarck bei Ludwig 1716), vgl. ndl. brand- Brasse, f. fPl. -n)-. Seil an dem Ende der
merk n.; Brandmarcke bei Steinbach 1734. Segelstangen, um sie nach dem Winde zu
Davon brandmarken, v.: mit einem ein- richten. Aus dem gleichbed. ndl. bras m.,
gebrannten Zeichen kenntlich machen, insbe- das auf das ebenfalls gleichbed. fi-anz. bras
sondere als einen Verbrecher. Bei Krämer m., urspr. «Ai-m» zuriickgeht. Bei Adelung
1678. Brandmauer, f: feuerfeste Mauer. 1774. brassen, v.: die Brassen oder (das
I

Bei Stieler 1691. Brandopfer, n.: ein bis Segel) vermittelst der Brassen anziehen und
auf die Eingeweide zu verbrernendes Tieropfer. so richten. Aus dem gleichbed. ndl. brassen,
Bei Luther, brandschatzen, v.: eine Geld- von dem gleichbed. franz. brasser, eig. «mit
auflage festsetzen zur Abwendung feind- i
den Armen oder einer Stange rühren».
liehen Niederbrennens, spätmhd. brantscMtzen. Brassen, m. {-s, PI. wie Sg.) u. Brasse,
18*
: ;:

279 Braten brauen 280

f. (PL -n): cy- wird».


ein karpfenähnlicher Fisch, Älternhd. auch Brau; Bräu ist die
prinus latus. und noch
Urspr. mundartlich obd. Form, die sich von Bayern aus ver-

im Obd. Brachsen, Brachsem (bei Dentzler breitet hat. Von brauen (s. d.).
llOQBrachsmen), mit Abschwächung des m der Brauch, m. (-es, PL Bräuche): (veraltet)
Endung zu n aus mhd. hrahsem, brasme m. Verwendung wovon; herkömmliches Üblich-
und hrahsme, hrahse f., ahd. hrahsenia, hralisa sein. Ahd. (einmal heil^ otker) prüh m., mhd.
f. dazu andd. hressenio, ndl. brasem m., engl. nicht nachzuweisen und erst im 15. Jh. (bei
;

brasse, schwed. braxen, dän, brasen. Aus Nie. V. Wyle) auftauchend. Von brauchen,
dem Deutschen entlehnt franz. breme f. V. im Genüsse wovon sein wozu verwenden
: ;

Dunkler Herkunft, kaum zu mhd. brehen wozu nötig haben (im 17. Jh., bei Logau 3,
«glänzen». 4, 92). Aus mhd. brüchen, ahd. hrühhan;
^Braten, m. (-s, PL wie Sg,): zu braten- dazu asächs. brükan, ndL bruiken, ags. brücan
des oder gebratenes größeres Fleischstück. mit starker Flexion, «genießen, sich einer
Aus mhd. brate (Gen. braten) «Fleisch, Sache erfreuen, ertragen», engl, brook «er-
Weichteile am Körper», ahd. hräto m. (auch tragen, sich begnügen mit», schwed. (ent-
von Teilen des menschlichen Körpers, z. B. lehnt) bruka, dän. bruge, got. brükjan «wo-
den Lenden), lat. (entlehnt) brädo «Schinken», zu anwenden, gebrauchen». Urverwandt ist
andd. brädo «Wade», daneben mhd.-ahd. brät lat. frui, fructus «genießen». ABL. brauch-
n.; dazu ags. brcede m., anord. bräd f. «rohes bar, adj. Bei Henisch 1616. bräuchlich,
Fleisch». Wahrscheinlich hat dieses Braten adj.: wie brauchbar; im Gebrauch. Bei Luther
nichts mit dem folgenden zu
tun. Grundbed. breuchlich.
zunächst «Weichteil». Die urspr. schwache Braue, f. (PL -n), auch Braune, f. (PL -w)
Flexion ist der starken gewichen, doch N. Sg. Haarstreifen über dem Auge; Wimper. Aus
älternhd. noch Brate, Brat (PL im 17. Jh. mhd. bräwe, brä, ahd. bräwa, brä f. «Augen-
öfter Bräter, zu dem N. Brat?). Redensart: braue, Augenlid»; dazu asächs. bräwa, bräha,
den B. riechen «einen Anschlag merken», ags. brcßw, anord. brä f. Mit abweichendem
mhd. den braten smecken. ZUS. Braten- A''okal acrs. brü, anoi'd. brün f., die der Laut-
rock, m. Rock, der bei Festlichkeiten ge- Verschiebung gemäß mit aind. bhrfis, gr. 6q)püc,
tragen wird, wohl nach engl, roastmeetclothes. abg. brüvi f. «Braue» übereinstimmen. Ahd.
'braten, v. (Prät. briet, Part, gebraten): bräwa zeigt Ablaut zu ags. brü usw. Über
über, an, in Feuer dui'ch äußeres Hartwerden die Nebenform Braune, sowie Bran (bei Schottel
oder Hartmachen mürbe und genießbar wer- 1663), Brane, selbst Brame s. Augenbraue.
den oder machen. Mhd. braten, ahd. brätan; brauen, v. über Feuer bei aufsteigendem
:

dazu ndl. braden, ags. brcedan. Hierher ge- Wasserdampfe bereiten, zunächst Bier (auch
hört noch anord. bräär «hitzig», sowie Brodem bildlich vom wallenden niedrigen Nebel, bei
(s. d.); verwandt mit brühen (s. d.), das Ab- Gökingk, Goethe). Mit Übergang eines in in
laut zeigt, brüten, und weiter vielleicht lat. u, später au (doch älternhd. auch oft breuen,
fretmn «Brausen, Wallen, Hitze», fretäle «Brat- noch jetzt obd.) aus mhd. briuwen (Prät. brow,
pfanne», gr. ßpoiccu) «siede, brause» mit an- Part, gebrüwen), ahd. briuwan; dazu ndl. brou-
derem Wurzelauslaut, wenn germ. &r- aus wen, ags. breowan (mit starker Flexion), engl.
mr- entstanden ist. ABL. bräteln, v. breiv, anord. brugga, schwed. brygga, dän.
langsam braten. Bei Voß. ZUS. Bratspieß, brygge. Auf die gleiche Wurzel gehen zurück
m., zusamm enges, mit Spieß (s. '^ Spieß), urspr. ahd. brod, ags. broß n., engl, broth «Brühe,
Spiß, mhd.-ahd. spi^ m. «Spitze, auch Brat- Suppe»; dazu defrutum n. «Mostsaft»,
lat.

spieß» (verschieden von Sjneß m. « Stech walFe»). phryg.-thrak. ßpOrov «Bier, Obstwein», air.
Bratwurst, f., mhd.-ahd. hrätwurst f. bruthe «Brühe». Der urspr. Begriif des Wortes
Bratsche (mit ä), f. (PL -n): Arm-, Alt- scheint also «kochen» gewesen zu sein, vgl.
geige. Aus ital. viola da braccio; braccio ist auch Brot. Man könnte auch braten, brüten,
das lat. brachium n. «Arm». Bei Krämer 1 678. Brühe, Brei u a. im letzten Grunde mit un-
Bratspieß, -wurst, s. braten. serm Worte verbinden, da der gleiche Anlaut
Bratze, s. Pratze, jbratzeln, s. brotzeln. einer Reihe von Worten, die alle auf die
Bräu, n. (-es, PL -e): eine bestimmte Menge Speisebereitung gehen, kaum Zufall sein kann.
gebrautes Bier; Brauhaus. Aus mhd. briuive Die starke Flexion findet sich älternhd nur
f. n. «das Brauen und was auf einmal gebraut noch vereinzelt beim Part. Prät. gebrauen
281 l)raiui bray 282

(Logau 1, 51). ABL. Brauer, m.: der Bier brud f. «Verlobte», got. brüßs f. «Schwieger-
braut, mhd. briuiver m., daneben hrmive m. tochter». Lis Mlat. entlehnt bruta f., woher
(daher jetzt bayr. Bräu m.). Davon Brauerei, afranz. bruy, franz. bru f. «Schwiegertochter».
f., bei Duez 1664. Die Etymologie war umstritten, vgl. Wlede-
braun, adj.: aus Rot und Schwarz ge- mann Bezz.Btr. 27, 205ff. Nach den Auseinander-
mischt. Aus mhd.-ahd. hrün: dazu ndl. hruin, setzungen von Braune aber, Btr.32, 30 ff. ist lat.

ags. hrün, engl, broivn, anord. hrünn, schwed. /riTfas «Beinahme der Aphrodite» zu vergleichen.
brun, dän. bruun. Ins Romanische aufge- ABL. bräutlich, adj., mhd. briutelich, ahd.
nommen als ital. bruno, franz. bru7i. Auch brv.tWi. ZUS. Brautbett, n., mhd. brütbette,
lit. br'Ünas nebst slav. hrunatmü «caeruleus, ahd. brüthetti n., entsprechend ags. brydbed,
fuscus» dürften entlehnt sein. Dagegen geht n., engl, bridebed. Brautführ er, m., fiühnhd.
auf die Wurzel zurück lit. beras (Albertinus weibl. Lustg. 99*^). Bräutigam,
gleiche
«braun ;>, aind. babhrü-s «braun» (dem das m. (-.s, PI. -e) Mann der Braut. Bei Luther :

deutsche Biber entspricht, s. d.), vermutlich Breutigam, Breutgam, aus mhd. briutegome,
gr. q)pijvri f., qppövoc ra. «Kröte», vgl. auch Bär. entstellt briutegoume, briut€game(davau.s Bräu-
ABL. Bräune, f.: braunes Aussehen, mhd. tigam, da e vor g in unbetonter Silbe zu i
briune: erstickende (braunrote) Entzündung wird), ahd. brütigomo m.; dazu asächs. brüdi-
der Luftröhre (bei Hans Sachs Fab. 144, 135 gumo, ndl. briiidegom, bruigom, ags. brydguma,
Preun). bräunen, v.: braun machen, mhd. engl, bridegroom (mit Anlehnung an groom
briunen. -bräunlich, adj.u.adv.: etwas braun, «junger Mann»), anord, brudgumi, schwed.
bei liUihaY bräwiUcht ZUS. Braunkohle, brudgum, dän. brudgom, zusammenges. mit
f., 1781 bei Jacobsson technol. Wb. 1, 283. ahd. gomo, asächs. gunio, anord, gunii, ags,-got.
Braune, s. Braue. guma m. «Mann» (verwandt mit lat. homo m.):
Braus, m. (Gen. Brauses): rauschendes im Got. dafüi' brüßfaßs m. (-faps stimmt der
Getöse. Mhd. ^rwsm. «Brausen, Lärm». Von Lautverschiebung gemäß mit gr. iröcic (aus
brausen (s. d.). Ndl. bruis n. «Schaum, Gischt». *iTÖTic) «Gatte», aind. ^a^?s «HeiT, Gatte», lit.,
Brausche, f. (PI. -n): mit Blut unter- patis m. «Ehemann»), Der PI. wird zuweüen
laufene Beule. ]VIhd. (selten) brüsche f., ndd. als Bräutigams (Goethe Götz 1) gebildet.
brüs, brUsch. Vielleicht mit schwäb. brausch Brautlauf, m. (Schiller Teil 4, 3 nach dem
«spröde, brüchig», ndl. &roos (ausmndl.brösch), Schweiz.): Vermählungsfest, Hochzeit. Mhd.
anord. breyskr «gebrechlich, schwach» zu ags. brütloufm.f., brütlouft m.f.n., ahd. brütlouftm.
brysan «brechen», engl, bruise «quetschen»; n., brütloufti f.; dazu ags. brydhlop n. anord.
Bedeutung müßte «schla- brüdlaup n., schwed. bröllop n., dän. bryllup n.
die urspi-ün gliche
gen» gewesen sein. ABL. brauschig, adj.: «Hochzeit», ein gemeingerm. Wort, das wohl
(Goethe 18, 324) geschwollen, wulstig. urspr. die feierliche Einholung der Neuver-
Brause, f. (PI. -w): der das Wasser brau- mählten bezeichnet.
send durchlassende seihartige Aufsatz am Rohr bray, adj. u. adv.: tatkräftig, tüchtig; sitt-

der Gießkanne und diese selbst; Dusche. Mhd. lich vorwurfsfrei. Aus franz. brave, ital.-span.
vereinzelt brüscheL «Dusche», älternhd. kommt bravo (daher bravo ! als Ausruf, aus der ital.

Brause nur in der Bed. «Gärang» vor, die Oper stammend) «tapfer, wacker», die wahr-
jetzige bei 1, 44. Von brausen, scheinlich auf lat. bärbarus «barbarisch», dann
Voß Ged.
V.: bewegte Luft oder Flüssigkeit «wild, unbändig» zumckgehen. Das Wort ist
als heftig
stark hörbar sein. Aus mhd. brüsen (auch in den ersten Jahrzehnten des 17. Jh. auf-
brüschen): dazu ndl. bruisen (iriiher britischen, genommen worden (ndl. schon 1599 bei Kilian),
auch ndd. brüsken) «schäumen, brausen», und zwar zunächst in der Bed. «tapfer», (1617
aschwed. brüsa «einherstürmen». Die Bed. bei Opitz Aristarch 93) auch «ungestüm, un-
«rauschen» hat sich wahrscheinlich aus «sieden, bändig» (z.B. Logau 1,100), dann auch «wacker,
wallen» entwickelt, so daß brausen eine «-Er- tüchtig» (vereinzelte Belege aus dem 16. Jh.
weiterung der Wurzel von brauen wäre. bei Fischer 1, 1376). ABL. brayiereu, v.
Braut, f. (PI. Bräute): durch Ehever- Trotz bieten, mit Verachtung begegnen. 1615
sprechen Gebundene. Aus mhd. brüt (PI. bei Albertinus Landstörzer 470 braviren. Aus
briute), ahd.brütf. «Verlobte, Neuvermählte»; ital. bravare, fi-anz. braver «trotzen». Davon
dazu asächs. brüd, ndl. hruid, ags. bryd, engl. Brayäde, f. (PI. -n): Großsprecherei. Aus
brüle «junge Frau», anord. hrüdr, schwed. -dän. franz. bravade, ital. bravata f. «ig. «Trotz-
: :

283 bravo Bremse 284

bieten». Im 17. Jh. entlehnt. BraTÖur, f.: breidr, schwed.-dän. bred, got. braips. Dunkler
Tapferkeit. Aus dem gleich bed. franz. hra- Herkunft. ABL. Breite, f., mhd. breite,
voure f. Bei Wächtler 1711. •dhd. breiii, dazu got.braideit breiten, v.:
brayo! s. hrav. auseinanderdehnen, mhd.-ahd. breiten; dazu
Breche, f. (PI. -n): Werkzeug zum Brechen asächs. bredian, ags. brcedan, anord. breida,
des Flachses oder Hanfes. Mhd. breche f., schwed. breda, dän. brede, got. h'aidjan.
von ^brechen. Breitling, m.: eine Art Weißfische (1564
^breclieiijV. (Prät. hrach, Växi. gebrochen): Forer 167*^ ist Breiitele «die Bleie»); eine
sich auseinandertun; entzweigehen oder ma- Äpfelart (1517 bei Trochus J6^ breydeling).
chen; auflösend vernichten. Refl. sich h.: ^Bremse, f. (PI. -n)-. die große Stechfliege.
sich mit Gewalt zerteilen; aus dem Magen Älternhd. Breme (auch bei Luther, noch bei
durch den Mund gewaltsam von sich geben. Adelung und Campe als Bräme erwähnt,
Mhd. brechen, ahd. brehhan; dazu asächs. hre- mundai'tlich obd. und md. erhalten) f., mit
kan, ndl. breken, ags. h'ecmi, engl, break, Wechsel des Geschlechts aus mhd. breme,
schwed. (entlehnt) bräcka, dän. bräkke, got. brem m. (selten f., wie andd. bremmia mit
brikan. Es stimmt der Lautverschiebung ge- Umlauts -e, auch brceme ist vorauszusetzen,
mäß mit dem gleichbed. lat. frangere, dessen vgl. Schweiz. Id. 5, 605), ahd. bremo m., zu
n, wie das Peif. fregi zeigt, Präsensverstärkung brummen, ahd. breman und verwandt mit

ist. S. brach, Brocken, Bruch. ZUS. Brech- lat. fremere dss., gr. ßp^iuoi «brause», vgl.

stange, f., 1663 bei Schottel 532. wonach dann


Osthoff Morph. Unters. 5, 93 ff.,

"brechen, v. (Prät. &rec/i^e, Fart gebrecht) Breme s. v. a. «Brummer, Bnimmfliege» aus-


brechen maich.en(^Flachs,Hanfb)'echen). Früh- drückt, vgl. elsäss. Brums. Es kann aber
nhd. (1482 im Voc. theut. e 3^ brechen, flachs- auch zu ai. bhramaräs m. «Biene » zu bhrämati
prechen), abgeleitet von Breche. «er schweift umher» gehören. Die weiter
brechlich, adj. (Claudius 6, 52 u. ö.): abgeleitete Form Bremse stammt aus dem
gebrechlich. Aus dem Ndd., wo mn<l. brekelik Ndd., wo andd. brimissa, dazu ags. brinise f.
«gebrechlich». in ndd.-md. Glossaren des 15. u. 16. Jh. er-
-brecht Eigennamen, eine Nebenform scheint bremse, bromse (1517 bei Trochus H 5^
in
von -bert, s. d. brom.szen), brumse, während die obd. Wörter-
Bregen, m. {-s)-. Gehirn. Niederdeutsch, bücher die Form noch nicht kennen; 1616
namentlich in Bregenwurst «Hirnwurst». Aus verzeichnet aber Henisch B. neben Bremme
mnd. bregen n., dazu ndl. brein u., ags. brcegen und 1663 Schottel neben Bräm Brämse,
n., engl, brain. Man vergleicht gi'. ßp^xMoc Brömse, Brumse, auch Duez, Krämer haben
m. «Vorderkopf» unter Ansatz von *mregh, B. (Stieler, Ludwig dagegen nicht).
vgl. Osthoff Morph. Unters. 5, 92. ^Bremse, f. (PI. -n): Nasenklammer zur
Brei, m. (-es, PI. -e): dick ge- und zei-- Bändigung wilder Pferde; Vorrichtung zum
kochte Speise. Aus mhd. brie, bri (Gen. brieti, Hemmen an einem Räderwerke mittelst eines
spätmhd. auch mit starker Flexion), ahd. brio, Kurbelrades. Älternhd. auch Bremes (Alberus
bri m. dazu ndl. brij, ags. brnv m. Die Her- Dict, R 3*), Brems n.
; Spätmhd. bremse f. in
kunft läßt sich nicht sicher ermitteln, da ein der 1. Bed., zuinickgehend auf mnd.j^/n/iesef.,
genau entsprechendes Wort in einer andern premes n., das mit einer s- Ableitung gebildet
idg. Sprache fehlt. Man kann es zu lat. friäre ist von mnd. -ndl. pra^nen «pressen, klemmen»,
«zerreiben, zerbröckeln» stellen, aber auch dazu mnd.-mndl. prame f. «Druck, Zwang»,
zur Wz. von lat. frlgo «rösten, dörren ». Da das weiter mit got. anapraggan «bedrängen»,
neben diesem gr. qppÜYUj in derselben Be- Tühd. pfrengen «in die Enge bringen, zwängen»
deutung steht, also ein Wechsel von i und ü verwandt ist. In gleicher Bed. findet sich
vorliegt, so kann man auch brauen, brühen, bei Kilian bremer, bei Maaler 1561 bremen.
braten heranziehen. Im Nhd. nur- mit starker Die 2. Bed. zunächst im Bergbau (1673 bei
Flexion, doch bayr. mit Eintreten des n der Berward Berg-Phrases 13 Brems f., Brems-
schwachen Dekl. in den Nom. Brein. ABL. rad, 1556 hei G. Agricol-A prembsschuch «har-
breiig, adj., älternhd. breiicht. pago»), im 19. Jh. auf Maschinen und Eisen-
breit, adj. u. adv.: ausgedehnt im Gegen- bahnwagen angewendet. ABL. bremsen, v.
satz der Länge. Mhd.-ahd. breit; dazu asächs. Spätmhd. (bei N. v. Jeroschin) prempzen (für
bred, ndl. breed, ags. hräd, engl, broad, anord. bremsen) «zwängen, bändigen».
285 Brenke Brett 286

Brenke, s. ^Brente. -Brente oder Brinte, f. (PL -n): vier-

brennen, v. (Fr'ä.t.bra7mte, Ysirt. gehrannt) eckiges, aus gerösteten Mandeln und Zucker,
dui'ch Feuer versehren; durch Feuer ver- Mehl und Eiweiß bereitetes Gebäck mit ein-
zehren machen; Empfindung wie von Feuer gedruckter Figur, in Frankfui-t a. M. An-
mitteilen; von Feuer oder wie von Feuer gelehnt an brennen «rösten»; aber in Aachen
ergriffen sein;flammend oder feuerglänzend (Müller -Weitz 188) Prent, Print {. «Abdruck
sein. Mhd.-ahd. h. ist nur Faktitiv; dazu von Blumen oder Figuren», wie ndl. und engl.
and. brennian, mnd. (mit Umstellung des r) print, dann Pfeflerkuchen der eine Figur ,

herneii, ags. (ebenso) hcernan, anord. brenna, j


darstellt, zu a&ch. prente «Leinwand diaicken»,
schwed. bränna, dän. brande, got. brannjan. ndl. prenten, engl, print, aus airani. preindre,
\

Nhd. b. hat aber auch das Intransitivum von lat. preniere «drücken».
mhd. brinnen (Prät. bran, Part, gebrunnen), brenzeln, v.: nach Breimen schmecken
ahd. brinnan in sich aufgenommen:
dazu oder riechen. 1537 bei Dasjpodius hrentzelen
Umstellung beornan,
asächs. brinnan, ags. (mit \
und hrenselen, das Dimin.von älternhd. brenzen
uuurd. brinna (dafür- meist brenna), schwed. {
(1664 bei Duez), das von brennen gebildet
brinna, got. brinnan. Das zweite n ist präsens- I ist. Daneben bei Stieler 1691 brinzelen.
bildend und wohl aus iv entstanden, Grund- ABL. brenzlich, adj. u. adv.: dem Gerüche,
form also *brinwö. Es gehört vielleicht zu Geschmack nach angebrannt. Bei Stieler 1691
air. brennini «sprudele» und im letzten Grunde hrenzeliclit und hrinzelicht.
(mit w-Infix) auch zu lat. fervere. Vgl. auch Bresche, f. (PI. -n) -.
gewaltsamer Mauer-
hörnen. Wäkrend Luther brennen auch oder Walibruch einer Befestigung. Aus franz.
als j

Intrans. gebraucht (unter ndd. EinfluJJ, schon breche f. «Bruch, Lücke, Scharte», das auf
I

mnd. ist bernen auch intrans. verwendet, ver- ahd. -hrehlia in mürbrehha f. «Mauerbrecher»
einzelt auch md. z. B. Elisabeth2239), findet zui'ückgeht. 1617 bei Wallhausen Cox-p. mil.
sich sonst im Jh. noch oft brinnen,
16. u. 17. 189 (vgl. auch Gombert 6, 21); daneben im
namentlich Oberdeutschen (yerbrunnen
bei I
17. Jh. Presse f.

Opitz 1, 42, entbran Logau 2, 243, gebrunnen 1


Brestel, f.: Erdbeere (Rückert Ges. Ged.
2, 69, selbst noch entbronnen bei Goethe 4, 301). Schwäbisch Bröstel f. und Bräst-
ew. Jude). Das Prät. von brennen lautet I ling m.., spätmhd. bresteling «Gartenerdbeere»
bei Luther brandte, Part, gebrand, später 1616 bei Henisch Breßling «weiße Erdbeere»;
brannte, gehrannt, daneben aber bis gegen j
bei Schmeller- 1, 46 Pröhstling m. «große
Ende des 18. Jh. auch brennte, geh'ennt Erdbeere».
(brennte Wieland 18, 123, verbrennt Bürger bresthaft, adj.: mit Leibesgebrechen be-
132, gehrennt Goethe 8, 177). ABL. Brenner, haftet. Auch preßhaft (s. d.). Mhd. bresthaft
m. (-6-, Plur. wie Sg.): der absichtlich Feuers- «mangelhaft», gebüdet von mhd. brest m.
brunst verursacht, mhd. brenncere; der etwas «Mangel», das auf mhd. bresten «gebrechen»
brennt, z.B. Branntwein; Hii'schkäfer (Luther beruht. Vgl. Geh esten.
2. Mos. 8, 21 am Rande), weil er angeblich Brett, n. (-es, PI. -er) : aus einem Baum-
Kohlen auf seinen Hörnern in Gebäude trägt; stamm geschnittenes Holz, das mehr breit
Brand in Getreide, an Pflanzen, Bäumen (auch ,
als dick ist; Tisch (in den Redensarten:
bei Luther); Gegenstand an Beleuchtungskör- ans B. kommen, hoch am Brett sein); Brett-
pern. S. auch brenzeln. ZUS. Brennglas, n., spiel (daher die Redensart einen Stein im B.
bei Stieler 1691. Brennessel, f., bei Brunfels haben, d. h. zu seinem Vorteil). Mhd.-ahd.
1530, mhd. dafür eiterne^^el d.i. «Giftnessel». bretn.; dazu ags. bred n., dän. (entlehnt) brcet.
I

Brennpunkt, m., von Harsdöi-fer gebüdet Von gleicher Wurzel, nur mit andrer Ab-i

(Mathemat. Erquickstunden 1651 1, 301). -Bord (s. d.). Daneben


lautsstufe gebildet,
^Brente, f. mit Dehnung des Vokals Bret (Goethe Tasso
(PI. -n): kufenartiges hölzernes
Gefäß mit niedrigem Kande. S]^ätmhd.brentei. 3199. 12, 93. Schiller 11, 362. Wall. Lager
(auch um 1480 im Voc. ine. teut. d 2'' hrenten 1036 im Reim); die Form ist früher nament-
oder potung [Bottich], «Faß, Kufe, Maß»), ent- lich bei Mitteldeutschen sehr häufig und
lehnt aus ital.-mlat. brenta f. «Art Weinfaß». findet sich bei Stieler, Rädlein, Steinbach,
Daneben auch Brenke f. und Brenkel (im Voc. Adelung angegeben, dagegen hat Luther
ine. teut. c 2^ als * vulgariter» neben Brente) n., Bret, aber Bretter, die südd. Wörterbücher
jetzt am Mittel- und Oberrhein. Brett und im 18. Jh. wird diese Form auch
287 BreTC Brille 288

verlangt von Frey er 1737, Gottsched Sprachk. (ebenso 1616 bei Henisch), in der jetzigen
^^240 und Heynatz, bei Campe erscheint sie Bed. aber erst im 18. Jh. Briefschaften,
als die herrschende. ABL. 'bretteln (Schiller PI.: mehrere Briefe oder Schreiben. Bei
Eäuber 2, 3): den langen Puff spielen, bret- Frisch 1712. ZUS. Briefsteller, m.: der
tern, adj., spätmhd. bretenn (Germ. 28, 361 Briefe entwirft (bei Stieler 1691); Anweisung
von 1432), bei Luther (2. Kön. 4, 10) hrettern zum Briefschreiben (Volck v. Wertheim der
und (Sir. 29, 29) hretern. ZUS. Brettspiel, auf neue Manier abgefaßte und allezeit fertige
n., mhd. hretspü n. Briefsteller 1722).Brieftasche, f., 1491
Breve, n. (s, PI. -n und -s): minder im Voc. renim e5". Briefträger, m., mhd.
förmhcher päpstlicher Erlaß. Im 15. Jh. i brieftreger, m. Briefwechsel, m.: Aus-
aus mlat. hreve «kurzes Schreiben», besonders tausch von Briefen. 1644 bei Harsdörffer
|

«ein päpstliches», dem als Subst. gesetzten! Gespr. Bd. 1, Schutzschrift S. 22.
N. des lat. Adj. brevis «kurz». Vgl. Brief. \
Bries, s. Brös-chen.
Brevier, n. (-s, PI. -e): Betformelbuch i

Brigade,
f. (PI. -n): gi-ößere, von einem

des katholischen Geistlichen. Im


besondera Generale befehligte Heeresabteilung
15. Jh.

hreviere n., aus lat. hreviärmni n., eig. «kurzes von zwei Regimentern (so zuerst in Gustav
Verzeichnis», dem als Subst. gesetzten N. Adolfs Heer). Aus franz. brigade f. und dies
des lat. Adj. breviärius «kurz gefaßt», ab- aus ital. brigata f., eig. «Gesellschaft», dann
geleitet von dem auf lat. brevis «kurz» zu- «Trupp, Rotte, Heerschar», gebildet von ital.
mckgehenden lat. breviäre «kurz fassen». brigaf. «Zank, Streit, Ungelegenheit, Mühe»,
Brezel, f., Prezel, Bretzel (PI. -n): Back- brigare «zanken, streiten, eifrig streben,
werk in der Gestalt zweier armartig zueinander woraufhin bemüht sein». Zur Zeit des
geschlungenen länglichen Ringe. Mhd. brezel 30jährigen Krieges entlehnt (Gombert 6, 22
(auch gedehnt brcezel?), p-ezel, ahd. p-icella f., vom J. 1639).
daneben auch breze f. (daher bayr. die Bretzen, Brigänt, m. {en, PI. -en), s. d. folg.
Schwab. Bretz, Brefzg) und broßzte, ahd. Brigantine, f. (PI. -n): leichtes Schnell-,
brezita, precita f. (daher schwäb. die Bretzet, Jagdschiff. Aus ndl. brigantine (1599 bei
Bretzget), sowie ahd. prezitella f. (daher elsäss. Kilian), engl, brigantine, franz. brigantin, zu-
die Brettstell).Zugi-unde liegt lat. bracMolum rückgehend auf ital. brigantino m., urspr.
n. «Ärmchen», Demin. zu brachium n. «Arm», wohl «Raubschiff», von ital. brigante (daraus
das im Mlat. zu bracellimi, sowie bracitum franz. brigand m.) «unruhiger, gefährlicher
und bracitellum (vgl. m. ital. bracciatello Mensch, Räuber», das im 18. Jh. ins Deutsche
«Brezel», franz. brechetelles PI.) umgebildet entlehnt wurde, Part. Prät. von brigare (s.
worden sein muß. Xeben Bretzel steht mit Brigade). Im 16. Jh. entlehnt (1596 bei
langem e Brezel, wie von Heynatz Handb. Fronsperger Kriegsb. 1, 128^ die Bergandten,
und Adelung verlangt wird, außerdem nordd. 1, 135^ Bergantin, 1567 bei Schmidel Reis.
mit anlaut. p Bretzel (so von Freyer 381 55, 12 Bergentinschißein).
verlangt), Prezel. Südd. und westmd. nur Brigg, f. (PI. -s): zweimastiges Kriegs-
mit kurzem Vokal. und Lastschiff. Aus dem gleichbed. dän.-
Bricke, f. (PI. -n) Art Neunauge. Auch
-.
schwed. brigg m., engl, brig, das aus brigantine
Pricke. Aus dem Ndd., wo mnd. pricke f., gekürzt ist.

dann auch 1469 im mrhein. Voc. ex quo brillant, adj. u. adv.: glänzend; prächtig,
pryecke «cirtis», 1475 im Teuth. pryeke, ndl. ausgezeichnet. Als Subst. Brillant, m. [-en,
prik m. Dunklen Ursprungs. PI. -en) : eckig geschliffener Edelstein, Glanz-
Brief, m. {-es, PI. -e): schi-iftliche Ur- edelstein. Aus dem franz. Adj. brillant, eig.
kunde; Zuschrift; zusammengefaltetes Papier- von briller, ital. brillare «glänzen,
Part. Prät.
blatt. Mhd. brief (Gen. brieves) «Brief, Ur- funkeln», von gr.-lat. beryllus (s. auch Brille),
kunde», überhaupt «Geschriebenes», ahd. brief, dem Namen eines Edelsteines, dessen Glanz
briaf, mit einem (aus lat. e hervorgegangenen) und Durchsichtigkeit gerühmt wurde, gr.
ie aus lat. breve n. (s. Breve). Entsprechend ßrjpuWoc m. f. «ein meergrüner indischer
ndl.briefm., anord. brefw. «Urkunde», schwed. Edelstein». Das Adj. und das Subst. 1717 bei
bref, dän. brev n. ABL. brieflich, adj. u. Nehi'ing.
adv,: mittelst eines Briefes. Ahd. brieflih Brille, f. (PI. -n)-. verbundene Sehgläser
«in Form einer Urkunde, eines Schriftstückes» füi" beide Augen. Älternhd. bis ins 17. Jh.
289 Brimborium Brodem 290

(z. 1, 72) und noch jetzt mund-


B. Schupp mann Bezz. Btr. 27, 231. Verwandt ist noch
artlichauch Brill m. Brille f. ist aus dem Brunkel (s. d.). Goethe gebraucht die Foi-m
PI. hervorgegangen und kommt schon seit Brinken (in Sandbrinken). ZUS. Brink-
dem 15. Jh. (auch bei Luther neben dem M.) sitzer, m.: Angerhäusler, Halbbauer, Hinter-
vor. Mhd. herüle, harille m., im 15. Jh. auch sasse. Aus nd. Brinksitter m. In gleicher
hriUe, hrül, ist zunächst der Name eines Bed. Brinkköter, Brinklieger, Brinksasse.
durchsichtigen Edelsteines (s. und Brise, f. (PI. -n): kühler (Nord)wind.
Beryll
brillant). Dazu ndl. bril m. ZUS. Brillen- Aus dem gleichbed. franz. biise, span. brisa f.,
schlange, f.: giftige Schlange mit brülen- ital. brizza, engl, breeze, deren Herkunft un-
ähnlicher Zeichnung auf dem Halse. Bei sicher Moderne Entlehnung.
ist.

Adelung 1774. Brite, m. {-n, PI. -n): Einwohner Eng-


Brimborium, n. (s, PI. -s)
nichtswerte lands. -.
JIhd. Britte, ahd. Pretto, aus lat.
Kleinigkeit, (Goethe Faust 2650). Brito, Britto und diese aus dem Keltischen,
Lappalie
^lit latinisierter Endung aus dem gleichbed. kymrisch Pnjdain, selten Bryt oder Brydein,
franz. hritnhorion m., nach Hatzfeld-Darmsteter Stammesname, davon das Adj. britisch,
Umbildung von lat. breviärium, s. Brevier. englisch. ABL. britten, v. die Engländer :

bringen, v. (Prät. brachte, Part, gebracht) nachahmen (Goethe 6, 110), dafüi- im 18. Jh.
:

von einem Orte zum andern schaffen, an auch brittenzen.


einen Ort tragen oder führen. Mhd. bringen Britsche, f., s. Pritsche.
(Prät. auch stark branc, PI. brungen, Part. Brocke,! (Lessing 1,.394), meistBrocken,
gebrungen, häufiger Prät. brähte, Part, bräht). m. (-S, PI. wie Sg.): abgebrochenes dickeres
ahd. bringan: dazu asächs.bringan, ags.bringan Stück. Aus mhd. brocke (Gen. brocken), ahd.
(Prät. brang und bröhfe), engl, bring, schwed. broccho m. , dazu ndl. brok m., mit Ablaut
(entlehnt) bringa, dän. bringe, got. briggan zu brechen gebildet. Im Got. das gleichbed.
(Prät. brähtd). Daneben mit abweichender gabruka f. An Stelle der schwachen Flexion
Präsensbildung asächs. brengian, ags. brengan, im Mhd. jetzt starke, doch Nom. Sg. älternhd.
ndl. brengen, auch md. bis in die nhd. Zeit noch Brocke, Brock. ABL. brocken, v.:
brengen, von dem das schwache Pi-ät. (got. Ln Brocken brechen. Mhd. brocken, ahd.
brähta aus *branhta) ausgegangen zu sein brocchön. Davon die dimin. Bildung bröckeln, \

scheint. Zu kymr. he-brwng «herbeibringen», V.: zu kleinen Brocken brechen (bei Frisch
he-bryngiad «der Herbeiführer», körn, hem- 1712), mit dem Adj. bröckelig, älternhd. i

bronk «er wird herbeibringen». Nach Brug- bröckelicht (1616 bei Henisch bröcklet).
mann Idg. Forsch. 12, 154 eine Vermischung Brod, s. Brot.
der Wurzeln idg. bher «tragen», lat. fero, brodeln, bru (lein (Wieland 19, 362), auch
gr. qpepiu, got. bairan und enk, gr. ^verKeTv prudeln (Goethe Faust 5255 j v.: kochend auf-
«bringen». Das Part. Prät. lautet bei Luther wallen: langsam kochen (intrans.). Aus mhd,
'

und noch sehr häufig im 17. Jh. bracht (doch brodelen, brudelen, das zu spätmhd. (noch jetzt
'

verlangt Schottel gebracht), dann auch wieder hayr.) prod n., ahi.prod, protn. «Brühe», früh-
bei Kückert 1, 541. nhd. brod «aufsteigende Wasserblase» (1429 hb.
Brink, m. (-es, PI. -e): ord. rerum Bl. 3*) gehört, dazu ags. brodn.
erhöhter Gras-
platz; Grasrain; auf einer «Brühe», engl, broth «Fleischbrühe». Ahd.
feuchte Stelle ^

Wiese. Aus dem Xdd., wo mnd. brink m. prod entspricht ziemlich genau lat. defrntum
«grasiger Hügel», überhaupt «Hügel, Gras- «der eingekochte Most, Mostsaft», thrak.
platz, Grasrain»; dazu engl, fcn'wft «äußerster ßpöToc, ßpüTov «eine Art Gerstenbier» und
Kand, Ufer», schwed. (entlehnt) brink m. gehört wohl zu der unter brauen bespro-
«steiler Berg», dän. brink «sanft angehender chenen Sippe. B. kann aber auch mit Sprudel,
Hügel», anord. (mit Assimilation des n an k) sprudeln verwandt sein (vgl. Siebs Kuhns
brekka f. «Hügel» neben bringa f. «gi-asiger Zeitschr. 37, 307), wie denn auch im 17. Jh.
j

Hügel». Da br auf vir zuräckgehen und Brudel als «Sprudel» vorkommt. Ablautend j

der Nasal eingeschoben sein kann, läßt sich schließt sich dann Schweiz, bradle «wallen,
gall. brogae «Acker», Ällobroges, ir. mruig, !
schmatzen, schwätzen» an.
bruig «Mark, Landschaft» und mit Ablaut Brodem, auch Brodeu, m. (-5, PI. wie
lat. d. Mark «Grenze» ver- Sg.):
rnargo «Rand», dicker Dunst aus heißer, kochender j

gleichen, vgl. Walde s. v. Anders Wiede- Flüssigkeit; dicker Dunst überhaupt. Die
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 19
:

291 Brokat Bruch 292

Form Broden mit Schwächung des -em zu lat. frustuni n. «ein Brocken, Stückchen,
-en auch bei Goethe 1, 214. Nat. Tochter Bissen», s. Walde s. v.
1985 u. ö. Mit Verwandlung des ä in 5 Brosche, f. (PI. -n): Vorstecknadel. Aus
(doch wird Braäem noch 1722 von Freyer franz. brocke f. «Spieß, Nadel» (s. Brokat).
S. 268 verlangt) aus mhd. brädem «Dunst», Moderne Entlehnung. —
hrOSChieren, v.:
ahd. hrädam m, «Hauch, Hitze». Verwandt ein Buch nur heften. Aus franz. hrocker
ist zunächst ags. brced f. «Dunst, Hauch», «stechen, durchstechen». ABL. Broschüre,

engl, hreath «Atem» und weiter braten (s. d.). f. (PI. -n): bloß geheftetes Buch mit Um-
ABL. bradmen, v.: dick dunsten, mhd. schlag; Schrift von einem oder wenigen Bogen.
brädmen, ahd. hrädamon. Beide gegen Ende des 18. Jh. entlehnt.
Brokat, m. {-es, PI. -e): mit Gold- und Brös-chen, n. (-s, PI. wie Sg.): Bmst-
Silberblumen durchwirktes schweres Seiden- drüse des Rindes, Kalbes, Lammes. Aus
zeug. Aus ital. broccato m. (daher franz. dem Md., dafür schwäb. Brüsle, bayr. Brüsel,
brocat, brocart m.) von broccare, franz. Briesel n., auch nur Bries und verkleinernd
hrocher «stechen, sticken», das auf ital. hrocca, Bries-cken. Vgl. auch die gleichbed. dän.
iranz. brocke f. «Spieß, hölzerne Nadel, Stick- hrissel, schwed. bress in kalvhress. Falls u
nadel» zurückgeht. 1717 bei Nehring Brocat, der ursprüngliche Vokal ist, vielleicht mit
1721 bei Jablonski Broccat. ABL. Bro- Brosame zu ags. brysan nach dem bröckeUgen
katen, adj. Aussehen der Drüse.
Brombeere, f. (PI. -w): schwarzblaue Bröselein, n. (Goethe 1, 178. Faust 9592)
Frucht des Brombeerstrauches dieser Strauch Brotbröckchen.
; Aus dem Obd. (1616 bei
selbst, rubus fruticosus. 1537 bei Dasypodius Henisch Brösele), das Dim. zu Brosame, mhd.
Bromheer. Mit Verwandlung des ä in (später brosemlin n., bei Luther Brosemlen. bröseln,
gekürztes) o aus inhä.bräniber N.Pl. (s. Beere), V. bröckeln. Schon im 16. Jh.
:

ahd. brämberi «Beere des Brombeerstrauches Brot, u. (-es, der aus Mehl und
PI. -e):
(mhd. bräme m., ahd. bränio m. und bräma f., Wasser bereitete und gebackene Teig als
die auch überhaupt «Dornstrauch» bedeuten, tägliches Nahrungsmittel des Menschen (bild- ;

dazu ndl. braam m. und mit weiterer Ab- lich) Nahrungsbedarf, Nahningspflege; Bienen-
leitung ags. bremel m., engl, bramhle «Brom- brot (s. d.). Auch häufig Brod geschrieben;
beerstrauch»). Vgl. auch Bram. das d kann aus westmd. u. ndd. Mundarten
Bronnen, Bronn, m. {-s, PI. Bronnen): erklärt werden, beruht aber vielleicht auch
wie Brunnen. In der Dichtersprache seit auf grammatischem Wechsel. Luther hat
dem Ende des 18. Jh. gebraucht: die Laut- Brot, was auch sonst im Älternhd. über-
entwicklung wie bei Sonne mhd. sunne, ge- wiegt (doch Brod 1540 bei Alberas Dict.^:
ronnen mhd. germinen. Brod steht bei Rädlein, Frisch und dann
Bronze, f. (PI. -n): bräunliche Metall- bei Adelung, bei andern Brodt. Mhd. brof,
mischung aus Messing, Zinn und vornehm- ahd. hröt, hrötk n.; dazu asächs. hröd, ndl.
lich Kupfer; Kunstwerk aus Bronze. Aus brood, ags. bread, engl, bread, anord. braud,
franz. bronze und dies aus ital. bronzo m., schwed.-dän. hröd n., im Got. dafür klaifs
das man auf aes Brundisium d. h. Erz aus (s. Laib). WahrscheinUch zu brauen (s. d.)
Brindisi, dessen Metallarbeiten berühmt waren, zu stellen und im Ablaut zu dem unter
zurückführt. Revue archeo- brodeln besprochenen Brod stehend. ZUS.
Vgl. Berthelot
logique 1888, 294, Schrader Reallexikon 203. brotlos, adj., bei Henisch 1616. Brotneid,
Im Anfang des 18. Jh. entlehnt (1734 bei m., bei Adelung 1793.
Wolff math. Lex.). brotzeln, s. brutzeln.
Brosam, m. {-es, PI. -e), Brosame, f. Broyhan, m. {-s, PI. -e): Art Weißbier,
(PI. -n): das inwendigeWeiche vom Brote. aus Weizen gebraut. Angeblich von Kurt
Obd. und dichterisch, fast nur im PI. (das Broykakn oder Brnkan 1526 in Hannover
M. Brosam von Klopstock u. a. gebraucht). erfunden. Fischart Garg. 86 führt Brükan
Mhd. hrosme (die mundartlichen Formen er- als ein werdisches Bier auf.
weisen langes ö), ahd. hrosania, hrösma f., brr! Interj., Laut zum Stillstehen der
dazu asächs. brosmo m. «Brocken». Zu ags. Pferde Laut des Schauders.
; ,

^
brysan «zen-eiben», brosnian «gebrochen wer- Bruch, m. {-es, PI. Brücke): Handlung
den», also eig. «Bröckchen» und weiter zu des Brechens: Gebrochensein: Stelle, wo et-
293 Bruch brüllen 294

was gebrochen ist; Abgebrochenes; Teil eines Schweiz, brügi (brnge bei Maaler 1561) «er-

Zahlenganzen (schon 1514 bei Böschensteyn). höhter Bretterboden, Brettergerüst», die von
Mhd. bruch, ahd. brüh m., zu brechen. ABL. «hölzernes Gerast» anzunehmen (obd. Brück
brüchig:, adj., mhd. brüchic. auch «breite Liegestatt von Brettern am Ofen,
Bruch (mit ü), n., häufiger m. (-es), PI. Bril- Gestell» u. dgl.), vgl. noch Prügel. ABL.
cher und Brüche) Sumpfboden Sumpfwiese. brücken, v.: eine Brücke oder als Brücke
: ;

Mhd.bruochn. m., ahd. bruohn., dazu mnd. brök bereiten; mit einer Briicke versehen. Mhd.
n., ndl. broek f., ags. bröc «Bach, Gießbach», brücken, ahd. bnickon; ags. brycgian ist
engl.brook «Bach». Dunkler Herkunft; kaum «pflastern».
zu brechen, als Ort wo Wasser hei-vorbricht brudelu, s. brodeln.
oder zu brack (s. d,). Redensart: in die Bruder, m. (s, PI. Brüder): Person
Brüche gehen «verloren gehen», eig. «in den männlichen Geschlechts, die mit einer andern
Sumpf geraten» (vgl. in die Pilze gehen). dieselben Eltern oder denselben Vater, die-
ABL. bruchig, adj., spätmhd. bruochig und selbe Mutter hat; Person gleichen Amtes oder
bruochehf. Ordens. Mhd. bruoder (PI. bruoder, erst spät
^
Bruch (mit ?7), f., auch n. (PI. Brüche): brüeder), ahd. bruodar: dazu asächs. bröthar,
Art Hosen. Nur noch mimdartlich (Schweiz). ndl. broede^; ags. brödor, engl, brother, anord.
Mhd. h'uoch f. n., ahd. bruohha f. und bmoh n. bröthir, schwed.-dän. broder, bror m. Über-
dazu mnd. brök, ndl. broek, ags. bröc f., engl. einstimmend mit lat. fräfer, gr. qppdxuup (Mit-
breeches -{ein ¥1.), ariord. brök f., schwed. brok, glied eines Geschlechts), ir. bräthir, aind.
dän. brog «Hose». Dazu ags. brec «Steiß». bhrätä, abg. bratü, lit. bröterelis, arm. eibair
Übereinstimmend mit gall.-lat. bräca f. «Hose», m. Neben der starken Flexion findet sich
afranz. braies, ital. brache PL, das wahrschein- älternhd. auch die schwache, noch häufig bei
lich auf das deutsche Wort zuriickgeht. den Dichtern der schlesischen Schule. ABL.
Weiter vergleicht Schrader ZfdW. 1, 238 brüderlich, adj. u. adv., mhd. bruoderlich.
lat. suffrägines «Hinterbug der Tiere», so brüederlich, ahd. bruodarlih; dazu Brüder-
daß die Bedeutimg des ags. Wortes am ui-- lichkeit, f., 1778 bei Lavater Aussichten 4,
sprünglichsten wäre. Unsicher. 22. Brüderschaft, f. Altemhd. (vom Sing,
Brüche, f. (PI. -n)-. Vergehen (Gesetzes- gebildet) Bruderschaft mhd. bruoder Schaft, ,

bruch); Buße in Geld dafür. Nach dem ahd. bruodar scafi., dazu asächs. bröderskepi m.
ndd. bröke f., mnd. broke m. (bei J. Moser Brühe, f. (PI. -n): zusammengesetzte
Brüchte m.) «Vergehen, Geldstrafe dafür», das Flüssigkeit, besonders gekochte. Mhd. h'üeje f.
zu ^Bruch gehört. Bei Schottel 1663 bruchig. Von brühen, v.: mit heißer Flüssigkeit be-
brüchig, s. ^Brvch. gießen, daß sie einbrennt: (älternhd.) bi-üten
Bruchstück, n. Als Verdeutschung des (bei Luther ausbrüen «ausbrüten» Hiob 39,
lat. fragmentum in den ersten Jahrzehnten 14, auch bei Alberus Dict. Wa2^ und HH 2'').

des 17. Jh. aufgekommen; schon bei Duez 1642. Mhd. brüejen, brüen «mit heißem sengen»:
Brücke, f. (PI. -w): über einen Fluß, dazu ndl. broeijen «erwärmen, brüten». Ver-
Graben oder eine Schlucht gebauter Weg wandt mit braten (a. d.), Brodem und brauen.
von Holz oder Stein. ]VIhd. brugge, brücke S. auch Brut.
und brügge, brücke, ahd. brucka f.: dazu ndl. Brühl, m. (-es, PI. -e): mit Gras und
brug, ags. brycg, engl, bridge, anord. hryggja Büschen bewachsene tiefe Fläche; bebüschte
«Landungsbrücke, Hafendamm», schwed. tiefe, nasse Sumpfwiese: Sumpf lache. Mhd.
brygga f., dän. brygge «Bräcke». Im Nord, brüel, ahd. pruil, proil m., dazu mnl. proiel
existiert außerdem eine Form ohne dem Romanischen, wo ital.
Guttural «Tiergarten». Aus
anord. brü f. «Brücke», schwed.-dän. m. «Küchengarten», prov. bruelh, franz.
bro. Diese broglio
ist zu abg. brfwi «Brücke, Augenbraue» zu breuil m. «Gebüsch», mlat. broilus, brogilus

stellen, wozu weiter gr. öq)püc m. «Augen- «umzäuntes Gebüsch oder Baumstück, Wäld-
braue», und führt auf eine Grundform *brmvi-; chen», die wahrscheinlich aus dem Keltischen
die Form mit Guttural (got. "^In-ugja) hat (vgl. breton. bro «Gegend») stammen.
sich aus dieser entwickelt. Das Wort ist brüllen, v. : erschütternd schreien, in
also mit «Braue» zu verbinden, wobei aller- tiefem Ton erschütternd schallen. Mhd.
dings die Bedeutungsentwicklung nicht klar ist. brüelen, daher auch älterahd.-obd. brülen und
Oder es ist als Grundbed. nach dem verwandten noch jetzt mundartlich: im Ablaut zu dialek-
19*
295 brummen Brtisch 296

tischem hrallen «schi-eien» (s. prahlen) stehend.. kommendeQuelle;Quellwasser;Behälter, worin


Die Form mit kurzem ü stammt aus dem sich ausbrechendes Quell wasser sammelt; Harn.

Md. (1470 in Diefenbachs mlat.-hochd.-böbm. Mhd. brunne (Gen. brunnen), ahd. brunno m.;
Wb. Sp. 186 prüllen, 1482 im Voc. theut. t3* dazu asächs. brunno, ags. (mit Umstellung
prullen, bei Luther hrUllen), dazu ndl. brüllen. des r) burna, got. brunna m. Vgl. auch Born.
Nach Bugge Btr. 21, 421 zu lit. Uiäuju Wohl zu brennen zu stellen, als «das Wal-
«brüllen», indem r aus l durch Dissimilation lende, Siedende» (vgl. mhd. sot m. «Brunnen»,
entstanden ist. zu sieden), oder wurzelverwandt mit gr.
brummen, v.: dumpfen Ton von sich qpp^ap, Gen. qppdaroc «Brunnen», aus *qppeFap.

geben; (in der neuern Umgangssprache) im Das urspr. schwache M. hat sich früJmhd.
Gefängnis sitzen. Mhd. brummen, dazu ndl. in Brunn, Gen. Brunns und Brunn, Brunne,
bromnien, das zu dem starken V, mhd. brimmen Gen. Brunnen geteilt, Luther hat übei-wiegend
(Prät. brani, gebrummen) gehört, zu
Part, die starken Formen (auch mit dem PI. Brünne),
dem nur eine abweichende Präsens-
es urspr. seltener die schwachen (im PI. als Mischform
bildung darstellt, weiter auch zu dem ein- auch Brünnen). Sonst überwiegt älternhd.
faches m zeigenden mhd. bremen, ahd. breman Brunn, Gen. Brunnen oder Brunnens, in den
«brummen, bmllen» (s. ^Bremse). Man ver- andern Kasus Brunnen; die Form Brunnen
gleicht damit lat. fremere «bi-ummen, dumpf im Nom. Sg. dringt erst im 18. Jh. durch
tönen», gr. «dumpf, hohl tönen,
ßp^ineiv und ist bei Adelung allein angegeben. Jetzt
rauschen», ai. marmaras «rauschend», indem ist Brunn, Gen. Brunns (aber im PI. nur

man mr als Anlaut annimmt. Vgl. Osthoff Brunnen) fast nur poetische Form. ZUS.
Morph. Unters. 5, 93 ff. S. auch Bnmft ABL. Brunnquell, m. {-s, PI. -en): QueU, woraus
brummein, v., frühnhd. brumlen. brum- ein Brunn entsteht; (bildlich) Ursprung. Da-

mig, adj., .1691 bei Stieler fcrMmmicM ZUS. für spätmhd. brunnenquelle, bei Luther brunne-
Brummeisen, n.: die Maultrommel. Bei quelle f., dagegen um 1480 im Voc. ine. teut.
Eädlein 1711. cd^ brunquel «scaturigo».
Brunelle, f. (PI. -n): Braunwurz oder Brünne, f. (PI. -n): Harnisch, Im 19. Jh.
Gottheil, ein namentlich gegen wieder aufgenommen aus mhd. brünne, brünje,
Heilmittel,
die Bräune. Spätmhd. brunelle aus franz. brünege, ahd. brunna, brunnia f.; dazu ags.
brunelle f., von ital.-span. bruno, franz. brun (mit Umstellung des r) byrne, anord. brynja,
«braun». got. brunjö f. Wahrscheinlich aus air. bruinne
brünett, adj.: braunhaarig, eig. bräun- «BiTist» entlehnt.
lich. Substantiviert Brünette, f. (PI. -n): Bruno, Mannsname. Ahd. Bruno «der
Braune, Bräunliche von Gesichtsfarbe und Braune», das schwach dekl. Mask. des Adj.
Haar. Aus dem franz. brunet (F. brünette), braun (s. d.),
ital. brunetto, das mit Diminutivendung ab- Brunst, f. (PL Brünste) großes verzehren- :

geleitet ist von franz. brun, ital. bruno «braun». des Feuer; innere Glut, Hitze im Menschen;
In der 1. Hälfte des 17. Jh. entlehnt (1646 Heftigkeit des Geschlechtstriebes. Mhd.-ahd.
bei Moscherosch Philander 2, 208 Brünette). brunst f.; dazu ndl. bronst, got. (nur in Zu-
Brunft, f.: Äußerung des Begattungs- sammensetzung) -brunsts f. Zu brennen mit
triebes beim Rot- und Schwarzwilde. Mhd. Entwicklung eines inneren s (vgl. Grinst,
brunft f. «Bninstzeit des Hirsches» (ein an- Kunst). ABL. brünstig, adj. u. adv., mhd.
dres brunft «Brand» gehört zu brennen). brünstec.
Mit Entwicklung eines f (vgl. Zunft, Kunft, brunzen, v.: den Harn gehen lassen.
Vernunft) zu dem unter brutmnen erwähnten Nur noch südd. Mhd. brunzen aus älterm
mhd. brenien, ahd. breman «brummen, brüllen», brunnezen, einer verstärkenden Ableitung von
hier vom verlangenden lauten Schreien des mhd. brunnen «harnen», von brunne m., hier
Wildes zu verstehen. ABL. brunften, v.: in der Bed. «Wasser, Harn».
den Begattungstrieb äußern. Brüsch, m. {-es, PL -e): der Mäusedorn,
Brunkel, m. n. (-s): wässeriges Gelände ruscus aculeatus. Spätmhd. brüsch, aus franz.
mit Graswuchs. In Hessen, am Rhein, im brusc, ital.-span. brusco ro., die wohl mit vor-
Elsaß. Verwandt mit Brink (s. d.). gesetztem b (vielleicht unter Einwirkung von
Brunn, m. {-es, PI. -en), meist Brunnen, lat. biniscus, bruscum, s. unter brüsk) neben
m. (-S, PI. wie Sg.): aussprudelnde, zutage ital.-span. rusco m. aus dem lat. Namen rus-
297 brüsk Bnbe 298

cum n. neben ruscus f. hervorgegangen sind ags. bredan, engl, hreed «erzeugen» und brood
(andre denken an Zusammenhang mit anord. «briiten». Alternhd. und mundartlich dafüi*
bniskr m. «Haarbüschel»), auch brühen (s. d,). brütig, adj.; brütend,
brüsk, adj. u. adv.: barsch, heftig, rück- bebrütet; dumpf, schwül. Mhd. brüetic heißt
sichtslos. Aus dem gleichbed. franz. hrusque, «entbrannt», ags. hrödig, engl, broody «brütend^.
ital. hrusco, die auf ein lat. Adj. hniscv.s brutal, adj. u. adv.: ungeschliffen, roh
«knollig» zurückgeführt werden, das aus hrus- und grob im Benehmen. Aus dem gleich-
cum n. «schwammiger Auswuchs am Ahorn- bed. franz. brutal, ital. brutale eig. «viehisch,
baum» erschlossen wird. Bei Sperander 1728 unvernünftig», aus vulg.-lat. brUtälis, abge-
h~usque. leitet von lat. brütus «imvernünftig». Um
Brust, f. (PI. Brüste): Vorderteil des 1600 entlehnt. ABL. Brutalität, f.: Pioh-,

Leibes vom Halse bis zum Magen; die Milch- Grobheit, Flegelei. 1598 bei Albertinus Send-
drüse der Frau. Mhd.-ahd. b)~ust f.; dazu schreiben 2, 5^. Xaeh mlat. brutaXitas (Gen.
mnd. hurst, borst, ndl. hörst f., got. hnists f. brutalitatis) f.

PI. (nait konsonantischer Flexion). Femer mit brüten, brütig, s. Brut


andrer Ablautform asächs. hreost, ags. breost brutzeln, v.: l. intrans. langsam kochend
n., engl, breast, anord. brjöst, schwed. hröst, oder bratend leise tönen, 2. trans. in leisem

dän. hryst n. Das Wort scheint urspr. die Tönen langsam kochen oder braten. Mund-
Form gehabt zu haben.
eines Duals Her- artlich in Mitteldeutschland und Schwaben,
kunft unsicher; häufig, aber kaum richtig, auch prutzeln (Weise Cath. 267 und schon
stellt man Brust zu mhd. brieten «an- im 16. Jh.), brotzeln (Goethe Urfaust 1431,
schwellen, knospen», ags. breotan, anord. brjöta Eückert 2, 220), protzein. Das Wort hängt mit
«brechen», asächs. &rasftan «knospen», Grund- brodeln (s. d.) zusammen, wie schnitzen mit
bed. danach «die schwellend Yorbrechende». schneiden. Im Obd. dazu das ablautende
Eher ist air. brü, Gen. bronn (aus *brusö) bratzeln (Mörike2, 154), bretzeln ^Tprasseln».
«Bug», bruinne «Brust» vei-wandt. ABL. l)St! Interj., durch die Aufmerksamkeit er-
brüsten, refl. v.: eig. die Brust vorstrecken, regt (Lessing 1, 236) oder Stillschweigen her-
dann (wie «sich in die Brust werfen») stolz vorgerufen werden soll (Maler Müller 1, 801).
i

tun. Mhd. sich brüsten, brüstig, adj. in bubbeln, V.: Blasen aufwerfen. Bei Voß
eng-, hoch-, vollbrüstig. Brüstung, f.: bis Ged. 1, 179. Scheinbar lautnachahmendes
zur Brust reichende Schutzwand. Erst bei Wort, entsprechend ndl. bobbelen, engl, hubble,
Adelung 1774. ZUS. Brustbild, n.: Bild schwed. buhhla, dän. hoble, wahrscheinlich aber
,

bis zur Brust, 1557 bei Sleidanus übers, v. i


eine reduplizierte Büdung zu bullern.
Stamler 202». Brustfleck, m.: Brustleder, Bube, m. {-n, PI. -n): noch nicht aus-
Schurzfell. Ahd. brustflech m. «ein die Brust gewachsene männliche Person; zuchtloser
bedeckendes priesterliches Gewand», mhd. Mensch; nichtswürdiger Mensch. Mhd. (noch
nicht zu belegen, dann bei Henisch 1616 im selten und-erst gegen 1300 auftauchend) buobe,
jetzigen Sinn. Brustkern, m.: der stoff- in md. Quellen auch buofe (auch bei Luther
I

haltige, ausgesuchteste Teil an der Brust des '

friiher Bufe und noch im 18. Jh. Büfchen,


geschlachteten Rindviehes. Bei Henisch 1616. z. B. Hagedorn Od. 100) m. «Knabe, Diener,
Brustwehr, f.: Schutzwehr, die den Mann Troßknecht, zuchtloser Mensch, Spieler»; friih-
bis über die Brust, also bis an die Zähne nhd. in der Bed. «zuchtloser, schlechter
deckt. Mhd. brustwer f. n., ahd. brustweri f., Mensch» sehr gewöhnlich (auch bei Luther),
zusammenges. mit Wehr (s. d.). in obd. Quellen außerdem in der Bed. «dienen-
Brut, f. Hitze zur Ausbildung des Jungen der Knabe», später auch (z. B. bei Fischart)
:

im Eie, dann das belebende Sitzen über dem in der Bed. «Knabe» schlechtweg, «Sohn»,
Eie; das Ausgebrütete. Mhd. bruot f. (auch die jetzt in der südd. Umgangssprache herrscht
überhaupt «Hitze»); dazu ndl. broed n., ags. (mundartlich auch «Geliebter»). Dazu ndl.
I

bröd f., engl, brood «Brut». Von brühen (s. d.) boefm. «Schelm», engl, boy «Knabe», schwed.
'

mit Dentalsuffix gebildet. ABL. brüten, bof m. «Spitzbube». Das Wort muß trotz
selten brüten (auszubrüten Uhland 73), v.: seines späten Auftretens als germanisch an-
wärmen, belebend erwärmen d. h. in Hitze gesehen werden (im Ahd. erscheint Bitobo
z\ir Belebung des Eies über diesem sitzen. als Eigenname), es ist urspr. Kosewort der

Mhd. brüeten, ahd. bruoten: dazu ndl. broeden, Kindersprache und steht im Ablaut zu mhd.
299 Buch Buchstab 3Ö0

hähe «alte Frau», Schweiz, häbi «Mädchen», : (Gombert 7, 16 v. J. 1627). Buchhändler,


engl,haby «Kind», Grundform böbö oder bäbä. m., 1575im Theatrum diabolorum am Schluß
ABL. (von Bube «zuchtloser Mensch» aus- der Vorrede. Buchmacher, m.: der die
gehend) buben, v,: sich wie ein Bube be- Aufforderung zur Eingehung von privaten
j

nehmen, namentlich in kuren und buben. Wetten bei Pferderennen (das Buchmachen)
Prühnhd. (spätmhd. in verbuoben), auch bei gewerbsmäßig betreibt, in neuester Zeit nach
Luther. Davon das Demin. bübeln, v.: engl, bookmaker. 2) mit dem PI. Bücher:
(Schiller 1, 344). Frühnhd., z. B. Murner Bücherwurm, m., auch Mensch, der sich
Schelm, 17, 39 bieblen, bei Seb. Brant mit immer mit Büchern beschäftigt (1668 bei
fremder Endung bubelieren.BÜbin, f., spät- Erasmus Francisci Oriental. Staats- und Lust-
mhd. bÜbisch, adj., spätmhd. büe- garten 1, 1617 'i).
büebin.
bisch. Büberei, f., mhd. buoberie. ZUS. Buche, f. (PI. -n); der Waldbaum fagus.
Bubenstück, n., frühnhd. (z. B. Murner Mhd. buoche, ahd. buohha f.; dazu ndl. beuk
Geuchm. ml^ (Y. 1645), Luther 8, 348 W). m., ags. böc (in böctreow) und (mit einer
Buch, n. {-es, PI. Bücher): zu einem Ableitung und damit verbundenem Umlaut)
Ganzen zusammengeheftete Pergament- oder bece n, engl, beech, anord. bök f., schwed. bok
Papierblätter; Hauptabteilung eines Werkes; f., dän. bog. Der Lautverschiebung gemäß
24 Bogen Papier. Mhd. buoch (PI. buoch, erst übereinstimmend mit lat. fägus f. «Buche»,
später büeclier) n., ahd. buoli n., auch f.; da- gr. qpriTÖc und cpayöc f. «Speiseeiche». Weiter
zu asächs. bök f. n., ndl. boek n., ags. böc f. gehört dazu wahrscheinlich kurd. büz «Ulme»,
(PI. bec), engl, book, anord. bök f. (PI. boekr), abg. büzü «Holunder» und bauchen, vielleicht
schwed. bok f., dän. bog. Ln Got. bedeutet auch Bauch. Vgl. Osthoif Bezz. Btr. 29, 249 ff.
der Sg. böka f. «Buchstab» und der PI. bökos ABL. Buchel oder Büchel, f.: Fx-ucht
«Buch, Schrift, Brief»; auch im Ahd.-Asächs.- der Buche, Bucheichel, mhd. büechel f. Vgl.
Ags.-Anord. hat öfter der PI. noch die Bed. Eichel, buchen, buchen, adj.: aus Buchen-
«Buch», die dem Sg. urspi*. nicht zukommt. holz bestehend. Mhd. buochm, büechin, ahd.
Dieser bezeichnet vielmehr das aus Buchen- bughhin. Auch in den Zusammensetzungen
holz geschnitzte Stäbchen zum Einritzen von Buchenholz, Buchenlatih, mhd. buochm loup.
Runen (s, Buchstab), dann auch das Schi'ift- ZUS. Buchecker, f.: Buchel. In Glos-
zeichen, den Buchstaben selbst; der PI. nimmt saren des 15. Jh., bei Diefenbach nov. gl. 339^
die Bed. «Schriftstück» an, die später auch bucheck'ir vom J. 1420, um 1480 im Voc. ine.
auf den Sg. übergeht. Nach Tacitus Germ. teut. t7^ puchacker (s. Ecker). Buchfink,
10 wui'den in der ältesten Zeit unseres Volkes m.: der sich gern in Buchenwäldern auf-
die zunächst zu Los und
Weissagung ge- haltende Fink, spätmhd. buochvinke m,
brauchten geheimnisvollen Runenzeichen in Buchs, m. [-es, PI. -e): immergrünes
Zweigstücke eines fruchttragenden Baumes Gartengewächs zur Einfassung der Beete;
eingeritzt, und zu den fruchttragendenBäumen Buchsbaumholz. Mhd. buhs m., aus gr.-lat.
gehörte der Eckern wegen ganz vorzüglich buxus, gr. TTÜSoc f. «Buchsbaum und Buchs-
die Buche. ABL. buchen, v.: in ein Buch baumholz». ZUS. Buchsbaum, m., mhd.-
eintragen. Neues, erst bei Campe 1807 ver- ahd. buhsboum m.
zeichnetes Wort (vielleicht nach dem gleich- Büchse, f. (PI. -n): walzenförmiges hohles
bed. engl. book). Mhd. buochen «dui-ch ein Gefäß als Behälter; Feuergewehr mit ge-
Buch lehren». Bücherei, f.: Büchersamm- zogenem Laufe. Mhd. bühse (in der Bed.
lung. Bei Krämer 1678, wohl in den Sprach- Feuerrohr zum Schießen erst in der 2. Hälfte
gesellschaften für «Bibliothek» aufgekommen. des 14. Jh.), ahd. buhsa f., aus mlat. buxis
ZTJS. 1) mit dem Sg. Buch: Buchbinder, f., gr.-lat. pyxis, gr. ttuEic f. «Büchse aus
m. Buchdrucker, m. Beide in der 2. Hälfte Buchsbaumholz», von gr. ttüEoc, s. Buchs.
des 15. Jh. (z. B. puchpijifer Städtechron. 11, Buchstab und Buchstabe, m. (Gen.
641, Svom J. 1501, buchtrucker Mone Zeitschr. 1, Buchstabens, PI. Buchstaben): Lautzeichen.
311 vom J. 1478). Buchführer,m.: (flüher) Mhd. buochstabe (Gen. -stoben), meist aber
Buchhändler (so schon 1489, Germ. 28, 361): stark buochstap m., ahd. buohstap m.; dazu
(jetzt) Führer des Geschäftsbuches. Buch- asächs. bökstaf und bökstabo m., ndl. boekstaf
halter, m., im 16. Jh. (1562 bei Mathesius f., ags. böcstcef, anord. bökstafr m., schwed.
Sar. 238^). Buchhandel, m., im 17. Jh. bokstaf m., dän. bogstav n. Urspr. nichts
301 Bncht Bückling 302

anderes als Stab (Zweigstüok) der Buche, nördlichen Deutschland, sie kommt schon im
auf denen ein Runenzeichen zu Los- und 15. Jh. in L'rkunden vor (v. Fischer-Benzon
Weissagung eingeritzt war. Solche Stäb- altd. Gartenflora S. 170), 1517 verzeichnet
chen wurden aufs Geratewohl über ein aus- Trochus zuei-st Buchweiß, 1537 Dasypodius
gebreitetes weißes Gewand gestreut, sodann Butziceyß, 1561 Maaler Butzweissen, im 17. Jh.
aufgelesen und jenen Zeichen gemäß gedeutet, steht Buchweifzen bei Duez, Krämer u. a.
entweder indem man, wie die Stäbchen nach ^Buckel, f. (PI. -n): erhabene Metallver-
und nach aufgelesen wurden, aus ihnen ein zierung. Mhd. buckel f. m. «erhabener Erzbe-
Wort zusammensetzte oder auch dem Namen schlag in der Mitte des Schildes», aus dem
jedes Zeichens (Buchstabens) einen Bezug auf gleichbed. afranz. bocle, nfranz. boucle f., die
den fraglichen Gegenstand gab. Im Anord. zurückgehen auf lat. buccnla «Backen», dann
findet sich neben hökstafr auch das einfache «Erhabenheit, Erhöhung», das Dimin. von
stafr, wie im Ags. stcef für Buchstabe. Vgl. lat. bucca f. «der (volle, aufgeblasene) Backen».
Buch, lesen. Das zugrunde liegende schwache "Buckel, m. (-S, PI. wie Sg.): Rücken-
M. wird durch Antreten eines s im Gen. auswuchs; der Rücken selbst. Früher auch
Sg. zur starken Dekl. übergefühi-t, der Nom. Puckel geschrieben, namentlich bei nordd.
Sg. erhält sich im altem Nhd. meist mit Schriftstellern. Zu hucken ^bücken «biegen»,
abgeworfenem e als Buchstah (füi* diese Form also eig. «Krümmung» (nach andern aus
tritt noch Adelung ein ), während jetzt Buch- ^Buckel geflossen). Erst frühnhd,, zunächst
stabe das Gewöhnliche ist, nm* selten mit in der 1. Bed. (um 1480 im Voc. ine. teut,
Antreten des n von den andren Kasus als d4^ bickel. verdinickt für buckel «Höcker»,
Buchstaben (doch schon vereinzelt bei Luther 1515 bei Hüpfutt" buckel, 1561 bei Maaler das
2. Kor. 3, 6); starke Flexion von Buchstah Dim. bügkele n. «kleiner hoger»), dann auch

kommt vereinzelt vor. ABL. buchstabieren, in der 2. (1546 bei Liliencron 4, 391 der
V.: die Buchstaben einer Silbe, eines Wortes puckel Mt sie gejuckt). Das Wort scheint
einzeln aussprechen und zusammensetzen. aus dem Obd. zu stammen, hat sich später
Schon frübnhd. (z. B. bei Luther 8, 294^ auch im Norden festgesetzt, wobei für das
Jen.), doch daneben ohne die fremde Endung anl. stimmlose b p gesetzt worden ist. Vgl.
auch buchstahen, wie schon mhd. buoch- auch Bühel. ABL. buckelig, bucklig, adj.,
stdhen. buchstäblich, adj. Bei Ludwig 1716, ältemhd. bucklig (um 1480 im Voc. ine. teut. 17'')
ältemhd. dafür huchstabisch. und huckelicht, spätmhd. pugklocht «höckerig».
Bucht, f. (PI. -en) Einbiegung des Meeres Buckelörum, m. Buckliger (Goethe 1.3,300).
: :

oder eines Sees ins Land; hohlrunde Ein- Aus der rheinischen Umgangssprache, eig.
biegung. Aus dem Xdd., mnd. hichf, mnl. Gen. PI. von einem halblat. buckelus.
bochf «Einfriedigung füi's Vieh»*. In der bücken, v. : vorwärts niederbiegen. Mhd.
1 Bed. erscheint das Wort zuerst bei Apinus hucken, bücken.
. Als Intensi^nim zu biegen
1728 und wird dann im 18. Jh. mehrfach, zu- gebildet.
nächst als ndd., dann von Adelung als hd. Bücking, Bückling, m. (-s, PI. -e): ge-
(doch voi-züghch in Niedersachsen übliches) räucherter Hering. Spätmhd. bücking (Nümb.
Wort verzeichnet; die Bed. «Krtimmung, Polizeiordn. 168 pücking, 14. .Jh.), auch schon
Biegung», dann (urspr. i-under) «Verschlag» bückling (um 1480 im Voc. ine. teut. d4*'
(namentlich in Schweineh.) ist noch jetzt ndd. buckling), wie das ndl. bokking m. abgeleitet
Dazu ndl. bocht f. Bucht, Krtimmung/>, engl. von Bock, weü der Fisch einem Bockshorn
'<

hought und hight «Bucht, Bug, Krümmung», ähnelt, weshalb er mnl. neben buckinc auch
schwed. bukt, dän. btigt m. «Krümmung, Bucht». 1616 bei Henisch 440 Böck-
boxhoren heißt.
Zu biegen mit Dentalsuffix gebildet, wie Flucht Gargantua 80), Bockshering. Mit
ling (auch
zu fliehen. ABL. buchtig, adj. geschwächtem Vokal 1537 bei Dasypodius
Buchweizen, m. (s): MehLfrucht aus Bicking, 1616 bei Henisch 368 Bickling, Pick-
dem Geschlechte des Wegebreites, das Heide- ling, in md. Mundarten auch Bittling und
kom (s. d.). Die Pflanze kam erst im 15. .Jh. Bittlich. Vgl. Pickelhering.
nach Europa und wurde Buchweizen genannt, bucklig, s. Buckel.
weil die Frucht in ihrer Gestalt der Buch- Bückling, m. (-S, PI. -e): Verbeugung.
ecker und nach ihrem Geschmacke dem Weizen Von sich bücken. Erst im 17. Jh. l'bei Grim-
ähnelt. Die Benennung stammt aus dem melshausen Simpl. 304).
»
; 1

303 buddeln Buhle 304

buddeln, s. pufteln. Bügel, m, (-S, PI. wie Sg.): ringförmig


Bude, f. Bretterhütte Kramladen
(PI. -n) : ;
Zusammengekrümmtes. Dem Hd.urspr. fremd,
Zimmer (student.). Mhd. (in ostmd. Quellen) mhd. (vereinzelt) bügele f. «Steigbügel», dann
hüde,buode; dazu mnd.&ö^e, mengl. böße, nengl. um 1480im Voc.inc.teut.c4^ &M^eZ«armillus»,
hoofh «Bude», schwed.-dän. hodf. «Kramladen». bei Luther bügel und bögel m. «Reif eines
Zu haue7i, aber mit auffallendem germ. 6 für ü, Kranzes», bei Henisch 1616 bügel, bigel usw.
dagegen anord. büä f. «Wohnung, Aufenthalt, Dazu mnd. bogel, ndl. beugel m. «großer me-
Zelt, Hütte». Im Nhd. anfangs wenig üblich, tallner Ring, Steigbügel». Zu biegen. ABL.
zuerst bei Krämer 1678. Vgl. auch Baude. bügeln, (Wäsche, Zeug) glätten durch
V.:
|

ABL. Büdner, m. (s, wie Sg.) Inhaber


PI. :
1 Daräberhinfahren mit dem heißen Glätteisen
einer Bude; (in Norddeutschland) Häusler. !
{Bügeleisen). Bei Krämer 1678 bögelen, pögelen,
Büfett, n. (-S, PI. -e) Kiedenztisch, An-
: bei Stieler 1691 biegelen (biegein auch noch
richte. Schon 1556 Schweiz, puffet n. «An- bei Goethe 1, 304), bei Steinbach 1734 bügeln.
rieht mit silbernen und goldenen Geschirren Bei Krämer 1678 auch Bögel- oder Pögeleisen
(Frisius 1347*', Dictionariolum 182^, huffet^o- «Bügeleisen», nach der ringförmigen Krüm-
menclator 109^), aus dem gleichbed. franz. mung des Glätteisens benannt.
hu ffet, ital. huffetto m. Unbekannten Ur- bugsieren, v.: (ein Schiff) durch Ruder-
sprungs, kaum von ital. huffare «aufblasen», bote an Tauen vorwärts ziehen. Aus dem
also eig. pomphaftes, prunkhaftes Ding. Ndl., wo jetzt boegseeren, aber bei Kilian
Büffel, m. (-S, PI. wie Sg.): eine Art 1599 boechseerden, entlehnt aus portug. puxar
wilder Ochsen. Spätmhd. hüffel m., aufge- «ziehen, schleppen», Liebich Btr. 23, 226. Bei
nommen aus franz. hufle, das aus ital. Mfolo, Ludwig 1716 bogsiren.
Mfalo stammt, mlat. Mifalus, gr.-lat. Mibalus, Bugspriet, n. {-es, PI. -e): die über dem
gr. ßoüßaXoc m., welches letzte eig. eine afrika- Vorderteile des Schiffes schräg in die Höhe
nische Ga^ellenart, später eine Art wilder ragende Stange. Aufgenommen aus ndl. boeg-

Ochsen bedeutet. ABL. büffeln, v.: sehr sjn'iet f. (auch ins Engl, entlehnt als bow-
angestrengt arbeiten. Wohl ins Schwed. als bogspröte n.), das zu-
eigentlich Dim.- sp'it,

Bildung zu mhd. buffe7i puffen) (s. sammengesetzt ist aus boeg «Vorderteil des
«schla-
gen» (vgl. 1571 bei Mathesius Sar. 40** hart Schiffes» (s. Bug) und spriet f. «schräg gehende
und lang püflen und schlagen), später aber Segelstange am Mäste» (s. sprießen). Im Hd.
an Büffel angelehnt, was dann auch die Nach- erscheint das Wort als Buchsbred bei Hulsius
bildung ochsen hervorgerufen hat. Schon bei Schiffarten 11, 85 und ist bei Ludwig 1716
Luther hüffelerbeit«h.a,vte, mechanische Arbeit». als Boogspret und Bugspreet verzeichnet.
Bug, m. (-es, PI. Büge und Buge) Stelle, Bühel, Bühl, m. {-s, PI. wie Sg.): natür-
:

wo eine Krümmmig ist; Körperteil mit Wirbel- liche Erhöhung des Bodens in einer Ebene,
knochen breites Vorderteil des Schiffes. IVIbd. mäßiger Hügel (bildlich) Auswuchs an Leibes-
; ;

buoc (PI. büege), ahd. buog m. «das obere Ge- gliedern (bei Musäus Volksm. 4, 106 Ulrich
lenk des Armes (die Achsel) und der Vorder- mit dem Bühel d. i. der mißwachsenen ver-
beine bei den Tieren, das obere Gelenk des renkten Schulter; schon mhd. Flore 6911).
Schenkels (die Hüfte)»; dazu ndl. boeg «Schiffs- Oberdeutsch; Luther und den meisten Wörter-
bug», ags. bog, böh «Schulter, Arm, Ast», büchern fehlend, aber von Wieland gebraucht
engl, bough «Ast» und boio «Schitfsbug», (auch von Goethe 2, 36). Mhd. bühel, ahd.
anord. bögr «Bug», schwed. bog, auch «Schiffs- buhil m.Mit grammatischem Wechsel zu
bug», dän. bov und boug m. «Schiffsbug». biegen gehörig, s. auch Beule und Buckel.
Übereinstimmend mit aind.&äMs (Jüv^bhäghu) Eine oberd. Nebenform ist Pohl m.
«Arm», aw. bäzav- «Arm», gr. irf|xuc m. (für Buhle, m. (-n, PI. -7i): Geliebter. Mhd.
*q)rix»Jc) «Bug zwischen den beiden Hörnern buole m. «geliebte männliche Person, z.B. naher
des Bogens, Ellenbogen, Unterarm», armen. Verwandter, Bruder, Gatte, lieber Freund,
bazuk «Ellenbogen». Die Bed. «Schiffsbug» dann auch auf eine Person weiblichen Ge-
stammt aus dem Ndl. (sie beruht wohl auf schlechts bezogen, Gehebte, Beischläferin» (hier-
einem Vergleich des Schiffes mit einem Pferde) für erst spätmhd. auch buole f.); dazu mnd.

imd ist von hier aus ins Deutsche, wie Eng- bölem. trauliche Bezeichnung von Verwandten
lische und Skand. gedrungen, sie findet sich oder sonst durch Beruf nahestehenden oder
hd. schon bei Duez 1642. befreundeten Personen, Dim. böleken «leib-
305 Bnlme bnm1)s! bnms! 306

liehe Geschwister». Man sieht ia B. eine luwerwandt und zu Balg (s. d.) zu stellen:
Koseform zu Bruder, die später überhaupt also eig. «Schwellung». Dazu noch engl, hulge,
in der traulichen Anrede verwandt wurde hilge «Bauch eines Fasses, Schitfsbauch», anord.
und schließlich die Bed. «Geliebter» (im ge- hylgja, schwed. hölja, dän. hölge f. «Woge».
schlechtlichen Sinn) annahm. Entsprechend ^Bulle, m. (-n, PI. -n): Zuchtstier. Nord-
nH.hoelm. undlett. hälelin's, hälin's «Brüdei-- deutsch. Aus dem Ndd., wo mnd. hülle m.:
chen». ABL. buhlen, v.: mit jem. ein dazu ndl. hui, engl, hüll (erweitert hullock
Liebesverhältnis haben, dann sich um eine «junger Ochse», ags. hulbic), altn. holi m.
Gunst bewerben. Mhd. huolen (auch umh Lit. hid'us m. stammt wohl aus dem Deutschen.
eine huolen «sich um ihre Gunst bewerben»). Weitere Anknüpfungen bieten sich mannigfach.
Davon Buhler, m. mhd. huolcere, Buhle- Von Schulze KZ. 29, 293 zu gr. qpdUoc «Ghed»
rin, f. (bei Luther Bulerin) und bnhlerisch, gestellt, vgl. ferner Bezzenberger Bezz. Btr. 19,
adj. (bei Luther hulerisch), sowie Blllllerei, 248, Johansson Btr. 15, 225, LTilenbeck Btr. 26,
spätmhd. hnolrle f.. Blllllscliaft, mhd. huol- 290. Abgeleitet ist wohl mhd. hüllen, ahd. huUdn
schaft f. ZUS. Buhldirue, f., 1730 bei Gott- «briülen». 1616 bei Henisch verzeichnet. Bei
sched crit. Dichtkunst 14. Schiller Fiesco 2, 8 Bulle für Bullenheißer (s. d.).
Bnhne, f. Goethe Faust 11545):
(PI. -n, -Bulle, f. (PI. -n): angehängte Siegel-
gegen das Wasser emchtete Schutzwehr aus kapsel, dann die damit versehene Urkunde;
HolZj Reisig u. dgl. (danach Ufermauerwerk, Verordnung mit dem päpstlichen Siegel. Mhd.
Kai und in Seestädten ein umschlossener Hof, hidle f., aus lat. hullaf. eig. «Wasserblase», dann
in dem die gelöschten Waren so lange auf- «Knopf, Kugel, Kapsel». Vgl. auch Bill.
gehoben werden, bis man sie in den Speicher ^ Bulle, f: Flasche, s. PuUe.

bringt, 1793 bei Röding Wb. der Marine 1, Bullenbeißer, m. {-s, PI. wie Sg.): Art
411). Mittel- und norddeutsch. Zu hd. Bühne großer Hunde, die gegen Stiere gehetzt wird
«Brettergeiüst». Mnd. hune f. «Fischwehr», (bei Steinbach 1734 Bullenheißer 1719 bei ,

ndl. hun im Hd. vor dem 17. Jh. nicht Fleming teutscher Jäger 170 Boll-Beißer), nd.
f.,

ZU belegen (1641 bei Zesen D. Helikon J. 4^, hullenhiter bildUch auf einen grimmig bissigen •.

1781 bei Ejndleben aufgeführt). Menschen angewandt (beiLessing 1, 286, Bollen-


Bühne, f. (PI. -n): erhöhter Fußboden heißer 1729 bei Stoppe Ged. 2, 161).
von Brettern; Brettergerüste; erhöhter Schau- Bulleuflnke, m. {-n, PI. -n)-. Ochsen-
platz im Theater und dieses selbst; (dialek- ziemer. 1779 bei Schummel Spitzbart 168.
tisch auch) Zimmerdecke, Bodem-aum, Spei- Schles. Bullfinke f., zusammenges. aus Bulle
cher. Mhd. hüne, hün f «erhöhter Fußboden, «Zuchtstiei"» und nd. Finke «männliches Glied».
i

Decke eines Zimmers», um 1480 im Yoc. ine. bullern, v.: Blasen werfend geräuschvoll
teut. t 8^ pun «solarium», 1482 im Yoc. theut. aufwallen: ein dumpfes Geräusch machen.
aa'Z'' puny «solarium», puny in einem schiff Wohl nicht entlehnt aus lat. hdläre «Blasen
«tabulata»; dazu mnd. hone f. «Fußboden, werfen, aufsprudeln», sondern lautnachahmen-
Decke, Söller, Speicher», ndl. heun f. «Fuß- des Wort, zu poltern (s. d.) gehörig, spätmhd.
boden, Fischbehälter». Vielleicht mit Boden hollern neben holdem. Erst bei Heynatz 1795
verwandt, falls Ausfall eines d vor n ange- und Campe 1807 verzeichnet.
nommen werden darf. Vgl. Bönhase. ABL. Bult, m. [-en, PI. -en) und Bülte, f.
bühnen, v. mit Brettern belegen. Mhd. in (PI. -n), Bulten, m. {'S, PI. wie Sg.): be-
:

verhilnen. wachsener Erdhaufe. Aus dem Ndd., wo mnd.


Bukett, u. Blumenstrauß.
(-5, PI. -s): hidte m. «Haufe, Hügel, Bündel», ditmars. und
Das franz. houquet m. «Blumenstrauß», eig. mark. Biüt, BiUten: dazu ndl. Indt m. «Höcker,
«kleiner Busch», Demin. von franz. hois, ital. Geschwulst, Erdhügel». Dunkler Herkimft.
hosco m. «Busch, Wald, Holz», die auf das Ins Hochd. von Voß eingeführt.
deutsche Busch (s. d.) zurückgehen. Bei bumbs! bums! Interj. des dumpf schal-
Wächtler 1711. lenden Aufschiagens oder Falles auf etwas (bei
Bulge, f. (PI. -71): Wasserbehälter von Schiller Kab.
I 1, 2 humhs, 1767 imBrem.Wb. 1,

Leder. Mhd. hulge, ahd. hulga f «lederner 162 hums). Lautnachahmend. Vergleichen läßt
Sack» (mhd., ebenso mnd. und noch bei Luther sich gr.-lat. homhus, gr. ßö|ußoc m. «tiefer,
auch «Woge»). Nicht entlehnt aus dem gleich- dumpfer Ton», das aber nicht als Grundlage
bed. gall.-lat. hulga, sondern mit diesem Worte anzusehen ist. Vgl. 2?Mrnp, Pumpes, auch plump.
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 20
;

307 bummeln Burg 308

bummeln, v. hangend hin und her schwe-


: 394) entwickelten. Von obd. blinken «klopfen,
ben; im Nichtstun umherschlendern, Ablaut- stoßen, pauken». Dafür schwäb. Bimkes.
bildung zu bammeln (s. d.). In der 1. Bed. bunt, adj. u. adv.: mannigfarbig. Bei
von Ludwig 1716 und Frisch 1741 verzeich- Luther und sonst älternhd. bund, bundt. Mhd.
net, von Voß Ged. 1, 13 gebraucht. Die bunt (flekt. bunter, nicht blinder) «schwarz
2. Bed. findet sich im 18. Jh. mehrfach in und weiß getüpfelt oder gefleckt, schwarz
ndd. Dialektwörterbüchern und ist erst in und weiß gestreift»; dazu nd. bunt, ndl. bont.
neuerer Zeit allgemein geworden. Davon Wegen des in der Flexion beibehaltenen t

Bummel, f. (PI. -n): hin und her schwe- als entlehnt anzusehen, und zwar aus lat.
bendes Anhängsel und Bummel, m.: ge- pmictus, Part. Perf. Pass. von pungere «ste-
mächlicher Spaziergang, beide der neueren chen», also eig. «gestochen», dann «punktiert,
Sprache angehörig, wie auch Bummler, m. getüpfelt»; ein entsprechender Ausfall eines
«umherschlendernder Nichtstuer». c vor t auch in Tinte (s. d.) aus tincta.

Bund, m. (-es, PI. Bünde): Vereinigung Nach Heyne stammt es aus den Klöstern,
zu einem Zwecke; Bindemittel, Kopf binde; wo punctus das mit verschiedenen Farben
Kuchen in Form eines Turbans; (gewöhn- Gestickte bezeichnete. Als Subst. bezeichnet
lich als n.) miteinander Verbundenes. Mhd. mhd. buntn. «mehrfarbiges Pelzwerk» (ebenso
hunt m. (Gen. hundes) «Fessel, Zusammen- mnd. bunt n.) im Gegensatz zu grä n. «graues,
gebxmdenes, Bündnis»; dazu ndl. hondva.. Zu einfarbiges Pelzwerk», weshalb häufig grä
linden. ABL. Bündel, m. n. {-s, PI. wie unde bunt verbunden vorkommt. ZUS. bunt-
Sg.): Zusammengebundenes zum Tragen. ]\Ihd. scheckig, adj.: überladen bunt. Gegen
hündel n. (auch gehündel, ahd. gibimtili n.); Ende des 17. Jh. (bei Weise Erzn. 88 bund-
dazu ndl. hundel m., ags. hyndele f., engl. scheckigt), zunächst wohl von einem mehr-
hundle. Älternhd. auch m. (1541 bei Frisius farbigen Pferde (Stieler 1691 hat Buntschack
776^ der püntel, auch Stieler und noch Hey- «buntes Pferd» neben dem Subst. Bunt-
natz 1775 setzt das M. an, das Adelung auf schäckigkeit, Ludwig 1116 Buntschack «hxmtes
das Obd. beschränkt, bei Goethe der und das Pferd»). Buntwerk, n. geflecktes Pelzwerk, :

Bündel), bei Luther dafür das Bnndlin. mhd. buntiverc n.


bündig, adj. verbindend, fest überzeugend,
: Buuzen, s. Punzen.
kurz zusammengedrängt und kräftig. Mhd. Bürde, f. (PI. -%): Hebe-, Traglast; (bild-
hiindec «verbündet», frühnhd. bündig «ver- lich) 'Schwerzutvagendes. Mhd. bürde, ahd.
bindend, kräftig». Bündnis, n.: feste Ver- burdi f.; dazu anord. byrdr, schwed. börda,
bindung zu einem Zwecke. Spätmhd. bunt- dän. byrde, got. baurpei f. und mit weiterer
nisse n. Ableitung asäcbs. burthinnia, ags. byräen, engl.
Bundschuh, m. {-es,F\.-e): grober derber bürden f. Mit Dentalsuffix zu. ahd. beran «tra-
Schnürschuh mit langen Riemen (Bundriemen), gen» gebildet, s. Bahre und gebären. ABL.
Bauernschuh; Meuterei, Empörung. M.h.ä.bunt- bürden, v. als Last aufladen, mhd. bürden.
:

schuoch m.; da dieser Schuh schon um die Büre, f. (PI. -"): Bett-, Kissen-, Polster-
Mitte des 15. Jh. von den Bauern bei Auf- überzug. Aus dem Ndd,, wo mnd, bure
i'uhr als Standes- und Feldzeichen aufge- «Kissenzieche». Das Wort wii'd 1775 von
hangen wui'de, so entstand die Bed. «Em- Heynatz als Büre verzeichnet und von Voß
pörung» schon am Ende des 15. Jh. (z. B. Ged. 1, 45) öfter gebraucht.

^Buuge, f. (PI. -n): Trommel; trommel- Bureau (spr. Büro), n. {-s, PI. -s) Schreib- :

ähnliche Fischreuse. Mhd. bunge, auch mnd. tisch oder -pult zur Besorgung der Geschäfte
bunge, aschwed. bunga f. «Pauke, Trommel». Schreib- und Geschäftsstube. Aus franz. bureau,
Im Ablaut stehend zu engl, bang, anord. banga afranz. burel m., urspr. «grobes wollenes Tuch,
«schlagen». S. Bengel. Teppich», dann «ein mit einem solchen Tep-
^Bunge, f. (PI. -n): Pflanzenknolle, s. piche gedeckter Tisch», weiter «Geschäfts-
Bachbunge. tisch und -stube», abgeleitet von franz. bure f.

Bunkel, m. wie Sg.): gedrungene, «grobes, wollenes Tuch», das auf lat, btira
(-s, PI.

kurze, dicke Person. Mhd. bunkel m. Schlag, (für burra) f. beruht. Um


1700 entlehnt.
Stoß, Beule, woraus sich die Bed. «bauschige Burg, f. (P|. -en): befestigter Ort; (früher)
Masse,Bündel» und «Kind von kurzem, dickem Stadt (vgl. Bürger). Mhd. bure (PI. bürge),
Körperbau» (schweiz. Id. 4, 1380, Schmeller ^ 1, ahd. burug, bürg f. «mit Mauern umschlossener
309 Bürge Bursch 310

Ort, Stadt»; dazu asächs. burug, hurg, ndl. hurg, die erste Leipziger Bürgerschule wurde 1804
ags. hurh (PI. hyrg), engl, horough, anord.- eröffnet. Bürgerworthalter, m.: Stadt-
schwed.-dän. borg, got. baurgs f. Das spätlat. verordnetenvorsteher. In Holstein.
burgus m. nebst ital. horgo, franz. hourg ist Burgfriede, m. (-ns, PI. -n): Vertrag
aus dem (jrerman. entlehnt. Burg entspricht zu Sicherheit und Rulie des Burggebietes,
den Lauten nach genau Akk. brigh sowie diese Sicherheit und Ruhe selbst; der
air. bri,
«Berg, Hügel», das wieder in der Bedeutung nach seinen Grenzen bezeichnete Burgbezh'k.
zu d. Berg stimmt, so daß also Berg und jVIhd. burcvride m.
Bnrg im Ablaut stünden. Der Bedeutungs- Burggraf, m. (-en, PI. -en): erwählter
wandel erklärt sich daraus, daß man die Oberherr eines Ganerbenschlosses; Schloß-
Niederlassungen gern auf Bergen des Schutz- pfleger; (ehedem auch) Stadtvogt. Mhd.
bedürfnisses wegen anlegte. Andre, vgl. biircgräve, ahd. burcgrävo m. ZUS. Burg-
Heyne Deutsche Hausaltertümer 1, 66, stellen grafschaft, f., mhd. burcgräveschaft f.
btirg zu bergen, es wäre dann eme Abstrakt- Bürgschaft, s. Bürge.
bildung mit der Bedeutung « Schutz, Bergmig». Burliliard, Mannesname. Ahd. Burchari.
Der PI. lautet älternhd. wie mhd. Bürge, burlesk, adj.: possen-, spaßhaft, kui'z-
noch Adelung verlangt diese Form, doch weilig. Aus franz. burlesque und dies aus
kommt schon früher das von ihm als obd. ital. burlesco, von ital.-span. burla f. «Posse,
bezeichnete schwach flekt. Burgen vor. Spaß, Spott», das auf einem lat. burrula f.
Bürge,- m. (-n, PI. -n): der wofür Sicher- beruht, Dimin. zu biirra «zottiges Gewand»,
heit Leistende. Mhd. bürge, ahd. burigo, PI. «läppisches Zeug, Possen». BeiSperander
burgo m.; dazu ndl. borg, ags. borg m. Mit 1728 burlesque.
borgen zu bergen gebildet, Bürge daher urspi'. Burnus, m. (Gen. Burnusses, PI. ohne
«wer wofür stehend schont, erhält, vor Schaden Endung und Burnusse): Mantel ähnlichen
hütet». ^-BL. l)ürgen, V. wofür Sicherheit Schnittes wie die maurischen weißen wollenen
:

leisten, mhd. bürgen. Bürgschaft, f., mhd. Mäntel mit Kappe. In den dreißiger Jahren
bürgeschaft f. dieses Jh. entlehnt aus franz. btirnous m.,
Blirgeiiieister, s. Bürgermeister. dies mit span.-port. albornoz (cd ist der arab.
Bürger, m. (s, PI. wie Sg.): Vollbe- Artikel) aus arab. burnus «längliche Kappe
rechtigter einer Stadt (Burg), Ortschaft, eines muhamedanischer Mönche, Kleid mit Kapuze».
Staates; Staatsangehöriger außer dem Adel Bursch {-en, PI. -en und -e), Bursche
und der Geistlichkeit. Mhd. bürgcere, burgcere, (-«, PI. -n), m
jrmger lediger Mensch Student
: ;

ahd. burgäri m. «Stadtbewohner»; aus dem nach dem ersten Studienjahre. Früher auch
Deutschen entlehnt ndl. burger, schwed. bor- Pursch (Günther 162, Schiller 11, 314). Mit
gare, dän. borgerm. Got. mit andrer Endung Übergang des s in seh nach r, in ähnlicher
&aurgr/am. «Stadtbewohner». Älternhd. auch Begi'iffsentwicklung wie bei Frauenzimmer
oft (obd.) Bürger (noch bei Frisch 1741). (s. d.) hervorgegangen aus Burs, Bursch f.
ABL. bürgerlich, adj., spätmhd. bürgerlich. «beisammen wohnende Genossenschaft männ-
Bürgerschaft, f., spätmhd. burger schaft f. licher Personen», das aus mlat. bursa f. (aus
Bürgertum, n., erst im 19. Jh. gebildet. gl", ßüpca «Fell, Leder», s. Börse, mit dem
ZUS. Bürgerkrieg, m., im 17. Jh. (Gry- Bursche eig. identisch ist) «Geldbeutel», dann
phius Trauersp. 424) nach lat. bellum civile. «Stiftungskasse zu gemeinsamem Unterhalte
Bürgermeister, m., spätmhd. (auch bei vornehmlich der Schüler in den königlichen
Luther) daneben aber mhd.
burgermeister, Schulen, der Hochschule in Frankreich» (ein
(mit Burg zusammengesetzt) bürge-, burge- solcher Stipendiat hieß deshalb ein bursarius),
meister, die auch älternhd. oft vorkommen endlich s. v. a. zusammenlebende Genossen-
(Stieler 1691 führt Bürgemeister, Rädlein 1711
schaft, besonders eine solche, deren Mitglieder
Burgemeister an) und noch von Goethe aus gemeinsamer Stiftungskasse Unterstützung
{Burgemeister Faust 846, Herm. u. Dorothea empfangen. Daraus dann schon in der 2. Hälfte
4, 21) gebraucht werden. Entlehnt ndl. des 13. Jh. mhd. burse f. «Geldbeutel», dann
burgemeester, engl, burgomaster. schwed. borg- «Kasse», im 15. Jh. auch «zusammenlebende
tnästare, franz.bourgmesfre m. Bürgerrecht, Genossenschaft, namentlich studentische, und
n., mhd. burgerreht n. Bürgerschule, f., gemeinschaftliches Haus derselben»; im 16. Jh,
bei Campe 1807 als ein neugebildetes Wort, bezeichnet Burs überhaupt eine Schar zu-
20*
311 Bürste Büse 312

samraenlebender oder auch nur gelegentlich von lat. portulaca, das auch umgestaltet zu
zusammengekommener, namentlich junger porcilaca (an porcus «Schwein» angelehnt),
Leute (Dasjrpodius 1537 hat Burß «contu- porcellana (so ital.) erscheint.
bernium, kriegsleut», ebenso Maaler 1561, ^Bürzel, m. (-s, PI. wie Sg.): kleiner
Berghurß bei Mathesius Luther 105^, sonst dicker Mensch, s. Purzelbaum.
ist Btirs auch oft «eine Zechgesellschaft»). In Bürzel, m. (-S, PI. wie Sg.:) Steißende
der 2. Hälfte des 17. Jh. wird das kollektive mancher Tiere. Bei Luther 8, 85 Jen. Pirtzel,
die Burs, Bursch auch mit dem Prädikat im bei Maaler 1561 Bürtzel. Von südd. borzen,
Plural verbunden, z. B. bei Opitz Judith 2, 4, bei Hans 8acbs pürtzen «hervorstehen», wahr-
Moscherosch Phil. 1, 383, Grimmeishausen scheinlich abgeleitet von mhd. bürn, ahd.
Simpl. 84, und daraus dann ein Sing, de^^ burian «in die Höhe halten oder recken».
Bursch gefolgert, z.B. Moscherosch Phil. 2, 208, (Daher bedeutet B. mundartlich auch «Erd-
neben dem aber die Biirsch sich lange er- erhöhung»).
hält; Duez, Schottel und Krämer kennen nur Busch, m. {-es, PI. Büsche) Strauchwerk,
:

das kollektive Burs, Bursch (doch verzeichnet sowie diesem vergleichbares. Alternhd. auch
letztrer Burschgen n. «giovanetto»), während Pusch (bei Luther, den schlesischen Dichtem
Stieler 1691 Burs vulgo Bursch als Ehren- des 17. Jh., Steinbach 1734, noch jetzt im
name der Studenten, dann aber allgemein schles. Dialekt). Mhd. husch, bosch, md. auch
für junger Mensch in Handtverks- , Jäger- pusch m., ahd. nur in brämälhusc m. «Brom-
hursch etc. anführt. Die Flexion ist anfangs beerbusch»; dazu ndl. bosch n. und bos m.,
stark und schwach, PI. meist Bursche, wie engl, bush, schwed, huske m., dän. husk. Ent-
auch von Adelung und von Heynatz 1775 lehnt aus mlat. buscus, boscus m. «Strauch-
verlangt wird (noch bei Goethe Faust 2150), werk», woher ital. bosco, span.-port. bosque,
jetzt häufiger Burschen. ABL. Burschen- franz. bois m. «Gehölz, Wald», Redensart:
schaft, f., die 1815 zur Pflege vaterländischer auf den B. klopfen «Nachrichten etc. aus
Gesinnung geschlossene Studentenverbindung. jemand herauszulocken versuchen», eig. «das
Davon Burschenschafter, m. hlirschikös, Wild durch Klopfen aus seinen Schlupf-
adj. u. adv.: studentisch-flott. Um 1700 zu- winkeln auftreiben». ABL. BÜSChel, m.
nächst als Adv. mit giiech. Endung -ikoic als (-5, PI. wie Sg.), bei Luther auch Pusschel
halbgelehrte Bildung aufgekommen (ältester (2. Mos. 12, 22), mhd. huschet m. buschicht,
Beleg von 1720 bei Meier Studentenspr. S, 27, buschig, adj., spätmhd. puscheht. ZUS.
bei Heynatz 1775 besprochen), dann auch als Buschklepper, m.: wegelagernder Räuber.
Adj. gebraucht; früher mehr in übler Bed. Bei Zesen Jbr. 1, 417 mit ö für e Busch-
«studentisch-liederlich», Wallensteins Lager klöpper (so noch bei Frisch 1741), bei Schupp
459, wie studenticos lehen bei Eädlein 1711. 1, 305 mehr hd. Buschklöpffer. Es bezeichnet
Bürste, f. (PI. -n): Reinigungswerkzeug eig. den, der durch den Wald reitet, den
aus Borstenbüscheln. Mhd. hürste f., von Heckenreiter, denn Klepper (s. d.) ist urspr.
Borst, Borste (s. d.) abgeleitet. ABL. bürsten, sowohl «Pferd» als «Reiter».
V., auch s. V. a, trinken, gleichsam die Gurgel ^Buse, f. (PI. -n), auch Dim. Bus-chen,
putzen, zugleich unter Einfluß von Burs^= u,: feine kurze wollige Härchen wie Flaum;
«Zechgesellschaft». Schon im 16. Jh., dann Pflanzenwolle an den Weidenkätzchen. Ober-
bes. schwäbisch, z. B. bei ühland 53. 270. sächsisch, dazu das gleichbed. Schweiz, busi,
Eine obszöne noch jetzt übliche Bed. bei büseli (Schweiz. Id. 4, 1740) und wohl auch
Kindleben 1781. ZUS. Bürstenbinder, m. nd. Pose f. «Feder».
Redensart: saufen wie die Bürstenbinder (im "Buse, f. (PI. -n): Katze. Mundartlich,
Anschluß an bürsten «trinken»), schon bei so Schweiz, das Demin. Busi, Büsi n., schwäb.
Fischart Barf. 2255. Busi f. Dazu näd. jms, nd.\. poes, engl, puss,
bürtig, adj.: woher der Geburt nach dän. puus, norw. puse. Nach dem Lockruf
seiend (Goethe 11, 66). Noch in eben-, voll- für die Katze. ZUS. Busekatze, f.
bürtig, sonst üblicher gebürtig. Mhd. bürtec, Büse, f. (PI. -n): leichtes Fahrzeug, bes.
ahd. burtig von mhd.-ahd. burt f. «Geburt». zum Heringsfange. 1703 im Zeitungslex. Aus
^Bürzel, m. (-s, PI. wie Sg.): die Pflanze ndl. buis f. «Fischerboot»; dazu engl, buss,

portulaca. Mit Wechsel des Geschlechts aus altnord. büza, auch schon mhd, (im Rolands-
mhd. burzel, purzel, ahd. hurzela, purzela f., lied) hü^e f. «eine Art Schifl'», ahd. few^o m.
313 Büsel Butte 314

«Seeräuberschiff». Zugrunde liegt mlat. huza ahd. &«02fen, auch «ausbessern, flicken, heilen»;
«größeres Fahrzeug», woher afranz. Jmce, dazu asächs. hötian, ndl. hoeten, ags. hetan,
husse f., altspan. huzo m. «Ruderschiff». anord. höeta, schwed. höta, dän. höde, got.
Büsel, n. (-S, PI. wie Sg., Goethe Dicht. hötjan «nützen». Davon Büßer, m., spät-
u. Wahrh. 27, 265): kleines Geldstück. Für mhd. hüe^er, auch «FHcker», schon ahd. scuoh-
Biesel, Bezeichnung einer franz. Silbermünze htw^äri «Schuhflicker». ZUS. bußfertig,
im Elsaß, aus franz. piece f. «Stück». adj. u. adv.: Buße zu tun bereit; über Be-
Busen, m. (-s, PI. wie Sg.): Vorderteil gangenes mit der Absicht dafür genugzutun,
des menschlichen Leibes vom Halse bis zum schmerzerfüllt, mhd. huogvertic. Bußtag,
Magen; Öffnung und bauschiger Teil des m., bei Stieler 1691.
Kleides davor; Meer-, Seearm. Bei Luther Bussöle, f. (PI. -«): Magnetbüchs-chen,
hosam, hosem, hosen, bei Alberas Dict. Dd2'^ Seekompaß. Das franz. houssole, ital'. hüssola
huosam, im 17. Jh. häufig Busem (so noch f., welches aus mlat. huocula «Büchs-chen»,
bei Ludwig Mhd. huosem, auch schon von mlat. huxis statt gr.-lat. pyxis, gr. iruEic
1716).
huosam m., auch «Schoß»; f. «Büchse». 1 7 1 6 in Chi-. Wolffs math. Lex. 268.
huosen, a.h.ä.huo»uni,
dazu asächs. hösom, hösm, ndl. hoezem, afries. Büste, f. (PI. -n) aus Stein, Gips, Wachs :

hösm, ags. hösm «Schoß» m., engl, hosom, im usw. geformtes Brustbild Oberkörper bis zur ;

Xord. u. Got. fehlend. Dunkler Herkunft. Brust. Aus dem gleichbed. franz. huste, ital.-
Zusammenhang mit Btig ist kaum möglich. span. busto m., die, wenn das Wort urspr.

ABL. busig, adj. in hoch-, vollbusig. ZUS. das auf dem Grabmal aufgestellte Brastbild
Buseufreund, m.: vertrauter Freimd. Bei bedeutet hat, aus lat. hustum u. «Leichenbrand-
Ludwig 1716 Busemfreund. stätte, Grabmal» abgeleitet werden können.

Bu£, m. (Gen. Busses, PI. Busse): Kuß. Im 18. Jh. entlehnt (Wieland Am. 2, 27).
In der Kindersprache. Bei Luther 5, 268^ Butlke,
Bude; elende Hütte,
f. (PI. -n):
Jen., schon etwas früher begegnet hussen Das «Kramladen», ital. hodega
franz. houtique f.

«küssen». Im Bayr. ist Kiiß durch Büß f., mit Abfall des anlautenden Vokals aus
ganz verdi'ängt worden. Vgl. engl, huss, gr.-lat. apofheca f. «Vorratskammer» (s. Apo-
\

schwed. puss «Kuß», Mit lat. bäsiäre, franz. 1


theke). Im 17. Jh. entlehnt.
haiser besteht kein Zusammenhang, vielleicht butt, stumpf; km-z und dick; unan-
adj.:
aber mit ir. hus «Lippe», gäl. hus «Mund». sehnlich klein; stumpfsinnig, dumm. Aus
Bussard, m. (-s, PI. -e) der Mäusefalke. dem Ndd., wo hutt «stumpf, plump» und das
-.

Mit engl, huzzard, ndl. huizert m. aus franz. Subst. Butt «kui'zes, dickes Ivind»; ndl. hot
husard m., das von lat. hüteo m., dem Namen «stumpf, plump, dumm». Fischart gebraucht
einer Habichtsart, mit der dem deutschen hott von den Holländern, ebenso führt Henisch
-hart nachgebildeten Endung -ard abgeleitet hot als ndl. Wort an, dagegen Stieler 1691
ist. Im Mhd. dafür hüsant m. Bei Maaler und Rädlein 1711 hutt als hd. Wohl zu ahd.
1561 in halbdeutscher Foi^m Bußhart (so hö^an, ags, heatan «schlagen» (s, Amboß) zu
noch bei Rädlein 1711), bei andern in An- stellen, eig. also «abgeschlagen, abgestoßen».
lehnung an Aar Bußaar (bei Henisch 1616 Vgl. noch Meringerldg. Forsch. 16, 155, Zupitza
Bußarn, noch Adelung setzt Bußaar an). KZ. 36, 243. Die bedeutungsverwandten span.
Buße, f. (PI. -n): (kirchliche oder recht- hoto «stumpf», franz. hotte f. «Klumpen», ital,
liche) Genugtuung wofür. Mhd. huo^e, huo^, hottone, franz. houton m. «Knopf, Knospe»
ahd. huo^a f. «Besserung, Heilung, Abhilfe, gehen auf das Germ, zuiiick. S. auch Butzen.
Vergütung, Buße, Strafe»; dazu asächs. höta ABL. butten, v., auch verhütten (Voß Horaz
«Besserung, Heilung», ndl. hoete, afries. höte, Sat. 1, 3, 46) «im Wachstum zuiückbleiben,
ags. höt f. «Besserung, Ersatz», engl, hoot verknorzen, verkommen».
«Nutzen, Vorteil», anord, höt f. «Besserung, ^Butte, f. (PI. -n): plattleibiger stumpf-
i

Buße», schwed. hot m., dän. hod, got. höta f. köpfischer Seefisch. Bei G. Agricola putte,
«Nutzen». Im Ablaut zu haß, hesser, hest bei Forer S. 50^ Meei'hutt, aus der ndd, Be-
(s. d.) stehend. ABL. büßen, v.: ein Übel, nennung butte f., ndl. bot f., engl. but. Wohl
heben oder wegschaffen wieder cmtmachen, von ndd. hutt, ndl. hot «stumpf».
; i

bessern (z. B. die Lücken hiißen) ^ Butte in Hagebutte, s. d.


genugtun,
;

namentlich durch Erduldung von Strafe; zur ^ Butte und Bütte, f. (PI, -n) oben offenes :
j

Genugtuung mit Strafe belegen. Mhd. hüe^en, Daubengefäß; hohes Rücken- Traggefäß von
\
315 Büttel büxen 316

Dauben. Die umlautlose jetzt nament-Form den Fasten; (übertragen) Flitterwoche der
lich in Mitteldeutschland (hei Luther Buffe7i); Neuvermählten.
zuweilen wird zwischen Bütte «größrer Zuber» Büttner, m. (-s, PI. wie Sg.)-. Böttcher,
und Butte «kleinres Daubengefäß mit Hand- Küfer. In Thüringen, Franken, Oberpfalz usw.
griff», namentlich «Rücken- Traggefäß» unter- Mhd. hütencere m., von hüten f. «Bütte» (s. d.).
schieden. Mhd. hüte, gekürzt aus hüten, ahd. Butzen, m. (s, PI. wie Sg.): Klumpen;
hutin, hutinna f.; dazu ags, hyden f., daneben verdickte Feuchtigkeit in Nase, Auge, einem
hytt f. «Schlauch», engl, hutt «Faß», anord. Geschwüre; Schnuppe am Licht; Kerngehäuse
hytta «Butte», schwed. bytta f., dän. hotte. im Obst. Mhd. hiitze m. (selten) «Klumpen»,
Mit ital. hotte f. «Faß», span.-port. hofa f. dazu auch gehütze n. «Eingeweide», dann 1482
«Schlauch», franz. hotte f. «Weingefäß» aus im. Voc. theut. z 8^ putz in der nasen, putz

gr.-mlat. hntina f. «Flasche»; gr. iruTivri, taren- am ohß. Wohl mit der hochd. Verschiebung
tinisch ßurivri f. Vgl. dazu Meringer Idg. zu ndd. few^^ «abgestumpft, stumpf, kurz und
Forsch. 16, 155. Vgl. auch Bottich, Bouteille. dick». Vgl. noch Zupitza KZ. 36, 248. ZVS.
Büttel, f. (PI. -n): Flasche. Aus dem Butzensclieibe, f. (PI. -n)-. runde, gewöhn-
Ndd., "WO Büttel, Buddel: wohl mit ndl. hottel lich grüne Fensterscheibe, die in der Mitte
f. aus engl, hottle, das auf mlat. hotilia f. eine ziemlich starke schlackenartige Erhöhung
(statt *huticula) beruht, woher auch franz. [einen Butzen) hat. ürspr. in Nürnberg ge-
houteille f. S. auch Bottelier. bräuchliche Bezeichnung.
Büttel, m. (-S, PI. wie Sg.): niedriger Butzenmanu, m. [-es, F], Butzenmänner) -.

Gerichtsbote, Häscher. IMlid. hütel, ahd. hutil gespenstische, vermummte Schreckgestalt.


m. «Gerichtsbote, entbietende Gerichtsperson»; Mhd. das einfache hutze m. «Polter-, Klopf-
dazu ndl. he\d (aus beudel), ags. hydel m., engl. geist, ausgestopfte Menschengestalt, Lai-ve»;
headle. Mit Bote zu hieten. das zusammenges. Wort erscheint bei Luther
l)Utteln, V.: schäumend sprudeln (Goethe als Potzmann, bei Alberus Dict. p 1 ^ hutzen-
33, 73). Aus dem Ndd. (1767 im bremisch- man und Hb 3* hotzenman. Mhd. hutze viel-
ndsächs. Wörterbuch verzeichnet), vielleicht leicht zu ahd. hö^an «schlagen» (s. Amboß),
lautnachahmend. also «Klopf-, Poltergeist» oder wohl eher
Butter, f. das aus Milchrahm durch Ab- mit dem vorausgehenden identisch, also eig.
:

sonderung des Wässerigen gewonnene Fett. «kurze, dicke, verkrüppelte Gestalt» (auch das
Im Obd. Butter m. Mhd. huter m. f., spät- schw'eiz. bök ist «Butzenmann» und «Butzen»)
ahd. hutera f., dazu ndl. hoter f., afries. hutera, wie noch nhd. Bützel m., obersächs. und
ags. hutere f., engl, hutter. Entlehnt wohl Schweiz. BUz m. «kleines, unvollkommen ge-
durch Vermittlung der Klöster aus dem gleich- staltetes Geschöpf», mhd. bützel m. «Wichtel,
bed. gr.-lat. hutyrmn n. (zuerst bei Columella Zwerglein»,
6, 12), gr. ßouTupov, das nach Plinius bist, butzig (Rückert 1, 110), s. putzig.
nat. 28, 9 aus dem Skythischen stammt und Butzkopf, m. [-es, PJ. Butzköpfe): der
an ßoöc f. «Kuh» und xupöc m. «Käse» an- Nordkaper (Walfisch). Benannt nach der ab-
gelehnt wurde. Ins Hd. drang das Wort gestumpft aussehenden Schnauze, zu ndd.
von Norden ein und verdrängte die echtahd. hutt «stumpf».
Benennungen anko m., anka f. (s. Anke), Buxe, f. (PI. -n): Hose. Aus dem Ndd.,
kuosmero m. «Kuhschraeer», mhd. auch milch- wo hoxe, büxe, ndl. bokse f.: daraus entlehnt
smalz n. ABL. buttern, v.: Butter machen. Island, (im PI.) huxur, schwed. byx, ^dän.
1482 in außputtern (Voc. theut. aa 1 *). ZUS. buxe. Von Bock abgeleitet, also eig. «Hose
Butterbemnie, s. Bemme. Butterbrot, von Bocksleder», vgl. engl, buckskins «bock-
n., bei Duez 1664. Buttermilch, f., mhd. lederne Hose». Helvig 1611 hat Buchsen als
hutermilch f. Butterschnitte, f., von Gom- ndsächs. Wort, ebenso verzeichnet Adelung
bert 7, 16 aus dem J. 1627 belegt. Butter- Büchse als ndsächs., 1616 bei Henisch Bixen
VOgel, m.: Schmetterhng, von dem man « Pluderhosen, Schitferhosen ».
glaubte, daß er Butter stehle (1517 bei Tro- büxen, v.: behende heimlich entwenden.
chus H 6* hottervogel); vgl. ndl. hotervlieg Aus dem gleichbed. ndd. huxen, ndl. hoksen,
f., engl, hutterfly. Butterweck, m.: Butter eig. wohl s, v.^a. «behende ungesehen in die
in Weck- d, i. Keilform. Mhd. huterivecke Hose (Hosentasche) stecken». Bei Schiller da-
m. Butterwocbe, f.: die fette Woche vor für bixen in iveggehixt (Räuber 2, 3).
317 CslU Charivari 318

AVörter, die man hier nicht findet, suche man unter K und Z.

Cafe, s. Kaffee. Champion, m. (s, PI. -s) -.


Kämpe, Meister.
Canaille, f. (PI. -n): niedriger Pöbel; ver- Aus gleichbed. franz. Champion, das auf ein
ächtlicher Mensch. Aus dem gleichbed. franz. vulg.-lat. campio «Kämpfer», abgeleitet von
Canaille nach ital. canaglia f., eig. «Hunde- campus m. «Feld», zurückgeht. 1710 bei
volk», Kollektiv zu lat. canis «Hund». Im Nehring.
17. Jh. ganz geläufig (bei Schupp 1, 427 Canalie, Chaos, n. : verworrene gestaltlose Urmasse
bei Stieler 1691 Kanalje); die persönliche Bed. zur Weltbüdung; Wirrsal. Das gr.-lat. chaos,

schon bei Wächtler 1711. gr. xöoc n. eig. «der gähnende leere maßlose
CailCan, m. (-5): ein unzüchtiger Tanz. Raum», von gr. xaiveiv «gähnen». Im 17. Jh.
Aus franz. cancan, das aus lat. quanquam entlehnt. Vgl. Gas.
«obwohl». Zunächst wurde es in der Be- Charakter, m. {-s, PI. Charaktere)-, (auf-
deutung einer «Universitätsanrede» gebraucht, geprägtes) Kennzeichen; eigentümliche Ge-
weil diese meist mit quanquam begannen. sinnungsweise;" Gesinuungsfestigkeit; Titel,
Neue Entlehnung. Rangstellung. Aus gr.-lat. charäcter, gr.

Cerevis, n.: kleine runde Studentenmütze, xapaKTrjp m. «Eingegrabenes, Eingeprägtes,


die bei Bierkommersen getragen wii'd. Aus Kennzeichen, aufgeprägte Eigentümlichkeit»,
lat. cerevtsia, urspr. cervisia f. «Bier». In von gl". x«P"cceiv «einritzen, einprägen»; da-
der neuern Studentensprache, abgekürzt aus her schon mhd. kar acter m. «Buchstabe,
Cerevismütze. Zauberschrift, Gepräge, Mei'kmal». In der
Chaise, f. (PI. -w): und 4. Bed. bei Wächtler 1711. ABL.
Halbkutsche. Aus 2.

franz. chaise f. eig. «Stuhl», das urspr. Pariser charakterisieren, v.: kennzeichnen; be-
Aussprache statt chaire f. «Lehrstuhl, Stuhl, titeln. Aus franz. caracteriser von gr. ,

Sessel» aus gr.-lat. cathedra f. (s. Katheder). XapaKxripiZieiv «mit einem Merkmal oder Ge-
Im 17. Jh. entlehnt. präge versehen, schildern», charakteri-
Chalzedöu, m. {-s, PL -e) oder Chalce- stisch, adj. Nach dem gr, Adj. xapaKTripi-
donier, m. (s) milchbläulicher Halbedelstein. cTiKöc «bezeichnend». Beide im 18. Jh. auf-
:

Mhd. calcedon, aus gr.-mlat. chalcedonius, d. i. genommen (1749 bei P^yra und Lange 400
lat. achates chalcedoyiius «Achat von Chal- characteristisch).
cedon» in Kleinasien. Charge, f. (PI. -n): dienstliche Stellung.
Chamäleon, n.: Aus franz. Charge f. eig. «Last», zu charger
farbenwechselnde Ei-
dechse; (bildlich) ungetreuer Yerstellungs- (s. d. folg.). Im Anfang des 17. Jh. ent-
künstler. Aus g]\-lat. chamaeleon, gr. xctM"i- lehnt. ABL. chargieren laden belästigen : ;

Xeoiv m. d. i. «Erdlöwe» (xaiaai «an der Erde», einen Angriff unternehmen. Aus dem gleich-
\eujv m. «Löwe»). Im 16. Jh, entlehnt (1571 bed. franz. charger, von einem mlat, *carri-
bei Heyden Plinius 173 Chameleon m., 1595 care «auf den Wagen laden, belasten», das
bei Hulsius Schiffahrten 1, 17 Chamelion). auf carrus m. «Wagen» zurückgeht. Schon
Früher auch als M. (Hagedorn Oden 55, 1617 im teutschen Michel 8 als charschieren
Goethe 1, 62). angeführt. Das Part, als Subst. der Char-
Champagner, m. (-s): Schaumwein aus gierte, studentischer Würdenträger, bei
der Champagne. Nach franz. vin de Cham- Kluge Wb. d. Studentenspr. aus dem J. 1831
pagne, auch bloß Champagne m. Um 1750 belegt, dafür 1795 Chargenträger.
eingebürgert (Goethe Br. 2, 105, bei Aler 1727 Charivari, n.: Katzenmusik, Aus dem
Champagnier wein) gleichbed. franz. charivari m., eig. s. v. a.
Champignon, m. (s, PI. -s): eßbarer «Polterabend», afranz. (14. Jh.) caribari, chali-
Feld-, Rasenschwamm. Das Champignon vali, mlat. charivarium, chalvaricum n. «un-
franz.
m., aus neulat. campinio m., von lat. campus harmonische Musik, die einer zur zweiten
m. «Föld». 1715 bei Amaranthes Sp. 1474. Ehe schreitenden Person gebracht wurde».
319 Chaussee Chor 320

Dunklen Ursprungs (1664 bei Duez franz. Bödiker S. 132 -chen für die im Hd. üb-
charivari «Koi^fschmerz», aus dem gleichbed. Hchste Endung erklärt.

gr. Kapnßapia f., eig. «Schwere des Hauptes»). Chenille, f. (PI. -n): Samtschnürchen.
Bei Wächtler 1714. Das franz. chenille f. «Raupe», dann wegen
Chaussee, f. (PI. -n): Kunststraße. Das der Ähnlichkeit jene Schnur. 1715 bei Ama-
franz. chaussee aus mlat. calciata «mit Kalk ranthes Sp. 344 Chenellen, deutsch Schönellgen.
gemauerte Straße», dem als Subst. gesetzten Cherub, m. {-s, PI. Cherubim): Thron-
F. des Part Perf. Pass. von mlat. calciare Das hebr. cherüb. Mhd. ent-
träger Jehovas.
«mit Kalk (lat. calx, G. calcis) aufmauern». lehnt (aus dem PI.) cherubm m.
Um die Mitte des 18. Jh. aufgenommen (1779
Chiffre, f. (PI. -n)-. Namenszug; Geheim-
bei Goethe Br. 4, 94) und bei Adelung 1793 schrift. Das franz. chiffre m. «Zahlzeichen»
verzeichnet. Bei Nehring 1710.
(s. Ziffer), Geheimschrift.
Chauvinfemus, m. : übertriebener Natio-
ChigUOn,m. {-s, PI. -s) -.
hinaufgeschlagenes
nalstolz. Nach Aus-
franz. chauvinisme m., ein
Nackenhaar; Haarwulst. Das franz. chignon
druck der Schwärmerei für Napoleon
eig. die
m., das auf franz. chaine aus lat. catena f.
bezeichnet; er soll auf den Veteranen Nie.
«Kette» zurückgeht. Im spätem 18. Jh. auf-
Chauvin aus Eochefort zurückgehen.
genommen (1773 bei Amaranthes'^ 1, 720).
Chef, m, (-S, PL -s): Oberhaupt, Vorge-
Chiragra, n. (Schiller Wall. L. 488): Hand-
setzter. Das franz. chef m. von lat. caput
,

gicht. Aus gr.-lat. cMragra, gr. xexpd'xpa f.


n. «Kopf, Haupt». -Im Anfang des 17. Jh.
«Handgicht».
entlehnt (1616 bei Wallhausen Kriegsmanual).
Chirurg, m. (-en, PI. -en): Wundarzt.
Chemie, f.: Scheidekunst. Aus gr. xn^^i«,
Aus gr.-lat. chirurgus, gr. xeipoupYÖc m. eig.
Nebenform von x"|Lteia f. «Vermischung», das
«mit der Hand arbeitender Arzt», das als
auf X'JMoc m. «Saft, Flüssigkeit» zurückgeht.
Subst. gebrauchte M. des Adj. x^ipoupT^^c
Älternhd. meist Chimie, Chyniie (dies noch
«mit der Hand arbeitend» (xeip «Hand» und
bei Adelung). Vgl. auch Alchimie. ABL.
eine Bildung von ^pyov «Werk»). Im frühern
Chemiker, m. Aus gr. x^^miköc «die Säfte
Nhd. meist in lat. Form. ABL. Chirurgie,
betreifend», chemisch, adj.
f.: Wundarzneikunst. Aus lat.-gr. chlrurgia,
Chemisette, f. (PI, -n): Vorhemdchen.
gr. xe'poupYia f. «Arbeit mit der Hand, Wund-
Das franz. Chemisette f.. Dem. zu chemise f.
«Hemd» aus lat. camisia f. 1773 bei Ama- arzneikunst». Schon frühnhd. (Mumer
Narr.

ranthes^ 1, 717.
30, 1 Cirurgy). chirurgisch, adj., nach

gr.-lat. cMrurgiais, gr. xeipoupYiKÖc «zur Hand-


-chen, Verkleinerungsendung des Sub-
arbeit, Wundarzneikunst gehörig oder ge-
stantivs. Nach ch und g steht, um den Miß-
schickt». Bei Fischart Bodinus (1586) 137.
klang zu vermeiden, -eichen, z. B. Bächelchen,
Trögelchen, vgl. Wilmanns Deutsche Gramm. Chlodwig, s. Ludwig.
2, 319. Im 16., auch -ichen, -ichin,
17. Jh. Chlothar, s. Lothar.
mhd. -ichin, aber nur in md. Quellen. Da- Cholera, f. Brechruhr. Das gr.-lat. cholera,
:

neben auch hd. das unter flämischem Ein- gr. xo^^pa Gallensucht», von gr.
f. «Galle,
fluß eingedrungene -ekin, z. B. gehürektn Xo\r| f. Schon spätmhd. colera f.
«Galle»,
«Bäuerlein». Im altern Nhd. tritt -chen über- «Ruhr», 1727 bei Aler Choler f., vgl. auch
all hinter -lein zurück, Luther hat in der Koller. ^5L. cholerisch, adj.: zornsüchtig.
Bibel nur Caninichen und Saltzirichen (Rand- Nach gr.-lat. cholericus, gr. xo^ep"<öc «gallen-
glosse zu 4. Mos. 7, 14) «Salzfäßchen», häufiger süchtig». Bei Henisch 1616 cholerisch, 1615
Bildungen auf -ichen in seinen Briefen. Auch bei Albertinus Landstörzer 440 kolerisch.
sonst bei Mittel- und Norddeutschen erscheinen Chor, m. (-es, PI. Chöre): Sängerkreis;
anfangs solche Bildungen nur ausnahmsweise vollstimmiger Gesang; hintrer Teil der Kirche;
(Opitz Seelichin, Wäldichin, die Schlesier Eraporkirche; Schar. Aus gr.-lat. chorus, gr,
haben sonst durchaus -lein, öfter -chen,
fast Xopöc m. «Rundtanz, Reigen, Sängerschar»,
-gen bei Rist, Dach, dann bei Chi'. Weise im Mlat. auch «Kirchensitz der singenden
u. a.); unter den Grammatikern hält sie Geistlichen», woraus schon mhd. kör, ahd.
Schottel (S. 820 -ichen mag etiva spielweis chor m. «Sängerschar, Geisthchenschar in der
oder sonst im gemeinen Reden schertzivegen Kirche, der Kirche hintrer Teil als Sitz der
gebrauchet werden) noch fern, während 1690 singenden Geistlichen». In der neuern Sprache
321 Chrestomathie Conr 322

auch zuweilen Xeutr., namentlich in der letz- Dekl. Übergetreten. ABL. Christenheit,
ten (übertragnen) Bed. ABL. Choral, m. f., mhd. kristenheit, ahd. christanheit f., dazu,
(-S, PI. Choräle): "Weise eines Kirchenliedes. andd. cristinhed i. «Christlicbkeit, Taufe».
Aus mlat. choralis «zum Chor gehörig». Früh- Christentum, n., mhd. kristentuom m. n.,
nhd. (Ringwald getr. Eckh. D 4^),
auch bei dazu anord. kristindömr m. Christin, f.
Rot 1571 verzeichnet. Als Xeutr. bei Hage- Mhd. dafür kristen f., doch auch schon kri-
dom Fab. 185. Dazu Choralhuch, 11., 1562 steninne f. christlich, adj. u. adv., älter-
bei Mathesius 147^ Coralbuch. Chorist, m. nhd. auch christenliclt. Mhd. kristenlich, ahd.
(-en, PI. -en): zum Singechor eines Theaters christanlih.
Gehöriger. Aus mlat. cliorista m. «Chor- Chronik, f.: Zeitbuch. Mhd. krönike,
sänger». Bei Adelung 1774. ZUS. Chor- kronik f., aus dem gr.-lat. PI. chronica, gr.

rock, ni.: langes geistliches Amtskleid, ur- XpoviKci (wobei ßißXia «Bücher», zu ergänzen
spr. im Chore der Kirche getragen, iihd. ist) «Zeit- d. i. Geschichtsbücher», PI. des
korroc m. Xeutr. von xpoviKÖc «die Zeit betrefiend»,
Chrestomathie, f. (PI. -n): Mustersamm- abgeleitet von xpövoc m. «Zeit», — Chronist,
lung aus Schriften. Aus gl*. xPn<^T0,ud9eia f. m. {-en, PI. -en): der die Zeitereignisse ver-
«Sammlung des Brauchbarsten aus Schrift- zeichnet. Aus nlat. chronista m. Frühnhd.
stellern», von gr. xpncTÖc «brauchbar» und (Albertinus weibl. Lustg. 35). Chrono- —
laaGeiv «lernen». Im spätem 18. Jh. aufge- logie, f.: Zeitkunde. Aus gx*. xpovoX.OYia f.
nommen. «Zeitrechnung», abgeleitet von xpovoXÖYoc
Chrisam, n.m. (-5): geweihtes kirchliches «die Zeit berechnend» (-Xotoc zu
i Xe'-feiv hier
Salböl. Mhd. krisem, kresem, ahd. chrisamo, «berechnen»). Bei "Wächtler 1711. Davon
chresamo m. aus kii-chlich-lat. chrisma n. «Sal- chronologisch, adj.
bung», im Mlat. «geweihtes Salböl», gr. xpicua Chrysolith, m. {-es, PI. -e): gelblich-
n. «Salböl». grüner Edelstein. Mhd, chrysolit, crisolit,

^Christ, m. (-es): Christus; Weihnachts- \crisolt m, aus gr.-lat, chrysolithus m, f., gl-.
geschenk (als Geschenk von Christus). Mhd. XPucöXieoc f. «Goldstein», zusammenges. aus
nach der Aussprache Krist, ahd. Christ, xpucöc m, «Gold» und XiOoc m. «Stein».
asächs. Krist, ags. Crist, anord. Kristr «Chri- Chrysopras, m. {-es, PI, -e): apfelgrüner
stus», aus dem kirchlichen gr.-lat. Christus, Halbedelstein. Eig. gold-, lauchgi-üner Stein,
gr. XpicTÖc eig. «der Gesalbte», der Mhd. crisoprassis crisoprasse, crisopras m.
d. h. ,

vom Königsstamme Davids hei'vorgegangene n, aus gi\-lat, chrysoprasiis, gr. xpucöirpacoc,


König, von xpieiv «salben». ZUS. Christ- zusammenges. aus gr. xpucöc m. «Gold» und
abend, m.: der Abend vor "Weihnachten, einer Bildung von irpdcov n. «Lauch».
mhd, kristähent m. Christkind, n.: Chri- Clique, f. (PI, -w): Spießgesellschaft, Das
stus als neugebomes Kind; Weihnachtsge- franz. clique f., das von cliquer «klatschen»
schenk. Bei Luther. Christmette, f.: Messe, (wie cJaque von ciaquer). Im spätem 18. Jh.
dann Gottesdienst zur Feier der Geburt Christi aufgenommen.
mit AnbiTJch des Christtages. Spätmhd. krist- Coupe, n. {-s, PI. -5) Halbkutsche Wagen-
: ;

mettin f. Christmonat, m. Monat des Festes


: abteilung. Das franz. coupe m., von couper
der Geburt Christi, Dezember, späimhd.christ- «schneiden, abteilen, hauen», abgeleitet von
män, -mänet. Christtag, m.: Tag zur Feier coup m. «Streich, Schlag», das auf gr.-lat.
der Geburt Christi, mhd. krisftac m. colaphus, gr. KÖXaqpoc m. «Faustschlag, Backen-
^Christ, m. {-en, PI. -eii): der in Chiisti streich» zurückgeht. —
Coupon, m. {-s,
Namen Getaufte. Ältemhd. auch Christe PI. -s): Zinsschein, Zinsleiste. Das fx'anz.
(noch Lessing 4, 59, Schiller Räuber 4, 2), coupon, ital, cupone m., von couper «schnei-
im 16. Jh. mitunter noch Christen (l. Petr 4, den». Beides neue Entlehnungen.
16). Mhd. kristen, kristcene, ahd. christäni Cour, f.: Hof, Hoftag, Aufwartung bei
m,, eig. Adj. aus dem kirchlichen gr.-lat. Hofe; höflichkeitsvolle Gunstbewerbung {die
christiänus gr. Xpicriavöc «Bekenner Christi» C. machen). Das franz. coiir f., dies wie ital.
(daher die Eigennamen Christian und Chri- Corte m. «Hof» zeigt, aus mlat. cortis f,
stine), abgeleitet von gr. Xpicröc (s. ^ Christ). «fürstlicher Hof», lat, cors (Gen, cortis) «Hof-
Als Adj. asächs, kristin, ags. cristen, anord. raum, Hof», füi' älteres cohors f. Bei "Wächt-
kristinn. Das "Wort ist im Mhd, zur schwachen ler 1711.

Weigand, Deutsches Wörterbuch, ö. Aufl. 21


323 Courage Dackel 324

Courage, f.: Herzhaftigkeit, Mut. Das Cousin, m. {-s, PI. -s): Vetter. Das franz.
franz. courage, ital. coraggio m,, das eine Ab- cousin, ital. cugitio m.,zusammengez. aus lat.
leitung von franz. coeur, ital. cuore m. (aus consoh'inus. Cousine, f.: Base. Das franz.
lat. cor n.) «Herz» ist. Um 1600 entlehnt Cousine, ital. cugina f., aus lat. consobrma f.
(Wallhausen Corp.mil. 67, Coraß'va. einem Lied Beide in der ^Vlitte des 17. Jb. aufgenommen
von 1619 bei Hartmann bist. Volksl. 1, 122). {Cousin bei Schupp 1, 274).

D
^da 1) demonstratives räumliches Adv.: von einer anlaut. s zeigenden Wurzel, gr.
an dem Orte. 2) relatives räumliches Adv.: '

CT^Y^iv «bedecken», c^i^oc n. ct^yi f. «Dach»,


wo, nur noch altertümlich und dichterisch. lit. stögas m. «Dach». Redensart: einem zu
Mhd. da, mit Abfall des ausl. r aus dar Dache, aufs Dach steigen (bei Kindleben 1781
(wie in e «ehe», wä «wo»), ahd. dar; dazu als studentisch verzeichnet) «ihm zu Leibe
I

asächs. tliar, ndl. daar, afries. ther, ags. pmr, gehen» (früher zu Dache sein oder sitzen).
j

engl, there, anord. par, schwed. ther, dän. der, ABL. dachen in ab-, bedachen, mhd. dachen.
got. par. Von dem Stamme des Demonstr. S. auch decken. ZUS. Dachreiter, m.:
j

der; in der Bildung ist zu vergleichen aind. auf dem Dache sitzendes Türmchen. 1781
tär-Tii «damals». Älternhd. auch do (durch bei Jacobsson techn. Wb. 1,385^ Dachreuter.
!

Vermischung mit dem folg. Wort) eine Form Dachstuhl, m.: Dachgebälke, Frühnhd.
; !

dar (unter Einfluß der Zusammensetzungen Dachtraufe, f., mhd. dachtroufe f., meist
daran, darauf usw., in denen sich vor Vokal dacht rouf m. n.
das urspr. r erhielt) findet sich nicht nur Dachs, m. (Gen. Dachses, PI. Dachse
im 17. Jh., z. B. Gryphius Travxersp. 41. und seltner Dachse). Mhd.-ahd. dahs, ndl.
Lohenstein Rosen 97, sondern noch im 18. das m. Ins Mlat. entlehnt als taxus, daher
in hier und dar (Drollinger 44, auch bei ital, tasso, span. texon, franz. taisson m. Ge-
Rückert Ged. 3, 478), femer von dar (Lessing wöhnlich zu mhd. dehsen «den Flachs schwin-
3, 35. Bürger 194). gen», urspr. aber «schlagen, hauen» gestellt;
"da l) demonstratives Zeitadv.: zu der dazu femer aind. taks «behauen, zurecht ma-
Zeit. 2) relatives Zeitadv.: zu welcher Zeit, chen», täksä m. «Zimmermann», gr. t^ktujv
im Anschluß an Substantive und dann auch m. «Zimmermann». Das Tier würde dann
als Konj.: indem, als. 3) als kausale Konj.: seinen Xamen von seinen kunstvollen Bauten
weil. Mhd. -ahd. dö und duo; dazu asächs. erhalten haben. Doch kann natürlich auch
thä, ags.-anord. pä, schwed. da, dän. da. Von etwas ganz andres darin stecken. Vgl. auch
dem Stamme des Demonstr. der. Die Form Palander Memoires de la soc. neophil. ä
da setzte sich fest, weil Zusammenfall mit Helsingfors 2, 99.
dem lokalen ^da eintrat, ältemhd. aber auch Dächsei, m. {-s, PI. wie Sg.): Hundeart
do, noch im 17. Jh. bei Tob. Hübner. zum Dachsfange. 1719 bei Fleming teutsch.
dabei, Adv., das auf ein ^S^ahesein hin- Jäger 185'', bei Adelung 1774 Tächsel. Von
weist. Älternhd. auch darbei (noch bei dächsein, v.: nachts den Dachs hetzen und
Steinbach 1734), mhd. därht, däU, ahd. darin, fangen. 1763 bei Heppe wohlred. Jäger 91*.
asächs. fhärhi, ndl. daarbij , engl, Dachstuhl, s. Dach.
thereby.
Zusammengerückt aus ^da vmd bei. Dachtel, f. (PI. -n): Schlag mit flacher
Dach, n. {-es, PI. Dächer): Bedeckung, Hand an den Kopf. Frühnhd. (LTilands
unter der man Älter- Volksl. 41, 23), auch Tachtel.
sich aufhalten kann. Das mhd.
nhd. (noch oft im auch Tach, mhd. tahtel, Nebenform von tattel f. «Dattel», in
17. Jh.)

dach, später tach, ahd. dah n.; dazu ndl. dak, spottender Anwendung, wie Feige in Ohr-
ags. pcec, engl, thatch «Strohdach», anord. feige, Kuß (wenn auch nui- im Anklang an
Jjak, schwed. tak n. Zu lat. tegere «decken», die Frucht) in Kopfnuß, ndl. muilpeer f.
wozu tectum n. «Dach» und (im Ablaut mit (Maulbirne), «Maulschelle».
Dach übereinstimmend) toga f. eig. «Hülle», Dachtraufe, s. Dach.
gr. T^-foc «Dach», air. tech n. «Haus», ferner Dackel, s. Teckel.
325 dadnreli Dambocli 326

dadurch, adv. Mhd. dar durch, da durch, törung, Ketzerei», ahd. toi, asächs.-ags. dol
ahd. dar durh. «töricht» (s. tolV).

dafür, adv., bis ins 17. Jh. auch noch Daktylus, m. (PI. Däktylemmä Daktylen)
darfür. Mhd. dar mir, der vür, da vür, ahd. der Versfuß ~^ ^. Das gr.-lat. däctylus,
dara fiiri, dar furi. ZUS. d. halten, v.: gr. bciKToXoc m. eig. «Finger», weil der Vers-
von etwas meinen, wie es sei. In der frühnhd. fuß den drei Finsrercrliedern versflichen wm-de.
Kanzleisprache (Janssen Frankf. ßeichskorr. ABL. daktylisch, adj.

1, 764). Der Inf. als Subst. Dafürlmlten, n. Dälle, s. Teile.


dagegen, adv., älternhd. auch dargegen Dalles, m.: Unglück, Verderben, Armut.
(noch bei Steinbach 1734). Mhd. dar-, der- In der Judensprache. Eig. «das Totenkleid»
gegene, da gegen, ahd. dara gagani. (als talles schon 1534 bei Franck Weltbuch

daheim, adv. zu Hanse. Älternhd. auch 153*'), das am großen Yersöhnungstage an-
:

noch daheime, erweitert daheimen (l. Sana. gelegt wurde. Aus hel)r. talith, oder von
18, 10). Mhd. da heime, ahd. dar keime, s. hebr. dallnth «Armut».
heim. Nach Hejnatz 1796 veraltet und nur Dallinger, m. (auch Dollinger, Dalcher):
für die scherzhafte Schreibart zu empfehlen, Henker, Schai-frichter. Ein bereits im An-
jetzt aber wieder durchaus schriftsprachlich, fange des 16. Jh. im Liber vagatonam vor-
wenn auch in der Umgangssprache nicht kommendes Gaunerwort, von hebr. täläh
überall gebräuchlich. «aufhängen».
daher,' adv.: zu dem Orte her (in dahe)'! damalig, adj. Im 17. Jh. (bei Grimmeis-
und in der Verbindung mit Verben, aber hausen Simpl. 10). Von dem älternhd. Adv.
oft mit Zuriicktreten der lokalen Beziehung, damal «zu der Zeit», wofür jetzt damals,
z. B. daher fahren); von dem Orte her; in- mit mals, mhd. mdles, dem adverbiell ge-
folge und durch Wirkung dessen. Mhd. brauchten Gen. von mhd. mal n. «Zeitpunkt»:
da her «bis zu diesem Orte, Zeitpunkte»: schon in der frühnhd. Kanzleisprache (donials
das auf den Ursprung und Grund hinwei- Reichs-Ordnimgen 140^ vom J. 1527).
sende daher bei Luther. Älternhd. auch Damast, m. {-es, PI. -e)-. Zeugstoff mit
daher 0, s. hero. eingewebten Bildern. Aus ital. damasto neben
dahier, adv. hier am Orte. Nach Adelung daniasco m., franz. damas ra., d. i. geblümtes
:

1774 oberdeutsch, im Hochd. ungewöhnlich. Seidenzeug von Damaskus (ital. Dawasco,


dahin, adv.: von dem Orte weg, mhd. franz. Damas) in Syrien. Danach im 15.,
da hin (nur noch in der Verbindung mit 16. Jh. die Formen Damast (dammasf Murner
Verben, meist mit Zurücktreten der lokalen Narr. 19, 63), Damaseh (schon um 1400),
Beziehung, z.B. d. sein «weg, verloren sein», Damascht (bei Mathesius), Damask (mnd.,
d. schwinden, sterben usw.); zu dem Orte bei Ringwald Wahrh. 92 Damaschke), 1596
hin; zu dem Ziele. bei Fronsperger Kriegsb. 3, 214^ Damaßkat,
dahlen, v. einfältig, albern reden; spiel- noch bei Schott el 1663 Damaskt. Auch be-
:

haft tun, zwecklos tändeln (Goethe 19, 64), tont Damast {Dänmast bei Voß Luise 2,
In der 1. Bed. frühnhd. dalen (Hans Sachs 82. 107). ABL. damasten, adj. Im 16. Jh.
Fastn. 83, 109), auch dallen (Seb. Franck auch damasken.
Sprichw. 2, 80^); hochd. urspr. mit anlaut. t, Damaszener, m.(-s): Stahl von Damaskus.
tollen bei Seb. Franck mor. encom. 29^, Abgeleitet von gr.-lat. Damascenus «damas-
Tallmann \XTi.({ Tallmatz m. «inaniloquus» 1727 zenisch», von Damaskus in S^^ien. da- —
bei Aler 1873% schles. thalen (Günther 241. 436) masziereu, v. (vom Stahl) flammend ätzen.
:

und tallen (Scherffer Grob. 84. 213, Steinbach Nach dem gleichbed. franz. damasquiner, ital.
1734); daneben älternhd. im 16. Jh. talmen, damaschinare, abgeleitet von Damascenus, da
bei Stieler 1691 dalmen, Schweiz, talmen, in Damascus zuerst Stahl flammig geätzt
dalmen neben talen, dalen «einfältig reden», wurde. Bei Henisch 1616 damaskeneren, bei
thüring. dalmen «tändeln». Vgl. engl, dally Duez 1664 damaßkieren und damaßkenieren
«tändeln». Dazu im Ablaut ein tillens tellens (bei Fischart Garg. 295 Damascanirer m.).
und unnütz gepleuder bei Luther 3, 446* Jen. Damhock, m. {-es, PI. Damhöcke): Männ-
Vielleicht wurzelverwandt mit got. dwals chen des Damw^ildes. Dam- ist mhd. täme
«töricht», dwalipa f. «Torheit», dwalmön m. und tum n., ahd. tämo m. und tarn n.,

«töricht, verrückt sein», ahd. gitwola f. «Be- verkürzt ags. da f., engl, doe «Rehkuh», dän.
21*
327 Dambrett Dämmer 328

äaa. Von gleichbed. lat. dama m. f., woraus Damenbrett, s. Damhrett.


mit Wandlung des m in n afranz. daine m. Damhirsch, m., wie Damhock (s. d.).

(nfranz. daine «Damhirschkuh»), ital. daino Bei Maaler 1561 Damhirtz, sonst älternhd.
f.

m. «Damhirsch» und daina f. «Damhirsch- auch DannJiirsch (noch 1773 von Goethe im
kuh». Auf diesen roman. Formen beruht Götz gebraucht, d. j. Goethe 2, 316).
mhd. tenisch n. «Leder von der Haut des damisch, adj.: betäuben, unklaren Geistes
Damwilds», im 16. Jh. Tänlein, Dänlein seiend (dann in übertragener Bed. «unbe-
(Schmeller ^ 1, 512) «Damhirsch», sowie das holfen, plump und groß» ein damischer Kerl).
/Mssunmenges. Deuhock, auch Dannhock, später Im 15. Jh. im Oberd. erscheinend (Osw.
dui'ch Dambock verdrängt. V. Wolkenstein 122, 24 tämisch, Schmeller-

Dambrett, auch Damenbrett, n. {-es, 1, 603 tämisch, temisch neben daumisch, um


PI. -er): Brett zum Damenspiel (s. Dame). 1480 im Voc. ine. teut. r6^ tämisch «hebes,
Bei Duez 1664 Dambrett, hei Rädlein 1711 ineptus, stultus»), noch jetzt im Baja-. als
Damenbret. «betäubt, schwindelig, nicht recht bei Sinnen»,
Dame, f. (PI. -w): vornehme weibliche daher wohl nicht zu dem md.-ndd. dämeln,
Person; übereinander gesetzte Steine dämelig gehörig, doch frühzeitig damit ver-
zwei
im Spiel auf einem in 64 Felder abgeteilten
mischt, deshalb auch dämlich geschrieben.
Brett (bei Duez 1664 daher D. spielen, eig. Abgeleitet von mhd.-ahd. toum m. (ou zu ä,
in oder auf der D. spielen, Goethe 37, 53, vgl. Bahm, mhd. roum),vgl. Taumel.
bei Duez im dam spielen); die Königin in damit l) mit dem, mit welchen],
adv. :

der Karte und im Schachspiel. Aus franz. womit, mhd. da mite, ahd. dar miti 2) konj.:
dame f. (woraus ital. dama f.), das auf lat. in der Absicht daß (bei Luther). Älternhd.
domina, mlat. domna beruht. Das Wort auch darmit.
kommt im Anfang des 17. Jh. auf, wird dämlig, s. dameln.
schon 1617 im teutschen Michel 19 als mo- Damm, m. {-es, PI. Dämme): in die
disches Fremdwort aufgeführt, 1629 von Opitz Länge aufgeschüttete Erde usw., besonders
Ged. 2, 217, 1638 von Zincgref 2, 126, 1642 von zum Abhalten des Wassers. Älternhd. meist
Homburg Clio C 6, dann von Rist, Logau u. a. Tamm (1507 bei Wilwolt von Schaumburg 80
gebraucht und von Schottel 1663 als deutsch tarn, tamh, bei Luther Tham, bei den schle-
verzeichnet. Anfangs daneben auch das ital. sischen Dichtern Tha^nm, Tamm, diese Form
dama {madamahei Albertinus weibl. Lustg. 131). auch* bei Stieler 1691, während Schottel 1663
dameln, dämelll,v.: sich kindisch, töricht Damm hat); die Form mit d wird hier aus
benehmen; im Kopfe verwirrt, unklar sein. dem Ndd. stammen, findet sich aber auch
Aus dem Ndd. In den Wörterbüchern vor obd. im 16. Jh. Redensart: auf dem Damme
Campe nicht verzeichnet, aber schon im 16. Jh. sein «sich wohl befinden», eig. geschützt
als dammein belegt, kommt dann seit der gegen Wassergefahr.
sein Mhd. tarn (Gen.
Mitte des 18. Jh. durch die nordd. Umgangs- tammes) m., dazu mnd.-fries.-engl. dam «Damm»,
sprache auf (döm,eln, auch Dömelei bei Hermes anoi'd. dammr m. Von E. Schröder ZfdA.
Sophiens Reise 1, 413, zusammendämmehi bei 42, 66 aus *dahma- erklärt und zu tapfer (s.d.)
Goethe Jery u. Bat. 18, 20, dammein bei Voß gestellt. ABL. dämmen, v.: dui-ch einen
Ged. 2, 218; in Norddeutschland unterscheidet Damm aufhalten, hemmen, hindern. Mhd.
man heute dämeln in obiger Bed. und dammein temmen,dLaza ags.demman, got. in faurdammjan
«spielen, tändeln, scherzen, schäkern»). Ver- «verhindern». ZUS. Dammerde, f. (dem
glichen wird aind. tämjati «ermatten, betäubt Damme Festigkeit gebende) fette Erde zu
werden», lat. temulentus «trunken», ahg. tomiti Pflanzenwuchs. Bei Frisch 1741.
«mühen, abquälen», ir. famam« ruhe». ABL. dammein, s. dameln.
dämelig, dämlig, adj.: töricht, gedankenlos. dämmen, s. Damm.
Bei Frisch 1741 dämlich. ZUS. Dämelack, Dämmer, m. (-s), selten n: Übergangs-
m. (-s): Dummkopf, Träumer. Verstärkend Dunkel oder von
zustaud von Licht zu
statt der einfachen Bildungen Dämel m. und Dunkel zu Licht, Zwielicht. Mit dem urspr.
Lack m. «dummer Mensch» (Fulda Id. 249), e entspricht mhd. (bei Nie. v. Jeroschin)
fränk. Lacks m. «ungeschickter großer junger demere f., ahd. demar n.; das nhd. Wort
Mensch», westf. Lacks m. «LafFe», östr. Lackl setzt indes wohl nicht diese Formen fort,
m. «unbeholfner Mensch». sondern ist in der neuern Dichtersprache
329 Dämon dappeln 330

von dämmern npu gebildet TGoethe hat das «erlöschen, ersticken machen, den Atem be-
bei Adelung und Campe noch nicht ver- nehmen, würgen». Das Faktitiv zu dem
zeichnete Wort seit 1776 gebraucht [d. j. starken V. mhd. dimpfen (s. Dampf . Davon
Goethe 3, 142, Faust 395], Morgenäämmer Dämpfer, m.: Homspitze oder Blechnapf
bei Claudius 4, 121). Verwandt ist zunächst mit Stiel zum Löschen der Lichter (bei
asächs. thimm «dunkel» und mhd. dinster, Adelung 1774): ein Werkzeug, den Ton musi-
ahd. dinstar «finster» (s. d.), weiter noch kalischer Instrumente zu mildem, zunächst
aind. tamräs «finster», tämas n. «Finsternis», die auf den Steg der Violine gesteckte kleine
tämisräf. «Xacht», ]it.famsä f. «Dunkelheit», Klammer (1781 bei Jacobsson techn. Wb. 1,

ir. temel «Dunkelheit», lat. fenebrae (aus 396*), daher bildlich einen Dämpfer aufsetzen.
*tenesrae) PI. «Finsternis», dämmern, v.: dämpfig, adj.: engbrüstig, schweratmend.
Zwielicht werden. Bei Schott el 1663 demmern, In frühnhd. Glossaren. Von mhd. dempfe f.

früher nicht zu belegen. Davon Dämmerung, «Engbrästigkeit», wofüi- frühnhd. auch dampf.
f. 3»Ihd. (bei Nie. v. Jeroschin) demerunge f., Dampfnudel, -schiff, -wagen, s. Dampf
ahd. dafür demenunga f. Damwild, n. Rotwildart mit etwas schau-
:

Dämon, m. (-s, PI. Dämonen) böser : Geist. feligem Geweih. S. Damhock.


Von gr.-lat. daemon, gr. bai.uuuv m. «Geist», danach, darnach, adv.: nach diesem.
besonders kirchlich s. Mhd. dar nach, da nach., ahd. dara näh, dar näh.
v. a. «böser Geist». i

Bei Sperander 1728. dämöniscll, adj.: von danieder, darnieder, mhd. da nidere,
einem bösen Geiste besessen, teuflisch. Nach dernider, ahd. dar nidare.
gr.-lat. daemonicus. Daniel, Mannesname, aus hehr. Dämel,
Dampf, m. (-es, PI. Dämpfe): dicker d. i. «mein Richter ist Gott», zusammenges.
Rauch; dick aufsteigende nebelartige Feuch- aus hehr, däm «mein Richter» und el «Starker,
tigkeit: (bUdlich) Bedrängnis, Pein, Angst. Gott».
Mhd. dampf, tampf, ahd. damph m.: dazu Dank, m. \-es, PI. -e): anerkennender
ndl. daynp, engl, damp «Feuchtigkeit, Dunst», AusdiTick der Verpflichtung wofür. Mhd-
anord. dampi m... dän. damp. ^lit Ablaut zu ahd. danc m.: dazu asächs. thank, ndl. dank,
dem starken V. dimpfen CPräX. dampf, Part. afries. thank, ags.ßanc, engl, thanks PL, anord.

gedumpfen) «rauchen», von Brennendem, wie pakkir PL, schwed. tack, dän. tak, goi.ßagks m.
auch von erhitzten Menschen, Tieren usw. Die urspr. Bed. ist «Gedanke, Meinung, Ab-
Die Herkunft ist unsicher. Das .deutsche sicht» (noch in der veralteten Redensart
Verb könnte man auf idg. *iemh zurückfühi-en ohne meinen D. d. i. Willen), wie sie bei
und zu gr. äxeußuj «betöre, schädige» stellen. denken zugnmde liegt , vgL noch dünken.
Dann müßten aber die nicht hochdeutschen ABL. danken, v., mhd. danken, ahä.danchön:
"Worte davon getrennt oder als entlehnt an- dazu asächs. thankön, ndl. danken, ags.pancian,
gesehen werden. Ist der Anlaut germ. ä, engl, thank, anovi. ßakka, schwed. tacka, dän.
idig.dh, so ließe sich aind. (?a&A«ö^i «beschädigt, takke. dankhar, adj. u. adv., mhd. danchcere,
versehrt, betrügt y^ vergleichen (aus *dhubh), \ ahd. danchäri. Zl'S. danksagen, r., zu-
doch stimmt dann der auslautende Konsonant sammengeschoben aus mhd. danc sagen.
nicht. Vielleicht liegt eine Vermischung dann, adv., weist auf eine Folge in der
zweier Wurzeln vor. ABL. dampfen, v.: Zeit, der Ordnung. !Mhd. danne imd denne,
Dampf von sich geben; Dampf hervorbringen gekürzt dan, den, ahd. danne und denne,
mittels eines dm-ch Dampf getriebnen Schiffes selten denni; dazu ndl. dan, ags.ßonne.ßcenne,
oder Wagens fahren. In der 1. Bed. mhd. engl, fhen «damals». Von dem Stamme des
dempfen, ältemhä. dämpfen. Davon Dampfer, demonstrativen Pron. der gebildet. Von denn
m.: Dampfschiff", dampfig, adj., spätmhd. s. d.), das mit dann urspr. eins ist, scheidet
(

temphig (um 1430 tampfg -vaporosus» im sich dieses genauer um die Mitte des 18. Jh.
Voc.inc.teut.reb). Zt^S. Dampfnudel, f., dannen, demonstr. Pronominaladv., nur
bei Stieler 1691 Dämpfnudel. Dampfschiff, noch in V07i d. «weg von dem Orte, weg!

m. Dampfwagen, m. Neue Bildungen. von da». Mhd. dannän, meist dannen, danne,
dämpfen, v.: rauchen oder (Feuer) er- dan, ahd. danana, danän dazu asächs. thanan, ;

löschen machen; ersticken machen; unter- ags. ßanon, engl, (weitergebildet) thence. Von
drückend schwächen; durch Dampf kochen. dem Stamme des demonstr. Pron. der.
Mhd. dempfen, fempfen, ahd. demphen, femphen dappeln, (Goethe 1, 180), s. tappen.
::

331 dar dasig 332

^dar, altertümliche Nebenform von da ningssaftes und Abfühning des Unrats. Mhd.
^

(s. d.). Außerdem in der Zusammens. mit darm, ahd. darm, daram m.; dazu ndl. darm,
vokaUsch anlautenden Lokaladv., z. B. dar- afries. therm, ags. pearm, anord. Fl. parniar,
aus, mhd. dar mj, da üß, ahd. dar ng; darin, schwed.-dän. tarm m. Verwandt ist gr. Tpfma
mhd. dar in, da in, ahd. dar in; darunter, n. «Loch», Tpäjuic f. «After». ZUS. Darm-
mhd. dar under, ahd. dar untari. Dies dar- gicht, f.: Leibgrimmen. Mhd. darnigiht f.
erscheint dann auch vor konsonantischem An- S. Gicht.
laut, z. B. ältemhd. darhei, darmit. darnach, s. danach.
"dar, adv.: dahin, jetzt nur noch in Zu- daroh, droh, adv.: dar-, worüber, des-,
sammensetzungen. Mhd. dare, dar, ahd. dara, weshalb. Mhd. dar obe, da obe, ahd. thär
dazu asächs. fha.r, engl, there. Von dem oba «darüber».
Stamme des demonstr. Fron. der. Mit Verben Darre, f. (Fl. -n): Ort und Vorrichtung
zusammenges.: darhieten, -hingen, -geben usw. (Horde) zum Dörren; Handlung des DöiTcns:
(mit ausgelassenem Y. bei Schiller Eäuber 1, 2 Krankheit des Ausdorrens (Darrsucht). Mhd.
auf mich dar). ]\Iit Lokaladv. zusammenges. darre, ahd. darra f. S, Dörre.
daran, mhd. dar ane, ahd. dara ana; darein, darstellen, v.: offen wohin stellen (auch
mhd. dar in, ahd. dara in: darüber, mhd. refl. sich d. «sich vor
öffentlich zeigen»);
dar über, ahd. dara ubiri. Vor konsonan- Augen stellenvor Augen sein); zum
(refl.

tischem Anlaut ist meist da- dafür einge- Ausdruck biingen; vergegenwärtigen, schil-
treten (durch Mischung mit da =
^dar), so dern. Bei Luther in der 1. u. 2. Bed.
dagegen, danach, dawider, dazu, dazwischen, dartun, v.: (veraltet) wohin tun; auf-
die älternhd. aber noch mit dar- begegnen, wenden, ausgeben (bei Luther); beweisen,
wie noch jetzt darnach. klarmachen (auch schon fiühnhd.).
darben, v. das Notwendigste entbehren,
: darüber, adv., s. -dar.
Mangel leiden. !Mhd. darben, ahd. darben; darum, adv.: im Kreise von etwas; in
dazu asächs. tharbön «entbehren», ags. ^ear- Beziehung dar- oder worauf; aus dem Grunde.
fian «ermangeln», got. in gaßarban «sich wo- ÄIhd. dar umbe, da umbe, ahd. dar umhi «in
von enthalten», neben dem Adj. ßarbs be- Beziehung darauf, deshalb».
dürftig. Zu dürfen. darunter, adv., s. ^dar.
Darge, f. (PI. -n): Angel von Messing, das, Neutr. zu der, eig, identisch mit der
an die zum Fange der Hechte ein roter Lappen Konj.* daß (s. d.).

gesteckt wird, den dieselben für ein Rotauge Dase, f. (Fl. Bremse, blinde Stech-
-n):
halten (1692 bei Canitz 118. 59). In der Mark fliege. Niederdeutsch. Auch Dassel f. Dunk-
Brandenburg, Auch Derge, Terge. Von dar- ler Herkunft, vielleicht zu mhd. dase f. «Un-
gen, V.: mit der blinkenden Angel und dem holdin».
roten Lappen reizen und fangen, das aus ndd. Dasein, n.: Gegenwart, dauernde Wirk-
targen, tergen, hd. zergen «reizen, necken», lichkeit. Der substantivische Inf. sein mit
von zerren abgeleitet. ^da. Von Christian Wolff' gebildet.
darinnen, drinnen, Am
Ende des
adv. daselbst, adv.: an dem Orte. Spätmhd.
15. Jh. weitergebildet aus drinne, mhd, dar da selbes, daselbs, vereinzelt auch schon da
inne, ahd. dar inne. selbest, um 1480 im Voc. incip. teut. d 2"^
darlegen, v.: wohin legen, offen wohin daselbst (Luther hat noch daselbs).
legen, mhd. dar legen, auch noch bei Luther; dasig, adj.: an dem Orte befindlich. Von
eröffnen, klarmachen (bei Luther). der Partikel da mit einem zwischen den Vo-
Darlehen, Darlehn, n. wie Sg.)
(-.s, Fl. kalen eingeschalteten s gebildet, vgl. hiesig.
zu Wiedergabe in Benutzung gegebenes Geld.Die Bildung tritt gegen Ende des 15. Jh.
1663 bei Schottel 626 Darlehn. Von dar-auf (Decameron 272, 19; 406, 30, vgl. Gom-
lehnen, wofür jetzt gewöhnlich darleihen, bert 7, 17), bürgert sich aber wenig ein, da
das schon in der frühnhd. Kanzleisprache vor-
sie von Stieler 1691 und noch Frisch 1741
kommt (Janssen Frankf. Reichskorr. 1, 781 als neugeschaffen bezeichnet wird; Adelung
vom J. 1509), aber von Adelung 1774 noch und Campe weisen sie den gemeinen Sprech-
für obd. erklärt wii'd. arten, Heynatz 1796 in der schon früher
Darm, m. {-es, Fl. Därme): häutiger vorkommenden Bed. «derselbe» den hochd.
Schlauch im Leibe zur Aufsaugung des Nah- schreibenden Juden zu. Daneben auch daig.
333 daß Danm 334

daß, konj. !Mlid.dazu da^,däuchteil, v.: dünken. Hei-vorgegangen


ahd. da^,
asächs. fhat, ags. ßafa aus dem Konj. Prät. von dünken, mhd. diuhte,
Jjcef, engl, that, got.
mit angetretener Pronominalpartikel ei ßatei. gekürzt diuht, was dann als Ind. Präs. ge-
Die mit dem Xeutr. das (zu der) identische nommen wird. So schon spätmhd. mich (mir)
Konj. wird auch in der Schreibung von ihm deucht und häufig im 16. Jh. (bei Luther in
frühnhd. nicht gesondert (für beide das oder der Bibel nui" Sir. 3.3, 14), zuweilen sogar
daß). Die Grammatiker Clajus und Ölinger deuchtet. Der Inf. deuchten, däuchten 1616
haben ohne Unterscheidung das. Dagegen bei Henisch und dann häufig in Gramma-
unterscheidet 1561 Maaler das Pronomen und tiken und Wörterbüchern, da der Zusammen-
den Artikel das von der Konj. daß in der hang mit dünken nicht mehr empfunden wird.
Schreibung, die dann entschieden für dieses Daudistel, f.: Gänsedistel. 1429 düdistel
mit ß und jenes mit s 1629 von Werner (lib. ord. rer.), spätahd. düdistel m., dazu ags.
Rechtschreibung S. 74 und 1641 von Schottel püßistel m.
Sprachkunst S. 212 in der Grammatik fest- däuen,v. (Claudius 4, 47): verdauen (s. d.).
gesetzt wii'd. ^
Dauer, f : Fortbestand. Mhd. vereinzelt
datieren, s. Datum. (bei Xic. V. Jeroschin) dür f., bei Krämer
Datir, m. {-s, PI. -e) -.
Fall auf die Frage 1678 Daur, bei Stieler 1691 dagegen Taure,
wem? Aus lat. datlvus (nämlich casus) eig. bei Christian WolflF Daure. Von dauern, v.:

Geben anzeigender Fall».


c< fortfahren zu sein. Mhd. (zuerst im 12. Jh.
Battel, f. (PI. -n): süße Frucht einer und nicht allgemein) türen, düren, wie ndl.
Palmenart. Mhd. tatele, tatel f. Wie ital. duren, afries. dv.ria, engl, dure, schwed. dura
dattüo, aus gr.-lat. dacfylus, entlehnt aus lat. düräre «fortbestehen». Im
Span, datil m,
gr. bdKTuAoc m. «Finger» und dann der altem Xhd. nicht häufig, 1562 bei Mathesius
eig.
fingerartigen Gestalt wegen die «Dattel». Im Sarepta 284^ außtauren, von Henisch 1616
16. Jh. auch Dactel (z. B. 1574 bei Fischart als dauren verzeichnet, von Stieler 1691 als

Onomastica 85^ Dattilen, Dacteln) und mhd. tauren, auch Ludwig 1716 kennt noch tauern.
tahtel, woraus unser Dachtel (s. d.). ABL. dauerhaft, adj., bei Stieler 1691 tauer-
dattern, s. tattern. haft, dafür 1562 bei Mathesius Sar. 2^ thauer-
Datum, n. (-S, PI. Daten): Zeitangabe hafftig, bei Henisch 1616 daurhafftig.
eines Schreibens. Im
mhd. datum 14. Jh. "Dauer, f.: mitleidige Stimmung worüber.
n. m. aus lat. datum «gegeben», das ehedem Xhd. ungewöhnhch (bei Maler Müller 1, 299),
in gerichtlichen Aktenstücken vor die An- mhd. türe f. Von dauern, v.: zu Unlust
gabe des Tages gesetzt wurde. ABL. da- und mitleidiger Stimmung bewegen, unper-
tieren, V. Aus franz. dater, mlat. datare. sönlich mich dauert. ^Yhä. mich türet, ver-
Bei Rot 1571. wandt mit tiure «kostbar», also eig. «viel
Daube, f. (PI. -n)-. Seitenbrett eines höl- was
kosten, kostbar sein, allzu kostbar sein»,
zernen Gefäßes. Aus franz. douve, mailändisch dann Bedeutungen des «An-dem-Herzen-
in die
dova, ital.-mlat. doga
f., die auch «Graben», liegens» und dann des «Schmerzlichseins» hin-
sowie «Fassung des Grabens, Seitendaram», überspielt. Ndd. duren, mengl. douren, sonst
im Ital. selbst «rings als Einfassung des Kleides im Germ, nicht vorhanden. Bei Luther noch
umlaufender Streifen » bedeuten. Danach wäre tauren, während schon Maaler 1561 dauren
Daube zunächst «Einfassung des Gefäßes», hat; tauern hält sich namentlich bei Schle-
urspr. aber ist mlat. doga geradezu «Gefäß» siem und Obersachsen und \\"ird noch von
und geht so wohl auf gr. boxr\ f. «Behälter, Lessing (l, 133; 6, 107) gebraucht.
Gefäß» zurück. Auf ital. doga geht mhd. düge, Daum, m. (-es), gewöhnlich Daumen,
Schweiz, (bei Maaler 1561) Dauge, schwälj. m. (-.s, PI. wie Sg.): der erste Finger. Mhd.
Faßtauge (württemb.Zollordn.von 1661 Tit. 10, düme, ahd. dümo m.; dazu ndl. duim, afries.
vgl. auch Fischer 2, 111), ndl. duig f. «Faß- thüma, ags.püma, engl, thinnb, schwed. tumme
daube» zurück, auf franz. douve «Daube» m., anord. abgeleitet pümall, ßümalfingr m.
(schon bei Luther, aber bei Keisersberg tauwe, (dän. tommelfinger). Gewöhnlich als «derstarke,
bei Mathesius Sar. 119^ taube, bei Aventin dicke» erklärt, zu lat. tumere «schwellen»,
5, 290, 20 nach dem Bayr.-Öst. taufeJ f ) unser tumulus m. «Hügel», aind. tütumas «stark»,
Daube. Die Ableitung von mlat. doga be- tumräs «fett». Das urspr. schwache M. hat im
zweifelt Fischer a. a. 0. Nom. Sg. n angenommen, daneben mit Ver-
335 Danne Decke 336

kürzung und Übergang ziir starken Flexion Debatte, f. I (PI. -n): Wortgefecht. Aus
Daum, das im altern Nhd. häufiger, jetzt dem gleichbed. franz. debat m., von debattre
Im Zeitungslex. 1703
j

wesentlich auf die poetische Sprache be- «bestreiten, verhandeln».

schränkt ist. ABL. Däumling, Däumer- (noch bei Nieremberger 1753) erscheint wie
ling (Goethe 16, 64 u. ö.), m.: Daumen (früh- im Franz. Debat, bei Sperander 1728 aber
nhd.); Überzug über den Daumen, Finger- mit dem PI. Debatten, aus dem der Sg. De-
hut (bei Henisch 1616); daumengroßer d. i. batte als F. gebildet ist. ABL. debattieren,
Entsprechend V. in Worten hin- und herstreiten. Schon
allzu kleiner Mensch; Zaunkönig. :

ndl. duimeling, anord. pümlungr m. im 17. Jh. z. B. Weise Erznarren 154.


Daune, f. (Fl. -n): weichste Flaumfeder. Debit, m. (-s): Warenabsatz, Vertrieb.
Aus ndd. (schon mnd.) dune f., das mit engl. Aus franz. debit m. «Verkauf», von lat. de-
doivn auf anord. dünn m. (schwed. diin, dän. bitum «verpflichtet», im Mlat. s. v. a. «Be-
dun n.)zumckgeht. Bei Schottel 1663 noch trieb ». debitieren, v. verkaufen, vertreiben, :

mit dem ndd. Vokal Dunen (und Donst), absetzen. Aus franz. debiter. Bei Nehring 1694.
das noch heute in der bayrischen und öster- Debüt, m. n. {-s, PI. -s): das erste Auf-
reichischen Rechtschreibung gilt, bei Stieler treten auf der Bühne usw. Aus gleichbed.
1691 auch als Daunen. S. Eiderdaune. franz. debut m. Schon bei Nehring 1710 «d^r

"Daus, m.: in Redensarten wie ei der erste Schuß oder Anfang zu schießen nach
Daus!, ivas der Daus!, wie ein Daus, bei der Scheibe».
denen die Bed. «Teufel» durchschimmert. Dechanef, f.: Amtsbezirk, Wohnung des
Entsprechend nd. de Düs! «der Teufel!», Dekans. Mhd. techanie, techenie f., aus mlat.
engl, the deuce! (deuse), die man entweder decaniat «Amtswürde eines Vorgesetzten über
auf lat. deiis «Gott» oder auf gall.-mlat. dusius 10 Mönche», von lat. decänus (s. Dekan). —
«aufliegender diu ckender Geist» zurückführt; D^chant oder Dechänt, m. (-en, PI. -e»):
vielleicht ist das Wort aber wie dithmars. Obergeistlicher eines Stiftes, Bezirkes. Mhd.
Deusen, nd. Dukes, Duks, Düker, Deuker, dechent, techant, ahd. techant m., mit ange-
hd. Deuster, Deixel u. ähnl. nur eine ver- tretenem t aus lat. decänus.
hüllende Entstellung für Teufel. Zuerst im Dechärge, f.: Entlastung, Anerkennung
16. Jh. bei Ringwald (laut. Warb. 368 gleich- der Richtigkeit einer Rechnung. Aus franz.
wie ein D.) vorkommend. gleichbed. dechärge f., zusammengesetzt aus
^Daus, n. (Gen. Dauses, PL Däuser) je ein de hier soviel wie «ent» und charger «laden».
:

Aucre auf einemWürfel; die Zwei der deutschen Bei Campe 1813.
Spielkarte; das As. Alternhd. auch Taus. Decher, m. {-s, PI. wie Sg.): 10 Stück
Mhd. tüs, düs, spätahd. düs n., entlehnt aus Felle (aber 40 Stück bei russischen Rauch-
afranz. doues, prov. duas, nfranz. deux «zwei». waren). Mhd. techer, mnd. deker, engl, dicker
David, Mannsname, aus hebr. David d. i. m., aus lat. decuria f. «Zehnt».
«Geliebter». Dechsel, f. (PI. -n): Breitbeil, Queraxt,
davon, adv. Alternhd. (noch bei Stein- Krummhaue. IVfhd. dehse und dehsel, ahd.
bach 1734) auch darvon, mhd. da von. Dazu dehsa und dehsala. Obd. meist mask., nd.
ndl. daarvan. Dessel f. Die Formen Deichsel, Dächsei und
Däz, m. PI. -e): Kopf.
(-es, Niedriger Dachsbeil beruhen auf falscher Anlehnung an
Ausdna ck Nord- und Mitteldeutschland, Deichsel und Dachs (daher deicliseln, v.:
in
bei Kleist zerbr. Ki-ug 980 Detz. Wohl aus mit der Dechsel bearbeiten, zurecht hauen).
ital. testa, frz. tete f. «Kopf». Zu mhd. dehsen «den Flachs schwingen» eig.
dazumal, adv.: wie damals (s. d.). Aus «schlagen», ai. täksati «behaut», lat. texo
einem mhd. da ze male. In der fmhnhd. Kanzlei- «webe», gr. t^ktuuv m. «Zimmermann».
sprache {dozemal Janssen Frankf. Reichskorr. Deck, n. (-s) : Verdeck (s. d.). Aus dem
1, 284 V. J. 1473), auch von Luther gebraucht. Ndd.-Ndl. Zuerst 1716 bei Ludwig verzeichnet.
-de, Ableitungssilbe für Substantiva. Schon Decke, f. (PI. -n) über etwas Befindliches,
-.

mhd. -de, das entspricht 1. einem ahd. -ida das es dem Blicke, der Kenntnisnahme ent-
in den Fem. Begierde, Behörde, Beschwe^'de, zieht. ]\Ihd, decke, ahd. decchi, decki f. Von
Freude, Gebärde, Gefährde, Liehde. 2, einem decken, V. zu Entziehung für Wahrnehmung, :

ahd. -idi in den Neutr. Gebäude, Gehöfte, Ge- zum Schutz etwas damber oder davor machen.
lübde, Gemachte, Gemälde, Getreide. Wcidi. decken (Vr'üi.dacte, Vari.gedact, gedecket),
337 dedizieren degradieren 338

ahd, decchen, decken; dazu ndl. deJcken, afries. aus schon mhd. diffinieren «bestimmen, fest-
thekka, ags, ßeccan, engl, thatch, anord. ßekja, setzen». Definition, f. : Begriffsbestimmung.
schwed. täcka, dän. däkke. Zu Dach
(s. d.), Aus lat. definUio f. Frühnhd. (Luther 5,
mittelst eines ^-Suffixes gebildet. Das Prät, 276 Jen.), definitiv, adj.: abschheßend,
*>

dackte (bei Luther deckte, decket) kommt noch unwiderruflich. Aus lat. deßmtnms « bestimmt,
im 16.U. 17. Jh. zuweilen vor; das VdA'i. geduckt begrifi'sbestimmt». Bei Wächtler 1711.
hat sich als technischer Ausdi-uck (bei den Defizit, s. Defekt.
Orgelbauern) erhalten. ABL. Deckel, m. deftig, adj.: tüchtig, trefflich. Aus dem
(-S, PI. wie Sg.), spätmhd. Deckung, f., Xdd. in die hd. Umgangssprache eingedrungen,
von Adelung 1793 noch nicht angeführt. auch ndl. deftig. Zu ags. gedceft «passend»,
ZTJS. Deckbette, meist Deckbett n., 1482 engl, deft «niedlich, geschickt», abgeleitet von
im Voc. theut. e 7*^ deckpef. Deckmantel, dem V, got. gadahan «passen». Bei Schottel
m., mhd. deckemantel m., auch schon über- 1663 verzeichnet.
^
tragen (vgl. hemänteln). Degen, m. (-s, PL wie Sg.): tüchtiger
dedizieren, v.: \\ädmeu, jemandem zu- Kriegsmann. Mhd. degen, ahd. degan m.
eignen. Aus dem gleichbed. lat. dedicäre. «männhches Kind, Knabe, Diener, Gefolgs-
1531 bei Hedio Josephus Ant. 188^ dediciern. mann, tapfrer Kriegstnann, Held»; dazu asächs.
ABL. DedikatiÖn,f.: Widmung, Zueignung. thegan m. «Knabe, Diener, Mann», ags. ßegn
Im 16. Jh. bei Fischart 2, 284 (Km-z) dedi- «Diener, Mann, Ritter», engl, thayie «Frei-
cation, aus lat. dedicätio f. herr», anord. ßegn m. «freier Untertan, freier
deduzieren, v.: durch Schlußfolgerung Mann». Das Wort bedeutet urspi-. «Knabe»
herleiten und dartun. Aus lat, dedücere, eig. und stimmt der Lautverschiebung gemäß mit
«herabführen». Schon bei Rot 1571 deducirn. gr. xeKvov n. «Erzeugtes, Kind», zu TiKxeiv
ABL. Deduktion, f.: Herleitung dui-ch «erzeugen, gebären». Xicht zu -Degen. Es
Schlüsse; Beweisführung wurde im 15. bis 18. -Jh. nur selten gebraucht
(Script, rer. Siles.

4, 256 vom J. 1579 deduction). Aus


und Stieler, Steinbach, Frisch führen es nur
lat.

deductio f. als veraltet auf; 1759 wurde es aber von


Defekt, ni. {-es, PI. -e): Mangel worin. Lessing im Anschluß an Logau empfohlen
Aus dem gleichbed. lat. defectus m., von defi- und von ihm (Em. Galotti 1, 4), sowie von
cere «fehlen». Bei Rot 1571 Defect (Ger- Wieland, Bürger, Goethe, Schiller (Jungfr.
mania 28, 364 ein Beleg von 1531), —
De- V. Orl ProL 3), Uhland, E. M. Arndt usw.
fizit, n. Ausfall an Geld, Fehlsumme.
: Aus wieder als edler Ausdruck aufgenommen.
der 3. Sg. Präs. Ind. deficit von deficere. 1729 Aus der Anlehnung an -Degen erklären sich
in Stoppes Ged. 2, 121 bereits in bildlicher Bildungen wie Hau-, Raufdegen.
^
Anwendung (Mangel an Körperfülle). Degen, m. {-s, PL wie Sg.): Ehren- und
defensiv, adj.: der Verteidigung dienend. Standes waffe. Zuei'st im 15. Jlo., aber in der
Aus dem gleichbed. mlat. defensivus, Bed. «Dolch», 1507 bei Wilwolt von Schaum
abge-
leitet von lat. defensio f. «Verteidigung», von bürg 124 langer legen; auch von Luther ge
defendere «verteidigen». Frühnhd. (1541 bei braucht, aber nicht in der Bibel (Rieht, 3
Liliencron 4, 180 defensiven weis). Defen- 16 änderte er stoßdegen in Schwert), bei Dasy
sive, f.: Verteidigung, 1626 bei Stettier podius 1537 als dägen «gladiolus» verzeichnet
Schweizerchronik 2, 189^. Defensivkrieg, Entsprechend franz. dague, ital.-span. daga
m., 1617 bei Wallhausen Corp, mil. 4, engl, dag, mlat. dagga f., deren Herkunft un-
defilieren, v.: reihen-, zugweise vorbei- sicher ist. Im Älternhd. auch Dege, Deg
marschieren. Aus franz. defiler «in einer (Tag Gryphius Trauersp, 40).
Reihe hintereinander gehen», von file m. «Fa- degenerieren, v.: ausarten. Aus dem
den, Reihe», das aus lat. filum n. «Faden». gleichbed. lat. degeneräre, vom Adj. degener
1703 im Zeitungslex. Davon Defil^e, n. (-s, «entartet». Schon bei Rot 1571.
PI. -s): Enge, Engpaß. Aus franz. defile m. degradieren, v.: der Würde entsetzen.
1703 im Zeitungslex. defilees «enge, verhauene, Mhd, degradieren, digradiei'en «der Würde
schlammigte Wege». entsetzen», namentlich bei Geistlichen, «der
definieren, v.: unterscheidend erklären, Weihe benehmen», aus dem gleichbed. mlat.
einen Begriff bestimmen. Aus lat, deflnire degradare, dessen gradare von lat. gradus m.
«ab-, begrenzen, im Begriffe bestimmen», wor- «Stufe, Rang».

Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 22


339 dehueu deklinieren 340

dehnen, v. : in die Länge ziehen, ausein- deinet- in deinethalhen -wegen, -willen,


,

ander ziehen. Mhd. denen, auch dennen, ahd. hervorgegangen aus dem im Frühnhd. noch
dennen; dazu asächs. thenian, ags. penian, vorkommenden deinent-, mit angetretnem t
anord. J>enja, schwed. tänja, got. panjan (in aus deinen, das in deinethalhen (aus deinen
ufpanjan). Verwandt mit gr. reiveiv «spannen», halben) und deinetwegen (aus deinen ivegen)
aind. tanöti «dehnt, spannt», lat. tendere, als Dat. PL, in deinetivillen (bei Luther noch
«spannen» usw. mit reicher Verzweigung. vmh deinen tvillen) als Akk. Sg. anzusehen ist.
S. auch dinsen, Dohne, dünn. ABL. dehn- deinig, adjektivische Bildung, die immer
bar, adj., bei Adelung 1774. f., Dehming, den Artikel vor sich hat. Am Ende des 16.
bei Henisch 1616. Jh. entstanden; 1663 bei Schottel S. 541 an-
Deich, m. (-es, PI. -e): Schutzdamm gegen geführt,
Wasser. Mhd. tich, dich m. aus dem gleich- Deise, f. (PI -n): Gestell im oder am
bed. mnd.-mnl. dik m. (schon andd. dik), da- Schornsteine zum Trocknen von Holz oder
zu afries. dlk, ags. dik m., engl, dike (auch Fleischwaren. Im 15. Jh. thüring. und 1469
ditch «Abzugsgraben»), anovd. diki n., dän. dige. mittelrhein. (Voc. ex quo) deyse, auch mnd,
Eig. identisch mit Teich (s. d.), aber in halbndd. deise (Crecelius 260). Jetzt in Hessen, Elsaß,
Lautform (doch älternhd. auch oft Teich, so Kärnten usw.
noch beiLudwigl716 und Frisch 1741, während Deist, m. (-en, PI. -en): Gottgläubiger
das reinndd. Diek bei Schottel 1663 steht ohne OiFenbarungsglauben. Aus engl, deist,
und auch Ludwig 1716 bekannt ist). ABL. franz. deiste m., abgeleitet von lat, deus m.
deichen, v. einen Schutzdamm errichten. «Gott», Bei Sperander 1728. Vgl. Ladendorf
:

Mndl. diken. ZUS. Deichgraf, Deichgräfe, Hist. Schlagwb. 47. ABL. deistisch, adj.
m.: Oberaufseher über das Deich wesen einer Deixel, m., Entstellung aus Teufel (s. d.)
Landschaft, Deichhauptmann. Norddeutsch, Schon im 17. Jh.
1591 bei Spangenberg Adelsspiegel 1, 323 Dekade, f, (PI. -n): Zahl von 10. Aus
Teichgrave. Mnd. dikgreve m. S. Graf. dem gleichbed. franz. decade f. von gr. bcKclc
Deichsel, f. (PI. -n)-. Wagenstange zwi- (Gen. beKöboc) f. «Abteilung von 10». Im
schen den Zugtieren. Mhd. dihsel, ahd. dih- spätem 18. Jh. entlehnt.
sala f.; dazu andd. tMsla, ndl. dissel m., ags. Dekagramm, n,: lO Gramm, Deka-
ßixl, ßlsl, anord. ßisl f. Grundform *pinhslä meter, n,: 10 Meter. Durch Reichsgesetz
und daher zu lat. temo (aus *tenxmo) m. von 1868 eingeführte Benennungen, entlehnt
pr. teansis «Deichsel», aus *tenksis. Vgl.aus franz. decagramme m. und decametre m.,
noch Osthoff Idg. Forsch. 8, 36. Im altern deren deca aus gr. biKa «zehn».
Nhd. die Nebenformen Deistel (auch bei Dekan, m. (-s, PI. -e): Obergeistlicher;
Luther) und Deisel. Fakultätsvorstand. Mhd, und spätahd, dechan.
deichseln, s. Dechsel. techan m., aus lat. decänus m. «Vorgesetzter
^dein, erweitert deiner: Gen. Sg. von von 10, z. B. 10 Mönchen». S. auch Dechant.
du (s. d.). Mhd.-ahd. din, asächs.-afries. thin, ABL. Dekanat, n.: Amt und Amtsbezii'k
ags.-anord. ßin, got. peina. Seiner Bildung des Dekans. Aus mlat. decanatus m. Bei
nach zu dem possessiven '^dein gehörig. Das Wächtler 1711.
erweiterte deiner, schon mhd. vereinzelt diner, deklamieren, v.-. im Redeton laut vor-
ist bei Luther noch selten (in der Bibel nur tragen. Aus lat. declämäre. Schon bei Rot
5. Mos. 13, 17), doch führen es die Gram- 1571 declamirn. ABL. Deklamation, f,:
matiker Ölinger und Clajus neben d. an und Redevortrag. Aus lat. declämätio f.
Schottel gibt der längern Form den Vorzug. deklarieren, v.: sich woi-über erklären.
^dein, besitzanzeigendes Pron, der 2. Per- Schon mhd. declariren (Mon. Boica 43, 401
son. Mhd.-ahd. din, asächs.-afries. thm, ags. vom J. 1381), von lat. decläräre. ABL. De-
ßin, engl, thy, thine, anord. J)in7i, schwed.-dän. klaration, f. Aus lat. declärätio f. 1495
din, got. ßeins. Von du (s, d.) abgeleitet. Declaration (Reichsordn. 19^).
deinesgleichen, erstarrte Genetivform, deklinieren, v.: nach Zahl (Numerus)
mhd. di7ies geliehen. Im Mhd. ist in dhi geliche und Fall (Kasus) biegen. Schon mhd. de-
«der dir gleich sowohl das Possessiv als cliniren, aus lat. decHnäre eig. «abbiegen».
ist»
das substant. gelichemit Flexion versehen, ABL. Deklination, f. Aus lat. decllnätio
z. B. er vant dinen geliehen. f, Frühnhd. (Luther 7, 20^ Jen.).
341 dekolletieren Demut 342

dekolletieren, den Hals entblößen.


v.: Demant, s. Diamant.
Aus zusammengesetzt aus de,
franz. äecolleter, demnach, adv., das eine Folge anzeigt.
lat. dis «weg von, ent-» und collet «Kragen», Fiühnhd., zunächst wohl in der Kanzlei-
von lat. Collum u. «Hals». Xeue Entlehnung. sprache (im 15- Jh. bei Nicl. v. Wyle 352,
dekorieren, v.: verzieren, schmücken. 27, ferner 1509 bei Janssen Frankf. Reichs-
Aus dem gleichbed. lat. decoräre. Schon bei kon-. 2, 763), auch in temporaler «nachher,
Rot 1571. ABL. Dekoration, f.: Verzie- nachdem» und kausaler. Verwendimg «weil»,
rung; Ehrenzeichen. Aus dem lat. decorätio doch bei Luther schon in der jetzigen «des-
f. «Ausschmückung». — Dekorum, n.: halb, mithin, folglich».
Wohlanständigkeit, Anstand. Das lat. de- demnächst, adv.: unmittelbar danach;
cörum n., das Neutr. des Adj. decönis «zier- in kurzer Zeit. Im 16. Jh. aufkommend
lich, fein, wohlanständig». Im spätem 18. Jh. (Galmy 1588 demnechst).
üblich geworden und bei Campe 1811 ver- demohngeachtet, s. demungeachtet.
zeichnet. Demokrat, m. (-en, PI. -e«): Anhänger
Dekret, n. (-es, PI. -e) : gerichtlicher Be- der Volksherrschaft. Aus dem gleichbed.
scheid; obrigkeitliche Verordnung. Schon franz. deniocrate m., das aus gr. briuoRpoireia
mhd. decret n., aus lat. decretum n. «Ent- (s. d. folg.) gebildet ist. Im 18. Jh. ent-
scheidung», dem
Neutr. des Part. Perf. Pass. lehnt (Klopstock Oden 171). Demokratie, —
von decernere «entscheiden». ABL. dekre- f.: Volksherrschaft. Aus franz. democratie.
tieren, -v.: das auf gr. briuoKpdTeia (bfjiuoc m. «Volk»,
Bescheid erteilen, beschließen.
Aus mlat. Frühnhd. decretiren -Kpareia zu Kpareiv «herrschen») beruht. Bei
deo'etare.
(Script, rer. Siles. 4, 252 vom J. 1579). Wächtler 1714. demokratisch, adj.
delektieren, refl. v.: sich woran erfreuen. demolieren, v. niederreißen, schleifen. :

Aus dem gleichbed. lat. deledäre. 1643 im Aus dem gleichbed. franz. demolir oder auch
Sprachverderb er als modisches Fremdwort wie dieses aus lat. demö Irre. Bei Krämer 1678
angeführt. und fiiiher.
delikat, adj.: fein und wohlschmeckend; demonstrieren, v.: hin-, erweisend ver-
zartfühlend; heiklig. Aus dem gleichbed. anschaulichen. Aus lat. demonsträre «vor
franz. delicat, das auf lat. delicdfus «üppig, Augen stellen, dartun, zeigen, weisen, be-
verzärtelt, wählerisch» beruht. Schon bei Rot 1571 demonstrirn.
In der l.Bed. haupten».
1653 bei Harsdörffer mathem. Erquickstun- ^-Bi. Demonstration, f.: Darlegung; Droh-
den 3, 563, in der Bed. «heikel» 1598 bei Al- bewegung. Aus lat. demonstratio f. Im 18. Jh.
bertinus Sendschreiben 1, 114^. ABL. Deli- entlehnt. demoUStratlT, adj. Aus lat.
katesse, f.: Leckerei (1668 bei Erasmus demonsträtivus. Im 18. Jh. entlehnt. Daher
Francisci ost- u. westind. Staats- und Lust- das Demonstrativ, lat. (pronomen) demon-
garten 1, 318*); Zartgefühl (bei Weise Erz- strätivum, das hindeutende Fürwort.
narren 123). Aus franz. delicatesse f. demungeachtet, Konj., die einen Gegen-
Delinquent, m. {-en, PI. -en): verhafteter satz anzeigt «trotzdem». Älternhd. auch in
Verbrecher. Aus lat. delinquens (Gen. delin- der entstellten Form demohngeachtet (noch
quentis), dem Part. Präs. von delinquere «sich bei Lessing 2, 559). Wohl friih im 17. Jli.

vergehen ». 1626 bei Stettier Schweizerchronik aufgekommen.


2, 496* Delinquant, 1655 bei Abele Gerichts- Demut, f.: Selbsterniedrigung. Mhd. die-
händel 252 Delinquent. miiete, diemuot, demuot (mit demselben Laut-

Delle, s. Teile. übergang wie in Demant, s. Diamant), ahd.


Delphin, m. (s, PI. -e): eine Walfisch- diumuoti, deomuoti f., von dem Adj. ahd. diu-
art. Schon mhd. delfm, telfhi, aus gr.-lat. muoti, deomuoti, mhd. diemüete, diemuot. de-
delpMnus, gv. be\qpiv m. muot, eig. «die Gesinnung eines Dienenden
Bei Schiller 11,
.270 Neutr. habend, demütig, herablassend», das zusammen-
Demagög, m. (-en, PI. -en): Volksführer, ges. ist aus ahd. deo, got. pins m. «Knecht,
Volksverführer. Aus gr. brmafuuYÖc (bfnuoc Diener» (s. dienen, Dirne) und dem von ahd.
ra. «Volk», -aYUj-foc zu äyeiv «führen, leiten»). mMO^« Mut» abgeleiteten Adj. -muoti <!.-vaviiig-».

Im 18. Jh. entlehnt (bei Heynatz 1775j. ABL. Das Wort ist durch das Christentum ge-
Demagogie, f. Aus gr. briua-fuj-fia f. «de- schaffen worden. Die Form Demut (für De-
magogisch», adj. müte, Diemüte) dringt xmter Einfluß von Ar-
22*
343 denen Depositen 344

mut dmch. ABL. demütig, adj., mhd. würdig, adj., frühnhd. (Rollenhagen Froschm.
diemüetic, demüetic, spätahd. diemuottg. Davon Denkwürdigkeit, im 17. Jh.
Da- 3, 1, 4).

von demütigen, v., mhd. diemüetegen, de- gebildet (vgl. Gombert 7, 19). Denkspruch,
müetegen (neben den von dem Subst. abge- m., 1663 bei Schottel S. 428. Denkzettel,
leiteten diemüeten). m. Bei Luther Denkzedel noch im urspr.
denen. Dat. PL des demonstrativen und Sinn, daneben im 16. Jh. auch schon bildlich.
relativen der, die, das. Eine im 15. Jh. auf- denn, Konj., die 1) die Gedankenfolge,
gekommene Erweiterung des mhd. den, ahd. den Erläuterungsgrund anzeigt, 2) zur Ver-
dem,, an das die Endung des Dat. PI. noch- gleichung dient, wie «als» nach Kompara-
mals angetreten ist. Vom Demonstr. wird tiven, 3) eine Ausnahme bezeichnet in Sätzen
jetzt nur noch denen gesetzt, wenn der Dat. wie es sei denn. Eig. eins mit dann (s. d.)
allein, also substantivisch steht, während älter- und daher urspr. die Zeitfolge bezeichnend.
nhd. bis tief ins 18. Jh. auch mitunter denen Von dann wird denn um die Mitte des 18. Jh.
als Dat. PI. des Artikels erscheint. geschieden.
dengeln, v.: dennoch, eine den Gegensatz nachdrück-
kaltes Eisen durch wieder-
holtes Hämmern schärfen. auch lich hervorhebende Konj. Mhd. dannoch, den-
Mhd. tengeln,
überhaupt «zuschlagen, klopfen», ahd. begegnet noch, zusammengeflossen aus ahd. danne noh
\

tangeläri m. «Kaltschmied». Zu ahd. tangol m. «noch zu dem Zeitpunkt, dann noch, da noch»,
j

«Hammer», ferner mhd. tengen (in widertengen) woher schon in mhd. dannoch die Bezeichnung
«schlagen, klopfen», ags. dencgan «stoßen», des Gegensatzes.
engl. Ägr «schlagen», anord.dengja «schlagen», i
denunzieren, denuuziieren, v.: zur
aschwed. diunga, schwed. dänga «heftig klop- [
Anzeige bringen. Aus lat. denunciäre an-
fen», dän. dünge «bläuen, prügeln», aus denen Frühnhd. (Reichsordnungen 71 v. J.
zeigen.
ein starkes V. ahd. *dingan zu erschließen 1512). ABL. Denunziant, m. {-en, PL -en):
ist. Die zu erwartende Form tengeln noch Angeber. Aus dem lat. Pai't. Präs. denun-
bei Frisch 1741, dengeln (mit der üblichen cians (Gen. denunciantis). Ein Beleg von
Yertauschung von d und t wie in Daus usw.) 1703 bei Gombert 8, 3. Denunziation, f.:
schon frühzeitig im Obd. Angeberei, aus dem J. 1554 belegt bei Gom-
Denkart, s. denken. bert 8, 3. Aus lat. denunciätio f.
denken, v. (Prät. dachte, Konj. dächte, Depesche, f. (PL -n): Eilbotschaft, Eil-
Part, gedacht): geistestätig sein. Mhd. denJcen schreiben. Aus dem gleichbed. franz. depeche
(Prät. dähte, Konj. dcehte, Part, gedäht), ahd. f., ital. dispaccio m., von franz. depecher,
denchen, denken; dazu asächs. thenkian, ndl. ital. dispacciare «losmachen, abfertigen». Bei
denken, afries. thenkia, agä.pencan, engl, think, Nehi'ing 1710; 1703 im Zeitungslex. Depeches.
&nor ä. ßenkja, schwed. tänka, dän. tanke, got. deponieren, v.: niederlegen, bes. zur Auf-
ßagkjan. Mit einem j- Suffix zu derselben bewahrung. Aus lat. depönere «ab-, nieder-
Wurzel gebildet, zu der auch dünken (s. d.) legen». Schon bei Rot 1571. Deponieren
gehört und genau entsprechend lat. tongere und Deposition f. waren Ausdrücke für die
«nosse, scire», osk. tanginüd «sententia». ABL. ehemals auf Universitäten übliche Einweihung
denkbar, adj. Erst bei Adelung 1793 an- der jungen Studenten in das akademische
geführt. Denker, m. Bei Adelung 1774, Leben, schon im 16. Jh. als alter Brauch be-
aber als gezierter Ausdruck empfunden. ZUS. zeichnet (0. Schade im Weim. Jahrb. Bd. 6).
Denkart, f.: Eigentümlichkeit des Denkens — Depositen, PL: in gerichtliche Ver-
über die sittlichen Verhältnisse, um 1750 wahrung niedergelegte Gelder; gegen Zinsen
aufgekommen (Wieland Suppl, 2, 106. Her- aufgenommene Handelsgelder. Aus dem PL
der 1, daneben auch Denkungsart
15 u. a.), von mlat. depösituni, subst. Neutr. des Part.
(1739 bei Liscow 803, bei Lessing 1, 283), Perf. Pass. depösitus von depönere. Bei Wächt-
das von Heynatz 1775 als gewöhnlicher be- ler 1714 Depositen- Gelder.
zeichnet wird, und im 18. Jh. Denkensart Deportation, f.: Landesverweisung, Ver-
(Gombert7, 18). Denkfreilieit, f., 1739 bei bannung. Aus lat. deportätio f., von depor-
Liscow 809 fg. Denkmal, n. (PL Denk- täre «verbannen», eig. «wegschaffen». In der
mäler), bei Luther. Denkmünze, f., bei frähnhd. Rechtssprache (Brant Layenspigel
Adelung 1774. Denkschrift, f., im 17. Jh. dd 10).
gebildet (1716 beiLudwig vei-zeichnet). denk- Depositen, s. deponieren.
345 deputieren dermalen 346

deputieren, v. : abordnen. Aus lat. dipu- Adelung 1793


als obd., 1761 bei Moser Herr
täre «einem etwas bestimmen». Diener 315. Im 16. Jb. u.
entlehnt (kursäcbs. Schulordnung von 1580). deren. Gen. Sg. F., sowie Gen. PI. des
ABL. Deputat, n.: als Anteil Zukommen- demonstrativen und relativen der, die, das.
des, besolduDgsmäJßiges Einkommen. Aus lat. Daneben im Gen. PI. demonstrativ derer.
deputätmn, dem substantivisch gesetzten Xeutr. Schon in der 2. Hälfte des 15. Jh. erschei-
des Part. Perf. Pass. von äeputäre. Im 16. Jh. nende Ei'weiterungen von der, die aber Liither
Deputation, f.: Abordnung; Gesamtheit von noch nicht gebraucht: derer steht bis ins
Abgeordneten. Im 16. Jh. (Germania 29, 350 18. Jh. auch für den Artikel, jetzt werden
ein Beleg vom J. 1569), aus mlat. deputatio f. beide Fonnen mix substantivisch gesetzt, und
der, die, das, demonstratives und rela- zwar steht derer für den Gen. Plur., an den
tives Pronomen, sowie bestimmter Artikel. sich ein Eelativpron. anschließt, und in
In der 1. Anwendung mhd.-ahd. der, diu, da^; Wendungen wie (?erer von Quitzoiv, deren
dazu asächs. fhie, thiu, that, ndl. die, die, daf, in den übiigen Fällen.
afries. thi, thiu, femer mit abweichen-
thet, derenthalben, derentwegen, adv., Zu-
der Form des Xom. Sg. M. und F. ags. se, sammensetzung der erweiterten Form des
seo, thcet (engl, für alle Geschlechter und Gen. Sg. F. und des Gen. PL von der, au
Kasus unverändert tha{), anord. sä, sü, ßaf die t angetreten ist, mit den Präp. halben
(schwed.-dän. den M. F., det X.), got. sa, so. und wegen. Schon im 16. Jh.
[pata (in- relativer Verwendung mit -ei ver- derer, s. deren.
banden: saei, söei, ßatei). Wie in diesen dergestalt, adv.: Ln der Weise, Ver-
Sprachen ergänzen sich verschiedene Stämme bindung der Gen. Sg. der Gestalt, zunächst
in gr. 6 (für *so), x] (für *se, *sä), t6 (aus wohl in der Kanzleisprache (z. B. Janssen
*TÖb), awest. haut', Jiä, tat, aind. sa, sä, tad, da- Frankf. Reichskorr. 2, 802 von 1510).
gegen wird wie im Deutschen der eine Stamm dergleichen, Verbindung des Gen. der
durchgeführt in lit. täs tä tai, abg. tu, ta, to, mit dem Adv. gleichen (mhd. geliche mit an-
auch lat. is-te, ista, istiid. S. getretnem n), demonsti'ativ und relativ, als
auch das, denen,
deren, dero, dessen, deß. Adv. sowie un biegbares Adj. gebraucht. Seit
derart, adv.. Zusammenrückung der Gen. dem 15. Jh. (früher auch dergleich), auch
«der Art» erst neuerdings als ein Wort er- bei Luther.
scheinend. ABL. derartig, Am
derhalben, Verbindung des Gen. PI. der
adj.. An-
fang des 19. Jh. aufkommend (vgl. Gombert mit der Präp. halben (s. d.). Frühnhd. (auch
7, 19), bei Campe 1807 noch nicht ver- derhalb). iMhd. derhalb, derhalben «auf dieser
zeichnet. Seite» ist Verbindung des Aiükels mit dem
derb, adj. undzusammengedrängt Dat. Sg. von mhd. halbe f. «Seite».
adv.:
und fest; voU Gewicht und Kraft
(bildlich) deri vieren, v.: (ein Wort ab-, herleiten.
einwirkend, iihd.-ahd. derp ist «ungesäuert», Aus lat. derwäre. Schon bei Rot 1571. ABL.
ebenso meist ags. peorf, anord. pjarfr: da- Deriratiön, f.: Herleitung. Aus lat. derh
gegen ist afries. /Äer/" «heftig» (von Schlägen). vätio f.

Die jetzige Bed. stammt aus dem Xdd. (mnd. der-, die-, dasjenige, Verbindung des
derf ist «schlicht»), und erklärt sich durch Artikels mit dem von jene)- abgeleiteten
Vermischung mit einem Wort, das dem jenige. In der frühnhd. Kanzleisprache (Reichs-
asächs. derii «feindlich, ruchlos» entspricht, ordnungen 67 V. J. 1507), dann auch bei Luther.
sie findet sich bei Schottel dann bei Das einfachere derjene findet sich im 15. (z. P..
1663,
Rädlein 1711 undLudwig 1716, dagegen bei bei Xic. V. Wyle) und 16. Jh.
Adelung 1774 «nur im gemeinen Leben». derlei, aneinandergemckte Gen. Sg. F.
dereinst, adv.: in später Zukunft. Ver- oder PI., in dem Sinne von «dergleichen»,
bindung des Gen. der mit einst, wohl unter doch etwas geringschätziger. Schon mhd.
dem Einfluß von dermaleinst, derweil, derzeit, der leie (s. lei).
oder aus dar eins mit Beschränkung des dermaleinst, Verbindung der Gen. PI.
Sinnes auf die Zukunft. Schon bei Luther der male mit einst. Bei Luther der mal eins
als dereins (auch noch 1722 bei Freyer S. 81), und der mal einst (Sir. 6, 3). Vgl. noch dereinst.
dann dereinst (Gryphius Trauersp. 384), Vgl. dermalen, adv.: zu gegenwärtiger Zeit,
ZfdU. 11,211. ABL. dereinstig, adj., bei zusammengerückte Gen. PI. der male mit
347 dermaßen desto 348

angetretenem n. Bei Ludwig 1716. ABL. deshalb, adv.: eig. von selten (s. halb)
dermalig, adj., 1757 in Meiers Metaphysik des im Vorhergehenden Ausgedrückten, in
3, 126, häufig bei Wieland. der Rücksicht. Ältemhd. deshalben (Nicl.

dermaßen, adv.: in der Weise, in dem v.Wyle 352, 28). Die Form deshalb kommt
Grade, zusammengerückte Gen. Sg. der maßen schon im 15. Jh. vor (Janssen Frankf. Reichs-
(in schwacher Flexion), mhd. der mä^e. In korr. 1, 149), dringt aber erst im 18. durch.
der frühnhd. Kanzleisprache (Janssen Frankf. designieren, v. : jemand wozu bezeichnen.
ReichskoiT. 1, und bei Luther üblich. Aus lat. designäre «bezeichnen». Im 17. Jh.
624)
dero, Anrede erhaltner alter-
in höfischer despektierlich, adj. und adv.: gering-
tümlicher Gen. PI. von äe^' und die. Ahd. schätzig, verächtlich. Zusammenges. mit
dero, im Alemann, in dieser Form erhalten despektiereu <scliimpfen, verachten», das im
und um 1500 in die allgemeine Kanzleisprache 17. Jh. aus lat. despectäre «herabsehen» ent-
eingedrungen (z. B. Janssen Frankf. Reichs- lehnt wurde (bei Nehring 1694). Bei Spe-
koiT. 1, 908), anfangs demonstrativ und relativ, rander 1728.
später in seinem Gebrauch beschränkt. desperat, adj.: verzweifelt. Aus lat.
der-, die-, dasselbe: der, die, das und desperätus, dem Part.Perf. Pass. von desperäre
kein andrer, keine andre, kein andres. Mhd. «ohne Hoffnung sein». 1575 bei Fischart
der selbe, diu selbe, da^ selbe, ahd. de^' selbo, Garg. 266. ABL. DesperatiÖn, f.: Ver-
diu selba, dag selba, got. das 2s eutr. pafa silbö. zweiflung. Aus lat. d esper ätio f. Bei Rot 1571.
Die erweiterte Form derselbige kommt seit Despot, m. [-en, Fl.-€7i): Gewalt-, Zwangs-
dem 15. Jh. und bei Luther vor. herrscher. Aus gr. becTTÖTJTC m. «Gebieter,
derweil, adv.: während der Zeit, zu- Herr, unumschränkter Gebieter». Bei Henisch
sammengerückte Gen. Sg. mhd. der wtle. 1616, als Herrschertitel 1562 bei Mathesius
Derwisch, m. (-es, PI. -e): mohammeda- Sarepta 116^. ABL. despotisch, adj., bei
nischer Mönch. Das pers. derwesch, das eig. Leibniz deutsche Schriften 1, 231 vom J. 1670.
«arm» bedeutet. Bei Hagedorn raoral. Ged. deß. Gen. Sg. von der, in der poetischen
154 Dervis, wie ndl. dervis m., aber schon Sprache öfters gesetzt, wo sonst dessen (s. d.)
1530 bei Seb. Franck Cronica der Türekey gebraucht werden muß. Eig. identisch mit
H 3 ^. J 2 * Dermschler. des, aber mit Rücksicht auf dessen mit ß
derzeit, adv.: zu der Zeit, zusammen- geschrieben. Fiüher auch meist deßhalb,
gerückte Gen. Sg. mhd. der zite. ABL. deßivegen usw. und indeß, unterdeß (s. d. d.).
derzeitig, adj., erst im 19. Jh. dessen. Gen. Sg. des alleinstehenden und
Desem (auch Desemer), m. (-s): Schnell- so substantivische Geltung habenden demon-
wage. Aus dem Ndd. bei Voß 1, 165. Da- strativen und relativen der, das. Im altern
neben und urspr. besemer, mnd. auch bisemer, Nhd. (noch nicht bei Luther) eingetretene
mit altn. bisniari m., schwed. besman, dän. Verlängening der Form des. Auch in den
bisnier aus dem gleichbed. russ. bezmen m. Zusammenschiebimgen dessenthalben, dessent-
desertieren, v.: fahnenflüchtig werden. wegen, dessentwillen mit eingeschaltetem /.
Aus dem gleichbed. franz. deserter von mlat. Dessert, n. (-.s, PI. -s, -e)-. Nachtisch.
desertare, abgeleitet von lat. deserere «ver- Das gleichbed. franz. dessert m. von desservir
lassen». Im 17. Jh. ABL. Deserteur, «die Speisen abtragen». In der 2. Hälfte
m. (-S, PI. -e): Das franz. des 18. Jh. eingedrungen und bei Kindleben
Fahnenflüchtiger.
deserteur m. aus lat. desertor m. Desertion, 1781 aufgeführt.
f.: Fahnenflucht. Aus franz. desertion, f. von destillieren, v.: flüchtige und flüssige
lat. desertio f. Teüe wovon durch Wärme in verschlossenem
desfalls, adv.: in diesem Fall, zusammen- Gefäße absondern. Aus lat. destilläre «ab-
gerückte Gen. Sg., von Gombert 8, 4 aus träufeln». Im 15. Jh. (wie auch noch später)
dem J. 1545 nachgewiesen. J.BL. desfallsig, distillieren (bei Nicl. v. Wyle 88, 9, im Voc. ex
adj. In der neuern Kanzleisprache. quo 1469 distileren). ABL. Destillation, f.
desgleichen, Verbindung des Gen. des desto, den Verhältnisgrad vor Kompa-
mit dem Adv. gleichen (mhd. geliche mit an- rativen bezeichnend: um so. Mhd. deste
getretenem w), als Adv. und (wie dergleichen) (mit komparativischer Endung deste}'), auch
auch als Adj. verwendet. Schon im 15. Jh. noch des de, des die, ahd. des diu, was der
des glichen. das "Verhältnis des (ji-undes anzeisrende Gen.
349 deswegen Dezember 350

des und der das Verhältnis des Maßes ein- 788 vor. Vgl. J. Grimm Gramm. 1=^, 13 tf.,
schließende Instrumental diu ist. Während H. Fischer Btr. 18, 203 Im altern Nhd.
ff.

Luther noch der Form deste bedient, wird deutsch (bei Luther deudsch) und teuf seh
sich
findet sich sonst im 16. Jh. auch desto, das geschrieben, dies besonders bei Oberdeutschen,
Henisch 1616 aufführt. doch auch bei Mitteldeutschen; teutsch wird
deswegen, adv.: aus dem Beweggrunde, von Duez, Klrämer, Stieler, Ludwig, Frisch
Verbindung des Gen. Sg. des mit dem prä- angesetzt, während Schottel, Gottsched und
positioneilen i.cegen (s. d.). Bei Henisch 1616. Adelung sich für deutsch entscheiden. Die
Deul)e, f.: Diebstahl. Veraltet. 'Slhd.diuhe, Schreibung teutsch erhält sich bis ins 19. Jh.
ahd. diuha f., im Got. piuhi n. S. Dieb. hinein, verschwindet aber dann, nachdem sie
Deut, m. (-es, PI. -e): kleinste Münze. J. Grimm (irrtümlich, da doch mhd. tiutsch
Aus dem ndl. duit m. \/g Stüber (in Cleve zugrunde liegt) als falsch bekämpft hatte.
"/. Pfennig preuß.), das auf anord. pveit ABL. deutschen, v.: auf deutsch sagen
«eine kleine Münze» (von ßiita «schneiden») (mhd. tiutscheri, noch bei Stieler 1691 teutschen,
zurückgeführt wird. Zuerst bei Ludwig 1716 dann durch verdeutschen verdrängt; bei Goethe
(Schottel 1663 hat Dütge, Rädlein 1711 Dwfgre«). 6, 110 teutschen = deutschtümeln). Deutsch-
Vgl. Scherf. heit, Bei Stieler 1691, aber erst nach
f.

Deute (Goethe Herm. 7, 202), f., s. Tüte. 1750 in der Bed. «deutsche Art» recht üblich
deuten, v. etwas verständlich machen: geworden (im 15. Jh. bei Osw. v. Wolken-
:

(erklärenrl) zeigen. Mhd.-ahd. d.iuten; dazu stein tiiitschecheit). Deutschtum, n. Erst


ndl. duiden, afries. thioda (in hithiodd), anord. nach 1815 aufgekommen. Dazu (in herab-
ßyda, schwed. fyda, dän. tyde. Urspr. s. v. a. setzendem Sinn) deutsch tibn ein v. und Deutsch-
volksverständlich machen, in der Volkssprache tilmelei f. ZUS. Deutschland, n. Im 15. Jli.
auslegen, abgeleitet von ahd. diof m.n., diota f. als Zusammensetzung TiutschJand (früher dag
«Volk» (s. deutsch). ABL. deuteln, v.: tiutsche lant, daneben derPlur., z.B. diatsche
m gekünstelter Weise auslegen. Bei Luther, laut im Annolied), doch auch öfter noch mit
wie auch Deutelei f Deuter, m. in Stern-, Flexion des 1. Bestandteils (auch bei Luther).
Traumdeuter usw ^Ihd.dädcerem. deutlich, Vgl. Hildebrand Kleine Sehr. 217.
.

adj. und adv.: leicht zu erkennend und zu DCTlSe, f Wahl-, Sinnspnich. Aus franz. :

verstehend. Mhd. nur als adv. dudliche (auch devise, ital. divisa f. «Abteilung, Wahl, Wahl-
diutecliche), dazu ndl. du idelijk, während Luther spmch, Unterscheidungszeichen», von lat.
auch das Adj. verwendet. Deutung, f., mhd. divisiis, dem Part. Perf. Pass. von lat. dwidere
diutunge f. «teilen, unterscheiden». Im 16. Jh. entlehnt
deutsch, adj. und adv., dazu substantivisch (1564 in der Zimmerschen Chronik; beiFischart
Deutscher m., Deutsche f., sowie Deutsch Garg. 185 nach dem Ital. Divis).
n. «die deutsche Sprache». 'Mhi.dmtischjdiutsch dCTÖt, adj.: fromm, ergeben. Aus dem
u. tiutisch, tnitsch, tiuscJi, dazu asächs. thiudisk, gleichbed. lat. devötus, eig. Part. Perf. von
ndl. duitsch (daher engl, dutch «holländisch»), devovere «als Opfer weihen, dahingehen».
a.gs.ßeodisc, schwed. (entlehnt^ tysJi, dän. tydsk. Im 17. Jh. entlehnt. DcTOtiÖn, f.: Frömmig-
Im Got. findet sich das Adv. piudiskö «heid- keit, Hingebung. Aus lat. devötio f. Im
nisch» (nach gr. ^Gviköic). Abgeleitet von 17. Jh. (Grimmeishausen Simpl. 101).
ahd. diot m. n., diota f., asächs. thiod, thioda f., Dezem, m. f-.s): der Zehnte als Abgabe
ags.peod f., got.piud.at «Volk, Volksstamm»; an den Geistlichen. Aus mlat. decimwn n.
dazu lit. tatitä f., ah*, tuath, osk. touto f. «Volk». «Zehntabgabe :-, dem Xeutr. des lat. Adj.
Die ursprüngliche Bed. des Wortes ist daher: decimus «der zehnte». Schon ohd. dezem^'} m.
dem Volke eigen, volksmäßig, national, und Daher md. Däzen m. «Anteil».
zwar st^ht es im Deutschen von dem, was Dezember, m. (-s): der letzte Monat
unserm Vaterland angehört, zunächst von im Jahre. Aas lat. December d. i. «der
unsrer Sprache als der Volkssprache gegen- zehnte Monat vom Mäi-z an», von lat. decem
über der in der Kirche nnd bei den Ge- «zehn». Dafür ahd. (nach der Benennung
lehrten gebrauchten lateinischen, dann auch Karls d. Gr.) heilagmanöth, spätmhd. christrnan
von unserm Volke (asächs. thiudisca liudi «Christmonat», auch hartmän «Hartmonat»
«Gennania»). Das auf ahd. diniisc beruhende (wegen des gefrornen Erdbodens) slahtmun
nilat. theodisais. theotiscns kommt schon seit «Schlachtmonat» (wegen des Schlachtens der
351 Dezennium dicht 352

Schweine) und wolfmän «Wolfmonat» (weil der härteste Edelstein. Mhd. diamant, diemant
die Wölfinim Winter läufig ist). (wora^^s demant hervorgegangen, wie denmot
Dezennium, n. (s, PI. Dezennien) : Jahi-- aus dienmot) aus ital.-span. diamante, franz.
zehnt. Baslatdecenniumn. Bei Nehring 1694. diamant m,, die auf gr.-lat. ädamas (Gen.
dezent, adj.: geziemend, wohlanständig. adamäntis) beruhen, woher auch mhd.-ahd.
Von lat. decens (Gen. decentis), dem als Adj. adamant m. Bei Luther Demand, später setzte
gesetzten Part. Präs. von lat. decere «ge- sich wieder die dem Franz. näherstehende
ziemen, gebühren, wohlanstehen». Im 18. Jh. Form Diamant durch, ABL. diamanten,
entlehnt. Dezeuz, f.: Wohlanständigkeit. denianten, adj.
Aus dem gleichbed. lat. decentia f. Diarium, n. {-s, PI. Diarien): Tagebucb,
Dezigramm, n. (-s, PI. -e):
^lo Gramm. Kladde. Aus lat, diärium n. «Tagebuch»,
Durch Reichsgesetz von 1868 aufgenommen einer Ableitung von dies «Tag», 1703 im
aus franz. decigramme m., dessen deci- nach Zeitungslex.
lat. decimus «der zehnte». Diarrhoe, f, (PI. -n): Durchfall. Aus
dezimal, adj.: die Zahl 10 (lat. decem) dem gleichbed, gr.-lat. diarrJioea, gi', bidß|)oia f,,
betreffend. Aus mlat. decimalis. 1716 bei von bia^^eiv «durchfließen». Bei Wächtler 1711
Wolff math. Lex. Sp. 172 Decimal-Rechnung. Diarrhee.
dezimieren, v.: den zehnten Mann töten. Diät, f.: Lebensordnung; schmale Kost.
Aus dem gleichbed. lat. deciniäre von lat. Mit fi-anz. diete, ital. dieta f. aus gr.-lat. diaeta,
decimus «der zehnte». Im 18. Jh. entlehnt. gr, biaira f. «Lebensart, ärztliche Vorschrift
Diadem, n. (-5, PI. -e): Kopf-, Stirnbinde zur Erhaltung der Gesundheit», Schon früh-
als Zeichen der höchsten Würde, Mhd. nhd., in Brants Narrenschiff 38, 3 dyget, im
diadem m. Aus gr,-lat, diadenia, gr, bidbrnua n. Grobianus 3904 Diet, auch bei Bot 1571 ver-
«Binde, Band, persische Binde um den Turban, zeichnet. Auch adjektivisch ein diätes Leben
diese Binde als Zeichen königlicher Würde», bei Nehring 1710, hervorgegangen aus diät
von gr. biabeiv «umbinden». leben «nach der Diät leben» (1719 bei Fleming
Diakon, m. [s oder -en, PI. -en): Hilfs- Jäger 1, 92^).
prediger. Aus dem kirchlichen gv. -lat. diäconus Diäten, PI. Taggelder, Taggebühren, Mit
:

m, «Kirchendiener, -gehilfe», gr. bicxKovoc m. franz, diete, ital, dieta i. «Reichstag» von mlat.
«Diener», Schon mhd. (mit Abschwäehung) dimta oder dieta f. «Tagreise, Tagsatzung, Tag-
diaken m. ABL. Diakonissin, f. Kirchen- geld» von lat. dies «Tag» (vgl. mlat, dietim
:

dienerin zu (Armen- und) Krankenpflege. Aus «täglich»). 1773 bei Amaranthes'* 1, 862.
kirchlich-lat, diaconissa f. «Kirchendienerin». dihbern, v.: reden, angelegentlich be-
Dialekt, m, {-es, PI. -e)-. Mundart, Aus sprechen. Auch döl)ern. Jüdisch-deutsch
gr.-lat. dialedus f, «Mundart», gr. bidXeKToc f. aus hebr. dibber «reden».

«Unterredung, Ausdruck, Landessprache, dicht, poetisch auch noch dichte (Goethe 1,


Mundart», von biaX^jecGai «sich unterreden, 115, 4, 101), adj. u, adv.: eng zusammenge-
redegewandt sein». 1634 bei Spee Trutznachti- drängt. Mhd. (bei Nie. v. Jeroschin) dthfe
gall Vorr. der PI. Dialecten. —
Dialektik, (daher bei Burkhard Waldis 3, 94, 165 deicht,
f.: Kunst gelehrten Streites; Wissenschaft jetzt noch preuß.-livländ.-estländ.), häufiger
die
der Denkformen, IMhd, dialectike f, aus gleich- (auch in obd. Quellen) gedihte als adv, «in
bed, gr.-lat, dmZed-ica (zu ergänzen ars «Kunst»), einem fort, häufig», daraus dann mit ge-
gr. bia\eKTiKri (nämlich x^x^n «Kunst»), dem kürztem Vokal (aus dem Md,) dicht,' bei
Fem. des gr.-lat. Adj. dialedicus, gr. bia\eK- Luther ticht; dazu mnd.-mnl, dichte «stai-k,
TiKÖc «zur Unterredung, zum Disputieren tüchtig», anord. pettr (aus *J)ihtr), dän, tcet,

gehörig». Davon Dialektiker, m,: Kenner engl, tight «dicht». Ob das Wort zu ahd.
und Lehrer der Dialektik. dihan «gedeihen» gehört, das wie gediegen
Dialog, m, (-S, Pl,-e): Wechselgespräch. (s. d.) zeigt, auch dieBed. «reif, fest, hart und
Aus gr.-lat. diälogus m., gT, bidXoYoc f. «philo- so eng beisammen (dicht) werden, trocknen»
sophische Unterredung, Zwiegespräch», von hatte, scheint zweifelhaft. Nach Stokes Bezz.
bxaXiyecQai (s. Dialekt). Beleg von 1621 bei Btr. 25, 47 zu ir. techt «geronnen ». Gewöhnlich
Gombert 8, 4. vergleicht man auch lit. tänkus «dicht, dicht
Diamant, m, {-s oder -en, PI. -en), ver- zusammenstehend», arm. thanjr «dicht» und
altet und dichterisch Demant, m. {-s, PI. -e): stellt diese zu ai. tanäkti «zieht zusammen,
353 dichten Diemen 354

gerinnt». ABL. Dichte, f., bei Krämer 14. Jh. diechpain bei Megenberg 144, 35 ist ]

1678. dichten, v.: dicht machen, im 16. Jh. «Schenkelknochen»); mhd. diech, ahd. dioh
Dichtigkeit, f., bei Henisch 1616. n. «Schenkel» ist sonst veraltet, aber noch
I

dichten, v.: Yerse machen; überhaupt im Bayr. vorkommend, entsprechend nd. de,
schöpferisch hei-vorb ringen: worauf sinnen ndl. dij, afries. thiach, ags. ßeoh, engl, thigh,j

(in d. und trachten). Mhd. tihten «schriftlich anord. ßjö. Es gehört zu lit. taukai «Fett»,
I

abfassen, schriftlich in Yerse fassen, ersinnen apr. taukis «Schmalz», abg. tukü m. «Fett».
und zwar künstlerisch», ahd. dihton, tihton Didaktik, f.: Lehrkunst; Lehrdichtung.
«in Versen erfinden und schaffend hervor- Von gr. bibaKTiKri (nämlich xexvri «Kunst»),
bringen»; dazu ndl. dichten, schwed. (ent- Fem. des Adj. bibaKxiKÖc «zum Unterricht
lehnt) dikta, dän, digte. Aus lat. dictäre «zum gehörig, belehi'end», von bibdcKeiv «belehren».
Nachschreiben vorsagen (diktieren), nieder- Im 18. Jh. entlehnt, didaktisch, adj.: lehr- I

schreiben lassen, vorsagend anfertigen, dich- j


haft (Lessing 6, 254).
ten». Bei Luther noch mit urspiünglichem Dieb, m. (-es, PI. -e): heimlicher Ent-
t tichten, ebenso bei den schlesischen Dich- wender fremden Eigentums. Mhd. diep, ahd.
tem (noch bei Günther). ABL. Dichter, diob, diub m.; dazu asächs. thiof, ndl. dief,
m. (-S, PI. wie Sg.), mhd. tihtcere. Davon afries. thiaf, ags. ßeof, engl, thief, anord.
dichterisch, adj. u. adv. (von Zesen ge- pjöfr, schwed. tjuf, dän. tyv, got. piufs, ßiicbs
braucht, z. B. 1645 in der Adriat. Rose- m. Dunkler Herkunft. S. auch Deiche. ABL.
mund 123, s. Gombert 7, 20) und Dichter- Dieberei, f., mhd. dieberte f. diebisch,
ling, m.: schlechter Dichter (von Christian adj., fiühnhd. (bei Kaisersberg), mhd. dafüi-
Wemicke Dichtung, f. mhd.
1697 gebildet). diebjo! als Ausmf: haltet den diepHch.
tihtunge f. ZUS. Dichtkunst, f., bei Schottel Mit angetretener Interjektion wie iDieb!
S. 447 Tichtekunst. mhd. -ä, z. B. in tüäfenä «Waffen herbei!» I

dick, adj. u. adv.: stark an Masse. Ver- Ln 15. Jh. ZTJS. Diebstahl, m., mhd. da-
kürzt aus dicke (so noch gewöhnlich bei für diepstäle, diupstäle f., zusammengesetzt
Luther), mhd. dicke (das Adv. auch «oft», aus Dieb (ahd. und mhd. dialektisch auch
wie noch jetzt mundartlich), ahd. dicchi, dicki; diup) und dem im Ahd. erhaltenen stäla f.
dazu asächs. thikki, ndl. dik, afries. thikke, von stelan «stehlen». Das Mask. Diebstahl
ags. picce, engl, thik, anord. ßykkr, pjokkr, 1482 im Vocab. predicantium A a 2^ (geist-
schwed. ijok, dän. tyk. Verwandt ist altir. licher diehstal) und bei Luther.
tiiig (aus Higu) «dick». Kaum zu gedeihen, Diecb, s. Dickbein.
ahd. dihan, also etwa «zu größerer Körper- Diele, f. (PI. -w): langes Brett; Fußboden;
lichkeit angewachsen», was wegen der Form Zimmerdecke; Hausflur; Dreschtenne. Mhd.
Schwierigkeiten macht. Auch Verwandtschaft dil m, f. und mit J-Suffix abgeleitet dille,
mit dicht ist nicht sicher. ABL. Dicke, f., ahd. dil, dilo m., dili n. tmd dilla (aus *dilja)
mhd. dicke, ahd. dicchi, dicki f. dicken, f. «Brett, Bretterwand, Seitenwand des Schiffes,
V. dick werden, mhd. dicken, ahd. dicchen, brettei'ner Fußboden», mhd. dille auch s. v. a.
:

dicken dick machen (auch in er-, verdicken). obere Decke des Hauses; dazu mnd. dele f.
;

Dickicht, n. Nach Frisch aus der Jäger- «Brett, Fußboden, Flur», ndl. deel n. «Brett»,
sprache aufgenommen, aus der es zuerst 1719 ags. pel n. und abgeleitet ßille f. «Brett»,
bei Fleming (teutsch. Jäger 1, 42 Dickigt) anord. pil, pili n. «Bretter-, Scheidewand,
erscheint, anfangs auch als M. gebraucht Getäfel» und ßilja f. «Ruderbank». Verwandt
(Hagedom poet. W. 2, 231, noch 1775 bei sind lit. tUe f. «Kahn diele», abg. tilon. «Boden»,
Heynatz) eig. substantivierte Form eines Adj.
; die man weiter zu aind. talam n. «Fläche»
dickicht «etwas dick», bei Henisch 1616 dickigt. und lat. teliüs f. «Erde» stellt. Die Bedd.
ZUS. Dickkopf, m.: Kopf großen Umfangs «Hausflur, Dreschtenne» sind aus dem Ndd.
(bei Duez 1664) Mensch oder Tier mit solchem
; aufgenommen ; zuerst bei Ludwig 1716. ABL.
Kopfe geistig beschränkter Mensch (im 17. Jh.
;
dielen, v.: (den Fußboden) mit Dielen be-
bei Wecklieriin 1, 511); unnachgiebiger, störri- ;
schlagen. Mhd. dafür dillen, ahd. dillön (in
scher Mensch. gadilWn), abgeleitet von mhd. dille, ahd. dilla f.

Dickbein, n.: das Bein von der Hüfte Diemen, m. oder Dieme, f.: Haufen von
bis zum Knie. Bei Stieler 1691. Mit An- Stroh oder Getreide. Ndd. (bei Schottel 1663
lehnung an dick entstellt aus Diechbein (im Dient f.). S. Feim.

Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 23


355 dieueu diesseit 356

dienen, v.: jemandes Befehl untergeben wie auch schon mhd. ziestac zu zinstac ent-

sein; zu jemandes Zweck oder Nutzen tätig stellt wurde), doch sprechen dagegen die
sein; als Mittel wozu brauchbar sein. Mhd. Formen mnd. dingsedach, dinschedach, mnl.
dienen, ahd. dionön-, dazu asächs. thionön, dinxendacli, dinsendach, mit denen D. jeden-
ndl. dienen, afries. thiania, anord. pjöna, falls in Verbindung zu bringen ist. Man
schwed. tjäna, dän. tjene. Es ist eine Ab- führt das Wort auf einen Beinamen des
leitung von ahd. dio, deo (Gen. diuwes), ags. Zio zurück, den er Beschirmer der Ge-
als

peow, got. pius (Gen. ßiiois m.) «leibeigner richtstage fühi'te, in latinisierter Form Thingsus
Diener, Knecht, Sklave», wovon mhd. diu, (zu ahd. dinc «gerichthche Verhandlung», s.
ahd. diu (Gen. dimvi), asächs. thiu, thiuwi, Ding), dann also aus Dingestag, Dingstag
ags. peowe, peoiven, anord. ßyr f. «Magd, (was auch in md. Quellen des 14. bis 16. Jh.
Sklavin». S. auch Demut und Dirne. ABL. erscheint). Es hätte sich dann zunächst Dins-
Diener, m., mhd. diencere. Davon Diene- tag entwickelt, wie auch Luther hat, weiter
rin, f., mhd. diencerinne, und Dienerschaft, mit Anlehnung an dienen Dienstag. Dafür
f. (bei Henisch 1616). dienlicll, adj.: nütz- bayr. Ertag, Erclitag, nachweislich im 13. Jh.

licb. Bei Luther. eritac, heritac und erigtac, bei Berthold


Dienst, m., mhd. dienest m. n., ahd. dio-
1, 54, 16 ergetac,
V. im 14. Jh.
Regensburg
nost n,; dazu asächs. thionost n., und eryntag (mon. ZoD. 3, ur. 187).
ndl. dienst eretac, ertac
m., anord. ßjönusta f., schwed. tjänst m., dän. dienstbar, Dienstbote usw., s. Dienst.
tjeneste. Von ahd. dionön abgeleitet (wegen dieser, diese, dieses oder dies (auch
des Suffixes vgl. Angst). Mhd. dienest be- dieß), das Demonstrativ -Pronomen. Mhd.
zeichnet auch «die Dienerschaft» und «den diser (durch Assimilation meist dirre), Fem.
einzelnen Diener», wie noch jetzt schweize- disiu, Neutr. ditze oder di^ (im 15. Jh. auch
risch (Plur. auch nd. Denst m.
Diensten, schon dises), ahd. deser (und therer, diser),
«Diener», bei Voß Dienstin f.). ABL. dienst- desiu (disiu), dizi, diz; dazu asächs. these,

bar, adj., mhd. dienestbcere. dienstlich, thius, tJiit, ndl. deze, dit, afries. this (thes),
adj. u. adv.: dienstbefdssen, mhd. dietiestlich; thius, thit, ags. pes, peos, pis, anord. pessi,
den Dienst betreffend (noch nicht bei Ade- petta, schwed. denne, denna, detta, dän. denne,
lung). ZUS. Diensthote, m.: Knecht oder dette.Aus zwei Stämmen zusammengeflossen,
Magd. In frühnhd. Glossaren (Diefenb. 127 '', dem Demonstrativstamm, der auch in der ent-
auch Reichs-Ordnung. 72^ v. J. 1512). dienst- halten ist und emem ebenfalls demonstrativen
fertig, adj., bei Krämer 1678. Dienstmann, Stamm sa- in got sa, so «der, die» usw. (s. der).
m. [-S, PI. -en), in der altern Sprache mhd. diesfalls, adv. in diesem Falle. Zusammen-
:

dienestman, ahd. dionostman «der dem Ge- gerückt aus dies Falls, worin dies aus dieses
folgsherm zu Dienst Verpflichtete, Vasall, gekürzt (wie auch mhd. dis, diss für dises
Ministeriale»; dagegen erst nach 1860 (PI. steht). 1570 disfals, 1531 ditzfals bei Gom-
Dienstmänner odier Dienstleute) «Packträger». bert diesfällig,
8, 6. adj., ein Kanzleiwort,
dienstwillig, adj., im 16. Jh. (1640 bei von Gombert 8, 6 aus dem J. 1708 belegt.
Comenius 878, aber DienstimlUgkeit schon diesjährig, adj.: von diesem Jahre seiend.
bei Fischart 2, 285 Kurz). Abgeleitet von dem Akk. Sg. dies Jähr. Schon
Dienstag, m. (-s, PI. -e): der dritte Tag 1537 bei Dasypodius dißjärig.
der Woche. IVIh. spät und selten dienstac, diesmal, adv., aus dem Akk. Sg. dies Mal.
dinstac, gewöhnlich zistac, ziestac (daher bei Frühnhd., bei Luther dis mal. ABL. dies-
Hebel Zistig); dazu afries. tiesdei, ags. ti- malig, adj., bei Adelung 1774 als obd.Wort
wesdceg, engl, tuesday, anord. tysdagr, schwed. (doch schon bei Stieler 1691 dißmalig).
tisdag m., dän. (entstellt) tirsdag. Dies be- diesseit, diesseits, adv., dann präp. mit
deutet: der dem Kriegs- und Siegesgott, ahd. Gen.: auf dieser Seite. Mhd. dissit, der Akk.
Zio, ags. Tirv, anord. Tyr geweihte Tag und Sg. von Seite mhd. ^te mit dem Demonstr.
ist eine Nachbildung des lat. dies Martis (wo- diese zusammengeschoben; spätmhd. auch
her franz. mardi). Zio gehört zu gr. Zeüc, schon mit angetretenem genetivischen -s dis-
lat. Juppiter, aind. Djäus «Himmelsgott» (zu seits. Bei Luther disseid (als Präp. mit
aind. div «Himmel»). Nach früherer Annahme Gen., seltener mit Dat.) und disseids. ABL.
ist Dienstag aus der ndd. Form tiesdag für diesseitig, a'dj., 1626 bei Londorp acta
ziestac entstellt (mit Anlehnung an dienen, publica 2, ISlö''.
357 Dietrich dingen 358

Dietrich, m. (s, PI. -e): Nach-, Diebs- lung, der das Mask. Dül (das bei Frisch 1741
schlüssel. Schon spätmhd. dieterich, beiLuther angesetzt ist) für dialektisch erlärt. Das
dietrich, bei Alberus Dict. Bb. 2^ dietherich. Fem. ist heute noch bayr.-österreichisch.
Wohl von dem Mannsnamen Dietrich, mhd. Dille, f.: Schloßbeschlag um das Schlüssel-
Dieterich, ahd. Diofrih, latinisiert Theoderi- loch, s. Tnlle.
cus (zusammengesetzt aus mhd. diet, ahd. diot Dimension, f. fPl. -en): Ausdehnung.
«Volkx, s. deutsch und -rieh «Herrscher», s. Aus lat. dlmensio f. «Abmessung». Bei
rieh), zumal da der Nachschlüssel im Ndd. Wächtler 1711.
neben Dierken (von Dierk, der ndd.Diminutiv- Diner, n. {-s, PI. -S): Mittagsmahl. Aus
und Koseform von Dietrich, daher schwed. dem gleichbed. franz. diner, eig. subst. Inf.
dyrk und dän. dirk m. «Nachschlüssel») auch des V. diner, afranz. disner, disgne); ital.
Peferketi, d. i. Peterchen heißt. Spätahd. sagte disinare, desinare «zu Mittag essen», das
man aftershi^el m., mhd. miteslüg^el m., auch wahrscheinlich auf ein mlat. *disjejunare «das
im 14. Jh. diehslüsseh Fasten brechen» (von lat. dis- und jejnnus
die weil, adv. u. konj.: in der Zeitdauer «nüchtern» gebildet j zurückgeht. ABL.
daß; aus der Ursache daß. Die zusammen- dinieren, v. ein Mittagsmahl einnehmen. :

gerückten Akk. Sg. die wile, ahd. dia ivUa, Von franz. diner. Beide im spätem 18. Jh.
die zunächst als Adv. der Zeitdauer gebraucht entlehnt.
wurden. Verstäx-kt mhd. alle di-e wile. al die Ding:, 11- (-^S, PI. -e, auch -er): (veraltet)
wile, woraus miser veraltetes alldieiceil. rechtliche und gerichtliche Verhandlung; An-
differieren, v.: verschieden sein. Aus gelegenheit; Gegenstand. Mhd.-ahd. dinc (Gen.
dem gleichbed. franz. differer, das auf lat. dingt'S) n.: dazu asächs.-afries. thing, ndl. ding,
diff'erre «auseinandertragen» beruht. Im 16. Jh. ags. ping n., engl, thing, anord. ping nui-
entlehnt (Rot 1571 hat differirn in der Bed. «Gerichtsverhandlung, Volksversammlung >-,

«aufschieben»). ABL. Differenz, f.: Unter- schwed. ting, dän. ting, thing n. (auch in
schied. Aus lat. differentia f. Schon spätmhd. Storthing und Folkething Reichstag in Nor- ;<

diktieren, v.: in die Feder sagen, zum wegen und in Dänemark»j; dazu auch lango-
Nachschreiben vorsagen; befehlend zuerkennen. bard. f/iiw.'c «rechtliche Schenkung». Das Woii:
Aus lat. dictäre «wiederholt sagen, vorsagen, wird zu got. peihs n. (aus *pinhs) «Zeit;> zu
befehlen», abgeleitet von dicere «sprechen». stellen sein, so daß die Bedeutungsentwick-
Frühnhd. (Reichs-Ordnungen 82 » v. J. 1512). lung: Termin, Tagsatzung, rechtliche und ge-
ABL. Diktator, m. (-5, PI. -en): unum- richtliche Verhandlung gewesen sein ^vird. Es
schränkter Machthaber. Aus lat. dictätor m. würde dann zu lat, tempus n. gehören können,
Frühnhd. (1534 bei Franck Weltb. 75*j. dik- wenn man das unregelmäßige j? (für ^w) durch
tatorisch, adj., Beleg von 1735 bei Gom- Entlehnung des Wortes aus dem Sabinischen

bert Diktatur, f.: Machthaberwüi-de, erklären könnte.


8, 5. Die Bed. Verhandlung» <

Hochgewalt. Aus lat. dictätura f. Frühnhd. schimmert noch bei dingen (s.d.) durch. Wegen
(Sallust M 2»). der weitern Bedeutungsentwicklung vgl. >SacAe.
Dilettant, m. (-en, PI. -en): Kunstlieb- Vgl. auch Dienstcuj und verteidigen. Der PI.
haber. Aus ital. dilettante, eig. Part. Präs. lautet bei Luther auch Dinger (Luk. 20, 26),
vondilettare «ergötzen, vergnügen», das aus jetzt nur, wenn das Wort die Bed. «gering-
dem gleichbed. lat. delecfäre. Um 1750 auf- wertiger Gegenstand» hat oder herabsetzend
gekommen (bei Wieland Amadis 257, Idris 8 von Menschen (bes. Mädchen) gebraucht wird,
Dilettante, bei Hermes Soph. Reise 3, 52 als z. B. Lessing 1, 222,Wieland 21, 203, Goethe 6,
* neumodisch» bezeichnet j. 258, Schiller 13, 368. Das Dimin. lautet meist
Dill, ra. (-es, PI. -e): starkriechende, als Dingelchen (bei Rädlein 1711 Dingelgen), im
Zutat an Speisen dienende, in Gärten gezogene PI. auch Dingerchen. S. Dings.
Doldenpflanze, anethum. Mit d für ursprüng- dingen, v.: woniber verhandeln, insbe-
liches t (bei Luther noch Till) aus mhd. sondere über den Preis von etwas; vertrags-
tille f. m. (n.?), ahd. tilli n.: dazu ndl. dille mäßig für Lohn in Dienste nehmen. Mhd.
f., ags. dile f., engl, schwed. (entlehnt)
dill, di)igen, ahd. dingön und dingen «vor Gericht
diu m., dän. dild. Dunkler Herkunft. Im wofüi- reden, gerichtlich verhandeln, unter-
18. Jh. meist Dille f. (1722 bei Freyer 271 handeln, besprechend emen Vertrag schließen,
noch Tille), so bei Heynatz 1775 und Ade- vertragsmäßig festsetzen, vertragsmäßig für
23*
359 dingfest diskret 360

Lohn in Dienste nehmen»; dazu asächs. thingon Diplom, n.: Emennungs-, Bestallungsur-
«verhandeln», ndl. di7igen (Prät. dong, Part. kunde. Aus gr.-lat. diplöma, gr. biTrXiu^a n.
gedongen «dingen»), afries. thmgia« gerichtlich «Beglaubigungsschreiben, Gnadenbrief» eig.
verhandeln», ags. pingian besonders «schlich- «doppelt Zusammengelegtes», von gr. biTrXoOv
ten, einen Streit beilegen» und pingan «einen «doppelt zusammenlegen, falten». Bei Wächt-
Vertrag schließen», anord.pmga «verhandeln», Diploma. ABL. Diplomat,
ler 1711, früher

besonders «gerichthch». Abgeleitet von Di7ig m.


Ph-en): Staatsgeschäftskundiger, eig.
(-en,
der mit Urkunden iimzugehen weiß.
(s. d.). Das V. hat früher nur schwache Flexion, Aus
im 17. Jh. dringt nach der Ähnlichkeit von franz. diplomate m. Davon Diplomatie, f.,
singen, springen usw. auch starke ein, die aus franz. diplomatie f., und diplomatisch,
aber Schottel 1663 noch nicht kennt. Stieler adj. nach franz. diplomatique. Alle im 18. Jh.
1691 indes verzeichnet ich dünge und dingte, aufgenommen.
gedungen und gedingt. Adelungsetzt die starken Diptam, m. (-s, PI. -e): zitronenartig
Formen (Prät. düng, jetzt auch dang) als regel- riechende Pflanze. Mhd. diptam neben dictam
mäßig an, doch haben sich die schwachen m. Aus mlat. diptamus m., verderbt aus gr.-
daneben erhalten. lat. dictämnus m., dictamnum n., gr. biKxaiuov

dingfest, adj.: rechtlich (gerichtlich) in n., biKTOiLivov n. und biKxaiavoc f.

Haft gesetzt; überhaupt s. v. a. haltbar fest. direkt, adj. u. adv.: in gerader Richtung
Wie es scheint, nicht vor 1830 und aufge- worauf, stracks, geradezu. Aus lat. directus,
nommen im Gegensatz zu dem Adj. ding- dem Pai't. Perf. Pass. von dlrigere «gerade
fiüchtig «sich durch Flucht dem Gericht oder richten, lenken, leiten». Bei Rot 1571 (bei
einer Vertragserfüllung entziehend», mhd. Fisch art Garg. 29 dir echt). Direktion, f.:
dincflühtic. Richtung, Leitung. Aus lat. dnectio f. Direk-
dinglich, adj.: was einer Sache zukommt tor, m. (-S, PI. -en): Leiter, Vorsteher. Aus
im Gegensatze der Person. Erst bei Ade- nQviai. director m. Bei Rot 1571. dirigieren,
lung 1793. Mhd. dingelich, ahd. ditidih ist V. lenken, leiten. Aus lat. dirigere (s. oben).
:

«gerichtlich», Bei Rot 1571 dirigirn.


Dings, m. f. n., als unbestimmte Bezeich- Dirne, f. (PI. -w): dienende weibliche
nung einer ungenannten Person oder Sache, Person; junge unverheiratete weibliche Per-
eines ungenannten Ortes. Hervorgegangen son; leichte, feUe Weibsperson. Mit Kürzung
aus dem Gen. Sg. von Ding, wenn dies bei des Vcrkals (schon bei Luther) aus mhd. dierne,
einem andern Subst. steht, z. B. ein stück ahd. diorna f.; dazu asächs. thiorna, ndl. deern,
dings, vil dings. Schon bei Henisch 1616 anord. (aus dem Deutschen) perna f. Jeden-
als selbständiges Wort angesetzt. falls von ahd. deo, got. pius m. «Knecht»

dinieren, s. Diner. (s. dienen) abgeleitet; ein vorauszusetzendes


Dinkel, m. (-s, PI. wie Sg.): eine Weizen- got. *piwairnö (nach widmvairna m. «Waise»,
art, Spelz. Mhd. dinkel, ahd. dinchil, dinkil eig. «Witwensohn», zu widmvö f. «Witwe»)

m. Dunkler Herkunft. könnte die Bed. «Knechtstochter» gehabt


Dinte, s. Tinte. haben. Nach Adelung im Hochd. fast ver-
Diözese, f. (PI. Diözesen): Kirchsprengel, altet, aber von Niederdeutschland und Bayern
Bezirk. Aus gr.-lat. dioecesis f. «Landbezirk», aus, wo es volksüblich ist, gegen Ende des
im 5. Jh. n. Chr. auch s. v. a. «Kirchsprengel», 18. Jh. wieder in die Schriftsprache einge-
gr. bioiKricic f. «Land-, Gerichtsbezirk». 1703 di'ungen.
im Zeitungslex. Dioeces. Diskant, m. (-es, PI. -e): höchste Sing-
Diphtliöni?, m. (-es, PI. -e): Zweilaut. stimme. Mhd. discante m. aus mlat. discan-
Aus gr.-lat. diphthongos, gr. bicpBoYToc f. «Zwei- tus m., ursprünglich wohl Gesang von zwei
laut, Doppelvokal», dem als Subst. gesetzten Stimmen und dann auf die obere beschränkt.
Adj. bicpOoYYoc «zweifach lautend» (b(c «zwei- Diskont, m. und Diskonto, m, (-es),
mal» und einer Ableitung von qpGdYT^ceai Abzug bei Zahlung vor dem Ziele. Aus ital.
«einen Laut von sich geben»). Schon um disconto, jetzt sconto m. «Abrechnung, Ab-
1522 in Ickelsamers Grammatik p. 44 der PI. zug», aus einem mlat. discomputus m. (s.
Diphthongen nach der früher übUchen schwa- Konto). La der 1. Hälfte des 17. Jh. entlehnt.
chen Deklination, 1478 bei Nicl. v. Wyle 351, diskret, adj. u. adv.: besonnen unter-
14 des diptongons ai. scheidend, rücksichtsvoll, zurückhaltend. Aus
361 disknrieren dito 362

lat. discretus, dem Part. Prät. Pass. von dis- Dissonanz, f. (PI. -en) : Mißklang. Aus lat.

cernere «absondern», Wohl schon im 16. Jh. dissonantia f., woraus im 15. Jh. dissonantz f.

entlehnt (im 17. z. B. bei Logau 2, 14). ABL. Distanz, f. (PI. -en): Abstand. Aus lat.

Diskretion, f.: Eücksichtnahme; Zurück- distantia f. Bei Rot 1571,


haltung; Gutbefinden. Aus lat. discretio f. Distel, f. (PI. -n): eine stachlige Pflanze.
«Absonderung». Im 16. Jh. (Script, rer. Siles.
I
Mhd. distel m., ahd, distü m. und distila f.

4, 274 vom J. 1581 Discretion). ,


dazu ndl. distel f., ags. pistel m., engl, thistle,
diskuri ereil, v. : hin- und heiTeden. Aus anord. pistill '

m., schwed. tistel m., dän. tidsel.


franz. discourir, das aus lat. disairrere «aus- '

Wenn distil aus *dihstil entstanden ist, könnte


einanderlaufen, sich woiüber ergehen». Um I
man es zu aind. tiktäs «scharf», gr. cjiZew
1600 gebraucht (Albertinus Kriegsleut Weck- «stechen» d. stechen stellen. Got. dafür deinö
I

uhr 2, 16% aber das Adj. diskuri erlich schon f. (in wigadeinö «Wegedistel»). Alternhd.
bei Fischart Garg. 275). — Diskürs, m. auch
als Mask. (bei Luther, sowie Rollenhagen
(Gen, Diskurses, PI. Diskurse): Untei-redung.Froschm. 3, 1, 5). ZUS. Distelfink, m. (-en,
Aus fr'anz. discours m. «Unterhaltungsge- PI. -en) der Distelsamen fressende Fink, mhd. 1
:

spräch», das aus lat. discursus m. «Bün- und distelvinke, ahd. distilvincho distilvinko m., ,

Herlaufen». Um 1600 fAlbertinus weibl. dazu ndl. distelvink f. Distelkoll)en, m.:


Lustg. 200 b). Blüte und Samenkapsel der Distel, mhd. distel-
Dispens, m. (-es, PI. -e): Erlassung. Aus kolhe m.
'franz. dispense f. im 18. Jh. dispen-
Erst Distichon, n. (-s, PI. Distichen): aus
sieren, v.: austeilen,wovon freisprechen, einem Hexameter und einem Pentameter be-
entbinden. Schon mhd. dispensieren, aus lat. stehendes Yerspaar. Das gr.-lat. distichon,
dispensäre eig. «austeilend abwägen». ABL. gr. bicTixov, X. Sg, des Adj. bicxixoc «zwei-
Dispensation, f.: Erlassung. Aus lat. dis- zeilig». Im 18. Jh.

pensätio, woraus schon im 14, Jh. dispen- distinguieren, v. mit Auszeichnung be- I
:

säcie, bei Luther christl. Adel 60 Dispen- handeln. Aus lat. distinguere «absondern,
sation. ausschmücken». Im 16. Jh. (1524 bei Emser ]

disponieren, v.: anordnen, bestimmen. Annot. Ji 7^ in der Bed. «unterscheiden», 1593 j

Aus lat. dispönere «in Ordnung bringen, ein- bei Helber 16 das Part. Prät. disfm^tVf «unter- :

richten, bestimmen». Schon bei Rot 1571. schieden»). Distinktion, f.: Unterscheidung:
ABL. Disposition, f.: Anordnung; Stim- Auszeichnung, Rang, Stand, Aus lat, distinc-
mung, Geneigtheit. Aus lat. dispositio f. Im tio f. «Absonderung, Unterscheidung». Bei
16. Jh. (Fischart Garg. 169). Luther 8, 135^ Jen. Distinction «Unterschei-
Disput, m. i-es, PI. -e): Wortwechsel, dung», (vom J. 1543) und schon 1524 bei
Woi-tstreit. Aus franz. dispute, ital. disputa Emser Annot. R 5*.
f. 1694 bei Nehring (fiüher erscheint dafür Distrikt, m. (-es, PI, -e): Gebiet, Land-
Disputat, z. B. Albertinus weibl. Lustg. 196). bezirk. Aus mlat. districtus m. «Gerichts-
disputieren, v. wissenschaftlich besprechend zwang, -gebiet», abgeleitet von lat. distrin-
:

kämpfen: Worte wechselnd streiten. Schon gere. Schon bei Rot 1571. '

mhd. disputierest aus \a.t. disputdre «mit Worten Disziplin, f. (PI. -en) Lehrzweig, Wissen- :

auseinandersetzen». ABL. Disputation, f.: schaft; Zucht und Ordnung, besonders Manns-,
gelehrtes Streitgespräch. Aus lat. disputätio Schulzucht. In der 1. Bed. 1520 bei Luther
f., woraus schon mhd. disputäzie f. und in chnstl. Adel L2% in der 2. Bed. schon mhd.
Ottokars Reimchronik 91352 disputacion. discipline f. «geistliche Züchtigung, geistliche
Dissertation, f. (PI. -en): Erörtemngs-, Zucht». Aus lat. disciplina f. «Lehre, Wissen- ;

gelehrte Streitschrift. Aus lat, dissertätio f., schaft, Zucht».


abgeleitet von dissertäre «auseinandersetzen». Dithyrambe, f. (PI. -n): begeisterungs-
Bei Rot 1571 Dissertation «lange red». voller Lobgesang. Aus gr.-lat. dithyrämhus,
Dissident, m. (-en, PI. -en): der nicht gr. biöüpaußoc m., urspr. ein Gesang, dessen
der Staatskirche angehört. Aus lat. dissi- Gegenstand Bacchus war. Im 18. Jh. (Wil-
dens, von dissidere «nicht über- lamov Dithyramben 1763).
Part. Präs.
einstimmen, getrennt sein». Zuerst 1573 von dito, adv.: desgleichen, als Subst.: das
den beiden sich streitenden Religionsparteien, eben Genannte, Mit franz. dito aus ital. detto
seit 1632 Benennung der Nichtkatholiken. eig. «das Gesagte», Part. Perf. Pass. von dire
363 divers Docke 364

«sagen». Am Anfang des ßauh «wenigstens, etwa, wohl».


16. Jh. üblich (in Dies ist
der Augsburger Chronik des W. Kern). aus der Partikel fau «oder, doch, wenig-
divers, adj.: verschieden, mancherlei. Aus stens» mit angehängtem h entstanden, das
lat. diversus eig. «nach mehreren ßichtung'en dem lat. que, gr. re, ai. ca «und» entspricht.

gekehrt», von divertere. 1703 im Zeitunglex. Docht, m. (-es, PI. -e): der zum leuch-
Dividende, f.: Verhältnisanteil an dem tenden Brennen mit F«tt getränkte Körper
zu teilenden Gewinste. Aus franz. dividende im Lichte. Mit Verkürzung des zu o ver-
m., das beruht auf lat. dwidendus, dem Part. dumpften Vokals aus mhd.-ahd, täht n. m.;
Fut. Pass. von dividere «zerteilen». Im dazu anord. ßättr (tt aus hf) m. «Faden,
spätem 18. Jh. entlehnt, dividieren, v.: Lichtfaden». Man erwartet daher ahd. däht.
eine Zahl durch eine andre teilen. Neben Dazu vielleicht Schweiz, tägel, dägel «brennen-
addieren, multiplizieren 1514 in Böschenstayns der Docht, Licht, Lampe». Dunkler Her-
Rechenbuch A4^ (schon spätmhd. dividieren kunft. Bei Luther Tocht n. (auch noch
als musikalischer Ausdruck). Aus lat. dwi- bei Zachariä Renommist 2, 12), bei Günther
dere. Division, f.: Zahlenteilung durch Dacht, Tacht n., auch jetzt noch zuweilen
Untersuchung, wievielmal eine Zahl in einer Docht n. Auch die Lautform ist im altem
andern enthalten ist: Heei-esteil. Aus lat. Nhd. schwankend: die Länge zeigt sich noch
dwisio f. «Teilung», von dwidere «teilen». in Daacht bei Henisch 1616, auch jetzt noch
Die 2. Bed. (nach franz. division f., das am mundartlich Docht; mit dem ursprtinglichen a
Anfang des 18. Jh. aufkam) bei Ludwig 1716. noch im 18. Jh. Dacht (Brockes 9, 55; Lessing
Diwan, Divan, m. (s, PI. -s,.-e): (per- 1, 171 2, 562; Thümmel, Göekingk) und Tacht
;

sischer) Gerichtshof; geheimer Staatsrat des (Günther 379; Haller 5: Voß Ged. 2, 59;
Sultans; (morgenländischer) Polstersitz, Sofa. Büi'ger 124); noch Heynatz 1775 entscheidet
Aus franz. divan, ital. divayio m., dies aus arab.- sich fiii- Dacht, während Adelung nur Docht
pers.diwän «Buch von mehreren Blättern, zuläßt. Dacht, Tacht, Tocht aber für mimd-
Rechnungsbuch, Schriften Sammlung (Samm- artlich erklärt.
lung von Gedichten bei Goethe), Ratsver- Dock, n. (-S, PI. -s): gemauerter Wasser-
sammlung, Prachtzimmer mit niedrigen Sofas». behälter in einem Hafen oder bei einer Schifi's-
Im Zeitungslex. 1703 in der 2. Bed., bei Neh- werft zum Bauen und Ausbessem der Schiff'e.
ring 1710 «großes Zimmer», die 3. findet sich Das engl, dock, ndl. dok, dän. dokke, schwed.
erst im 19. Jh. docka f., das vielleicht zurückgeht auf mlat.
^DÖbel, m. {-s, PI. wie Sg.): dickköpfiger doga, doha f. «Graben, Grabenmauer, Ein-
Weißfisch. Bei Albems Fab. 19, 154. Im fassung eines Wasserbehälters», von gr, bcxn
Altpreußischen kommt schon im 15. Jh. dube- f. «Wasserbehälter, Gefäß» (vgl. Daube). Auch
lis «Halbfisch» vor. Vielleicht verglich man als Fem. Docke (bei Adelung).
den dicken Kopf des Fisches einem Zapfen ^Docke, f. (PI. -n): Puppe; (übertragen)
(s. d. folg. Art). junges Mädchen; puppenartiges Gewundenes,
"Döbel, m. (-S, PI. wie Sg,): eingefügter Bündel; rund Gedrechseltes, kurze dicke Säule,
Pflock, Zapfen; (mundartlich) Klotz. Obd. Zapfen. Mit d für ursprüngliches t aus mhd.
dafüi- dühel, bayr. düpel. Mit d für ur- tocke (auch in der 3, u. 4. Bed.), ahd. toccha,
sprüngHches t und md. ö für ü aus mhd. tocka f, «Puppe»; dazu mnd. docke, schwed,
tühel m., ahd. tuhila f., tuhili n. Dunkler Herkunft; auch die Grund-
(auch in docka f.

gituhila, gitubüi n.) «Zapfen, Wortes ist unsicher,


Zapfenverbin- bed. des
dung»; dazu engl, dowel und (mit anderm ^
Docke, f. (PI. -en): Art eines sehr hohen
Suffix) ndl. deiivik m., vgl. auch schwed. duhh weiblichen Kopfputzes. Mhd. tocke f. aus
m. «Zapfen». Verwandt mit gr. rüqpoc (für franz. toque f. «Haube, Mütze», ital. tocco m.
*0uq)oc) bei Hesjch m. «Keil». Ins Lit. ent- «Reisehut», span. toca f. «Haube». Ob das
lehnt als dnbelis m. «Nagel». gleichbed. kymrische toc die Grundlage oder
döbern, s. dibhem. nicht vielmehr selbst aixs dem Franz. entlehnt
doch, Adv. u. Konj. zur Hervorhebung ist, bleibt unklar.
einer Entgegensetzung. Mhd. doch, ahd. doh ^
Docke, f. (PI. -n): Tastenharamer des
mit Küi-zung eines urspr. langen Vokals; da- Klaviers. AVohl von ital. tocchare, älterfranz.
zu asächs. thoh, ndl. doch, ags. ßeah, engl. toquer berühren, hier vom Anschlagen an die
though, anord. ßö, dän. dog (entlehnt), got. Saiten. Bei Adelmicr 1774.
365 Dogge Bolman 366

Dogge, f. (PI. -n): Art großer englischer -Dohne, f. (PI. -n)-. Zimmerdecke und
Hetzhunde. Aus engl, dog, woher auch ndl. , bes. Tragebalken derselben. Nur mimdart-
(log, schwed. dogg, dän. dogge. In der 2. Hälfte lich (wetterauisch, oberhessisch usw.). Von
des 16. Jh. entlehnt, anfangs als schwach- mhd. don, ahd. dono m. «Ausgespanntes, Decke»
flekt. Mask. (Docke bei Fischart Garg. 295, mhd. Überdon, ahd. uhardono m. «überge-
in
341, Dogg' m. noch bei Voß Id. 16, 151) und breitetes Tuch, Totentuch». Mit mhd. don
m der Schi-eibung schwankend (Docke noch f. «Spannung» (s. ^ Dohne) zu dehnen.
bei Adelung 1793, auch z. B. bei Schiller 11, Doktor, m. (-S, PI. -en): mit der höchsten
277, während Henisch 1616 dog, dogg, doggen von einer Fakultät erteilten Gelehrtenwüi-de
m., Schottel 1663 dogge neben dokk m. hat Bekleideter Arzt. Aus lat, doctor m. « Lehi-er ; ;>,

und Heynatz 1775 Dogge verlangt). von docire «lehren». In der 2. Bed. schon
Dogma, n. (-S, PI. Dogmen) Lehrmeinung, im 16. Jh. (Scheidt Grob. 1259). ABL. dok-
:

Lelirsatz. Das gr.-lat. dogma, gi\ böyiaa n., torn, V. den Arzt gebrauchen ohne Arzt
;
: ;

abgeleitet von boKeiv «meinen». ABL. Dog- zii heilen versuchen.


mätik, f.: Gebäude der Lehi-satzungen, bes. Dokument, n. (-5, PI. -e): urkundhches
des christlichen Glaubens. Aus gr.-lat. dog- j
Beweismittel, Beweisschrift. Aus lat. docu-
ynatica, dem Fem. des gr.-lat. Adj. dogma- I
mentum n. «Beweis», von docere. 1703 im
ticus, gr. boTMctTiKÖc «die Lehrsätze betreffend». '

Zeitungslex., der Plur. bei Ludwicr 17 16


Beide im 18. Jahrb. Documenten.
Dohle, f. (PI. -/i): ein krähenartiger Vogel. Dolch, m. [-es, PI. -e): messerartige zwei-
Mit d für urspi-üngliches t aus mhd. takele, schneidige Stichwaffe. Um 1500 tolch. tolchen
zusammengez. täle, ahd. tahala f. (davon ital. (bei Dasypodius 1537 dolch, bei Hans Sachs
taccola f; «Elster» zu obd. dachet), abgeleitet dollich), dazu ndl.-dän. -schwed. dolk m., nicht
von dem einfachen (in obd. Mundarten er- entlehnt aus dem gleichbed. böhm. und poln.
i

haltenen) mhd. tahe, ahd. taha f., das wohl (veraltet) tulich m., vgl. Mikkola Bezz. Btr. 25,
j

zu apreuß. doacke «Star» gehört. Daneben 74, vielleicht aus lat, dolo «Art Stock degen»,
;

erscheint mhd. tul, auch fi-ühnhd. häufig das ins Niederländ, (mndl. dol) und von da
I

Tul, Dul. An Zusammenhang von mhd. tul weiter vordrang. Doch macht auch das
mit dem zweiten Bestandteil von lat. mone- Schwierigkeiten. Eher vielleicht unter dem
dula darf man nicht denken, vgl. Niedermann Einfluß des lat. Wortes aus einem deutschen
Idg. Forsch. 10, 235. Das nhd. Dohle scheint umgestaltet, das in aisl. dälkr m. «Nadel um
i

beiden Formen zu entsprechen, es kommt den Mantel über der Achsel zu befestigen:
I

schon im Spätmhd. als tole, dole f. vor, bei Dolch Messer», ags. dale, dolc m. vorliegt.
;

Luther als Thole, Dole, 1537 bei Dasypodius Alternhd. auch mit schwacher Flexion.
88^ doli und 316 a Dohl, 1540 bei Alberus Dolde, f.: Blumenbüschel. Mit d für
Dikt. z2*' dol. Doch erhält sich daneben ursprtingHches t aus mhd. tolde f. m., ahd.
die Form mit a (bei Schottel 1663 als Dale, toldo m. Wohl eines Stammes mit ahd. tola f.
Duez 1664 als Thale, Dohle, bei Ludwig 1716 j
«Weintraubenkamm», das -d ist also ableitend.

als Dale, bei Steinbach 1734 als Dahle). I


Verglichen wird noch f. «Kuppel- gl", GöXoc
'Dohne, f (PI. Bügel mit Schlinge
-n): dach» oder GoiWu) «blühe», GciXoc n. «junger
zum Vogelfange. Eig. gespannter Zweig; , SprößUng, Zweig». Frtihnhd. häufig weiter-
die Zweiggeschosse an Waldbäumen werden gebildet tolder, dolder m. (jetzt schwäb.-alem.),
zu Bügeln umgebogen, in die man Schlingen Dole, f, (PI, -n): unterirdischer Abzugs-
hängt. Mhd. do7ie, don f. ist «Spannung», ! graben, Kanal, Im 15. Jh, dol (1482 im Voc.
spätahd. done f. «Spannader, Nerv» (davon theut. f 1^) «Mine», ahd. dola «Röhre, Erd-
f.

donen, ahd. donen «sich spannen, strecken»), röhi'e». Zu gr.cuj\r)v ra. «Rinne, Röhre, Kanal»,
ahd. dona f. «Rebschoß, Schoß, Ranke»; da- abg. tulü m. «Köcher»,
i
ai. tünas m. «Köcher»,
zu ags. pona m, ßone f. (in celfpona m., odf- '

vgl, Ehrismann Btr, 20, 60,


ßone f. «Alpranke, Geißblatt»). Zu dehnen Dolman, m. {-s, PI. -s): schnürenbesetzte
(s. d,). Vgl. die zu gr. xeiveiv «spannen» ge- ;
Jacke unter dem Pelze des Husaren. Aus
hörigen gr. T^vujv m. «Sehne», lat. temis n. türk. dölämän «Unterkleid von Tuch». 1645
«ausgespannte Schnur, Dohne», aind. fäntus bei Zesen Ibrahim 3 Doliman, aber schon
m. «Schnur», abg. teneto «Strick», lit. tinklas um 1500 in Quellen zur Geschichte Sieben-
«Netz», bürgens (s. Gombert 8, 7).
!

367 Dolmetsch Donner 368

Dolmetsch, m. [-en, PI. -en, -e): Über- Domizil, n. (-s, PI. -e): Aufenthaltsort,
setzer. Mit d für ursprüngliches t aus spät- Wohnsitz. Aus lat. domicilium n., von domus
mhd, (schon gegen 1300) tohnetsche, tulmet- f. «Haus». Bei Wächtler 1711, Sperander 1728
sche m., aufgenommen aus dem gleichbed. noch in lat. Foi-m.
poln. tiumacz, böhm. tlumad, abg, tlüniaci, Domniel (Goethe Faust 4334), s. Rohr-
das auf das Tüi-Msche zurückgeht, dol- dommel.
metschen, V.: aus fremder Sprache in eine Dompfaffe, s. Dom.
bekannte übertragen; dui'ch Rede verständ- Donlage, Donlege, f. (PI. -n): abhängige
lich machen. Spätmhd. tolmetschen, tulmet- Richtung eines Ganges, einer Fläche. Berg-
schen. Davon Dolmetscher, m. (schon bei männischer Ausdi-uck 1562 bei Mathesius
Luther). Das gleichbed. mhd. tolJce m. geht Sarepta52* danleg, 51^ danlag, 204^ dohnlege,
auf lit. tulkas m. «Dolmetscher», abg. tlükü bei G. Agricola 1546 donlege). Zusammen-
m. «Dolmetschung» zurück. gesetzt aus l) dan, don, das wohl mhd. dane,
Dom, m. (-es, PI. -e): bischöfliche Haupt- ahd. dana in danatrib m. «Forttreiben, Schei-
kirche; Kuppelturm. Wie franz. dorne, ital. dung», dananww/if «Hinausnehmen, -tragen»,
f.

duomo m. entlehnt aus lat. domus f. «Haus», das mit dannen zusammenhängt. 2) mhd.
hier von Gottes Hause (domus dei), dem lege f. «Legung, Lage, Niedersenkung» (bei
Tempel, verstanden. Die echtdeutsche Form Stieler 1691 Läge f. «Bodenneigung» und das
ist Thuni, mhd.-ahd. ttioni, ebenfalls aus lat. Adj. Adv. läge «abwärts sich neigen», mnd.
domus entwickelt, aber schon in ahd. Zeit. lege).

Im altem Nhd. wechseln Thum und Dom


Donner, m. (-s, PI. wie Sg.): heftig
j

(Luther hat nur Timm, aber Henisch 1616 schallende Lufterschütterung. Mhd. donei;
Dom), noch Frey er 1722 S. 273 setzt Thum ahd. donar (auch als Name des heidnischen
an. ZUS. Domherr, m. Dafür mhd. tuom- rotbärtigen Blitz- und Donnergottes Donar)
herre m. Dompfaffe, m.: (veraltet) Dom- m.; dazu asächs. thuner (nur als Name des
geistlicher, mhd. tuompfaffe m.; Blutfink oder Gottes Thuner belegt), ndl. donder, afries.
Gimpel (wegen seines schwarzen Scheitels, thuner, ags, panor, engl, thunder, anord. J5örr
der der Kappe eines Domgeistlichen ähnelt). (nur als Name des Donnergottes), dän. (ent-
1557 bei Heußlin 21 Tlmmpfaff. ^^
lehnt) dunder m. Von einem V., das im Ags.
Domäne, f. (PI. -n)-. landesherrliches Gut, ahpunian «donnern» erscheint; vei'wandt mit
Krongut. Aus franz. domaine m., das aus Idt.tonäre «donnern», dazutonitrusm. «Donner»,
lat. dominium n. «Hen'schaft worüber, Eigen- weiter aind. tan «tönen, rauschen». ABL.
tum», abgeleitet von dominus m, «Herr, Ge- donnern, v., mhd. donern, ahd. donarön.
bieter, Besitzer». ImZeitungslex.1703 Domaine. ZUS. Donnerhart, m.: Hauswurz (die, auf
Domestlk(e), m. (-n, PI. -n): Diener, das Dach gepflanzt, vor dem Einschlagen des
Dienstbote. Aus franz. gleichbed. domestique, Gewitters schützen soll). 1538 in Rößlins
das des lat. domesticus «zum Hause gehörig» Ki-äuterbuch \U^ und 1546 bei Bock 142»
ist. Im 17. Jh. donderhar «barba Jovis». Donnerheseii,
Domherr, s. Dom. m.: auf Bäumen gewachsenes (angeblich vom
dominieren, v.-. beherrschen. Aus lat. Blitz erzeugtes) wirres Strauchwerk, im 17. Jh.
dominäri, von dominus m. HeiT. Schon bei DonnergUge, m.: Hirschkäfer, nach dem
Rot 1571. Aberglauben, daß in ein Haus, in das ein
Dominikaner, m. (-s, PI. wie Sg.) Mönch solcher Käfer (schweiz. guege) getragen wird,
:

von dem 1215 gestifteten Orden des heil. der Blitz schlägt. Dounerkeil, m.: keil-
Dominicus (von lat. dominus «Herr», d, i. förmiger Stein, den das Volk sich vom BHtz
dem Herrn [Jesu] gehörig). geschleudert denkt; Blitzstrahl. Bei Luther.
Domino, m. (-s, PI. -s): das lange Mas- Donnerschlag, m., mhd. donreslac m.
kenkleid; eine Art Spiel. Das ital, und span. Donnerstag, m.: der fünfte Wochentag,
domino m. «seidener Mantel zum Maskieren, eig. der dem Gott Donar geweihte Tag.
eig. verhüllende Winterkleidung des Geist- Mhd. donerstac, ahd. toniris (d. i. donares)
lichen», von lat. dominus m. «Herr», im Mlat. tac m.; dazu ndl. donderdag, ags. _piinresd.(Bg,

auch s. v. a. höherer Geistlicher. Um die engl, thursday, ßchwed.-dän. torsdag m. Eine


Mitte des 18. Jh. aufgenommen (Zachariä Nachbildung des lat. di&s Jovis. Dafür bayr.
poet. Sehr. 1, 135). Pfinztag m., im 13. Jh. bei Berthold v. Regens-
369 doppel Dorre 370

burgl, 58, AipMnztac; durch kirchlich-byzant. in der Bed. abweichend anord. porp «Ge-
(got.) Einfloß aus gr. -rreuTTTri (fjuepa) der höft» (auch «Menschenmenge»), schwed. torp
fünfte (Tag). Vgl. Ch-ündonnerstag. «Landgut»; got. ßaftrp n. ist «Bauland, Feld».
doppel: eins und das Gleiche mitein- Verwandt sind lat. trdbs f. «Balken», osk.
ander verbunden (s. doppelt), nur noch in tritbüm m. «Gebäude», air. treb «Dorf», umbr.
Zusammensetzungen wie Doppeladler, m. trebeit&er verweilt», lit. tröbä f. «Gebäude» mit
(bei Adelung 1774): Doppelbier, n.: stärker ganz gewöhnlichen Bedeutungsübergängen,
gebrautes Bier (im 17. Jh. i: Doppelgänger, nämlich von «Haus» zu «Niederlassung», dann
m.: ein an verschiedenen Orten zugleich er- «die Menge im Dorf». ÄJBL. Dörfer, meist
scheinender Mensch (von Jean Paul gebildet, Dörfler, m. (-s, PI. wie Sg.): Dorfbewohner.
Siebenkäs 1, 66); Doppelhakeil, m.: große Mhd. dorfcere, im 16. Jh. auch dörfler. Vgl.
Hakenbüchse, Wallbüchse, die beim Abfeuern auch Tölpel, dörflich, adj., frfihnhd. dorflich.
aufgelegt wurde, im 16. Jh. (^bei Fronsperger Dorfschaft, f., mhd. dorfschaft.
2, 106*): Doppelpunkt, m.: das Satzzeichen dorlen, v. (Goethe 5, 179): sich im Kreise
:

(1641 bei Schottel Sprachkunst 526): Doppel- herumdrehen. Aus dem Thüringischen. Wahr-
sinn, m.: mehrfacher Sinn (bei Adelung 1774, scheinlich mit Ausfall des m aus mhd. tur-
aber das Adj. doppelsinnig schon bei Gry- mein (auch schon turlen), tilrmeln «schwin-
phius Trauerspr. 57); doppelzüngig, adj.: deln, taumeln». Davon Dorl, m. (-s, PI.
von mehrfacher, sich widersprechender Rede -e): Kreisel, bei Goethe Drehdorl (5, 193).
(bei Heniseh 1616). Davon doppeln, v., Dorn, m. (-.s, PI. -e?i): stechende Spitze
1475 clevisch diibhelen (Teuthonista 84), 1537 an einer Holzpflanze; stachlige Holzpflanze;
bei Dasyijodius doppeln, bei Luther u. a. jener Spitze Alinliches. Mhd.-ahd. dorn m;
dupeln, dvppehx. dazu asächs.-afries. thorn, ndl. doorn, ags.-
doppeln, V. : mit Würfeln im Brett spielen anord. ^orw, engl, thorn, dän. torn, got.paumus
im Spiele beträgen. Mhd. toppein «würfeln», m. Der Lautverschiebung gemäß entspricht
von toppel m. «Würfelspiel», das aus fi'anz. abg. trünü m. «Dom», aind. tJTia- m, n.
doublet m. (von double «doppelt», s. d.) «Wurf «Grashalm». Der PI. mhd. dorne, ahd. dorna
mit gleichen Augen». Entsprechend ndl. dob- lautet im Nhd. seltner Dome (namentlich
belen, aisländ. dubia, dän. doble. in der poetischen Sprache, z. B. bei Uhland,

doppelt, adj., älterahd. doppel (s. d.). Aus Rückert); Luther, der einmal (Micha 7, 4)
franz. double, das auf lat. Dome hat, bildet den PI. Domen
duplus «zweifach» den Sg. '

beruht; mhd. vereinzelt daraus dublin (in (vereinzelt Dornen) und diese Form bleibt
;

Wolframs Willehalm 410, 21). 1475 clevisch auch später gewöhnlich; daneben tritt im
I

im Teuthonista dobbel, dubbel und sonst in 16. Jb. Dörner auf (Hans Sachs Fastn. 8,
niederrhein. Quellen, am Anfang des 16. Jh. 892; Ringwald tr. Eckh. B%^; Opitz 2, 17
auch hd. dopel, doppel, dupel, duppel (so auch und die andren Schlesier). ÄJ3L. dornen,
bei Luther 6, 846 W), doppel bei Mumer Schelm. adj., mhd. dürnin, ahd. durnin: dazu ags.
5, 29. Auch in der Kanzleisprache (Reichs- pyrnen, got. ßaurneins. doruiclit, adj. mhd.
Ordnungen 78* V. J. 1512 duppel). Daneben nur weitergebildet dornehtic, ahd. dornohti.
findet sich die Fonn doppelt (wohl tmter Bei Luther dörnicht, jetzt durch dornig ver-
Einfluß des Part, gedoppelt) schon 1537 bei drängt, dornig, adj., mhd. dornec, ahd.
Dasypodius und wird dann z. B. von Ring- domac, dazu ndl. doomig. Dornicht, n.
wald, Rollenhagen, Albertinus gebraucht. Die Domgebüsch. Mit angetretenem t aus mhd.
beiden Formen doppel (duppet) und doppelt dorruich, spätahd. thornahe n.
(duppeli) erhalten sich lange nebeneinander: Dorothea, Frauenname, aus gr.-lat. Doro-
die schlesischen Dichter gebrauchen meist thea, gr. AuupoGea «Geschenk Gottes», von gi\
I

duppel, auch duppelt; Rädlein 1711 führt noch büjpov «Gabe, Geschenk» und öeöc m. «Gott».
\

doppel an, Ludwig 1716 dagegen nur doppelt, Verkürzt Dortchen. i

doch ist doppel auch noch später, z. B. von Dörre, f. (PI. -n) Vomichtung zum Trock- -.

Voß, gebraucht worden. nen. 1469 derre (voc. ex quo). Von dörren,
I

Dorf, n. {-es, PI. Dörfer) Ortschaft ohne •V.: dürr, d. i. ausgetrocknet machen. Mit ö
:

höhern Rang. Mhd.-ahd. dorfn.; dazu asächs,- für ursprüngliches e (bei Luther noch derren)
I

afries. thorp, ndl. dorp, ags. ßorp (auch prop, aus mhd. derren, ahd. derren, darren (aus

prep), engl, thorp (in Eigennamen) «Dorf», darjan); zugleich geht aber dörren auch auf
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. .\afl. 24
371 Dorsch Douane 372

dürren zuiiick, das in md. Mundarten dörren Füßen» an, Adelung Döse: die Form findet
ausgesprochen wird, dörren erscheint obd. sich in bayi'.-öst. Mundarten für «Holzgefäß».
schon im 16. Jh. und findet sich bei Henisch In ostmd. Dialekten deise, teuse «Schachtel,
1616 angegeben, während Stieler kein dörren Dose». Ursprung und Entwicklung der For-
kennt und Eädlein und Ludwig unter dörren men dunkel.
avd dürren verweisen; Schotte! 1663 und Frisch dösen, v.:in Betäubung sein, gedanken-

1741 aber setzen dörren an. Ahd. derren ist los dasitzen,schlummern. Mit d für urspr.
Faktitiv zu einem starken V., das im Got. t Frühnhd. dosen (Schm eller ^ 1, 548), schon
als pairsan (in gapairsan) «ausgetrocknet im 14. Jh. verdcesen «überhören»; dazu ndd.
sein» erscheint. Dies stimmt zu gr. x^pcccGai dösen, dän. döse, engl, doze «schläfrig sein,
«trocken werden», auch lat. torrere (aus tor- schlummern». Obd. dosen, auch dosein, dos-
ser e) «dörren». Weiter sind verwandt aind. men. Verwandt mit Dusel (s. d.). In den
frsjati «dürstet», awest. tarsav- «trocken», Wörterbüchern ist das nur der Umgangs-
ir. fir, tirim «trocken» u. a. S. auch Darre sprache angehörige Wort nicht verzeichnet.
und Durst. —
dorren, v.: dürre werden. ABL. Döserei, f. (bei Lessing 10, 86 Töse-
Mhd. dorren, ahd. dorren; dazu asächs. thor- rey). dÖsig,adj. gedankenlos, halb im Schlafe.
rön, ndl. dorren, im Got. dafür gapaursnan, Dosis, f. (PI. Dosen): Gabe Arznei. Aus
eine Inchoativbildung. gr.-lat. dosis, gr. böcic f. «Gabe», von bibövai

Dorsch, m. (-es, PI. -e): Art Schellfisch «geben». Im 17. Jh.


in der Ostsee. Aus dem Ndd., schon mnd. Dost, m. (-es) und Dosten, m. (-s) eine :

dorsch, dors, 1610 bei Colerus Hausb. 3, 260 majoranartige Pflanze, gr.-lat. origanum ge-
dorst m.; dazu ndl. dorsch, anord. porskr, nannt. Mhd. doste, ahd. dosto, tosto m. u.nd
schwed.-dän. torsk m. Dunkler Herkunft, viel- tosta f. Urspr. wohl s. v. a. buschartig wach-
leicht zu russ. treskd «Stockfisch». sende Pflanze, denn spätmhd. doste m. «Strauß»
Dorsche, f., auch m. (PI. -n) Kohl-, Salat- und bayr. Dosten «Busch, buschartig sich
:

stengel. MundartHch am Rhein, Schwaben, Ausbreitendes» sind wohl verwandt.


Bayern. Mhd. torse, turse, ahd. torso, turso Dote, s. Tote.
m. «Stengel», wohl entlehnt aus roman. (ital.) dotieren, v. ausstatten; mit Einkünften
:

torso m. «Strunk», das aus gr.-lat. thyrsus, versehen. Schon mhd. dotieren, aus lat. dö-
tursus, gr. öüpcoc m. «Stengel, Strunk». täre «ausstatten», abgeleitet von dös f. (Gen.
Dort, m. (-es): ährentragendes Unkraut dötis)'«Gahe, Mitgift». ABL. Dotation, f.:

im Getreide. Mit d für urspmngliches t aus Ausstattung durch Schenkung; Schenkung.


mhd. turt, ahd. turd m.; dazu asächs. durth n. Aus mlat. dotatio f.
dort, vei'längert dorten, demonstratives ^Dotter, m. (-S, PI. wie Sg.), seltner n.:
Pronominaladv.: an jenem Orte. Mhd. dort, das Gelbe im Ei. Mit d für m-sprünghches
ahd. dorot, in ältererForm darot [tliarot im t (bei Luther noch totter) aus mhd. totere,

Ludwigslied) «dorthin, dahin»; entsprechend ahd. totoro m. und zusammengesetzt tutarei,


asächs. tharod, afries. tJiard «dorthin», sonst dazu andd. dodro, ndl. dooier, ags. abgeleitet
nicht vorkommend. Das Adv. mhd. dar, dydring m. Die Grundbed. scheint «Verdickung,
ahd. dara «dorthin» mit angetretenem -ot, Klumpen» zu sein; dazu gehört ndl. dot f.
das vielleicht zu lat. uta in alnita «irgend «Knäuel», ags. dott m., engl, dot «Punkt,
anders» gehört. Die verlängerte Form dorten Fleck» und wohl auch mhd. tutte m. f., ahd.
kommt schon um 1500 vor (Fastnachtssp. 4, tutto m. und tutta f. «Brustwarze». ZUS.
22). ABL. dortig, adj. Frühnhd. (Aven- Dotterblume, f., Name mehrerer dotter-
tin 1, 448, 18 vom J. 1511), aber erst bei gelb blühenden Pflanzen, der Caltha palustris
Adelung 1774 verzeichnet. (1546 bei Bock 54^), des Löwenzahns (bei
Dose, f.: Büchse mit Deckel zu Tabak, Bock 100 b), der Trollblume.
Zucker usw. Aus dem Ndd. -Ndl.; schon 1475 "Dotter, m. (-s): flachsartiges Unki'aut.
clevisch im Teuthonista dose f. «Behälter zum 1482 im Voc. theut. gg 7* todter. Dazu engl.-
Tragen, Lade, Koffer», ndl. doos und dooze f., dän. dodder, schwed. dodra f. Kaum mit
dazu dän, daase. Schottel 1663 führt Doos ^Dotter verwandt (etwa wegen des kleinen
«capsa» als ndd. an. Stieler 1691, Rädlein gelben Samens),
1711 usw. als Schriftdeutsch Dose. Daneben Donane, f.: Maut: Zollhaus, Zollamt; Ge-
oribt Frisch 1741 Dese «Waschfaß auf drei samtheit der Zollwächter und -beamten. Das
373 dozieren Drang 374

franz. douane, ital. dogäna, span.-port. aduana «Faden», engl, thread, anord.prädr m., schwed.
f., das zurückgeht auf arab, dlvän, addlvän träd m., dän. traad. Zu drehen, formell ge-
«Reclinungsbuch, Bureau, Kanzlei, Maut- nau gr. xpriTÖc «durchbohrt» entspi'echend.
bureau». Bei Sperander 1728. ABL. drähtig, adj., in zwei-, dreidrähtig.
dozieren, v.: vorti-agend lehrend. Aus
drall, adj.: wohlgedreht; elastisch fest
lat. docere «lehren». Bei Rot 1571. ABL. (Lessing Nathan 2, 5); hurtig; rasch, munter,
Dozent, m. i-en, PI. -en): vortragender kräftig und gedrungen aussehend. Aus dem
Lehrer einer Hochschule. Aus lat. docens Xdd. (schon mnd. dral «rasch sich drehend,
(Gen. docentis), dem Part. Präs. von docere rasch»), in die Schriftsprache von Lessing
«lehren». eingeführt; Adelung erwähnt das Wort nur
Drache, m. fabelhafte fliegende Schlange gelegentlich als ein niedersächsisches, Hey-
:

Kinderspielzeug. Mit d für urspininghches t natz 1796 spiicht sich dagegen aus, während
(durch Einfluß des gi'.-lat. Grundwortes) aus Campe es empfiehlt. Fmher erscheint das
mhd. trache, ahd. frahho m., auch mhd. tracke, auch von Adelung verzeichnete ndd. drell,
ahd. traccho m.; mit ndl. draak, ags. draca, z. B. bei Caniz 124 hey deiner liebsten Dr eilen,
schwed. drake m., dän. drage, entlehnt aus wobei in einer Anmerkung gesagt wird, daß
gi-.-lat. draco (daneben dracco), gr. bpctKuuv man in der Mai'k z. B. sage eine drelle Dirne,
m. «fabelhafte große Schlange», lat. auch das ist «ein frisches, derbes Mädchen», auch
«Kohortenzeichen» in Form eines Drachen, bei Hermes Sophiens Reise 4, 166. Zu
vgl. Dragoner. ^drillen.

Drachme, f. (PI. -n)-. 7^ Lot (4 Gramm). Drama, n. (-s, PI. Dramen) BühnenspieL :

Aus gr.-lat. drachnia, gr. bpaxuri f. «Be- Aus dem gleichbed. gr.-lat. dränia (Gen, drä-
nennung eines sehr kleinen Gewichtes». matis), gr. bpä|ua n., das urspr. s. v. a. «Tat,

Dragoman, m. {-s, Dolmetscher


Pl.-s, -e): Handlung», abgeleitet von bpäv «tun». In
bei den Tüi'ken. Aus franz.-span. dragoman, der Mitte des 18. Jh. aufgekommen. ABL.
ital. dragomanno, mlat. dragumanus, droga- dramatisch, adj. Xach gr.-lat. drämaticus,
mundus (woraus mhd. Trougemunt), die zu- gr. bpaiiOTiKÖc. Bei Gödeke Giiindriß ^
3, 226,
inickgeheu auf arab. tardschumän «Ausleger», 75 vom J. 1676.
von iardsclianm «übersetzen, dolmetschen». dran, gekürzt aus daran, wie drauf, draus,
Bei Spei'ander 1728. Gleichen ürspiiings, aus dnmter usw.
drein, drin, droh, drüben, drüber,
roman. trucheman, im 14. und 15. Jh. trüfzel- aus darauf, daraus, darein usw. AUe diese
niann m. «Dolmetscher». Adverbien sind urspr. Zusammenschiebungen
Dragoner, m. (-.s, PI. wie Sg.): Art des dar, mhd. dar «dahin», oder des dar,
leichter Reiter, urspr. ein Fußsoldat, der das mhd. dar (vor Adverbien geschwächt dar),
Pferd zum schnellen Fortkommen braucht. da, da mit einem Präpositionaladv. Jene dar-
Gebildet von franz. dragon m. «Drache» (s. d.), gingen mhd. auch in tonloses der- über und
also D. eig. Angehöriger einer Schar, in deren wurden endlich bloßes dr-. So findet sich
Standarte sich ein Drachenbild befand. Um bereits mhd. drane, dran aus derane, darane,
1600 aufgekommen (1617 bei Wallhauseu Corp. ahd. därana wad dara ana; drüfe, drüf aus
mil. 10 Dragoens, im teutschen Michel 22 Tra- dar üfe, dar üf, ahd. dar uf usw.
goner), wähi-end in Frankreich die Arkebusiere Drang, m. {-es): Zudringen, Bedrängnis;
zu Pferd schon im 16. Jh. dragons hießen. starkes Getriebensein wozu. Mhd. dranc m.
Dragün, m. (-s): Kaisersalat, Schlangen- «Gedi'änge, Bedrängnis»; dazu ndl. drang m.
kraut, eine als Gewürz an Speisen dienende «Gedränge, Drang», ags. ßrong (in geprong
Pflanze. Mit wallen, dragonn, franz. targon n.), engl, throng «Gedränge», anord. pröng f.
(daneben estragon ra. aus port. estragqp m.), «Gedränge», dän. trang «Gedränge, Bedräng-
ital. targone m., span. taragona, taragontea, nis». Zu dringen. Die 2. Bed. erst bei Ade-
dragontea von lat. draco m. «Drache» in der lung. ABL. Drangsal, f., seltenern. (Bürger,
Bed. dracünculus wie unsre Pflanze bei Plinius Schiller, Goethe usw.), spätrahd. drancsal m.,
heißt. 1712 bei Hübner Naturlex. 430. wohl von dem später verschwTindenen mhd.
Draht, m. (es, PI. Drähte): zusammen- drangen « drängen» abgeleitet. Davon drang-
gedrehter dicker Faden; (Gaunersprache) Geld. salieren, V. Neue Bildung mit der fremden
Mit Dehimngs-Ä zu mhd.-ahd. drät m.; dazu Endung -ieren (nach dem Muster von tribn-
ndl. draad m., afiies. thred, ags. ßr(ed m. lieren u. dgl.).
24*
375 drängen drei 376

drängen v. : di-ingen machen, Drang aus- i^eÄ;Är m., schwed. träck m., dän. dräk n.

üben. Älternhd. drengen (wie Preyer 1722 Vielleicht verwandt mit gr. xpuE (Gen. rpuföc)
vorschreibt und noch Lessing 2, 180 hat), mhd. f. «Hefe, ünreinigkeit». Sehr ansprechend
drengen (häufiger drangen, ahd. drangön, engl, vergleicht Sommer Idg. Forsch. 11, 91 spätlat.
thronq). Wie anor ä. ßrengja, schwed. ^rängra, froia «Sau» aus *fro^ja mit unserm Wort. Doch
,

dän. tränge das Faktitiv zu dringen. ABL. ;


hat gi\ Tpäyoc «Bock» fernzubleiben. Eedens-
drängeln, v. in frequentativer Bed. Bei art: Dreck am Stecken haben: Unsauberes,
Campe 1807. Hinterhaltiges in geheimer Absicht. ABL.
drapieren, V.: mit Gewändern bekleiden. drecMg, adj. Friihnhd. (bei Dasypodius
Aus dem gleichbed. franz. draper, von drap, 1537, Alberus A A2* hat dreckicht, 1475 cle-
spätlat. drappus m. «Tuch». ABL. Dra- visch im Teuthonista dreckich).
perie, f.: Bekleidung der Figuien. Aus drehen, v.: im Kreise bewegen; mittelst
franz. draperie f. Beides 1712 bei Hübner Kreisbewegung eines Werkzeuges und durch
Naturlex. 430. Ursprünglich Malerausdruck. Meißel rund formen (drechseln). Mit e für

drastisch, adj. u. adv.: kräftig wirkend, urspr. öß (schon bei Luther drehen, obd, an-
Mit -isch gebüdet nach dem gr.-neulat. Adj. fangs dafür dräjen, dräen, drähen, noch bei
drasticiis «geschwind wii-kend, kräftig wir- Ludwig 1716 drähen), aus mhd. drcejen, drcen,
kend», gr. bpacTiKÖc urspr. «tätig», dann «kräf- ahd. dräjen, dräen; dazu ndl. draaijen, ags.
tio- wirksam», abgeleitet von bpäv «tun», prätvan (mit starker Flexion), engl, throw,
Früher (noch bei Campe 1811) nur von Arz- schwed. (aus dem Deutschen) drej'a, dän.dreje.
neien crebraucht. |
Verwandt sind gr, cuvTpfjcai «durchbohren»,
dränen, s. drohen. '

Tpfiua n. «Loch», xepeTv «bohren, drechseln»,


drauf, draus, s. dran. lat. terehra f. «Bohrer», ir. tarafhar «Bohrer»,

dräuschen, V. : heftig rauschen, besonders abg. treti «reiben». ABL. drehbar, adj.

von Regen u. dgl.Ein md.-ndd. Wort, ober- Junge Bildung, noch nicht bei Campe 1807.
Sachs, dreschen, Prov, Sachsen (^räs'cAew, schon Dreher, m. {-s, PI. wie Sg.): Drechsler (in
bei Hans Sachs dreussen «heftiges Geräusch frühnhd. Glossaren des 15. Jh. bei Diefenb.
machen», auch ndl. drMWCÄen «rauschen». Viel- 588^); Türgriff (ndd.); langsamer Walzer,
leicht zu got. driusan, asächs. driosan, ags. drei, Zahlw. Mhd. drt (Xeutr. driu), ahd.
dreosan «fallen, niederfallen», so daß das V. dri, drte (F. drio, N. drm); dazu asächs. thria,
urspr. das durch Fallen (z. B. der Eegen- ndl. drie, ags. pri, preo, engl, three, anord,
\

tropfen) verursachte Geräusch bezeichnete, prlr, schwed.-dän. tre, got. preis (F. prijös,
Doch wohl eher laut nachahmend, vgl. trat- IST. prija). Der Lautverschiebung gemäß stim-
schen. Bei Stieler 1691 dreuschen. mend mit lat. tres (N. tria), gr. xpeic, aind.
draußen, adv.: außerhalb. Gekürzt aus tri- (Xom. M. träjas), abg. trije, lit. tris,
daraußen, mhd. dar uzen, ahd. dar üg^ana, altir. tri. Bei substant. Gebrauch wird das
daneben mhd. dar ü§e, ahd. dar üga, woher Wort flektiert N. A. drei, seltner dreie, G.
unser drauß (auch zusammengezogen mhd. dreier, D. dreien; steht es attributiv ohne
'

dü^e, daher das volksübliche dauß, 1593 bei Artikel vor einem Subst., so ist beim Gen.
Helber 30 daussen). die flektierte Form üblich, beim Dat. dagegen
drechseln, v. Dreherarbeit machen. Mhd. jetzt veraltet (zu dreien malen Schiller Jungfr.
:

drcehseln, mit gekürztem Vokal drehsein, ab- Prol.). Davon Drei, f. Dreizahl 3 Augen
: ;

geleitet von drcehsel, drehsei, ahd. drähsil m. im Würfelspiel; die Ziffer fiü- drei. Schon
«Drehhandwerker». Dies kann nicht zu (Zre/iew mhd. (in den beiden ersten Bedd.) drie f.
gestellt werden, dem, wie mhd.-ahd.flra^ zeigt, ABL. Dreier, m. (-5, PI. wie Sg.): Drei-
urspr. kein h zukommt, sondern gehört zu pfennigstück. Im 15. Jh. Dreiheit, f., mhd.
einer sonst nicht im Germanischen vertretenen, driheit f. Dreiling, m. (-5, PL -e):ein Maß,
aus drehen erweitei-ten Wurzel, die lat. tor- der dritte Teil von etwas oder das Dreifache
gwere «drehen», gr. xp^TTecGai« wenden» zeigen, von etwas (Luther zu Jes. 40, 12 «ein Maß
ABL. Drechsler, m., spUtmhd. drehsler m. dreier Finger breit»), spätmhd. drUinc m.;
Dreck, m. {-es, PI. -e, -er) : Um-einigkeit ; Dreipfennigbrötchen. Vgl. auch Drell, Drü-
als wertlos Verachtetes.Mhd. drec (Gen. lieh, Drilling,, dritte. ZUS. Dreieck, n.
dreckes) m. «ausgeworfener Unrat von Men- Mhd. driecke als Adj. dreieinig, adj.: als
i

sehen oder Tieren: dazu ndl. drek m., anord. 'ein Wesen, in drei Personen bestehend. Im
377 drein drillen 378

17. Jh., Frucht aus den Hülsen schlafen.


während das dazu gehörige Dreieinig- zeucre 1
die
Jceit schon mhd. als drieinekeit vorkommt. Mhd. dazu ndl. dor- dreschen, ahd. drescan;
dreierlei, aneinandergerückte Gen. PI. als schen, ags. perscan (beide mit Umstellung
Adv. (s. -lei). dreifach, adj., bei Luther, des r), engl, thrash, thresh auch «prügeln»,
j

dreifaltig, dreifältig, adj., mhd. dnval- aisl. pryskua, schwed. tröska, dän. tärske,
fec. Davon Dreifaltigkeit, mhd. drivalte- got. priskan. Verwandt sind ht. tresintij

keit f. Dreifuß, m.: dreifüßiges G-estell. «schlagen» oder trasketi «rasseln», abg. treskü
mhd. m.
driinio^ Dreimaster, m.: Schilf «Ki'ach». Vgl. auch die entlehnten ital. tres-
''

mit drei Masten ; steifer länglich dreieckiger care, afi-anz. trescher «tanzen», span.-port.
Hut (bei Campe 1807). dreißig, Zahlw. «mit den Füßen unruhig sein». Die
triscar
(s. -zig), mhd. dri^ec, dri^ic, ahd. dri^uc; da- Grundbed. scheint also «lärmend mit den
|

zu asächs. thrltig, ndl. dertig, afries. thntich, Füßen stampfen» gewesen zu sein
'

das Ge- ;

SLgs.prüig, engl.thirty, anord.ßrjätigi, schwed. . treide wu-rde früher ausgetreten. Das V.


trettio, dän. tredive, got. ßreis tigjus. Davon wird von Voß dröschen
'

geschrieben. Das
dreiiSigste, Ordinalzahl, mhd. dri^igeste, ahd. Prät. lautet mhd. drasch, PI. dräschen, da-
;

dripcgösto. dreizehn, Zahlw., mhd. drizehen, neben (vgl. das im Ahd. belegte dhruscun)
\

ahd. drizehan, ndl. dertien, ags. preotyne, engl. druschen, nach diesem PI. schon älternhd.
thirteen, anord. ßrettän, schwed. tret&n, dän. neben drasch, drusch {drusche Schupp 1, 397)
treten. Davon dreizehente, Ordinalzahl, und drosch, Schottel S. 582 setzt drasch und
mhd. driz-ehende. drosch an, ebenso Stieler und Bödiker, Gott-
drein, adv. Mhd. drin aus dar tu, ahd. sched und Adelung geben der Form drosch
dara in. den Vorzug, doch hat sich drasch daneben
[

dreißig, s. drei. erhalten. Zuweilen auch schwache Flexion


|

dreist, adj. u. adv.: aus Zuversicht und des V., bei Luther im Präs. (Imp. dresche
Selbstvertrauen fui'chtlos. Aus dem Ndd., Mich. 4, 13), später manchmal im Prät. {dreschte
schon mnd. driste, drtst, asächs. thristi, ndl.
j
Haller Ged. 106). ABL. Drescher, m. {-s,
driest, ags. priste. Von Kluge unwahrschein- PI. wie Sg.), spätmhd. dr escher m. ZUS.
Hch zu lat. trlstis «traurig» gestellt, Dreschflegel,
vgl. s. Flegel.
daorecren Osthoff Parercra 1, 163. Im Hochd. dressieren, v. : abrichten, einschulen.
erscheint das Wort zuerst 1616 bei Henisch Aus franz. dresser, ital. dirizzare, eig. «gerade
760, 59 als dryste, driest, 751, 57 fg. als drieß, richten, wohin richten», abgeleitet von einem
j

dries, driessig, 1663 bei Schott el als driest, I


aus directus «gerade» abgeleiteten, aber
lat.

dreist, 1691 bei Stieler als drüst, dreist, driest nicht nachweisbaren mlat. directiare. Bei
(dies ndd. driest noch bei Frisch 1741). Im Sperander 1728. ABL. Dressur, f. Bei
18. Jh. häufig in der Form Campe 1813.
dreust (zuerst
1711 bei Rädlein), die von LessingDriesch, m. n. f. {-es, PI. -e): zu Gras-
3, 307,
Herder 1, 23, Weiße, Thümmel, Musäus, wachs undHutung ungepflügt liegendes Acker-
Schiller Fiesko 4, 14 gebrauchtwird (auch land, auch als Adj. driesch «brach». Ein ndd.
noch bei Goethe Faust 6688 im Reim e7'- ;
u. rhein. Wort mit anlaat. d für hochd. t

dreiisten); Adelung 1774 und Heynatz 1775^ und schwankendem Vokal. Mndl. driesch,
haben dreist. ABL. Dreistigkeit, f. Mnd. 1475 clevisch dryesch, mnd. drisch, drisch,
j

dristicheit, gebildet zu dem von drist ab- auch in mrhein. Quellen (Diefenbach-Wülcker
geleiteten Adj. dristich. Stieler 1691 hat 369, Crecelius 297) drisch, dris, jetzt hessisch
Driestigkeit, Rädlein 1711 Dreustigkeit. dreisch (ei aus ie), drisch, schwäb. dreisch,
\

dreizehen, s. drei. \
nd. dresk, dresch (im brem. Wb. 1, 263 drusk).
drell, s. drall. Dunkler Herkunft. ABL. Drieschliug, m.:
Drell, m. (-S, PI. -e): leinenes Gewebe Champignon. \A:loc\ex\^ch.dryeslyng. Häufiger
i

aus dreifachen Fäden. Aus dem Ndd, (mnd. Drüschling (1546 bei Bock Druschling «daruml:)
im 15. Jh. drei). Vgl. Drillich. D. ist nach das sie auff den druschen gern wachsen»).
[

Bnigmann Abb. Sachs. Ges. d. Wiss. 25 No. 5 d rieseln, s. auch aufdrieseln.


S. 34 aus drinal entstanden, entsprechend Drift, s. Tnft.
einem ahd. zwinal, zwinel, zivenel «gemellus». ^drillen, v.: kreisend hemmbewegen.
dreschen, v. Prät. drasch und drosch, Frühnhd. Ein mhd. *drellen ist aus dem
|

Part, gedroschen: mit dem üblichen Werk- starken Part. Prät. gedr ollen «rund gedreht.
'
;

379 drillen droheu 380

drall» zu erschließen; es ist wahrscheinlich ! trenkti «dröhnend stoßen», tranksmas m.


aus dredl- entstanden und gehört zu drehen. «dröhnendes Getümmel». Das Prät. mhd,
Doch ist in drillen wohl noch ein andres dranc, PI. drungen kommt im 17., 18, Jh.
Wort eingeflossen, das dem däu. trille, schwed. auch als drung vor. ABL.
dringentlicli
trilla «rollen, wälzen», engl, trill entspricht (von dem Wieland
Part. Präs. gebildet), bei
(s. Triller) ;
dies ist wahrscheinlich aus trizl- <

18, 64, von Adelung 1793 noch nicht er-


entstanden und gehört zu nd.-md. triseln, wähnt, dringlich, adj. u. adv. Frühnhd,
s. aufdrieseln. Häufig trillen im Voo. theut. f2a).
geschrieben (1482
(bei Bürger, Voß, Schiller, Rückert). driune, adv. (Luther Jer, 32, 43. Goethe
S. auch |

drall und drollig. 31, 208). Mhd. drinne, gekürzt aus dar inne,
"drillen, v.: bohren; überlästig plagen, ahd. dar inne. Vgl. ^dar und inne, sowie drin.
quälen, necken. Auch trillen (bes. in der drinnen, adv. (schon bei Luther), ge-
2. Bed.). Aus ndd.-ndl, (schon mndl.) drillen kürzt aus darinnen. Vgl. ^dar und innen,
«bohren», dazu engl, tlirill«bohren», dän. mhd. innen, ahd. innana, vinän.
(aus dem Nd.) drille, schwed. drilla. Eig. Drischel, m. {-s, PI. wie Sg.) und f.

mit ^drillen identisch. Die 2. Bed. schon (PI. -n): Dreschflegel. Veraltet (noch jetzt
im mnd. drillen (auch ndl. und dän.-schwed.); obd.). Mhd. drischel, ahd. driscila f., dazu
sie könnte auch aus drillen «drehen» abge- ags. perscel m. Von dreschen.
leitet werden, indem sie vielleicht urspr. dritte, Ordnungszahlwort zu drei. Mhd,
eine Strafe für oferinffe Versfehen, das Ge- dritte, ahd, dritto; dazu asächs. thriddio, ndl.
drehtwerden im Drehkäfig, dem Driller derde, ags. ßridda, engl, third, anord. ßride,
(Triller), bezeichnete. ZUS. Drillbohrer, schwed.-dän. fretZie, got.ßridja. Es entspricht
m. (-s): mittels einer Schnur in Bewegung genau lat. tertius (aus Hritjos) (gr, rpiToc,
gesetzter Bohrer der Stein- und Metallarbeiter. aind, trtljas weichen etwas ab), oder lit.
Aus dem Ndd., auch ndl. drillhoor f. trei'as, abg. tretiji «dritter». Davon drittens,

^drillen, v.: zum Soldaten einüben. Wohl adv. Hervorgegangen aus dem schwachen Gen.
aus ^drillen hervorgegangen. Schon am An- dritten mit angetretenem adverbialischen s.
fang des 17. Jh. (Soltau Volksl. 2, 298 Zuerst bei Nieremberger 1753, von Adelung
V. J. 1606.) So auch ndl. drillen. aber noch als ein Wort des gemeinen Lebens
Drillich, Drilch, m. (s, PI. -e): leinenes bezeichnet. ZUS. drittehalb, dritthalb
Gewebe aus dreifachen Fäden. Spätmhd. 2^/.,, 'spätmhd. drithalp. Dritteil, gekürzt
drillich m., aus dem mhd. Adj. drillicli, drilch, Drittel, n., mhd. dritteil n.
ahd. drilih «dreifach, dreifädmig», das Nach- droben, Raumadv., gekürzt aus dar oben
bildung des gleichbed. lat. trilix (Gen. tri- (voc. ex quo 1469, dar oben noch bei Herder
licis) ist, vgl. Zwillich. S. auch JDrell. zur Lit. 15, 77). Bei Luthei-, Goethe (l, 93
m. (s, PI. -e): zu gleicher da d., 16, 59 dort d.). Dafür mhd. dar obe,
^Drilling:,
Zeit mit zwei andern Kindern von einer drobe (s. oben).
Mutter geborenes Kind; dreiläufiges Jagdge- Droge, f. (PI. -n): Spezereiware. Aus
wehr. Nach Zwilling gebildet, bei Stieler 1691, dem gleichbed. franz. drogue, ital.-span.-port.
während früher Dreiling gesagt wurde, vgl. droga f., das gewöhnlich mit engl, drug auf
ndl. drieling. wird direkt das ndl. droog «trocken» zurückgeführt wird,
Schwed.-dän. trilling
von anord. ßrennr «dreifach» abgeleitet. also eig. «getrocknete Ware». 1600 Um
"Drilling, m. (-s, PI. -e): zweischeibiges entlehnt (Hulsius Schifi'. 9, 42 Drogen). ABL.
Triebrad einer Mühle. Von ^drillen. Bei Drogist, m. [-en, PI. -en): Spezereiwaren-
Adelung 1774. händler. Aus franz. droguisfe, ital. droghista
drin, adv. Mhd. drin, gekürzt aus dar in, m. Um 1600 {Drogist Hulsius Schift'. 3, 19,
ahd. dar inne. Vgl. drein. Triigist Moschei'osch Phil. 1, 344).
dringen, v. (Prät. drang, Part, gedrungen) drohen, v. zu erkennen geben, daß man
: :

mit treibender Gewalt sich bewegen, dann etwas Übles antun wolle. Mit der Nebenform
sich bewegen machen (wie drängen). Mhd, dräuen, mhd. drömcen, dreuwe^i, dromoen,
dringen, ahd. dringan; dazu asächs. dringan, ahd. drewen, drottwen: dazu asächs. thröön
ndl. dringen, ags. pringan, anord. pryngva, (in githröön), ags.prean. Die alte Verbindung
got. preihan (aus *ßrinhan). Der Lautver- mit lat. torvus «wild, finster» ist unsicher.
schiebung gemäß übereinstimmend mit lit. Eher gehört das Wort zu gr. TirpöiCKeiv
381 Drohne Drossel 382

«verwunden, schädigen». Ygl. noch Karstea Daraus sind auch entlehnt engl, droll «Schalk»,
Beiträge zur germ. Wortkunde 1 ff. Neben franz. dröle «possierlich». Zuerst bei Schottel
dieser altem Form wurde auch in engrer 1663 und Krämer 1678 verzeichnet. Ein
Anlehnung an das Subst. mhd. (^neben drouwe) älteres nhd. drollicht {drollet bei Hans Sachs)
drö, ahd. (neben drawa, drouwa) drö, droa f. bedeutet «mnd gedreht, rundlich, drall» (^so

(danach bei Rückert 1, 458 altertümelnd noch bei Geliert 3, 279). Das mhd. trolle,
Drohe f.), mhd. dron, auch schon ahd. dröan trol m. «plumper Mensch, Tölpel, Ungetüm»,
geschaffen. Luther gebraucht nur dreiven, dazu anord. troll, troll n. «Dämon» scheint
dräuen, was auch sonst im 16. Jh. das ge- nicht dazu zu gehören, s. auch Trulle.
wöhnliche ist; dron, drohen sind selten (bei Dromedar, m.n. (-s, Pl.-e): einhöckeriges
Dasypodius, Maaler nicht angeführt); Henisch Kamel. Mhd. tromedar, dromedar m., aus
kennt auch drohen und im 17. Jh. wird lat. dromedärius m. eig. «Schnelläufer» von

diese Form die übhche, doch erhält sich gi\-lat. dromas (camelus) «Dromedar», gr.
dräuen in der poetischen Sprache. ABL. bpoudc «laufend». S. Trampeltier.
Drohimg, f. Mhd. dafür drmicunge f., Drommete, Trompete.
f.: Alt und
ahd. draivunga, dröunga f. dichterisch, bei Luther Dromete, s. Trompete.
Drohne, f. (PI. -n)-. Bienenmännchen, ABL. drommeten, v.: die Trompete blasen.
Bi-utbiene. Mit o für urspmngliches a aus Bei Luther.
dem Xdd., schon asächs. drän, ags. drän f., Droschke, f. (PI. -n): vien-äderiges Miet-
engl, drone, dän. (aus dem Xdd.) drone. Das fuhrwerk. Aus gleichbed. xnass. droski, poln.
"Wort kommt schon im 16. Jh. bei Nord- drozka f. um 1800 übernommen. Ygl. ZfdW.
deutschen vor (Thronen Eollenhagen Froschm. 8, 124. 879.

2, 3, 7) und wird von Schottel 1663 als Drone f. Dröselei, f. (Goethe 5, 178): Tiftelei.
angesetzt; Stieler, Ludwig, Rädlein, Frisch Von dröseln, s. aufdrieseln.
aber kennen diese Form nicht und noch Drossard, m. (-s): Drost (s. d.). Das
Adelung bezeichnet sie als ndd. Die urspr. ndl. drossaard m. Bei Schiller 7, 217.
hochd., noch in Österreich und Sachsen üb- ^Drossel, f. (PI. -/*): Art größerer Sing-
liche Form des Wortes ist Trene f. (bei vögel. In der jetzigen Form aus dem Ndd.
Das3'podiusl537 tren, bei Maaler 1561 tränm., Rhein., schon im 11. Jh. in andd. Glossen
noch bei Adelung Thräne), mhd. trene, tren, drossela, mittelrhein. im 11. — 12. Jh. drosla
ahd. treno m., mit asächs. drän ini Ablaut (ZfdA. 6, 331. 277), im 15. Jh. im Voc. ex
stehend. Zu griech. revöprivri f. und xevGpribibv quo drossel, drussel, druyssel, 1475 clevisch
m. «eine Bienen- oder Wespenart», dvöprivri droissel. Die gewöhnliche mhd. Form ist
f. und dvöprjbdiv m. «wilde Biene», lakon. droschet, ahd. dröscala f., abgeleitet von ahd.
öpüjvaE m. «Drohne». drösca f.; hierzu mit abweichendem Vokal
dröhnen, v.: erschütternd tönen. Aus ags. Prysce f., engl, thrush. Eine 3. Form ist
dem Ndd., schon mnd. dronen: dazu ndl. mhd. drostel (1482 im Voc. theut. f 3* trostel)
dreunen, anord. drynja, das zu drynr, got. f., dazu ags.pröstlet., engl. throstle(aus*ßramst)
drunjus m. «Schall» gehört. Weiter ver- vmd ohne das ableitende l (mit abweichendem
bindet man gr. Gpfivoc m. «Totenklage, Klage- Vokal) anord. pröstr ( Ans'prastu-) m. Im Nhd.
lied», aind. dhränati «tönt» (im Dhätupatha). überwiegt zunächst Drostel (bei Oberdeut-
Das Wort dringt im 17. Jh. ins Hochd. ein schen) und Dröschet, Henisch 1616 hat auch
(drönen bei Schupp 1, 20, auch von Schottel Drossel, Schottel 1663 und Stieler 1691 Drossel
1663 verzeichnet), ist aber im 18. noch nicht neben Droschel, Ludwig 1716 Drossel neben
völlig eingebürgert: nach Adelung ist es Droschel, Drostel: doch setzt noch Frisch
nur im Niedersächsischen einheimisch, und 1741 Drostel (bei einigen Drossel, Droschel)
Kindleben 1781 nimmt es als mundartlichen an, das auch noch von Voß (Horaz Ep. 1,
Ausdruck mit auf. 15, 41) gebraucht wird, während Adelung
Drohnng, s. drohen. nur Drossel zuläßt. Es besteht wohl Ver-
drollig, früher droUicht (Lessmg 1, 106), wandtschaft mit lat. turdus m., mlat. turdela f.
adj. u. adv.:wegen Sonderbarkeit ergötzlich. «Drossel», lit. sträzdas m. «Drossel». Ver-
Aus dem gleichbed. ndd. drullig, ndl. drollig, wandtschaft mit gr. CTpoüGoc m. «Sperling»
abgeleitet von ndl. drol m. «Kegel, Klumpen, ist zweifelhaft. Doch vgl. Solmsen Idg. Forsch.
Knirps, Possenmacher», zu ^drülen «drehen». 13, 138. Indes ist nicht völlig klar, in welchem
383 Drossel drum 384

Verhältnis die deutschen Formen zu diesen Bed. wird obd. anfangs drucken (trucken)
Worten und untereinander stehen. gebraucht, md. aber meistens drücken. So
2 hat Luther in der Bibel meist drücken, aber
Drossel, f. (PI. -n): Kehle. Veraltet.
Mhd. dru^^el, drü^^el m., von dem gleiehbed. Prät. druckte, Part, gedruckt, wie auch Clajus
mhd. dfOßße f. dazu ags.
m., ahd. drog^a f.; Gramm. 162 ansetzt. Drucken in der Bed.
ßrofu f., engl, throat, auch wie im Hd. weiter- von drücken erscheint noch bei Rädlein 1711,
gebildet throttle «Kehle». Daneben steht mit Ludwig 1716 und Nieremberger 1753, während
anlaut. s mhd. stro^ge f. «Kehle», dazu andd. Frisch 1741 und Adelung wie jetzt unter-
strota, ndl. stroot f., auch entlehnt ins Ro- scheiden. Doch hat noch Goethe öfters
manische (ital. strozza f. «Kehle»). ABL. drucken =
drücken gebraucht, altertümelnd
drosseln, v. (Lessing 2, 237, Goethe 16, 176. auch noch Rückert (z. B. 1, 297. 3, 13). ABL.
49, 1, 88), häufiger erdrosseln, v.: an dem
von drücken: Drücker, m. (-s, PI. wie
1)
Halse würgend töten. Um 1480 Werkzeug zum Drücken. Bei Stieler
im Voc. Sg.):
ine. teut. d 5^ droßlen. 1691, 2) von drucken: Drucker, m. (-s,
Drost, m. {-en, PI. -enj Amtshauptmann, PI. wie Sg.).
: Bei Brant im NarrenschiflE"
Landvogt (früher in Hannover). Das ndd. 65, 64 drucker. Davon Druckerei, f. (bei
droste, spät-altndd. drossete, ndl. drost, afries. Brant 103, 99 truckery f.).
drusta, drossatus, auch anord.
latinisiert Drucker, m., als Malerausdruck: Pinsel-
dröttseti m.,übereinstimmend mit dem hd. strich von tiefer, starker Farbe zur nachdrück-
Truchseß (s. d.). S. auch Drossard. ABL. lichen Hervorhebung, aufgesetzter Schatten.
Drostei, f.: Bezirk oder Wohnung eines Bei Sulzer 1773.
Drosten. drucksen, v. (Goethe Jery 12): zurück-
drüben, adv., zu dem gleiehbed. altern haltend langsam wozu sein. Als Frequen-
drüber gebildet nach dem Verhältnis von tativ von drucken drücken gebildet. Von =
drunten zu drunter. 1711 bei Rädlein. Adelung 1774 als neues Wort aufgeführt.
drüber, adv., gekürzt aus darüber (s. "dar). ABL. Druckser, m., bei Goethe 1, 143.
Druck, m, {-es, PI. -e): Wirkung durch Drude,
Hexe, Zauberm, Un- f. (PI. -n):
Schwere, drängende Kraft; das Auftragen holdin. Spätmhd. irute f. (dazu dän. drude,
einer Schrift mittels der Presse, sowie das goÜänä.druda «liederliches Frauenzimmer»?),
Aufgetragene selbst. Mhd. druc (Gen. druckes, älternhd. drute, drutte. Falls das anlaut. t
PI. drücke), ahd. druc (Gen. drucches) m. dazu des mhd. Wortes auf d zuiückgeht (wie in
;

ndl. druk m., ags. prycc m., schwed. tryck, tausend) könnte Verwandtschaft bestehen mit
dän. tryk n. Von drücken, v.: durch anord. ßrüdr f. «göttliches Wesen, Walkyre,
Schwere, drängende Kraft einwirken. Refl. Jungfrau», eig. «gewaltige», zu prüd- (in
sich drücken auch s. v. a. «sich zurückziehend Zusammensetzungen) «Kraft, Macht», ßrüdugr
gering machen»; «sich still wegbegeben» (aus «gewaltig», ags.ßrydt «Kraft, Stärke» (auch
der Studentensprache bei Augustin 1795). in Zusammensetzungen). Verwandtschaft mit
Daneben drucken, jetzt nur noch vom Auf- traut ist nicht recht wahrscheinlich, ZUS.
tragen einer Schrift, von Figui-en, Bildern Drudenfuß, m.: dreifaches ineinander ver-
u. dgl. mittels einer Presse (also Bücher, schlungenes Dreieck als Fünfwinkelzeichen.
Zeuge u. dgl. drucken). Beide Verba gehen Spätmhd. trutenvuoß m.
zurück auf mhd. drucken (obd.), drücken, Druder, f. (PI. -n): wie eine Latte zu
spätmhd. (wie älternhd.) auch trucken, trücken gebrauchende Stange; Dachlatte; Querlatte
ahd. drucchen dazu ndl. drukken, ags. ßryccan, im Weinberg.
; Mittelrhein. Mit d für Am
anord. prykja, schwed. trycka, dän. trykke. ursprüngliches t aus mhd. truoder (auch drudel
Drucken ist eine Intensivbildung (vgl. schmü- Weisth. 1, 453 v. J. 1449, bei Alberus Dict.
cken zu schmiegen) zu anord. ^r%a «drücken», Nn. S'' der PL trudeln). Vielleicht aus lat.
das wohl mit lit. trükti «entzweireißen, trudis f. «Stange».
entzweigehen», träukiti «zerren» zu ver- Druide, m. (-w, PI. -n): altkeltischer
binden ist. Von Büchern steht drücken seit Priester. Aus dem kelt.-lat. PI. drüidae und
1460 — 70 und hat sich in dieser Bed. in drüides, von keltisch (gälisch) draoi, draoidh,
der obd. Form festgesetzt (daneben anfangs druidh «Druide».
drücken), weü die ältesten Druckorte meist drum, adv., gekürzt aus darum (s. d.),

auf obd. Gebiet gelegen sind. Auch in andrer schon mhd. drumbe, drumme.
385 dnmten Duckmäuser 386

drunten, adv., gekürzt aus daninten (bei asächs.-afries. thu, nöl.du, ags.-anord.-got. ^,
Luther 6, 393* Jen. darunden, Jes. 14, 9 drun- engl, thoii, schwed.-dän. du. Der Lautver-
den), mhd. derunden und ohne auslautendes n schiebung gemäß stimmend zu lat. tu, gr. cu
dar unde, spät.-ahd. diruntini, s. ^dar. (dorisch Tü), aind. tvam, lit. tu, abg. ty. Die
drunter, adv., gekürzt aus darunter (s. übrigen Kasus sind: Gen. dein (s. d.); Dat.
^dar\ schon mhd. drunder. dir, mhd.-ahd. dir (mit r aus s), got. ßus:

Drusch, m. {-es, PI. -e und Dräsche): Akk. dich, mhd. dich, ahd. dih, got. ßuk.
Handlung des Dreschens; das Ausgedroschene. Dual, m. (-5, PI. -e): Bezeichnung des
1776 bei Krünitz 9, 563. Numerus, der die Zweizahl ausdrückt. Aus
^Druse, f. (PI. -n) löcheriges, yei-wittertes lat. duälis «von zweien, zwei enthaltend»,
:

Erz, leerer Raum im Gestein, dessen Wände zu ergänzen numerus «Zahl». Neuere Ent-
mit Kristallen bedeckt sind. In der Berg- lehnung. Von lat. duälis ist abgeleitet
mannsprache des 16. Jh. (1546 bei Georg Dualismus, m.: HeiTSchaft von zweien.
Agricola drusen «Höhlchen der Adern und Bei Kant.
Klüfte», 1562 bei Mathesius Sar. 45^ usw.). Dublette, f. (PI. -71): Doppelstück, z. B.
Wohl zu Drüse gehörig, vgl. Liebich Btr. zweimal in demselben Besitze befindliches
23,226. .-LBi^. drusig, adj. 1557 bei Bechius Stück (Buch usw.), zwei auf einmal erlegteI

vom Bergkwerck 56 drußig. Stück Wild. Aus dem gleichbed. franz.


I

"Druse, f. (PI. -n): in Gestalt kleiner doublet m., von double (s. doppel). Im 18. Jh.
Kristalle angeschossenes Gestein, czech. di-uza entlehnt.
f. 1727 bei Hübner. Duhlone, f. (PI. -n): eine Goldmünze,
^Druse, f. (PI. -n)-. Geschwüi-; Drüsen- .
Doppeldukaten. Aus dem gleichbed. franz.
geschwulst mit Xasenausfluß des Pfei'des (so doublon, und dies aus span. doblon m., von
auch ndl. droes m.). S. Drüse. double (s. doppel). 1600 entlehnt (Do- Um
Drüse, f. (PI. -n): schwammiger Körper- hlone Albertinus weibl. Lustg. 46, Dublone I

teil zur Absonderung gewisser Feuchtigkeiten. 1


Zincgi-ef 1, 309). Goethe gebraucht dafür
Mhd.-ahd. druos f.(daher unser Druse) imd auch Double (12, 8) oder Duhbel (12, 35).
I

mhd. drüese, ahd. druosi f., auch s. v. a. Ducht, f. (PI. -en): Ruderbank. See-
'

«eichelartige Geschwulst, Beule, Geschwür» männischer Ausdruck, aus dem Xiederd. ent-
(daher die Verwünschung daß dich die Drüs! lehnt, wo er im mnd. belegt ist. I
Das cht
«daß dich die Pestbeule, die Pest befalle!»). ist aus ft entstanden. Die hd. j
Form ist
Dunkler Herkunft. JJBL. drüsig, adj. Duft, aus ahd. dofta f. «Ruderbank» (mhd.
I

Drusen, PI.: Bodensatz, Hefe. Veraltet, nicht belegt): dazu mndl. dofte, dochte, anord.

noch im Alem. Mit d für ursprüngliches t ßopta f, und


Zusammensetzimgen ahd.
die
aus mhd. truosen, ahd. truosana f. «beim m. «Genosse
gidofto, ags. gepofta, an, ßofti
Keltern zuerst abfließender Schaum», dann I
auf der Ruderbank, Genosse». Nach Schade
«Bodensatz, Hefe»; dazu ndl. (/roesem m., ags. I
zu lit. tupeti «hocken». Unsicher.
drösne «Bodensatz, übriggebliebner Rest
f. ducken, v. jemand niederdrücken; sich :

von Gekeltertem, Trester». Verwandt mit niederwärts zusammenbiegen. In dieser Bed.


j

Trester, s. d. Das gleichbed. refl, sich d.


engl, Mit d für urspriing-
dregs, häufiger
apreuß. dragios scheint Ausfall(noch bei Frisch 1741 tucken) aus
eines h zu liches t
erweisen. Eine 3. Ablautstufe neben Druse mhd. tucken, tUcken «eine schnelle Bewecrunor
und Trester zeigt Schweiz, trost «Überreste machen, besonders nach unten». Verwandt
j

im Bienenstock», schwäb. tros, trost «Hefe», I


mit mhd. tüchen «tauchen» (s. d.), zu dem
preuß. dross, drost «Hefe, Wachs», j
d. Intensivbildung Luther ver-
sein wird.
drusig, s. Druse, drüsig, s. Drüse. j
wendet ducken und tucken, und auch sonst
Dschonke, f. (PI. -n)-. SchiflF. Aus dem ;
erscheint ältemhd. oft ein umgelautetes
Chines. 1703 im Zeitungslex. Juncke. ducken, noch Freyer 271 verlangt
tucken:
Dschungel, m. (-s, -n), eigentlich nur \
ducken, Adelung hat nur ducken.
im Plural Dschungeln. In neuster Zeit durch Duckmäuser, auch Tnckmäuser, m. (-s,
das Englische aus dem indischen jangalas m. PI, wie Sg.): hinterlistig Heimlicher; Kopf-
I

«menschenleere Gegend» entlehnt. hänger. Bei Brant NarrenschifF 105, 19 ducket-


du, Personalpronomen der 2. Person. I
muser, von dem spätmhd, Verb tockelntüsen
Mhd. du (betont du, duo), ahd, du; dazu !
«Heimlichkeit treiben», zusammenges. aus
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 25
-

387 Duckstein dnmm 388

dem mit tuckeln (s, d.) zusammengehörigen Rauch»; kaum gehört das Wort zu ndl. dof,
tockel- und einem mhd. mnsen «langsam und ndd. duffig «dumpfig, feucht, matt». Vgl. Much
leise gehen» (s. -mausen). Im 16. Jh. er- ZfdW. 2, 286. ABL. duften, früher auch
scheinen die Formen dockmeuser (z. B. bei duften, V. Mhd. tiiffen (noch bei Rädlein 1711
Hans Sachs Fastn. 6, 183) und (mit Anleh- tüfften). duftig, adj. Finihnhd. tüftig, düftig.
nung an Tücke) tückmeuser (Alberus Dialog. düfteln, s. tüfteln.
E 3^), Henisch 1616 hat duckmauser: du ekel-, Dukaten, m. (-s, PI. wie Sg.): Gold-
dockehnäuser u. ä. noch jetzt im Schwäb.- münze. Aus spätmhd. ducate m., von mlat.
Alem. ABL. duckmäuserig, auch duck- ducatus, ital. ducato m.; der Name daher,
mäiisig, adj. (1669 bei Giimmelshausen Simpl. weil ein italienischer Herzog (ital. duca m.),
476 dockmäusig). Dafür duckmäusisch bei man sagt der König Roger II. von Sizilien,
Fischart die Gelehrten 638, tockmeuserisch als Herzog von Apulien zuerst, und zwar
1697 bei Thomasius Schlitten 1, 367. duck- 1140 diese Münze mit der Inschrift sit tibi,
mäusern, v., fi-ühnhd. duckmausen {dock- Christe, datus, quem tu regis, iste ducatus
mawsent bei Hans Sachs Fab. 204, 104). prägen ließ. Früher auch Ducat f. (Giimmels-
Duckstein, m.: Tuffstein, s. Tuff. hausen 4, 134 Kurz).
dudeln, v.: auf einem Blasinstrumente dulden, v.: -näUig oder ergeben zu- oder
schlecht blasen. Wohl gebildet nach poln. auf sich lassen. Mhd. dulden, diäten, ahd.
dudliö «dudeln», von dem PI. dudy «Sack-
dazu ndl. dulden: abgeleitet von mhd.
dulfen,
pfeife», 1651 bei Mich. Franck dudeln, bei ahd. dult f. (s. Geduld). Dies geht zurück
Stieler 1691 dudeln. ABL. Dudelei, f. Im auf mhd. doln, ahd. dolen, dolon «dulden»;
18. Jh. Dudeldei, m. {-s): unbedeutende dazu asächs. tholian, tJiolon, afries. tholia,
Kleinigkeit, Spottgeld. Im 18. Jh. ZUS. ags. polian, engl, thole. anord. ßola, schwed.
Dudelsack, m.: Sackpfeife, bei Stieler 1691. täla, dän. taale, got. Jmlan. Diese stimmen
Duell, n. (-S, PI. -e): Zweikampf. Aus in der Wui'zel überein mit lat. toleräre «er-
dem gleichbed. lat. duellum. In der 1. Hälfte tragen», tuli «ich habe getragen», gr. T\f|vai
des 17. Jh. entlehnt (Moscherosch Phil. 1, 109; «auf sich nehmen», aind. tuldjati «hebt auf»,
bei Schottel 1267 als m.). ABL. duellieren, lit. tiUti «schweigen»: die Grundbed. ist
refl. V.Aus mlat. duellare. Bei Krämer 1678. «tragen, ertragen». ABL. Dulder, m. (-s).
Duellant, m, (-en, PI. -en): Kämpfer in Erst in der Dichtersprache des spätem 18. Jh.
einem Zweikampf. Aus duellans (Gen. duel- (bei Klopstock), bei Adelung 1793 (noch
lantis, dem Part.-Präs. von duellare. 1694 nicht 1774) als von einigen neuern Schrift-
bei Nehring. stellern versuchtes Wort angeführt, duld-
Duett, n. (-es, PI. -e) Gesang zu zweien. sam, adj. Bei Henisch 1616 dultsam. Dul-
:

Aus dem gleichbed. ital. duetto m., abgeleitet dung, f. Bei Henisch 1616.
von due «zwei». Bei Adelung 1774. Dult, f.: Jahrmarkt. Bayrisch. Urspr.
duff : Bei Campe. durch ü-gend ein örtliches Fest (z. B. Kirch-
matt, glanzlos, dumpf.
Niederdeutsch. Dazu
Wahrschein- weih) veranlaßt oder mit einem solchen in
ndl. dof.
lich mit toben verwandt (s. d. und Duff). Verbindung stehend. jVIhd. tult, ahd. tidd f.,
Düffel, m. (-S, PI. wie Sg.): ein zottiger dazu got. dulps f. «Fest, Feier». Wie sich
WollenstoflF. Neue Entlehnung aus dem apreuß. tuldlsnan «Fest» dazu verhält, ist
gleichbed. ndl.-engl. duffel, das von dem Orte unklar.
Düffel bei Antweqjen seinen Namen hat. Dulzinea, f. (PI. Dulzineen und- -s):

Duft, m. {-es, PI. Düfte): gefromer Dunst; Liebchen, GeUebte, eigentüch der Name der
feine Ausdünstung; feiner Geruch. Mit d Geliebten des Don Quichotte Dulcinea von
für ursprüngliches t (Rädlein 1711 kennt Toboso. Im 18. Jh. eingebüi-gei't.
noch aus mhd. tuft m., seltener f.
tufft f.) dumm, adj. (Komp. (/»»imer, ^vi^.dümmst):
«Dunst, Nebel, Reif, an Bäumen usw. han- an Verstand imkräftig, zu Einsicht und
gender gefromer Dunst», alid. einmal duft Kenntnis unfähig; kraftlos, verdorben (Matth.
«Frost»; ins Ndd. eingedrungen duft «übler 5, 13); ärgerlich, unangenehm. Altemhd.
Geruch», woher dän. duft «Geruch». Dazu meist mit ursprünglichem t tumm (tumb)
anord. dupt n. «Staub», norweg. duft, dyft f. imd tJmmm (thumb, bei Luther thum); Stieler,
«Mehlstaub». Das Wort ist wohl weiter Steinbach, Frisch setzen tumm an, das auch
verwandt mit aind. dhüpas m. « Rauch ei" werk. noch bei Günther 18, Brockes 1, 158, Haller 67
389 dninpf dunkel 390

und zuweilen selbst bei Lessing steht. I»a- Dune, s. Daune.


gegen spricht sich Bödiker Sprachl. für duuim Düne, f. (PI. -n): Sandhügel an der
aus, dem Rädlein, Ludwig usw. folgen. Mhd. Meeresküste. 1616 bei Henisch Duni. Auf-
himp fflekt. tumher) «unklug, uneirfahi-en genommen aus dem ndd. düne f., mnd. saiit-
(ohne Welt- und Menschenkenntnis), unge- dune f., ndl. duin m. «Sandhügel»; dazu ags.
lehrt», ahd. tump «stumm, taub, stumpfsinnig, dün f. «Hügel», engl, down «Sandhügel».
töricht»; dazu and. ditmfe « dumm, unnütz ndl. '>, Schon ahd. aus dem Xd. entlehnt düna f.
domh, ags.-engl. dumh, anord. dumbr, schwed.- «Vorgebh-g». Verwandt ist air. dün «Hügel»
dän. dum, got. diimhs (stummj. Die vertretenen (aus dem dann zäun [s. d.] entlehnt wii-d i

Bedd. «taub, stumm» lassen an «stumpfsinnig» und vielleicht gr. 9ic, Gen. öTvöc f. «Sand-
als Grundbed. denken; als verwandt haben zu hügel am Meer».
gelten taiih, toben (s. d.). Aus dem Griech. Dünung, f. (PI. -en): starke Wellenbe-
«-ird TuqpXöc (für *euq)\öcj «blind» verglichen wegung des Meeres bei verhältnismäßig stillem
(xg\. dazu anord. dumha f. «Xebel, Finsternis», Wetter. Aus dem ndd. und weiter aus fries.

eig. Blindheit?). Doch sind auch andere Er- dining «starker AVeUengang der See», ndl.
klärungen möglich, vgl. J. «Brandung, heftige Bewegung der
Schmidt Kritik 65, deining f.

Siebs KZ. 37,^311. ABL. Dummheit, f. See». Herkunft unbekannt. •

Mhd. tumpheiti., and. dunqihed. Dümmling, Dung, m. (-es, PI. -et: Stoß' zur Besserung
m. (-S-, PI. -e). Spätmhd. tummeUng m. ZTJS. des Bodens und zui- Pflanzennahrung. Älter-
Dummfeart, m.: Dummkopf (Bürger 323). nhd. auch mit dem ui-spiiinglichen t tung. ]Mit
Aus dem Xdd. (1755 bei Richey Idiot. 46 ange- Wechsel des Geschlechts aus mhd. tunge (auch
führt). Dummerjan, Dummrian, m.: tünget), ahd.tungaf. und tungln f. «Düngung»,
Dumiukopf. Bei Seb. Franck Spricbw. 2, 49^^ vgl. auch mhd.-ahd. tunc f. «im Wiiiter mit
noch in zwei Worten dummer Jan. Jan ist Mist bedeckte miterirdisehe Webstätte/ dazu ;

die ndd. Form von Johann. Dummkopf, afries.-ags. düng f., engl, düng «Dünger». Her-
m. Bei Nieremberger 1753. kunft unsicher. VieDeicht zu gr. Tctqpoc «Grab»
dumpf, adj. u. adv.: feucht moderig: den (aus *9d(poc), lit. dengti «bedecken», vgl. Zu-
Schall beengend, tief und gedämpft; (bezüg- pitza Gutt. 99. Das M. erst bei Steinbach
lich des Gefühlslebens^ ohne klare Besinnung. 1734 (neben dem F. Dung) imd Frisch 1741,
Erst im 17. Jh. (1678 bei Krämer der Komp. fi-üher Dung f. (bei Henisch 1616, bei Grim-
dumpffer, aber noch nicht bei Schottel 1663 melshausen Simpl. 31 Tung) und das um-
und Stieler 1691), hervorgegangen aus dem gelautete Dünge f. (1540 bei Alberus Dict.
altem Xd}. dumpfig, dumpficht, schon im 15. Jh. AA2^ düng, noch Rädlein 1711 hat Düng,
dumjjfig «engbiüstig», 1668 bei Schottel, 1691 Ludwig 1716 Dünge, das noch von Heynatz
bei Stieler s. v. a. «schimmelig», 1711 bei 1796 angefühlt wird). Auffallend ist die
Rädlein «engbrüstig, feucht, schimmeHg», 1716 obd. Nebenform Dumm. ABL. düngen, v.,

bei Ludwig ältemhd. auch tüngen (Lohenstein Cleop. 6


«betäubt, feucht, muffig, heiser», ),

auch ndl. dompig «enge, finster, feucht». Dies mhd. tungen. tüngen; dazu ags. dyngan, engl.
Adj. gehört zu mhd. (bei X. v. Jeroschin) düng. Dünger, m. (-s), spätmhd. tunger.
dttmpfe m. «Dampf» (vom warmen Blut), dunkel, adj. u. adv.: des Lichtes er-
nmd. dumpe «catarrhus», bei Schottel, Stieler mangelnd. Bei Luther und sonst ältemhd.
Dumpf m. «Schimmeb, sowie zu mhd. dumpfen, mit dem ursprünglichen t tunkel (z. B. bei
dumpfen «dampfen, ersticken». Zu mhd. den schlesischen Dichtem, noch bei Ludwig
dimpfen, timpfen und dampf, tampfd. Dampf 1716). Mhd. tunkel, ahd. tunchaJ. tunkal:
).

Die Grundbed. ist wohl «durch Rauch, Dunst dazu anfr. dunkal, schwed.-dän. (entlehnt)
beengend, feucht riechend, feucht», dann «eng- dunkel. Daneben mit andrem Suffix älter-
brüstig», weiter mit IJbertragung auf das mhd. tunker wie asächs. dunkar, mnd. dunker,
Gehör «heiser, hohl»; diese Bed. ist Adelung ndl. donker, afries. diunker, und ohne Ab-
i

bei dump ficht geläufig, während er sie bei leitung und mit abweichendem Vokal afries.
dumpf nur aus der neuern Dichtersprache diunk, anord. d^kkr (urspr. dinkwa-). Dunkler
kennt. ABL. Dumpfheit, f. Xoch nicht Herkunft. Vielleicht wurzelvenvandt mit
bei Adelung 1793, aber von Goethe öfter aind. dhväntds ::dunkeL gr. öcivaroc m. «Tod».
,

gebraucht, dumpfig, früher auch dumpficht, Davon substantiviert Dunkel n., bei Luther
|

adj., s. oben. tunckel n., mhd. dafür tunkel f., ahd. tunchali.
1

25*
391 Dünkel düpieren 392

fiiukaU f. ABL. Dunkelheit,f mhd. Aufgeblasener, eig. sich in Grübeleien und


,

funkelkeit f. dunkeln, dunkel werden,


v.: überfeinen Spitzfindigkeiten gefallender Ge-
mhd. ttmkeln, alid. tunclmlen. lehrter. Wohl von dem Philosophen Joannes

Dünkel, m. (-s): herabsehende hohe Duns Scotns (f 1308), der die auszeichnende
Meinung von sich. Bei Luther diinckel und Benennung doctor suhtüis erhielt. Vgl. engl.
(hmckel, funckel «Bedünken, Einbildung»; dunce «Dummkopf», das ebenfalls auf Duns
auch bei Henisch 1616 Dunckel. Die jetzige Scotus zurückgeht. Ei'st gegen die Mitte

Bed. zuerst bei Schottel 1663, aber erst um des 18. Jh. vorkommend.
die Mitte des 18. Jh. allgemein üblich. Ge- dunsen (Voß Ovid Nr. 49, 201), s. auf-
bildet von mhd, dune m. «Bedünken» (da- gedunsen.
neben auch dunkel- in dnnkelbilde n., vgl. Dunst, m. {-es, PI. Dünste): feine auf-
mnd. dunkelgöd «dünkelhaft»), zu dünken (s.d.). steigende in der Luft schwebende Flüssigkeit;
ABL. dünkelhaft, adj. u. adv. Noch nicht dicke verdorbene Luft; feinstes Schrot (1727
bei Adelung 1793, aber 1774 von Klopstock bei Hübner); feinstes Mehl. Selten Dunst f.
gebraucht. dunkeln, v. (Goethe Faust (Geliert verm. Schriften 1, 23). Mhd. dunst,
2630). urspränglicher tunst m., md. auch f. «Aus-
Dunkelheit, dunkeln, s. dunkel. dünstung, feuchter Dampf», aber ahd. tunisf,
dünken, v. (Prät. auch däuchte, Part. dunist, dornst m. «üngewitter, Sturm» (noch
gedäuclit): nach Ansehen und Bedenken wahr- Schweiz, dunst, düst, tust «Wind durch Er-
scheinlich sein, nur unpers. mich (mir) dünkt schütterung, z. B. von einer Kanonenkugel,
imd refl. sich d.: von sich der Meinung sein. Lawine, vom Einsturz eines Hauses»). Da
Mhd. dünken (im Obd., auch noch frühnhd.), diese Bed. (Staubwind) als die urspmngliche
dünken, ahd. dünken; dazu and. thunkian, ndl. anzusehen ist, wird das Wort auf dieselbe Wz.
dünken, ags.pijncan, engl, fhink, anord.pykkja, zurückgehen wie aind. dhvaß- «zerstieben»,
schwed. tycka, dän. tykke, got. ßugkjan. Mit dhvastis f. «das Zerstieben». Vgl. Dust.
mhd. dune m. (s. Dünkel) im Ablaut zu denken Daß Duft dazu gehört (wie mhd. verminst
und Dank (s. d.) stehend; verwandt ist lat. neben Vernunft, vernuft steht) ist wegen der
tongere «kemaen», pränest. tongitio «Kenntnis», ahd. Formen nicht wahrscheinlich. ABL.
osk. tanginüd «Meinung». Das Prät. lautet dunstig, früher auch dunstig (noch bei Wie-
mhd. dühte, Konj. diuhte, Part, gedüht, daneben land Idris2,53), adj. Mh.d..dunstec «dampfend»,
auch dünkte, gedünkt Nhd. entwickelt sich ahd. (!Mms%«stürmisch». dunsten, dünsten,
aus dem Konj.-Prät. deuchte ein Präs. deucht V.: Dunst von sich geben, dampfen; zum
(s. däuchten); als dessen Prät. gilt dauchfe, Dampfen bringen. Mhd. dunsten, dünsten
das im 18. Jh. veraltet, aber noch von nur als Intrans. ZUS. DunstkreiS, m.:
Klopstock, Voß, Bürger gebraucht wird, da- der einen Himmelskörper zunächst umgebende
für dann däuchte, das auch noch als Prät. Luftkreis, Atmosphäre. 1754 bei Reimarus
von dünken (neben dünkte) empfunden wird, vornehmste Wahrh. d. natürl. Eel. 259.
uiid das Part, gedäucht Dunzel, f. (PI. -li): lebhaftes, munteres,
dünn, unverkürzt (bei Luther, jetzt na- ausgelassenes Mädchen leichtfertiges Mädchen.
;

mentUch noch poetisch) dünne, adj. u. adv.: Aus franz. donzelle (und dies aus ital. donzella),
von geringer Dicke, von geringemUmfang; (von Span, doncella f., das auf mlat. dom{i)nicella,
Flüssigkeiten) leicht fließend. Mhd. dünne, ahd. eine diminutive Bildung von doniina f. «Herrin,
dunni; dazu and. thunni, ndl. dun, ags. pynne, Frau» zuräckgeht. Am Mittelrhein (Maler
engl, thin, anord. Jtunnr, schwed. tunn, dän. Müller 1, 229).
fynd. Der Lautverschiebung gemäß über- Duodez, n. (-es): (urspr.) Format, wenn
einstimmend mit «dünn, zart», der Bogen in 12 Blätter gefalzt ist, die
lat. tenuis
gr. Tavu- (in Zusammensetzungen) «gestreckt, Zwölftelgröße, (jetzt) kleines Format; in
lang, schlank», ravaöc «lang», air. tana, abg. Zusammensetz, lächerlich klein. Aus lat. in
tinükn, aind. tam'is «lang, schmal, dünn». duodecimo (duodecimus «der zwölfte»). Bei
Zu dehnen (s. d.), also Grundbed. «ausge- Sperander 1727.
dehnt». ABL. Dünne, f., mhd. dünne, ahd. dupfen, s. tupfen.
dunni f. dünnen, v., mhd. dünnen «dünn düpieren, v,: täuschen, überlisten. Um-
machen» (daneben «dünn bildung von gleichbed. franz. duper, das un-
sein», ahd. dünnen).
Duns, m. (-es, PI. -e) : von Gelehrsamkeit bekannter Herkunft ist. Bei Roth 1791.
393 dupliereu Durchlaucht 894

duplieren, v.: verdoppeln. Aus dem durcheinander, adv., Zusammem-ückung


gleichbed. lat. dupläre. 1478 bei Nicl. v. Wyle von durch und einander (s. d.). Schon bei
349, 20.Dazu Dupllk, f. (PI. -m): die Keisersberg. Davon Durcheinander, n.
Entgegnung des Beklagten auf die Replik (Schiller Eäuber 2, 3).
des Klägers. Aus franz. gleichbed. duplique f., Durchfall, m. (s): die bekannte Krank-
einer Ableitung von dupliquer, das aus lat. heit. 1711 bei Rädlein. Von durchfallen, v.
duplicäre «verdoppeln» stammt. 1710 bei durch eine Öffnung fallen; (bei einer Bewer-
Xehring noch in franz. Form. Duplikat, n. bung usw.) nicht bestehen. Diese Bed., die
(-6-, PI. -e): Abschrift eines Schriftstücks. Lessing 8, 413 aus «der gemeinen Spi'ache»
1728 bei Apinus duplicata. Duplum, n. anführt (auch Adelung 1774 vei'zeichnet sie)
{-s, PI. Dupla) das Doppelte. Aus gleichbed. sreht zuiiick auf die schon fmhnhd. Redens-
:

lat. duphim. Davon in duplo*. doppelt. art durch den Korb fallen, was eig. auf den
Beides 1728 bei Apinus. Liebhaber, der im Korbe zum Gemach seiner
Dur, s. Moll. Geliebten emporgezogen wii-d, geht (vgl.
durch, adv. sowie präp. mit Akk. so, DW. 5, 1802) und die Bed. «bei der Liebes-
daß Trennung da ist; in —
hin und aus
:


werbung keinen Erfolg haben» hat.
(z. B. er geht durch die Tür in die Tür= Durchgänger, m. (s, PI. wie Sg.): Aus-
hin und aus ihr): von einem Ende bis zum reißer. Ursprüngl. von Soldaten, so 1691 bei
andern hin auf Ursache oder Wirkung von
:

Stieler. Jetzt von Pferden und flott lebenden
5Ihd. durch, dur, alid. dunih, durah durh: Menschen gebraucht.
dazu asächs. thurh, ndl. door, deur, ags. ßurh, durchgängig, adj. u. adv.: von Anfang
engl, through und thorough «durchaus», da- bis zu Ende, ohne Unterschied. Bei Nierem-
neben mit anderni Ablaut got. pairh, dem berger 1753 als Adv. «überall», bei Adelung
ahd. fZeWt« durchbohrt» (vgl. derha «r)tfnung») 1774 auch als Adj. Nicht das mhd. durch-
entspricht. Wegen der Bed. ist noch got. gengic, ahd. duriihgengic «einen Durchgang
ßairkö f. «Loch, Öhi-» und ahd. durhil, mhd. habend», abgeleitet von mhd. durchganc, ahd.
dürhel, dürkel «durchlöchert» heranzuziehen, dnruhganc m., sondern eine jüngere Bildung,
j

Falls der auslaut. Guttural in (/. als ableitend die sich au durchgehen anlehnt. Älter ist

betrachtet werden kann, ist gr. xepeiv, ropeiv durchgehends,


das gleichbed. genetivisches
«durchbohren», gr. xpdjYA^n f. «Loch, Hölüe» Adv^ Bei Krämer 1678,
alsverwandt anzusehen. In der Zusammen- Durchlaucht, f.: fürstliche
Person. Als
setzung hat d. mit Substantiven verbunden hoher Titel schon zu Anfang des 16. Jh.
den Hauptton, z. B. Dnrchgatig, Durchlaß; Substantivierung des Adj. durchlaucht: fürst-
mit Verben verbunden nur dann, wenn es lich erhaben. Dies ist urspr. Pai't, Prät. von
von diesen in der Flexion getrennt werden durchleuchten, mhd. durchliuhten «dui'ch-
kann, z. B. durchbrechen, ich breche durch, strahlen», Part, durchliuhtet, geküi'zt durch-
durchgebrochen usw.; ist es aber untrennbai', linkt, das seit dem 14. Jh. als Ehrenbeiwort
so ruht der Hauptton auf der Stammsilbe iürstlicher Personen für das lat. illustris (das
des Verbums, das dann im Part.-Prät. ge- in der spätem römischen Zeit Ehrenbezeichnung
nicht annimmt, z. B. durchbrechen, ich durch- von Beamtenwürden war) steht; daneben
breche, durchbrochen usw. Auch als erstes namentlich md. (mit Einführung des Rüek-
Wort Zusammensetzung mit Partikeln, umlauts) durchlüht.
in der Älternhd. findet sich
hat durch den Hauptton nicht, sondern diese durchleucht und durchlaucht, entsprechend
erhalten ihn, z. B. durchaus, durchhin usw. beim Subst.; Durchleucht, das noch 1741 von
durchaus, adv.: (veraltet) hindurch und Fx-isch angesetzt wird, während es Adelung 1774
auf der andern Seite heraus; bis zum Ende nur «aus einigen Gegenden» kennt, noch bei
(bei Luther); ganz und gar; unter allen Um- Schiller Kab. 1, 6. ABL. durchlauchtig, adj.
ständen, schlechterdings (bei Ludwig 1716). Mhd. durchliuhtec «durchscheinend, strahlend,
durchbrennen, v.: mit Brand durch- hellglänzend», spätmhd. durchliuhtig durch- ,

dringen oder durchdrungen werden; davon- lühtig als Titel, älternhd. auch durchlauchtig
laufen. Diese Bed. taucht um 1840 in der (1722 bei Freyer 47), durchleuchtig (1741 bei
Studentensprache auf (zunächst «die Univer- Frisch). Davon Durchlauchtigkeit, f.
sität verlassen») und ist wenig später auch 'Spidmhd.durchlühtigkeit als Ehrentitel. Später
in die Umgangssprache eingedrungen. durch das einfache Durchlaucht zurückge-
:

395 Durchmesser dürr 396

drängt, nach Adelung nur Kanzleiwort (doch Part. Prät. von diirchtrtben «durchstreifen,
noch bei Schiller WaU. Lag. 11). durchwandern», dann s. v. a. «geistig durch-
Durchmesser, m.: eine gerade Linie, dringen».
die eine Figui- in zwei gleiche Teile teilt. durchwamsen, s. v. wie dbivamsen (s. d.).
Als Übersetzung von Diameter m., gr. bid- durchweg (und durchweg), adv.: ohne
|Li€Tpoc f. 1670 bei Joh. Christoph Sturm Ausnahme; aUeraal. Zusammemückung der
teutscher Archimedes. Präp. durch mit dem Akk. Sg. Weg, vgl.
durchs, zusammengezogen und verschleift himreg. Das von Adelung 1793 noch nicht
aus durch das. Mhd. durch ^. dnrche^ aus verzeichnete Wort wird von Heynatz 1796
durch da§. als niedersächsisch aufgeführt.
Durchschlag, m. {-es, PI. Durchschlage) dürfen, v. (Präs. darf, PI. dürfen, Prät.
siebartiges Gerät zurAbsonderung des Flüs- durfte, Konj. dürfte, Part, gedurft): nötig
sigen, Feinem vomGröbern: Kopie der Schreib- haben (noch häufig bei Luther, auch später
maschine. Spätmhd. durchslag m., von dvrch- altertümelnd, z. B. Claudius 3, 130, heute dafür
slahen, ahd. duruhsiahan « durchlöchern, durch- bedürfen); Ursache haben; Freiheit wozu
drücken». haben. Mhi. dürfen, dürfen «nötig, Ursache,
Durchschnitt, m. {-es, PI, -e): Durch- Freiheit haben», ahd. durfan «Not leiden,
schneidimg (1561 bei Maaler); eine durch- Not haben»; dazu asächs. thurban, ndl. durven,
schneidende Linie (Beleg voll 1684 beiGombert ags.ßurfan, afries. thurva, anord.purfa, schwed.
8, 9), im 17. u. 18. Jh. Durchmesser (1653 bei tarfva, dän. tarve, got. paurban (Präs. parf,
Harsdöröer mathem. Erquickstunden 3, 394); Frät. ßaurfta) «nötig haben». Die Grundbed.
Darstellung eines durchschnitten gedachten ist «entbehren», wie sie auch in darben (s. d.)

Gegenstandes (bei Ludwig 1716): Mittelzahl, erscheint, vgl. noch bieder, verderben. Mit
Mittelwort (Brockes 3, 233). ABL. durch- älterahd. türren (s. d.) «sich getrauen, wagen»,
schnittlich, adj. u. adv. (nach der letzten das durch dürfen völlig verdrängt wurde,
Bed. von Durchschnitt). In der neuern hat dieses Wort nichts gemein. Das Prät.
Sprache. i
mhd. dorfte, Konj. dörfte, Part, gedorft,
lautet
Durchsicht, f.: Blick dm-ch etwas hin- ,
im Nhd. ist meist (schon bei Luther) nach
durch; zu einem solchen Blick geeigneter 1
dem Inf. dürfen u eingedrungen, doch haben
Ort; prüfendes Durchlesen. Erst bei Stein- andre in umgekehrter Ausgleichung dörfen,
bach 1734. Gebildet von dem Adj. durch- Prät, dorfte, Pai-t, gedörft, so 1574 Ölinger
sichtig, mhd. durchsihtec. Gramm. 89 und noch bis ins 18, Jh. (1741
durchstankern, durchstänkern, v.: bei Frisch dörfen). Das Part, lautet schon
in kleinHcher Weise durchsuchen, eig. (anch bei Luther) in Verbindung
durch- frühnhd.
schnüffeln, durchriechen. S. stankern. Im
mit einem Inf. dürfen.
17. Jh. in Mitteldeutschland (z. B. bei Weise Dürft, nur in Notdurft (s, d.),
Hauptverd. 28), aber von Geliert 4, 20 als dürftig, adj. ü. adv.: wie bedürftig; Mangel
nicht schriftsprachHches Wort geiiigt. an Unentbehrlichem leidend, arm; armselig,
Durchstecherei, f.: in heimUchem Ein- unzureichend. Mhd. dürftic, ahd. durftic;
verständnis mit andern bewii'kte Betrügerei. dazu asächs. thurftig, anord. purftugr. ABL.
Bei Frisch 1741 aus älterer Quelle belegt. Dürftigkeit, f., mhd. dürfticheit f,
Von dem älternhd. mit eitlem durchstechen dürr, unverkürzt (bei Luther) dUn'e, adj,
(noch bei Lessing 10, 209): mit einem andern u, adv,: der Innern lebenskräftigen Feuchtig-
Betrügerei heimlich verabreden, eig. wohl keit gänzlich benommen; mager, Mhd, dürre,
'<die Karten durch Durchstechen kenntlich ahd. durri; dazu asächs. thurri, mndl. darre,
machen», vgl. abkarten. Andre knüpfen an ndl. dor, ags. pyrre, anord, purr, schwed, torr,
die betrügerischen Kniffe der Riemenstecher dän, tör, got, (mit der urspiünglichen Laut-
(s. d.) an, die sich auf Jalirmärkten produ- verbindung rs) paursus. Zu dem bei dorren
zierten. Schon mnd. dorchsfeken hat den (s. d.) angegebenen got,Wurzelverbumj^airsa«,
Sinn «betrügen». vgl, auch D?(rs^, ABL. Dürre, f., mhd. dürre,
durchtrieben, adj.: von Anfang bis zu ahd. durri f, ZUS. DÜrrfleisch, n,, auch
Ende bewandert und ausgelernt; aller Schlau- (mit der md. Form dörr dürr) Dörrfleisch =
heit voll rmd unermüdlich darin. So in n,: in Rauch gedörrtes Fleisch. Schon bei
Bez. auf Böses schon mhd. durchtriben, das Hans Sachs 1, 330«,
397 Dnrst Düte 398

Durst, m, Verlangen zu trinken: Krankheit»). Mit d für urspmngliches t wie


{-es):
brennendes Verlangen wo- in dus, dösen (s. d.), dösig. Vgl, noch ahd.
(bildlich) heftiges
nach. Mhd.-ahd. durst m.: dazu aiächs. thurst, tusic «geistesstumpf, unverständig, töricht»,
ndl. clor st, ags. ßijrst m., engl, thlrst, anord. mnd. dusich «hetäuht, schwindelig», näd. düsig
ßorstim.., schwed.-dän.fcV.s-^, got. weitergebildet (mit Unrecht jetzt diesig geschrieben), ags.dysig
pmirstei f. "Durst». Abgeleitet mit Erhaltung «töricht», engl, dizzy «töricht, schwindehg».
des ursprünghchen s von der Wui-zel des got. Verwandt ist auch noch mit Übergang des s in
pairsan dwren und dürr). Es weist also
(s. Tor m. (s. d.). ABL. duselig, dusselig
>•

urspr. auf Dürre im Schlünde, die zum (Goethe 27, 371), adj. Dazu ndl. duizelig
Tiinken reizt. ABL. dursten und (nament- «schwindelig», duseln, dusseln, v.: betäubt
lich in übertragenem Sinn) dürsten, v. sein, schlummern geistesbetäubt, geistesdumpf :

Durst empfinden. Mhd. dursten, dürsten, ahd. handeln. Dazu ndl. duizelen «schwindehg sein».
dursten: dazu asächs. thurstian, ndl. dorsten, ZUS. Duseltier, n. Schimpfwort in Nordd. :

ags. ßyrstan, engl, thirst, anord. pyrsta, düsseln, v.: leise reden (ScbiUer 1, 343);
schwed. törsta, dän. törste. Im Got. ohne sich still verhaltend worauf sinnen (Schüler
ableitendes -t paarsjan «dürsten», das der Piäuber 1, 2). Aus dem Schwab.- Alem., wo
Lautverschiebung gemäß mit aind. trsjati düsle neben düseme steht, vgl. dus. Mhd.
«dürsten» übereinstimmt, vgl. auch aind, trsüs tü§ «stni», tü§en «stül sein», tützen, ahd.
«durstig, verlangend;., den Lauten nach das tutzea «zum Schweigen bringen» {^.verdutzt)
deutsche^ rf«rr (s. d.), eig. «verlangend nach sind wohl fernzuhalten.
etwas», durstig, adj., mhd. durstec, ahd. Dust, m. i-es): Staub. Bei Goethe Faust
durstac; dazu asächs. tJmrstig, ndl. dorstig, 1116 und 6758. Aus dem Ndd. (mnd. dust
ags. pyrstig, engl, thirsty, schwed.-dän. törstig. m. «Staub, Spreu», daher bei Schottel 1663
durstig, adj.: vei-wegen, s. türstig. dust «Dampf, Rauch»); dazu ndl. duiM n,,
dürstiglich, durstiglich,adv., s. türstig. ags. dust, engl, d^ist, anord. dust n. «Staub».
dus, adj.: in sich gekehrt, schüchtern, In allen diesen Formen ist n vor s weg-
still; glanzlos matt. In ober- und mitteld. gefallen, das Wort ist also eig. mit Dunst
Mundarten, auch bei H. L. Wagner Kinder- (s. d.) identisch.
mörderin Akt 5 sie war immer so duß, so düster (mit u), adj. u. adv.: dunkel, tmbe,
fromm wie ein Lamm. Nicht aus franz. doux Uchtlos. Aus dem Ndd., schon mnd. dnster:
«sanft, mild, ruhig», das allerdings eingewirkt dazu asächs. thiustri, ndl. duister, afries. thius-
haben kann. Vielmehr zu dösen (s. d.) und tere, ags. pystre, peostre «dunkel». Kaum
Dusel (s. d.) gehörig, s. auch düsseln. Frühnhd. entsprechend dem von thimm (s. Dämmer)
und noch jetzt mundartlich erscheint auch abgeleiteten asächs. thimstar, ahd. dimstar (s.
ein abgeleitetes dusam, dusmig, adv. «schüch- finster), wiewohl sich ein Übergang zeigt in
tern, stül; tiiibe», das schwerlich ans dovxenient ältemhd. dünster (von dumpfem Geklingel,
hervorgegangen ist. Simpl. 3, 98, 31 Kurz). Das Wort ist im
Dusche, f. (PI. -n): Brause; Sturzbad. 16. Jh. hochd. noch selten, Luther hat ver-
Aus gleichbed. franz. douche f., das aus ital. einzelt düster, Mathesius tuster, Henisch 1616
doccia f. stammt. Dies setzt ein vulgäi'lat. duste)', im 17. wird es häufiger (z. B, Mo-
ductia voraus, das von diicere «führen» ab- scherosch Phil. 2, 585), auch von Schottel
geleitet ist und eigentlich «Wasserleitung» und Stieler verzeichnet, doch weist es noch
bedeutet. Neue Entlehnung. Adelung 1793 den gemeinen Mundarten zu.
Düse, f. (PI. -«): Mündung des Gebläses Jetzt ins Pfalz, und Schwab.- Alem, als duster
in Hüttenwerken. Aus czech. duse f. Höhlung eingedrungen, hess.-nass, mit regelrechter Ent-
<

des Geschützes», abg. dusa f. «Hauch, Seele, wicklung des alten Ti zu eu deuster. Davon
Kern». 1562 bei Mathesius Sar. 211*' tüsel, Düster, n. Am Ende des 18. JIi. (Voß
213* thüsel m. 2,233). ^-Bi^, Düsterheit, daneben D»5/em-
Dusel auch Dussel, m. Schwindel; heit, f. Bei Stieler 1691. düstern, v.: düster
:

Geistesbetäubung; Geistesdumpfheit; Glück. werden (Goethe 6, 182, unpersönlich 8, 19),


Daneben Dusel, Düsel, m.: dummer Kerl. düster machen (Goethe 16, 352), Ndd. im
Zunächst ndd., aber auch in ober- u. mitteld. 15. Jh. dustern. Düsternis, f. Ndd. u. md.
Volkssprache (im 16. Jahrh. dusel, dussel im 15. Jh. düster nis.
«Dämmerung», obd. auch «Qualm, ansteckende Düte, s. Tüte.
399 Düttcheu Eber 400

Düttchen, s. Deut. tern wie Dynamik, Dynamomaschinen usw.


Dutzend, n. (-5, PI. zwölf an der auftritt. Einzelne davon schon im 18. Jh.
-e):

Zahl. Spätmlid, totzen, tutzen n., woraus mit Dynast, m. {-en, PI, -ew): abhängiger
angetretenem Dental tutzend, dutzend, früher Machthaber eines kleinen Landes. Aus gr.-lat.
auch tutzet, dutzet Aus dem gleichbed. franz. dynastes, gr. buvctcTric m, «Machthaber». Bei
douzaine, ital. dozzina f., woraus auch ndl. Roth 1791. ABL. Dynastie, f.: Herr-
dozijn n., engl, dozen. schergeschlecht. Aus gr.-mlat. dynastia, gr.

duzen (mitw), v.: mit du anreden. Mhd. buvacxeiaf. «Macht, Herrschaft». Bei Wächtler
duzen, duzen (woraus älternhd. auch dauzen), 1711.
abgeleitetvon du. ZUS. Duzbruder, m., Dys-, aus gr. buc- «schlecht» entlehnte
frühnhd. (Ringwald getr. Eckh. F 4). Vorsilbe, mit der viele Fremdworte zusammen-
dwatsch, s. tivatsch. gesetzt sind, z. B. Dysenterie, f. (PI. -n)-.

Dynamit, n. (-s): sehi- starker Spreng- Ruhr. Aus gleichbed. griech. buc-evxepia f.,

stoff. Einvon A. Nobel gebildetes dessen zweites Glied «Inneres» bedeutet. 1710
1867
Wort, abgeleitet von gr. büvainic f. «Kraft, bei Nehring. Dyspepsie, f. schlechte Ver-
i
:

Gewalt, wirkendes Vermögen», das auch sonst dauung. Aus gr. buc-TreH^ia f. «Unverdaulich-
noch in vielen wissenschaftlichen Fremdwör- keit». 1727 bei Hübner.

Ebbe, f.: regelmäßig weichende Meerflut: ibnjan (in ga-ibnjan) andere Ableitung zeigt.
(bildhch) Leere nach Abfluß. Aus dem Ndd., Vgl. auch neben.
mnd. ebbe i., andd. in ebhiunga f.; dazu ndl. Ebenbaum, m.: ein Baum, der ein feines
ebbe f., afries.-ags. ebha m., engl, ebb, (entlehnt) steinhartes schweres schwarzes Holz hat, das
schwed. ebb m., dän. ebbe. Das echtnor- Ebenholz. Mhd. ebboum, meist in lat. Form
dische Wort in dän. evje, aisl. efja f. «Moor, ebenus, aus gr.-lat. ebenus f. «Ebenbaum und

Schlamm». Da das e umgelautet, vielleicht Ebenholz», gi\ ^ßevoc f., dies aus hebr. hob-
zu ahd. aba «weg von» —
(s. ab), abuh mm, dem PI. von hobni statt obni «steinern»,

«abgewendet» (s. äbicht), also «die abge- von ojben d. i. eben «Stein».
wendete, zurückweichende Flut», oder zu Ebenbild, n.: genau Entsprechendes.
aber, aber «leer, trocken». Vielleicht aber Mhd. ebenbilde n. ebenbürtig, adj.: —
auch eine alte Zusammensetzung *ap-ijä «das aus gleichem Stande geboren. Mhd. eben-
Zurückgehen des Wassers». Vgl. auch Wiede- bürtic. —
ebenfalls, genetivisches Adv. in :

mann Bezz. Btr. 28, 74. Jedenfalls ist das übereinstimmender Weise mit dem Vorher-
Wort alt. Bei Henisch 1616 als sächsisch, gehenden. Bei Stieler 1691 ebenfalls, 1598
dann bei Schottel 1663 als hd. verzeichnet. bei Albertinus Sendschreiben 3, 158^ ebens-
ABL. ebben, v., mnd. ebben, and. in firebben falls, 1652 bei Gombert 8, 10 ebenes Falls.
«verwallen, wallend weichen (von Zorn)», Ebenmaß, n.: Gleichmaß. Mit Wechsel
mhd. (vereinzelt im Md.) eppen, ags. ebbian. des Geschlechts (s. Maß) aus mhd. ebenmä^e,
eben, adj.: geradlinig, ohne merkliche Er- ahd. ebanmä^a f. ABL. ebenmäßig, adj,
hebung und Vertiefung. Mhd. eben, ahd. eban; u. adv., mhd. ebenmcegec, adj.
dazu asächs. etan (and. emnia), ndl. even, ags. Ebenholz, s. Ebenbaum.
efen, engl, even, anord. jafn, schwed. jämn, dän. Ebenist, m. {-en, PI. -en) Tischler, der ein- :

jävn, got. ibns, vielleicht ans *ininos (wwwird gelegte Arbeit (urspr. Ebenholzarbeit) macht.
zu bn) und zu lat. aemulus «nacheifernd», Aus franz. ebeniste, ital. ebanista m., von lat.
imitor «komme gleich», imägo «Ebenbild», ebenus f. (s. Ebenbaum). Bei Roth 1791.
gehörig, vgl. Walde s. v. Davon das Adv. Ebenteuer, s. Abenteuer.
eben: gleichmäßig; genau; in diesem Augen- Eber, m. {-s, PI. wie Sg.): männliches
blicke. Mhd. ebe7ie, ahd. ebano. ABL. Ebene, Schwein. Mhd. eber, ahd. ebar, ebur m., dazu
f., mhd. ebene, ahd. ebani, ebem f. ebenen, and. evur-, ags. eofor, anord. jöfurr m. (über-
ebnen, v., mhd. ebenen, ahd. ebanön; dazu tragen «Fürst, 'König») und weiter lat. aper,
anord. jafna, schwed. jämna, während got. abg. vepri m. «Wildschwein». Vgl. Walde s. v.
:

401 Eberesche eckig 402

Eberesche, f.: Vogelbeerbaum, der der Wörterbüchern des 16. Jh., erscheint 1616
Esche ähnlich ist. Eberasch bei Cordus 1534, bei Henisch in der Rechtsformel e. und recht,
Eberaschen 1588 bei Camerarius 161, Eber- im 17. Jh. sich dann weiter verbreitend. Stieler
esche 1599 in Colers Hausbuch 15, 22. Eber- 1691 schreibt (mit Anlehnung an achten) acht,
könnte hier auf Aber- zurückgehen, Avie auch was auch später üblich bleibt, dagegen er-
mxm^divxMch. Aberesche vorkommt (1652 schle- klären sich Freyer und Adelung für e. ABL.
sisch bei Scheröer Abresch), d. h. unechte, Echtheit, f, erst bei Adelung 1793.
geringwertige Esche, doch vgl. auch im 15. Jh. Eck, n. {-es, PI. -en), meist Ecke, f.
eberboum, es hängt daher das Wort eher mit (PI. -n): hei-vorstehender scharfer oder spitzi-
ir. ibar «Eibe, Eberesche» zusammen, vgl. ger Teil eines Körjjers; innerer Raum, wo
Schrader Reallexikon S. 784. Flächen zusammenstoßen: (in nordd. üm-
Eberhard, Mamaesname, ahd. Eburhart, gangsspr.) eine geringe Entfernung {ein Eck-
zusammengesetzt aus Eber und Jiart «stark». chen bei Weiße Jagd 1, 11). Mhd. ecke, egge
Eberwurz, f.: die auf den Bergen wach- f., selten ecke n., ahd. ecka f.; dazu asächs.
sende Kreuz-, Karlsdistel. Mhd. und spät- eggia, ags. ecg f., engl, eäge, anord. egg f.
ahd. ebervmrz f. «hervorstehende Spitze wovon. Schneide der
Ebritz, m. {-es): die Aben-aute (s. d.). Waffe.. Das Wort entspricht genau lat.
1482 eberitz (Voc. theut. f 5'') neben eber- acies f. «Schneide, Schärfe», zu dem viele
tcurz. Mit Anlehnung an Eber aus der gr.- andere Worte gehören wie acuere «spitzen,
lat.Benennung abrötannm, gr. äßpörovov n. schärfen», acus f. «Nadel», gr. ctKri f., otKic f.
ebsch, s. äbicht. "Spitze», s. auch Ahne, Ähre. Das N. Eck
echappieren, v. entwischen. Aus gleich- kommt, wie auch Adelung angibt, wesenthch
:

bed. franz. echapper, zusammenges. ause, lat. dem Obd. zu (daher auch 1561 bei Maaler,
ex «aus» und cJwpe aus mlat. cappa «Be- während es Stieler u. a. nicht kennen), all-
deckung», also «aus der Bedeckung, dem Ge- gemein jetzt in Drei-, Viereck usw. ABL.
fängnis herauskommen». 1710 bei Behring. ecken, v.: Ecken bilden: an die Ecke stoßen,
echauffieren, v. erhitzen. Meistens refl. z. B. in anecken. Spätmhd. ecken auch «als
:

sich e. Aus gleichbed. fi-anz. echauffer, in eine Ecke bringen».


das Ecke hervorstehen,
auf lat. excalfacere «erhitzen» eckig, früher eckicht, adj., mhd. eckeht.
zurückgeht,
zusammenges. aus ex und cal-facere «warm ZUS. Eckstein, m.: Stein emer Ecke; ein
machen». 1710 bei Nehring. ein Bauwerk tragender Stein unter der Ecke
Echo, n.: Widerhall. Aus gr.-lat. eclw, in der Spielkarte das franz. caiTeau. Mhd.
gr. rixiü f. Schon im 16. Jh. entlehnt, zu- eckestein m. in der 1. Bed.
nächst als F. (Fischart Garg. 63), was bis Ecker, f.: Eichel; Spielkax'te mit dem
ins 18, Jh. noch vorkommt (Schiller 6, 303), Zeichen der Eichel: Buchel (in Buchecker).
dann im 17. Jh. auch Mask. und Neutr. (s. Mhd. eckern und ecker n. «Frucht der Eiche
Gombert 8, 10). ABL. echoen, v.: wider- oder Buche», md. und ndd. auch ecket' f.,
hallen (von Goethe gebildet, Faust 9598). daneben ohne Umlaut (der eig. dem PI. an-
Echse, f. den Schlangen gehört) ackeran, ackeram n. m. (PI. eckern);
(PI. -n): eine
verwandte Art von ReptiUen. Ein von den dazu ndl. aker m., ags. cecern n., engl, acom
Naturforschern um 1840 aus Eidechse fälsch- «Eichel», anord. akarn n., dän. agem «Wald-
lich abstrahiertes Woi-t. frucht», got. akran n. schlechtweg «Frucht»,
echt, adj. u. adv.: ehelich; probehaltig zu Vymr. aeron «Früchte», eirynen «Pflaume»,
als das, was es sein soll. Aus dem Ndd., kom. aeran «Pflaume», ir. äirne «Schlehe»
mnd. und mndl. echte (daher nndl. echt m. (Zimmer bei Zupitza Gutt. 213), aber nicht zu
«Ehe»), dann auch ins Ostmitteldeutsche ein- Ackeii-, also eigentlich «wilde Frucht», sondern
gedrungen, wo es durch die aus dem Sachsen- zu einer Wurzel äg «wachsen», zu der noch
spiegel abgeleiteten Rechtsbücher mehr und lit. üoga «Beere, Kirsche», abg. vin-jaga f.

mehr in Umlauf kam. Es entspricht (mit «Weinbeere» gehört. Vgl. Liden Idg. Forsch.
Zusammenziehung und Ersatz des ft durch cht) 18, 503. Von Karten gesagt findet sich noch
dem mhd. and. ehaft «gesetzlich, rechtsgültig, die Form Eckern, auch in Zusammensetzungen
ehelich geboren», afries. wie Eckerndaus; sonst ist (vom PI. die Eckern
äft (daher äfte
f.

«Ehe»), abgeleitet von e «Gesetz» (s. Ehe). aus) das F. Ecker durchgednmgen.
f.

Das Wort fehlt noch bei Luther und in den eckig, Eckstein, s. Eck.
We i gand , Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 26
403 edel Egge 404

edel, von Geschlecht mehr lehnung an mhd. höu, ahd. hewi, houwi er-
adj. u. adv.:

als bürgerlich (von Adel); anerkannt ausge- fahren haben werden; dazu mnd. (mit löf
zeichnet vor anderm seiner Art. Mhd. edele, «Laub» zusammenges.) iflöf, ndl. eiloof, ags,
edel, ahd. edili, durch Umlaut aus adali; da- ifegn, ifig n., engl, ivy «Wintergrün». Die
zu asächs. edili, afries. ethele, ags. (Bdele, Grundlage des Wortes, das nicht mit Eppich
schwed.-dän. (aus dem Deutschen) ädel. Ab- (s. d.), mit dem es vermischt worden ist,
geleitet von Adel (s. d.) in der Bed. «aus- aus lat. apium abgeleitet werden darf, ist
gezeichnetes Geschlecht». ABL. edeln, v.: dunkel. Hoops Idg. Forsch. 14, 484 vergleicht
edel machen. Mhd. edelen, vgl. auch adeln. lat. i&ejc «Steinbock» unter der Annahme einer
ZUS. Edelknabe, m.: adeliger Knabe, der Grmidbedeutung «Kletterer». Ältenihd. findet
dient um Eitter zu werden. Mhd. edel- sich die Form Ebheu (noch bei Schottel 1663),
knappe m. Edelknecht, m., mhd. edelkneht Epheu, und in dieser Form drang die Aus-
m. Hier hat Knecht die Bedeutung wie Knabe sprache ph =
f durch im 17. Jh., wie die
(s. d. und Knecht). Edelmann, m., mhd. Schreibung Efeu (Harsdörfer Gespr. 3, 406)
(erst im 15. Jh.) edelman m., das Adj. edel- zeigt. Sie stammt aus dem Ostmd., während
niännisch.1598 bei Albertinus Sendschreiben sich Ebheu n. im Obd. erhalten hat,
1, 134''. Edelmut, m., erst bei Stieler 1691, Effeif, n,, s. FF.
während das Adj. edelmütig schon mhd. (in Effekt, m. {-es, PI. -e): Wirkung, Er-
der Ableitung edelmüetecheit f.) vorkommt. folg. Aus lat. effectus m. «Ausführung, Wir-
Edelstein, m. der zu Schmuck verwendete kung, Erfolg», von efficere «ausführen, be-
:

Stein, mhd. edelstein m., bei Luther mit wirken». Bei Rot 1571, ein Beleg von 1540
Flexion von edel. Edelweiß, n.: Edelraute, bei Gombert 8, 11. Eifekten, PI.: Hab-
filago leontopodium, eine Pflanze der Alpen. seligkeiten; Staatspapiere. Nach franz. les
Edgar, Mannesname, engl, Edgar, ags. effets, aber im Laut an lat. effectus ange-
Eadgar; dafür ahd. Ötker (daher franz. Ogier). schlossen. Von Gombert 8, 11 aus dem
Von ags. ead, asächs. öd, ahd. ötn. «Besitztum, J. 1680 belegt.
Vermögen», und Ger (s. d.) «Wuifspieß». egal, adj.: gleichförmig; gleichgültig. Das
Edikt, n.: landesherrliches Ausschreiben, franz. egal aus lat. aequälis. 1694 bei Nehring,
Verordnung. Aus lat. «Aus-
edictum Egart, f. migebrochenes Grasland, Brach-
n. urspr, :

sage, Befehl», dem als Subst. gebrauchten land. Aus mhd. egerde, egorte f., ahd. egerda
N. von edictus, dem Part. Perf. Pass. von lat. f. «Brachland». Unbekannter Herkunft, vgl,
edicere «aussagen». In der frühnhd. Kanzlei- Lexer mhd. WB., Schweiz. Id. 1, 129, In
sprache (Reichs-Ordnungen 119 vom J. 1522). Oberdeutschland noch volkstümlich,
**

edieren, v. herausgeben, bekanntmachen.


: Egel, s. Blutegel.
Aus gleichbed. lat. edere. Schon in der ^Egge, f. (PI. -n): gewobene Leiste des
1. Hälfte des 16. Jh. geläufig (Schwartzen- Tuches, Seihende (s. Salband). Aus dem
bach Syn. 12 ä). Edition, f.: Herausgabe, Ndd., mnd. egge f., nl. egge, eig. mit egge
Ausgabe (eines Buches). Aus lat. editio f. «Spitze, Kante» (s. Ecke) identisch. 1716 bei
1572 bei Rot. Ludwig angeführt, auch im 18. Jh, von nord-
Edmund, Mannesname, engl. Edmund, deutschen SchriftsteUem gebraucht.
ags. Eadmund, von ags. ead, asächs. öd n. ^Egge, f. (PI. -n) Zinkengerät zum Acker-
:

«Besitztum, Vennögen», und Mund (s. d.) bau. Spätmhd. ege f., so auch bei Luther,
«Schutz». 1537 bei Dasypodius (aber das V, eggen), 1540
Eduard, Mannesname, engl. Edivard, ags. bei Alberus Dict. L 2^, auch noch häufig
Eadweard, Vermögenswart (s. d. vor.). im 17. Jh. (z. B. Lohenstein Hyac. 69); bei
Efeu, m. (-s): Wintergrün, ein Ranken- Stieler 1691 Ege und Egge, ebenso bei Ludwig
gewächs. Selten Neutr., z. B. 1615 bei Alber- 1716, bei Frisch 1741 dagegen nur Ege und
tinus Landstörzer 364 und 1735 bei Stoppe auch Adelung erklärt sich für Ege, da er
Pamass 32, noch seltener Fem. (1521 bei in Egge eine niedersächs. Form sieht, wäh-
Judas Nazarei 26). Mhd. ephöii, ehehöu n., rend Campe Ege, das noch vielfach in den
ahd. ebeheivi, ehihomvi n., daneben aber auch Mundarten lebt, nicht mehr hat. Die Form
ehah m., ehahhi, spätahd. ebewe, ebowe n. Egge ist im Anschluß an eggen egen (s. =
und andere Formen (vgl. Björkmann ZfdW. 2, unten) geschaffen, schon mnl. egghe f. (nnl.
226), so daß die erstem Formen wohl An- egge, eg f.), egge 1495 in der Kölner Gemma,
405 Egoismus Ehehaften 406

ebenso hd. 1462 bei Mone Anz.


154 fg., eiva, ea f. «E-\vigkeit, endlos lange Zeit»,
7,

auch 1561 bei Maaler aus dem


Scbweize- (eig. seit undenklichen Zeiten geltendes?)
rischen, Egken 1577 bei Junius 194 **. Mhd. «Recht, Gesetz, Vertrag», (dann, zuerst bei
dafür gewöhnlich egeäe, ekle f. (das 1. noch Xotker) «Rechtsverhältnis zwischen Mann und
alem.-schwäb., das 2. hess.), mnd. ebenso, Weib», asächs. eo m. «Gesetz», afries. eiva
md. 1517 bei Trochus QS*' eyden, ahd. egüla, f. «Gesetz» (unser Ehe ist im Afries. äfte
and. egicla, ags. egede. egde f. Verwandt ist f. wie ndl. echt m., s. echt), ags. ce, cew f.
lat. occa f. (aus *oteka) «Egge», occäre «eggen», «Leben, Gesetz, Ehe», got. aiws m. «Zeit,

lit. aketi «eggen», dazu akic'os PI. «Egge», Ewigkeit». Es entspricht lat. aevum n. «Zeit,
preuß. aketes, kom. oket, kynu-. oged «Egge» Lebenszeit, Ewigkeit», aetas (aus aevitas) f.
gr. öEivr). ABL. eggen, V. Älternhd. auch «Zeitalter», aeternus (aus aeviternus) «ewig»,
egen. Mhd. egen und eggen, ahd. egen, ecken gr. aiiüv m. «Ewigkeit», aiei, aiec «immer»,
(beide Formen aus *agjan). aind. ajus n. «Lebensdauer». Die Bed. «Ge-
Egoismus, m.: Selbstsucht. En-Mit lat. setz, Vertrag, Ehe» kann im Genn. entwickelt
dung aus franz. egoisme m., abgeleitet von sein, Ding, doch trennen manche das
vgl.
lat. ego «ich». Bei Roth 1791. — EgOlSt, Wort ganz und stellen es so
in dieser Bed.
m. {-en, PI. -en): der Selbstsüchtige. Aus zu aind. evas m. «Gang, Wandel, Sitte» oder
franz. egoiste m. Zu Anfang des 18. Jh. bei recht unwahrscheinlich zu lat. aequus «gleich»,
Chr. Wulff Vernunft. Gedanken § 944 Egoiste wobei dann ein Guttural im Germ, ausge-
m.- als philosophischer Ausdruck. Davon fallen sein müßte. Vgl. Meringer Idg. Forsch.
egoistisch, adj.: selbstsüchtig. 18, 295. ABL. ehelich, adj. u. adv. :Mhd.
eh, Interj. des Auffordems, leichten Stau- elich: ahd. eoUh. elih ist «gesetzmäßig». Da-
nens. Wohl aus der franz. Interj. eh! Bei von ehelichen, v., spätmhd. elichen. ZUS.
Xicl. V. Wyle ä. Ehebett, n. Bei Luther, ehebrechen, v. :

ehe, eh, l. adv. (jetzt fast nur mit kom- die mhd. ebrechen.
eheliche Treue verletzen,
parativischer Endung eher): früher; lieber. Davon Ehebrecher, m., mhd. ehrechcere,
2. konj.: früher Mit Anfügung
als, bevor. und Ehebruch, m., spätmhd. ehruch m.
eines adverbiellen e (h ist dann hiatusfüllend Ehefrau, f., mhd. evrouwe f. Ehegespons,
zwischen getreten) aus mhd. e, geschwächt m. n. {-ses, PL -n): s. Gespans. Ehehaften,
aus er, ahd. er, adv. (auch konj. und präp.) PL: rechtsgültiges Hindernis. Mhd. ehafte,
«früher»; dazu asächs.-afries. er, ndl. eer, ahd. ehafti f. ist «Recht, Pflicht», abgeleitet
ags. cer, engl, ere, got. airis «früher». Dies von mhd.-ahd. ehaft «gesetzmäßig, rechts-
ist das Adv. Komp. (mit abgefallener
des gültig», s. echt. Ehehalt, Ehalt m.: Person,
Komp.-Endimg außer im Got.) und steht die vertragsmäßig der Dienstbote eines an-
neben dem adjektivischen got. airiza, ahd. deren ist; PL Ehehalten «Hausgesinde». In
eriro, mhd. irre, erre «der frühere». Der Schwaben, Bayern, ÖsteiTeich. Mhd. ehalte,
Positiv findet sich als got. air, ags. ter, ahd. elialto m.: der das Gesetz Haltende, (a) das
anord. är, adv. «frühe». Vgl. auch erst und göttliche: «Priester», (b) das eines andern:
ehest, ehe gehört weiter zu gr. äpicxov n. «Dienstbote». Ehekrüppel, m.: gebrech-
(aus *äi€picTov) «Frühstück», fipi «in der Hcher Ehemann. Bei Henisch 1616. ehelos,
Frühe», aw. ajard «am Tage». Die Form adj. u. adv. Bei Luther, mhd. elös ist «außer-
ehe in md. Quellen des 15. Jh., dann der halb des Gesetzes stehend». Ehemann, m.,
Kanzleisprache geläufig, wird auch von mhd. eman m. Ehepakten, PL: gegen-
Luther gebraucht (Dasypodius 1537 hat eh, seitiger Heiratsvertrag. Bei Ludwig 1716.
Maaler 1561 ee). In dem Adv. eher ist die Vgl. Pakt. Ehestand, m. Bei Luther.
Komp.-Endung angefügt, bei Luther noch ehedem, adv.: vor dieser Zeit. Erst bei
selten neben ehe, Stieler 1691 hat (S. 359) Adelung 1774. Friiher dafür ehedes, ehe-
für das Adv. eher. Als Präp. ist ehe- nur '

dessen (Geliert verm. Sehr. 1, 24), mhd.-ahd.

noch in ehedem, ehedessen, ehegestern, ehemals e des. ehe hier als Präp. wie häufig mhd. e.
(s. d.) erhalten.
I
ehegestern, adv.: vorgestern. Mhd.
Ehe, f. (PI. -n): gesetzliche Verbindvmg egester, spätahd. er-, egestere, egesteren, d. i.
von Mann und Weib, ^ßt Anfügung der e, er als Präp. mit dem Dat. gester e, gesteren;
'

Endung -e (h ist hiatusfüllend zwischen- dazu ndl. eergisteren, ags. cergistrandceg.


geschobenj aus mhd. e, früher ewe f., ahd. Ehehaften, -krüppel, -lieh usw., s. Ehe.
26*
407 ehemals Ehre 408

ehemals, adv. Mlid. e mäles, d. i. e als noch «ansehnlich, vornehm; redlich, ohne
Präp. mit dem Gen. von mal «Zeitpunkt» Falsch: ziemlich, anständig», während heute
(s. Mal), bei Luther noch getrennt ehe mals. neben allgemeinen Bedeutung «zuver-
der
sonst auch ältenihd, ehenicd. ABL. ehe- lässig in bezug auf fremdes Eigentum» die
malig, adj. Bei Stieler 1691. von «tüchtig, ordentlich, ziemhch» vorliegt.
Ehemaun, s. Ehe. ehrsam, adj. u. adv., mhd.-ahd. ersam «ehr-
eheilder,adv. eher. Oberdeutsch (älternhd.
: bar», so auch im altern Nhd., besonders in
auch in der Literatui-, z. B. bei Albertinus, Titeln üblich und dann im Gefühlswert
Grimmeishausen). Mit Anlehnung an ehe und sinkend. ZUS. 1) mit Ehr-: ehrerbietig,
angetretener Komparativendung zurückgehend adj. u. adv. Schon im 15. Jh., wie auch
auf mhd. end, ent, konj. «ehe, bevor», ahd. enti Ehrerbietung, f. (Germania 28, 365), Ehr-
«früher»; dazu ags. end, anord. äär «vorher», erbietigkeit, f. 1562 bei Mathesius Sa-
lat. ante «vor» usw. repta 131^. Von mhd. einem ere erbieten.
Ehepakten, s. Ehe. Ehrfurcht, f., am Ende des 17. Jh. auf-
eher, s. ehe. Vgl. auch wannehr. gekommen (1698 bei Chr. Gryphius poet.
ehern, adj. aus Erz bestehend.
: Bei Luther Wälder 303), aber noch 1759 von Domblüth
ehrn und (unter Einfluß von kupfern, steinern 139 als neu ersinnt bezeichnet. Dagegen das
usw.) ehem. Aus mhd.-ahd. erin, abgeleitet Adj. ehrfürchtig schon im 16. Jh. Ehr-
von er, s. Erz. geiz, m. Bei Luther, während sonst im
ehest, Superlativbildung zu ehe. In der Iß. Jh. noch oft Ehrgeit (Alberus Dict. cc 3*),
Kanzleisprache des 16. Jh. Davon ehestens, s. Geiz. Davon ehrgeizig, adj., bei Luther,

adv.: in nächster Zeit. Entstanden mit an- daneben wie bei Alberus und Maaler.
ehrgeitig,
getretenem s aus dem Gen. des ehesten (da- ehrlos, adj. u. adv.Mhd.-ahd. erlös, ags.
neben auch ältenihd. ehestes). ärleas. Ehrsucht, f. Bei Luther. Ehr-
Ehestand, s. Ehe. WÜrde, f., im PI. Ehrwürden, Titel geist-
Ehre, f.: das Ansehen, das jemand auf licher Personen. Lu 16. Jh. Davon das Adj.
Grund seiner Stellung oder seiner Vorzüge ehrwürdig, mhd. ertvirdic, auch als Ehi--
genießt, sowie die Bekundung dieses Ansehens bezeichnung für geistliche Personen üblich.
durch andere, Auszeichnung; das auf dieses 2) mit Ehren-: Ehrenamt, n., 1536 bei
Ansehen begmndete Selbstbewußtsein. Schon Polychorius fiueton iS^ ehrenämpter. ehren-
bei Luther und DasyjDodius 1537 mit dehnen- fest*, adj. Spätmhd. erenvest als auszeich-
dem h Ehre. Mhd. ere, ahd. era f.; dazu nendes Beiwort. Ehrengericht, n.: Ge-
asächs. era f. «Ehre, Schutz, Gnade, Gabe», richt, das -in Ehrensachen entscheidet. Bei
ndl. eere f., ags. är f. «Ehre, Glanz, Gnade, Adelung, ehrenhaft, adj. u. adv., 1598
Hilfe», anord. eir f. «Gnade, Barmherzigkeit», bei Sebiz Feldbau 404 ehrnhafft, dafüi-
(entlehnt) schwed. ära, dän. äre f. Got. mhd. erhaft. Ehrenmann, m., frühnhd.
wäre aiza f. anzusetzen, zu dem aistan «sich (Murner Narr. 13, 74). Ehrenpreis, m., die
vor jemand scheuen, ihn achten» gehört, das (vor andern heilkräftige) Pflanze veronica.
mit lat. aestimäre «würdigen» verwandt ist. 1500 in Brunschwygs Kunst der Destillirung
Dazu weiter gr. mboiuai «scheue, verehre», und 1540 in Bocks Kräuterbuch 76*^ erenhreiß,
aibdic «Ehrfurcht, Scheu, Scham», und viel- 1571 in Cai'richters Kräuterbuch und 1574 bei
leicht auch ai. ide «verehre, preise, flehe an». Fischart Gnom. 42 Erenwerdt, auch Grund-
Doch bleiben lautliche Schwierigkeiten. Vgl. heil {Grundtheyl bei Fuchs 1542) und _He?7
Walde s. v. Ehren, Ehrn vor Namen (z. B. aller Schaden, Heil aller Welt (schlesisch).
Ehren Loth Bürger 226) gehört urspr. nicht ehrenreich, adj., mhd. erenrich. ehren-
hierher, sondern geht zurück auf mhd. ern rührig, adj., frühnhd. Ehrcnsold, m.,
(zum Nom. er), abgeschwächte Form aus von Campe gebildet. ehreUTOll, adj., 1616
herren (zu herre). ABL. ehrbar, adj. u. bei Henisch 811. ehrenwert, adj. u. adv,,
adv. Mhd. erhcere, dazu ndl. eerhaar. ehren, bei Luther. Ehrenwort, n.: Aussage, für
V., mhd. eren, ahd. eren, erön; dazu asächs. die man seine Ehre zum Pfände setzt, 1789
erön, ags. ärian. ehrlich, adj. u. adv. Mhd. bei Ludwig; fiiiher in der Bed. «höfliche
erlich, ahd. erlih «anständig, herrlich, ehren- Redensart», 1661 bei Maaler Eerenwort, wäh-
haft»; dazu asächs. erlik, ags. ärlic. Ehrlich rend Henisch 1616 Ehrwort hat und schon
bedeutet im altem Nhd., z. B. bei Luther, 1512 Mumer Narrenbeschw. 88, 17 Erwort.
409 £i Eichhorn 410

Ei, u. [-es, PI. -er sieh aus dem weiblichen


) :
^
Eiche, f., der Waldbaum lat. quercus.
Organismus ablösender, den Keim zu einem Mit Anfügung eines Luther) aus mhd.
e (bei

jungen enthaltender minder Körper. !Mhd. ei eich, selten eiche, ahd. eih f.; dazu and. ek,
(PI. auch eiger), ahd.-and. ei, PI. eigir n.: da- ndl. eik, eck, ags. äc, engl, oak, anord. eik (all-
zu ndl. ei, ags. ceg, engl, (aus dem Xord.) egg, gemein «Baiun»), schwed. ek, dän. eg f. Auf
anord. egg. schwed. ägg, dän. eg n., got. nur die gleiche Wurzel gehen wohl zui-ück griech.
im Krimgot. als ada belegt. Als verwandt sieht aiYcipoc f. «Schwarzi^appel» (?), aiTiX.uJHJ m.
man an lat. Ovum n., griech. iLiov, ujov n., «Eichenart mit süßen Früchten», lat. aesculus f.
altir. og, altbulg. jaje n., obgleich die Laut- «Bergeiche». Vgl. Walde s.v. ABL. Eichel,
verhältnisse nicht ganz klar sind. Das germ. f.: Fracht der Eiche eichelähnlicher Köiioer:
:

Wort geht auf ajoyn oder ajjotn zurück, wäh- Karte mit dem Bilde der Eichel. Mhd. eichel,
rend im gl', und lat. ein w in dem Worte ahd. eihhila f.; dazu ndl. eikel, ekel m. Ge-
steckt. VieDeicht istgeschwunden,
ic idg. wöhnlich als diminutive Bildung erklärt,
j

Redensart: sich um ungelegte Eier kümmern weil die Frucht der Eiche gleichsam Kind
schon im 16. Jh. (Gombert ZfdW. 1, 354). des Baumes ist, vielleicht aber aus aiki-kila
-ei, betonte Ableitungsendung weiblicher und letzteres zu lit. gile, abg. zeloßi, lat. glans,
Substantiva, die eine Eigenschaft des Grund- gr. ßciXavoc f. Als Farbe imKai-ten-
«Eichel».
wortes, das Gewerbe der Person oder den spiel Eicheln, 1575 im Theatrum diabolorum
Ort, wo es betrieben wird, eine Gesamtheit 439^ Eycheln (von 1561), 1559 bei H. Sachs
eine Wiederholung (oft mit tadelndem Sinn) 23, 167 Aicheldaus. eichen, adj. ^Ihd. eichin,
usw. bezeichnen, z. B. Kinderei. Bäckerei. ahd. eihMn, ndl. eiken. Auch in ZUS. ^^ie Ei-
Reiterei, Bettelei. Aus älterm Eichicht, n.: Eichenwald. Mit an-
-eie, mhci. chenholz.
-te, entlehnt aus der altfranz. Endung -ie, getretenem t aus mhd. eichach, ahd. eihhahi n.
die von fremden Wörtern auch auf deutsche -Eiche, f. (PI. -n): Handlung, Amt des
Bildungen übertragen ist. Erweitert -erei Eichens: Eichzeichen. Spätmhd. tche f. Von
und -elei (z. B. Zankerei, Liebelei). eichen, v.-. ein MaßgeschiiT von Obrigkeits-
ei! Interj. der Verwunderung, der Freude, wegen abmessen und dem gesetzlichen Maße
des Spottes. 'Süid. ei, daneben eia, vgl. das gleichmachen. In der 1. Hälfte des 15. Jh.
gleichbed. lat. eia, gr. eia, eia. Dazu eia ichen, daneben auch ichten, kaum aus ächten,
popeia. eieil,v.: liebkosen. In derKinderspr. Nebenform von achten «bestimmen, abschät-
Eibe, f. (PI. -n): der Taxus, ^lit Ver- zen», mit dem das Wort nur zusammenge-
wandlung eines w ia h aus mhd. iwe «Eibe», worfen wurde. Mnd. ike f. ist «Eichzeichen,
auch «Bogen aus Eibenholz», ahd. twa und aber auch «Lanze», daher Eichinstniment»,
iga f., igo m., dazu and. ich, ags. iw und Gnuidbed. «spitzes Instniment» an- wohl als
eoh m., engl, yew, anord. yr m. Diese Formen zusehen, ndl. ijk m. «Eichzeichen» und ijken.
fühi'en auf eine gemianische Grundform ihivö Entlehnung aus lat. aequäre «eichen» ist un-
mit Guttural, der auch noch in Schweiz, iche, wahrscheinHch. Somit unbekannter Herkunft.
ige vorliegt. Die Wörter der verwandten Die Schreibung Aiche, aichen erst bei Frisch
Sprachen zeigen dagegen nui* iv, altir. eo, 1741. Adelung verlangt Eiche, eichen.
kjmr. i/iv «Eibe», abulg. iva f. «Weide», lit. Eichel, 5. Eiche.
jievä f. «Faulbaum;, preuß. iuwis «Eibe». Eichhorn, n., das von Baum zu Baum
Sind also die Worte nicht aus dem Germa- springende Waldtier, lat. sciunis. Mhd. eichorn,
nischen entlehnt, was unwahrscheinlich ist, ahd. eihhoim m.; dazu ndl. eekhoren m., ags.
und hängen sie überhaupt zusammen, was äcwern n., äcweoma, anord. ikorni m., schwed.
man kaum wird ablehnen können, so muß ekorre, ikom, dän. egern m. Im Hd. an
der Guttui-al Germanischen sekundär Eiche xind Hörn angelehnt; die Grundform
des
entstanden Ins Romanische war wohl *aik-wern, dessen zweiten Bestand-
sein, vgl. .Tugend.
wurde das Wort aufgenommen als franz. if teil Much ZfdA. 42, 166 mit Recht zu abg.
m., span.-port. iva f., mlat. ivus. ABL. veverica, preuß. vevare, lit. vovere f. «Eich-
eiben, adj. Mhd. iidn. Auch in Eiben- horn», lit. vaivaras m. «Männchen vom Iltis ]

bäum, mhd. iwinboum m. und Frettchen», lat. viverra f. «Frettchen»


Eibisch, m. {-es, PI. -e): eine raalven- gestellt hat. Vgl. noch Zubaty Arch. f. slav.
artige Pflanze. Mhd. ibesche, ahd. ibisca f., Phil. 16, 418 f. Gewöhnlich als Dim. Eich-
aus griech.-lat. ibisaim n., griech. ißicKoc m. hörnchen n., auch Eichkäfzchen.
;

411 £id eigen 412

Eid, m. {-es, PI. -e): feierliclie Ver- schwed. ejderdnn, dän. ederduun n. Bei Hübner
sichening bei etwas, was uns heilig ist, zu 1727 Eiderdune, auch noch bei Voß a.a.O.;
voller Bekräftigung; die Formel dieser Ver- Eiderdaun n. bei Göckingk 2, 55, Eiderdon n.
sicherung. !Mhd. eit (gen. eides), ahd. eid m., bei Wieland 18, 87.

dazu altsächsisch eth, ndl. eed, ags. äß, engl. Eidgenoß, -schwur, s. Eid.
oath, anord. eidr, schwed.-dän. ed m. Es Eierklar, n.: Eiweiß. Mhd. eierklär n.
entspricht aü-. oeth. Vgl. über weitre Er- «das Helle (Klare) des Eies». Eierkuchen,
klärungen ühlenbeck Btr. Meringer m., spätmhd. eierkuoche
30, 258, m. Eierweck, m.:
Idg. Forsch. 18, 295. ABL. adj. Weck (Gebäck) aus Teig, der mit Eiern
eidlich,
u. adv. Bei Stieler 1691. ZUS. eidbrüchig, mürbe gemacht ist. Bei Wagner Kinder-
adj. Bei Henisch 1616. Eidgeuoß, m. mörderin 1. Eierweiß, s. Eiweiß.
(ssen, PI. -ssen) Eideshelfer, Schwurgenosse
: Eifer, m. (-s) leidenschaftUche En-egung,
:

einer durch einen Eid verbundenen staat- besonders aus Streben wonach; Fleiß. Bei
hchen Gemeinschaft Angehöriger. Mhd. Luther eiuer, wie. auch sonst älternhd. bei
eitgenöge, eitgenö^ m. Davon Eidgenossen- Mitteldeutschen, z. B. Gryphius. Zuerst 1494
schaft, f. Spätmhd. eifgenoßschnft f. Eid- yfer m. «Eifersucht» (Brant Narr. Nr, 89, 19),
SChwiir, m. Bei Dasypodius 1537, ahd. schon frülier begegnen obd. eifern, Eifrer,
dafür eidsicart f. eifrig s. u. Bei Luther zuerst allgemein für
Eidam, m. {-S, PI. -e): Tochtermann. leidenschaftliche Erregung (namenthch Zorn)
Bei Luther auch Eidem, sonst älterahd. ge1)raucht, vgl. darüber die Stelle bei Dietz
Eiden (Alberus Dict. Hh4'^ eyden, 1537 bei 1, 492. Aus dem Hd. entlehnt nd. iver, ndl.
Schaidennreiszer 12^ ayden). jVIhd. eidem m. ijver, schwed. ifver, dän. iver m. Grund-
«Tochtermann, auch Schwiegei'vater», ahd. bed, wohl «Herbigkeit», da ahd, eibar, eivar,
eidum, eidam m.; dazu mnd. eidnm, afiies. ags, äfor «herb» verwandt zu sein scheint,
äthom, ags. ädinn m. «Schwiegersohn». Ge- —
eifern, v., im Anfang des 15. Jh. iferen
wöhnlich zu Eid gestellt, also «dui'ch Eid als Subst. «Eifersucht», um 1480 im Voc.
Verbundener», vgl. engl, son-in-laiv, aber ine. teut. d 6*^ eifern «zelotipare», 1482 im
dabei wird die Ableitung nicht erklärt, und Voc. theut. f 6^ eyffern, auch später obd. in
der Ursprung ist daher wohl anderswo zu der Bed. «eifersüchtig sein» (Albertinus Lustg.
suchen. 17^^), bei Luther in der jetzigen, S. auch
eidbrüchig, s. Eid. üferh. ABL. Eiferer, m,, schon im 14, Jh,
Eidechse, f., nach dem Obd. auch Eidechs, bei Megenberg eifrcer m, «Haustyrann, Eifer-
m. (Wieland Oberon 11, 19): vierfüßiges süchtiger», auch öfter im 15, Jh, eifrig,
Amphibium mit langem Schwänze. Mit Auf- adj, u, adv.: leidenschaftlich, heftig; fleißig.
lösung eines g aus mhd. egedehse, ahd. egi- Im altern Obd. «eifersüchtig», wie nhd. bei
dehsa f.; dazu and, egithassa und ewidehsa, Keisersberg und Luther. Zr*S. Eifersucht, f.
mndl. eggedisse, nndl. hagedis, haagdis, ags. Bei Hans Sachs (z. B. Fastn. 17, 27), eig.
ädexe f., engl. ask. Der 1. Teil ei- des zu- «Ki'ankheit des Eiferns» (entsprechend bei
sammengesetzten AVortes gehört kaum zu Hans Sachs lastersucht u. a.), sonst älternhd.
mhd. ege, ahd. egi f., got. agis n. «Fui-cht, dafür oft Eifer (Fischart Ehez. G 2^). Davon
Schrecken» (wie ahd. egetier n. «Ungeheuer, eifersüchtig, adj. Bei Stieler 1691.
eig. Tier des Schreckens»), sondern eher zu eigen, adj.: angehörig; ausschließlich an-
griech. öcpic, skr. ahist «Schlange», der 2. Teil gehörig: sonderbar (Adelung «im gemeinen
ist dunkel. Indem man fälschlich Eid-echse Leben»). Mhd. eigen, ahd. eigan; dazu asächs.
teilte, kam man zu dem Wort Echse (s. d.). egan, ndl. eigen, ags. ägen, engl, oivn, afries.

Eider, m. (-.s, PI. wie Sg.), f. (PI. -n): eigin, anord. eiginn, schwed.-dän. egen. Eig.
Eidergans, anas moUissima. (Das Mask. bei das starke Part. Prät. des V,, mhd. eigen,
Voß Luise 3, 2, 604). Durch das Nd. aus dem ahd. eigan, asächs. egan, ags. ägan, got. aigan
Nord, entlehnt, Island, ce^r (gesprochen eißer) f. (Präs. aih, Prät. aihta) «haben, besitzen».
Verwandt ist aind. Ig «besitzen» mit dem
«Eidergans», vgl. engl, eider, eiderduck, schwed.
ejder m., Eider, f. (Haller Part. Igänas, aw. isan- «Herr über etwas».
dän. ederfugl.
Alpen 2) tmd Eider, n. (Schiller Räuber 1,3): Davon Eigen, n. j\Ilid. eigen, ahd. eigan
Flaumfeder der Eidergans. ZUS. Eider- n,: dazu asächs, egan n,, anord, eign f., got.
daune, f. Aus dem nd. eiderdune, (entlehnt) aigin n. «Eigentum, Vennögen». eigens,
413 eignen ein 414

gemtivisches Adv. Bei Adelung 1774. ABL. ags. ealand, egland. igland, engl. isJand, anord,
eignen, zu eigen machen, mhd. eigenen, eyland, dän. eiland n. «Insel», die zusammen-
v.:

ahd, eiganen; eigen sein (frühnhd., jetzt nur gesetzt sind mit einem Worte, das unserm
poetisch). Kefl. sich eignen «wozu passen» Aue (s. d.) entspricht, also eigentlich s, v. a.
(von Campe für sich qualifizieren gebildet). «im Wasser liegendes, von diesem umflossenes
Eigenheit, f. (zu eigen in der 2. u. 3. Bed.), Land/.
mhd. eigenheit f. Eigenschaft, f., mhd.
Eile, f.: Eifer, Geschwindigkeit wozu.
eigenschaft, spätahd. eiginscaß «Eigentum, Mhd. 7le, ahd. ila f.
f. Von eilen, v.: auf
Eigentümlichkeit». Damit zusammengesetzt ein Ziel hin geschwind sein, mhd.-ahd. ilen:
Eigenschaftswort, n., bei Adelung 1793. dazu asächs. Üian, ndl. ijlen «sich strebend
eigentlich, adj. und adv. Mit eingeschobe- bemühen, wonach mit Eifer tätig sein», aus
nem t aus mhd. eigenlich «eigentümlich, aus- dem Deutschen schwed. ila, dän. ile. Viel-
drücklich, bestimmt»; in der letzten Bed. leicht mit ags. ile m., anord. u. noch norw. il f.
namentlich das Adv. eigenliche. Eigen- «Füßsohle», afries. ile «Fußballe, Schwiele»,
tum, mhd. eigenhiom, n. Davon Eigen- zur Wurzel aind. i ..gehen», lat. ire, griech.
n.,

tümer und eigentümlich, ievai. Von Sievers Idg. Forsch. 4, 340 aus
(spätmhd.)
adj.: als Eigentum angehörig (frühnhd.); Hdlä ei'klärt, und zu anord. f<f, iäi. «Studium»
überhaupt «eigen, sonderbar» (noch nicht gestellt. Davon eilends, adv., eigentlich
bei Campe 1807). ZUS. eigenartig, adj. Genitiv des Part. Präs. von eilen. Lu 15. Jh.
Bei Campe 1807. Eigenbrötler, m.: Son- bei Tucher Baumeisterb. 128, 8 eilentz, bei
derling, eig. der eigenes Brot backt, einen Luther auch eilend. ABL. eilig, adj. u. adv.
eigenen Haushalt führt. In dieser Bed. ]\Ihd. ilec, ahd. Ute «eifrig, eilig ., ZUS.
schon im altern ]S'hd. Vgl. mhd. einhrcetec Eilbote, m. Nach Kindlelien 1781 ein neu-
«der sein eigenes Brot hat». Eigenliehe, f., gebackenes Wort, eilfertig, adj. u. adv.
bei Stieler 1691. Eigenloh, n., bei Luther Im 17. Jh. (Schottel 349). Eilwagen, m.,
als eigen loh. eigenmächtig, adj., im Nachbildung von Eilpost, das Campe für
16. Jh. Eigenname, m., bei Luther als Diligence vorschlug.
eigen name. Eigennutz, m., im 15. Jh. eilf, s. elf.

(Liliencron 1, 558), bei Luther getrennt eigen Eimer, m. (-.s-, PI. wie Sg.): Wasser-
nutz. Davon eigennützig, adj. Eigen- '

gefäß mit übersehendem Bügel zum Tragen


sinn, m., bei Luther als eigen sinn, wälu-end und I
Schöpfen ; ein Flüssigkeitsmaß. Mit
das Adj. eigensinnig schon im 14. Jh. vor- Assimilation des mh aus mhd. eimher, einher,
kommt als «freiwillig», im 15. in der jetzigen auch eimer, ahd. einibar, einbar m., und abge-
Bed. Eigenwille, m., im 15. Jh. als eigen leitet eimhert, dazu and. enibar m. n.,
eimhri n. ;

tvill, während das Adj. eigenwillig, schon ndl. emmer m. Scheinbar zusammengesetzt
mhd. erscheint. aus ein und -har von ahd. heran «tragen»,
^eignen, v.: zu eigen machen, s. eigen. also eig. «Gefäß mit einem Griff", einträgiges
"eignen, refl. v. in es eignet sich «zeigt Wassergefäß», im Gegensatz zu Zuber (s. d.).
sich geisterhaft an» (Musäus Volksmärchen Formen wie ahd, ambar, emher, ambri, ags.
•2, Goethe Faust 11417).
79, Mit ei für eu amber, omber m., (entlehnt) schwed. ämbar n,
aus mhd. öugenen, gewöhnlich äugen «zeigen», lassen indes einbar als volksetymologische
ahd.r/iigan, augan «vor Augen bringen, zeigen», ümdeutung eines auf gr.-lat. amphora f.
ags. eowan, got. augjan «zeigen»; refl. mhd, «zweihenkeliger Kiiag» bemhenden Wortes
sich öugenen «sich zeigen», bei Luther »ich erscheinen.
engen. S. ereignen. ^ein, zunächst Zahlwort, dann in den
Eigner, m. (-s) Eigentümer, Besitzer. Bei Pronominalbegi-ifi' übergehend, um Gleichheit
-.

Logau 2, 7, 98, Eigener 1663 bei Schottel 333. zu bezeichnen (ein und derselbe): unbestimmtes
Eiland, n. (-es, PI. -e): wasserumflossenes Pronomen irgend einer, jemand; das N, ein =
Land, Lisel. Mhd. (erst in der höfischen mit Gen, Sg. des Subst., z. B. ein Leides,
n. «Insel», gleich- ein Wesens; das N. eins als unbestimmtes
Poesie) eilant, meist einlanf,
sam abgesondert liegendes Land», Objekt in eins trinken, eins plawlern: un-
«isoliertes,
aber wohl nur angelehnt an ein und entlehnt bestimmter Artikel (auch in Wendungen wie
aus mndl. eiland (das selbst aus dem Fries, ein langes und ein breites sprechen, es ist
entnommen ist), mnd. eiland, eland, oland, um ein gutes bessei-): demonstr. Pronomen
;

415 ein Einbuße 416

zur naclidiückliclien Hervorhebung (öfter bei ÄBL. eiubildisch, adj. Im 17. Jh., dafüi-
Luther, z. B. ich bin ein guter Hirte und jetzt eingebildet, das 1759 von Dornblüth 32
in kanzleimäßigen Wendungen wie ein hohes noch bekämpft wird. Einbildung, f. bloß :

Ministerium schon im 15. Jh. Weisth. 4, 517, durch Seelentätigkeit und in derselben Da-
Uhland Yolksl. 10). Vor Zahlen steht insbesondre wenn es imbegründet
ein seiendes,

zur ungefähren Angabe, z. B. ein Mhd. (bei den Mystikern) mbildunge, f.


Eimer ist.

zwanzig Wein (Schiller Räuber 4, 3), ein Damit zusammengesetzt Einbildungskraft,


zwanzig Louis (Schiller 3, 553). Mhd.-ahd. f. Schon 1640 bei Comenius 343.
ein: dazu asächs.-afries. en, ndl. een, ags. an, einbinden, v.: in etwas bindend befe-
engl, one, anord. einn, sehwed.-dän. en. Ver- stigen, zusammenbinden; Bücher mit einem
wandt ist lat. unus (altlat. oenus), griech. oivöc, Bande versehen; als Pate dem Taufkinde
altir. öin, abg. im'i, lit. vienas, apreuß. ains. ein Geldgeschenk geben, eig. nach früherer
"ein, adv.: in das Innere (auf die Frage Sitte in die Windeln des Kindes binden (da-
wohin), z. B. Feld ein und aus Bürger 234. her Eingebinde, n. Patengeschenk) (über- :
;

Mhd. in, auch noch in, ahd. in, wie asächs.- tragen) einem etwas einschärfen, eig. «in
ndl.-afries.-ags. in, anord.-got. inn. Mit Deh- den Eid (Weisth. 1, 369), in die Pflicht binden»
nung des Vokals zur Präposition in (s. d.). (Reichsordnungen 37 von 1500). Bei Luther '^

In Zusammensetzungen mit Substantiven und z. B. 1. Mos. 43, 3 (denunciavit sub attesta-


Verben erhält ein den Ton, z. B. Eingang, tione juris jurandi, Vulgata), noch bei
eingehen, auch wenn es mit Adverbien zu- Lessing 1, 297 heilig einbinden. ÄBL. Ein-
sammengerückt ist, z. B. hinein, oder mit band, m., zu der 2. Bed. von e.
Substantiven, z. B. jahrein, feldein, waldein. Einblatt, n.: Pflanze mit einem einzelnen
einander, unflektiertes Zahlwort, in dem Blatt am Stengel. 1536 bei Brunfels 2, 72.
ander einen Dativ oder Akkusativ vertritt. einbleuen, v.: durch Schläge (Bleuen)
Schon mhd. meist unflektiert einander, da- beibringen. Bei Luther einblewen.
neben aber auch mit Flexion des ander, einbrechen, v.: l) intrans. gewaltsam
z. B. hi einandern, ahd. zeinanderen, oder in etwas dringen, mhd. inbrechen; als Zeit
mit Flexion beider Wörter, z. B. zuo einen oder zeitliche Erscheinung mit Geschwindig-
anderen. keit,mit Macht anfangen zu sein, zunächst
einäschern, v.: in Asche legen. Von von der Nacht, dann auch vom Tage (Goethe
der Nebenform Äscher zu Äsche gebildet, 8, 283), vom Morgen
(ebenda 292). 2) trans.
s. Äschermittwoch. Um
1600 (1618 bei gewaltsam nach innen öfl"nen; brechend zu-
Schönsleder einäschern, bei Opitz eineschern), sammenreißen (Micha 1, 6). ÄBL. Ein-
sonst ältemhd. auch eineschen, wie mnd. in- brecher, m. Bei Junius 550*. Ein- —
eschen. Dagegen 1562 bei Mathesius Sar. 184^ bruch, m. Mhd. inbruch m. «gewaltsames
eineschern «einbeizen» (s. Äscher). Eindringen ».
Einback, einmal gebackenes feines
m.: einbringen, v.: in ein Inneres bringen,
Brot, im Gegensatz zu Zwieback (s. d.). Bei mhd. inbringen (davon das Eingebrachte,
Campe 1807. was die Frau mit ins Haus bringt); Ertrag
Einband, m., s. einbinden. geben (eigentlich von eingeführten Früchten)
Einbaum, m. (-s, PI. -bäume): Kahn aus einen Schaden wieder gutmachen (bei Luther).
einem ausgehölten Baumstamm. Aus dem einbürgern, v.: meist refl, sich e. «sich
Oberd, in die Schriftsprache eingedi-ungen. wo eingewöhnen, eig. sich an einem Ort als
Einbeere, f.: die jedesmal eine Beere Bürger aufnehmen lassen». In der ursprüng-
tragende Pflanze paris quadrifolia. Ahd. lichen Bedeutung bei Leibniz, in der über-
einbere (Steinmeyer-Sievers Gloss. 3, 568, 38), tragenen am Ende des 18. Jh. Davon das
mhd. einbere, embere, mnd. enbere f. Part, eingebürgert.
einbilden, v.: in etwas als Bild hinein- Einbuße, f.: Verlust durch Tätigkeit bei
drücken, einprägen. Mhd. (bei den Mystikern) etwas. Im altern Nhd. «Ersatz, Entschädi-
inbilden. Refl. sich e. «im Geist in sich als gung» (in der jetzigen Bed. bei Rädlein 1711).
Bild entstehen machen», jetzt meist von un- Von einbüßen, v.: Verlust an und bei et-
begründeten Vorstellungen, wie schon 1495 was haben, eig. zur Besserung hinein-, zu-
bei Reuchlin Demosthenes 1. Olynth. Rede S. 12 geben. Im 15. Jh. ein püßen «durch Neues
Poland einbilden «einem etwas einreden». bessern» (s. büßen). Vgl. Ausbeute.
417 eindächtis: eingefleischt 418

eindächtig, adj. (l. Thess. 2, 9): Einfaltspinsel, m.: geistig beschränkter


einge-
denk. Im 15. Jh. indcechtig, Mensch. Bei Günther 467. S. Pinsel. ABL.
vgl. andächtig.
Eindruck, m. (-es, PI, Eindrücke): das einfältig, adj.: mhd. einvaltec, umgelautet
Hinein dinicken in eine Masse und die da- einveltec «einfach, schlicht, leichtgläubig»,
durch bewirkte Vertiefung; Einwii'kung aufs ahd. einfältig, ndl. eenvoudig, schwed. enfaldig,
menschliche Gemüt. Mhd. fndruc m., liei den dän. enfoldig.
Mystikern auch in der 2. Bed. nhd. erscheint ; einfangen, v.: fangen und eintun; ab-
das Wort erst wieder bei Ludwig 1716. grenzen, mit etwas umgeben. Mhd. invahen,
einen, v. eins machen, vereinigen. Mhd.
: invän.
einen, ahd. einön,and. gienön. einfließen, v. in einen Ort fließen (mhd. :

einer, das unbestimmte persönliche Fron., m vlie^en); emlaufen (von Geldern); mit
s. ein. Für beide Personen (die männliche auf oder in, Einfluß, Wirkung haben (im
und die weibliche) kann das sächliche eins 18. Jh.); beiläufig erwähnen (18. Jh.).
gesetzt werden. Unser einer, s. unser. einflößen, v.: in etwas fließen machen
Einer, auch Einser, m. {-s, PI. wie Sg.): (1640 bei Comenius) einem etwas beibringen, ;

das Zahlzeichen 1 am Würfel das As in z. B. Wissenschaften (so noch bei Adelung),


; ;

der Rechenkunst einziffrige Zabl aus Ein- jetzt nur von Gefühlen, die erweckt werden.
heiten bestehend, im Gegensatz zu Zehner, Einfluß, m. [-sses, PI. Einflüsse): das
Hunderter usw. (1774 bei Adelung, dagegen Fließen in etwas und Ort des Einfließens;
bei AdainuRies 1529 eins). von außen kommende Einwirkung. Mhd.
einerlei, adv., auch als Subst. gesetzt mvhiß m., auch in der 2. Bed.
Einerlei n. Aneinandergeinickte Genitive, einfrieden, meist einfriedigen, v.:
mhd. einer leige, einer leie (s. -lei). zum Schutz mit einem Zaun umgeben. Zu-
einerseits, genitivisches Adv. mit ange- samm enges, mit mhd. vriden «zum Frieden
tretenem s; dafür mhd. die Akkusativver- (s. d.) bringen, in Schutz und Schirm nehmen,
bindung einstt «auf der einen Seite», im mit einem Zaun umgeben». In der letzten
Gegensatz zu andersit (s. anderseits). Noch Bed. häufiger hevriden, woneben fiühnhd.
nicht bei Adelung 1793. auch hevridigen steht. Adelung hat nur
einfach, adj. u. adv.: nur einmal ge- einfrieden, Heynatz 1795 auch einfriedigen,
nommen, nicht zusammengesetzt; schlicht; beide beanstanden aber noch das Wort.
leicht zu fassen oder auszuführen. In der Einfuhr, f.: das Hereinführen von Ge-
.

1. Bed. 1495 im Voc. rerum g 1^ und bei treide in die Scheune, von Waren in das
Luther. Land, Import. Älternhd. ist E. «das Her-
einfädeln, v.: den Faden durchs Nadel- einfahren, -kommen oder der Ort, wo man
öhr ziehen; auf feine Weise ins Werk setzen. hereinfährt»; die jetzige Bed. (im Anschluß
1678 bei Ki-ämer einfädelen, einfademen. Das an einführen) bei Frisch 1741, Adelung hat
V. fädeln mit Übergang des n in l aus Einführe. Vgl. Ausfuhr.
fadenen und dies aus fädemen, mhd. vedenien, Eingebinde, n., s. einbinden.
ahd. fadamon «mit dem Faden arbeiten, nähen». eingeboren, adj.: einem Lande oder Ort
Einfall, m. (-s, PI. Einfälle): das Fallen der Geburt nach angehörig. Mhd. ingehorn,
in etwas; Einbruch; unerwarteter Gedanke. neben inborn, imhorn, zusammengesetzt mit
Mhd. tnval m., bei den Mystikern auch in dem Adv. ein. Dagegen eingeboren, adj.:
der 3. Bed. einzig durch Geburt. Mlid. eingehorn neben
Einfalt, f.: Einfachheit; sittliche Ein- einhorn, zusammenges. mit dem Zahlwort ein.
fachheit; ungekünstelter treuer Natursinn; eingebracht, s. einbringen.
Beschränktheit und Ungeschicktheit des eingebürgert, s. einbürgern.
Geistes. Mhd. einvelte, ohne Umlaut des a eingedenk, adj.: im Innern gedenkend.
einvalte, einvalt f., ahd. einfaltl f. Dazu got. ^Ihd. ingedenke neben indenke. Vgl. gedenk.
ainfalpei f. «Gutmütigkeit», schwed. (aus dem eingefleischt, adj.: in fleischlicher Ge-
Deutschen) enfald f.; ndl. eenvoud m. «Ein- stalt erscheinend; in oder zu Fleisch und
heit, Singular». Abgeleitet von dem Adj. Blut geworden; in Köi-pergestalt wirkend,
mhd. einvalt, ahd. einfalt, asächs. enfald, ags. leibhaftig. Verdeutschung des kii-chlich-lat.
änfeald «einfach», got. ainfalßs «schlicht, incarnätus, Part. Pei*f. Pass. von incarnäre.
arglos». S. -falt. Damit zusammengesetzt Bei Luther.
We i gan d , Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 27
419 eingemacht Einkorn 420

eingemaclit, s. einmachen. -hurno als Ableitung von hörn n. «den Ge-


eingenommen, s. einnehmen. hörnten» bedeutet. Dazu ags. änhyrne deor
Eingeweide, n.: die Köi-perteile im «das eingehörnte Tier», auch änhorna, än-
Irmeni der Bnist- und Bauchhöhle. Älter- horn m.
nhd. auch Ingeweide (z. B. bei Luther 1, 260'', einhotzeln (Bürger Kaiser und Abt),
noch bei Adelung erwähnt, aber in der besser einhutzeln, v.: einschi-umpfen. Zu
Bibel immer E.). Mhd. ingeweide n. «Ge- hutzel «getrocknete Birne», s. d.
därme», ursprünglich bloß geiveide n. (noch -"^einig, adj.: nur ein (in dieser Bed. jetzt

ältenihd. Geivaid n. bei Gäbelkhover 4 u. 213). durch einzig verdrängt, doch noch bei Lessing,
Kollektiv von tveide, ahd. weida f. «Futter, Goethe, Schiller); (auch veraltet) allein; in
Speise, genossene Speise», dann «die innem eins zusammengehörig; ganz gleichen Sinn,
Körperteile, die die Speisen in sich auf- Willen usw. habend (diese Bed. bei Luther).
nehmen, das Gedärme», vgl. auch weiden, Mhd. einec, einic, ahd. einac, dazu asächs.
ausweiden. Das in- wie bei gleichbed. spät- e)iag, ndl. eenig «einzig, allein»; dafür got.
mhd. ingedärm, ingereite, mhd. ingeriusche n, (mit schwacher Flexion) ainaha «einzig».
(s. Geräusch 2). Wohl aus der Jägersprache Abgeleitet von ein. ABL. Einigkeit, f.:
übernommen. mhd. einecheit, ahd. einigheit f. «Einzigkeit,
eingezogen, s. einziehen. Einheit, Einsamkeit». Bei Luther auch die
einhändigen, v.: in die Hand über- jetzige Bed. S. auch einigen.
geben. Bei Duez 1664, aber schon 1618 bei "einig, pron. (veraltet) irg'end einer;
:

Londorp acta publica 1, 375 ** Einhändigung. nicht viel, im PI. etliche (auch in einige
Vgl. aushändigen. zwanzig usw., d. i. «einige über zwanzig»).
einheimisch, adj.: dem Land, Ort, Haus Ahd. einig-, dazu asächs. enig, ndl. eenig, ags.
als in ihnen lebend angehörig. Ln 15. Jh. mnig «irgend einer». Abgeleitet von ein.

inheimisch «zu Hause», zu ahd. inheima f. Im Mhd. erscheint einic «irgend einer» nur
«Heimat». Bei Luther einheimisch. in md. Quellen des 13. —
15. Jh. und ist

einheimsen, v.: von außen nach Hause dann auch von Luther gebraucht worden.
bringen. Bei Stieler 1691 vom Einbringen Die Bed. «nicht viel» und im PI. «etliche»
der Feldfiüchte (im Simplicissimus einheim- ist erst um 1700 allgemein geworden; an-
schen). Zusammenges. mit spätmhd. heimsen geführt bei Ludwig 1716. einigermaßen,
«heimbringen, an sich nehmen», abgeleitet adv., -1699 bei Leibniz Deutsche Sehr. 2, 122,
von heim n. einigen, in eins verbinden, Mhd,
Einheit, f. (PI. -en): das Einssern; Eins einigen, einegen, ahd, einigen (in geeinigen),
an der Zahl, Als philosophisches Wort häufig abgeleitet von einig.
bei Jak. Böhme (f 1623), dann mehrfach bei Einigkeit, s. einig.
Angelus Silesius, Leibniz und Wolff, doch Einkehr, f.: das sich worein Begeben
auch schon in Glossaren des 15. Jh. einheit zu kui-zem Aufenthalt; das in sich Gehen.
«unitas». Aus dem Hd. ndl. eenheid, schwed. Mhd. inkere f., daneben inker m. in der
enhet, dän. eenhed. ABL. einheitlich, adj. 2. Bed. (bei den Mystikern). Von ein-
Woi't der neuem Sprache. kehren, V.: zu kurzem Aufenthalt sich
einhellig, adj. u. adv.: übereinstimmend, worein begeben, mhd. tnkeren.
in eins zusammenstimmend. Mhd. einhellec, Einklang, m. {-es): in eins zusammen-
abgeleitet von dem gleichbed, Adj. einhel, ahd. stimmender Klang Gleichförmigkeit; richtiges
;

einhelli. Zu ahd. (bei Notkei') in ein hellen, Verhältnis. Im 15. Jh. einklang; die 2. Bed.
mhd. enein hellen «übereinstimmen», s. Hall. kommt um 1750 auf (Wieland Suppl. 2, 160).

einher, adv.: herzu, zunächst nach dem einkommen, v.: wo hineinkommen; sich
Lmem, wo der Sprechende sich befindet.mit einer Bitte usw. an eine höhere Stelle
Mhd. (selten) mher «herein». Bei Luther wenden (im 17. Jh,); wohin übergeben werden;
oft in Verbindung mit Verben, wo aber e. in den Sinn kommen; in die Kasse kommen.
meist wie daher die Beziehung auf ein ört- Mhd. inkomen, ahd. inqueman in der 1. Bed.,
liches Ziel verloren hat, z. B. einherfahren. die 5. ist fmhnhd. So auch als Subst.
Einhorn, n.: vierfüßiges Tier mit einem Einkommen^ n., s. Einkünfte.
Home. jMhd. einhorn n., neben einhürne, Einkorn, n. (-es) wilder Dinkel, triticum -.

ahd. einhurno m. «Einhorn, Tfashorn», wo monococcum. Mhd. einkorn n.. ahd. einchorn n.
421 Einkimft eins 422

man dieser Art Dinkel


und. einachorno m., weil Einmut, f.: tl)ereiustimmung der Ge-
nur ein Korn in jeder Hülse zuschrieb. sinnung. ^Ihd. einmuote, einmuot, ahd. *ein-
Einkimft, f., jetzt nur im VI. Einkünfte: miioti f., von dem Adj. einmuote, ahd. ein-
das an Geld oder Nutzung für sich zu Be- muoti. ABL. einmütig, adj. u. adv. Mhd.
ziehende. Mhd. (bei Jeroschin) vikumft f. einmvetec, ahd. einmuotig. Davrm Einmütig-
<' Eintreffen», die jetzige Bed, erst im 17, Jh. keit, mhd. einmnetecheit f.
bei Logau (3, Zugabe 201 Einkunß), der einnehmen, v.: in etwas hin einnehmen;
Plural 1691 bei Stieler. Von einkommen. bei sich aufnehmen (in diesen Bedd. mhd.
einladen, t. wohin zur Teilnahme bitten. innemen, ahd. innemany. in sich nehmen; in
:

Mhd. inladen, ahd. inladön. Urspr. nur mit Besitz nehmen fbei Luther); für sich ge-
schwacher Flexion, wie noch zuweilen im winnen (im 17. Jh.). Nach dieser Bed. das
18. Jh., aber durch Vemiischung mit ^laden Part. Präs. einnehmend als Adj. «gewin-
in starke Flexion übergegangen. nend» (Klopstock Mess. 83; Geliert 4, 288;
einländiscll (l.Makk. ll, 38), s. inländisch. Lessing 4, 126) und das Pai-t. Perf. einge-
Einlaß, m. (sses) das Hineinlassen und nommen. ABL. Einnehmer, m. (-s, PI.
-.
i

Ort desselben. Bei Dentzler 1709, von ein- wie Sg.): der Geld, Steuern usw. einnimmt.
lassen, V. hineinkommen lassen oder machen, Im 15. Jh.
: Einnahme, f. Im 15. Jh. —
mhd. inladen, ahd. inlägan; refl. sich ein- eiuuisteln, s. nistein. :

lassen: sich womit abgeben (frühnhd., z. B. Einöde, f.: unbewohnte, leblose Gegend.
Luther 7, 165^ Jen.). Mit Anlehnung an öde aus mhd. eincete, ein-
einlegen, v. in etwas legen, mhd. m- cede f. n., ahd. eimti n.: dazii asächs. mödi
: !

legen mit eingelegtem Zierat versehen (Lanze f. n., ags. änäd n.


; ;
Mit der Ableitungssilbe
\

e.) unter den Ann nehmen und gegen jemand ahd. -Ott von ein «einsam, allein» gebildet.
;

richten; (Ehre, Spott usiv. e.) erwerben (im einpaschen, s. paschen.


15. Jh., z. B. Liliencron 2, 92, vgl. mhd. gelt einpauken, v.: einbleuen. Studentisch,
inlegen «zurücklegen»). s. pauken.
einleucllten, v.: einpferchen, s. Pferch.
als Licht in etwas ^
dringen; und deuthch werden. Aus
klar einpökeln, s. pökeln.
der neuem Sprache bei Adelimg 1774. Davon einprägen, v.: Zeichen oder ein Bild
das Part. Präs. einleuchtend als Adj,, klar einpressen (s. prägen) zu festem Haften et-
:
;

und deutlich (Lessing 6, 374). was in das Gedächtnis bringen. 1691 bei
'

einlullen, s. lullen. Stieler einpregen.


einmachen, Gemüse
'

v. : Frucht, u. a. einquartieren, v.: in Quartier legen,


zu längerer Aufbewahrung herrichten, eig. Einlager geben. Bei Krämer 1678.
hineinlegen, hineintun in ein Gefä£. Da- einräumen, v.: in einen Raum stellen:
von das Part. Prät. das Eingemachte, n. einen Raum zum Einnehmen gewähren; zu-
Bei Henisch. Früher auch in der Bedeu- gestehen. Bei Luther, auch in der 3. Bed.
tung von «ausgemacht». Einrede, f Fiühnhd. (Brant Xan-. Xr. 111,
einmähren, s. mähren. 27 jnred). Von einreden in der Bed. «in
einmal, Zahladv. Auf einmal; auf einen eine Rede einfallend Widerspruch erheben».
Zeitpunkt: zu unvermutetem Zeitpunkte, einreißen, v.: nach innen reißen, zer-
plötzlich. Zusammenrückung des Zahlwox-ts stören; überhand nehmen, eig. von Fluten,
ein mit dem Akk. Mal «Zeitpunkt». ^Ihd. die ins Land eindringen. Die 2. Bed. im
dafür eines mäles oder zeineme male. ABL. 15. Jh. imd bei Luther.
einmalig, adj. Bei Stieler 1691. Eins, f.: Zahl oder Ziffer 1. Im 18. Jh.
einmal, Zeitadv.: zu irgendeiner Zeit, ^eins, n.: Neutrum des Zahlwortes ein,
dann als hen'orhebende Part, gebraucht. Zu- adverbialisch in eins sein, eins werden «gleiches
sammenriickung des Artikels ein mit dem Sinnes» (l)ei Luther).
Akk. Mal. Bei Keisersberg (Emeis 14*) mid ^eins, adv.: einmal. Mit eins «einmal,
Luther. plötzlich». Mhd.-ahd. eines, dazu ndl. eetis,
Einmaleins, n.: Rechentabelle. 1529 bei ags. änes, engl, once «einmal», der zum Adv.
Adam Ries Rechnung auff der Linihen 8 das gewordene Gen. des sächlichen Zahlworts eins.
ein mal eins. Im 18. Jh. veraltet, doch noch bei Lessing,
einmummen, s. mummen. Wieland, Voß, vgl. auch einst.
27*
42J einsam Einstand 424

einsam, mit sich alleiii; von sehen, n. (jetzt noch in ein Einsehen haben),
adj. u. adv.:
anderm Lebenden In Vokabularen schon mhd. (bei den Mystikern) tnsehen n.
entfernt.
des 15. Jh. (Diefenbach gl. 541*>), dann bei ABL. einsichtig, adj.: verständig. Von
Luther. Aus dem Deutschen ndl. eenzam, Adelung als Wort des gemeinen Lebens an-
schwed. eusam, dän. ensom. Gebildet von geführt.
ein «allein, für sich abgesondert». ABL. Einser, m., s. Einer.
Einsamkeit, f. Im 15. Jh. einsamcheit f. Einsiedel, m. (-s, PI, wie Sg,): entfernt
(Diefenbach a. a. 0.). von Menschen, still, einsam religiöser- Betrach-
einschalten, s. schalten. tung lebender Mensch, Eremit. Mhd. ein-
einschärfen, v. : scharf, entschieden sagen. sidele, einsidel, ahd. einsidilo m., zusammen-

Im 17. Jh. (Moscherosch ins. cur. par. 26). ges. aus ein «allein, für sich abgesondert»
VgL bei Stieler 1691 einem das Gesetz schärfen und sidilo m. «der sich wo ansässig macht»,
«eindringlich ermahnen». s, siedeln. Nachbildung von lat, monacus, s.
Einschiebsel, n. Von Gottsched Sprachk.^ Mönch. ABL. Einsiedelei, f. Bei Stieler
504 für Parenthese gebildet. 1691, in der Bed. «Einsiedlerleben» schon
einschläfern, v.: in Schlaf bringen. Bei 1622 bei Londorp acta publica 2, 1258^. ein-
Krämer 1678. Älterahd. einschlafen (noch siedeln, v. Erst im 18. Jh. Einsiedler,
bei Wieland), zu mhd. slcefen (in entslcefeii m. Spätmhd. einsidelcere , das das ältere
«schlafen machen»). Einsiedel verdrängt.
Einschlag, m. (-es): das Hineinschlagen einsilbig, adj.: nur eine Silbe habend:
und was eingeschlagen wird; bei den Webern karg an Worten. In der 2. Bed. erst im
der in den Aufzug, Zettel, eingeworfene Fa- 18. Jh, (Hagedom Fab. 61 eynsilhigt).
den, auch Einschuß, Eintrag (s. d.). In dieser einsmals, s. einstmals.
Bed. schon mnd. mslach, auch 1599 bei Kilian einspannen, v.: ein Pferd usw. in die
214 inslagh. Hd. bei Stieler 1691. Deichsel spannen: einziehen (die Nase ein-
einschlägig, adj. in Betracht kommend. gespannt bei Schiller). ABL. Einspänner,
:

Von Campe 1807 als landschaftliches Wort an- m.: ein Wagen mit einem Pferd; ein geringer
geführt. Von einschlagen: sich in ein Gebiet Fuhrmann, der einen solchen Wagen hat;
hineinerstrecken, betreifen (bei Frisch 1741). wer allein lebt. In der letzten Bed. im 18. Jh.
einschließlich, adv. Von Campe für einspännig (vom Bergbau, wer allein baut).
lat. inclusive gebildet. einst, adv.: zu einer (vergangenen oder
einschreiten, gegen fngesetzüches zukünftigen) Zeit.
v.: Bei Luther (Richter 16,
die gesetzlichen Maßregeln treffen. Noch nicht 28) noch einest. IVIhd. einest, ahd. (bei Notker)
bei Adelung 1793, aber bei Heynatz 1795 als einest, imter dem Einfluß superlati^nscher
ein Wort des Reichskanzleistils erwähnt, Bildungen hervorgegangen aus dem adver-
einschüchtern, v,: schüchtern machen. bialen Genitiv eines (s. eins) «einmal», im
Bei Campe 1807 als neues Wort. Mhd. auch «zu irgendeiner (vergangenen
einschürig, adj.: nur einer Schur jähr- oder künftigen) Zeit». Vgl, ahd. (bei Notker)
lich unterworfen. Bei Frisch 1741 einscherig, änderest «wiederum», mhd, änderst, das eben-
das auch Adelung und Heynatz noch keimen. so aus dem adverbialen Genitiv ahd. andei'es
einschustern, v.. im Schustern (Schuh- hei'vorgegangen ist. Weiter gebildet zu einsten
flicken) zusetzen; überhaupt aus eignem Ver- (schon spätmhd., auch noch nhd., z, B, bei
mögen zusetzen; in Vennögensvei'fall kommen. Schiller 1, 107. 211) und mit angetretenem
Bei Stieler 1691. Vgl. zuschustern. adverbialischen s einstens (bei Geliert 1, 65.
einschwärzen, v.: Waren heimlich über 196). ABL. einstig, adj. Erst bei Campe
die Grenze bringen; (übertragen) unvermerkt 1807. ZUS. einstweilen, adv.: bis zu fester
hineinbrmgeu. Urspr, obd. Wort, s.schwärzen, Bestimmung bestehend. Zusammenges. mit
aber in der 2. Bed. im 18, Jh, auch in Nord- weilen, mhd. wilen, s. weiland. Von Adelimg
deutschland üblich (Hermes Sophiens Reise 1774 und Heynatz 1775 noch getadelt. Bei
3, 889). Wieland auch eins weilen. Davon einstweilig,
Einsicht, f.: das Hineinsehen; Erkennt- adj. (bei Heynatz 1796).
nis, Verständnis. Lim 1700 aufgekommen Einstand, ,m. {-es, PI. Einstände) Amts-, :

(Günther 734), aber noch 1759 von Dorn- Dienstantritt; Eintritt in die Rechte eines Käu-
blüth 65 bekämpft. Älternhd. dafür Ein- fers; Eintrittsgeld, Eintrittsleistung (Goethe
425 einstehen Einwurf 426

31, 71; bei Stieler 1691 «Eintrittsschmaus»). getragenen Querfäden: (bildlich hiernach?)
Mhd. instant m.«Vorreclit beim Kaufen, Näber- Abbruch woran, ^S^achteil (durch etwas in die
kauf». Quere Kommendes, Aljhaltendes), vgl. beein-
einstehen, v.: in eine Gemein-, Genossen-, trächtigen; Handlung des Eintragens und
Mitgliedschaft eintreten (fmhnhd.): in einen Eingetragenes (in ein Buch usw.), erst in
Dienst eintreten; gewährleistend eintreten, der Neuzeit. In der 1. Bed. bei Keisersberg
gewährleisten (bei Adelung 1774); (vom Züng- intrag, bei Luther eintracht m., die über-
lein an der Wage) nach keiner Seite neigend tragene Bed. ist in der Rechtssprache des
stehen (Goethe 1, 131, schon bei Stieler 1691): spätem 15. Jh. gewöhnlich = «Einwand, Ein-
bevorstehen (Goethe49,l, 109, schoniml7. Jh.). rede, Schaden, Nachteil» (namentlich in Ein-
einstellen, v.: hineinstellen, namentlich trag tun «widersprechen»). Daneben im 16^
zur Aufbewahrung oder Rast, zur Arbeit, und 17. Jh. die Bed. «Ertrag, Einnahme, Ge-
mhd. instellen: (mit Ergänzung von Pferd) winn», wovon das Adj. einträglich «Ge-
einkehren: unterwegen lassen, aufgeben winn bringend».
(spätmhd.). Refl. sich e.: sich einfinden. eintränken, v.: zugefügtes Übel ver-
Frühnhd. (Luther 3, 49 Jen.). »^
gelten, eig. einen schädlichen Trank eingießen.
einsten, einstens, einstig, s. einst. So schon mhd. tntrenken.
einstimmen, v.: in den Klang einer eintreiben, v.: wo hinein treiben; in die
Stimme einfallen; lieifallen, zustimmen. In Enge treiben (Apost. Gesch. 9, 22), zwingend
der 2. Bed. bei Luther. —
einstimmig, belästigen (Richter 14, 17); durch Treiben,
adj. und mit einer Stimme; überein- drängend einbringen, z. B. Gelder (bei Lud-
adv.:
stimmend. Bei Ludwig 1716. wig 1716). Es einem e. «ihn büßen lassen»
einstmals, adv.: zu einer (vergangenen (frühnhd.).
oder künftigen) Zeit. Fräher einsmals (noch Einung, f. (PI. -en) das Einigwerden wo- :

bei SchillerRäuber 4, 5), mhd. eines mäles, riiber, Beschluß. Mhd. einunge, ahd. einunga
Gen. Sing, von mal «Zeitpunkt» (s. mal), mit f., von einon «einigen». ^
unbestimmtem Artikel. Stieler 1691 hat einst- einverleiben, v.: in einen Köii^er (Leib),
mals, doch läßt Adelung eins- und einstmals ein Ganzes bringen. Nachbildung des lat.
nur im gemeinen Leben zu. incorpoi'äre. Im 16. Jh., schon friiher be-
einstweilen, s. einst. gegnet einleibeii und verleiben.
einsuckeln (Goethe 39, 243), s.. suckeln. einverstanden, adj.: übereinstimmend,
einte, <Jrdnungszahlwort zu ein\ einer von Part. Prät. von sich einverstehen {Lessing 2,
mehreren. Gebildet nach zweite usw. Bei 262), «zu einem übereinstimmenden Verständ-
Schweizern (Lavater, Pestalozzi). ABL. Einverständnis, n.,
nis gelangen».
eintönig, adj. u. adv.: nur mit einem Adelung 1774 als Kanzleivvort.
bei
Ton; (in tadelndem Sinne) einförmig. In der Einwand, m. {-es, PI. Einwände). Von
2. Bed. bei Adelung 1793. Zesen 1648 in Dögens Kriegsbaukunst ge-
^Eintracht, m., s. Eintrag. bildet. Von einwenden, v.: gegen eine
'Eintracht, f.: Zusammenstimmung der Behauptung, Fordenmg usw. einschränkend
Gesinnung. Mhd. eintrahte, eintralit f. «Ver- richten. In der Rechtssprache des 17. Jh.
btindnis, Mitangehörigkeit» (md., namentlich einwärts, adv. nach innen gerichtet. Mhd.
:

in Rechtsquellen, aus nd. eindracht), wohl inwei'tes, genitivisches Adv. zu inwert, in-
mit nd. Übergang von ft in cht entstanden wart, ahd. inwart, inwarti, inwerti ader innere,
aus eintraft, vgl. ahd. eintraft «einfach», ein- inwendige», adv. inwert.
trafti f. «Einfachheit»,
zu treffen, also eig. einwohnen, v. : woiin Wohnsitz haben.
«das Trefien eines Zieles». Eingewirkt hat Bei Dasypodius 1537. ABL. Einwohner,
wohl Redensart mhd. über ein tragen m.: durch festen Wohnsitz Orts-, Landesan-
die
«übereinstimmen»; später erfolgte Anlehnung gehöriger. Mhd. in-, imvoncere m., auch
an trachten. Aus dem Deutschen nl. een- älternhd. Inwohner (noch bei Adelung 1774
dracht, schwed. endrägt f. ABL. einträch- erwähnt).
tig, adj. Mhd. (in md. Quellen) eintrehtic. Einwurf, m. {-es, PI. Eimvürfe): das
S. Zivietracht. Hineinwerfen und was hineingeworfen wird:
Eintrag, m. {-es, PL Einträge): die in Einrede. In der 2. Bed. in der frühnhd.
den Aufzucf des Webers zur Verbindunor ein- Rechtssprache (Brant Layensp. R. 1*).
427 einwurzeln eitel 428

einwurzeln, v.: Wurzel worin fassen. Eisen, n. : das bekannte Metall und daraus
Frülinhd. (Murner Schelm. 13, 24). Mhd. Verfertigtes. tsen, ahd. isan n., mit
Einzahl, f.: der Singular (s. d,). Von Ausstoßung eines r statt des ebenfalls ge-
Campe eingeführt für das friihere die einzelne läufigen mhd. isern, ahd. isarn; dazu asächs,
Zahl. Im Üb. ord. rer. von 1429 Bl. 19^ Isarn, ndl. ijzer, afries. Isern, ags. Isern, Iren,
ainczal «Einzahl» neben czwoczal «Zweizahl». engl, iron, anord. Isarn, got. eisarn n. Wahr-
Einzelheit, f. Im 17. Jh. (bei Lohen- scheinlich entlehnt aus dem Keltischen, wie
stein Armin. 2, 1294, dagegen bei Stieler 1691 bei dem anord. jarn, schwed. järn, dän. jern
Einzelheit) für «Einheit, Alleinsein», in der n. eine Entlehnung aus dem jungem Kel-
jetzigen Bed. «Detail» Campe 1807. tischen (altir. iarn) stattgefunden hat. In
ei'st bei
Bei Goethe Zu einzeln. der Wurzelsilbe kaum verwandt mit ahd. er,
dafür Einzelnheit.
— Einzelwesen, n. Von Campe für In- got. aiz n, «Erz» (s. d. und ehern). Eine
dividuum gebildet. nicht wahrscheinliche Etymologie bei Much
einzeln, adj. u. adv. eins oder jedes für ZfdA. 42, 164. S. auch eisern. ZUS. Eisen-
:

sich abgesondert. Mhd. einzeln, enzeln, auch hahn, f. Um 1830 erscheinend. Eisen-
verstärkt alenzeln (in md. Quellen), adv., eig. heißer, Eisenfresser, m.: einer, der sich
Dat. Plur. der seltenen Adj. einzel «für sich seiner Kriegstaten liihmt, Prahlhans. Eisen-
abgesondert». Abgeleitet von dem gleichbed. heißer bei Murner Schelmenz. 11, mhd. tsen-
seltnen mhd. Adj. einez, einz, ahd. einaz (ab- M^; Eisenfresser bei Luther 1, 388^ u. ö. Nach
geleitet von dem Zahlwort ein), dessen Dat. mhd. isen e^^en, isen freß^en, von Kriegern,
PI. mhd. einzen, ahd. einazem als Adv. «einzeln» die sich selbst vor dem Härtesten nicht scheuen.
ausdiückt. Darauf geht auch mhd. einzeht eisen, v. zu Eis erstarren, mhd. isen, ahd.:

(noch jetzt obd.), einzlich, einzelinc «einzeln», isen; das Eis auf-, abschlagen (bei Adeliuig).
sowie einsig zurück. Bei Luther lautet das Eisenhut, m. (-es): eine Giftpflanze. 1546
Adj. noch doch tritt in der prädika-
einzel, im Dioscoiides 127'' eisenhüttle. Mhd. isen-
tiven Stellung dafür auch das Adv. einzelen huot m. ist «eiserner Helm».
ein (Jes. 49, 21. 51, 2). Die Form einzel, im Eisenkraut, n. (-es) : die Pflanze verbena.
17. Jh. häufig, erhält sich von Adelung als Mhd. isenkrüt n., ahd. dafür isarna und isanina
obd. bezeichnet noch im 18. Jh. {einzle Haller f., eig. «die Eiserne», gemäß der lat. Benen-
146, einzier Lessing 8, 47) und wird noch von nung ferräria (herha), gr. cibripixic f.
Uhland und Rückert gebraucht (z. B. einzlen eisern, adj.: von Eisen; eisenhart. Mhd.
3, 140). isernin, daneben von der Form iser gebildet
einzig, adj.: ausschließlich einer; vor iserin, isern und von isen aus isenin, ahd.
aDem seiner Art vorzüglich. Mhd. einzic, einzec isarntn, isamn; dazu asächs. Isarnin, ndl.
«einzeln», der Dat. Plur. einzigen als Adv. ijzer en, ags. Isen, Iren, got. eisarneins. Alter-
«einzeln». Abgeleitet von mhd. einez, ahd. nhd. auch eisen (zuweUen bei Luther).
einaz, dem Ntr. des Zahlworts ein «einzeln». eisig, adj.: voll Eis, beeist; eiskalt. Mhd.
Der ältre Ausdi'uck für einzig ist einig, s. d. isec; dazu ndl. ijzig, ags. tsig.
Eis, n. (Gen. Eises): gefrorne Flüssigkeit. Eiß, m. {-es, PI. -e), auch Eiße, f. (PL
Mhd.-ahd. is n.; dazu ndl. ijs, afries.-ags. is, -n): Blutgeschwür, s. Eiter.
engl, ice, anord. iss m., schwed. is m., dän. EiSTOgel, m. Art smaragdgrüner Wasser- :

is n., zu aw. isav- Adj. «frostig, eisig», afghan. vögel. Mhd. isvogel, ahd. isfogal m. Der
asai «Frost», Pamirdial. is «Kälte». ZUS. Name, weü der Fische fressende, an Bächen
Eishahn, f. 1691 bei Stieler. Eishär, m.: nistende Vogel nach der Sage zur Winterzeit
Bär der Eismeere. Bei Adelung 1774. Ndl. brütet.
ijsheer, schwed. ishjörn m. eitel, adj.: leer; gehalt-, wertlos; gehalt-
Eishein, n.: Hüftbein. Aus dem Nd., lose, hohe Meinung von sich oder Eignem
and.-mnd. ishen, ndl. ijsheen n., (nach Kluge habend; nichts seiend als. Davon das Adv.
auch [wo belegt?]) ags. isbän. Der 1. Teil eitel «nichts als, nichts mehr als»; vielfach
der Zusammensetzung ist dunkel. Bei Henisch vor Substantiven, z. B. eitel Brod und in dem
1616. Wahrscheinlich liegt volksetymologische Eigennamen Eitelfritz «allein Fritz». Mhd.
Umgestaltung eines altem Wortes unter An- itel, ahd. ital <:<leer, ledig, nichtig, rein, nichts
lehnung an Bein vor. Aber daß gr. icxiov n. als — seiend»; dazu asächs. idal, ndl. ijdel,
«Hüftgelenk» verwandt sei, ist nicht sicher. ijl, ags. idel, engl, idle «leer, nichtig». Als
429 Eiter el 430

ursprüngliche Bedeutiuig nehmen viele «glän- klaren Zusammenhang mit dem urspr. ober-
zend, nur scheinend» an und vermuten dann deutschen heikel (s. d.). Vgl. noch Schroe-
Zusammenhang mit gr. aiGeiv «brennen», aind, der i Btr. 29, 557, der ekeln auf ein *aiwilön
idh «leuchten».Doch ist das wenig wahr- (zu got. aiwiski «Schande») zurückführt.
scheinlich. Die Bed. «eingebildet» erscheint Andi-e ziehen kaum mit Recht ags. äcol «be-
erst im 18. Jh. ABL. Eitelkeit, f., mhd. stürzt, erregt» heran. Helvig 1611 hat noch
itelkeit «Nichtigkeit», auch schon «leerer Eckel und Egel, auch Eickeln (Ekel als
Hochmut», auf ein von ttel abgeleitetes Adj. auch Henisch 1616 Eckel, Eickel
sächsisch),
ttelec zurückgehend. ! und Egel. Die Form Eckel (Schottel 1668
Eiter, m. (-s): sich beim Schwären bil- Ekkel, Duez und Krämer Eckel, Stieler aber
i

dende Flüssigkeit. Älternhd. meist Neutr, 1691 Ekel) erhält sich bis ins 18. Jh. (noch
(bei Luther, noch bei Opitz [Amst.] 3, 150), bei Lessing und Herder). ABL. ekelhaft,
dagegen bei Schottel und Stieler Mask. Mhd. adj.: Ekel gegen sich erweckend; zum Ekel
eiter, ahd. eitar n; dazu and. ettar, ndl. etter geneigt. Bei Henisch 1616. eklig, adj.:
m., ags. ättor, engl, atter, anord. eitr n., 'leicht Ekel erweckend, widerwärtig; leicht
schwed, etter n., dän. edder m. «Gift, Eiter». empfänglich für Ekel. Bei Henisch 1616
Mit unverschobenem t wegen der ursprüng- eklicht (schon thüringisch im 15. Jb. echlig,
lichen Lautfolge tr wie in hitter, lauter, Otter. Thür. Rechtsd. 1456, vgl. oben erklich).
Daneben ohne ableitendes r und mit ver- Ekelname, m.: Beiname zui- Beschim-
schobenem t mhd.-ahd. eiß, ei^e m. «Eiter- pfung. Mit Anlehnmig an Ekel entstellt aus
beule, Geschwür», noch jetzt obd. Eiß, Eiße. nd. ökelname, mnd. okelname m.; dazu anord.
Verwandt sind wohl lett. idra f. «das faule aukanafn, schwed. öknamn, dän. ögenavn n.
Mark eines Holzes» oder gr. oiboc n., olb|ua n, «Beiname». Zusammenges. mit asächs. ökian,
«Geschwulst». Vgl. Bezz.Beitr. 27, 172 und anord. auka, got. aukan «mehren» (s. auch).
Walde, s. aemidus. ABL. eiterig, adj. Mhd. eklatant, adj. u. adv.: laut und öflent-
eiterec, ahd. eitarig «giftig», and. ettar ag. lich; glänzend; Aufsehen erregend. Dfcs gleich-
eitern, v. Mhd. eitern «vergiften». ZUS. bed. franz. eclatant, eig. Part, von eclater
Eiternessel, f.: die kleine Brennessel, Urtica «zerspringen, ausbrechen, ruchbar werden,
minor. Mhd. eiterne^^el, ahd. eitarnezzila f., glänzen». Bei Sperander 1728.
ursprünglich s. v. a. «Giftnessel, Geschwür eklektisch, adj.: auswählend, prüfend.
erzeugende Nessel». Aus gr. dK\eKTiKÖc «auslesend», von i.KXife\v
Eiweiß, n. (-es) das Weiße des Eis. Bei «auslesen».
: 1710 bei Thomasius Hofphilo-
Adelung 1793, während früher Eierweiß n. sophie 50.
(1557 bei Heußlin Vogelbach 135^) vorkommt. eklig, s. Ekel.
Vgl, Eierklar. Ekliptik, f.: die sog. Soimenbahn, der
Ekel, m. (-s): widrige (urspr. Brechreiz Tierkreis. Aus lat. ecliptica f. (nämlich linea),
anregende) Empfindung wovor; Gegenstand dem Fem. des gr.-lat. Adj. eclipticus, gr.
des Abscheus. Dazu das Adj. ekel, «Ekel ^KXeiTTTiKÖc «mangelhaft». 1668 bei Erasm.
empfindend; kleinlich wählerisch im Genuß». Francisci ost- u. westind. Staats- u. Lust-
Von ekeln, unpers. Verb, (mit Dat., seltner garten 3, 1659^'. Das Wort wurde von der
Akk.): Ekel erwecken, zum Ekel stimmen. Sonnenbahn deshalb gebraucht, weil in ihr
Zuerst 1517 bei Trochus Prompt. Q8'' eckel, die Eklipsis, gr. CKÄenvic f. «das Abnehmen
dann bei Luther Ekel [Ecket), das Adj. ekel oder Verschwinden (gr. ^KXeiiTeiv eig. «aus-
und ekeln. Dafür im Obd. ercken (1541 bei lassen») des Sonnen- oder Mondlichts, d. h.
Frisius 362^ und 578% und 1561 bei Maaler, Sonnen- oder Mondfinsternisse, vorkommt.
auch abgeleitet erckelen (noch jetzt Schweiz. Ekstase, f.: Ent-, Verzückung. Aus dem
erkele) «Unwillen und Abscheu vor etwas kirchlichen gi".-lat. ecstasis, gi'. Ikctocic f.
haben», schon mhd. erklich «leidig, zuwider»; «Entzückung», urspr. «das Rücken von der
dazu engl, irk «verdrießen, unangenehm sein», Stelle». Im 18. Jh. entlehnt (Schubart 2, 30).
irksome «verdrießlich». Luthers Formen Dazu das Adj. ekstatisch, 1759 bei Wie-
stehen wohl mit obd. erkeln in Zusammen- land Cyrus 1, 402.
hang, sind aber beeinflußt durch mnd. egelen, -el, die oberd. Verkleinerungssilbe d. Subst.,
echelen (eichelen) «verdrießen». Dies steht mit doppelter Verkleinerung -eichen (s. chen)
wieder in einem, allerdings lautlich nicht bei Subst., die auf ch (aber nicht seh) und
431 Elaborat Elend 432

g auslauten, z. B. Bächelchen, Sprüchelchen, schmackvoll». Erst im 18. Jh. Eleganz, —


Dingelchen, Jüngelchen, Trögelchen, Wägel- f.: Auserlesenheit, Zierlichkeit. Aus dem
chen, oft mit einem gewissen Anstrich des gleichbed. franz. elegance, lat. elegantia f.
Vertraulichen, z. B. Hänselchen (Voß Luise Schon bei Rot 1571.
1, 669). Mhd. -ele, -el, ahd. -ili, in ältrer Elegie, f. (PI. -w) : Gedicht, dessen Grund-
Zeit auch beim Mask -ilo, beim Fem. -ila, ton Wehmut und Zärtlichkeit ist; Klagege-
got. beim Mask. -ila (z. B. in Attila, s. Atte), dicht. Aus gr.-lat. elegia, gr. iXe-^eia f. «Ge-
beim Fem. -ilö, beim Neutr. -ilö. Vgl. -lein. dicht in Distichen». Schon 1517 elegi (Voca-
Elaborat, n. (-[e]s, PI. -e): Ausarbeitung, bula pro juventute 2S^). elegisch, adj.: —
Vorlage, mit etwas verächtlichem Nebensinn. wehmütig, zärtlich, in der Empfindung weich,
Aus neulat. elaboratum n. «das Ausgearbeitete», empfindsam. Nach dem gleichbed. gi'.-lat.
dem Part. Perf. Pass. von lat. elaböräre «aus- Adj. elegiacus. Im 18. Jh.
arbeiten». Noch nicht bei Campe. elektrisch, adj.: das Vermögen besitzend,
Elan, m. (-s): Schwung, Ungestüm. Aus infolge des Reibens leichtere Körper anzu-
gleichbed. franz. elan m. Neue Entlehnung. ziehen und bei Annäherung andrer einen
elastisch, adj. u. adv.: spann-, feder- knisternden Funken zu erzeugen. Nach franz.
ki-äftig, prall. Nach franz. elastique, das auf electrique, neulat. electricus, das auf gr.-lat.
einem neulat. elasticus beruht, gebildet von electrum, gr. rjXeKTpov n. «Bernstein», zuiiick-
gl'. dXaüveiv «antreiben, in Bewegung setzen». geht. Elektrizität, f.
1721 bei Jablonski,
1716 in Wolffs mathemat. Lexik. —
Elasti- Nach franz. electricite f. 1744 bei Picander
zität, f.: Schnell-, Spann-, Federkraft. Nach 5, 176. elektrisieren, v,: Elektrizität er-
franz. elasticite f., nlat. elasticitas (1727 bei regen oder mitteilen; (bildlich) durchblitzen,
Hübner). lebhaft befeuern. Aus dem gleichbed. franz.
Elbe, f.: Name eines deutschen Flusses. electriser. Bei Picander a. a. 0.
Mhd. Elhe f., germ.-lat. Älhis m., czech. Labe Element, n. {-es, PI. -e): UrstoflF, Grund-
n., poln. Laha f. Vgl. anord. elf f., schwed. bestandteil; Lebensstoff". Der Plur. Elemente
älf, dän. elv m. «Fluß», gr. A\qpeioc. «Anfangsgründe». Schon mhd. dement n.,
Elch, m. (-es, PI. -e), bei Rückert Elk: aus lat. elementum n. «Urstoff"», dessen Ur-
Elentier, eigentümliche Hirschart, hos cervi sprung dunkel. Vgl. Diels Elementum. Älter-
figura (Cäsar). Aus mhd. elhe, eich, ahd. nhd. im Plur. auch Elementen (Brockes 3, 37).
elaho. Dazu ags. eolh, anord. elgr, schwed.-dän. ABZ;, elementar, früher elementärisch
elg m. und weiter kelt.-lat. alces, gr. a\Kr\ f., (17. Jh.), adj.: den
urstofflich, uranfänglich;
russ. lost m. «Elentier», aind. fgjas m. «Anti- Anfangsgiünden gemäß. Nach lat. elemen-
lopenbock», pamir. rus «wildes Bergschaf». tärius «zu den Anfangsgründen gehörig».
Da das Tier aus Deutschland im wesentlichen Bei Heynatz 1775,
verschwand, wurde das Wort durch das Elen, m. {-es, PI. -e), Elentier, n.: größte
slavische Ele?i (s. d.) verdrängt, aber in neurer Hirschart. Älternhd. Elend (Luther 5. Mos.
Zeit wieder aufgenommen. 14, 5), Eilend und zusammenges. Elendthier;
Eldorado, n.: fabelhaftes Goldland; Land dazu ndl. eland m. Mit angetretenem d (das
des Glückes, Paradies. Das span. el dorado in Elentier später wieder unterdrückt wurde)
d. i. das vergoldete, seit der Conquistadoren- aus lit. elnis, abg. jelem m. «Hirsch», die
zeit im 16. Jh. das in Venezuela am sagen- verwandt sind mit gv. ^\Xöc aus *i\v6c m.
haften See Parime gesuchte Goldland. «Hirschkalb», kymr, elain «Hinde».
Elefant, m. (-en, PI. -en): Elend, n. {-es): (veraltet) Land der Ver-
das größte
Landtier, lat. elephas. Mhd, bannung, wie diese selbst; hilfloser Zustand;
elefant, elfant
(mit Anlehnung an helfen), helfant, ahd. ela- größte Bedrängnis und Beschwernis. Von
fant, helfant m.; mit ags. ylpend, elpend m. elend, adj.: ganz verlassen; völlig hilflos
entlehnt ausgr.-lat. elephas (Gen. elephantis), und beklagenswert. Das Subst. älternhd,
gr.e\^9ac (Gen. dX^qpavxoc) m. Bei Luther auch noch Elende (Logau 1, 46). Das Adj.
und sonst oft nhd. nach dem gr. Elephant. ist mhd. eilende, auch endende, ahd. dilenti,
S. Elfenhein und Kamel. urspr. «im andern Land, fem von der Hei-
elegant, adj. u. adv.: auserlesen, ziei-hch, mat», dann «fremd, verbannt, hilfsbedürftig,
geschmackvoll. Aus franz. elegant nach lat. jammervoll»; dazu asächs. elilendi, ags. eilende
elegans (Gen. elegantis) «wählerisch, fein, ge- «fremd». Zusammenges. aus ahd. eli-, ali-.
433 elendig Ellipse 434

das zu got. aljis, ags. elles («anders», engl. Elphenbein, mhd. dafür helfenhein, mit aus-
eise), lat, alius, gr. äWoc, altir. aile «ein gestoßenem t für ahd. helphanthein, s. Elefant.
andrer» gehört (auch in Elsaß, mlat. Älisatia, ABL. elfenbeinen, elfenbeinern, adj.,
zu ahd. Elisäß^o «der dmben, am andern mhd. Jielfenheinin, ahd. helphantbeinin.
Ufer Wohnende») und dem von layit gebildeten Elfer, elfte, s. elf
-lenti. Davon substantiviert mhd. eilende, Elisabeth, Frauenname, Schweiz. Elsbeth.
ahd. elilenti, asächs. elilendi n., ndl. eilende f., Mhd. Elizabeth, md. Elsebet, aus dem bibli-
urspr. «Fremde, Aufenthalt in der Fremde», schen gr.-lat. Namen Elisabeth, biblisch-gr.
dann «Bedrängnis, Not». ABL. elendig, 'EXicdßeT, von hebr. Elischeba 2. Mos. 6, 23
adj., mhd. ellendec, dazu ndl. ellendig. d. h. «Gott der Eid» «der (die) bei Gott =
elendig, s. Elend. schwört, Gott verehrt», von hebr. el «der
Eleonore, Frauenname, verkürzt Lenore, (die) Starke, Gott», und schäba" (hiph.)
Lore. Aus mengl. Alienor, Eleanor mit ge- «schwören». Im Nhd. gekürzt Elise; im Mhd.
lehrter Anlehnung an gi". eXeoc m. «Erbannen, tritt seit dem 14. Jh. als Koseform zu jenem
Mitleid», gleichsam die Barmherzige. Elsebet der Name Else auf, Dim. Elslin,
Elephant, s. Elefant. später auch Elßlin (s. Ilse).
Elf, m. (-es, PI. -e): Nachtgeist, böser Elixir, n. (-S, PI. -e): Kraft-, Heiltrank.
Neckgeist. Die neben dem deutschen Alp Aus spätmhd. elixir e, elixirium n., das zu-
(s. d.) eingeführte engl. Form elf, s. Elfe. lückgeht auf arab. el iksir «Stein der Weisen»
elf, Zahlwort. Älternhd. eilf (noch bei u. ä. (aus gl'. ?ripöv n. «trockenes Mittel»).
Adelung, während Frey er 1722 elf verlangt, Schon 1562 bei Mathesius (Sarepta 43*).
das schon Schottel 1663 kennt). Mhd. eilf, zu- Ellbogen, s, Ellenbogen.
sammengez. aus einlif eilif, ahd. einlif; dazu Elle, f. (PI. -n): Längenmaß von 2 Fuß.
asächs. (mit Angleichung des n) elletan, ndl. Mhd. eile, assimihert aus eine, auch elen, ele
elj, afries. andlava, ags. endleofan, engl, elleven, (woraus die nhd. Nebenform Ehle, nachitd elung
anord. ellifu, schwed. ellofva, elfva, dän. elleve, ebd.), ahd. eliiia. elna, elin f.; dazu and. elma,
got. ainlif (Gen. ainlihe). Zusammenges. aus ndl. eile, el, ags, ein, engl, eil, anord. öln,
ein und dem nui- noch
zwölf (s. d.) vor- schwed. aln, dän. alen (aus '^aluna), got. aleina
in
liegenden -lif, das eine Entsprechung im Lit. f. «Elle», urspr. aber die Länge des Vorder-
hat, wo die Zahlen von 11 —
19 mit -lika arms. Verwandt ist gi*. ujXevri f. «Ellenbogen»,
gebildet werden (vienolika 11); dies gehört lat. ulna f. «Ellenbogen, Elle», altir. uile n.
zu lat. linquere «übrig lassen», also eig. «Ellenbogen», npers. ära« «Elle». Weitresbei
(zehn und) eins darüber. ist aus dem Walde s. v. ulna. Lis Roman, eingedrungen als
Das f
Guttural wegen des w
zwölf entstanden ital, alna, franz, aune f, «Elle», ZUS. Ellen-
in
und auf elf übertragen. ABL. Elfer, m.: bogen, m,, auch Ellbogen (Goethe 44, 887):
die Zahl oder Ziffer 11; Mitglied einer aus Gelenk zwischen Ober- und Unterarm. Mhd.
1 1 Männern zusammengesetzten Behörde, mhd. ellenboge, elenboge, ahd. elUnbogo und elinbogo

einlifer der 1811 gewachsene vorzügHcheWein. m., auch elinboga f.; dazu ndl. elleboog, ags,
;

eifern, v.: zu Zweien mit (40) deutschen elnboga, engl, elbow, anord. ölnbogi, dän. aXbiie
Karten ein Spiel spielen, bei dem der, welcher m. Zusammenges. aus ahd. elina, hier «Unter-
11 Stiche und dariiber macht, gewinnt. Bei arm», und bogo ra. «Biegung».
Wei£e kom. Opera 2, 128 eilfern, elfte, Eller, f.: Erle (s. d.). Aus dem Md,-
Ordnungszahlwort. Älternhd. eilfte, mhd. Ndd., mnd. ehe f., auch 1663 bei Schottel
eilifte, einlifte, ahd. einlifto, asächs. ellifto, {Ellern, Ellerbautn) angeführt.
ndl. elfde, ags, endhjfta, Ellipse, f. (PI. -n): Auslassung von
cendlyfta.
Elfe, f. (PI. -n): leicht im Reihentanz Worten, die der grammatischen Vollständig-
über Blumen und Gras schwebendes geistiges keit wegen in Gedanken zu ergänzen sind;
Wesen. Neben mhd. elbe f., weibliche Bildung Langkreis, d. h. ein in Hinsicht der strengen
zu Alp (s. d.), entlehnt aus engl, elf, ags. Rundung mangelhafter Kreis. Von gr.e\\e\\\i\c,
celf f. Zuerst bei Wieland in der Übersetzung eig. «das Ermangeln», dann «Auslassung im
von Shakespeares Sommeniachtstraum 1764 Satze», so auch lat. ellipsis f. Im 18. Jh.
und dann öfter von ihm gebraucht. —
elliptisch, adj., nach gr.-nlat. ellipticus,
Elfenbein, n. (-s): Masse der Stoßzähne gr. ^XXeiTTTiKÖc, eig, «mangelhaft». 1658 bei
des Elefanten. Bei Luther (Hohelied 5, 14) Harsdörffer mathem. Erquickstunden 2, 266,
Weigand, Deutsches Wörterbnch. 5. Anfl. 28
435 Eloge Erneute 436

Eloge (spr. elöze), Lob, Lobes- hätz, Jietzel, ndd. häkster, heigster, heister.
f. (PI. -n) :

erhebung. Aus Bei Luther finden wir Aglaster, sonst älter-


gleichbed. franz. eloge m., das
aus mlat. eidogium n., gr. eüXoTia f. stammt, nhd. oft Alster, worauf die Schreibung Älster
zusammenges. aus eu «gut», und XoYia von (bei Adelung) beruht. ZUS. Elsterauge,
XÖToc «Rede». Bei Koth 179L n.: Leichdorn. 1716 bei Ludwig.
Elritze, f. (PI. -n): ein fingerlanger, Elter, f.: Großmutter; Hebamme. Im
bittrer Backfisch. 1563 in Forers Fisch- Hessischen, wo mit Lautangleichung eller
buch 159* «in Meyssen und Saxen Eideritz, gesprochen wird. Wohl Kürzung aus Elter-
Elritz». Abgeleitet von Mler =
Erle, wie mutter, mhd. eltermuoter f. Auch Eller m,
der Fisch auch daneben Erlitze (um 1480 «Großvater», gekürzt aus mhd. eltervater m.,
im Voc. ine. teut. c 2* erlitz) und Erling, kommt vor.
mhd.-ahd. erlinc heißt; er hält sich gern Eltern, pl.: Vater und Mutter. Mhd.
unter den an Bachufern stehenden Erlen auf. eitern, meist altern, ahd. eltiron, altiron, der
Eisbeere, f. (PI. schwarze oder
-%): Nom. Plur. von altiro «älter», Kompai'ativ
schwärzhche Beere mehrerer Baumai"ten, von alt, der hier substantivische Bed. ange-
namentlich von prunus padus. In Luthers nommen hat, vgl. Jünger; dazu asächs. eldiron,
Briefen Eisheer. Wahrscheinlich aus dem ndl. oudern, ouders, afries. aldera, ags. eldran,
Ndd,; mnd. eise f., eig. Erle (s. Else), be- yldran (im Sing, yldra m. «Vater») Plur.
zeichnet auch mehrere andre Baumarten, z. B. «Eltern», Der Umlaut ist hier in ältrer Weise
den Faulbaum. Vgl. franz. alize f. «Eisbeere». durch e bezeichnet (Adelung verlangt Altern).
^Else, f., ein Fisch, aus Älose (s. d.). ABL. elterlich, adj. Bei Stieler 1691,
2 Else, f. (PI. -n): Erle. Aus dem Nd. Elysium, n,: Wohnort der Seligen im
(schon mnd. eise f., auch ndl. eis f., elzen- Totenreiche. Das gr.-lat. elysium n. Davon
hooni m,), von Norddeutschen (Schmidt von elysisch, adj,, 1575 bei Fischart Garg. 216
Werneuchen Ged. 53, 146) gebraucht. Ein elisisch, 1694 bei Leibniz Deutsche Sehr, 2, 463
andd. *alisa, *elisa, das mit ursprünglichem s elyseisch.
zu Eller (s, d.) gehört, ist ins Romanische Email, n. (-s), Emaille, f.: Schmelz,
gedi'Ungen, span, aliso m. «Erle», vgl. auch Schmelzglas. Aus gleichbed. franz. email m.,
Eisheere. das aus dem Germanischen stammt, vgl. ags.
^Else, Frauenname, s. Elisabeth und Ilse. smelt, d, schmelzen. 1727 bei Hübner, ABL.
Elster, f. (PI. -n): weiß und schwarzer, emaillier eu. Bei Nehring 1710.
langgeschwänzter Vogel vom Rabengeschlecht. emauzipiereu, v.: freilassen zur Gleich-
Mhd. elster, zusammengez. aus egelster, da- berechtigung, Aus lat, emancipäre. Im 17. Jh,
neben agelster, aglaster, agelaster (noch 1642 entlehnt. EmauzipatiÖU, f.: Freilassung.
die Agelaster bei Tscherning Ged. Frühl. 138), Aus lat. emancipätio f. Schlagwort für die
ahd.agalstra,agalstera, agelstra f. nebst andern Fraueuemanzipation seit 1831. A'^ gl. Laden dorf,
Nebenformen. Nicht zu trennen sind davon EmM^m, n. {-s, PI. -e): Sinnbild, Keim-
ahd. agazza, and. agastria, mnd. egester, nd.zeichen. Aus lat. emhlema, gr. g|aß\Ti|na n,,
aakster und und mhd. atzel. «eingelegte Metallarbeit», zusammenges. aus
ekster, ags. agii f.

Vergleiche über die verschiedenen Formen ^v «in» und ßX.f||aa, einer Ableitung von
Bruinier KZ. 34, 844, Die etymologische ßotWeiv «werfen». 1703 im Zeitungslex. em-
Ableitung des Wortes ist noch dunkel, ins- hlema «ein Sinnbild mit einem kurtzen Spruch
besondere ist es zweifelhaft, ob man von begleitet».
einem ursprünghchen Wort auszugehen hat, emeudiereu, v.: berichtigen, bes. Fehler
das lautlich oder volksetymologisch umge- in einem Buche. Aus lat. emenääre. Im
staltet ist, oder ob verschiedene Ableitungen 18. Jh. entlehnt (Heynatz 1775).
von einem Stamme vorliegen, oder ob sich emeritiereu, v.: für ausgedient (lat.

schließlich verschiedene Worte beeinflußt enieritus) erklären. Im 18. Jh.


haben. Vielleicht liegt eine Form *agarstria Emeß, n. (-es, PI. -e): lederner, dann
zugrunde, dessen r teils zu l wurde, teils auch eiserner Ring unten am Joch, der die
schwand. Ätzel ist dazu Koseform und ags. Deichsel daran festhält, Jochring, Mittel- Am
agu, das auch mhd. als age belegt ist, Kurz- rhein und in Hessen. Dunkler Herkunft.
form. Neben der Form mit vokalischem Euieüte, (PI. -n): Aufstand, Meuterei. f*.

x\nlaut stehen auch solche mit h wie obd. Aus gleichbed. franz. emcMfe f. Bei Campe 1813.
437 emigrieren Emphase 438

emigrieren, v.: auswandern. Aus dem Empfehl, m. (-es, PI. -e). Im 18. Jh. aus
gleichbed. lat. emigräre. Bei Roth 1791. dem Obd. aufkommend (schon bei N. v. Wyle
Emigrant, m. (-en, PI. -en): Vaterlands- 232, 9. 274, 2 enpfelch). Von empfehlen, v.
Aus dem Part. Praes. lat. emigrans
flüchtiger. (Prät. empfahl, Konj.empföhle, Part, empfohlen):
(Gen. emigrantis). Bei Heynatz 1775. zu Sorge, Gunst oder Geneigtheit über- oder
Emil, Mannsname, aus franz. Emile, dies dargeben. Mhd. enpfelhen, mit Assimilation
aus dem lat. Namen Äeniilius, aus dessen aus entfelhen, md. auch enpfelen, zusammenges.
Fem. Aemilia der franz. Frauenname Emilie, aus ent und felhen, ahd. felahan (s. Befehl),
woraus bei vms Emilie. urspr. also s. v.a. zur Bewahrung (Verbergung)
Eminenz, f.: Erhabenheit, als Titel bei dargeben, zur Besorgung übergeben; dazu mnd.
Kardinälen usw. Aus lat. eminentia f., von entfeien «übertragen». Das Prät. lautet mhd.
eminer e «hervorragen». Schon 1617 im Teut- empfalch, Plur. empfulhen (auch empfälhen),
schen Michel 49. Konj, empfülhe, danach nhd. empföhle, und
Emir, m. (-s, PI. -e): arabischer Fürst. auch im Indik. früher empfohl (Lessing 6, 1,
Das arabische emfr, ('amir) «Befehlshaber», von Schiller 7, 56). ABL. Empfehlung, f.,
'amara «befehlen». Bei Sperander u. Apinus 1728. spätmhd. enpfeUmng f.
1

Emissär, m. {-s, PI. -e): Geheimbote, empfinden, v. (Prät. empfand, Part,


1

Kundschafter. Aus franz. emissaire, von lat. empfunden): mittels der Nerven wahrnehmen;
emissärius m., eig. «Ausgeschickter». Bei Gefühl wofür haben.
! Mhd. enpfinden, mit
Sperander 1728 noch Emissaire. Emission, Assimilation aus entfinden, ahd. intfindan;
I

f. (PI. -en): Ausgabe von Wertpapieren. Aus dazu asächs. anifidan, antfindan, ags. onfindan.
!

franz. emission f. und dies aus lat. emissio f. ABL. empfindbar, adj.: sich empfinden
«das Heräussenden», abgeleitet von e «aus» lassend (früher auch) empfindend, empfindsam.
;

und missio von mitter e «senden». Neuere Im 18. Jh. (Lessmg 3, 337). empfil^eln, v.:
Entlehnung. in kleinlicher Weise, übertrieben empfindsam
Emma, Frauenname. Ahd. Emma; wie sein. Bei Adelung 1774. Davon Empfindelei,
Imma assimiliert aus Erma, Irma, der Kose- f. empfindlich, adj.: zu empfinden fähig,
form zu den mit Irm- gebildeten Namen mhd. enpfintlich, ahd. (bei Notker) inphintlich
(Irmgard, Irmtrud). «der Empfindung leicht zugänglich; zu übler
Emmerling, veraltete Empfindung geneigt (bei Stieler 1691); an-
Schreibung für
Ämmerling, s. Ammer. greifend auf die Empfindung wirkend» (bei
empfahen, s. empfangen. Frisch 1741). Davon Empfindlichkeit, f.
Empfang, m. (-es). Mhd. enpfanc, ge- Mhd. enphintlicheit f «Wahrnehmung». Emp-
wöhnlich anpfanc, antvanc, ahd. antfanc m. findnis, f.: Empfindung (frühnhd.); angrei-
Von empfangen, v. (Praet. empfing, Part. fende, auf den Köi'per wirkende Seelenbe-
empfangen) entgegennehmen, an sich nehmen, wegung (Schiller Räuber 2, 1). empfindsam,
:

in sich ein oder aufnehmen. Mhd. dafür adj.: zartfühlend, überzärtUch empfindend,
enpfähen, enpfan, mit Assimilation aus ent- sentimental, um die Mitte des 18. Jh. auf-
fahen, entfän (Prät. enpfienc, enpfie, Part. gekommen, schon vor Bodes Übersetzung
enpfangen), ahd. intßhan; dazu asächs. ant- von «Yoricks empfindsamer Reise» 1768, in
fähan, ndl. ontfangen, ags. onfön. Älternhd. einem 1771 gedruckten Briefe der Frau
im Präs. empfahen, empfahl, was sich als Gottsched aus dem J. 1757 und öfter in der
poetische Form erhalten hat (oft beiKlopstock, 1762 zu Leipzig bei Weidmanns Erben er-
Wieland, Goethe, Platen, Uhland, Rückert); die schienenen Landbibliothek. Davon Empfind-
Form empfangen stammt aus dem Nd. (schon samkeit, f., öfter 1762 in der Landbibliothek
mnd. entvangeri neben entvän) und kommt (s. Gombert 8, 16 fg.). Empfindung, f.
vereinzelt bereits bei Luther vor. Vgl. fangen. Spätmhd. inphmdunge f. «Erfahrung».
ABL. Empfänger, m. (-s, PI. wie Sg.). Emphase, f. (PI. -n): Nachdruck im
Dafür mhd. enpfälmre m. empfänglich, Reden, Gewicht des Ausdrucks. Aus lat.
adj., mhd. enpfenclich, früher anpfanclich, emphasis, gr. ?|Li(pacic f. «Schein, Verdeut-
ahd. anffandih. Davon Empfänglichkeit, lichung, Nachdnick». Bei Sperander 1728
mhd. enpfenclicheit f. Empfängnis, f., mhd. noch in der lat. Form, emphatisch, adj.
enpfencnisse, ahd. intfancnissa f. «Entgegen- Nach gr. ^inqpariKÖc «veranschaulichend, nach-
nahme». Die jetzige Bed, bei Luther. drucksvoll». 1700 beiZeidler Sieben Teufel 105.
28*
439 Empirie Eudivie 440

Empirie, f.: Erfahrung, Erfahrungswissen. Zusammenhang mit Ameise besteht nicht.


Aus gr. ^lUTreipia f. «Erfahrung». Im 18. Jh. ABL. Emsigkeit, f., spätmhd. em^icheit f.
empirisch, adj.: erfahrungsgemäß. Nach Ende, n. (-s, PI. -n): das Letzte von
Campe bei Moritz. Nach gr. ^laireipiKÖc, von etwas, in Raum oder Zeit; Zacke am Hirsch-
diesem auch Empiriker, m. (s, PI. wie Sg.): geweih; Letztes einer Erstrebung. Mhd. ende,
Erfahrungsarzt, einer, dessen Wissen mid Han- ahd. enti m. n.; dazu asächs. endi m., ndl.
deln auf Erfahrang beiiiht. 1710 beiNehring einde n., ags. ende m., engl, end, anord. endir,
enipiriats «ein Marktschreyer, Storger» (von endi m., schwed. ände m. und ända f., dän.
Kurpfuschern). ende, got. atideis m. Verwandt ist aind. antas
empor, adv. in die Höhe, zur Höhe.
: m., antam n. «Ende», xgl.antjas «der Letzte»,
Bei Luther, aus dem sonst im altern Nhd. gr. övTioc «gegenüberbefindlich», lat. antiae
häufigen entbor. Mhd. eiibor, enhore, ab- «Haare in der Stirn», ir. et «Ende, Spitze»,
geschwächt aus ahd. in bor, in bore «in der etan «Stirn». Der Plur. lautet älternhd.
Höhe, in die Höhe», einer Verbindung der Ende, seit dem 17. Jh. Enden (Fleming
Präpos. in mit dem Akk. und Dat. von Ged. 664, bei Stieler 1691 Tiichenden). ABL.
mhd. -ahd. bor f. «Höhe, oberer Raum», das enden, v. Mhd. enden, ahd. enteön, enton:
mit mhd. bürn, ahd. burian «erheben» wohl dazu asächs. endiön, endön, ndl. einden, ags.
zu ahd. beran «tragen» gehört. Vgl. Borkirche. endian, anord. enda, schwed. ända, dän, ende.
Empöre, f. (PI. -n)-. erhöhter Raum, — Ender, m., in Sechs-, Acht- usw. -ender.
namentlich in der Kirche. Erst bei Campe Bei Stieler 1691. endigen, v. In Glossaren
1807, wohl abgekürzt aus Emporkirche, s. des von spätmhd. endec
15. Jh., abgeleitet
Borkirche imd empor. «zu Ende kommend», endlich, adj.: am
empören, v.: erheben; aufbringen im Ende kommend; endgültig; ein Ende habend.
Gemüte. Refl. sich e.: sich erheben, bes. Das Adv. endlich: am Ende, zuletzt; nach
feindlich gegen Obere. Mhd. enboeren, urspr. durchgeharrter Zeit. Mhd. endelich, ahd.
entboeren, zusammenges. aus e7it-, gekürzt en-, entlih (in unentUh), s. auch endelich. End-
und einem von mhd. bor m. «Trotz, Wider- SChaft, f., spätmhd. endeschaft f. Endung, f.
setzlichkeit» abgeleiteten beeren, das auch in Spätmhd. endung ist «Beendigung»; in die
spätahd. aneboren «aufstehen wider », sich

Grammatik hat Schottel den Ausdruck ein-
findet, und mit mhd. bor «Höhe» (s. empor) geführt. ZUS. endgültig, adj.: zuletzt
in Ablaut steht. ABL. Empörer, m. {-s, gülti* bleibend. Neues Wort, bei Campe 1807
PI. wie Sg.), bei Henisch 1616. Empörung, noch nicht verzeichnet, endlos, adj. u. adv.,
f., bei Luther. mhd. endelös. Endschluß, m.: Endurteil,
Emporkömmling, m. {-s, PI. -e): eine 1670 bei Zesen Assenat 164, mit andrer
in den 80 er Jahren des 18. Jh. geprägte Schreibimg bereits 1626 in Stettiers Schweizer-
Verdeutschung des gleichbed. franz. parvenu, chronik 1, 398^ Entschluß. Endzweck, m.:
und seit dieser Zeit als Schlagwoi't beliebt. letzter Zweck, zu Anfang des 17. Jh. bei
Vgl. Ladendorf. Joh. Arndt wahr. Christenthum (s. Gombert
Emse, s. Ameise. 8, 19).
emsig, adj u. adv.: endelich, adj. u. adv.: zum Ende strebend
beharrlich, ununter-
brochen tätig. Mit s für ß (ältermhd., auch und eilend, ohne Säumen. Bei Luther (Spr.
zuweilen bei Luther noch emßig) aus mhd. Sal. 21, 5 und Luk. 1, 39), später veraltet,
eme^^ic, em^ic, ahd. emeg^ig, emag^ig, emi^^ig; aber von Goethe Faust 10067 (endlich vor-
awajjigr «fleißig, fortwährend, ununterbrochen», geschritten!) wieder angewandt. Eig. iden-
das zurückgeht auf das Adj. ahd. emi^, ema§, tisch mit endlich (s. Ende), mhd. endelich
mhd. eme^ dem Adv. emegUche, eme^lichen) «zum Ende strebend, eilig, eifrig, tüchtig».
(in
«beständig, immerwährend». VonKlugeZfdW. Endivie, f. (PI. -n): zu Salat dienende
7, 170 zu lat. amäre «lieben» gestellt unter Zichorienart. Aus ital.-span.-port.-mlat. en-
Hinweis auf die Bedeutungsentwicklung von divia f., von einem lat. intibea, dem Fem.
lat. diligens, düigenter. Eher zu anord. ama eines von lat. intibus, intybus, intubus «Ci-
«belustigen, bemühen», aind. ämUi «dringt chorie» abgeleiteten Adj. intibeus. Mnd.
an, bedrängt, versichert eindringlich», aind. andivien, endiyien (Regel Arzneibuch S. 8),
amas, aw. ama- m. «Kraft, Stärke, Macht», seit dem 15. Jh. auch im Hd. nachzuweisen,
wozu dann auch lat. amäre gehören kann. z.B. um 1400 enduvie Diefenb. gl. 202% 1460
;
:

441 Energie Enkel 442

bei Pfolsprundt 11 antify, 1546 bei Bock 102^ jetzt alem. enger (neben engerig etc.). Viel-
Endivie. zu poln. ivagry «Schweinfinnen»,
leicht lit.

Energie, f.: Tatkraft. Aus üsiüz. energie, ankstirai PI. «Finnen, Engerlinge».
von gr. ^vepTeia f. Im 18. Jh. engern, s. eng.
,<Tatki'aft».
entlehnt (Wieland21,331). J.Bi>. energisch, England, gekürzt aus Engelland (Schüler
adj.: tatkräftig, dui'chgi-eifend. Nach franz. Maria St. 1, 7), mhd. Engellant, ahd. Engillant,
energique. Nach der Mitte des 18. -Jh. ags. Engla land, d. i. von den Angeln (ags.
eng, früher auch enge. adj. u. adv. Angle, Engle) bewohntes Land. ABL. Eng-
wenig Raum bietend. ^Ihd. enge, ahd. engi, länder, m., auch noch EngellämJer (Schiller
aiigi; dazu asächs. engi, ndl. eng, ags. enge, Jungfrau v. 0. 2, 1. 3, 10), mhd. Engellender.

ange, anord. öngr, got. aggwus. In der Wurzel engländisch, adj. (engellündsch bei ScbiUer
übereinstimmend mit lat. angustus «eng», J. V. 0. 1, 5 u. ö.), wofür üblich englisch,
angere «zusammendiücken», gv. ä^xeiv «zu- schon mhd. englisch.
schnüren», aind. ahüs «eng», aw. qzak n. Englischleder, n. (-5): starkes Baum-
: Bedrängnis :>, abg. qziikü «eng», vgl. Angst. wollgewebe. 1834 belegt.
ABL. Enge, f., mhd. enge, 2. Mos. 3, 1),
ahd. engi f. abge- enhinder (Luther
engen, mhd.-ahd. engen, got. aggicjan schwächt aus mhd. hinhinder «zurück, rück-
v.,
(in gaaggwjan). engern, v. enger machen wärts». :

(5. Mos. 27, IT). Von dem Komparativ ge- Enke, m. (-//, PI. -«); unter dem Groß-
büdet. ZUS. Engbrüstigkeit, f., 1541 bei knecht stehender Vieh- oder Ackerknecht.
Frisius 504 b. Mhd. enke, ahd. encho m. In Mittel- und
engagieren Norddeutschland noch üblich. Verwandtschaft
(spr. qgaztren), v.: verbind-
lich machen; anwerben; in Sold und Dienst mit lat. anculus «Diener», a«.ci7/a «Magd» ist
nehmen. Aus franz. engager, eig. «verpfän- unwahrscheinlich, da jenes zu gr! djLiqpiiroXoc
den», (davon engagement m., Avoraus Enga- «Diener» gehört, auch stimmt die Lautver-
gement n.) zusammenges. aus en «in», und schiebung nicht. Formell mit ahd. anihho
dem von gage m. abgeleiteten afranz. gager «avus» übereinstimmend, doch besteht kaum
«pfänden». Beide 1694 bei Nehring. ein Zusammenhang.
Engel, m. (-5, PI. wie Sg.): Gott oder 1 Enkel, m. {-s, Pl.wieSg.): Fußknöchel.

dem Teufel dienstbarer Geist. Mhd. en^el, Mhd. enkel m., ahd. enchil, anchal m. und
ahd. engil, angil m. : dazu asächs. engil, ndl. enchila, anchala f., ferner weitergebildet aii-

und ags. engel, engl, angel, anord. engül, got. dazu mnd.-ndl. enkel m. und weiter-
chläo;
aggüus m. Entlehnt aus gr,-lat. angelus, gr. gebildet enklauw m., wie auch afries. onklef
ä-pfeXoc m. Bote, Gesandter». ABL. eng- n. und ags. ancleoiv f., engl, ankle, anord.
lisch, adj., mhd. engelisch, nach gr.-lat. an- ökkla n., schwed.-dän. ankel. Zu ahd. encha
geliciis. ZUS. Engelmacherin, f.: Weib, f. «Schenkel, Schienbein, Knöcheb; und ancha
das neugebome Kinder in Pflege nimmt, um f.«Nacken» (s. Anke) und weiter mit Wechsel
sie langsam verkommen zu lassen (zu Engeln von g und gh zu gr. övuE, lat. unguis m.
zu machen). Im 19. Jh. Engelsverstand, «Nagel», Ht. nagä «Huf», abg. noga f. «Fuß»,
ra.: äußerst heller, dm-chdringender Verstand. aind. nrggam n. «Glied, Körper», angidis f.

Bei Campe 1807. «Finger, Zehe:>.


Engelsilß, n.: eine Farmki-autart mit "Enkel, m. (-.s, PI. wie Sg.): Kindesldnd.
sehr süßer Wurzel, polypodium. Spätmhd. Ältemhd. auch Enickel [Enicklehi), mhd.
engelsü€§e n.; dazu ndl. engelzoet n., dän. enikel, mit Ausfall des zweiten n aus enenkel,
engelsöd. Der Name wohl, weil die süße eninkel, spätahd. eninchli n., das in ähnlicher
Wurzel als Mittel gegen Schlaganfall im Weise wie ahd. lewinckili n. «Löwchen» von
Volksglauben von den Engeln gegeben schien. lewo «Löwe» und huonichlin n. «Hinkel» (s.d.),
engen, s. eng. von hu/)n «Huhn», zweifache Diminutivbüduug
Engerling, m. [-s, PL -e) : Maikäfen-aupe von ahd. ano m. «Großvater» (s. AJm) ist
Hautmade, die Larve der Viehbremse (oestrus und so urspr. «kleiner Großvater» bedeuten
bovis). Mhd. engerinc, auch bereits mit ein- wird. Entsprechend gebildet ist lat. avuncidus
getretenem l engerlinc, ahd. engirinc m. «Korn- m. «Oheim», zu avus m. «Großvater». Ver-
made», abgeleitet von dem gleichbed. ahd. wandt sind noch lit. anukas (aus dem Slavi-
angar, angari, mhd. anger, enger m., noch schen) m., abg. vünukü m, «Enkel». Vgl.
443 Enklaye entbrennen 444

W. Schulze KZ. 40, 408, Hirt lag. Forsch. entäußern, v.: von sich geben, meist

22, 84. ABL. Enkelin, f., Ludwig 1716.


bei refl. sich e. Spätmhd. entiu^ern, daneben
Enklaye, f. (PI. -n): von fremdem Ge- entiugen, entü^enen, s. äuße^-n.
biet umschlossenes Land. Das gleichbed. entbehren, v.: nicht haben und es ver-
franz. enclave f., eig. «eingenageltes» (ew, missen; ermangeln, Urspr. mit Gen, (noch bei
lat. in, clave zu lat. clävus m. Goethe 50, 220), später auch mit Akk. (schon
«Nagel»).
Erst im 19. Jh. Luther 6, 16^ Jen.). Bei Luther entberen,
bei
ennuyieren, v.: langweilen, belästigen. auch mit Assimilation (Sir. 38, 36) emperen,
Aus gleichbed. franz. ennuyer, das auf ein bei Stieler 1691 entbären, sonstim 17. Jh. e.
volkslat, inodiare, zusammengesetzt aus w Mhd, enbern, ahd, inberan «ermangeln», mit
imd einer Ableitung von odiuni n. «Haß, starker Flexion, die auch ältemhd, noch vor-
Abscheu» zurückgeht. Ln 18. Jh. Verdeut- kommt; dazu mnd, entberen, ndl, ontberen,
schungsversuche bei Campe 1813. (entlehnt) schwed, undvara, dän. undväre.
enorm, adj. u. adv.: ungemein, über- Das Wort gehört wohl zu ahd. beran «tragen»
mäßig. Aus franz. enorme «ungeheuer», das und bedeutet urspränglich «nicht tragen»,
auf lat. enormis «unregelmäßig, unverhältnis- andi-e denken an Zusammenhang mit bar,
mäßig groß» ((?. ex «aus», normis Yon normaf. s, d, ABL. entbehrlich, adj. Bei stieler
«Winkelmaß, Richtschnur, Regel») beruht. 1691 entbärlich. Entbehrung, f. Bei Stieler
Bei Sperander 1728, aber Enormität f. be- 1691 Entbärung.
reits 1699 von Gombert 8, 19 nachte wiesen. entbinden, v.: losbinden, von einem
Enqnete, f. (PI. -n): Untersuchung, Er- Bande freimachen (insbesondre durch die
mittlung. Aus gleichbed. franz. enquete f. Geburt, bei Luther Hauspost, 221 % bei Mone
Neuere Entlehnung. Ztschr, 8, 55 vom J, 1379 e diu frow von ir
ent-: Yorsübe, mit der Grundbedeutung arbait enbunden wirt). Mhd, enbinden, en-
«gegen». Danach bezeichnet ent in vielen pinden, ahd, intbintan, got, andbindan. ABL.
Verben das Werden, Herv^orkommen eines Entbindung, f, Frühnhd. Freisprechvmg
neuen Zustandes, z. B. entblühen, entsprießen, von Sünden. 1741 bei Frisch Gebären.
sowie das Versetzen in einen solchen, z. B. entblöden, v.: der Blödigkeit benehmen,
entbrennen, entzünden, anderseits in einer in Beherztsein versetzen. Meist refl. sich e.:

noch größern Anzahl von Verben das Aus- sich außer Blödigkeit setzen, sich getrauen,
treten aus dem alten Zustand («weg», ent- sich erkühnen. Im 17. Jh. (Harsdörfer
*

kommen, entweichen, entgleiten, entwachsen, Gesprächssp. 2, 105), daneben in gleicher


entführen) und gewinnt so beraubende (pri- Bed. sich nicht e., in welchem sich e. kaum
vative) Bed., z. B. entarten, entdecken, ent- in der Bed. «in Blödigkeit geraten, blöde
fesseln, enthaupten in Verben, die oft vom sein», genommen werden
vielmehr nicht darf,
Substantiv aus gebildet sind. Vor Labialen als Zusatz anzusehen ist. Ludwig 1716 hat
geht einigemal ent- in emp- über, s. empören, sich nicht e., während Steinbach 1734 und
empfangen, empfehlen, empfinden. Den Sub- Frisch 1741 sich e. verlangen, das auch von
stantiven, in denen die Vorsilbe eat- erscheint, Wieland, z. B. Amadis 2, 171, gebraucht wu-d.
liegenVerba gleicher Zusammensetzung zu- entbrechen, v.: hei-vorbrechen. Mhd.
grunde, während bei ursprünglicher Zu- enbrechen. Meist refl. sich e. «sich wovon
sammensetzung mit Substantiven noch die losmachen oder zurückhalten», jetzt nur ne-
ungeschwächte Form ant- (s. d.) sich erhielt. giert sich nicht e. (Lessing 1, 350) ^<sich
Mhd. ent-, gewöhnlich gekürzt en-, ahd. ant-, nicht enthalten», Mhd, sich enbrechen.
int-, gekürzt in-, unt-; dazu asächs. and-, entbrennen, v,: l)trans, in Brand setzen,
ant-, ndl. ont-, ags. on (aus ond-, and-), zum Brennen bringen, 2) intrans. in Brand
anord. and-, got. and-, vor Substantiven auch kommen, eigenthch wie bildlich, Mhd. en-
anda-. Als selbständiges Wort erscheint die brennen, ahd, intbrennan, nui' in der trans.
Vorsilbe in der got. Präp. and «worauf hin, während in der intrans. das stark
Bed.,
entlang, entgegen», asächs. and «bis». Über
mhd. enbrinnen, ahd. intbrinnan
flektierende
die Urverwandtschaft s. ant-, Z. T. liecrt steht, das auch noch im 16., 17. Jh. obd.
dem heutigen ent aber auch die Vorsilbe in als entbrinneif vorkommt (bei Goethe ew.
zugrunde, namenthch bei den Verben der Jude 166 noch das Part. Prät. entbronneyi).
zweiten Klasse, wie entbrennen. S. brennen.
;

445 entdecken enthalten 446

entdecken, V.: unbedeckt machen; (bild- entfalten, v. aus den Falten, auseinander
:

lich) Unbekanntes zur Kenntnis bringen. legen; entwickeln. Frühnhd. In übertragner


Mhd. endecken, entecken, ahd. intdecchan «der Bed. erst bei Adelung 1774.
Decke benehmen, aufdecken, offenbaren»; entfernen, v.: machen, das etwas fern
dazu ndl. onddekken. ABL. Entdeckung, f. wird, Refl. sich e.: sich zur Ferne begeben,
Im 14. Jh. intteckunge f. «Offenbarung». sich wovon ab-, wec^wenden. Mhd. entverren,
Ente, f. (PI. -n): der bekannte Wasser- in md. Quellen auch entvernen. ABL. Ent-
vogel; Zeitungslüge. Mhd. ant (Gen. ente), fernung, f., bei Krämer 1678.
auch schon ente, ahd. anut, anit (Plur. enti) f. entgegen, adv. u. prap. in der Richtung :

dazu ndl. eend, ags. ened, anord. önd (um- hin oder her zu —
gegenüber; feindhch in

;

gelautet aus *anud), schwed.-dän. and f. der Richtung oder in Beziehung zu im ;

Verwandt ist gr. vfjcca (aus *nätja), lat. anas Verhältnis zu —


Als Adv. dann auch in
.

(Gen. anatis), aind. ätis, lit. äntis, abg. qtt f. Zusammensetzungen verwendet. Bei Luther
«Ente». Die Bed. «Lüge, Zeitungslüge» geht entgegen, sonst in md. Quellen auch (mit
bis ins 15. Jh. zuiiick, wo die Redensart Assimilation des t) enkegen, wobei ent für
von blauen Enten reden (auch von blauen fmheres en, d. i. abgeschwächtes in, wie in
Gänsen) im Sinne von «von Fabelhaftem, entzwei (s. d. und empor) eingetreten ist.
Erlogenem erzählen» üblich war. Schon Mhd. engegen, ahd. ingagan, ingegin als Präp.,
bei H. von Sachsenheim Mörin 2197 ein aber mhd. engegene, ahd. ingagani, ingegini
Entemär, .Tempel 757 ein Entenniär «lügen- als Adv.; dazu asächs. angegin, ags. ongean,
hafte Geschichte», auch bei Murner Schelm. engl, again, weiter gebildet against, anord.
1, 1 von blawen Enten predigen. Ähnlich i gegn, schwed. igen, dän. igjen, s. gegen.
gebrauchen die Franzosen un canard. ABL. entgegnen, v. entgegen kommen, insbes.
:

Eutericll, m. (-s, PI. -e): die männliche begegnen, (mhd. engegenen, ahd. ingaganen),
Ente. Dafür mhd. antreche m. (noch 1540 noch bei Goethe Epimenides 17, Pandora
bei AlberusDict. y4* antrech), ahd.antrehho, 695 sich gegenüberbefinden (Goethe 27, 270):
;

antrahho m., zusammenges. aus ant «Ente» widerstehen (Goethe Elp. 2, 2); Worte an
und einem urspr. selbständigen Worte, das jemand richten (Schiller 11, 284); dagegen
im Nd. drake, engl, drake «Enterich» lautet sagen, antworten (bei Campe 1807). ABL.
(schwäb. trech scheint erst aus antrech her- Entgegnung, f., bei Campe.
vorgegangen zu sein). Die Zusammensetzung entgelstern, v.: des Geistes, der Be-
lautet im Mnd. und Mndl. antdrake m., ent- sinnung berauben. Bei Stieler 1691. Mhd.
sprechend auch in hd, Mundai-ten (wetter.) dafür engeisten.
andrach und endedrach. Bei Stieler 1691 Entgelt, n. Spätmhd. in ön engelt «ohne
Entrech. Im Nhd. hat Anlehnung an die Kosten». Das Wort ist urspr. Mask., das
Bildungen mit -rieh stattgefunden, schon Neutr. (nach Geld) schon bei Ludwig 1716.
spätmhd. kommt antreich, entreich vor. S. Vgl. unentgeltlich. Von entgelten, v.: als
Täuberich. Älternhd. war auch Antvogel, Schuld und Nachteil tragen. Mhd. engelten,
mhd. antvogel m., aber bloß von der zahmen ahd. intgeltan; dazu and. and-, indgeldan «ent-
Ente üblich. S. auch Erpel. gelten». Bei entgelten lassen steht der Akk.
enteignen: durch ein öffentliches Ver- der Person und gewöhnlich auch Akk. der
fahren des Eigentums benehmen. 1807 bei Sache (auch mit Dat. der Person und Akk.
Campe als neu und dichterisch, sowie als Ver- der Sache, z. B. Lessing 1, 537), während
deutschung von expropriieren vorgeschlagen. mhd. engelten län Akk. der Person und Gen.
entern, v.: (ein Schiff) feindlich mit der Sache bei sich hat.
Haken heranziehen, um es zu ersteigen und enthalten, v.: Halt gewähren, aufrecht-
zu nehmen. Aus dem gleichbed. nd. entern, halten, stützen (bei Luther, mhd. enthalten
ndl. enteren, engl, enter, die auf das aus lat. «Aufenthalt, Bewirtung usw. gewähren»);
inträre gewordene span. entrar «hineingehen, zurückhalten wovon (Luther Weish, 1, 11,
einfallen, einnehmen» usw. zurückgehen. Bei auch mhd.); in sich halten (erst bei Ludwig
Stieler Zeitungslust 1695. ZUS. Enter- 1716). Reo. sich e.: sich aufhalten (im 18. Jh.
haken, m., bei Ludwig 1716. veraltet, doch noch bei Wieland), mhd. «sich
entfachen, V.: entflammen. Neugebildetes aufhalten, behaupten», vgl. Aufenthalt; sich
Wort, s. anfachen. nähren von —
(2. Makk. 5, 27) sich zurück- ;
447 enthaupten entrinnen 448

halten wovon, den Gebrauch wovon unter- entlegen, adj.: in weiter Feme gelegen,
lassen» (auch schon mhd.). ABL.
ent- weit abgelegen, eig. Part. Prät. von entliegen,
haltsam, adj. u. adv., nach der letzten Bed. mhd. entligen «nieder liegen», in md. Quellen
von sich e. Erst bei Steinbach 1734. Davon auch «fern liegen».
Enthaltsamkeit, f., 1774 bei Adelung als entlehnen, v.: auf Wiedergabe nehmen;
neu. (bildl., z. B. von SchriftsteDem) nicht als
enthaupten, durch Abschlagen des sein Eigen anführen. Mhd. entlehenen, ahd.
v.:

Hauptes töten. Mhd. enthouheten, daneben intlehanön, ndl. ontleenen. Zu leihen (s. d.).
auch beJiouieten und bloß Jiotiheten, ahd. entleiben, v.: des Lebens (vgl. Leib)
houbitöu. Davon Enthauptung, f., im berauben, töten. ^Ihd. entliben.
15. Jh. bei Diefenb. gl. 91'' entliouptung. entleihen, v.: auf Wiedergabe nehmen.
Enthusiasmus, m.: Begeisterung, Hoch- Mhd. entVihen hat auch die Bed. «auf Wieder-
gefühl, Geistesrausch. Aus dem gi-. ^vöou- gabe dargeben», ahd. intliJian nur diese Bed.
ciac.uöc m. «Begeisterung», von dvGoucidZieiv entloben, v.: die Verlobung aufheben.
«ein Gottbegeisterter (evGeoc) sein». Bei ABL. Entlobung, f. Beides junge Bil-
Luther «Schwärmerei». Enthusiast, m. {-en, dungen, die die Wörterbücher nicht ver-
PI. -en). Aus gr. ^veouciacrnc m. Bei Luther zeichnen.
«Schwarmgeist». ABL. enthusiastisch, entmannen, v.: der Mannheit berauben,
adj. Nach dem gi'.-neulat. enthusiasticus, gänzlich schwächen. Bei Krämer 1678, mhd.
gr. ^vöouciacTiKÖc. entmannen ist «der Mannschaft berauben».
entlang, adv. u. präp.: nach der Länge, entnehmen, v.: wegnehmen, mhd. ent-
der Länge nach. Als Präp. zunächst dem nemen, ahd. intneman «entgegen, zu sich
regierten Substantiv nach-, dann auch vor- nehmen» (mhd. Geld aufnehmen, leihen); (mit
gestellt. Auch bei Zeitbezeichnuncren, z. B. Akk. der Person) entledigen (bei Luther);
manchen zu jugendlichen Tag e. (Goethe 7, erschließen, erkennen (von Adelung 1774 noch
154); vereinzelt mit dem Gen., z. B. entlang als selten bezeichnet).
des Waldgebirges (Schiller Braut v. M. 1, 7). Entoutcas (spr. qtukä), m. (PI. mit ge-
Zuerst bei Frisch 1741, der das Wort für sprochenem s): Schirm gegen Regen und
niedersächs. erkläx*t und endlang schreibt; Sonne. Aus franz. en tout ras «in jedem
nach Adelung 1793 und Heynatz 1796 nur Fall». In der neuern Sprache.
im gemeinen Leben üblich. Es ist das mnd. eütpuppen, refl. v.: aus der Puppe
endlang, asächs. andlang, afries. ondlenge, ags. (Schmetterlingslarv^e) hei-vorgehen. Bei Campe
andlang, ondlong, engl, along, anord. aber 1807, in übertragner Bed. «sich als den zeigen,
endHangr, endlangr, eig. als Adj. «entgeggn- der man eigentlich ist» erst in der neuem
reichend, entgegengewendet», aus etit- (s. d.) Sprache.
und lang, das zu gelingen gehört. Vgl. Sievers entraten, v.: entbehren, nicht haben.
Festgruß an Böhtlingk S. 110. Wie afries. Mhd. zuweilen entraten (häufiger seit dem
ondlenge, ags. ondlong, engl, along ist auch 16. Jh.), öfter geraten «Mangel haben» (auch
das durch adverbiaHsches s erweiterte mnd. rät hän eines Dinges, wo rät «Abhilfe, Be-
entlanges als Präp. verwendet; daneben mit freiung, Unterlassung, Entbehrung»).
angetretenem (gleichsam superlativisch) ent-
t Entree, n. (PL -s): Eintrittsgeld; Vor-
langest, daher zuweilen nhd. entlängst. zimmer; Vorspeise. Aus franz. entree f. von
entlarven, v.: d. h. Maske, entrer v. «eintreten», das dem lat. inträre
der Larve,
benehmen. Bei Krämer 1678, übertragenem «eintreten» entstammt.
in Ln 17. Jahrh.
Sinne im 18. Jh. entrichten, v.: (fdlhges Geld) bezahlen.
entlassen, v.: von sieb weg-, fortlassen; Im 16. Jh.; mhd. entrihten, ahd. intrihten
von Bindendem, Verpflichtendem usw. frei- dagegen ist «in rechte Ordnung bringen,
geben, z. B. aus dem Dienste entlassen, oft schlichten, entscheiden» (so noch bei Luther),
mit Gen. der Sache (bei Krämer 1678, Lessing daneben mhd. auch «vom rechten Wege ab-
2, 288). Refl. sich e. (mit Gen.) : sich wovon bringen».
freimachen (Lessing Laokoon 199). Mhd. entrinnen, v. : entfliehen. Mhd. entrinnen,
enÜä^en, entlän ist «fahi-en lassen, loslassen, ahd, intrinnan, zusammenges. mit einem als
lösen ». S. auch Antlaß. ABL. Entlassung, einfaches Verbum nicht erhaltenen Irinnen,
f. (Schiller Kab. 3, 2). ahd. trinnan, s. trennen.
:

449 entrüsten entwenden 450

entrüsten, außer Fassung (Bereit- bringen, mhd. entsetzen, ahd. insetzen «durch
v.:

schaft) bringen: aufbringen, zornig machen. Hilfe wovon befreien, bes. von feindlicher
Refl. sich e.: aufgebracht, zornig werden. Belagertmg» (auch schon mhd.), s. Entsatz;
Mhd. entrüsten «der Rüstung entkleiden, der (bildl.) vor Furcht oder Abscheu außer sich
Rüstung benehmen», bildl. s, v. a. «außer bringen (mhd. vereinzelt «außer Fassung
Fassung bringen», bei Luther und H. Sachs bringen»). Refl. sich e.: vor Fui-cht oder
(Fab. 232, 6) s.v. a. «erzürnen». ABL. Ent- Abscheu außer sich kommen», mhd. sich ent-
rüstung, f. Bei Rädlein 1711. setzen «sich scheuen», üblicher entsitzen «in
entsagen, v.: (mit Dat., seltener Gen.) Furcht sein», eig. «aus dem Sitz, der Ruhe
sich lossagen von , —
auch refl. sich e. kommen», wovon entsetzen das Faktitiv ist.
(Lessing 2, 484). Mhd. entsagen (auch «auf- Der Inf als Subst. Entsetzen, n. Bei Luther,
kündigen, Fehde ansagen»), ahd. intsagen; mhd. dafür entsetzunge f. ABL. entsetz-
refl. mhd. sich entsagen mit Gen., Dat. oder lich, adj. u. adv.: außer sich bringend und

Präp. «sich wovon losmachen, entziehen». verabscheuenswert. Bei Luther.


ABL. Entsagung, f Bei Stieler 1691 in entspinnen, v.: zu spinnen anfangen. Refl.
der jetzigen Bed. sich e.: den Anfang nehmen. Bei Luther.
Entsatz, m. (-es): gewaltsame Befreiung entsprechen, v, (mit Dat.): gemäß sein.
von einer Belagerung; Mannschaft zu solcher Mhd. eyitsprechen «entgegnen, antworten» usw.,
Befreiung. In der 1. Bed. um 1600 auf- in der jetzigen Bed. bei Keisersberg und
kommend,.auch bei Comeniusl640 verzeichnet spätem Alemannen. Das von Wieland, z. B.
ffrüher Entsatzung). S. entsetzen. Suppl. 4, 56 gebrauchte Wort wurde 1759
Entscheid, m. {-es, PI. -e). Im 15. Jh., von Lessing 6, 31 als empfehlenswert be-
daneben auch entschid m. Von entscheiden, zeichnet und kam danach bald in Aufnahme.
V,: richterlich zum Austrag bringen endgültig Davon das Part. Präs. entsprechend, zu-
;

bestimmen. Refl. sich e.: zur endgültigen erst im DW. ohne Beleg.
Bestimmung gelangen. Mhd. entscheiden ist entspringen, V. hervorspringen; den Ur-
:

«unterscheiden, sondern, entscheiden, beschei- sprung haben; (dui'ch Springen) entkommen.


den». Das Part. Prät. entschieden als Adj.: Mhd. entspringen, ahd. intspringan.
festbestimmt, ausgemacht; fest im Entschluß. entstehen, v.: wegstehen, fernbleiben,
Am Ende des 18. Jh. ermangeln, mhd. entstän, entsten, in md.
entschlagen, refl. v. (mit Gen.): sich Quellen, und bis ins 18. Jh. üblich bleibend,
entschieden entäußern. Mhd. sich entslahen, z. B. bei Wieland, Lessing (Minna 4, 8), Voß,
sich entslän: trans. entslahen, entsiän «be- Schüler, doch von Adelung als selten be-
ginnen, wovon losmachen, befreien». zeichnet; zu stehen, zu sein beginnen (auch
entschließen, v.: des Schließens (Ge- schon mhd.). Offenbar liegen bei e. Zusammen-
schlossenseins) benehmen, mhd. entslie^en, ahd. setzungen mit den Präp. ent- und in- vor.
intslio^an. Refl. sich e. : aus dem Geschlossen-
entstellen, v.: aus der rechten Stelle
sein heraustreten, mhd. den bringen, verunstalten.
sich entstiegen; Mhd. entstellen.
festen Vorsatz an den Tag legen (in der entweder, nur mit nachfolgendem oder:
frühnhd. Kanzleisprache, auch bei Luther). das eine von beiden. Mhd. eintweder, aucli
Davon das Part. Prät. entschlossen als Adj. schon entwedei', der Akk. des Zahlpron. eint-
den festen Vorsatz habend (Fischart Ehez. weder «eins von beiden», als Partikel einem
Q 8^). —Entschluß, m., bei Krämer 1678, nachfolgenden oder gegenüber; hervorge-
während Entschließung, f., schon bei Opitz gangen aus eindeweder, d. i. em mit dem bei
Argenis 1, 707 steht. Xotker vorkommenden deweder «irgendeiner
entschlüpfen, v.: mit Geschwindigkeit von zweien», ahd. steht in gleicher Bed. ein-
und unbemerkt entgehen, entgleiten. Mhd. wedar. S. weder.
entslüpfen, ahd. intslupfen. entweichen, v.: sich forteilend entziehen:
entschnicken (Goethe 4, 46), s. Schnick. unvermerkt von der Stelle weichen. Mhd.
entschuldigen, v.: der Schuld benehmen, entwichen, ahd. inticlhhan, ndl. ontwijken.
uam. durch Worte. Bei Luther entschuldigen. entwenden, v.: wegwenden, in dem refl.
Mhd. entschuldigen, auch entschulden «von sich e. (5. Mos. 23, 15); entziehen, von je-
einer Schuld freisprechen». mand sich heimlich aneignen, mhd. entwen-
entsetzen, v. : aus dem Besitz einer Sache den <ia.hyv enden, abwendig machen, entziehen».
Weigand, Deatsches Wörterbuch, ö. Aufl. 29
451 entwerfen Epigramm 452

entwerfen, v.: bildend leicht (in um- dem mitteilt, was das Stammwort ausdrückt
rissen) von geben (hinwerfen).
sich Mhd. (s. faulenzen). Mhd. -enzen, ahd. enzön.
entwerfen zunächst von der Bildweberei ge- Material für diese früher häufigere Bildung
braucht, dann s. v. a. «zeichnen, malen, ge- bei Kluge ZfdW. 6, 40.
stalten». —Entwurf, m. Im 17. Jh., bei Enzian, m. (-5, PI. -e): die Bitterwurz,
Philander (Frankf. 1645) 3, 238; Zesen Ibr. 153. lat. gentiana. Im 15. Jh. (Diefenbach. Gl.
entwickeln, v. auseinander wickeln (bei 260 b, 1491 bei Brack 47); aber schon ahd.
:

Ki-ämer 1678); aus verwon-enem, unvoll- encian, genciane. Aus lat. gentiana f.
kommenem Zustand genauer im einzelnen Enzj'klika, f. (PI. -en): Rundschreiben
gestalten (erst im Adelung 1774). des Papstes. Fem. des nlat. Adj. encyclicus,
18. Jh., bei

ABL. Entwicklung, Bei Adelung 1774, das auf gr. cykukXoc (s. d. f.) zmückgeht.
f.

in der Bed. «Erklärung, Deutung» schon 1645 Enzyklopädie, f. (PI. -n) Lehrkreis der -.

bei Zesen adriat. Rosenmund 240. Wissenschaften, auch nui* der zu einem Fache
entwischen, v. mit größter Geschwindig-
: gehörigen. Aus dem gleichbed. franz. ency-
keit entgehen. Wndi. entwischen, ahd.intwisken. clopedie, das auf gr. eYKUKXoTraibeia f. (efKUKXoc
entwöhnen, v. (mit Gen.): aus der Ge- «kreisförmig» und naibeia «üntenicht») zu-
wohnheit kommen, nicht mehr in Gewohn- mckgeht. Im 18. Jh. entlehnt (in lat. Form
heit haben (Goethe Faust 4405, Schiller Pico. 1727 bei Hübner), in kürzrer Form bereits
1, 3). Mhd. entwonen, ahd. intwonen, zu- 1582 bei Hayneccius Hans Pfriem 3322 Cyclo-
sammenges. mit dem in gewohnen stecken- pedeyi., wie engl, cyclopaedia. ABL. enzy-
den wohnen. klopädisch, adj., nach franz. encyclopedique.
entwöhnen, v.: von der Gewohnheit, 1772 in den Frankf. Gel. Anzeigen 583.
bes. von der Mutterbrust abwenden und sie Epaulett, n. {-s, PI. -en), Epaulette, f.
vergessen machen. Bei Luther enticehnen (PI. -n): Achselstück. Das gleichbed. franz.
und entwenen; im 17. Jh. meist entwöhnen epaulette f., Dim. von epaule f. «Achsel». Im
(Krämer 1678). Mhd. entwenen, ahd. int- 18. Jh. entlehnt (Wagner Kinderm. 289).
tvennen. S. gewöhnen. ephemerisch, adj.: einen Tag dauernd,
Entwurf, s. entwerfen. eintägig, von Campe mit «dauerlos» ver-
entziffern, v.: (Schriftzeichen usw.) ent- deutscht. Aus gr. ^qprmepioc, zusammenge-
rätseln. Nach franz. dechiffrer, zu Ziffer, setzt aus eqp- (eiTi) «für» und einer Ableitung
das hier w^ie franz. chiffre die Bed. «geheimes, von- >T|iiepa f. «Tag». Im 18. Jh.

rätselhaftes Schriftzeichen >> hat. Bei Adelung Epidemie, f. (PI. -n) -.


hen-schende Ki-ank-
1774 entziefern, 1771 bei Wieland Amadis heit, Seuche. Aus mlat. epidemia, dem Fem,
9, 27 entziffern. des Adj. epidemius, gr. ^inbriiuioc «über ein
entzücken, v.: im Geist oder Gefühl Volk verbreitete» (gr. ^tti «dai'auf, daiüber»,
hinreißen. Mhd. entzucken, entzücken ist «wo-
m. «Volk»), nänil. vöcoc f. «Krankheit».
bf|]uoc

von wegzucken, wegi'eißen»; die jetzige Bed. Bei Sperander 1728. ABL. epidemisch,
bei Luther. ABL. Entzückung, f. Fiüh- adj.: seuchenartig. Von Gombert 8, 20 aus
nhd. (bei Trochus Prompt. Ol^ entzuckung dem J. 1681, epidemialisch vom J. 1574 nach-
«extasis»). gewiesen.
entzünden, v.: in Feuer setzen. ]Mlid. Epigonen, Plur.: Nachgeborene, Nach-
entzünden, ahd. intzunten. Bei Th. Könier kommen. Von dem gleichbed. gr. ^ttitovoi
(Schreckenstein V 63), A. Giün und H. Heine {ini «darauf, danach», yövoi PI. von tövoc «Ge-
im Part. Prät. nach der Volkssprache stark borener» zu YiTveiv «gebären»). Bei Adelung.
flektiert entzünden. Epigramm, n. (-s, PI. -e): Sinngedicht.
entzwei, adv.: zerbrochen, zerrissen. Mit Von
epigramma, gr. eiriYpom-ia n., eig.
gr.-lat.
ent füi- frühres en aus mhd. enzwei, ahd. in «Aufschrift» (von i-ni [s. oben] und YpctMM«
zwei, d. i. in mit dem Akk. Plui\ des neu- zu Ypäqpeiv «schreiben»), dann «Sinngedicht»..
tralen zwei, urspr. «in zwei Teile». ABL. Im 18. Jh., meist mit dem Plm-. Epigrammen
entzweien, v.: uneins machen, refl. sich e.: (Lessing 12, 119. 8, 469 u. ö.). ABL. epi-
uneins werden, spätmhd. sich enzweien. grammatisch, adj. Nach gr.-lat. epigram-
-enzen, Ableitungsendung an Verben, bei maticus. Bei Lessing 5, 60, Aber epigram-
denen sie ein Ahnlichsein, ein Hingeneigtsein matisieren bereits 1668 bei Erasm. Francisci
zu oder ein Riechen und Schmecken nach ost- und westind. Staats- u. Lustgarten 1, ISS'*.
453 Epilepsie er- 454

Epilepsie, f. (PI. -w): Fallsucht. Aus' Br. Kutsche und Pferde.


1, 87j; Eeisegerät.
givlat. tpüepsia, gr. emXriH'ia f. «Anfassen, Aus
von equiper (s. das
franz. equipage m.,
Anfall, bes. Fallsucht». Bei Wächtler 1711. Folg.), Im 17. -Jh. entlehnt, zunächst in den
ABL. epileptisch, adj.: fallsüchtig. Nach drei ersten Bedd.. doch bei Sperander 1728
gr.-lat. epilepficiis, gr. eiriXriirTiKÖc. auch schon «das zui' Reise nötige Fuhrwerk
Epilog, m. (-es, PL -e) Schlußrede, Xach- und Geräte;..
: —
equipiereu, v.: ein Schiff
wort. Aus gr.-lat. epüogus, gr. eTriXo-foc m. ausrüsten oder bemannen; ausriisten, aus-
«Schluß, Schlußrede*, aus ^tti (s. o.) und Xö-foc statten, mit allem Nötigen (zunächst Reise-
«Eede». Im 18. Jh., aber epilogisieren bereits gerät) vei-sehen. Aus dem gleichbed. fi-anz.

1581 bei Joh. 2s as examen concordiae 417. equiper, afranz. esquiper, von franz. esquif,
episch, adj.: das Heldengedicht betreffend, span.-poit. esquife, ital. s'-hifo m. «Boot», die
ihm angehörig. Xach dem gleichbed. gi'.-lat. auf unser Schiff, nd. skip zurückgehen. 1643
epiciis, gr. ^itiköc, von tiroc n. «Wort, Er- bei Harsdörffer Gesprächsp. 3, 430.
zählung», dann wie gr.-lat. ejjos «Heldenge- Er, verküi'zt aus Serr (bei Lutherj, in
dicht». Im 18. Jh. Titel und Am-ede, z. B, Glück zu, Er König
Episode, f. (PI. -/<): Zwischenhandlung (2. Sam. 16. 16). !Mit Flexion Em, worauf
in etwas, ZwischenspieL Aus dem gleich- unser Ehren vor Xamen (s. Ehre) zurückgeht.
bed. franz. episode m., das auf gi-. eireicöbiov er, sie, es, Pronomen der 3. Pers, iihd.
n., eig, «von außen hinein Gekommenes, Ein- er, Fem. siu, si, ]^eutr. ej, ahd, ir, er (fränk.

schiebsel, zwischen den Chorgesängen ein- auch her, he), Fem, siu, si, Xeutr. i^, ej;
geschaltete Handlung» beruht, zusammenge- dazu asächs. he. hie, Fem. siu, Xeutr. if, ndl.
setzt aus eiri (s. o,), eic «in» und einer Ab- //()'. zij. het, afries. hi. he. hiu. hit, ags. he.
leitung von öböc f. «Weg». Im 18. Jh. f Les- heo. hit, engl. he. she. if, anord. hatin, Fem.
sing 3, 95; 1727 bei Hübner Episodhun). hon, hun (Xeutr. fehlend), schwed. M. han.
ABL. episodisch, adj., nach dem franz. F. hon, dän, han, hun, got. is. si. ita. In
episodique. Bei Campe 1813. er. es liegt die Wurzel i zugmnde, die auch

Epistel, f. (PI. -n): Sendschi-eiben, Brief. in dem verwandten lat. is, ea, iä, lit. jis,
Als biblisches Wort bei Luther, schon spät- abg. J/, aind. X. iJ-ihn erscheint; sie gehtauf
mhd. epAstole f., aus gr.-lat. episfola, gr. im- eine andre Wiurzel zurück, gr. t] «die» (aus
cToXrj f., eig. «Übersandtes», von gr. ^tricTeX- *sä), aind. sjä, apers. hjä «sie». Schon mhd.
Xeiv «zu-, hinschicken». auch substantiviert der er. Der Xom. Sing, er
\

Epoche, f. (PI. -n): bedeutsamer Zeit- in der Anrede kam (mit dem F. sie) im 17. Jh.
punkt (in E. machfii): Zeitabschnitt. Bei durch Einfluß der französischen und italie-
Hübner 1121 Epocha. Aus gr.-mlat, epocha; gr. nischen Gesellschafts- und Höflichkeitssprache
^TToxr) f., eig. «Anhalten.), dann (bedeutsamer) auf und zwar in Vertretung von Herr oder
;

«Haltpunkt in der Zeitrechnung». Daraus einer andern männlichen Benennung, sinkt


franz. epoque f., wonach bei Klopstock 12, 186 aber im Lauf des 18. Jh. zur Anrede an eine
und Musäus Volksm. 4, 120 Epoke. Person geringen Standes herab, indem der
Epopöe, f. (PI. -n): Heldengedicht. Aus Plur Sie als ehrende Anrede an eine Per.-on
gr. ^TtoTTOüa, eig. «Verfertigung eines Epos», von Stand dafür eintrat.
(^noc s. Epos und n-oüa zu -rroieiv «machen») ^er-, unbetonte, untrennbare Partikel, in
dann dieses selbst. Im 18. Jh. (Lessing 5, 56). Zusammensetztmgen von Verben, woraus dann
Epos, n. fPlur. Epen): Heldengedicht, s. Substantiva usw. abgeleitet werden können.
episch. Sie hat den Gnindbegriff'« hervor, aus», woraus
Eppich, m. (-6-, PI. -e): die auch die sich die Bed. des «herauf, auf», z. B. erbauen,
Petersilie und den Sellerie umfassende Dol- erwecken, des «Beginnens und Wei'dens», z. B.
denpflanzenart, lat. apium, woher das deutsche erblassen, erblinden, des «^viede^», z. B. er-
Weit. Mhd. epfich. ahd. ephih m., daneben innern, ^'setzen, des «zu sich her», z. B. er-
ohne die Ableitung ahd. ephi, mhd. epfe, auch borgen entwickeln, sowie die Bezeichnung des
eppe, effe m. (jetzt obd. epf. epficJt). Schon Beginnes der auf einen Gegenistand hin er-
am Anfang des 16. Jh. wm-de das Wort auch gehenden Handlung, z. B. ergreifen, erzeigen,
für Efeu (s. d.) gebraucht, und endlich die Fähigkeit, transitiven Begriff
Equipage, f. (PI. -«); zu bewii'ken oder doch hei-vorzuheben, tmd
Schiffsbesatzung;
Kriegsgepäck; Ausriistung zur Reise (Schiller das momentane Eintreten der Handlung an-
29*
;

455 er- Erbe 456

zudeuten, z. B. erblicken, erlauben. Die urspr. durch Bau auf-, errichten; (bildlich) geistig
mit der Partikel zusammengesetzten Subst. aufrichten oder erheben; durch Fortpflanzung
und Adj. wahren dagegen die betonte, ur- oder Nachkommenschaft bestehen machen
sprünglichere Form ur-, z. B. Urahn, uralt, (1. Mos. 30, 3, 5. Mos. 25, 9). Mhd. erbüwen,
urbar, Urbild, Urheber, Urkunde, Urlaub, ur- erbiuwen, erbouwen «an-, bebauen, durch Bau
2)lötzlich, Urquell, Ursache, Urschrift, Ur- hervorbringen, baulich aufrichten (eig. wie
sprung, Urteil usw. In neuena Bildungen bildlich), beizeiten, ausrüsten». Refl. sich e.
hat ur-, mit Substantiven verbvmden, den Be- «sich geistig aufrichten oder erheben». Bei
griff des Anfänglichen, Ersten. Mhd. er-, Ludwig 1716. ABL. erbaulich, adj. u.
ahd. ur-, ar-, ir-, er-; dazu asächs. ä- (aus adv. (zu sich e.). Bei Stieler 1691. Er-
ar-), betont ur-, ags. a-, betont or-, anord. bauung, f. Bei Stieler 1691.
nur vor Substantiven und Adjektiven er-, Erbe, m. (-n, PI. -n): wer einErbe zu
got. US-, uz-, ur-. Im Got. und Ahd. auch erwarten hat oder übei'kommt. Mhd. erbe,
für sich stehend, und zwar als Präp. mit ahd. erbo, eribo, erbeo, arbeo m.; dazu anord.
Dat. in der Bed. «hervor, aus, von». arfi, got. arbja m. Von Erbe, n. (-s):
^er-, gekürzt aus her-, bei Luther erab nachgelassenes Grundeigentum, hinterlassenes
(2. Mos. 11, 8) «herab», erauf (2. Kön. 3, 23) Stammgut; was auf den Sterbfall an einen
«herauf», eraus (2. Mos. 8, 18; Jos. 8, 5) «her-
andern übergeht. Mhd. erbe, ahd. erbi, arbi
aus», erein (l. Mos. 27, 5) «herem» usw. n.; dazu asächs. erbi, ndl. erf, ags. yrfe
^
-er, an Namen von Orten, Gegenden, Län- n., anord. (ohne j-Suffix) arfr na.., schwed,
dern, z. B. Frankfurter Bürger, das Mecklen- arf, dän. arv n., got. arbi n. Da man mit
burger Land, Pfälzer Weine. Es ist urspr. Sievers Btr. 12, 174 von dem Ntr. Erbe «be-
der Gen. Plur. männlicher Substantiva auf wegliche Hinterlassenschaft» ausgehen muß,
-er (mhd. -(cre, -ere, ahd. -äri, -ari), z. B. so kann man lat. orbus m. «Waise», orbäre
Thüringer Mark, ahd. Duringäro marca, d. i. «verwaist machen, berauben», gr. öpcpavoc m.
Grenzland der Thüringer. «Waise» (ohne Ableitungssuffix in öpqpoßörnc
"-er, Komparativendung der Adjektiva, «Waisen erziehend»), altir. comarpi «Äüterbe»
mhd, -er, ahd. -iro und -oro, asächs. -iro vergleichen; die Grundbed. von Erbe wäre,
(-ero) und öro, ags. -ra, anord. -ri und -ari, «was zum Verwaisten gehört». Ob die Bedeu-
got. -iza und -öza. Die Endung ahd. -iro tung «Vieh», anord. arfr m. «Ochse», ags. yrfe
bewii'kt Umlaut des Wurzelvokals. orfu. «Vieh», aus der von «Erbe» entwickelt
erachten, v.: dafür halten. Mhd. er- ist, oder umgekehrt, ist nicht ganz sicher.
ahten, ahd. irahtön «ermessen, erwägen, be- ABL. erben, v.: eine Nachlassenschaft zum
stimmen». Davon der Inf. als Subst. Er- Besitz ei'halten; als Nachlassenschaft auf
achten n., in meines Erachtens, 1535 bei jemand übergehen. Mhd. -ahd. erben, ndl.
Micyllus Tacitus 340% 1545 in Schertlins erven, schwed. ärfva, dän. arve. erblich,
Briefen 38. adj. u. adv. Mhd. als Adv. erbelichen, im
eräugen, eräuguen, s. ereignen. 15. Jh. auch als Adj. erblich. Erbin, f.

erbarmen, zu tätigem Mitgefühl be- Bei Pomey 1690, während vorher der Erbe
v.:
wegen. Kefl. sich e. und unpers. es erbarmt auch von der Erbin gesagt wird, z. B. Spr.
mich mit Gen. des Gegenstandes (bei Luther, Sal. 30, 23. Erbschaft, f., mhd. erbescJmft
2. Mos. 33, 19). Mhd. erbarmen {mich oder f. ZUS. Erbfall, m.: Anfall eines Erbes,
mir erbarmet ein dinc, auch refl. sich er- mhd. erbeval m. Erbfeind, m., mhd. erbe-
barmen undtrans. «bemitleiden», selten unpers.), vint m. Erblasser, m..- wer beerbt wird.
ahd. irbarmen, zurückgehend auf ir-bi-armen, 1663 bei Schottel S. 333. Vgl. mhd. da§ erbe
got. arman, s. barmherzig. Davon der Inf. län «das Erbe hinterlassen». Erbschichter,
als Subst. Erbarmen n., auch schon mhd. m.: wer ein Erbe ab-, einteilt (Luk. 12, 14).
ABL. Erbarmer, m., mhd. erbarmcere m. Mhd. erscheint erbeschichtunge f. «Erbteilmig»,
erbärmlich, adj. u. adv. Mhd. nur als Adv. vgl. schichten. Erbschleicher, m.: der sich
erbermeliche ahd. (bei Notker) erbarmeWi
, in unredlicherWeise um em Erbe bemüht.
«zu bejammernd». Erbarmung, f mhd. , 1696 bei Thomasius Ausübung der Sitten-
erbarmunge f.; dazu and. erbarmunga f. lehre 292. Erbsünde, f die angebonie :

erbauen, v. baulich bearbeiten, anbauen


: Neigung zur 'Sünde als Erbe Adams. Mhd.
durch Bau hervorbringen oder gewinnen; erbesünde f.
,

457 erbittern Erde 458

erbittern, v.: zu Bitterkeit, Zora und fläche: der Stofl" dieser <Jberfläche. Mhd.
Haß treiben. 3>Ihd. erbittern. ABL. Er- erde, ahd. erda f.: dazu asächs. ertha, ndl.
bitterung, f. Bei Duez 1664. aarde, ags. eorde, engl, earth, anord. jörä,
erblassen, v. : blaß werden (bei Luther); schwed. -dän. jord, got. airpa f. Der Dental
sterben. \
istableitend: dazu das einfache ahd, ero, anord,
Erblasser, s. Erle. jörfi m, «Sand, Gras», die zu gr. 6pa in
'

erbleichen, v. (Prät. erUeichte, Part, er- epaZe «zur Erde» stimmen (aber nicht zu lat,
bleicht i: bleich werden; totenbleich werden, arvum «Pflugland»! Bei Luther flektiert
sterben. Mhd. erbleichen, ahd. irUeihhen. S. Erde vielfach schwach, wie noch jetzt in
-bleichen. In gleicher Bed. erbleichen, Prät. der poetischen Sprache, ABL. erden, adj,:
erblich, Part, erblichen, mhd. erblichen «den aus Erde (Ton) gebrannt. Bei Luther, jetzt
Glanz, die natürliche Farbe verlieren». nur irden (s, d,), erdig, adj.: Erde ent-
erblieh, s. Erbe. haltend. Im 15. Jh. ZUS. Erdapfel, m.
erblicken, v.: den Blick wohin richten (-.?, PI. Erdäpfel): Knollenfrucht; Kartoffel.
und mittelst Blickes wahrnehmen. Mhd. er- Mhd. ertapfel, ahd, erdaphul m. «Melone,
blicken, auch intrans s. v, a, erglänzen, vgl. Gurke», im 16. Jh, von verschiedenen KnoUen-
blicken. wurzeln, die aus der Erde gegraben wurden;
i

erbosen, v.: böse machen; böse werden.} im 17, Jh. die Kartoffel (P. J, Becher nän*.
Dafür meist refl. sich e.: böse werden, in Weisheit 5. bei Adelung 1774 als meißnisch);
Bösheit kommen, Mhd. erbosen ist wie das jetzt findet sich E. besonders im Süden, in
einfache mhd. bösen, ahd. boson «schlecht wer- Mitteldeutschland wird Erdbirne oder Grund-
den», auch «Böses tun»; die jetzige Bed. bei birne vorgezogen ags, eor^oeppel m., sowohl ;

Stieler 1691. Für das trans. erbosen wäre «Gurke» als «Knollenwurzel (Mandragora)»,
eig. erbösen zu erwarten, das auch bei Schottel Erdball, m., 1774 bei Adelung als dichterisch,

S. 630 steht. Erdbeben, n. {-s, PI. wie Sg.): Beben der


erbötig, adj.: sich erbietend. In der Erde. Bei Luther, in altern md, Quellen
frühnhd. Kanzleisprache erbötig, erbütig, ab- ertbiben n. Dafür gewöhnlich mhd, ertbidetn
geleitet von frühnhd. erbot n. «Anerbieten», m. (noch jetzt obd,). Daneben mhd. ertbibe.
daneben auch urbütig (Brant Laiensp. V4^), ahd. ertbiba f, und mhd. erthibunge, ahd. erd-
abgeleitet von mhd. tirhot n. «Anerbieten», bibunga, ags. eorßbifung f. S. beben und bidmen.
Erbschaft, -schichter. -Schleicher, Erdbeere, f,: die gewürzhafte, nah an der
s. Erbe. Erde wachsende Beere, lat, fragum, Mhd,
Erbse, f. (PI. -n)-. die Schotenfrucht lat, ertber, erdeber, ahd.ertberi n, (s. Beere): da-
pisum, sowie die Pflanze selbst. Alternhd. zu ndl. schwed, -dän, jordbär.
aardbezie f.,

Erbs (Erbse erst bei Frisch 1741), fiüher Vgl. Böhtlingk Idg. Forsch, 7, 272. Erd-
noch Erbes, Erbeis (so bei Luther), mit b beschreibung, f., 1561 bei Maaler für
für ursprüngliches iv aus mhd. arwei^, erwei^, Geographie. Erdfloh, m.: ein kleiner, floh-
ertci^, ahd, arawei^, araivi^ dazu and. erit, artig spi-ingender Käfer. 1546 bei G. Agricola.
f. ;

ndl. erwt, ert, anord. ertr schwed. ärt Erdgalle, f.: Ij Tausendgüldenkraut, wegen
f. Plur.,
m,, dän. ert. Dazu auch ohne Ableitungs- der sehr bittem Wurzel (s. Galle^), mhd.
endung ags. earfe «Erbse», das wohl direkt ertgalle, ahd. ertgalla f., ags. eorßgealla m.,
aus lat. ervum stammt. Zu lat. ervum n, engl, earth-gall. 2) ein unfruchtbarer Platz
«Hülsenfrucht», gr, ^pdßivGoc m,, öpoßoc m, in einem Acker, Erdgeschoß, n.: unterstes
«Kichererbse». Es handelt sich dabei um
Stockwerk eines Hauses, S, Geschoß -. Noch
ein uraltes Kulturwort, bei dem aber die An- nicht bei Heynatz 1796 (Adelung schlug Erd-
nahme einer unmittelbaren Entlehnung auf bau, Campe u, a, Erdraum für Parterre vorj,
lautliche Bedenken stößt. Vgl, Hoops Wald- Erdkreis, m. Bei Luther Erdenkreis. Erd-
bäume S, 464. kunde, f.: Verdeutschung von Geographie.
Erbsünde, s. Erbe. 1774 bei Adelung, Erdnähe, f nächster :

Erchtag, s. Dienstag. Stand der Sonne, des Mondes zu der Erde,


Erdapfel usw., s. Erde. 1716 bei Wolff math. Lex., mit dem Gegen-
Erde, f (PI. -«): der Weltkörper, worauf satz Erdferne. Erdrauch, m. der Tauben- :

wir wohnen; die Oberfläche desselben, worauf kropf, fumaria L, Mhd, ertroiich m,, auch
man wandelt; die von Meer umgebene Ober- mnd. ertrök m. Auch im Griechischen Rauch
459 erdreisten ergeben 460

(kottvöc) genannt, weil der scharfe Saft der Eremit, m. (-en, PI. -en)-. Einsiedler,
Pflanze wie derRauch Tränen aus dem Klausner. Aus dem gleichbed. gr.-lat. eremita,
Auge lockt. Erdreich, n,: Gebiet der Erde gl". lpr\ii.{xr\c m., abgeleitet von ^p>i|Lioc «ein-
(im Gegensatz zu Himmelreich); Erde als sam». Bei Rot 1571, Heremit schon 1521
menschlicher Wohnort; Erde als wasserum- bei Judas Nazarei 58. ABL. Eremitage,
flossenes Land: Erdboden; Erde als Stoff. f. Einsiedelei. Mit Anlehnung an lat. ereniHa
:

Mhd. ertriche, ahd. erdrihhi n.; dazu asächs.- aus dem gleichbed. franz. ermitage m. Im
afries. ertknki, ndl. aardrijk, ags. eoränce n. 17. Jh. (Grimmeishausen Simpl. 510).

Bei Luther auch mit Kürzung des mhd. / Eren, s. Em.


der zweiten Silbe Erdrich. Erdteil, m. erfahren, v.: fahrend erwei-ben; (bildl.)
Junge Bildung des 19. Jh. Erdzunge, f.: durch eigne Anschauung zukommende Kunde
zungenai-tig in Wasser sich erstreckendes, vernehmen. Mhd. ervarn, ahd. irfaran «durch-
langes, schmales Stück Land. Bei Hübner ziehen, durchwandern, erforschen, erreichen».
1745 für «Isthmus», Das Pai-t. Prät. erfahren, als Adj.: be-
erdreisten, refl. v.: sich erkühnen. 1599 Im 15. Jh. (Voc.theut. g7a). ABL.
wandert.
bei Schütze Preußen 62^, aber erst im 18. Jh. Erfahrung, f. MhA.ervarunge f., eig. «Durch-
im Hd. allgemeiner geworden. Früher mit wanderung», dann «Erforschung; Wahrneh-
der Nebenform erdreustei), s. dreist. mung; Kenntnis» (so in E. bringen).
erdrosseln, v.: dm-ch Zudmcken der erfinden, v.: aus-, auffinden; durch Ver-
such erkennen, als ein bisher Unbekanntes
Kehle (Drossel, s. d. -) t'iten. Bei Stieler 1691.
Erdteil, Erdznnge, s. Erde. hervorbringen. Mhd. ervinden, ahd. irfindan
ereignen, refl. v. als zeitliche Erscheinung «ausfinden, gewahr werden». ABL. Erfin-
:

vor Augen treten. Mit Anlehnung an eigen der, m., frühnhd. Davon erfinderisch,
aus mhd. eräugen, erougen, ahd. irougen adj. Bei Adelung 1774. erfindlich, adj.
«sehen lassen, erscheinen», zusammengesetzt Bei Luther. Erfindung, f. Im 15. Jh.
mit dem von Auge abgeleiteten ahd. -mhd. ervindung f.
ougen, got. augjan. afries. auica, ags. iewan, Erfolg, m., 1619 bei Helvicus Sprach-
eatvan «vor das Auge bringen, sehen lassen». kunst 35. Vom älternhd. erfolgeil in der Bed.
Schon am Anfang des 16. Jh. findet sich «eiTeichen», mhd. ervolgen «erreichen, erlangen,
ereigen (bei H. Sachs, Mathesius, Fischart), erfüllen» (mit Dat. «zuteil werden»).
durch das aber ereugen, eräugen nicht ver- erfordern, v. verlangen, bedürfen, nötig :

drängt wird; ereignen neben eräugnen bei haben. jVIhd. ervordern ist «fordern, gericht-
Duez 1652, allein angeführt bei Krämer 1678, lich verfolgen». ABL. erforderlich, adj.:
doch hat noch Stieler 1691 auch sich ereugen, nötig. 1741 bei Frisch. Nach Adelung obd.
Ludwig 1716 e^-äugnen neben ereignen, selbst und im gemeinen Leben. Erfordernis, n. f.
Adelung 1774 eräugenen. eräugnen, entscheidet Bei Frisch 1741. Früher nur f.
sich aber 1793 für ereignen, das er schon erfrören, v.: erfrieren machen. !Mhd.
früher als vorherrschend bezeichnet hatte, ervroeren. Jetzt nui- noch obd., während in
ebenso Heynatz 1796. Doch findet sich er- der Schriftsprache das intr. erfrieren dafür
äugen noch bei Lessing 3, 39, Justus Moser eingetreten ist.

Patr. Phant. 2, 177, eräugenen bei Lessing 2, erfüllen, v, : voll machen zu Ende bringen,
;

160. 225. 302. 6, 327, eräugnen mitunter bei ausführen, verwirklichen. Mhd. ervüllen. ABL.
Goethe 3, 284, Faust 5917, an Zelter 2, 454. Erfüllung, f., mhd. ervüllunge f.
ABL. Ereignis, n. Ahd. araucnissa f., ergattern, v.: heimlich, spähend aus-
arougnessi f. «das Sichzeigen», mhd. nicht findig machen und in seine Gewalt bekommen.
belegt. 1774 Ereignis f. (Klopstock Gelehrten- Urspr. wohl vom Geier, der seine Beute durch
rep. 140, auch bei Musäus, Miller usw), 1793 das Hühnergatter erspäht. Im 16. Jh. (D. AV, 3,

bei Adelung Ereignis n., Heynatz 1796 spricht 894 vom J. 1594). S. gattern und ausgattern.
sich noch gegen die Bildung aus. Früher ergeben, v.: aus-, herausgeben; einträg-
wurde Eräugnung (Steinbach 1734), Ereuge- lich sein, eintragen (ui'spr. wiedergeben. Auf-
nung (Stieler 1691), Ereignung (Krämer 1678) gewandtes vergelten). Refl. sich e.: sich
dafür gebraucht: Eräugung bei Lessing 7, in jemandes 'Gewalt geben; als Folge her-
203 ist «Vor -Augen -Bringung, Darstellung vorgehen. Mhd. ergehen, ahd. irgehan; da-
einer Handlunsf zum Schauen». zu asächs. ägetan, ags. ägifan, got. nsgiban
461 ergötzen Erker 462

«ausgeben, wiedergeben, vergelten, bezahlen, erhärten, v.: hart, fest machen; bekräf-
erweisen». Mhd. sich ergehen auch «sich tigen. In der Bed. schon mJid. erherten,
2.

zeigen,zum Vorschein kommen». Das Part. doch noch von Adelimg dem Obd. zugewiesen.
Prät.ergeben als Adj.: hingegeben, sich hin- erheben, s. erhaben.
gebend. Bei Maaler 1561. Davon Ergeben- erheblich, adj. u. adv.: von Gewicht, von
heit, f., bei Steinbach 1734. ABL. Er- Belang. Frühnhd. T Albertinus Lustg. 203*).
gebnis, n. (zu sich ergehen): was sich als ^Bi.." Erheblichkeit, f., bei Stieler 1691.
Folge ergibt. Bei Campe 1807 als neues erholen, v. (veraltet) heraus-, herbei-
:

Wort verzeichnet. Ergebung, f.: Übergabe '


holen; erwerben (es erholen Lessing 3, 62).
einer Stadt usw., frtihnhd. (bei S. Franck '
Refl. sich e. sich verschaffen (in sich Rats
:

Weltb. 18*); Gesinnung eines Ergebenen, Hin- e.); Verlorenes, Versäumtes zurück-, nach-
gebung, Geduld, 1691 bei Stieler. ergiebig, ! holen, wieder einbringen, gutmachen; frische
adj. Bei Stieler 1691 (doch «sich eingebend»), j
Kraft gewinnen, eig. wohl «wieder Atem
bei Frisch 1741 wie jetzt, ältemhd. dafür holen». Mhd. erholn, ahd. irhalön, irholön,
ergihlich (Albertinus Lustg. 5^), ergehlich refl. mhd. sich erholn. ABL. Erholung, f.
(Maaler 1561). Bei Luther.
ergötzen, ergetzen, v.: (mit Gen.) ent- erinnern, v. : machen, daß jemand wessen
schädigen (Jer. 8, 18): zu einem innerhch wieder inne wird: iemand auf etwas auf-
behaglichen Wohlgefühle stimmen. Mhd. er- merksam machen, bes. tadelnd. Refl. sich e.:
!

Dinges vergessen wieder inne werden.


getzen, ahd. irgefzcii «eines Frühnhd., auch bei
\

machen, wofür entschädigen, vergüten. Ge- Luther, mhd. dafür bloß innern, ahd. innarön,
nüge tun, vergnügen, vergnügheh stimmen», abgeleitet von innaro «der Innere», daneben
i

das Faktitiv zu ahd. irge^^an «vergessen». mhd. erinnen «inne werden». ABL. erinner-
I

Die Schi-eibung ergötzen kommt schon im lieh, adj. Bei Stieler 1691. Erinnerung, f.
I

16. Jh. bei Oberdeutschen vor, im 17. Jh. Im 15. Jh. I

auch zuweilen bei ^litteldeutschen, z. B. Fle- erkalten, v.: kalt werden. Mhd. erkalten,
ming Ged. 218, und ist im 18. Jh. sehr ge- ahd. irkalten. Dagegen erkälten, v. : kalt
wöhnlich, doch schreibt Adelung ergetzen. machen, mhd. erkelten. ABL. Erkältung,
während Heynatz 1796 sich für ergötzen ent- f., bei Rädlein 1711.
scheidet bei Goethe ist in der Ausgabe letzter
; erkennen, v. durch Sinji oder Geist wahr- :

Hand ergetzen durchgeführt. ABL., ergötz- nehmen, sich eines bereits Wahrgenommenen
lich, adj. u. adv., bei Luther ergetzlich. Da- wieder bewußt werden: seine Überzeugung
von Ergötzlichkeit, f. Schon im 15. Jh. wovon dartun, vgl. anerkennen; sich richter-
ergetzlichait f. «Vergütung, Belohnung». lich äußern beiliegen (oft in der Bibel). Mhd.
;

erhaben, adj. und adv.: hei-vorragend; erkennen, ahd. ar-, irchennan in den obigen
(abstr.) unerreichbar und so zu Ehrfurcht Bed.; ags. äcennan «zeugen», got. iiskannjan
und Bewunderang stimmend. Mhd. erhaben, «jemand etwas kundtun, empfehlen». ABL.
das Part. Prät. von mhd. erheben, ahd. ir- von dem Part. Prät. mhd. erkennet, erkant:
heffen, asächs. ähebbian, ags. ähebban, got. erkenntlich, adj. u. adv.: erkennbar; Dank-
ushafjan, «zur Höhe heben, anheben». Dies barkeit an den Tag legend. Mhd. erkantlich
Part, ist sonst im Nhd. durch erhoben er- «erkennbar, bekannt», frühnhd. erA'en^^/cÄ (voc.
setzt (doch kommt e. noch im 17. Jh. z. B. bei ine. teut. e2''), älternhd. oft erkänntlich; in
Harsdörfer, Schupp, Gryphius vor), während der 2. Bed. im 17. Jh. (erkantlich bei Grimmels-
sich im adjektivischen Gebrauch e. erhalten hausen Simpl. 2, 147, 12 Keller). Davon Er-
hat. Das Prät. von erheben lautet erhob kenntlichkeit, f., bei Stieler 1691. Er-
und erhuh (s. heben), früher auch erhebte, kenntnis, f. n. Mhd. erkantnisse f. n. «Hand-
Part, erhebt (Luther Randglosse zu Rieht. 11, lung, Begiiff des Erkennens», bei Luther Er-
35 hoch erhebt). ABL. Erhabenheit, f., kentnis f. n., auch im 18. Jh. noch oft als
mhd. erhabenheit f. Neutr., z. B. bei Haller, Klopstock, Schiller,
erhalten, v.: aufrechthalten; in einem Kant, während jetzt (nach Adelung) Erkennt-
Zustand bewahren Unterhalt geben erlangen, nis n. nur «nach Untersuchung und Befund
: :

bekommen. In allen diesen Bedd. bei Luther, sich ergebende und ergehende Bestimmung».
mhd. noch nicht nachzuweisen. Erker, m. (-s, PI. wie Sg.): vorspi-ingen-
Erhart, Mannsname, ahd. Erhart. der Ausbau oben an einem Hause oder an
;

463 erkiesen Erlkönig 464

der Vorderseite einer Mauer. Mhd. ärker, Die


ags. älätan, got. usletan «ausschließen».

erker m., mnd. auch arkener, erkener m,, aus Bed. bei Adelung 1774. 2.

mlat. ärcora f. von lat. arcus m. «Bogen», im erlauben, v.: Recht und Freiheit geben,
Mlat. auch s. v. a. «Zimmerwölbung, bogen- etwas zu tun oder zu lassen. Bei Luther,
förmiges Zimmer». auch sonst früher bei Mitteldeutschen, erleuben.
erkiesen, v.: erwählen. Mhd. erkiesen, Mhd. erhüben, e^iöuben, ahd. irlouben; dazu
ahd. irkiosan; dazu asächs. äkiosan, ags. ags. älyfan, got. uslaubjan. Vgl. glauben.
äceosan, got. uskiusan. Die Flexion ist wie ABL. Erlaubnis, f. Fmhnhd. (um 1480
bei kiesen (s. d.) stark im Voc. ine. teut. e2^ erlaubniß).
(Prät. erkor, Part.
erkoren) und schwach. erlaucht, adj.: hoch und hen-lich, als
erklären, v.: klarmachen; der Einsicht Titel, im besondeni bei Reichsgrafen, «er-
öffnen; bestimmt kundgeben. Mhd. erMeeren haben». Davon als Subst. Erlaucht, f.:
«klar, hell, deutlich machen»; die 3. Bed. Erhabenheit, Titel der Reichsgrafen. Das
frühnhd. (in Glossaren des 15. Jh. bei Diefen- zum Adj, gewordene Part. Prät. von er-

bach 168*). ABL. erklärlich, adj. Bei leuchten, mhd. erliuhten, ahd. irliuJiten, mhd.
Rädlein 1711. Erklärung, f. Im 15. Jh. (mit Einführung des Rückumlauts) erlühtet
(Lexer Nachtr. 157 vom J. 1497). (für erliuhtet), erlüht, das schon im 14. Jh.
erklecken, v.: wozu ausreichend sein; als fürstliches Titelbeiwort verwendet wird,
zum Vorteil, zum besten gereichen, förder- ABL. erlauchtig, adj., mhd. erliuhtic, er-
hch sein. Mhd. erklecken. ABL. erkleck- lühtic (auch als Titel). Vgl, durchlaucht.
lich, adj. Frühnhd. S. klecken. erläutern, v.: erklären, klarmachen. Mhd.
erkohern, v.: für verlorene Kraft frische erliutern «hellmachen, erklären», von lauter
sammeln. Noch oberdeutsch und in der (s. d.).

Sprache der Bienenzüchter. Mhd. erkoheren, Erle, f. (PI. -n): der auf Sumpfboden
erkoveren «erlangen, gewinnen, zusammen- wachsende Baum, lat. alnus, Mhd, erle, ahd,
halten, zu frischer Kraft anregen», refl. «sich erila, umgestellt aus elira f, (s. Eller); dazu
erholen», ahd. irkohorön verlangen, erreichen». ags, alor, engl, alder, anord, ölr m., elrir m.,
Wie mhd, koberen, koveren, ahd. kohorön ent- elri n. und mit Erhaltung des sonst zu r
lehnt aus recuperäre «wiedererlangen», gewandelten s ndl, eis (s, Else). Verwandt
lat.

refl. «sich wieder erholen», mlat. cuperare ist lat, alnus aus *alsnus f,, abg, jelicha f,
«erwerben», woher auch afranz. coubrer «be- lit. eiksnis m. «Erle».
«Erle*», ABL. erlen,
kommen», recovrer und recouvrer «wieder- mhd. -ahd, erlin. Auch in Erlenholz usw,
adj,,

bekommen, genesen», prov.-span. cobrar «be- erledigen, v, ledig, d. i, frei, leer machen,
:

kommen», iproY. recobrar und span. reco&rarse mhd. erledigen «völlig zu Ende bringen» (erst
«sich erholen», mndl. koeveren «er-
sowie von Adelung 1774 als obd. angeführt).
werben», ags. «wieder genesen»,
äcofrian erlegen, v.: niederlegen, zu Falle bringen,
engl, recover «sich wieder aufraffen», schwed. mhd. erlegen «bezahlen», eig. «auf den Zahl-
förkofra «aufhelfen». tisch legen» (fmhnhd.).
erkoren, s. erkiesen. erleiden, s. leideyi.
erküren, neuere Bildung (um 1730) statt erlesen, adj.: ausgesucht, ganz vorzüglich.
des älteren erkiesen, s. küren. Frühnhd., eig. Part. Prät. von erlesen, mhd.
erkundigen, v.: Kunde wovon erwerben. erlesen, ahd. irlesan «auslesen, das Beste her-
Mhd. dafüi- et^kunden, dies noch bei Luther auslesen».
und bis ins 18. Jh. neben erkündigen. erliegen, v.: danieder liegen, völlig bis
erlangen, v.: abreichend woran kommen; zum Nichtwiederaufstehen entkräftet werden
strebend erhalten. Mhd. trans. erlangen «er- wovon. ÄIhd. erligen, ahd. irliggan, irligan,
reichen». ags. alicgan.
Erlaß, m. (-sses, PI. -sse): Nichtanrechnung Erlkönig, auch Erlenkönig, m.: Elfen-
zur Befolgung Verfügtes oder Befohlenes. Bei könig. Beide 1779 von Hei'der in seinen
Adelung 1774 (dafür ahd. urlä^ m. «Entlas- Volksliedern gebildet als Übersetzimg des
sung»). Von erlassen, v. nicht anrechnen, dän. ellekonge, ellerkonge, d. i. elvekonge, elver-
:

von Anzurechnendem befreien; von sich aus- konge «Elfenkönig, Beherrscher der Elfen», in
gehen lassen. Mhd. erlägen, erlän, ahd. ir- welchem Wort er eile aus Mitverständnis für
lägan «wovon freilassen»; dazu asächs. älätan, eil, in Zusammensetzungen eile «Erle» nahm.
:

465 Erlös Ernte 466

Erlös, m. {-es): das gelöste oder einge- freier Hofraum». Weiteres bei Walde s. v.
nommene G-eld. Erst bei Campe 1807 als ärea, Meringer Idg. Forsch. 17, 122. Zu-
obd. angeführt. Von erlösen, in der Bed. weilen auch ÄJire f. (Klopstock Messias 20,
«Geld gewinnen», schon mhd. erloesen auch 144 und 152, auch bei Adelung).
«erzielen, gewinnen». ernennen, v.: zu einer Stelle bestimmen,
erlöschen, v. (Prät. erlosch, Part, er- Mhd. ernennen «namhaft machen»; die jetzige
loschen): aufhören zu leuchten: (büdl.j auf- Bed. bei Krämer 1678.
hören sichtbar, wirksam, tätig zu sein. Mhd. ^ Ernst, das Appellativum Ernst (s. d.) als

erleschen (Prät. erlasch), ahd. irlescan. Da- Mannesname, ahd. Ernust.


gegen erlöschen (Prät. erlöschte, Part, er- "Ernst, m. (-es): Festigkeit des Wülens-
löscht): erlöschen machen. Mhd. erleschen entschlusses; Festigkeit der Gesinnung. In
(Prät. erlaschte), ahd. irlescan, irlesken, das es ist, ivird Ernst, mhd. ynir ist ernest, in
Faktitiv von irlescan. S. löschen. adjektivische Bed. übergehend, dann auch
Erlöser, m. (-s, PI. wie Sg.): Befreier, attributiv verwendet «im Wülensentschlusse
nam. von Christus als Befreier von der Sünde. fest: scherzlos» (schon bei Luther). ^Ihd.
Mhd. erloescere (auch bloß Icescere), ahd. ir- ernest, ernst (auch «Kampf»), ahd. ernust f.
lösari m. n.; dazu ags. eornost f. «Kampf, Zweikampf»,

erlnstleren, retl. v. sich in Wohlgefühl, ndl. ernst m., engl, earnest (auch Adj.). Ver-
:

heitere Stimmung versetzen. Bei Luther, wandt ist mit Vokalablaut got. amiba adv.
mit fremder Endung, dagegen mhd. erlusten, «fest, sicher»: femer vielleicht aind. ärnas n.
wie neben erlusten bei Luther; bei Maaler «wallend, flutend, Woge. Kampfgewühl, Strom»,
1561 erlustigen. ABL. Erlustlgung, f., arnäväs «wallend, flutend», aw. armav- m.
1538 bei Schaidenreißer Paradoxa 8*. «Kampf, Wettkampf», Bartholomae ZfdW.
ermächtigen, v. wozu Macht, Vollmacht 6, 355. ABL. ernsthaft, adj. u. adv. Mhd.
:

geben. Bei Wieland, wohl aus dem Obd. ernesthaft (auch «kampfbereit»), ahd. ernust-
(noch nicht bei Adelung). Dagegen refl. haft. Davon Ernsthaftigkeit, f., mhd.
sich e.: sich bemächtigen. Von Adelung ernesthafticheit f. ernstlich, adj. u. adv.,
1774 als obd. angeführt, noch bei Schüler mhd. emestlich auch «streitbar», ahd. emustlih,
(Jungfr. V. Orl. 1,^10. Teil 2, 2). and. ernusfHko (ernstlich, wirksam).
ermannen, refl. v.: Mut fassen, eig. zum Ernte, f.: Einsammlung des Boden- oder
Mann werden. Mhd. (ohne sicK) ennannen. Baumertrags; die eingesammelten oder ein-

ermessen, v.-. ausmessen, mhd. ernie^^en, zusammelnden Früchte; die Zeit der Ein-
ahd. irme^^an: erwägen, beurteilen. In der sammlung: (büdl.) Gewinn, Ertrag wovon.
2.Bed. in der frühnhd. Kanzleisprache (Janssen Bei Luther ernd, erndte, sonst ältemhd. meist
Frankf. Reichskorr. 1, 317), von Adelung und Emd, Emde, erst bei Adelimg 1793 Ernte.
Heynatz noch als obd. empfunden. Davon Mhd. ernede, ernde f., hervorgegangen aus dem
das Subst, Ermessen, n. Plur. arnödi des ahd. arnöd m., das eine Ab-
erniitteln,v. feststellen, ausfindig machen,
: leitung von dem Verbum ahd. arnon, mhd.
ausmitteln (s.d.j. Erst um 1800, bei Campe 1807 arnen, ags. earnian, engl, earn ist, vgL Mond
noch nicht verzeichnet. Früher in der Bed. aus mhd. mänöt. Das gewöhnliche Wort
«durch angewandte Mittel möglich machen», für Ernte ist mhd. erne f. (auch noch älter-
1619 bei Londorp acta publica 1, 698 ^ nhd. und jetzt dialektisch), hervorgegangen
ermuntern, V. munter machen, erwecken,
: aus dem Plur. erni des ahd. aran m. «Ernte»;
anregen. Mhd. ermuntern «aufwecken». j
dazu got. mit dem lu-sprüngl. s asans f.

Em, Eren, auch Ähren, m. {-s, PI. wie «Erntezeit, Emtefeld», anord. önn (aus *azna)
Sg. j der Hausraum zwischen der Haustür
: f. «Erntezeit, Arbeitszeit, Arbeit». Dazu ge-
und den Zimmern desselben Stockes. Ln hört noch got. asneis m. «Mietling, Tage-
westlichen Süd- und Mitteldeutschland, auch löhner», ahd. (nait bewahrtem s) asni m.
Thüringen üblich (bei Schiller Käuber 4, 4 «Mietling», ags. esne m. «Knecht, Jüngling»,
Ohm, Mhd. and. asna f. «Lohn, Abgabe». Nicht zu lat.
Schweiz, u. schwäb. auch Ervi). |

eren, em
«Fußboden, Tenne», ahd. arin, erin\ annöna f. «Jahresertrag an Getreide», das
m. «Fußboden, Altar»: dazu ags. am n. «Haus», nur auf "^atnona zurückgehen kann, vgl.
anord. arenn, dän. arne m. «Herd». Wohl Walde s. v., vielmehr zu apreuß. assanis
urverwandt mit lat. ärea f. «Tenne, innerer «Herbst» (aus dem Gotischen?), ahg. jeseni
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 30
467 erobern erschrecken 468

m. «Herbst». ABL. ernten, V. Bei Luther erretten, v.: einer Gefahr oder Not ent-
erndten, dafür mhd, amen, 1482 im Voc. ziehen. IVIhd. erretten, ahd. irretten, ags. ähred-

theut. hl* erneu. ZUS. Erntemonat, m.: dan, urspr. «heraus-, wegreißen, entreißen»,
August. Ahd. arcmmcwoth m., die von Karl s. ABL. Errettung, f. Bei Luther.
retten.

d. Gr. eingeführte Benennung. Errungenschaft, f.: Erwerbung, Vor-


erobern, v.: durch (Waffen-) Gewalt zum teil. Urspr. Rechtswort, 1663 bei Schottel
Herni wovon werden. Eig. «der Obere wo- 380 nur i. d. Bed. «in der Ehe erworbene
von werden», mhd. auch einfach ohern, ahd. Güter», so auch bei Adelung als Kanzlei-
oharon, spätmhd. erobern «übertreffen, über- ausdiiick, die allgemeine Bed. gehört der
winden, eriibrigen», intr. «übrigbleiben», neusten Zeit an, s. Ladendorf.
frühnhd. dann «behaupten, erwerben» und Ersatz, m. (-es). Im 15. Jh. in der Schweiz
bei Luther (auch eröhern) in der jetzigen Bed. ersatz m. «gleichgeltende Strafe», erst nach
erörtern, v.: von allen Enden (Seiten) 1750 in der jetzigen Bed. allgemein gewor-
betrachten, darlegen. Im 15. Jh., daneben den. Von ersetzen, s. d.

auch bloß örtern «genau untersuchen», ab- ersaufen, v.: zum Verderben saufen
geleitet vom Plur. Örter des mhd. ort n. m. (Jesaia 28, 7); in Flüssigkeit das Leben ver-
«Spitze, Ende, Seite», also eig. «bis an die Ueren. Bei Luther: dagegen mhd. ersüfen.
äußersten Spitzen verfolgen», vgl. ausecken. ahd. irsüfan «sich voll trinken ». Dazu als
erotisch, adj.: die Liebe betreffend. Nach Faktitiv das schwach flektierende ersäufen,
dem gleichbed. ,gi\ ^pujtiköc, von ^ptur m. V.: ersaufen machen, mhd. ersoufen, ersöufen,

«Liebe». Im spätem 18. Jh. neben mhd. -ahd. soufen «ertränken», Faktitiv
Erpel, m. (-S, PI. wie Sg.): Enterich. von ahd. süfan «saufen» (s. d.).
Ndd., schon mnd. erpel, arpel m. Vgl. anord. erschallen, v.: einen starken, weithin
jarpr «Haselhuhn», eig. «der Braune», ahd. gehenden Laut zuriick- oder von sich geben;
erp/'«fuscus», russ. rjahu «bunt», lett. ierhe f. in solchem Laute sich kundgeben. Dafür
«Haselhuhn». mhd. erschellen (Prät. erschal, Plur. erschullen,
erpicht, adj.: durch Leidenschaft woran Part, erschollen), ahd. irskellan als intr. Ver-
gefesselt. Eig. vom Vogel, der am Pech bum, das ein trans. erschellen (Prät. erschalte),
(Vogelleim) hängen geblieben ist. Seit dem ahd. irskellen «Schall hervorrufen», und ein
17. Jh. (Fleming Ged. 390), daneben auch seltenes von schal gebildetes mhd. erschallen
verpicht (Gryphius Trauersp. 483). «durch Schall erwerben» neben sich hat. Bei
erpressen, v.: durch Zwang erlangen, Luther im Präs. erschallen, Prät. erschall,
1595 bei Pistorius anatomia Lutheri Vorr. seltener erschallte (1. Sam. 4, 5), Part, er-
54 erbressen. schollen, sonst älternhd. auch erschellen im
erquicken, v.: zu fnschem Leben er- Präs., 3. Sing, er schult, im 17. Jli. von den
wecken. Mhd. erquicken, auch erkücken, er- Schlesien! gebraucht und noch bei Adelung
kicken, ahd. irquicchen, auch irchucchen «wie- angefühi-t (auch ein trans. erschellen, s. zei'-

der lebendig machen, vom Tode


erwecken», schellen). Das Prät. erscholl 1663 bei Schottel
dann «erneuern», dessen quicchen abgeleitet 584 (aber Konj. noch erschülle).
von dem Adj. quec «lebendig», s. auch keck; erscheinen, v. zum Vorschein kommen, :

dazu asächs. äquikön, ags. äcividan. ABL. sichtbar werden, mhd. erschinen, ahd. irskinan:
erquicklich, adj. u. adv. Frühnhd. Er- deutlich werden, erhellen (frühnhd.) ; in einer

quickung, f. Frühnhd. gewissen Gestalt sich zeigen. ABL. Er-


erratisch, adj.: verirrt, zerstreut, bes. in scheinung, f., mhd. erscMnunge f.

der Verbindung erratischer Block: Wander-, erschöpfen, v.: ausschöpfen (mhd. er-
Findlingsblock. Aus lat. e>Täticus «umher- sehe}) fen, 1541 bei Frisius erschöpfen): zu
irrend» von erräre «irren». Kunstwort der Ende bringen; vollständig behandeln. Refl.
neuen Geologie, durch Scheffel allgemein be- sich e.: zu Ende gelangen. Im 17. Jh. (1696
kannt geworden. in Lokmans Fab. 16).
erregen, v.: rege machen, in Bewegung erschrecken, v. (Prät. erschrak, Part.
bi"ingen;(von Gefühlen usw.) hei'vorrufen. erschrocken): infolge einer heftigen Wirkung
Bei Luther. ABL. Erregung, f. zusammenfahren. In nordd.
auf die Seele auf-,

erreichen, v.: bis woran reichen; wozu Umgangssprache auch refl. (ich habe mich er-
gelancren. Mhd. erreichen. schrocken, besser ich bin erschrocken). Mlid.
;
,

469 erschüttern ersuchen 47u

erschrecken, daneben erschricken, ahd. ir- auf das erste von zwei genannten Personen
scricclian dann «erschüttert
«aufspringen», oder Dingen gebraucht. ABL. erstlich,
auf-, zusammenfahren», s. Schreck. Die starke adv.: am ersten, zum ersten. Bei Luther.
Flexion dringt erst vom 11. Jh. an durch, Erstling, m. {-s, PI. -e): das zuerst Her-
daneben noch mhd. erschricken mit schwacher vorgebrachte. Bei Luther.
Flexion. Dazu erschreckeu, ^. (Prät, er- '

erstatten, v.: ergänzend geben (bei Luther);


schreckte): erschrecken machen, in Schrecken' schadlos machend geben: überhaupt geben
setzen. Mlid. erschrecken (Prät. erschrahfe, (in Bericht e.). Mhd. erstaten «ersetzen».
erschracte), ahd. (bei Notker) irscrecchen, S. statten.
das Faktitiv von irscricclmn. ABL. er- erstaunen, v.: in Staunen versetzt wer-
SChrecklich, adj. u. adv. Mhd. erschrecke- den (1541 bei Frisius 818^); in Staunen ver-
lieh. Älternhd. oft erschröcklich, das auf setzen (zunächst das Part., erstaunend «staunen
mhd. erschrockenlich (vom Part. Prät. er- machend» bei Steinbach 1734 und Frisch 1741,
schrocken) zurückgeht. Erschreckiiis, f. n. danach die übrigen Formen, z. B. bei Cloethe,
Mhd. erschrecknis f. SchiUer usw.). S. staunen. ABL. erstaun-
erschüttern, v.: in Bewegung geraten lich, adj. u. adv.: Staunen eiTegend. Bei
(noch im 18. Jh.; bei Luther erschüttern); Stieler 1691.
in Bewegung versetzen. Mhd, ohne AbleituHg erstecken, s. ersticken.
erschütten, ahd. irscutten «erschüttern, er- erstehen, v.: sich erheben, mhd. erstan,
schüttert -werden». ' I

ersten, ahd. irstantan, ebenso asächs. ästan-


erschwingen, v.: schwingend in Bewe- dan, got, iisstandun: überstehen, aushalten
gung setzen, mhd. erswingen; im Schwünge stehend er-
(friihnhd.); am Auktionstisch
reichen (so mhd., auch büdlich) (von Kosten) werben (mhd. durch Stehen vor Geincht er-
;

«aufbringen» (Hans Sachs 4, 343). ABL. werben); überhaupt erwerben, kaufen.


erschwinglich, adj., nach der letzten Be- erstens, ersterer, s. erst.
deutung des Verbs, 1774 bei Adelung. ersticken, v.: l) intr. mit sein: aus
ersetzen, v.: wiedersetzen, d. h. den Mangel an Luft aufhören zu leben. 2) trans.
gleichen Wert erstatten. !Mhd. ersetzen, ahd. mit haben: durch Entziehung der Luft auf-
irsetzen in dieser Bed., dagegen ags. äsettan hören machen zu leben, Mhd. ersticken, ahd.
«zusammensetzen, errichten, einrichten», got. irsticchen ist intr. «ersticken», urspr. wohl
ussattjan «aussetzen, ausschicken, draufsetzen, dui'ch Steckenbleiben des Atems zum Tode
pflanzen, gründen, zeugen». benommen
Ein transitives mhd. ersticken sein.
ersprießen, v.: wachsend zur Höhe! findet sich in der Bed. «aus-, vollstopfen»,
sich heben; förderlich sein. Mhd. er sprießen. dann im Mitteldeutschen des 14. Jh. wie unser
:

ABL. ersprießlich, adj. u. adv.: gedeihHch, transitives ersticken, so auch von Luther ge-
forderlich. In der friihnhd. Kanzleisprache
braucht. Es verdrängte das üblichere mhd,
(Janssen Frankf. Reichskon-, von erstecken (Prät. erstahte), das noch im 17. Jh.
1, 502), 1524
Luther noch bekämpft (Bindseil 7, 315). bei den schlesischen Dichtem und noch jetzt
erst, mit dem bestimmten Artikel der, dialektisch im Bayr. vorkommt.
die, das erste: Ordnungszahlwort von eins. erstlich, Erstling, s. erst.
Mit Präp. in attfs erste, fürs erste, am ersten, erstummen, v.: stumm werden (Luk. 1,
zum ersten adverbial. Davon Akk. Sing, des 20). Mhd. erstumynen, ahd. irstummen.
Neutr. erst als Adv. vor aUem andern, vor
: erstunken, adj, übelriechend geworden,
1
:

allen andern vor allem vor allem einmal in erstunken und erlogen «verabscheuenswert
; ; ; |

anfangs; nicht friiher; nicht weiter oder mehr gelogen» (bereits bei Mumer Geuchm. 46 und
[

als. Mhd. erest, erst, ahd, erist: dazu asächs. bei Luther). Das Part. Prät. von älternhd.
erist, ndl. eerst, afries, erosf, ags. (erest, der erstinken, mhd. erstinken «in Gestank oder
Superl. zu eher, s. ehe. Davon erstens, Fäulnis übergehen, stinkend werden».
i

genitivisches Adv. für früheres am, zum ersuchen, v.: aussuchen (1, Sam. 13, 14);
ersten. Erst bei Adelung als Wort des ge- inständig bitten (bei Luther): in förmhcher
meinen Lebens angeführt, erstcrer, der Weise bitten (aus der Kanzleisprache). Mhd.
'

erstere. Mit Komparativendung von erst ersuochen ist «ausforschen, ergründen, unter-
gebildet. Im 17. Jh., zunächst ohne strenge suchen, heimsuchen», ahd, irsuochen «ver-
Scheidung von der erste, dann zum Hinweis suchen, ei*proben», got. ussökjan «untersuchen».
;

30*
, .

471 ertappen £rz 472

ertappeil v.: wobei überraschen, eig. ifacÄ;f<z^'ei «rufen», wrtcÄiiS «Geschrei». ABL.
mit der Hand fassen, s. tappen. Friihnhd. i

Erwähnung, f., 1607 bei Sattler.


erteilen, V.: zuteil werden lassen. Mhd. erwehren, V.: mit Dat. der
(ältemhd.
erteilen, ahd. irteilen ist «ein Urteil sprechen, Pers.) wovon abhalten Sam. 25, 33), refl.
(l.

urteilend zuerkennen, zusprechen», ebenso sich e. (mit Gen.): abhaltend (sich wehrend,
asächs. ädelian, ags. ädcelan. Vgl. Urteil verteidigend, schützend), standhalten gegen-
Ertrag, m. (-es, Gewinn ü^er
PI. Erträge):
Mhd. erwern, auch erwerjen, er-
:
— .

vom Boden und dem, was auf demselben ^^,^^^^,^1^^ ahd. irwerian, irwerran (mit Gen.
.

wächst. Bei Stieler 1691 (bei Maaler 1561 oder Dat.) «verteidigen, behaupten gegen,
ist Ertrag «das Ertragen, Aushalten»). Von yei-w^ehren»; dazu ags. äiverian. j

ertragen in der Bed. «eintragen, einbringen», jjrweis, m. {-es, PI. -e). Bei Ludwig
(bei Maaler 1561), der die Bed. «nach Köi-per- y^^ erweisen, v.: durch Wort oder
^^^g ,

kraft tragen» und «mit gefügigem Aushalten


^^^ kundtun, mhd. erwisen «anweisen», refl.
tragen» (bei Luther) vorausgeht. ABL. er- ^^^-^^^ kundtun». Die Flexion ist im Mhd.
träglich, adj. u. adv.: erduldbar, leidlich, g^hwach, so auch bei Luther und sonst älter-
Nach der letzten Bed. von ertragen. Bei ^^^^ ^^^^-^ ^^g- Hagedorn), doch gibt schon ;

Krämer 1678. Bei Maaler 1561 äaiür ertragen- g^i^ottpi ißßg ^^^ starken Formen erwies, er-
1

Uch. Erträgnis, n.: Ertrag. Neues, bei ^.^^^^ j

^^^_ Q. weisen.
Campe 1807 noch nicht angeführtes Wort
Erwerh, m. (-es). Bei Stieler 1601. Von
ertranken, v.: ertrinken machen Mhd.
^^werhen,^ v.: durchHandeln erreichen oder
ertrenken, ahd. xrtrenchen, das laktitiv von
mhd. erwerben.
erlangen,
ertrinken, mhd. ertrinken, ahd. irtrinchan
erwidern, v.: wogegen durch Wort oder
«in Flüssigkeit untergehend sterben».
Tat zumckgeben, Mhd. erwideren, auch
nach Wichtigkeit und Ge-
1 IX ^
erwägen,
halt piiifen.
v.:
-i'
veraltet
1J. i.
ist
. a
reti.
1
sich e.:
1,
sich
i

i .
' .
, -,

s.v. a. «ersetzen», ahd. triüiaaro?i« verwerten»,


• -j

.
-
,
^
. '

1 i-ni^iio r -i.
j. u eis. «entgegen sem», -iviaaron von wiaar
durch Entschluß unterfangen; sich wessen be- =. -^ ^
«Wider» abgeleitet.
,

, \r,T^
ABL. «i
Erwiderung, x-
,
geben, es
1,•

preisgeben / u u
(noch bei T 4-1,
Luther). \ MUA
Mhd.
• f.

j „ j, |

erwägen (Präs. erwige, Prät. erioac, Part. ^- '_,''. ^ _, '


,
.

wegen) «aufwärts bewegen, emporheben, in


Erwui, Mannsname, ahd. Erwin. \

Bewegung setzen, im Geiste hin und her be- erwischeu, v.: mit Geschwindigkeit fan- \

wegen, wägend prüfen»; refl. sich erwegen gen. ^^lä. erwischen, daneben erwüschen. •

«sich erheben, sich wagend entschließen»; Erz, n.: metallhaltiges Gestein, rohes
aber auch s. v. a. «sich von etwas zurück- Metall; Metallgemisch, Kupfermischimg; \

bewegen, sich wessen begeben, es preisgeben», Metallgerät. Älternhd. auch mit angetre- j

Die starke Flexion ist im Präs. aufgegeben tenem t Erzt (am frühesten 1429 erczt im
(doch noch im 18. Jh. erwigt bei Drollinger Lib. ord. rer. 18*, auch bei Luther und ,

18, erwieget bei Breitinger Forts, der crit. Mathesius zuweilen Erzt), was sich noch 1

Dichtk. 97), Prät. erwog, Part, erwogen (bei manchmal im 18. Jh. findet, z.B. bei Hagedorn
Luther noch erwegen), zuweüen auch schwach Werke 1, 34, Klopstock Hermann u. d. F. 83,

erwägte, erwägt. S. wägen. Lessing 6, 466. 8, 496, Wieland Idris 2, 36,


erwähnen, v.: gedenken, andeutend zur Schubart Ged. !
2, 82, selbstnoch 1799 bei
Kenntnis bringen. Mhd, erze, arze, ahd. erizzi,
Erst im 17. Jh. (bei Duez Schüler 11, 296, ,

1642 erwehnen, schon 1607 bei Sattler erwent arizzi, aruzzi, aruz n. «Metallschlacke, un-
= gemelt), im Mhd. dafür gewähenen, ge- gereinigtes, unbearbeitetes Metall», dazu and.
wehenen, ahd. giwahannen, giivahinen «ein-,arM^m. «Stückchen Erz». Unverwandt mit
gedenk sein, gedenken», mit dem Prät. (ohne mhd.-ahd. er n. «Erz», ags. är, cer «Eisen», i

das dem mhd. engl, ore, anord. eir n. «Metall, Mischmetall»,


Präs, angehörende Nasalsuffix) j

geivuoc, ahd. giiouog. Nicht mit wähnen von got. aiz n. «Erz, Geld», die mit lat. aes, Gen. |

Wahn gebildet. Das für sich mcht vor- aeris n. «Mischmetall», amd. äjas, aw. ajah- n. j

kommende Verb um gehört zu lat. vocäre «Eisen» verwandt, s. ehern. Es gehört viel- \

«rufen», vöx (Gen. vöcis) f. «Stimme», gr. leicht zu lat. raudus m. «formloses Erzstück
OTTO (Akk.) «Stimme», und mit Ablaut giTocn. als Münze», lat. rudis «roh», abg. ruda f.
«Wort», eiTTov «ich sagte», aind. vac «sagen, «Erz». Weiter klingt- sumerisch ifn^d« Kupfer» j

reden», aor. ävöcam, ir. faig «dixit», apreuß. an. Vgl. noch Schruder Reallex. 203.
473 Erz- es 474

Erz-, erz- als untrennbares erstes Wort erziehen, v.: fort-, wegziehen; unter
einer Zusammensetzung bezeichnet das Ur- leiblicher oder geistiger Pflege aufwachsen
sprünglichste, Erste, Torzüglichste des durch machen (vgl. lat. edücäre «erziehen», zu
das 2. Wort Ausgediückten. Mhd. erze-^ dücere «ziehen»). Mhd. erziehen, ahd. irziohan
erz- geht, wie ndl, aarts-, zurück auf mlat. i «herausziehen, aufziehen, leiblich großziehen,
arci-, lat. archi-,gr. dpxi-, von äpxeiv «der aufnähren, unter geistiger Pflege heranwachsen
Erste sein, anfangen». Es steht zunächst in lassen», auch s. v.a. «wegziehen»; dazu asächs.
den Wörtern, die den lateinischen Bildungen ätiohan «heranziehen, gebären», ags. äteon
mit archi- nachgebildet sind, z. B. Erz- «heraus-, wegziehen, behandeln, sich wohin
bischof , mhd. erzehischof, ahd. erzibiscof, < begeben», got. ustiuhan «hinausziehen, hinaus-
aus gr.-lat. archiepiscopus m.: Erzengel, führen, vollkommen machen, endigen». Auch
mhd. erzengel, aus gi\-lat. archangelns m., das einfache ahd. ziohan bed. «säugen, auf-
denen sich andre kii-chliche Worte wie z. B. nähren», dann auch «geistig nähren», d. h.

ErzTater nach lat. patriarcha m. anreihen: «lehren», asächs. tiohan «aufziehen». ABL.
später auch bei Hofämtem, z.B. Erzkanzler, Erzieher, m. (s, PI. wie Sg.), bei Stieler
aus mlat. archicanceUarius m. und wegen der 1691. Davon erzieherisch, adj. u. adv.,
Gleichstellung mit den Kurfürsten, die als erst in der neuem Sprache. Erziehung, f.,

Verwalter der Eeichserzämter auch Erz- bei Stieler 1691.


fürsten hießen, Erzherzog (mlat. archidiix) erzielen, V.: ei-zeugen, hervorbringen, mhd.
als Titel der Füi-sten und Prinzen von Öster- erziln als Frucht, Ergebnis gewinnen zielend, : ;

reich, der erst 1453 auf Anordnung Kaiser als Ziel abreichen SchiUer (Br. v. M. 1, 7).
Friedrichs III. allgemeine Anerkeimung fand. Erzt, s. Erz.
Im spätem Mhd. werden mit erz- auch ^es, Xom. und Akk. Sing, des neutralen
Spott- und Scheltnamen gebüdet, zunächst Pron. der S.Pers., in Verkürzung angehängt 's,
für das Hofgesinde, z. B. erzhuohe «archi- s. er. In gewissen Verbindungen ist es als
scurra»,und dergleichen Bildungen sind bei Gen. Sing, dieses Pron. anzusehen, entspre-
Luther sehr gewöhnlich, z. B. Erzketzer, chend mhd. es, ahd. is, es, asächs.-got. i~s,
Erznarr, Erzschalk. SchließUch wird Erz- ags. his, z. B. Gott 7calte es, ich bin es über-
auch zur Bildung von Adjektiven, namentlich drüssig, ehe ihr es euch verseht (Wieland
von solchen übler Bed., vei'vvendet, z. B. 1, 252), Sie sollen mir es noch Dank wissen
erzhöse (bei Luther), erzdnmni usw. Im (Lessing 2, 400), er hat es nimniemiehr Ge-
Grot. findet sich arkaggilns m. «Erzengel», winn (Bürger Leonore Str. 8), du host's
das die Aussprache des c in mlat. arci- als auch Ursache gehabt (Goethe Bürgergeneral
Verschlußlaut voraussetzt, entsprechend ags. 2. Auftr.), er hat es gar keinen Hehl (Schiller
arce- , anord. erki- , z. B, ags. arcehiscop, Parasit 5, 3). Sonst wird dies es jetzt durch
anord. erkibiskup m. «Erzbischof», schwed. dessen oder seiner verti'eten.
ärke-, däru erke. ^es, 's, in Volksliedern geküi"zt aus älterem
erzählen, v.: in Worten darstellen, bes. sich, z. B. meister Paul ist ers genant (Soltau
Begebenheiten. Fiiiher (noch bei Lessing) 1, 146), mhd. der here ivas sich Morolt genant
meist erzehlen. Mhd. «der (Eilhart Trist. 292); auch auf die 1. und
erzein, erzeUen
Zahl nach darlegen, aufzählen» (noch bei 2. Person bezogen daß du es [dich] willst
Luther), dann «auseinandersetzen, ausdiücken, scheiden von mir (Erk Liederh. 28, vgl.
ia Worten darstellen»: dazu ags. äteUan «aus-, Grimm Gramm. 4, 319).

aufzählen». ABL. Erzählung, f. Im 15. Jh. ^es, ÖS, im Bayr.-Östr. (z. B. es habts
erzelungef. (Frankf.ReichskoiT. 2, 186 von 1461). «ihr habt») Nom. u. Akk. des alten Duals
erzeigen, v.: hervor-, darzeigen, sehen der 2. Person, jetzt auch für den Plural
lassen (Sir. 36, 7); sichtbar zukommen lassen, gebraucht, mhd. ej, ahd. vermutlich ij, alt-

in die Sinne fallend zu erkennen geben. sächs.-ags. git, anord. it, später ^it, nordfiies.
Refl. sieh e. Mhd. erzeigen. jat, lit. judii. Dazu der Dat. und Akk.
erzen, adj.: von Erz. Im
^
16. Jh. ertzin. Duaüs bayr.-östr. enk «euch», mhd. enk, alt-
Dafür meist ehern, s. d. sächs. ink, ags. ine, anord. ykkr, got. igqis,
" erzen, v.: mit Er anreden. Gebildet wie sowie der Gen. bayr.-östr. enker «euer» (zu-
duzen, ihrzen. Im 15. Jh. TEschenburgs gleich Possessivpronomen «euer»), mhd. enker,
Denkm. 402, 14;. ags. incer, anord. ykkar, got. igqara.
475 Esch Esse 476

Esch, m. n. (-es, PI. -e): Ortsflui*; Gesamt- mhd. eseJöre. esels öre n. In der Bed. «ein-
heit aneinander liegender Äcker, die zu ein geschlagene Ecken in Büchern» schon bei
und derselben Zeit entweder bebaut und ab- Duez 1664. Esclswiesc: Die Sprechsaal-
geerntet oder als Brachfeld benutzt werden. artikel der Zeitungen. Etwa seit 1870.
Obd., auch im westlichen Niederdeutschland Es]i:adr6n, f. (PI. -en, -s): Reiterschar,
(ostfries. esk «fruchtbares, zum Getreidebau Schwadron (s. d.). Aus franz. escadron,
sich eignendes Land auf der Geest»). Mhd.
squadrone m. (daher
span. esquadron, itaK
esch, zusammengezogen aus e^^esch, e^^isch bei Wallhausen Kriegskunst zu Pferd 1616
m., ahd. ezzisc m.; dazu got. atisk n. «Saat- S. 13 fg. Squadron m.) «Heeresabteilung»,
feld», das vielleicht zu \aX.ador m. «Getreide- von ital. squadrare «viereckig machen», das
art, Spelt» gehört. Anders Walde s. v. em mlat. exqnadrare (quadrare von quadrus
Esche, f. der Laubholzbaum
(PI. -n): «viereckig») voraussetzt. Zur Zeit des 30-
lat.fraxinus; Eschenlanze. Mhd. selten escÄe f., jährigen Kriegs entlehnt (belegt bei Homburg
meist ascli m., ahd. ose (Plur. esci) m.; dazu Clio C 5). Vgl, auch Geschwader.
askr m., schwed.-
ags. (BSC m., engl, ash, anord. eskamotieren, v.: verschwinden lassen,
dän. ask f. auch Asch.
S. Verwandt ist dui'ch Kunstgriff beiseite schaffen. Aus franz.
abg. jasika f., lit. fiosis m., preuß. looasis escamoter, nach span.-port. escamotar, das
«Esche», alb. ah m. (aus *aska) «Buche», wohl zumckgeht auf span.-port. escamar «ab-
gr. öEuri f. «Buche» und weiter lat. ornus schuppen», im Port, auch «betiügen», mlat.
«wilde Bergesche», kymr. onnen (aus *osnen) exsquamare von lat. squäma f. «Schuppe».
«Esche», arm. hagi «Esche». Literatur bei Bei Campe 1801.
Walde s.v. ABL. escheil, adj., mhd. esdun, Eskorte, f. (PI. -n): Schutzgeleit; Be-
auch in Eschenholz, Eschealaub usw. deckungsmannschaft. Aus dem gleichbed.
Esel, ra. (-S, PI. wie Sg.): das Grautier franz. escorte, ital. scorta f. von ital. scorgere
lat. asinus; dummer Mensch. Mhd. esel (auch «wahrnehmen, .begleiten», das auf ein mlat.
als Schimpfwort), ahd. esil m.: dazu asächs. excorrigere «regieren, zurechtweisen, geleiten»
esil, ndl. ezel, ags. esol, eosol, got. asllus m. zurückgeht. 1703 im Zeitungslex.
Entlehnt mit Wandelung des ii in l, wie in hochstämmiger Baum
Espe, f. (PI. -n):
Kümmel, Orgel (s. d.), aus dem Laube, Zitterpappel.
gleichbed, mit Ln
zitterndem
lat. asinus m., das mit gr. övoc m. f. unsichrer 15. Jh. espe (1469 im Voc. ex quo und 1482

Herkunft ist. Vgl. Brugmann Idg. Forsch. im Voc. theut. h.^^) neben asjje, mhd, aber
22, 197. Aus dem German. stammt abg. asjye, ahd. as2)a f.; dazu ags. cespe, engl, asp,
oslM, lit. äsilas m. Redensarten: Einem einen anord. ös^j f. und lit. apusis, pr. abse, lett.
E. bohren «im Spott den Zeige- und kleinen apse, abg. osina f. «Espe». Vgl. noch Liden
Finger gegen ihn ausstrecken (während die Idg. Forsch. 18, 490. ABL. espeu, adj.,
übrigen drei eingebogen werden), um die mhd. espin. Auch in den ZTJS. Espenlaub,
Eselsohren anzudeuten» (schon mhd. einem mhd. esptn loup, Espenholz, mhd. espin holz.
eselören machen). Dem Esel zu Grabe läuten eßbar, s. essen.
«die hangenden Beine vor- und zurückbaumeln ^Esse, f. (PI. -'0= Schmiede-, Feuerhei-d:
lassen» (nach Jer. 22, 19). ABL. Eselei, f. Feuermauer (Rauchfang) über dem Herde.
(PI. -en), mhd. eseUe. eselhaft, adj., bei Mhd. esse, ahd. essa f. (mit Umlaut aus *assia)
Comenius 1640 eselhafftiy, mhd. dafür eselbcere, «Herd der Metallarbeiter»; dazu schwed. äsjia f.,
eselisch. Eselin, f. (PI. -nen): mhd. eseliii, dän. esse. Vgl. auch mnd. ase f. «Rauch-
eselinne, ahd.esilin, esilinna, got. dafür asilus f. kammer». Hei'kunft unsicher; vielleicht mit
ZUS. Eselsbrücke, f. (PI. -//)= Hilfsmittel Asche zu lat. äridus (aus as-) «trocken» (eig.
für Träge, um Schwierigkeiten zu überwinden. durch Hitze) zu stellen. In der 2. Bed. bei
Bei Günther 462 (ein Schulfuchs, der die Ludwig 1716.
Eselsbrücke tritt). Der Ausdruck stammt aus "'Esse, n.: ein Sein nach Herzenswunsch, in
der scholastischen Philosophie, wo mit pons der Redensart in seinem Esse sein. Der lat. Inf.
asinorum ein logischer Mittel begiifl' bezeichnet esse alsSubst. Schon bei dem Mystiker Eckhart
wurde. Darauf geht auch die Bed. « Schwierig- entlehnt isse «das Sein» (er sitzet in sim isse.
keit für Unwissende» (bei Adelung) und alle§ in sich, niergen üge)' sich 121, 14), mnd.
«selbstverständliche Sache», wie franz. pont- so lange daf kloster in eße (Wohlseiu, Wohl-
anx-oves zurück. Esclsolir, n. (-es, PI. -en). stand) geivesen Schiller-Lübben 1, 748.
', ,

477 esseu Etikette 478

essen, v. (Prät. aß, Part, gegessen)Nah- und -ast, got. bei Adj. -ists und -östs, bei
:

rungsmittel in sich aufnehmen. Mhd.


Adv. -ist. Das Suffix -ist bewirkte Umlaut.
e^^en
(Prät. rtj, Part, gegiert}, ahd. e^^an; dazu Estrade, f. (PI. -n)-. mäßig erhöhter Teil
asächs.-ags. etan, ndl. eten, afries. eta, engl, eines Raumes. Aus gleichbed. franz. estrade,
eat, anord. eta, schwed. äta, dän. öde, got, das über provenz. estrada auf ein vulg.-lat.
j

itan. Der Lautverschiebung gemäß stimmend '^strata (lat. Stratum n. «Lager, Polster») von
mit dem gleichbed. lat. edere, gr. ebeiv, abg. sterilere «hinbreiten» zurückgeht. 1813 bei
1. Sg. jami (aus *edmi), Kt. edmi «ich fresse», Campe.
aind. admi «ich esse». Das Part. Prät, lautet Estrich, m. n. {-es, PI, -e): mit Steinen
bei Luther vereinzelt schon mit nochmals ausgelegter oder mit Gips überzogener Zimmer-
vorgetretenem ge- gegessen (Pred. Sal. 2, 25), boden; ähnliche Zimmerdecke. Mhd. esterich,
meist geessen, gessen, wie auch Clajus an- esterich, estrich, ahd. astrih, estenh m. and.
setzt; im 17. Jh. dringt gegessen durch, doch estrlh «mit Steinen ausgelegter Fußboden»,
hat noch Goethe aus der Volkssprache gessen. mit ndl. estrik m. aus mlat. astricum, astra-
Davon der Lif. als Subst. Essen, n. (-s, CMwn. «Steinboden, Pflaster», von dem gleich-
PI. wie Sg.): Handlung des Essens, aufge- bed. mlat. astintm n.; dies, im klassischen
tragene Speise; Mahlzeit. Mhd. ej^en, ahd. Lat. s. V. a. «Sternbild, Gestirn», geht wohl
e^^an n. auch Aas. ABL. eßbar, adj.: zunächst auf die den Fußboden verzierenden
S.
zum Essen tauglich oder dienlich. 1482 im sternförmig zusammengesetzten Steinplatten.
Yoe. theut. hS» eßper. ZUS. Eßlaube, f. Vgl. He3'ne Hausalt. 1, 78. 251.
(PI.-»): Speisesaal, Speisezimmer. Bei Luther etablieren, v.: giünden, en-ichten; in
1. Sam. 9, 22 Esseleuhe, mhd, e^^eloube f. rechten Stand bringen. Aus franz. etablir,
«Speisehalle, Torratskammer», S. Lauhe. —
das auf lat. stahilire «festmachen, befestigen»
Eßlust, f. Bei Stieler 1691, aber schon zui-ückgeht. Bei Wächtler 1711, 1703 im
1475 clevisch etensluyst (Theuton. 93). Ver- Zeitungslex. «feste setzen».
deutschung von Appetit, die am Schluß des Etage (spr. etäze), f, (Pl. -n): Stockwerk.
18. Jh. noch nicht durchgedrungen war Aus franz. etage, ital. staggio m. «Aufenthalt,
(Kindleben 1781 führt Eßlust unter den Wohnung, Stockwerk», das auf ein mlat.
Provinzialwörtem auf). —
Eßware, f. staticum n., von lat. stäre «stehen, sich auf-
(PI. -n). Bei Henisch 1616, wohl nach dem halten» zurückgeht. Bei Sperander 1728.
NdL (1599 bei Kilian 107 eetwaere. Etappe, f. (PI. -11): Verpflegungsort durch-
Essenz, f. (PI. -en): Kraftauszug, eig. ziehender Truppen; Rastplatz; Abstand von
das Wesentliche, aus Kräutern, Früchten usw. einem Rastplatz zum andern. Aus franz.
Aus lat. essentia f. «das Wesen einer Sache, etapef., ui'spr. «Ort des Mundvorrates beim
von lat. esse sein», danach schon mhd, essenzje Marsche, Warenniederlage, Stapelplatz», afranz.
(Germ. 18, 272), in der jetzigen Bed. im 16. Jh. estaple f., von ndl. stapel. S. Stapel. Bei
Essig, m. {-s, PI. -e) mittelst Verwesung Sperander 1728 in der 1. Bed.
:

(Oxydation) des Weingeistes (Alkohols) oder Etat (sprich etäh), m. [-s, -s) Voranschlag, :

mittelst Zersetzung durch Hitze unter Ab- namentlich des Staatshaushalts. Aus fi'anz.
schluß der Luft aus Pflanzenkörnern ge- etat m. «Staat, Zustand und BeschaÖenheit
wonnene Flüssigkeit. Spätmhd. e^^ic, auch einer Person oder Sache», in welcher Be-
im 15. Jh. imd bei Luther Essig, mhd. aber deutung es im 17, Jh. ins Deutsche entlehnt
e^^ich (danach ältemhd. Essich, noch bei wurde. Die jetzige Bedeutung 1791 bei Roth.
Steinbach 1734j, ahd. ezzih, ezzih, wie nmd. Ethik, f.: Sittenlehre. Aus lat. ethice,
ettik, ndl. edik m., schwed. ättika f., dän. etliica, dem substantivierten Fem. des Adj.
eddike mit Versetzung der Konsonanten gv.-\\xi.ethicus, gi'.fieiKÖc «sittlich», abgeleitet
(gleichsam *atecum) aus dem gleichbed. lat. von nGoc n. «Gewohnheit, Sitte». 1663 bei
acetum n., abgeleitet von acere «sauer sein», Schuppius 955 u. 974. ethisch, adj.: —
das un versetzt dem asächs. ecid, ags. eced, sittlich. Um 1700 (bei Thomasius philosophia
got. akeit n., sowie auch abg. ocUü m. zu- aulica 126).
grunde liegt. ZUS. Essigmiitter, s, Mutter. Etikette, f. (PI. -ii): Bezeichnungszettel
-est, Superlativendung, mhd. -est, ahd. einer Ware; Höflichkeitsföi-mlichkeit. Aus
und altsächs. -ist und -ost, ags. -est und -ost, franz. etiquette f., eig. «aufgeheftetes Zettel-
anord. bei Adj. -str und -astr, bei Adv. -st chen», hennegauisch estiquete «zugespitztes
479 etlich £ule 480

Etymologie, f. (PI. -«): Wortforschung,


Hölzchen», gebildet von nd. sfe/i;e«Stiftclien».
In der Bed, in einem bayr. Generalmandat Wortableitungslehre
1. Wortableitung. Aus ;

vom 26. Nov. 1701 Arzneietiquetten , in der gr.-lat. etymölogia, gr. eTUjaoXoYia f., zurück-
2. Bed. im spätem 18. Jh. entlehnt. gehend auf das aus gr. Stuiuov n. «die wahre
etlich, pronominales Adj. Mhd. etelich, Bedeutung und Erklärung eines Wortes nach
ahd. etalih, ettalth, etilih, ettilih «irgendeiner, seiner Abstammung», dem Neutr. des Adj.
irgendwelcher», im PI. «einige». Daneben, Itu|uoc «wahr, echt, gewiU», und einer Ab-
dem veralteten etzlich entsprechend, mhd. leitung von \iy€iv «reden» gebildete Adj.
eteslich, ahd. eteslih, etteslih, eddeslih. Das ^TU|uo\ÖYoc «Wortableitung treibend». 1521
mit zusammengesetzte ahd. eddes-,
'lih (s. licJi) bei Emser Quadruplica C 1^ ethimologeij, 1538
etes-, eta- gehört wohl zu gotaippau «oder». bei Franck Germaniae chronicon 296*^ Ethi-
In Verbindung mit Zahlen etliche 20, 30 usw. mologi, im 17. Jh. Etymologie und Etymologey
«etliche über 20», statt des frühern etlich (Moscherosch Phil. 2, 512). ABL. etymo-
und zwanzig usw. logisch, adj., 1631 bei Comenius Sprachen-
etsch, s. ätsch. thür h b^. Nach gr.-lat. etymologicus , gr.
Etter, m. n. (-s) Zaun, mhd. eter vn. n.,
: ^TuiLioXoTiKöc. etymologisieren, v., 1673
ahd. etar «Zaun» m. n., asächs. edor, ags. bei Grimmeishausen Teutscher Michel Kap. 7.

eodor, an. jadarr m. «Zaun». Verwandt ist etzlicll, s. etlich.

noch abg. odrii, m. «Bettgestell», czech. odr euch, Dat. u. Akk. Plur. des substanti-
m. «Pfahl», odry PI. «Gerüst in der Scheune». vischen Pron. der 2. Pers. Urspr. nur Akk.,
Vgl. Meringer Idg. Forsch. 18, 256. Noch obd. mhd.
iuch, iuwich, ahd. iuwih, dann aber
Etui, m. (-S, PI. -s): Behältnis. Das auch für die Dativf'orm mhd.-ahd. iu einge-
franz. etui, afranz. estuis, span. estuche m., treten. Dazu ags. Dat. eow, Akk. eoivic,
dessen Herkunft unsicher ist. Im 18. Jh. aber ndl. u, asächs.-afries. iu, anord. ydr, got.
entlehnt (Hermes Sophiens Reise 5, 439). izwis für beide Kasus.
etwa, euer. Gen. Plur. des substantivischen Pron.
adv.: irgendwo; irgend wohl; irgend
einmal. Mhd. eteicä, etwa, früher etewär der 2. Pers. Mhd. iuwer, ahd. iuwar; dazu
«ii-gendwo», dann «irgend wohl, vielleicht», asächs. imvar, ndl. uwer, afries. iuwer, ags.
daneben mhd. eteswä, zusammenges. aus et- eower, engl, yours, anord. yäwar, ydar, got.
in etlich (s. d.) und wä, war, s. wo. ABL. izwara. Davon euer als besitzanzeigendes
etwaig, adj., bei He3'natz 1796 als Wort Proij. Mhd. iuwer, ahd. iuwar-, dazu asächs.
der Geschäftssprache. iuwar, ndl. uw, ags. eower, engl, your, anord.
etwan, adv. irgendwann, manchmal
: ; sonst In ehrender Anrede in
yäar, got. izwar.
mitunter, vormals; irgend einmal. Mhd. Euer
Ewer, daher gekürzt Eiv.)
(älternhd.
etwan, etwen, gekürzt aus etewanne, etewenne, Wohlgeboren, Euer Hochwürden usw. erhalten,
ahd. ettewanne, eddewanne, daneben auch mhd. sonst durch Ihr verdrängt.
eteswenne, ahd. eddesicanne, zusammenges. euert-, euret-, in euerthalben, -wegen,
aus et- in etlich (s. d.) und wanne, nhd. wann. -willen u.nd eurethalben usw., s. deinet-.
ABL. etwanig, adj. Im spätem 18. Jh. Eule, f. (PI. -n): der Nachtraubvogel,
aufgekommen (bei Lessing, Kant, Klopstock), lat. ulula; dickköpfiger Nachtschmetterling
namentl. in der Geschäftssprache. Der Bed. (1721 bei Frisch Insecten 3, Vorbericht S. 3,
nach auch zu etwa gehörig. auch schon mud.); Borstwisch (nach nd. üle,
etwas, Pron.: irgendein Ding; z. B. bei Klopstock, wohl nach dem Aus-
irgend-
einiges; (adverbial) ein wenig. Mhd.-ahd. sehen). In 1. Bed. mhd. iuwele, w^e, ahd.
etewa^, das Neutr. zu mhd.-ahd. etewer, zu- üwila f.; dazu ndl. uil m., mnd.-ags. üle f.,
sammenges. aus ete- (s. etlich) und wa§, nhd. engl, owl, anord.-schwed. ugla f., dän. ugle.
was. Daneben auch mhd.eteswag, ahä.etteswag, Daneben steht ahd. (bei Notker) hiuwela,
eddeswa^. Substantivisch EtwaS, n., 1698 hüwela f., das als diminutive Ableitung von
bei G. Arnold geistl. Liebesfunken 149. ahd. hüwo, hüo, asächs. hüo, mhd. hüwe m.
etwelch, Pron.: ü-gendwelch, irgendein. «Ohreu^le, Uliu» zu betrachten ist; ferner
Erst bei Stieler 1691, mhd. erscheint dafür noch ahd. üfo, üvo, mhd. üve m., nhd. Auf
vereinzelt in md. Quelle eteswilch. «Uhu». Wahrscheinlich ist die ganze Gi'uppe
etwo, adv. (Sir. 24, 11): irgendwo. Mhd. lautnachahmenden Ursprungs. Siehe Uhu,
etewä, üblicher etestvä. S. etioa. heulen.
:

481 Enlenspiegel exequieren 482

Enlenspiegel, m. (s, PI. wie Sg.): küste. Mnd.


eve^-, wahrscheinlich aus envare

Schalksnarr, possenhafter Mensch. Von dem var n, «Fahrzeug»), eig. «Fahr-


(en «ein»,
bekannten SchalksnaiTen Till IJlenspiegel, der zeug mit einem Mast». Die vorgeschriebene
zuerst 1515 erwähnt wird. Der Xame be- Schreibung mit w ist also falsch. 1703 im
deutet nach Jeep «verre podicem» (zu eulen Zeitungslex. angeführt.
und Spiegel übertr.
«reinigen» für «Hinterer»). ewig, adj. u. adv.: der Zeit nach endlos.
Davon Eulenspiegelei, f. (PI. -en): aus- Mhd. ewic, ewec, ahd. ewig; dazu SiSächs. ewig,
gelassen lustiger Streich. ndl. eeuwig, schwed.-dän. (aus dem Deutschen)
Eunuch, m. (-en, PI. -en) : Verschnittener. evig. Abgeleitet von ahd. eiva f. «Ewigkeit ,

Aus gr.-lat. eunuchus, gi*. eOvoOxoc m. Im s. Ehe. ABL. Ewigkeit, f., mhd. eivicheit,

18. Jh. entlehnt (Wieland Amadis). ahd. ewigheit f.

euret-, s. euert-. exakt, adj. u. adv.: genau, pünktlich.


eurig, adj. Fiühnhd. (bei Luther). Vgl. Das von exigere
franz. exact, aus lat. exactus,
deinig. im Zeitungslex.
«hinausführen, vollenden». 1703
Euter, n., selten m. (-s, PI. wae Sg.): exaltleren, v.: die Begeisterung wofür
Milchdiüse der Säugetiere. Mhd. üter, iuter m. n., erhöhen, überspannen, überreizen. Aus franz.
ahd. ütar, ütaro, ütir m.; dazu and. ficler m., ndl. exalter, von lat, exaltäre «erhöhen» (altäre
uider, uijer n., ags.-afries. üder n., Im spätem 18. Jh.
engl, udder, von altus «hoch»).
femer mit Ablaut mnd. jeder, afries. iader n. Examen, n. (-s, PI. wie Sg. u. Examina)
Der Lautverschiebung gemäß stimmend mit Prüfung. Das lat. exämen n. «Untersuchung,
dem gleichbed. gr. ouGap n. (mit Ablaut), Prüfung», von exagere, eaji^ere «untersuchen».
lat. über (mit h für d) n., aind. üdhar n. Frühnhd. (Luther 3, 41 1» Jen.). ABL.
Vgl. auch lit. üdrüoti «ti-ächtig sein, Milch examinieren, v.: piüfen; richterlich aus-
ins Euter bekommen», abg. vym^ n. (aus forschen. Schon im 14. Jh. examinieren,
üdmen) «Euter». aus lat, exäminäre.
Evangelium, n. (s, PI. Evangelien): Exegese, f.: Schrifterklärung. Aus gi'.
Lehre Jesu; apostolisches Buch von Jesu ilr\^r[C\c f., von dEriyeicGai «ausführen, aus-
Leben und Lehre; sonntäglicher Abschnitt legen, erklären». 1813 bei Campe. Exeg^t, —
daraus. Mhd. evangeljum, meist evangelje, m, (n.): Schrifterklärer. Aus sx. ihx^r\Tr[C ra.
evangeli n., ahd. evangeljo m,, got. aiioaggeljö 1728 bei Sperander exegeta.
f. und aiwaggeli n. Aus dem kirchhehen Exekution, f. (PI. -en)-. Vollziehung
.gi\-lat. evangeliuni, gr. eüay-f^^iov n. «Freuden- eines ürteiles, einer Leibes- oder Lebens-
botschaft», zusammenges. aus €u «gut, wohl» strafe; gerichtliche Zwangshilfe. Aus lat,
und einer Ableitung von m. «Bote, execütio, eig. exsecütio, von exsequi «etwas
ä-fY^^oc
Verküadiger». Der deutsche Ausdruck dafür verabfolgen, vollziehen». Fmhnhd. (Liliencron
war ahd. gotspel, engl, gospel d.i. «Erzählung 2, 205'', Reichsordnungen 17* von 1495, von
[spei s. Kirchspiel) von Gott». ABL. CTan- Gombert 8, 24 aus dem J. 1453 nachgewiesen).
g^lisch, adj. Wadi.evayigeliscli, ahd. evangelisc Exempel, n. (s, PI. wie Sg.): Muster,
nach kirchl.-lat. evangelicus, gr. eüa-ffeXiKÖc. Beispiel. Mhd. exempel n., aus lat. exemplum
Eyangelist, m. (-en, F\.-en), mhd. evangeliste n. «Muster». ABL. Exemplar, n, (-es,
m., von kirchl.-lat. evangelista, gr. e\)ay(e\icTr\c PI, -e): Vorbild: einzelner Bild-, Schrift-
m., gebildet von eua^Yc^i^iecGai «frohe Bot- abdnick. Mhd. exemplar n. in der 1. Bed.,
schaft, das Evangelium verkündigen». die 2. Bed. 1531 bei Hedio Josephus Vorr. 5*.
eventuell, adv.: eintretendenfalls. Aus Aus lat. exemplar n. «Muster, Vorbild, Ab-
dem franz. Adj. eventuel «zufällig, möglich», schrift». Davon exemplarisch, adj. u. adv.:
das auf mlat, eventualis beruht, von lat. musterhaft: Beispiel gebend. 1600 (Alber- Um
eventus m. «Ausgang, Begebenheit». Bei tinus weibl. Lustg. 62^).
Heynatz 1775, früher dafür eventualiter, z. B. Exequien, f. pl. : Totenfeier. Aus gleich-
bei Wächtler 1714. bed. lat, '^exsequiae f. Im 17, Jh.

evident, adj. u. adv.-. augenscheinlich, exequieren, v.: einen Befehl usw. voll-
sonnenklar. Aus gleichbed. lat. evidens (Gen. auspfänden.
ziehen; eine Schuld beitreiben;
evidentis). Bei Nehring 1710. Aus lat. exsequi, s. Exekution. In der
Ewer, m. (-S, PI. wie Sg.): kleines flaches frühnhd. Rechtssprache (Schwartzenbach Syn.
Fahrzeug, Fischerkahn, An der Nordsee- 84 a),
Weigand, Deatsches Wörterbuch. 5. Aufl. 31
e

483 exerzieren Extrakt 484

exerzieren, v.: einüben; Ki-iegs-, Waffen- übersetzen (Schiller Räuber 1, 2); aussetzen,

übung halten. Aus lat. exercere «üben, hand- der Gefahr aussetzen. Aus expönere lat.

haben, betreiben». Bei Rot 1571 (belegt bei «aussetzen, ausstellen, vorlegen, beschreiben».
Fischart Garg. 288). —
Exerzitien, Plur.: In beiden Bed. frühnhd. (in der ersten bei
Übungen, Waffenübungen. Aus lat. exercitia, Luther 4, 349^ Jen., in der zweiten Fast-
Plm\ von exercitium n. «Übung». In der nachtsp. 804, 10).

2. Bed. 1617 bei Wallhausen Coi*p. mil. 83. Export, m. (-es, PI. -e): Warenausfuhr.
Exil, n. (-es, PI. -e): Landesverweisung; Aus engl, export, das auf lat. exportäre
Verbannung; Verbannungsort. Aus lat. exi- «hiaausschaffen» zumckgeht. Bei Campe 1801.
lium n. Im 18. Jh. Aber schon ahd. ilisili, expreß, adj. u. adv.: ausdrücklich, be-
ihseli. sonders. Aus lat. expressus (als Adv. expresse)
Existenz, f. (PI. -en): Dasein, Bestehen. «ausgedrückt, deutlich». Im 17. Jh. Davon
Aus franz. existence, nlat. existentia f., von der Expresse: der eigene Bote. Nach
dem Part. Präs. existens (Gen. existentis) franz. expres «besondre]- Bote». Bei Krämer
des lat. existere, eig. exsistere «heraustreten, |
1678 ein Exp'esser.
entstehen». In der philosophischen Sprache Expropriation, f. (PI. -en) : Enteignung.

I

des 17. Jh. (Thomas Einleit. 36). exi- Aus gleichbed.


j
franz. expropriation f., von
stieren, v. : ein Dasein haben, bestehen, leben. wovon expropriieren, zu-
I expropiier v.,
Aus lat. existere (s. o.). 1714 bei Wächtler. sammenges. aus lat. ex «aus» und proprius
1

exkommunizieren, v.: aus der kirch- «eigen». Beide bei Campe 1813.
lichen Gemeinschaft ausschließen, in den exquisit, adj.: ausgesucht, vorzüglich.
Bann tun. Aus
excommunicäre.
lat. Früh- Aus lat. exquisUus, Part. Prät. von exqmrere
nhd. (bei Schönsleder 1618). «ausforschen, untersuchen». Bei Wächtler 1714.
Exkrement, n. {-es, PI. -e): Auswurf extemporieren, v.: nach Zeit (lat. ex
des Leibes; Auswurfstoff, Kot. Aus lat. tempore) und Gelegenheit aus dem Stegreife
excrementum n., von excernere «aussondern». tun oder machen. Neue Bildung.
1563 bei Forer Pischbuch 114^ Excrement. extern, exern, v.: kleinHch quälen,
Exmission, f. (PI. -n): gerichtliche Aus- necken. Md. und nd. Wort. Bei Kindleben
weisung aus einer Wohnung. Aus lat. ex- 1781 angeführt. Vermutlich ausgegangen von
missio f. [ex «aus» und missio f. von mitter ecken (vgl. die Zusammensetzung Jiohnecken
«schicken». 1710 bei Nehring in lat. Form. und das eughcdge «schärfen, erbittern, reizen»),
exorbitant, adj.; übertrieben. Aus lat. weitergebildet zunächst eclcsen, wie necksen
exorhitans, Part. Präs. von ex-orhitäre «ab- aus necken, dann ecksern (thür. auch ecksein),
weichen». 1710 bei Nehring. Andre knüpfen an nd. ekster «Elster»,
eckstern.
exotischi, adj.: ausländisch, fremdartig. dann «schwatzhafte, zanksüchtige Person» an.
Aus gr.-lat. exöticus, gr. dHiuriKÖc «auslän- extra, adv.: nebenbei, besonders; außer-
disch». 1727 bei Sperander. ordentlich. Das lat. extra «außerhalb, außer».
expedieren, v.: abfertigen, absenden. Auch adj., z. B. etwas Extraes, und in ZUS.
Aus lat. expedire. Bei Rot 1571 (belegt bei z. B. extrafleißig, Extrapost «außerge-
Fischart Garg. 270). ABL. Expedition, f. wöhnliche und schnelle Post» (bei Aler 1727).
(PI. -en): Abfertigung; Unternehmung, Feld- Es erscheint zuerst in der Verbindung extra-
zug. Aus lat. expedttio f. Frühnhd. (Janssen ordinari, z. B. Albertinus Lustg. 201*, auch

Frankf. Reichskorr. 1, 770 vom J. 1509). bei Henisch 1616 angeführt, dann als Subst.
Experiment, n. (-es, PL -e): Versuch, in der Bed. «besondre Kosten» (Moscherosch
Erfahrungsversuch. Aus lat. experimentum, Phil. 1, 432, Schupp 1, 456), ferner als Adv.
von experlri «versuchen». Bei Rot 1571. in extra gehen «auf Nebenwege geraten»
explizieren, v. entwickeln, auseinander- (Fleming 162), bei Sperander 1728 extra
:

setzen. Aus lat. explicäre «auseinanderfalten». brauchen «was man nicht an ordentlichen
1

Bei Rot 1571. Ausgaben vertut». !

Explosion, f. (PI. -en): Losknallen, Spren- Extrakt, m. (-es, PI. -e): das Ausge-
gung. Aus franz. explosion f., von lat. ex- zogene; Kraftauszug. Aus nlat. extractum,
i

plösio f. «Ausklatschen», zu explödere «klat- dem substantivierten Neutr. von extractus,


,

schend hinaustreiben». Bei Campe 1801. Part. Perf. Pass. von lat. extrahere «heraus-
I

exponieren, v.; auslegen; ins Deutsche ziehen». Von Gorabert 8, 25 aus dem J. 1585
!
485 extravagant Fach 486

bei Cureus Chronik Vorr. nachgewiesen; vgl. zellenz, f. (PI. -en): HeiTlichkeit, Ehren-
noch ZfdW. 1, 356. von Ministern usw. Aus lat. excellentia,
titel

extraTagänt, adj. u. adv.: ausschweifend, franz. excellence f. Bei Rot 1571, als Titel
phantastisch, seltsam. Aus mlat. extravagans 1617 im Teutschen Michel 49 angeführt.
(Gen. extravagantis). IS'ach Kluge 1599 bei exzentrisch, adj.: eig. vom Älittelpunkte
Heß Judengeissel k6. (lat. centruni) abweichend, dann irre kreisend,

Extrem, n. (-es, PI. -e): Übertreibung. alle Regel überspringend. Nach franz. excen-
Aus lat. extremum «das Äußerste», dem sub- trique «ausschweifend, überspannt». 1714 im
stantivisch gesetzten Neutr. des Superlativs Math. Lex. eccentrisch, als astronomisches
extremus «der Äußerste», extrem, adj. u. Wort in der eigentlichen Bed., dann im
adv. Aus lat. extremus. Im 17. Jh. ABL. 18. Jh. auch übertragen.
Extremität, f. (PI. -en): Endpunkt; Ent- exzerpieren, v.: schriftlich ausziehen.
scheidungspimkt, letzte Zuflucht; Aus lat. excerpere «pflückend auslesen, aus-
äußerstes
Glied, nämlich Hand und Fuß. Aus lat. wählen», um 1700 (Günther 778). Exzerpt,
extremitäs f. (Gen. extremitätis) «das Äußerste, n. (-es, PI. -e) Auszug. Das Part. Perf. Pass.
:

Ende». 1694 bei Nehring in der 1. und 2. Bed., lat. excei~ptiim n. von excerpere. 1791 bei
1626 Extremitet «äußerste Not» (Londorp Roth der Plui-. Excerpte.
acta publica 2, 1317*). Exzeß, na. (-es, PI. -e): Hei'ausgehen aus
exzellent, den Grenzen einer Sache; Unfug. Aus lat.
adj. u. adv.: sich auszeichnend,
hen-lich. Aus franz. excellent, von lat. excellens excessus m. «Herausgehen, Abschweifung»,
(Gen. excellentis), Part. Präs. von excellere von excedere «abschweifen». Frühnhd. als
«hervon'agen, sich auszeichnen». Um 1600 rechtliches Wort (Luther 5, 102^ Jen.), auch
üblich (H. V. Braunschw. 227). ABL. Ex- bei Rot 1571 verzeichnet.

f, der sechste Buchstabe des Alphabets. fahrique f., von lat. fabrica f. «Kunst, Kunst-
Die Redensart «aus dem if (effeff), tüchtig», übung, Ausübung der Baukunst, Werkstätte»,
rührt von dem Zeichen fif für ital, fortissimo gebüdet von lat. faber m. «arbeitender Künst-
«sehr stark», in der Musik her. ler». 1721 bei Jablonski Fabric, schon 1714
Fabel, f. (PI. -n): erdichtete Erzählung, bei Wächtler in franz. Form Fabriqiie, im
insbes. auf Grund eines allgemeinen mora- 15. Jh. fabricke f. «Gewerkskasse». ABL.
lischen Satzes. Mhd. fabele f. «(unwahre) fabrizieren, v., aus lat. fabricäre «verfer-
Erzählung, Märchen, Unterhaltung», aus lat. tigen, bilden», bei Wächtler 1714. Fabri-
fabula f. «Rede, Erzählung, Sage, Märchen», kant, m. (-en, PI. -en), aus dem Part. Präs.
von lat. färi «kundtun, sagen». ABL. fabel- lat. fabricans (Gen. fabricantis), bei Ludwig
haft, adj. u. adv.: der Fabel angehörig; er- 1716 Fabricant. Fabrikat, n. (-es, PI. -e),
dichtet; unglaublich. Bei Rädlein 1711 in aus dem Neutr. des Part. Perf. Pass. lat.

der 1., 2. Dafür im 16. Jh. fabulisch, fabricätum.


Bed. Neue Bildung.
fabulosisch (Gomberi 8, 25). fabeln, v.: fabulieren, s. Fabel.
Fabeln machen; überhaupt erdichten; phanta- Facette, f. (PI. -n): geschlifiene Rauten-
sieren (Goethe Faust 2962); mhd. fabeln. Da- oder Seitenfläche. Aus gleichbed. franz. facette
neben fabulieren, v., frühnhd. (1516 bei f., abgeleitet von face f. «Antlitz, vordere
Altenstaig), aus lat. fäbuläri «sich unter- Seite», das dem lat. fades f. «Angesicht» ent-
halten». Fabelei, f, mhd. fabelte, favelie. stammt. 1791 bei Roth.
ZUS. Fabeldichter, m., 1495 in der Kölner Fach, n. (-es, PI. Fächer): durch Balken
Gemma 71 ^ Fabelhans, m.: Erfinder un- u. dergl. gebildete Abteilung der Wand; um-
wahrer Geschichten, Aufschneider, Schwätzer. schlossene Abteilung wovon, eig. wie bildl.;
1617 im teutschen Michel 29. Fanghürde, Fanggeflecht für Fische und Vögel.
Fabrik, f. (PI. -en)-. Werkstätte, Werk- Mhd. vach n. «Abteilung einer Räumlichkeit;
anstalt, in der Arbeiter in gi-ößerer Anzahl Behälter; Mauer; Mauerteil; Heerteil; ArtBe-
einander in die Hände arbeiten. Aus franz. kleidungs-, Rüstungsstück Falte des Schleiers,
;

31*
:

487 -facii fade 488

Hemdes; Fanggeflecht im Wasser; Schwelle zum Windmachen durch Hin- und Herbe-
im Wasser zum Stauen», ahd. fah n. «Mauer»; wegen. Zurtickgehend auf ein frühnhd. focher
dazu asächs. fak in jukfak n. «Umzäunung (1482 im voc. theut. z3*), focker (ebenda
^ und 1470 in Diefenbachs mlat.-hd.-böhm.
eines Joches Landes», ndl. vak, afries. fek, i 1
ags. fmc n. «Eaum, Zwischenraum, Zwischen- Wb. 128, 382), noch 1562 bei Mathesius Sarepta
zeit», anord.-got. fehlend, dän. fag n. aus dem 20S^ Focher, 1663 bei Schotteli^o/c/cej-« Blase-
Deutschen. Es stimmt zu gi-, irci-m f. «Schlinge, balg», dann auch «Wedel», das entlehnt scheint

Fischreuse, Schlagbauer, Fangkäfig» und gr. aus einem lat. focärius (fOllis) «zum Herde
TTtiTvüvai, XoX.pangere «festmachen, befestigen»; gehöriger (Blasebalg), Blasebalg zum Feuer-
weiter gehört fügen (s. d.) hierher. Die Grund- machen», oder auch wie Focke f. «Fächer»
bed. der Wui-zel war wohl «in die Erde ein- (1678 bei Krämer) von fochen «blasen» (s.
rammen», Meringer Idg. Forsch. 16, 176, fachen) abgeleitet ist, s. Focke. Im 17. Jh.
vgl.
Die übertragene Bed. «begrenztes Wissen- erscheint das Wort umgebildet zu Fechel
schaftsgebiet» kommt erst um die Mitte des (Logau 2, 141), das auch von Stieler 1691
18. Jh. auf und wird noch 1755 von Dom- neben Focker, Fucker angesetzt wird; end-
blüth 86 bekämpft. lich erscheint 1715 bei Amaranthes und 1734

-fach, in Verbindung mit Zahlwöi-tern bei Freyer 276 Fecher. Adelung 1793 und
in soviel Abteilungen genommen, als das Heynatz 1796 entscheiden sich für Fächer,
Zahlwort anzeigt, z. B. ein-, zwei-, mannig-, das schon Rädlein 1711 und Frisch 1741 neben
vielfach. Mhd. -vacli in zinvach, manecvach Fächer, Fechel anführten. Die Form Fechtel
(in spätem md. Quellen) ist erstarrter Akk. bezeichnet Heynatz 1796 als märkisch (Fäch-
Flur, des Subst. vach, s. Fach (eine geniti- teichen bei Brockes 2, 1, 217, 1858 bei Scham-
vische Verbindung ist mhd. einer vacher bach fechtle f.). Aus Hessen und Nassau
« dreimal dreifach).
j Verwandt ist gr. -iial wird Focht angegeben. ABL. fächern, v.,
in ätiat «einmal». Vgl. -fall. dafür ältenihd. fochern (noch 1734 bei Stein-
Fachbaum, m. Baum, der bei einer bach), fecheln, fächeln (s. d.), das sich mit
Mühle oder einem Wehr das Wasser vor dem besonderer Bed. abgezweigt hat, 1678 bei
Geriime in der vorgeschriebenen Höhe hält. ICrämer focken.
Mhd. vächboitm m., zu vähen «fangen». Fackel, f. (PI. -n): flammend brennender
fächeln, v.: gelind an-, zuwehen. 1537 Stab als Licht. Mhd. vackel, ahd. facchala,
bei Schaidenreißer Odyssea 22% bei P. Fleming faccala f. Mit asächs. fakla, ndl. fakkel, ags.
363 fächeln (144 das Fecheln), bei Stieler fcecele und ßcecele entlehnt aus dem gleich-
1691 als fecheln verzeichnet. Abgeleitet von bed. lat. facula (vulgärlat. facla) f., dem
älterahd. Fechel, «Fächer» (s. d.), kaum direkt DimLn. von gleichbed.
lat. fax (Gen. facis) f.

von fachen gebildet. fackeln, v.: hin und her schwanken, zu-
"fachen, v.: erregend anwehen, Zuerst nächst von der Flamme (noch bei Adelung
bei Hagedorn Werke 2, 101 dann in der vom Lichte); Umstände machen, zaudern, in
poetischen Sprache häufig geworden, Es ist nicht f. (bei Nieremberger 1753) im Eeden un- :

(mit a für urspr. o) das fiühnhd fochen zuverlässig sein, flunkern (Goethe 1, 204). Ge-
«blasen» (Fastnachtssp. 1454), das wohl auf wöhnlich wird das Wort von Fackel abgeleitet,
mlat. focare «in Feuer setzen, entzünden» also «Fackel gleich bewegen». Doch hat sich
zurückgeht, s. Fächer. Vgl. auch anfachen, wohl damit ein echt gei'masisches Wort in
entfachen. der Bedeutung «sich hin und her bewegen»,
"fachen, v.: kurze Wolle mit einem Bogen vgl. ahd. faklen «schütteln» (vom Rohr beim
schlagen, daß die Flocken fliegen; dazu ndl. Winde), fries. faden «hin und her bewegen»,
vacht f. « Wollenfell, Wollenflocke ». Vielleicht schwed. fakla «pfuschen», adän. fagle «in Un-
zu Fach (s. d.), bei den Hutmachem Ab- ordnung bringen» vermischt. Mhd. vackelen
teilung von Haaren, die zu Filzstücken be- «wie eine Fackel brennen» stammt natürlich
arbeitet werden, oder eher zu stellen zu gr. von Fackel. Nhd. zuerst in Fackelei «Um-
TTÖKoc m. « Schaf woDe, Flocke», ir^Keiv «Wolle herschweifen» (Moscherosch 1, 439). Vgl. auch
rupfen, kämmen», \?ii. pectere «kämmen», lit. Faxen und fickfacken.
pesti «kämmen, raufen», avozu auch ahd.-nihd. Fa^on, s. .Fasson.
fahs m. n. «Haupthaar» gehöi't. fade, adj.: ohne Saft und Kraft, Sinn oder
Fächer, m. (-s, PI. wie Sg.): Werkzeug Geist, geschmacklos. Aus franz. fade, das
1
489 Faden Fahne 490

neben fat «närrisch, läppisch», von lat. faüius fahen, v. : altertümlich für fangen (s. d.).

«albern, unschmackhaft» kommt. Um 1700 ABL. fähig, adj. u. adv.: eig. «fangend,
entlehnt (Günther 457). fassend,in sich aufnehmend», dann «einer
Faden, m. (-s, PI. Fäden)-. Faser zum Sache mächtig, zu etwas geschickt». Mlid.
Binden, Nähen, Weben; (Plui-. wie Sing.) nui- in gevcehic «fähig», ahd. in ividarfähig
Maß der beiden ausgespannten Arme. Mit «widerhallend»: häufig in der frühnhd. Rechts-
Abschwächung des m zu n {Fadem noch bei sprache, auch von Luther zuweilen gebraucht,
Lohenstein Ibrahim 51, dagegen vaden schon dann von Dasypodius 1537 imd Maaler 1561
voc. opt. 13, 11) aus mhd. vadem, vademe, verzeichnet. ABL. Fähigkeit, f., bei
ahd. fadum, fadam m. in der 1. Bed.; dazu Henisch 1616.
asächs. Plur. fatlimös «beide Arme», ags. fahl, adj.: gelblich; gelblich grau. S. falb.

fcRdm m. «die umspannenden Arme, Um- Mhd. val (fiekt. valwer) «bleich, gelb, blond»,
armung, Schutz und Schirm, Schoß, Elle ahd. falo (fiekt. falawer) ; dazu and. falu, ndl.
(Längenmaß des Unteranns)», engl, fathom vaal, ags. fealu, engl, fallow, anord. fölr. Zu
als «Maß», anord. faämr m. «beide Arme, lit.pah-as «weißlich gelb», ahg.plavü «weiß»,
Umarmung, Schoß», auch «das Längenmaß ferner lat. pallidus «bleich», pullus «dimkel»,
der ausgestreckten Arme», schwed. famn m. gl-. TToXiöc « weißlich, grau», aindi.palitäs « grau ».
«Busen, Längenmaß», dän. favn «Umarmung, Mlat. falvus, ital. falvo, franz. fauve sind aus
Längenmaß». Als Grundbed. ergibt sich«üm- dem Deutschen entlehnt.
spannung der Arme», dann «dem entsprechen- fahnden, v.: drauf aus
sein zu fangen,
des Längenmaß», die Bed. «Faser, Garn», eig. zu verhaften. Mit Anlehnung an fahen zu-
insofern es zur Abmessung dient, beschränkt lückgehend auf ahd. fantön «durchforschen,
sich auf das Deutsche, mnd. vadem hat diese aufsuchen, ausspüren», asächs. fandon, ags.
Bed. und die von Längenmaß, ndl. vadem fandian, afries. fandia «suchen», wohl zu
m. nur die letztere. Faden als Längenmaß ist finden gehörend. Im Mhd. nicht nachzu-
aus dem Ndd. ins ältere Nhd. eingedrungen. weisen, daher wohl aus dem Nd. fmnd. van-
Das Woiü ist (mit got. fapa, mhd. vade f. den «besuchen, aufsuchen», auch 1475 klevisch,
«Zaun, Umzäunung»?) zu stellen zu gr. ire- 1599 bei Kilian 576 vanden «besuchen, einen
xavvüvai «ausbreiten», TreTaXoc «ausgebreitet», Kranken besuchen», jetzt ndl. vanden «eine
lat. patere «ausgebreitet sein, offenstehen», Wöchnerin besuchen») in die Kanzleisprache

pahdus «ausgebreitet). Der Plur. lautet schon eingedrungen. 1788 bei Fulda vanden, fahn-
spätmhd. vädeme, bei Luther aber Faden, wie den, bei Campe 1807 als obd. angeführt.
auch im 18. Jli. noch vorkommt (Hagedorn Fähndrich, s. Fähnrich.
Fab. 5, Wieland Gold. Spieg. 4, 159). ABL. Fahne, f. (PI. -n)-. an einem Schaft be-
fädeln, v., ursprünglicher fädmen (noch bei festigtes Zeugstück alsZeichen irgendeiner Art:
Frisch 1741 ausfädmen, im j. Goethe 3, 261 dem Ähnliches, die Strömung der Luft anzeigen-
abfädmen ;<clie Randfasern der Schoten ab- des bewegliches Blech: schlechtes Ivleid. Mit
ziehen», in den Werken 19, 89 geändert in Wechsel des Geschlechts aus mhd. vane, vanra.,
abfädnen), mhd. vedemen: ahd. fadamön da- nur md. auch f., ahd. fano m. «Fahne», urspr.
gegen ist «nähen». ZUS. fadenscheinig, «Zeugstück», was die Zusammensetzungen
adj.: von durchscheinenden Fäden, weil von ougafano «Schweißtuch, Schleier», hantfano
Wolle oder Farbe entblößt. Von einem bei «Handtuch», tisch fano «Serviette», deutlich
Keisersberg Brösamlin 2, 54 sich findenden
'^ zeigen, während Fahne meist durch gundfano,
gleichbed. Adj. fadenschein. «Kampfzeichen» (daher franz. gonfalon
eig.

Fagott, n. {-es, PI. -e): gegeben wird; dazu and. -fano, ndl.
ein tieftoniges m.)
Blasinstrument, Baßpfeife. Aus ital. fagotto, vaan, afries. fona, asächs. fano m. noch «Tuch»,
franz. fagot m., eig. «Reisigbündel», unbe- ags. fana m. (häufig güäfana), engl, fane,
kannter Herkunft. Bei Henisch 1616. vane «Dachfahne», got. fana m. «Zeugstück,
Fähe, auch Fehe, f. (PI. -n)-. weidmän- Schweiß tuch». Die Grundbed. Tuch liegt auch
nisch) das Weibchen des Hundes, der vier- in dem Dim. Fähnchen n. «leichtes Frauen-
füßigen Raubtiere. Aus mhd. vohe, ahd. kleid» vor. Gewöhnlich wird \qX. pannus m.
foha f. «Füchsin», im Voc. theut. 1482 il* «Stück Tuch, Lappen, Binde», als verwandt
fochin, 117^ vohin, im Voc. 1419 vöhin. Vgl. angesehen. Doch ist das vmsicher. Dagegen
Fehe. läßt sich abg. opona «Vorhang», ponjava f.
491 Fahr Fährmann 492

«Umhang, Kleid», p^ti «spannen», lit. pinti dazu ndl. veer n., anord. ferja f., schwed.
«flechten» (vgl. spinnen) vergleichen. Das färja f., dän. fcerge, engl, ferry. Zu mhd.
ursprüngliche Mask. erhält sich im Obd. im vern, ahd. ferian, ferran, asächs. ferian, ags.
17. Jh. (Zincgref 1,daneben auch als ferian, anord. ferja, schwed. färja «schiff'en,
164),
Neutr. (noch bei HaUer 105). ABL. Fähn- übersetzen, überfuhren», abgeleitet von fahren.
lein, u. (-5, PI. wie Sg.), das Dimin., mhd. S. auch Ferge.
veneltn. Die Bed. «unter einer Fahne ver- fahren, v. (Prät. fuhr, Konj. führe, Part.
einigte Schar Krieger» zuerst 1475 in dem gefahren): sich fortbewegen; sich mit Ge-
schweizerischen venli (Liliencron 2, 63). Fähn- schwindigkeit wohin bewegen; auf einem
rich, m. (-S, PI. -e): Fahnenträger. Dafür Werkzeug zum Fortbewegen fortbewegt wer-
mhd, vanere, vanre, venre, ahd. faveri m., wo- den oder fortbewegen; sich befinden, leben
her schweizerisch Fenner m., später mit An- (z. B, fahr wohl). Der Ausdruck fahrende
lehnuncr an die Bildimcren auf -rieh venrich Habe (schon mhd. varndiu habe) «bewegliches
und mit eingeschobenem d vendrich (Lilien- Eigentum», wofür auch Fahrhabe (schweiz.)
cron 2, 562), dazu ndl. vaandrig m, (1599 und Fahrnis (s. d.). Mhd. varn, ahd. und
bei Kilian 514^ vaendrigh). ZUS. Fahnen- got. faran; dazu ndl. varn, asächs.-ags. faran,
junker, m. dem Fähnrich beigeordneter engl, fare, afries.- anord -schwed. fara, dän.
:

Fahnenträger. 1664 bei Duez. Fahnen- fare. Verwandt ist gr. irepäv «durchdringen,
SChmied, m.: Hufschmied bei einer Reiter- durchgehem>, rröpoc m. «Dui'chgang», iropeüeiv
schwadron, im 17. Jh. Fahnenträger, m., «fahren, übersetzen», -rropeuecGai «i'eisen, gehen»,
1482 im Voc. theut. h 5^ fantrager, im 15. Jh. lat. (übertragen) peritus «erfahren», abg. prati
beiDiefenbach gl.ßll^ vanendreger, fanetreger. «fahren, springen», aind. piparti «führt hin-
Fahr, f.: Gefahr, nur noch altertümlich über», aw. par- «hindurch-, hinübergehen».
und poetisch (von Wieland Oberon 2, 16 ge- S. auch Fahr.
braucht und im Glossar ei'klärt, dann z. B. Fährgeld, n. (-es, PI. -er)-. Lohn des
von Schiller Teil 3, 1 Rückert 2, 237). Bei
; Schifi"ers für die Überfahrt. Bei Luther (Jon.
Luther fahr. Mhd. väre f., vdr f. m. «Hinter- 1, 3 fehrgeld), dafür mhd. verlön, zusammen-
list, Gefahr, Furcht», ahd. fdra f. «Auflauern, ges. mit mhd. vern «übersetzen», s. Fähre.
Nachstellung, Hinterlist»; dazu asächs, fär fahrig, adj.: nicht gehalten, unbeständig.
m. «Hinterlist», ndl. vaar m. (veraltet) «Ge- Dialektwort, das Adelung 1798 noch nicht
fahr», ags. fmr m. «Furcht, Gefahr», engl. kennt, von Goethe oft gebraucht, abgeleitet
fear «Furcht», anord. fär n. «Not, Unglück», von fahren. (Bei Maaler 1561 ferig «hurtig»,
dän. fare «Gefahr», got., wohl nach ferja m. mhd. veric «fertig»).
«Auflauerer, Aufpasser» zu schließen, '^ßra f. fahrlässig, adj. u. adv.: aus Unachtsam-
Das Wort, von dem mhd. vären, ahd. fären keit unterlassend, aus Säumigkeit unachtsam.
(s. befahren), asächs. färön «auflauern, nach- Ln voc. praed. q 2^ varlessig «negligens» (aber
stellen», ags. fmr an, engl, fear «fürchten» bei Eychmann 1483 n7^ verlesig), dann bei
abgeleitet ist, geht zurück auf die Wurzel Keisersberg bilgerschafft 1^2^ farlessig, später
von fahren (s. d.), indem aus der Bed. «hin- als Rechtswort oft gebraucht. Kaum ge-
überbewegen, durchdringen» die von «ver- bildet von fahren lassen «geschehen lassen,
suchen, in Gefahr bringen» hervorgegangen nachlassen, aufgeben», sondern wohl mit An-
ist, vgl. die zu der gleichen Wurzel gehörigen lehnung an fahren entstellt aus einem mhd.
lat. experiri «versuchen», periculum n. «Ge- verlcegec, vürlcegec, abgeleitet von verlaß,
fahr», gr. -rreTpa f. «Versuch, Probe, Anschlag». vürläg m. «Lässigkeit, Versäumnis», vgl. die
ABL. Fährde, f.: Gefahr, Arglist (Goethe Bildungen hinlässig, nachlässig usw. ABL.
1, 121). Mhd. vcerde (in gevcerde f. n.) «Hinter- Fahrlässigkeit, f., im voc. praed. q 2^ var-
list», ahd. färida in hifärida f. «Aufruhr». lessigkeit (dagegen bei Eychmann 1483 nl^
Fährlichkelt, f.: Gefahr. MM. vcerlicheit, verlassigkeyt), bei Keisersberg sünd. d. munds
abgeleitet von mhd. vasrlich «hinterlistig, ge- 78^ farlessigkeit , in Wedels Hausbuch 281
fährlich», ahd. färlih, auch älternhd. fährlich, u. 0. fahrlosigkeit.
voc. 1482 verlieh «periculosus». Fährlichkeit, s. Fahr.
Fahre, f., nordd. Form
Furche (s. d.).
für Fährmann, m. (-s, PI- -männer): Ferge.
Fähre,
f. (PI. -«): flaches Fahrzeug und Zusammenges. mit mhd. vern «übersetzen»,
Ort zur Flußüberfahrt. Mhd. vere, ver f. n.; s. Fähre. Bei Comenius 1640.
' ,'

493 Fahrnis Falke 494

Fahrnis, f. : fahrende Habe, bewegliches tas (Gen. facultätis) f. «Vermögen, Kraft, Be-
1

Eigentum. Bereits im 16. Jh. (Luther Tischr. fähigung», im Mlat. auch s, v. a. «Zunft»
420 a). usw. ABL. fakultativ, adj. u. adv,: be-
Fahrt, f. (PI. -en): die Foitbewegung fähigend, ermächtigend wozu; beliebig. Aus
^

wohin; Durchgang, Weg für Fuhrwerk. Mhd. I


franz. facultatif, nlat. facultativus. Noch nicht
vart, ahd. fart f.; dazu asächs. fard f., ndl. bei Campe 1813.
vaart m., anord. ferd f.,
ags. ftp-d, falb, adj.: blaJßgelb, weißHchgelb.
ferd f., Der
schwed. ßrd Abstraktbildung Falbe, ein Falber (Goethe [?] 4, 355), «blaß-
m., dän. fcerd.
mit f-Suffix zu fahren. S. auch Fährte. gelbes Pferd», s. auch ^ Falke. Eig. identisch
Fährte, f. (PI. -«) Wildspur. Aus dem mit fahl (s. d.), und aus der flektierten Form
:

Gen. Dat. Sing, oder Plur. verte des mhd. des mhd. val (flekt. valwer), ahd. falo (flekt.
vart f. in der engem Bed, «Weg des Wildes, falawer) mit Übergang des w in b hervor-
Wildspur», wie noch weidmännisch auch gegangen. Fiühnhd. falb, z. B. um 1480 im
Fahrt gesagt wird, ahd. fart f. «Weg, Spui-». voc. incip. teut. f 6^, danach von Luther
Bei Stieler 1691 Fürte. 3. Mos. neben falh (Off. Joh. 6, 8)
13, 31. 37

Fahrzeug", n. (-es, PI. -e)-. von Holz ge- gebraucht, bei Alberus Dict. E 2 nebenein-
'',

machtes hohles Werk zum Fahren auf dem ander fal, falb. ABL. falben, v.: falb wer-
Wasser: auch Fuhrwerk zu Lande. Im 17. Jh., den, aus mhd. valwen, ahd. falaxoen.
1703 im Zeitungslex. und 1711 bei Kädlein. Falbel, f (PI. -n): Faltenbesatz an Frauen-
Faksimile, n. (s, PI. -s): ^Fachbildung kleidera. Bei Nieremberger 1753 (1715 bei
einer Handschrift. Das nlat. facsimüe {fac, Amaranthes 523 noch Falbala). Aus franz.
Lnp. von facere «machen», simile, Neutr. falbala m., ital. falbala f., span. falbala, auch
von similis «ähnhch»). Im 18. Jh. farfala f. ^

Faktiön, f. (PI. -en): Partei, poUtische falben, s. falb.


Meinungsgenossenschaft. Aus lat. fadio f. Fälber, s. Felber.
1538 bei Franck Chron. d. Teutschen 194^ Falge, s. -Felge.
u. 0., bei Eot 1571. faktisch, adj. u. —Falkaüne, f. (PI. -n): Geschütz zu 4- bis
adv.: tatsächlich. Gebildet von lat. factum n. 5 pfundigen Eisenkugeln. Aus mlat. falcöna
«Tat», eig. Xeutr. des Part. Perf. Pass. factus f., von lat. falco m. «Falke», welchen Raub-
von facere «machen». In der neuern Sprache, vogelnamen man wie Drache, Schlange auch
bei Hejnatz 1796. —
Faktor, m. (-s, Plur. auf ein schweres Geschütz anwandte. Im
Faktoren) Vervielfältigungszahl; eine im Pro- 16. Jh. Falkelan (Liliencron 3, 384 v. J. 1521),
:

dukt wirkende Ki-aft; Geschäftsführer. Auslat. Falcon (ebend. 4, 367 v. J. 1546), Falchana
factor m. «Verfertiger», im Mlat. auch s. v. a. (bei Fronsperger 1, 59 *j.
^
«Geschäftsvorsteher» und in dieser Bed. ist Falke, m. {-n, PI. -n): blaßgelbes Pferd,
Factor im 16. Jh. geläufig (Cod. dipl. Sües. blaßgelber Ochse, blaßgelbe Kuh. Oberdeutsch,
20, 178 von 1510). Davon Faktorei, f. Von obd. falch, Nebenform zu den gleichbed.
(PI. -en): Wohnung und Geschäft eines Fak- fahl, falb (s, d,), die mit lit. pälsas «fahl»
tors, dann Handelsniederlassung; bei H.Sachs. übereinstimmt.
— Faktotum, n. (-s, PI. -s): der aUes in "Falke, m. [-n, PI. -n): eine Art Raub-
allem ist, namentl. allseitig nützlicher Diener. vögel, Auch gekürzt Falk, dann zuweilen
Das nlat. factotum {fac, Imp. von facere, im Sing, stark flektiert (Dat. Falk Herder
tötum «alles»). Schon im 16. Jh. (Wedel Cid Nr, 7, Akk. Falk Schiller 13, 329), Älhd.
Hausbuch 246 u. 313, Fischart Barf. 3523). valke, ahd. falcho m.; dazu ndl.valk, engl. falcon
— Faktum, n. (-s, PI. Fakta): Tatsache. (aus dem Deutschen), anord. falki, schwed,-
Das lat. factum, s. o. 1703 im Zeitungslex. dän. falk m. Wahrscheinlich echt deutsch
— Faktur, f. (PI. -en): Warenverzeichnis! und daraus entlehnt das um 340 vorkom-
nebst Preisberechnung; Rechnung. In der mende lat. falco m. Der deutsche Ursprung
1. Bed. bei Krämer 1678. wird namentlich durch die alten Eigennamen,
Fakultät, f. (PI. -en): körperliche oder Falchovarii, ahd. Falco, ags. Wester falcna
geistige Kraft zu tun; Vermögen wozu; Fähig- wahrscheinlich. Das Wort gehört am ehe-
keit, mhd. fakvltet f.; Gesamtheit der Profes- sten zu falch (s. d.) «fahl» und weiter zu
soren von einer der vier Hauptwissenschaften lit. pälsas, abg, pelesü «gi-au». Vgl. Baist
einer Universität (im 15. Jh.). Von lat. facul- bei Kluge EWB. s. v.. Kluge Zschr, f franz.
495 Falkouett falsch 496

Spr. VL. Lit. 13, 2, 185, Körting Lat.-roman, Falliment, n. {-s, PI. -e): öffentlich er-
WB.3. ABL. Falkner, m. {-s, PI. wie Sg.), klärte Zahlungsunfähigkeit. Aus ital. falli-
mhd. valkencBre. Aus mlat. falconarius m. mento m., von fallire, s. fallieren. Bei Fisch-
«Falken zur Jagd übender und abrichtender art Garg. 79 Fallement, bei Krämer 1678
Jäger». Daneben auch mit engerm Anschluß Falliment
an das lat. Wort Falkenier m. Fallreep, n. (-s, PL -e) türartige Öffnung -.

Falkon^tt, n. {-s, PI. -e): kleine Fal- in der Bordwand des Schiffes. Seemanns-
kaune. Aus franz.-engl. falconet, ital. falco- ausdruck und daher nd.-ndl. Ursprünglich
nettom. mit verkleinerndem -etto von mlat. eine Imperativbüdung aus fall «laß fallen»
falcona f., s. Falkaune. Im 16. Jh. (Lilien- und reep «Tau», mit der Bedeutungsentwick-
cron 3, 474), daneben auch Falkenet (ebend. lung «Tau, Strickleiter, Leiter, Treppe, Trep-
3, 74). penöffnung». Bei Röding. Bei Campe Fall-

Fall, m. Fülley Äfhd. val (Gen. reif «Falltau».


{-es, PI.

volles), ahd. fal m.; dazu asächs.-afries. fal falls, bedingende Konjunktion, eig. Gen.
m., ndl. val m., ags. feal m., engl. /aW, anord.- Sing, von Fall m.: im Falle daß. Bei Stieler
schwed. fal n., dän. fald n. In der gram- 1691, nach Adelung und Heynatz 1796 nur
mat. Bed. für lat. casus hat «Fall» zuerst im gemeinen Leben. Fall hat hier die Bed.
der Gießner Professor Christophorus Helvicus «eintretende Möglichkeit», die vom Fallen der
(Helwig) in seinem 1619 erschienenen Werke Würfel ausgegangen ist. Häufig in Zusammen-
Sprachkünste. S. auch falls. Falle, f. (PI setzungen -falls.

-n): Fangwerkzeug mittelst Zufallen Fallstrick, m. (-es, PI. -e) woräber fal-
von et- :

was. jMhd. volle, ahd. and. falla f. dazu ndl. val, lender Strick, Schlmge zum Fang vonWüd;
;

ags. feall f. Von fallen, v. (Prät. fiel, Part. Nachstellung. Bei Luther, auch bildlich.
gefallen): vermöge seiner Schwere sich nie- Fallsucht, f.: die fallende Sucht, Hin-
derbewegen; mit Geschwindigkeit, gewaltsam fallen unter Zucken und Schäumen. Mhd.
sich wohin bewegen; tot niederfallen; Exi- vallensuJit f., aus vollende suht, ahd. fallendiu
stenz, Ehre usw. verlieren an Umfang, Wert suht. Im 16. u. 17. Jh. dafür auch Follühel,
;

verliei'en; wozu kommen; wohin geraten. zusammengez. Falbel n.


MM. vollen, ahd. fallan; dazu asächs. follan, Falltor, n, (-S, PI. -e): von selbst zu-
ndl. Valien, afx'ies. falla, ags. feallan, engl. fallendes Zauntor über einem Fahrweg. Mhd.
fall, anord.-schwed. falla, dän. falde. Ver- volletor n., abgeschwächt voltor, voller.
wandt ist lit. p'iolu «falle», Inf. piilti, aber falsch, adj. u. adv.: anders scheinend, als
kaum «betmgen, täuschen», gr. wirklich ist; innerlich feindselig. Mhd. vals,
lat. faller e

ccpdXXeiv «fällen, zu Boden werfen», cqpdWecem meist volscli, mit ndl. volsch, ags.-anord. fols,
«sich täuschen, fehlen», aind. 5p/iaZ-« wanken». engl, false, entlehnt, trotz E. Schröder AfdA.
Vgl. Walde s. v. ZUS. Fallbrücke, f., 23, 156, aus dem gleichbed. lat. falsus, eig.

1626 bei Opitz Argenis 2, 58. das Part. Perf. Pass. von follere «täuschen,
fällen, V.: faUen machen; zu Boden-, betrügen». Davon substantiviert mhd. vals,
niederwerfen. Mhd. vellen, ahd. fellan; dazu volsch m. «Fehl, Bosheit, Unrecht, Betinig»,
asächs: fellian, ndl. vellen, afries. fella, ags. jetzt noch in ohne Falsch, mhd. äne volsch.
fella, engl, feil, anord. fella, schwed. fälla, Das seh in volsch kann rein lautlich entstan-
dän. fälde, Faktitiv zu fallen. den sein wie in feilschen ; da aber auch mnd.
fallieren, v.-. öffentlich zahlungsunfähig volsch neben vals, ndl. volsch, dän. (entlehnt)
werden. Aus ital. follire «betrügen, fehl- folsk vorkommt, so wird es erklärt aus dem
schlagen, bankrott werden», das auf lat. fäller e Einfluß des schon im Ahd. vorhandenen Ver-
«betrügen, täuschen» zurückgeht. Bei Rot 1571 bums fälschen, v.: falsch machen, d. h.

falliren «betmgen», sonst im 16. Jh. auch verfälschen, der Richtigkeit benehmen. Mhd.
in der jetzigen Bed. velschen «verfälschen, füi' falsch erklären»,
fällig, adj.: zu Falle kommend, z. B. in. ahd. felscen, falskon, meist gifelscen, gifalscön
hau-, fußfällig; zu festgesetzter Zeit zu fallen «für falsch erklären, zurückweisen, wider-
(zahlen) bestimmt. Mhd. vellec «fallend, bau- legen», wahrscheinlich eine Umbildung des
fällig, gerichtlich verfallend, vor Gericht im lat. gleichbed. falsificäre (falsicore, fals-

Kampfe überwunden», ahd. fellic «zu. Falle core?). ABL.' Fälscher, m. (-s, PI. wie
bringend, in Trümmer fallend». Sg.), mhd. valschcere, velschcere. Falsch-
497 Falsett famos 498

heit, f., mhd. valschheit. fälscMich, adj, fealde f., anord. (umgestaltet) flfrildi u. Eine
u. adv., mhd. valschlich. ZUS.
velschlich. reduplizierte Bildung (wie z. B. mhd. wiwint
Falschmünzer, m. {-s, PI. wie Sg.). Bei «Wii'belwind» zu wint), mit der lat. päpllio
Campe 1808. Goethe 34, 1, 369 sagt noch ra. (aus *paptilio), vespertilio (aus -ptilio)

falscher Münzer. zu vergleichen ist. Wahrscheinlich zu einer


Falsett, n. {-\e]s, PI. -e): Fistelstimme, Wurzel pel wir mit t erweitert,
«flattei'n», die

Kopfstimjne. Aus ital. falsetto m. «Fistel». in flattern, Fledermaus haben. Vgl. Detter
1791 bei Roth. ZfdA. 42, 55, Walde s. v.

-falt, jetzt altertümlich (z. faltig, adj.: Falten habend oder werfend.
B. mannigfalt,
vgl. auch Einfalt), häufiger das abgeleitete Bei Dasypodius 1537. S. auch -falt.

-faltig (z. B. mannigfaltig, dreifaltig in Drei- ^Falz, m. (-es, PI. -e): regelmäßig ge-
faltigkeit f.), am übüchsten mit durchge- brochene und geglättete Umbiegung; zum
drungenem Umlaut -fältig (z. B. ein-, zwei-, Anfügen mit dem Hobel abgestoßene Kante.
drei- usw., vielfältig) wird mit bestimmten und IVIhd. valz (Plur. valze und velze), valze m.
allgemeinen Zahlwörtern zusammengesetzt «geschlacrene längliche Öffnung: rinnenartige
lind bed. «soviel mal genommen (urspr. ge- Vertiefung längs der Fläche oder dem Rücken
faltet), als das als erstes Wort der Zusammen- des Schwerts; Riefe, z.B. einer Wunde; Fuge,

setzimg stehende Zahlwort anzeigt». Mhd. zusammengebogene Öffnung», ahd. falz nur
-valt, ahd. -falt; dazu asächs. -fald, ags. -feald, in anevalz m. «Amboß»; dazu ags. anfilte,
engl, -fold, (nur in twofold), anord. -faldr, engl, anvil, ndl. (umgebildet) aanheeld n. Hier-
got. -falßs; mit den davon abgeleiteten mhd. her gehört auch das starke Verbum mhd. valzen
-valtic, -veltic, ahd. -faltic ebenso von falten (Part, gevalzen) «biegen, krümmen», und mit
(s. d.) entsprossen, wie das in gleichem Sinne velze m. «Riefe, sichtbarer Lang-
Ablaut Tah(\..

stehende lat. -plex, z. B. simplex, duplex usw. an der Schwertklinge, Rücken der
streifen
von lat. plicäre «falten». Im Griech. ent- Klinge». Die Bed. der Wurzel wird «sehlagen,
spricht -trX.äcioc aus -irXäxioc, biTraXxoc «zwie- hämmern, durch Schlagen zusammenfügen»
fach geschwungen». sein als verwandt wird angesehen lat. pellere
I ;

Falte, f. (PI. -n), mhd. valte f., daneben (axis*peldere) «stoßen». J.5Iy. falzen, v.: regel-
I

valt m., ahd. (bei Notker) vald m.; dazu ndl. mäßig umschlagen und fügen; Fugen hobeln.
I

(mit Ausfall des d) vouw f., ags. feald m., anord. I


Dafür mhd. umgelautet velzen «kinimmend
faldr m., dän. fold. Von falten, ,v.: mit- j
schlagen, verbinden, einfassen», ahd. (ohne
telst einer Übereinanderbiegung zusammen- Umlaut) i
falzen «befestigen, zur Ki-ümme
legen, mhd. valten (Prät. vielt, Part, gevalten), biegen, sichelförmig biegen». ZUS. Falz-
valden, ahd. faldan, faltan; dazu ndl. vouwen, bein, n. (-5, PI. -e): zum Falzen dienendes
ags. fealdan, engl, fold, anord. falda, schwed. Gerät aus Knochen. Bei Duez 1664 faltbein
fälla, dän. folde, got. falpan, Prät. faifalp. oder falzbein.
Verwandt putas m., putam n. (mit t
ist aind. "Falz, falzen, s. v. a. Balz, balzen (s. d.).
aus It) «Falte, Tüte, Tasche», gr. biiraXxoc Mhd. (bei Hadamar von Laber 212) valz m.
und biTrXdcioc «zweifach», ohne f-Ableitung «Begattung wüder Vögel», bei Aler 1727
alhaxi.pal'd f. «Falte, Reihe, Joch, Paar». Die Faltz der aurhanen. Daneben auch Pfalz.
urspr. starke Flexion ist im Nhd. der schwa- Familie, f. (PI. -n): Hausgenossenschaft:
chen gewichen, doch findet sich noch zu- Geschlechtsverwandtschaft. Aus dem gleich-
weilen das Part, gefalten, in der Redensart mit bed. lat. familia f., urspr. «Gesinde». Im
gefaltenen Händen (Claudius 4, 39; Schiller 17. Jh., zugleich unter Einfluß des franz.
Räuber 1, 1 Goethe 2, 101). ABL. fälteln, famille f. eingebürgert (Schupp 152). ABL.
;

V.: in Fältchen legen. Spätmhd. velteln. familiär, adj. u. adv.: wie heimisch; ver-
Falter, m. (-s, PI. wie Sg.): Schmetter- traut. Aus lat. familiäris «zum Gesinde,
ling. Mhd. nur in mvalter m.; daneben auch Hause gehörig». 1601 bei Albertinus geistl.
pfivalter, pfivolter (s. Pfeifholter) und zwi- Spiegel 153^ familiär, substantivisch schon
valter (s. Zweifalter), ahd. fifaltra f., das ein- in der Zimm. Chron. 1, 313. Familiarität,
fache valter (aus diesen Zusammensetzungen f., 1703 im Zeitungslex.
entnommen) erst bei Adelung 1774, aber noch famos, adj.: berühmt, berüchtigt (schon
jetzt obd. Feifalter; dazu and. vivoldara f., im 16. Jh., z. B. Nas Pract. Bl^); prächtig,
ndl. (umgestaltet) vijfwouter ra., ags. ftf- herrlieh (in der neuern Studentensprache).
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 32
499 Famnlus Farce 500

Aus lat. fäniösus «berähmt, berüchtigt», von idg. *pak und *pag lautete, die bei Fach
lat. fäma f. «Leumund, Gerücht». (s. d.) angeführten Wörter. ABL. Fänger,
Famulus, m. (PL Famuli und Famu- Fanger (Schiller Räuber 4, l), m. {-s, PI.

lusse): Diener, Gehilfe. Aus wie Sg.): fangende Person, Hund zum Fang
gleichbed. lat.

famulus m. Bei Sperander 1728. auf der Saujagd, Waife zum tötenden Stich
Fanatiker, m. {-s, PI. wie Sg.): schranken- bei Wild. Mhd. dafür väher, bei Luther in
loser Glaubensschwärmer. Aus dem lat. Adj. der 1. Bed. fenger.
fänäticus, abgeleitet von fänumFant, m. {-es, PI. -e): junger, bes. flatter-
n. «gottge-
weihter Ort, Tempel». Im —
fana- hafter oder eitler Mensch. Mhd. dafür vanz
18. Jh.
Nach lat. fänä- (so noch jetzt obd. neben Fant), im Dimin.
tisch, adj.: glaubenswütig.
tims. 1588 bei Joh. Nas (Wackernagels venzelin n. «junger Schalk» (s. Älfanz, Firle-
Kirchenlied 548^). —
fauatisiereu, v.: zui- fanz); dazu anord. fantr m. «Gaukler». Die
Glaubenswut aufregen. Aus dem gleichbed. Form Fant erklärt sich aus dem Einfluß
franz. fanatiser. — • Fanatismus, m. Glau- eines ndd. Wortes, mnd. vent m. «Knabe,
:

benswut. Mit lat. Endung nach franz. fana- Knecht» (auch im Dim. venteken), das eben-
tisme, ital. fanatismo m. gebildet. Im 18. Jh. so wie ndl. vent m. «Knabe» zurückzuführen
Fanfare, f. (PI. -n): Trompetensignal. ist auf veim-genöt, eig. «Mitglied einer Ge-
Aus dem gleichbed. franz. fanfare f., das mit sellschaft» Fehme), was mit Verkürzung
(s.

franz. fanfaron m. «Prahler», ital. fanfano, vemnot und das noch jetzt im Ndl. vor-
Span, fanfarron «prahlerisch» urspr. lautnach- kommende vennoot m. ergeben hat (Bedeu-
ahmend ist. Bei Roth 1791. tungsentwicklung wie bei Bursche, s. d.).
Fang, m. (-es, PI. Fänge): Habhaftwer- Dies Fent vermischt sich in der Bedeutung
den und Halten sowie das Gefangene selbst; mit Fanz. Vgl. von Bahder Btr. 22, 527.
Einrichtung zum Fangen der Tiere; Eaub- Henisch 1616 setzt Fante (diese Form wohl
tierzahn, Eaubvogelklaue letzter tötender
; unter Einfluß des ital. fante m. «Knabe,
Stich bei gejagtem Wilde (schon frühnhd.).Mhd. Knecht»), Stieler 1691 Fante, Fente, Fent
vanc (Gen. vanges) m. «Fang, das Auf-, Um- «Knabe, leichtsinniger junger Mensch» an, in
fangende», ahd. and./awgf in Zusammensetzungen der Literatur findet sich öfter Fäntchen, das
wie anafang «Anfang»; dazu ndl. vang m., von Kindleben 1781 als niedersächsisches
ags. feng m. «Griff», engl, fang «Fangzahn, Wort bezeichnet wird (auch Adelung kennt
Klaue», anord. fang n., schwed. fang m., dän. nur* das Dim., das er von Fant ableitet),
fang. Von fangen, v. (Prät. fing, Part, ge- Fant gebraucht Wieland im' Oberon 4, 47
fangen): festnehmend oder -haltend in seine und erklärt es im angefügten Glossar.
Gewalt bringen. Älternhd. fahen, mhd. vahen, Farbe, f. (PI. -n): die durch Brechung
van (Prät. vienc, vie, Part, gevangen, gevän); der Lichtstrahlen hei-vorgebrachte Empfindung
dazu asächs. fähan (Prät feng), auch (in den des Auges. Mit 6 für w aus mhd. varwe, ahd.
Psalmen) fangan, ndl. vangen, afries. fän, ags. farawa f.; dazu and. faraivi, ndl. verf, ags,
fön, anord. fä, auch fanga, schwed. fa, dän. fcerhu f., aus dem Deutschen schwed. färg,
faa, got. fähan. Das Präs. fo.ngen erklärt dän. farve. Dunkler Herkunft. ABL. -farl),
sich durch Ausgleichung mit dem noch mhd. -var (flekt. -varwer), ahd. faro (flekt.
Prät.,
nicht mhd., wohl aber öfter mnd. und mndl. farawer), and. missivaro «verschiedenfarbig»,
vangen, bei Luther vereinzelt neben gewöhn- weiter gebildet -färben (bei Luther), farbig
lichem fahen, im 17. Jh. schwankend (Schottel (älternhd. auch farhicht), färbig (Goethe
und Bödiker setzen beide Formen an), bei Faust 3901 tausendfärhig), bei Luther ferbig.
Gottsched nur fangen, doch verbleibt fahen färben, v., mhd. verwen, ahd. faraiven. Da-
der poetischen Sprache (Klopstock Mess. 2, von Färber, m. {-s, PI. wie Sg.), mhd. ver-
6; Goethe Eein. 6, 38, SchiUer Teil 4, 1; locere m., und Färbung, f. (1482 im voc.
Uhland 269). Das Prät. älternhd. fieng (noch theut. h6^ ferhung).
bei Gottsched, während Adelung sich für Farce, f. (PI. -n): Füllsel; Mengstück,
fing erklärt) hat Verkürzung erfahren, wie Possenspiel. Das franz. farce f., aus lat.
schon in altern md. Quellen, sowie mnd. und farsus «ausgestopft», von farclre «stopfen».
mndl. vinc erscheint. Verwandt ist aind. In der 1. Bed. 1715 bei Amarauthes, in der
pägas «Strick», lat. pacisci. «einen Vertrag zweiten 1600 bei Albertinus Sendschreiben
schließen», ferner wohl auch, da die Wurzel 3, 69* Farsse.
501 Farinzncker faseln 502

Farinzncker, m. (-s): Mehl-, Küchen-, Fasch, m. {-es, PI. -e): eine Elle breites
Speisezucker. Zusammenges. mit lat.-ital. und zwei EUen langes Stück Sohlleder. Mhd.
farmai. «Mehl», Farin 1715 bei Aniaranthes. (um 1400) vasch f. «Binde». Aus franz. fasce,
Farm, f. (PI. -en): Meierhof, Landgut ital. fascia f. «Binde, Zeugstreifen», und diese
(in Amerika). Das engl, farm, das zurück- aus dem gleichbed. lat. fascia f.
geht auf afranz. /erwe f. «feste Rente, sicherer Fäs-cheu, n. (Goethe Herm. u. Dor. 9, 18,
Besitz», von lat. firmus «fest». Im 19. Jh. bei Aler 1727 Fäsichen), Dim. von Fasen, s. d.
Farn, m. (-es, PI. -e), meist Farnkraut, Faschine, f. (PI. -n): Reis- oder Strauch-
n. (falsch Farrenkrauf) : die Pflanze filix. weUe bei Wasser-, Feldschanzen-, Batterien-
Mhd. farm und farn m. n., ahd. faram, faran bau. Aus franz. fascine, ital. fascina f. «Reis-
n.; dazu and. farn, ndl. varenkruid, ags. fearn bündel», von dem aus lat. fascis m. «Bund»
m., engl. fern. Verwandt sind aind. parna- m. abgeleiteten ital. fascio m. «Bündel». Bei
n. «Flügel, Feder», dann «Laub, Blatt», aJso Krämer 1678.
eig. «federförmiges Blatt»; dazu wohl noch Fasching, m. (-s, PI. -e) -.
Fastnacht (s. d.).

niss. päporoti, ht. papärtis m., PI. paparcai Bes. in Österreich üblich. Mit Abschwächung
«Famkraut». S. auch Rainfarn. des zweiten Wortes aus mhd. vasnaht, vasch-
Farre, na. (-«, PI. -n): unverschnittener naht entwickelt, indem die häufige Ableitungs-
Ochse. Mhd. varre, ahd. farro m. neben dem silbe -ing eingetreten spätmhd. vassang,
ist;

stark flektierenden mhd. var, ahd. far (Plur. vaschang zeigt noch das ursprünghche a der
fdrri) dazu ndl. var, ags. fearr, anord. farri
; zweiten Silbe. Kaum entspricht vaschang dem
m. Mit n* aus rs, vgl. Färse; vei-wandt mnd. vastgang (neben vasting), anord. föstu-
ist gr. TTÖpic, TTÖpTic f. «junges Rind, Kalb, gangr m. «Beginn, eig. Herannahen der
junge Kuh». Fastenzeit».
Färse, f. (PI. -n): das noch nicht träch- Fase, s. Fasen.
tige erwachsene Rind. Aus dem Nd., mnd. Fasel, m. (-s): Junges, Zucht wovon.
(in Glossaren des 15. Jh.) verse, mndl. verse, Auch in Faseüiengstm. «Zuchthengst», Fasel-
ndl. vaars f., im 15. Jb. auch in einem hd. ochse m. «Zuchtocbse», Faselschicein n. «Zucht-
Glossar (Diefenbach Gl. 313^) schwein», Faselvieh n. «Zucht\'ieh».
kalbes verse, Mhd,
im 17. Jh. wird Fährse von Zesen im
vaselm. «Zuchtstier, -eher», überhaupt männ-
Heli-
kon 74 als in Meißen sekr üblich angeführt. liches Tier, um zu befruchten (auch in Zu-
Abgeleitet von ahd. far (s. Farre), sammensetzungen, wie vaselkalp, vaselstvin,
farzen, v. einen lauten Bauchwind lassen. vaselvihe), daneben ahd. (bei Notker) fasel m.
:

Spätmhd.t'ar^en neben dem stark flektierenden «Junges wovon, Nachkommenschaft»; dazu


mhd. verzen, ahd. ferzan; dazu ags. feortan, ags. fcesl n. (?), anord. fösull m. «Nachkommen-
engl, fart, anord. (mit Umstellung des r) schaft». Vgl, auch friihmhd. fesil «fnichtbar».
freta, schwed. fjerta, dän. fjerte, und weiter Verwandt mit mhd. (mit Ablaut) visel m.
dazu die gleichbed. gr. irepöeiv, v\iss.perdeti, «penis», das zu lat. penis (aus *pesnis) m.,
lit. perdzUjpersti, aind. pard nebst den Worten, gr. TT^oc n. (aus *pesos), Bmd. päsas n. «penis»
die auf idg. pezd zurückgehen, lat. pedere, gehört. Vgl. Osthofl' Btr. 20, 94; Prusik KZ.
slow. pezdeti, lit. hezdgti, gr. ßbeuu, mhd. visten. 35, 601. ABL. faseln, v.: Junge werfen,
Idg. Grundform perzd. sich fortpflanzen gedeihen (im
(frühnhd.);
Fasan, m. [-s und -en, PI. -e und -en): Sprichwort unrecht Chit faselt nicht Luther
ein schöner fremder, hühnerartiger Vogel. Tischr. 143 ^j.
Mhd. fasän, fasant m., ahd. fasän m., ndl. Fasele, s. Faseole.
fazant m. Durch franz.-span. faisan, prov, "^faseln, v.: tändelnd, ausgelassen, leicht-
fassan, ital. fagiano m. überkommen aus
gr.- sinnig gebaren (Goethe 3, 193); unüberlegt,
lat. phasiänus m. «Vogel vom Flusse verwirrt reden.
d. i. In der 2. Bed. von Frisch
Phasis in Kolchis». Mhd. auch volksver- 1741 als neues Wort bezeichnet, gebraucht
ständlich gemacht als vasehan, vaselhan; da- z. B. von Hermes Sophiens Reise 2, 601. Ab-
zu vase-, vaselhuon n. ABL. Fasanerie, geleitet von dem ältemhd. fasen (bei Stieler
f.: Fasanengehege, nach franz. faisanderie f., 1691) «mit dem Geist irr umherschweifen,
bei Frisch 1741. Schon Henisch 1616 hat ohne Überlegung rmd wie träumend denken
Fasaner «der die Fasanen zeucht und er- und reden, Alberaheiten, Possen treiben»,
nehrt». das auf ahd. fasdn «suchen, aufsuchen, auf-
32*
;

503 faseln Faste 504

spüren» zurückgeht (mhd. nicht belegt). S. liche Bed. war allg. «Hülle, UmschHeßung»,
auch Fastnacht. ABL. Faselei, f., 1734 vgl. fassen. ZUS. Faßbinder, m.: Büttner,
bei Weber ZUS. FaselhanS, m. spätmhd. vaghinder.
255^.
Fasel-Hanß abend. Fassade, f (PI. -n): Stirn-, d. i. Giebel-
'faseln, v..- sich fortpflanzen, s. Fasel. seite. Aus dem gleichbed. fi-anz. facade f.,
Fasen, m. {-s, PI. wie Sg.), Fase, f. von franz. face f. «Gesicht, Vorderteil eines
(PI. -n) : sich absondernder Faden oder Faden- Gebäudes», das auf lat. fades f. «Antlitz»
artiges. Mhd. vase m. f. «Faser, Franse, Ein- beruht. Bei Wächtler 1714.
fassung, der Saum eines Gewandes», ahd. fassen, v.: worein zusammenpacken: wo-
faso m, und fasa f.; dazu mnd. vese, vesen rein befestigend umgeben; (körperlich oder
f. «Faser», ags. foes n. «Franse». Auch er- geistig) zusammen in sich aufnehmen; wo-
weitert zu Fasel (Alberus Dict. Q 3^, noch mit (abstrakt mit einem Sinne oder dem Ver-
beiLudwig 1716), entsprechend ndl. vezel f. stände) festnehmen und -halten; in seine Ge-
Dazu das Dimin. Fäs-chen (s. d.). Hierher wohl walt bekommen oder bringen. Refl. sich f.:
auch (mit Ablaut) mhd. vese, ahd.-and. fesa sich zusammennehmen, sich zu festem Sinne
f. «Fruchtbalg, Spreu, unenthülster Spelt». sammeln. Davon das Part. Prät. gefaßt als
Weitere Anknüpfungen bei Osthoff Btr. 18, Adj.: gertistet, mit festem Sinne bereit. Mhd.
249 (unwahrscheinlich), Pedersen Idg. Forsch. vaggen, ahd. fag^ön «zusammenpacken, auf-,
5, 67 zu russ. päsmo n, «Gebinde, Fitze, beladen, umschließen, in sich aufnehmen,
Strähne», Prusik KZ. 35, 601, Uhlenbeck Btr. kleiden, bekleiden, liisten», refl. sich vaggen
26, 290. ABL. fasen, auch faseln, v.: auch «gehen», eig. «sich wohin fertigmachen»;
Fäden aus- und abzupfen, refl. sich fasen: dazu ndl. vatten, fries. fatia, ags. fatian, engl.
Fäden, die sich lostrennen, gehen lassen. to fetch, (entlehnt) schwed. fatta, dän. fatte.
Spätmhd. vase?i. ZUS. fasenuackt, fasel- Abgeleitet von Faß (s. d.), also eig. «mit
uackt, adj.: nackt bis zum letzen Fasen einer Hülle versehen und in eine Hülle, üm-
am Leibe. Im 17. Jh. schheßung aufnehmen, in einer Hülle zu-
Faseole, f. (PI. -n): eine Art Bohnen. sammenhalten machen», woraus sich die Bed.
Mhd. phasol, vasol, vasoel f., aus gr.-lat. von «ergreifen» usw. entwickelt hat. S. auch
phaseolus, gr. qpacrioXoc, cpacioXoc, Nebenform Fessel, Fetzen. ABL. Fassung, f.: Hand-
von m. «Schwert- lung des Fassens; (zum refl. sich f.) Samm-
gr.-\a.t.phaselus, gr. cpctcriXoc
bohne». Auch Fasele und Fisole
(s. d.). lung, und Haltung des Gemütes. Mhd. vag-
Faser, f. (PI. -n) sich ablösender Faden zungef. «Umkleidung, Bekleidung, Schmuck».
Fadenartiges, z.B. an Pflanzen; fadenförmiger Die 2. Bed. erst bei Adelung.
Körperteil. Spätmhd. vaser f. «Franse». Ab- faßlich, adj. u. adv.: im Geiste aufnehm-
geleitet von Fasen, s. d. ABL. faserig, bar, der Fassungskraft angemessen. Bei
adj.: sich ablösende Fasern an sich habend. Stieler 1691.
Bei Krämer 1678 fasericht, bei Rädlein 1711 Fasson, f. (PI. -s): Gestalt, Form; An-
fäsericht. fasern, v.: Fasern ausziehen, refl. stand. Aus franz. fagon f. «Art und Weise
sich f.: sich ablösende Fasern gehen lassen. des Tuns», ital. fazione f. «Gestalt», das auf
Bei Krämer 1678. lat. factio f., das «Machen» zurückgeht. Bei
Fasnacht, s. Fastnacht. H. Sachs 7, 187 Meidung seltzamer art und
Faß, n. (Gen. Fasses, PI. Fässer): hohler, faction; 1562 bei Mathesius Sareptal4* u. 69^
tiefer, beweglicher Behälter zur Aufnahme Fazon, auch noch bei Moscherosch 2, 113.
von etwas. Mhd.
vag, ahd. fag n. «Faß, Ge- fast, adv.: stark annähernd. Älternhd.
fäß, Schrein, Bienenkorb» usw.; dazu asächs. auch in der Bed. «sehr, tüchtig» (oft bei
fat, ndl. und danach engl, vat^ ags. fcet, Luther, altertümelnd noch bei Schiller Teil
anord.-schwed. fat (Plur. föt «Kleider»), dän. 2, 2). Mhd. vaste, ahd. fasto, fest «eng sich
fad n.; dazu das Koll. mhd. (mit Ablaut) anschließend, dicht, hart an, nahe an» (wo-
gevcege, ahd. givägi n. (s. Gefäß), das in seinem her der heutige Sinn von «beinahe»), «sehr,
Vokal mit ags. fößtels n. «Gefäß», fmted «ge- schnell», ist das Adv. von mhd. veste, ahd.
schmückt», und got. ßtjan «schmücken», eig. festi, s. fest.
«umhüllen» übereinstimmt. Verwandt ist lit. Faste, f., meist im Plur. Fasten: Ent-
püodas m. «Topf, Gefäß». Weitei-e Vermu- haltung von 'aller Speise oder doch von
tungen bei Walde s. Y.patro. Die ursprüng- Fleischspeisen, sowie die Enthaltungszeit, bes.
505 Fasteltag faul 506

die 40 Tage unmittelbar vor Ostern. !Mlid. (Schupp 245). ABL. Fatalität, f. (PI. -en):

vaste, ahd, fasta dazu asächs.-anord.-schwed. unvermeidhches Schicksal, Mißgeschick. Aus


f. ;

fasta f., dän. faste, und mit abweichender dem gleichbed. lat. fätälitus f. 1634 in den
Bildung asächs. fastunnia, ndl. rasten, ags. Mitteil. d. Ver. f. Gesch. d. Deutschen in
fcesten f., got. fastuhni n. Von fasten, v.: Böhmen 7, 223.
sich der Speise enthalten, mhd. rasten, ahd. Fata Morgäna,
f. (PI. F. m/yrganen und

fasten: dazu ndl. rasten, ags. fcestan, engl. niorganas): Luftspiegelung. Schon mhd. fa-
fast, anord.-schwed. fasta. dän. faste, got. murgän als Eigenname. Aus ital. fata morgäna
fastan, das auch noch die ursprüngliche Bed. f., dessen erster Bestandteil «Fee» bedeutet
«beobachten, halten, bewahren, festhalten» (s. d.), während der zweite der arab. Frauen-
hat. Abgeleitet von fest, s. d. name Morjäna. Morgäna ist.
Fasteltag, s. Fasttag. fatzen, v. : scherzen, Possen treiben ;zum
fasten, s. Faste. besten haben: plagen, foppen. Seit dem Ende
Fastnacht, f.: der Tag vor Aschermitt- des 15. Jh. Von Fatz f. «beißender Witz,
woch, Beginn der großen Fasten. Ältemhd. Spötterei», bei Stieler 1691, Plur. Fatzen
auch sehr häufig Fasenacht, Fassenacht (Al- «Lotterbuberei», bei Duez 1664, und dieses
berus Fab. 193), Fasnacht, Faßnacht (Schüler gekürzt aus lat. facetia f. «Witz, Scherz»,
WaU. Tod 4, 7, Teil 1, 3), so im 16. -Jh. bei PI. facetiae «witzige Reden». Vgl. auch ital.
Luther, Seb. Franck, H. Sachs, Fischart, auch fazio m. «Possenmacher». ABL, Fatzke,
vielfach in den Wörterbüchern (noch Ade- m. f-n, PI. -n): läppischer Mensch. In der
lung führt Fasenacht als Form des gemeiaen neuern Berliner Umgangssprache, mit der bei
Lebens an) und noch jetzt fast in ganz Ober- Eigennamen häufigen Endung -ke gebüdet.
deutschland. Mhd. Im altem Xhd. bestand Fatzmann, Fatzhub,
steht vasenaht, vasennaht,
vasnaht, raschnaht Fasching) neben vast- Fatznarr m. «Possenreißer, Hansnarr».
(s.

naht f., auch vastelnaht, diese Foith ist aber, Fatzeuetlein, s. unter Schnupftuch.
vne mnd. rastavend, rastelavend m. «Tag vor fauchen, v.: (von Katzen, Eulen usw.)
der Fastenzeit» (s. Sonnabend) zeigt, die blasen, schnaufen. Mhd. dafür pfüchen, das
ursprüngliche und hat nur verschiedentlich auch nhd. noch als pfauchen vorkommt und
(nachdem mundartlich das t in rastnacht viel- in Osterreich und Bayern noch so geschrieben
fach ausgefallen war) eine Ümdeutung er- wird. Lautnachahmend.
fahren, namentl. mit Anlehnung an fasen faul, adj. u. adv. sich in Verwesung auf- :

«umherschweifen, sich albern benehmen», s. lösend: Mangel an Kraftanwendung äußernd;


faseln. Eedensart: kommen wie die alte nichtsnutzig, ^fhd. vfd «verwesend, träge,
Fastnacht: hintennach, zu spät kommen, schwach», ahd. fxd nur ia der 1. Bed.; dazu
weil wer zm- alten Fastnacht (so hieß der ndl. vuü «schmutzig», ags. fül, engl, foul,
erste Fastensonntag, der sechste Sonntag vor anord. füll, schwed.-dän. fid, got. füls, urspr.
Ostern) noch kam, um zu tanzen und zu s. V. a. «Ven^esungsgeiTich von sich gebend,
springen, zu spät kam, denn da war laute stinkend». Die Wurzel zeigt sich ohne das
Lustbarkeit nicht mehr erlaubt. ^Suffix in anord. fvi m. «Fäulnis», füinyi
Fasttag, m. {-es, PL ~e): Tag, an dem «verfault», feyja «verfaulen lassen», füna
gefastet wird. Mhd. rastetuc, rasttac, ahd. «faulen». Es gehört zu aind, püj «verwesen,
fastatag m. dazu anord. föstudagr m., schwed.- stinken», aw. pujeiti <;wird faul», arm. hu
:

dän. fastedag. Zusammengesetzt mit Faste, «eiteriges Blut», lit. püvü. püti «faulen»,
s. d. Daneben Fasteltag fJer. 36, 6), schon pül'ai m. PI. «Eiter», lat. pütere «faul riechen,
mhd. auch rasteltac, mnd. lasteldach. stinken», püs n. «Eiter», gr. trüGeiv «faulen
Faszikel, m. (-s, PI. wie Sg.): Bündel, machen», irOov n. «Eiter». ABL. Fäule,
Heft. Aus lat. fasciculus m. «Bündel», dem f., mhd. viule, ahd. fvli f. faulen, v.: faul-
Dim. von fascis m. «Bund» (s. Faschine). werden, mhd. vulen, ahd. fulen. faulenzen,
Bei Wächtler 1714 Fascicid. V., mit dem Suffix -enzen gebildet (s. d.),
fatal, adj.: verhängnisvoll, unheilbringend; urspr. «nach Faulsein riechen», dann «der
widrig, unsehg. Von XaX.fätälis «vom Schicksal Neigung zum Faulsein sich hingeben». Nach
bestimmt, verhängnisvoll, verderblich», abge- Heynatz 1796 obd., frühnhd. (auch bei Luther),
leitet von fätum n. «Götterspnich, Schicksal, schon spätmhd. erscheint videzen «faulicht
Verhängnis^. Schon im 17. .Jh. in der 2. Bed. schmecken» (vulazen im Voc. Schröer 32),
:

507 räum fechten 508

dann auch faulenzen: früher auch faullenzen Fauteüil (-s, PI. -s): Lehnsessel. Aus
geschrieben, indem das Wort als zusammenges. gleichbed. franz. fauteüil m., afranz. faldestuel,

mit dem Eigennamen Lenz betrachtet wurde, das auf ein germ. *faltstuol (s. Feldstuhl)
vgl. der faul Lenz bei H. Sachs Fab. 48. zurückgeht. 1727 bei Sperander.
Davon Faulenzer, m., auch «Hilfsbuch, -tafel Favorit, m. {-en, PI. -en): Liebling. Aus
zum mühelosen Rechnen usw.». Bei Luther, dem franz. Adj. favori, favorite, das aus ital.

sonst frühnhd. auch Faulenz. Faulheit, f., favorito stammt, von lat. fävor m. «Gunst».
mhd. faulicht, faulig, adj., mhd. Schon 1601 bei Albertinus geistl. Spiegel 13^.
vfdlieit f.

dafiir vüllich, mit -lieh gebildet. Fäulnis, Davon Favorite oder Favoritin, f., 1791
f., ahd. fülnussi, dann erst wieder im Nhd. bei Roth.
aul'kommend (bei Frisch 1741 Fäulnüß). ZUS. Faxe, f. (fast nur im PI. Faxen): spaß-
Faulhaum, m.: die Holzpflanze rhamnus hafter Einfall; Narrensposse; närrische oder
frangula, nach dem fauligen Geruch der wunderliche Gebärde (Goethe 31, 209 hinter
Rinde bei ihrem Absud zur Gewinnung eines jemand F. schneiden). Späte Bildung (im
Heilmittels benannt; ahd. fülboum m. Faul- Bremischen Wbch. 1767, bei Adelung 1775),
bett, n.: Bett, worauf man sich der Un- die wie die gleichbedeutenden Fixfax m.
tätigkeit hingibt; bei Luther. Faulpelz, und westfäl.-hess. Fiksefakse f. zeigen, auf
m. : der Faulheit hingegebener Mensch, urspr. fickfacken (s. d.) zurückgeht.
der Pelz, die Haut, die Faulendes überzieht. Fayence, (räher Faience, f. Halbporzellan. :

Bei Campe 1807 noch nicht verzeichnet, aber Das franz. fai'ence, früher fayence f., genannt
in der Schweiz schon in alter Zeit belegt, nach dem Fabrikorte Faenza (lat. Faventia)
vgl. Schweiz. Id. 4, 1224. Faultier, n.: in der heutigen Romagna. Bei Jacobsson
ein bewegendes techn. Wb. (1781) Fajanze, fajanzer Geschirr.
außerordentlich träge sich
Säugetier. 1775 bei Adelung. Fazit, n. (-S, PI. -s): Ergebniszahl einer
Faum, s. Feim. Rechnung, Das lat. facit «es macht». Be-
Faun, m. (-es, PI. -e) bocksfüßiger Feld- reits 1514 in Böschensteyns Rechenbuch A4*.
-.

und Waldgott; Lüstling. Aus lat. Faunus m. Februar, m. (-s, PI. -e) der zweite Monat :

Tm 18. Jh. in deutscher Form, aber im lat. im Jahre. Aus lat. februärius ra., benannt
Gewände schon im 14. Jh. bei Megenberg nach dem jährhchen Reinigungs- und Sühn-
1-57, 25. ABL. fauuisch, adj. u. adv., bei fest [fehrua, PI.), das in der 2. Hälfte des
Wieland Idris 5, 83. Fauna, f. (PI. Faunen): Mon'ats stattfand. Der deutsche Name ist

die Tierwelt eines Landes. Yon Faunus. Im Hornung, s. d.


18. Jh. Fechdistel oder Fehdistel, f.: Marien-
Faust, f. (PI. Fäuste): geballte Hand. Carduus marianus. Mhd. vechdistel m.,
distel,

Mhd. vüst, ahd. füst f.; dazu ndl. vuist, ags. j


zusammenges. mit vech «mannigfaltig» (s.jPeÄe),
fyst f., engl, fist, nord. nicht vorhanden. Als der Name wegen der schönstreifigen gefleckten
Gnindform wird *funhsti- anzusetzen und I
Blätter.
Verwandtschaft mit dem gleichbed, aibg.p^stt f. Fechser, m. (-s, PI. wie Sg.): Rebzweig
i

anzunehmen sein, weiter dazu Finger (s. d.); als Setzling. Frühnhd. (1482 im voc. theut.
'

andre vermuten unwahrscheinlich Zusammen- b 5^ fechser), bei Luther mit md.-nd. Schwinden
hang mit gr. TTUT.uri f., lat. pugnus m, «Faust». des ch Feser. Wohl zu mhd. vehsenen
ABL. Fäustel, m. (-S, PI. wie Sg.) schwerer «einernten, -heimsen, -nehmen», bayi'.-öster.
:

eiserner Hammer der Bergleute. Bei Agricola fechsen «ernten».


und Mathesius Sar. Fäustling, m. (-s, PI. fechten, v. (Prät. focht, Part, gefochten)
I

-e) Handschuh ohne Finger, mhd. viustelinc, mit der Wafle tätlich entgegen sein; über-
:
j

ahd. füstilinc m.; Saclq3ufi"er, Pistole, bei Stein- haupt Kampf bewegungen machen; (von den
I

bach 1734. ZUS. Fausthammer, m.: Streit- Handwerksburschen) betteln. Die 3. Bed.
hammer, im 16. und 17. Jh.; Gerichtsdiener, (schon bei Krämer 1678 angegeben) stammt
I

früher am Oberrhein, benannt nach der wohl noch aus der Zeit, wo, namentl. zu
Wafi'e, die er führte, noch bei Wagner Kinder- Nürnberg und Breslau, eigne Fechterspiele
\

mörderin (5. Akt). Faustpfand, n.: in die und Fechtschulen für Handwerker bestanden, 1

Hand gegebenes Pfand. Noch nicht bei Campe. zu denen diese hin- und herreisten. Mhd.
Faustrecht, n. bloßes Recht des Stärkern, vehten, ahd. fehtan; dazu asächs. fehtan, ndl.
: I

bei Luther. I
rechten, afries. fiuchta, ags. feohtan, engl, fight,
;

509 Feder Fehde 510

anord.-got. fehlend. Verwandtschaft mit gr. Schon mhd. reder-


höherstehender Personen.
ttOE«mit der Faust», -rruYMn f-> Isit. pugnus m. Jetzt nur noch
lesen als substantivierter Inf.
«Faust», ist möglich auch ohne die Annahme, in den Wendungen ohne Federlesen «ohne
daß das Verb urspr. der w-Klasse angehört Rücksicht», nicht viel Federlesens machen
habe und vom Prät. Plur. und Part, aus zur «nicht viel Umstände machen». Feder-
e-Klasse übergetreten sei, wenn man idg. messer, n.: Messer mit kleiner Klinge, eig.
*peii}ek ansetzt. Beziehung zu lat. pectere, zum Federaschneiden, bei Henisch 1616.
gr. TT^Keiv «kämmen», lit. pesti «rupfen» ist Federpose, s. Pose. Federspiel, n.: zm-
unwahrscheinlich. Vgl. Osthoff Parerga 1, Beize abgerichteter Vogel, mhd. veder spil,
369 ff., Beitr. 27,343, Lagererantz KZ. 34^401, vgl. Spiel. Federyieh, n.: Geflügel, 1551
der gr. n-6UKd\i,uoc, Ixe-nevKic vergleicht. Das bei Petrarca Trostb. 56^ Federvieh, im 15. Jh.
Prät. flektiert ahd. faht, Plur. fuhtum, mhd. bei Diefenbach nov. gl. 18^ vederre. Feder-
x^aht, vuhten, aber auch vähten, im altem weiß, n.: Federalaun, Asbest (1562 bei Ma-

Nhd. facht, fochtest, Plur. fochten (so bei thesius Sarepta 173^. Von\ a?*); am Rhein
Clajus), dagegen später focht, z. B. Fischart der schäumende milchig-trübe Most. Feder-
Garg.297, Zesenibr. 1,527, bei Schottet /bcMe. wisch, m., mhd. vederwisch m., vgl. Fleder-
Das Präs. gibt zuweilen den Vokalwechsel wisch.
auf und bildet fechtest (schon bei Schottel Fee, f. (PI. -n): geisterhaftes, Schicksal
neben flehtest), Im^p. fechte. J_Biv. Fechter, m. bestimmendes weibliches Wesen. Aus dem
(-S, PI. wie-Sg.), mhd. vehtcere, ahd. fehtäri m. gleichbed. franz. fee, ital. fata, span. fada,

2njS. Fechthoden, m., im 17. Jh. (Schupp hada f., zurückgehend auf das im 3. Jh.
268). Fechtmeister, m., bei Dasypodius 1537. n. Chr. vorkommende lat. fäta «Schicksals-
Fechtschule, f., 1540 bei Albenis Dict. J2a göttin, Parze», Plui-. von fdtum n. «Götter-
fechtschuol und 1521 bei Emser (Neudruck ausspnich, Schicksal». Schon mhd. nach
Nr. 83) S. 9 fechtschul. Die Redensart es stinkt einer afranz. dialektischen Form feie, auch
in der Fechtschule bed. «die Sache geht übel, feine f, auch älternhd. noch Fei, Feie, bei
es ist nichts dahinter», eig. «es entspricht Adelung als mundartlich neben Fee. Verl.

der Ankündigung oder Erwartung nicht». feien. ABL. feenhaft, adj., l)ei Campe 1807
Feder, f. (PI. -n): einzehier Teil der als neugebildetes Wort.
natürlichen Körperbekleidung des Vogels; fegen, v.: schön, glänzend, rein, sauber
zum Schreiben bereiteter Gänsekiel, dann machen; schnell laufen (im 16. Jh.). Mhd.
dessen Ersatz von Stahl; elastisches Stück vegen, and. vegon «putzen, plätten», mnd.-ndl.
Stahl. Mhd. vedere, veder, ahd. fedara f.; vegen, sonst nicht vorhanden. Dazu das Fak-
dazu asächs. fethara, ndl. veder, ags. feder, titiv anord. /i^^ja «glänzend machen, reinigen»,
engl, feaiher, anord. fjöär, schwed. fjäder f., schwed. feja «polieren», dän. feie «kehren»,
dän. fjär und weiter mit Ablaut gr. iTTepöv n. ferner mhd. vager, ahd. -asächs. fagar, ags.
«Flügel», zu TrexecGai «fliegen», aind. -patra'm fceger, engl, fair «schön, glänzend, lieblich»,
catäpatras «100 Federn habend», pdtatram n. got. fagrs «passend, geeignet», sowie viel-
«Flügel», zur Wurzel *pat «fliegen», akymr. leicht auch mhd. vagen, ahd. fagön «will-
atar «volucres», abg. pero n. «Feder», viel- fahren», ahd. -got. faginön «sich freuen».
leicht auch lat. penna f. «Feder» aus Weitre Vermutungen bei Walde s. v. paciscor.
*petna vgl. Walde s. v. ABL. federn, v.: ABL. Feger, m. (-s, PI. wie Sg.) wer fegt :

elastisch sein, bei Adelung; älter ist fiedern Schläger, Raufer, tüchtiger Kerl. In der
in befiedern usw. ZUS. Federbett, n., 1. Bed. im 17. Jh., in der 2. Bed. bei Campe.
mhd. vederhette, ahd. fedarhetti n. Feder- ZUS. Fegefeuer, n.: das Feuer der Rein-
husch, m., bei Dasypodius 1537. Feder- machung von Sünden nach dem Tode, mhd.
fuchser, m. (bei Schiller Kab. u. L. 1, 2 vegeviur n.
Federn fuchser): Schreiber, eig. wohl der an- Feh, s. Fehe.
gestrengt mit der Feder arbeitet, s. fuchsen. Fehde, f. (PI. -n)-. erklärte, nach Genug-
federleicht, adj., im 17. Jh. (Harsdörfer tuung trachtende Feindschaft; Zwietracht.
Gesprächsp. 2, 372). Federkraft, f.: Ela- Mhd. vehede, zusammengezogen ueJe, ahd. ßhida
stizität, bei Adelung. B^derlesen, n.: in gafehida f. «Haß, Feindschaft, Streit»; dazu
niedrige Schmeichelei, eig. das Ablesen an- ndl. veede f. «Fehde», ags. föehd f. «Streit,
sreflogener Flaumfedern von den Kleidern Rache». Dies ist abgeleitet von dem Adj.
511 rehe Feifalter 512

mhd. vech (in gevecli), ahd. feli (in gifeh) dinges «es mangelt»), wie mnd. veilen, ndl.

«feindselig», ags. fäh «verfehmt, der Kache feilen, engl, faü, schwed. fela, dän. feile, ent-

und Verfolgung ausgesetzt», engl. /be «Feind», lehnt aus franz. faillir «iiTen, mangeln, fehl-
dazu das abgeleitete Verbum mhd. vehen schlagen», das mit ital. fallire auf lat. fallere

«feindselig sein, hassen, verfolgen», ahd. fehen, Luther hat feilen, «täuschen» zumckgeht.
asächs. a-fehian «verarteilen». Weiter gehört aber Dasypodius 1537 fehlen. ABL. fehlbar,
crot. faili n. «Beti-ug» hierher. Verwandt ist adj., bei Stieler 1691. Fehler, m. (-.s, PI.
i

altir. oech (aus *poikos) «Feind», lit. piktas wie Sg.), urspr. s. v. a, Fehlschuß im Gregen-
\

paikas «töricht, dumm», satz zum Treffer (so fäler bei Keisersberg,
«böse», peikti «tadeln», !

aind. pigunas «böse gesinnt, veiTäterisch, ver- Fischart Garg. 285, bei H. Sachs Fastnachtssp.
1

leumderisch», lat. piget «es verdrießt mich», 24, 174 Fehler), dann in der jetzigen Bed.
|

s. Walde s. v. Im altern Nhd. ist das Wort bei Maaler 1561 fäler, später das ältere Fehl
(das z.B. in der Carolina,vorkommt) wenig zurückdrängend. Davon fehlerhaft, adj.,
|

gebräuchlich (doch führen es die Wörter- 1763 bei Niereraberger 2^. ZUS. Fehl-
bücher meist an), und erst in der Lit. des SChluß, m., 1739 bei Liscow 771.
18. Jh. wird es wieder aufgenommen. ABL. Felim, m.: Heuschober, s. Feimen.
fehdeil, v., in befehden, mhd. veheden «be- ^Fehme, f.: Buchen- und Eichelmast. Aus
kriegen». ZUS. Fehdehandschuh, m., s. dem Nd., schon mnd. veme f. Da das Wort
Handschuh. sonst nicht belegt ist, läßt sich seine Her-
Fehe, Feh, auch Fähe f. (PI. -n): das kunft nicht ermitteln, gr. -rroiiuriv m. «Hirt»
sibhische graue Eichhörnchen, sowie sein könnte verwandt sein. ABL. fehmeil, v.:
Fell, dessen Haar verschiedene Farben- in die Buchen- und Eichelmast treiben.
Schattierung hat. Die neue Orthographie ^Fehnie, Freigericht, s. Feme.
wirft Fehe und Fähe (s.d.) zusammen. Mit; Fehwanime, f.: Bauchfell des sibirischen
Wechsel des Geschlechts aus mhd. vech n. Eichhörnchens. Zusammenges. aus Fe/je (s. d.)
'

«buntes Pelzwerk», eig. das substantivisch und Wamme (s. d.). Bei Adelung, '

gesetzte Xeutr. des Adj. mhd. vech, ahd.-and. feien, v.: Körper oder Waffen durch
feh, ags.fah «verschieden-, mehrfarbig, bunt», Zauber fest machen. Von Feie, mhd. feie,
got. faihs in filufaihs «mannisffach». Ver- s. Fee, Erst seit Anfang des 19. .Jh. (Rückert
wandt ist gr. ttoikiXoc «bunt», aind. puru-pegas 1, 199). Vgl. mhd. feinen «mit Zauberkraft
j

«vielgestaltig, bunt», pecaläs «künstlich ver- begaben». !

ziert» und lat. pingo mit seiner Sippe. Vgl. Feier, f.: durch Ruhe von Arbeit be-
Walde s.v. gangene und ausgezeichnete Zeit; Festlichkeit.
Fehl, m. {-es, Mangel, Mangel- Mhd. vire, ahd. ftra, firra f. «kirchliches
PI. -e):
haftigkeit, Versehen, Vergehen. Mit Wechsel Fest, Ruhe von Arbeit», mit i für verlängertes
j

des Geschlechts (nach Mangel) aus mhd. e aus mlat. feria (lat. im PI. feriae) «Ruhe- j

vmle, vcel f. (namentlich in äne, sunder -yce?), tag» (s. -Fmm), «mit gottesdienstlicher Hand-
1

zurückgehend auf afranz. faille, ital. falla, lung begangener Tag». ABL. feierlich,
1

altital. faglia«Fehler» (abgeleitet von lat.


f. adj., mhd. virelich. Davon Feierlichkeit,
fallere «täuschen»). Luther hat die Form , f., bei Adelung, feiern, v.: l) intr.: von
feil, die auch noch im 17. Jh., z. B. bei Arbeit nahen: arbeitslos sem; (mit Dat.)
Gryphius, vorkommt, dagegen Alberus Dict. Verehrung, mcksichtsvolle Höflichkeit be-

y 1^ feel, Dasypodius und Maaler fäl m. ! zeigen (noch im 18. Jh.). 2) trans.: arbeitslos
Dies Fehl erscheint bereits frühnhd. auch lassen; durch Ruhe von Arbeit begehen und
in Zusammensetzungen mit Substantiven, z.B. auszeichnen; verherrlichen. Alternhd. feiren,
Fehlbitte (bei Luther feilbitte), Fehlgriff 1
mhd. viren, ahd. firön, and. firion, aus mlat.
(bei Luther feügriff), Fehlschuß (bei Luther ;
feriare «feierlich begehen», lat. feriäri «Ruhe-,
feilschuß), Fehltritt (Mathesius Luther 74^ Feiertag haben». ZiJS. Feierabend, m., mhd.
feiltritt), dann auch mit Verben, z. B. fehl- virabent m. «Vorabend eines Festes», früh-
gehen, fehlschlagen (bei nhd. auch «Beginn der Ruhezeit am Abend»
Krämer 1678).
— fehlen, v.: ohne Erfolg woraufhin tätig (Liliencron 3, 408), dazu ndl. vieravond m. i

unrecht für recht handeln Feiertag, m., mhd. viretac, ahd. firatag m.,
sein, nicht treffen; j

oder tun; nicht dasein, mangeln. Mhd. vcelen, ndl. vierdag. ;

selten veilen (auch unpersönl. e§ vcelet eines Feifalter, Schmetterhng, s. Pfeifolter. -,


513 Feifei Feim 514

Feifei, f. (PI. -n)-. Speichel-, Drüsen- fico m. «Feige», ^vie gr. cökov n. beide Bedd.
kfankheit der Pferde. Spätmhd. vtvel f., vereinigt. ZUS. Feigenbaum,
m., mhd.
bei Duez 1664 feihel, aus ital. (Plur.) vivöle, vtgenhouni, Zusammen-
auch in eigentlicher
mlat. vivolae (neben vivae). setzung mcboum m. Feigenblatt, n., mhd.
feig, feige, adj. u. adv,: mutlos aus vigenhlat n. Weidmännisch ist Feigenblatt,
Furcht. Mhd. veige bedeutet wie asächs. ßgi, auch Feighlatt, das Geburtsgüed des Wildes
nd. veege, ndl. veeg, ags. fcege, engl, fey, oder Jagdtieres; zusammenges. mit Fei^e
anord. feigr «vom Verhängnis zum Tode, «weibliches Glied», s. oben. Feigwarze, f.:
zum Unglück bestimmt, sterben sollend und geschwüriger Blutknoten am After, mhd.
müssend», dann auch «verhängnisvoll, unheil- vicwarze, zusammenges. mit dem gleichbed.
bringend, verflucht, nichtswürdig» (so auch mhd. vic m. n., aus der lat. Benennung fiais
vereinzelt ahd. feigi), im
auch «frech»; m., urspr. «Feige», weil der Knoten feigen-
16, Jh.
spät und selten erscheint die Bed. «furcht- ähnlich schien.
sam» (eig. «der Todesfuixht hingegeben»), feil, adj. u. adv.: käuflich, verkäuflich.
«schüchtern» (auch in nberveigen «einschüch- !Mhd. veüe, veil, ahd. feili, in altera Quellen
tern»). Herkunft unsicher; vielleicht besteht fali (oder fäli), feli, mit altem Ablaut, vgl.
Verwandtschaft mit den bei Fehde angege- Meringer Idg. Forsch. 16, 151; dazu ndl. veile,
benen Worten, so daß die Grundbed. «den aber anord. fair, schwed.-dän. fal. Verwandt
Göttern verhaßt», dann «zum Tode, Ver- ist gr. TTUj\eiv «Waren gegen Waren umsetzen,
derben bestimmt» sein wird. Anders Zupitza verkaufen», 7ruj\ri f. «Verkauf», aind. panas
Germ. Gutt. 189 zu fech «bunt», eig. «mit einer (aus *palnas) m. «der versprochene Lohn,
Maj-ke versehen»: Bezz.Beitr. 27, 176 (zu lit. Einsatz, Wette», abg. plenü «Beute», lit.peinas
paikas «dumm»). Die Verbindung mit aind. m. «Verdienst». ABL. Feilheit, f.: leichte
pakväs «reif» (OsthoflF Kuhns Ztschr. 23, 427) Käuflichkeit wozu, 1794 bei Friedr. L. Stolberg
ist lautlich unmöglich. Vgl. noch Walde s. v. (9, 186). feilschen, v.: um etwas kleinlich

piget. Auf die Gnindbed. «dem Tode ver- in betrefi' des Preises handeln. Wohl mit
fallen» führt die beim Bergwesen übliche seh für s nach l aus feilsen, das noch älter-
Bed. «nicht fest zusammenhaltend, den Ein- nhd. vorkommt, mhd. veilsen, veüschen. I

sturz drohend» (vom Gestein) zuiäick. Bei Feile, f. (PI. -n): eisernes, stälilernes
Luther häufig in der jetzigen Bed., die dem Werkzeug mit schräg gezahnter Oberfläche
i

Obd. urspr. fremd ist, dann aus dei* Bibel- zur Bearbeitung metaUner usw. Körper dui'ch
sprache allgemein geworden. ABL. Feig- Hin- und Herreiben. Alternhd. auch Feiel,
,

heit, f., mhd. veicheit f. bedeutet «ünseKg- Feihel (bayr. Feichel), mhd. vihele, zusammen-
keit, Unheil». Feigling, m., erst gegen gez. vUe, ahd. fihala, fila f., dazu and. fila, ndl.
Ende des 18. Jh. gebildet, bei Campe 1807 vijl, ags. feol f., engl, file, anord. aber mit an-
als neues Wort verzeichnet. derm Spiranten J5e/ f., schwed. aus dem Deut-
Feigbohne, f. (PI. -n) die -. Herkunft rmsicher. Wegen
Pflanze lupinus. schen fil f., dän. fil.

Mhd. mchone, ahd.-and. fighöna f., d. i. Bohne, des anord. pel wird man von urgerm. *ßii9hla
;

die, gepulvert auf die Feigwarze (s. d.), mhd. ausgehen müssen. Vgl. zur Etymologie Mik-
\

mc m. n., gelegt, diese vertreibt. kola Idg. Forsch. 6, 312, Zupitza Gutt. 64,
Feige, f. (PI. -n): die süße Fracht des Meringer Idg. Forsch. 16, 161. ABL. feilen,
;

Feigenbaums. IMhd. vige, ahd. figa f., dazu V., mhd. mhelen, vtheln, vüen, ahd. filialön,
j

asächs. figa, ndl. viig f., durch das Romanische \fUdn. Feilicht, n.: Abfälle beim Feilen,
(franz. figue f., span.-port. figo m.) aus lat. bei Henisch 1616 für älteres Feilich.
\
ZUS.
ficus f. Im Got. dafür smakka m., das zum Feilenhauer, m.: Feilenmacher, weil die
abg. smokü f. gehört. Vgl. Schrader Real- Zähne der Feüe eingehauen werden. Bei
lexik. 238. einem die F. tveisen Stieler 1691.
Redensart ,

«die Gebärde machen, daß man die zwischen Feilheit, feilschen, s. feil.
dem Zeige- und Mittelfinger vorgestreckte Feim, m. {-s, PI. -e): obenauf sich setzender
Spitze des Daumens sehen läßt», zur Abwehr Schaum, Unreinigkeit. Mhd. veim, ahd. feim
böser Zauberei und zu Spott und Verachtung m.; dazu ags. fäm n., engl. foam. Nebenforai
(schon mhd. die vigen Meten, zeigen), nach Faum, 1605 bei Hulsius, Faumlöffel im 15. Jh.
dem ital. far le bedeutet bei Tucher Baumeisterb. 289,
fiche; ital. fica f. 2. Verwandt
«das weibliche GHed» und bildete sich neben sind, (mit idg. AVechsel von m und n) üt.
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 33
515 Feimen Felch 516

pienas m. «Milch» (eig. wohl «Milchschaum»), in an-, he-, verfeinden, mhi.vienden. Feindin,
abg.pena f., aind. phinas m. «Schaum» und f., mh.ä.vtndin,viendin, ahd. fiantin. Feindio,
mit s im Anlaut lat. spüma f. «Schaum, Interj.: Feinde da! Mhd. würde vientä ent-
Gischt» (dazu pümex «Bimsstein»), apreuß, sprechen, vgl. Feurjo, Mordio. feindlich,
spoayno «Schaum», lit.spame «Schaumstreifen». adj. u. adv., mhd. vmtlich, vientlich, ahd.
ABL. feimen, v.: den Schaum abnehmen, fiantlih, ags. feondllc. Feindschaft, f.,
mhd. veimen, ahd. feimön in üzfeimon. Neben- mhd. vmtschaft, vientschaft, ahd. fiantscaft f.,
formen faumen (1691 bei Stieler) und feumen asächs. fiundscepi, ags. feondscipte m. feind-
(1616 bei Henisch). Vgl. ab feimen. Aus dem selig, adj. u. adv. Auf ein mhd. nicht er-
älternhd. faumen, feumen, hat sich dann ein haltenes vintsal n. zui'ückgehend, erst frühnhd.
Subst. Faum (s. o.) entwickelt. (bei Brack 1495, auch bei Luther).
Feimen, m. {-s, PI. wie Sg.), Feim, m. Feinsliehchen, n.: zartes, schönes Lieb-
(-S, PI. -e) : aufgeschichteter Haufe von Garben chen. Im
Zusammenschie-
16. Jh. Feinslieb,
oder Heu. Zunächst aus dem Nd., mnd. vime bung mit dem Nom. Sg. feins, der in andern
m. f., mit der Nebenform vine, dazu ahd. Kasus unverändert bleibt. Das Dim. F.
fina in wituftna, ags.wudufin f. «Holzhaufe»; wurde in der 2. Hälfte des 18. Jahrh. ge-
femer das mnd. gleichbed. dime m. (jetzt läufig.
landschaftlich Diemeti), das auf Wechsel des feist, adj.: fett, dick. Im altern Nhd.
Spiranten im Anlaut (s. Feile) hinweist. Un- auch feißt, mhd. vei^et, vei^t, ahd. fei^it,
klar ist das Verhältnis zu ndl. vim f. «Haufe», and. feitit, ein ohne gi- gebildetes Part.
mnd. vimme m. f. aus asächs. fimha in aran- Prät. von dem seltenen mhd. vei^^en, ahd.
fimha f. «Getreidehaufe». S. auch Feme. fei^^en, anord. feita «fett machen, mästen»,
Unbekannter Herkunft. Im Hd. findet sich das abgeleitet ist von dem mhd. Adj. vei^e,
Feimen bei Comenius 1640, dagegen bei vei^ «gemästet, beleibt, fett» (noch jetzt in
Schottel 1663 Firne, Adelung hat Fehm, obd. Gegenden feiß), ahd. fei§, and. feit,
Fehmen und weist Feim, Feimen den ge- anord. feitr. Ebenso wie ahd. feitit ist ge-
meinen Mundarten zu. bildet ags. fceted, fcett, daraus engl, gekürzt
fein, adj. u. adv.: dünn, zart; zart in fat, ebenso ndl. vet, schwed. (entlehnt) fet,
Wahrnehmung oder Empfindung; ausgezeich- dän. fed, das aus dem Nd. ins Hd. aufge-
net an Reinheit und Vorzüglichkeit bis ins nommene fett (s. d.). Verwandt ist viel-
kleinste.Mhd. (seit dem Ende des 12. Jh. leicht gr. iribüeiv «aufquellen». Vgl. noch
aufkommend) vin «dünn, zart, kunstreich, Walde s.v. opimus. ABL. Feistigkeit, f.,

schön»; mit ndl. vijn, engl, anord. fnm,


fine, I spätmhd. vei^techeit f.

schwed. fin, dän. fiin entlehnt aus franz. fin, i feisten, v. : einen leisen Bauchwind gehen
ital.-span. fino, urspr. «vollkommen, echt, j
lassen. S. Fist, fisten.
lauter», zurückgehend auf eia mlat. finus, feixen, v.-. giinsend das Gesicht ver-
'

das für lat. finitus, Part. Perf. Pass. von ziehen, urspr. wie ein Blödsinniger. Von
flnlre «endigen» eingetreten ist und die Bed. Feix, Nebenform von Fex (s. d.), urspr.
«vollendet, vollkommen» angenommen hat. «Blödsianiger». Erst im 19. Jh.
ABL. feinern, v., in verfeinern, gebildet Felbel, m. (-s), auch f.: Halbsamt von
vom Komp. feiner. Feinheit, f., 1482 im Seide und Garn. Von dem gleichbed. ital.-

Voc. theut. h 6» feynlieit. ZUS. feinfühlig, span .-port. felpa f., das nicht aufgeklärt ist.
adj., 1808 bei Campe. Bei Jacobsson technolog. Wb. 1784 Velpen,
Feind, m. {-es, PI. -e)-. Gegner aus Haß. Velpel, Felbel.
Dann auch adjektivisch felnd in prädika- Feiher, m. (-s, PI. wie Sg,), bei Voß
tivem Gebrauch. Mhd. vint, zusammengez. (Id. 12, 25) Fälber, f.: hochstämmige Weide,
aus vient, vtant, ahd. fiant m.; dazu asächs. Salix alba. Spätmhd. velwer, spätahd. velare,
fiund, ndl. vijand, ags. feond, engl, fiend, feiwar «Weide, sambucus, paliurus, vibix,
afries. ffand, anord. fjändi, schwed.-dän. fiende, vincus», abgeleitet von mhd. velewe, velwe,

got. fijands, eig. das als Subst. erhaltene ahd. felawa, fekoa f. «Weide», und dies zu
Part. Präs. von ahd. fien, ags. ßon, got. fijan
osset. färw, farwe «Erle».
«hassen», Freund, Heiland, Weigand.
vgl. Felch, Felchen, m. (-s, PI. Felche,
Dies gehört mit got. faian «tadeln» zu aind. Felchen), auch Felche, f.: eine im Bodensee
pij- «schmähen, hassen». ABL. feinden, v.: vorkommende Salmart, Mhd. velche m. Da-
517 Feld Felleisen 518

neben auch Belch, Belchen, mhd. ist durch Anschieben


balche. i
nicht hierher, sondern
Dunkler Herkunft. Vielleiclit mit
abhängigen Gen. Weges an Feld ent-
l aus r des i

wie in dem alem. Küche aus Kirche aus standen, das hier, wie mhd. veld im Anno-
Ferch zu Forelle (s. d.). lied 796, ein Bodenflächenmaß bedeutet, (in
Feld, n. {-es, PI. Felder): Erdlläche; [
Feldzeichen,
der griech. Bibel crdbiov).
Fläche zum Fruchtbau; Schlachtfeld; Fläche !n.: Fahne. Feldzeug, n.: Ge- Bei Luther,
in etwas. 'Mhd. velt (Gen. veldes), ahd. feld schütz, 1663 bei Schottel 486; bei Krämer
'

n.; dazu asächs. feld, ndl. veld n., afries.-ags. 1678 als Mask. Daher Feldzeugmeister,
feld m., engl, field: ferner gehört hierher mit m.: Artilleriegeneral, im 16. Jh. bei Frons-
Ablaut asächs. folda, ags. folde, anord. fold f. perger 2, 36*^, noch jetzt in Österreich. Feld-
«Erde, Erdboden, Land». Verwandt ist aind. zng, m., 1545 in Herbersteins Selbstbiographie
[

prthivt f. «Erde», das Fem. zu aind. prthüs Fontes rer. austr. I, 1, 366. I

»breit», gr. irXaTÜc, Ut. platüs «breit», kelt. ^Felge, f. (PI. -n): eins der knimmen
Letavia, ir. Letha, kymi*. Litau «Armorica», Holzstücke des Radki-eises: Ring des Metz-
eig. «breites Land». Auch ahg.poljen. «Feld» gers zum Ausspannen I
des Dannes beim
ist wurzelverwandt. ZUS. Feld- Wurststopfen. Mhd, velge, ahd. felaga, felga f.,
vielleicht i

bett, n.: in Feldlagern übliches, sägebock- auch and. felga, ndl. velg, ags. feig f., engl.
i

artiges Bettgestell, bei Henisch 1616 Feldbeth. felly, dän. (entlehnt) fälge in der 1. Bed., 1482
Feldflasche, f., im 16. Jh. (Fischart Garg. feig (voc. theut. h 5*) in der 2. Bed. Vielleicht
317). feMflÜchtig, adj.: fahnenflüchtig, mit Ablaut zum folgenden, indem mau von
im 15. Jh., während Feldflucht, f. früh im der Bedeutung «Krummholz» ausgeht, vgl.
16. Jh. vorkommt. Feldgeschrei, n.: er- Wiedemann Bezz.Btr. 28, 20.
mutigendes Geschrei beim ersten Angiiff ia -Felge, f. (PI. -n), Folge: das zweite
der Schlacht (Jos. 6, 10. 16, 20); Losungs- oder dritte Pflügen; Aullockern des Bodens
wort der Soldaten als Erkennungszeichen mit der Hacke Bi-achland, das zum zweiten- ;

untereinander. Feldgeschütz, u., im 15. Jh. mal gepflügt ist. Das ahd. felga f. «Egge»,
'

bei Ehingen 27 und 1546 in Scheiiüns Briefen dessen e durch Umlaut entstanden ist; dazu
91 als Kollektiv. Feldherr, m., bei Dasj- mnd. valge f, «Eggen des Brachfeldes, Brach-
i

podiusl537. Feldhuhn, n.: Rebhuhn, mhd. feld», ags. fealh f. «Egge», mengl. falge f.

velthiwn, ahd. feldhuon n. Feldkümmel, feigen, folgen v., zum


«Brachfeld». ABL.
m.: wüder Kümmel, mhd. veltkümel m., auch zweiten- oder drittenmal pflügen, den Boden
s. V. a. Quendel, füi' das mhd. veltkonele, auflockern, mhd, velgen (Prät. valcte), valgen
^

veltquenel, ahd, feldkonala, feldquenela f. (s. «umackern»; dazu engl, fallow «nach der
,

Quendel) eingetreten. Feldmarschall, m. Brache zum erstenmal pflügen».


Im 16. Jh. dafür Feldmarschalk (Liüeneron Fell, n. {-es, PI. -e): Tierhaut, im ver-
4, 612, vom J. 1554, Schertlins Briefe 134 u. 164 ächtlichen Sinne auch Menschenhaut. Mhd.
von 1546), s. Marschall. Feldmesser, m. vel (Gen, velles), ahd. fei n, «Haut, auch
Verdeutschung des lat.-gr. geometer. 1616 vom Menschen»; dazu asächs. fei, ndl. vel,
bei Henisch neben Landmesser, was heute ags. -engl, feil, anord. fjall (in Zusammen-
als amtlicher Ausdmck durchgedrungen ist. Setzungen), got. fill in ßrutsfill n. «Aussatz».
'

Feldprediger, m., 1617 bei Wallhausen coi-p. Übereinstimmend mitlat.pellisf. «abgezogene


mil. 98. Feldscher, m.: Wundarzt beim Tierhaut», und weiter zu gr. -rreXua n. «Sohle
I

Heer. Gekürat aus dem schon im 16. Jh. am Fuß» (vgl. ags, fylmen n, («Häutchen auf
vorkommenden Feldscherer (H. Sachs Fab. dem Auge, Vorhaut», engl. film). Vgl. Walde
I

161, 83). Feldstuhl, m.: Stuhl zum Zu- s. V. pellis, J. Schmidt Kritik der Sonanten-
'

sammenklappen. Entstellt aus Faltstuhl, mhd. theorie 102.


vaitstuol m., worauf das franz. fauteuü m. zu- Felleisen, n. i-s, PI. wie Sg.): lederner
rückgeht, and. faldistöl m. Feldwebel, m.: Reisesack. Angelehnt an Fell und Eisen,
\

erster Unteroffizier. Ln 16. Jh. dafür Feld-


ältemhd. aber meist Felles, Fellis, Felleis
j

weibel (1535 bei Micyllus Tacitus 295 ^j, (so noch bei Stieler 1691, neben Felleisert,
1583
Feldwäbel (Mone Anz. 8, 169), s. Weibel. schon bei Comenius 1640), mhd. veUs, ver-
Feldweg, m., bei Henisch 1616. Feld- einzelt auch schon velisen. Mit ndl. valies
weges bei Luther, mit vorstehender Zahl, aus dem gleichbed. franz. valise, ital. valigia f.,
j

z. B. 1. Mos. 38, 19, 2. Kön. 5, 19, gehört deren Herkunft noch dunkel ist.
'

33*
519 Felonie fergen 520

Felonie, -«) ^^^^^> ^'^^ gegen Ritterstücke wieder bekannt. ABL. femeu,
f. (PI.

Rittersitte Bruch der Lehnstreue V., in verfemen: einen als außer allem Ge-
verstößt;
von Seiten des Lehnsmannes, Treubruch am richtsschutze stehenden Missetäter erklären,
Heri-n. Aus franz. felonie f. «Verletzung mhd. vervemen, verveimen.
der Yasallenpflicht», ital.-altspan. fellonia f. Femel, s. Fimmel.
«Ruchlosigkeit», von ital. fellone m., altspan. Fench, m. (-s, PI. -e): Art wilder Hirse,
fellon «großer Bösewicht», abgeleitet von mhd. pfenech, fenech, ahd. phenih, fenih m.
ital. fello, afranz. fei «grausam, gottlos, treu- mit and. penik n., aus mlat. panicium n., von

los», eig. wohl «Schinder», von ahd. fllen lat. pänicum n. «italienische Hirse».
«schinden, geisein». Bei Nehring 1710. Fenchel, m. (-s): eine Dillart, anethum
Fels, m. (Gen. u. PI. Felsen), Felsen, foeniculum. Mhd. venechel, ahd. fenahJial mit
(-S, PI. wie Sg.): große Steinmasse. Mhd. ags. finol m., engl, fennel aus der lat. Be-
vels, ahd.-asächs. felis m. (umgelautet aus nennung feniculum, foeniculum n., die auch
falls) mit starker Flexion, daneben mhd. velse, ins Rom. übergegangen ist (franz. fenouil,
ahd. feliso m. (auch felisa f.) mit schwacher ital. finocchio m.).
Flexion. Ob anord. fjall n. «Berg» (mit Fenn, auch Fehn, n. (-es, PI, -e)-. Sumpf-
Ablaut aus *filza-?), schwed. fjäll n., dän. land mit Graswuchs; Moorkolonie. Mhd. in
fjeld «Gebirg, hoher Fels», hierher gehört, rheinischen Quellen venne n., aus mnd.-afries.
ist zweifelhaft.Herkunft unbekannt. Viel- fenne n.«Moorland, -weide», ndl. veen n.,
leicht zu aind. päsänäs m. «Stein, Probier- ags.-engl, fen, anord. fen n. «Sumpf, Morast»,
stein» aus *pälsams, gr. -rr^Wa «Stein» zu got, fani n, «Kot», vgl. die entlehnten
(Hesych), falls aus *Tre\ca. Vgl. J. Schmidt ital. fango, franz. fange m. «Schlamm». Auch

Kuhns Ztschr. 32, 387. Bei Luther steht Fels ahd. kommt fenni, fenna f., and. feni «Sumpf»
mit starker Flexion neben dem schwach vor. Diese gehören weiter zu ^i^venSi.pannean
flektierenden Felse. Felsen (im PI. nur Felsen) ;
«Moorbruch», gaU. awa- «Sumpf». Vgl. Liden
jetzt sind von F. starke Kasusformen außer Bezz.Btr. 21, 93.
dem Dat., Akk. Sg. Fels nicht mehr üblich, Fenster, n. (-s, PI, wie Sg.): das Tages-
während Felsen einen Gen. Felsens bildet, licht einlassende Öffnung,bes. mit Glas-
doch auch noch öfter Felsen. ABL. felsig, scheiben, von Zeesen mit «Tageleuchter»
felsicht, adj., mhd. velseht. verdeutscht, Mhd. venster, ahd. fenstar n.,

Felüke, f. (PI. -n): kleines Ruderschiif nd\.' venster n., mit Wechsel des Geschlechts
ohne Verdeck, Aus fi-anz. felouque, ital. (durch Einfluß der altern Benennung ahd.
feluca, Span, faluca f., dasauf arab. folk augatora, got. augadauro n.) eig. «Augentor»
«SchifiF», zurückgeht. Bei Krämer 1678 Fe- (s. dazu Meringer Idg. Forsch. 16, 125) aus
lucque f., bei AI er 1727 Falucke. lat. fenestra f., das auf gr. cpaiveiv «sichtbar
Feme, f. (PI. -n) -.
machen» zurückgeht oder mit diesem urver-
auf roter, d. h. west-
fälischer oder sächsischer Erde gehegtes wandt ist. ABL. fenstern, v.: vor dem
heimliches Freigericht. Mhd. veime, in md. Fenster der Geliebten stehen. Fmhnhd.
Quellen auch veme f. «Strafe, Strafgericht», (H. Sachs Fastnachtssp. 9, 109), jetzt meist
aber auch mnd. veme, veime f. Vielleicht (bayr.) fensterin. S. ausfenstern.
zu lat. poena, gr. iroivri f. (mit p aus kw), Ferdinand, aus span. Fernando und dies
aw, kaend «Strafe» zu stellen (dazu auch aus span. Hernando, d. i, ahd. Herinand
gr. Tiveiv «rächen»), oder auch zu mhd. vehen (zu got. nanßjan in anananpjan «wagen, sich
«feindselig behandeln», asächs. a-ßhit «straf- erkühnen»),
fällig», Fehde.
s. Andre sehen mit Rück- Ferge, m. (-w, PI. -n): Fährmann. Mhd,
sicht auf mndl. veime, veme f., nndl. veem f. n. verje, verige, verge, auch vere, ver, ahd. ferio,
«Vereinigung, Zunft» (s. auch Fant) als urspr. ferigo, ferro, fero, zu ahd. ferian, ferran,
Bed. die von Vereinigung an (woraus die mhd. vern, asächs.-ags. ferian, got. farjan
Bed. «Vereinigung um Übeltaten zu rächen» «schiffen, überführen» zu fahren, s. d. In
hervorgegangen wäre) und vergleichen Feim der Bibel (Hes. 27, 27) und wieder bei neu-
«Haufe», s. d. Das Wort ern Dichtem; landschaftlich z. B. am Mittel-
ist im altern Nhd.
fast verschollen (Stieler 1691 hat nur Feym- rhein immer üblich geblieben.
stat «locus suplicii», Frisch 1741 vei'zeichnet fergen, v, mit Anstrengung fortschaffen, :

es als Fehm) und wird später durch die fördern; abfertigen. Schweizerisch, auch
.

521 Ferien Fes 522

schwäbisch. Schon im 15. Jh. vergen, dann «in die Ferne, in der Feme», gr. iröpptu
1541 bei Frisius 252'', 342'' ferggen, fercken, «vorwärts», rcdpav «jenseits», a.iad.pards «ent-
zusammengez. aus vertigen. ABL. Ferger, fernt», mit dem Adv. parä «weg, ab, fort,
m. (Gen. -s, PI. wie Sg.) Fertiger, Abfertiger, hin». Der Komp. femer drückt die Fort-
:

Mittelsperson. Schweizerisch. Im 16. Jh. belegt. dauer oder Fortsetzung von etwas aus. ABL.
Ferien, PL: arbeitsfreie Tage. Aus lat. Ferne, f., dafür mhd. virre, ahd. ferri f.
feriae, s. Feier. Schon in der frühnhd. fernen, v.: fem machen, in Raum oder Zeit
Rechtssprache (Reichsordnungen 100^ vom wovon trennen; fem sein; von fern vorteil-
J. 1521) als Tage an denen nicht Gericht haft auffällig sein (bei Goethe, vielleicht
gehalten wird, im 17. Jh. auch in allgemeiner nach dem wetterauischen gleichbed. /erwsew).
Bedeutung. Mhd. verren, selten vemen, ahd. ferren.
Ferkel, n. (-s, Pl.wieSg.): junges Schwein. ZUS. Fernglas, n., 1643 bei Harsdörffer
Mhd. värkel, värhel, ahd. farhili neben mhd. Gesprächsp. 3, 378 (erfunden 1608 von Johann
värkelin, värhelin, varhelin, ahd. farhilm, Lippersheym in Middelburg). Fernrohr, n.,
diminutive Ableitungen von mhd. varch, ahd. 1676 bei Er. Francisci Lusthaus der Ober-
farah, farh n. «junges Schwein»; dazu ags. u. Niederwelt 389. Fernsicht, f., bei Campe
fearh m., engl, farrow. Übereinstimmend 1808. Fernsprecher, m., seit 1876.
mit Idii.porcus m., gr.-rröpKoc «junges Schwein», fernig (Hohelied 7, 9. 13), adj.: vorjährig.
altir. orc (aus *porc), ]ii. parsas(pivii.parselis) Abgeleitet von dem mhd. Adv. verne, vem,

m., abg. jp-asgn. «Schwein». -^Z7/S. Ferkel- auch verne7it, vert «im vorigen Jahre», das
Stecher, *m. Winkeladvokat. Am Mittel- zu firn (s. d.) gehört.
:

rhein, Im 17. Jh. Ferkenstecher «unzünftiger Ferse, f. (PI. -n) hinterer, hervoiTagender :

Metzger». Teil des Fußes. Bei Luther fersen, auch


Ferken, n.: Ferkel. Bei norddeutschen ferschen, mhd. versene, versen, auch schon
Schriftstellern (1678 bei Krämer). Aus mnd. verse, ahd. fersana, fersna f. dazu and. fersna,
;

verken «Ferkel», dazu näl.varkenn. «Schwein», ndl. verzen, ags. fyrsn, got. fairzna f. Über-
wie Ferkel diminutive Ableitung von farh einstimmend mit 'Amdi. pärsnisvß..i., aw. päsna
(asächs. *farlün). n. «Ferse», gr. TTxepva f. «Ferse, Schinken»,

Ferman, m. (-5, PI. -s): schriftHcher lat. perna f. «Hinterkeule». ZUS. Fersen-
Befehl des türkischen Kaisers. Spät im 18. Jh. geld in Fersengeld gehen «davonlaufen», schon
Ferman, Firman, aus pars, fermän «Befehl, mhd. versengelt geben. Fersengeld scheint
königlicher Erlaß». urspr. ein Rechtsausdruck zu sein, der die
Fermate, f. (PI. -n): Halt, Ruhepunkt, Strafe dessen, dem Feinde die Ferse
der
Ruhezeichen. Aus gleichbed. ital. fermata f. zeigte, d. b. im Kampfe floh, bezeichnete;
Ferment, n. (-5, PI. -e): Gärungsstoff, mnd. versnepennink (Sachsenspiegel 3, 73, 3)
-mittel. In der zweiten Hälfte des 18. Jh., ist die Buße, die der Wende an die ver-
aus lat, fermentum n, «Gärung, Sauerteig», lassene Ehefrau zu zahlen hatte. Anders
des zu d. Bärme gehört. ABL. fermen- Borchardt -Wustmann 139.
tieren, V.: gären. Bei Nehring 1710 «ver- fertig, adj. u. adv.: zur Fahrt bereit;
dauen». zu Ende gebracht; zu einer Tätigkeit geschickt
fern, ferne, adj. u. adv.: durch bedeu- (gewandt). Mhd. vertic, vertec «gangbar,
tenden Raum oder bedeutende Zeit wovon fahrbar, in Ordnung befindUch, gut, geschickt»,
getrennt. Mhd. verre (noch ältemhd. bei ahd. fartig, fertig, ndl. vaardig, abgeleitet
Oberdeutschen ferr), ahd. ferro sind zunächst von ahd. fart f. «Fahrt», also urspr. s. v. a,
Adv., dann Adj.; dazu asächs. fer, adv. u. «sich auf die Fahrt begebend, zur Fahrt ge-
adj., ags. feor, engl, far, ABL. fertigen, v.:
anord. fjarri, adv.,
rüstet», vgl. bereit.
got. fairra, Das nhd. fem fertigstellen.
adv. u. präpos. Mhd. vertigen, vertegen «zur
geht wohl zurück auf das ahd. Adv. ferrana, Fahrt bereit machen, zustande bringen, fort-
asächs. ferrane, ags. feorran «fernher», wofür schaffen, entsenden». S. fergen. Fertigkeit,
mhd. meist verren, in md. Quellen aber auch f. (nach der 3. Bed. von fertig), 1541 bei Frisius
verne, wie auch mnd. veme. Die ursprüngl. 404''.
Bed. wäre dann erhalten in von ferne, mhd. Fes, m. n. (Gen. u. PI. wie Nom. oder
von ve)~ren, dafür bei Luther auch von fernen Fesses, Fesse): rote, wollene Mütze. Nach
und von ferns. Verwandt sind lat. porro dem Namen der Stadt Fez in Marokko, wo
:

523 fesch fett 524

diese Mützen hergestellt werden. Neuere bei Henisch 1616. Davon Festlichkeit, f.,
Entlehnung. erst bei Adelung 1796. ZUS. Festtag, m.,
fesch, adj.: elegant und flott. Aus der bei Luther.
Wiener Umgangssprache etwa seit den sieb- fest, poetisch auch noch feste, adj. u. adv.
ziger Jahren vorgednmgen. Gekürzt aus unbeweglich; unveränderlich; durch Zauber
dem seit den zwanziger Jahren des 19. Jh. unverwundbar. Älternhd. oft vest geschrieben.
verbreiteten engl, fashionahle «fein, modisch», Mhd. veste, ahd. festi, fasti-, dazu asächs. fast,
abgeleitetvon engl.fashion «Lebensart, Mode», and. festi, ndl. vast, ags. fcBst, engl, fast, anord.
das gleichen Ursprungs wie Fasson ist. Vgl. fastr, schwed.-dän. fast, und weiter zu arm.
Ladendorf. hast «fest». Vgl. noch Walde s. v. postis.
Fesen, m. (-s), auch Fese, f.: Getreide- Dazu fasten, s. d. Das Adv. lautet ahd. fasto,
hülse; Spelt, Dinkel. Mhd. vese, ahd. fesa f. mhd. vaste, unser fast (s. d.), das aber in
Noch obd. Das Wort gehört zu aind. pinästi eine andre Bed. übergegangen ist. AlBL.
pUeno n. «Mehl», lat. pinsere Feste,
«zerreibt», ahg. f.: Zustand des Festseins, dann bes.

«stampfen», gr. ttticcuu gegen feindlichen Angi'iff sichernder Ort; das


«stampfe, schrote».
Feser, s. Fechser. Himmelsgewölbe. Mhd. veste, ahd. festi f.
^Fessel, f. (PI. -n): von der Kote bis «Festigkeit, befestigtes Schutzwerk», daneben
zur Krone des Hufes reichender Teil des in der 2. Bed. auch mhd. vesten, ahd. festina f.
Fußes beim Pferde. Mhd. veggel m. (Erec festen, v.: befestigen, mhd. vesten, ahd. festen,
7361 handschr. fissel), 1588 bei Seuter Roß- daneben auch mhd. vestenen, ahd. festinon.
arzn. fissel und füszl, dazu die koll, Bildung Davon Festung, f., mhd. vestunge, häufiger
mhd. vi^^eloch, viszlach n. «Hinterbug des vestenunge f., auch «Bekräftigung, Festigkeit,
Pferdefußes», noch Schweiz, fisloch. Im Ab- Grundfeste», festigen, v. Fiühnhd. Festig-
laut zu Fuß stehend. keit, f., mhd. vestecheit f.
^Fessel, f. (PI. -n): Festivität, f. (PI. -en) Festlichkeit. Aus
hemmendes Band. :

Mhd. ve^^el, ahd. fe^^il m. «Band, woran lat. festlvitas (Gen. festivitätis) «Vergnügen,
etwas getragen oder gehalten wird», namentl. Festlichkeit», abgeleitet von dem Adj. festivus
das Schwert. Dazu ags. fetel m. «Schwert- «vergnügHch», von festus «festlich, feierlich»,
gehenk», anord. fetill m. «Binde, Schwert- dessen Neutr. festum (s. Fest) ist. Im 17. Jh.
gehenk», abgeleitet von fassen (s. d.). Das festlich, Festlichkeit, Festtag, s.Fest.
nhd. Fessel trat aber auch für ein älteres Fete, f. (PI. -n): Fest. Aus franz. fite f.
Fesser f. (z. B. noch bei Alberus Dict. i 4^) (s. Fest). ABL. fetieren, v.: jemand be-
ein, das mhd. ve^^er, ahd. feg^ara f. lautet; sonders gut bewirten; jem. ehren mit einem
dazu asächs. feter m. (im PI. feter ös), ndl. Fest. Beide bei Campe 1813.
veter m. «Schnürriemen», ags. fetor f., engl. Fetisch, m. (-es, PI. -e)-. als Götze ver-
fetters PI., anord. fjöturr m. «Fessel, Bande». ehrter Gegenstand der irdischen Natur. Aus
Dies stimmt in der Wurzel überein mit gr. franz. feticlie m., welches Wort namentlich
I

Tilbr\ f. «Fessel, Schlinge», lat. pedica f. durch die 1760 erschienene Schrift von Des
I

«Schlinge», compes f. «Fußfessel». Fessel in Brosses Du culte des dieux fetiches in üm-
\

der jetzigen Bed. findet sich in Glossaren lauf kam es geht zurück auf port. feitigo
i
;

aus dem spätem 15. Jh., fehlt aber anfangs «Zauber, Zaubermittel», eig. «künstlich», aus
dem Obd. Bei Luther noch Mask., wie auch einem lat. factidus «nachgemacht». Danach
später häufig (selbst noch Adelung 1796 be- erscheint fräher Fetisso oder Fetissus (1,606
I

kannt), namentl. im PI, die Fessel (Günther bei Hulsius Schiffahrten 7, 23). ;

299. 850). ABL. fesseln, V. Dafür mhd. I


fett, adj.: voU öliger Masse; gemästet,
veggern, ahd. feggaron, ags. feterian, anord. dick. Aus dem nd. fett, das seit dem 14. Jh.
fjötra: vesseln erst im
im Voc. auch in md. Mundarten erscheint, namentl.
15. Jh. (1420
Schröer). im Obersächsischen, z. B. im Leipziger voc.
Fest, n. (-es, PI. -e): mit Verherrlichung opt. X 1 ^ [vet «pinguis»), auch im Frank. (1469
:

begangene Zeit. Mhd. (seit dem 13. Jh.) im mrhein. voc. ex quo feyt, fet), dann von
I

fest n., aus dem gleichbed. lat. festum n., Luther gebraucht und durch ihn allgemein
i

auf das auch ndl. feest n., ital. fesfa, franz. geworden. Eig, identisch mit feist (s. d.).

fete f. zuiückgeht. Das alte deutsche Wort Davon das substantivierte Fett, n. (-es, PI. -e).

ist Dult, s. d. ABL. festlich, adj. u. adv.. j


Die Redensarten sein Fett kriegen «tüchtig
525 Fetthenne Fener 52ö

gescholten oder gestraft werden», jemand hegt das got. faihu n. «Vermögen, Habe»,
sein Fett gehe^i gehen vielleicht eig. auf die ahd. fihu, fehu n. «Vieh». Im 17. Jh. ent-
ausgeteilten wie auch schmieren, lehnt. ZrS. Fendälrecht, n.: Lehnsrecht.
Schläge,
abschmieren prügeln
'-<
doch scheint zugleich
;>, Feuer, n. (-.§, PI. wie Sg.): das leuch-
eine Nachbildung des franz. donner ä quel- tende und wärmende Element. Ältemhd.
qii'un son fait «jem. sein Teil geben, ihn Feur, mhd. viur, viuwer, ahd. fiur, älter
abführen» vorzuhegen. ABL. Fette, f., fair n.: dazu asächs.-afries. fiur, ndl. vimr,
bei Luther, fetten, v.: fett machen, nmd. ags. fyr n., engl, fire, anord. (poet.) fii.rr m.,
vetten, dann bei Stieler 1691. fettig, adj., fyri n., got. dafür fön, Gen. funins. Über-
bei Luther. Davon Fettigkeit, schon im einstimmend mit gl'. TTup n., umbr. pir, arm.
Md. des 14. Jh. vettikeit. hur «Feuer». ABL. fenrig, adj., mhd.
Fetthenne, f.: Bezeichnung des Haus- viurec. feuern, v., mhd. viuren, ahd. viiiren
lauchs und andrer Pflanzen, bes. von sedum «feuiig sein». Feuerung, f., spätmhd.
telephium. Schon im 16. Jh. Unklarer Her- viurunge «Feuer», mnd. vuringe f. auch
kunft. Tgl. Schweiz, feißti henne, Schweiz. « Feuer material». ZUS. l) mit Feuer-.
Id. 2, 1312. Feuereifer, m., bei Luther (Hebr. 10, 27)
Fettmännchen, n.: ehemalige kölnische fewereiue): Feuerfalter, m.: Schmetter-
^/^ Stüber (2^'o Pfennig deutscher Eeichs- ling mit feueiToten Flügeln, bei Nemnich.
währung) geltende Kupfermünze. Volks- Feuerkugel, f.: Feuergeschoß. Im 16. Jh.
tümlich umgebildet aus der im 17. Jh. vor- Feuerniauer, f.: Schornstein, 1517 bei
kommenden Benennung Fettmönch, die von Trochus P 2, auch bei Luther. Feuerprobe,
einem auf die Münze geprägten Brustbild f., in der Wendung die Feuerprobe bestellen,
eines wohlgenährten Kurfürsten herrührt. nach biblischem Bude (z. B. Sprüche Sal.
Fetzen, m. (-s, PI. wie Sg.): wovon 17, 3) von der Läuterung des Goldes her-
abgerissenes Stück. Ältemhd. Fetze (noch genommen. Feuerrohr, n., bei Comenius
;

Lessing Nath. 2, 5), mhd. vetze m. Es ge- 1640. Feuerschiff, n.: Brander (so im
hört zu mhd. va^ n. (s. Faß), in der nach DWB.); ein Schiff mit Feuer, um den Schiffen
I

frühmhd. va^^en «kleiden, bekleiden» anzu- den Eingang in den Hafen anzuzeigen (in
:

nehmenden Bed. «Kleid», anord. föt, Plur. neuerer Zeit). Feuerspritze, f., 1586 bei
I

«Kleider». ABL. fetzen, v.: in Fetzen Ruland dictionaiiolum 489 Feurspritzen (die
reißen. Im 16. Jh. erste in Deutschland wurde 1518 zu Augs-
fencht, adj. u. adv.: ein wenig naß, Mhd. burg gebaut). Feuerstatt, Feuerstätte, f.,
viuhte, ahd. fuhti, füht; dazu and. fuht, ndl. mhd. viurstat «Herd, Brandstätte». Feuer-
vocht, ags. fuht. Vielleicht zu anord. fjüka, st. stein, m. eine Quarzaii;, die zum Feuer-
:

V. «von dem Winde dahin getrieben werden, anschlagen diente. Schon mhd. viurstein m.
fliegen, stürmen, stöbern», fjük n. «Schnee- [Feuertaufe, f.: nach Matth. 3, 11, jetzt
gestöber», fuki m. «Gestank», dän. fog «Ge- (noch nicht bei Adelung) auf das erste Über-
stöber», daher engl, fog dicker Nebel» oder
••; stehen der Gefahr im Feuer, im Kriege be-
mit Liden Bezz.Btr. 21, 93 zu aind. pawka- zogen.Feuerwehr, f., im 19. Jh. gebüdet.
m. n. «Schlamm, Schmutz, Sumpf» und weiter Feuerwerk, n., spätmhd. viunverc «Brenn-
zu got. fani «Schlamm», s. Fenn, also aus im altem Geschütz-
materiab, auch bei Luther;
*funhtuz herzuleiten. Noch anders Osthoff wesen bezeichnet feuwerwerck «die Feuer-
Btr. 18, 247. ABL. Fenchte, f., mhd. viuhte, kugeln, Bomben, Pechkränze usw.», z. B. bei
ahd. fuhti f. fenchten, v., mhd. viuhten, Fronsperger 1, 109^ fg., 2, 138*fg., danach
ahd. fühten, and. fühtian. Fenchtigkeit, f., das Kunstfeuerwerk zur Lustbarkeit, schon
mhd. viuhtecheit, vom Adj. viuhtec gebildet. jbei H. Sachs 2, 391, Fronsperger 1, 111».
fendäl, adj.: ein Lehen oder das Lehns- Feuerwerker, m.: höherer Unteroffizier
wesen betreffend; vornehm. Aus dem gleich- der Artillerie. Im 18. Jh. Feuerzauber,
I

bed. mlat. feudalis, von dem im 9. Jh. vor- im.: Kunstfeuer. Im 18. Jh., aber erst
kommenden feudum, feodum n. «Lehngut, durch R.' Wagner wieder bekannt geworden.
Lehen», das mit eingeschobenem d (durch Feuerzeug, n., mhd. viurziuc m. n. 2) mit
Anlehnung an allodium?) aus einem altem Feuers-. Feuersbrunst, f., bei Comeniusl 640,
mlat. feum hervorging, daher ital. fio, prov. daneben im 17. Jh. Feuerbrunst. Feuersuot,
feu, afranz. fieu, nfranz. fief m.; zugrunde f., mhd. viurnot f.
feuerjo fickfacken 528
527

fenerjo (ScMler Käub. 2, 3),Fibel, f. (PI. -n): Abcbuch. Mnd.fihel,


feurio: I

nachdrücklicher Feuernif, im auch in md. Glossaren des 15. Jh., z. B. 1469


15. -Jh. viurä, i

fiurio (Gesamtabenteuer 2, 308. 688).


Im p/wM im voc. ex quo, seit Luther allgemeiner
I

Mhd. wird zum Nachdruck ä an Substantive, gebraucht; da daneben in gleicher Bed. auch
Imperative und Partikeln angehängt, z. B. hihel vorkommt, ist Entstehung aus diesem
wäfenä auch wäfenö «Waffen herbei!», MIß Worte anzunehmen. Die
ältesten Fibeln ent-

«hilf!» neina «nein!». Gleicher Bildung sind hielten Lesestücke aus der Bibel,

diebjo, feindjo, mordjo, nach- Fiber, f. (PI. -n): Faser, Muskelfaser.


die Hilferufe
harjo sowie der dem Fährmann geltende Aus lat. fihra f. «Faser». 1766 bei Lessing

Ruf holla «hol über!». 6, 516.

Feuersbrunst, Feuertaufe usw., s. Nadelholzbaum mit Fichte, f.: (PI. -n):

^^ßuer. Zweige herumge-vierkantigen x'ings um die

Feuilletön (spr. föjetq), n. (-S, PI. -s): stellten Nadeln und hängenden Zapfen, in
ünterhaltungsteil einer Zeitung. Das franz. Norddeutschland Bottanne genannt. Mit Kür-
feuilleton, eig. «Blättchen», von feuille m. zung des Vokals (im altern Obd. noch FiecÄfe)
|

«Blatt», das von lat. folium n. stammt. Bei aus mhd. viehte, ahd. fiohta und fiuhta f. (da-
:

Campe 1813. nach bayi\ Feuchten), and. fiuhtia f., sonst


Fex, m. (-e5f, PI. -e): Blödsinniger (Goethe im Germ, nicht vorhanden. Es gehört mit
Faust 6199 Hexew/ea;); näiTischer Kerl; Spaß- ableitendem Dental zu dem gleichbed. gr.

vogel; wer durch Sonderbarkeiten Aufsehen |


ireÜKri, ]it. pusis t, iprenQ. peuse. ABL.Üch-
erregen wül (Bergfex). In Bayern und i teu, adj., mhd. auch in Zusammen-
viehtin,

Östen-eich ist Fex (dazu das Fem. Feckin)


'

Setzungen wie Fichtenbaum, Fichtennadel usw.


zunächst s. v. a. «Kretin». In der Literatur
'

Ficke, f. (PL -n): Tasche an einem Klei-


des 17. Jh. erscheint Feix m. als «Stuben- dungsstücke. Niederdeutsches Wort (schon
hocker, einfältiger Mensch», dann « angehender auch im östlichen Mittel-
i im 16. Jh. belegt),

Student» (s. Fuchs und feixen). In Wien deutschland verbreitet (Weise Erzn. 103, Gün-
bedeutet das Fem. Fex «die Hexe» (Loritza ther 166, Weiße Op. 3, 6), von Schottel 1663
A2^). Ein schon im 15. Jh. übliches (Sachsen- (jPifc/ce) und Stieler 1691 angeführt. Jetzt
1

heim Mörin 263), auch im 16. vorkommendes auch obd. (schweiz. figge). Aus dem Nd.
narrifex scheint nicht hierher zu gehören, auch schwed. ficka f., dän. i
fikke. Wohl urspr.

sondern Nachbildung lateinischer Formen wie s. v. q-. ins Kleid ein- oder angehefteter Beutel,
1

artifex zu sein. vgl. mlat. ficacium «Tragbeutel», von prov.-

f[ s. altspan.-port. ficar, ital. ficcare, .


franz. ficher
f. j

fl, interj. des Ab weisens, Absehens, Ekels. «an-, einheften», woraus auch mhd. vicken
!

Mhd. vi, das aus dem franz.-ital. fi «pfui» «heften».


aufgenommen ist. fickeu, v.: kurze, rasche Bewegungen hin-
Fiaker, m. (-s, PI. wie Sg.): Lohnkutscher; und hermachen; Rutenstreiche geben. Älter-
Mietkutsche. Nach dem franz. am Ende des nhd. ficken «jucken, kratzen, scharren, reiben»
17. Jh. üblichen ^acre. Von dem heiligen (schon 1558 auch obszön), 1475 clevischv?/cÄ;ew
Fiacre (latinisiert Fiacrius), dessen Bild das «mit Ruten schlagen» (Teuthonista), im 14. Jh.
Zeichen des in der Straße St. Antoine zu niederrheinisch vicken «reiben», ahd. mich
Paris gelegenen Hauses war, in dem man vikchit «mich juckt». Vielleicht verwandt
solche Metkutschen haben konnte, und das mit anor d. fika «eilen», schwed. /iÄ;a «streben
der Franzose Sauvage, dem 1650 das Privi- nach etwas», daher engl, fidge «unruhig sein»,
legium zur Einrichtung öffentlicher Kutschen acfs. ficol, engl, fickle «unbeständig» und weiter

bewohnt haben wird. 1728 wohl zu lat. piget «es verdrießt mich, erregt
verliehen wurde,
bei Sperander nur der Plur. Fiacres, im Widerwillen», vgl. Schweiz, figge'"' «verdrießen».
Sinne von «Mietkutschen auf den Straßen fickfacken, v.: ohne Absicht hin- und
von Paris». wiederlaufen; geschäftig sein; Bösesanzetteln;
Fiasko, n. (-S, PI. -s), in der Redensart Ränke schmieden; Blendwerk machen; unzu- |

F. machen «Mißerfolg haben». Nach dem verlässig handeln oder reden; mit Ruten |

ital. far fiasco, eig. «eine Flasche machen». schlagen. Gebildet von fix:ken, s. d., das sich
!

Über den Ursprung vgl. Hildebrand Vom in fickfacken ablautend wiederholt, vgl. Kling- '

deutschen Sprachuntenricht 156. klang, Schnickschnack, Wirrwarr. Aus dem 1


'

529 Eickmühle fiUen 530

Nd., wo es schon im 16. Jh. erscheint, eben- verächtlichem Sinn. Früher auch Fidel ge-
so im Ndl., jetzt ndl. fikfakkm «Possen, Albern- schrieben, bei Luther Fiddel. Mhd. videle,
heiten treiben». ABL. Fickfacker, m,: ahd. fidula f.; dazu ndl. vedel, veel, ags. fid£le,
unbeständiger Mensch, Windbeutel (Bürger engl, fiddle, anord. fidla f dän. fiddel. Wahr-
, ,

225); Känkemacher. Mnd. schon un 16. Jh. scheinlich entlehnt und mit ital, viola, franz.
|

Davon Fickfackerei, f., bei Stieler 1691. violei. (s. HoZi»«) eines Ursprungs als Grund- ;

Vgl. Fixfax. wort gut mlat. vitula f. «streichbares Saiten-


Fickniühle, f. (PI. -n)-. im Mühlenspiel instrument», das zu lat. vituläri «sich lustig
eine solche Stellung der Steine, daß man gebärden» gehört. ABL. fiedeln, v.: die
durch Öffnung der einen Mühle immer die Fiedel spielen, mhd. videlen. Davon Fiedler,
andere schließen kann. Aus ficken «hin- und früher auch Fiedeler (bei Goethe Faust
herfahren» und Mühle zusammenges. Schon 4339 Fideler) m., mhd. videlaere m. ZTJS.
bei Keisersberg Seelenparad. 101^ fickniül. Fiedelbogen, m., mhd. videlboge m.
Dafür auch Zwickmühle. fiedern, v.: Fedem ansetzen, Federn
Fideikommiß, n. (sses, PI. -sse): dm-ch woran befestigen. Bei Luther fiddern, mhd.
Vermächtnis anvertrautes Gut zur Heraus- videren, ahd. (bei Xotker) fideren, ags. ge-
gabe an einen Dritten, der nicht selbst Erbe fiderian «befiedem, beflügeln». Abgeleitet
sein kann; unveräußerliches Stammgut. Aus von Feder (s. d.).
lat. fideicommissum in der 1. Bed., eig. «auf Fiek, m. (-S, PI. -e): Eingeweidewurm;
Treu (fides) und Ehrlichkeit Anvertrautes Wurm am Finger. Aus dem Ndd., schon
(commissumy. In der frühnhd. Rechtssprache. mnd. vik m. In Zesens Hehkon 4. Aufl. I x
fldel, adj.: lustig. Aus der Studenten- als fieg angeführt.
sprache. Zugrunde Hegt lat. fidelis «getreu». Fiekchen, ndd. Abkürzung von Sophie.
Die jetzige Bed. ist um 1750 in der Studenten- fiepen, v.: schreien der Rehe; einen dünnen
sprache üblich (auch bei Goethe ürfaustS. 23), schwachen Ton von sich geben. Lautnach-
vgl. Kluge Studentensprache 34, während z. B.' ahmend.
1710 bei Nehring angeführt wird fidel «treu, Figur, f. (PI. -en): Gestalt: Linienum-
aufrichtig, hold, ohne Falsch». riß: Xotengruppe mit bestimmter Anordnung:
Fidibus, m. (PI. -sse) Papierstreifen zum Wortbild; mhd. figure, figür f, aus lat. firgüra
:

Anzünden des Tabaks, Schon um die Mitte f. «Gestalt». ABL. figurieren, v.: im
des 17. Jh. aufgekommen, scheint es urspr. Bude darstellen; vorbilden; mhd. figurieren.
Studentenausdruck, dessen Entstehen aber figürlich, adj. u. adv.: durch Übertragung
nicht sicher ermittelt ist; vgl. Kluge Stu- auf dem Grund einer Ähnlichkeit angewandt.
dentensprache 39. Nach M. Haupt Dat. Plui-. 1469 im Voc. ex quo figuerlich.
von lat. fides «Saite», entstanden durch üm- Filiäl, n. (-5, Pl.-e): Tochterkirche, Nebeu-
deutung von Horaz Od. 1, 36, 1 et iure et kirche. Aus neulat. filiale, dem Neutr. des
fidibiis juvat placare deos «mit Weihrauch mlat. Adj. filicUis «kindlich», im Verhältnis
und Saitenspiel die Götter besänftigen». der Tochter (filia) und des Sohnes (ßlius)
FidÜZ, n.: Vertrauen (in der Redensart: zu Mutter und Vater stehend. Schon im
ich habe kein F. dazu). Norddeutsch, lu- 16. Jh. (1562 bei Mathesius Sarepta 195^.
xemb., hess., elsäss., Schweiz, aus lat. fidücia f. von Gombert 8, 30 aus einem Schreiben
«Vertrauen». Luthers von 1539 nachgewiesen). Filiale,
Fieber, n. (-s, PI. wie Sg.): hitzige Krank- f. (PI. -n): Zweiggeschäft, Nebenstelle. Im
heit. Mhd. vieher, ahd. fi£bar n. Mit Ge- 19. Jh.
schlechtswechsel und aus lat. e hervorge- Filigran, n. {-[e]s): feine Arbeit aus Gold-
gangenem ie (wie span. fiebre, franz. fievre f.) und Süberfäden. Aus gleichbed. ital. filigräna
aus dem gleichbed. lat. febris f., woraus auch f., zusammengesetzt aus lat. fllum n. «Faden»
ags. fefor n., engl, fever, schwed.-dän. feber und gränum n. «Korn». Bei Campe 1813
m., wie auch das ält^rahd. Feber n. Das filigrain.
urspr. deutsche Wort für Fieber ist Bitten fillen, V.: die Haut (das FeU) abziehen,
(s. d.). ABL. fieberhaft, adj. u. adv., bei schinden; wund geißeln. Nur noch ndd., wo
Eädlein 1711. fieberisch, adj. u. adv., bei schon mnd.-mnl, vülen, ehedem auch hd. ge-
Ludwig 1716. fiebern, v., spätmhd. viehern. läufig, mhd. Villen, ahd. fillen, abgeleitet von
Fiedel, f. (PI. -n): Geige, namentlich in ahd.-mhd. vel «Fell» (s. d.).

Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 34


531 rum Finanzen 532

Film, m. (-[e]s, PI. -e u. -s): dünnes ausfilzen), filzig, adj., früher filzicht, mhd,
Blättchen aus Zelluloid, Ersatz für Glasplatten vilzeht, frühnhd. auch schon s. v. a. «geizig»
beim Photographieren, junge Entleknung aus (Hans Sachs 19, 1.34). ZUS. FilzlauS, f.,
engl, film, s. Fell. spätmhd. vilzlüs f.
Filou, m. (-S, PI. s): Spitzbube. Im ^Fimmel, m, (s, PI. wie Sg.): starker
17, Jh. aufgenommen aus gleichbed. franz. eiserner Keil der Bergleute großer Hammer. ;

filou m., das vermutlich aus engl, fellow Bei Agricola Bergwerkbuch (1557) 83 feim-
«Bui'sche» entlehnt ist. mell, 1562 bei Mathesius Sar. 196 ^ und 1594

filtrieren, v.: durchseihen. Aus franz. bei Frischlin Nomencl. Cap. 110 Fimmel.
filtrer, ital. feltrare. Im Anfang des 17. Jh. Fimmel, m. (-s, PI. wie Sg.): die männ-
entlehnt (Moscherosch Phil. 1, 486). ürspr. hche Hanfpflanze. Schweizei-isch (auch Fim-
«durch Filz laufen lassen, um alle Unreinig- melef.), bayr.-hess.-luxemb.i^emeZ, ehäss.Fceml,
keit abzusondern»; das Stammwort ist mlat. Feml. Aus lat. ßmella f. «Weibchen», dem
feltrum, filtrum n., ital. feltro, franz. feutre m. Dim. von ßminai. «Weib». Man verwechselte
«dichtes Gewebe von Haaren», die aus dem nämlich vor der Erkennung des wahren Ge-
Germanischen, ags. feit, ahd. filz m. «Filz» schlechtes bei dem Hanfe die Geschlechter
(s. d.), entlehnt sind. ABL. Filter, m. (s, und hielt die männlichen Stengel, weil sie
PI. wie Sg.): ein Mittel zum Filtrieren, der kleiner und zarter sind, für die Weibchen,
Seiher. Junges Wort. Bei Campe 181.3 OD / wie die für sie in der Schweiz
diese dagegen,
noch filtrum. übUche Benennung Mäsch, Mäschel außer
Fiktion, f. (PI. -en): Erdichtung, An- Zweifel setzt, ui'spiünglich für die Männchen.
nahme. Aus gleichbed. franz. fiction f. Bei Schon 1546 bei Bock 132 ^ Femel, 1561 bei
Sperander 1727. Maaler Fimmel «kurtzer hanflf». Dazu engl.
Fil4t (spr. File), n. (-s, PI. -s): feines fimhle-hemp. ABL. fimmeln, v,: die eher
Netzwerk; Lendenbraten; Handschuhe aus reifenden männlichen Hanfstengel besonders
feinem Stoff. Aus franz. filet m. mit den- ausinapfen (1561 hei M aaler fimlen): dann über-
selben Bedeutungen, eig. «dünner Faden», haupt tastend aussuchen, herausklauben usw.
einem Dim. von lat. filum n. «Faden». Im Dazu ndd. fimeln (fimmeln), ndl, femelen und
18. Jh. fijmelen.
Filz, m. (-65, PI. -e): dichtes Gewebe von Finale, n. (-s, PI, -s): Schlußstück, bes.
Haaren oder WoUe oder dem Ähnliches; eine» Musikstückes, einer Oper. Aus gleichbed,
im Geben zäher Mensch, Geizhals (in dieser ital. finale, final als Adj. 1727 bei Sperander.
Bed. auch mit schwacher Flexion, Schüler Finanzen, PI. Staatseinkünfte, Staatsver-
:

Räuber 1, 2); grober harter Verweis. Mhd. mögen; Vermögen an Geld. Der Sg. Finanz
vilz, ahd. filz m.; dazu ndl. vüt n., ags.-engl, nur noch in Zusammensetzungen, z. B. Finanz-

feit, schwed.-dän. filt n. Auch ins Roma- rat. Ältemhd. (zu Ende des 15, Jh., im 16.
nische übergegangen (s. filtrieren). Von A. und zu Anfang des 17. Jh.) Finanz f. «un-
Erdmann üpsala skrifter 1, 3 (1891) zu ahd. redliches Geldgeschäft, Wucherei, Wucher-
anevalz, ags. anfilt «.Amhoß», lat. pello «stoßend kniff, Betrug» (noch 1727 bei Sperander
in Bewegung setzen» mit der Grundbedeu- Finantien «allerhand Betrügereien undUnter-
tung «Gestampftes» gestellt. Das Wort ist schleife»). Unter Einfluß von ital. finanza f.
aber kaum von ahg.plüstl f. «Filz», lat. püleus «Quittung», franz. finance f. «Barschaft» geht
«Füzmütze», gv. iriXoc m. «Filz» zu trennen. es mit dem bei'eits aus der 1. Hälfte "des
Vgl. aber Walde s. v. Spätmhd. vilz ist 14. Jh. mehrfach nachgewiesenen kölnischen
auch «bäurischer, grober Mensch» (wegen PI. finantie zurück auf mlat finantia f. «öflfent-
der Kleidung des Bauern in Filz? daher liche Leistvmg, besonders an Geld», urspr,
mhd. vilzgehür), woraus wegen des sprich- «Schlußleistung», gebildet von dem Part,
wörtlichen Geizes der Bauern die 2. Bed. Präs. des von lat. ßnis m. «Ende, Endzweck»
hervorgegangen ist; die 3. Bed. erklärt sich abgeleiteten romanischen Verbums finare «be-
vom Verb, filzen (s. u.) aus und erscheint endigen, aufhören», im Ital. s. v. a. «quit-
auch schon im 16. Jh. ABL. filzen, v.: tieren (eine Sache abschließen)», im Afranz.
zu Filz machen, mhd. vilzen «einen groben, s. V. a. «bezahlen». Unser heutiger PI. Fi-
derben Verweis geben»; eig. wohl «walken nanzen hat niehr die Bed. des franz. PI,
wie einen Filz, schlagen» (frühnhd., vgl. auch ^waMces, ital. /?Mar22re «Staatseinkünfte». So bei
533 FindeUians Fink 534

Sperander 1728 Financen, 1703 im Zeitungs- und gefundenes Kind; von Gletschern ver-
lex.Finances. schleppter erratischer Block. Aus mhd.
Findelhaus, n.: Haus für Findlinge. vundelinc (entsprechend ndl. vondeling, engl.
Findelkind, n.: Findling, ürspr., zuerst foundling) abgeleitet von vunt m. (s, Findel-
im 15. Jh. erscheinend Fündelhaus, Fündel- haus): gleichbedeutend auch vuntkint und
kind, zusammengesetzt mit dem von Fund vunden kint. Schon im 15. Jh. erscheint
auch (an finden angelehnt) findling und diese
abgeleiteten südd. Dim, Fündel, Fündele (1556
bei Frisius Bl. 1071^), neben dem auch im Schreibung wurde allmählich herrschend, doch
15. Jh. Fütidel f. «Findelhaus». Schon im Fündling noch im 18. Jh., z. B. bei Justus
15. Jh. erscheint auch (mit Anlehnung an Moser patriot. Phant. 2, 14. 308, Wieland,

finden) Findelhaus, Findelkind (auch 1537 A. W. Schlegel poet. Werke 2, 123.


bei Dasypodius), doch kommt daneben die Finesse, f. (PI. -«) Verschmitztheit, feine :

Schreibung mit ü bis nach Mitte des 18. Jh. List, Pfifi". Das franz. finesse f., urspr. «Fein-
vor. Vgl. Findling. heit», von fin «fein (s. d.), listig». Bereits
finden, v. (Prät. fand, Part, gefunden): im 17. Jh. geläufig.
erstrebend oder unabsichtlich gewahr wer- FiDger, m. (-5, PI. wie Sg.): eins der
den, auf etwas als ein Erstrebtes oder un- fünf Handglieder zum Greifen. !Mhd. vinger,
absichtlich kommen. !Mhd. vinden, ahd. fin- ahd. fingar m.: dazu asächs. /?w^ar, ndl. vinger,
dan; dazu asächs. findan, fithan, ndl. vinden, afries.-ags.-eugl. finger, anord. fingr,got.figgrsn\.

ags. findan, engl, find, afries. finda, anord. Herkunft unsicher; vielleicht zn Faust (s. d.)

finna, schwed. finna, dän. finde, got, findan oder fünf (s. d.) gehörig. ABL. fingerig,
«erkennen, erfahren». Wahrscheinlich zu ahd. adj., in zivei-, drei-, langfingerig. Finger-
fanden, ags. fundian «eilen», ahd. fendo, mhd. lein, n., Dim., ehedem auch «Ring», mhd.
vende m. «Fußgänger», so daß die ursprüng- vingerUn, ahd. fingarlin, daneben fingeri,
liche Bed. die «des Gehens nach, einer Seite» fingerin n. fingern, v.: die Finger bewegen,
wäre. Verl. zur Bedeutuncrsent'wdckluncr lat. mhd. vingern. ZUS. fingerfertig, adj.
invenire «finden», eig. «hineinkommen». Ver- Jung (noch nicht bei Campe 1808). Finger-
wandt ist noch die altir. "Wurzel et {siu.% peni) hut, m., ahd. vingerhuot m. (Gl. 3, 399), über-
in con-etat «assequuntur» nnd weiter lat. tragen «die Waldpflanze mit roten fingerhut-
pons m. «Brücke, Steig», gr. -iraTeu) «trete». artigen Blüten», digitalis purpurea, 1542 bei
Anders Sütterlin Btr. 18, 261. ,S. auch Fuchs Kreuterb. 893 (1546 bei Bock 335 *>

fahnden. Das Prät. flektiert mhd. vant, PI. Fingerkraut). Fingerreif, m., bei Luther.
vunden, und dieser Wechsel hat sich bis ins Fingerring, m., bei Dasypodius 1537.
17. Jh. erhalten, von da an wird fand und Fingerzeig, m.: Hindeutung mit dem Finger;
fiind (noch bei Haller 142) gebraucht, bis überhaupt Hindeutung, mhd. vingerzeic m.,
die Form ganz verschwindet. Das häufiger der substantivierte Lif. vingerzeigen
letztere
Part mhd. viinden ohne ge- lautet auch älter- n., auch vingerzeige f.
nhd. noch sehr häufig daneben gefunden
so, fingieren, v.: erdichten, lügnerisch vor-
(bei Luther seltner als funden), von den geben. Aus dem gleichbed. lat. fingere. Um
Grammatikern seit Clajus angesetzt; die poe- 1600 entlehnt (Albertinus weiblLustg. 154*).
tische Sprache bewahrt funden, nicht allein Fink, Finke, m. (-n, PI. -?i): der Sing-
im 17. Jh., sondern auch später, z. B. Gün- vogel; loser Mensch (so frühnhd. und noch 1808
ther 844, Lessing 2, 304, LTiland 306, Rückert bei Campe, daher noch heute Mistf, Schmierf,
2, 69. ABL. Finder, m. (-s), mhd. vindcere. Schmutzf. In mrhein. Mundarten Finke f., z. B.
findig, adj.: gewandt im Finden oder bei dem Pf älzer Maler Müller in Voß Musen-
Erfinden. Aus mhd. vündec «erfinderisch», almanach 1776 S. 205. Mhd. vinke, ahd.
abgeleitet von vunt m. in der Bed. «Er- fincho, finko m. dazu ndl. vink, ags. finc, ;

findung», neben dem schon im 16. Jh. (an engl, finch. schwed. fink, dän. finke m. Ln
finden angelehnt) findig steht: doch erhält Skandinavischen erscheinen auch Formen mit
sich daneben fündig bis ins 18. -Jh. (noch sp im Anlaut, wie schwed, spink «Sperling»,
bei Steinbach 1734). ABL. Findigkeit, f., norw. spucke «kleiner Vogel», die zu gr. cttit-
namentlich der Reichspost. Schlagwort seit foc m. bei Hesych, ciri^a f. «Fink» gehören.
den 70 er Jahren des 19. Jh. Das Wort ist klangnachahmend, und daher
Findling, m. (-s, PI. -e)-. ausgesetztes erklärt sich auch die abweichende Lautstufe
34*
:

535 Finkeljochem Firlefanz 536

in der romanischen Benennung (ital. pincione, dinstri (Hoffmanns Wüliram 32, 17 thimstre)
franz. pinson). Im Sg. geht das Wort öfter f.; dazu asächs. finistri f. Finsterling, m.:
zur starken Flexion über. In der Studenten- Gegner geistiger Aufklärung. 1788 von Wie-
sprache «Student der keiner Verbindung an- land (29, 23) gebraucht und bei Campe 1808
gehört», seit den 20 er Jahren des 19. Jh. in verzeichnet. Vgl. Gombei-t ZfdW. 2, 66 und
Halle und Jena aufgekommen, vgl. Götze, Ladendorf, finstern, v.: finster machen,
ZfdW. 8, 100. in verfinstern, mhd. vinsiern, ahd. finstarren.
Finkeljochem, m.: Branntwein. Bei früher auch «finster werden», mhd. vinstem,
Günther 925. Aus der Gaunersprache, wo ahd. finstar en. Finsternis, f. (früher auch
es 1687 belegt ist, s, Jochem. Zu rotwelsch n., so bei Luther 1. Mos. 1, 4. Math. 4, 16).
finkein, funkeln «kochen», FunJcert «Feuer». Mhd. vinsternisse f. n., ahd. finstarnessi, fin-
^
Finne, f. (PI. -n): fleischige Floßfeder starnissi n.
großer Seefische. Aus dem ndd. finne f.; Finte, f. (PI. -n) : Tmgstoß beim Fechten
dazu ndl. vin f., ags. finn m., engl, fin, schwed. Verstellung, Kjiiff. Zunächst in der 1. Bed.
fena, wohl verwandt mit dem gleichbed. lat. übernommen aus ital. finta f. «List», franz.
pinna f. (s. Pitme), air. ind «Ende, Spitze». feinte f. «Verstellung, Trugstoß», das urspr.
Weitere Anknüpfungen bei Walde s. v. Bei das Fem. des Part. Prät. von lat.-ital. fingere
Trochus 1517 J 2^ ein vinne von dem fische. «erdichten, fälschlich voi'geben, täuschen»,
^Finne, f. (PI. -n): Bläschen mit Würm- franz. feindre ist.1644 bei Duez 182 in der
chen im Fleische, besonders der zahmen 1.Bed. «ictus simulatus», 1648 bei Kemnitz
Schweine; kleiae spitzige Blatter im Gesicht. schwed. Krieg 1, 344^ und bei Schottel 1663
Mhd. pfinne, vinne f., auch «fauler, ranziger in der 2. Bed. (ßnte machen «caUide aut
Geruch»; dazu mnd. vinne, ndl. vin f. «Blatter». insidiose agere»).
Dunkler Herkunft, vielleic}it dem vorigen finzelig, adj.: überfein. Li der Schweiz,
gleich. Nach dem Ndd.-Ndl. ist die Form aber auch in Norddeutschi. Herkunft un-
mit f ursprünglich, mhd. pfinne erklärt sich bekannt, vgl. Schweiz. Id. 1, 877.
wohl durch Einfluß von pfinne «kleiner fippern, v,: ängstlich und rasch umher-
spitziger Nagel» (s. den folgenden Art. imd tasten. So bei Hermes Sophiens Reise 1, 427.
Pinne). Auch das ältere Nhd, kennt Pfinne Schon im 16. Jh. hochd. u. ndd. in der Bed.
(noch bei Frisch 1741). ABL. finnig, fln- «sich in raschem Zittern bewegen», auch
nicht, adj.: voll Finnen, mhd. j?/?nwec, vinnec, s. V. "a. «rasch zitterndes Licht von sich geben,
auch vinneht; dazu mnd. vinnich, ndl. vinnig. glitzern». Wohl aus lat. vibräre in der Bed.
^ Finne, f. (PI. -n): kleiner spitziger Nagel «sich zitternd bewegen, zittern, schimmern,
oder Pflock. Mhd. pfinne f.; dazu mnd. pin, funkeln», s. auch vibrieren.
pinne, ndl. pin f. Mit tJbergang des Begriffes Fips, m. (-es, PI. -e): Schneller mit dem
aus lat. pinna f. (s. Pinne). Mittelfinger an die Nase, Nasenstüber. Wohl
Finnflscll, m.: eine Art Walfisch, dän. die substantivierte Interj. fipsl (Hermes So-
finnefisk,schwed. finnfisk m. Der Name wegen phiens Reise 1, 683), die lautnachahmenden
der 3 —
4 Fuß hohen Fettfinne (s. ^ Finne) Ursprungs ist.
auf dem hintern Teil des Rückens. Firlefanz, m. (-es, PI. -e): gebärden-
flnnicht, finnig, s. "^Finne. volles, überhaupt unnötiges albernes Tun
finster, adj. u. adv.: des Lichtes erman- und Wesen; ein sich lächerlich Gebärdender
gelnd. Mhd. vinster, ahd. finstar, ein nur (Goethe Faust 11670). Mhd. firlifanz, firla-
hochd. und noch asächs. (asächs. finistar, n., fanz (bei Wolkenstein), in urspmnglicherer
finistrl f. «Finsternis») auftauchendes Wort, Form firlafei, fierleifei, firlei «ein lustiger
scheint eins mit ahd. dinstar, mhd. dinster, rascher Springetanz der Dorfbewohner», be-
indem wie auch sonst (s. ruht auf franz. virelai «Ringeltanz»; die Form
Feile) f an Stelle
eines ursprünglichen
ß Firlefanz erklärt sich durch Anlehnung an
(daraus hd. d) ge-
treten ist, das noch asächs. thinini «dunkel» md. Firl «Kreisel», auch «hurtiger behender
zeigt; finster entspricht dann genau lat. tene- Mensch», und obd.-md. Fanz «Bossen, Possen-
hrae f. «Finsternis», aind. tamisrä f. «dunkle macher», vgl. auch Älfanz und Weise ZfdW. 3,
Nacht», s. Dämmer und auch düster. ABL. 122, Die übertragene Bed. «geckenhaftes, al-
Finstere, f. (Schiller Räuber 2, 3) Finster- bernes Zeug» fiindet sich schon im 16. Jh. (1582
:

nis, mhd. vinster, ahd. finstari, finstri neben bei Fischart Garg. 181 Firlefans). ABL.
1}

537 firm Fisimatenten 538

flrlefanzen, v.: sich albern benehmen, bei Firnwein, auch schon mhd., aber getrennt,
Luther firlefentzm. Davon Firlefanzerei, virner win.
f., bei Stieler 1691 Firlfantzerey. Firnis, m. (-sses, PI. -sse): glänzender
firm, adj.: fest. Aus lat. firmus «fest, Überzug; Anstrich; lackartige Flüssigkeit.
zuverlässig», 1727 bei Sperander. —
Firma, f. Mhd. virnis, vernis (danach älternhd. auch
Firmen): Handlungsname, Name, unter Firneis), aus franz. vernis, ital. vernice, die
(PI.
dem ein kaufmännisches Geschäft geführt unbekannter Herkunft sind. ABL. firnis-
wird, s. v. a. (sichere) Handluiigsunter-
Eig. sen, V., mhd. virnisen.
schrift, denn diese Bed. hat der ital. Kunst- First, m, (-es, PI. -e) und f. (PI. -en),
ausdruck firma, mlat. firma f., das als Subst. auch Firste, f. (Goethe 19, 224): die oberste
gesetzte Fem. des lat. Adj. firmus (s. o.). LängenHnie des Daches, Dachgiebel Gebäude, ;

Im 18. Jh. entlehnt. z. B. Haas, Scheune; (Berg-) Gipfel. Mhd.


Firmament, u. {-s, PI. -e): Himmels- virst m., seltener f., ahd. first m., in md.
feste. Mhd. firmament n., aus dem gleich- Quellen (seit dem 15. Jh. belegt) auch vorst
bed. lat. firmänientum n., gebüdet von firmäre (mit Ablaut), -svie mnd. vorst, ndl. vorst f.,
|

«fest machen». ags. fyrst, first m.


i
Verwandt sind aind.
firmen, häufiger firmeln, v.: die Taufe prsthäm «Rücken, Gipfel, Berggipfel», aw.
'

durch Gebet, Handauflegung und Salbung parsta m. «Rücken, Rückgrat» und wahr-
bestätigen. Mhd. firmen, ahd. firmön «be- scheinl. auch lit.pifstas. ahg.priistü m.«Fingen>.
festigen, bestätigen», aus lat. firmäre (s. Fir- Die Form Firste bei Adelung und Heynatz
mament), kommt schon in diesem Sinn vor, 1796 (hier neben Forst, Forste, noch jetzt
daneben spätmhd. das abgeleitete firmeln (aus hess.-thür. forst).
'

firmelu7ige f. zn entnehmen). AB L.YirmXing, Fis, n.: die Tonstufe, die Y^ Ton höher
\

Firmelung, f., mhd. firmunge f. ist als f. Redensai't: ins Fis kommen <i<fis
j

fim, adj.: alt, hauptsächlich vorjährig. statt f greifen, m schlechte Verhältnisse


Mhd. virne «alt», auch «geübt, schlau», ahd. kommen».
firni «alt»; dazu asächs. fern «vergangen (vom Fisch, m. {-es, PI. -e): Wassertier mit
Jahr), fyrn «alt», got. fairneis «alt, in rotem, kaltem Blute.
ags. Mhd. visch, ahd. fisc
der Zeit feragerückt, vergangen». Über die m.; dazu ndl. visch, asächs.-ags.-afries. fisc,
Verwandtschaft, s. /ei'n, vgl. auch anord. forn engl, fish, anord. fiskr, schwed.-dän. fish, got.
«alt», ahd. for7i, asächs. forn, furn,ags. fyrn fisks. Verwandt mit lat. piscis m., air. (mit
adv. «ehmals».Für die Bed. «vorjährig», geschwundenem p im Anlaut) iasc. ABL.
die sich aus Luther und dem spätem Mhd. fischen,v., mhd. vischen, ahd. fiscon; dazu

belegen läßt, ist auch das Adv. mhd. verne, asächs. fiscon, ndl. visschen, ags. fiscian, engl.
vernent, vernt, vert «im vorigen Jahre» her- fish, afries. fiskia, anord.-schwed. fiska, dän.
anzuziehen; vgl. dazu auch gr. irepuci, aind. fiske, got. fiskön und lat. piscäri. Davon
parut «im vorigen Jahre», air. onn-urid Fischer, m. {-s, PI.mhd. vischcere.
wie Sg.),

«vom vorigen Jahre», ]it. pernai «im vorigen ahd. fiscäri m. und Fischerei, f., mhd.
Jahre». vischerie f. ZUS. Fischaar, m. auf Fische :

Firn, m. {-es, PI. -e), auch Fime, f. stoßender Adler, bei Luther Fisclmr, Fissch-
(PI. -n) oder Fimer, Ferner, m. .-.s, PI. ar. Fischhein, n.: Walfischknochen. Erst
wie Sg.): firner, d. h. vom vorigen Winter frühnhd. (Hulsius Schiffarten 4, 5 Tisch-
oder auch noch länger her, überhaupt alter bein, 1628 bei Münster Cosmogr. S. 1725
auf Berghöhen liegen gebliebener Schnee; Berg Fischhein), wohl aus dem Li andrer !N^dd.

mit solchem Schnee und Eis bedeckt im Hoch- Bed. 1574 bei Fischart Onomast. 380* Fisch-
gebirg. Alle die Wörter sind auf das Adj. bein «ossa sepie». Fischotter, m. und f.

fim (s. d.) zurückzuführen. Firn als Subst. (s. Otter), bei Henisch.
findet sich in derSchweiz 1548 bei Stumpf fiseln oder Asseln, v.: fein regnen. Ndd.
2, 248*^ von SchiUer im Teil (l, 1 Vielleicht eine Ableitung von mhd. viseln,
und ist

usw.) gebraucht. Firner, Ferne)' (mit Aus- Fl. «Fransen». Vgl. die Redensart «es regnet
lassung des Subst. Schnee) gehört dem bayr.- Bindfaden».
öst. Gebiet an. Fisimatenten, PI.: Flausen, Ausflüchte.

Firnewein, m.: der fime, d. h. der «vor- In nordd. und südd. Umgangssprache. Er-
jährige» alte Wein. Bei Dasypodius 1537 scheint zuerst im 16. Jh. im Hochd. und im
;

539 Fiskal fix 540

Mnd. als visipatent, visepetent, fisipotent «Al- Zipfel des Gewandes (4. Mos. 15, 38; 5. Mos.
bernheit, Alfanzerei» und ist Entstellung des 22, 12, vgl. eine7i beim F. nehmest, s. auch
mhd. visament «Gesicht, Aussehen», dann Schlafittich); leichtes geringes Obergewand
«Einteilung und kunstgerechte Beschreibung (Goethe 22, 53); liederlicher Mensch (md,-
eines Wappens» und danach Liedersaal 1, elsäss.). Früher auch Fittig geschrieben, schon
579, 75 fisimenf «unverständliche leere Zie- bei Luther (vgl. Essig). Mhd. vittich, vit-
raten», von mhd, visieren «bilden, die Wappen- tech, früher vetteche, vettache (noch jetzt
figuren ordnen und beschi'eiben» und dieses alem. Fettich) m. f., ahd. fettah, bei Isidor
nach franz. viser, von lat. viser e «genau be- fethdhah m., eine kollektive Bildung von
sichtigen». einem Worte, das sich von Feder (s. d.)
Fiskal, m. (-S, PI. -e): Vertreter des durch die Stammbildung unterscheidet; zu
Fiskus: öffentlicher Ankläger. Aus mlat. letzterm gehört unmittelbar mhd. vedrach,
fiscalis, von lat. fiscus (s. u.). In der Eechts- ahd. fedarah, asächs. fetilerac m. «Flügel».
sprache des 15. Jh. (Janssen Frankf. Reichs- Fitze, f. (PI. -n): Binde zum Zusammen-
korr. 2, 321). ABL. flskälisch, adj.: den binden einer Anzahl Garnfäden beim Auf-
Fiskus oder den Fiskal betreffend, Reichs- haspeln; ein solches Gebinde Garn. Mhd.
Ordnungen 57* (v. J. 1507). Dafür ahd. fis- vitze f. imd viz m., ahd. fizza, eig. «die
cilih (Steinniej'er-Sievers Gl. 2, 739, 35). —
Fadenenden des alten Aufzuges zum An-
Fiskus, m.: der öffentliche Schatz, Staats-knüpfen des neuen» (lat. licium), «Anzahl
schatz, Staatskasse; Strafkasse. Das lat. fiscus Fäden, die beim Haspeln durch einen quer
m. «geflochtener Korb», dann «Geldkorb, darum gebundenen Zwischenfaden von den
Kasse», endlich «öffentliche Kasse, Kasse der übrigen geschieden sind»; dazu asächs. fittea,

Staatsgelder». Im 16. Jh. geläufig. ags. fitt übertragenem Süm) «Abschnitt


f. (in

Fisole, s. Faseole. eines Gedichtes», engl, fit «Abschnitt, Krank-


fispeln, flspern, v.: zischeln, flüstern, heitsanfall», anord. fit f. «die Haut zwischen
Frühnhd., bei Schottel 1663 als fispen, fispereti den Klauen von Vögeln und Ochsen, der
verzeichnet. Wohl lautnachahmend, vgl. fii- Rand an Gestricktem», dän. fed «Gebinde
spern, flüstern, wispeln. Garn». Auch obersächs. Fitz m. «Wirrwarr
Fist, m, {-es, PI. -e): leiser Bauchwind. von Fäden» gehört hierher (daher bei Lessing
Mhd. vist, vist (daher dialektisch Feist) m.; herausfitzen «aus dem Win'wan- lösen»).
dazu mnd. vist, ndl. veest m., abgeleitet von Die Lautform führt auf idg. *pedjä, das
einem starken Verbum, das in anord. fisa, gleich gr. -nila f. «Fuß, äußerstes Ende, am
schwed. fisa, dän. fise «farzen» (auch in einem Kleide Saum, Vorstoß» ist. ABL. fitzeu,
hd. Glossar des 15. Jh. feysen) erhalten ist. V.: mit der Fitze oder zu Fitzen binden;
ABL. fisten, V., mhd. visten; dazu mnd. fadenweise abteilen oder ablösen (bei Lessing)
visten, visten, ndl. vijsten und veesten. Trotz in Falten legen, runzeln (Lichtwer Fabeln
des abweichenden Vokalismus verwandt mit 1, 12), rümpfen. Mhd. vitzen in vervitzen,
lat. peclo aus pezdo, slow, pezdeti, lit. hezdeti «zusammenbinden», spätmhd. vitzen «weben»,

«farzen». Vgl. auch Bofist. ahd. fizzeön «umgeben»; dazu anord. fitja
Fistel, f. (PI. -n): eiterndes Geschwür «weben, stricken, rümpfen». Dazu Fitz-
mit Röhre; erzwungene hohe Stimme, wie nase, f.: eine die Nase rümpfende Person
durch eine Rohi-pfeife. Mhd. vistel f. «eitern- (Weiße Lustsp. 3, 380).
des Geschwür», ahd. fistul f. «Röhre», auch fitzen, V.: hin- und herfahrend reiben;
mnd. vistel f. «Geschwür». Aus lat. fistula f. mit Ruten streichen. Frühnhd. Wohl auf
«Röhre, Rohrpfeife, eiterndes Geschwür». ein mhd. fick(e)zeti, abgeleitet von ficken
Die 2. Bed. erst im 18. Jh., aber schon im (s. zurückgehend, vgl. auch fitschein.
d.),

17. Jh. fistulieren «die Singstimme höher als Oder zum vorausgehenden, das im Alem.
natürhch zwingen». auch die Bed. «Rute, Gerte» hat.
fitscheln, v. hin- und herfahi-end reiben,
: ^flx, adj. u. adv.: sicher, gewandt in der
schneiden u. dgl. Frühnhd. Wahrscheinlich Tat, rasch entschlossen; rasch, hurtig, be-
aus einem mhd. fick{e)zen, abgeleitet von reit zu etwas, in der Redensart f. und fertig.

ficken(s. d.), zu erklären. Wohl aus dem 'folg. fix entwickelt. Henisch
Fitschepfeil, s. Flitzbogen. 1616 verzeichnet fix als «richtig, bewehi-t»,
Fittich, m. (-S, PI. -e): befiederter Flügel; ebenso Schottel 1663, während Stiel er 1691
541 fix Flader 542

auch die Bed. «gewandt, rasch» kennt. Als Flachs, m. (-es, PI. -e) : die blau blühende
Adv. findet sich vix «rasch» bereits im 15. Jh. Pflanze hnum usitatissimum, deren zube-
(Hätzlerin 2, 69, 38), sehr häufig im 17. Jh. Bast gesponnen wird.
reiteter Bei Justus
(vix tantzen Moscherosch Phil. 2, 633), auch Moser (patr. Phant. 2, 39. 85; Osnabrück.
als Adj. In Norddeutschland ist Fix auch Gesch. 1, 103) nach dem Ndd. das Flachs.
Name eines Hof-Schäferhundes. Mhd. vlahs, ahd. flahs m.; dazu ndd.-ndl.
^flx, adj. u. adv.: fest, bleibend, unbe- (mit Schwinden des h) vlas n., afries. flax
weghch. Zuerst in der Sprache der Al- n., ags. fleax n., engl. flax. Gewöhnlich mit
chimie (schon bei Paracelsus), auch 1562 bei ableitendem -s, zu gr. irXeKeiv «schlingen,
Mathesius Sar. 49'' und bei Rot 1571 ver- flechten», lat. plicäre «zusammenwickeln,
zeichnet. Aus dem lat. Adj. fiocus «fest, falten» gestellt, die Grundbedeutung wäre
bleibend», eig. Part. Perf. Pass. von figere dann «Bündel». Doch befriedigt das nicht.
«einheften, befestigen». ABL. fixen, v.: an Ein andrer Name für den Flachs ist mhd.
der Börse Papiere in die Höhe treiben. Junger har, ahd. haru, s. Haar. ABL. flächsen,
Ausdruck. ZTJS. Fixstern, m.: feststehen- auch flächsern, adj.: von Flachs, spätmhd.
der Stern, Sonnenstem. Bei Comenius 1640. vlahsin, vlehstn, bei Luther flechsen. ZUS.
Fixfax, m. {-es, PI. -e) Gaukelei, Blend- Flachsader, s. Flechse.
-.

werk. In der nordd. Umgangssprache. Zu flacken, v.: faul, ohne aufzustehen da-
fickfacJcen (s. d.), vgl. Faxe. liegen. Bei Wieland aus dem Obd. Zu
fixieren, v.: festsetzen, bestimmen; staiT Flack m. «träger Mensch», dessen Herkunft
(und forschend) ansehen. Aus mlat. fixare unsicher ist.

zu fiocus (s. -fix). In der 1. Bed. schon im flackern, v. flammend sich hin- und her-
:

16. Jh. vorhanden (Rot 1572 hat Fixirung). bewegen. ]Mhd. (spät und zuerst in rhem.
In der 2. Bed. bei Campe 1818. Quellen) vlackem, ahd. dagegen flagarön,
Fjord, m. {-\e]s, PI. -e): Meerbusen. (= anord. flögra), neben häufigerm flogäron
Junge Entlehnung aus gleichbed. dän.-norw. ebenso wie ein gleich-
«flattern, flackeni», das

fjörd. Desselben Stammes wie Furt. bedeutendes fl^gezen m. zu got.fliugari «fliegen»


Flabbe, f., auch Flappe, f. (PI. -n): gehört. Dem mhd. vlackern steht am näch-
herabhängende Unterlippe, offenstehender sten ndl. flakkeren «flackern», ags.flacor «flat-
Mund. In der nordd. Umgangssprache, schon ternd», anord. flökra «flattern»; weiter dann
mnd, vlabhe f.; dazu ndl. fiah, fi£b f., isl. (mit Ablaut) ndl. flikkeren, ags. flicorian,
fivpi «untere PferdeUppe»; vgl. engl, fiabhy engl, flicker «flattern, schimmern, glitzern».
«schlotterig, schlaff». Ablautfonnen mit i u. flackern ist wohl aus lat. flagräre «flackern»
ei bei Falk-Toi^» unter flcebe. Bei Schottel entlehnt, hat sich aber mit einheimischen
1663 als f.abhe, fiappe. Worten vermischt. Ohne das ableitende r
flach, adj. u. adv.: nach der Ausdehnung erscheint 1482 im Voc. theut. i 1* flockeni
in Länge und Breite ohne merkliche Er- «flackern», 1599 bei Küian vlacken (neben
habenheit wie Vertiefung; seicht; (büdhch) vlaggheren), anord. flakka «iüackerny>, schwed.
nicht geistestief. Der Komp. lautet fiacher flacka, dän. flakke, auch Schweiz. -elsäss. flacken
(bei Goethe 30, 51 u. 35, 7 flücher), Sup. «lodern».
flachst. Mhd. vlach, ahd. flah; dazu ndl. vlak, Fladen, m. (-s, PI. wie Sg.): dünner
schwed. (entlehnt) flack und mit Ablaut ags. flacher Kuchen. Mit angetretenem n (älter-
fl^c n., engl fluke «Flunder», eig. «Flach- nhd, auch noch Flade) und Übergang zur
fisch». Urverwandt ist lat. plaga f. «Gegend», starken Flexion aus mhd. vlade m., ahd.
gr. TT^XaYoc n. «Meer», eig. «die Fläche», flado m. und flada f., ndl. vlade, via f. Das
abg. ploskü «breit» und weiter mit Wurzel- Wort stimmt der Lautverschiebung gemäß
variation, gr. -irXdH f. «Fläche, Ebene, Blach- mit dem Adj. aind. prthüs, gi*. -n-XaTÜc, lit.
feld, Platte, Tafel», TiXaKoüc m. «fiacher platüs «platt, breit» und gr. ttöXtoc m., lat.
Kuchen», lat. placenta f. «flacher Kuchen» puls f. «dicker Brei».
usw. S. auch blach, das in der Verbindung Flader, f. (PI. -n): hin- und herlaufende
Blachfeld aus flach dissimiliert ist. ABL. Holz-, Steinader. Spätmhd. vlader m. «Maser,
Fläche, f., mhd.vleche f. Damit zusammenges. geädertes Holz» (vom Ahorn, von der Eibe,
Flächeninhalt, m., von Zesen in der Über- Esche), dazu auch das Adj. vladerin, vlederin,
setzung von Dögens Baukunst crebildet. z. B. vlederin holz fbei Luther Hes. 27, 5
;

543 Fladuse Flasche 544

mnd. vlader m. «geädertes der eig. deutsche Ausdnick ahd.-mhd. louc


fladernholtz), ferner
Holz, Ahorn». vledern «flattern» m. (s. leuchten) verdrängt. ABL. flammen,
Zu mhd.
(s. Fledermaus) und liadern «flattern, flak- V., mhd. vlammen, auch ndl. vlammen. Da-
kern»; die hin- und hergehende Ader wurde von mit frequentativer Endung (vgl. flimmefrn)
der flackernden Flamme verghchen (äderiges flammeru (Bürger Des Pfarrers Tochter
Holz heißt auch flammig). ABL. fladerig, von Taubenhain Str. 2), auch mit Umlaut
adj. Bei Maaler 1561 fladerechtig. flämmern (Goethe Faust 3651), schon im
Eladuse, s. Flöte. Mrhein. des 14. .Jh. flAinimeren. flammig,
Flagge, f. (PI. -n) : große mhd. vlammic.
Schiff"sfahne. adj.,

Aus dem ndd. flagge f., ndl. vlag f., engl. Flammeri, m. (-s, PI. -s): kalter Pud-
flug, dän. fla^i (entlehnt) n., schwed. flagg m, ding. Neue Entlehnung aus engl, flummery
und flagga f. Im Hoehd. zuerst von Come- « Hafermehlbrei ».
nius 1640 als Flagge aufgefülu't, sonst im Flanell, m. (-s, PI. -e): ein leichtes
17. Jh. meist FlacheSchottel 1663 Wollenzeug. Zimächst aus engl, flannel, das
(aber
Flagge). Wohl von einem Stamm, auf dem gleichbed. franz. flanelle f., ital.
abgeleitet
der in engl, fl^g v. «schlaff hangen» vorliegt. fianella f. beruht, einer dimin. Ableitung
ABL. flaggen, v., das ndd. flaggen, dän. von airanz.flaine «Wollzeug». 1715 bei Ama-
flage, schwed. flagga, erst bei Campe. ranthes 547 Flannell.
Flakön, m. (-s, PI. -s): Riechfläschchen. Flanke, f. (PI. -n): Seite, Seitenlinie wo-
Das franz. flacon aus flascon, mlat. flasco von; Weiche, Bauchseite bei Tieren. Mit
m. (Gen. flusconis), s. Flasche. Im 18. Jh. Geschlechtswechsel aus franz. flanc, ital.
entlehnt. fianco m., das vielleicht auf ahd. hlanca
Flamberg, m. {-s, PL -e) : breites Schlacht- [f für h eingetreten),
mhd. lanke f., (noch
schwert (Th. Körner Leyer u. Schw. 7811.). 1678 bei Krämer Lanckenf. «Weiche, Lende»)
Frähnhd. (Aimon B 4^), urspr. Flamherge f. zurückgeht. Zuerst als Seitenwerk einer
(Gargantua 179), aus franz. flamherge f. Dies Festung (bei J. v. Wallhausen) belegt, von
ist unter volkstümlicher Anlehnung an flambe Krämer 1678 als Manche angeführt; Speran-

«Flamme» entstanden aus Flöberge, dem der 1728 hat Flanquen auch als «Seitenflügel
Eigennamen eines Schwertes. Weitere Ab- eines Regiments» und später erscheint es in
leitung unklar. der allgemeinen Bed. des franz. flanc. ABL.
Flame, f. (PI. -w), s. flankieren, v.: mit Seitenwerken versehen;
Flome.
flämisch, adj. u. adv.: verdrießlich, mür- einem Heere die Seite abgewinnen; sich
risch, ürspr. s. V. a. flandrisch, die jetzige umherbewegen, eig. an der Seite wovon.
Bed. läßt sich seit dem 17. Jh. nachweisen. Aus franz. flanquer. Schon 1599 ndl. bei
Der französische Einfluß, der sich seit dem Kilian, dann 1617 bei Wallhausen Corp. mil.
12. Jh. in Sitte, Tracht und Sprache Deutsch- 221 flanquiren, bei beiden als militärischer
lands geltend machte, wurde hauptsächlich Ausdruck verzeichnet.
durch das halb romanische, halb germanische Flaps, m. (-es, PI. -e): einfältiger Mensch
Flandern vermittelt, weshalb dann ein fein- (Kleist zerbroch. Krug 444). Aus dem Ndd.
gebildeter Mensch auch als Vloeminc be- Kindleben 1781 verzeichnet Flabbs «grober
zeichnet wurde. Die Nachahmung der vlä- Mensch», Danneil Flahhs «Lafie». Wahr-
mischen Sitte und Sprache (vlcemen, eig. scheinlich mit ableitendem -s (vgl. Taps,
«vlämisch sprechen») drang selbst in die nie- Schnaps, Klecks) zu Flabhe, Flappe «Maul»
deren Stände, bei denen sich die Zierlich- (s. d.) gebildet.
keit übel ausnahm und ins Lächerliche fiel, Flasche, f. (PI. -n)-. bauchiges Gefäß mit
daher dann das Adj. vloemisch «fein gebildet» engem Halse für Flüssigkeit. Mhd. vlasche,
in die Bed. «auf rohe Art prunkend, an- alem. u. rheinfränk. vlesche, ahd. flasca f.;

maßend», überspielt, woi'aus wohl die weitere dazu ndl. vlesch, ags. flasce, engl, flask, anord.-
Bed. «nach Herrenart verdrießlich, mürrisch» schwed. flaska, dän. flaske f. Aus mlat.
hervoi'gegangen ist. flasca, ital. flasca, afranz. flasche, dem Fem.
Flamme, f. (PI. -n): zur Höhe schlagen- zu mlat. flasco, ital. flasco. Vgl. Roethe
des Feuer. Mhd. vlamme f., auch m,, wie AfdA.23, 157. .ABL. Flaschner, m. Hand- :

andd. flamma, ndl. vlam f. entlehnt aus dem werker, der blecherne Flaschen macht; (in
gleichbed. lat. flamma f. Dadurch wurde Süddeutschland) Klempner. Spätmhd. ZUS.
545 Flaser Flanse 546

Flaschenfatter, n.: tragbares Flaschenbe- auch als Kaufmannsausdruck angefühi-t), ndl.


hältnis zu Keisen. Ln 17. Jh. (Fleming 582).
flauw (1599 bei Kilian) «ohnmächtig, schwach,
Flaschenzug, m.: Hebewerkzeug aus zwei blaß, bleich, gleichgültig», das auf afranz.
Flaschen oder Kolben. Bei Dentzler 1709. (picardisch und hennegauisch) flau, floi, nfranz,
Flaser, f. (Goethe XW. Schi-, 9, 60): wie flau zurückgeht; dies leitet man von dem
Flader (s. d.). Um 1480 flasir am schuch deutschen lau (s. d.), ahd. läo, fiüher hläo
^Schuhriemen» Voc. incip. teut. g 2^. Das (mit Übergang des h in f, s. Flanke) ab.
lautliche Verhältnis zu Flader ist dunkel. Im Hd. zuerst im 18. Jh. bei Winckelmann
ABL. flasern, v.: in geflasertes Holz, bei Bed, «matt» von einer
(t 1768) 5, 193 in der
Lohenstein Armin. 2, 317. von Adelung ins Wörterbuch
Farbe, 1775
Flatschen, m. (-s, PI. wie Sg.): breites laufgenommen; Heynatz 1796 führt es aber
Stück wovon, Haufen, Fetzen. Bei Lessing noch als ndsächs. Ausdruck an. ABL. flauen,
12, 518. 522. 523. In ndd. und md. Mund- |V.: flau sein, werden, Flauheit, f., ndl,
arten, auch als Flatsche, f. Mild, vlatsche, 1599 bei Kilian flauwheyd.
vletsche f. «Schwert mit breiter Klüige», wohl Flaum, m. (-5): die weichen Bauchfedern,
zu ahd. flaz «flach». Vgl. auch fletschen. der erste zarte Federwuchs der Vögel erster ;

Flatterie, f. (PI. -n): Schmeichelei. Bei Bartwuchs; weiche Wolle an Obst. Auch
Schiller Kab. u. L. 1, 5. Das gleichbed. franz. Flaume, (PI. -n)-. weiche Bauchfeder der
flatterie f., von fiaiter (s. flattieren). Vögel. ^Ihd. pflüme, in md. Quellen plünie
flattern, mit schnellem Aufundnieder-
v.: f. «Flaumfeder», wie ndl. pluim, ags. plimi
schlagen durch die Luft oder in ihi-
sich in plümfedere f. entlehnt aus dem gleichbed.
bewegen; sich unbeständig schnell hin- und lat. plmna f. Im neben
16. Jh. findet sich
herbewegen. Älternhd. fladern, bei Luther Flaum, Pflaum auch den Einfluß von
(diux-h
(Jer. 51, 27, Weish. 2, 3) fladdern, 1482 im Feder''!) Flaum (neben andern Formen bei
Voc. theut. il^ flader n «hell auflodera» (so Dasypodius, Maaler); doch erhält sich Pflaum
noch Schweiz.), spätmhd. (Fastnachtssp. 1277) I
bis ins 18. -Ih, (Frisch 1741 verzeichnet es
flatern; daneben erscheint mhd. in gleicher noch) und wird z, B, von Weiße, Wieland
Bed. vledern (s. Fledermaus) und vlodern Ob. 10, 22, Hölty 17, 82, J. M. Miller, Göckingk
(s. fl/ydern), im 16. Jh. auch flitteren, vgl. H. L. Wagner, Schiller (Raub. 1, 2)
(2, 51),
engl, flitter «flattern», flutter «flattern, flackerm) und Goethe 6, 43, (vgl. die Anmerkung) ge-
(aber ags. flx)trian ist zu fleotan «fließen» zu braucht, auch jetzt noch obd, ABL. flaumig,
\

stellen). Der Stamm gehört mit Falter (s. d.) adj,, im 18. Jh., bei Keisersberg Büg. 10^
zusammen, s. auch Flader. Stieler 1691 und pflumig, noch bei Schiller 13, 56 pflaumicht.
Steinbach 1734 führen noch fladern, Schottel ZUS. Flaumfeder, f., mhd. pflümveder f.,
1663 und Ludwig 1716 fladdern an, daneben ags. plUmfectere, noch bei Kant 8, 191 und
findet sich bei Maaler 1561 floderen, flotteren, Herder zur Rel. 5, 385 Pflaumfeder, flaum-
flutteren, auch bei Schottel 1663 flotteren, weich, adj.: weich wie Flaum.
flutter en und noch bei Ludwig 1716 flottern, Flaus, Flausch, m. {-es, PI. -e): Büschel
flattern. ABL. Flatterer, m. {-s, PI. wie Wolle; dickwolliger Rock. Aus mnd. vl^s,
Sg.), im 16. Jb. flatterhaft, adj., im I
vlüscli «Schaffell, zottiges Fell», 1475 clevisch
17. Jh. flatterig, adj., im 16. Jh. fladericht. fluesch (Teuthonista). Zu Vlies (s. d.). Frisch
ZUS. Flattergeist, m., bei Luther Flad- 1741 und Adelung kennen Flausch nur m
d ergeist. der 1. Bed., Kindleben 1781 führt aus der
flattieren, v. : schön tun, schmeicheln. Studentensprache Flausch als «eine Art be-
Aus dem gleichbed. franz. flatter, das auf quemer Überrock» (auch bei Heine
I 1, 26) an,
ein mlat. *fl^titare, eig. «anblasen» zurück- I
daneben ist auch die Form Flaus gebräuch-
geführt wird, abgeleitet von lat. m.
flatus 1
lieh. ZUS. FlausrOCk, m., bei Voß 2, 188.
«Hauch», Schon 1556 bei Frisius 44». 127^
Flause, f. (meist im PI. -n): unrichtiges,
I

ABL. Flattierer, m.: Schmeichler. 1556 irreführendes Vorgeben, Vorspiegelung, ins-


bei Frisius a. a. 0. Die ältre Form
besondere schwankartige.
flau, adj. u. adv.: matt, schlatf, mehrfach belegte, auch
schwach ist das im 17. Jh.
(auch von Waren hinsichtlich ihres Absatzes). jetzt noch mundartliche Fausen «Torheiten,
Aus dem gleichbed. ndd. flau (1767 im Bre- Albernheiten, Schnurren» (bei Krämer 1678
mischen Wörterb. als «lau, schal, kraftlos», und Rädlein 1711 seine Fausen haben «mond-
Weigaud, Deutsches Wörterbuch, 5. Aufl.
1

547 Flaute Fledermaus 548

süchtig sein»); dies berührt sich wieder mit Platz, Raumpunkt», spätmhd. auch «Stück
dem nordd. Fusen, Kunkelfusen «Ausflüchte, vom Magen oder Eingeweide» (s. Kuttelfleck),
Spiegelfechtereien, Schikanen», bei Stieler 443. ahd. flec (Gen. flecches) m. «Stück Zeug,
Die Grundbedeutung von Pause (Flause) Lappen». Das Wort gilt als identisch mit
dürfte «Büschel Haare oder Wolle, Flocke, dem folgenden, doch sind vielleicht ver-
Zotte» gewesen sein (vgl. Zote und Schweiz, schiedene Worte zusammengeflossen. Dazu
j

fausel m. «Büschel von Haaren oder Fasen»), mit Ablaut anord. flik f. «Lappen». ABL.
daraus hat sich die Bed. «Nan-heit, Albern- flecken, v.: durch einen aufgesetzten Fleck
heit, Vorspiegelung» entwickelt. Flause neben (Lappen) ausbessern; vom Flecke kommen,
Fluse 1781 bei Dähnert und bei Adelung. Im von statten gehen. Mhd. vlecken «vom Flecke
Schweiz.-Elsäss. ist Maus auch «Ohrfeige». schafi"en, fördern». S. auch flicken.
Flaute, jS'ebenform von Flöte (s. d.). -Fleck, m. (-es, PI. -e), meist Flecken,
.

Fläz (mit m. (-es, PL -e) dummgrober m. (-S, PI. wie Sg,): andersfarbige Stelle;
a), :

Mensch. In der Umgangssprache. Zuerst 1611 andersfarbige Stelle als Fehler. Mhd. vlec
bei Helvig 124: Flöetz als pommersches Dialekt- und mit schwacher Flexion vlecke, ahd.
wort aufgeführt, dann bei Schottel 1663 Flotz, fleccho, flecko m.; dazu ndl. vlek f., engl.
bei Stieler 1691 Flätz, Flötz «unverschämter fleck, anord. flekkr, schwed. fläck m. S. das
Mensch». Vielleicht zu mhd. vletzen «breit vorige Wort. Luther hat Fleck und Flecke,
da liegen oder lagern», abgeleitet von vletze woraus später mit angetretenem n und Über-
n. «Fußboden» (s. Fletz und Flöz), also eig. gang zur starken Flexion Flecken (Flecke
\

«der sich in flegelhafter Weise breit macht», noch Herder Cid Nr. 11); daneben erhält sich
j

bei Mathesius Luther (1576) 136^ sich fletz- die küi'zere Form Fleck, namentlich in Zu-
1

sehen, noch obersächs.-ndd. sich hinfläzen «sich sammensetzungen wie Schand-, Schmutzfleck.
\

breit hinsetzen oder legen». ABL. flecken, v.: Flecken geben, durch
Flechse, f. (PI. -n)-. spannende Muskel- andersfarbige Stellen zeichnen. fleckig,
und Gelenkfaser im Fleische. Erst im 17. Jh. fleckicht, adj.: Flecken habend. Mhd. vleckic
(bei Henisch 1616 Flechs), fmher dafür Flachs- und vleckeht (bei Boner Edelstein 96, 34
ader. Also von Flachs wegen der Feinheit Hds. B flekig) «andersfarbige Stellen habend,
des Fadens und des Bindenden. beschmutzt» (bei Luther mit geschwundenem
Flechte, f. (PI. -n): biegbares ineinan- ch flecket).
der Geschlungenes; geflechtartig sich aus- Flecken, m. (-s, PI. wie Sg.): Dorf städ-
dehnendes Laubmoos; geflechtartig um sich tischen Ansehens. Mhd. vlecke m., eins mit
greifender Hautausschlag. Mhd. vlehte f. in dem vorigen Flecken, mit angetretenem n.
der 1. Bed.; dazu got. (mit Ablaut) fl^hta f. Die jetzige Bed. kommt im 15. Jh. und
«geflochtenes Haar, Zopf». Von flechten, Luther vor (marktfleck schon am An-
bei
V. (Prät. flocht, Part, geflochten): ineinander 14. Jh. bei Ködiz 87, 24); sie ist
fang des
schlingend verbinden oder hervorbringen. Mhd. ebenso wie bei Ort (s. d.) entstanden. Auch
vlehten, ahd. and. flehtan; dazu andl. vlehten, ndl. vlek n.
anord. fletta. Übereinstimmend mit dem Fledermaus, f. (PL -mause): fliegende
gleichbed. lat. plectere, abg. plesti und ohne Maus. Bei Luther F. und Fleädermaus,
das ableitende t lat. plicäre «zusammenbiegen, mhd. vledet'müs, ahd. fledarmüs f., daneben
falten», gr. hX^kciv «schlingen, flechten», aind. fledaremustro; dazu ndl. vledermuis engl. f.",

pragnas m. «Geflecht, Korb», vgl. auch Flachs. flittermouse, im Ags. dagegen hreade- oder '

Das Prät. lautet mhd. vlaht, PI. vlähten, md. hreremüs f. Zu ahd. fledirön, mhd. vlederen-,
aber vluhten, mnd. vlehten, darauf geht der bayr. fledern «flattern (s. d.), mit den Flügeln
nhd. Sg, fl/>cht zurück, dessen sich schon schlagen» und Maus trotz Koegelldg. Forsch.
Luther bedient (flachte), während im Obd. 4, 319, Auch auf den Schmetterhng über-
anfangs flacht bleibt. Vereinzelt Übergang tragen, mhd. vledermüs «NachtschmetterHng,
zur schwachen Flexion. Motte», 1469 im Voc. ex quo fleddermusche,
^
Fleck, m. (-es, PI. -e): Stück eines aber von der Maus fleddermuße, bei Alberus
Ganzen; Stück Zeug, Lappen; Raumpunkt dict. X X 3^ fledermausz, odder zweyfalter,
(selten als n. z. B. Schiller Turandot 2, 4, fleugt inns Hecht, noch in der hess. Provinz
Goethe 18, 29). Mhd. vlec, auch vlecke m. Starkenburg, wo dann für die eigenthche
«Zeugstück, Lappen, Fetzen, Stück Land, Fledermaus die Benennung Speckmaus gilt
:

549 Flederwisch Fleiß 550

(s. d.). Dazu elsäss. Fledermäusel, tirol. flättr- Aus dem Part. Präs. gebildet (wie hoffentlich,
j

maus «Schmetterling». wissentlich). ,

Flederwisch, m. {-es, PI. -e): Gänse- flei(h)en, v. in Ordnung bringen, putzen,


\
:

flügel zum Abwischen. Mhd. vederwisch m., dialektisch im Nordd., besonders in der Zu-
bei Keisersberg federwüsch, bei Luther fedder- sammensetzung sich auffleie7i. Aus nd. flien,
ivüsch; dazu ndl. vederwisch f. Das l ist as. {gi)flllian «den Sinn auf etwas richten»,
eingeschoben (wie in Mause, Geflügel) mit ndl. vlijen, fries. flie «ordnen».
Anlehnung au fledern, gleichsam «Wisch zum Fleisch, n. (-es): die weiche Masse des
Abfächeln», zuerst im 15. Jh. (Fastnachtssp. tierischen Körpers, dann die saftige Masse
73, 9). Bei Goethe Faust 3706 verächtlich der Pflanzen. Mhd. vleisch, ahd. fleisk n.,
für Degen. dazu asächs. flesc, ndl. vleesch, afries. fläsc,
Flegel, m. (-S,wie Sg.) Stab mitKlöpfel ags. flcesc n., engl, flesh. Die urspr. Bedeutung
PI. :

zum Ausschlagen; derber, grober scheint «fettes Fleisch» zu sein, da anord.


(bildlichj
Mensch (vgl. Bengel). In der eig. Bed. mhd. flesk n. «Schinken, Speck», schwed. fläsk, dän.
vlegel (Nebenform phlegel noch 1615 beiMesser- fleskn. «Speck» bezeichnet. Weiter sind wohl
schmid lust. Narrheit 175, ndd.plegel), ahd.flegil verwandt anord. flikki n., ags. flicce n., engl.

m. dazu ndl. vlegel, ags. fligel m., engl, flau, ,flitch «Speckseite».
; Denselben Stamm ent-
wahrscheinlich entlehnt aus lat. flagellum n. I
halten möglicherweise lit. pältis «Speckseite»,
«Peitsche», um auch «Dresch- abg. plütü m. «Fleisch». ABL. fleischen,
400 n. Chr.
stab», wotier auch franz. ^eaM, afranz. ^aeZ m. V.: Fleisch ablösen; Fleisch abschaben; mit
«Dreschflegel». Das ältre deutsche "Wort Fleisch versehen; fleischliche Gestalt an-
dafür ist Zh'ischel (s. d.). Die Bed. «Grobian» nehmen; mhd. vleischen, ahd. fleiscön in zu-
(1551 bei Scheidt Grob. 3129) urspr. wohl ^mcöw «zei-fleischen». Fleischer, m.: der I

vom Bauern, der den Dreschflegel handhabt, handwerksmäßig Vieh schlachtet und das '

bei H. Sachs 14, 61, ist Flegel Bauera- Fleisch zum Verkauf aushaut. In Norddeutsch-
name. ABL. Flegelei, f 1678 bei Krämer. land (süddeutsch Metzger). 1470 fleischet' in
,

flegelhaft, adj., 1691 bei Stieler. ZUS. Diefenbachs mlat.-hd.-böhm. Wbch, 61, da-

Flegeljahr, n., gewöhnlich im PI.: die sregfen bezeichnet mhd. im 14. Jh. vleischer
Jahre jugendlicher Ungesittetheit, 1804 durch «den Henker», während man den Schlächter
J. Pauls gleichnamiges Werk eingebürgert, vleischhouwer, fleischouwe^- oder vleischhacker,
ZfdW.9, 280 aus dem J.1788 belegt. flegeln, auch fleischel m. nannte. Dazu Flcischcr-
V.: dreschen, mhd. vlegelen, im 16. Jh. in gang, m.: vergebliche]- Gang (weil der
Übertrag. Bed. «schlagen», 1716 bei Ludwig Fleischer nach Kälbern oft vergebens über
«jem. Flegel heißen»; intr. «Flegeleien fleischern, adj.:
be- Land geht), 171 1 beiPädlein.
gehen», bei Voß 4, 44: refl. Luther (Hesek.
«sich bäurisch aus Fleisch bestehend, bei
benehmen». 11, 19. 36, 26), mhd. dagegen vleischin, ahd.

flehen, v.: angelegentlich, inbrünstig, de- fleisMn. fleischig, adj., auch fleischicht,
mütig bitten. Mhd. vlehen, vlegen, ahd. flehön, spätmhd. vleischic «fett», fleischlich, adj. ^

flehan «schmeicheln, freundlich zureden», körperlich; sinnlich; mhd. vleischlich, ahd.


dazu and. flehon «liebkosen, schmeicheln», fleisclich, dazu and. fleskUk, afries. fldsklic,

got. gaplaihan <' freundlich zureden, liebkosen, ags. flcesclü. .Z'ZJS. Fleischbank, f: Schlacht-
trösten», gaßlaihts f. bank, Schlachthaus, mhd. vleischhanc. Fleisch-
«freundliches Zureden,
Trost», anord. flär, ags. fläh «falsch, hinter- brühe, f 1482 im Voc. theut. h 7*^ flaischpru, ,

listig». Unbekannter Herkunft, kaum mit bei Steinhöwel 221 flaischhrü. Fleischfarbe,
Osthoff Btr. 13, 399 zu gr. XaiKdc «Hure», f., 1616 bei Henisch. fleischfjirben, adj.,

lät. lena f. «Kupplerin», vgl. Walde s.v. Die 1711 bei Kädlein fleisch farh. Fleischtopf,
Person, zu der man fleht, steht mhd. im m., bei Luther (2. Mos. 16, 3).
bloßen Dat. oder Akk., dies hat sich bei Fleiß, m. (-es) worauf verwandte eifrige '
:

Dichtem neuere Zeit erhalten, der sorgfältige Tätigkeit. Mhd. vli§, ahd. vlig m.
bis in :

Dativ z. B. bei Klopstock Mess. 4, 182, Wie- «Eifer, Sorgfalt»; dazu asächs. y^f^m. «Kampf,
land 28, 7, der Akk. bei Schiller Karlos 1, 2. Kampfeifer», ndl. vlijt f «Fleiß», ags. flit n.
ABL. flehentlich, adj., mhd. vlehelich, auch «Ärgernis, Streit». Vielleicht mit lat. lis, litis
flehentlich, bei Luther flehlich, 1616 beiHenisct 'f., alat. s^fe «Streit, Zank» zu verbinden mit

fleh-, fl.ehenlich, 1691 bei Stieler flehendlich. s-losem Anlaut und anderm Auslaut (aus -tnT).
35*
551 flektieren fliehen 552

Dazu fleißeu, V. (Rom. 15, 20), jetzt befleißen bei Duez. Flickwerk, n., im 15. Jh. in
(s. d.), rnhd. vligen, ahd. fli^an «Sorgfalt den Fastnachtsp. 793, 10. Flickwort, n.,

woran wenden», and. andflitan« sich bemühen, 1641 bei Schottel 360.
streben», ags. ^?faw «kämpfen, streiten», engl. Flieder, m. (-s) der Holunder, sambueus
:

fiite «zanken, streiten». ABL. fleißig, adj., nigra. Aus dem Ndd. 1616 bei Henisch
mhd. vltgec, ahd. flipc, mndl. vlitech. Davon Fiederbaum und Fliederbeer, 1574 bei Fischart
älternhd. fleißigen, V. refl., bei Luther, mhd. Onomast. 192 Flidder, Flier, Vlierbaum, mnd.
vlizigen, heute sich befleißigen. vleder, 1420 bei Diefenbach Gl. 509 '^
vlieder,
flektieren, v.-. biegen, insbes. ein Wort. 1599 ebenfalls als nd. bei Kilian 626^ vledder,
Erst spät im 18. JTh. Aus gleichbed. lat. ndl. vlier. Dunklen Urspinmgs. A.ucb auf
fledere. die Syringe übertragen, 1741 bei Frisch
flennen, v.: mit verzogenem Munde weinen spanischer Flieder.
(Schiller Raub. 1, 2). Eig. den Mund ver- Fliege, f. (PI. -w): das geflügelte Insekt
ziehen, zum Hohnlachen (Lohenstein Ibra- lat. musca. Mhd. vliege, ahd. flioga, fliega,
him 2) oder zum Weinen, ahd. flammen «den and. fliega, ndl. vlieg, ags. fleoge f., engl, fly,
Mund verziehen», neben mhd. vlans m. «Maul». aber auch ahd. als Nebenform fliuga, mhd.
Unbekannter Herkunft. 1540 bei Alberus fliuga, fleuge, älternhd. fleug, 1537 bei Dasy-
dict. Ji 3'^ ich flenn «strecke die Zunge heraus», podius T 1^ flieg, mit kurzem Vokal anord.
1559 bei S. Franck verbütschiert Buch 145*^ fluga, schwed. fluga f., dän. flue. Von fliegen,
flannen «weinen», in gleicher Bed. 1691 bei V. (Prät. flog,schwingend
Part, geflogen) : sich
Stieler flennen neben dem Subst. Flanner m. und schwebend durch die Luft bewegen und
S. Flunsch. von derselben getragen werden. Mhd. vliegen,
Flet, n. {-es, PI. -e), auch Flete f. (PL -n) ahd. fliugan, fliogan; dazu ndl. vliegen, afries.
:

schiffbarer Kanal der Stadt. Aus mnd. vlet n. flioga, ags. fleogan, engl, fly, anord. fljüga,
«Fluß, Rinnsal», von mnd. vielen «fließen». schwed. flyga, dän. flyve. Obwohl infolge
Bei Adelung flethe f. S. Fließ. ilirer Begriffsverwandtschaft bis in neuere
fletschen, v.: ins Breite dehnen; flach, breit Zeit oft miteinander vermengt (Luther 5, 294^,
schlagen; die Zähne zeigen. Mhd. vletschen Spr. Sal. 23, 5, Schiller 8, 167), sind fliegen
«die Zähne zeigen», vletzen «ausbreiten», zu und fliehen etymologisch nicht verwandt, wie
ahd. flaz «flach, platt». S. Flöz, Fläz. ZUS. der urspr. Anlaut im got. pliuhan «fliehen»
FletSChzahn, m. hervorstehender, von der und im got. Faktitiv usflaugjan «emporfliegen
:

Lippe nicht bedeckter Zahn. machen» zeigt. Etymologisch ist das Wort
Fletz, n., selten m. (-es, PI. -e): Fuß- nicht sicher aufgeklärt. Einige stellen es
boden, Hausflur. Altemhd. und noch in zu lat. plüma f. «Flaumfeder, Flaum», lit.
Bayern. S. Flöz. plünksna f. «Feder», vgl. Walde s. v. Andre
Flexion, f. (PI. -en): Biegung, insbes. denken an Ableitung von einer Wz. plu
Veränderung eines Wortes zur Bezeichnung «fließen» (s. d.). Das Präs. flektiert in der
grammatischer Verhältnisse. Erst spät im 2. und 3. Sing, älternhd. bis in die 2. Hälfte
18. Jh., aus lat. flexio f. «Biegung» (nur in des 18. Jh. und noch dichterisch im 19. Jh.

1. Bed.), von lat. flectere «biegen». S. flektieren. fleugst, fleugt (Wieland Idr. 114, Schiller Teil
Flihüstier, m. {-s, PI. wie Sg.): See- 3, 1), der Imp. fleug (Lessing 1, 101, ühland
räuber. In der zweiten Hälfte des 17. Jh. 173), entsprechend dem mhd. vliugest, vliuget,
auf den Antillen so benannt nach den leichten vliuc; das Prät. mhd. vlouc, PI. vlugen, md.
Schiffen, den Flibusten, deren sich diese Frei- vlöc, vlög, danach die nhd. Formen fl/)g, PI.
beuter bedienten. Flihuste, f., aus engl. flogen gebildet. ZUS. Fliegengott, m.:
fiy-boat «fliegendes Eilboot», franz. flibot m., Bezeichnung des Teufels nach der Übersetzung
hoU. vlieboot. von Beelzebub in der Septuaginta.
Flicken, m. wie Sg.),
(-«, Pl. daneben fliehen, v. (Prät. floh, Part, geflohen) :_
Flicke, m. {-n, Stück Zeug zum sich schnell wovor fortbewegen, davonmachen
PI. -n):
Ausbessern. Aus nd.flikke. 1775 bei Adelung. (mit sein, doch trans. mit haben). Mhd.
Von flicken, v. eine schadhafte Stelle aus- vliehen, ahd. fliohan; dazu asächs. fliohan,
:

bessern, mhd. vlicken «einen Fleck (Lappen) ndl. vlien, ge^fv^öhnlich vlieden, afries. flia,
aufsetzen», s. -^ Fleck. Dazu Flicker, m., ags. fleon, engl, flee, anord. fiyja, schwed. fly,
bei Luther Tischr. 200^; Flickerei, f., 1664 dän. fly, got. mit urspr. p im Anlaut pliuhan
:

553 Fliese FUnte 554

(s. fliegen), fliehen ist von Osthoff Btr. 13, Aderlassen. Spätmhd. vliete, flieten, im 12. Jh.
412 zu lit. lekiü, lekti «fliegen», lett. lecu, lekt fliedeme, ahd. fliedema, fliodema f., dazu ags.
«springen, hüpfen»,lat. locusta «Heuschrecke» flytme f. aus gleichbed. gr.-mlat. fleotomum n.,

denen ein Dental im Anlaut ver- gr.-lat. Phlebotomus m., von gr, (pXevjj, Gen.
gestellt, bei
loren gegangen sein kann. Der abweichende (pXeßöc f. «Blutader», xeinveiv «schneiden».
VokaUsmus (auch in got.j5Za/jsjaw«erschrecken») flimnieil, V.: zitternden Schein, Lichtblitze
beruht entweder auf germanischer Neuerung von sich geben. Erst im 18. Jh. im Ablaut
oder ist im Idg. entstanden. Die beiden zu flammen entstanden (Zachariä, Bürger 237
Worte verhielten sich wie gr. qpeßonai zu es flimmt und flammt). Dazu das gleichbed.
cpeuYuu. Die 2. und 3. Sing, des Präs. lautet flimmeru,v., 1696 bei Reuter Schelmufsky65
ältemhd. und dichterisch bis in die Neu- {es flimmerte undflammerte): femer Flimmer,
zeit fleuchst, fleucht (Klopstock, Voß), der m.: beweglicher Glanz, zitternd glänzendes
Imp. fleuch (Schiller Käub. 3, 1) entsprechend Metallteilchen, 1734 bei Steinbach in Gold-
dem mhd. vliuhest, vliuhet, vliuch; das Prät. flimmer, 1741 bei Frisch «eine glänzende
mhd. vloch, PI. vluhen, noch ältemhd. im Berg-Art, die taub und ohne Halt ist».
16. Jh. floch ältermd. vlö und
und flouch, Flinder, m. {-s, PL wie Sg.): dünnes
danach die nhd. Formen floh (daneben flöhe, flimmerndes Metallplättchen. Zuerst nach-
bei Luther und noch bei Schiller Karlos 1965), weisbar in einem Bericht von 1473 (Neue
PL flohen. Mitteilungen des thüring.-sächs, Vereins 2, 84):
Fliese, f. dünne viereckige Stein-, mit t bei Goethe W. Meister 2, 4 Flinter.
(PI. -n)-.
Tonplatte zur Bekleidung von Fußböden und Wie flandern neben flattern (Schmeller - 1, 792),
Wänden. 1681 bei Scriver Seelenschatz 1, 700, so Flinde)^ neben Flitter (s. d.), flinde^ni
aus dem gleichbed. nd. flise, ndl. vlijs, anord. («flattem, in kleinen Stückchen umherfliegen»,
flis f., schwed.-dän. flis «Spütter, Stück». H. Sachs 9, 448, mhd, vervlindern «verflat-
Vielleicht verwandt mit ir. sliss «Schnitzel» tern, verlöschen») neben flittern, s, d.
aus *s(p)lissi. flink, adj.: munter und mit Leichtigkeit
Fließ, m. n. {-es, PI. -e): kleiner Fluß. geschwind. Aus dem Nd. 1691 bei Stieler,
Mhd, vlie§ m. n., mnd. vlet (s. Fleet), ndl. ndl. flink; aber 1716 bei Ludwig in der urspr.
vliet m. Von fließen, V. (Prät. floß, Konj. Bed. «glänzend». Von flinken, v.: flimmern,
flösse, Part, geflossen): 1) mit sein: bei eigner glänzen, 1663 bei Schottel (dazu mhd. kupfer-
Beweglichkeit in den Teilen zusammenhangend vlinke m. «flimmerndes Kupferschüppchen»,
sich fortbewegen; von solchem sich Fortbe- bayr. fla7ik, flunken m. «Funke»). Daraus
wegenden mitbewegt werden. 2) mit haben: erweitert flinkem, v.: Lichtblitze von sich
solches sich Fortbewegende von sich ausgehen geben (und so ins Auge fallen), 1640 bei
lassen {sein Auge hat von Tränen geflossen). Zesen Helicon R3^, 1796 von Heynatz als
Mhd. vliegen, ahd. flio^an dazu asächs. fliotan, niedersächs. bezeichnet, bei Schiller WaUenst.
;

mnd. vielen, ndl. vlieten, afries. fliata, ags. Lag. 3; vgl. flunkern. Dazu Flinker, m.
fleotan, engl, fleet, anord. fljöta, schwed. flyta, {-s, PL wie Sg.): flimmernder Schmuck, bei
dän. flyde. Das Wort gehört zu Ht. plüstu Wieland 18, 140, Dim. Flinkerchen n.
Prät. pludau «ich gerate ins Schwimmen», Flins, m. {-es, PL -e): Name mehrerer
lett. plüdlt «ergießen, strömen», air. im-luadi Steinarten. Mhd, vlins m., ahd. flins m.
«exagitat» und weiter zu gr. ttX^uu «schiffe, «Feuerstein, Kiesel, Fels», s. Flinte.
fahre», lat. pluit «regnet» usw. Das Präs. Flinse, f. (PL -n): Läppchen als Abfall
flektiert in der 2. und 3. Sing, ältemhd. und beim Zuschneiden. Aus dem gleichbed. nd.
noch altertümlich fleußest, fleußt (Hagedom Flinse m., auch «Schnitzel».
Od. 47, Wieland, Bürger), der Imp. fleuß, Flinte, f. (PL -n): Schießgewehr mit
entsprechend dem mhd. vliuhest, vliuhet, vliuß; langem Rohre, 1663 bei Schottel. Von
das Prät. mhd. vlog, PI. vlu^^en, nach dem engl, flint, ags. flint, mnd. vlint, mhd. vlins,
Sing, der nhd. PI. flössen. ahd. flins m. «Feuerstein, Kiesel», die zu gr.
Fließpapier, n.: fließendes, empfangene ttXivGoc m., air. slind «Ziegel», aind. pitidas
Tinte sich ausbreiten lassendes Papier. m. «runde Masse, Klumpen» gehören, vgl.
1541
bei Frisius s. v. hibulus Flüßpapyr, Liden Stud. 18. Der Name kam auf, nach-
1561 bei
Maaler Fließpapyr. dem das Schießgewehr, das man sonst mittels
Fliete, f. (PI. -n): scharfes Eisen zum eines mit einer Lunte versehenen Rades los-
:

555 flirren Floh 556

gebrannt hatte, mit einem Steinsclilosse ver- sind Kußtvoche, Zärtelwoche , bayr. Kuder-
j

sehen worden war, in das ein Feuerstein woche,\onkudern«'\ncherny>, Schweiz. Trütler-


1

(Homstein) eingefügt war, eine französische ivoche, von trüteln. «liebkosen».


.

Ei-findung um 1630, franz. fiisil ä silex, engl. Flittich, m. {-s, PI. -e): Flügel, Fittich
flint-lock, flint-musket (sächs. Weichbildrecht 165, 40); Rockzipfel.

flirren, v.: in Zitterlicht, lichtblitzend In Mittel- und Oberdeutschland aus Fittich


auf- und abschweben. 1663 bei Schottel in unter Einfluß von fliegen, Flügel.
der Bed. «hin- und herflattem». Zu diesem j
Flitzbogen, m. {-s, PI. wie Sg.): Bogen
Stamm Flirt, m.(-5): Courmacherei, Liebelei; zu leichten Pfeilen. Ältemhd. flischbogen
Lehnwort aus engl, flirt. Um 1890 aufge- (Zimm. Chron. 2, 474, 10, flitschhogen 1556
kommen. Vgl. Ladendorf. bei H. Stade 187), auch pflitsch-, pflitzbogen,
flispern, v.: flüstern, von Adelung er- nd. flitzbagen bei Chj'träus 1582, ndl. flitsboog,
wähnt, bei Tieck romant. Dicht. 2, 474. Vgl. zusammengesetzt mit älternhd. mnd. flitsch,
fispern. flitsche, flitz, ältemltd. auch pflitsche f., ndl.
flistern, s. flüstern. flits m. «Pfeü» (auch tautologisch flitzenpfeil

Flitter, m. (-5, PI. wie Sg.), auch f. H. Sachs bei Liliencron 4, 168, flitzpfeil
(PI. -n): leichtes (fliegendes) dünnes, Zitter- Fronsperger Kriegsb. 1, 138^, Fitschepfeil
licht werfendes Gold-, Silber-, Messingblech- Rückert Ged. 3, 267), das auf franz. fleche,
Stückchen; gehaltloser Schimmer fürs Auge. afranz. flesche f. «Pfeil» zurückgeht, dessen
Vgl. Minder. Die urspr. Bed. ist «unruhig Herkunft nicht bekannt ist.
glänzendes Metallblättchen» (flammule, flittern flitzen, V.: sich pfeilschnell bewegen.
1517 bei Trochus L4% die flittern als heubt- Erst in der neuem Sprache. Von älternhd.
schmuck bei Luther Jes. 3, 20), dann vom flitz f. «Pfeib (s. Flitzbogen). Schweiz, flitschen
Ende des 16. bis ins 18. Jh. «kleine blinkende «schwin-en wie ein Pfeil, wie ein Peitschen-
Blechmünze», im 17. Jh. auch Benennung schlag» (schon bei Frisius und Maaler), hess.
des Zittei-grases [Flittern, Flittergras 1663 flitschen (schon 1556 bei H. Stade 172), flitzen
bei Schottel 1318), endlich abstrakt im 18. Jh. «mit Pfeilen schießen».
(Klopstock 12, 186); dän.-schwed. flitter v. Flocke, f. (PI. -n) Büschel leichten Stoffes, :

aus dem Deutschen. Von flittern, v.: sich z. B. der Wolle, des Haares, Schnees usw.
unstät hin- und herbewegen (im 15. Jh. Noch bei Steinbach 1734 und bei Frisch 1741
fiyttern «flattern», von Schwänen, Altd. Wälder Mast., mhd. vlocke, ahd. floccho m.: dazu
1, 133, vom Zittern Espenlaubs 1595
des ndl. vlok f., engl, flock, (entlehnt) dän. flx)kke,
bei Rollenhagen Froschm. 2, 4, 2, dazu mengl. schwed. flocka. Vielleicht aus gleichbed. lat.
fliteren «flattern»), daher unruhig glänzen ^occMSm., möglicherweise aber echt germanisch
(im 18. Jh.). In der altem Sprache flittren und dann wohl zu fliegen. ABL. flocken, v.

«flüstern» (Diefenbach mlat.-hochd.-böhm.Wb. in Flocken niederfallen, sich absondern usw.,


266 vom J. 1470), im 14. Jh. md.
flettern 1616 bei Henisch. flockicht, flockig, adj.
«leise lachen, kichern» (MoneSchausp. u. adv.: flockenförmig.
altd. Bei Henisch 1616
154,344), wovon md. gevlittern. «unterdrücktes flockig, bei Steinbach 1734 flockicht.
Gelächter» (Jeroschin 7884); ahd. mit weitrer flodern, v. (1517 bei Keisersberg Brösa7nlin
Ableitung flitarazzan «liebkosen, schmeicheln», 2, 91 ^ noch bei Schiller 1, 230), s. flattern.
wonach flittern vielleicht urspr. auch s. v. a. Floh, m. {-es, PI. Flöhe): das springende
«mit einem dem Zittern ähnlichen Bewegen Insekt lat. pulex. Bei Luther 1. Sam. 24, 15
der Flügel schöntun», nochbeiH.Sachs(l,320^) und noch 1722 bei Freyer 251 Floch, mhd.
^2f#ern«liebkosen,schmeicheln». ZZ7/S. Flitter- vlöch m. und mit geschwundenem Auslaut
gold, n. {-es): in dünne Blättchen geschla- vlo f. (noch nhd. bei Dusch sowie Schweiz.
genes Messing, Rauschgold. Bei Stieler 1691. Floh f.), ahd. flöh m.: dazu mnd. vlo f., ndl.
Flitterpappel, f. (PI. -n): Zitterespe. 1775 vloo f., ags. fleak, flea f. (?), engl, flea, anord'.
bei Adelung. Flitterstaat, m. {-es): mit flö f. Das Wort wird gewöhnlich abgeleitet
Flittern besetzter, eitler Putz. Bei Lessing von ahd. fliohan, got. ßliuhan «fliehen», die
6, 238. Flitterwoche, f. (PI. -n): die erste urspr. Bed. also «der Flüchtige, schnell Fort-
Woche Vermählter nach ihrer Hochzeit, die springende». Eher wird man aber lat. püIex
«Kosewoche». Zu flittern «liebkosen» (s. 0.). m. vergleichen, das allein steht und auf ein
Bei H. Sachs (l, 388"^). Ähnliche Benennungen *poulek zurückgeht, während das germ. Wort
00/ Flom Floß 558

auf *plouk weist. ABL. flohen, flohen, v.: 1825 nachgewiesen, gleichzeitig bei Haufi"
Flöhe suchen und fangen. Bei Henisch 1616 Memoiren des Satan 51.

flöheyi, bei Ki-ämer 1678 flohen. ZUS. Flöh- ^Florett, m. (-S, PI. -e): das obere grobe
krant, n. (-es): Polei, mentha pulegium, Gespinst des Seiden wurms; Abfall von guter
und andre Pflanzen, weil sie zur Vertilgxing Seide. 1678 bei Krämer Floret, wohl aus
der Flöhe dienten oder die Samen wie Flöhe gleichbed. ndl. floret f. (bei Henisch in der
aussehen oder die Blätter wie mit Flohstichen Form Floröte), das aus dem gleichbed. franz.
besprengt erscheinen. 1495 bei Brack 53^ m. (1466 mlat. floretum n.) aufge-
fleiiret

flohenkraut,lblQ heiVimeisknus X8^ fiöchkrant. nommen wurde, von franz. fl.eiir f. «Blume»
Flom, m. {-[e]s, PI. -en), auch Flaum in der Bed. «Abfall und Ausschuß des Ge-
und Flomen f-s): Bauch- und Xierenfett spinstes der Seidenraupe». ZUS. Florett-
des Schweines. In Norddeutschland. Da- band, n. {-es, PI. -Milder) Band von Florett- :

neben md. fleme, mhd. flcetne f. «innere Fett- seide, bei Ludwig 1716 Forethand. Florett-
haut», Schweiz, flamme f. «Seite Schwein- seide, f.: Flock-, Kauhseide, 1678 bei Krämer
schmalz, wie man sie vom Tier abzieht». Floretseide.
Dunkler Herkunft. -Florett, n. (-5, PI. -e u. -S): Stoßdegen
•^Flor, m. {-es): Blüte, Blütenzustand, zu Fechtübungen. 1678 bei Krämer Floret,
Blumenfülle. Im 16. Jh. in aller flore sein 1742 bei Trichter Eeitlex. 804 Foret. Aus
Zimm. Chr. 4, 256, 29, in bester Flom stehn gleichbed. fi-anz. fleuret, ital. fioretto, span.
1588 bei J. Nas Glocke z. Erfurt 46, 1616 florete m., so benannt wegen des blümchen-
bei H. Ülr. Kralft 71 in flors Zeiten, bei ähnlichen Knöpfchens an der Spitze, zu lat.

Krämer 1678 im F. gehen, aus in flwe,


lat. flos m. (Gen. flöris) «Blume».
Ablativ von flos m. t Blume, Blüte». All- Floribus, s. ^For.
gemeiner erst im 18. Jh. Aber schon mhd. florieren, v.: blühen, in Aufnahme, ge-
flore, flörie, ftöri f. aus dem Französ. ent- feiertem Ansehen sein. 1639 bei Micrälius
lehnt (Wolfi-am Parz. 796, 5). Auch im Plur. 1, 92, ndl. floreren bei Küian 1599. Aus lat.

in Floribus: «im Blütenzustand, im größten flörere «blühen», von lat. flos m. «Blüte»;
Wohlleben» f Fischart Garg. Moscherosch daneben mlat. florare «mit Blumen zieren»,
149,
Phil. 2, 235), ursprünglich studentisch, wie woraus mhd. florieren «blühen machen, zieren»,
man denn 1690 in der Studentensprache, noch bei H. Sachs 9, 160.
wenn bei Biergelagen das Bierglas nach dem Florin, m. {-s, PI. -e u. -.s): Gulden.
Trinkkomment so geschickt ausgetrunken Aus mlat. florenus, florimcs m. (woher itaL
wurde, daß es «von unten bis oben voller Schaum fiorino, franz.-span. floriii m.), die zuerst in
und kleiner Blümlein geblieben», einen solchen Florenz mit dem Wappen der Stadt, der
Trunk in Foribus nannte (TN'urm-Logia 62); Lüie (ital. fiordaliso m., dessen fior aus lat.
dann allgemein 1728 bei Sperander. flos m. «Blume») geprägte Goldmünze, mhd.
^Flor, m. {-es, PI. Flore, Fore): ein am Anfang des 14. -Jh. phenninge guldxn, die
dünnes durchsichtiges Gewebe, besonders da hei^ent florin Ottokar 34665. Von F. da?
schwarz zum Zeichen der Trauer (schon bei Kürzungszeichen fl.
P. Fleming 309). 1650 bei Moscherosch Phil. Floskel, f. (PL -n): Redeblume, zierliche
1, 44 Für, nach dem gleichbed. ndl. floers n., Redensart. Aus der Studentensprache (1781
das, wie es scheint, auf den franz. Plur. fleurs bei Kindleben) allgemeiner geworden. Von
f. «Blumen», bildlich «die feinste, dünnste Sorte» lat. floscuhis m. «Blümchen», dann «Rede-

(aus lat. flos m.. Gen. flöris m.) zurückgeht, zierUchkeit», dem Diminutiv des lat. flos m.
vgl. auch ^Florett. ABL. floren, adj. (bayr. «Blume».
flören): aus Flor bestehend, erst im 18. Jh. ^Floß, n. {-es, PI. Föße mit langem o),
ZUS. Florband, n. {-es, PI. -händer): flor- auch m. (Schiller 11, 297): zusammengefügte
ähnliches gestreiftes Band, 1716 bei Ludwig. Baumstämme zum Weiterführen auf fließen-
Flora, f. (PI. Foren): die Blumenwelt dem Wasser; (dichterisch) Schifi". Mhd. vlo^
eines Landes. Aus lat. Flora f. «Name der m. und n. «Fluß, Strömung, Wasserfahrzeug»,
Blumengöttin». 1813 bei Campe. ahd. flo^ m. «Fließendes, Boot, Barke», fl6§-
:

Florbeseu, m. {-s, PI. wie Sg.): Mädchen scef «Floßschifi». Daneben Fotz m, 1537
.

vornehmer Eltern. Zu student. For m. *vor- bei Dasypodius, noch 1678 bei Krämer. Zu
\

nehme Damen». Aus der Studentensprache '

fließen (s. d.).


559 Floß Flotflle 560

-Floß, n. flöten in f. gehen: verloren gehen; sich


(Gen. Flosses, PI. Flösser, mit
kurzem o): kleines fließendes Wasser (wetter-
;
dem Staube machen. Erst im 18. Jh.,
aus
auiscli) Straßeni-inne, Gosse. In der 1. Bed. zunächst nd. fleuten gähn (1743 bei Richey 9),
1540 bei Alberus, md. 1326 vlo^ Baur hess. dagegen in der Wetterau plete gehn. üm-
Urk. 1, 289. Zu fließen (s. d.). deutschung des jüdischdeutschen pleite gehn
Flosse, f. (PI. -n): grätenvolle federartige «flüchtig sich fortmachen», dessen j?Zeiie (spr.
Schwimrahaut des Fisches: schwimmender plätte) das jüdische pletö «Flucht» ist, von
Kork am Saume des Zugnetzes; burschikos hebr. pälät «er ist entwischt».
auch «Hand». In der 1. Bed, mhd. vlo§^e, flott, adj.: schwimmend (vom Schiffe);
ahd.floß^at, von fließen «schwimmen». ZUS. (bildHch) reichlich aufwendend, d. h. gleich-
Floßfeder, f. (PI. -n) Fischflosse. Spätmhd. sam obenauf schwimmend, lebensfroh, flink.
-.

im 15. Jh. vlogvedei'e, and. bloß vethera f. In der 1. Bed. 1716 bei Ludwig flott seyn,
Flöße, f. (PI. -n) Floß, zusammengefügte floß seyn «nicht am Gmnde festsitzen», 1695 in
:

Baumstämme als Wasserfahrzeug; Anstalt Stielers Zeitungslust «flott werden», aus nd.
zum Fortschafi"en von Holz auf fließenden flot, ndl. vlot «auf dem Wasser treibend,
Gewässern und das Recht dazu. Bei Luther schwimmend, fließend», von fließen (s. d.),
Flösse «Floß», um 1480 Floße «Floß» Yoc. nd. fleten, ndl. vlieten. Die 2. Bed. aus der
ine. teut. g2^, aber 1482 Flose «Gewässer Studentensprache in der 2. Hälfte des 18. Jh.
zum Fortschafi'en der Flößen», mlat. traduc- allgemein geworden (1769 bei Bode Yorick
torium Voc. theut. i 1% nd. flöte f. Von 4, 100). ABL. flotten, V.: flott machen:
flößen, V.: fließen machen, (Holz) auf dem schwimmen, fließen. Zu mnd. vloten «flößen,
Wasser befördern, mittelst Floßes fortschafi'en. zu Wasser befördern, flott machen, fördern»,
Mhd. vloß^en, ahd. flö^an, nd. flöten, Fak-titiv anord. flota «flott machen».
zu fließen (s. d.). Daneben ältemhd. flötzen Flott, n. (-es): Müchrahm (als Obenauf-
(Hiob 14, 19), wie Flotz neben Floß. ABL. fließendes, 1763 bei Zachariä Hercynia Ges. l):
Flößer, m. (-S, PI. wie Sg.): Floßknecht, auf stehendem Gewässer seh wimmende Wasser-
spätmhd. vlce^er, daneben älternhd. und noch linsen (Immermann Münchh. 2, 12). Aus dem
Schwab. Flötzer. gleichbed. nd. flot m., von fließen (vgl. flott).
Floßfeder, s. Flosse. Auch sehwed. (entlehnt) flott n., ags. flet
Floßgalle, s. Galle. und flyte f. «Rahm», engl, to fleet «ab-
Flöte, f. (PI. -n): Querpfeife mit Klappen; rahmen».
in Norddeutschland Trinkglas mit langem Flotte, f. (PI. -n): Anzahl Schiffe unter
imten zugespitzten Kelche. In der 1. Bed. einem Befehlshaber. Erst seit dem 17. Jh.
1616 bei Henisch Föte, ältemhd. Feute (wie verbreitet (dafür im 16. Jh. Armada, Schiffs-
noch nd.), mhd. vloite, flaute f.; dazu 1475 zeiig), 1663 bei Schottel Motte, 1618 bei
clevisch fleute, nmdl. flute, ndl. fluit f. Aus Schönsleder Flott, 1599 bei Hulsius Schiff".

dem gleichbed, afranz. flaute, später flute


f., 4, 5 Flotta (als Fremdwort 1617 im Teutschen
ital. m. (daher bei Günther 588 und Michel 29 verspottet), aber schon um 1560
flauto
Platen Gas. 119 Faute f.), zu afranz. flaiiter bei Ulr. Schmidel 24, 27 floet, 1507 ein ganze
;

«die Flöte blasen» (daher das gleichbed. mhd. flut französische^' schiff Wilwolt v. Schaum-
vloitieren), das von lat. flatus m. «Blasen» burg 121 dazu mndl. vlote, ndfl. vloot, sehwed.
;

stammt. Das mimdartliche Födüse, Fladuse flotta, dän. flode f. Aus dem gleichbed. franz.
I

«Schmeichelei», nd. Feidüs, bei Campe 1813 flotte (das erst im 16. Jh. statt des altem
Föte duse, bei Amaranthes 1715 fleute navire, estoire übhch wird), ital. flotta, span.
I

dßuce f. das franz. flute douce «lieblich flota f., die wahrscheinlich aus der Normannen-
ist

klingende Flöte». ABL. flöten, v.: die zeit auf anord. /?ofi f. «Wasserfahrzeug, Floß»,
Flöte blasen, Flötenton hören lassen. dann «Flotte» zurückgehen, abgeleitet von
!

1616 bei Henisch flöten, älternhd. fleuten., anord. fljöta «fließen», wie ags. flota und
'

mhd. floaten-, dazu mnd.-mndl. floiten, nd. fleot m. «Schiß"», engl, fleet «Flotte» von ags.
fleuten, ndl. flutten.Flötist, m. (-e«, PI. -ew): fleotan «fließen».
Flötenbläser. Mit fremder Endung erst im flotten, V., s. flott.
19. Jh., dafür früher i^öfer (bei Henisch 1616, Flottille, f. (spr. Fottillje; PI. -n): kleine
Föuter bei Maaler 1561), mhd. floytere (Var. Flotte. 1728 bei Sperander. Aus gleichbed.
I

zu Pai-z. 19, 11), sonst floitiercere, floitierre n. span. flotilla f.


i
;

561 Flöz Flügel 562

Flöz, n. (-es, PI. -e): breites flaches Erz-, Flüchtigkeit, f., I69i bei Stieler. Flücht-
Stein- oder Kohlenlager im Bergbau. Bei ling, m. (-.s, PI. -e): der Fliehende, 1691 bei
G. Agricola 1546 fletze n., im Cod. dipl. Stieler.
Siles. 20, 158 aus dem Anfang des 16. Jh. I
'Flucht, f.: zusammenfliegende Schar
und 1562 bei Mathesius Sar. 307^ fletz: da- Vögel, zusammenhängender Flug; (übertragen^)
neben bereits im 16. -Jh. flötz. Aus mhd. zusammenhängende Reihe, die Richtung einer
vletze «geebneter Boden, Tenne, Hausflur, geraden Linie, z. B. in Bauflucht f. Im 18. -Jh.

Stubenboden, Lagerstatt», ahd. flazzi. flezzi n. Zu fliegen (s. d.). Aus dem gleichbed. nd.
«Tenne, Hausboden»: dazu asächs. fletti, flet flugt brem. ^Vb. 1, 411), mnd. vlucht f. «Flug,
(

«Saal, Wohnung», nd. flet «Bodenfläche für Flügel, Geflügel»; dazu ndL vlu^t f., ags.
die Betten im Hause», ags. flet «Estrich, flyht m., engl, flight «Flug», die, abgesehen
Saal», anord. flet n. «Fußboden des Hauses». vom ags., zugleich die Bed. von ^Flucht (s. d.)
Abgeleitet von ahd. flaz, and. flat, anord. haben, wie sich auch fliegen (s. d.) und fliehen
flatr «flach, platt/.. S. FUiz. vermengen. ZUS. Fluchtlinie, f. Zu der
Fluch, m. (-es, PL Flüche): Anwunsch 2. Bedeutung von F. Im 19. Jh.
eines Übels; Böses anwünschendes Schwur- Fluder, m. n. (-s, PI. wie Sg., bayr.
Tvort. ^Ihd. vluoch, ahd. fluoh m.; dazu nd. auch f.): breites viereckiges Brettergerinne
flok, ndl. vloek m. Von fluchen, v.: Böses zum Durchlaufen des Wassers im Berg- und
anwünschen; mhd. vluochen, ahd. flicochon mit Mühlenbau. ^Ihd. vloder, fluder n. m. f.
einem erhaltenen starken Part, ahd.arfluahhan. «Mühlengerinne», auch «das Fließen, Fluten»,
farfluahhan «verworfen, böse», asächs. far- und «das Holzfloß» (so noch bayr. Fluder f.),
flöcan «verflucht», mndl. vloeken. ags. flöcan ahd. fluder «Strom von Schweiß», fludar
«schlagen». Wurzelverwandt mit dem nur im cFloß:^. Desselben Stammes wie Flut, fließen
Prät. Plur. fcnflökun erhaltenen got. flökan und anord. flaumr m. «Strömung, Flut». ABL.
«beklagen», der Lautverschiebung gemäß zu fluderu, v.: Holz mittels eines Wetterbaches
la,t. plangere «schlagen (an Brust und Arme), in einen beständigen Fluß flößen. Bayrisch.
laut trauern^, pläga f. «Schlag», gr. TtXirfvüvai Flug, m. (-es, PI. Flüge): Schwung und
und TrXficceiv «schlagen», irXriTri f. «Schlag», Schweben durch die Luft zusammenfliegende ;

und mit Tenuis im Auslaut wie häufig abulg. Schar Vögel (1711 bei RädJein). In der 1. Bed.
plakati «klagen, weinen», lit. plakü «schlage, mhd. vluc (PI. vlüge), ahd. flug m. dazu and. ;

züchtige» u. a. Aus dem Germ, stellt Holt- flugi, ags. flyge m., anord. flugr m., flug n. Zu
hausen Idg. Forsch. 17, 295 noch hinzu mengl. fliegen (s. d.). Vgl. -Flucht. ZUS. Flugblatt, n.
fliehen «reißen, schlagen», engl, flieh «stehlen, (-es, PI. Natter) fliegendes, schnell verbreitetes
:

rauben ». Blatt mit Nacha-ichten usw., 1808 bei Campe.


^Flucht, f.: eiliges Sichwegbewegen wo- Flugsand, m. (-es), 1775 bei Adelung.
vor. Mhd. vluht (Gen. vlühte), ahd. fluht f.; Flugschrift, f. (PI. -en): wie Flugblatt.
dazu and. fluht, mnd.-mndl. vlucht, ndl. vlugtf., 1808 bei Campe.
dem Deutschen entlehnt seh wed.
engl, flight, aus Flügel, m. (-S, PI. wie Sg.): Flugglied
flykt m., dän. flugt «Flucht». Zu fliehen (s. d., und ihm Ahnliches (z. B. die Seitenteile oder
sowie ^Flucht). Davon flüchten, v.: (trans.) Enden einer Truppe, eines Heeres [nach lat.
eilig wovor fortbewegen (intr. und refl.) eilig äla] eines Gebäudes); großes Klavier in Flügel-
;

wovor fliehen. ^Uxd. flüchten (nur als Litrans. gestalt (zu Anfang des 18. Jh.). In der urspr.
Txad selten, dafür als Trans, und Refl. mhd. Bed. mhd. liügel, md. vltigel, nrhein. im 14. Jh.
vlcßhen, vlcehenen, ältemhd. flöhen, flöhten), vlogel, mndd. vloghel, ndl. vleugel m. Abge-
mndl. vluchten, ndl. vlugten, schwed. flykta leitet von Flug (s. d.). ZUS. Flügel horn,
«fliehen»; aber ahd. fluhten «fliehen machen, n. (-S, PL -hörner) Signalhorn der Infanterie, :

in die Flucht treiben», flüchtig, adj. und urspr. Horn der Jägermeister, die die Flügel
adv.: auf die Flucht sich begebend, auf der der Treibjagd kommandierten (1741 bei Frisch
Flucht seiend, leicht oder schnell fliehend; in urspr. Bed., ein einfach altvaterisch Horn
danach schnell wie ein Fliehender, rasch 1719 Fleming teutscher Jäger 106). Flügel-
vorübergehend, schnell verfliegend (1562 bei kleid, n. {-es, PL -er) Kinderkleid mit zwei
:

Mathesius Sar. 50*); oberflächlich. In der breiten flügelartig hangenden Streifen auf
1. Bed. mhd. vlühtec, vlühtic, ahd. fluhtig; dem Rücken (1735 bei Günther 439, bei Ama-
dazu as. and. fluhtig, ndl. vhigtig. Davon ranthes 1715 Flügelkappe): wie zum Fliegen
Weig and, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 36
563 flügge Flut 564

leichtes Gewand (Scliiller m.)« Saatfeld», statvluor, -vluore f. «städtische


Jungfr. 5, 14). i

Flügelmann, m. (-es, PI. -inänner) :


der am
Feldflur», md. vlür f. «Saatfeld, Bodenfläche,
'

Anfang oder Ende einer Truppenreihe stehende Landgebiet». Die 2. Bed., die von dem Be-
.

Soldat, 1741 bei Frisch. Flügeltür, f. griff «ausgedehnte geebnete Bodenfläche» aus-
(PI. -en): Tür mit zwei auseinandergehenden geht, ist mittel- und norddeutsch: nd. floor
Hälften oder Flügeln, im 18. Jh. (1772 bei f. «gepflasterter Fußboden»: dazu ndl. vloer
Hölty Ged. 18 H.). f. «Fußboden, Diele, Temie», ags. flör f.
flügge, adj.: befiedert zum Ausflug aus «Estrich, Vorplatz», engl, floor «Estrich,
dem iseste; (bildlich) heiratsfähig, mannbar, Tenne», anord. flörr m. «Estrich, Stallfuß-
j

auch heiratslustig. Der Form nach entlehnt boden». Zu lat. planus «platt, eben, flach»,
aus nd. flügge (schon bei Luther Br. 2, 521 ir. lär, kymr. llaivr «Boden, Estrich», apreuß.
flügg), dafür älternhd. flücke, flück (noch bei
plonis «Tenne» u. a. Wechsel von n und r
Maaler Müller 2, 78, Rückert Rostem Nr. 16), wie in gr. biltpov, lat. dönum «Gabe». ZUS.
,

mhd. vlücke, ahd. flucchi; dazu clevisch 1477 Flurschütz, m. (-e«, PI. -en), mhd. vluor-
j

vhigg, vlugge, mndl. vlugghe, ndl. vlug, engl. schütze.


fiedge. Abgeleitet von Flug (s. d.). fluschen (mit ü), v.: rasch und gut von-
flugs, ad 7. (in der Bühnensprache flügs): statten gehen. Im 19. Jh. (Chamisso 6, 139)
j

in Flugesschnelle, im Fluge. Bei Luther aus dem nd. fluschen, das im Ablaut zum
Luk. 16, 6, aber mhd. vluges, der adverbial gleichbed. nd. fluschen steht.
gebrauchte Gen. von Flug (s. d.). Älternhd. Fluß, m. (Gen. Flusses, PI. Flüsse) Fort-
!
:

auch fluchs, flucks, flux geschrieben (z. B. bewegung oder Lauf dessen, was fließt; Zu-
bei Luther) und als Adj. verwendet (bei stand des Fließens, Strömung (mhd. vlug,
H. Sachs 14, 173 der Komp. flüchser). ahd. flug m.); stark fließend sich Dahinbe-
Fluh, f. (PI. Flühe, ungebräuchlich Flühen): wegendes, Metallgiiß (schon mhd.); fließendes
Felswand, Felsabsturz (Schiller Teil 4, 1). Wasser von beträchtlicher Breite (erst nhd.,
Schweizerisch. Mhd. vluoch, gekürzt vluo, z. B. 1522 bei Luther, für das ältere Äclie
ahd. fluoh f.; dazu ags. flöh (in flöh stänes «Wasser», s. -a); Gliederreißen (schon mhd.,
«Steinmasse»). Verwandt mit gr. iTXdE f., nach gleichbed. gr. ^eO|aa n.). Abstraktbü-
Gen. TrXaKÖc «Fläche, Bergfläche, Plateau». dung auf -i zu fließen. ABL. flüssig,
Flunder, m, {-s, PI. wie Sg.), auch f. adj., mhd. vlüggic, ahd. fluggig. Davon Flüs-
(PI. -n): Art Scholle, pleuronectes flesus. sigkeit, f. (PI. -en), mhd. vlü^^icheit. ZUS.
Nhd. Nebenformen Flunder, Flonder, Flinder. Flußgalle, s. Galle. Flußpferd, n.: Nü- ""

Spätmhd. Anfang des 15. Jh. flunder, flander pferd (s. d.), hippopotamus 1777 bei Ade- ,

neben fluider, flüder; dazu engl, flounder lung. Flußspat, m. {-es, PI. -e): aus Kalk
(entlehnt aus dem Nord.), dän. flynder, älter und Fluorwasserstofi"säure bestehendes Mine-
flundra, schwed. flundra f., anord. flydra f. ral, nach G. Agiicolas Zeugnis (1546) von
Zu einer "Wiu'zel plat «breit, flach», die noch den Berg- und Hüttenleuten darum Fluß
in Fladen (s. d.), lat. planta «Fußsohle», gr. genannt, weil sie diesen Spat (s. d.) ge-
TrXaTÜc «breit» vorliegt, also eig. «Plattfisch». brauchten, um strengflüssige Erze in Fluß
flunkern, v. Zitterschein von sich geben, zu bringen.
:

schimmern (Voß Id. 11, 71, ndl. flonkeren); flüstern, v.: leise, heimlich reden. 1482
sich einen Schein geben, aufschneiden (Münch- im Voc. theut. bb 5 ^ flistern und so noch
hausen 95). Ln 18. Jh. aus dem Nd., im bei Adelung, Lessing, Schiller; dagegen f. bei
j

Ablautsverhältnis zu flinkem (s. d.) stehend. Wieland, Goethe, von Heynatz 1796 als be-
i

ABL. Flunkerei, f. (PI. en) Aufschneiderei. sonders nsächs. bezeichnet. Die urspr. Bed.
: [

Flunsch, m. aufgeworfener
{-es, PI. -e): ! zeigt sich im ahd. flistiran «liebkosen, schön,
schmollender Mund. Li Mittel- und Nord- zärtlich tun», 1482 im Voc. theut. i 1 * flin-

deutschland. Nebst mhd. vlans m. «Maul», \


stern «libekosen». Dazu noch ndl. fluisteren
bayr. flenschen «das Gesicht verzen-en», zu aus dem Ndd.
flennen (s. d.), schwäb. pflenne. Flut, f. (PI. -en): zuströmende, anschwel-
Flur, f. (PI. -en): Landfläche voll Wachs- lende, sich ausbreitende Wassermasse Gegen- ;

tum, Saatfeld, Laudgebiet eines Ortes; (auch) satz der Ebbe. Mhd. vluot f. (PI. vlüete,
m. (Gen. -s, PI. -e) geebneter fester Vorplatz
: noch 1613 bei Colerus Hausbuch 420=* Flute)

im Hause. Mhd. vluor m. (noch bayr. Fluer vmd m., md. vlüt, ahd. fluot f.; dazu asächs.
:

565 Fock FoUänt 566

fiöd m., ndl. vloed m., ags. fiöd n. m,, engl. langob. fereha «aesculus», nhd. Vereiche f.

fiood, anord. fiöd n., schwed.-dän. fiod m., got, («quercus robur», Nemnich 2, 1106), Schweiz.
flödus f. in gleicher Bed. In dem germ. Wort Ferch «Eichenholz». Weiter gehören wahr-
sind wahrscheinlich mehrere idg. Stämme zu- scheinlich dazu aind.parÄrafts «Feigenbaum»,
sammen gefallen. Mit Ablaut zu gr. irXrieOc f, nind. pargäi «Steineiche», got. fafrguni n.
«Fülle, Menge», TrXricuTi, 7tXr)uuri f., TrXrjuuupic f., «Gebirge», eig. «Eichenwald», mhd. Virgunt.
«Flut des Meeres», und zm- Vi'z.pleii «fließen, kelt. Herq/nia aus ^perkünia, lit. Perkünus.
schwimmen», s. fließen, gi". ttXuutöc« schiffend». eig. «Eichengott». Vgl. Hirt Idg. Forsch. 1, 479,
ABL. fluten, mhd. vluoten.
V., Hoops Waldbäume 118. ABL. fÖhren, adj.:
Fock, Focke, f. (PL -n): dreieckiges aus Kiefernholz, kiefem; mhd. vorhin, vorhin.
Vordersegel, Segel am Tordermast. Im 17 Jh. FÖhricht, n. (-s, PL -e): Föhrenwald;
aus dem gleichbed. nd. fokke f. entlehnt (bei mhd. varliach.
P. Fleming 80), aber schon 1507 bei Wilwolt Folge, f. (PL
-n): das Hinterdreingehen
von Schaumburg 121 vockensegl: dazu mndl. nach jem., Eeihenfolge; Befolgung; Erfolg;
focke f., anord. focka f., dän. fok, schwed. Folgezeit; Folgerung (Lessing 6, 438), Konse-
fock m. Zurückgehend auf clev. (1477) vocken quenz TGoethe Wahlverw. 1, 4). Mhd. volge
«wehen», ältemhd. fachen «wehen, blasen», f. «Gefolge, Heeresfolge, Leichenbegängnis,
fache f. «Fächer (s. d.), Wedel, Blasbalg*, Verfolgung, Befolgung, Gehorsam, Bei-, Zu-
anord. fak in foksandr m. «Flugsand», die stimmung, besonders bei Abfassung des Ur-
wohl zu an. fjUka (s. feucht) gehören. ZUS. teils im Gericht», ahd. selbfolga f. «Partei»;
Fockmast, m. (-es, PI. -e): Yordermast. dazu mit andrer Stammbildung anord. fylgl
Aus dem 2s d. 1716 bei Ludwig Fackemast. n., schwed, följe. dän. fölge. Von folgen, v.
fodern, s. fordern. begleitend mitsein; hinterdrein kommen, nach-
.Fohe, FÖhin, f.: Füchsin, s. Fuchs. kommen; sich woraus ergeben. Mhd. volgen,
Fohlen, n. (-s, PL -wie Sg.) junges Pferd. ahd. folgen und folgön; dazu asächs. falgön,
:

Norddeutsch für das hochd. FüUen (s. d.). ndl. valgen, afries. fidgia, falgia, ags. folgian,
Mnd. volene, volne, vale n. u. m.. mhd. vole, fylgean, engl, folloiv, anord. u. norw. fylgja,
vol, ahd. fola m.; dazu ags. fola m., engl. schwed. föija, dän. folge. Die gewöhnliche
foal, anord. fole, got. fula m. 1716 bei Ludwig Ansicht, daß folgen mit gehen zusammenge-
Fohl, Falen n., 1611 bei Colerus4, 23 Fahlen. setzt ist, wofür man ahd. folagen, andd. fal-
Bei Schiller Äneide 4, 94 Fohle f. «weibliches gangan anführt, ist kaum haltbar, vgl. Wiede-
Füllen», erinnernd an Schweiz. Fahle f. «Stute», mann Bezz.Btr. 28, 22, aber auch von den
das auch 1616 Henisch verzeichnet: aber schon andern vorgebrachten Etymologien ist keine
mhd. viilhe, ahd. fulihha f. «weibliches Füllen». unmittelbar einleuchtend. ABL. folgern,
ABL. fohlen, V.: ein Füllen werfen. 1716 V.: als Folge woraus ableiten, bei Luther
bei Ludwig. neben folgern (dies in den Fastnachtsp. des
Föhn, m. i-.s, PL -ej: der Süd-, Eegen- 15. Jh. 491, 10 in der Bed. «folgen s); davon
wind in der Schweiz, wo neben Fön, Fö, Folgerung, f., 1711 bei Eädlein (1735 bei
Fü, auch Pßn, Pfa gesprochen wii-d und in Stoppe Parnaß 49 in der Bed. «Folge»), folg-
der altern Literatur das Fem. vorhen-scht, lich, adv. und konj.: wie daraus folgt, in
z. B. 1556 bei Frisius Fön f. (das Mask. schon Folge davon, 1691 bei Stiel er, ahd. falglicho.
im 16. Jh. bei Paracelsus). Entsprechend folgsam, adj.: willig folgend, 1716 bei Lud-
mhd. fonne, ahd. phönno m. «Wirbelwind», wig (dafür älternhd. folgig, bei Luther, mhd.
fönne f. (Mone Anz. 8, 504*^) «Westwind». gevolgic, ahd. gefalgig) als Adv. «folgerichtig» ;

Nebst churwälsch. favougn, favaign, fuogn, 1691 bei Stieler, «folglich» 1691 bei Abraham
schweiz.-franz, foe, foen, tess. fagn hervor- a. S. Clara Judas 1, 295. ZUS. folgerecht,
gegangen aus lat. favönius m. «Westwind». adj., als Verdeutschung von konsequent, 1788
Fohre, f. fPL -n): Forelle, s. d. bei Knigge Umg. 1, 53. Ebenso folgerichtig,
Föhre, f. (PL -n): die Kiefer, pinus sil- adj., 1808 bei Campe.
vestris. Bayrisch Forchen, Schweiz. Forch, Foliant, m. (-en, PL -en): Buch in Bogen-
mhd.i/OrÄe, ahd. /b>-aÄa, forha f.; dazu ags.furh- form (Folio). Im 17. -Jh. Folie, f. (PL -n):
wudu, engl, fir (aus dem Dän. j, anord.-schwed. Glanzblatt von MetaU zur Unterlage unter
fura f., dän. fyr. Vei-wandt mit lat. quercus f. Spiegeln und gefaßten Edelsteinen; (bildlich)
«Eiche» (aus *perquus), ahd. fereheih f. «Eiche», hebende, Glanz wirkende Unterlage (Schiller
36*
567 Folklore fördern 568

Kab. 4, 7). In der uvspr. Bed. 1506 in Dürers «die nement sich uusinne an und versagens»
Briefen 27 Folig, Folg f. vmd 1562 bei Mathe- (Kluge 2), um 1450 vopper (Kluge 13) in den
sius Sar. Sl'' Folie, aus dem mlat. Plur. folia Basler Betrügnissen, 1457 bei Matthias von
«Metallblättchen», ital. foglia f., woraus 1678 Kemnat ivopper, wapper (Kluge 26), 1561
bei Krämer Folia f. Folio, n,: Blattform bei Maaler voppen «praevaricari», 1618 bei
des Papierbogens, Papierbogengröße, (bild- Schönsleder foppen «vexirn», aber noch 1691
lich) größte Form. 1678 bei Krämer in Folio, von Stieler als «vocabulum plebejum et
aus lat. in folio «in Blattgröße». Ital. foglio sordidum», von Adelung 1775 und
als niedrig
m. «Bogen Papier». niedersächsisch bezeichnet. ABL. Fopperei,
Folklore, f. Wissenschaft von der Volks- f., 1561 bei Maaler vopper ey.
:

kunde; Volkskunde. Aus engl, folklore, 1846 Force, f.: Kraft. 1714 bei Wächtler aus
von William T. Thoms vorgeschlagen und franz. force f., gleichzeitig die volkstümliche
bald aufgenommen. Aussprache Forsche. S. forsch. ABL. for-
Follikel, m. u. n. (-S, PI. wie Sg.): kleiner cieren, V.: mit Gewalt nehmen oder durch-
lederner Sack Drüsenbläschen (botan.) Balg- setzen, überanstrengen. 1673 bei Weise Erzn.
;
;

frucht. Aus lat. folliculus m. «Sack, Schlauch». 152. Aus gleichbed. franz. forcer.
Folter, f. (PI. -n) Marterwerkzeug. Erst
: Förde (mit langem ö), f. (PI. -n): lang-
nhd, (1616 bei Henisch Folter, bei A. Gry- gestreckter Meerbusen. Nd. aus dem Norden
phius 1, 30 Folder, aber schon 1468 voUer- entlehnt, anord. fjördr m., dän.-norw. fjord,
gerüst «eculeus» Diefenbach nov. gl. 144*). schwed. fjärd, schott. firth «Meeresbucht» (aus
Aus mlat. poledrus, poletrus, puledrus m. dem Nord.). Es gehört mit deutsch Furt
«Fohlen, Füllen» (s. d.), woraus auch span.- zu lat. portus m. «Hafen» u. a.
port. potro m. «junges Pferd und Marter- fordern, v.: zu erkennen geben, daß es
gestell». Jenes Marterwerkzeug war urspr. womit vorwärts kommen solle, dann daß es
ein schai-fkantiges Gestell mit vier Füßen man haben woUe oder müsse. Mhd. vordem,
nach der Gestalt eines Pferdchens, wie schon ahd. fordaron, abgeleitet vom ahd. Adj. for-
bei den Römern, die daher ihre Folter equuleus dar «vorder», Adv. mhd. vorder «vorwärts».
m. «Pferdchen, Füllen» nannten. Davon Daneben mit Ausstoßung des r, die auf Dissi-
foltern, v.: auf der Folter martern. 1466 milation beruht (wie im 14. Jh. bei Megen-
foltren Diefenbach nov. gl. 368% 1470 fultern berg das Adj. voder «vorder», bei Luther
Hätzlerin 2, 25, 160, dann 1526 bei Luther das Adv. fodder «vox'wärts» und wie Köder
foltern. aus mhd. querder), urspr. ostmd. fodern
Fond, m. (spr. fy): Grund, Hintergrund, (beim Volke mit kurzem, im spätem Nhd.
und Fonds, m. (spr, fq): Grundvermögen; mit langem o), schon im 14. Jh. bei Megen-
Grundgeld, Geldvorrat. 1714 bei Wächtler berg vodern, bei Luther gewöhnlich foddern,
Fond und Fondo, 1703 im Zeitungslex. Fond, selten fordern, bei Henisch, Duez, Stieler,
aus franz. fond und fonds m., ital. fondo, von Ludwig fordern und fodern, letzteres nament-
lat. fundus m. «Grund, Boden». lich in der Dichtersprache festgehalten (Les-
Fontäne, f. (spr. fqtäne, PI. -n): Spring- sing 1, 4, Schiller 12, 366, Goethe Tasso 1273,
brunnen. 1477 clevisch fonteine, mhd. fontäne, Rückei-t 1, 359). ABL. Forderung, f. (PI.
im 17. Jh. Fontäne, aus franz. fonfaine, von -e7i), mhd. vorderunge, ahd. fordarunga f.
mlat.-ital. fontana f., dies von lat. fo7is m. fördern, v.: vorwärtsbringen; (bergmän-
(Gen. fontis) «Quelle». nisch) in und aus dem Schacht fortschaffen
Fontanelle, f. (PI. -n), auch Fontanell, (1562 bei Mathesius Sar. 1963- fodern, s. u.).
n. {-es, PI. -e) künstliches kleines Ableitungs- Älternhd. fürdern, mhd. vürdern, ahd. für diren,
:

geschwür. 1593 bei Helber 18 fontanell. Aus abgeleitet vom Adv. ahd. furdir, mhd. viir-
mlat. und ital. fontanella f. «Quellchen, Brünn- der, nhd.
für der, förder «vorwärts». Daneben
lein», dem Dim. von fontana (s. Fontäne). mit Ausfall des r (wie schon spätmhd. fuder,
foppen, V.: zum besten haben, neckend füder statt fürder, vgl. auch fordern) md.
plagen. Aus dem Rotwelschen (Gaunersprache), fodern bei Ayrer 2049, 31, Opitz, Logau,
wo am Anfang des 16. Jh. vopen, voppen Lessing Nathan 1, 1, spätmhd. 1445 füdern
«beti-ügen, lügen» im liber Vagatorum (Kluge (Schmeller^
1, 753), 1429 füederen (Lib. ord.
Rotwelsch 35, 78) vorkommt. Schon 1343 rer. 25^=). ABL. Förderer, m., spätmhd.
begegnet im Augsburger Achtbuch fopperin furderer, daneben fudrer. förderlich, adj.,
; !
'

569 Forelle Forst 570

bei Keisersberg Pred. 45% mhd. vürderlich, Format, u. (-es, PI. -e): Höhe und Breite
daneben vüderlich. Förderung, f., mbd. Buches usw., 1594 bei Frischlin Nomencl.
eines
vürderunge, vurderunge, daneben im 14. Jh. Kap. 78, 1558 bei Rivius geometr. Büxen-
fuderunge. meisterey 3, 1, 29*, aus lat. formätum, dem
Forelle, f. (PI. -n)-. der Süßwassei-fisch substantivisch gesetzten Neutr. des Partiz.

salmo Ahd. forhana, and. farhna, mhd. Prät. Pass. (formätus) von formäre. Formel,
fario.
vorhen, vorhe, nhd. Fohre (Ambraser Ldb. 182, f. (PI. -n): im Worte gefaßte Vorschrift, 1571
noch bei Musäus VM. 1, 33), bayr. Förch f. bei Rot formel, 1616 bei Henisch noch Formul,
;

durch Weiterbildung mit dem diminutiven aus lat. formula f. «Gestalt, Vorschrift, vor-
-le und Betonung der Mittelsübe (wie bei schriftsartige Fassung», dem Dim. von forma.
j

lebendig, Schlaraffe) entstand aus vorhe(n)le formell, adj. u. adv., im 18. Jh. aus dem
\

die Form Forelle (1549 bei Ebner- Peucer franz. Adj. formel, von lat. formälis (s. formal).
;

Voc. D 4'', 1562 bei Mathesius Sarepta 201 ^), formieren, v.: gestalten, formen (s. d.);
gekürzt Forell (Alberus Fab. 42, 53, Forer mhd. formieren, vom gleichbed. lat. formäre. i

Fischb. 113^), andrerseits mit Wahrung der, Formular, n. {-s, PI. -e): als Vorschrift
Stammsilben-Betonung mhd. vorfiel, vörliel f. geltende Abfassung wofür, 1571 bei Rot; dazu
(1537 bei Dasypodius forhel, noch oberd. ndl. 1599 bei Kilian formulaer n. formu-
Förchel) und älternhd. Forel (Dasypodius, lieren, V.: in eine Formel (s. d.) bringen,
Schotte!). Ahd. forhana wird meist zu gr. erst im 19. Jh., wie es scheint.
TrepKvöc «Schwarzblau, dunkelfarbig», aind. forsch, adj. u. adv.: kräftig, derb. Erst
prgnis «gesprenkelt, bunt» gestellt, so daß im 19. Jh., besonders durch die Studenten-
die urspr. Bed. «die bunte, getüpfelte» wäre, sprache verbreitet, mit md. seh aus dem nd.
vgl. russ. pestrjüga f. zu pestryj «brmt». fors, mnd. fors, von franz. force f. «Kraft».
Außerdem gehören dazu ir. orc m. «Lachs», S. Force.
ir. erc «Forelle», gr. ir^pKri f. «Barsch». forschen, v.: eifrig und genau wonach
Forke, f. (PI. -n): große Gabel. Mhd. fragen oder suchen. Mhd. vorsehen, ahd.
furke, ahd. furka f.; dazu mnd. vorke, nd. forscön. Verwandt mit lat. poscere (aus
forkey ndl. vork, afries. furke, forke f., ags. *porscere) «fordern, verlangen», amd.pracch-
forca m., engl, fork, anord. forkr m. Ent- « fragen», mit Verlust eines Gutturals aus
lehnt aus lat. fiirca f. «Gabel». *forhsk- und zu fragen gehörig, s. d. sk war
Forkel, f.weidmännisch: Gabel-
(PI. -n), eigentlich Präsenssuffix. ABL. Forscher,
stange zum Aufstellen der Tücher und Netze. m. (-S, PI. wie Sg.), mhd. vorschcere m.
1719 bei Fleming teutscher Jäger 106 Forkel, I
Forschung, f., mhd. vorschunge, ahd. for-
1768 bei Heppe Jäger Fm'kel, Forchel, Furchel, scunga f.

1482 im Voc. theut. 16=». 8^ furckel do mit Forst, m. {-es, PI. -e), in Norddeutsch-

nian die netze stellt, ahd. furcula f. «Haken». land auch f. : bewii'tschafteter Wald. Mhd.
I

Aus lat. furcula f. «gabelförmige Stütze, Dim. I


forst, vor st m. (selten vorste f.), ahd. forst
von furca f. «Gabel». VI. ; dazu afranz. forest f. (woraus entlehnt
Form, f. (PI. Weise der mhd. forest, fores, foreist, foreis, foreht n.),
-en): Gestalt,
I

äußern Erscheinung: Muster, wonach etwas nfranz. foret, ital. foresta, span.-port. (an flor
gestaltet wird. Mhd. (erst um 1250) und langelehnt) floresta f., aus mlai.' forestis f.
noch bei Luther forme f. aus gleichbed. lat. (zuerst in einer Urkunde des fränkischen !

forma f. ABL. formen, v. gestalten, bilden Königs Childebert I. von 556 forestis nostra
:

mhd. formen, förmig, in ein-, gleich-, kegel- im Pariser Gau, bei Pertz Dipl. 1, 7). später
förmig, 1469 mrhein. formig «gestaltet, ge- forestus m., foresta, forasta f., forestum, fora-
bildet» (Voc. ex quo), förmlich, adj. u. stum n. «der dem Herrscher vorbehaltene,
adv., mhd. formelich, förmelich, Adv. forme- dem Wildbann unterworfene, nicht einge-

liehe; davon Förmlichkeit, f., 1691 bei zäunte Wald». Dies wird abgeleitet von
Stieler. formlos, adj. u. adv., mhd. forme- dem lat. Adv. foris, foras «außerhalb», wo-
los. — Femer hierher gehörig: formal, adj. von auch das spätlat. Adj. forasticus «äußer-
und adv.: auf die Form bezüglich, 1678 bei lich»; demnach die urspr. Bed. «was außer-
Krämer, aus dem gleichbed. lat. Adj. formälis; halb liegt, ausgenommen ist, nicht betreten
dazu Formalität, f. (PI. -en): Formwerk, werden darf"». Meringer Idg. Forsch. 18, 259
1694 bei Nehring, aus mlat. formalitas f. und Wiedemann Bezz.Btr. 28, 18 erklären
;

571 Fort Frage 572

forst als echt german. aus *forhst und


Wort Fossfl, n. (-[e]s, PI. Fossilien): Berg-,
i

«templum». Das Grubengut; Versteinerung. Im 18. Jh. (1775


stellen es zu osk, pestlüm |

Wort kann auch zu ahd. forha f. «Föhre» bei Adelung) aus nlat. fossile (PI. fossüia),
;

gehören. ABL. forsten in durchforsten, dem substantivisch gesetzten Neutr. des lat.
|

V.: forstmäßig von auszuhauenden Bäumen Adj. fossilis «ausgegi-aben», von lat. fodere
i

befreien. Förster, m. {-s, PI. wie Sg.), «graben». |

mhd. vorStare, spätahd. (12. Jh.) forstari, aus FÖtzel, Fetzel, m.: elender Kerl, Lump.
j

mlat. forestarius m.; davon Försterei, f., In der Schweiz und im Elsaß. Von Gott-
1413 forsterye, 1406 vorsterie (Germania 20, helf und von KeUer gebraucht. Wohl Ab-
\

31. 28, 366). ZUS. Forstmeister, m.: leitung von fotz, s. Hundsfott. Goethe braucht
höherer, über eine Anzahl Förster gesetzter als Schimpfwort Matzfotz.
Beamter; mhd. forstnieister «Förster». Forst- Foy6r (spr. foaje), m. u. n. (-s, PI. -s):
;

wart, m. (-es, PI. -e): niederer Angestellter Herd; Vor-, Wandelhalle (bes. im Theater).
zum Schutze des Forstes, erst im 19. Jh., Aus franz. foyer m. «Versammlungszimmer»,
früher Holzwart (1580 bei Sebiz 563). eig. «heizbarer Raum» aus lat. focärius «zum
Fort, n. (spr. för, Gen. -s, PI. -s) kleine : Herd gehöi'ig» von focus m. «Herd». Bei
Festung, Beifestung. 1616 bei Henisch Fort Campe 1813.
(ebenso 1616 bei Wallhausen Kriegsmanual 78 (PI. -en): Verdienst (Fahrlohn) Fracht, f.
mit dem Plui*. nach dem ndl. für Güterverführung; Wagen-, Schiffsladung.
die Forten),
fort aus dem gleichbed. franz. fort m. urspr. 1616 bei Henisch aus gleichbed. nd. fr acht,
«Stärke», abgeleitet von dem lat. Adj. fortis ndl. vracht f. (1599 bei Kilian); dazu engl.
«stark». fraught, freight. Eins mit ahd. freht f. «Ver-
fort, adv.: von einem Orte weg; ohne dienst, Lohn» (auch freiht in pa unfreihti
Aufhören in Bewegung, ürspr. in Nord- «unverdient», eig. «bei ün verdientheit»), and.
und ^Mitteldeutschland heimisch, mit der fre[hti] (?) «Verdienst», das zu eigen (s. d.)
j

Grundbed. «voi'wärts». Mhd. und vorzugs- zu stellen und dessen fr aus ahd. far-, got.
weise md. vort «vorwärts, voran, weiter, \
fra- «ver-» gekürzt ist (vgl. fressen, Frevel).
fortan», mit der Nebenform fürt, wie noch i
Auch
Romanische gedrungen, franz. frei,
ins
älternhd. fürt und fürt: dazu asächs. ford, span. flete m. «Schiffsmiete».
'

port. frete,
ndl. voort, afries. forth, ags. ford, engl, Doch werden diese auch anders erklärt.
forth. Abgeleitet von vor (s. d.). Vgl. fürder. Davon frachten, v.: wohin verfahren, mit
ZUS. fortan, adv., forthin, adv., beide bei Ladung beschweren, Frachtschiffahrt ausüben.
i

Luther, fortfahren, v. gerichtlich weiter 1616 bei Henisch, aus gleichbed. nd. frachten,
:
i

verfahren, Idit.procedere (Schiller 9, 19); weiter '

ndl. vrachten (1599 bei Kihan); eins mit ahd.


fahren, in übertragner Bed. fortsetzen. Bei- frehton in gafrehtön «verdienen».
des bei Luther, fortpflanzen, v. : pflan- Frack, m. {-es, PI. Fräcke, Fracks): an
zend weiter verbreiten. In eigentl. Bed. bei den Vorderschößen ausgeschnittener Leibrock.
Luther Tischr. 251**, in übertragner 1691 bei 1774bei Goethe Werther (6. Sept.). dieMitte Um
Stieler. Davon Fortpflanzung, f 1619 des 18. Jh. dui-ch franz. frac, fraqae
, anglais
bei Albertmus Lustg. 124**. Fortschritt, m. aus engl, frock (leichter vorn ausge-
m. (-es, PI. -e): das Fortschreiten (Wieland schnittener Reitrock) entlehnt, das aus mlat.
30, 285); in übertragner Bed. um 1750 auf- froccus, floccus m. «Kutte, Rock», " urspr.
kommend. Seit Jahren des «flockiger Stoff» (siehe Flocke), franz. froc
den di-eißiger
j

19. Jh. politisches Schlagwort. Vgl. Laden- «Mönchskutte» entnommen ist; andre wollen
dorf, fortsetzen, v., in übertragner Bed. das franz. froc nach mlat. hroccus auf ahd.
1616 bei Henisch. kroch m. «Rock» zurückführen.
Fortepiano, s. Pianoforte. Frage, f. (PI. -n), mhd. vräge, ahd. fräga;
Fortiflkatiön, f. (PI. -en): Befestigung; dazu ndl. vraag f. Von fragen, v.: durch
Befestigungswerk. Festungsbauamt. Aus franz. Worte zu einem dieselben ergänzenden Gegen-
gleichbed. fortification f., und dies aus lat. wort oderGegenui'teil auffordern. ^Thd.vrägen,
fortificatio f., zusamm enges, und frähen: dazu asächs. frägön,
aus forte «stark» ahd. fragen
und von facere «machen». Bei Wall- mndl. vraghen,! ndl. vragen mit schwacher
ficatio
hausen corp. mil. Schon bei Rot 1572 forti- Flexion, zu gleichbed. stai-kflektiertem got. 1

ficim «sterken, kreflftigen». [


fraihnan (Prät. froh, PI. frehun), ags. frignan.
:

573 Fragment frankieren 574

anord. fregna (erkunden, Vrätfrä, Vl.frägum), ahd. freisa i. «Gefährdung, Gefahr, Schrecken,
auch asächs. Prät, fragn, 3. PI. frugnun. Aus Verderben»; dazu asächs. fresa f. «Gefahr,
der nd. Volkssprache machte sich bei nord- Lebensgefahr», ndl. irees, früher vreese f.
deutschen Schriftstellern im 18. Jh. das starke «Angst, Kummer, Furcht, Schrecken», zu
Prät. frug geltend (1732 bei Liscow 69, 1758 got. fräisan «versuchen, in Versuchung führen»,
bei Ew. V. Kleist neue Ged. 57, auch bei Goethe das vielleicht zu aind. ^resas m. «Antrieb, Be-
venez. Epigr. di^, Schiller Kaiios 2, 8 und strebung», pres- x\dj. «vordringend, di'ängend»
Picc. 4, 6), sowie der Ind. Präs. fragst, fragt gehört.
(du fragest, er fraget, wie die Nieder- Sachsen Fraktion, f. (PI. -en): Teil einer poü-
gern sprechen Freyer 1722), auch bei Goethe, tischen Partei. Bei Campe. Aus lat. fractio f.
der auf Analogiebildung nach tragen, schlagen «Brechung».
beruht (nicht auf der schwach flektierten Fraktur, f. (PI. -en): Knochenbrach; ge-
mhd. und besonders md. Nebenform vregen), brochene Eckschiift, gewöhnliche deutsche
und den schon Freyer Orthogi-aphie 279 ver- Druckschrift. 1571 bei Rot, aus Xai.fractürai.
wirft, ebenso Gottsched Grundlegung 271 und «Bruch» von \a.i. frangere «brechen». Redens-
Adelung 1775, die sich auch gegen frug er- art F. mit jemand sprechen « derb, grob mit
klären. Verwandt sind precäri «bitten», ihm reden»; über F. schreiben vgl. Gombert
lat,

preces f. «die Bitten», procus m. «Freier», ZfdW. 7, 139.


]it. prasiti «fordern, bitten», jnfsti «den Frei- Franje, f., s. Franse.
werber m"achen», abg. prositi «bitten», aind. frank, adj.: unabhängig, frei. 1482 im
pragnäs «Frage», aw. pdrasaiti «er fragt», im Voc. theut. i2^ franck, francko. Aufge-
apers. aparsavi «ich fragte», arm. Aar? «Frage», nommen aus franz. franc, ital.-span. franco,
JÜxrganem «ich frage». ABL. fraglich, adj.: von dem ums J. 400 vorkommenden deutsch-
in Frage stehend. Bei Campe, ahd. fragelicho lat. francus «fränkisch». S. Franke.
adv. «in fragender Weise». ZUS. Frage- Frank, auch Franken, m. {-en, PI. -en):

wort, n. {-es, PI. -ivörter), 1691 bei Stieler. französische Silbermünze im Werte von 80
Fragezeichen, n., um 1522 bei Ickelsamer Pfennigen. Bereits im 17. Jh. aus der franz.
48 fragzeichen, fragwürdig, adj.: zweifel- Benennung franc, von franz. J'Vawc «Franzose»;
haft, zuerst bei A. W. Schlegel Hamlet 4, 1 aber schon 1385 in deutschen Reichstagsakten
als Übersetzung des engl, questionable. kommt franke m. als Bezeichnung einer
Fragment, n. {-s, PI. -e)-. Bi-uchstück. 21 V2 Weißpfennig geltenden Münze (Germania
1571 bei Rot, aus gleichbed. lat. fragmentum n. 20, 31), 1393 als Goldmünze (Städtechron.
ABL. fragmentarisch, adj.: in Bruch- 9, 998, 27) vor.
stücken. Im 18. Jh. Franke, m. (-«, PI. -n), Volksname, der
Fragner, m. (-s,wie Sg.), eigenthch bei
PI, lat. Schriftstellern seit der zweiten Hälfte
Pfragner: berechtigter Kleinhändler in Mehl, des 3. Jh. n.Chr. hervortritt; auch für Franzose
Gemüse u, a., Bayern und Osterreich. (1616 bei Henisch, besonders seit der Revo-
in
Mhd. pfr agener,pfragner, pfregener, pfregner, lution von 1789). Mhd. Franke, ahd. Francho:
vragener, fragner «Kleinhändler», ahd. pifrage- dazu ags. Franca, anord. Frakki m. Die
nari m. «Marktmeister», abgeleitet von ahd. Annahme, daß das Volk nach seiner Lieb-
pfragina f. «Schranke» (im 11. Jh.), mhd. lingswaffe, ags. franca, anord. frakka, dann
pfragen m. «Markt, Handel, Wucher». Dies westgot. im 7. Jh. francisca, benannt sei, ist
gehört wohl zu got. anapraggan «bedrängen», kaum haltbar. Vielmehr heißt die Waffe
ndl.-ndd. prangen, mhd. p fr engen «driicken, wohl nach dem Stamm. Franken, n., deut-
pressen». Dazu schwed. prang «enge Gasse, scher Landesname, mhd. Tranken, Franken,
Schlund», das Johansson KZ. 36, 346 mit gr. ahd. in Frankon, ist Dat. PL des Volksnamens.
ßpÖYXoc «Luftröhre, Schlund» verbunden hat. ABL. fränkisch, adj., mhd. vrenkisch, fren-
Fraisen, PI., auch Sg. Frais u. Fraisch f. kisch, ahd. frenkisg. ZZ7S. Frankreich, n.:
krampfhafter An- und Zufall; Fallsucht; Landesname, mhd. Francriche, Frankenriche.
Schaueranfall bei einem Kinde; peinliches frankieren, v.: versendungs-, postfrei
Gericht. In Franken, Bayern u. Osterreich. machen. Im 17. Jh. (bei Schupp 256). Aus
1616 bei Henisch fraiß, freiß «Epilepsie», ital. francare «frei machen», von franko,
bei Musäus Volksm. 1, 96 Fräsch n., 1578 adj.: versendungs-, postfrei. Im Anfang des
bei Lonicerus Freislich n. Aus mhd. vreise, 17. Jh. aus ital. franco «frei», s. frank.
575 Franktireur Fratz 576

Franktireur, m. {-s, PI. -s): französi- Franzoisinne. französisch, adj., spätmhd.


scher Freischärler. Aus franz. franctireur, französisch (die falsch Beicht, Münchner
abgeleitet von franc «frei» u. -tireur «Schütze». Hs. B1.215''), 1507 bei Wilwolt von Schaum-
1870 aufgenommen. burg 84 fg. /raw^^öisfscÄ, franzosisch. Abgeleitet
Franse, (PL -n) Faden-, Troddelsaum.
f. - von dem mhd. Adj. franzois, franzeis. Im
Bei Luther Franße, um 1480 im Voc. incip. Volksmunde französch (1671 bei Leucoleon
teut.eS** fransen «Stii-nband», spätmhd. franze Galamelite 149), 1646 bei Moscherosch Phi-
f. (noch 1739 bei Amaranthes J^'ran^^'ew); da- 1, 112 und 1691 bei Stieler franzöisch.
lander
zu ndl. franje n., nd. franje f. Aus
frappant, adj.: auffallend. 1774 bei Goethe
franz.
frange, ital. frangia, von mlat. fringia, das Werther (d. j. Goethe 3, 298). Aus gleich-
aus lat. fimhria f. «Faser, Franse», durch bed. franz. frappant, Part. Präs. von frapper
Wandlung in frinibia hervorgegangen ist. «schlagen, klopfen, Eindruck machen», woraus
ABL, fransen, v.: mit Fransen besetzen; frappieren, v.: stutzig machen, in der
(intrans. und refl.) ausfasera. In der 1. Bed, 1. Hälfte des 18. Jh.
mhd. franzen, aus gleichbed. franz. franger. Fraß, m. {-es, PI. -e) Fresser (bei Luther, :

fransig, adj., 1691 bei Stieler franzicht. jetzt nur noch in Vielfraß^, das Fressen,
Franz, Mannesname. Gekürzt aus mlat. die Fresserei; Tiernahrung. Mhd. vräg (PI.
Franciscus «der Franke». Dazu das Dim. vrä^e und vrcege) in den beiden ersten Bed.,
Fränzchen. ahd. frag m. «Fresser»; dazu mndl. vraet,
Franze, m. (-%, PI. -n) Franzose (s. d.). ndl. vraat m. «Vielfraß».
-.
ABL. fräßig,
Mhd. Franze. ZUS. Franzl)and, m. (-es, adj.: vielfressend (Lessing 1, 90), häufiger
PI. -bände) französischer Ledereinband eines gefräßig.
: Mhd. vrcegic, ahd. frägig; dazu
Buches. 1775 bei Adelung. Franzbrannt- ndl. vratig.
wein, m, (-S, PI. -e): aus Weinhefe destil- fraternisieren, v.: Bruderschaft schlie-
lierter Branntwein, urspr. französischer Brannt- ßen. Aus gleichbed. franz. fraterniser, ab-
wein. 1716 bei Ludwig. Franzlbrot, n. geleitet von lat. fraternus «brüderlich». Zur
{-es, PI. -e): Mundsemmel, urspr. eine fran- Zeit der französ. Revolution als politisches
zösische Semmelpastete, 1715 bei Amaranthes. Schlagwoi't entlehnt. Vgl. Lädendorf.
Franzmann, m. [-es, PI. -männer): Franzose, Fratschler, Frätschler, m. {-s, PI.

1678 bei Krämer; dazu ndl. Fransnian vom


wie Sg.): Trödler, Zwischenhändler, Mäkler.
i

Adj. frans «französisch». Franzobst, n. Österreichisch-bayrisch. 1482 im Voc. theut.


j

{-es): an Zwergbäumen nach französischer y 8* jp/refenerm «Frätschlerin». Von österr.-


Art gezogenes Obst, 1773 bei Amaranthes bayr. frätschelu, V.: sich als Unterhändler,
(3. Aufl.). Franzwein, n. {-es, PI. -e): Mäkler, zum Aufkaufen von Eßwaren usw.
französischer Wein, 1691 bei Stieler. brauchen lassen (urspr. wiederholt fragen,
Franziska, Frauenname. Aus mlat. ausfrägeln, dann unterhandeln).
Francisca, dem Fem. von Franciscus «Franke» fratt, adj.: wund durch Reiben. Neben-
(s. Franz). Dazu das Dim. Fränzchen (Goethe foi'm frät 1678 bei Krämer. Mhd. vrat. Da-
1, 43). von freuen (s. d.). Älternhd. auch in der
Französe, m. {-n, PI. -n): Angehöriger Bed. «zerbröckelnd, halbfaul, abgerieben,
Frankreichs.Mhd. Franzois, Franzeis, auch durchtrieben». Noch obd.
Franzoise, Franzose, aus franz. Frangois, Fratz, m. {-en, PI. -en): abenteuerliche,
heute Frangais «Franzose», hervorgegangen alberne, kindische Person, Narr; ungezogenes
aus mlat. Franciensis (woher auch ital. Kind. Zuerst älternhd. (bei Fischart Garg.
Francese, span. Frances), das von lat. Francia 251). Von Fratze, f. (PI. -n): lächerlich-
«Frankenland» (woraus franz. France «Frank- abenteuei-liche Erzählung, Geschwätz; ins
reich») abgeleitet ist. Plur. die Franzosen: Lächerliche verzogenes, entstelltes Gesicht,
Lustseuche, benannt seit der
Syphilis, so Zerrbild {Fratzengesicht 1741 bei Fi-isch).
Belagerung Neapels durch die Franzosen 1493, Zuerst älternhd. (1521 bei Luther 3, 523 W.
in deren Lager die Krankheit epidemisch in der Bed. «Posse (so noch Goethe Faust
auftrat und sich von da rasch durch Italien 1739), albernes lächerliches Gerede», Waldis 1,
1495 nach Süddeutschland und dem Rheine 50 fratzen reißen); aus dem Deutschen ent-
ausbreitete (1519 bei Murner in Böckings lehnt ndl. fratsen PI. «Possen, Albernheiten.
Hütten 5, 400). ABL. Französin, f., mhd. Wunderlichkeiten». Wohl aus dem ital. PI.
, 1'

577 Frau frei 578

frasclie «Possen, Albernheiten», (dessen Sg. lat. coccinella. Frauenschuh, m.: die Pflanze
f'rasca f. «belaubter Ast, Bierzeichen», dann Cjpripedium calceolus, Marienschuh.
«leichtsinniger Fratz»), dem auch franz. Fräulein, n. (-s, PI. wie Sg,, auch -s):
frasque f. «Posse» entstammt. unverheiratete weibhche Person von Stande;
Frau, f. (PI. -en): Herrin; Verehelichte Ehrenbezeichnung einer noch Unverheirateten
(Hausherrin); erwachsene Person weibHchen (Schiller Picc. 3, 8). Im Gedanken an das
Geschlechts. Im Gen. und Dat.
noch natürliche Geschlecht auch Fem. (Opitz 1, 206
Sg.
mit Bewahrung der alten schwachen Flexion Amst., A. Gryphius Lustsp. 450 P., Goethe
Frauen bei Dichtern (Wieland Oberon 12, 25, 19, 257), abgeschwächt Fräulen f. (Hagedom
Goethe Iph. 1965, nat. Tochter 2289, Faust neue Fab. 128), oberd. Fräule f. (Goethe 2,
9221) und in dem formelhaft erstai-rten Genitiv 229), wetterauisch (auch bei 0. Ludwig)
unserer liehen Frauen (Jungfrau Maria), selten Fräle f. Alternhd. fräwelin, mhd. vrouwelin,
im Akk. (Goethe Pater Brey 31). Alter nhd. vröuivelm, vröulin n. (Dim, zu vrouive f.)
fratve (altertümelnd noch bei Eichendorff «Herrin, Frau oder Jungfrau von Stande,
Taugenichts 13 Fraue), mhd. vrouwe, gekürzt Dame», aber auch als schmeichelnde Anrede
vrou, vor Xamen als Ehrentitel ver, fer, ahd. an Kinder, sowie an Mädchen niedern Stan-
frouwa f.; dazu andd. früa, mndl. vrouwe, des, endlich sogar in der Bed. «feile Dirne»;
ndl. vromv, afries. frowe, anord. (der Name im 14. Jh. bei Megenberg 116, 7 u. 9 «Tier-
der Göttin) Freyja. Weibliche Form von weibchen», so noch bei Luther Frewlin 1. Mos,
ahd. fro, ,got. frauja, asächs. fräho, fröho, 6, 19, aber 1. Mos. 1, 27 und Mark. 10, 6
fröjo, ags.frea und frigea m. «HeiT» (s. fron), auf den Menschen angewandt «Weibchen».
anord. (Name des Gottes) Freyr, abgeleitet frech, adj,: sich vordrängend wozu, allzu
vom Stanime fra «vom», wie ablautend aind. frei. Mhd. vrech «mutig, kühn, keck, leb-
pärvas, pürvjns «vorderer», aw. pourva-, haft», ahd, freh «tmgezähmt begierig wonach,
abg. prüvil «vorderer, erster» stimmen. Vgl. habsüchtig»; dazu got. friks «gierig» (nur
Fürst ZUS. Frauenbild, n. {-es, PI. -er), in faihu friks «geldgierig»), ndl. vrek «frech»,
in Bed. und in übertragener für Frau ags, free «begierig, kühn, verwegen», anord.
eig.

schon mhd. vrouivenhüde n. Frauenspersou, frekr «habsüchtig, begierig»: schwed, fräck, j

f. (PI. -en), 1616 bei Henisch frauenperson. dän, fräk (aus dem Deutschen). Auch ins
:

ndrrhein. 1474 vrauwen persoen (Wienstraat Romanische gedrungen: afranz, frique, prov.
S. 9 Groote), köln. im 15. Jh. vrauicenper- '

fric, nprov. fricaud «munter, lebhaft». Ver-


schone (Frommann 3, 57 *). Frauenzimmer, wandt sind femer asächs. frökan «wild, ver-
n. (-S, PI. wie Sg.) : abgesondertes Gemach für wegen, frech», ags. frecen n. «Gefahr», frecne
die Frauen und Dienerinnen am Hofe (spät- «gefährhch, schrecklich, kühn», anord, frökn,
mhd. im 15. Jh. vrouwenzimmer), dann (vom frokinn «mutig» und außerhalb des germ.-
Anfang des 16. bis gegen Ende des 18. Jh.) kymr. rhewydd «Geilheit», gr. cTrap-fäeiv
Gesamtheit der darin wohnenden Frauen, weib- «schwellen, strotzen, voll sein», lett. spirgt
liches Gefolge (Liliencron 3, 74 vom J. 1512), «frisch werden». ABL. Freche, f.: Ver-
Gesamtheit von Frauen (Teuerdank 20, 123), wegenheit (Goethe 1, 119); Geilheit, Brunst
j

endlich (seit Anfang des 17. Jh., 1622 bei (bayrisch). Mhd. vreche «Kühnheit, Keck-
Opitz 2, 257 Amst., 1648 bei Zesen Ibr. 478) '

heit», ahd. frechi «Habsucht», got. frikei f.

Person weibhchen Geschlechts von Stande, «Gier» (nur in faihufrikei «Geldgier»). Frech-
heutzutage in Norddeutschland «Frauens- heit, f., mhd. vrecheit f. «Kühnheit».
person» mit verächtlichem Nebensinne. —
Fregatte, f. (Pl.-w): dreimastiges schnelles
Frauen- in Tier-, Pflanzen- und Mineral- Kriegsschifi". 1578 bei Fronsperger Kriegsb.
uamen ist immer gekürzt aus unserer
fast 157'' fg. Fragaite, Frogafe, Frugatte, Fre-
lieben Frauen (s. o.), z. B. Frauendistel, gatten, 1616 bei Henisch Fregat «navigiuni
f.:Mariendistel, spätmhd. frowendistel (Diefen- exploratorium». Aus franz. fregate, ital. fre-
bach Gloss, 393^). Fraueneis, Frauen- gata, span.-port. fragata f,, urspr. «kleines
glas, n.: Marienglas, ersteres 1612 bei Thur- Ruderschifi'». Dunkler Abstammung.
neisser, letzteres 1741 bei Frisch. Frauen- frei, adj.: unabhängig, selbständig, durch
haar, n.: die Pflanze Adiantum capülus nichts anderes beschränkt; die Schranke der
Veneris, spätmhd. vrouwenhär (Diefenbach Sittsamkeit übertretend. Mhd. vri (flektiert
Gloss. 97 ^). Frauenkäfer, m, Marienkäfer, auch vrijer, vriger), ahd. fri (flektiert auch
:

Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 37


:

579 frei freien 580

friger); dazu andd. fri, mndl. vri, ndl. vrij, der Menschheit, unter symbolischen Formen,
afries. fri, ags. fri und freo, frig, engl, free, die dem Maiu-erhandwerk entlehnt sind. Im
anord. in fria «freimachen», frtan f. «Be- 18. Jh. als Übersetzung des engl, free-tnason
freiung, Schonung», frjäls «frei», eig. «einen aufgekommen, 1775 Adelung Freymäurer,
bei

freien Hals habend», (da der Ring um den Hals 1780 bei Lessing 10, 288 Freywanrer.
Frei-
den Sklaven kennzeichnete), (entlehnt) schwed.- mut, m. (-es): freier offener Sinn, mhd.
dän. fri, got, freis, Akk. Sg. frijana. Der vrimuot m.; davon freimütig, adj., mhd.
Lautverschiebung gemäß stimmend mit aind. vrwiüetic. Freischar, f. (PI. -en), erst in
prijns «liebend, geliebt, lieb, wert», als Subst. den 40er Jahren des 19. Jh.; älter Frei-
«Liebhaber, Ehemann», Fem. prijä «Gattin», korps, n., 1775 bei Adelung. Freisinn,
auch «Tochter», denen wieder anord, fri m. m.: fi'eie Gesinnung, bes. in religiöser und
«Liebhaber, Freier», asächs. fri n., ags. freo politischer Hinsicht; davon freisinnig, adj.,
f. «Weib», got. frijön «lieben» (s. freien) von Campe 1808 als neue Wörter bezeichnet,
entsprechen. ABL. freien, v.: freimachen aber schon 1643 bei Moscherosch Insomnie
oder geben. Mhd. vrien, vrigen; dazu ndl. cura 20 Freysinnigkeit; anders bei H. Sachs
t>rijden, ags. freogan, engl, free, afries. friaia, 5, 305 freisinnig «geistig gesund» im Gegen-
fria, anord. fria, schwed. fria, dän. fri. Frei- satz zu unsinnig. Freistatt, Freistätte,
heit, f. (PI. -ew): Freisein; öffentlich aus- f.: öffentliche Schutzstätte für flüchtige Ver-
gesprochene wovon als Sonder- brecher. 1678 bei Krämer Frey statt. Ähn-
Befi'eiung
recht, Privileg; von benannten Lasten und lich bei Luther Jos. 21, 27 Freistadt f. «Asyl-
Beschränkungen freie Ortlichkeit (Moser patr. stadtfür Totschläger». Freistuhl, m.: west-
Phant. 1, 33); von einer gi-ößem Herrschaft ab- fälisches Freigericht, spätmhd. 1420 vristiiol.
getrennter gefreiter Herrschaftsbezirk, öffent- freiwillig, adj., bei Luther.
licher Schutzort geflüchteter Verbrecher, Asyl; freidig, adj. mutig, kühn, zu-
u. adv.:

Ungezwungenheit, Anmut (Goethe Wahlverw. versichtlich, wohlgemut, getrost und fest.


1, 2). In diesen Bed. mhd. vriheit, ahd. fri- Bei Luther 1. Sam. 18, 17, Weish. 11, 18,
heit f. «Freisinn, Privileg»; dazu afries. fri- 2. Makk. 10, 28, aber allmählich nicht mehr

hed, ndl. vrißeid f. ZUS. Freibeuter, m. verstanden und bereits 1604 an manchen
plündernder Soldat, Seeräuber. 1579 bei Stellen durch das völlig verschiedene freudig
Fischart Binenk. 29, Freibrief, m.: Frei- ersetzt. Noch mundartlich in Bayern, Tirol,
heitsbrief; Privileg; Reisepaß, 1775 bei Ade- Kärnten, Elsaß und Schlesien. Mhd. vreidec,
lung. Freidenker, m„ als Übersetzung des vreidic «abtininnig, flüchtig, leichtsinnig, wild,
engl, free-fhinker 1715 von Gombert 5, 11 übennütig, keck, mutig, wohlgemut,
trotzig,
nachgewiesen (bei Guhrauer Leibniz 2, 487). munter», ahd. freidig «abtininnig, flüchtig»,
Freifrau, f.: Gattin eines FreiheiTn, 1678 asächs. fredig «flüchtig, verbannt», abgeleitet
bei Krämer, mhd. vrhrouive f. Freifräu- von dem ahd. Adj. freidi «abtriinnig, flüch-
lein, n.: unverheiratete Tochter eines Frei- tig», mhd. vreide «flüchtig, kühn, verwegen»,
herrn, 1691 bei Stieler; für beide 1678 bei andd. frethi * abtininnig, flüchtig». Dieses ist

Krämer auch Freiin, f. (PI. -nen), Ende des wohl das aind, pretja- «nach dem Tode, jen-
14. .Jh. bei Königshofen Städtechr. 748, 18 seits» von pra- «fort» und einer Ableitung
9,

frrjgin «Baronin», gern und von i «gehen», vgl. auch prStis f. «Weg-
freigebig, adj.:
bereitwillig (mhd. mit vrier haut) gebend. gehen, Flucht». Davon Freidigkeit, f.:
1534 bei S. Franck Weltb. 63*'. Freigeist, Mut, Kühnheit, Zuversicht, fester getroster
m. (-es, PI. -er): Freidenker; Religionsver- Sinn und Entschlossenheit. Bei Luther 4. Mos.
ächter. 1663 bei Schottel S. 448 (vgl. Laden- 23, 22, Apostelgesch, 4, 13. Mhd. vreidicheit
doif), bei Luther 1, 74** in gleicher Bed. der f. «Übennut, Wohlgemutheit, Kühnheit».
PI. die freien geiste: anders im 14. Jh. die ^freien, v.: freimachen, s. frei.
valschen frien geiste (Vorrede der Theologia ^freien, v.: zu ehelicher Verbindung
deutsch) mit Bezug auf die Sekte der Binider werben für sich selbst oder für einen andern.
des frien geistes. Freiherr, m. [-en, PI. Dem Oberd. fremd, aus dem Nd. und Md.
-en): Baron, mhd. vriherre m. «Edelmann, durch Luthers Bibelübersetzung zur Geltung
der nicht in einem Dienstverhältnis steht wie gekommen. Im altem Md. vrieti «um ein
die Ministerialen». Freimaurer, m.: Mit- Frauenzimmer aus Liebe werben», urspr.
glied einer Gesellschaft zur sittlichen Hebung «lieben»; dazu mnd. vrieti, ndl. vrijen «Liebes-
581 Freifrau Frett 582

verkehr haben, umwerben />, ags. freogan, f., 1648 im Don Kichote 164. Fremdheit,
anord. frla «lieben», (entlehnt) schwed, fria, f., 5. 6. 1780 bei Goethe an Lavater 84, dafür
dän. fri «heii-aten», got. frijön. Der Lautver- friiher Fremdigkeit (bei Opitz), mhd. vremdec-
schiebung gemäß stimmend mit aind. pi'Viäti, heit, vrömdikeit f. ZLS. Fremdwort, n.
aw.frinäiti «er befriedigt.., ?ih^. prijati «sorg- (-es, PI. -Wörter), 1819 bei J. Paul Von-, zur
lich beistehn. günstig sein», prijazni f. «Liebe». 3. Auri. des Hesperus.
ABL. Freier, frenetisch, s. phrenetisch.
m.: heiratslustiger Bewerber.
Md. im Yoc. ex quo 1469 fryher, im 13. Jh. frequent, adj.: zahlreich besucht. Im
friere m.: dazu FreierSlliaun, m.: Braut- 18. Jh. entlehnt aus gleichbed. lat. frequens,
werber für einen andern. 1741 bei Frisch. Gen. frequentis. frequentieren, V.: zahl-
Freite, f. (PI. -n)-. Liebes-, Heü-atswerbung. reich, häufig, fleißig besuchen, 1571 bei Eot
Ln Mitteldeutschland. Bei Lessing Freig. 2, 5 und schon md. im 14. -Jh. frequentiren, aus
Freihte, bei Weiße Lustsp. 1, 164 Freyde. gleichbed. lat. frequentäre, von dessen Part.
Op. 3, 205 Freide, im 16. u. 17. Jh. Freiet, Perf. Pass. frequentäius das Adj. frequentä-
im altem Md. vriät, friöte, fnete f. ZUS. tlvus, Xeutr. frequentätlfurn und aus letzterem
Freiwerher, m. (s, PI. wie Sg.): Braut- FrequentatlT, n. (-5, PI. -e)-. Veröfterungs-,
werber fm- einen andern. 1616 bei Henisch. Wiederholungswort, abgeleitet ist. Fre-
Freifrau, Freigeist usw., s. frei quenz, f. (PI. -en): zahlreicher Besuch, Zu-
freilich, adv.: ohne Beschränkung, Be- lauf, 1694 bei Nekring aus gleichbed. lat.
denken: wohl. Mhd. vrtliche, vnlick adv. frequentia f.
«in freier "Weise, frei heraus, ohne Zaudeni, Fresko, n. (-s, PI. Fresken)-. Malerei auf
Bedenken, Vorbehalt:>; (im Loher und Maller frischen, d. i. nassen Kalk. 1775 bei Adelung.
15. Jh.) «sicherlich, allerdings, freilich»; ab- Das Adv. fresco schon 1727 bei Spei'ander, Aus

geleitet von dem mhd. Adj. vrtlich, ahd. ital. fresco «frisch». Daneben auch Freske,
friWi <frei». f., von dem Plur. Fresken ausgebildet,
Freimut, Freisiuu usw., s. frei. fressen, v. (Präs, fresse, frissest, frißt,

Freitag, m. (-s, PI. -e): der sechste Prät. fraß, Konj. fräße, Part, gefressen, Imp.
Wochentag. Mhd. vritac, vrietac, vrigetac, friß): völlig essen, daher bes. unmäßig, un-
ahd. friadag, frijetag: dazu mndl. rriäacJi. anständig, unvernünftig essen, gewöhnlich von
ndl. vrijäag, afries. frigendei, ags. frlgdrpg, den Tieren gebraucht; verzehren, verzehrend
frigedceg, engl, friday, (entlehnt) anord. frjä- eindiingen. ^Ihd. vre^^en (Präs. ich vriß^e,
schwed. -dän. fredag. Es ist der der Ge- Prät. vra§, PI. träfen), ahd. fre^^an: dazir
doffr,
mahlin Wotans und Vorsteherin der Ehen, ndl. vreten, ags. fretan (engl, /re^ «zerfressen»),
ahd. Fria, anord. Frigg, geheiligte Wochen- got. fraitan «aufzehren» (Prät. frei, 3. PI.
tag, eine Übersetzung des lat. dies Yeneris. fretun), entlehnt schwed. frdssa, dän. fraadse.

Fria bedeutet Liebende


die der Lautver- Das Wort ist zusammengesetzt aus der Par-
,

schiebung gemäß entsprechend aind. prijä f, tikel got. fra-, ahd. far-, nhd. ver- und got.
«Gattin, Geliebte» (s. frei und freien). itan, ahd. e§§an, ags. etan «essen», wie auch

Freite, Freiwerber, s. freien. das Part. Prät. ahd. fre^^an, mhd. vre^^eu
fremd, unverkürzt fremde, adj.: anders- ohne ga-, ge- zeigt. Li gleicher Bed. ein
woher gebürtig oder kommend, nicht ein- neugebildetes mhd. vere^^en. Substantivisch
heimisch, nicht angehörig, nicht eigen, nicht Fressen, n., derber Ausdruck für Nahrung,
vertraut, unbekannt, ungewöhnlich, seltsam. Mahlzeit (bei A. Gryphius 1, 820). ABL.
Bei Luther frembd, mhd. iremede, iremde, Fresser, m. (-s, PL wie Sg.): der viel Fres-
daneben irömede, vrömde, ahd. framadi. fra- sende, mhd. vre^^er m.; davon Fresserei,
midi, fremidi; dazu asÄths-fremidi, nA\.vreemd, f., mhd. vre^^erie f. ZTJS. Freßsack, m.:
ags. fremede, got. framaps, (entlehnt) schwed. Fresser, urspr. Speise-, Futtersack, 1775 bei
främniad, dän. fremmed, abgeleitet von ahd.- Adelung.
got.-ags. und anord. fram, präp. und adv. Frett, n. {-es, PL -e), gewöhnhch im
«vorwärts, weiter, entfernt von, von — fort». Dim. Frettchen, n. {-s, PL wie Sg.): Art
ABL. Fremde, f., mhd. vremede, iremde, Wiesel zum Kaninchenfange. Bei Fischart
daneben rrömede f. FremdÜDg, m. (s, Ehez. L 1» Frettel n., 1561 bei Maaler Frett
PI. -e), mhd. fremdelinc, bei Luther Fremhd- n., 1546 bei G. Agricola frette, fiirette f.;

ling und Fremhdlinger dazu Fremdlingin, dazu clevisch 1477 frei, randL foref, frei
;
n.

37*
583 fretteu Friede 584

Entlehnt aus franz. furet, von skip, ags. freondscipe m.; davon freund-
ital. furetto m.,
lat. für m. «Dieb» abgeleitet. schaftlich, adj., 1734 bei Steinbach.
fretteu, v. wund reiben; (bildlich) quälen,
: Frevel, m. (-s, PI. wie Sg.): gewaltsame
plagen, hudeln. Noch obd. Mhd. treten, vret- Rechtsverletzung. Bei Luther freuet (u == v),
ten, vraten, ahd, fratön, von ahd.-mhd. fratt 1561 bei Maaler Frei fei, ältermd. vrevel, da-
«wund aufgerieben», bayr. frat, Schweiz, fratt. neben vorevele, vorehele, vorebel, vorebyl,
Vielleicht aus ital. frettare «reiben», das von virehel m., mhd. vrevel, vrävel, vraval, da-
lat. fridäre stammt. neben frefne und frefin, meist f. (selten m.),
fretzen, v.-. fressen machen, weiden, mästen. ahd. fravali, fravili, frabari f. «rückhaltlose
Bei Luther. Mhd. vretzen und veretzen «ab- Kühnheit, schrankenloser gefährlicher Über-
weiden, füttern, jagen», got. fraatjan «zum mut»,
(in der altern Rechtssprache) «geringeres

Essen verteilen», zusammengesetzt aus der durch Geld sühnbares Vergehen, Geldstrafe ».
Pai-tikel got. fra-, ahd. far-, mhd. vei'- und Von frevel, adj.: rückhaltlos kühn, gefähr-
mhd. etzen, s. ätzen und auffretzen. lich übermütig, gewaltsam das Recht ver-

Freude, f. (PI. -n)-. durch angenehmes letzend. Mhd. vrevel, vrävel, vrehel, vrabel.
Gefühl erregte Gemütsheiterkeit. Bei Frisius daneben vreven, md. vorevil, vorehil. virehil
1541 und Maaler 1561 fröud, mhd. vröude, (noch 1469 im Voc. ex quo eyn freheler),
vreude, fröiiwede, ahd. frawiäa. freuwida, ahd. fravali, fravili, frafali und Adv. fraba-
frowida f. Von freuen, v.: froh machen, liclio dazu (entlehnt) ndl. wrevel, ags. frcefele. ;

mhd. vröuiven, vreuwen, vröun, vreun, ahd. Zusammengesetzt aus der Partikel got. fra-,
frawjan, freivjan, froiiicen, abgeleitet von ahd. far- (selten fra- in fräbald «verwegem>),
froh (s. d.). ABL. freudig, adj.: Freude mhd. ver-, md. vor-, vir-, nhd. ver-, und
empfindend oder eiTegend, 1540 bei Alberus einem Stamm, der noch vorliegt in md. evel
Dict. Qq.3^ freudig, 1541 bei Frisius fröudig, «stolz vermessen» (Jeroschin 9122 Var.), ahd.
vgl. fr eidig; dazu Freudigkeit, f., bei Al- avalön, afalön «in eifriger Arbeit tätig sein»,
berus QqS** freudigkeit, bei Frisius fröudig- anord. afl n. «Kraft, Stärke», got. dbrs «stark».
keit. ZUS. Freudenhaus, Haus voller Vgl. Fracht, fressen.
n.: ABL. frevelhaft,
Freude (beiLuther und Schiller), mhd. urÖMc^ew- adj. u, adv., spätmhd. vrevelhaft. freveln,
hüs n.); in üblem Sinne Bordell (im 18. Jh.). V., mhd. crevelen, daneben vrevenen, md.
Freudenmädchen, n.: feile Dirne, nach vireheln. freventlich, adj. u. adv.: frevel-

franz. fille mit eingeschobenem t aus mhd. vreven-


de joie in der zweiten Hälfte des haft*

18. Jh. aufgenommen (bei Schiller 7, 307), lich neben vrevellich (md. virehilich), wie
aber schon spätmhd. im 15. Jh. freudemveih. vreven neben vrevel, 1561 bei Maaler fräfert-
Vgl. noch Gombert ZfdW. 7, 141. lich, bei Luther freuelich, freuenlich und

Freund, m. (-es, PI. -e): durch Liebe, (Tischreden 3^) freuentlich. Frevler, m.,
Zuneigimg Verbundener; (in der Volkssprache) mhd. vreveler, mrhein. im Voc. ex quo 1469
Verwandter. Mhd. vriunt, ahd. friunt, friont, frebeler.
asächs. friund, ndl. vriend, afries, friond, Friede, {-ns, PI. -en), seit dem 18. Jh.

friund, ags. freond, engl, friend, anord. frmndi, auch Frieden, m.: Vereinigung in Liebe
schwed.-dän. frände, got. frijönds m. «Freund, mit Entfernung aller Entzweiung; feste Über-
Verwandter», ist das als Subst. erscheinende einkunft zu Einigkeit und Sicherheit; Sicher-
Part. Präs. von got. frijön «heben» (s. freien). heit vor und Freisein von Widerwärtigem.
Gleiche urspr. Partizipien sind Feind, Hei- Bei Luther Fried und Friede noch mit der
land (s. d.). ABL. Freundin, f. (PI. -nen), alten starken Biegung Gen. Friedes, Akk.
mhd. vriundinne, ahd. friuntinna f. freund- Friede, aber auch schwach Dat. und Akk.
lich, adj. 11. adv., mhd. vriuntlich und Adv. Frieden. Die stai-ke Flexion noch bei Logau
vriuntliche, ahd. friuntlih und Adv. friunt- 1, 1, 4, Flenaing 189, Zeseu Ibrahim 1, 146;
licho; dazu ndl. vriendelijk, ags. freondlic, die schwache Flexion zeigt sich vereinzelt
engl, friendly; davon Freundlichkeit, f., schon mhd., besonders md., zuerst im 12. Jh.
spätmhd. vriuntlicheit f. Freundschaft, f. am Niederrhein; der gemischte Gen. fridens
(PI. -en): Freundesverhältnis; (in der Volks- am fiühesten im Anfang des 16. Jh. bei
sprache) Verwandtschaft. In beiden Bed. Keisersberg (Predigten 68"^). Mhd. vride (Gen.
mhd. vriuntschaft, vriwentschaft, ahd. friunt- vrides), ahd. fridu, frido m. (daneben frida
scaf f. dazu asächs. friundskepi, afries. friond- f.) dazu asächs. fridu, ndl. vrede, afries. fretho
; ;
585 Friedhof Frikandeau 586

m,, ags. frip, fryp m., d. (daneben freodo, ags. freosan, engl, freeze, anord. frjösa, schwed.
frioäo, frido f.), anord. friär, schwed. frid, frysa, dän. fryse. Das urspr. s hat sich im
fred m., dän. fred m. und f., got. nur im bayr.-hess. friesen, freusen, luxemb. friselen,
Eigennamen Frißareiks «Friedrich» und in sowie in Friese! und Frost (s. d.) erhalten.
gafrißon «versöhnen». Zugrunde liegt der- Die 2. und 3. Präs. lautet älternhd. freurest,
selbe Stamm «schonen» wie in got. frijön freuret (noch 1726 bei Freyer freuret). Der
fri
«lieben» (s. freien und Freund). ABL. Lautverschiebung gemäß entspricht aind.
friedlich, adj. u. adv., mhd. vridelicli, Adv. priisvä f. «gefrornes Wasser, Reif», lat.ijnima
vrideltche. friedsam, adj. und adv., mhd. f. «Reif» (aus *prusvfna).
vridesam, ahd. fridusam, asächs. adv. frida- Fries, m. (-es, PI. -e): in der Säulen-
samo. ZUS. Friedensfürst, m. (-ew, PI. ordnung ein mit Laubwerk und andern krausen
-en), bei Schiller Wall. Tod 5, 1, dagegen Zieraten versehener Teil des Hauptgesimses,
bei Luther Jes. 9, 6 Friedfürst. Friedens- der den Kopf des auf dem Hauptbalken i-uhen-
richter, m. (-S, PI. wie Sg.), 1691 bei den Balkens bildet (dann herumlaufender Zier-
Stieler, aber 1703 im Zeitungslex., 1741 bei streifen an Wand und Fußboden); krauses
Frisch Friedericliter. Urspränglich Bezeich- ungeschorenes tuchartiges Wollenzeug,
: In
nung einer englischen Einrichtung, fried- der 1. Bed. 1616 bei Henisch Frisen, 1618
I

fertig, adj., bei Luther Matth. 5, 9. bei Schönsleder Fries m., 1691 bei Stieler
Friedhof, m. (-.§, PI. Friedhöfe)-. Kirch- Friese n., bei Winkelmann und Schiller Friese
;

hof, Gottesacker. Nicht «Hof zu Friede und f. (PI. -n); dazu mndl. 1599 bei Kilian frise.
Euhe», sondern aus mhd. vrithof ahd. frit- In der 2. Bed. 1691 bei Stiel er Fries, 1678
hof, asächs. fridhof, mnd. vrlthof m. «der vor bei Krämer Frieß, 1663 bei A. Gryphius
einem oder um ein Gebäude zu Schonung Peter Squenz 9 Frilß, mndl. vries, frise 1599
und Sicherheit eingefriedigte Raum, Vorhof bei Kilian. Beides aus gleichbed. franz. frise,
eines Tempels, Palastes oder einer Burg, Vor- afranz. frese f., woher auch engl, frieze, zu
hof der Kirche als öflPentlicher Schutzort ge- franz. frisei' «kräuseln, verzieren», das wie
flüchteter Verbrecher», endlich «Kirchhof, span. friso, freso m. in 1., frisa f. in 2. Bed.,
Gottesacker», älternhd. und noch oberd. Freit- «Tuch aufkratzen», ital.fregio m. «Ver-
frisar
Iwf. Zu ah.ä.vriten «begünstigen, hegen», anord. brämung, Schmuck, Gesimsfries», finsa f.
frida «schmücken», got. freidjan «schonen», «rauher Wollstoff», aus dem Germanischen
einer Ableitung von einem Adjektiv, das in entlehnt ist: ags. frise «kraus, gelockt», engl.
«hübsch» vorliegt, und friz, frizzle «kräuseln», afries. frisle, fresle
ags. frid, anord. fridr
das genau aind. jyrUäs «vergnügt, befriedigt, «Haupthaar, Haarlocke». Dagegen das afranz.
geliebt» entspricht. Der Stamm ist derselbe drap de Frise, paile de Frise, mlat. panmis
wie in freien, Friede. frisius, ist ein kostbai-er Seidenbrokatstoff
Friedrich, Mannsname, mhd. Friderich, und deutet auf den Orient, vielleicht Phrygien
ahd. Fridurih, got. Frißareiks, ags. Freoderic. (Schultz höf. Leben 2 l, 337).
anord. Fridr ekr «Friedensfürst». Mlat. Fri- Friese, m. (-n, PI. -n): Volksname, mhd.
dericus, daher der zugehörige Frauenname Vriese, ahd. Frieso, Friaso, Friso m., dazu
Friederike. S, Fritz, Fritze und -rieh, nd. Frese, mndl. Vriese, ndl. Vries, afries.
Friedrichsdor, m. (s, PI. -e u. -s)-. ehe- Freso, Friso, ags. Frysa, Friesa m., bei den
malige preußische Goldmünze im Werte von röm. Schriftstellern Frisii, Frisones, mlat.
17 M., zuerst 1713 unter Friedrich Wilhelm L auch Fresones. Dunkler Herkunft.
geprägt. Friesel, n. u. m. (-s, PI. wie Sg.): Fieber
frieren, v. (Prät. fror, Konj. fröre, Part. mit hirsekornähnlichen Bläschen. 1686 bei
gefroren): Kälte empfinden: durch Kälte er- Liebe als Mask., 1734 bei Steinbach als Neutr.
starren; (unpersönlich) es friert «entsteht Zu frieren (s. d.), md. im 14. Jahrb. bei
Eis» (schon mhd.), es friert mich «ich emp- Ködiz 96, 26 frisen n. «Fieberschauer, kaltes
finde Kälte» (mhd. mich vriuset); das Part. Fieber», ebenso 1429 im Lib. ord. rer. 17**
gefroren «durch Zauberei fest gegen Hieb friesen n.
und Schuß» (seit dem 30 jähr. Kriege nach- Frikandeau (spr. Frikandö), n. {-s, PI.
gewiesen). Mhd. vriesen (Prät. vrös, PI. -s): gespickte gebratene Kalbsschnitte. Aus
vrurn, Part, gevrorn), ahd. friosan, freosan gleichbed. franz. fricandeau m. Neue Ent-
(Part, gifroran); dazu mnd. iTesen, näl.vriezen, lehnuncr.
587 Frikandelle froh 588

Frikandelle, f. (PI. -«): Buttergebackenes first n., ags. first m., anord. frest n., schwed.
aus zerhacktem Fleisch, Fleiscliklößcheu. 1715 frist m., dän. frist. Das Wort ist nach Brug-
bei Amaranthes, aber 1721 bei Jablonsky mann Idg. Forsch. 13, 164 zu vergleichen mit
und 1741 bei Frisch Frickedellen, 1727 bei 'Aind.purah-sthitas «bevorstehend» (j;was « vor
Sperander Fritadelle, Frickedellen, aus gleich- Augen» germ. fris und sthitas «stehend». =
bed. ital. frittadella f., von fritto «in der ABL. fristen, v.: Frist geben, unverletzt
Pfanne gebacken», Part, von friggere, lat. und noch für längere Zeit erhalten. Mhd.
fngere «rösten», vristen, ahd, fristjan, fristan und fristön,
Frikassee, n. (-s, PI, -s)-. Schnittfleisch mnd. verstell, afries. fersta, ags. fy^rstan, anord.
mit einer Brühe, Bereits im 16, Jh. (Zünm, fresta, schwed. frista, dän. friste,
Chron. " 2, 164, 4) entlehnt aus dem gleich- Fritt, m. {-es, PI. -e): kleiner Hand-
bed, franz, fricassee f. Dazu frikassl ereil, bohrer, bes. der Böttcher. 1775 bei Adelung,
V. (Zimm, Chi'on,^ 2, 163, 29): (in übertragener aus nd. frit m., ndl. vret n., vom gleichbed.
Bedeutung) übel zmichten (erst im 19. Jh,), franz. foret m., mlat. foretum n., zu lat.
frisch, adj, u, adv,: erstkräftig, munter, fordre, franz. forer «bohren».
rüstig; noch ungenutzt; anregend kühl, Mhd, Fritte, f. (PI. -en): in der Glasmacher-
wisch, früh am Nieden'hein virsch, ahd, frisc kunst Gemeng aus Sand oder Kieselerde und
in der 1. Bed.; dazu mnd. irisch, nd. frisk, alkalischem Salz (Laugensalz). 1775 bei Ade-
mndl. versch, afries,-ags. ferse, engl, fresh; lung, aus gleichbed. franz. fritte, ital. fritta
anord. ferskr, schwed, färsk, frisk, dän, fersk, f., d, i, lat, fricta, Fem, des Part. Prät. frictus
frisk sind entlehnt. Auch ins Romanische von frigere «rösten», urspr, «geröstete, ge-
gedrungen ital,-span,-port, fresco, franz. frais. sottene Masse», weil durch Schmelzen jenes
:

Der Lautverschiebung gemäß entspiicht abg. Gemenges Glasfluß entsteht. ABL. fritten,
presinü «fi'isch, ungesäuert» (lit. prieskas V.: zusammenschmelzen.
«ungesäuert» ist aus dem Slaw. entlehnt). Fritz (Gen. -ens, PI. -e, -en), vertrauliches
ABL. Frische, f., mhd. vrische f. Dim. von Friedrich, bei Luther auch Fritzsch,
Frischling, m. {-s, PI. -e) junges Wild- -.
mhd. (und noch mundai'tlich) Fritze.
schwein. Aus mhd. vrischific, später auch Fritze (Gen. -ns, PI. -n), diminutive Kose-
vrischlinc m. «junges weidetähiges Schwein form für Friederike.
oder Lamm», ahd. friskinc, friscing mit den frivol, adj. u. adv.: gehalt- und wertlos,
Nebenfoi-men fruscing, früiscing, frinscing, sehr leichtfertig. 1686 bei Liebe, aus gleich-
frunscing m. auch «Opfertier»; dazu andd. bed. frivole, von lat. frlvolus «wertlos, arm-
ferscang, verscung m. «junges Tier, Ferkel, ABL. Frivolität, f.
selig, abgeschmackt».
Lamm». Die romanischen afranz. fresange. (Pl.-en): Leichtfertigkeit; leichte Spitze, durch
fraissengue , sizil. frisinga «junges Schwein» ein Schiffchen mit der Hand gefertigt. Aus
stammen nicht direkt aus dem Deutschen. franz. frivolite f. In der 1. Bed. 1768 bei
Abgeleitet von frisch also urspr. Wieland Idris 15.
(s. d.),

«Frischgeborenes, Junges». Daher weidmän- froh, adj, u, adv.: von Wohlgefühl be-
nisch frischen, v.: junge Wildschweine ge- wegt; aus Wohlgefühl lebhaft. Bei Luther
bären, 1746 bei Döbel Jäger practica 1, 24. fro, mhd. vrö (Gen. vrowes, vrouwes, vröhes),
frisieren, v.: kunstgerecht Haare kräuseln; iihd.frao, fro (flektiert //;awer, frdiver,frouwer)
wollene Zeugstoft'e in der Frisiennühle auf- auch «schnell» bedeutend; dazu asächs. fräh
kratzen. In der 1. Bed. 1673 bei Weise Erzn. «froh», mndl, vrö, afries, frö, anord. frär
frisiren, in beiden Bed. 1691 bei Stieler «hiu'tig, flink». Die nordische Bedeutung
friesiren, 1616 bei Henisch friseren, nach ndl. «flink» scheint die ursprüngliche zu sein, und
friseren aus franz, friser (s, Fries). ABL. man kann
daher die genn. Grundfonn *frawaz
Frisierer, m, (s, PI. wie Sg.) Haarkräusler. zu aind, prävate «springt auf, hüpft, eilt»,
:

1691 bei Stieler Friesirer, heute in der franz. praväs «flatternd, schwebend, fliegend» stellen.
Form Friseur. Frisur, f. (PI. -ew): Haar- Vgl. Osthoff Parerga 336. ABL. fröhlich,
tracht, 1694 bei Nehring, aus franz. frisure f. adj. u. adv., bei Luther frölich, mhd. vrop-
Frist, f. (PI. -en): bis und Adv. inwliche, ahd. frawaUh, fröUh
wohin freigegebene licli

Zeit, Aufschubszeit; und Adv. frawaUcho, frölicho: dazu Fröh-


abgegrenzte Zeit über-
haupt. Mhd. vrist, ahd. frist f,; dazu mnd. lichkeit, f., mhd. vropUchät f. ZUS. froh-
verst, mudl. verde, vorste f., afries. ferst, locken, v.: laute Freude äußern. Bei Luther
; ' ; :

589 frohn Fronde 590

und noch bis ins 18. -Ih. frolocken, mhd. fron, mhd. vrone. vron adj. «den Herrn be-
vrölocken, 1352 bei Merswin wiederholt für- treffend, ihm gehörend, heüig, herrschafthch,
löcken: -locken ist vermutlich entstanden aus öffentlich», ahd. frono, fraono adjektivisch,
mhd. und ältemhd. lecken «hüpfen, springen», aber undeklinierbar gebraucht, urspr. Gen.
s. Hecken, Intensivbildung zu mhd. leichen PI. von ahd. fro, got. frauja m. «Herr» (s.
«aufspringen», got. laikan hüpfen, froh- Frau), «der Herren» d. h. nach christhcher
<'

locken», ags. läcan «springen»; die urspr. Anschauung «Gottes und der Heiligen». ZUS.
Bed. wäre also «vor Freude spiingen». Fronaltar, m. (-s) Gottes-, Hochaltar, mhd. :

frolin, Frohue usw., s. fron. Frone. vronalter, -altär m. Fronbote, m. {-n, PI.
fromm, adj. u. adv. (im altem Xhd. wie -«): Gerichtsbote, Büttel, mhd. vrönehote,
:

im Mhd.) förderlich, nützlich, tüchtig, vor- älter böte vrone, ahd. hoto vröno «heüiger
(im altern
trefflich, tapfer, brav, rechtschaffen ;
unverletzlicher Bote, Gerichtsbote». Fron-
wie jungem Nhd., besonders durch Luthers dienst, m. (-es, PI. -e): herrschaftlicher
Bibelübersetzung verbreitet) tüchtig in Be- Handdienst, den der Unfreie leisten muß,
ziehung auf die Gottesverehrung, gottgefällig spätmhd, vröndienest. Fronfasteu, plur.
(bildlich) ohne Arg und gut geartet, fügsam. die Quatemberfasten, mhd. vrone-. vronvaste f.
Bei Luther from, ältemhd. (zumal obd.) auch Fronfeste, f.: öffentKches Gefängnis, mhd.
frum, frumm, daneben frunib, fromb, mhd. vronvesfe f. Fronhof, m. (-es, PI. -höfe):
vfum, vrom, ältermhd. im 12. Jh. f)-um; dazu Herrenhof, bes. insofern die zu Handdiensten
mnd. iTOnre «tüchtig, brav, fromm», afries. Verpflichteten da erscheinen müssen, mhd.
frenio, from «nützlich», ags. from, fram, «tapfer, vrone-. vrönhof m. «Heirenhof. Kii-chhof»,
tüchtig». Zugrunde liegt der gleiche Stamm ahd. fronohof «Fiskus». Fronleichnam,
wie in got.-ahd. fram, «vorwärts, weiter» m. (-s), 1482 im Voc. theut. q 2* fronleichnam,
(s. fremd), got. f-uma, ags. forma «der erste», mhd. vrönlicham m. «der heilige d. h. Christi
lit. pirmas «der ei-ste», gr. Trpöuoc «der vor- Leib, Hostie» (s. Leichnam). FronTOgt, m.
derste, Vorkämpfer»; ferner in vor, für der. (-es, PI. -vögte): hen-schaftlicher Amtmann,
fordern, Fürst (s. d.). RA. frommer Wunsch, bes. zur Beaufsichtigung der zu Frondiensten ,

der nicht in Erfüllung geht, nach Phil. Speners Verpflichteten. Bei Luther (2. Mos. 1, 11).
|

Schrift pia desideria 1675. ABL. Fromme, ^Fron (-en, PI. -en), m.: Gerichtsbote,
f.: Gewinn, nur noch in dem
Vorteil. Xutzen, Büttel, Scherge. Volkstümliche Küi-zung für
Dat. PI. zu (Xutzund) Frommen «zum Nutzen, Fronbote (s. d.), spätmhd. vron, vrone m.
zugute». Ältemhd. Frumme f., mhd. vrume, ""Fron(e), f. (PI. -n)-.dem Herrn zu
vruni, vrome f. u. m., ahd. fruma, froma f.; leistender Zwangdienst. Mhd. vrone f. «Heir-
j

dazu asächs. fruma f. Daher mhd. ze vinimen, '

lichkeit, Gewaltheirschaft, Gefängnis, Herren-,


ze vromen, ahd. zi fnimum, ze fromon. Frondienst (s. fron), gerichtliche Beschlag-
frommen, v.: Fördei-ung, Xutzen bringen, nahme». Von fronen, frönen, v.: unfrei
zur Förderung dienen. Mhd. vrumen, vromen, .
Herrendienst tun (frönen auch bildhch «einer
vrümen «vorwärts kommen, förderlich sein, Sache sklavisch unterworfen sein», seit der
nützen, helfen», ahd.frumjan, frumman, asächs. ersten Hälfte des 18. Jh.). Mhd. vroenen,
frummjan «vorwärts schaffen, befördern, voll- '

vrönen «zum Herrn machen, verherrüchen,


bringen, verrichten, tun». Nach Heynatz 1796 als Abgabe geben, in gerichtlichen Beschlag
ist das "Wort «von einigen neuern» wieder her- :
nehmen, Herren-, Frondienst leisten», ahd.
vorgesucht, frömmeln, v.: äußerlich ein fronen «in Beschlag nehmen». ABL. Fronde,
gottesfürchtiges Wesen annehmen, 1786 bei f. (PI. -n) in gleicher Bed. wie Frone f., spät-

Schiller 4, 105. Frömmigkeit, f.: religiöse I mhd. vroende f. «frondienstiges Land, Fron-
Tüchtigkeit, ältemhd. frumkeit (altertümlich ai-beit». das ein ahd. fronida voraussetzt. Da-

noch bei Goethe 16, 124 Frummkeit), frum- von fronden, v., in gleicher Bed. vne fronen.
keit, frönikeit, mhd. vriimecheit, vrümkeit, Fronde, f.: Oppositionspartei von Vor-
rrumkeit, im 12. Jh. frumikheit «Tüchtigkeit, nehmen gegen die Regierung. Aus franz.
Bravheit, Tapferkeit, Trefflichkeit», zu dem [
fronde f. «Name einer Oppositionspartei wäh-
von ivww abgeleiteten Adj mhd. vnimec. rend der ^linderjährigkeit Ludwigs XIV., die
vrnmec, ahd. frumig «nützlich, tüchtig». \
die Politik Mazarins stark bekämpfte». Das
fron, adj.: herrUch und heilig. Nur noch ; Wort bedeutet eigentlich «Schleuder» aus
altertümlich bei Pfeffel u. a. frohn, ältemhd. lat. funda f. und wui-de zum Spottruf. ABL.
591 Fronfasten früh 592

Frondeur, m., aus franz. frondeur m. fron- (bildlich) Ertrag, Erfolg. Mhd. vruht, ahd.
dieren, aus franz. fronder.
v., Alle im fruht f. dazu asächs. fruht m., ndl. vrucht f.,
;

18. Jh., aber allmählich zuräckgetreten. Neu afries. frucht f. später entlehnt anord. fruktr;

belebt nach dem Kücktritt Bismarcks. Vgl. m., schwed. frukt, dän. frugt m. Aus gleich-
Ladendorf. bed. lat. fructus m. ABL. fruchtbar, adj,:

Fronfasten, Fronfeste usw., s fron. fi'uchttragend, fruchtbringend, nutzbringend,


Front (PI. -w), f.: Stirn-, Vorderseite. 1616 mhd. vruhtbcere, ndl. vruchtbaar. Frücht-
beiWallhausen Kriegsmanual 119 Fronte, Front chen, n. {-s, PI. wie Sg.): kleine Frucht;
f., aus \iü\. fronte f. «Stirn, Angesicht, Vorder- auch leichtsinniger, ungeratener junger Mensch,
teil», von lat. frons (Gen. frontis) f. «Stirn». 1750 bei Lessing 1, 471, im gleichen Sinne
Frontispiz, n. {-es, PI. -e): Vordergiebel- bei Luther 8, 67^ früchtlin. fruchten, v.:
seite. Im 18. Jh. aus franz. frontispice m., fruchtbar machen (Goethe 1, 83); Frucht
mlat. frontispicium n. «Giebel eines Gebäudes», bringen, Erfolg haben (1644 bei Harsdörflfer
von lat. frons f. «Stirn» und spicere «sehen, Gesprächsp. 1, Vorr. B 1^), mhd. vrühten,
schauen». vruhten «Frucht tragen, als Frucht zur Folge
Frosch, m. (-es, PI. Frösche): die hüp- haben, fruchtbar machen, den Fruchtgenuß
fende Amphibie, lat. ZUS. Fruchtbaum, m.: frucht-
rana; (übertragen) Feuer-
haben».
werkskörper; Geschwulst an der Zunge einiger tragender Baum, Obstbaum, mhd. vruhtbouni.
Tiere; Schuljunge. Mhd. vrosch, ahd. frosc fruchtlos, adj. u. adv.: unfruchtbar (1786
m.; dazu mnd.-mndl.-ndl. vorssch, ags. frox bei Herder zerstr. Blätter 2, 8); erfolglos
m., engl.-dial. frosk m., anord. froskr m., dän. (1678 bei Krämer). Fruchtschlag, m. {-s):

frosk. Daneben stehen Formen wie ags. auf- oder abschlagender Fruchtpreis, süd-
frogga, engl, frog, dial. frock mit Guttural, westdeutsch (bei Hebel). Fruchtspeicher,
und solche mit Dental anord. fraiutr, schwed.- m. (-.s, PI. wie Sg.): Getreidelagerungsspeicher,
dän. frö, anord. fraukr (aus *fraudkr). Es 1541 bei Frisius Frurhtspycher.
ist kaum möglich, alle diese Formen auf frugal, adj. u. adv.: sparsam eingerichtet,
eine gemeinsame Grundform zurückzuführen. mäßig, einfach - genüglich. Im 18. Jh. ent-
Am ehesten ist noch '*fraup, *frup möglich lehnt aus gleichbed. franz. frugal, von dem
und dies dürfte nach Osthoff Parerga 344 lat. Adj. frügälis, zu lat. frux (Gen. frügis)
zu den unter /ro/i behandelten Wg.« springen» f. «Frucht, Tauglichkeit».
gehören, vgl. m. «Frosch» zu
aind. plavas früh, adj.: der gewöhnlichen oder be-
plu-, pru- «springen» und die deutschen Aus- stimmten Zeit vorausgehend. Bei Luther
drücke hopper, hoppschel, grashüpfer u. a. früe, mhd. vrüeje, vruoje, vruoive, ahd. fruoji.
ZUS. Froschblut, n.: kaltes Blut, bei dem Von früh, adv.: mit Anbruch des Tages;
der Mensch nicht in Aufregung kommt (bei mit Anfang und selbst vor der bestimmten
J. Gotthelf Schuldenbauer 364). Frosch- Zeit seiend. Auch frühe (bei Goethe, Schiller,
laich, m. (-s): Froscheier, 1575 bei Fischart Uhland), älternhd. früe, frü (mit dem 17. Jh.
Gai'g. 56 Fröschleych, im 17. Jh. auch n, früh), mhd. vrüeje, vrüe neben vruo, ahd.
Froschlöffel, m., ein Sumpflöffelkraut, 1533 fruo, friia, daher noch nhd. früh (Goethe
bei Rößlin 116<i. 13, 105, Rückert 2, 395, Heine 1, 232). Der
Frost, m. {-es, PI. Fröste) starren machende Lautverschiebung gemäß stimmend mit gi'.
:

Kälte. Mhd. vrost, ahd. frost m. dazu mndl. TTpuui adv. «früh», -rrpdbioc adv. «frühe», irpuuiaf.
;

vorst, afries.-ags. forst, engl, frost, anord.- «die Morgenfrühe», aind. prätdr adv. «früh
schwed.-dän. frost. Abgeleitet von frieren morgens», zu gr. irpö «vor», aind. ^'a- «vor-»
(s. d.). ABL. frösteln, v.: ein wenig Frost (s. vor). ABL. Frühe, f.: erste Morgen-
empfinden, 1541 bei Frisius fröstelen. frostlg, zeit, bei Luther früe, im 15. Jh. frue, ahd.
adj. und adv.: kalt, frierend, mhd. vrostec, fruo7 f. Frühling, m. {-s, PI. -e): erste
vrostic, ahd. frostag: dazu ndl. vorstig, ags. Jahreszeit, Jahreszeit des Grünwerdens und
fyrstig, engl, frosty. ZUS. Frostbeule,
Blühens der Pflanzen (älternhd. im 16. Jh.
f.,

1716 bei Ludwig. bei Dasypodius, Frisius usw., bei


früling
frottieren, v.: reiben, scheuern. 1773 Luther nur einmal neben Lenz, spätmhd.
bei Amaranthes. Aus gleichbed. franz. frotter. im 15. Jh. vrüelinc); früh im Jahr geborenes
Frucht, f. (PI. Früchte): Bodenerzeugnis, Tier (1. Mos. 30, 42 früeling); zu früh nach
insbes. Getreide; Erzeugnis der Fortpflanzung; der Hochzeit geborenes Kind (1691 bei Stieler).
593 Frumkeit Fug 594

ZUS. Frühgeburt, f.: vorzeitige Geburt. «rot». Füchsin, f. (PI. -nen): weibhcher
Bei Opitz (nach Adelung). Frühjahr, n. Fuchs, spätmhd. im 15. Jh. fiichsinne (Diefen-

(-es, PI. -e): erste Jahreszeit (vom 21. März bach Gloss. 632*^), md. im 14. Jh. füchsin,
bis 21. Juni), 1678 bei Krämer, frühreif, spätahd. im 11. Jh. fuchsin f.: dazu ags. fixen,
adj.: reif, 1663 engl, vixen. ZUS. Fuchsbau, m. {-es, PI. -e):
vor der gewöhnhchen Zeit
bei Schottel (von Menschen), von Früchten Lagerhöhle des Fuchses, 1775 bei Adelung.
ndrrhein. in der Kölner Gemma von 1495 Fuchsmajor, m.: ältrer Student, der die
vrorijp, von 1507 vrorijff, ahd. fruo nfi. Füchse im studentischen Brauch unterrichtet.
Frühstück, n. (-s, PI. -e): Morgenbrot, Fuchspelz, m. {-es, PI. -e), mhd. vuhshelz
Zwischenmahlzeit vormittags, spätmhd. v-i'iio- m. fuchsrot, adj. feuerrot, 1616 beiHenisch. :

stücke, vrüestüc n. (Minnesinger 3, 309^, 2. Fuchsschwanz, m. {-es, PI. -schtvänze):


310% 3); davon frühstücken, V., 1470 bei Schwanz des Fuchses, 1494 bei S. Brant
Diefenbach mlat.-hochd.-böhm. Wb. 138 fru- Narrenschiff 40, 36, dafür mhd. vuhszagel (in ;

stücken, frühzeitig, adj. u. adv.: vor der übertragener Bedeutung auch Name von
gewöhnlichen Zeit, um 1480 im Voc. ine. teut. Pflanzen, einem Vogel, einer kurzen Säge);
g5b ffuezeitig, in der Straßburger Gemma davon fuchsschwänzeu, v.: einem den
von 1508 fryegzytig «frühreif». Fuchsschwanz streichen oder mit dem Fuchs-
Frumkeit, s. fromm. schwanz streichen, d. h. in niedriger Weise
Fuchs, m. (Gen. Fuchses, PI. Füchse): schöntun, schmeicheln, zu Gefallen reden,
das listige Raubtier, lät. ^nilpes; (übertragen) seit dem 16. .Jh. H. Sachs),
(bei Luther,
röthch-braunes Pferd (1556 bei Frey Garten- gleichzeitig Fuchsschwänzer, m.: nach
gesellsch. Kap. 75, vgl. Rappe): Mensch mit Gunst strebender, heuchlerischer Schmeichler
rotem Haar (1556 bei Frey Kap. 71): Student (bei Luther), Fuchsschwänzerei, f., (1562
im ersten Halbjahr (bei Günther 581, ver- bei Mathesius Sar. 117*). fuchswild, auch
ächtlich 1697 bei Ettner unwürd. Doktor 639, fuchsteufelswild, adj. wild wie ein Fuchs, :

von Abiturienten 1679 bei Eiemer polit. über die Maßen aufgebracht (bei H. Sachs
Maulaffe 51, aber schon im 16. Jh. Foß, Gen. Fasnachtsp. 49, 350).
Possen, als Schimpfwort für Studenten und Fuchtel, f. (PI. -n): unscharfer breiter
Gelehrte, z. B. 1552 bei H. Sachs Fasnachtsp. Degen; Schlag damit (bei Lessing Minna 5, 14).
40, 848 fg., 1571 bei Rot Phos, oöenbar von Im 16. Jli. Fuchtel (Ringwald Warnung des
einer nd. Universität ausgegangen).; Gold- tr. Eckart H 6^) und Forhtel (Fischart Garg.
stück (1669 bei Grimmeishausen Simpl. 278), 122. 409, noch 1734 bei Steinbach). Zu fechten
früher auch kleine nrhein.-westfl. Kupfer- (s. d.). Davon fuchteln, v.: die Fuchtel
münze im Werte von l'/^ Pfennig deutscher hin- und herschwingen, mit ihr schlagen,
Reichswährung; listiger, verschlagener Mensch (übertragen) rasch in der Luft herumfahren.
(bei Luther Luk. 13, 32). In der urspr. Bed. Im 16. Jh. fuchteln (schon in Übertrag. Bed.
mhd. vuhs, ahd. fuhs m.; dazu mnd.-mndl.- bei H. Sachs) und fochtein (Fischart Gai'g. 78,
ndl. WS, ags.-engl. /ba; anord. /ba? n. «Betrag». bildlich 1541 bei S, Frank Sprichw. 1, 26^.
;

Daneben ein älteres Fem. mhd. vohe «Fuchs, 2, 55 a fochtlen).


Füchsin», ahd. folm, anord. föa, got, fauhö. Fuder, n. (-5, PI. wie Sg.): Wagenladung;
Die bisher aufgestellten Erklärungen der nach Umfang oder Schwere einer Wagenlast
Herkunft befriedigen wenig. Vgl. aber ühlen- bestimmtes Maß. Mhd. vuoder, ahd. fuodar
beckBtr.22, 538. Älternhd. zeigt sich schwache n.; dazu andd. föther, mndl. voeder, ndl. voer,
Flexion (1550 bei Alberus Fab. 48, 178 des ags. föder n. «Wagenlast», engl, fother, foddey
Fuchssen), die noch oberd. vorkommt. ABL. (als bestimmtes Maß in Bei'gwerken). Wohl
füchseln, v.: (schlau) stehlen, 1618 bei abgeleitet von derselben Wurzel wie Faden
Schönsleder füchßlen. fuchsen, v.: fuchs- (s. d.). Aus dem Deutschen das gleichbed.
schlau berücken; hudeln, peinlich, empfind- franz. foudre m.
lich plagen oder argem (vielleicht aus der Fug, ra. {-es): Zuständigkeit wozu, ins-
Studentenspi-ache, doch vgl. Weise ZfdW. besondere mit dem Nebengedanken an Rechts-
8, 248 «einen wie einen Fuchs behandeln»); kräftigkeit derselben (in der RA. mit Fug
eig.

Geilheitüben (1664 bei Duez) sich fuchsen, und Recht). Mhd. vuoc, md. vüc m. «Schick-
;

v. sich ärgern,
: fuchsig, adj.: durch Ab- lichkeit, Angemessenheit, passende oder er-
blassen gelbrötlich, 1741 bei Frisch füchsig wünschte Gelegenheit, Geschicklichkeit»; dazu
We ig and, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 38
595 Fuge füllen 596

mnd. vöch m. f. Fuge, f. (PI. -n): Stelle (1691 bei Stieler fülhar); (im 18. Jh.) zum
eingreifender Verbindung zueinander. Mhd. Fühlen (Weiße Lustsp. 2, 83).
fähig, gefühlvoll
vuoge, md. vUge, vöge f. «feste Vereinigung, Fühler, m. (-s, Fl. wie Sg.): der Fühlende
Verbindungsstelle, Faßlichkeit, Scbicklichkeit, (1691 bei Stieler); Fühlhorn der Insekten
Geschicklichkeit, Bewerkstelligung», dafür (1773 bei Müller Linnes Natursystem 6, 103),
ahd. fuogi f. «Verbindung»; dazu mnd. vöge, danach bildlich. Fühlung, f., noch 1691
mndl. voeglie, ndl. voeg, voege f. «Faßlichkeit, von Stieler als selten Ijezeichnet, 1550 bei
Fuge», fugen, V.: in einer Fuge anschließend Jac. Schöpper Synonyma Nr. 12 Fillung für
verbinden (1616 bei Henisch Part, gefugt). lat. tactus, schon frühmd. vTdunge f. «Gefühl,

Zu fügen, V.: zu- und widereinander ver- Empfindung» (ZfdA. 10, 91, 29). ZUS. Fühl-
binden; als angemessen, zweckdienlich be- horn, n., 1720 bei Frisch Insekten 1, 28,
stimmen; refl. wozu paßlich sein; dafür bereits im 14. Jh. hörner (der Schnecke)
sich fügen:
sich schicken; dem Zusammenhang mit an- bei Megenberg 303, 3.
derm gemäß geschehen. Mhd. vüegen, vuogen, Fuhre, f. (Fl. -n): das Fahi-en mit be
md. vügen, ahd. fuogan; dazu asächs. fögjan, spanntem Fuhrwerk; Wagenladung. Mhd
mnd. vögen, mndl. voeghen, afries. föga, ags. vuore f. «Fahrt, Fahrweg, Begleitung, Fahr
ßgan, engl, fay «passen, verbinden». Abge- gelegenheit, Reiseunterhalt, Futter, Lebens
leitet von derselben Wm-zel wie das got. Adj. weise, Art und Weise», md. vüre, ahd. fuora
fagrs «passend, geeignete (s. fegen). Die Grund- dazu mnd. vöre, ags. ßr f. «Fahrt, Fuhrwerk»
bedeutung ist «passend machen». ABL. Zu fahren (s. d. und das folg.). ABL. Fuhr
füglich, adj. und bes. adv.: passend, an- weg,
1594 bei n. (-S, PI. -e): Fahrweg,
gemessen, geeignet, spätmhd. vuoclich, vüec- Frischlin Nom. Kap. 125. Fuhrlohu, m. n
lich adj. Das Adv. 1467 in den Städtechron. (-S, PI. -löhne), mhd. vuorlon m. n. Fuhr
5, 316, 21; dazu FÜglichkeit, f., um 1480 mann, m. (-s, Fl. Fuhrleute), mhd. vu^rman,
bei Melber b4* fuglicheit, 1482 füglichkeit. PI. vuorliute. Fuhrwerk, n. (-s, PI. -e),
fügsam, adj. u. adv.:gern und leicht md. 1380 fürwerc n.
sich
fügend, unterordnend, 1616 bei Henisch, aber führen, v.: fahren machen, die Richtung
spätmhd. vuoc-, vüecsam «passend, schicklich». bestimmend wohin bewegen machen; bei oder
Fügung, f., mhd. vüegunge. ZUS. Füge- an
haben (schon mhd., auch Wai'en, sich
wort, D. {-es, Fl. -Wörter): Konjunktion, bei
von umherziehenden Krämern, Par-
urspr.
Helvicus 1619 Fügwort, zival* 531, 13); refl. sich führen: sich be-

Fuge, f. (Fl. -n): mehrstimmiges Ton- nehmen (im 18. Jh.). Mhd. viieren, md. vüren,
stück, in dem eine Stimme nach der andern vören, ahd. fuorran, ßrran neben fuoren dazu ;

eintritt und dasselbe Thema, nur in ver- asächs. förjan, mnd. vören, nd. fören, ndl.
schiedener Tonlage, wiederholt. 1691 bei voeren, afries. fera, ags. feran (reisen), anord.
Stieler Fuge, 1616 bei Henisch Fuga.fößra (bringen), Aus
schwed. föra, dän. före.
gleichbed. ital. fugafuga f. «Flucht». Faktitiv zu fahren (s. d.). ABL. Führer,
f., von lat.

fühlen, V.: prüfend berühren, betasten; m. {-s, PI. wie Sg.), mhd. vüerer m. Füh-
inne werden, wovon innerlich erregt werden. rung, f., mhd. vüerunge f.
In Süddeutschland nicht volkstümlich, des- Fülle, f.: den Raum einnehmende Menge
halb in der Basler Bibel von 1523 durch von Dingen, Vollheit; Füllsel. Mhd. vülle,
«empfinden» erklärt. Mhd. vüelen, md. vfden, ahd. füllt f.; dazu in der 1. Bed. ags. fyllu,
ahd. fuoljan, fualen; dazu asächs. följan in anord. fyllr, fylli f., dän. fyld, fylde, got.
giföljan «wahrnehmen», mnd. volen, nd. fölen, fullei f. (in ufarfullei). Abgeleitet in 1. Bed.
ndl. voelen, afries. fela, ags. von voll (s. d.), in 2. Bed. von füllen (s. d.).
ßlan, engl, feel;
ferner anord. falma «unsicher tasten». Ab- ZUS. Füllhorn, n. (-s, PI. -hörner): mit
geleitet von demselben Stamme wie ahd. Blumen und Früchten gefülltes Symbol des
folma f., asächs. fohnos m., ags. folm f. «Hand», Überflusses, 1723 bei Günther 215, eine Über-
welche der Lautverschiebung gemäß mit lat. setzung des lat. cornu copiae.
pahna f., palmus m., gr. iraXdiari f. «flache füllen, V.: vollmachen. Mhd. vüllen,
Hand», ir. läm «Hand» stimmen. Weiter ahd. fullan; dazu asächs. fulljan und fullön,
dazu aind, pänis m. «Hand», aw. pdranä- f. ndl. vullen, afpes, fullia, folla, fella, ags.
«hohle Hand». ABL. fühlhar, adj.: was fyllan, engl, ßll, anord.-schwed. fylla, dän.
gefühlt werden kann, lebhaft gefühlt wird fylde. Abgeleitet von voll (s. d,). ABL.
;

597 Füllen fünf 598

Füllsel, n. (-S, PI, wie Sg.) : das, womit eine fundieren, v.: gründen, stiften. Mhd.
Speise gefüllt wird, 1650 bei Moscherosch Fundament).
fundieren, aus lat. fundäre (s.

Philander 2, 87 Füllsall, 1540 bei Alberus fünf, Zahlwort, alleinstehend auch noch
Dict. Aa3^ Fülsel, 1420 in Schröers Vocab. Nom. u. Akk. fünfe, Dat. fünfen, der Gen.
vulsel, volsal; dazu ndl. vulsel, vulzel n. fünfer in fünferlei (s. -lei). Bei Luther funff,
FülluUi^, f. (PI. -en): das Vollmachen (bei md. fünf fumf, mhd. vünf vunf, auch fiunf
Luther); Füllsel (1714 bei Kirsch); umrahmte fiumf, vinf, mit ausgestoßenem Nasal vif,
füllende Wandfiäche, füllendes Bogen- oder fiuf (1552 alem. feuf), ahd. fimf finf, fünf;
Leistenwerk (1691 bei Stieler). Mhd. viU- dazu got. fimf, asächs.-nd.-afries.-ags. ftf ndl.
lunge «Völlerei». ZUS. Füllwort, n. (-es, vijf engl, five, anord. fimm, schwed.-dän. fem.
PI. -ivörter): ausfüllendes Wort im Satze, Der Lautverschiebung gemäß entsprechend
1760 bei Lessing 6, 209. gr. -rrevTe und äolisch rreiuTTe, lat. quiuque (aus
Füllen, n. (-S, PI. wie Sg.); Junges vom *penque), amä.-a.w. pa^dca, avva.hing, aih.pesd,
Pferd oder Esel. Mhd. vül und lit. penM, abg. pqtt, air. cöic, kymr. pimp.
vüli, viele,

vülm, vüln, ahä.fidi und fulin dazu anord. Als Subst. Fünf, f., die Fünfzahl oder -Ziffer
n.;

fyl n. Mit Suffix-fn abgel. von Fohlen (s. d.). (bei Goethe 6, 265 als Xeutr.) die Fünfzahl :

fulminant, adj.: blitzend, donnernd; 5 Augen im Würfelspiel; die Ziffer 5. Spät-


tobend, drohend; gewaltig. Aus franz. ful- mhd. vünfe f., noch bei Schiller Picc. 2, 1
nmiant «blitzend», das dem lat. fulminans, Fünfe f. ABL. Fünfer, m. (-s, PI. wie Sg.):
dem Part. -Präs. -von fulminäre «den Blitz die Zahl fünf (1539 bei Serranus Dict. u6'');
schleudernd» entstammt. Bei Campe 1813, Mitglied einer aus fünf Männern bestehenden
aber fulminieren «blitzen, donnern; lästern, Behörde (mhd. im 14. Jh. vünfer); Münze
toben» schon 1710 bei Nehring. im Werte von fünf Pfennigen, Kreuzern,
Fnmmel, f. (PI. -«): ein Holz, mit dem Hellern (1561 bei Maaler) usw. fünfte,
.der Schuhmacher reibend die Ränder der Ordinalzahl, mhd. vünfte, vunfte, fümfte, ahd.
Sohlen poliert; auch liederliche Weibsperson; fimfto, finfto; dazu got. fimfta, asächs. ßfto,
(meißnisch) hohles Backwerk in Gestalt eines ndl. vijfde, afries. flfta, ags. fifta, engl.
halben Mondes. In der 1. Bed. 1775 bei fifth, anord. fimmti, schwed.-dän. feinte; ent-
Adelung Fummelholz; in der 2. und 3. Bed. sprechend lat. quintus (aus *quinctus)^ gr.
bei Adelung 1796. Von fnnimeln, v.: woran -rrdUTTToc, altir. cöiced, kymr. pimphet, ht. penk-
reiben, durch Reiben glätten oder reinigen; tas, abg. p^tu, aind. patd'cathas, para'camas,
tasten (Bode Tristr. Schandi 2, 16), aw. puxäa-. Davon füuftehall), 4^2, oilid.
flüchtig
arbeiten, müßig umherstreichen (1755 bei vünfte-, vümphte-, vunfthalp dazu and. fifte- ;

Richey), auch obszön. Aus dem Niederd.; half; Fünfteil, gekürzt Fünftel, n. (-S,
dazu erigl.fumhle «tappen, betasten, stümpern». PI. wie Sg.), mhd. vünfteil n., 1691 bei Stieler
Fund, m. {-es, PI. Funde): das Fmden; Fünftel; Fünftelsaft, m.: für Quintessenz
das Gefundene; (älternhd. und noch beiMusäus 1779 von Bürger gebildet, fünftens, Zahl-
Volksm. 3, 168, ausgedachter) pfiffiger An- adv, gebildet wie drittens fünfzehn,
(s. d.).

schlag, Knifi', Rank. In diesen Bed. mhd. Zahlw., bei Luther Daneben
funffzehen.
vunt m.; dazu mndl. vont, ndl. vond, anord. stehen in modernen Dialekten noch Formen
fundr, fyndr m., schwed. fynd u., dän. fund m. mit ch, schwäb.-bayr. fuhze mid fuchzk «50»,
Von finden mit Suffix-i, Grundform also die den Guttural von idg. penk'^'e bewahrt
fündiz. ZUS. Fundgrube, f. (PI. -n): berg- haben, vgl. Kauflmaim Btr. 12, 512. Mhd.
männisch der Fundpunkt sowohl als das vünfzehen, vünfzen, ahd. finfzehen, finfzen;
Gnibenfeld, wo zuerst das gemutete Mineral dazu and. flftein, ndl. vijftijn, afries. fifttne,
bloßgelegt wird. 1476 in Mones Zeitschr. 1, fiftene, ags. ßfteon, fiftyne, engl, fifteen,

46, bildlich bei Luther. anord. fimtän, schwed. femtän, dän. femten,
Fundament, n. (-es, PI. -e): Grundfeste, got. fimftaihun; davon das Ordnungszahlwort
Grundlage. Schon mhd. fundament, funda- fünfzehnte, mhd. vünfzehende, ahd. fimf-
mint n., aber auch umgedeutscht fundamunt, zendo neben älterm finftazehendo (d. i. fünfte-
fullemunt, rollemunt m. n., ahd. fundament, zehnte); dazu ndl. vijftiende, afries. ßftinda,
fundement, funäiment n. Aus gleichbed. lat. flftendesta, ags. fifteoda, ßfteyda, engl, fif
fundamenlutu ii., von fundäre «den Grund teenth, anord. fimtändi, schwed. femtonde,
(lat. fundus m.J wozu legen». dän. femtende. fünfzig, Zahlw., bei Luther
38*
11

599 fungieren fürbaß 600

fnnffzig. mhd. vünfzec, vünfzic, md. vumfzec, Daneben Formen mit z Funzel. Bei Günther
ahd. fimfzuc, finfzug: dazu asächs. fiftich, 1100 Funze. Mit Schwund eines Guttural
Viftech, and. fiftich, ndl. vijftig, afries. fiftich, aus funksei und zu Funke zu stellen, vgl.
fiftech, ags. fiftig, engl. ;?/ift/, anord. fimmtigir, bei Kilian 1632 voncksel «Zündstoff, Zunder»,
schwed. femtio, dän. /em^i, got. fimftigjus: haji: funkezen, fünkezen «funkeln».
davon fünfzigste, Ordinalzahl, iuhd. für, Präp. mit Akk., und Adv.: (älter-
vi'mf-
zigiste, ahd. finfzugosto. ZUS. Fünf kämm, und noch oberd. ebensowohl nait Dat.)
i
nhd.
in. (-s): in Norddeutschland ein aus Lein- vor, auch nach der Folge vom an, folgend
wand und Wolle gewebtes Zeug, bei dessen auf (in den Wendungen Mann für Mann, '

Anfertigung zum Aufzug 3 Kämme Leinen Schritt für Schritt, Tag für Tag, als Adv.
und zum Durchschuß 2 Kämme Wolle ge- für und für); aus (Ursache, noch bei Goethe
nommen werden, im Farbebüchlein (1685) 3, 4: 45, 172 1. H., Schiller Maria St. 2, 3
Cl^ Fünffkam, 1790 bei J. Gottwerth Müller für Erstaunen): an der SteDe von; zum Vor-
Siegfr. V. Lindenbei'g 1, 166, nd. fifkamm. teil oder Besten von; zum Schutze gegen:
fungieren, v. ein Amt verwalten, aus- als ob
: wäre (Scherz für Ernst nehmen): . . .
j

richten. 1728 bei Sperander. Aus gleichbed. nach zählender Stelle betreffend {fürs erste,
j

lat. fungi. S, Funktion. fürs zweite). Bei Luther für, für, mhd. vür,
^Funke, m. (-n, PI. -n): feui-ig schimmern- md. vure, vur, vore, ahd. furi; dazu asächs.
i

der Punkt, Daneben Funken {-s, PI. wie furi «vor», anord. fyri, schwed. för. Vor
Sg.), z. B. bei Schiller Räuber 3, 2, bereits I
(s. d.) und für hatten urspr. dieselbe lokale

um 1480 im Voc. ine. teut. f7* (fancken, Bedeutung, nur daß ersteres die Ruhe be-
imlgariter funcken), aber wieder verdrängt. zeichnete und somit den Dativ regierte,
Mhd. vunke neben noch bayr.-
vanJce (daher letzteres dagegen die Bewegung bezeichnete
östr. Fanken), ahd. funcho m.; dazu mnd. und mit dem Akk. verbunden wurde. Aber
funke m., ndl. vonk f., meng, funke, engl. mit dem Beginne des Nhd. entstand Ver-
funk «Gestank». Man sieht in funke eine wirrung, und man fügte vor auch mit dem
Ableitung von got. fön (Gen. funins)n. «Feuer», Akk., für ebensowohl mit dem Dativ, zumal
oder man stellt es zu aind. pajas n. «Glanz» da beide im Md. und Nd. in der Form vor
und mit anlaut. s lit. spingfe^z «glänzen», lett. sich vereinigten. Später suchten die Gram-
spuogalas m. «Glanz». Vgl. Zupitza Gutt. 162 matiker wieder feste Regeln in betreff der
undUhlenbeck aind. WB. ^BL. funken, v.: Rektion aufzustellen, indem sie vor mit dem
Funken von sich geben, funkenartig blinken, [
Dat. und Akk. beließen, für aber auf die
bei Voß, Rückert (1, 448) usw., mhd. vunken.
j
Verbindung mit dem Akk. und auf weiter
Dazu das Iterativ funkeln, v.: wie Funken abgeleitete Bedeutungen beschränkten.
leuchten, im Voc. ex quo 1469, daneben mit Furage, f. (spr. furäsche): Futter, beson-
Umlaut funkeln (Hiob 16, 9, Goethe 6, 95); ders beim Heere. 1711 bei Rädlein Furäsche,
damit zusammengesetzt fuukelneu, adj.: 1678 bei Krämer Foraschi, Forraschi, 1644
glänzend neu (1678 bei Krämer), gewöhnlich in der Teutschen Sprach Ehrenkrantz 4 Fou-
funkelnagelneu, 1789 bei Gott er Erb- rage, volksmäßig an Futter angelehnt 1694
schleicher 72 (s. nagelneu). bei Nehring Futtrasche und schon 1617 im
"Funke (-n, PL -n), auch gekürzt Ftink, teutschen Michel 33 Fouteraschi. Entlehnt
m.: unsteter, leichtfertiger Mensch (1646 bei aus gleichbed. franz. fourrage m., das nebst
Moscherosch Philander 2, 108); ehemals köl- ital. fodero m. «Kleiderfutter, Futteral» und
nischer Stadtsoldat (bereits in der ersten mlat. fader are «Futter auftreiben, Futter in
Hälfte des 18. Jh., so genannt wegen der Lieferung einfordern», von einem Stamme
roten Uniform). Aus der Gaunersprache, wo abgeleitet ist, der im Deutschen Futter vor-
Funk «Flamme» bedeutet. liegt (s. d.). Davon fouragiereu (nach der
Funktion, f. (PI. -en)-. Verrichtung, 1663 franz. Aussprache auch furaschiei^en) , v.:
bei Schuppius 727, aus gleichbed. lat. functio Futter auftreiben und holen. 1678 bei Krämer
f. (s. fungiei-en). foraschiren.Aus fvanz. fourrager «verfüttern,
Funse, Funsel, f. (PI -n) -.
geringe, düster auf Futterholen ausgehen».
brennende Öllampe. Die erste Form im öst- fürbaß, adv. mehr vorwärts, weiter fort.
:

lichen Mittel- und Süddeutschland, die zweite Nur noch altertümlich (Schiller Jungfr. v. Orl.
im östUchen Nord- und Mitteldeutschland. Prol. 2). Mhd. vürha^, md. auch vorha^, zu-
601 Fürbitte Furnier 602

sammengesetzt aus dem Adv. für «vorwärts, selten vorhtebcere, dann erst 1691 bei Stieler
darüber hinaus» und dem Adv. haß (s. d.) furchtbar, fürchterlich, adj. und adv.,
«besser, mehr». 1716 bei Ludwig, mit unorganischem -er
Fürbitte, f. (PI. w): Bitte zum Besten (wie leserlich, weinerlich) an Stelle des ver-
eines andern. Bei Luther furhit^ bei Alberus alteten fürchtlich (1616 bei Henisch, furcht-
fürhitt, furhitt, md. im 13. Jh. furhete f. lich 1691 bei Stieler, mhd. vorhtlich, ahd.

Furche, f. (PI. -n, urspr. wie noch bayr. forahtlth). furchtlos, adj., bei Luther
FürcJie): mit dem Pfluge gezogene Vertie- 7, 11 Jen. furchtsam, adj. und adv.: für
fung. Bei Luther Furche, mhd. vurch, vurich, Furcht empfänglich, von Fui'cht befangen,
ahd. furJi, furuh f. dazu ndl. voor, ags. furh f., älternhd. furchtsam (bei Luther) und forcht-
;

engl, furroiü, anord. for


f. (Abzugsgraben). sani (bis ins 18. Jh.), aber mhd. vorhtsam,
Der Lautverschiebung gemäß entspricht lat. vorhtesam «Furcht erregend, Furcht emp-
porca f. «Erdaufwurf zwischen zwei Furchen, findend».
Ackerbeet», abret, rec «sulco», kymr. rhych fürder, adv. weiter nach vorn, vorwärts,
:

«Furche», ir.recÄ «Furche», arm. AerÄ; «frisch weiter. Bei Luther fürder und förder, mhd.
geackertes Brachland». Mit antretendem t vürder, vurder, mit Ausfall des r füder. fuder,
md. im 15. Jh. forchte, elsäss. im 16. Jh. md. forter, förter, ahd. furdir, furdar; dazu
und noch jetzt Furcht, auch wetterauisch asächs. furäor, afries. further, ags. furäor,
Forcht f.; Schweiz, mit Schwinden des Gut- engl, further. Komparativ zu fort (s. d.).

turals FurB (l541 bei Frisius furhen), ober- Furie, f. (PI. -n): ausgelassene Wut;
rhein. (Weisth. 4, 480) furre, mnd. vore, vare, schlangenhaarige und mit Schlangen bewaff-
nd. Fahre (Schmidt v. Werneuchen Ged. 54 nete Rachegöttin ; wütende Person, Im 16. Jh.
u. 122). Der Plur. lautet mhd. vurhe, vurch, (in der l.Bed, 1575 bei Schweinichen 1, 123)
viirhe, fürhen, bei Luther Furchen, Hiob 31, 38 aus gleichbed. lat, furia, von für er e «wüten»,
Furche, wie noch bayrisch. ABL. furchen, Furier, m. {-s, PI, -e) : Unteroffizier, der
V.: Furchen ziehen, mit Furchen diu'chziehen, die Aufsicht über das Quartierwesen seiner
Kompagnie hat und zum Quartiermachen auf
mhd. vurhen, bayr. fürchen, furchig, adj.:
Märschen gebraucht wird, Älternhd. im 16.
mit Furchen versehen, 1691 bei Stieler fur-
chicht, ahd. furhig in zivivurhig. und 17. Jh. Furier er (1533 bei Weller Dich-
Furcht, f. (PI. ehedem Furchten): im- tungen des 16. Jh. 96, noch 1711 bei Rädlein)
angenehmes, wovor fernhaltendes -Gefühl. «Quai'tiermacher des Hofes oder des Heeres»,
Ältemhd. seit dem 15. Jb. Furcht neben im 18, Jh. verdrängt durch Furier, 1664 bei
Forcht, das sich bis ins 18. Jh. erhält, bei Duez Furrier, 1616 bei Henisch J^on'er, Forir,
Opitz, Fleming, Lohenstein, Hoifmannswaldau Furier, Furir, 1566 bei Aventin bayr. Chron.
auch Furchte, mhd. rorhte, vorht, ahd. forahta, 97* Furier, bereits im 14. Jh. md. forir m.
forhta. Dazu asächs. forahta, forhta, mnd. (Bruder Hans Marienlieder 907). Die Schrei-
vrochte, mndl. vruht, ufries. fruchte, mit an- bung Fourier 1713 bei Kirsch 2, 118''. Ent-
derer Bildung got. faürhtei f., ags. fyrhto f., lehnt aus gleichbed. franz. fourrier, ital. fo-
daher engl, fright. Abgeleitet von dem Adj. riere m., von mlat. fodrarius m, «der das
ahd. foraht, asächs. foraht, forht, ags. forht, Futter zu besorgen und im Krieg einzutreiben
got. /a??rÄfe« furchtsam»; wovon auch fürch- hat, einer Ableitung von mlat. foderare (s.
ten, V.: Furcht haben, mhd. vürhten, vurhten Fourage und Futter).
und vörhten (daher älternhd. bis ins 18. Jh. fürlieb in /; nehmen sich womit freund-:

förchten), vorhten, ahd. furihtan und forahtan, lich genügen lassen. Gebildet wie mhd. für
forhtan, dazu asächs. forahtian, forhtian, mnd. guot, verkürzt verguot. Erst im 17. Jh. (1659
und mndl. vruchten, afries. fruchta, ags. forh- bei Butschky hochd, KanzeUei 263 für Hb),
tian, engl, fright, got. faürhtjan. Herkunft auch vorlieb (Lessing 12, 402, s. für), im
unbekannt. Vgl. Zupitza Gutt. 6, Johansson täglichen Leben sogar verlieb.
Idg. Forsch. 8, 106. Das Prät. lautet mhd. Furnfer, n. (-s, PI. -e): dünne Holz-
vorhte, noch im 18. Jh. forchte (daher alter- platte, Holzblatt, von furnieren, v.: mit
tümelnd bei Uhland Ged. 867 forcht), bei feinem Holz belegen (bei Tischlern). 1587
Luther furchte (noch bei Lessing 4, 94. 6, 378, bei Mathesius Sar. 54* die stuben mit dünnem
Zachariä Renommist 4, 211). ABL. furcht- flader furniren (1562 formiren, s. u.). Dazu
bar, adj. und adv.: Furcht erregend, mhd. bei Kilian 1599 fornieren, furnieren. Aus
603 Furore fiischeln 604

franz. fournir «womit versehen, versorgen, vürstin f. fürstlich, adj., mhd. vürstlich,
ausstatten», afranz. formir, fornir, ital. for- vürstelich, fürstenlich, md. fürstlich, forstlich.

nire, sard. frunire, prov, fromir, formir, die ZUS. Fürstenhaus, n. (-es, PI. -häuser),
vom ahd. fnmij an {s. frommen) abgeleitet sind, bei Luther. Fürstentum, n. {-s, PI. -tümer),
Furore, f.: tobender, rasender Beifall. mhd. vürsttuom, vürstentuom m. n.
Um die Mitte des 19. Jh. (1854 bei H. Heine Furt, f. (PI. -en) : seichte Stelle im Wasser
Lutezia 2, 278) in Künstlerkreisen entlehnt zum Durchkommen. Bei Luther Mask. und
aus ital. furore m. «Raserei, Ungestüm», von Fem., älternhd. und noch obei-d. Mask., mhd.
lat. furor m. «Wut». vurt und ahd. fürt m., md. fürt, fort m. und f.;
Fürsehung, f., zuweilen siatt Vorsehung dazu asächs. ford (in Ortsnamen wie Jfm-
(s. d.), bei Schiller Teil 4, 1. Bei Luther ford), mnd. vor de, vört m., mndl. voord,
fiirseJmng, spätmhd. im 15. Jh. fürselmng. forda m., ags. ford m., engl. ford. Zu
afries.

Fürsorge, f., statt Vorsorge (s. d.), z. B. derselben Wurzel wie fahren (s. d.); der T^aut-
bei Wieland 38, 189, 1556 bei Frisius für- verschiebung gemäß stimmend zu lat. porta
sorg, mhd. vürsorge f. f. «Tor», portus m. «Hafen», aw. pdsus ni.
Fürspracll, m. {-es, PI. -e): rechtskun- «Durchgang, Furt», psrdtus m. «Durchgang,
diger Vertreter oder Verteidiger (Lessing Gang», gall. ritu- «Furt» in Ritu-magus,
Nathan 4, 7); zu Gunsten, zur Empfehlung Augusto-ritum, akymr. rit «Furt», wozu auch
Sprechender (Schiller Turandot 5, l). Seit anord. fjördr m. «Bucht», schwed.-dän. fjord,
dem 13. Jh. md. vorspräclie, nmd. vorsprake schwed. fjärd (aus dem Nord. engl. frth).
m. Vgl. Fürsprech. fürtrefflich (bei Goethe, Schiller), s.
Fürsprache, f. (PI. -n): gute Worte an vortrefflich.
der Stelle und zum Besten jemandes. 1716 Fürtuch, n. {-es, PI. -tücher): Schürze.
bei Ludwig Vm spräche u. Fürsprache, ersteres In Süddeutschland. Spätmhd. im 15. Jh.
noch bei Lessing 11, 514, Goethe 26, 281. Ahd. vortuoch, 14X2 im Voc. theut. i8* furtuch.
forasprähha f. ist «Vorwort, Vorrede». Furunkel, m. {-s, PI. wie Sg.) und f.

Fürsprech, m. (-en, PI. -en) : Fürsprecher, (PI. -n, bei Musäus Kinderklapper 40): Blut-
Advokat, Rechtsbeistand. Heute fast nur schwär. 1588 bei 'i'abernämontanus 724
noch schweizerisch. Mhd. vürspyreche, vor- Fürunckel. Aus gleichbed. lat. furunculus ra.

spreche, ahd. furisprehho m., zusammenges. fürwahr, adv.: in Wirklichkeit, in der


mit ahd. sprehho m. «Sprecher», unter Ein- Tat. Mhd. vür tvär, vür wäre, md. vorwär,
fluß von ßirsp>rechen, ahd. furisprehhan. vorwäre.
Fürst, m. {-en, PI. -e/^): Staatsoberhaupt; Fürwitz, s. Vorwitz.
im besondern) der zunächst Höhere über dem Fürwort, n. {-es, PI. -Wörter): Schein-
Grafen. Bei Luther Fürste (noch bei Weise grund, Ausflucht (1540 bei Alberus Dict. H 2*»,

Erzn. 115, Gryphius Trauersp. 49, Hagedorn 1541 beiFrisius \ohtentus],noch schweizerisch);
neue Fab. 85), mhd. vürste, md. rurste, vorste, gutes Wort an der Stelle und zum Besten
ahd. furisto, fiirsto m.; dazu mnd. vorste, jemandes (1691 bei Stieler); das Substantiv
ndl. vorst, afries. forsta m. Eig. «der Vor- vertretendes Wort, Pronomen. In der letzten
derste, Erste, Höchste», denn Fürst ist der Bed. 1748 von Gottsched (Grundlegung 120)
substantivisch gebrauchte, zum ahd. Adv. fari, gebildet, dafür 1727 bei Aler Vorwort, 1641
got. fmr «vor», gebildete Supei-lativ ahd. bei Schottel Vornennwort, Stieler 1691 Für-
Jurist, mhd. (absterbend) vürst, fürst, asächs. ivort für Präposition. Siehe Vorwort
furist, ags. fyrst, engl, first, Fürze): ßauchwind.
anord. fyrstr Furz, m. {-es, PI.
«der erste, vorderste». Vgl. Fron, Herr. Mhd. vurz, spätahd. furz, dazu nd. fürt, fort,
Im 16. bis 18. Jh. auch der Gen. Fürstens mndl. vort m. Zu farzen (s. d.). ABL.
(bei Luther Tischr. 345*, Ettner medicin. furzen, v., spätmhd. im 14. Jh. furzen, md.
Maulaöe 723); mitunter im Dat. und Akk. forzen.
Sg. Fürst (Schiller Jungfrau v. Orl. 1, 2, fuscheln, v.: mit den Händen regsam
Demetrius 2, l), bes. in formelhafter Stel- an etwas hin- und hertasten; durch heim-
lung {von Fürst zu Fürst). ABL. f ürsten, liche Handgriffe betrügen (so beim Karten-
V.: mit Fürstenrang bekleiden, mhd. vürsten, spiel). In Nordostdeutschland. Davon Fu-
md. vursten, vorsten, vurstenen, vorstencn. SChelei, f. (PI. -en): Anwendung verdecken-
Fürstin, f. (PI. -nen), mhä.vürstinne, vürstm, der betmgerischer Handgriffe (Lessing 10, 61).
605 Fusel Futter 606

fuschern, v.: gehen (schweizerisch, 1420 mnd. vueten Diefen-


pfuschern (Claudius 4, 173),
s. pfuschen. bach Gl. 420'', vgl. bayr. sich fußen «im
Fusel, m. (-S, PL wie 8g.): geringster Gehen eilen»). Füßling, m. (-es, PI. -e):
Branntwein (auch schlechter Tabak, in der der untre, den Fuß bedeckende Teil des
Chemie das bei geistiger Gärung nebenbei Strumpfes (im 15. Jh. fiießling Diefenbach
sich bildende flüchtige Öl). In der ersten Gl. 420 c). ZUS. Fußangel, f. (PI. -n):
Hälfte des 18. Jh. in Norddeutschland mit 3 bis 5 Zoll langen
auf- angelartiges Eisen
gekommen (1743 bei Eichey, auch Insel Spitzen, von welchen beim Hinwerfen oder
Felsenburg 3, 458). Dunkler Entstehung. Legen immer eine in die Höhe steht, im
Füsilier, m. (-s, PI. -e) mit der Bajonett- Voc. ex quo 1469 fußangel (eig. ein Brett
-.

flinte bewaöiieter Fußsoldat. 1703 imZeitungs- mit durchgeschlagnen Nägeln), 1414 fußanger

lex. Aus gleichbed. franz. füsilier m., von Diefenbach Gl. 420". Fußboden, m. '(-s,
franz. fiisil m. (ital. focile, fucile, von lat. PI. -höden), 1640 bei Comenius Fußbodem.
focus m. «Feuerstätte, Feuer») «Feuerstahl, Fußbreit, m. (-es): Raum, den die Fuß-
Feuergewehr» (s. Flinte). sohle auf dem Boden einnimmt, bei Luther
Fuß, m. {-es, Füße): unterster Teil
PI. 5. Mos. 2, 5, als Neutr. bei Schiller Picc. 2, 1.

des Gehgliedes; schon mhd.) das


(bildlich, fußfällig, adj.: einen Fußfall tuend, mit
Unterste, worauf etwas ruht; (PI. Fuß, Dat. |
einem Fußfall verbunden, 1616 bei Henisch.
bei Verbindung mit einem imbestimmten Fußgänger, m. (-s, PI. wie Sg.): zu Fuß
Zahlwort Fußen, mhd.) Maß nach der Manns- Gehender (bei Keisersberg Postill 3, 77*),
fußlänge (^/o Elle), im heutigen Reichsmaß Fußsoldat (mhd. vuoggenger daneben vuo^-
,

^/g Meter; (nach dem Maß übertragen) Grund- gengel m.). Fußknecht, m. (-es, PI. -e):
lage, Verhältnis, Art und Weise (erst im Fußsoldat, spätmhd. im 15. Jh. (1440 bei
17. Jh., bei Dietr. v. d. Werder Gottfr. 5, 54 Diefenbach Gl. 420=^ fußknecht). Fußpfad,
auff gutem Fuß) ; Versfuß (schon ahd., wohl m. (-es, PI. -e), spätmhd. vuo^phat m. n.
nach lat.pes). Mhd. vuo^, ahd. fuo^^ (PI. Fußreise, f. (PI. -n), 1802 in Gotters lit.

fuogi), md. vüg, vö§ m.; dazu asächs. ßt, fuot, Nachlaß Vorr. S. 62. Fußstapfe, m. (-ns,
mnd. vöt, mndl. voet, afries. föt, ags. föt, PI. -n): Abdrack des Fußes im Boden, bei
engl, foof, anord. fötr, schwed. fot, dän. fod, Luther Hiob 18, 27 fusstapffe, mhd. ^mo^-
got. föttis m. Der Lautverschiebung gemäß staphe, md. vU^stappe, ndl. voetstap m. (s.
entsprechen lat. ^es (Gen. peclis) m.'«Fuß», Stapfe). Daraus hervorgegangen und an
gr. itoüc (Gen. TTof>öc) m. «Fuß», nlhiXov n. Tappe (s. d.) angelehnt Fußtapfe, m., bei
«Sohle», iT^bov n. «Fußboden», -rr^Za f. (aus bei Geliert, Lessing, Herder usw., bei Luther
«Fuß, Unterstes an etwas», lit. päclas
Tteb/a) einigemal fustapffe, spätmhd. (md.) vuo^taphe,
m. pedä «Fußspur, Fuß als
«Fußsohle», fueßtappe m.; auch Fem. bei Schiller Fiesko
Maß», arm. otn «Fuß», aw.-aind. päd m. 1, 1, Kabale 3, 4, l)ei Stieler 1691 Fustappe f.,

« Fuß ». RA. stehenden Fußes « augenblickhch, ebenso in Grimms Weisth. 1, 217 schweizerisch
sogleich», dem alten Rechtsleben entnommen fuszstapffet Fußvolk, n. (-es, Fl -Völker):
(wer mit seinem Urteil nicht zufrieden war, Heer zu Fuß, mhd. vuogvolc n. Fußweg,
mußte es gleich auf der Stelle anfechten, m. (-es, PI. -e), spätmhd. vuoßwec m.
Standes fußes e er hinder sich trede Grimm. futsch, interj.: in größter Schnelligkeit;
Rechtsaltert. 866 vom J. 1430). ABL. füßelu, hin und verloren, zunichte. Im 18. Jh. süd-
V.: die Füße eilig fortbewegen, namentlich Dunkler Herkunft.
wie norddeutsch.
in kurzen oder zierlichen Schritten (bei ^Futter, n. (-S, PI. wie Sg.): Nahrung,
Eichendorif Taugenichts, im 15. Jh. fußiln bes. Tiernahrung. Ältemhd. Futter (bei
«zu Fuß gehen» Diefenbach Gl. 420**); mittels Luther) und Futer, mhd. vuoter, md. vüter,
der Füße zärtlich oder um ein ahd. fuotar n.; dazu ags. födor, engl, foddei",
einander
Zeichen geben berühren (Goethe Faust anord. födr n.
zu Aus derselben Wurzel ab-
6342, bei Aler 1727 fußlefi). fußen, v.: geleitet wie mhd. vuoten, vüeten, md. vüten,
den Fuß fest aufsetzen, Fuß fassen (1540 ahd. fuottan, fötari, asächs. /&(?mn, mnd. voden,
bei Alberus Dict. 11 3*); sich stützen auf afries. föda, feda, ags. fedan, engl, feed,
etwas (md. im 14. Jh. füssen, vom Aufliegen anord. foeda, got. födjan «nähren, ernähren»,
der Dachsparren auf einer Mauer, in über- nd. vöde f., ags. föda m., engl, food, anord.
tragner Bed. bei Luther Tischr. 2 *) zu Fuß föeda f. «Nahrung», ahd. vaton «weiden,
;
607 Futter Gackelchen 608

nähren», fatunga f. «Futterung, Mästung», de- aind. pätrani n. «Behälter, Gefäß». Auch
nen der Lautverschiebung gemäß entsprechen ins Romanische eingedrungen: ital. fodero m.
gr. TTax^oinai «ich esse, verzehre», abg. pitati «Kleiderfutter, Scheide», span.-port. forro m,
«nähren, aufziehen», aw.pitu und aind. piti(S m. «ünterfutter», nfram. fuerre, franz. fourreau m.
«Speise». Auch ins Romanische gedrungen: «Scheide», fourrure f. «gefütterter Rock, Pelz»,
ital. fodero m., franz. fourrage m. «Futter», mlat. fodrum, fotrum n. ABL. Futteral, n.
feurre m. «Futterstroh», span, forraje m. (-S, PI. -e): Scheide, Kapsel. Im Voc. von
«A'iehfutter». ABL. füttern, auch (nach 1419 futral (Schmeller- 1, 799), im 16. Jh.
dem Md.) futtern, v.: Futter geben, älternhd. fiieteral, aus gleichbed. mlat. fotrale, futrale n.,

fuotern, futern, mhd. vuotern, vüetern, md. von mlat. fotrum füttern, v.:
(s. oben),
fütern, ahd. fuotiren; dazu mnd. voderen, mit Unterfutter versehen, mhd. vuotern, md.
anord, föära, schwed. fodra, dän. fodre. Da- filtern; dazu anord. /o(fra, schwed, /b(^ra, dän.
von Fütterung, f., mhd. vuoterunge, vilete- fodre, mlat. foderare.
runge, ahd. fuotrunga f. futtern, auch futem, v.: fluchen und
^Futter, wie Sg.): Bekleidung, schelten, fluchend lärmen. Nach dem volks-
n. (-S, PI.

Besatz worunter, urspr. «Überzug, auswendig üblich franz. Ausruf foutre «Canaille» ge-
oder inwendig». Mhd. vuoter n. « ünterfutter, bildet, von franz. foutre «beschlafen», das
Futteral», ahd. fuote>; fötar n. «scheiden- aus dem gleichbed. lat. futuere stammt.
artiger Behälter, Futteral, Überzug»; dazu Futurum, n. {-s, PL Futura): die zu-
got. födr n. «Schwertscheide», ags. födder n. künftige Zeitform aus gleichbed. lat, futurum
«Hülle, Futteral», Wohl urverwandt mit (nämlich tempus n. «Zeit».

Q
Oabe, f. (PI. -n): das Gegebene; Bega- «Kreuz, Galgen») und vielleicht aind. gä-
bung, Talent (1514 bei Keisersberg). In «Armvoll»,
bhastis m. «Arm», lit, gabanä f.

urspr, Bed. mhd. gäbe f.; dazu mnd. gave, vgl. Brugmann Idg. Forsch. 18, 129. Die
ndl. gaaf, anord. gäfa, schwed. gäfva f., dän. ui'sprüngliche Bedeutung der Wurzel, die
gave. G. ist unter Anlehnung an den Vokal dem Wort zugrunde liegt, dürfte «fassen,
des Präteritums mhd. gaben eingetreten für ergreifen» sein. Das Suffix -l bildet häufig
mhd. gebe, ahd. geba f.; dazu asächs. geba, Werkzeugbezeichnungen, vgl. Hobel, Meißel,
ags. gifu, anord. gjöf, got. giba f, Beil, Beutel. RA. in die G. ziehen: im
gäbe, adj,: dargegeben annehmbar. Schachspiel mit der Königin oder mit dem
als
Mhd,^CB&e «annehmbar, lieb, gut, (von Münzen) Läufer auf ein Feld ziehen, von wo aus zwei
Annahme habend, im Umlauf seiend»; dazu feindliche Figuren zugleich angegriffen wer-
m\idi.geve,vßj\di\.gäve, ndl, gaaf «tauglich, gut», den (Lessing Nathan 2, l). ABL. Crab(e)ler,
afries. geve, jeve, anord. gäfr «heilsam», dän. m. Gabelhirsch (s. u.). :Bei Frisch 1741
gjäv. Verbaladjektiv zu geben (s. d.), wie gabelig, gabelicht, mhd. gabeleht,
adj.,
genehm zu nehmen. Vgl, gänge. bei Fischart Garg. 263 gabelig. gabeln, v,,
Gabel, f. (PI. -n): Werkzeug mit (urspr. frühnhd. bei Brant Narr. 70 Überschr. Davon
zwei) auseinandergehenden Zinken an einem Gabelung, f., neue Bildung. ZUS. Gabel-
Stiele; einem solchen Werkzeug Ähnliches. frühstück, u,, Übersetzung des franz, de-
Mhd. gabele, gabel, ahd. gabala f. dazu mnd. jeüner ä la fourchette.
; Gabelhirsch, m.
gaffele, geffele, nd. und
f., ags. (-es, PI, -e): Hirsch, dessen Geweih aus zwei
ndl. gaffel
demNdd,) schwed.- gabelförmigen Stangen (im ganzen 4 Zacken)
geafias pl.m,, (entlehnt aus
dän. gaffel m. Das Wort bezeichnet ur- besteht, 1719 bei Fleming t. Jäger 1, 91^.
sprünglich das Gerät der Landwirtschaft Gabelweihe, m. f.: Weihe mit gabelförmigem
(schon ahd. mistgabala) und erst im Anfang Schwänze, falco milvus, 1793 bei Nemnich
des 16. Jh. das Eßgerät. Verwandt sind als Fem.
noch ii*. gabul, gobul «gegabelter Ast, Gabel», gach (Lessing Nathan 5, 8), s. jach.
gabla «Schere», kymr. gafl «Gabel, Schenkel» Gackelchen, n,: (in der Kindersprache)
(aus dem Keltischen entlehnt lat. gabalus m. das Ei, 1586 bei Mathesius Syrach 3, 10»
609 Gackeuest Gagat 610

Kackelein n. Von gackeln, gebräuchlicher noch gebraucht wird (Wieland Oberon 4, 15,
gackern, v.: vom Schreien des Huhnes, in Rückert brahm. Erzähl. 257, Uhland,
der Gans; (auf Menschen, besonders Frauen Scheifel). Dunklen ürspnings.
angewandt) schwätzen (bei Wieland 18, 27). ^Gaflfel, f. (PI. -n): große Gabel (s. d.)
1595 bei ßollenhagen kacheln, 1663 bei Schotte] von Holz; (seemännisch) Segelstange, die mit
USl** kakelen, nd. kakeln (auch bei Voß Luise gabelai'tigem Ausschnitte um den Mast liegt,
1, 289), ndl. gagelen. gaggelen, engl, gaggle; besonders Besangaffel, an der die National-
1711 bei Rädlein gackern, aber schon md, flagge aufgehißt ist. In der 1. Bed. bei Voß
um 1300 gägern in übertragner Bed. «be- (Luise 1, 753), aus dem Nd. und mit Gabel
wundernd anschreien, schwätzen, schnattern». identisch, aber schon 1691 bei Stieler Gafel f.,

Beide sind Iterativa zu tonnachahmenden noch jetzt luxemburg. gäfel, westfäl. gaffel.
gacken <s.gag schreien», 1414 bei Diefenbach Röding 1794.
In der 2. Bedeutung bei
Gl. 267'' von Hühnern, 1517 bei Trochus
Abgabe, Zins, Steuer,
^Gaffel, f. (PI. -n):
Q3* von der Gans, gagen wie ein Gans 1541 insbesondere Abzugsgeld; (am Niederrheiu)
bei Frisius 392^, nibd. gagen, «schreien wie Gilde, Zunft, eig. Verein zu gleicher Abgabe.
eine Gans, krächzen wie ein Kalie» (lib. ord. In der 1. Bed. 1775 bei Adelung (in einigen
rer. 24'"). oberd. Gegenden), 1616 bei Henisch Gabelle,
Gackenest, n. {-es, PI. -er): das letzte, bei Kiechel Reisen 282 Gabell, clevisch 1477
schwächlichere Küchlein im Nest, Nesthäk- gaffel, ndl. 1599 gabelle f.; dazu ags. gafol n.,

chen, (bildlich) das jüngste Kind, Romanische gedrungen


Schoß- engl, gavel, und ins
kindchen, Muttersöhnchen. 1566 bei Mathe- mlat. gablum. gabalum n., ital. gabella, prov.-
sius Luthers Leben 153, 8 Gackennestle, 1711 span. gabela f. «Abgabe, Steuer», franz. ga-
bei Rädlein Gacke-Xestgen: dazu ndl. bei belle f. «Salzsteuer». In der 2. Bed. 1575
Kiüan 1599 kack-in-nest, kackert, vläm. kakke- bei Fischart Garg. 296, 1477 clevisch gaffel
nest m., kakenestje n. Vgl. Frommann Mund- im Teuthonista, im 14. Jh. gaffel in den Köln.
arten 5, 416. Chron. 1, 277, 8; 2, 56, 30 usw.
gacksen, v. : vom gaffen, v. offenen Mundes sehen. Md.
Schreien des Huhnes, :

seltener der Gans; tief aus der Kehle unarti- (selten mhd.) gaffen, ahd. nur in geffida f.
kulierte Töne ausstoßen. In der 1. Bed. vom «Betrachtung»: dazu mnd.-mndl.-ndl. gapen,
Huhn älternhd., im 16. Jh. und noch 1734 (entlehnt aus dem Nord.) engl, gajje, anord.-
bei Steinbach gachsen, 1605 bei .Hulsius sch wed. gajfa, dän. gäbe, « den Mund aufsperren ».
gäcksen, 1561 bei Maaler gaxen, 1541 bei Das in neurer Zeit auch bildlich für «offen-
Frisius gagxen, 1517 bei Keisersberg Evan- stehen, gähnen» (bei J. Paul, Thümmel, Voß
gelibuch 67* gackzen (sonst gaxen), mhd. II. 14, 518) verwendete Wort trat durch die
gagzen und gahzen (Mone Anz. 8, 396), ahd. Sprache Mitteldeutschlands an die Stelle des
gaccizon (in irgaccizön «in abgestoßenem gleichbed. und fast gleichklingenden, aber
Laute schreien»), gagizön «schnattern wie ganz verschiedenen mhd. kaffen,kapf'en,kaphe?i,
eine Gans/> (Steinmeyer-Sievers Gl. 2, 699, 2). ahd. chaphen,kapfen, caf'en eig. «umherschauen,
Abgeleitet von gacken (s. gackeln, auch gatzen). Umschau halten» (daher bei Luther gaffen
Gaden, m., dialekt. n. {-s, PI. Gaden, auch «anhaltend und eifrig, hoffnungsvoll blicken»);
Gäden): für sich abgeschloßnes Gemach, 1482 im Voc. theut. i8^ gaffen, kaffen «vmb-
Zimmer, Kammer, Stall, Scheune, Hütte, sehen» zeigt sich die Mischung der beiden
Laden, Werkstatt, Stockwerk. Mhd. gailem, Wörter. Amd. Jabh «schnappen» ist nicht ver-
gaden, ahd. gadum, gadam u. «aus einem wandt, wohl aber zioplls m. «wer mit offnem
Raum bestehendes Haus (auch Saal bau einer Munde gafft». Das deutsche Woi't also aus
Burg, daher in Ortsnamen wie Berchtesgaden, gja-, ABL. Gaffer, m., bei Luther, nd.
urspr. Berchfoldesgadeni), einzeln stehende gaper, dagegen mhd. kapfcere, kapfer, md.
geschloßne Käumlichkeit, geräumiges Ge- kaffäre.
mach, Stockwerk», ins Nd. eindringend gadeni gagAgen, v.: als Gans schi-eien (Schiller
n. «Stockwerk» (Sachsenspiegel 3,66,3). Ein Xenien Nr. 83). Schon im 16. Jh. (Thomas
eig. hochdeutsches Wort, das bis ins 17. Jh. Platter 24 B.), von dem Schrei der Gans
in der Schriftsprache lebte und noch in gagag (bei B. Waldis 1, 50, 41), spätmhd.
Süddeutschland und in Teilen Mitteldeutsch- gdgäg. Vgl. mhd. gagen unter gackeln.
lands geläufig ist, auch vereinzelt von Dichtem Gagät, m. {-es, PI. -n): schwarzes stein-
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 39
! -

611 Gage (xaleasse 612

festes Mhd. gagätes m. (Parzival um»), ital. gala f. «Staatskleid», afranz. gale f.
Erdpech.
m, «Ergetzlichkeit, Freudenfest», galer, auch
791, 15) ein Edelstein, aus gr.-lat. gagätes
«Glanzkohle», benannt von Fluß und Stadt ivaler «Feste feiern». ABL. Oalakleid, n.
Gagas in Lykien. {-es, PI. -er), 1691 bei Abraham a S. Clara

Grage, f. (spr. gäze, PI. -n): Gehalt, Be- Judas 2, 57.


soldung, Löhnung. 1616 bei Wallhausen. Oaläu, m. {-s, PI.|
-e): Liebhaber, Buhle
Ki'iegsmanual «Löhnung», 1653 bei Lam^em- (Goethe Faust 2946). j
Um 1600 (Hoflmann
berg 3, 180 (als gazie) verspottet. Entlehnt Gesellschaftslieder 45 vom J. 1611) entlehnt
aus franz. gage, ital.gaggio m. Pfand, Gewähr- aus span. galano m. «der Artige gegen ein
leistung, Sold, diese aus mlat. vadicum n. Frauenzimmer» (1555 bei Antonius Nebrissensis
«Bürgschaft, Pfand», von got. ivadi, ahd. galan «elegans»), abgeleitet von Gala (s. d.).
7veti. wetti n. «Pfand» (s. Wette). Galander, m. {-s, PI. wie Sg.): die an-
gäh, gäliling, s. jäh. genehm singende Ringlerche der pyrenäischen
Crällliaffe, m. (-W, PI. -n): Maulaffe. 1718 Gebirge; Haubenlerche. Mhd, galander m.,
bei Kirsch (Tähiiaffen feil haben. Dafür später auch f., mndl. calander, aus mlat. (ital.)
älternhd. Ginaffe, noch 1741 bei Frisch Gien- calandra f., von gr. KaXovbpa f., KctXavbpoc m.
affe. Noch am Ende des 18. Jh. vs^ar Galmaffe eine Lerchenart.
bei den Bauern der sächs. Schweiz der Name galant, adj. und adv.: fein, artig und
des primitiven Leuchters zum Festhalten des gefällig, besonders gegen Frauenzimmer, der
Leuchtspans. neuesten Mode entsprechend. 1663 bei Schup-
gähnen, den v.: Mund aufsperren, be- pius 1, 471, Grimmeishausen Simpl. 157, aus
sonders krampfhaft; (bildlich) weit und tief fx'anz. galant, ital. -span. galante «artig», eig.
geöffnet sein. und geschmackvoll aufgeputzt». Von
1616 bei Henisch gähnen, 1664 «fein
bei Duez und 1711 bei Eädlein gehnen, 1691 ABL. Galanterie, f. (PI. -n):
Gala (s. d.).

bei Stieler gänen, 1722 bei Frey er (auch bei feine Höflichkeit; (im PI.) Putz, Schmuck
Gottsched und Herder 1, 9, 268) Jahnen, 1741 wai-e. Im 17. Jh. (bei Weise pol. Näscher 100,
bei Frisch gienen, mhd. ginen, geinen, md. Galanter ey in beiden Bed. 1678 bei Krämer,
genen, ahd. ginen und ginon, auch geindn, Galanteri- Wahren 1693 im ital.-teutsch. Wb.
einmal genen: dazu asächs. ginon, clevisch 1081 *') aus gleichbed. franz. galanterie, ital.

1477 gheenen, ags. töglnan «klaffen», anord. Davon Galanteriehändler m.


galanteria f.

gma «gähnen», gin n. «aufgesperrter Mund». 1765 bei Rondeau, dafür 1716 bei Ludwig
Eine w-Erweiterung von dem gleichbed. ahd. Galanteriekrämer. Galanterieware, f.,
gien, gijen, giwen, gewön, mhd. giwen, gewen, meist im PI.: Nippsache. 1678 bei Krämer.
bayr. geuen, der Lautverschiebung gemäß ent- Galhan, m. [-s, PI. -e): das starkriechende
sprechend gr. xaiveiv, xöckciv, lat. Märe, M- Harz einer doldentragenden syrischen Pflanze.
scere, abg. zijati, zhu^ti «gähnen, klaffen», lit. Bei Luther Galhan und Galhen, mhd. im
ziöti «den Mund aufsperren». 14. Jh. galban n., aus gleichbed. gr.-lat. gal-

gähstotzig, adj. und adv.: senkrecht- hanum n., von hebr. chelhnä
gr. xa^ßavr) f.,

abschüssig (Schiller Teil 4, l). Schweizerisch, (syv.chalhä «Milch, Gvmimi»); s. Exodus 30, 34.
1556 bei Frisius und 1561 bei Maaler gäch- Galeässe, f. (PI. -w): dreimastiges Riider-
stotzig, zusammenges. aus gäch «jäh» und schiff' (1703 im Zeitungslex. Galeazze), aus

Schweiz, stotzig «wie senkrecht ansteigend» gleichbed. franz. galeace, galeasse f., dafür im
(bei Frisius und Maaler), «abschüssig», von 16. Jh. (Fischart 3, 374 Kurz) Galeatzei. aus
Stotz m. «fast senkrechte Ansteigung oder ital. galeazza. Galeere, f. (PI. -n): zwei-
Abschüssigkeit des Bodens oder Felsens» mastiges Ruderschiff" mit niedrigem Borde.
(1541 bei Frisius). 1612 bei Hulsius Schiff". 9, 22 Galere, aus
Oala, f.: -prunk (1706 bei gleichbed. ital. galeara, galera, span. und port.
Hofpracht,
Elisabeth Charlotte v. Orl. 2, 447, Galla 1727 gale)-a, franz. galere f. Galeöne, Gallone,
bei Aler), Hoffest (Schiller Fiesko 2, 14); f.(Pl.-w): großes Ruderschiff, 1616 bei Henisch
Hofkleid, Prachtanzug. Um 1700, wahr- Galeon, Gallion, im 16. Jh. Gallion m. (Zinim.
;

scheinlich durch das spanische Hofzeremoniell Chron. 3, 262, 10), aus gleichbed. ital. galeone,
am Wiener Hofe, entlehnt aus span, gala f. span. galeon, franz. galion m. Im Nd. Gallion n.
«Kleiderpracht» (1555 im Wbch. des Antonius «Schiffsschnabel» (schon 1594 bei Chyträus
Nebrissensis gala «elegantia vel lauticia vesti- 1
Kap. 33). Galeöte, Galiöte, f. (PI. -n):
.
'
;
1

613 Galerie Galle 614

einmastiges leichtes Ruderscliiff, 1616 bei ZUS. Galgenfrist, f. : kurzer Aufschub, der
Henisch Galeotte, aus dem gleichbed. ital. nichts nützt, eig. der dem Vemrteilten unterm
fjaleotta, span. galeota, iräxxz.galiote f. Oaleot, Galgen gewährte. 1539 bei Alberus wider
Galiot, m. (-en, PI. -en): Galeerensklave, Witzeln B 3* bildlich. Galgenhumor, m.
böser Schelm. 1616 bei Henisch Galiotte, {-s): verzweifelter Humor, wie er dem Ver-
mhdi.galidt m. «Schifter, Fährmann, Seeräuber», urteilten unterm Galgen
beikommt. Erst
aus ital. galeotto, spau. galeote, franz. galiot m. im 19. Jh, Galgen Schwengel, m, (s, PI,
'

«Galeerensklave, Schelm». Alle diese Wörter wie Sg.): gehenkter Bösewicht, galgenreifer
sind abgeleitet von ital.-altspan. galea, prov. Schelm, mhd. galgenswengel m., wie denn der
galea, gale, galeya, afranz. galee, galie f. Galgen bei den Gaunern die Feldglocke heißt
«Galeere», aus gleichbed. mgriech. foX.^a, (H. Sachs 14, 117 ein Schwengl in einer
•foXeia, mlat. galea und galeida f., woher auch Feldtglocken). Galgenstrick, m. (-es, Pl.-e):
mhd. galme, galin f. Henkerstrick: (bildlich) für den Galgen reifer
galie, gale, galide, galeide,
«Galeei-e», Luther Jes. 33, 21 Galehe, Schelm. In der 1. Bed. mhd. galgenstric m.,
bei '

älternhd. und noch mundartlich Galee f. in der 2. bei H. Sachs 1, 57. GalgenTOgel,
;

Wahrscheinlich von gr. KäX.ov u. «Holz», im m, (-S, PI, -Vögel): wie Galgenschwengel, 1542
Lakedämonischen auch «Schifl». Alle behan- bei Herold christenl. Ee Hh 4^, 1572 bei
delten Wörter sind ursprünglich im ItaKeni- Fischart Pract. 11,
schen heimisch. Gal(l)imäthias,m, u. verworrnes Gerede. :

Galerie, früher auch Gallerie, f. (PI. -7i) : Im 18. Jh. (^Lessing, Weiße, Wieland) aus
Gitter- oder Geländergang (1616 bei Henisch ;
franz. galiniatias (1664 bei Duez Dictionn.
Galerei) im Festungs- und Belagerungswesen
;
\
frani,-.- allem. -lat.). Unbekannter Herkunft.
lange schmale verdeckte Gänge zu den Aaßen- Daneben das ebenfalls unerklärte galimafree f,
werken (1616 bei Henisch und bei Wallhausen «Gericht von durcheinander gehackten Fleisch-
'

Kriegsmanual); Säulengang mit Wandge- stücken verschiedener Art, verwomie Erzäh-


mälden (bei Fischart Garg. 446) Gemäldesaal ; lung» (auch altengl. gallimawfrey «Gericht aus
(1727 bei Aler); der obere oder oberste Zu- allerlei klein gehackten Speisen, Mischmasch»),
schauerraum im Theater (bei Lessing 18, 143 Gall, m. (-es, PI. Gülle): Gesang, Stimmen-
vom J. 1768). Aus gleichbed. franz. galerie,
schall, Schrei. Älternhd., noch 1762 bei
ital, galleriavon mlat. galeria «bedeckter Gottsched Sprachk. 207, jetzt veraltet. Mhd,
f.,

umschlossener Ort», im 9. Jh. in Italien wohl gal m. (Gen, galles), anord, göll, gjöll f,
einfach «Holzbau» bedeutend und wahrschein- «durchdiingender Schall», zu ahd, -ags. galan,
lich gleicher Abstammung wie Galeere (s. d.). anord. gala «singen, Zauberworte sprechen»,
Galgant, m. {-es, PI. -e) Wiesenpflanze galinn «bezaubert», norw.-adän. galen, dän,
:
'

mit gewürzhafter Knollenwurzel, urspr. ost- gal «verrtickt». Vgl. Falk-Torp s. v. gal,
indische aromatische Wurzel. ^Ihd. galgan, i
s. a. gellen, Nachtigall.
gaXgän, später auch galgant, Gallapfel, m, (-s, PI, -äpfel): vom Stich
ahd. galgan,
galangan, galegan m., aus mlat. galanga, später- der Gallwespe usw, verursachter Laubapfel
gr. yaXd-ffa f., gebüdet nach gleichbed. arab.- der Eiche, Im 15. Jh. galöpfel (Diefenbach
pers. chalandschän. Gl, 641^), abgeleitet von lat. galla f. «Gall-
Galgen, m. {-s, PI. wie Sg.): Pfahl oben apfel», Früher Eichapfel, 1400 aichapfel
mit einem Querholze zum Hängen drei oben (Pflanzenglossar, Gieß. Hds. 134*), im 13. Jh.
:

zum Hängen mit Querhölzern verbundne md. der PI. eichenepele (Sumerlaten 57, 15).
Säulen. Schon im 14. Jh. (Diefenbach Gl. S. auch Galle 2.
416^) galgen, aber andrerseits bis ins 18. Jh. Galle, f. (PI. -n) grüngelbe bittre Flüssig-
^
:

(bei Frisch) Galge, mhd, galge, ahd, galgo m, keit, die sich von der Leber in eine Blase
«Galgen, Kreuz Christi, Gestell über dem absondert: (als Sitz des Zornes aufgefaßt,
Ziehbrunnen»; dazu asächs. galgo m., mnd. daher schon mhd.) Zorn, Erbitterung, Ge-
galge m. f., mndl, galghe f., ndl. galg f., afries. hässigkeit, Ärger, Neigung zum Zorn usw.;
galga m., ags. galga, gealga m., engl, gallow, (biblisch 5. Mos. 32, 33, Hiob 20, 16) Gift
anord. galgi m., schwed. galge m., dän. galge, und danach eine bitter schmeckende betäu-
got. galga. Wahrscheinlich verwandt mit bende Giftpflanze (Hos, 10, 4, s. Erdgalle).
lit, zalga f., arm. dzatk «Stange», welche ße- In eig. Bed, mhd, galie, ahd, galla f.; dazu
i

deutung auch in anord. gelgja f. «vorliegt». asächs. galla, ndl. gal f., ags. gealla m., engl.
39*
615 Galle Gamander 616

gall, anord. gall n., schwed. galle m., dän. Gallone, f. (PI. -n): ein Hohlmaß. 1741

galde. Wohl aus *galn- entstanden. Der bei Hübner. Aus gleichbed. engl, gallon.
Lautverschiebung gemäß entsprechen gi'. Galniei, m, (-es, PI. -e): Kieselzinkspat.
XoXri f. und xöAoc m. «Galle, Zorn», lat. fei n., 1616 bei Henisch Gnlmey f., 1474 galmey m.
abg. zluai «Galle» f. Eigentlich wohl «die (Mone Ztschr. 1, 44), aber 1546 bei G. Agri-
gelbe». ABL. gälleu, v.: gallig, im Voc. theut. p 8^ kalmei,
erbittert cola Calmei, 1482
werden (Schiller 8, 276, 32), mhd. gellen md. um 1329 cahnei (Böhmer Urkbch. v.
«bitter machen, vergällen», dann «dem Fisch Frankfurt a. M. 505), mhd. kalemine f., aus
die Galle ausnehmen», gallis^, adj.: Galle gleichbed. span.-port. calamina, franz. cala-
habend (1691 bei Stieler, gallicht bei Ludwig iiiine f., umgebildet aus gr,-lat. cadm/a, c/td-
1716); bitter wie Galle (um 1480 im Voc. niia, gr, Kabjaeia, Kobiuia (daher bei Henisch
ine. teut. gl% dafür mhd. gellic); zum Zorn Gadmey, «vngeschmeltzt Ertz, Cobald»),
geneigt, zornig (Wieland 5, 16, bei Maaler Galöne, f. (PI. -n), auch Galon, m. (-s,
1561 gallig). ^ZUS. Oallsiicht, f.: Gallen- PI. -s): Randschnur, I3orte, Tresse. 1678 bei
krankheit, Gelbsucht (1719 bei Kramer, Krämer Galone, 1694 bei Nehring Galann,
spätmhd. gallensnht f.); bildlich) Neigung zu 1595 Gallone f, (bei Breuning v. Buchen-
Zorn, Grimm, Erbittrung (1718 bei Kirsch). buch 82). Aus gleichbed. ital. galone, gallone,
"Galle, f. (PI. -n): geschwulstartige Stelle, franz.-span. galon m., abgeleitet von ital.-span,
In: Floß- oder Flußgalle f. «Geschwulst gala (s. Gala). Davon galoniereu, v.: mit
über dem Knie an den Beinen des Pferdes», Borten besetzen, verbrämen. Im 18. Jh.
mhd, vlo^galle; Harzgalle f. «angesammeltes (Zachariä Ren. 130) aus ital. gallonare, franz.
Harz zwischen den Jahrwüchsen im Nadel- galonner.
holze»; Steingalle f. «hühneraugenartige Stelle Galopp, m. (-es, PI. -e): Sprunglauf des
am Fuße des Pferdes». Spätmhd. galle f. Reittiers; rascher, dem Sprunglauf ähnlicher
«Floßgalle», dazu ndl. gal f., engl, gall «Ge- Tanz (auch Galoppade f., im J. 1824 auf-
schwulst, Schramme, Gallapfel», Nebst franz, gekommen, R. Voß Tanz 340). 1616 bei
gale f. «Krätze», ital. galla, span. agalla f. Wallhausen Kriegskunst zu Pferd 8 Galop,
«Geschwulst, Beule (am Pferdefuß), Gall- 77 Galopp, aus franz. galop, ital. galoppo m,,
apfel», aus lat, galla f. «Gallapfel» (s. d.). aber schon mhd. (neben galopei^ m.) walap
Im Yolksmunde übertragen auf ähnliche m. aus nordfranz. walop; dazu engl, wallop.
Fehler an Naturdingen: Galle f. «unfnicht- Galoppade f. aus h:fm.z.galopade, ital. galoppata f.
barer, zu trockner oder zu nasser Fleck auf «Ritt im Galopp».. 1727 bei Hübner. Dazu
Acker und Wiese» (auch Erd-. Acker-, Brand-, galoppieren, v. sich in raschen taktmäßigen :

Sand-, Wassergalle); Wassergallei. «ein Stück Sprüngen fortbewegen, 1616 bei Wallhausen
Regenbogen» (bei Lohenstein, auch Wetter-, Kriegskunst zu Pferd 11 galoppieren, schon
Regengalle); Windgalle f. «auffallend helle mhd. galopieren kalopieren (daneben walo-
,

Stelle am Wolkenhimmel, Wind anzeigend», pieren, walapieren), aus gleichbed, franz,


Gallerie, s. Galerie. galoper, ital. galoppare, prov, galaupar.
Gallerte, f. (PI. -n) und Gallert, n. Galosche, daneben auch KaloSChe (in
{-es, PI. e): zu einer durchsichtigen schlei- Bayern und »Österreich) f. (PI. -n): Überschuh.
migen Masse eingedickter oder geronnener Aus gleichbed. ital, galoscia, franz. galoche,
Saft von tierischen oder PflanzenstofFen, Gelee. span, galoclm f.; 1517 bei Trochus MB»
1691 bei Stieler Gallerte, 1734 bei Steinbach calotzchen, im 15. Jh. der PI. cloczen («fuß-
Gallert, 1741 bei Frisch Galert f., 1727 bei solchin, (jui induuntur in hyeme» Diefenbach
Aler Gallert n. (auch bei Voß Idyll. 13, 137), Gl, 156^), wahrscheinlich schon 1292 in dem
1678 bei Krämer Gallarte f., 1562 bei Mathe- Namen Heinrich genant Kaloze (Baur Arnsb.
sius Sarepta 47^ Galhart f., bei Luther Gal- Urk. S. 168, 243).
rede f., mhd. galreide f. (mit den spätem galst(e)rig, adj.: faulschmeckend, ranzig.
Nebenformen galrede. galrat. galhart, galhert) Nd. 1755 bei Richey, Zu ndrrhein. gol «ver-
und gekürzt galrei f. (daher älternhd. Galrey, dorben, ranzig, sauer geworden», neben gleich-
Gallrey und noch bei Stieler Gallerey). Viel- bed, ndl. goor (vgl. garstig).
leicht eine Ableitung von lat. geläre «ge- galt, s. gelt.
frieren, gefrieren machen», zu lat. gelu n. Gamander, m. {-s, PI. wie Sg.), Name
«Eis», vgl. Gelee, Gelatine. der Pflanzen Teucrium chamaedrys und
'1

617 Oamasche Oans 618

Veronica chamaedrys. 1482 im Voc. theut. 14, Jh.), ZUS. Gangspill, n. und Gang-
k 1gamander, mhd. gamandre f., nmd. gam-
^ spüle, f. : Winde zum Lichten der Anker,
gi-oße
mandere. Aus ital. calamandrea f. «Vergiß- auf großen Schiffen, eig, der Wellbaum der
meinnicht», fi-anz. germandree f. (woraus engl. Winde. 1794 bei Eöding. S. Spill.
gennander), span. camedrio m., von gr.-lat, gäuge, adj.: unter den Leuten umgehend,
chamaedrys, gr. xcMai^puc. I
verbreitet und üblich, heute meist in der
Gamasche,!, bayr.-östr.auchKamasche, Formel gänge (gäng) und gäbe (mhd. genge
|

(PI. Uberstrumpf mit Knöpfen. Bei


-n): i und gcehe Schwabensp, 254). Mhd. genge,
Goethe 30, 140 1. H. {Camasche (Weimar 33, ahd. gengi; dazu mnd. genge, ginge, selten
138 Gamasche ohne Variante). 1714 bei |
gange, mndl. ghinge, ghenge, afries. genzie,
Wächtler gamachen «Überziehstrümpfe der ghinse, ganse, ags. genge, anord. gengr, schwed.
j

Soldaten», aus franz. gamache f. «Beinbeklei- gängse, dän. gängs. Verbaladjektiv zu ahd,
düng», das über prov. garamacha, galamarha, gangan «gehen», wie gäbe (s, d,) zu geben.
!

aus span, guaclamarci «Leder von Gadames» gängeln, v. beim Gehen leiten, führen, :

(Stadt in Tripolis) stammt. eig. gehen machen (auch tändeln, schlendern,

Gambe, f. (PI. -n): Kniegeige (mit den d. j. Goethe 1, 372). Bei Luther gengeln.
Knien gehaltene Geige). Im 18. Jh. aus ital, Iterativ zu mhd. gengen «gehen machen».
viöla dl gamha (viola f. «Altgeige», gamha f. Davon Gängelband, n.: Band, an dem man
'<Bein». ein Kind gehen lehrt, 1716 bei Ludwig.
OanasChe, f. (PI. -n): Unterkinnbacken Gangspill, s. Gang.
des Pferdes. Aus franz. ^awacAe, ital. ^a/iasda f, Gans, f. (PI. Gänse): der Schwimmvogel
«Kinnbacke», das auf gr. -fvctGoc f. «Kinn- lat. anser. Mhd. gans (Gen. gense), ahd.-ndl.
backen» zuräckgeht. 1727 bei Hübner Ga- gans, cans f.; dazu mnd.-mndl.-fries.-ags. gös,
naches oder Ganasses. engl, goose, anord. gas, schwed. gas f., ämi.gaas.
(xänerbe, m. (-n, PI. -w): Miterbe einer Der Lautverschiebung gemäß stimmend mit
Gemeinbesitzung mit dem Rechte zum Eintritt lat. anser m. (aus hanser), gr. xr]v m. f., '^

ia die Verlassenschaft aussterbender Mitglieder. lit. £({sis f., aind. hqsäs m., hq^sf f. «Gans»;

Heute nur noch herkömmlicher Ehrentitel, abg. gqsi f. ist wohl aus dem Germanischen
mhd. ganerhe, ahd. ganerpo m., d. i. Ge-an- entlehnt. Neben gans steht ein Stamm ohne
Erhe (Mit^uierbe). Davon Oanerl)SChaft, f. auslautendes s und miteinerDentalerweiterung
(Goethe 29, 77), 1400 ganerhschaft '(Maurer in dem vom Plinius bist. nat. 10, 22 erwähnten
Gesch. d. Markenverf. 482), ganta f., dem mnd. gante «Gänsei-ich», ags.
ganfen, v.: stehlen. Jüdisch -deutsch. ganot m. « Wasser vogel», engl, gannet «Eot-
Bereits zu Anfang des 16.Jh. im Liber gans», ahd. ganazo, ganzo, mhd. ganze, ganzer
vagatorum genfen stehlen, aus hebr. Eigenname) «Gänseiisch» ent-
gänabh (nhd. noch als
«stehlen». ABL. Ganfe, f.: Dieser Stamm ist auch ins
Kleinigkeits- spricht (s, u,).

diebin, oberhessisoli. Ganfer, m. (-s): Dieb Romanische gedrungen, prov. ganta, ganto,
(oberhessisch), im \%.i\i. ganfer «plündernder afranz. gante, jante. Ein dritter Stamm liegt
Nachzügler» (Aventin Werke 4, 509, 1 Var.). in ags. gandra m., engl, gander «Gänserich»
Gailg, m. (-S, PI. Gänge): das Gehen, vor. ABL. Ganser, (-5, PI. wie Sg.), ge-
die Fortbewegung; Waöengang mit einem bräuchlicher Gänserich (-s, PI. -e), m.:
Gegner (1618 bei Schönsleder, bildlich bei männliche Gans, 1408 in Grimms Weisth. 1,
Luther Briefe 1, 525), auch der einzelne Auf- 573 Ganser, im 17. u. 18. Jh. auch Gänser,
tritt oder Abschnitt desselben (B. Waldis älternlid, auch Ganser t, Gänsert, Gansart.
Es. 4, 72, 27); Tracht Essen (im 16. Jh. bei Ganshart, im 16, .Jli. noch Ganßer, mhd.
Ayrer Dramen 3145, 19); Ort des Gehens, ganzer neben älterm ganze, genz, ganiz (Mone
Weg, Kanal usw. (schon ahd.) Erzader (mhd.). Anz. 3, 50, 8), ahd. ganazo, ganizo, ganzo m.;
;

Mhd. ganc (Gen. ganges), ahd. gang, ganc m.; dazu mnd. gante, iid.ganter. gantert und gante.
dazu asächs. gang, mndl. ganck, gangh, ags. mndl. ghent, ndl. gent m. «Gänsex'ich», ags.
gang m., engl, gang, aiionl. gangr in. «das ganot, ganet m., engl, gannet «Rotgans».
Gehen», gang u. «Weg», schwed. gang, diln. Gänserich, eine Erweiterung von Ganser
gang, got. gaggs m. «Gasse». Zu ahd. gangan, nach Enterich, im Genserich (Kh-ch-
16. Jh.
got. gaggan «gehen» (s. d.). ABL. gang- hoff VVendunmut Als deutscher Name
234^).
bar, adj., mhd, ganchcere (in unganchcere der Pflanze potentilla anserina entstand im
619 Gant gar 620

16. Jh. genserich (bei Alberus Dict. EE4*)


ganzo; vorgedrungen ins Mnd., Mndl. und
aus grenserich (1470 mkt.-
bei Diefenbach Afries. gans, nfries. ganfsch, entlehnt schwed.

hochd.-böhm. Wb. 219, auch bei Louicerus), ganska, dän. ganske. Trotz verschiedner Ver-
das Kraut heißt auch Grensing, mhd. gren- suche (vgl. Brugmann Idg. Forsch. Anz. 5, 18)
sinc, grensich, aber schon ahd. gensinc neben dunklen Ursprungs. ABL. Gänze, f. (PI.
ijrensinc m. ZTJS. Cränseblume, f. (Pl.-w): -n): im Bergbau be-
ganzes, festes Gestein,
Maßliebe. 1561 beiMaalergfe)isW?lwe, aber mhd. im 16. Jh. (1562 bei Mathesius Sai-epta
reits

gensebluome m. f. «ligustrum» (weiße Glocken- 89^). Mhd. genze, ahd. ganzi f. «Ganzheit,
blume). Gäiiseei, n. {-es, PI. -er), 1522 Vollständigkeit», ganzen, v.: ganz machen.
bei Luther Genßey, mhd. gansei n. Oälise- Bis ins 17. Jh., mhd. genzen, ahd. genzan (in
fuß, m.: das Kraut chenopodium, Melde, gigenzan), nur noch in ergänzen (bei Luther).
gr. xnvÖTTouc, im 16. Jh. gänsfuß (Diefenbach Ganzheit, f., mhd. ganzheit und ganzenlieit f.
Gl. 11^; im Buchdruck «Anfiihi-ungszeichen», gänzlich, adj. u. adv.-. vollständig, völlig,
im PI. Gänsefüße 1800 bei J. Paul Titan 1, 57, mhd. ganzlich., genzlich, im Adv. ganz-, genz-
Oim. Gänsefüßchen 1805 bei Täubel Wb. liche, genzlichen.
d. Buchdi-uckerkunst 1, 100, dafür bei Geßner gar, adj,: bereit, liereitgemacht, fertig;
Buchdruckerkunst (Leipzig 1743) 438 Gänse- vollständig, völlig fertig gekocht (mhd.);
augen,nib hei Adelung Hasenöhrchen. Gänse- fertig geerbt (mhd.); (als Adv.) vollständig,
haut, f.: (bildlich) Menschenhaut, die durch Im 16. Jh. garh (H. Sachs 9, 105)
vollends.
Kälte oder Schreck schaudert (bei H. Sachs mit h aus w, mhd. gare, gar (flekt. garexoer,
5, 151). Gänsehirt, m. (-en, PI. -en\ 1470 garwer, Adv. auch garwe), ahd. garo (flekt.
in Diefenbachs mlat.-hochd.-böhm. Wb. gans- garawer, Adv. garo, garaivo); dazu asächs.
Jiirt, 1517 heiTrochnsGl^ genßeherte. Gänse- garu, garo, ags. gearo (Adv. gearufue, geanve),

kiel, m.^ Schreibfeder. S. Kiel. Gänse- engl, yare, anord. görr, Adv. görva. Da
klein, n. (-s): die edlen Eingeweide, Flügel neben asächs. garu, ags. gearo «bereit» ein
und Füße der Gans, 1775 bei Adelung, süd- gleichbed. asächs. aru, ags. earu, isl. örr er-
ostdeutsch Gänsejung n. wenn mit dem Blute
; scheint, hat man
das g als Rest der Partikel
der Gans gekocht, Gänseschwarz n. (1741 bei got. ga, nhd. ge aufgefaßt. Der Stamm ar
Frisch) oder Gihisepfeffer m. (1691 bei Stieler). gehört vielleicht zu «zusammen-
gr. dpapicKeiv

Gänsemarsch, m. {-es): Marsch, wo einer fügen», lat. artus m. «Gelenk, Glied» und
einzeln hinter dem andern geht, um 1830 auf- deren Sippe. Auch aind. dram «passend, zu-
gekommen, dafür 1808 bei Campe Gänsegang, gegen, zurecht, genug», ja lat. arvum n. «Saat-

Schweiz. Katzenscliwanz (Pestalozzi Lienhart feld», eig. «das Zubereitete» könnten ver-
2, 27). Gänsewein, m. {-es): scherzhaft für wandt sein. ABL. Gare, f. das Garsein, Zu-
:

Wasser, schon im 16. Jh. (1572 bei Fischart bereitetsein, z. B. des Kupfers in der Schmelze
Pract. 5 gänßwein). (bei Hübner 1712 Gar), des Leders (1775 bei
Gant, f. (PI. -en): gerichtlicher Verkauf Adelung), die Besserung, die man an den
an den Meistbietenden, Zwangsversteigerung. Acker dui'ch Düngung und Bearbeitung wendet
Oberdeutsch: mhd. (im 14. Jh. am Oberrhein) (1731 in Zincks öcon. Lex.). Mhd. garwe,
gant f., aus gleichbed. ital. incanto m., von ahd. garawt f. «Zubereitung, Zurüstung». S.
lat.in quantum «für wieviel? wie hoch?». Gäre. ZUS. Garaus, m.: völliges Ende
^Ganter, ndd. Form für Ganser (s. d.). {einem den gar aus machen bei Fisch art Garg.
"Ganter, Kanter, m. {-s, PI. wie Sg.): 355). Bei Luther neben garauß m. auch
Kellerlager, Gestell für Bierfässer. Zurück- garaus n. (noch bei (Günther 512 Neutr.),
gehend über das Romanische (ital. cantiere m. urspr. im 15. Jh. garauß m. (Tucher Bau-
«Werft, Stapel», franz. chantier m. «Stapel- meisterb. 60, 5 fg., Städtechr. 2, 11, 8) «die
block, Stütze») auf lat. cantherium n. «Joch- letzte Tages- oder Nachtstunde und das Ge-
geländer, jochartiges Gestell». In Oberdeutsch- läute am Schluß derselben nach der alten
land seit dem 16. Jh. belegt und noch heute Nürnberger Uhr, welche die Stunden von
in Österreich, Bayern, Schwaben und der Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zählte,
Schweiz lebendig. sich also nach der Länge des Tages ver-
ganz, adj. u. adv.: unverletzt, ungeteilt, änderte»; noch heute wird in Nürnberg Abends
unverküi'zt, vollkommen (dann) gesamt, voll- der Garaus geläutet.
;
Garkoch, m. {-es,
ständig. Mhd. ganz, ahd. ganz, hnnz, Adv. PI. -koche) Koch, der gewerbsmäßig zu jeder
:
''

621 Garant garen 622

Zeit zubereitete Speisen feilhält, (bei Hübner 1712, Schiller Kabale 5, 6j, da-
1540 bei
Alberus Dict. p3^ und im 15.nach Dienerschaft (eb. 4, 9).
bis 16. Jh. Im 16. Jh.
aus Xordhausen garkoch m. Garküche, f. gardenrobhe m. «Gemach für Silbergeschirr»
(PI. -n): öffentliche gewerbsmäßige Speise- (Zimm. Chron.- 3, 161, 29). Aus franz. garde-
wii'tschaft, 1540 bei Alberus garküch, im robe f. «Kleiderkammer», zusammenges. aus
16. Jh". auch jarkiiche (jarkuchen f. 1517 bei dem Imp. garde «bewahi'el» und robe, ital.
Trochus 5% 1537 bei Dasypodius, in Würz- roba, prov. raiiha f. «Kleid, Geräte», mlat.
burg bis ins 18. Jh.). rauba f. «Kriegsbeute, Raub», von ahd. rouba
Garant, m. f-ew, PI. -en): Gewährsmann, m. «Raub, Beute, Rüstung. Kleid», asächs.
Bürge. Im 18. Jh. aus gleichbed. franz. garant, girUbi n. «Kleidung».
span.-portug. garants, ital. guarento m., ent- Gardiau, m. (-s, PI. -e): Vorsteher eines
lehnt aus ahd. iverento m. «der Gewährlei- Bai-füßerklosters. Mhd, gardiän m., aus ital.

stende», afries. icerand, warend, mnd. warent guardiano m., eig. «Hüter», von guardia f.

ra., engl, warranter «Gewähi-smann», dem (s. Garde).


substantivisch Pai-t. Präs. von
gebi'auchten Gardine, f. (^Pl. -n): Bett-, Fenstervor-
ahd. weren, afries.wara, nd. waren hang, 1598 bei Hutter Lexic. harmonicum
ivera, \

«Gewähr leisten» (s. gewähren). Garantie, 668 Gardine faber 1716 bei Ludwig noch
\

f. (PI. -/(): Gewährleistung, Bürgschaft. 1688' Gordine), 1477 clevisch im Teuthonista und
bei Liebe, 1691 bei Stieler aus gleichbed. 1495 in der Kölner Gemma F 2<^ gardyn, nach
franz. garäntie, mlat. warandia f., dem Ger- mndl. gordyne f. aus ital.-span.-mlat. um 600) (

manischen entlehnt, afries. warande, warende cortina f. «Vorhang», zu lat, cartrna f. «Run-
1

f. «Gewähr», garantieren, v.: Gewähr' dung, Kreis, Vorhang». ZUS. Gardinen-


leisten, büi-gen, Avofür haften, 1691 bei Stieler predigt, f. (PI. -eii): Straü-ede der (Gattin
aus gleichbed, franz. garantir. \
hinter der Bettgardine, 1796 bei J. Paul
Garans, s. gar. \
Siebenkäs 3, 22, 1791 bei Roth; vgl. dem
^
Garbe, f. (PI. -n): Getreidebund. Mhd. Mann 1
die Gardinen oder ümbhangs Messen
garhe, md. auch garwe, ahd. garha, karpa f.; lesen 1693 Zincgref Apophthegmata 4, 141.
'

dazu and. garva, mnd. mndl. garve, ndl. garff. Gardist, m. (-en, PI, -en): Soldat der
Ins Eomanische aufgenommen: franz. gerhe, Garde (s. d.i. 1791 bei Roth.
älter garbe, prov.-span. garha f. Daneben Gare, f., s. gar und gäi-en.
im 15. Jh. grabe, grape, grappe, nd." grave f.
j
gären, v. (Prät. gor, Konj, g&re, Paa-t,
(Diefenbach Gl. 258° usw.). Urverwandt mit gegoren, in bildhcher Bed, schwachflektiert
aind. grbhriäti «ergreift», gräbhds m. «Hand- Prät. gärte, Part, gegärt): innerlich bewegt
voll», aw. g)-ab- «ergreifen», abg. grabiti^ zur Zersetzung schäumend aufbrausen. 1678
«raffen», lit. grebiu «hacken». Zur Bedeu- bei Krämer gähren, 1718 bei Kirsch gehen,
tungsentwicklung vgl. ags. gripa m. «Koni- 1722 bei Frey er geren (aber noch bei Günther
gabe» zu gripan «ergreifen». 542 Part, gejohren), 1482 im Voc. theut. 1 8''
Garbe, f.: die Pflanze millefolium, Schaf- geren oder je)-en, mhd. jesen mit g statt j
1
(

garbe fs. d.). 1482 im Voc. theut, k2=^ garh. nur in den Formen mit i, 3. Pers. Präs. gist
mhd. garwe, ahd. yarwa, yarawa, garuwa f.; und girt, aber md. bereits im 14. Jh. bei
dazu mndl. garwe, ndl. gerw, ags. gearwe, Megenberg 8, 30 die 3 PI. Präs. gereut; ferner
garuwe f., engl, yarrow. Herkunft dunkel. Prät. jas, PI. jären, Pai-t. gejesen, das r drang
'Garde, f. (PI. -n)-. Schutz-, Leibwache. >
aus dem Prät. ins Präs., in den Inf. jern
1474 am NiedeiThein garde (die Ijurgundische und ins Part., im 15. Jh. gejeren), ahd. jesan.
Tnippe im Heere Karls d('S Kühnen, Wier- Durch Anlehnung an gar (s. d.) hat sich y
straat S. 9 Groote), dami zu Ende des 15. Jh. in allen Formen durchgesetzt. Die starken
in Süddeutschland gard f. (Liliencron 2, 419), älternlid. Formen des Sg. Präs. gier, gierst,
im 16. Jb. durch Einfluß der Heere Karls V. yiert, die Jh. geläufig sind und
noch im 16.
guardi f. (bei H. Sachs Pastn. 44, isl quarti, ,
teilweisnoch 1691 von Stieler (gierst, giert),
hei RoUenhagen Froschm. 2, 3, 7 gwardi). 1716 von Ludwig (gieret) verzeichnet werden,
Aus franz. garde, ital.-span. guardia f. «Wache, sind seitdem 16. Jh. diu-ch die zum schwach-
Hut/>, von ahd. warfa f. «Wache» (s. Warte). biegenden Faktitiv ahd.jerjan, gerjan «gären
Garderobe, f. (PI. -n): Kleiderkammer, machen» gehörigen Formen gäre, gärst, gärt
-schrank, -von-at; zugleich Bedieutenzimmer verdrängt worden. Ahd. jesan entspricht
623 Gargel Garten 624

genau aind. jäsati, jäsjati «wird heiß, siedet», 1716 bei Ludwig. Nebst ndl. garnieren «zu
aw. jah- «sieden», gr. Z^eiv (aus *z:^ceiv, vgl. Schutz befestigen» (1599 bei Kihan), aus franz.
lecTÖc) «sieden», kyim: iäs «fervor, ebullitio». garnir, afranz. guarnir, ital. guarnire «mit et-

S. gäschen, gischen, Gäscht, Gischt. ABL. was versehen, ausstatten», aus gleichbed. germ.
Oäre, auch Gare, Gärung, der gehörige *ivarnjan zu ahd. warnön, warnen.
f.:

Grad der Gärung, im Gebiet des Backens und Garnison, f. (PI. -en): Besatzung, Be-
Brauens frühzeitig mit Gare (s. d.) vermengt. satzungsmannschaft. Um 1600 (bei Henisch
1678 bei Krämer Gähre, Gehre, 1598 bei 1616 Guarniso)!, 1616 bei Wallhausen Corp.
Colerus 2, H 1« Gehr, Gahre (des Mostes), mil. 175 Garnison) entlehnt aus gleichbed.
md. im 13. Jh. gcere f. (in uhergcere). franz. garnison f., von garnir (s. garnieren).
Gargel, f. (PI. -»)= ^^^i ^^^ Böttchern Garnitur, f. (PI. -en): Besatz, Einfassung;
Rinne in den Dauben zum Einsetzen des Ausstattung, Auszierung. 1712 bei Hübner,
Bodens, Kimme. Rheinisch, schon im 13. Jh. aus gleichbed. franz. garniture, ital. guarnitura
gargele f.; daneben mhd. gargole f. «Rinne f., von franz. garnir (s. garnieren).
mit Mundstück», aus franz. gargouille, span. garstig, adj. u. adv.: verdorben schmeckend
gargola f. «Traufröhre, Wasserspeier der oder riechend; schmutzig (1678 bei Krämer,
Dachtraufe». Herkunft unsicher. bei Lessing 3, 41); (übertragen) widerwärtig,

Garkoch, Garküche, s. gar. liäßlich, abscheulich (l)ei Luther). In der


^Garn, n. [-es, PI. -e): gesponnener Faden: 1. Bed. 1420 md. garstig (Schröers Vocab. 31 ^),
Gestrick, Netz zum Fange (daher die RA. mnd. garstich, garsterich (vgl. galsterig) und
ins Garn gehen aus der Jägersprache). Mhd. gasterich, gastrig, mndl. gherstich, 1599 bei
garn, ahd. garii. Icarn n.; dazu mnd. </ar«, ndl. Kilian garstigh, gherstigh. Weiterbildung des
garen, aga.gearn n., engl.yarn, anord. garn n., Adj. mhd. -mnd. garst «i'anzig, verdorben»,
schwed.-dän. garu. Urspr. «die aus getrock- anord. gerstr «mürrisch», zu mhd. (14. Jh.)

neten Därmen gedrehte Schnur», s. "Garn. garst m., ahd. gersti f. «ranziger, stinkender
ZUS. Garngabel, f. Gabelstange zum Stellen Geschmack oder Geruch». Wohl zu \\i.grams
:

der Jagdnetze, Forkel. 1741 bei Frisch. «ekelhaft, widerwärtig», grasä f. «Abscheu,
^Garn, n. (-es, PI. -e): der zweite Magen, Ekel». Außerdem kann lat. fastidimn n. «Ekel»
Netzmagen der Wiederkäuer. Schwab, giirn (aus *farstidiim%) oder horrere «schaudern,
n. «Ochsengedärm», ahd. mittigarni, mittila- sich. entsetzen» dazu gehören. Vgl. Walde.
carni, and. midgarni n., ags. micgern «Fett- Garten, m. (-s, PI. Gärten): umzäuntes
netz inmitten der Därme» (noch erhalten in Land zum Anbau. 1439 in den Weisth. 6,
Schwab, miggär «Ochsengedärm»), anord.
n. 165 Garten, aber noch bis ins 18. Jh. Garte
görn f. «Darm», PI. garnar «Eingeweide». (bei Weismann
Luther meist Garte
1703), bei
Urverwandt mit lit. zärna f. «Darm», aind. nur vereinzelt Garten, mhd.
(Gen. Garten),
hirdi. «Ader», hiras m. «Band, Gürtel», alban. garte, ahd. garto, carto m. dazu asächs. gardo, ;

zord f. «Gedäi*me», lat. haru- in haruspex afries. garda m. «Garten», got. garda m. «Ge-

«Eingeweideschauer, Wahrsager aus den Ein- hege, Hürde». Daneben die ältre starkÜekt.
geweiden der Opfertiere», gr. xop^'1 f- «Darm, Form mhd. (selten) gart, ahd. gart, cart m.
Darmsaite» (davon lat. chorda, franz. cor de, «Kreis, Garten», asächs. gard m. «eingefrie-
ital. corda, cordella f. « Strick, Schnur, starker digtes Grundstück», im PI. «Wohnung, Haus»,

Faden»). ags. geard m. «Umfriedigung, Garten, Woh-


Garnele, f. (PI. -n): Art kleiner See- nung», engl, yard «Hofraum», anord. ^ar^r m.
krebse ohne Seheren. 1716 bei Ludwig der «umschließender Wall, Zaun, Mauer, Hof-
PI. Garneelen, 1556 bei Frisius Nomencl. 61^ raum, Gehöft», in Zusammens. «Garten», got.
und 1561 bei MaalerGarnat oder Garnol m., gards m. «Haus», in Zusammens. «Garten,
1563 bei Forer Fischb. 127 fg. Gernier m. Kreis», urspr. «Einzäunung eines Grundstücks»,
Aus gleichbed. nd]. garneel i. (1599 bei Kiliau) zu got. gairdan «gürten, umschließen». Da
neben garnaaf f. wir nicht entscheiden können, ob der Dental
garnieren, v.: einfassen, verbrämen; aus- t zurückgeht,
auf idg. dh oder so ist über
schmücken, auszieren. 1712 bei Hübner gar- Verwandtschaft nicht sicher zu urteilen.
die
niren «die Kleider mit güldnen oder silbernen Auf dh weisen lit. zardis m. «großer um-
Tressen auszieren», im 16. Jh. vergarniren bei zäuuter Weideplatz», aiud. grhäs m., grhäm n.
Fischai-t Garg. 175, Part, garnirt oäevmeuhlirt «Haus», aw, gBrdda- m. «Höhle» (bei denen
625 Gas Gasse 626

aber die Gutturale stimmen), auf t bei Stieler das Subst. Geschling, 1741 bei Frisch
nicht
lat. hortus m. «Gehöft,Gehege, Grarten», gäschen (aber 1734 bei Steinbach jeschen, Prät.
cohors f. «Gehege, Hof»,
gr. xöproc m. «Ge- josch, Part, gejoschen), fränkisch im 14. Jh.
hege, Viehhof, Weideplatz». Aus dem Ger- gesehen (Buch v. guter Speise 6, 14), zu mhd.
manischen entlehnt sind abg. gradü ra. «Garten, jesen, ahd jesan «gären» (s. d.). Vgl. gischen.
Stall, Stadt, Mauer», niss..90roJ« Stadt», poln. Davon Gäscht, m. (-es): Gärschaum, Schaum.

yrod, böhm. hrad «Burg», femer rumän. gard Bei Lohenstein in Hoffmannswaldaus usw.
«Zaun», ital. giardino, prov. jardin, gardin, Ged. 6, 14 Gäscht, 1562 bei Mathesius Sar.
franz. jardin m. «Grarten», aus dem afranz. 152^ Gescht (neben Gesch 212^), aber bei
gardin wiedenim engl, garden. Der Plui-. Lohenstein Kos. 88 und Günther 496 .Jäschf,
lautet mhd. garten, noch bei Luther Garten. 1711 bei Rädlein .Jescht oder Gast, im 15. u.
vereinzelt Gerten, der Umlaut schon 1439 16. Jh. gest (Diefenbach Gloss. 548*^), mhd.
in den Weisth. 6, 167 Gärten, daneben vom jest m.; dazu ndl. bei Kilian 1599 ghest,
16. bis ins 18. Jh. der starkflekt. Plur. Gärte ghist m. Vgl. Gischt.
(Gryphius 1663 S. 199, Lohenstein Rosen 106, Gasel, n. {-[e]s,. PI. -e) und Gasele f.
Günther 269, Kleist Frühling 43). ABL. (PI. -n): Name einer bei den Persera sehr
Gärtner, m. (-s, PI. wie Sg.) Gartenkünstler; beliebten Form lyrischen Gedichte. Aus ai*ab.
:

(in Nordostdeutschland) Kossat, Hintersasse ghazal «Liebeslied». Durch Platen, Rückert


(1422 im Voc. Vrat.). Im 16. Jh. (bei Luther) u. a. eingeführt.
bis ins 17. Jh. oft ohne Umlaut Gärtner, mhd. gassäten gehen: müßiggängerisch auf der
gartenoere, später auch gertencere (Fundgr. 1, Gasse umherschwärmen, besonders des Nachts,
372^*), ahd. gartinäri neben älterm gartari m. Im 16. Jh. (1574 bei Höniger Narrensch. 99*),
(das erste von der schwachen Form, das aus dem gleichbed. studentischen gassatim
zweite von der starken oder vom Stamme ge- gehen (bei Grimmeishausen Simpl. 348), dessen
bildet), aus dem Germanischen entlehnt abg. gassatim halblateinisches Adv.: daüiv gassatum
gradinar'i und gradari m. «Gärtner». Davon gehn (bei Fischart Garg. 271. norb 1703 bei
Gärtnerei, f. (PI. -en), 17 16 bei Ludwig, Weismann).
dagegen 1678 bei Krämer Gärterey; gärt- Gasse, f. (PI. -»): zwischendm-chgehender
nerisch, adj., 1718 bei Kirsch; gärtnern, v.: Weg, enge Straße (von letzterm Worte, das
Gailenpflanzung treiben, 1808 bei Campe, für ui'spr. die breite Land- und Heerstraße be-
das frühere gartnen (1556 bei Frisius und zeichnet, in neurer Zeit m Norddeutschland
noch Schweiz., gärtnen bayr.-alem.), gärteln mehr und mehr verdrängt). Mhd. ga^^e (stark-
(1703 bei Weismann gärtlen), nd. gardene)-en, und schwachbiegend), ahd. ga^^a, gaza f.; dazu
garner en, daher in Norddeutschland Gärtnierer mnd. gate, (entlehnt) engl, gate «Tor, Weg»,
m. «Gärtner». anord. gata f. «Pfad, schmaler Gang, Gasse»,
Gas, n. (Gen. Gases, PI. Gase): luftförmig schwed. gata, dän. gade, got. gatwö f. «Gasse».
entwickelte Flüssigkeit. Ein von dem Alchi- Vielleicht gleichen Stammes wie ältermd. gat,
misten Johann Baptista van Helmont aus gaz, asächs.-mnd.-ndl. gat n. «Öflnung, Lücke,
Biüssel (gest. 1644) zur Bezeichnung der Loch, Höhle», ags. geat n. «Tür, Tor»,
durch Kälte erzeugten feinen (wässerigen) «Höhle», dän. gat «Loch» (da-
anord. gat n.

Ausdünstung willkürlich erfundenes Wort, bei her Kattegat «Katzenloch») oder mit Falk-
dem ihm das gr. Chaos (s. d.j vorschwebte. Torp aus Präfix ga- und *teivöH «Reihe»,
1712 bei Hübner, 1779 bei Krünitz, 1796 bei das zu nhd. Zeche gehöil; Giomdbedeutung
Adelung verzeichnet, durch die Luftballon- wäre dann «das Gereihte». .2775'. GaSSen-
fahrten seit 1783 aufgekommen und beson- hauer, m. (s, PI. wieSg,): gemeines Gassen-
ders durch die Gasbeleuchtung seit 1><26 ver- lied. Im 16. Jh. Gassenhauicer , zunächst
breitet. Bei Helmont als Neutr., am Mittel- s. v. a. Gassenläufer (1586 bei Mathesius
i-hein als Fem., in Mask. Syrach 1, 52*), von älternhd. und bayr. hauen
Obersachsen als
gebraucht, mit langem Vokal, aber Nord- «laufen», dann Tanz auf der Gasse mit der
in
deutschland im Nom. Sg. meist kuiv, aus- Tanzweise (1536), endlich 1517 bei Aventin
gesprochen (daher im Plur. bei Inimermann 1,542, 12 gassenhawer die nuin auf der lauten
Münchh. B. 6, Kap. 10 Gasse), während die schlecht, 1556 bei Fiisius ein gemein vnd
Bühne Gas fordert. Schlacht gassenlied, ein gassenhauwer, im 17.
gäschen, v.: aufbrausen, schäumen. 1691 und 18. Jh. auch ohne tadelnden Nebensinn
Weigaad, Deutsches VVorteibuch. 5. Aod. 4U
627 Oast Oatte 628

s. V. a. Volkslied (s. d.). Gassenjunge, m. Gastmahl, n. (-s, PI. -niähler), 1561 bei
(-n, 1728 bei Stoppe Ged. 1, 71.
PI. -n), Maaler. Gastrecht, n.: Recht der Gast-
Gast, m. (-es, PI. Gäste): besuchender, freundschaft. 1616 bei Henisch. Gastwirt,
beherbergter, beköstigter Fremder auf frem- ; m. (-es, PI. -e), 1635 bei Heydenreich Leipz.
der Bühne auftretender Schauspieler (im Cron. 351. Davon Gastwirtschaft, f.: Wirts-
19. Jh.); überhaupt Mann, Gesell (1589 bei haus. Erst im 19. Jh.
Rhau geistl. Gesangb. Von'.). Mhd. (/asf gastrisch, adj.: den Unterleib, Magen
«Fremdling, landfahrender Krieger, Held, betreffend. Ende des 18. Jh., von gr. YOCTtip
auch bewirteter Fremder», ahd. gast «Fremd- f. «Unterleib, Magen».
ling»; dazu asächs.-ndl. gast, ags. gcest, gast, Gastronom, m. (-s, PI. -en): Feinschmecker,
gest, gist, giest «Fremder, Feind, Gast», (aus Kenner der Koch- und Tafelkunst. Bildung
dem Nordischen) engl, guest, anord. gestr, der neusten Zeit. Aus gr. Yöcrrip (s. gast-
schwed. gast, dän. gjest «Gast», got. gasts risch) und -vojnoc von v^jueiv «zuteilen». Dazu
m. «Fremder», der Lautverschiebung gemäß Gastronomie, f., aus gr. Yacxpovoiaia f.

stimmend mit lat. hostis «Femd» urspriing- «Vorschrift zur Pflege des Bauches».
lich «Fremder», vgl. hospes aus *hosti-pes gäten, s. jäten.
«Gastfreund», abg. gostl «Gast, Genosse, gütlich, auch gättlich, adj. u. adv.: sich
Freund». ABL. Gasterei, f. (PI. -e/i): Gast- wohlfügend, passend, schicklich, gleichmäßig,
mahl. Im 16. Jh. (H. Sachs Fastn. 16, 253, nach Faßlichkeit und Bequemlichkeit groß,
Scheidt Grob. 3164), bei Luther mit Umlaut mittelgroß. Md. auch bei Goethe 30, 114.
Gesterey. gastieren, v.: zu Gaste haben, Früher auch oberd., mit den Nebenformen
bewirten (bei Goethe, 1691 bei Stieler, dafüi- gättlich, gettlich (Mumer Gäuchmatt 5285),
bereits im 16, Jh. gasten, das im 18. Jh. bei göttlich, götleich (Nürnb. Pol.-Ordn. 153 aus
Bürger auch in der Bed. «zu Gaste sein» dem 14. Jh.) und gattlich (Frankf. Ref. 6,
erscheint); von Schauspielern, als Gast auf- 4, 5, auch bei Goethe Wilh. Meist. Wanderj.
treten, Gastrollen geben (Anfang des 19. Jh.). 2, 5); nd. gädlik, ndl. bei Kilian gadelick,
gastlich, adj. und adv., mhd. gast-, gest-, 1477 clev. gheäelyk. Gleicher Abstanmuing
gastlich, ahd. durch ungastlichi f. «Ungast- wie Gatte (s. d.).

lichkeit» bezeugt, ags. gastlic: im 17. und


Gatt, n.: Loch, s. Gasse.
18. Jh. nicht mehr gebraucht, kam das Wort Gatte, m. {-n, PI. -n): der ehelich Ver-
in den letzten Jahrzehnten des 18. Jh. durch bundene (1652 bei Rist himml. Lieder 3, 161).
Voßens Homerübersetzung wieder in Umlauf. Der Bedeutung nach eine Spezialisierung
Gastung, f. (PI. -en): BeAvii'tung, Gasterei, (genauer die Ehegatten Garg. 93) aus mhd.
mhd. gastunge f. ZUS. gastfrei, adj. und gate neben gegate m. «der Gleiche, Genosse»,
adv.: freigebig gegen Gäste, bei Luther. selten «der zui* Zeugung Verbrmdene»; dazu
Gastfreund, m. {-es, PI. -e), 1561 bei Maaler asächs. gigado m. «Seinesgleichen», mnä. gegade,
als Übersetzung des lat. hospes, dafür 1537 ags. gegada m. «Genosse», ui'spr. schAvache
bei Schaidenreißer Odyss. 75^ ain gast vnd Form zum Adj. ahd.gegat «verbunden, gleich,
freund; das Wort fand aber keine Aufnahme, wozu passend». ^BL. gatten, v.: zusammen
erst durch Voßens Odyssee-Übersetzung 1781 verbinden (trans. und refl. bei S. Franck Para-
hat es Verbreitung gewonnen; davon Gast- doxa 158 und moriae encom. 15^); sich paaren
freundscliaft, f., 1616 bei Henisch. Gast- (Fastnachtsp. des 15. Jh. 1160); Wai-en sor-
geber, m. (-S, PI. wie Sg.): Gastwirt (mhd. tieren (1691 bei Stieler). Ahd. gaton (in
gastgeher neben gastgehe m.); der ein Gast- hegaton «erj-eicheu, wofür sorgen»), mhd.
mahl gibt (1711 bei Rädlein). Gasthalter, gaten intr. «zusammenkommen», tr. «Gleiches
m. (-S, PI. wie Sg.): Gastwirt (14B3 bei zu Gleichem gesellen, vereinigen». Gattin,
Diefenbach-Wülcker gasthelder, um 1480 im f. (PI. -nen): die ehelich Verbundene. Erst
Vocab. praedicant. 12^ gasthalter); der eine im 18. Jh. bei Günther 661. Gattung, f.
Gasterei gibt (1718 bei Kirsch). GasthauS, (PI. -en): das durch Verwandtschaft Zusam-
n, i-hauses, PI. häuser), ahd.-mhd.-)nnd. gast- meugehöiüge. Erscheint y.uerst im 15. Jh.
hüs; (Nürnb. Pol.-Ordn. 222, Nicl. v. Wyle 282),
dazu ags. gasthüs n., engl, guest-house,
anord. gestahüs bei Luther Matth. 13, 47; die älteste Be-
n., aber ndl. gasthuis n. «Spital».

Gasthof, m.: vornehmeres Gasthaus, 1420 bei deutung ist «zueinander passendes Paar»
Diefenbach-Wülcker; dazu ags. gasthof m. (Fastnachtsp. 517, 26), später bedeutet das
; )

629 Gatter gaukeln 630

Wort auch s. v. a. Gatte] im 16. u. 17. Jh. däu. gjög, norweg. gauk m. «Kuckuck». Ur-
und noch Schweiz, wird es wie «Art und sprung nicht ganz klar. Wahrscheinlich zu
Weise» gebraucht. anord. ^e«/ja «spotten, ausschelten», ami.hovati
Gratter, n. (-s, PI. wie Sg.): verschi-änkte «nift», abg. züvati «rufen».
Stäbeverbindung als Tor, Schranke oder Gauchheil, n. {-s. PI. -e): die Pflanze
Zaun. In den Wörterbüchern des 17. und anagallis. 1432 göchail (Petters Vocabular
im Anfang des 18. Jh., sowie noch alem. 292 als Fem. 1540 bei Alberus Dict. GC2b
a),
und bei Goethe 34, 1, 266 Mask., mhd. guter ghocheyl, gaucheyl. Der Name daher, daß
m. n., im 15. Jh. auch Fem. (schwachbie- man dem Kraut Kraft beilegte, den Wahn-
gend), ahd. gataro m. Da das Wort ahd. und Blödsinn Gauch) zu heilen (Grimm
(vgl.
mit valvae «Türflügel» glossiert wird, und Gesch. d. deutsch. Spr. 204), auch sein Saft
sonst nicht in den germanischen Sprachen als Mittel diente, den Biß eines tollen Hundes
vorkommt, so könnte es mit Kluge eine unschädlich zu machen (Loniceinis 204% vgl.
Zusammensetzung aus ga- «ge» und tor sein. Schiller z. mecklenb. Kräuterb. 2, 30*). Oft
ABL. gatteru, v.: mit gatterähnlichem vermengt mit dem Namen der Schafgarbe
Muster versehen (mhä. gatern): durchs Gatter gachheü «schnellheilendes Wundkraiit» (im

spähend belauera, gieiüg blicken (1691 bei 14. Jahrh. Mone Anz. 4, 247).
Stieler). Gaudleh, m. {-es, PI. -e): listiger, ver-
Gattung, s. Gatte. schlagner Dieb; pfiffiger, verschlagner und
gatzen,- gätzen, v.; gackern, schreien gewandter Schelm. Im 17. Jh. (1657 bei
wie ein Huhn nach dem Eierlegen (König Schuppius Freund in der Not 92) aufge-
vom Odenwald und Fastnachtsp. des 15. Jh. nommen aus gleichbed. nd. gaudef, ndl. gauw-
259, 22). Aus mhd. gagzen, wie dief m., zusammenges. mit nd. gau, ndl. gauw
gleichbed.
mhd. blitzen aus hliczen; im 15. Jh. schwäb. «geschwind, gewandt», 1691 bei Stieler und
(Diefenbach Gl. 161^) und noch 1703 bei 1716 bei Ludwig gau «schnell auf etwas».
Weismann 141*'' gatzgen. Vgl. gacksen. Das Wort gehört wohl zu jäh (s. d.).
Gau, m. (-es, PI. -e): abgegrenztes Land- gau(lieren,verb.(refl.)sich freuen; (trans.
gebiet, Landesabteilung. Aus md. gouwe, im teutschen Michel 21, aus
erfreuen. 1617
gou, mhd. göuwe, göu, ahd. gawi, gewi, gowi n. lat. Gaudiuni, n.
gaudere «sich freuen». —
dazu afries. gä. gö, ags. an Namen -ge, ebenso {-s): große Freude. Gegen Ende des 18. Jh.
and. -gö, got. gawi n. (Gen. gaujis)., Ahd. allgemeiner geworden (Schiller Räuber 1, 2,
auch das Fem. gaiva, gowa und gawia, goivia, Kabale 5, 5), aus gleichbed. lat. gaudium n.,
mnd. gö f., nd. gohe f. Herkunft unsicher. bayr.-österr. Gaudi, f. nach Freude.
Vgl. Feist Btr. 15, 54 f. (aus *ga-wih, wih gaukeln, verb.: Zauberei, trügerisches
zu lat. vicus m. «Dorf»), Schrader Idg. Forsch. Blendwerk treiben; sich närrisch, possenhaft,
Anz. 9, 172 (aus *ga-atvia zu gr. oTri «Dorf»), oder leicht, schnell und spielend hin- und
ühlenbeck Btr. 30, 282. Der Plur. bisweilen herbewegen. Mhd. goukeln, gougeln, ahd.
Gauen (Schubart 2, 328, Goethe 2, 33; 34, 1, 3), gougelan und goukelön, gougolön, mit Umlaut
bereits 1663 bei Schottel 462% und zwar als md. gaukeln, bei Luther geuckeln neben
Plur. des Fem. Gau. Das Mask. zuerst im gauckeln, im lö.Jh.getvkeln (Diefenb.Gl.48*):
17. Jh. (1612 bei Lehmann Speyr. Chron. 4, 9), dazu mnd. gökelen, gökelen, mndl. gökelen.
wie es scheint in Gelehrtenkreisen nach dem Abgeleitet von ahd. goucal, coukel, mhd. goukel,
Genus von lat. pagiis {dei' Pagus oder Gaw gougel n. «Zauberei, Taschenspielerei, nämsches
ebd.). Das veraltende Wort wurde im letzten Treiben», nhd. Gaukel m. (Adelung), selten f.
V^iertel des 18. wieder aufgefrischt, (Steinbach 1, 563), (aus dem Ndd. entlehnt),
Jahrh.
während Mundarten das Neutr. schwed. gyckel, dän. gjögl. Dazu gibt es ab-
sich in oberd.
Gäu in den Bedd. «Land im Gegensatz zur lautende Formen mhd. giege und giegel m.
Stadt, flaches Land im Gegensatz zum Ge- «Narr, Betörter», gogel m. «ausgelassner Scherz,
bii'ge» erhalten hat. Possen», gogelen «sich ausgelassen gebärden»,
Gauch, m. {-es, PI. -e und Gäuche): ndl. guig f. «Spottmaul», giegelen «lachen»,
einfältiger, dummer Mensch, Narr, Schelm. so daß das Woi-t alt sein wird. Wahrschein-
Mhd. gouch, ahd. gouh m. «Kuckuck, Tor, lich zu derselben Wurzel wie Gauch (s. d.).
Narr»; dazu ags. geac, (aus dem Nordischen) ABL. Gaukelei, f., bei Luther Gauckeley,
uordengl. gaick, anord. gaukr, schwed. gök, Geurkeley, Geugeley, dazu mnd. yochelie, umdl.
40*
631 Gaul Gaze 632

gokeUe f. Gaukler, m. {-s, PI. wie Sing.): findet sich der Gen. gumens. ABL. gäumelu,
Taschenspieler, Jahrraarktskünstler; mhd. V.: lüstern sein wonach (1754
bei Rost schöne

goukelcere, goiigelcere, ahd. coucaläri, gouguläri, Nacht 2). Vgl. kämt, gaimen oder gämen
mit Umlaut bei Luther geuckler, geugler; (d.i. gäumen, gaiimen) «lüstern sein», 1808 bei
dazu mnd. gokeler, mndl. gokelere, entlehnt Campe Gaunielei f. «Lüsternheit, Leckerei».
anord. kuklari m.; im 15. Jh. rhein. jaiikeler, Gauner, m. (-s, PI. wie Sing.): listiger
jeukeler (Diefenb. Gl. 307 <=) und nä. jokeler Betrüger. 1753 bei Lessing d. junge Ge-
mit dem übereinstimmenden
sachlich mlat. lehrte 1, 6 Gauner, bei Frisch aus einer
joculärius, joculäris, joadätor in Berührung Biberacher Pürschordnung von 1722 Jauner
gebracht. Davon Gaukleriu, f., 1541 bei (noch bei Schüler 1, 209), rotwelsch im 15.
Prisius 525^ gaucklerin, im 15. Jh. geuklerin und 16. Jh. und noch heute ^o^erm. «Spieler,
(Diefenb. Gl. BOl^), und gauklerisch, adj., im Land umherstreichender Falschspieler»
(Weimar. Jahrbuch 4, 98, auch bei Fischart
1541 bei Prisius 162^ gaiigglensch, gaucklerisch
r,51^. ZUS. Gaukelbild, n.: Großm. 50, Philander v. Sittewald 2, 634),
trügerisches
Bild, mhd. goukelhilde n. gaukelhaft, adj., von rotwelsch jo?iew «spielen» (im 15. Jh. und
1775 bei Adelung. Gaukelspiel, n., mhd. noch heute), 1494 bei Seb. Brant Narrensch.
goukel-, gougelspil n. 63, 46 junen, aus hebräisch jänä (bei den

Gaul, m. (-es, PI. Gäule, unüblich Gaule Juden jo»o gesprochen) «Gewalttätigkeit üben,
Lichtwer Pab. 1, 5, Rückert 1, 22): geringes übervorteilen, betrügen, überlisten», ABL.
Pferd, aber auch stattUches Roß (Luther Gaunerei, f., gaunerisch, adj., gaunern,
Jerem. 8, 16, Goethe 8, 102, Voß II. 4, 500). verb., sämtlich 1803 bei Jagemann, 1787 bei
Prühmhd. gül m. «Ungetüm» (vom Teufel, Kramer Jaunerey, jaunerisch, jaunern.
güle von einem Götzen, urgM von einem Gaupe, f. (PI. -n): Giebel Vorbau mit
Ebei-), seit dem 14. Jh. verächtUch vom Öffnung, aber auch Dachöffnung mit vor-
Pferde gebraucht (Liedersaal 3, 619, 14, im springender besondrer Bedachung und be-
PI. giule), daneben schon mnd. gfd, güle m. weglichem Verschlusse, Dacherker. In Franken,
vom starken Streitroß, 1429 im Lib. ord. rer. Oberhessen, am Mittelrhein, im 15. Jh. gupe f.
14 gaid «Beschälhengst».
'^ Dazu ndl. guil f. Nach der Nebenform Gauke f. zu schließen,
«Stute», die noch nicht geworfen hat, im wohl s. V. a. Ausguck, von gauken «aus-
17. Jh. ghuyl «alter Hengst», 1599 bei KiUan spähen, gucken», 15. Jh., Liliencron 1, 432*),
guyle «Pferd»; in schwed. Mundarten gule, ohers'ächs. gäken «gaffen», hess. geipen «gaffen»,
knie m. «altes Pferd», gula, kula f. «alte engl.-schott. goup, gouk «spähend oder starr
Stute, Mähre». Die Etymologie ist ganz blicken».
unsicher. Von Charpentier KZ. 40, 441 zu ganzen, verb.: bellen; bellend reden;
aind. ghötas «Pferd» aus *ghöltas gestellt. scheltend anfahren. In der Schweiz, am
Vgl. noch Wood Btr. 24, 528. Rhein und im westl. Mitteldeutschland. 1540
Gaumen, m. (-5, PI. wie Sg.): die als bei Alberus Dict. Q H
gautzen, im 15. Jh.
Geschmacksorgan geltende obere Wölbung kautzen (Diefenb. Gl. 70^). Zusammenhangend
im Munde. Die Nebenform Gaiim {-es, PI. mit ags. i^eafff. «Torheit, Leichtsinn», anord.
-e, -en), noch bei Goethe, Schiller, Bürger usw., geyja (Prät. gö) «bellen, ausschelten», gauäi.

ist auf die Dichter- und Volkssprache be- «das Bellen», dän. gjö «bellen, schelten».
schränkt. Mhd. goume, goum neben guome, Weiter sind vielleicht stammverwandt aind.
guoni, md. göme, göm und gfime (letztres hävati «naft», abg. znvati «rufen».
noch bei Luther Hiob 29, 10), ahd. goumo Gavotte, f. (PI. -n): eine Art Tanz;
neben giiomo und giumo m.; dazu mnd. Musikstück. Über gleichbed. franz. gavotte
gume, ags. göma (engl, gums «Zahnfleisch»), aus provenz. gavoto. 1791 bei Rotb.
anord. gömi und gömr, schwed. gom m., dän. Gaze, f. Gase, PI. -»): Flortuch,
(spi-ich

gumme «Gaumen». Verwandt lit. gömurJs m. Schleiertuch. 1649 bei Spee Tmtzn. B. 113
«Gaumen», lett. gämurs «Luftröhre». Vom Silbergaß, 1715 bei Amaranthes Gaze oder
gleichen Stamme auch wohl lat. faux f. Gage (spr. Gasche), bei Wieland Klelia 1, 85
«Schlund, Kehle», gr. xaOvoc «auseinander- Gase f. Aus gleichbed. franz. gaze, span.
klaffend». Aus der schwachen Deklination gasa f., benannt nach der Philistäerstadt Gaza
tritt schon das gekürzte mhd. gotim und in Palästina, woher das durchsichtige Gewebe
giiom in die starke über, bei Ickelsamer 12 bezogen wurde.
633 Gazelle Gebarsch 634

Gazelle, f. (PI. -n): Hh-schziege, eine Art (Rückert 3, 39): Balkenwerk. Im 15. Jh.
Antilope. Im 18. Jh. (1727 bei Hübner rheinisch gehelke n., Kollektiv zu Balken (s. d. j.

Gazella) aufgenommen aus gleiebbed. franz. Gebäude, n. (-s, PI. wie Sg.): Bandwerk,
(jazelle, span. gazela f., das dem gleichbed. arab. Kollektiv zu Band n. Mhd. -mnd. gehende,
ghazäl entstammt. ahd. gibenH n. «Fessel, Riemen», dann «Band,
ge-j unbetonte, untrennbare Vorsatzpaiükel
Kopfputz der Weiber», insbes. die Stim- und
in Zusammensetzungen, urspränglich zur Be- Wangenbinden. Noch wetterauisch mit Scliap-
zeichnmig des Zusammenseins, des Zusammen- pel und Gebetide «mit allem, mit der ge-
gehörigen, vor Subst. auch das Ergebnis des samten Habe»; vgl. Schappel.
im zugehörigen Verb ausgedriickten Vor- gebaren, verb. (Goethe 28, 36. 6, 33 j,
ganges, vor Adj. das Zueigensein dessen, was jetzt meist refl.: sich betragen. Mhd. gebären,
j

das zugehörige Subst oder Verb ausdriickt, ahd. gihären. gehärön; dazu mnd. gebären,
vor Verben das Geraten in einen Zustand mndl. ghebaren, ags. gebcEran. Verstärktes
oder den Abschluß eines Vorganges, die gleichbed.mhd. hären, zu mhd. bar f. «Ali,
Dauer und Vergangenheit (bes. im Part. Prät.) und Weise, wie sich etwas zeigt», mit mhd.
bezeichnend, endlich aber oft nur den Begi'iff gebär m. «Benehmen, bes. schickliches und
des einfachen Wortes verstärkend. Mit Vor- freundliches» (s. Gebärde), von ahd. heran
silbe (je- und Suffix -jo, das Umlaut bewirkte, «tragen». ABL. Gebärde, f. (PI. -n): Ari,
wurden seit alter Zeit neutrale Kollektive wie jemand sich äußerlich zeigt in Bewe-
gebildet, vgl. viele der folgenden Artikel. ,gung und Handlung. Bei Luther Geberde f.
Mhd. ge-, ahd. gi-, ga-; dazu asächs.gi-, mnd, und n., 1561 bei Maaler Gebärd f., mhd.
I

ge-,mndl. ghe-, afries, ge-. gi-, ie-, ags. ge-, gi-, gehmrde f. und n., ahd. gibärida f.; dazu mnd.
I

anord. nur spurweise g-, schwed.-dän. ge-, geherde f. gebärden, v. refl., bei Luther.
j

got. ga-. Gewöhnlich wird lat. co-, con-, aun- gebärdig, adj.: sich schön oder froh ge-
«mit, zusammen» als verwandt angesehen. ' barend (Goethe 4, 170), 1582 bei Fischart
Die Sinnesübereinstimmung ist in der Tat Garg. 225, s. ungebärdig.
vollkommen, aber die Lautverschiebung ! gebären, verb. (Präs. gebäre, gebierst, ge-
stimmt nicht. In manchen Wörtern erscheint biert, Prät. gebar, Konj. gebäre, Part, ge-
ge- vor Vokalen oder l, n, r zu bloßem g- ge- Imp. gebier und gebäre) zur Welt
boren, :

kürzt (Ganerhe, gönnen. Gunst, Glaube, gleich, bringen. Bei Luther und noch 1734 bei
Glück, Gnade, grob usw.). In nominalen Zu- Frejer Orth. geheren, bei Maaler, Fischart,
sammensetzungen lag urspmnglich der Ton Henisch gehären, 1664 bei Duez gebähren und
auf dem ga-, und es mußte dann das a er- gebehren, mhd. gebern, ahd. giberan; dazu
halten bleiben, wie z. B, Gastein. In einzelnen mnd. -mndl. geheren, asächs. giberan, ags. ge-
verdunkelten Zusammensetzungen scheint sich beran, got. gahairan. Zusammengesetzt mit
dies ga- erhalten zu haben, vgl. Gau. Gatter. mhd. hern, ahd. heran, afries. und anord. hera,
Geäder, n. (-s): Gesamtheit der Adern. ags. heran, engl, bear, got. bairan «tragen»,
Mhd. geceder n., Kollektiv von Ader. durch die Zusammensetzung mit ge- driickt
Geäß, n. (-es, PI. -e): Nahrung des Wildes. das Verbum den Abschluß der Handlung des
In der 1. Hälfte des 1-5. Jh. gecege (PI. ge- Tragens aus. Übereinstimmend mit lat. ferre
ce^^er Schiltberger Reise HO), Kollektiv zu «tragen, bringen», gr. (pepeiv, kelt. herim
Aas. Aß n. «Viehfutter». «trage», abg. hirati «nehmen, sammeln»,
Geäste, bayr. auch Geäst, n. (-es, PI. -e): aind. bhdrati «trägt». Von diesem Stamm
Astwerk. 1774 beim j. Goethe 3, 23. sind ferner abgeleitet -bar. Bahre
! Bärme, ,

Gebäck, m, n. (-es, PI. -e): Gesamtheit des Bürde, empor, enthehren, gebühren (s. d.),
miteinander Gebackenen, z.B. ein Gebäck Brot. ABL. Gebärerin, f. Mutter, fi-ühmhd. ge- :

Im 14. Jh. md. gebac m.: A''erstärkung des hererinne f., zu mhd. geherer m, «Erzeuger,
gleichbed. Back m., md. im 14. Jh. hack m. Vater». ZUS. Ge])ärniutter, f.: Fruchtsack
Gebäck, n. (-es, PI. -e): das Backen. der Beckenhöhle, 1597 bei Wirsung Arzneib.
Gebackenes, Backwerk. Im 15. Jh. gebäck 501 Gebeermutter, älter Bärmutter (s. d.).
(Weisth. 6, 536 aus der Moselgegend), bei G^barsch, m., in der (Kinder-) Redens-
Fischart Garg. 158 das gebäch. Verbalsubst. art Gebarsch Xehmarsch «Schenkender und
,

zu hacken (s. d.). das Geschenkte gern Zuiückfordernder», 1540


;

Gebälk, n. (-es), unverkürzt Gebälke bei Alberus Dict. Tt 3*» geh ars nem ars, bei
635 Gebäii gebildet 636

Luther 5,398 usw. im PI. Gebers Nemers,


=* Gebet, n. {-es, PI. -e): Bitte, Rede an
sogar 7, 262^ ein rechter Gehers Nemers. ein höhres Wesen. Mhd. gehet, ahd. gibet,
Wohl eine grobwitzige Umbildung der mhd. gäbet n. dazu asächs. gibed, ags. gebed, ge- ;

Bedeutungsnamen Gehhart imd Nemhart. hedd n. Das zugrunde liegende ahd. het, mhd.
Gebäu, n. {-es, PI. -e), üblicher Ge- bet, (noch bei Luther Bet, Bett n.)
bete n.

bäude, n. {-s, PI. wie Sg.): kunstgerecht «Bitte, Gebet», ist mit ahd. beta, mhd. bete
Aufgebautes. Bei Luther gehe^v und geheivde, f. «Bitte» abgeleitet von bitten (s. d.), nicht
mhd. gehiuwe, md. gehilwe und gehüivede, ge- von beten, das erst von ahd, bet sich bildete.
hüide (daneben gehmveze. gehüze), ahd. ge- Die Nebenform Gebete n. bei Luther und
biuive n. (daneben ahd. gehiuweda, noch Wieland Amadis 2, 166, Rückert 1, 122,
und gahüid
gehüeda f.) dazu mnd. gehüive und gehUivete, mhd. gebete f.
;

gebUwte. gahüete n. Beide von hatten (s. d.). Gebettel, n. (-s): wiederholtes Betteln.
Gebauer, n., seltner m. {-s, PI. wie Sg): 1741 bei Frisch.
^^ogelkäfig. 1659 bei Butschky Kanzl. 438. Gebhart, Mannsname. Mhd. Gebehart,
Verstärktes Bauer (s. d.). ahd. Gehahart {geba «Gabe», hart «stark»).
gebe, s. gäbe. Gebiet, n. {-es, PI. -e): Bereich des Be-
Gebeier, von beiem (s. d.). fehlens. Mhd.
gebiete, gebiet n. f., md. ge-
Gebein, n. {-es, Gesamtheit von bite, gebit n. «Befehl Gebot, Territorium,
PI. -e):
Knochen {Beinen). Mhd. und md. geheine, Gerichtsbarkeit, Botmäßigkeit»; die Form
ahd. gibeini rv., Kollektiv von Bein. Daneben Gebiete noch bei Fleming 120, Haller 224,
md. gebeinde, gebeinte, im 15. Jh. köln. ge- Lessing 6, 476, Schiller Demetr. 2, 2. Von
heime, im 14. Jh. nrhein. gebenze, nmd. ge- gebieten, v. (Präs. Prät. gebot, Konj. ge-
beute, geheinte n. böte, Part, geboten, Imp. gebiete): wozu hin

Gebelfer, n. (-5): anhaltendes Belfern. seinen Willen bieten, zur Befolgung nötigend
Bei Stiel er 1691 Gebelfere, bei Schuppius 847 seinen WiDen kundtun. Im Präs. älternhd.
Gepelve^; beim j. Goethe 3, 524 Gepelfere. du gebeutst, er gebeut, Imp. gebeut (mhd.
Gebell, n. {-es): wiederholtes Bellen. Im gehiutest, gebiutet, Imp. gebiut), bei Luther
14. Jh. gebelle n. (Monumenta boiea 39, 278). und noch altertümlich bei Goethe, Schiller,

geben, verb. (Präs. gebe, gibst, gibt H. V. Kleist. —


Mhd. gebieten, ahd. gabiotan,
die früher übliche Schreibung giebst, giebt gihiotan; dazu asächs. gibiodan, mnd. geheden,
ist beseitigt —
Prät. gab, Konj. gäbe, Part. nnd. gebeen, mndl. ghebieden, nndl. gebieden,
,

gegeben, Imp. gib): zu Annahme, Empfang ags. gebeodan, zusammenges. mit bieten (s. d.),
bieten. JVIhd. geben, ahd. geban; dazu asächs. ABL. Gebieter, m., mhd. gehietcere, ge-

getan, mnd. und ^nndl. geven, ags. gifan, Meter m.; davon Gebieterin, f., mhd. ge-
engl, giroe, afries. geva, jeva, anord. gefa, bietcerinne, gebieterinne, gebieterin f. gebie-
schwed. gifva, dän. give, got. giban. Das ge- terisch, adj., 1711 bei Rädlein, dafüi- 1678
raeingermanische Wort, das die in den übrigen bei Krämer gebietisch. Gebietiger, m.:
Sprachen auftretende Wurzel dö «geben» ver- Befehlshaber, mhd. gebietegcere, md. gebitegere
tritt, ist in den andern Sprachen noch nicht m., jetzt nur noch altertümlich gebraucht.

nachgewiesen. Man stellt es zu lit. gabenti Gebilde, wie Sg.): zusammen-


n. {-s, PI.
«herbeischaffen, gabim «ich
l)ringen», air. gesetztes Bild; Leinewand mit einge-
feine
nehme», womit nichts gewonnen ist. Vgl. wobenem BUdwerk (am Nieder-, Mittel- und
noch Walde s. v. habere. Das Präs. bei Oberrhein. In der 1. Bed. mhd. gebilde n.
Luther gibst, gibt, Imp. gib, daneben seit «Form der äußern Erscheinung, Gestalt, Stern-
dem 17. Jh. die Formen mit ie (Schuppius, bild», ahd. gebilide n.; dazu mnd. gebilde, ge-
Fleming, Gottsched). Das unpersönliche es helde (auch Vorbild, Beispiel) n.: im altern
gibt mit dem Akk. der Sache (im 16. Jh. Nhd. ist das Wort entschwunden, bis es 1766
es gibt, mhd. e^ gibt Märe vom Feldbauer bei Klopstock Oden (1771) S. 213 in dem
239) bed. «es bringt hervor, es wird werden, auffälligen PI. Gehilder, sowie S. 241 in ihr
dann es ist oder sind vorhanden». ABL. Gebild aus dem J. 1767 wieder auftaucht und
Geber, m. {-s, PI. wie Sg.): der Gebende. bald in Aufnahme kommt.
Mhd. geber, ahd. gebari,mnd. gever m. Ur- gebildet^ adj., eig. Partizipium vom v.
sprünglicher mhd. gebe, ahd. gebo, asächs. bilden «mit Bildern verzieren; ein plastisches
geto, ags. gifa m. «Geber». Kunstwerk hervorbringen» (so noch in wohl-
; '

637 Gebinde Gebrech 638

ijehildef). Auf das Geistige übertragen erst gebod, gebode, mndl. ghebot, afries. ebod, ags.
i

bei Herder. Subst. der Gebildete seit der gebod n. «Gebot, Befehl», neben gleichbed.
zweiten Hälfte des 18. Jb. mhd.-mnd. bot, ags. bod, anord. bod n. (auch
Gebinde, n. Zusammen- Einladung, Auffordening). Subst. zu bieten
(s, PI. wie Sg.) :

gebundenes, als Garnmaß 20 oder 40 Fäden und gebieten (s. d.). Vgl. botmäßig.
(1715 bei Amarantbes, scbon mnd. hindt n. Gebräme, n. {-s, PI. wie Sg.): Rand-
j

«60 Fäden»); Gefäß, Faß, bes. im Wein- und besatz, Besatz am Kleide. Bei Luther Jes.
I

Bierhandel (1734 bei Steinbaoh). Mhd. ge- 3, 20 gebreme, mhd. gebrceme und gebreme n.,
\

binden. «Band», gebint n. «Verbindung». Von von mhd. brcemen. brenien (s. Brame).
binden (s. d.). Gebrau, n. m. {-es, PI. -e): einmaliges
Gebirge, (s, PI. wie Sg.), gekürzt
u. Brauen; das durch ein Brauen gefertigte Ge-
Gebirg: Gesamtheit von Bergen. Mhd. ge- tränk. Nürnbergisch im 14. Jh. gebraw n.
birge, ahd. gibirgi, gabirgi n., Kollektivum (Nünib. Pol.-Ordn. 212, 7), md. im 14. Jh.
von Berg (s. d.). Die Schreibung Gebiirge gebrüive n. ra. Subst. zu brauen (s. d. und
bei Wieland, Herder, Schiller, Goethe usw., Gebräude).
Gebürg bei Fischart, Grimmeishausen usw., Gebrän,
auf einmal Ge- n. {-es, PI. -e):
schon 1401 gebiirge (Frankf. Reichskorr. 1, Wolkenstein Nr. 91,
brautes. Im 15. Jh. bei

92), darauf beruhend, daß in mhd. und früh- 82 (Schatz) gepreu, bei Rosenblut gepreü n.
nhd. Zeit bei Orts- und Burgnamen häufig Abgeleitet von brauen (s. d. und Gebräude).
Berg und Biirg wechseln und sich vermengen. Gebrauch, m. {-es, PI. Gebräuche), statt
Davon gebirgig, adj., 1616 bei Henisch ge- des nui' noch altertümlichen Brauch (s. d.),
bürgig. gebirgisch, adj.: aus dem Gebirge Mhd. gebrüch m. «Benutzung», dann «Ge-
stammend, ihm eigentümlich, bei Geliert ge- wohnheit, Sitte»; dazu mndl. ghebrüc «Ge-
bürgisch, 1590 bei Albinus Bergchron. 86 nuß». Subst. zu gebrauchen und brauchen.
alpgebirgisch,im 15. Jh. gepirges bei Schiit- gebrauchen, v.: in bestimmter Beziehung
berger 105 N., neben pirgesch 87. brauchen, mhd. gebrochen, ahd. gabruchan
Gebiß, n. (Gen. Gebisses, PI. Gebisse): «benutzen genießen»; dazu mnd. gebrUken.
Mauleisen des Zaumes; Gesamtheit der Zähne mndl. ghebrüken, nndl. gebruiken, ags. stark-
als Werkzeug zum Beißen (Ende des 15. Jh. ])iegend gebrücan (völlig genießen). ge-
bei Harff Pilgerfahrt 137, 14 gebijss): (rhein.- bräuchlich, adj.:in Gebrauch (Gewohn-
wetterauisch) vieles wiederholtes Beißen (schon heit) befindlich, gewöhnUch gebraucht, 1482
ahd. f/a&ij «mordacitas»). In der l.Bed. mhd. bei Melber Ff 6'* gebruchlich, bei Luther ge-
gebi^, ahd. gabi^, gibig, mnd. gebit n, Subst. breuchlich«zum Gebrauch dienend», mhd. in
zu beißen (s. d.). der Bed. «genießend» gebruchlich, Adv. ge-
Gebläse, u, (-s, PI. wie Sg.): die Blase- brüchliche.
bälge eines Ofens oder einer Orgel; Venti- Gebräude, n. (s, PI. wie Sg.): Avie Ge-
iationsapparat. In beiden Bed, 1562 bei Ma- bräu (s. d.). Md. 1457 gebruwede, 1438 ge-
thesius Sarepta 100 ^^ geplese und 208^ gehlese, braiüde n. (Germ. 28, 366). Abgeleitet von
211*^ gebleß. Subst. zu blasen (s. d.). brauen (s, d.j.

geblümt, mit Blumen geschmückt.


adj.: Gebrause, n. {-s, PI. wie Sg.j: em wie-
Mhd. gebliiemet, Part, von blüemen und ge- derholtes Brausen. Md. im 14, Jh. geprüse n.
blüemen «mit Blumen schmücken», dann über- Subst. zu brausen (s. d.).
haupt «schjnücken, verherrlichen». Gebrech, m. n. {-es, PI. -e): hörbares
Geblüt, n. {-es), Brechen; Gebrechen (Klopstock Mess. 4, 198
unverkürzt Geblvte:
(4esamtheit des Blutes im Körper (spätmhd. Gebrech n.). Mhd. gebrech n, und gebreche m.,
geblüefe n.) Blutsverwandtschaft (bei TiUther)
; ahd. gapreh, gipreh n. «Gekrache, lautes Ge-
Volksabstammung, Volksart (bei Luther Stücke töse». Gebreche, n. {-s, PI. wie Sg.): von
in Esther 6, 8); (md. und Schweiz.) monat- Wildschweinen umgebrochener Boden, auch
liche Reinigung. Kollektivum v(jn Blut. der Rüssel der Wildschweine, weidmännisch
Gebot, n. {-es, PL -e): Willenserklärung 1763 beiHeppe(Te&räc/t, mhd. ^e&recÄen. «umge-
zur Befolgung, Befehl; Anerbietung bei Kauf brochenes Bauland, Brachland». Gcbrecheu,
und Versteigerung. Mhd. gebot n. «Befohlenes n. {-s, PI. wie Sg.j: fühlbarer Mangel. Md.
wie Angebotenes» (auch Einsatz im Spiel), im 13. Jh. und 1385 gebrechen n. «Mangel,
ahd. gabot, gibot n.; dazu asächs. gibod, mnd. Fehler» (Städtechr. 1, 240, 22j, der subst.
;

639 Oebreit Geburt 640

Inf. des Zeitworts gehrechen (s. d.), vermengt gebschnitzig, adj.: gern gebend, frei-
mit mhd. gehreche m. «Abgang, Mangel, Be- gebig. Im westlichen Mitteldeutschland (auch
schwerde, Krankheit», Mitte des 15. Jh. ge- gebschnützig, gebschnetzig). Spätmhd. (hess.)
hrechen ni. Städtechron. 2, 329, 11, älternhd. in einer 1428 vollendeten Handschr. der h.
Gehrech m. (Luther 1, 66'^, Duez 1664), Ge- Elisabeth gehesnytzig, im 14, Jh. gehesnitz
brechen m. (Luther 4, 108^, Schuppius 242). (Elisabeth 7930) «verschwenderisch mit Geben».
gebrecheil, v.: fühlbar raangehi. Mhd. ge- Gebücke, n. {-es, PI. -e): zur Grenze,
brechen intr. «brechen, mit Gewalt dringen», besonders aber zur Schutzwehr gegen den
gegeii einem «von ihm aljfallen, ihm untreu Feind angelegte dicht verwachsne hohe Hecke.
werden», gebrechen an einem «von ihm weichen, Am Mittel- und Oberrhein (Gehucke, Gebücke,
ihm mangeln», ebenso mir gebricht ein dinc Gehicke, Gebick). 1469 aus Nassau g^eftwcÄen.
oder unpersönl. eines dinges oder an einem «ineinander gebognes undverflochtnes Gebüsch
mhd. gebrechen «brechen, als Waldgrenze» (Arnoldi Beitr. 110), ebenso
dinge; dagegen trans.
wegbrechen, Abbruch tun, verwehren, unter- 1320 ans dem Unterelsaß (Weist. 1, 670) und
Averfen», ^h^.gihrechan. gaprechan undasächs. im 14. Jh. ndrrhein. gebücke n. (v. d. Hagens
gihrekan «zerbrechen», got. gabrikan «zer- Germania 6, 260, 337), aber in der Bed. «ver-
brechen, niederwerfen», gebrechlich, adj.: flochtne Heckenschutzwehr» 1366 gebücke n.
mangelhaft: einem Körperschaden be-
mit (Gudenus Cod. dipl. mogunt. 2, 1159), Subst.
haftet, in beiden Bed, mhd. gebrechlich; dazu zu mhd. bücken, md. hucken «biegen, nieder-
Grebrechliehkeit, f., mhd. gebrechlicheit f., biegen» (s. bücken). Davon im 15. Jh. das
1274 gebrechlickeit (Germ. 28, 366). Adj. gehuckt, gebickt «von einem Gebück
(jebreit, n. {-s. PI. wie Sg.): sich aus- umgeben» (Weist. 3, 488 und 5, 319, 4).
breitendes Gelände (Goethe 13, 24; 50, 219 Gebühr, f. (PI. -en): was sich gebührt
Gehreite). Daneben Gebreite, f. (PI. -n) ein (spätmhd. gehiir n.);
: gebührender Anteil
Feld von gewisser Größe. Mhd. gebreite f. (westfäl.-rhein. im 14. Jh. gebur n. Germania
«Ackerbreite, sich ausbreitendes Ackerge- 20, 36, mrhein. im 15. Jh. gepilrre, gepurre n.),
lände», ahd. gibreitta f. neben gahraite, ge- schuldige Abgabe (Gehiir f. bei Luther), ge-
hreite n. Subst. zu breiten (s. d.). bührende Zahlung, Kosten (1583 bei Mone
Gebresten, n. (-s, PI. wie Sg.): Mangel, Anz. 8, 166, bes. im Plur., 1691 bei Stieler).
Gebrechen; herzbrechender Kummer, Brast Ahd. gihuri f. in andrer Bed. «casus, sors,
(s. Braß). Der subst. Inf. des älternhd. Zeit- evehtus», aber got. gabaur n. «Steuer*». Vgl.
worts gebresteii (mhd. gebresten, ahd. gihrestan Meringer Idg. Forsch. 18, 205. Von ge-
«fühlbaren Mangel woran haben»), schon im bühren, V.: als angemessen zukommen.
14. Jh. md. gehristen n. «Mangel», vermischt Bei Luther gehüren, mhd. gehürn, aber fast
mit älternhd. Gehresten m. «Mangel» (1537 nur md. vorkommend geburn, gehorn, trans.
bei Dasypodius), 1573 bei Ölinger 51 gepräst, «heben», intr. «sich erheben für jem,, wider-
mhd. gebreste m. und gebrest m. n. «Bruch fahren, zuteil werden, rechtlich zukommen»,
als Schaden, fühlbarer Mangel», md. im 14. Jh. refl. «sich ereignen», ahd. gihurjan, giburren
gebrist, ahd. im 11. Jh. gibrist m., neben «als angemessen zukommen, sich ereignen»;
einfachem mhd. brest und breste, ahd. hresto dazu asächs. giburian «sich zutragen,, statt
m. «Mangel», Subst. zum mhd. Verbum haben, den Verlauf haben», mnd. geboren
bresten, ahd. brestan (s. bersten). «zukommen», ags. gehyrian «sich begeben,
Gebrüder, PI: Brüder als zusammen- ereignen, als angemessen zukommen», anord.
gehörig. Mhd. gebruoder und gebrüeder, md. byrja «sich ziemen». Das einfache mhd.
gebrüdere, ahd. gibruoder PI.; dazu asächs. hürn, md. burn, hörn, hurren, ahd, burjan,
gibröäar, ags. gebrödor, gebröära, gehrödru PI. burren «erheben, hervorbewegen, in die Höhe
Vgl. Geschwister. halten, mnd, hören «heben», ist gleichen
Gebrüll, n. (-es), unverkürzt Gebrülle: Stammes wie mhd, beni, ahd, heran, «zum
wiederholtes Brüllen. Mhd. gebrülle n., Subst. Vorschein bringen, tragen» (s, gehären).
zu brüllen (s. d.). gebührlich, adj., mhd. gebUrlich, md. gehor-
Gebrumme, n. (-s), gekürzt Gebrumm: lich, and, giburilic «gebührend, gelegen,
wiederholtes Brummen. 1595 bei Rollen- recht»; davoij Gebührlichkeit, f,, spätmhd,
hagen Froschm. 3, 3, 12, 89 Gehrum, 1663 gebürlichkeit, md, im 15, Jh. giborlichkeii.
bei Schottel 1004, 17 Gebrumme. Geburt, f, (PI. -en): das Zurweltbringen
641 Gebüsch gedenken 642

das Zurweltgebrachte, Mhd. gehurt, ahd, Gedämmer, n. (-5): das Dämmern. Mhd.
gihurt, gaburt dazu asächs. giburd, mnd. gedemer n. «Dämmerung, Dunkel», zu ahd.
f.,

gebort, geburt, ags. gebyrd f., engl, birth, anord. deniar m. «Dämmerung».
burdr m., got. gabaürßs f. Wie das einfache Gedanke, m. {-ns, PI. -n): mit Urteil
mhd.-ahd. burt f. «Geburt» zu ahd. beran verbundene Vorstellung. Bei Luther Luk.
(s. gebären). Urverwandt mit aind. bhrtis f. 9, 46 ein gedancken, bei Lessing 3, 21 u, ö.
«das Tragen, Unterhalt, Pflege». ABL. Gedanke f., mhd. gedanke m. und starkflekt.
gebürtig, adj.: örtHch herstammend, mhd. gedanc m., ahd. gadanc, gidanc m. dazu asächs. ;

geburtich, ahd. giburtig neben einfachem mhd. githanco m., ags. geponc m. n. «Gedanke»,
j

bürtec, ahd. burüg (s. hurtig). ZUS. Gedankengang, m,, bei


ZUS. Ge- Zu denken. j

burtstag, m. bei Luther, mhd. gebtirttac, Campe alsgedankenlos, adj,, 1755


I
neu.
ahd. giburtitag, giburtdag und giburtitago m. [bei Rabener 4, 110. Gedankenstrich, m,,
Gebüsch, n. (-es, PI. -e): Gesamtheit 1775 bei Adelung, gedankenvoll, adj., im
von Büschen. Unverkürzt Gebüsche (Wie- '17. Jh. bei S. Dach 865 Österiey,
land 23, 292, Goethe 2, 89). Mhd. gebüsche. Gedärm, n, {-es, PI, -e): Gesamtheit der
md. 1375 gepusche (Schäfer Sachsenchronik Därme des Körpers, Mhd, gederme, md, auch
1, 385). Kollektiv von Busch (s. d.).
j
gedirme, ahd, gidermi n., Kollektiv zu Darm.
Geck, m. (-e7i, PI. -en): alberner einge- '

Gedeck, n, (-es, PI. -e)-. das vollständige


bildeter gefallsüchtiger Mensch. Md, im 14, Tischzeug. 1775 bei Adelung. Mrhein. im
!

und 15. Jh: gec, gecke, ndrhein, im 14, Jh, 14. Jh. gedeck n. «worüber schützend zu
geck m,, oberd. Ende des 15. Jh. gecke, gäck !
Deckendes» (Weist. 4, 622, 25), ahd. gideki
m. «Narr», ebenso mndl. gheck, (entlehnt aus «tectum», mnd. gedecke n. «Zimmerdecke».
dem Ndd.) dän. gjäk, schwed, gäck, Island. Davon verschieden spätmhd. gedecke f. «Decke
gikkr m., mnd. geck adj. «töricht, närrisch», woräber». Beide Subst. zu decken (s. d.).
urspr, wie es scheint «drehbar, verdreht», gedeihen, v. (Prät. gedieh, Konj. gediehe,
daher mnd, geck m. «di-ehbarer Deckel eines j
Part, gediehen) : vorwärts, in einen vollkom-
Gefäßes, die Stange, woran das Hauptsegel meneren Zustand kommen. Mhd. gedihen
befestigt ist, verdrehtes gestörtes Gehirn der (Prät. gedech, Plur. gedigen, Part, gedigen),
Kälber», Starkflektiert bei Lessing 6, 502; auch gedien, ahd. gidihan; dazu asächs. gi-

7, 27. Im 16. bis 18. Jh. mnd. gedien, gedigen, ags. gepeon, got.
nordd. Jeck (1505 Rö- thlhan,
moldt Laster d, Hofi"art 4, 4, HombuTg Clio gapeihan. Das einfache nhd, nur noch dich-
F 4, Hoffmannswaldau Ged. 6, 342). Nicht terisch vorkommende deihen, mhd, dihen, ahd.
i

verwandt mit mhd. giege m. «Nan*», giegen dihan, asächs, thlhan (nebst dem Faktitivum
I

«äffen», wohl aber mit schwäb.-östr. gagg m. thengjan in a-, anthengjan «vollbringen, vol-
I

«einfältiger Mensch, Tölpel». Weitere Her- lenden»), ags. peon, got, ^ei'Aaw «wachsen, zu-
kunft unbekannt. Vgl. aber Uhlenbeck Btr. 26, nehmen, vorwärts kommen» gehört zusammen
j

290. ABL. gecken, v.: empfindlich zum mit I


lit. tenkü, Inf, tekti «hinreichen, sich hin-
besten haben, narren, ndrhein. im 14. Jh., zusammen-
erstrecken», tänkus «dicht, dicht
spätmhd, im und mnd. gecken, mndl. stehend», air, co-tecini «coagulo», töcad, kymr.
15, Jh.
ghecken. geckenhaft, adj., 1796 bei Adelung tynged «Glück», aw. taxma- «tapfer, tüchtig»,
geckhaft, bei Goethe 7, 146 Adv. geckenhaft. Superl. tancista-. Es hätte also im Germa-
Geckerei, f., spätmhd. im 15. Jh. geckerie f. nischen ein Übertritt von der e- in die i-
geckisch, adj., 1482 im Voc. theut, bb4'^, Reihe stattgefunden. Vgl. noch Zupitza Gutt.
Gedächtnis, n. {-nisses, PI. -nisse): das 140 und Osthoff Idg. F'orsch. 8, 140. Dazu
Denken woran; Fähigkeit im Geiste festzu- Part, asächs. githungan, ags. gelungen «voll-
j

halten (im 14. Jh. bei Megenberg 4, 31 ge- kommen» (s. gediegen). Aus dem Germani-
doechtnüss). Bei Luther Gedechtnis n. f., mhd. schen entlehnt ital. tecchire, afranz. tehir
gedcehtnisse, -nüsse n. f., «Andenken, Erinne- «wachsen». ABL. gedeihlich, adj., 1648
rung», ahd. githehtnissi «Andacht, (xelübde». bei Weckheriin 2, 189, 44 F. gedeylich, 1663
Von gedacht, ahd. gidäht, Part, von gedenken ,
bei Schuppius 725 gedäidich.
und denken (s. d.). gedenk, adj., dichterisch für eingedenk
gedackt, von Orgelpfeifen: mit einem ;
(s. d.), bei Schiller, Goethe. In den Wörter-
Deckel bedeckt. 1691 bei Stieler, aus mhd. büchern fehlend,
gedact, dem Part. Prät. von decken (s. d.). I
gedenken, v. (Prät. gedachte, Konj. ge-

Weigand, Deutsches Wörterbuch. ö.Aufl.


41
643 Oedicht Oeest 644

dächte, Part, gedacht)denken (Hagedorn Od. gedranc m. n. «Gedränge, Drangsal», mnd.


:

50, Lessing 11, 113); lebhaft, innig an jem. gedrang «Bedrängung». Verstärktes Drang.
oder etw. denken, eingedenk sein, im Sinne gedrang, früher gedrange, adj.: eng bei-
haben (mit Gen., aber auch mit Dativ der sammen (gedrängt), enge. Bei Wieland 18,
Person und Akk. der Sache, Goethe Tasso 99. 22, 233, Schiller 11, 241. Mhd. gedrenge
3, 2). Mhd. gedenken (Prät. gedähte, Part. «gedrängt», Adv. gedrange «mit Drängen, fest,
gedäht) intr. «denken», dann «eingedenk sein» innig». Von dringen (s. d.).

mit Gen., «zudenken, bestimmen» mit Gen. Gedränge, n. (-s, wie Sg.): das Sich-
PI.
und Dat., trans. «auf einen Gedanken kommen, drängen, die sich drängende Menge. Mhd.
ausdenken, zu Ende denken» mit Akk. oder gedrenge, ahd.gidrengi n., Kollektiv von Drang.
Inf., ahd. gadenchan, githenken; dazu asächs. Gedresche, n. (-s) -.
wiederholtes Dreschen
githenkean «denken, erdenken», ags. ge^encan, oder Draufschlagen, spätmhd. gedresche u.,

gepencean «denken, gedenken, bedenken, be- Subst. zu dreschen (s. d.).


sorgen, worauf denken». Auch substantivisch gedritt, adj.: aus drei bestehend, drei-
Oedenken, n.: das Denken (mhd. gedenken fach.Anfang des 16. Jh. gtrytt bei Lenz
n.); Erinnerung (bei Luther). Schwabenkrieg 112^ fg., abgeleitet von dritt
Gedicht, n. (-es, PI. -e): geistiges Er- (s. d.). Dafür mhd. gedriet, Part, von drien
zeugnis in Versen. Unverkürzt Gedichte « verdreifachen ».

(Geliert 4, 80, Lessing 3, 15, Uhland 104), gedrungen, adj.: fest zusammen, dicht,
mrhein. 1469 gedichte n. (Yoc. ex quo), mhd. vom fleischigen Körper 1511 bei Keisers-
getihte, getiht n. «schriftliche Aufzeichnung, berg Granatapfel 11^ getrungen, eig. Part.
niedergeschriebenes dichterisches Erzeugnis, Prät. von dringen (s. d.). Davon Gedrungen-
Erdichtung, Betrug (Fälschung), Dichtlomst, heit, f., im 19. Jh.
Kunstwerk». Subst. zu dichten (s. d.). Geduld, f. (ohne PI.): ertragende Seelen-

gediegen, durch Austrocknung,


adj.: milde. Bei Krämer 1678 und Stieler 1691
durch Ausscheidung fremder Bestandteile Geduld, älternhd. bis ins 19. Jahrh. Gedult
rein, zusammengedrängt und fest; (bildlich) (Günther 21, Haller 192, d. j. Goethe 2, 462),
lauter, rein, echt, gehaltvoll, vollkommen, mhd. gediilt, gedulde, gedolt, ahd. gidult f.;

vortrefflich. 1482 im Voc. theut. K4* ge- dazu asächs. githidd, ags. gepyld f. Wie ein-
diegen, mhd. gedigen, ahd. gidigan, gadigan faches mhd. dult, ahd. dult, thult und thulti f.
«vorwäi'ts gekommen in der Zeit, ausge- Substantiv zu dulden (s. d.). Davon gedulden,
wachsen, reif, fest, hart, trocken, lauter, rein, V. refl., mhd. gedulden, ahd. githulten. ge-
gehaltvoll, tüchtig», asächs. githigan, das als duldig, adj., 1664 bei Duez geduldig, älternhd.

Adj. gebrauchte Part. Prät. von gedeihen gediiltig (bei Luther), mhd. gedultec (auch ge-
(s. d.). Von Edelmetallen 1546 bei Agricola lassen, nachsichtig), ahd. gidultic, ags. gepyldig.
interpret. rer. metall. 474 fg. und 1557 im gedunsen, vgl. aufgedunsen.
Bergbuch 80. ABL. Gediegenlieit, f., geeignet, partiz. Bildung zu eigen, sich
mhd. gedigenheit f. «Tüchtigkeit», ahd. ge- eignest, erst 1801 von Campe eingeführt statt
digenheit f. «Wachstum». geeigenschaftet (16. Jh.), qualificiert.
(xedinge, n. (-s, PI. wie Sg.) endliche Über- :Geescha, f. (PI. -s): Teemädchen: In
einkunft worüber; Mietwohnung (Apostelg. neurer Zeit aus dem Japanischen durch eng-
28, 30). Mhd. gedinge, ahd. gidingi n. «Ge- lische Vermittlung entlehnt.
richt, Übereinkunft, Vertrag, Versprechen, Geest, f. (PI. -e): hohes trocknes ^Sand-
Bedingung», von ahd. dingön «dingen» (s. d.). land. Niederdeutsch. Altfries, gest, gast,
Verschieden von mhd. gedinge m. f. n., ahd. mnd. 1139 gest, sonst geest, gast f., aus fries.
gidingo m. und gidingi f. n. «das Rechnen gast «unfruchtbar». Dazu ags. gmsne «un-
worauf, Zuversicht, feste Hoffnung», von ahd. fruchtbar», ahd. keisem, keisini f. «Unfrucht-
dingen «worauf rechnen, hoffen», das aus barkeit», keisen «Bedürftigkeit» (Notker Ari-
gleichem Stamme wie dingön ist. sto tel, Abhandl. 73, 128). Diese Formen weisen
entsprossen
(xedöber, n. (-s): Be- auf urgerm. gais. Daneben stehen aber Ahn-
angelegentliche
sprechung. Jüdisch-deutsch. 1584 bei Ma- liches bedeutende Formen mit m -Vokalismus:
thesius Hochzeitpred. 20^. Subst. zu döhern nd. güst plögen «brach ackern», güst, göst,
s. dihhern. Wetterauisch Gediwwer n. gost «unfruchtbar» (von der Kuh), rnnd. guste,
Oedrang, n. {-es) -.
das Sichdrängen. Mhd. ndl. gust, ebenso Schweiz, gust, güst «unfrucht-
645 Gefach gefallen 646

bar, keine Milch gebend». Wie sich diese ^Gefährte, m. {-n, PI. -n): Fahrt-, Weg-
Formen zueinander verhalten, ist unklar. genosse. Mhd. geverte, ahd. gafarto, giferto,
ZUS. Geestland, n., 1663 Luther Geferte, noch im 18. Jh.
bei Schuppius giverto m., bei
607, afries. gest-, gästlond n. Gefehrte, 1678 bei Krämer Gefährte,
Geferte,
Gefach, n. (s, PI. -e): Fach. Westdeutsch. schwankend im 17. Jh. Geferde, Gefehr de,
1678 bei Krämer. Gefährde. Abgeleitet von Fahrt (s.d.). Dazu
Gefahr, f. (PI. -en): überkommendes mnd. geverde m., mit andrer Bildung mndl.
Übel, drohender Nachteil. Spätmhd. geväre gevaer und ags. gefera m. ABL. Gefährtin,
f. «Hinterlist, Betrug, böse Absicht», in der f., mhd. gevertin f.

heutigen Bed. bei Luther 405^ und im 1, -Gefährte, Gefährt, n. (-s, PI. wie Sg.):
Teuerdank 98, 156, zusammenges. mit Fahr Fuhrwerk (1616 im bayr. Landi-echt); Fahr-
(s. d.). RA. G. laufen «sich einer Gefahr zeug (Huber bei Schiller 4, 166, 8); Aufzug.
aussetzen», eig. «hineinlaufen», 1716 bei Lud- Mhd. geverte, gevert u. «Fahrt, Weg, Zug,
wig, aber noch bei Steinbach 1734 in G. laufen. Reise, Gesinde, Aufzug, Erscheinung, Be-
Kaufmännisch 1678 bei Krämer auf euer G. nehmen, Lebensweise, Lebensverhältnisse,
«auf euer Risiko und Kosten». Schicksal, Umstände», spätahd. geverti n.
Gefährde, f. (PI. -n)-. Hinterlist, böse «Gang, Benehmen», abgeleitet von ahd. fart
Absicht; Gefahr (Goethe 1, 248, röm. Eleg. «Fahrt» (s. d.) als dessen Kollektiv. Dazu
12). Mhd. gevcerde f. n., md. geverde, geverd mnd. geverde, gevere n. «Gefährt, Fahrt, Zug,
«Hinterhst, Betrug, böse Nebenabsicht», neben Aufzug, Ereignis», mndl. geveerde, geveerte
gleichbed. mhd. gevcere md. gevere, gever und gevaerde, gevaert. Weidmännisch Ge-
f. n.,

(vgl. ohngefähr), im 16. u. 17. Jh. fährt n. und f. «Fährte», 1719 bei Fleming
älternhd.
Geferde, Gefürde f. «Gefahr», seit dem 18. Jh. t. Jäger 95% zusammenges. mit Führte (s. d.).
nur noch altertümlich; dazu mnd. geverde n. Gefalle, m. {-ns), gewöhnlich Gefallen,
«Hinterlist, Gefahr», mndl. gheveert. Yev- m. (-s): was einem gefällt, angenehmes, zu-
mittelst -de (s. d.) abgeleitet von ahd. fären, neigendes Gefühl wovon, gefälliges Tun. Der
mhd. vären «nachstellen» (s. befahren, Fahr). Nom. Gefalle (bei Lessing 1, 591 u. 8, 196,
gefährden, v.: in Gefahr bringen. Mhd. Goethe an Riemer 2. April 1829) ist noch
(md.) selten geverden (Kulm. Recht 5, 21), mitteldeutsch; der Akk. Gefallen m. ist seit
dann erst wieder bei Stieler 1691 gefärden, dem 16. Jh. belegt (Amos 5, 22), offenbar
seit Adelung 1777 aufgekommen für das im hat das älternhd. Gefallen n. (bei Alberus

16. und 17. Jh. gebräuchliche gleichbed. ge- 1540 und Maaler 1561) seinen Einfluß geübt.

fehren, gefahren, mhd. gevceren «hintergehen, Mhd. geval (Gen. gevalles) m. «Fall, Zufall»,
betrügen», neben ahd. gifären «nachstellen, dann «Wohlgefallen» nach gevalle (einem ze
streben», mhd. gevären (auch gefährden), noch gevalle leben, aber spätmhd. ze gevallen kumen
Schweiz, gefahren «Gefahr laufen». «gefällig werden» Vintler 8582), ahd. gival m.
gefährlich, adj.: mit drohendem Übel «das Fallen der getöteten und verwundeten
verbunden (1537 bei Schaidenreisser Odyss. Krieger». Von Fall (s. d. und gefallen).
52 gefärlich).
'^ Mhd. gevcerlich «hinterlistig, Gefälle, n. {-s, PI. wie Sg.): das Fallen;
verfänglich», neben mhd. vcerlich, md. verlieh Baumsturz d. i. vom Baume herabgestürztes
«hinterlistig, mit Gefahr verbunden», älter- Gehölze; wovon zu Entrichtendes, Abgabe;
nhd. fehrlich, fährlich, ahd. im Adv. färliKlw stark trinken können. Mhd. gevelle n. «das
«heimlich, plötzlich», ags. föerlic, Adv. fmrlice Fallen, Fall des Wassers, Absturz, Baum-,
«plötzlich». Wie das mhd. Adj. gevcere, md. Felssturz, Geklüfte, guter Fall der Würfel,
gevere, gever «heimlich nachstellend, hinter- Glück, im 14. Jh. gefeile n. «die einem zu-
listig, feindselig, versessen worauf» (so noch fallende Abgabe, fälliger Zins» (Städtechron.

wetterauisch geßr), ahd. giväri, abgeleitet 9, 601, 28), ahd. gefelli n. «Einsturz», mnd.
von ahd. fären, mhd. vären «nachstellen» gevelle n. «Zufall, glückhches oder böses
(s. befahren. Fahr). Dazu Gefährlichkeit, Schicksal». Substantivbildung zu Fall (s. d.).

f.,1517 im Teuerdank 98, 179 geferlichait f. gefallen, v. (Präs. gefalle, gefällst, gefällt,
«Gefahr», im 15. Jh. gevärlichait, geverlichait f. Prät. gefiel, Konj. gefiele, Part, gefallen): an-
«Feindseligkeit, Betrug», md. im 14. Jh. ver- genehmes, zuneigendes Gefühl für sich er-
lichkeit f. «Bedrohung durch Übel», bei Luther wecken. Mhd. gevallen, ahd. ga-, gifallan
2. Kor. 11, 26 Ferligkeit. «fallen, zufallen, sich fügen, angemessen sein»,
41*
:

647 gefällig geflissen 648

dann in der heutigen Bed. (mhd. immer mit schirr als Gesamtheit», ebenso im 14. Jh.
dem Zusatz wol, ha^, beste, ühele), die von geßse n. «Böttchergefäß» (Michelsen Rechts-
der Beute- oder Erbteilung durchs Los aus- denkm. 270), vom einzelnen Geschirr geveze
j

gegangen ist, urspr. mir gevellet eg wol oder n. 1343 bei Beheim Evangb. Marc. 7, 4; dazu
j

übele «mir fällt ein gutes oder schlechtesLos '

mnd. gevete n. Die unverkürzte Form Gefäße


zu, ein willkommenes oder unwillkommenes». n. noch bei Brockes 3, 195 und Goethe 2, 106.

ztfS. CirefallSUCllt, f., von Campe als Ver- gefaßt, adj.: bereit (1642 bei Duez, im
deutschung von Koketterie gebildet (s. Hey- 16. Jh. gerüstet); innerlich vorbereitet (P.
natz Antibarb. 2, 16), ebenso das Adj. ge- Fleming 341 gefast). Eig. Part. Pass. zu
fallsüchtig für kokett. fassen und sich fassen.
gefällig, adj.: wohlgefallend, gelegen; Gefecht, n. {-es, PI. -e): Kampf mit
Gefallen erweckend, freundlich, anmutig. Mhd. Waffen. Mhd. gevehte, im 15. Jh. auch ge-
gevellec, gevellic, ahd. ge fellig «zufallend, an- wicht, ahd. ga-, gifeht, einmal gifihf, ags.
gemessen, passend, schicklich, günstig, an- gefeoht n. ünverküi-zt Gefechte n. noch bei
genehm»; dazu mnd. gevellich «gefallend, paß- Lessing 5, 32. Zu fechten (s. d.).
lich», ndl. gevallig. Adjektivbildung zu ge- Gefieder, n. {-s, PI. wie Sg.): Gesamt-
fallen \mdi Gefallen. JLBi^. Gefälligkeit, f. heit von Federn am Vogel, am Pfeil usw.;
gefälliges Tun (1691 bei Stieler); gefälliges Gesamtheit von Vögeln (Schiller Teil 3, 3);
Wesen, Anmut (Günther 177); Wohlgefallen Vogel (Lessing 1, 112). In der 1. Bed, mhd.
i

(Goethe 24, 67). Mhd. gevellekeit f. «göttliches gevidere, gevider, selten geveder n. «Gesamt-
WohlgefaUen, Huld», 1482 im Voc. theut. ko^ heit der Federn am Vogel, am Pfeil, auf
gefelligkeit, hequenikeit «Faßlichkeit». einem Helm, im Federbett»; in der 2. Bed.
Gefangenschaft, das Gefangensein, «Federvieh» 1482 gefieder (Voc. theut. k4^).
f.:

mhd. 1383 gevangenschaft f. (Mone Ztschr. Kollektiv zu Feder (s. d,), wozu das Adj.
I

6, 111). gefänglich, adv. (und dann adj.) mhd. geveder, ahd. gafedar «befiedert».
'

zum Part, gefangen, mhd. im Adv. gevangen- gefiedert, adj.: mit Federn zum Fluge
liche, gefengliclien «nach Art eines Gefangenen», versehen. Bei Luther gefiddert, mhd. ge-
als Adj. 1519 bei Mm-ner Gäuchmatt v. 943. vidert, ahd. gefideret, Part. Prät. von fiedern.

Gefängnis, n. PI. -nisse): Ent-


{-nisses, j
Gefilde, n. (-s, PI. \ne Sg.): Gesamtheit
ziehung der Freiheit; Ort der Gefangenen oder. Gebreite des Feldes. Mhd. gevilde, ahd.
(1476 bei Kriegk Bürgertum 2, 353 gefengnis). gifildi n. «freies Feld, Flachland». Kollektiv
;^Ihd. gevancnisse, gevencnisse, gevancnusse f. von Feld (s. d.). Der Plui-. Gefilder bei
n. «Gefangenschaft, Gefangennahme», neben P. Fleming 17 usw. und Wieland 31, 53
gleichbed, vancnisse, vencnisse f.; dazu nmd. j
schon ahd. bei Notker kefilder.
gevenhiisse n., mndl. gevancnesse, nndl. ge- Geflatter, n. (-s): immittelbar wieder-
vangenis f. Von fangen (s. d.). holtes Flattern. 1741 bei Frisch. Im Ab-
Gefäß, n. [-es, PI. -e): Geschirr, Behälter; lautsverhältnis Geflitter und Geflatter bei
Wasserfahrzeug (auf der Weichsel, wie 1464 Goethe 2, 89, md. im 14. Jh. gevlitter n.
foss n. «Lastschiff auf dem Rhein», bei Mone «heimhches Lachen, Gekicher».
Ztschr. 9, 29); am Degen die Stelle, wo man Geflecht, n. (-es, PI. -e) Flechtwerk. 1482
:

ihn faßt (1616 bei Henisch); Riemen, womit im Voc. theut. k5*' geflecht. Unverkürzt bei
man den Falken faßt und hält, das Geschühe, Goethe Faust8367 Geflechten. Zu flechten (s.d.).
die Fessel (1580 bei Sebiz Feldbau 570, mhd. geflissen, Part.: unausgesetzt woraufhin
gevagßede Ursprünglich Substantivbildung
n.). tätig, entschlossen; absichthch. Mhd. ge-
zu fassen in verschiedenen Bed., wie ahd. vliggen, ahd. gifli^an, gifli^gan, Part. Prät.
givägi n. «Proviantladung», noch bayr. Ge- von ahd. fli^an, gifli^an, mhd. vli§en, gevU^en
I

fäß n. «die Ladung eines Isarfloßes» (schon «Fleiß anwenden, sich befleißen» (s. Fleiß
im 17. Jh.), neben ahd. giva^^idi n. «Last», und befleißen). Davon Geflissenheit, f.,
und md. gevege n. «Schmuck, Ausrästung» im 15. Jh. bei Wyle 311, 17 geflissenhait imd
(h. Elisabet 904) zu mhd. va^gen, ahd. fag^on 294, 16 gefliessenhait f. geflissentlich, adj.

«aufladen, beladen, ausrasten, schmücken». eifrig, bestrebt, absichtlich, ui'spr. Adv. zu


Die wie ein Kollektiv zu Faß (s. d.) er- geflissen, 1741 bei Frisch, ohne eingeschobenes
^
scheinende Bed. «GeschiiT» ist mitteldeutsch, t im 16. Jh. geflissenlichen (Zimm. Chron.
im 13. Jh. gevege n. «Speise- und Trinkge- 3, 391, 11).
'

649 Geflügel gegen 650

Geflügel, n. (-S, PI. wie Sg.): Gesamt- Gefüge, n. (-.s, PI. wie Sg.): Verbindung
heit von Flügeltieren; Vogel (Opitz 1, 61, oder Zusammensetzung eines Körpers, 1734
selten); G-efieder (Maler Müller 1, 37). In bei Steinbach. Im 17. -Jh. in der Bed. «Schick-
der 1. Bed. spätmlid. gefliigel n., von Flügel sal». Zu p.igen (s. d.).
als dessen Kollektiv. gefüge, gefügig, adj.: sich leicht an-
geflügelt, Part.: mit Flügeln versehen, j
passend, wozu schickend. Mhd. gevüege, md.
1537 bei Dasvpodius geflüglei. gevüge, auch «fügsam, schicklich, höflich»,
Geflüster, n. (-s): anhaltendes Flüstern ahd. gafogi «zusammenhangend, passend, ge-
(Maler MüUer 1, 31). 1777 bei Adelung Ge- eignet»; davon abgeleitet spätmhd. im 15. Jh.
flister n. Ton flüstern (s. d.). geßgig «die Schicklichkeit beobachtend», 1734
Gefolge, n. (-S, PI. wie Sg.): Gesamtheit bei Steinbach in der Bed. «sich einfügend».
der begleitenden Personen, Hofstaat (1616 Gefügigkeit, f.: Biegsamkeit, 1808 bei
bei Henisch Gefolg) dann büdlich Begleitung Campe, spätmhd. ^e?;2<e^ec/«eiY «Wohlanständig-
;

(bei Geliert). Ahd. im 9. .Jh. gafolgi n. «das keit» neben gleichbed. mhd. gevuocheit f.
Folgen»; dazu ndl. 1598 ghevolgh «Gefolge», Gefühl, n. [-S, PI. -e): Sinn des prüfen-
jmord. fylgi n. «Unterstützung, Beistand», den Berührens; Seelenbewegung und -Stim-
fylgd f. «Begleitung, Gefolge». ABL. Ge- mung. 1678 bei Krämer Gefühl n. in beiden
folgschaft, f., im 19. Jh. Bed., 1691 bei Stieler Gefüle aber schon
n.,

Gefräß, n. (-es, PI. -e) -.


Speise als derber md. im 14. Jh. gevTden «fühlen», gevfdlich
Ausdruck:* Schlemmerei; Maul (1582 bei Fi- «fühlend», gefülichkeit f. «Gefühl» (Myst. 1,

schart Garg. 337, noch in der Volkssprache). 26, 27), gevülunge f. «das Fühlen». ZUS.
Mhd. gevrce^e n. «das Fressen, Schlemmen, gefühllos, adj., bei Gottsched, gefühl-
Lüsternheit». Kollektivum zu Fraß (s. d.). TOll, adj., 1769 bei Herder.
gefräßig, adj. viel fi'essend, 1616 beiHenisch,
: gegen, präp. mit Akk.: in der Richtung
mhd. vrm^ic. auf . . hin oder her; (nhd.) annähernd, bei-
Gefreiter, der Gefreite (-n, PI. -n): vom nahe. ^Ihd. gegen, zusammengezogen gein,
Schüdwachestehen befreiter Soldat. 1617 bei gen (s. gen), früh am Xiederrhein gagen, ahd.
Wallhausen Corp. mil. 109 Gefreyter. Part. gegin, md. auch jegen, kegen, kein,
gagan,
Prät. von freien, mhd. vrien «wovon frei- dazu mnd. jegen, randl. jeghen.
ken-, L'r-
machen, befreien» (1596 bei Fronsperger sprünglich mit dem Dativ verbunden, der
Kriegsb. 1, 18* so sei ein jeder wider das- noch im 17. Jh. und selbst 1767 bei Lessing
selbig Fendlin gehörig auff die Wacht ziehen 7, 135 vorkommt, daneben im Mhd. und Mnd.
und deß nieinandt gefreyet seyn). bereits mit Akk., ebenso ags. ongean mit Dat.
gefreund, adj.: als Freund d. h. durch oder Akk., gean mit Dat. Dazu das mhd.
Verwandtschaft verbunden. Xur noch alter- Adverb gegen, gegene, gagen, gagene, ahd.
tümlich. Mhd. gewinnt, substantivisch PI. gagani, gagene «entgegen», ags. gean, ongean,
gevriunde, md. gefrünt, ein zu mhd. vriunt m. engl, again «wieder»; nur adverbial in Zu-
«Freund, Verwandter» gebildetes Adj., auch bei sammensetzungen steht asächs. gegin, anord.
Luther als Substantiv der und die Gefreundte, gagn. Vgl. entgegen. Die Hei*kunft ist dunkel.
bestimmter die Gefreundin (Werke 8, 127 ^ Jen. Seit alter Zeit versucht man es mit gehen
von 1543); davon verschieden das gleichbed. zu verbinden, vgl. G. E. Karsten Btr. 16, 564,
Part, gefründet im 14. Jh. (Städtechron. 8, doch ist das sehr unsicher. ABL. Gegend,
379, 8), bei Luther 8, 41** gefreundet, zu mhd. f. (PI. -en): sich ausdehnende Richtung, aus-
vriunden, gevriunden «zum Freunde d.h. durch gebreitete Landfläche, Landschaft. Mhd. ge-
Verheiratung zum Verwandten machen». gende, gegent, spätahd. gegende f., aber md.
gefrieren, v. zusammen-, fest-, anhaltend gegenöte, geinöte, getiöte und geinde f., mnd.
:

frieren. Mhd. gewiesen, ahd. ga-, gifriosan. jegenöde und jegenet f., mndl. jeghenode. Da-
Von frieren (s. d.) und ge, das hier noch neben mhd. gegene, fiüh gegine, mnd. jegene,
I

die alte Bedeutung «zusammen» hat. Dazu gegene f. «Gegend, Landschaft», ältemhd.
das Part, gefroren: durch vermeintliche Gegenheit f. «Gegend» (z. B. bei Luther 3,
Zauberei unverwundbar, fest (Schiller Wallen- 96*). Von gegen, wie ital. contrada f. und
steins Tod 5, 2), 1626 im Fadingerlied und franz. contree f. «Gegend» von dem lat. Adv.
1648 bei Kemnitz schwed. Krieg 1, 174* ent- contra «gegen», also urspr. «das entgegen-
sprechend ahd. gafroran «in Eis verwandelt». liesrende Gelände» und Xachbilduns des Ro-
651 gegen (xehasi 652

manisclien. gegueil, v. in begegnen, ent- Person; dazu asächs. geginward, -iverd Adj.,
gegnen (s. mhd. gegenen, gagenen, alid. anord. gagnvart, -vert Adv. «gegenüber».
d.),

gaganan «entgegenkommen, -treten». Gegner, Gegenwart als grammatischer Ausdruck für


m. {-s, PL wie Sg.), 1641 bei Schottel 313 das Präsens erst im 19. Jh., dafür noch 1808
'^

Gegener, 1691 bei Stieler 634 Gegner, mnd. bei Campe wie bei Gottsched und im 17. Jh.
im 14. Jahrb. gerichtlich jegenere m.; dazu bei Gueinzund Schottel die gegemvärtige
Gegnerin, f., 1691 bei Stieler; gegnerisch, Zeit, gegenwärtig, adj., mhd. gegenwertic,
adj., 1775 bei Adelung als oberdeutsch; -würtic, ahd. gagemvartig, gagen-, geginwertig
Gegnerschaft, f., erst im 19. Jh. ZUS. und gagenwurtig. Gegenwehr, f., 1447 bei
mit gegen: Gegenbild, n., bei Luther 6, 231 ^. Haltaus 615. Gcgcnwnrf, m., als philoso-

Gegendienst, m., mhd. gegcndienst m. phischer Ausdruck für lat. objectum, Gegen-

Gegenfüßler, m., als Verdeutschung von stand schon mhd. gegenivurf, -worf m.,
(s. d.),

Antipode (s. d.) 1648 bei Zesen Dögens Bau- bis zur Mitte des 18. Jh. gebraucht.
kunst, aber schon bei Fischart Pract. Großm. Gegitter, n. (-s, PI. wie Sg.): Gitter-
1607 A3^ die Gegenfüßigen und 1586 in der werk (Goethe 37, 265), Spätmhd. im 15. Jh.
Daemonomania 31 Gegenfüßling. Gegen- gegiter n., von Gitter (s. d.).

gift, n., 1638 bei P. Fleming 220. Gegen- gehaheu, in irgendeinem


v. refl.: sich
liehe, erwidernde Liebe, 1541 bei Frisius Zustande befinden und benehmen; sich übel
f.:

569 ^ Gegenpart, m. (-s): Gegenpartei, anstellen. Mhd. gehaben, ahd. gahaben, gi-
1437 in Homeyers Richtsteig 308. Gegen- haben «halten, sich befinden», auch refl. «sich
satz, m., 1541 bei Frisius 614^. Gegen- benehmen, sich gebaren»; dazu mnd. gehebben
SChwäher: Väter von Verlobten oder Ehe- «haben», ags. gehabban «halten», got. gahaban
leuten. Schon 1561 bei Maaler. Noch jetzt «halten, haben, festhalten», refl. «sich ent-
schweizerisch und durch G. Keller allgemein halten» (s. haben). Als Anwunsch an einen
bekannt geworden, gegenseitig, adj.: ent- Abschied Nehmenden schon mhd. gehabe dich
gegengesetzt, der Gegenpartei angehörig (bei wol (Iwein 6566).
Thomasius kl. Schrift. 289) wechselseitig (1711
; Gehalt, m, (-es, PI. -e): körperhcher Ge-
bei Eädlein). Gegenstand, m.: als Über- samtinhalt (1775 bei Adelung); innerer Wert
setzung des lat. objectuni (s. Objekt), eig. (1477 bei Würdt wein diplom. magunt. 2, 368 fg.);
«das Entgegenstehende», 1691 bei Stieler, vom Amtseinkommen an Geld, Besoldung (1741
philosophischen Gebrauch der Chr. Wolffschen bei 'Frisch, seit dem 18. Jh. auch Neutr.,
Schule aus im 18. Jh. allmählich vei'breitet
z. B. Gleim bei Lessing 13, 69 [was jetzt
(s. Gegenwurf); die ältre Bed. «Wider- durchgedrungen ist], mit dem PI. Gehälter
ist

stand» (1581 bei Fischart Bienenk. 2^), «Gegen- neben Gehalte). Sonst spätmhd. geholt m.
satz» (1663 bei Schottel 145), wie schon ahd. «Gewahrsam, Gefängnis», wie ags. geheald m.
gaganstentida f. «entgegenstehendes Hinder- «Bewahrung», Schweiz. Gehalt m. n. «Schrank,
nis». Davon gegenständlich, adj. statt Fach, Aufenthaltsraum».
objektiv, 1808 bei Campe als neu. Gegen- Gehänge, n. (s, PI. wie Sg.): Vorrichtung
stück, n., 1775 bei Adelung. Gegenteil, zum Umhängen des Degens (1618 bei Schöns-
n.: Gegensatz, 1537 bei Dasypodius, aber leder Wehrgeheng) angehängter Schmuck (bei ;

mhd. im 14. Jh. gegentail m. «Gegenpart vor Schönslederj Bergabhang (1517 im Teuer-
;

Gericht», noch bei Ludwig 1716 als Mask. dank 31, 29 geheng); Eingeweide (1476 bei
und bei Lessing 3, 308 als Neutr. in der Bed. Diefenbach nov. gl. 302* gehenge); die Ohren
Gegenpartei, gegeniiher, Präp. und Adv., des Jagdhundes (1763 bei Heppe). Substantiv-
1537 bei Dasypodius gegenüber, der abhängige bildung zu hängen und hangen. In der 1. Bed.
Dativ stand in der altem Sprache dazwischen die Nebenform Gehenk n., 1727 bei Aler Ge-
(1540 bei Alberus dict. HhA^ Saxenhausen henck des Degen, 1664 bei Duez Wehrgehenck
ligt gegen Frankfurt über, vgl. Goethe 8, 40 n., mhd. gehenke n. «Zierat am Brustriemen

und 19, 188). Gegenwart, f., mhd. gegen- des Pferdes», wie gehange (Erec 7752), 1482
ivart und gegen wurt, ahd. gagan-, geginwerti im Voc. theut. k5^ gehenck an eine)" in fei.
und gaganwurti f., asächs. gegimvirdi f., ab- Gehasi, m.: naseweiser Mensch. Im 17. Jh.
geleitet von dem ahd. Ad^. gaganivarti, gagen-, gebräuchlich bis ins 19. Jh., umgeformt aus
gegimverti, gegimvart, mhd. gegemvart «ent- dem Wox't Hase in der älternhd. Bed. «wunder-
gegen gewendet, gegenwärtig», mit Dativ der licher Mensch, Geck, Schalk» mit scherzhafter
653 gehässig gehen 654

Anlehnung an den biblischen Namen 2. Köu. Geheiß, n. {-es, PI. -e) mündliche Kund- :

4 fg. (Schuppius 1663 1, 530). Vgl. Haselant gebung zur Befolgung. Mhd. geheige n., neben

gehässig, adj.: Haß hegend; dem Hasse mhd. geheig m., ahd. gaheig m. «Versprechen,
ausgesetzt, hassenswert. iihd. geheg^ic, ge- Befehl, Gebot»; dazu mnd. gehete, geheite und
Jia^^ic in der 1. Bed., abgeleitet von mhd. mndl. geheit, gheheet n. «Gebot», ags. gehät n.
gehag «feindselig, voll Haß» (s. d.). In dei' und got. gahait n. «Verheißung».
2. Bed. 1691 bei Stieler, wie hässig (im 15. Jh.) gehen, v. (Prät. ging, Konj. ginge, Part.
und häßlich (mhd.). Gehässigkeit, f., 1741 gegangen, Perf. mit sein, in md. Mundarten
bei Frisch. mit haben): sich mittels der Füße fortbe-
Oehäuse, n. (s, PI. wie Sg.): Behälter. wegen, überhaupt sich fortbewegen; sich wo-
Im 15. Jh. geMise, geheus n.,auch in der hin begeben. Wie ehe aus eh erweitert ist,
urspr. Bed. «Häusermenge, Haus, Hütte». so bei Luther gehen aus gehyi, mhd, und ahd.
Kollektiv zu Haus (s. d.). gen, gän, neben ahd. gangan, was einem an-
Gehege, n. (-s, PI. wie Sg.) umschließen-
: dern Wortstamm zugehört (s. unten). Das
der Zaun u. dgl.; das durch den umschließen- Präs. lautet mhd. ich gän, gen, auch gange
den Zaun Geschützte, abschließende Einfrie- wie ältemhd. und noch oberd. ich gang, du
digung (2. Mos. 19, 12 u. 23). ÄIhd. gehege n. gast, gest, er gät, get, ahd. ich gän, gen und
«Einfriedigung, Schutzwehr, Verhau, dichtes gangu, Prät. mhd. gienc und gie, vei-einzelt
Gebüsch», das Kollektiv von Hag (s. d.). In —
im 15. 17. Jh. gung, ahd. giang, Part. Pass.
der 2. Bed. als Jagdrevier im 14. u. 15. Jh. mhd. gegangen, meist gangen wie häufig älter-
gehege, geheige, schon in den langobard. leges nhd. und noch beim j. Goethe 2, 94 gangen,
Rotharii 324 fg. de gahago oder galiagio «Wald ahd. gigangan, Imperativ ahd. gang wie älter-
des Königs», in den leges Baioar. 21, 6 de und noch bayr.-alem. gang, Plur. get,
nhd.
kaheio. BÄ. einem ins Gehege gehen, kommen
Das Prät. hat im Md. und Mnd. Ver-
gänt.
«in sein wirkliches oder vermeintliches Recht kürzung des Vokals erfahren, md. gmc, später
eingreifen» (1672 Köhler Kunst über alle K. ginc, mnd. genk, gink, bei Luther giiig neben
43, 19); gemeint ist der Hofzäun und Hof- gieng, bei Steinbach 1734 und Adelung 1775
raum um das Wohnhaus, wie 1562 bei Ma- ging mit Berufung auf die kurze (md.) Aus-
thesius Sar. 13*' dem andern in sein Gehege sprache; der Konj. Prät. bei Lessiag auch
fallen im eigentl. Sinne und 1656 bei Prätorius gänge, wie noch oberd. In den übrigen ger-
Storchs Winterquartier 314 ins Gehege fallen manischen Sprachen entspricht asächs. gangen
bildlich. (Präs. ik gangu, Prät. geng, Pai-t. gegangan),
geheim, verborgen vor mnd. gän, mndl. gaen, afries. gimga und gän,
adj.: vertraulich;
andern (1664 bei Duez). Spütmhd. im 15. Jh. ags. gangan, gongan (Präs. gange, gonge und
geheim «vertraulich, vertraut», d. h. zum Hause gä, Prät. geong, giong, geng, aber auch schwach-
gehörig. Gebildet zu heim (s. d.), wie mhd. biegend gengde, Imp. gang, gong und gä, Part.
geheime f. «Vertraulichkeit, Heimlichkeit» und gasigen, gongen und gän), engl, go, anord.
geheimde f. «Heimlichkeit, Geheimnis». ABL. ganga (Präs. geng, Prät. gekk, PI. gengu, Part.
Geheimnis, n., 1528 bei Luther Postill 43^ genginn), schwed. gä, dän. gaa, got. gaggan
und 310^; dazu Geheimniskrämer, m., (Prät. schwachflekt. gaggida), aber krimgot.
bei Schiller Parasit 2, 1, und geheimnisvoll, geen. Überbleibsel eines dritten Wortstamms
adj., 1711 bei Rädlein. ZUS. Geheimrat, ist das got. Prät. iddja, ags. eode «ging», ent-
m. (-S, PI. -rate), unverkürzt Geheimerat, 1664 sprechend dem aind. Impf. äjäm. äjät zu
bei Duez Geheimer rath (dagegen 1616 bei jäti, aw. jäiti «geht, fährt», ui-verwandt mit
Henisch Gehaime rath «Ratskollegium»), bei lat. eo «ich gehe» (Inf. ire), gr. €T|ui (Inf.

Luther de^' heimliche Rat, im 14. Jh. innerister iivai), lit. eimi, abg. idq, air. ethaim, aw.
rat des chüniges (Gesta Rom. 38), mhd. heim- aeimi, aind. emi «ich gehe», während der
lichcere m. und im 14. und 15. -Jh. geheimer germ. Stamm gang- gemäß der Lautverschie-
m.; dazu im 18. Jh. die kanzleimäßige Neben- bung mit lit. ze7igiii «ich schreite», prazanga f.

form geheimder Rath, Geheimderath, 1663 bei «Übertretimg», aw. zanga m. «Knöchel», rapers.
Schuppius 10 geheimter Rath {IQM geheimhde)' zang «Fuß», osset. zängä «Unterschenkel»,
Raht), in Anlehnung an das älternhd. Kanz- aind.jänghä f. «unteres Bein, Fuß» stimmt.
leiwort Gehaimhd f., mhd. geheimde f. «Ge- Der Stamm gä-, ge- ist dagegen noch nicht
heimnis». aufgeklärt. Nach Kluge soU es aus ga- «ge»
655 Gehenk Gehülfe 656

und der Wz. ei- «gehen» zusammengesetzt zweckentsprechend (Adelung 1796, d. j. Goethe

sein, vgl. dagegen Streitberg Idg. Forsch. 6, 3, 696); gebührend (1711 bei Rädlein). Nur
148. Am ehesten ist es mit aind. hä «gehen, in der Bed. «folgsam, gehorsam», mhd. gehoerec,
schreiten» zu verbinden, vgl. Walde s. v. eo, md. gehörec, ahd. gahörig, asächs. gihörig.

anders Karsten Btr. 16, 565. Gehörn, n. {-s, PI. -e) Geweih, die Hörner.
-.

Gehenk, s. Gehänge. Mhd. gehürne n., 1534 bei Franck Weltb. 49^
geheuer, adj.: sich sicher fühlend, be- Gehörn. Kollektiv von Hörn (s. d.). ge-
sonders vor Unheimlichem. Mhd. gehiure hörnt, part. Adj. Hornhaut habend, Homer :

«sanft, anmutig», auch «ohne Zauberei zu- habend. Mhd. gehurnt, Pai-t. Prät. von mhd.
gehend, mit Unheimlichem nicht behaftet», hürnen «mit Hörnern versehen, auf dem Hörne
zusammengesetzt mit dem ahd. und asächs. blasen», got. haürnjan «das Hörn blasen»,
Adj. Muri in unhiuri «grausig, schrecklich», asächs. humid «mit Hörnern versehen».
ags. heore, hyre «freundlich, sanft, mild, will- gehorsam, adj.: auf den Wülen des an-
fährig», unhyre, MwMore« grausig, entsetzlich», dern hörend und zugleich folgend. Mhd,
anord. hyrr «froh, munter», üliyrligr «wUd gehorsam, ahd. ga-, gihorsam; dazu asächs.
aussehend»; dazu mnd. gehüre, mndl. ghehuer gihörsam (in ungihörsam), mnd. gehörsam,
«heiter, froh». Stammverwandt mit ahd. ags, gehi/rsum, neben ahd,-mhd,-mnd. hörsam,
Miüon, hion PI. «Hausgenossen», hiivisM n. hyrsum. ags. Jetzt oberd. und westmd. mit
«Familie, Hauswesen, Haushaltung», anord. kurzem, aber norddeutsch und ostmd. mit
hjön, hjün n. pl. «Hausleute», hyskin. «Haus- erhaltenem ö. Davon Gehorsam, m. (-s),
genossenschaft», genau wie unheimlich und ahd. gihörsami f. neben horsamt f., mhd. und
heimlich «einheimisch, vertraut» zu Heim ge- älternhd. gehorsame, gehör sam f., aber md.
hören. Ygl. auch aind. gSvas, giväs «ver- im 13. Jh. gehörsam m., auch bei Luther
traut, lieb». meist Mask. gehorsamen, v.: gehorsam
Gehilfe, s. Gehülfe. sein, mhd. und mnd, gehorsamen, ahd. gihor-

Gehirn, n. {-es, PI. -e) Hirn, eig. Gesamt- samon und hörsamön, ags, {ge)hyrsumian.
-.

heit des Hirnes. Unverkürzt Gehirne bei Klop- Gehre, f, (PI. -n) Zwerchfuge der Tischler, :

stock Mess. 93, Wieland 18, 165, Rückert 1, 10. Niederdeutsch (1767 im Brem, Wb., 1727 bei
Mhd. gehirne n., Kollektiv von Hirn (s. d.). Hübner Gehrung, Gehr- Hobel, Gehrmaß).
Gehöft, in Österreich auch Gehöfte, n. Eins mit Gehren, m, {-s, PI, wie Sg,) keü- :

(-es, PI. -e): Gesamtheit der Hofgebäude. förm-iges Stück, Zwickel im Kleid oder im
1410 md. gehofte, 1400 gehoffte, IS09 gehüfte n. Hemd; der damit besetzte Kleiderteil unter
(Höfer ürk. 79). KoUektiv zu Hof (s. d.). den Hüften, Schoß keilförmig zwischenliegen- ;

Gehölz, n. {-es, PI. -e): kleiner Wald, des Ackerbeet. In diesen Bed. (die sich nach
Waldung. Mhd. gehülze, gehölze n. Kollektiv der Form des Wurfspeereisens entwickelt
I

von Holz (s. d.). haben) mhd. gere m., ui'spr. «Wurfspieß», ahd.
j

Gehör, n. {-s): das Höi-en, der Hörsinn. gero m. «Spieß, Meerzunge, Seebucht»; dazu
Mhd. selten gehoere n., häufiger gehcerde f. n., afries. ^äre f. «Rockschoß, Gewand», ags.gära
bei Luther Gehöre und Gehör, bei Logau, m. «Landzunge», anord. geiri m. «dreieckiges
I

Lohenstein und vereinzelt noch im 18. Jh. Zeugstück», abgeleitet von dem starkflekt,
Gehöre n. Substantivbildung zu hören (s. d.). Ger (s. d.), ahd. ger m. «Wurfspieß, Wui-fspieß-
gehorchen, v.: worauf hörend, folgsam eisen, Pfeü», Aus dem Ahd, entlehnt franz,
sein. Md. im 13. u. 14. Jh. gehorchen, auch \giron, ital. gherone m. «Schoß, Schleppe».
«zuhören». Von horchen (s. d.). Gehrung, f,: Fläche oder Richtung schräg
gehören, v.: nach dem Verhältnisse der im rechten Winkel verlaufend, bei Tischlern
Abhängigkeit oder mit Grund zukommen. und Zimmerleuten, 1757 in Eggers Kriegslex.
Mhd. gehoeren, md. gehören «hören, worauf Gehülfe, m. {-n, PI. -n)-. dienender Mit-
hören, bes. mit Nachfolge», dann «zukommen», helfer; Helfer, Mhd, gehilfe, gewöhnlich ge-
ahd. gahorran, gihoran «hören, gehorchen»; helfe, ahd. (bei Notker) gehelfo m., gebildet
dazu in gleicher Bed. asächs. gihörian, ags. zu ahd. helfa f. «Hilfe». Der md. Form hülfe f.
geheran, gehyran, gahausjan
got. «hören». «Hülfe» aber entspricht md. im 14. Jh. ge-
ABL. gehörig, zugehörig (1486 in hulfe m., bei Luther Gehülffe.
adj.: Davon Ge-
Frankf. Reichskorr. 2, 482); erforderlich (1507 hülün, f., bei "Fischart Garg. 100 EhgeJiülffin,
bei Wllwolt V. Schaumb. 119); angemessen. dafür bei Luther Gehülffe f., mhd. gehelfe.
657 Oeier Geisel 658

gehilfe f. Die Schreibung Gehilfe ist nicht brett, das der altern Fiedel (s. d.) fehlte.
mehr zulässig. Die Etymologie ist unbekannt. Vgl. Meringer

Geier, m. (-s, PI. wie Sg.): der Raub- Idg. Forsch. 16, 128. Aus dem Germanischen
vogel, lat. vultur; in Verwünschung und Aus- entlehnt afranz. gigue, ital. und provenz. giga f.
ruf verhüUend für Teufel (1660 bei A. Gry- «Geige». ABL. geigen, v.: auf der Geige
phius Dornrose 51, 5). In der 1. Bed. bei spielen, mhd. gigen, auch bildlich einem die
Luther Geyer und Geir, md. 1470 geier, mhd. wärheit gigen «einem derb sagen» von dem
und ahd. gir m., mnd. gire m. Zusammen- Hin- und Herfahren des Bogens; dazu anord.
hängend mit ahd. gwi «gierig» (in hovegiri gigja. Geiger, m.: Geigenspieler, mhd.
m. «HofSchmarotzer») und girheit f. «Grierig- gigcere, giger m.
keit», mhd. gir (in schatzgtr), gier, frühmd. geil, adj.: zu üppig (von Pflanzen); all-
gire «gierig, begierig», im 15. Jh. md. und zuviel von Geschlechtslust in seiner Natur
nd. geyrich «gierig» (Diefenbach gl, 411''), getrieben. Mhd. und ahd. geil «von wilder
1540 bei Alber us dict.Vu 4^ gre?/er/iei^« Gierig- Kraft, sich allzuviel fühlend, übermütig, mut-
keit» und 1550 in den Fab. 29, 20 das Adv. willig, üppig, überaus freudig», die Bed. «un-
geierlich «gierig», daher noch ostmd. geier keusch» vereinzelt schon im 13. und 14. Jh.
«nach Wohlgeschmack wählerisch-begierig in (Renner 3108, Keller Schwanke 7), ahd. im
Speisen» (schon 1540 bei Alberus dict. Vu4^ Substantiv keilt f. «petulantia carnis»; «üppig
und in den Fab. 4, 5 geier «speisegierig, wuchernd» vom Weinstock 1527 bei Luther,
gierig») und Geiermauln. (1612 bei Taubmann «fruchtbar» vom Acker und von Tieren 1482
Plautus 11 10'' Geyermaul «Feinschmecker»). im Voc. theut. k6''. Dazu asächs. gel «über-
Die romanischen Wörter ital. girfalco, franz. mütig, üppig, leichtfertig», ndl. (/ei^ «brünstig»,
gerfaut, spän. gerifalte sind nicht die Quelle ags. gäl «überaus freudig, voll Geschlechts-
des deutschen Wox'tes, sondern aus dem lust», got. in gailjan «erfreuen». Urverwandt
Germ, entlehnt. mit lit. gailiis «jähzornig, scharf, Schmerz
Greifer, m. (-s): ausfließender Speichel. empfindend, mitleidig», abg. zelü «heftig»,
Mhd. im 14. Jh. geifer m., mit den Neben- vielleicht auch aind. Mlä «Leichtsinn, Sorg-
formen gefer, gever im 15. Jh., Gäfer 1691Bradke KZ. 28, 298. S. aber
losigkeit», vgl. V.
bei Stieler, wetterauisch auch E. Schröder ZfdA. 42, 64. ABL. Geile,
Gäwer m. Ver-
mutlich zusammenhängend mit Island, geipr f.: Geilheit, im PI. Geilen schon mhd. «die
«offenen Mundes, gähnend», älternhd. im Hoden». Mhd. geile, ahd. geilt f «ÜlDcrmut,
16. Jh. geifert «gaffen, verlangend blicken» Lustigkeit», daneben spätmhd. geil m. «Über-
(Pauli Schimpf 123 Ost.) und geifferig «gierig» mut» und mhd. geil n. «Fröhlichkeit, lustiges
(Franck Paradoxa 199^), bayr. gaifen «klaffen, Wachstum, Wucher, Hode» (s, Bibergeil),
auseinanderstehen», tirol. Geffe f. «Maul», mhd. geilheit f. «fröhliche Tapferkeit, Aus-
oberhess. geipen «Maulaffen feilhalten, gähnen», gelassenheit», geilen, v.: ausgelassen, über-
nd. gipern «verlangen» und weiter zu der mütig sein (Schiller 1, 221, Fiesco 1, 9), mhd.
unter gähien behandelten Wurzel. Davon geilen, ahd. geilen; trans. mhd. geile^i «fett,
geifern, v.: Speichel fließen lassen, mhd. üppig machen», noch bayr.-östr. «düngen».
geifern; geiferig, adj., 1561 bei Maaler, aber Dagegen gehört Geiler, m.: Bettler, Land-
bei Stieler 1691 geifericht, gäfericht: Oei- streicher, bayr. von frechen Bettleni Geiler,
ferer, m., bei Luther, im 15. Jh. gifferer m.; Bettelgeiler, mhd. gilcere, giler m., zu mhd.
Oeiferlätzchen, n. Lätzchen für geifernde gilen «betteln», bei Luther und noch im
:

Kinder, 1775 bei Adelung, Geifertüchlein 1741 18. Jh. bei Hamann und Blumauer geilen.
bei Frisch, Geiffertuch 1664 bei Duez (s. Geisel, m. (-s, PI. Geisel und Geiseln):
Schlahhertuch); Geiferwurz, f: Bertram Leibbürge. Häufig im Nhd. auch Fem.,
(s. d.), 1561 bei Cordus. vereinzelt bei Luther, Rädlein, Steinbach,
Geige, f. (PI. -n)-. Violine. Mhd. im 12. Jh. Heine Romanz. 93. Mhd. m. u. n., ahd.
gisel
gige f., mndl. ghighe, anord. glgja f Wahr- gisal m., ags. gisel, anord. gisl m. «wer sich
scheinlich ein einheimisches Wort, benannt im Kriege gegen seinen Feind gefangen und
nach der gaukelnden Bewegung des Streich- in die volle Gewalt seines Besiegers hingibt,
bogens, zu mhd. gugen gagen «von der Wiege», dann überhaupt, wer mit seinem Leibe wo-
Siiiord. geiga «schräg gehen (von Geschossen)». für büi-gt». Urverwandt mit alth-. giall m.
Die Neuerung an der Geige war das Griff- «Geisel»! Dazu Geisel SChaft, f.: Bürgschaft
Weigand, Deutgches Wörterbuch. 5. Aufl. 42
659 Geiser Oeist 660

mit dem Leibe (Herder Cid Nr. 17), mhd. gl. 576^). Da man von der Bedeutung «Stab,
giselschaft f. Rute» ausgehen muß, so ist Ger (s. d.) ver-
Greiser, m. (s, PI. wie Sg.): heiße Quelle, wandt. Vgl. auch noch E, Schröder ZfdA.
Spnadel, bes. auf Island. In neurer Zeit 42, 64. ABL. geißeln, v., mhd. geisein.
aus dem isländ. geysir, eig. «Wüterich» von Geißler, m., mhd. geiseler, elsäß. im 14. Jh.
anord. geisa «wüten» (s. Geist) entlehnt. geischeler m.
Geiß, f. (PI. -en): Ziege. Oberdeutsch. Geist, m. (-es, PI. -er): bewegender be-
Mhd, und ahd. geig f. (der PI. ahd. gei§i, lebender Hauch; der Gotteshauch; die in
mhd. geige, schon im 16. Jh. bei Fischart einem Wesen wirkende Grundkraft, daß es
Garg. 414 Geisen); dazu mndl. geit, ags. gät denkt; unkörperliches überirdisches Wesen;
f., engl, goat, anord. geit, got. gaits f. mit (nhd.) bildlich von Stimmungen und Rich-
dem Dim. gaitein, ahd. geigen, ags. gceten n. timgen des Menschengeistes (1525 bei Zwingli
«Zicklein», übereinstimmend mit lat. Imedus vom Teuf r 3* Geist der Einträchtigheit, bei
m. «junger Ziegenbock». Abg. koza f. «Ziege», Luther 3, 26^ der zornige Geist); der geistige
kozilü m. «Bock» dagegen ist urverwandt mit Inhalt oder Sinn im Gegensatz zum Buch-
mnd. höken, huken, mndl. hoekijn, ags. hecen n. staben (2. Kor. 3, 6) ; aus Köi^pern entwickelte
«Zicklein». Vgl. Kitzlein, Habergeiß. ZUS. Kraftflüssigkeit, Quintessenz (1582 bei Fischart
Geißbart, m.: Pflanze mit laugen, einem Garg. 294 Geist m. als Alchemistenwort, vor-
weißen Bart ähnlichen Blumenzasern (Spiraea her bei Paracelsus Opera 1, 2^ die Geist der
aruncus und ulmaria), 1546 bei Bock 107'^, Kreuter und Würzen, vom schäumenden Wein
bei Dasypodius 1537. Geißblatt, n.: wohl- 1685 bei Grimmelshausen Simpl. 2, 53, 18 KUr.
riechende Pflanze (CaprifoHum), deren deutsche daß er im Einschencken rauschet und seine
Art (Waldrebe) die Ziegen fressen, im 15. Jh. Geisterlein über das Glas hinausspringen).
bei Diefenbach gl. 98 *> gaißUat. —
Geißbock, In Bed. 1 4 mhd. geist m. (PI. geiste und
m.: Ziegenbock, mhd. geigboc m. Geißfuß, im 14. Jh. auch geister), ahd. geist m. (PI.
m. Pflanze mit ziegenfußartigem Blatte (Aego- geista); dazu asächs. gest, geist, mnd. geist,
:

podium podagraria), 1588 bei Tabernämon- nnd. geest, mndl. gheest, afries. gast, ags. gast,
tanus, Mhd. geigvuog m. «Ziegenfuß», Mitte gcest m. (engl, noch ghost «Gespenst» und
des 15. Jh. geißfuß m, «vom gespaltenes vom heiligen Geist, s. u.), dafür im Got.
Brecheisen». Geiß-, Geißenmilcli, f.: ahma m. (s. Atem) und im Anord. andi m.,
Ziegenmilch, mhd. geipnilch, aber Geißen- önd f. «Geist». Verwandt mit got. usgaisjan
milch ist zusamm enges, mit dem mhd. Adj. «erschrecken, von Sinnen bringen», usgeisnan
geigin, ältenihd. geyssen, schon frühmhd. «außer sich geraten», anord. geisa «wüten»,
geiginin milch. engl, aghast «aufgeregt, zornig», aind. hedati
Geißel, f. (PI. -n): Schlag-, Züchtigurgs- «er ärgert, kränkt», hedas n. «Zorn». Vgl.
werkzeug mit Riemen zum Schwingen; (west- V. Bradke KZ, 28, 295, Insbesondere der
md.) Deichsel. In der 1. Bed. mhd. geisel, böse Geist, mhd. der boese geist «der Teufel»;
ahd. gaisala, geisüa f., im 15. Jh. vereinzelt guter Geist «Schutzgeist», 1540 bei Alberus
geißel (Diefenbach. gl. 237*^), elsäss. im 14. Jh. dict. BB 2^ guter Engel nach
guter Geyst,
geischel, im 17. Jh. bei Duez und Krämer Notker din guote geist);
Ps. 143, 10 (ahd, bei
Geissei, im 18. Jh. bei Eädlein und Gottsched der heilige Geist, ahd. zuerst wiher dtum,
Geißel zur Unterscheidung von Geisel (s. d.). dann heilager geist, mhd. der heilige geist,
Dazu mnd. geisel, mndl. gesele, ndl. geesel f. verkürzt heiliggeist, heili-, heile-, heilgeist,
«Peitsche», anord. geisl m. «Stab beim Schnee- asächs. helag gest, ags. hälig gast, engl, the
schuhlaufen zum Beschleunigen des Laufes». holy ghost, dafür anord, heilagr andi, got. ahma
Demnach wohl der Geißelstock mit weihs. ABL. -geistern, s. be-, entgeistern.
ui'spr.
Schnur, seit dem 15. Jh. allmähhch durch geistig, adj,, mhd, geistic, mnd, geistich.
die zum Teil aus Leder hergestellte Peitsche geistlich, adj,: im Gegensatze von weltlich
(s. d.) zui'ückgedrängt, aber noch in Ober- und fleischlich, in der altern Sprache auch für
deutschland, Hessen, Luxemburg, Westthü- geistig, mhd. geistlich, ahd. geistlich, bei Notker
ringen u. im Erzgebirge. In der Bed. «Deichsel» auch geislich, asächs. gestlik, afries. gästlik,
1540 bei Alberus dict. Bb2^ geissei, noch jestlik, ags. gästllc, engl, glwstly subst. Geist- ;

wetterauisch Gaisiln f., in Hessen Geischel, licher, m,: Priester. Seit dem 15, Jh,; dazu
Gischel f., mi-hein. im 15. Jh. gysel (Diefenb. Geistlichkeit, f., mhd, (md,) geistlichkeit,
661 Geiz Gelage 662

mnd. f. «geistliches Leben, Fröm-


geistlicheit neben gejaget, gejeit und gejege n., Substantiv
migkeit», dann «geistlicher Stand, Gesamt- zu jagen (s. d.).

heit der Geistlichen». ZUS. 1) mit dem PI. Geklüft, n. (-es), wie es scheint, von
Geister: geisterbleicll , adj., bei Schiller Klopstock gebüdet.
Fiesco 5, 12 u. Wallenst, Tod 4, 11. geister- Geköse, n. (-s) : wiederholtes Kosen. Mhd.
haft, adj., bei Goethe 20, 310. Geister- geköse, ahd. kichosi und chösi n. «Gespräch,
stunde, f., bei Gotter Ged. 1, 155. Geister- Geschwätz», abgeleitet von kosen (s. d.).

welt, f., bei Haller Ged. 172, Hagedorn 1, 59. Gekreisch, n. {-es, PL -e): starkes, wie-
2) dem Gen. Geistes: Geistesabwesen-
mit Md. im 15. Jb.. gekrtsche,
derholtes Kreischen.
heit, f., bei Campe 1808, daraus gebildet gekriesch, ndrhein. im 15. Jh. gekrisch, ün-
im 19. Jh. geistesabwesend. Geistesgegen- gewöhnhch Gekreusche n. (Lessing Em. Gal.
wart, f., bei Herder Ideen 4, 320. geistes- 4, 3), 1691 bei Stieler.
krank, Campe 1808. 3) mit Geist:
adj., bei Gekritzel, n. (-s): Kritzelei. 1678 bei
geistlos, adj., md. im 14. Jh. geistelos. geist- Krämer.
reich, adj., bei Luther sowohl «voll religiösen Gekröse, n. (-s, PI. wie Sg.): das kleine
Geistes» 3, 282^, als auch in weltlichem Sinne Gedärme; vielgefältelte Krause (1562 bei Ma-
3, 72^ geistreicher Kopff und in Bindseils thesius Sar. 69'' Gekröse, 1590 bei Fischai-t
Bibelausg. 7, 417 geistreicher Poet, geist- Garg. 3 Gekröß neben älternhd. Kröß n.).
voll, adj., 1741 bei Bodmer, In der 1. Bed. mhd. gekrosse n. neben kroese n.
^Geiz, TU. {-es, zu entfernende
PI. -e): (ahd. chrose «Krapfengebäck»); dazu mnd.
wuchernde an Pflanzen, bes.
Xebentriebe gansekroese, gosekros, mndl. kroos, kroost,
zwischen Blattstielen am Weinstock, am Tabak. kroes, kroest «Gänse- und Entenklein». Eines
1721 bei Jablonsky. Ln Rheingau auch Fem. Stammes mit kraus (s. d.).

Eins mit dem folg. "Wort, eig. «der den Saft Gelache, n. {-es, PI. -e) und Gelächter,
gierig saugende und den fnxchttragenden n. (-S, PI. svie Sg.): starkes, wiederholtes
Zweigen entziehende Schoß». Lachen. Ndrhein. im 14. Jh. gelach, spätmhd.
"Geiz, m. (-es): allzu große Begierde, Geld 1412 gelech Leben 2172j, Sub-
(Diocletians
und Gut zu haben und zu behalten. Älter- stantiv zu lachen. Gelächter, mhd. gelehter
nhd. Geit, mhd. und ahd. git m. «Heißhunger, n., ist Kollektiv zu mhd. lahter n., im 15. u.

ungezügelte Gier, Habgier», woneben mhd. 16. Jh. lechter, ahd. hlahtar, lahter n. «das
gite f., Ende des 13. Jh. gize (j. Titm-el 3338), Lachen» (dazu ags. hleahtor, hlehter m., engl.
im geifz, geiz m. «Habsucht»; dazu laughter, anord. hlätr m., dän. latter), einer
14. Jh.
afides. gää «etwas Erwünschtes», ags. gäd, Ableitung von lachen (s. d.). In übertragener
gced n. «Mangel, Armut, Verlangen, Begierde», Bed. östr. hölzernes Gelächter «die Stroh-
got. gaidiv n. «Mangel», asächs. meti-gedea f. oder Holzfiedel», schon im 16. Jh. bei Schade
«Nahrungsmangel», urverwandt mit lit. geidzii Sat. 2, 233, stählern Gelächter in Mozarts
«ich begehre» (Inf. geisti), abg. zida^ «ich er- Zauberflöte, wofüi- später Glockenspiel.
warte» (Inf. zidati). Da mhd. t nicht zu Gelage, n. (-s, PI. wie Sg.), verküi-zt
nhd. z wird, so ist G. erst wieder eine Rück- Gelag: Zusammensein zu lustigem Trinken
bildung von geizen, v. Geiz üben, bei Luther
: oder Speisen. Im 18. Jh. durchgedrungen
geitzen, mhd. von git abgeleitet gitesen, gitsen füi- Gelach (1501 im Leipz. Yoc. opt.
ältres
«gierig, habgierig sein» neben gleichbed. ^i^e«, Bb4^, allgemein im 16. und 17. Jh., noch
ags. gitsian «begehren» nebst gltsung f. «Hab- bei Wieland und Lichtwer) neben Geloch,
gier». ABL. geizig, adj.: allzusehr mit Geld Gloch und Gelack, vereinzelt bereits im 16. Jh.
und Gut zurückhaltend, im 15. Jh. gitzig, Gelag (Froschmeus. 1, 2, 6), Glag (Waldis
geytzig, geiczig, im heutigen Sinne, mhd. gitec, Es. 4, 68, 18), aber schon im 14. Jh. ndrhein.
gitic, ahd. gitag «gierig, habgierig». ZUS. geloch, geloyg, 1435 in einer Düsseldorfer
Geizhals, m.: der Geizige, bei Luther, urspr. Schützenurkunde gelaich, mnd. gelach neben
ältemhd. gieriger Hals oder Schlund. Geiz- lach (auch md. 1517 bei Trochus 3^ contu-
kragen, m.: Geizhals, 1808 bei Campe, bemium, societas, ein laech), mndl. gelach
zusammenges. mit Kragen im Sinne von und gelage, nndl. gelag n. Die ältre Bed.
«Hals». ist «Zeche, Zusammengelegtes zu Trunk oder

Gejaid, n. (-es): Jagd. Bei Uhland 410 Schmaus, Gesellschaft, Gilde». Abgeleitet
aus ältenihd. Gejaid, mhd. gejeide, gejegede n. von legen (s. d.), vom Zusammenlegen des
42*
663 gelahrt gelb 664

Geldes, älinlich wie got.gabaur m. «Schmaus» Davon Gelassenheit, f., mhd. gelägenheit f.

und gabaur n. «Steuer» zu got. gabairan «zu- « Gottergebenheit, Ergebenheit».


sammentragen ». Gelatine (spr. zelatine), f.: Gallertstoff.
gelahrt, statt gelehrt. Nur noch alter- Aus gleichbed. franz. gelatine f., gelehrte Ab-
tümlich. Md. im 14. Jh. gelärt (füi- mhd. leitung von lat. gelätus «gefroren», Part.
geleret), im 15. und. 16. Jh. auch oberdeutsch. Pass. von geläre «gefrieren machen». 1727
S, lehren. Gelahrtheit, f., im 17. Jh. bei bei Hübner Gelatina.
Rachel 8, 422. geläufig, adj.: sich leicht und schnell
Gelände, n. (-5, PI. wie Sg.): Landschaft. bewegend (Opitz Ps. 45) wohlerfahren, wohl- ;

Mhd. gelende, ahd. gilenti n. «Land, Gefilde». bekannt (1734 bei Steinbach, geläuftig bei
Kollektiv zu Land (s. d.). Leibniz). Eine Verstärkung von läufig (s. d.).
Oeländer, n. (-s, PI. wie Sg.): Stangen-, ABL. Geläufigkeit, f., 1745 bei Weber.
Latten-, Eisenstabgerüste' zum Einfriedigen Geläute, n. (-s, PI. wie Sg.): das Läuten
oder Daranlehnen. Mhd. im 14. Jh. gelanter, der Glocken, mhd. geliute n., auch allgemein
im 15. Jh. gelenter, gelender n. Kollektiv zu «Schall, Getöse» (ahd. gilüti n., ags. gehlyd,
mhd. lander n. «Stangenzaun, Zaunstange, gehlyde n.). Substantiv zu lauten, läuten (s. d.).
Latte» (noch oberd. Lander f.), wohl urver- gelb, adj., bei Luther und noch in md.
wandt mit lit. lentä f. «Brett». Der Neben- Mundarten gel, wie fahl neben falb, mhd.
foi-m Gelände n. (schon 1580 bei Sebiz Feld- gel (Gen. gelwes), ahd. geh (mit aus w,
bau 50 Gelänt, zu bayr.- alemann. Lande f. Gen. gelawes), mit b aus w bereits im 14. Jh.
«Latte», das bereits im 16. Jh. bei Fron- gelb; dazu asächs. gelo, in schwacher Form
sperger bezeugt ist) entspricht 1477 clevisch gelowo, mnd. gel, geel, mndl. ghelu, gheluw,
gelynt, mnd. glint, nnd. glind n. «Umfriedung ndl. geluw neben geel, ags. geolo (Gen. geolwes),
mit Brettern oder Latten». Davon gelän- engl, yelloiü; dazu ablautend anord. gulr,
dert, adj.: mit Geländer versehen (Schiller schwed.-dän. gul. Mit i aus mit j gebildeten
Spaziergang 39), 1616 bei Henisch ein ge- Formen mhd. gilweg neben gehveg, gilwen
lenderter Steg. «gelb färben», gilweht, gihoeleht «gelblich»,
gelangen, v.: sich bis wohin erstrecken; gilwe f., ahd. giliwi f. «gelbe Farbe», noch
bis wohin kommen. Mhd. gelangen, ahd. gi- i
nhd. gilblich, vergilbt. Der Lautverschiebiing
langon. Verstärkung von langen (s. d,). gemäß stimmend mit lat. helvus (entlehnt
Crelärr, n. {-es, PI. -e): schlechtes, der aus* dem Keltischen (?) gilvus) «honig-, hell-
Ausbesserung bedüi-ftiges Gebäude unfest ge- gelb», gr. x^öoc m. «grüngelbe Farbe», x^<^n
;

wordnes Gerät. Noch wetterauisch Gelirr; f. «erster grüngelber Pflanzentrieb», x^"JP<ic


dazu östr. Glär n. «Platz, Gelieger». Ahd. «hellgiün, gelblich», lit. zälias «grün», abg.
giläri n. «Wohnung» (z. B. bei Otfrid 1, 11, 11 I
zelenü «gelb, grün», awest. zairi- «sjelb, ffold-
alt giläri «alter Wohnsitz»), abgeleitet von färben», aind. häri- «gelb, blond».
[
Lit. geisvas
dem in Ortsnamen (Goslar, Fritzlar) vor- i
«gelblich, fahl», geitas «fahlgelb» bieten
kommenden ahd. lär «Niederlassung, Wohn- !
Schwierigkeiten im Guttural. ABL. gelben,
sitz», als dessen Kollektiv. Unbekannter V.: gelb werden, spätmhd. im 14. Jh. gelben
Hei'kunft. (Megenberg 39, 14). gelblich, adj., 1616
I

Gelaß, auch m. (Gen. Gelasses, PI. bei Henisch, gelblicht 1562 bei Mathesius
n., 1

Gelasse) Raum zum Aufbewahren, Bequem- Sar. 41 % mhd. gelbloht (s. gilblich).
: ZUS.
lichkeit im Hause (bei Frisch 1741). Mhd. Gelbgießer, m.: der Geräte aus Messing
gelcege n. «Niederlassung, Niederlassungsort», gießende Handwerker, 1741 bei Frisch aus
auch «das aus dem Nachlasse des verstorbnen älterm nd. geelgeter (1594 bei Chyträus), ndl.
Eigenmannes dem Herrn Gebührende» (auch 1598 gheelghieter. Gelbschnabel, m.: zu-
lag m.) und «Benehmen, Gebaren», geläg m. nächst der noch nicht oder doch kaum flügge
n. «Verleihung, Benehmen»; dazu mnd. lät, Vogel, weil er zu beiden Seiten des Schnabels
mndl. ghelaet «Gebärde, Benehmen». Sub- gelb ist, dann bUdlich ein junger unerfahmer,
stantiv zu lassen (s. d.). gelassen, Part, noch unselbständiger junger Mensch (1586
als Adj.: mäßig bei Gemütsbewegung, schon Mathesius Syi-ach 1, 38^ der PL Geelschnebel,
mhd. gelägen, urspr. «gottergeben», Part. Pass. ebenso {ranz. ,bec-jaune. bejaune m., vgl. geel
von mhd. gelägen, ahd, gilägan «er-, unter-, umb den Schnabel Luther 7, 223^ J., ich weit
niederlassen», im Ahd. auch «zugestehen». dirs gelb vom snabel iv iischen Sachsenheim
665 Geld Gelenk 666

Mörin 548). Gell)SUCllt, f., mlid. gelsuhff. gelehm, adj.: leicht sich fügend und
GelhwiWZ, f.: Pflanze mit inwendig safran- biegend. Im westl. Mitteldeutschland (wetter-
gelber Wurzel zum Färben (curcuma longa) auisch gellm). Md. im 14. Jh. geleme als Adv.
oder gelbem Safte (chelidonium majus). In bildlich «zutunlich, sich schmiegend traulich».
der 1. Bed. 1721 bei Jablonski, Gilhmirtzel gelehrig, adj.: leicht und gern sich lehren
1588 bei Tabemämontanus. lassend. 1420 geierig, aber schon im 13. Jh.
Geld, n. {-es, PI. -er): als allgemeines md. ungelerich. Eine Verstärkung des gleich-
Zahlung-smittel anerkannter Gegenstand. Bei bed. ahd. le)-ig, noch im 16. u. 17. Jh. lehrig,
Luther und im 17. Jb. nocb Gelt, mhd. gelt mnd. lerich.
n. und m. (Gen. geltes und geldes, PI. gelt Gelehrsamkeit, f., im 17. Jh. bei Leibniz,
wie noch im 16. Jh.), ahd. seinem von gelehrsam (1578 bei Fischart Ehz. E2^),
gelt n.,
Stammworte gelten (s. d.) gemäß zunächst gebraucht als Substantiv zu gelehrt, Part,
«Zahlung, die geleistet wird, Ersatz, Ein- als Adj., mhd. geleret, gelert, ahd. galerit,
kommen, Rente, Schuldforderung», dann «ge- gilert, Part. Prät. von lehren (s. d.), wovon
prägtes Geld und dessen Ersatz in Papier»; das mhd. Verbum geleren, ahd. ga-, gileran.
dazu asächs. geld n. «Yergeltung, Zahlung, Geleise, s. Gleis.
Opfer», mndl. geld und afries. geld, jeld n. Geleit, n. (-es, PI. -e), unverkürzt Ge-
«geprägte Münze», ags. gild n. «Vergeltung, leite (Schiller 11, 35), mhd. geleite, geleit n.
Ersatz, Opfer», auord. gjald n. «Erstattung, «Leitung, eln'ende Begleitung, Begleitung mit
Steuer», schwed.-dän. gjceld «Bezahlung», got. Schutz, insbes. zu landeshen-lichem Schutz»,
gild n. «Steuer, Zins». ZUS. Geldbeutel, mnd. und ndl. geleide n. Von geleiten, v.:

m., 1663 bei Schottel 507 a. Geldbrief, m.: mit jem. auf dem Wege sein, bes. zu seiner
Brief mit Geld, in dieser Bed. noch nicht Sicherheit, mhd. geleiten, ahd. gileitan «mit-,
bei Campe. Im 15. Jh. Schuldverschreibung. wohin leiten» (s. d.), ags. gelößdan. ZUS.
geldgierig, adj., bei Fischai-t Ehez. B 6. Geleitsniann, m.: Führer, Begleiter, mhd.
Geldkatze, f. hohler Gürtel als Geldbeutel, geleitesman und geleitman, md. leitesman, leit-
:

1741 bei Frisch (s. "Katze). Geldsack, m., man. Geleitswoche, f.: die Vorwoche der
bei Luther, ndl. 1598 geldsak bildlich «der Messe (in Frankfurt a. M.), zu mhd. geleite n.
Reiche». Geldsclineiderei, f.: Betrügerei «die Begleitung, die der Herr des Landes
mit Geld, Prellerei, 1787 bei Kramer, im dem reisenden Kaufmann ziim Schutze gibt»,
eig. Sinne Geldschneider «Münzbeschheider» dann auch «der ZoU für diese Begleitung».

1616 bei Henisch. Geldstrafe, f., 1541 bei Gelenk, n. (-es, PI. -e): Zusammenfügung
Frisius 565^ Gältstraaff. zweier Körper, mittelst welcher diese bewegt
Gelee, n. (spr. Me, -s, PI. -S): Sülze, werden können (im 16. Jh.). Mhd. gelenke n.
Dicksaft, eig. Gefrornes, kalte geronnene «der biegsam schmale Leib zwischen Hüfte
Brühe. 1715 bei Das franz. und Brust, die Taille, Biegung oder Falte
Amaranthes.
ffelee f, aus lat. geläta, dem Fem. des Part. (des Kleides), Beugiing, Verbeugung». Kol-
Prät. von lat. geläre «gefrieren machen». lektiv zu mhd. und noch bayr. lanke, ahd.
gelegen, Part, als Adj.: der räumlichen hlancha, lancha f. «Weiche, Lende», d.i. «die
Ausdehnung nach befindlich; nach Faßlich- Stelle über der Hüfte wo der Körper sich biegt»
keit erwünscht, passend (bei Luther). 'MhA. (s. Flanke), ags. hlenca m., hlence f., anord.
gelegen, ahd. gilegan «in Beziehung worauf hlekkr m. «Ring», im Plur. «Kette», schwed.
Lage habend, nah angi'enzend, nah verwandt, to'wÄ;m.,dän.W!«Ä:e «ineinander greifendes Ghed»,
•benachbart», Part, Prät. von liegen und ge- engl, link «Kette, Kettenglied» (auch nhd.
liegen (s. d.). Dazu Gelegenheit, f., mhd. 1517 bei Trochus Q5^ gelenck «Kettenring»,
gelegenheit f. «Art und Weise des Liegens, ebenso bei Sturz 2, 108). Dann aber auch
Lage, Beschaffenheit, Angrenzung», älternhd. als Substantiv zum Adj. gelenk md. im 14. Jh.
im 16. Jh. «Gegend, bequeme Nähe, bequeme gelenke «Gewandtheit», und als Verbalsub-
Sachlage», gelegentlich, adj., mhd. gelegen- stantiv zu lenken, Lenkung (bei Luther 1,
lieh «gelegen, sich darbietend», im Adv. ahd. 491^ Jen.) «die richtige Lenkimg bei einer
gelegenlicho «\vie mein Nächster», mhd. ge- Wegebiegung» (in Sachsen iind Thüringen).
legenlwhe «angrenzend», 1734 bei Steinbach Daneben mhd. gelanc m. «Gelenk». Weiter
gelegentlich «bei Gelegenheit, bei angemeßner gehört das Wort zu lat. clingo bei Festus
Verbindung von Umständen». «umgürte», aind. grtdkhalä f. «Kette, Fessel».
;

667 gelfen geloben 668

Weitre Verwandtschaft unsicher. Vgl. Walde Ki'ämer),im engern Sinne 1541 bei Frisius
s. y. gelenk, adj.: biegsam und gewandt. QZ^ die Geliebte «amica».
Mhd. gelenke wie Gelenk (s. d,), abgeleitet geliefern, v.: aus dem flüssigen Zustand in
von mhd. lanke f. «Lende». Davon das gleich- einen festern übergehen. 1562 bei Mathesius Sar.
bed. Adj. gelenkig, 1664 bei Duez. Da- 80 ^ geliefern, mhd. gelibern, liberen ; dazu das
von Gelenkigkeit, f. im 18. Jh. Part. Prät. ahd. im 11. Jh. giliber 6t a geronnen»,

gelfen gelfern, zu laut und daher mhd. gelibert, md. im 14. Jh. gelibbrit und im
v.:

widerlich laut werden. In Franken gelfen, 15. Jh. geleffert, 1595 im Froschmeus. 1, 2, 11
gilfen, bei Adelung 1775 gälfern, nd. galfern, gelebert (spätere Var. gelievert, geliewert) dazu ;

galpern, 1595 im Froschmeus. 1, 2, 2 gilfern, mnd. leveren «gerinnen machen». Gleichen


im 16. und 17. Jh. gelfen, gilfen (Wunder- Stammes wie Lab und Lebermeer (s. d.).
horn 4, 182), gilpfen (Weller Dicht. 84), mhd. geliegen, v.: niederliegen, zu liegen
gelfen, gelpfen (Prät. galph) «laut werden, kommen, niedersinken, -fallen niederkommen,
;

schi-eien, bellen, übermütig sein, prahlen», ins Kindbett kommen (l. Sam. 4, 19). Mhd.
refl. «woiüber fröhlich sein», nebst dem Subst. geligen, ahd. giligan «daniederliegen, sich
mhd.-ahd. gelf, gelph, asächs. gelp m. «Hohn», niederlegen», im Mhd. auch vom Kindbett.
gelpquidi«.Y{.6)im:edie-i>, spätmhd,g'i7/'m. «Schrei»; gelind, adj.: unverkürzt gelinde, mhd.
dazu ahd. gelhon «einem etwas weis machen», selten gelinde, verstärktes lind (s. d.). Oe-
asächs. galpon «laut rufen, sich rühmen», ags. lindigkeit, f., bei Luther.
gilpan, gelpan «sich rühmen», anord. gjalfr n. gelingen, v. (Prät. gelang, Konj. gelänge,
«Brausen, Brandung», mnd. gelve «Wasser- Part, gelungen): gut vonstatten gehen, ge-
woge». Wohl Ableitung von gellen. Man wünschten Erfolg haben. Verbunden mit
vergleicht noch aind. pra-gälbhati «ist mutig, sein, bei Luther (1. Makk. 2, 47) mit haben.
entschlossen», pragalhhäs «mutig, entschlossen» Mhd. gelingen, ahd. gilingan; auch das ein-
(mit g aus gh wegen des hh). fache mhd. und mnd. lingen bed. «vorwärts
(xelichter, n. (-s) Gleichheit des Wesens gehen, glücken».
: Gleichen Stammes wie
Inbegriff von Personen gleichen Wesens. Im ahd.-asächs. lungar, mhd. lunger, ags. lungre
15. Jh. bei Beheim Ged. 9, 936 glihter, 1562 «rasch, schnell»; dazu gr. dXaqppöc «schnell»,
bei Mathesius Sai-. 97^ Gelichter, in Wörter- aind. laghüs, raghüs «rasch, schnell, leicht» u. a.
büchern erst bei Steinbach 1734, mit ver- Weiter aind. kmghati, latdghäjati «springt
ächtlichem Nebensinn seit dem 17. Jh. (Simpl. auf, verletzt, beleidigt», auch rqJiate «rinnt,
3, 12 Kurz); Nebenformen Gelächter (1648 eilt», awest. rdnjaiti «macht Glück», ir. lei
bei Harnisch aus Fleckenland 74), Glifter «Sprung». Auch gr. eXeyxeiv «schmähen, ver-
(bei Abr. a. S. Clara Judas 1, 298, noch bayr.- achten» könnte verwandt sein. Gmndbedeu-
tirol.), siebenbürg. Geläfter «eins von einem tung «aufspringen», auf der andern Seite
Paar». Davon mhd, im 14. Jh. gelichtergit m. könnte auch lit. linkti «sich biegen», lenkti
«Angehöriger derselben Familie», im 13. Jh. «biegen» herangezogen werden.
glihtride f. «Geschwisterschaft» (Berthold v. gell, adj.: gellend. 1482 im Voc. theut.
Regensburg 1, 93, 7), im 12. Jh. gliherte f. k6*> gell, mnd. ghel. Zu gellen, v.: hell,
«Geschwisterlichkeit» ('?). Man faßt jetzt Ge- scharf durchdringend schallen. Jetzt schwach-,
lichter als Kollektivbildung zu ahd. lehtar, ehedem starkbiegend, mhd. gellen (Präs. gille,
lehter und gilehter «Gebärmutter». Dies ist Prät. gal, Plur. gullen) «die Stimme laut hören
abgeleitet von liegen, eig. «Ort des Liegens», lassen, klingen», ahd. gellan; dazu rnnd. gellen,
vgl. and. lätr n. «Liegestätte» und entspricht gillen, ndl. gillen, ags. gellan, gillan «klingen,
gr. X^Kxpov n. «Bett, Ehebett». Dabei bleiben die Stimme ertönen lassen», anord. gjalla,
die Formen mit f unaufgeklärt. gella «ertönen». Die Wurzel gel «tönen» auch
gelieben, v.: Heb sein, belieben. Nur vielleicht in gr. xeA.ibüjv f. «Schwalbe».
noch altertümlich. Mhd. gelieben «angenehm geloben, v.: sich mit Worten feierlich
sein oder werden», mnd. geleven; trans. mhd. wozu verbindlich machen. Mhd. geloben, ahd.
geliehen, ahd.giliuhan «lieh, angenehm machen», gilobon «beifällig erheben», dann «Beifall
ags. gelufian «lieben». Geliebte, m. und f., gebend sich wozu verbindlich machen, ver-
das Part. Prät. von lieben (s. d.) als Sub- sprechen, vei^loben». Zusammenges mit loben
stantiv, in allgemeiner Bed. bei Luther (im (s. d.). Davon CJelÖbnis, n., im 15. Jh. gelobe-
Predigtstil Geliebte in dem Herrn 1678 bei nisse, gelobniß, 1616 bei Henisch Gelöbnuß.
669 Gelos Oelze 670

Gelos, n. (-es): Exkremente des Wildes. «eintragen, kosten, wert sein»; dazu asächs.
Weidmännisch, 1582 in Feyerabends Weid- geldan, «zahlen, vergelten», ndl. gelden «kosten,
werkbuch 37 Geloß, 1580 bei Sebiz Feldbau
'^
wert sein», afries. gelda, jelda «vergelten»,
573 GZoyÖ, im 15. Jh. ^r^o.se n. (Schmeller 2 1, 977). ags. gieldan, gildan, geldan «bezahlen, zurück-
Kollektivbildung zu ^Los (s. d. und Losung). erstatten», eu^.yield «eintragen, zugestehen»,
Gelse, f. (PI. -n): Schnake, Mücke. Baj^r.- anord. gjalda, altschwed. gjalla, dän. gjälde
östeiTeichisch. 1687 bei Hohberg 1, 453 "^
«bezahlen», got. in fra-, usgildan «vergelten»,
Gelsse, bei Abr. a S. Clara Etwas f. Alle 2, ürsprtinglich hängt das Wort mit dem heid-
626 Gölsen f., 1678 bei Ki-ämer Golse, um nischen Opferdienst zusammen und bed. „ dem
1480 im Voc. ine. teut. kl^ golsen f. Von verleihenden Gott in Dank oder Sühnung
gelsen «summen, schreien», noch bayr.-elsäss., darbringen, gleichsam als Gegenwert geben",
einer xlbleitung von gellen. daher ags. gieldan «opfern, weihen», gield,
"gelt, das zur Interjektion gewordene gild n.und asächs. geld n. «Opfer» (s. Geld,
Präs. des Konj. von gelten (es gelte): «nicht Gilde, Gülte). Aus dem Germanischen ent-
wahr?» Aufforderung zur Bejahung, wohl
als lehnt abg. zledc^ «ich zahle, büße». Die Ver-
auch zur Mitverwunderung. Im 14. Jh. mhd. wandtschaft mit altir. gell n. «Pfand», gellaim
^eWe (Königshofen 261, 16, zu lat. num in «ich verspreche», gr. Te\6oc n. «schuldige
der Vulgata 2. Mos. 2, 14). Aus der Rede Gebühr» ist sehr unsicher. Vgl. Osthoff Idg.
der. Wettenden entnommen, wie gleichbed. Forsch. 4, 268. Sichere Anknüpfung fehlt.
was gelt's im 16. Jh. und wie der Plur. geltet ABL. Geltung, f.: Wert, 1616 bei Henisch,
als Interj., 1558 im Katziporus L7'', bei Fi- aber 1470 geldungk «census».
schart Garg. 143,noch schles. und oberdeutsch. Gelübde, n. (-s, PI. wie Sg.): feierliches
gelt, adj.: keine Milch gebend, nicht Versprechen. Mhd. gelühede, gelübde f. n.,
trächtig, unfruchtbai'. Mhd.-ahd. und noch md. geliihde n. und gelobede, gelohde, gelöhde n.,
obd. galt, md. im 14. Jh. gelde; dazu ags. ahd. güuheda f., von geloben (s. d.).
gelde, nordengl. geld, schott. yeld, anord. geldr, Gelüng, n. (-S, PI. -e): das Geschlinge
norweg. gjeld, altschwed. galder, dann gaalt, 1540 bei Alberus dict. Ee2^ Gelimg, md. im
jetzt gall. Die einmalige ahd. Glosse gialta, 15. Jh. gelunge n., Kollektiv von Lunge (s. d.).
«sterilem» (Steinmeyer- Sie vers 2, 656, 45) Gelüst, Gelüste, n. (-es, PI. -e), älter
knüpft das Wort an alt (s. d.) und ahd. gial- auch Gelüst m. mit angenehmer Empfindung :

tinön neben alten, elten «aufschieben, ver- verbundene Begierde. Mhd. gelust m. f. und
zögern», gialtinoti f. «Hindernis»; Hildebrand gelüste m., ahd. gilust f., Nebenform von Lust
im D. Wb. aber vermutet Zusammenhang (s. d.), als dessen Kollektiv aber mhd. ge-
mit anord. galdr «Zaubersang, Zauberei» und lüste n. Als Verbum zu Gelust gelüsten,
als urspr. Bed. «verhext». V. impers. mit Akk. (seltner Dat.) der Person

Gelte, f. (PI. -n): kleineres eimerartiges und Gen. der Sache oder mit Präp. (nach,
hölzernes Schöpf-, Aufbewahrungsgefäß zu wider) oder Inf. mit zu. Mhd. gelüsten, ge-
Flüssigkeiten. Mhd. gelte, älter gellste, gellite, lüsten, ahd. gilusten, ags. gelystan.
ahd. gelta früher gellita, gellida f., mnd. gelte, Geize, f. (PI. -n): verschnittenes weib-
ndd. auch gute, wie ags. gellet n.? «großes liches Schwein. Mhd. galze, geize f. «ver-
Trinkgefäß» entnommen aus mlat. galleta, schnittene Sau», ahd. galza, gelza f. «junge
gallidai. «Gefäß, Kübel». Sau»; dazu mnd. gelte und 1477 clevisch
gelten, v. (Präs. gelte, giltst, gilt, Prät. gylte f. «verschnittenes Mutterschwein», ags.
galt, Konj. gälteund gölte, Part, gegolten): gilte f. und engl, gilt «junge Sau», anord.
Dargeliehenes oder dessen Wert zurückgeben, galti, göltr m., gyltr, gylta f. und schwed.-
vergelten (nur noch dichterisch); einen ge- dän. galt «verschnittener Eber», desselben
wissen Preis haben; wofür gehalten werden; Stammes wie anord. gelda «kastrieren», geldr
abzielend richten nach ., abzielend betreffen
. . «entmannt». Doch stimmt die Lautverschie-
(mit Dat., früher auch mit Gen. oder Akk.). bung nicht, und man müßte für geize eine
Mhd. gelten (Präs. gilte, Prät. galt, Plur. Grundform geldnö- «voraussetzen». Dann
gulten, Konj. gulte, gülte, Part, gegolten, da- könnte auch -gelt verwandt sein. Man ver-
her älternhd. Prät. golt, Konj. gülte, gölte), gleicht aind. hudus m. «Widder», falls dies
md. auch gelden, ahd.geltan «zm-ückerstatten, für hrdus steht. ABL. geizen, v. ein Tier :

bezahlen, opfern, vergelten», im Mhd. auch durch Verschneiden unfruchtbar machen, md.
671 Gemach gemem 672

um 1400 geizen (Rothe Diu-. Chr. 565). Gelzer, dener», zu ahd. gimahalan und mahalen «zu-
Dl. (-5, PI. wie Sg.) : dei- sammensprechen, verloben», abgeleitet von
Schweineschneider. In
der Schweiz imd im Elsaß. ZUS. Gelzen- ahd. mahal n. «Vertrag, Ehevei-trag, eig. Ver-
leichter, m. (s, PI. wie Sg.): Schweine- sammlung, Gerichtsversammlung, Gerichts-
schneider, ^och in der Wetterau und am verhandlung, Gerichtsstätte» (s. Mahl 1).
Yogelsberg. Md. um 1400 gelczenlichter m., Gemahl, n. (-s, PI. -e): ehelich verbun-
zu mhd. Uhfen «glätten, kastrieren» (noch dene Person, vorzugsweise die weibliche,
bayr. leichten), von mhd. lihte «glatt», liehen, spätmhd. im 15. Jh. gemachel n. (Städtechron.
ahd. lichon «glatt machen, polieren». 4, 123, 1), gemechel n. Fontes rer. austr. 2,

Gemach, ältemhd. auch PI. Ge- 18, 493 von 1405), dann bei Luther Gemahl n.
n. (-es,
much): Ruhe, Wohlbehagen, Bequemlichkeit; Gemahlin, f. (PI. -nen): Gattin, 1468 ge-
(PL Gemächer, seltner Gemache) Bequem- mahelin (Germania 28, 367), dafür mhd. ge-
lichkeitszimmer. In der 1. Bed. mhd. gemach mahele, gemahel f., ahd. gimahala, gimäla f.
m. n., ahd. gimah n., mnd. gemuck, gemake n., «Verlobte, Braut, ehelich Verbundene» (eig.
mndl. ghemack, in der 2. Bed. mhd. gemach n. «die Zusammengesprochene»); vgl. auch and.
«Ort der Ruhe und des Sichpflegens, Zimmer, gimehlida f. «Gattin».
Wohnung», dann auch «Abtritt» (1316 ein gemahnen, v.: nachdrücklich oder stark
haimlicher gemach), ebenso mnd. Von ge- erinnern. Mhd. und mnd. gemanen, ahd. und
mach, adj., wohl sich fügend, bequem, mit asächs. gimanön, ags. gemanian, zusammenges.
Bequemlichkeit langsam, mhd. gemach, ahd. mit mahnen (s. d.).

gamah, gimah, Adv. gimahlw, ags. gemcec (eig. Gemälde, n. {-s, PI. wie Sg.): gemaltes
«womit verbunden, wozu sich fügend, wozu Bild. Mhd. md. gemeide, ahd. gimä-
gemcßlde,
gehörig», wie anord. niakr «passend»), zu- lidi n. neben gimäli n., mhd. gemcele, älternhd.
sammengehörig mit machen (s. d.). Davon Genial, im 17. Jh. Gemüht n. Von malen (s. d.).
gemächlich, adj.: zu Bequemlichkeit ge- Gemarkung, f. (PI. -en): Gemeindegrenze
neigt, nach Bequemlichkeit langsam, mhd. und -gebiet, im 18. Jh. (Maler Müller 1, 304
gemechlich, ahd. gimahWi, mndl. gheniackelick; von 1775). Nebenform zu Markung (s. d.
dazu das Adv. ahd. gamahlihho, mhd. gemech- unter Mark 1).
Kche, im 15. Jh. auch gemelich, bei Rachel Gemäß, n. (-es,.Pl. -e): tiefes Maß; Maßart.
Sat. 4, 111 Var. gemählich (vgl. allmählich). 1543 bei Mich eisen thüring. Rechtsdenkm. 50
Gemächlichkeit, f., bei Fischart gl. Schiff Gemeß n., Kollektiv von Maß (s. d.).
623 Gmachlichkait. gemäß, adj.: nach Verhältnis (urspr. nach
^Gemacht, Gemachte, n. {-es, PI. -e)-. dem Maß) übereinstimmend. Mhd. gemcele
Zeugungsghed. Im mrhein. Voc. ex quo 1469 «Maß haltend, mäßig», dann mit Dat. «ange-
gemechte n., spätmhd. gemecht n., weiterge- messen», md. geme^e, ahd. gemäße «ange-
bildet aus dem gleichbed. mhd. gemäht f. und messen» von messen (s. d.), wie genehm
PI. gemehte, ahd. gimah t f. und n. Dazu and. (s. d.) von nehmen; dazu mndl. gemaet, ags.

gimaht «penis» mndl. ghemahte. Zusammen- gemcete und mcete neben gemet, dem ahd. gime^,
gesetzt mit ahd. muht f. (s, Macht), also zu- me§ (in ungime^ und unme^, asächs. ungimet)
nächst «das Zeugungsvermögen des Mannes». entspricht. ABL. Gemäßheit, f., im 16. Jh.
-Gemachte, n. {-s, PI. wie Sg.): das bei Kirchhoff Wendunm. 1, 539 Gemeßheit
Gemachte, bes. Kunst- oder Handwerksarbeit; (zu gemäß «entsprechend»), aber mhd. gemce^-
letztwillige Bestimmung, Testament (diese heit f. «Mäßigimg».
Bed. im 18. Jh. veraltet). Mhd. gemechte, Gemäuer, n. (-s): Mauerwerk, bes. altes
gemecht n., von machen (s. d.). (bei H. Sachs Gemewer). Mhd. gemiure n.,
Gemahde, m. f. n. {-n, PI. -n): Reihe Kollektiv von Mauer (s. d.).
niedergemähten Grases. Im westl. Mittel- gemein, adj.: mehr als einem, dann der
deutschland (1208 bei Kehrein Nassau Nachtr. 17 Menge zusammen eigen oder zukommend;
gemäd f. «was ein Mann an einem Tage mähen allzu vertrauHch (bei Luther 1, 363** J.); zur
kann»). Zsgs. mit mhd. mäde f. «Mahd». großen oder niedern Menge gehörig (mhd.),
Gemahl, m. (s, PI. -e) der ehelich Ver-
: sowie derselben gemäß (in geringschätzigem
bundene. Älternhd. im 16. Jh. Gemahel, Sinne 1616 bei Henisch, verächtlich in mora-
mhd. gemahele und gemahel, ahd. gimahalo lischer Beziehimg 1775 bei Adelung, jedoch
m. «Verlobter, Bräutigam, ehelich Verbun- schon mhd. gemeine wip «allen ohne Unter-
673 gemein Gemüse 674

schied gemeinsam»). In der 1. Bed. mhd. mhd, im 14. Jh. der gemeine sin (Mystiker
gemein, ahd. gimeini, Adv. gimeino; dazu 2, 538, 10 f.), entsprechend in der mittelalter-
asächs. gimene, afries. gemene und mene, ags. lichen Philosophie sensus communis, bei Ari-
gamcene (engl. mea)i «niedrig, verächtlicli»), stoteles Koivr] aicörjcic «der sechste allgemeine
got. gamains «gemeinsam», aber auch «pro- Sinn, in dem sich die Wahrnehmungen der
fan» im Gegensatz zu «heihg», aus ga- und fünf Sinne zur Einheit sammeln». Gemein-
main. Übereinstimmend mit lat. communis wesen, n,, 1663 bei Schottel 442^ für lat,
(altlat. comoinis) «gemeinschaftlich, allgemein, respuhlica. Gemeinwohl, n,, im 18. Jh.
gewöhnlich, leutselig, niedrig», osk. mmnikad bei Voß nach engl, common weal.
«communi». Das Grundwort moin gehört gemessen,
Part. Pass. von messen (s. d.)
einer weitverbreiteten Wui'zel an, vgl. Me- als Adj.: genau abgemessen (Lessing 7, 67),
ringer Idg. Forsch. 18, 270, communis am besten kurz und knapp (Goethe 8, 124 gemessene
mit ihm zu moenia PI. «Mauern», d. h, «wer Ordre).
mit mir die Mauern teilt», vgl. Geselle. ABL. Gemisch, n. (-es, PI. -e): Mischung, 1616
Gremeine, Gremeinde, f., mhd. gemeine, bei Heuisch, aber schon ahd. gimisgi n. neben
ahd. gimeint, got. gamainei f. «Anteil, Ge- gimiskida f., mhd. im 14. Jh. gemischt n.
meinschaft, Mitgenossenschaft», im Mhd. auch Gemme, f (PI. -«): Edelstein: geschnittner
«zusammengehörige Ortsgenossenschaft und Stein, Ringstein. Mhd. gimme, ahd. gimma f.,
deren gemeinschaftlicher Gnindbesitz»; da- gegen 1200 ndrhein. gemme f aus gleichbed.
,

neben mhd. gemeinde, ahd. gimeinida f, andd. lat.gemma f.


gimentho m. «Gemeinschaft» (lat. communio f.), Gemse, t (PI. -n)-. wilde Bergziege. 1537
im Mhd. die Ortsgenossenschaft in büi'ger- bei Dasypodius Gems f. und Luther der
bei
lichem oder kirchlichem Sinne und deren PI, Gemsen, mhd. genieße, ahd. gami^a f. und
Grundeigentum, vgl. got. gamaiyips f. «Ge- das Dim. gamictn n., alemannisch Gamsch
meinde, Versammlung». Gemeinheit, f., (bereits im 14. Jh.), Gemsch f., daneben mhd.-
mhd. gemeinJieit i. «Gemeinde, Gemeinde- ahd. gam^ m., im Teuerdank gembs m. mit
besitz», im 15. Jh. «Gemeinsamkeit», in der schwacher Flexion, noch oberdeutsch Gems
Bed. «sittHche Niedrigkeit» erst am Anfang m,, bayv.-tkol. auch Neutr., wie Schweiz.
des 19. Jh. gemeiniglich, adv., mhd, ge- Gemschi n. Ein Alpenwort, entlehnt aus
meinecltche neben gemeinliche, ahd. gimeinWio gleichbed. ital. und welschtirol. camozza, chur-
(zum Adj. mhd. gemeinlich, ahd. ge)neinWi). welsch comuotsch, chamotsch, ladin. gamouc,
gemeinsam, adj., mhd. gemeinsa7)i, ahd. ^a- neuprov, camous, franz. chamois, span. gamuza,
meinsam. Gemeinsamkeit, f., 1482imVoc. canmza, port. camuga, camurga f. und lat.
theut. 13^, mnd. mensaniheit f. Gemein- im 5. Jh. n. Chr. camox (vgl. Much ZfdA.
schaft, f., mhd. gemeinschaft f. (auch «Ge- 42, 168, Liden KZ. 40, 260), ZUS. Gems-
meinde, fleischliches Beiwohnen»), ahd. gimein- hart, m.: Schmuck am Hute aus Gems-
scaf f. gemeinschaftlich, adj., 1691 bei haaren. Erst im 19. Jh. in die Schriftsprache
Stieler. ZUS. Gemeingeist, m., zuerst bei aufgenommen. GemsbOCk, m., 1537 bei
Herder, dann bei Schiller als Übersetzung Dasypodius. Gcms-, Gemsenkugel, f:
des engl, public spirit, franz. esprit public. Ballen im Magen der Gemse, 1697 bei Ettner
Gemeingut, n.: gemeinsamer Besitz, bei unw. Doctor 801 Gemskugel.
Bürger II. 1, 124, geistig bei Schiller lO, Gemüll, n. (-s): dvu-ch Zermalmen Ent-
383, 22. gemeinhin, adv.: gewöhnlich, bei standenes, aufgehäufter Staub, Kehricht. Mhd.
Adelung 1796, gemeine hin 1734 bei Weber, gemülle, gemiil, ahd. gamulli n., von mhd.
dafüi' im 16. Jh. in der gemeine hin (Luther müllen, ahd. muljan, mullcm «zerreiben, zer-

4, 26^ Jen.), gemeinnützig, adj., bei S. malmen»; dazu md. gemolle, mnd. genmlle,
Franck Chron. 14« gemein nutzig, Paradoxa gemul n.
'^
S. Müll.
Nr. 180 gemeinnützig. Gemeinplatz, m., 1770 Gemüse, n. (-s, PI. wie Sg.): aus Garten-
von Wieland 14, 293 als Übersetzung von lat. oder Feldgewächsen gekochte Speise, eig.
locus communis gebildet, wofür sonst Gemein- breiartige; dann jene Garten-, Feldgewächse
ort (Lessing 10, 190 von 1778). Gemeinsinn, selbst. In der 1. Bed. bei Luther 2 Kön,
m.: der gemeine Menschenverstand (lat. sen- 4, 38, in der 2, Bed. bei Spee Trutznachtigall
sus communis, 1691 bei Stieler); Gemeingeist 80 B. Spätmhd. geniüese, mnd. gemöse n.
(bei Herder und bei Voß 2, 233). Anders «Speise, Brei», Kollektiv von Mus (s. d.).
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 43
675 gemüßigt gmeigt 676

£jemüßigt, s. -müßigen.genauwe. gnauwe, gnau «sparsam», als Adv.


gemut, adj.: mhd. genouioe, 1482 genaue «kaum». Wie
in der Seele gestimmt. In
wohlgemut So mhd. gemuot, md. gemüde, das einfache mhd. Adj. nou. nouve, naive
aber ahd. gimuati «angenehm, lieb, gütig», «eng, sorgfältig», Adv. nouwe, nauwe «knapp,
von Mut (s. d.) gebildet. kaum», ebenso mnd. nouwe, nau Adj. und
Gremüt, n. (-es, Gesamtheit der Adv,, mndl. nauwe, nndl. naauw «eng, pünkt-
PL -er):
eicfentümlichen Seelenstimmungen. Die un- lich». Die Etymologie ist schwierig. Früher
verkürzte Form Gemüthe u. noch bei Lessing stellte man das Wort zu nahe (so Hilde-
3, 285, Goethe 50, 263 und Faust 176. Mhd. brandt im DWB.) mit Ausfall eines Guttu-
gemüete, getmiote n. in obiger Bed., aber auch rals. Doch weisen die bedeutungsverwandten
«Herz, Inneres, Stimmung, Verlangen, Lust, ags. hneatv, an. hnöggr «karg, geizig» auf ein
Begehren, Ansinnen», ahd. gimuati n. «das h im Anlaut. Dazu weiter an. hiöggva
Angenehme, Gnade, Vortreffhchkeit»; dazu «schlagen, stoßen», die nebst ahd. hniuivan
mnd. gemöde, gemöte, gemöt, mndl. gemoede, wohl mit gr. Kvüeiv «kratzen» verwandt sind.
nnld. gemoed n. «Gemüt». Anderseits haben ahd. ganüan «stoßen», anord.
Kollektivbildung
zu Mut (s. d.). Der Plur, im
Gemüte, gnüa, schwed. gno, dän. gmi «kratzen», got.
16. Jh.

Gemüt (noch bei Goethe 6, 191 Gemüthe), Imauan (aus hi-nauan?) «zerreiben», zu denen
aber bereits bei Fischart Nachtr. 1382 rmd genau auch gehören könnte, kein h im An-
Garg. 453 Gemüter. ABL. gemütlich, adj.: laut gehabt. Davon Genauigkeit, f., 1664
das Gemüt beti-effend (1572 bei Wirsung bei Duez.
Arzneib. 513), mhd. gemuotlich «der ange- Gendarm (spr. zqddrm), m. (-en und -s,
nehmen Seelenstimmung entsprechend, ge- PI. -en): bewaffneter Schutzmann zur öffent-
nehm», md. im Adv. gemütliche «gern, frei- lichen Sicherheit. Bei Roth 1791 noch Gens
willig» (zu ahd. gimuati n. «das Angenehme, d'armes. Campe 1813 Gendarme, aus franz.
Liebe», gimuati Adj. «angenehm, lieb»), noch gendarme m., urspr. gens d' armes «Leute der
im 16. Waffen, Waffenmänner», in Frankreich seit
Jh. gemütlich «lieb, willkommen», dann
1723 bei den Herrnhutern in der Bed. «ge- Karl VII. (15. Jh.). Name der schwergepan-
mütvoll», in dieser tiefern Bed. von Goethe zerten Reiter in den Ordonnanzkompagnien,
in die Schriftsprache eingeführt, im 19. Jh. dann seit 1660 einer Eskadron der königl.
ironisch verflacht. Gemütlichkeit, f., 1775 Haustruppen und seit 1791 des Straßenpolizei-
bei Adelung, ZUS. Gemütsart, f., bei korps beim französ. Heere. Gendarmerie, f.,
Geliert 3, 39. Gemütsbewegung, f., 1654 1703 im Zeitungslex,, aus iranz. gendarmerie t
bei Olearius pers. Rosenthal 7, 20. gemüts- Gene, f. (spr. zene), s. genieren.
krank, adj., 1691 bei Stieler. Gemüts- Genealogie, f. (PL -n): Geschlechtskunde,
krankheit, f., 1727 bei Aler. Gemüts- -folge, -register. Md. im 14. Jh. genealogye f.

mhe, f., (Hans Marienlieder 789), 1538 bei S. Franck


1691 bei stieler, Gemüthesruhe bei
Lohenstein Hyac. 83, Gemütsruwigkeit 1596 Chron. d. Teutschen 75 '^ Genealogy, aus gr.-
,

bei Hulsius. Gemütsstimmuug, f. Ende lat. genealogia, gr. YeveaXoYia f. «Geschlechts-


des 18. Jh. aufgekommen. herleitung», zusammenges. aus gr. Yeved f.

gen, präp.: gegen. Üblich nur noch von [«Geburt, Geschlecht», und -\oYia von dem
der Richtung nach einem Orte oder einer von Xeftiv abgeleiteten -Xoyoc «kundig».
j

Weltgegend, und Himmel. Mhd. gen, genealogisch, adj.. nach gr. YEveaXoTiKÖc.
in gen
gein, zusammengezogen aus gegin (s. gegen), genehm, adj.: gern genommen, annehm-
im 16. Jh. auch gehn, ghen geschrieben, jetzt bar; wohlgefällig, angenehm. Mhd. gencenie,
I

kurz gesprochen. md. geneme, 1429 genem, ahd. nur nämi, ent-
!

genant (spr. zenänt), s. genieren. sprechend got. nems in andanems «angenehm»;


1

genäschig, adj.: naschhaft, in den Fast- dazu mnd. geneme, mndl. ghename. Zu nehmen
;

uachtsp. des 15. Jh. 857, 22 geneschig, nebst (s. d.), wie gäbe (s. d.) zu geben. Davon
mhd. genesche, genasche n. «Nascherei» abge- genehmigen, v., 1775 bei Adelung, dafür !

leitet von naschen (s. d.). im 17. Jh. genehm halten. Genehmigung,
I

genau, adj.: sich fest anschließend; selbst f., 1747 bei Reichard Historie d. deutschen
im Kleinsten übereinstimmend; sehr sparsam. Sprachkunst 441, wofür im 17. Jh. Genehm- [

Md. und selten mhd. genouwe, genäive «sorg- haltung und Genehmhdbung.
fältig», im 15. Jh. bei Diefenbach gl. 412^ geneigt, Part. Pass. von neigen (s. d.)1
:

677 general generös 678

als Adj.: günstig, wohlwollend, mhd. (md.) oberste I


i-echtsgel ehrte Richter im Heerwesen,
geneiget. Davon Geneigtheit, f., bei Besser 1665 bei Böckler Ki-iegsschule
54 General
Schriften 334 vom J. 1717. Auditor neben Generalgeicaltiger m. ^Qi&nersX-
general, adj.: allgemein (1548 bei Waldis profoß» 58, General- Auditeur im Anfang des
Esop 4, 4, 72 Capifel general, heute General- 17. Jh. bei Besser Schriften 352 (s. Auditeur).
kapitel); in Zusammensetzung namentlich bei Generalfeldmarschall,m.,i665beiBöckler
kriegerischen und geistlichen Begriflen imd Kriegsschu\e4:lGeneral-Feld-Marschalk<i-Oher-
Ämtern «Ober-, Haupt-» (s. Genei'al). Aus befehlshaber des Heeres» (s. Feldmarschall,
lat. generalis «allgemein», eig. «die Gattung eig. der oberste Reiterfühi-er). General-
(lat. genus n.) betreffend», woher das franz. fei dzeugmeister, m.: der oberste Befehls-
Adj. general. ZUS. Generalbaß, m. Haupt-, : haber über das Geschützwesen (Feldzeug),
Grundbaß, 1626 General-Baß (Germania 29, 1678 bei Krämer, 1646 Generalreichsfeldzeug-
352), 1638 bei H. Albert Arien Vorr. S. 2. meister (Germ. 28, 367), 1535 der oberste
Generalbeichte, f.: umfassende Haupt- Zeiigmaister beiMone Anz. 8, 301. General-
beichte, bei Grimmelshausen Simpl. 2, 173, 2 leutnant, m., 1617 bei Wallhausen Corp.
Elh: General Beicht. General marsch, m., mil. 10 General Leuttenampt, 1648 bei Kem-
allgemeiner Heeresaufbruch, 1691 bei Stieler. nitz schwed. Krieg 1, 96^ General Lieutenant
Generalprobe, f.: Hauptprobe, 1595 bei «Stellvertreter des Generals, des obersten
Prätorius Anatomia Luthei-i 3, 84 Generalproh. Feldherrn» (s. Leutnant).Generalmajor,
Generalyersamnilung, Erst im 19. Jh. m., jetzt der
f. Nächste im Range nach dem
General, m. und Generäle, im Generalleutnant, im 17. und 18. Jh. General
(-5, PI. -e
17. u. 18. Jh. Generals, z. B. Moscherosch Major oder General Wachtmeister «der oberste
Phil. 1, 288 und noch bei Schiller Pikk. 2, 7): Befehlshaber der Wachen» (1665 bei Böckler
Heerführer. Kirchlich bereits im 13. und Kriegsschule 51, Generalmajeur 1663 bei
14. Jh. mhd. m. «Haupt eines Mönchs-
greneraZ Schuppius 1, 249, General- Wachtmeister 1632
ordens», aus mlat. generalis (s. general). Als bei Opel und Cohn 30j. Krieg 420, 121), s.
deutsche Kriegswürde im 17. Jh. (1616 bei Major. Generaloberst, m., 1565 in Fron-
Wallhausen Kriegsmanual 135 ff.), von fran- spergers Kriegsbuch General Oberst, General
zösischen Heerführern vereinzelt schon 1510 Oberster «oberster Heerführer», 1632 bei Opel
bei "VTeUer Zeitungen 17, aus gleichbed. franz. und Cohn 420, 124 General- Obrister «der
general m., gekürzt aus schon 1349 bezeugtem Oberstkommandierende einer Waffengattung».
capitaine general (bei Weller 55 übersetzt Generalquartiermeister, m., 1665 bei
durch Hauptnian general). Der höchste Be- Böckler Kriegsschule 52 «der Oberste über
fehlshaber des Kriegsheeres hieß mhd. houbet- das Quartier-, sowie über das Festun gs- und
man, im 16. Jh. der oberst Hauptmann (1556 Belageningswesen». Generalstab, m., die
bei Frisius 1057^), 1535 oberste)- Veldliaupt- Gesamtheit der zum Stabe eines Generals
man (Mone Anz. 8, 301), 1596 bei Fronsperger gehörigen, insbes. der mit dem Kriegsplan
Kriegsb.1, 47 ''ff. General Oberst Hauptmann, und der Ausführung der Anordnungen des
General Oberster, General Oberst, im 17. Jh. Oberfeldhen'n betrauten höheren Offiziere,
General (1648 bei Kemnitz schwed. Krieg 1665 bei Böckler 37.
1,9'' nebst Generalat n. «Feldhermamt, Ober- generalisieren, v. : verallgemeinera. Aus
befehl» 1, 294^) und Generalissimus, m. I gleichbed. frz. generaliser, abgeleitet von
(1665 bei Böckler Kriegsschule 37, franz. im general. 1813 ziemlich eingebürgert fCampe).
16. Jh. generalissime m.), ein neugebildeter Generation, f. (PI. -e7i): Zeugung (1712
Superlativ des lat. generalis. Dazu Genera- ,
bei Hübner): Geschlechtsfolge, Menschenge-
lin, f., Grimmelshausen Simpl. 2, 315, 16
bei schlecht, d. h. die Menschen aus der Zeit
Kllr. Generalität, f.: Gesamtheit der Feld- von 30 Jahren (1728 bei Sperander). Aus
herren, 1651 in Möhners Reise 86 Generalitet, : lat. gener ätio f. «Zeugung», von lat. generäre
im Simpl. 153 und 444 Generalität. ZUS. '

«zeugen, erzeugen».
Generaladjutant, m.: Adjutant im un- generell, adj.: allgemein, im allgemeinen.
mittelbaren Dienst des Oberfeldherm, 1651 \
Mit der Endung eil umgebildet aus lat. gene-
in Möhners Reise 89, nach span. ayudante ralis (s. general). 1813 bei Campe.
general, woher auch franz. adjudant general '\

generös (spr. zenerds), adj.: großmütig,


(s. Adjutant). Generalauditeur, m.: derj freigebig.Aus gleichbed. frz. genereux und
43*
679 genesen Genieß 680

dies aus lat, generösus «edel». 1727 bei 255. Nach der Aussprache mehrmals bei
Sperander genereux «gi-oßmüthig, adelich». Herder, bei Schiller Wall. Lager V. 209
genesen, v. (Präs. genese, genesest, genest, Schenie geschrieben. Aus dem gleichbed.
Prät. genas, Konj. genäse, Part, genesen): ge- franz. genie m., urspr. «Schutzgeist», von lat.

rettet werden, heü davon kommen, in den genius m. «Schutzgeist, Geist» (s. Genius).
Zustand des Gesundseins übergehen, von ZUS. Geniestreich, m., 1782 im Almanach
einem Kind entbunden werden. Mhd. ge- der Bellettrist. 100. Dagegen Genietruppen,
nesen (Präs. genise, genisest, geniset, daher PI., Geniewesen, n., in der Militärsprache
noch im 16. und 17. Jh. geniesest, geniest, seit dem 18. Jh. nach franz. genie m. «In-
Prät. genas, Part, genesen), ahd, ginesan und genieurkunst, Ingenieurkoi'ps», von mlat.
einmal die 3. Sg. Präs. nisit; dazu asächs. genium für ingenium n. «Maschine, kunst-
ginesan, mnd. genesen und nesen, ags. genesan, volles Werkzeug», im Lat. «Erfindungsgeist,
got. ganisan «errettet, erhalten werden», wo- geistreiche Erfindung» (s. Ingenieur).
zu das Kausativ got. ganasjan, ahd. ginerjan genieren (spr. few-), v.: Zwang antun,
«gesund machen, heilen, erretten»; vielleicht beschweren, lästig fallen. Beim j. Goethe
auch got. gansjan «verm-sachen» aus ga-ns-jan 3, 498 geniren und nach der Aussprache 3,

«hervorkommen machen». Gleichen Stammes 563 scheniren, ebenso bei Hermes Soph. 2,

wie nähren (s. d.) und urverwandt mit gr. 651 schenieren. Aus franz. gener «martern,

v^o|Liai «ich kehre zurück», vöctoc m. «Heim- quälen, belästigen», afranz. gehine, nfranz.
kehr», aind. näsafe «er gesellt sich zu», gene Zwang», abgeleitet aus
f. «Folter, Qual,
Ndsatjäu «Götterärzte», aw. nä>9/iai^'a«Name kirchenlat.-hebr. gehenna f. «HöUe», hebr.
eines Geistes». Aus dem Germanischen ent- gehinnöm «Tal des Gewimmers» auf der
lehnt abg. gonisti, gomznajti «gerettet, wer- Südseite von Jerusalem, dem Götzen Mo-
den». ABL. Genesung, f., 1616 bei Henisch. loch geweiht, genant (spr. zenänt): be-

genial, adj.: starkgeistig, schöpferisch,Aus franz. genant. Part. Präs. von


lästigend.
geistig schwungvoll. Gegen Ende des 18. Jh. gener. Noch nicht bei Campe 1813. Gene
(1797 bei Schiller 11, 141), etwas früher (spr. zene), f.: Zwang, den man sich auf-
genialisch (bei Wieland 10, 243, Goethe Briefe erlegt. Aus gleichbed. franz. gene f. (s. o.).
2, 25). Zu Genie (s. d.), der Form nach zu Bei Campe 1813.
dem lat. Adj. geniälis «seinem genius d. i. Genieß, m. (-es, PI. -e), mhd. genieß,
seinem eingebornen Geiste gütlich tuend. md. genl^ m. «das Genießen, Benutzung,
Genialität, f., 1797 bei Schiller 11, 177. Nutznießung, Ertrag, Nutzen, Vorteil, Lohn,
Genick, n. (-es, PI. -e): die Gegend der Genuß neben gleichbed. mhd. niegm., ältemhd.
•>•>,

Halswirbel. Die vollere Form Genicke noch Nieß (s. Nießbrauch) dazu mnd. genet m. n., ;

bei Wieland 22, 158, Rückert 1, 530. Mhd. mndl. geniet n. Bayrisch. Von genießen, v.
genic, genicke n., im Ablautsverhältnis zu (Prät. genoß, genössest usw., Konj. genösse,
gleichbed. Nacken (s. d.), um 1480 im Voc. Part, genossen): zu guter An-, Verwendung
ine. teut.iS^ genack neben genacken h8^ haben; angenehm empfinden; Speise oder
als Mask., bayr. Genäck und tirol.-österr. Trank zu sich nehmen. Mhd. genießen (Präs.
Gnack n. ZUS. Genickfang, m.: Stich geniu§est, gemutet, daher älternhd. bis Ende
ins Genick mit einem spitzen Messer, weid- des 18. Jh. geneußest, geneußt und Imp.
männisch 1719 bei Fleming Jäger 2, 107^ geneuß, Prät. mhd. genog, Konj. genügte, Part,
Genück-Fang. Genickfänger, m.: Nick- genügten), md. genigen, ahd. giniogan; dazu
fänger (s. d.). Genickstarre, f.: Krank- mnd. geneten, mndl. genieten, aber got. ganiu-
heit, die sich in einem Steifwerden des Nackens tan «fangen» nebst nuta m. «Fänger, Fischer».
äußert. Neuere Bildung. Zusammengesetzt mit mhd. niesen, ahd. niogan,
Genie (spr. fem), n. (-s, PI. -s): Schöpfongs- älternhd. nießen (noch bei Wieland an Merck
kraft, feuriger Schöpfergeist (bei Geliert 5, 16. Jan. 1777 und schweizerisch), asächs.
79 vom J. 1751)
Person voll feurigen Schöpfer-
; niotan, afries. nieta, niata, ags. neotan, anord,
geistes (1739 bei Liscow 741, 10). In der njöta, got. niutan, gleichbed. mit genießen,
Bed. «natürliche Anlage und Geschicklichkeit urverwandt mit lit. naudä f. «Nutzen», naüdyti
wozu» schon 1706 bei Menantes Allerneueste «begehren», panüsti «sich gelüsten lassen».
Art a6^ und 1715 bei Elis. Charlotte 2, 630. Aus dem Deutschen noch Nutzen und Ge-
Auch als Mask. bei Wieland, Schiller Künstler nosse (s. d.). Die Zugehörigkeit von lat.
' ,

681 Genist genug 682

nutnre «ernähi-en» ist zweifelhaft. Vgl. lat. genus (Gen. generis) n. «Geschlecht, Art».
'

Walde s. v. ABL. genießbar, adj., 1691 ZTJS. Genrebild, n.: bildliche DarsteUung
bei Stieler. aus dem gewöhnlichen Leben, erst nach 1800.
Genist, Geniste, n. (-es, PI. -e): Abgang Gentleman (spr. cUentlman), m. (-S, PI.
von Stroh, Eeisicr usw., eisr. «was der Vogel Gentlemen) Mann von Büdung und Anstand. :

zum Xestbau braucht». Mhd. geniste, genist n. Aus dem gleichbed. englischen gentleman.
j

«Nest», Kollektiv von Xest (s. d.), bereits 1791 bei Eoth.
im 14. Jh. in der heutigen Bed. Xoch obd. genug, adv.: so viel als erfordert wird.
Genitiy, Genetiv, m. {-s, PI. -e): Fall Mhd. als Adv. gemioc. gnuoc, ahd. ginuog. gnuog,
auf die Frage wessen? Zeuge-, Besitzfall. md. genüc, genüch, gnüc, das unflekt. Neutrum
Aus lat. genitivus, nach den besten Hand- des mhd. Adj. genuoc «him-eichend, manch,
schiiften genetivus «Angeborensein, Zeugung viel», ahd. ginuogi, ginnoc, md. genüc, genüch;
anzeigender» (zu ergänzen casus, s. Kasus), dazu als Adj. und Adv. asächs, ginög, mnd.
gebildet nach gleichbed. gr. -feviKr) f. (nämlich genöch, ennöch, noch, afries. enoch, anoegh,
TTTlLciC «Fall». noch, ags. genüg, genöh, engl, enough, anord.
Genius, m. (PI. Genien): Schutzgeist, Adj. gnögr und nögr, Adv. gnöga, nögu, nög,
Flügelgeist. Als Schutzgeist des Dichters got. Adj. ganöhs. Gleichen Stammes wie die
schon bei H. Sachs 1, 437 im 18. Jh. durch
flf., Prät. Präs. got. ganah, ahd. ginah «es genügt»
Winkelmann, Lessing, Wieland in der Lite- und got. Mnah «es darf', es muß», sowie
ratur heimisch geworden. Der PI. Genien bei anord. nä «erreichen». Der Stamm iiah ge-
Klopstock Od. 193. Aus glbd. lat. genius m. hört einer weitverbreiteten Sippe an, die
Genösse, m. (-n, PI. -n), verkürzt Genoß: «tragen» bedeutet. Hierher gr. ^ve-fKeiv «brin-
Gefährte, Teilhaber, eig. der Mitgenießende. gen», ö-fKoc m. «Tracht, Last», Ht. nesti, abg.
ähnlich wie gleichbed. got. gahlaiha m., eig. nesti «tragen», daraus dann die weitere Be-
«Brotgenosse» (s. Laib),und Kompagnon (s. d., deutvmg «erlangen», in aind. agnöti, aw. as-
abgeleitet von lat. pänis m. «Brot». Etwas naoiti «erreicht, erlangt», ai'men. hasanem
anders Meringer Idg. Forsch. 18, 234 «der zum «komme an, komme zu etwas», lat. nancisci
Vieh (ahd. no^, anord. naiit, ags. nyten) gehört». «erreichen», ir. at-chöni-naic «accidit», cöini-
Mhd. starkbiegend geno^. gnog, ahd. ga-. ginö^ nactar «potuerunt». Got. ganah bedeutet
m. neben schwachflekt. (selten) mhd. genöge, also «er hat getragen, ertragen». Vgl. Me-
gnö^e, ahd. ginögo m.; dazu asächs. u. mnd. ringer Idg. Forsch. 18, 218. Mit Nasal ge-
genöt, ndl. genoot, ags. geneat, anord. nautr m. nung, mimdai-tlich in IVlitteldeutschland, da-
ABL. GenOSSame, f. (PI. -??): Verein von her bei Goethe und früher bei Giyphius
Teilhabern (Schiller Teil 2, 2), mhd. genog- und H. Sachs, bereits im 15. Jh. genung und
same^. « Genossenschaft, Gesamtheit von(fi-eien im 14. Jh. genunk. ABL. Genüge, f., mhd.
oder hörigen) Standesgenossen, Gemeinde genüege, md. genüge, gnüge, ahd. ginuogi, gi-
Gleichberechtigter, Vereinigung,Ausglei- nögii. «Fülle, Übei-fluß», dazu asächs. ginögi f.
chung», ahd. ginö^semi «Verbindung», ab- «Befriedigimg», mnd. genoge f.
f. Durch Ver-
geleitet von dem ahd. Adj. gino^sam «in mischung mit Geniigen n. (schon mhd. ge-
Gesellschaft zu reden wissend, gesellig», mhd. nüegen n.) entstand im 17. Jh. das Neutr.
geno^sam « ebenbürtig». Genossenschaft, f., Genüge (noch bei Wieland und Schiller),
1648 bei Zesen Ibr. 210, aber Gnoßschafft verschieden von ahd. ginuagi n. «das Aus-
1654 bei Logau 3, 1, 20, mhd. genö^schaft, reichende, die Genüge». Dafür got. ganauha
gnö^schaft, ahd. ga-, ginö^scaf. ginopcapht f., m. «Genüge, Genügsamkeit», genügen, v.:
nndl. genootschap n. Genossin, f. (PI. -neyi): Genüge leisten, hinreichend se'm,inh.d.gt'nüegen
Gefährtin, mhd. genö^inne, genoe^inne, ahd. '^genuogen, md. genügen, ahd. ginuogan; dazu
gino^inna f., wo neben mhd. genaue f. «Gattin». mnd. genügen, nögen, ndl. genoegen, anord.
Genov^fa, Frauenname, ahd. Genovefa. \gnoegja, got. ganöhjan «Genüge leisten, be-
Ursprünglich fränkisch. Dunklen Ursprungs. friedigen», ganöhnan «genug sein oder wer-
Genre (spr. fe>ar), n. (-S, PI. -s): Gattung, den», geuüglich, adj., mhd. genüegtlich,
.

Art (1797 bei Goethe an Schiller 3, 148 u. mnd. genöchlik, mndl. ghenoegheb'jk. genug- ^

239, 1813 bei Campe nicht verzeichnet); (in sam, adj. mhd. genuocsam, gewöhnlich aber
der Malei-ei) das Gebiet des allgemein Mensch- geniihtsam, ahd. ginuhtsam, asächs. in ginuht-
lichen. Aus gleichbed. franz. genre m., von samitha f. «Fülle» (von mhd. genuht, ahd.
:

683 Oenus Ger 684

ginuht, ags. genyht, anord. gnött f. «Genüge, Georg, Mannsname. Ahd, Georgjo, Gorjo.
Menge, Überfluß»). genÜgSam, adj. zu Aus gr.-lat. Georgius, gr. FeuupYioc, zu gr.
genügen: «leicht zu befriedigen», im 15. Jh. YeiupYÖc m, «Landbauer, Ackermann», nebst
bei Nicl. v. Wyle 315, 18; dazu Grenügsam- gr, Y^ujpTeiv«Land bauen» zusammenges. aus
keit, f., 1741 bei Frisch, in der Bed.«Genüge» gr, yia, fr\ «Erde» und einer Bildung von
f,

1691 bei Stieler. ZUS. GeilUgtuung, f., ^PYov n. «Werk, Arbeit», Dazu als Frauen-
1482 imVoctheut. IS'' genugtuung, 1429 bei name Georgine, nach franz. Georgine; die
Diefenbach nov. gl. 327^ genngtunung. gleichnamige, aus Mexiko stammende Pflanze
Genus, n.(P\. Genera): Sprach geschlecht. {Dahlia, bez. Georgina) dagegen ist zu An-
Das lat. genus n. «Geschlecht», insbes. auch fang des 19. Jh. nach dem Petersburger
(nach gr. y^voc n.) «das grammatische». Professor Joh. Gottlieb Georgi benannt,
Genuß, m. (Gen. Genusses, PI. Genüsse): Gepäck, n, [-es, PI, -e): die zusammen-
das Genießen, bes. mit Lust (1716 bei Ludwig). gepackten Sachen, Kollektiv von Pack. Im
Seit dem 17. Jh. allmählich eingebürgert für 18, Jh. auch vmverkürzt Gepäcke n, (Lessing

das ältere Genieß (s. d.). 1664 bei Duez, 10, 79), 1540 bei Alberus dict, U4:^ Gepeck,
aber vereinzelt vielleicht schon im im 14, Jh. und mnd. gepack n. Vom
13. Jh. ndi-hein.
im Berliner Heldenbuch 5, 40** nach genn^^e. Gepäck des Heeres seit dem siebenjährigen
Mnd. bereits im 15. Jh. genut m. häufig neben Kriege (Jahn deutsches Volkstum 375), für
genet m., mndl. genot n. ZUS. Genuß- das im 17, und 18. Jh. übliche Bagage f., aber
mittel, n., 1663 bei Schottel 532 Genos- schon 1617 bei Wallhausen Corp, mil, 213
niittel (wie 1678 bei Krämer Genoß m. «Ge- Gepäck, in den Landsknechtsheeren Plunder.

nuß» und bei Lohenstein Armin. 1, 554 u. Gepflogenheit, f. (PI, -en): Art und
1081 genoßbar «genießbar»). Genußsucht, Weise, wie man seither zu tun gepflogen hat.
f. und genußsüchtig, adj., Campe Brauch, Im 19. Jh. aus der österreichischen
1808 bei
als neu. Geschäftssprache übernommen.
GenÜSSel, n. (-s, PI. wie Sg.): Gewürm. Geplärr, n. (-es, PI, -e): Gelärm, Ge-
Bei Goethe 3, 251 Schlangen-Genüssel r\. Ab- schwätz, Mhd, gehlerre, geplerre, gehlär n.
geleitet von mhd. genisse n. «Gewürm», Kol- Substantiv zn plärren (s. d,). Anders älternhd.
lektiv von ahd. nesso m. «Wurm». Geplärr n. «Blendwerk», 1482 bei Melber
Geograph, m. (-en, PI. -en): Erdbe- B 5^ gepler (Var. geplerr), zu älternhd. Plärr,
schreiber. 1595 bei Welser-Werlichius Chron. Plerr n, f, «Nebel vor den Augen, falsches
4, 81. Nach gr, YeiuYpdqpoc «erdbeschreibend», oder doppeltes Sehen»,
dann als Subst., von gr. yla, yr\ f. «Erde» Gepolter, n. (-s): wiederholtes Poltern
(mit der in der Zusammensetzung auftretenden (s, d,). Bei Luther 3, 532^, im 15, Jh. md.
Form f۟)- aus t^o-) und einer Ableitung von gehulder bei Diefenbach gl. 601 *'.

Tpdqpeiv «schreiben». Dazu Geographie, f. Gepräge, n. (-s, PI. wie Sg.) aufgepreßtes :

Erdbeschreibung, Erdkunde, 1534 bei S.Franck Zeichen oder Bild. Bei Luther 8, 250 ^ Ge-
Weltb. 62 Geographey f., aus gr.-lat. geö- prege, bei S. Pranck Chron. 193*^ Gebräge,
'^

graphia, gr. Teu^Tpacpia f., geographisch, im 15, Jh, geprege, gepreche (Voc, 1482), ge-
adj., nach dem gr. Adj. YeoJYPctcpiKÖc. Geo- prech, mhd, gehrceche, gep-cBche, gepräche, md,
logie, f.: Lehre von der Beschaflenheit der gehreche, gebrech n. in der heutigen Bed.,
Erde. 1727 bei Hübner. Geom^ter, m. ahd, gibrächi n, «erhabenes Bildwerk», Sub-
(-S, PI. wie Sg.): Landmesser, 1540 bei Al- stantiv zu prägen (s, d.).

berus dict. Vu 2 % als Eigenname eines Bau- Gepränge, n. (-s): feierliche Pracht,
meisters mhd. Geometras, aus gr.-mlat. geo- Prunk. Spätmhd, im 1 5, Jh, gepräng (Wolken-
meter statt des älteren gr.-lat. geönietres, gr, stein Nr, 59, 49 Schatz), geprenck n, Sub-
T€U)|adTpr|c m.,von gr. Y^a, fr\ f. «Erde» und stantiv zu prangen (s, d,),
einer Ableitung von lu^xpov n. «Maß», luexpeTv Ger, m, (-es, PI. -e): Wurfspieß. Nur
«messen». Dazu Geometrie, f.: Feldmeß- noch altertümlich. Mhd. ger und gere, ahd.
kunst, mhd. geometrie, jeometri f., aus gr.-lat. ger und gero m. «Spieß, vorn mit breitem
geötnetria, gr, Yei^nexpia f.; geometrisch, Eisen, zu Wui'f und Stoß», im 12, Jh, durch
adj., 1558 bei Rivius geometrische Büxen- die Eitterwaife, den Speer (s, d,) verdrängt;
meisterey, nach dem gr.-lat. Adj. geömetricus, dazu asächs, ger, ags, gär, anord, geirr m.
gr. Y^u^MefpiKÖc. Mit ui-spiünglichem s lat. gaesuni n. und gr.
;

685 gerad Geraufe 686

und (mit Anlehnung an Gerät). Die Verbindung


Yaicoc m., ycTcov u. «leicliter gallischer
spanischex-Wurfspieß», ebenso in altgerma- mit anord. reiäa f. «Schmuck», reidi n. «Schiffs-
nischen Eigennamen wie Radagaisus usw. und Roßzierat» (Hildebrandt DWB.) scheitert
Gleichen Stammes wie Geisel (s. d.), urver- am Vokalismus. Das Wort muß zu Bat
wandt mit altir. gae «Spieß» und vielleicht (s. d.) gehören,
mit gr. xaioc m. Hirtenstab», aind. hesas n.
<f Geräms, n. (-es, PI, -e): Gitterwerk. Bei
«Verwundung». Mit ahd. ger zusammenge- Goethe 26, 12, Geremß 1537 bei Dasypodius,
setzte Personemiamen sind: Oerbert, ahd. ndrhem. im lA.S'h.geremzen., Kollektivbildung
Gerperht, Gerp-aht, der zweite Bestandteil von mhd. ram, ahd. rawa «Gestell» (s. Rahmen).
zu ahd. hrehan «glänzen»; Gerhard, ahd. Geränium, n .(-s, PI. Geranien): eine Pflanze,
Gerhart; Gerliiid, Gerlinde, ahd. Gerlint; Storchschnabel. Aus gleichbed. gr. fepöviov
\

Gertrud, Gertraud, ahd. Gertrüt, der von Y^pavoc f. «Kranich». 1727 bei Hübner.
zweite Teil vielleicht zu a.novd. ßrüdr f. «Wal- Gerät, n. (-es, PI. -e): beweghches Be-
kyre», spätei" angelehnt an mhd. trüt «traut». sitztum in Werkzeugen usw. Bei Schiller
^
gerad, gerade, ohne Kab. 2239 und Goethe Faust 676 unverkürzt
adj.: gleichpaarig, ,

Bruchteil durch 2 teilbar. Mhd. gerat, gerade, Geräte n., Kollektiv zu Rat (s. d.). Mhd.
ahd. gerad (nur von Zahlen). Zu got. rapjö f. gercete, md. gerete, gei'ede, ahd. giräti n. «Be-
«Zahl», garapjan «zählen, rechnen», demnach ratung, Beirat, Überlegung, Fürsorge, Hilfe,
,

eig. «gleichzählend». Ausrüstung, Vorrat, Fülle, Reichtum», im


'
-gerad, gerade, adj, (Komp. gerader, Md. «Hausrat, Zeug»; dazu asächs. girädi n.
i

Superl. geradest): in einer und derselben « Hilfe, Vorteil », mnd. gerede n. « G erat ». ABL.
Richtung fortlaufend oder -gehend nach keiner Gerätschaft, f., 1507 beiWilwoltv.Schaumb.
Seite abweichend; in übertragner Bed. offen 152 geretschaft, mnd. geratscap (Diefenbach
und ehi-lich (vom Charakter 1616 bei Henisch, nov. gl. 387 a).
von Worten 1566 bei Mathesius Luther 203, 22 geraten, v. (Präs. gerate, gerätst, gerät,
Neudr.). Mhd. gerat, gerade «geschwind, Vräi. geriet, Kon}, geriete, Fart. geraten): von
schnell bei der Hand, gewandt, tüchtig», dann erwünschtem Fortgang sein glücklicher, daim ;

im Md. (14. Jh.) «schnell aufgeschossen», zufälligerweise Wohin gelangen. Zusammen-


frisch und lang aufgewachsen (Ködiz 18, 12), gesetzt mit raten (s. d.). Mhd. geraten (Präs.
der Länge nach ausgestreckt (ebd. 97, 21), geratest, geratet, umgelautet geratest, ge^'cetet

der Länge nach ununterbrochen und . zu- und gercet, Prät. geriet), ahd. girätan (Präs.
sammenhängend (ebd. 83, 22), ahd. giradi girätis, girätit, Prät, giriat) «anraten, guten
«velocissimus», ags. gerade Zu- Rat halten und geben», hieraus dann im
«rasch».
sammenges. mit dem ahd. Adj. hrat, rat «ge- Mhd. auch die heutigen Bedeutungen und
schwind, schnell», mhd. rat, mnd. rat, rode, «entbehren, entraten»; dazu asächs. girädan
nndl. rad, ags. hrced, hrcect und rcede, anord. «ratend bewirken», mnd. geraden «gelingen,
hradr, im Adv. ahd. hrato, lirado, rado, mit zu etwas kommen», got. garedan «worauf
dem Komp. hrador und Superl. kradost. Das bedacht sein». Mit dem Imperativ ist zu-
Adv. gerade «eben, just», mhä. gerade «rasch, sammengesetzt: Geratewohl, n., bei Luther
schnell, sogleich», bei Mone Schauspiele des Geratrvol u., 1561 bei Maaler Geradtwol m.,
MA. 2, 392 u. 397 grad «genau, eben», ahd. dafür 1574 bei Horscht Geheimnisse der
girado für das lat. ecce. Substantivisch in Natur 4, Q 2 auff ein Berahtwol. **

der Geometrie Gerade, f. gerade Linie, wahr-


: Geräuch, n. (-es, PI. -e): Räucherwerk.
scheinlich um 1830 von Jak. Steiner einge- Bei Luther Ger euch. Spätahd. im 11. Jh.
führt, wie schon bei Galilei retta f. als Ab- gerouche n. x Räucherung». Substantiv zu
kürzung von linea retta. ABL. Geradheit, oberd. rauchen, nhd. roiihan «räuchern, rauchen
f., 1482 im Voc. tbeut. 18^ geradheit «das machen», dem Faktitiv von ahd. riohhan
Wohlgewachsensein, Wohlgestalt», «ausdünsten» (s, riechen).
Gerade, f. (ohne PI.) die fahrende Habe
: Geraufe, n. (s, PI. wie Sg.): Streit mit
der Frau, deren Hauptteil der weibliche Raufen an den Haaren; Streit mit TätUch-
Schmuck und Zierat ist. Norddeutsch im keiten, bes. im Durcheinander. 1678 bei
Gebiet des sächsischen Rechts bis ins 18. Jh. Krämer Gerauff', bei Luther Gereuffe, bereits
(bei Geliert und Rabener). Im Sachsen- um die Mitte des 14. Jh. gereuffe n., Sub-
spiegel gerade f., mnd. rade f. und gerade f. u. stantiv zu raufen (s. d.).
687 geraum Gericht 688

geraum, adj.: viel Raum enthaltend; (Schmeller), in der Zimm. Chi-on. ^ 3, 412, 41
lange Zeit (im 15. Jh.). Im 15. Jh. geraum, dazu mndl. gheroof, vläm. geroof.
krebe m.;
mhd. gerüme, gerüm, ahd. nur im Adv. gi- Wohl zu Bebe, ahd. reba, ahd. hirnireba
rümo «bequem, günstig»; dazu mnd. gerüme, «Hirnschale», eig. «was sich um das Hirn
ags. gerüme. Zusammengesetzt mit dem schlingt». G. also soviel wie Geschlinge.
gleichbed. mhd. Adj. rüm, älternhd. räum, gerecht, adj.: geradlinig, gerade; ohne
ahd. r^)ni und r^m, asächs.-mnd.-afries.-ags. Schmälerung und Beugung des Rechts. Mhd.
rüm, ruim, anord, rümr, schwed.-dän. gereht in beiden Bed., auch «leibhch geschickt,
ndl.
rum, got. rüms «geräumig», das zum Subst. tauglich, schuldlos, richtig, rechts», ahd. gireht,
Bmim (s. d.) gehört. ABL. geräumig, gr cht «gerade, geradlinig»; dazu got. garaihts
adj., 1711 bei Rädlein, geräumig 1640 bei «mit dem Recht übereinstimmend, rechtlich
Comenius, mhd. gerümeclich. gesinnt»; im Adv. got. garaihtaba «gerecht,
Geräumte, auch Geräum de, n. (-.?, PI. mit Recht», ahd. grehto «gerade, also, denn»,
wie Sg.): zu Ackerland abgeholzter Wald- mhd. gerehte «bereit, rechts». Zusammen-
platz; ausgehauner Richtweg im Walde. In gesetzt mit dem Adj. recht (s. d.). Davon
der 1. Bed. in der brandenburg. - kulmbach. Gerechtigkeit, f., mhd. gerehtikeit, gerehte-
Waldordnung von 1531 Geräumd; in der keit f. «sittliche Paßlichkeit, Rechtspflege,
2. Bed. 1763 bei Heppe Jäger Geräumt. Ab- rechtlich gegründete Befugnis, Gerechtsame,
leitung von räumen (s. d.). Vorrecht, rechtlich begründeter Anspruch
^Geräusch, n. (-es, PI. -e): wiederholtes oder Abgabe». Gerechtsame, f.: Recht,
Rauschen (s. d.). Unverkürzt Geräusche bei Vorrecht, 1594 bei Frischlin Nomencl. 425.
Weiße Opern 3, Bei Alberus dict. 1540
60. gereichen, v.: wohin seinen Ausgang
r3^ Gereusch, bei H. Sachs Geräusch, mhd. nehmen, zu etwas ausschlagen (bei Luther),
geriusche, md. gerüsche n.; dazu mnd. gerüsch, namentlich in der RA. zur Ehre g. Mhd.
mudl. gheruysch. gereichen «reichen (s, d.), erreichen».
-Geräusch, n. {-es, PI. -e): das Einge- gereueu, v. reuen (s, d.). Mhd. geriuwen:

weide geschlachteter Tiere, bes. Hei'z, Lunge «in Reue versetzen, Reue empfinden».
und Leber. 1557 bei Montanus Wegkürzer Gerfalke, Gierfalke, m. (-%, PI. -n):
27^ Gereusch, 1482 im Voc. theut. p6^ in- größte Art der Jagdfalken, im äußersten
gerewsch, mhd. ingeriusche n., wo in- wie in Norden heimisch. Mhd. gerfalke, gerfalk,
älternhd. Ingeweide (s. Eingeweide); dazu girfalco (Mone Anz. 8, 396, 188); dazu ndl.
mnd. rusch. Dunklen Ursprungs, giervalk, engl, gerfawcon, gerkin. Entlehnt
gerhen, v.: durch Beizen zu Leder und aus anord. geirfalki m. «der isländische Jagd-
dgl. bereiten. Im 15. Jh. gerhen, mhd. gerwen, falke», eig. «Speerfalke, dessen Sitzstange
gereiven, clevisch 1477 gherwen, mnd. geren ein Ger (s, d.) ist». Aus dem Germanischen
«gerben», ahd. garawen gar d. i. «bereit im 12. Jh. entlehnt franz. gerfaut, prov. gir-
machen, zubereiten, rüsten»; in diesem all- falcs, ital. girfalco, gerfalco m., mlat. girfalcus,
gemeinern Sinne auch mhd. gerwen, garwen, gyrofalco m., umgedeutet auf gr.-lat. gyrus m.
asächs. garuwian, gerivean, and. wfg-gi-gerwi «Kreis», weil dieser Falke im Kreise fliegend
n. «Streitausiüstung», ags. gearwian. Beute verfolgt, daher im 15. Jh.
Abge- die erspähte
leitet von gar (s. d.). ABL. Gerber, m.; bei Mynsinger 8 girofalck durch, zivirhelfalck
Leder bereitender Handwerker, mhd. gerewer, verdeutscht (von md. zwirwelen «wirbeln»).
gerwer, 1302 gerber, ahd. ledergerwere neben Gerhard, s, Ger.
ledergaratvo, mhd. ledergerwe m.; dazu mnd. ^Gericht, n. {-es, PI. -e): angerichtete
gerwere, gerer, nnd. garwer m. Davon Ger- Speise. Mhd. gerillte n. Subst. zu richten (s. d.)
berei, f., 1691 bei Stieler. im Sinne von «anrichten, zur Schüssel ordnen».
Gerbert, Mannesname, s. Ger. ^Gericht, n. {-es, PI. -e): Handlung,
Gerd, Mannesname, Küi'zung aus Ger- Amt, Oi-t, Bezirk, Entscheid des Richtens
hart (s. Ger). d. i. Rechtsprechens. Mhd. gerihte, geriht,
Gereb, n. {-es, PI. -e)-. dazu mnd. gerichte n. (auch
die obern Ein- ahd. girihti n.;
geweide (Lunge, Leber, Milz, Herz) des ge- Richtung, Lage), ags. geriht n. «gerade Rich-
schlachteten eßbaren Tieres, Westmd. Gerdb^ tung, Recht». Substantiv zu richten (s. d.).
'

Ger ab, Geraub, bayr.-östr. Gereb mit den ABL. gerichtlich, adj., 1482 in Nürnb.
Nebenformen Greh, Kreh, 1424 gereb n. Pol.-Ordu. 48 Baader. Gerichtsbarkeit, f..
:

689 geriehen gern 690

1691 bei Stieler Gerichtbarkeit (gerichfbar Part. gerunne7i), ahd. ga-, girinnen; dazu and.
1591 bei Haltaus Gloss. germ,), ZUS. Ge- girinnan,got garinnan «zusammenlaufen (von
richtsamt, n., bei Luther Gerichtampt. Menschen)». Zusammenges. mit rinnen (s. d.)
Gericlltsdiener, m., 1519 in Tirol. Weist. und ge in der alten Bedeutung «zusammen».
I

1, 132, 1. Gerichtshalter, m.: Geriehts- 'Gerinnsel, n. (-s): Zusammengeronnenes,


vei-walter. 1691 bei Stieler. Gerichtshof, 1546 bei Bock Kräuterb, 286 ^ G'ertnse? n. «Lab».
m.: Gerichtsversammluüg, bes. ein höhres Gerippe, n. (s, PI. wie Sg.): Knochen-
'

Gericht, 1738 bei Hayme jui-ist. Lex., eig. der gerüst des Köi-pers. 1669 bei Grimmeishausen
Ort der Gerichtssitzung ("Weist. 6, 586, 2). Simpl. 305. Kollektiv von Eippe (s. d.).
Gerichtsrat, m.: Ratsmitglied eines Ge- gerippt, Part, als Adj.: mit Rippen ver-
richtshofes (Goethe 10, 327), in der Bed. ge- sehen, gestriemt, 1616 bei Henisch.
richtliche Beratung Fronsperger
1566 bei Germäne, m. (-n, PI. -n): urdeutschem
Kriegsb. 1,7^, Schöffenkolleg 1658 in den "Weist. Stamm Angehöriger. Im 15. Jh. (1469 in

1, 607. Gerichtsschreiber, m., 1457 in Städtechron. 4, German m.) als


347, 22 ge-
Xümb. Pol.-Ordn. 178 gerichtschreiber. Ge- lehrte Übertragung aus lat. Germänus m.,
richtsstätte, f., im 15. Jh. gerichtstat bei dem Xamen der deutschen Völker bei Kelten
Diefenbach gl. 311^, cleyisch 1477 gerichtstede. und Römern. Eine Deutung des Xamens
Gerichtsvollzieher, m., neugebildet in der hat sich trotz aller Mühe nicht geben lassen
deutschen Zivilprozeßordnung von 1877. und ist auch, wie bei den meisten Volks-
gerieben, Part. Pass. von reiben (s. d.) namen, aussichtslos. Wir haben es wahr-
als Adj.: schlau, durchtrieben, verschmitzt, scheinlich mit dem auch sonst vorkommen-
1482 im Voc. theut. 1 ^. m den Namen eines kleinen Stammes zu tun,
gerieren, v. refl.: sich auffükren, be- der dann auf das größere Volk übertragen
nehmen, wofür ausgeben (Goethe 2, 200 u. worden ist. Literatur über die Deutungs-
5, 1, 139). Aus lat. garere «führen, verrichten», frage bei Bremer Grd. d. germ. Phil. - 3,
refl. «sich betragen», woher franz. gerer. 738ff. Germanien, das Land der Germanen,
Gerill, s. Gerüll. Deutschland, im Anfang des 15. .Jh. ('ZfdPh.

gering, unschwer, unwichtig; niedrig


adj.: 5, 288) aus Germania,
lat. germanisch,
an "Wert. Unverkürzt geringe bei Rückert adj., 1775 bei Adelung, germanisieren,
2, 538. iihd. geringe «leicht, nicht schwer V., bei Herder 1, 407. Germanist, m. {-en,
an Gewicht, beweglich, behende, schnell», PI. -en): Kenner oder Forscher der alten
md, im 14. Jh. in der heutigen Bed., ahd. deutschen Sprachen, der deutschen Alter-
nur in ungiringi «gewichtig» imd im Adv. tümer, des deutschen Rechts (schon im 18. Jh.),
giringo «leicht»; dazu mnd. geringe und mndl. der deutschen Geschichte. In der ersten Hälfte
gheringh cschnell, hastig». Zusammengesetzt des
19. Jh., ebenso das davon abgeleitete Adj.

mit dem gleichbed. mhd. Adj. ringe «leicht, germanistisch.


behend, unbedeutend», ahd. rinki, /jn^fi «leicht, Germer, m. (s): die weiße Nieswurz,
an Gewicht und Wert klein». Vielleicht zu veratrum album. Mhd. gervier (Voc. opt.
gr.^i)jqpa «leicht, schnell» (aus*n«.9/t'^-). ABL. 43, 77), ahd. germarrun (noch Schweiz. Gei--

geringfügig, adj., 1616 bei Henisch, dafür meren f., vgl. Schweiz. Id. 2, 418).
im 16, Jh. geringfüg; Geringfügigkeit, f., gern, unverkürzt .^erwe, adv.: dem "Wunsche
1691 bei Stieler. geringhaltig, adj., in gemäß, mit Freude; leicht möglich. Mhd.
der württemb. Zollordnung von 1618 Einl. gerne in beiden Bed., ahd. gemo «mit Ver-
geringschätzig, adj., 1507 bei Wüwolt V. langen, mit Freude, aus freien Stücken»,
Schaumb. 138 geringschätzig, 1468 im Cod. dazu asächs. gerno, mnr}!. ghe^-ne, VindX.gaame,
dipl. Sax. II, 12, S. 251, 7 geringeschetzig. geeme, afries. jerne, gerne, ags. georne, anord.
Geringschätzung, f., 1482 im A'oc. theut. gjarna, schwed. gärna, dän. gjeme. Das zu-
ni 1 ^ geringschetzung. gehörige Adj. ahd. gern, gerni «begierig»,
Gerinne, n. (-s, PI. wie Sg.): künstlich asächs. ger7i, ags. georn, anord. gjarn, got,
angelegter Wasserlauf. Spätmhd. im 15. Jh. in faihugairns «habgierig», mhd. in Zusammen-
ge)-inne n. Substantiv zu rinnen (s. wipgerne «auf Neues,
d.), setzung yiiu-, miete-,
gerinnen, V. (Prät. gerann, Fart. geronnen) nach Lohn, nach "W^eibem begierig», ist im
zusammenrinnen, dicklich oder fest werden, Beginn des 16. Jahrb. erloschen. Gleichen
sich zersetzen. Mhd. gerinnen (Prät. geran, Stammes wie das mhd. imd ahd. Adj. ger
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 44
691 Gerner geruhen 692

«begehrend, verlangend», mhd. geren, gern, gerda, and. gerdia, mnd. garde, gerde, mndl.
ahd, ^eröw, geren «begehren», und Gier (s. d.). gaerde, gheerde, ndl. garde, afries, ierde, ags.
Urverwandt mit gr. xaxp^w «sich freuen», gerd, geard, gyrd f., engl. yard. Entweder
xapd f. «Freude», osk. her est, umbr. heriest zu mhd.-ahd. gart m. «Stachel, spitzer Treib-
«er wird begehren oder wollen», aind. Mrjati stecken», got. gazds m. «Stachel» (wie Sort
«er hat gern, begehrt», aw. zara-va. «Streben, zu got. huzd n. «Hort, Schatz»), anord. gaddr
Ziel». Statt des Komp. und Supei'l. mhd. m. «Stachel, Spitze», urverwandt mit lat. Äa.sfa
gerner, gernest, ahd. gernor, gernöst) wii'd in f. «Stange, Spieß», vgl. Sievers Zum ags.
der Schi-iftsprache seit dem Anfang des 18. Jh. Vocalismus 25. Oder auch zu abg. zridi f.,
(Frisch 1741) lieber, liehst gebraucht, aber russ. zerdl f. «dünne Stange». Vgl. noch
aus der Volkssprache noch bei Schiller Räuber Walde s. v. hasta.

4, 3 am gernsten. ZUS. Gernegroß, m.: Gertrud, s, Ger.


wer gern über andre hinaus will, 1575 bei ^Geruch, m, {-es, PI. Gerüche): durch
Fischart Garg. 56 Gerngroß. empfundene Ausdünstung, Duft;
die Nase
Gerner, s. Kamer, Kerner. der Riechsinn. Mhd. geruch m. in beiden
gerochen, s. rächen. Bed., im 15. und 16. Jh. auch geroch, mndl.
Geröll, GerÖUe, n. (-s, PI. -e)-. fort- gheroke. Zusammenges. mit mhd. ruch m.
rollende Steine in Flußbetten und an Berg- «Dunst, Duft» (s. Ruch), von riechen (s. d.j.
hängen, 1734 bei Steinbach Gerolle n. S. "Geruch, m, {-es, ohne PI.): Leumund,
Gerüll. Ruf. Gleichzeitig mit dem Eindringen des
Gerste, f. (Fl -n unüblich): die Getreide- nd. Wortes Gerücht (s. d.) neben obd. Ge-
art hordeum. Mhd. gerste, ahd. gersta f. rüft n. erscheint in der hochd. Schriftsprache
mit schwacher Flexion; dazu asächs. gersta des 15. und 16. Jh. (zuerst 1475 in den Monu-
f., mnd.-nd, gerste f., mndl. gherste, ndl. meuta Habsburgica 1, 1, 453) das Neutr. ge-
gerst, garst f. Urverwandt mit lat. hordeum rueche (1487), geruche, gerüech (1518), ge-
(aus horzd-) n., gr. KpT n., Kpiör] f., armen. ruch (H. Sachs Fastnachtsp. 32, 371), geruch
gari, iran.-pehlew. jurtäk, zurtäk, balutschi (Schmeller) neben obd. gerüfe, gerüf, md.
zurt. Vgl. Hoops Waldbäume 364.Urbe- (14. Jh.) gerüfe n. «umhergehendes Gerede,
deutung des Wortes ist unklar. Die Gerste Leumund, Ruf»; dieses Neutr. Geruch tritt
gehört jedenfalls zu den ältesten Kultur- durch Vei'mischung mit der bildlichen Ver-
pflanzen, schon die Indogermanen an-
die wendung von ^Geruch (2. Mos. 5, 21) im 17.
bauten. Dafür im Ags. here m., engl, harley, und 18. Jh. in das mask. Geschlecht über;
anord. barr m. «Gerste», got. barizeins «aus Luther 1, 362^ und Logau 3, 92 verbanden
Gerste bereitet», urverwandt mit lat. far n. sogar Gerücht (s. d.) mit riechen.
«Spelt, Dinkel», lat. farlna f. «Mehl», abg. Gerücht, n. {-es, PI. -e): umlaufendes
bürü m. «Hirse», brasino n. «Speise», kymr.- Gerede wovon, Leumund; rühmendes Ge-
korn.-bret. bara m., air. bairgen, nir.-gäl. rede, Ruhm (Schiller 5 ^, 76, spätmhd. gerucht
bairghean «Brot, Kuchen». ZUS. Gersten- Boner Edelstein 96, 52 Var.). Mnd. geruchte,
brot, n., mhd. gerstenbröt und girstin bröt, gerochte n. «das Rufen, Lärm, Hilfsgeschrei»,
ahd. PI. girstinu bröt, also zusammenges. mit dann «Gerede, Leumund, guter Ruf», ent-
dem Adj. mhd.-ahd. girsttn, im 14. Jh. gerstein sprechend dem mhd. geruofte, gerüefte, ahd.
«von Gerste bereitet», and. gerstin. Gersten- gehruafti n. «das Rufen, Geschrei, Hilfs-,
korn, n., mhd. gerstenkorn, ahd. gerstun körn Ivlageruf», md. im 14. Jh. gerUfte n. «rühmen-
in eig. Bed., im 13. Jh. auch als kleinstes des Gerede, hoher Ruf». Das nd. Wort
Gewicht rmd Längenmaß (Basler Bischofs- drang zunächst ins Md. (1493 geruchte n.
recht § 8, 10 gerstenchorn); dann wegen ähn- «Lärm» bei Liliencron 2, 325^, 1495 gerücht
licher Gestalt «Geschwulst am Augenlide», Weist. 1, 648) und von dort in die hochd.
1540 bei Alberus dict. T2'^. Vgl. Hoops a.a.O. Schriftsprache (bei Luther Gerüchte, Gerücht
374. Gerstensaft, m. Bier, 1748 bei Brockes
: n. inden heutigen Bed., noch bei Wieland
ird. Vergnügen 9, 145, in der Bed. «Gersten- Oberon 12, 39 und Lessing 2, 182 Gerüchte n.).
schleim» 1540 bei Alberus dict. ttl^. geruhen, v. huldvoll genehmigen, gnädig
:

Gerte, f. (PI. -n) dünner biegsamer Holz-


-.
belieben. Von hohen Personen und mehr im
schößling. Mhd. gerte, ahd. garti, gardea, Hofstil (1431 in den Städtechi'on. 5, 375, 13
gerta f. «Rute, Zweig, Stab»; dazu asächs. vom Kaiser, 1334 ebenda 1, 419, 14 vom Bui-g.
693 geruhig Geschäft 694

grafen, mhd. im Iwein 4773 von Gott, bei Gesäme, n. (-s, PI. wie Sg.): Sämerei.
Luther geruiven, 1616 bei Henisch geruhen). 1616 bei Henisch, ohne Umlaut Gesanie bei
Mhd. geruochen, md. gerüchen, älternhd. ge- Luther 2, 1 1 1 ^ Eisl. Kollektiv von Same. Da-
ruochen, gerüchen, geruohen «seinen Sinn für 1562 bei Mathesius Sar, 169^ Gesemicht n.
worauf richten, Rücksicht nehmen, bedacht, gesamt, adj.: ohne Unterschied in eins
besorgt sein», dann «sich angelegen sein lassen, begriffen. Mhd. gesament, gesamnet, md. ge-
gerne wollen, belieben, gewähren», mnd. ge- samt, ahd. gisamanot «gesammelt, vereinigt,
röken, gerüken. Dieselben Bedeutungen hat verbunden», Part. Pass. von mhd. samenen,
das einfache obd. ruechen, mhd. ruochen, md. samnen, samen, ahd. samanon «sammeln»
rüchen, röchen, ahd. ruochan «sorgen, be- (s. d.). Davon Gesamtheit, f., 1797 bei
achten, besorgt sein»; dazu asächs. rökian, Heynatz Antib.
ags. recan, engl, reck, anord. röekja. Abge- Gesandte, m. (-w, PI.-»): mit einer Sen-
leitet von mhd. ruoche, ahd. ruohha f. «Über- dung in Staatsangelegenheiten föimlich und
legung, Berücksichtigung, Sorgfalt, Sorge», feierlich betrauter Staatsbeamter, dann als
ahd. ruoh, mhd. ruoch m. «Sorge», verwandt ständiger Vertreter seines Staates bei einer
mit ahd. rahha «Rede, Rechenschaft» (s. auswärtigen Regierung.
f. Im Anfang des
rechnen). Völlig verschieden von älternhd. 16. Jh. (bei Luther), dafür im 15. Jh. un-
geruhen, mhd. geruoiven, geruon «ruhen», gekürzt gesanter pote ( Voc. 1482 m 1 ^) s. Bote.
mnd. geroiiiven. ZUS. Gesandtschaft, f., 1656 bei Olearius
geruhig; adj.: völlig ruhig; gelassen, pers. Reis. 1, 4, ndl. 1598 ghesandschap.
ruhig-behaglich. Mhd. geruowec, gerüeivec, Gesang, m. (-es, PI. Gesänge)-, das Singen;
md. germvec, bei Luther gerügig, bei Fisch- das gesungene Gedicht. In beiden Bed. mhd.
art Garg. 398 geruhig, im 16. Jh. auch geruig. gesanc m. und n. (auch älternhd. und noch
Zusammengesetzt mit ruhig (s. d.). geruch- bayr. Neutr.), aber ahd. gisanch n. «stimmen-
Sani, adj.: Ruhe habend; Ruhe gewährend. des Zusammensingen». Zusammenges. mit
1429 geruhsam, md. im 15. Jh. gerügesam, Sang (s. d.). In der Bed. «Abschnitt oder
bei Melanchthon geruhsam. Zusammenges. Teil eines Epos» 1626 bei Dietrich v. d.
mit ruhsam (s. d.). Werder Gottfr. v. Bulljon alsÜbertragung
GrerÜll, n. (-S, PI. -e): Zusammen- und des ital. canto, das schon bei Dante vorliegt.
Durcheinandergerolltes, bes. lockiges Gestein ZUS. Gesangbuch, n., um 1480 im Voc.
(1562 bei Mathesius Sarepta 100 GeThülle, '"'
ine. teut. 12'' gesangkhuch.
bei Goethe 6, 157 Gerül); alter unbrauchbarer Gesänge, n. (-s) vieler, wiederholter Ge- -.

Hausrat (1715 bei Amaranthes Gerülle n.). sang. Bei Luther Luk. 15, 25 das Gesenge,
Substantiv von rollen, nd. rullen. S. Geröll. mhd. gesenge n. Kollektiv von Sang (s. d.).
Gerumpel, n. (-s) wiederholtes Rumpeln.
: Gesäß, n. (-es, PI.- e): Stuhlsitz (1. Kön.
Mhd, gerumpel n. Substantiv von rumpeln 10, 19); Sitzteil des Körpers, der Hintere.
(s. ebenso mit Umlaut Gerumpel, n.
d.), In der letzten Bed. mhd. gescB^e, ges(ߧ, md.
(-s): rumpelndes, mit dumpfem Geräusche gese^e, aber meist wie ahd. gisä^i n. «Sitz,

wackelndes und zusammenbrechendes, also Niederlassung, Wohnsitz, Wohnung», im Mhd.


altes schlechtes Gerät, 1537 bei Dasypodius auch «Lager, Belagerung»; dazu mnd. gesäte
Gerumpel, mhd. gerumpel n. «Besitztum», gesete n. «Sitz, Stuhl», mndl.
(Suso Briefe 35). n.

ABL. Gertimpler, m. (-s, PI. wie Sg.): ghesate n. «Wohnstätte». Zu sitzen (s. d.).
Trödler. Im Elsaß. Vennischung vait Krempler Gesäufte, n. (-s): Sauferei. Bei Goethe
(s. d.). ZUS. Gerümpelmarkt, m.: Trödel- Faust 4864 und schon im 16. Jh. bei Schwei-
markt, 1577 bei Fischart Elöhh. 1371 Grümpel- nichen 1, 200. Nebenform zu Gesäufe n.,
markt, angelehnt an das ältre Grempelmarkt im 16. Jh. (z. B. Schweinichen 1, 101), jetzt
(Ausgabe v. 1573 v. 1358.) (s. Krempel). Gesaufe n.

Gerüst, n. (-es, PL -e) : leicht aus Balken Geschäft, n. {-es, PI. -e): Geschaffnes,
oder Stangen und Brettern aufgerichtetes Werk (Ps. 92, 5, veraltet); was zu schaffen
Bauwerk oder Gestell. Unverkürzt Gerüste, ist, Beschäftigung, Verrichtung, obliegende
II. bei Schiller 6, 384. Mhd. ycriiste, ahd, Tätigkeit, Angelegenheit; Anordnung (Apostel-
gahrusti, girusti n. «Zu-, Ausrüstung, Waffen- gesch. 7, 53, veraltet). In diesen Bed. mhd.
rüstung, Gerät, Werkzeug, Gestell, erbaute Vor- yeschefte, gescheft n. und gesche/fede f. n.,

richtung wozu, Schmuck», Von rüsten (s. d.). auch «Geschöpf, Beschaffenheit, Gestalt», so-

44*
695 geschehen Geschichte 696

wie «letztwillige Verfügung, Testament, ge- geschähe); das Part. Prät. ahd. gescehan, ge-
f. n. «Zeugungs-
richtlicher Vertrag», geschaft scehen, mhd. geschehen, älternhd. geschechen.
glied» (noch md. und Schweiz. Geschäft n.), Im Niederländ., Altfries., Ags. und im Nor-
aber ahd.gascaftf. u. gescaffeda, gescephededa f. dischen jedoch ist bei diesem Worte nur die
«Schöpfung, Geschöpf» (gascaft auch «Schick- schwache Flexion üblich, die auch im Mnd.
salsbestimmung»), wozu «Her- (Prät. geschude, geschede neben geschach) und
and. giskaft f.

vorbringung», ags. gesceaft f. n., got. gaskafts f. im Md. auftritt (Prät. gescMde, Part, geschit,
Substantivbildungen zu schaffen (s. d.). Die un- geschiet und geschieht). Mhd. auch ich ge-
verkürzte Form Geschäfte n. noch bei Wie- schihe «gelange». ABL. Geschehnis, n.;
land Idiis 260, Goethe Faust 10451 und Tasso Ereignis, im 19. Jh. neu auftretend, aber
672 usw. ABL. geschäftig, adj.: eifrig schon im 15. Jh. geschanuß «Schickung»
tätig, md. im 14. Jh. gescheftig neben mhd. (Diefenbach gl. 186^); dazu nndl. geschiedenis

gesche/fic; davon Geschäftigkeit, f., 1541 n. «Geschichte» (s. d.).


bei Frisius 236 ''. geschäftlich,
adj., ebd. Gescheid, n. {-es, PI. -e): Trockenmaß
576^, «vom Verhängnis von ^/g^ Malter oder ^/g Metze. Am Mittel-
aber ahd. gascaftlih
herbeigeführt, verhängnisvoll». ZUS. Ge- rhein, in Oberhessen, Schwaben. 1494 in
schäftsfreund, m., 1808 bei Campe. Ge- Weist. 6, 44 geschaide n., wohl eins mit ahd.
schäftsführer, m., ebd. Geschäftsmann, geskeite n. «Teilung, Scheidelinie, -punkt»,
m. (PI. Geschäftsleute), bei Goethe, aber 1478 mhd. gescheide n. «Grenze» neben ahd. gascait,
in den Monumenta Habsburgica 1, 2, 617 m. «Unterscheidung, Ab-, Einteilung»
gisceid
gescheftman «Testamentsvollstrecker». Ge- und sceit m. «Scheidung, Trennung». Von
schäftsträger, m., 1775 bei Adelung Ge- scheiden (s. d.).

schäftträger, gebildet nach franz. charge Gescheide, u. {-es, PI. -e): Gedärm des
d'affaires. Wildes. Weidmännisch, 1721 bei Jablonsky,
geschehen, v. imp. (Px-äs. es geschieht, 1727 bei Hübner. Von scheiden (s. d.), eig.
Konj. geschehe, Prät. geschah, Konj. geschähe. «das aus dem erlegten Wild Auszuscheidende
Part, geschehen): wirklich werden, insbes. oder Auszuwerfende».
durch höhre Schickung; zuteü werden. Mhd. Geschein, n. {-s, PI. -e): am Weinstock,
geschehen, m.d. gesehen, geschm, ahd. gascehan: erscheinende Traubenknospe. Rheinisch (1838
mnd. gesehen, clevisch 1477 geschyen, mndl. bei Weber öc. Lex.) wie gleichbed. Schein m.
geschien, ndl. mit eingeschobnem d geschieden, In der Bed. «Geschlechtsteil» 1585 in Ai'i-
ags. gesceon. Daneben das einfache Verb ahd. stoteles Probl. 111^.
scehan «durch höhre Schickung sich ereignen», gescheit, adj.: gesunden Menschenver-
mhd. schehen, afries. skia, ags. sceon, (entlehnt) stand habend, sowie diesem entsprechend,
isländ. ske, dän,-schwed. ske. Die Grund- geistig scharf, schnell und gewandt. Bei
bedeutung ist «springen, sich plötzHch wen- Luther gescheid und geschiede, 1488 gescheit
den», und das Wort ist daher verwandt mit (Städtechron. 3, 142, 7), mhd. geschide. Von
ähg.skokä m. «Sprung», ahg.skakati «springen», scheiden (s. d.), also urspr. «geistig sondernd,
lit. sokti «springen, tanzen», aix*. scen (aus geistig durchdringend». Aus falscher Ab-
*skakno) «Schreck», derscaigim (aus *de-pro- leitung seit dem 17. Jh. gescheut, 1663 bei
skakö) «trenne mich». Aus dem Germ, ge- Schuppius 1, 550, noch bei Lessing 1, 319
hören noch hinzu als Intensivum schicken und Schiller Räuber 5, 1. Davon Gescheit-
(vgl. zucken zu ziehen), ags. sceacqn «eilen», heit, f., 1716 bei Ludwig.
anord. skaga «hervorragen». Das Präs. lautet Gesclienk, n. (-es, PI. -e): freiwillige
ahd. giskihit, bei Notker gesciehet, geschiehet Gabe. Unverkürzt Geschenke n. bei Geliert
und vereinzelt keschiet, mhd. geschiht, ge- 3, 83, Rückert 1, 147. Md. im 14. Jh. ge-
schieht und geschiet, im 14. md. schenke n. in heutiger Bed., im 12. Jh. aber
Jh. geschieht,
auch geschiht, geschet, älternhd. bei Luther
neben gcschinke n. «Eingeschenktes». Sub-
und noch bei Lessing 4, 138, Goethe Jery stantiv von schenken (s. d.),
7, 28 und Rückert 1, 200 geschieht. Das Prät. Geschichte, f. (PI -n): was (von selbst-
starkflektiert ahd. giscah, vereinzelt gescahe, tätigen Wesen) geschieht; Folge und Inbe-
PI. gescähen, mhd. geschach und ebenso ältei'- gi'ifi' geschehner Dinge; Erzählung von Ge-

nhd. bis ins 17. Jh., woneben im 15. Jh. ge- schehnem (im 15. Jh. geschieht f. Städtechron.
schähe, geschache (noch bei Lessing 10, 5 5, 175, 30, abstrakt 1644 bei Moscherosch
: ;

697 Geschick Geschlecht 698

Philander 804), Mhd. geschult und ahd. ge- n. (-es, PI. -e): Werkzeug jeder
Geschirr,
seihtf. «Schickung, Zufall, Ereignis, Vorgang», zum Gebrauche; Gesamtheit der Gefäße;
Ai't
im Älhd. auch «Angelegenheit, Sache, Ding, Bespannung des Wagens und dieser selbst
Zukommendes, Eigenschaft, Weise», im j. (spätmhd. im 14. u. 15. Jh.). Mhd. geschirre,
Titurel 4220, 1 geschichte f., woneben md. im ahd. giscirri n. «Werkzeug, Gerät, Gefäß»,
14. Jh. geschichte n. «Begebenheit», nmd. ge- im Mhd. auch «Geschlechtsglied», bes. das

schieht f. und n., auch bei Luther Geschieht männliche. Von schirren (s. d.). Da das
n, und f., seit dem 17. Jh. gewinnt das Fem. Wort isoHert steht, ist eine sichre Anknü-

Geschichte die Oberhand mit dem PI. Ge- pfung nicht möghch. Es könnte zu scharren
schichten, der sich zuerst 1507 bei Wilwolt (s. d.) gehören. BA. gut Geschirr machen:
V. Schaumb. 5 u. 113 nachweisen läßt, aber «ausgelassen lustig sein, gut empfangen und
noch bei Lohenstein Soph. 7, Günther 170, bewirten», nhd. vom Ende des 15. bis ans
Brockes 2, 261 der PI. Geschichte. Zusammen- 18. Jh. umgedeutet aus gleichbed. franz. faire
gesetzt mit ahd. seiht (nur in Zusammensetz.),honne chere, zu afranz. chiere, span.-prov.
mhd. scliiht, «Schickung, Er- cara f. «Gesicht, Antlitz, Mene» (das auf
md. Schicht f.

eignis, Begebenheit, Sache, Eigenschaft, Ord- gr. Kdpa f. «Haupt, Anthtz» zurückgeführt
nung, Reihe» (s. Schicht), einer Ableitung wird), woher auch mndl. goede sier, goed
von ahd. seehan «geschehen» (s. d.). Davon chiere (eiere) rnaken und nhd. 1507 bei Wil-
igeschichtlich, adj.: historisch, 1691 bei wolt V. Schaumb. 154 guet schier machen,
Stieler, aber' mhd. das Adv. geschichteeUchen noch kurhess. icunderliches Gesehirr machen
«zufällig». ZUS. Geschichtsbuch, n.: Hi- «seltsam reden oder handeln», schles. das
storienbuch, mhd. im 14. Jh. geschichte-, ge- macht ein böses Geschirr, d. h. «böses Blut».
schichtbuoch n. (Walther v. Rheinau 2, 20 fg.). geschlacht, adj.: geartet; gut geartet,
Geschichtschreiber, m., 1414 bei Diefen- gleichartig, fein, edel. Mhd. geslaht, ahd.
bach gl. 279^ geschichtschriber. gislaht «zugehörig» zu ahd. slahfa f. «Ge-
Geschick, n. (-es, Pl.-e): höhre Schickung, schlecht» (s. d.).

Schicksal (fmhnhd., z. B. bei Luther); rechte geschlank, adj.: ebenmäßig lang und
Art, wie sich eins zum andern ordnet, dann biegsam. 1566 bei Mathesius Luther 168, 22
rechte Art sich leicht worein zu finden, gute Neudr., noch bei Voß und Lichtwer. Xeben-
Angemessenheit zu gesellschaftlichen Verhält- foi-m geschlang 1597 bei Colerus Hausb. 10, 4.
nissen; wiederholtes Hin- und Herschicken Zusammenges. mit schlank (s. d.).
(1741 bei Frisch, aber schon 1535 bei Micyllus Geschlecht, n, (-es, PI. -er) die Gesamt- :

Tacitus 52^ Geschick n. «Geschenksendung»), heit der von einem Wesen Herstammenden,
i

Mhd. geschicke n. «Anordnung, Vermächtnis, Familie, Nachkommenschaft; Adelsfamilie


gute Beschaffenheit und Gestalt des Leibes, (Lessing Nathan 2, 7), Adel (Goethe 3, 164,
i

Benehmen», Tondi. geschieh n., 1429 bei Diefen- schon um 1400 bei Liliencron Volksl. 1, 167);
1

bach nov. gl. \%Q^ geschickt «höhre Schickung». Gesamtheit der Menschen in einem Zeitalter,
'

Von schicken. ABL. geschicklich, adj. Generation (14. Jh. im Cod. Tepl. Matth. 11,
:
;

geziemend, geeignet, geschickt, älternhd. im 16): Menschenklasse (Schiller Picc. 5, 1, schon


;

16. Jh. und noch bei Goethe 50, 63; davon ahd.); der natürliche Geschlechtsunterschied,

Geschicklichkeit, f.: Fähigkeit, bei Luther das männliche mid weibliche Geschlecht Tnihd.)
1, 379^, am Ende des 15. Jh. auch «gute das grammatische Geschlecht der Wörter (als
Beschaffenheit, Faßlichkeit». Übertragung des lat. geyius n. 1640 bei Schottel

geschickt, adj.: paßlich beschaffen; der im Erzschrein 250); Art, Gattung überhaupt
guten Sitte gemäß. Ursprünglich Part. Pass. (mhd.). Unverkürzt Geschlechte n. noch bei
von schicken (s. d.). Mhd. grescÄücÄe^ «passend*, Schubart 2, 80, ühland 144 u. 264. In der
doch zuerst «geordnet, bereit, gerüstet, fertig, 1. Bed. mhd. geslehte, geslähte, gesieht, ahd.
gestaltet». kunni n., s. unter König),
gislahti n. (für ältres
Geschiebe, n. wie Sg.): durch
{-s, PI. auch «natüi'liche Eigenschaft, angebome Be-
Wasser fortgeschobne Gesteintrümmer, Ge- schaffenheit». Kollektiv von ahd. slahta f.
röll. 1601 bei Uttmann Bergbericht 29 Ge- und slaht n., mhd. slahte f. «Art, Geschlecht,
schieh, 1562 bei Mathesius Sar. 140 Geschiebe, -"^
Nachkommenschaft, Verwandtschaft», abge-
1557 bei Agricola Bergwerk Index 29* Ge- leitet von ahd. slahan in der Bed. «arten,
schuhe. Zu schieben (s. d.). nachschlagen» (Notker Boeth. 122, 132 näh
699 Oeschlinge Geschoß 700

tien foräeron Der Phiv. uilid, ge- geschmackvoll, ad,].: guten Geschmack,
slalian).

slehte, bei TiutherGescUechte und so noch Schönheitssinn besitzend, bei Herder.


Günther 437, Klopstock Mess. 1, 110, aber Geschmeide, n.(-s,Pl, wieSg.): Schmiede-
bes. als Schmuck. Im 15. Jh. gesmeide,
-
bereits im 16. Jh. Geschlechter (Zimm. Chron. werk,
3, 211, 41, Fischart Garg. 31). ABL. GrC- mhd. gesmide, gesmitn «Metall, sowie daraus Ge- .

SChlechter, m. wie Sg.): reichs- schmiedetes, Metallgeräte, Metallrüstung, Me-


{-s, PI.

städtischer Patrizier, 1507 bei Wilwolt v. tallschmuck», ahd. gasmide n. «Metall», mndl.
Schaumb. 107, von geslaht n. «ratsfähige Pa- ghesmyde. Kollektiv von ahd. smida, mhd.
trizierfarailie» (1386 bei Mone Zeitschr. 15, 43), smule f. «Metall», mit langem Stammvokal
geschlecht n. «Gesamtheit der Patrizierlamilien» wie ahd. smidäri, smeidar m. «Metallarbeiter»
(1517 bei Trochus E3*). geschlechtlich, neben smid m. «Schmied» (s. d.). Dazu ge-
adj., 1808 bei Campe. ZUS. Oeschlechts- schmeidig, adj. : leicht zu bearbeitend ; nach-
register, n., bei Luther Geschlechtregister. giebig gestaltbar (1616 bei Henisch); leicht

Geschlechtsteil, m., 1794 bei Nemnich nachgiebig. Mhd. gesmidec «leicht zu schmie-
neben Gcschlechtsglled. Geschlechts- dend», dann «mit Gefälligkeit nachgebend»,
trieb, m., 1775 bei Adelung. Gcschlechts- um 1480 im Voc. ine. teut. i3^ geschmeidig
WOrt, n.: grammatisch der Artikel, 1640 bei «nachgiebig weich», mndl. ghesmydigh und
Gueintz und Schottel im Erzschrein 248 fg. ghesmyd. Geschmeidigkeit, f., 1590 bei
Geschlechtwort, 1690 bei Bödiker Geschlechts- Paracelsus Schriften 6, 381.
wort. Geschmeiß, n. {-es): belästigende In-

Geschlinge, wie Sg.): der


n. (-s, PI. sekten; dann bildlich von Menschen und als
Schlund des geschlachteten Tieres mit Lunge, Schimpfwort (Luther 4, 319^). Unverkürzt
Leber und Herz, welche daran hangen. Md. Geschmeiße n. bei Goethe Xenien 240, Schiller
1462 geslingk, geslynckt und 1466 gesling im 11, 128. Mhd. gesmeide n. «Auswurf aus dem
Cod. dipl. Sax. 2, 8, 339, 1616 bei Henisch After, Unrat, Schmetterlings-, Eidechseneier,
Geschling, aber 1691 bei Stieler Geschlüng, Brut». Von schmeißen (s. d, ^).

1716 bei Ludwig Ge-


Geschlüncke, Geschöpf, n. {-es, PI. -e): geschaffnes
bayr.
schlünkel, Geschlunkel n. Das Woi't ist Kol- Wesen. Unverkürzt Geschöpfe n. noch bei
lektivbildung zu Schlunk m., einer Neben- Wieland Amadis 168. Bei Luther Geschepffe,
form von Schlund. , Ge§chepff, 1482 im Voc. theut. m 2^ geschopff,
geschmack, adj.: schmackhaft. Mhd. 1515 bei Hüpfuff Voc. 72 » geschopff n. Sub-
gesniac, gesmach, ahd. gisniag, gasmah. Zu stantiv zu mhd. schepfen, scheffelt «schaffen»,

schmecken (s. d.). wovon auch älternhd. im 16. Jh. Geschöpft,


Geschmack, m. {-es, PI. Geschmäcke, Geschöpfde f., mhd. geschephede, geschöpfede,
burschikos Geschmäcker) Empfindung mittels
: ahd. gescepheda f. «Schöpfung, Geschöpf» (s.
Zunge und Gaumen; Geschmackssinn; das Geschäft).
Schmecken als Eigenschaft eines Dinges (mhd.); ^Geschoß,
n. (Gen. Geschosses, PI. Ge-

Wohlgefallen (1541 bei Franck Sprichw. 1, Waffe, die fortgeschossen wird;


schosse):
112'' einen Gschmack abgewinnen); Gefühl Werkzeug, mit dem man schießt. Mhd. ge-
für das Schöne (vereinzelt schon 1651 bei schog m. n. und geschog n. in beiden Bed., ahd.
Harsdörffer die Fortpflanzung der Hochlöb- gisco^ n. «Wurfspieß, Pfeil»; dazu mnd. ge-
lich Fruchtbringenden Gesellschaft, mit einer schöt, mndl. geschöt, ags. gescot n. «Wurf-
Rede von dem Geschmack vermehret, allge- spieß». AVie das gleichbed. mhd. scho^] schog,
meiner seit Anfang des 18. Jh. der gute Ge- ahd. sco§ n. zu schießen (s. d.). Im Mhd.,
schmack oder kurzweg Geschmack Über- Mnd. und Älternhd. auch in der Bed. «Ab-
als
tragung des franz. bon goüt, das nach gabe, Steuer, Zins», zu schießen im Sinne
sich
Span, buen gusto gebildet hatte). In den bei- von «zuschießen, beisteuern».
den ersten Bed. mhd. gesmac, gesmach, ahd, "Geschoß, n. (Gen. Geschosses, PI. Ge-
gesmah und gismaho m., auch «ausströmender schosse): Stockwerk eines Hauses. Mhd. ge-
Geruch» (s. schmecken); dazu mnd. gesmak m. schog n., zu schießen in der Bed. »schnell
«Geruch». Zusammenges. roxi Schmack (s. d.). emporwachsen», woher auch älternhd. Ge-
ZTJS. geschmacklos, adj.: ohne Schmecken schoß «Schößling an Pflanzen, Knopf oder
(1716 bei Ludwig); ohne Schönheitssinn (1775 Jahrwuchs an Rohrgewächsen», mndl. gescot
bei Adelung nebst Geschmacklosigkeit, f.). n. «Schößlincr, Stockwerk».
; ^

701 geschraubt Geschworne 702

geschraubt, Part, von schrauben (s. d.) gisiüigan «stillschweigen, stumm sein». Dazu
als Adj.: gekünstelt, eig. künstlich hochge- transitiv geschweigeu, V. (Prät. geschweigte,
dreht. Bei Luther Tischred. 413 % Fischart Part, geschweigt): schweigen machen, zum
Garg. 342. Schweigen bringen, mhd. gesweigen, ahd. gi-
(ireschrei, n. [-es, PI. -e)-. wiederholtes siveigan u. gesweigen, gesweigön (s. schtveigen).
Schx-eien; Gerede, Gerücht (um 1480 im Voc. geschwind, adj. : in kurzer, selbst kürzester
ine. teut. i3^, bei Schiller Kab. 1, 1). In Zeit sich fortbewegend. 1480 im Voc. Um
der 1. Bed, mhd, geschreie, geschrei, auch ine. teut. k 4*> mhd. gesivinde
geschwinde,
geschreige, ahd. giscreigi n. dazu mnd. ge- ; «kühn, ungestüm, schnell», im altern Nhd.
schrige n. neben geschricJit m. n., mndl. ghe- auch «klug, schlau, arglistig». Zusammenges.
schrey n. Kollektiv zu ahd. screi m. (Gen. mit älternhd. schwind, mhd. sivinde, sivint
screiges), von schreien (s. d.), «stark, gewaltig, heftig, gescheit, listig, be-
GrCSChÜtz, n. (-es, PI. -e): große, schwere tiügerisch», ahd. in Eigennamen wie Adal-
Schußwaife, Kanone (1512 bei Soltau Volksl. sivind, Irminswinda; dazu asächs. swüti, swiä,
2,66); Gesamtheit solcher Schußwaffen. Mhd. ags. swlp «stark, heftig», anord. smnnr «klug,
geschütze, geschütz, fiiih geschuzze, md. ge- verständig», auch «starkströmend», got. swinßs
schütze n. «Schießzeug, Gesamtheitvon Schieß- «stark, kräftig, gesund» und in Eigennamen,
waffeh, (im von Feuergeschützen», z. B. Reccasuinth, Amalasuintha. Vielleicht
14. Jh.)

mnd. geschiitte n. Kollektivbildung zu mhd. verwandt mit air. fetaini, setaim «ich kann».
schug, schitz m. «Schuß» (s. d.). Der Vergleich mit lit. sventas, abg. sv^tu,
Geschwader, n. {-s, PI. wie Sg.): Reiter- aw. spanta- «heilig» (Johansson Btr. 15, 238)
schar; Flottenabteilung; langgedehnter Zug hat eine Parallele an gi\ iepöc «heilig», aind.
von vielen einzelnen. In der 1. Bed. 1537 isiräs «kräftig». ABL. Geschwindigkeit,
bei Dasypodius und der PI. Geschiüäder 1532 f.: Schnelligkeit, 1516 bei Pinicianus N4*^,
bei Busteter ernstl. Bericht 29, 36, älternhd. älternhd. im 16. Jh. auch «Ungestüm, Klug-
auch vom Fußvolk; dazn mndl. gheswadder heit, Schlauheit».
in der 2. Bed. Adelung; in der
1775 bei Geschwister, n. {-s, PI. wie Sg.): Kin-
3. Bed. bei Schiller Kraniche v. 18 und schon der von einerlei Eltern. Mhd. geswister PI.
1575 bei Fischart Garg. 376 ein Geschwader «Schwestern», dann mit Einschluß der «Bini-
Merchen (Tauchervögel). Wie mhd. swader der», ebenso ahd. und asächs. gisivester PI.
«Heerhaufe», älternhd. Schtvader m. n. und «leibliche Schwester», mhd. geswester, ags. ge-
mnd. swade, Schwade m., geswat n. «Reiter- sweostor, eine alte Plui'albildung zu Schwester,
schar», entlehnt aus ital. squadra, span. es- genau wie Gehrüder (s. d.). Jedoch später
quadra f. «Viereck von Reitern, Rotte», ui'spr. als Kollektiv von Schivester aufgefaßt, daher
«Winkelmaß», franz. escadre, älter esquadre f. im Sing, als Neutr, sowohl von der Gesamt-
«Flottenabteilung», von ital. squadrare «vier- heit der Binider und Schwestern (im 16. Jh.
eckig machen» (s. Eskadron, Schwadron). bei Schweinichen 2, 202, bei Lessing Natham
Geschwätz, n. (-es, PI. -e): wortreiches 1, 2) als von einzelnen Personen (Weist, 1,
oder trauliches Gespräch; gehaltloses Spre- 654 von 1384, beim j. Goethe 1, 261). Mit
chen. Mhd. geswetze n. Zu schivätzen (s. d.). andrer Bildung mhd. der PI. gesiüisterde, ge-
geschwätzig, adj.: gesprächig, schwatzhaft, swistride (noch Schweiz, Gesehwisterte Ge- ,

bei H. Sachs Fab. 348, 8 geschiveczig , zu- schwüsterte^ und das Neutr, gestvistergit, meist
sammeng. mit spätmhd. swetzic (s. schwätzig) im PI. gesivistergide. ABL. geschwister-
;

davon Geschwätzigkeit, f., 1577 bei Fischart lich, adj., 1514 bei Keisersberg Eschenginidel
Flöhh. 7^ V. 1292 Gschwetzigkait. a3^ geschwiisterlich. ZUS. Geschwister-
geschweige, konj.: abgesehen von, um kind, n., 1429 im Liber ord. rer. 5^ ge-
wieviel mehr, eig. ich schweige still in Be- stvisterchind , neben mhd. gesivisteride kint,
treff, lat. ne dicam. 1517 im Teuerdank 109, gesivistergidkint ander Geschwisterkind «deren
;

Luther geschweige, geschweig Großeltern Geschwister waren», bei Luther


81 geschiveig, bei
neben schweige, schweig und ich geschweig, Tischred. 315
im 15. Jh. im Buch der Beispiele der alten Geschworne, m. (-n, PI. -n) eidlich wozu :

Weisen 148, 27 ich geschwyg als steigernder Vei-pflichteter. Mhd. gesworne m., die schwache
Zusatz. Von dem intrans. Zeitwort älternhd. Form von mhd. gesivorn, Part. Prät. von
geschtveigen, mhd. gesungen, ahd. giswigen und schwören (s. d.). ZUS. Geschwornenge-
703 Geschwulst Gesind 704

rieht, n.: Scliwurgericht, gleich nach An- Gesetz, n. PI. -e)-. zur Befolgung
(-es,

fang des 19. Jh. für engl, und franz. jury. Festgesetztes. Unverkürzt Gesetze n. bei
Geschwulst, f. (PI. Geschivülste): krank- Geliert 1, 46. Mhd. gesetze n., mit den Neben-
haft geschwollne Köi-perstelle. Mhd. geswulst, formen gesatz n., gesalzt f. n., gesetzede n. f.,

ahd. gisivulst f. Von schwellen (s. d.). ahd. gisezzida f.; dazu mnd. gesette und ge-

Geschwür, n. säte n. Von setzen (s. d.).


{-s, PI. -e) -.
ABL. gesetz-
eiternde Köri^er-
stelle. Bei Luther Neben- lich, adj., Anfang des 15. Jh. gesetzlich bei
3. Mos. 13, 10 u. 28.
form zu älterahd. Geschwär (noch bei Lessing Diefenbach gl. 322 c. ZUS. Gesetzbuch,
7, 282), mhd. geswer, ahd. giswer n. Von n., bei Luther, gesetztpuch 1327 in Nürnb.
ftchwären (s. d.). Pol.-Ordn. 22, gesatzbüch in St. Galler Stadtb.
geseglieil, v.: zum Wohl, zum Gedeihen des 14. Jh. Gesetzgeher, m., zu Anfang
werden lassen; Abschied nehmend segnen oder des 15. Jh. gesetzgeber bei Diefenb. gl. 323^.
mit Anwunsch von Wohlergehen verlassen gesetzmäßig, adj., 1691 bei Stieler, gesatz-
(Tobias 5, 24), überhaupt Abschied nehmend mäsig 1581 bei Fischart Bienk. 208^.
verlassen. Mid. gesegenen, gesegen, in diesen gesetzt, Part, von setzen (s. d.) als Adj.:

Bed, rad. geseinen, ahd. giseganon «segnen, ruhig, ernst, 1751 bei Klopstock Mess. 4, 614.
einsegnen», zusammenges. mit segnen (s, d.). Schon mhd. gesetzen bedeutet «sich setzen
Geseier,n. unnützes Gerede, schelten- machen, beruhigen, stillen».
(-s): In der Bed.
des Geschrei, Wirrwarr von Stimmen. Aus «vorausgesetzt, den Fall gesetzt» mit folg.
dem Judendeutsch, von hebr. gezerä «Be- Nebensatz 1607 bei Sattler Phraseologey 216,
hauptung, (erregte) Disputation». gesetzt daß 1612 bei Albertinus Lustg. 215^.
Gesell, m, (-en, PL -en), unverkürzt Ge- Gesicht, n. {-es)\ Sehkraft; (PI. -e): Bild
selle: Mit- und Gleichtätiger; ausgelernter der Einbildungskraft; (PI. -er): Vorderseite
Handwerksgehilfe. Mhd. geselle, ahd. giselljo, den beiden
des menschlichen Kopfes. In
gisello m. urspr. «Saal-, Hausgenosse», dann ersten Bed. mhd. -ahd. gesiht f., md. gesichte,
«Gefährte, Freund», im Mhd. auch «Freundin, gesicht n., auch «Ansicht, Anblick», im Mhd.
Geliebte, Standesgenosse, Partner», im 14. Jh. auch «Aussehen, Gestalt»; in der Bed. «Ant-
«Hilfsgeistlicher, Handwerksgesell» (neben litz» 1494 bei Brant Narr. 92, 60 gsiecht
älterm knecht, knappe). Abgeleitet von Saal und schon einmal ahd. gesiht in der St. Galler
(s. d.). Davon gesellen, V., mhd. gesellen, Hdschr. von Notkers Ps. 104, 4, der Plur.
ahd. gisellan «zum Gefährten machen», ge- Gesichter 1520 bei Keisersberg Narrenschiff.
sellig, adj.: zu Verbindung und Umgang Dazu and. gisiht f. «Ansehen, Anblick», mnd.
gern geneigt, mhd. gesellec «zugesellt, ver- gesichte n. «Anblick, Aussicht», mndl. ghe-
bunden, nach guter Kameraden Art freund- sicht n., ags. gesiht, gesihp f. «Sehkraft,
lich, lebenslustig». Geselligkeit, f., mhd. Traumgesicht, Anblick». Von sehen (s. d.).
gesellekeit, gesellikeit f. «das freundschaftliche ZUS. Gesichtskreis, m., 1648 bei Zesen
Verhältnis der Genossen zueinander, höfisches Dögens Baukunst. Gesichtspunkt, m.:
Betragen». Gesellschaft, f., mhd. geselle- der Standpunkt des Beobachters, im 17. Jh.
schaft, geselschaft f. «Genossenschaft, freund- bei Leibniz, 1538 bei Dürer Underweisung
schaftliches Verbunden- oder Beieinandersein, K2'' des gesichts pwickt, nach m\at. punctum
Freundschaft, Liebe, Gesamtheit der Gäste» Visus. Gesichtszug, m., 1753 bei Lessing
(Tristan 585), «Handelsgenossenschaft» (Ber- 3, 386 der PI. Gesichtszüge.
thold V. Begensb. 1, Gesims, n. (-es, PI. -e): vorstehender
216, 26), ahd. gisellascaf,
giselliscaft f. dazu mnd. Rand an Bauwerken usw.
«Genossenschaft»; Md. im 14. Jh.
geselschop, mndl. gheselschap. In der Bed. gesimse n., Kollektiv von Sims (s. d.).
«das Menschengeschlecht in seiner sozialen Gesind, m. (-es, PI. -e), nur im gewöhn-
Ordnung» 1482 bei Melber Bb5^ societas lichen Leben ein zu Hausdienst Dienender
humana, bürgerlich geselscJiafft im 18. Jh. oder eine solche Dienende. Bei Goethe 6, 128.
,

allgemeiner geworden als Übertragung des Mit starker Flexion mhd. gesint, ahd. gasint,
franz. societe f. Gesellschafter, m.: Mit- asächs. gislct, ags. geslp m., schwachbiegend
glied einer Handelsgesellschaft (1560 bei mhd. gesinde, ahd. gisindo m. «Gefolgsmann,
Diefenbach-Wülcker 616); guter Unterhalter Gefährte», im Mhd. auch «Hausgenosse», eig.
(1691 bei Stieler), gesellschaftlich, adj., «Weggenosse», anord. sin7ii, got. gasinpja,
1716 bei Ludwig. -gasinpa m. «Reisegefährte». Abgeleitet von
:

705 Gesindel Gespenst 706

ahd. sind m. «Reise, Heereszug», asächs. sid, I


geselle, Mitknecht. Mhd. gespan m. «eng-
ags. sißm. «Reise, Weg», anoi'd. sin7i n., got. I verbundner Genosse». Nicht zu dem in
sbips m. «Gang, Mal», urverwandt mit air. Spanferkel (s. d.) vorliegenden Span «Mutter-
set, bret. hent, akymr. hint «Weg». Das brust» gehörig (wie mkdi. spi'ninehruoder, ahd.
Kollektiv zu Gesind m, ist Gesinde, n. (-s, spunnipruoder «^Milchbrader» zu mhd. spünne,
PI. wie Sg.): Dienerschaft, bes. die niedrige ahd. spunni f. n. «Mutterbrust»), sondern aus
des Hauses. Mhd. gesinde n. «Dienerschaft, der Sprache des alten Fuhr- und Fracht-
Hofdienerschaft, Gefolge», ahd. gisindi n. wesens weiter verbreitet, eig. «der die gleiche
«Reisegefolge, bes. bewaffnetes»; dazu asächs. Spannarbeit Vemchtende», da zur Bedienung
gesiäirx. «Gefolg-, Gesellschaft, Hausgenossen- eines Fi-achtwagens mindestens zwei Mann
schaft, Volk», ags. ges'ip n. «Gefolgschaft». j
nötig waren (1540 bei Alberus dict. Hh3*
ZUS. Gesindestube, Stube für die Haus-
f.:
'

Gespan «öuörexvoc, carpentarii vocabulo Ge-


dienerschaft, bei Grimmeishausen Simpl. 57 span se invicem salutant», als Bezeichnung
Gesind-Stuhe. des Fuhrmanns 1557 beiWaldis Esopus4,73,21,
Gesindel, n. {-s, PL wie Sg.): schlechte, Mathesius Luther 1566 S. 438, 6 Neudr.,
verachtete Leute. Kollektiv von Gesinde ;
Fischart Gai'g. 458 usw.), dann überhaupt
(s. d.), mhd. gesindelin n. «Reisegefolge», bei Mitgesell in einem Handwerk (Eulenspiegel
Luther Gesindlin «Hausgenossenschaft», dann Kap. 39). Anders got. gajukö m. «Genosse»,
«Leutchen, Völkchen», verächtlich 1550 bei eig. «der Mitangespannte».

Alberus Fai). 20, 59 loß Gesindlin, bei Kirch- "Gespan, m. (-s, PI. -e) imgarischer Be-
:

hoff Wendunm. 5, 9ß roh wild umst Gesindle, zirksoberster. Aus magyar. ispan, das dem
1734 bei Steinbach Gesindel. slav. ziipan «Burggraf» entnommen ist. Da-
gesinnen ayi einen, v.: ihn darum an- von Gespanschaft, f.: einem Gespan unter-
gehen. Mit Akk. oder einem Satz. Im gebner Bezirk, 1695 bei Ziegler tägl. Schau-
Kanzleistil, höflicher als befehlen und vor-
I
platz der Zeit S. 1430 ^ Spanschaft 1691 bei
nehmer als bitten (vgl. ansinnen). Schon Stieler.

mhd. an einen etwa^ gesinnen. Ahd, gisinnan Gespänge, n. (-s, PI. wie Sg.): Spangen-
«eine Richtung nehmen, gehen, reisen», dann I
werk, mhd. gespenge n., Kollektiv von Spange
«seine Gedanken worauf richten, woran denken, (s. d.).

wonach streben», mhd. gesinnen «worauf Gespann, u. (-es, PI. -e): vor ein Fuhr-
denken, begehren, verlangen». Zusaminenges. werk zusammengespannte Tiere. 1541 bei
mit sinnen (s. d.). Im Part. Prät. gesonnen Franck Sprichw. 2, 131^ Gespan neben um-
sein « entschiednen Sinnes und Willens sein, gelautetem Gespan 2, 10^, dazu clevisch 1477
im 17. Jh. bei P. Fleming 77. gesinnt, gespenne «perde:>. Von spannen (s. d.).
partizip. Adj. zu Sinn (s. d.): den Sinn, die Gesparr(e), Gespärre n. (-s, PI. wie Sg.)
Entschließung habend. Mhd. gesinnet «mit Sparren werk, Gebälk. ^Mhd. gesperre, ahd.
Weisheit imd Kunst begabt», dann «eine Ge- gisperri n., Kollektiv von Sparre^i (s. d.).
sinnung habend». Gesinnung, f., 1751 bei Gespenst, n. {-es, PI. -er): Truggebüde,
Ficssing 3, 244. Davon gesinnungstÜchtig. bes. geisterhaftes; umgehender abgeschiedner
Schlagwort seit den vierziger Jahren des 19. Jh. Geist. ]Srhd. gespenste n. «Trugbild», bes.
Vgl. Ladendorf. «teuflisches», neben mhd. gespanst, gespetist f.
gesittet, Part, als Adj.: Sitte habend, «Lockung, Verlockung, Trug, Phantom, Gei-
besonders gute; guter Sitte gemäß. Mhd. stererscheinung», ahd. gispanst f. «Lockung».
gesitet «geartet, nach Übhchkeit gewohnt», Dazu and. gispensti n., mnd. gespenst n. «Ver-
ahd. gasitöt «gehörig eingerichtet oder ge- lockung». Abgeleitet von ahd. spanst, mhd.
ordnet, angeboren», Part. Prät. von ahd. sitön, spenst f. «Verlockung», mhd. spanen, zu ahd.
gasitön «einrichten», got. sidön «sich als Sitte spanan «locken, reizen», and. spanandelik
aneignen, üben», dazu mnd. gesedet. Mit «lockend», das zu gi\ cirdeiv «ziehen» gehört.
mhd. gesitet mengte sich das ebenfalls von In der Bildung ist lat. Abi. {mea) sponte f.
mhd. gesife, gesit, ahd. «freier Wille, Antrieb» verwandt.
Sitte abgeleitete Adj. ABL.
gewohnt». Gesittung, f., bei gespenstig, adj.: unheimhch, geisterhaft,
gesit «geartet,
Campe unter Zivilisation Nachweis von 1773. bei Goethe Faust 9980, aber mhd. gespenstec
gesonnen, s. gesinnen. «verführerisch», ahd. spenstig «verlockend».
^Gespan, m. (-s, PI. -e)-. Gefährte; Mit- gespenstisch, adj., bei Schiller 13, 176.
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl.
707 Gespiele Gestein 708

Gespiele, m. (-n, PI. -n): Spielgenosse, der Gestalt, Person» (Megenberg 470, 18);
insbes. in der Jugend. Mid. gespile, gespil m., dazu mnd. gestalt n. f. «Beschaffenheit, Ver-

mndl. ghespele. Von Spiel (s. d.). Dazu hältnis». Vgl. dergestalt. Von Gestalt abge-
Gespielin, f., 1587 bei Mathesius Diluvium leitet gestalten, V. : bilden, formen, 1537 bei
420 ** mhd. gespile, gespil f.
Gespilin, für Dasypodius, refl. 1525 bei Zwingli Touf f 2^;

Gespilde, und Gespilderecht, n.:


n. (-s) Gestaltung, f., bei Dasypodius.
das Vorkaufsrecht des Nachbars an früher zu- geständig, adj.: zugestehend, einräumend.
sammengehörigen, später abgespaltnen Grund- Bei Luther 1, 344'' gestendig. Mhd. gestendec
stücken. Thüring.-westfälisch. Bei Musäus «beständig, unveränderlich, beistehend», dann
Volksm. (1826) 4, 54 Gespilde n., ebenso 1491 «zustimmend, einwilligend» (Haltaus 690 vom
in den Rastenberger Statuten § 46. Zu spalten J. 1326). Abgeleitet von mnd. gestant n.,

(s. d.), vgl. gespült Gilt «pars praedii divisi» altjülisch gestant m. «Geständnis, Bekenntnis»
bei Frisch 2, 289 '^
und das mhd. Adj. u. Adv. zu gestehen (s. d.). Dazu Geständnis, n.,

zwispilde «in zwei Teile geteilt, zvv^iefach». 1663 bei Schottel 376** aus Carpzov 1638.
Gespinst, PI. -e): Gesponnenes.
n. (-es, Gestänge, n. [s, PI. wie Sg.): im Bergbau
Mhdi.gespiinst n. und neben spätmhd. gespünn, Stanzenwerk zum Auspumpen desWassers usw.
f.,

mnd. gespin n., im 15. Jh. auch gespinß n. (1562 bei Mathesius Sar. 145^), sowie das
Gespons, m. n. {-en, PI. -en): der Bräuti- Schienengleis für die Förderkarren im Schacht
gam, die Braut. Veraltet. Spätmhd. gespwitze, (1408 im Schladminger Bergbrief). Kollektiv
gespunse, gesponse m, und f., aus lat. sponsus von Stange (s. d.).
m. und sponsa f. «der, die Verlobte». Gestank, m. (-es, PI. Gestänke): übler
Gespött, n. (-es, Pl.wieSg.): vieler, wieder- Geruch. Mhd. gestanc m. (PI. md. gestenke),
holter Spott. Mhd. gespötte, gespöt, md. ge- zusammenges. mit Stank (s. d.), als dessen
spote n., Kollektiv von Spott (s. d.). Kollektiv mhd. gesfank n. (Megenberg 163, 23),
Gespräch, n. (-es, PI. -e): Unterredung. im 16. Jh. Gestänck, Gestenck n.
Unverkürzt Gespräche n. bei Lessing 1, 212. gestatten, v.: stattgeben, geschehen lassen.
^Ihd. gesprceche n. «Sprach vermögen, das Mhd. gestaten, ahd. gistatön, zusammenges.
Sprechen, Besprechung, Unterredung, Bera- mit ahd. statön einen Standpunkt, festen '<

tung», md. gespreche, ahd. gisprächi n. «Bered- Stand geben», dann «zulassen», abgeleitet von
samkeit, Rede», dazu mnd. gesprake, gespreke, ahd. stata f. «Standpunkt, bequemer Ort oder
mndl. ghespraeck n. Abgeleitet aus Sprache Zeitpunkt, gute Gelegenheit». S. Statt.

(s. d.). Davon gesprächig, adj., mhd. im Geste, f. (PI. -n): ausdrucksvolle Hand-
12. Jh. gesprechig (Sumerl. 8, 40), aber meist oder Körperbewegung. Um 1500 bei Diefen-
mhd. gespr(ßche, md. gespreche, ahd. gisprächi bach gl. 261 gesten machen, von einem Gaukler ^'

«beredt», wie noch oberd. und md. oder öfifenthchen Spaßmacher, ebenso 1495
Gest, f.: Hefe. Aus dem Nd., s. Gäscht in der Kölner Gemma J8^, dazu ndl. 1598
Gestade, n. (-s, PI. wie Sg.): Lahdrand geste. Aus lat. gestus m. «Gebärdenspiel der
eines größren Gewässers. Im 17. Jh. Gestade Redner und Schauspieler», eig. die Art, wie
(Fleming 76), mhd. gestat n., zusammenges. man den Leib trägt, von lat. gerere «an sich
mit mhd. stat m. n. «Ufer» (s. Staden). tragen, vemchten».
gestalt, adj.: beschalFen, im Äußern vor gestehen, v.: sich stellen, insbes. zu-
Augen stehend. Bei Lichtwer Fabeln 1, 9, sammenrinnend fest oder dicklich werden
ferner in der Wendung hei so gestalten Sachen (im 14. Jh. bei Megenberg 81, 17 u. 477, 28);
(Wieland, Schiller usw.) und in Zusammens. ein Bekenntnis ablegen, eig. aussagend hin-
.

wie wohl-, ungestalt, feingestalt (Goethe 2, 143), stehen. Mhd. gestän, gesten, ahd. gistantan,
schöngestalt (Schiller eleus. Fest .36). Mhd. gistän «stehen bleiben, sich stellen, stand-
gestalt (auch wolgestalt, ungestalt), ahd. gistalt halten, beistehen, zugestehen, bekennen, zu
«beschaffen, eingerichtet» (auch ungistalt «häß- stehen kommen, kosten»; dazu asächs. gistan-
lich»), mnd. gestalt, eig. Part, von stellen (s.d.). dan, gistän «feststehen, zukommen, wider-
Aus dem Adj. bildete Gestalt, fahren, gereichen», ags. gestandan «stehen,
sich das Subst.
f. (PI. -en): das Äußere, wie ein Ding sich standhalten, sich wogegen erheben».
vor Augen stellt und eingerichtet ist. Mhd. Gestein,' n. (-s, PI. -e): Steinmasse, Ge-
gestalt f. «äußres eigentümliches Aussehen, birgsart (1562 bei Mathesius Sar. 63*» Ge-
Beschaffenheit», im 14. Jh. auch «der Träger steine n.). Mhd. gesteine n. «die Edelsteine.
709 Gestell Gesuch no
und Schmuck davon», noch dichterisch bei prädikat des Ritterstandes schon um 1300
Rückert. Kollektiv von Stein (s. d.). (bis ins 18. Jh., Schiller Räuber 5, 1, Teil
Gestell, n. (-S, PI. -e): aufgestellte Vor- .3, 3), dann auch in der Bed. «keine Nach-
richtung. Unverkiirzt Gestelle n. bei Goethe sicht übend».
1, Mhd. gestelle n. «MühlengesteU,
178. Gestrick, n. (-es, PI. -e): Geschling oder
Rahmenwerk», auch «äußre Gestalt», ahd. Gewinde von Stricken; Netzgeflecht; Strick-
«Zusammenstellung, Stellung, Stand- arbeit.
gistelli n. In der 1. Bed. 1590 bei Fischart
ort», Kollektiv von ahd.-mhd. stal m. «Stelle, Garg, 241, in der 2. Bed. bei Brucker Straßb.
Gestell, Stütze», zu stellen (s. d.). Verordn. 183 von 1425, in der 3. Bed. Ger-
gestern, adv.-. vorhergehenden Tages. mania 18, 377 (15. Jh.). Kollektiv von Strick.
Mhd. gester und gestern, md. gesteren, ahd. Geströhde, n. (-s): Strohmenge, Stroh-
gesteron, gesteren und gestre (auch zusammen- gewirre (Goethe 31, 99 u. 145). Bei Luther
ges. egestra, egestere «übermorgen»); dazu Geströde, Gestrod, 1487 in den Tannrodaer
mnd. u. ndl. gisteren, clevisch 1477 gisteren, Statuten geströde n. Kollektivbildung zu
ags. giestran-dceg, gyrstan-dceg, engl, yesterday Stroh (s. d.), wie gleichbed. mhd. gestrowe,
«gestern», got. gistradagis «morgen» (anord. geströe, ahd. gistraivi, gistrowi n.
l gär «gestern, morgen», schwed. igär, dän. Gestrüpp, n. (-es, PI. -e): durcheinander
igaar «gestern» geht auf eine Form mit
gewachsenes, rauh hervorstarreudes niedriges
Länge zurück), also ux^spr. «den andern Tag Gebüsch. Im 16. Jh. bei H. Bullinger Refor-
von heute -aus». Dazu lat. heri «gestern», mationsgesch. 3, 87 Gestrüpp, unverkürzt bei
hesternus «gestrig», gr. x9ec, albg. dje, aind. P. Fleming 118 Gestrüpe, bei Goethe 36, 53
hjäs «gestern». ABL. gestrig, adj., mhd. Gestrüppe. Kollektiv von mhd. strupfe « strup-
gest(e)ric, ahd. gesterig, dazu ndl. 1 598 ghisterigh. piges Gewächs». Mit verdünntem Vokal bei
Gestikulation, n. (PI. -ew) Gebärdenspiel, Henisch 1616 und Adelung 1775 Gestrippe,
:

im 18. Jh. aus lat. gesticulätio f. gesti- bei Goethe 34, 1, 22 Gestripp. Andrerseits mit
kulieren, V.: Gebärden, Handbewegungen langem Stammvokal (wie mhd. strüp «strup-
machen, 1694 bei Xehi-ing gesticuliren, aus pig») und umgelautet Gestreuppig 1616 bei
gleichbed. lat. gesticuläri, von lat. gesticulus Henisch, gestreiipich neben gestrüppich 1508
m., dem Dim. von gestus m. (s. Geste). in Weist. 6, 43, 10 Vgl. struppig.
ff".

Gestirn, n. (-es, PI. -e): Sternbild, heller Gestühl, n. (-S, PI. -e): Stulilwerk; Ge-
Stern. Mhd. gestirne, gestirn, auch gestirre, stell, worauf etwas ruht (bei Luther 1. Kön.
ahd. gistirni und gistirri n. «die Gesamtheit 7, 27 fl'.). Mhd. gestüele, gestuole, md. gestüle,
der Sterne, Konstellation (Zusammenstand) gestöle n. «Stuhlmenge, Stuhl, Thron», ahd.
von Sternen», im Mhd. auch «großer Stern». gastuoli n., Kollektiv von Stuhl (s. d.).
Kollektiv von Stern (s. d.). gestunden, v.: xlufschub gestatten, Frist
^gestirnt, partizip. Adj. zu Stern (s. d.): geben. 1691 bei Stieler. Zusammenges. mit
mit Sternen besetzt, sternvoll. Mhd. gestirnet, gleichbed. stunden, von Stunde (s. d.). '
ahd. gestirnöt. GestÜppe, n. (-S, PI. wie Sg.): fliegender
^gestirnt, pai-tizip. Adj. zu Stirne (s. d.): Staub; Staubähnliches. Mhd. gestüppe, md.
mit einer Stirne versehen. Äfhd. gestirnet. gestuppe n.; dazu mnd. gestubbe n. «Staub».
Gestöber, n. (s, PI. wie Sg.j: wieder- Kollektiv von mhd. stuppe, stüppe, ahd. stuppi
holtes Stöbern (s. d.j; Dm-cheinanderstieben. n. «Staub, Staubähnliches» wie Sand, Asche,
Md. im 13. u. 14. Jh. gestobere, gestubere n. got. stubjus m. «Staub», zu stieben (s. d.).
«staubauf wirbelnd es Getümmel, Auflauf», im Gestüt, Gestüte, n. (-s, PI. wie Sg.):
1 5. Jh. bei Os w. V. Wolkenstein >^r. 78, 5 (Schatz), Pflegeort für Zuchtpferde. 1582 bei Fischart
gestöber n. «aufwirbelnde Staubmasse». Garg. 280 Gestud, bei Fugger Gestüterey 584 1

Gesträuch, n. (-es, PI. -e)-. beieinander- Gestüt n., Kollektiv von mhd. -ahd. stuot f.
stehende Sträuche. Unverkürzt Gesträuche «Herde von Zuchtpferden» (s. Stute).
n. bei Bürger 23, Goethe Faust 3892. Md. Gesuch, n. (-es, PI. -e): angelegentliche
im 14. Jh. gestrüche n., im 15. Jh. gestrüch, Bitte, insbes. an eine Behörde. 1616 bei
1420 bei Diefenbach gl. 501*^ gestreuge. Kol- Henisch. Dagegen mhd. gesuoch m., md. ge-
lektiv von Strauch (s. d.). such m. «das angelegentliche Suchen, Auf-
gestreng, adj.: streng (s. d.). Mhd. ge- suchen, Spüren auf Wild, Recht des Auf-
strenge «stark, gewaltig, tapfer», als Ehren- und Besuchens eines Weideplatzes», daim
j

45*
711 gesnnd Getrümmer 712

«Erwerb, Gewinn, Geldzins», welche letzteren mich): sich seiner Kraft und des Erfolges
i

Bedeutungen schon ahd. gisuoch m. hat, bei ihrer Anwendung bewußt sein. Mhd. ge-
Luther Gesuch n, «das Streben nach Gewinn». trüwen. getrouiven, ahd. gatrüen, gitrüwen
Das heutige Neutr. ist Substantiv zu suchen «worauf trauen, sich worauf stützen», bes.
(s. d.), das Mask. der altern Sprache aber «mit Hoffnung des Erfolges, glauben, anver-
j

eine Zusammensetzung mit mhd.-ahd. suoch trauen, zutrauen», dazu asächs. gitrUön, gi-
m. «das Suchen, Erwerb, Zinsertrag». trüoian, ags. getreoivan, got. gatrauan «ver-

gesund, adj. (Komp. gesunder und ge- trauen». Zusammenges. mit trauen (s. d.).
sunder, Superl. gesundest und gesundest) : un- Getreibe, n. {-s): wiederholtes Treiben.
verletzt oder ungestört am Ganzen der natür- 1641 bei Schottel 499. Entsprechend mhd.
lichen Lebenstätigkeit und Lebenskraft; der •
getrip n. «Getreibe». Von treiben (s. d.).

natüi-lichen Lebenstätigkeit zuträglich oder i


Getreide, n. {-s, PI. -e): Mehl gebende
förderlich. IMhd. gesunt in beiden Bed., nur Körnerfrucht. Mhd. getregede, geträgede, ge-
<

in der ersten «unverletzt, heil» ahd. gisunt treide n. «alles, was getragen wird, Kleidung,
und gisunti, asächs. gisund, mnd. sund, ndl. Gepäck, Last», auch «Gestell zum Tragen,
gezond, afnes. sund, ags. gesund, engl, sound. Tragbahre, was der Erdboden als auf ihm
Verwandt entweder mit sänus «gesund» gewachsen trägt», z. B. Gras, Blumen usw.,
lat.

oder mit got. swmps «stark, gesund» (s. ge- überhaupt «Nahning, Lebensmittel», spätahd.
schwind). ABL. gesunden, v., mhd. ge- getragide n. «Einkünfte, Besitz». Von tragen
sunden, gesunten, «gesund machen, am
tr. (s. d.). In der Bed. «Frucht, die der Baum
Leben erhalten», intr. «gesund werden, am trägt» 1546 bei Bock Kräuterb. 2, 66^ das
Leben bleiben », Ahd.gesujiten « gesund machen ». getreid, das sind die runde zepfiin am Bircken-
Gesundheit, f., mhd. gesuntheit f. In der haum . . . das Erlen getreid. Die Bed.
Bed. «Trinkspruch auf die Gesundheit Jmds.». «KörnerfiTicht» zuerst md.im 14. Jh. getreigede,

1646 bei Philander 4, 206. ZUS. mit dem getreide n. (Freiberg. Stadtr. Kap. 42, 12 und
mhd.-ahd. Subst. gesunt m. «Gesundheit»: 49, 15) und von da im 14. und 15. Jh. nach
Gesundbrunnen, m.: Heilquelle, 1595 bei Oberdeutschland vorgedrungen, auch als Mask.
Welser- Werhchius Augsb. Chron, 13, 81 vom bayr.-östr. traid und getreid bereits im 15. Jh.

J. 1551. getreu, adj.: treu. Waä. getriuwe, getriwe,


Getäfel, n. {-s, PI. wie Sg.): Bretterbe- getriu, ahd. gitrimvi, gitrüwi: dazu asächs.
kleidung. Mhd. gefevel, n., Kollektiv von gitrimvi, ags. getreowe. Zusammenges. mit
Tafel (s. d.). treu (s. d.). Davon getreulich, adj., mhd.
Getier, n. (-s, PI. -e): Tierwelt, Tiere. getrimvelich, ahd. getriuicelih, im Adv. gitriu-
Mhd. getier n,, Kollektiv von Tier (s. d.). Ucho, mhd. getriuwe-, getruwe-, getrüeltche,
Getöse, n. (-S, PI. wie Sg.): wiederholtes bei Luther getrewlich.
Tosen (s. o.) 1537 bei DasjqDodius Getöß, PL wie Sg.): das Be- Getriebe, n. {-s,

ndrhein. im 14. Jh. gedoü, gedoys n., wozu; Triebwerk. Tu der


mhd. treiben, Antreiben
gedoß^e n, «stai'kes Geräusch, Wasserfall», 1. Bed. bei Luther, vgl. ahd. anagatrip m.
Kollektiv von mhd.-ahd. dö^ m. «Geräusch». «Antrieb»; in der 2. Bed. spätmhd. im 15. .Jli.
I

Getränk, n, {-es, PI. -e)-. Trank. Unver- getribe n. «Triebwerk der Mühle», im Berg-
kürzt Getränke n. bei Goethe Tasso 2890, bau 1562 bei Mathesius Sar. 139^ Getribe '

Paust 223. Md. im 14. Jh. getrenke n., auch «stützendes Holzgeiüst» und 1557 bei Agri-
«Trinkgelage». Dafür mhd. getraue n., auch cola Bergw. S2^ Getriebe «Räderwerk». Zu '

beiLuther 4. Mos. 6, Zusammensetzungen Trieb und treiben (s. d.), vgl. Getreibe.
3.

mit Trank (s. d.). getrost, adj.: ruhig und zuversichtlich


Getratsch[e] , Getratsch [e] , n. (-s): vertrauend. Mhd. getrost, ahd. gitröst, gidrost;
ausplauderndes Gerede. Beim j. Goethe 2, dazu mnd. getrost, getrosten, v. refl. (mit
385 und Ivindleben 1781. Von tratschen, Gen. der Sache): verzichten in ruhiger Zn-
j

tratschen «plaudern, klatschen» (s. d.). Ver- vei'sicht eines Ersatzes. Mhd. getroesten tr.
wandt mit geträsch n. «Geräusch» (15. Jh. «zuversichtlich machen», refl. in heutiger
in Städtechron. 5, 106, 15), schles. - Schweiz. j
Bed., ahd. gitrostan «trösten».
Trasch m. «LäiTn, Geschwätz», Drasch 1531 Getrünimer, n. (-s): Masse von Ti-üm-
bei Hedio Josephus Von-. mern. 1776 bei Bürger 206. Kollektiv zu I

getrauen, v. refl. {ich getraue mir oder Trümmer (s. d.). 1


713 Getto gewähren 714

Getto, m. n. {-s, PI. -s): Judenviertel. wechs, Gewechse, mhd.gewehsen. «Gewachsnes,


Aus ital. ghetto m. «Judeagasse», das von Pflanze» (nur als letztes GHed in Zusammen-
talmudisch ghet «Absonderung» stammt. setzungen), im 15. Jh. gewachs, gewechs n.,

Getümmel, verwon-nes unge-


n. (-s): in der Bed. «Wachstum des Holzes» 1506
stümes Sich -dui'cheinander- bewegen. Bei in der Bamberg. Waldordnung gewächß n.
Luther Getümel, Getümele, mhd. getumele, (östr. Weist. 6, mhd. das Fem.
417, 32): dafür
getmnmele n. Zu ahd. tumilon «sich drehen», gewahst, geioähste «Wachstum, Gewachsnes,
s. tummeln. Pflanze, Wuchs», ahd. giwahst, giwahsti f.
geuden, s. vergeuden. «Wachstum, Wuchs», Abgeleitet von wachsen
Gevatter, m. (-s, PI. -n)-. geistlicher ilit- (s. d,), wie gewächsig, adj.: Wachstum
vater als Taufpate, iihd. gevatere, gevater, fördernd, fruchtbar, 1604 bei Colenis Hausb.
ahd. gevatero m.; dazu mnd. gevadder, mndl. 3, 126 geivechsich, bei Opitz Ps. 65 geivächsig,
ghevadere, ags. gefcedera, dem kirchlich-mlat. noch wetterauisch, daneben bei Colerus 3,
compater m. nachgebildet. Die schwache 121 getvechsicht in. derBed. «schnell wachsend».
Flexion des Sg. noch im 17. Jh. Abgeleitet ZUS. Gewächshaus, n., 1712 bei Hübner
von Vater (s. d. und vgl. Gote. Pate). Als Gewächs-Hauß dafür , 1691 bei Stieler Ge-
trauHche Anrede unter Freunden und Be- wächsstube.
kannten bereits im 15. Jh. (Dekameron 583, 9 gewahr, adj., in gewahr werden: mittels
K.). Bä. Gevatter stehen: Taufzeuge sein der Sinne zum Bewußtsein von einem Dinge
(im 16. JK bei Ayrer Dramen 2469, 34 K. usw. kommen. Mhd. gewar werden, ahd.
zu Gfatter stehn) ;
fbüdlich) « vei-pfändet sein», giwar werdan, asächs. giwar weräan «ansich-
burschikos 1744 bei Melissus Salinde 167, zu tig, bewußt werden, bemerken», mit Gen.
Gevattern stehn bei Günther 167, eig. vom das Adj. mhd. gewar, ahd. und asächs. giioar
Bürgen gemeint «Bürgschaft leisten» (Gott- «beobachtend, bemerkend, aufmerksam, sorg-
helf Uli d. Pächter 310). ABL. Gevatte- fältig, vorsichtig, scharfsichtig», ndl. gewaar,
rin, im 15. Jh. gevatterin, gevätterin (De- engl, aware, zu mhd. war, ahd. wara f. «das
f.,

kameron 462, 12 u. 17 K.); dafüi- mhd. ge- sorgende Sehen worauf. Acht, Aufmerksam-
vatere, ahd. givatara f., ags. gefcedere f. keit» (s, wahren, wahrnehmen).
Gevatterschaft, f., mhd. gevater schaß f., ^Gewähr, f. (ohne PI.): das Einstehen
mnd. gevadder schap. ZUS. Gevattersmann, wofür zur Sicherheit. Mhd. geiver f. neben
m.: Gevatter, 1691 bei Stieler Gevattermann, wer f. (s. Währtnann). Zum Zeitwox-t mhd.
aber bei H. Sachs Fastnachtsp. 82, 1 ff. Gfatter- wem, ahd. iceren (s. gewähren).
mann «der Ehemann der Gevatterin». ^Gewähr, n. {-es, PI. -e) und f.: einem
geviert, partizip. Adj.: als regelmäßiges Bergbauer zum Lohne gegebnes Stück Feld,
Geviert (Quadrat) regelmäßig in bestimmtem Maße 14 Lachter lang und
erscheinend,
viereckig. Mhd. 7 breit (Adelung).
gevieret, geviert, ahd. gefierot,1562 bei Mathesius Sar.
dem lat. quadrätus nachgebildet. Zu mhd. 29^ ff. Gewer, Geivehr f. Entweder aus mhd.
vieren, das nur in der refl. Bed. «sich zu gewer f. «Gewährung» hervorgegangen oder
Vieren scharen, sich vervierfachen» belegt aus mhd. gewere, geioer f. «förmliche Ein-
ist. Substantivisch ins Geviert, im Geviert kleidung, Einsetzung in den Besitz eines
(Viereck, Quadrat), bei Luther ins, im Ge- Grundstücks (mlat. investitura f.), Besitzüber-
vierde. ZUS. Geviertmeile, f.: Quadrat- gabe, rechtskräftig gesicherter Besitz, tat-
meile, von Campe 1808 neugebildet. sächliche Innehabung desselben. Besitzrecht»,
Gevögel, n. (-S, PI. wie Sg.): Gesamtheit ahd. geiveri n. «Einkleidung in den Besitz»,
von Vögeln; Geflügel. }<lhd. gevügele, gevügel, von ahd. giwerjan und icerjan, ags. werjan,
gevögele, md. gevugele, gevogele, ahd. gifugili anord. verja, got. wasjan «kleiden, bekleiden»,
n., Kollektiv von Vogel (s. d.). urverwandt mit lat. vestlre «kleiden», gr.
Gewächs, n. {-es, PI. -e): Wachstum, ^vvucGai aus *FecvucOai «kleiden», aiiid.-aw.
Art des Wachsens, Wuchs (Lessing 1, 465); väste «er kleidet sich», armen, z-genum «ziehe
Gewachsnes, Pflanze; Ertrag an und von an, kleide mich an».
Pflanzen (bei Luther); bildlich, Nachkommen-
gewahren, v.: gewahr werden, bemerken.
schaft (Jes. 48, 19); einem Mhd. geicarn, zu mhd. icar, ahd. ivara f.
Auswnichs an
Körper, bes. einem tierischen (1516 in Städte- «Aufmerksamkeit» (s. gewahr).
chron. 25, 56, 14 gewechs). Bei Luther Ge- gewähren, v.: für Geltung und zur
;

715 Gewahrsam gewarten 716

Sicherheit einstehen (Thümmel Eeise 6, 309) geivaltsam m. «Macht, Vollmacht» und gewalt-
zuteil werden lassen, bewilligend zukommen same f. «obrigkeitliche Gewalt, herrschaft-
lassen; geiüähren lassen: unbehindert tun liches Gebiet», älternhd. «widerrechtliche
lassen. In der Bed. bei Luther geiceren, Gewalt» (bei Henisch). Gewaltseligkeit,
2.

1561 bei Maaler geiüären, 1616 bei Henisch f., bei Lessing 7, 135. ZUS. Gewalthaber,
geivehren und gewähren. Mhd. geivern «zu- m., fiühnhd. Gewaltstreich, m., 1808 bei
gestehen, was einer zu fordern hat, leisten, Campe. Gewalttat, f., zuerst 1663 bei
bezahlen, durch Leistung wozu bringen, woran Schottel 1230,dann erst wieder 1775 bei
gewöhnen, wofür einstehen, gewährleisten», Adelung, gewalttätig, adj., bei Zesen.
ahd. giweren, giweron, giweran «-leisten», zu- •Gewand, n. {-es, PI. Getcänder)-. anzu-
sammenges. mit gleichbed. mhd. wem, ahd. legendes Kleid; Tuch zu lOeidung. Älhd.
weren (auch afries. wera, wara «gewähr- gewant n. «Kleidung, Kriegskleid, Rüstung,
leisten») woher entlehnt die unter Garant Zeugstoff», ahd. (12. Jh.) nur in iadegiivant;
(s. d.) behandelten romanischen Wörter. Die dazu mnd.-mndl. gewant (entlehnt?), nach
weitere Verwandtschaft des deutschen Wortes Wunderlich DWB. dasselbe wie ahd. gitvant f.

ist unklar. Vgl. v. Bahder DWB, 13, 786. «Grenze», d. h. Ort, wo man sich wendet.
ABL. Gewährung, f., 1616 bei Henisch. Völlig verschieden von gleichbed. mhd. ge-
Gewahrsam, m. (-s): Aufsicht, Obsorge; wcete, ahd. giwäti n., dem Kollektiv von wät
leichtes Gefängnis; (veraltet) sicherer Aufent- f. (s. Wat). ZUS. Gewandhaus, n.: Ge-
halt, Wohnsitz (Mathesius Luther 64, 18 bäude zum Verkaufe von Tuch, Leinwand
Neudr.). Mhd. gewarsame f. «Aufsicht, Sicher- u. dgl. auf Jahrmärkten und Messen, spätmhd.
heit, sicherer Ort, Gefängnis» (1499 bei Halt- und md. 1365 geivanthüs n. Gewand-
aus 709). Das Fem. bis ins 18. Jh., noch SChneider, m.: Tuch- und Leinwandhändler
bei Adelung und Schiller. Zum mhd. (md.) im Kleinen, Schnittwarenhändler, mhd. ge-
Adj. gewarsam «vorsichtig, sorgsam», von wantsnider m., eig. «Tuchausschneider», ge-
gewahr (s. d.). wandsweise, s. quantsweise.
Gewährschaft, f.: das Einstehen wofür gewandt, adj.: sich leicht bewegend und
zur Sicherheit. Mhd. geiverschaft f. «rechts- helfend. 1678 bei Krämer von Pferden und
kräftig gesicherter Besitz, Innehabung mit Schiffen. Mhd. gewant «angewandt, aus-
rechtlicher Sicherheit». Zusammenges. mit schiageud wozu, zuteil geworden, beschaffen,
Geivähr f. (s. d. 1), ebenso Gewährsmann, bewandt, sich verhaltend», (mit Dat. der
m.: der wofür Einstehende, Bürge, 1663 bei Person) «jmds. Verhältnissen angemessen».
Schottel 290 G eiv ehrmann 1691 bei Stieler Part. Prät. von wenden (s. d.) und gewenden,
,

Getüärmann neben Wärmann, mhd. tverman mhd. gewenden, ahd. giwentan «umwenden,
m., noch bei Lessing 4, 90 Wehrmann. umkehren». Davon Gewandtheit, f., 1779
Gewalt, f. (PI. -en): zwingende Macht; bei Lessing Nath. 3, 4.
gesetzlose Macht. Mhd. geivalt m. und f., Gewann, f. (PI. -en): die aus ähnlich
im Md. überwiegend f., ahd. giwalt m. und f. liegenden Äckern, Wiesen oder Gärten be-
(auch bei Lutber und Henisch 1616 Mask. stehende, ein Ganzes bildende Unterabteilung
und Fem., letzteres in Luthers späteren der Flur. Entstanden (in Westdeutschland)
Schriften vorwiegend, bei Duez 1664 und aus Gewand f., noch in Nürnberg «Acker-
Stieler 1691 nur Fem., aber noch Dornblüth beet», d. h. «Pflugland bis zu den Pflug-
1755 verlangt das Mask.); dazu asächs. gkcald kehren, die seine Grenze bilden», mhd. ge-
f., mnd. geivaU, geweläe f. n., ags. geweald wände f. «Acker, Ackerbeet, Grenze, Umkreis»,
m. n. Von walten (s. d.) ABL. gewaltig, aber ahd. giwanta f., giwant m. «Bewandtnis»,
adj., mhd. gewaltec, gewaltic, selten geweltic, eig. «Wendung»; dazu asächs. giwand n. «Ende,

md. geiveldic, ahd. giwaltig, giiv eltig, im Adv. Zweifel, Bewandtnis». Vgl. Gewende.
gewaWgo, mnd. geweldich, geivaldich: davon gewarten, v.: warten (Schiller, Bürg-
gewaltigen, v.: unter seine Gewalt bringen, schaft 111). Veraltet. Mhd. ^e?t'arfe?i« worauf
bewältigen (Goethe Wahlverw. 1, 13 usw.), schauen, (mit Dat.) wonach ausschauen, (mit
mhd. gewaltigen, geweitigen; in der Bed. Gen.) schauend achthaben, sich wessen zu
«bevollmächtigen» gewaltigen bei Adelung. jmd. versehen, sich bereithalten», ahd. gi-
gewaltsam, adj., im 15. Jh. in der Rechts- tvarten (mit Gen.) «sich wessen versehen,
sprache, mhd. nur in den abgeleiteten Subst. achthaben auf, (mit Dat.) sich bewahren,
717 Gewäsch gewieft 718

sich hüten». Davon gewärtig, adj.: etwas neben mhd. gewerp m. (auch geiverf. gewerft)
erwartend (mit Gen., selten Akk.j; zu Befehl «aufgetragnes Geschäft, Tätigkeit um des
stehend, zum Dienst Erwerbes vrillen, Bewerbung, Truppenwer-
bereit fmit Dat.). ^Ihd.
geivertic in beiden Bed. gewärtigen,
bung, Verhandlung vor Gericht, Vertrag»,
v.,

bei Lessing Nath. 2, 1. 1451 gewerbe PI. «die Drehachsen der Tore».
Grewäsch, jetzt überwiegend gegenüber Von werben (s. d.). ABL. gewerblich,
Gewäsche, n. (-s, PI. wie Sg.): geist- und adj., bei Campe 1808 als neu.
gehaltloses Gerede. Bei Luther Geivesck, Gewere, f., s. Gewähr 2.
Geivesche n. Von spätmhd. (15. Jh.) waschen, •

Gewerk,
n. {-es, PI. -e): Gesamtheit der
weschen «schwätzen» (s. ivaschen). Werkgeschäft Betreibenden Gesamt-
\
einerlei ;

Gewässer, n. (s, PI. wie Sg.) Wasser- heit der Meister eines Gewerbes oder Hand-
:

masse, Wasserlauf. Spätmhd. getvezzere n. werks. L'nverkürzt Gewerke n., hervorge-


Kollektiv von JVasser (s. d.). gangen durch Anlehnung an das Mask. Ge-
Gewehe, n.(-s, PI. wie Sg.): fortgesetztes ivei'ke (s. d.) aus md. gewerke n. «vollendete
Weben Gewobenes. In letzter Bed. mhd. Arbeit, Gewebe, Bau», 1616 bei Henisch
;

gewebe n., ahd. gaicep, giivebe n. Von ivehen. «Gewerck, Tagarbeit», ahd. giwirchi «Bau-
Gewehr, n. (-s, PI. -e): Kampfwaffe; arbeit», asächs. giicirki n. «Tätigkeit, Arbeit,
Feuerwaffe; die untern Eckzähne des männ- Werk», einer Ableitung von wirken (s. d.),
lichen Wildschweins, die Hauer (1719 bei verschieden von ahd. ^m'erc/( n. «Werk», asächs.
Fleming Jäger 2, 107, dafür 1582 bei Feyer- giwerk n. «Tun, Handlung, Werk, Bauwerk»,
abend Weidwerkb. 1, 59 ^ das Gewäff, 3, 88*' ags. geiveorc, gewere n. «Werk, Bauwerk,
das Geicerf). Mhd. geiver n., gewere f. «Wehr, Barg», einer Zusammensetzung mit Werk.
Verteidigung, Waffe, Verteidigungs-, Befesti- Gewerke, m. (-«, PI. -n)-. Bauhandwerker:
gungswerk», ahd. giiver n. «Kampfwaffe, Inhaber von Kuxen eines Bergwerks. Ein
(Treib-) Stachel». Von Wehr (s. d.). mitteldeutsches Wort, schon im 13. und 14. Jh.
,

Geweih, n. (-es, PI. -e): die Homer desi md. geiverke m. «Handwerks-, Zunftgenosse,
Hirsches. 1562 bei Spangenberg Jagteuffel Teilhaber an einem Bergwerk». Von Werk
Q4* Geweihe n., mhd. gewige. gewihe (Kolm. (s. d.). ABL. Gewerkschaft, f.: die sämt-
Meisterl. 190, 57), auch hir^gewige, hirggewic, lichen Ge werken einer Bergzeche, 1562 bei
md. hirsgewie n. Urspiünglich «Kampfwaffe Mathesius Öar. 98^ u. 139^ Gewerckschaff't;
des Hirsches», Kollektiv von mhd. wie m, n., Arbeiterverband, 1868 aufgekommen als Gegen-
j

ahd. wig, wie m., asächs. wig m., ags. wlg n., bildung gegen die von M. Hirsch ins Leben
anord. vig «Kampf, Schlacht, Krieg», zu gerufenen GewerkTcreine.
n.

ahd. ivtgan, mhd. ivigen, ags. wlgan, got. ^Gewicht, n. (-es, PI. -e)-. Geweih des
weihan «kämpfen, streiten». S, ^Getcicht. Hirsches. Weidmännisch. 1587 im F-aust-
Gewende, n. (-s, PI. wie Sg.): Stelle der buch 76, bei Gilhusius Grammatica 1597 S. 64
Pflugwende oder Pflugkehr, Ackergrenze; u. 83. Mit ableitendem t von ahd. wigan
Acker seiner Länge nach bis zur Pflugkehr. (s. Geweih).
Mhd. gewende f. «Wendung, Abgang» und "Gewicht, n. (-es, PI. -e)-. Schwere: Maß
gewende n. «Ackermaß einer Landgebreite, der Schwere; festbestimmtes Metallstück als
bis der Pflug gewendet werden muß», 1482 Norm beim Abwiegen oder als Anhängsel
im Voc. theut. bb2*' und m6* gewende, ge- zum Beschweren. Unverkürzt Gewichte n.
wendt «Maß der Weite, soweit ein Roß läuft» bei Haller 38. Mhd. gewihte, geiciht n. (auch
(roßlauff, Stadium). Ja Ostpreußen ehemals bildlich); dazu mndl. geicichte, ndl. gewigt,
ein Flächenmaß von ^j^^ Morgen oder 30 ags. gewiht n., engl, weight, mnd. wicht f.,
Quadratfuß (Baczko Preußen 2, 134) und ein anord. vcett f., (entlehnt) schwed. vigt, dän.
Längenmaß von 60 Ruten oder V.j^ Meile vegt. Von wiegen (s. d.). In der Bildung ent-
(Frischbier preuß. Wb.). Von wenden (s. d. spricht lat. vectis m. «Hebel, Hebebaum».
und vgl. Gewann). ABL. gewichtig, adj., 15f;i bei Maaler,
Gewerbe, n. (-s, PI. wie Sg.): Dreli-, clevisch 1477 gewichtich.
Bewegungspunkt wovon; Betrieb und Be- gewieft, adj.: gewiegt; gewandt, schlau.
schäftigung als Nahrungszweig (Erwerb). In denWörtei-büchern nicht verzeichnet. Wohl
Mhd. gewerbe n. «Wirbel, Gelenk, Geschäft, von wiebeln (s. d.) «sich hin- und herbewegen».
Tätigkeit», dann 1408 " Truppen werbmig», Mundartlich götting.-waldeck. geioipt.
719 gewlegt Gewissen 720

gewiegt, partiz. Adj. worin wohlerfahren, Leiden sein, laut klagen, angesti*engt und
:

gleichsam von Kindesbeinen an. 1561 bei mühevoll arbeiten, kämpfen, erlangen», mhd.
Maaler gewieget in gerichtshendlen «homo ivinnen «sich abarbeiten, wüten, streiten»;
fori alunmus». Part. Prät. von nihd. wigen dazu asächs. und ags. winnan «leiden, er-
«wiegen, in der Wiege schaukeln». tragen, ringen, kämpfen, kämpfend oder ar-
gewierig, gewährend, zustimmend. beitend erringen», engl, win, afries. winna
adj.:

In der Kanzleisprache. 1612 bei Diefenbach- «erlangen, erreichen», anord. vinna, schwed.
Wülker 619 gewierig. Von gewähren (s.d.). vinne, dän. vinde «ausrichten, vollfükren,
^^

Grewild, n. {-es): Gesamtheit von Wild; arbeiten, bearbeiten, überwinden, über-


ein "Wild (Jagdtier). Spätmhd. gewilt n. treffen», got. winnan «Schmerz empfinden,
kollektiv, 1541 bei Frisius 364^ ein Geivild. leiden». Die Wurzel iven kehrt in gleicher
Kollektivbildung von Wild n. (s. d.). Aber Gestalt, aber in abweichender Bedeutung in
mhd. gewüde n. «Wildnis, Wildheit», vom den verwandten Sprachen und im Germ,
Adj. wild (s. d.). wieder. Meringer Idg. Forsch, 16, 181 geht
gewillt, in gewillt sein : den Willen, Ent- von einer Grundbedeutung «ackern» aus,
schluß wozu haben. Schon mhd. gewilt sin. unter der sich die verschiedenen Bedeutungen
IVIhd. gewillet, gewilt ist Part. Prät. von mhd. von «sich mühen», trohnen (s. d.), Wonne
wülen «willig machen», refl. (mit Gen. der (s. d.), gewöhnen «sehr wohl vereinigen lassen».
Sache) «sich wozu entschließen, wozu neigen», Vielleicht entspricht lat, cönor aus *covenor
ahd. willeon, willön «zu Willen sein, will- dem germ. Wort genau. ABL. Gewinner,
fahren, geneigt sein», abgeleitet von Wille. m., mhd. gewinner m. Gewinst, m. (-es,
Crewimmel, n. (-s), mhd. gewimmel n., PI. -e), bei Luther W, 6, 449 und Weish, 15, 12.
von wimmeln (s. d.). ZUS. Gewinnsucht, f., 1711 l)ei Rädlein;
Gewinde, n. (-s, PI. wie Sg.): Gewun- gewinnsüchtig, adj., 373^ J.
Ijei Luther 2,

denes; sich Windendes. 1616 bei Henisch geicinssüchtig, l)ei Henisch 1616 gewinsichtig
«Gewind, Schrauben, Waltzen». Von winden. «der nur allein auff gewin sihet».
Gewinn, m. [-es, PI. -e)-. das Gewonnene. Gewirr, Gewirre, n, (-s, PI. -e): Ver-
Mhd. gewin m. «Ei-langung, Erlangtes, Erwerb, wirrung; Verworrenes. Bei Luther Gewirre
Vorteil, Nutzen», ahd. ga-, giwin m., zunächst und Gewerre, mhd. gewerre m. und n., spät-
«Kampf, Anstrengung, Arbeit», dann «Erlan- mhd.^ gewier n., mnd. gewerre, geiver n. Von
gung durch Sieg, Erlangtes, Erwerb»; dazu wirren (s. d.).
asächs. giinn n. «Streit, Feindschaft», mnd. Gewissen, n. (-s, PI. wie Sg.)-. das sitt-
gewin m. n. «Erwerb, Pachtung», ags. ge^vin liche Bewußtsein. Mhd. getviß^en n. «das
n. «Kampf, Anstrengung, Mühe, durch Mühe Wissen, die Kenntnis, Erkenntnis», der als
Erlangtes». Von gewinnen, v. (Prät. gewann, Substantiv gesetzte Inf. des mhd. Zeitwortes
Konj. gewänne und gewönne, Part, geivonnen): geivi^^en, ags. geivitan «wissen». In dieses
durch Arbeit und Mühe, dann überhaupt Neutr. aber ging völlig über das mhd. Fem.
durch Tätigkeit oder durch Glück wozu geicig^ene, meist gewiggen (auch schon ge-
gelangen oder es erstreben, erlangen; ein wissni, gewissen) «Wissen, Kenntnis, Mit-
Mehr im A''ergleiche zu dem Aufgewandten wissenschaft, Erkenntnis des sich Schickenden,
erlangen; ringend gegen Widerstand zum inneres Bewußtsein und so in der heutigen
Obern werden. ^Ihd. gewinnen «siegen, dui'ch Bed.», ahd. gewig^em f. «sittliches Bewußt-
Sieg, Mühe, Arbeit wozu gelangen, anschaffen, sein», in Bedeutung und Bildung deni lat.
verschaffen, erwerben, in die Gewalt be- conscientia f. entsprechend und von dem
kommen, durch Rechtsverfahren erlangen, ahd. Adj. giwi^gan, mhd. gewi^^en «bewußt,
gerichtlich überwinden», ahd. ga-, giwinnan verständig» abgeleitet, zu wissen (s. d.) ge-
(Prät. giwan, PI. giiounnun, Konj. giivunni, hörig. Gleichbedeutende andere Bildungen
Part, giwiinnan) «durch Kampf, Mühsal, An- im Ahd. sind die Fem. giwl^^a, giivi^gida,
strengung erlangen», dann «überhaupt erlangen, giwi^geli und das Neutr. giwizzi, dafür got.
in Besitz nehmen»; dazu asächs. giwinnan mipwissei f. ABL. gewissenhaft, adj.,
«durch Arbeit erreichen», afries. gewinna 1641 bei Schottel 315. gewissenlos, adj.,
«erlangen», ags. geivinnan «kämpfen, durch ebd. 357 aus Luthers Schriften. ZUS. Ge-
Kampf erlangen, erobern, erringen», got. WiSSenshiß, m., 1691 bei Stieler, vgl. Hiob
gawinnan «leiden». Von ahd. winnan «in 27, 6.
;

721 gewiß Gewürm 722

gewiß, außer allem Zweifel; Voc. theut. m5^ gewanheit, ahd. giiuona-,
adj,: wirklich,
zuverlässig; bestimmt, festgesetzt; keinen giwoneheit f.: dazu and. giwonohed, ndl. ge-
Zw^eifel hegend, sicher; ii-gendein. '^Ihd.gewis woonheid f. In gleicher Bed. ahd. giwona,
«wirklich, zuverlässig, sicher», ahd. giwis und mhd. gewone, geicon, gewan
mnd. gewonte, f.,

wis (in umvis), im Adv. mhd. gewisse, ahd. gewante f. gewöhnlich,


mhd. gewone- adj.,
giwisso; dazu asächs.-afries. wis, and. giivisso, lich, gewon-, gewönlich «der Gewohnheit gemäß,
ndl. wis, gewis, ags. gewiss, anord.-schwed.-dän. hergebracht»; dazu ags. gewunelic, aber mnd.
viss « sicher und unviss «unsicher», got. nui' in gewontlik. gewohnt, Nebenform des alten Adj.
-y

unwiss «ungewiß». Alte Partizipialbildung gewohn, an dessen Stelle es tritt, der Form
zu wissen (s. d.), urspr. «gewußt, sicher ge- nach zugleich Part. Prät. von geivohne^i (s. d.),
wußt», ABL. Gewißheit, f., mhd. gewis- bei Luther gewonet, 1482 im Voc. theut.
lieit, ahd. giwisheit f. gewißlich, adv. I)ei m 5^ gewanet, vereinzelt schon md. im 14. Jli.
Luther, mhd. gewislich Adj., gewisltche, ge- gewonet (Jeroschin 21723), mnd. gewant. Ge-
Adv., ahd. giwislicho Adv.
luisselichen wöhnung, f., 1541 bei Frisius Q9^ Gewenung.
Gewitter, n. {-s, PI. wie Sg.): Wetter Gewölbe, n. (-s, PI. wie Sg.): hohlrund
mit Blitz imd Donner. Mhd. gewitere, gewiter, gemauerte Decke, sowie der darunter be-
ahd. giwitiri n. «Unwetter», noch bei Luther schlossene Raum; Kramladen, urspr. mit ge-
Gewitter im Sinne von «Wetter, Witterung»; wölbter Decke (Leipz. Urkundenbuch 1, 435
dazu ags. geweder, geivider n. « Unwetter >\ vom J. 1484). In der 1. Bed. bei Luther
Kollektiv von Wetter (s. d.). ABL. ge- Geweihe, Geivelb, 1664 bei Duez Geweih, 1678
wittern, V., bei Campe aus Schiller. Krämer Gewölh, wie bereits im Laurin
bei
GewOge, n. (-s) : das Hin- und Herwogen.
(Straßburg 1509) gewölh neben gewelh, mhd.
Ende des 18. Jh. bei Matthisson Ged. 122. gewelbe, ahd. giicelbi n. Zu wölben (s. d.).
Von wogen (s. d.). Der Plur. bisweilen Gewölber (Lessing 10, 66,
gewogen, Adj.: wohlwollend zugeneigt. HaUer 61, Zachariä Phaeton 1, 54).
1593 Braunschweig ungerat. Sohn
bei J. V. Gewölk, n. {-es, PI. -e): Mehrheit von
4, 3. wägen (s. d.) Wolken. Gewölck 1616 bei Henisch, imver-
Eigentlich Part. Prät. von
im Sinne von «zuwägen». ABL. Gewogen- küi'zt Gewölke n. bei Goethe Iph. 1753, Schiller
heit, f.: Zuneigung, 1616 bei Henisch. 11, 82, bei Luther Gewolcke, Gewölcke, Ge-
gewohnen, v.: gewohnt werden, sich wülcke, auch Gewolcken n. Mhd. gewülke,
gewöhnen. Noch bei Luther, Alberus und gewölke n., älter gewulkene n., Kollektiv von
Frisius 1541 geiconen, jetzt veraltet. Mhd. mhd. wölken, wulken n. «Wolke» (s. d.).
gewonen, ahd. giwonen, asächs. giwonön, ags. Gewölle, n. (-5, PI. wie Sg.): Auswurf,
gewunian «an einem Orte sich dauernd auf- den die Raubvögel täglich in der Frühe aus
halten, bleiben, verweilen, verharren» (s. dem Kröpfe speien, aus Unverdaulichem wie
wohnen), dann «gewohnt sein». Abgeleitet Haaren, Federn usw. bestehend. 1558 bei
vom älternhd. Adj. gewohn, mhd. gewon, auch Heuslin Vogelbuch 183^ Gewäll, 1582 bei
gewone, gewan, ahd. giwon (in der uhd. Schrift- Feyerabend Weidwerkbuch 2, 53^ Gewöll, aber
sprache verdrängt durch gewohnt, aber noch 1741 bei Frisch Gewell n. Mhd. geioelle,
noch in md. Mundarten gewohne; dazu asächs. gewel n. «Brechmittel füi" den Falken und
giwono, giwuno, mnd. gewone, gewonen, gewanen, Gebrochenes (Gewölle)», von mhd. wüllen,
nd\.gewoo7i, ags.gewun, anord.uawr «gewohnt». md. wollen, loillen, ahd. wullon und tcillon
Von diesem Adj. stammen auch die folgenden «Ekel empfinden, Übeisein oder Erbrechen
Wöi-ter: gewöhnen, v.: gewohnt machen, haben», aber wohl mit Anlelmung an mhd.
bei Luther und Henisch 1616 gewenen und wellen, ahd. icellan «wälzen, rollen» (ahd.
gewehnen, 1541 bei Frisius gewennen und ge- grweZn. «Zusammengerolltes», wie Schlangen-
icenen, 1618 bei Schönsleder geioönen und geringel, hohle Wogenkämme, Pechklumpen).
gewenen, 1664 hei Duez gewöhnen und ge- Gewühl, n. (-s): anhaltendes Wühlen;
wehnen, aber noch bei Stieler 1691 bloß ge- wirres Durcheinander. Unverkürzt Gewühlen.
wejien. Mhd. gewenen, ahd. giwennan; dazu bei Schiller 11,372. Bei Henisch 1616 Getvuel
and. ^«rermia/i «sich gewöhnen», nd\. gewennen, «Gemenge des Volcks». Von ivühlen (s. d.).
ags. gewenian und wenian, anord. venja (Prät. Gewürm, n. (-s, PI. -e) : Würmermenge
vanda). Gewohnheit, mhd. gewone-, dann der Wurm (bei Luther, Schiller). Bei
f.,

gewonheit, im Schwabenspiegel und 1482 im Luther Geivürm, mhd. gewürnie n. «Menge


Wbijjaiiil, Deutsches WuiterbucL. 5. Aufl. 46
:

723 Gewürz Gicht 724

von Würmern, von kriechenden Tieren über- Maschine zum Kriegsgebrauch», zusammen-
haupt, von Schlangen oder Drachen», Kol- ges. mit Zeug (s. d.).
lektiv von Wurm (s. d.). Geziefer, n. (-s, PI. wie Sg.): kleines
Gewürz, n. (-es, PI. -e): scharfen ange- unansehnliches Getier (Goethe 17, 19). Früh-
nehmen Geschmack mitteilende Speisezutat nhd. Gezifer (Schmeller- 2, 1087). S. Un-
aus PflanzenstofFen. Bei Luther Gewürtz, im geziefer.
15. Jh. bei Wyle 279, 3 geivürtz n. Kollektiv geziemen, v. (Präs. es geziemt, Prät.
von Würz (s. d.), aber in seiner weitern Ent- geziemte, Part, geziemt, mit Dat. der Person)
wicklung als Substantivbildung zu würzen nach gebildeter Ansicht passend sein. Bei
(s. d.) empfunden. ZüS. Gewürzkrämer, Luther gezimen, gezymen, 1522 bei Murner
m., 1616 bei Henisch. Gewürznelke, f., Luth. '^avr 3384 gezimmert, aber mhd. stark-
1741 bei Frisch 2, 6^ der PI. Gewürz-Nelken fiekt. gezemen «angemessen sein». S. ziemen.
neben Würz-Nelken 461'', 1691 bei Stieler geziert, Part. Prät. von sich zieren als
Geivürznägelein (s. Näglein, Nelke). Adj.: allzu zierlich. In der altern Bed. «mit
Gezäh, Gezähe, n. (-s): das gesamte Auszeichnung verschönert» um 1480 im Voc.
Werkzeug des Bergmanns. 1693 bei Schönberg ine. teut. i 7 ^ gezyrt. S. zieren. Dazu Ge-
Berg-Info rm. 2, 44 Gezähe, 1669 in der kurköln. ziertheit, f.: überzierliches Benehmen, im
Bergordn. 7, 25 Gezeu, in einem alten sächs. 19. Jh., aber 1628 bei Münster Cosmogr.
Bergreien bei Döring 2, 60 Gezäiie, 1562 bei S. 1122 Gezierdtheit f. «Zierat».
Mathesius Sar. 196^ Gezaw n. Mhd. gezouwe, Gezimmer, n. (-s): Gesamtheit bearbei-
gezowe n. «Gerät, Werkzeug», im 14. Jh. teten Bauholzes; aufgeschlagner Holzbau; im
gezaive, md. im 14. Jh. gezöu, thüring. 1447 Bergwerk die Zimmerung, Holzstützen, Trag-
gezauge, dazu mnd. getoutoe, getow n. «Ge- stempel (1617 bei Löhneyß Bergw. 9); vieles,
schirr, Gerät jeder Ai't». Von mhd. zomven, wiederholtes Zimmern. Mhd. gezimber, ge-
zöutven «tun, machen, fertigmachen, bereiten », zimmer und ahd. gazimhari, gizimbiri n. «Bau-
ahd. zaujan, zoujan «machen, bearbeiten, ver- materialien, Bauholz, Bau, Gebäude». Ab-
fertigen»; dazu mnd. touwen «Leder bereiten, geleitet von Zimmer (s. d.), in der obigen
weben», ags. tawiari «bereiten, zurichten», letzten Bed. aber von zimmern (s. d.).
auch «übel zurichten», engl, taw «weißgerben, gezogen, Part. Pass. von ziehen (s. d.)
durchpi'ügeln», anord. toeja, tyja als Adj.: mit schwachgewundnen Zügen oder
«helfen,
nützen», got. taujan «tun, bewirken». Weitre Längsfurchen versehen. 1590 bei Fischart
Anknüpfung in den verwandten Sprachen ist Garg. 286 geschraubte oder gezogene Büchsen.
unsicher. Vgl. Osthoff Idg. Forsch. 5, 282, Gezücht, n. (-es): aufzuziehendes oder
Lorentz ebd. 342. aufgezognes Gezeugtes. Nur in verächtlichem
Gezänk, n. (-es, PI. -e) vieles, wiederholtes Sinne. Bei Luther 8, 268 Weim. Getzichte und
-.

Zanken. Mhd. gezenke n. Von zanken (s. d.). Matth. 3, 7 Ottergezichte, mhd. selten gezühte
Gezeiten, PL: der Wechsel von Ebbe n., Kollektiv von Zucht (s. d.), mhd.-ahd.
und Flut. Norddeutsch, mnd. getide n. «Flut- zuhti. «Aufzuziehendes, aufzuziehende Junge».
zeit», entsprechend mhd. gezit f. n. «Zeit, Gezwatzer, n. (-s) wiederholtes Zwatzern
:

festgesetzte Gebetstunde (horae canonicae), (s. d.), bei Goethe 16, 3.


Zeitlauf, Begebenheit». Zgs. mit Zeit (s. d.). Gezwerg, n. (-es, PI. -e): Gesamtheit
Gezelt, n. (-es, PI. -e): das Zelt (s. d.). von Zwergen (Goethe Gezwerge n. als Kol-
Mhd. gezelt, ahd. gizelt n. lektiv 25, 1, 151); Zwerg. Mhd. getwerc n.
Gezerre, n. (-s): vieles, wiederholtes (md. m.) und ahd. gitwerc n. «Zwerg», zu-
Zerren. Bei Luther 7, 266'' Jen. Md. im sammenges. mit twerc Ziverg (s. d.).
18. Jh, gezerge n., im 14. Jh. gezarre n. «das Gezwitscher, n. (-s): das Zwitschern
Reißen, Zerren». Kollektiv von zar m. «Riß» (s. d.). 1664 bei Duez 1, 471*^ Gezwitser
und Substantivbildung zu zerren (s. d.). der Vögel.
Gezeug, n. (-es): das gesamte Werkzeug ^Gicht, f. (PI. -en): im Hüttenbau, auf
des Bergmanns (vgl. Gezäh); Gestein- und den Hochofen führender Gang zum Hinauf-
Wasserhebemaschine im Schacht. In der schaffen der Kohlen und Eisensteine. 1712
1. Bed. 1617 bei Löhneyß Bergwerk 10, in bei Hübner. Nach Weigand von gehen wegen
'

der 2. Bed. 1557 bei AgncolaBergwerkb.l22f. mhd.giht f. «Gang, Reise» und in Zusammensetz.
Mhd. geziuc m. u. n. «Gerätschaft, Werkzeug, kirchgiht f. «Kirchgang», sunne-, sunngiht f
725 Gicht Gienmuschel 726

«Sonnengang, -wende» (Johannistag), neben gicheln (s. kichern) und gackeln, 1616 bei
ahd. gälit (in hettegaht f. «Bettgehzeit»), got. Henisch gicMen, gicheln oder gachlen «cachin-
gäMs f. »Gang» (nur in framgähts f. « Fort- nari, d. h. schallend oder roh lachen».
gang »,imiaf^ä/«fe f. «Eingang»), wie ahd. gingen gicksen, kicksen, V.: feinre unartikulierte
«nachfolgen» neben ahd. gangan «gehen». Töne aus der Kehle ausstoßen. 1537 beiDasy-
Bei dieser Erklärung maßte mhd. giht an- podius gigtzen, mhd. gigzen, gichzen, gichsen,
gesetzt werden, was nicht möglich ist. gekzen, ahd. giccazan, noch um 1480 im Voc.
"^Gicht, f. (PI. -en): Aussage, Bekenntnis, ine. teut. i7^ gikatzen. Im Ablaut zu diesem
Geständnis. Xoch bei Frisch 1741, aber be- Wort steht gacksen (s. d.), bei Fischart Nachtr.
reits 1775 bei Adelung als veraltet. ÄIhd. 3645 gichsen und gachsen, wie schon mhd.
giht, ahd. jiht f., mnd. gicht f., abgeleitet von bei Gottfr. v. Xeifen 52, 13 u. 22 gigen gagen
ahd. jehan, gehan «sagen, aussagen», mhd. als interjektionelles Lautspiel. Dazu die BA.
jehen, gehen, asächs. gehan (vgl. Beichte). er loeiß weder Gicks noch Gacks (Wieland
ABL. gichtig, adj.: eingestehend, geständig. 18, 150), «er ist tümmer als eine Ganß» (Räd-
Veraltet, aber noch 1741 bei Frisch. 3klhd. lein 1711), 1691 bei Stieler weder Gigs noch
gihtic, ahd. jihtig, gihttg, mnd. gichtich,jichtich. Gags, 1589 bei Paracelsus Schriften 2, 80
ZUS. Gichtzettel, m.: ärztlicher Fundzettel, iveder gykes noch gagkes, sowie der mund-
Bericht über den Befund der Vfunde usw., arthche Ausdruck Gickgack ra. «Gans», mhd.
1741 bei Frisch, noch, in pommerischen Akten gigä als «Schrei der Gans». Gicksgacks,
des 19. JE. m.: inhaltleeres Gerede, alberaes Geschwätz,
'^Gicht, f. (mundartlich n., Gen. -es, PI. als Titel eines obd. Flugblattes um 1620
-er): Gliedersucht, ki-ampfhaftes Gliederreißen. Sieben lächerliche Geschnälz oder Gikes gakes
Mhd. giht n. (selten f.) neben dem Kollektiv Ofenloch, 1663 bei GiyiDhius Horrib. 68 Kicks-
gegihte md. gicht f. (einmal m.), bei Luther,
n., kacks m., 1510 bei Keisersberg Has im Pfeffer
Albei-us, Duez, Stieler Fem., bei Weckherlin Cc7^ gickerliß geckerliß. Gickshusten, m.:
1, 494 Neutr.; dazu mndl. und nndl. jicht f., Keuchhusten.
ags. gicßa, gihpa m. «Gliederlähmung». Spät- ^Giebel, m. (-s, PI. wie Sg.): oberste
mhd. und älternhd. auch im Sinne von «Schlag, Raumspitze zwischen den Dachseiten. Mhd.
Schlagfluß» (1421 bei Diefenbach nov. gl. 280*, gibel, md. auch gebel (noch 1517 bei Trochus
1664 bei Duez), ebenso mnd. gicht f. (auch PI* gebbel), ahd. gibil m. «Stirn- oder Vor-
Diefenb. gl. 412*), vgl. gichthrüchig. Die dei'seite», auch «Erd- oder W^eltachse (Pol)»;
Herkunft ist unaufgeklärt. Im oberd. Volks- dazu and. gibillai., mnd. und ndl.gevel, anord.
mund der PI, Gichter «Krämpfe, Zuckungen, gaß m. «Giebel», got. schwachflekt. gibla m.
bes. bei Kindern», 1756 bei Albr. v. Haller «oberste Spitze, Zinne». Gleichen Stammes
Onoraatologia medica 1, 474, bei Schiller 1, wie mhd. gebel, ahd. gebal m. «Schädel, Kopf»
162, 34. ABL.
gichtiSCh, adj.: gichtartig, neben ahd. gibilla f. «Schädel», urverwandt
1775 bei Adelung, dafür 1691 bei Stieler mit gr. KeqpaXr) f. und raakedon. (bei Hesychius)
gichtig, mhd. gihtic «gichtbrüchig», gichterig, faßaxd f. «Kopf». ZUS. Giebelwand, f.,
gichterisch, adj.: gichtartig, von der Gicht mhd. gibelwant, md. gebelwant.
oder von Gichtern befallen, 1725 bei Bräuner ^Giebel, m. (-5, PI. wie Sg.), auch f.
Thesaui'us sanitatis 49 und bei Schiller Räuber (PI. -n): die Steinkarausche, Cyprinus gibelio.
2, 1 gichtrisch, bei Grillparzer Ahnfrau 3 In Xorddeutschland. 1615 bei Colerus Hausb,
gichtrich. ZUS. gichtbrüchig, adj. glieder- 5, 295 Gybel, dafür 1563 bei Forer Fischb. 166^
:

lahm mit Schmerzen verbunden. Bei Luther Gilblichen (nach der gelben Farbe). Neben-
gichtbrüchig «vom Schlage gelähmt», ebenso form Gieben m., ahd. guva, aus lat. gobio m.;
in der Bibel 1483 Bl. 497^ (Luk. 5, 18) gicht- dazu franz. gibele f.

hrüchig, md. im von md.


14. Jh. gichtbruchig, Gienmuschel, f. (PI. -n): eine Art See-
gichtbroch f., bei Luther Gichtpruch f. «Läh- lmuscheln, auch Gaffer oder Venusmuschelu
mung mit Gliederreißen», vgl. rad. im 14. Jb. I
genannt. 1775 bei Adelung. Zusammenges.
äi gicht hatte di frouwe gebrochin ivol sibin
'

mit spätmhd. gienen (1429 im Lib. ord. rar.

jär (Ködiz 77, 32). 1


28*-'), mhd. ginen, ahd. ginen «gähnen» (s. d.).

Gickelgackel , m.: kicherndes Lachen i


Ähnlich ist die gr.-lat. Benennung chäma,
mit ernstlosem Benehmen. Bei Lessing 1, gr. xnMH f- «Gienmuschel», urspr. das «Gähnen»,
357. Bildung mit Ablaut von gickeln neben !
zu gr. xaiveiv «gähnen».
•46*
;

727 Gier Gimpe 728

f. (ohne PL)
Gier, starkes, heftiges, sinn- f. und n. m. «Gift»); daneben auch Mask.,
:

liches Streben wonach. Mhd. gir und ger f., bei Luther, P. Fleming 388, Günther 6 und
auch frühmhd. kir, ahd. giri, kiri f.; dazu 381, Haller 155, j. Goethe 2, 29 und 3, 334,
asäehs. giri f. (in fehogiri «Gier nach Reich- Schiller Kab. 5, 7, bes. in der Bed. «Bos-
tum»), mnd. gir m. Abstraktbildung aus heit, tötlicher Haß, Zorn» (bei Luther Gifft
dem und giri, mhd. ger und und Galle). Es ist dasselbe Wort wie ^Gift,
Adj. ahd. ger
glre «verlangend, begehrend, gierig», noch wie auch vergeben (s. d.) schon mhd. und
ostmd. geier (s. Geier), mnd. ger tmd gir, ahd. in der Bed. «vergiften» gebraucht wird.
verwandt mit ge^'n (s. d.) und dem Zeitwort Die altern Ausdrücke für Gift waren ahd.
mhd. gern, ahd. geron «begehren». Ebenfalls eitar n. (s. Eiter) und luppi n. (s. Lab). ABL.
aus diesem Adj. gebildet ist Gicrde, f., giftig, adj., mhd. giftic, bei Luther in der
mhd. girde, auch schon gier de, md. ger de, Bed. «boshaft», ZUS. Giftmischer, m.,
ahd. girida f. (woneben selten giridi f.) hef- 1741 bei Frisch.
tiges Verlangen, im Ahd. auch «Habsucht», Gigant, m. (-en, PL -en): ungeheui-er
and. giritha f. «Begierde, Verlangen». ABL. Riese. Mhd.-ahd. gigant m. ; dazu ags. gigant
von gieren, V., spätmhd. girn, im m. Aus gr.-lat. Gigäs (Gen. Gigantis), gr.
Grier:
15. Jh. gieren, mnd. giren. gierig, adj., mhd. fiYoc m. «himmelanstürmender Riese», woher
giric, ahd. girig, afries. gyrig, mnd. das Adv. auch afranz. und aengl. geant, nfranz. geant,
girichliken; davon Gierigkeit, f., mhd. und engl, giant, ital. gigante m. Davon gigan-
mnd. giricheit, md. girekeit, afries. giriched f. tisch, adj., bei Wieland, Schiller.
gießen, v. (Prät. goß, Plur. gössen, Konj. Gigerl, m. (-s, PL -s): Stutzer. In den
gösse, Part, gegossen) als Flüssigkeit laufen
: 90 er Jahren des 19. Jh. von Wien aus ver-
Flüssigkeit oder flüssiges Metall laufen machen. breitet, von mhd. giege, giegel m. «Narr».
Mhd. gießen, ahd. gio^an; dazu asäehs. giotan, Vgl. Ladendorf.
mnd. geten, ndl. gieten, afries. giata, ags. geotan, Gilbe, f. (ohne PL): gelbe Farbe. Mhd.
got. giutan «gießen», anord. gjöta «Junge gilwe, im 14. Jh. gilbe, ahd. gelawt, giliwi f.
werfen». Urverwandt mit gr. x^eiv «gießen», Von gelb (s. d.). gilben, v.: gelb färben,
xOjaa n. «Guß, Flüssigkeit», lat. fundere (Perf. gelb werden, mhd. gihven, frühnhd. gilben.
fudi) «gießen», aind. hu «gießen, opfern», aw. gilbig, gilbicht, adj.: gelblich, spätmhd.
zaoßra- n. «flüssige Opferspende, Opferguß», 1420. gihvecht, abgeleitet von Gilbe, gilb-
Sivm. jaunem «weihe, bringe dar». Alternhd. lich, adj.: gelblich, spätmhd. 1470 gilblicht.
und noch altertümlich lautet der Sg. Präs. Gilbert, Mannsname. Ahd. Güabert, Gil-
du geußest, er geußet, geußt, der Imp. geuß, bert, Gilperht.
mhd. giu^est, ginget, ging. ABL. Gießer, Gilde, f. (PL -n): zu gleichem Geschäft
m., 1537 bei Dasypodius. Gießerei, f., 1678 und Zweck verbundene Körperschaft, Innung
bei Krämer. ZUS. Gießbach, m.: Bach der Kaufleute und Handwerker. Erst nhd.,
durch Regen-, Schnee wasser, 1616 bei Henisch. bei Luther, Fischart Bienk. 28^, aufgenommen
Gießkanne, f., 1640 bei Comenius Gieß- aus mnd. gilde f. n. «Innung, Gildeschmaus»,
kann f. clevisch 1477 ghylde, mndl. ghilde (auch «ge-
^
Gift, f. (PI. -en) Gabe, Schenkung. Bei
: meinsame Mahlzeit»), nndl. dazu afries.
gild n.;
Bürger 50, ferner in Braut-, Mitgift, Giftbude ielde, iold anord. gildi «Bezahlung, Ab-
n.
(in den Nordseebädern). Mhd. und ahd. gift gabe, Steuer, Gelage, Schmaus, Gilde» (11. Jh.),
f.; dazu mnd. gifte, gift f., mndrhein. gicht f., schwed. gille, dän. gilde, (aus dem Nord.) engl.
afries. jeft m. f. n. «Gabe», ags. gift f. «Mit- guild «Gilde». Von gelten (s. d.) im altern
gift», im PI. (f. und n.) «Hochzeit», engl, gift Simie von «opfern», daher eig. «Opfer, Opfer-
«Mitgift», anord. giptt «Gabe», got. giftsi. (in schmaus, Festversammlung, geschloßne Ge-
framgifts, fragifts «Verleihung, Verlobung»). sellschaft». Vgl. Geld. ZUS. Gildebrief,
Abgeleitet von geben (s. d.). m.: Aufnahmezeugnis in eine Gilde, bei Ade-
"Gift, n. (-es, PI. -e): verderbliches, töd- lung 1775 aus Niedersachsen.
liches Mittel. Mhd. und ahd. Gilte, s. Gelte.
gift f., daher
noch bei Opitz, Gryphius, Lohenstein, Weise Gimpe, f. (PL -n), nd., dagegen hd. Qimpf
und Günther 106 Fem., dagegen das Neutr. m. (-es, PL -e): vom Knopfmacher gearbeitete
erst nhd. (1595 bei Rollenhagen Froschm, 1, Kundschnur zum Besätze. 1767 im Brem.
1, 5 [v. 73J, Opitz usw., schon mhd. vergiß Wb. der PL Gimpen, bei Adelung 1775 Gimf
1

729 Gimpel Gitarre 730

m., entlehnt aus engl, gimp, guimp «Art Seiden- mhd. 1463 gipsen, nach lat. gypsäre. gipsen,
spitzen oder Seidentressen», von fvanz. guimpe gipsern, adj., bei Goethe 20, 248 gypsen,
f., -cihRnz. giämple «Schleier, flatternder Stoff», bei J. Paul 31, 34 gipsern.
das anf ahd. wimpal (s. Wimpel) zmnickgeht. Giraffe, f. (PI, -n): der Kamelparder in
Gimpel, m. wie Sg.): der Blut- Afrika.
{-s, PI. Ende des 15. Jh. bei Harff PUg.
iink; (bildlich) einfältiger Mensch. Li urspr. 102, 11 der PI. geraffen, 1534 bei S. Franck
Bed. spätmhd. gümpel m., 1616 bei Henisch Weltb. 216^ der PI. Zirafen, 1562 in Reis-
und 1664 bei Duez Gimpel, aber bei Logau buch des heil Lands 1, 366 Gieraffa, 1606
j

1, 221 und Weise Erzn. 26 Gimpel. Nebst bei Gesner Tcones animalium quadruped. 125
i

mhd.gumpel m. «lustiges mutwilliges Springen, Giraffa, im Index Giraff. Aus ital. girafa,
Possen» abgeleitet von mhd.-älternhd. gumpen franz. girafe f., von der arab. Benennung
\

«hüpfen, springen», engl, to jump «s]irmgen»,\ zaräfa (vulgärarab. dschräfa).


das man mit gr. ctGeiußoöca (Hesych) «aus- Girant, Girat, s. Giro. j

gelassen» vergleicht. Gimpel bedeutet also Girlande, f., in Bayern und Österreich
eig. «mutwilliger Hüpfer, Springer», wie mhd. 1
auch Guirlande (PI. -n): Blumengewinde,
gumpelman (PI. gumpelliute) und gumpelkneht -gehänge. Im 18. Jh. (Schiller 3, 476) aus
j

m. «Springer, Possenreißer, Narr». Andre franz. guirlande^ altfranz. garlande, aspan.


j

Namen des Vogels sind Dompfaff (s. d.), guarlanda, ital. ghirlanda f. «Geflecht, Ranke,
Schwab. Goll m., thüring. Liehig m. Kranz», unsichrer Herkunft, nur vermutungs-
GingaHg, m. (s, PI. -s) ein feines Baum- weise abgeleitet von mhd. uieren «mit Gold
-.

wollenzeug, urspr. ostindisches, angeblich aus umflechten oder einfassen».


javanisch ginggang «verbleichend». 1775 bei Giro (spr. ziro), n. {-s, PI. -s und Giri):
Adelung. das Umschreiben, übertragen des Wechsels
{-es, PI. -e) und Ginster, m. oder eines Bankguthabens auf einen andern.
Ginst, m.
(-5, wie Sg.): das Pfriemenkraut (s. d.). 1712 bei Hübner, aus gleichbed. ital. giro m.,
PI.
1485 bei Diefenbach gl. 259° ginst, 1489 bei von gr.-lat, gyriis m., gr. yöpoc m. «Runde,
Brack i5^ ginster, clevisch 1477 gynster, 1694 Kreis». Dazu girieren, V., Ende des 17. Jh.
bei Tabernämontanus Genst, Genster m., schon bei Nehiing, nach ital. girare. Von dem Ver-
ahd. im 10. Jh. geneste. 1678 bei Krämer bum abgeleitet als Part. Präs. Girant, m.
Ginstern f. Aus gleichbed. lat. genista, genesta {'Cn, PI. -en): der Übertragende, als Part.
f.,woher ital. ginestra f., franz. genet m. Pei*f. Pass. Girat, m. {-en, PI. -en): der, auf

Gipfel, m. {-s, PI. wie Sg.): höchste dessen Namen die Übertragung lautet. Beide
Spitze des Baumes, Berges u. dgl. Spät- 1813 bei Campe.
mhd, im Anfang des 15. Jh. gipfel und güpfel girren, v.: den Liebeston girr von sicli
m. auch älternhd. Güpffel (S. Franck mor. geben.
, Bei Luther von den Tauben, bei
encom. 61», Calepinus 1579 S. 808 *), (Hppel Schupp 2, 10 von Menschen, aber bei Dasy-
(1630 bei Lehmann Flor. 159). Nach Wad- podius 1537 und Hulsius 1596 in der Bed.
stein Btr. 22, 241 entlehnt aus afranz. c.epel «seufzen» (statt kirren, s. d.), bei Schubart
«Schoß, Schößling», das von lat. cippus m. 1, Murner Schelmenzunft
25 stöhnen, 1512 bei
«Spitzsäule» stammt. Doch kann es auch 25, 5 von der Tür. Mhd. girren und gtirren
von mhd. gupf gupfe m. «höchste Spitze» von lautem wie girr, gurr tönendem Tier-
abgeleitet sein, das, von Kopf, Koppe, Kuppe geschrei, z. B. des Esels (Freidank 140, 7
(s. d.) nicht zu trennen, ebenfalls romanischen gurren mit den Var. gurren, girren), im Ab-
Ursprungs ist. Davon gipfeln, v., 1808 bei laut zu mhd. garren «zwitschern, pfeifen».
Campe. gipfelig, adj., 1691 bei Stieler gischen, v.: aufbrausen, schäumen, üb-
gipfelicht. ZUS. Gipfelpnnkt, m., im 19, Jh., licher als gäschen (s. d.). Bei Goethe 3, 276.
eig. «der Kulminationspunkt der Gestirne», Md. 1470 gischen, fiiihmhd. ergischen «auf-
bei Campe 1801 Gipfelschoung ra. schäumen», zu mhd. jesen, iihä. jesan «gären»
Gips, m. {-es, PI. -e): eine kalkige Erd- (s. d.). Davon Gischt, m. {-es, PI. -e):
art. Mhd. und spätahd. gips m., bayr.-schwäb. brausender Schaum. Bei Adelung 1775, Goethe
und im Odenwald Ips m. (bei Hebel), Vgl. 84, 1, 357 f., Schiller Taucher 35, statt des
über Ips Hörn Btr. 22, 218. Entlehnt aus altera Gäscht (s. d.), mhd. jest m. neben
gleichbed. gr.-lat. gypsum n,, gr. YÜvfoc f. gis f., mundartlich Gisch m.
Davon gipsen, V. mit Gips überziehen, spät-
: Gitarre, in Bayern und Österreich auch
:

731 Gitter Glast 732

Gruitarre, f. (PI. -n): die spanische Zither. daß man über ihr gegenseitiges Verhältnis
1714 bei Wächtler, Kitarre 1615 bei Alber- ins klarekommen Zu der Basis
könnte.
tinus Landstörtzer 453. Aus span. guitarra, gland zunächst wohl abg. gl^dati «sehen», zu
franz. guitare, ital. cliitarra f., von gr. Kiödpa einer nasallosen Form glast (s. d.), vielleicht
f., nicht von dem aus dem Griechischen ent- auch Glas (s. d.). Von einer Wurzel mit
lehnten lat. cithara f., das zu ital. cetera, cetra, I -Vokalismus stammen gleißen (s. d.), glitzern

prov. cidra, citola, f. wurde, (s. d.), Gleimchen (s. d.), Glimmer (s. d.),
afranz. citole

woraus mhd. zitöle, zitöl f. glimmen (s. d.), von einer e-ö -Wurzel glühen
Gitter, n, (-s, PI. wie Sg.): Werk aus (s. d.). ABL. glänzen, v.: leucbten, mhd.
verschränkt verbundnen Stäben. Spätmhd. glenzen (auch «glänzend machen»), ahd. glänzen,
im 15. Jh. giter, guter, mhd. geter n,, Neben- glenzen, ndL bei Kilian glantsen. glänzig,
form von Gatter (s. d.). Vgl. Gegitter. ABL. adj., im 15. Jh. glantzig (Diefenb.-Wülcker).
gittern, v., spätmhd. in vergitern. Glas, n. (-es, PI. Gläser): aus dem mit
Glacehandschuh, m.: Glanzhandschuh, Pottasche oder Soda geschmolznen Kiesel ent-
Handschuh aus feinem Leder. Aus gleich- standne harte durchsichtige Masse; Gefäß
bed. franz. gants glaces pl. in der neuern Zeit. daraus. In beiden Bed. mhd, und ahd. glas
glace ist Part, von franz. glacer, abgeleitet n, (im Ahd. auch «Bernstein»); dazu and.
von lat. glacies f. «Eis», also eig. «übereisen», glas, gles, ndl. glas, ags. glces n. (woneben
dann «glänzend machen», glacieren, v. glcer n. «Bernstein, Baumharz»), engl, glass,
gefrieren machen glänzend machen, aus franz. anord. gier n. «Glas»; ins Lat. aufgenommen
;

glaser s. o. Mit glasieren (s. d.) zusammen- glesum n. «Bernstein». Vielleicht zu Glast
gefallen. und Glanz (s. d.). ABL. glasen, v., mhd.
Glacis (spr. Glaßi), n. (Gen. u. PI. eben- in er- und verglasen. Glaser, m., mhd.
so, spr. Glaßis) sanfte Abdachung der äußern glascere. glaser, 1517 bei Trochus F4^ gleßer.
:

Brustwehr, die Feldbnistwehr. 1712 bei gläserig, adj., 1562 bei Mathesius Sar. 275^
Hübner, aus franz. glacis m. «Gleite, Ab- glesericJit. gläsern, adj., bei Luther glesern,
dachung», von afranz. glagoier, glacier «gleiten», ebenso im 15. Jh. bei Diefenbach gl. 624%
zu lat, glacies f. «Eis, Eisfläche», mlat. 1270 mhd. gleserin, aber gewöhnlich mhd. und ahd.
glatia f. «Fläche, Abdachung». glesin. glasig, glasicht, adj., um 1500
Glander, f.Gleitbahn auf dem glaßig (Diefenbach gl. 624^), ndrhein. 1495
(PI. -n):
Eis, Eisscholle. Ober- und niedersächsisch, glasich (Kölner Gemma K 1 ^). ZUS. Glas-
1775 bei Adelung, 1767 im Brem. Wb., zu fenster, n., mhd. glase-, glasvenster. Glas-
spätmhd. glindeJi «gleiten». Thüring. Gländer, fluß, 1775 bei Adelung. Glasglocke, f.,
Glenner, hess. Gläner Anders mhd. glander f. 1808 bei Campe. Glashütte, f., spätnihd.
m. «Glanz, Schimmer», Abstraktbüdung zum Anfang des 14. Jh. glashütte (Habsb. ürbar-
mhd. Adj. glander «glänzend, schimmernd», buch 44, 21). Glasmaler, m., im 16. Jh. in
das mit Glanz (s. d.) verwandt ist. ABL. der Zimm. Chron. - 2, 606, 4. Glasscheihc,
glandern, v.-. auf dem Eise schleifen, 1781 f., spätmhd. 1495 glasschihe.
bei Kindleben. glasieren,v. :mit einer Glasmasse über-
Glanz, m. {-es): in hohem Grad aus- ziehen. 1562 bei Mathesius Sar. 144^' und
strömendes oder zui'ückgeworfenes Licht. schon sp'Ätmhd. glasieren, mit fremder Endung
Mbd. glänz m., nebst dem Adj. mhd. und statt glasen. Dafür bei Luther Sirach 38, 34
ahd. glänz «glänzend»; ins Xdl. entlehnt glans und 1678 bei Krämer glasuren, von tllasür,
m., bei Kilian 1598 glants. Stammverwandt f. (bei Krämer), das ebenfalls von Glas mit
mit den gleichbed. mhd. Substantiven glanst fremder Endung gebildet ist.
m., glins m., glinster n. m., glinstere f., glander Glast, m. {-es): Glanz. Nur noch obd.
m. (s. Glander), sowie Glast (s. d.) und den und dichterisch (Goethe 6, 218). Mhd. glast
Verben mhd. und älternhd. glinzen «glänzen, m. (woneben gleichbed. gleste f. und glester
schimmern», glintzern (1562 bei Mathesius m.), gleichen Stammes wie Glanz (s. d.) und
Sar. 140 ^'j gelinzern bei Harff 158, 18 um anord. glcßsa «glänzend machen», glcesiligr
1500), mhd. glanstern, glinsten, glensten, glin- «glänzend, leuchtend». Dazu glasten, v.:
stern, glinsen, glanstern «glänzen, strahlen». glänzen, mhd. glesten, spätmhd. glasten, im
Zu dieser Sippe gehören wahrscheinlich eine Ablaut stehend zu glosten (s. d.) und spät-
große Anzahl mit gl anlautender Worte, ohne mhd. glusten (Fastnachtsp. des 15. Jh. 1302).
733 glatt Glaubersalz 734

glatt, adj. (Komp. glatter, glätter, Sup. '


fältig, genau, deutlich», norw, glögg «schai-f-
glättest, glättest, in Osterreich nur die erstem): :
sinnig», got. Adv. glaggivö. glaggmiba «genau,
glänzend eben; zum Gleiten eben. ^Did. und sorgfältig». Zusammenhang mit ahd. gluoan,
ahd. glat in beiden Bed., im Ahd. auch «leuch- ags. glötcan «glühen», anord. glöa «leuchten,
tend» von der Sonne (Otfrid 2, 1, 3); dazu glühen», dän.-schwed. glo
,
^<scharf anbhcken,
asächs. gladmöd «frohmütig», ndl. bei Kilian
I
glotzen» ist möglich. Brugmann Ber. der
glad «glühend, glänzend», glat «glatt, fröh- I
Sachs. Ges. d.W. 1897, 23 vergleicht lit. zvilgeti
lich, angenehm», afries. gled «glatt;> ags. i
«glänzen, blicken,. Vgl. Glaubreclit.
.^/(ef? «glänzend», dann «froh, angenehm», engl. Glaube, m. {-ns, PI. -«), seit dem 18. Jh.
glad. «fröhlich», anord, gladr «glänzend, froh, ,
auch Glauben, m.: Fürwahrhalten aus Hin-
erfreulich», schwed.-dän. glaä. Gleichen geneigtsein; die Gott zugeneigte Gesinnung;
\

Stammes wie Glast und Glanz (s. d.), ur- Libegiiff der einer Religionsgemeinschaft
i

verwandt mit abg. gladükü «glatt», lat. glaber eignen wesentlichen Lehren von Gott und'

•<glatt», vielleicht auch mit lit. glödüs glatt dem, was mit ihm in Verbindung steht. Mhd.
'<

anliegend», apreuß. glosto Wetzstein». Der gelouhe, glaube, ahd. giloubo m., woneben das
;;
1

Komp. ohne Umlaut bei Luther glater, der Fem. mhd. gel&uhe,gloube, ahd. gilouha,gloubat:
j

Superl. bei Goethe 31, 70 glättest, wie ahd. dazu asächs. gilö'bo m., mnd. gelove, gelöf, ndl.
glatest, aber schon 1555 bei "Wickram mit geloof, ags. geleafa m. Im Ältemhd. und
!

Umlaut gleitest. Das Adv. glatt, ahd. Mnd. auch kaufmännisch Kredit» (noch 1678 <

gldto «glänzend», mhd. glat «eben», nhd. bei Krämer auf Glaub «auf Borg»^, xgl, Gläu-
,

in übertragner Bed. «ohne daß auch nur biger. Von glauben, v.: für wahr halten,
I

etwas bleibt, ganz und gar», bei Frisch mhd. gelouben, glauben, auch gleuben (daher
!

mit Beleg aus dem 16. Jh. ABL. Glätte, bei Luther gleuben und im 17. und 18. Jh. ;

f.: Ebenheit, mhd. glete f., aber ahd. glati bei Lohenstein, Freyer, Haller 17 und 208
«Kälte, Frost» (Steinmeyer-Sievers Gl. 1, 6, 6); glauben), ahd. gilouban, galauban, glauben;
in der Bed. «glasartige glänzende ßleischlacke, '

dazu asächs. gilöbian, mnd. geloven, ndl. ge-


die sich fettig anfühlt» bereits 1482 im Voc. i looven, ags. gelyfan, gelefan, got. galaubjan;
theut. 11* glett f., 1557 bei Agricola Bergw. daneben das Adj. galaufs schätzbar, wert-
<

S 2 * Glette, die rotgelbe heißt Goldglätte, die '


voll», so daß glauben also wohl bedeutet
hellgelbe Silberglätte (bei Duez 1664 Gold-, «für wei-tvoll halten». Anders Kluge ZfdW.
Silberglette). glätten, machen, 1482
v.: glatt 7, 169. Gleichen Stammes wie erlauben (s. d.),
im Voc. theut. ll** gleiten-, davon Glätter, j
und wie Lob und Heb (s. d.). gläubig, adj.,
m.: Hobel (glatt machendes Werkzeug), 1662 bei Luther gleuhig, ohne Umlaut glaubig bei
bei Stoer 21^0^ ZTJS. Glatteis, n., 1616 Henisch 1616 und als Adv. bei Schiller Räuber
bei Wallhausen Coi^j. mil. 221 Gladeyß, 1598 2, 1, mhd. gelaubec, gloubic, im 14. Jh. gläubig,
bei Colerus Hausb. 2, 83 (E 1 ») Glateis. Glätt- ahd. giloubig, gläubig, asächs. gilöhig (in un-
holz, n., 1678 bei Krämer Glättholtz «Buchs- gilöbig): daher Gläubiger, m.: Kreditgeber,
baumglättholz des Schuhmachers». der auf Treu und Glauben (s. d.) Verborgende,
Glatze, f. (PI. -n): haarlose Stelle auf Glauben Habende, um 1480 im Voc. ine. teut.
dem Kopfe. Bei Luther. Mhd. glaz, glatz m. h6*' gleubiger, 1510 im Cod. dipl. Siles. 20,
«Kahlkopf», auch «obere Kopffläche». Im 178 gelaubiger, 1420 bei Schröer Vocab. 605
,

Ablaut dazu das gleichbed. ältemhd. Glitze f. glouber. ABL. von Glaube: glaubhaft,
(1624 bei Opitz Poet. 12, 1664 bei Duez), adj., mhd. geloubehaft, glaubhaft, glaublich,
mhd. glitze f. «Glanz» (neben gliz m.), dann adj., 1537 bei Dasypodins glaublich, bei Luther
Glatze. Vgl. gleißen. ABL. glatzig, adj., gleublich, wie 1426 gleivblich (Germania 28,
im 15. Jh. glatzig bei Diefenbach gl. 91'", bei 368), mhd.-ahd. gelaublich, Adv. ahd. gilaup-
Dasypodius 1537 glätzig, mhd. glatzeht, glatzet. Uhho, gloublicho. ZTS. glaubwürdig, adj.,
ZUS. Glatzkopf, m., 1517 bei Keisersberg bei Luther 8, 150 W. glaubicirdig, im 15. Jh.
Emeis 46'». glaubwürdig (Nürnb. Pol.-Ordn. 135J; davon
glan, adj.: geistvoll, scharfsichtig, klug. Glaubwürdigkeit, f., 1541 bei Frisius 698*
Nur noch in Niederdeutschland. Ahd, glau Glaubwirdigkeit.
und gilau (flekt. glawer), mhd. nur in glou- Glaubersalz, n.: weißes abführendes Salz,
heit f., asächs. glau ( Akk. glauwon) dazu ags. eine Verbindung von schwefelsaurem Xatron
:

gleaw «einsichtsvoll, klug», anord. glöggr ^sorg- und Kalk, von dem Arzt Johann Rudolf
735 Glaubrecht gleich 736

Glauber (tl668) gefunden und in seiner Schrift stellen», got. galeikön «vergleichen, das Gleiche
de natura salium 1658 empfohlen. tun, nachahmen», refl. «sich gleichstellen».
Crlauhrecht, Mannesname. Ahd. Glaupe- Die urspr. schwache Flexion trat im 17. Jh.
zusammenges. mit glau (s. d.) und -hert. (Moscherosch Phil. 2, 605) bei der 1. Bed. in
raht,
glanch, adj.: (bergmänn.) von weiß blauer, die starke über (Prät. glich, Part, geglichen),
dem Schimmel ähnlicher Farbe (1741 bei wohl nach der Ähnlichkeit von bleichen,
Frisch), dann (weil dergleichen Gestein ge- schleichen, streichen, weichen, blieb aber in der
haltlos taub, ohne Erzgehalt (1693 bei
ist) Bed. «gleichmachen» erhalten (Prät. gleichte
Schönberg 2, 45), aber 1562 bei Mathesius Schiller Hero 9, Part, gegleicht Thümmel Reise
Sar. 105* in der Bed.« glänzend, schimmernd», 2, 156). Gleicher, m. (-s): die gleichweit
mhd. glücke, noch tirol. glauch «hell, glän- von den Polen entfernte Mittelhnie der Erde,
zend >\ Verwandt mit glüh, glühen (s. d.). Äquator, 1741 bei Frisch, aber bei Stieler
Olecke, f. (PI. -n) die von der Sichel oder
: 1691 in der Bed. «in gleiche Teile Teilen-
Sense niedergelegte, noch nicht zusammenge- der, Gleichmacher». Gleichheit, f., bei
bundne Garbe auf dem Acker. Westmittel- Luther Gleicheit, mhd. gelicheit. Gleichnis,
deutsch. Entstanden aus Gelege (henneberg. n.: Ebenbild (Schiller Braut v. Mess. v. 910);

im 18. Jh. Geleg n., Weist. 3, 582, noch vergleichende bildliche Rede, Parabel, bei
thüring.-hess.); dazu ndl. 1598 ghelegge «Garbe», Luther Gleichnis n. imd f., mhd. gelichnisse,
vläm. geleg n. (PI. geleggen). Von ahd. gilegan, -niis f. n. «Gleichheit, Bild, Vorbild, bildliche
geleckan «niederlegen», mndl. ghelegghen. Rede», ahd. galihnassi, -nessi, gilihnussi, -nissi

gleich, adj.: in den Merkmalen völUg f. n. und gilihnissa f. gleichsam, adv.: in


übereinstimmend; geradlmig. Noch l^ei Vergleich oder voller Ähnlichkeit zutreffend,
H. Sachs geleich, mhd. gelich, glich, ahd. bei Luther gleich sam «gleich als», mhd.
ga-, gilih; dazu asächs. giUc, mnd. gelik, geliche sam, aus zwei Adv. zusammenge-
ndl. gelijk, afi-ies. lik, ags. gelte, engl, like, schoben, denn das zweite Wort ist das mhd.
anord. likr und glikr, schwed. lik, dän. lig, Adv. same, sam «eben wie, als ob», ahd. und
got. galeiks. Das Adv. gleich, mhd. geliche, asächs, sama, sanio «ebenso, ebenwie», ags.
gliche, glich, ahd. galihho, im 11. Jh. glicho, same, urverwandt mit gr. 6|u6c, aind. sama,
asächs. gilico, afries. llc, einmal gelle, ags. aw. hama-, häma- «derselbe, gleich». Glei-
gelice, anord. lika. Gewöhnlich erklärt als chung, f., mhd. gelichunge f. «Vergleichung,
«von übereinstimmender (Leibes-) Gestalt», Ähnlichkeit; arithmetisch und astronomisch
indem man das Stammwort -leich (mit ge- 1716 in WolflFs mathemat. Lex. ZUS. gleich-
kürztem Vokal in Adj.- und Adv.-Zusammen- artig, adj., 1775 bei Adelung, gleicher-
setzungen -lieh, s. d.) mit mhd. Itch f. «Leib, maßen, adv., eig. zusammengeschobner Ge-
Körper, Leibesgestalt» (s. Leiche) zusammen- nitiv, 1525 in Reichsordn. V2S^ gleicher massen.
bringt. Auf der andern Seite zieht man als gleichfalls, adv., bei Henisch 1616 gleich-
urverwandt heran lit. Ugiis, apreuß. polligun, fals, 1582 bei Fischart Garg. 333 gleichsfalls,
polygu, lett. lidz «gleich». Beides zusammen 1557 bei Sleidanus (übers, v. Stamler) gleiches
geht nicht, -gleichen in meines-, deines- falls, gleichförmig, adj., mhd. im 14, Jla.

gleichen usw. ist erstarrter schwach flekt. glichförmig (Gottesfreunde 34). Gleichge-
Genitiv, gebraucht für alle Kasus und Ge- wicht, n., 1727 bei Hübner, 1728 bei Brockes
schlechter, während mhd. min geliche (Akk. ird. Vergn. 3, 207. gleichgültig, adj.: gleich-
minen geliehen), ahd. min gilicho (Nom. PI. viel geltend (1678 beiKrämer); unerheblich,
mine gilichon) regelrecht flektiert wurde oder unbedeutend (1691 l)ei Stieler); übertragen
min usw. als Gen. des Personalpronomens un- auf den Menschen, dem alles gleichgültig,
flektieii; blieb, daher noch bei Luther (Hiob unerheblich ist (1775 bei Adelung, Schiller
1, 8. 2, 3. 9, 32) sein gleiche, mein gleiche. Räuber 4, 2). Gleichmaß, n., 1678 bei
ABL. (vgl. auch Gleisner): Gleiche, f.: Krämer, gleichmäßig, adj., bei Luther
Gleichheit, völlige Übereinstimmung (2. Kor. und 1525 in Reichsordn. 128^. Gleichmut,
6, 16), mhd. geliche f. «Gleichheit, Gleichnis», m.: gesetzte, aufi'egungslose Seelenstimmung,
ahd. gelichi f. gleichen, v.: gleichsein; 1691 bei Stieler; gleichmütig, adj., in
gleichmachen. In der 1. Bed. mhd.
Luthers Postille 1528 gleichmütig «gleichge-
ge-
liehen, im 14. Jh. geleichen, md. glichen; in stimmt», das Adv. gleichmütiklich «mit Gleich-
der 2. Bed. mhd. geliehen, ahd. galihhan «gleich- mut» 1514 bei Keisersberg Klappermaul 80''.
737 Gleimchen Grletscher 738

gleichnamig, adj., 1537 bei Dasypodius für mhd. ohse «Ochse»), daher zunächst md.
gleichnamig als Übersetzung des gr.-lat. ho- 1343 in Beheims Evangehenbuch Luc. 20, 20
monynmm, ahd. gelihnamig «aeqiiivocus». u. 47 glisen «heucheln», 1477 clevisch glyssen.
gleichseitig, adj., Die dadurch nahegelegte Vermischung mit
1691 bei Stieler. gleich-
wichtig, von gleichem Gewicht, 1616 gleißen (s. d.) schon bei Luther.
adj.: ABL.
bei Henisch. gleichwie, adv. und konj., Gleisner, m, (-s, PI. wie Sg.): Heuchler,
bei Luther gleich wie. gleichwohl, adv. bei Luther Gleissener, Gleyßner, um 1480
und konj. der Entgegensetzung, bei Luther im Yoc. ine. teut. h 6 ^ gleisner oder gelisner,
gleichwol, im 15. Jh, glicheiool «in gleicher im 15. Jh. gleichsner, geleichsner, mhd. ge-
Weise» (6riseldis5, 11 Schröder), 1435 gliche- Itchsencere, glichsener (Berthold 62, 4) neben
wol «trotzdem» und 1444 glichwol «obgleich» gelichescere , ahd. lihhisäri und gelichisäre,
(Germania 28, 368). gleichzeitig, adj,, 1796 md. 1343 glisenere und im 12. Jh. glissencere
bei Adelung. m. (Fundgr. 1, 153, 25), sowie mit Anlehnung
Oleimchen, n. (s, PI. wie Sg.)-. Glüh- an gleißen früh im 14. Jh. md. glisenere
würmchen, Johannisfünkchen (1802 bei Voß (ZfdA. 9, 258 f.) ; dazu mnd. glisenere, glissener,
Ged. 1, 330). Norddeutsch. 1540 bei Alberus clevisch 1477 glyssener, ndl. 1598 ghelijksener
dict.. Xx 2* sant Jolians gleimchin, mhd. und
Gleisnerin, f., mhd. glich-
gleysener.
gltme und gleime, gleim m., ahd. glimo und Gleisnerei, f., bei Luther Gleis-
senerin.
gleimo m. «Glühwürmchen» (woher der Eigen- nerey, md. 1343 glisenerie f. (Beheim Evan-
name Gleim); dazu asächs. glinio m. «Glanz, gelienbuch Matth. 23, 28); dazu clevisch 1477
Schimmer», nd. glem m. «Lichtstreifen» (Groth glyssery, mnd. aber glytzerie, gleyzerie f.
Quickborn 215), ags. glcem m. «Glanz», engl. gleisnerisch, adj., 1616 bei Henisch.
gleam «Strahl, Glanz». Zu mhd. glimen Gleiß, m. {-es, PI. -e), auch Gleiße, f.
«leuchten». Vgl. glimmen. (PI. -n): Hunds-, Glanzpetersilie, lat. aethusa
Grleis, n. {-es, PI. -e): Weg-, Radspui'. cynapium. 1561 bei Cordus Gleiß, Glyssen,
Gekürzt aus Geleise, 1678 bei Krämer Ge- 1588 bei Tabernämontanus Gleißpeterlin. Be-
leiß, Gleiß n. Mhd. vereinzelt geleis f. und nannt nach dem Glanz der untern Seite der
1311 geleise n. (Weist. 1, 761, 18), gewöhn- Blätter. Denn mhd.-ahd. gli^ m. und mhd.
lich leise, leis f., ahd. ivaganleisa f., daher gli^e f. «Glanz», von gleißen (s. d.).
noch mundartlich und bei Goethe 1, 295 1. H. gleißen, v. (Prät. gliß, Plur. glissen, Konj.
Gleise f., W. 1, 265 Geleise, wie 1616 bei glisse, Part, geglissen, auch schwach gleißte,
Henisch Gleisse f. und bei Stieler 1691 Gleiße f. gegleißt): blendendes Licht oder augenblen-
Gleichen Stammes wie mhd. leist, got. laists denden Schein von sich werfen. Mhd. glimen
m. «Spur» (s. Leisten). Urverwandt mit lat. (Prät. glei§, Plur. gliggen), ahd. gligan; dazu
Ura f. «Furche», lit. Itse f. (apreuß. lyso) und asächs. glitan, ags. glitenian neben glisian,
abg. lecha f. «Beet». glisnian (afries. glisa), anord. glita, got. glit-
Gleisen, PI.: Parallellinien. Neubildung munjan «glänzen». Eine Weiterbildung ist

der jungem Zeit. glitzern (s. d.). Vgl. Glatze, Glanz. Verwandt
gleisen, v. (Prät. gleiste, Part, gegleist): ist wohl gr. yi}.\h\hv m. «Schmuck, Prunk»,
sich einen trügerischen Schein geben. Her- X^ibri f. «Weichlichkeit, Üppigkeit».
vorgegangen aus ältemhd. gleichsen, mhd. gleiten, v. (Prät. glitt, Konj. glitte, Part.
gelichesen, gelihsen, glihesen, ahd. galihhison geglitten): ausrutschen; sich glatt und leise
«einem gleichtun, sich stellen, sich verstellen, worüber hinbewegen. Aber nhd. auch in
•heucheln» und Wihisdn «vergleichen, sich ver- schwache Biegung übergegangen, Prät. gleitete
stellen», von ahd. -lih und gelih
abgeleitet (Lessing 2, 9, j. Goethe 3, 290), Part, gegleitet
«gleich» (s. d. und woneben das weiter- (Stieler hochd. Sprachk. 157, Schiller Teil 4, 3).
-lieh),
gebildete gleichbed. Zeitwort mhd. gelichsenen, Mhd. starkflekt. gliten (Prät. gleit, Plur. gliten),
fiühnhd. geltdisenön (Spec. eccl. 144, 7), ndl. mndrhein. glülen; dazu asächs. glldan, mnd.
1598 ghelijksenen , nhd, 1616 bei Henisch gliden, mndl. glijden, afries. glida, ags. glulan
gleichßnen und gleißnen. Die Lautanglei- (Prät. gläd, Plur. glidon), engl, glide. Ver-
chung des ch zu s erfolgte dui'ch md.-nd. wandtschaft mit glatt (s. d.) ist möglich, wenn
Einwirkung (wie in einem titeUosen mystisch- man von einer indogerm. Basis *gMejädh aus-
allegor. Gedicht von 1486 Bl. a7'' ryßnen geht.
statt mhd. richsenen «hen-schen», md. osse Gletscher, m. (-s, PI. wie Sg.): Eislager
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 47
739 (xlil)ber Olimpf 740

im Hochgebirge. 1546 bei G. Agricola de «Maß, die rechte Art der Glieder», ähnlich
re metallica 479 Gletzscher. Das Wort stammt 1477 das Adj. geliedsmessig von einer Wunde
natürlicb von lat. glacies f. «Eis» und ist die geliedz dieff und gelieds lanck ist (Weist,
wahrscheinlich von Wallis, Uri, ünterwalden 2, 245), im 15. Jh. lidmessig «mit geraden
ausgegangen. Vgl. Meyer-Lübke ZfdW. 2, 74. ebenmäßigen Leibesgliedern» (Ehingen 4).
Der deutsche Name ist bayr.-tirol. Kees n. Zusammenges. mit 3faß Maße (s. d.), wie
,

01il)l)er, m. (-s): schlüpfrige, glatte Masse. afries. lithmäta PI. «Gliedmaßen» mit afries.
Aus dem Niederdeutschen, wo schon mnd. mäte, mete f. «Maß»; dazu der Plur. ndl.
gUbberich «glatt, schlüpfrig». In den Wörter- lidmaten, Island, lidamöt, schwed, ledamot,
büchern nicht verzeichnet, aber in der nord- dän. ledemod «Gliedmaßen».
deutschen ümgangsspi'ache verbreitet. Sub- glimm, adj.: funkenglühend, 1680 bei
stantivbildung zu dem unter geliefern be- Lohenstein Sophonisbe a 6^. Wie das spät-
handelten Verb um. mhd. Subst. glim m. «Funke» abgeleitet von
Olied, n. (-es, PL -er): mittels eines Ge- glimmen, v. (Prät. glomm, Konj. glömme,
lenkes verbundner beweglicher Körperteil; Part, geglommen, daneben seit dem 18. Jh.
Teil eines Ganzen; Mitglied einer sozialen schwachbiegend Vröi. glimmte, ^d^xi. geglimmt):
Gesamtheit (md. im 14, Jh.); Generation, die in einzelnen zündenden Funken glänzen. Mhd.
gleichzeitig lebenden Personen einer Familie glimmen «glühen, glänzen, blitzen» (ZfdA. 3,20),
(bei Luther); Reihe einer Heeresabteilung Prät. glam, noch bei Lohenstein Rosen 92
(1507 bei Wilwolt v. Schaumb. 113 f.). In glani, bei Gottsched glomm dazu ndl. glimmen.
;

den beiden ersten Bed. mhd. gelit, glit n. Bei Luther glümmen, glummen, 1540 bei Al-
(PI. gelit und gelider), auch gelit m. (PI. ge- berus dict. Hh 1 und Ccl^ ich glum, noch
lide), noch bei Luther Gelied, Gelid neben wetterauisch glummen; dazu 1562 bei Ma-
Glied, ahd. gilit n. «Verbindung, Gelenk», mnd. thesius Sarepta 84^ Füncklein oder Glüm-
gelit n., ndl. gelid n. «Reihe» (PI. gelederen). merchen, 174^ Glümmerlein und Füncklein.
Vom gleichbed. mhd. lit m. n. (PI. lit, lide, Gleichen Stammes wie mhd. glhnen «leuchten,
lider), ahd. lith. lid m. n. «Glied, Gelenk, glänzen» (s. Gleimchen), glamme f. «Glut»,
Teil, Stück», im Mhd. auch «Zeugungsglied, sowie anord. gljä, glcea «leuchten, funkeln».
Verwandtschaftsglied, Mitglied, Genosse»; da- Dazu noch schw ed. glimta, dän.glimte«glä,nzer\»,
zu asächs. lid m, (PI. liäi), mnd. lit, let n. engl, glimpse «Glanz» u. a. Vielleicht urver-
(PI. lede, ledere, lidder), ndl. lid n. (PI. leden), wandt mit gr. x^iot'veiv «wärmen», x^iapöc
afries. lith, letli n., ags. li^ m. n., anord, liär «warm». ABL. Glimmer, m. (-S, PI. wie
m. (PI. liäir), got. lipus m. «Glied»; wohl Sg.): Katzengold, Katzensilber, 1530 bei G.
verwandt mit lat. lituus m. «Krummstab 'der Agiicola de i-e metallica 134. glimmern,
Auguren, das gekrümmte Signalhorn»; glei- V. funkenartig, in Zitterlicht glänzen (Goethe
:

chen Stammes sind auch wohl ags. lim n., 3, 222 u. 14, 198), md. im 14. Jh. glimmeren
engl, limh «Ghed, Zweig», anord. linir m. «glänzen, leuchten»; dazu engl, glimmer, (ent-
«Glied», lim n. «Zweig», schwed.-dän. lem lehnt) schwed. glimra, dän. glimre. glim-
«Glied», lit. liemuo m. «Stamm, Statur», auch merig, adj., 1691 bei Stieler glimmericht.
ahd. lidan «gehen, sich bewegen» (s. leiten) Olimpf, m. (-es): in Beziehung worauf
bringt man mit Glied zusammen. ABL. kundgegebne schonende nachsichtige Zartheit.
gliederig, adj., 1616 bei Henisch glidig, Mhd. gelimpf, glimpf m. «Angemessenheit,
1691 bei Stieler glidericht, 1768 bei Moer- angemeßnes ai'tiges Benehmen», (im 15. Jh.)
beek gliederig. gliedern, v., 1691 bei Stieler. «ft-eundliche Nachsicht», ahd. gelimpf «Über-
glidern. Grliederung, f., 1808 bei Campe. einstimmung». Von ahd. gilimpfen, galimfan
ZUS. Grliedmaßen, Plur.: die Glieder des und limphan «angemessen sein», mhd. gelimpfen
Leibes. Bei Luther Glidmaß, Gelidmas n. (auch tr. «angemessen machen») und limpfen;
Sg. u. Plur., im PI. auch Gliedmaßen (2. Makk. dazu ags. gelimpan «sich zutragen, sich er-
7, 11), md. im 14. Jh. gelideme^e n. Sg. und eignen». Dem germ. Stamm *lemp entspricht

Plur., mhd. lidemä^, lidemce^e n. «Leibes- lautlich genau lat. limhus m. «Besatz am
glied», in dieser Bed. entwickelt aus mhd. Kleide», aind. lämbate «hängt herab, senkt
gelidemä^e f. «Maß der Glieder, Leibeslänge», sich usw.», und auch die Bedeutungen lassen
1561 bei Maaler Glidmaß f., «Leyhs lenge, sich wohl vereinen. Veraltet, dagegen noch
die grosse des leyhs, statura», also wohl iirspr. in Gebrauch ve)'unglimpfen und glimpflich,
-

741 glinstern glotzen 742

adj.: rücksichtsvoll, mlid. gelimpflich, ahd. I


Bewegtwerden im Glockenstuhle befestigt ist,
güimflih, Adv. gilhnflihho ; dazu ags. gelimpUc, :
1482 im Voc. theut. 12^ glockenjoch, ahd.
adv. gelimplice «günstig gelegen». glocam joch. Glockenspeise, f: Glocken-
glinstern, glinzen, s. Glanz. !
metall, mhd. glocke-, glockenspise, mnd. klocken-,
glitsch, interj., bei Scliiller Räuber 3, 2.
'

klocksptse f. Glockenspiel, n. zum Spielen


:

Von glitschen, v.: mit größrer Geschwin- einer Melodie harmonisch gestimmte Glöck-
digkeit gleiten. Im mrhein. Voc. ex quo 1469 chen, 1691 bei Stieler Klockenspiel. Glocken-
glitschen neben glitsen «ausgleitend fallen». stuhl, m.: Gestell, Gebälk, worin die Glocke
Abgeleitet von gleiten (s. d.). Nach Campe hängt, 1703 bei Weismann 161*. Glocken-
i

von Wieland in die Schriftsprache einge- turm, m., mhd. glockenturn.


führt. Dazu glitschig, adj., 1691 bei Stieler. Glorie, f. (PI. -n)-. Ruhm, Herrlichkeit;
glitschicht] woneben 1768 bei Moerbeek glit- Strahlenschein um eine Gestalt, Heiligenschein.
sch er ich t, glitscherig. Mhd. glorje, später auch glöri f., aus lat.
glitzern, V.: kleine häufige, zitternde Licht- glöria f. «Ruhm». Dem kirchlichen Rufe
I

blitze von sich geben. Mhd. im 14. Jh. glit- gloria in cxcelsis deo (Luk. 2, 14) entlehnt
zern dazu engl, glitter, anord. glitra «funkeln», ist der Zecherruf beim Anstoßen gling glang
;

sehwed. glittra, älterdän. glidre. Iterativ von gloria (Uhland Volksl. 576, erste Hälfte des
ältemhd. mhd. glitzen «glänzen», woneben 16. Jh.). gloriieren, v. sich i-ühmen (Goethe
- :

mhd. glitzenen, ahd. glizinon, ags. glitenian 8, 32), mhd. glorieren «prangen», von lat.
«glänzen, schimmern»; abgeleitet von gleißen glöriäri «sich rühmen, großtun». ZUS. glor-
(s. d.) wie die Subst. mhd.-ahd. gliz m., mhd. reich, adj., 1759 bei Lessing 2, 105. glor-
glitzet, anord. glitn. «Glanz». AjBL. glitzerig, WÜrdig, adj., 1691 bei Stieler.
adj., 1537 bei Dasypodius, glitzericht 1540 bei Glosse, f. (PI. -n): beigefügtes, erklären-
Alberus dict. KkB^. des Wort, erklärende Bemerkung, auch Neben
Crlohus, m. (Gen. Globus u. Globusses, bemei-kung f Lessing 1, 476), hämische Be-
PI. Globen u. Globusse) drehbare künstliche merkung. Mhd. glöse f. «erklärende Anmer-
:

Kugel, entweder die Erde oder den Stern- kung», aus gi'.-lat. glössa f. «veraltetes oder
himmel abbüdend. Im 16. .Jh. aus lat. globus fremdartiges und daher der Erklärung be-
m. «Kugel». dürfendes Woi-t», gr. Y^üJcca f., eig. «Zunge,
Glocke, f. (PI. -n): hohle khngende Halb- Sprache». Glossär, n. (-s, PI. -e und Glos-
kugel; Schlaguhr, Uhr (z. B. Glock dm «genau sarien): Erklärungswörterbuch, mhd. im 12. Jh.
3 Uhr», bei Yoß Briefe 1, 96, eig. -so die Glock glösar n., aus lat. glossärium, glösärium n.
zehne schlegt 1540 bei Hug Rhetorica 141^). «Wörterbuch zur Erklärung veralteter oder
In der 1. Bed. mhd. glocke, glogge
f. (auch fremdartiger Ausdrücke«, glossieren, v.:
Glockenrock, Limb. Chron. 39, 5 von 1350), wozu Glossen machen, mhd. glosen tmd gla-
ahd. glocca, glogga f dazu and. glogga «Glocke», sieren «auslegen», aus gleichbed. mlat. glosare.
;

mnd. klocke f. (auch «Uhr, Stunde »j, mndl. glosten, V. glühen (Schiller Räuber 2, 1), :

klock, ags. clugge (engl, clock aus dem Ndl.), ghmmen. Schweizerisch-Schwäbisch. Mhd.
anord. klokka, klukka, sehwed. klocka f , dän, neben glosen «glühen, glänzen», wie
glosten
klokke. Aus mlat. (8. Jh.) clocca, cloca f. mhd. glose f. «Glut, Glanz» neben gloste, glostf.
«Kirchenglocke» (woher auch franz. cloche, «Glut, Hitze». Verwandt mit Glast, Glanz
prov. cloca, clocha f., russ. kolokolü m, «Glocke, (s. d.). Auch in der Bed. «mit leuchtenden
ScheUe», dafür ital. campana f.), entweder Augen sehen, scharfhinsehen»(MusäusVolksm.
aus dem Keltischen (air. cloc m., kymr. doch f.) 1, 13 glosten, Physiogn. Reisen 2, 30 glostem,
oder onomatopoetisch oder nach Schuchardt um Magdeburg glustern, vgl. götting. gluster
aus lat. ^clocca aus Cochlea f. «Schnecken- «Mensch mit lebhaften, feurigen Augen», west-
turm». ABL. Glöckchen, n., md. im 14. Jh. fäl. glüren «einen mit den Augen scharf an-
glockicMn. Glöckner, m.: Küster, Türmer, sehen»).
mhd. glockencere, gloggenoere, woneben im glotzen, V.: stan* sehen. Mhd. glotzen:
15. Jh. glockler, gloggler m. ZUS. Glocken- dazu engl, gloat «hämisch blicken, anstarren»,
hlume, f 1482 im Voc. theut. nn 6^ weyß anord. glotta «spöttisch lächeln», vgl. dän.
,

glockenplum. Glockengießer, m., mhd. glo und sehwed. glo «glotzen» unter glau.
glockengießer, mnd. klockengeter m. Glocken- Vielleicht urverwandt mit abg. gl^deti, gl^dati
joch, n. (.Querholz, woran die Glocke zum «schauen». Im Gedanken an Klotz (s. d.)
:

47*
:

743 Glück glummeu 744

bei Wieland 22, 221 mit k geschrieben, gleich- Kluckhenne 1538 bei Hei*r Acker werk Colu-
sam «mit weitaufgespen'ten klotzähnlichen melle. Zu glucken, v., vom Rufen der
Augen», schon im Renner Frankf. 1549 Bl. 35 Bruthenne, mhd. Mucken, mehr md. gluggen;
klotzen. ZUS. Glotzauge, n., 1741 bei Frisch. dazu ndl. klokken, ags. cloccian, engl, duck,
Glück, n, {-es, PI. -e): Gunst des Schick- lautmalenden Ursprungs wie gleichbed. lat.
sals, Zukommendes nach Wunsch. Noch im und gr. K\uücceiv. Davon als Ver-
glöcire
18. Jh. häufig Glücke (G-ottsched Cato 77 nebenstärkungswort glucksen, v., 1508 in der
üngelücke, Hagedorn Od. 72, Lessing 1, 47, Straßbui'ger Gemma k 1^ clucktzen, 1562
Goethe 1, 48 u. 3, 61). Mhd. gelücke, glücke n. bei Mathesius Sar. 226^ kluchzen, 1537 bei
(auch «Zufall, Lebensberuf»), 1482 im Voc. Dasypodius kluxen, 1540 bei Alberus dict.
theut. 1 1 f. geluck, gluck dazu mnd. gelucke n. Hh2^ glucksen, bei Musäus Volksm. 2, 118
'^
;

und lucke n. «Los, Schicksal», dann «glückliches Glucksen n.


Schicksal», mndl. geluk; von da vorgedrungen Glücker: Tonkügelchen, s. Klicker.
ins Nordische und Englische, anord. (14. Jh.) glücklich, Glücksbude usw., s. Glück.
lukka f., schwed. lycka, dän. lykke, engl, luck Glufe und G^fe, f. (PI. -n): Stecknadel.
«Glück». Herkunft unsicher. ABL. glücken, Oberdeutsch. 1482 im Voc. theut. 1 2 glufe
1
'^

V., mhd, gelücken, glücken, 1482 glucken. neben guffe, 1489 bei Brack d2^ spinter, ein
glücklich, adj., im 15. Jh. bei Diefenbacii vorspang oder ein gluff. Dunkler Herkunft.
[

gl. 244^ gelucklich, 1482 bei Melber X 7 ^ gluck- giuh, adj.: glühend (Bürger 320), auch
I

lich «durch Glück zuteil werdend», das Adv. glüh. Bei Luther glu, gluio (Dan. 10, 6)
glickeliche um 1400 in Städtechron. 8, 444, 3, «glühend», dann «hell, poliert», 1562 bei
}

woneben im 15. Jh. das Adj. gluckig, glückig, Mathesius Sarepta 104**, mnd. glue, glo «glän-
,

bei Diefenbach gl. 467^ glickig; dazu mnd. zend, leuchtend».


j
Vgl. glau, glauch. Von
die Adj. geluckich, luckelich und luckich, so- glühen, V, feurig glänzen brennend heiß
I
: ;

wie das Adv. geluckeliken. glückselig, adj. sein, Mhd. glüejen, glüewen, glüen, md. gluwen,
j

voU Glück, im 15. Jh. bei Diefenbach gl. 244*^ gluen, ahd. gluoan, gliiojen, gluon; dazu and.
gluckeselig, 1482 im Voc. theut. ll^ gluck- glöian «glühen», mnd. gloien, glogen, mndl,
j

selig, abgeleitet von glücksal n. «Glückszu- gloeijen, ags. glöwan, engl, glow, anord, glöa,
stand» (Brant Narrensch. 23, 5); dazu Glück- j
schwed.-dän. glo «glotzen, gaffen, glänzen».
seligkeit, f., um 1480 im Voc. ine. teut. h 7 ^ ABL.
Glut, f. (PI. -en), mhd. gluot f, «Hitze,
!

geluckseligkeit. Z?7*S. Glücksbude, f. SjDiel- feurige Kohlen» (PI. glüete), md. glüt, ahd.
:

bude zu Gewinn oder Verlust, 1669 bei Prä- gluot, glöt f.; dazu mnd. glöt £, nndl. gloed m.,
Glückshafen, afries. glöd, gled, ags, gled, anord. glöd f. Die
torius Glückstopf, Titelbild.
m.: Glückstopf, 1618 bei Schönsleder Glück- Wurzel glö gehört vielleicht zu lit. zlejä f.
hafen.Glückskind, n., bei P, Fleming 541. «Halbdunkel in der Dämmerung», doch kann
Glückspfennig, m., 1669 bei Prätorius auch Glanz, I
glatt, gelb u, a, verwandt sein,
Glückstopf 459. GlÜckspilz, m.: Empor- oder kymr. glo «Kohle». ZUS. Glühwein,
kömmhng durch schnell zukommendes Glück, m., 1808 bei Campe. Glühwurm, m., bei
bei Schiller Parasit 1, 1. Glücksrad, n., Voß Luise 1, 809.
mhd. gelückrat und gelückes rat. Glücks- glum, adj.: trübe (von Flüssigkeit). Bei
ritter, m., 1775 bei Adelung. Glücksspiel, Luther Hes. 32, 2 und Harsdörffer lust- u,
n.: Hazardspiel, 1526 bei Luther Glückspiel, lehrreiche Gesch. 1, 126 glum, bei Francisci
in der Bed. «Spiel des Schicksals» 1531 bei Lusthaus 409 glumm, noch nd. glum «trübe,
Hedio Josephus Vorr. 4 ^ Glücksspiel. Glücks- dunkel, müirisch»; dazu mnd. und md. glü-
topf, m.: Gefäß, aus dem in der Glücksbude mende Part, «heimtückisch», md. im 14. Jh,
die Lose gezogen werden, bei P. Fleming 313. heglümen «trübe machen, hinters Licht führen»,
Glückwunsch, m., 1691 bei Stieler, dafür ags.glöm m.(?) «Düstei'nis, Dämmerung», engl.
1571 bei Rot Glückwünschung, 1485 gelücks- glum «finster, müiTisch», gloom «Dunkelheit,
wünschung (Nürnb. Pol.-Ordn. 72). Trübsinn», anord. gläm-syni f. «Sehschwäche,
Glucke, Klucke, f. Bruthenne. welche dem Auge die Dinge anders als in
(PI. -n):
Bei Luther Hiob 9, 9 Glucke, mit dem stimm- Wirklichkeit erscheinen läßt», ^Zämrm.«Mond»,
haften md. Anlaut füi- spätmhd. kluck f. urverwandt 'mit lit. zlejä «Dämmerung».
(Mone Ztschi'. 3, 408 von 1409), mnd. klucke f.; glumnien, v.: glimmen (s. d.). Dazu das
zusammenges. Gluckhenne, f., bei Luther, Iterativ glumsen, V.: schwach fortglimmen,
745 glnpen Gneist 746

1587 im Buch d. Liebe 191*^ neben glunsen Gnadenjalir,n.: Jahreseinkünfte eines Amtes,
185% mhd. glünsen, md. im 14. Jb. glunsen. die die Witwe nach dem Tode des Mannes
glupen, V.: einen heimlichen schnellen genießt, 1657 bei Speidel Speculum 511, aber
BHck tun, bes. mit großen Augen seitwärts spätmhd. im 14. Jh. gnädenjär n. «kirchliches
lauernd; von unten aufblicken (Bürger Mac- Jubeljahr» (Städtechron. 5, 45). Gnaden-
beth 1, 6). 1775 bei Adelung als niedersäch- pfennig, m.: goldne Medaille als fürstliches
sisch, mnd. glupen, ndl. 1598 glupen, gloepen Gnadengeschenk (Brustschmuck), 1666 bei
«heimtückisch lauem», jetzt gluipen, afries. Besold Thesaurus 327. gnadenreich, adj.,
glüpa «verstohlen sehen», mengl. gloppen mhd. ge7iädenriche. Gnadenstoß, m.: Todes-
«anstaiTen». Dunklen Ursprungs. Vielleicht stoß aus Gnade, urspr. dem geräderten Ver-
hängt abg. «sehen» irgendwie mit brecher vom Henker gegeben, 1775 bei Ade-
glipati
dem Wort zusammen. Davon glupSCh, adj.: lung, anders mhd. genädenstog m. «Anregung
heimtückisch. Ndd. 1775 bei Adelung glupisch, der Gnade». Guadenwahl, f.: Prädestina-
bei Hermes Soph. Reise 4, 238 gluhpsch. tion, 1663 bei Schottel 425.
Olut, s. glühen. Gnatz, m.: Übellaunigkeit der Kinder.
Glyzerin, n. (s): Ölsüß, Scheelesches Norddeutsch. Identisch mit dem folgenden.
Süß. 1776 von Scheele entdeckt. Gebildet Gnätze, f.: Schorf, Hautausschlag. Bei
von gr. Y^uKepöc «süß». Luther 3. Mos, 14, 56 Gnetz f., auch Gnatz
Onade, f. (PI. -n): WohlwoUen (Nieder- m., 1716 bei Ludwig der Gnatz, die Gnätze
neigen) gegen den Geiingern, hohe Gewogen- oder der Gneiß auf den Köpfen der Kinder.
heit. In der Anrede Euer G-naden ist es Noch nd. und kurhess. Gnatz m. «Grind,
Plural und Übersetzung des lat. vestra de- Schorf, Krätze». Md. im 15. Jh. gnaz m.
mentia. Mhd. genäde, gnade, ahd. ginäda, «Grind» (Diefenbach gl. 264^) und 1296 in
gnäda f. «Medei-neigung, Ruhe» [die sonne dem Beinamen gnazoge «Grindauge» (Ger-
geht zu gnaden Weist. 1, 744), «rahige Lage, mania 20, 40), um 1300 bildlich «Kargheit
Behagen, Glückselicrkeit, Neisnincr zu etwas, (Schäbigkeit), Knauserei», urspr. wohl «das
Herablassung zu Beistand, helfende Geneio^t- Schaben, Reiben». Zu ahd. gnitan, md. und
heit, Hilfe und Erbarmen, Huld, Dank» (eig. mnd. gnlden, ags, gnldan, cnidan, anord. gniäa,
«Niederlassung, Fußfall um zu danken»); dazu dän. gnide «reiben». Weiter gibt es Formen
asächs. näda und ginääa f. «Huld, Bannherzig- mit anlaut. h anord. hnita «mit etwas stoßen»,
keit», mnd. gnade, genade f. «Ruhe, Herab- , lit. kmsti «wühlen». ABL. gnatzig, adj.,
lassung, Gunst, Vergünstigung, Privilegium», bei Luther gnetzig und gnetzicht. gnatzig,
ndl. genade, afries. genäde, gnäde und näthe, adj.: übellaunig.
näde f. «Huld, herablassende Hilfe», anord. Gneis, m. (-es, PI. -e) : schieferiger Granit,
näd f. «Gnade» im PI. nääir «Ruhe, Schlaf», aus Feldspat, Quarz, Glimmer. 1557 beiAgri-
schwed. näd f. und dän. naade «Gnade». Die cola Bergwerkb. S2^ Gneus, 1562 bei Ma-
Bedeutungen des Wortes lassen sich aus der thesius Sar. 197* gneysiger Stein, 1698 bei
von «niedemeigen» ableiten. Aber in den Schönberg Geneis, 1712 bei Hübner Geneiß.
verwandten Sprachen liegt schon die Be- Vermutlich urspr. Nebenform von Gneist
deutung «Hilfe» vor, so in got. nißan «unter- «Funke» (s.^ Gneist), wie beiParacelsus Chirurg,
stützen», air. ar-neithim «ich stütze, halte», Schriften (I6I8) 317 Geneiß n. «Funkenasche».
aind. näthäm n. «Hilfe, Zuflucht», näthas m. Die Schi-eibung Gneus beruht auf Anknüpfung
«SchutzheiT», nadhamänas «Hilfe suchend, an genießen, weil dies Gestein nach Berg-
bittend». Daher wird man von dieser Be- mannsglauben viel gutes Ertz, unter toelchem
deutung ausgehen müssen. ABL. gnaden, es bricht, gleichsam vor sich geneust und es
V.: Gnade erzeigen, mhd. genäden, gnaden, verzehret und rauhet (Hübner 1712).
ahd. ginädon, ginäden, gnaden; dazu asächs. ^Gneist, m. (-es, PI. -e): Funke, sprühen-
ginääon. gnädig, adj., mhd. gencedic, gncedic, des Flämmchen. Mhd. ganeist, ganeiste, ge-
«wohlwollend, barmherzig, liebreich», ahd. neiste, gneiste m. f., ahd. ganehaista, gneista f.
ginädig, gnädig, Adv. gnädigo; dazu asächs. und gneista, gnanisto m., woneben ahd. ga-
ginääig «harmherzig, liebreich», schwed. nädig neistra, ganastra, mhd. ganeister, ganster,
und dän. naadig «gnädig», dagegen anord. gänster, geneistei', gneister f. ; dazu ags. gnäst
nädugr «ruhig». ZUS. Gnadenbild, n., m., anord. gneisti m., dän. gnist «Funke».
bei Luther. Gnadenbrot, n., 1741 bei Frisch, Verwandtschaft unsicher. Preuß. knaistis
747 Gneist Gold 748

«Brand», abg. gnetiti «anzünden» können nicht entlehnt finn. kulda, kulta «Gold». ABL.
beide gleichzeitig verglichen werden. noch altertümlich gülden, gülden,
golden, adj.,

^Gneist, m, {-es): fest auf der Kopfhaut mhd.-ahd.-asächs. guldm; dazu ndl. gouden,
schuppig sitzender Grind oder Hautschmutz. afries. gelden, gülden, golden, ags. gylden, engl,
Wetterauisch. 1482 gnyst im Voc. theut. m7^, golden, anord. gullinn, schwed. gyllene, dän,
im 15. Jh. bei Diefenbach gl. 264 ^ geniste, gylden. golden, v, in vergolden, mhd.
genist, 1716 bei Ludwig Chfieiß m. neben vergülden, vergülden, altertümlich vergidden
Gnatz (s. Gnätze), 1741 bei (Goethe 1, 90), vergülden (Schuppius 251).
Frisch Chieis,
Gnistm., mnd. g^iist «Räude, Hautausschlag», goldig, adj., süddeutsch als Kosewort, bei
tirol. Gneist n. «kleingeschnittnes oder ge- Schiller 2, 144; altertümlich guldig bei Cha-
schabtes Zeug», Gneis «Kopfschuppe». Wohl naisso 3, 133. güldisch, adj.: goldhaltig
abgeleitet von ahd. gnitan (s. Gnätze). (im Bergbau), 1775 bei Adelung, göldisch
Gnenn, m. Vater, s. Knän.
:
1721 bei Jablonsky. ZUS. Goldammer, f,,

spätmhd. im 15. im Voc. ex


Jh. goltamer f.,
Gniddelstein, m.: Nahtklopfer bei Leinen-
zeug, anstatt der Plätte. Norddeutsch, Mnd.
quo 1469 goltamnierlin n. goldfarben, adj.,
bei Luther goldfarh, mhd, goltvar (s. -farh).
gnidelsten m. «Glättstein», von nd. gnideln,
gniden «glätten, plätten», mnd. gniden «reiben» Goldfinger, m.: Ringfinger, der Finger zu-
(s. Gnätze).
nächst am kleinen, mhd.-spätahd. goltvinger
(Steinmeyer-Sievers Gl. 3, 72, 8), afries. und
Gnom, m. (-en, PI. -en): Erd-, Berggeist.
ags. goldfinger. Goldfisch, m.: aus China
1775 bei Adelung, aus gleichbed. franz. gnome,
stammender, 1691 nach England und von
ital. gnonio m., von mlat. gnomus m. «Erd-
da in Eui'opa verbi'eiteter goldglänzender
geistchen» (im 16. Jh. bei Paracelsus), zu
karpfenartiger Fisch, Cyprinus auratus (in
gr. Yviij|üri f. «Erkenntnisvermögen, Geist».
China bereits im 5. Jh. n. Chr. in Garten-
Gobelin (spr. gohel^), m. (-s, PI. -s und teichen und Porzellanvasen gehalten); anders
Gdbeline) Teppich mit eingewirkten Bildern..
:

1482 im Voc, theut. 14^ goltfisch «Teichforelle»,


Benannt nach dem Ei-finder Jean Gobelm in
salmo fario; (jetzt auch in Übertrag. Bed.)
Paris (15. Jh.).
«reiches Mädchen», goldgelb, adj., 1537
Gockel, m. (-S, PI. wie Sg.): Männchen bei Schaidenreißer Odyssea 96^, 1616 bei He-
des Hühnei-\'iehs. In ältrer Zeit auch Gückel, nisch. Goldglätte, s. Glätte. Goldgrube,
so 1540 bei Alberus dict. Hh2'i und 1556 f.: 'Goldbergwerk, 1429 goltgrueh und 1414
bei Frisius 940", 1537 bei Dasypodius Guckel, goltgrohe (Diefenbach gl. 62*^); auch in Über-
Gugel, 1589 bei Bebel Facetiae 128=^ Gockel trag, Bed, Goldhähnchen, n. der Sommer- :

(1558 Gogkel), 1538 bei Serranus Göcker. In


Zaunkönig, Sylvia regulus, der kleinste Vogel
Zusammensetz. 1596 bei Hulsius Gugelhan. Europas, benannt nach der gelben Haube, um
bei Schuppius 773 Gockelhan, bei Schiller 1500 goldhandel (Diefenbach nov.gl. 181^), 1557
Wall. Lager 9 Gökelhahn, mnd. kukelhän. bei Heußlin Vogelb. 66^ Goldhendlin, 1664
Lautmalende Bildung, wie gleixjhbed. mndl. bei Duez Goldhahnichen. Goldkäfer, m.,
kocke m., ags. coc m., engl, cock, fi"anz. coq 1595 bei Rollenhagen Froschm. 1, 2, 15 Gold-
m., anord. kokr m. «Hahn», lat. coco vom kefer, 1466 goltkeher (Diefenbach n, gl.- 43^).
Hahnenlaut, wie im Alsfelder Passionsspiel Goldkorn, n., 1616 bei Henisch Goldkörnlein.
40^ gucze gu gu gä. Goldlack, m,: die wohlriechende Pflanze
Godel, f. (PI. -n): Patin, s. ^Gote. Cheiranthus cheiri, 1798 bei Nemnich,, dafür
Gold, n. {-es, PI. -e): das edelste MetaU im 16. Jh. geel Yeiel (Fuchs 1542), geel Vio-
lat. aunim. Mhd. golt, ahd. gold n.; dazu Violaten (Bock 1546). Goldmacher, m.:
asächs.-afries.-ags.-engl. gold, ndl. goud, anord. Alchymist, 1646 bei Moscherosch Phil. 1, 61.
gull, goll,schwed.-dän. guld, got. gnlp n. Ur- Goldmann, m.: Kosewort für einen be-
verwandt mit abg. zlato, russ. zoloto n., lett. sonders lieben Mann, bei Geliert 8, 415.
ze'lts m. «Gold», aind.Jiiranjam «Gold», aw. Goldschmied, m., mhd. goltsmit, ahd, golt-

zaranja- n. «Gold», aind. hätakam «Gold» aus sniid, ags. goldsmip m. Goldsohn, m., 1775
*haltakam. Daß das Wort zu *gelh gehört, bei Adelung als Kosewort der Meißner (Ober-
ist durchaus nicht sicher, vgl. Hirt Ablaut 88. sachsen) wie ßoldkind und Goldtochter. Gold-

Eher steckt darin ein Volksname, wie in aind. stück, n., 1616 bei Henisch Goldstuck, an-
hätakam «ein Land». Aus dem Germanischen ders bei Luther Golds Stücke. Goldwage, f.,
749 Golf Gose 750

spätmhd. 1455 goltwäge f. RA. seine Worte Sprache Präteritopräsensfonn: mhd. gayi, noch
auf die Goldwage legen, vgl. Sir. 21, 27. bei Luther ich, er gan neben ich günne, ags.
Golf, m. (-es, PI. -e): Meerbusen. In gean und an, anord. ann; das Prät. lautet
der ersten Hälfte des 15. Jh. golffe und geonda, im einfachen Verb
(Altswert ahd. giansfa
228, 2), 1534 bei Franck Weltb. 209^ der onda, asächs. gionsta, ags. geüde und Ude^
Akk. Sg. Cholfen, 1562 bei Mathesius Sar. mhd. gunde, gonde, bei Luther gönnete und
201^ Golff. Aus gleichbed. franz. golfe, ital. gönste, gunste, im 17. Jh. bei den Schlesiern
golfo va., von gr.-spätlat. colpus m. «Meer- gunte, noch bei Zachariä Ren. 263 vergönnte;
busen», gl'. köXttoc m. «Busen, Meerbusen». das Part. Pass. mhd. gegunnen, günnen, später
Golllcht (mit ö), n. {-es, PI. -er): Talg-, gegunnet, auch geganst, bei Luther gegönnt,
ünschlittlicbt. Ein durch Mitteldeutschland schles. im 17. Jh. gegunt, ags. geunnen, anord.
vom Rhein bis Schlesien, durch die unnat. ABL. Gönner, m., beiLuther Gönner,
sowie
Oberpfalz nach Franken und Schwaben sich Gönner, mhd. gunner, gUnner, md. gonner;
hinziehendes mundartlich es Wort. Bei H.Sachs dazu Gönnerschaft, f., 1775 bei Adelung.
[1, 317^] Goliecht, im 15. Jh. gollicht (Folz Göpel, m. (-S, PI. ^vie Sg.): aus einer
Fastnachtsp. 8, 1219) und PI. golliechter senla-echten Spindel bestehendes Hebezeug
(Schmeller -
1, 893), guliechte (Inventar Elsen über der Grube zur Windung aus tiefem
von Holzhusen von 1410 im Archiv zu Frank- Schacht; (später) in der Landwirtschaft ein
furt a. M.), guUiecht im Einnahme- und Aus- Triebwerk. 1546 bei Agricola de re metallica
gabeverzeichnis des Klosters Marienborn bei 483 Keppel, pyramis, aedificium super puteum
Büdingen von 1493, aber bereits im 13. -Jh. extructum, ebenso 1562 bei Mathesius Sar.
ndrhein. guleweke «Lichtwoche, Woche der 22^ u. 196*^ Gepel «das Gebäude, Zechhaus,
Lichtmesse» (Haupts Ztschr. 15, 516). Da- worunter die Hebemaschine steht» (Bl. Lll^
für umgedeutet obersächs.-posen. Gokellicht. Göpel), 1594 bei Frischlin Xomencl. 112 Ge-
schles. 1728 bei Stoppe Ged. 1, 188 Goock- pell «Roßmüll, machina tracta ab eqms».
licht, zu mhd. gogelen «hin und hergaukeln, Göre, f. (PI. -n) und Gör, n. (PI. -en):
sich hin und herbewegen», also «Licht zum Kind, kleines Kind, Mädchen wie Knabe.
Leuchten beim Umhergehen im Hause». Niederdeutsch. 1598 bei Helvig 144 Göre
GÖlse, f.: Schnake, s. Gelse. «Pomerani in contemptum pro infante», 1652
Gondel, f. (PI. -w): venetianisches Lust- bei Lauremberg 2, 11 Gör f. Dazu engl, girl
schiffchen. 1664 bei Duez Gondel. Gondole, «Mädchen», mittelengl. girle; anders Schweiz.
1616 bei Henisch Gundel «ein Venedisch giirrli n. «hübsches, schalkhaftes, lebhaftes
Schifflin», 1597 Wickram RoUw. 190, Mädchen», welches Dim. von Gurre (s. d.)
bei
2 Kz. Giindelle f., 1594 bei Frischlein Nomen cl. «Stute» ist. Göre ist von Möller Btr. 7, 542
Kap. 171 das Dim. Giindelein n. Aus gleich- mit gl". Trapöevoc, lat. virgo f. verbunden, was
bed. ital. gondola f., dem Dim. von gonda f. trotz aller Einwände richtig sein kann. An-
«Gondel». Davon Goiideliei", Gondoller, m., ders Holtbausen Arch. f. neuere Spr. 107, 379 f.
(-S, PI. -e): Gondelführer. Aus gleichbed. Gösch, m. {-es, PI. -e) auf f. (PI. -en):
ital. gondoliere m. 1703 im Zeitungslex. viereckige Flagge am Ende des Bugspriets.
Gondolirer. Niederdeutsch. Dazu ndl. geus, entlehnt
gönnen, v.: gerne sehen oder gestatten, schwed.-dän. gjös. Nach Falk-Torp identisch
daß jem. Gutes oder Übles zukomme, er es mit ndl. gens «Bettler».
habe. Bei Luther gönnen, gönnen, günnen. noch Gosche, Gusche, f. (PI. -w): Maul als
im 17. Jh. bei Fleming, Logau usw. günnen, niedriger Ausdruck. 1556 bei Frisius 432*
mhd. günnen, günnen, ähd.gi-, geunnan, günnen, Gosche «Schlund, Maul», ebenso bei H. Sachs
asächs. giunnan, ndl. günnen, ags. geunnan, Fastn. 85, 201, Fischart Garg. 337 und 1640
von ahdi.unnan «gönnen, vergönnen, erlauben», bei dem Schlesier Scherffer Grob. 139 u. 218,
ags. unnan, anord. unnxi (auch lieben), schwed. sonst in Mitteldeutschland Gusche f. (Günther
Unna, dän. unde. Wegen der Ableitung Gunst 125). Vielleicht zu aind. ghösati «tönt, ver-
(s. d.), wohl aus ans entstanden und vielleicht iTift aus», ghosas m. «Lärm, Getön»,
kündet,
gehörig zu gotganisan «genesen, gerettet wer-
aw. gaos «hören», apers. gausa «Ohr».
den», gr. viojj.a\ «kehre zurück», aind. näsate
Gose, f. Weißbier, das angeblich in Goslar
:

«gesellt sich», Grundbetonung wohl «heran- zuerst gebraut sein und von dem Flusse Gose,
gehen». Das Präsens zeifft in der altem an dem Goslar liegt, den Namen tragen soll.
1'

751 Gosse Gott 752

Vielleicht aber nd. gös «Gans», wie denn gr. x^eiv, x^TÖc «gießen, gegossen», oder 3)
viele Biere nach Tieren benannt sind, vgl. zu lat. fovere «wärmen» oder lat. favere
Broyhan. Schon 1332 mnd. gose (Höfer «günstig sein». Ebenso verschieden wie die
ürk. 257), 1575 bei Fischart Garg. 86 Goß- Wurzeln kann auch die Bedeutung sein, ent-
larisch Gause und 148 Goß. weder abstrakt «die AniTifung, die Opferung»
\

Gosse, f. (PI. -n) Giißstein der Küche oder «das angerufne, das geopferte» usw.
: ;
j

Straßenrinne. 1517 bei Trochus 3'' ein Irgendwelche Sicherheit ist nicht zu gewinnen.
\

gosszen. Von gießen (s. d.). Wenn Götze (s.d.) wirklich zu Gott gehört, so
j

^Gote, f. auch dim. Göäel: die: wiese das auf eine ursprüngliche Bedeutung
(PI. -«),

aus der Taufe Hebende und Gehobne. Mhd. «Büd, Figui-». Vgl. Osthoff Bezz. Btr. 24, 177.
göte, götte m. und gote, gotte f. «Pate, Patin Uhlenbeck Btr. 30, 285. Der Plur. lautet
und JPatenkind», ahd. gota f. «Taufzeugin», ahd. gota, mhd. gote, göte und neutr. göter,
|

1664 bei Duez 46 Göte f., 1669 im Simpl. 403 wie got. PI. Neutr. guda. Vgl. Götze, Güt-
ABL. Göttin, f. (PI. -nen), mhd.
j

Göth f. «Patin». Noch in Ober- und Westinittel- chen.


deutschland Gott f. und Gott m. Vielleicht gotinne, gotin, mit Umlaut gütinne, götinne,
abkürzende Koseformen füi* die als geistlicher göttin, ahd. gutinna, gutin f.; dazu ndl. godin,
Vater oder geistliche Mutter des Täuflings ags. gyden f. göttern, v. in vergöttern, bei
'.

(lat. pater, mater in Deo) geltenden Tauf- Luther göttern «göttliche Ki-aft und Art ver-
'

zeugen, wie die mit Gott (s. d.) zusammen- leihen», mhd. vergoten «götthch machen, in
gesetzten vollem Formen zeigen: ags. god- Gott verwandeln». Gottlieit, f., mhd. -ahd.
fceder m. «Pate», godmödor f. «Patin», god- goteheit, gotheiti. göttlich, adj., mhd. gote-,
sunu m. und goddöhtor f. «Patenkind», ent- gotlich, göte-, götlich, md. godelich, ahd. gote-,
sprechend engl, godfather, godmother, godson, gotlth:dazu asächs. godlic, anord. gudligr.
goddaughte?', anord. guäfadir, guddöttir, dän. i
ZUS.
mit Gott-: gottloh, interj., früh-
1)

gudfade)', gudmoder, guddotter, schwed. gud- mhd. gote-, gotlop, eig. «(dem) Gott sei Lob».
fader «Pate», gudnior «Patin», gudson und gottlos, adj., bei Luther, schon got. guda-
guddotter «Patenkind», aus gudfader und laus «ohne Gott». Gottseiheiuns, m.: der
^

gudmor. Auch ndl. 1598 goede und goede-, Teufel, bei dessen Anblick man diesen Schutz-
j

godmoeder «Patin», godvader «Pate». Aber ruf ausstößt (Goethe 13, 65 von 1802). gott-
unser Wort kann auch eine Büdung sein selig, adj., bei Luther, eig. «in Gott selig»;
wie got. gudja, and. godi «Priester». dazu Gottseligkeit, f., ebd. gottvoll,
'Gote, m. (-n, PI. -n): Volksname. Got. im 19. .Jh.
adj., —
2) mit dem Gen. Gottes-:
Gut-ßiuda f. «Gotenvolk», bei den Griechen Gottesacker, m.: Totenfriedhof, 1544 bei
FötGoi, foTToi, bei den Römern Gotones oder Luther Ausleg. d. Ep. u. Ev. von Ostern
Gothones (Tacitus Germ. 44), Gothi Eutrop), ( FF 6 ^ tvir Deudschen von alters solche Be-
bei S. Franck Chron. (1551) 157^ f. Gothier, grebnis nennen Gottesacker. Gottesdienst,
Gotthier, bei Aventin Gothen (4, 963, 23), m., mhd. im 14. Jh. gotsdienst. Gottes-
GoUen, Gouten usw. Davon gotisch, adj.: furcht, f., bei Luther: gottesfürchtig,
den Goten eigen: altdeutsch (in der Bau- Luther gottfürchtig, bei Steinhöwel
adj., bei
kunst, 1741 bei Frisch); im 18. Jh. altfrän- Esop 72 gotzßrchtig mhd. im 14. Jh. got- ,

kisch, altmodisch (Lessing 11, 136, Wieland fm-htic. Gottesgahe, f., mhd. gotes-, gots-
6, 170, Schiller 6, 346, 6, Wagner Kinderm. gabe. Gotteshaus, n., mhd. gotes-, gots-
11 Neudr.), nach franz. gothique «altvaterisch». \hüs, ahd. gotes hüs; dazu asächs. godes hüs,
Gott, m. (-es, PI. Götter): übernatürliches afries. godis-, godeshüs, woneben mhd. gothüs,
höchstes Wesen. Mhd. -ahd. got m. (Gen. got. gudhüs n. «Tempel». Gotteskasten,
gotes): dazu asächs.-ndL-afries.-ags. god m., m.: Behälter zur Verwahi'ung des Kirchen-
anord. god, gud m. n., got. gup (Gen. gudis) geldes, bei Luther. .
Gotteslästerer, m.,
m. n. Eine alte partizipiale Bildung, urgerm. 1495 in Reichsordn. 26^ gottßlesterer Gottes- ;
I

*gudom, idg. *ghutoni, die man zu verschie- lästerung, f., 1517 im Frankf. Reichskorr.
denen Verben der verwandten Sprachen stellen 2, 933 gotslesterung. Gotteslohn, n., bei
kann, entweder l) zu aind. am «anrufen», Luther 1, 317*^ J. Gottespfennig, m.:
hUtä- und aw. -zbäta «genifen», abg. 2rat;(j«ich Handgeld, dessen Annahme zu Dienstleistung
rufe», lit. zaveti «besprechen, zaubern», oder verbindend ist, im 15. Jh. gotsphennig, gocz-
I

2) zu aind. hu «opfern», hutäs «geopfert», p fennig und gotsheller (Diefenbach gl. SO**,
753 Gottfried Gracht 754

anord, gröf, schwed. graf f., dän. grav. Von


'

nov. gl. 35^). Gottestisch, m.: xUtar, 1645


bei Zesen adr.Rosemund Xachschr. Gottes- graben (s. d.). ZUS. Grabmal, n., bei
urteil, n., 1775 bei Adelung. —
3) mit dem Luther. GrabSChrift, f., 1562 bei Mathe-
PI. Götter-. Götterbild, n.: (bUdl.) gött- sius Sar. 294% Grabeschrifft bei Luther 8,
liche Erscheinung, bei Goethe Iph. 2, 2. 411* J. Grabstein, m., um 1480 im Voc.
Gottfried, Mannsname, ahd. Gota-, Goda-, ine. teut. k 2 *.
Godofrid, zusammenges. aus Gott und Friede. grabbeln, V.: herumtasten, herumgreifen
Gotthard, ahd. Gotahart, zusammenges. aus (fiiiher auch mit den Füßen herumfahren,
Gott und hart. Gottliel), ahd. Gotleip, asächs. was jetzt krabbeln (s. d.). Vielleicht mit
Godolef: das später zu lieh umgedeutete -leih diesem gleich, oder auch mit grapsen (s. d.)
bedeutet «der Zurückgelaßne, Sohn, Abkömm- vei^wandt. In Norddeutschland.
ling»,von leihen (s. hleihen). Graben, m. (-s, PI. Gräben): sich hin-
gottlob, gottlos, gottselig usw., s. Gott. ziehend in die Länge gegi'abne Erdvertiefung.
Götze, m. (-n, PL -n) falscher Gott. Seit Um 1480 in Voc. ine. teut. kl^ graben, 1540
:

Luther 1520 in der Bed. «Bild eines Ab- bei Alberus dict. A2* Grab m., mhd. grabe,
gotts» und «Abgott», im 15. Jh. bei Rosen- ahd. graho m. dazu and. gravo m., mnd, und ;

plüt Fastnachtsp. 3, Holz ge- mndl. grave m., got. graba f., anord. gröf f.
1181 «aus
schnitztes Bildwerk», ebenso im Spruche von «Höhle, Grab». Der umlautende PI. Gräben
einem Dompropste zuWüi'zburg in der Münch- schon im 16. Jh. (greben 1529 bei Liliencron
ner Hdschr. von 1476 ßl. 125» —
126*^ der 3, 597», 1531 bei Hedio Josephus Antiqu.

Plur. gocze, göcze «geschnitzte Götterbilder» 142*) statt des urspr. schwachen PI. Graben
und 1594 bei Prischlin Xomencl, Cap. 157 (noch bei Voß H. 2, 153, Goethe 30, 134 1. H.
simulachrum, effigies, Bildstock, Götz, ndl. = W. 33, 131, wo Gräben). Von graben, v.

1598 godse. In übertragner Bed. «dummer, (Präs. grabe, gräbst, gräbt, Prät. grub, Konj.
unbeholfner Mensch, Dummkopf» 1494 bei grübe, Part, gegraben): mit einem scharfen
Brant Narrensch. 46, 14, Trochus 1517 G3^ oder spitzen Werkzeuge Vertiefungen machen.
stultus gotze, H. Sachs Fab. 185, 112, Luther Mhd. graben, ahd. gräban (Präs. grabu, grebis,

8, 319* J.; ferner «Schwächling» im 15. Jh. |


grehit, Prät. gruob, Part, grahan und ga-,
bei Diefenbach gl. 526 ^ semivir gocze. Hilde- gigraban): dazu andfränk. and. gravan,
brand (Beiträge z. deutsch. Untemcht 129) mnd. und mndl. graven, engl, grave, afries.
erklärt Götze als «Hausgeist, Kobold», dann greva, grova, ags. grafan, anord. grafa, schwed.
«Abbild eines Kobolds» (s. Ölgötze); bei Uh- gräfva, dän. grave, got. graban. Urverwandt
land Yolksl. 754 ist götze «der Hauskobold, mit abg. grehq «ich grabe, rudre», grobü m.
traute Hausgott». Götze ist Dim. von Gott «Grube, Grab», lett. grebt «sckrapen, aus-
(s. d.), wie Spatz von Spar, Petz von Bär, höhlen». Dagegen wegen mangelnder Laut-
also gleichwertig mit mhd. götelm, gütel (s. verschiebung nicht mit gr. Ypctqpeiv «einritzen,
Giltchen). Vgl. v. Bahder Btr. 22, 531 und schreiben». Vgl. Griffel, Grube, grübeln,
auch Meringer Idg. Forsch. 18, 280. ZTJS. Gruft ZUS. Grabscheit, n. {-es, PI. -e):
Götzendiener, m., Götzendienst, f., beideWerkzeug zum Graben der Erde. Bei Licht-
bei Luther. wer Fab. 4, 18 Grabescheit, bei Wieland Ob.
Gouvernante, f. (PI. -n)-. Erzieherin, Hof- 9, 23 Grabescheid. Mhd. grabeschit, 1429 im
meisterin. Gouvernantin Lib. ord. rer. 9^ grabschit n., zusammenges.
1728 bei Apinus.
1714 bei Wächtler. Aus franz. mit ahd. seit n. «hölzerner Stiel».
gleichbed. Grab-
.gouvemante f., eig. Part. Präs. zu gouverner stichel, m. Werkzeug der Goldschmiede und :

«ein Schiff steuern«, dann «regieren, leiten», Graveure, 1489 bei Brack g2^ grabstickel.
von gleichbed. lat. guhernäre, gr. Kußepväv. Grachel, f. (PI. -n): die lange spröde
Gouverneur, m. (-s, PI. -e): Statthalter, Ährenspitze. 1755 bei Adelung. Schlesisch-
Befehlshaber. 1669 im Simpliciss. 51. Aus auch «Spreu». Vielleicht zusammenhängend
gleichbed. franz. gouvernenr m., von lat. mit md. (13. Jh.) grach n., dessen Bed. «Ähren-
gubernätor m. «Steuermann, Lenker, Leiter». feld» nur Vermutung ist.
Grab, n. (-es, PI. Gräber): Grube zur Gracht, f. (PI. -en) Kanal. Niederdeutsch. :

Totenbestattung. Mhd. grap, ahd. grab n. Mnd. und mndl. gracht, graft f., mndrhein.
(PI. grehir) ; dazu asächs.-mnd. und ndl. graf, gracht f. entsprechend mhd. graft f. «Graben»
afries. gref, ags. grcef, graf n., engl, grave, zu graben.
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 48
755 Grad Gran 756

Grad, m. (-es, PI. -e): Stufe; 360ster gramr, dän. gram. Aus dem Germanischen
Teil des Kreises. IMlid. grät m. «Stufe» ital. gramo «betrübt».
entlehnt afranz. gram,
eigentlich und bildlich (PI. gr(Bte, gräte, md, Gleichen Stammes wie grimm (s. dort Näheres).
grete), im 14. Jh. gräcl, ahd. gräd m. « Schritt, Aus dem Adj. gebildet Gram, m. (-s): an-
Stufe»; dazu mnd. grät n. Aus gleichbed. haltende tiefim Innern nagende Beträbnis
lat. gradus m., woher ital.-span. grado, franz. worüber, mhd. (1412) gram m. «feindselige
degre m. gradieren, v.: zu einem höhern Stimmung», mnd. gram m. «Grimm, Erbitte-
Grad an Güte bringen, z, B. in Salinen das rung, Zorn». Von gram abgeleitet grämen,
Salzwasser durch Reisig abtröpfeln lassen V.: in Gram versetzen, mhd. gremen, ahd.

zum Verdunsten des wilden Wassers, 1712 gremjan, gremman (Prät. gremita, gramda)
bei Hübner. Bei Rot 1571 gradirn «nach «zornig, unmutig machen, aufregen», im
Graden abschätzen», z, B. Gold und Silber, Mhd. auch intr. «zornig sein worauf» und
auch die Wärme in 4 Graden bis zur Siede- refl. «sich härmen»; dazu ags. gremian, grem-

hitze. Nach mlat. gradare «aufwärts gehen», man, anord. gremja, schwed. gräma, dän.
davon Gradierwerk, m. Im 18. Jh. dafür grämme, got. gramjan (aufreizen, erzürnen).
Gradierhaus oder Leckiverk. graduieren, grämlich, adj.: verdrießlich, 1691 bei Stieler
V.: einen höhern akademischen Grad ver- (dafüi- bei Henisch 1616 und Duez 1664
leihen, im 15. Jh. bei Nik. v. Wyle 353, 16 grämig), mhd. gramelich, greme-, gremlich
gradmvieren aus mlat. graduare «zu einem «zornig, grimmig», ags. gramlw «grimmig»,
,

höhern akademischen Grad fortmckenlassen», anord. gramligr «verdrießlich»; dazu Gräm-


von lat. gradus m. lich keit, f., 1691 bei Stieler.
Graf, m. {-en, PI. -en): der Nächste in Gramm,
Gewichtsemheit n. {-es, PI. -e):

der Würde nach dem Unverkürzt von 18^/05 ^^'^"- 1^6^ ^^ Deutschland, 1800
Fürsten.
noch 1673 bei Weise Erzn. 23 Graffe, bei in Frankreich eingeführt. Aus franz. gramme
Rückert 3, 60 Gräfe. Mhd. gräve, gräf m. m., von gr.-lat. gramma n. «Schriftzeichen,
(PI. gräven, auch grceven) urspr. «höhrer '/.24 Unze», gr. Ypd|U|ua n. (s. Grammatik).
weltlicher Befehlshaber und Gerichtsvorsitzer», Grammatik, f. (PI. -en): Sprachwissen-
dann Würde», ahd. grävo. grävio, schaft; Sprachlehre.
als «erbliche Um 1522 bei Ickel-
gräveo m., md. und mndrhein. grabe und mit samer 37 Grammatic, mhd. grämatica und
Umlaut greve, grebe m.; dazu mnd. greve, grämatic, ahd. grämatich f. Aus gleichbed.
afries. greva m., und mit Ablaut ags. gerefa, gr.-lat. grammatica, gr, YPö^MaxiKri f., das

gereafa, groefa m. (zusammenges. scir-gerefa (mit Ergänzung von t^x^i f. «Wissenschaft»)


«Vorsteher» einer scir «Gaus», engl, sheriff), subst. Fem. des gr. Adj, Tpam-iaTiKÖc «schrift-
aus dem Mnd. entlehnt anord. greift m. Der kundig, nach den Sprachregeln», einer Ab-
Ursprung ist nicht sicher ermittelt. Am leitung von Ypd|U|ua n. «das Eingegrabene, der
nächsten liegt Zusammensetzung aus gi- und Buchstabe», zu ypdqpeiv «einritzen, schreiben».
einem rSb-, röb, dessen Bedeutung aber auch Grammatiker, m.: Sprachgelehrter, schon
nicht klar ist. Anderseits vergleicht man got. ahd, gramatichäre m,, mhd. grämaticus m.
gagrefts f. «Beschluß, Befehl». Aber dann muß «Lese- und Schreib kundiger, Lateingelehrter»,
man ags. girefa von (?ra/" trennen. Heyne ver- aus gr.-lat, grammaticus m, «Sprachgelehrter»,
tritt im WB. die Ansicht, daß G. ein Lehnwort dem substant, Mask. des gr.-lat. Adj, gram-
aus gr. YPa'PEÜc «Schreiber» sei. Die Bed. maticus. grammatikalisch, adj,, 1663 bei
«Vorsteher» noch Grebe m. «Dorf- Schuppius 1, 604 grammaticalisch , aus dem
in hess.
vorstand» (schon bei Kirchhoff Wendunmut von grammatica abgeleiteten lat, Adj, gram-
1, 178), siebenbürg. Grefm. «Richter», aachen. maticälis. grammatisch, adj,, bei Luther
Grif in. «Zunftvor Steher», ferner in Deich-, 3, 68^ J., nach dem gr.-lat. Adj. grammaticus.
Salzgraf (s. d.). ABL. Gräfin, f., mhd. Gran, m. {-es, PI. -e): ^/g^ Quentchen
grcBvinne, grcevin. gräflich, adj., 1642 bei Apothekergewicht. 1562 bei Mathesius Sar.
Duez gräffelich, 1582 in Weist. 1, 645 grave- 236* G^-an oder körnlein, weil man etwan
lich. Grafschaft, f., mhd. gräve-, gräf- die kleinen Geivicht nach Poxhörnleinkörnern
schaft f. getheylet und geeicht hat, 236*^ ein Karat
gram, adj. wogegen übelwollend gestimmt.
: (Gold) sol gradirt sein in vier Gran, ein
Mhd.-ahd. gram «feindselig aufgeregt, erzürnt, Gran in drey Gren. Aus lat. gränum n.
unmutig»; dazu asächs.-ndl.-ags. gram, anord. «Korn, Getreidekom», dann im Mlat. (wo
757 Granat an'anulieren 758

auch granus m.) «kleinstes Gewicht». S. 1663 bei Schuppius 1, 542, Grandeza 1617
Gerstenkorn. Grän, m. (-es, PI. -e): ^'^o im Michel 43. Aus gleichbed. span, gran-
t.

Karat bei Gold-, ^,.^g Lot bei Silberge-wicht, deza, ital. grandezza f. grandios, adj.:
überhaupt ogg Mark.
-^
1562 bei Mathesius großartig, bei Goethe 30, 87, 88 u. 176, aus
(s. 0.) Gren, aber schon 1354 bei "Würdtwein ital. grandioso, franz. grandiose, zu ital.-span.

Diplom, magunt. 2, 184, 2 u. 215 der PI. grande, franz. grand, lat. grandis «groß».
green, 227 der PI. grein. Aus franz. grain Granit, m. {-es, PI. -e): aus Quarz, Feld-
m., von lat. gränum (s. Gran). spat und Glimmer zusammengesetztes hartes
•^Granat, m. (-es, PI. -en): ein roter Gestein von kömigem Gefüge. Mhd. grdnit
Edelstein, aber auch von gelber, grüner m., aus mlat. granitura marmor, woher auch
brauner und sam m etschwarzer Färbung. Mhd. granito, franz. granitm., eig. «viel Kömer
iidiX.

granät m., aus gleichbed. mlat. granatus m. führendes Gestein», zu lat. gränum n. «Korn».
(nämHch lapis «Stein»), dem Mask. des lat. Davon graniten, adj., bei Schiller 11, 297.
Adj. gränättis «mit Körnern oder Kernen Granne, f. (PI. -n)-. Eückenborste des
versehen» (s. Granatapfel), von lat. gränum Schweines; Ahrenstachel. ]^Ihd. grane, gran
n. «Korn»; der Name daher, daß dieser Edel- f.,eig, wohl «Haarspitze», dann «Barthaar»,
stein meist in Körnern gefunden wii-d. zumal der Oberlippe, «stacheliges Haar» bei
"Granat, m. an der Xordseeküste für
: Tieren, «Gräte», ahd. grana. grane f. < Schnum-
Garneelen (s. d.) oder Krabben. 1741 bei bart, Gräte» (noch wetterauisch Gröne f.
Frisch unter Garneelen. und 1540 bei Albems dict. Hh3^ Gran i.
Granatapfel, m.: Frucht des Granat- «Gräte», siebenbürg. Grünen «Schnurrbart»),
baumes in Asien usw. Mhd. granätapfel m., 1420 md. grayn f, «Ahrenstachel»; dazu ags.
auch bloß granät, aus mlat. granatum n. granu, anord. grön f. fPl. granar) «Barthaar
(nämlich malum « Apfel >), dem subst. Xeutr. an der Oberlippe». Urverwandt mit altir.
des Adj. granatus (s. Granat), eig. «viel- grend, kymr.-bret. grann «Schnui-rbart, strup-
kemiger Apfel». piges Haar», alb. krqndd f. «Weinrebe, Sti'oh-
Granate, f. (PI. -n)-. mit Schießpulver halm», gegisch kran9 «Stachel, Dom». Aus
gefüllte Kugel. dem Germanischen entlehnt altfranz. grenon
1616 bei Wallhausen Kriegs-
manual S. 68 Granate, Granade, aus «Lippen- und Kinnbart», span. grena «ver-
S, 75
gleichbed. ital. granata. granada f. (dort bereits worrenes Haupthaar», altspan. grenon «Bart»,
im ersten Drittel des 16. Jh.), franz. grenade ital. granata «Besen», mlat. (bei Isidor 19,
f., woher bei Archenholtz 2, 385 u. 421 Gre- 23, 7) granus «Zopf».
nade f., eig. «nach Art eines Granatapfels Grans, m. (-es, PI. -e) und Gransen,
mit Körnern, d. h. Pulverkömem gefüllte m. (-S, PI. wie Sg.): Schiffsschnabel; über-
Kugel» (im altem Ital. granata f. «Granat- haupt Schiffsspitze. Bei Schiller TeU 4, 1
äpfel», 1726 bei Fleming teutsch. Soldat 74^ Gransen m. (aus Tschudi entnommen). Mhd.
«wegen der Ähnlichkeit mit den Granat- grans m. «Schnabel des Vogels und des
äpfeln also genennet». S. Grenadier. Schiffes, Maul oder Rüssel des Tieres, Maul
Grand, m. (-es, PI. -e): grober Kiessand. des Menschen, hervoiTagender Körperteü»,
1775 bei Adelung. Dem Niederd. entnommen, ahd. grans und granso m. «Schiffsschnabel,
wo grand auch «Weizenkleie». Gleichen Vorderteil des Schiffes». Herkunft unsicher,
Stammes wie grindan (Prät. grand, Part.
ags. ^^ach Wadstein Btr. 22, 248 aus gi-rans, vgl,
gründen), engL grind «zermalmen, mahlen», mhd. rans m., isl. rone «Rüssel». Zupitza
m-verwandt mit lat. frendere «zerknirschen, Gutt. 176 vergleicht abg. grani f. «Ecke».
zermalmen, knirschen», lit. grendu «reibe», gransen, v. weinerlich tun. Norddeutsch, :

vielleicht auch gr. xovbpöc (aus xpovbpöc) m. 1696 im Schelmuffsky- 23, 1728 bei Menantes
«Graupe, Korn», Tgl. Mulm. Davon grandig, allemeueste Art 378. Litensivum von mhd.
adj.: grobkiesig, bei Fiisch 1741, in der Bed. granen, grannen «weinen, flennen», ahd, gra-
stark, sehr, 1669 im Simpliciss. 195 u. 276.
nön «grunzen», anovdi.grenja «heulen, brüllen»,
Grande, m. (-n, Adeligen wie grinsen von mhd. grinnen, gleichen
PI. -n): die
in Spanien, die sich vor dem König bedecken Stammes wie greinen (s. d.).
dürfen. Aus dem span. grande m. (s. u.), granulieren, v.: kömig machen. 1562
1694 bei Nehring. Davon Grandezza, f.: bei Mathesius Sar. 231^ (Münzen) granuliren.
Würde und Anstand eines spanischen Granden, Aus franz. gramder 'Metall körnen», von
48*
:

759 Oraphit Orat 760

lat. gränulum n. «Körnchen», dem Dim. von mit grysUc «schauderhaft», engl.
ags. grislw,
gränum n. «Korn». grisly Diese Formen weisen
«scheußlich».
Graphit, m. {-es, PI. -e): Eeißblei. Zu auf eine e- oder z- Wurzel, daneben steht
Anfang des 19. Jh. aus gleichbed. fi*anz. eine M-Wurzel in asächs. gruri m. «Schauder,
graphite m., von gr. ypäqpeiv «schreiben». Grausen», d. Graus (s. d.).
grapsen, v.: schnell fassend greifen. Bei graß, adj. (Komp. grasser, Superl. grrassesi)
Goethe 1, 209. Norddeutsch auch grapscheil. wütend, schrecklich, zurückschreckend. Beim
Abgeleitet von grappen (bei Luther 6, 326^ j. Goethe 3, 643, Voß 2, 214. Mhd. gra^
und Henisch 1616), 1477 clevisch grabhen «leidenschaftlich erregt, wütend» (mit dem
«zugi'eifend fassen oder packen», mhd. gräpen Subst. gra^, grä§ m. «Wut» und dem Zeit-
«greifen»; dazu engl, grab und grasp «packen»; wort grämen «leidenschaftlich aufgeregt sich
urverwandt mit lit. grehiu, grepti «hacken», gebärden, aufschreien, übermütig, anmaßlich
grabineti «hin- und hergr6ifen», abg. gräbiti tun»), ahd. nur Adv. gra^^o «heftig, stai'k,
«greifen», aind. grhhnati «ergreift», iran. grah- sehr», verwandt mit got. gretan «weinen»,
« greifen». Vgl. greifen. anord. grata «weinen, laut jammern». Dazu
Gras, n. (-es, PI. Gräser): Halmpflanze. weiter aind. hrädate «tönt» und mit w-Voka-
Wegen Verlängerung des a im Nhd. bei Dasy- lismus, ags. greotan «weinen». Davon abge-
podius 1537 Graaß und so in der Bühnen- leitet, aber sich mit nd. greselik mengend
sprache, aber in Norddeutschland auch mit (s. Grasen), gräßlich, adj.: schrecklich,
dem urspiünglichen kui'zen a gesprochen. Grauen erregend, bei Luther greslich, greßlich,
Mhd. gras n. auch «Grasplatz, Rasen», ahd. md. im 14. Jh. greulich «hocherzürnt, schreck-
gras n. «Gras und Kraut»; dazu asächs. gras, bar zornig».
mndl. gras, gars, ghers, afries. gres, gers, grassieren, v.: im Schwange gehen,
ags. grcßs, gcers, engl, grass «Gras», anord. herrschen, wüten. 1617 im t. Michel 21,
gras n. «Gras, Ki-aut», schwed.-dän. grces, aber schon bei Luther 2, 423 ^ Eisl. grassiren
gut. gras n. «Kraut». Dazu mit Ablaut, und mhd. gradieren wüten (neben grämen,
mhd. gruose f. «Saft und junger Trieb der s. graß). Aus lat. grassäri «herumgehen,
Pflanzen». Vgl. auch ags. grced, gcerd m.(?) hai-t verfahren, wüten».
«Gras». Dadurch wird Verbindung mit lat. Grat, m. (-es, PI. -e): Spitze, oberster
grämen n. «Gras» axis ghradhsmen wahrschein- sich hinziehender scharfer Rand wovon. Mhd.
lich, vgl. Walde. ABL. grasen, v., mhd. grat m. (PI. grmte, md. grete) «Spitze, spitzer
grasen, ahd. grason. grasig, grasicht, adj., Fischknochen, Ähren-, Distelstachel, scharfer
mhd. grasec, ahd. graseg, 1540 bei Alberus Rand, Rückgrat, Bergiücken, Mitte wovon».
dict. ee3^ grasechtig. ZUS. Grasaffe, m., Solmsen KZ. 37, 580 vglt. poln. grot, tschech.
bei Goethe häufig als Scheltwort für junge hrot m. «Pfeilspitze, Wurfspieß», russ. grot m.
Mädchen oder Frauen (z. B. Faust 3521, «Wurfspieß». Weiter ist auch wohl Granne
"Briefe 3), vgl. Grasteufel, grasgrün, adj., (s. d.) verwandt. Aus dem alten Plur. Gräte
mhd. gras-, grasegriiene. Grashüpfer, m.: entwickelte sich nhd. Gräte, f. (PI. -n):
Heuschrecke, 1741 bei Frisch Grashupfer, federharter spitzer Fischknochen, 1605 bei
1616 bei Henisch Grashopper; dazu nd.-mndl. Hulsius Grad, bei Duez 1664 und Stieler
grashopper, engl, grasshopper, ags. gcershoppa 1691 Gräte f., bei Krämer 1678 Grat n., aber
m. Grasmücke, f. (PI. -n): der kleine in noch 1662 bei Stoer Gratt m., wie 1616 bei
Hecken lebende Singvogel currüca, mhd. Henisch Grad m., bei Dasypodius 15^7 und
grase-, grasmucke, spätahd. grasmucca f., 1557 Alberus 1540 Grat m. Davon gräten, v.
bei Heußlin Vogelb. 66 Graßmusch oder in entgräten (1540 bei Albenis dict. ql*),
**

Graßmuck, leychtgrün gefärbt. Graspferd, ausgräten, bei Henisch 1616 und Duez 1664
n. Heuschrecke, 1663 bei Schottel 439. Gras- gräten «Fische entgräten», mhd. grceten «Lein-
:

teufel, m. lächerlicher oder häßlicher Feld- wand aufzupfen». ZUS. mit Grat: Grathobel,
:

teufel, 1575 bei Fischart Garg. 17. m. Hobel zum Stoßen oder Ziehen des Crrates
:

Grasen, n. (-s): Schauder. Bei Claudius (der Schärfe) an Einschiebeleisten, 1741 bei
8, 170. Mnd. grese «das Schaudern, Grausen», Frisch. Gratsäge, f. Säge zum Einschneiden
:

gresen «schaudern», nnd. gresen; dazu mnd. der Leisten ip hartes Holz, bei Frisch. Grat-
greselik «Schauder erregend», Adv. grisliken, tier, n.: auf Felsenspitzen lebende rötliche
clevisch 1477 gryslic «schrecklich»; verwandt Gemsenai-t, 1775 bei Adelung, Schiller Teil 4,3.
:

761 gratis Graus 762

gratis, adv.: unentgeltlich. 1562 bei bei Duez Gräwen, schon mhd. grüwen n.).
Mathesius Sar. 256^, Fischart Garg. 248. Aus Gräuel, gräulich, s. Greuel, greulich. Von
gleichbed. lat. gratis. grauen, v.: tief erregende Furcht haben
grätschen, v, mit auseinander gesperrten (Schiller Hero 3), zumeist unpersönlich {mir
:

Beinen gehen; beim Turnen eine Übung mit graut) Widerwillen mit Schauder wovor emp-
:

auseinander gesperrten Beinen ausfühi-en. 1678 fi:nden. Mhd. grüwen, md. grüen, ahd. ingruea.
bei Krämer grätschen, schles. 1640 bei Schertfer Weiter sind wohl verwandt anord. gruna
Grob. 42 grätschen. Abgeleitet von greten «beargwöhnen», grunrm.. «Ahnung, Verdacht».
«in weitem Schritte auseinanderspreizen» (bei Vgl. noch Wiedemann Bezz. Btr. 27, 288.
Luther Hes. 16, 25), md. um 1300 greten (S. auch Graus.) Davon abgeleitet graueln,
(Germania 6, 275; 20, 40), spätmhd. in der V., 1669 im Simplic. 445, grawein 1534 in
1. Hälfte des 15. Jh. gräten «schreiten» (Teufels Dietenbergers Biblia Rom. 2, 22, wo bei
Netz 7669), wohl verwandt mit mhd. griten Luther greweln, mhd. grimveln, griulen, md.
«die Beine auseinanderspreizen», griteliche grüweln, grülen. grauerlich, adj.: Grauen
und gritelingen Adv. «mit ausgespreizten erweckend, bei Herder von deutscher Art
Beinen», ahd. higritu «ich schi-eite dazu, fange u. K. 100, Goethe 33, 95. ZUS. mit G^-auen
an», ahd. gritmäli «Schritt», got. grids f. n.: grauenhaft, adj., bei Wieland Ob. 2, 6.
«Schritt, Stufe», das urverwandt ist mit lat. graueuvoll, adj., bei Klopstock Mess. 2, 73.
gradi «sckreiten», gradus m. «Schritt, Stufe», Graupe, f. (PI. -w): gröbster Teil ge-
abg. gredq «ich komme»,
ingrennim pochten Erzes; enthülstes Getreidekom. In
altir.

«ich verfolge». ABL. grätschelii, v., 1640 der 1. Bed. 1557 bei Agricola Bergw. 283fF.
bei Comenius, gretscheln 1574 bei Horscht Graupen und Gräuplin, 1562 bei Mathesius
Geheimnisse der Xatur 4, M
2 ^. Grrätscher, Sar. 139^ Graupen und Greuplein «graupen-
m., 1775 bei Adelung. förmiges Zinnerz»; in der 2. Bed. Graupen
gratulieren, v.: Glück wünschen. Bei 1542 bei Luther in der Hausrechnung; süd-
Rot 1571 und Kirchhoff Wendunmut 1, 51. ostdeutsch im 15. Jh. eysgrüpe «kleines Hagel-
Aus gleichbed. lat. grätuläri. korn» (Weinhold schles. ^Vb. 29 ^j, bei Henisch
grau, adj. (Komp. grauer, Superl. grauest) 1616 Graupen «Hagel, Schloßen». Das Wort,
mittelfarbig zwischen schwarz und weiß. das sich von Obersachsen und Schlesien aus
Älternhd. und 1482 graw, bei Henisch 1616 verbreitete, stammt vielleicht aus dem Slavi-
grauw, mhd. grä (Gen. gräwes), ahd. gräo schen, abg. krupa f. «Krümchen», lausitz-wend.
(flekt. gräwer); dazu and. appul-gre «apfel- krupa und serh. kr ujM « Getreidegraupe, Hagel-

grau, scheckig», mnd. grawe, gra, grau, ndl. schloße», woher auch schwed. gröpe, grjupe,
graauw, ags. gröeg, engl, grey, gray, anord. norw. gröpe «Schrot». Davon graupeln, v.:
grär, schwed. grä, dän. graa. Genau ent- in kleinen Körnern hageln, 1711 bei Rädlein,
spricht lat. rävus (aus *hrävus) «gi-au, grau- graupeln 1775 bei Adelung, bei Luther 1,
gelb», während gr. xäpoTroc «strahläugig», lit. 368^ Eisl. es graupet.
zeriti «strahlen», abg. ^zre7i «glänzen, sehen» ^ Graus, m. (-es) : haarsträubendes Grauen
wurzelverwandt sind. Vgl. Walde. Substan- mhd. grüs m. neben
(Lessing Nath. 5, d),
tivisch (xrau, n., mhd. grä n. ABL. grauen, grüse m. «Gegenstand des Grauens, Schreck-
V., mhd. gräwen, ahd. gräwen «grau sein bild»; dazu das Adj. graus: Grauen erregend
oder werden», nhd. nur noch von der Morgen- (Schiller Räuber 4, 51, bei A. Gryphius (1698)
dämmerung, graulich, adj. ein wenig grau, 2, 21, mhd. grüs. ABL. Grausal, n., bei
:

1616 bei Henisch grawlecht und mit Umlaut Tieck und Voß, mhd. grüwesal n. grausen,
gräuwlich. ZUS. Graubart, m., 1678 bei V. impers. (mir graust), mhd. grüsen, griusen,
Krämer. Grrauwerk, n.: das graue Fell des ahd. im gleichbed. irgrüwisön, -grüisön, -gru-
sibirischen Eichhorns, mhd. gräwerc und grä sön. Alle abgeleitet von grauen (s. d.). Sub-
n., ndrhein. im graewerc (Wallraf 30).
13. Jh. stantivisch Grausen,
n., mhd. grüsen n.,

Grau, m. Schauder (Göckingk im


(-en) : davon die grauseuhaft, Ende des
Adj.
Götting. Musenalm. 1777 S. 8), bei Henisch 18. Jh.; grauseuYOll, 1736 bei Haller Ged.
1616 Grau, bei Luther Gräwen (Akk.), mhd. i
156, imd mhd. grüsenlich «Grausen erregend».
grüwe m. Durch Übergang des n des Gen. Von Graus abgeleitet grausig, adj., spätahd.
in den Nom. auch Grauen m., verdrängt griusig, und grauslich, adj., mhd. griuslich,
durch den substant. Infinitiv Grauen n. (1664 grüslich. Vgl. gruseln.
763 Graus greinen 764

-Graus, Graiiß, m. [-es, PI. -e): Sand-, größte Geierart, der Kondor (1775 bei Ade-
Steinkorn (oberpfälz.) ; Steiuschutt, Geröll, lung). Mhd. starkflekt. grif und schwachflekt.
Tiünuner (beiBrockes grife, ahd, grif und grifo m, «der fabelhafte
9, 51, öfter bei Goethe,
z. B. Faust 7802 Mhd. gru^ m. Vogel Greif», überkommen aus gleichbed,
Ch'aus).
«Sand-, Getreidekorn». Gleichen Stammes gr.-lat. gryps und gryphus, gr. ypü^ (Gen,
wie Grieß (s. d.) und G-rUtze (s. d.) Ver- YpuTTÖc) m., woher auch ital. griffo, grifone,
wandt sind lat. rüdiis n. «zerbröckeltes Ge- span. grifo, franz. grifon, ndl. griffoen, engl.
stein, Geröll, Schutt», lit. grüdas, \Qii.graiids griffin, altir. gr^f. Nach ßeuleaux ist das
m. «Korn», abg. gruda f. «Scholle», Mi.grÜdzu, griechische Fabeltier mit dem Adlerschnabel
grusti «stampfen». eine Weiterbildung des assyr. k'rub (hebr.
grausam, durch Zufügen von Übel
adj. : kerüb), einer Figur am Palast des assyr.
grauenerregend; roh mid gefühllos (bei Königs Assur-Nasir-pal mit Löwentatzen, Stier-
Luther). Älhd. grüwesam, grüsam, im 15. Jh. leib, Flügeln und Menschenkopf, die sym-
grausam « Schrecken erregend». Zusammenges. bolisch die vier Sternbilder der Tag- und
aus dem Verbvim grauen (s. d.) und -sam. Nachtgleichen, sowie der Winter- und Sommer-
Grausamkeit, f., 1537 bei Dasypodius. wenden vereinigt (Löwe, Stier, Wassermann
Grauwerk, s. grau. und Adler, letzterer an Stelle des nahege-
Graveur, m. (-s, PI. -e) : Stempelschneider, legenen Skorpions),
Kunststecher. 1712 bei Hübner, aus gleich-
greifen, v. (Prät. griff, Konj. griffe, Part.
bed. franz. graveur m., dafür mhd. grahcere, gegriffen): zum Fassen, Halten oder Fühlen
grober m., 1498 stempfelgraber (Mone Ztschr. zulangen; festhaltend nehmen. Mhd. grifen,
2, 430), in der Zimm. Chrou.- 1, 512, 7 sigel- im 14. Jh. (1389) greifen, ahd. grifan (Prät.

greher m., ndl. 1598 graverer m. gravieren, greif, Plur. griffun, Part, griffan) dazu asächs, ;

V.: mit dem Grabstichel stechen oder schnei- grlpan, mndl, grijpen, afries. gripa, ags. grlpan,
den. Im 18. Jh. aus franz. graver «eingraben, engl, gripe, anord. gripa, schwed. gripa, dän.
einprägen», das dem gleichbed. nd.-ndl. graven gribe, got. greipan; im Ablaut stehend mit
entlehnt ist, aus dem Französ. hinwieder, ndl. ahd. greifön «greifen, tasten», ags. gräpian
1598 graver en. «tasten», anord. greipa «fassen, packen», gripr
gravieren, v.: beschweren, zur Last m. «wertvolles Eigentum», Urverwandt mit
fallen, be-, anschuldigen. Schon mhd. gra- lit,. griebiii «ich greife», graibiti«umher-
vieren, aus lat. graväre «beschweren, be- greifen», also eine i- Wurzel neben der a- Wur-
lästigen, drücken», vom lat. Adj. gravis zel grab, s, grapsen. Aus dem Germanischen
«schwer, belastet». Dazu auch Gravität, f.: entlehnt franz. griffer (afranz. grifer) «packen»,
feierhcher Anstand, feierlich-ernstes Wesen, gripper «ergreifen», heimlich rasch entwenden,
bei Henisch 1616 und Eot 1571 Gravitet, griffe f. «Klaue, Kralle», lombard. grippä
aus lat. gravitas f. «Schwere, würdevoller «wegschnappen», ital. grifo m. «Greifer,
Ernst, sittliche Würde». Davon gravita- Rüssel», S. Griff. ABL. greifbar, adj.,

tiscll, adj,: gewichtig, 1593 bei Helber 13 bei Goethe 11, 272.
gravitetisch. v. den Mund verziehend weinen,
greinen, :

Grazie, f.: Anmut; auch von Kindern. Im Nhd. schwach-


(PI. -n) Huldgöttin. bes.
In der 1. Bed. 1771 bei Klopstock Od. 157 biegend, aber mhd. mit starker Flexion grinen
u. 257, in der 2. Bed. 1575 bei Fischart Garg. (Prät. grein, Plur. grinen) «den Mund ver-
136 Gratie. Aus gleichbed. lat. grätia f. ziehen lachend wie weinend, knuiTend (zankend)
graziös, adj.: anmutig, holdsehg, bei Goethe wie klagend», im 14. Jh. greinen, ahd. grinan
gracios und graziös, aus lat. grätiösus, franz. «aus Leidenschaft, Unwillen einen Ton von
gracieux; dazu ndl. 1598 gracelick. sieh geben». Dazu mhd. grinnen «knirschen»,
^Grebe, m. (-w, Pl. -n): Dorfvorstand, grennen «angrinsen», ahd. <7ren?ia«« mucksen»,
Schulze, s. Graf. engl, grin «.greinen», groan «grinsen, stöhnen»,
"Grebe, f., s. Griebe. ags, gränian «kläglich tun, murren», grennian
Gregor, Mannsname, aus gx-.-lat. Gregorius, «grinsen». Vgl. gransen, grinsen. Aus dem
gr. PpTTföpioc, eig. «Wachsamer», von fpnTopeiv Ahd. entlehnt prov. grinar «grinsen», pikard,
«wachen». grigner und 'ital. digrignare «die Zähne flet-
Greif, m. {-es und -en, PI. -e und -en): schen». ABL. Greiner, m., spätmhd. 1462
fliegender Löwe mit einem Vogelkopfe; greiner m, «Zänker» (Beheim Wiener 12, 20).
,

765 greis Grieche 766

greis, adj.: weiß-, altersgrau. Mhd. gris: Das ältere deutsche Wort füi- Grenze war
dazu asächs. grls, mndl. grijs «grau». Das ^lark f. (s, d.). ABL. grenzen, v., 1420
Wort stammt aus dem Sdö.. und ist etymo- md.g're«ic2m«die Grenze bezeichnen»(Schröers
logisch unklar, Verwandtschaft mit gi~au Vokab. 1659), bei Luther grentzen «mit der
(Ablaut gre-gri) wäre möglich. Substantivisch Grenze woran rühren», bei Lohenstein Himmel-
Oreis, m, {-es, PI. -e). Die starke Biegung schlüssel 23, 463 «durch Grenze abscheiden»,
ist im 19. Jh. durchgedrungen (wie mnd. Grenzer, m.: Grenzbewohner, Grentzer bei
gyis, Dat. grlse) statt der ui-spr. schwachen Luther 1, 363' Eisl. ZUS. grenzenlos, adj.,
(Gen. u. Plur. G-reisen), die sich noch bei bei HaUer Ged. 132.
Schiller 6, 116; 12, 536, Goethe 2, 66, Schubart greten, s. grätschen. Gretchen, s. Mar-
1, 193, ühland, Chamisso und Immermann garete.
findet. auch 1650 bei Mosche-
]yrhd. grise m., Greuel (-.§, PI. wie Sg.): Grauen,
rosch Phil. 2, 146 im Nom. Sg. noch die Abscheu. Alternhd. GremveJ. Grewel, Griiwel,
schwache Form Greyse m., ebenso in den mhd. griuwel, ffr'iul, griule, md. grüivel m.
Ableitungen greisenhaft, adj,, im 19. Jh., Zu grauen (s. d.) «schaudern». ZUS. Greuel-
und Greisenheit, f.: Zustand, Alter des tat, f., 1775 bei Adelung. greulich, —
Greises, bei Goethe 28, 69. Greisin, f., bei adj.: schauderhaft, abscheulich, im 15. Jh,
Voß Id. 12, 44. grewelich, mhd. griuicelich, griulich, md. grü-
adj.: für Ohr oder Auge wehtuend welich, gridich, ebenfalls von grauen abge-
grell,
stark. MhH. grel «zornig schreiend, zornig, leitet.
rauh», so noch im 16. Jh. bei H. Sachs Griehe, f., in Norddeutschland Grehe, bayr.
Fastn. 69, 66 und Scheidt Grob. 4691, 1482 auch Griefe (PI. -n)-. ausgeschmelzter Fett-
im Voc. theut. m7^ gral «zornig, unmutig», würfel. In Mitteldeutschland G^-iefe f. (1562
aber 1581 bei Fischart Bienk. 121^ grell in bei Mathesius Sar. 80*), bei Luther Griebe.
Oren lauten, 1562 bei Mathesius Sar. ein Grihe f., bayr. nui- im PI. Gr'iehen, Greuhen,
Feur das nicht zu grell und zu groß, 1778 Schwab. -Schweiz, Greube, Grübe f, Mhd.
bei Hermes Soph. 5, 693 grelle Mäusaugen. griehe m., spätmhd. auch greube m., md. gribe.
Von mhd, grellen «durchdringend, vor Zorn griefe. grlve m., ahd. griubo, griebo m. (auch
schreien»; dazu ags. gryllan «reizen, erzürnen». Röstpfanne), in der Bibel 1483 Bl. 285'' (Ps.
Verwandtschaft -rmi^imdi. ghargharas «rasselnd, 101, 4) grieb f.; dazu mnd. greve, grive m.,
läi-mend», ist unsicher. Vgl. noch G-roll. nnd, greve, grewe, grebe f., ags. greofa, engl.
Grempel, s. Krempel. greaves «Talggrieben», entlehnt dän. fedte-
Grenadier, m. (-s, PI. Fußsoldat örrei;e,schwed.^re/t;ar PI. «Grieben». Ursprung
-e):
ausgesuchter Größe. 1694 bei Nehring G-rana- dunkel. Zu grob? Vgl. Groppen.
dierer, 1726 bei Fleming teutsch. Soldat 146^ Griebs, m. {-es, PI. -e): Kerngehäuse des
G^-anadier, Grenadier «in Teutschland erst Kernobstes; Kehlkopf. In der 1, Bed, 1482
1683 aufgekommen», «Werfer von Hand- im Voc. theut. n 1 ^ grubß und
eig. 8 * grobiß, m
granaten», deshalb 1678 beiKrämer Granaten- auch 1420 grobiß (Diefenbach gl. 52*^), woher
werffer als Übersetzung des ital. granatiere. nhd. die seltnere Schreibung Gröbst im mrhein.
Aus franz. grenadier m., von franz. grenade f. Voc. ex quo von 1469 grubß und gribß,
«Granate» (s, d.). ältemhd. &r^iibs bei Schmeller"- 1, 984 und
Grensing, m. (-s, PI, -e); die Pflanze 1540 bei Alberus dict. Ff 4^ Griebes. Her-
potentiUa anserina. Mhd. und ahd. grensinc kunft unklar. In der übertragenen Bed,
m., abgeleitet von mhd. grans m. «Schnabel» «Kehlkopf» 1596 bei Hulsius Gi'öhs, nach
(s. Grans), entsprechend dem franz. Namen dem Volksglauben, daß dem vor Gott er-
hec d'oie «Gänseschnabel», schreckenden Adam im Paradiese beim Essen
Grenze, f. (PI. -n): Endpunkt, Endlinie. des Apfels (1. Mos, 3, 6) der Gi'iebs desselben
Bei Luther Grentze, im 14. und 15. Jh. in der Kehle stecken geblieben sei; die Bed.
grenicz, grenicze, im 13. Jh. im Ordensland Kehlkopf auch in der RA. jem. am Griebs
Preußen aufgekommen (Kulmisches Recht kriegen «ihn an der Kehle packen». In Magde-
von 1251 S. 4 grenicze), noch bayr.-östr, burg spricht man Kripps. S, auch Grotzen.
Granitz, Gränitz f., aus poln.-russ, granica Grieche, m. {-n, PI. -n), Volksname, Bei
czech. kranice f. «Grenzstein, (Frenze», von Luther Grieche und Krieche, auch Greke,
foha.grän, russ. gram, czech. hranai. «Ecke». mhd. Krieche, ahd. Chreh. Kriah (PL Kriachi)
767 Griefe Grüle 768

und Kriecho m.; dazu mnd. Gh'eke, mndl. mhd. grienen «zerkleinern, zermalmen». Statt
Grieck, ags. PI. Crecas und Grecas, Greacas, der seit dem 15. Jh. üblich gewordenen
anord. Grikkr und Girkr m., got. Ereks ni. Schreibung Gries (Luther, Schottel 1663,
Aus gleichbed. lat. Graecus, gr. fpaiKÖc m. Stieler 1691, Frisch 1741) ist erst neuerdings
Vffl.Kossinna Festschrift. K. Weinholds 27 ff.
. . wieder Grieß eingeführt. Über die Herkunft
Davon grieclliscll , ad]., bei Luther krie- s. Graus, Grauß. Aus dem Germanischen
chisch, krichesch, griechisch, griegisch und entlehnt prov. greza «grobkörniger Sandstein»,
grekisch, mhd. kriechisch, ahd. crehhisc, kriah- franz. gres m. «Sandstein», afranz. gresle,

hisg, dazu mnd. grekesch, mndl. griecks, ags. neufranz. grele f. «Hagel», afranz. gresille,

eredsc und gregisc, anord. grikkskr und neufranz. gresil m, «Graupeln», ital. greto m.
«steiniger Ufersand». ABL. grießein, v.:

Griefe, s. Griebe. in Gestalt kleiner Stücke zerfallen oder nieder-


grienen, v.: selbzufrieden oder schaden- fallen, 1775 bei Adelung, aber 1616 bei Henisch
froh lachen. In Norddeutschland. Niederd. tr. griesen in kleine Stücke zermalmen».
Nebenform von greinen (s. d.). grießig, adj., mhd. «kömig», 1562
grie^ich
Gries, s, Gh-ieß. bei Mathesius Sar. 140^ grießlicht. Grieß-
Griesgram, m. (-5, PI. mehl, n., 1482 im Voc. theut. 18*^ gries tnel.
-e)-. arge Gräm-
lichkeit; in Grämlichkeit Versunkener. Mhd. Grießwart, Grießwärtel,m.: (des Kampf-
grisgram m. «Zähneknii'schen». Davon die platzes wartender) Herold bei Kampfspiel
Adj. griesgrämig, bei Goethe und Wieland; oder ernstem Zweikampf, mhd. grie^wart m.
grisgrämisch, bei Wieland und gries- und schwachbiegend griegivarte m,, im 15. Jh.
grämlich, beiBörne; Griesgrämlichkeit, auch griesivartel, grieswertel m.
bei Seume, Spazierg. 209. griesgrameu, Griff, m. [-es, PI. -e): das Greifen; weid-
V. mit den Zähnen aus Wut, Schmerz usw. männisch, Klaue der Raubvögel; der Teü
:

knirschen, muiTen (Kosegarten Rhaps. 3, 195, eines Werkzeugs, an dem man es greift und
Nie. Werther 44), mhd. grisgramen, -grammen, handhabt (1691 bei Stieler). In den beiden
grustgramen und grisgrimmen , ahd. griscra- ersten Bed. mhd. grif m., ahd. nur in Zu-
mon, gris-, grus-, cristcrinimon; dazu ahd. sammensetz, grif; dazu mnd. grepe, gripe m.,
griscramod, cristcrinmiod m. und asächs. grist- ndl. grep, ags. gripe m., engl, gripe, Island.
grimnio m. «Zähneknirschen», ags. gristbitian grip, schwed. grepp, dän. greb. Abstraktum
«knirschend beißen, mit den Zähnen knii'schen» zu greifen. Dazu griffein, v.: wiederholt
(neben gristbätian),gristbitung und gristbätung rasch hintereinander greifen, spätmhd. griffein.
f. Zähneknirschen». Der ei'ste Wortbestand-
<: Griffel, m. (-5, PI. wie Sg.): ritzendes
teü entspricht dem mhd. gristen «zerreiben, Schreibwerkzeug. Mhd. griffet, ahd. grifil m.
zermahlen» (in üggristen), ags. grist «Zer- neben vereinzeltem greffel und graf (ge-
reibung», gristlung f., «das Knirschen», engl. schi'ieben zraf Steinmeyer-Sievers ahd. Gl. 1,
grist «das zum Malen bestimmte wie das 255, 24); mit späterer Anknüpfung an Griff
gemahlene Getreide», wäkrend im zweiten und greifefi (wie Halter von halten), entlehnt
Teü des deutschen Wortes, der mit dem aus gleichbed. gr.-lat. graphium n. (mlat. auch
ersten alliteriert, die gram und graphiusm.), gr. Ypaqpeiov, ypaqpiov n., letzteres
ahd. Adj.
grim « zornig » wechseln. Bei Luth er 5, 272 ^ J. auch «Pinsel», woher ebenfalls provenz. grafis,
(Fabeln 12 Neudr.) sprichwörtlich Gris schlecht afranz. ^ra/e «Griffel», nfranz.^re/fem. «Schreib-
[schlägt] gern nach gramen «ein Dieb zeugt stube».
den andern», schon in Steinhöwels Äsop 88 Grille, f. (PI. -n): zirpendes Insekt; (bild-
Österl. lich) wunderlicher Einfall. In der 1. Bed.
Grieß, m. [-es, PI. -e): grobkörniger älternhd. Grill m. (bei H. Sachs, Duez
Sand; grobgemahlenes Getreide zu Speisen 1664), mhd. grille m., ahd. grillo m., über-
(s. Grütze). Mhd. grie^ m. n. «Sandkorn, kommen aus tP'J^^oc m.
gi'.-lat. gryllus, gi'.

Sand, Kiessand, sandiges Ufer, Blasenstein, «Heuschrecke, Die bildliche


Grashüpfer».
mit Kiessand bedeckter Platz, Kampfplatz», Bedeutung entwickelte sich wie bei Schnake,
md. gri§ m., ahd. grio§ m. n. «Sand, Kies, Mucke (s.im 15. Jh. bei Eyb 2, 85, 24
d.),

Strand»; dazu asächs. griot, greot m., afries. dem Kopf (Fastnachtsp. 5,
grillen haberi in
gret, ags. greot m. «Sand, Strand», engl, grit 298, Trochus 1517 Ol'', Liliencron 3, 474%
«Sand, Grütze», anord. grjöt n. «Steine». Zu Murner Narrenbeschw. 85, 5 u. Schelm. 9, 28),
769 Grimasse grob 770

schon bei den Römern der Plur. gyylli «bi- Ablautend zu Grand (s. d.). Davon grin-
zarre Zusammensetzungen von Tieren» in dicht, grindig, adj., mhd. grinteht, grindeht,
der Malerei. ABL. grillen, v.: zii-pen im 15. Jh. grindig.
(Krämer 1678), dann Launen haben, ihnen grinsen, v.: zähnebleckend das Gesicht
nachhängen (Rädlein 1711). In der bildlichen verziehen. Bei Bürger 200, Schiller 11, 254
Bed. auch mit fremder Endung grillisieren, und 13, 108 in der Schi-eibung grinzen, bei
bei Fischart und Philander, von Goethe 30, Weiße kom. Op. 3, 25 u. 36 (Jagd 1, 7 u. 2, l)
2-1:9 wieder aufgefrischt, grilleuhaft, adj., in der Bed. «weinerlich tun», me 1691 bei
1616 bei Henisch. grillig, adj., 1616 bei Stieler grinsen «weinen». Norddeutsch hat
Henisch5rri7%«hh-nwietig». ZUS. Grilleil- es niu* die Bedeutung «lachend das Gesicht
fang, m., 1747 bei Hagedom moral. Ged. 190. verziehen». Abgeleitet von mhd. grinnen
Grillenfänger, m., 1669 bei Gi-immels- «knirschen», gleichen Stammes wie greinen
hausen Simpl. 296. Grillenfäugerei, f., (s. d. und gransen).
1673 bei Weise Erzn. 111. grillenfänge- Grippe, f.: herrschendes Schnupfenfieber,
risch, adj., 1711 bei Rädlein. Influenza. Erst nach 1782, wo sich von
Grimasse, f. (PI. -n): Gesichtsverzerrung, Rußland aus die Krankheit über ganz Europa
Zerrgebärde; Verstelliing. 1714 bei Wächtler verbreitete. Aus gleichbed. franz. grippe f.,
der PI. Grhnacen. Aus gleichbed. franz. und dies nach Wasmer ZfdW. 9, 21 aus
(jrimace f., das nebst span. grimazo, sowie niss. chripi'i m. «Heiserkeit».
span. grimä «Grausen, Schaudern» und portug. Grips, m. Verstand, Fassvmgskraft. Ndd.
:

engrimango «Zerrbildung, Betrug» auf ags. Vielleicht zu greifen, aber die Ableitung bleibt
grlma m. «Maske, Gespenst», anord. grima f. unklar.
Maske, Larve» oder besser auf ah.d.*gnmmiz6n grob, adj. (Komp. gröber, Superl. gröbst):
«wütend sein» zurückgeführt, wird. an Masse stark und groß; unfein. Mhd. grop,
Grimm, m. {-es): heftige Gemütsbitter- grob, auch einmal gerop, md. grob, grab «dick,
keit wogegen, mhd. grim m. Gebildet aus ungebildet derb, nicht wohl angemessen»,
dem Adj. grimm, mhd. grimme und grim, ahd. gerob «dick, wohlbeleibt, tief d. i. rauh
ahd. grimmi und grim, Adv. grimmo zornig, tönend», Adv. gerobo, grobo «tieftonig, un-
<'

wild, schrecküch», im Ablaut zu ahd. gram geschickt», dazu mnd.-mndrhein.-mndl. grof.


(s. gram) dazu asächs.-afries.-ags.-engl. grim, Ein Wort unbekannter Herkunft, das auch
;

anord. grimmr. Entlehnt prov. grim «b'etiübt», ins Slavische überging (russ. grubyj). ABL.
itai.grimo «runzlicht», grimmig, adj., mhd. gröbern, v.: in vergröbern 1719 bei Ej-amer
grimmic, grimmec, ahd. grimmig, asächs. ^n"w- 1,436^ neben vergröben, heHiuther e^itgröben.
mag. Zu mhd. grimmen (Prät. gram, Plur. Groblieit,f., mhd. grop-, grobheitt Grobian,
grummen) «wüten vor Schmerz, Zorn, Haß, m. {-s, PI. -e): grober, ungebildeter Mensch,
brummen, brüllen», asächs. grimman «toben», 1482 im Voc. theut. e 4^ «bauer, rusticus»
ags. grimman «wüten, ungestüm eilen», gri- grobianus, 1494 bei Brant Xarr. 72, 1 Grobian,
metan «toben, bmllen» (wie ahd. grami^^on, eine komische deutsch-lat. Bildung der Hu-
gremi^on). Ui'verwandt mit lit. grumenti «aus manisten mit der lat. Endung -änits. gröb-
der Ferne dumpf donnern», apreuß. grumins lich, adj., mhd. grobelich «groQ, stark, heftig»,
«Donner», abg. grimeti «donnern», gromü m. Adv. grobeliche, im 15. Jh. gröblich. ZUS.
«Donner», gr. xpöuaboc m. «das Knirschen», Grobgrün, n, (-s, PL -e): seidner oder
XpeuiZeiv aw. granta «erzürnt», wollner Stoff mit groben und dicken Fäden,
«wiehern»,
npers. yaram «Grimm». Grimmen, n., in Bei Frisch mit Beleg von 1500, aber 1575
Bauchgrimmen (s. d.) steht statt Krimmen bei Fischart Garg. 450 und 1678 bei Krämer
(s. d.), aber schon spätmhd. grimme m. Bauch- Grobgriin, dazu mnd. im 16. Jh. grofgrön.
;

grimmen»; daher nhd. Grimmdarm, m.: der Umgedeutet aus gleichbed. franz. gros (p'ain,

weiteste dicke Darm (lat. colon) als Sitz des ital. grosso grano m. (woher auch ndl. grof-
Bauchgrimmens, derKohk. 1775 bei Adelung. greyn), von mlat. grossus «dick» und lat.
Grind, m, {-es, PI. -e): Ausschlag; harte gränum «Korn, Kern».
n. Grobschmied,
Rinde auf einer Wunde, einem Geschwüre; m.: Eisenschmied, der nur grobe Arbeiten
der Kopf. In den beiden ersten Bed. mhd. fertigt (nicht feine künstliche wie Schlösser
und ahd. grint m., im Mhd. auch «Kopf- usw.), 1640 bei Comenius, aber schon im
grind» und dann verächtlich für «Kopf». 15. Jli. gropwerk «grobe Schmiedearbeit»
Weigand. Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 49
771 Gröbs groß 772

(Ortloff Distinct. 1, 298). Orol)zeug, n.: und 1712 bei Hübner Qroß. Wie ndl. gros
geringes Volk, Pack, umgedeutet aus Krop- aus gleichhed. franz. grosse f. (16. Jh.), ge-
zeug (s. d.) kürzt aus franz. grosse douzaine « Großdutzend »,
Gröbs, s. Griebs. von franz. gt^os, s. ^Gros.
Grog, m. {-s, PI. -s): heißes Getränk Groschen, m. (-s, PI. wie Sg.) : ehemalige
aus Rum und Wasser mit Zucker. Im 19. Jh. deutsche Sübermünze, an Wert 12 Pfennige
aus gleichhed. engl, grog, angeblich benannt preuß., 10 Pfennig jetziger Reichsmünze. Mhd.
nach dem Spitznamen des engl. Admirals (14. Jh.) gros, grosse m., im 15. Jh. grosch,
Yernon (wegen seines Rockes aus Kamel- grosche, dazu clevisch 1477 crosche. Aus mlat.
haarstoöj engl, grogram), der zuerst dies Ge- (13. Jh.) grossus, eig. «denarius grossus» Dick-
tränk anstatt unvermischten Rums unter die pfennig von Silber oder Gold, woher auch
Matrosen austeilen ließ. franz. gros, ital. grosso m. «Groschen», von
grölen, in Bayern und ÖsteiTeich auch mlat. (6. Jh.) grossus «dick». Davon das
gröhlen, v.: mißtönig schreien. Bei Gott- Dim. GrÖSChel, n. {-s, PI. wie Sg.): Drei-
werth Müller Siegfr. v. Lindenb. 1,71 gröhlen, pfennigstück, Dreier. Schlesisch, fiiiher auch
1623 bei dem Pfarrer Braun zu Grünberg in Österreich. 1741 bei Frisch.
in Hessen (Decas XI, 1) grollen und brüllen. groß, adj. (Koimp. größer, Superl. größt):
Mittel-und niederdeutsch. Vielleicht ver- beträchtlichen Raum einnehmend; (abstrakt)
wandt mit mhd. grellen (s. grell). vor anderm ausgezeichnet. Mhd. und ahd.
Groll, m. {-es) heimlicher finsterer Zorn.
: gro^ (Komp. mhd. größter, ahd, grö^^er, Sup.
Mhd, im 14. Jh. grolle m., bei Luther Groll mhd. grcezist, groest): dazu asächs. und nnd,
und Grolle m. grollen, v., um 1480 im mndl. groot, ags. great, engl, great. Her-
gröt,
Voc. ine. teut. k 4^ grullen (Var. grollen), kunft unklar. Verwandtschaft
vait \at. grandis
md. im 14. Jh. substantivisch ividdirgrullin «groß» ist wegen des Vokalismus (urgerm.
n. «Gegengrollen, Gegenwehr». Dazu mhd. graut) kaum möglich. Eher gehört anord.
grullen «höhnen, spotten», verwandt mit mhd. grautr m., dän. gröd «Grütze» dazu. Dann
grellen (s. grell). wäre die ursprüngl. Bedeutung «grobkörnig».
grölzen, v.: rülpsen, grunzen. 1586 bei ABL. Größe, f., mhd. grcege, ahd. grö^i f.

Mathesius Syrach 44^ gröltzen, dazu bei größern, v., im 16. Jh. grössern (Serranus
2,

Emmelius 1592 das Subst. Gröltz m. «Rülps». 1538, Schwartzenbach 1580), nui- noch in
Vielleicht zu grellen (s. grell). vergrößern: mhd. bloß größten, md. grölen
grommeln, s. grummeln. «groß machen, groß werden». Großhelt, f.,
Gropp, m. (-es, PI. -en) und Groppe, f. oft bei Goethe, mhd. grogheit f. ZUS. groß-
(PI. -n): der dickköpfige Fisch Cottus gobio, artig, adj., nach Immermann Epigonen um
Kaulbarsch. Mhd. groppe m., ahd. groppo m. 1830 in Berlin aufgekommen, großherzig,
Vielleicht aus mlat. carabus, corabus ra. (im adj., 1629 bei Opitz 1, 149 groshertzig Groß- ;

Voc. opt. Nr. 40, 23 «carebus» groppe). herzigkeit, f., 1691 bei Stieler. Großherzog,
Groppen, m, {-s, PI. wie Sg.): weiter m., bei Fischart Garg. 392 und Bienk. 133",
eiserner Kochtopf. Bei Luther 7, 304^ J. nach ital. gran duca (zuerst 1569 als Titel des
Grope, Gropen m. und 1542 in seiner Haus- Mediceers Cosimo I. von Florenz). Groß-
rechnung Groppen, spätmhd. im 15. Jh. grope, hundert,n.: duodezimalesHundert, 120 Stück,
groppe, im 14. Jh. grop m. dazu mnd. grope, 1775 bei Adelung ein großes Hundert, Groß-
:

gropen, grapen, nnd. grapen m., ^'ieUeicht auch hundert nebst Ch'oßtausend n. (1200 Stück),
ahdi.griupo m. «Röstpfanne» und weiter norw. im 16. u. 17. Jh. im Fischhandel der Nordsee-
dial. graup f. «Einschnitt, Kerbe», anord. städte (1651 bei ColerusHausb. 326^, 1532 bei
greypa «in einen Falz einfügen». Köbel Rechnen S. 120). Die Zählung nach
^Gros (spr. groh) n.: Hauptmasse des Großhunderten ist bereits im Altnord, und bei
Heeres. 1648 bei Kemnitz schwed. Krieg 1, den Goten vorhanden, großjährig, adj.,
305^. Aus gleichhed. franz. gros m., von volljährig, mündig, bei Adelung 1796. groß-
franz. gros «dick, stark, beträchtlich», mlat. mächtig, adj., 1478 bei Nicl. v. Wyle 354, 1
(6. Jh.) grossus «dick». im Titel von Kaiser und König, 1420 bei
^GrOS (spr. Gros) n. (ohne Biegung): Diefenb. gl. 152^ in der Bed. «wohlbeleibt».
12 Dutzend oder 144 Stück. 1702 bei Mar- Großmaul, n., 1561 bei Maaler. Großmut,
perger Kauffmannsmagazin 557 (nach Kluge) f., 1691 bei Stieler: großmütig, adj., 1440
!

773 Grossist grün 774

bei Diefenb. gl. S-iS^ großmüttig , im '«krabbeln», norw. gruvla, gryvla «graben».
später
15. Jh. großmütig, aber schon md. im Ableitung von graben. ABL. Grübelei, f.,
14. Jh.
grögemfäikeit f. Großmulter, f., spätmhd. 1775 bei Adelung. Grübler,m., 1664 beiDuez.
im 15. Jh. großmiiter. Großpapa, m., bei Grude, f. (PI. -n)-. heiße Asche; eine Art
Günther 667. Großsprecher, m., iml5. Jh. Ofen, in dem man die Töpfe in die heiße
großsprecher (Diefenb. gl. 268 ^'j; großspre- Asche setzt. Norddeutsch. Mnd. grude f.
cherisch, adj., Zesen Ibr. 353. (von 1417 und 1425). 1595 bei Piollenhagen
1648 bei
großtuig, adj., Froschm. 2, 2, 4 Graud f.
bei Goethe 80, 229, schon
1517 bei Keisersberg Brösamlin 1, 49^: groß- Gruft, f. (PI. Grüfte): Erdhöhle; Toten-
tun, V., 1691 bei Stieler. Großvater, m., gewölbe. Noch ältemhd. bisweüen Kraft
1401 in Frankf. Eeichskorr. 1, 578 großvater. (Golius 1582), mhd. kruft, gruft, ahd. cruft,
Die adverbial. Genitiwerbindung größten- grüß f. Raum, Höhle».
«imterirdischer Mit
teils 1716 bei Ludwig. Anlehnung an graben und Grube aus mlat,
Grossist, m. [-en, PI. -en): Großkauf- grupta, gr.-lat. crypta f. «Gewölbe, Gruft»,
mann, Großhändler, der nur en gros (mndl. gl". KpüTiTri f. «unterirdisches Gewölbe», zu
int gros, bei Krämer 1678 in Groß) verkauft. gr. KpuTTxeiv «verbergen».
1801 bei Campe neben Grossierer (schon 1616 grummeln, v.: fem donnera. 1786 bei
bei Henisch), ndl. 1598 grassier, aus gleich- Bode Jones 4, 264, grommeln bei H. Heine 2,
bed. franz. grossier. mlat. grossarius m. 367. Niederdeutsch (1741 bei Frisch auch
grotesk, adj.: phantastisch, wunderKch, murmeln). Zu mnd. grummen «ein dumpfes
grillenhaft. Bei Jamnitzer Xeüic G-rotessken- Getöse machen, brummen», das im Ablaut zu
Buch, Nürnberg 1610, aber schon 1575 bei mhd. grimmen steht (s. näheres unter grimm).
Fischart Garg. 17 grubengrotteschische Krug. Grummet, Grumt, n. (-s): Zweite Mahd
Aus franz. grotesque, nach ital. grottesco, urspr. des Wiesengrases. Bei Luther Grumet, 1540
«nach Art der Grottengemälde» (in den die bei Alberus dict. qq 2^ Grummath, 1538 bei
Grotten genannten Trümmern von dem Pa- Serranus Grommat, im 15. Jh. grüamat, grü-
laste des Titus zu Eom), also abgeleitet von mad, grömad, grummat, 1420 in Elsen v. Holcz-
ital, grotta (s. Grotte). husen Inventar im Archiv zu Frankfui-t a, M,
Grotte, f. (PI. -n): gewölbte Höhle, bes. grümat, verkürzt aus Grün-Mahd «Gras, wel-
künsthche. Bei Opitz 2, 248 Amst. und ches grün (unreif) gemäht wird, nicht reif
Moscherosch Phü. (1650) 1, 58, Grotta 1617 wie das Heu». Vgl. Mahd und Olimet.
im t. ilichel 29. Aus franz. grotte, ital. grotta f., grün, adj.: pflanzenfarbig; saftvoll, frisch
afranz. noch crote f. «Höhle», wie prov. crota (im Gegensatz zu dürr «getrocknet»); unreif,
f., hervorgegangen aus gi\-lat. cryjpta, crupta unzubereitet (Aventin 4, 446, 31); unerfahren
f., mlat. grupta, gr. kputttti f. «Grotte, Gruft». (bei Luther 1, 328*> Eisl.). In der 1. und
Grotzen, m. (-s, PI. wie Sg.): Griebs, 2. Bed. mhd. grüene, rad. grüne, ahd. gruoni:
Kerngehäuse. Mundartlich. Im ersten Viertel dazu asächs. gröni, mnd. gröne, mndl. groen,
des 16. Jh. gndz, im 15. Jh. gricz (Diefenb. afries, grene, ags. grene, engl, green, anord.
gl. 52*=), im 14. Jh. grütz (Megenberg 374,7), gröenn, schwed.-dän. grön. Zu mhd. grüejen,
in der Bed. «Kehle» mittelgrütz (Xümb. Pol.- ahd. gruoan, grüan «grün sein, wachsen»,
Ordn. 226). Vielleicht zu Grütze. mnd. groien, groen, mndl. groeyen, afries.
Grnbe, f. (PI. -n) -.
eingegrabene Vertie- gröia, ags. gröivan, engl, grozv, anord. gröa.
fung, Mhd. gruohe, ahd. gruoha f.: dazu RA. jem. nicht grün sein «nicht günstig ge-
andfränk. gruova, engl, groove, anord. gröf, sinnt», Luther 61, 223 Erl, im Simpli-
bei
got. gröha f. Von graben (s, d.). ABL. ciss, 235, grüne Seite «die linke, die Herzens-
Grübchen, Grühlein, n., mhd, grüebelin, seite, bisweilen auch die rechte», 1582 bei
ahd. gruohili n. GrÜbliug, m.: eine Art Fischart Garg. 136 und 381. SubstaQti\äsch
Apfel mit Narben, Art eßbarer erdfarbener Grün, n., 1561 bei Maaler, als Farbe im
narben voller Schwämme, 1741 bei Frisch. Kartenspiel 1575 im Theatrum diabolorum
grübeln, v.: bohrend graben; hin und 438'' (von 1561), vgl, j
Laub. ABL. Grüne,
her bewegend kratzen, ritzen; eindringend' f., mhd. grüene, ahd. gruoni f. grünen, v.:
wonach forschen oder denken. In der 1. Bed. grün sein oder werden, mhd. graonen, md.
mhd. grübelen, ahd. grubilön, spätmhd. auch grünen, gruonen, seit dem 13. Jh. beginnt da-
«genau nachforschen». Dazu anord. grufa für grüenen (eig. «grün machen »j einzutreten,
49*
775 Grund Gründonnerstag 776

i^runeln, v.: nach frischem Grün riechen, Sachverhalt, auf dem alles beruht». Die
bei Goethe 6, 27 und Faust 8266. grün- Herkunft ist unsicher. Vielleicht im Ablaut
licht, adj., mhd. im 14. Jh. griienlot Grün- zu Grand (s. d.) stehend. Vgl. noch Meringer
ling, m.: eine Bimenart (1691 bei Stieler Wiener SB. 144, 6, 70, Uhlenbeck Btr. 30, 284.
neben Grünlinger m. «eine Apfelart von Davon Grundel, f. (PI. -n): die auf dem
giüner Farbe»; der Grünfink (1557 bei Heuß- Grunde des Wassers sich aufhaltende Fisch-
iinVogelb. 67^). ZUS. Gründonnerstag, art gobius, mhd. grundel m., spätahd. grun-
m., bei Luther 1538 Griindornstag, mhd. um dila f. gründen, v., mhd. gründen «auf
1200 der grüene donnerstac, mnd. 1355 der den Grund kommen, Grund finden, festen
grone donerstag. Die Benennung bildete sich Gi'und für etwas legen, erforschen, gründ-
nach mlat. dies viridium «Tag der Grünen» lich erörtern, kundgeben», ahd. gründen «er-
d. h. der öffentlichen Büßer, die nach der gründen, erörtern»; dazu ags. gryndan «zum

während der Fastenzeit vollbrachten Buße Grund kommen», anord. grunda «denken».
von ihren Vergehungen und Kirchenstrafen Gründer, m., 1691 bei Stieler, neuerdings
losgesprochen und als Sündenlose wieder in seit dem 7. Jahrzehnt des 19. Jh. «schnellen
die Gemeinschaft der Christen aufgenommen Reichtum erstrebender, schwindelhafter Unter-
wurden, um zur heil. Abendmahlsfeier zu- nehmer von Bauwerken oder einem Geschäft».
gelassen zu werden. Jene Lossprechung und grundieren, v.: den Grund, worauf etwas
damit auch diese Zulassung waren eine Haupt- hervortritt, kunstgemäß zubereiten, bei Goethe
handlung in der fi'ühem Kirche am Donners- 2, 182 neben gründen 46, 377 fg. {gründen
tage vor Ostern als am Tage der Einsetzung 1691 bei Stieler), gründlich, adj., mhd.
des heil. Abendmahles, wde auch der Name gruntlich, im Adv. ahd. gruntWiho, md. 1329
AnÜaßtag, mhd. antlä^fac «Tag des Erlasses gruntllclien, 1343 grüntUchen (Germ. 28, 369);
der Kirchenstrafen und der Wiederaufnahme Gründlichkeit, f., 1732 bei Gottsched.
in die Kirchengemeinde» zeigt. Daß aber Gründling, m.: die Grundel, im 15. Jh. (/rwwt^e-
viridis in der mlat. Kirchen- und Kanzel- linc, 1425 grundelingh (Diefenbach gl. 252'' und
sprache nach Luk. 23, 31 in viridi ligno auch nov. gl. 186^). ZUS. Grundbesitzer, m.,
die Bed. «sündlos» hatte, erhellt aus Melber 1775 bei Adelung. Grundbirue, f. Kartoffel, :

1482 Ff 2^ viridis, ein grünender, der da on in der Lausitz und Meißen zunächst die eß-
snnde ist, grün. Grüukern: Kerne von bare knollige Wurzel der Pflanze Helianthus
«unreifem» Getreide zur Suppenbereitung. tuberosus, dann im 18. Jh. auf die Kartofiel
Erst in der neuern Zeit. Grünspan, m. übertragen (volksmäßig GronwiMr). gruud-
grüner Kupferrost, 1558 bei Eber
(-S, PI. -e): 1)ÖS, adj., mhd. grnnthoese. grundfalsch,
und Peucer N 2 * G^ilnsjmn oder spanschgriin, adj., 1739 bei Liscow 423. Gruudfeste, f.,
1482 im Yoc. theut. n2^ grunspan oder span- mhd. gruntveste. Grundherr, m., mhd.
grun, ebenso 1470 grunspan, neben spätmhd. grunfherre. Grundlage, f., 1625 bei Stettier
spän-, spensgrüen «spanisch Grün», mlat. vi- Schweitzer-Chron. 292. Grundlinie, f., 1558
ride Mspannm oder hispanicum, weil als Kunst- bei Rivius Büxenmeisterey 3, 1, 15^ Grund-
produkt (Kupferoxyd verbunden mit Essig- Uni f. grundlos, adj., mhd. gründe-, grunt-
säure) aus Spanien zuerst zu uns gebracht. 16s, ahd. grunÜös, ags. grundleas; Grund-
Grünspecht, m.: oben gi'üner Specht, picus losigkeit, f., md. im 14. Jh. grundelösikeit,
mhd. gräen-, gruonspeht, ahd. gruon-
viridis, gruntlösekeit.Grundriß, m., 1648 bei Zesen
m. (Steinmej^er-Sievers 3, 21, 39).
spelit Dögens Baukunst. Grundsatz, m., 1641
Grund, m. {-es, PI. Gründe): Erdboden; bei Schottel 378. Grundsprache, f., 1644
das Unterste wovon. IVIhd.-ahd. grünt m., bei Harsdörffer Gespr. 1, 244. Grundstein,
md. auch f.; dazu asächs. grund m., mnd. m., beiLuther; äazn ags. grundstänm. Grund-
grünt f. (selten m.), mndl. grond, afries. grund, stück, n., 1641 bei Schottel 378. Grund-
grond m., ags. grund m., engl, ground, anord. SUppe, f., bei Luther W. 8, 292, mhd. grunt-
grund f. «Feldfläche», grnnnr m. «Grund, sopfe. Gruudwelle, f., mhd. grantweUe.
Boden», got. in grundmcaddjus «Grundmauer». Grundwort, n., 1641 bei Schottel 346.
Im Mhd. auch «Abgi-und, schmales, tief ein- Grundzins, m.: auf einem Grundstück
geschnittenes Tal, Schlucht, Niederung, Ebene, lastende feste^Geldabgabe. 1734 bei Steinbach.
Grundstück, Grundeigentum, (im 14. Jh.) Ur- Gründonnerstag usw., s.grün. gruneln,
sprung, Ursache», im Mnd. «der wirkliche s. grün. Grüuitz, s. Krinitz.
777 grunzen Gruillotine 778

grunzen, V., vom rauhen dumpfen Sckreien mit lit. grüdas m. «Getreidekorn», abg. gruda
des Schweins. ^Ihd.-ahd. grunzen «einen rauhen f. «Scholle», kymr. gro «Grieß», lat. rüdus n.

tiefen Ton aus der Kehle hören lassen», ahd. «zerbröckeltes Gestein». Aus dem Germa-
auch «im Unmut das Gesicht verziehen» (lat. nischen entlehnt ital. gruzzo, gruzzolo m.
caperare), ferner ahd. grunnizof m. «das «Haufe zusammengetragener Dinge», aft-anz.

Grunzen»; dazu engl, grünt «grunzen». In- '

gruel, n£ranz. gruau m. «Grütze». In der


tensivum zu mhd. grinnen, ags. grunian bildhchen Bed. «Verstand» (bei Günther 518
«knirschen, grunzen», die wie ahd. grün m. ein Kopf, der von Xat/ir mehr Spreu als
und grunm f. «Jammer, Stöhnen» im Ablaut Grütze führt) ist Grütze umgedeutet aus
stehen zu ahd. granön «gnmzen», mhd. grauen, ältemhd. Kritz m. (noch hess. Gritz m. «Ver-
grannen «weinen, flennen» (vgl. grausen, grin- j
stand, Scharfsinn»), 1685 im Simpliciss. 2, 500
sen). Vielleicht lautmalenden Ursprungs, wie \tveder Witz oder Kritz, bei Eädlein 1711
lat. grimmre, gr. YPÜ^eiv «grunzen». i
iveder Grütz (Gritz) noch Witz haben, öfter
Gruppe, f. (PI. -n): Zusammenstellung bei Seb. Franck vil Kritz in der Nasen haben
mehrerer Gegenstände zu einem Ganzen. 1712 (Moriae encom. 91 u. 149, Guldin Arch. 5^,
bei Hübner Groupe, aufgenommen aus franz. Sprichw. 1, 90^) sowohl «Schlauheit» als
groupe m. «ein Haufe Figuren», ital. groppo, «Vorwitz», eig. «Kitzel», zu ältemhd. kritzeln
gruppo m., eig. «Klumpen, Pack», die selbst «kitzeln, jucken» (16. und 17. Jh.).

wieder dem Germanischen entstammen (s. Guck, m.: Blick, nur in der Redensart
Kropf). Davon gruppieren, v., 1766 bei nur auf einen Guck kommen und in Zu-
Le.ssing Laokoon 122 (So. 11). sammensetzungen ^'le Ausguck. Von gucken,

Grus, m. {-es): Niederdeutsche


Schutt. V.: nach etwas ausschauen, neugierig sein.

Form für Graus, -Grans.


s. Bei Luther, Schuppius, Voß, Goethe 1, 193
gruseln, v. impers. mir gruselt: über- mit nd. Schreibung kucken, bei Maaler 1561
läuft schreckhaft die Haut. 1663 bei Schöns- guggen, mhd. gucken, gucken, im 15. Jh. gugen,
leder, grüsseln bei H. Sachs 20, 7 grieselen gugken. Mnd. kiken, nd. kieken ist kaum
1691 bei Stieler (auch Goethe 42, 2, 89 grieseln), vei-wandt, berührt sich aber eng mit unsenn
mhd. griuseln, Intensiv von mhd. grüsen Wort. ABL. Gucker, m., 1565 bei Para-
«grausen» (s. d.). 1499 im Terenz deutsch celsus opus chii'urg. 30, mnd. kiker m. ZUS.
39* ich grusel. Guckkasten, m., bei Lessing 6, 106.
Oruß, m. (-es, Grüße): freuiidlicher
PI. Gückelhahn, s. Gockel.
oder feindlicher Anruf als Zeichen der Ge- Guer(r)illa (sprich ge-), f. (PI. -s) kleiner :

sinnung. ]\Ihd. grvo^ m., auch «feindliches Krieg; Streifscharen. Aus dem span.^Men'iZZaf.

Entgegenkommen, Angriff, Leid», md. grü^, «kleiner Krieg», von guerra f. «Krieg», fi-anz.
grög, mnd. gröt m. Von grüßen, v., mhd. giierre, das dem Deutschen (ahd. iverra zu
gi-iie^en (einmal gruetzen), md. grüben, ahd. icirren) entstammt.
gruogan «an jem. kommen, herausfordern, an- Gufe, s. Glufe.
treiben», dann «amiifen, anreden, angi-eifen, Gugelhopf, m. {-es, PL -e): Backwerk
freundlich und mit Wunsch anrufen»; dazu aus weißem mit Hefe gegorenen Mehlteig
asächs. grötjan «anreden», mnd. graten, gruten in einer mit Butter u. dgl. bestrichenen kleinen
«zum Kampfe auffordern, grüßen», mndl. runden Form gebacken. Bayr. Gugelhupf,
groeten, grueten, ags. gretan «feindlich an- Gogelhopf, wohl nach der hauben-, bund-
greifen, grüßen», engl, greet «giiißen». Viel- ähnlichen Gestalt, zgs. aus mhd. gugele f.
leicht zu got. gretau «weinen», vgl. graß. «Kapuze» (s. Kogel) und einer Nebenform
Grütze, f. (ohne PI.): grob gemahlenes, von bayr. Hepfen f. «Hefe» (zu ahd. hepfan
ausgehülstes Getreide; Brei daraus; bildlich «heben»).
Verstand. In den beiden ersten Bed. bei Guido, Mannsname, langobardische und
Luther Grütze, Grutz f., mhd. grillze n. m. dann italienische Form des ahd. Namens
«Grobgemahlenes, Giützbrei», ahd. gruzi, Wito, Wido, von ahd. tcitn n. «Holz» (vgl.
gruzze n. «Kleie, Schrot»; dazu mnd. -mndl. Wiedehopf).
gorte f., ags. gryita f., engl, grit «Grütze», Guillotine, f. (PI. -n): das Fallbeil, die
anord. grautr m. « Grütze», dän. gröd. Gleichen 1789 vom franz. Arzt Guillotin (f 1814) ei--
Stammes wie Grieß (s. d.) und mhd. grüg m. f. fundene Köpfmaschine, 1801 bei Campe nebst
«Korn» (von Sand oder Getreide), urverwandt dem Zeitwort guillotinieren.
Gulasch Crurke 780

Gulasch, in Östen-eich auch Gulyas, n. «die sehr feste», bezeichnend für die bei
{-[e]s): Pfefferfleisch. Aus dem Ungarischen Wunden und Bnichen heilkräftige Pflanze.
in neurer Zeit. Gunst, f.: Wohlgeneigtheit, Wohlwollen;
Gulden, m. {-s, PI. wie Sg.): ehemals (PI. Grünste) schriftliche Einwilligung, in der
süddeutsche imd östen-eichische und noch Kanzleisprache. Bei Luther Gonst. Mhd.
niederländische Münze im Werte von ungefähr gunst (PI. günste), gonst f. und m. «das Ge-
1,70 M, Älternhd. Gvldin, Ghildein, Gülden, statten, Wohlwollen, Verleihen, die Einwilli-
mhd. (im 13. Jh.) guldin, gülden, eig. der gung, Erlaubnis», zgs. aus ahd. gi- «ge-» und
guldin pfenninc «der goldene Pfennig» (lat. ahd. unst f. «Zugeneigtheit, Gnade, Wohl-
aureus denariiis), zuerst lange Zeit eine Gold- wollen», gekürzt wie gönnen
(s. d.) aus ahd.

münze (s. golden und Florin). dazu asächs. abunst f. «Abgunst,


gi-unnan;
Gülle, f. (PI. -n) Auflösung des Stall- Neid». Die ältere Form ist ahd. anst f.;
:

mistes in Wasser, Mistjauche (Pestalozzi Lienh. dazu asächs. anst (nur Gen. PI. enstio), ags.
u. Gertr. 3, 171). Ällad. gülle f. «Lache, Pfütze». est, anord. äst, srot. ansts f. «Gunst». ABL.
Sehr verbreitet in der Schweiz, aber auch günstig, adj., mhd. günstic, dafür ahd. un-
im übrigen Alemannischen. Vielleicht zu stig. Günstling, m., 1683 im neuen Dic-
mnd. gole, goel m. f. «Sumpf». tionar. für einen Eeisenden 141^.
Gülte, f. (PI. -n): zu leistende Zahlung, ^Günter, m. (-s, PI. wie Sg.): mit Wurst-
Schuld, Zins, jährlicher Zins. Mhd. gülte füllsel gefüllter Schweinsmagen. Hessisch-
(auch gute, gülde), md. gulte, gulde, gilde f. wetterauisch. 1540 bei Alberus dict. Ee 3*
«Schuld, Zahlung, Einkommen, Kente, Zins ghünter, bb 3 * gunter. Nach Weigand vom
(von geliehenem Geld), Wert, Preis». Von Stoffe des Füllsels benannt und so aus pola-
gelten (s. d.). ABL. gültig, adj., mhd. bisch guntra «Leber». Unsicher.
1324 guldig «im Preise stehend, teuer», im "Günter, Günther, Mannsname. Mhd.
15. Jh. guldeg «preis würdig» (Weist. 4, 623, 3), Günther, ahd. Chintheri, zgs. aus ahd. gwid
ferner in mhd. zinsgültic «zahlpflichtig»; (in gundfano m. «Kriegsfahne»), asächs. güdeat
Gültigkeit, f., 1459 gültigkeit (Germ. 28, «Kampf, Schlacht, Krieg», ags. güß f., anord.
869). ZUS. GÜlthrief, m.: Schuld-, Hypo- güdr und gunnr f., und ahd. hari, heri n.
thekenschein, Schweiz. Mhd. Id82 gültehriefm. «Heer» (s. d.).
Gummi, m. (s, PI. -s): Klebsaft aus Gur, f.: feuchte, schmierige, aus dem Ge-
Pflanzen, 1534 bei Franck Weltb. 219^ Gummi, stein ausgärende Masse. Bergmännisch, auch
schon im 14. Jh. mhd. gummi arabicum, ent- Guhr geschrieben (bei Goethe 60, 136 1. H.
lehnt aus gr.-lat. gummi, commi n. (neben [Nat. Sehr. 9, 62] gulirweise), 1562 bei Mathe-
gummis, cummis. commis f.), gr. KÖ|Lt|ui n., von sius Sar. 52^ Ghur. Von gären (s. d.), eig.
altägypt. kenii, kami «Gummi von Mimosen- Gärung, wie 1716 bei Ludwig das Gären
oder Akazienbäumen». ZUS. Gummibaum, oder die G^ir des Bieres.
m.: ostindischer Feigenbaum, Ficus elastica, Gurgel, f. (PI. -n): Speiseröhre. Mhd,
dessen Milchsaft den Kautschuk (gummi elasti- gurgel, ahd. gurgula f., nach lat. gurgulio m,
cum) liefert. «Luftröhre», wodurch das ältere mit dem
Gundelrebe, Gundrebe, f.. die Pflanze lat. urverwandte ahd. querechela, querca f.
Glechoma hederacea. Mhd. gunderebe f., ahd. «Gurgel» (anord. kverk f.) verdrängt wurde.
gundereba f. mit acer glossiert, was aber nicht Davon gurgeln, V., mhd. gurgeln, gorgeln
nur «Ahorn», sondern auch ein Kraut be- «sich gurgeln, einen gurgelnden Ton hervor-
deutet, vgl. Björkmann ZfdW. 3, 288. Die biingen».
Ableitung ist dunkel. Gundermann, m.: Gurke, f. (PI. -n)-. Eankengewächs und
Gundelrebe. 1664 bei Duez, umgebildet aus Frucht Cucumis. Bei Eber und Peucer 1549
gleichbed. gunderam, im 15. Jh. bei Diefenb.- E 1^ der PI. Görken, 1558 K 8^ Gurcken,
Wülcker neben gunderan, gundram, gundrum, 1616 bei Henisch Gurcken, Goreken, Gurchen,
aber spätahd. gundram. im 17. Jh. Ajurcke (Olearius pers. Reise-
Günsel, m. (-S, PI. wie Sg.): die Pflanze beschr. 103^), nd. 1582 bei Chyträus und
Ajuga. 1588 bei Camei-ai-ius 702 Günsel, noch ostfries. Augurke, östr. Omorke, dazu
1500 bei Bi'unschwyg Destill. 52 gunsel, ahd. ndl. agurkje' «kleine Einmachgurke», dän.
amsele (Steinmeyer -Sievers 3, 52, 39), um- agurk. Übernommen aus poln. ogurek m.,
gebildet aus gleichbed. mlat. consolida f., eig. russ. o^/recM m., tschech.o/c?0'Ä;a, lausitz.-wend.
,

781 Gurre Gymnasium 782

korka f., die auf spätgr. ä-rfoüpiov n. «Wasser- RA. für gut nehmen «damit zufrieden sein»,
melone» zurückgehen. Vgl. Kukumer. mhd. ßr guot, verguot nemen. ABL. Gut,
Gurre, f. (PI. -n)-. schlechte Stute: schlech- n. (-es, PI. Güter): Besitztum, überhaupt
tes Pferd. Mhd. und mnd. gurre, gorre f. was uns dienlich ist, Grundbesitz. Mhd.-ahd.
Noch oberdeutsch und hessisch. guot n., asächs. göd, ags. göd n. «Gutes», dann
gurren, v. den Laut gurr von sich geben «Vermögen, Besitz, Landbesitz», afries. göd,
:

(von Tauben). Mhd. gurren vom Schreien gued n. «Vermögen». Dazu die RA. zu gute
des Esels. Vgl. girren. halten, kommen, tun usw. «zum Vorteil, in
Gurt, m. (-es, PI. -e), auch Ourt[e], f. guter Absicht», mhd. ze guote, ahd. zi guote.
(PI. -en): Leibriemen, umfassendes Band. Güte, f., mhd. güete, md. gute, ahd. gxioü
Md. im 14. Jh. gurt m., mhd. nur in Zu- f.; dazu asächs. gödi «Güte», got. gödei f.
sammensetzungen wie übergitrt m. «Über- «Tüchtigkeit, Tugend»: gütig, adj., mhd.
gürtel», auch «Obergurt» beim Pferde, mnd.- gnetic, md. gütic: Gütigkeit, f, mhd. güe-
mndl. gorde m., bei Luther Gh(rt f. Von tichait, güetikeit: gütigen, v., in begütigen,
gürten, v., mhd. gürten, gurten, garten, ahd. 1488 güetigen. guten, v.: gutmachen, mhd.
gurten; dazu asächs, gurdjan, gurdan, mnd.- güeten, ahd. gu.aten, nhd. in vergüten. Gut-
mndl. gorden, ags. gyrdan, engl, gird, anord. heit, f., mhd. gnotheit f «Güte», gütlich,
gyrda, dafür got. higairdan «umgürten», zu adj., mhd. guot-, güetlich, ahd. guotUh, an-
got. gairda f., anord. gjörä f. «Gürtel». geglichen gaolUh «gütig, freundhch», auch
Gleichen Stammes wie Garten (s. d,). ABL. «ruhmvoll, herrlich»: dazu asächs. göd-, guod-
Gürtel, m. {-s, PI.wie Sg.), mhd. giirtel lic «glorreich, herrlich», afries. gödilik, ags.
m. f., ahd. g^irtil m. und gurtüa f.: dazu gödh'c. ZUS. Gutachten, n.. 1616 bei He-
(and. gurdisU) mnd. gordel n. (selten m.), nisch. gutartig, adj., bei Henisch. Gut-
afries. gerdel m., und gyrdels m., dünken, n., bei Luther, spätmhd. guot-
ags. gyrdel
engl, girdle, anord. gyrdill m. Davon gürtein, danken . Guthaben, n., 1808 bei Campe.
V., 1691 bei Stieler gürtelen, mnd. gordelen: gutheißen, \., 1601 bei Albertinus Kriegs-
Gürtler, m.: Gürtelmacher, mhd. gUrtelcere. leut Weckuhr 46 auch als Subst. gut- ^'j

g Urtier. herzig, adj., mhd. im 14. -Jh. guothertzig


Gusche, 3. Gosche. nebst guothertzikeif f. gutmütig, adj., 1796
Guß, m. fGen. Gusses, PI. Güsse): das bei Adelung. Guttat, f., inhd.-ahd. guot-
Gießen: zum Gießen flüssig gemachtes Metall; tät, guotät f, ags. göddml f
guttätig, adj., :

Flüssigkeit gegen die Eäude der Schafe. mhd.


Guttätigkeit, f, 1616 bei
In giiottcetec;
der 1. Bed. mhd. -ahd. gug m. (Gen. guzzes). Henisch. gutwillis:, adj., mhd. guotwillic,
ZUS. Gußeisen, n., 1775 bei Adelung. ahd. guot willig, asächs. gödu-ülig-, Gutwillig-
GuätaT, Mannsuame, aus schwed. Gustav. keit, f., md. im 14. Jahi-h. gütivdlikeit f
Gusto, m. (-s) Geschmack. Bei Herder 1, zrs. mit Gut: Gutsbesitzer, m., 1808 bei
:

305, Goethe 17, 35 und Briefe 1, 165. Aus Campe.


gleichbed.ital.und SY>a.n. gusto, yon \a.t.giistusm. Gütchen, n. (-s, PI. wie Sg.): Kobold.
gut, adj.r freundlich verbunden, zugeneigt; Bei Goethe Faust 5848. Wad. gütel, güttel m.
den Sinnen angenehm die nötige Vollkommen- «Kobold», Dim. von Gott (s. Götze), wie
:

heit habend usw. Mhd. -ahd. guot, md. gut, md. im 14. Jh. gotechen n. und mhd. gote-
göt, auch «passend, tauglich, tüchtig»: dazu lin n. «kleiner Gott».
asächs.-afries. göd, mndl. goed, ags. göd, engl. Guttapercha, f Ledergummi von Su-
:

good, anord. gödr, schwed.-dän. god, got. göps matra, eingedickter des Baumes
Milchsaft
«gut, tüchtig, schön». Gleichen Stammes wie Isonandra gutta, aus dem Malaiischen, wo
Gatte (s. d.) und ahd. gatulinc, asächs. gadu- gutta «Gummi, Balsam», percha der Xame
ling, ags. gcedeling, got. gadiliggs m. «Ver- jenes Baumes.
wandter», sowie mhd. gaten «zusammen- Gymnasium, n. i-s, PI. Gymyiasien):
kommen, vereinigen», mhd. gater, ags. gea- Gelehrtenschule. Aus gr.-lat. gymnasium, gr,
dor, «zusammen»; urverwandt mit
tögcedere •fuuvüciov n. «öffentlicher Platz zu Leibes-
abg. goditi «genehm sein», godinü «genehm», übungen», die nackt (gr. -fuuvöc) angestellt
godü m. «passende Zeit». Urspr. Bed. wohl wurden, dann auch «Vei-sammlvmgsort der
« zusammengehörig, passend >. Statt des Komp. Philosophen», daher als Xame für Gelehrten-
hesser (s. d.) mhd. auch giioter, md. guter. schulen von den Humanisten des 15. und
783 ha! Habe 784

16, Jh. eingeführt. Gymnasiast, m. (-en,


I
der Leibesübungen, Turnkunst; gymua-
Pl. -e??): Gelehi-tenschüler, 1667 in Gepflückte !
stiscll, adj.: die Körpeiübung betreffend,
Finken S. 4. Dagegen Gymnastik, f.: Kunst 1575 bei Fischart Garg. 280 gimnastisch.
|

H
ha! Interj. der Verwunderung, Freude, m., als Männertracht 1734 bei Weber 331^;
des Lachens, Schi-ecks, Hohns usw. Älhd. in der Bed. «Rausch» 1775 bei Adelung und
ha] als Ausdruck des Lachens wie des Zorns;bei Lichtenberg in der Methyologie. Haar-
nhd. auch mit Gen. verbunden (Klopstock hoden, m., im 17. Jh. bei Grimm eishausen
Od. 2, 189); franz. hal Vgl. haha. Simpl. 2, 311, 22 Kz, haarklein, adj., 1658
^Haar, m. (-es, PI. -e): Flachs. Nur bei Schoch Stud. Haarnadel, f., 1596 bei
noch baj'r.-österr. Mhd. har, ahd. haru, haro Hulsius, zum Kräuseln des Haars 1537 bei
m. (Gen. harwes); dazu afries. her, anord. Dasypodius. haarscharf, adj., 1724 bei
hörr m. (Dat. hörvi), dän. hör. Die Her- Pistorius Thesaur. par. 7, 69. Haarstern,
kunft ist unsicher, da unklar, ob r auf r oder m.: Komet, 1689 bei Lohenstein Armin. 1,571;
5 zurückgeht. Vielleicht zu ^Haar oder zu dafür bei Dasypodius 1537 haarechtiger Stern.
Hede (s. d.). Lat. cärere «kratzen, krämpeln» Haarstrang, m.: die Pflanze peucedanum,
kann verwandt sein. mhd. härstranc. Haarstrich, m. haarfeiner :

^Haar, f. (PI. -en): Höhe, Berg. Bei Strich, noch bei Campe 1808 fehlend. Haar-
Freiligrath (1877) 2, 263 u. 3, 15, aus westfäl. tour, f., 1775 bei Adelung, «falsche frisierte
här f., älter har. Daneben aus gleichem Seitenhaare». Haarwachs, n. (selten m.):
Stamm westfäl. härd f. (s. Hart). sehniges Ende des tierischen Muskels, als
^Haar, n. (-es, PI. -e). Mhd.-ahd. här n. haarartig gewachsnes Knochenband verstan-
(PI. mhd. här, auch umgelautet hcer und den, spätmhd. 1427 harwachs, sonst im 15. Jh.
heerer, ahd. här und härir); dazu asächs. här, haarwachs m. f. n., oberschwäb. haurwachs,
ndl. haar, afries. her, ags. hcer n., engl, hair, dazu ndl. im 16. Jh. haerivachs bei Kilian;
anord. här, schwed. här, dän. haar n. Der aber Haar- scheint hier urspr. mhd. har m.
PI. Haare im 15. Jh. bei der Hätzlerin 80^ «Flachs» (s. ^Haar), wozu Flachsader und
und bei Luther; obersächs.-thüring. auch der Flechse (s. d.) stimmen.
Sing. Haare f. vom einzelnen Haar (Frau Haarrauch, m., s. Herauch.
Schlampampe Leben 8). Die Herkunft ist Hahe, f. (ohne PI.): Besitz. Mhd. hahe,
unsicher. Gewöhnlich gestellt zu anord. haddr ahd. haba f.; dazu mnd. und mndl. have, afries.
(aus *hazda) m. «Kopfhaar», namentlich der have f. Die Verbindung Hah und Gut (1537
Frauen, abg. kosmfi m. und kosa f. «Haar», bei Dasypodius) bedeutet: «bewegliches und
cesati «kämmen», lit. kasä f. «Haar», lat. unbewegliches Eigentum», als Neutrum bei
cärere «Wolle krämpeln», ir. cass «gelocktes Lichtwer Fab. 2, 20, Schiller Kab. 5, 1. Von
Haar». Nach Detter ZfdA. 42, 55 ist diese haben, v. (Präs. habe, hast, hat, Prät. hatte,
Ableitung wegen des mangelnden ^-Umlauts Konj. hätte, Part, gehabt), mhd. haben, zu-
im Nordischen unmöglich, die germ. Ginind- sammengez. hän, ahd. haben, spät auch häban
form wäi'e her, was er zu gr. Keipeiv «scheren» und habon; dazu asächs. habbian, hebbian,
stellt. Anderseits könnte lit. seris m. «Borste», mnd.-mndl. hebben, afries. habba, hebba, ags.

sertis « haaren » verwandt sein. ABL. haaren, habban, engl, have, anord. hava, schwed. hafva,
hären, v. refl.: die Haare gehen dän. have, got. haban.
lassen, sie Eig. Bed. «halten».
verlieren; oberd. haaren, v. trans. «raufen», um
Die Verwandschaft mit dem gleichbed. lat.
1480 im voc. ine. teut. il^ hären «die Haare habere ist oft bestritten worden, so wieder
ausraufen», haaricht, haarig,adj., im 15. Jh. von Walde, sie besteht aber doch wohl zu
hericht bei Diefenbach gl. 435% haaricht 1616 Recht. Man muß von *khabhe ausgehen.
bei Henisch 1009, 55, harig 1482 im voc. theut. Entlehnuncr des germanischen Wortes aus
n7^; dazu ags. hceriht. hären, ad].: von dem Lat. scheijit mir ganz unmöglich. Weiter
Haar gemacht, mhd. härm, hcerin. ZUS. dazu alb. kam «ich habe». Jedenfalls ver-
Haarhaud, n., mhd. härhant. Haarheiitel, schieden von dem unter hebeii (s. d.) be-
785 Haber Hache 786

sproclinen Stamme. Das Wort biegt mhd. Sündern gegen die Volkssitte, häufig bei ge-
im Präs. habe, habest, luibel usw., gewöhnlicli schlechtlichen Vergehen. Nach Schmeller-
aber, bes. als Hilfszeitwort zsgez. Imn, hast, 1, 1033 aus der Gewohnheit hervorgegangen,
hat, hon, hat, haut, im daß gefallne Mädchen abends von den Burschen
Prät. hnhete, gewöhn-
lich zsgez. häte, später (mit Angleichung des des Dorfs unter Geißelhieben in ein Haber-
h tml t) hatte, Konj. hcete, hete, hete, später feld und von da wieder nach Haus getrieben
hette, im Part, gehabet, zsgez. gehät (md. ge- wui-den. Haberrohr, n. Hirtenpfeife, Rohr- :

hatt, alem. im 15. und 16. Jh. starkfoniiig pfeife, bei Günther 1048 und Hagedorn Od. 89,
gehaben, gehän, noch Schweiz, gha); ahd. im Übersetzung des gleichbed. lat. avena f.
Präs. habem, haben, Prät. habeta, vereinzelt Habergeiß, f.: Heerschnepfe, scolopax
hapta, Part, gihabet; got. im Prät. habaida, gallinago , um. 1480 im Voc. Lnc. teut. k 6^
Part, habaips: ags. im Prät. hcefde, Part, hrefed. habergeiß, so benannt, weil sie zur Begat-
Dazu die Imperativischen Bildungen Habe- tungszeit hoch in der Luft einen einem fernen
dank, m., mhd. habedanc: Habeuicllts, m., Meckern ähnlichen Ton hören läßt, also zu dem
mhd. haheniht; Haberecht, m., bei Lessing unter Haber behandelten Wort für «Bock».
2, 460, Weiße Lustsp. 1, 235. Haben, n., Habicht, m. (-s, PI. -e): der Raubvogel
besonders in der kaufmännischen Ausdrucks- accipiter. Mit angetretnem t bei Luther wie
weise Soll und Haben, Übersetzung des lat. bereits 1470 im mlat.-hochd.-böhm. Wb. Ha-
debet und credit, ürspmnglich hieß es: er bicht, in einer Handschr. des Heinzelein v.
soll (debefj und er soll haben (credit). 1791 Konstanz 474 aus dem 15. Jh. habeht, aber
bei Roth nur noch Haben. Habschaft, f.: vorwiegend im 16. Jh. und noch oberd. Habich,
was man besitzt. Im 17. Jh. ZUS. mit mhd. habech, habich, auch mit Umlaut hebech,
Habe: Habgier, f.: Gier nach Habe, 1796 hebich, ahd. habuh m.; dazu and. hatmc (in
bei Adelung; habhaft, adj., 1473 bei Halt- Habuchorst), mnd. havek, havik, afries. hauk,
aus habhaft <;mit Besitz versehen); Hab- ags. Imfoc, heafoc, engl, hawk, anord. haukr m.,
seligkeit, f. (PI. -en): alles Avas man hat, schwed. hök, dän. hög. Herkunft unsicher.
urspr. Fülle der Habe (Stieler 1691, dazu 1716 Vgl. Zupitza Gutt. 102. Gewöhnlich vergleicht
bei Ludwig das Adj. habselig «reich»); Hab- man russ. köbuz, kobec m, «Art Falke».
sucht, f., bei Hagedorn 1, 79 und Oden (1747) habilitieren, v.: seine Geschicklichkeit
62; habsüchtig, adj., 1768 bei Moerbeek. zum Lehramt an einer Hochschule bekimden.
Haber, m. (-.s, PI. wie Sg.), üblicher (aber 1694 bei Nehring, aus mlat. habilitare «ge-
urspr. ndd. und md.) Hafer (in Preußen nur schickt machen», vom lat. Adj. habilis «füg-

so), m.: Getreideart mit Rispen und langen sam, geschickt».


spitzen Mhd. habere, haber m.
Körnei'n. Habit, m., auch n. (-5, PI. -e): Anzug,
schwachflektiert (daher im 15. Jh. im Voc. Tracht; Kleid. 1571 bei Rot, in der engern
ine. teut. und noch mundartlich Habern m., Bed. «(Mönchs-) Ordenskleid» schon mhd. abit,

bei Luther Habern und Ha fern, mit stai-ker habit m., mndl. abite, afries. habit, abit, aus
Flexion im 15. Jh. Städtechron. 5, 41, 5 Dat. franz. habit m. «Kleid, Ordenskleid», von lat.
haber, 2, 302, 16 Gen. haberns), ahd. liabaro habitus m. «das Sich-haben, die Tracht».
ra.; dazu and. havoro, nd. und ndl. haver, Habseligkeit, Habsucht, s. Habe.
anord. hafri m., aschwed. hagre (dai-aus ent- Habnng, f. (PI. -en): festes Anhalten,
lehnt finn. kakra), schwed. hafre, dän. huvre, Anhaften; etwas, an das man sich anhalten
Schott, haver, dafür ags. äte f., engl, oats; aus kann. Bei Hebel Schatzk. (selts. Gesch.).
dem Germanischen entlehnt fi'anz. Jmveron m. Mhd. habunge f. «das Sich-halten, Sich-äußer-
«wilder Hafer Nicht von anord. ha fr, ags.
>.. lich-zeigen», ahd. habunga f. 'Aufhalten, Aul-
hcefer m. «Ziegenbock» (lat. ca2)er m. «Bock», enthalt, Wohnung» (Glosse zu Sir. 24, 16).
gr. Koiirpoc m. «Eber»), sondern zu ir. coirce, Von laiben (s. d.) in der Bed. «halten».
kymr. ceirch (Grundforni *korkio ans'*kokrio). Hache, m. junger Bui-sche,
(-n, PI. -n):
Das germ. b muß aus g "' entstanden sein, was verwegner Kerl Habgieriger (in
(veraltet);
trotz Zupitza Gutturale in einer Reihe von Mittel- und Oberdeutschland, dazu das Adj.
Fällen ganz sicher ist. Weiter könnte gr. hachig «überaus habgierig»). In der 1. Bed. •

Kcixpuc «geröstete Gerste» dazugehören, Lite- mhd. hache m., so noch bei Bürger und
ratur KZ. 40, 436. ZUS. Haberfeldtreiben, Novalis, sowie als schex'zhafter Schimpfname,
n.: nächtliches Rügegericht in Oberbayern an den Kinder Erwachsnen geben, Schweiz. Hach
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 50
787 Hachse Hafen 788

ni., dazu Hache f. «leichtlebige Dii-ne» bei gehacktes Stroh. In Mittel- und Norddeutsch-
Fischart Garg. 437, spätmhd. haclie m. «junger land. 1517 bei TrochusK4^ heckerling. In
]3ursche, Kerl». Dazu der ahd. Eigenname gleicher Bed. Häcksel, n., auch m. (-s),
Hahho, Hahcho. Vielleicht zu hacken in der 1540 bei Alberus dict. Bb 4^ und tt 1^ Haxel,
Bedeutung «kämpfen», also eig. «Kämpfer» 1596 bei Colerus 9, 8 und 10, 10 Hexel m.,
oder mit Hecht verwandt, das auch in der dafür mnd. 1515 hackeltze. Beide Wörter
Bedeutung «junger Bursche» vorkommt. von hacken (s. d.).
Hachse, Hechse, f. (PI. -n): Kniebug, Hacksch, m. {-es, PI. -e): unverschnittner
bes. des Hinterbeins, mit den Sehnen. Mhd. Eber. In Mitteldeutschland, im 17. Jahrb.
hahse, hehse, ahd. hahsa f., namentlich vom Hackisch, Hacksch m. gleichen Stammes wie
;

Pferde; dazu mnd. hesse, hasse, afries. hoxene f. Schwab. Heckel m. «Eber», herheckel «Eber»,
Urverwandt mit lat. coxa f. «Hüfte», ir. coss 1468 bei Diefenbach nov. gl. 879% mhd. hagen
«Fuß», aind. käksas, aw. kasa- m. «Achsel- m. «Stier, Zuchtstier», bei Dasypodius 1587
gnibe». Hag, noch Schweiz. Hagen, Hegel und schwäb.
Hack, s. 3Iack. Hag, Haigel m. «Zuchtstier». Vgl. hecken.
Hack(e)l)rett, n. (-s, PI. -er) Brett zum ABL. hakschen, v.: Zoten reißen.
-.
In
Kleinhacken mancher Speisen; dreieckiges Ton- Mitteldeutschland und studentisch.
^
werkzeug, dessen Drahtsaiten mit zwei vorn Hader, m. {-s, früher auch -n, PI. -n):
gekrümmten Holzschlägeln geschlagen wer- zei'rißnes Zeugstück. Mhd. hader m. (auch
den, mit hackendem scharfen Anschlage. In schwach hadere), ahd. hadara f.; Nebenform
der 1. Bed. im 15. Jh. hackprett, -hret (Diefenb. mhd. hadel m., daher entlehnt franz. haillon m.
gl. 27*), in der 2. Bed. um 1480 im Voc. ine. «Liimpen». Dazu and. hathilin adj. «hadern,
teut. k6^ und 1477 clevisch hackhret, mndl. lumpicht». Vielleicht urverwandt mit gr.
hacke-, hackherd. Kevxpujv m., lat. cento m. «aus Lumpen ge-
^
Hacke, f. (PI. -n), auch Hacken, m. machter Rock», aind, kanthä f. «zusammen-
{-S, PI. wie Sg.): Ferse; Absatz an Schuh geflicktes Kleid», die nasahert sind. Armen.
oder Stiefel (1715 bei Amaranthes Hacke kotor «Hader» zeigt keinen Nasal. ZUS.
im Strumpf). Ein md. und nd. Wort, im Haderlumpen, m., bei Luther, persönlich
12. Jh. haken «calces» (Steinmeyer Sievers spätmhd. haderlump m.
- «Lumpensammler,
3, 439, 58), im 15. Jh. hacken m. (Serapeum Mann in zerlumpter Kleidung».
^
5, 84); dazu clevisch 1477 hacke, ndl. hak f. Hader, m. (-.9, ohne PI.): Streit, Zwist.
«Ferse». Verwandtschaft mit hacken ist un- Spätmhd. im 14. Jh. hader, bei Luther Hadder.
wahrscheinlich. Zu a^s. höh m,, heia m., engl. Gleichen Stammes wie ahd. hadu-, ags, headu-
heel, hcell «Kampf» in Zusammensetzungen (ahd. Hadu-
hough, afries. heia, heila m., anord.
m. «Ferse» kann das Wort aber auch nicht ivtg «Hedwig» (s. d.), Haduhrant), anord.
unmittelbar gehören, da diese auf hanh- weisen. Höär «der blinde Gott des Kriegsglückes,
^Hacke, f. (PI. -n): Axt (süddeutsch); Balders Bruder», und ifödt«Name einer Wal-
Werkzeug zum Behacken der Erde. Mhd. küre»; urverwandt mit abg. kotor a f. «Kampf»
in beiden Bed. Jiacke f.; dazu 1477 clevisch (aus dem Germ, entlehnt?), vc.cath m. «Kampf»,
hack, engl, hack «Spitzhacke». Von hacken, aind. gätrus «Feind», und vielleicht gr. kötoc
V., mhd. hacken; dazu afi'ies. hakia (in tohakia m. «Groll». Vgl. Haß. ABL. hadern, v.,
«zerhacken»), ags. haccian, engl. hack. Wohl spätmhd. hadern, davon Had(e)rer, m., um
gleichen Stammes wie hauen (s. d.), da auch 1480 im Voc. ine. teut. k6^ haderer, md. im
sonst öfter ein k aus w entstanden ist, vgl. 14. Jh. hedderer, heder er. ZUS. haderhaft,
Quecksilber, doch kann auch eine Wz. hak adj., 1650 bei Haltaus 771, hadderhaftig bei
zugiTinde hegen, die möghcherweise mit hecken Luther. HaderSUCht, f., 1678 bei Krämer,
verwandt ist, das die Bedeutung «stechen» das Adj. hadersüchtig: 1641 bei Schottel 369.
^
gehabt haben kann. Hafen, m. (-s, PI. Häfen): Sicherheits-
Hackelwerk, n. (-s, PI. -e): Zaun, Um- bucht für Schiffe. 1517 bei TrochusTS*
zäunung eines Gehöftes. Norddeutsch, gleichen have, 1537 bei Dasypodius Haafe, 1561 bei
Stammes wie Hag, Hecke (s. d.); mnd. im Maaler Meerhaffen m., aufgenommen aus nd.
15. Jh. hakelwerk, in md. Form im 14. Jb. haven, have, mnd. havene, have m. f.; dazu
hachelwerc n. «umzäuntes Vorwerk». mndl. havene, nndl. haven f., ags. hoefen, hcefene
Häckerling, m. (-s): zu Futter klein f., engl, haven, anord. höfn f. (PI. Imfnir),
789 Hafen Hagel 790

schwed. hamn m., dän. h.avn; entsprechend haften, v.: woran befestigt sein, fest
dem mhd. hahene, haben f. «Schiffslände», hangen bleiben; gewährleisten (Haltaus 772
neben habe f. und hap n. «Hafen, Meer». aus dem 15. Jh.). In der 1. Bed. mhd. haften,
Gleichen Stammes vne Haff (s. d.). Dazu ahd. haften, asächs. Jmfton, von dem ahd. Adj.
vielleicht mir. cüau «Seehafen» aus *kopno. haft (s. -haft).
^
Hafen, m. Häfen): tiefes Ge-
(-.s, PI. Hag, m. (-es, PL -e): umfriedigendes Ge-
schiiT, Topf. Oberdeutsch. Mhd. Jiaven, ahd. büsch: dichtes Gebüsch; Hain. i\Ihd. /iac m. n.
hafan m., eig. «Behälter, worin etwas gefaßt (Gen. hages) «Umfriedigung, Einhegung, Dom-
oder behalten wird», vgl. haben. Davon gebüsch, dichtes Gebüsch, eingehegter Ort,
Hafner, m.: Töpfer, im mrhein. voc. ex quo Park, Wald», ahd. hag, hac m. «Einhegimg,
1469 hefener, mhdi.havencBre, ahd. /?a/a«flW m. Stadt» (vgl. die Ortsnamen Kui -hag, -hagen);
Hafer, s. Haber. dazu ndl. haag f. «Hecke», ags. Jmga m. «Um-
Haff, n. [-es, PI. -e): <^)stseebucht als zäunung, Grundstück, Haus», engl, haw «Ge-
innres Meer {da^ keurisch hob «kurische hege, Gärtchen», anord. hagi m., schwed. hage
Haff» im 14. Jh. bei Suchenwirt 4, 457, da^ «Umzäunung, Weideplatz», adän. hage «Hecke».
vrische hab Livl. Chron. 3830). Aus dem Gleichen Stammes wie Hagen, Hain, Hecke
^Niederdeutschen, mnd. /m/m. n. «Meer, See»; (s. d.) urverwandt mit agall. caium «Gehege»,
;

dazu afries. hef n., ags. hoef n., anord. und kymr. cae «Einfassung», lat. cohus «die Höh-
sohwed. hqf n., dän. hav «Meer, offne See». lung an der Wage des Pfluges, wo die Deichsel
Vgl. Hafen. Daß die beiden Wörter zu lat. eingefügt wird». Vgl. Walde. ZUS. Hag-
cayio «fassen», und heben (s. d.) gehören, ist apfel, m.: Meerkirsche, 1482 im voc. theut.
kaum wahrscheinlich zu machen. n3^ hagen apffel. Hagehliche, f.: Weiß-
^Haft, m. (-S, PL -e, auch Haften, bayr. buche, im 15. Jh. hagbuoch, daneben mhd.
Hafte): Vorrichtung zum Festhalten, Haken. hagenbuoche, woraus Hainbuche (s. d.), beides
Mhd. haft m. (PI. hefte), ahd. haft m. n. (PL in urspr. Bed. «zu Umzäunungen verwendete
hafta) «Haken, Band, Fessel»; dazu ags. hceft Buche», ahd. haganbuohlia; davon hage-
m., anord. hapt n. «Fessel». Gleichen Stammes hüchen, adj., mhd. hagenhüechm, zsgez. han-
wie heben (s. d.). büchen, noch md. hahnehttchen, bes. in der
^Haft, f. (selten PL -e): Festnahme, Fest-, Bed. «derb». Hagehiitte, auch Hain-
Gefangenhaltung. Mhd. haft f., daneben ahd. hutte, Hamblltte, f.: Fruchtknopf der
hafta f. «Verbindung», andfrk. hafta f. «Ge- Hagerose, im 15. Jh. hagebute, zsgez. hnbutte
fangenschaft, Gefängnis». Zu dem in heben (Diefenbach gl. 125'*^), 1482 im voc. theut. n 6*
(s. d.) vorliegenden Stamm. hänpote (in hanpotenpatvm) und n3^ hagen-
^Haft, m. n. (-S, PL -e, -en): die Ein- putz, mhd. bloß butte f., eins mit Blitzen
tagsfliege, ephemera. 1748 bei Haller Ged. (s. d.) «Kerngehäuse des Obstes». Hage-
204 als Bezeichnung am Niederrhein; 1730 dorn, m. der Weißdom, mhd. hagen-, Jiage-
:

bei Frisch Insekten 8, dorn m. dazu ags. hcegßorn, engl, haivfhorn,


14 tvann es (Üfer-Äaß) :

die Holländer Hafft heißen, so geschieht es, anord. hagßorn m., norw.- schwed. hagtorn.
weil diese Fliegen so dick fliegen, daß sie an den Hageiche, f.: Heckeneiche, 1541 bei Frisius
geteerten Schiffen hafften und hangen bleiben. 1164'' Hageych. Hagerose, f.: Heckenrose,
-haft, Suffix an Adjektiven: haltend, wor- 1541 bei Frisius 623 ^ der PL Hagrosen, 1540
an haftend, habend. Fiiiher auch selbstän bei Alberus dict. FF 3^ hayn rosen.
diges Adj. mhd.-ahd. haft «gefangen, gefesselt Hagel, m. (-S, PL unüblich): aus den
im IMhd. auch «einge
festsitzend, haftend», Wolken niederschlagende Eisköraer; kleinge-
nonamen wovon, besessen, wozu verbunden hacktes Blei und Eisenzum Schießen (Soltau
verpflichtet»; dazu asächs. haft «gefesselt Volksl. 216 von 1516). In der 1. Bed. mhd.
festbleibend», ags. hoeft «gefangen», anord hagel, zsgez. hole, hail, hei, ahd. ha^al m.;
haptr m. «Leibeigner», got. liafts «behaftet dazu asächs. hagal, mnd. und ndl. hagel, ags.
gebunden», genau entsprechend lat. captus hagal, hagol und hcegel m., engl, hail, anord.
«gefangen», gall. captos «gefangen», air. cacht schwed.-dän. hagl n. Wohl urverwandt mit gr.
«Dienerin», kymr. caefh «Gefangner, Diener» KoixXri^ T^- «Steinchen, Kiesel». Das einzelne
(s, heben). Davon -haftig, Adjektivsuffix, Hagelstück hieß mhd. und älternhd. hagel-
mhd. -haftec, ahd. -haftig, afries. -haftich, stein und kisel (noch oberd.), ags. hagolstän,
-heftich. engl. Jiailstone, anord. haglsteinn m. neben
50*
;

791 Ha^en Hahn 792

haglkorn u, ABL. hageln, v., mhd. hagelen, dienst Leistender, Ki-ieger». Ursprünglich
mndl. hagglen, daneben älternhd. kiseln, noch Adj.: ahd. hagustalt Itp «eheloses Leben»,
md. und oberd. kisseln. ZUS. hageldicht, hagastalt man «Lohnarbeiter», ags. htegsteald
adj., bei Wieland Ob. 3,
15. Hagelgaus, f.: «kämpfend», wonach die älteste Bed. «als
Schneegans, wüde Gans, mhd. hagelgans, ahd. Diener und zwar unverheiratet und kinder-
hagügansL «Wasserhuhn», dann (durch Über- los auf emem Hag (s. d.), d. i. einem kleinern
tragung) «Birk-, Haselhuhn» (dafür ahd. /iasi7- Grundstück, einem Nebengrundstück seßhaft»
gans), endlich «die Schneegans», und zunächst der zweite Wortteil gehört zu got. staldan
benannt, weil das Wasserhuhn durch Geschrei «bes-itzen» (s. gestalt). Nach altem deutschen
am Morgen und Auffliegen aus dem Wasser Erbrechte ging das Hauptgut mit der daran
(1557 Heußlin Vogelb. 22^) oder durch Unter- haftenden väterlichen Gewalt auf den Erst-
tauchen (Schiller Teil 1, l) Gewitter und gebornen über, während den Jüngern Söhnen
Regen ankündigt. Hagelschauer, m., mhd. nur Nebenländer und damit Abhängigkeit von
hagelschür, ags. hagolscür m. Hagelschlag, dem Erstgebornen zuteil wurde.
m., spätmhd. im 15. Jh. hagelslach. Hagel- haha! Interj. der Verwundeiiong und
wetter, n., 1678 bei Krämer. Freude, auch lautes Lachen, mhd. haha, im
Hagen, m. (-s, wie Sg.): lebendiger
PI. 15. Jh. bei Eyb Plaut. 80, 12 hiha\
Zaun. Bei Büi-ger 233, noch niederd.; aber Häher, m. (-5, PI. wie Sg.): ein häßlich
schon mhd. hagen m. «ümfriedigung, Ver- schreiender Waldvogel. Bei Luther Heher,
hau, Dornbusch, umfriedigter, umhegter Ort», 1557 bei Waldis Es. 1, 29 Häher m., mhd,
ahd. hagan m. «Dornstrauch zur Umhegung»; heher f., ahd. hehara f.; dazu mnd. heger,
dazu and. hagan m. «Art Dornstrauch», mnd. heiger m., ags. higera, higora m. «Häher,
hagen m. «Hecke, Gebüsch, Einfriedigmig zu Specht», anord. hegri m. «Reiher». Dazu mit
Schutz und Verteidigung, umhegter Ort», s-Anlaut norw. skjäre, schwed.-dial. sker, skür,
schwed. hägn, dän. hegn, von ahd. hac m. skära. Vgl. Falk-Torp. Vielleicht verwandt
«Hag» (s. d.). Vgl. Hain. mit gr. Kicca f. «Häher» (aus *KiKya), aind.
hagen, v.: behagen (s.d.). Bei ndd. Schrift- kikidivis m. «blauer Holzhäher», also laut-
stellern Musenalm. 1779 S. 88); malend, oder zu aind. rikharäs «spitzig».
(Göttinger
and. hagan (?),mnd. und md. hagen, afries. Dann wäre der Häher nach seinem spitzen
hagia. Kopfschmuck benannt.
hager, adj.: dürr, mager, schmalleibig. Hahn, m. (-es, auch -en, PI. Hähne, auch
Um 1300 md. hager (Heinrichs Tristan 5110, Hahnen): Männchen des Hühnergeschlechts;
Altväter Darmstädter Bruchst. Bl. 1^)^ 1618 Männchen auch andrer Vögel (Geliert 3, 461);
bei Schönsleder mit Umlaut hager; dazu Wetterfahne (1514 bei Keisersberg Schiff d.P.
mengl. hagger, engl, haggard «hager». Dafür 37^); dem Hahnenkopf Ähnliches z. B. am
oberd. rahn (s. d.). Nach Zupitza 104 zu Fasse (1510 bei Keisersberg Seelenpar. 51*
aind. krcäs«abgemagert, hager, schwächlich», Hä7i m.), an der Wasserleitung (im 15. Jb.
aw. kdrdsa- «mager». Anders ZfdW. 7, 267. bei Tucher Baumeisterb. 168, 4), am Flinten-
ABL. Hagerkeit, 1691 bei Stieler.
f., schlosse (1575 bei Fischart Garg. 286); bild-
Hager, m. wie Sg.): Sandhügel lich: kühner, kecker Kerl (Murner luth, Narr
{-s, PI.
in Strömen, bes. an deren Mündung. 1697 2155, Keisersberg Brösamlba 2, 71''). In der
bei Besold Thesaur. 1, 418 Heeger. Nach 1. Bed. mhd. han, haue, ahd. hano m.; dazu
J. Grimms Vermutung eine Nebenform zu asächs. hano, ndl. haan, afries. hona, a,gs. und
Höcker. got. haiia, anord. hani m., schwed.-dän. hane.
Hagestolz, m. {-es, PI. -e): unverheiratet Gewöhnlich wird als urspr. Bed. «Singer»
Gebliebner. Schon mhd. hagestolz (Urkunde (vgl. Otfried 4, 13, 36 er tha§ huan singe «ehe
von 1284 bei Mone Anz. 3, 16), umgebildet der Hahn kräht») angenommen, vfie ahg. petlä
aus mhd. hagestalt, ahd. haga-, hagustalt, haga- m. «Hahn» von abg. j^^^ti «singen», lit. gaidis
stolt m. «Junggesell Verbliebner, Diener, in m. «Hahn» von lit. giedoti «singen»; m*ver-
Lohndienst Stehender»; dazu asächs. hagu- wandt mit lat. canere «singen», air. canim
stald, hagastold m. «.Diener, Mann überhaupt», «ich singe», gr. rii-Kovöc «Hahn» (bei Hesy-
and. «proselitis», im 16. und 17. Jh. an Hof an- chius). Doch liegt viel eher ein altes selb-
gelehnt nd. hove-. havestolt, ags. hteg-, hagu- ständiges Wort vor, zu dem auch lat. cicönia f.
steald m. «unverheix-atet Gebliebner, Kriegs- «Storch» gehört. Die Biegung ist urspr.
793 Hai Hainbund 794

schwach: mhd. Gen. hanen,PI. hauen, sie fisch squalus carcharias. 1658 bei Mandelslo
dauert bis ins (Göthe 2, 267, Schu- Reisebeschr. 2, 13 Haye m., PI. Hayen, 1741
18. Jh.
bart 2, 253) und ist noch oberd. die starke bei Frisch Häye m., aufgenommen aus ndl.
;

Flexion tritt seit dem 16. Jh. auf, bei Keisers- haai f., anord. här m.. schwed.-dial. ha m., dän.
berg der PI. hen, Itän, bei H. Sachs 9, 50 u. 59 haa. Man vergleicht aind. catdkus m. «ein
der Gen. deß Haans wad Hanes. Vgl, Henne, best. Wassertier», das auch die Bedeutung
Huhn. RA. der rote Hahn «wie ein Hahn «spitzer Pflock, Holznagel» hat, wie auch
vom Dach auffliegendes Feuer» (H. Sachs 9, anord. här «Rudemagel», so daß die doppelte
55). Hahn im Korbe (Facetiae facet. 164), Bedeutung schon vorhistorisch ist. ZTJS.
eig. dem jungen Hühner- Haifisch, m., 1768 bei Moerbeek Hayfisch
«das beste Stück unter
volk im Hühnerkorbe», daher im 16. Jh. der neben Hay.
best Han im Korb (H. Sachs 21, 261, Fischart Haiduck, s. Heiduck.
Bienenk. 131 "^j. ZUS. l) mit dem schwachen Hain, m. [-es, PI. -e): gottgeweihter Wald
Gen, Hahnen-: Hahnenbalken, m.: Fii-st- (bei Luther); Hege-, Lustwald (bei Luther
balken (worauf der Hahn sitzt und kräht), 1, 531b Eisl.). Ein mitteldeutsches Wort.
mhd. hanenbalke, auch hanboum m. Hahnen- Im 14. Jh. hain m. «umhegter Platz, Ver-
feder, f., bei H. Sachs 9, 125. Hahnenfuß, hau:/ (Jaroschin 25<i. 87*), 1338 hayn «um-
m.: die Ranunkel, mhd. hanen-, ha7ievuog, ahd. hegter Wald» (Weisth, 1, 498 aus der Gegend
hanefuo^ m., der Xame wegen der dem Fuß von Frankfurt a. M.), noch 1664 bei Duez
eines Hahns ähnlichen Gestalt des Blattes Hain. Haine f. «une franche forest, oü il
der Pflanze. Hahnenschrei, bei Luther. n'est point permis d'abattre du bois, un bois,
Hahnensporn, m., 1664 bei Duez Hahnen- un bois consacre des payens, lucus», schon
spohr. 2) mit Hahne-, Hahn-: Hahnekamm, im 8. Jh. in dem Orts- und Bachnamen Hein-
ni., im 15. Jh. bei Diefenbach gl. 158^ hanen-, bach (Förstemann 2, 630) neben Hakanpach,
hanekamp; als Pflanzenname mhd.hanenchamp. Hegenebah, wie noch in den md. Ortsnamen
Hahnkräh, f. (Herder von deutscher Art und auf -hain; aus md. hagin, mhd. hagen m.
K. 101), 1572 bei Fischart Großna. 25 Hanen- «Einfriedigung, umhegter Ort» (s. Hagen),
kräh m., dafür mhd. ha7i-, hanekrät f., ahd. wie auch md. hän, haen «Dornbusch» (Diefen-
hanacrät, asächs. hanocräd f., ags. hancred m., bach gl. 192 b), gciion Tacitus Germ, 9. 39 f.
von Rückert 3, 294 erneuert Hankrat m. berichtet von gehegten, einer Gottheit ge-
Hahnrei, m, (s, PI. -e): Mann eicer un- heiligten Baumständen und Wäldern der
treuen Ehefrau, ein urspr, norddeutscher Germanen.
Ausdruck, mnd. im 15, Jh. hanerei, hanreyge, Hainbuche, f. (PI. -n): Weißbuche. 1454
in den Facetiae facetiarum 164 hahnreg, 1534 md. hainbuche (Weisth. 5, 251), 1521 hanbuche
bei Luther 6, 161* J. ein Hanrey wie man (l, 538), bei Luther Haynbuche, aus md. hagin-
in Sachsseil redet: doch nach Beckmann Gesch. buche, mhd. hagenbuoche, ahd. hagan-, hagin-
d. Erf, 2, 269 Hanrey schon 1322 als Beiname buocha f. Der Name daher, daß die jungen
eines Augsburger Müllers. Bei Mathesius Stämme sich leicht zu Hecken, Zierbusch-
|

Sarepta 1562 250* Hanrey m. f. «geschlecht- vverk u. dgl. ziehen lassen. S, Hagebuche
lich Ausschweifender oder Ausschweifende»: und Hain.
in der wahrscheinlich urspr. Bed. Kapaun 1670 Hainbund, m.: vom 12. Sept. 1772 bis
bei Abele künstl. Unordnung 2, 309 Haan- Ostern 1775 dauernder Dichter- und Freund-
rehf 1717 bei Leibniz Collectanea etymolog. 1, schaftsbund von Göttinger Studierenden, feier-
312 Hahnree. Das Wort, urspr. schwach lich gestiftet am Abende des genannten Tages
biegend, scheint im zweiten Teil abgeleitet unter einer schönen Eiche in einem kleinen
von mhd. reie, reige m. «Tanz» (s. ^Reihen), Eichengnmd auf der Rückkehr nach Göt-
«der den Hahnentanz mitmacht» (vgl. Brant tingen, von einem auf das nahe Dorf Weende
Narrenschiif S. 34* Z.). Y gl. Hörner aufsetzen gemachten Ausfluge. Jene Jünglinge waren
unter Honi. hahnebüchen, s. Hagebuche. J. H. Voß, Hölty^ Joh. Friedr. Hahn, Joh.

Hahnepanipel, m.: Schimpfwort für einen Thomas Ludwig Wehrs, Joh. Martin Miller
haltlosen, hin- imd herfahrenden und zappeln- und dessen jüngrer Vetter Gottlob Dietr.
den Menschen, In Norddeutschland. Unbe- Miller; nachträghch traten bei Boie, Christian
kannter Herkunft. und Friedr. Leopold Stolberg, Karl Fried,
Hai, m. (-es, PI. -e): der gefräßige See- Gramer, Leisewitz. Sie nannte ihre Ver-
795 Haiubutte halb 796

einigung Bund auch Hain im Gedanken an hakig, adj., 1420 nd. hakich (ebd.), ndrhein.
den von Klopstock z. B. in seiner Ode Win- im 15. Jh. haechetht (ebd.).
golf als Sinnbild der Dichtkunst gebrauchten, hal, adj.: bis zur Saft- und Kraftlosigkeit
bes. aber in der 1767 gedichteten Ode «der ausgetrocknet oder austrocknend (1544 bei
Hügel und der Hain» dem Hügel als Par- Luther ein holer Wind); dürr und mager.
nassus entgegengesetzten Hain (des Hügels Westmitteldeutsch. Dazu nd. häl, hcel, ndl.
Quell ertönet von Zevs, Von Wodan der Quell haal «trocken, düiT, mager» und mit anlaut.
des Haitis), zugleich wohl in Hinweisung s- schal «trocken, dürr, leck», schwed. skäll
auf jenen Eichengrund. Aus beiden Be- «mager» und weiter gr. cxXi-ipöc «trocken,
nennungen erfloß später die weitre Hain- düiT, mager». Vgl. Ehrismann Btr. 20, 63.
bund, die zuerst Voß S. XXIX Davon verschieden südd. hahl, hähl «glatt,
der Vorrede
der 1804 von ihm besorgten Ausgabe von schlüpfrig», mhd. hcele, ahd. häli, anord. hall,
Höltys Gedichten gebraucht. das zu hehlen gehört. ZUS. Haigans, f.:
Hainbutte, s. Hagebutte. magre, uugemästete Gans (westmd.), dann
Hakatisten, PI.: Angehörige eines Ver- Schelte für ein sich dumm und albern be-
eins zur Fördeiiing des Deutschtums in den nehmendes Mädchen (Maler Müller 1, 128);
Ostmarken. Das Wort ist gebildet aus den verschieden von Haigans, der Verkürzung
Anfangsbuchstaben der drei Gründer Hanse- von Hagelgans (s. d.).
mann, Kennemann und von Tiedemann. Ende halali! weidmännischer Ruf bei der Hetz-
des 19. Jh. aufgekommen. jagd, wann der Hirsch abgehetzt nicht weiter
Häkelei, f.: kleiner Zwist; Häkelarbeit. kann. Der Ton ruht entweder auf der vor-
Von häkeln, v.-. mit einem Häkchen gTeifen letzten oder auf der letzten Silbe. Aus gleich-
(1691 bei Stieler Mkelen); mit der Häkel- bed. franz. halali, 1746 bei Döbel Jäger- Pract.
nadel arbeiten (im 19. Jh.). Von mhd. Jmkel 2, 98 ha la lit «ha da liegt er».
n., Dim. von Haken. An häkeln angelehnt, •^halb, halben, grundangebende Präp. mit
aber hervorgegangen aus heiklig (s. heikel) Gen., hinter dem i'esierten Worte stehend. Mhd.
häkelig, häklig:, adj.: schwer zu behandeln, halbe, halp und halben «auf Seiten, wegen»,
bedenklich, 1775 bei Adelung. ahd. halb nachgestellte Präp. mit Gen., urspr.
Haken, m. {-s, PI. wie Sg.): halbkreis- Kasus von Halbe (s. d.), mhd. halbe, und zwar
artige Krümmung woran; gekmmmtes Ende halben der Dat. PL, halbe und gekürzt halb,
zum Einhängen; Feuergewehr mit einem halp der Akk. oder Instr. Sg. Aus einer
Haken am Schaft zum Auflegen auf eine gabel- Vermischung des Subst. Halbe mit dem Adj.
förmige Stütze (spätmhd. Mitte des 15. Jh. halb erwuchs des letztern erstarrte Maskulin-
hakenpiichse, 1529 bei Soltau Volksl. 1, 328 form halber als Präp. mit Gen., 1499 im
hacken, mnd. im 15. Jh. hakebusse); Püug, Terentius deutsch 9''.
dessen zweischneidige Schar nebst den beiden "halb, adj., einen Teil bei Teilung in zwei
Moltbrettern die Gestalt eines Pfeilwider- gleiche Teile bezeichnend, '/.i. Mhd. und
hakens hat (mhd. der polensche phluoc, der ahd. halp, asächs., afiües. und ndl. half, ags.
hake heilet), dann auch Feldmaß (mnd. im healf, engl, half, anord. halfr, schwed. half,
14. Jh.). In den beiden ersten Bed. mhd. dän. halv, got. halbs. Zur Etymologie geht
hake, haken, ahd. häko, hägo, häggo m.; dazu Persson KZ. 33, 289 von einer Wm-zel «spalten»
and. hako, mnd. hake, mndl. hoek, ndl. haak, aus, die mit s- Anlaut in gr. cköXoh» m. «Pfahl»,
ags. höc m., engl, hook, mit kurzem Stamm- lat. sculpo «grabe ein» vorhegt. Kluge ver-
vokal ags. haca m., schwed. hake, dän. hage gleicht aind. kalpäjati «bringt in Ordnung,
«Haken» (verschieden von got. höha m., ahd. stellt richtig, verteilt». Wurzelverwandt ist
huohili n. «Pflug», aber wohl wurzelverwandt^ vielleicht auch aind. kala f. «kleiner Teü».
Vielleicht verwandt mit leit.keg'is m. «Krücke» In den Zusammensetzungen anderthalb (l^/.,),
(vgl. anord. höekja f. «Krücke», ags. hcecce f. dritthalb (2^/o) usw. schon mhd. und ahd.,
«Bischofsstab») oder mit lit. saknis f. «Wurzel». auch ags. öper healf {l'^j.-,), anord. halfr fjördi
RA. die Sache hat einen Haken «ein Hindernis», (3Vo).^ ABL. Halbheit, f. bei Wieland
1575 bei Fischart Garg. 151 es hat ein häcklin. 3, 150 von 1767. halbieren, v., mhd. hal-
ABL. haken, v., 1495 in der Kölner Gemma biei^en neben, häufigerm halben, halbicht
Rl*^ haken, im 15. Jh. hachen «krümmen, (bei Wieland an Merck 1, 249 «unentschieden,
beugen» (Diefenbach gl. 626^). hakicht. schwankend»), halbig (beiLessing3, 162 «un-
797 Halbe Hall 798

vollkommen»), adj., bei Serrauus 1538 halbig, satz zum Besitzer eines Vollgutes, am Nieder-
1564 bei Glaser Gesindteufel Fl*
wohl gekürzt aus Halfwinne, wie die
halhicht. rhein,
ZUS. Halbbruder, m., 1641 bei Schottel aachen. Nebenform Halfer m. aus Halfwinner.
365 dazu afries. halfbroder, anord. Imlfhröäir.
; Hälfte, f. (PI. -n): einer von zwei gleichen
halbbürtig, adj., 1691 bei Stieler. Halb- Teilen. Abstraktbildimg zu halb fs. d. -).
gott, m., ahd. und spätmhd. halhgot. Halb- Geläufig bei Luther Helffte, Helfft f., aus
insel, f., 1537 bei Dasyi^odius ein halb insel, md. und mnd. helfte f. (\b. Jh., z. B. schlesisch
1678 bei Krämer Halbinsul. Halbjahr, n., 1421); dazu mndl. helft f., afries. halfte, helfte

mhd. halpjär: halbjährig, adj., mhd. Äa^j> m., anord. helfd f. Mit andrer Endung im
jceric. Halbkreis, m., mhd. halb krei^ 16. Jh. halfftnoth f. (Stadtrechte v. Arnstadt),
(Diefenbach gl. 641 «). Halbkugel, f., 1678 fi-ühmhd. im 12. Jh. halfnotm. (Germ. 20, 41),
beiKrämer. Halbmann, m,: Kastrat, Eunuch ahd. halftanod m. «Hälfte». Früher sagte
(Schiller Tur. 2, l), spätahd. 1175 halpnian. man hd. Halbe f. (s. d.) und Halbteil n., mhd.
Halbmesser, m.: Radius, 1670 bei Stm-m halpteü m., afries. halfdel, haldel n. «Hälfte».
teutscher Archimedes Vorbericht. Halbpart, Vgl. Halbscheid.
m.: Halbteilung, Hälfte, 1691 bei Stieler. "^Halfter, f. (PI. -n) m. n.: ledernes Kopi-
halbrund, adj., 1678 bei Ki-ämer, dafür zeug des Pferdes zum Halten. Mhd. halfter,
spätmhd. im 15. Jahrh. halb sinivel. Halb- ahd.halftra f.; dazu anä.halefdra, nnd.halchtei',
SCheid, f., das Halbgeteilte, Hälfte, im 14. kalter, ndl. halster, ags. hcelftre f., engl, halter.
bis 15. Jh. -nrhein. halffscheit (Weist. 2, 354), Gleichen Stammes wie älternhd. Helb, mhd.-
Skhd. halpgisceid. halbschlächtig, adj.: einen ahd. halb m., mnd. helve, helf helft n. «Hand-
Halbschlag, eine Unterart bildend (Kant 10, 27); habe, Stiel», ags. hielf m., engl, helve «Axt-
unentschieden, schwankend, halbschürig, stiel». Vielleicht urverwandt mit lit. Mlpa
adj.: unvollkommen (Lessing 7, 43 halbschie- «Schlinge», kälpa f. «Querholz am Schütten»,
rig), urspr. von der Schafwolle, die jährHch apreuß. kalpus «Rungenstock». ABL. half-
zweimal geschoren wh-d, im Gegensatz zur tern, V.: die Halfter anlegen, Anf. des 16. .Jh.
einschürigen. Halbspäliuer, m.: Halbbauer, halffteren bei Diefenbach gl. 272 '^.

wer nur ein halbes Gespann (2 Pferde) zur -Halfter, f. (PL -n), richtiger Holfter
Bewirtschaftung braucht. In !Norddeutsch- oder Hulfter: Pistolenbehältnis am Sattel.
land. Halbstiefel, m., 1664 bei Duez. Die Form Halfter seit dem 17. Jh., 1575 bei
halbtot, adj., mhd. halptöt. halbwegs, Fischart Garg. 353 Hulfter f., 1669 bei Gi-im-
adv. einigermaßen, ziemlich, eig. Akk., mhd. melshausen Simpl. 241 Pistolludffter, 1775 bei
:

halben wec, im 15. Jh. bei Rothe h. Elisab. Adelung Holftei' f. In ältrer Bed. 1482 hulffter
2042 halbweg; 1734 bei Weber halbwege und «Köcher» (Voc. theut. p 2*^), mhd. hulft, ahd.
halbwegs (verkürzt aus halbe Wege und halbes huluft, hulft f. «Hülle, Decke», auch «köcher-
Weges), halbwüchsig, adj., bei Zachariä artiges Behältnis», ahd. satilhulft (Diefenbach
1, 250 halbwüchsigt. Halbzirkel, m., mhd. gl. 281^), neben mhd. -ahd. hülst f. «Hülle»,
halb cirkil (Diefenbach gl. 641 «=). got.hulistr n., ags. heolstor n. «Hülle, Decke»,
Halbe, f. (veraltet): Hälfte; Seite, Nur Island, hulstr n. «Futteral», ndl.-engl. holster
noch Xorddeutschland in der RA. auf der, «Holfter». Von hüllen (s. d.).
in
über die Halbe liegen. Mhd. halbe, ahd. halba f. Haigaus, s. hal
«Seite, Gegend»; dazu asächs. halba, afries. Halkyonische Tage: nach lat, dies
halve, ags. ÄeaZ/f. «Hälfte, Seite», a.nord. halfa halcyonii «ruhige Tage im Winter, an denen
«Teil, Familienzweig», got. halba f. «Hälfte, der Eisvogel (gr.-lat. halcyon) brütet. 1757
Seite». Es ist das Grundwort von ^halb und bei Wieland. Vgl. ZfdW. 10, 34.
mit -halb verwandt. Hall, m. {-es, PI. -e): fortschwebender
Halde, f. (PI. -7i): der Abhang, Bergab- ABL. halleu,
Schall,mhd. hal m. S. hell.
hang. Mhd. holde, ahd. halda f., von ahd. V., erst 1440 auftauchend in lüthalend (Diefen-
hald, mhd. halt. ags. heald, anord. hallr «nieder- bach gl. 542^), aber spärlich bis ins 18. Jh.;
wärts schräglinig, geneigte. Dazu got. wilja- dafür mhd. hellen mit starker Flexion (s. hell).
halpei f. «Zuneigung, Gunst», aind. katakas m. ZUS. Halljahr, n.: das Jubeljahr der Juden,
«Ring, Armband, Tal», Wi.at-kalte f. «Rücken- zuerst bei Luther Halliar, der Name wegen
lehne». S. Helling. des Halles der Horner, durch den es ver-
Hälfe, m. (PI. -/i): Halbbauer, im Gegen- kündigt wurde (3. Mos. 25 und Jos. 6, 4 6). —
;

99 Halle Hals 800

^
Halle, f. (PI. -n): offner Bau mit einem Weist. 1, 530 sess ein mentsche hinsit Meyns
bloß auf Säulen oder Pfosten ruhenden Dache und riff dri male: hallo, hallo! ivolt der
von Säulen getragner Vorbau, Bei Luther dan nit holen, holen usw.), dann
ferge ine
häufig, seit der Mitte des 18. Jh. von Dichternallgemeiner Ausruf zum Herbeirufen von
(Klopstock, Ramler) wieder erneuert. Aus Leuten, endlich Hetzruf an Hunde auf der
gleichbed. md. halle (13. u. 14. Jh., Germ. Jagd (gleichsam zum Herbeiholen des Wil-
20, 41), ahd. halla f. «Tempel»; dazu asächs. des), in den beiden letzten Bed. auch engl.
holla, ags. heall, engl, hall, anord. höll f., halloo. Das Wort ist Imperativbildung von
schwed. hall, dän, hal «Halle»; aus dem Ger- holen «holen» (s. d.), mit dem nachdrück-
manischen entlehnt gleichbed. afranz. hale, lichen Suffix -ä, verdunkelt -6 (vgl. holla,
nfranz. halle f. Ableitung von ahd. helan feuerjo).
«verbergen, verdecken» (s. hehlen) ist un- Hallore, s. ^Halle.
wahrscheinlich, vielmehr entspricht das Wort Halluzination, f. (PI. -en): Art Sinnes-
nebst ndd. hille «Ort über den Viehställen, täuschung, Trugbild. Aus lat. hallücinätio f.

wo Gesinde und Kinder zu schlafen pflegen», «Träumerei» im 19. Jh.


dem lat. cella f. «Kammer, Zelle» (beide mit Halm, m. {-es, PI. -e, fast veraltet -en):

U aus hl). Verwandt sind noch gr. KaXid f. hohler Gras-, Getreidestengel. Mhd.-ahd. halm
j

«Hütte, Scheune, Nest», aind. gälä f. «Hütte, (PI. mhd. halme und helmer, ahd. halma);
1
m.
Haus, Gemach», ir. cuile «Keller, Magazin». dazu asächs.-ndl.-schwed.-dän. halm, ags.healm,
"Halle, f.: die Salzkote, das Siedehaus engl, halm «Halm», anord. halmr m. «Stroh».
der Salzwei'ke. Im hallischen Talrecht aus Übereinstimmend mit gr. KciXainoc (daraus lat.
dem 14. Jh. halle f. «Salzwerk», mhd. hal n., colamus, aind. kaldmas) m. «Rohr, Schreib-
wie noch schwäb.-bayr. Hall n., womit zgs. rohr, Getreidehalm», lat. culmus «Halm», abg.
mhd. 1130 halgräve m., ahd. halhüs n. «Salz- slama f., apreuß. salme, lett. salnis «Halm».
werk», woraus schwäb. Halles n. «Siedhaus». Spätmhd. auch die schwache Form holme m.,
Nach den meisten neuera Forschern dasselbe woher der nhd. PI. Holmen (Schiller 11, 352).
Wort wie ^Halle, es ist aber mit V. Hehn Hals, m. (Gen. Halses, V\. Hälse): zwischen
Das Salz daran festzuhalten, daß in hal das Kopf und Rumpf befindlicher Teil des Köi'pers.
idcf. Wort Salz steckt und daß das Wort Mhd.-ahd. hals m.; dazu asächs, -ndl.- afries.-
also aus einer Sprache entlehnt ist, schwed.- dän. -got. hals, ags. heals m.
die s in anoi'd.-

h verwandelte. Hallore, m. Urverwandt mit lat. Collum n., alat. collus


(-en, PI. -en): \

Salzwerkarbeiter zu Halle a. S., erst 1681 (aus *cols-) m. «Hals», ir. coli «Haupt». Vgl.
der PI. Halloren (Dreyhaupt Saalkreis 1, 510), Uhlenbeck Btr. 30, 287, ABL. halsen, v.,
entstanden aus der burschikosen Wortbildung ahd, halson, halsen und holsan, helsen, mhd,
Halloruni (ebd. 1681), auch als Singular, wie helsen und in starke Biegimg übergehend
Buckeloruni, wohl umgestaltet aus einem 1668 halsen (Prät. hiels); dazu and. helsian, anord.
belegten hahirga «Salzwirker», einer Bildung halsa, engl, halse «um den Hals fallen».
aus gr. äXc «Salz» und einer Ableitung von ZUS. Halshand, n.,mhd. halshant. hals-
epYov «Werk». Vgl. Gebhardt ZfdW. 10, 205. hrechend, Part,, 1678 bei Krämer, Hals-
hallelüja, liallehijali: gelobt sei Gott. eisen, n., mhd, halsisen n, «am Pranger
Das hebr. hallelüjäh «preiset Jehova», von befestigtes Eisenband, das dem ausgestellten
hillel «preisen», eig. «glänzen machen» und Verbrecher um den Hals gelegt wurde».
Jäh (= jähweh) «Jahwe, Jehova». Im Halsgericht, n.: hohe Gerichtsbarkeit und
deutschen Kirchenlied durch Luther, der Gericht über Leben und Tod, md, 1302 bei
haleluia schreibt, kiixhenlateinisch alleluja Haltaus 785 halsgerichte m.
I

halsstarrig,
(so noch österreichisch). adj., bei Luther, mit Umlaut 1538 bei Serra-

hallen, Halljahr, s. Hall. nus halß sterrig, eig. «die Halsstarre habend»,
Hallig, f. (PI. -en), auch Halling: kleme dafür mhd. /;a/ssfarc, noch im 16. Jh. holßstorck
flache, gegen die Flut nicht geschützte Insel. (Dasypodius, Luther W, 6, 15), 1400 bei Lilien-
Aus dem Ndd. unklarer Herkunft, Vielleicht cron Volksl, 1, 178^ halsstarg; davon Hals-
von hallig für haldig «geneigt». starrigkeit, f., bei Luther, im 15, Jh. bei

hallo! Zui-uf des An- und Aufregens; Diefenbach gl. 430 ^ halßstarckait, 1482 bei
subst, Hallo, n. (-5, PI. -es). Urspr. Zuruf Melber T 6^ halßsterckikeit. Halstuch, n,,
an den Fährmann zum Überfahren (1471 in ahd, -mhd. halstuoch, afries. haJsdök m.
801 halt Hämling 802

halt, Adv. der Bekräftigung: vielmehr, «Bettler» (Germania 20, 68 bei Beschreibung
allerdings, eben, freilich. Mhd. und ahd. halt, eines Brandes in Prag), 1542 bei Alberus der
asächs. hald, wie haß (s. d.) ein um die Endung Barfuser Münche Eulenspiegel No. 94 Hal-
verkürzter Adverbialkomparativ (zum ahd. luck «verwildert aussehender Mensch», 1615
Adv. halto «sehr»), der sich in mhd. haltir, bei Wallhausen Kriegskunst zu Fuß 141 Hal-
halter, got. haldis, anord. heldr, dän. heller, lunck «Nichtswürdiger», bei Fischart Pract.
Großm. (1607) B 1 » Holunck, noch bei Schiller
«vielmehr» vollständig zeigt, noch österr. halter
(auch bei Wieland 11,221, Schiller Turandot Räuber 1, 2 Hollunke. Wohl entlehnt aus
4,7). Davon verschieden schles. haldich hailich,böhm. holomek m. «nackter Bettler, Nichts-
,

henneberg. heillich, im Schelmuffsky (1697) würdiger», von böhm. holy «kahl, nackt, bloß,
109 fg. halt ich dafür, als zwischengeschobener arm». Anders H. Schröder Streckformen 11.
Bestärkungssatz. Das oberdeutsche halt wird Vgl. noch Kern ZfdW. 7, 307.
auf dieses halt, 1. Sg. vom Yerbum halten Hambutte, f. (Voß Luise 1), s. Hagebutte.
«meinen» zuiückgehen. ^Harnen, m. {-s, PI. wie Sg.): sackför-
Halt, m. (-[e]s, PI. e): Festigkeit, Stütze miges usw. Fangnetz. Mhd. harne, ham m.,
Benehmen (Goethe auch urspr. «Haut, Hülle, Kleid», ahd. -hämo
(1691 bei Stieler); festes
23, 178); dasAnhalten (Opitz 2, 131); Hinter- «Hülle, Kleid» in lihhamo (s. Leichnam), eben-
halt (Voß Ilias 6, 189, schon spätmhd. im so asächs. -hämo in güd-, fedhar-, likhamo,
1 5, Jh.). Von halten, v. (Präs. halte, hältst, ndl. haam «Fischnetz, Kummet», ags. -hama,
hält, Pr'dt' hielt, Konj. hielte, Part, gehalten, -homa, -ham m., engl, harne«Kummet, Ge-
Imp. halt, halte): in Fürsorge und Aufsicht schiiTstöcke», anord. hamr m. «Hülle, Haut,
haben festsein und -bleiben woran usw. Mhd. Balg», schwed.-dän. ham «abgestreifte Haut,
;

halten, urspr. Verbum. des Hirtenlebens: ahd. Balg». Dazu got. -hamöii «kleiden», in af-,
haltan. halthan (Prät. 7Ma?f) «hüten, als Hirte ana-, and-, ga-, ufarhamön, anord. hamast
das Vieh» (Otfrid 1, 12, 1), «bewahren, ver- «die Gestalt eines andern Wesens annehmen».
wahren», asächs. AaWaw (Prät. /;eM) «hüten, in Außerhalb des Germ, sind noch verwandt aind.
Pflege haben, bewahren, fest haben, preisen, f am f. «Hülsenfrucht», gämuljämu. «wollnes
f'

feiern», ags. healdan «bewachen, leiten, inne- Hemd». Vgl. Hemd.


haben, fest-, aufrechthalten», engl, hold, "Hamen, m. {-s, PI. wie Sg.) Angelhaken, :

afries. halda «beobachten, leiten, festhaben» Angelrute. Mhd. harne, ham m. (dazu das Dim.
usw., anord. halda, altschwed. /<aZ/a, schwed. hamel n. «Häkchen, kleines spitzes Werkzeug»),
"

hcUlä, got.haldan [Frät. haihald) «hüten, wei- ahd. hämo m., vielleicht urverwandt mit lat.
den». Man kann t als präsensbildend betrach- hämus m. «Haken, Angelhaken, Angel». Vgl.
ten und als urverwandt aind. kaläjati «treibt, aber Walde s.v. Im 16. Jh. ifame m. «hölzerne
hält», gr. K^ecBai «antreiben, i'ufen», KeWeiv gebogne Fessel zum Festhalten von Kühen und
«treiben», ßouKÖX.oc m. «Rinderhirt», altir. Schweinen», noch westfäl. Ham und westmd.
&«ac/im7Z «Hirt» vergleichen. ABL. Halter, Hamen va. «Pferdekumt», engl. /tarne «Kumt».
m.: Hii't (bayr.). Haltender, Werkzeug etwas Hamfel s. Hampfel.
festzuhalten (Behälter 1663 bei Schottel), mhd. hämisch, adj.: versteckt boshaft mit Lust
haltcere, halter m. «Hirt, Beobachter, Be- zu schaden. Mhd. hemisch, hämisch, im 15. Jb.
wahrer, Erlöser, Inhaber», ahd. haltari m. hämisch, im 16. Jh. in gleicher Bedeutung
«Erlöser, Empfänger». Mit Umlaut Hälter, heimisch und heimlich, aber mit diesem wohl
m. Aufnahme- und Bewahningsort, bei Frisch nicht verwandt. Im 15. Jh. das mit Dat. der
:

aus Alberus dict. 1540. -haltl;;^ in gold-, Person verbundne Adj. hem «zu schaden be-
reichhaltig, spätmhd. halteg «festhaltend», flissen, aufsässig». Wohl von ^Hamen abge-
ahd. nur in Zussetz. -haltic «haltend». Hal- leitet, eig. «mit einem Gewand bedeckt», dann
tlinj^, f., mhd. haltunge f. «Verwahrung, Ge- « verhüllt », « versteckt ».
wahrsam», dann «das Verhalten». ZUS. halt- Hämling, m. (-s, PL -e): Verschnittner,
bar, adj., 1691 bei Stieler nebst Haltbarkeit. Eunuch. 1486 Hemling als Verdeutschung
Haltepunkt, m., bei Goethe 35, 245. von eunuchus, von Gottsched nöthiger Vor-
halter s. halt. rath (1757J 1, 39 angeführt, woher das Wort
Halunke, m. (-w, bekannt und dann von Lichtenberg, Wieland
V].-n): nichtswürdiger
Mensch. 1527 bei Waldis verlor. Sohn 879 usw. gebraucht wurde; spätmhd. 1404 hembe-
Holunck «nackter Bettler», 1541 Hollunk linc m. «Hammel» (s. d.).
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. öl
;

803 Hamme Hamster 804

Hamme, f. (PI. -n): Hinterschenkel, Hin- Hammerschlag-, m.: Abfall des gehämmer-
terkeule,bes. des Schweines. Noch oberdeutsch. ten Metalls, spätmhd. hamerschlag, im urspr.
Auch Bezeichnung für verschiedne Teile der Sinne mhd. hamerslac. Hammerschmied,
Sense, in verschiednen Teilen Deutschlands, m., mhd. hamersmit.
IVIhd. Äamme, ahd. hamniaf. (auch Kniekehle) Hämmerlein in Meister Hämmerlein, m.:
dazu ndl. kam, ags. hanim f., engl, ham, anord. böser Geist, Teufel (1560 bei Neander Men-
hörn f. «Schenkel von Tieren». Wohl aus schenspiegel 12^*); Klopfgeist (Frisch 1741).
*kanniä entstanden und verwandt mit gr. Übertragen auf den Henker (1546 Meister
Kvriiuri f. «Unterschenkel, Schienbein, Wade», Hemerlin) und Gaukler (Fischart Bienk.150^).
air. cnäim «Knöchel». Eine verblaßte Personifikation des Donner-
Hammel, ni. (s, PI. Hammel und Ham- gottes mit Beziehung auf sein Attribut, den
mel) verschnittner Schafbock. Mhd. hamel m.
: Hammer oder Donnerkeil. In gleicher An-
(auch abgehauner Stock, schroff abbrechende wendung Meister Hämmerling: Teufel (1619
Felshöhe), unsicher ahd. Jiamal. Zu dem ahd. bei Scheräus Sprachenschule), Henker (16. Jh.),
Adj. hamal «verstümmelt», einer Ableitung Possenreißer (1691 bei Stieler).
von ahd. ham «verkrüppelt» (s. a. hemmen), wo- Hämmerling, m.-. Emmerling, Gold-
von ahd. hamalön, mhd. hameln und harnen ammer. (Zachariä Tageszeiten 1757 S. 20 u.
«verstümmeln», ags. hamelian, engl, hamhle 40). 1616 bei Henisch Hemmerling, mit vor-
«lähmen», anord. hamha «verstümmeln, hem- getretenem h, wie mhd. im 13. Jh. hamere,
men», norw. hamle «rückwärts rudern». RA. golthamere statt Ammer, Goldammer.
wiederum auf besagten Hammel zu kommen, bei Kämmling, s. Hämling.
Kotzebue die deutschen Kleinstädter (Werke Hämorrhoiden, PL: die goldne Ader,
18, 62), 1575 bei Fischart Garg. 37 aher laßt d. i. Blutflnß durch den After. Im 18. Jh.
uns lüider auf unsere Hammel kommen, über- nach dem PI. haemorrhoides des gr.-lat. hae-
setztnach Rabelais' refournans ä uns moutons, morrhois f., gr. ai|Lio^|)oic «Blutfluß», zgs. aus
zurückzuführen auf eine französ. Farce des gr. aT|bia n. «Blut» und einer Ableitung von
15. Jh., l'avocat Pathelin von Pierre Blanchet, f)d€iv «fließen».
Prozeß wegen unterschlagner Hammel
in der ein Hampel, m. (-s, PI. wie Sg.): Einfalts-
verhandelt wird. ZUS. Hammelfleiscll, n., pinsel. Oberdeutsch. Bei Luther 3, 374^ J. der
um 1480 im Yoc. ine. teut. h 8^ hamelfleisch. Plur. Hempel. ZUS. Hampelmann, m.:
Hammelsprung, m.: kürzre sichre Ab- hüpfendes Männchen (Püppchen) im Glase;
stimmungsart, wobei die mit Ja oder Nein Gliederpuppe (1691 bei Stieler Hempelmann,
stimmenden Abgeordneten durch die sogeri. 1666 bei Prätorius Anthropodemus 272 Ham-
Ja- und Nein-Tür wieder in den Saal ein- pelmännrigen PL); Einfaltspinsel (1558 bei
treten (urspr. scherzhaft, den Führern als Lindener Katziporus L 7^ fg. Hampel-, Hem-
Leithammeln nachspringend), 1879 im Klad- pelman). Von hampeln «sich hin und her
deradatsch 32, 214. Ijewegen» (nd.), neben hammein «springen,
Hammer, m. (-s, PI. Hämmer): Schlag- hüpfen» (Fischart Garg. 122 und 251).
werkzeug: Gehörknochen. Mhd. hamer m. Hampfel, Hamfel, f. (PL -n): Handvoll
(F\.hemere. hemer), spätmhd. auch «Hammer- (S.d.). 1691 bei Stieler. Gekürzt wie Mump fei
mühle, -werk», ahd. hamar m. (PI. hamara), aus Mundvoll, Arfel aus Armvoll.
dazu asächs. hamur, afries. homer, ags. hamor, Hamster, m. (-s, PL wieSg.): das Nage-
engl, hammer, anord. hamarr, schwed. ham- tier mus cricetus. 1425 nd. hamsier, hampster
marr m., dän. hammer. Urspr. Bed. «Stein- (Diefenb. gl.l65<=), 1561 bei Maaler ifawes^er :

gerät zum Schlagen», denn anord. hamarr m. aber ahd. hamastro, hamistro m., das lat.

bed. auch «Felswand, Klippe». Urverwandt curculio glossierend, das den Kornwui'm,im
mit abg. kamy und kameni m. «Stein», lit. Mlat. auch eineFeldmaus bed., mit der fem.
akmuo m. «Stein», aind. agmä m. «Stein, Nebenform ahd. amstra «gurgulio», andd.
Steinwaffe, Donnerkeil, Amboß», gr. öikuujv m. hamustra f. «gurgulio». Die Herkunft des
«Amboß». RA. Unter den Hammer kommen, Wortes ist unbekannt. Es besteht wohl Zu-
«versteigert werden», weil der Versteigerer sammenhang mit abg. chomestar «animal
durch dreim aligen Hammerschlag den Zuschlag quoddam», poln. chomik, russ. chomjakü
erteilt. Der Hammer war altes Rechtssymbol. «Hamster», aber wie dieser aufzufassen, ist

ABL. hämmern, v., mhd. hemeren. ZUS. unklar.


805 Hand handeln 806

Hand, f. (PI. Hände), mlid.-alid. hant f.; «überantworten». Davon Handlanger, m.,
dazu asächs. ndl. liand, afries. Jiond, ags. hand, um 1420 bei Tucher Baumeisterb. 64, 25 hant-
hond, engl, hand, anord. ]mid, schwed. hand, langer. handlos, adj., mhd. hande-, hantlds.
dän. haand, got. handus f. Im Ahd. tritt das Handpferd, n.: Reservepferd (spätmhd.Äaw^
Wort in die i-Deklination über: Gen., Sg. und pfert); Zugpferd, das dem Sattelpferd zur
Nom. PI. henfi, mhd. hende, im Gen. PI. aber rechten Hand an
der Deichsel geht (1666 bei
neben ahd. henteo. hendo als Rest der alten Comenius Sprachenthür § 454, dafür spätmhd.
kons. Deklination hando, mbd. hande noch in hantros n.). handreichen, v., spätmhd, hant-
( !

allerhand, s. d.) und im Dat. PI. neben hentin reichen; davon Handreichung, f., bei Luther.
I

bei weitem üblicher hantum, hantun, hanton, Handschelle, f.: Handfessel, 1691 bei Stieler.
;

mhd. handen, was sich noch in ab-, vorhanden, Handschlag, m., mhd,-ahd. hantslac m.
I

zu Händen erhielt. Die Ableitung von got. Handschrift, f., spätmhd. im 15. Jh. hant-
I

-hinpan «fangen»frahinpan «gefangen schrift f. «eigenhändige Schrift, Lnterschrift»,


(in
nehmen»), also eigentlich «die Fassende, Grei- auch «Schuldbrief». Handschuh, m., mhd.
\

fende» unterliegt starken Bedenken und hant-, hentschuoch, ahd. hantscuoh, and. hand-
ist j

nur- indirekt V. Blankenstein Idg. sköh m. «Handschuh, Handfessel», frühmd.


möglich. j

Forsch. 21, 99 verbindet mit Hand gv. Kaxä hensche, md. und mnd. hantsche, (entlehnt)
eig. «mit der Hand» u. a. über den Zu- anord. hanzki m. Im Mittelalter diente
'

sammenhang mit hund in hundert s. zehn. der Wurf des Handschuhs als Aufforderung
ABL. handlich, adj., mhd. hantlich «mit der zum Kampf, daher Fehdehandschuh. Hand-
Hand streich, m,: Schlag mit der Hand (1578 bei
gearbeitet», ahd. hantlth «leicht zu be- [

handelnd» (nur in unhantlih). ZUS. Hand- Frischlin Nomencl, Kap. 166); in der Bed.
breit, f., bei Luther. Handbuch, n., spät- «plötzlicher Überfall» als Übersetzung des
franz. coup de main erst im 19. Jh.
mhd., im 15. Jh. hantbuoch. handfertig', adj., Hand-
1602 bei Kirchhoff milit. disc. 231. hand- tuch, n., mhd. hanttuoch, ahd. hantüch m. j

fest, adj. in feste Hand genommen, gefangen Handvoll, f., mhd. hantvol f., vgl. Hampfel.
:
I

(mhd.hantveste): mit Händen gewaltig (mhd.); \ Handwerk, n., mhd. hantwerc, ahd, hant-
emsig (1537 bei Dasypodius). Hand- werch n. «Wirken mit der Hand», dann «Ge-
fleißig, \

feste, f. (PI. -n): schriftliche Versicherung, wei'be», ags. handweorc n. «mit der Hand
Verbriefung der Rechte durch eigenhändige Gearbeitetes, Handarbeit»; davon Hand-
Namensunterschrift, mhd. hantveste, a'hd. ha^it- werker, m., mhd. im 14. Jh, hantwercher,
festi f. Handgeld, Angeld, Ißlß bei und Handwerksmann, m., im 14. Jh. haiit-
n.:
Wallhausen Kriegsmanual 124. handgemein, werkis man und hantwercmanm. Hand- ;

adj., 1716 bei Ludwig. Handgemenge, n., wurzel, f.: der zwischen Vorderarm und
bei Opel u. Cohn 30j. Krieg 278 vom J. 1631. Mittelhand liegende Teil des x\rmes, 1691 bei
handgreiflich, adj., 1618 bei Schönsleder. Stieler. Handzwehle, f.: Handtuch, mhd.
Handgriff, m., ahd. hantgrif ra. « Griff mit hantttvehele, im 15. Jh, auch hantzwehel, ahd.
der Hand»; in der Bed. «Handhabe» 1664 hantdwahila f., bei Goethe 26, 323 Handquele, !

bei Duez und nd. hanfgreep 1582 bei Chyträus, zgs. mit mhd. twehele, tivehel, 1482 zwehel,
technisches geschicktes Verfahren 1640 bei ahd. dwahilla, twahüla f. «Tuch zum Waschen
Lehmann Flor. 205. Handhabe, f.: woran und Abtrocknen», von ahd. dioahan, twahan
befindlicher Griff zum Halten, mhd. hanthdbe, «waschen», S, Quehle.
ahd. hanthaba f. handhaben, v., mhd. liant- handeln, v.: worauf Kraftäußerung an-
haben «fest fassen, halten, schirmen, unter- wenden, Ableitung von Hand (s, d,). Mhd.
stützen». Handhabung, f., mhd. hanthabunge handeln «mit Händen berühren oder fassen,
f. «Schutz, Verteidigung», handhaft, adj.: bearbeiten, tun, erteilen, bewirten», ahd.
in der alten Gei'ichtssprache «handgreiflich hantalön «mit der Hand begi'eifen, worauf
dargetan, offenkundig», mhd. hanthaft in hant- mit Kraftanstrengung wirken», and. handlon
hafte tat «frische Tat» (bei der der Täter noch «behandeln, befühlen», ags. handlian «be-
die Waffe usw. in der Hand hat). Hand- fühlen», engl, handle «handhaben, behandeln,
kuß, m., 1678 bei Krämer, handlangen, verwalten», anord. höndla «greifen, behandeln».
V. (Goethe 21, 138), 1562 bei Mathesius Sar. In der Bed. «Handel treiben» 1508 in der
209'', mnd. handlangen «mit der Hand reichen», Straßburger Gemma r 1 ^ handelen, auch bei
vielleicht umgestaltet aus mhd. andeJangen Luther, Von handeln abgeleitet: Handel,
51*
:

807 Hanf Hans 808

m. (s, PI. Händel), mhd. handel m. «Art hanghen (Prät. hinc), anord, hanga «hängen»
des Tuns, Begebenheit, gerichtliche Verhand- (Prät. hekk, PI. hengum, Part, hanginn), engl,
lung, Ware»; in der Bed. «einzelnes Kauf- hang «hängen und hangen», 2) intrans, und
geschäft» und «gewerbsmäßiger Betrieb von schwachflekt. ahd, hangen «hangen» (Prät.
Kaufgeschäften» bei Luther. Davon Handel- hangeta), mhd. hangen (Prät. md. hangete,
SChaft, f., 1678 bei Krämer; Haudels- mhd. dafür bereits hienc, hie), and. hangon
diener, m., 1663 beiSchottel472; Handels- «hangen», mnd. hangen (Prät. hangede), afries.
niauu, m., 1640 bei Comenius. Händler, hangia, ags. hangian, anord. hanga (Pi-ät.
m., spätmhd. im 15, Jh. handeler, handler m. Jiangdi), got, hähan (Prät. hähaida) «jmdem,
«Tuender, Vollbringer, Unterhändler»; in der anhangen», .8) dem nhd. hängen (Prät. hätigte,
Bed. «Handelsmann» bei Luther. Handlung, Vart.gehäyigt) formell entsprechend: bei Luther
f., ahd. hantalunga f. «Bearbeitung, Behand- hengen «hangen machen», md. im 14. Jh. hengen
lung», mhd. handelunge f. «Handhabung einer «an den Galgen hängen», ahd. hengan (Prät.
Sache, das Tun, Behandlung, Verhandlung», hangta) und mhd. hengen «(die Zügel dem
im 15. Jh. auch «Betrieb in Kauf und Ver- Pferde, das Band dem Hunde) hängen lassen,
kauf», 1701 in Ordnungen d. Stadt Leipzig 62gehen lassen, zulassen, gestatten», anord.hengja
«Kaufhaus». «aufhängen». Vgl. fangen aus fahen. Ety-
Hanf, m. (-es, PI. -e), mhd. hanef, hanf, mologisch entspricht wohl lat, cunctor (aus
ahd. hanaf, hanif m.; dazu (entlehnt and. *concitor) «zage, zaudere», aind. gätdkate
hanaf) ags. hcenep, engl, henip, anord. hanipr «schwankt, zweifelt, ist besorgt, fürchtet».
m., schwed. hampa f., dän. hanip. Der Laut- Dazu noch aus dem Germanischen anord.
verschiebung gemäß stimmend mit gleichbed. hcetta f. «Gefahr», v. «der Gefahr aussetzen»
lat. cannabis f., gr. Kdwaßic f.; abg. und russ. (aus *hanht), norw. hangia «sich mühsam
konoplja f., poln. konop f., lit. kanäpes f. PI. vorwärts schleppen». Vgl, Zupitza Gutt, 133,
dacregen weichen im Labial ab. Dazu viel- ZUS. Hängematte, f. (PI. -n): hangendes
leicht aind. ganäs «Hanfart», oss. san «Wein». Lager aus gewebten Stoffen oder Flechtwerk,
Die Herkunft des Wortes ist unklar. Es 1712 bei Hübner Hangmatte, 1782 bei Jacobs-
handelt sich jedenfalls um ein altes wandern- son Hängematte, übernommen aus holländ.
des Kulturwort, das aber weder von den hangmat, hangmak, das durch Umdeutung
Slaven noch von den Römern oder Griechen aus .der Sprache der Indianer Westindiens
direkt zu uns gekommen sein kann. Vgl. (haniaca) stammt, woher auch gleichbed.
Walde s. v. Davon hänfen, adj., mhd. franz. haniac, span. aniaca, amahaca, port,
henfin, hanfin, fihä. hanafin. Hänfling, m.: maca f,
der Hanfsamen fressende Vogel Fringilla Hanke, f.: Hüfte, Schenkel des Pferdes
cannabina, spätmhd. henfeling m. (Rückertll, 278), 1716 bei Hohberg Georgica
Hang, m. (-es, ohne PL): das Hangen 3, 2, IQ^. Tirol. Henkel m. «Schenkel». Aus
(spätmhd. im 15. Jh. hanck); (P\. Hänge): Ab- dem Germanischen entlehnt franz. hanche,
hang (bei Stieler 1691); Trieb (bei Lessing 1, afranz. hanke f. «Hüfte».
185, Geliert 7, 204). Von hangen, v. (Präs. Hans, Mannesname, gekürzt aus Johannes
hange, hängst, hängt, bei Luther hangest, (s. d.), mhd, Hannes, Hans, fmhnhd, als
hanget, Prät. hing, Konj. hinge, Part, gehangen) Appellativum (Gen, und PI, Hansen) in der
woran befestigt oder haftend schweben; nie- Bed, «nach Stand und Vermögen hervor-
derwärts geneigt sein; woran festhalten. Der ragender Mann» (im 16, u, 17, Jh, die großen
heutige Gebrauch von hangen und hängen Hansen), dann «in lächerlicher Weise sich
hat sich seit spätmhd. Zeit allmählich ge- hervortuende Mannsperson» (Fabel-, Groß-,
bildet aus einer Vermischung folgender Zeit- Prahlhans, im 15. Jh. a a a Hans Stotterer,
wörter: l) trans. mhd. hähen «hängen» (Prät. Diefenb. gl. 77^), Meister Hans «der Henker»
hienc und hie, Part, gehangen), ahd. hähan (bei Luther 3, 397**). Ha7is von Rippach
(Prät. hianc, Part, gihangan), dazu afries. hüa (Goethe Faust 1, 2189 f.) ist eig. das ober-
(Prät. hing), ags. hön «hängen» (Prät. heng, sächs, Schimpfwort Hans Arsch von Rip-
Part, hangen), got. hähan «in der Schwebe pach (Goethe in Hanswursts Hochzeit), 1736
der Meinung, in Zweifel lassen», dagegen be- bei Trömer Toucement des Deutsch-Fran^os
reits md. im 14. Jh. hangen (Prät. hmc, hinc), Schritften 269 Hanß Ars von Rippach, 1706 bei
mnd. hangen neben hän (Prät. hink), mndl. Menantes Allerneueste Art 598 Hans-Tumm
809 Hanse har! 810

von Rippach. Hans (Tapps) in allen Gassen legen, daß er in ihr etwas, besonders freien
«am'uhiger Mensch, der sich um alles kümmert» Trunk, zum besten gibt; einen aufziehen,
(1541 bei Franck Sprichw. 2, 49^). Hans zum besten haben. Li der 1. Bed. 1690 bei
Liederlich (Goethe Faust 1, 2628), bei Hoff- Happel akad. Roman 859, dafüi- 1664 bei Duez
mamiswaldau Ged. 2, 255. ZTJS. Hansnarr, hänsen, hensen, 1562 bei Mathesius Sar. 188^
m., 1512 bei ilumer Narrenbeschw. 64, 58. hansen (von Studenten), eig. «in eine Innung
Hanswurst, m. Hanswürste): ge- (s. Hanse) aufnehmen», 1259 köLn. hansin «in
(-es, PI.
meiner Lustigmacher. 1519 Hans worst in die Kaufgenossenschaft aufnehmen». In der
der nd. Übersetzung von Brants XarrenschüF 2. Bed. 1691 bei Stieler hänselen, eig. «zum
422* Zarncke, 1556 bei Frey Gartengesellsch. Hansnarren haben», abgeleitet von Hansel,
4* Hans Wurst. Bei Luther?, 407* darumh Dim. von Hans (s. d.), im 15. Jh. als Name
Hans Worst, das er starck, fett und völligs des Narren Hensel (Fastnachtsp. 674, 26 f.),
Leibes ist. Bei den Fastnachtsaufzügen lief 1494 bei Brant Narr. 27, 32 henselin «um-
ehedem der NaiT mit einer langen dicken herziehender Lustigmacher».
ledernen "Wurst durch die Gassen (Abr. a. Hansnarr, Hanswurst, s. Hans.
S. Clara Judas 1, 433). Wurst-Hans ist bei Hantel, f. (PI. -n): eisernes Turngerät
H. Sachs fingierter Name von Fressern. Ahn- als Handhabe zur Stärkung der Armmuskeln.
lich heißt der Possenreißer bei den Franzosen Vom Turnvater Jahn eingeführtes Wort, aus
Jean Potage (Johann Suppe), bei den Eng- nd. (Osnabrück.) hantel f. «Handhabe», eben-
ländern Jack Pudding (Häuschen Pudding). so schon in den Fastnachtsp. des 15. Jh.
Für den Xan-en im Schauspiel kommt Hans 1000, 30, während ahd. hantilla, hantella f.
Wurst zuerst in einem Stücke von 1573 vor. «Handtuch» bedeutet.
Hanse, f.: Handelsinnung; Kaufmanns- hantieren, V.: ein Geschäft treiben. Md.im
gilde mit bestimmten richterlichen Befug- 14. .Jh. hantlren, spätmhd. im 15. Jh. hantieren
nissen. 1266 in «Kaufhandel treiben, ins Werk setzen, ver-
So spätmhd. hanse, hans f.,

mlat. Form hansa f., aber der richten, tun», aus mndl. hantieren «ausüben,
insbesondre
Bund der norddeutschen Handelsstädte vom treiben», von afranz. im 12. Jh. hanter «oft
13. bis ins 17. Jh. zum Schutz des Handels besuchen, hin- und herziehen». Die Schrei-
(zuerst 1358 dudesche hense aus Lübeck nach- bungen handieren, handtieren, handthieren
weisbar); früher 1127 und 1188 f. und hanthieren (seit 16. Jh.) suchen falscher-
mlat. hansa
«Abgabe, Handelsabgabe, Kaufraannsschoß» weise Anlehnung an Hand. Davon Han-
(Haltaus 822), mnd. zu Anfang des 14. Jh. tierung, f., spätmhd. hantierunge f. «Kauf
hense, hanse, hanze f. «Gilde der Kaufleute und Verkauf, Handel, Behandlung».
und Handwerker», auch «das Geld, das für hapern, v.: stocken, nicht vorwärts-
die Aufnahme in eine Hanse gezahlt wird», kommen. 1663 bei Schottel hapei'en, im
mndl. hanze «Steuer». Die ältre Bed. ist 18. Jh. in die Schriftsprache aufgenommen
«begleitende Schar», ahd. und gotJmnsa, ags. (Hermes 1, 447, Bürger 465), aus gleichbed.
hös f. Vgl. Uhlenbeck Btr. 30, 288, Kauffmann nd. hapern, mndl. kaperen. Das Wort ist
ZfdPh.38,238. DazuHanseäte, m.(-n, Pl.-w): auch in den deutschen Mundarten Mittel-
Angehöriger der großen norddeutschen Hanse, und Oberdeutschlands verbreitet, und gehört
jetzt einer Hansestadt (s. gebildet nach mit dän. happe, schwed. happla «stottern» zu-
d.),

dem mlat. Adj. hanseaticus , davon hanse- sammen. Auch deutsch kommt happeln vor.
atisch, adj., 1798 bei Moser patr. Phant. Weitre Anknüpfung fehlt. Davon haperig,
1, 30, statt hansisch (bei Frisch 1741 aus adj.: stockend, 1691 bei Stieler hapei'icht.
dem lübischen Recht). ZUS. Hansestadt, happen, v.: schnappen, 1741 bei Frisch,
f.: zum Bunde der norddeutschen Handels- aus gleichbed. nd. und ndl. happen, woher
städte gehörige Stadt, jetzt nur noch Ham- iranz.happer (im 12. Jh. belegt) «erschnappen,
burg, Bremen und Lübeck. Zuerst 1330 in packen». Wohl lautmalend. Dazu Happen,
einer Krämerordnung zu Anklam nachweis- m. (-S, PI. wie Sg.): Bissen. 1741 bei Frisch
bai*. Im 17. Jh. Hansee-Stadt gebräuchlich, Happe, aus dem Niederdeutschen, Davon
1622 im Tagebuche Christians d. J. von An- happig, adj., 1793 bei Bode Montaigne 5, 248.
halt 50 Hansel- Städte. har! Fuhrmannszuruf an das Zugtier, links I

hänseln, v.: einem als Neuling in einer Bei Maler Müller 1, 242 har und hat, 1586
Gesellschaft durch orewisse Zeremonien auf- bei Fischart Bodinus 307 har har, 1643 bei
811 haranguieren Harm 812

Philander 2, 301 Mr. Es ist das mhd. Iiar, ahd. herpfen. Harfner, m.: Harfenspieler, erst
hara, mndl. hare, für mhd. lier, ahd. hera im Ausgang des 18. Jh. (Bürger 267), mhd.-
«her» (s. d,), ahd. harpfcere, im 15. Jh. harpfer, ags. hearpere,

haranguieren, durch Halten einer engl, harper, anord. harpari m.; mit roma-
v.:

Rede, durch viele Worte wozu bestimmen. nischer Endung Harfenist, m. {-en, PI. -en),
1582 bei Fischart Garg. 240 harangiren, aus 1556 bei Frisius 561 Harpffenist. '^

franz. liaranguer, ital. aringare «eine öffent- Harke, f. (PI -n): der Rechen. Nord-
liche Rede halten, feierlich anreden», von deutsch. Bei Goethe 12, 112 aus thürin-
franz.harangue f., ital. aringa f. «öffentliche gischer Mundart Harken m., md. 1517 bei
Rede», aringo m. «Rennbahn, Turnier-, Tum- Trochus Q 5^ harcke, 1664 bei Duez Harcke f.
mel-, Rednei-platz», entlehnt aus ahd.-ags. und 1691 bei Stieler Hark f., mnd. harke f.
hring m. «Kreis, Schau- oder Kampfplatz» (Diefenbach gl. 257**), 1477 clevisch harck
(s. Bing). und herke, ndl. hark, herk f., schwed. harka
Harde, f. Gemeindebezirk von «Egge mit eisernen Zähnen».
(PI. -n): Urverwandt
mehrern Dörfern oder Höfen in Schleswig- mit aind. kharj «kratzen», khrgala- «Büi'ste».
Holstein. Mnd. herde, harde n. Entsprechend Weitres bei Falk-Torp. Davon harken,
anord. Jieraä n. «Bezirk, Landschaft», von V., 1664 bei Duez, mnd. harken (Sachsen-
anord. herr m. «Heer». spiegel 2, 58, 2), herken (Diefenbach gl. 73^);
Härder, m. (s, PI. wie Sg.): der Fisch dazu anord. harka «zusammenscharren», harki
Mugil cephalus, Großkopf, Meeresche. Nord- m. «Abfall, Kehricht».
deutsch. 1540 bei Alberus dict. q3^ Härder, Harlekin, m. [s, PI. -e): der Hans-
dazu ndl. harder, bei Kilian herder, ags. heard- wui'st. 1646 bei Philander 1, 107 Harlequin,
liara, haerdhera, heardra m. «mugil». Her- aus früher-franz. harlequin, jetzt arlequin m.;
kunft unbekannt. im Ital. arlecchino m. als Name der komischen
Harem, m. (-s, PI. -s): abgesonderte Maske der ital. Bühne. Das franz. Wort
Frauenwohnung bei den Türken usw. Bei geht weiter Siufhellequin zurück, und dies ent-
Wieland Oberen 48 Mask., bei Schiller Tui-an- stammt einem germ. ellekln, das vielleicht auf
dot 3, 7 Neutr.; 1728 bei Sperander Harain, dän. ellekong (s. Erlenkönig) zurückgeht. Der
so auch in Lessings Nathan. Aus arab. haram Erlenkönig ist eigentlich Wotan, der im
«das Verbotne, Heilige, Heiligtum, Frauen- Franz. zu einem bösen Geist, dem Teufel
wohnung». wird. Das mittelalterliche Theater bemäch-
Häretiker, m. (s, PI. wie Sg.): Ketzer. tigte sich des Hellequin und machte ihn zu
Aus gr. aipetiKÖc «auswählend, ketzeiisch », einer wichtigen Persönlichkeit, die es dann
einer Ableitung von aip^eiv «nehmen, über- wieder unter dem Namen Arlequin Pariser —
reden». Schon and. begegnet heretikeri m. Aussprache des Namens —
an die itaUe-
«Ketzer», mhd. aber nur {Ji)eresie f. «Ketzerei». nische Komödie weitergegeben hat (Cohen
Im 18. Jh. Foi'm haereticus.
in lat. Geschichte der Inszenierung im geistlichen
Harfe, f. Musikinstrument; auch Schauspiele des Mittelalters in Frankreich
(PI. -w),
(in Norddeutschland) Getreidesieb, in den 1907 S. 92f., wo weitre Literatur-).
Alpen ein Gerüst zum Trocknen des Getrei- Harm, m. {-es, ohne PL): tiefer zehren-
des. Mhd. harpfe, herpfe, harfe, ahd. harpha, der Seelenschmerz. Frühnhd. und mhd. selten
harfa f. (noch bei Frisch 1741 Harpfe); da- härm m. «Leid, Schmerz», von den Dichtern
zu and. harpa «Foltergerät», ndl. harj), ags. des 18. Jh. wieder aufgenommen, ahd.-asächs.
hearpe, engl, harp, anord.-schwed. harpa, dän. härm m. «Beschimpfung, Kränkung»; dazu ags.
harpe «Harfe», aber dieses auch «Kornschwinge», hearm m. «angetanes Leid, Unrecht», engl.
harpe «fegen, reinigen», schwed. /iarpa «Draht- härm, anord. harmr m. «Betrübnis, Kummer»,
sieb für Getreide», entlehnt franz. harpe f. schwed. härm «Verdruß», dän. härme «Schmerz,
Der Italiener Venantius Fortunatus 7, 8 im Trauer, Kränkung». Dazu ahd. haramscara,
5. Jh. nennt die harpa ausdrücklich ein bar- mhd. harmschar f. «beschimpfende qualvolle
barisches, germanisches Tonwerkzeug. Strafe», asächs. harmskara, ags. hearmscearu
d. h.

Welche Bedeutung ursprünglich ist, scheint f. Urverwandt mit abg. sramü m. «Scham,
nicht ganz sicher. Die Etymologie ist da- Schande», .srawiYt «beschämen». Dazu vielleicht
her unsicher. Vgl. Meringer Idg. Forsch. auch aw.fsar^mäi «aus Scham» (Zupitza 183).
16, 128 ff. ABL. harfen, v., mhd. harpfen, ABL. härmen, v. refl., mhd. (md.) hermen
813 Harmonie hart 814

«Harm veiTirsachen, quälen», auch reflexiv, franz. harpon m., das nebst franz. harpin m.
ahd. härmen «beschimpfen»; dazu ags. hear- «Haken», Imrpeau m. «Enterhaken», prov.-span.
mian «kränken», anord. harma «Kummer be- arpa f. «Kralle», ital. arpignone m. «großer
reiten, betrüben». ZUS. harmlos, adj., erst Haken» von gr. äpirr) f. «Sichel, Haken, Kralle»
im 18. Jh. (Klopstock Mess. 25 Umarbeitung) oder dem deutschen Harfe (s. d.) abzuleiten
dem engl, harndess «unschuldig, unschädlich» ist. Davon harpunieren, v., nach franz.
nachgebildet. Davon Harmlosigkeit, f., harponner; Harpunier, m., 1712 bei Hübner
erst im 19. Jh. Harponier, franz. harponnetir.
Harmonie, f. (PI. -n): Übereinstimmung, harren, v.: ausdauernd warten, mhd.
Einklang. 1626 bei Zincgref Apophth. 1, 304 harren, dazu mhd. harre f. «das HaiTen, Ver-
Harmoni, 1617 im Teutschen Michel 13 Har- zögerung». Dunklen L'rsprungs, vermutet
nioney, aus gi'.-lat. Imrmonia, gr. ap,uovia f. wird, aber kaum richtig, Zusammenhang mit
«Einklang in der Musik», eig. «Verbindung, harsch (s. d.), wie lat, düräre «ausdauern»
Fügung», mlat. armonia, woraus schon mhd. und dürus «hart», gr. Kaprepeiv «ausharren»
armonie f. ABL. harmonieren, v., 1728 und Koprepöc «stark». Zupitza 110 vergleicht
bei Sperander. harmonisch, adj., im 18. Jh. lett. ceret «hoffen, ceriba f. «Hoffnung».
(Lessiag 2, 505) gebildet nach dem gr.-lat. harsch, adj.: hart, rauh, bes. durch Auf-
Adj. harmonicus, gr. öpuoviKöc: aus dessen trocknung. 1691 bei Stieler, mnd. harsch
Fem. gebildet Harmonika, f.: Musikin- «rauh», stimmend mit mengl. harske, (aus
strument, -von Franklin 1763 erfunden, 1791 dem Nord.) engl, harsh «hart, rauh, streng»,
bei Roth, 1795 bei Voß Luise 3, 707). dän. harsk, schwed. härsk «rauh, hart, bitter,
Harn, m. (s, PI. -e): Urin. Bei Luther ranzig». Dazu bayr. Harsch m. «Schnee-
Harm nach ostmd. Form, mhd. harn, härm, kruste», Davon harschen, v.: hart und
ahd. harn m.; vielleicht urspr. zusammen- trocken werden, 1691 bei Stieler, erharschen
hängend mit anord. skarn, ags. scearn n. «Kot», 1562 beiMathesiusSar. 79^, dafür mhd.harsten,
engl, skarn, afries. skern, die mit gr. cKu'jp n. verharsten «hart werden» (s. verharschen).
«Kot» urverwandt sind. Vgl. noch Zupitza 109. Ableitung von hart (s. d.).

ABL. harnen, v., mhd. im 14. Jh. härmen, Hart, f.: Wald, Bergwald. Mhd. hart
hermen (Diefenbach gl. 630^). ZUS. Harn- m. f. n., ahd. hart, hard «Bergwald», daneben
winde, f.: tropfenweises Harnen bei brennen- mhd. hart m. «fester Sandboden, unbebautes
dem Schmerz im Blasenhalse, mhd. harn-, Land, Heide, Trift, Weidetrift», noch fränk.
harmwinde f., zum mhd. Adv. winde «weh, und bayr. Hart m. f. n. «Boden aus Kies
übel» (s. wind). und Sand», Schweiz. Hard f. «Gemeintlift».
Harnisch, m. {-es, PI. -e): Metallrüstung Vielleicht Ableitung von hart (s. d.) oder eher
des Leibes. Mhd. harnas, harnasch, spätmhd. mit -Haar verwandt. Vielfach als Name von
hämisch, harnusch m. n., Ende des 12. Jh. Wäldern und Bergen, mhd. Hart m. «der
entlehnt aus afranz. harnas, franz. harnois, Harz» (s. d.), Spehtes hart «Spessart».
harnais (woher ital. arnese, span.-port. arnes) ;
hart, adj. (Komp. härter, Sup. härtest):
ob das Wort aus dem Keltischen stammt, ist fest gegen äußre Einwirkung; schwer dmckend.
fraglich (bret. liarn, haearn «Eisen»). Nach Mhd. herte, hart (auch drückend, schmerz-
Kluge geht es über mengl. harnes «Rüstung» lich), ahd. harti, herti und Imrt; dazu asächs.
auf kymr. haiarnaez «Eisengeräte» zurück. und ndl. hard, afries. herd, ags. heard «hart,
RA. in den Harnisch bringen «kampfgerüstet, stark, tapfer», engl, hard «hart, rauh, schwer»
zornig machen», 1626 bei Zincgref Apophth. (dagegen engl, hardy «stark, tapfer» ent-
1, 45, in Harnasch jagen bei H. Sachs vier stammt dem franz. hardi «kühn», das eine
Dialoge (1524) 23, 21. ABL. hämischen, V. : Entlehnung aus dem Germanischen ist), anord.
wehrhaft machen, bei Luther 2, 328*', davon harär «hart, streng, heftig», schwed. hard,
das Part, geharnischt, spätmhd. im 15. Jh. dän. haard, got. hardus «hart, streng». Das
gelmr nascht, geharnust. Adv. lautet mhd. harte, ahd. harto, got. har-
Harpune, f. (PI. mit duba. Der Lautverschiebung gemäß stimmend
-n): Wurfspieß
Widerhaken zum Walfischfang. 1716 bei Lud- mit gr. Kparüc, Kparepöc, Koprepöc «stark, ge-
wig Harpun f., 1712 bei Hübner Harponen waltig, fest, hart», KÖpra Adv. «stark, sehr»,
PI., 1741 bei Frisch Harpuhn m., aus ndl. KpdToc n. (äol. Kpexoc) «Stärke», und viel-

harpoen m., engl, harpoon, von gleichbed. leicht abg. crüstvü «massiv, fest», russ. cerstvyl
'

815 Hartschier Hase 816

«hart, altbacken», aind. kathinas, kdthöras V.: Harz sammeln (Fischart Großm. CS'');

«hart, fest, steif». ABL. Härte, f., mhd. mit Harz festmachen, auspichen (mhd. herzen,
herte, ahd. harti, herti f. härten, v., mhd. im 15. Jh. bei Eosenplut harzen).
hertm, ahd. harten, herten «hart machen», Hasard, m. (in Hasard spielen), Hasard-
mhd. auch intr. und refl. «ausdauern, be- spiel, n.: Wage-, Glücksspiel. 1791 bei Roth
harren»; dazu asächs. herdian, anord. her da Hasardspiel, zgs. mit franz. hasard m. «Glücks-
«stärken», afries. herda, hirda «erhärten, be- fall, Wagnis», afranz. hazart auch «Würfel-
weisen», got. gahardjan «verhärten», härt- spieler». Unbekannter Herkunft. Aus afranz.
lich, adj., mhd. hertlich. Härtigkeit, f., hazart ist entlehnt mhd. hashart, hasehart m.
mhd. hertecheit f., zgs. mit dem mhd. Adj. «Wüi'felspiel, L'nglück», urspr. «der gerin gi'e
hertec «hart, streng». ZUS. Hartheu, n.: Wurf beim Würfelspiele», mndl. hassaert.
das Johanniskraut, hypericum, mhd. hurt- Im 17. Jh. wurde das Wort Hazard, Hasard
höuwe, spätahd. harihou n., gleichsam durch in der im Französ. entwickelten Bed. «Wagnis,
den Stengel hartes Heu. hartherzig, adj., Risiko» neu aufgenommen (1644 im Sprachen-
bei Luther 3, 390^ J., aber schon got. hardu- verderber).
hairtei f. harthörig, adj.,
«Hartherzigkeit», haschen, v.: schnell zugi-eifend fassen.
1663 bei Schuppius und bei Duez 1642. Bei Luther hasschen aus der thüring.-ober-
2, 162
hartköpfig, adj., bei Luther 6, 111 J. hart- sächs. Mundart, md, im 14. Jh. erhaschen,
leibig, adj., 1640 bei Comenius. hart- den oberd. Dialekten unbekannt. Dunklen
j

näckig, adj.: von Nacken hart, unbeugsam,' Ursprungs, vielleicht aus *hafsko- zu dem
1495 in der Kölner Gemma E 1 hardneckich, Stamm in Haft (s. d.).
"^
!
Davon Häscher,
mnd. hardenacket, hardenackich, schwed. härd- m. {-s, PI. wie Sg.): Büttel, Gerichtsdiener,
',

nackad, dän. haardnakket. Hartnäckig- bei Luther 7, 368 ^ Hesscher, 1593 bei H. J.
1

keit, f., 1556 bei Frisius 996«. Hartriegel, V. Braunschweig 134 (Susanna 4, 4) Häscher.
m. (-S, PI. wie Sg.): der Strauch comus Hase, m. {-n, PI. -n): das Säugetier lat.

sanguinea, 1616 bei Henisch Hartriegel, 1537 lepus; dann feiger Läufer, Feigling (mhd.).
bei Dasypodius Hartrigel, mhd. hartrügele, In iu'spr. Bed. mhd, hase, ahd. haso m,; dazu
harttrügel n., ahd. hartrugil, harttrugil, un- mnd. hase, nndl. haas, mit Übergang des s
verküi'zt harttrugili, harttrugelin u., zgs. aus in r, ags. hara m., anord. heri m., engl.-schwed.-
ahd. hart «hart» (wegen des sehr harten Holzes) dän. /;are; dazu mit Ablaut norw. und schwed.
und trugili, trugüin n. «kleiner Trog», das dial, *^"ase (Grf. *Äesaw); entsprechend aind.
aber eigentlich den Baum selbst bezeichnete, gagds m., apreuß. sasins, kymr. ceinach (aus
wie das entlehnte franz. troene «Hartriegel» *kasinako) «Hase», Wohl verwandt mit ags,
beweist. Der Stamm des Wortes gehört zu hasu «grau». Aus dem Germanischen entlehnt
dem sehr verbreiteten idg. dru «Eiche, Baum», franz. hase f. «Weibchen des Hasen». ABL.
z. B. gr. bpOc f. «Eiche», got. triu n. «Baum», Häs-chen, Häslein, n., mhd. heselin, häsel u.
engl. tree. Vgl. auch schwed. try m., tryg, hasig, adj., 1691 bei Stieler. Häsln, f., bei
fryd «lonicera xylosteum», auch «ligustrum Stieler 1691. ZUS. Hasenfuß, m., mhd.
vulgare». Vgl. Bugge Btr. 13, 509. hasenvuo^ m. «Fuß des Hasen», md. im 14. Jh.
Hartschier, s. Hatschier. «Feigling». Hasenherz, n., übertr. «feiges
^Harz, m. {-es), das nördlichste Waldge- Herz», 1663 bei Schottel 1126«, bei Keisers-
Inrge Deutschlands, im Mittelalter Hart, aus berg Narrenschiff 1520 S. 94«' eines Hasen
ahd. hart «Bergwald» (s. Hart), bereits 1231 hertze «Feighng». Hasenohr, n., Name der
md. Harz, Hartz, auch mnd, Harz. Bei Pflanzen Asarum eui'opaeum und Briza media,
Mone Anz. 8, 153 die Haardt in der Pfalz: mhd. hasenore, ahd. hasiyiöra. Hasenöhr-
Newenstadt am Hartz. chen, n.: das Anführungszeichen , ", 1775
^Harz, n. {-es, PI. -e): ausgeschwitzter bei Adelung, ^..Gänsefüßchen. Hasenpanier,
Baumsaft. Mhd. harz n. m., ahd. harz n., n.: eig. der Schwanz des Hasen, den er beim
auch harztih, harzolm.; dazu and. hart n. Un- Fliehen in die Höhe reckt (Frisch 1741), 1564
bekannter Herkunft. Vielleicht mit gi: Kripöc bei Glaser Gesindteufel G5^ das Hasenpanir
m. «Wachs» wurzelverwandt. Bei Lessing aufwerfen «fliehen», 1557 bei B. Waldis Esopus
2, 426 Harzt n., wie Erzt füi- Erz gesagt 1, 23 das Hasen paner aufstecken, 1507 bei
wird. ABL. harzicht, harzig, adj., 1537 Wüwolt V. Schaumburg 87 das Hasenhanir
bei Dasypodius hartzig, ahd. harzeg. harzen. envischen, bei Luther 7, 422« das Hasen Panir
.

817 Hasel Hast 818

ergreifen. Hasenpfeifer, m.: die mit Ge- «Türriegel, Gai-nhapsel», ebenso dän. haspe ]

wüi-zbrühe und Blut crekochten Einoeweide in beiden Bed, Die beiden Bedeutuncren
des Hasen, 1691 bei Stieler Hasen in pfeffer. «Türhaken» und «Garnwinde» lassen sich ver-
bei Luther 7, 242 ^ J., 1510 Keisersberg Haß mitteln, aber die Herkunft ist unklar. Viel-
im Pfeffer. Hasenscharte, f.: Spalte in leicht aus ""hafsa zur Wurzel haf «fassen»,
der Oberlippe wie beim Hasen, 1323 liasin- vgl. Haft und lat. capsa f. «Behältnis, Kapsel,
scJmrte Kehreia Samml. alt- und md.
bei Kasten». Aus dem Germanischen entlehnt
Wörter 68**; dazu ags. hoersceard n. «Hasen- afranz. hasple, span. aspa f., ital. aspo m.
scharte», afries. haskerde «hasenschartig». «Garnwinde».
Hasel, f. (PI. -n): der Haselnußstrauch. Haspel, m. (-S, PI. wie Sg.) und f. (PI.
iihd. hasel f., ahd. Jiasala f. und Jiasal m.; -n): Garnwinde; Werkzeug zum Aufwinden
dazu ags. h(^sel m., engl, hazel, anord. hasl m., (1557 bei Bechius Agricola 177 der PI. Hespel).
schwed.-däu. hasset f., entsprechend lat. (mit Mhd. Imspel m., ahd. haspil m. «Garnwinde,
Rhotazismus) corylus, Abgeleitet von Haspe (s. d.). Da-
corulus f., air. coli Weife».
«Hasel». Davon häseln, adj., mhd.
von haspeln, v., spätmhd. haspelen.
haselin,
heselin. ZUS. Haselhuhn, n.: das Wald- Haß, m. (Gen. Hasses, ohne PI.): dauernde
bahn Tetrao bonasia, mhd. Jiaselhuon, ahd. feindsehge Abneigung. Ein Plur. Haß 1531
TiasilJmon n., es hat seinen Xamen, weil es bei Hedio Josephus 281 ^. Mhd. und ahd. I

gern in Yorhölzern, namentlich Haselge- ha^ m. (Gen. ha^^es), ahd. einmal /^aj n.;
büschen Ifbt und die Haselkätzchen (männ- dazu asächs. heti m., afries. hat, ags. hete m.,
lichen Haselblüten) frißt. Haselmaus, f.: engl, hate, anord. hatr n., schwed. Imt n.,
gelblichrote Waldmaus, die sich von Hasel- dän. had 1 n., got. liatis n. Verwandtschaft mit
nüssen nährt, 1540 bei Alberus dict. 112* Hader ist möglich, aber nicht sicher, wohl j

haselmauß. Haselnuß, f., mhd. hasel-, ahd. aber besteht Zusammenhang mit air. cais.
hasalnu^ f. Haselstaude, f., mhd. Msel- kymr. cäs «Haß», kymr. cawdd «Beleidigung,
stüde f. Haselwurz, f. die Pflanze Asainim, Zorn», gr. Kr\boc n. «Kummer, Trauer». Die
:

die gern unter Haselsträuchen wächst, mhd. Grundbedeutung ist wohl «verfolgen», die
hasel-, ahd. hasilwurz f. noch in hetzen zutage tritt. Man kann
Haselänt, m. (-en, PI. -en) Haselierender, daraufhin auch vergleichen aind. cad- «ab-
:

]S"arr, Prahlhans, 1738 im Kavalier im In'- fallen», gl-. KeKÖbovTo «sie wichen», lat. cadere

garten 310, dafür Haselarius bei Stieler 1691. «fallen». ABL. hassen, V., mhd. ha^^en,
Von haselieren, v.: ungestüm lärmen (Schiller ahd. ha^^en, ha^^ön (auch verfolgen); dazu
Räuber 2, 3). Mhd. haselieren «unsinnig tun:», asächs. hettian «verfolgen, verfluchen» und
heselieren «ungestüm, wild machen», aus franz. hatön «hassen, verfolsren», afries. hatia, aofs.

harcele)', afranz. herceler «bis zur Peinigung hatian, anord. hata ^verfolgen, hassen». Verl.
reizen, plagen, necken», von afranz. herce, hetzen. Davon Hasser, m., mhd. ha^^cere,
haise, hese, nfranz. herse f. «Egge», das auf ha^^er. häßlich, adj., mhd. ha^^e-, he^^e-
lat.hirpex ra. «Egge» zurückgeht, im 17. Jh. lich, ha^-, he^lich, spätahd. ha^lih, asächs.
unter Anlehnung au Hase «Narr», von neuem heti-, hetelic, ags. hetelic ''voll Haß, höchst
aufkommend (1693 hasiliren, bei Stieler 1691 feindselig», dann erst im Mhd. «hassenswert,
haseliren, in der Hasenjacht des Leporinus verhaßt», endlich spät im 13. .Jh. «zum Hassen
Hasenkopf 1573 und bei Duez 1664 hasiren). unschön». Vgl. Götze ZfdW. 7, 202. Häß-
Vgl. Gehasi. lichkeit, f., 1537 bei Dasypodius Heßlig-
Hasenfuß, Häsin usw., s, Hase. keyt, Heßlicheit.
Haspe, f. (PI. -n): Türhaken, -angel, n. (-es, mit langem ä): Kleidung, Haß,
Fensterhaken, -angel. «Türangel mit Kleid. Alemannisch-bayrisch. Mhd. hce^e u.
1420
dem eingreifenden Loche des Bandes »(Diefen- und hä^ m.; dazu ags.hceteru n. PI. «Kleider/
bach gl. 100*»), 1425 nd. hespe f. (ebd. 100 «), Vielleicht urverwandt mit aind. chadis n.
md. im 14. Jh. hispe f. «Spange» und hispen «Decke, Dach».
«ringeln», mhd. Jiaspe f. «Garnwinde» (Diefen- Hast, f. (ohne PI.): jähe Eüe. Am Ende
bach nov. gl. 193'^), ahd. haspa f. «soviel Garn des 16. Jahrb. (Rollenhagen Froschm.) auf-
wie auf einmal gehaspelt wird; dazu mnd. genommen aus gleichbed. mnd. (15. Jh.) hast
ha^e f. «Garnwinde», ags. hcepse, hcesp «Tür- m. f., mndl. haest (daher auch fries. haest),

haspe», engl, hasp «Riegel», anord. hesjja f. ndl. haast f., die dem franz. haste, häte f.
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 52
»

819 hätscheln Haue 820

«Eile» entstammen. Diese aber sind aus Männer und Weiber», bes. «für Soldaten»
einem germ. *heist entlehnt, ags. Jmst f. (Sturmhaube), ahd. hüba dazu mnd. hüve,
f.;

«Heftigkeit», adj. «heftig», ahd. heisti «heÜigy>, ndl. huif, ags. hüfe f., anord. hüfa f. «Mütze,

die weiter zu got. haifsts f. «Streit, Zank, Kappe», schwed. hufva, dän. hue «Haube».
Wettkampf» gehören. Weitre Herkxmft ist un- Dazu anord. hüfr m. «Bauch der SchifFsseite»,
sicher. Zu aind.fc^is «übelgesinnt»? (ühlen- ags. hyfi., engl. Aive« Bienenkorb» und weiter

beck), ir. ciopaim- «quäle» (Zupitza KZ. 36, gT. KÜirr) f. «Höhle» (Hesych), KÜireWov n.

244), zu aind.ctbham «rasch, schnell» (Zupitza «Becher», lat. cüpa f. «Tonne, Kufe», aind.
182), zu abg. cepiti «spalten». Bei Wieland küpas m. «Grabe, Höhle». Vgl. Walde s. v.
Idrisl64Basf m. Davon hasteil, v.: jäh eilen, ABL. hauheu, v.: mit einer Haube be-
gegen Ende des 18. Jh. in die Schriftsprache kleiden, mhd. hüben, häuheln, v.: mit einem
auferenommen, vereinzelt schon im 16. .Jh. bei Häubchen überdecken, 1691 bei Stieler haubelen,
Wickgram Ovid 5, 13 und 1573 bei Fischart in der Bed. «einem tüchtig auf die Haube
Flöhh. 1737, sich hasten 1691 bei Stieler, aus gehen» 1573 bei Fischart Flöhh. 1282 häublen,
mnd. und mndl. hasten, hastig, adj., 1691 zu mhd./tm&eZ n. «Häubchem>. ZUS. Hauben-
bei Stieler, schon mhd. hastec-, hestecliche lerche, f. Lerchenart mit einer Haube, d. h.
:

Adv. (neben haste-, hesteltche, mnd. haste- 6— 12 hervorstehenden Federn oben auf dem
like) aus mnd. hastich, dazu mndl. haestich. Kopf, 1557 bei Heußlm Vogelb. 170» Heübel-
Hastigkeit, f., 1691 bei Stieler. lerch, bei Duez 1664 Haubellei'che (zum Dim.
{ifr'ies.Mestig.

hätscheln, v. zärtlich, allzu sorgfältig mhd. hiubel n. «Häubchen»).


:

behandeln. Bereits 1691 bei Stieler hätscheln, Haubitze, f. (PI. -n): gi-obes Geschütz
1711 bei Rädlein hätscheln, aber ursprüng- zu Kartätschen, Granaten usw. Im 15. Jh.
licher wohl «auf der Eisglitschbahn hingleiten» hauffnitz, hauffenitz, seit den Hussitenkriegen,
(fränkisch, dafür höscheln bei Rädlein), Dim. aus tschech. houfnice, houfenice f., das urspr.
von hatschen, Mfoc/ie?i «schleppend, schleifend (hölzerne) Schleuder für Steine bed. Gegen
gehen» {heischen Franck Sprichw. 2, 10^, Fi- Ende des 17. Jh. anstatt der Kammerstücke
schart Garg. 362), tirol. hatschen «streichelnd wieder aufgekommen, 1691 bei Stieler Hau-
liebkosen ;>. bitz f., 1711 bei Rädlein Haubitz m.
HatSChier, m. (-.?, PI. -e): Leibtrabant, Hauch, m. (-es, PI. -e): aus dem Munde
ehemals zu Pferde. Schon im 17. Jh. (Duez gehende Luft: sanftes Wehen. 1663 bei
1664) aus dem noch daneben und früher vor- Schbttel. Von haucheu, V., mhd. (noch
kommenden Hartschier (frühnhd. im 16. Jh. selten) hüchen, seit Luther allmählich (im
harschier, herschierer, e)~dschier, im 15. Jh. 17. Jh. bei Duez, Krämer usw.) in Auf-
liertschier Sachsenheim Mörin 478, artschierer nahme gekommen. Ein lautmalendes Wort
1402 bei Janssen Reichskorr. 1, 660, 7), aus (Frisch 1741). Vgl. hauchen.
ital. amere, «Bogenschütze», franz.
arcierovo.. hauderu, v.: gewerbsmäßig Reisende für
im 12. Jh. archer, von ital. arco, lat. arcus Lohn mit Pferd und Wagen fahren. 1627
ni. «Bogen». bei Zincgref Schulbossen 11 haudern, mit
Hatz, f. (PI. -en): Jagd mit Hetzen der eingetretnem d aus spätmhd. huren «auf einem
Hunde; dann bildlich. Im 16. Jh. bei Aven- Mietpferd reiten, in einem Mietwagen fähigen
tinus 2, 466, 33 Hatz f., eig. Hatze (Stieler (beide Bed. 1418 bei Janssen Reichskon-. 1, 318),
1691), oberdeutsch unumgelautet, mit mnd. und mndl. huren «mieten» (s. Heuer f.).
eins
Hetze (s. d.); verschieden davon in der Bil- ABL. Hauderer, m.: Miet-, Lohnkutscher,
dung ältemhd. Hatz m. (Liliencron Yolksl. 1590 bei Fischart Garg. 15 Huder er.
2, 82, Murner Xan-enb.63, 5). Yon hetzen (s. d.). Haue, f. (PI. -n): Haugerät zur Feld-
Hau, m. (-es, PI. -e): Waldoi-t, wo das arbeit. Mhd. houwe, ahd. houwa f. Von
Holz abgehauen wird. Mhd. hou m. (Gen. hauen, v. (Prät. hieb, Konj. hiebe, Part, ge-
houwes) «Holzhieb, Hiebabteilung eines Wal- hauen): schneidend einschlagen; eindringlich
des», von hauen (s. d.). Eig. der Hau «Hieb» Mhd. houwen (Prät. hie und hiew,
schlagen.
(1539 bei Braunschweig Chir. 37 Haiv, mnd. hieb und Mb, Plur. hiewen,
md. im 14. Jh.
houw m.). Part, gehouwen), ahd. houwan (Prät. hiu, hio,
Haube, f. (PI. -w): i-undliche Kopfbe- PI. himven), daneben schwachbiegend mhd. ,

kleidung; ihr in Form, Uberdeckung usw. homcen (Prät. houte, nhd. haute), ahd. houwon
Ähnliches. Mhd. hübe f. «Kopfbedeckung für (in gihouwön): dazu starkflekt. asächs. gihauwan,
821 hanem Haupt 822

mnd. und imidl. houwen, ags. heawan (Prät. Hauhechel, f. (PI. -n): die Hülsenpflanze
heoio), engl, hew, anord. Jiöggva (Pi-ät. hjö), Ononis. 1561 bei Maaler
Hamvhechel, 1537
schwed. Imgga, dän. Jmgge. Urverwandt niit bei Dasypodius Hemvhechel, d. h. Hechel
abg. kovati «schlagen, schmieden», kovaci m. (Stachelpflanze), in der, da sie gern an Wiesen-
«Schmied», lit. käuti «schlagen, schmieden;;, rainen wächst, das Heu leicht hangen bleibt.
kovä f. «Kampf». Dazu mit Wurzelerweite- Haupt, n. (-es, PI. Häupter): Kopf; das
rung lat. cüdere hauen», ir. cüaä «Kampf.. Oberste, Höchste, Tomehmste (schon ahd.).
'^

Vgl. noch Walde s. v. ABL. Hauer, m.: Mhd. honhef, houht, houpt, ahd. houhit, houpit
Holzfäller (spätmhd. hawer): Erzhauer im n.; dazu asächs. höbid, mnd. hövet. höft, nndl.
Bergwerk (mhd. hower, hemcei' Freiberger hoofd, afries. häved, häfd, häd, ags. heafod,
Bergrecht § •22, nhd. nur Häuer); Hau- engl, head, anord. (mit urspr. a in der Wui'zel-
zahn des Ebers (mhd. im 1-i. Jh. hawer); silbe) höfud, schwed. hufvud, dän. hoved, got,
das männhche Wildschwein (im 16. Jh. bei hauhiß n. Daneben mit a in der Wurzel-
Kirchhoff Wendunm. 247^ Hauwer). ZUS. silbe ags. hafela m. «Kopf», urverwandt mit
Haudegen, m.: Schlagdegen (1658 beiSchoch aind. kapalam n. «Schädel, Schale», kapüc-
Stud. G 3 ^ Hmcdegen), übertr. derber Krieger chalam n. «das Haar am Hinterhaupt», lat.
(1803 bei Seume Spaz. 37). Haulaud, n.: Caput n. «Kopf», capillus m. «Haupthaar».
zu Ackerland anget'odeter Waldboden, erst Das Verhältnis von au zu a ist noch nicht
spät im 18. Jh. genügend aufgeklärt, doch liegt wahrschein-
hauerU'; v. zusammengebückt sitzen (Wie- lich alter Ablaut vor (au: iva) mit Schwund
:

land 21, 46), s. kauern. des w nach k. Mit Umlaut (wegen i in -it)
Haufe(n), m. {-ns, PI. -n) Menge beiein- mhd. und md. höuhet, heiibet, heuhf, im 16.
-.

ander befindlicher oder übereinander liegen- und 17. Jh. Heubt (PI. Heubt und Heubter),
der Dinge, Schar. Mhd. hüfe, ahd. hüfo m. noch erhalten im Dat. PI. zu Häupten (ahd.
(Gen. hüfin), mit Übergang in starke Biegung zen houbiton), mnd. hövet, nnd. höftn. «Spitze,
frühmhd. hüf m. (Gen. hüfes), woneben md. Ecke», md. Heid, Heed n. (hess. Häubt, Häud)
und seltner ahd. houfm. (Gen. Iioufes), schon «Krauthaupt», 1751 bei Picander 5, 283 Heet
bei Luther Haufen, aber noch bei Goethe n. «Kopf». ABL. haupten, v., in be-, ent-
Faust 402 Haufm. dazu asächs. höp, mnd. höp, haupten, mhd. houbeten, houpten, ahd. houbiton
;

hope, hupe, afries. häp, ags. heap m., engl. «den Kopf abschlagen», im Mhd. intr. «wie
heap, aus dem Niederd. entlehnt anord. höpr einem Haupt anhängen». Häuptling, m.,
m. Man vergleicht abg. kupv, lit. kanpas m. 1741 bei Frisch aus Ostfriesland, afries. hävd-
«Haufen», kupstas m. Erdhöcker/, lett. kupt ling neben hävding m. «Mitglied des friesischen
-

«sich zusammenballen).. Da die Lautver- Adels», in allgemeiner Bed. 1808 bei Campe.
schiebung nicht stimmt, muß germ. p aus häuptlingS, adv., bei Voß Ovid 1, 91, im
pn entstanden sein, im 15. Jh. 16. Jh. bei Th. Platter 96 häubtlingen, mhd.
häufeln, v.,

von dem houbetlingen «kopfüber». ZUS. Hauptbuch,


hüffeln, houffeln, hawfeln, abgeleitet
Dim hüff'el «Häufel» (15. Jahrb.). ABL. n., 1616 bei Henisch. Haupthaar, n., mhd.
häufen, v., bei Luther heuffen, mhd. hüfen houbethär n. Hauptmann, m., mhd. houbet-
und houfen, ahd. hüfon und houfm, mnd.hqjen. man, ahd. houpitman m. «der Oberste, der
häufig, adj., in der Bed. «zu Häuf ge- Erste unter Seinesgleichen», im Mhd. auch
schichtet, haufenweise» 1540 bei Alberus dict. «der Anführer im Kriege, Oberbefehlshaber»,
gg3^ heuffig, 1514 bei Keisersberg Schiff d. um 1480 im Voc. ine. teut. 13* hauptman
Penit. 125'^ häufecht: in der Bed. «oft» 1775 «Befehlshaber über ein Fähnlein», 1561 bei
bei Adelung. Häufigkeit, f., 1691 bei Stieler. Maaler Hauptmann über hundert «centuiio»,
ZUS. haufenweise, adv., 1578 bei Fischai-t Hauptmann über tausend «chiliarchus»; der
Ehzuchtb. J4'^ hauffenweis. Plur. Hauptleute, mhd. houbetliute. Seit 1842
Hang, m. (-es, PI. -e): Hügel. In Berg- in Preußen für Kapitän eingeführt (ZfdW. 1,
und Ortsnamen wie Donnershaug, Arnshaugk. 76). Hauptquartier, n., 1617 im Teutschen
Mhd. und ahd. houc n. (Gen. houges): dazu Michel 17. Hauptsache, f., im 15. Jh. haupt-,
anord. haugr m., dän. höi, engl, how in Orts- heuptsach f. «Rechtsstreit, Prozeß»; im allge-
namen, Aus dem Germanischen entlehnt nor- meineren Sinne bei Luther 5, 115^ Heubtsache.
mann. hogue «Hügel». Mit grammatischem hauptsächlich, adj., 1578 bei Fischart
Wechsel zu hoch (s. d.) und Hügel. Ehzuchtb. N 7^. Hauptsatz, m., 1781 bei
; :

823 Hans Haus 824

Meiner. Vgl. Jellinek Idg. Forsch. 19, 272. bei Stieler, haußgehachen 1616 beiHenisch; in

Hauptstadt, f., mhd. houhetstat f. Haupt-


Übertrag. Bed. bei Goethe 41, 1, 852. Haus-
stück, spätmhd. houhetstücke n. «Kopf- ehre, f., mhd. hüsere f. «Ehre des Hauses,
n.,

stück», auch «grobes Geschütz»; in der Bed. die sich in Freigebigkeit und Gastlichkeit,
«hauptsächliches Stück» bei Luther 7, 29* in der Sicherheit und Ruhe des Hauses zeigt,
Hauptstück. Hauptwache, f., 1691 bei Stieler, Ehre des Hausherrn, Verwaltung des Haus-
dafür 1641 bei Schotte! 379 Hauptivacht. wesens, Haushaltung», im 16. Jh. «Hausfrau,
Hauptwort, n.-. Substantivum, 1748 bei Hausmutter» (Luther Ps. 68, 13, Alberus Ebb.
Gottsched Sprachkunst; in der allgem. Bed. G3''). Hauser(e)n, m.: Hausflur, ober-
«hauptsächliches Wort» 1691 bei Stieler. deutsch-hessisch, 1588 bei Tabernämontanus
Haus, n. (Gen. Hauses, PI. Häuser): er- Hausehren, s. Em. Hausflur, m. und f.,
baute Menschenwohnung; (edles) Geschlecht; 1775 bei Adelung. Hausfrau, f., mhd. hüs-
mhd. und ahd. hüs n. mhd. liüs und
(PI. vrouwe, -vrou f. haushalten, v., mhd. hüs-
liiusir, ahd. liüs und im 11. Jh. auch
hüsir), halten; davon Haushalt, m., 1679 bei Löh-
Jious; dazu asächs.-mndl.-afries.-ags. Ms, anord. neys Regierkunst 345^; Haushalter, Haus-
hüs, nndl. huis, engl, house, schwed. /ms, dän. hälter, m., bei Luther Haushalter; Haus-
Jmus n., got. nur in guäliüs n. «Gotteshaus, hälterin, f., 1578 bei Fischart Ehz. H 2^
Tempel». Gewöhnlich wird Hütte (s. d.) ver- Haushälterin, anders spätmhd. 1409 hüse-, hüß-
glichen, und beide dann zu ags. hydan «ver- Jialterin f. «Bordellwirtin»; haushälterisch,
bergen», gr. K€ÜOeiv «verbergen» gestellt. Das adj., 1741 heiFrischhaushalterisch, neben haus-
ist aber dui'chaus nicht sicher. Man müßte haltisch im 17. Jh. (Simpl. 4, 6 Kz.j. Haus-
von einer Bedeutung «bedecken» ausgehen. herr, m., mhd. hüsherre m. Hausknecht,
Anderseits bietet sich aind. kösas m. «Behälter, m., spätmhd. hüskneht m. Hauskreuz, n.,
Scheide, Vorratskammer, Schatzkammer», lit. 1659 bei Butschky Kanzl. 44. Hauslauch, m.
Uäuse f. «Hirnschädel», anord. hauss m. Hauswurz, mhd. hüslouch m. hausmachend,
«Schädel» zur Vergleichung. Und schließlich part.: im eignen Hause zugerichtet, für den
ist auch Ableitung von kauen denkbai*. Aus Hausbedarf gemacht, 1772 bei Bode Humphry

dem Germanischen entlehnt abg. cliyzü «Haus». Klinker 1, 122. Hausmann, m., mhd. hüs-
Der alte Dat. PI. Hausen, mhd. hüsen, ahd. man m. «Hausvater, Hausbewohner, Miets-
liüsun, ist nur noch Ortsname. ABL. hauSGU, mann, auf dem Turm wohnender Burgwart»,
V., mhd. und mnd. hüsen «wohnen, ins Haus bei Luther 1, 370^ «Türmer in der Stadt»,

aufnehmen», spätmhd. im 15. Jh. «übel wirt- bei Adelung 1775 «Beschließer des Hauses»;
schaften, wüsten», ahd. hüsön «wohnen»; da- dazu Hausmannskost, f.: Hauskost, 1556
von Hausung, f.: Wohnung, Unterkunft bei Wickram Nachb. 73^. Hausmeier, m.:
in einem Hause, mhd. hüsunge f. hausieren, Vorsteher der Hofhaltung. Übersetzung des
V.: feilbietend von Haus zu Haus gehen, im lat. major domus. Seit dem 16. Jh. bezeugt.
15. Jh. hawsiren (Nürnb. Pol.-Ordn. 133), mnd. 1574 bei Kilian huysmeyer. Hausmeister,
huseren, huserern; im 16. Jh. auch in der m.: Hausverwalter, 1678 bei Krämer, in der
Bed. «wohnen» (Fischart Barf. 4603). Hau- Bed. «Hausherr» 1561 bei Maaler. Haus-
sierer, m.: von Haus zu Haus ziehender mittel, 1691 bei Stieler. Hausrat, m.,
Händler, 1545 im Rotweiler Stadtrecht 1, 52^ mhd. hüsrät m. «die für einen Haushalt
Husierer. Häuslein, n., mhd. hiuselin, erforderlichen Hausgeräte, auch die Haus-
ahd. hüsilin n. Daneben mhd. hiusel n., wo- tiere». Hausrecht, n., 1691 bei stieler.
von Häusler, m.: Dorfbewohner, der nur Hausstand, m.: Haushalt, 1641 bei Schottel
ein Haus ohne Feld besitzt, 1691 bei Stieler. 868. Haussuchung,f.: Durchforschungeines
häuslich, adj., um 1480 bei Melber g 7* Hauses zur Ermittlung eines Verbrechens, 1517
hußlich «zum Haus gehörend», als Adv. spät- bei Trochus M 6** hußsuchung, dagegen mhd.
mhd. hüslichen, Muslich «mit Haus»; in der hüssuochunge f. «Hausfriedensbruch», mnd.
Bed. «gern um das Hauswesen sich küm- hussokinge f. in beiden Bed. Haustier, n.,
mernd» \)e\\j\xi\\Qr heuslich. Häuslichkeit, 1775 bei Adelung. HausTater, m., spätmhd.
f.
: das Hauswesen (1575 bei Fischart Garg. 92) hüsvater. Hauswesen, n., 1620 bei Alber-
die Liebe zur Hauswirtschaft (1562 bei Mathe- tinus Lustga^-t. 9. Hauswirt, m., mhd. hüs-
sius Sar. 9 ^ HeußUgkeyt). ZUS. hausbacken, wirt m. «Hausherr, Hausbesitzer, Vorstand
part. Adj.: für den Hausbedarf gebacken, 1691 einer Haushaltung». HauSWUrz, f.: das
825 Hausen Hebel 826

auf den Dächern wachsende saftige Kraut Schiff und dessen Ladung außer dem Hafen;
i

Sempervivxim, mhd. und ahd. hüsicurz f. allerlei Schiffsunkosten, als Hafen-, Lotsen-,
j

Hauszins, m.: Mietgeld für Wohnung, mhd. Ankergeld etc. 1716 bei Ludwig Äverey,
hüszins m. Avarie. Haverey, Hafer ey, nd. 1582 bei Chy-
Hausen, m. (s, PI. wie Sg.): der große träus Cap. 36 haferye f., mndl. im 16. Jh.
Stör. Mhd. hüse, schon im 13. Jh. auch hüsen, averije, haverije, nndl. avarij. havarij f., aus
ahd. hüso m., mnd. hnsen m. In welchem i gleichbed. franz. avarie, ital. avaria f., mlat.
Verhältnis dazu tschech. vyz, polu. tvyz m. I Ende des 14. Jh. aus genuesischen Quellen
« Hausen ••>
stehen, ist unklar, wahrscheinlich !
avaria, vielleicht aus arab. 'aicär «Gebrechen,
sind sie entlehnt. Da der Kopf des Hausen Beschädigung, beschädigte Ware», auwara
gepanzert könnte man mit Falk-Torp an «beschädigen».
ist, Die Form mit h wohl im
Zusammenhang mit anord. hauss m. «Schädel», Gedanken an Hafen.
lit. k'duse f. «Hirnschale» denken. ZTJS. he! Interj. der Anrede, des Fragens,
Hausenl)lase, f.: Leim aus der Leimblase Lachens, Spottens. Mhd. he als Interj. der
des Hausens, 1562 bei Mathesius Sai*. 47^ Anrede, Anfang des 16. Jh. im Friedberger
Hausenplase. Passionsspiel Bl. 30 he he he als Interj. des '^

hauß, haußen, adv.: hier außen. Mhd. Lachens.


hü^e, md. hügen, zsgez. aus Jde f/je, hie ügen, Hebamme, f. (PI. -n)-. Gebm-tshelferin,
wie mhd, Mnne aus hie inne. Wehmutter. Mhd. im 15. Jh. hehamnie, im
Hausse, (spr. Höße) f.: das Steigen der 12. Jh. heve-, hev-, hefammet, mit Anlehnung
Wertpapiere. Aus gleichbed. frz. hausse f., an Amme (s. d.) aus ahd. hevanna, hevianna,
das zu haut «hoch» (aus lat. f., das entweder eine Verbalableitung
altus) gehört. hefihanna
Erst im Gegensatz Baisse f. «das
19. Jh. von heben (s. d.) oder wahrscheinlicher Zu-
Sinken der Wertpapiere» aus gleichbed. frz. sammensetzung mit ahd. ana, mhd. ane f.
haisse f. (von lat. hassiis «niedrig»). «Großmutter» (s. Ahn) ist. Daneben spätmhd.
Hauste, m. (-n, PI. -w) und Hausten, heh-, hevemuter (Diefenb. gl. 390 '^), mnd. heve-
m. (-S, PI. wie S».): Haufen, aufgestellter moder f. Hessisch, heißt die Hebamme Elter,
Frucht-, Heuhaufen. Mhd. huste m., im 16. Jh. Eller f., das urspr. Großmutter bed.; nndl.
hauste m. «Haufen»; dazu clev. 1477 huyst vroedvrouiv f., von vroed «klug, weise» (ahd.
«Komhaufen». Aus *hüfste zu Haufen (s. d.). frot, fruot, got. fröps), franz. sage-femme f.
Haut, f. (PI. Häute): die natürliche Decke Hebel, m. (-s, PI. wie Sg.): Hebestange.
des Tier- oder Pflanzenkörpers; übertr. der Spätmhd. 1432 hehel m. in dieser Bedeutung,
Mensch selbst (schon mhd.). In ui'spr. Bed. Aber schon ahd. hevil, hevilo m. «Hefe»,
mhd. und ahd. hüt f. (PI. mhd. Mute, Mut, eigentlich «Hebemittel». Von beben, v.
ahd. hüti)\ dazu andd. hüd, ndl. huid, afries. (Prät. hob, Konj, höbe, Part, gehoben): in
hUd und hede, ags. hyd, engl, hide, anord. die Höhe bewegen ; wegschaffen. Mhd. heben,
hUd f., schwed.-dän. hud. Urverwandt mit heven, md. auch haben, ahd. heffan, heven;
lat. cutis f. «Haut», gr. kOtoc n. «Haut, Hülle», dazu asächs. hebbian, mnd. heven, nndl. heffen,
^-fKUTi Adv. «bis auf die Haut», apreuß. afries. heva, ags. hebban, engl, heave, anord.
keuto «Haut», Yit.k'autai m. PI. «Eierschalen», hefja, schwed. häfva, dän. häve, got. hafjan.
(mit s-Präfix) gr. ckOtoc n. Das Prät lautet mhd. und ahd. huop, älternhd,
«Haut, Leder»,
lat. scütuni n. «Schild». Vgl. Schote. ABL. und noch in der Dichtersprache hub, das Part,
häuten, V., 1741 bei Frisch trans. u. refl., mhd. mhd, gehaben, ahd. haban, noch 1690 bei
in Mj-, enthiuten; dagegen ist häutein, v., bei Bödiker gehaben neben gehoben, in Zusammen-
Frisch 1741, von spätmhd. heutel n. «Häutchen» setzungen bei Herder 1, 95 und Wieland 21,
abgeleitet, häutig, adj. in dick-, tveißhäutig, 72 aufgehaben. Urvei-wandt mit lat. capere
mhd. wi^hiutec. Häutung, f, bei Goethe «fassen», gr. Kujirri f. «Griff». Vgl, Haft,
26, 191. Auf der Volksredensart in die
ZTJS. Hefe. ABL. Hebe, f.: jüdisches Hebopfer,
Haut hinein = durchaus,
von Gnind aus, mit Beziehung auf einen Gebrauch
bei Luther,
beruhen: hautehrlich, adj.: grundehrlich, feierlicher Hebung in die Höhe, Heber, m,:
bei Maler Müller ,3, 64: hautsatt, adj.: völlig Werkzeug zum Heben von Gegenständen
satt, ebenda 2, 23; hautreich, adj.: gi-und- (Maaler 1561) und Flüssigkeiten (Stieler 1691).
reich, bei Hebel im geheilten Patienten. Hebung, f,, spätmhd, in ent-, nfhebunge;
HaTarie, f. (PI. -n): Schaden an dem bei Luther Hebung f. in der Bed. «Opfer»;
827 Hebräer Hedwig 828

^
seit Ende des 18. Jb. Hebung und Senkung] Hecke, f. (PI -n)-. Gebüsch; Zaun. Mhd.
für gr. äpcic und eecic. ZUS. Hebebaiim, hecke, hegge, ahd. hegga f., daneben mhd.
j

m., mhd. hebeboum m. hecke, heck n. «Dorngebüsch, Umzäunung >^


j

Hebräer, aucli Ebräer m. {-s, wie Entsprechend mittelengl. hegge f., engl, hedge,
PI.
j

Sg.): der Jude. 1534 bei Dietenberger Jfe- neben ags. hege m. «Umzäunung». Ableitung
hreer, bei Luther Ehreer, aus lat. Hehraeus, von Hag (s. d.). Davon heckig, heckicht,
von hebr. «der von jenseit des Euphrat
'ibrl adj., 1662 bei Stoer 236^, heckechtig 1537 bei
Gekommene» (hebr. 'eher m. «der Übergang, Dasypodius ; das Subst. Heckicht n., um 1480
das Jenseitige»), zunächst von Abraham ge- im Voc. 4^ heckig. ZUS. Hecken-,
ine. teut. 1

braucht (1. Mos. 14, 13). hebräisch, ebrä- Heckfeuer, n.: Kleingewehrfeuer Einzelner
isch, adj., mhd. hebreisch, hebräisch, ebreisch, aus dem Gliede, bei Hippel W. 1, 340 von
ahd. hebreisc, ebräisc, ehreisc, nach dem gr.- 1778 Heckenfeuer. Heckenreiter, m.:
lat. Adj. hebraicus. Strauchdieb, Buschklepper, 1512 bei Lilien-
Hechel, f. (PI. -n): Stachelwerkzeug zum cron Volksl. 3, 76^ heckenreiter 1517 bei ,

Durchziehen des Flachses und Hanfes. Mhd. Janssen Reichskorr. 2, 921 heckenreivter m.,
hechel, hachel f.; dazu mnd. hekele, ndl. hekel, neben heckenruytery f. 2, 875 von 1512 (s.
mittelengl. hechel, engl, hatchel und hackte, Reiter). Heckenrose, f.: Hagerose, 1546
(entlehnt aus dem Mnd.) schwed. häckla f., bei Bock 2, 19*^ Heckrose, 1664 bei Duez
dän. hegle. Von ahd. hecchen, mhd. hecken Heckenrose. Heckwirt, m.: Wirt einer
« hauen, stechen ». Kaum verwandt mit Haken. Winkelschenke, mhd. hecken-, heckioirt.
ABL. hecheln, v., mhd. hecheln, hachein, "Hecke, f. (PI. -n)-. Fortpflanzung durch
mnd. hekelen, asächs. ihekilod «gehechelt»; Junge oder Brüten. 1731 bei Zinck öcon.
übertr. «prügeln» im 13. Jh. bei Hugo v. Trim- Lex. und 1710 bei Philander v. d. Linde galant.
berg Renner 15049, «vexieren» 1664 bei Duez, Ged. 67; dazu mittelengl. hacche, engl, hatch
«tadelnd verspotten» 1678 bei Krämer. Da- «das Blüten, die Brut». Von hecken, v.,
von Hechler, m., bei Stieler 1691. 1482 außhecken «ausbrüten» Voc. theut. 2**

Hechse, s. Hachse. und e3'', mhd. sich hecken «sich fortpflanzen»


Hecht, m. (-es, PI. -e): der Raubfisch (von Vögeln); dazu mittelengl. hacchen, engl.
Esox lucius; raubgieriger Mensch (mhd. im hatch «ausbrüten». Gleichen Stammes wie
14. Jh.), loser Kerl (Wieland 18, 147); studen- mhd. hagen m. «Zuchtstier» (s. Hacksch) und
tisch der beißende dichte Tabakrauch (19. Jh.). ahd. hega-, hegidruos, mhd. hege-, heidruos
In urspr. Bed. mhd. hechet, hecht, ahd. ha- f. «Hode, Zeugungsglied», and. heidrosi «ve-
chit, hechit m.; dazu and. hacth, mnd. und ZUS. Hecke-, Hecktaler, m.:
renda».
mndl. heket, ags. hacod, hceced m. Vielleicht Zaubertaler zum Reichwerden, 1691 bei Stieler
von seinem stachlichten Gebiß oder seiner auf- Hecktaler, 1570 im Abschied des Reichstags
fallend spitzen Schnauze benannt und gleichen von Speier § 133 Heckenmüntze.
Stammes wie ahd. hecchen, mhd. hecken Hede, f. (PI. -n): Werg. Norddeutsch
«stechen» (s. Hechel). Vgl. mnd. hekele (Moser Phantas. 1, 116), 1517 bei Trochus
«Stichling». ZUS. Hechtschimmel, m.: K
6=^ hede, bei Frisch 1741 Heede. Aus
Pferd von hechtgrauer Farbe. mnd.-nnd. und afries. hede f., müt Ausfall
Heck, n. (-S, PI. -e).: breite in einge- des r aus mndl. herde, heerde «Flachsfaser»,
koppelten Feldern den Fahrweg hemmende entsprechend ags. heorde f., engl, hards PI.
Gatter- oder geflochtene Türe (1795 bei Voß «Flachshede». S. Haar ^.
Ged. 102); gegatterte Hoftüre (Hermes So- Hederich, m, (-s, PI. -e): Gundelrebe,
phiens Reise 4, 186); oberste Hedera terrestris oder Glecoma hederacea;
der hinterste
und Röding), wilder Senf, erysimum, mhd.-ahd. hederich,
Teil des Schiff"es (Jacobsson 1798
früher mit einer Einfassung von Stützen ver- hederich m., mnd. hederik, hedderick. Unter
sehen, die durch Taue oder Ketten verbunden Einwirkung von Wegerich umgebildet aus
waren. In Norddeutschland. Mnd. heck n. dem lat. Adj. heder äceus «efeuähnlich», oder
«Hecke, Umzäunung, Einfassung, Tor» (von dessen Stammwort hedera f. «Efeu» nach-
Holz), 1741 bei Frisch «das den Ein- und gebildet, wohl zuerst von der efeuähnlich
Ausgang desDorfes verschließende geflochtene kriechenden Gundelrebe. i

Gatter oder Zufalltor». Entsprechend mhd. Hedwig, Frauenuame, mhd. Hedwig,


heck n. «Hecke, Zaun», s. ^ Hecke. ahd. Hade-, Hathmvig, zgs. mit ahd. hadu-
-

829 Heer heftig 830

«Kampf» (s. und ahd.-mhd. wie m. rückten Heeres in und zu Kriegstüchtigkeit,


Hader)
«Krieg, Schlacht». mhd. herschouwe f. Heersteuer, f.: Kriegs-
Heer, n. (-es, PI. -e). Bei Luther Heer, steuer, von Kriegsdienst befreiende Lehn-
mhd. her, älter here, ahd. hari, Jieri n. (Gen. gutssteuer, mhd. herstiure, ahd. heristiura f.
herjes, Dat. herige); dazu asächs. heri m. Heerstraße, f.: Landstraße, 1517 bei Tro-
«Menge, Volk», mndl. heir n., afries. /lere chus J4* hehrstraß, «via regia», ahd. heri-
und hiri m. n., ags. Äere m. (Gen. heriges), strä^a f. (md. im 14. Jh. hersträge f. «Milch-
anord. herr m., schwed.-dän. här m., got. straße am Himmel»), ags. herestrcef f. Heer-
harjis m., chario- in germanischeu Eigen- wagen, m.: Rüst-, Kriegswagen bei Feld-
namen zur Römerzeit Chariomerus, Chario zügen, Sternbild des großen Bäi-en, mhd.
valda. Urverwandt mit altpreuß. karjis herivagen in beiden Bed. Heerweg, m., mhd.
«Heer», kariawoytis «Heerschau», lit. karias herivec m. Heerwurm, m.: wie ein Wurm
m. «Heer», käras m. «Krieg», abg. kara f. (Schlange) lang dahinziehendes Heer, bei
«Streit», altir. aiire «Heer, Schar». Dazu Goethe 7, 177: in dichten Scharen ziehende
auch gr. Koipavoc m. «Heerführer, Herrscher» Raupenart, 1775 bei Adelung.
aus *korjanos, das Bugge Btr. 21, 422 mit Heerling, s. Herling.
anord.Herjann, einem oft vorkommenden Hefe, f. (PI. -n): durch Gärung ausge-
Namen Odins verglichen hat. Vgl. Herberge, schiedne und wieder Gäning erzeugende
Herzog. ABL. heeren, v.: mit einem Heere Sproßpilze; bildl. Auswurf, Bodensatz (im
d. li. mit Krieg überziehen, dann verwüsten, 15. Jh. Städtechron. 3, 142, 21). In urspr.
berauben, ältemhd. heren, hergen, jetzt nur Bed. bei Luther Hefen f., aber noch im
noch in verheeren, aber noch fränk. heren 18. Jh. bei Hagedoi-n Od. 48, Klopstock,
«übel hausen», bayr. hergen «verwüsten», Bürger 85, Hölty Kenner 145
Hefen m.,
mhd. heren, hern, aber auch herjen, herigen, mhd. hehe, heve, hefe, hepfen m. und f.,
hergen, ahd. herjan und harjon, herjon, her- spätahd. hepho m., woneben mhd. hevele,
rdn\ dazu ags. herigan, engl, harry, harroiv hefel m, und hebel n., ahd. hevil, hevilo m.
«plündern», anord. herja «Krieg führen, plün- «Hefe», zu ahd. hefjan «heben» (s. d.); dazu
dern, einen Eaubzug unternehmen», schwed. ndl. hef, heffe f., ags. hcßfe m. Vgl. Bärme.
härja, dän. härje «verheeren». ZUS. Heer- ABL. hefig, adj.,"l711 bei Rädlein, hefficht
bann, m.: Aufgebot sich zum Ki'iegsheere 1678 bei Krämer.
zu stellen, mhd. herhan, ahd. heriban m. Heft, n. (-es, PI. -e): Handhabe eines
«Aufgebot der Freien zur Heeresfolge», im Schneide-, Stechwerkzeugs; Spangennadel zum
Mhd. «die Mannschaft durch Aufgebot», da- Festhalten (1517 bei Tro"chusR2» heffte, 1716
her altertümlich bei Schiller Teil 2, 2 Heri- bei Ludwig Heftm.); geheftetes Papier (1740
hann m. Heerbiene, f.: Eaubbiene, 1765 bei Hagedorn 1, 57). In der 1. Bed. mhd.
bei Overbeck Bienenwörterb. 39, zu heeren hefte, ahd. hefti n. «Messer-, SchwertgriflF».
(s. d.). Heerfahrt, f., mhd. hervart, ahd. heften, v., mhd. heften, ahd. heften «fest-
herifartt Heerführer, m., mhd. herfuerer haltend (haß) machen, befestigen»; dazu
im Voc. opt. 23, 6. Heergewäte, Heer- andfrk. heftian, ags. hceftan «heften», got.
gewette, n.: die fahrende Habe, die sich Imftjan «sich anhängen», eine Ableitung vom
auf Bewaffnung und Rüstung des Mannes Adj. ahd. haft, got. hafts (s. -haft). Heftel,
bezieht und nur auf den Mannsstamm und wie Sg.): Häkchen am
m. und n. (-s, PI.
Verwandte männlicher Seite forter1)en kann Kleide zum Festhaken, mhd. heftel, haftet n.
(vgl. die Gerade), mhd. hergewcete n., eig. neben heftelin, haftelin n. «Spange zum Zu-
«Kriegsgewand, Kriegsrüstung» (ahd. giwäti sammenhalten des Kleides», Dim. zu mhd.-
n. ist Kollektiv von wät f. «Kleidung»), mnd. ahd. haft m. «Band, Halter» (s. ^Haft); dazu

herwete, herewede und hergeivede n., 1663 bei Heftelmacher, m., 1568 bei H. Sachs Be-
Schottel 483 Heergewette. Heerhorn, n., schreib, aller Stände d 2. Davon heftein,
mhd. here-, herhorn, ahd. herihorn n. Heer- V., 1691 bei Stieler hefteten. ZUS. mit heften:
melster, m.: Vorgesetzter eines Gebietes Heftpflaster, n., 1741 bei Frisch. Heft-
bei Ritterorden und Anführer des Ordens- zwecke, f., junge Bildung.
heeres, 1734 bei Steinbach. Heerrauch, s. heftig, adj.: sehr streng, ungestüm. Mhd.
Herauch.Heerschar, f., mhd. herscJmr f. heftec, heftic, auch haftig, häftig «festbleibend,
Heerschau, f.: Besichtigung eines ausge- beharriicli, mit Beschlag belegt», dann «ernst,
831 Hege Heide 832

helan, afries. heia, nhd. nur noch im Part.


wichtig, stark, ungestüm», aus spätahd. heiftig,
Adv. heifteclichen «ungestüm», mhd. Adv. verhohlen, daneben mit schwacher Biegung
liaifdichen (Kaiserchron. 188, 1 Diemer) nebst md. heln (in entheln «aus der Verborgenheit
dem mhd. und spätahd. Adj. heifte «unge- nehmen» und verheln «verbergen machen»),
stüm» (noch bayr. halft), gleichen Stammes ahd. hellan, hellian, asächs. bihelian, ags. be-
wie got. haifsts m. «Streit, Zank» (s. Hast). helian «verbergen», nhd. bei Luther Stieler,
Vgl. noch Uhlenbeck Btr. 30, 286. ABL. Rädlein hälen, 1664 bei Duez hälen, hählen
Heftigkeit, f., 1482 im Voc. theut. o 1^ und heelen, 1663 bei Schottel hehlen. Ur-
liefftigkeit. verwandt mit lat, celäre «verhehlen, ver-
Hege, f. (PI. -n): Schutz; durch Verbot bergen», das dasselbe lange e zeigt wie mhd.
geschützte Fläche. Mhd. hege, ahd. hegt f. hcele (s. Hehl), lat. occulere «verbergen, be-
«abschließende, schützende Umzäunung, ura- decken», ir. celim, kymr. celu «verhehle».
zäuntes Buschwerk». Von hegen, v.: um- Die Wurzel zeigt mannigfache Ableitungen,
zäunen, durch Umzäunung schützen in seinem vgl. Hülle, hüllen, Hülse, hohl. Höhle, Hölle,
;

Schutze halten, anhaltend bei sich bewahren Helm, doch ist die Grundbedeutung kaum
(schon mhd.). In der 1. Bed. mhd. hegen, die von «verbergen», sondern die von «be-
ahd. heJcjan; dazu mnd. hegen, heien, mndl. decken» gewesen. Vgl. noch Walde s. v. celäre.
heghen, afries. heia, ags. hegian, engl, hedge, ABL. Hehler, m,, mhd. helcere, heier m.
abgeleitet von Hag (s. d.) eigentlich «mit hehr, adj.: Ehrfurcht gebietend, feierlich
einem Zaun umgeben». ZUS. Hegereiter, stimmend. Bei Luther hehr, mhd.-ahd, her
m.: berittener Forstaufseher, im kursächs. «hoch und herrlich, erhaben, vornehm, heilig»,
Jagdmandat vom 8. April 1629 Hege-Beuter. im Mhd. auch «stolz, hochmütig, froh», asächs.
Hegewiese, f.: Wiese mit Gartenrecht, auf mnd, her «vornehm, zu vei'ehrend», 1690 von
der niemand ohne des Eigentümers Willen Bödiker 173 und von Adelung 1775 als ver-
weiden darf, 1731 bei Zinck ökon. Lex. Hege- altet bezeichnet, Ende des 18. Jh. neu ein-
"wisch, m. zum Zeichen der Hegung ausge- geführt (1781 bei Klopstock 2, 44 und Voß
:

steckter oder ausgehangener Strohwisch, 1775 Od. 12, 449); dazu ags. här «altersgrau», engl.
bei Adelung Hägeivisch. Hegezeit, f.: hoar, hoary «grau», anord. harr «grauhaarig,
Schonzeit des Wildes, 1746 bei Döbel Jäger- grau». Entsprechend abg. serü «glaucus»,
Prakt. 3, 119^ russ. seryj, poln. szary «grau», nslow, serec
Hegemonie, f. (PI. -n): Oberherrschaft, «Greis», Vgl, noch Uhlenbeck Idg, Forsch,
Aus gleichbed. gr. rjYCMOvia f. im 19. Jh. 17, 97, Vgl. Herr, herrlich.
^
Heger, m. (-s, PI. wie Sg.): Hüter hei! Intevj, der Belebung, Ermunterung,
eines Geheges; Art kleiner Lehnsleute. In Freude, Verwunderung. Mhd, hei, hey, heia,
der 1. Bed. 1470 md. heger m. «Waldhüter» heiahö, anord. hei, wie lat. heia, eia, gr, eia,
(Diefenbach mlat.-hochd.-böhm. Wbch. 173), provenz, hahi, hai, hay. heida! Interj. des
in der 2. Bed. 1322 heghere PI. bei Haltaus Lebensmutes, auch nachdrücklicher Zuruf
777. ZUS. Hegergut, n.: kleines Lehns- (Lessing 10, 239, hey da Wieland 11, 229),
gut, 1321 heger-, heigersgüd bei Haltaus. 1 Heide, m, {-n, PI. -n)-. wer nicht Gott
-Heger, s. Hager. verehrt, Md, im 14, Jh. heide m., gekürzt
Hehl, n. und m., in kern oder keinen aus mhd, heiden m. «Sarazene, Mohamme-
H haben (mit Gen.) und kein H
aus etwas daner», ahd, heidan m. «Nichtchrist», noch
machen (erst im 19. Jh.): verheimlichen. Bei älternhd. Heiden m.; dazu and. hethino m.
Luther kein heel haben, mhd. hode haben mit «Heide», mnd, und ndl, heiden, afries, hethin,
Gen. oder unpersönl. mich hat hcele mit Gen., hethen, ags. hceden m., engl, heathen, das
von mhd. hcde, md. hole, hele f. «Verheim- zum Subst. gewordene Adj. mhd, heiden,
lichung», während Hehl n. (mhd. sunder hcel, ahd. heidan, asächs. hethin, ndl. heiden, afries.
md. sunder hei «offenbar») das substantivisch hethin, hethen, ags. hceden, anord. heiäinn
verwendete Neutr. des Adj. mhd. hcele, hcel, «heidnisch», urspr. «ländlich», eine Ableitung
md. hele, hei «verhehlend, verhohlen, ver- von Heide f. (s. d. -) und Nachbildung des
borgen» ist. hehlen, v. (Prät. hehlte): tief christlich-lat. pägänus m. «Heide», eig. im
verbergen vor jemand, mit stai-ker Flexion Lat. «Dorf-,' Landbewohner», zuerst jedoch
mhd. kein (Präs. Ml, Prät. hal, Plur. häle7i, Adj. «dem Dorf angehörig, ländlich» (von
Part, geholn), ahd. helan, asächs. und ags. \at. pägus m. «Dorf, Gau»), dann «heidnisch»,
833 Heide Heil 834

nachdem unter Konstantin d. Gr. und seinen mohammedanischen Ländern (Griechenland


Nachfolgern das Christentum römische Staats- und Asien) nach Deutschland kam, s. ^Heide.
religion geworden und die altväterliche Götter- Damit stimmen überein die gleichbed. Be-
verehrung aus den Städten auf das Land nennungen: Tater- oder Tatelkorn n., d. h.
zurückgedi'ängt worden war. Daher zunächst von den Tataren bezognes Korn, böhm.-
got. Jiaipnö f. «Heidin , zu got. Jiaißi f. «un- poln. und Ungar, tatarka f.: in Preußen und
bestelltes Feld», haipiwisks «wild», und wohl den nissischen Ostseeprovinzen Gricken m.
durch den Einfluß des Christentums der Goten und Grick f., 1785 bei Hennig preuß. Wb.
auf die übrigen Germanen übertragen. W. Ch'ücken, aus lit. grikas m., poln. gryka f., eig.
Schulze dagegen Sitz.-Ber. d. Berl. Ak. 1905, «griechisches Kom»; böhm.-poln. pohanka f.,
726 ff. hält got. haipnö (spr. Mp) für entlehnt von pohan, polmniec m. «der Heide»: franz.
aus gr. eSvoc, dialektisch e9voc «Volk». Dann hie sarrasin m., früher Med turchique.
kann Heide nicht aus dem Gotischen stammen. Heidelbeere, f. (PI. -n): die schwarz-
Aus \dLi.pägänusm. «Heide» entlehnt gleichbed. blaue Beere des Vaccinium myrtillus. Mhd.
ital.-span.pagano, franz. paien, rumän. pägän, heit-, heidelber n. f., ahd. heitperi n., d. i.
abg.-russ. poganü m. ABL. Heidin, f. (PI. «die auf der Heide wachsende Beere».
-nen), mhd. heideninne, heidenm, heidenin f. Heidelerche, Heidschnucke, s. -Heide.
heidnisch, adj., mhd. heidenisch heidi! Ausruf der Lust; aber auch «auf
«saraze-
nisch», ahd. heidanisc «nichtehristlich», mnd. und davon, im Umsehen verloren», 1782 bei
Iieidensch.. Heidentum, n., mhd. Jieiden- G. Müller Si egfr. v. Lindenberg 4, 204 heidi gehn.
tuom m., ahd. heidantuotn m. n. «unchrist- Heiduck, m. {-en, V\.-en): großer Diener
liches Wesen», ags. hädendöni m. in ungarischer Tracht (im 18. Jh. vom Wiener
'Heide, f. (Pl.-w): waldlose wildgränende Hof aus, 1703 im Zt. Lex., 1757 bei Eabener
Ebene. ^Ihd. im 12. Jh. heide f. (ahd. heida Sat. 4, 41), urspr. in Ungarn heimischer Volks-
kommt nur als Pflanzenname vor, s. '^Heide) stamm, der in seiner Nationaltracht seit dem
;

dazu mnd. hede, heide, ndl. heide, ags. hcep 16. Jh. am ungarischen und polnischen Königs-
f., engl, heath, anord. heidr f., schwed. hed hofe Kriegsdienste leistete (Kiechel Reisen 100
m.., dän. hede, got. haipi f. Heuduck, Fischart Großm. 72 Heyduck). Eben-
«unbestelltes
Feld». Urverwandt mit gall. -cetum, kymr. sowohl vom wie hinten betont. Von hajdük,
coit «Wald», lat. -cetum in hücetumn. Kuh- .; dem Plur. des ungar. hajdu «Infanterist»,
trift». S. Heide ^ ZUS. Heide(n)lerche, später «Gerichtsfron, Trabant».
f.: auf der Heide und deren Bäumen lebende heikel, adj.: an Geschmack schwer
ekel,
Lerche, 1557 bei Heußlin Yogelb. 170^ Heid- zu befriedigend, wählerisch; mit
kleinlich
lerch f. Heiderauch, s. Herauch. Heid- Sorgfalt, Zärtlichkeit, Schwierigkeit zu be-
SChnucke, f.: kleine Art Schaf, bes. in der handeln, bedenklich. Ln 16. Jh. bei Jobs.
Lüneburger Heide, 1775 bei Adelung, Heide- Nas Wamungsengel 102 heikel «empfindlich,
schnacke f. 1731 bei Zinck ökon. Lex. 2134. kleinlich besorgt», 1618 bei Schönsleder ÄazcfceZ,
S, Schlucke. 1663 bei Schuppius 768 haiggel, bei Grimmeis-
'^
Heide, f. (PI. -n)-. der auf Heiden hausen 2, 239, 14 Kell, hechel, Var. Mckel,
wachsende kleine Strauch erica, Heidekraut. 1691 bei Stieler hekel, schlesisch 1652 bei
Mhd. heide, dazu ndl. heide,
ahd. heida f.; Scherffer Ged. 19 u, 622 hakel. Oberdeutsch,
ags. hcep f., eins mit dem vorhergeh. Worte dafür niederd. ekel (vgl. 1616 bei Henisch
(s. Heide), dessen Bed, auf die im Heide-
'^ Eickel m. füi- Ekel). Es ist unmöglich, über
land hauptsächlich wachsende Pflanze über- das gegenseitige Verhältnis von heikel und
tragen ist. ZUS. Heidekraut, n., spätmhd. ekel ins Klare zu kommen. Davon gleichbed.
heidekrüt. heiklig, adj., 1670 bei Abele künstl. Un-
Heidekorn, n. [s, PI. -e): der Buch- ordn. 1, 283.
weizen (s. d.). 1604 bei Colerus 3, 130 Heide- Heil, n. (-S, ohne PI.), mhd. heil n. «Ge-
korn, 1409 heidenkorn n. bei Mone Ztschr. 3, sundheit, Glück», (verhüllend auch) «Unglück»,
408, dafür 1449 heiden m. (Städtechron. 2, dann im Md. «Beistand, Hilfe», ahd, heil n.
319, 27), 1530 bei Peypus Heydel (Diefenb. «Glück»; dazu and. hei «Vorbedeutung», ags.
gl. 409 1517 bei Trochus K 5» hädelkorn, höil n. «Gesundheit, Glück, günstiges Vor-
b),
noch süddeutsch Heiden und Heidel m., weil zeichen», anord. heill n. «Vorzeichen, bes.
die Pflanze und ihre Fx-ucht aus heidnischen, glückverheißendes», heill f. «Glück, Heil».
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 53
!,

835 heil Heim 836

heil, adj. unbeschädigt, unverletzt, von Ver- tum, n.: heilkräftige Reliquie (Tieck Nov. 10,
:

letzung wiederhergestellt, mhd. und ahd. heil 291), mhd. heiltuom n., veraltet. — 3) mit
«gesiAid, unverletzt, gerettet»; dazu asächs., heilen: Heilbrunnen, m.: Gesundbrunnen,
mnd, und afries. hei, nndl. heel, ags. häl, bei Luther. Heilkunde, f., 1796 bei Adelung.
engl, ivhole und aus dem Altnord, entlehnt Heilbutt, m. (-S, PI. Heilbutte) auch
hau, hole, anord. heill, schwed.-dän. hei «un- Heilbutte, f. (PI. -n): der große norwegische
schadhaft, ganz», got. hails «gesund, der Ge- Plattfisch Pleuronectes hippoglossus, 1795 bei
sundheit dienlich». Als Grußformel in alt- Nemnich Heilbutt, Heiligebutt, Hille-, Hillig-
germanischer Zeit der Nom. des Adj.: got. butt m., anord. heilagr fiskr, dän. hellebut,
hails! ags. wes hol! Urverwandt mit abg. helleflyndre, schweä.helge-, hälleflundra, isländ.
''

celü «ganz, heil», altpr enßi.kailüstikan (Akk.) heilagfisk, ndl. heilbot, helbut, halibut, Jwlibut.
j

.«Gesundheit», altir. cel, kymr. coil «Vorbe- Eigentlich also «der heilige Butt», vgl. PK-
deutung», gr. KoTXu TÖ KaXöv bei Hesych. nius bist. nat. 9, 47.

Vgl. Zupitza 105, Walde s. v. caelehs. ABL. Heim, n. (-s, PI. -e): eignes Haus und
^heilen, v. heil werden, mhd. heilen, ahd. Hauswesen. Mhd. imd ahd. heim n. «Haus,
:

heilen, ^heilen, v. heil machen, mhd. heilen, Wohnort», im 16. Jh. veraltet, am Ende des
:

ahd. heilen (auch erretten) dazu asächs. helian, 18. Jh. unter Einfluß des engl, home erneuert
;

afries. heia, ags. hcelan, engl, heal, anord. (Fr. L. V. Stolberg 2, 228); asächs. hem n.

heila, got. hailjan. «Haus», mnd. heime f., heim n. «Heimat»,


Heiland, m. (s, PI. -e) :

Erretter des Volkes, Erlöser der Menschen, afries. häm, hem m. f. «Haus, Dorf», ags.
das kirchlich in der vollen alten Form als häm m. «Haus, Wohnort», engl, home, anord.
Subst. bewahrte Partiz. Präs. von heilen ^, heimr m. «Haus, Wohnung, Welt», got. haims
mhd. und ahd. heilant, heiland, asächs. he- f. «Dorf, Flecken». In Ortsnamen -heim,
liand, ags. hcelend m. heilig, adj.: gött- mhd.-ahd. -heim, engl. -ham. Urverwandt
liches Heil bringend, sittlich und geistlich mit gr. Kuu|uri «Dorf», apreuß. seimlns, Ut.
rein, dann ausschließlich gottgeweiht, mhd. seimtna f., lett. sa'ime f. «Gesinde», abg.
heilec, ahd. heilac, heilig, asächs. helag, mnd. seminü m. «mancipium», seml f. «persona»
hillich, afries. helich, Mich, Mich, ags. hälig, (dagegen sind apreuß. caymis «Dorf», lit.
engl, holy, anord. heilagr, got. auf einer kienias «Bauernhof», [kaimtnas «Nachbar»]
Kuneninschrift hailag (dafür bei ülfilas weihs, wohl aus dem Germanischen entlehnt), air.
s. weihen); substantivisch der Heilige, mhd. cöim «Heb, wertvoll». Vgl. Zupitza 49. Viel-
heilige, ahd, heilago m. (damit zgs. Heiligen- leicht ist auch der unter Heirat besprochene

schein, m., bei Kl. Schmidt und Campe 1808); Stamm verwandt, heim, adv.: nach Hause,
dazu Heiligkeit, f., mhd. heilecheit, heile- mhd.-ahd. heim, der Akk. Sg. von Heim,
keit, ahd. heiligheit, afries. heliched f.; Titel entsprechend ags. häm, engl, home, anord.
des Papstes, heiligen, v., mhd. heiligen, heim; dagegen der Dat. Sg. von Heim ad-
ahd. heilagon, asächs. helagon, ags. hälgian; verbialisch mhd.-ahd. heime «zu Hause», noch
Heiligung, f., mhd. heiligunge, ahd. heili- in Mitteldeutschland heme (s. daheim), anord.
gunga, ags. hälgung f.; Heiligtum, n., mhd. heima. ABL. Heimat, f. (ohne PI.), mhd.
heilec-, heilictuom n. (auch Reliquie, iusbes. heimote, heimöde, heimöt, heimuote, heimuot
die Reichsinsignien und Reichsheiligtümer), f. n., im 15. Jh. auch heimät, ahd. heimuoti,
ahd. heiligtuom n. ZUS. 1) mit dem Adj. heimoti n., mnd. hemode, heimode n. f. «Vater-
heil in der Bed. «vollständig, ganz»: heilfroh, haus, Vaterland», mit der gleichen Ableitungs-
adj.: ganz und gar froh, in Mitteldeutsch- silbe wie Armut, Einöde; dagegen mit andrer
land, beiThümmel Reise 6, 72. —
2) mit Heil: Zusammensetzung got. haimöpli n. «heimat-
heilbar, adj., mhd. /ie^7fe^^e «Glückbringend»; liches Gut, Erbgut», ahd. heimödil n. «Hei-
im Nhd. «zu heilend» als Zusammensetzung mat»; dazu heimatlich und heimatlos,
mit heilen, 1734 bei Steinbach, heillos, adj., bei Schiller (Campe 1808). Heime, f.
adj., im 16. Jh. ohne körperliche Gesundheit, (PI. -n), gewöhnlich im Dim. Heimchen,
ohne Wohlfahrt, arm, elend, dann in mora- n. (-S, PI. wie Sg.): die Hausgrille, mhd,
j

lischem Sinne böse, abscheulich (bei Luther heime m., ahd. heimo m., ags. häma m., ahd,
1

und 1507 bei Wilwolt 67). heilsam, adj., auch müchheimo m., mhd. mücheime m., noch
'

mhd. heilsam «Heil bringend», ahd. heilesam, Schweiz. Muchheim f. und Heimuch m. (Maaler
I

Adv. heilsarno, and. helsamo «auspicato». Heil- 1561, ahd. heimamuch «gi-illus»), entweder
I
837 Heim heint 838

zu ahd. mühhan «heimlich lauernd anfallen» Seltsamer Naturgeschichten des Schweizer-


(s. meucheln), eig. das im Versteck lauernde landes wöchentliche Erzehlung Nr. 15, S. 57
Heimchen, oder besser zu got. müka- «sanft, Heimwehe n., danach bei Steinbach 1734 Heim-
freundlich» (in mükamödei f. «Sanftmut»); im weh n., femer um 1715 auch Heimwehe f.

Dim, Heymchin 1540 bei Alberus dict. Cc 3, bei Callenbach Wurmland 53. Vgl. Kluge
clev. 1477 heymken n., dafür mhd. heimeltn n., ZfdW. 2, 234. Heimwesen, n., mhd. heim-
ahd. heimili n. heimeln, v.: heimatliche, wesen «Hauswesen».
n.

vertraute Gefühle erregen, schweizerisch (bei Hein in Freund Hein: der Tod, nach
Salis), vgl. anheimeln, heimisch, adj., mhd. alter Ansicht als wohlwollendes freundliches
heimisch, ahd. heimisc «zum Hause gehörig». Wesen aufgefaßt. Erst 1774 von Claudius
heimlich, adj., mhd. heime-, heim-, heinlich, mit der Schreibung Hain eingeführt und
ahd. heimüich «zum Hause gehörig, nicht schnell geläufig geworden, 1778 bei Lessing
fremd, vertraut», dann «fremden Augen ent- 12, 505 Freund Hein, als vriend Hein selbst
zogen, verborgen vor andern» (auch in das Hein ist nd.
ins Neuniederl. eingedrungen.
heimliche Gemach, 1482 im Yoc. theut. o2* Koseform von Heinrich und wie engl, old
heymlich gemache) Heimlichkeit, f., mhd.
;
Harry, the Lord Harry Name des Teufels,
heime-, heimlicheit f. heimseil, v. in eiii- der auch spätmhd. Heyn heißt, 1570 bei
heimsen (s. d.), mhd. heimsen «heimbringen, Agricola Sprichw. 321^Henn «der Teuffei»;
an sich nehmen», ZUS. Heimhürge, m.: ebenso Heinrich und Heinz Kobold-
sind
Üntervorsteher der Gemeinde, mhd. heim- namen, volkstümliche Umschreibungen für
hürge, ahd. heimhurgo m.: in Obersachsen gefürchtete Wesen.
«Leichenbestatter» (Dresdner Leichenordn. Heinrich,Mannsname. Mhd. Hein-, Heim-
von 1686), dazu Heimbürgin f. «Leichenfrau» rieh, ahd. Heimirich, Heim-, Heinrih, zgs.
(kursächs. Reskript von 1773). Heimfall, aus ahd. heim n. «Haus» (s. Heim) und rih
m., 1691 bei Stieler; heimfallen, v., bei (s. -rieh). Sanfter Heinrich im Osterland
Luther und 1540 bei Albenas dict. x 2^. ein gutmütiger, sich viel gefallen lassender
Heimgart(pn, m.: trauliche Zusammenkunft Mensch, dann
langsamer Walzer, auf ein
außei'halb des eignen Hauses, Besuch, auf einem Tanzliede beruhend: in Berlin dagegen
alemann.-bajr.-österreichisch. Gebiete, schon eine Art gemischten Branntweins (Germania
mhd. heim-, heingarte m., auch in urspr. 5, 384). Die Pflanzennamen höser Heinrich :

Bed. «eingefriedigter Garten». Heimkehr, (Orobanche major, Sommerwurz, 1541 bei


f., bei Klinger 6, 20 und Schiller 6, 351. Gesner Catalogus plantanim), großer Heinrich
heimleuchten, v.: die Gäste abends mit (Inula helenium, Alantwurz, bei Nemnich 1794),
Fackeln oder sonstigen Leuchten nach Hause jM^er JEfmncA(Chenopodium bonus Henricus),
geleiten, dann fortprügeln, beides 1775 bei der gemeine Gänsefuß, 1530 bei Brunfels und
Adelung; tadelnd zurechtweisen (Reiskens Bock), stolzer Heinrich (dieselbe Pflanze, bei
Lebensbeschr. 117). heimsuchen, v., mhd. Bock), gehen, wie es scheint, auf die Vor-
(schon im 12. Jh.) heime suochen «besuchen, stellung von Eiben und Kobolden, denen man
feindlich anfallen», urspr. «zu Hause, in seinem den Namen Heinrich oder Heinz beilegte und
Hause aufsuchen»; Heimsuchung, f.: «Be- die Heilkraft jener Kräuter zuschrieb (s. Hein).
such des strafenden Gottes, bei Luther, mhd. heint, adv.: diese (vorhergegangene oder
heimsuochunge f. « Hausfriedensbruch ». Hei m- nächstkommende) Nacht. Mhd. hint, hinat,
tücke, f.: heimliche Hinterlist, bei Klop- hinet und (vielleicht eine Analogiebildung nach
stock 12, 42, fafür bei H. Sachs haimliche heute) hinte (noch obersächs. hinte), unver-
Duck, hemische Duck; heimtückisch, adj., kürzt Mwa/i^, hineht, im 15. Jh. heinacht, heint,
1575 bei Fischart Garg. 91 heimdückisch, 248 ahd. hinaht, entstanden aus einem Kasus eines
heimduckisch. heimwärts, adv.. 1535 im alten Demonstrativpronomens, dessen Reste in
Aimon cheimwerts , mhd. heimtvart, -wert, got. himma daga «an diesem Tage», und hitia
ahd. heimtvartes, heimortes und heimort. dag «bis auf diesen Tag», uyid hita nu «bis
Heimweh, n.: krankhafte Sehnsucht nach jetzt» (Akk. Sg. Neutr.) erhalten sind. Die
der Heimat, ein urspr. schweizensches Wort, Etymologie dieses Stammes ist nicht ganz
1678 in des Basler Arztes Job. Jakob Härder klar. Einerseits stimmt hi-, ho- zu lit. sis,
Dissertatio medica de vocTaX.Yia oder Heim- abg. sl, arm. -s «dieser», alb. si-vjet «in
wehe oder Heimsucht, 1705 in Scheuchzers diesem Jahr», gr. crmepov aus *kjämeron
53*
839 Heinz heiser 840

«heute», anderseits in der Bedeutung vor- ctws« günstig, gütig,


aind. f^vas «lieb, wert»,

trefflich zu lat. hie, vgl. heute und hodie. heilsam». Zu dem Stamm des Wortes ge-
Das Lat. und Germ, könnte man aber nur hört auch wohl Heim (s. d.). Weitere Ver-
unter dem Ansatz von kh vereinigen, vgl. gleiche bei Walde s. v. clvis. ABL. hei-
haben, Hamen. Die Schwierigkeiten sind raten, V., mhd. Mräten, wodurch das gleich-
noch nicht gelöst. Vgl. Bi-ugmann Abh. K. bed. mhd. Miven, hten verdrängt wui'de. Im
Sachs. Ges. d. Wiss. 22, Nr. 6, S. 69 ff. Im 16. —
18. Jh. die Schreibung heuraten, woraus

Deutschen zeigen den Stamm h noch heuer, verkürzt schwäb. heuern «heiraten» (ßchuha,rt
heute, hier (s. d.) und vergleiche her, hin, 2, 254), schon 1523 bei Luther 1. Mos. 38, 8
hinnen. Aus Vermischung mit heute ent- sich verheiren.
stand die Form heunt (bei Maler Müller, heisa! Interj. der Lustigkeit. 1668 bei
1691 bei Stieler und schon 1388 heunt Nürnb. Schuster bestrafte Verleumdung 56 heissa,
Chron. 1, 156, 14). aus hei (s. d.) und sa\ (s. d.), noch bei Wie-
Heinz, kürzender Kosename für Heinrich land 11, 214 hey sal
(s. d.). Mhd. Heinze. Als Name des ge- heisch, s. heiser.
schäftigen Hauskobolds alsdann auf Geräte heischen, V.: abfragen, um etw. anliegen;
angewendet, wie die Wasserhebemaschine im dringend fordern. Mhd. heischen, ahd. (selten)
älteren Bergbau (1562 bei Mathesius Sar. 207* heiskon mit Anlehnung an heißen (s, d.) aus
Heintz). Auch auf Tiere übertragen, z. B. mhd. eischen, ahd. eiscön «forschen, fragen,
als Name des Zugochsen (Frisch 1741), des fordern» (wovon ahd. eisca f. «Frage»); da-
Katers (1595 bei Rollenhagen Froschm. Heinz zu asächs. escon, nndl. eischen, afries. äskia,
der Waldkater, s. Hinz), der wilden Wald- ags.äscian, äxian, enghask, (entlehnt) schwed.
bienen [Waldheinzen 1765 bei Overbeck äska, dän. äske. Urverwandt mit lit. jieskoti,
Bienenwbch.). dem Dim. Heinzel abg. iskati «suchen», armen, aif «Unter-
Zgs. mit
m. (oberd. Name jungen Pferds oder suchung», aind. icchäti «er sucht», die mit
des
Stierkalbs, älternhd. Spielpuppe, Marionette) einem Suffix -sko von einem Stamme abge-
Heinzelmäunclien, n.: Kobold, Hausgeist, leitet sind, der noch in aind. esäs m. «Wunsch,
1540 bei Alberus dict. BB3^ Heintzelmann, Wahl», lat. aeruscäre «bitten» voi'liegt. Nach
Heintzelmenchen, bei Luther Heinzlein, 1646 Analogie von heißen bildete sich im Mhd.
bei Philander 5, 328 Hanselmännerlein PI. und. Älternhd. starke Flexion: Prät. iesch
Heirat, f. (PI. -en): Eingehung der Ehe. und hiesch, Part, geeischen und geheischen
Bei Luther Heyrat f. und meist m., mhd.- (noch bei Goethe 8, 152 geheischen). ZUS.
ahd. Mrät m. und f., urspr. «Zurüstung des Heischesatz, m.: aus einem Satze hervor-
Hausstandes», noch bayr. Heirat m. «Ehe- gehender, ohne Beweis zuzugebender Satz,
vertrag», wetterauisch Heurat m. «Bräuti- Postulat, 1716 bei Christian Wolff Mathemat.
gam in Beziehung auf die Braut»; durch Lex. 1086.
Anknüpfung an heuern (s. d.) «mieten» vom heiser, adj.: rauhen, unreinen Klanges.
16. bis 18. Jh. die Schreibung Heurat (1535 Mhd. heiser (auch unvollkommen, schwach,
im Aimon J 4 Heurath m.). Zgs. mit ahd.- Mangel habend), im 12. Jh. heisir, mittels
mhd. rät m. «Beratung, Verhandlung, Zu- der Ableitungssilbe -er, ahd. -ar (vgl. hitter,
rüstung» (s. Bat) und einem Wortstamm, hager, mager) aus gleichbed. mhd. heis, heise,
der vorliegt in got. heiwafrauja m. «Haus- ahd. heis, heisi; dazu nd. im 15. Jh. hes,
herr», ahd. hiwo m. «Gatte, Hausgenosse», ags. häs, mit r mittelengl. hörse neben höse,
hiwa f. «Gattin», Mun PI. «beide Gatten, engl, hoarse, mndl. heersch neben heesch. Mit
beide Dienstboten», Mwiskin. «Famüie, Haus- Übergang des s in seh md. 1340 heish
gesinde, Haushaltung», huvan «heiraten», ags. (Fundgr. 1, 376^), aus dem Md. bei Luther
hiwan PI. «Hausgesinde», hlreä, Mrd m. und und Geliert 1, 70 heisch, mnd. hesch, heisch,
Mwrceden f. «Familie, Haushalt», hlwisc n. nndl. heesch, und demgemäß im 16. bis ins
«Familie», hlwian «heiraten», anord. hjü, 19. Jh. heischer (1588 bei Tabernämontanus,
hjün PI. «Mann und Frau, Ehepaar, Dienst- noch Lessing 1, 131, Uhland und Rückert).
boten», hyski n. «Hausgenossen, Familie», Die verschiednen Formen erfordern eine
hyhyli PI. «Hauswesen, Haus, Inbegriff der Grundform *hairsa-, vielleicht dui'ch Um-
Hausleute», urverwandt mit lat. clvis m. stellung aus *haisi'a-, für das aber etymo-
«Bürger», ir. cm «Mann», lett. seivai. «Weib», logische Anknüpfung fehlt. ABL. Heiser-
841 heiß Hekatombe 842

keit, f., md. im 14. Jh. haiserhait, Mhd. (fi-änk.-hess.) heister m. «junger Buchen-
im 15. Jh.

haysercJiait, -keit (Diefenb. gl. 485*^). stamm»: dazu mnd. heister, hester «junger
heiß, adj.: empfindlich oder brennend Baum», bes. von Eichen und Buchen, ndl.
warm. Mhd. und ahd. heig: dazu asächs.- heester m., woraus entlehnt franz. hetre, fiiiher
mnd.-afi'ies. het, mnd. auch hot, nndl. heet, hestre m. «Buche», fries. hestei'. Mittels der
ags. hat, engl, hot, anord. heitr, schwed. het, Ableitungssilbe ahd. -tar (s. Holunder, Wach-
dän. hed, im Adv. mhd. heige, ahd. heigo, holder) aus einem Wortstamm, der noch in
asächs. heto, ags. häte. Gleichen Stammes andd. Hesiioald, dem Namen des Höhenzugs
wie Hitze (s. d.), got. heitö f. «Fieber». Ge- an der Euhi-, mlat. silva Caesia, vorliegt.
wöhnlich vergleicht man lit. kaiträ f. «Feuer- Vgl. noch Hellquist Ark. 17, 66.
glut», kaitrüs «Hitze gebend», kaltinti «er- -heit, Ableitungssilbe, die Art und Weise,
hitzen», doch stimmt der auslautende Dental den Zustand, das Wesen, die Gesamtheit be-
nicht (vgl. Zupitza 112), und die Worte könnten zeichnend. Mhd.-ahd. -heit, ags. häd, engl.
aus dem Genn. heiter entlehnt sein. Viel- -hood und -head; dagegen als selbständiges
leicht zu aind. cvindate «glänzt, leuchtet», Wort mhd. heitt «Art und Weise, BeschaflPen-
lit. svidüs «blank, glänzend», d. iveiß, got. heit, Stand», ahd. heit m. f. «Art, Geschlecht,
heits mit idg. Schwund des w. ZUS. Heiß- Stand, Person», noch wetterauisch ledige)' Heit
hunger, m.: brennender, unwiderstehlicher «im ledigen Stande»; dazu asächs. hed m.
Hunger, bei Krämer 1678; davon heiß- «Stand, Würde», ags. häd m.« Art, Geschlecht,
hungrig, adj., bei Opitz (1629) 1, 128. Person, Inbegriff von Personen», anord. heidr
Heißsporn, m.: stürmischer Hitzkopf zur m. «Ehre, Würde», got. haidus m. «Art,
Tat, eingeführt durch Schlegel Shakesp. Hein- Weise». Gleichen Stammes wie heiter (s. d.),

rich IV. 1. Teil, nach engl, hotsjpur. anord. heid n. «wolkenloser Himmel», genau
^heißen, V. (Prät. hieß, Konj. hieße, Part. entsprechend aind. Ä;e#r/sm. «Lichterscheinung,
geheißen): ausdrücklich wozu antreiben (mit Helle, Bild, Erkennungszeichen», dazu aind.
Akk., derpativ erst im 18. Jh.); einen Namen cetati «nimmt wahr». Vgl. -keit.

geben oder führen. In beiden Bed. mhd.


heiter, adj.: rein an Licht, hell, klar;
heilen, ahd. hei§an (Prät. hia§, hieg, Part. angenehm stimmend und gestimmt (1741 bei
hei^aii) dazu asächs. hetan, nndl. heten, afries. Frisch, doch schon 1510 bei Keisersberg Sieben
;

heta, ags. hätan, anord. heita, schwed. hetta, Schänden h 6^ «ruhig, von Leidenschaft frei»,
dän. hede, got. haitan (Prät. haihait) «nennen, ausgehend von der Bed. «klar», z. B. heiter
rufen, einladen, befehlen» und im Pass. Jiai- reden 1556 bei Frisius 789^). In urspr. Bed.
tada «ich werde genannt, heiße», wie ags. mhd. heiter, ahd. heitar «hell, glänzend, wolken-
hätte Präs. und Prät. «ich heiße, ich hieß». los»; dazu asächs. hedar, ags. hädor', anord.
Im Prät. ndrhein.-md. im 12. Jh. hei§, wie heidr, schwed. heder, dän. häder; urvei^wandt
noch heute wetterauisch heiß] die ahd. ein- mit ablautendem aind. citräs «glänzend»,
fache Form des Part. Prät. hei^an, mhd. awest. cipra- «hell, bunt», (mit s im Anlaut)
heilen, klingt noch in Verbindung mit dem lit. skaidriis «hell, klar». Das Wort ist
Hilfszeitwort haben durch, z. B. er hat ihn eigentlich eine Ableitung von -heit (s. d.).
gehen heißen. Ein in Form und Bedeutung ABL. Heitre, f.: Klarheit, Helligkeit, mhd.
genau entsprechendes Wort liegt in den ver- heitere, heiter f., ahd. heitert f.; bei Klop-
wandten Sprachen nicht vor. Je nachdem, stock 1773 auch wie Äthe>' (s. d.) gesetzt.
was man als ursprüngliche Grundbedeutung heitern, V.: in auf-, erheitern, mhd. heitern,
ansetzt, kann man vergleichen: abg. cediti ahd. heitarön, asächs. hedron. Heiterkeit,
«seihen», lit. skiesti «scheiden», gr. cxi^eiv f., mhd. heiterkeit f.
«spalten», also urspr. «unterscheiden», oder heizen, V.: heiß machen. 'Mhd.-ahd. heizen
lat. caedere «hauen», Grdb. «mit einer Marke neben heilen (vgl. heizen): dazu ndl. heeten,

versehen». Beides unsicher. Vgl. Uhlenbeck ags. hcetan, engl, heat «heizen», anord. heita,
Btr. 30, 287. «heiß machen, sieden;. Davon Heizer, ra.,
"heißen, s. hissen. 1691 bei Stieler. Heizung, f., ebd.
Heister, m. (-.§, PI. -n): junges, stabartig Hekatombe, f. (PI. -n): großes, feier-
emporgeschossenes Buchenstämmchen. 1663 liches Opfer, urspr. von 100 Rindern oder
bei Schotte!, 1775 bei Adelung als nieder- Widdern. 1756 bei Wieland Cyrus 2, 298,
sächsisch, auch noch in Hessen gebräuchlich. aus gr.-lat. hecatombe, gr. iKaTÖußn f., zgs.
843 Hektar hell 844

mit ^Kaxöv «hundert» und -ßn, das zu ßoöc Prät. half, PI. hulfun, Konj. hulfi,, Part, gi-
«Rind» gehört. holfan, das Prät. im 17. Jb. auch half (Stieler

Hektar, m. n. {-s, PI. -e)-. Bodenflächen- 1691), der Plur. noch bei Luther wir hülfen,
maß von 100 Ar oder 10000 Quadratmetern. neben sie holfen (1. Chron. 13, 12), ir Imlft
1868 gesetzlich aufgenommen aus franz. hec- (Richter 12, 2), 1580 bei Wui-stisen Basl.

tare m., zgs. aus gr. ^kotöv «hundert», und Chron. 201 sie halfen; dazu asächs. helpan,
Ar (s. d.). mnd. und ndl. helpen, afries. helpa, ags. hel-

hektisch, adj.: schwindsüchtig, auszeh- pan, engl, help, anord. hjalpa, schwed. hjälpa,
rend. Im 18. Jh. (Goethe 27, 202), aus gleichbed. dän. hjälpe, got. hilpan. urverwandt mit,
gr.-mlat. hedicus, gr. ^ktiköc, urspr. «eine aber mit unregelmäßiger Lautverschiebung,
Eigenschaft, einen bleibenden Zustand habend». lit. selpiii «ich helfe», selbiuos (?) «suche mir
hektographieren, V. vervielfältigen. Von zu helfen», pasalpä f. «Unterstützung». ABL.
:

gr. ^KOTÖv «hundert» und Ypoiqpeiv «schi'eiben». Helfer, m., mhd. helfcere, helfer, ahd. hei-
Bildung der neuern Zeit. färi m.; dazu mndrhein. helpere, mnd. helper;
Hektoliter, n. wie Sg.): 100 Helfershelfer, m., im 15. Jh. helffershelffer
m. (-s, PI.

Liter. 1868 gesetzlich aufgenommen aus franz. m. «Mithelfer im Streit, Streitgenosse» (1412
hectolitre m., zgs. aus gi\ dKaxöv «hundert», beiHaltaus, 1449 bei Janssen Reichscorr. 2, 106).
und Liter (s. d.). hell, adj.: schallend, hoch klingend lichter
Die deutsche Benennung ;

für Hektoliter ist Faß n.Farbe; augenscheinlich, offenbar ((Zie helle War-
Held, m. {-en, PI. -en): mutvoller, aus- heit, 1642 bei Armatus Rettung der edlen
harrender Kämpfer; der Mittelpunkt einer teutschen Hauptsprache B 1^). Mhd. hei
Begebenheit (im 18. Jh., z. B. bei Wieland «tönend, laut, glänzend, licht», erst im Nhd.
19, 283, aber noch von Schönaich 1754 ab- auf Farben übertragen, die sich dem Weiß
gelehnt). 1. Bed. mhd. Jielt, im 12. Jh.
In der nähern (1691 bei Stieler hellbraun), ahd. hei
helit, helet m., PI. helide, helede (fmher kommt «tönend» (nui- in gihel, unhel, missahel).
das Wort im Hochd. nicht vor) dazu asächs. : Gleichen Stammes wie Hall (s. d.) und mhd.
lielith, Jieliä m. «Mann», mnd. lield, ags. hoß- hellen, ahd.-and. hellan «ertönen». Dazu wohl
lep, heleß und hcelem. «Mann, tapfrer Kämpfer», noch anord. huellr «hell, laut», und mit an-
anord. höldr und halr m. «Mann». Wohl zu laut. -s nschwed. shwella «^viderhallen», anord.
ir. calatJi, kymr. caled «hart». Anders Sobnsen skual «Plauderei» und aus andern Sprachen
KZ. 34, 548. Held hatte urspr. starke Flexion, gr. KeXaboc m. «Getöse», Ka\eiv «rufen», lat.

mhd. Gen. heldes, PI. helde, der Gen. Heldes caläre «ausrufen», lett. kaföt «schwatzen»
noch bei Eabener Sat. 4, 10, der Akk, Sg. u. a. Vgl. Walde s. v. GewöhnHch wird
Held bei Luther, Lessing 1, 207 und Schiller auch holen (s. d.) hierhergestellt. In schwacher
1, 344 und 347; erst in der zweiten Hälfte Form helle im 15. Jh. bei Diefenb. gl. 95°
des 14. Jh. taucht einzeln der schwachbiegende und 542'', noch bei Goethe 1, 196, Rückert
Plur. Helden auf, und die schwachen Formen Ged. 289; das Adv. mhd. helle, noch bei
überwiegen schon zu Anfang des 16. Jh. ABL. Uhland Ged. 817 helle. Die hellen Tränen
Heldin, f., md. im 13. Jh. heldinne f. ZUS. (1561 im Amadis 1, 92 die hellen Zäher),
Heldenbuch, n., im 15. Jh. helden buch urspr. die «lichten, blinkenden». De/" helle
(Gödeke Gr. - 1, 274). Heldengedicht, n., Haufe, im 16. Jb. «das durch lautes Geräusch
1669 bei Grimmeishausen Simpl. 262. helden- und Waffenglanz weithin bemerkbare Haupt-
haft, adj., 1691 bei Stieler. heldenmäßig, heer» (bei H. Sachs 10, 109 der hell Häuf),
adj., 1673 bei Weise Erzn. 99. Heldenmut, danach bildlich mit, in hellen Haufen (1624
m., 1642 bei Duez vmd 1657 bei Schuppius bei Opitz Werke 231 mit heuern Haufen).
267;heldenmütig, adj., 1691 bei Stieler. ABL. Helle, f.: Helligkeit, mhd. helle f.
Heldensage, f., bei Goethe 28, 143. Helden- hellen, v. hell machen (nur in auf-, er- :

tat, f., 1664 bei Duez. Heldentum, werden, mhd. hellen, bei Goethe
n., hellen); hell
bei Wieland Musarion 18. 3, 3 sich hellen. Helligkeit, f., 1537 bei
helfen, v. (Präs. helfe, hilfst, MIß, Prät. Dasypodius. ZTJS. Hellseher, m.: der
half, Konj. Mlfe, auch wie älternhd. hülfe, Seher verborgner Dinge auf übernatüi-lichem
Part, geholfen): sich tätig annehmen; tätig (magnetischem) Wege, 1710 bei Gottschling
unterstützen, fördern. Mhd. helfen, ahd. Gracians Criticon 3, 163 nach dem franz.
helfan (Präs. hilfu, hilfis und hilfist, hilfit, dairvoyant.
845 Hellbauk Hemd 846

Hellbauk, s. Hölle. hilms m. Gleichen Stammes wie ahd. helan


Hellebarde, f. (PI. -n)-. Spieß mit Beil- «verbergen, bedecken» [ä. hehlen), urverwandt
eisen zum Hauen und Stechen. Mhd, und mit aind. gärma n. «Schutz»; aus dem Ger-
nocli im 16. Jh. helmbarte, dann abgeschwächt manischen entlehnt abg. slemü m. (daraus
h^ln-, hellen-, helbarte f., d. h. Barte (s. ^Barte) lit. Palmas m.) «Helm», ferner ital.-altspan.-
zum Durchhauen des Helmes im Kampfe, port. elmo, franz. heaume, afranz. hehne, ebne
aber nicht zgs. mit Hehn «Stiel» (s. d.), den m. «Helm». ÄBL. helmen, v., nd. 1420
jede Barte hat. Aus dem Deutschen ent- helmen «einen Helm aufsetzen» (Diefenbach
lehnt gleichbed. franz. hallebarde, ital.-span.- gl. 256 ^j, mhd. gehelmet Part.

portug. alabardaf., hieraus Schweiz, im 16. Jh. "Helm, m. n. {-es, PI. -e): Stiel eines
Halleharte, -parte. Davon Hellebardier, Hauwerkzeuges. Um 1480 im Yoc. ine. teut.
m. (-S, PI. -e). 1597 bei Gilhusius Gramma- k 8^ (Diefenbach gl. 104^) heim neben helb,
tica 124 Hellpartirer, noch franz. haXlebardier, mhd. halm, halme m. neben halp, help m.
Span, alabardero m. «Hellebardenträger». (PI. helbe), spätahd. halbe, helhe m. neben
Heller, m. {-s, PI. wie Sg.): kleinste ahd. halap, halp m. «Stiel, Handhabe», noch
Kupfermünze, iihd. hallcere, haller, heller, bayi". Axthalh m. f. in der Bed. von hochd.

häller m., mit Auslassung des Wortes Pfennig Axthelm (s. d.); dazu mnd. helve, helf, lielft
st^att (1359) hale^' phenning, mlat. (denarius) n. «Handgriff, Stiel». Gleichen Stammes ^vie

Halfter (s. d.). Davon verschieden ^Helm,


Hallensis, d. h. zu Schwäbisch-Hall geprägter
Pfennig. Dagegen gleichbed. mhd. und mnd. m.: Griff des Steuerruders, dann das Steuer-
hellinc, ist aus mhd. helbe-
ahd. JiaUing m. ruder selbst. Xd,-ndl. hehn m., dazu ags.
linc, m. «halber Pfennig» gekürzt.
helhlinc helma m. «Steuerruder», engl, heim «Steuer-
heilig, adj. abgemattet, müde, abgezehrt,
: ruder», anord. hjalm f. «Griff des Steuer-
ganz ausgedorrt; leer oder blöde im Magen, ruders, Ruderpinne»; 1757 in Eggers Kriegs-
hungi-ig und durstig (Yoß Luise 2). In der lex. 1, 1182 «Helm, der Knopf, der am Griffe
l.Bed. mh4. hellic.hellec, in der 2. frühnhd.; des Steuerruders befestiget ist, es wird auch
mnd. heilich in beiden Bed. Das Adv. hellig für den ganzen Griff genommen», danach
'^

bei Luther Jer. 2, 25. Abgeleitet von dem scheint das Wort gleichen Stammes mit Helm
mhd. Adj. hei «körperlich nicht kräftig, am zu sein, vgl. ags. heim «Kopf heim und Baum-
Körper dünn, dürftig», niederhess. hal, hol spitze, Wipfel».
«abgemagert,
O O 7
mager,
O trocken,7 dürr,7 aus-
7
hem, Literj. des Räusperns, des Bedenkens.
trocknend», z.B. Hehlsau «mageres Schwein». Als räuspernder L^ut schon 1519 bei Mumer
Dazu ndd. hal, ndl. haal «trocken» und lett. Geuchmatt 3328 und 4852 hem, hem.
kalstu. kalst «vertrocknen, verdorren», kalss Hemd, n. {-es, PI. -en): unmittelbar den
«mager», Äa Zfe^ Leib bedeckendes Kleidungsstück. Mhd. he-
«trocknen» (Zupitza 113). Da-
von heiligen, v. in ah-, hehelligen, mhd. mede, hemde n., ahd. hemidi n. «langes Haus-,
helligen, hellegen « durch Verfolgung ermüden, Unterkleid», dann in heutiger Bedeutung;
stören, plagen, quälen», mnd. helligen «er- dazu and. hemithi n. «camisia», afi-ies. he-
müden, quälen». methe, hamede, ags. heme^e n. diminutive
Helling, f.: die zum Wasser geneigte Ableitung (wie ahd. jungidi, mhd. jungede
Ebene auf der Schiffswerft, dann die Wei-ft n. «Junges von Tieren») von ahd. hämo m.
selbst. Mnd. helling f., von mnd.-mhd. helden «Hülle» (nur in Uhliamo «Leichnam», s. d.),

«abschüssig geneigt sein», ahd. heldan, asächs. asächs. hämo m. «Hülle, Kleid» (in güdhamo
in afheldjan «zu Ende kommen», ags. hyl- « Kampf kleid», fedarhamo «Federkleid der
dan, heldan «sich neigen», anord. halla. Zu Vögel, des Engels»), nd. ham-, liamel «Nach-
Halde (s. d.'). geburt» (Kindeshülle), ags. huma m. «Kleid»,
hellsch, s. höllisch. hamr m. «Hülle, Haut, Balg, äußere
anord.
^Helm, m. {-es, PI. -e): hohe metallene Gestalt», (mit s- Ableitung) hams m. «Hülse,
Schirmbedeckung des Kopfes; das obere runde Schlangenbalg, Fruchtschale», got. nur in
Dach am Kirchturm (1561 bei Maaler). Li gahamön «bekleiden», afhamön «entkleiden»;
urspr. Bed. mhd. -ahd. heim m.; dazu nd.- dazu gall.-lat. im 5. Jh. camisia f. «leinener
ndl.-afries.-ags. heim m. (im Ags. auch «Be- Überwm-f, Hemd» (woraus altir. caimmse
schützer, Hülle»), engl, heim, helmet, anord. «Hemd», ital. camicia, camiscia, span.-port.
hjalmr m., schwed. hjälm, dän. hjelm. got. camisa, franz. chemise f. «Hemd», afranz.
847 hemi- hepp! 848

canse, cainse «Chorhemd»), camisia ent- hänge. Bei Luther (l. Kön. 22, 34 u. 2. Chron.
stammt aber wohl dem Germ. Vgl. ^ Hamen. 18, 33), aber erst in der zweiten Ausgabe
Älternhd. mit eingeschobenem h Hembde, des Jahres 1541 von Luthers Bibel (vgl.

Henibd, im 16. und 17. Jh. (Zimra. Chron.. Mathesius Luther 1566 Bl. 164^). Mhd. hengel
Krämer 1678) und noch in oberd. Mundarten m. «das Hängende, Hängsei», ferner «woran
Hemmat, Hemmet, thür. Hemme, schwäb.- etwas gehängt wird, Eisenhaken», im Md,
schweiz. Hemh, bei H. Sachs Hern, Hemm. «Türangel». Abgeleitet von hangen (s. d.).
Der Plur. lautet mhd. hemde, bei Luther Hengst, m. (-es, PI. -e) unverschnittenes :

Hembde (Rieht. 14, 12), noch bei Stieler 1691 männliches Pferd. Diese Bed. seit dem 15. Jh.
Hemde, vom 16. bis ins 18. Jh. Hemhder, (um 1480 im Voc. ine. teut. 1 5*^ hengst «equus
Hemder (noch bei Zachariä Phaeton 1, 34 non castratus», Anfang des 15. Jh. admissarius,
und 3, 15, Voß Tausend u. e. Nacht 4, 255, stüt hengst bei Diefenbach gl. IS''), dagegen
mhd. hemder (der
Schiller 4, 18), schon 1400 mhd. hengest, hengst, ahd. hengist m. «ver-
heil, Könige Buch, Gießener Handschr.
drei schnittenes männliches Pferd, Wallach» (noch
39^), im 18. Jh. durch die schwache Form bayr.), dann im Mhd. «großes Pferd über-
Hemden (Adelung 1775) verdrängt, haupt». Als älteste Form bietet die Lex Sa-
henii- in Zusammensetzungen, meist aus dazu mnd, hingest, hengest m.
lica hangisto:
neuerer Zeit, «halb», aus gleichbed. gr. fiiui-. «Pferd», dann «männliches unverschnittenes
Hemisphäre, f. (PI.-«): Halbkugel. 1786 Pferd, Streitroß», afries. hängst, hengst, hingst
bei Hemisphäre f., 1784 bei
Schiller 4, 112 m. «männliches Pferd», ags. hengestm. «männ-
Herder Ideen 1, 1, 7 Hemisphär n., bei Les- liches Pferd », anord. hestr m. «Hengst, Pferd»
sing 5, 342 noch Hemisphärium n. Aus gr.- überhaupt, schwed. hast, dän. hest «Pferd»,
lat. hemisphaerium n.,von gr. riini- und ccpmpa f. während schwed. -dän. hingst «Hengst» aus
«(Erd-, Himmels-) Kugel». dem Deutschen entlehnt ist. Das Wort sieht
hemmen, v.: nicht weiter lassen. Md. aus wie ein Superlativ und könnte zu lit.
im 14. Jh. hemmin «zurückhalten, verhmdern», sankmti «springen machen, sprengen» gehören.
spätmhd. im 15. Jh. hemmen «fangen, fesseln», «der beste Springer».
Also eig. Als Kom-
hamnen «fangen» (Weist. 1, 102), 1578 bei dazu vielleicht lat. canterius «Wal-
parativ
Fischart Ehz. M
1^ hämmen «fangen», 1562 lach» aus *cancterius. Vgl. Walde,
bei Mathesius Sar. 217*^ hemmen «hindern», H-eukel, m. {-s, PL wie Sg,), um 1480
neben mhd. hamen «aufhalten, hindern»; da- im Voc. ine. teut. i 4* henckel, Var. hengel,
zu anord. hemja (Prät. hamda) «hemmen», 1664 bei Duez Henckel; wovon henkeln,
schwed. /?,ämma, dän. hemma «imZaum halten». V. mit einem Henkel vex'sehen, 1734 bei
:

Salfränk. ist chamian «drücken, pressen» be- Steinbach. Von henken, v.: aufhängen,
legt. Wenn dies die ursprünglicheBedeutung mhd. henken (Prät. hancte), ahd. henchan
ist, kann man kamüoti «zusammenpressen, (Prät. hancta, hangta), neben ahd. hengan
lit.

stopfen», fcms^i «stopfen», Äamsa f., «Stopfung» «hängen» (s. d.). ABL. Henker, m, (-s,
vergleichen. Vgl. Zupitza 108. Aus dem PI. wie Sg.), mhd. henker m., daneben auch
Griech. kann hierher Krmöc m. «Maulkorb» hangcere und hdhoere, häher m.: damit .zgs.
gezogen werden. Andre stellen es zu anord. Henkersknecht, m., 1664 bei Duez;
hörn f. «Schenkel» und denken an das Fesseln Henker(s)mahlzeit, f., letztes Essen des
des Viehs. Vgl. hemill «Stück zum Binden zum Tode Vei'urteilten, 1699 bei Besold The-
des weidenden Viehs an den Schenkeln» und saurus 2, 293*>, Henckermol 1575 bei Fischai-t
hafa hemil ä «jem. im Zaume haben». Vgl. Garg. 68, übertr. «die letzte Mahlzeit vor
auch lat. pedica f. «Fessel» von pes «Fuß». einem unangenehmen Ereignisse», 1669 bei
ABL. Hemmnis, n., selten auch f., im Grimmeishausen Simpl. 58 Hencker-Mahl.
19. Jh. (1833 bei Jahn Merke z. d. Volks- Henne, f. (PI. -n)-. das weibliche Huhn.
tum 165). Hemmnng, f., 1678 bei Krämer. Mhd. henne, ahd, henna f., woneben hanin.
ZUS. Hemmkette, f., 1540 bei Alberus henin und heninna f,; dazu mnd, henne, hinne,
dict. e 2^ Hemmketten f. Hemmschnh, m.: ags, henn, engl, hen, mit Ablaut anord. höena
schuhartige hemmendeVorrichtung am Wagen- f. «Henne», schwed. höna, dän. hone. Femi-
rade, 1566 bei Mathesius Luther 92, 25 (1576 ninbildung zu Hahn (s. d.). '

Bl. 40^) Hemschuch. Hepe, s. -Hippe.


Hengel, m. (-s, PI. wie Sg.): Wehrge- hepp! hepphepp! Interjektion. Zuruf
849 Heppe Herbarium 850

an Zugtiere, einen Fuß aufzuheben und Lock- suchen. Von dem Adj. heraldicus auch He-
iTif für die springende Ziege. Dann Spott- räldiker, m. und heraldisch, adj. (bei
mf für die Juden seit 1819. Vgl. Hipplein. Goethe 27, 304).
Heppe, f.: Ziege, s. Hipplein. Herauch,
m. (-es, selten PI. -e): der
her, demonstratives Pronominaladverb: in bläulich-weiße oder bläulich-rote nebelartige
der Richtung zu dem Sprechenden. Mhd. Dunst bei trockner Luft und heißem Wetter.
here, hei' «hierher», ahd. hera, am Oberrhein 1579 bei Mathesius Postilla3, 38^ Hehrauch,
und in der Schweiz liara, ebenda mhd. und 1680 bei Lohenstem Sophonisbe 369 Häge-
älternhd. har (s. har), volltönig erhalten in rauch, bayr. Hairauch, Haidampf, Hainebel
dem jetzt veralteten, zuerst in der zweiten ra. und Gehai n. (Österreich. Kai u., Schweiz.
Hälfte des 16. Jh. erscheinenden -Jiero (an-, Gehei m. «Hitznebel, Föhndunst»), abgeleitet
his-, dahero), abgeleitet von demselben Pro- von ahd. hei «heiß, dürr» (Steinmeyer-Sievers
nominalstamm wie heute, heint (s. d.); dazu ahd. Gl. 1, 268, 28), hess. 1464 heye, 1476
got. hiri «komm hierher»! ZUS. herab, hege «trocken» (Frisch 1, 396^), noch ober-
adv., mhd. her abe, dagegen älternhd. heräber hessisch/iei, heie, heige, hege «trocken», schwäb.
ist gekürzt aus mhd. herabher «von —
her»; gehai «düiT, ausgetrocknet, dunstig bei war-
herablassen, v. refl.: zu einem Niedem mem Wetter», Schweiz, gehei «dunstig, tmbe»),
gnädig abwärts steigen, 1716 bei Ludwig; ahd, hei, gihei n. und mhd. gehei, geheie n.
herabsetzten, V.: geringer machen an Wert «Hitze, Brand», ahd. arheigen, erheien und
usw., 1757 bei Rabener Sat. 4, 60. heran, mhd. heien «brennen». Umgebildet, da der
adv., im 17. Jh. (bei Fleming 472 vom J. Dunst besonders gegen Höhen hin sichtbar
1638, gekürzt rane 1601 bei Adrian Mitteil. ist, 1784 im Teutschen Mercur 2, 3 Höhen-
377), dafür im 16. Jh. anher. herauf, adv., rauch, bei Goethe 30, 53 Höherauch, 1851 bei
mhd. her üf, ahd. hera üf, hara {(f. heraus, Freiligrath neue pol. Ged. 2, 35 Höhrauch,
adv., ahd. herq m^, älternhd. heraußer ge- in Westfalen und Fnesland Haarrauch,
kürzt aus heraußher: herausfordern, v.: nebhger Rauch, der von dem Brande eines
zumKampfe fordern, 1590 beiDedekind christl. Moores entsteht (Immermann Münchhausen
Ritter 39*»; herausnehmen, v. refl.: sich 3, 100 und 108, zuerst in einer Verordnung
ohne Befugnis eine Freiheit nehmen, 1663 Ernst Augusts von Osnabrück vom 20. April
bei Schuppius 650: herausstreichen, v.: 1720, von westfäl. Haar f. «Höhe», s.'Haar):
lobend hervorheben, bei Luther 6, 546^, ferner Hecrrauch 1796 bei Adelung und
H. Sachs Fastn. 52, 83. herbei, adv., bei bei Goethe Naturw. Sehr. 1, 64 Heidenrauch
Luther er hei (2. Mos. 16, 9). herein, adv., 1586 bei Rudolph Zeitbüchlein M
2^, Heide-
mhd. her m. herfür, adv., mhd. hei- für rauch 1788 bei Musäus Volksmärchen 2, 44.
«hei-vor» (s. d.), heute nur noch altertüm- heraus, s. hei:
lich und mundai-tlich. hergegen, adv., volks- herb, adj.: rauhscharf empfindlich, rauh-
tümlich herentgegen, mhd. her engegene. her- scharf zusammenziehend (von Geschmack).
nach, adv., mhd. her nach, ahd. hera näh, Md. im 14. Jh. herbe, mhd. hare, har und
hara näh «nach diesem, nach dieser Zeit». hei'e, her, flekt. harewer, harwer und here-
hernieder, adv., mhd. her nider, ahd. hera wer, herwer, im 15. Jh. harb; dazu mnd.
nidar, hara nidar. herüber, adv., spätahd. herwen «herb machen». Vielleicht gleichen
hara (hera) ubere. herum, adv.: im Kreise, Stammes wie Harm (s. d.) und das Adj.
hier- und daher, da- und dorthin, mhd. her asächs. härm, ags. hearm, herm «verletzend,
umhe, her umb, vgl. umher, herunter, adv., kränkend, schmerzlich». Vielleicht aber zu
mhd. herundei\ hervor, adv., erst im 16. Jh. einer Sippe, die «kratzen, scheren» bedeutete,
spärlich auftauchend, im. Mhd. her vür, vor vgl. Keipeiv, ahd. skeran «scheren», lit. karths
1122 here füre, ahd. hara furi. herwärts, «bitter», aind. kapus «scharf, beißend» u. a.
adv., mhd. herwert, herzu, adv., mhd. her Vgl. Brugmann Idg. Forsch. 15, 97. ABL.
zuo, ahd. (bei Notker) hera zua, hara zu. Herbe, f., spätmhd. herwe, herbe f. Herbig-
Heraldik, f.: Wappenkunde. 1728 bei keit, f., 1664 bei Duez. herblich, adj.,
Sperander. Aus dem Fem. des neulat. Adj. 1741 bei Frisch. Herbling, s. Herling.
heraldicus, abgeleitet von mlat. heraldus m. Herbarium, n. (-s, V\. Herbarien): Samm-
«Herold» (s. d.); die Herolde hatten bei lung getrockneter Pflanzen. Aus gleichbed.
Turnieren und Festen die Wappen zu unter- lat. herbärium n. von hei'ba f. «Kraut, junge
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 54
;

851 herbei Herkommen 852

Saat». 1727 bei Sperander herharium vivum, reitete Unterlage) für das Feuer», noch Schweiz.
erst 1813 bei Campe Herharium. Herd m. «Erdreich, Boden»; daneben ahd.
herbei, s. her. dazu asächs. herth m. «Feuerherd»,
herda f.;

Herberge, f. (PI. -n) Ort und Haus zum nndl. heert, haard, afries. herth, hirth, ags.
-.

Übernachtbleiben für Fremde. Mhd. herherge heorp m., engl, hearth «Herd». Die Herkunft
f. in dieser Bed., ahd. heriberga f. «ein das ist unbekannt. Die beiden Bedeutungen
Heer bergender Ort, Heei--, Feldlager», dann «Boden» und «Herd» lassen sich vereinigen,
«Haus zu Lagerung, zu Übernachtung»; da- da der ursprüngliche Herd nichts andres als
zu and. heriberga f. «Herberge», mittelengl. der Boden war, und so könnte man Verwandt-
her eherge «Herberge», engl, harhour «Her- schaft mit gr. KpÖToc m. «Schlagen», lit. kertü
berge, Zufluchtsort, Hafen», (entlehnt) anord. «schlage heftig» annehmen, also Herd «das
herhergi n. «Ort zum Übernachten, Wohn- Festgeschlagne». Ist aber die Bedeutung
stätte». Aus dem Germanischen entlehnt «Herd» urspiünglich, so kann man an Ver-
afranz. herherge «Heerlager», nfranz. auherge bindung mit got. haüri n. «Kohle» u. a. denken.
f. «Gasthof, Herberge», heberge f. «die Höhe Vgl. Zupitza 114 und Walde s. v. carho.
eines Gebäudes, der Endpunkt einer gemein- Herde, f. Menge beisammen be-
(PI. -w):
schaftlichen Mauer», altspan.-ital. albergo m. findlichen Viehes. Mhd, hert f., ahd. he7-ta f.
«Herberge». ABL. herbergen, V., mhd. dazu ags. heord, engl, herd, anord. hjörd,
herbergen, ahd. herihergöti «ein Lager schlagen, schwed.-dän. hjord, got. hairda f.; aus dem
Feldlager haben», (zuerst im 12. Jh.) «Nacht- Germanischen entlehnt afranz. herde «Herde,
lager nehmen»,im Mhd. auch «Wohnung geben, Rudel», a{rn.nz.harde f. «Rudel». Urverwandt
beherbergen», mnd. herbergen «beherbergen mit aind. gärdhas m. «Schar», awest. sardäa- n.
und Herberge suchen». «Art, Gattung». Daneben steht aber mit
Herbst, m. {-es, PI. -e)-. die Jahreszeit Guttural statt Zischlaut lit. kerdz'us m. «Hirt»
von der späten Tag- und Nachtgleiche bis und abg. creda f. «Reihe, Tagesfolge, Herde»,
zum kürzesten Tage; die Ernte (Schiller 11, dessen erste Bedeutung in ahd.Äerto «Wechsel»
63), bes. die Weinernte (mhd.). Mhd. herbest, wiederkehrt. Vielleicht sind diese aus dem
herbst, ahd. herhist m.; dazu mnd. hervest, Germanischen entlehnt, wenigstens in der
nndl. herfst, herft, ags. heerfest m., engl. Bedeutung «Herde», und ahd. herta, abg.
harvest (auch Erate), anord. haust n., schwed.- creda «Wechsel» ist davon zu trennen. ZUS.
dän. höstm.. «Herbst». Wohl von einem Stamm Herdenmensch: Schlagwort, von Nietzsche
gebildet, der vorliegt in gr. Kapiröc m. «Frucht», 1869 geprägt.
KopiTiZieiv «ernten», KpdüTTiov n. «Sichel», lat. herein, herfür, hergegen, s. her.
carpere «pflücken», lit. kifpti (Präs. kerpu) Hergang, m.: Verlauf, 1775 bei Adelung
«scheren», karptti «mit der Schere schnitzeln», als oberdeutsch; das Zeitwort hergehn «ver-
aind. krpänas m, «Schwert». Also ein alter laufen» 1647 bei Rompier Reimgetichte 75
Superlativ «am besten zu schneiden», wobei es geht hart her.
wahrscheinlich «Mond» zu ergänzen ist, so Hering, m. (-s, PI. -e): der Salzfisch
daß das Wort kein eigentlicher Jahreszeiten- clupea harengus. Mhd. herinc, md. im 14. Jh.
name wäre. ABL. herbsten, v.: ernten häring, ahd. härinc und herinc m.; dazu and.
(Pauli Schimpf 93 ^), insbes. Weinlese halten, hering, nndl. haring, afries. hereng, ags. hcering
mhd. herbisten (Behaim Ev. Luk. 6, 44). m., engl, herring, mlat. im 6. Jh. haringus.
herbstlich, adj., 1541 bei Frisius 114*», nd. Dafür anord. sild f., schwed. sill, däh. sild.
1420 arfstelic bei Diefenb. gl. QS^. Herbst- Aus dem Gei-manischen entlehnt franz. hareng
Hng, m.: derBlätterschwamm agaricus m., ital. aringa f., span.-port. arenque m. Die
deliciosus, Reizker, 1775 bei Adelmig; 1691 Form herinc sieht aus wie eine Ableitung
bei Stieler «im Herbst gebornes Vieh» und von ahd, heri n. «Heer», also «der in Scharen
«später Apfel». ZUS. Herbstmonat, m., ziehende Heerfisch», während ahd. härung
mhd. herbestmänöt, als Name des Septembers Umdeutschung aus lat. halec «Fischlake, Salz-
ahd. herhistmänöt m. Herbstzeitlose, f., fisch» vermuten läßt. Aber es kann auch
1775 bei Adelung, s. Zeitlose. ganz etwas andres in dem Namen stecken.
Herd, m. (-es, PI. -e)-. Feuerstätte zum Herkommen, n.: Abstammung (Luther
Kochen im Hause. Mhd.hertm. (Gen. herdes), 5,3^); Gewohnheit, Brauch (1452 bei Janssen
ahd. herd m. «Erdboden», dann «Boden (be- Reichskorr. 2, 118 nach altem herkommen).
,

853 Herling Herr 854

Herling, m. -e): um-eife Traube der für den Vater der Alchimie ( philo Sophia
(-s, PI.

aus später Blüte. Bei Luther Heerling, mlid. hermetica) gehalten wurde».
herlinc m.., entstanden aus Herhling (Frisch hernach, hernieder, -hero, s. her.
1, 445* «von herb, weil die Zähne davon hernehmen, v.: tadeln, eig. vor sich
stumpf werden»). zitieren (vom Richter). 1626 bei Zincgref
Herlitze, f. (PI. -n)-. die Hornkirsche. Apophth. 1, 170.
1557 bei Lonicer und 1578 bei Frischlein Xom. heroisch, adj.: heldenhaft, heldenmütig,
Kap. 19 Hei'litze, 1561 bei Cordus Herlitzen- heldenmäßig. 1616 bei Albertinus Lucifer 5,
haum, ahd. arliz-, erlizboum, harlezhoum. Vgl. nach dem gr.-lat, Adj. heröicus «den Heroen
Björkmann ZfdW. 2, 214 und Ärlesbaum. angehörig», von gr. rjpuac m. «Heros, Held».
Hermandad, f.: Polizei (in etwas spöt- Davon Heroismus, f.: Heldentum. Im 18. Jh,
tischem Sinne). 1791 bei Roth, Aus span. Heroine, f.: Heldin. Im 17. -Jh.

santas Hermandades «heilige Brüderschaften», Herold, m. {-s, Aufseher bei


PI. -e):
von span. herniano «Bnider» aus gleichbed. Turnieren und Festen: feierlicher Bote und
lat. germänus. Sie kamen 1466 in Kastüien Verkündiger. Spätmhd. im 14. Jh. heralt,
zur Abwehr von Räubern auf. erhalt m., im 16. Jh. Ehrnhold. aus gleich-
Hermann, Mannsname. Ahd. Hari-.Heri-, bed. afranz, heralt m, (13, Jh,), nfranz, heraut
Hermann, eig. aber Appellativ mhd. here-. m,, das nebst ital, araldo, span. haraldo, aspan.
hernian, ahd. harr-, herinian, ags. hereman, haraute, mlat. haraldus, heraldus, heroldus m.
anord. hermadr m. «zum Heerdienst verpflich- auf einem vermuteten ahd. heriwalto «Heer-
Kriegsmann» (s. Heer und Mann).
teter Freier, beamter» beruht, noch erhalten im asächs.
Falsch für lat. Arminius gebraucht, schon Eigennamen Heriold, anord. Haraldr.
1536 bei Polychorius. Sueton 16% 1538 bei Herr, m. (Gen. u. PI. -en, -n): der Be-
S. Franck Chron. 1^^. fehlende und der zu befehlen Befugte, auch
Hermaphrodit, m. {-en, PI. -en) Zwitter. -.
als Ehrentitel. In der 1. Bed. unverkürzt
1512 in den Reichsordn. 83 Hermofroditen '^ Herre noch bei Goethe 6, 128, Schiller Teil
PI. Von gleichbed. gr.-lat. hermaphroditus m., 3, 1. Mhd. herre, herre (in der Anrede her,
gr. 4p^acppöbiToc m., eig. «Sohn des Hermes her), ahd. heriro, herro, herro m. dazu asächs.
;

und der Aphrodite». herro, ndl. heer, afries. hera, her, aus Nieder-
Herme, f. (PI. -n) -.
Bildsäule, bei der nur deutschland entlehnt ags. hearra, herra und
der Kopf ausgearbeitet ist. Aus gr. 'Epufic, anord, /«erra, herri, schwed,-dän. Äerre m. Ahd.
eig. «der Name des Gottes». Ende des 18. Jh. heriro ist urspr. schwachbiegender Kompa-
Hermelin, n. (-s, PI. -e): das große weiße rativ von hehr (s, d.), also «der Erhabnere,
Wiesel des Nordens; m. das Pelzwerk dieses Vornehmere, Gewaltigere» oder noch mit der
Tieres. Im Nhd. mit fremder Betonung (nach ursprünglichen Bedeutung «alt»; ähnlich aus
ital. ermellino) auf der letzten Silbe, mhd. lat. senior «der Altre» franz. seigneur, sire

und ahd. aber auf der ersten. Mhd. hermelin und sieur, ital. signore, span. senor m. «Herr».
n. (auch das Pelzwerk), ahd. Iiarmelm n., ABL. Herrin, f., 1537 bei Dasypodius, da-
Diminutiv des mhd. härme, härm, ahd. -and. für mhd. vrouive «Frau», ahd. neben fromva
harmo m. «Wiesel, Hennehn», ags. hearma m. auch herra f. herrisch, adj.: sich als Herr
«Wiesel», urverwandt mit lit. sermuo, sarmoms benehmend, bes. in auffälliger, beleidigender
m. «Wiesel, Hermelin», Aus dem Genna- Weise (1691 bei Stieler), mhd. herisch, hersch
nischen entlehnt franz. hermine f., afranz. erme, «nach Herrenart sich benehmend, herrlich»,
ermine f., ital. armellino, ermellino m., span. urspr. von mhd.-ahd. her, hehr (s. d.) abge-
armifw m., port. armelina f. «Hermelin». Nach leitet, dann aber auf Herr bezogen, wie mhd.
Meyer-Lübke Z. f. rom. Ph. 19, 94flF. steckt das herrisch bei Frauenlob zeigt, herrlich, adj.,
Wort auch in rhätorom. carmü. mhd. herlich, ahd. herlih «erhaben, vornehm,
hermetisch, adv.: luftdicht, in herme- ausgezeichnet, glänz-, prachtvoll», and. herlik
tisch verschlossen. 1716 im Mathemat, Lex,, «vornehm», noch 1540 bei Alberus dict. cc3*
aus dem neulat. Adv. hermetice «chemisch», herlich, hehrlich, im Adv. mhd. herlwhe, ab-
eig, «mit geheimnisvollem Siegel versehen, geleitet von hehr (s, d,), aber auf Herr be-
mit Bezug auf den luftdichten Verschluß zogen, bereits bei Luther herrlich, wie mhd.
einer Glasröhre, den Hermes Trismegistus herrenlich «herrlich» und and, herrilik (?)
erfunden, ein mythischer ägyptischer Weiser, «dem Herrn gehörig», Herrlichkeit, f.,

54*
855 herrühren Herz 856

spätmhd. hetiicheit f., mhd.


f. Herzens neben Herzen; der Dat. Sg. bis-
Herrschaft,
Mrscliaft, ahd. herscaß, herscaf «Herren- weilen starkflekt., bei Lessing 6, 321 Herze,
f.

würde, Herrenmacht, Hoheit, Herrlichkeit, wie schon mhd.; ebenso der Nom. PI. mhd.
Herrenbesitz, oberherrliches Gebiet, Herr und neben herzen zuweilen herze, im \Q.ih. herzer
Frau gegenüber der Dienerschaft»; dazu and. (Zimm. Chrom- 1, 418, 38). ABL. Herz-
herskepin. «Herrschaft», urspr. abgeleitet von chen, n.: Liebchen, 1594 bei H. J. von
hehr (s. d.), später als Ableitung von Herr Braunschweig 426. herzen, v.: liebkosen,
umgebildet bei Luther Herr schafft; davon 1470 bei Diefenbach gl. 31^ herczen, anders
herrschaftlich, adj., 1691 bei Stieler. mhd. herzen «mit einem Herzen versehen».
herrschen, v.: Herrenmacht, Obergewalt herzhaft, adj., mhd. herzehaft «beherzt»,
haben, mhd. im 13. Jh. her sehen, md. im dann «besonnen, verständig»; Herzhaftig-
14. Jh. herschin, im VoC; ex quo 1469 her- keit, f., 1537 bei Dasypodius. herzig, adj.:
schen, gewöhnlich mhd. hersen, hersen, ahd, anmutend, liebenswert, 1561 im Amadis 1, 295,
hei'isön, von hehr ("s. d.) abgeleitet, aber im dagegen mhd. nur in Zussetz. wie steinherzec.
Gedanken an Herr bereits ahd. herreson, bei herzlich, adj., mhd. herze-, herzenlich neben
Luther herrschen. Davon Herrscher, m., herzeclich, mnd. hertelik. ZUS. Herzaller-
bei Luther, mhd. im 13. Jh. herscher, dann liehste, f., 1595 bei Rollenhagen Froschm.
her seh er, ahd. herisari m.: Herrscherin, f., 1, 1, 8, 36, als Adj. oft im 16. Jh. Herzblatt,

1691 bei Stieler; Herrschsucht, f., bei n.: das Zwerchfell als Sitz des Lebens, 1711
Ludwig 1716 und Thomasius Einl. 203. ZUS.
bei Rädlein; das Innere der Pflanze, 1775 bei
Herrgott, m., mhd. herregot, 1402 herrgot Adelung; der mittlere Teil des Kleeblattes,
m.; Herrgottskäfer, m.: der Blattlaus- 1660 bei Fleming 641 bildlich; das Edelste,
käfer coccinella, 1664 bei Duez Herrgotts- Liebste, 1775 bei Adelung. Als Pflanzen-
kühlein, Herrgottsthierlein. name schon mhd. herzeblat. Herzblut, n.,
herrühren, von etw. seinen Ursprung mhd. herzehluot n.
v. : herzbrechend, part.
haben, 1642 bei Duez, spätmhd. riieren. Adj., Ende des 16. Jh. bei Schweinichen 1,
herstellen, v.: in den ui'sprünglichen 280, bereits mhd. herze-, herzhrechen n. «das
Zustand zuräckversetzen 1741 bei Frisch, Herzbrechen, der Tod». Herzeleid, n., mhd.
,

gekürzt aus niederher stellen. herze-, herzenleit n., daneben herzeleide f.,

herüber, herum, herunter, hervor, Herzenslust, f.,


mn'd. herte-. hertenlet n.
s. her. bei Luther 1. Thess. 2, 8 Hertzenlust. Herz-
Herz, n. {-ens, PI. -en): aufnehmendes gespann, n. (-.s): Magenkrampf, den man
und ausströmendes Blutgehäuse der Brust; sich als Spannung der das Herz umgebenden
in der Spielkarte das franz. coeur (1578 bei Haut dachte, 1519 bei Luther Kommentar
Frischlin Nom. cap. 177 Hertz): das In- zum Galaterbrief He7'zgespan, mhd. herzspan
nerste, der Mittelpunkt von etwas (1534 bei n. ; dann die Pflanze leonurus cardiaca, gegen
Franck Weltb. 165», md. im 14. Jh. der den Magenkrampf angewandt, im 14. Jh.
Butzen am Apfel des Zedernbaums); bild- hertzgespann bei Diefenbach gl, 639», um
lich als Sitz der Seele, Empfindungsvermögen 1480 im Yoc. ine. teut. 15'' hertzenspan, mud.
usw. (schon mhd.-ahd.). Mhd. herze, ahd. hertespan. Herzgrube, f., 1537 bei Dasy-
herza n.; dazu asächs. herta n., mnd. herte, podius Hertzgrilbel n. herzinnig, adj., 1659
nd.-ndl. hart n., afries. herte, hirte f., ags. bei Butschky Kanzl. 2. Herzkammer, f.,
heorte f., engl, heart, anord. hjarta n., schwed. 1741 bei Frisch, herzlieb, adj., mhd. herze-
hjerta, dän. hjerte, got. hairtö n. Verwandt liep, mnd. hertelef. herzlos, adj., mhd.
mit gleichbedeut. lat. cor n. (Gen. cordis), herzelös. herzschlächtig, adj.: herzkrank,
gr. Kapbia f. imd Kf|p n., abg. snidtce n., lit, bes. von Pferden, deren sichtbares Flanken-
sirdh f., aii-. cride, armen, sirt; awest. zdrdd-, schlagen (Bauchatmen) in der Herzgegend
zdrddkija- n., aind. hfd, hfdajam n. zeigen als Herzschlag angenommen wird (spätmhd.
andern Anlaut und sind daher von Herz zu im 15. Jh. herzslechtig, 1394 hercz-, hei'czens-
trennen. Der Nom. Sg. unverkürzt Herze noch slechtic bei Diefenbach gl. 346°); kurzatmig,
bei Lessing 2, 293, Goethe 1, 173, Rückert, engbrüstig (md. im 14. Jh. herzslähtig). Aus
Heine; der Gen. Sg. wie mhd. bei Luther, gleichbed, nd. hartslechtig , «am hartslach
Fleming, Logau usw. Herz&ti, spätmhd. im leidend» (mnd. hertslach m., von nd. hart,
15. Jahrh. hertzens, wie 1722 bei Freyer hert «Herz») schon in den Brünner Stadt-
857 Herzog Heu 858

rechten des 13.— 14. Jh. herfscMechtig, hd. im hetero-, mehrfach in Zusanamensetzungen,
16. Jh. hartscJdechtig (Frankf. Reform. 2, 9 §5) ist das gr. exepoc «der andre;>. heterodox,
und mhd. harteslaht f. «Herzschlächtigkeit adj.: anders-, irrgläubig, aus gleichbed. gr,
des Pferdes». Im Ahd. heißt der Schrecken drepöboEoc (-boEoc von böia f. «Glaube»). Im
herzeslagöä m., eig. «das Herzschlagen oder 18. Jh. heterogen, adj : anders geartet, aus
-klopfen ». gr. 4Tepo-Y6vr)c «von einem andern Geschlecht

Herzog, m. auch Herzöge): (-fevoc n.)» 1796 von Heynatz durch «un-
(-s, PI. -e,
der im Eange zunächst unter dem Kurfürsten gleichartig» verdeutscht. 1710 bei Xehring
und Großherzog stehende Füi'st. Xoch im heterogenus.
17. Jh. mit schwacher Flexion (Gen. u. PI. Hetman, m. (-s, PI. -s)-. Kosakenober-
Herzogen), seit haupt. Aus gleichbed. kleinruss. hetman, ent-
der zweiten schlesisch. Dichter-
schule Ende des 17. Jh. Mhd. lehnt aus deutsch Hauptmann.
starkbiegend. 1710 bei
herzöge, ahd. Äeri-, herzogo, herizoho m.: dazu Xehring; offenbar ist der Ausdruck durch
asächs. heritogo, mnd. her-, Jiartoghe, her-, Mazeppa bekannt geworden.
hartoch, afries. hertoga, ags. heretoga, anord. Hettel, f. (PI. -n): die Ziege, bes. die
hertogi m., schwed. hertig, dän. hertug. Zgs. junge. Alemannisch. Mhd. hatele f., dazu
aus ahd. heri -Heer» (s. d.j und dem von 1563 bei Mathesius Hochzeitpred. 135, 30 das
ziehen (ahd. ziohan, asächs. tiohan, got. tiuhan) Dim. Hettlein n., bei Grimmeishausen Simpl.
abgeleiteten^ auch in ,ahd. magazoho, maga- 1
3, 356 Kz. Hetel n. Entsprechend nd. hitte
zogo Knabenerzieher» ei'scheinenden ahd.
<:
i
f., anord. haäna f. «junge Ziege». Verwandt
-zoho, -zogo, {== lat. dux m. «Führer»), also «Schaf» (Zupitza 206).
!
ist ii-. cit

urspr. '^der mit dem Heere auszieht», im f. Hetze,


(PI. -n): Hetzjagd (Ende des
Ahd. «Heerführer, Vorgesetzter des Heeres». 16. Jh. bei Schweinichen 1, 251); Koppel
Davon Herzogin, f., mhd. herzoginne, her- Hunde zur Hetzjagd (1775 bei Adelung); das

zogin, herzogin, ahd. herizohin, herzogin. her- eilige Treiben (Wieland 3, 33). Vgl. Hatz.
zoglich, adj., 1664 bei Duez. Herzogtum, Von hetzen, v.: zu Haß, zu Verfolgimg
mhd. Iterzogen-, herzogtuom, gekürzt herzen-
n., reizen, nihd. hetzen, ahd. hezzen, mnd. hissen,
tuom n., spätahd. herzogentuom. hitzen, hessen «jagen, aufreizen». Gleichen
herzu, s. her. Stammes wie Haß (s. d.). Hetzer, m., 1691
Hesse, m. (-w, PL Volksname. Mhd. bei Stiel er, spätahd. ayiahetzari m. « Anhetzer»,
-n):
Hesse, ahd. Hasso, Hesso m. (auch Personen- mnd. hitzer. Hetzerei, f., bei Goethe 29, 170.
name), mlat. im 8. Jh. Hessus, Hassiis, Hessio, Heu, n. (-es, ohne PI.): gedörrtes Gras,
bei den Römern das nicht unmittelbar iden- insbesondere der ersten Schur. Mhd. höuwe,
tische, sondern nur stammverwandte Chattus höu, heu, ohne Umlaut houive, ahd. hewi,
(Tacitus Germ. 29). Der Name Hesse, idg, houwi n., noch im 16. Jh. Hau, Hauw,vfetter-
*Cassio- kehrt im Keltischen wieder in Bodio- axLischHä; dazu asächs. houwi, and. höi, mnd.
casses, (= TpiKdccioi bei Ptol.) hoi, hoig, liaw, ndl. hooi, ags. Meg, engl.hay,
Tri-casses
Velio-cassi, Cassi-mara, auch wohl in gr. anord. hei/ n., schwed.-dän. hö, got. Jiawi n.,
Kdccavbpoc, lat. Cassius, ist aber als Name gewöhnlich von hauen (s. d. abgeleitet, also )

nicht sicher deutbar. RA. blinder Hesse, urspr. «abgehauenes Gras». Liden Uppsala-
1621 bei Vilmar Id. 43 Uinde Hundehessen, studier 94 vergleicht lit. sekas m. «Giiin-
im 16. Jh. bei H. Sachs 17, 399 die Hessen futter», aind. ^äJcam n. «eßbares Kraut Ge-
engst (vexiert) man mit den Hunden, mit müse». ABL. heuen, v., mhd. höuwen «Heu
Bezug auf eine Stammsage, wonach der machen». ZTJS. Heumonat, m.: Monat der
Stammesherr der Hessen und Schwaben (1541 Heuernte, Juh, mhd. höumanot, -mänet, ahd.
bei Franck Spr. 2, 49^ blinder Schvab) von hewimänoth m. Heuschober, m.: Heu-
einem Hunde erzeugt oder als Neugebomer haufe, im 15. Jh. heicschoher bei Diefenbach
für einen blinden Hund ausgegeben wurde. gl. 127^, s. Scliüber. Heuschrecke, f. (PI.
In Wirklichkeit geht der Ausdruck blind -n): Feldgrille, Grashüpfer, mh.d. höuschrecke,
wohl auf die geistige Blindheit und ist gleich -schricke m., ahd. hewiscrekko, lumscrecho m.,
«dumm». Hessen, n.: Hessenland, mhd. das Mask. noch bis ins 17. Jh., 1664 bei Duez
Hessen (Nibel. 175, 1), eig. Dat. PI., aus ze Fem. Heicschreck; dafür ndl. sprinkhaan, ags.
Hessen « zu den Hessen» gekürzt. heSSisch, goershoppa m. «Grashüpfer» und gcersstapa
adj., 1561 bei Maaler m, «Grasgänger», engl, grasshopper, got. pram-
,
859 heucheln Hexe 860

stei
f. Zu ahd. scricchan «aufspringen, in die schreien, heulen», aind. fcaM^i« schreit». ABL.
Höhe springen» (s. Schreck). Heuler, m., 1691 bei Stieler; davon Heu-
heucheln, v.: sich anders, insbes. besser lerei, f.

stellen, als man Bei Luther aus der


ist. Heune, s. Hüne.
md. Mundart (z. B. 1, 410" vom J. 1521) heunt, s. heint.

und durch ihn in die hochd. Schriftsprache Heumonat, Heuschrecke usw., s. Heu.
eingeführt (1520 bei Lüiencron Volksl. 3, 352), heute, verkürzt heut, adv.: an diesem
auch seit dem 16. Jh. nd. huchelen, ndl. hui- Tage; dieser Zeit. Mhd. Mute, md. hüte,
chelen. Iterativbüdung von älternhd. hauchen ahd. Mutu, Muto, gekürzt und verschmolzen
«sich ducken, bücken» (bei H. Sachs), mhd. aus hiu tagu, dem Instrumentalis des Demon-
hüchen «kauern, sich ducken», also vom Be- strativpronomens, das im Got. erhalten ist
griff des demütigen Bücken s und Schöntuns (s. heint), und dem Subst. ahd. tac «Tag»,
ausgehend. Ähnlich got. liuta m. «Heuchler», also gebildet wie das gleichbed. lat. hödie
zu ags. lütan «sich neigen, sich bücken, vor aus hoc die. Entsprechend asächs. Mudu,
jem. niederfallen», lot n. «Betrug», anord. hiudiga, and. hodigö, mnd. hudene, huden, hude
lüta «sich niederbeugen». Anders Franck und hodegen, afries. Mudega, hioda, ags. heodoeg,
und Schroeder Btr. 29, 556. ABL. Heu- aber got. im Dativ hinima daga «heute».
chelei, f., bei Luther. Heuchler, m., bei ABL. heutig, adj., mhd. Mutec, ahd. Mutig,
Luther, seit dem 16. Jh. mnd. hucheler, hugeler, dafür mnd. hudelik, in der Genitivformel
ndl. huichelaar; heuchlerisch, adj., 1558 heutiges Tages, bei Luther (Bicht. 15, 19)
bei Franck Paradoxa 282% neben heuchelisch heutes tags, ahd. Mutiges desses tages.
bei Luther 1, 41 0^, heuchlisch 5, 206 Hexameter, m. (-s, PI. wie Sg.): der
1'.

heuer, adv.: in diesem Jahre. Mhd. Mure, Sechsfüßler, der Vers des Heldengedichtes
hiwer, hiuwer, md. hüre, ahd. hiuro aus hiuru der alten Griechen und Römer. Aus lat.
d. i. hiu järu, dem Instrumentalis des Demon- versus hexameter, von gr. ^5 «sechs» und

strativpronomens, dessen Reste in got. hinima ln^Tpov n. «Maß», also «sechs Maße habend».
daga, hina dag (s. heint, heute) vorliegen, und Wohl erst in der 2. Hälfte des 18. Jhs. ver-
dem ahd. Davon heurlg, wendet.
Subst. Jar n. «Jahr».
mhd. 1294 Murig, im 12. Jh.
adj.: diesjährig, Hexe, f. (PI. -n): böse Zauberin. Im
hürec (Windb. Psalmen 235). 16.. Jh. bei Dasypodius Hägß, Häx, bei Fi-i-

Heuer, f. (PI. -n)-. Miete, Pacht. Nord- sius 1541 Hägx, bei Fischart Garg. Hechse,
deutsch, 1697 bei Ettner unwürd. Doktor 404 bei Hulsius Dict. 305*^ Hext, mhd. hecse,
Heuer, vereinzelt im 17. Jh. Haur. Mnd. hexse, hegxse, häxe, auch hesse, unverkürzt
und mndl. hure f., nnd. hür, nndl. huur f., hegecisse (Wiener Jahrbb., Anzeigeblatt Nr. 41
dazu ags. hyr f., engl. Mre, schwed. hyra f., S. 21^), ahd. hazus, häzis, häzissa, unverküi'zt
dän. hyre (Monatslohn der Schiffsleute). Von hagzissa, hagazussa f., daneben he^esusa; dazu
heuern, v.: mieten, pachten, (seemännisch) mndl. haghetisse, haghetesse (auch «Eidechse»),
einen Matrosen anwerben, mnd.-mndl. huren, nndl. heks, ags. hcegtesse, hcegtis f., engl. hag.
nn&.hüren, afries.Äera «pachten», ags.hyrian, Weigand nahm Ableitung von ahd. hag m.
engl, hire «dingen, mieten», auch spätmhd. «Einfriedigung» an, entsprechend ahd. zünrite
hüren «Pferd oder Wagen mieten» (s. haudern). f. «Hexe», anord. tünriäur PI. «auf dem Zaun
Unbekannter Herkunft. Vielleicht zu gr.KÜpeiv, reitende Gespenster». Aber dabei kommt der
KupeTv «auf etwas stoßen». Vgl. noch heiraten. zweite Teil nicht zu seinem Recht. Eher ist an
^BL. Heuerling, m.: MietUng, Mietsmann, eine -es-Ableitung von einem Stamm hagat-
1741 bei Frisch Heurling, mnd. hürlink, nnd. zu denken, wie Nixe, auch ahd. zaturra
hürling, ndl. huurling m. «Mietüng», ags. «meretrix», und zu dieses hagat- vielleicht
hyrling m. «Tagelöhner, Lohnarbeiter». «schmähen». Vgl. die eingehenden
gr. KriKciCeiv
heulen, v.: kläglich schreien, widerlich Erörtei-ungen von J, Franck bei Hansen
schallende tiefe Klagelaute ausstoßen. Mhd. Quellen und Untersuchungen zui- Geschichte
hiuweln, Muten, 1420 hewlen (Schröer Voc. des Hexenwahns 1901 S. 614—70 (Tdg. Forsch.
3200), md. und mnd.hülen «heulen, schreien», Anz. 15, 100). ABL. hexen, v., 1525 bei
ahd. hiivilön, Mulön «jubilieren». Verwandt Eckstein Coücilium (Kloster 8, 734) hägsen,
mit ahd. Muwela, hüwela f. «Nachteule» (s. dazu afries.hexnajioocna «behexen». Hexerei,
Eule). Weiter dazu gr. KUJKÜeiv «klagen. f., 1517 bei Keisersberg Emeis 3* hexerey.
861 M Hilfe 862

ZUS. Hexenmeister, w., 1561 bei Maaler schreibt sie regelmäßig, wenn das zweite Glied
Häxenmeister. HexeilSChuß, m.: plötz- konsonantisch anlautet, Österreich schreibt
licher rheumatisclier Schmerz in der Hüfte, hiebet, hiedurch, hiefür, hiegegen, und läßt
vgl. 1562 bei Mathesius wie die die andern neben hier- zu. ABL. hiesig,
Sar. 154^
ünhulden und Hexen viech und leute glieder adj., von hie gebildet wie dasig (s. d.) von
schiessen, hexen und verlehme^i, 1610 bei da, 1618 bei Schönsleder, dafür im 15. 17. —
Colerus Hausbuch B. 6, Kap. 58 Hexengeschoß Jh. hieig (Xümb. Pol.-Ordn. 246) und im 16. Jh.
n. «Geschwür, in dem man Haare, Gräten, hieisch (Mathesius Sar. 75 *J.
Federn findet», ags. hcegtessan gescot in urspr. Hieroglyphe, f. (PI. -«): Zeichen der
Bedeutung. ägyptischen heiligen Bilderschrift. Zu gr.
hi, Laterj. des kichernden Lachens. 1520 iepoYXijq)oc n. «Hieroglyphensehreiber», von
bei Wirsung Calixtus B 5^ hi, hi, hi. iepöc «heilig» und YXOqpeiv «eingraben». Bei
hickeln, v.: auf einem Beine hüpfen; Goethe Br. 24. 3. 79. hieroglyphisch,
hinken. Hessisch hickeln, fränk. hückeln, 1664 adj., bei Fischart Garg. 40 hierogliphisch,
bei Duez hinckelen «auff ein Bein hupffen», nach gi\-lat. hieroglyphicus, gr. iepo-fXucpiKÖc.
elsäss. hickeren «krumm gehen, hinken». Mhd. Hift, m. {-es, PI. -e): Stoß ins Jagdhorn.
hickeln «hüpfen, springen». Im Xeuw Jag- und Weidwerkbuch (Frankf.
hie, s. hier. 4^ und 1663 bei Schottel Hift m.,
1582) 1,

Hieb, m. i-es, PI. -e): schneidender, dann 1664 bei Duez Hifft und Hüfft m. «Weyd-
überhaupt eindringhcher Schlag. 1506 in geschrey, mit dem Hörn oder auch mit dem
Nürnb. Chron.5, 705, 29 hieb. Von hauen (s. d.). Mund», 1678 bei Krämer Hifft n., 1686 bei
ABL. Hieber, m.: Hiebwaffe (studentisch Mühlpforth Geistl. Ged. 16 Hift f. «Jagdruf
bei Miller Walther 148), 1734 bei Steinbach, mit dem Jagdhorn», dagegen 1719 bei Fle-
dafür Hiebdegen 1664 bei Duez. ming t. Jäger 254* Hief m., wohl zu ahd.-
Hiefe, f. (PI. -n): Hagebutte. Fränkisch, got. hiufan, asächs. hiovan, ags. heafan und
lyihd. hiefe f. «Hagebutte und Hagebutten- heofan «klagen, wehklagen». ZUS. Hift-
strauch», ahd. hiufo, hiafo m. «Dom, Dom- horn, n. (-S, PL Hifthörner): kleines Hom
strauch»; dazu asächs. hiopo m. «Dorn», ags. des hirschgerechten Jägers, 1719 bei Fleming
heope f. «Hagedorn», engl, hip, aschwed. hiupon, teutscher Jäger 253^ Hief-Horn, 1746 bei
ferner ahd. hiufaltar, hiufolter m., hiefaltra f., Döbel Jäger-Practica 3, 105 Hüffthorn, 1763
mhd. hiefalter f. «Hagebuttenstrauch» (vgl. bei Heppe Jäger 203 Hifthorn.
Maßholder-, Wachholder). Vielleicht urver- Hilfe, f. (PI. -n selten), das Subst. von
wandt mit abg. sipükü m. «Hagerose», bulg. helfen (s. d,). Mhd. hilfe, meist helfe, ahd.
sipkü «Hagebutte», nslow. scipek, serh. sipak m. hilfa, gewöhnlich helfa f. dazu asächs. helpa, ;

«Granatapfel, Hagebutte». Die Abweichung mnd. und afries. helpe, ags. helpe und help,
in der Lautverschiebung müßte wohl durch anord. hjalp f., dän. hjälp. Vornehmlich dnrch
n-Assimilation erklärt werden. Luther hat sich die aus dem Md. und Nd.
hier, hie, adv.: an diesem Orte. Mhd. aufgenommene Form Hülfe geltend gemacht,
hier, gewöhnlich hie, ahd. Mar, hia: dazu md. im 14. Jh. hülfe, ahd. einmal hulpa, in
asächs. her, hier, hir, mnd. hir, mndl. her, den Psalmen hulpa, mnd. und mndl. hulpe f.,
hier, afries. hir, ags.-anord. her, schwed. här, nndl. hulp neben help f. Die Schreibung
dän. her, got. her. Eine Bildung zu dem Hülfe ist heute noch zulässig, doch wird
alten Pronominal stamm, der bei heint (s. d.) Hilfe vorgezogen. ZUS. Hilferuf, m., 1808
besprochen ist, vgl. her, heuer, heute, hin, bei Campe HiUfe^'uf als junges Wort, hilf-
hinnen. In Zusammensetz, hierauf (1561 im los, adj., mhd. helfe-, helflös, ahd, helfelös,
Amadis 1, 14), hieraus (1626 bei Zincgref asächs. hulpilös, afries. helpelös: davon Hilf-
Apophth. 1, 73), hierbei (mhd. hie bi), hier- losigkeit, f., 1741 bei Frisch, hilfreich,
durch (Amadis 1, 58), hierher (bei Luther adj., mhd. helferiche. Hilfsmittel, n., 1581
hieher), hierin (mhd. hier inne), hiermit (mhd. bei Fischart Bienk. 109^ Hülffmittel. Hilfs-
hie mite), hiernach (bei Hulsius Dict. 1605 quelle, f., 1773 von Wieland im Teutschen
hienach), hierunter (mhd. hier under), hiervon Merkur 1, 227 für das franz. ressource f. ge-
(Schuppius 15), hierzu (bei Luther hie zu). bildet. Hilfszeitwort, n. im 19. Jh., dafür
Die Foi-men mit hie sind in Süddeutschland 1641 bei Schottel 416 Hülffivort und noch
sehr geläufig. Die bayrische Orthographie bei Adelung und Heynatz Hiilfsicort.
863 Hilpertsgriff Himteu 864

Hilpertsgriff, m.: hinterlistiger Griff, deutung «Himmel» hat, ebenso awest. asan-,

ränkevolle Handlung (Tieck 15, 316). Noch asman- m. Vgl. noch Walde s. camur. Für
koburgisch. 1562 bei Mathesius Sar. 218^ «Baldachin, Zeltdecke» hat das Ahd. die
Hilpersgrift, aus Hildebrandsgriff' Weiterbildung himilizi n., mhd. himelze n.
verküi-zt
(1646 bei Philander 3, 242), in der 1. Hälfte Baldachin, Zimmerdecke», mnd. hemelte n.
<.

des 16. Jb. Ä7^;ra«%H;f (Frommann Zeitschr. «Zimmerdecke, Gewölbe», ndl. hemelte, ghe-

2, 21),mit Bezug auf das jüngre Hildebrands- hemelte «gewölbte Decke des Munds, Gaumem>,
lied aus dem 15. Jh. Str. 12 (Uhland Volksl. noch Schweiz. Himmleze f. «gewölbte Decke,
333): Er erwischt in hei der mitte da er Betthimmel», fräher auch «Gaumen», wie 1616
am sdnvechsten was, er schwang in hinder- bei Heuisch 1375, 13 Himmel im Mund. RA.
rucke wol in das grüne gras. im siebenteil Himmel sein, von den 7 Planeten-
Himbeere, f. (PI. -n)-. die rote Beere himmeln der jüdischen Vorstellung herge-
des rubus idaeus. 1546 bei Bock 2, 12^ nommen. Erst im 19. Jh. nachzuweisen. ABL.
Hymheer f., 1578 bei Frischlin Nom. Kap. 22 llimmeln, v.: zum Himmel streben (Goethe
Himheer stand und 1616 Henisch Himbeer, Pandoral82, schon 1671 bei Otho Krankenti'ost
bei
Hinnheer, hervorgegangen aus Hindheer f. 1265): in den Himmel fahren, sterben (1662
(noch im 17. und 18. Jh.), mhd. hindbere n., bei Lehmann Flor. 1, 851, noch obei-d. und in
ahd. hintjperi n., d. h. «Beere, die die Kinde nd. Mundarten); verklärt aussehen (1804 bei
(s. d.), die Hirschkuh gern frißt: dazu and. Bentzel-Stemau Das goldne Kalb 3, 81 als
hindberi, ndl. hennebezie, ags. hindberige f., neues Wort). Mhd. himelen «in den Himmel
nordengl. hindberry, dän. hindbär, himbür. aufnehmen». Mmmliscll, adj., mhd. hime-
Noch in Ostpreußen Hindbeere (auch Ins- lisch, himelsch, ahd. und asächs. himilisk,
beere, wohl aus Hindsbeere), in Thüringen afries. himulisk, himelesk, ags. heofonisc; im
und Obersachsen Hingbeere (bei Adelung Adv. ahd. himelisko. ZUS. himmelan, adv.,
Hünkbeere). Dagegen 1482 im Voc. theut. 1663 bei Schottel 523. Himmelbett, n.,
o7^ hynper «Wachholder». 1711 bei Rädlein, dagegen schon um 1480
Himmel, m. (-,s, PI. wie Sg.): die blaue im Voc. ine. teut. 1 6^ himel ob einem bet.
Wölbung über der Erde; Sitz der Sehgen: himmelblau, adj., mhdi.himelblä. Himmel-
Baldachin, Tragehimmel (mhd.). Bei Luther fahrt, f., mhd. himelvart, ahd. himilfart f.
Himel, mhd, himel, md, auch hiemel, ahd. himmelhoch, adj., 1645 bei Zesen adriat.
hiniil m.; dazu asächs. himil, afries. himul, Rosemund 17. Himmelreich, n., mhd.
himel, anord. himill m., schwed. und dän. himelriche, ahd. himilrihhi n.; dazu asächs.
himmel, mit l aus n, wie Esel, Kümmel, und himilrJki, afries. hünul-, himelrlk, anord.
daher hierher got. himins m., anord. himinn m. himinriki (daneben himna-, hifnariki), ags.
Daneben Formen mit t oder f, das in den heofonrice n. Himmelschlüssel, m., mhd.
obhquen Kasus vor n lautgesetzlich aus m himelslüggel m. (auch Schlüsselblume, primula
entstand: anord. Dat. PI. hifnom neben him- veris), ahd. himilslu^^il m. himmelschrei-
num, Akk. neben himna, in Zussetz.
PI. hifna end, part. Adj., 1691 bei Stieler (beruht auf
hifnakonungr m. «Himmelskönig» neben him- 1. Mos. 4, 10). Himmelskugel, f.: Globus,
nakonungr, ferner asächs. hetan, hevan m. 1648 bei Kenuiitz schwed. Krieg 1, 305^ von
«Himmel», mnd. heven m, «der physische 1631 und bei Schottel 1663 S. 435. Himmels-
Himmel» im Unterschied von hemmel m. in leiter, f., mhd. himelleiter f, himmel-
rehgiöser Beziehung, ags. heofon m. und heo- weit, adj., bei Opitz 1, 2; bildlich himmel-
fone f., engl, heaven. Die Etymologie ist weiter Unterschied 1775 bei Adelung.
ganz unsicher. Besondre Beziehung zu gr. Himten, PI. wie Sg.): ein Maß
m. (s,
KU€\.eepov n. «Stubendecke» besteht nicht, da für Getreide usw.,etwa 4 Metzen. ISoch
l erst im Germ, entstanden ist. Andre nehmen ndd. und ostmitteld. aus dem Ndd. Md.
«Decke» als Grundbedeutung an (Wz. ham h&mmete (Germ. 20, 43), 1517 bei Trochus CS*'
«bedecken», s. Hemd, wie lit. dangüs m. hempte «hemina», 1594 bei H. J. v. Braun-
«Himmel» zu dengiü «decke». Vgl. unten schweig 458 Himpten m., mnd. hemete m,,
himilizi). Kluge verbindet H. mit heim, was nnd. hempte, hempe. himpe, 1741 bei Frisch
unwahrscheinlich ist. Schließlich könnte man als obersächs. Heimbzen m. und thüring. He-
H. auch mit aind. acmä m. «Fels, Stein» mitze, md. schon 1272 heymetze, sowie in

vergleichen (vgl. Hammer), das auch die Be- Zeitzer Urkunden des 15. u. 16. Jh. heimbzen,
865 hin hinlänglich 866

heimzen, heymitzen, heynitzen, hennitzen, jetzt lauff, mhd. hintloifte, ahd. hinÜoiplm f., mnd.
Hinzmöß (Germ. 20, 43). YieUeicht aus gleich- hintlope, hintlof. Der Name bed. «am Lauf
bed. gr.-lat. hemina, gr. i^aiva und rjjaiva f. der Hinde, d. h. an und in Waldwegen
hin, adv. : in der Richtung von dem wachsende Pflanze».
Sprechenden weg; zu Ende, in Verlust ge- hindurch, adv., mhd. hin durch, s. hin.
kommen, verloren (mhd.). Mhd, Mne, hin, hinein, mhd. hin in und in hin, ahd.
adv.,
md. auch hen, ahd. Mna, ags. hin (in hingang hina in. hinfällig, adj.: an Leibeskraft ztim
«Abgang, Tod»), eine Bildung zu dem unter Hinfallen schwach, mhd. hinvellic «sterbend»,
heint (s. d.) besprochnen Demonstrativpro- 1483 bei Melber x 2^ hinfellig «leer, gehalt-
nomen. Vgl. hinnen. EA. hin und her, mhd. los, vergeblich ;>; dann «ohne Bestand, ver-
hin unt her, auch her unde hin; hin und wieder: gänglich» (hinfellig Lob 1561 bei Maaler),
hin und zurück, da und dort, daim und «ohne Halt» fvon Behauptungen, 1663 bei
wann, bei Luther. ZUS. hinab, adv., mhd. Schottel 862). hinfort, adv., bei Luther
hin abe. hinan, adv., bei Luther, hinauf, hin fürt, mhd. hinnen vort. hinfür, adv.,
adv., mhd. hin nf, ahd. hina üf. hinans, 1464 im Cod, dipl. Sax. reg. H, 3, Nr. 1075
adv., mhd. hin «j, ahd. hina üg. hinbringen, hinfur «femer», ahd. hina füre, 1508 bei
V., in die Zeit hinbringen, eig. weiterbringen, Keisersberg Pred. 67^ hinfüro, das sich bis
1678 bei Krämer. S. hindurch, hinein, hin- zum Ende des 18. Jh. erhält, in gleicher
fcillig usw.. Bed. fürhin vom 15. bis ins 18. Jh. hin-
Hinde, (PL -n) u. Hindin, f. (Pl.-ne/i):
f. fürder, adv.: hinfort, 1470 im Cod. dipl.
die Hirschkuh. Mhd. hinde, ahd. hinta, hinda Sax. n, 8, Nr. 1139 hynfurder, nur noch alter-
f.; dazu mnd. hinde, hinden, ags.-engl.-anord.- tümlich, hingeben, v. refl.: sich ganz und
schwed.-dän. Mnd f. Als urverwandt gilt gar widmen, im 18. Jh. (Goethe 28, 30); da-
gr. Ke.udc f. (Gen. Keuäboc) «Hirsch, Antilope», zu Hingebung, f., bei Goethe 20, 211. hin-
doch stimmt die Lautverschiebung nicht. gegen, adv., 1561 im Amadis
315 u. 363; 1,

Liden KZ. 40, 257 sieht als Gnindbedeutung Konj. da hingegen 1582 bei Fischart Garg. 334.
«hornlos» an und vergleicht aind. gämas, für hingehen, V., mhd. hinegän, ahd. hina gangan.
das er eine Bedeutung «hornlos» erschließt. Hinkel, n. {-s, PL wie Sg.): Huhn, urspr.
Dazu lit. smidas «ohne Höraer», smiilis m., Hühnchen. Luxemb., rhein., frank, u. hess.
smide f. «Rind ohne Hörner», Vgl. noch Hinkel und Hünkel, 1540 bei Albenis dict.
Charpentier KZ. 40, 430, W. Schulze KZ. 40, H h 2^ und 1650 bei Moscherosch Phil. 2,
566. Dazu mit der weiblichen Endung -in 333 Hünckel, schon 1423 md. hiyikel und 1338
(s. d.) umgebildet 1562 bei Crusius Gramm. hunckel, Geim. 9, 20 hunclen, aus mhd. huo-
1, 297 Hintin neben Hint, 1664 bei Duez nicUn n., ahd. huonichli n. «junges Huhn»
Hindinne, 1678 bei Krämer Hindin, vor- neben ahd. im 8. Jh. huaninchili n. «Junges
bereitet dui'ch die mhd. und mnd. Neben- eines Vogels» (ZfdA. 3, 464^).
form hinden (Diefenbach gl. 115^), in der das hinken, v. (Prät. hinkte, Part, gehinkt):
schließende n aus den obliquen Kasus in den mit einem kurzem oder lahmen Fuße gehen.
Nom. gedrungen ist. Vgl. Himbeere, Hindläufte. Bei Luther mit schwacher Flexion (l. Kön.
hindern, v.: rückgängig machen, im Fort- 18, 26), dagegen mit starker Biegung wie
gang aufhalten. Mhd, hindern, ahd. hintiren noch oberdeutsch mhd. hinken, (Prät. hayic,
und hinderön: dazu mnd.-ndl. hinderen, ags. Plur. hunken, Konj. hunke, Part, gehunken),
hindrian, engl, hinder, anord. hindra, schwed. ahd. hinkan, ags. nur in hellehinca m. «der
hindra, dän. hindre. Abgeleitet von derPräp. hinkende Teufel», anord. hinka «hinken, lah-
hinter (s. d.), wie mißern von außer, fördern men», schwed. dial. hinka «zaudern, säumen»,
von förder. ABL. hinderlieh, adj., spät- dän. hinke, ablautend mhd. hanken. Dazu
mhd. 1428 hinderlich, mhd. im Adv. unhinder- aind. khdyd'jati «hinkt», ir. cengim «ich gehe»
lichen «ungehindert». Hindernis, n., mhd. (Stokes KZ. 40, 246) und mit anlaut. -s gr.
Hin-
hindernisse, -nüssen., selten hindernisi. cKÖZieiv «hinken», wie auch anord. skakkr
derung, f., um 1480 im Voc, ine. teut. 1 7*. «lahm», schwed.-dän. skakk.
Hindin, s. Hinde. hinlänglich, adj.: ausreichend, 1691 bei
Hindläufte, f. (PL -n): die gemeine Ci- Stieler, hiulässig, adj,: fahrlässig, nach-
chorie. 1595 bei Rollenhagen Froschm. 1, 2, lässig (Herder zu Lit. 1, 168), um 1480 im
7 ^ hinlesig, bei Luther hinlessig.
24 Eindleuffte, 1482 im Voc. theut. o 4*» hyndt- Voc, ine. teut. 1

Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl.


;

867 hinnen Hippe 868

^hinnen, adv.: von hier weg, von diesem 132 (40, 6 L.), bes. die Hinterhliehenen, 1734
Orte weg. Mhd. hinnen, ahd. Mnana, hinan, bei Steinbach, hinterbringen, v., 1678
hinnan; dazu asächs. Mnana, hinan, hinen, bei Krämer, hinterdrein, adv., 1775 bei
ags, heonan, engl, hence. Eine Bildung zu Engel Philosoph f. d. Welt 1, 20. hinter-
dem unter heint (s. d.) besprochnen Pro- gehen, v., mhd. hindergän «von hinten über-
nominalstamm, wie hin. fallen, betrügen». Hintergrund, m., 1775
"hinnen, adv.: hier drin (l. Kor. 5, 12), bei Adelung, aus der Malerei. Hinterhalt,
mhd. hinnen und hinne, aus hie innen, hie m.: Stütze im Rücken, Rückhalt (1480 bei
inne, noch md. hinne. Haltaus 914, Reserve von Truppen 1476 bei
hinreichen, x.-. ausreichen, 1711 bei Käd- Liliencx'on 2, 86^); heimlicher Vorbehalt (1681
lein. hinreißen, v.: fortreißen, mhd. hin bei Riemer polit. Stockfisch 316); Versteck,
rigen, übertr.in bezug auf Leidenschaften, 1734 um den Feind von hinten zu überfallen, so-
bei Steinbach, hinrichten, V.: zugrunde wie die dazu beorderten Trappen (bei Luther)
richten, verderben, bei Luther und 1515 bei dazu hinterhaltig, adj.: heimlich zurück-
Pleningen Sallust P 2; infolge eines Richter- haltend, in bezug auf Gedanken, Gefühle und
siDruchs töten, bei Luther 2. Makk. 7, 41, für Wissen, 1687 bei Hohberg Georgica 2, 854 '^

mhd. rihten. Hinsicht, f., 1775 bei Adelung; hinterhältig, vgl. hinder dem Berg halten 1570
hinsichtlich, adv., bei Campe 1808 als neu. bei Agricola Sprich w. 90^^. hinterher, adv.,
hintan, adv.: hinten an, zuletzt. 171f5 1716 bei Ludwig. Hinterlist,!, mhd. hinder-
bei Ludwig hintan, früher bei Rädlein und listm.: hinterlistig, adj., mhd.hinderlistec.
Stieler hindan, mhd. hindan und hindenän hinterrücks, adv., im 15. Jh. hinterrücks
«liinten hin». Oft auch ist hintan aus mhd. [hinter mit dem alten Gen. von Bücken, älter
hin dan «hinweg», hintansetzen, v., 1531 mit dem Dat.), mhd. hinderrucke, ahd. hintar
bei Franck Thron. 132». rukke «rückwärts». Hintersasse, m, (-n,
hinten, adv. Älternhd. hinden, 1678 bei PI. -w): der hinter einem andern als dessen
Krämer hinten, mhd. hinden, früh hindene, Zeit-, Leib-, Erbpächter Ansässige, mhd, hinder-
ahd. hintana; dazu asächs. hi hindan «hinter- sce^e. hinder se^^e m. Vgl. Insasse, Sasse.
drein», mnd. hindene, hindan «hinten, hinter stellig, adj.: rückgängig, abspenstig
ags.
von hinten», hehindan «hinten», engl, hehind, (Wieland Kombabus 444), mhd. hindersteller
got. hindana «hinter, jenseit» (mit Gen.). Dazu «zurückgestellt», dann «sich nach hinten stel-
burgund. hendinos «König», ir. cetne «erster», lend, zuräckbleibend, ungehorsam». Hinter-
gall. Cintu-(gnätos). Vgl. Walde s. v. recens. teil, n.: Steiß, mhä. hindei'teil, spätahd. hinder-
^hinter, adj., 1678 bei Krämer, älternhd. deil n. hintertreiben, v.: zurücktreiben,
und mhd. hinder, selten hinter, ahd. hintaro verhindern, bei Opitz 1, 166. Hinterwäldler,
(Komp. hintiror, hintarero, Sup. hintaröst): m. (-S, PI. wie Sg.), Übersetzung des amerika-
dazu and. hindiro, anord. hindri (Supei*l. nischen hackwoodsman ; dann derber Mensch
hinnstr) «der spätere, folgende», alte Kom- ohne Lebensart. Schlagwort seit den vierziger
parativbildung, s. hinter -. Substantivisch Jahren des 19. Jh. Vgl. Ladendorf, hinter-
Hintere, m. (Gen. u. PI. Hintern): das Ge- wärts, adv., mh.(i..?iindenüert, -wart, im 14. Jh.
säß, 1678 bei Krämer Hintere, älternhd. und hinderwarts, im 15. Jh. hintencerz.
mhd. hindere m. hinilber, adv.: auf die andre Seite hin,
^hinter, präp. mit Dat. und Akk. je spätmhd. hinüber, s. hin. hinunter, adv.,
nach den Fragen wo? und wohin? 1664 bei bei Luther, hinweg, ad., mhd. himvec. hin-
Dnez und 1678 bei Krämer hinter, älternhd. wieder, adv., mhd. hin ividere. Am wide)-.
hinter, ühd.hintar; dazu mnd.-ags. /a'wfier, got. hinzu, adv., rad. im 13. Jh. hin zu.
und mhd. hinder, im 15. Jahrh. gewöhnlich Hinz, Hinze, Name des Katers in der
hindar «hinter, jenseits». Alte Komparativ- Tierfabel. Zuerst im Reineke Vos 78. 906 fg.
bildung (entsprechend gr. -xepoc, amd.-taram), Niederd. Koseform von Hinrik (mnd. Hintze,
die in hinter ^ adjektivisch gebraucht ist und Hintzcke), wie oberd. Heinz (s. d.) von Hein-
zu der ein Superlativ vorliegt, in ags. hin- rich. Vgl. Kunz.
dema «der letzte», mit doppeltem Superlativ- Hiobspost, f.: böse Nachricht, nach Hiob
suffix got. hindtimists «der hinterste, ent- 1, 14 fg. Bei Goethe (Götz) 89, 40.
fernteste». ZUS. hinterhleiben, v. zurück-:
^
Hippe, f. (PI. -n): zusammengerollter
bleiben, in bezug auf einen Toten, bei Fleming oblatenförmiger Kuchen, Waffel. Noch ober-
869 Hippe Hirse 870

deutsch. Spätmhd. im 15. Jh. hipe, liiepe f. ZUS. Hirilgespiust, n., 1716 bei Ludwig,
In den Fasnachtspielen des 15. Jh. 373, 1 vgl. das Hirn erspinnt 1648 bei Weckher-
hole hip f. «hohle Waffel», daher im 16. und lin 2, 16 F. hirnlos, adj., mhd. kirnelös.
17. Jh. Hohlhippe f. Da das Wort auch die Hirnschädel, m., mhd. himschedel. Hirn-
Weidenrinde bezeichnet, die von den Knaben schale, f., mhd. hirne-, hirnschal, ahd. hirni-
im Frühling zu einer Pfeife hergerichtet wird, scala f.

so könnte diese Bed. ui'sprünglich sein, und Hirsch, m. {-es, PI. -e): mhd. hir^, auch
das Wort zu got. Mufen (s. Hifthorn) ge- hirz, hirtz (noch hess.-alemann. Hirz), 1482
I

hören. Der Kuchen wäre dann nach seiner Jim Voc. theut. o 5'^ hirsck (in hirschenpock),
Gestalt benannt. im
(auch bei Luther Hirs,
15. Jh. hirß, hirs
I

Hippe, f. (PI. -n): Sichelmesser (Offenb. I


Hirsch langsam vordringend,
Hirfs), im 16. Jh.

l-i, 18j; Sense des Todes (Lessing 1, 64). frühmd. hire^, ahd. hint^, hir§ m.; dazu andfrk.
1

bersächsische Form von Heppe, Hepe, durch hirot m., mnd. herte, harte n., nnd. hart m.,
i

Luther in die Schriftsprache gekommen. Mhd. nndl. hert n., ags. heorot, heort m., engl.
j

(md.) hepe, heppe, ahd. heppa. happa f. «Sichel, hart, anord. hjörtr m., schwed.-dän. hjort m.
:

Sichelmesser, Sichelbeil», im 15. Jh. auch heepp Urverwandt mit lat. cervus m. «Hirsch», kymr.
j

(Diefenbach gl. 606^), 1596 bei Hulsius Heep, carw, körn, carow «Hirsch», apreuß. sirwis
I

1482 im Voc. theut. n. 7'' happe. Dazu mnd. «Reh», gr. Kepaöc «gehörnt» (zu gr. K^pac n.
hepe, heppe, hiepe. Aus einem germ. Viapja «Hörn, Geweih», Gen. Kepaxoc), also urspr.
sind entlehnt ital. accia, azza «Axt», prov. «Geweihtier». Dazu aber auch lit. kcirve,
apcha, frz. hache, span. hacha «Axt», aus abg. krava f. «Kuh», also mit idg. Wechsel
ndfrk. happa frz. happe «Halbki-eis von Eisen, von k und k'. Lautlich entspricht gr. xöpuboc
Krampe». Oberdeutsch noch hap. Herkunft m., Kopuböc f. «Haubenlerche». Oberd. biegt
[

unklar. Vielleicht zu gr. kottic f. «Schlacht-, man schwach: Gen. u. PI. Hirschen (wie im
Opfermesser», abg. kopije n. «Lanze», lit. IG. und 17. Jh. Teuerdank 30, 20, Waldis Es.
1

kapöne f., lett. kapans «Hackmesser», vgl. 2, 11, 16, H. Sachs, Opitz und Hoffmaunswal-
I

Zupitza 114. dau), was auf schwachflekt. mhd. hir^e, hirze


'

^ Hippe, Hippleiii, n. (-s, PI. wie Sg.): m. zmückgeht, auch bei Luther Hohel. 8, 14
\

junge Ziege, Zicklein, Zickelchen. 1664 bei der Dat. Sg. Hirssen. ABL. Hirschling, m.,
'

Duez Hippelein, 1586 bei Mathesius Syrach der Waldschwamm Agaricus deHciosus und
3, 10 Hepelein, Dim. von bayr. obersächs. Ciavaria coralloides, 1741 bei Frisch.
- ZUS.
Heppe f., kurhess. Heppe, Hippe f. «Ziege», Hirschfänger, m.: Seitengewehr des Jägers
besonders als Lockruf für diese. !N"ach Kluge zum Fangen, d. h. Abstechen des Hirsches,
I

vielleicht Koseform zu habev «Bock» (s. 1664 bei Duez. Hirschgelos, n., 1775 bei
I

Habergeiß). Adelung, 1741 bei Frisch Hirschgelöse, s.


Hiril, n. (-S, PI. -e): das Kopfmark. Mhd. Gelos. Hirschgeweih, n., 1581 bei Fischart
hirne. Mm, md. kern, ahd. hirni n.; dazu Bienk. 200^ Hirtzgeweih, mnd. hertestwich n.,
;

mnd. kerne, harne n., ndl. hersenen, karsenen s. Geweih. Hirschhorn, n., mhd. kir^hom
I

f. und inZusammens./<e>"seu, mittelengl./terrtes, 'n.; davon hirschlioruen, adj., mhd. 1391


Schott, harns, anord. hjarni m., schwed. hjärna hirczhormn. Hirschkäfer, m., 1664 bei
I

f., dän. hjerne «Gehirn». Daneben anord. Duez. ; Hirschkalb, n., 1664 bei Due/..
hjarsi m. «Kopfwirbel, Scheitel». Urver- Hirschknh, f., 1741 bei Frisch. Hirscl«-
;

wandt mit lat. cerehrum n. «Gehirn», cer- Schröter, m.: Hirschkäfer, s. Schröter.
i

'
nuus «kopfüber», gr. Koip «Kopf», KÖpa, Kcipri Hirschwnrz, f.: das Heilkraut Peuceda-
f. «Kopf», Koipavov, Kcxprivov n. «Haupt, Berg- nuin cervaria, mhd. hirpvurz, hircesivurz
;

gipfel», KÖpcr|f. «Schläfe», xpäviovn. «Schädel», (Hildegard], mnd. herteswort.


armen, sar «Höhe, Gipfel», awest. sarak- n., Hirse, f. (PI. -n), auch noch m. und
!

aiüd. giras und glrsäm, fßrsän- n. «Kopf», Hirsen, ni.: \ Panicum miliaceuni. die Pflanze
also mit indogerm. k', während got. kairnei Mhd, Mrse, j
und hirso ni., hirs m., ahd. hirsi
f. «Hirnschädel», anord. hvern f. «die zwei noch oberd. Hirß m., bei Duez 1664 und
I

bootförmigen weißen Knochen im Fischgehirn, Freyer 1722 Hirsen m.; dazu and. kirsi \n.
die Gehörsteine», hverna f. «Topf, Schale», Das Vqiü. ist in Norddeutschland heimisch
abg. (^rena f. «Schüssel», aind. karayokas m. und jetzt in der Schriltsprache im wesent-
]

«Schädel, Gefäß» auf indogerm. Ä«" weisen. lichen durchgedrungen, 1663 bei Schottel
871 Hirt Hobel 872

Hirse f., mnd. herse f.; in md. Mundarten span.-port. izar. Seit 1879 ist auf der deutr
Hirsche f. m,, 1516 bei Pinicianus Prompt. sehen Kriegsflotte heißen statt hissen ein-
.J2'^ hirsch, 1638 beiHomburg Clio B8 Hirsche. geführt. Herkunft unklar.
Mit der Verbreitung der Fracht nach Norden Historie, f. (PI. -n): Geschichte, Ge-
auch in die dortigen Sprachen gedi-ungeii, schichtserzählung, Geschichtsbuch. Mhd.
ndl.-schwed. hirs, dän, hirse, isländ. hirsi, historje f., von gr.-lat. histaria, gr. icropia
engl, hirse. Vielleicht zu lat. cirrus m. f. « Geschichte ». Historiker, m. Geschichts- :

«krauses, von Natur gelocktes Haar, Haar- forscher, -kundiger, Geschichtsschreiber, im


locke» oder besser zu lat. Geres «Göttin der 18. Jh. gebildet nach dem substantivisch ge-
fruchttragenden Erde», 11t. serti «füttern», setzten gr.-lat. Adj, historicus, gr. icxopiKÖc,
sermenls «Begräbnismal», aind. gäspam n. wovon historisch, adj.: geschichtlich, 1575
«junges Gras». Vgl. Walde s. v. Vgl. Fench. bei Fischart Garg. 42.
ZUS. Hirsebrei, m., um 1480 im Voc. ine. Hitsche, s. Hütsche.
teut. 18* hirsprey, Var. hirßbrey, vgl. früh- Hitze, f. (ohne PI.): brennende "Wärme:
mhd. ü§ hirse man den prien tuot (Genesis (schon mhd. bildlich) zu große Gemütser-
24, 36). Hirsekorn, n., mhd. hirsekorn, regung. Mhd. hitze, ahd. hizzea, hizza f.;
ahd. hirsechorn n. dazu asächs. hittja, mnd. und nndl, hitte f.,
Hirt, m. {-en, PI. -en), unverküi-zt Hirte, ags. hitt f., anord. hiti m., dän. hede «Hitze».
m.: Viehhüter. Mhd. hirte, hirt, ahd. hirti Gleichen Stammes wie heizen und heiß (s. d.).
m.; dazu asächs. hirdi, mnd. herde, ags. hirde, Aus dem Ahd. entlehnt ital. izza f. «Zorn,
heorde, engl, herd, anord. hirdir, got. hair- Unwille». ABL. hitzen, v., mhd. hitzen
deis m.; daneben mit andrer Bildung mhd. «heiß machen», verschieden von mhd. hitzen,
hertcere, harter und hirter, mnd. herder, afries. ahd. hizzön «heiß werden, vor Hitze auf-
herdere, ndl. herder, harder m., daher die wallen», hitzig, adj., mhd. hitzic, hitzec.
Familiennamen Herder, Harder. Lit. kef- ZUS. Hitzkopf, m., bei Goethe 30, 186
dz'us m. «Hirte» ist wohl nicht urverwandt, neben Heißkopf (do, 270). Hitzschlag, m.:
sondern entlehnt. Hirt ist j- Ableitung zu schlagflußartiger Zustand infolge der Sonnen-
Herde (s. d.). ABL. Hirtin, f. (PI. -nen), hitze, Sonnenstich, Mitte des 19. Jh., vgl.
1575 bei Fischart Garg. 812. ZUS. Hirten- 1576 bei Fischart glückh. Schiff V. 211 Hitz-
brief, m.: Brief eines geisthchen Hirten, stich m. «heißer Stich der Sonne».
bischöfliches Sendschreiben 1775 bei Ade- ho! Interj. des Zunifs (1561 bei Maaler),
lang. Hirtenstab, m., mhd. hirtenstap m. des Zweifels und Einwui-fs (s. hoho, oho).
Hirtentäschel, n.: das Feldkraut Capsella Auch franz. ho !
bursa pastoris mit Samenhülsen wie Täsch- Hobel, m.
(-S, PI. wie Sg.) Unebenheiten :

lein, 1574 bei Fischart Onom. 808^ Hirten- Glättwerkzeug des Schreiners.
abstoßendes
täsch f., bei Brunfels 1530 und Fuchs 1542 Mhd. hovel, hohel m., md. 1470 bei Diefen-
Hirtenseckel m. (s. Täschelkraut). bach gl. 325 c hubel (1663 bei Gryphius P.
bissen, V.: Stangen, Eahen, Boote, Flaggen Squentz 82 Hubel und noch mundartlich),
in die Höhe ziehen. Ein niederd. Seemanns- 1540 bei Alberus dict. y 1* Hübet m.; da-
wort, 1728 bei Sperander hissen, mit der zu mnd. hovel, hoffei, nnd. Iiövel m., (ent-
Nebenform hiesen, 1582 bei Chyträus tiphissen, lehnt) schwed. hi/fvel n., dän. hövl. Unmög-
1536 bei Giseke Hamburger Chron. 119 his lich zu heben, trotz nisl. hefill m. «Hobel»
up dat segeU, dazu 1741 bei Frisch Hisse wegen des Vokahsmus. Auch russ. sköbell
f. «Maschine, womit man im Schiff etw. in f. «Schabmesser» läßt sich nicht vergleichen.
die Höhe heben kann». Entsprechend bei Am nächsten liegt Anknüpfung an schaben
den andern german. Seevölkern, ndl. hijzen, (doch bleiben auch dabei Bedenken) oder
hij sehen (spr. heischen), (daraus entlehnt dän. schieben. ABL. hobeln, v., auch bildhch
heise), norweg.-schwed. hissa (aus dem Ndd.), «von rauher Sitte glätten» (schon 1472 bei
von ndl. hitsen, bei
engl, hoist, verschieden Eyb Ehebüchl. l*' hobeln). Es stammt diese
KUian hisschen und mnd. hissen «hetzen», Bedeutung aus Handwerksbräuchen, vgl. ««-
aber in Anlehnung daran 1557 bei Waldis gehobelt. Mhd. im 14. Jh. hobeln, md. im
Esop. 2, 30, 88 die Segel aufhetzen. Aus 15. Jh. hofein, ho fein (Diefenbach gl. 323'^,
dem Niederd. entlehnt gleichbed. franz. hisser 325 c) und 1470 hubein, 1540 bei Alberus dict.
(1664 bei Duez auch hinser, isser), ita.\. issare. 11 4^ hübein, mnd. hovelen und im 15. Jh.
873 Hoboe hoch 874

höffelen (Diefenbach gl. 189^), nnd. höveln, 67, 16 in hochteutschen landen, um 1480 im
danach bei Luther (l. Kön. 6, 36) höffein. Voc. ine. teut. k 2^ Hochteutschlant und Hoch-
Entiehnt schwed. hyfla, dän. hövle, Island. teutscher, von der Sprache 1581 bei Fischart
hefla. ZUS. Hobelbank, f., 1508 in der Bienenkorb Titel auff gut preyt Fränckisch
Straßburger Gemma hß'^. Hobelspan, m., hoch Teutsch im Gegensatz zu auff Nider
1556 bei Frisius 1169^ Hobelspan PI. Teutsch; dann «Schriftdeutsch», 1741 bei Frisch
Hoböe, in Österreich und Bayern auch Hoch-Teutsch, wie die Gelehrten teutsch reden
Oboe, f. (PI. -n): scharftönendes, hölzernes und schreiben, im Gegensatz der unreinen,
Blasinstniment. 1703 im Zeitungslex. Haut- ungeschickten teufschen Aussprach und Mund-
bois «Art Blasinstrument, welche meist bei Art, hochfahrend, adj., bei Goethe 7, 200.
den Regimentern zu Fuß und den Dragonern Hochflut, f., schon ags. heahflöd m., anord.
gebrauchet werden», 1716 bei Ludwig (teutsch- häflöedr f. Hochgebirge, n., mhd. höch-
engl. Lex. 925) Hohoy oder schalmey. Aus gebirge n. von den Alpen, hochgeboreu,
gleichbed. franz. haut-bois m., d. i. wörtlich part. Adj., mhd. hoch geborn, höchgeborn
«Hochholz» (haut «hoch», bois m, «Holz»], «vornehmem Geschlecht entsprossen, edel»;
weil hoch (bis ins 3 gestrichene g) gehendes jetzt als Titel der Grafen, denen nicht das
hölzernes Blasinstniment. Entlehnt ins Ita- höhere erlaucht zukommt, schon 1540 bei
lienische oboe m. und daher bei uns später Hug Rhetorica lA^ als Titel der geforsteten
auch Oboe. Hoboist, m. (-en, PI. -en): u. nichtgefüi-steten Grafen, hochgelehrt,
Hoboenbläser. 1711 bei Rädlein 489^ «der part. Adj., mhd. höchgeleret, 1641 bei Schot-
auf einer Frantzösischen Schalmey e blaset». tel 376 hochgelahrt. Hochgericht, n.,
hoch, adj. (flekt. hoher, hohe, hohes, Komp. mhd. 1256 högerichte n. «Gerichtsbai-keit
höher, Sup. höchst): ausgedehnt nach oben. in allen wichtigen bürgerlichen und krimi-
Mhd, hoch (flekt. hoher), ho, ahd. höh, ho; nellen Sachen» (Haltaus 930), spätmhd. im
dazu asächs. höh, mnd. hoch, hoge, ho, nndl. 15. Jh. hochgericht n. «peinliches Gericht»:
hoog, afries. häch, häg, ags. heah, hea, heh, dann «Vollziehungsstätte der hohen Gerichts-
engl, high, anord. hör, här, schwed. hög, dän. barkeit, Richtstätte» (15. Jh., Weist. 2, 51),
hol, got. hauhs. Der Komp. mhd. Jwher. «Galgen» (Weist. 2, 410 von 1499). hoch-
hoeher, ahd. höhiro, ags. heahra: der Superl. geschoren, part. Adj,: vornehm, hochge-
mhd. höhest, hoehest (noch bei Luther höhest), stellt, 1534 bei Wii-sung Calistus cc 3, in urspr.
host, ahd. höhist, asächs. höhöst, ags.'heahst, mhd. höchbeschorn «mit äußerst be-
Bed.
got. hauhists. Das Adv. mhd. höhe, ho, ahd. schorenem Haar», dann mit Bezug auf die
und asächs. hoho, mnd. hoge, ags. heah, hea, große Tonsur der hohen Geistlichkeit höhe
got. hauhaba. Dazu mit Ablaut und gramma- beschäm (Erec 6632). hochherzig, adj.,
tischem Wechsel Haug und Hügel (s. d.), got. 1641 bei Schottel 376, anders got. hauhhairts,
hiuhma m. «Haufen, Menge», hühjan «sam- ags. heahheort «hochmütig». Hochmeister,
meln, aufhäufen», und weiter lit. kaukarä m.: der oberste Vorgesetzte eines geistlichen
f. «Hügel», kaükas m. «Beule», lett. kuckurs Ritterordens, mhd. höchmeister, md. im 14. Jh.
«Höcker, Buckel», russ. kücai. «Haufe», aind. hömeistir. Hochmut, m., mhd. höchmuot,
kucas m. «weibliche Brust». Das schwach- md. hömüt m. «edle gehobene Gesinnung,
flekt. Adj. substantivisch die Hohen, mhd. große Freudigkeit», dann «die Überhebung

die höhen «die Großen des Landes». ABL. derselben», daneben mhd. hochmiiete, höch-
höchlich, adv.: in hoher Art, bei Luther, muot f. «Übermut», ahd. höhmuoti f. «Hoch-
vom Adj. mhd. höchlich, ahd. höhlih «er- mut» und das Adj. höhmuote «hochmütig).;
haben», ags. healic, im Adv. Malice, engl. hochmütig, adj., md. hömütic, ahd. höh-
highly. höchstens, adv., bei Luther Briefe muotig im heutigen Sinne, hochnotpein-
2, 662 von 1525. S. Höhe, höhen, Hoheit. lich, adj., als Beiname des Halsgerichts
ZUS. Hochachtung, f., 1581 bei Hedio (s. d. und Hochgericht), 1663 bei Schottel
Josephus Vorr, 5^. Hochaltar, m.: Haupt- 257, gesteigert aus hochpeinlich 1697 bei Be-
altar, 1775 bei Adelung. Hochamt, n.: die sold Thesauinis 1, 355, vgl. hochnotdringende
feierliche dem Hochaltar, bei Ade- Ursachen 1641 bei Schottel 376. Hochofen,
Messe vor
lung, hochbegabt, adj., 1578 bei Fischart auch Hohofen, m.: hochaufgebauter Ofen
Ehz. V^orr. 3^. hochdeutsch, adj.: ober- zum Schmelzen von Erzen. Noch bei Schiller
deutsch, süddeutsch, 1488 in Städtechron. 3, Eisenhammer hoher Ofen. Hochschule, f.:
!

875 Hocke Kode 876

Universität, spätmhd. hdchschuol und hohe Hock m. «Gras-, Heuhaufen», Schweiz. Hock
j

scMol f. Hoclistapler, m.: umherziehender m. «Haufe», bayr. Hocken, Hocker m. und


[

vornehmer gaunerischer Bettler, seit der Mitte tirol. Hock m. «Getreide-, Heuhaufen auf
des 19, Jh. in der Schreibung Hochstapler dem Felde». Urverwandt mit lit. kügis m.,
verbreitet, dafür fräher Gauäieb (s. d.), 1753 lett. käudze «auf der Wiese stehender großer
j

Hochstahler, ein berühmter Dieb (Kluge Eot- Heuhaufen», lat. cumuhis (aus ^cugmulus) m.
welsch 1, 229). Zgs. aus hoch «vornehm» und «Haufe». S. Hucke.
\
ABL. hocken, v.:
statuier, stabuler m. «Bettler, Brotsammler», Getreide in Hocken setzen.
1510 im Liber vagatorum (Kluge a. a. 0. 1, 'Hocke, m.: Kleinverkäufer, s. Höke.
'

38 u. 60), in der Lutherschen Ausgabe von Höker.


1528 Staheyler, 1494 bei Brant Narr. 63, 41 hocken, v.: zusammengebogenen Leibes,
stahyl m. «Bettler», hochtrabend, part. krumm niedersitzen (1561 bei Maaler hocken,
Adj., schon mhd. hochtrabende in heutiger bei Murner Schelmenzunft hucken); wartend
Bed. Hochyerrat, m., 1703 im Zeit. Lex. sitzen (1556 bei Frisius 897^); dauenid fest-
Hochwald, m., mhd. hochwalt m. Hoch- sitzen (1531 bei Franck. Chron. 404^ hucken,
wild, n.: alles zur hohen Jagd gehörige 1670 l)ei Grimmeishausen Simpl. 2, 44, 6 Kllr.
Wild, insbes. das Eotwild, Edelhirsche und über den Büchern hocken; sich auf einen
Rehe, 1775 bei Adelung (1762 bei Heppe kauernd niederlassen. In der letzten Bed.
Hochwilclpret), dafür 1512 bei Murner Schel- mhd. hucken (a\Ione Schausp. 1, 313). Mnd.
menzunft 44, 13 hoch gwild, noch bei Schiller hucken, huken und ndl. 1598 hucken in der
Teil 2, 1 V. 900 Hochgewilde n. liocliwohl- ersten Bed., daneben mhd. hüchen «kauern,
gehoreil, part. Adj., als Titel Adeliger und sich ducken» (s. heucheln), ndl. huiken, anord.
hoher Staatsbeamter gebraucht, 1672 bei Stie- hüka «kauern, hocken», hokinn Part, «nieder-
ler Sekretariatkunst als Titel der Freiherren. gebogen, krumm», schwed. huka «hocken».
hochwürdig, adj., als Titel von hochge- Wohl zu ^ Hocke. ABL. Hocker, m. {-s,
stellten Geistlichen, mhd. höchwii'dec xon hoher PI. wie Sg.) wer hockt (in Ofenhocker, :

Würde, 1326 der howerdege herr (Erzbischof), Stubenhocker); Schemel, Zeichenstuhl. (Diese
dazu Eure Hochwird als Anrede des Erzbi- Bedeutung noch nicht bei Grimm.)
schofs bei Liither 1, 6^, jetzt Hoch würden. Höcker, m. (-.9, PI. wie Sg.): Auswuchs
Hochzeit, f., mhd. höchzit und hochgezit, im des* Rückens, Buckel. Mhd. hoger m. (auch
12. Jh. hohzit f. «Fest, Kircheufest» (die hohe Bucklichter), im 15. Jh. hogker, hocker, noch
Zeit, hajr. die hoch Zeit, namentlich Weih- 1664 bei Duez Hocker, 1678 bei Krämer
nachten, Ostern, Pfingsten, Allerheiligen), Höcker. Die ältere Forai ist mhd, hover
soAvie weltliche Festlichkeit, dann festliche m. «Höcker» (auch Buckliger), ahd. hovar
Lustbarkeit, hohe Freude, endlich (Anfang m., mnd. hover, have); ags. hofer m., noch
des 13. Jh.) Vermählungsfeier, Beilager: da- älternhd. im 16. Jh. Hofer (bei Alberus der
zu and. höchgitid f., mnd. höchtit f. «Fest- Barfuser Münche usw. Nr. 118 Hofer neben
feier, kirchliches Fest, Vereheliehungsfeier», Huber m. in Nr. 302); urverwandt mit lit.

afries. hächtid f. «Festtag», ags. heahtid, kuprä f. «Buckel, Höcker», kupris m. «der
anord. hätiä f. «Fest». Davon Hochzeiter, Bucklige», gr. Köqpoc n. «Höcker, Buckel»,
m.: Bräutigam, 1582 bei Golius; Hoch- KÜqpöc «gekrümmt, höckericht», aind. kubjas
zeiterin, f.: Braut, 1578 bei Fischart Ehz. «buckelig». Vgl. Hügel und Hübel. Höcker
D 7,^, dafür in der Zimm. Chron." 4, 116, ist wohl unter Einfluß von hocken aus Hofer

34 Jiochzeite}-e f.; hochzeitlich, adj., mhd. umgebildet. ABL. hÖckericht, adj., mhd.
um 1480
höchzitlich «festlich, hochfesttäglich >^, hockerchf, hogreht, im 15. Jh. höckericht, 1429
iin Voc. ine. teut. k 2^ hochzitlicJi in bezug hokrot, im 12. Jh. hogeroht, in ältrer Form
auf die Vermählungsfeier; ZUS. Hochzeits- mhd. hoveroht, hovereht, ahd. hovaroht «buck-
hitter, m.: Hochzeitseinlader, 1675 bei Weise licht», ags, hoferede.
kl. Leute 375. S. Hohelied, Hohepriester. Hode,
auch Hode(n), m. (Gen.
f. (PI. -n),
'Hocke, f. (PI. -n): Haufe im Feld auf- Mhd. hode m., ahd. hodo
-ns): lat. testiculus.
gestellter Garben. Niedersächsisch, 1739 bei m.; dazu afries. hothan m. Anknüpfungen
Brockes ird. Vergnügen 6, 93, mnd. Jiocke, sind nach mehreren Seiten möglich. Ent-
hake m. Göttingisch-grubenhagenisch Hucke, weder zu lat. cöleus aus *kautsleios, lit. hitis
Hucken m. «Haufe von Sachen», altmärk. «Beutel», kymr. cwd «Hodensack» oder zu
: ;

877 Hof höfisch 878

aind. rötlias m. «Anschwellung, Aufgedunsen- «Denken, Hoffnung». Das Wort ist ins Mhd.
heit»/ Vgl. Waldes.v. ZTJS. Hodensack, und in die oberd. Mundarten durch das Mittel-
m., im mrhein. Yoc. ex quo 1469 hodensacke deutsche des 12. Jh. (hoffen) aus dem Xiederd.
ra., ebenfalls im 15. .Jh. hodensag m. (Diefen- eingedrungen: andfränk. föÄojja f. «Hoffnung»,
bach gl. 403 b). mnd. hopen, hupen «hoffen», mndl. hopen, zu
Hof, m. (-es, PI. Höfe): innrer abge- ältest ags. im 9. Jh. hopian «hoffen» (engl.
schloßner Eaum bei Gebäuden; Fürstensitz, hope), fö/^opa f. «Hoffnung». Entlehnt schwed.
sowie die an demselben oder überhaupt um hoppas, dän. haahe. Einer Zusammenstellung
den Fürsten versammelten Vornehmen (diese mit lat. cupere «wünschen» widerstreitet dessen
Bedeutung unter Einfloß Ton franz. cour); nach dem Gesetze der Lautverschiebung nicht
Haus und Wirtschaftsgebäude eines Gutes; stimmendes p. Das Wort ist vielmehr mit
(im 15. Jh. auch schon) heller Xebelring um hüpfen zu verbinden, und die Bedeutungsent-
Sonne oder Mond. In diesen Bed. mhd. hof wicklung war wohl «aufspringen, erwarten,
m. (Gen. hoves, PI. hove, höve), md. auch hob, hoffen». Vgl. in der Jägersprache der Hirsch
ahd. hof m. (auch Garten); dazu asächs. hof verhofft «sieht sich um, stutzt». ]^och heute
m. (PI. ho'bos) «Herrenhof, herrschaftliches bayr. verhoffen über ein Ding «davon über-
Gut, Palast», ndl. hof n. (auch Garten), afries. rascht, damber stutzig werden, auffahren»,
/'o/n. «Haus mit Umgebung, Kirch-, Gerichts-. Schwab, verhofft «erschreckt». Vgl. DWB.
Fürstenhof», ags. hof n. «Gebäude, Fürsten- 4, 2, 1668. ABL. hoffentlich, adv., 1664
gebäude »,'anord. hofn. «umhegter Raum mit bei Duez, mhd. das Adj. hoflich, hoffenlich
Haushaltgebäuden, Tempel, Fürstengebäude», «Hoffnung erweckend». Hofflinug:, f, md.-
i

(entlehnt) schwed.-dän. hof. Über Verwandt- mhd. hoffenunge f.


schaft mit gr. Kfjiroc. m. «Garten» (s. Hufe) hofieren, v.: einem Frauenzimmer schön
vgl. Sievers ßtr, 16, 237. Von Meringer Idg. tun, (ihr als der Herrin) den Hof macheu
i

Forsch. 18, 267 als «Wohngrube» zu aind. (s. Cour); auf den Hof machen, die Notdurft
i

knpas «Grube, Höhle» gestellt, wohl besser verrichten (16. Jli., ZfdA. 3, 32, 43). Mhd.
aber zu Hühel (s. d.) «Hügel». Alles unsicher. hovieren, hofieren, md. hoveren «sich in fest-
Hoflfart, f. (ohne PI.): das Hochhinaus- licher Geselligkeit erfreuen, prangen, (mit Dat.)
woUen über andre; Großtun mit Gepränge. zur Verherrlichimg musizieren, ein Ständchen
Zgs. aus Jwch und Fahrt, noch im 16. Jh. bringen, den Hof machen, galant sein, auf-
Hochfart f., mhd. hochvart f., auch höhevart, warten, dienen», urspr. «das Gefolge sein oder
hövart, hohe zu varn, d. h, «Art vornehm bilden», zu ahd. hof m. «Gefolge eines Herrn»;
zu leben, Glanz und Pracht, edler Stolz», dazu nmd. hoveren, haveren «höfische Be-
dann «Übermut, prangendes Großtun, hoch- lustigungen treiben, aufwarten, schmeicheln ».
fahi-endes Wesen, Trotz», ahd. höhfart f. höfisch, adj.: bei Hofe gebräuchlich oder
«Übermut», im 14. Jh. hoffart, das im 16. Jh. als schicklich geltend. ]\Ihd. hövpsch. hövisch,
zur Herrschaft gelangt, auch bei Luther Hof- höfsch, md. hovesch, hofsch, fmhmd. huvisrh
fart; dazu ndrhein. im 14. Jh. höfard, h.öffard «zu einem Hofe gehörend, hofgemäß, fein-
(Kloster- Altenberger Hdschr.), mnd. hochvart, gebildet, zart gesittet»; das Wort wui'de ge-
hovart f. «Hochmut». Davon hoff artig, adj. bildet, um das romanische (franz.) courtois,
hoch- und übermütig, mhd. hochvertec «hoch- mhd. kurtois, kurteis auszudriicken. Vgl.
gesinnt, stolz, prachtvoll», dann in heutiger hübsch. Weitre Ableitungen von Hof: höf-
Bed. ahd. höh fertig, höhvartig «stolz, über- lich, adj.: dem Hoftone, d. h. fein gesitteten
mütig, trotzig», im 14. Jh. hoffertic, dazu und gebildeten Tone gemäß, mhd. hovelich,
ndi-hein. im 14. Jh. höferdig, höfferdig. im Adv. hovelich e, ho fliehe, hovelich: dazu
hoffen, v.: etwas künftiges Angenehmes Höflichkeit, f um 1480 im Voc. ine. teut. ,

erwarten. Mhd. hoffen erst im 13. Jh. in k Z^ hoflichkeit. Höfling, m., mhd. im 12. Jli.

österreichischen Gedichten, aber noch nicht hovelinc m. «dem Hofleben und der Hofsitte
bei Hartmann v. Aue, Wolfram v. Eschen- Angehöriger. ZUS. mit Hof: Hofhält, m.
Ijach, Gottfried v. Straßburg und im Volks- und Hofhaltung, f.: das Hofhalten eines
j

epos, erst nach 1250 wird es häufiger statt Fürsten und die Gesamtheit der dazu gehöiigen
des altem mhd. dingen, gedingen, ahd. dingen ! Personen und Gegenstände, Hofhalt im 19. Jh.,
«hoffen», mit dem Subst. mhd. gedinge m. f. n., Hofhaltung 1642 bei Duez. Hoflager, m.:
ahd. gidingo m., gedingt f und gedingi n. Ort, wo ein Fürst mit seinem Gefolge vor-
:: 'i

879 Höhe Hohn 880

übergehend weilt (1575 bei Fischart Garg. 67); bei Zincgref Apophth. 1, 14 Key serliche Hoch-
laste Eesidenz eines Fürsten (Ende des 16. Jh. heit (vom Kaiser), jetzt von Herzögen und
bei Schweinichen 1, 380). Hofmaiin, m., königlichen Prinzen. ZUS. mit hoch: Hohe-
mhd. hoveman m. «Diener am Fürstenhofe, lied, n. (Gen. Hohenliedes): das hohe Lied
Hofgut bewohnender Bauer», afries. hofnwn Salomos, bei Luther. Hohepriester, m.
m. Hofmarschall, m., 1664 bei Duez Hof- (zusammengemckt aus der hohe Priester, Gen.
marschalck, dafür Ende des 16. Jh. bei Schwei- Hohenpriesters, PI. Hohenpriester), in starker
nichen 1, 393 Hausmarschall. Hofmeister, Flexion Hoherpriester, m. (aus hoher
m., mhd. hovemeister Jiofmäster m. Priester, PI. Hohepriester), bei Luther, da-
, afries.

«Aufseher über Hofhaltung, Ober- für im Cod. Tepl. di fursten der priester
füi'stliche

knecht», erst nhd. «Erzieher», bes. «in vor- oder der phaffen.
nehmem Hause» (1642 bei Duez), bei Luther Höhenrauch, s. Herauch. i

Sir. 20, Hofemeister «Aufseher und Be-


4 hohl, adj. (Komp. hohler, Sup. hohlst): i

wahrer des Gesindes und der Kinder des im Innern leer. Mhd. und ahd. hol, noch
Hauses»; davon hofmeistern, V.: Mangel- bei Luther und im 18. Jh. hol, 1664 bei Duez
haftes an jem. rügen, Ende des 16. Jh. bei hohl; dazu and.-ndl.-afries.-ags. /io?, anorä.holr,
Schweinichen Hofnarr, m., 1556 bei dän. Md, woneben engl, hollow «hohl». Ge-
1, 125.
Frisius 837''. Hofprediger, m., 1663 bei wöhnlich zu ahd. helati «umhüllend verbergen»
Schuppius 42. Hofrat, m., mhd. hoveräi m. (s. hehlen) und got. hulundi f. «Höhle», eig.
«die Gesamtheit der Käte eines Fürsten», «die Bergende» gestellt, was aber kaum be-
hofrath im 16. Jh. in der Zimm. Chron. ^ 3, friedigt. Besser zu lat. cavus «hohl», gr.
192, 32 «der einzelne Rat». Hofreite, f. KÖoi «Höhlungen» (Hesych), gr. küXo n. PI.
(PI. -n):Hofraum und Gebäulichkeiten eines «Vertiefung unter dem Auge» u. a. Vgl.
Landgutes, mhd. liovereite f. «der Hofraum, Walde s. V. ABL. Hohle, f. tiefgehender :

der zu dem Haus und dessen Stallungen, zu \


Weg
zwischen Berg-, Erdwänden (Goethe 27,
einem landwirtschaftlichen Gebäude gehörige 332), mhd.-md. hole f. «Höhle», im 14. und
freie Spielraum», dann «Bauernhof» (1347 hof- 15. Jh. als Bergmannsausdruck halbrund aus-
reit), um 1480 ])ei Steinhöwel Asop306 hofraity gehauner Baum, Trog von einem gewissen

f.,noch bayr.- Schwab.- elsäss.-fränk.- hessisch, Maße, anord. hola f. «Höhle, Loch». Höhle,
wohl in Zusammenhang stehend mit dem ersten f. (PL -n), mhd.^ hüle f. (auch PI. hiilinen),
i

Teile von shdi.hreiti-, reitihuohai. «Ansiedlung, ahd. holt f., spätmd. im Voc. theut. 1482 p 1
j
'^

Landgut». Hofschranze, m. (-%, PI. -n) holint, daneben mhd. hol n. (P\.hölr) «Höhle,
verächtliche Bezeichnung für höhre Hofbe- Öffnung», ahd. hol n. (F].holir, holer) «Höhle,
diente, bei Luther 3, 297 ^ Hofeschrantze, aber Loch», and.-afries.-anord. hol n., ags. hol und
j

bei Lessing Em. Gal. 5, 4 Hofschranze f., holh, hole n., engl, hole. Aus dem Germa-
\

s. Schranze. Hofstaat, m. (-es, PL -e): nischen entlehnt afranz. houle f. «Bordell»,


Dienstpersonal eines Hofes, 1626 f. «die hohle See», hulotte f.
bei Zinc- i
nfranz. houle
gref Apophth. 1, 331 Akk. Sg. Hoffstaaden.
«Kaninchenhöhle», höhlen, v.: hohl machen,
Hofstatt, f. (PI. Hofstätte): Hofreite (mhd. mhd. erholn, erhüln «aushöhlen», ahd. holön,
hove-, hofstat, ahd. hovastat f. «Grund und got. ushulön, ags. holian; dazu Höhlung, f.,
Boden einer Hofbesitzung»); Ort, wo ein 1762 im dict. alem. fran^; bei Adelung neben
Fürst seinen Hof hält (1631 bei Zincgref Höhlung, um 1480 im Voc. ine. teut. ml^
Apophth. 2, 53). Hofstätte, f. (PI. -n): holung. Hohlheit, f.: das Hohlsein, hohle
Stelle eines Bauernhofes oder einer Hofreite; Stelle, 1495 in der Kölner Gemma E7'^ hol-
die Hofreite selbst. 1522 bei Dreyhaupt heyt, nd. im 15. Jh. bei Diefenb. gl. 138 «^

Beschreib, d. Saalkreises 940 Hoffstette f.


1, haelheit, hoylheyd. ZUS. hohläugig, adj.,

Höhe, f., das Subst. zu hoch (s. d.). Mhd. 1741 bei Frisch, hohläugig 1664 bei Duez.
hoßhe, hohe f. (auch Anhöhe, Berggipfel), ahd. Hohlhippe, s. ^ Hippe. Hohlkehle, f.:

und asächs. höht f., got. hauhei f. hölien, v. halbkreisförmig ausgehölte Rinne oder Leiste,
hoch machen, erh'6hen,mhi.hoehen,'j\id.h6hja)i, 1518 im Anz. d. Germ. Mus. 1866, S. 272 Hol-
höhen, got. hauhjan. Hoheit, f., mhd. höch- kai f., bei H. Sachs 2, 382 Holkel f. Hohl-
heit, md. höcheit f. «Erhabenheit, noch im spiegel, m., '1716 im Mathem. Lex. 1299.
10. und 17. Jh. Hochheit; als Titel der Fürsten Hohlweg, m., 1691 bei Stieler.
bei Duez 1664 und Krämer 1678 Hoheit. 1626 Hohn, m. (-S, ohne PI.): Äußerung ein--
881 Hohn Hokuspokus 882

verletzenden, herabsetzenden tJbermutes gegen hoho! Interj. des Zurufs, des Triumphie-
jemand. Md. im 14. Jahrb. (selten) Mn m. Limburger Chron. 74, 4 W.),
rens (im 14. Jh.
«Schmach», noch bei Luther im Sinne von dann des Einwurfs und Zweifels (1555 bei
«Schmach, Schande» (Jer. 31, 19); dafür mhd. Wickram Rollw. 73, 17 K.). S. ho.
hcene f. und hoeiide f., md. hone f. «Schmach, Hohofen, s. Hochofen.
Schande, verletzendes hochfahrendes "Wesen», Höhrauch, s. Herauch.
ahd. Mna und honida f., asächs. hönäa f., and. hojahnen, v.: gähnen (Wieland 5, 266).
hönitha «Schmach, Schimpf», Substantivum Ein lautmalendes nd. Wort bei norddeutschen
zum mhd. Adj. hcene, md. hone «verachtet, mnd. hojanen und im 15. Jh.
Schriftstellern,
durch Schmähung an der Ehre kränkend, bei Diefenbach gl. 276*^ hoianen, md. 1517
hochfahrend, zornig, böse», ahd. höni und bei Trochus Q 3^ hoganen.
ags. hean «schmachvoll, verachtet, niedrig», HÖke, m. (-W, PL -n): Kleinverkäufer
got. hauns «niedrig, demütig». Urverwandt roher Eßwaren usw. an öffentlichem Platze.
mit lett, /cawns m. «Schmach, Schande, Scham, ÄIhd. hucke, md. hocke m., noch westmd.
Hohn», lit.kuvetis «sich schämen», gr. Koöpoc- Hocke (z. B. in Frankfurt a. M.), 1664 bei
KaKÖc. Vgl. noch Uhlenbeck Btr. 30, 289. Duez Hock: mit verlängertem Vokal mnd.
Aus dem Germanischen entlehnt franz. ho7ite hoke, koken m.,md. in den Xordhäuser Statuten
f., ital. onta f., altspan. fonta f. «Schande». des 15. Jh. und 1517 bei Trochus F5^ hoke,
ABL. höhnen, v.,,mhd. hoenen, md. und daher bei Stieler Hoke neben Höker und bei
mnd. honen, ahd. honen «schmähen, entehren», Frisch Hoke und Höke. Mit Weiterbildung
afries. hena «höhnen», ags. hynan, henan «de- mndl. heukster m., mittelengl. huckstere, engl.
mütigen, schimpflich behandeln», got.haiinjan huckster und hucksterer «Höke». Wahrschein-
«jem. erniedrigen»; aus dem Germanischen ent- lich zu Hocke, Hucke f. «Traglast, Bündel»,
lehnt ital. onire, afranz. honnir «beschimpfen». hocken «eine Last auf dem Rücken tragen»
höhnisch, adj., mhd. hcenisch. hohnecken, (s. Hucke), also der K^einkrämer, der die
V.: mit Sticheleien höhnen, 1691 bei Stieler auf dem Lande aufgekaufte und von ihm
honecken und honecheln, 1644 bei HarsdörfFer feilgebotne Ware selbst auf dem Rücken trägt.
Gespr. 1, Y5'' honecklen, haji: und nd. ho- ABL. hökeu, V.: Kleinverkauf mit Lebens-
neckeln. Schon Stieler und Frisch betrachten mitteln treiben, 1691 bei Stieler koken, höken,
das Wort als Zusammensetz, mit ecken mnd. koken, dafür bei Moser patr. Phant. 1, 28
eine
(in ausecken «ermessen, erwägen», dann «be- höckern. Höker, m. (s, PI. wie Sg.) Höke, :

kritteln, tadeln»), bayr. eckein mit jem. «ihm mhd.-md. kucker, hocker und hockener, 1477
scharfe, beleidigende, herausfordernde Worte bei Diefenbach gl. 422 ^ hockler, 1562 bei
sagen» (von mhd. ecke f. «hervorstehende Mathesius Sar. 173^ Höckler, 1664 bei Duez
Spitze, Schneide der Waffe»), auseckeln «ver- Hacker, 1678 bei Krämer Hocker und Hocklei-.
spotten» imd durcheckeln «tadelnd durch- 1691 bei Stieler Höker, Hoker und Hucke)-.
ziehen» (bei Frisch): allein wahrscheinlich HÖkerei, f., 16ß4beiDuezfibcA-ere?/. HÖkin,
ist es wie thüring.-obersächs. hohniepeln f.: Kleinverkäuferin, im 16. Jahrb. Höckin
(auch hohnepiepeln) «verspotten» eine Ver- (Frankf. Reform, 1, 45 § 17), dafür spätmhd.
stümmelung und Umbildung des nicht mehr hocke f., noch Krämer Hocke f.
1678 bei
verstandnen älternhd. holhippeln (Luther 1, neben Hocklerin, 1664 bei Duez Häckerin,
861 a), holhippen (H. Sachs Fab. 10, 136) 1691 bei Stieler Hökerinn.
«schmähen, lästern, spotten», von älternhd. Hokuspokus, m., früher auch n. (Gen. un-
(15. und 16. Jh.) holhipper m. «Hippenjunge, verändert): Taschenspielerei; Gaukelspiel, Gau-
hausierender Verkäufer von Hohlhippen oder kelwerk. Das Wort taucht zuerst in Eng-
HohlwafFebi», dann (weU er die verächtUche land auf, kocospocos 1624 als Bezeichnung für
Behandlung mit Schmähungen und Hohn ver- Taschenspieler, 1632 als Zauberfonnel, und
galt) «Schmäher, Lästrer». ZTJS. Hohn- wandert über Holland nach Deutschland, 1644
gelächter, n., 1664 bei Duez. hohnlächeln, bei Duez Nomencl. 131 Oxbox «Taschenspieler»,
V., 1775 bei Adelung, hohnlachen, v., 1650 bei Mosch erosch Phil. 1, 371 Ocus Bocus
mhd. honlachen «hinterlistig lachen», hohn- als Name eines Buchhändlers und Druckers
sprechen, V., 1414 hoensprechen und im leichtfertiger Geschichten, 1663 bei Schuppius
15. Jh. hönspreken (Diefenb. gl. 148*j; Hohn- 199 Ockes-Bockes-Possen treiben (1656 von
Sprecher, m., 1691 bei Stieler. Taschenspielern) und 708 Ockes Bockes, der
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 56
883 hold Holm 884

Änistcrdamincr als Name eines Taschenspieler- im Ambraser Liederbuch 215, 83 Holck m.


typus, 1669 bei Eachel 8, 144 oJxes hoks als neben Hollick und Hülck, 1581 bei Fischart
Zauberformel, die Geschwindigkeit des Gauk- Bienk. 175'' Hulcken PI,, mhd. holche, ahd,
andeutend, 1667 Hocus Pocus junior oder
l'^rs holcho m.; dazu mnd. holk, hollik, hulk m.
Taschen- Spiel-Kunst Titel der Üljersetzung und holke, ndl. hulk f., engl. hulk. Vielleicht
des englischen Buches Hoais Pocus junior, aus mlat. holcas, gr. öXkuc f. «Zug-, Last-
the anatomic of legerdemain 1634. Demnach schiff», von eXK€iv «ziehen», bes. auch vom

ist das Wort urspr. der hochtönende Name Ziehen des Schiffes.
eines Gauklers, nicht eine Verstümmelung holla! Interj. des Anrufes, insbes. zum
der Abendmahlsformel hoc est corpus meum. Aufhorchen oder Stehenbleiben. 1561 im
hold, adj.: freundlich zugeneigt; freund- Amadis 1, 35 hola, 1575 bei Fischart Garg.
lich und lieb. Mhd. holt, ahd. hold «gnädig, 69 holla. Urspr. als Zuruf an den Fähr-
günstig, liebend, dienstbar, treu»; dazu asächs.- mann zum Überholen: hola hola, ferg, hol
afries.-ags. hold, anord. hollr «gnädig, treu», (um 1500 bei Olearius de fide concub., siehe
schwed.-dän. huld «hold, anmutig-, treu, er- Hildebrand Beitr. z. d. Unterricht 68).
geben» got. hulßs «gnädig». Urspr, vom Ver- Holle, f. (PI. -n): Haarschopf, Federbusch
hältnis zwischenLehnsherrn u. Gefolgsmann (s. der Vögel. Ndd. In Göttingen, Waldeck. Viel-
Holde), einerseits gnädig, herablassend, andrer- leicht zu mnd. hülle f. «Kopfbedeckung, Kopf-

seits treu ergeben. Wohl gleichen Stammes wie tuch, Mütze», was hochdeutsch Hülle wäre.
Halde (s, und ahd. hald «sich vorwärts
d.) Hölle, f. (PI. -n): Ort der ewig Ver-
senkend, geneigt». Über andre Erklärungen dammten; der enge Raum zwischen dem
siehe Zupitza Gutt. 107. ABL. Holdcheil, Ofen und der Wand (spätmhd. 1488 hell f.).
n.: Liebchen, bei Goethe 1, 80. Holde, m. Li der 1. Bed. mhd. helle, ahd. hellja, hella f.,
[-n, PI. -n): der als Lehnsmann Abhängige, noch bei Luther Helle, 1620 bei Albertinus
in Grundholde m. (Adelung 1775), mhd. holde Lustgarten 136 Hölle; dazu asächs. hellja, '^

m. «Freund, Gehebter, treu ergebner Lehns- mnd. helle, afries. hille, helle, ndl. und ags.
mann», ahd. holdo m., woneben mhd. holde f. hei, helle, engl, hell, anord. hei, got. halja f.
«Freundin, Dienei'in»; in religiöser Beziehung «Unterwelt, Ort der ewigen Verdammnis,
mhd. der gotes holde «Gottesfreund», des tievels urspr. das Reich der Todesgöttin», anord. S^eZ.
holde «Teufelsdiener», die guoten holde «Haus- Gleichen Stammes wie ahd. helan «verbergen»
m. «Geist, Genius» (s. Un- (s. hehlen), also urspr. die bergende. Zu der
geister», ahd. holdo
hold). Holdin, f.: Grazie, Charitin, 1645 2. Bed. «Ofenwinkel», -vgl. ags. heal, hal m.
von Zesen Rosemund 232. 241 eingeführt, oder n., mittelengl. Jial «Winkel, Ecke» und
dann von Hacfedorn
o und Büro-er
O für «anmutisre
O weiter bulg, klänik «der Raum zwischen dem
Geliebte» gebraucht, holdselig, adj., spät- Herde und der Wand», serb, klänac m. «Eng-
nihd. im 15. Jh. holtselig: Holdseligkeit, f., paß» u. a., lat. callis m. «Bergpfad». Vgl.
1534 bei Franck Weltb. 94 ^ Walde s. v. Die Worte wären also eigent-
Holder, s. Holunder. lich zu trennen. ABL. höllisch, adj., mhd.
holen, V.: herbeibriugen. ^Ihä.holn, holen, hellisch, hellesch, mnd. hellisch, heisch. Auf
zuweilen noch haln, ahd. holön, halon und ndd. Gebiet wird das Wort in der Aus-
holen «herbeiholen», zuweilen auch «rufen». sprache hellsch zu einem verstärkenden Ad-
Dazu asächs. halön, halöjan, mnd. und ndl. verbium, z. B. er ist hellsch klug. ZUS.
halen, afries. halia, ags. geholian, engl, hale HÖUbailk, f.: Ofenbank, 1788 bei Müsäus
(ziehen), anord. hala{?), (entlehnt) schwed. Volksra. 2, 142 Hellbank. Höllenangst, f.:

hala, dän. hale (ziehen). Gewöhnlich mit lat. Angst vor der Hölle, 1562 bei Mathesius
caläre «zusammenrufen», ori-.KaXeiv «rufen», lett. Sar. 61^ Hellenangst;
Angst, 1775 höchste
kaluot «schwatzen» zusammengestellt. Aber m.: der das
bei Adelung. HÖllenhraud,
Mansion Btr. 33, 547 zeigt, daß «rufen» nicht Höllenfeuer nährt, großer Bösewicht, mhd.
die Grundbedeutung war, sondern «(mit An- hellebrant m. Höllenfahrt, f., mhd. helle-
strengung) herbeischaffen ». Er vergleicht gi'. vart f. Höllenstein, m,: salpetei-saures
KdXuuc m, «Tau». Unsicher. Silberoxyd als Ätzmittel, 1762 im Nouv. dict.,
Holfter, f., s. ^Halfter. 1722 bei Hübner höllischer Stein.
Holk, Hiilk, m. (-es, PI. e[n]): gi-oßes ^Holui, m. [-es, PL -e): Binnenwasser-,
schweres Lastschiff mit flachem Boden. 1582 See-, Flußinsel; Halbinsel; in den nordischen
885 Holni homouyin 886

Seestädten Platz, wo Schiffe gebaut werden Holz, n. (-es, PI. Höher): dichtstehender
(1782 bei Jacobsson). In der 1. Bed. 1647 Baumwuchs, Wald; der harte Stoff des
bei Olearius Eeisebeschr. 254 aus dem Xiederd., Baumes unter der Rinde; Stück eines Baumes,
nmd. 1379 holm m. «Flußinsel», asächs. holm In diesen Bed. mhd.-ahd. Jwlz n. (PI. mhd.
m. «Berg, Hügel»: dazu ags. höhn m. «hohe holzer, höher, ahd. höh. hohir); dazu asächs.-
Meereswoge, das hohe Meer», engl, holm mnd.-afries. holt n. «Wald», ndl. /w?/f n., ags.
«Insel, Werder, Klippe, Hügel», anord. holmr holt m. n. «Gehölz, Holz als Stoff», engl, holt
m. und holmi m. «See- oder Flußinsel», dann «mit Bäumen bewachsner Hügel, Hain», anord.
«Stätte des Zweikampfs, Zweikampf» (Holm- holt n., schwed. hult, dän. holt «kleineWald-
gang), schwed. /^o/we m. und dän. />o??m «kleine strecke». Urverwandt mit abg. klada f. «Bai-
Insel». Gleichen Stammes wie nd. Hüll m. ken», gr. KXdboc m. «Zweig, Schößling», air.
«kleine Erhöhung», ndl. hiUe, hü, ags. hyll caill «Wald», vielleicht auch aind. kästham n.

m., engl, hill «Hügel». Ui-verwandt mit lat. «Holzstück». Tgl. Walde s. v. callis. ABL.
collis m. «Hügel», cohimen. ruhnen n. «Höhe, holzeil, v.: Holz fäDen, es abschlagend sara-
Gipfel», gl". KoXuuvöc m. und KoXuüvri f. «Hügel», mein: (studentisch) piügehi (1813 bei Kluge
Wx.kälnasva. «Berg», aber aus dem Deutschen Studentenspr.). Mhd. Ao^ze« <:Holz fällen und
entlehnt niss. cholmü m. «Hügel». dem Walde führen», mnd.
aus holten: davon
"Holm, m.: Griff' an d^r Axt, Xebenfonn Holzuug, f., mhd. hohunge f. «Holzhieb»,
zu -Helm (s. d.). hölzern, adj., 1540 bei Alberus dict. 112»
Holper, m. (-S, PI. -n oder wie Sg.): höltzern, im 15. Jh. mi. holtzern (Diefenba<;h
kleine Erderhöhung als Anstoß auf dem Wege. gl. 329''), bei Luther hnltzern, mhd. vereinzelt
1728 bei Menantes aUemeuste Art 76. Da- hulzerin, im 16. Jh. die ältre Foi-m vei--
von holperig, adj., bei Lessing 7, 21 holprich. drängend: höltzen, hnltzen (beide bei Luther),
1540 bei Alberas dict. g4^ hölpericht, dafür 'höltzin (Garg. 126), mhd. hühin, md. hulzm,
1691 bei Stieler holper. holperu, v,, 1.540 ahd. holzm, mnd. hoUe)i. holzig, holzicht,
bei Albems dict, aa 3^, dafür spätmhd. Äo?/?e?«. adj.: holzartig, 1523 bei Carlstad Standt der
hilpeln. TieWeichi ans hoppeln. Tgl. nhersinch chrtstglaub. Seelen B2^ holtzig, 1541 bei
Horhel. Dazu Schweiz, hülpen «hinken». Fiisius 516^ holtzachtig, 1588 bei Tabernä-
holterdiepolter, auch holterpolter montanus holtzecht. ZUS. Holzapfel, m.:
(Bayera), interj.: über Hals und Kopf stür- im Walde wachsender wUder Apfel, mhd.
misch eilend. 1779 bei Schummfl Spitzbaii: hohapfel fPl. hohepfele). Holzbirne, f.:
153 holte)poltei' 1665 bei Filidor Ermelinde wilde, unveredelte Birne, mhd. holtbir f.
,

S2 holder die polder: dazu nd. hulder de bulder Holzbock, m.: Waldbock, Rehbock (um
(bei Yoß 4, 75 hulfer jaulte)-), flämisch holder 1480 im Voc. ine. teut. ml''); die tierbelä-
de holder. S. poltern. stigende Milbe Aearus reduvius (1587 bei
Holunder, m. (s, PI. wie Sg.J: der Dasypodius); Gestell mit gekreuzten Beinen
Strauch oder Baimi Sambucus. Der Ton zum Holzsägen, daher bildl. grober unbe-
liegt in mhd. und ahd. Zeit wie noch heute holfner Mensch (mhd. Ao/^fcoc). Holzschnitt,
in den Mundarten auf der ersten Sübe, in m.: Holzplatte mit eingeschnittnem Bild und
der nhd. Schriftsprache auf der zweiten (vgl. deren Abdnick (1716 bei Ludwig). Holz-
lebenäig). Mhd. holnnter, holunde); woneben taube, f. in hohlen Bäumen nistende Wald-
:

holanter, holenter, verküi-zt holnder, holder, taube, mhd. hohtübe, ahd. Itohtuba f. Holz-
hoUer, holer, holr m., daher nhd. Holder, weg, Waldweg zur Holzabfuhr, bildl.
m.:
Holr, ahd. holuntar, holantar, holander m. Weg, schon mhd. holzwec m.
iiTtümlicher
Mit der Ableitung -tar (wie in Äffolter, Maß- Holzwurni, m., mhd. holzicurm m.
holder, Wachholder) aus einem Stamm, der homouyni,adj.: gleichnamig. DieHoniO-
in schwed. hyll m., dän. hyld vorliegt. Dies nyuieu, gleichlautende Wörter verschiedner
entspricht wohl russ. /caZftta f. «wilder Schnee- Bedeutung, gi:-\at. homönymxi PI., vom gr.
baU, Wasser-, Maßholder, türkische Weide, Adj. ö|aujvu|ioc «gleichnamig», aus gr. öjxöc
Schiingenstrauch, Mehlbeere». In der Bed. «gleich» und einer Büdung von övo^ia n.
Svringe ist Holunder geküi-zt aus spanischer «l^anne-». 1714 bei Wächtler Homonymie f.
Holder oder Hollunder, iceischer Holler 1741 «das Gleichnamigsein». Homonym, n. (-.s,
l)ei Frisch, türckischer, welschei-. römis her PI. -e[?i]): doppelsinniges Wort, Rätsel über
Hollunder 1711 bei Rädlein. Vgl. Flieder, ein solches.
887 Homöopath Hoppelpoppel 888

Homöopath, m. (-en, PI. -en) : Arzt, der s. ZfdW,2, 226), noch im 17, Jh, Hop/f (Opiiz
solche Mittel in kleinen Gaben gegen Krank- 1, 141, Duez 1644), Hopffe (Krämer 1678),
heiten anwendet, die in gi-ößern Gaben ein 1711 bei Rädlein Hopffen, and. veld-hoppo n,
ähnliches Leiden im gesunden Körper be- «eine Pflanze bradigabo»), mnd,-mndl,-mengl.
wirken würden. Vom Arzt Dr. Samuel Hahne- hoppe m., ndl.-engl. hop, mlat. hupa, hubalus,
mann zu Anfang des 18. Jh. eingeführtes woraus awallon, huhillon, franz, houhelon,
Wort, aus gr. 8|noioc «ähnlich» und Trd0oc n. houhlon m. Dafür anord, humli m, und humla
«das Leiden». Dazu Homöopathie f. f,, schwed.-dän, humle, mlat, humlo, humelo,
honett, adj.: ehrenhaft, ehrbar, anständig. humolo, humulus. Ein germ, *humalos könnte
1714 bei Wächtler, Aus gleichbed. franz. aus *humanos entstanden sein (wie kümniel
honnete, afranz. honeste, von lat. honestus aus lat, cuminus), und eine Form *humna-
«ehrenhaft», zu lat. honös m. «Ehre». (Kompromißform mit humalus
wüi'de *hubna-
Honig, m. (-5, ohne PL): süßer Bienen- franz, houhlon) und weiter event, huppo, hopfo
saft. Mhd. Jionec, honic n., auch hönic, hünic, ergeben. Aus dem Germ, stammt zweifellos
ahd. honag, honang n., das Neutr. auch bei russ, chmet, serb. chmelj, tschech. chmel, poln.
Luther und bis ins 18. Jh, (Lessing 8, 127, chniiel, daraus ngr. xo'JM^^i; entlehnt sind
Goethe Reineke 3, 41), das Mask. 1512 bei auch magyarisch komlo, finnisch -esthnisch
Keisersberg Marie Himelfart 10% bei Maaler humala, humal. Die Herkunft des Wortes
Honig m. und n.; dazu andd. Jioneg, hanig H. ist unbekannt, doch ist es wohl echt ger-
m. (?), mnd. Jionnich n., ndl. Jiotiig m., afries. manisch. Andre nehmen Herkunft aus dem
und ags. hunig n., engl, honey, anord. hmiang Osten an, vgl. E. Kuhn KZ. 35, 313, V. Hehn
n., schwed. Iionung, honitig, dän. honni(n)g, Kulturpflanzen ^ 463ff. ABL. hopfen, v., im
dafür got. milip n. (entsprechend ags. milisc 16. Jh. bei Paracelsus chirurg. Schriften 43.
«honigsüß», lat. mel n., (jQn.mellis, gr. \xi\\ n.. ZUS. Hopfenstange, f., mhd. hopfen-,
Gen. la^XiToc, ir. mil, armen, metr, alb. mjaV hopfestange f.
«Honig»), H. gehört zu aind. känakam, Hopheh, n. m. {-s, PI. -e): geringes be-
kätd canäm n, «Gold», gr. KvrjKÖc m, «Saffior», wegliches Besitztum, Habseligkeit. 1777 bei
dor. KvöKÖc «gelblich», heißt also «der gelbe», Weiße kom. Op.2, 220 das Dim. Hophehchen n.,
Zi7)S. Honigmonat, m.: Flitterwochen, bei bayr. Hopphe, Hoppehe m,, Dim, (auch henne-
Lessing nach gleichbed. franz. la lune berg.) Hopphele n,, auch nd. Hopphei m. in
12, 146,
du miel, bei Goethe 29, 63 Honigmond. Honig- obiger Bed, (so bei Arnim 1, 57 Hophey),
seim, m,: Honigscheibe; ausgelaßner Honig, zunächst aber «gesellige Lustbarkeit geringer
Mhd, honecseim, honicsein, finihmhd, um 1100 Leute zu Tanzen und Springen, Lärm», Zgs,
honichseim m. Honigtau, m.: süße klebrige aus hopp (s, d,) und he, hei (s, d,), eig. «hüpfe
Flüssigkeit auf Pflanzen, verschieden von jubelnd auf», 1691 bei Stieler hop, hei
Meltau (s. d.), md. im 14. Jh. honidow m. Hopp, m, (-es, PI, -e): kurzer Spmng in
Honorar, n. (s, PI. -e): Ehrenlohn, Ver- die Höhe; Tanz in solchen Spiüngen (Goethe
gütung. Im 18. Jh. aus lat. Jionörärium n, 1, 179), Dazu anord, hopp n, «Sprung, Springe-
«Ehrengeschenk», von lat. honös und honorm. tauz», u, das Zeitwort nd,-md, hoppen «hüpfen»
«Ehre». Honoratioren,PI.: die Geehrten, (s, d,), auch Schweiz, hoppen (schon 1561 bei
Angesehnen. Bei Goethe 26, 129, nach lat. Maaler), anord -schwed. hoppa, dän. hoppe.
honörätiöres, dem PI, des Komparativs von hopp, hop, interj., eig. Imperativ von nd.-
honörätus «geehrt», Part. Perf. Pass. von md. hoppen, 1691 bei Stieler hop und Kopp.
honöräre «ehren», honorieren, v.: ehren Hoppas, m. {-es, PI, -e): Sprung, unver-
(1571 bei Rot); Ehrenlohn geben, bezahlen sehner Sprung, Fehltritt, Versehen, 1781 bei
(1697 bei Nehring), von lat, honöräre «ehren, Müller Siegfr. v, Lindenberg 1, 61, nd, auch
womit beehren, belohnen», honörig, adj.: Hopps m. hoppla, Interj,, der durch -a
ehrenhaft, freigebig. Aus der Studentenspr., (s, holla) verstäi'kte Imperativs des Verbs
wo es Ende des 18. Jh. nachgewiesen ist. hoppeln, das von hoppen abgeleitet ist,
hop! Interj., s. hopp. Hoppelpoppel, m. (-s, PI, wie Sg.):
Hopfen, m. (-5, PI. wie Sg, in der Bed, etwas unruhig Bewegliches, 1804 bei J. Paul
Hopfensorten): Rankengewächs, dessen Flüchte Flegelj. 2, 39 vom Herzen; Getränk aus Rum,
zum Bierbrauen dienen. Mhd, hopfe, ahd. Eiern und Zucker, durch Schlagen und Rühren
hopfOjhoppom. (bezeichnet auch andre Pflanzen, zubereitet, bei J. Kemer Bilderbuch 222 Hopel-
;

889 hops Hom 890

pohel aus dem Ende des 18. Jh. Gebildet aus hera, ndl. hooren, ags. hyran, heran, engl.
hoppeln «hüpfen» (Stieler 1691) und hohheln, hear, anord, heyra, schwed, höra, dän. höre,
hubheln (s. d.) «sprudeln» (Stieler), got. hausjan. Vielleicht urverwandt mit gr.
hops, interj., 1779 bei Göckingk Lieder ÖKoüeiv «hören», und weiter mit Ohr (s, d.),
zweier Lieb. 54, eig. Imperativ von hopsen wenn germ. h und gr. k der Rest eines selb-
(s. d.). hopsa, interj., einen Sprung be- ständigen Wortes, gr. ok- «scharf» wären.
zeichnend, vor Lustigkeit (Lenz 1, 127) oder Vgl. Kretschmer KZ. 33, 563. Im Mhd. auch
beim Stolpern, bei plötzlicher Überraschung. die Bed, «aufhören, endigen», und wie im
Verlängert hopsasa, bei Schubart 2, 143, Mnd. -Afries. -Ags. «im Verhältnis der Ab-
hop hey sa sa 1695 in Chr. Eeuters Ehrliche hängigkeit oder Zugehörigkeit von etw. sein,
Frau 86. hopseil, v.: hüpfen, springen, bei zugehören», letztre Bed. auch im Altemhd,
Campe 1808, Iterativ von md. hoppen (s. und noch bei Musäus physiogn. Reisen 4, 99,
hüpfen), entstanden aus hopzen, wie ags. s, hörig. ABL. hörhar, adj., bei Lessing
hoppetan «hüpfen» zeigt. m.
11, 152. Hörer, m., mhd. hoercere, hoerer

Horhel, f.: den «Zuhörer», hörig, adj.: in der Rechtssprache


Schlag oder Stoß an
Kopf (fränk. und sonst bei Schülern); Maul- im Verhältnisse der Abhängigkeit stehend,
I

schelle (obersächs.). Wie im Md. stolpern mhd. hoßrec «folgsam, leibeigen», ahd. gahorig
und storpeln wechselt, so verhält sich wahr- «gehorsam»; dazu Hörigkeit, f., 1775 bei
scheinlich auch Horhel zu Holper m. f. «Stoß Adelimg, ndrhein. 1437 hoirichgheit bei Halt-
im Fahren auf einem rauhen Weg» (Frisch aus 957. ZUS. Hörensagen, n., im 15. Jh.

1741), vgl. van(i.horvelen «holpern, humpeln»; hörensagen


! n., mhd. hosrsagen n. Hörrohr,
vielleicht ist das Wort aber alt. Zupitza 121 n., 1775 bei Adelung. Hörsaal, m.: großes
vergleicht aind. carvä m. «Schlag mit der Lehrzimmer auf Hochschulen, 1728 bei Gott-
[

Ilachen Hand». sched, bei Frisch 1741 Hörstuhe.


horchen, v.: worauf hören, lauschen. Horizont, m. (-es, PI. -e): Gesichtskreis
Ein urspr. mitteld. Wort, mhd. horchen und Bereits im 16. Jh. (1509 bei Vespucius
(s. d.).

horchen, ahd. im 11. Jh. hörechen; dazu mnd,- Büchlin A 4), Aus gleichbed. gi-.-lat. horizon
mndl. horken, afries. herkia, ags. heorcnian, I
m. (Gen. Jwrizontis), gr, öpiZuuv m., eig. Part.
hj/rcnian, mengl. herknen und herken, engl. '

Präs. von öpiZeiv «begrenzen, umgrenzen».


hearken und hark. Intensivbildung zu hören Verdeutscht 1540 bei Alberus dict. 3*
(s. d.). Vgl, gehorchen. ABL. Horcher, m., Äugend n. (d. h. das Aug-Ende), 1676 bei
1605 bei Petri der Teutschen Weisheit 2, 176. Francisci Lusthaus 627 Gesichts -Ender m.,
^ Horde, f. (PI. -w): wandernde Stammes- bei Stieler 1691 Endkreis m., in der See-
genossenschaft, umherstreifender wilder Haufe. mannssprache Kimm und Kimmung f. (s.
f.

Bei P, Fleming 100 von 1636, und 1647 bei Kimme). ABL. horizontal, adj.: wage-
Olearius oriental. Reise, beschr. 243 und 252 recht, wasseiTecht, 1647 bei Olearius orient,
Horde neben Horda 528; nach Kluge 1534 Reisebeschr. '

bei M. Herr Neue Welt 157 Horda auf tar- Horm(e)t, n.: Kopfputz der altenburgi-
tarisch eine Versammlung der Menge. Aus ! sehen Bauer mädchen in Form einer künstlichen
tatarisch horda «Lager», woher auch pers. I
Krone. Verkürzt aus Haarband n., dafür in
ordu «Kriegsheer, Lager», russ. ordä f., ital. I
einer Zeitzer Urkunde von 1457 schapel n.
orda f., ndl.-engl.-franz. horde f. «Horde». Horn, Hörner): harte Kopf-
n, [-es, PI.
^ Horde, f. (PI. -«): Flechtwerk zu Wän- spitze mancher Tiere; Trinkhorn; krummes
den und zum DöiTen. Md. im 13. Jh. horde f, Blasinstrument (urspr. aus Horn gemacht);
«Ümhegung, Bezü-k», 1466 in Frankfurt a. M. homartige harte Masse; Landspitze; Berg-,
horde i. «Flechtwerk», 1410 dünghordet; dazu Felsenspitze. In diesen Bed. mhd.-ahd. horn
mnd. 1373 hord f. «Flechtwerk einer Brücke», dazu asächs. -afries. -ags. horn m., nndl.
n.;

ndl. horde f, «Weidengeflecht». Das Wort ist hoorn m., engl, hom, anord.-schwed.-
hore7i,
die md. und nd. Form von Hürde (s. d.). dän. horn n., got. haürn n. Urverwandt mit
hören, v.: durch das Ohr vernehmen; lat. cornu n. «Horn», gr. Kcipvoc «Hornvieh»
(abstrakt) worauf achten (bei Luther Ps. 54, 2) (bei Hesychius), air. com «Trinkhorn», bei
gehorchen (Jes. 30, 9). In der 1. Bed. rahd. den Galateni xdpvov (Akk.; «Blashorn, Trom-
hoßren, md. hören, ahd. hören, Mrran; dazu pete» (bei Hesychius), mit andrer Ableitungs-
asächs. hörian, höran, and. auch häran, afries. silbe aind. ghdgam «Hom», gr. K^pac n. «Horn»
' :

891 Hornis Horst 892

(Gen. K^puTüc, vgl. Hirsch). Vgl. noch Zu- (Waldis Es. 3, 85), Horneuß (Peypus 1530),
j

pitza KZ. 36, 60. RA. jem. Hörner auf- Horneiß (Mathesius Sar. 317*), bei Luther
;

setzen «ilin zum Hahnrei machen», um 1426 Hornis d, 246^ neben PL Hornissen; verkürzt
'

bei Wittenweiler Ring 18^, 18 Mrner an- Hörnsen (Diefenbach gl. 154''), Hornsen m. f.
setzen, bei Brant Nan-. S. 34 Z. hörner uff (Mathesius Sar. 317 *), Hurns f. (Schottel 1663)
\

die oren setzen, bei H. Sachs Fastn. 45, 166 mit weitrer Ableitung: Iwrnessel (Voc. 1470
die Hörner auffsetzen. Schon gr. Kepara und 1482), hirnysel (1495 Brack il'^), hur-
i

TTOieiv Tivi «jem. Hörner machen, zum Hahn- neißel (1487 Steinhöwel65b), Humeusel (1566
;

rei machen)/ (Artemidor 2, 11). Nach der Mathesius Luther 141, 31), Hürnissel, Hor-
mittelalterlichen Erzählung vom Zaubrer Yir- nüschel m. (Waldis Es. 3, 85, 1), Hornüssel
gilius verriet sich die Untreue der Frau da- (Rößün Kreuterb. 1533), Hornissel f. (Schiller
durch, daß dem betrognen Ehemann ein Hörn Raub. verküi'zt Horsseln (Apherdianus
'

2, 3);

aus der Stirn wuchs (Germania 4, 237 aus |


1581), ndl. 1598 horsel, nndl. horzel f. Formen
dem 14. Jh., Kolmarer Meisterl. 55, 14); dazu m. neben harnig, mit l: md. im 14. Jh. harlig

um 1500 horlitz (Diefenbach gl. 154«^), Hör-


gesellt sich die ältre Gepflogenheit, dem Ka-
paunen den abgeschnittnen Sporn in den litze (Golius 1582), Hörlitz f. (Duez 1664).
j

Kamm als Hörn einzusetzen (1557 Heußlin Der Ton ruht auf der ersten Silbe, in neurer
,

Vogelb. 84*). Sich die Hörner ablaufen «denZeit bisweilen auf der zweiten (vgl. Holun-
:

Jugendübermut ablegen». Stammt aus den der, lebendig). Urverwandt mit lit. sirsuö,
studentischen Bräuchen. Dem Neuling (Be-
sirslis m. «Wespe», sirsöne «Horniß», lett.
anus oder Bacchant) v^urde der Gecken- odersirsis, apreuß. sirsilis «Hornis», abg. srüsa

Bacchantenhut mit zwei Hörnern aufgesetzt, «Wespe», srüseni m., lat. crabro (aus *cräsro)
und er mußte sie sich ablaufen, d. h. «ab- TD.. «Hornis».
stoßen». Vgl. Fabricius die akademische De- Hornung, m. (-s, PI. -e): Februar. Mhd.
position 1895. ABL. hörneu, hornunc, ahd. hornung m., anscheinend eine
liorneu, adj.,

ältemhd. hürnen, mhd. hürnin, hurnin, md. patronymische Bildung, eig. Sohn des Hörn.
hornln, ahd. hurmn. hörnern, adj., 1654 In Mitteldeutschland heißt der Januar der
bei Logau 3, 10, 51. horuicht, adj., mhd. große, der Februar der Meine Hörn (1788
horneht, ahd. hornaht, hornoht. Horuist, m. bei Rüdiger Zuwachs 2, 85), was sich auf
{-en, PI. -eti): Hornbläser, bei Campe 1813, den harten Frost dieser Monate bezieht. Da-
dafür got. haftrnja m. ZUS. Hornblende, f., hei" zu anord. hiarn n. «hartgefromer Schnee»,
eine grobblätterige schwarze Steinart, 1775 bei [
lit. sarmä f. «Reif», russ. serenü n. «Reif»,
Adelung. Hornflsch, m.: die Meernadel, arm, saht «Eis», sarnum «friere». Vgl. Anz. '

1563 in Forers Fischbuch 48^. Hornkirsche, f. d. A. 30, 235. Anders mnd. hörnink, afries.
f.: der Kornelbaum, cornus mas, benannt Jtörning, anord. hörnungr m.., ags. hörnungsunu
nach dem hornharten und hornfarbigen Holze, m. «unehelicher Sohn, Bastard», zu got. hörinön
1561 bei Cordus. Hornviell, n., 1678 bei «Ehebruch treiben;., ahd. huor «Ehebruch», j

Krämer. Hornwerk, n.: Außenvverk einer huorön «huren». I

Festung, vorn aus einem Walle und zwei Horoskop, n. {-es, PI. -e): Instrument
halben Bastionen bestehend, 1642 bei Duez, zum Schauen des Planetenstandes während
I

franz. ouvrage ä cornes, aus dem Deutschen der Geburtsstunde und danach zur Schick-
entlehnt gleichbed. span. hornabeque, port, salsdeutung. Bei SchiUer Piccol. 2, 6. Von
hornaveque. gleichbed. mlat. horoscopiuni, gr. iLpocKÖiriov,
Hornis, Bayern auch) m., Hor- djpocKOTTeiov n., aus gr. üipa f. «Jahreszeit,
f., (in
uisse, f. (PI. Hornissen) die große Wespen- Stunde» und CKoireiv «schauen».
:

art Vespa crabro. Mhd. hornig, hornu^, hornüß Horst, m. {-es, PI. -e): aus Reisig ge-
m., ahd. horna^, hurnu^, hurnü§ m.; dazu bautes Raubvogelnest. Aus der ostmd. Jäger-
and. (entlehnt) hurniz, ags. hyrnetu, hyrnet f., sprache, 1719 bei Fleming t. Jäger 1, 156*»
engl, hörnet «Hornisse». Ältemhd. Formen Horst m. (PI. Horsten); schon 1475 bei Wier-
sind: Hurrnuß in. (Maaler 1561), Hurnis f. straat Gr. 2696 hurst m. «Sitz, Nest». Mhd.-
(Schottel 1663), Hürnis f. (Duez 1664), Hür- ahd. hurst f. «Gesträuch, Dickicht» (PL mhd.
nitz (1597 Colerus 13, 114), Hurnauß (Dasy- hürste), 1517 md. bei Trochus J 2^ hörst m.
podius 1537, als Fem. 1573 bei Fischart Flöh. «Anhübe, Hügel», 1540 bei Alberus dict. BB4''
995), Hornauß (Golius 1582^, Horniisch m. Horst «Hügelchen mit Gesträuch», wohl in
893 Hort Hotte 894

dieser Bed. 1394 md, hörst


f. (Barn- liess. Hospital, n. (-S, V\. Hospitäler): Armen-,
Urkunden 1, dazu mnd. hörst, hurst f, Krankenhaus. Mhd. hospitäle, hospitäl n., ahd.
501);
«niedriges Gestrüpp», mengl. hurst «Hügel, hospitälhüs n.; dazu clevisch 1477 hospitail n.
Gebüsch», engl, hurst. Herkunft unklar. Vgl. Aus mlat. hospitale n. «Gast-, Fremdenhaus,
Walde s. y. crlnis. ABL. horsteu, v.: Herberge», lat. hospitälia PI. «Gastzinmier»,
nisten (von Raubvögeln), 1719 bei Fleming dem Xeutr. des Adj. hospitalis «den Gast be-
Jäger 1, 150*. treffend», von hüspes m, «Gast». S, Spital.
Hort, m. bewakrter Schatz;
(-es, PI. -e): Hospitant, m. (-en, PL -en): als Gast
(dann imMhd.) Aufbewahrungsort d. Schatzes; Zuhörender. 1813 bei Campe. Part. Präs.
(im 16. und 17. Jh.) sichrer Ort, Zuflucht- von lat. hospitäri «als Gast einkehren», lio-
stätte; Schutz, Schirm (in der zweiten Hälfte spitiereil, v.: einer Vorlesung als Gast bei-
des 18. Jh. neu aufgenommen, 1777 bei Goethe wohnen. Bei Campe 1813. Bei Roth 1791
an Frau v. Stein 1, 124). Mhd. hört m., «als Gast einkehren».
ahd. hört n. «gesammelter und verwahrter Hospiz, n. (-es, PL -e): Herberge, bes.
Schatz»; dazu asächs. liord n. «Schatz, innerster kleines Ordenshaus zur Beherbergung L)m-ch-
Raum», ags. hoi'd n. m., engl, hoard, anord. reisender: (studentisch) Trinkgelage bei einem
hodd f., got. huzd n. «Schatz». Wahrschein- Studenten und auf dessen Kosten (1786 bei
lich urverwandt mit gr. kücGoc m. «Höhlung», J. M. Miller Walther 148), Rundgesang (1825
ags. hydaUj gr. Keü9av, kymr. cuddio «ver- bei Kluge Studentenspr.). Tu der urspr. Bed.
bergen», oder mit aind. kösas m. «Behälter», bei Goethe 19, 292 Hospitium n., aus lat.
kostha m. «Unterleib, inneres Gemach, Vor- hospitium n. «Gastfreundschaft, gastliche Auf-
rats-, Schatzkammer, Ringmauer, Gefäß». nahme, Herberge», von lat. hospes m. «Gast».
Vgl. Walde s. v. custos. Hostie, f. (PL -n) geweihtes kleines rundes :

Hose, f. (PI. -n): anliegendes Beinkleid: Stückchen ungesäuerten Brotes im hl. Abend-
(obersächs.) röhrenförmiges hölzernes Gefäß, mahle. Mhd. hostie, ostie f., aus gleichbed.
Wassergelte (1700 bei Chr. Reuter Graf Ehren- mlat. Itostia f., im Lat. «Sühno^ifer, Opfer»:
fried 25) oder Butterkübel fbei Chr. Weise die unblutige Darstellung des Opfers Christi
Lustredner 51); trichterförmige Wasserwolke unter der Gestalt des Brotes imd des Weines
1680 bei Francisci Lufft-Kreys 1084 wasser- geschieht in der in der Messe der katholischen
ziehende Hose oder Wasser -Hose). Mhd. Kirche vorkommenden Wandlung.
hose, ahd. hosa f. «Beinstrumpf von Leder Hotel, n. {-s, PL -s): gi-oßer Gasthof
oder Zeugstoflf zur Bedeckung des Unter- (18. Jh.J; großes Hen-enhaus einer Stadt,
schenkels», im Unterschied von mhd. hruoch, Palast (17. Jahrb.). Entlehnt aus gleichbed.
ahd, bruoh f. «Bekleidung des Unterleibs und franz. hötel m., älter hostel, von mlat. hospi-
der Oberschenkel). Als seit dem 15. Jh. tale n. (s. Hospital).
Bruch imd Hosen in ein Kleidungsstück ver- hott! interj.: Ruf zum Rechtsgehen des
einigt wurden, hieß dieses die Hosen oder Zugtieres (Fastnachtspiele des 15. Jh. 248, 4
ein Par Hosen (PL, 1449 bei Soltau Volksl. hotte, host); antreibender Zuruf an Pferde
1, 129, 1557 bei Waldis Es. 4, 94, 158), erst zum Geschwindergehen (1518 bei Keisersberg
im 19. Jh. die Hose. Entsprechend mnd. Sünden d. Munds 35 /io^te, bei Schiller Räuber "^

hose, hase f. und ags. hose f. «Beinstrumpf», 4, 4 hotto: das auslautende -a, -o entspricht
anord.-schwed. hosa f., dän. hose «weit auf- dem verstärkenden mhd. -a, wie in Mordio,
wärts reichender Strumpf», ndl. hoos und Feuerjo, holla); bayr. hott! hott! «die Be-
engl, hose in der heutigen Bed. Die Mund- wegung des unfesten Reiters beim Trabe
arten haben die ältre Bed. bewahrt: westfäl. bezeichnend». Dazu das älternhd. Zeitwort
hose und holst, hase f. «Strumpf;/, bayr.- hotten «zum Rennen antreiben» Fastnachtsp. (

tirol. hos f. «Beinstrumpfvom Knie bis zum 788, 22), «rechts vorwärts gehen» (1562 bei
Knöchel». Hei-kunft dunkel. Kaum zu aind. Mathesius Sar. 123*^). Vgl. har. schwude.
köäas (s. Hort). Aus dem Gennanischen ZUS. Hottogaul, m. das Reitpferd (SchiUer :

entlehnt afranz. hose, heuse f., aspan. huesa f., Räuber 4, 4), Pferd in der Kindersprache.
aport. osa «Gamasche», afranz. houseaux 1691 bei Stieler Hottpferd n. «Wagenpferd».
f.

«hohe Gamaschen», ital. nosa f. «Hose», eben- 1562 bei Mathesius 147" Hottepferdlein (der
so im Keltischen körn, hos «Beinstrumpf», Kinder).
kvmr. hosan «Hose». Hotte, f. (PL -n): hölzerne Bütte, d)e
895 Hotzel huf! 896

man aufdem Rücken trägt (Weist. 5, 697 sehend, gefallend, schön». Ein altes mit
von 1476, bei Ludwig 1716 «Bütte der Wein- grammatischem Wechsel zu Hof gehöriges
leser», noch alem.-rhein., dafür Schweiz. Swi^e f. Wort, neben dem schon mhd. höfisch steht
«Rückenkorb aus Weidengeflecht>->, auch «Trag- mit Anlehnung an Hof. Das franz. courtois

bütte»); Buttermilch, Quark (ostmd. und nd., hat bei der Bedeutungsentwicklung mitge-
1517 bei Trochus Q 1 ^, mnd. 1420 bei Diefenb. wirkt. Noch pommerisch, obersächs.-thüring.
gl. Aus dem Deutschen in der Bed. «artig» (1777 bei Weiße kom.
530°, ndl. 1598 hotte).
entlehnt franz. hotte «Tragkorb». Wohl Opern 2, 34, auch «vornehm» 2, 90).
f.

zusammenhängend mit Hütte, da die Grund- Hucke, f. (PI. -n): der Rücken als Träger
bedeutung «geflochtner Korb» ist. der Bürde. Schlesisch Hocke, Hucke f., bei
Hotzel, s. Hutzel. Frisch 1741 Hock ra., bei Steinbach 1784
hotzeln, v. : Hocken und Hucken m., 1691 bei Stieler
rütteln, hart schaukeln, schüt-
tern. Hucke f. «Rückentraglast», wie noch ober-
Schweiz.-bayr.-elsäss., 1561 bei Maaler;
in der Bedeutung «sich bewegen» 1575 bei sächs.-thür., 1664 bei Dxxez Hocke f. «Bündel»,
Fischart Garg. 99. Iterativ zu Jiotzen, md. um 1525 bei Uhland A'olksl. 721 hucke f.
und nd. «wiegen», Schweiz, «sich schaukelnd «das Bündel des Hausierers», im 15. Jh. in
auf- und niederbewegen», spätmhd. hotzen Städtechron. 5, 257, 19 huck f. «Hausierkram,
«schaukeln, schnell laufen», entsprechend dem Kleinverkauf». Wohl mit ^ Hocke verwandt.
md. und nd. hotten. Vielleicht zu aind. cödati, hucken, v. auf dem Rücken als Last tragen,
:

codäjati «treibt an», kutsäjati «schmäht», gr. bei Frisch 1741 hocken, 1743 bei Schnabel
KubdZeiv «beschimpfen». Insel Felsenburg 4, 433 hucken. Eig. «in ge-
hu! huh! Interj. des Schreckens, Grausens, krümmter, gebückter Stellung eine Last zum
Schaudenas, Frösteins, Staunens. Mhd. hü, Tragen aufnehmen», eins mit hocken (s. d.).
selten ahit. Dazu das Iterativ huckeln «aufhocken» bei
hü, hüh, interj., antreibender Zuruf des H. Sachs 21, 25. ZUS. mit hucken: Hucke-
Fuhrmanns, auch Zunif an das Zugtier, links pack, m.: zum Aufhocken (Tragen) be-
zu gehen oder auch vorwärts. Vgl. hott. stimmter Rücken (md. huckeback); Traglast
Hub, m. (-es, PI. Hübe): Handlung des auf dem Rücken (Bürger 186).
Hebens; Ausgewähltes. 1691 bei Stieler. hudeln, v.: in Eile und nur obenhin tun;
Hube, s. Hufe. tr. jem. achtlos und zugleich empfindlich be-
:

HÜbel, m. wie Sg.): kleine Er- handeln, plagen, quälen. In beiden Bed. 1618
{-s, PI.
höhung; Hügelchen. Mhd. hühel m., md. huhel, bei Schönsleder, 1515 bei Keisersberg Evan-
hohel, huvel, im 15. Jh. auch hovel, hofvel m. gelibuch 152 hudlen «schlottern», 1582 bei
«Hügel»; dazu andiränk. huvel, mnd. hovel m. Fischart Garg. 328 herumb huddeln «sich mit
«Hügel, Höcker», ndl. heuvel m. Gleichen jem. herumschlagen», 1512 bei Murner Narr.
Stammes wie mhd. hover m. «Höcker» (s. d.). 13, 47 zerhudlen «nachlässig zerreißen». Von
Vgl. Hügel. spätmhd. im 15. Jh. hidel m. «Lumpe, Lappen»,
llüben, adv.: diesseits. Zuerst bei Maler mhd. huderwät f. «Kleidung». Wohl zu lit.
Müller 2, 125 u. 284 aus der Volkssprache, skütas «Fetzen», skiitös PI. «Abschabsei». Vgl.
dann bei Goethe 2, 37. Gekürzt aus hie üben Zupitza 127. Dazu aind. kutapa- m. n. «Decke
{üben 1741 von Frisch als alemannisch be- von Ziegenhaar», kuthas m., kuthä f. «ge-
zeichnet), wie hoben aus hie oben, schon im färbte wollne Decke» (?) ABL. Hudelei, f.:
12. Jh. mhd. und noch schweiz.-elsäss. hoben. lumpiges Wesen (1663 bei Schottel); Plage,

Hubert, Mannsname, ahd. Hüpert, Hubert, Schererei (1691 bei Stieler). Hudler, m.:
zsgez. aus älterm Hugu-, Hugbert, Hugperaht, zerlumpter Mensch (1561 bei Maaler); Quäler
von ahd, hugu m., mhd. hüge f., md. huge, (1691 bei Stieler vom Geizhals und Wuchrei').
hoge f. m., asächs. hugi m., ags. hyge m., Hudelmannsgesinde, n.: Lumpengesindel,
anord. hugr m., got. hugs m. «Denken, Geist, oberd., 1538 bei Franck Germaniae chron. 20%
Sinn», und -bert (s. d.). zgs. mit Hudelmann m. «Lumpenmann» (1578
Hübner, s. unter Hufe. bei Fischart Ehz. G5^).
hübsch, adj.: in der äußern Erscheinung huf! interj.: zurück! als Fuhrmannsruf
wohlgefällig. Mhd. hübesch, hübsch, md. hubisch, 1741 bei Frisch, noch fränk.-hessisch, dafür
hobisch, hübsch «hofgemäß, fein gebildet und bayr. hüf, schwäb.-tirol. häuf, hufen, v.:
gesittet, unterhaltend», im 15. Jh. «fein aus- rückwärts gehen, zunächst von Pferden, 1734
,

891 Huf hui! 898

bei Steinbach; vgl. anord. hopa, norw. hope alb, sup m. « Schulter, Rücken ». ZUS. Hüft-
«sich rückwärts bewegen». weh, n,, 1537 bei Dasypodius Hufftioee.
Huf, m. (es, PI. -e): ungespaltner Horn- Hügel, m.
(-.s, PI. wie Sg.): mäßige Erd-
fuJß.Mhd.-ahd. huofm., md. hüf; dazu asächs. erhöhung. In der Schriftsprache zuerst bei
höf (in höfslaga f. «Hufspur»), and. höf, ndl. Luther, 1517 bei Trochus J2^ md. hugel über
hoef, ags. höf m., engl. hoof. anoi-d. höfr m., einem Grab, dagegen 1512 bei Keisersberg
schwed. hof m., dän. hov. Kaum verwandt Bilgerschafft 168^ den hugel hencken «den Kopf
mit abg. kopyto n. «Huf», das von kopati hängen lassen, traurig sein», wie noch bayr.
«gi'aben» stammt, sondern zu aind. gaphäs m., den Miibel henken. Im Ablaut zu Haug (s. d.).

awest. safa- «Huf», osset. säf-thäg. Der


Dafür mhd. bühel und hübel m. (s. Hübet).
PI.
lautet mhd. hüeve, älternhd. im 16. u. 17. Jh. Obersächs.-thüring. Huckel m. «kleine Er-
Hüffe, 1691 bei Stieler Hufe. Vei^einzelt auch höhung im Wege, Beule auf der Haut», Dim.
als Fem. 1663 bei Schottel Huf, 1734 bei von hess. Huck m. «Hügel, Berg» (1556 bei
Steinbach Hufe f. ABL. huflg, in flach-, Staden Reise a3). ABL. hügelicht, hüglig,
harthufig, 1691 bei Stieler huficht in Zu- adj., erstres 1662 bei Stoer 260^, hüglig 1741
sammensetzungen. ZUS. Hufeisen, n., mhd. bei Frisch,
huofisen, daneben huoh', höbisen, ahd. huof- Hugo, Mannsname. Ahd. Hugo, dann
isin n. Huflattich, m. i-Sy PI. -e): die Hüc, JI% (nhd. der Familienname Haug).
lattichähnliche Pflanze Tussilago farfara mit Kosefonn zu den mit Hug- zgs. Mannes-
gi'oßen Blättern in Gestalt eines Pferdehufs, namen, wie Hugbald, Hugwin, Hubert (s, d.).
ahd. huflatdecha f. (ZfdW. 6, 187), 1561 Huhn, n. {-es, PI. Hühner): das Haus-
bei Cordns Huflattich m. fs. Lattich). Huf- geflügel Phasianus gallus als Gattungsname,
nagel, m., md. im 13. Jh. hüfnagel. Huf- dann (seit dem 15. Jh.) insbes. die Henne:
SChlag, m., mhd. huofslac, asächs. höfslaga f. weidmännisch «das Rebhuhn, Feldhuhn» (1719
«Hufspur». Hufschmied, m.: Hufbeschlag bei Fleming Jäger 1, 331). Bei Luther und
ausübender Schmied, mhd. huof-, huohsmit m. noch bei Schottel 1663 und Ludwig 1716 Hun,
Hufe, f. (PI. -n): Landgebiet von dreißig 1664 bei Duez Huhn. Mhd.-ahd. huon, hon n.
Morgen. Md. und nd. Form (auch bei Luther (PI. mhd. hüener, ahd. huonir, hönir), auch

Hufe) füi- oberd. Hube. Mhd. huohe, ahd. «der Hahn», md, hün; dazu asächs. und mnd.
hu^ha, hoha, md. huhe, huve, hufe f.; dazu hön n., ndl. hoen n. «Huhn», anord. hosns,
and. höva, mnd. hove f. wahrscheinlich urver-
; hoensn und hcesn Neuti\ PI. «Hahn und
wandt mit gr. KfiTToc, dor. köttoc m. «Garten», Henne», schwed. höns n. «Huhn», dän. höns
alb. kopstd m. «Garten». ABL. Hüfner, «Hühner». Im Ablaut zu Hahn (s. d.), über-
m.: Besitzer einer Hufe, bei Voß, Hüfener einstimmend mit pränest. cönia, lat. cicönia
bei Moser patr. Phant. 2, 68, Hufner bei «Storch». Vgl, Hinckel. ZUS. Hühner-
Hagedom 1, 70. Bei norddeutschen Schrift- auge, n. : Leichdorn, 1591 im Leipziger Voca-
stellern statt des oherä. Hübner, mhd.huobener', bularius optimus M2 '^
hunerauge. Hühner-
huobner m. «Inhaber oder Besitzer einer Hube, darm, m.: die Pflanzen Stellaria, Veronica,
Erblehnbauer» neben huober m. (jetzt nur Anagallis, im 12. Jh. hüner-, im 11. Jh. huoners-
noch als Familienname Huber). darm (Mona Anz, 8, 95, 107) zunächst von
Hüfte, f. (PI. -n): erhabner Seitenteil Stellaria, weil diese Pflanze vom Federvieh
über den Schenkeln. Bei Luther Hüffte f gern gefressen wird, Hühnerhund, 1664
1540 bei Alberus dict. Kk 2^ Hüfft f. und m., bei Duez. Hühnermilch, f: die Pflanze
im 15. Jh. hufft (Diefenbach gl. 229 "), 1482 Ornithogalum, 1578 bei FrischUn Nom. Cap. 30.
im Voc. theut. nn A^huffte f. neben hufft p 2% hui! interj. zur Bezeichnung der Geschwin-
noch tirol.-schweiz. Hüft f. neben Huff. Mit digkeit (1741 bei Frisch hui! hui! «in der
angetretnem t aus mhd.-ahd. huf f. (PI. mhd. Eile!»); als zu einem Einspruch
Einleitung
hUffe, ahd. huffi): dazu and. (entlehnt) huf, (1669 bei Grimmeishausen Simpl. 258), zu
mnd. hup, ndl. heup f., ags. hype m., engl. einem plötzlichen Einfall (Simpl. 244); als
hip, (entlehnt schwed. h(jft m., dän. hofte), Zeichen der Überraschung (1620 Englische
got. hups m. «Hüfte». Urverwandt mit gr. Comedien 2, V8^). Als frühste Bed. bei
KÜßocm. «Höhlung vor der Hüfte beim Vieh», Luther hui Interj. des Antriebes zu schnellem
KüßiTov n., lat.cubitum n. «Ellenbogen». Dazu Handeln (Sacharja 2, 6), der regen tatkräftigen
auch wohl aind. güptis, aw. supti- f. «Schulter», Freude (Hiob 39, 25). Substantivisch Hui,
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 57
899 Huld Hummel 900

n.: Augenblick, bei Luther 4, 4^ auff ein hylle, got. huljan, im Ablaut zu ahd. helan
Hui, 4, S'' in einem hui, bei Aventin 1, 198, (s. hehlen).
^
34 im ersten hui, 4, 508, 13 im ersten hoi, Hülse, f. (PI, -n): Samengehäuse von
als Mask. 1691 bei Stieler auf einen Hui. Pflanzen; umschließende Hülle aus Metall
Dazu mnd. in einem huye (huge) «uno impetu». (1562 bei Mathesius Sar. 143^). In der 1. Bed.
Wohl onomatopoetisch. Adjektivisch (Goethe mhd. hülse, auch hulsche, md.hulse, shd.hulsa f.

12, 17) bei Luther 2, 442** dieser Artikel ist (aus *hulisa) dazu nd. hülse, ndl. hüls, hülse,
;

wol ein wenig zu hui. aber ags. hulu f., engl, hüll. Alte s- Ableitung
Huld, f. (ohne PI.): freundliches, herab- von dem Stamme, der in hehlen (s. d.) vor-
lassendes Zugeneigtsein. Das Substantivum liegt. Mit s-Ableitung auch got. hulistr n.
zu hold (s. d.). Älternhd. im 16. Jh. Hulde, «Hülle, Decke», ags, heolstor n. «Hülle, Schlupf-
mhd. hulde f., md. holde, ahd. huldi und hulda f. winkel, Decke». ABL. hülsen, v.: der
« Zugeneigtheit des Höhern gegen den Nie- Hülse entledigen, 1517 bei Trochus J Q^ hulßen,
dern wie dieses gegen jenen, Treue, Freund- mnd. hülsen, hülsig, adj., 1691 bei Stieler
lichkeit», im Mhd. auch «Erlaubnis, Dienst- hülsicht, im ZUS.
16. Jh. hülschet, hülsechtig.
barkeit»; dazu asächs. huldi, afries. helde, Hülsenfrucht, f., 1540 bei Alberus dict.tt 1^.
hulde, ags. hyldu f., anord. hylla f. und hylli -Hülse, f. (PI. -n) und Hülst, Hülst,
f. n. ABL. huldig, adj.: zu Dienst und m. (-es, PI, -e): die Stechpalme, Hex aqui-
Ti'eue ergeben (Moser patr. Phant. 3, 193 f.), folium. Bei Voß Luise 1, 536 und 1574 bei
freundlich, gütig (Rückert Ged. 128), mhd. Fischart Onomast. 232** Hülst m., mndl. und
huldic «zugeneigt, ergeben», ahd. huldig «ver- ndl. hülst m. mit angetretnem t; aber and.
söhnlich»; davon huldigen, v.: den Eid hulis «Mistel», mnd. hüls, hulsebom, 1577 in
der Treue leisten (nd. im 15, Jh. huldighen Weist. 3, 209 aus Westfalen der PI. hülsen,
bei Diefenbach gl. 205 '^), in Verehrung er- clevisch 1477 und nnd. hülse f., mhd. hüls m.
geben sein (bei Schiller Picc. 3, 4, Kraniche «Stechpalme, Walddistel», ahd. hulis, hüls m.
des Ibykus V. 149), mhd. huldigen «hold «der Mäusedorn»; dazu ags. holegn m., engl.
machen», neben hulden, ahd. huldan «ergeben, holly «Stechpalme», vgl. air. cuileann, kymr.
geneigt machen, Dienstbarkeit und Ergeben- celyn «Stechpalme», körn, celin. Weitre An-
heit geloben»; Huldigung, f., 1424 huldi- knüpfungen sind unsicher. Vgl. Solmsen Btr.
gung (Germania 28, 370). Huldin, f. (PI. 27, 866 und Falk-Torp s. v. hylse. Aus dem
-nen): Huldgöttin, Grazie, anmutreiches Weib, Deutschen entlehnt afranz. hous, nfranz. houx
im 18. Jh. (Ramler 1, 97), vgl, Holdin; an- m. «Stechpalme», petit houx «Mäusedorn».
ders im 16. Jh. bei Mathesius Fastenpred, 86'* human, adj.: menschenfreundlich, leut-
Fraw Huldin «böses Weib», wie bei Luther selig, huldreich, gefällig. Im 17. Jh. aus
3, 71 *f, Fraw Hulda oder Fraw Hulde als gleichbed. lat. hümänus. Humanität, f.:
Personifikation der natürlichen Denkart im Freundlichkeit, Leutseligkeit, Höflichkeit,
Gegensatz zur göttlichen Offenbai'ung. ZUS. Menschlichkeit, Gesittung, edle Bildung, 1571
huldreich, adj., 1691 bei Stieler. bei Rot Humanitet. Aus gleichbed. lat. hü-
Hülfe, s. Hilfe. mänitas f. Als kulturgeschichtliches Schlag-
Hülle, f. (PI. -n): verbergende Decke, wort von Herder 1784 aufgenommen. Vgl.
Umhüllung. Mhd. hülle f. «Mantel, Tuch Ladendorf.
der Frauen zum Bedecken des Kopfes, Um- Humhug, m. (-s): Schwindelei, Auf-
hüllung, md. hülle, ahd. hulla f. «Kopftuch». schneiderei, bes. zur Täuschung des Publi-
Mit dem Zeitwort hüllen (s. d.) zu ahd. helan kums in eigennütziger Absicht, Um 1840
«verbergen» (s. hehlen). RA. die Hülle und aus gleichbed. engl. - amerik. hunibug (1760
Fülle: im Überfluß, vollauf genug (1669 im belegt), von hum «summen, Gebrumme» und
Teutsch-Frantz.-Lat. Dictionar. 177*), urspr. hug «Popanz».
die zum Leben nötige Kleidung und Speise Hummel, f. (PI. -n): die große wilde
(im 16. und indem Hülle die Be- brummende Biene Apis bombinatrix; büdl,
17. Jh.),
kleidung, Fülle die Nahrung ausdrückt, mit umherschwärmendes unruhiges Mädchen (1691
der der Mensch sich füllt, um leben zu können. bei Stieler tolle Hummel); hummelartig tö-
hüllen, V. verbergend bedecken, mhd. hüllen, nende zweisaitige Zither (1781 bei Müller
:

hüllen, ahd. hulljan, hullan, asächs. hihullean, Siegfr, V, Lindenberg 1, 157); fauler Mensch
ndl. hüllen, a.novä. hylja, schwed. hölja, dän. (bei Luther 6, 149*: da älternhd. Hummel
901 hummen Hund 902

auch «die Drohne im Bienenstock» bezeichnet, aus dem Niederd., 1691 bei Stieler humpen,
so 1541 bei Frisius 384* Hummel m.). Bei himpen aus der thüring. Mundart, auch bayr.
Luther Fem., aber mhd. humhel, hummel m., humpen «hinken». In übertragener Bed. hum-
ahd. humhal m.; dazu mnd. homele, hummel peln, humpeln v.: ungenau und ungeschickt
f. «Hummel», hummelbe f. «Hummelbiene, arbeiten. 1663 bei Schottel humpeln. Man
Drohne», ndl. hommel f., engl, humhlehee vergleicht das dialektische schampeln (s. d.)
«Hummel», schwed. humla, dän. humle. Wohl und gr.CKafißöc« krummbeinig». Andre denken
verwandt mit apreuß. camus «Hummel», lit. an Verwandtschaft mit hinken, was trotz Zu-
kamäne f., lett. kamines PI. «Erdbiene» oder pitza Gutt. möglich ist. Davon Hümpler,
zu hummen. m.: Stümper, Pfuscher, hei Luther Hümpler,
hllDimeu, V.: summen, brummen. Mhd. im 15. Jh. bei H. Folz himpler: 1494 bei
im 14. Jh. hummen, 1551 im Petrarcha Trostb. ßrant Narr. 95, 42 hümpeler m. «Lump».
57* hummlen. Lautmalend oder zu lit. kim- Humpen, m. {-s, PI. wie Sg.): großes
stü «werde heiser». weites TrinkgeschiiT. 1616 im Leipziger Jus
Hummer, m. (s, Art größter potandi ^ 33 Hunipe f. als Studeutenausdruck
PI. -w):
Seekrebse, Astacus marinus. Im
16. Jh. bei aus md. Mundai-t, 1775 bei Adelung Humpen
Münster Kosmogr. 6, 39 und Forer Fischb. m. neben Humpe f. Dazu ndl. hompen, dän.
124* Humer m. aus nd. hummer m.; dazu humpe (entlehnt?), engl.hump «Buckel», ndl.
anord. humarr m., schwed.-dän. hummer. Ur- Jwmp «großes Stück Brot». Wird als urver-
verwandt mit gr. Kd)Li,uapoc m. (daraus lat. wandt mit gr. KÜiußoc m. «Gefäß, Becher»,
cammarus) «Seekrebs» und vielleicht aind. Ki)|ußr| f. «Gefäß, Trinkschale, Ka.hn», awest.
kamdthas m. (aus *kamarthas) «Schildki'öte». yumba-, aind. kumbhäs m. «Topf, Urne»,
Humor, m. (s, ohne PI.): Scherzlaune. kümba- «Hervorragendes, Hom, Spitze» an-
Im 16. Jh. aus lat. hümor m. «Feuchtigkeit», gesehen, doch macht das späte Auftreten
im Mittelalter der Saft im Innern des Men- bedenklich. Vgl. auch Kumpen.
schen, mit dessen Beschaffenheit die mensch- Hund, m. (-es, PI. -e). Mhd. und ahd.
liche Art zusammenhängt, daher im 16. und hunt m. (Gen. hundes); dazu asächs.-mnd.-
17, Jh. Humor m. «menschliche Art, Anlage» ags.- dän. -schwed. hund, afries. hund, hond,

(1616 beiHenisch611, 1669 Simpl. Ihilusüger ndl. hond, engl, hound (Jagdhund), anord.
Humor), dann «Gesinnung, Stimmung^ Laune hundr, got. hunds m. Nicht zu got. hinpan
/^

(1641 bei Lehmann Florileg.betont «fangen», ags. huntian, engl. hu7it «jagen»,
1, 23),
wie im Lat. auf der ersten Sübe und im urspr. «Fänger, Jäger» (müßte w-Stamm sein).
PL Humor en, Humorn nach hümores, Urverwandt mit gleichbed. gr, küujv m. f.
lat.

aber durch Einfluß (Gen. Kuvöc), lat. canis m. f., altir. cü (Gen.
des franz. humeur m.
haftete der Ton seit dem 17. Jh, auf der con), lit. suff m. (Gen. szuns), armen, sun
zweiten Sübe (1668 bei Böckler Kriegsschule (Gen. san), awest. span-, sun-, aind. gva (Gen.
1023 Humeur «Natur» als Soldatenwort, 1711 günas). Über das angetretne t vgl. Hirt
bei Kädlein Humor m. «Sinn»), daher guter Btr. 22, 231. Die Versuche, das idg. Wort
Humor bei Wieland neuer Amadis 12, 13, weiter zu erklären, sind mißlungen. Im Berg-
übler Humor bei Goethe 19, 44. Die heutige bau Hund m. in übertragner Bed. «offner
Bed. bildete sich nach engl, humour (bei länglich viereckiger Kasten auf vier Rädern»,
Swift und Sterne), vgl. Lessing 7, 414 f., 1557 bei Agricola Bergwerk 495 und 1562
J. Paul Vorschule der Ästhetik 1, 166 f. ABL. bei Mathesius Sar. 32^, 196*, franz. chien m.

Humoreske, f. (PI. -n): launische Erzäh- RA. Auf den Hund kommen: an Vermögen,
lung. Noch nicht bei Campe 1813. Humo- Geist oder Gesundheit herunterkommen,
rist, m. {-en, PI. -en): Schriftsteller von studentisch (1825 bei Kluge Studentenspr.),
Humor, bei J. Paul Vorsch. d. Ästh. 1, 169 zu Hund bildl. Bed. «Per-
in verächtlicher
und Goethe 5, 1, 55, in der altern son oder Sache von geringem Wert». Weder
Bed.
«drolliger, wunderlicher Mensch», 1693 bei mit Beziehung auf den schlechtesten Wurf
Kramer 548^, aus ital.-mlat. humorista m. im Würfelspiel lat. canis m. und canicula f.,
humoristisch, adj., bei Goethe 42, 2, 160. gr. Küuuv m. «Hundswurf», aind. gvaghni
humpeln, humpen, v.: verstümmelten «eifriger Spieler», eig. «Hundetöter», noch
Fußes, gebrechlich gehen, hinken. Beides auf die altdeutsche Strafe des Hundetragens,
1775 bei Adelung, humpen 1741 bei Frisch woher die RA. er muß Hunde führen nach
57*
903 hundert Hüne 904

Bautzen (fränk. bis Buschendorf, elsäß. nach ZUS. hundertfach, adj., 1556 bei Frisius
'

Lenkebach, bei Arnold Pfingstmontag 120, der 209^. hundertfältig, adj., mhd. hundert-
Oi-tsname bezeichnet urspr. die Gaugrenze). valtec neben hundertvalf. hundertmal, adv.,
ABL. Hündin, f., mhd. hundinne, hündin 1414 hundertmäle, 1440 hundertmöl (Diefen-
t, dafür ahd. zöha, mhd. zöhe f. hündisch, bach gl. 112^). Hundertstel, Hundertel,
adj., im 15. Jh. hundisch. ZUS. Hunde- In., verküi-zt aus Hundertstteü. hundert
junge, m.: die unterste Stufe des Jäger- tausend, Zahhv., mhd. hunderttüsent.
Wartung der Hunde besorgend,
lehrHngs, die Hundsfott, m. (-es, PI. Hundsfötter):
1598 bei Ayrer Dram. 1631, 21 Hundtsjung, feiger, tiefverächtlicher Mensch. Als Schelte
j

hundekalt, adj.: abscheulich kalt. Huude- und Schimpfwort 1575 bei Fischart Garg. 38
\

leben, n., 1678 bei Krämer. Hundeloch, n. Hundsfutt f., 1691 bei '^iieüar Hundsfot, Hunds-
:

Gefängnis, 1605 bei Sommer Cornelius Rele- fott m., eig. lat. cunnus canis, von der Scham-
j

gatus C 4. S. Hundsfott, Hundsloden, Hundstag. losigkeit der läufigen Hündin hergenommen.


hundert, Zahlwort. Mhd. als Substan- Der Plur. lautet 1582 bei Fischart Garg. 362
tiv im 12. Jh. hundert n„ im 11. Jh. hunder it Hundsfutt, aber Hundsfüder 1619 bei Opel
n., ebenso asächs. hunderod n., afries. hund- u. Cohn 30 j. Krieg 28, 66, noch bei Maler

red, hunder d, hondert n., ags.-engl.-dän. hund- Müller 3, 185 Hundsfütter, Hundesvötter 1668
red, anord, hundrad n., schwed. hundra. Zgs. in Leyermatzs Correspondenzgeist 170. Da-
aus -ra^, von got. rapjan «zählen» (s. gerade. von hundsföttisch, adj., bei H. Sachs (1588)
Rede), also «Hundertzahl», und aus dem altern 3, 1, 194*^ hundsfüttisch und Fastnachtsp. 70,
j

Zahlwort für «hundert», ahd. hunt n., asächs.- 200 hündzfüetisch. 1

ags. hund n., im Asächs, nur in der Mehr- Hundsloden in den RA. H. kriegen, d. h.
zahl wie got. hunda PL; urverwandt mit Vorwürfe, oder einem H. an den Kopf werfen.
gleichbed. lat. centum, gr. ^kotöv, altir, cet, H. sind eigentlich «Hundehaare». Sie dienten
lit. simtas, awest. sata-, aind. gatäm, (aus als ein grobes Sm-rogat von Wolle, und so be-
dem L-an. entlehnt) abg. süto. Als Überrest deutet die RA. «etwas Grobes bekommen».
der altgermanischen Zählung nach Groß- Hundstag, m. (gewöhnlich im PI. -e):
hunderten 120 ist die Bezeichnung für «ein- Tag der Zeit vom 24. Juli bis 23. August
hundert» in der altem Sprache zu betrachten als der heißesten des Jahres im südl. Europa
ältermhd. zehenzec^ zehenzic, ahd. zehanzug {F]imus bist. nat. 2, 47). 1428 die hundstag
und zehanzo (einmal bei Notker einhunt), ags. I
(Anz. f. Kunde d. Vorzeit 11, 334), mnd. de
hundteontig (neben hund), got. taihuntehund, hundedage (Städtechron. 7, 278, 23), mhd. im
taihuntaihund, anord. tiu tigir, während anord. [
14. Jh. hunflich tage, nach lat. dies canicu-
hundrad in vorchristlicher Zeit ein Groß- 1 läres «Tage, wenn die Sonne beim Hunds-
hundert, d. h. 120 bezeichnet, wie noch jetzt stern steht ^ und mit ihm zugleich aufgeht».
Island, hundrad, weshalb man später hundrad Der Hundsstern, lat. camcula, Sirius, mlat.
tiroett 100 und hundrad tolfroett 120 unter- canis, gr. kOuuv, mhd. im 14. Jh. hunt, 1495
schied. ABL. hundertste, Ordinalzahl, md. in der Kölner Gemma W 3*^ hondesterre, steht
im 15. Jh. hundertst, 1420 hundirste (Diefen- ,
im Sternbüd des Hundes.
bach gl. 112^), wofür im Mhd. zehenzigeste, Hüne, m. (-w, PI. -n): kämpfender Riese
ahd. zehanztigosto , afries. RA. Iwndersta. alter Zeit. Dui-ch Wieland (22, 184 u. 21,
vom Hundertsten aufs Tausendste kommen: 208) aus dem Niederd. aufgenommen, wo
nicht bei der Sache bleibend von dem einen sich die Sagen von den alten Hünen im.
auf andres, auch das Entfernteste kommen, |
Volke erhalten hatten (1639 bei Micrähus
bei Herder krit. Wälder 2, 122, weitergebildet Pommern !
2, 200 Hünen oder Biesen); dafür
aus das Hundertste ins Tausendste werfen obei-d. im 16. Jh. Heime hi. «Riese» (Mathe-
(Simpl. 274), urspr. das Hundert ins Tausend sius Froschmeuseler 2, 2, 14), im
Sar. 44^,
werfen (Luther 3, 224 '^ u. 8, 229^), nach Ege- mhd. himie und md. hüne m. «Riese»,
13. -Jh.
nolfi" Sprichw. 1570 Bl, 201^ vom unordent- 'identisch mit mhd. Hiiine m. «Hunne», ahd.-
lichen Setzen der Rechenpfennige auf den |
and. starkflekt. Hüni, Hün, mlat. Hunus,
alten deren Rubriken mit
Rechenbrettern, ]
Hunnus, gr. Oöwoi PI., 1482 im Voc. theut.
M, C, X, I (Tausender, Hunderter, Zehner, 7^ Hewneti «Hunnen». Jedoch die mit
Einer) bezeichnet waren, hunderterlei, ]
Hun- zusammengesetzten altgerman. Eigen-
adv., 1580 bei Fuchs Mückenki-ieg 1, 965. namen wie Hünpreht, Hünbolt (Humbert,
i
;

905 Hunger Hürde 906

Humhold) usw. lassen nach J. Grimm Mythol. Hünkel, s. Hinkel.


433 auf älteres Vorhandensein des Wortes hunten, adv., gekürzt aus hie ivnten (vgl.
vor dem Einbruch der Hunnen schließen und hüben). Bei Luther (5. Mos. 33, 13) hundert.
weisen vielleicht auf einen ui-alten m3'thischen bei Goethe 38, 134 hunten.
Volksstamm, ZTJS. Hiinengral), n., 1689 hunzen, v.: tr. die Ehre abschneidend,
bei Micrälius Pommern 2, 200, aber als Name spottend, scheltend, übel wie einen Hund
von Orthchkeiten schon im 14. und 15. Jh. ,
behandeln, schimpfen (Kleist zerbr. Krug
oberd. ze Hiunengrehern an Hiunungreber . 3. Auftr. herunterhunzen, Geliert 1, 145 aus-
weg bei Mone ürgesch. d. bad. Landes 216. hunzen);
refl, «sich schinden, plagen wie ein

Hunger, m. (s, ohne PL): Eßbegierde. Hundy> (Maler Müller 2, 17, dafüi- Schweiz.
Mhd. hunger, ahd. Jmngar m.; dazu asächs. hunden intr.), vgl. mnd. 1392 hundaten «hün-
hungar, ndl. honger, afries. hunger, honger, disch behandeln». Abgeleitet von Hund mit
agsi hungor, engl.-schwed.-dän. hunger, anord. der Frequentativsilbe -zen, ahd. -azan, -a§an,
1

hungr, got. hührus m. (auch Hungersnot). nicht von tschech. huntovati, humtavati «ver-
Gleichen Stammes wie anord. hä «plagen, hunzen», eig. «schlachten». In Zusammen-
quälen»; urverwandt mit lit. kankä f. «Qual», setzung 1562 bei Mathesius Sar, 69* zuhuntzte
kenkti «wehe tun», gr. KeyKei «er hungert»,
£Ze/der «allzusehr verkürzte», 1701 im Causen-
i

Hesychius) macher 62 verhunzen «verderben», wie 1575


KOKiöric «hungrig, verhungert» (bei
vielleicht liegt die Bed, «brennen» zucn-unde. bei Fischart Garg. 161 verhundstutzen, Ende
Vgl. gl". KOYKaivei « er macht glühend, brennt, des 16. Jh. bei Ayrer Dram. 1380, 12 ver-
dörrt», KOYKaXeoc «ausgebrannt» (bei Hesych.). 1
hundösen «zugruude richten», nd. verhundatm
Vgl. W. Schulze KZ. 29, 270. ABL. hung-
1562 bei Lauremberg 4, 601.
\

rig, adj.,mhd. hmigerc, hungerig, ahd. hunga- Hupe, f. (PI. -n): Signalhorn mit nui-
rag, hungrag-, dazu mnd. und afries. hunge- einem (tiefen) Tone, Eine tonmalende Büdung.
rieh, nndl. hongerig, ags. hungrig, engl, hungry. Oberhess. Huppe «kleine, schlechte Pfeife aus
hungern, v., mhd. hungern
«hungern Weidemände», bayr. hupp «Jägerruf».
tr.

lassen» und unpersönl. mich hungert, ahd. hüpfen, V.: (mit gleichen Füßen) in die
hungiren, hungeron (häufig mih hungirit); Höhe springen. Oberd. hupfen bei Goethe 1,
dazu asächs. gehungrjan, mnt!. hungeren, ndl. 135. iVIhd. hupfen, hüpfen, um 1100 hupphen,
hongeren, afries. hungera, ags. hyngrian, hyn- neben mhd.-älternhd. hopfen, md. huppen,
gran, engl, hunger, anord.-schwed. hungra, dän. huppen; dazu mnd. hoppen, ags. hoppian, wo-
hungr e, got. huggrjan (unpers. ßatia gaggan- neben mittelengl. hyppen, engl, hop und hip,
dan huggreiß). Im 16. Jh. auch hungern {mich '

anord, und schwed. hoppa, dän. hoppe. Her-


hungert bei H. Sachs 14, 89, Alberus Fab. kunft unsicher. Man vergleicht gr. Kußicrdeiv
6, 65), noch wetterauisch. ZUS. Hunger- «tanzen», aind. kubhanjüs «tanzend, sich
jahr, n., mhd. hungerjär, ahd. hungarjär, di-ehend» (Uhlenbeck Btr, 21, 100), abg. ky-
afries. hungerjer n. Hungerleider, m., peti «springen», je nachdem man^ aus -bn-,
1654 bei Logau 1, 4, 52. Huugerpfoten, -bhn- oder -pn- erklärt. Vgl. Hopp, hopsen.
in der RA, an den Hungerpfoten saugen, Hürde, f. (PI. -n) -.
Flechtwerk zu Wänden
vom Bären, im Winter angeblich an und zum Dörren. Die oberd. Form von Horde
der
seinen Tatzen saugt. Vgl. H. Sachs 9, 19 die (s. d. -). Bei Luther Hürte, ältemhd. im
Beerenklewen saugen und Fischart Narren- 16. Jh. Hurt, Hürde, mhd. und ahd. hurt f.
schiff 70, 21. Hungersnot, f., mhd. hunger- (PI. mhd, hürte, hürde, ahd. hurdi) «Flecht-
nöt, afries. hongerned f, Hungertuch, n,, werk aus Weiden oder Reisig», im Mhd. auch
mhd. hungertuoch n. «blaues oder schwarzes als Tür, Gatter, Brücke und zum Verbrennen
Tuch, womit in katholischen Kirchen zur Ad- der Verbrecher oder Leichen verwandt; da-
vents- und Fastenzeit die Altarbilder verdeckt zu and. hurth f. «Flechtwerk, Gitter», ags.
werden», mnd. hungerdök m. RA, am Hinget-- hyrdel m., engl, hurdle «Hürde», mittelengl.
tuche nagen «fasten, darben, sich kümmerlich hirde «Tür», anord. hurd f. «Tür, Tüi-flügel»,
'

behelfen», bei H. Sachs 17, 147 und Fischart got. haürds f. «Tür», urverwandt mit lat.
I

Garg. 347, aber gleichzeitig im 16. Jh. das a'ätes f. «Flechtwerk, Hürde», gr. Kupxia f.
urspr. am
Hungertuche nehen (H, Sachs 1, «Flechtwerk», Küproc m., KÜpTri f. «Fischreuse,
,

164«, 864 b) oder am Hungertuche flicken (1586 Käfig», KdpxaXoc m, «Korb», altir. certle
i

bei Rhode Weiberspiegel D 5*). «Knäuel», apreuß. fcorto «Gehege», aind. käpis
{
907 Hnre hüst 908

m. «Geflecht, Matte», krnätti «er spinnt», hurtig, adj.: geschwind und gewandt.

crtäti «er bindet, verknüpft». 1537 beiDasypodius hurtig «tapfer, flink»,


Hure, f. Mhd. hicore, md. hüre,
(PI. -n). 1564 bei Glaser Gesindteufel E 4* hortige
ahd. huora, huorra woneben spätrahd. 1420,
f., Megde, mhd. hurtec «schnell», hurteclich «mit
mnd. herge f.; dazu mnd. höre, Jiorre, ndl. hoer, Stoß losrennend, schnell, reißend», von mhd.
ags. höre, (entlehnt) engl, whore, anord. höra f. '

hurt m. f. und hurte f. « Stoß, stoßendes Los-


«Hure», hörrm. «Ehebrecher, Buhle», dän.hore, ,
rennen in Kampfspiel und Kampf», entlehnt
got. hörs m. «Hurer» (aber kalkjö oder kalki f. mit den aus Frankreich eingeführten Tumier-
«Hure»). Nebst mhd. huore, ahd. huora, höra spielen aus franz. heurt m., ital. urto m. «Stoß»,
f. «Ehebruch» abgeleitet von mhd. -ahd. huor wovon afranz. hurter, afranz, heurter, ital.
n. «außerehelicher Beischlaf, Ehebruch», md. tirtare «stoßen», mhd. hurten, hurten und
hür, afries. hör, ags.-anord. hör n., schwed,- hurzen «stoßend losrennen». ABL. Hurtig-
dän. hör. Urverwandt mit lett. Ztärs« lüstern», keit, f., 1561 bei Maaler.
lat. cärus «lieb», altir. caraim «ich liebe», cara Husar, m. (-en, PI. -en) Soldat zu Pferd -.

«Freund», kaum aber mit aind. cnrus «lieb, nach ungarischer Art. 1534 bei Franck Weltb.
lieblich, schön»; aus dem Germanischen ent- 101*^ der PI. Hussern, 1547 bei Liliencron
lehnt abg. kurüva f. ABL. huren,
«Hui-e». 4, 422^ Husseren, bei Meltzer Schneeberg.
V., mhd. huoren, ahd. huoron; dazu audfrk. Chron. 975 Husseer PI., bei Fischart Großm.
huoran, afries. höra, anord. höra, schwed. 1607 D 3^ Husaren «ungarische Reiter mit
hora, dän. Jwre, got. hörinön. Davon Hurer, Lanzen», aus gleichbed. ungar. huszär, eig.
m., mhd, «der Zwanzigste», von ungar. husz «zwanzig»,
huorcere, huorer, ahd. huorari, and.
huuarari m.; Hurerei, f., spätmhd. im 15. Jh. weil nach einem alten Rekrutierungsgesetze
huererei, mrhein. im Voc. ex quo 1469 hörerie f. von 20 Ausgehobenen einer ein Reiter wer-
huriscli, adj., bei Luther hürisch. 2^78. den mußte.
HureuhaUS, n., spätmhd. zu Anfang des husch! interj. zur Bezeichnung des Kälte-
15. Jh. hurenhaws, mhd.-ahd. huorhüs n. schauers (spätmhd. im 15. Jh. husch, noch
hurliburli, interj.: mit überstürzender bayr.-österreich.), des Fortscheuchens (Bürger
Eile.1778 bei Schink Marionettentheater 121, 276) und großer Geschwindigkeit (Lessing 1,
daneben hurlpurl 1776 bei Bürger 320* Bohtz, 500). Wohl lautmalend. Davon Husch, m.:
hurlurli hutii 1774 bei Goethe 16, 4. Aus engl, überlaufender Frost, Frostschauer (Abr. a.

hurlyhurhj «Wirrwarr, Aufruhr», von


Clara Aufi" auif 98), voräbergehender Platz-
engl. 5.
hmi «schleudern, schmeißen, heulen wie der regen (Lessing 11, 625); große Geschwindig-
Sturm, wirbeln, strudeln». Ähnlich dän. keit, Eile (Goethe 1, 205) ;
geschwinder Schlag,
hurlumhei. Ohrfeige (1578 bei Fi-ischlin Nomencl. Cap.
hurra! Ausruf voll Kampflust, 166, noch oberd. Husche, f.: plötzlicher
interj.,
Freudenruf. Mhd. hurra (Minnes. 3, 188^ kurzer Regen oder Schneefall (um 1480 im
Hagen), Imperativ von mhd. hiirren «sich Voc. ine. teut. cc5* husch Schneegestöber);
schnell bewegen» (s. hurre), mit verstärken- Griff ins Haar, Haarzausen (1582 bei Fiscbart
dem -ä. In der nhd. Schriftsprache erst seit Garg. 374, noch hessisch «der Griff des Scharf-
der Hälfte des 18. Jh. nachweisbar (1773
2. richters ins Haar des Delinquenten vor dem
bei Bürger Lenore Str. 20 hurrah, Schiller Kopfabschlagen», wie bei Logau 3, 8, 69); Ohr-
Räuber 4, 5, Fiesko 5, 5). feige (1646 bei Moscherosch Phü. 1, 72).
hurre! interj. zur Bezeichnung sausender huschen, v,: äußerst leicht und unbemerkt
Eile. 1773 bei Bürger Lenore Str. 19, schon sich fortbewegen, 1775 bei Adelung, aber
1570 bei Egenolff Sprichw. 120^ hurr. Im- schon 1678 bei Krämer in der Bed. «gleiten,
perativ von älternhd.-mhd. hurren, ndl. horren gHtschen», im 16. Jh. bei H.Sachs 9, 88 hoschen.
«sich schnell bewegen», anord. hurra, enffl. hussa! interj.. Ruf des Antreibens, der
hurry (s. d. f.), noch hess. hurren «wild vor- Lust (1784 bei Büi'ger Macbeth 4, 1 husa,
wärts rennen, blind hineinstüi-zen». bei Wieland Oberon 5, 46 hussa), als Jagd-
Hurri, n,: heftige Schelte, heftiger Auf- und Verfolgungsnif 1780 bei Göckingk Ged.
tritt. Bei Goethe 16, 69. Nach engl, hurry 1, 46. Im 15. Jh. md. hossa bei Stolle
«große Eile, Getöse, Tumult», von engl, hurry thüring.-erfurt. Chron. 6, 114*".
«eüen, eilig antreiben, sich überstürzen», eng hüst, interj.: links, Fuhrmannsruf. Bei
verwandt mit mhd. hurren (s. hurre). Hebel. Alemannisch.
909 Husten Hyazinth 910

. Husten (mit U), m. (-S, PI. wie Sg.). In 1438 hiiüing f. «Bewachung/.. Dagegen von
Norddeutschland mit kurzem u gesprochen, Hut (Viehhütenj abgeleitet ist Hutung, f.:

mhd. huoste m., md. Mste, ahd. huosto m., dieWeide zum Hüten, sowie das Becht zum
wo neben huosta L, aus ältenn ^A^^-wosto, daher Beweiden, das Hutrecht Stieler 1691), Ende
i

noch Schweiz.- elsäss. Wüsten m. «Husten» des 16. Jh. bei Schweinichen 3, 231.
und icüsten «husten»; dazu and. huasto, ndl. Hütsche, Hutsche, Hitsche f. (PI.
hoest m., ags. htcösta m., engl, (dial.) whoost, Fußbank. Büttel- und Xiederd.
-n) ; kleine
anord. hösti m., schwed. hosta f., dän. hoste. 1637 Hütsche (Ztschi-. f. Kulturgesch., hgb.
Urverwandt mit lit. köseti (Präs. kosiu) v. Steinhausen 4, 200, aus Schloß Tenneberg
«husten», kösulis m. «Husten», lett. käsa, in Thüringen), ebenso 1691 bei Stieler: nd.
käsis «Husten», käset «husten», abg. kasili Hitsche f., eig. «Schiebebank, Bänkchen, das
m. «Husten», alb. koid f. «Husten», ir. casad, bald da bald dorthin geschoben wird», ab-
aind. käs «husten», käsas m. «der Husten», geleitet von hutscheu, v.: auf dem Boden
J.5I>. husten, V., mhd. Äifosfen, ahd. ÄMOsfö?i: rutschen, kriechen, in oberd., md. und nd.
dazu ags. hicöstan, engl, (dial.) whoost, anord. Mundarten, schon im 14. Jh. md. hutschen,
hösta. hüsteln, v., in der 2. Hälfte des hutschin intr. «rutschen» und tr. «schieben»,
18. Jh. bei Thümmel Reise 4, 161 hüsteln, wohl aus hukscJien zu hocken.
bei Maler Müller 1, 339 hüsteln. Hütte, f. (PI. -n): enichteter kleiner be-
'Hut, m. (es, PI. Hüte): steife hohle deckter Schutzort zum Aufenthalt usw.; ein-
Kopfbedeckung; Zucker in spitzer kegel- faches ärmliches Gebäude (1561 bei Maaler);
förmiger Gestalt (nach der Form der alten bergmännisch: Metallschmelze (schon mhd,).
Hüte), 1464 im Urkuiidenbuch der Stadt In der l.Bed. mhd. hütte, ahd. hutta f. ^Hütte,
Leipzig 1, 315. In urspr. Bed. mhd. -ahd. Zelt»; ein oberd. Wort, aus dem entlehnt
htwt m. «Hut, Mütze» (PI. mhd. Miete, ahd. sind mnd. hutte, ndl. hut f., engl, hut, franz.
huoti und htiota), im ^Ihd. auch «Helm, Auffe, span. Äwfaf «Hütte». Vielleicht gleichen
schützender Überzug oben über etwas. Hülse Stammes wie Haus (s. d.) oder besser zu
an einem Turmknopf», md. hüt: dazu and. Hotte (s.d.). ZL^jS. Hüttenrauch, m.: beim
htiat, mnd. höt. hüt, ndl. hoed, afi-ies. höd Metallschmelzen als Dampf aufgestiegenes und

«Hut», ags. höd m. und engl, hood «Haube, aiifgefangen es Giftpulver, spätmhd. im 15. Jh.
Kappe», neben ags. hcett m. und engl, hat hüttrauch, hutte-, huttenranch m. Hütten-
«Hut», anord. hattr, höttr m., schwed. hatt, werk, n.: Metallschmelze. 1562 bei Mathe-
däu. hat. Vielleicht gleichen Stammes wie sius Sar. 135*.
Hut - (s. d.). Urverwandt mit lit. kuödas Hutung, Hütung, s. Hut -.
m. «Schopf, Mütze des Federviehs», lat. Hutzel, f. (PI. -n): gedörrte Birne, ge-
cassis f. «Helm». doiTter Bimschnitz (1664 bei Duez «gedörrter
"Hut, f. (PI. -en): Schaden abhaltende Apfel»). Mhd. hützel, hutzel f.: md. Hotzel
Aufsicht und Vorsicht, Fürsorge: das Hüten f. (Bürger Macbeth 1, 3), 1711 bei Rädlein,
des Viehes auf der Weide (bei Luther 6, 339^). Davon hutzelig, adj.: ranzlig, 1741 bei
In der 1. Bed. mhd. huote, huot, ahd. huota Frisch hutzlich, hozlich. hutzeln, v. ein- :

f,, im Mhd. auch «Wache, Wächter, Hinter- schrumpfen, 1741 bei Frisch, mhd. verhützeln
halt, Nachhut», (spätmhd.) «Distrikt eines «zusammenschrumpfen», bei Bürger Kaiser
Försters oder Waldaufsehers»: dazu mnd. imd Abt Str. 16 einhotzeln.
höde, hüde f., ndl. hoede f, afries. Äöde, hüde f. Hyäne, f. (PI. -n): Abendwolf, Grabtier.
Wohl gleichen Stammes wie ^Hut m. (s. d.). Um 1480 im Voc. ine. teut. 1 6^ hientier n..
Als ursprüngl. Bed. wäre «Schutz» anzunehmen, bei H. Sachs Fab. 233, 11 Hienna f. Schon
hüten, V.: achthaben, bewachen; das Vieh ahd. ijena. Aus
gleichbed. gr.-lat. hyaena f.,
auf der Weide bewachen, weiden mhd. 1336). ( gr. benannt wegen der Ähnlichkeit
üaiva f.,

In der 1. Bed. mhd. Mieten huoten (auch , im borstigen Hals und Rücken mit dem
refl. sich Mieten vor jem. oder etw.), ahd. Schweine, gr. Oc m. f.
hux)tan, md. hüten; dazu and. hödian, ndl. Hyazinth, m. {-es, PI. -e): ein Edelstein
Jioeden, afi-ies. h^da, hüda, ags. hedan, engl, pomeranzengelber Farbe. Mhd.
von roter bis
heed. Davon Hüter, m., mhd. Äwefcere, Äwefer, jacinctus m. und jächant, jachant m., ahd.
md. hütere, ahd. huoteri m., and. höde^'i (?); jachant m., aus gr.-lat. hyacinthus m., gr,
Hüterin, f., mhd. Mieterin f.: HÜtung, f., üdKiveoc f. «Edelstein von blauer Farbe»,
:

911 Hydrant ich 912

wahrscheinlich der Saphir oder ein dunkler notisch, adj.: einschläfernd; zwingend. 1813
Amethyst. Hyazinthe, f. (PI. -n)-. die bei Campe, hypnotisieren, v.: in magne-
Glöckchenblume Hyacinthus orientalis, erst tischen Schlaf versetzen. Hypnotismus, m.
nach 1562 aus Klein asien eingeführt, 1629 magnetischer Schlaf. Von dem englischen Arzt
bei Oi^itz 265 Hiacynthenhlume, aus gr.-lat. James Braid (geb. 1795) eingeführter Aus-
hyacinthus m., gr. ödKivGoc m. f. «die violett- druck für die von ihm zuerst beobachteten
blaue Schwertlilie». Erscheinungen.
Hydrant, m, (-en, PI. -en): Wasserzu- Hypochondrie, f. (PI. -n): Milzsucht;
leitung für die Feuerwehr, Feuex'hahn. Part. Grillenkrankheit. 1775 bei Adelung, aus dem
Präs. von einem nlat. Verb, hydräre nach gr.-lat. Plur. hypochondria, gr. üiroxövbpia «der

gr. ubpaiveiv «bewässern». In neurer Zeit, weiche Teil des Leibes unter dem Brustknorpel
Hygiene, f.: Gesundheitslehre. Fem. des
und den Rippen bis an die Weichen mit
gr. Adj. ÜYieivöc «der Gesundheit zuträglich, Milz usw.», von gr. Otrö «unter» und xövbpoc
heüsam», zu ergänzen Texvr] f. «Kunst». 1791 m. «Brustknoiijel». Davon Hypochonder,
bei Roth Hygieine. ABL. hygienisch. m. (-.s, PI. wie Sg.): Milzsüchtiger; Gräm-
ling, Grillenfänger, bei Lessing 1, 165, nach
Hymne, f. (PI. -n): Hoch-, Lobgesang,
gleichbed. franz. hypochondre m., 1714 bei
Festlied, 1775 bei Adelung, das weibliche
Geschlecht nach franz. hymne f. «geistlicher
Wächtler Hypochondriacus; Hypochon-
drist, m. (-en, PI. -en), bei Goethe 23, 132.
Lobgesang, neben hymne m. «Lobgedicht».
Mhd. ymne m. und imps, ahd. hyemno und hjTpoehÖndrisch, adj., bei Goethe 18, 103.
imno, immino m, «kirchlicher Lobgesang»,
Hypothek, f. (PI. -en): gerichtliche
Schuld-, Pfandverschreibung auf unbeweg-
aus gr.-lat. hymnus m., gr. öiuvoc m. «Ge-
liche Güter. 1580 bei Schwarzenbach Sy-
sang, Feier, Loblied».
nonyma 100*^ Hipothec. Aus gleichbed. gr.-
Hyperbel, f. Übertreibung; über-
(PI. -n):
lat. hypotheca, gr. ÜTToOriKri f. «Unterpfand»,
treibende rednerische Vergi-ößerüng; Kegel-
eig. «Untersatz», von gr. üiroGeivai «unter-
schnitt. Bei Lessing und 1775 bei Adelung,
setzen». Davon hypothekarisch, adj., 1775
Hyperhole 1714 bei Wächtler, aus gleichbed.
bei Adelung.
gr.-lat. hyperhole, gr. üirepßoXri f., abgeleitet
Hypothese, f. (PI. -n)-. Unterstellung,
von üirepßdWeiv «über das Ziel werfen». Dazu
Wagesatz. 1775 bei Adelung, Hypothesis 1703
hyperbolisch, adj.: übertrieben, bei Herder
im Zeit. Lex. Aus gleichbed. gr. ÜTrö9ecic f.,
z. Theol. 6, 104 von 1776, nach dem gleichbed.
von gr. OiroOeTvai «untersetzen, unterstellen».
gr.-lat. Adj. hyperholicus, uTtepßoXiKÖc.
hypothetisch, adj., bei Campe 1801 und
hyperklug, adj.: überklug. 1673 bei Goethe (1. H.) 22, 252.
Weise Erzn. 4 üuepklug. Gelehrt zgs. mit Hysterie, f. (PI. -n): Nervenki-ankheit.
gr. uTT^p «über». 1813 bei Campe, dafür 1775 bei Adelung
Hypnose, f. (PI. -n) -.
magnetischer Schlaf; Hysterik f., nach gleichbed. mlat. hysterica
(in übertr. Bed.) starke Einwirkung, der man passio, von gr.-lat. hystericus, gr. öcxepiKÖc
sich nicht entziehen kann. Gebildet von gr. «an der Gebärmutter leidend», von gr. öcrdpa
ÜTTvöeiv «einschläfern». Neue Bildung, hyp- f. «GebäiTnutter».

I
i! Interj. der Hervorhebung, Verwunde- Gesner Schlangenbuch 7* Ibis, 1540 bei
rung, Freude, älternhd. ie, m.
le geschrieben, Diefenb.-Wülcker 677 Eyb m., mhd. eib
mhd. i! als Ausruf des Unwillens, der Ver- Aus gr.-lat. ibis, gr. ißic m.
wunderung. ich, Nom. Sg. des Pronomens der 1. Per-
iahen, v.: wie ein Esel schreien. Bei Goethe son. Mhd. ich, ahd. ih: dazu asächs., mndl.
2, 162 yahen, 1711 bei Rädlein ygaen, igagen, afries. ik, ags. ic, engl. /, anord. ek, schwed.
1561 bei Maaler gigagen. Lautnachahmend. jag, dä,n. jeg, g'ot. ik. Entsprechend gleichbed.
Ibis, m. (Gen. Ibisses, PI. Ibisse): der lat. ego, gr. ^yil», ^yüjv, abg. jazü, azü, altht.
ägyptische Brachvogel, Nilreiher. 1589 bei es, lit. ä§, apreuß. es. as, apers. adam, awest.
913 -Icht Igel 914

azdm. aind. ahäm. Ahd. tindet sich auch für gleich erachten : die Persönlichkeit feststellen.
nachdrückliches ich ihhu, ihclia, mhd. im 14. Jh. Im 19. Jh.
:

iche,noch in md. Mundarten iche. Die übrigen Idiom, n. [-S, PI. -e): die eigentümliche
Kasus von ich sind: Gen. tnein (s. d.); Dat. Mundart. Im 17. Jh. (bei Nehring 1694 Idioma)
mir, mhd. ahd. mir, got. mis: Akk. mich, mhd. aus franz. idiome m,, von gr. ibiujua n. «Eigen-
mich, a.h.d.mih, got. mik. Aus gleichem Stamme tümlichkeit, Besonderheit», zu gr. ibioc «eigen,
lauten in den ui'venvandten Sprachen diese eigentümlich».
drei Kasus: lat. mei, mihi, me, gr. |lioO, uoi, Idiot, m. (-en, PI. -en): Xichtkenner,
n4., mama, nmhjani, mäm. Substantivisch Pfuscher, Dummkopf. Im 16. Jh. (bei Albems
aind.
Ich, n. (s, PI. wie Sg.), mhd. eiii ich; min Barfuser Münche >'r. 343 Idiot, und einfeltiger
ander ich. Ichheit, f., im 15. Jh. icheit Mensch, 1571 bei Rot) aus gleichbed. gi-.-lat.
(Theolo.gia deutsch Kap. 15 u. 16). idiota m., von gr. ibidirric m. «Privatmann
-icht, Ableitungssilbe. 1) an Substantiven, im Gegensatze zum Staatsmann, in Staats-
z. B. Dickicht, durch Zutritt eines t aus -ich, geschäften Unkundiger», überhaupt «Unwis-
md. -ech, mhd. -ach, ahd. -ahi hervorgegangen, sender», zu gr. ibioc «eigen, eigentümlich,
welche die Bedeutung einer Menge, Fülle, privat». Davon idiotisch, IdiotismUS,
adj.

Anhäufung haben. 2) an Adjektiven, wie m. (PI. Idiotismen): mundartliches Wort,


bergicht, holpericht usw., neben bergig usw., mundartl. Spracheigenheit, 1714 bei Wächtler,
mhd. -eht, -oht, ahd., -oht, -ohti. aus gr.-lat. idiotismus, gr. ibiiuxicuöc m. «die
lolllhy-, in mehreren Fremdwörtern ist dem Privat- oder gemeinen Mann eigentüm-
gl'. ixOüc m. «Fisch», z. B. in Ichthyol m. (-s): liche Sprachweise, Spracheigenheit». Idioti-
Fischöl, ein Arzneknittel. Ichthyosaurus, kon, n. (-S, PI. Idiotika und Idiotiken):
m. (PI. -Saurier und -saiirie): Fischeidechse. Wörterbuch einer Mundart, Landschafts-
Bezeichnung einer ausgestorbenen Tierart. wörterbuch, im 18. Jh., aus dem Neutr, des
Neure Bildung. Bei Scheflfel GJ-audeamus. griech. Adj. tbiiuTiKÖc, «dem Privat- oder ge-
Ida, Frauenname. Ahd. Ita, Ida. Koseform meinen Mann eigen» (s. Idiot).
zu Namen wie Iddberga, Idburg. Idol, n. (-S, PI. -e): Abgott. Im 18. .Jh.
ideal, adj.: in der Idee bestehend, über- aus gr.-lat. idolum n., «Schatten-, Trugbild»,
wirklich, vorbildlich. Im 18. Jh. (Wieland dann «Götzenbild», gr. eibuuXov n. Gestalt, <'.

Idris 184) aus dem lat. Adj. ideälis (5. Jh. Bild, Trug-, Götzenbild».
n. Chr.") «ia der Idee stehend», aus dessen Id^ll, n. (-5, PI. -e) und Idylle, f. (PL -n):

Substantiv. Xeutr. ideale nhd. Ideal, n. [s, ländliches Gedicht, Hirten-, Schäfergedicht:
PL -e): Traum-, Ur-, Vorbild, im 18. Jh. ländl. Stilleben. In der 1. Bed. bei Zachariä
(Wieland Amadis 90) nach franz. ideal m. 194 und Adelung 1775 Idylle f., aus gr.-lat.

ideälisch, adj.: überwirklich, bei Lessing idyllium, gr. eibüXXiov n. «kleineres, zierlich

5, 28, j. Goethe 3, 533. idealisieren, y., darstellendes Gedicht, meist ländlichen In-
bei Herder 1, 342 W. Idealismus, m.: halts», eig. «Bildchen», Dim. von gr. elboc n.

ideale Lebensauffassung. Bei Herder und be- «Bild». Davon idyllisch, adj., bei Goethe
sonders bei Kant. Idealist, m. (-en, PI. -en), an Schiller 3, 48.

1732 bei Gottsched. Id^e, -ieren, Endung vieler aus dem Romani-
f. (PI. Ideen):
das gedachte, nur in der geistigen Anschauung schen und Lateinischen entlehnten Zeitwörter,
befindliche Ding, Vemunftbegriif, Vorstellung; aber auch deutschen Wortstämmen angehängt,
kleine Menge. Bei Thomasius Einl. 100 Idee z. B. halbieren, stolzieren usw. Erst mit der
und Idea, aus gleichbed. franz. idee f., gi\-lat. höfischen, aus romanischer Quelle schöpfen-
idea f., Urbild, gr. ibea f. «Gestalt, Bild, Vor-, den Poesie seit der 2. Hälfte des 12. Jh.,

Urbild, Motiv einer Rede», von gr. ibeiv «sehen». mhd. -ieren, md. -nen, ndrhein. im 14. u. 15. Jh.

Davon ideell: nur in der Idee vorhanden, -eren, aus afranz. -ier, das ui-spr. den lat.

gedacht. Bei Goethe 42, 2, 152. auf -iare oder -igare entspricht.
Infinitiven
identisch, adj.: ebendasselbe, ein und -ig, Ableitungssilbe an Adjektiven, ent-
dasselbe. Im 18. Jh. (bei Schiller Nachtr. sprechend entweder 1) mhd. -ec, ahd. -ac,
I

2, 301 B.) nach dem franz. Adj. identique, got. '

-ag, oder 2) mhd. -ec. -ic, ahd. -ic, -ig,


ital. idenfico. Identität, f., 1728 bei Spe- got. -eig, im letztem Fall Umlaut bewirkend.
rander, aus mlat. identitas f., von lat. idem Igel, m. (-S, PL wie Sg.): das Stacheltier
«ebendasselbe», identifizieren, V.: für lat. erinaceus, eres. iihd. igel, ahd. and. igil m.;
Weigand, Deutsches Wörterbnch. 5. Aufl. 58
915 Ignorant Urne 916

dazu mnd. und ndl. egel, ags. igl, il, anord. Jh. umh jren tvillen, dann umb jret willen,
igull m. Urverwandt mit gr. ixxvoc, ahg.jezi, s. willen, ihrig, adj., 1575 bei Fischart
lit. arm. ozni «Igel».
ezTs m., Bei Nicolai Garg, 54 jrig, substantivisch 1562 bei Mathe-
Phantasmen unrichtig auch für Egel (s. sius Sar, 36^ das jrige und bei H. Sachs
11
Blutegel), nd. iL Fastn, 5, 126 das jrig. Ihro, Possessivum
Ignorant, m. {-en, PI. -ew): Unwissender, vor einem Titel, nach dero (s. d.) gebildet
Dummkopf. 1571 bei Rot, 1582 bei Fischart und gegen Ende des 17. Jh. aufgekommen
Garg. 236, aus lat, ignörans, dem Part. Präs. (1682 bei Schnüffis Mirant. Flötlein Vorr. 3^
von ignöräre «nicht wissen». Ignoranz, f.: jhro Hochfür stl. Gnaden), jetzt als altfrän-
Unwissenheit, 1582 bei Fischart Garg. 240 kisch angesehen. Vom 13. bis 17. Jh. lautete
Ignorantz, aus gleichbed. lat. ignörantia f. der Dat. Sg, des Fem. der
3. Person iro, ira,

ignorieren, v.: absichtlich noch 1650 bei Moscherosch Phil. 1,447


nicht kennen, iru,
nicht beachten, bei Schiller an Goethe 2, 304, jhro, wie schon ahd. iru, iro; ebenso der
aus gleichbed. lat. ignöräre. Gen. PI. der 3. Person ahd. und in aleman-
ihm. Dat. Sg. von er und es, mhd. im, nischen Urkunden des 14. Jh. iro, noch im
inie, ahd. asächs. imu, imo, dazu got. imma. 16, Jh, jro jedem. Beides im 18. Jh. veraltet.
ihn, Akk. Sg. von er, mhd. in, auch inen ihrzen, v.: mit Ihr anreden, mhd. irzen
(noch im 16. Jh. jnen, bei Fischart jne), ahd. (vgl. duzen).
inan, inen, in; dazu asächs. ina, got. ina. 11- in Zusammensetzungen (von Fremd-

ihnen. Dat. PI, von er, sie, es, mhd. in, inen wörtern) vor l ist aus in entstanden, lat. in-
(noch im 16. Jh. häufig jn), ahd. im, in, bei mit der Bedeutung «un-», z, B, illegal «un-
Notker erweitert inen; dazu asächs. im, got. gesetzlich» (1728), illoyal «nicht loyal» oder
im. ^ihr, Dat. Sg. von sie, mhd. ir, ahd, «ein, hinein».
iro, iru, ira; dazu asächs. rrM, got.izai. "ihr, Ilk, m., niederdeutsche Nebenform von
Nom. PI. des Pronomens der 2. Person (du), Htis (s. d.).

mhd. ahd. ir, md, er; dazu asächs. gi, ge,illuminieren, v.: erleuchten, bes. zum
afries. i, gi, ags. ge, anord. er, got. jus. ^ihr, Schmuck, feierlich; mit Farben ausmalen.
Possessivpronomen, mhd. ir, Fem. iriu, Neutr. Mhd. illuminieren «leuchtend schmücken», aus
irg (auch substantivisch dag ire oder ir, der lat. illüminäre «erleuchten, licht machen». Li
ir, die ire),hervorgegangen aus ihr, dem der 2. Bed. 1562 bei Mathesius Sar. Vorr. a 5^
Gen., Sg. und PI. der 3. Person (s. ihrer). ein Buch illuminiren, mhd. 1350 luminierer m.
^
ihrer, Gen. Sg. von sie, erweitert aus ihr, «Illuminator». Illumination, f.: festliche
noch älternhd. z. B. bei Luther jr (Matth. Erleuchtung, 1714 bei Wächtler, aus lat.

21,8), mhd. ir, auch Ire, ahd. ira, iro; dazu illüminätio f. «Erleuchtung».
asächs. ira, got. izös. "ihrer. Gen. PI. von Illusion, f. (PI. -en): falsche Einbildung,
er, sie, es, ebenfalls aus ihr erweitert, noch Täuschung. 1710 bei Nebring. Aus lat. il-
bei Luther jr (l. Mos. 3, 7), mhd, ir, ahd. lUsio f. «Verspottung, Ironie», franz. illusioyi f.

asächs. ?Vo; dazu got. ize, Fem. izö. Ein Nach- «Täuschung, falsche Einbildung».
klang dieses Gen. Sg. und PI. ihr ist die Ver- illustrieren, V.: erläutern, in heUes Licht
bindung ihre sein (in der Anrede Ihre sein) setzen; ausschmücken, zieren (bes. Bücher
zur Bezeichnung der An-, Zugehörigkeit, bei dui'ch in den Text eingeschaltete Holzschnitte
sächsischen Schriftstellern des 18. Jh. (Geliert usw.). In letzter Bed. 1714 bei Wächtler. Aus
Fab. 2, 75, Lessmg 1, 367), wie schon in der gleichbed. lat. illusträre. Illustration, f.:
Bibel 1483 Matth. 5, 3 das reich der hymel Erläuterung, namentlich durch Abbildungen,
ist ir. ihresgleichen, erstai-rte Genitiv- dann letztere selbst, 1710 bei Nehiing Illu-
form, im 18. Jh. (Lessing 1, 389), 1539 bei stration «Erleuchtung» aus gleichbed, lat.
Alberus wider Witzeln G5* ihr gleichen (s. illusträtio f,
gleich), ilirethalben, adv., mhd. von iret Ilme, f, (PI. -«): Ulme, Schweizerisch,
halben (Leyser Pred. 38, 28), von irenthalben wetterauisch usw, Mhd. ebne, ilmenei. {Snmerl.
(Livl. Reimchron. 6383), eig. Dat. PI, mit un- 50,8) und elmboum m., spätmhd. Um, ilm£,
organisch eingeschobenem t (s. Halbe, halben). ahd. elm; dazu ags. elm m., engl, elni, anord.
ihretwegen, adv., im 14. Jh. von im wegen alnir m,, schw,ed, alm, dän, elm. Urverwandt
(Städtechron. 1, 29, 9), bei H. Sachs von jrnt mit lat. ulmus f,, ir, lern «Ulme» (s, d,). Aus
wegen, s. wegen, ihretwillen, adv., im 16. dem Germ, stammt russ, ilem>i m. «Ulme».
917 nse immittelst 918

Ilse, Frauenname. Ahd. Ilisa. Echtdeutseh. wandtschaft mit gl", «Stechmücke»


eurnc f.

Iltis, m. (Gen. Iltisses, PI. Iltisse): der dui'chaus unwahrscheinlich. Das Wort gehört
Stänkerratz, Mustela putorius. ^Ihd. eltes, vielmehr zu 'w. imbed, akymr. imm^t «Fülle,
ütis m., spätmhd. auch iltisse, alteis, omnis «all».
elteis, S. Walde s. v.
Menge», lat.

eltechs, Die Formen


spätahd. illi(n)tiso m. immaßen, conj.: indem, weil, eig. in dem
der Mundarten zeigen, daß das "Wort aus Maße daß. Nur noch im Kanzleistil. Im 14. Jh.
zwei Bestandteilen zusammenges. ist, deren inmaßen (Xürnb. Pol.-Ordn. 229 j, zusammen-
zweiter eine Umdeutvmg auf nd. deisen, gefügt aus der Präp. in und dem Dat. PI. von
Schwab, deinsen, Schweiz, täseln «schleichen», Maße f. (s.d.), mhd. m^^e «Art und Weise».
deißel f. «Wiesel» (bei Henisch, Stieler er- Immatrikulation, f. (PI. -en): Einschrei-
f ahi'en hat ha jr. Ell edeis, Schweiz. Täs, Täsen m.
: bung in die Matrikel { Stammliste), nament-
(im Bernbiet), tirol. Ilkes, nass. Ilser, Eiser, lich der Universitäten, 1728 bei Sperander.
schles. Ilster, obersächs.-böhm. Utnis (schon Von immatrikulieren, v., aus nlat, im-
1470 eltnys, 1604 bei Colerus Hausb. 3, 160 matriculäre, einer Ableitung von lat. mätri-
Udnis, Hk, Elk, Illink, mnd. ilke, cula f. «Stammrolle», dem lat. mäter f. «Muttei-»
Iltitz), nd.

üleke, 1754 bei Döbel Jägerpract. 1, 42 Illing, zugrunde liegt. 1703 im Zeit. Lex.
EU-Katze. Elb-Thier: dazu schwed. t'Wer, dän. Immediätgesuch, n.: ein an den Landes-
Oder. Dunkler Herkunft. Im zweiten Teil herm selbst gerichtetes Gesuch. Zsg. mit
(Grundform illit(iü)iso) vermutet man jetzt immediat, adj. «unmittelbar». Von gleichbed.
ein iviso, *das zu Wiesel gehören würde. lat. immediätus. 1703 im Zeit.-Lex.
illl, mhd.im.ime, imme, dui-chAngleichung immer, adv.: in imunterbrochener Zeit-
des n aus inme, ineme, verschmolzen aus in dauer. Mhd. iemer, imer, immer, ahd. iomer,
deme «in dem». iemer «zu irgendeiner, sowie zu jeder gegen-
Imbiß, m., mundartlich auch n. (^Gen. wärtigen oder zukünftigen Zeit», dazu and.
Imbisses, PI. Imbisse): kleine Mahlzeit, bes. iemar «immer», mnd. immer, ummer, jummer
außer dem Mittage. Mhd. ahd.imhiß, inbi^ m..n., «jemals fvon beginnender und zukünftiger
spätmhd. auch imwej,2/nb^, noch heute Schweiz. Tätigkeit), jedesfalls, gewiß x. Zusammenge-
im(m)is, meist zimis, hess. immes, elsäss. im- rückt aus ahd. io (s. je) ujid mir ( s. mehr).
mes, ims, auch bei Goethe 8, 79 Nacht-Ims. ZUS. immerdar, adv., bei Luther jmerdar
Zu ahd. in-, imhtgan, mhd. enMgen «sich durch 1494 bei Brant Narr. 61 yemerdar. immer-
Speise u. Trank stärken, ein Mahl halten», zgs. fort, adv.. bei Luther jmer fort. Immer-
aus ahd. in- «ein» fs. d. -) und M^an «beißen». grün, n. die Pflanze Vinea minor, Singrün
:

imitieren, nachahmen, nachmachen. (s. d.), 1691 bei Stieler. immerbin, adv.,
v.:

1571 bei Rot, 1534 bei Franck Weltb. 235. bei Luther jmer hin. immermebr, adv.,
Aus gleichbed. lat. imitäri. Davon Imita- mhd. (durch nochmaliges mer verstärkt) immer
tion, f., 1571 bei Rot. mere, iemer mer, iemer me «zu jeder gegen-
Imker, m. (-s, PI. wie Sg.): Bienenzüchter, wärtigen oder zukünftigen Zeit», immer-
bei Adelung 1775 Imker als niedersächsisch wäbrend, adj., im ib. -^h. ymynerwernd (ÜÄtz-
(1767 im Brem. Wb.), 1666 bei Comenius lerin LXVIIP). immerzU, adv., 1510 bei
Sprachenthür § 384 Immiche^-. Von Imme, f. Keisersberg Pred. 116^ ymerzü.
(PI. -n): Bienenschwarm, Biene, Arbeitsbiene. Immi, n. (-S, PI. wie Sg.): Hohlmaß für
Mhd. imbe, impe, imp, später imme m. «Bienen- Getreide, Weine usw., schwäbisch - Scheft'el .j

schwarm, -stock», erst spätmhd. «Biene», ahd. imd ^/o,. Eimer, schweizerisch zuletzt 1 \., Liter
impi, imbi m. «Bienenschwarm», als Kollektiv (in der franz. Schweiz emine f.). Mhd. im 14. Jh.
in der Verbindung impi piano, «examen apium»; imin, imi n., aus gr.-lat. liemina f. als Hohl-
dazu mnd. imme n. (selten m.) « Bienenschwarm, maß «die Hälfte eines sextarius (Nösels)»,
-stock, Biene», ags. i/mbe «Bienenschwarm». gl-, riiaiva, r\\n\a f. «die Hälfte des ^Kreüo
Noch in den Mundarten wird unterschieden: (des 6. Teils des Scheffels), woher auch franz.
Schwab. Immen m. «Bienenkorb» und Imme f. mine f. «ehemaliges Trockenmaß».
«Biene», Schweiz. Imb m. «Bienenschwann» immittelst, adv.: während derZeit(Licht-
u, Immi n. «Biene», elsäss. Imm{e) f. «Biene», wer Fab. 3, 4). Im 16. Jh. bei Schweinichen
Imme m. n. «Bienenschwarm, -stock», westfäl. 1,214, mit Antritt von t aus in mittels (16.
Imen m. «Bienenschwarm», Ime f. «Biene». und 17. Jh.), einer Verbindung des adverb.
Wegen der Bedeutung «Schwann» ist Ver- Gen. Sg. von Mittel (s. d.) mit in.
58*
:;

919 Immobilien -m 920

Immobllieu, PL: unbewegliche Güter, Pfropfung, mhd. impfetunge, iniptange, spät-


Liegenschaften. 1703 im Zeit.-Lex., aus mhd. imtung, impfung, ahd. imhitunga f.
gleichbed. lat. inimöhüia bona. (Diefenb. gl. 300°).
immorälisch, adj.: unsittlich,Imponderabilien, pl.: unwägbare Dmge.
sittenlos.

1797 bei Fr. Schlegel Griechen u. Römer 182, Nach Arnold ZfdW, 3, 350 im 18. Jh. im Ge-
nach neulat. immoralis. Davon Immorali- lehrtenlatein entstanden, aus in «un» und
tät, f.: Unsittlichkeit, Sittenlosigkeit, bei ponderabilis «wägbar». 1821 bei J. Paul
Schiller Nachtr. 2, 217 Boas. Komet. Dann Schlagwort in den siebziger
Immortelle, f. (PI. -w) : Blume mit stroh- Jahren des 19. Jhs. Vgl. Ladendorf.
artigen un verwelkbaren Blumenblättern,Stroh- imponieren, v.:
sich geltend machen,
blume, Helichrysum. In der ersten Hälfte des Achtung einflößen. Bei Goethe an Schüler
19. Jh. aus gleichbed. franz. immortelle f., von 3, 364, das Part, imponierend bei Lessing 7, 26.
lat. imniortälis «unstei-blich». In der Bed. «auflegen» 1714 bei Wächtler,
immun, adj.: abgabenfrei;aus lat. imponere «aufsetzen, auflegen, wo-
seuchenfrei.
Aus lat. immünis von Leistungen» (so rüber als Befehlshaber setzen», imposant,
«frei
noch 1813 bei Campe). Immunität, f. adj. mächtigen Eindruck machend, bei Goethe
:

(PI. -ew): Abgabenfreiheit; ünansteckbarkeit 32, 116, aus franz. imposant, Part. Präs. von
Unverletzlichkeit (der Abgeordneten). In der imposer «Bewunderung einflößen». ImpOSt,
1.Bed. 1703 im Zeit.-Lex., in den beiden m. [-es, PI. -en): Auflage, Warensteuer. Im
andern erst im 19. Jh. Aus lat. mimünitäs f. 17. Jh. (Nehring 1694), aus gleichbed. mlat.
«Freiheit von Steuern, Lasten». impostus ni., älterfranz. impost (nfranz. impot),
Imperativ, m. (-s, PI. -e): Befehlsform, von lat. impositus, Part. Perf. Pass. von impo-
befehlende Redeweise. Aus lat. modus impe- nere «auflegen».
rätivus. imprägnieren, v.: einen Körper mit
Imperfekt, n. {-s, PI. -e): die unvoll- einer Flüssigkeit durchtränken. Aus lat. im-
endete Vergangenheit, Vorgegenwart. Aus praegnäre «schwängern». Ende des 18. Jh.
lat. (tempus praeteritiim) iniperfectum. in der jetzigen Bedeutung.
impersonal, adj.: unpersönlich, aus lat. improvisieren, v.: aus dem Stegreif ent-
impersöndlis. 1813 bei Campe. werfen oder vortragen. 1801 bei Campe
impertinent, ungeziemend, unbe- aus .ital. improvisare, franz. improviser, von
adj.:
scheiden, unverschämt derb; als Adv. auch lat. impro Visus «nicht vorausgesehen, unver-
«allzu», z. B. impertinent hlo7id. 1710 beiNeh- mutet». Davon Improvisation, f. (PI. -en).
ring « ungereimt, das nicht zur Sache gehöret». Im 19. Jh.
Aus franz. impertinent, mlat. impertinens, von Impuls, m. {-es, PI. -e): Anstoß, Antrieb.
\ai. pertinere «gehören, Beziehung haben zu». Bei Campe 1818, Goethe Nat. Sehr. 4, 289.

Impertinenz, f., bei Lessing 7, 156, aus Aus lat. impulsus m., zu lat. impellere «woran
franz. impertinence, mlat. impertinentia f., aber stoßen, antreiben».
schon 1703 im Zeit.-Lex. Impertinentien «un- Imse, f.: Ameise (s. d.).
gereimte Dinge, nugae». in, praep., zunächst vom Räume, dann
impfen, v.: ein Pflanzreis zum
auch von dem Zeitverhältnisse usw., mit Dat.
Fort-
wachsen in die Rinde einsetzen; dann (seit auf die Frage wo?, mit Akk. auf die Frage
1750) Kraukheitsstoff in die Haut einsetzen. wohin? Mhd. und ahd. in, auch abgeschwächt
Mhd. impfen und ungekürzt impfeten, inpfeten, en; dazu asächs.-afries.-mndl.-ags.-engl.-got. in,
impeten, ahd. imphon und impitön, inbitön anord. i, schwed.-dän. i. Urverwandt mit lat.
(noch bayr. impten); dazu ags. impian, engl. in, gr. iv, ivi, altir. in, lit. i, apreuß. en, arm.
imp, ferner mnd. und nnd. poten «pfropfen, i, alb. in. Von der Präp. in, die im Spätmhd.
Pflänzlinge setzen», mnd. mnld. enten «Pfropf- und Älternhd. mitunter mi lautet (Städtechr.
reiser auf einen Zweig setzen». Mit dem 3, 329, 14, H. Sachs 2, 59), geht das Adv. in
gleichbed. franz. enter aus lat. imputäre «ein- (in den Zusammensetzungen darin, hierin,
schneiden, ins Kerbholz schneiden, in Rech- Inbiß, Inbrunst, Inhalt usw.) aus, s. ein-.
nung setzen», putäre «Bäume beschneiden», -in, (PI. innen): Silbe zur Bildung weib-
in der Lex salica (85, 10 Merkel) inpotus licher Namen aus männlichen, z. B. Königin,
«Pfropfreis». ABL. Impfling, m.: Impf- Wirtin, Wölfin usw.). Mhd. -in. -in und inne,
reis, 1580 bei Sebiz Feldb. 52. Impfung, f. ahd. -in und -inna, ags. -en.
921 Inbegriff indogermanisch 922

Inbegriff, m. {-s, PI. -e): die Gesamt- ist die Unterscheidung zwischen Indianer für
heit aller in einem Umkreis eingeschlossenen die einheimische Bevölkerung Amerikas und
Dinge, sowie der unter einen Begrifi' gehörigen Indier für die Ostindiens durchgedrungen.
Einzelheiten. 1721 bei Günther 444 Inbegriff, Ebenso steht es mit indianisch und indisch.
1734 bei Steinbach Innhegrieff. indifferent, adj.: einerlei, gleichgültig;
Inbrunst, f. (ohne P].): inniges, heißes unteilnehmend. 1703 im Zeit.-Lex., aus lat.
Gefühl. Im 15. Jh. inbrunst f., 1512 beiKeisers- indifferens (Gen. indifferentis), franz. indiffe-
berg Bilgersch. 7 ynhrunst m., zunächst «in- rent. Vgl. Differenz.
'^

nere körperliche Glut», dann «brennendes (hef- Indigo, m. (-5, PI. -s), früher auch Indig,
tiges) Verlangen». Davon inbrünstig, adj., m. (-S, PI. -e): das indische Blau. Mhd, in-
spätmhd. inhrünstec. dich m. und endit f., im 16. und 17. Jh. auch
Inbürger, m. Bürger am Wohnort, Gegen- Endich, Endig (SimTpliciss.51), 1678 bei Ki-ämer
:

satz von Aushürger (s. d.). 1741 bei Frisch. Bidig, 1712 bei Hübner Indigo. Über franz.
indem, l) adv.-. während dieser Zeit; da indigo aus span. indigo m., von lat. indicum
auf einmal (Thümmel Reise 9, 285). In der «das indische», weil urspr. aus Ostindien
1. Bed. 1535 im Aimon D 1 indem, bis ins kommend.
17. Jahrh. unverbunden in dem geschrieben. IndikatlY, m. {-s, PI. -e) die bestimmte :

2) konj.: zu der Zeit daß; aus dem Grunde Redeweise, eig. wie 1663 bei Schottel 558 die
daß. Temporal bei Luther Matth. 13, 4 in Anzeigeweise. Aus lat. modus indicativus, von
dem, dafür 1512 bei Keisersberg Bilgersch. 5^^ indicäre «anzeigen, aussagen».
in dem so; kausal, bei Keisersberg Büg. 6^ indirekt, adj.: nicht geradezu, mittelbai-.
in dem, 6* w
dem so. Am
frühesten im 15. Jh. 1716 bei Ludwig. Aus gleichbed. lat. iwdirecto.
in dem, daß «in dem Punkte oder Umstände, S. direkt.
daß» (Nümb. Pol.-Ordn. 84). Dafür ahd. indiu indiskret, adj.: nicht verschwiegen. Aus
«in dem, darin daß, während» (diu der In- gleichbed. franz. indiscret, und dies aus lat.
strumentalis des Demonstrativpronomens), im indiscretus «ununterschieden», zgs. aus in
12. Jh. erloschen. «un» und discretus, s. diskret.
Indemnität, f.: nachträgliche Genehmi- Individuum, n. (-s, PI. Individuen)-.
gung, Lossprechung von der Verantwortlich- Einzelwesen. Bei Thomasius Einl. 83 und 1712
keit. Im 19. Jh. aus engl, indemnity, das über bei Hübner. Das Substantiv. Neutr. des lat,
ivanz. indemnite dem \at. indenmitas f. «Schad- Adj. individuus «unteilbar, ungeteilt». Dazu
loshaltung» entstammt. 1866 Schlagwort. Vgl. individuell, adj.: dem Einzelwesen eigen-
Ladendorf. tümlich, bei Lessing 5, 384, nach franz. in-
indes, indessen, adv. und dann konj.: dividuel, bei Schiller und Herder individual.
in (während) der Zeit; jedoch (18. Jh.). Mhd. Individualität, f.: die dem Einzelwesen an-
in der 1. Bed. das Adv. indes, unverkürzt geborne Besonderheit, bei Goethe Briefe 2, 105.
innen des, inne des, ahd. innan des, innin indogermanisch, adj., gemeinsame Be-
des, inni des (s. innen). Als temporale Kon- zeichnung folgender miteinander verwandter
junktion 1575 bei Fischart Garg. 413 inn des. Sprachen: des Indoiranischen, des Armeni-
Die verlängerte Form indessen seit dem 17. Jh. schen, Griechischen, Albanesischen, der itali-

(1678 bei Krämer), s, dessen. schen u. romanischen, keltischen, germanischen


Index, m. (-[e]s, PI. Indexe u. Indices): u. baltisch-slawischen Sprachen, (zu denen sich
Anzeiger, Register, Verzeichnis insbes. der noch die Sprachreste der alten Skythen, Phry-
verbotenen Bücher. Im 18. Jh. aus gleichbed. ger, Thraker, Mazedonier, Veneter und Mes-
lat. index m. sapier gesellen), so genannt, weil eine ger-
Indian, m. (-« und manische Sprache (das Isländische) und die
-en, PI. -en): Trut-
hahn. Bei Bluraauer Aen. 141, dafür 1664
Sprachen Indiens die beiden äußersten Grenz-
1,

bei Duez Indianischer Hahn. Indianer, m. punkte des verwandten Sprachgebiets bilden.
(-.s, PI. wie Sg.), nach einem neulat. Adj. Zuerst 1823 in Klaproths Asia polyglotta nach-
Indiänus, eig. die Bewohner Indiens bezeich- weisbar, dafür bei den englischen und fran-
nend, 1700 bei Gleditsch. Indien nannte man zösischen Gelehrten indoeuropäisch, in volks-
aber auch Amerika, so noch heute West- tümlichen Schriften arisch, obwohl letzteres
indien, weil ColumbusOstküste Indiens nur als die gemeinsame Bezeichnung der mit-
die
entdeckt zu haben glaubte. Erst im 19. Jh. einander enger verwandten indischen und ira-
923 Indossament Ingesinde 924

nischen Sprachzweige berechtigt (aind. ärja-, in-ficere, eig. «hineintun», s. infizieren). Im


awest. airja- «Arier») und ihre Zusammen- 18. Jh.

stellung mit dem alten Namen Irlands Erin, Infel, Inful, f. (PI. -n): Bischofshut.
Brenn unwahrscheinlich ist. Vgl. G. Meyer ]\Ihd. in feie, infel,im fei f. «Hut eines Bischofs
Idg. Forsch. 2, 125. oder Abts», aus Iskt. infula f., eig. «Stirnbinde
Indossament, Indossem^nt, n. {-[e\s, und Kopfschmuck der Priester, der Opfei-tiere
PI. -e): Übertragung eines Wechsels durch und der zu den Göttern flehenden Menschen».
einen Begebungs-, Übertragungsvermerk. 1791 infulieren, v. mit dem Bischofshut schmük-
:

bei Roth, indossieren, v.: einen Wechsel ken, zum Bischof machen, mlat. infulare, md.
(durch eine Erklärung auf dessen Rückseite, im 13. Jh. in fehl.
ital. in dosso «auf dem Rücken» an einen Infinitiv, m. (-s, PI. -e): unbestimmte
andern übertragen. Redeweise, Nennform.
1710. bei Nehring. Aus lat. modus in-
Indult, m. (-S, PI. -e): Nachsicht: Zah- ßmtivus, von inftnitus «unbestimmt».
lungsfrist (1714 bei Wäehtler). In der 1. Bed. infizieren, v. anstecken. Aus lat. inficere :

1446 bei Janssen Frankf. ReichscoiT. 2, 93 «vergiften, anstecken, beflecken», von in «hin-
indult f. Aus spätlat. indultus m. «Verwil- ein» und facere «tun». 1703 im Zeit.-Lex.
ligung», von indulgere «Nachsicht haben». Iniluenza, f. eine ansteckende Krankheit,
:

Industrie, f. (PI. -n)-. Betriebsamkeit; die Grippe (s. d.). Aus ital. ififluenza f.
Gewerbfleiß, das Gewerbe. 1766 bei Lessing «Seuche». 1791 bei Roth.
Laokoon 36 in der 1. Bed., bei Campe Be- Informator, m. {-s, PI. -en) : Hauslehrer,
Hofmeister (Geliert Lehrged. 79), 1571 bei
reicherung in der Bed. «Kianstfleiß», 1778 bei
Hermes Soph. 4, 306 Kunst und Industrie. Rot «Lehrmeyster», aus lat. Informator m.
Aus franz. von lat. industria f. «Bildner», informieren, v.: unterrichten,
industrie,
«Betriebsamkeit». ABL.
industriell, adj. in Kenntnis setzen. Ende des 15. Jh. bei Lilien-
und subst. der Industrielle, Industria- cron 2, 195^^ informiren, spätmhd. informeren
lismus, f., von Saint-Simon gebildet und (Genn. 28, 370), aus lat. informäre «gestalten,
um 1830 in Deutschland auftauchend. Vgl. bilden, durch Unterricht bilden».
Ladendorf. Infusorien, pl.: Aufgußtierchen, eine Art
infam, adj.: anrüchig, veiTufen, schänd- kleinster Lebewesen. Nach 1670 von Leeuwen-
lich. 1691 bei Stieler, aus gleichbed. lat. hoek entdeckt. Der Name daher, daß man
infämis. Infamie, f.: Ehrverletzung, Ehr- sie in oft erstaunlicher Zahl auftreten sah,
losigkeit, Niederträchtigkeit, 1571 beiRot wenn tierische oder pflanzliche Reste mit
Infami, aus lat. infämia, franz. infamie f. Wasser übergössen und an einen warmen
Infant, m. (-e?i, PI. -en): königlicher Prinz Ort gestellt wurden. Im 18. Jh. Infusions-
von Spanien. Bei Fischart Garg. 168 Infant, tierchen. Von lat. in- «hinein, auf» und
Ende des 15. Jh. bei Ehingen 25 iffant, aus fundere «gießen».
gleichbed. span. infante m., von lat. infans -ing, Ableitungssilbe an Substantiven zur
«kleines Kind». Davon Infäntin, f.: könig- Bezeichnung der Zugehörigkeit, Abstammung,
liche Prinzessin von Spanien, 1595 im Amadis Mhd. und ahd. -ine; dazu asächs.-ndl.-ags.-engl.
24, 344 f., span. infanta f. -ing, anord. -ingr. Die Ortsnamen auf -i/ngen
Infanterie, Fußvolk. 1616 (schwäb.) und -ing (bayr.) sind urspr. Dat.
f. (PI. -n):
bei Wallhausen Kriegsmanual 139 Infanter ia PI., ahd. -ingun, -ingon.
neben Enfanterie, bei Henisch Fantei'ie, 1617 Ingenieur (spr. inzeniör), m. (-s, PI. -e):
im t. Über gleichbed. Kriegsbaumeister; Maschinenkundiger. In der
Michel 13 Infanterey.
franz. infanterie, ital. infanteriaund fanteria 1. Bed. 1617 bei Wallhausen Corp. mil. 209
aus span. infanteria f., von span. infantes PI. Ingenieur, 1616 im Kriegsmanual 143 und
«Edelknaben, Soldaten zu Fuß», ital. infante m. 1617 im t. Michel 23 Ingenier, 1644 bei Duez
«Kind», fante m. «Knabe, Knecht, Fußknecht, 126 Ingenierer. Aus gleichbed. franz. ingenieur
Fußsoldat», lat. infans «kleines Kind». Davon m., von lat. ingenium n. «Scharfsinn, Erfin-
Infanterist, m. {-en, PI. -en): Soldat zu dungsgeist, Schöpferkraft», woher franz. engin
Fuß, Fußgänger, 1801 bei Campe. m. Maschine (s. Genie).
Infektion, f. (PI. -en) Ansteckung. Aus -.
Ingesinde, n. (-s): die zum Hause ge-
gleichbed. franz. infection f., das dem lat. hörige Dienerschaft. Mhd. ingesinde n. (s. in
infectio «Färben» entstammt (Ableitung von und Gesinde).
!!
1!

925 ingleichen inmitten 926

ingleichen, adv. : in gleicher Weise. Her- Injurie, f. (PI. -n)-. Rechtskränkung,


vorgegangen aus gleichem (16. JTh.), bei
in Ehi'enverletzung. 1515 bei Pleningen Sallust
0^\iz\,2\lingleichen\\.mgleichem(Yoei%rej\^). P 4*, aus lat. injuria f. «widerrechtliche
Ingrimm, m. {-s, ohne PI.): innerer, ver- Handlung, Unrecht, Unbill».
bissener Grimm. Bei Wieland Amadis 18, 15 inklinieren, v.: wohin neigen, 1571 bei
aus der Volkssprache des mittlem und nörd- Rot, aus gleichbed. lat. inclinäre.
liehen Deutschlands (s. in und Grimm). Da- inklusive, adv.: einschließlich. Aus gleich-
von ingrimmig, adj., bei Campe Bereich, bed. neulat. inclusive. 1703 im Zeit.-Lex.
(aus Alxinger), dafür 1741 bei Frisch, 1663 inkognito: unerkannt, unter fremdem
bei Schupp 140 ingrimmisch. Namen, 1696 im Schelmuifsky - 38, 1703 im
Ingrün, u. (s, PI. -e): das Wintergmn, Zeit.-Lex., aus ital. incognito, von lat. incog-
Vinca minor, usw. 1482 im Voc. theut. p6* nitus «unbekannt, unerkannt», im Ablativ
ingrun: dazu mndl. ingroen n. «Eppich». Von incognito «ohne Wissen, ohne Kenntnis».
dem mhd. Adj. ingrüene «sehr grün», worin inkommodieren, v.: unbequem, lästig
in verstärkend steht. S. Immergrün. sein. 1703 im Zeit.-Lex., aus gleichbed. lat.

Ingwer, m. (-s, PI. wie Sg,): magen- incommodäre.


stärkende Wurzel der ostindischen Pflanze inkorporieren, v.: einverleiben. Mhd.
amomum zingiber. Mhd. ingewer , ingwer, ; im incorporiren (1354 Mon. Boica 42,
14. Jh.
ingeher, ingber m. und gingebere, ahd. ingüber, 111), aus lat. incorporäre «in den Leib ätzen»,
gingebero. gingebere m. (vgl. ZfdW. 6, 182); von lat. corpus n. «Leib».
dazu ndl. gember f., engl, ginger. Wie franz. Inkunabel, f. (PI. -n)-. Erstlingsdruck,
gingembre, ital. Wiegendruck.
zenzovero, zenzero, gengiovo m. Von lat. in-cünäbula PI. n.
cingwer» aus gleichbed. gi'.-lat. zingiberi und «Windeln, Wiege». Benennung der Drucke
I

zingiber n., gr. IiYTißepic f., von pers. und bis etwa zum Jahre 1500, weil die Buch-
arab. zendjebil, prakrit. singabera, aus aind. druckerkunst damals noch in den Windeln
gp9ga-vera, eig. «horngestaltet», von aind. lag. 1791 bei Roth.
gpdgam n. «Hom», vera- m. n. «Leib». Inlage, f. (PI. -n)-. Einlage. 1691 bei
Inhaber, m. [s, PI. wie Sg.): im Besitz Stieler. S. inliegend.
Habender. Mhd. inlmber m. Von inhaben, Inland, n. (-s, ohne PI.): Gegensatz von
V.: unter seiner Gewalt haben, 1436 inhän Ausland (s. d.). Dafür mhd. iniende n.
(Weist. 5, 194). Zgs. mit dem Adv. in (s.d.). «Vaterland, Heimat, Herberge, Quartier».
Vgl. innehaben. Bei Stieler 1691 und Zesen Dögens Baukunst
'

inhaftieren, v.: in Haft nehmen. 1775 1648 Inland «Insel». Dazu Inländer, m.,
bei Adelung aus der Gerichtssprache. Mit spätmhd. i/i/ew Jer m. inländisch, adj., 1512 ;

fremder Endung zu «in Haft», s. -ieren. in Reichsordn. 75^ innländisch, 1436 in Weist.
'

Inhalt, m. (-S, PI. -e): was worin ent- 5, 194 inlentz. Daneben auch einländisch.
halten ist. Zuerst 1440 in einer ungednickten Inlaut, ra. (-S, PI. -e): Vokal oder Kon-
Riedeselschen Verkaufsurkunde innehält m., sonant im Innern eines Wortes. Ein von
1432 innhalt (Germ. 28, 370), bei Luther u. Jak. Grimm (Gramm. 1, ^ 12) eingeführter
Dasypodius Inhalt, dafür mhd. entheltnisse f. grammatischer Kimstausdruck.
einhält» (Myst. 1, 26, 25). Der Gen. Inhalts Inlett, n. (-S, PI. -e und -s): der innre
als Präp. mit Gen. Bettüberzug, in den die Federn getan werden.
inhuman, adj. gefühllos, hart, unmilde. 1589 bei Roth Hausmütter Abc H 1 Innled,
:

1714 bei Wächtler. Aus lat. inhmnänus «un- aus nd. Inlet, Inlede, Inlitt (Hermes Soph.
menschlich, unhöflich». 5, 415), im Göttingischen Inlät, entsprechend

Initiale , f. (PI. -n) Anfangsbuchstabe. pfälzischem Inläß; obersächs. Inelt, daraus


-.
'<

Bei Ludwig 1716 der PI. Initial-Buchstaben. oberd. und rad. Indelt (1775 bei Adelung).
Aus lat. initiälis «anfänglich» von initium n. Zgs. aus und lassen.
iti

«Anfang». |
inliegend, Part.: als Beischluß innen
Initiative, f.: das Recht oder Fähigkeit,! liegend. 1691 bei Stieler. Vgl. in.
aus eignem Antrieb zu handeln. Von lat. iumittelst, s. immittelst.
initium n. «Anfang», Ende des 18. Jh. auf- inmitten, adv. und präp. mit Gen. Mhd.
gekommen. RA. die L ergreifen: den An- in mitten, dann enmitten, frühmd. in mittin
fang womit machen. Vgl. Ladendorf. «in der Mitte», auch «mittlerweile», gekürzt
' :

927 mne insgeheim 928

aus mhd. enmitemeii , ahd. in mittamen, in inquiriereu, v.: nachforschen, gerichtlich


mittemen «in der Mitte», dem Dat. Sg. von untersuchen. 1529 in Reichsordn. 147 '', von
mittamo m. «Mitte», entsprechend got. in lat. inquirere «untersuchen».
\
Inquisition, f.
midumai midunia f. «Mitte»),
(von schon (gerichtliche) Untersuchung; Glaubensunter-
|

ahd. in mittimen mit Gen. suchung, Ketzergericht. In der 1. Bed. 1529


iniie, adv. in mitten inne. Mhd. inne in Reichsordn. 147'', in der 2. Bed. 1559 bei
und ahd. inna, inni, inne «inwendig»,auch Sleidanus Auszug (verdeutscht durch V.Mertz)
als Präp. mit Dat., dazu got. inna «im Innern». 263 und 1581 bei Fischart Bienk. 3''. 5*'.
Fortbildung von in (s. d.). innehaben, V., ins, zsgez. aus in das, mhd. mj. Im 16. Jh.
1491 in Weist. 1, 396 innhaben. innehalten, ins für in des (1550 bei Alberus Fab. 48,
V., Reichsabschied 1524 § 28 innhalten. inne 277 ins Kürßners Muß), mhd. ins.
werden, v., mhd. inne werden mit Gen. Insasse, m. (-%, PI. -n)-. Seßhafter, Be-
oder abhängigem Satze (mit da^). wohner, Mhd, in-, insce^e m. «eingesessener
innen, adv. Gegensatz von außen. Mhd, Einwohner, Mieteinwohner». Von in und -sOBze
:

innen, ahd. innana, innan, innin, als Präp, zu sitzen. Vgl. Inste.
verwendet im Mhd. mit Gen. oder Dat., im insbesondere, adv., zsgez. aus in das
Ahd. mit Gen., Dat., Instnamentalis oder Akk., besondre, eine Einschränkung des Allgemeinen
in der ßed. «inwendig, innerhalb, binnen»; hervorhebend. Erst im 18, Jh. (bei Lessing
got. innana nur Präp. mit Gen. Von in (s. d.) 12, 19 von 1751), entsprechend dem franz.
mit der Endung -ana. en particulier.
inner, präp. mit Dat.: innei'halb. Schrift- Inschlitt, n. (Lessing 5, 326), s. ünschlitt.
deutsch nicht mehr geläufig. Mhd. inner, Inschrift, f. (PI. -en): woran Einge-
inre Adv. «innen», auch als Präp, mit Gen. schriebnes. Md. 1343 inscrift f., später er-
oder Dat. «innerhalb». Aus dem Adj. innere loschen und in der Mitte des 18. Jh, wieder
(Superl. inner st), mhd. inner «inneiiich, in- erneuert. Bei Lessing 6, 532, im Laokoon
wendig, vertraut», ohd. innaro (Komp. inna- 1766 S. 111 Innschrift (in Tempeln), aus
röro, innerero, Superl. inneröst). Der Super- Winckelmann.
lativ innerst adverbial bei Goethe 8, 280 u. Insekt, n. {-es, PI. -en): das Kerbtier.
39, 211, Weiterbildung von inne (s. d.), wozu 1720 bei Frisch Beschreibung von allerley
'\

auch der ahd. Komp. innor als Übersetzung Insecten, darin öfter der Gen, PI. Insecten,
des lat, interior. ABL. innerhall), adv. und aber 1741 PI, Insecte, 1546 bei Bock 2, 19^
i

präp. mit Gen. (und Dat.): vor, an, auf der Insecta. Aus lat. insectum n. (der PI. insecta
innern Seite, mhd. innerhalp, inrehalp, inner- «Kerbtiere» bei Plinius bist, nat.), das Sub-
halben, (mit zwischengeschobnem t) innert- stantiv. Neutr. des Part. Perf. Pass, von
halhen, frühmhd. inne^'halbe. Ebenso gebildet insecäre «einschneiden».
wie außerhalb (s.d.). innerlich, adj.: Gegen- Insel, f. (PI. -n) wassenimflossnes Land. :

satz von äußerlich, mhd. innerlich, Adv. inner- Bei Luther Insul, mhd. insele, insel neben
liche und inner cUche, inrechliche «tief im insule, insul, frühmhd. isele, ahd. isila f. Aus
Innern, herzlich». Dafür ahd. inlih «inner- gleichbed, \&i.insula f., woher ital. isola, afranz.
lich». Adv. inlihho, innelicho «inniglich». isle, nfranz. Ue f. Vgl. Aue, Eiland, Werder.
innig, adj.: aus innerster Seele kommend, Inserat, n. {-s, PI. -e): juristisch, Ein-
in ihr geschehend. Mhd, innec, innic, abge- lage, Beilage, Nachschrift 1691 bei Stieler;
leitet von in. Davon Innigkeit, f., mhd, in öffentliche Blätter eingemckte Aiizeige
(md.) innecheit, innicheit, innekeit, innikeit f, (1801 bei Campe). Aus lat. inserat, 3 Pers.
inniglich, adj., mhd. innec-, inniglich, ahd. Konj. «er möge einfügen». Vgl, Referat.
inniglih, im Adv. mhd. innecliche, ahd. innig- inserieren, v.: einfügen, eim-ücken, 1714
Ucho. bei Wächtler, aus lat. inserere «hineinfügen».
Innung, f. (PI. -en): Körperschaft von adv.: heimHch. Bei Günther insgeheim,
Handwerkern gleichen Berufs. Md. im 13. Jh. neben in geheim 1663 bei Schuppius 24,
822,
innunge f. «Aufnahme, Verbindung», dann Zsg, mit dem Neutr. des Adj. geheim, das
(1276) «Verbindung zu einer Körperschaft, bei Luther Rom. 16, 25 subst. in der Bed.
Zunft» (s. d.). Von ahd. innön «in sich, in «Geheimnis» steht. Entsprechend dem franz.
eine Vereinigung aufnehmen, womit verbin- en secret. insgemein, adv.: ohne Aus-
den», zu inne (s. d.). nahme und Unterschied. 1626 bei Zinkgref
,,

929 Insiegel Inster 930

Apophth. 1, 1 ms gemein, bei Luther 2. Makk. 1000) /// sunder, insiinder, mhd. insundei', j

9, und H. Sachs in gemein, doch schon gebildet mit dem Akk. Sg. des Adj. suuder
26
vor 1417 md. in dag gemeine, im 14. Jh. «abgesondert».
j

in die gemaine (j. Titurel 5233, l), dazu 1477 insoweit, adv. und konj.: in d^r Aus-
clevisch intgemet/ne und intgemetjn, schwed. dehnung. Bei Stieler 1691, gebildet wie in-
/ gemen, entsprechend dem franz. en general. sofern, bei Schiller an Goethe 1, 2 in so iveit.

ilisgesaillt, adv.: alle oder alles in eins Inspektion, f. (PI. -en): Besichtigung:
begriffen. 1644 bei Harsdörffer Gespr. 1, 2 ;
Ob-, Aufsicht. 1562 bei Mathesius Sar. 195**
ins gesamt, neben ingesammt (Scultetus bei Inspection, aus lat. inspectio f. Inspektor,
Lessing 8, 282), entsprechend dem franz. e/i taut. m. (-es, PI. -en): Aufseher; höhrer Aufsichts-
Insiegel, n. {-s, PI. wie Sg.): Siegel, beamter. 1582 bei Fischart Garg. 208, aus
iusbes. das Siegelbild des Petschafts (wobei lat. inspedor m. inspizieren, v.: besich-
in das Eingegrabensein und Eindrücken her- j
tigen, in Augenschein nehmen, beaufsichtigen,
vorhebt). Veraltet und nur noch im Kanzlei- aus gleichbed. lat. inspicere.
stil. Mhd. insigele. insigel n. (auch Petschaft, installieren, v.: in eine Stelle, in ein
Stempel, Wappen), ahd. insigili n. (auch Amt einsetzen, bestallen. 1562 bei Mathesius
Münze und halbmondförmiger metallener Sar. 175% aus gleichbed. mlat. installare, zu
Schmuck) dazu mndl. inseghel, afries. insigü,
; ,
m\a.t.stallus m. «Chorstuhl», von ahd. stal m.
ags. insegel, insigle, anord. innsigli n. (auch (Gen. Stalles) «Stelle».
Siegelring)? inständig, adj.: fest anhaltend in etwas,
insinuieren, V.: heimlich einflüstern (1703 behan-Uch. Um 1500 bei Diefenbach gl. 301
"^^

im Zeit. -Lex.); gerichtlich zustellen oder ein- das Adj. ijnstendig, ahd. das Adv. instendigo.
händigen (1509 bei Brant Layensp. v 6**);
j
Zu älternhd. Instand m. «dauernder Bestand»
reü. sich einschmeicheln, beliebt machen (1684 (Franck Sijrichw. 1, 93*), got. instandan «stehn
bei Schuppius 1369, «sich zumachen und fein bleiben, beharren».
applicirn» 1571 bei Rot). Aus lat. insinuäre Instanz, f. (PI. -en): das inständige An-
«in den Busen stecken, tief in etwas ein- suchen einer Sache; Gerichtsbehörde, Ge-
dringen lassen», (bildlich) «in Gunst setzen, richtsstand (1495 in Reichsordn. 17 •* die erste
beliebt machen», von lat. sinus «Busen». Instantz) einem Satz entgegenstehendes Bei- ;

inskribieren, v.: einschreiben, eintragen, spiel, Gegenfall, -beweis, Einwurf (1571 bei
1571 bei Rot, von gleichbed. lat. in^cribere. Rot Instantz «Hindrung und widerdrieß»).
inskünftige, adv.: künftighin. Md. im Aus lat. instantia f. «anhaltender Fleiß, in-
13. Jh. in dag kumftige (Passional 437, 56 K.). ständiges Bitten», von instans, dem Part. Präs, i

Gebildet wie insbesonder-e. von instäre «auf etwas stehen, es emsig


insofern, adv.: in der Hinsicht (bei betreiben, mit Bitten drängen», und schon
Geliert); dann konj.: in der Hinsicht daß, mhd. (md.) in der Glosse zum Weichbild-
unter der Einschränkung daß. Im 18. Jh. recht entlehnt instancie f. (Germania 20, 44).
(bei Lessing 2, 384 in so fern), für ältres Inste, [-71, PI. -n): ein Häusler auf

sofern (s. d.), gebildet mit dem Akk. Sg. dem Lande, der zur Miete wohnt. Niederd.,
des Neutr. von fern. in Schleswig Liste (Adelung 1775), pomm.
insolvent, adj.: zahlungsunfähig. Insol- und mark. Instmann (bei Frisch 1741). Ge-
venz, f. Zahlungsimfähigkeit, aus mlat. insol- kürzt aus nd. insete, das dem mhd. inscege
:

ventia, von lat. solvere «lösen, bezahlen». Beide «Insasse» (s. d.) entspricht.
1791 bei Roth. Inster, n. {-s, PI. wie Sg.): das eßbare
insonderheit, adv.: für sich abgeschlos- Eingeweide eines geschlachteten Tieres. Ost-
sen; vor andern hervorgehoben. Bei Luther md. und niederd., 1544 in Leipziger Stadt-
Mark. 4, 34 m Sonderheit, 1508 in sunderheit, ordn. G 1% mnd. inster n., Nebenform ( inster
1556 bei Frisius 432** insnnderheit und 1201^ n. bei Duez 1664 und Rädlein 1711; dazu
in Sunderheit, 1482 bei Melber Bb4^ in Unster n, «der Magen (Wanst) der Wieder-
einer sunderheit, zgs. mit Sonderheit, mhd. käuer» (1598 bei Hutter diction. hai'mon. 594),
Sonderheit f. insonders, adv.: besonders, anord. istr n. «Fett», istra f. «Fetthülle der
vorzugsweise, insonderheit, nur noch in her-Eingeweide», schwed.-dän. isfer «Flomen».
gebrachtem steifem Brief- oder Kanzleistil. Dazu apreuß. instran «Schmer» (entlehnt?).
1561 bei Maaler insunders, dafür ahd. (nin Wohl stammverwandt mit l.it. intestina, aind.
51»
\Ve i j; ,1 u (J , Deutsches Worteibucli. ."). .Aull.
.

931 Instinkt interessant 932

antastjam n., lit. {sb'ös f. PI. «Eingeweide»., surgeyis, Part. Präs. von insurgere «sich er-

denen ein Wort wie lat. i7itus, gr. ^vtöc heben, aufstehen», dann «sich empören».
«innen» zugrunde liegt. intelligent, adj.: einsichtsvoll. 1801 bei
Instinkt, m. (-es, PI. -e): Naturtrieb. Campe, aus lat. intelligens, Part. Präs. von
Bei Wieland 11, 14 und Suppl. 2, 92, 1703 intelligere «inne werden, einsehen». Intelli-
im Zeit.-Lex. Instinctu. Aus lat. instinctus m. genz, f. (PI. -en)\ die Einsicht, 1571 bei
«Antrieb», zu instinguere «anreizen, antreiben». Rot Intelligentz, aus lat. intelligentia f. ZUS.
Institut, n. (-S, PI. -e): Anstalt, Stiftung Intelligeuzblatt, n.: öffentliches A.nzeige-
(Lessing 10, 259). 1571 bei Rot Institut, blatt, Wochenblatt, aus engl, intelligence, nach
«Fürnemen, Weiß, form und regel», 1494 the Office of intelligence «Intelligenzkontor»
bei Brant Narr. 76, 67 institiit «Justinians (Nachrichtszimmer), deren erstes 1637 von
Institutionen», aus lat. institütum n. «Einricb- John Inn3's zu London errichtet wurde (Beck-
tuncr», von instituere «hinstellen, einrichten». mann Beitr. z. Gesch. der Erfindungen 2, 237).
instruieren, v.: einrichten, mit Verhal- Intendant, m. {-en, PI. -en): Oberauf-
tungsbefehlen versehen unterrichten, belehren
; seher. 1703 im Zeit.-Lex., aus franz. inten-
In diesen Bed. 1571 bei Rot instruirn, aus dant m., zu lat. intendere «ausspannen, seine
lat. instruere. Instruktion, f. (PI. -e%): Geisteskräfte, seine Aufmerksamkeit worauf
Belehrung, Anweisung; Vollmacht, Vorbe- richten, worauf achten». Intention, f. (PI.
reitung einer Rechtssache zum Richter spruch. -en): Absicht, Vorhaben, 1571 bei Rot, aus
In der 1. Bed. 1497 bei Janssen Prankf. lat. intentio f., von lat. intendere.
Reichskorr. 2, 625 und bei Luther 2, 181 Interdikt, n. {-s, PI. -e): Untersagungs-
'^

Instruction, aus lat, instructio f. befehl, Untersagang; (kirchlich) der große


Instrument, n. (-s, PI. -e): Werkzeug; Kirchenbann (1717 bei Nehring). In der
Tonwerk; Urkunde. Aus lat. instrümentum n. 1, Bed. 1571 bei Rot, aus lat. interdictum n.,
«Werkzeug, Gerät, Hilfsmittel» (von lat. in- von interdicere «untersagen, verbieten».
struere «aufschichten, einrichten»), entlehnt interessant, adj.: wichtig, anziehend,
schon 1383 mrhein. Instrument n. «Urkunde, einnehmend. In der 2. Hälfte des 18. Jh.
Beweisschrift» (Weist. 1, 544), in der Bed. (1778 bei Hermes Soph. 1, 11 und bei Goethe
«Werkzeug» 1561 bei Maaler, «Sprachwerk- Briefe 2, 15) aus gleichbed. franz. interessant,
zeug» um 1522 bei Ickelsamer «Tonwerk- eig. ,Part. Präs. von interesser (s. d. folg.).
13,
zeug» 1575 bei Fischart Garg. 453. Instru- Interesse, n. (-s, PI. -n): Verwebtsein in
mentalis, m.: Fall (Kasus) auf die Frage eine Sache, Teilnahme für dieselbe; Beziehung;
wodurch? womit? (vgl. desto, indem, wie). Reiz; Vorteil, Eigennutz; (PI. Interessen)
Insubordination, f. Ungehorsam gegen Zinsen eines Kapitals.
:
Aus lat. interesse
den Vorgesetzten (bes. den militärischen). 1813 «für jem, von Wichtigkeit oder Reiz sein»,
bei Campe aus gleichbed. franz. insubordina- eig. «dazwischen sein» {inter «zwischen»,
tion f., gebildet aus suh «unter» esse «sein»), schon spätmhd. im 15. Jh. in
in «un»,
und lat. ordo «Ordnung». die deutsche Rechtssprache entlehnt inter-
Insulaner, m. (-s, PI. wie Sg.): Insel- esse n. «der durch Versäumnis oder Arbeits-
bewohner. 1801 bei Campe. Aus gleichbed. unfähigkeit eines andern entgangne Vorteil
lat. insuldnus m., von insula f. «Insel». und Nutzen», 1512 in Reichsordn. 83^ «An-
Insult, m. (-S, PI. -e): beleidigender teil», im 16. Jh. auch «Vorteil, Eigennutz»
Anfall, Beleidigung. Bei Goethe 6, 212, aus (nach Rot 1571 schon zur Zeit Kaiser Maxi-
mldit. insultus m. «Anfall», insultieren, V.: milians I., im Beyrischen Krieg 1505, aufge-
übermütig beleidigend anfallen. Bei Schiller kommen), sowie «Zins von ausgeliehenem
8,146,17, aus laA.insultäre «an etwas springen», Kapital» (bei Luther W. 6, 50), endlich seit
dann «an jem. seinen Mutwillen üben», zu der Mitte des «Anteilnehmung, Wohl-
18. Jh.

lat. insilire «auf etwas springen, es anfallen». gefallen» (bei Kant 7, 44 H.), «Anteilnahme,
Insurgent, m. {-en, PI. -en): Aufstän- bewirkender Reiz» (Leisewitz Jul. v. Tarent
discher, Aufrührer. 1791 bei Roth, anders 1, 1). Interessent, m. {-en, PI. -en): An-
1775 bei Adelung in der Bed. «ungarischer teil an einer Sache Habender, 1710 bei Nehring.

Miliz-,Landwehrsoldat, durch Aufgebot ein- interessieren, v.: wofür Teilnahme erre-


berufen», aber schon 1710 bei Nehring in- gen, einnehmen, jem. anziehen, reizen, 1663
surgieren «erheben, empören». Aus lat. in- bei Schupp 593 und 1714 bei WächÜer, aus
933 interimistisch inTestieren 934

«von Wichtigkeit sein,


franz. interesser Intervention, f Vermittlung, Einspruch.
zin- :

Teilnahme erwecken, anziehen», von lat. Über franz. intervention f. aus gleichbed. lat.
In-
teresse (s. interessant); 1710 bei Xehi-ing auch intei'-ventio, eig. «Dazwischenkunft» von inter
interessiren «verzinsen». Davon interessiert «zwischen» und ventio von venire «kommen».
sein: beteiligt sein (1654 bei Abele Gerichts- Aus der Gerichtssprache. 1703 im Zeit.-Lex.
händel 259); eigennützig, selbstsüchtig sein Interview (spr. -icju), f. (PI. -s): Zu-
(1703 im Zeit.-Lex.). Interessenpolitik, sammenkunft; n. (Gen. -s, PI. -s): Befragung,
f.,

Schlagwort seit etwa 1830. Vgl. Ladendorf. bes. durch einen Joui-nahsten. Aus engl.
interimistisch, adj.: einstweilig. 1791 infervieiv «Zusammenkunft, Unterredung».
bei Eoth, von lat. interini «unterdessen». Xach 1870 entlehnt.
Interjektion, f. (Pl.-en): Empfindungs- intim, adj.: innig vertraut. 1791 bei Roth,
wort, -laut. 1536 bei Witzel Annotationes dagegen bei Wächtler 1714 und Ludwig 1716
2, 41^ Interjection, aus gleichbed. lat. inter- noch intimus, aus gleichbed. lat. intimus
jectio f., eig. «Zwischenwort, Z\\'ischenwuri'», (eig. innerster), franz. intime.
von interjicere «zwäschenwerfen». intolerant, adj.: unduldsam gegen Anders-
Intermezzo, n. (-.s, PI, -s): Zwischen- denkende. Bei Goethe 40, 275, aus lat. into-
vorstellung, Zwischenspiel. 1775 bei Adelung lerans. Intoleranz, f., bei Goethe ebd.,
und 1771 bei Wieland Amadis 147. Aus aus lat. intolerantia f.
gleichbed. _ital. intermezzo, urspr. Adj., von intonieren, v.: anstimmen. 1571 bei Rot,
lat. infermedius «dazwischen in der Mitte im mrhein. Voc. ex quo 1469 intoneren, aus
befindlich». lat. intonäre «ertönen».
international, adj. : z^\4schen den Völkern [
intransitiv, s. transitiv.
geltend. Aus lat. inter- «zwischen, unter» Intrigant, m. {-en, PI. -en) Ränkeschmied. -.

und national. Internatiouäle,f.: Abkürzung Über franz. intrigant aus ital. intrigante, dem
für den am 28. Sept. 1864 in London gegi-ün- Part. Präs. des lat. Verbs intricäre (s. u.).
deten internationalen Arbeiterbund (The Wor- 1728 bei Sperander. intrigieren, v.: (einen
king men's international association). Seitdem Handel) verwickeln, Ränke schmieden. 1791
Schlagwort die rote Internationale «Sozial- bei Roth. Aus gleichbed. franz. intriguer,
demokratie», die sclavarze T. «die Jesuiten» von lat. intricäre «verwickeln, verwirren».
(1873), die goldene I. (1874) «jüdische Hoch- Intrige, bayr.-öster. auch Intrigue, f.
finanz». Vgl. Ladendorf (PI. -w): Listgewebe, Ränke. 1703 im Zeit.-Lex.
interpellieren, v.: ins Wort fallen; Ein- «verwirrete Händel», 1711 bei Rädlein der
spruchtun; Aufschluß fordexTi. Li der 1. und PI. Intricken. Aus fi-anz. intrigue f. «Knoten-
2. Bed. 1571 bei Rot, aus lat. interpelläre schürzung einer Handlung, heimlicher An-
«dawischenreden, anreden». Interpellation, schlag oder Schlich, geheimer Liebeshandel»,
f., bei liot 1571, aus lat. interpellätio f. gebildet aus dem Zeitwort intHguer.
interpretieren, v.: den Mittler und Aus- invalid, adj.: untauglich, dienstunfähig.
leger machen, dolmetschen, auslegen, erklären. 1714 bei Wächtler, aus gleichbed. franz. in-
1571 bei Rot, schon im 13. Jh. md. inter- valide, lat. invalidus. Als Substantiv Inva-
pretieren, aus gleichbed. lat. interpretäri, von lide, m. (-n, PI. -w): dienstunfähig Gewordner.
lat. intopres m. «Zwischensprecher, iLttler, 1728 bei Sperander.
Ausleger, Dolmetscher». Interpretation, f., Inventar, n. (-s, PI. -e): Von-atsver-
bei Rot 1571, aus lat. interpretätio f. zeichnis, Verzeichnis der Habe, Vorrat. 1509
interpnnktieren, v.: mit Unterschei- bei Brant Layensp. D 3 und 1571 bei Rot
dungszeichen versehen. Bei Lessing (1850) Invoitari n., aus lat. inventärium n. «Ver-
5, 85. Von lat. inte>punctus, dem Part. Perf. zeichnis», zu lat. invemre «finden, geschrieben
Pass. von interpungere «einen Punkt zwischen- finden». Inventur, f.: das Aufiiehmen des
setzen, durch ihn abteilen». Interpunktion, Vermögensverzeichnisses, 1571 bei Rot, aus
f. (PI. -ew) : Satzzeichnung. Bei Lessing 4, 36 mlat. inventüra f.

Lachm., aus lat. interpunctio f. «Zwischen- investieren, v.: mit dem Zeichen der
setzung eines Punktes». Amtswürde feierüch bekleiden. Mhd. im
Interrogativ, n. (-s, PI. -e): fragendes 14. Jh. investieren, aus lat. investire «ein-
Fürwort. Von spätlat.twferro^afwMS« fragend», kleiden», von vestlre «bekleiden», vestis f.

zu lat. interrögäre «fragen». «Kleid». Investitur, f. (PI. -ew): feierliche


59*
935 invitiereii irr 936

Einsetzung in eine Würde, Belehnung mit iergen, dann im 13. Jh. auch irgen und mit
derselben, mhd. im 14. Jb. investitür f., aus angetretnein t iergent, irgent, md. irgin, auch
mlat. investitüra f. zsgez. ieren, spätahd. bereits iergen, ahd. io

invitiereii, v.: höflieb auffordern, ein- wergin (Otfrid 4, 31, 15), Verbindung
eine
laden. 1703 im Zeit.-Lex. aus gleichbed. lat. von ahd. io (s. je) und ivergin «an einem
invitdre. unbestimmten Orte», entsprechend asächs,
iliwärtig, adj.: innerlich, im Innern hwergen (aber negativ
hivergin, hwargin, ags.
wohnend. Mlid. inwertec, ahd. inwartig, in- auord. hvergi «an keinem Orte, nirgends»),
wertig, Adv. inwarügo, eine Ableitung vom aus asächs. -ags.-anord.-got. hwar «wo» und
mhd, Adj. inwart und imverte, ahd. inwart der Indefinitpai'tikel -gin «irgend», die dem
und imvarti, inwerti «inwendig, innerlich», got. -hun, aind. -cana entspricht. Vgl. nirgend.
dessen Gen. Sg. adverbial steht, nhd. inwärts, Ironie, f. (PI. -n) : (absichtlich unter dem
mhd. imvertes, s. eimvärts. Gegenteile) versteckter Spott. Bei Rabener
iuweildig", adj.: Gegensatz von auswendig Sat. 1, 91 und Lessing 4, 196, aber bei Wächtler

(s. d.).Mhd. innewendig, inivendic, auch Adv. 1714 noch Ironia. Aus gleichbed. franz.
und dann im 14. Jh. Präp. mit Gen. oder Dat. ironie f., von gr.-lat. ironia, gr. eipaiveia f.
«innerhalb, binnen». «Verstellung im Reden, bes. zum Necken und
inwiefern, konj., gebildet wie insofern, Beschämen», von gr. el'pujv m. «der sich in
im 18. Jh. (Goethe an Schiller 1, 87), älter der Rede Verstellende», iroilisch, adj.: ver-
wiefern (s. d.). inwieweit, konj., gebildet steckt spottend, nach dem lat. Adv. irönice
wie insoweit, im 18. Jh. und gr. Adj. eipuuviKÖc.
inwohneu, v.: einwohnen, bei Goethe 36, irr, irre, adj.: von dem rechten Wege
150. Inwoliuer, m.: Einwohner (Thümmel abgekommen (eigentlich und bildlich); ge-
Reise 9, 151), mhd. inne-, inwoner m. und störten Verstandes seiend; unsicher ob recht
inwonerinne f. oder nicht. Mhd. irre, md. erre, er, ahd. irre
Inzicht, f. (PI. -en): An-, Beschuldigung. (auch erzürnt); dazu asächs. irri «zornig, er-
Mhd. und ahd. inziht f., von zeihen (s. d.). bittert», ebenso afries. ire, ags. irre, yrre, eorre
Im Nhd. der oberd. Geiichtssprache eigen, «erzürnt, verwirrt», got. airzeis «irre, verführt».
in die allgemeine Schriftsprache aber wieder Davon Irre, f., mhd. irre, md. erre f.; dazu
gegen Ende des 18. Jh. eingeführt. cfot. 'airzei f. «Verführungr, Irrlehre». Urver-
Inzucht, f.: einheimische, ungemischte wandt mit lat. erräre «irren», error m. «Irr-
Zucht, im Gegensatz zur Rassenkreuzung. tum», irasjäti «er zürnt, ist übelgesinnt».
Eine Neubildung des irren, v.: l) tr. irre machen, mhd. irreti,
19. Jh.

inzwischen, während der Zeit (md. md. auch erren, ahd. irran; dazu asächs.
adv.:
im 14. Jh. inziv ischin); dann konj.: während irrian «zerstören», mnd. erren «irre, zornig
der Zeit daß (Goethe 24, 288). Mhd. in-, machen», got. airzjan «irre führen, verführen,
enzwischen, ahd. inzioischen, in zwisken als betrügen»; 2) intr. irre sein oder werden,
lokales Adv. «dazwischen», dann Präp. mit mhd. md. auch erren, ahd. irreon, irrön.
irren,
Dat. (s. zwischen). irrig, adj., mhd. wrec, mu^.errich. Irrsal,
Iper, f. (PI. -n): die kleinblättrige Ulme, u. (-s): VerÜTung, Irrfahrt; Irrung, Störung,
TTlmus sativa. Mhd. iper, nach franz. ipreau, VerwiiTung. Mhd. irresal, irrsal m. f. n.
ypreau m., span. olmo de Ipre «Ulme von «Irrung, Hindernis, Schaden». Irrtum, m.
Ypern», einer Stadt in Westflandern. (-S, PI. Irrtümer), mhd. irretuom, md. irre-,
irden, adj.: aus Erde bestehend oder ge- erretUm, ahd. irri-, irraiuoni m. «das Irren»,
macht. Mhd. und ahd. irdin, erdin, dazu bes. in Glaubenssachen, im Mhd. auch «Zwi-
got. airpeins «irden», auch «irdisch» (wie stigkeit». Der PI. im 17. Jh. bei Moscherosch
ahd. und nhd. noch im 17. Jh.). Abgeleitet Phil. 1, 200 und Schupp 427 Irrthume, bei
von Erde (s. d.), wie irdisch, adj.: der Logau 2, 103 Irrtümer. Irruug, f. (PI. -en):
Erde angehörig, mhd. irdisch, irdesch, irsch, das Abirren; Störung, Hemmung, Zwist,
neben irdenisch, irdensch, ahd. irdisc, irdisg. Zerwürfnis. Mhd. irrungv, irrung f., auch
irgend, adv.: an einem (unbestimmten) «Glaubensirrtifm, Ketzerei». ZUS. Irren-
Orte, zu einer (unbestimmten) Zeit, in einem haus, n., 1791 bei Roth. Irrfahrt, f.,
(einzelnen nicht näher bezeichneten) Vei-hält- mhd. irrevart f. Irrgang, mhd. irre-
m.,
nisse. Bei Luther irgend und irgent, lulid. gauc m. «irrer, zielloser Gang», im 15. Jh.
937 irrelevant ja 938

«Labyrinth» (Diefenb. gl. 314^). Irrgarten, angenommner Farbe dann das Adjektiv.
m., 1575 bei Fischart Garg. 450 und 1547 Isab^lla, Fi-auenname, aus span. Isabel,
bei Schmeltzl Lobspr. der Stat Wien 96. afranz. Ysabel, später franz. Isabeau, mit An-
Irrgeist, m., bei Luther Micha 2, 11 Irre- knüpfung an span. bello (Fem. bella), franz.
geist. Irrglaube, m., bei Kant 6, 16 H.; bei, beaii «schön» entlehnt aus hebr. Isebel,
irrgläubig, adj., bei Gottsched 1744 und dem Namen der aus Sidon stammenden Ge-
Lessing 5, 27. Irrlehre, f., 1663 bei Schotte! mahlin des Königs Ahab.
456; Irrlehrer, m., 1775 bei Adelung. Irr- -isch, Herkunft ausdrückende Ableitungs-
licht, n. {-es, PI. -er), 1629 bei Opitz 1, 81 silbe zahlreicher Adjektive, mitunter mit dem
Irrliecht Irrsinn, m., 1663 bei Schottel 456. Begritf des Verächtlichen, Tadelhaften. Mhd.
Irrstern, m.: Komet, mhd. irrestern m. -esch, isch-, ahd.-asächs.-ags. -isc, anoi'd. -sk,
Irrweg, m., im 15. Jh. irrewec, irriveg, got. -isk.
mnd, erreivech (Diefenbach gl. 178^). Irr- Isegrim, m. (-s, PI. -e): der Name des
wisch, m. (-es, PI. -e): IiTÜcht, bei Luther Wolfes im deutschen Tierepos; wölfischer,
4, 335'' Irrewisch und 5, 521^ Wisch, 1540 grausamer, dann höchst mürrischer Mensch
beiAlberus dict. r2'' Imvisch, zgs. mit Wisch (in Mitteldeutschland, 1734 bei Steinbach
(1414 wei/sch und sonst im 15. Jh. tvysche, wisse Eisengrimm «ein verdrüßlicher Mensch»). In
m. «leuchtende Fackel» (Diefenb. gl. 228''). der 1. Bed. mhd. Isengrin, tsengrim, ahd.
irrelevant, adj.; unerheblich. Aus einem tsangrim, urspr. «Eisenhelm», zsg. aus ahd.
neulat. irrelevans, zgs. aus ir (für in- «un») isan «Eisen» (s. d.) und einer verwandten
und dem Pai't. Präs. von lat. releväre «auf- Bildung von ags. grima m. «Helm, Visier,
heben». 1728 bei Sperander. Maske», anord. grfma f. «Maske, Helm».
irreligiös, adj.,- nicht der Religion ge- Isidor, Mannsname aus gr.-lat. Isidorus,
mäß, ungläubig, gottlos, aus lat. irreligiösus. gr. 'Icibuupoc «Gabe der Isis» (der ägyptischen
1791 bei Roth. Irreligiosität, f.: Religions- Göttin). Vgl. Theodor.
verachtung, Gottlosigkeit, aus kirchlich-lat. Islam, m. (Gen. -es und wie Nom.):
irreligiositas f. Mohammedanismus. Aus arab. isläm «Hin-
irritieren, v.: erregen, reizen, ablenken. gabe an Gott».
1703 im Zeit.-Lex., aus lat. irrltäre «anregen, iso-, häufig in Zusammensetzungen, aus
zum Zorne reizen». gr. koc «gleich». Erst im 19. Jh.
isaböll, adj.: schmutzig gelb, gefblichweiß, isolieren, V.: vereinzeln, einzeln absondern.
blaßgelb. 1685 im Farbebüchlein ^2,^ Isabel- Bei Goethe Faust 4033, aus franz. isoler, und
Farbe. Aus dem gleichbed. franz. Adj. isabelle dies von ital. isolare, von ital. isola, mlat. isula,
(seit 17. Jh.), das aus irgendeiner Veranlas- lat. insula f. «Insel» (s. d.). Bei Lessing 7, 395
sung von dem Frauennamen Isabella stammt, insulirt für isoliert. Davon Isolierung, f.
nach einer Sage von der Erzherzogin Isabella, Isop, s. Ysoj).
Tochter Philipps II, die als Regentin der item, adv.: ingleichen, ferner. Schon im
Niedei'lande bei der Belagerung von Ostende 14. Jh., jetzt als altfränkisch geltend. Aus
(1601-1604) das Gelübde getan haben soll, lat. item.
erst mit Eroberung der Stadt durch ihi-en itzo, itzt, s. jetzt.
Gemahl ihr Hemd zu wechseln, von dessen

ja, Adv. und Interj. der Bestätigung. Mhd. «der» gehörig. Vgl, noch Btr. 30, 295. Aus
und ahd. ja, mhd. verstärkt ja m, jana; dazu dem Deutschen entlehnt lit. ja. Das be-
asächs. ja, ndl. ja, afries. ge, je, ags. ta und kräftigende ja ivohl schon mhd, jo wol. Sub-
gea, eine erweiterte abläutende Form in giese stantivisch Ja, n., mhd. ja n., got. ßata ja
und ijes, anord. (2. Kor, 1, 20). ZUS. Jabruder, m.: ge-
(aus ge-swä «ja so»), engl, yea
und jai. Wahr- sinnungsloser Zustimmer, mnd. l-iil jabroder,
ja, schwed.-dän. ja, got. ja
scheinlich urverwandt mit gr, «wahrlich, ähnUch mhd. jäherre m. «der zu allem ja,
f)

fürwahr» vmd vielleicht zum idg. Stamm jo herre! sagt». Noch bei Goethe 45, 17 Jaherr.
939 jach jäh 940

Beide ins Dänische entlehnt. JawOrt, n., bar, dafür mhd. jagehcere. ZUS. Jagdhund,
(-es, PI. -e): feste Zusage durch ja! Bei m., mhd. jagethnnt, häufiger jagehunt, ahd.
Luther, mnd. (1301) Jawort n. jagahunt. Jagdspieß, m. spätmhd. jaget-
jach, adv.: in größter Geschwindigkeit, spieß, älter jagespie^.
plötzlich, heftig. Mit kurzem a, aus mhd. jagen, v.: geschwind sich vorwärts be-
gäch «plötzlich, unversehens», dem adverbial wegen, bes. zu Fang oder Tötung verfolgen;
stehenden endungslosen starken Akk. Sg. des schnell antreiben. Mhd. jagen, ahd. jagön;
Adj. gäch (s. jäh). Ältenihd. als Adj., bei dazu mnd. jagen, mndl. jaghen, afries. jagia
bei Luther 3, 531 '^ jach, um 1480 im Voc. «jagen», anord. jaga «treiben». Bisweilen in
ine. teut. m4* jach, auch bei Kant 5, 235 H. die starke Flexion übergetreten: Präs. er jagt
jachern, v. : wild, ausgelassen, umher- (1663 bei Schottel 588, Göckingk Ged. 3, 165,

laufen, lärmen, schreien. Withof acad. Ged. 1, 230), Prät. jug (Schottel,
Nordostdeutsch, bei
Adelimg 1775 und Hermes Söph. 3, 275, neben Göckingk 2, 34, Platen Liga v. Cambrai 3. Akt),
hess. jackern, mnd.-nnd. jachtern. Das ein- nd. jög, mndl. und nndl. joeg, Konj. jügen
fache Verbum ist ostmd.jäc/te/i «umherjagen» (Ringwaldt 1. Warb. 334), Part, gejagen (1519
Yonjage7i, 1691 bei Stieler, jechen bei Luther, bei Murner Geuchmatt 4963). Verwandtschaft
im 15. ^\i. jachen, jechen, mhd. jauchen, jouchen, mit gr. bidjKeiv «verfolgen» ist kaum möglich.
Jochen, jöchen (Prät. auch jachtejegte) «jagen, Dagegen läßt sich vergleichen aind._ya/t'?s «rast-
treiben». los», gr. ixaväv bei Hesych «^TnOuiueTv», oder
Jacht, f. (PI. -en): Schnellschiff. 1703 im mit Schwebeablaut gr. o'i'xecBai «weggehen».
Zeit.-Lex. Jacht, 1602 bei Hulsius Schiff. 2, 7 Davon Jäger, m., mhd. jegere, jeger, Jäger,
und bei Duez 1664 Jagt f., 1596 bei Fron- ahd. jagari, jagere, jagir m. dazu mnd. jeger, ;

sperger Kriegsb, 1, 128^ der PI. Jagten, 8, mndl. jagher; Jägerin, f., mhd. jegerinne;
125^ Jachten, 1598 bei Hulsius 1, 20 Jagt- Jägerei, f., mhd. jegerie, mndl. jagherije f.
schiff. Aus gleichbed. näl. jaghte, jaght (1598 ZUS. Jägerhursche, m., 1691 bei Stieler.
bei Kilian), woher auch engl, yacht (seit etwa Jägerhaus, n., ebd. Jägerlatein, n., s.
1660). Von jagen (s. d. und Jagd). Dafür Latein. Jägermeister, m., mhd. jeger meisten:
im Ja^sc/w/f (Diefenb. -Wülck er
15. u. 16. Jh. Jägersmann, m., 1580 bei Sebiz Feldb. 564.
679 und 1541 bei Frisius 150 '^), mnd. jageschi}). ungestüm schnell; in hohem
jäh, adj.:
jachtern, s. jachem. Grade abschüssig. Bei Luther jech, bei Duez
Jacke, f. (PI. -n) anHegendes Ärmelkleid 1664 und Krämer jäh und gäh, bei Henisch
:

bis an die Hüften. Im 15. Jh. jacke (1417 1616 gäh, bei Dasypodius 1537 und Maaler
bei Diefenb. nov. gl. 136* tacke) «wattierter 1561 gäch, mhd. gmhe, md. gehe, ahd. gähi
Waffenrock», ebenso mnd. und 1477 clevisch (im Adv, mhd. gäch, ahd. gäho); dazu asächs.
jacke f. Mit g bei Diefenbach gl. 183'' ein adv. gähun, gähliko «schnell», mnd. gä, göge,
gacken, 1517 bei Ti'ochus M5'^ ein gacke. göje, mndl. gai/. Ob daraus franz. gai, ital.
Aus afranz. (14. Jh.) jacque, nfranz. jaqiie f., gajo, aspan. gatjo «munter, lebhaft» entlehnt
span. jaco, ital. giaco m. «Panzerhemd, kurzer sind, ist sehr fraglich. ABL. Jähe, f.,

Oben-ock der Kriegsleute», angeblich (nach mhd. gcehe, md. gehe, ahd. gähi f. «Schnelle,
Ducange) benannt nach dem Häuptling Jaque Eile, Ungestüm», dann im Md. «abschüssiger
von Beauvais (um 1358), was aber sehr Abhang», jähling, adv., mhd. gcehelingen,
zweifelhaft ist. Jackött, (spr. zak-) m. bei Keisersberg geheling, 1537 bei Dasypodius
(-S, PI. -s), aus franz. jaquette f., einer Ab- gächling, 1538 bei Serranus gehling, noch' bei

leitung von jaque. Neure Entlehnung. Goethe 29, 117 gähling, mndl. gälinghe, dafür
j ackern, s. jachem. ahd. gähingun, noch bayr. gähing. Seit dem
Jagd, f. (PI. -en): Jagen zu Fang oder 16. Jh. auch als Adj. (bei Dasjqjodius und
Tötung; Recht dazu; dauerndes lärmend eiliges Serranus), bei Schweinichen 1, 348 jähling;
Tun und Treiben. Älternhd. Jagt (noch 1716 dazu das Adv. jählings, 1616 bei Henisch
bei Ludwig), bei Luther Jaget f., mhd. jaget, gählings. ZUS. Jähzorn, m., im 15. Jh.
jagt, jeit (Gen. jeides) n., selten m., md. jaget f., gechczorn, gochczorn, 1616 bei Henisch Gäch-
woneben mhd. jagät f. «Verfolgung des Fein- zorn, 1664 bei Duez Jäh- und Gähzorn, bei
des»; dazu mnd. jacht f., mndl. jaght. Von Luther 1, 77^ Eisl. und bei Canitz 110 Jach-
jagen (s. d.). ABL. jagdbar, adj., bei zorn, jähzornig, adj., mhd. im 14. Jh.
Grimmeishausen Simpl. 3, 167, 29 Kz. jagt- gcechzornig, bei H. Sachs Fastn, 31, 253 geh-
941 Jahn Jammer 942

zornig, bei Duez 1664 jähzornig, bei 5, 230. Jahrmarkt, m., mhd.
Hermes mann ZfdW.
Soph. 1, 355 jachzornig. järmarket m., and. iarmarkat. Jahrtansend,
S. gähstotzig.
Jahn, m. (-es, PI. -e): Eeihe gemähten n., 1751 bei Liares Lob- und Ehrenpredig,
Grases oder Getreides, der gerade Strich getadelt 1755 von Dornbltith 183, dann 1760
oder Gang, den der Feldarbeiter beim Mähen bei Klopstock Mess. 2, 4. Jahrzahl, f., mhd.
des Getreides oder Heues einhält. f. Jahrzehnt,
n., 1782 bei Schüler
Ober- järzal
deutsch, hessisch und thüi-ingisch, im 15. Jh. mit JrtÄres-: Jahres-
2, 340 .Tahrzehend. — 2)
Jan (Weist. 1, 825). Femer wird der Wein- tag, m.: der nach Verlauf eines Jahres wie-
berg in Jahne (Streifen) abgeteilt und jahii- derkehi-ende Tag, bei Luther .Jarstog, mhd.
weise gedüngt, im Forstwesen ist Jahn oder järtac, and. gerasdag m. (aber järstac m.
John «eine Reihe abgehaunes aufeinanderge- «Xeujahi-stag»). Jahreszeit, f. (vierter) Teil :

legtes Buschwerk», zu Ende des 15. Jh. thüring. des Jahi-es nach der Witterung, 1664 bei Duez
jhon m. «Reihe, Schlag, Holz» (Michelsen Jahrszeit, dagegen mhd, järzit f. «Jahrestag».
Mainzer Hof 31). Mhd. jn«m. «Eeihe gleicher Jähzorn, s. jäh.
Reime», im 15. Jh. vom Gesang der Vögel Jakob, Mannsname, aus hebr. jaäqöb,
(Hätzlerin S. 24^, 47), und schon in einer dessen Bedeutung schwer festzustellen ist.
Urkunde des langobard. Herzogs Arichis von Dazu die Koseform .Jäckel. im 16. Jh. zui*
Benevent von 774 (bei Ughelli Italia sacra Bezeichnung der Bauern Fischart Garg. 73
8,. 35 A), mlat. janus m. «Bezirk», aschwed. an. .Jäkel), auch verächtlich für einen dummen

Die urspr.'Bed. ist «Gang», wie noch Schweiz. Menschen gebraucht (1562 bei Mathesius Sar.
es geht in einem .Jan, und es entspricht daher 74^ Jekel). Davon Jakobiner, seit den
aind. Janas m. «Bahn», jänam n. «Gang», Ab- 90 er Jahren des 18. Jh. Schlagwort für
leitung von dem Verb.aind.jä «gehen, fahren», radikale Eiferer, nach der Bezeichnung der
wozu auch lat. jäniia f. «Tür» u. a. Vgl. berächtigten französischen Revolutionspartei.
Schade Altdeutsches WB. Vgl. Ladendorf.
Jahr, n. {-es, PI. -e): Umlaufszeit der Jalonsie (spr. zalüsi), f. (PI. -n): aus
Erde, sowie überhaupt eines Planeten um bewegHchen
zusammengesetzter
Brettchen
die Sonne (Sonnenjahr\ oder z. B. bei der Fensterladen. 1775 bei Adelung. Aus gleich-
Erde zwölfmalige Ümlaufszeit des Mondes bed. franz. Jalousie f., eig. «Eifersucht, Miß-
um diese (Mondjahr). Mhd. und ahd. jV?r n.; gunst». Vgl. 1710 bei Xehring: «in dem
dazu asächs. jär, ger, afries. jer, ger, jär. Divan zu Constantinopel über dem Haupt
mndl. jaer, nndl. jaar, ags. gear (auch Fiüh- des Großveziers ist ein Fenster nüt einem
üng), engl. 7jear, anord. är, schwed. är, dän. eisernen Gitter, durch welches der Großsultan
aar, got. jer n. Urverwandt mit abg. jarn m. alles was im Divan passiret sehen kan, welches
und jara f. «Frähling», gr. uupa f. «Jahres- man la .Jalousie nennet».
zeit, m. «Jahr», awest. jär-
Blütezeit», iLpoc Jambus, Jambe, m. (PI. .Jamben):der
n. «Jahr». Daneben got. apn n. und atapni Versfuß u ^, 1624 bei Opitz Poeterey 40
n. «Jahr», verwandt mit gleichbed. hit.annus m. .Jambus, bei Goethe 30, 127 .Jambe m., aus
RA. jahraus jahrein, 1641 bei Schottel 349. gr.-lat. iambus, gr. taußoc m. jambisch, adj.,

.fahr und Tag, alte Rechtsformel, vgl. Glimm 1582 bei Fischart Garg. 291, nach dem gr.-

Rechtsaltertümer 222, schon mhd. imd mnd. lat. Adj. iambicus, gi: laußiKöc.
«ein Jahr, sechs Wochen (und 3 Tage)». Jamm er, m.(-s): elend machendesSchmerz-
ABL. jähren, v. refl.: gerade ein Jahr her sefühl. BeiLuther Jamer, im 15. Jh.javimer.
sein, 1678 bei Krämer, aber mhd. jcBreti. jären mhd. jämer m. n., auch ohne j ämer, ahd.
refl. «zu seinen Jahren kommen, mündig wer- jämar m. n., bei Notker ämer; dazu mnd.
den», jährig^, adi., mhd. jnrec. jceric, md. jamer. jammer m. n., (entlehnt) afries. jämer.
jeric, ahd. järig. jährlieh, adj., mhd. jcer- Ursprünglich Adjektiv ahd. jämar. ämer «leid-
lich, ahd. järlih. Jährlinü^, m.: junges Tier, voll», jämar «elend», ags. geomoi'
asächs.
das ins zweite Jahr geht, im 15. Jh. jarling, «traurig, elend». Nach Soknsen KZ. 32, 147
jerling (Diefenbach gl. 36 a<^). ZUS. 1) mit urverwandt mit gr. rjuepoc «sanft, müd, zahm».
Jahr-: Jahrbneh, n., 1642 bei Duez. Jahr- ABL. jämmerlich, adj., bei Luther ./emer-
gang, m., mhd. järganc und järcs ganr. lich, luhd. jämer-, jamerlich, ahd. jämar-,
Jahrhnudert, n., 1663 bei Schottel 411^ nynarlich; dazu asächs. jamarlik, ags. geomor-
aus Sigm. v. Birkens Schiiften. Vgl. Feld- lic. Jämmerlichkeit, f., 1691 bei Stieler.
943 Janhagel jauchzen 944

jammern, bei Luther janiern,^ mhd.


v., Jäscht, m.: Gärschaum, s. Gäscht.
j

'jämern (auch wich jämert), ahd. ämarön Jasmin, m. (-.s, PI. -e): der Zierstrauch
(auch impers. in ämeröt) dazu mnd.
;
jameren, Jasminum fruticans und officinale mit wohl-

ags. geonirian. ZUS. Jammerbild, n., 1663 riechenden Blüten. 1580 bei Sebiz Feldb. 248
bei Schottel aus Luther. Jammermann, der Jaßmin oder Veielrehe, bei Hölty Jesmin,
m., bei Schiller Räuber 4, 5. Jammer- bei Wieland Idris 3, 103 Schasiinn (nach franz.
schade, m., bei Wieland Aussprache), im 17. Jh. bei Gryphius und
11, 197, noch ge-

trennt bei Lichtenberg 1, 119 Jammer


Laui'emberg Gelsemin.
Schade, Aus span. jasmin.
gekürzt aus Jammer und Schade. Jammer- franz. jasmin, ital. gesmino, gelsomino m., von
tal, n., rahd. jämertal n. jammervoll, adj., pers. (und dann arah.) jäsämln, jäsämün. Be-
1663 bei A. Gryphius 198. reits gr. idcixY] f., iac|u^\aiov n., läcmvov iiiüpov

Janhagel, m. (-s): das gemeine Volk, der «ein wohh'iechendes persisches ()1».
Pöbel. Bei Steinbach 1734 Janhagel, 1687 Jaspis, m. (Gen. .Jaspisses, PI. .Jaspisse):
bei Hesse ostind. Reisebeschreib. 281 Jan verschiedenfarbiger undurchsichtiger zum
Haagel, als Spottname der norddeutschen Quarz gehöriger Halbedelstein. Mhd. jaspis.

Bootsleute 1720 im Robinson 1, 422 Jan Hagel, im 14. Jh. jasp m., aus gr.-lat. iaspis f.,

bei Bürger 193'"^ (Bohtz) ins Hochdeutsche von hebr. jäschepheh (schon assyr. aspü).
übertragen Johann Hagel. Jast, m. (-es, ohne PI.): hitzige Gemüts-
Janitschär, m. (-en, PI. -en): türkischer aufregung; ungestüme Eile. Oberdeutsch, 1650
Soldat, ehemals Name der im J. 1826 auf- bei Moscherosch Phil. 1, 436. Eig. Gärung,

gehobnen bevorrechteten Kriegerklasse. 1522 wie noch Schweiz. -elsäss., von ahd. jesan
bei Diefenbach-Wülcker .fenizeri, bei Luther «gären» (s. d.).
Tischr. 427* Jenitzschker, 1568 bei Mathesius jäten, V. durch Ausziehen des Unkrautes
:

Hist. Christi 2, 26* Geneschar, 1575 bei Fi- reinigen. Bei Luther geten, bei Comenius
schart Garg. 431 Janitschär und Großm. Pract. 1640 und Krämer 1678 jäten, mhd. jeten,
71 (D 3^) Janitzer. Aus türk. jenitscheri geten, ahd. jetaii, getan; dazu and. gedan, mnd.
«neue Truppe» (die um 1330 unter dem geden, geiden, clevisch 1477 gheden. Abge-
zweiten Osmanensultan Urchan geschaffen leitet wohl davon ahd. getto m. «Lolch, Un-
worden ist). kraut». Wohl zu awest.jaf- «sich rühren, tätig
janken, v.: winseln, vor Gier wimmern. sein», aind, ja täte «strebt, bemüht sich». Die
Ein nd. lautmalendes Wort, 1663 bei Schottel. urspr. starke Flexion (Prät. mhd.^rt^, Part. ahd.
Mnd. und mndl. janken. gigeten, mhd. ge jeten, noch obersächs. gegäten)

Janker, Janker, m. {-s, PI. wie Sg.): ist nhd. in die schwache übergegangen (1696
Jacke. Bayr.-östr., 1670 Abele künstl. in Lokmans Fab. 15 Prät. getete^.
bei Davon
Unordn. 1, 210 .Janker in., 1563 bei Mathe- Jäteisen, n. eisernes Werkzeug zum :.Jäten.

sius Hochzeitpr. 61, 33 Neudr. Jencker m., 1482 im Voc. theut. p4^ jeteysen, mhd.. /ei-,
1567 bei Junius Nomencl.531''^ Janckermacher. getisen, ahd, jet-, gettsarn, getisan, auch jat-
Dafür Schwab. .Tanke f. (1480 jenggen, Schweiz. isarn. jatisan n.
.ranken ra., 1561 bei Maaler .Tancken f. Viel- Jauche, f. (PI. -n)-. durch Faulen er-
leicht aus Jacke entstanden. zeugte, verdorbne Flüssigkeit. 1420 md.jüche
Jänner, m. (-s, PI. wie Sg.), aus Januar, «Brühe» (Schröers Vocab. Nr. 1383), bei Luther
m. (-S, PI. -e): der erste Monat des Jahres. 6, 306 W. .Jüchen, 1598 bei Colerus Hausb.
Im 15. Jh. jenner, jänner, genner, im 18. Jh. 2, 45 (F3='') .Jauche, 1562 bei Mathesius Sar.
.Januar, aus lat. Jänuärius «der dem Gott 176^ Mistgaiichen, im IS. Jh. bei Steinbach,
.Jäims heilige Monat». Von Karl d. Gr. wintar- Frisch und Adelung Gauche; dazu mnd. juche f.
mänöth genannt; sonst heißt er auch vom «Brühe, Sauce», clevisch lil7 jachen. jui/che(.
Froste md. im 14. Jh. hartmände m., noch «Brühe». Aus dem Slavischen entlehnt, poln.
in Oberhessen Hartmonat Vgl. Hornung. jucha f. «Brühe, Jauche», abg.-russ. jucha f.
jappen, v.: den Mund aufsperren; dann «Brühe, Suppe», urverwandt mit apreuß. juse
so lechzen, mühsam
atmen. Bei Bürger 71^ «Fleischbrühe», lit. jiJse f. «Fischsuppe», lat.
(Bohtz), nd.und md. Form für obd. gappen iüs n., aind. jus- «Brühe».
(Waldis Esop. 1, 4, 10), mnd. japcn. ja2)lJen, jauchzen,' v.: Freudengeschrei erheben.
1477 clevisch gapen «gähnen», ndl. gapen «den Bei Luther jauchzen, bei Abr. a. S. Clara

Mund aufs]ierren» (s. gaffen). jaugetzen. jugetzen, mhd. jüchezen, abgeleitet


945 jaiileu Jelängerjelieber 946

von der mhd, Interjektion jüch (s. juch), wie jedennoch, Konj. des verhältnismäßig
rahd. (12. Jh.) jmven «einen Jubelgesang steigernden Gegensatzes. 1669 im Simpliciss.
singen» und jüwezimge f. «das Jubeln» vom 170 jedannoch. Zgs. mit je (s. d. ^).
mhd. Jubelruf jü. Für weniger edel gilt jeder, zählendes Adjektivpronomen: der
juchzen, 1507 bei Wilwolt v. Schaumb. 68 eine und der andre von zweien; der einzelne
jurlizen, 1540 bei Alberus dict. Qq3^ und bei ohne Ausnahme. Bei huihev jeder (Dat. und
H. Sachs 7Mc/if,?e«, 1571 bei lloilZ^ jncliitzen. Akk. einem, einen jedem) und schon spät-
ABL. Jauchzer, m. der Jauchzende (Luther mhd. vereinzelt jeder, aber noch 1661 bei
:

5,68*^ J.), dann ein einzelnes Jauchzen (Günther Lohenstein Cleopatra 6, sowie 1738 bei Pi-

838), wie Juchzer m. (im 16. Jh. Diefenbach cander 5, 113 und bei Zachariä Renommist
nov. gl. 223^ juchze-)-, 1562 bei Mathesius 1, 186 ieder (im Reime auf wieder). Mhd.
Sai-. 20* Juchtzer, 1571 bei Kot Juchitzer). ieiveder, im 14. Jh. gekürzt ieder, ahd. iowe-

jaulen, v.: heulen. Bei Voß Idyll 8, 125, dar, eohwedar «jeder von beiden, jeder von
aufgenommen aus nd. jaulen, dazu engl, yoiül allen» (flekt. iowederer, iotvederiu. iowedereg):
«heulen, schreien». Wohl lautnachahmend. dazu and. iahwethar, afries. ähu'edder, ags.
Jause,f. (PI. -w) Zwischenmahlzeit, Vesper.
: ähivceäer, gekürzt chcder. Zgs. aus ahd. io.

Bayr.-öster. Aus %\o\\.jusina «Mittagessen», und dem ahd. Zahlpronomen hwedar,


eo (s.ye"^)
zu den unter Jauche behandelten Wörtern. wedar «welcher von beiden» (s. weder). Da-
Jawort, s. ja. neben durch gi- (ge-) verstärkt mhd. iege-
^Je! d'en Namen Jesus durch Kürzung iveder, ahd. eogiwedar, ags. ceghwceäer, engl.
versteckender Ausruf, in o Je, ach .Je. 1742 either «jeder von beiden». Vgl. jedweder.
bei Rost Vorspiel 7 Ach Herr Je! S. Jemine. ZUS. jedermauu, (Gen. -s), zusammenge-
-je, Adv., das fragend, zweifelnd, bei Be- schoben aus spätmhd. ieder man, md. ider
denklichkeit steht. Mitunter ja geschrieben, »(an «jeder Mann (jeder Mensch)», jeder-
Nebenform von ja (s. d.). Bei Luther Matth. mäuniglich, Pron.: jedermann, im 16. Jh.
19, 25, Schiller Kab. 1, 2. Besonders steht jedermenniglich, vgl. männiglich. jederzeit,
es seit der zweiten Hälfte des 17. Jh. in dem adv., im 16. Jh. (Fischart in Scheibles Kloster
formelhaften je nu, im 18. Jh. je nun. Viel- 10, 1067), eig. Gen. Sg. jeder Zeit, gebildet
fach meint Je den Ausruf J! (s. d.). wie derzeit, mhd. der zit «damals», jedes-
^je, adv.: zu jeder Zeit; zu einer Zeit; mal, adv., eig. Akk. Sg. jedes Mal, 1691 bei
dann bei zuteilender Zahl, z.B. je zwei; end- Stieler nebst dem Adj. jedesmalig.
lich Konjunktion des gleichmäßigen Verhält- jedoch, Konj. des vei'hältnismäßig her-
nisses, der Verhältnisgleichheit, in je —
desto vorhebenden Gegensatzes. Mhd. iedoch, bis-
(s. d.), je — je (mhd. ie ie). —
Durch Ein- weilen idoch, ahd. io doh, ieo doh «immer doch»,
wirkung des Niederdeutschen (schon mnd. Adv. des Gegensatzes. Zgs. mit je (s. d. '*).
I

jo «immer*) ist ./ statt des urspr. i einge- jedAveder, zählendes Adjektivpronomen,


1

treten, bei Luther je, älternhd. ie, ye, je, nachdrückliches «jeder».
I
Mhd. im 12. Jh.
1691 bei Stieler ie und je, noch bei Wie- ietiveder und ie deiveder, md. itweder «jeder
land Oberon 3, 57 im Reim ie. Mhd. ie von beiden, jeder von vielen», zgs. aus ahd.
«zu aller Zeit, immer» (auch bei Zahlen ie io {s.je^) und dem erst bei Notker vorkommen-
ztoen und ziven), «zu irgendwelcher Zeit, den Zahlpronorrfen deweder «irgendeiner von
[

irgend einmal», md. auch i, ahd. io, eo «immer, beiden » (s. entweder).
j

irgend einmal»; dazu asächs. eo, woneben jeglich, jeglicher, zählendes Adjektiv-
i

io, gio, ags. ä, anord. a?, ei «immer», schwed. pronomen. Älternhd. iglich (bei huther j glich),

ej, dän. ei, aus eigi Negationspartikel, got. bei Lohenstein ieglirh, mhd. iegelich, ieglich,
I

aiw (in ni aitv «niemals»). Dieses aiw ieclich, md. iclich, ahd. eogalih, iogelih «jeder»,
ist der Akk. Sg. von got. aiws m. «Zeit» [zgs. aus ahd. eo, io (s. je'^) und gilth «der

(s. Ehe). Die Verwendung als Konjunktion einzelne ohne Ausnahme, jeder» (s. gleich).
ging aus der Stellung des ahd. eo, ieo, io Jelängerjelieber, n. und m. (-5, PL
beim Komparativ hervor, indem dieser mit wie Sg.): Name mehrerer Pflanzen, besonders
und wiederholt wurde (Notker Ps. 95, 2 daß der Feldzypresse Teucrium chamaepitys, viel-
er ieo chundero unde chundero st). Die Ver- leicht wegen des würzigen Geruches, 1517
bindung je und je «immer» (2. Mos. 4, 10), bei Trochus io lenger ye liber, 1533 bei Rößlin
«zuweilen» (Schiller Kab. 1, 2). Jli lenger jh lieber; sodann Name des roten

Weigand, Deutsches Wörterbuch, ö. Aufl. MO


947 jemals Joch 948

Nachtschattens, Bittersüß, Solanum dulcamara, Jeremiäde, f. (PI. -v)-. Klage. 1791 bei
1500 bei Brunschwyg Destill, und 1546 bei Rot, aus franz. jeremiäde f., nach den Klage-
Bock 309 Ye lenger ye lieher. liedern des Jeremias.
jemals, adv.: zu irgendeinem Zeitpunkte. Jesuit, m. {-en, PI. -en): Mitglied des
von Ignatius von Loyola 1534 gestifteten
Bei Luther Hes.27, 32 neben Jema^ Ephes.5, 29.
Mit sekundärem genetivischen s. Ordens der Gesellschaft Jesu.
Zgs. aus Im 16. Jh.
je, s. je ^ und mal. Jesuit und Jesuiter, aus mlat. Jesuita m.
jemand, zählendes Pronominalsubstantiv: Davon jesuitisch, adj., im 16. Jh.
irgendein Mensch, Gen. jemmids, Dat. und Jett, n. (-[e]s): schwarzer Bei'nstein, auch
Akk. jemand, daneben seit dem 18. Jh. Aus engl, jet «Gagat,
im dessen Nachbildung.
Dat. jemandem {jemanden), Akk. jemanden. schwarzer Bernstein», das über afranz. jaiet
Md. im 14. Jh. imand und dann mhd. in der auf gr.-lat. gagätes (s. Gagat) zurückgeht.
zweiten Hälfte des 14. Jh. iemant. Mit sekun- jetzt, adv.: zu dieser Zeit. Bei Duez 1664
därem d aus mhd, ieman, lernen, ahd. eoman, jetzt, bei Luther itzt, und im 13. Jh. izit,
ioman, zgs. aus ahd. eo, io s. je ^ und man m. Nebenform von mhd. iezuo, ieze, izuo, md.
(s. Mann); dazu asächs. eoman, mnd. iemant, iezU, itzü (noch bei Alberus ietz zu), aus
mndl. ieman, afries. ammon, immen. ammant ie zu (Windberger Psalm., 12. Jh.), der Ver-
Jemine! den Namen JesMS versteckender bindung des mhd. ie (s.je'^) und des auf eine
Ausruf. Bei Grimmeishausen Simpl, 2, 624 Zeitdauer wie einen Zeitpunkt gehenden zuo,
Kllr. ach Jemini, obersächs. bei Weiße Op. zu (s. zu), woher auch die volltönendre alter-
2, 34 f. Gemine. Gekürzt aus lat. Jesu tümliche Form jetzo, mhd. iezö, 1385 ietzo,
domine «Herr Jesu». Ähnlich bei Klamer im 16. Jh. bei Ayrer Dramen 1153, 32 jetzo.
Schmidt kom. Dicht. 293 o Jerum! S. Je^. im 17. Jh. itzo. Mit neuem Suffix jetzund,
jener, auf Entfernteres hinweisendes De- nur altertümlich und im gemeinen Leben,
monstrativpronomen. Mhd. jener, auch ener, älternhd. ifzund, mhd. iezunt, iezent, iezen,
md. gener, geiner, ahd. gener. jener und (bayr.- md. itzunt, itzent, erweitert im 15. Jh. itz-
alem.) ener; dazu mndl. die ghone, ags. Dat. under, etzunder (noch bei Geliert Fab. 2, 87
tö geonre, engl, yon, anord. e?m, inn, got. itzunder, bei Fischart Garg. 322 jetzunder).
jains. Mit dem Artikel frühmd. der jene ABL. jetzig, adj., im 16. Jh. itzig, ietzig,
(s. derjenige). Die Herkunft ist unsicher. jetzig (Dasypodius 1537), md. im 18. Jh. iezic.
Man ist vorläufig gezwungen, verschiedene jeweilen, adv.: zu irgendemer Zeit, dann
Stämme anzunehmen. Vgl. Hoffmann-Krayer und wann. 1683 bei Schuppius 424 neben
KZ. 34, 144. Jedenfalls gehört aber jener, je zmveilen 525 weilen ist Dat. PI. von Weile :

got. jains zu dem idg. Stamm jo-, der urspr. (s.d.). Davon jeweilig, adj., 1775 bei Adelung.
demonstrative Bedeutung hatte, während aind. JingO, m, (-5, PI. -s) kriegslustiger Chau- :

jas, gl', öc, phryg. loc relativisch geworden vinist. Seit 1878, aus dem Englischen über-
sind wie unser der. Schwierig ist die j-lose nommen. Vgl. Ladendorf,
Form ahd. ener, weil es nicht sicher ist, daß jo, interj,, sehr lebhafter Freudenruf, Im
diese ein j verloren hat. Ist dies nicht der 15.* Jh, jo bei Wittenweiler Ring 39^ 26 f..

Fall, so gehört sie zu einem idg. Pronominal- aber als Klageruf md. um 1300 jo. Y gl. johlen.
stamm eno-, abg. onü «er». Joachim, Mannsname. Gekürzt Jochim,
jenisch, adj.: der Gauner- und Spitzbuben- Jochem. Aus hebr. Jöjäkim «den Gott auf-
sprache angehörig. kom. richten wird».
1800 bei J. Paul
Anhang z. Titan 1, Jobher, m. (-s, PI. wie Sg.): gewerbs-
108 jänisch (aus Schwaben).
Adjektivbild, zu dem Stammwort von Joner, mäßiger Börsenspekulant. 1801 bei Campe.
Gauner (s. d.). Aus engl, johher «Makler, Aktienkrämer,
jenseit, adv. und präp. mit Gen.: auf Zwischenhändler», eig. «Akkordarbeiter, Tage-
jener Seite. Bei Luther jenseid (mit Gen. löhner», stockjohher «Aktien-, Efiektenhändler,
oder Dat., Jos. 5, 1 u. 17, 5), mhd. jensit der auf eigne Rechnung spekuliert», von engl.
und jene site. Mit sekundärem s jenseits, joh «Akkordarbeit, Unternehmen, Geschäft»,
bei Luther jenseids 1. Sam. 17, 3. Davon eig. wohl «Schlag», von joh «stoßen, stechen».
jenseitig, adj., 1718 bei Kirsch. Joch, n. (-»es, PI. -e, im Bergbau Jöcher):
Jerum, wohl als lat. Gen. PI. von ^Je ein mit Pfählen verbundner wagerechter Trag-
in der Studentensprache aufgekommen. balken, insb. das Gerüst au hölzernen Brücken
:

949 Jochein Joseph 950

(mhd.), im Berg^verk die im Viereck 7,11- Odyss. 36-'' S. Johannshrot. Johanniskäfer,


sammengesetzten absteifenden Schachthölzer m.: Johanniswürmchen, 1594 bei Frisehlin
(Schladminger Bergbrief von 1308), bildlicli Xomencl. Cap. 48 Johannskefer Johannis- .

Gebirgsrücken, der zwei bohre Bergspitzen krant, n.: die Pflanze H\-pericum perforatum,
verbindet (mhd.-abd.); viereckiges hölzernes 1500 bei Erunschwyg Destill. 100 St. Johannis-
Geschirr um den Hals des Zugochsen, dann krnt. Johannistag, m.: der Gedächtnistag
bildlich eine aufgelegte Last, Bedmckung, Johannes des Täufei-s (24. Juni), aber auch
Dienstzwang (mhd.-ahd.j; zwei zusammenge- der Gedächtnistag Johannes des Evangelisten
jochte Ochsen, Gespann, sowie als Feldmaß und Apostels (27. Dezember), dieser auch
Ackerland als mit einem Ochsenge- der Winter-, jener der SommerJohannistag
soviel
spann an einem Tage gepflügt wh'd (mhd.- genannt. Johannistraube, f.: Johaimis-
ahd.). Mhd. joch n., ahd. joh, juh n. (PI. beere, 1546 bei Bock 2, 22 Sant Johans- '^

joh und juhhir); dazu and. jtik, mnd. jock, treühel, Jolianstreühlin. Johannistrieb, m.
juck n. m., mndl. jock, jogh, ags. geoc n., der zweite Trieb der Pflanzen zu Johanni.
engl, yoke, anord.-schwed. ok n., dän. aag, Auch auf den Menschen übertragen. Vgl.
got. jiik n. (Paar Zugtiere), woneben ahd. Ladendorf. Schlagwort seit 1878. Johannis-
jocho m. «Bergjoch», anord. oki m. «hölzerner würmchen, n.: der um St. Johannistag
Querbalken». Ui-verwandt mit \a.t. jitgum n., (24. Juni) erscheinende Leuchtkäfer Lampi,T-is,
gr. lu-föv n. und Zuyöc m., lit. jungas m., abg. 1566 bei Mathesius Luther 141, 20 Neudr.
igo n. «Joch», air. ugliaim «Pferdegeschirr», Johans Wörmlein.
kymr. iau, körn, iou «Joch», air. cuing «Joch» Johanni: der Johannistag (s. 0.), nach
(aus * com-jugos n.), aind. jugdm n. «Joch, lat. dies Johanni.
Gespann», zu lat. jüngere «verbinden», gr. johlen, V.: jo schreien, wild lärmend
leuYvüvm «anschirren», ]ii. jungiu «ich spanne singen oder schallen, 1556 bei Frisius 231*
ins Joch», aw. jaog-, aind. juj- «anspannen». jolen, mhd. jölen «laut singen» (verächtlich),
ZUS. Jochgeier, m.: auf Gebirgsjochen mnd. jolen «jubeln». Vgl, jodeln. Entlehnt
lebender Geier, 1583 bei Thumeyßer. schwed. jodla, dän. jodle.
Jochem, m.: Wein. Bei Hebel 2, 226, Jolle, f. (PI. -n): kleines vorn und hinten
Grimmeishausen Simpl. 2, 341, 30 Kllr., rot- spitzes Ruderschiff. 1741 bei Frisch Jol,
welsch im 15. und 16. Jh., aus hebr. jajin Jelle. Aus dem Ndd. Mnd. jolle f, «kleines
«Wein». Vgl. Finkeljochem. Boot», ndl. jol, engl, '/ani, joUy-hoaf, franz.
Jockei, m. (-S, PI. -s): Reitknecht. 1813 yole «Boot». L'nbekannter Herkunft.
bei Campe, aus gleichbed. engl. Jockey, eig. Jongleur (spr. zqglor), m. {-s, PI, -e):
«Hänschen» (wie noch schottisch), von Jack Taschenspieler, Gaukler, Aus franz, jongleiir
«Hans», der Abküi-zung des Namens Jakoh. m,urspr, «fahrender Sänger» aus lat, iocnlätor
Jod, n. (-s): chemischer Gnindstoff. 1811 m. «Spaßmacher» von jocus m. «Scherz». 1818
von Courtois entdeckt und nach dem Aus- bei Campe.
sehen (gi\ ioeibr|c «veilchenfarbig») benannt. Joppe, f. (PI. -n): Überkleid des Ober-
jodeln, V.: jo schi'eien oder singen; durch körpers mit Ärmeln, aber ohne Schöße, für
akkordierende Töne auf- und abwärtssingen Männer, während Joppel, m. {-s, PI, wie Sg,)
mit dem Schlußsprunge vom Gnindton in Benennung eines solchen Kleidungsstückes
die
seine Oktave. Bei Goethe 24, 362. Aus baj-r.- für Frauen ist, Mhd, jope. Joppe, jnppe f.,
tirol. jodlen, johlen (s. d.), kämt, joudeln. auch als Stück der Rüstung, daneben gippe f.,
• Davon Jodler, m. ebenso mnd. jope f., entlehnt aus dem Ro-
Johanu, Mannsname. Wie Hans (s. d.) manischen, rnl&t. jnpa,juppa, prov.ywpa, franz.
gekürzt aus Johannes, gi". 'Iiuctvvric, hebr. jitjye, ital. giubha, giuppa f. «Wams, Jacke»,
Jöchänän «dem Gott hold ist». ZUS. Jo- Span, aljuba f. «maurisches Oberkleid» von
hannisbeere, f : ribes rubrum, 1618 bei arab. al-dzu.hha «baumwollnes Unterkleid».
Schönsleder S. Johans beer, 1542 bei Fuchs Joppel mhd. jopel. joppjel (Diut. 3, 150), juppel
new Kreuterb. 663 S. Johanns heerlin, weil n. (Sumerl. 33, 76), aus mXaX. jupellum n., Dim.

um St. Johannistag Juni) reifend. Jo- von jiipa. Vgl. Schaute.


(24.
hannisbrot, Frucht des Baums
n.: die Joseph, Mannsname, aus hebr.-lat. Jo-
Ceratonia siliqua, 1567 bei Schmiedel Reis. sephus, hehr. Joseph «er fügt hinzu» (l. Mos.
47, 26 Johannesprot, 1538 bei Schaidenreißer 30, 24 so aus jäsaph «liinzufügen» erklärt).
60*
,,

951 Jot jucken 952

Jot, n.: der Buchstabe J (j). 1663 bei Ludwig.


|
Jubeljahr, n.: Freudenjahr all-
Schotte! 185 Jod. Aus lat, jöta, gr, lOüra n., |
gemeinen Erlasses, mhd. jüheljär n., nach lat.
der Benennung des i, hebr. jod. Aus dem |
a7mus jühilcBus, welches letzte Wort nach
Griechischen entlehnt got. jöta m. (Matth. hebr. jöMl «Hora zum Blasen im Halljahr
j

5, 18), als Bild für eine äußerste Kleinigkeit, (s. d.)» gebildet wurde wie Isidor (Jubilmis,
|

wie 1631 bei Opitz Grotius 379 das minste \


remissionis mnnus) im 7. Jh. ausdiücklich
Jodt. hervorhebt. Nach alttestamentlichem Vor-
I

Journal zumal), n.
fspr. {-s, PI. -e): bilde setzte 1300 Papst Bonifacius VIII. ein
j

Tagebuch: Tageblatt. In der 1. Bed. 1669 i kiixhliches Gnadenjahr fest, dessen Feier alle
bei Grimm eishausen Simpl. 519 und 1672 im '

100 Jahre wiederkehren solle (mhd. juhileus


Vogelnest 1, 12 Journal, 1566 bei Mathesius hie§ dag tminnejär), doch spätre Päpste be-
Luther 163"^ (322, 1 Xeudr.) Zornal und teg- stimmten diese Wiederkehr des Jubeljahres
lieh Mndhich; in der Bed. «Zeitung» bei auf 50, dann auf 30, endlich auf 25 Jahre.
Lessing (von 1750), Goethe Briefe 2. 259
12, 16 Jubilar, m. (-s, PI. -e): sein Jubelfest
(als m.), Göckingk 2, 225. Aus franz. Journal Feiernde!', Jubelgreis. Im 18. Jh. aus mlat.
m. (im 16. und 17. Jh. livre Journal), ital. juhilarius m. «wer 50 Jahre in dem näm-
gtornale m. «Tagebuch, Zeitung», miat.jornale lichen Stand ist», ausgehend von mlat. jühi-
n., zuerst diurnale (Diefenb. nov. gl. 139'')
j
Iceus (s. Jubeljahr). Jubiläum, n.: Jubel-
«Tagebuch», woher schon 1420 oben-hein. fest, 1710 bei Behring.
dyornal und etwas später dinrnal (Diefenb. juch! Interj. der lauten Freude. 1573 bei
188 '^), abgeleitet von lat. dhirnus «täglich» Ölinger Gramm. 165 juch, 1578 bei Clajus
(diurnum n. «Tagebuch», PI. diurna, nämlich Gramm. 198 jauch, mhd. juch. Jüchen, v.:

acta «eine Art Staatszeitung»), woher mlat. juch schreien, lautes Freudengeschrei erheben,
jornus m., franz. jour, ital. giorno m. «Tag». beiVoß aus nd. und md. Jüchen (mit kurzem
Journalist, m. (-en, PI. -en): Zeitungs- oder langem u), mnd. Jüchen. Vgl. jauchzen.
schreiber. Bei Gtinther 518, in der Bed. juchhe! juchhei! juchheisa! Interj., in
Tagebuchführer 1727 bei Aler. den Fastnachtspielen des 15. Jh. 335, 31 juch
jovial, adj. : immer frohsinnig. Bei Schiller 1
heia o, 1580 bei Krüger Anfang und Ende
10, 477. Aus gleichbed. fi-anz. jovial, von der Welt v. 707 juchei, bei Lessing 1, 268
;

lat. «dem Jovis (Juppiter) gehörig», juchhe, bei Goethe Faust 955 juchheisa (s.
Joviälis
dessen Stern nach den Steradeutern dem heisa). Davon juchheien, v., bei Hölty 175 H.
Menschen Frohsinn mitteilt. Davon das gleich- Juchart, Juchert, m. und n. (-5, PI. -c)-.
bed. Adj, jovlälisch, bei Wieland Amadis ein Morgen Ackerlands. Oberdeutsch. Mhd.
j

11, 10 und Suppl. 1, 170. JoTialitat, f.: jiuchart. jeuchart, jvchart, juchert, ahd. juchart
heitre Laune, bei Schiller. n., neben vahd.. ji)ich. jeuch n. f., eig. «soviel

ju! Interj. der lauten, ausgelaßnen, stür- Land ein Joch Rinder an einem Tage umzu-
mischen Freude. Mhd. jü, stimmend mit ackern vermag» (noch im Badischen JeuchL),
dem lat. Ausruf der Freude wie des Schmerzes ahd. giuh. Urverwandt mit lat. jügerum n.
'

io, gr. iil), io6. «Morgen Landes», zugehörig zu Joch (s. d.\
Jubel, m. (-s): Freudenschall. 1535 im lat. jugum n. Den zweiten Bestandteil stellt
Aimon X 2 Juhel, mhd. jubil m. (Khull Btr. man zu '^Art (s. d.).
18) neben jühilus m., aus 'kirchlich-nüat. juhÜHS Juchten, m. und n. i-s, PI. wie Sg.),
m. «das langgezogne musikalische Frohlocken auch Jucht, m. n. (in Preußen): rotes russi-
am Ende eines Kirchengesangs», von bäurisch- sches Leder. 1691 bei Stieler .lochten, Juchten.
lat. juhilunt n. «das Jauchzen, Jodeln der Niederdeutsche Form mit ch, 1785 bei Voß
Hirten», das von dem Rufe des Jauchzens Ged. 1, 163 Jucht m., ndl. jucht, jagt, aber
ju (s. d.) ausging. Im 15. Jh. im Deutschen nd, auch Juften, aus gleichbed. russ. juft.H ra.,
auch jiihilo n. (noch bei Goethe und Schiller), eig, «Paar», weil die Häute paarweise ge-
wohl aus lat. jubilo «ich juble». ABL. gerbt werden.
jubeln, V.: FreudenschaU, Freudenrufe er- juchzen. Juchzer, s. jauchzen.
heben, in den Fastnachtspieleu des 15. Jh. jucken, v.: zum Kratzen reizenden Nerven-
1296; in gleicher Bed. jubilieren, v., mhd. reiz haben; hin- und herreiben. In der 1. Bed,
jubilieren, jühelieren, md. jiihileren, aus vulgär- auch impers, mich juckt es (mhd. mich jucket),
lat. jubilare. ZUS. Jubelfest, n., 1716 bei auch mir juckt. Mhä. jucken, im 15, .Ih. jucken
953 Jucks jnng 954

(Diefenbach nov. gl. 307** von 1486, auch bei Juden kersen (Diefenbach -Wülcker). Judeu-
^

Luther, Wieland, Schiller), ahd.jucdian: dazu Schaft, f., mhil. Juden-, Judeschaft, im 12. Jh.
;

and. jukid «es juckt», nind. jucken, joken, judiscluift f. Judenschule, f., mhd. juden-
I

mndl. joocken, jeucken, ags. giccan, engl, itch schuole f. Judeuspieß, m., 1494 bei Brant
«jucken». Alem. auch in der Bed. «springen», Xarrenscb. 76, 11 Juden spyeß, im Volkswitz
schon 1513 bei Liliencron 3, 111^ jucken. Da bildlich von einer unlautren WaÖe in der
diese Bedeutung alt sein wird, so läßt sich RA.
ynit dem Judenspieß rennen [laufen),
vielleicht got. jiuka m. «Streit, Zank», «gleichsam mit einem Tumierspieß alles
jiukan j
d. h.
«kämpfen» heranziehen. ABL. Jucker, m.: niederwerfend wie ein nach Wucher laufender
kleineres, meist ungarisches Wagenpferd. Jude, großen Wucher treiben». Den Juden
Schweiz.-elsäss., eig. «der Springer». war das Waflentragen verboten. Judentum,
^
Jucks, m. {-es, PI. -e): lustiger Scherz. n., bei Luther Gal. 1, 13 Jüdentham, 1540
In den ebd., md. und nd. Mundarten; dazu bei Alberus dict. N3^ Judentumm.
I

mndl. und clev. lA^ll jock, engl. joÄe «Scherz». Jugeud, f.: das Jungsein und die Zeit
Aus gleichbed. lat. joais m. (woher ital. gioco, desselben. Mhd. jiigent f., sehr früh auch
franz. jeu m. «Spiel»), wahrscheinlich durch jungent, junget, ahd. jugund f., zuweüen jicn-
die fahrenden Schüler verbreitet, wie mndl. gund, jungend, dazu asächs. jugud, nmd. joget,
und clevisch IUI jocken «scherzen» aus gleich- mnd\.jevghd, ags. geogup, geogop f., engl, youth,
bed. lat. jocäri Davon Juckserei, f. : lustiges got.junda «Jugend», urverwandt mit gleich-
f.

Scherzen, bei Lessing 11, .")92; jucksig, adj.: bed. lat. juventa f., air. öitiu f. «Jugend», aind.
zu neckendem lustigen Scherzen aufgelegt, 'juvatis f. «jung». Das g ist wohl aus w ent-
bei Voß juxig. standen. Abstraktbüdung zu jung (s. d.).
"Jucks, m. (-es, PL -e): Schmutz, Nichts- ABI/, jugendlich, a.äj. mhd. jugentlich, ahd.
] ,

wertes. Nd. und ostmd. Bei Goethe 3, 54 jugundlih. ZC'.S'. Jugendstil, m. Schlagwort
Jux. Mit ableitendem s von spätmhd. iuck '

für eine neue Stilrichtung, seit 1897. Vgl.


«Juckendes» (Diefenbach nov. gl. 307^ von Ladendorf. Jugendzeit, f., beiH.Sachs4,321.
1466J, 1482 im Voc. theut. r.3^ kretzighaut Jul, m. (-.s;: Weihnachtsfest. Li Xord-
oder der iucli oder die kretze. Von jucken ostdeutschland. ^Lid. iul m., nach anord. jöl
(s. d.). Bei Kindleben 1781 G-ucks, gucksig n. pl. «Fest der Wintersonnenwende», schwed.-
«Schmutz, schmutzig», gucksen «geizig sein, dän. jul. Dazu ags. geohhol, geol n. «Christ-
Profit machen», Gucksmacher «Wucherer», fest», engl, yule und m. «Jul-
got. jiuleis
daher nd. .Tuks «Schwänzelpfennige, uni-echt- monat», anord. m. «Dezember».
yler, ags. geola
mäßiger Gewinn» (1767 im Brem. Wb.j. Grundform *jehwla. Herkunft unsicher. Vgl.
Jude, m. (-«, PI. -n), Volksname. Mhd. üblen beck Btr. 30, 295.
Jude, jüde, ahd. judo, judeo m. (auf dem Julep, m. {-s, PI. -6): Kühltrank. 1575
e-^i beruht der Umlaut ü im Mhd., auch bei Fischart Garg. 19 .Julep. Aus franz. julep,
älternhd. bei Luther Jude, bei Alheims 1540 s\^au.julepe, ital. giulebho m., von arah. dzolab,
und noch mundartlich Jüd); dazu asächs. ,
das aus per?, (/w/ät «Kosen wasser» (gid «Rose»,
judeo, judeo, afries. jotha, ags. PI. judeas, aus ä& «Wasser») entlehnt ist. Noch ostpreußisch.
gr.-lat. Jüdceus, wie got. ludaius, Judaias Juli, m. f-.s): der siebente Monat im Jahr.
aus gr. Mouba'ioc. ABL. Jüdiu, f., mhd. Aus lat. .fuli, dem Gen. Sg. von Julius, wie
jädinne, Jüdin, jüdisch, adj., mhd. jüdisch, der Monat (^uintilis von den Römern zu Ehren
ahd. judeisc, judiisg, judisg, got. iudaiivisks, des die Zeitrechnung berichtigenden, unter die
Adv. iiidaiwiskö, nach dem gi\-lat. Adj. Jü- Götter versetzten Feldherrn Cajus Julius Cäsar
daicus, gr. 'loubaiKöc. ZUS. Judeuemau- benannt wurde. Xh.d.heu:iman6th «Heumonat».
zipation, f., Schlagwoi-t seit den 20 er Jahren jung, adj. (Komp. jünger, Sup. jüngst),
des 19. Jh. Vgl. Ladendorf. Judeugasse, Gegensatz von alt. Mhd. junc (Komp. junge);
i'.f 1366 judenga^^en
(Mon. Boica 42, 439), jünger, Sup. jungist, jungest, jungst), ahd.
md. 1387 judengaße (Baui- hess. Urk. 1, 787). jung (Komp. jungiro, bei Kei-o jugiro, Sup.
Judenharz, n., Judenleim, m., Juden- jungist): dazu asächs. jM?i^, ndl. jong, afries.
pech, n.: Asphalt, im lö. -Vn. jadenlym, -leym jong. jun/j, ags. geong, engl, young, anord. ungr.
(Diefenbach -Wülcker 681), mlat. bitunien Ju- schwed.-dän. ung, got. juggs (Komp. jühiza).
daicum. Judenkirsche, f.: die Priauze Urverwandt mit lat. juvencus «jung, junger
,

Physulis alkekoiiL.'!, im Liber synoii. von 1140 Stier, Jüngling», air. öac, öc «jung», aind.
955 jung Jurist 956

juvarjäs «jugendlich», Weiterbildungen von chend dem jetzigen Fräulein (1774 bei Goethe
\at.juvenis «jung, Jüngling», aw.jMuaw-, aind. 19, 43 die Jungfer Pfarrerin, 1664 bei Duez
jüvan- «jung», lit. jännas, abg. junü «jung». Jungfraw «ein Ehi'entitul, mademoiselle»).
ABL. Junge, m. {-n, PI. -w und nd. -ns): 1691 bei Stieler Jungfer, Jumpfer. Jumfer
junger Mensch, Knabe, mhdi. junge, aliä. jungo (doch schon im 15. Jh. jumpffrauire Diefen-
na. Junge, n. (-n, PI. -n): junges Tier im bach gl. 622=1), i^gj Luther 8, 241 ^ Jungfer,
Vergleiche zu seinem alten, mhd. junge, ahd. köln. im 15. Jh. jonffer, ndrhein, im 14. Jh.
jungi n. jungen, V.: Junge gebären, 1482 jicn/fer. Davon jüngferlich, adj., bei Wie-

im Voc. theut. p 7% anders mhd. jungen «jung land, ^MMgr/erZ/c/i 1663 bei Schuppius 472, köln.
werden», jungen, v.: jung machen, mhd. im 15. Jh. jun/ferlich (Frommann 2, 440*^),
jungen, ahd. jungan, nhd. in verjüngen, auch mhd. juncvromvelich; Jungfernschaft, f.,
refl. mhd. sich jungen, jungen. Jünger, m. 1654 bei Logau 1, 8, 80, köln. im 15. Jh.
(-S, PI. wie Sg.): Lehrling, Schüler, mhd. junffer-, j on ffer schaff ^. (Frommann a. a. 0.),

junger m. (in starke Biegung übergehend), im 14. .Ih. jun ffer schafft,
ndrhein. als edlerer
aber schwachflekt. ahd. jungiro, jungoro m.; Ausdruck JungfrauSChaft, f., bei Luther
dazu asächs. jungaro, jungro, afries. jon- Jungfrawschaff't, 1494 bei Brant Narrensch.
gera, ags. geongra m., zunächst von Christi 92, 70 jungfrowschafft. Jungfernrede, f.,

Schülern, gebildet als Gegensatz zu Herr Übersetzung des engl, maidenspeech, studen-
(ahd. herro, eig. heriro «der ältre». Jüng- tisch 1836 geläufig. Juuggesell, m. (-en,
ling, m. (s, PI. -e): junger Mensch zwischen PI. -en): lediger heiratsfähiger Mann, urspr.
der Knaben- und Manneszeit, mhd. jungelinc, junger, 1496 bei Lihencron 2, Ml^ Junggeselle,
ahd. jangeling m.; dazu and. jungling, mndl. bei H. Sachs 5, 28 der PI. jung Gselln.
jonghelinck, ags. geongling, engl, youngling Juni, m. (-s) der sechste Monat im Jahre.
:

(veraltet), anord. ynglingr, schw ed.-dän.yngling Aus lat. Junii (so noch im 16. imd 17. Jh.),
m., dafür got. jtiggalaups m. jüngst, adv.: dem Gen. Sg. von Junius, wie die Römer
zuletzt, in letztej.' Zeit, bei Luther Briefe 1, den Monat nach der Göttin Juno ])enannten.
571 jungist, 1663 bei Schuppius 466 jüngst, Deutsch Brachmonat (s. d.). ZUS. Juni-
mhd. jungist, jungest, neben ze jungist, ahd. käfer, m.: der im Juni fliegende, dem Mai-
za jungist, ze jungest, der Superl. hier in käfer ähnliche, aber kleinere Käfer Scarabaeus
gleicher Bed. wie der jüngste Tag «der aller- solstitialis, 1722 bei Frisch Lisecten 4, 29
letzte Tag», ahd. der jungiste tac. ZUS. Junius-Kefer oder Brach-Kefer.
Jungbrunnen, m.: verjüngender Brunnen, Junker, m. (-s, PI. wie Sg.)-. junger
mhd. junchrunne. Jung(e)mag(l, f.: Stuben- AdeHger, dann als Ehrentitel; ostelbischer
mädchen, in Obersachsen, Amaran- adliger Grundbesitzer (im 19. Jh.). Im 16. Jli.
1715 bei
thes, 1696 bei Chr. Reuter Schlampampe 46, Junker (bei H. Sachs usw.), 1482 im Voc.
zusammengerückt aus junge Magd mit Ver- theut. p 7^ junckher, köln. im 15. Jh. Junker,
legung des Haupttons auf die erste Silbe. jonker (Frommann 2, 440^), gekürzt aus mhd.
Jungfrau, f. junges lediges Frauenzimmer, juncherre, -herre m. «junger Mann von hoher
:

insbes. lediges Frauenzimmer von unbefleckter Geburt, Edelknabe»; dazu ndl. jonker, jonkheer.
Keuschheit (OflPenb. Joh. 14, 4 auch von einer Die Flexion war bis ins 17. Jh. schwach
solchen Mannesperson), mhd. juncvrouive, -vrou, (Gen. -n, PI. -en), noch bei Wieland 21, 12
ahd. juncfro7iwa f. «junge Herrin, Edelfräu- der PI. Junkern. ABL. junkerhaft, adj.,
lein>/, im Mhd. auch «unverheiratete vornehme 1691 bei Stieler. Junkertum, n., Schlag-
Dienerin, lediges Frauenzimmer von unbe- wort seit den 20 er Jahren des 19. Jh., ge-
fleckter Keuschheit» (im 14. Jh., dafür älter richtet gegen das herausfordernde Auftreten
maget, s. Magd), auch von Männern.
bildlich der Junker. Vgl. Ladendorf.
Daraus gekürzt (ähnlich wie mhd. ver, vir Jurist, m. (-en, PI. -en) : Rechtsgelehrter,
«Frau», vor Namen und in der Anrede) -kundiger, -beflissner. Mhd. juriste m., im
Jungfer, f. (PI. -n)-. lediges Frauenzimmer, 15. Jh. Jurist, aus mlat. jurista m., von lat.
insbes. von unbefleckter Keuschheit, dann jüsn. (Gen.jüris) «Recht». Davon juristisch,
Dienstmädchen bohren Ranges, im 17. und adj., bei Luther 6, 39 J., verschieden von
18. Jh. Ehrenbezeichnung eines noch unver- juridisch, das nach lat. jüridicus «gerichtlich»
heirateten bürgerlichen Mädchens vor dem gebildet ist. Juristerei, f., bei H. Sachs
Namen oder der Standesbenennung, entspre- Fab. 240, 128.
957 Jurte £abel 958

Jurte, f. (PI. -n): Hütte nomadischer diger geprägt. Vgl. Ladendorf. Justizrat,
Völker. Aus dem Türkischen durch russische m., 1716 bei Ludwig Justitz-Baht.
Vermittlung in neurer Zeit. Justus, Mannsname. Gekürzt Just, .Tost.
just, adv.: richtig; genau, gerade. Bei Aus lat. justus «gerecht».
Eot 1571 und Fischart Hütl. 345; dazu nd. Jute, f. (PI. -n): feiner glänzender ost-
im 17. Jh. just, ndl. 1598 juyst. Aus dem indischer Hanf oder Flachs zu Geweben. Im
lat. Adv. ^MS^e «gerecht, gehörig», franz. jusfe, 19. Jh. aus engl, jute, das aus dem Benga-
vom lat. Adj. jiistus «gerecht, recht», zu lat. lischen stammt.
jus n. «Recht». Bei Goethe 12, 99 auch als
Juw61, n. (-5, PI, -en) Kostbarkeit ersten :

Adj. [es ist nicht just) Ranges, Edelstein, 1495 in der Kölner Gemma
«richtig, geheuer»,
wie bei Grimmeishausen Simpl. 523 und Hars- E3'^ iuweel, zu Anfang des 16, Jh. md. juhel
dörffer Gespr. 2, 92. (Diefenb. gl, 126''); dazu ndl. 1598 iinveel, joii-
justement, adv.: mit Recht, eben recht. iveel. Aus gleichbed, ah-^nz. joiel, joel, nfranz,
Bei Bode Jones 6, 434. Aus gleichbed. franz. joyau, sipan.joyel, ital. giojellom., mlat. jocale
justement, aber ohne die franz. Aussprache n,, die vermutlich auf lat. jocus m, «Scherz,
vom Volk im letzten Viertel des 17. Jh. Kurzweil», zurückgehen. Davon Juwelier,
aufgenommen. m, (-S, PI. -e): Juwelenhändler, Goldarbeiter
justieren, (Münzen usw.) ausgleichen, der sich mit der Fassung von Edelsteinen
v.:
berichtigen; eichen. 1.574 bei Höniger Nai'ren- beschäftigt, 1495 in der Kölner Gemma E3^
schiif 279^ einjustiren, dazu 1598 ndA.iusteren, iuwelier, 1505 in der Straßburger Gemma e S**
aus mlat. justäre, von lat. jiistus «recht», iuhelier, md, zu Anfang des 16, Jh. iubelierer
Justiz, f.: Rechtspflege. 1586 bei Fischart (Diefenb, gl. 126«), noch im 18. Jh, Juhilirer;
Bodinus 3 Justici f., 1571 bei Rot Justitz f., dazu ndl. 1598 iuweelliei', aus franz, joaillier,
aus lat. jnsfitia f. «Gerechtigkeit». ZUS. jouaülier, im 16, Jh, joylier, mlat, jocalarius.
Justizmord, m., von L. v. Schlözer 1782 Jux, s. Jucks.
als Schlacrwort für die Hinrichtuncf Unschul-

Wörter, die man


K
hier nicht findet, suche man unter C,

Kabäche, Kabäcke, f, (PI, -n): bau- (PI, -n): dicker Strick, Schiffsseil; (seit 1849)
fällige Hütte, schlechte Schenke. Norddeutsch, unterseeische Telegraphenleitung, Mhd, /tabeZ,
im 17. Jh, bei Olearius pers. Reisebeschr, 1477 clevisch, ebenso ndl, kabel f,, mnd.-
3, Kaback f.
6 Vgl. bei Xehring 1710 schwed,-dän, kdbel m. «Ankertau», aus gleich-
«Kahacks werden in Moskau die Schenken bed. franz. cähle, afranz. chdble, span.-port.
und Wirtshäuser genannt». Also wohl aus cdble m., und diese aus mlat. capfilus m, und
russ, habakü m. Anders H, Schröder Streck- capülum, capluni n, (mgr. KauXiov n,). «Fang-
formen 23. seil», von lat, capere «fassen»,

Kabale, f, (PI, -n): fein angelegte ge- -Kabel, f. (PI. -n): Los, Losteil, Anteil,
heime Gegenwirkung, arglistige Ränke, 1716 Reihenfolge, In Norddeutschland, 1598 bei
bei Ludwig, aus gleichbed. franz, cabale f, Colerus Hausb, 6, 27 Kdbel m., mnd, kavele f.
von hebr. qahbälä, rabbinische «Geheimlehre», «Los», eig, «zugerichtetes Holz zum Losen»,
in letzter Bed, 1581 bei Fischart Bienenk.
gewöhnlich mit einem runenartigen Zeichen,
32**

der Juden Kahalen vnd Thalmud. besonders dem Namen des Mitlosenden ver-
kabbeln, verb, (auch refl.): hadern, sich sehen, anord, kafii m, «längliches Stück Holz,
streiten. Wie gleichbed, md,-nd, kibheln, nd, Teil, Stück», schwed, kafle m, «Rolle, Walze»,
kebbeln, mnd, kevelen «schwatzen». Wahr- dän. kavl, kavle «Holz im Fischgarn», ndl.
scheinlich zu asächs, kafl, ags, ceafl m, «Kiefer kavel m. «Los, Teil», Dazu wohl zabas
lit,

der Tiere» und weiter zu air. gop «Mund», «Reis», zuobrts m, «Pfluggestell», Vgl, auch
Verwandt mit Kiefer (s. d,). Norddeutsch Kufe. ABL. kabeln, verb,: losen, durchs I

(Yoß 2, 182), schon mnd, kdbbelen. Los abteilen, bei Frisch kabeln (vom J, 1652),
^
Kabel, n. (-s, PI, wie Sg,), früher f.. mnd,-ndl. kavelen.
959 Kabeljau Käfer 960

Kabeljau, auch Kabliau, m. (-es, PI. -e): «Ofenkachel», ahd. chachala f. «irdener Topf».
der frische Seefisch gadus morrhua (vgl. Aus einem nicht belegten lat. caccalus m,
Laberdan, Stockfisch, Klippfisch. 1563 in «Kochgeschirr», mlat. cachus m. «Gefäß,
Forers Fischbuch 13^ Kahhelouiv, im 15. Jh. Schale», vgl. port. caco m. «Scherbe», tarent.
uirhein. caheliau (Diefeubach 358*^), aus mnd. käkkalo. Belegt ist nur caccabus. ZUS.
kahelow (1377), kaplaiv (1350), cahbeh/au (Dief. Kachelofen, m., spätmhd. kacheloven m.
317^ vom J. 1420), 1477 clevisch cabliauive, kacken, verb., frühnhd, (1495 in der
ndl. bei Kilian kabeliau, kableau, jetzt kahel- Kölner Gemma, bei Luther 8, 24'' Jeu,), wohl
jaauw, mlat. in den Niederlanden seit Anfang aus der Schülersprache, von gleichbed. lat.
des 12. Jh. cabeUauivus, schwed. kabeljo, dän. cacäre, gr. kokkoiv.
kabliau. Daneben steht nd. bakkeljau aus Kadaver, m. (-s, PI. wie Sg.): Leichnam.
s-pan.bacallao, ]}Ovt. bacalhuo in. «Stockfisch», Im 17. Jh, aus gleichbed. lat. cadäver n., von
zu lat. baculus m, «Stock», Doch tritt dies lat, cadere «fallen». ZUS. Kadäverg^ehor-
viel später auf und wh'd eher aus kabeljau Sam, m.: unbedingter Gehorsam. Seit etwa
umgestellt sein. Herkunft unklar. Vgl. Uhlen- 1880 belegt. Der Ausdruck geht auf die
beck Btr. 19, 328. Jesuiten zurück. Vgl. Ladendorf.
Kabine, f. (PI. -n) Schifiskammer. 1618
-.
Kad6nz, f. (PI. -en): der Tonfall, der
bei Hulsius Schifi". 15, 21 Cabbin, aus gleich- Schlußlauf im Gesänge. Im 18, Jh. aus gleich-
bed. franz. cabine f., dies aus engl, cabin bed. ital. cadenza f., von mlat. cadentia f.
«Hütte, Kajüte», altengl. caban, cabane, das «Fall», abgeleitet vom Part. Präs. cadens
dem franz. cabane entstammt, letzteres von (Gen. cadentis) zu lat. cadere «fallen».
mlat. capanna f. «Hütte» (600 bei Isidor). —
Kadett, m. {-en, PI. -en) junger Mensch, :

Kabinett, n. (-es, PI. -e): Gemach, der in den Heeresdienst tritt, um sich zum
kleines
Nebenzimmer; Geheim-, Ratszimmer eines Offizier auszubilden. 1703 im Zeit.-Lex. «der
Fürsten; Staatsministerium; Zimmer für eine jüngere», aus franz. cadet m. «der Jüngere
Sammlung von Seltenheiten. 1644 im Sprach- unter Geschwistern», dann «junger Adeliger,
verderber aus gleichbed. franz. cabinet m., der seine Laufbahn im Kriegsdienste be-
von cabine f. ginnt», aus gaskog. capdet, provenz, capdel
Kabriolett, u. (-[e]s, PI. -e): leichtes «Haupt», einer Ableitung von lat. caput n.
zweiadriges einspänniges Wägelchen. Bei «Haupt».
Gotter 1, 49. Aus gleichbed. franz. cäbriolet Kadi, ni. (-S, PI. -s): Richter. Aus gleich-
ra., von franz. cabriole, ital. capriola f. «Bocks- bed. arab. qäd'^, türk. kadi. 1703 im Zeit.-Lex.
sprung» (zu lat. caper m, «Ziegenbock»), be- kadük, adj.: hinfällig; niedergeschlagen.
nannt nach den Luftsprüngen, die ein solches Aus franz. caduc, das aus lat. cadüctis «iallend,
Fuhrwerk leicht macht. Vgl. Kapriole. heimgefallen», von cadere «faUen» stammt.
KabrÜSChe, f.: Kameraden, besond. zu 1703 im Zeit.-Lex. caduc «ab- und hinfällig»,
Schlechtigkeiten. Aus der Gaunerspi'ache, in 1673 bei Chr. Weise Erzn. 63.
der es als Chah'usse 1735 belegt ist. Aus Käfer, m. (-s, PI. wie Sg.): nagendes
dem Hebräischen. Elsässisch Kafruse". Auch Insekt mit hornigen Flügeldecken, Bei Maaler,
in der nordd. Umgangssprache. Duez, Stieler usw. Käfer, bei Luther Kefer.
Kabuse, f. (PI. -n): schlechte Hütte, mhd. kever, ahd. chevar m., woneben auch
Zimmerchen, Verschlag; Kernhaus des Obstes schwachflekt. mhd. kevere, ahd. chevaro m.,
(brem. Wb. 2, 713). Norddeutsch. In einem selbst noch bei Luther Nahum 3, 17 der
I

Breslauer Vocab. von 1422 kabüse f. «Ver- schwache PI. Kefern; dazu and. keuera f.
schlag auf dem Schuf», aus mnd. kabüse f. «Käfer, Art Heuschi-ecke», ndl. kever, ags.
1

«kleines, niedriges Gebäude, Verschlag»; hier- ceafer m., engl, chafer, nd. säver, zäver
zu ndl. kabuis und entstellt kombuis f., franz. (Brem. Wb. 4, 592), mnd. sever, zever m.
canibuse f., schwed. kabysa f., engl, caboose Wohl zu mhd, kifen, kifelen, Schweiz, käfen,
j

«Schifisküche». Unklarer Herkunft trotz \kaflen «nagen», wozu auch Käfe, mhd, keve,
Schröder Streckformen 28, ahd. cheva f. «Fruchthülse, Schote», eig. «die
j

Kachel, f. (PI, -n)-. irdenes tiefes Ge- mit den Zähnen abgenagte leei-e Hülse» und
schirr; irdene Ofenröhre, um darin zu kochen; in gleicher B6d. Kiefe, Kife mit den Neben-
Ofenfliese. Mhd. kachele, kachel f. «irdenes formen Schafe und Schiffe f. (Diefenl^. 534*)
I

Gofilß», im 15. Jh. auch «Niichttopf» und "ehürt. !


;

961 Eaff Kaiser 962

Kaff, n. (-s) Spreu (leere Getreidehülsen)


: land und Westfalen. Ahd. chaftcere, chaftere
Unwertes, Nichtiges. Mhd. (urspr. md.) kaf «Bienenkorb». Nach Ehrismann Btr. 18, 228
n.; dazu mnd. kaf, mndl. caf, ags. ceaf n., Lehnwort aus mlat. capisteriuni n. «Mulde,
engl, chaff. Aus gleichem Stamm wie Käfe, Trog». Unwahrscheinlich wegen der heutigen
ahd. cheva f. «Schote, Hülse» (s. Käfer). Verbreitung. Bei Goethe (an Zelter 1, 252)
Kaffee, m. (-s, PI. -s): die Fracht des das Dim. Käfterchen, n.
Kaffeebaums und das daraus bereitete Ge- kahl, adj. (Komp. kahler, Sup. kahlst):
tränk; (als Neutr. im 19. Jh.) das Kaffee- haar-, federlos; (bildlich) unbewachsen, leer.
wirtshaus (Cafe). In der zweiten Hälfte des Bei Luther kalh, bei Maaler und Duez kaal,
17.Jh. als Coffee aus engl, coffee, ndl. koffij f. mhd. kal (flekt. kahver), ahd. chalo (flekt.
übernommen, im Anfang des 18. Jh. drang chalawer); dazu mnd. kal, mndl. kael, nndl.
aus franz. cafe, caffe m. die Form Caffe, Gaffee kaal, ags. calu, engl, callow, entlehnt schwed.
(bei Klopstock, Lessing, Goethe Kaffee) durch. kal. Wohl entlehnt aus dem lat. Adj, calvus
Zugrunde liegt arab. qahva «aus Beeren ge- «haarlos» Nach andern urverwandt mit abg.
kochter Trank, Kaffee». .Z^?7*S. Kaffeehaus, n., golü «nackt, bloß». Vgl. Zupitza Gutt. 144.
Kaffeeschwester, f., 1715 bei Amaranthes. ABL. Kahlheit, f., im 15. Jh. kalheiti. ZÜS,
Kaffer, m. (-w, PI. -n): Bauer, einfältiger Kahlkopf, m., beiLuther kalh-, kalkopff.
Mensch. In der Gaunersprache (1714), da- Kahm, oberd. und md. Kahn, m. (-es):
nach im 19. Jh. in südwestdeutschen Mund- Schimmel auf gegorner Flüssigkeit. Mhd.
aaten und. studentisch, aus rabbinisch kaphri kän m., im 15. imd 16. Jh. auch kön, 1432
m. «Dorfbewohner, Bauer», von hebr. käphär cham Diefenb. nov. gl. 7*; dazu nndl. kaam f.,
m. «Dorf». Verschieden von dem Volksnamen ferner Island, kam n. «dünner tJberzug von
Kaffer m. in Südafrika, der auf arab. käfir Schmutz, Staub, Schleim», engl, coom «Ruß-,
«Ungläubiger» beruht. Kohlenstaub». Dazu vielleicht auch mhd.
Käfig, m. (-S, PI. -e): Gitterbehälter für kadel m. «Ruß, Schmutz». ABL. kahmicht,
ein sonst wild lebendes Tier; gegitterter Ge- kahmig, oberd. und md. kahuig, adj.:
fängnisbehälter. Mit g statt j (vgl. nhd. schimmelig. Mhd. kämig, känig, (Mone Anz.
Ferge, ahd. ferjo) und Genus Wechsel aus mhd. 7, 298) camecht. .

kevje, ahd. chevia f., entlehnt aus lat. cavea f. Kahu, m. (-[e]s, PL Kähne) muldenartiges
:

«Höhlung, Käfig», vom lat. Adj. cavus «hohl». Wassei'fahrzeug, Boot. Mehr in Nord- und
Noch im 16. Jh. Fem. kefig, daneben schon im östlichen Mitteldeutschland. Bei Luther
im 14. und 15. Jh. Neutr. und Mask. kefig, Kahn, md. auch schwachflekt.Arawe m. (14. Jh.);
auch kehig (1581 bei Fischart Bienenk. 87^ dazu mnd. im 13. und 14. Jh. kane m., ndl.
käfig), im 15. Jh. mit antretendem t kaant. (woraus afranz. cawe f. «Schiff», nfranz.
kefich,
kefit n. Anm.), danach cane f. «Ente»), anord. kcena f. «Boot», schwed,
(Teufels Netz 6460
im 18. Jh, Keficht, Käficht n. kana f. und däu. kane «Schlitten, Schleife».
Kafiller, Kayiller, m. (-s, Pl.wieSg.): (Nicht verwandt mit Kanu s. d.).
Schinder. Erst im 17. Jh. (bei Stieler 1691). Kai, m. (Österreich, und bayr. auch noch
Aus der Gaunersprache, wo Caveller, Gafaller Qnai), (-s, PI. -s): durch Mauerwerk usw.
m. «Schinder» (1510 im Liber Vagatorum, befestigtes Ufer, Hafendaram, auch die daran
abgeleitet von talmudisch kephäl, das im Sy- liegende Straße. 1664 bei Duez Kay f., mnd.
rischen «abdecken, abziehen» bedeutet; wohl kaje f., ndl. kaai, kaaj f., bei Kilian kaeye,
mit Anlehnung an nd. viller m. «Schinder» engl, quay, mengl. kei, (entlehnt schwed, kaj,
(Hautabzieher) und vielleicht an ^än.kai) afranz. ca?/e«Sandbank», nfranz. quaim.
bay^r. Gefill n.
«Recht des Abdeckers auf das gefallene Vieh» «Damm», span. cayos PI. «Sandbänke, Riffe»,
(s. fillen). ABL. Kaflller^i, f.: Abdeckerei, wird von altir. cai «Weg, Straße» hergeleitet,
1691 bei Stieler. was unsicher ist.
Kaftan, m. (-s, PI. -e): langes Ehren- Kaiser, m. (-s, PI. wie Sg.): Fürst der
oberkleid der Türken. Aus türk. kaftan, höchsten Würde, Mhd. keiser, ahd. keisar,
schon entlehnt 1647 in Olearius persian. keisur m.; dazu asächs. kesar, kesur, afries.
Reisebeschr. 125 Äa/ftow «lang niedergehendes keiser, ags. cäsere, got. käisar m., dem ei

Unter-, Morgenkleid». für ae nach zu urteilen im Beginn unserer


Käfter, n., auch m. (-S, PI. wie Sg.): Zeitrechnung entlehnt aus dem römischen
kleiner enger Wohnraum. In Mitteldeutsch- Familiennamen des julischen Geschlechts und
Weigand, Deutsches Wört€rbuch. 5. Anfl. 61
963 Kajüte Kalb 964

Titel der römischen Imperatoi-en Caesar, gleichbed. mexikanisch cacao zurückgeht. Bei
gr. Kakap, woher auch abg. dsari, cesari, Seb. Münster Cosmogr. 1628 S. 1607 Cacao.
russ. car. Die Schreibung ai stammt aus Kake (spr. kek), m. (-5, PI. -s): Ai't Ge-
der Kanzlei der Kaiser Friedlich III. und bäck. Aus engl, cake «Kuchen», das viel-
Maximilian I, vgl. Frankf. Eeichskorresp. 2, leicht dem Nordischen entstammt, schwed.
135. 160. 232 vom J. 1457 f.; bei Luther und kaka «flaches Brot», dän. kage, im Ablaut
noch bei Aler 1727 Reiser. ABL. Kaiserin, stehend zu d. Kuchen.
f., mhd. keiserinne, im 12. Jh. keisertn, ags. kakeln, v.: gackern; schwatzen. In Nord-
cäsern f. kaiserlich, adj., mhd. keiserlich, deutschland. In eig. Bed. mnd. kakelen, dazu
ahd. keisur-, cheisar-, chaisarlih, ags. cäserlic. ndl. kakelen, bei Kilian kaeckelen, engl, cackle,

Kaiserling, m,, an G-eruch, Geschmack und schwed. kackla, dän.


kagle; in übertragner
Farbenpracht der edelste unter den eßbaren Bed. bei Luther .., 68'' Jen., 1495 in der
Schwämmen, amanita caesarea. 1540 bei Kölner Gemma •17'^ kakelen, 1477 clevisch
Alberus dict. Dd 3* keyserling. Kaisertum, gakelen. Lautmalend. ABL. Kakelei, f.:
n., mhd. keisertuom, ahd. cheisertuom n. dazu Geschwätz, 1588 bei Ringwaldt Eckart K 3.
;

asächs. kesurdöm, ags. cäserdöm m. ZUS. Kakerlak, m. (-s, -en, PI. wie Gen.): licht
Kaiserkrone, f., 1581 bei Fischart Bienk. scheue Schabe; dann auch lichtscheuer Mensch,
127^ Keyserskron; Zwiebelgewächs mit einer Albino (bei Campe). Ndl. kakkerlak m. Mit
Krone glockenförmiger hängender Blüten, dem Tier aus Südamerika, wo man kakerlakki
fritillaria imperialis, aus Persien stammend, sagt. Als Schimpfwort nd. schon im 16. Jh.
1657 bei Harsdörffer Gespr. 2, 199 Kaisers bei Soltau Volksl.^ 283.
Krone. Kaiserreich, n., n. Kaktus, m. (Gen. und PI. wie Nom. und
mhd. keyserriche
Kaiserschnitt, m.: Kreuzschnitt in die PI. Kakfeen): Fackel-, Rankendistel. Aus
Seite und Gebärmutter einer Schwangern, Südamerika stammend, benannt nach gr.KciKToc
um das Kind herauszunehmen. 1789 in f. m., eine stachlichte Pflanze.
Stillings häusl. Leben
43. Übersetzung von Kaland, m. (-s, PI. -e): Brüder-, Ge-
Sectio caesarea, vgl. Melber (1482) D 6* Cesar nossenschaft andächtiger Personen. Md. im
keiser, sie dictus, quod ex venire matris cesics. 13. Jh. kalant m. (Konemann 94. 271. 617),
Kajüte, in Bayeni und Österreich auch afries. kaiende f. Der Name daher, daß sich
KajÜtte, f. (PI. -w): Schiffszimmer. Im die Biüderschaft regelmäßig am ersten Tage
15. Jh. bei Beheim Kajüte f., aufgenommen jedes Monats (lat. calendae, daher ahd. im
aus mnd. kaiute, nd. kajüte, ndl. kajuit, 11. Jh. kalend «erster Monatstag», s. Kalender)
schwed. kajuta, franz. cajute f. Dazu auch zur Fürsorge für Begräbnis und Seelenheil
afranz. chahute, cahuette, nfranz. cahute f. Verstorbner und zu gemeinschaftlichem Mahle
«scBaracke», aus denen sich erklärt dän.kahyt, zu versammeln pflegte, welches zum üppigen
vläm. bei Binnaert cahuyte, cahute «Kajüte». Schmaus gewordne Mahl selbst md. kalant,
Die Herkunft ist unbekannt. Literatur bei nd. kaland benannt wurde, daher dann Kaland
H. Schröder Streckformen 35. überhaupt s. v. a. «üppiger Schmaus» und
Kak,m.(-[e]s, Pl.-e): Schandpfahl, Pranger. (bei Stieler 1691) «gesellschaftliche Zusammen-
Li Norddeutschland. Md. im 14. Jh. kak m., kunft», kalendern «schmausen und zechen»
aufgenommen aus mnd. käk, 1420 ndrhein. (bei Frisch 1741 caländem).
kaeck m. (Diefenbach gloss. 353^). Der urspr. Kalauer, m. (-s, PI. wie Sg.): schlechter
Begriff scheint nach der pommerschen Neben- Witz. Wahrscheinlich in Berlin aus franz.
bedeutung bei Dähnert 212 «Stock, Pfahl». calemhour[g) m. «Wortwitz» umgebildet, das
Dazu ndl. kaak, entlehnt schwed. käk, dän. von dem deutschen um 1500 erschienenen
kag «Schandpfahl». Verwandt sind lit.zaginis Schwankbuche Philipp Franckfürt-ers zu Wien
m. «Pfosten», zägre f. «Pflug», zagaras m. «der Pfaff vom Kaienberg» herstammt. Wohl
«dürrer Ast». mit Anspielung auf Leder und auf die ge-
Kakadu, m. {-s, PI. -s und -e): der ost- ringere Sorte Schuhe und Stiefel, die das
indische Schopfpapagei. Ln 18. Jh. aus ndl. Städtchen Kalau in großer Menge nach der
kakketoe f., von dem malayischen Namen käka- 13 Meilen entfernten Reichshauptstadt liefert.
tilica, der den Schrei des Vogels nachahmt. Kalb, n. {-[e]s, PI. Kälher): Junges vom
Kakao, m. (-s) Frucht des Kakaobaumes. Rindvieh und Rotwild. Mhd. kal}), ahd. chalp
:

Aus franz. -ital.-span.-port. cacao, das auf n.; dazu anfränk. cälf, ndl. kalf n., ags. cealf
"

965 Ealdauneu Kalfakter 966

n. m., engl.calf, anord.kalfr m..,schyveä.kalf m., chaudoun, von lat. calidus, cahhis «warm»,
dän. kalv. Xebst mhd. kilber e, ahd. chil- urspr.wohl «das noch dampfende Eingeweide
hurra «Mutterlamm», ags. cilforlamh n.
f. frisch geschlachteter Tiere». Dem Deutschen
«weibliches Lamm» wohl ui"v erwandt mit entlehnt schwed.-dän. kallun, femer tschech.
aind. gärhJuis, awest, gardwa- m. «Mutter- kaldoun, kaltoim, poln. kaldiin m.
leib, Leibesfrucht», und vielleicht auch weiter Kaiebässe, f. (PL -n): Flaschenkürbis;
zu gl". beXqpüc f. «Gebärmutter». Doch macht Birnenart.Über gleichbed, franz, calebasse
der Guttural Schwierigkeiten. Oder zai gallo- aus span. calabaza, port. cabaga, einer Ent-
lat. galba f. «Schmerbauch». Im Germ, finden stellung von lat. Cucurbita f. «Kürbis». 1632
wir auch die Bedeutung «Wade», anord. kälfi bei Kilian.
m., engl, calf, anord. kalfdböt f. «Lende». Kalekut, m. (-s, -en, PL -en), auch
ABL. Kalbe, f. (PL -n): junge Kuh bis KalekÜter, m. {-s, PL wie Sg.) Truthahn. :

zum ersten Kalben. IMhd. kalbe, ahd. kalba f. 1558 bei Heußlin 103 kalekuUisch Hün, 1711
«weibliches Kalb», got. kalbö f. «junge Kuh». bei Rädlein calekutischer Hahn, Calecutsch-
Auch Kalbin f. bei Stieler 1691, im Yoc. opt. Hahn, bei Voß Idyll. 13, 125 im PL Kalkuten.
(Leipz. 1502) Ff 5» Kalben, kalben, Der in Nordamerika einheimische Vogel wurde
v.:
ein Kalb gebären, mhd. kalben; dazu zuerst von den Spaniern 1524 aus Florida
ndl.
kalven, ags. cealfian, engl, calve, anord. nach Europa gebracht und, da Amerika zu
kelfa. kälbern, v.: springen wie die Kälber, Anfang des 16. Jh. noch für einen Teil In-
alberne Possen machen (1528 bei H. Sachs diens gehalten wurde, nach der damals be-
kelbern, ndl. kalveren); sich erbrechen, wohl kanntesten Handelsstadt Vorderindiens Calicut
mit Anspielung auf das ähnlich klingende benannt, iranz. coq d'Inde, dindon, ital. gallo
Blöken der Kälber (1797 bei Heynatz, ndl. d' India, 1715 bei Amaranthes Türckischer
bei Kilian kalven). kälbern, adj., mhd. oder Indianischer Hahn, engl. Turkey cock.
kelberm. ZUS. 1) mit Kalb- : Kalbfell, n., Kalander, m. (-s, PL wie Sg.)-. Zeit-
mhd. kalpvel; bildlich «Trommel» 1602 bei weiser durchs Jahr. 1482 im Voc. theut. p S**
Kirchhof Militaris discipKna 209. Kalb- kalender, sonst im 15. Jh. kolender, collender,
fleisch, n., mhd. kalpvleisch; bildlich von aus den gleichbed. spätmlat. calendarius m.,
ungewitzigter Jugend, im 15. Jh. bei Keisers- calendarium n., einer Ableitung von dem
berg (Euangelia 35). 2) mit dem Gen, Sg. lat. Plur. calendae «erster Monatstag», dann
Kalbs-: Kalbsbraten, m., 1561 belMaaler. «Monat». Mhd. hatte man die Form kalen-
Kalbsbrust, f., im 16. Jh. (Anz. d. Germ. dencere, md. calendenär m. RA. Kalender
Mas. 1860, 401). Kalbsfuß, m., mhd. kalbs- machen «in tiefen Gedanken, nachdenklich
fuo^ (Buch V. guter Speise 27, 89). Kalbs- sein, Grillen fangen». 1664 bei Duez.
gekröse, n., im lo. Jh. Kalbskroes (Xürnb. kalandern, s. Kaland.
Pol.-Ordn. 229). Kalbskopf, m., Anfang Kalesche, f. (PL -n)-. leichter offner
des 15. Jh. (Germania 28, 371). 3) mit dem Reisewagen. 1636 bei Möhner 54 (hgb. v.
Gen. Plur. Kälber- Kälberkem, m., wilder Czerny) Calleche, bei Grimmeishausen Simpl.
:

Kerbel, chaerophyllum süvestre, anthriscus 2, 195 (Keller) Calesch f., 301 m., 1664 bei
silvestris, auch Kälberkropf m. genannt, 1540 Duez Cales f., 1734 bei Steinbach Kaiesse

bei Alberus Dict. DD 2*^ kelberkern, im 15. Jh. und noch bei Goethe 31, 28 Calesse f. Aus
kelbkernen (Mone Anz. 8, 103, 40), gleichsam dem Slawischen, tschech. kolesa (poln. kolaska,
Kernen d. i. Getreide der Kälber, weil das niss. koljdska)«Räderfuhrwerk», urspr.
f.

Rindvieh die jungen Blätter frißt. Umdeutung Plur. von kolo«Rad». 1604 bei Colerus
f.

von Kerbel (s. d.). Hausb. 3, 109 ein klein Wegelein mit vier
Kaldännen, PL: die Gedärme, besonders kleinen Raden, da man nur ein Pferd vor-
die eßbaren. Schon 1616 bei Henisch nur spannet, in Polen nennet mans eine Kolesse.
der PL Caldau7ien; der Sing, ist unüblich, Aus dem Deutschen franz. caleche f., ital.
aber md. im f. (Diefenb.
15, Jh. caldüne, calesse, calesso m.
koldün
Gloss. 556°), mnd. kaldüne, koldüne, auch Kalfakter, m. (-s, PL wie Sg.) Schmeich- :

kallüne, kolüne (noch md. Kallaunen). Ins ler, Aushorcher, eig. Stubenheizer. Im 16. Jh.
Mhd. aufgenommen auch kaltän. Aus dem Calfactor, von Lehrern wie Schülern zu
gleichbed. mlat. calduna f., woher auch afranz. allerlei niedrigen Diensten gebrauchter Ein-
chaiidun, cauldun, engl, chawdron, im 15. Jh. heizer in Schulen (1524 bei H. Sachs vier
61*
967 kalfatern Kalmänser 968

Dialoge 24, 30 Calefador, bei Luther Haus- caleulus m. « Steinchen, Eechenstein eben». 1727
postill 401 ^ Galfactor, 1572 bei Fischart Pract. bei Hübner (aus der Kaufmannssprache) cal-
Großm. 9 Kolfador), aus mlat. calefador m. eulus. Dazu kalkulieren, v. berechnen, aus :

(Warmmacher) als Wort der Kanzlei- uiid lat. calculäre «ausrechnen», eig. mit Rechen-
Schulsprache. ABL. kalfäkteru, v.: an- steinchen, franz. calculer; bei H. Sachs Fastn.
bi'ingen; den Pudel machen, 41, 188 calculirn.

kalfatern, v.: ein Schiff ausbessern, es Kalle, f.: Liebste (verächtlich), im 19. Jh.
•wasserfest machen. 1716 bei Ludwig cale- aus dem Judendeutsch, von hebr. kallah
fatern, aber 1709 bei Hübner Calfaterung. «Braut, Geliebte».
Niederdeutsch. Ndl. kalefateren, kalfateren, Kalligraph, m. {-en, PL -en): Schön-
von franz. calafater, calfeutrer, span. cala- schi-eiber. Im 18. Jh. Calligraph, aus gr.

fatear, ital. calafatare, vielleicht aus arab. KaWrfpdqpoc «schön schreibend», von KotXXoc n.
qälafa, qällafa «ein Schiff verkitten». «Schönheit» und fpdcpeiv «schreiben». Dazu
Kali, n. (-s): ein Salz. Erst im 19. Jh. Kalligraphie, f.: Schönschreibekunst, im
abstrahiert aus Alkali (s. d.). 18. Jh. Calligraphie , aus gr. KuXKifpacpia f.

Kaliber, n. {-s, PI. Durch- «das Schönschreiben, schöne Schrift», kalli-


vsie Sg.):
messer des Geschützrohrs; Kugelmaß nach graphisch, adj.: schön geschrieben.
Größe und Schwere; Art, Schlag. Li erster Kalm, m. (bei Stieler 1691; -es, PL -e),
Bed. 1616 bei Wallhausen Kriegsmanual 108 und auch f. (bei Schottell663; PL-ew, Reisbuch
Calibei' m. Aus franz.-prov.-span. calibre, des heil. Lands 1, 355 vom J. 1562 Calnien):
ital. calihro m. «innrer Durchmesser einer Windstille zur See, Meeresstille; PL die
(Geschütz-) Röhi'e», neben veraltetem span. Kalmen, Gegend der Windstille am Äquator.
calibo m., von arab. qälah «Form, Leisten». Ein nd. Schifferausdruck, dafür ndl. kalmte f.
Kalif, m. (-en, PI. -en): Nachfolger (und Aus franz. calme f. «Windstille, Ruhe», ital.-
Stellvertreter) Mohammeds. Mhd. kalif m., span.-port. calma f. «Wind-, Meeresstille», wie
aus arab. chaltfa «Nachfolger», als Titel des sie bei großer Hitze einzutreten pflegt: wohl
unmittelbaren Nachfolgers Muhammeds Abu- von gr. Kaü|ia n. «Hitze».
beki', von chälafa «nachfolgen». Kalmank, m. {-s, PL -«): ein mehr ge-
Kaliko, m. (-S, PL -s): Baumwollen- streiftes als geblümtes Wollenzeug. 1715 bei
gewebe. 1773 bei Amaranthes^ Calicon. Aus Amaranthes Galanmnk. Aus engl, calamanco,
engl, calico, franz. calicot m., benannt nach span. calamaco, franz. calmande, calemande,
der ostindischen Stadt Calicut an der Mala- na..kalamink, kalmink. Unbekannter Herkunft.
barküste, woher der Zeugstoff zuerst kam. ABL. kalmanken, adj., bei Voß Id. 16, 12.
Kalk, m. (-es, PL -e): Stein aus Calcium- Kalmänser, m. (-s, PL wie Sg.): einsam
oxyd, der gebrannt wird und mit Wasser in Nachdenken und Giillenfang für sich
begossen zerfällt; die so zerfallne Masse. Lebender, Kopfhänger (1691 bei Stieler Kai-
Mhd. kalc, ahd. calc, chalc und mit regel- rneuser): Geizhals (1734 bei Steinbach KaM-
rechter Verschiebung des zweiten c chalch, mäuser, noch bayr. Kalniauser). ürspr.
chalh m. (daher noch md. und oberd. Kalch, armer Schulmeister (1571 bei Rot und 1583
auch bei Goethe Br. 4, 125, 126); dazu and. bei Mathesius Luther 136^ Galmeuser), dann
calc, ndl. kalk, ags. cealc m. (engl, clialk Schulfuchs, Pedant (1664 bei Duez). Unbe-
«Kreide»). Aus lat. calx f. (Gen. calcis), kannter Herkunft. Nach H. Schröder Streck-
das zu gr. xäXiS m. f. (Gen. xö^ikoc) «Kalk- formen 145, wo weitre Literatoi-, wäre das
stein» gehört. ABL. kalken, V.: mit Kalk Verb kaimausern, kalmüsem, auch klamüsern,
bearbeiten oder bestreichen, mhd. kelken, z. B. ndd. ütklamiisern Streckform zu ndd.
kelchen, ahd.im Part. Prät. gichald, gichalht; klüsern «grübeln». Aber möglicherweise
dazu anord. kalka. kalkicht, kalkig, adj., ein Ausdruck der Studentensprache. Man
1562 bei Mathesius Sarepta 49^ kalchicht, könnte ein calmusarius von lat. calnius m.
1691 bei Stieler kalkicht, 1741 bei Frisch «Halm» voraussetzen. ABL. Kalmänserei,
kalkig. ZUS. Kalkofen, m., ahd. chalhovan, f.: Kopfhängerei, Grillenfiingerei (Lessing 12,
mhd. kalcoven. Kalkspat, m. {-es, PL -e): 401); Geiz (1734 bei Steinbach). Urspr.
kohlensaurer Kalk, 1775 bei Adelunsr. Stand und Wesen eines armen Schulmeisters,
Kalkül, m. (-S, PL-e): Berechnung. Im bei Rot 1571' (Calmeuserei annethey und , I
18. Jh. (Schiller Wallenst. Tod 4, 8), von lat. fretterey), dann Schulfuchserei, Pedanterie
:

969 Kalmns Kamerad 970

(Dnez 1664). kalmäusem, v.: stuben- Kamasche, s. Gamasche.


hockend studieren, Grillen fangen (1691 bei Kambrik, s. Kammertuch.
Stieler kalmeusern), urspr. als armer Schul- Kambüse, f. (PL -«): Schiff-sküche.
meister leben (1664 bei Duez calmensen «mi- Nebenform von Kahüse.
serum scholasticum agere, continue scribere Kam-ie, f. (dreisilbig, PI. -n): Edelstein
et studüs ineumbere in dermit erhaben ausgeschnittnem andersfarbigen
statt Tierunib
gellen die kinder in den Häusern zu lehren^, Bildwerke. Bei Lessüig 8, 159 f. und Goethe
1618 bei Schönsleder calmeisen). 44, 369 Camee m., aus gleichbed. franz. camee,
£almn8, m. (Gen. und PI. ebenso): cala- ital. cammeo, mlat. camoeus m., neben ft-anz.
mus aromaticus, ein ge-würzhaftes Schilfrohr, camoÄeu, span.-port. camafeo, mlat. camayx,
bes. dessen heilkräftige Wurzel. Im 15. Jh. caniahotus, eamahutus m. «Sardonyx, der zu
kalmus (Diefenbach Gloss. 688°), mit ge- geschnittnen Steinen verwendet wurde», woher
schwächter Endung Kalnies (bei Luther mhd. gamahiu m. f., i. J. 1410 gamehoe Frankf.
2. Mos. 30, 23), Kalins (1734 bei Steinbach), EeichsköiT. 1, 806, gamehee m. Mone Anzeiger

aus lat. calatyius, gr. KÖXaiaoc m. «Eohr, Schilf». 4, 357, im 16. Jh. bei Paracelsas Opera 2, 309
Kalosche, s. Galosche. Ganmhey m. «Kamee».
Ealpak, Eolpak, m. (-s, PI. -e und -s) Kam^l, n. {-s, PI. -e): das asiatisch-nord-
Hut, Husarenmütze; (im deutschen Heer) afrikanische einhöckrige Lasttier (studentisch) ;

der tuchene Zipfel an der Husarenmtitze. keiner Verbindrmg angehöriger Student (seit
Neaire Entlehnung aus t\JLrk.kalpak «Mütze». etwa 1830). Bei Luther Caniel, Kamel n.,
kalt, adj. (Komp. kälter, Sup. kältest): das Weibchen Cameli/i f., entlehnt aus lat.
empfindlich der Wärme ermangelnd. Mhd. camelus m., während das auf der ersten Sübe
kalt, ahd. calt, ehalt; dazu asächs.-afries. cald, betonte mhd. kemel, kemmel, kenihel m., md.
mnd. kalt, nd. kold, nmdl. cout, ags. ceald, auch kamel, kammel m., in den Kreuzzügen
engl, cold, anord. kaldr, schwed. kall, dän. kold, aus gr. Kd^rjXoc m. f. (bei den Byzantinern
got. kalds. Eine altertümliche passiv. Parti- Kd|LiiXoc gesprochen) entlehnt wurde. Dies
zipialbildung auf -t (entsprechend lat. -fus, aus dem Orientalischen, hebr. gämäl, arab.
aind. -tas) zu anord. kala, ags. calan «frieren?, dzamal «Kamel». Ln Ahd. hieß das Tier
urverwandt mit lat. geläre «gefrieren», gelu olbanta f., noch mhd. olbente, olhende f.,
n. «Eiskälte, Frost», gelidus «eiskalt», gr. olhent m., asächs. ol^bundeo m., ags. olfend m.,
feXavbpöv «kalt» (Hesych), lit. gelmenis m. got. ulhandus f., urverwandt mit gr. dXecpac m.
«heftige Kälte», abg. goloti m. «Eis». Vgl. (Gen. dXeqpavTOc) «Elefant». ZUS. Kam^l-
küM. ABL. Kälte, f., mhd. kelte, kalte, gam, n.: Garn aus dem seidenartigen Haare
ahd. chalti f.; dazu afries. kalde, kelde, mndl. der Angora- oder Kamelziege, die nach ihrem
c<nide f. kalten, v. : kalt werden, mhd. kalten, langen Halse benannt ist. 1775 bei Adelung.
ahd. ehalten, and. kaXdon, ags. cealdian. Kam^lparder, m.: die Girafi'e, 1571 bei
kälten, v.: kalt machen, mhd. kelten. ZUS. Heyden Plinius 127* Gameelpart, 1482 im
kaltblütig, adj.: leidenschaftslos, 1724 im Voc. theut. q3* kemelpard, mhd. kemelopart
Hamburg. Patriot 19, 3. Kaltschale, f. (Voc. opt. 38, 18), aus gleichbed. lat. camelo-
(PI. -n) in einer Schale aufgesetzte kühlende pardus, -pardalus m. und camelopardalis f.,
:

Speise aus Bier (oder Wein, Milch) und Brot, gr. Ka)ir|\oTrdpbaXic f.
Semmel usw., 1660 bei P. Fleming 148, 31 Kamelie (viei-silbig), f. (PI. -n): eine
KaXte-Schale, ndl. 1598 bei Kilian Äo?d€-scÄa€?. Pflanze, von Linne nach dem Jesuiten CameUi
KaltSChmled, m. {-es, PI. -e): Dengler und benannt, der die Blume aus Japan einführte.
Spengler, der ohne Feuer arbeitet, Kessel- Kamelott, m. (-s) Zeugstoff von Kamel- :

flicker. Mhd. kaltstnit, spätahd. (11. Jh.) haar. 1605 bei Hulsius Dict. Camelot und
chMtsmid m. Kaltsinn, m., 1691 bei Stieler. Schamlot, mhd. schamlät, schamhlät, im 15. Jh.
kaltsinnig, adj., 1650 bei Moscherosch, samelott und zamlott, 1564 in den Script, rer.
bei Krämer 1678. Siles. 4, 192 Tehamlot m., aus gleichbed. franz.
Kamarilla, f. (PI. Kamarillen): einfluß- camelot m., von lat. camelus m. «Kamel».
reiche Hofpartei. Aus gleichbed. span. cama- Kamerad, m. (-en, PI. -en): Stuben-,
rüla f., eig. «besondres Gemach des Königs» Mitgenosse, zum Umgang Erkorner. Bei
«Kammer». Um 1820 auf- Schiller rhein. Thalia 786 2, 40 und bei
"^1
von lat. camara f.
genommen. Vgl. ZfdW. 8, 10. Goethe 4, 169 noch Kamerade, bei Lessing
971 Kameralist Kammer 972

1, 28 Kammerade,
dann S. 521 f. Kammerad auch noch 1741 bei Frisch Gamisole f., auf-

(wohl wegen Kammer, schon 1678 beilü-ämer genommen aus franz. camisole f, «Unterjacke»,
Kamnierat, 1663 beiSchuppius816 Cammerad). dies entlehnt aus ital. camiciola f,, von ital.

Ndl. 1598 bei Kilian camerade, bei uns im camicia, span.-port. und prov. camisa, franz.
30jähi-igen Kriege dui'ch die Soldaten in chemise, mlat. cardisia f. «leinenes Unter-
Übung gekommen (1639 bei Zinkgref Apophth. kleid, Hemd (s. d.)».

2, 81 Rott- oder Spießgesellen, die jetzauf Kamm, m. (-[e]s, PI. Kämme): Zinken-
new-teutsch Gamaraden auch werkzeug zum Reinigen, Ordnen und Schmuck
heissen, vgl.

Lauremberg 3, 224), aus gleichbed. franz. der Haare; (übertr.) gezackter roter Fleisch-
camarade m., von ital. camerata, span.-port. auswuchs auf dem Kopfe des Hühnerviehes,
camarada m. «Genosse» und (ui-spr.) «Gesell- dann obei'er Hals, Mähne (schon mhd,); mit
schaft, Stubengenossenschaft». Die Kollektiv- Rohrstäbchen versehner Weberrahmen (bereits
bedeutung ging also hier wie bei Fra^ien- mhd,); Weintraubenstiel mit den Stielchen
zimmer u. Bursch (s. d.) auf die Bedeuttmg der (spätmhd. 14. Jb.); gezackter Grat eines Ge-
einzelnen Person über. ABL. Kameradin, f., birgszuges (1741 bei Frisch), In urspr, Bed,
1774 bei Goethe 19, 11 Kameradin. Kamerad- mhd. kamp, kam m. und schwachflektiert
schaft, f., 1678 bei Krämer. kambe, kämme f. m., ahd. kamp und kamho
Kameralist, m. {-en, PI. -en)-. Staats- m.; dazu and.-ags. camh, ndl. kam, engl, comb,
wirtschaftskundiger. 1813 bei Campe, Aus anord. kambr, schwed.-dän. katn m. Eig.
einem nlat. cameralista m., von einem aus «gezahntes Werkzeug», der Lautverschiebung
lat. camer a f. «Kammer» (s. d.) abgeleiteten gemäß stimmend mit gr. yöfiqpoc m, «Zahn,

Adj. camer alis, woher auch Kamer alwissen- Pflock», YO|nqpioc m. «Backzahn», (lit. gemhe f.
schaft f., die von der Verwaltung der landes- «hölzerner Pflock»?), abg, zc^hü m, «Zahn»,
herrlichen Einkünfte handelt, dann s. v. a. Ht. zambas m. «Balkenkante», alb. dq.mp m.
Staatswirtschaftslehre (1774 bei Adelung), «Zahn», sänd. jamhJias m, «Fangzahn, Rachen»,
nlat, camer alia pl., mit deutscher Endung jamhhäte «er schnappt nach etwas». ABL.
Kamerälien, PI. Schon 1703 im Zeit.-Lex. kämmen, v,, mhd, kemhen, kemmen, ahd.
Cameral- Sachen. Die Benennung daher, weil chempen; dazu and, kemhian, mndl, kemhen,
die Finanzbehörden früher Kammern hießen. ags, cemhen, engl, comb, anord, kemba. Davon
Kamille, f, (PI. -n): die Arzneipflanze Kämmer, m,, mhd. kemmer «Wollkämmer».
chamomilla mit Teeblüten, Mhd, camille und ZTJS. Kammgarn, n.-. Gam aus Wolle,
gamille f., gekürzt aus mlat. und ital. cama- die durch Kämmen gereinigt und gelockert
milla, camomilla f., von gr.-lat. chamaemelon, ist {Kammivolle f. 1808 bei Campe), erst im
gr. xaf-ia'Mil^ov n, «Erdapfel» (xa|uai «an der 19. Jh. (die deutsche Kammgai'n-Maschinen-
Erde», |Lif|\ov n, «Apfel»), wegen des apfel- spinnerei wurde 1815 — 20 von Weiß in
ähnlichen Geruches der Blüte (Plinius). Langensalza eingeführt). Kammacher, m,,
Kamin, m. und n. (-S, PI. -e): Schorn- clev, 1477 cam-meker, kame-meker. Kamm-
stein,Nebenschomstein Stubenherd. Mhd.
; rad, n,: gezahntes (also kammartiges) Rad,
kämm, kemhi m., aus gi'.-lat. cammus m. mhd, kamprat (noch 1678 bei Krämer und
«Feuerstätte, Zimmerherd», gr. Kdmvoc f. 1711 bei Rädlein Kamprad), im 15, Jh, kamrat,
«Schmelz-, Brennofen», das zu abg. kamy m, mndl, camrat n.
«Stein» gehört. Vgl. Hammer. Ins Lit.-Slaw. Kammer, f, (PI. -n): wohnliche Räum-
entlehnt apreuß. kamenis «Feuermauer», Ht. lichkeit in einem Gebäude, insofern sie zum
käminas m. «Kamin», abg, kamina f. «Ofen». Nebengebrauche, wie zum Schlafen, Aufbe-
Deutsch im 15. Jh. auch in kemmich (Voc, wahren u, dgl. dient (bildlich z, B, in Herz-
1482 q 2^), kümich, kömich, kämet umgebildet. kammer, mhd, des herzen kamer Trist. 126, 34);
ZUS. Kaminfeger, m,: Essenkehrer, früh Raiim im Geschütz oder Gewehr, der die
im 17. Jh, (Scheible Flieg. Blätter 116), dafür Ladung aufnimmt (bereits im 15. Jh., damals
um 1557 kemmichfeger (Peter Lewe 454), ein selbständiges Stück, das geladen ans Ge-
1510 bei Keisersberg Has im Pfeffer Aa7° schützrohr befestigt wurde); (von der ahd,
kemmetfeger. und mhd. Bed. «Wohnung des Fürsten» aus-
KamisÖl, n. (-s, PI, -e): ünterwaras, gehend) Personal, das zur nähern Umgebung
kurzes Wams, 1643 im Sprachverderber 32 des Fürsten gehört (im 18. Jh.), ferner fürst-
Camisol, 1664 bei Duez Camesol n,, aber liche Schatzkammer (seit 13. Jh.), Fiskus,
973 Eammer Kampagne 974

öffentliclie Kasse,sowie (fürstliche) Gerichts- junger Edelmann im Hofdienst um die Person


stube Verwaltungs- des Fürsten, 1639 bei Zincgref Apophth. 1,
(14. Jh.), Gericht, endlich
behörde (bei Stieler 1691), einzelne Abteilung 106. Kammerkätzchen, n.: (neckend füi-)
einer Behörde; (nach franz. chanibre f. im Kammerjiingfer, 1670 bei Grimmeishausen
19. Jh.) Körperschaft der Landes- oder Volks- Spiinginsfeld Cap. 1 Cammerkätzgen; aber
vertretong. Mhd. kamere, kamer «Gemach, f. ndL 1598 bei Kiüan kamerkatte f. «concubina
Schatzkammer, öiFentliche Kasse, Kammergut, quam amator sibi soli servat cellae inclusam».
fürstliche Wohnung», ahd. camara, cJiamwa f. Kammerknecht, m., mhd. kamerkneht
«Gemach, Palast»; dazu and. kamera, mnd. «niedrer Hofdiener», aber auch «Leibeigner
camere t Aus lat. camara, camera, gr. der kaiserhchen Kammer, Jude». Kammer-
Kandpa f. «Gewölbe, gewölbter Raum», wo- lauge,f.: Lauge aus dem Kammertopf, Urin, im
her auch span.-port. camara, ital. camera, 15. Jh. (Fastnachtsp. 92, 7). Kammermagd,
franz. cliamhre f. (daraus engl, chamher), serb. f.: Kammermädchen, m-spr. bei Hofe, 1654
camra, russ. kämora. ABL. Känunerei, f.: bei Logau 1, 8, 80, nd. 1417 bei Diefenbach
Behörde, die die offentl. Einkünfte verwaltet, nov. gloss. 122* kamermaghet. Kammer-
Schatzamt, 1691 bei Stieler. Kämmerer, musik, f.: Musik für kleinre Räume, urspr.
m. (-S, PI. wie Sg.): Kammerhen-, Schatz- Mnsik in den füi'stlichen Gemächern, so 1629
meister, mhd. kamenere, kamere)* ahd. cha- (Anz. d. Germ. Museums 1859, 10). Kammer-
maräri, cameräri m. «höherer Hofbeamter, präsident, m.: Vorsitzender einer fürstlichen
Aufseher -über das Schlafgemach, über die Finanzkammer (1678 bei Krämer Camm.er-
Schatzkammer, Kleider, Waffen», aus mlat. President), im 19. Jh. auch einer Stände-
carnararius, camerarius m. Vereinzelt bei kammer. Kammerrat, m. Finanzrat, 1678 :

Goethe 1, 308 für das ital. cameriere m. bei Krämer. Kammerton, m.: die gewöhn-
«Diener im Gasthof». Kämmererin, ge- liche Stimmung der Orchesterinstrumente,
kürzt Kämmerin f. mhd. kamercB- zum Unterschied vom Chorton, dem Tone
(PI. -nen),
rinne, gekürzt kanierinne, md.auchÄrawimerere, der (frühem) Orgeln. 1727 bei Hübner
kemmerere und kamerle. kemerle f. «Kammer- Kammerthon hat den Namen von großer
frau, Hofmeisterin». Kämmerling, m. Herren Kammermusic.
(-S, PI. -e): Kammerherr, Kammerdiener, Kammacher, s. Kamm.
mhd. kemerlinc, ahd. cliamarling, davon mlat. Kammertuch, n. i-es)-. sehr feine Lein-
camerlingus, camerlengus, ital. caniarlingo, wand, in der Rostocker Ivleiderordn. von 1585
span. camarlengo, franz. chamhellan m. ZTJS. S. 19 Cammertuch, 1664 bei Duez Kammer-
Kammerdiener, m., bei Luther (Judith tuch «toüle de Cambray», 1678 bei Krämer
12, 6); übertragen, leicht bewegliches Tisch- Cammerichstuch oder Cammerleimvat ndl. ,

chen in der Schlafkammer, im 19. Jahrb. kamerijksdoek. Von der Fabrikstadt Camhrai
Kammerfrau, f.: oberste Dienerin, ux-spr. im französischen Flandern, vläm. Kamerijk,
des Schlafgemaches, im 15. Jh. kammerfrowe f. spätahd. Kamercha, zur Römerzeit Camara-
(altd. Blätter 1, 303). Kammergericht, n.: cum. Daher im 19. Jh. als Nachahmung der
oberstes Gericht, urspr.in des Fürsten ^rt»imer, feinen Leinwand Kambrik m.(-s) feines baum- :

im 15. Jh. kamergericht. Kammergut, n. wollenes Gewebe, Batist.


(-[ej-s, V\. Kammerguter): Gut des Fürsten als Kammgarn, Kammrad, s. Kamm.
Landesherm, Domäne, im 15. Jh. kamergut. Kamp, m. (-[e]s, PI. Kämpe): mit Zaun
Kammerherr, m., 1482 im Voc. theut. q i* oder Graben eingefaßtes Feldstück. In Nieder-
kamerher m. «oberster Kämmerer». Kammer- deutschland. Doch auch spätmhd. kamp m.
jäger, m.: (vornehm verhüllend für) Ratten- (14. Jh.), in der Straßburger Gemma 1508 t 4^
und Mäusefänger (eig. füi-stlicher Leibjäger), ein pflantzt velt oder ein kamp. Von lat.
bei Hagedom neue Fab. 90, nd, bereits im Campus m. «Feld», im Mlat. auch «Feldstück».
17. Jh. bei dem darüber spottenden Laurem- Kampagne, f. (PI. -n): Feldzug; Dauer
berg3,449 kamerjeger. Kammerjungfer, f.: einer Betriebsperiode (in neurer Zeit). Das
Dienerin im Schlafgemach, 1691 bei Stieler, franz. campagne f. «freies Feld», dann «Feld-
urspr. Edelfräulein im persönlichen Dienste der zug», das zurückgeht auf lat. ca»ipa«üt «offne
Füi-stin, so 1664 bei Vinf^z Kammer -Jung fr auw, Fläche, Flachland», eig. N. PI. eines Adj.
ndrhein. im 15. Jh. kamerjonffer (Frommann campanius, von campus m. «Feld». Zur Zeit
]

Ztschr. 2, 441 a).


Kammerjunker, m.: des 30jährigen Kriegs entlehnt (Simpl. 323).
975 Kämpe Kandel 976

^Kämpe, m. (-n, PL -n): Kämpfer, Held. Gamfer, aus mlat. cafura und camphora,
Bei Frisch 1741 als alt bezeichnet, aber von neugr. Kaqpoupd, ital. cafura und canfora, span.
Mylius (1777), Voß, Pfeffel (1783) erneuert. alcanfor, vom gleichbed. arab. und pers. käfür,
Mnd. kenipe, kampe m. «Kämpfer, Krieger», ind. kanpüra, kapUr.
bes. «Zweikämpfer im gerichtlichen Kampf, den ^Kämpfer, s. Kampf
man für Geld dazu mietete», auch md. kempe, ^Kämpfer, m. {-s, PL wie Sg.): Kragstein
ags. cempa, afries. kampa, kenipa m., anord. (s. d.), Balkenkopf; Oberschwelle über dem
kempa f. imd kappi m. Dafür mit Lautver- Türpfosten; Querbalken beim Fensterkreuz.
schiebung mhd. kempfe, ahd. chemphjo, kempfo Seit dem 18. Jh. umgebildet aus Käpfer, mhd.
m. «Zweikämpfer, Kunstfechter, Krieger», kepfer (13. Jh., bei Graff 4, 869). Dazu mndL
mlat. (um 600) campio, daher ital. campione, keper. Vermutlich lat. Ursprungs, vgl. lat.
Span, campeon, Champion m. «Kampf-
franz. capreolus m. «hervorragender Strebe-, Stütz-
held». Zu Campus (s. Kampf).
lat, balken», eig. «Böckchen», zu lat. caper m.
Kämpe, m. (-w, PI. -n): zahmer Eber,
'^
«Ziegenbock».
Zuchteber (bei Klamer Schmidt kom. Dicht. kampieren, v..- zu Felde liegen, sich im
263 Kempe). Nd. im 16. Jh. kempe m., im Felde lagern. Aus dem gleichbed. franz.
engl. Suifolk-Dialekt kemp «Kämpfer, Eber». camper, von camp m. «Feldlager», aus lat.
Wohl, wenn man die bekannte, z. B. in Lam- dimpus m. «Feld». 1617 im teutschen Michel 8.
prechts Alex. 4505, im Lanzelot 3546 hervor- Kanal, m. (-s, PL Kanäle) Wassergraben,
:

gehobne Kampflust des wilden Ebers erwägt, Kunstfluß. Schon md. im 13. Jh. kanäl m.,
aus dem vor. Wort hervorgegangen. eig. «Röhre, Rinne». Wie ital. canale m.
kampeln, v. refl.: sich hin und her zanken, (woher franz. canal m.) aus lat. canälis m.
sich balgen. Md., auch norddeutsch 1657 in «Wasserrinne», woher auch ahd. känali, mhd.
Schochs Studentenleben A6^ sich herumh kanel, kenel, kener, noch Schweiz. Kännel, tirol.
kampeln, mrhein. kampeln-, dazu northum- Kännel, schwäb. Känner m. «Rinne, Gosse».
brisch campte «hin und her streiten». Das Kanapee, n. (-s, Pl.-s, bei Wieland Mask.):
Verbum scheint abgel. von spätmhd. (15. Jh.) Polsterbank zum Widerlehnen und Ruhen.
kempel m. «Streitigkeit Zank», ürspr. wohl In einem Lied vom Anfang des 18. Jh. bei
eins mit kabbeln (s. d.), aber an Kampf, Erk Volksl. 1, 48 Kanapee, entlehnt aus gleich-
Kämpe angelehnt. Davon Kampelei, f.: bed. franz. cayiape, ital. canope m., dies aus
Hin- und Hergezänk e, 1775 bei Adelung. mlat*. canapeum, lat. cönöpeum n. «Mücken-
Kampf, m. (-[e]s, PI. Kämpfe) feindlicher : netz, Himmelbett», gr. Kujvujireiov n. «Mücken-
Gebrauch der Waffen oder Kräfte gegenein- netz», dann «ein nach ägyptischer Weise mit
ander, dann überhaupt gegen einen Wider- einem solchen Netze versehnes Ruhebett»,
stand. Mhd. kämpf, ahd. camph m. Zwei- von gr. Kd)viu\\i m. f. «Stechmücke».
kampf; dazu mnd. kamp m. n., nnd. kamp, Kanarienvogel, m. (-s, PL -vögel): der
ags. und mengl. camp, afries. kamp m., ui'spr, zahme, gelbe, von den kanarischen Liseln
«der fechtkunstgemäße Zweikampf». Auf- stammende Singvogel. 1603 bei Schwenck-
genommen aus lat. Campus m. «Feld», dann feld Theriotroph. 298 Canarienvogel, 1612 bei
(nach dem campus Martins in Rom, Mainz, F. Platter 344 Canarienvögelin, 1616 bei He-
Trier usw.) «Tummelplatz, Kampfplatz», im nisch auch Canarienzeißle , schon 1555 bei
Mlat. auch «Zweikampf», besonders der ge- Geßner canaria avicula 2hickervögele, span.-
richtliche. ABL. kämpfen, v., mhd.kempfen, port. canario m.
ahd. (nicht häufig) chamfan, chemfan «einen Kanaster, s. Knaster.
Zweikampf bestehn»; dazu mnd. und md. Kandare,
(PL -n): die Gebißstange
f.

kempen, ags. campian. Kämpfer, m. (-s, an den Pferdezügeln. Im 19. Jh. aus dem
PL wie Sg.), spätmhd. kempfer, dafür ge- Ungarischen (kantär «Zaun, Zügel») entlehnt
bräuchlicher kempfe (s. Kämpe). (1839 bei Immermann Münchh. 4, 144 das
Kampfer, m. (-s): das destillierte weiße abgeleitete Zeitwort abkandaren «die Kandare
starkriechende Harz des ostasiatisch. Kampfer- abnehmen»).
lorbeerbaums. Mhd. gaffer und
(13. Jahrh.) ^
Kandel, f. (PL -w) Kanne. Oberdeutsch. :

campher, 1556 bei P\-isius Gampher, 1565 bei Ältemhd. und ^pätmbd. (15. Jh.) kandel f., mit
Paracelsus Wundartzney 104 Ganffer, 1616 bei naturgemäß eintretendem d aus ahd. chanala,
Henisch Gapher, noch bayr. Gaffer, Schweiz. mhd. chanele, kanel, kanl f. «Kanne» (s. d.).
977 Kandel Kanker 978

-Kandel, auch Kännel, f. (PI -w) Rinne, canavaccio m., von mlat. canavaciiim n. «grobe
:

Dachrinne, '^hd. Kanel, Kenel, Kandel, Kaner, Leinwand», zu mlat. canava f. «Hanl'» (s. d.).
Kener m. «Rinne, Röhret, ahd. chdnali m. ans Kängnruh, n. {-s, PI. -s): der große
lat. canälis, s. Kanal. australische Beutelspringhase, 1770 vom Welt-
Kandelaber, m. (-s, PI. wie Sg.): hoher umsegler Cook in Xeusüdwales entdeckt und
Armleuchter. Bei Campe
1813 CandeJaher. mit dem Namen der Xeuholländer für alle
Aus m. «Armleuchter, großer Vierfüßler Kängnru belegt. 1793 bei Nem-
franz. candelahre
Ki'onleuchter», von Iskt. candelähT^m n. «Leuch- nich Polyglott.-Lex. 1, 1412; 3, 285.
ter», zu lat. candela f. «Kerze». Kaninchen, n. (-s, PI. wie Sg.): Erd-
kandeln, v.: linnen ^vie aus einer Röhre höhlenhase. Bei Luther Caninich.en, Kani-
oder Rinne. Bei Maler Müller 1, 304 aus nicken, md. 1517 bei Trochus H2b caninchen,
der rheinpfälz. Volkssprache, 1540 bei Alberus mnd. konineken n., Dim. von md. canyn,
kennein «tröpfeln wie der Regen aus der Dach- canyne (Diefenbach gl. 162° aus dem 15. Jh.),
lönne», so noch rhein. neben handeln «eine 1595 bei Rollenhagen Froschm. 1. 2, 6,79 Kanin
Rinne bilden», s. -Kandel. n., clev. 1477 canyn, mndl. cu7ivi (Diutiska

Kandelzncker, m, (s): gereinigter, kri- 2, 210* aus dem 14. Jh.), ndl. kmijn n., aus
stallisierter Zucker. 1664 bei Duez Kandel- afranz. connin, connil, ital. coniglio, span.
zucker, Kandizucker, Zuckerkandi, 1575 bei conejo m., von gleichbed. lat. (urspr. wohl
Fischart Gai-g. 298 ^uckerkandel, nach mlat. iberischem) cuniadus m. (vgl. Walde); woher
sucad-, suzcercandi und bloß candi (Diefenb. auch mhd. küneclin, küngel n., Anfang des
Gl. 564^), franz. stiere candi oder bloß candi 15. Jh. chunigel (Diefenbach gl. 162°;, 1468
m., candi m., von arab.-pers. qand, qandid künlin (Diefenbach gl. nov. 124^), 1561 bei
ital.

«verdickter ZuckeiTohrsaft, Kandiszucker», Maaler Kungele, Künele, 1537 bei Dasypo-


aind. khanda- m. n. «Stück, Zucker in kri- dius 276 <^ künelle, külle, 1539 bei Serranus
stallartigen Stücken». dict. fS* noch bayr.-östr. Königl,
königle,
Kandidat, m. {-en, PI. -en): (geprüfter) Könighase, Schweiz. Kiillhase, ei-zgebirg. Kuh-
Amtsbewerber. 1663 bei Schuppius 467 Candi- hase; im östlichen ^litteldeutschlaud 1729 bei
dat, aus lat. candüläüis «Weißgekleideter», Picander 2, 231 Canickelgen, 1711 bei Räd-
denn wer sich im alten Rom um ein Amt lein Kanickligen, um 1700 bei Chr. Weise
bewarb, erschien im weißen Oberkleide, der (Wackernagels Leseb. 3, 1, 851) Carnickelgen,
toga Candida (das lat. Adj. candidus «weiß»). heute in Norddeutschland Karnickel n.
kandieren, v.: überzuckern; zu Kristall ^Kanker, m. (-s, PI. wie Sg.): (lang
sich ansetzen. 1678 bei Krämer kandiren beinige) Spinne; Spinnewebe, Li Mittel
«mit Zucker überziehen», aus gleichbed. franz. deutsehland und Westfalen. Md. 1517 bei
candir (auch refl. «sich kristallisieren»), ital. Trochus H6^ spinne oder kanker, im 14. Jh.
candire, von arab.-pers. qayid, s. Kandelzncker. kanker (Hermann von Fritzlar in Myst, 1
Kandis, m. kristallisierter Zucker, siehe 188, 8). Nicht aus lat. Cancer m, «Krebs»,
:

Kandelzncker. Bei Campe 1813 Candiszucker. sondern germanischen Ursprungs, denn nord
Kaneel, Kanel, (so in Bayern) m. (-5, fries. kunker, in schwed. Mundarten kangro m.
PI. -e): Zimtrinde. Spätmhd, kanel, 1534 norw. kangro, känglo f., Island, köngullö f.
bei Seb. Franck Weltb. 204^ Caneü, 1425 anord. köngurväfa, köngulväfa f. «Spinne»
nä.caneel m. (Diefenbach Gloss. 119°), mndl. ags. gangel-, gongehvcefre, gange-, gongewifre f.
caneel, ndl. kaneel f., aus fi-anz. gleichbed. (umgedeutet) «im Gehen webende Spinne»
canelle, mlat. canella f., von franz. cane, lat. Zugrunde liegt ein Stamm hang oder kank
canna f. «Rohr, Schilf», weil sich die Zimt- «weben», wozu auch Kunkel, der erhalten ist
rinde rohrartig rollt. in den entlehnten finnisch kankuri, estnisch
Kaneyas (spr. kanewa), m. (Gen. u. PI. kangur, kangro «Webej», finn.-estn. kangas
wie Xom. öder Gen. -vasses, PI. Kanevasse): «Gewebe».
gestreiftes Leinen- od. Baumwollenzeug; klein- ^Kanker, m. (-s, PI. wie Sg.): Krebs-
gegittei'te Leinwand. 1646 bei Moscherosch schaden an Pflanzen (Wieland, Adelung).
Philander 1, 64 Canafas, 1678 bei Krämer Md. Cancer m. «Krebskrankheit» (Köpkes
Cannefas, 1715 bei Amaranthes Canevas (aber Passional 504, 8), ebenso ahd. cancher, cancur,
schon mnd. im 14. Jh. kanives «grobe Lein- ags. Cancer, engl, canker. Entlehnt aus lat.
wand aus Hanf»), aus franz. canevas, ital. Cancer m. «Bo-ebs», dann «geschwürartige,
Weigand, Deutsches Wört«rbuch. xAufl. 62
979 Kanne Kanonier 980

um sich fressende Krankheit», kaum aber hausen Simpl. 1, 407 (Kz.) Kannix, bei Luther
urverwandt mit Y^TTPOC m, «Knorren an Tischr. 194^ Kan nicht.
gr, Zusammengefügt
Bäumen», YdTYPaiva f. «krebsartiges Ge- aus (er) kann nichts.

schwüi-» trotz Kluge KZ. 26, 86 u. a. Kanoe, s. Kanu.


Kanne, f. (PI. -n) hohles Gefäß zu Flüssig-
: Kanon, m. {-s, PI. -s): Maßstab, Richt-
keiten (veralt.) Maß für Flüssigkeiten, Hülsen-
;
schnur, Vorschrift; Kirchengesetz; (römisch-
früchte, Butter. Mhd. kanne, ahd. channa f.; katholische) Litanei der Heiligen; Kettenge-
dazu mnd.-mndl. kanne, ags. ca^me, engl, can, sang (von den Kontrapunktisten des 16. Jh.
anord.-schwed. kanna f., dän. kande. Daneben Canon d.i. «Richtschnur, Vorschrift» genannt).
älternhd. Kante, Kande f., noch schweiz.- Aus gr.-lat. canon m. «Regel, Richtschnur,
elsäss.kante f., mhd.kante, ahd.chanta (10. Jh.), Verzeichnis maßgebender religiöser Schriften»,
canada (742), auch canneta, später kannite f. m. «gerade Stange, Stab, Maßstab,
gr. KaviJüv

Vielleicht echt germanisch und mit Kahn Norm, Muster, kirchliche Bücher der Glaubens-
verwandt. Dazu dann mii\ gann «Kanne». regel, Monochord (ein einsaitiger Tonmesser),

ZUS. Kannenbäcker, m.: Töpfer, der kirchliches Lied außer den Psalmen».
Kannen fertigt. Im nassauischen Westerwald Kanonade, f. (PI. -n): wiederholtes
das nach seiner Tonwarenindustrie benannte Schießen mit Kanonen, 1648 bei Kemnitz
Kannebeckerland. Kannegießer, m., mhd. schwed. Krieg 1, 308^ Canonade, aus gleich-
kannen-, kanneJgieger, mnd. kannengeter m.; bed. franz. canonnade f.
Kannegießer in der Bed. «über Staats-, über- Kanone, f. (PI. -n): grobes Geschütz
haupt öfiPentliche Angelegenheiten nach seinem mit längerm Rohr. 1558 bei Rivius Büxen-
Verstände Schwatzender» erst im 18. Jh. (Ra- meisterey 33^ ein Canon oder Karthaunen,
bener 6, 265 vom J. 1760 politischer Kannen- so 20 pfund scheusset, und 8 schuch lang ist,

gießer) -nach dem 1742 erschienenen Lustspiel wigt das Ror 2500 pfund, im Laufe des
der Politische Kanngießer, unter welchem Titel 16. und 17. Jh. als Canon m. (später n.) ein-

Detharding zu Altona ein 1722 zum ersten- gebürgert, 1691 bei Stieler Kanone f., aus

mal gespieltes Stück des Dänen Holberg über- gleichbed. franz. canon, ital. cannone m., Ver-
setzte, in dem ein pohtisierender Zinngießer größerungsform zu franz. canne, lat. canna f.
die Hauptperson ist. Davon kannegießern, «Rohr»; Fronsperger (1596) 2, 31^ nennt als
V.: politisierend schwätzen, 1780 bei Goethe Geschützart Kana, die wigt an jhrem Bohr
Briefe i, 215. Kannenkraut, n., lat. equi- 75 Centner schwer. Studentisch sind Ka-
setum, 1561 bei Maaier Kantenkraut, im 15. Jh. nonen «steife röhrenförmige Reiterstiefel»
kafidelkrut (Voc. ine. teut. m
7 ^), so benannt, (Kluge Studentenspr. 98, vom J. 1813); im
weil es zum Blankscheuern der zinnernen 17. Jh. hießen Canonen «leinene Strümpfe,
Kannen gebraucht wird. deren Enden man als Zierat in die über-
Kännel,s. Kandel. ABL. kannelieren, geschlagnen Kappen der hohen Stiefel legte
V.: mit Rinnen oder Riefen versehen. 1791 und ausbreitete» (bei Stieler 1691), bei Lau-
bei Roth canelierte Säulen. remberg Scherzged. 2, 627 nach den Canonici
Kännel, s. Kanal. benannt, die sie trugen. RA. Unter der
Kannibale, m. (-%, PI. -%): Menschen- Kanone «unter aller Kritik, sehr schlecht»,
fresser; wilder grausamer Mensch. 1534 bei eine scherzhafte wortspielende Umformung
Seb. Franck Weltb. 224 ^ der PI. Ganibalen, von Kanon (s. d.), «Maß». ZUS. Kanonen-
aus span. Canibal m., umgebildet aus Garibal, fleber, n.: fieberhafte Aufregung im oder
Caribe, bei den Franzosen Galibi, dem ein- vor dem Kanonendonner der Schlacht. 1792
heimischen Namen der menschenfressenden bei Goethe 33, 72 f. Kanonenfutter, n.:
Karaiben auf den kleinen Antillen; als Wohn- scherzhafte Bezeichnung für schlechte Sol-
sitz dieser Menschenfresser beschr. S. Franck daten. Vgl. Futter für Pulver bei Shakespeare
221^ die Insel Canibali, jetzt Dominica. Noch König Heinrich IV ^ 4, 2, KanonenscMag,
1628 bei Münster Cosmogr. S. 1723 Carihes m. (PI. -schlage): Feuerwerkskörper, wie ein
oder Ganibales. ABL. kannibä^lisch, adj.: Kanonenschuß krachend. 1757 in Eggers
höchst roh und grausam. 1575 bei Fischart Kriegslex. 1, 445.
Garg. 68 canibalisch, Flöhh. 3546 caniblisch. Kanonier, m. {-s, PI. -e): der zu kano-
KannichtS, m. (unflekt.): Nichtswissen- nieren versteht, Artillerist. 1617 bei Wall-
der, Nichtsvermögender. 1669 bei Grimmeis- hausen Corpus militare 204 Canonir, 1616
981 Kanonikns Eanton 982

im Kriegsmanual 117 Ca)wnier, aus gleich- cant m. «Rand», ndl. kant m. «Ecke, Seite,
bed, franz. canonnier m. — kanonieren, Küste», aMes. kant «Seite» (in fiuwerkant
V.: mit Kanonen schießen. 1648 bei Kem- «auf der vierten Seite»), Island, kantr m.
nitz schwed. Krieg 1, 308^ canoniren, aus «Rand», von afranz. cant «Ecke», ital.-span.
gleicbbed. franz. canonner. ca7ito m. «Winkel, Ecke, Spitze, Seite», lat.

Kanönikns, Kanoniker, m. (s, PI. wie canthus m. «eiserner Reifen um das Rad»
Sg.): Chor-, Stiftsherr. Mlat. canonicus m., (nach Qrdntilian urspr. afrikanisch oder hi-
das als Subst. gesetzte Mask. des gr.-lat. Adj. spanisch), gr. KavGöc m. «Radreif, Augen-
canonicus (s. kanonisch), eig, «der nach einem winkel», kymr. cant «Radschiene, Kreis, Um-
Kanon (s. d.), nach einer geisthchen Vor- zäunung, Rand», abg. kqiü m. «Winkel». Vgl.
schrift Lebende». Daraus schon spätmhd. Walde. Der Plur. in der Bed. «feine, meist
kanonike, ndrhein. im Karlmeinet kanonke, am Rande gezackte Spitzen als Schmuck»
1678 bei Krämer Canonich. im 17. Jh. (Ganten bei Wigand Btr. 237,

kanonisch, adj.: dem Kanon (s. d.), der aus Minden von 1658) entlehnt aus ndl. kantt,
Regel gemäß, den Kirchengesetzen gemäß, PI. kanten «Schmuckspitzen», die in Brabant
als kirchhch beweiskräftig anerkannt. 1709 gefertigt wurden. ABL. Kantel, n. (-s,
bei Hübner canonisch. Nach dem gr.-lat. PI. wie Sg.): vierkantiges Lineal (1833 bei
Adj. canonicus, gr. kuvoviköc «regelrecht». Jahn Merke z. d. Volkstum 196). kauteln
kanonisieren, v,: in den Kanon, d. i. und kanten, v.: auf die Kante stellen, um-
die (katholische) Litanei der Heiligen auf- drehen (1775 bei Adelung; 1691 bei Stieler
nehmen, heiligsprechen. 1605 bei Hulsius kanten «zackicht machen»), kantig, adj.:
Dict. h2^ canonisiern, md. um 1300 canoni- eckig, 1741 bei Frisch, aber 1691 bei Stieler
zieren, aus gleichbed. mlat. canonizare, von kanticht: ndrhein. 1495 in der Kölner Gemma
gr.-lat. canon m. (s. Kanon). S8^ vie^-cantich. ZUS. Kanthaken, m.:
Kanonissin, f. (PI. -nen): Stiftsfrau, eisernerHaken der Auflader, um Lasten an
Stiftsfräulein. Aus mlat. canonissa f. «die der Kante fest anzupacken und fortzubewegen.
nach geistlicher Yorschiift (dem Kanon) 1775 bei Adelung, nd. 1743 bei Richey, ndl.
Lebende, von gi-.-lat. canon m. (s. Kanon). kantshaak.
1709 bei Hübner. Kanter, s. -Ganter.
Kanonist, m. {-en, PI. -en): Kundiger Kautllle, f. (PI. -n): Gold- oder Süber-
und Lehrer des kanonischen oder Kirchen- drahtröhrchen , in Stickereien, Epauletten.
rechts. Bei Luther J. 8, 64^ Canonist, aus 1715 bei Amaranthes Canetille, aus gleichbed.
roman. (ital.) canonista, von gr.-lat. canon m. franz. cannetille f., und dies aus ital. cannettiglia,
(s. Kanon). Kanot, s. Kanu. einer Ableitung von lat. canna f. «Rohr».
^Kantate, f. (PL -w): in Arien, Rezita- Kantine, f. (PI. -n): Flaschenfutteral,
tiven, Chören, Chorälen bestehende kirchliche Flaschenkeller (Lessing ^Minna 3, 7) ; Soldaten-
Singdichtung, 1712 bei Hübner Gantata, aus schenke in der Kaserne. Aus gleichbed. franz.
dem gleichbed. ital. cantata f. (1688), von cantine f., von ital.-span. cantina f. «Keller,
mlat. (1314) cantata f. «Kirchengesang», das Winkel», zu canto m. «Ecke, Winkeb (s. Kante).
als Subst. gesetzte Fem. des Part. Perf. Pass. Kanton, m. (-s, PI. -e): Landbezirk, Aus
von lat. cantare «singen». gleichbed. fi-anz. eanton m., eig. «Land^vinkel»,
-
Kantate, m. n. Gesang (bei Luther 8, 818 *
: ital. cantone m., zunächst «Ecke», abgeleitet
Cantate n.), bes. der 98. Psalm (dessen lat. von afranz. cant (s. Kante). Der schwäb.
Text mit cantäte beginnt), dann der vierte Ritterbund 1422 bestand aus fünf Gantonen.
Sonntag nach Ostern, an dem dieser Psalm In der Schweiz seit Anfang des 18. Jh. (die
bei der Messe gesungen wird. Es ist der dreyzehn Gantons als Name der Eidgenossen-
Lnperativ «singt» von lat. cantäre «singen». schaft), im Zeit.-Lex. 1703. Dafür früher
^ Kante, s. Kanne. und noch bis Ende des 18. Jh. das Ort (s. d.),
^
Kante, f. (PI. -n)-. scharfer Rand; scharf das ebenfalls von der Bed. «Spitze, Ecke»
zulaufende Ecke. Ln 17. Jh. (Opitz, Schottel) zu der Bed. «Landesabteilung» überging.
aufgenommen aus nd. kante f. «Rand, Ecke, ABL. kantonieren, v.: in einem Land-

Seeküste», kant m. «Brodranft», mnd. kante bezirk Einlager halten, 1703 im Zeit.-Lex.
j

f. und kantm. «Ecke, Winkel, Rand», ndrhein. cantoniren, aus gleichbed. franz. cantonner,
im 14. Jh. kant m. «Schildrand»; dazu rondl. |
ital. cantonare. Kantonist, m. (-en, PI. -en) :

62*
983 Kantor Kapelle 984

Militärpflichtiger. 1813 bei Campe. RA. Un- setzter einer Kanzlei, hoher Würdenträger
sichrer Kantonist: unzuverlässiger Mensch; zur Ausfertigung öS'entlicher Urkunden, urspr.
eig. unsichrer Militärpflichtiger. des Königs oder Kaisers. Bei Luther Cantzeler,
Kantor, m. Sangmeister in mhd. kanzelcere, kanzeler, ahd. cancelläri, kan-
{-s, PI. -en):

der Kirche und Schule; Volksschullehrer. zeläri m., aus späterlat. cancellarius m. «Kanz-
1571 bei Rot Gantor, von lat. cantor m. leivorsteher», von lat. cancelli (s. Kanzel).
«Sänger», im Mlat. «Kirchensänger». Davon Kanzlist, m. (-en, PL -en): Kanzlei-
Kantorät, n. (-s, PL -e) Amt des Kantors, schreiber, 1678 bei Krämer Gantzlist, CantzeU
:

aus gleichbed. mlat. cantoratus m. list, aus spätmlat. cancellista m.

Käntschn, m. (-s, PI. -e): aus Riemen Kanzone, f. (PL -»): lyrische Dichtart
geflochtne kurze dicke Peitsche. Ende des provenzalischen Ursprungs, bei den Italienern
18. Jh. bei Lichtenberg 5, 174 Kantscliuh-, ausgebildet. Ende des 16. Jahrh. (1608 bei
westpreußisch auch Kantschuk. Aus tschech. Gödeke Grundr. ^ 2, 71 Ganzon) entlehnt aus
kancuch, poln. kanczug m.., von tüi'k. kantschy ital. canzone m. «Lied», von lat. cantio f. «Ge-
«lederne Geißel». sang, Lied», zu lat. canere «singen».
Kann, in Östen-eich Kanoe geschrieben, Kap, n. (-S, PL -e u. -s): Vorgebirge.
n. (spr. kanü, Gen. -s, PI. -s): Baumkahn Im 16. Jh. ndl. cape, kape (bei Kilian 1598),
der amerikanischen Wilden. 1710 bei Nehring daraus 1616 bei Henisch Gape, mit franz.
Canot, Ganoe, 1720 im Robinson 1, 325 Ganoe cap m. aus ital. capo m., von lat. caput n.
m.j aus gleichbed. franz. canot m., engl, canoe, «Kopf, Haupt».
die wie span.-port.-ital. canoa f. dem karaibi- kapäl)el, adj.: fähig, tüchtig, vermögend
schen canäoa entlehnt sind, woher schon 1567 wozu. 1617 bei WaUhausen Corpus militare
bei ülr. Schmidel cannao 38, 11, cannano 47, 8, 149 capabel, aus gleichbed. franz. capable,
1628 bei Münster Cosmogr. S. 1749 Canoa m. mlat. capabilis,\ on lat. capere «fangen, fassen».
Kanzel, f. (PI. -n): Predigtstuhl; Lehr- Kapaun, m. {-s, PL -e): verschnittner
stuhl; etwas der Kanzel ähnliches, z. B. bei Hahn. Mhd. kappün m. (auch «Kastrat»), im
dem Anstand der Jäger. Mhd. cappaun; dazu mndl. cappoen, ags.
kanzel, ahd. 14. Jh.

chäncella f., aus lat. capün m., engl, capon, wie franz. chapon,
cancellus m., PI. cancelli
«Gitter, umgitterter Raum», kirchlich-mlat. ital. cappone m. aus gleichbed. gr.-lat. cäpo
«der vom Schifi'e der Kirche durch ein Gitter (Gen. cäpönis), gr. köttujv m., aus dessen lat.
getrennte Raum des Allerh eiligsten, wo der Neb'enform cäpus m. die im Mhd. üblichere
Hochaltar und die Sitze für die Geistlich- schwachflekt. Form kappe, ahd. cappo m.
keit waren», auch «Söller, Balkon». ABL. «Hahn, Kapaun», sich bildete. Mit Anlehnung
kanzeln, v.: jem. von der Kanzel herab eine an Hahn schon mhd. kaphan m., bei Luther
Strafpredigt halten, 1778 bei Hermes Soph. Gaphan, bei Lessing 1, 54 Kapphahn. ABL.
Reise 6, 339, s. abkanzeln. ZUS. Kanzel- kapännen, v..- zum Kapaun machen, mhd.
Sprnng, m.: das kirchliche Aufgebot Ver- kappen und im 14. Jh. kappaunen.
lobter von der Kanzel herab (gern im Scherze), Kapazität, f. (PL -en): Aufnahmefähig-
1776 bei Voß Id. 6, 104. keit, Tüchtigkeit besonders begabter Mensch. ;

Kanzlei, f. (PI. -en): Ausfertigungsstube Unter Einwirkung von frz. gleichbed. capacite f.
einer Behörde. Mhd. kanzelte, im 15. Jh. aus lat. capacitas f., von capax «fassend».
kanzli f., eig. «der mit Schranken umgebne Im 18. Jh., aber erst durch St. Simon zum
Ort, wo sich die Mitglieder eines Gerichtes, Schlagwort geworden. Vgl. Ladendorf.
einer Behörde zur Ausfertigung gerichtlicher 1
Kapelle, f. (PL -n): kleiner Schmelz-
Angelegenheiten versammeln», von lat. cancelli tiegel, Schmelzschale. 1616 bei Henisch
(s. Kanzel). ZUS. Kanzleistil, m.: die in Gapelle. Hervorgegangen aus einer Vermi-
Kanzleien übliche Ausdrucksweise (1678 bei schung von mlat. capella, franz. chapelle f.
Krämer Cantzley-Stilus), insbes. die von der «Helm eines Destillierkolbens», und franz.
obersächs. Mundart ausgehende seit dem 15. Jh. coupelle, ital. coppella f. «Probiertiegel», aus
in den Kanzleien der hoch- wie niederdeutsch. lat. cupella f. «kleines Gefäß, Fäßchen», Ver-
Fürsten angewendete Schriftsprache, auch kleinerungsform von lat. cüpa f. «Küpe, Kufe»
Kanzleideutsch n. (1541 bei Franck Sprichw. (s. d.). RA. Etioas auf die Kapelle bringen:
2, 12* unser cantzley teutsch). «es streng prüfen» (bei Lessing 8, 48); etw.
Kanzler, m. (-s, PL wie Sg.): Vorge- auf die Gapelle setzen (1694 bei Nehring).
985 Kapelle Kapitnlar 986

-Kapelle, f. (PI
-n): kleine Xebenkirche: lat. cajyut n. (Gen. capitis « Haupt, Haupt-
die Gesamtheit der beim Gottesdienst in der geld». ABL. kapitalisieren, v.: das Kapi-
Schloßkapelle des Fürsten, dann bei welt- tal ausrechnen nach den Zinsen; in ein Kapi-
lichen Konzerten mitwirkenden Musiker, so- tal verwandeln, zum Kapital schlagen. Von
dann Musikerschar überhaupt. Mhd. kap- gleichbed. franz. capitalisei: Kapitalist, m.
pelle, kappel (auf der ersten Sübe betont), (-e», PL -eil): Besitzer eines Kapitals, im
i

kapelle, ahd. chapeUa, chappella f. c kleine 17. Jh. (1694 bei Nehring) nach franz. capi-
,

Xebenkirche», von mlat. capella f. «kleinres taliste m. «Rentner», Kapitalismus, m.:


gottesdienstliches Gebäude, Gesamtheit der die heutige kapitalistische Geldwirtschaft im
dem Bischof bei heiliger Handlung dienen- Gegensatz zum. Sozialismus. Erst in der
j

den Geistlichen», zuerst aber «das gottes- 2. Hälfte des 19. Jhs.
I

dienstliche Gebäude der französischen Könige», Kapital, Kapitell, n. (-s, PL -e und


I

in dem sie den kurzen Mantel des heü, Martinus Kapitaler): Säulenknauf. Mhd. kapitel n^
aufbewahrten; derm mlat capella bedeutet 1482 im Voe. theut. ql^ kaptele, 1561 bei
urspr. ckurzer Mantel», mhd. kappet (Parz. Maaler Capital, aus lat. capitellum neben capi-
669, 5), von mlat. capa, cappa f. «das Haupt tulum n. «Säulenkopf», eig. «Köpfchen». Ver-
mitbedeckender Mantel» (s. Kappe). ZUS. kleinerungsform von lat. Caput n. «Kopf».
Kapellmeister, m, Vorsteher einer Musik-
: Kapitän, m. {-s, PL -e): Hauptmann,
kapelle. 1605 bei Hulsius Dict, Capelnmeister, das 1843 in der preuJjischen Armee dafür
1616 bei Henisch Capellnieister, aber schon eingeführt wurde; Schiffsoberster (1645 in
1575 bei Fischart Garg. 92 Capeüemeysterei f. Mandelslö's Reisebesehi-. Kap. 14). Im 15. Jh.

^Kaper, m. (-s, PL wie Sg.): privile- kappethen. cappitenm. «Anführer», aus gleich-
gierter Seeräuber; Raubschiff. 1678beiKrämer bed. franz. capitaine m,, von mlat. capitaneus
Kaper, aufgenommen aus ndl. kaper m, (wo- m. «Soldatenbefehlshaber» (zu lat. caput n.
her auch das gleichbed. franz, capre m.), von 1 Haupt»), woher schon spätmhd. kapitän.
ndl. kapen «Freibeuterei zur See treiben» kapitänius, capitänje m,, 1562 im Reisbuch
(kaap f. «Seeraub»), wohl urspr. «auf lauem», d. heü. Lands 1, 358 Capiten, bei Opitz und
denn mndl. kapen, clev. capen, mhd. köpfen Fleming Capitein, Capitain (: ein), nach ndL
«gaffen, umhersehen». ABL. Kaperei, f.: kapitein, nd. kaptein.
Freibeuterei zur See, 1694Kapitel, n. -.s, PL wie Sg.) Hauptstück
bei Xehring. i :

kapern, v.: (durch Seeraubj erbeuten, 1678 einer Schrift (1531 bei Hedio Josepbus Vorr.
bei Krämer kaperen. 4° Capitel); Versammlung der Herren eines
-Kaper, f. (PL -n): Blütenknospe des Stifts. Mhd. capitel n. «feierHohe Versamm-
Kapernstrauches. 1482 im Yoc. theut. k2* lung, Konvent», ahd. capital, capitid n. «Über-
der PL gappern, 1561 bei Maaler Kappren, schrift», aus lat. capitulum n. (im Kirchen-
1495 in der Kölner Gemma cappres, 1477 latein) «Auf-, Überschläft, Hauptstück einer
clevisch caperen. Aus gleichbed. franz. capre f., Schrift, Versammlung eines geistlichen oder
ital. cappero m., von mlat. capera, gr.-lat. weltlichen Ordens», weü in ihr die in Kapitel
capparis, gr. Kd-n-rrapic f., arab. kabar, kdbhär. geteilten Ordensstatuten verlesen wurden oder
Kapfenster, n. (-s, PL wie auf Grund derselben Verhandlungen statt-
Sg.): kleines
vorspringendes Dachfenster. 1668 bei Chr. fanden. Verkleinerungsform von lat. capnit
Weise die Yerkleinerung Kappfenstergen. Zu n. «Hauptj;, dann «Hauptstück einer Schrift».
nd.-ndihein. kapen, mhd. kapfen «blicken, ZJJS. kapitelfest, adj.: bibelfest, 1711 bei
spähen, gaffen». Rädlein.
Käpfer, s. Kämpfer. kapit^ln, V. : durch scharfe Worte strafen,
kapieren, v.: fassen, begreifen. 1728 bei eig. jem. das Kapitel lesen. So schon mhd.
Sperander capiren. Aus lat. capere «fassen». kapiteln, aber ahd. capitiilön, capitalön «über-
Kapital, n. (-s, PL -e und -ien}: das schreiben», aus mlat, capiUdare «kurzes zu
Haupt-, Grundgeld. 1616 bei Henisch Capital, Lesendes laut vortragen, in Worten strafen,
aus gleichbed. franz. capital m., von mlat. Schriftliches in Abteilungen sondern», von
capitale n., dem als Subst. gesetzten Neu- lat. capitulum (s. Kapitel).
trum des lat. Adj. capitälis «den Kopf, das Kapitulär, m. (-s, PL -e): Chor-, Stifts-
Leben betreffend, vorzüglich» (daher Kapltal- herr. 1728 bei Sperander, 1710 bei Behring
in Kapitalverbrechen u. a.), abgeleitet von capitulares. Aus gleichbed. mlat capitularis
:

987 Kapitulation kapntt 988

m., dem als Subst. gebrauchten Mask. des engl, cliap «spalten», schwed. kappa, dän. kappe
Adj. capituläris «zum Kapitel (der Ordens- «die Spitze abhauen». Herkunft unklar.
versammlung) gehörig», von lat. capituluni ^kappen, v.: verschneiden, kastrieren.
(s. Kapitel). Mhd. kappen, von mhd. kappe m. s. Kapaun.
Kapitulation, Vergleichung
f. (PI. -en): Kappes, m. (Gen. ebenso): weißer Kopf-
auf Bedingungen. 1577 bei Henricpetri Gene- kohl, Weißkraut, lat. brassica capitata. Um
ralhistoria 360 und 1616 bei Henisch Gapi- 1480 im Voc. incip. teut. f4*' gabaßkraut,
tulation, aus franz. capitulation f. «Vertrag, mhd. kappug, kappi^, kabeg, kabag m., spät-
vertragsmäßige Übergabe im Kriege», aber ahd. kabug, capug. Wie gleichbed. franz. cabus
mlat. capitulatio f, «Verzeichnis der Haupt- m., ital. capuccio m. aus lat. caput n. «Kopf»,
stücke». (S. d. folg.) mlat. caputium n. «Kopfbedeckung».
kapitulieren, v.: über Kapphahn, m., s. Kapaun.
gestellte Haupt-
punkte verhandeln: wegen Übergabe unter- Käppi, n. (-S, PI. -s) niedriger Soldaten- :

handeln, sich durch Vertrag ergeben (1703 schako. Seit etwa 1830 in deutschen Büi-ger-
im Zeit.-Lex.). 1571 bei Rot capitulirn «ver- wehren eingefülirt, Schweiz. Verkleinerungs-
handeln». Aus franz. capituler, von mlat. form von Kappe (s. d,).
capitulare «ein Übereinkommen treflFen, einen Kappzaum, m. (-s, PI. Kappzäume):
Vertrag schließen». Zaum mit Nasenband. 1689 bei Lohenstein
Kaplan, m. (-s, PI. Kaplans), in Öster- Ihr. 20 und 1691 bei Stieler Kappzaum, 1664
reich und Bayern auch Kapellan: ange- bei Duez Kappezan, mittels Anlehnung an
stellter untergeordneter Hilfsgeistlicher. Mhd. Kappe und Zaum aus gleichbed. franz. cavegon,
kap{p)el(l)än m., aus mlat. capellanus m. ital. cavezzone m., von ital. cavezza f. «Halfter»,
«Geistlicher, der den Gottesdienst an einer afranz. chevez, chevece «Kragen», die auf lat.
Kapelle (s. d.) zu versehen hat». capitium n. «Mieder, Kopfloch des Kleides»,
kapores: zugninde gerichtet. später «Haube», von lat. caput n. «Kopf»
tot, entzwei,

1774 bei Bürger 185 kapores. Jüdische Aus- zurückführen.


sprache des rabbinisch-hebr. kappöreth f. «Ver- Kaprice, Caprice (in Österreich), f.
söhnung, Sühnopfer», eig. «Deckel der Bun- (PI. -n): steifsinnige Laune. Im 17. Jh. aus
deslade». Unsre heutige Bed. daher, daß am franz. caprice m. «wunderlicher Einfall», ital.
großen Versöhnungstage mancher Jude einem Capriccio m., span.-portug. capricho von lat.

Mchtjuden seine Sünden auferlegen wollte caper m. «Bock», in Beziehung auf das Be-
mit den Worten «Sei du meine kappöreth!-», nehmen dieses Tieres, kaprizieren, V. refl.
d. i. mein Sühnopfer, was dann den Sinn eigensinnig auf etwas bestehen, 1813 bei
hatte «Stirb du für mich zur Versöhnung Campe, kapriziös, adj., 1687 bei Hohberg
mit Gott!» 2, 854^ Capriccios.
Kappe, f. Art Kopfbedeckung;
(PI. -«): Kapriole,f, (PI. -n): Bocks-, Luftsprung.

Kutte. Mhd. kappe, ahd. kappa f. «Mantel, 1576 bei Mathesius Luther 19^ Capreole, aus
der mit einer Kapuze zugleich den Kopf gleichbed. ital. capriola f., von lat, caper m.
bedeckte». Dazu and. kappa f. «Kappe, Um- «Bock».
hang», mndl. cappe f. «Kopfbedeckung», ndl. Kapsel, f. (PI. -n) : Gehäuse, etwas, hin-
cap «Kapuze», ags. cceppe f. «Kappe, Mantel», einzutun. Anfang des 15. Jh. kapsei (Diefen-
engl, cap «Mütze», anord. käpa f. «Überkleid, bach nov. gloss. 74% auch aus gleicher Zeit
Mantel», aus mlat. (um 600) cappa, capa f. nd. capsel), and. kapsiUn «Kästlein», aus lat.
Mantel mit Kapuze», das vielleicht dem Capsula f. «Kästchen», Dim. von lat. capsa f.

Keltischen entstammt. RA. Etwas auf seine «Kiste», woher mhd. kafse, kefse, ahd. kafsa,
Kappe nehmen: «die Verantwortung oder die kefsa f. «Reliquienbehälter», and. kaps, kefsa
Folgen tragen» (eig, «die Schläge», vgl. einem «Behältnis, Gefängnis». Ahd. auch capselin
ettvas auf die Kappe geben). Es setzt Kappen, n. «Kästchen», von mlat. capsella f.

d, h, «Schläge, Zm-echt Weisungen» (1641 bei kaputt, bayr. auch kaput, verloren, zu-
Scherffer Ecloga 96), grunde gerichtet, hinfällig, kraftlos, tot, ent-
^kappen, v.: abhauen {den Anker k., d,h. zwei. 1648 bei Kemnitz schwed. Krieg 1, 462*
das Ankertau); die Spitze abhauen. 1716 bei capot, bei Seb, Bürster 174 (vom J, 1643)

Ludwig, aus gleichbed. nd. und ndl. kappen; caput. Aus den franz, Kartenspielausdrücken
mndl. eappen, mengl. chappen «zerschneiden». (im Pikettspiel Duez 1664) il est capot «er
989 Sapuze Karbonade 990

verliert alle Stiche», faire capot «einen ab- carato, aijortug.qnirate, mlat. (um 600) cerates,
stechen, vollständig verlieren machen». von arab. qirät, das wieder abgeleitet ist von
Kapuze, f. (PI. -n)-. Mantel mit Koppe; dem gr. Gewicht Kepotriov n., eig. «hömchen-
Mönchskappe. Im Anfang des 16. Jh. ent- förmig gebogene Hülse des Johannisbrot-
lehnt aus ital. cappudo m., wie franz. capuce f. baums». ABL. karatieren, v.: Gold mit
von mlat. capucw.m, capiiHuvi n. «den Kopf anderm edeln oder einem unedeln Metalle
bedeckender Teil am Kleid», einer Ableitung versetzen. Dafür 1741 bei Frisch graäiren.
von mlat. cappa f. (s. Kappe). karätig, adj.
Kapuziner, m. (-s, PI. wie Sg.): Mönch Karausche, f. (PI. -n): die KaqDfenai-t
des 1528 entstandnen, Kapuzen tragenden cyprinus carassias. 1664 bei Duez Karausche,
Ordens, einer Abzweigung der Franziskaner. Kariitsche, 1550 bei Alberus Fab. 19, 127
1616 bei Henisch Capuciner, aus spätmlat.
Garuse, 1517 bei Trochus Jl*' carutius ein
capucinus m., von capucium n. Kapuze). Karutzschen, 1563 bei Forer 166^ charax,
(s.

Kar, n. (-[e].s, PI. -e): Kessel, Gebirgs- Karaß, Kariß, md. in Schlesien kara^ (Hofl-
schlucht. In den Alpen mit verschiedner mann schles. Monatsschr. 1, 71). Aus lit.
Bedeutung weit verbreitet. Vielleicht zu dem karosas m., karüsis und dies aus poln.-klruss.
in den Mundarten lebenden Tcar «Gefäß», karas, das mit franz. carassin, corassin m.
mhd.-ahd. kar n. «Geschirr, Schüssel», and. wohl aus dem gr.-lat. Fischnamen coracinus,
har «Korb», got. kos n. «Gefäß, Krug», gr. KopaKivoc m, stammt.
Karabiner, m. (-s, PI. wie Sg.): k-urze Karawane, f. (PI. -n): reisende Gesell-
Reiterflinte. 1598 bei Frischlia HohenzoU. schaft im Morgenlande, besonders von Kauf-
Hochzeit 28 Carpiner, 1650 bei Moscherosch leuten und Pilgern. 1562 im Reisbuch des
Phil. 2, 820 Karpiner, 1678 bei Krämer Cara- heil. Lands 1, 358 Caruane, 1575 bei Fischart
hiner. Aus gleichbed. franz. carahine,
ital. Garg. 352 Garavane (1582 Gharoana, 1590
caräbina f., von fi-anz. carabin m. Ghoroatia), 1582 bei Rauwolff Reise 28 Car-
abgeleitet
«Reiter mit Feuergewehr bewaffnet». Un- ouane, 1647 bei Olearius Garaivane. Aber
bekannter Herkunft. Davon Karabinier, schon md. im 13. Jh. carvane (auch karban
m. (-s): mit einem Karabiner bewaffneter Germania 20, 44 j m. «Kriegsbagage, schweres
Soldat. Bei Schiller Wall. Lager 41, dafür Gepäck, sowie Ort und Haus der Aufbe-
1616 bei Henisch Carabin m., 1616 bei Wall- wahrung für dasselbe». Aus ital. caravana,
hausen Kriegskunst zu Pferd 55 Carbiner, ,franz. caravane f., von pers. käncän «Handels-
1664 bei Duez 1, 111 Carahiner, 1703 im zug, reisende Schar von Kaufleuten und
1>

Zeit.-Lex. Carabinirer. Pilgern». Davon Karawanserei, Kara-


Kar äffe, f. (PI. -«): Tafelflasche. 1714 wanseräi, f. (PI. -en): Herberge füi- Reise-
bei Wächtler Caraffe, aus gleichbed. franz. züge oder Karawanen. 1647 bei Olearius 366
carafe, ital. caraffa, span.-portug. garrafa f., Garwansera und 1645 in Mandelslos Reise-
aus pers. ^a/'äbä « Flasche mit weitem Bauche». beschr. 33^ Caravansera. Wie ital. cara-
Eine Weiterbildung ist Karaffine, f.: kleine vanserai von pers. känvän-säräj «Kara-
Karafi"e, bei Goethe 23, 296 Caravine, 1712 wanenbui'g, -behausung»,
bei Hübner Carovine f., aus franz. carafine, Karbätsche, f. (PI. -n): dicke Riemen-
ital. caraffina f. Noch in norddeutschen peitsche. 1615 bei Messerschmid lust. Narr-
Städten Karwine. heit 173 Garabafschste, 1650 bei Moscherosch
karambolieren, v.: auf dem BiUard
Karbatsche, aus gleichbed. tschech.
Phil. 2, 583
zwei Bälle treffen; (übertragen) zusammen- karabdc, poln. karbac, magyar. korbäcs, von
stoßen. Im 19. Jahrh. aus gleichbed. fracz. türk. ki/rbatsch «Peitsche, Ochsenschwanz»,
caramboler, das vom span. carambola «Ball» woher auch span. corbacho m. «Ochsenziemer»,
stammt. Unbekannter Herkunft. franz. cravache
f. «Reitpeitsche». ABL. kar-
Karat, n. {-[e]s, PI. -e): ein Goldgewicht bätschen, v.: durchpeitschen. 1669 bei
von 12 Gran ('/.^^ Mark); ein Diamanten- Grimmeishausen Simpl. 115 karbäitschen, 1678
und Perlengewicht von 4 Gran. 1534 bei bei Krämer karbafschen.
Seb. Franck Weltb.204a Carat, 1477 clevisch Karbonade, f. (PI. -n): auf Kohlen ge-
crait, 1428 krät TRechenbuch im Archiv zu bratnes Fleisch stück; Rippenstück. 1714 bei
Frankfurt a. M.), aber mhd. garät und karät Wächtler, ndl. 1598 bei Küian karbonade,
n. und f., aus gleichbed. franz. carat, ital. über gleichbed. franz. carbonnade aus ital.
991 £arl)imkel karg 992

carhonafa f., von ital, carhone, "Kardinal, m. (-s, PL -e): vornehmstes


lat. carho m.
«Kohle». Getränk aus weißem Wein, Pomeranzen imd
Karbunkel, m. (-s, PI. wie Sg.): bös- Zucker. 1791 bei Roth, aus gleichbed. engL
artiges Geschwür. 1561 bei Maaler Kar- Cardinal. Vgl. Bischof.
funkel, bei Luther (Randglosse zu 4. Mos. Karosse, f. (PL -n): Liebkosung, Schmei-
21, 6) Carhuncel, 1536 bei Heinr. v. Eppen- chelwort. Im 17. Jh. Caresse, entlehnt aus
dorff röm. Historien Bekürtzung 41 Car- fi-anz. caresse, ital. carezza f., von mlat. caritia
bunckel m. Eins mit Karfunkel (s. d.). f., abgeleitet von lat. cät'us «Ueb, teuer».
Karch, m. (-[e]s,Pl. -eundKärche) Karren. Dazu karessieren, v.: liebkosen, schmei-
:

Eheinisch. Mhd. kamch, karreck, karch, ahd.- cheln,16, Jh. (bei Logau 2, 1, 38 cares-
im
and. carruh m. «Karren, Wagen», aus lat. aber schon 1572 bei Fischart Prakt.
siren,
(urspr. keltisch) carrüca f. «vierrädriger Reise- Großm. 12 Caressierer m.) aus gleichbed.
wagen», von lat.-kelt. (s. Karren).
carrus m. franz. caresser, ital. carezzare.
ABL. Kärcher, m. wie Sg.): Fuhr-
{-s, PI. Karfiol, m, {-s): Blumenkohl (s. d.).
mann; Karrenschieber. Am
Rhein, in Luxem- Ober- und ostmd, 1715 bei Amaranthes Gar-
burg. Älteriihd. karcher und kärcher, 1482 fiol, 1616 bei Henisch Carifior, 1605 bei Hul-
im Voc. theut. q 1 karricher, spätmhd. ka- sius dict. 59 Caulifiol. Wie engl, cauliflower,
^^

richer, kercher m. coleflower, franz. chou-fleur m. aus gleichbed.


Kardainom, m. (s, PI. -e): Art mala- ital. cavol fiore m., zgs. aus cavolo m. (lat.
barischen Gewürzes, Mhd. kardamom m. und caulis m.) «Kohl» imd fiore m. (lat. flos m..
kardamuome f., aus gr.-lat. cardamömum, gr. Gen. flöris) «Blume».
Kapbd|LHju|aov n.; zugrunde liegt sind, kardamas Karfreitag, m. {-s, PL -e): Freitag vor
m. «eine Pflanze». Ostern als Todestag Christi. Mhd. karfritac
Kardätsche, f. (PL -n): Wollkamm mit m. «Klage-, Trauerfreitag», von mhd. kar.
Häkchen von Draht; Stallbürste (1742 bei ahd. kara f. «Wehklage, Trauer», asächs. cara
Trichter Reitlex. Kartätsche). In 1. Bed. 1616 f. «Leid, Trauer», ags. cearu, caru f. «Sorge,
bei Henisch Cartetschen f., bei Fischart Kar- Kummer, Wehklage», engl, care «Sorge», got.
tetsche (in Kartetschenniacher Prakt. Großm. kara f. «Sorge». Über die Herkunft vgl.
1572 8) entlehnt über franz. cardasse f., Zupitza78. —
Karsamstag-, m. {-s, PL -e):
aus ital. cardasso, von ital. cardare, span. l)eim Volke der Sonnabend nach dem Kar-
cardar «aufki-atzen. Wolle kämmen», s. Karde. freitage. Karwoche, f.: die Woche vor
ABL. kardätschen, v.: WoUe kämmen, Ostern, in die der Karfreitag fällt, spätmhd.
1678 bei Krämer kartätschen, 1605 bei Hul- karwoche f.
sius cardetzschen. Karfiinkel, m. (-s, PL wie Sg.): der
Karde, f. (PL -w): Mhd. Edelstein Feuemibin. ^Ihd. karfunkel, kar-
Weberdistel.
karte f., ahd. carto and. hunkel m. Mit Anlehnung an Funke aus lat.
m. und carta f.,

karde «Kardendistel, Wollkratze». Mitgleich- carJninculus m. «kleine glühende Kohle, röt-


bed. ital.-span. cardo m., entlehnt aus mlat. licher Tufstein, Feuemibin, rotes Geschwür»,
cardus, lat. Carduus m. «Distel». ABL. Verkleinerungsform von carbo m. «Kohle».
karden, v.: mit der Wollkratze rauh machen, karg, adj. (Komp. karger, kärger, Superl.
im 14. Jh. und 1561 bei Maaler karten. kargst, kärgst): zähe zum Geben und Auf-
^Kardin^, m. (-s, PL Kardinäle): vor- wenden. Mhd. karc (Gen. karges, Komp.
nehmster Priester nächst dem Papste. Mhd. kerger) «listig, klug, schlau in gutem und
kardenäl, md. auch cardinäl, von gleichbed. bösem Sinne; streng, heftig; enge, knapp;
mlat. cardinalis m. (urspr. vom 5. bis 11. Jh. knauserig, nicht freigebig». Ahd. carag, charag
der Titel aUer an einer bestimmten Kirche «traurig»; dazu asächs. carag (in mödcarag)
dann auf das seit «bekümmert», mnd. karich, karch «sparsam,
festangestellten GeistHchen,
1059 den Papst wählende Kollegium der geizig», ags, cearig «besorgt, traurig, ängst-
römischen Bischöfe, Presbyter und Diakonen lich», engl, chary «vorsichtig». Mit ableiten-
beschränkt), dem als Subst. gesetzten Mask. dem ahd. -ac (nhd. -ig) von ahd, kara f.
des spätlat. Adj. cardinalis «vornehmst, haupt- «Trauer», got. kara «Sorge» (s. Karfreitag);
sächlichst», eig. «die Türangel» (lat. cardo m., die urspr. Bed. ist «besorgt». ABL. kargen,
Gen. cardinis, mlat. auch bildlich) «die Haupt- V.: knausern, mhd. kargen «besorgt, ängst-
sache angehend». VgL auch Karnöffel. lich sein, geizen». Kargheit, f.: Sparsam-
: :

993 Kargo Karnies 994

keit, Knauserei, mhd. karkheit, karckeit f. «Klug- und daher zu gr. yepyxiv, arm. cer m. «Greis».
heit, Schlauheit, Unfreigebigkeit». kärglich, Vgl. auch gr. -mpaXeoc «alt» mit gleichem
adj.: kargend, ärmlich, mhd. charclilich, kerc- Suffix wie karl, Kerl (s. d.).
lich «listig, sparsam»; dazu Kärglichkeit, Kamien, n. (-s, PI. wie Sg. oäerKamiina)
f., 1808 bei Campe. Gedicht, besonders Gelegenheitsgedicht. 1616
Kargo, m. (-S, PL -s): Schiffsladung, bei Henisch Carmen, aus lat. Carmen n. «Ge-
Frachtzettel; Saumlast (von 300 Pfundj; der sang, Gedicht».
mit dem Verkauf oder Einkauf einer Schiffs- karmesin (auch karmoisin) : hochrot. 1586
ladung Beauftragte. Anfang des 17. Jh. Cargo in den Script, rer. Siles. 4, 290 f. carmesin
m. «Last», aber schon am Beginn des 15. Jh. und kermasin, im 15. Jh. bei Ehingen Reisen 28
karg f. «Gewichtslast von 3 Zentnern» (Städte- karmosin, 1605 bei Hulsius cramoisin, 1478
chi-. 1, 102, 16; 5, 155, 11). Aus span. cargo m. bei Nicl. v. Wyle 24, 24 cremesin, aus ital.
und carga f. «Last, Ladung», zu lat.-kelt. carmesino, cremisi, cremisino m., franz. cra-
carrus m, «Wagen» (s. Karren). moisi m. «das Hochrot», von arab. qirniizi
^karieren, v.: Hungerstrafe erleiden. «scharlachfarbig», eig. mit Kermesfarhe ge-
1728 bei Sperander cariren, aus lat. carere färbt (s. Kernies).
«nicht haben, entbehren». Karmin, m. (-s, PI. -e): kostbares Hoch-
"kariereil, v.: mit Würfel-, Rautenzeich- rot; hochrote Tinte. La der 1. Bed. 1712
nung mustern, namenthch im Part, kariert bei Hübner Carniin, aus franz.-span. carmin,
von Kleiderstoffen. Aus carminio m., gleichen Stammes wie kar-
gleichbed. franz. ital.

carrer, das aus lat. gwoiiräre «viereckig machen»


mesin (s. Kermes).
stammt, von quadr- zu lat. quattuor «vier». Karn, m. (-[e].s, PI. -e): Butterfaß. Aus
Karikatur, f. (PI. -m)-. Zerrbild. Im dem Xdd. käme, karn. S. kernen.
18. Jh. (bei Lessing 6, 382 Carricatur) aus Karneol, auch Kamiol, m. (-s, PI. -e):
gleichbed. ital. carricafura f., eig. «tJber- blutroter, wachstirtig glänzender Edelstein,
ladtmg». —
karikieren, v.: bis zur Ver- sarda rubra. Ln 16. Jh. (bei Paracelsus Opera
zerrung übertreiben. Aus ital. caricare «be- 2, 309) Carniol, 1616 bei Henisch Carneol. Aus
laden, belasten, überladen in Rede oder ital. corniola f., von lat. comeolus «homartig»
Zeichnimg», von vulg.-lat. caricare «beladen, (lat. cornu n. «Hom»).
belasten» (woher auch franz. charger), ab- Karner, Kemer, auch Gerner, m. (-S,

geleitet von lat.-kelt. carrus m. (s.- Karre).


wie Sg.): Beinhaus, Fleischkanmier; mhd.
PI.
Karkässe, f. (PI. -n): Tier-, Schiffs-, gerner, kerner, karncere «Beinhaus». Aus
Drahtgerippe; Bombe mit eisernem Gerippe mlat. carnarium n. «Fleischkammer» (von lat.
(1672 erfunden, 1694 bei Nehring Carcasse). caro «Fleisch»). Noch bayi'isch.
Über gleichbed. franz. carcasse aus ital. car- Karneyal, m. und (veraltet) n. (-s, PI.
cassa f. «Gerippe». -s, -e): Fastnachtslust. Ln 17. Jh. (bei Grim-
Karl, ein Marmsname.
Mhd.-ahd. Karl, melshausen Simpl. 1, 272 Keller) Garnewal,
Karel, mhd. auch mit schwacher Flexion 1694 bei Nehring Carnaval, als ital. carne-
Karle, latinisiert Cärolus. Durch die Er- vale, carnovale m. «Fastnacht», eig. die Nacht
hebung der fi'änkischen Hausmeier, von denen vor Aschermittwoch, wo man dem Genüsse
Karl Martell der erste des Kameus ist, auf des Fleisches (ital. carne f.) für die Fasten-
den Königsthron der Franken und zumal Abschied und Lebewohl (ital. vale m.)
zeit
mit Karl d. Gr. fast über ganz Europa ver- sagte. Dies ist aber nur Volksumdeutung.
breitet; daher abg. krali «König», poln. kröl, Das Wort scheint vielmehr auf carrus navälis
mss. karöli, lit. karälius, magyar. kiräly, «SchifiFswagen», d. h. Schiff auf Rädern, we
alban. kralj neugi*. Kpd\ric «König».
, Ur- es bei festlichen Gelegenheiten angewandt zu
sprünglich Appellativ mhd. karl, ahd. charal, Verden pflegte, zurückzugehen. Oder es steht
:

karl m. «Mann, Ehemann, Gehebter»; dazu für mlat. carnelevale «Entfermmg d. Fleisches».
anord.-schwed.-dän. karl «Mann, (freier) Bauer, Karnickel, s. Kaninchen.
Greis», mit Ablaut kerl, mnd. kerJe «freier, Karnies, n. (Gen. Kamieses, PI. Karniese)
gewöhnlicher Mann», ndl. kerel «Kerl, Mann», die Figur eines S bildende Kranzleiste am
fries. tzerl, ags. ceorl «Mann, Ehemann, Ge- Hauptgesimse. 1712 bei Hübner Karnieß.
meinfreier. Mann niedem Standes», engl, churl Aus gleichbed. span. cornisa f., franz. corniche,
«Bauer». Grdbed. wohl «alter, reifer Mann» ital. cornice f., von dem im Romanischen mit
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 63
995 Karnöffel Karre 996

lat. comix f. «Krähe» verwechselten gr.-lat. dem prägenden Fürsten benannt. 1742 ließ
corönü, gr.Kopujvic f. «kleiner Kranz, Schnörkel Kurfüi'st Karl Philii^p von der Pfalz die

als Schlußzeichen des Schreibenden». Goldmünze in dem obigen Werte prägen.


Karnoflfel, Karnuffel, m. (-s, PI. wie Karoline, Frauenname, von mlat. Cärolus
Sg.): die Hauptkarte eines beliebten ehe- «Karl» (s, d,). Gekürzt Lina^ Dhn. Linchen.
maligen Kartenspiels von 48 Blättern, sowie Karosse, f. (PI, -n)-. Prachtwagen. 1694
dieses selbst. Im 15. und 16. Jh. carnöffel m. bei Nehring Carosse und Garrosse, 1616 bei
Mitte des 15. Jahrh. karnöffelin n. (Fichard Albertinus Narrenhatz (29, 15 Lihencron) Ka-
Frankf. Archiv 8, 293 fg.), 1517 bei Trochus rotze, über franz. carrosse m., aus ital. car-
D 3^ satelles der vnderman, qui dedicatus rozza f. «Kutschwagen». Schon mhd. kar-
sive insignitus privilegio dicitur ein karnuffel, rösche, karrotsche, karrutsche, karräsche m. f.

1546 im Pasquill Newe Zeitung vom Teüifel «Kriegswagen, auf dem das Feldzeichen auf-
A3* der vnderman ist erstlich cardinal ge- gerichtet ist», aus gleichbed. ital. carrocciom.,
nennet worden, die ainfeltigen aber haben jn mlat. carrocium n., Ableitungen von lat.-kelt.
nit änderst dann carnöffel nennest künden, carrus m. (s. Karren).
Cardinal aber ist nach Fronspergers Kriegs- Karotte, f. (PI, -n): Möhre. 1616 bei
buch (1596) 1, 20^ der Titel des Obersten Henisch Carote, aus gleichbed. franz. carotte f.,
eines Regiments Landsknechte; der Karnöffel von gleichbed. ital. lat. caröta f., gr. Kapuuxöv n.
ist also der Unter mit dem Bilde des Lands- Karpfen, m. (-5, PI. wie Sg.): der Fluß-
knechts, der in diesem Landsknechtsspiele und Teichfisch Cyprinus carpio. Mhd. karpfe
alle übrigen Kai'ten stach, ausgenommen die m., md. karpe und bereits 1470 wie noch
«böse Sieben» (s. d.), die teufelsfrei war (da- jetzt sächs.-thüring. mit angetretnem n karpen
her Cyriacus Spangenbergs Buch loider die m. (Diefenbach mlat.-hochd.-böhm. Wb. 61),
böse Sieben ins Teuffels Karnöffelspil 1562), ahd. chatpho, carfo, charofo m.; dazu mnd.
Urspr. bedeutet Karnöffel «Hodenbnich oder karpe m., nd. karpe f. (brem. Wb. 2, 743),
-geschwulst», so 1541 bei Frisius 735 ^^arwö/eZ, auch bei Hagedorn 1, 73 Karpe, schles. 1734
1477 clevisch carnuffel, bei Paracelsus (Chirurg. bei Steinbach Karpe, Katpfe f., wetterauisch
Schriften 1618 S. 454) hemia carnosa, vulgo kärbe f., ndl. karper m., anord. karfi m. (der
Karneffel. wegen der Ahnhchkeit
Vielleicht Rotfisch, perca norvegica). Zuerst belegt als
der Gestalt abgeleitet von franz. coi'tiifle f. mlat. carpa f. (im 6. Jh. bei Cassiodor als
(aus vorauszusetzendem mlat. cornifolium oder Donaufisch), später carpus, carpo, carpio m.,
cornufolium, wie franz. trefle aus lat. trifoliuni) das Wort ist fast in ganz Europa verbreitet,
«das Hornblatt, ceratophyllum, eine Wasser- span. carpa, franz. carpe f., ital. carpione m.,
pflanze, deren Früchte aus langgeschnäbelten i-umän. crap; poln.-russ. kaip, czech. kapr,
Nüssen, unten mit zwei drüsenförmigen Hö- lit. kdrpa f. und karpis m., kymr. carp, cerpyn.
ckern, bestehen». Vgl. aber auch Baist Man vergleicht aiud. gapharas m., gaphari «eine
ZfdW. 9, 34. ABL. kamöffeln, kar- Karpfenart», lit, söpa^as «cyprinus dobula», die

nüffeln, v. : das Karnöfi'elspiel spielen stoßen, ; vielleicht durch Dissimilation ein r verloren ha-
quälen, durchprügeln. In der 1. Bed. im ben. Dann muß das german.Wort entlehnt sein.
15. und 16. Jh. kamöffeln, carnöffeln, noch Auch gl', m. «Karpfenart» klingt an.
KUTTpivoc
nd. karnüffeln (Frommann Ztschr, 3, 551, 32); Karre, f. und Karren, m. (-s,
(PI. -w)
in der zweiten 1691 bei Stieler karniffeln, PI. wie Sg.): ein- und zweü-ädriges Fuhr-
noch md. und nd., auch bayr.-österr. werk. Mhd. karre, garre m., selten karre f.,
Karo, n. (-S, PI. -s) -.
Raute, schiefes Vier- md. auch karren m. (Meister Eckhart 414, 31),
eck, bes. aufden französischen Spielkarten. ahd. carra, garra f. und carro, garro m.; dazu
Aus gleichbed. franz. carreau, das von lat. mnd. kare f., mndl. karre f., anord, kerra f.,
quadrum n. «Viereck» abgeleitet ist. Im 19. Jh. engl. car. Aus lat.-kelt. carrus m. «Trans-
Im 18. Jh. «ein viereckiges Stuhlkissen». portwagen», mlat. carra f., kymr. cär, bre-
Karolin, Karlin, m. (-s, PI, -s): Gold- tonisch Äarr, gälisch carr. Y gl. Karch. ABL.
stück von 11 Gulden rheinisch oder 18,85 Mk. karren, v. den Karren fahren oder schieben,
:

Augsburgisch 1424 cärlm und 1421 kärlm m. 1494 bei Brant Narrensch. 40, 6 karrhen.
5, 367, 24 und 365, 5) «eine Gold-
(Städtechron. Kärrner, m. (-s, PI. wie Sg.): Karrenfuhr-
münze von verschiednem Werte». Von dem mann, Karrenzieher, Karrenschieber, im 15. Jh.
mlat. Cärolus, Karins «Karl» (s. d.), nach kerner, dafür mhd. karrer m. Vgl. Kärcher.
1

997 £arree Kartell 998

Karree, n. (s, PI. -s) -.


Viereck. Aus gleich- quarton, mnd. und ndl. (bei Kilian) kartouive,
bed. franz. carre m., das auf lat. quadrätum n. aus ital.-mlat. quartana f. «Viertelsbüchse»,
zui'ückgeht, von gwadräre »viereckig machen». d. h. Kanone, die 25 Pfund schoß, im Ver-
Im 18. Jh. entlehnt (1712 bei Hübner Qwarre). gleiche zu dem größten 100 Pfund schießen-
Karrete, f. (PI. -n) kleiner leichter Wagen.
-.
den Belagerungsgeschütze, der Metzickana
1599 im Inventarium Marx Fuggers 285 Car- oder Scharfmetze (Fronsperger Kriegsbuch
rette f., aus gleichbed. ital.-span. carreta f. 1596 2, 31*), deshalb schon im 15. Jh. bei
mlat. carrecta, von carrus m.
Karren).
lat. (s. Behaim Wien. 377, 10 virtailpüchs.
Dagegen Schweiz. Karrete f. «Karrenladung, Kartaiise, f. (PI. -n): Mönchskloster des
kleines Fuder», 1561 bei Maaler Karreten, Kartäuserordens. Im 15. Jh. (im Gedanken
1310 oberrhein. karrethe m. oder n., von mlat. an hüs «Haus») karthüß f., aber zu Anfang
carrata f. «Karrenladung», zu lat. carrus m. des 15. Jh. chartusey f. (Diefenbach gl. 103*^),
Karriere, f. (PI. -n): Laufbahn; voller aus mlat. Gartiisia, Garthusia {CJiartreiise bei
Lauf, Das franz. carriere f., das auf ein Grenoble), wo der Geistliche Bruno von Köln
mlat. carraria f. «Wagenweg, Straße, Bahn» den strengen Orden 1084 stiftete. Davon
zurückgeht, von carrus m. «Wagen». 1616 Kartäuser, m. (-s, PI. wie Sg.): Mönch
bei Wallhausen Kriegskunst zu Pferd 8 u. 12 dieses Ordens, 1346 oben-hein. karthüser (Ger-
Carriera, Carriere f. und m. In Österreich mania 20, 45), md. im 14. Jahrb. kartüsiere
und Bayern auch Carriere. (Jeroschin 1346), im 15, Jh. kartheuser m,-
Karriol, n. (s, PI. -e) und Karriole, (Tucher Baumeisterb. 137, 7).
f. (PI. -n): leichte zweirädrige Halbkutsche. Karte, f. (PI. -n): steifes Papierblatt
1714 bei Wächtler Cariole f., 1728 bei Spe- zum Spiel, zur Kenntnis der Erde oder des
rander Cariol n., 1790 bei Pfeffel poet. Vers. Himmels
in Zeichnungen, zu Besuch, An-
3, 165 Karriol n. Über kündigmig usw,; Kartenspiel; Steifung des
gleichbed. franz.
carriole f., aus ital. carriuola f., mlat. car- Seidenzeuges. Spätmhd. karte f. «Stück Papier

riola f. «Frauenwagen» neben carriolus m. oder Pergament, gemaltes Blatt, Spielkarte,


«kleiner Wagen», von lat.-kelt. carrus m. Kartenblatt», wie ital. carta, franz. carte f,
(s. Karren). Dazu karriolen, v.: rasch aus lat, Charta f., gr. xäp-xr\c m. «Papierblatt,
fahren (1780 bei \oQ 6, 126 karjolen); davon dünne Pappe», ABL. karten, v.: Karte
verschieden karjölen, krajölen, v.: laut spielen (1494 bei Brant Narr, 95, 27) bildhch ;

schreien, jauchzen, juchheien, norddeutsch das Spiel lenken, und etw, schlau eim-ichten
(bei Musäus Volksm. 5, 34 kerjöMen). Vgl. (Schiller Pico. 3, 1; 1701 bei Chr. Weise
darüber Schröder, Streckformen 125. überflüss, Gedank, 400), vgl, abkarten. ZUS.
Karst, m. (-es, PI. -e): zweizinkige Hacke. Kartenhlatt, n., im 15, Jh, bei Rosenblüt
Mhd.-ahd. karst. Der Plural 1691 bei Stieler kartenplat Spielkartenblatt. Kartenhaus,
und noch mundartlich Kärste, Anfang des n,: Haus aus Spielkarten als Kinderspiel,
.16. Jh. kerst (Michelsen Mainzer Hof 18). 1691 bei Stieler, Kartenkönig, m,: einer
Unbekannter Herkunft. Vgl. aber Meringer der vier Könige (urspr, Weltmonarchen) der
Idg. Forsch. 17, 120. ABL. karsten, V.: Spielkai-te, 1639 bei Zincgref 1, 391 Gharten-
mit dem ^ars^ aufhacken, 1556 beiFrisius 156*. König. Karteuleger, m.: Wahrsager aus
Kartätsche, f. (PI. -n)-. mit Kugeln usw. Spielkarten (im 16. Jh. kartenleger «Spiel-
gefüllte Kanonenpatrone. 1691 bei Stieler i
halter», aber schon im karten legen
15. Jh,
Kartetsche, 1716 bei Ludwig Gartetsche, Kar- 1 «aus Karten wahrsagen» Fasnachtsp. 689, 22).
tatsche und Kartutsche. Aus ital. cartoccia f.
|
Kartenschlägeriu, f.: Wahrsagerin aus
«grobes Papier», cartoccio m. «Düte, Flinten- Spielkarten (Goethe 27, 284). Kartenspiel,
patrone», franz. cartouche f. «Patrone, La- n.: vollständige Spielkarte, ]\litte des 15. Jh.
,

düng, Kartätsche», von ital. carfa, lat. charta f. kartenspil (Städtechron, 4, 325, 25) und mnd,
«Papier» (s. Karte). ABL. kartätschen, kardenspel (ebd, 7, 392, 9); das Spiel mit der
V.:mit Kartätschen schießen, bei Carape 1808. Karte (1482 im Voc, theut. q 1 ^ kartenspil).
Kartaüne,
f. (PI. -n): gi-oße, kurze und Karten, n. (-S, PI. -e): schriftliche Her-
dicke Kanone. Im 16. Jh. Kartane, Kartone, ausforderung zum Zweikampf; (schriftlicher)
Karthaun, 1489 bei Lilienci-on Volksl. 2, 259 Vertrag (urspr. zwischen Kriegführenden,
kartune, 1502 kartaüne (ebd. 2, 479), 1490 1669 bei Grimmelsh. Simpl. 22j^ Gartel n.).
bei Klüpfel Urk. d. schwäb. Bundes 1, 82 In der ersten Bed. 1664 bei Duez 1, 113
63*
: :

999 Kartoffel Kasematte 1000

Cartel, aus gleichbed. franz. cartel, ital. cartello Reitrock. 1581 bei Fischart Bienenkorb 157^
m., von mlat. cartellus m. «Zettel», zu lat. Kasacke über
franz. casaque aus ital. casacca f.
Charta f. «Papier, Schriftstück» Karte); «lange Überjacke», dazu das franz. Dim. casa-
fs.

1598 bei rrischlin liohenzoll, Hochzeit 87 f. quin m. «kui-zer Überrock», woraus schon
Cartell f. «schriftliche Festsetzung der Kampf- mhd. casagän m. «Reitrock», noch schwäb.
bedingungen im Turnier oder im Rin gelrennen». gasgäng m. «Mannsrock», österr. kasegen
Kartoffel, f. (PI. -n): WurzelknoUe der «Morgenrock». Unsichrer Herkunft.
Pflanze Solanum tuberosum, sodann die Pflanze kascheln, v.: auf der Eisbahn schlittern.
selbst. 1775 bei Adelung Kartoffel, vorher Mundartlich in Schlesien. Hildebrandt ver-
Tartuffel (1664 Tartufflen bei Hoffmann schles. gleicht schwed. kasa «gleiten».
Monatsschrift 53, noch 1776 bei Hübner Tar- kaschieren, v.: verstecken, verbergen.
tuffeln neben Kartoffeln). Aus ital. tartufolo Aus gleichbed, franz. cacher. 1791 bei Roth.
m., venezian. tartufola, piemontes. tartifla f. Nach Campe 1813 aus der Malersprache. Vgl.
«Trüffel und Erdapfel» (d. h. Knolle der vertuschen.
Kji ollen winde convolvulus
batates), von Kaschmir, s. Kasimir.
gleichbed. ital. tartufo m.
Sonach ist der Käse, m. (-S, PI. wie Sg.): dicker fester
Name von der Trüffel (s. d.) und Batate auf Stoff der geronnenen Milch, sowie daraus
die im 16. Jh. aus Peru nach Spanien, von bei'eitete Speise in fester Form. Mhd. k(Bse,
da nach Italien und dann nach Deutschland ahd. chäsi m.; dazu and. kesi, kiesi, mnd.
eingeführte Kartoffel als ähnliches Erdknollen- kese, mndl. käse, nndl. kaas, kees, afries.
gewächs übertragen worden. Dafür im Ost- kise, tzise, nfries. tzys, ags, cese, cyse m.,
fränkischen Patake, Potakke f., aus ital.-span. engl, cheese, aus gleichbed. lat. cäseus m.
patata, hatata f. «Kartoffel, Batate», das den ABL. käsen, v.: zu Käse gerinnen, Käse
südamerikanisch. Indiauersprachen entstammt. machen, 1691 bei Stieler. Käser, m. (-s,
Auffallend ist span. cotiifa f. «Erdapfel» und PI. wie Sg.): Käsemacher auf der Alp; Alp-
gleichbed. sizilian. catatuffulu neben tirituffulu hütte (ahd. chasari). käsicht (bei Stieler
mit dem noch unerklärten co- und cata-, 1691) und käsig (bei Krämer 1678), adj.:
ZUS. Kartoffelapfel, m,: die apfelai-tige käse- oder quarkartig. ZUS. Käsehutsche,
Frucht aus der Kartoffelblüte. f.: kleiner Kinderschlitten. In Sachsen, Thü-
Kartön, m. (-s, PI. -s): steifes Papierblatt, ringen, Magdeburg. S. Hutsche. Käsekäul-
Pappschachtel; umgedrucktes Blatt; (in der chen, n.: länglich rundes Gebäck aus Käse
Malerei) eine Zeichnung auf Papier von der oder Quark, im 17. Jh. bei Weise Cath. 221
Größe des künftigen Gemäldes (1791 beiRoth). (Kürschner). Über den zweiten Teil vgl. -Kaule.
1728 bei Sperander Garton, aus gleichbed. Käsekuchen, m. platter Kuchen mit Quark :

franz. carton, ital. cartone m., von lat. Charta f. oder Käsekrümeln bedeckt, 1516 bei Pinicianus
«Papier» (s. Karte). Davon kartonieren, v. promptuar. D 6 käßkuoch. Käseluppe, f. "^

in Pappdeckel leicht einbinden. Milch gerinnen machender Stoff (s. Lab),


Kartusche, f. (PI. -n): Zierrahmen, Rand- mhd. kcesehqjpe, ahd. chesiluppa f. Käse-
verzierung (1773 im Orth. Handb.); Pulver- model, m. und f.: Käsenapf als Form, 1605
roUe, Patrone; kleine Patrontasche. In den bei Hulsius dict. Käßmodel m.
beiden letzten Bed. 1694 bei Nehring Cartouche. Kasel, f. (PI. -n), auch m. (-s): Priester-
Aus franz. cartouche m. «Zierrahmen, Rand- gewand mit einem Kreuze darauf, besonders
verzierung» und cartouche f., ital. cartoccio beim Meßopfer in der römisch-katholischen
m. «Papierrolle, Patrone», und ital. cartuccia f. Kirche. Mhd. cäsule, käsele, käsel, im 12. Jh.
«Papierchen», von lat. charta f. (s. Karte). cäsula f. «Meßgewand, Hülle», aus mlat. ca-
Karussell, n. (-s, PI. -e): Ringelrenneu, sula f. «Meßgewand». Wohl zu \sA.casula f.
urspr. ein Ritterspiel zu Pferd, jetzt ein mit «Hüttchen» (Dim. von lat. casa f. «Hütte,
Pferden und Wagen besetztes Drehgestell. Zelt»), wie auch die mhd. Nebenform kasu-
In erster Bed. 1694 bei Nehi-ing Caroussel. gele, casukel, kasuckel, mlat. casuJmla, casu-
Aus gleichbed. franz. carrousel, ital. carosello, cula, ndl. kasuifel, franz. chasiihle, span. ca-
garosello m. Herkunft unbekannt. sulla f. «Meßgewand» zeigt, denn ital. casi-

Karwine, s. Karaffe. pola, casupola f. bedeutet «Hüttchen».


Karwoche, s. unter Karfreitag. Kasematte, f. (PI. -n): AVallge wölbe.
Kasäcke, f. (PI. Kasacks): kurzer Reise-, Ende des 16. Jh. (1593 bei Schwendi casa-
1001 Kaserne Eastagnette 1002

niatta, 1616 bei Wallhausen KJriegsmanual 35 Kassation, f. (PI. -en): Vernichtung eines
Gasematte), avifgenommen über franz. case- Urteils; Amtsentsetzung. Aus gleichbed. franz.
mate (span. casamata) aus ital. casaniatfa f. Cassation f. von casser, s. kassieren.
«unterirdisches bombenfestes Festungsge- Kasse, f. (PI. -w): Geldkasten; Geldvorrat.
wölbe», früher auch «der gewölbte Minen- 1616 bei Henisch Cassa f., aus ital. cassa f.
gang in den Festungsbastionen, von dem aus «Kasten, Geldkasten» (von lat capsa f. «Be-
die feindlichen Minen nebst den Minierem vor- hältnis»), woher schon im 15. -Jh. casse f.
zeitig in die Luft gesprengt werden konnten3>, «Behälter».
1709 bei Hübner und 1757 in Eggers Kriegslex. Kasserolle, f. (PI. -w): Bratpfanne. 1715
durch «Mordkeller» verdeutscht. Dies zielt bei Amaranthes Gasserole, Gastrol, aufge-
auf Ableitung von span.-ital.-lat. casai. «Haus, nommen aus franz. casserole f. (daher ital.
Hütte» und span. niatar «töten» (von lat. casserola f.), in der Picardie und Champagne
mudäre «töten, zugrunde richten»), mata castrole f. «Schmoi-pfanne», von afranz. casse,
«Gemetzel». Das ist aber nicht richtig. Die ital. cazza f. «Tiegel mit Stiel, Kochkelle».
Herkunft ist unsicher, vgl. Körting. Kassette, f. (PI. -n): Kästchen zu Hand-
Kaserne, f. (PI. -n): Soldatenhaus.
1703 geldern oder Schmuck. 1773 bei Amaranthes
im Herkunft un- Gassette, aus gleichbed. franz. cassette, ital.
Zeit.-Lex.. aus franz. caserne.
sicher. Kasernenhof blute, f., Schlagwort cassetta f., Dim. von cassa (s. Kasse).
im letzten Viertel des 19. Jh. Vgl. Ladendorf. Kassiber, m. (-s, PI. wie Sg.): heim-
Kasimir, m. (-s,Pl.-e und -s): feines Halb- liches Schreiben unter Gefangnen oder aus
tuch von spanischer Wolle. Aus span. casimiro dem Gefängnis nach außen. Aus der Gauner-
m., von dem Lande Kaschmir, aind. kägmiras. sprache neuerdings bekannt geworden. Vom
1813 bei Campe. Jetzt auch Kaschmir. jüd. kesvüö =
hehr, kethihäh «Geschriebenes,
Kasino, n. (-s, PI. -s): Gesellschaftshaus. Brief».
Ende des 18. Jh. (1801 bei Campe, «seit einigen Kassier, m. (-s, PI. -e): Kassenführer.
Jahren aus Italien herübergekommen», aber 1616 bei Henisch Gassier, aus gleichbed. ital.
schon 1703 im Zeit.-Lex. Casonen oäer Cassmen cassiere m., von cassa f. (s. Kasse). Das
«habitacula der Soldaten, wie die Baraques»), Kassierer, m. (-s, PI. wie Sg.)
gleichbed.
von ital. casino m., von lat. casa f. «Häuschen». dagegen, 166-4 bei Duez Gassier-er, Kassierer,
Kaskade, f. (PI. -w): Wasserfall. 1709 ist abgeleitet von kassieren (s. d.).
bei Hübner Cascade, aus gleichbed.. franz. ^kassieren, v.: bare Gelder einziehen
cascade f., von ital. cascata f. «Fall», zu und verwahren, 1694 bei Nehring cassiren,
ital. cascare «fallen». 1678 bei Krämer einkassiren, aus ital. in-
Kask^tt, n. (-S, PI. -e und -s): helm- cassare «Geld einnehmen», eig. «in die Kiste
artige Kopfbedeckung; eisernes Helmkreuz tun», von ital. cassa (s. Kasse).
zum Schutze gegen Säbelhiebe. 1617 bei ^kassieren, v.: vernichten, für ungültig
Wallhausen Corp. mil. 13 Casquett, aus gleich- erklären; des Amtes entsetzen (1617 bei Wall-
bed. franz. casquette f., ital. caschetto m., von hausen Corp, mü. 63 cassiren, von Soldaten).
ital.- span. cosco m. «Helm, Pickel-
franz. casqiie, In der ersten Bed. 1532 in der peinl. Ge-
haube», im Span. eig. «Scherbe, Schädel, richtsordnung Karls V. § 135 cassiren, schon
Kopf», zu Span, cascar «zerbrechen, schlagen». 1331 kölnisch casseirn, aus gleichbed. franz.
Kaspar, Mannsname, aus mlat. Gasparus, casser, ital. cassare, von lat. cassus «leer»,
einer der drei Weisen oder Könige aus dem (bildlich) «nichtig», woraus im 15. Jh. österr.
Morgenlande. Durch die Sternsingenimzüge cass «nichtig, ungültig».
etwa seit dem 15. Jh., deren Wortführer der Kastagn^tte, f. (PI. -n) die Tanzklapper,-.

schwarze Kasper aus Mohrenland war, ent- ausgehöhltes rundes Holzstückchen, das durch
stand einerseits die Bezeichnung schwarzer Anschlagen an ein entsprechendes zum Klappen
Kasper für «Teufel» (1621 bei Opel und gebracht wird. 1678 bei Ki-ämer Gastagnete,
Cohn dreißig]. Kr. 77), andrerseits die Bed. 1664 bei Duez 1,115 Kastaniet, 1618 in den
Kasper für «lustige Person», weshalb im Spanischen Prakticken 19 Gastanete f., über
18. Jh. Laroche in Wien seiner Erneuerung gleichbed. franz. eastagnette, aus span. castor
des alten Hanswurst den Namen Kasper gab. Üeta f. neben castaflnela, wegen der Ähn-
Davon Kasperl(e), m. n.: Hanswurst. Kas- lichkeit der Gestalt nach der Kastanie (s. d.)
perletheater, n.: Puppentheater. benannt.
;

1003 Kastanie Kasns 1004

Kastanie, f. (PI. Süddeutschland


-«), in (soldatisch) Gefängnis; früher auch «Schatz-
Kästen, Käste, f.: Frucht des Kasta-
die kasten» (der gemeine Kasten «Gemeinde-,
nienbaumes, auch der Baum selbst. In der Staatskasse», bei Luther), der landesfm*st-

1. Bed. bei Luther (l. Mos. 30, 37) viersilbig liche oder klösterliche Speicher, wohin die
Gastanee, mhd. castäne, ahd. castänie (Stein- Getreideabgaben eingeliefert wurden, und
meyer-Sievers 3, 552, 7), deutsch geformt dessen Verwaltung (schon Anfang des 14. Jh.
mhd. kestene, kesten, ahd. chestinna, kestina f. daher Kastner, Kästner m. «Abgabenver-
daneben oberd. im 14. Jh. kestenze, im 15. walter, Rentmeister», mhd. im 14. Jahrh.
bis 17. Jh. kestnitz, 1561 bei Maaler der PI. md. kestenere, verschieden
kastener, kastner,
Kestetzen; dazu mengl. chestein, chastein, ca- von Kästner m. «Kastenmacher, Tischler»,
stani, engl, chestnut (mhd. kestennu^). Aus 1420 bei Diefenbach gloss. 124^ kestener).
lat. castanea f., von dem gleichbed.
abgeleitet Mhd. käste, ahd. (7. Jh.) chasto, casto m.
gr. KocTOv^a f., Kdcxavov, koctciviov n., benannt (auch künstliche Metallhöhle zur Einfassung
nach der Stadt Kastana (Kdcxava) in der des Edelsteins, Siegelkapsel, Getreide-, Korn-
Landschaft Pontus am Schwarzen Meer, die behälter), ndl. käst, kasmitn. Vielleicht
von Kastanienwäldern umgeben war (Dios- ableitendem t und deshalb haftendem
von s
korides 2, 407, 145). ZUS. Kastanieubaum, got. kas «irdenes Gefäß», ahd.-mhd. kar n.
m,, bei Luther (Hes. 31, 8) Castaneenhaunn, «Gefäß, Trog, aus Brettern gemachter Be-
mhd. castänien-, kastänen- und kestenboum, hälter». Aus dem Germanischen entlehnt
ags. eisten-, cystbeam m. kastanienbraun, ital. castone m. «Metallhöhle zur Einfassung

adj., um 1480 kestprun Voc. ine. teut. 12% des Edelsteins». Die ui-spr. schwache Dekli-
bei Luther castanenhraun. nation ist seit dem 16. Jh. in die starke
Kaste, f. (PI. -n): dann über- übergegangen; der Plur. Kästen schon bei
erblicher,
haupt sich streng abschließender Stamm oder H. Sachs und Fischart Garg. 441. Vgl. Kiste.
Stand. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. ZUS. Kastenmeister, m. Kassenverwalter, :

(bei Wieland 7, 313 vom J. 1772) über franz. 1541 bei Frisius Sß^.
caste aus (span.)-port. casta f. «Rasse, Ge- Kastor, m, (-s, PI. -s): der Biber; Hut
schlecht, Gattung», eig. «etwas Unvermisch- von Biberhaaren (1664 bei Duez 1, 115,
tes», vom lat. Adj. castus «rein». ZUS. Gastorhut 1678 bei Ivrämer). Aus gr.-lat.

Kastengeist, m., Schlagwort seit den 90 er m. «Biber».


castor, gr. Kdcrujp
Jahren des 18. Jh. Vgl. Ladendorf. Kasträt, m. (-en, PI. -en): Hämling, Ver-
kasteien, v.: züchtigen, beschränkend schnittner. 1728 bei Sperander Gastrat, 1709
quälen, dui'ch Fasten usw. quälen, das Fleisch bei Hübner Gastratus, aus ital. castrato, mlat.
kreuzigen. Bei Luther casteyen, md, kastigen, und lat. casträre «ver-
castratus m., zu ital.

kestigen, kestln, und im 15. Jh. kastyen, schneiden», wovon kastrieren, 1693 bei
kesteyen, mhd. kestigen (weshalb noch im Kramer ital. Wb. castriren.
16. Jh. kestigen, kästigen), ahd. castigon, Kaströl, s. Kasserolle.
kestigon; dazu mnd. kastien, mndl. castien. Kasuar, m. (s, PI. -e): dem Strauß
Mit Einführung des Christentums entlehnt ähnlicher Vogel in Hinterindien undAustralien
aus lat. castigäre «zui-echtweisen, strafen, (1597 zuerst bekannt). 1628 bei Münster
züchtigen, zügeln». ABL. Kast^iong, f. Cosmogr. S. 1603 Kasewaris. 1712 bei Hübner
(PI. -en), md. kastiunge (Jeroschin 25644) Gasuar, nach ndl. casuaris m. aus malayisch
und kästigunge, mhd. kestigunge, spätahd. kasmväris.
chestigunge f. Kasus, m. (Gen. imd PI. ebenso): Fall,
Kastell, n. (-S, PI. -e): kleine Festung. Vorfall, Begebenheit grammatische Biegungs- ;

Mhd.-ahd. kastei n., aus lat. castellum n., form. Aus gleichbed. lat. casus m. Dazu
Dim. von lat. castrum n. «Festung, Bui-g», kasuäl und kasuell, adj.: zufällig, den
woraus ags. ceaster, cester f. «Stadt, Burg». BiegungsfaU betreffend, 1694 bei Nehring
Dazu Kastellan, m. (-s, PI. -e): Burg-, casuel, aus franz. casuel, lat. cäsuälis, Adj.
Schloßvogt, Hausbeschließer, mhd. kastelän, zu lat. casus. Kasuälien, pl.: gelegentliche
mlat. castellanus ra., von lat. Adj. castellänus Amtsverrichtungen (der Geistlichen); Ver-
»zum Kastell gehörig». gütung dafür, eig. Neutr. Plur. des lat. Adj.
Kasten, m. (-s, PI. Kasten, Kästen): cäsuälis. 1813 bei Campe casualia. kasu-
viereckiges Behältnis mit oder ohne Deckel; istisch, adj.: spitzfindig. Von Kasufst, m.
1005 Katafalk Katharine 1006

(-en, PI. -eil), aus nlat. camiista «der über Katechese, f. (PI. -n)-. Unten-icht in
Gewässensfragenliest oder schreibt». Im
Frage und Antwort, besonders solcher Re-
17. Jh.
Katafalk, m. (-[e]s, PI. -e): Leichen-, ligionsunterricht. 1710 bei Nehring Catechesis.
Trauergerüste. 1709 bei Hübner Catafalco Aus gleichbed. kirchenlat. catechesis f, von
m., 1773 bei Amaranthes Catafalque, aus gleich- gl". KOTrixncic f. «Unterricht». Katechet, —
bed. ital. catafalco m., (daraus franz. catafalque m. {-en, PI. -en): fragweise unterrichtender
m. echt franz. cJuifaud). Herkunft unklar. Lehrer, bes. in der EeHgion. 1714 bei Wächtler
Katakombe, f (PI. -n) Leichengewölbe, Katechete, 1728 bei Sperander Catechet, aus
:

Felsenhalle. 1728 bei Sperander Catacomhe, gr. Kaxrixrixric m. «Untenicht ender, Lehrer».
aufgenommen aus ital. catacomba, franz. cata- Davon katechetlsch, adj., kirchenlat. cate-
camhe f , von lat. catacuniba f. «Grabgewölbe». cheticus «zum mündlichen Unterrichte ge-
Katalog, m. (-[e]s, PI. -e): Verzeichnis, hörig». —
katechisiereu, v.: fi-agweise in
Bücher-, Stundenverzeichnis. Cafalog 1531 der Religion unterrichten, 1576 bei Mathesius
bei Hedio Jo^ephus Titel, aus gr.-lat. cata- Luther 158^ catechisiren , aber schon mhd.
logus, gr. KOTäXo-foc m., ui'spr. «Aufzählung, cathezizieren, aus kirchenlat. catechizare, von
Aufzeichnung», von gr. KaTaXifew «herer- gr. KttTrixiceiv «unterrichten». Davon Kate-
Früher der Vlur. Katalogen chisatiön, f., mlat. catechizatio f.
zählen, auslesen». Kate- —
(noch bei Goethe 47, 143). Dazu katalogi- chismus, m. (Gen. ebenso, 71 Katechismen):
Siereu, v.: ein Verzeichnis anfertigen, erst Religionsbuch in Frage und Antwort, im
im 19. Jh., dafür bei Goethe 33, 255 und 16. Jh. aus kii'cheulat. catechismus m. «Reli-
schon bei A. Gryphius (1698) 1, 757 katalogiren. gionsbuch zum ersten Unterricht», gr. Kaxri-
Katarakt, m. großer Wasser- Xiciaöc m. «Unterricht», von KaxrixiZ^eiv «unter-
(-es, PI. -e) :

fall. 1566 bei Paracelsus Baderbüchlin 6, 6 richten». Allen diesen Wörtern liegt zugi-imde
Cataracten m., aus gleichb. lat. Cataracta f., gr. gr. Koxrixeiv «wider-, entgegentönen», dann
KaTappdKxricm., von Karapctcceiv «herabstürzen». (zuerst bei den Stoikern) «mündlich belehren,
Katarrh, m. (-[e]s, PI. Schnupfen, unterrichten», zsg. aus Kaxd «wider, ent-
-e):
Durch die Ärzte des 17. Jh. in Umlauf ge- gegen», und f]xe\v «schallen, tönen», wovon
kommen (Catarr 1616 bei Albertinus Lucifer Echo (s. d.).

367 Liliencr.), aber schon 1516 bei Pinicianus Kategorie, f. (PI. -n)-. der allgemeinre
prompt. Gr2^ catarr, aus gleichbed. gr.-lat. Begriff, unter den etwas gefaßt wird, Begi'iffs-

catarrhus, gr. Karäppouc m., eig. «HerabfluJj», fach. Im 18. Jh. aus gr.-lat. categöria, gr.
von KCToppeiv «herabfließen». Die einheimi- KaxiTfopia f. Person oder
«Anklage, einer
schen Namen waren: ahd. tampho, dempho, Sache beigelegte Eigenschaft, Prädikat», zu
mhd. dampfe m. (abgeleitet von Dampf), KaxTifopeiv «gegen jem. reden, anklagen»,
mhd. vlö^e f. vmd struche f., noch bap-. von Koxd «wider» und äyopeüeiv «reden».
Sträuchen f. Vgl. auch Pfnüsel. ABL. Dazu kategorisch, adj.-. unbedingt und
katarrhalisch, adj., im 18. Jh., dafüi- 1678 entschieden, rund heraus, ohne Umschweif,
bei Krämer catharrisch. bei Londorp 1, 459* vom J. 1619 categorisch,
Kataster, n. (-s, PI. wie Sg.): Steuer-, von gr.-lat. categoriciis, gr. KarriYopiKÖc «zui-
Flui--, Lagerbuch. 1694 bei Nehring Catastrum Anklage, zum Prädikat gehörig».
n., ital. catastro m. «Zins-, Steuerregister». Kater, m. (-5, PI. wie Sg.): Männchen
Herkunft unsicher. der Katze. Mhd. katere, kater, spätahd.
Katastrophe, f. (PI. -n): eintretender chater e m.; dazu mnd. und ndl. kater m.,
Wendepunkt in etwas; trauriges Ereignis anord. köttr m. S. Katze. In der studenti-
(meist elementarer Art). 1710 bei Behring schen Bed. «Katzenjammer» (erst um die Mitte
Catastrophe, durch franz. catastrophe f. aus des 19. Jh.) wohl umgebildet aus Katarrh.
gr.-lat. catastropha f., gr. Katacrpocpri f. «Um- Katharilie, Frauenname, gr.-lat. Catha-
kehr, Wendung, im Drama der Wendepunkt rina, d. i. «die Reinliche, Sittenreine», von
der Handlung zur Auflösung des geschürzten gr. KoGapöc «rein, unbefleckt, sittlich rein».
Knotens», zsg. aus Kard «nieder, wider, um», Das Dim. ist Katharinchen , Kathrinchen
und cTpoqpri f. «das Drehen, Wenden». (Goethe Faust 3684), gewöhnhch aber Käth-
Kate, f.: Tagelöhnerhütte auf dem Lande, chen. Die schnelle Katharina «der Dm-ch-
in Norddeutschland, 1652 bei Lauremberg fall», 1669 bei Grimmeishausen Simpl. 117;
Kate m., (s. Kote.) es scheint entstanden als Schulwitz und ver-
1007 Katheder Katze 1008

hüllender Ausdruck im Gedanken an das in Karnickel) Kartun, 1699 im schles. Helicon


von KaGapöc abgeleitete gr. Koieapiua n. «Rei- 1, 349 cartun. ABL. kattunen, adj.: aus
nigung, Auswui-f». Kattun, 1647 bei Olearius 392 cattunen, ndl.
Katheder, m. und wie Sg.): 1598 bei Kilian kottoenen «baumwollen».
n. (-5, PI.

erhöhter Lehrstuhl. Im 18. Jh. auch Fem. katzbalj^en, v. refl.: sich lärmend halgen
(Günther 642, Lessing 10, 105), 1678 bei (s. d.) gleich den Katzen. 1508 bei Keisers-
Krämer Catheder m., aus gr.-lat. cathedra, berg Predigen 144 '\ abgeleitet von Katzbalg
gr. KoG^bpa f. «Stuhl, Armsessel», dann «Lehr- m. «lärmender Zank» (1531 bei S. Franck
stuhl» und im Lat. büdlich «Lehramt». ZUS. Chron. 12 ^ Katzpalg). Davon Katzbalgerei,
Kathedersozialist, m., Spottname für f.: lärmender Streit, 1659 bei Butschky
Professoren der Volkswirtschaft mit soziali- Kanzell. 416.
stischenAnschauimgen. 1871 von Oppenheim Kätzchen, n. (-s, PI. wie Sg.): walzen-
gebraucht und zum Schlagwort geworden. förmige Baumblüte. Mrhein. im 15. Jh.
Vgl. Ladendorf. ketzgin (Diefenbach gl. 165^), um 1480 im
Kathedrale, f. (PI. -n): bischöfliche Voc.inc.teut. p 2^palmketzel; dazu nd. kättjen,
Hauptkirche. 1710 bei Nehring Cathedral, ndl. katte und katteken bei Kilian (sonst auch
1541 im Cod. dipl. Sax. reg. II, 3, Nr. 1422 kattenstaarten «Katzenschwänze»), mengl.
Gathedralkirche, abgeleitet von lat. cathedrälis chatt, engl, catkin. Das Weiche, Wollige
«zum Sessel», d. h. «zum Bischofssitze ge- der Blütengestalt verglichen mit dem zai-ten

hörig», zu lat. cathedra f. (s. Katheder), im Fell der jungen Katze.


Mlat. «Bischofssitz». 1
Katze, f. (PI. -n): Geldgurt. Erst 1731
Katheter, m. (s, PI. wie Sg.): chirur- in der Insel Felsenburg 1, 353 Katze, 1, 360
gisches Instrument, Im 17. Jh. (1694 bei Geldkatze. Nd. katte f. «langer lederner
Nehring) Catheter, aus gr.-lat. catheter, gr. Geldbeutel, den reisende Kaufleute um den
KaBexrip m. «Sonde, feines Röhrchen zum Leib binden» (1767 im brem. Wb.), mund-
Einlassen in die Harnröhre», von KuOidvai artlich-schwed. katt f. «Geldbeutel, gewöhn-
«herablassen, einsenken». lich von Katzenfell» (Rietz 313^).
Kathode, f. (PI. -n): elektrischer Strom- ^
Katze, f. (PI. -n): das hohe Werk des
ausführer. Von gr. KctG-oboc f. «der Weg Bollwerkes. Mhd. katze f. «bewegliches
hinab». In der neuem Elektiizitätslehre. Schutzdach der Belagerer zum Untergi-aben
Katholik, m. {-en, Anhänger der Mauern» (ebenso mndl. catte, mlat. cattus
PI. -en):
der katholischen Kirche (bei Goethe [Egmont] m. und catta f., urspr. «Kater» und «Katze»,
8, 204 der Katholike, auch sonst md.). 1762 benannt wohl nach der Gestalt und dem
im Nouv. dict. kathÖllsch, adj.: allgemein Heranschleichen des Tieres, s. Schultz höf.
christlich, rechtgläubig. Von kii-chenlat. Leben 2, 406 f.), auch der «Sturmbock» selbst,
catholiciis ,
gr. Ka9oXiKÖc «allgemein», dann dann «das Gerüst», worauf die Steinschleuder
«kirchlich rechtgläubig», von koBöXou, adv. «im (mhd. hltde) steht; daher übertragen seit
ganzen, im allgemeinen», zgs. aus kutoI «durch Anfang des 17. Jh. eine besonders erhöhte
hin» und öXoc adj. «ganz, ungeteilt». (1547 in Schanze zur Beherrschung der übrigen Fe-
der Zimm. Chi-on. ^ 3, 377 die Gatollischen.) stungswerke (1602 bei Kirchhof Militaris
Katholizismus, m. der römisch-katholische disciplina 11 imd 175).
:

Glaube. Ende des 18. Jh. aufgekommen. ^Katze, f. (PI. -n): das Haustier zum
Kätuer, m. (-s, PI. wie Sg.): Besitzer Fangen der Mäuse; Raubtierart. Mhd. katze,
einer Kate; s. unter Kote. ahd. kazza f.; dazu mnd.-mndl.-afries. katte,
Kattun, m. (-S, mit Mustern ndl. kat, engl, cat, anord. ketta, nnorw. kjetta,
PI. -e):
bedi'ucktes dünnes leichtes Baumwollenzeug. katta, schwed. katta f., anord. köttr, schwed.
Schon mhd. cottun m. (Walther von Rheinau katt, dän. kat m. Ein weitverbreitetes Wort,
1

31, 30), 1691 bei Stieler Kadun, Kattun, aus dessen Herkunft unsicher. Vgl. lat. cattus,
ndl. kottoen (1598 bei Kiliaii), kattoen, katoen n. catta, ir. cat, kymr. cath, bret. kaz, franz.
«Baumwolle, BaumwoUenzeug», das wie franz. Chat m., chatte f., lit. kate f. Vgl. Sainean
coton, ital. cotone, span. alcoton, algodon m, La creation metaphorique en fran9ais et en
«Baumwolle» überkommen ist aus arab. roman 5 ff. Die Form kater scheint r aus s
{al)-qüton «Baumwolle, Kattun». In Schlesien zu enthalten, vgl. das ndd. käz. RA. Das
und Brandenburg mit eingeschobnem r (wie ist für die Katze: das ist wertlos. Bei
1009 kauchen kauen 1010

Bm-khard Waldis 4, 62 Katz aushalten (Les-


; ^kaudern, v.: kollern wie der Truthahn
sing Minna 3, 10), die Katze halten (H. Sachs (1541 beiFrisius [cucuriol vom Haushahn chu-
17, 207): in einer peinlichen Lage aushalten. teren wie ein Han, wenn er ein Hun decken
Herkunft unbekannt. Die Katze im Sacke wil, bei Calepinus kautern) undeutüch reden, ;

kaufen: etwas unbesehens kaufen, plappern (Schiller 1, 213, vom J. 1782, schwäb.
1741 bei
Frisch. ZUS. katzenäugig, adj.: grünlich- küdern, im 15. Jh. kaudernetsch f. «Plapper-
grau, 1537 bei Dasypodius. Ratzenbnckel, mädchen, zu Schweiz. Nefsch f. «Plauderin»,
m,, bildlich von demütigen schmeichlerischen von netschen «plaudern»). In der urspr. Bed.
Verbeugungen, bei Lessing Minna 1,3, Katzeil- offenbar tonmalend.
gold, n,: goldglänzender Glimmer (1546 bei ^kaudem, v.: Zwischenhandel, wucheri-
G. Agricola 473); ausfließendes goldgelbes schen Kleinhandel treiben.
1775 bei Adelung
Kirschhai-z (im 15. Jh, kaczen golt bei Diefen- oberdeutsch; 1551 in Petrarcas Trost-
als

bach gloss. 263°, clev, 1477 cattengolt, schon büchem 52* kauderer m. «Wucherer». Noch
in den altmd. Glossen zu Heinrici summarium bayrisch-schwäbisch.
9, 22 kazzengolt), ui'spr. Bed. «falsches Gold».kauderwelsch, adj.: durch Fremdartiges
Katzenjammer, Geheul der Katzen unverständlich, verworren. 1521 bei Emser
m.,
zur Laufzeit; bildlich Übelbefinden nach Lust- Quadruplica C 1^ aiderwelsch, 1566 bei Mathe-
barkeit (bei Kluge Studentensprache 98 vom sius Luther 260 kauderwelsch (aus Luthers
J, 1768). Katzenkopf, m., übertragen Munde), dann 1577 bei Fischart Flöhh. 3111
Dummkopf' (Lessing i, 393); Ohrfeige; ein Kuderwelschn. (von der macaronischen Sprech-
kleines kurzes Geschütz, Böller (1748 im weise) und 1572 in Pract. Großm. 11 der
westphäl. Kobinson 240), wie es scheint Über- Plur. Kuderwelschen (fremdländische, italie-
tragung von ^Katze. Katzenkraut, n.: nische Händler, wie sie damals in Süddeutsch-
die wegen des GeiTicbs von den Katzen ge- land häuüg waren). Schon 1379 in Eain
Kebte Pflanze nepeta cataria, mhd. im 14. Jh. am Lech als Eigenname Berchtold KJiaicder-
katzenkrüt n. Katzenmusik, f.: Katzen- walch (ZfdA. 4, 578). Das Wort ist ent-
geheul (1691 bei Stieler); ohrenzerreißende weder entstellt aus churioelsch mit Anleh-
Musik (Goethe 3, 334), als Verhöhnung (Lenz nung an kaudern (1587 bei Mathesius Dilu-
1, 215). Vgl. Ladendorf. Katzensilber, n.-. vium 364'' CfiunraUen wohnen in den Alben,
silberglänzender Glimmer, 1530 bei G. Agricola die wir Cauderwelsche nennen), oder der erste
Bermannus 134, eig. falsches Silber, vgl. Bestandteil gehört zu kaudern-, Kauderwelsch
Katzengold. Katzensprung, m., bildlich, also urspr. die Sprache der fi-emdländischen
kurzer Weg, 1691 bei Stieler. Katzentisch, Händler (s. welsch).
m.: im Winkel abseits der großen Speise- Kaue, f. (PI, -n): Hütte der Berg- und
tafel stehendes Tischchen, 1674 bei Abele Waldleute mit kleinen Löchern statt der
künstl. ünordn. 5, 404 Katzentischl n,, ähn- Fenster, Schachthäuschen. Im 16. Jh. kawe,
lich wie Katzenhänklein (1646 bei Moscherosch kaue, im 15. Jh. auch keue, mhd. und md.
Philander 1, 124). An dem Katzentisch sitzen kowe, kouwe, nebenbei köuwe f. Mit ndd.
hieß im Klosterleben, wenn der strafver- Koje (s. d.), zurückgehend auf lat. cavea,
büßende Mönch im Konvent statt an der später noch einmal als Käfig entlehnt).
Tafel auf der Erde sitzend seine schmale kauen, v.: mittels der Zähne zermalmen.
Mahlzeit einnehmen mußte, wo ihm die Kloster- Aus dem Md., mit schwacher Flexion, die
katzen Gesellschaft leisteten (1749 bei Balth, bereits im 16. Jh. die übliche ist; mrhein.
Schäffer Tanzmeister 18, s. Gr. Wb. im 14. Jh. küwen, Prät. kmvede, als Neben-
5, 1239).

^kauchen, v.: seinen Körper der Länge form mhd. kouwen, ahd. couön; dazu ndl.
nach zusammenziehen, kauern, noch md. In 1598 bei Kilian kawen, kouwen, kmven, nndl.
oberd. und md. Mundarten eine Nebenform kaauwen. Aber die urspr. hochd. und noch
Jiauchen, im 15. Jh. in den Fastnachtsp. 1349, in wiederkäuen geläufige Form ist käuen
nd. hüken (vgl. hocken). (bei Rückert 11, 276, bei Duez 1664 käiven,
^kauchen, v.: hauchen; gepreßt atmen. im 16. Jh. kewen), ehedem starkbiegend: mhd.

Mhd.küchen, im 16. 18. Jh. öfter vorkommend, kiuwen (Prät. kou, Part, gekomven), ahd,
noch bayr. katichen, Schweiz, ch^'che. Wohl kiuwan; dazu ags. ceowan, engl, cheto, anord.
für hauchen unter Einfluß von mhd. kichen, tygyja, tyggva, schwed. tugga, dän. tygge.'ürver-
s. keuchen. wandt mit ahg. z(i)vati «kauen, wiederkäuen».
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 64
1011 kauern Kaule 1012

kauern, v.: liocken. Erst 1727 bei Aler sprach. Außerdem war es ein niedriges Wort,
kaueren, 1734 bei Steinbach sich kauern, aber das auch nicht ins Romanische gedrungen
lange im 18. Jh. als niedrig angesehen. Neben Wegen der starken Verbreitung im
ist.

der weit altern Form hauren Germanischen und der Bedeutungsentwicklung


(1556 bei Frisius
898^), Schweiz. 1561 bei Maaler und spätmhd. ist Hildebrand DWB. 5, 324 für deutschen
küren, wie kauchen (s. d.) neben hauchen, Ursprung eingetreten, und Franck hat Anz.
die vielleicht durch den Einfluß von hocken fdA. 21, 299 auf die Flexion als Stütze hin-
entstanden ist. Dazu mnd. kuren «spähend gewiesen. Grimm hat got. kaupatjan «ohr-
schauen» (?), mengl. couren, engl, cotver feigen», eig. «schlagen» verglichen, wobei an
«kauern», mundartlich -schwed. kura «sich die Besiegelung durch Handschlag zu denken
kauern, bes. um zu faulenzen oder sich zu ist, vgl. mhd. koiif-slac m. «Abschluß eines
verbergen», dän. kure «still sitzen oder liegen». Kaufs, Kaufhandel», koufslagen v., mnd.
Wohl urverwandt mit gr. yüpöc «krumm, köpslagen, anord. slä kaupi «einen Handel
gebogen», yöpoc m. «Kreis», arm. c%r «schief, abschließen». ABL. Käufer, m. (-s, PI.
krumm, gebogen». wie Sg.), bei Luther Keuffer, spätmhd. keufer,
Sauf, m. (-[e]s, PI. Käufe) Ertauschung mhd. koufer, ahd. choufari m. «Kaufmann,
:

oder Erwerbimg gegen bares Geld. Mhd. Kleinhändler»; dazu Käuferin, f., mhd.
kouf m. «Handel, Geschäft, Kauf und Ver- kouferinne. käuflich, adj., mhd. kouflich,
kauf, Ware, Kaufpreis» (daher nhd. leichten ahd. chouflih, mnd. köplik; dazu Käuflich-
Kaufes, «billig, ohne Schaden», eig. «mit Zah- keit, f., 1482 im Voc. theut. q 1 kaufflicheit. ''

lung eines geringen Kaufpreises»), ahd. koufm. ZUS. Kaufbrief, m.: schriftUche Urkunde
auch «Tausch, Wechsel»; dazu asächs. cöp m., über einen Kauf, im 15. Jh. bei Diefenbach
mnd. köp m., ndl. koop, ags. ceap m. «Kauf, gl. hZ^^kauffbriejf. Kauffahrer, m. Handels- :

Kaufpreis, Habe, Vieh» (wie denn in ältester schifi'er, Handelsschiff (1607 in Scheible's flieg.
Zeit aller Kauf ein Tausch und das Haupt- Bl. 11), aus nd. köpfarer. Kauffahrtei, f.:
tauschmittel, Vieh, die bedeutendste Habe Handelsschiffahrt, im 17. Jh. Govardei, noch
war), engl, cheap «billig» (eigentlich good cheap 1775 bei Adelung Kauffahrdey, aufgenommen
«als guter Kauf»), afries. käp m., anord. kaup aus nd. köpfärdije, ndl. koopvaardij f., einer
n. «Ersatz, Bezahlung, Preis, Tausch, Kauf- Ableitung von mnd. köpvart f. «Kauffahrt,
handel», schwed. köp, dän. kjöh. Davon ahd. Handelsreise», md. 1304 koyfvart (Germania
koufo m. «Handelsmann, Aufkäufer und Ver- 20,* 45), anord. kaupferd f.; dazu Kauf-
käufer», und weiter kaufen, v., mhd. kaufen, fa(h)rteischifiF, n., im 17. Jh. Govardei-
ahd. koufon «Handel treiben, erkaufen und schiff, 1678 bei Krämer Kauffahrdeyschiff,
verkaufen, eintauschen»; dazu asächs. cöpon ndl. koopvaardijschip. Kaufhaus, n., mhd.
«erhandeln», got. käupön «Geldgeschäfte koufhüs «Kaufhalle». Kaufherr, m.: vor-
treiben». Die noch in md. Mundarten (kefen) nehmer Kaufmann, mhd. im 14. Jh. kaufherre.

übliche Nebenform keufen,käufen (15. 17. Jh.) Kaufladen, m., 1494 bei Brant Narrensch.
beruht auf mhd. keufen, ahd. choufan; dazu 102, 32 kouflad m. Kaufmann, m. (-S,
and. cöpmw, afries. käpia, ags.ceapian «handeln, PI. Kaufleute), mhd. und ahd. koufman, mnd.
erkaufen», cypan «verkaufen», anord. kaupa köpnian, afries. käp-, köpman, ags. ceap-,
(Prät. keypti). Die Herkunft des Wortes ist cypynan, anord. kaupmadr, dän. kjöbmand; im
umstritten. Man nimmt jetzt gewöhnlich an, PI. mhd. koufliute, ahd. choufliute, mnd. köp-
daß ahd. koufo aus lat. caupo «Schenkwirt, lude, afries. käpliude; dazu kaufmännisch,
Händler» stammt (glossiert mit KdirriXoc, adj., 1575 bei Fischart Garg. 288, und Kauf-
rravboxeuc, negotiator). Davon wäre got. mannschaft, f., mhd. koufmanschaft, mnd.
kaupön abgeleitet und kauf zurückgebildet. köpmanschapi. «Handel, Handelsware». Kauf-
Wegen der got. Form, und da das Wort SChilling, m. (-s, PI. -e): Drauf-, Kaufgeld,
auch ins Slavisch-Litauische gedrungen ist Ankauf von Grundstücken, im
bes. bei 16. Jh.

(abg. kupiti «kaufen», kupü m. «Kauf», kuplci Zimm. Chron. 1, 168, 2).
m. «Kaufmann», daraus wohl lit. kvpc'us m., Kaulbarsch, s. -Kaule.
kupc'äuti «Handel treiben», apreuß. käupiskan *
Kaule, f. (PI. -n): Grube. Mitteldeutsch.
«Handel») müßte die Entlehntmg sehr früh Mhd.-(md.) küle, im 14. und 15. Jh. rhein.
angesetzt werden, und trotzdem ist es nicht küle, im 16. Jh. kaule, mnd. küle f. Nieder-
sicher, ob man damals nicht schon cö2)0 deutsch weit verbreitet. Wohl zu ^Kaute.
1013 £aule Eaiiz 1014

"Kaule, f. (PI. -n): Kugel von geringem Kaupe, f. (PI. -n): Federbüschel auf dem
oder mäßigem Umfange. Mitteldeutsch, 1540 Kopfe des Vogels; Grasbüschel (1746 bei
bei Alberus dict. kaul, im 12. Jh. küle (Athis Döbel Jäg.-Pract. 1, 69 a); kleiner Erdhügel
105, 87), auch süddeutsch im 15. Jh. küle f. (ostmd.). In der 1. Bed. 1540 bei Alberus
Gekürzte Nebenform zu Kugel (s. d.), und dict. kai4>, kaupp, mit dem Adj. keupichi,
verwandt mit Keule (s. d.) «Stange mit kugel- noch wetterauisch Kaube und keubig, 1517
förmigem Ende». Dazu das Dim. Känlchen, obersächs. bei Trochus N 1 ^ kube f., aachenisch
n., bei Luther Keulichen, 1517 bei Trochus kuif f.; desselben Stammes wie
Kuff, ndl.
DS'^ kulchen, im 15. Jh. bei Diefenbach Gl, Kuppe
damit ist aber wohl ein aus
(s. d.);
265*^ kewlelichin. ABL. Käuler, m. (-s, slav.-abg. kupü m. «Hügel», sorb. kupa f.
PI. wie Sg.) oder KaulhlLhll, n. Huhu mit «Hügel, Insel» entlehntes Wort zusammen-
:

kugelichtem, schwanzlosem Hintern, kau- geflossen.


licht, adj.: kugeHcht, md. kulecht, im 15. Jh. kausal, adj.: ursächlich zusammenhängend.
keulecht (Diefenb. Gl. 628^), bei Luther keulich Aus lat. causälis «zur Ursache gehörend»,
(1. Kön. 7, 41 f.), 1741 bei Frisch kaulig, von causa f. «Ursache», 1801 bei Campe.
abgel.
kaulicht. ZUS. Kaulbarsch, m. {-es, PI. -e Davon Kausalität, f. (PI. -eu): Ursächlich-
und Kaulbarsche) der dick- und kugelköpfige
: keit. 1791 bei Eoth.
Barsch perca cemua. In Luthers Tischi-eden kauscher, s, koscher.
224**Kaulepers, 1540 bei Alberus kaulbersch, kaustisch, adj.: beißend, ätzend. 1791
1549 im Peucers Vocab. D 4*^ Kulparsen pl. bei Roth, von gleichbed. gr.-lat. Adj. caustic-us,
(noch bei Lessing 3, 67 Kuhlparse pl., auch gr. KaucTiKÖc, mit kouctöc «brennbar» zu
rand. külbars), im 15. Jh. bei Diefenb. Gl. 602 «^
Koieiv «verbrennen, verletzen».
kulperske. Kaulkopf, m.: der Gropp, cottus ^Kaute, f. (PI. -n): Grube, Loch. Mittel-
gobio, ein Fisch mit dickem kugelförmigen im 14. Jh. kfite f., nd. küte f.
deutsch, schon
Kopfe; der unentwickelte Frosch mit kuge- (bei Fontane.) Dazu gehört wohl kaule,
Hchtem Kopfe (1672 bei Grimmeishausen Simpl. Kule mit Z- Erweiterung und Verlust des
4, 7 Kz. Keulkopf, 1664 bei Duez 1, 86 Kaul- Dentals. Vielleicht ist gr. fviir] f. «Geier-
frosch); der Kaulbarsch (1775 bei Adelimg). nest, Höhle» wurzelverwandt.
Li der 1. Bed, 1540 bei Alberus dict. keulkopff, "Kaute, f. (PI. -n): oben zusammenge-
dafür 1775 bei Adelung Kaulhaupt, 1482 im di'ehter Büschel Flachses. Mitteldeutsch, im
Voc. theut. m 8* kaulhaupt und r 6^ kulhaupt, 15. Jh. kawte f., mlat. (entlehnt) cuta f. Das
im 13. Jh. cülhoubit, cülhouuet n. (Steinmeyer- Wort stammt wohl aus dem Slawischen,
Sievers ahd. Gl. 3, 369, 32). Vgl. Botzkolbe. russ. kudeli «Flachs am Rocken», tschech.
Ebenso Kaulquappe, f.: der Gropp (J. Paul kuzel, poln. kqdziel «Spinnrocken»,
Titan 1,105); Kaulfrosch; Kaulbarsch (nd.Zzi/iZ- Kautel, f. (PI. -en): Vorbehalt, rechtliche
quabbe 1756 bei Strodtmann 118). S. Quappe. Verwahrung bei einem Vergleiche. 1571 bei
kaum, adv.: mit Mühe und Not, mit ge- Roth Cautel, aus lat, cautela f. «Vorsicht,
nauer Not; schwerhch; eben erst. Mhd.-mnd. «Sicherstellung», von lat. caM^MS «vorsichtig».
küme, ahd. chümo, mndl. cume, das Adv. des Kaution, f (PI. -en)-. Bürgschaft, Haft-
seltnen mhd. Adj. küme, küm «schwächlich, geld. 1532 in der peinl, Gerichtsordn. Karls V
gebrechlich» (dafür ahd. chümig
«schwach, § 12 Caution, aus lat. cautio f. «Sicherstel-
kraftlos, ki-ank»), Schweiz, chüm «kränklich, lung», eig, «Vorsicht», von cautum, dem
unbehaglich», mnd. kume «matt, leidend, hin- Supinum von cavere «vorsichtig sein, sich
fällig», küm «schwach von Alter, krank, oder einen sicher stellen»,
nd.
stöhnend; dazu ahd. chüma f. «Klage» imd Kautschuk, m, und n. {-s, PI. -e) Feder- :

das Zeitwort mhd. kümen «wehklagen, trauern, harz, gurami elasticum. Erst im 19. Jh, Aus
sich nach etwas ängstlich bemühen», ahd. franz. caoutchouc m. und dies aus Südamerika,
chünian, asächs. kümian «beklagen», wohl ur- Kauz, m, (-es, PI, -e) Art kleiner schreien- :

verwandt mit gr.Todeiv «wehklagen, jammera». der Eulen; (bildlich, mit dem PI. Käuze) selt-
Gleicherweise das lat. Adv. aegre «verdrießlich, sam aulfallender Mensch; aufgesteckter Zopf,
schwerlich, kaum», vom Adj. aeger «krank, Neben der altern schwachen Flexion seit dem
verdrießlich». Im 16. Jh. treten erweiterte 16. Jh. die starke, die heute allein gilt (aber
Formen kaumet, kaumend (beide bei in der 2. Bed. noch bei Maler Müller 1, 340
auf:
Luther), kaumenden, noch fränk. kaumends. und Goethe 9, 102 der schwachbiegende Akk.
64*
1015 kanzen Eehie 1016

Sg. Käuzen). In dei* 1. Bed. im 16. Jh. Kautz, deutet, ergibt sich als urspr. Bed. «Sklavin,
md. im 15. Jh. küze, kütz m. Magd». Die Kebsweiber und Beischläferinnen
(Diefenbach
Gl. 83*), Eigenname schon Anfang des wurden aus den weiblichen Kriegsgefangnen
als
14. Jh. Kuiz, Küze (Baur Arasburg. Ur- oder unfreien Mädchen genommen; ähnlich im
kundenb. 312; 358); dazu das Dim. KäUZ- Griech. irdWa? f. «Mädchen und Beischläferin
leiii; Käuzeh en, n,, im 15. Jh. Mtzlin, als kriegsgefangene, geraubte Sklavin». Die
ebenso bei Luther Kützlin, 1687 bei Hoh- Herkunft ist unbekannt, vgl. Zupitza Gutt. 79.
berg, 2, 838* Käutzichen, 1775 bei Adelung ABL. kebseil, v.: zum Kebsweibe machen,
Käuzchen, nd. kutzke. In der 2. Bed. im nehmen, mhd. kebesen, kehsen, md. im 14. Jh.
16. Jh. Kautz (H. Sachs, Frey Gartenges. kebeschen, ndrhein. kevesen. ZUS. Kebskind,

28, 23, Lindener Katziporus 78). Man ver- n.: uneheliches, Nebenkind, mhd. kebeskint.
gleicht gr. ßOIa f., ßüac m. «Uhu». Vielleicht Kebsweib, n.: Nebenweib, mhd. kebesivip.
ist aber auch ags. cyta m. «Eohrdommel», keck, adj.: lebensfrisch, lebensmutig; leb-
engl, kite verwandt und lit. gaudz'ü, gaüsti haft rasch zu kühn. Mhd. keck, ahd. check,
; ;

c dumpf heulen». Wood Btr. 24, 529. (beiNotker f 1022), (eigentlich Schweiz.) Neben-
kaiizen, v. : sich ducken, gekauert hocken. form von quec (s. qtieck), mit geschwundnem
1691 bei Stieler (auch in der Bed. «prügeln»), u. ABL. Keckheit, f., mhd. kecheit «hisches

öfter bei Goethe; nd. küzen. Nebenform zu mutiges Wesen». kecklich, adv., mhd.
kauchen (s. d.), wie gleichbed. leipz. kauxen. kecliche adv.
Kavalier, m. Goethe
(-s, PI. -e, selten -s, keckem, v., lautmalend vom Froschge-
30, 71): Ritter, Mann von feinem Anstände, schrei, bei Bürger köckern, wie Rollenhagen
Hofmann. 1617 im teutschen Michel 19 Froschm. 2, 4, 2, 33 f. den Frosch kekeck!
cavallier, bei Opitz 2, 216 Cavalier. Über kekecks! quaken läßt; auch vom feinen heisem
gleichbed. franz. cavalier aus ital. cavaliere Bellen des Fuchses, wie schon mhd. gekzen.
m. «Reiter, Ritter», von lat. cahallärius m. Frequentativ von älterhd. kecken (bei Luther),
«Pferde Wärter», im Mlat. «Ritter», einer Ab- das den kreischenden Schrei des Raben, der
leitung von lat. cahallus m. «Pferd». Krähe usw. ausdrückt.
Kavalkade, f. (PI. -n): Aufzug von Kees, n. {-es, PI. -e): Gletscher. Nur
Reitenden. Über gleichbed. franz. cavalcade bayrisch. Schon ahd. c/tes «gelu». Unerklärt.
aus ital. cavalcata f., von ital. cavalcare, franz. ^ Kegel, m. {-s, PI. wie Sg.): uneheliches

cJievaucher «reiten», abgeleitet von ital. cavallo, Kind; in der stabreimenden Wendung Kind
franz. cJieval m., aus lat. cabalhis m. «Gaul, und Kegel (eheliche und uneheliche Kinder,
Pferd». 1617 im teutschen Michel 9 Cavalcada. alle Angehörigen insgemein), schon md. im
Kavallerie, f.: die Reiterei. In der 13. Jh. kindes kekel, 1422 kint und kekel,
zweiten Hälfte des 16. Jh. (1616 bei Wall- spätmhd. im 15. Jh. kegel m. «uneheliches
hausen Kriegskunst zu Pferd schon geläufig Kind». Dunkler Herkunft. Verbindung mit
Gavallerie und Gavallerey) entlehnt über ^Kegel ist nicht undenkbar, vgl. DWB. 5, 390.
gleichbed. franz. cavalerie aus ital. cavalleria Anders Detter ZfdA. 42, 56.
^
f. «Ritterstand, Reiterei», von ital. cavallo, Kegel, m. (-S, PI. wie Sg.): spitzig zu-
lat. cahallus m. «Pferd». Davon Kavallerist, laufender, einen Kreis zur Grundfläche haben-

m. (-en, PI. -en): Soldat zu Pferd, im 18. Jh. der Körper. Mhd. kegel m. «Kegel im Kegel-
(1775 bei Adelung Gavallerist). spiel», auch «Knüppel, Stock», ahd. chegil m.
Kaviar, m. (-s): eingesalzner Rogen des «Pflock, kleiner Pfahl»; dazu mnd. kegel,
Störs. 1628 bei Hulsius Schiff. 14, 15 Gaviar, mndl. keghel m., schwed. kägla f. «Kegel im
aus gleichbed. franz. caviar, ital. caviale, Kegelspiel», mndl. kegghe und nndl. keg «Keil»;
caviaro m. (schon im 15. Jh.), neugr. Kauidpi, aus dem Germanischen entlehnt franz. quille f.
türk. (c)havjar. Nicht aus dem Russischen «Kegel». Vgl. Uhlenbeck Btr. 26, 300 (zu
(dort heißt der K. ikrä). abg. zezlu m. «Rute, Stab» gestellt). ABL.
Kebse, f. (PI. -%) Nebenweib, Konkubine. kegeln, v.: Kegel schieben, mhd. kegeleti.
:

Mild, kebes und kebese, kehse, md. auch kehisch, Kehle, f. (PI. -n): äußerlich der vordre
ahd. kehis, chebis und chebisa f.; dazu and. gebogne Teil des Halses, innerlich die Luft-
kevis, mndl. kefse, ags. cyfes und cyfese f. oder die Speiseröhre; (übei'tragen, schon
Da das Wort im Ags. auch «Magd» und im mhd.) Einbiegung; die innre ofihe Seite eines
Anord, kefsir m. nur «Sklave, Knecht» be- Festungswerks (1678 bei Krämer); Hohlkehle
;

lor Kehraus Keiler 1018

(s.d.). In urspr. Bed. mhd.kel, Jcele, ahd.kela


f. Keib(e), ni. {-en, PI. -en): Aas, Leichnam,
dazu andfrk. ^GeüäQig- im 15. Jh.; Lump, Schuft (1517 bei Keisers-
kela, and. in kel-girithi
keit», mndl. kele, ndl. keel, ags. ceole f., und berg Evang. 213^). Alemannisch. Unerklärt.
weiter lat. ffula f. «Speiseröhi-e», aind. galas nu Keiche, keicheu, s. Keuche, keuchen.
cHals, Kehle». ABL. kehlen, v.: die Kehie keifen, v.: sich zänkisch auslassen; (nhd.
ab- oder ausschneiden (1517 bei Ti'ochus R3^ auch von kleinen Hunden) Lärm machend
kelen); rinnenartig höhlen (1691 bei Stieler). kläffen. Neben der vorwiegenden schwachen
ZUS. Kehlkopf, m.: der hervorragende Flexion in Nord- und Mitteldeutschland auch
knoi-pelige Teil der äußern Kehle, 1775 bei die starke, 1775 bei Adelung Prät. kiff, Part.
Adelung. gekiffen, 1734 bei Steinbach (schles.) kief,
Kehraus, s. ^kehren. gekiefen, mnd. Prät. kev, ndl. Prät. keef, Part.
^kehren, v.: entgegengesetzte oder seit- gekeven. Wie Hafer statt Haber, Hufe statt
wäi'ts einbiegende Richtung geben oder neh- Hübe, so ist auch keifen die durch das
men, wenden. Mhd. keren (mitunter kerren). ^litteldeutsche aus dem Nd. aufgenommene
ahd. keran, cheiran und kerran; dazu andfik. Form für mhd. kfiben, aber auch schon kifen,
kerian, keron, and. kierta «detorsit», mndl. kiven, ältemhd. keiben. keifen, daneben kifen
keren, ndl. keeren, afries. kera, ags. cerran, und kiefen; dazu mnd. kiveyi, ndl. kijven, afries.
cin-an, cyrran. Herkunft dunkel. Der deut- szivia, tsivia, anord. kifa, schwed. kif, kifvas,
schen Form würde got. *kaisjan, der ags. dän. kiv, kives. Weitre Beziehungen sind
*karsjan entsprechen. Das Prät. bei Luther unsicher. ABL. Keifer, m.: Zänker, 1691
kerete und kart, nach dem md., ins Mhd. bei Stieler (auch Keiferin f.), nand. klver m.
vordringenden karte, karte, Part, gekärt, ge- keifisch, adj.: zänkisch, bei Stieler, dafür
kart, mit dem entsprechenden Inf. kdren. 1664 bei Schottel keibisch, 1537 bei Dasy-
Dazu das ältemhd. Subst. Kehr m., mhd. podius keibig, mhd. kibic.
ker, ahd. ker m. «Wendung, Richtung» (noch Keil, m. (-[e]s, PI. -e): spitzsäulenartiges
in Verkehr m.), und Kehre, f.: Wendung Werkzeug zum Spalten, Zwischeneinschieben
einer ansteigenden Sti-aße, mhd. kere, ker, usw., dem ähnliches Stück. Mhd.-ahd.-mnd.
ahd. kera. Die verkürzte Form Kehr noch Ml m. «Pflock, Keil», aus kidla- wegen der
in Einkehr, Umkehr. ZUS. Kehrreim, m., mhd. Nebenform kidel, ältemhd. Keidel (noch
für das franz. refrain m. von G. A. Büi-ger Schwab. -Schweiz.) m.; dazu anord. kill m.
354* (Bohtz) vorgeschlagen und gebraucht. norw. kü «schmale Bucht», schwed. kil, dän
Kehrseite, f.: Rückseite, in der zweiten küe «Keil». Vgl. Sievers Idg. Forsch. 4, 340,
Hälfte des 18. Jh. aufgenommen aus ndl. Vielleicht zu der Wz., die in Keim vorliegt
keerzyde f. «Revers (Rückseite) einer Münze» ABL. keilen, v.: den Keil einschlagen
(1729 bei Halma 308 c). mit Keilen befestigen (1482 im Voc. theut
"kehren, v.: durch Streichen mit Besen, q2% mnd. kilen); schlagen, piügeln (nord
Bürste usw. von ünreinigkeit befreien. Mhd, und md., Ende des 16. Jh. bei Riugwalt laut
keren, kern, ahd. kerjan, kerren, and. kerren, Warb. 84, bei Opel und Cohn 31 vom J. 1620
zu ahd. kara in uberkara f. «Auskehricht», isl. dazu Keile, PL, norddeutsch, und Keilerei,
Aar n. «Schmutz an neugebomen Kälbern und f., im 19. Jh.). ZUS. Keilschrift, f.: alt-
Lämmern». Vielleicht zu Ht. zeHi «scharren». orientalische Schi'ift mit keiliörmigen Schi-ift-
!

ABL. Kehricht, n., auch m. (-s): mit dem zeichen, gegen Ende des 18. Jh.
I

Besen ausgekehi-ter Unrat, um 1480 im Voc. Keiler, Österreich, auch Keuler, m.


I

ine. teut. nl** keracht, 1482 im Voc. theut. (-S, PI. wie Sg.) : wüder Eber. Ein Jäger-
q 8** kerecht, spätmhd. kerach, im 16. Jh. ausdruck. I 1608 keyler in gi-äfl. Küchen-
Kerich, 1678 bei Krämer Kehricht u., bei Wochenzetteln zu Büdingen in der Wetterau,
\

Goethe 8, 120 Kehrig m. und n. Kehrsel, 1631 bei Opel und Cohn 278 Keuler, 1680
I

n. (-s): Kehricht, 1540 bei Alberus dict. bei Riemer pol. Colica 236 Käuler, 1691 bei
1

kersel, mhd. kersal ZUS. Kehraus, m.: Stieler Keuler und Keller. Das Wort könnte
Schluß tanz, 1734 bei Steinbach, aber schon im auf die Hauer oder Hauzähne des kampf-
I

15. Jh. kerauß m. «der letzte, kräftigste Trunk»; mutigen wilden Ebers deuten und von keüen
eine Imperativbildung. Kell rljpsen, m., mhd. (s. d.) abgeleitet sein. Entlehnung aus lit.
kerheseme, ahä.kerhesimo. Kehrwisch, m,, kuilis m., lett. kuilis «männliches Zucht-
um 1480 im Voc. ine. teut. n2* kenvisch. schwein» ist durchaus unwahrscheinlich.
;

1019 Keim Kelch 1020

Keim, m. {-[e]s, PI. -e): ausbrechende die herrschende Ansicht dagegen,


daß zwei
junge Samensprosse. Mhd. kirne, ahd. kimo, Verneinungen sich aufheben, also bejahen,
daneben schon im 12. Jh. kmi m.; dazu mnd. rührt von der Schule aus der lat. Grammatik
kime und mit andrer Ableitung and. km her. Das nach kein folgende Adj. vor einem
(m.), mnd. kine m. und fränk.-schwäb. Keid f. Subst. hat heute im Plur. schwache Flexion,
«Keim, Setzpflänzchen», mhd. kide, kit n. z. B. keine grauen Haare, früher starkbiegend
«Schößling», ahd. Mdi n. (in frumikidi «erster keine graue Haare Schiller Räuber 4, 5. ZTJS.
Keim, Erstling»), asächs. Md m.. «Schößling», (aneinander gerückte Genitive) keinerlei,
ags. clp «Sproß», Schweiz, cheist m,, ahd. adv.: keiner Art, mhd. keiner leie, keiner lei,
{frumi)-cMst «primitiae». Die unerweiterte deheiner leie, s, -lei. keinerseits, adv.,
Wurzel in got. Partizip us-kijans «hervor- 1691 bei Stieler. keinesfalls, adv. keines-
keimen», mit Präsenserweiterung keinan, ahd.- wegs, adv,, bei Luther keinsweges, im 15. Jh.
as. klnan «hervorkeimen», ags. cinan «bersten, enkainswegs (die sieben weisen Meister in
offenstehen». Daneben die Bedeutung «Spalte» der Gießener Hs. Nr, 104 Bl, 36»), 1378 mhd.
in ags. dnu f. «Ritze, Spalte», dän.-dial. kin keins wägs, 1343 schweh. deheins loegs (Weisth.
«Spalte». Da dies alles zur Grundbedeutung 5, 85 u. 87). keinmal, adv., erst im 17. Jh,
«Spalte» führt, kann Keil «Werkzeug zum (1618 bei Schönsleder).
Spalten» dazugehören. K. wird vom 16. 18. — Keische, s. Keusche.
Jh. auch Kaum geschrieben. ABL. keimen, -keit, Ableitungssilbe zur Bildung abstrak-
V., mhd. im 11. Jh. klmen, im 16. —
18. Jh. ter Subst. von Eigenschaftswörtern. Schon
auch kminien. mhd. -keit, mit Übergaijg des ch in k entstan-
kein, adjektiv. Zahlpronomen: nicht ein, den aus -ec-heit, d. h. der mhd. adjektivischen
]VIhd. kein, chein, gekürzt aus nekein oder Ableitungssilbe -ec, nhd. -ig, und -heit (s. d.),

(mit üblicher Umstellung des ne) enkein, ur- z, B, mhd. süegecheit (d. i, süegec-heit) siiege-
sprünglicher necliein, ahd. nihein «auch nicht keit, nhd, Süßigkeit; von da aus verbreitete
ein», zgs. aus der mit lat. nee, neque in Laut- sich -keit weiter, z, B, mhd. heilickeit (My-
verschiebung und Sinn stimmenden got. Par- stiker 1, 126, 13), auch wo kein Adj. auf -ec
tikel nih (eig. ni-uh d. i, die Verneinungs- vorlag, z. B. mhd. bitterkeit, geistlichkeit.
partikel 7ii, lat. ne-, verbunden mit dem got. Keitel, m. (-s, PI. wie Sg,): Fischnetz;
Anhängsel -uh, -h, entsprechend lat. -qiie, Schleppnetz; Sack im Netz; sackförmiger
gr. T€, aind. da «und») und aus dem Zahl- Darin bei Tieren, Mitteldeutsch, ostpreußisch.
wort ein; dazu asächs. nigen, mnd. negen, Besser Keutel zu schreiben, da es wohl zu
gekürzt gen, gein, mndl. negheen, engeen, ndl. Kaute gehört.
geen; im Ahd. eine gleichbed. Nebenfoi'm ^ Kelch, m. (-[e]s, PI. -e): bauchiges Trink-
nohein, gebildet mit ahd. noh, unserm ver- gefäß mit hohem Fuß. Mhd. kelch, kelich,
neinenden noch (s. d.). Mhd. kein bedeutet ahd. chelh, ehelich m.; dazu asächs. kelik,
aber auch «irgendein» (nach dem Kom- mnd, kelk, kelik, afries. tzilik, tzielk, ags, calic,
parativ noch im 18. Jh. «mehr als kein andrer» ccelic, anord. kalkr m. Entlehnt aus gleich-
Goethe 46, 79, Schiller Don Carlos 1, 1); in bed, lat. caVix, Gen. calicis, und zwar in
diesem Falle ist es gekürzt, und zwar zu- sehr früher Zeit, als c vor i im Lat. noch
erst zu ichein aus mhd. dekein, dehein, ahd. wie k gesprochen wurde (vgl. Kaiser, Keller).
dihein «irgendeiner», dessen erster Bestand- ZUS. Kelchglas, m., 1691 bei Stieler.
^
teil dih- dunklen Ursprungs dazu die
ist; Kelch, m, (-[e]5, PI. -e): Blütenhülle am
ahd. Nebenform dohein «irgendeiner», nach Stengel, Mit dem vorwärtsschreitenden Stu-
dem Vorbilde von nohein und im Gedanken dium der Pflanzenkunde erst in der Mitte
an doh «doch». Beide mhd. Wörter enkein des 17, Jh., gegen dessen Ende (1691) Stieler
und dekein vermengten sich, so daß auch Kelch vom Rosenkelche und dem offnen Rosen-
dieses in der Bed. «nicht irgendein», jenes knopfe hat. Aufgenommen aus gr.-lat. calyx
in der Bed, «irgendem» steht. Das Zahl- m. (Gen. calycis), gr, koIXuH f. «Blumenkelch,
pronomen kein in Verbindung mit einer Ver- Rosenknospe», urspr. «Hülle, Hülse».
neinungspartikel nicht usw.) ist von
(kein ^Kelch,m.(-[e]s, Pl.-e): Fetthaut zwischen
alters her stärkre Verneinung (noch bei Lessing Kinn und Hals, 1540 bei Alberus dict, Q 2*
Nathan 5, 8, Goethe 9, 23, Schiller Wallenst. kelcklin n,, nihd. kelch, ahd. chelch, ehelich,
Tod 3, 15) auch heute noch im Volksraunde cheluchm., anord. kjalki m. «Kinnlade», norw.
:

1021 Kelle kennen 1022

kjelke «Bandschlitten», von ahd. cJiela f. Kellner, m. {-s, PI. wie Sg.): der den
«Kehle». Noch oberhess.-wetteramsch Kelch, Keller, d. h. das Getränk in einem Gast- oder
Kalcli, Kalk, henneberg. kelch, in Sonneberg Wh'tshause zu besorgen hat. Mhd. kelncBre,
kälich, elsäss. kalk «gestielte Geschwulst am ahd. kellnäri, kelnäri m. «Kellermeister, hen--
Hals, Art Doppelkinn», Schweiz, kelchen «einen schaftUcher Steuerbeamter» (s. - Keller), aus
Kropf bekommen», bayr. kelch «Auswuchs an gleichbed. mlat. cellenarius m,, von lat. cella
der Kolilpllanze». f. «Vorratskammer». Dazu Kellnerin, f.,
Kelle, f. (PI. -n): breiter, tiefer Löffel mhd. kelncBrinne, kelnerin f. «SchaflFnerin,
mit langem Stiele Schöpfgefäß Maurerwerk- Hausmagd».
; ;

zeug zum Auffassen, Anwerfen imd Streichen Kelter, f. (PI. -n): Wein-, Essig-, Öl-
des Kalkes usw. Mhd. und mnd. kelle, ahd. presse. Mhd. kelteii' f. «Weinpresse», daneben
kella.Unerklärt. Im Ags. cyll, cylle, cille f., kalter, kaltur (noch in Franken Kalter f.),
m. «Lederschlauch, Flasche, Gefäß» hat ahd. calctüre, calcatüra f aus lat. calcätUra f.
cylle ,

Vermischung des germanischen Wortes mit «das Treten», von lat. calcäre «treten», denn
einem Lehnwort aus lat. cülleiis m. «lederner urspr. wui-de der Wein in der Kelter ge-
Sack, Schlauch», stattgefunden. treten, später gepreßt. ABL. keltern, v.,
^Keller, m. (-s, PI. wie Sg.): unter- im 15. Jh. (Diefenbach Gl. 589 a), davon
irdischer Aufbewahrungsort für Speisen, Ge- Kelterer, m., im 15. .Jh. ZUS. Kelter-
tränke usw. Mhd, keller, ahd. kellari m,; bauni, m., mhd. kelterhoum.
dazu and. kelleri, ndl. kelder, anord. kellari, Keni(e)nate, f (PI. -n): das die Wohn-
kjallari m., schwed. MWare, dän. kjelder. zimmer des Burgherrn enthaltende Wohn-
.

Entlehnt in sehr früher Zeit (vgl. Kelch) gebäude innerhalb der Ringmauer der Burg,
aus lat. cellärium n. «Speisebehältnis», von flüher aber das heizbare Wohngemach am
lat. cella f. «Wirtschaits-, Vorratskammer». Hofe. Mhd. kemenate, kemnäte, mnd. keme-
ZTJS. Kellerassel, f.: Assel (s, d.), die in näde, ahd. cheminäta f., aus altromanisch und
feuchten Kellern lebt, 1716 bei Ludwig Keller- (schon 584) mlat. {camer a) cammata f. «heiz-
essel. Kellerhals, m.: vorspringender ge- bares Zimmer», ital. camminata f. «Saal»,
wölbter Eingang des Kellers, spätmhd. keller- von mlat. caminare «mit einer Feuerstätte
hals. Kellermeister, m.: (oberster) Auf- (lat. camimis m.) versehen».
seher über den Keller, mhd. im 14. Jh. Kengel, m. (-s, PI. -wie Sg.): Einne,
^Keller, m. (-.s, PI. wie Sg.): Keller- Röhre, Röhrenähnliches. Oberdeutsch. Mhd.
beamter, der die heiTschaftlichen Gefälle an kengel m. «Röhre, Stengel, Federkiel»; ent-
Wein und an Lebensmitteln erhebt und ver- weder mundartUche Nebenform zu Kennet m.
rechnet (seit dem 18. Jh. veraltet); Keller- «Rinne, Röhre» (s. Kanal) oder aus lat,
meister^ KeUner (Schiller Kabale 1, 2). Mhd. cannula f. «kleines Rohr».
und kellei-er, aus lat. cellärixis m.
kellcere, keller kennen, v. (Prät, kannte, Konj, kennte,
«KeUer-, Küchenmeister», von lat. cella f. «Vor- Part, gekannt, älterahd, bis ins 18. Jh. Prät.
ratskammer». S. Kellner. ABL. Kellerei, auch kennete, kennte, Part, gekeyinet, gekennt)
f.: Amt, Amtswohnung und Amtsgebiet des im Bewußtsein haben, Mhd. wenig gebräuch-
Kellerbeamten (spätmhd. kellerte, im 14. Jh. lich kennen (Prät, des Ind. und Konj. kante,
kelnerie f.); Gesamtheit der Kellerräume (im kande, md. auch kente, Part, gekant, kant
16. Jh. bei Fischart Garg. 83, der Plm-. im und nur in Zusammensetzungen
kennet), ahd,
Glückh. Schiff 898). bichennen, irkennen und Part, unchennento
Kellerhals, m. {-halses, PI. -halse): die «nicht erkennend», asächs. in antkennian «er-
Holzpflanze Daphne mezereum. Spätmhd. im kennen», afries. kenna, kanna «anerkennen,
15. Jh. heller-, kellershals und mnd. kelder-, untersuchen, bekennen», anord. Ärewwa «kennen
kershals (Diefenbach Gl. 321*'), 1482 im Voc. lernen, erkennen, gewahr werden, kennen
theut. e5* kelershalß nnd q2^ kelrßhalß; der
lehren, zurechnen, benennen», schwed. känna,
erste Bestandteil ist dunkel, zu dän. kjende «kennen, erkennen», ags. cennan
vielleicht
mnd. kellen «Qual oder Schmerzen verur- und got. kannjan «bekanntmachen, kundtun»,
sachen», mhd. quehi, kein, kellen «quälen, eig. «wissenmachen», urspr. Faktitivum zum
martern », weil die Beeren, ein starkes Purgier- got, Prät, Präs. kann, Inf. kunnan «wissen»
mittel, im Halse heftiges Brennen verur- (s. können). ABL. Kenner, m., md. im
sachen (vgl. Luther 8, 113^). 14. Jh. kenner «Erzeuger, Erkenner», im
1023 kentern Kern 1024

16. Jh. «der etwas kennt», namentlich im Kerbel, m. (s): die Suppenpflanze an-
18. Jh. verbreitet, kenubar, adj., 1691 bei thriscus cerefolium. Mhd. kervele, kervel f.,

Stieler, ndl. 1599 kenbaer; dafür im 17. und ahd. kervüa f. und andere Schreibungen (vgl.
18. Jh. kenntbar, im 16. und 17. Jh. kantbar, ZfdW. 6, 183); dazu mnd. kervele, kervole,
zgs.mit dem Part, von kennen (s. oben), ebenso im 15. Jh. carvel, jetzt meist karwel, ndl.
wie die beiden folgenden Ableitungen: kennt- kervel, ags. cerfille f., engl, chervil. In früher
lich, adj., md. im 14. Jh. kentlich, 1537 bei Zeit, wie das anlautende k zeigt, entlehnt
Schaidenreißer Odyss. Vorr. S. 7 unkantlich, aus dem gleichbed. lat. cerefolium, caere-
neben mhd. kennelicJi, kenlicJi, und Kenntnis, folium n. (von gr. xciP^tP'J^^ov n.), woher
f., mhd. und zumal md. kantnusse, kentnisse f., auch gleichbed. franz. cerfeuil, ital. cerfoglio.
im 17. u. 18. Jh. auch Neutr. und bisweilen, z.B. kerben, Kerbholz usw., s. Kerbe.
bei Herder, Kännttiiß geschriehen. Kennung, Kerf, m. (-[e]s, PI. -e): Insekt, Kerbtier,
f., frühmhd, cliennunge f. «Erkennung, Er- Kerflai-ve, zuerst 1833 bei Jahn Merke z. d.
kenntnis». ZTJS. Kennzeichen, n., I58i Volksth. 253und 1835 bei Oken Naturgesch.
bei Fischart Bienenkorb 135^, ndl. 1599 bei 5, 10.Künstliche Neubildung für Kerbtier.
Kilian kenteycken; davon kennzeidinen, v., Kerker, m. (-s, PI. wie Sg.): hartes Ge-
bei Herder 1, 400. fängnis. Mhd. karkcere, kerkcere, karker,
kentern, auf die Seite legen oder sich kerker, auch karkel, kerkel, ahd. charchari,
v. :

umlegen. Nd. Seemannsausdruck, ndl. kan- karkari m.; dazu asächs. karkari m., ags.
teren,kenteren, auch ins Skandinavische ge- carcern, cearcern n., got. karkara f. Wie
drungen, schwed. kantra, dän. kantre, käntre. das zweite k zeigt, in sehr früher Zeit ent-
1741 bei Frisch kentern «den Walfisch auf die lehnt aus gleichbed. lat. carcer m., woher
andre Seite legen, um dem toten Fisch dort auch air. carcar und ital. carcere m., span.
den Speck abzuschneiden». Von Kante (s. d.). carcel f., afranz. chartre f.

Kerbe, f. (PI. -n): spitzwmkliger Ein- Kerl, m. (-S, PI. -e): derbe Mannsperson;
und Ausschnitt. Mhd. kerbe f. und kerp m., Geliebter. Md. kerl m. «Mann», auch schon
md. im 14. Jh. kerbe f. und karp m., ahd. mit vei'ächthchem Nebensinne, mnd. kerel,
nicht nachweisbar, ndrhein. im 14. Jh. kerpli kerle, 1477 clevisch kerle m. «Dorfmann»,
m., nd. im 15. Jh. kerve, karf t, daneben mndl. im Ablaut zu mhd.
keerle m. «Bauer»,
kerf n. ; dazu (entlehnt afries. kerf) ags. cyrf karl, ahd. charal m. «Mann, Ehemann, Ge-
«Einschnitt»; aus dem Nd. auch hd. schon heilter», welche sich im Mannsnamen Karl
im 15. u. 16. Jh. Kerfe, Kerfi. Zu kerben, (s. d.) erhalten haben. Es entspricht weiter
v.: einschneiden, spätmhd. kerben, auch «aufs nmd. kerle «Mann von niedrigem Stand,
Kerbholz einschneiden», seit dem 15. Jh. auch kräftiger Mensch, Herrscher», ndL kerel,
kerfen nach dem mnd. kerven; dazu ndl. kerven, afries. tzerl, ags. ceorl m. «Unfreier», engl.
afries. kerva, ags. ceorfan, Das churl «Bauer, Kerl, Tölpel». K. ist md.-ndd.
engl, carve.
Verb ist in die schwache Biegung überge- und im Oberdeutschen Lehnwort. Der im
gangen, die urspr. starke Hegt noch vor in 16. und 17. Jh. gebräuchliche Nom. Sg. Kerles,
dem mnd. Part, gekorven, im Ndl. (Prät. korf, Kerls (noch Schweiz, kerlis, schwäb. kärles,
Part, gekorven), Ags. (Prät. cearf, curfon, Part. thüring. kerls) ist wohl aus Karlus hervor-
corfen) und Afries. (Pai-t. kurven). Urver- gegangen, der Plur. Kerls ist nd. (auch bei
wandt gr. Ypoi9eiv «schreiben», eig. «einritzen», Goethe 8, 104).
lett.grebt «schrapen, aushöhlen, eingraben Kermes, m. (Gen. u. PI. ebenso): hochrotes
mit einem Grabstichel», apreuß. girbin «Zah\:i>, Farbeninsekt, Scharlach-Schildlaus; Farbstofi'
ahg.zrebiji m. «Loos». .^?7(Sf. Kerbholz, n.: daraus. 1712 bei Rühner Kermes, Älkernies,
Hälfte eines zugeschnitzten, der Länge nach aus gleichbed. span, alquei'mes, von arab.
gespaltnen kurzen schmalen Stäbchens, um m
qirmiz (mit dem Artikel: al-) nach pers. kirtn,
dessen beide Hälften, zusammengelegt, Kerben aind. kpnis m. «Wurm», krmijas «wurmer-
zur Zählung und Abrechnung zu schneiden, zeugt». Vgl. Karmin, karmesin.
im 15. Jh. kerbholz, im 14. Jh. md. kerveholz. Kern, m. (-[e]s, PI. -e): Fruchtkörper der
Kerbstock, m.: Kerbholz, besonders in Pflanzen im Gegensatz zur Schale; festes
Niederdeutschland, 1477 clevisch und um 1400 Holzinneres; (bildlich, schon mhd.) Innerstes
mnd. kervestock. Kerbtier, n., von Campe und Stoffhai tiges; Hauptsache, Bestes, Vor-
gegen 1794 für Insekt gebildet. züffliehstes. Mhd. kern neben älterm schwach-
,

1025 kernen Kette 1026

biegenden kerne, ahd. kerno m.; dazu and. licht usw. Mhd. kerze, ahd. cherza f. «Kerze»,
kerno m,, nind. kerne f. (wie 1691 bei Stieler charza f. «Docht», charz m. «Docht, Werg,
121 und 1663 bei Schottel 508 * Kern f., abd. aus dem der Docht der Kerze gedreht wurde»;
nugcherna f.), anord. kjarni m., schwed. kärna, and.kerzia f. «Kerze», md. im 15. u. lö.Jh.kirze,
dän. kjeme. Kern und Kam (s. d.) sieben kirz, nd. kers, kars, mnd. kerte, kerse, karse,
im Ablaute zueinander. Oberd. mit bewahrter kersche, ndl. kaars, mndl. keersse f., entlehnt
schwacher Form Kern (Gen. -en) oder Kernen anord. kerti n., dän. kerte. K. ist Ableitung
m. «ausgedroschnes und gereinigtes Getreide», von ahd. karz «Docht, Werg», für das Kluge
bes. «Spelz», wie schon xnhd.keme m. ABL. Entlehnung aus lat. Charta f. «papyrus» an-
kernen, v.: die Kerne ausmachen, mhd. nimmt. Doch ist dies noch nicht in der Be-
kirnen, kernen, auch Kerne ansetzen, Kern
c< deutung «Docht» gefunden, und die Ver-
bilden», ahd. kirnan «auskernen, dreschen». mutung daher sehr unsicher, karz kann auch
kernicht, kernig, adj., 1556 bei Frisius 610^ einheimisch sein.
kernächtig, 1576 bei Mathesius Luther 151* Kescher, m. (-s, PI. wie Sg.): kleines
kirnig, 1691 bei Stieler kernicht. ZUS. Kern-
Beutelnetz, Handfischnetz. Ein in Ostdeutsch-
beißer, m.: der Kh'schfink, 1517 Trochus land namentlich an der Küste verbreitetes
bei
H5^ kernbyßer, 1556 bei Frisius 935'' kern- Wort. 1562 bei Mathesius Sar. 78^ und ost-
heyß. kerngesund, adj., seit der zweiten preuß.-schles. kescher, pomm.-mecklenb. und
Hälfte des 18. Jh. kernhaft, adj., 1549 in mnd. kesser, holstein.-hamburg. ketscher, alt-
der Beraer Tragödia Job. d. Tauf. D 5 *. Kern- märk. ketzer m. Daneben dän. ketser, schwed.
haus, n.: Samenbehälter im Kernobst, in katsa f. «Fischerzaun am Flußufer, um Fische
Yokab. des 15. Jh. kernhus, 1422 kernhaivs. zu fangen», engl, catcher «Ketscher, Reuse».
Kernobst, n., im Gegensatz zum Steinobst Letztres von to catch «greifen». Wie die Worte
1709 bei Dentzler Kernobs; im Gegensatz zu zusammenhängen, ist nicht klar.
gepropftem Obst 1731 im Öconom. Lex. Kessel, m. {-s, PI. wie Sg.): rundbauchiges
Kernschuß, m.: Schuß in gerader Richtung Koch- oder Braugefäß aus dünnem Metall
auf das Ziel, unterschieden vom Bogenschuß, und ohne Füße; dem ähnliche Vertiefung.
1741 bei Frisch. Kernspruch, m., 1663 Älhd. keggel, ahd. (nui- in urspr. Bed.) cheg^il,
bei Schottel 508^. chegil m.; dazu and. *ketel in ketelari «Kessel-
kernen, v.: zu Butter rühren. 1616 bei macher», ketelköp m. «Kesselkauf», ndl. ketel,
Henisch 573, 23 u. 1581 bei Apherdianus, sowie ags. cytel, eitel, cetel (engl, kettle), anord.
oberpfälz.-mrhein. kernen, westfäl. - ndrhein. ketill, schwed. kettel, kittel, dän. kjedel, got.
kirnen, nd. kamen, ndl. kernen, kamen, ags. katils m.Mit Übergang des n in l (vgl. Esel)
cernan, engl, churn, schott. kirn, anord. kirna, aus lat. catrnus m, «Topf, Tiegel, Schüssel,
schwed kärna (dial. kjorna), dän. kjerne Windkessel am Druckwerk, Höhlung». Aber
«buttern». Vielleicht (vgl. oberpfälz.-nümb. auch ohne jenen Übergang aus lat. caiinum
Kern m. «Milchrahm zum Buttermachen», j
n. im Ahd. cheggin, che^^i, chegge, mhd. (bes.
mndl. kerne, Island, kjarna «Milchrahm») eig. alemann.) keg^i n. «Kessel», noch Schweiz.
Kern, d. h. «Fettes, Bestes der Müch» (s. Kern). chessi, elsäss. kessi n. Aus dem Deutschen
Doch kann auch ganz etwas andres darin entlehnt abg. kotilü, lit. kätilas m. «Kessel».
stecken. Dazu Kerne f. «Butterfaß, 1616 bei ABL. Keßler, m. {-s, PI. wie Sg.): Kupfer-
Henisch 574, Kirne bei Kramer 1719, west- schmied; Kesselflicker (bei Frisch 1741), mhd.
fäl. kirne, mi-hein. kern, kirn, ndrhein. im keg^elcere, keggeler, and. ketelari m. «Kessel-
14. Jh. kirn, nd. käme, kam, mnd. kerne, schmied». ZUS. Kesseljagen, n.: Jagd,
käme, ndl. kern, kam, ags. ceren, cyrin, engl. wobei das Wild in einen rund eingeschlossnen
churn, anord. kirna, schwed. kärna f., dän. Platz zusammengetrieben wird, 1719 bei Fle-
kjerne «Butterfaß». ZTJS. Kernmilch, f.: ming Jag. 2, 108. Gleichbed. Kesseltreiben,
Rührmilch Buttermilch, im 15. Jh. kerne-, n. In neurer Zeit auch übertragen.
kerenmüch, ndrhein. im 14. Jh. kirnmilch, nd. Ketsche, f. (PI. -n): Kernhaus der Äpfel,
kammelk, mnd. käme-, kememelk, ndl. kerne- 1781 bei Jung-Stilling, mfränk., auch westfäl.
melk, schott. kirnmilk, schwed. kämmjölk, kitsche f aachen. ketsch, kitsch f. ,

dän. kjernemelk. Kette, f. (PI. -n): Volk jagdbarer Hühner


'

Kerner, s. Karner. (die Jungen samt den Alten). Ein Jäger-


Kerze, f. (PL -n): gerades Wachs-, Talg- wort, 1775 bei Adelung Ze^e, in ^ Kette (s.d.)
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 65
;
:

1027 Kette keusch 1028

umgedeutet, bei Heppe 1763 Kitte f., 1753 und Kauche, ältemhd. Keiche, mhd. kiche f.;
bei Döbel 1, 50^ Kitt n. von Feldhühnern, von keuchen (s, d,), eig. «Ort, der den Atem
1538 bei Herr Columella 85^ kütte f. und benimmt»,
1517 bei Keisersberg Brösami. 2, 89^ kütt n. keuchen, v,: schwer atmen. Bei Fischart
von einer Vogelschar, ahd. cutti n. Herde», Garg. 455 keuchen, 1537 bei Dasypodius keu-
afries. kedde «Schar, Haufe», mnd. kudde n. chen, aber älternhd. bis ins 18. 'Jh. keichen
f. «Herde», ndl. kudde f. «Herde Kleinvieh» Wieland, d. j, Goethe 3, 243, noch bei
(bei
(ebenso ndrhein, 1507 bei Diefenbach gl, 270^), Rückert 2, 140), mhd, ktchen «keuchen» neben
noch bayr.-elsäss. kütt f. n. und schles. kütte, küchen «stark hauchen» (älternhd. hauchen,
kitte f. «Rebhühner Volk», Schweiz, chütt n. 1517 bei Keisersberg Brösamlin 2, 88^ küchen);
«Schar, Rudel», kämt, kutte f. «Viehherde». dazu mndl. kichen, kuchen, engl, cough «husten»,
Man vergl. ]it.güotasm. und gaujäf. «Rudel». schwed. kika, kikna «nach Luft schnappen»,
^
Kette, f. (PI. -w): Reihe zusammen- älterdän. kigen «husten». ZUS. Keuch-
hängender Metall- oder StofFgüeder; bei den husten, m. ansteckender Husten mit Atem-
:

Webern der Aufzug. Bei Luther, selbst bei not, 1775 bei Adelung Keichhusten, dafür
Schuppius, wie noch bayr. Ketten f., mhd. älternhd. Keuchen, Keichen n., Keuche, Keiche
ketene, keten, ahd. chetinna, ketina, chetenna f. f., mhd. kiche m. f., ndl. 1599 kichhoest (und

dazu mndl. ketene, ndl. keten, schwed. kedja, mit Nasal kinckhoest, mnd, kinkhöste, holst.
dän. kjäde «Kette». Aus dem gleichbed. lat. kinkhösten, engl, kinkhaust, chincov^h), schwed,
catena f. Davon ein Diminutiv Kettel, m. f. kikhosta, dän, kighoste.
eisernes Band an Tm-en und Fenstern zum Keule, f, (PI. -n): einem Stabe vergleich-
Einhängen der Haspe. Ostmd. —
ketteil, v.: bares unten kugelknopfartiges Schlagwerkzeug
mit einer Kette binden, fesstln, mhd. ketenen, usw., Hinterschenkel, Oberschenkel (1517 bei
im 15. Jh. gekürzt keten, ahd. chetennön, aus Trochus N4^ kule). In 1, Bed. mhd. kiule
gleichbed, lat. catenäre. Dazu das Dimin. (urspr, wohl mehr das dicke, kugelknopfartige
ketteln, v., I69i bei Stieler. ZTJS. Ketten- Ende, z, B, des Kolbens Parziv. 570, 6), md.
hund, m., 1517 bei Trochus H 1^ ketenhund. kule und ans Nd, anklingend im 14, Jh. kuile
Kettich, m. (-s): Hederich, sinapis ar- (Jeroschin 23692), 1470 keul. Verwandt mit
vensis, nd, köddik, kiddik, küdik, ags. cedelc f,, Kaule (Kugel), s. d.
dän, kiddike. Keuler, s. Keiler.
Ketzer, m. (s, PI. wie Sg.): Irrgläubiger. keulich, s. kaulicht.
Mhd., im 12, Jh, aufgekommen, ketzer m,, Keuper, m. (s, PI. wie Sg.): Buntmergel-
auch «verworfner Mensch, unnatürlicher Wol- sandstein der obersten Triasschicht. Nach der
lust Ergebner», md. auch katzer, mnd. und im Koburgschen volkstümlichen Benennung
ndl. ketter (daraus entlehnt schwed, kättare, dieses Sandsteins von Leop, v. Buch in der
dän. kjätter), aus gr. KoGapöc «rein», An- ersten Hälfte des 19. Jh. wissenschaftlich ein-
gehöriger der manichäischen Sekte der Ka- geführt, vgl. bayi-. kiefer m. «Sand, Kies».
tharer, im 11. u. 12. Jh. im Abend-
die sich keusch, adj.: sittenrein, besonders in An-
lande verbreitete und von der rechtgläubigen sehung des Geschlechtsverhältnisses. Mhd.
Kirche verfolgt wurde; die Italiener nennen kiusche und alem. mit Nasal kiunsch (noch
sie Gazari. ABL. Ketzerei, f. (PI. -en): im 16. Jh. künsch), md. kusche, ahd. chüsk
Irrgläubigkeit, mhd. ketzerte, auch «unnatür- chüski, chiuske, im Adv. chüsco, chiusko «ent
liche Wollust», ketzerisch, im 15. Jh. haltsam, mäßig, sittsam»; dazu asächs, Adv,
adj.,
(Fastnachtsp. 9, mhd. ketzer- cüsco (and. kusgi «venustas», cuskitha «pudor»)
24; 13, 4), dafür
lich, ketzern, v., in verketzern, im 15, und ndl. kuisch, afries. küsk, ags, cüsc. Die Grund
16. Jh. ketzern «zum Ketzer machen», im bedeutung scheint «rein» zu sein, vgl. ndl
16. Jh. «martern, quälen», eig. «wie einen kuisch «reinlich, saiiber», kuischen «säubern,
Ketzer behandebi», noch bayr.-rhein.-schweiz. putzen», ahd. unküski f. «Schmutz», aprov,
ketzern «das Leben sauer machend kleinlich cusc «rein, sauber». Dunkler Herkunft,
quälen», elsäss. verketzern «verderben, bös- Kaum mit Berneker Idg. Forsch, 10, 161 zu
willig beschädigen». «mäßig sein». ABL. Keusch-
lit. z'auksoti
Keuche, Keiche, f. (PI. -n): mhd. kiuscheheit, kiuscheit und alem.
dumpfes heit, f.,

Gemach; Kerker. Bayr.-östr., 1594 bei Frisch- mit Nasal künschait (Mone Sehausp. 1, 150,
lin Nom, Cap. 155 Keuch, in Augsburg Keuche bei Maaler 1561 Künschheit), md. kUscheit,
:

1029 Keusche Kieke 1030

wofür gewöhnlich mhd. kiusclie, mhd. cMski, Kiebitz, m. (-es, PI. -e): der Sumpfvogel
chiuski, älternhd. Keusche f. ZUS. Keusch- vanellus. 1664 bei Duez Kifitz, Kibitz, Kiivitz,
lamni, n. (s): der süditalische Keuschbaum, 1615 bei Colerus 5, 201 Kybitz, Kübitz, Kybit,
agnus castus, dessen erstes Wort irrig als das Kybelit, Kybelitz, 1562 bei Mathesius Sarepta
lat. agnus m. «Lamm» gefaßt wurde, es ist viel- 68'' Kibitz (als Scherzname für «Chorschüler-

mehi* ä-fvoc m., der gr. Name dieses Baumes, lein»), mnd. kivit, kiivit, ndl. kievit. Aber
den man fälschlich zu gr. ä-fvöc «unbefleckt, obd. mit G im Anlaut, z. B. bajr. Geibitz,
rein» stellte und mit castus übersetzte. Schon 1419 geybitz, 1445 gratüfeic^ (SchmeUer^ 1, 868),
im 14. Jb. bei Megenberg 311, 14 käusch lamp. 1482 im voc. theut. k6* gebytz, bei H. Sachs
Keusche, Keische, f. (PI. -w): kleines 4, 280 Geubitz, 1598 bei Helber 37 geiwiz,
Bauernhaus, den östeireich. Alpen. Wohl
in mhd. giu'iz, gtbig, gübitz-, älternhd. auch Gl/fitz
aus dem Slawischen, slov. kajza f. «Keusche», (Maaler 1561, PI. Gifitzen bei Fischart Gai-g.
tschech. chyse, abg. chyza f. «Hütte», die 376), Geifitz (1594 bei Frischlin Nom. Cap. 40).
dem deutschen Haus entstammen. Davon Der Name stimmt mit dem Rufe des Vogels.
Keuschler, Keischler, m. {-s, PI. wie Sg.) ^Kiefer, m. (-s, PI. wie Sg.): Kinnbacken;
Kleinbauer, Häusler, slov. kajzar. Fischkieme (1716 bei Ludwig, aber schon
Keutel, s. Keitel. keuffer bei Diefenbach nov. gl. 58**).
1476
kibheln, v. sich in : Bed. 1691 bei Stieler Kifer, mhd. kiver
kleinen Zänkereien In 1.

auslassen. Mhd. kibelen, kivelen, Diminutiv und kivel m., später kiffel und kiefel (im
oder Freqnentativ zu kihen, kiven «keifen». 15. und 16. Jh. kyfel auch «Fischkieme»);
Kihitka, Kibitke, f. (PI. ken und kas). dazu asächs. kaflos PI. m., ndl. kevels PI. f.,
Aus russ. kibitka «halbverdecktes Fuhrwerk, ags. ceafl m. «Kiefer», anord. kjaptr, kjöptr m.
Eeiseschlitten». «Kinnbacken», schwed. käft, dän. kjäft. Zu
Kicher, gewöhnlich Kicher- mhd. kifen, kifeien «nagen, kauen», wovon
f. (PI. -n),

erbse, f., mhd. kicher


f. m., ahd. chichera, auch Kiefe f., 1462 kieffe, Äz/f «Fischkiefer»
chichirra, chichura f. (s. ZfdW. 6, 184). In (Mone Anz. 7, 307^; SOI*'), nd. kiffe «Kinn-
sehr früher Zeit, als das lat. c noch wie k backen», keve «Fischkieme», während mhd.
klang, entlehnt aus lat. dcer n. (PI. cicera) kiive, kewe, kiuwe, kouwe, ahd. chiuwa, chiwa,
«Kichererbse» und cicera f. «Platterbse, Wicke», cheiva f. «Kiefer» von ahd. chiuwan «kauen»
mit Anklang an das ganz verschiedne roman. abgeleitet ist. Außerhalb des Germanischen
cicoria f. «Zichorie». entspricht wohl awest. zafar- n. «Mund».
kichern, mit feinem Ton in sich hin-
v.: "Kiefer, f. (PL -n): die harzreiche Nadel-
ein lachen. 1517 bei Trochus QS'' kichern, holzart pinus, oberdeutsch Föhre, Kienbaum.
1482 im voc. predic. c7^ kecherlich lachen; Zuerst bei Luther Jes. 41, 19 kyfer f. aus
dazu mhd. kach m. «lautes Lachen», kachen der obersächs.-schles. Volkssprache, gekürzt
«laut lachen», woneben gleichbed, ahd. kah- aus Kienföhre (dem volkstümlichen Namen
hazzen, mhd. kachzen; dazu ags. ceahhettan. des Baums in Böhmen, Österreich und Bayern,
Lautnachahmend wie lat. cachinnus m. im Adj. mhd. kienvorhin, um 1480 im voc.
«heUes Lachen», cachinnäre «laut auflachen», ine. teut. g3* und 1562 bei Mathesius Sar.
gr. Kcxci^eiv, Ka-fxaZeiv «laut lachen, hohn- 80^ kinforen), wie die Übergangsformen fränk.
lachen», aind. kakhati «lacht». Nebenform Kinfir (Schmeller^ 1, 1256 vom J. 1771) und
kickern, v.: kichern (Gotter Schausp. 276), nordböhm. Kimfer zeigen. ABL. kiefern,
1711 bei Rädlein kickern «höhnisch lachen», adj., 1544 in Leipz. Ordn. N2a kyfern, 1562
1727 bei Aler gickeren «cachinnäre», ndl. bei Mathesius Sar. 80^ kiefern; das Adj. in
1599 kekeren, schon mhd. gickeln «hohn- den Zuss. Kiefernholz, Kiefermvald.
lachen» (Renner 16109), 1477 clevisch kickein, Kieke, f. (PI. -n): durchlöchertes Blech-
1616 bei Henisch gichlen, gicheln, gachlen. gefäß, in das ein Topf mit glühenden Kohlen
Kickerling, s. Kinkerlitzchen. gesetzt wird, zum Wärmen der Füße. 1667
Kicks, m. (Gen. Kickses, PI. Kickse): in dem Anekdotenbuch «Gepflückte Fincken»
Fehlstoß (im Billardspiele), Fehlschuß, Fehl-
5. 11 Kiecke, 1711 bei Rädlein Kicke, Gicke,
gi-ifif. Bed. Kicks 1775 bei Adelung, 1729 bei Picander 2, 249 Giecke, aus gleich-
In 1.

1732 bei Picander 3, 357 Gix «Fehlschuß». bed. nd. (1785 bei Voß 2, 275 Feuerkieke),
Aus engl, kick «Stoß, Fußstoß». mnd. Mke f., wofür dän. ildkikkert «Feuer-
Kickskacks, s. Gicksgacks. kieke». Dunkler Herkunft.
65*
;

1031 Kiel Kiepe 1032

*Kiel, m. (s, PL -e): der untre hohle aber ndl. 1599 kielwater n. «AVasser im Kiel-
Teil der Flügelfeder des Vogels; Schreib- raum des Schiffes».
feder; Pflanzenstengel (im 18. Jh.). Mhd. •
Kielkropf, m. (-[e]s, PI. Kielkröpfe) : groß-
kil m. jedoch ndrhein. im 15. Jh.
n. «Federkiel», köpfiges, dickhalsiges Kind, das vonman als

keil, kijl (Diefenbach gl. 277*'), elsäß. 1579 Zwergen untergeschoben ansah, Wechselbalg
bei Golius 288 keil, schwäb. 1646 bei Weck- Bei Luther Kilkroh, PL Kilkroppe (8, 90^ J.,

herlin 2, 307 federkeil, 1663 bei Schottel Kejl in den Tischr. 210 '^
Kilekröpffe, 213 * Kil-
und federkeil, 1691 bei Stieler Kiel, Keil et kröpff), zgs. wohl aus Kropf (s. d.) und
Kengel (wie Stiel neben Stengel)] daneben Kiel m. «Quell» (1562 bei Mathesius Sar.
ein Fem. obersächs.-thüring. kiele, auch schles. 96^; 165^), ältermd. quil f. «Quelle», denn
1734 bei Steinbach Kiele f., schon 1587 bei man glaubte wohl, solche mißgestaltete Kinder
Soranus Federkile f. Nebenform westfäl. Wasser oder Wellen hervorgegangen.
seien aus
quidle f., entsprechend engl, quill «Fedei'kiel, und nd. Wohl mit Anlehnung
Urspr. westmd.
Stengel». Dunklen Ursprungs. J_Biy. kielen, an Kaul in Kaulkopf (s. d.) 1550 bei Alberus
V.: Ansatz zu Federn haben, md. im 17. Jh., Fab. 39, 101 kolkropff m.

dagegen bei Luther Tischr. 242^ und 1691 Kieme, f. (PL -n): Fischkiefer. Erst im
bei Stieler keilen. 17. Jh. in den spätem Ausgaben des Soranus

^Kiel, m. {-es, PI. -e): der lange Grund- und 1716 bei Ludwig ^ieme, 1663 bei Schottel
balken des Schiffes. 1691 bei Stieler Kiel, Kimme f.; dafür fräher 1482 im voc. theut.
Kehl, 1784 bei Steinbach Kiel, Keel, aus q4^ kinlein, 1462 kieffe (s. ^Kiefer), An-
dem Nd., mnd. kil, kiel, kel, 1594 bei Chyträus fang des 15. Jh. kiwe (Diefenbach nov. gL
keel, ndl. kiel, ags. cele m., anord. kjölr m., 58 1'), 1666 bei Comenius Sprachenthür 163
schwed. köl, dän. kjöl «Schiffskiel», auch Kibe, 1716 bei Ludwig, 1734 bei Steinbach
«Gebirgsinicken»; aus dem Germanischen Kiepe f., 1558 in Eber-Peucers Vocab. rei
entlehnt das gleichbed. franz. quille, ital. num. H2^ kampffm.; dazu and. kio m., kian
chiglia, span. quilla f. Man nimmt Verwandt- PL «branchia», ags. ciun, ceon. Die Herkunft
schaft mit Kehle an, was aber nicht sicher ist unsicher. Grundform ist wohl *kimno-.
ist. K. wurde vermengt mit dem urspr. Kien, m. (-es): das harzvolle Holz der
verschiednen Kiel m. «Schiff», mhd. kiel, Kiefer zum schnellen Feueranmachen oder
ahd. kiol m. «groß res Schiff»; dazu and. kiol, Leuchten, sowie das Harz selbst. Mhd. kien
ags. ceol, clol m. «Langschiff», anord. kjöll m. n., ahd. cMen m. «Kiefemharz, Kienspan,
m. «Schiff». Man hat gi*. y^öXoc «Kauf- Harzfackel, Kienbaum», im 15. Jh. auch «Kien-
fahrteischiff», ya\)\6c m. «Melkeimer» ver- apfel»; dazu mnd. ken, ags. cen m. «Harz-
glichen, doch sind diese eher aus dem Se- holzfackel, Kiefer». Im 17. und 18. Jh. in
mitischen entlehnt, vgl. Lewy die semitischen Mitteldeutschland Kühn geschrieben, 1574 bei
Fremdwörter Außerdem stimmt der Vo- Fischart Onomast. 89'' Kün. Dunkler Her-
151.
kalismus nicht. Auch aind. gölas m. «Kugel» kunft. Vgl. Wiedemann BB. 29, 314. ABL.
bleibt besser fem. Lu letzten Grunde könnten kienig, adj., um 1480 im Voc. ine. teut.
germ. *kela, falls aus idg. g{w)elä und *keula n2*' kinig. ZUS. Kienapfel, m.: Samen-
durch Ablaut verbunden sein. Vgl. noch zapfen der Kiefer, 1501 im Leipziger Voc.
Btr. 23, 227. ZUS. kielholen, V.: ein Schiff opt. V 8** kinapfel, später auch Kühnapfel
zum Ausbessern auf die Seite legen; einen (1613 bei Golems 421*'). Kienbaum, m.:
zur Strafe unter dem Schiffskiele durch das Kiefer, mhd. kienboum. Kienruß, m.: Euß
Wasser ziehen (herumholen), nd. und ndl. von Kienholz, 1618 bei Schönsleder Kienrueß.
kiel-halen. Entlehnt schwed. kölhala, dän. Kienspan, m., 1711 bei Rädlein.
kjöUiale, engl, keelhaul, keelhale. Kiel- Kiepe, f. (PL -n)-. langer geflochtner
schwein, n. schwerer Holzblock am Schiffs- Rückentragkorb. 1595 bei Helvig 178 Kipe,
:

kiel, worauf der Mast steht. 1734 bei Stein- 1482 im Voc. theut. q4* kype, aufgenommen
bach Kielschwin, aus dem Nd., wo auch aus mnd.kipe, nnd. küpe, clevisch 1477 kyppe f.
kolswinn, gekürzt kolseni, wohl entlehnt aus dazu mndl. cüpe f., ndl. kiepekorf m. «großer
dem Nord,, schwed. kölsvin, dän. kjölsviin, Tragkorb», kih «Fischreuse von Flechtwerk»,
die aus kjölsvill (svill zu d. Schwelle) um- ags. cypa f. «Korb», in engl. Mundarten kipe
gewandelt sind. Kielwasser, n.: Wasser- «Fischreuse», norw. kipe «Weidenkorb zum
furche hinter dem Schiff, 1775 bei Adeluncr. Trasren auf dem Rücken». Wohl verwandt
:

1033 Eies Kimme 1034

mit anord. kom-kippa «Behälter für Saatkorn», Frisch Kieze, 1562 bei Mathesius Sar, 274»
mhd. keibe f. «Mastkorb». Zugleich scheint Kitze f,, bei dem Schlesier Czepko (t 1660)
aber lat. cüpa f. «Tonne, Faß, Getreidemaß» mit Kiez m,, Nebenform zu Kötze (s. d,),
darin zu stecken. Bei den obersächs. Winzern Kikeriki, der Hahnenschrei, 1787 bei
an der Elbe auch in der Bed. «Faß, Bütte», Schubart Ged, 2, 253 Kikriki, bei Gleim Kikri,
in Nordböhmen «hohes Faß der Färber». dafür 1595 bei RoUenhagen Froschm, 1, 2, 2,
Kies, m. (Gen. Kieses, PI. Kiese): grober, 73 guck guck curith.
steiniger Sand; im Bergbau geringhaltiges Kilber, f. (PI, wieSg,): weibliches Lamm,
metallisches Erz (im 15. Jh. kys, «antimonium» Mutterlamm, noch thüring, fränk, - österr.- -

bei Diefenbach, mhd. kis «schlechtes Metall», schweiz. Mhd. kübere, ahd, chilburra, kühira
bei Berthold v. Regensburg 1, 147, 27), In f. «Lamm», ags, cilforlamh n. S, KäW.
1. Bed. mhd. kis, schon bei Luther gedehnt Kilogramm, n, (-s, PI. -e): lOOO Gramm
Kies (Jes. 48, 19), aber noch in md. Mund- (2 Pfund), und Kilometer, n, iind m, {-s,
arten kiss; dafür in Xorddeutschland Grand PI, wie Sg,): 1000 Meter, 1868 gesetzlich auf-
(s. d.). Dazu ndl. kei «Kiesel». Zupitza Gutt. genommen aus franz.kilogramme m, (s.Gramm)
194 vergleicht weiter lit. z'iegzdros f. PI. und kilometre m,, deren Mio- aus gr. xi^ioi
«Grand», apreuß. sixdo «Sand», Hierher auch «tausend», in Zusammensetzungen xi^io--
phryg. -ficca «Stein»? ABL. Kiesel, m, Kilt, m, {-es, PI, -e): Nachtbesuch des
(-S, PI, wie Sg.j: sehr fester Stein aus Kiesel- Jünglings bei dem Mädchen. Schweizerisch,
erde, mhd. kisel, auch in der Bed, «Hagelstein, elsässisch, eig. Abendtätigkeit, besonders im
Schloße» (wie noch fränk.-hess.-rhein. Kiesel geselligen Beisammensein. Aus Quilt, wie
m, «Hagel»), ahd. kisil m., ags. cisil, ceosel m, keck aus queck, noch elsässisch quelte. Ahd.
«Kieselstein», in weitrer Ableitung Kieseling, 817 chtviltiwerch n. «Abendwerk», d. h, «Ar-
Kiesling, m,, bei Luther Spr. 20, 17 kiseling, beit am Abend bei Licht», anord. kveld n.,
mhd. kiselinc, ahd. chisüing m.; dazu mnd. schwed. qväll m., dän. kveld «Abend», ags,
keser-, kesser-, kiser-, keselink m., ndl. kese- cwyldseten f. «Abend», cwyldtld «Abendzeit».
linge. Kieselgur, Bergmehl, Lifusorien- Das Wort gehört zu ags. civield «Zerstörung,
f.:

erde. Zgs. mit Chir (s. d. Kieselstein, m. Tod», lit, gälas m, «Ende», Die idg, Wg,
).

erst nhd., 1501 Leipziger Yoc. opt, Bb 4^. g'"''el- ist in ihren Bedeutungen außerordent-
kiesig, adj., bei Luther 5. Mos. 21, 4 kiesicht, lich weit verzweigt. Vgl, noch Zupitza
1562 bei Mathesius Sar, 156* kisig. Gutt, 85.•
ZUS. Kiltgang, m., wie Kilt.
kiesen, v. (Prät, kor, Konj. köre, Part. Kiltgänger, m.: nächtlicher Besucher.
gekoren): prüfend ausersehen, auswählen, er- ^
Kimme, f, (PI. -n): Kerbe in den Dauben,
wägend wählen. Seit dem 17. Jh, am Gewehr
usw. In Nord- und Mitteldeutsch-
nur noch
in poetischer Sprache. Mhd, kiesen (Prät, land, 1557 bei Agricola Bergwerk 135 kimme,
kos, Plur. kurn, Prät, gekorn und schwäb.- 1716 bei Ludwig Xetwe, holstein. ^?eme. Vgl.
aleman, gekosen), auch «prüfend kosten», ahd, ags, cimbing f. «Fuge», kimmen, v, ABL
cMosan; dazu asächs, kiosan, mnd, kesen, die Kimme einschneiden, 1741 bei Frisch.
keisen, mndl, kiesen, ndl, kiezen, afries, kiasa, Davon Kimmer, m.: Böttcher, nord-und
sziasa, ags, ceosan, engl, choose, anord. kjösa, z. T. mitteldeutsch, mnd. kimmer, kiemer m.
got, kiusan. Verwandt sind gr. feuecBai ^ Kimme,
übertretender
f. (PI. -n): vor-,
«kosten», aind, jusäte «hat gern, findet Ge- scharfer Rand.
Fässern 1663 bei Schottel, An
fallen, hebt, kostet», awest, zaoia- m. «Ge- Aufgenommen aus nd, kimni m., kimm^ f.
fallen», apers, dausta (2. Sg, Aor, Med,) «liebe- «äußerster Rand, den Faßboden überragender
voll behandeln», alban, desa (Aor.) «ich liebte», Faßdaubenrand, auch «Horizont», ndl. kirn,
ir.to-gu «Wahl», lat, gustäre «schmecken», kimme f., 1599 bei Kilian kirne, kimme, kieme;
degüno «koste». Vgl, küren, kosten. schwed. kim m. «Faßdaube», engl, chimh,
Kiez, m, (-s) Ort, wo die Fischer bei-
: chime, mengl, chimhe «überstehendes Faß-
sammen wohnen, Li Nordostdeutschland, daubenende», Wie es nach dem Englischen
Bei Haltaus 1073 der kytz als Gerichtsstätte scheint, eins mit dem vorigen Kimme, zumal
vor der Stadt Brandenburg, vom J. 1249, da jener Rand von der Kerbe anhebt, in
Wahrscheinlich slawischen Ursprungs. welcher der Boden sitzt. Vielleicht ablautend
Kieze, f. (PI. -«): Rindengefäß zu Erd- zu Kamm. Anders Zupitza Gutt, 144, Dazu
beeren usw.; Korb; Starkasten. 1741 bei Kimmung, f.: Horizont, Luftspiegelung, nd.
1035 Eiud Kinn 1036

Kind, n. (-es, PI. -er): dm-ch Zeugung 15. Jh. kindeltouf m., im 16. Jh. kindtteufete f.

Entstehendes, der oder die Erzeugte im Ver- Zimm. Chron.'^ 4, 47, 13. — 2) un eigentliche
hältnisse zu den Eltern oder auch bloß im a) mit dem Gen. Plur.: Kinderfrau, f.:

frühen, unreifen Alter. Mhd. kint (Gen. 1691 bei Stieler. Kinderfreund, m.: Zeit-
kindes), ahd. kind n.; dazu asächs.-afries. schrift für Kinder. Chr. F. Weiße gab 1775
kind (auch in norw. und schwed. Mundarten), die erste unter diesem Namen heraus. Kinder-
mnd. und mndl. kint (ags. cild n., engl. cMld garten, m.: Erziehungsanstalt für kleine
gehöi-en zu got. kilßeif. «Mutterleib»); ferner Kinder. Von Fröbel 1840 begründet und
anord. kind f. «Geschlecht, Nachkomme» (lat. benannt,kinderhaft, adj., 1775 bei Adelung.
gens). Alte Partizipialbildung auf -t (vgl. Kinderlehre, f., beiDiefenbach-Wülcker 697
alt, Wurzel kun, ken, kan « ei-zeugen,
kalt) zur vom J. 1611, mnd. kener lare ebd. kinder-
gebären», wozu anord. kundr m. «Sohn», got. leicht, adj., 1800 bei Langbein Ged. 2, 75.
-kunds, ags. -cund «entstammend», mhd. künne, kinderlos, adj., 1664 bei Duez. Kinder-
ahd. kunni, got. kuni n. «Geschlecht», ags. mädchen, n., 1691 bei Stieler, dafür bei
cennan «erzeugen» und gr. y^voc n. «Ge- Luther Kindermagd. Kindermuhme, f,
schlecht», YÖvoc m. «Geburt, Abkömmling, 1691 beiThüringen und Ober-
Stieler, in
Nachkommenschaft», yevvov «zeugen», fiyve- sachsen. Kinderschuh, m., 1535 bei Luther
cöai «geboren werden», lat. gigner e (Prät. 6, 292^ die Kinderschuch ausziehen. Kinder-

genui) «erzeugen», genus n. «Geschlecht», spiel, n., in der Bed. leichtes Tun im Gegen-
gens f. «Geschlecht, Stamm», awest. zan- satz zu ernstem schon mhd. chindispil, kinde-
« erzeugen, gebären», aind. jfanati «erzeugt», spil, kintspil, auch kindes spil, 1561 beiMaaler

Janas- n. «Geschlecht», Janas m. «Geschöpf, Kinderspill n.; im gemeinen Leben auch


Mensch». Im Plural, den mhd. Formen «Menge von Kindern». Kinderstube, f.,
(Nom. kint, Gen. kinde, Dat. kinden) gemäß, 1618 bei Schönsleder kinderstuben , «pgeda-
noch mitunter die Kind (Goethe 2, 36). ABL. gogium», aber schon vom J. 1496 bei Kriegk
kindern, v.: ein Kind gebären (schon im Deutsches Bürgert. 364 kinder stöbe f. «Schule»
16. Jh., dafür mhd. kinden, ahd. chindön, (des Lieb fi'auen Stifts in Frankfurt a. M.).
cMndan, noch Schweiz, chinden); kindisch tun Kindertaufe, f.: an Kindern voUzognes
(1691 bei Stieler, davon Kinderei, f., 1648 Sakrament der Taufe, früh im 16. Jh., 1525
bei Zesen Ibrahim 115 Kinderey). kindisch, bei Zwingli Kindertoufm. Kiuderzucht, f.,
adj., mhd. kiiidisch, kindesch, ahd. chindisc, bei Luther 6, 433''. —
b) mit dem Gen. Sing.:
kindisc, asächs. kindisk (ags. dldisc «kindlich, Kindesbein, n., ahd. vona chindes peine,
jugendlich»), im tadelnden Sinne schon mhd. mhd. von kindes heine, bei M. Rinckart (f 1649)
(Passional 262, 36 Köpke). Kindlein, n.: V071 Kindesbeinen an. Kindeskind, n., mhd.
kleines Kind, mhd. kindelin, ahd. kindilin, kindeskint n. Kindesnot, f. Geburtswehen, :

cliindilin, im Plur. auch Kinderlein, 1482 bei bei Luther in Kindesnöten sein, mhd. in noeten.
Melber K5^ kinderlin, daneben mhd. kindel, Kindesteil, m. und n.: der gesetzliche An-
ahd. chindili, noch oberd. Kindel n.: dafüi- teil eines Kindes an der Erbschaft, 1691 bei
md. kindekln, kindichln, nhd. Kindchen n., Stieler. Kindskopf, m.: Dummkopf, 1776
im Plur. gewöhnlich Kinderchen (schon im bei Wagner Kindermördeiin 37.
16. Jh.), nd. kinderken (ühland Volksl. 81). Kinkerlitzen, Plur. (in Bayern) mit dem
kindlich, adj., mhd. kintlich, ahd. chindlih, Dimin. Kinkerlitzchen (Gotter Schausp.
im Adv. mhd. kintliche, ahd. chindlihho. ZUS. 216) Flitterkram, Flunkereien. Md. Der
:

1) eigentliche: Kindbett, n.: Wochenbett, erste Teil des Wortes berührt sich mit md.
mhd. kinthette (daneben kindelbette) , ahd. Kickerling m. «schlechtes Geldstück, ver-
chintpette, chindebette n., woneben ältemhd. krüppelte Pflaume, verwachsnes Kind» (auch
und noch Schweiz, ein Fem. Kindbette; da- Kinkerling) «unausgewachsne Feder beim
von Kindbetterin, f Wöchnerin, mhd. Federschleißen», nordital. chiccheri, chichera
:

kintbetterinne, -betterin, auch kindelbetterin f. «Flitterstaat», engl, kick «neues Putzstück»,


Kindelbier, n.: Kmdtaufsschmaus, 1691 bei der zweite Teil entspricht bayr. litz, litzen,
Stieler, dafür bei Luther 4, 117^ Kinderbier. mhd. Uz, litze m. «Laune, Grille», ahd. liz m.

Kindheit, f., mhd. kintheit, ahd. cindheit f. «Vorwand», got. Uta f. «Verstellung».
(ags. cildhäd) m. Kindschaft, f., bei Luther. Kinn, n. (-[e]s, PI. -e): vorstehender Kopf-
Kindtaufe, f., mhd. kinttoufe, daneben im teil unter der Unterlippe. Älternhd. auch
1037 Kiosk Kirche 1038

Kien, Kihn, aber lahd. kinne, ahd. kinni n. in l.Bed., 1711 bei Rädlein Kippet «Schaukel».
«Kinn, Kinnlade»; dazu asächs. A'inm' n. «Kinn- Von kippen.
backen», ndl. kinne, kin f., ags. cinn f., engl. "Kippe, f.: Gemeinschaft (Kippe machen),
chin «Kinn», anord.-schwed. Ä:?wn f., däja..kind, aus der Juden- und Gaunersprache.
got. kinnus f. «Backe». Im 16. und 17. Jb. kippeln, v.: kleinlich zänkisch sein, mhd.
auch Kinn m. (1517 bei Trocbus X 2''), ebenso kipeln, noch Oberdeutsch-Hessisch. Neben-
and.Ärin, -mnd.kin, kinne m., obersäcbs.-thüring. form zu kibbeln (s. d.).

auch Kinne f. Es gehört zu lat. gena f. kippen, v.: intr. wie auf einer Spitze
«Wange», kymr. «Wange, Kinn», gr. fevvc umschlagen, das Gleichgewicht verlierend
geii

f. «Kinnbacken», -fivexov n. «Kinnlade, Kinn, umschlagen: trans. die Spitze {Kippe) oder
Kinnbart», lit.zändas m. «Kinnbacken, Kaefer», Spitzen abhauen, abschneiden; leicht anhauen.
arm. cnaut «Kinnbacke, Wange», aind. hänusi. In 1. Bed. 1663 bei Schottel; in 2. Bed. 1540
«Kinnlade». ZUS. Kinnbacken, m., bei bei Alberus dict. Qq 4^, aber 1508 bei Alten-
Luther Kinbacke, mhd.kinnehacke, ahd. chinni- steig 61*^ kipfen. Bei Lessing 8, 23 kuppen,
pacho m.: dazu andfrk. kinnehako m., mnd. in der Insel Felsenburg 2, 314 aufküpfen,
kenne-, kinnehacke f., ndl. 1599 kinnehacke, in der 1, Bed., als wenn das Wort von
afries. kinhaka, kenhak. Kinnbein, n.: Kuppe (s. d.) käme, was falsch ist. Das Wort
Backenknochen, mhd. kinnebein, ahd. chinni- gehört vielmehr zu anord.-schwed, kippa,
pein, ags. cinhän, anord. kinnbein n. Kinn- dän. kippe «rücken, wippen» und weiter zu
kette, f. :, Kette am Pferdegebiß unter dem anord. keifr «schief».
Kinne, im 17. Jh., dafür mhd. kinnereif, spät- Kipper, m. (-5, PI. wie Sg.j: Münz-
ahd. chinne-, chiniraif m. Kinnlade, f., fälscher; wucherischen Münzwechsel Treiben-
1768 bei Moerbeek: Lade ist das Gestell, der. Zuerst 1619, von kippen «mittels Auf-
worauf oder worin etwas befestigt ist, z. B. und Abschnellens der Wage die voll- und
Gestell des Hakenpflugs, Lafette des Ge- überwichtigen Münzen ausscheiden» (dann
schützes (schon im 15. Jh.), Schaft der Arke- aber auf kippen «am Rande beschneiden und
buse (1664 bei Duez), die Schalen des Basier- verstümmeln» 1711 bei Rädlein bezogen),
messers (1539 bei Braunschweig Chirurg. 43), zumal da in Kipper und Wipper wucherischer, ^<

1658 bei Corvinus fons lat. 1, 590^ die Laden. betrügerischer Münzwechsler, Münzfälscher»
darinnen die Zeene stehen. der letzte Ausdi-uck auf wippen «wägen,
Kiosk, m. [-es, PI. -e): tüi-k. Gartenzelt schnellen» (s, Wippe) zurückgeht. Man legte
oder Gartenhaus auf Säulen, 1787 bei Goethe den Schlag der Wachtel als Kipp die Wipp
17, 38, 1791 bei Eoth. Aus türk. k{j)ösk aus, und deshalb hatte eine Flugschrift von
«Gartenhaus». 1621 den Titel Kippediwipp oder Wachtel-
Kipfe, f.: Spitze, bei Luther Hiob 39, 28 gesang. ABL. Kipperei, f., 1691 bei Stieler
kipffe, s. Kippe. Kipperey.
Kipfel, n. (-S, PL wie Sg., bayr. auch Kipf Kirb, s. Kirchweih.
m.): hornfönniges Weizenbrötchen. Bayr.- Kirche, f. (PI. -n): christliches Gottes-
österreich. (bei Abraham a S. Clara), vom
Gesamtheit der Christen; christUcher
haus;
Österreich, kipfe m. «feines Gebäck» (13. Jh.). Gottesdienst. Mhd. kirche, am ObeiThein
Vielleicht verwandt mit spätmhd. kipphel n. küche, ahd. kirihha, chirihha (841 bei Wala-
und chipf n. f., ahd. kipfa f. « Runge, Stemm- fiid Strabo Liber de exordiis cap. 7 kyrica
leiste am Rüstwagen». i. e. dominica a Domino mmcupatur), bei Isidor

Kipparsch, m.(-es, Fl. Kippärsche): wund (8. Jh.) chiriihha (d, i. chirihha), bei Xotker
geriebne Stelle am After vom Reiten oder chiliclia (noch schweiz.-oberrhein. Chilche) f.;
Gehen in der Hitze. Zunächst vom Reiten: dazu and. kirika, kerika, mnd. kerke, karke,
wohl zsg. mit kippen «auf- und abschnellen», mndl. kerke, afries. kerke, tzerke, ags. cyrice,
wie dies bei unfesten und unsichern Reitern cirice, engl, church, anord. kirkja f., schwed.
vorkommt. Md. 1340 und mnd. 1424 kipars m. kyrka, dän. kirke; ebenso abg. crüky. Noch
^ Kippe, f. CPl. -n): Punkt des Schwankens vor der ahd. Zeit mit Genuswechsel ent-
undUmschlagens (1734 bei Steinbach); die jähe lehnt aus gr. KupioKÖv n. «Gotteshaus, Haus
Spitze (s.Kipfe); Goldwage (1768 bei Moerbeek). des Hen'n» (während des 4. Jahrh. ge-
Aus Nord- und Mitteldeutschland ins Hoch- bräuchlich, zur selben Zeit als Gotendie
deutsche aufgenommen, thüring. Kipfe, Kepfet von arianischen Griechen das Christentum
1039 Kirche Kirsche 1040

annahmen), eigentlich Adj. in der Bed, «dem m.: das päpstliche Landesgebiet, 1678 bei
Herrn gehörig», von gr. KÜpioc m. «HeiT»; Krämer. Kirchentum, n., erst am Ende
das Fem. KupioKr) dagegen kommt nicht in des 18. Jh. gebildet. Kirchenvater, m.:
Betracht, denn es bedeutete bis ins 10. Jh. Kirchenlehrer der altchristlichen Zeit, 1711
«Tag des Herrn, Sonntag», erst im 11. Jh. bei Rädlein, nach mlat. patres ecclesiae «Väter
«Gotteshaus». Der Schwund des a findet der Kirche; Kirchenältester als Ehrentitel»,
darin sein Analogen, daß auch der Name 1691 bei Stieler.
Gyriacus schon früh Cyricus vorkommt.
als Kirmes, Kirmesse, Kirmeß, f. (PI.
ABL. Kirchlein, mhd. kirchelin, da- Kirmessen und Kirmsen): Kirchweih. Ge-
n.,

neben kircliel, ndrhein. im 15. Jh. kircheigen, kürzt aus md. (14. Jh.) kirmesse f. «zur
nhd. Kirchelchen, kirchlich, adj., mhd, Einweihung einer Kirche gelesne Messe, mit
kirchlich, alemann, kilchlich, ahd. chirlich (d. i. Musik und Tanz begangnes Gedächtnisfest
chirchlich), ags. cyricUc. Kirchner, m.: der Einweihung einer Kirche, Jahrmarkt.
Küster, Meßner, mhd. kirchener m. ZUS. Im 15. Jh. md. kirmeß, im 16. kirmes, ndr-
1) mit Kirch-: Kirchfahrt, f.: Wallfahrt, rhein. 14. Jh. kirmisse f. Erst Ende des
Bittfahrt (mhd. kirchvart, mnd. kerkvart f.); 15. Jh. die volle Form Kirchmesse; dazu
Kirchspiel (1741 bei Frisch). Kirchgang, m., mnd. kerkmisse, ndl. 1599 kerkmisse, kerkmis,
mhd. kirchganc, mnd. kerkgank m. Kirch- norden gl. kirkmass.
hof, m. eingefx'iedigter Raum um die Kii'che,
: kirnen, s, kernen.
zugleich als öffentliche Begräbnisstätte, dann kirre, adj.: aller natürlichen Furchtsam-
bloß diese, mhd. kirchhof, kirchof, frühmhd. keit benommen, zutraulich. 1691 bei Stieler
chirichhof, alemann, kilchhof, mnd. kerkhof. kirre, 1664 bei Duez kirr, kürr, bei Luther
Kirchspiel, n.: zu einer Kirche gehöriger körre, 1482 im Voc. theut. pp S'' kurre, md.
Bezirk von Gemeinden, mhd. kirchspei, alemann. kurre, im Renner kürre, ein ostmitteldeutsches
Michael, kilchspil, md. kirspil, kirspel, köln. Wort mit k aus qu, denn nd. quir, quir, quer,
1275 kirspell, afries. kerspel n., eig. «Bezirk, mnd. quere «kirre», got. qairrus «sanftmütig»,
soweit die Verkündigung (Rede) der KJrche qairrei f. «Sanftmut», anord. kvirr, kyrr,
reicht», zsg. mit ahd. spei, schwed. qvar, dän. kvär «ruhig». Nicht er-
afries. spei, spil,

got. spill n. «Rede, Sage, Verkündigung» Denn die Vergleiche mit lit. gurus
klärt.
(vgl. Beispiel). Kirchtag, m.: Kirchweih- «bröckelig, locker» oder geras «gut» (Btr. 23,
fest, in Österreich und Bayern, schon in mhd. 352)- sind nur Notbehelfe. ABL. kirren,
Zeit dort kirchtac m. Kirchturm, m., V.: kirre machen, 1691 bei Stieler kirren, 1719
mhd. kirchturn m. Kirchweg, m., spät- bei Fleming Jäger 243^ körren, bei H. Sachs
mhd. kirchivec, alemann, kilchwec m. Kirch- kern, kerrn.
weih(e), f., ahd. chirihwiht, mhd. kirchwihe, kirren, v. (Prät. kirrte, Part, gekirrt):
kirwihe, geküi-zt im 15. Jh. kirwe, kirhei, einen scharfen, schneidenden, seufzenden Ton
1540 bei Alberus dict.F2^ und mm
3^ kirh, von sich geben. Schweizerisch. Spätmhd.
wie noch mundartUch in Süd- und Mittel- kirren, Nebenform des gleichbed. starkbiegen-
deutschland Kirhe, Kirh, alemann. Kilbe f. den mhd. kerren (Prät. kar, Plur. kurren), ahd.
«jährliches Fest mit Musik und Tanz, das kerran, cherran, zu lat. garrire «schwatzen»,
sich an die Einweihung einer Kirche knüpft» garrulus «geschwätzig», gr. yhP'Jc f. «Stimme,
(vgl. Kirmes), schon im 15. Jh. Kirchwey Ton, Schall». Vgl. Zupitza Gutt, 78.
«Fest» überhaupt (Fastnachtsp. 1344). 2)mit —
Kirsche, f. (PI. -n): Die Frucht des
Kirchen-: Kirchenbuch, n., 1562 bei Ma- Kirschbaums. Im 16. Jh. Kirse und Kirsche,
thesius Sarepta 194^; ags. cyricböc f., engl. schon im mrhein. Voc. ex quo von 1469
church-book. Kirchendiener, m.: Auf- kirsche, um 1470 kersch, mit seh aus s (vgl.
wärter in der Kirche, bei Keisersberg und noch Birsch, Hirsch), mhd. kerse, kirse, bei dem
im 18. Jh. Prediger. Kirchengeschichte, Schweizer Boner 8, 33 kriese (noch schweiz.-
f., 1691 bei Stieler. Kirchenlicht, n.: oberrhein. Chriesi n.), ahd. kirsa f. In sehr
ausgezeichneter Kirchenlehrer, 1576 bei Ma- fiiiher Zeit durch Vermittlung des Lateinischen
thesius Luther 211'', noch kirchenlat. lumen (cerasum und mlat. cerasium n. «Kirsche»,
ecclesiae (13. Jh.). Kirchenmaus, f.: in cerasus und mlat. cerasius «Kirschbaum»)
einer Kirche wohnende Maus, die dort keine entlehnt aus gr. Kepdciov n. «Ivirsche», Kepac^a,
Vorräte findet, im 18. Jh. Kirchenstaat, Kepacia f. «Kirschbaum», d. h. wohl «Baum
1041 Kirsei Kitz 1042

mit homhartem Fruchtkerne» (gr, K^pac n. cushion, älter quishin), ital. cuscino, span.
«Hörn», vgl. Hornkirsche, Kornelbauni), mit cojin m., von spätlat. coxinus m. «Kissen
Steinfrucht, der besonders um die westlich für die Hüfte, Sitzkissen». ZUS. Kissen-
von Trapezunt am Schwarzen Meer gelegne zieche, f.: Kissenüberzug, 1616 bei Henisch
Stadt Kerasunt (gr. KepacoOc, lat. Cerasus) 669, aber md. 1410 küssenzieche f,
wuchs und dieser nach Eustathius (zu Hom. Kiste, f. (PI. -n): trag- und verschließ-
Bias 2, 853 und zu Dionys 456) den Namen barer Kasten zum Aufbewahren oder Ver-
gab, nicht umgekehrt. Aus vorauszusetzendem senden. Mhd. kiste, ahd. kista f.; dazu mnd.
mlat. cerasia, ceresia stammt auch franz. cerise, kiste, keste, mmdl. kiste, ndl. kist, ags. cyst,
prov. serisia, ital. driegia f. «Kirsche», sowie eist, cest f., engl, ehest Wie das anlautende
abg. cresinja f. «Kirsche». ZUS. Kirsch- k zeigt, sehr früh entlehnt aus gleichbed.
baum, m., mhd. kerse-, kers-, kirshoum, gr.-lat. cista, gr. KicTr) f. Nebenform seit dem
alem. krieshoum, ahd. cherse-, kirs-, chresi-, 15. Jh. Küste, noch bei Lessing 12, 170.
chriesiboum , and. kirsikhöm m.; davon das Kitt, m. (-[e]s, PI. -e): fettes Bindemittel
Adj. kirschbaumen, ahd. im ll. Jh. kirse- zum Zusammenkleben. 1598 bei Rollenhagen
houmin, 1664 bei Duez kirschhäumen. Kirsch- Froschm. 1, 2, 17 Kyt, daneben bei Hulsius,
blüte, f., 1691 bei Stieler Kirschhlüt Kirsch- Duez und 1734 bei Steinbach Kiet, aber ur-
geist, m.: Kirschbranntweia, 1775 bei Ade- sprünglich Kütt, so noch Rädlein 1711 und
lung. Kirschkern, m., 1540 bei Alberus Kramer 1719, im 15. Jh. küt m., spätahd,
di(3t. Ff 3^. kirschrot, adj., 1670 bei cuti, quiti n. «Leim, leimartiger Klebstoff»;
Grimmeishausen Springinsfeld 1 kirschenroth. dazu ags. civudu, cwidun. «Baumharz», mengl.
Kirschwasser, n.: Kirschbranntwein, 1741 Code «Pech», anord. kväda f. «Harz». Ver-
bei Frisch, aber bei H. Sachs Kirschenwasser. wandt mit lat. hitümen n. «Erdpech», amd.jätu
Kirsei, m. (-s, PI. -e): grobes geköpertes n. «Gummi, Lack». Eine Nebenform Kitte f.
WoDenzeug. 1716 bei Ludwig Kirsey, 1664 bei Rückert 2, 296, bei Krämer 1678 Kütt f.
bei Duez Kirschey, 1616 bei Henisch Carisey, ABL. kitten, v.: mit Kitt leimen, 1605 bei
schon vom J. 1404 bei Schirrmacher Urkunden- Hulsius kitten, 1562 bei Mathesius Sar. 81*
buch V. Liegnitz 267 kirsey als Handelsware und noch bei Goethe 6, 230 kütten.
der ostpreiißischen Kaufleute, 1482 im Voc. Kittel, m. (-S, PI. wie Sg.): hemdartiges
theut. q4^und5* kyrsat, kirsat; dazu gleich- Oberkleid. ]Mhd. kitel, kittel, auch kietel,
bed. engl, kersey, ndl. karsaai n., 1599 bei md, kidel, 1477 clev. kedel, mnd. kedele m.,
Kilian karseye, franz. carise m., ital.-span. ndl. keel. Im 15. bis 18. Jh. mitunter Küttel
carisea f. Dunkler Herkunft. mit falscher Ableitung von Kutte. Dunklen
Kismet, n. (-s): unabwendbares Schicksal. Ursprungs. Man hat an Zusammenhang mit
Türkisch. Aus arab. qisma «Anteil, Los». gr. xiTUJv «Leibrock» gedacht, was unmittel-
Kiß, m. n. (Eisses, PI.Kisse) und Kisse, f. bar nicht möglich ist, aber vielleicht indirekt?
(PI. -n) : langgestielte hölzerne Scharre, die kittern, v.: heimlich lachen, Anfang des
Kohlen aus dem Backofen zu schaiTen, auch 15. Jh. kittern, kyttern, noch thüring.-fränk.,
wohl Frucht auf der Tenne zusammenzu- hessisch-oberdeutsch.
scharren. In Westfalen, im Westerwald, in Kitz, n. (-[e]s, PI. -e): junges Reh im
der Wetterau. Ahd. chissa, amd. kissa f. ersten Jahre, mhd. {rech)kitze, ahd. rechkizzi n.
Unerklärt. ABL. kissen, v.: mit dem Kisse Eigentlich identisch mit Kitze, f. (-w) junge :

heraus-, zusammenscharren. Ziege, mhd. kiz, kitze n. «Junges von der


Kissen, n. {-s, PI. wie Sg.): Art Polster Ziege» (auch vom Reh, der Gemse), ahd.
zum Daraufliegen, Im 18. Jh. noch häufig kiz, kizzi «hoedus». Das Wort ist n- Ab-
Küssen (Adelung, Schiller Teil 4, 2J; Kissen leitung von anoi'd. kiä n., schwed.-dän. kid
taucht 1462 in houptkissen Mone Anz. 7, 157, «Zicklein». Dazu ein Diminutivum norw.-dial.
114 auf, bleibt aber bis ins 18. Jh. vereinzelt kidla, nhd.-tirol. kittete, mhd. cÄe^eZe«capella»,
und wird erst in diesem nach und nach vor- anord. kidlingr m., schwed. kidling, dän. killing.
wiegend, Mhd. küssen, küssin, ahd. chussin, Engl, kid «Ziege» ist entlehnt. Eigentlich
cussin, gekürzt mhd. küsse, ahd. chussi n. wohl «Junges» zu as. kfd, ags. (nd «Spröß-
(noch 1716 bei Dentzler Küsse); dazu ndl. ling», s. u. Keim. Vgl. Palander D. ahd. Tier-
küssen, mndl, cussin. Überkommen aus afranz. namen 118. ABL. Kitzlein, n. {-s, PI, wie
cuissin, nfranz, coussin (woher auch engl, Sg.), im 16. Jh. kitzlin, kützlin, mhd. kitzelin.

Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 66


1043 Kitze Klafter 1044

Kitze,f. (Pl.-n): weibliche Katze, Kätzchen. papier», kladboek n. «Schmutz-, Konzeptbuch».


1716 bei Ludwig Kitze, Kitz, 1729 bei Pi- Dazu wohl auch Schweiz, chlot m. «Klecks,
cander 2, 206 Kietze, im 15. Jh. das Adj. Kotfleck», und
chloten «sudeln, schmieren»,
kitzin (Diefenbach gl. 107^), nd. kitte t,im Formen mit t mnd. Matte «Lappen», nhd.-
Ablaut zu Katze gebildet. Engl, chit und dial. klatz «Schmutzfleck» u. a., vgl. klatrig.
kitten «Kätzlein», von cat «Katze». Kladderadatsch, interj. zur schaUn ach-
Kitzel, m. (-s): wie zitternde Bewegung ahmenden Bezeichnung eines krachenden Falles
empfundner Nervenreiz zu Lachen, Husten oder Zusammenbruchs, norddeutsch; dann als
u. a. Erst frühnhd., 1498 bei Braunschweig m. Name eines breiten Gebäcks wie Maul-
Chirurgie IH*' Kützel (in der Ausgabe von schelle, sowie Titel des 1848 gegründeten
1539 auch Kitzel), bei Luther Kutzel, Kützel, Berliner Witzblattes; Zusammenbnich. Vgl.
noch bei GeWert Kützel; dazu mnd. kettel m. Ladendorf. Lautnachahmend wie klatsch,
Von kitzeln, v.: zum Lachen stacheln, zu kladatsch. Vgl. Schröder Streckformen 173.
Lust oder Übermut reizen, mhd. kitzeln und Klaff, m. (-[e]s, PI. -e): Krach, Schall;
kützeln, kutzeln, ahd. chizilon und chuzilön; Geschwätz (schon mhd.); Spalt, schmale Öff-
dazu ndrhein. im 11. Jh. chitilön, and. kitilon,
nung (Goethe Pandora 512). In 1. Bed.
mhd. klaf, klapf m., ahd. claph in anaclaph
mnd. kettelen, ags. citelian, engl, kittle, anord.
kitla, schwed. kittla, dän. kildre. Wohl laut- m. «Anprall». klaffen, V.: sich spaltend, —
nachahmend. ABL. kitzlich, adj., im ofl'en ohne Schluß voneinanderstehen; klätt'en,
15. Jh. kitzelicli, kitzlich (Diefenbach gl. 586^), V. : wortreich, aber gehaltlos sprechen, bes.
1482 im Voc. theut. r8* kutzlich, daneben lärmend bellen (von Hund und Fuchs). Mhd.
seit dem 17. Jh. kützelicht, kitzlicht. klaffen «schallen, klappern, schwätzen», üf
klabästern, v.: schmieren; schlagen, klaffen «auseinanderbrechen», älternhd./cZap/ew
prügeln;, polternd, störend laufen. In Mittel- «klappern», Ä;Ze^/e?i «knallen», Ä;Ze/fe/i « schwät-
und (namentlich in der Nord-2. Bed.) in zen» (Zimm. Chron.^ 4, 218, 25), ahd. chlaphon,
deutschland. Aber auch elsäss. klawasteren claffon «klappern, knallen»; dazu ags. clappan,
«mit Lehm verschmieren». Li der 1. Bed. engl, clap «klappen, klopfen, schlagen». Dazu
1781 bei Kindleben. Dunklen Ursprungs. auch Klappe, klappen (s. d.). Die Grund-
Vgl. H. Schröder Streckformen 150. bedeutung der Sippe ist «Knall, Klatsch»,
Klabautermann, m. {-s, Fl. -männer); woraus sich «mit einem Knall schließen oder
Schiifskobold. Nach Schröder Streckformen ötfnßn» entwickeln konnte. Die Wurzel ist
S. 161 steckt im ersten Teil ndl. klauteren wohl lautnachahmend wie abg. klopotü m.
«klettern». LTnsicher. «Lärm». ABL. Kläffer, m.: Schwätzer;
Klack, m. (-[e]s, PI. -e): Riß, entzwei bellender Hund, bes. kleiner (1775 bei Adelung),
geborstne Stelle ;
(nd.) Flecken, Fehler. Mhd, mhd. klaffcere, kleffcere m. «Schwätzer, Ver-
klac (Gen. klackes) m. «Riß, Schall, lautes leumder, Verräter».
Bersten, Knall, Krach»; dazu ndl. 1599 klack Klafter, f. (PI. -n), auch n. (Goethe 34, 1,
«Krach, Riß», anord, klakkr m. «Klecks, 269): das Maß der weit ausgespannten Ai-me;
Wölkchen, Klumpen», dän. klak «Flecken», drei Ellen langer und ebenso Haufen
breiter
schwed. klack «Hacken an Schuhen», dialekt. gesetzten Scheitholzes. Jetzt mit kurzem a,
auch «Klumpen, Anhöhe». Dazu noch Kleck, aber mhd. kläfter f. n. (noch 1556 bei Frisius

Klecks, klecken (s. d.) und eine Reihe andrer Dictionariolum 134*^ Klaafftef), ahd. im 9. Jh.
Worte in den germanischen Sprachen. Die cläfdra f. «Längenmaß der ausgebreiteten
Grundbedeutung und weitre Verwandtschaft Arme» als Holzmaß 1477 in den Städtechron.
ist unsicher. Vgl. Falk-Torp. 4, dazu mnd. in beiden Bed. klachter n.,
17;
Kladde, f. (PI. -n): flüchtiger Entwurf ndrhein. im 15. Jh. glafter, zerdehnt gelafter
zur Reinschrift; Schmutzbuch, Buch der Ge- (Weist. 2, 797). Verwandt mit ags. clyppan,
schäftsleutezum vorläufigen Eintragen. In engl, clip «umarmen» und weiter mit ht. glebis
1. Bed. 1779 bei Lessing 13, 631, in 2. Bed. «Armvoll», gUbti, globti, lett. glebt «umfassen,
1710 bei Nehring, 1663 bei Schuppius 2, 29 umarmen», a^prenQ. poglabü «umarmte». Vgl.
Kladdebuch. Aus «Schmutz, Lachter. ABL. klaftern, v. in Klafter-maß
nd. kladde f. :

ünreinigkeit», dann «erstes unsaubres Nieder- setzen, nach (^er Klafter messen, elsässisch
schreiben», endlich die obigen Bedeutungen; 1529 in den Weisth. 1, 725 (ge)klaftern «mit
mndl. kladde, ndl. klad f. «Schmutz, Konzept- weit ausgespannten Armen messen».
1045 Klage Klapp 1046

Klage, f. (PI. -n): hörbarer Ausdruck des genommen, mnd. klampe f. «Haken, Spange»,

Schmerzgefühles; (gerichtliche) Beschwerde. bildl. «Steg über einen Graben», nd\.Jdampi.


Mhd. klage, ahd.-and. klaga f. üiTerwandt «Klammer, zumal hölzerne», 1477 clevisch
mit aind. garhä f. clamp «Klemmwerkzeug zum Halten»; dazu
«Tadel», awest. gdrdzä- f.

«Klage», aind. gärhati «klagt, klagt an, be- dän. klampe, schwed. klamp «Klotz, Holz-
schuldigt, tadelt», awest. gdrdzaiti «klagt», stück». Die echt hochdeutsche Form bietet
kaum aber mit gr. ßXrixn f. «Geblök der bayr. Klampfe f. «Klammer der Zimmer-
Schafe». Davon klagen, v.: sein Schmerz- leute». Dazu Schweiz. Chlempe. Vgl. Klemme.
^
gefühl äußern; vor Gericht als Kläger auf- Klang, m. (-[e]s, PI. Klänge), mhd. klanc
treten, mhd. klagen, und (Fl. klenge), ahd. bei Notker cÄZawcÄ; daneben
ahd.-and. klagon
klagen, wovon weiter Kläger, mhd. mhd. klinc(g) und klunc{g) m. Dazu ndl. klank
m.,
klager, kleger, spätahd. ciagare m. ZUS. mit m. «Klang, Laut», engl, dank «Gerassel, Ge-
Klage: klagbar, adj., mhd. klage-, klaghcere klirr», wie ahd. mit k aus gn. Zu klingen (s. d.).
«beklagenswert, Klage erhebend». kläg- "Klang, m. (-[eis, PI. Klänge): seichte von
lich, adj., mhd. klegelich, klagelich «klagend, plätscherndem Wasser überfloßne Stelle im
beklagenswert», ahd. chlagalih. klaglos, Flusse (göttingisch, 1642 in Hessen); (in
adj., 1315 md. clagelos «gerichtlicher Klage und um Gießen) offne Stelle im Flußeise.

überhoben», im 18. Jh. in der Bed. «keine Eins mit dem vor. Wort, denn md. klanc m.
Klage hören lassend». Klagelied, n., mhd. «das Plätschern des Baches». Vgl. -Klinge.
klageliet rr. Klapp, m. (-[e]s, PI. -e): Schall, Krach,
^Klamm, m. (-[e]s, PI. -e): Krampf, Luft- 1663 bei Schottel, 1616 bei Henisch Donner-
röhr enki-arapf. Mhd. klam (Gen. klammes) m. klapp, Donderklapp, 1590 bei Ringwaldt laut.
«Krampf, Klemme, Klammer»; dazu ags. dam, Warb. 70 Klapp m. «Schlag, Schlappe, Un-
dorn m. «Fessel». Weiter sind wohl ver- glücksfall», nd, klapp, ndl. klap m., engl, clap,
wandt lat. glomus m. «Kloß, Knäuel», aind. anord.-schwed. klapp n., dän. klap. Dafür
gulma- m. n. «Strauch, Busch, Trupp Soldaten, mhd, klapf (s. Klaff). Wie die folgenden
Geschwulst im Unterleib». Weitres bei Walde. Wörter (mit Ausnahme vielleicht von klappern)
Schweizerisch. Vgl. klemmen. aus dem Nd. aufgenommen, klapp! interj,,
^Klamm, f. (PI. -en): Bergspalte, Berg- 1600 bei Adrian Mittheil, 371 klip und klap,
schlucht mit Gießbach. Oberdeutsch, 1517 im nd. klapp, engl, clapl Klappe, f. (PI -n):
Teuerdank dämme f., im 15. Jh. klam, glam auf- und abschlagender Gegenstand woran,
«Schlucht», mhd. wuofklamme f. «Jammertal». beweglicher Deckel oder Verschluß (1741 bei
Zu ^Klamm. Frisch); Aufschlag am Rock (1775 bei Ade-
klamm, adj.: eng zusammengedrückt, lung); Fliegenklatsche (bei Voß), Peitsche (1691
drückend eingeengt (1663 bei Schottel); allzu bei Stieler). Nd. klappe f. «auf- und nieder-
spärlich, knapp (Voc. von 1429). Anders 1562 schlagender Deckel», mnd. klape f. «Klapper»,
bei Mathesius Sarepta 51* dam gold «dichtes» ndl. klap f., eins mit mhd. klaffe f. «Klapper,
d.h. «gediegenes, lauteres Gold», schon mhd. das Klappern, Schwätzen». Damit zgs. Klapp-
bei Heinrich v. Meißen 200, 6 klamer morgen horn, n,: Hom mit beweglichen Klappen
«lautrer, d. h. klarer Morgen»; erstarrt, kalt zum Regulieren der Töne, eine Erfindung des
und feucht (norddeutsch). Zum vorigen. Vgl. 19, Jh. (1814); daher Klapphornvers ra.,
klemm und verklemmen. scherzhafter Vers nach dem Muster einer
Klammer, f. (PL -n)-. Gegenstand zum Vierzeile, die einen das Klapphorn blasen-
Festklemmen. Mhd. klamere, klamer, md. den Knaben schildert, erst im letzten Viertel
auch klammer f.; daneben das gleichbed. des 19. Jhs. klappen, v.: schallend auf-
mhd. klampfer, noch bayr. Klamper, kämt. schlagen (bei Luther); gleichlautend zuein-
Klamper, Klampfer f. dazu anord. klömbr f. ander passen, sich zueinander fügen (es klapt
;

«Klemme», neunorweg. klomber «Klemme, bei Luther 3, 442**). Die md, und nd. Form
enge Felsschlucht». Davon klammern, v., für klaffeti (s. d.), nd. klappen «klatschend
1589 bei Eoth christl. Hausmütter ABC J5% schlagen, mnd. klappen «plappern,
passen»,
dafür mhd. klamhen, klampfern, klemheren. laut schwatzen»; dazu mndl. dappen «schwat-
Vgl. Klamm, klemmen, Klempner. zen», ndl. klappen «laut widerschlagen», ags.
Klampe, f. (PI. -n)-. an beiden Enden clappan,enci\.dap,sdr\es.-'a.noYd..-SQh.vfedi.klappa
festhaltendes Bindeholz. Aus dem Nd. auf- « schlagen, klatschen », dän. klappe, entsprechend
66*
:

1047 klar Klatsch 1048

ahd. Mapfön «zusammenschlagen». Klapper, in ordnende Abteilungen bringen. Von nlat.

f.:Werkzeug zum Klappern, im 15. Jh. rhein. dassi-ficatio f, «Einteilung in Klassen», aus
clapper und nd. clappir bei Diefenbach gl. classis und -ficatio, einer Ableitung von facere
125°. 254*», dafür mhd. klepfer, klaffe, md. «machen», Goethe Br, 8, 3. 79. Klassiker,
(bei Eilhart 7029 L.) klepper f. ; davon Freund m. (-S, PI. wie Sg.): mustergültiger Schrift-
Klapperbein: der Tod. Im 18. Jahrb. steller. Im 18. Jh. nach dem franz. (auteur)
Klapperschlange, f.: mit einer Klapper dassique, von lat. dassicus m. «Bürger ersten
am Schwänze versehne giftige Schlange in Ranges» (civis dassicus), dann Schriftsteller
Amerika, 1741 bei Frisch, klappern, v., vom ersten Range (scriptor dassicus bei
mhd. klappern, auch kleppern, kiepfern, md. GeUius 19, 8, 15), klassisch, adj,: ersten
und nd. klappern. Mittels -s abgeleitet, wie Ranges seiner Art, mustergültig, nach gleich-
Klecks, Knicks, schnapps: Klaps, m. (Gen, bed, franz. dassique vom lat. Adj. dassicus
Klapses, PI. Klapse und Klapse) schallender «die (ersten) Bürgerklassen betreffend». Be-
:

Schlag, 1734 bei Steinhach Klaps m.; RA. einen leg von 1748 bei Danzel Gottsched 230.
Klaps haben: etwas dumm sein. Sächsisch- klat(e)rig, adj.: unsauber, kläglich, er-
Norddeutsch; klaps! interj., nd. 1767 im bärmhch, schmutzig. Im 18. Jh. (bei Hermes
brem. Wbch. 2, 788; klapsen, v.: (intr.) Soph. Reise 6, 587, Wieland 18, 233 vom J, 1776)
klatschen, knallen (1778 bei Hermes Sophiens aufgenommen aus dem nd. kläterig, klatterig
Reise 1, 242); (trans.) schlagen, md, und nd. «schmutzig, zerlumpt, verwirrt in den Haaren»,
. klar, adj. (Komp. klarer, Superl, klarst): dann «übel, wenig Erfolg versprechend», von
das Licht in allen Teilen durchlassend, hell, nd, kläter m. «Fetzen, zerlumptes Kleidungs-
deuthch; fertig (aus der Seemannssprache). stück, angespritzter Schmutz, Kotklunker,
Mhd, klär, dar «hell, lauter, glänzend», mnd. Klunker von Augenbutter», zu mnd. klatte
dar, mndl. ciaer, spätanord. klärr, schwed.- f,m, «Kleiderfetzen, Verworrenes, verwickelter
dän. klar, aufgenommen aus lat. clärus «hell, Rechtshandel», das vielleicht mit Kladde zu-
leuchtend» (von dessen Fem. dära auch der sammenhängt. Das Wort ist auch schweizerisch,'
weibl. Eigenname Klara). Der Komp., mhd. Klatsch, m. (-es, PI. -e): klatschender
dar er, bisweilen mit Umlaut, im 16. Jh. Schall oder Schlag, Fleck (1711 bei Rädlein);
klerer, bei Wieland, Lessing, Herder, Goethe Geschwätz (bei Goethe 5, 133). In 1. Bed.
klärer, der Superl, klärst bei Goethe, klärest ndl, 1599 Mets, kletse. klatsch! interj,, 1803
bei Schiller. ABL. Kläre, f., mhd, klcere f. bei Kosegarten Jucunde 155, vgl. klitsch. Laut-
«Klarheit», klären, V.: klarmachen, mhd, nachahmend, klatschen, v,: intr. schallen,
kloRren, md. kleren und klären, dagegen mhd. schallend schlagen (1691 bei Stieler, klatzschen
klären «hell werden, sich klären». Klarheit, 1651 bei P. Fleming 1, 23 L., glatschen 1668 bei
f., mhd. klärheit f. klärlich, adj,, mhd. Prätorius Anthropod, Plutonicus 499 und 1674
klär-, klcBrlich, bei Luther klerlich, galt gegen bei Abele künstl. Unordnung 5, 29) schwatzen ;

1800 veraltet, als Adverb aber wieder auf- (1663 bei Schottel). Hervorgegangen aus
genommen, Klärung, noch nicht bei Campe. älterm Matzen in 1. Bed. (bei Luther Tischr.
klarieren, v. ein Schiff, die SchiflFsgüter 327 ^ vgl. 1562 bei Mathesius Sar, 208* Matz-
:

verzollen. 1791 bei Roth. Nd, een schip kla- niühle, aber 1578 Matzschmühle 146*^), mhd,
reeren; entspr. Ausdrücke sind dän,-schwed.- kletzen in hekletzen «beschmieren, beschmut-
engl.-span.-portug. Von klar «fertig» s, o, zen», ndl. 1599 kletsen «klatschend schlagen»
Klarinette, f. (PI, -n): 1690 erfundnes (vgl. klitschen). Davon Klatsche, f.: Werk-
Holzblasinstrument. 1791 bei Roth Clarinett zeug zum jK7afec/iew (1691 bei Stieler); klatsch-
(1813 bei Campe Clarinettist m.). Aus gleich- haftes Weib (1663 bei Schottel): Klatscher,
bed. franz. darinette f., ital. darinetto m,, m.: der Klatschhafte, 1691 bei Stieler, Klat-
dem Dim, des ital. scher 1734 bei Steinbach, und hiei-von Klat-
clarino m, «hellgellende
Trompetenart», von lat.clärus «hell schallend», scherei, f. bei Stieler, Klatscherei bei Stein-
Klasse, f. (PI. -n) ordnende Abteilung. bach, klatschhaft, adj,: schwatzhaft, bei
-.

1610 bei Gödeke Gr,^ 2, 61, 18 und 1616 Stieler. ZUS. Klatschhase, f.: schwatz-
bei Henisch Claß f., aus lat. classis f. «Ab- hafte Person. Erst im 19. Jh. Klatsch-
teilung», woraus auch das gleichbed. franz. hüchse, f.: Knallbüchse von ausgehöhltem
classe f. ZUS. Klassenkampf, m., 1848 Fliederholz (1691 bei Stieler); schwatzhafte
von Marx gebraucht, klassifizieren, v,: Person (1775 bei Adelung), Klatschrose, f.
1049 klauben Kleck 1050

Feldmohn, 1691 bei Stieler, von dem Schalle, Buchschloß, Gesperr (Janssen Reichskorr. 2,
den gegen die Stirn zersprengte Blätter der 249 vom J. 1465); Eselsohr im Buche. Aus
Blume geben. mlat. dausura f., zu lat. daudere «schließen».
klauben, v.: mit den Fingern stückweise Klaye, f. (PI. -n): Griffsteg, Taste des
lösend woran arbeiten. Mhd. Mühen, auch Klaviers oder der Orgel, 1796 in den Xenien
klouben, ahd. clübön (vgl. klieben). ABL. Nr. 219. Von mlat. clavis f., PI. daves «die
Klauber, m., äpätmhd. klüber, klouhoere m. Griffstege der Orgel», deren Windlade durch
Davon Klauberei, f. kleinliches Versteifen sie geöffnet und geschlossen wii-d, lat. dävis
:

auf etwas. Um 1780. f. «Schlüssel». ABL. Klayiatür, f.: Griff-


Klaue, f. (PI. -n) : Hornteil des gespaltnen brett für zwei Hände. KlaTier, n. (-s,

TierfuÜes: (scherzhaft) Hand, schlechte Hand- PI. Musikinstrument mit Metallsaiten


-e):
schrift. ^Ihd. klä, kläwe, selten klö, ahd. und Tasten, 1711 bei Rädlein Ciavier, eig.
cMäwa, chlöa f.; dazu andfrk. cläwa, nmd. «die Tastenreihe», zunächst der Orgel (1616
klouwe, klauwe, kläwe, ags. cid, cleo, cläuni f., bei Henisch Clavir, ndl. 1577 bei Junius
engl, claw, anord. klö f., schwed.-dän. klo davieren PI.), dann des Spinetts (1664 bei
«Klaue». Grundformen *klewä- und klöwä-. Duez Ciavier), aus franz. clavier m. «Tasten-
Dazu auch Knäuel (s. d.). Weiter sind ver- reihe, -brett»; für das Instrument bei dem
wandt aind. gläus m. « Ballen >, ir. glö-snäthe, Brieger Organisten ScherÖer (f 1674) Claver-
glao-snäthe «Hnea, norma», wörtUch «Ballen- sing n. aus dem Nd., von gleichbed. franz.
draht», gr..T^o"TÖc m. «Hinterbacke». Weitres davecin, davessin m. Klavizimbel , n.:
bei Walde s, v. gluo. ABL. klauen, v.: Saiteninstrument mit Metallsaiten und Griff-
kratzen, krauen, krabbeln, 1591 bei Rollen- brett, Anfang des 15. Jh. davicimbel, daff-
hagen Postreuter F 3* und 1641 bei Weck- cimhel (Diefenbach gl. 126*^), aus mlat. davi-
herlin 1, 505 F. klawen, ahd. kläwen, mnd. cinibalum n.; dafür 1472 im Heldenbuche
klouwen, klawen, daneben kleien. klauig, Kaspars v. d. Ron davor n.
adj.: mit Klauen versehen, bei Voß. kleben, v. intr. : durch zähen Stoff haftend
Klaus, gekürzt aus Nikolaus (s. d.). Mhd. Mehen, ahd. kleben; dazu
anhangen.
Klause, f. (PI. -n): abgeschloßne Kloster- asächs. kliion «festhaften», nmd. ndl. kleven,
zelle: Einsiedelei; Gebirgspaß. Mhd. klüse, ags. clißan, deofian, engl, deave «kleben»,
ahd. chlüsa f.; dazu ags. düse f. Aus mlat. anord. klifa «schwatzen mit steter Wieder-
dusa f., vom Part, dusus für clausus in holung des Gesagten». Mit e aus i zu mhd.
den Zusammensetzungen von daudere «ver- kliben, ahd. Miban «haften» (s. kleiben). Da-
schließen»; das gleichbed. mhd. klöse f. da- gegen das trans. kleben «haften machen» gehört
gegen aus mlat. clausa f. ABL. Klausner, urspr. der md. Volkssprache an für hochd.
m.: Einsiedler, mhd. klüsencere und klösencere, trans. kleiben (s. d.) und ist in der neuem
ahd. klosinäri, mnd. klüsenere, mndl.düsenäre, Schriftsprache an die Stelle desselben ge-
mit Umlaut spätmhd. kleusener, kleusner, treten, etwa seit Mitte des 18. Jh., doch
noch 1789 bei Bürger Ged. 2, 152 Klausner. findet sich andrerseits schon im 15. Jh. kleben
Klausel, f. (PL -n): Schlußsatz; Ein- (im Voc. ine. teut. d 6*J und sogar ahd. cMepen
schränkung, Vorbehalt. 1398 im Cod. dipl. in trans. Bed, «kleben machen». ABL.
Siles. 10, 246 dausel. Von lat. clausula f. Kleber, m. (-s, PL wie Sg.) klebender Stoff, :

«Schluß, bedingende Gesetzesformel», zu Gummi, Baumharz, 1420 cliMr n. «Gummi»,


daudere «schließen». md. im 14. Jh. kliber «Schleim», mnd. clever,
Klauster, n. (-s, PI. wie Sg.): Vorhänge- mndl. clebber, clibher. Im Mhd. das Adj.
schloß. Am Mittelrhein, aach. Muster f, kleber «klebrig»,ahd. depar, ags. dibbor;
auch bayr. kloesfer n. «Schloß», 1477 clevisch davon kleb(ejrig, kleb(e)richt, adj., bei
duyster, ndl. kluister f. «eiserne Bande mit Fischart Garg. 66 kleberig, bei Keisersberg
Schlössern», XZaws^er 1719 bei Kramer 1, 151 klebrecht, uhd. debirik.
'',

schon asächs. klüstar n. «Verschluß», klüstar- Kleck, m. (-[e]s, PL -e): an- oder auf-
hendi PI. f. «Fesseln», ags. clüstor n. «Ver- geworfner kleiner Teil einer weichen Masse;
schluß», aus lat. daustrum n. «Riegel, Ver- verunreinigender Fleck (1562 bei Mathesius
schluß». Vgl. Kloster. Sar. ni*»). Nebenform zu Klack (s. d.);
Klausur, f. (PI. -en): Ab- und Ein- erst im 16. Jh. kleck m. «Riß durch Auf-
schließung (1711 bei Rädlein); Klosterzwang; springen, Flecken», ^vonehen Klecke f. «Spalt»
;

1051 kleckeu klein 1052

(1663 bei Schottel); noch fränk. Kleck m. ferner kleihen und Kleister (s. d.). Vgl. noch
«Riß, Sprung in Glas usw.». Vgl. Klecks. Zupitza Gutt. 147 und Walde s. v.
klecken, v.: weiche Masse wohin werfen kleiben, v. trans.: aufstreichend haften
oder fallen machen; verunreinigende Flecke machen (jetzt verdrängt durch kleben, s. d.).
machen; (übertragen) wozu ausreichend Mhd. -ahd. kleihen mit schwacher Flexion;
förderlich sein. Mhd. klecken, ahd. kieken Kausativ zum starkbiegenden intrans. mhd,
«laut reißen, platzen, ausreichen, genügen, kliben «fest anhangen, haften» (Prät. kleip,
wirksam im Md. auch «Klecke werfen,
sein», PI. klipen, Part, gekliben), noch älternhd.
einen Fleck machen». ABL. Klecker, m.: kleiben und bekleihen (s. d.), ahd. kliban, ags.
Schmierer, 1691 bei Stieler. kleckern, v.: clifan «haften». Zu dem gleichen Stamm
in einzelnenKlecken fallen lassen, bei Stieler. wie Klei. ABL. Kleiber, m.: Lehmwand-
Klecks, m. (Gen. Kleckses, PI. Kleckse): macher, Tüncher; Spechtart. Mhd. im 13. Jh.
wie Kleck. 1734 bei Steinbach, Klex 1727 kleiber m. ZTJS. Kleibscheibe, f.: Maurer-
bei Stoppe Ged. 1, 207, Klecksgen bei Günther kelle, 1663 bei Schottel, noch in Nassau und
217. ABL. klecksen, v., erst nach der der Wetterau.
Mitte des 18. Jh. bei Hölty, Voß, Claudius. Kleid, n. (-[e]s, PI. -er): was der Mensch
Klee, m. (-5, PI. -e, besser Kleearten): zur Bedeckung des Körpers, insbesondre des
die Futterpflanze Trifolium; Trefle, Treif im Rumpfes anhat. Mhd. seit Mitte des 12. Jh.
franz. entsprechend Eicheln im kleit (PI. kleit und kleider); dazu ndl. 1598
Kartenspiel,
Deutschen (1591 bei Fischart im Kloster 10, kleed, mnd. Med, afries. Math, kleth, ags. seit
920, aber s. v. a. Grün). Selten Fem., 1652 8. Jh. cläp, engl, cloth, (entlehnt) anord.
bei Eist Parnaß 694 Klee f aach. klie f. klcedi n. «Tuch, Zeug, Kleid», schwed.-dän.
,

Mhd. Gen. klewes, ahd. chleo m. n.. Made.


kle m., Die älteste Bed. ist «Zeug, Tuch»,
Gen. chliwes «mit Kleeblumen untermischter daher noch siegerländ. wöschklead «Taschen-
Rasen», and. de; dafür mnd. klever, kläveren, tuch», eig. «Wischtuch». Im Ablaut dazu
nnd, klever, klaver (auch kleve) m., ndl. klaver steht d.g%.clläa m. «Pflaster, Salbe, Geknetetes»,
f., ags. clcefre m., engl, clover, entlehnt schwed. so daß K eigentlich «Gewalktes, Gestampftes»
klöfver, dän. klever, klöver. Echt nordisch und mit kleiben, Klei usw. zu-
ist bedeutet
norw.-schwed. smäre, isl. smäri. Die Her- sammenhängt. ABL. kleiden, v.: an dem
kunft von K. ist unklar. Vgl. Björkmann Körper oder einem Teile desselben mit einem
ZfdW. 2, 227 f. ZUS. Kleeblatt, n., im 15. Jh. Anzüge versehen; putzen, schmücken, einem
der PI. klehleter und das Dim. klehletelein; gut stehen. Mhd. kleiden; dazu mnd. kleden,
bildlich, Verbindung von dreien (bei H. Sachs ndl. kleeden, engl, clothe, anord. klceda. kleid-
12, 370 und Opitz 1, 440). Kleesalz, n.: sam, adj., neuere Bildung aus der ersten
aus Bitter- oder Sauerklee bereitetes Salz, Hälfte des 19. Jh. Kleidung, f.: Kleidungs-
1776 bei Hübner 2323 Sauerkleesalz. stücke, die zu einem Anzug gehören,
im 15. Jh.
Klei, m. (-es, PI. -e): der zäheste Ton. Kleidungsstück, n., nach 1770.
damit zgs.
1691 bei Stieler Kley, 1557 bei G. Agricola zus. Kleidermacher, m., 1678 bei Krämer.
90 roter kle m., bei Voß tausend und eine Kleie, f. (PI. -n): abgemahlne Getreide-
Nacht 6, 1 Klei f., bisweilen auch Klei, hülsen.
flf. Mhd. klie, klige, älter kliwe, ahd.
Klai n. Aus nd. klei m. f., im 14. Jh. cley n.; kliwa, klia f.; dazu mnd. kUe, kllge f., ent-
dazu ndl. klei, klai f, 1598 kleye, afries. klai, lehnt schwed.-dän, kli n. Wohl desselben
ags. clceg, engl, clay, dän. klag, mit Ablaut Stammes wie Klei (s. d.), vgl. lett. gllwe
norw.-dial. kli «Schlamm, aufgespülter Kot, «Schleim», gr. T^ia, '^\\vr\ «Leim».
zäher Lehm». Nebenformen Kleit (1574 bei klein, adj.: nach Ausdehnung oder Maß
Fischart onomast. 44**), wie engl, clayt (in nicht viel. Bei Goethe 3, 303 noch kleine,
Kent), und ditmars. klen m. Urverwandt mhd. kleine, klein, mit den Nebenformen klin
mit lat. glus und glüten n. «Leim», glis und klin «rein, zierlich, niedlich, fein», dann
«humus tenax», gr. T^ivri, yXia und ^Xoid f. «dünn, schmächtig, mager, schwach, gering,
«Leim», yX-oiöc m. «klebrige Feuchtigkeit», nicht viel, fein-, scharfsinnig», ahd. Meint,
abg. glina f. «Ton», glenü m. «Schleim». Des- cMeini, chleni, im Adv. Meino, clüeino «sauber,
selben Stammes
sind ahd. chleimen «aus Ton glänzend, zierlich, genau, sorgfältig, gering»;
oder Lehm
formen», ahd. klenan, mhd. klenen dazu and. cleni «klein, scharfsinnig», mnd.
«kleben, schmieren», ags. cZ^wian «schmieren». klene. Meine «dünn, zierlich, wenig», afries.
1053 Klein klemm 1054

kleri, klein «unansehnlichj gering», ags. clcßne, Kleinod, n. (-s, PI. -e, üblicher Klei-
clene «rein, lauter, hell, unschuldig, keusch», nodien): Schmucksache höchsten Wertes,
engl, clean «rein». Die ui-spr. Bed. dürfte Gegenstand ausgezeichneten Wertes. Mhd.
«glänzend» gewesen sein, so daß man k. zu kleinöt n. und mit I'mlaut kleincete, kleinoede
abg. glenü m. «Schleim», glina f. «Ton, argilla» n., in der Endimg geschwächt kleinät, Meinet,

und weiter zu den unter Klei behandelten mnd. kienöde, klenäde n., mittels der ahd.
Worten stellen kann. ABL. Kleine, f.: Ableitungsendung -odi (vgl. Heimat, Einöde)
Kleinheit, mhd. kleine, ahd. kleini f. Klein- von dem Adj. klein, dessen ältrer Bedeutung
heit, f., mhd. kleinheit Kleinigkeit, f.: gemäß eig. «zierlich, fein gearbeitete Sache»,
j

etwas Kleines, 1716 bei Ludwig, mhd. klai- dann «zierliches Geschenk, Ehrengabe», end-
'

nichait f. «Kleinheit», md. kleinkeit i. «Scharf- Hch «Gegenstand ausgezeichneten Wertes»,


'

sicht»; dazuKleinigkeitskrämer,m. Ende auch «Kleinigkeit, kleines Hausgerät». Der


des 18. Jhs. kleinlich, adj.: klein, gering, PI. Kleinodien nach dem PI. clenodia des
schwach (1508 in der Straßburger Gemma von dem deutschen Worte gebildeten mlat.
j

xl*>); in sittlicher und geistiger Bed. «an clenodiuM, clinodium n., 1685 bei Grimmels-
I

Kleinigkeiten hangend, niedrig», seit dem hausen Simpl. 3,126 (Kz.) Kleinodien, im 16. Jh.
'

18. Jh. (bei Lessing 10, 320), mhd. kleinlich in der Zimm. Chron. - 1, 245, 24 klinodien,
«fein, zart, zierlich, mager, scharfsehend, sonst im 16. Jh. auch der PI. kleinoter.
genau», ahd. im Ady. chleinlihho<si auf feine, Kleister, m. {-s, PI. wie Sg.): aus feinem
I

zarte Weise», ags. cZ®w?fc«rein». ZUS. Klein- Mehle gekochtes Klebmittel, Md. klister m.
bahn, f.: schmalspurige Xebenbahn. Durch «anhangender Gegenstand» (Passional 490*^,
Gesetz 1892 festgelegter Ausdnick. Klein- 65 Köpke), im 15. Jh. wassercleister m. und
geld, n.: Scheidemünze. Bei Voß: 1765 bei clisterschüm m. «Asphalt» (Rothe düring.
Rondeau Klein geld. kleingläubig, adj., bei Chron. Cap. 14^ und 21), 1587 bei Soranus
I

Luther Matth. 6, 30. kleinlaut, adj.: leise Kleister m. «Klebmittel», 1577 bei Junius
redend (im 15. Jh. bei Diefenbach gl. 563 220^ gleister: nd. im 14. Jh. cUstere «an-
'^
i

kleynlute stym); mutlos, niedergeschlagen (bei I


klebende Pflanze, Efeu», 1582 bei Chyträus
Liliencron 4, 369^ klainlaut, vom J. 1546). klyster «aus Mehl gekochtes Klebmittel».
Kleinmeister, m.: (im 18. Jh.j ein Mensch, Mittels der Ableitungsendung -ster (vgl.
der die kleinen Künste der französ. Gesell- !
Laster, Polster) von derselben Wurzel wie
schaft betreibt, um sich angenehm zu machen; ; Klei, kleiben (s. d.), Friihmhd, chlenster m,
dann einer, der sich mit Wissenschaft oder '<

«angestrichnes Klebmittel» (Anegenge 23, 26)


Literatur in kleinlicher Weise befaßt. Eine !
ist abgeleitet von ahd. klenan, mhd. klenen

Übersetzung des gleichbed. franz. petit-niaitre «kleben, schmieren». Sonst mhd. und ahd.
m. Jetzt «kleiner Handwerker». Kleinmut, i dafür klep m. (noch Schweiz. Kleh m.), daneben
m., 1688 in neues Dictionarium Für einen 1 kleip m. s. kleiben). ABL. kleisterig, adj.,
(

Reisenden S. 177'', früher und bis gegen Ende 1691 bei Stieler kleistericht. kleistern, v.,
des 18. Jh. fem. (1577 bei Fischart Flöhhaz !
bei Luther, mnd. klisteren.
BZ^ V. 606 Klainmut f.), mhd. dafür klein- Klemens, Mannsname. Aus dem lat.
muotikeit f. kleinmütig, adj., mhd.im 14. Jh. Adj. Clemens (Gen. clemeniis) «mild». Dazu
bei Megenberg 45, 2 klainmiietig, von dem I
der Frauenname Klementine.
mhd. Adj. dmnmuote (12. Jahrh.j. Klein- klemm, adj., wie klamm (s. d.). Bei
SChmied, m.: Schmied in feiner Arbeit, Wieland, Hebel, Pestalozzi, 1 424 fcZeww «knapp»
bes. Schlosser, im Gegensatz zu Grobschmied, (Städtechron. 2, 39, 25), 1337 als Personen-
ndrhein. im 14. Jahrh. der PI. cleyne sniyde, i
name Frederich Clemme (Baur hess. Urk. 1,
1395 cleinsmed, 1215 als Beiname Cleinesmid 534). Dazu Klemme, f. (PI. -n)-. einengen-
(Böhmer Urkundenbuch von Frankfurt a. M. 1 der Ort, beengter Zustand, Einengung (im
S. 23j. Kleinstädter, m., 1787 bei Kramer 14. Jh. mhd. klemme, chlemme f.): Werkzeug
deutsch -holl. AVb. kleinstädtisch, adj., zum Klemmen (1691 bei Stieler j; Kratt,
1673 bei Chr. Weise Erznarren 219. Klein- Nachdruck (nd.). Im Mhd. auch klamme,
staaterei, f., 1814 bei Jahn. Vgl. Ladendorf. klame, klamhe f. «Klemme, Fessel, Klammer».
Klein, n. (-[e].s), namentlich in Gänse- klemmen, v., mhd. klemmen, ahd. chlemman
klein (s. d.), Hasenklein, aber schon 1775 bei in picklemman: dazu asächs. clemmian in
Adeluncr Klein. ant- und biclemmian, mnd. klemmen. Davon
; '

1055 klemperu klieben 1056

Klemmer, m. {-s, PI. wie Sg.): Augenglas. Adj. KXripiKÖc «zur Geistlichkeit gehörig», von
Diese Bedeutung erst im 19. Jh. mlat. clerus m. «Geistlichkeit», gr. KXfipoc m.

klempern, v. Metall (Blech)


:
hämmern, «Los, zugelostes Besitztum», im PI, biblisch
einen Blechton hervorbi-ingen (vgl, klimpern). die zur Leitung der Christen Vorerwählten
1691 bei Stieler klemperen. Mhd. klemheren (1, Petr. 5, 8). Dazu Klerlsöl, f. (PI. -en):

neben klampfern «fest zusammenfügen, ver- Priesterschaft, 1562 bei Mathesius Sarepta
klammern». ABL. Klempner, m. {-s, 216^, 234^ Glerisei f., 1541 im Cod. dipl,

PI, wie Sg.): Blechschmied, 1734 bei Stein- Saxon. reg. II, 3 Nr. 1428 clerisey, aus roman.
bach. Umgestaltet aus Klemperer m. (1691 (span.) clerecia, mlat. clericia f.; auch mnd.

bei Stieler, auch bei Rädlein und Ludwig) Meresye, klerikie, klerkesie f.
dafür obd, Klamperer (schon im 16. Jh., Klette, f. (PI. -n): Pflanze mit sich an-
rischart Pract. Großm, 1572, 8), bayr.-östr. häkelndem Fruchtknopfe, sowie dieser selbst.
Klampferer (schon im 17. Jh., aber im 15. Jh. Mhd. Mette f., ahd. chletta, cMedda f. und
|

bei Behaim Wiener 312, 6 clampfer m). chletto, cMeddo m.


1
dazu and. kleddo, clevisch ;

klenkeu, v,: (bei Fichten-, Tannenzapfen 1477 clette neben clesse f., nndl. klis, Misse f.,

usw.) durch Hitze die Samenhülsen sprengen ags. cläte f., engl, clothur. Urverwandt mit
und so den Samen ausfallen machen. In lat. glüten n. «Leim». In der Wurzel muß
Mitteldeutschland. Eig. «Klingen machen», der Begriff des Anhaftenden, Klebrigen liegen,
was mhd. klenken neben Mengen. was dadurch bekräftigt wird, daß die Klette
kleppen, v,: in kurzem Tone läuten. In im Ahd. noch kliba, cMipa, amd. Miva, ags.
Norddeutschland dazu ndl. kleppen «klappern,
; clife f. heißt (s. kleben, Klei). Aus dem
die Glocke anschlagen», von Map m. «Schlag» Germ, stammt franz. glouteron, afranz. gleteron.

(s. Klapp) dafür mit pf oberdeutsch klepfen


;
ZUS. Klettenkraut, n., 1540 bei Alberus.
«knallen» (vom Schuß usw., schon 1432). klettern, woran haftend (klebend) auf-
v. :

Klepper, m. (-s, PI. wie Sg.): Lauf- oder absteigen. 1482 im Voc. theut. q7^,
pferd geringer Art; Reise-, Paßgänger. Ur- dann bei Keisersberg und Luther; nd. Mattem,
sprünglich ohne üblen Nebensinn, 1561 bei nndl. Mauteren. Frequentativum zu älter-
Maaler, aufgenommen aus dem Md., wo Ende nhd. Meten (Zimm. Chron. ^ 4, 208, 37), noch
des 15. Jh. klepper m. «Reitpferd» (Michelsen Schweiz, Metten, von derselben Wurzel wie
Mainzer Hof in Erfurt 82), im 16. u. 17. Jh. Kletfe (s. d.), was dadurch bestätigt wird,
Klöpper, aber auch kleppJier m. «sehr kleines daß im Voc. theut. von 1482 und Schweiz,
Pferd», 1517 bei Trochus G ß^ und Klöpffer, zugleich klebern «klettern» (von mhd. kleber
1611 bei Colei-us Haußbuch 4, 109. Benannt «klebrig», s.d.) vorkommt. ABL. Kletterer,
entweder von der besondern Gangart des m., 1691 bei Stieler. ZUS. Kletterstange,
kleinen schnell laufenden Pferdes (dem Mop f., 1775 bei Adelung; bei den Vogelfängern
bei Fischart Garg. 203), oder nach dem kurzen istsie nach Frisch 1741 eine 10 Fuß lange,

Anschlag der Schellen, die dies Pferd am oben mit Leimruten besteckte Stange.
Geschirr trug. Vgl. Buschklepper. Kietze, s. Klötze.I

kleppern, v.: (Eier) mit dem Klicker, m. (-s, PI. wie Sg.): Schnell-
Rührlöffel
schlagen, zerquirlen. In Mitteldeutschland, kügelchen. 1549 im Renner Bl, 75 und 1664
!

Nebenform von klappern, im 14. Jh. cläppern bei Duez Klicker, 1575 bei Fischart Garg. 265
!

vom Klappern des Storches und kleppern der PI. Kluckern «Schnellkugeln», spätmhd.
I

von Schmiedearbeit, Hämmern, dafür spät- 1429 Mucker neben gluckern «mit Kugeln
mhd. kiepfern «klappern». spielen», 1540 bei Alberus klick m. «Schneller
i

Kleptomanie, f,: krankhafte Neigung mit den Fingern, Schnippchen». Vielleicht


I

zum Stehlen. Aus gr. kX^tttciv «stehlen» zu ahd. cliuweli, clueli, glueli n. «Kügelchen»
1

und laavia f, «Hang». In neurer Zeit. von ahd. Miuwa f. «Knäuel, Kugel». S. Knicker.
klerikal, adj,: streng kirchlich, päpstlich klickern, mundartlich neben kleckern.
gesinnt. Von nlat. clericälis, abgeleitet von klieben, v. (Prät. kloh, Konj. klöhe, Part.
I

clerus s. u. In neurer Zeit. Kleriker, m, geklohen) intr. sich gewaltsam voneinander :

(-S, PI. wie Sg.): Geistlicher, Priester. Mhd. 'geben: tr. voneinander hauen. Mhd. klieben
cleric, Merke m., mnd.-mndl. Merk n. Aus (Präs. kliube, Prät. kloup, PI. Muhen, Part.
gleichbed, kirchlich -mlat. clericus m., dem gekloben), ahd. chliopan, clioban; dazu asächs.
als Subst. gesetzten Mask. des kirchlich-gr. klidban, ndl. klieven, ags. cleofan, engl, cleave,
1057 KUent klingen 1058

anord. kljüfa und das Faktitivum dän. klöve, m. «heller Schall». Zu klingen, kling, interj.
nnorw. klöyva, mit Ablaut klauben (s. d.). zm- Bezeichnung eines hellen Schalles, schon
Vgl. noch Kloben, Knoblauch, Kluft, Kluppe. mhd. klinga Mine!, 1650 bei Moscherosch
Vei-wandt mit lat. glübere «abschälen», gr, Phil. 1, 170 kling kling, 1774 bei Bürger Lenore
f\\}(pe\v «eingraben, schnitzen, aushöhlen». 13 kling ling ling. Mit Ablaut kling! klang!
Klient, m, (-en, PI. -en): Schutzbefohlner (Goethe Faust 3634), in Schlemmerliedern des
in Rechtsangelegenheiten. 1605 bei Alber- 15. bis 17. Jh. gling glang gloria! (ühland
tinus Lustgarten 231. Von lat. cliens m. (Gen. Volksl. 576). Vgl. Kingklang.
clientis) «Schutzbefohlner». Dazu Klientel,
f. ^Klinge,
(PI. -n): langer schmaler
f.: das Verhältnis des Schutzbefohlnen
zu Stahl zu Hieb, Stich, Schnitt. !Mhd. klinge.
seinem Vertreter Schutzgenossenschaft, 1714 um 1480 im Voc. ine. teut. d6* clingke, nd,
bei Wächtler, aus gleichbed. lat. clientela f. im 15, Jh. clinge und clinke f., von klingen,
kliffen, v.: kläffen, im Ablaut zu klaffen welche Ableitung durch der {swerte) klingen
(s. d.) entstanden, bei Bürger 231 aus der alsus klungen und da bi von swerten klinga

Göttinger Mundart. Mine (Parzival 69, 14 f.) bekräftigt wird.


Klima, n. (-s, H. Klimate): Witterangs- ^Klinge, f. (PL -n): Talbach, schmaler
beschaffenheit einer Gegend. 1534 bei Herr Bach; schmale Schlucht. ÄIhd. klinge f., ahd.
Die new Welt 52* Clima. Aus gr.-lat. clinia cMinga, klinka m, «rau-
f. und chlingo, klinco
(Gen. diniatis), gr. K\i|na n. «die nach dem schender Bach, Wildbach, Talschlucht», von
Grade der Neigung, welche die Erde vom klingen, im Mhd. das Rauschen und Rieseln
Äquator an gegen die Pole zu hat, sich des Gewässers bedeutend. Vgl. '^Klang.
richtende Wärme oder Witterung», eig. «die Klingel, f. (PI. -n)-. kleine Schelle, Glöck-
Neigung selbst», von gr. KXiveiv «sich neigen». chen, 1624 bei Opitz Poeterey 44. Von
I ABL. klimatisch, adj., erst spät im 18. Jh. klingeln, v., Diminutiv und Frequentativ
Klimbim, m. n. (-s): das unwesentliche zu klingen (s. d.), mhd, klingelen «hell klingen,
Drum und Dran, unnützes Beiwerk. Erst rauschen, plätschern, einen Klang hervor-
in neurer Zeit lautnachahmend. bringen», ahd. cMingilon «hell erklingen»; die
klimmen, v. (Prät. klomm, Konj. klömme, Bed. «die Glocke schellen» erst 1691 bei
Part, geklommen, seit Ende des 18. Jh. auch Stieler. ZUS. Klingelbeutel, m. mit einer :

schwachbiegend ^rätMimmte, Fart. geklimmt): Klingel versehner Beutel an einem langen


sich fest andrückend zur Höhe odel- Tiefe Stabe, mit dem der Küster während des
steigen. Mhd. klimmen (Prät. klam, PI. Mum- Gottesdienstes den Kirchenpfennig einsam-
men, Part, geklurnmen), selten klimben, ahd. melte, im 17. Jh. (Schuppius 589) neben dem
chlimban: dazu mndl. climmen, ags. clirnban, dissimilierten Klingebeutel.
engl, climb. Wegen anord. klifa, mengl. cllven klingen, v. (Prät. klang, Konj. klänge,
«klettern» man es gewöhnhch zu ahd.
stellt Part, geklungen) : einen Laut in stetiger Aus-
kliban «haften» (s. kleiben). Es könnte aber dehnung von sich geben; (seltner) den Klang
auch zu klemm (s. d.), oder lit. glebti «mit hervorrufen, musizieren (schon mhd.). In
den Armen umfassen» gehören. 1. Bed. mhd. klingen (Prät. klanc, PI. klungen,
klimpern, v.: Klang machen mit einem Konj. klünge, Part, geklungen, Imp. Mine),
Tonwerkzeug, ohne eigentlich zu spielen. Im seltenMinken, ahd. klingan; dazu clevisch
15. Jh. bei Wolkenstein 36, 25 klumpern, d. i. 1477 clyngen neben clyncken, 1495 in der
klümpern, 1697 Schelmuffsky 108 klimpern. Kölner Gemma E4* clincken, engl, clink
Im Ablautsverhältnis stehend zu klempern «klingen, klirren», ferner schwachflekt. afries.
(s. d.), obd. klampern. Davon Klimperei, Minna, ags. clynan «erklingen», (entlehnt)
f., bei Günther 938. klimperkleiu, adj.: anord.- seh wed. klingja «mit einer kleinen
Glocke läuten», dän. klinge. Anklingend, aber
winzig klein, 1709 bei Paulini philosoph. Lust-
stunden 1, 380, 1691 bei Stieler klümper- wegen
des Fehlens der Lautverschiebung
klein, dafür 1650 bei Moscherosch PhU. 1,'63 nicht urverwandt, lat. clangere, um 400 n. Chr.
klintzerliklin. Klimpimpimperlied, n., auch clingere «.ertönen, erschallen», clangor m..
bei Goethe 16, 4. «Klang», gl". KXaYTH f- «Getön», KXciZ;eiv (Fut.
Klimse, s. Klinse. kXciyEuu, Perf. K^KXoYfa) «erklingen, tönen».

Kling, m.: heller Ton in feinem Laut, In der Bed. «klingen machen, zumal durch
Kling und Klang Goethe 2, 211, mhd. Mine Anstoßen mit Gläsern beim Trinken» (1716 bei

We i g a n d Deutsches Wörterbuch.
, 5. Aufl. 67
1059 Kliugklang Klischee 1060

Ludwig, klincken 1678 bei Krämer) schwach- ausgehender schroffer Fels. Bei Luther Judith
18. Jh., 5, 1 Klippen PI. «Felsspalten, Felsschluchten,
biegend Prät. klingte, Part, geklingt (im
bei Voß lyr. Ged. 1, 120, 59, IdyUen 16, 31, Felsenpässe», aufgenommen aus ndrhein. im
geklinckt1734 bei Steinbach), s. anklingen. 14. Jh. und nd. im 16. Jh. klippe f. «spitzer
Klingklang, m. (-s) Geklinge, bei Klop- Fels», 1495 in der Kölner Gemma U6^ eyn
:

stock, Herder, im
bei Schweinichen clip in die zee; dazu clevisch 1477 clyppe,
16. Jh.
Ansatz dazu schon im mhd. klingen mndl. clippe, clip, ndl. klip f., (entlehnt) dän.
2, 136, ein

klank (Gesamtabenteuer Nr. 90, 238), s. kliiig. klippe, schwed. klippa f. Dafür obd. im 15. Jh.
Klinik, f. (PI. -en): die ausübende Heil- bei Behaim cliffe f., im 16. u. 17. Jh. neben
kunde; der Unterricht am Krankenbette; Klippe auch Kluppe f., 1588 bei Fischart
Heilanstalt zum Unterricht in der Heilkunde Bienenkorb 111 * Kluppe m. (Var. Klippe m.),
(früher Klinikum n.); dazu das Adj. klinisch, 1664 bei Duez Klipp m., 1588 bei Taber-
1791 bei Roth klinisches Institut Aus gr. nämontanus 1230 der PI. Klüpfe. Daneben
KXiviKr) f. (zu ergänzen xexvn «Kunst») «die die gleichbed. Wortsippe ahd. clep, chlep n.
Heilkunde am Krankenbette», Fem. des Adj. «Vorgebirg», d. i. «ins Meer vorragender Fels»,
kXiviköc «bettlägerig», von KXivti f. «Lager». asächs.-mnd. klif n, «Fels, Berg», ndrhein. im
Klinke, f. (PI. -n): Drücker am Tür- 15. Jh. klyff «das hohe Ufer längs dem Strom»
schloß (1691 bei Stieler), fiüher der Fall- (Wierstraat 157 u. 1751), ags. clif n. «KHppe,
riegel an der Tür. Md. im 14. Jh. clinke f. Anhöhe, Vorgebirg», engl, cliff, anord. klif n.
«einfallender schließender Türriegel», mrhein. «Bergrücken, Klippe», kleif i. «Bergrücken»,
im Voc. ex quo 1469 clinck «Falleisen an der so daß also das pp auf n- Assimilation be-
Tür», Anfang des 15. Jh. oberrhein. klinke f. i'uht. Weitre Verwandtschaft fehlt. ABL.
«Schlagbaum»; dazu mnd. klinke, klenke f. klippig, adj., 1691 bei Stieler klippig, klip-
«der einfallende Türriegel», clevisch 1477 picht, 1477 clevisch clippich. ZUS. Klipp-
clynck f. «Tür-, Fensterriegel». Wahrschein- fisch, m.: der Bandfisch mit borstenartigen
lich zu klingen (s. d.), Zweifel bei Falk- Zähnen, chaetodon (1563 bei Forer Fisch-
Torp. ABL. klinken, v.: auf die Klinke buch 63 Klipfisch, 1798 bei Schüler Taucher
dmcken, 1691 bei Stieler auf-, zueklinken. Str. 20 Klippenfisch m.); der Stockfisch (1775
klinken, s. klingen. bei Adelung), ndl. klipvisch, (entlehnt) dän.-
Klinker, m. wie Sg.): kleiner norweg. klipfisk, angeblich weil er auf den
(-s, PI.
sehr hart gebrannter Mauerstein, der einen Klippen gedörrt wird.
hellen Klang gibt, wenn man daran schlägt, Klippkram, m.: Kram mit geringen
bes. glasierter Ziegel, Fliese. Nd. 1767 im (hölzernen usw.) Waren, 1666 bei Comenius
Brem. Wbch., 1775 bei Adelung, ndl. klinkert, Sprachentür 492, davon Klippkrämer, m.,
1598 klinckaerd m. Zu klingen (s. d.). im 17. Jh., nd. 1652 bei Lauremberg 3, 451
Klinse, Klinze, f. (PI. -n): Riß, Ritz, KUpkramersFl., mnd. klippekraniers; Klipp-
Spalt. Älter Klinise, 1466 klynims bei Diefen- SChenke, f.: geringe Schenke, 1775 bei Ade-
bach nov. gl. 319% 1469 bei Wyle 278, 22 lung, wie Klippkrug m. 1741 bei Frisch;
klimse, ebenso 1561 dann bei
bei Maaler, Klippschuld, f., wie Klipper-, Klapper-
Schottel, Stieler, noch oberdeutsch. Dafür schuld: kleiner Schuldposten, bei Campe, da-
md. Klinse 1775 bei Adelung, Klinze 1797 gegen mnd. clepschulde, afi-ies. klep-, klip-
bei Schlegel Shaksp. Sommern 3, 1. Daneben sÄeWe «Abgabe in klingendem Gelde»; Klipp-
Klunse (s. d.). Zu klamm, klemm (s. d.). schule, f.: Winkelschule, Elementarschule»,
^
klipp! Ablautsform zu klapp (s. d.), 1663 bei Schupp 917 ; Klippwerk, n. : geringe
1600 bei Adrian Mitteilungen 371 klip vnd hölzerne usw. Ware, Klapperware, 1741 bei
Map, bei Luther 3, 180 als Verb hie klipts, Diese norddeutschen Wörter sind
Frisch.
da klapts, verbunden klippklapp! in der Ableitungen von klippen (s. klipp), klippern
zweiten Hälfte des 18. Jh., 1663 bei Schottel (im 16. Jh., Luther 8, 11 ^ Goethe 1, 208),
klipklap spielen, als Subst. 1691 bei Stieler die »im Ablaut stehen zu klappen, klappern.
Klipp-Klapp m., 1648 imHarnisch aus Flecken- klirren, v.: einen hellen zitternden Klang
land 229 das Klippklappen. von sich geben. 1697 im SchelmuflFsky 11.
"klipp, in der Formel k. und klar, zu Schallnachahipend. 1787 bei Schubart 2, 119
klippen, Ablautsform von klappen «stimmen». von einer Taube, wie girren.
Klippe, f. (PI. -n): hervorstehender, spitz Klischee, n. {-s, PI. -s): Abguß von
' ;

1061 Klistier Klöpfel 1062

gesetzten Lettern, Holzschnitten, Abklatsch. laut (zu md. klattern «klappern, prasseln»).
Aus gleichbed. franz. cliche von clicher, einer ZVS. Klitterschuld, f.: kleiner Schuld-
Nebenform von cliquer, cliqueter «klatschen». posten, 1691 bei Stieler, vgl. Klipp er schuld.
In neurer Zeit entlehnt. Klitterwerk, n.: geringe Ware, Klappei'-
Klistier, in Bayern und Österreich auch werk, im 16. Jh. bei Fischart Nachtrab 66,
Klystier, n. (s, PI. -e): Ausspülung des Klütterwerck 1713 bei Dentzler.
Afters durch Einspritzen. 1494 bei Brant Kloake, f. (PI. -«): Abzugskanal. Im
Narrenschiif 81, 46 klystier, mhd. Mister, klie- 16. Jh. bei Franck Chronica 32^ cloack f.,
stiern. Daneben im 14:.Jh..kriestiere, cristiern. im 17. Jh. auch Cloac n., aus gleichbed. lat.
Aus gr.-lat. clysterium, gr. kXuctjipiov n., dem cloäca f. ZUS. Kloaken tier, n. : niedrigste
Diminutiv von gr.-lat. clyster, gr. KXucxrip m. Ordnung der
Bildung des 19. Jh. Säugetiere.
«Klistier und Klistierspritze», von gr. KXuZeiv Klohen, m. (-5, PI. wie Sg.): gespaltner
«an-, abspülen, mittels Einspritzung in den Stock usw., zunächst zum Vogelfang; (an der
After reinigen». ABL. klistieren, v., mhd. Wage) Gabel, in der der Wagebalken hängt
klistieren und kristieren, 1508 in der Straß- und die Zunge sichbewegt (schon mhd.);
burger Gemma e4* cly stier 671. .Z'C'S. Klistier- greifender Haken, Klammer (1488); Türangel
spritze, f., 1678 bei Krämer Clistierspritze, (1663 bei Schottel); Gebund, z. B. Flachs,
dafür bei Duez 1664 Clistierstock m. oder ui-spr. Stock mit klemmendem Spalt, in dem
Clistierpfeiffe f. (letzres schon 1582 bei Fi- die Büschel usw. befestigt sind (bereits mhd.)
schart Garg: 347), Ende des 15. Jh. kristierysen Tabakspfeife ndt dickem Kopf (studentisch,
bei Diefenbach gl. 127°, 1577 bei Junius 194» erst 1837 zu belegen). In 1. Bed. mhd. klohe,
nui- Clistir n., 1482 im Voc. theut. q 8^ Mister. ahd. cloho, chlöbo m.; dazu andd. fugulklovo
Klitscll, m, (-es, PI. -e): Stück weicher m. «Kloben zum Vogelfang», mnd. klof, klove,
Masse, z. B. Butter, Teig usw.; klitschender klave m. «gespaltner Stock, Spalt, Wag-
Schall oder Schlag. Md., in der 1. Bed. 1739 gabel, Gebund», ndl. kloof f. «Spalte, Riß»,
bei Schnabel Felsenburg klitsch!
3, 425. anord. klofe m. «Felsspalte, Türfuge», klof n.
Campe, in der Verbindung klitsch «Spalt, Riß, Schnitt», dän, klov «gespaltner
interj., bei

klatsch 1795 bei Hupel 117, wo auch Klitsch- Huf des Hornviehs», klove «Halsjoch für
klatsch m. klitschen, v., bei Luther klitschen Kühe», älter auch «Bügel, Klammer», schwed.
und klitzschen «die flachen Hände hell er- klofve «Schraubstock, Zange». Zu Miehen
schallend widereinanderschlagen, im -16. Jh. (s. unge-
d.). ABL. klohig, adj.: klotzig,
auch klitzen, schon 1420 wie schlacht, erst in der ersten Hälfte des 19. Jh.
uribeklitzet,
klatschen (s. d.) aus älterm Matzen hervor- klönen, v.: fortgesetzt klagen, jammern.
gegangen ist. klitschig, adj unausgebacken Norddeutsch (1743 bei Richey), dafür Schweiz.
. :

weich und teigig, nd. klitzig, klitsig. Manen, auch klönen. Wohl verwandt mit
^klittern, v.: klecksen, unsauber, nach- ags. chjmian «tönen».
lässig schreiben, vorläufig (ungeordnet) ein-, Klöpfel, m. (-S, PI. wie Sg.): unten dickes
aufschreiben. 1534 bei Frank Weltbuch Vorr. Werkzeug zum Klopfen oder Widerschlagen,
aö* klitteren, 1517 bei Keisersberg Brösamlin z. B. der Glockenschwengel. 1482 im Voc.
2, 77° Müttern. Zu älterahd. Elitter m. theut. q 8* klupffel, md. 1470 klöpfel und
«Fleck, Klecks» (Fischart Garg. 386), md. Moppel, 1540 bei Alberus dict. u3» Klöppel,
im 13. Jh. klüter m. «Schmutz, Fleck», nd. mhd. klüpfel und klopfet m., 1664 bei Duez
klwider m., die im Ablautsverhältnis stehen Klupffel und noch schweizerisch. Von klopfen
. zu nd. Mater, md. Moder m. «Schmutz» (s. Vgl. Klöppel und Knüppel. In Klöpfel auf
klaterig und Kladde). ABL. Klitterung, gegangen ist mhd. Meffel, Mepfel m. «Glocken
f.: schnell hingeschriebne Erzählung, in Ge- Schwengel, mnd. Meppel m., ndl. klepel f.
schichtklitterung 1590 bei Fischart Gai*g. Titel abgeleitet von mhd. klaff, klapf m. (s. Klapp)
(dafür in der 1. Ausgabe 1575 Geschicht- Dazu Klöpfelsnacht, Klöpfleinsnacht,
schrift). ZUS. Klitterbnch, n.: Buch zu f.: in Bayern und Schwaben der Abend des
vorläufigem Einschreiben, Kladde (s. d.), 1642 letzten Donnerstags vor Weihnachten, dann
bei Duez Klitterhuch, 1561 bei Maaler und die letzten drei Donnerstage in der Advents-
noch Schweiz. Kliitterhuch. zeit, in Schwaben auch alle Nächte von Weih-

^klittern, v.: klappern, rasseln, im 17. Jh. nachten bis zum Dreikönigstag (6. Jan.), wo
klittern, bei Luther 3, 441 Müttern, im Ab- arme Leute und Kinder an die Türen klopfen
**

67*
:

1063 klopfen £lotze 1064

und unter Hersagen von gereimten Sprüchen Klosett, n. (-[e].s, PI. -e): verschließbares
um Geschenke bitten. Das Anklöpfeln ge- Gemach, Kabinett (1778 bei Musäus physiogn.
schieht meist mit hölzernen Hämmerchen. Reisen 1, 151 Kloset); Abtritt. Diese Bed.
Im 15. Jh. in den Fastnachtspielen 1346 erst in neurer Zeit. Das gleichbed. engl.
klofflis nechte; Eeimspiüche oder Neu-
die doset, in 2. Bed. besonders water-closet, zu close
jahrs^vünsche im 15. Jh. nach den
hießen «verschließen, verschlossen», von afranz. clos,
Anfangs Worten Klopfan n. lat. clausus (Part, von claudere «schließen»)
klopfen, V.: mit kurzem Ton antreffend «geschlossen».
schlagen. Mhd. klopfen, selten kloffen, ahd. Klo£, m. (-es, PI. Klöße) : sich zusammen-
clophön, clofon, md. und mnd. kloppen, mndl. ballende oder zusammengeballte Masse, rund-
cloppen. Im Ablautsverhältnis zu klapfen, licher Klumpen. Mhd. klog m. n., ahd. cld§
klappen (s. d.) stehend. ABL. Klopfer, m. m. «geballte Masse, Ball, Kugel, Kreisel», im
der Klopfende (mhd. klopfoRre ra.); Klopfring Mhd. auch «Schwei-tknauf, Keil zum Ver-
an der Türe (1561 bei Maaler). ZUS. Klopf- sperren der Türe von außen, Knebel»; dazu
fechter, m.: zum Klopfen (Schlagen) um- mnd. klöt und klüt, Mute m. «Klumpen, Kugel,
herwandernder Fechter, 1691 bei Stielei', im Ball», mndl. clöt, engl, cleat «Keil». Ab-
17, und unter die Landstreicher ge- lautend mit Klotz (s. d.) imd weiter wohl
18. Jh.
rechnet, schon mhd. beim Teichner S. 167 mit aind. gudäs m. «Kugel» (aus *grudas),
vehter m. «umherziehender Edler, der die Bartholomae Idg. Forsch. 3, 175. Der Plur.
Eitterkünste erwerbshalber übt»; dann gegen Klöße erst nhd. (Klößer bei Steinbach 1734
Ende des 18. Jh. büdlich, Raufbold im lite- vom Neutr.), dafür mhd. kloge, ahd. chloga,
rarischen Streit. Klopf hengst, m.: nicht noch im 16. Jh. Kloß (Soltau Volksl. 2, 108).
völlig entmannter Hengst, dessen Samenstrang Als Speise schon ahd. clog. ABL. kloßig,
durch Klopfen mit einem hölzernen Hammer adj., 1775 bei Adelung, aber schon 1420 kloschig
von außen zerquetscht ist, worauf die beiden «kugelartig», 1691 bei Stieler klößig.
Hoden oder nur eine vertrocknen, 1741 bei Kloster, n. (-s, Fl. Klöster)-, abgeschloßnes
Frisch, nd. Klopphengst, in der Uckermark Ge bände zurWohnung für Mönche und Nonnen.
daneben Klopper m. Mhd. kloster, ahd. chlöster, afries. Master n.,
Kloppe, s. Kluppe. aus lat. claustrum, alt- imd volkslat. clostrum n.
Klöppel, m. (-S, PI. wie Sg.): an einem «Riegel, Verschluß», im Mlat. Kloster, von
Ende kugelig gedrechseltes Stäbchen zum lat. claudere «schließen, verschließen». Vgl.
Schlingen der Spitzen, Kanten usw., die md. Klauster. ABL. klösterlich, adj., mhd.
Form für oberd. Klöpfel (s. d.), 1741 bei klösterlich. ^?7/S. Klosterbruder, m.: Mönch,
Frisch Klöppel und Klippel, 1715 bei Ama- md. im 14. Jh. clostirhruder m. Klosterfrau,
ranthes Kleppel, 1691 bei Stieler Klöpfel, f.: Nonne, mhd. Mostervrouwe f.
Kliipfel, Klöpel, nd. knuppel m. ABL. Klotz, m. (-es, PI. Klötze): fest zusammen-
klöppeln, v.: Spitzen schlingen oder wirken, hängende unförmliche Masse abgetrenntes un- ;

bei Goethe neben klöppeln auch klippein (30, förmliches Holzstück (bildlich) roher, plumper
;

145), 1715 bei Amaranthes Mensch (bei Keisersberg, Luther). Mhd. und
und 1616 bei
Henisch kleppeln, md. kloz m. n.. Gen. klotzes, Ablautsform von
1691 bei Stieler klopfein,
nd. knüppeln, 1718 im Accademischen Frauen- klog (s. Kloß); im 14. Jh. klotz «Kugel, Ge-
zimmerspiegel 27 Spitzen knüppeln. Das Spitzen- schützkugel», und zwar als Neutr, mit dem
klöppeln wurde 1561 im Erzgebirge durch PI. Motzer, hliklotzer (Böhmer Urkundenb, von
die Annaberger Patrizierin Barbara Uttmann Frankfurt a. M. 766 f. von 1391). im 15. Jh.
nach Brabanter Vorbild eingeführt. bei Behaitn Wiener 378, 15 puchsenklocz PI,
Klops, m. (Gen. Klopses, PI. Klopse): «Geschützkugeln». 1691 bei Stieler als Neutr.,
Braten aus dünnen, mit hölzernem Hammer ebenso bei Lessing 1, 194, 7, 200, mit dem
mürbe geklopften oder statt dessen fein ge- PI. Klötzer (Günther 426). ABL. klotzig,
hackten Fleischstücken, 1759 bei Bock preuß. adj.: plump, grob, im 16. Jh. bei Fischart Pract.
Wb. Klops, 1775 bei Adelung Klopps m. (Kloster 587) klotzig, 1691 bei Stieler klotzicht,
Vielleicht identisch mit schwed. kalops n. 1711 bei Rädlein Mötzicht: aber schon Ende des
«dünn geschnittne Scheiben Rindfleisch», engl. ^kngeUg» (Diefenbach gl. 265^).
15. Jh. kloczig
collop «Fleischschnitte», mengl. collope «Ge- Klotze, Kietze, f. (Pl.-w): gedörrte Birne,
röstetes, Karbonade». Bayrisch. Unerklärt.
,

1065 Klub Klüngel 1066

Klub, m. (-S, PI. -s): geschloßne Gesell- «Weichlichkeit», mnd. klökheit «Klugheit».
schaft. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. (1774 klüglich, adj., mhd. kluoclich, und Adv.
bei Gotter Ged. 1, 63 Cluh und Schubart 2, 80 kluocliche, md. klücUch, mnd. klökliken.
Klubb) aufgenommen aus gleichbed, engl, club, Klumpen, m. (-s, PI. vne Sg.): unförm-
von altengl. club, cZw&be «Keule, Kolbe», anord. liche Masse. Klumpe, wie noch bei
Eig.
klubha f. «Keule». Die Bedeutung stammt Goethe 6, Faust 5943, aber schon im
16,
von dem Stock oder der Kolbe, die zur Einla- 16. Jh. bei Fischart Ehezuchtb. E 7 Klumpen,
dung herumgeschickt wurde. ABL. Klubist, md. im 15. Jh. clumpe (Diefenbach gl. 350''),
Klubbist (Bayi-isch) m. (-ew, PI. -en): Mit- 1410 klumpe (Elsen von Holczhusen Liventar
glied eines Klubs (bei Goethe 33, 289 Clubbist, im Ai'chiv zu Frankfurt a. M.), 1495 klompe
vom J. 1793), aus gleichbed. engl, clubbist, in der Erfurter Freizinsordnung (Thüiing.
franz. clubiste m. Rechtsdenkm. 316), hochd. 1542 bei Alberus
Klucke, s. Glucke. (der Barfuser Münche usw. Nr. 262) klumpffe
^ Kluft, f. (PI. Klüfte), meist das Dim. m. Die starkbiegende Form ist Klump m.
Klüftchen, n. {-s, PI. wie Sg.): leichtes (-[e]s, PI. Klumpe, md. und nd. volkstümlich
Kleid. Aus gaunerdeutschem Kluft m., rot- Klümper), md. 1482 bei Melber Q 1* dump
welsch 1510 claffot n., um 1450 klabot «Ge- m., bei Luther 4, 270^ und noch bei Lessing
wand, Kleid», abgeleitet von hebr. kaliföt 2, 477 Klump, 1517 bei Trochus D 3* klumph
« Feier kleider», daher noch schles. Klaft f., m. (Kegelkugel), im 17. Jh. bei Opitz 1, 33
1652 bei &cherffer Ged. 597, 612 Klofft f. und Logau 2, 10, 24 Klumpff. Das Wort ist
neben Klaffot (Ged. 424): am Ende des 18. Jh. ins Hochdeutsche dm-ch Mitteldeutschland aus
Klüftchen studentisch. dem Niederdeutschen vorgedrangen mnd. ,

-Kluft, f. (PI. Klüfte): klaffender Spalt; klumpe, klompe m,, 1420 klom «Holzschuh»
abgespaltnes großes Holzstück; lange Feuer- (Diefenbach gl. 91^), ndl. klomp m. «Masse,
zange. Mhd. kluft f. «Spalte, Felsenkluft, Elotz, Holzschuh», engl, dump «Klumpen,
Höhle, Gruft, Klotz, Zange», ahd. cluft, chluftf. Kloß, Klotz», anord. klumha, kluhha f. «Keule»,
«Zange, Schere, Lichtschere; dazu mnd. kluft, schwed.-dän. klump «Klumpen, Kloß». Dazu
klucht f., clevisch 1477 clucht «Zange, Yogel- ohne Nasal norw. klub «Blutkloß, Mehlkloß»,
falle», ndl. kluft f., engl, cleft, clift «Spalte». adän. kluh «Erdklumpen». Weitre Verwandt-
Zu klieben und vgl. Kluppe). ABL. schaft ist unsicher. ABL. Klumper, f.:
(s. d.

klüftig, kluftig, adj.: spaltig, r562 bei Klümpchen, 1719 bei Kramer; davon klüm-
Mathesius Sar. 48^ klüfftig, um 1480 im Yoc. pern, v. refl., 1716 bei Ludwig, aber sich
ine. teut. de** duftig, ahd. duftig; dazu mnd. klumpe)-n 1719 bei Kramer, und klümperig,

kluftich «klug, schlau, gewandt». adj., 1691 bei Stieler klümpericht. klumpig,
klug, adj. (Komp. klüger, Sup, klügst): adj., 1678 bei Krämer. ZUS. Klumpfuß,
geistig fein, ein- und umsichtsvoll. Mhd. m., 1719 bei Kramer 1, 150^, ndl. klompvoet,
(seit der zweiten Hälfte des 12. Jh.) kluoc entlehnt engl, dubfoot, vgl. isl. klumbufötr.
«fein, zierlich, schmuck, nett», dann «geistig ^Klüngel, n. (-S, PI. wie Sg.): Kugel
fein, höfisch, mit dem Verstände durchdringend von gewickelten Fäden. 1540 bei Alberus
und gewandt, listig», auch «weichlich, üppig», dict. P 1 ^ klüngel, 1537 oberrhein. bei Dasy-
md. klüc; dazu mnd. klök «klug, listig, schlau, podius 87 klungele, Schweiz. 1541 bei Fiisius
"^

gewandt, behende», ndl. kloek «klug, tapfer, glomus, klungle n., 1410 klungel und klüngel n.
groß», aus dem Nd. entlehnt anord. klökr (in Elsen von Holczhusen Inventar im Archiv
«klug, listig», schwed.-dän. klog. Entweder zu Frankfurt a. M.); daneben als Fem. Schweiz.
zu ir. glicc «weise» (Zupitza KZ. 36,236) oder Klungel, Klungele, als Mask. 1711 bei Rädlein
zu gr. was der ursprüng- Klüngel, 1719 bei Kramer Klungel. Mhd.
-f^iwxivec «Spitzen»,
lichenBedeutung «fein» noch mehr gerecht klungelinn., md.klongelm{'Diefenha.ch gl. 266*),
wird. ABL. klügeln, v.: klug tun, überfein Dim. von ahd. dunga f. «Knäuel». Noch
ausdenken, bei Luther; davon Klügelei, f., schweiz.-elsass.-bayr. Dazu schwed. klunga,
1691 bei Stieler, Klügler, m. und Klüg- dän. klynge «gedi'ängter Haufe», und weiter
ling, ra. bei Luther. Klugheit, f., mhd. ags. ciiw^an «sich zusammenziehen», engl, ding
kluocheit (d, i. f. «Fern- «sich klammem».
kluoc-heit), kluokeit Weitres bei Falk-Torp.
dann «Kunstgeschick, Ver-
heit, Zierlichkeit», -Klüngel, f. (PI. -n): Klunker; Troddel,
standes-, Geistesfeinheit, Schlauheit», auch Quaste. Am Mittelrhein, auch JEZM«^e?. Bildlich
1067 Klunker Knack 1068

Klüngel m. (-s): Anhang, Clique (oder dies


I
Stange, womit das Bugspriet (s. d.) verlängert
zum vorigen). Verwandt mit Klunker (s. d.), '
wird, um das Klüversegel auszusetzen, 1793
Klunker, f. (PI. -n) auch m. (-5, PI. wie bei Röding, ndl. kluiverhoom.
Sg.): hangendes, schwebendes Klümpchen, j
knabbern, knappern, ndd. auch knab-
Zottel; hangende Quaste, Troddel. In der i
belu, mit Geräusch nagen.
V.: 1741 bei
1. Bed. 1678 bei Krämer Kluncker; in der i
Frisch, Diminutiv zu knaben «nagen» (1604
2. Bed. 1771 bei WeLße kom. Opern 1, 20, nd. bei Colerus Hausbuch 3, 175), engl, knah
I

1743 bei Richey, als Mask. 1774 bei Claudius \


«nagen, knabbeln». Obersächs. knabbern, auch
1, 108. Das md, und nd. Wort ist verwandt I
«belfern, mürrisch reden» (1711 bei Rädlein
mit mhd. glungeler m. «Troddel» (Renner knebbern). Ablautend mit knuppern.
12561), glunke f. «baumelnde Locke», ahd. Knabe, Kind männlichen
n. [-n, PI. -n):

glonko m. «rund geballte Masse, Klumpen». Geschlechts bis zum Jünglingsalter, bis zur
Dazu klunkern, v.: baumeln, schlenkern, Mannbarkeit; (fast nur noch bei Dichtern)
schlendern, mhd. und noch bei H. Sachs junger Mensch auch im Jünglingsalter, Jung-
glunkern, im 17. Jh. bei Grimm eishausen Simpl. geselle, dann Dienstbursche. Mhd. knabe m.
3, 98, klunkerig, adj., 1678
31 Kz. klunckern. «Knabe, Jüngling, Bursche, Diener, Page,
bei Krämer klunckerigt ZUS. Klunker- Knappe, Handwerksgesell», zu Anfang des
niilch, f.: Buttermilch, nd. klunkermelk. 12. Jh. chnabe, ahd. nur einmal im 11, Jh.

Klunsch, m. {-es, PI. -e): nicht ausge- knabo m. «kleiner Knabe», md. auch knave,
backnes Gebäck. Ostmd. und ndd. Unerklärt. knafe; dazu andfrk. knapo, ags. cnapa, cnafa
Klunse, f. (PI. -n): Riß, Ritz, Spalt. m. «Knabe, Jüngling, Knappe», engl, knave
Schon mhd. (14. Jh.) klunse neben chlumse, «Schurke, Bube». Daneben Knappe (s. d.).
klümse, 1432c/tZwnsen(Diefenbach nov.gl.319^), Die Lautverhältnisse sind schwierig. Man stellt
1482 kluntz im Voc. theut. qS'^, noch oberd. es gewöhnlich zur Wz. gen «erzeugen» (vgl,
Klurnse, Klunis. Ablautsform zu Klinse (s. d.). Kind), wobei aber die Ableitung unklar bleibt.
Kluppe, f.zum Klemmen ge-
(PI. -n): Eher dürfte es gehören zu norw. knabb, knabbe
spaltnes Holz, Zwangholz, Klemme klemmende ; «Bergkuppe», schwed.-dial. knabb «Pflock»,
Zange; in zwei geklemmte Stock chen zum knabbe «KnoUen, Klumpen», norw.-dial. knape
Verkaufe (an den Hälsen) aufgereihte Zahl «Pflock, kleiner Riegel», schwed.-dial. knape

von 4 5 gerupften Vögeln, dann bildlich «Knoten, Pflock», dän. knap «Knopf, Knauf»,
Verein loser Vögel, liederlicher Gesellen (im älter auch «Klumpen, Testikel», ags. cncepp
16. Jahrh. bei Murner Schelmenzunft, noch m. «Spitze, Berggipfel», d. knöpf (s. d.). Die
bayrisch), in 1. und 2. Bed. kluppe,
Mhd. Bedeutungsentwicklung hat zahlreiche Par-
spätahd. kluppa «Zange». Im 16. und 17. Jh. allelen, vgl, Stift, Bengel und selbst knöpf
f.

auch Kluppe m. «Bündel, Schlüsselbund», hat die Bedeutung «dicker Mensch» u, a.


ferner im 16. Jh. mit Übergang des kl in kn Der bei Luther und noch im 18. Jh, öfter
Knuppe f. «Nasenklemme der Pferde» (bei erscheinende Gen. Sg. Knabens (Geliert Fa-
Dasypodias 191^ und Serranus t 4*^). Zu beln 1, 118) ist wieder außer Gebrauch ge-
klieben (s. d. und vgl. Kluft). '^Vgl. auch kommen, ABL. Knäbcben, n., zu Anfang
diuor di.klypa, norw.klype «kneifen, klemmen». des 16, Jh, md, knebiclien. Kuäblein, n.,
RA. Jem. in die Kluppen kriegen «in die mhd. knebelin n. ZUS. knabenhaft, adj.,

Klemme» (Goethe 5, 96), schon im 16. Jh. 1691 bei Stieler. Knabenkraut, n.: einhei-

in die Kluppen bringen usw. H. Sachs usw., mische Orchidee mit hodenähnlichen Wurzel-
(bei
1618 bei Schönsleder er ist in der Kluppen knollen, im Anfang des 15. Jh. knabenkrüt
«captus est»), dann umgeändert in die Kloppe (Diefenbach gl. 644*), nach Bock Kräuter-
kriegen (1690 bei Chr. Weise betrogn. Be- buch 1546 S. 141 so benannt, weil man das
trug 20). ZUS. Klupphengst, m.: Klopf- Kraut zur Heilung der Brüche gebrauchte,
hengst (s. d., gebildet im Gedanken an Kluppe, vgl. Voc. theut. 1482 Bl, q8'' knab «hernia»,
weil dem Hengste vor dem Entmannen die Knack, m, (-[e]s, PI. -e) Laut des Bruches, :

Hoden in eine Kluppe gezwängt werden). Bruch, Riß, entzwei geborstne Stelle, Im
Klüyer, m. (-s, PI. wie Sg.) das vorderste 17. und 18. Jh. geläufig geworden, md. im
:

dreieckige Segel eines Schiffes, 1793 bei Rö- 15, Jh, gnackß m, (Diefenbach gl, 245^); dazu
ding, ndl. kluiver. Entlehnt schwed. klyfvare, nndl. knak m., engl, knack, Island, knakkr m.
dän. klyver. ZUS. Klüverbaum, m.: die Verstärkt Knacks, m., 1775 bei Adelung, .
1069 Knagge Knappsack 1070

auch schon Schaden an der Gesundheit. Vgl. rot, adj.: grellrot, sind Wortbildungen des
Knick, knack! interj., lauten Bruch nach- 19. Jh.
ahmend (bei Lessing 2, 554), im Ablaut knick Knan, Knän, m. (-s): Vater, 1669 bei
knack! (der Verfasser der Floiade von 1593 Grimmeishausen Simplicissimus 7 f. Knän, aus
nennt sich KnickkncLckius , Goedeke Grund- der Volkssprache des westlichen Mitteldeutsch-
riß - 2, 511). Verstärkt knacks! 1788 bei Lang- lands. Die richtige Form ist gnenn, wie noch
bein Ged. 64. knacken, v.: brechen mit in Oberhessen, im 14. und 15. Jh. in Franken
Geräusch, intr. md. im 15. Jh. gnacken (Fast- und Westthüringen gnenne, gnanne als An-
nachtsp.931, 30, oberd. im 15. Jh. knacken (Anz. rede an den Vater, 1312 schwäb. bei Mone
d. German. Mus. 1859 S. 416), mnd. knaken; Zeitschr. 9, 322 genanne «Großvater», mhd.
trans. erst 1716 bei Ludwig, ndl. schon 1598 genanne,
und gename m. «Gleich- gnanne
bei Kilian knacken. ZUS. Knackmandel, namiger», kenammo und gnanno ahd. chinamno,
f.: Krachmandel, 1775 bei Adelung. Knack- m. «einer desselben Namens».
imrst, f.: aus Schweinefleisch und -fett be- knapp, adj.: eng, mit Not zureichend;
reitete Wurst, deren dünner Darm leicht genau und sorgfältig; nett und zierlich; (als
knackt, eig. Xorddeutschland heimisch,
in Adv.) kaum (1663 bei Schottel). Im 16. Jh.
aber schon im Süddeutschland be-
16. Jh. in (bei Fischart 1575 im Garg. 177 knap, 1581
kannt (bei H. Sachs Fabeln 142, 56). im Bienenkorb 114 knapp) aufgenonamen aus
Knagge, f. (PI. -n) knie-, winkelförmiger
-.
nd. knapp, ndl. knap «nett, hurtig»; dazu
Trager; Knorren im Holz; hölzerner Fenster- dän. knap, schwed.-norw. knapp «eng, knapp,
wirbel. Im Bau- und Maschinenwesen. Aus sparsam, kurz, schnell, nett», Adv. norw.
Norddeutschland vorgedi-ungen. Xd. hiagge knapt «kaum». Eine Nebenform in anord.
f. m. «Knorren im Holz, Leiste, um ein Brett hneppr ^eng, knapp», aschwed. näpper, nappe^',
darauf zu befestigen, Pflock zum Aufhängen», dän. neppe, zu anord. hneppa «klemmen». Dazu
oberd. knocke m. «Knöchel am Gelenk (bei ht. knebenii «klaube». ABL. Knappheit, f.,

H. Sachs), Knorren» (davon das Adj. knocket 1691 bei Stieler, nd. im 16. Jh. knapheit.
«knorrig» bei H. Sachs). Dazu mengl. knagge Knappe, m. {-n, PI. -7i): im Dienste eines
«Pflock, Knori'en am Baum», engl, knag, Ritters stehender junger Mann nahe der Ritter-
schwed. knagg «Knoten, Knorren, Ast», dän. würde; Lehrling und Gehilfe bei Müllern, im
knag(e) «Nagel zum Aufhängen von Sachen» Bergbaue. Mhd. knappe, auch knape, knap m.
und auch wohl anord. knakkr m. «Fuß (unter «Knabe, Jünghng, Junggeselle», dann «dem
Stühlen), Schemel». Wohl gleichen Stammes Ritterstande sich widmender Diener eines
wie die unter Knabe behandelten Wörter. Ritters, Junker, Diener zu Leibdienst und
Knall, m. {-[e\s, PI. -e): plötzlicher starker Schutz, Kriegsknecht, Handwerksgesell, Berg-
Schall. 1540 bei Alberus dict. b 4^, 1541 knappe», spätahd. knappo m. «Knabe, Jüng-
bei Frisius (crepitus), bei Liliencron 4, 56, 12 hng»; dazu afries. knappa neben knapa m.
vom J. 1532. Zu dem noch im 15. und 16. «Knabe, Junggesell, Knecht», mnd. knape.
Jh. üblichen starkflektierten Zeitwort knellen Nebenform von Knabe (s. d.). ABL. Knapp-
«knallen, krachen» (Präs. knillet, Prät. knal), Zunft der Bergknappen, Gesamt-
schaft, f.:

mhd. in er- und zerknellen. Dazu ags. cnyll heit der auf einem Bergwerk beschäftigten
m. «Ton einer Glocke», cnyllan «mit der Bergarbeiter, schon in der ersten Hälfte des
Glocke läuten», entlehnt ndl. knal, schwed. 16. Jh., aber mhd. knappeschaft f. «Ai't und
knall, dän. knald «Knall». Weitres bei Falk- Weise eines Knappen».
Torp. RA. Knall und Fall, eig. «gleich- knappen, v.: kurz zufahrend beißen,
Schuß und Niederfallen des Getroöhen»
zeitig schnappen (bei Goethe 39, 122, schon 1573 bei
(1663 bei Schuppius 21 da Knall und Fall Fischart Flöhhaz V. 1611, aus ndl. knappen
ein Ding ist), plötzlich (Lessing 2, 290). «knacken, essen, hurtig zugreifen); heimüch
ABL. knallen, v., mit schwacher Flexion, Wild schießen (in der Wetterau Nassau, nd.
bei Liliencron 3, 233, 18 vom J. 1519. ZUS.
Dazu norw. knabbe «mausen,
af knappen).
Knalleffekt, m., vom Feuerwerk entlehnt, wegraflen», dial. auch «schnell und gierig
dann auf die Malerei usw. übertragen, Beleg fressen» und auch wohl knabbern.
von 1824 ZfdW. 8, 379. Knallerbse, f.:j Knappsack, m. {-s, PI. -sacke): Reise-
mit Knallsilber gefüllte kleine Papierhülse, sack zu Speisen, Zehrsack. Im 16. Jh. nd.
die auf die Erde geworfen knallt, und knall- und ndl. knapsack m. «Zehrsack, Quersack»,
^

1071 knarpeln knautschen 1072

zu ndl. knappen «knacken, essen, hurtig zu- knattern, v.: wiederholt platzend rau-
greifen». In dieser Bed, erst im 17. Jh. ins schen. 1691 bei Stieler. Ygl.knittern. Laut-
Hochd. aufgenommen (1669 im SimpHcissi- nachahmend.
mus 138), aber in der Bed. «Warensack beim Knäuel, m. n. (-s, PL wie Sg.): kugel-
Wandern», schon im 16. Jh. (1548 bei Waldis artig gebildete Masse, z. B. von Zwirn, Brot
Esop 4, 51, 4 Knäbsack, 1562 bei Mathesius usw. (1663 bei Schöttel JEweM? m.), aber früher
Sare^pta 224^ knapsack), insb. «der mit seinem Neutrum, um
1480 im Voc. ine. teut. n3''
Warensacke wandernde Krämer» (1517 bei und Dim. kneulelein, mhd. im
knoil, kneil
Trochus F6^ und öfter im 16. Jh. Knap- 14. Jh. knüel (Buch v. guter Speise 8, 21),
sack m.). Vgl. Schnappsack. im 15. Jh. in Teufels Netz 10544 und bei
knarpeln, v.: nagend mit wiederholtem Diefenbach gl. 266*^ knüli, femer im 15. Jh.
Krachen beißen. Im 16. und 17. Jh. knarpeln, knuilin, knuhlin bei Diefenbach a. a. 0., da-
knarheln, aber md. im 14. Jh. knarpeln «mit neben md. 1446 knaivel, tirol. 1411 bei Vintler
den Zähnen knirschen». Einer Wurzel mit 7864 knaul, wie noch heute in Mitteldeutsch-
knarren (s. d.). land. Durch Dissimilation (vgl. Knoblauch)
Knarre, f. (PI. -n): Ton; hervorgegangen aus Kleuel, Kleul n., wie
knarrender
knarrendes Werkzeug (1775Adelung); noch obd., 1581 bei Fischart Bienenkorb 36^
bei
Gewehr (bei den Soldaten); zänkische Frau Kleiwel n., bei Luther Klauwel (Tischr. 136*)
(1691 bei Stieler). In der 1. Bed. 1690 bei und Klewel n. (1, 485 ^ Eisl.), 1482 im Voc.
Wiedemann Gefangenschaften Mai 65 Räder- theut. q 7** klewl, im 12. Jh. chliwel, im 11. Jh.
knarr f., 1460 nd. gnarre f. «Knurren des cliuweli n. neben chliwelin, Diminutiv von
Hundes» (Freidank, 2. Ausg. S. 254, 138, 14). mhd. kliuwe n., ahd. chliuwi n. und chlimva,
Von knarren, v.: dm-chdringend hart und cliuwa f. «Kugel, Knäuel», inengl. clewe, engl.
zitternd lauten, mhd. knarren, md. im 14. Jh. clew, woneben die Weiterbildung md. klüwen
gnarren; eine Weiterbildung istknarzen, v.: n., mnd. kluwen n., ags. cliwen, cleowen n.
knarren, schon in den Fastnachtsp. des 15. Jh. «Knäuel». Wahrscheinlich urverwandt mit lat.
60, 28, noch fränk. -bayrisch. Lautnachahmend. gluere « zusammenziehen », aind. gläus «Ballen ».
^Knaster, auch Kanaster, m. (-s, PI. Knauf, m. (-5, V\. Knäufe): Knopf, Knoten.
wie Sg.) feinster gewürzhaftester Tabak. 1700 Mhd. knouf m. «Knopf am Schwertgriff, auf
:

im Schlesischen Helicon 2, 135 Canaster, 1703 dem Turm». Verwandt mit Knopf (s, d.).
Knaster, gekürzt aus Canaster tohac, Knaster- knaupeln, v. mit spitzen Fingern woran
:

tobak (noch 1741 bei Frisch), wie ndl. knaster, herumarbeiten (1768 bei Kram er); wiederholt
kanaster m. «Knastertabak», auch «eine Art und in kleinen Bissen nagen (1696 im Schel-
indischer Kiste zum Überführen von Tabak, muffsky 10 abknaupeln). Bei Chr. Weise
Tee usw.». Aus span. canastro, ital. canestro Catherina 221 knäubeln, wie noch schlesisch.
(entlehnt franz. canastre) m. «Rohrkorb», von Wohl zu klauben mit kl aus kn wie in Knäuel.
gr. KoivacTpov n. «aus Rohr geflochtner Korb». Knauser, m. (-s, PI. wie Sg.): kleinhch
Der Tabak von Varinas, als der beste, feinste geiziger Mensch. Zuerst 1660 schlesisch bei
und gewüi-zhafteste geschätzt, wurde geroUt A. Gryphius Dornrose S. 93, 15. Unsicher,
in Rohrkörben verpackt und versandt. ob abgeleitet von dem mhd. Adj. knü§ «keck,
^Knaster, m. (-s, PI. wie Sg.): brum- vermessen, hochfahrend» (gegen den armen
miger, mürrisch er "Tadler, bei Bürger Ged.286, ist er knüg ZfdA. 8, 557, 243), im 16. Jh. knaus
dafür bei Stieler 1691 Knasterer, m. Von «hochfahrend» bei Keller Erzähl. 18, 29, wozu
nd. knast m. «Knorren, Knorz; gi'ober Kerl»; die ahd. Eigennamen Chnü^ (Knaus), Hart-
dazu schwed.-dän. knast «Knoten, Knorren», chnü§ (Hartknaus) und Chnügari (Knauser),
dän. auch «harter alter Mann», norw.-dial. knas oder ob es eine Weiterbildung von knauen
«tüchtiger oder mächtiger Mann«, schwed. knös «nagen» (nd., aber auch md. 1691 bei Stieler),
«mächtiger Mann«. ABL. knastern, v.: wie mrhein. Knauseler m. «genauer Handels-
rasseln, auch zornig knurren, zanken, schon im mann», Schweiz, knauseln «behaglich in kleinen
16. Jh. ZUS. Knasterbart, m., wie Knaster, Bissen essen». ABL. Knauserei, f., 1775
1691 bei Stiel er. knauserig, adj. knausern,
Ursprünglich burschikos. bei Adelung,
knatschen, knätschen, v. eine weiche V., beide 1767 im Brem. Wb., knaustem 1734
:

Masse zerdrücken. Md. und obd. Lautnach- bei Weber teutsch-lat. Wb. 350
ahmend, ablautend mit knutschen (s. d.). knautschen, s. knutschen.
1073 Knebel kneipen 1074

Knebel, m. (-s, PI. wie Sg.) kurzes dickes


: 1833 bei Heyse 1, 889, wie es scheint aus
Querholz, insbesondre zum Sperren des Mun- den Aufständen vom Herbst 1830 herrührend,
des (1512 bei Murner Narrenbeschw. 24, 54) dagegen in der Bed. «Knecht sein, knechtisch
oder in Verbindung mit einem gescblungnen denken und handeln» zuerst 1808 bei Campe
Strick als Fessel des Halses, der Hände usw. als von ihm gebildet, jedoch in dieser Bed.
(Weisth. 4, 749 vom J. 1400); kurzer dicker schon 1691 bei Stieler in über-, ver-, ent-
Holzschoß, Gerte (1537 bei Dasypodius), ßeb- knechten mit Bezeichnung des einfachen knech-
schoß (1561 bei Maaler, noch Schweiz.); Knö- ten als ungebraucht, knechtisch, adj., um
chel, Knorren an den Fingergelenken (so 1500 bei S. Brant 160^ Zarncke. Knecht-
Zelter an Goethe 1, 311, im 15. Jh. knebel bei schaft, f., bei Luther (Gal. 4, 24).
Diefenbach gl. 140^); im 15. und 16. Jh. auch Kneif, m. (-s, PI. -e) kurzes, gekrümmtes :

«grober, plumper Mensch», vgl. Knöhel. In Messer. Um


1640 bei Finckelthaus Deutsche
1. Bed. mhd. knebel, ahd. chenehü, im 11. Jh. Gesänge D6^ Kieiffm. «Stechmesser mit ge-
knehil «fesselndes Querholz, Art Pferdekum- krümmter Spitze», 1530 Gneiff m. «Messer
met»; dazu nd.-ndl. knevel m. «Ejiebelholz», des Sauschneiders» (Ein antwort Katherinen
anord. knefill m. «Stock, Pfahl», (entlehnt) Homung auf D. M. Luthers notbrief A2^),
dän. knebel, knevel, echt einheimisch schwed.- md. 1517 bei Trochus R2^ knifft m.; aufge-
dial. knavel «dünner Pfahl, Stange, Sensen- nommen aus mnd. knlf va.., im 14. Jh. ndrhein.
griff»; ferner hess. Knabe m.
«Stift, Bolzen» knyf; dazu mndl. cnijf m. «langes spitzes
(Pfister 186). urverwandt mit gr.
Vielleicht Messer», ags. cnlfm., engl, knife, anord. km fr
TÖ|Liq)oc m. «Pflock, Bolzen», lit.gembei. «Haken, m., schwed.-dän. kniv «Messer», woher franz.
Nagel», die genauer zu ahd. kembil m. «Art canifm. «Federmesser». Daneben in Mittel-
Fessel, Block», anord. kimbull m. «Bündel» und Oberdeutschland Kneip, m. (-es, PI. -e),
stimmen. ABL. knebeln, V. mit dem Knebel : 1691 bei Stieler Kneip neben Kneif, 1540 bei
schnüi-en, fesseln, 1617 in der Limbui-ger Alberusdict. aa 4^ kneip m. «Taschenmesser»,

Chron. 56 Rössel, knobeln bei Geliert 1, 159. 1482 im Voc. theut. 15^ gneyp «Schuster-
Knebelbart, m.: gedrehter Querbart der kneip», um 1480 im Voc. incip. teut. h4^ gn^p,
Oberlippe, Schnurrbart, 1530 knebelpart (Die- 1419 kmp m. «Messer» (Malagis268*), aber auch
fenbach gl. 363<=), 1534 knebelbart bei Franck mnd. km}) m. «Rebmesser, Schustermesser»;
Weltb. 80*», 1595 bei Rollenhagen Froschm. dazu mhd. (md.) gnippe, knipe f. «Stech-
3, 1, 11, 31 Knebel m. «der doppelte Flügel messer, Dolch», Schweiz, gnippe f. «Schuster-
des Schnurrbarts»; man verbindet dieses mit kneif», wie Kneipe f. «Schustermesser» bei
kanep, knep, ags. cenep m., anord. Goethe 16, 123 und schon im 17. Jahrh. bei
afries. kenep,

kanpr, kampr m. «Schnuirbart», doch ist dies Comenius orbis pictus 1, 129.
unsicher. Knebelspieß, m.: Spieß mit einem kneifen, v. (Prät. kniff, Part, gekniffen):
Querholz, später mit einem Quereisen unter zwischen zusammengehende Spitzen, Schärfen
der Spitze zum 1561 bei Maaler, usw. diücken, zwicken (stud.) sich einer Sache
Saufange, ;

aber sicher da 1540 Alberus dict. x 4^ entziehen. Im 16. Jh. (1581 bei Ringwaldt
älter,

den mit einem Riemen umwickelten Knebel Evangelia Kk 7**) auftauchende Nebenform
am Spieß beschreibt. von kneipen (s. d.).
Knecht, m. (-es, PI. -e): in Lohndienst Kneip, s. Kiäf
Stehender, besonders zu niedriger Arbeit. Kneipe, f. (PI. -«): Klemme, Zange (1734
Mhd. kneht, ahd. kneht, cheneht m. «Knabe, bei Steinbach); gemeine Schenke (1775 bei
Jüngling, Diener, Edelknabe, Kriegsknecht, Adelung, Kneipschenke bei Lessing 8, 203 vom
sich zum Ritter bildender Adeliger, Kriegs- J. 1769); daher studentisch Bierschenke (1781
mann, streitbarer Held»; dazu afries. kniucht, bei Kindleben), seit Ende des 18. Jh. auch
knecM m. «Dienender», ags. cniht, cnyht, cneoht studentische Wohnung, Bude. Aufgenommen
m. «Knabe, Jüngling, Diener», engl, knight aus nd. knipe f. «Klemme, Kloben zum Vogel-

«Ritter», entlehnt dän. knegt «Dienstknecht», fang», dann bildlich (1755 bei Richey). Vgl.
schwed. knekt m. «Soldat», im Kartenspiel ZfdW. 3, 114; 362.
«Bube». Ableitung von der Wz. gen «er- ^kneipen, v.: zwicken, kneifen (s. d.),

zeugen» (s. Kind) ist kaum wahrscheinlich, da mit starker Flexion Prät. knipp, Part, ge-
das Suffix nicht erklärt werden kann. ABL. knippen, daneben mit schwacher, zuerst 1734
knechten, v.: zum Knechte machen, zuerst bei Steinbach, namentlich bei obd. Schrift-

Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Anfl. 68


;
:

1075 kneipen Knie 1076

stellern (beiGoethe immer), Prät. kneipte, in den Knien wanken oder brechen (in der
Part, gekneipt. Aus dem Niederdeutschen ersten Hälfte des 15, Jh, bei Muskatblut 75, 8
(mnd. kmpen, Prät. knep, Part, knepen) ins knycken); in aufrechter Haltung höflich die
Mitteldeutsche (1420 kneypen bei Schröer Knie einbiegen (1586 bei Ringwaldt War-
Vocab. Nr. 2753 und daraus im 16. Jh. ins heit 369, s, Knicks); geizen, knausern (1691
Hochdeutsche vorgedrungen, bei Luther ab- bei Stieler, 1685 bei Grimmelsh. Simpl. 1, 521
kneipen (3. Mos. 1, 15; 5, 8); dazu 1477 clevisch Klr. abgnicken «abzwacken»); trans. knickend
knyppen und nippen, mengl, nipen, engl, nip brech en,zerdrücken (Ungeziefer mit den Finger-
«kneipen». Urverwandt mit gleichbed. lit. nägeln) 1577 bei Fischart Flöhhaz C 5^, da-
gnibti, znthti, aber auch knebti «kneifen» und gegen knicken (Hasen, Vögel) «durch Ein-
knibti «klauben», ZUS. Kneipzange, f.: drücken des Genickes töten», bei H. Sachs
Zange mit scharfen Backen, 1664 bei Duez. 5, 157 und 1678 bei Krämer, gehört urspr.
"^kneipen, v.: zum Zechen eine Kneipe zu Genick) einen Knick, Zaun machen (mnd.
;

(s. d.) besuchen, mit schwacher Flexion (Pi'ät. knicken). Zu knicken stehen knacken (s. d.)
kneipte, Part, gekneipt, im Scherz starkflektiert und nd. knucken (dumpf knacken) im Ablaut.
knipp, geknippen). 1795 studentisch. ZUS. Knickebein, n. und m. (-s, PI. -e,
knellen, s. Knall. norddeutsch): Mensch, dessen Knie beim Gehen
Kueller, m. {-s, PI. wie Sg.): schlechter knicken (1777 bei Bode Tristram Schandi 4, 27
Rauchtabak. 1798 bei Nemnich 3, 308. Von Knickbein, nd. knikkebeen 1767 im Brem. Wb.)
älternhd. knellen (s. Knall), knallen, auf das Getränk aus Likör mit Eigelb, wie es scheint
platzende Öß'nen des Mundes zum Auslassen von Mecklenburg ausgegangen.
des Rauches beim Pfeiferauchen deutend. ^Knicker, m.(-s, PI, wie Sg,): ein Knicken-
Knepner, m. {-s, PI. wie Sg.): Storch, der (1575 bei Fischart Garg. 104 Laußknicker)
1673 bei Weise Erznarren 220, in der Mittel- Geizhals, Knauser (1663 bei Schottel); billiges
mark Knäppner, ukermärk. Knapper. Wohl zusammenklappbares Taschenmesser; kleiner
Ableitung von knabbern^ knappen (s. d.). Vgl. Sonnenschirm mit einzuknickendem Stiel.
dän. knebre, besonders von dem vom Storche ABL. Knickerei, f,: Knauserei, 1691 bei
mit dem Schnabel hervorgebrachten Laut. Stieler, knick(e)rig, adj,: geizig, 1775 bei
Knes, m. (-en, PI. -e) Hochadliger, Fürst. Adelung, dafür 1781 bei Kindleben knicke-
:

Li neurer Zeit aus rass. knjazi m., das dem richt, 1691 bei Stieler knickicht, 1741 bei
altdeutschen kuning «König» entstammt. Frisch knickig. knickern, v,: knausern, bei
kneten, v.: mittels der Hände oder der Lessing Nathan 5, 1, nd, knikkern 1767 im
Füße durch- und bearbeiten. Im altern Nhd. Brem. Wb., früher knicken (s. d.).
in schwache Biegung übergegangen, Prät, ^Knicker, m. (-s, PI. wie Sg.): SchneU-
knetete (bei Luther knettet), Part, geknetet. kügelchen. Schusser. 1664 bei Duez, aufge-
Aber mhd. kneten, Prät. knat, PL knäten, nommen ans gleichbed. nd.-ndl. knikker m.,
Part, gekneten, ahd. knetan; dazu and. knedan, benannt vom
Tone beim An-
knickenden
ndl, kneden, ags, cnedan, engl, knead, anord. von klicken oder
schlagen, wie Klicker (s. d.)

knoda, schwed. knäda. Urverwandt mit abg. aus diesem entstanden. ABL. knickern, v.
gnesti (Pr. gnetq) «zusammendrücken, kneten». mit Schussei-n spielen,1664 bei Duez.
^ Knick, m. (-es, PI, -e): lebendiger Zaun, Knicks, m, (Gen, Knickses, PI, Knickse):
der jedes oder vierte Jahr gekappt Riß, Bruch (1734 bei Steinbach); bei auf-
dritte
und geknickt wird. In Norddeutschland, mnd, rechter Körperhaltimg Einbiegung der Knie
knick m,, als Landwehr der Nervier bereits zum Gruße (1691 bei Stieler Knicks, 1776 bei
von Cäsar de belle gaU, 2, 17 beschrieben, Hölty Knix, das Dim, Knixchen bei Goethe
^Knick, m, (-[e]s, PI, -e): lauter feiner 50, 253, Mit ableitendem -s von -Knick (s, d,).
Bruch, überhaupt halber Bruch, Bruch ohne Knie, n, (Gen, Knies, PI. Knie): Gelenk
völlige Ablösung, 1691 bei Stieler, mnd. inmitten des Beines, dem ähnliches, Mhd.
knick, ndl, knik, engl, knick;in der Bed, knie (Gen. kniewes, knies, PI. kniewe, knie)
von Knicks (s, d,) schon 1663 bei Schottel. mit den Nebenformen kniu, knü, ahd. cniu,
knick! interj,, 1775 bei Adelung (s, knack). cneo n. (Gen. cniwes, cneives); dazu asächs.
knicken, v, : intr, in feinem Laute brechen cnio, cneo, afries. kniu, kni, kne, ags. cneo,

(1734 bei Steinbach); halb, d. h, ohne Ablö- cneoio, engl, knee, anord, kne u,, schwed.-

sung brechen (1719 bei Kramer, mnd. knicken); dän, knä, got, kniu n, (Gen. kniwis) «Knie».
; '';',

1077 knietschen knistern 1078

Urverwandt mit gleichbed. lat. genu n., gr. Knips, m. (Gen. Knipses, PI. Knipse):
YÖvu «Knie», fvüt adv. «mit gebognem Schnippchen (1691 bei Stieler); leichter Schlag
n.
Knie», "ftJDvia f. «Winkel», amä.jänun. «Knie», (1775 bei Adelung); Branntwein, Schnaps
jniibädh «kniend», arm. cunr «Knie». ABL. (schlesisch im Anfang des 18, Jh, bei Günther,
knien, v., mhd. kniewen, knien, ahd. chniuwen, Steinbaoh) Folterknecht, Henker (bei Bürger
<

mnd. kneen, knien; daneben mit ableitendem 183); Zwerg, Knirps (1691 bei Stieler). Neben-
l ndrbein. im 14, Jh. knielen «knien», mnd. form von Knipp (s. d.). knipsen, V.: mit einer
Schere oder Zange zwicken, 1691 bei Stieler.
knelen, kntlen, ndl. knielen, engl, kneel, Schweiz.
chnüwlen, chnülen. ZUS. Knieband, n.: Knirps, m. (Gen. Knirpses, PI. Knirpse):
Hosenband an Kniehosen (1664 bei Duez) kleiner unausgewachsner Mensch. Md., 1716
Strumpfband (1715 bei Amaranthes), Knie- bei Ludwig Knirhs, 1729 bei Picander 2, 204
geige, f.: große Geige, die man zwischen Knirps, bei Tieck Knurps, bei Salzmann
den Knien hält, ital. viola di ganiba, im 17. Jh. Conr. Kiefer 2 Knürps, obersächs. knorps
bei Zesen. Kniekehle, f., mhd. kniekel f, (auch kleiner verkrüppelter Apfel), schwäb.
Knieriemen, auch Knier iem, m.: Riemen, knorp, hess. knirhes, ndrhein, knirwes; dazu
womit der arbeitende Schuster den Schuh nd, Knirfiks (1778 bei Hermes Soph. 3, 122
auf dem Knie befestigt (1691 bei Stieler Knie- Knirrfix), auch Knörfix. Herkunft unklar,
rieme), dann als Züchtigungsmittel Ochsen- knirren, v.: einen Laut wie den eines
ziemer (1756 im Leipziger Avautm-ier 1, 117). harten Eeibens hören lassen. Md. 1540 bei
Kniescheibe, f., mhd. knieschibe f. Knie- Alberus dict. cc3^ knirn, 1557 bei Waldis
stück, Gemälde, worauf eine Person bis Esop 3, 95, 7 knirren; dazu nd. gnirren, ags.
n.:

zum Knie ist, 1775 bei Adelung. gnyran, schwed.Ä;?«VÄ;a,dän.Ä;«irÄ;e. Lautmalend


dargestellt
kni(e)tschen, v., s. knutschen. wie die mhd. Interjektion knir (beim Zerbeißen
Kni£f, m. (-es, PI. -e): heimlicher ver- eines Würfels). Vgl. knarren und knirschen.
letzender Kunstgriff. In der ersten Hälfte knirschen, v.: bei hartem Reiben rauschen.
des 18. -Jh. (bei Lessing 1, 32) von kneifen ge- Vom Aufeinanden'eiben der Zähne 1605 bei
bildet, nach nd. knep m. «Zwick», dann «listiger Hulsius dict. 84 knirschen, 1517 bei Trochus '^

Kunstgriff oder Anschlag», urspr. vom be- Q 3^ knirsen, 1508 in der Straßburger Gemma
trügerischen Kneifen oder Kneipen der Würfel A4* wie 1510 in der Hagenauer knorsen, aber
und Spielkarten (vgl. Schiller Fiasko 5, 16, bereits im 14. Jh. knyrschung mit den czenen
betrügerisch die Würfel kneipen 1664- bei Duez Diefenbach gl. 556*; vom knirrenden Ton
a und 1586 bei Ringwaldt Warheit
1, 756 81). andi-er geriebner Dinge 1596 bei Fronsperger
Knipp, m. (-[e]s, PI. -e): der Schneller' Kriegsb. 1, 123* knürschen, 1643 bei Hars-
mittels des von der Daumenspitze auswärts dörffer Gesprächspiele 3, 293 gnirschen ; in der

gleitenden Mittelfingers, tupfender Schlag. Im |


Bed. «hart rauschend zermalmen» 1578 bei
16. Jh. (1567 bei Milichius Schrapteufel X 2*>, Fischart Flöhhaz V, 1240 knirschen (dafür
Knipp f. bei Fischart Garg. 98) aufgenommen 1577
knitschen, 1573 zerknischen) 1618 bei ,

aus nd.-ndl. knip m. Schönsleder kniersen; dazu mnd,-mndl, kner-


«Schneller, Schnalzer, i

Nasenstüber», mnd. knippe(n) «Schnellen mit sen, knarsen. Von knirren (s, d,), deshalb bei
dem Finger»; dazu das Dim. Knippchen, Adelung 1775 knirr sehen. Vgl, zerknirschen.
n.: Schnippchen, 1517 bei Trochus D 3^, mnd. knistern, v.: Funken sprühen und so
knipkenn. knipp! interj. schnipp! von kleinem rauschen, brechend rauschen, wie z. B. bren-
knackenden Tone (z. B. der Knippschere 1601 nendes Reisig, Salz im Feuer, Flittergold usw.
bei Eyering 1, 754). knippen, v.: laut mit 1562 bei Mathesius Sarepta 77^. 168* knistern;
den Fingern schnellen, 1775 bei Adelung, nd. aber mnd. gnisteren, knisteren «knirschen»,
knippen «Schnellkügelchen schnellen, mit der ebenso ndl. 1598 gnisteren, md. 1414 gnisterunge
Schere oder Zange zwicken. Wohl zu kneifen, der zene (Diefenbach gl. 556*), anord. stark-
kneipen. ZUS. Knippkngel, f.: Schnell- flekt. gnesta (Prät. gnast) «knallen, schallen»,
kügelchen, Schusser, 1789 bei Klamer Schmidt norw.-dial. knistra «leise kreischen, pfeifen,
Erzähl. 136, dafür Knippküulchen n. 1741 bei kichern», schwed.-dial. gnistra «winseln» (von
Frisch. Knippschere, f.: kleine Schere, Hunden) u. a. Vgl. Falk-Torp. Verschieden
md. knipschere 1501 im Leipziger Voc. opt., davon ist mhd. knüsten, knisten und knüssen,
ndrbein. kiiijjscheer 1495 in der Kölner Gemma ahd.&nwfew und cÄnwssan, ags. cwyssa» «stoßen,
J 5 ^, mnd. knipschere f. schlagen, quetschen».
68*
1079 knitschen Knollen 1080

knitschen, s. knutschen. Speise 26, 86 f.), 1482 im Voc. theut. q 8^ und

Knittel, Knittelyers, s. Knüttel usw. r 1^ knoch m. (Knöchel, Knoten im Flachs,


Knitter, m, (s, PI. wie Sg.): fehlerhafte Flachssamenknopf, auch mrhein. im 15. Jh.
Falte. Bei Campe mit Beleg aus der zweiten knoche «Fußknöchel», älternhd. Knocke m.
Hälfte des 18. Jh. Eückbildung aus knittern, «Knöchel Holzknon-en, grober Mensch»); dazu
V.: intr. wie mit wiederholtem Platzen in mnd. und mndl. knoke (auch in Mitteldeutsch-
feinerem Tone rauschen (1663 bei Schottel, land im 15. Jh. knoken), nnd. knake, clevisch
nd. knittern «knistern»); trans. in fehlerhafte 1477 knaicke (oberpfälz. Knacken) m., norw.
Falten zusammendrücken (bei Goethe 4, 184 knoke «Knöchel an Fingern, Knie und Ell-
[1. H.] vom J. 1818), gewöhnlich zerknittern. bogen», schwed. knoka, dän.-dial. knoge, anord.
Im Ablaut zu knattern (s. d.). knoka «mit den Knöcheln schlagen», ags.
Knobbe, s. Knuhhe. cnucian «an eine Tür klopfen, im Mörser
Knöbel, Knobel, m. {-s, PI. wie Sg.): stoßen». Ablautend dazu anord. knjükr m.
Knöchel am Finger. Mehr im gemeinen Leben, «hoher und steiler Fels von rundlicher Form»,
bayr., md. und nd. Bei Ludwig 1716 Knöhel, norw.-dial. knjiika «Fingerknöchel». Dazu lit,
1664 bei Duez Knübel, mhd. knilbel, älter gn'üste, gn'austei. «Bündel, Handvoll», gnäusti
chnubil, mrhein. im 15. Jh. knöbel (Diefen- «die Hand fest schließen». Luther gebraucht
bach gl. 304 <^), mnd.-mndl. knovel m. Wohl in der Bibelübersetzung K. nur dreimal, sonst
mit Knebel ablautend. Dazu knobeln, v.: dafür Bein, Gebein, ABL. Knöchelchen,
knöcheln, würfeln. Knöchlein, n., mhd. (md.) knuchelin n.

Knoblanch, m. Zwiebelgewächs knöchern, adj.: aus Knochen bestehend, 1767


{-{e]s):
mit einem in sogen. Zehen gespaltnen Wurzel- im Brem. Wbch. 2, 817; dafür 1741 bei Frisch
knopfe. Im 14. Jh. bei Megenberg knohlauch, knöchen, 1784 bei Steinbach knocken, nd. knä-
mhd. knöbeloucli (zuerst im 12. Jh., im alten ken. knochicht, adj., 1734 bei Steinbach,
Meraner Stadtrecht ZfdA. 6, 418 wie noch knöchicht 1121 bei Aler. knochig, adj., 1482
heute tirol. knoflach), meist aber mit noch im Voc. theut. q 8^. ZC7;S. Knochenfraß,
nicht in n übergegangnem l klobelouch, ahd. m. : knochenzerstörendes Geschwür, 1801 bei
klobelouh, cMovalouh, clüovolouc, dofolauh m.; Nemnich Lexicon nosologicum 3^, dafür früher
dazu and. kluflok, mnd. kluf-, knuflök, mndl. Beinfraß. Knochenhaner, m.: Fleisch-
knofloec, ndl. knoßook, knuflook m. Noch 1715 hauer, norddeutsch, um 1500 knochenliawer,
bei Amaranthes Klohlauch neben Knoblauch. mnd.. knoken-, knakenhower m.; in einem Stu-
Zgs. roxi Kloben (s.d.), ahd. chlobo; dazu ags. dentenlied der Tod. Knochenmann, m.:
clufe, engl, clove «Zehe des Knoblauchs», in der Tod als Knochengerippe, 1642 bei Eist
gleicher Bed. mhd. im 12. Jh. cluft f. (Mone himlische Lieder 4, 220.
Anz. 7, 609), nd. 1582 bei Chyträus klöve f. Knocke, f. (-n, PI. -n), auch m.: gleich-
Knöchel, m. (-s, PI. wie Sg.): hervor- lang zusammengebogner und -gedrehter Zopf
stehender Knochen zu beiden Seiten des gehechelten Flachses. Im 17. Jh. aufgenommen
Fußgelenkes und am mittlem Fingergelenke; aus gleichbedeut. nd. knokken m., hamburg.
Würfel aus Knochen gemacht (1808 bei knuck, livl. knucke f., mnd. knucke, knocke m.

Campe). In 1. Bed. 1470 im mlat.-hochd.- «zusammengedi-ehtes Bündel Flachs»; dazu


böhm. Wb. 195 knöchel, 1482 im Voc. theut. mengl. knoche, knicche «Bündel». Wohl iden-
q8^. rl* knuchel, md. im 12. Jh. knügel, tisch mit Knochen.
ältemhd. vereinzelt Knüchel m. dazu clevisch
: Knödel, m. (-.s, PI, wie Sg.): gekochter
1477 knoyckel, mnd. knokel, hamburg. knückel, Mehlkloß mit verschiednen Zutaten. In Öster-
nnld. knokkel, afries. knokele, reich und Bayern.
knokle, ags. Im 16. Jh. knödel, 1530
cnucel m., engl, knuckle. von der PI. knodle, urspr. Dim. zu Knoten (im
Abgeleitet
Knochen (s. d.). ABL. knöcheln, v.: wür- 14. und 15. Jh. knödel «Knoten»), das auch
feln, 1808 bei Campe. die Bed. «Kloß aus Mehlteig mit Zutat» hat
Knochen, m. (-s, PI. wie Sg.); fester (1716 bei Ludwig).
harter fleisch- oder hauttragender Teil des Knollen, m. (s, PL wie Sg.): zusammen-
Menschen- und Tierkörpers. Ins Hochd. auf- hängende runde Masse. Mhd. knolle m. «Erd-
genommen aus dem Mitteid., wo zuerst bei scholle, Klumpen, grober plumper Mensch»;
Frauenlob (f 1318) 236, 15 auftauchend knoche dazu nd. knüll,' knüllen m., ags. cnoll m. «Berg-
m., Mitte des 14. Jh. knucke (Buch von guter spitze, Gipfel», engl, knoll «Hügel, Spitze»,
:

1081 Knopf Knoten 1082

anord. knoUr m. «Bergkuppe», dän. knold «Aus- «knotiger Auswuchs, Brotecke», weisen auf
wuchs an Bäumen, Knoten», Aus knuMa- eine ursprünghch auf -s ausgehende Wurzel.
(Sievers Idg. Forsch. 4, 339) und daher zum ABL. kuorricht, adj., mhd. knorroht, knor-
vorigen. ABL. knoUicht, adj., 1428 knollet, rot. im 15. Jh. knorr eht, 1540 bei Alberus dict.
1588 bei Tabernämontanus knoUichf, knoUecht. Q 4*' knörricht. knorrig, adj., um 1480 kno-
knollig, adj., in der 1. Hälfte des 18. Jh., rig im Voc.
n3^. incip. teut.
nd. knullig. In der Umgangssprache auch Knorz, m. (-es, PI. -e, Knorze): Astknopf
als Adverb in dem Adverb «sehr». im Holze: knotenverwachsner Körper, bes.
Knopf, m. (-[e]s, PI. Knöpfe): runder solches Holz. 1482 imVoc, theut. ff 8* knortz,
dichter Körper woran (am Kleide, 1541 bei ahd. chnorz (erhalten im Dat. PI. chnordn).
Frisius {nodus), aber schon mhd. knöpfeUn n.). ABL. knorzig, adj., 1440 knortzig bei Die-
Mhd. knöpf m.. «KnoiTen an Gewächsen, Knospe, fenbach gl. 589^, ahd. chnorzig (in nianac-
Knoten, Knauf», ahd. chnoph, chnopf m. «Kno- chnorzig «vielknotig»).
ten» und dann «Knotenartiges»; dazu mnd., Knospe, f. (PI. -n): unentfalteter Blätter-,
mndl. und afries. krwp m., engl, kmp, schwed. Blütenknopf. Mhd. im 14. Jh. knospe m.
knopp, dän. knop «Knospe» und mit Ablaut «Knorren am Steine» und noch im 16. Jh.
knauf, mnd. knöp m. «Knoten, Knopf, Knauf, «knorriger Auswuchs», md. um 1350 das Dim.
Knospe», ndl. knoop «Knopf, Knoten». Vgl. knospechin n. «kleine Pflanzenknospe» (Fundgr.
Knuhbe xmd knüpfen. ABL. knöpfen, v., 1,379'') 1558 bei Eber-Peucer B. 8^ knospe m
1482 im Yoe. theut. q8b knopffen. der heutigen Bed., 1664 bei Duez 284 Knospen
Knopper, f. (PI. -n) -.
Gallapfel am jungen m. und Knosp m. Man stellt es entweder
411
Kelche der Eichel. In Osterreich und Ungarn. zu Knorren (s. d.), mit Bewahrung des \vurzel-

Eine Weiterbildung von Knopf (s. d.). haften s, besser aber (aus knopse wie Wespe
Knorpel, m. (s, PI. wie Sg.) fester gallert-
: aus Wepse) zu Knopf. Der ältere Aufdruck
artiger Knochenansatz. Bei Luther Knörhel, für den Blätter- oder Blütenknopf war Auge,
Knorhel, im 15. Jh. knorpel-, knorhel-, gnarpel- Knopf, im Mhd. bolle f., hroz n., ahd. proz,
hein (Diefenbach gl. 103 °j, 1495 in der Kölner woher noch hess. brospe f. ABL. knospen,
Gemma D 3* knerhelbeyn, in der Straßburger V.: Knospen treiben, im 18. Jh., aber 1691 bei

IbOSknorfelhein, dagegen in letztrerv 3^ Ar« orpet Stieler Knospung f.


«das knoUige Muskelfleisch». Verwandt mit Knote, m. (-», PI, -n) : roher plumper Kerl
Knorren (s. d.) und spätmhd. knorfvc^. «Knorz» (1707 bei Schmidt RockenpMlosophie 2, 190);
(inj?aMre«Avia/-/f BeheimWiener216,22 ). Neben
Handwerksbursche (1781 bei Kind-
(student,)
Knorpel ä^t^Tühd. Knor spei, Knospel, Knöspel leben Gnoten, 1786 bei Miller Walther 148
m., sowie in gleicher Bed. Krospel, Kröspel Knoten). In der 1. Bed, bUdhche Anwendung
m. n. f., ahd. crospel, und Krostel, Kröstel, des folg. Wortes, in der studentischen viel-
mhd. krostel, kröstel m. f., krustel f., ahd. leicht aber nur Anlehnung, denn gnote (Be-
crostela, crustula f. ABL. knorpelicht, nennung der Handlungsdiener in Königsberg
knorpelig, adj., 1664 beiDuez 1, Wi^knorp- und Stettin) ist das nd. genöte «Genosse».
licht, knorpelicht. Knoten, m. (-s, PI. wie Sg.): durch feste
Knorren, m. (-s, PI. wie Sg.) harter Kno- Verschlingung entstandner Knopf; harter Aus-
:

tenauswuchs ; knotenverwachsener Körper wuchs; hartes Stengel-, Halmgelenk, Ältemhd,


Knöchel; Hahn-, Rohrknoten oder -gelenk. Knote (-W, PI, -n), so noch bei Schiller Turan-
Ältenrhd. Knorre (-/?, PI. -n), daher noch bei dot 4, 6, 1664 bei Duez Knot, Knoft, 1678 bei
Lessing Nathan 2,5 Knorr, mhd. knorre, knurre Krämer Knotte, mhd, knode, md, knote, ahd.
m. «Knotenauswuchs, hervorstehender Kno- chnodo (Riemenknopf, Knöchel, Bauraknospe),
chen, Knorpel, kurzer dicker Mensch», und zerdehnt kinoto m. dazu clevisch 1477 knode, ;

knüre, knür m. «Knoten, Fels, Klippe, Gipfel», mnd. ctiode, knutte, nnd. knudde, knutte, ags.
spätmhd. /waur «grober Mensch», ahd. nur im cnotta m., engl, knot, anord. knütr m. «Knoten,
Adj, chniurig «knotig derb, fest und stark»; Knori'en», schwed. knut, dän.knude «Knoten»;
dazu mnd. und ndl. knorre m., mengl. knarre, dazu auch anord. knyte m. «ein mit den
knorre, engl. knar. Mundartliche Formen vier Ecken zusammengeknotetes Tuch». Das
wie schwäbisch knaus m. «knopfichter An- Wort erweist sich durch seine Vokal- und
satz am Brot, Brotanschnitt», Schweiz, knüs Konsonantenverhältnisse als uralt, sichere An-
m. «Knorren, Auswuchs», nd, knüst, knaustm. knüpfungen fehlen. Über Verwandtschaft mit
1083 Knöterich Knust 1084

lat. nödus s. Walde. Eine Ableitung ist Knödel knüpfen, v. zum Knopf ineinander schlin-
:

(s. d.).Aus dem Skandinavischen entlehnt ist gend verbinden. Mhd. knüpfen, ahd. aiuphjan,
russ. knut, s. Knute. ABL. knoten, v.: knupfe7i, knuffen, md. im 15. Jh. knuppen,
knüpfen, l4:62knoden neben stricken (Mone Anz. knüppen, nd. knuppen. Von Knopf (s. d.).
7, 301^, 326), md. im 13. Jh. knoten in ent- Knüppel, m. (-S, PI. wie Sg.): knotiger
knoten. Vgl. knütten. knotig, knoticht, adj., Holzschoß, Stock zum Schlagen; armsdicker
um 1480 im Voc. incip. teut. n 8^ knotig, mhd. Holzschoß. Wie es scheint, sind hier zwei
knoticht, knodecht, knodoht, ahd. chnodoht. gleichbed, Wörter zusammengeflossen: 1482 im
ZUS. Knotenpunkt, m. Punkt, wo -.
mehi-ere Voc. theut. r 1* knuppel, mnd. u. nndl. knuppel
Fäden oder Linien sich vereinigen, im 19. Jh. m., hochd. zu Anfang d. 15. Jh. knüpfl (Diefen-
Knotenstock, m., 1775 bei Adelung. bach gl. 254^), abgeleitet von Knopf (s. d., eig.
Knöterich, m. (-s, PI. -e): Ackerspergel, «Knorren, Knoten»), u. anderseits mhd. klüpfel,
sperg-ula arvensis, benannt nach den zahlreichen md. klüppel, kluppel, mnd. u. nndl. kluppel m.,
Knoten (Stengelgelenken). 1486 knöterich, 1600 nhd. Klöpfel, md. Klöppel (s. d.), abgeleitet
Knöderich, Knödrich, schles. Knörig. von klopfen (s. d.). RA. Da liegt der Knüppel
Knotte, f. (PI. -w) Flachssamenknopf. Md. (Knüttel) beim Hunde, «Die Sache ist ge-
:

und nd. Bei Luther 2 Mos. 9, 31 und 1540 hemmt» (1542 bei Waldis Streitged. 1, 66) um ;

bei Alberus dict. A A3* Knote f., md. im 15. Jh. den Hund am Jagen zu verhindern, befestigte
Knodde f., mnd. knutte, ndl. knut, knot, clevisch man lose an seinem Halse einen Holzknüttel,
1477 knote, noch schles. Knotte f., oberhess. der ihm beim Laufen an die Beine schlug.
Knodd f. Nebenform zu Knoten (s. d.). ZUS. Knüppeldamm, m.: aus quergelegten
Knuhbe, f. (PI. -n) und Knubben m.: Knüppeln hergestellter Weg durch einen Mo-
Knoten im Holze usw., knorriger Klotz (Lessing rast, im 18. Jh. (bei Göckingk [1818] 1, 103),
Nathan 2, 5), das nd. knuhbe «Knorren, Knospe» in gleicher Bed. 1595 bei Hennenberger preuß.
(daher 1687 bei Zesen Knubbe m. «Knospe»), Landtafel 425 Knütteltham.
mnd. knobbe m., gleicher Abstammung wie knuppern, v. an Hartem laut nagen. Aus
:

Knopf (s. d.). ABL. knühheln, v.: fest zu- nd. knuppern, das zu knabbern im Ablaute
sammenstricken. Norddeutsch. steht. Bei Goethe 30, 84 knopern. ABL.
Knuff,m. (-g,Pl.Knüffe): heimlicher Faust- knupperig, adj., bei Goethe Briefe 3, 248.
stoß, 1808 bei Campe. Von knuffen, v.: mit knurren, v.: hart im Tone das r durch
Faust oder Ellenbogen stoßen, in der 2. Hälfte die Zähne brummen. 1663 bei Schottel knurren
des 18. Jh. aus dem Nd. ins Hoch- und Ober- neben knorren, S. 1144^ Gnurrenn.,nä. gnurren
deutsche vorgedrungen. Dazu knüffeln, v.: (so auch 1777 bei Göckingk Lieder zweier
derbe Fauststöße geben, 1716 bei Ludwig, ndl. Lieb. 92). Wie knarren im Ablaute zu knirren
knuffelen, knoffelen. Verwandt mit nd. knüvel stehend. ABL. Knurr er, m.: laut murren-
m. «Knöchel» (s. KnöbeV). der Mensch, kuurrisch, adj., bei Goethe
knüfflich, adj.: knaupelig, mit viel klein- 39, 53. knurrig, adj., bei Musäus Volksni.
licher Mühsehgkeit verknüpft, 1833 bei Jahn 5, 241. ZUS. Knurrhahn, m.: der Seefisch
Merke z. deutsch. Volkstum 239 knifßich. Zum trigla hirundo. Meerschwalbe, bei den Eömern
nd. Zeitwort Äww^eZ« «eine mit vielerlei Kleinig- corvus m. (Rabe); er läßt einen knurrenden
keiten und viel Überlegung verbundene Arbeit Ton hören, wenn man ihn aus dem Wasser
verrichten». zieht. S. Seehahn.
knüll, adj.: stark betrunken. Studentisch v.r an Hartem mit Geräusch
knuspern,
1825. Vielleicht derb scherzhaft zu dem
nagen (Goethe 17, 99). Md. im 14. Jh. knus-
fol-
genden Verb. Vgl. ZfdPh. 38, 523. pern in zuknuspern «zerschmettern, zermal-
knüllen, v.: in Falten übel zusammen- men», eine Fortbildung von ahd. chnussan,
drücken, eig. faltig, bruchig schlagen. Im cnusen, mhd. knüsen, knüssen «stoßen, schla-
17. Jh. bei Lauremberg und Stieler. Ältemhd. gen», noch nd. knusen «quetschen», ags. cnyssan
Tind mhd. knüllen «mit der Faust schlagen, «zusammendräcken, quetschen», anord. knosa
puffen, stoßen, (den Kopf) eindrücken», z. B. «zerschlagen, zerbrechen». Im Schlesischen
Tauben (Hadloub 20, 3, 11), noch schweiz.- finden sich die drei im Ablaut zueinander
schles.-nd. knüllen, schwäb. knüllen «prügeln». stehenden Formen knispern, knaspern, knus-
Zu Knollen m. «Knöchel an Händen und pern (Weinhold 44^).
Füßen». Knust, m., s. Knorren.
' ;

1085 Knute Kobel 1086

Knute, f. (PI. -n) : (russische) Riemen- und Schlüsse des Kunst-, Haus-
'

u. Wunderbuches)
Knotenpeitsche. 1620 bei Weller Lieder des Knittelhardi PL, im 17, Jh, bei Schuppius
dreißigjähr. Kriegs 70 Knute, 1741 bei Frisch Knüppelhardusse genannt. Knüttel- scheint
Knutte f., bei Jobs. v. Müller allgem. Gesch. eig, den Refrain des Tanzliedes und in den
(1817) 3, 413 Kirnt m., aus gleichbed. russ. Schulen den von allen wiederholten Memorier-
knut m. Dafür 1593 bei Heinr. Jul. v. Braun- vers zu bedeuten, vgl. Junius nomenclator
schweig 737 KnottpeitzscJie, 1734 bei Steinbach (1577) 9*: in vulgaribus rhjthmis versum iden-
Knuttpeitsche (zu nd. Knutt m. «Knoten») tidem repetitum scipionem aut haculum appel-
«Knotenpeitsche». Das russische Wort stammt lant, helgice de stock oft stockregel, gall. refrein
aus dem Xord. S. Knoten. de hailade. Vgl, Feldmann ZfdW. 4, 277.
knutschen (mit u) auch knietschen, knütten, v, (Knoten schlingend) stricken :

knütscheyi, v.: anfühlend zusammendrücken; [Pößchen [Possen] knüt-


(bildlieh) fein einleiten
(Tücher usw.) durch Zusammendiücken aus ten Michaelis poet. Werke 1, 231), 1741 bei
der Glätte bringen. Ende des 15. Jh. bei Brant Frisch, aus mnd. - nnd, knütten «knüpfen,
u. Keisersberg knützschen, knutschen, knützen, stricken»; dazu ags, cnyttan, engl, knit. Von
md. im 13. Jh. knutschen fin zurknutschen) und nd, knutte m, «Knoten», Vgl, Knütte.
knutzen «zusammendrücken, zermalmen», noch Koalition, f. (PI. -en): Verbündung, im
1663 bei Schottel knützen, bayr. knauzen «knut- 18. Jh. (bei Wieland, Goethe) aus gleichbed.
schen». Die Form mit u ist ndd. franz. coalition f., von lat. coalitus m. «Ver-
Knütte, f. (PI. -n): Strickzeug. Bei Yoß einigung» und coalescere (Part. Pass. coalitus)
Luise 1,546, schon 1639 bei Micrälius Pommern «zusammenwachsen, sich fest verbinden».
3, 389. Ton knütten (s. d.). koax, vom Froschgeschrei, 1628 bei Opitz
^Knüttel, m. (-s,Pl.wie Sg.): starker Holz- 1,126 coax coax, 1595 bei RoUenhagenFroschm.
schoß, knotiger Stock zum Schlagen. Mhd. 2, 5, 3, 66 u. f, als Froschname, nach dem
knütel, knüttel, md.knutel, knuttel, auch knottel, griech. ßpeKCKCKeE koöE koöE in den Fröschen
ahd. chnutil, chnuttil, mnd. knutel, ndrhein. im des Aristophanes, Davon koaxen, v,, 1595
14. Jh. knutzel m. Abgeleitet von Knoten bei Rollenhagen coachsen, nach lat, coaxäre.
(s. d.), noch deutlich in ahd. chnutil m. «Kno- Kobalt, m, (-e[s], PI. -e): Halbmetall und
ten», aleman. im 16. Jh. (bei Frisius, Maaler, Erz, zur Bereitung blauer Farben (Smalte,
Dasypodius) bis heute knüttel m. «geschwüri- Eschel usw.) benutzt. Bei Paracelsus (f 1541)
ger Auswuchs, harte Drüse», 1515 im Eulen- koholet, 1546 bei G, Agricola 476 Kohelt, lati-
spiegel Kap, 92 knittel «Handknöchel». Vgl. nisiert cohaltum, 1562 bei Mathesius Sarepta
Knüppel. ABL. knütteln, v.: mit einem 154^ f, Cohalt, Cohelt, Cobel, im 16. .Jh. auch
Knüttel schlagen, md. 1289 knuttiln. Koholt. Eins mit Kobold (s. d,). Das Kobalterz
'^Knüttel, m. (-S, PI. wie Sg.) harter aus- : istnach dem kleinen Berggeist benannt, weil
geworfner Klumpen Tier-, Menschenkotes. es nach altem Bergmannsglauben das Silber
Wetterauisch, oberhessisch usw. Mit einge- heimtückisch raubte und verzehrte (Mathesius
schobnen n aus gleichbed. md. küttel (bei 155*) und als unnützes Metall die Bergleute
Alberus Fab. 31, 78 Pferdtsküttel, dict. y 1^ betrog (denn zur Blaufarbenbereitung be-
Pferdsküddel), mnd. kotel, nnd. kötel m., nndl. man es erst im 17, Jh,), Vgl, Nickel.
nutzte
keutel f. «Auswurf des Mastdarms, Kot», schles. ^Kobel, m. (-S, PI, wie Sg,): geringes
kuttel, kottel f. «Pferdemist», Wohngebäude; Höhlung, Wohnbehälter für
Knüttelvers, m. (-es, PI. -e): ungeregelte Tiere. 1462 kobel m. «schlechtes Haus», im
holperige Reimzeile mit vier Hebungen, dann 15. Jh. «Stall», im 13. Jh, «Kasten eines Kutsch-
überhaupt ungeregelt erscheinende Reimzeile. od. Kammerwagens», Abgel. von Koben (s, d.).
1566 in Mathesius Luthers Leben 153*, im -Kobel, f. (PI. -n) Frauenhaube. Im Elsaß
:

18, Jh, Knittelvers; dafür 1599 bei Hamelraann u. der Schweiz. 1741 bei Frisch Kobel, clevisch
Oldenburg. Chron. 100 Knüppelvers, beiFischart 1477 covel, mndl. covel, coueZe «Kapuze», nndl.
Garg. 254 Klippelverß, Bienenkorb lll^ Klip- kovel, keuvel f. «Mönchskappe, Haube»; dazu
pelverßUn. Ursprünglich eine Ü^bersetzung des ags. cuffie f. «Kapuze», anord. kufl ra. «Kappe
lat. mit Kapuze».
versus rhopalicus, dann auch Bezeichnung Zu ahd. kuppha f. «Haube»,
der versus leonini, der in der Mitte und am woher
auch mlat, (5. Jh,) cofea, später cuphia,
Ende gereimten mlat. Hexameter, noch 1712 ital, cuffia, span. cofia, franz. coiffe f. «Haube».
bei Hübner und 1676 bei Balthas. Schnurr (am ZUS. Kobelente, f., anas clangula, wegen
-:

1087 Koben Kockelskörner 1088

ihrer Kopffedem {Raupe). Kobellerche, f. reich wird. Falk-Torp dagegen leiten es, wie
Haubenlerche, 1 557 bei Heußlin Vogelbuch 1 70 * schon früher andre aus gr. KÖßaXoc m. «Kobold,
Kohellerch. Kol)elmeise,f.: Hauben-, Strauß Possenreißer, Schmarotzer, Gauner» her. Nach
meise, 1561 bei Maaler Kobelmeiß f., 1557 bei Schi-öder Streckformen 168 soll es, aus kold
Heußlin 179^ Kobelmeißlin n. durch Streckung entstanden, zu koldern, kol-
Kolben, m. (s, PI. wie Sg.): kleines tern «ungestüm sein, zanken, lärmen» gehören.
schlechtesGemach; kleines enges Gebäude; Kobölz, nur in der RA. Kobolz schießen
Schweinestall. Schon 1482 im Voc. theut. r1^ «einen Purzelbaum machen». 1741 bei Frisch
kohen, mnd. koven, 1477 clev. coeven «Schweine- cobold schießen. Vielleicht zu Kobold oder um-
stall»;aber älternhd. Kohe (1517 bei Trochus gestaltet aus irz. faire la culbute. Norddeutsch.
4^), mhd. hohe m. «Stall, Käfig», md, kove ^Koch, m. (-es, PI. Köche): Kundiger in
«Ofenhöhlung»; dazu nd. kave, kaven «Vieh- künstlicher Zubereitung der Speisen. Mhd.
verschlag, Viehstall», ags. eofa m,«Gemach, koch (PI. koche und koche), ahd. coch m. dazu ;

Schlafgemach», engl, cove «Obdach, Tauben- and., ndl. kok, ags. coc, engl. cook. In früher
schlag», anord. kofi m. «Kammer». Die Neben- Zeit entlehnt aus gleichbed. lat. coquus, später
form Kofen m. (bei Rollenhagen, Voß) stammt cocus m. ABL. Köchin, f. (PI. -nen), 1539
aus dem Nd. In der Wurzel wohl zusammen- bei Alberus widder Witzeln J. 2^ küchin, K 1 ^
gehörig mit ahd. chubisi «Hütte» und weiter küchen, Anfang des 15. Jh. küchin (Diefenbach
zu gr. fVTiY]. KoiXuuua ^f\c. QaXdjjLT] (Hesych). nov. gl. 298 a), 1482 im Voc. theut. r 1^ kochin,
Vgl. Brugmann Idg. Forsch. 11, 111. 1370 köchinne f.

Kober, m. (-s, PI. wie Sg.): langer, ge- ^Koch, auch m.


n., [-es, PI. -e): Brei. In
wöhnlich viereckiger geflochtner Korb zum den Alpen, mhd. koch, n., von kochen (s. d.).
Tragen auf dem Rücken. Im östlichen Mittel- kochen, v. : tr. in einer von Hitze wallenden
u. Norddeutschland, in der aUgem. Bed. «Korb» Flüssigkeit erweichend zubereiten intr. wallen, ;

auch in Schwaben, 1562 bei Mathesius Sarepta sieden (Flüssigkeiten und Speisen, bei Luther).
134^ der PI. Köher (Tragkörbe), 1422 md. In 1. Bed. mhd. kochen, ahd. cochön, mnd.koken,
Kober m. «Korb zu Speise». Wohl mit dem afries. koka. In früher Zeit aus gleichbed. lat.
vorigen wui'zelverwandt. Dagegen ist ags. coquere. Der eig. deutsche Ausdruck war sieden
ceofi«Korb» wohl aus lat.-gr. cophinus m. (s. d.). ABL. Kocher, m. (-S, PI. wie Sg.):
«Korb» entlehnt. der Kochende, in Zssetz.; Kochtopf bei Campe,
Kobold, m. {-[e]s, PL -e): unheimlicher nd. kaker m. Davon Kocherin, f. Köchin,
dienender Hausgeist; unheimlicher, übermütig mhd. kocherin, u. Kocherei, f., mhd. kocherte,
lustiger Neekegeist; die Grubenai-beiter necken- köcherie, bei Goethe 3, 239 Köcherei. ZUS.
der kleiner Berggeist. Bei Luther Jes. 34, 14 Kochbnch, n., 1582 bei Fischart Garg. 275.
Kobold m. «böser umherschwärmender Geist», Kochknnst,f., 1561 beiMaaler. Kochlöffel,
bei Lessing Kobold und Kobolt, bei Rädlein, m., im 14. Jh. Kochlöffel.
Ludwig, Voß Kobolt, mhd. im 13. Jh. kobolt Köcher, m. (-s, PI. wie Sg.) langer hohler :

m. «neckischer Hausgeist und dessen Bild», md. Behälter zum Tragen der Pfeile, Bolzen, Schreib-
1422 kobolt, kobult, kobolt als Name eines Met- federn usw. Mhd. kocher, kochcere, im 15. Jh.
getränkes, mndl. coubout «Kobold». Älternhd. auch köcher, kucher (Diefenbach gl. 225^), ahd.
und noch im Volksmund Kobelt, im 16. Jh. cohhar, chochar und chochari m.; dazu anfränk.
Kobel; aus deutschem kobel, kobelin entlehnt kokar, mnd. koker, kaker, ags. cocer, cocur m.,
franz. gobelin, mlat. gobelinus m. «Kobold». dän. kogger «Behälter, Futteral». Entlehnt aus
Gewöhnlich abgeleitet von Koben, -old wäre mlat. cucurmn (afranz. cuivre, quivre m., woher
entstanden aus -iüalt,e\g. «des Hauses waltend», wiederum engl, quiver), byzant. KoiJKoupov,
(oder hold, got. unhulpa «Teufel»), noch deut- russ. kokorü «Patronentasche».
lich 1517 bei Trochus A 5^ boni lares foci sunt Kocke, s. Kogge.
vulgo kobelte; dazu ags. cof-godas pl. m. «Haus- Kockelskörner, PI.: die giftigen Samen
götter, penates». Die mhd. Nebenform oj^poZcZ, des ostindischen Strauches menispermum coc-
opold leitet Kluge aus ahd. 6t «Reichtum, Gut» culus, zum Betäuben der Fische verwendet.
und walt her, eig. «des Reichtums waltend», 1741 bei Frisch Kockel -Körner, 1677 bei
daran erinnert noch heute die volkstümliche Butschky Patljmos 582 Kukels-Körner, 1546
Wendung er hat den Kobelt (Kobold), wenn bei Bock 51^ Kokilienkörner, aus gleichbed.
einer in unbegi'eiflicher, unheimlicher Weise mlat. cocculae orientales oder cocculi indici.
1089 Kodak Kohl 1090

Kodak, m. (-5, PI. -s): photographischer (noch bayr.-kärnt. kupfer n.), 1561 bei Maaler
Apparat. In neuerer Zeit aus dem Englischen, Koffran, 1541 bei Frisius (arca) koffren; dazu
wo es als Schutzwort für photographische 1477 clev. cofferen, ndrhein. im 14. Jh. coffer,
Artikel frei erfunden ist. cuffer, mndl. koffer m. Noch im 18. Jh. coffre.
^KÖder, m. {-s, PI. wie Sg.) in die Kappe Entlehnt aus afranz.-prov. cofre, nfranz. coffre
:

des Schuhes oder Stiefels eingestochner schma- m. «Kiste, Kasten» m., diese nebst ital. cofano
ler abgeschärfter Sohllederstreifen, um daran m. «Kiste, Korb» und span. cuebano m. «Korb»
den Absatz zu befestigen. Um
1480 im Voc. aus gr.-lat. cophinus, gv. KÖcpivoc m. «Korb».
ine. teut. 1 3^ koder, 1482 im Yoc. theut. r 1 * f. Kog, m. (-[e]s, PI. Köge): eingedeichtes,
koder, korder, querde, im 15. Jh. köder, cor der, der See abgewonnenes Land. In Dithmarschen,
querder, querdel, quirdel (Diefenbach gl. 324^, lim 15. und 16. Jh. koch m. (Schiller -Lübben
488'^).Eine bildliche Anwendung des folgen- 2, 1755 bei Richey Koog, mndl. cooch,
509),
den Wortes, indem man den schmalen gebog- entlehnt dän. kog. Unerklärt.
nen Sohllederstreifen einem «Regenwurme», Kogel, f. (PI. -n), auch n. (s, PI. wie Sg.):
dem gebräuchlichsten Köder, verglich, ähnlich Kapuze an einem Rock oder Mantel, die über
wie im 16. und 17. Jh. Kerdel, Kärder m, «die den Kopf gezogen wei'den kann; Mantel mit
alsVerzierung auf Kleider genähten schmalen einer solchen Kapuze; über den Kopf hängende
(wui-mförmigen) farbigen Tuchstreifen» und hohe Frauenmütze; Bergkuppe. Auch Kugel,
wie ahd. querdar m. «Docht». Gugel. Mhd. gugele, gugel, kugel, kogel f., seit
^KÖder, m. (s, PI. wie Sg.): Lockspeise. der zweiten Hälfte des 14. Jh. auch von der
Im 17. und selbst bis ins 18. Jh. (Steinbach Frauenmütze, ahd. cucula, cugula, cugela f.,

UM) Kedei; wie spätnhd. keder n., im 13. Jh. entlehnt aus mlat. cuculla f., lat. cucullus m.
vereinzelt köder, älternhd. Kerder, Querder, «Kapuze, Kopf hülle». Vgl. Gugelhopf.
mhd. chorder, korder, kerder, querder u. querdel Kogge, f. (PI. -n) : breites, hinten und vorn
n. m., ahd. querdar m. «Lockspeise». Herkunft rundliches Schiff. Die niederdeutsche Form füi*
unklar. Kaum zu gi\ biXeap n., äol. ßXfip hd. Kocke, mhd. kocke m., vereinzelt kucke,
«Köder». Vgl. Zupitza 86. ABL. ködern, v,, koche, gocke, spätahd. kocho m., md. und mnd.
1691 bei Stieler ködern, 1618 bei Schönsleder kogge m., Anfang des 15. Jh. bei Schiltberger
ankedern, im 16. Jh. querdeln, spätmhd. kedern. 159 kock f.: dazu ndl. 1598 bei Kilian kogghe,
Kodex, m. (PI. Kodize u. Kodizes): alte koghschip, anord. kuggr, Island, kuggi m. «klei-
Handschrift; Gesetzbuch, hat. codex m. «Baum- nes Fahrzeug», meng], cogge, engl, cog, cock
stamm», dann «Buch» (urspr. aus beschriebnen «Beischiff». Aus afranz. coque, nfranz. choque,
Holztafeln). —
Kodizill, n.: Testamentsan-
I

coche m. «Schiff», span. coca, ital. cocca f.

hang; testamentartige letztwilliofe Verfüsruncf. «kleines Wasserfahrzeug». Dazu kymr. cwch


Aus lat. cödicillus m. «Handschreiben, Testa- «Nachen, Kahn».

mentsanhang», dem Dim. von lat. codex. In der Kognak, m. {-s, PI. -e und -s): Franz-
Rhetorik (15. Jh.),beiHenischl616 verzeichnet. branntwein, nach der französisch. Stadt Gognac
I

Kofen, s. Koben. benannt. Im 19. Jh. entlehnt.


Kofent, m., auch seltener n. (-[e]s, PI. -e): ^Kohl, m. (-S, PI. -e), die Pflanzenart
Halb-, Dünnbier. Eingebürgert mit Betonung brassica. Mhd. köl (PI. -e), auch kol, ahd. cöl m.
auf der ersten Silbe, aber noch bei Rachel Daneben älterahd. Köl, Kohl (noch mundart-
Sat, 2, 101. 4, 125 und Mundarten lich), mhd.kcele, koel,anch köl, eihä.-and.kölim.;
in nordd.
auf der zweiten betont. Spätmhd. im 14. und ferner ahd. chölo, mhd. kole m. und ahd. chola f.
15. Jh. covent, cofent, eig. «Konventsbier», wie Der Name ist mit der Pflanze aus dem Süden
es die Klosterbiüder tranken, zum Unterschied überkommen, lat. caulis, cölis m., gr. kouXöc m.
von dem stärkern Biere der Obern ia den «Stengel», besond. «Kohlstengel», dann «Kohl»;
Klöstern. Aus mlat. coventus (daher franz. woher auch ags, cawel, cawl m., engl, cole,
couvent m.),conventus m. «Kloster, Stift», urspr. anord. kdl n., schwed. käl, dän. kaal, ebenso
«Zusammenkunft» (s. Konvent). afranz. chol, nfranz, chou, ital. cavolo m. und

Koffer, m., auch n. (-s, PI. wie Sg.): mit k3'mr, caivl. RA. aufgewärmter Kohl «alte,
einem gewölbten Deckel versehener verschließ- abgetane Geschichten als Neuigkeiten vorge-
und tragbarer kastenartiger (Reise-) Behälter. bracht», bei Günther 778, nach lat. cramhe
1691 bei Stieler Koffer, Kuffer, 1577 bei Junius repetita bei Juvenal Sat. 7, 154. ZUS. Kohl-
184* Koffer, hochd. im 16. Jh. auch Kopfer garten, m.: Gemüsegarten, bei Luther, spät-
Weigand, Deutsches Wörterbach. 5. Aufl. 69
:

1091 Kohl Eokon 1092

mhd. (Schweiz.) köllgarten, anord. kälgarär m. mhd. kolsivarz, anord. kolsvartr; verstärkt
Kohlrabi, m. (-5, PI. wie Sg. und -s): Kohl- kohlrabenschwarz (Maler Müller 1, 128), kohl-
art mit dicker oberirdischer Knolle, im 16. Jh. pechschivarz ( 1 644 bei Klaj Anferst. Jes. Chr. 1 6),
aus Italien eingeführt. 1691 bei Stieler Z'o^ra&i, kohlpechrabenschwarz (in Mitteldeutschland),
1715 bei AmaranthesZb/iZraH, Cauliravi, 1731 kohlrußrabenpechschwarz (1745 bei Schwabe
bei Zinck öcon.Lex. KauUrahi, KoJil-Rahi oder Tintenfäßl, Titelbl.). 2. mit Kohlen- -.Kohlen-
Buben-Kohl, entlehnt aus ital. cavolo rapa, brenner, m.: Köhler, 1691 bei Stieler Kol-
Plur. cavoli rape (cavolo m. «Kohl», rapa f. brenner, 1508 in der Straßburger, 1510 in
«Eübe»), woher auch frz. chou-rave m. Kohl- der Hagenauer Gemma d2^ kolenbrenner, aber
rübe, f.: Erdrübe mit kohlartigen Blättern, 1518 in der Straßburger kolbrenner, mnd.
1775 bei Adelung; in Thüringen JS^ame des 1277 kolebernere, ndl. 1598 kolenberner m,
Kohlrabis, 1678 bei Krämer Kohlrübe. Kohl- Kohlensäure, die übliche Benennung für
f.:

Strunk, m.: Kohlstenge], spätmhd. im 14. und Kohlendioxyd. Kohlenstoff, m., in der
15. Jh. Jcolstrunk, kolstrunke m. Chemie ein zuerst ans Kohleti gewonnener Stoif,
^Kohl, m. (-s): langweiliges, dummes Ge- beide 1808 bei Campe als neugebildete Worte.
schwätz. Studentisch (1790 bei Bahrdt Lebens- Kohlrabi, s. ^Kohl.
geschichte 1, 250), gaunerisch 1753 Kohl «blauer Koje, f. (PI. -n): Schiffsverschlag zum
Dunst», 1814 Kohl «Erzählung», von hebr. qöl Schlafen; enge mit Brettern abgeschloßne
m. «Stimme, Gei-ücht, Schalb. ABL. kohlen, Winkelschlafstelle überhaupt. In 1. Bed. um
V.: Kohl machen, viel durcheinander sprechen. 1600 bei Hulsius Schiff. 3, 70 und 1691 bei
Kohle, f. (PI. -w): schwarz geschweltes Stieler Koye, aus mnd. koje, mndl. koye f. «Ver-
Holz usw., ähnliches Mineral als Brennstoff. schlag, Stall», nndl. kooi f. «Schiffsbettstelle»,
Mhd. kol m. n. (PI. -en -n, im Neutr. köler), Nebenform von Kaue (s. d.).
selten kole f., ahd. chol n. und cholo m. dazu Kokarde, f. (PI. -n): Hutzeichen als Ab-
;

mnd. kol{e), 1477 clevisch coil, ags. col n., engl. zeichen, Feldzeichen. Im spätem 18. Jh.
coal, anord. schwed. kol n., dän. kul. Vielleicht (Schiller 11, 143, Goethe 17, 269) entlehnt aus
uiTerwandt mit amd. jvälati «brennt, glüht», gleichbed. franz. cocarde f., urspr. bonnet ä la
air. gUal «Kohle». ^J5I/. kohlen, v. tr. Kohlen : cocarde «Mütze mit einer hahnekammähnlichen
brennen, mhd. im 14. Jh. kolen; intr. schwelen, Schleife», von coq m. «Hahn».
glimmen,1562 beiMathesiusSareptaSOl ^ÄroZew. kokeln, v., md. und nrhein. Form von

Köhler, m. (-s, PI. wie Sg.): Kohlenbrenner, gaukeln (s. d.), schon im 16. Jh. beiMelanchthon
mhd. koler, im 15. Jh. köler m. davon Köhler-
; kokeln und kökeln, 1495 in der Kölner Gemma
glaube, m.: treuherzig fester Glaube, dann S 4*^ cokelen; daher obersächs. kökeln «kindisch
unbedingter Kirchenglaube, blinder Glaube mit Licht oder Feuer spielen», kekeln «mit dem
(anschließend an eine Anekdote bei Luther Stuhle kippeln, einen Kopfsprung (kekelpurz)
6, 107^ „einDoctor hab einen Köler zu Präge machen».
auff der Biücken gefragt: Lieber man, was koken und köcken, v.: laut rülpsen; sich
gleubstu? Der Köler antwortet: Das die Kirche erbrechend von sich geben. In der letzten Bed.
glaubt. Der Doctor: Was gleubt denn die bei Luther köcken, göcken, 1566 bei Mathesius
Kirche? Der Köler: Das ich gleube."), im Historien 120^ koken; 1517 bei Trochus QS'»
16. Jh. bei
Agricola Sprichw. Nr. 234 des Kolers köcken «inilpsen». Noch md. koken, käken,
Glaub, 1575 bei Fischart Garg. 251 des Kölers sthweh.goeggen in beid. Bed. Dazu engl, to keck
Glauben,U54. bei Logau 3,2,85 Köhler-Glaube. «Brechreiz empfinden». Wohl lautnachahmend.
ZUS. 1) mit Kohl-. Kohlapfel, m.: (kohl)- kokett, adj. : gefallsüchtig. 1 694 bei Neh-
schwärzliche rotbäckige Apfelart, 1691 bei ring coqvet, aus gleichbed. franz. coquet, von
Siieler Kolajjfel. Kohlfeuer, n.: Feuer von franz. coq m. «Hahn», eig. «sich brüstend wie
Kohlen, urspr. Holzkohlen, im 1 5. Jh. kollefüer n.
ein Hahn». Dazu Kokette, f. (PI. -n): gefall-
(Altd. Blätter 1, mnd. kölvür, bei Luther süchtiges, buhlerisches Weib, 1694 bei Nehring
125),
Joh. 18, 18 Kolfeiver, noch bei Schiller 4, 78, Coqvete, franz. coquette i. kokettieren, v.:
jetzt Kohlenfeuer. Kohlmeise, f.: Schwarz- sich kokett zeigen, im 18. -Jh. aus franz. coquetter.
meise d. h. Meise mit kohlschwarzem Scheitel, Koketterie, f.: Gefallsucht, im 18. Jh. aus
mhd. kolemeise, ags. colmäse f. Kohlrabe, m. franz. coquetterie f.
der gemeine schwarze Rabe, 1775 bei Adelung. Kokon, m. (-S, PI. -s): Gehäuse der Seiden-
kohlschwarz, adj. schwarz wie eine Kohle, raupenpuppe. Das franz. cocon m., abgeleitet
:
1093 EokosniLß Kollation 1094

von franz. coque f. «Gehäuse, Schale, Raupen- (-en, PI. -en) (so schon Fidibus Lpz. 1769 S, 9),
gespinst», das vielleicht aus gi\-lat. conclia, gr. Colibritchen n. Aus span. colibri m.
KÖTxi f- «Muschel, Muschelschale» stammt. Kolik, f. (PL -en): Bauchgrimmen, Darm-
1801 bei Campe. gicht. 1664 bei Duez Colick, 1616 bei Henisch
Kokosnuß, f.: hartschalige, Milch enthal- Colica f., 1591 bei Decimator Sylva vocabu-
tende Frucht der Kokospalme. 1595 bei Hul- lorum HhS'^ Xb^c/t, mnd. 1424 kolk f. Aus gr.-
sius Schilf. 1, 22 Cocos, 1628 bei Münster Cos- lat. cölica, gr. kiuXikti f. (zu ergänzen vöcoc f.

mogr. S. 1605 Cocosbaum, S. 1697 Cocobaum. «Krankheit»), eig. Adj. von küjXov, köXov n.
Aus span.-port.-frz.-engl. coco m. Unerklärt. «Grimmdarm».
Koks, m. (PI., meist aberSg.): abgeschwe- Kolk, m. (-es, PI. -e): tiefes Wasserloch
felte Steinkohle. Aus dem PI. (cokes) des engl, von Ausdehnung; Strudel, Wirbel. In Nord-
gleichbed. coke (in schlechter Schreibg. coake). deutschland. In der 8. Mos.
1. Bed. bei Luther
Dialektisch bedeutet das Wort auch «Asche» 11, 36, mnd. auch afries. kolk m.
kolk, kulk,
und «Mark von etwas, Kernhaus». Die ältere «Grube, Loch, Augenhöhle»; in der 2, Bed.
Form ist colke, das mit schwed.-diah kalk 1691 bei Stieler und 1668 bei Schottel S. 959,
«Mark in Knochen» zu «Kern im md. 1517 bei Trochus T 4^ und schon im 14. Jh,
gr. -fe^Tic
Knoblauchskopf» gehört. 1813 bei Campe. bei Jeroschin kolk, mnd. kolk, kulk, ndrhein.
Kolben, m. (-5, PI. wie Sg.): Stiel, Stab 1188 colc m. (Lacomblet Urkdb. 1, 358): dazu

mit dickem Knopfe, im Mittelalter als Waffe nndl. kolk «Abgrund, Strudel». Vielleicht mit
f.

des gemeinen Mannes und Abzeichen (urspr. den unter Koks behandelten Worten verwandt.
Wafle) des Narren; kolbenähnlicher Pflanzen- Kolkrabe, m. (-«, PI. -n): der gemeine
stengel (mhd. um 1400 in louchkolb m.); der gi'oße Rabe. In Xorddeutschland. 1604 bei
kupferne oder gläserne Destillierkolben (1650 Decimator Gewissensteufel 73 Kolchrabe, 1691
bei Moscherosch Philander 1, 222); das dicke 1
bei Stieler Kolkrabe, benannt nach Frisch 1741
Ende des Gewehrs (bei Lessing 8, 121, wie es I
von seiner Stimme, die er im Halse macht, d. h.
scheint schon mhd. im Erec 5387 f. kolbe m. von kolken «dumpf gurgeln» (1691 bei Stieler
«die Kuppe des Streitkolbens»); an Dampf- kolken, gulken, golkeren, um 1480 im Voc. ine.
maschinen der im Treibzylinder sich hin und teut. k 1 ^ golkatzen, Var. golkotzen).
her bewegende K. am Ende der Kolbenstange, KoUaborätor, m. (-s, PI. -en)-. Schul-
im 19. Jh. benannt nach dem K. der alten gehilfe. Im 18. Jh., aus mlat. collaborator m.
Wasserkunst, der an der Kolbenstange befestigt von colldböräre «mitarbeiten».
und in der Pumpenröhre auf und ab steigend Kollaps, m. {-ses, PI. -se): Zusammen-
das Wasser dinickt und hebt; nur als Fem. bruch; schnelle Abnahme der Kräfte. Aus
Kolbe «Kopf des Menschen» (bei Luther 3, gleichbed. mlat. coUapsus von colläbäri «zu-
408*'), «kurzgestutzter Haarschopf» (Birlinger sammenstürzen». Aus der Sprache der Medi-
Augsburger Wb. 286* vom J. 1508, mnd. 1559 zin in neuerer Zeit.
kolve f.), «Glatze» (1517 bei Trochus Xl'' Kollation, f. ( PI. -ew) Vergleichung zweier :

kulbe f., noch md. ). In 1. Bed. älternhd. Kolbe Schriften Zwischenmahlzeit. In der 1 Bed. 1531
; .

(noch bei Schubart 2, 65), Kalb, mhd. kolbe, bei Hedio Josephus Vorr. 5'^ Collation f., 1616
ahd. kolbo m., md. im 12. Jh. colvo m. und bei Henisch gekürzt Collatz f. «Vergleichung»,
colva f. (Germ. 9, 25, "S''); dazu and. kolvo m., In der 2. Bed. urspr. «Vortrag über Tisch
nnd. kulft., ndl. kolve, kolft, woneben stark- abends in einem Kloster» (mhd. colläcie f.),
biegend anord.Ä;o//rm. «Wurfspieß mit kolbiger dann «kalte Mahlzeit, Trunk nach derselben»
Spitze, Klöpfel der Glocke» u.dieAbltg.fci/^/a f., mhd. collation, colläcie f., verallgemeinert im
dän.kölle «Keule». Urverwandt entweder mit 16. Jh. Collation, gekürzt Collatz f. (1575 bei
ir. gulban, kymr. gylfin «Stachel» oder mit lat. Fischart Garg. 418) mit dem Zeitwort collatzen
globus m. «Kugel, Haufe, Klumpen». RA. Jeni. (Grimmeishausen Simpl. 2, 598 Klr.), franz.
mit Kolbe7i lausen «mit dem Knüppel behan- collation f. «Imbiß». Aus lat. collätio f. «das
deln (eig. scheren) und dadurch zur Vernunft Zusammentragen, Zusammentreffen, Vereini-
bringen», aus der Baderstube entlehnt, mhd. gung, Vergleichung»; in den Klöstern wurden
narren mit kolben lüsen. beim gemeinsamen Abendessen die Collationes
Kolibri, m. (-5, PI. wie Sg. und -s): das patrum des Joh. Cassianus vorgelesen. Dazu
amerikanische Blumenvöglein. 1727 bei Hüb- kollationieren, v. vergleichen, 1571 bei Rot :

ner Kolibri, 1774 bei Adelung Colibrit m. collationirn, franz. collationner.


69*
1095 EoUeg Kolonialwaren 1096

Kolleg, n. (-[e]s, PI. -im), auch Kolle- Mlat. (wo auch colera) «innere Hitze und er-

gium: Amtsgenossenschaft und deren Ver- hitztes, verbranntes Blut im Körper», ferner
sammlung; Vorlesung an einer Universität «Aufbrausen im Gemüte, Zorn», woraus auch
(1639 bei Zincgref Apophth. 1, 165 Collegien). ital. collera, früh, colera, franz. colere f. «Galle»,
Aus lat. collegium n. «Amtsgenossenschaft, dann «Zorn, Groll, Grimmigkeit». Aus gr.-lat.
Verbindung zu gemeinsamem Zweck, Innung, cholera aber ist schon entlehnt ahd, cholaro,
Zunft», im Neulat. auch «Hörerschaft einer choloro, im 11. Jh. cholere, mhd. kolre m.
Vorlesung, Universitätsvorlesung vor ständiger «Bauchgrimmen, heftiger Schmerz in Gedär-
Hörerschaft». KoUöge, m. (-n, PI. -n): Amts- men». ABL. kollerig, adj., 1582 bei Fischart
genosse, 1562 bei Mathesius Sarepta 164^ Col- Garg. 348 gallenkollerig. kollern, v.: aus
lege, aus lat. collega m. «Amtsgenosse, Genosse». innerm Zorn, innerer Wut unsinnig sein, von

Dazu kollegiälisch, adj.: amtsbrüderlich Menschen bei Luther 1 Sam. 21, 13, närrisch
(Goethe 5, 1, 176), aus glbd. mlat. collegiälis. tun (Werke 8, 67 J.), bei Pferden (6, 145* J.),
"^

Kollektäneen, PI. Lesefrüchte, Sammel- dann im 17. Jh. voll Zorn, lärmend zanken,
:

schrift. Im 18. Jh. (noch 1714 bei Wächtler ungestüm, lärmend reden; zorn-, wuterfüllte
Collectanea) aus lat. colledänea, PI. von collectä- tiefe Töne ausstoßen (1562 bei Mathesius Sa-
neum n. «Zusammengelesnes», demNeutr. des repta 302*), vom Truthahn(Simpl. 1,1019 Klr).
Adj. collectäneus, abgeleitet von collectus, dem Davon KoUerer, m.: kollernder Mensch; kol-
Part. Pass. von colligere «zusammenlesen». lerndes Pferd (in beiden Bed. 1691 bei Stieler).
Kollekte, f. (PI. -n): Beisteuersammlung kollern, V.: kugeln, rollen, sich fortwälzen;
(bei Liliencron 3, 26* vom J. 1508 koUec(e); ein rollende Laute hören lassen, z. B. im Bauche.
Altargebet (mhd. collecte f.). Aus mlat. collecta f. 1716 bei Ludwig, nd.-md. kullern, schles. kullen
«Zusammengetragnes, Almosensammlg. usw.», «rollen», abgeleitet von md. Koller, Kuller f.,
eig. Fem. zum lat. Part, collectus (s. vor. Wort). schles.-kurhess. Kulle f. «Kugel», schles. auch

kollektiy, adj.: das Einzelne zusammen- «Walze, Rolle», aus mhd. kugele f. «Kugel».
fassend, sammelnd (Wieland Aristipp 2, 26, KoUMt, n. (-[e]s, PI. -e, auch -s): Reitjacke.
Schiller 14, 12), aus lat. collectlvus «zusammen- Im 17. Jh. (1694 bei Nehring Collef) aus franz.
gelesen», von Part, collectus (s. Kollektaneen). collett, ital. colletto m. «Halskragen», von lat.
Kollektiv, n. (-5, PI. -e) Sammelname, Sam- Collum n. «Hals».
:

melwort, aus gleichbed. lat. (nomen) collec- Kolli, n. (-S, PI. wie Sg. oder -s), eigent-
tivuni n. lich PI. von Kollo, n.: Warenballen, Fracht-
^Koller, n., seltner m. (-s, PI. wie Sg.): stück. 1712 bei Hübner Colli, aus ital. colli,
Halsbekleidung als Teil der Rüstung oder Klei- PI. von collo m. «Ballen Ware».
düng; am Halse schließender Lederharnisch kollidieren, v.: in feindliche Berührung
füi- Brust u. Rücken (im 16. — 18. Jh.); Manns- kommen. 1694 bei Nehring, von lat. collldere
jacke, Wams (1482 bei Melber 2^, noch «zusammenschlagen, -stoßen, feindlich anein-
bayr.); Halskragen (1716 bei Ludwig), Hals- ander kommen. Dazu KollisiÖn, f. (PI. -en):
krause. Auch Goller (Schiller Teil 3, 3 als m.), Widerstreit, 1694 bei Nehring, von lat. colllsio
bei Luther Koller mhd. gollier, kollier, spät. f. «das Zusammenstoßen»,
goller, koller n. «Halsbekleidung»; auf mhd. Kollier (spr, kolje), n, (-s, PI. -s): Hals-
collir, im 15. Jh. gollir, beruhen die um- kette als Schmuck. Im 19. Jh. aus gleich-
gelauteten Formen Koller (bei Alberus dict. bed, franz, collier. Vgl, ^Koller.
1540 und Stieler 1691, auch nd. im 16. Jh.), Kolon, n, (-S, PI, -5 und Kola): der
keller (im 15. Jh. bei Diefenbach gl. 132^^) und Doppelpunkt, 1694 bei Nehring CoZo». Ausgr,-
Schweiz. Goller n. (bereits im 16. Jh.). Ent- lat. Colon, gr. küuXov n. «Glied», dann «Glied
lehnt aus franz. collier m., von lat. eolläre n. einer Periode» (gegliederten Satzverbindung),
«Halsband», mlat. collarium, collerium n. «Hals- in welcher Bed. um 1522 Ickelsamer 46 die
rüstung», abgeleitet von lat. collum n. «Hals». PI. Cola, Colen ebenso wie Commata, Commaten
^Koller, m. (-es, PI. wie Sg.): krankhafte gebraucht und dabei als Trennungszeichen
Wunderlichkeit aus innerm Zorn oder innerer dieser Satzglieder und / angibt.
:

Wut. Im 15. Jh. koler (Diefenbach gl, 1313'), Kolonialwaren, PI. f.: Aus den über-
mhd. um 1300 kolre m. «stille od. ausbrechende seeischen Kolonien bezogne Waren. Zgs. mit
Wut», nd.kuller. Entlehnt aus gr.-lat. cholera f. kolonial aus nlat. colöniälis «zu den Kolonien
«Galle, Gallensucht» (s. Cholera), dann im gehörig». Anfang des 19. Jh. aufgekommen.
1097 Kolonie Komfort 1098

Kolonie, f. (PI. -[ejn): Pflanzort, Ansiede- groß»; davon kolossäliscll, adj., bei Lessing
lung. 1617 bei Hulsius Schiff. 13, 7 Colonie. 6, 454, Wieland Suppl. 4, 89, Schiller 7, 8.

Aus lat. colönia f. kolportieren, v,: von Haus zu Haus


«Ansiedelei» (wovon in j

alter Zeit Köln), von lat. colönus m. «Land- tragen, im 18. Jh. aus franz. colporter, eig.
wirt, Pflanzer». Dazu Kolonist, m. (-en, «am Halse (lat. collum n.) tragen» (lat.portäre).
PI. -en): Ansiedler, 1741 bei Fiisch. koloni- Dazu Kolporteur, m., 1712 bei Hübner Col-
sieren, V. eine Kolonie gründen, bei Goethe porteur «mit italienischen und französischen
:

15, 1, 300, aber schon 1575 bei Fischart Garg. Galanteriewaren umherwandemder Tablett- '

17 colonisiren «ansässig, einheimisch machen». träger», aus franz. colporteur m. Kolpor-


Kolonne, f. (PI. -n)-. Säule, Heersäule, tage (spr. -äze), f. (PI. -n): Hausierhandel,
Aufstellung in Ordnung von größrer Tiefe. besonders mit Büchern.
1710 beiNehiing Colonne in militärischer Bed. Kolster, m. (-s): zäher Schleim, bei Les-
Aus gleichbed. franz. colonne, ital. colonna f. sing 1, 203, entstanden aus Qualster (s. d.).

«Säule», von lat. colunma f. «Säule». Dazu "Kolter, m.


wie Sg.): abgenähte (-S, PI.

Kolonnade, f. (PI. -n) Säulengang, Säulen- (Bett-) Decke, Steppdecke. Bei Luther 2. Kön.
-.

halle (bei Herder z. Philosophie 1, 165 Colon- 8, 15 Kolter, obd. im 16. Jh. und noch heute
nade), aus gleichbed. franz. colonnade f., da- meist Golter. Mhd. kolter, golter, üblicher
für 1712 bei Hübner Colonnata f. kulter, gulterm. (noch bayr. Chilter), nd. kolter
KolophÖninm, n. (-s): Geigenharz, be- «Polster, Decke, worauf man sitzt oder liegt»,
nannt nach der Stadt Kolophon in Kleinasien, zuweilen auch «Bettdecke». Aus afranz. colstre,
1565 bei Wundartzney 55 Colo-
Paracelsus coltre, coutre f., von lat. culcitra f. «Polster,
Krämer Golofonien, Colfonien n.
fonie, 1678 bei Matratze». Dagegen entspringt aus der ein-
Koloqninte, f. (PI -n): Bitter-, Papier- fachem lat. Form culcita f. das gleichbed.
gui-ke. Bei Luther (2. Kön. 4. 39) der PI. md. kulte, kolte f., mnd. kolte f., mndl. culct f.
Colochinten, Kolquinten, 1536 bei Wicel An- ^Kolter, n. (-S, PI. wie Sg.): Pflugmesser,
notationes 1, 126^ Kolokinten, aus mlat. im Sech. Norddeutsch. 1640 bei Colerus Hausb.
15. Jh. coloquintis, gr.-lat. colocynthis, gr. 4, 60 Kolter, mrhein. im 16. Jh. kolter, kolffter
KoXoKuvGic f. (Weisth. 2, 538. 597), mehr ndrhein. 1413 kolter
kolorieren, v.: mit Farbe ausmalen, (ebd. 2, 726, 10). Aus gleichbed. afranz. coltre
färben (1571 bei Rot colorim, 1562 bei Ma- m., nfranz. coutre, ital. coltro m., von lat. culter
thesius Sar. 49'', 78* coloriren); nrit künst- m. «^lesser, Pflugmesser».
lichen Tonverzierungen singen (1571 bei Rot, Kolumne, f. (PI. -n): bei den Buch-
colerieren 1551 bei Scheidt Grobianus7). Aus druckern die Spalte (eig. Schriftsäule) einer
lat. colöräre «färben», von color m, «Farbe». Buchseite, 1774 bei Adelung Columne, 1694 bei
Dazu Koloratur, f. (PI. -en): künstliche Nehring Columna, aus lat. colunma f. «Säule»,
Tonverzierung, 1571 bei Rot Coloratur, in eig. Kombination, f. (PI. -en): berechnende
Bed. «Färbung», 1562 bei Mathesius Sar. 265*'. Verbindung (fmh im 18. Jh.), aus mlat. combi-
Kolorit, n. {-[e^s, PI. -e): Farbeugebung, nätio f. kombinieren, v. berechnend ver- :

im 17. Jh. (1712 bei Hübner Colorit n., 1678 binden; zusammenfügen (1703 im Zeit.-Lex.).
bei Krämer der PI. Coloriten), aus gleichbed. ;
Aus spätlat. conibinäre (woher auch franz.
ital. m,
colorito comhiner «je zwei verbinden»), zusammen-
Koloß, m. (Gen. Kolosses, PI. Kolosse): gesetzt aus lat. com- «mit, zusammen», und
Riesensäule, Riesengestalt. Im 17. Jh. bei einer Ableitung von lat. «je zwei». &m
Lohenstein Hyacinthen 56 der Plur. Kolossen, Kom^t, m. {-en, PI. -en): Schweif-, Haar-
mit schwacher Flexion neben der starken noch stem, (1579 bei Calepinus) Strobelstern. 1482
bei Wieland, Goethe, Schiller. Aus gr.-lat. im Voc. theut. r2* komet, mhd. comete m.;
colossus, gr. KoXoccöc m. «Riesenbildsäule», dazu ags. cometa m. Aus gr.-lat. cometa, gr.
insbesondre die 70 Ellen hohe, dem Sonnen- KoiariTric m., eig. «langes Haar tragender»,
gott geweihte eherne auf der Lisel Rhodus. von gr. KÖuri f. «Haar».
Dazu kolÖSSisch, adj.: riesenmäßig, über- Komfort, m. {-s, PI. -s): Behaglichkeit,
groß, ungeheuer, bei Wieland Idris3,58, Herder Bequemlichkeit, um 1800 entlehnt, bei Goethe
z. 5, 67, von gr.-lat. colossicus, Naturw. Sehr. 4, 142 der PI. Comforts.
Philosophie Aus
kolossal, adj. (Goethe 31, 72), glbd. engl, com fort, mengl. comfort «Stärkung,
gr. KoXocciKÖc. !

aufgenommen aus franz. colossal «riesig-, über- Trost», durch afranz. confort m. «Stärkung», I
1099 Komiker Kommentar 1100

von lat. confortäre «sehr stärken», za lat. fortis und


als Subst. gesetzten Part. Präs. jenes ital.

«stark». Dazu komfortabel, adj.: behaglich, span. Zeitworts. Davon Kommandantur, f.


früher auch bekömmlich (Schiller an seine kommen, v.(Pv&s.komme, kommst, kommt,
Frau vom 10. 3. 1801). Vgl. Ladendorf. kam, Konj. käme, Part, gekommen): sich
Prät.

Komiker, m. {-s, PI. wohin bewegend gegenwärtig werden. Bei


wie Sg.): Schau-
spieler füi- lustige Bollen (erst im 19. Jh.). Luther komen, mhd. komen, auch kumen (be-
kömisch, adj.: Lachen erregend (bei Gott- sonders md.), ahd. queman, dann coman, kuman,
sched und Geliert 1, 281); närrisch, wunder- chomen; dazu asächs.-ags. cumun, engl, come,
Hch (bei GeUert 4, 66). Jenes von, dieses nach afries. kuma, anord. koma, schwed. komma,
gr.-lat. cömicus, gr. kuj|uiköc, als Adj. «witzig, dän. komme, got. qiman. Urverwandt mit aind.

scherzhaft, lächerlich», als männl. Subst. «ko- ga.mati«ge\\X, gehen», awest.j'awaifü< kommt»,
mischer Schauspieler, Lustspieldichter», von lat. venio (aus *gvenio) «ich komme», gr. ßaiviu
Küüiuoc m. in der Bed. «Umzug voll Mutwillen (aus *ßavji'uu) «ich gehe», arm. ekn «er kam»,
und Ausgelassenheit» (s. Komödie). ir. fohenat «subveniunt», der alte qu-haut hat

Komitee, n. (-s, PI. -s): leitender usw. sich in bequem (s. d.) erhalten. Das Präs. lautet
Ausschuß. Bei Norddeutschen öfters Fem., im Sg. bei Luther kome, kompst, kompt und
vereinzelt auch wohl Mask. Im 17. Jh. auf- selten kömpt (die umgelaut. Formen kömmst,
genommen (1703 im Zeit.-Lex.) aus gleichbed. kömmt oft im 17. und 18. Jh., vgl. Lessing
franz. comite m., und dies aus engl, committee, 10, 225, noch im 19. Jh. bei Chamisso, Heine,
eig. «Untersuchungsausschuß von und aus Rückert), mhd. kume (md. kome), kumest,
dem Parlament» (so bei Schiller M. Stuart 1, 7 kumet, zuweilen kiimet, kümt (andrhein. quimit,
Komniittee), von engl, commit «übergeben, kummit), ahd. quimu (dann cumu), quimist
anvertrauen». (dann cumist, chomest), quimit (dann cumit,
Letztres aber aus franz. com-
mettre «(zu einem Amt) chumit noch im 18. Jh. schles. qvimmt, quimt);
bestellen, abordnen»,
von lat. committere «anvertrauen». das Prät. bei Luther kam, mhd. kom, kam
Komma, n. (s. PI. -s und Kommata): (md. quam), PI. komen, kämen (md. quämen),
als Interpunktionszeichen der Beistrich, bis Konj. koeme, kceme (md. queme), ahd. quam,
ins 18. Jh. von längi-er Gestalt /. Bei Nehring Cham, PI. quämumes, Konj. quämi; das Part.
1694 Comma, aus gr.-lat. Pass. bei Luther und vorwiegend älternhd.
comma, gr. KÖ)x\xa n.

«Ein-, Abschnitt, Glied einer Periode» (wie komen, mhd. komen, kumen, zuweilen gekomen,
noch um 1522 Ickelsamer den PI. Commata, ahd.' queman, quoman, dann cuman, chomen,
Commaten gebraucht, s. Kolon), von gr.KÖirreiv noch heute im Volkston dichterisch oder alter-
«schlagen, abhauen». tümelnd kommen. In der Weise eines Hilfs-
KommandltgesellSCliaft, f.: Handels- zeitwortes erscheint kommen dem Part. Prät.
gesellschaft mit stillen Teilnehmern. Zgs. eines anhaltende Bewegung ausdrückenden
mit dem glbd. aus franz. commandite ent- Verbums zugesellt, in welcher Verbindung
lehnten Kommandite (1801 bei Campe). dies Part, aktiven Sinn hat, z. B. er kommt
Kommando, n. (-s, PI. -s): Befehl, im geflogen usw., oft im IMhd.
17. Jh. (bei Grimmelsh. Simpl. 8 Conimando, Kommende, f. (PI. -n): Ordenspfmnde.
1639 bei Micrälius Pommern 1, 79 gekürzt 1581 bei Fischart Binenkorb 223^ Commeiide,
Command n.) entlehnt aus gleichbed. ital.-span. aus mlat. cojumenda f., von lat. commendäre
comando m., von dem aus lat. commendäre «anvertrauen, übertragen». Vgl. Komtur.
«empfehlen» (zusammengesetzt aus com- «mit», Kommönt, m. (-s, -s-, spr. Komniq): der
numdäre «auftragen») gewordnen ital. coman- Brauch des Burschenlebens und das Gesetz-
dare, span. comandar, franz. Commander «be- buch darüber, 1795 belegt. Eigentlich das
fehligen, gebieten», woher im 16. Jh. kom- «Wie», aus franz. cojnment «wie».
mandieren, V.: Kommentar, m. {-s, PI. -e und -arien):
befehlen, befehligen (1571
bei Rot commendirn, 1617 Wallhausen Erläuterung, Erläuteningsschrift. Bei Lessing
bei
Corp. mil. 10 commandiren). Kommandant, 3, 20 vom J. 1750 Commentar, aber schon
m. (-en, PI. -en): Befehlshaber (1617 im teut- 1531 bei Hedio Josephus Vorr. S, 2 der PI.
schen Michel 10, 1642 bei Homburg Clio R 8 Commentarien, dafüi* im 16. u. 17. Jh. (1508
und 1646 bei Moscherosch Philander 4, 222 bei Altenstaig, 95^, bei Luther und Duez)
Coiyimendant 1664 bei Duez Cotumandant), Comment m. Aus gleichbed. lat. commentärius
,

aus gleichbed. ital.-span. comandante m., dem m. (eig. Adj., zu ergänzen liher m. «Buch»).
:

1101 Kommers Komödiant 1102

kommentieren, v.: erläutern, Nr. 252, aus lat. commissio f. «Begehung», im


leQ-iXehi-ing
coynmentiren, aus gleichbed. commentäri. spätem Latein «Vollmacht», im Mlat. «Auf-
lat.

Kommers, m. (Gen. -es, PI. -e): student. trag». Kommissionär, m. {-s, PI. -e): Ge-
|

Trinkgelage. 1781 bei Kindleben Kommersch, schäftsbevollmächtigter, 1775 bei Adelung, aus
'

bei Campe 1813 Commerce, aus franz. commerce franz. commissionnaire m., von mlat. commis-
m. «Verkehr» (s. Kommerz). ZUS. Kommers- sionarius m. Vgl. Kommis.
buch, n.: Trinkliederbuch der Studenten. kommlich, adj.: bequem, passend, dien-
Kommerz, m. (-es): Handelsverkehr-, aus lich, zuträglich. Schweiz.-elsässisch, daher
j

gleichbed. franz. commerce m.., von lat. com- bei Schiller Teil 4, 1 (V. 2128). :Mhd. komlich,
mercium n. «Handel». 1678 bei Krämer der Schweiz, im 15. Jh. kumlich. Zgs. mit kommen.
PI. Commercien (und schon in den schles. kommöde, adj.: bequem. Im 17. Jh.
Acta publica vom J. 1618 S. 225 Commertien) commode, aus gleichbed. franz. commode, von
« Handelschaft». ZUS. Kommerzienrat, lat. commodus «bequem». KommÖde, f.
m.: Titel, der an Großkaufleute verliehen wird. (PI. -n): Schiebkastenschrank. Im 18. Jh.
Kommis (spr. Kommi), m. (Gen. u. Plui-. Commode (Zachariä Phaeton 1, 33, Hermes
ebenso, aber mit gesproch. s): Handlungs- Soph. Reise 1, 532) aus gleichbed. franz. com-
diener. Das gleichbed. franz. commis, eig. mode f., dem substantivischen Fem. des Adj.
«Beauftragter», von commettre «beaufti-agen», commode. Kommoditat, f.: Bequemlich-
aus dem gleichbed. lat. committere, dessen keit; (verhüllendj Abtritt. In der 1. Bed.
Part, Perf. Pass. commissus lautet. Im altem bei Grimmeishausen Simpl. 1, 868 Klr. Commo-
Nhd. ist K. s. V. a. «Beauftragter, Stellver- dität, aus franz. commodite f., von lat. com-
treter» (so noch bei SchiUer 14, 192), dafür moditas f. «Bequemhchkeit».
jetzt Kommissar; die jetzige Bed. erscheint Kommune, f. (PI. -n): Gemeinde. Schon
bei Campe 1813. spätmhd. kommüne f., aus franz. commune f.,
Kommiß: zm- regelmäßigen Lieferung das auf lat. commünio f. «Gemeinschaft» zu-
an Soldaten Zugerichtetes, im 16. u. 17. Jh. i-ückgeht, von communis «gemein», kom-
(1596 bei Fronsperger Kriegsb. 1, 31^ in die munal, adj.: was zur Gemeinde gehört. Aus
Commiß greiffen, aus der Commiß gehen, 1617 gleichbed. cömmünälis. Im 19. Jh.
lat.

im teutschen Michel 38, 1650 bei Moscherosch Kommunikant, m, (-en, PI. -en): Emp-
2, 702. 812, aber schon 1555 bei Wickram Koll- fänger des heiligen Abendmahls. Bei Luther
wagenb. 71, 22 Commißmetzger für Lands- 4, 316^ J. Communicanten, aus lat. commüni-
knecht), aus franz. commis, lat. commissus, cans (Gen. communicantis) , Part. Präs.von
Part. Pass, von lat. committere «anvertrauen», co/»wi«?»'cäre «gemeinschaftlich machen, etwas
ZUS. Kom- mitteilen», woher kommunizieren, v. dui-ch
franz. comtnettre «beauftragen». :

mißbrot, n.: Soldatenbrot, schon im 16. Jh. Mitteilung gemeinschaftlich machen (1616 bei
(bei Hörn Soldatensprache 26 ein Beleg von Henisch communiciren): gemeinschaftlich zum
1598; 1648 bei Kemnitz schwed. Krieg 1, 160^ heil. Abendmahle gehen (bei Luther 5, 82*
Commishrot). communiciren). Kommunion, f.: Empfang
Kommissär, Kommissar, m. i-s, PI. -e) des heil. Abendmahls, bei Luther 5, 96'' Com-
-.

in amtlicherSendung Betrauter, amthcher munion, aus lat, commünio f. «Gemeinschaft»,


Geschäftsbetrauter. Im 15. Jahrb. (1447 im im 4. Jh. «das heil. Abendmahl», von lat.
Henneberg. Urkdb. 7, Nr. 252 der Sg. com- communis «gemeinschaftlich». Kommunis-
missari, bei Janssen Reichscorr. 2, 106 vom mus, m.: Gütergemeinschaft. Aus nlat. com-
J. 1449 der PL commissarien) entlehnt aus munismus. Ebenso wie Kommunist, m.,.
mlat commissarius m. «mit Besorgung eines politisches Schlagwort seit 1840. VgL Laden-
Geschäfts Betrauter, Vollzieher der Testa- dorf und ZfdW. 8, 18.
mente», woher franz. commissaire m. und hier- Komödis'int, m. (-en, PI. -en): Schau-
aus früh im 18. Jh. Commissär. Davon Kom- spieler. 1617 im teutschen Michel 25 und
missariat, n. {-es, PI. -e), 1564 in den Script. 1620 bei Albertinus Lustgarten 265 Gomediant,
Kommission, f. (PI. -en): 1689 bei Zincgref 1, 304 Comoediant, 1691 bei
rer. Siles. 4, 202.
Auftrag; Untersuchungsausschuß. In der 1. Stieler Komödiant neben Komediant und Kom-
Bed. 1495 in den Reichsordn. 18^ Commission, mediant, nach gleichbed. ital. commediante m.,
auch bei Hermann v. Sachsenheim Mörin 2390; dem als Subst. gebrauchten Part. Präs. von
in der 2. Bed. 1447 im Henneberg, ürkdb. 7, comtnediare «Lustspiele aufführen», zu ital.
1103 Kompagnie Kompliment 1104

commedia f. «Lustspiel», aus gr.-lat. comoedia f. messen» abgeleitet von \ai. passus m. «Schritt».
Daher komödiantisch, adj., 1712 bei Hübner Jetzt betont Kompaß, aber bei Opitz, A. Gry-
comödiantisch, 1694 bei Nehring coniediantisch. phius, Hoffmannswaldau, Canitz usw. Compaß.
— Komödie, f. (PI. -n): Lustspiel (im 17. Kompendium, n. (-s, PI. -dien): kurz
und 18. Jh. Schauspiel, Theater überhaupt, gefaßtes Lehrbuch, Abriß. Aus lat. compen-
nach franz. comedie f.). Im 15. Jh. mrhein. dium n. «Ersparnis» (an Arbeit). Im 17. Jh.
coniedie (bei Diefenbach gl. IB4:'^), 1517 comedi Kompensation, f. (PI. -en): Ausgleichung,
f.(vocabula pro juventute Bl. 23*), 1639 bei Entschädigung, Aufrechnung. Aus gleichbed.
Zincgref 1, 304 Comoedie, 1691 bei Stieler Ko- franz. compensation f. und dies aus lat. com-
mödie neben Komedie und Kommedie, aus gr.- pensatio f. von com-pensäre «gegeneinander
lat. f. «Lustspiel», im
comoedia, gr. Kuu.uoibia abwägen», wovon kompensieren, v.: auf-
Griechischen wohl «Festgesang», zgs. aus rechnen. Beide im 17. .Ih.
eig.

KuJuoc m. «festlicher Aufzug mit Musik, Ge- Kompetent, m..{-en, Pl.-en): Mitbewerber
sang und Tanz», zunächst zu Ehren des Gottes um ein Amt, 1678 bei Krämer, kompetent,
Dionysos, und üjbr) f. «Gesang» (s. Ode). Vgl. adj.: zuständig, befugt, 1714 bei Wächtler
komisch, Komiker. competente, von lat. competens (Gen. compe-
Kompagnie, Kompanie (spr. Kompani), tentis, in der mlat. Rechtssprache «gebühr-
f. (PI. -w): zu etwas verbundne Gesellschaft; lich, zuständig»), dem Part. Präs. von compe-

Abteilung Soldaten unter einem Hauptmann. tere «zusammentreffen, gemeinsam erstreben».


Das franz. cotnpagnie f., das zurückgeht auf Kompetenz, f.: Mitbewerbung, Zuständig-
ein mlat. companium n. «Gesellschaft», eig. keit (1678 bei Krämer Competentz), aus lat.
«Brotgenossenschaft», zgs. aus lat. com- «mit» competentia f. «Zusammentreffen», im Mlat.
und einer Ableitung von pänis m. «Brot». «Mitbewerbung».
Schon mhd. kompanie, kumpanie f. «Gesell- Kompilation, f. (PI. -en): Zusammen-
schaft», dann im 16. Jh. in der Bed. «Handels- stoppelung aus Büchern, kompilieren, v.:
gesellschaft»; alsHeeresabteilung 1617bei Wall- (aus Büchern) zusammenstoppeln. Erst im
hausen Corp. mil. 12. —
Kompagnon (spr. 18. Jh. aus lat. compüäre «plündern», com-
kompanJQ), m. (-s, PI. -s): Geschäftsteilhaber. pilätio f. «Plünderung».
Das franz. compagnon, ital. compagnone m., eig. komplett, adj.: vollständig, 1678 Krämer
«Genosse». Schon 1515 im Eulenspiegel Kap. complet, aus gleichbed. franz. complet, von
39 companion in der Bed. «(Handwerks-) Ge- lat. completus «vollgefüllt, vollständig», dem
nosse, Mitgesell». Vgl. Kumpan. Part. Perf. Pass. von lat. complere «an-, voll-
kompakt, adj.: dicht, gedrängt. 1716 bei füllen». Davon komplettieren, v.: ver-
Ludwig compact, aus franz. compacte, von lat. vollständigen, ergänzen, 1703 im Zeit. -Lex.
compacfiis «gedrungen». completiren, aus gleichbed. franz. completer.
Kompanie, s. Kompagnie. Komplex, m. {-es, PI. -e): Zusammen-
KomparatiT, m. (s, PI. -e): Vergleichs- fassung, Zusammengefaßtes. Oft bei Goethe
stufe, höhre Stufe des Adjektivs und des Ad- (3, 368; naturw. Sehr. 6, 9). Aus lat. com-
verbs in der Grammatik. Aus lat. (gradus) plexus m. «das Umfassen».
comparätivus m,, eig. Adj. von comparätus, dem Komplice, m.(-?i, Pl.-w): der Mitschuldige,
Part. Perf. Pass.von comparäre «vergleichen». Helfershelfer. Ende des 17. Jh., aus gleich-
Kompaß, m. (Gen. Kompasses, PI. Kom- bed. franz. complice m., von lat. complex m.
passe): Magnetnadel mit Büchse (im 17. und (Gen. compUcis) «Verbündeter, Teilnehmer».
18. Jahrb. auch «Taschensonnenuhr» für die kompliziert, adj. verwickelt. Bei Campe :

Keise, 1678 bei Krämer «Zirkel», daher die 1801. Das Part. Perf. Pass. von komplizieren,
sprichwörtliche RA. Einem den K verrücken lat. complicäre «zusammenfalten, -wickeln».
«seine Pläne vereiteln», (1605 bei Hulsius). Kompliment, n. {-es, PI. -e): Verbeu-
Ln frühen 15. Jh. compas, daneben compast, gung; Empfehlung; Höflichkeitsbezeigung,
1540 bei Albenis dict. ee3'' Compaß (aber Artigkeit. Im 17. Jh. (1615 bei Albertinus
bereits 1253 bei Heinrichvon Krolewiz Vater- Landstörzer 255 der PI. Gomplimenten), aus
unser 1468 f. und um 1190 im Gedicht La gleichbed. franz. compliment und dies aus ital.
Bible des Guyot de Bercy aus Provins be- complimento m. Davon komplimentieren, '

schrieben). Aus ital. compasso m. «Kompaß, V., 1669 im Simplic. 217 complimentiren, aus
Zirkel», nebst ital. compassare «abschreiten, ab- franz. complimenter, ital. complimentare.
;

1105 Komplott Konferenz 1106

Komplott, n. {-[e]s, PL -e): geheime Yer- dür, kumtürm.., aus afvajiz.com}n€nd€or (nfranz,
bindung zu Schlimmem; Meuterei. Im 17. Jh. commandeur), von mlat. commendator m. «Be-
(1686 bei Liebe) aus dem in seinem Ursprung fehlshaber eines geistlichen Ordensgebietes
dunklen franz. complot m. «heimlicher böser oder Ordensgutes», von commendäre «emp-
lat.

Anschlag unter Mehrem» (in der ersten Hälfte fehlen», im Mlat. «befehlen». Vgl. Kommende.
des 16. Jh. «Verabredung, Übereinkunft»). kondensieren, v. eindämpfen, eindicken.
:

Davon komplottieren, v., im 17. Jh. aus Xach lat. condensäre «dicht machen, zusammen-
franz. comploter. pressen». 1791 bei Roth.
komponieren, v.: Tondichtung schöp-
eine Kondition, f. Bedingung; Zu-
(PI. -eyi):
ferisch zusammensetzen. 1571 bei Eot com- stand; Dienst. Im f. «Be-
16. Jh. Condition
ponirn, aus lat. compönere «zusammensetzen». ding, Vorschlag» (1580 bei Schwartzenbach
Komponist, m. {-en, PI. -en): Tonsetzer, Syn. 14*), «Dienst, Stelle» (bei Luther Briefe
bei Luther Briefe 4, 586 und bei Rot 1571 5, 528), aus lat. conditio f. «Bedingung, be-
Componist Komposition, f. (PI. -en): Zu- dungene Übereinkunft», von condere «zu-
sammensetzung (um 1522 bei Ickelsamer 32 sammengeben». ABL. konditionieren, v.:
Coniposition der Wörter); Metall- oder Erd- in Diensten stehen. Im 17. Jh.
mischung (Zimm.-Chron.- 4, 139, 8); Ton- Konditor, m. {-s,PL wie Sg.): Zucker-
dichtung (1571 bei Rot). Aus lat. compositio bäcker. 1716 bei Ludwig Conditor, 1728 bei
f.,«Zusammensetzung». Sperander Conditer, aus lat. conditor m., von
Kompost, m. (-[e'ls, PI. -e): gemengte condire «durch Zutaten lecker machen, Früchte
Düngererde. Neures Lehnwort der Gärtner einlegen» (1616 bei Henisch Co/iJ?'^« Konfekt»,
und Winzer aus gleichbed. franz. compost m., ebenso mhd. condiment n. aus lat. condlmentum
mlat. compostum n. «Dünger», von lat. com- n.). ABL. Konditorei, f.: Zuckerbäckerei
positum «Zusammengesetztes» (s. Kompott). Kondolenz, f.: Beileidsbezeugung. Im
Kompott, n. (-[e].s, PI. -e): eingemachtes 17. Jh. ibei Schuppius 617 Condolentz), aus
gedämpftes Obst, bei Campe 1801, aus gleich- gleichbed. ital. condolenza f. kondolieren,
bed. franz. compote f., ital. composta f., aus V.: sein Beileid bezeugen, 1694 bei Xehring
lat. composita, dem Fem.
des Part. Perf. coTidoliren, von lat. condolere «sehr leiden»,
Pass. compositus von compönere «zusammen- dann «Mitleid, Beileid bezeugen».
setzen». Dafür im 16. bis 18. Jh. Compost m. Kondor, m. (-s, PL -e) südamerikanischer -.

(1567 bei Junius 111% Schlehenkompost 1575 Greii'geier. 1721 bei Jablonski, über span.
bei Fischart Garg. 210). condor m. aus peruanisch cuntur.
kompreß, adj.: zusammengedrängt, enge. Kondottiere, m. (-s, PL -w und Km-
Im 17. Jh., aus lat. compressus «knapp, enge», dottieri): Führer einer Söldnerbande. Aus
dem Part. Perf. Pass. von comprimere « zu- gleichbed. ital. condottiere (14. Jh.), abgeleitet
sammen dnicken, -pressen». Davon Kom- von ital. Part. Perf. Pass. condotto, lat. con-
presse, f. (PI. -n): Umschlag um eine Wunde, ductus, zu ital.-lat. condücere «führen».
Beule und ähnliches. 1813 bei Campe. Kondukteur, (spr. -ör), m. {-s, PL -e):
Kompromiß, m. und n. (Gen. -sses, PI. Begleiter, Schaffner. Aus franz. conducteur
-sse): gegenseitige Übereinkunft, besonders «Leiter», von conduire «führen». 1728 bei
streitiger Personen; Urteil, dem sie sich unter- Sperander.
werfen. Im compromiss n, (Öheim
15. Jh. Konfekt, n. (-5, PL -e): Zuckergebacknes.
154, 13), aus lat. cotnprömissum n. «gegen- !Mhd. im 14. Jh. confect n,, aus gleichbed. mlat.
seitiges Versprechen», dem substantivischen confectum n., urspr. Xeutr. des Part. Perf. Pass.
Neutr. von comprömissus , Part. Perf. Pass. von conficere «verfertigen». Konfektion, f.
von compromittere (s. d. folg.). (PL -en) Anfertigung von Kleidern usw. Aus :

kompromittieren, v.: (dem Schimpfe) gleichbed. franz. confection f , nlat. confectio f.


bloßstellen. Im 17. Jh. compromittiren (1694 Im 19. Jh. Davon Konfektionsgeschäft, n.
bei Nehring), aus gleichbed. franz. compro- Konferenz, f. (PL -en): Beratschlagung,
mettre, von lat. compromittere «gegenseitiges 1678 bei Krämer Conferentz, aus mlat. con-
Versprechen geben». ferentia f. «Unterredung», von lat. conferre
Komtur, m. (-s, PI. -e) Ordenspfründner «zusammentragen, mitteilen», konferieren,
-.

Vorgesetzter eines Ordenshauses oder Oi-dens- V.: gemeinschaftlich beraten; (ein Amt) über-
gebietes. Mhd. kommentiur, commendür, kome- tragen. Früh im 16. Jh. (bei Fischart Garg.
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 70
1107 Konfession König 1108

274 conferieren in der 1. Bed.), aus gleich- lat. confUsus, Pai't. Perf. Pass. von confundere

bed. franz. conferer, von lat. conferre «mit- «zusammengießen, verwiiTen». Konflisiön, f.
teilen, zuwenden». (PI. -en): Verwirrung, Durcheinander. 1571
Konfession, f. (PI. -e») : Bekenntnis (mhd. bei Rot Confusion, aus glbd. lat. confusio f.

confession f.); Eeligions-, Glaubensbekenntnis Kongreß, m. (Gen. -sses, PI. -sse): Zu-
(nacb der confessio Augustana von 1530, bei sammenkunft von Abgeordneten in Staats-
Rot 1571 Confession), aus lat. confessio f. «Be- angelegenheiten. 1703 im Zeit.-Lex. Congreß,
kenntnis», von confiteri «bekennen». aus lat. congressHS m. «Zusammenkunft».
konfirmieren, v.: rechtskräftig König, m. (-S,
bestä- PI. -e): Fürst der höchsten
tigen (mhd. im 13. Jh. confirmiren Geimania Würde nach dem Kaiser. Bei Luther Konig,
28, 363); zurBestätigung des Tauf bundes ein- König, md. im 15. Jh. konig. mhd. künec, ahd.
segnen (1534 bei Franck Weltb. 127 con- kuning, (mit Auswerfung des jS'asals wie in Ho-
**

firmieren), aus lat. confirmäre «festmachen, nig, Pfennig, verteidigen) kunig m.; dazu asächs.
bestätigen». Konfirmand, m. (-en, PI. -e?i): cuning, mnd.ko7iink, mnd]. coninc, afries.kining,
der als Mitglied der christlichen Kirche be- ags. cyning, cyng, engl, king, anord. konungr,
stätigt und eingesegnet werden soll, aus lat. köngr m., schwed. konung, kung, dän. ko7ige
confirmandus, dem Part. Perf. Pass. von con- (got. dai^ürßiudans m.). Mittels der Ableitungs-

firmäre. Konfirmation, f. (PI. -en) rechts- : silbe -ing von got. kuni, ahd. cunni, mhd.künne,
kräftige Bestätigung (1487 im Stadtrecht von asächs. cunni, ags. cyn, anord. kyn n. «Ge-
Gera Einleit. Investitur (im schlecht» (s. Kind), also eig. «Mann von edlem
confirmacion) ;

15. Jh. Einsegnung zui' Be- Geschlecht». Doch scheint neben ahd. chuning,
confirmaz f.);

stätigung des Tauf bundes (1534 bei Franck ags. cyning ein aus ahd.chuniriche, ag&.cynerice
Weltbuch 127*' Confirmation); aus lat. con- n. (Königreich), cynecyn n. (Königsgeschlecht),
firmätio f. «Befestigung, Bestätigung». cynelic (königlich) sich ergebendes ahd. chuni,
konfiszieren, v.: gerichtlich einziehen. ags. cyne «König» vorhanden gewesen zu sein,
1507 bei Janssen ReichscoiT. 2, 738 confisciren, von dem jene alten Formen für König abge-
aus lat. confiscäre «füi- die kaiserliche Schatz- leitet sein könnten, bekräftigt durch die Ab-
kammer (lat. fiscus m.) einziehen». Kon- leitimg des anord. konungr von konr m. «Mann
fiskation, f.: Verfallserklärung, aus lat. con- vornehmer Abkunft», demnach eig. «Sohn eines
fiscätio f. «Vermögenseinziehung». Im 17. Jh. Mannes von edlem Geschlecht». Nach Tacitus
Konfitüren, PI.: Eingemachtes; Zucker- Germania 7 wählten die Germanen die Könige
gebäck. Aus gleichbed. franz. confiture f., das nach edler Geburt. Mit einem unmittelbar
auf lat. confectüra f. von conficere (s. Konfekt) dahinterstehenden Eigennamen bleibt König,
zumckgeht. 1711 bei Eädlein, das man mit diesem als eins ansieht, unver-
Konflikt, m. (-[e]s, PI. -e): feindlicher Zu- ändert und wird nur jener Name dekliniert,
sammenstoß. Im 18. Jh., aus gleichbed. lat. z. B. mhd. künec Ärtüses hof, nhd. König Fried-

conflictus m.,von confligere «feindlich zu- richs Macht; hat aber K. den bestimmten
sammenstoßen». Artikel vor sich, so bog mhd. nur der Name,
Konföderation, f. (PI. -en) Verbindung -.
z. B. des künic Günther es man, oder auch
(im 17. Jh.). konföderieren, v.: verbünden, zugleich künec, z. B. von des küneges Sige-

im 17. Jh. (bei Nehring) aus lat. confoederäre bandes wihe (Gudnin 156, 4), doch biegt heute
«durch Bündnis vereinigen», davon (um 400 nur König, z. B. des Königs Karl. Mit einem
n. Chr.) lat. confoederätio f. «Bündnis». Beinamen dekliniert man z, B. König Fried-
konform, adj.: gleichförmig, überein- richs des Großen, aber des Königs Friedrich
stimmend. Im 17. Jh. (bei Xehring con form), des Großen. ABL. Königin, f. (PI. -neu),
aus glbd. späterlat. conformis, von lat. forma f. bei Luther Königin, mhd. küniginne, küne-
«Form». ginne und künigin, künegln, md. küniginne,
konfrontieren, v.: zum Verhöre Stirne ahd. kunninginna und kunningin, mnd.-mndl.
gegen Stirne, d. h. gegenüberstellen, 1616 bei koninghinne f. königisch, adj., bei Luther
Henisch confrontiren, aus mlat. confrontare^ und Goethe, ahd. chuningisc, jetzt veraltet.
von lat. frons f. «Stirne». Konfrontation, f., königlich, adj., mhd. küniclich, küneclich,
mlat. confrontatio f. 1728 bei Sperander. ahd. kuninglih, kimiglih, anord. konungligr,
konfus, adj.: verwirrt, im 16. Jh. in der engl, kingly, aber ags. cijnellc. Königtum,
Zimm. Chron. - 1, 529, 23 confus, aus glbd. n., 1691 bei Stieler verzeichnet als frühres,
1109 Konjektur Konnetal)el 1110

nicht mehr gebrauchtes Wort für Königreich; {-[e]s, PI. -e): wilde Ehe, aus lat. concu-
nach Heynat^ Antibarb. 2, 195 von Wieland Mnätus m. «außereheliche Geschlechtsverbin-
für franz. royaute f. aufgebracht; aber asächs. dung». 1728 bei Sperander.
cuningdörn m., mndl. koninkdom, ags. cyning- konkurrieren, v. sich mitbewerben, im :

dorn m., engl, kingdom. anord. konungdömr m. 17. Jh. (aber 1571 bei Rot concurrirn in der
ZUS. Königreich, n., mhd. kUnicnche, ahd. eig. Bed. «zusammen- oder mitlaufen»), aus
kuningnchi, ags. cyningrice und cynerlce n. \dX. concurrere ^xmi-, zusammenlaufen». Kon-
Königskerze, f.: die schöne gelbe Twie Gold kurrent, m. {-en, PI. -en): Mitbewerber, im
der Königskrone blinkende) Wollblume mit 17. Jh. aus lat. concurrens, Part. Präs. von
kerzengeradem hohen Stengel, im 15. Jahrh. concurrere. Konkurrenz, f. (PI. -en) Mitbe- :

konigis kercz (Diefenbach gl. 573^). KÖnigS- werbung, im 17. Jh., aus mlat. concurrentia f.
SChnß, m.: bester Schuß beim Scheiben- Konkurs, m. (Gen. -es, PI. -e) Zusammen- :

und Vogelschießen, der zum Schützenkönig lavtf, besonders der Zusammentritt der Gläu-
macht, 1691 bei Stieler. biger zur gerichtlichen Teüung des für ihre
Konjektur, f. (PI. -en): Vermutung, Mut- Fordeningen unzureichenden Vermögens eines
maßung, 1571 beiPiot, aus glbd.lat. co?n'ecf«ra f. Schuldners. Im 17. Jh. (bei Xehring) Concurs
konjugieren, v.: das Zeitwort biegen, m. «Zusammenlauf, Zusammenkunft, Ver-
in der kursächs. Schulordnung von 1580 con- sammlung der Gläubiger», aus lat. concursus
jugiren, aus lat. Kon- m. «Zusammenlauf». Vgl. Gant.
co/aw^äre« verbinden».
jugation; f. (PI. -en): Zeitwortbiegung, bei können, v. (Präs. kann, PI. können, Prät.
lj\ither8,lBö^ Coniugation, aus lat. coniugätio f. konnte, Konj. könnte, Part, gekonnt): geistig
«Verbindung», bei den lat. Grammatikern «die innehaben und ausüben; Fähigkeit, Möglich-

Biegung des Verbums», wofüi- Schottel 1641 keit wozu haben. Mit ö aus dem Md., mhd,
Zeitwandehing, Gottsched 1748 Abwandelung. kunnen, künnen, ahd. kunnan, in ältester Zeit
Konjunktion, f. (PI. -en): Verbindung nur «geistig innehaben»; dazu asächs. -ags.
(bei SchiUer WaU. Tod 1, 5 V. 401); Binde- cunnan, afries. kunna, konna, anord. -schwed.
wort (1690 bei Bödiker 233 f. Conjunction), kunna, dän. kunne, got. kunnan «kennen,
aus lat. coniunctio f. «Verbindung», bei den wissen». Daneben ahd. cnäan (in den Kompos.
lat. Grammatikern «Bindewort» (von lat. con- int-, ir-, hicnäan) «kennen», entsprechend ags.

jungere «verbinden»), dafür 1641 bei Schottel cnäwan, engl, know «kennen, erkennen», anord.
Fügewort, 1691 bei Stieler Fügwort, l'i AS bei k)iä «können, vermögen». Urverwandt mit
Gottsched Bindeicort. lat. nöscere «kennen», co-gnöscere (Perf. co-
konkäy, adj.: hohlrund. 1728 bei Spe- gnövi) «erkennen», nötus «bekannt», gnäi'us
rander, aus lat. concavus «gewölbt». «kundig, bekannt», gr. fiTviücKciv «erkennen»,
Konklave, n. wie Sg.): ver- Yviücic f. «Erkenntnis», ir. od-^ewsa «erkannte»,
{-s, PI.
schloßnes Papstwahlgemach Papstwahlver- gnäth «bekannt, gewohnt», abg. znati «er-
;

sammlung, 1703 im Zeit.-Lex. Aus lat. con- kennen», lit. zinoti «kennen, einsehen», aii-.
cläve n. «Verschluß». gnäth «bekannt», aind. jäwäw? «ich erkenne»,
Konkordanz, f. (PI. -en): Findeverzeichnis aw. zan- «kennen», arm. caneay «kannte»,
der Bibelspiüche nach ihrer Übereinstimmung. alb. riok «kenne». Das Präs. lautet mhd. kan,
Im 16. Jh. (1571 bei Rot Concordantz), aus PI. kunnen (künnen, können), ahd. chan. kan,
glbd. mlat. fl3. Jh.) concordantia f., von lat. PI. kunnun, ags. can, cunnon, got. kan, kunnum:
concordäre «übereinstimmen». Schon iml5.Jh. das Prät. noch ältemhd. kunte \kunt d. j.
bei Wolkenstein concordantz f. «Einklang». Goethe 3, 494, kunnt H. Heine 1, 18), mhd.
Konkordat, n. {-s, PI. -e): Vertrag eines künde, konde (Konj. künde, künde), ahd konda,
weltlichen Fürsten mit dem Papst in Kirchen- auch konsta, got. kunpa; das Part, älternhd.
sachen. Aus gleichbed. mlat. concordatum n., gekonnt, gekönnt, mhd. gekunnet und kunnen
von lat. concordäre «zusammenstimmen, in (noch nhd. bei einem Inf., z. B. er hat es tun
Eintracht bringen». können ags. cvT^, ainnen, got. kunps vffl.kwid).
), f

Konkubine, f. (PI. -»): Beischläferin, Konnetäbel, m. (-s. PI. -s): Kronfeld-


Kebsweib, spätmhd. concubine, aus gleichbed. herr. Im 17. Jh. Connefable, aus gleichbed.
lat. concuMna, dem Fem. von lat. concuhmus franz. connetahle, ital. contestabüe, connestabüe,

m. «Beischläfer», zu lat. concumhere «be- Span, condestable m., urspr. «Oberstallmeister»,


schlafen». 1572 bei Rot. Konkubinat, n. von mlat. constabulus m., zgs. aus comes stabidi
70*
1111 Konnexion Konstabel 1112

«Stallmeister» (lat. comes m. «Begleiter», im Konsistorium, n. {-s, PL -rien): Ver-


Spätlat. «Inhaber eines Hof-, Staatsamtes», sammlung; zusammengesetzte geistliche Be-

und lat. stabulum n. hörde (1562 bei Mathesius Sarepta 193^ Gon-
«Stall»).

Konnexion, f. (PI. sistorium).


-en): Mhd. consistorium n. «Sitzung
einflußreiche
Verbindung. Im 17. Jh. Connexion (bei Neh- unter Vorsitz des Papstes» (Ottokar 19471),

ling), aus franz. connexion f. «Verbindung», aus lat. consistorium n. «Versammlungsort»,


von lat. connexio f. «Verknüpfung», zu lat. von lat. consistere «sich hinstellen».
connectere «zusammenknüpfen». konskribieren, v. Mannschaft ausheben :

Konrad, Mannsname. Mhd.-ahd. Kuonrät, zum Soldatendienste. Im 17. Jh. conscribiren


ags. Cenred. Zgs. aus kühn und Rat. Dazu (aufschreiben, viel Schi-eibens machen), um
die Koseformen Kurt, nd. Kord, und Kunz, 1800 in der Bed. «zum Kriegsdienst auf-
mhd. Kuonze, Kunze, ahd. Ohuonzo, Cunzo. schreiben und ausheben», aus gieichbed. lat.
Konrektor, m. {-s, PI. -en): Mitrektor conscrihere. Konskription, f. (PL -en):
(zweiter Lehrer) einer Schule. Neulateinisch. Aushebung zum Kriegsdienst. Bei Goethe
konsekrieren, v.: weihen, einweihen. 7, 22. Nach gieichbed. franz. conscription f.
Mhd. consacrieren, md. consecriren (Germania (1798), aus lat. conscriptio f. «Aufzeichnung».
18, 266), aus lat. consecräre. f. (PL -n): Kragstein, Wand-
Konsöle,
Konsens, m. (Gen. -es, PI. -e): Zustim- Träger für Statuetten u. a. Aus glbd.
gestell,
mung. Im 15. Jh. (1411 bei Janssen Reichs- franz. console f., das vielleicht von consoler
corr. 1, 217 consensbrief), aus lat. consensus «trösten» stammt. Bedeutungsentwicklung:
m. «Übereinstimmung». Trost, Stütze, Stützbänkchen. 1791 bei Rot.
konsequent, adj.: folgerecht. Im 18. Jh. Konsöls, pL: Staatspapiere. Aus engl.
aus lat. consequens (Gen. consequentis), dem consols. Im 19. Jh.
Part. Präs. von lat. consequi «nachfolgen, Konsonant, m. [-en, PL -en): Mitlauter.
logisch folgen». Konsequenz, f. (PL -en): 1478 bei Nicl. v. Wyle 350, 30 consmant, 352, 6
Folge, bei Luther 253^ Consequentz, aus consonanten, um 1522
7, bei Ickelsamer 11
gieichbed. lat. eonssquentia f. Konsonant Mitstymmer. Aus gieichbed. lat.

konseryatlV, adj.: erhaltend. Aus engl. (litera) consonans f., eig. Part. Präs. von con-
conservative von einem. lAat. conservativiis «er- sonäre «mitertönen». Davon konsonan-
haltend» zu lat. conserväre, s. konservieren. tisch, adj., 1593 bei Helber 5 consonantisch.
Seit 1831 in England f. (PL -en): Einklang, im 18. Jh.
als politisches Schlag- Konsonanz,
wort belegt und bald danach als Name einer Gonsonanz, aus gieichbed. lat. consonantia f.
bestimmten Partei auch in Deutschland ver- Konsorte, m. {-en, PL -en): Mitgenosse,
breitet. Vgl. Ladendorf. Teilnehmer, jetzt meist in anrüchigem Sinne.
Konservatorium, n. (-s, PL -rien): höhre 1562 bei Mathesius Sarepta 60'' der PL Gon-
Schule für Musik. Latinisiert nach gieich- sorten, aus lat. consors m. (Gen. consortis)
bed. franz. conservatoire (so noch 1813 bei «Teilhaber».
Campe) von lat. conserväre, s. d. folg., also konspirieren, v.: übereinstimmen, sich
eig.«Ort zur Erhaltung (der wahren Musik)». verschwören. Bei H. Sachs Fab. 359, 100.
konservieren, v.: erhalten, bewahren. Aus gieichbed. lat. conspiräre. Konspira-
1571 bei Rot conservirn, aus gieichbed. lat. tion, f. (PL -en): Übereinstimmung, Ver-
conserväre. Konserve, f. (PL -n): einge- schwörung, 1509 bei Brant Layenspiegel C 6^
machte Früchte, Gemüse usw. 1580 bei Sebiz Gonspiration , im 15. Jh. bei Öheim 112, 8
Feldbau 70 Gonserf f., 1616 bei Henisch Gon- conspiraz f., aus gieichbed. lat. conspirätio f.

serv f. (eingezuckerte Blumen und Kräuter), Konstäbel, m. (-s, PL wie Sg.): Feuer-
1546 bei Bock 2, 20^ Gonserva f., aus mlat. '.

werker, Stückmeister, Kanonier, 1617 im teut-


conserva f. schen Michel 18. Aber Voc. ex quo von 1469
konsistent, adj.: dicht, dauernd, haltbar. constahel m. «adelicher Fürstenbote», mhd. con-
Aus lat. consistens (Gen. consistentis) , dem stabel m. «Anführer, Befehlshaber», aus mlat.
Part. Präs. von consistere «sich hinstellen, constahulusis.Konnetabel); spätrahd, cowstouei,
seinen Stand haben, feststehen, bestehen». kunstdbel m. «Mitglied der patrizischen Gelags-
Davon Konsist^nz, f.: Bestand, Dichtheit, genossenschaft in den Reichsstädten, Junker».
Dauer, 1716 bei Ludwig Gonsistenz, franz. Konstäbler, m. {-s, PL wie Sg.): Stück-
consistance, ital. consistenza f. meister, Kanonier; (englischer) Polizeidiener.
,

1113 konstant Kontinent 1114

1650 bei Moscherosch Phil. 1, 170 Constäbler, bed. lat. consumere. '
Davon Konsum, m.
aber mhd. kunstofeler m. «Koimetable» (s. d.), (-[e]s): Verbrauch. Im 19. Jh. Kousüm-
aus mlat. constahularius m. «Heerführer, Be- j
verein, m.: Genossenschaft zum gemeinsamen
fehlshaber zur Lager- od. Festungsbewachung». Einkauf und Verkauf. 1851 von K. Bürkli ge-
konstant, adj. : behan-lich, unveränderlich, prägte Bezeichnung, vgl. ZfdW. 9, 283. Kon-
1728 bei Sperander, aus gleichbed. lat. constans. sumtion, Verbrauch, 1716 bei Ludwig
f.:

konstatieren, v.: feststellen, ISOl bei Consumtion, aus lat. consumptio f. Aufzehmng.
Campe constatiren, aus gleichhedjrz.constater. kont^nt, adj.: zufrieden. 1551 bei Scheidt
konsternieren, v. bestürzt machen, ver- : Gi-obianus 52 V. 1578 content, aus lat. con-
blüffen. Im 17. Jh. (1694 bei Nehring, bei tentus «zufrieden» eig. «sich beschränkend, be-
Weise Cath. 135), aus gleichbed. lat. consternäre. gnügend», dem als Adj. stehenden Part. Perf.
konstitnieren, V. feststellend zusammen- Pass. von continere «zusammenhalten», woher
:

ordnen, 1571 bei Rot constituirn, aus lat. consti- auch franz. content, koutentieren, V.: zu-
tuere «feststehen machen». Konstitution, f. friedenstellen, befriedigen, insbesondere in Be-
(PI. -en): Leibesbeschaffenheit; Staatsverfas- zahlung (SchiUer Pikk. 1, 1). 1616 beiHenisch
sung. 1495 in den Reichsordn. 28^ Constitu- contentieren, nach franz. contenter «dm-ch Be-
tion f. «Verfassung», iQh.d.constitucion f. «päpst- zahlen vergnügen, zufriedenstellen».
liche, bischöfliche Satzung» (Ottokar 13437.Konteradmiral, m. Gegenadmiral, d. i. :

28076), aus lat. constitütio f. «Feststellimg, der dem Vizeadmiral zunächst stehende Ad-
EinrichtuAg». konstitutionell, adj.: eine miral, 1728 bei Sperander Contre-Ädmiral, aus
Staatsverfassung habend; verfassungsmäßig. franz. contreadmiral m. (franz. contre, von lat.
Spät im 18. Jh. Constitutionen (Goethe 5,1, 151), contra «gegen».)
aus hsixa. constitutionnel «verfassungsmäßig». Konterbande, f. (PI. -n): Schleichhandel;
konstruieren, v.: zusammenordnen, bei verbotene, geschmuggelte Ware. 1562 bei
Luther 7, 20 ^ Jen. construirn, aus lat. construere Mathesius Sarepta 78* Gontrdbant m., 1555
9**.

«zusammenschichten», dann «gi-ammatisch ver- bei Wickram Rollw. 190, 7 Kontrebando. Aus
binden». Konstruktion, f. (PI. -en): Zu- franz. contrabande f., ital. contrdbhando m.
sammenfügung, Zusammenordnung, gramma- «Handel gegen öffentliche Vei'kündigung oder
tische Verbindung (um 1522 bei Ickelsamer 45 Gesetz, Schleichhandel» (ital.-lat, contra «ge-
und bei Luther 8, 135* Gonstrudion) aus gen», hando m. «Verkündigung eines Befehls»).
,

gleichbed. lat. construdio f. Konterfei, n. {-s, PI. -e): Abbild. 1651


Konsul, m. (-S, PI. -nj: höchste Magistrats- bei P.Fleming 35 Oonterfei, 1618 bei Schöns-
person, Bürgermeister (spätmhd. im 15. Jh. leder Conterfech (1663 Conterfeh), 1616 bei
consul, kunsel); beglaubigter Handelsbevoll- Henisch und 1716 bei Ludwig Gonterfeit, bei
mächtigter (1562 im Reisbuch des heil. Lands Luther 6, 543* Gontrofect («Ebenbild»), aus
1, 359, sowie 1582 bei Rauwolff Reise 23 u. 33). mhd. kunterfeit adj. «nachgemacht», von franz.
Aus lat. consul m. «höchste Magistratsperson». contrefait, mlat. contrafactus, dem Part. Perf.
Konsulat, n. (s, PI. -e)-. Konsulwüx-de (im Pass. von franz. contrefaire, mlat. contrafacere
16. Jh., Sallust D 2): Gerichtsbarkeit und Woh- «nachbilden». Daher 2L\xQhTa\id.kunter-,gunter-,
nung eines Handelskonsuls. Aus lat. consu- conterfeitn. «künstlich vermischtes, verfälsch-
latus m. «Konsul würde». Kousul^ut, m, tesGold od.Silber», Gonterfey 1616 beiHenisch.
(-en, PI. -en): Berater, Rechtsberater, im 17. Jh. konterfeien, v.: abbilden, 1618 bei Schöns-
Consulent, aus lat. consulens, Part. Präs. von leder con^er/e/te?i, 1517 belTrochus L&^konter-
consulere «zu Rate gehen, überlegen, um Rat feyn, 1616 bei Henisch conterfeyten und ab-
fragen», im Mlat. auch «Rat geben», woher conterfeyten, 1477 clevisch contrafeyten.
konsulieren, v.: um Rat fragen, im 17. Jh. Kontertanz, m. (-es, PI. tanze): ein Ge-
consuliren (bei Nehring). Konsultation, f. sellschaftstanz. Aus engl, countrydance, eigent-
(PI. -en): Beratschlagung, Ratfragung, 1571 bei lich «ländlicher Tanz», 1813 bei Campe.

Rot Consultation, aus gleichbed. lat. consul- Kontext, m. (-[e]s, PI. -e): Redever-
tätio f., von lat. consultäre «beratschlagen» (ab- bindung, 1703 im Zeit. -Lex. Gontext, aus lat.
geleitet von consulere), woher konsultieren, contextus m. «Zusammenhang», von lat. con-
V., im 17. Jh. consultiren (bei Nehring). texere «zusammenweben».
konSuniieren,v.: verbrauchen, verzehren. Kontinent, m. (-[e]s, Pl.-e): Festland. Im
1663 bei Schuppius 54 cons-iimiren, aus gleich- 18. Jh. Continent, nach sleichbed. franz. con-
;

1115 Kontingent Kontur 1116

tinentm. auslat. {terra) continens «zusammen- satzes und Stimmenwechsels. 1571 bei Nas
hangendes Land, Festland», eig. Part. Präs. von Pract. A 4^ Gontrapunct, aus mlat. contr a-
lat. continere «zusammenhalten», (im Passiv) punctum n. «mehrstimmiger Satz zu einer ge-

« zusammenhangen ». gebnen Melodie» eig. «Gegenpunkt», indem


Kontingent, m. {-\e]s, PI. -e): der zu stel- man ehemals Punkte statt der Noten machte.
lende Pflichtteil an Truppen usw. (in der kontri''r, adj.: entgegengesetzt, ungünstig.
Schweiz „der Auszug"); der den einzelnen 1773 bei Amaranthes contraire, aber 1678 bei
treffende Beitrag zu einer Sache, nach franz. Krämer contrar. Aus gleichbed. franz. con-
contingent m. «zukommender Teil» aus lat. traire, lat. contrarius.
contingens (Gen. contingentis), dem Part. Präs. Kontrast, m. (-es, PI. -e) Gegensatz, Ab- :

von contingere «hernhren, angehen, betreffen». strich; Gegenbild. Im 18. Jh. (bei Lessing 4,
Konto, n. (-S, PI. -s und Konten): zahl- 154 Contr ast, bei Wieland Suppl. 4, S Kontrast),
bare Rechnung. Das ital. conto m. «Rechnung» aus gleichbed. frz. contraste, ital. contrasto m.,
zu contare zählen, aus lat. coniputäre «zu- Verbalsubst. von ital. contrastare «im Gegen-
sammenberechnen». Um 1600 entlehnt und bei satz stehen» (aus lat. contra «gegen, gegen-
Henisch 1616 verzeichnet, der Plur. Conten bei über», stare «stehen»), woher kontrastieren,
Grimmeishausen, 4, 381, 24 Kurz (vom J. 1673). V.: abstechend machen und sein, 1782 bei Wie-
Kontor, auch noch Comptoir, n. {-[e]s, land Horazens Br. 1, 42 contrastiren.
PI. -e): Schreib-, Geschäftsstube des Kauf- Kontrayentiön, f. (PI. -en) Übertretung. :

manns. Aus franz. comptoir, ital. contore m. 1716 bei Ludwig Contravention, aus gleichbed.
«Zahlstube», von franz. compter, ital. contare mlat. contraventio f.

«zählen», aus computäre «zusammenberech-


lat. kontribuiereu, v.: mit beitragen. 1507
nen». Um 1500 zunächst aus dem Ital. als in den Reichsordn. 58^ contribuieren, aus lat.
Contor entlehnt (1515 im Eulenspiegel Cap. 62 contribuere mit-, zuteilen. Kontribution, f.
kontor «Rechnungstisch», wie noch 1616 bei (PI. -en): erhobner Beiti'ag, Steuer (1581 in
Henisch); im 17. Jh. drang die franz. Form den Script, rer. Siles. 4, 271 Gontribution)
Comptoir ein (bei Xehring 1710 neben Gontor.). Brandschatzung (im 17. Jh., bei Nehring). Aus
Kontral)aß, m. {-sses, PI. -hasse): der lat. contribUtio f. «Beitrag».
Gegen- d. i. groi3e (tiefste) Baß, große Baß- Kontrolle, f. (PI. -n): die vergleichende,
geige. 1678 bei Krämer Gontrahaß, aus gleich- nachprüfende Aufsicht. Bei Lessing 7, 141
bed. ital. contrahhasso m. Controlle, aus franz. contröle m., älter controlle,
kontrahieren, v.: zusammenziehen (im contrerolle «-GegenroWe» d.i. «Gegenrechnung,
grammatischen Sinne 1609 bei Quad v. Kinkel- Gegenregister», von fx'anz. role, älter rolle, ital.
bach Teutscher Nation Herhgk. 146 contra- rotolo, rullo m. «etwas Zusammengewickeltes,
hiren); zu einem Vertrage sich einigen (1536 Rolle Papier», abgeleitet aus lat. rotulus m.
in Egenolffs Instituta 3, 53 ^ contrahiren, daher «Rädchen», später «Rolle». Kontrolleur (spr.
die Gontrahentenhei FischsiriGaxg.9ii); (stud.) -ör),m.(-s,Pl. -e) : das Gegenregister oder nach-
zumDuell herausfordern (1831); dazuKontra- prüfende Aufsicht führender Beamter, Gegen-
häge (spr. -aze), f. (PI. -n) Herausforderung schreiber, Aufseher, 1694 bei Nehi'ing Gontro-
:

zum DueU. 1814. Eine Schuld k. «sie mit je- leur, 1618 bei Schönsleder Gontralor. kon-
mand zu Geldentleihung abschließen. Aus trollieren, V.: Gegenregister führen, über
lat. contr allere «zusammenziehen». jemand vergleichende Aufsicht führen, 1601
Konträltt, m. (-[e]s, PI. -e): Vertrag. In bei Alber tinus Kriegsleut Weckuhr 2, 168.
der Reichsordn. 36^ vom J. 1500 contract, aus Kontumaz, f.: Nichterscheinen vor Ge-
lat. contractus m. «Zusammenziehung, Ver- richt aus Widerspenstigkeit; Quarantäne (so
trag», von lat. contrahere «zusammenziehen». 1694 bei Nehring contumace). Wie glbd. franz.
konträkt, verki-ümmt, gichtisch ge- contumace f. aus lat. contumacia f. «Wider-
adj.:
lähmt, gliederlahm. Im 16. Jh., bei Tschudi spenstigkeit», kontumazieren, v.: wegen
(t 1572)"Chron. 1, 447 ^ und 1582 bei Fischart Nichterscheinung verui-teilen, 1694 beiNehring
Garg. 135 contract, aus lat. contractus «zu- contumaciren, aus franz. contumacer.
sammengezogen», im Mlat. «gliederlahm», dem Kontür, f. (PI. -en), seltner m. (-[e]s,
Part. Perf. Pass. von contrahere (s. kontra- PI. -e): Umriß. Im 18. Jh. (1712 bei Hübner
hieren). der PI. Contours), aus gleichbed. franz. contour
Kontrapunkt, m. [-es) : Kunst des Ton- m. und dies aus ital. contorno m.
:

1117 konyeniereu Kopf 1118

konTenieren, v.: passen, sich schicken, Konzept, n. {-es, PI. -e) : erster Entwuif.
1694 bei Xehnng conveniren, aus lat. convemre In der Rhetorik (15. Jh.) Concept, aus lat.
«zusammenkommen, zusammen-, wozu passen». conceptiim, dem Neutr. des Part. Perf. Pass.
KonTent, m. (-[e]s, PI. -e): (feierliche) Yer- von concipere (s. konzipieren).
sanunlung, mhd. conventm. «geistliche Gesell- Konzert, n. [-es, Pl.-e) Übereinstimmung; :

schaft eines Klosters», mit Ausstoßung des n Musikaufführung. 1650 bei Moscherosch Phil.
auch covent, mnd. 1332 kovent m. (s. Kofent), 1, 879 Concert. Aus franz. concert, ital. con-
aus lat. conventus m. «Zusammenkunft, Ter- certo m., von lat. concertäre «Wettstreiten»,
sammlung». Konyentlkel,n. (-s,Pl. wieSg.): dann im Ital. «zusammen verabreden».
Winkelversamralung, heimliche Versammlung, Konzession, f. (PI. -en): Bewilligung,
besonders religiöser Sekten (Goethe Faust 4389), Erlaubnis. 1571 bei Rot Concession, aus
aus lat. conventiculum n. «Zusammenkunft». gleichbed. lat. concessio f., von lat. concedere
KonyentiÖn, f. (PI. -e??) Übereinkunft, Ver- «einräumen», von dem konzedieren, v.:
:

trag, früh im 18. Jh. Convention, aus gleichbed. einräumen stammt. Im 17. Jh.
lat. conventio f.; dazu KoilTentiönsgeld, n.: Konzil, n. (-[e]s, PI. -e): beratende Ver-
nach der Übereinkunft von 1753 geprägte sammlung. Mhd. cojidlje n., im 15. Jh. concili
Münze. KonTentionälstrafe, f ^ ertrags- n., aus lat. concilium n. «Versammlung».
:

strafe. Erst im 19. Jh. konTentionell, adj. konzipieren, v.: abfassen, aufsetzen. Spät-
vertragsmäßig, auf Übereinkunft benahend, im mhd. concipieren, aus \a.i.concipere<!^z\isamuien-
18. Jh. (d. j. Goethe 2, 460), aus gleichbed. fassen». Konzipient,m. (-en,P\.-en): Schrift-
franz. conventionel, von lat. conventiönälis abfasser, 1703 im Zeit.-Lex. Concipient, aus lat.
«den Vertrag betreffend». concipiens (Gen. coticipientis), dem Part. Präs.
KonTersatiÖn, f. (PI. -en): mündlicher von concipere. Konzipist, m. (-en, PI. -en):
Verkehr, Unten-edung. 1565 in den Script. Schriftabfasser, 1605 bei Hulsius Concipist.
rer. Siles. 4, 225 Conversation, aus
lat. con- konzis, adj.: kurz, bündig, 1714 bei Wächt-
versätio «Umgang, Unterhaltung». Davon ler concis, aus lat. conclsus «kurzgefaßt».
f.

KonTersatiÖnslexikoil, n. Handbuch des Kopeke, f. (PI. -n): russische Scheide-


:

allgemeinen Wissens. 1709 in Hübners Eeal-, münze, ^\f^^j Rubel geltend. Das russ. kopeika f.,
Staats-, Zeitungs- und Conversationslexikon. von kopje n. «Lanze», weü das Gepräge einen
konrersiereu, v.: sich unten-eden, unter- Lanzenreiter darstellte.
halten. 1615 bei Albert inus Landstörzer 820, Köper, m. {-s): Webeart und Zeugstoff,
aus lat. conversäri «Umgang haben». worin sich die Fäden des Einschlags mit denen
konyex, adj.: gewölbt, linsenförmig. Im der Kette schräg durchkreuzen. 1741 bei Frisch
17. Jh.convex (bei Xehring), aus convexus Keper Taus dem Niederländischen), mnd. keper
lat.

«gewölbt». m. Bildlich benannt nach mnd. kepere m.


KonyolÜt,n. (-[e]s, Pl.-e): Pack Schriften, «Balken, Stoß-, Rammbalken», nndl. keper
Papier usw. 1562 bei Mathesius Sarepta 147*" «winkelhakenartig zulaufende Sparren im
Convolut, aus Isit. convolütum, Neutr. Part. Perf Wappen», im 16. Jh. (bei Kilian) «Rehbock»,
Pass. von convohere «zusammenrollen». dann «Balken-, Sparrenkopf», im Mndl. auch
Konyulsiön, f. (PI. -e?i): Gliederzucken, «Balken, Felderdecke eines Zimmers».
Eins
Gliederkrampf. mit mhd. kepfer m. «Käpfer» (s. d.), wahr-
1716 bei Ludwig, aus glbd.
\sA.convulsio f. konyulsiyisch, adj.: krampf- scheinlich entlehnt aus lat. caper m. «Bock»,
haft, krampfhaft angestrengt. Bei Lessing 4, Ähnhch franz. chevron m. «Sparren, Balken im

180, aus mlat. convulsivus «reißend, renkend», Wappen», abgeleitet von clievre f. (lat. capra f.)
zu lat. convulsus, dem Part. Perf. Pass. von «Geiß». Davon köpern, v.: köperartig weben,
convellt're «aus seiner Lage reißen». 1741 bei Frisch kepern, mndl. keperen «aus
kouzediereu, s. Konzession. Balken zusammenfügen».
konzentrieren, v.: in einen Punkt zu- Kopf, m. (-[e]s, PI. Köpfe): der mittels des
sammendrängen. 1714 bei Wächtler concen- Halses mit dem Rumpfe verbundene Teü des
triren, aus gleichbed. franz. concentrer, dessen menschlichen und tierischen Körpers: Oberstes
centrer aus mlat. centrare, abgeleitet von lat. in Kugelform. Gewöhnlich als Fremdwort aus
centrum (s. Zentrum). Davon Konzentra- dem Romanischen angesehen mlat. cuppa, ital. :

tion, f. (PI. -eti): Sammlung, Vereinigung coppa, Span, copa, franz. coupe f. «Becher, Trink-
(eig. um einen Mittelpunkt;. Im 18. Jh. schale», prov. coha f. «Schädel», lat. cüpa f.
1119 Kopf Koppel 1120

«Kufe, Tonne». Andere, wie Franck u. Falk- Münze im Werte von 20 Kreuzern rheinisch,
Torp, halten das Wort wegen andrer ver- benannt nach dem aufgeprägten Kopf des
wandter Wörter im Germanischen für echt- Landesherm, im 17. Jh. bei Schuppius 252,
deutsch und nehmen nur Beeinflussung durch später auch bloß gedachte ßechnungsmünze in
das Romanische an. Doch werden Gefäßnamen, Mitteldeutschland u. Schwaben. Kopfweh,n.,
wie Kopf einer war, sehr häufig entlehnt. Eine 1572 bei Fischart Prakt. Großm. 28 kopffwe.
sichere Entscheidung ist nicht möglich, doch Kopfzerbrechen, n.: anstrengendes Nach-

ist Entlehnung wahrscheinlicher. Zunächst ahd. denken, dafüi' im 17. Jh. (Olearius pers. Kosen-
chuph, chopph, chopf m. « hohlrundes, kugel-, thal7, 13) noch bei Lessing 3, 382 Kopfbrechen.
halbkugelförmiges Trinkgefäß, Becher», ebenso Kopie, f. (PI. -n): Abschrift, Nachbildung.
mhd. kopJi, köpf m., mnd. kop m. und koppe f., Spätmhd. copie f. (1380 in den Mon. Boic. 43,

ags. cuppe f. und copp m. «Becher», anord. 431), 1495 in den Reichsordn. 16^ Copei, aus
koppr m. «becherartiges Gefäß, einem umge- lat. cöpia f. «Haufe, Vorrat», im Mlat. (den
stürzten Becher ähnliche Helmerhöhg., Augen- Vorrat an Exemplaren vermehrende) «Ab-
höhle», schwed. koprp, dän. kop «Tasse», nhd. schrift», kopieren, v. : abschreiben, nach-
noch erhalten in Tassen-, Pfeifen-, Schröpf kopf bilden. Spätmhd. 1439 copieren, aus gleich-
(vgl. Köpfchen). Daneben taucht, zumal da bed. mlat. copiare. Kopist, m. (-en, PI. -en) :

nach alter deutscher roher Sitte die Hirnschalen Abschreiber, Nachbildner. 1521 in den Reichs-
erschlagner Feinde den Siegern als Trinkbecher ordn. 96 ^ Copisf, aus gleichbed. mlat. copista m.
dienten, auch aus Schädeln Heüiger zu trinken Koppe, f., in schles. Bergnamen, hess. im
gereicht wurde, in Glossen des 11. — 12. Jh. 15. Jh. koppe (Weisth. 3, 340), s. Kuppe.

chopf m. in der Bed. «Hinterhaupt» auf (Mone Koppel, f., in der 1. und 2. Bed. auch n.
Anz. 7, 589, 40), häufiger im 13. Jh. köpf m. (PI. -n): Doppelkette, an der zwei Jagdhunde
«Hirnschale, Schädel». Auf Ausgang zu nebeneinander gehen müssen, dann diese Hunde
dieser von jener Bed. «Becher» deutet mhd. selbst; Lederriemen zum An- oder Umhängen
hirnkoph m. «Hirnschale», nd. im 15. Jh. einer Hieb- oder Stichwaffe (1711 bei Räd-
hregenkop (hregen n. «Gehirn»), afries. hrein- lein); ein Joch (Paar) Ochsen oder Pferde
kop m. Im 16. Jh. endlich ist kopff, Kopf das (1664 bei Duez), dann eine Anzahl oder Reihe
gewöhnliche Wort und hat das echtdeutsche durch Strick oder Kette verbundner Tiere
Haupt (s. d.) in die edle Sprache verdrängt. (1581 bei Fischart Bienk. 216^ Kuppel f.), nd.
Ähnlich ging das lat. testa f. «Gefäß, Topf, Menge, Haufen; Bodenfläche, woran zwei oder
Stürze» usw. im ital.-span. testa, franz. tete f. mehr Personen gleichen Anteil oder gleiches
völlig in den Begi-iffÄKopf» über. Vgl. Kuppe, Recht haben; (in Norddeutschland) einge-
Kufe, Küpe. ABL. Köpfchen, n. : (becher- friedigtes Stück. Feld von mittlerer Größe,
artige) Obertasse, im köpfen,
18. Jh. Köpfgen. bes. wenn es abwechselnd zum Getreidebau
V.: enthaupten, spätmhd. köpfen, köpfen, mnd. und zur Weide benutzt wird, (bei Voß) auch
koppen, ist an die Stelle des gleichbed. mhd. gemeinsame Bearbeitung eines Ackers durch
houbeten, houpten getreten, köpfig, adj.: eine Schar Arbeiter. Mhd. kuppet, kupel,
eigensinnig, hartköpfig, 1664 bei Duez, wie koppel, kopel f., auch m. n. (md. koppel f. und
köpflsch bei Luther (wo auch seinen Kopff kopil m.) «Band, Verbindung, Leitriemen für
aufsetzen), köpflings, adv.: kopfüber, bei Jagdhunde, durch einen solchen verbundne
Bürger II. 5, 585, wie kopf längs bei Zachariä Hunde», dann «Haufe, Schar», 1303 ndrhein.
Lagosiade 3. ZUS. Kopfhänger, m.: der coppele und 1222 mrhein. cuppelle «Revier
Kleinmütige, Demütige, Frömmler, 1775 bei mit Gleichberechtigung für jeden Teilhaber».
Adelung, kopf los, adj.: ohne Verstand, ohne Aus franz. couple, afranz. auch cople f. «Leit-
Überlegung, bei Campe. Kopfnnß, f. (PI. riemen, verbundnes Paar Jagdhunde, Land als
-nüsse): Schlag auf den Kopf (s. ^Nuß), 1593 Tagewerk für ein Joch (Paar) Ochsen», von
bei Heinr. Julius v. Braunschw. Susanna 4, 7 mlat. (879) cupla «Jagdhundepaar an Leit-
f.

der thüring. Plur. kopffnös. kopfscheu, adj., riemen», lat. cöpula f. «Band, Riemen, Leine»,
eig. von Pferden, die sich nicht gern an den im Mlat. «Leitriemen eines Jagdhundepaares».
Kopf greifenlassen, dann (in Norddeutschland) ABL. koppeln, V., mhd. kuppeln, kupelen,
dui'chSchaden vorsichtig geworden, 1775 bei koppeln, kopelen «binden, vereinigen, an die
Adelung; in den bayr.-östr. Alpen kopfscheuh, Koppel legen», mndl. koppelen, aus dem von
kopfschiech «schwindlicht». Kopfstück, n.: cöpula abgeleiteten lat. Verbum cöpuläre.
1121 koppen Koriander 1122

S. '^Kuppel, ZUS. Koppeljagd, f.: RA. einem einen Korb geben «einen Liebes-,
Kuppelei.
Jagd, zu der zwei oder mehr berechtigt sind, Heiratsantrag zurückweisen», von dem im
1732 bei Picander 3, 358, dafür bei Steinbach 16. bis 18. Jh. bei abweisenden Mädchen statt
1734 Kuppeljacht. Koppelweide, f.: Ge- einer Antwort vorkommenden wirklichen
meintrift, gemeinschaftliche Weide und das Übersenden eines Korbes ohne Boden (vgl.
Kecht dazu, mhd. kuppelweide, ndrhein. im Ringwaldt Warb. 173, Günther Ged. 431), was
11. Jh. copeleiveide f. daher inihrt, daß im Mittelalter die Geliebte
koppen, V. (von Pferden) nach Luft heftig dem Liebhaber, den sie nicht wollte, zum
:

schnappen, zunächst aus dem Magen aus- nächtlichen Aufziehen in ihr Gemach ur-
stoßen, beim Rindvieh zum Wiederkäuen sprünglich einen Korb herabließ, an dem in
(Schmeller - 1, 1272), rülpsen (1537 bei Dasy- einer gewissen Höhe der Boden durchbrach,
podius), mhd. koppen «plötzlich steigen oder so daß der darin Sitzende hindurch- und her-
fallen». ABL. Kopper, m.: koppendes Pierd, unterfiel (DW. 5, 1800 f.).
1691 bei Stieler, aber bei Maaler 1561 «der Korde, f. fPl. -n)-. Schnur, Bindfaden.
Rülpsende». Mhd. und im 14. Jh. ndrhein.
Xiederrheinisch.
Kopnla, f. das das Subjekt und Prädikat korde f. «Schnur, Seil», mnd. corde, ndl. koord f.,
:

verbindende Wort. 1781 bei Adelung Lehr- aus franz. corde f. «Strick, Saite», von gleichbed.
gebäude 1, 273, aus lat. cöpula f. «Band» mlat. corda, gr.-lat. chorda, gr. xopbr] f. «Darm
(s. Koppel), kopulieren, v.: verbinden (1562 Darmsaite». Kordel, f., (PL -n): Bindfaden.
bei Mathesius Sarepta 162^ copuliren); ehe- Westmitteldeutsch. 1540 bei Alberus dict.

lich zusammenfügen (ebd. 195^). Aus lat. P 1^ u. Y 1^ kurdel f., R4a


Ende des
cordel,
cöpuläre «verbinden,
.
vereinen». Kopula- 15. Jh. kordel (Diefenbach-Wülcker 711 mnd. ),

tion, f. Verbindung, bes. eheliche. (1407) kordeel. Entlehnt aus afranz. cordelle f.
(PI. -en):
Im 16. Jh. aus lat. cöpulätio f. «Verknüpfung». «Strick», ital. cordella, von mlat. cordeUa f.,
Koralle, f. (PI. -n)-. steinhartes baum- dem Dim. des mlat. corda (s. o.). 1768 bei
artiges Gebilde aus Gehäusen kleiner Weich- Moerbeek Mask., in der Wetterau Xeutmm.
tiere auf dem Meeresgnmde, sowie ein Kügel- kordiäl, adj.: herzlich. 1616 bei Henisch
chen davon. Mhd. koralle, koral m., aus cordial und cor dialisch, aus dem mlat. Adj.
mlat. corallus m. und fiüher corallum n., von cordialis von lat. cor n. (Gen. cordis) «Herz».
lat. coraliuni, curalium n., gr. KopdXXiov, Kordon (spr. -q), m., (-s, PI. -s): Schnur;
ionisch KoupdXiov, sizilianisch KuupdXi'ov n. «die kettenartige Grenzbesatzung; Absperrung.
rote Koralle». Vielleicht aus dem Semiti- 1791 bei Roth. Aus glbd. franz. cordon, von
schen, hebr. göräl «Steinchen», Korde.
vgl. Lewy corde, s.

Sem. Fremdw. im Griech. 18. Bis ins 17. Jh. Korduän, m. (s, PI. -e) Ziegenleder von -.

GoraXle f., ältemhd. zugleich Goral, Kor all m., der Fabrikstadt Cordova (lat. Corduba) in
aber auch noch 1716 bei Ludwig Coral n. Spanien. ^Ihd. corduwän, kurdeicän m. (schon
koram in einen k. nehmen: zur Rede setzen, im 10. bis 11. Jh. mlat. ««rdMaweZii «Korduan-
studentisch, von lat. cöram «angesichts, vor». schuhe», Ruodlieb 13, 118). Aus glbd. franz.
ABL. koramieren, v.: persönlich zurecht- cordouan m. (davon cordonnier m. «Schuh-
weisen. Beide 1781 bei Kindleben, letztres macher»), ital. cordovano, span. cordoban m.,
in der Bed. «herausfordern», vom mlat. Adj. corduanus, cordoanus «aus
Koran, m. (-[e]s, PI. -e), s. Älkoran. Mit Cordova stammend».
richtiger Betonung Koran (Goethe 6, 32), jetzt kören, v., niederdeutsche Form für küren
auf der ersten Silbe betont Goethe ( 6, 35 usw.). (s. d.). Bei der Pferdezucht üblich. Daher
koranzen, s. kuranzen. auch Körhengst m.
Korb, m. (-[e]5, PI. Körbe): geflochtner Koriander, m. (s, PI. wie Sg.): Pflanze
Behälter. Mhd. korp (Gen. korhes), ahd. mit gewürzhaftem Samen (Schwindelkörner),
chorh, churp, in Vocab. des 15. Jh. karh, karp; Wanzendill, Wanzenkraut; deren Samen. In
dazu köln. im 15. Jh. kurf, and. korvilin n. der zweiten Hälfte des 15. Jh. coriander, core-
«Körblein», mnd. und ndl. Ärar/, ndrhein. 1420 ander, nd. 1425 corrander (Diefenbach gl. 151 **),
kaerf, karf, m., anord. korf f., schwed. korg, aus lat. coriandrum n. von dem gleichbed.

dän. kurv. Entlehnung aus gleichbed. lat. gr. Kopiavvov n., abgeleitet von gr. KÖpic m.

corhis f. (selten m.) ist wegen des ablautenden «Wanze» wegen des dem Kraute eignen Wan-
mhd. krehe m. (s. Krippe) nicht ganz sicher. zengeruchs. Dafür mhd. koliander, cholinder,
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 71
1123 Korinthe Korporal 1124

kolander, kuUander, ahd. chullantar, chullintar, von Schrot und Korn « kernhaft».
lichen Bed.
and. kullundar aus mlat. coliandrum n. ZC7/S. Kornblume,
f.: (die im Korn wachsende

Korinthe, f. (PI- -'0* kleine kernlose blaue) Cyane, Tremse, mhd. kornhluome m. f.
Rosine. 1495 in der Kölner Gamma carentken, Koruhranntwein, m., 1734 bei Steinbach.
ndl. 1500 corentken (Diefenbach nov. gl. 387 a), Kornkammer, 1561 f., bei Maaler. Korn-
1596 bei Colerus Hausb. 3, 224 Gormihen, rade, f., 1775 b. Adelung Kornraden m., s. Rade.
1691 bei Stieler ^om^ew, aus gleichbed. franz. -Korn, m. (-[e]s, PI. -e), gekürzt für Korn-
corinthe f., benannt nach dem Ausfuhrhafen hrannticein. Erst in neuerer Zeit.
Korinth in Griechenland. Kornelhaum, n. : der Strauch oder Baum
Kork, m. {-\e\s, PI. -e und Korke) Cornellhaum 1556 bei Frisius,
: die coi-nus mascula.
elastische schwammige Rinde der südeuro- Cornelhaum 1542 bei Gesner Namenbuch aller
päischen Korkeiche: der Stöpsel daraus (bei Erdgewächse, 1502 kürnelbom (Diefenbach nov.
Ludwig 1716 Gorck). In der 1. Bed. nd. 1589 gl. 343^), ahd. chuirnilboum, cornul. Kornel-
kork, ndl. 1598 korck, aber schon 1513 bei kirsche, f.: die Frucht des Koi-nelbaumes,
Murmellius pappa B 6^ Korckhoem, 1591 bei auch Kornelle, f. (PI. -w): 1711 bei Rädlein,
Decimator Sylva Hhd^ Korckhawm, 1616 bei fiiiher Kornelheere, 1502 kurnelher (Diefen-
Henisch Korchhaum; 1663 bei Schottel und bach a. a. 0.), ahd. cornulberi, chumelbere;
selbst noch bei Kirsch, Steinbach usw. Gork, umgebildet Korneliuskirsche f., 1793 beiNem-
1691 bei Stieler Gork und Gurk. Der Name nich. Wie franz. cornouille, comoüle f., ital.
dieser wohl zuerst aus den Niederlanden und corniolo m. «Kornelkirsche» von lat. comeolus
dem westlichen Norddeutschland eingeführten «hornartig». S. Hornkirsche.
Ware stammt aus span. corcho m. «Korkholz, Kornett, m. {-[eis, PI. -e) : Reiterfähnrich,
Korkpfropf», mittelbar von lat. cortex m. (Gen, Standartenjunker. 1616 bei Wallhausen Kriegs-
corticis) «Rinde», dann insbesondre die des kunst zu Pferd 47 Gornet, aus gleichbed. franz.
Korkbaumes (der 1561 bei Maaler Panfofflen- cor nette m., urspr. «kleine Reiterstandarte»
holtz heißt). (daher 1664 bei Duez Gornet n. «Reiterfahne,
^Korn, n. (-[e]s, Fl. Körner): Kernfnicht; eine Kompagnie Reiter») ähnlich wie franz.
(ohne PI.) der Roggen als die üblichste Brot- dann m. «Fähnrich». Viel-
enseigne f. <i.Fah.ixe»,

frucht (aber auch Franken, leicht nach der Form des Fahnentuchs von
«Dinkel» in
Schwaben, Elsaß, Schweiz, «Weizen» in Sieben- franz. cornet m. «Hörnchen, Düte», Dimin. von
bürgen, «Hafer» in Westfalen usw.) rundhches corne f. «Hörn», zu lat. cornu n. «Hora».
;

Fruchtkörperchen einer Pflanze, überhaupt Körper, m. {-s, PI. wie Sg.): Menschen-,
kleiner rundlicher harter Körper; daher K. Tierleib; Stoffmasse, Raum Einnehmendes; zu
am Gewehr, nach der Gestalt (davon die RA. einem Ganzen vereinigte, im Begriffe zusam-
aufs K. nehmen eig. «genau zielen»); (bildlich) mengefaßte Menge. Mhd. korper, körper, kör-
Gehalt (der Münze), vom Aussehen im 13. und 14. Jh. noch spärhch neben
des Metall- pel m.,
bruchs hergenommen. Yg\. Schrot. Mhd. körn, mhd. lip m. «Leib» vorkommend. Entlehnt
ahd. körn n. «Kernfrucht, Getreide, Getreide- durch die Kirchensprache aus lat. corpus n.
kem», im Mhd. auch «Roggen, Getreidepflanze, (Gen. corporis). ABL. körperlieh, adj.,
Konifeld, Gold- oder Silbergehalt einer Münze»; 1593 bei Heinr. Julius v. Braunschweig Su-
dazu asächs.-ags. com n. «Samenkorn», and. sanna 4,4 cörperlicher Eydt «leiblicher, per-
körn n. «Korn, Roggen», engl, com, afries.- sönlicher Eid». Körperschaft, f., 1808 bei
anord.-schwed.-dän. körn n. «Getreide», got. Campe als neues Wort.
kaürnn. «Getreide» (daneben schwachbiegend Korporal, m. (-s, PI. -e): Unteroffizier.
kaürno n. «Fruchtkern der Pflanze»). Im Ab- 1616 bei Henisch Gorporal. Aus franz. corporal
laut zu Kern (s.d.) stehend; urverwandt mit (unter Anlehnung an corps) von caporal m.
lat. gränum n., vc.grän, «Korn, Kern», lit. zirnis, «Rottmeister der Soldaten» und dies aus ital.
lett. zirns «Erbse»; apreuß. syrne; abg. zrünö caporale m. «Anführer», von ital. ca2)0 m.,
n. «Korn». ABL. körnen, v.: anlocken, cajmt n. «Haupt». Daher 1694 bei Nehring
lat.

eig. durch Streuen von Körnerfutter; (Metall) Gaporal, 1631 bei Seb. Bürster 15 Gaprall,
in Kömern darstellen. Mhd. körnen, kürnen, noch beim Volk in Deutschland Gaporal,
md.kornen. körnicht, adj., 1579 bei Golius, Gapral. ABL. Korporälschaft, f.: unter-
kornechtig 1537 bei Dasypodius. körnig, adj., gebene Mannschaft und Rang eines Korporals,
1562 bei Mathesius Sar. 2^ kürnig in der bild- 1664 bei Duez Gorporalschafft.
112Ö Korps kosmisch 1126

Korps (spr. kör), n. (Gen. u. Plur. ebenso, ital. corsaro, älter corsare, span.-portug. cor-
spr. körs): Heerhaufen, Truppenkörper; Stu- sario, zurückgehend auf lat. curs^ls m. «Lauf».
dentenverbindung (zuerst 1826—29 in Bonner Korsett, n. (-s, PI. -s, -e) Schnürleib. 1715 :

Verbindungsstatuten). Im 17. Jh. aus glbd. bei Amaranthes Carsette f. (1773 Corset n.),
franz. corps m., von lat. corpus n. «Körper». aus gleichbed. franz. corset m., von franz.
korpulent, adj.: wolübeleibt. 1616 bei Corps m., lat. corpus n. «Leib».
Henisch corpulent, aus gleichbed. lat. corpulen- Korvette, f. (PI. -n): kleinres leichtes
tus. Korpulenz, f.: Beleibtheit, 1716 bei schnelles Kriegsschiff. 1721 bei Jablonski Cour-
Ludwig Corpulentz, aus glbd. lat. corpet/en/i'a f.; vette, aus glbd. franz. corvette, port. corveta,
dafür 1 582 bei Fiscbart Garg. 168 Corpulentitet f. span. corbeta f., von lat. corhita f. «Trans-
korrekt, adj.: fehlerfrei, regelrecht. 1714 port-, Lastschiff», von lat. corhis f. «Korb».
bei Wächtler dem
correct, aus lat. corredus, Koryphäe, m. {-n, PI. -7i): der Oberste,
von corrigere «gerade machen, Erste, an der Spitze Stehende. 1799 bei
Part. Perf. Pass.
berichtigen, verbessern»; davon Korrekt- Wieland Agathodämon 7, 3 Koryfäe m., im
heit, f., 1801 bei Campe. Korrektor, m. 17. Jh. Xehring Coryphceus, aus gleichbed.
(-S, PI. -en): Druckberichtiger, im 16. Jh. gr. Kopuqpaioc m., von Kopuqpri f. «der oberste
(1571 bei Rot und 1566 bei Mathesius Luther Teil, Gipfel».
316, 10 Neudr. Corredor), aus lat. corredor m. Koschenille (spr. -ilje), f. (PI. -n): die
«Berichtiger, Verbesserer». Korrektur, f. südamerikanische Kermesschildlaus zum Fär-
(PI. -en)r Druck-, Schriftberichtigung, 1571 ben von Kai-mesin und Scharlach. 1774 bei
bei Rot Corredur, aus lat. corredüra f. in Adelung Cochenille, 1628 bei Münster Cosm.
der neulat. Bed. «Verbesserung». S. 1688 vom J. 1581 Cochinili. Aus frz. Coche-
Korrespondenz, f. (PI. -en); Brief- nille und von gr.-
dies aus span. cochinilla f.,

wechsel. 1610 bei Sattler Phraseologey 386 lat. coccus, gr. kökkoc m. «Scharlach, Kermes».
Correspondenz (in der Bed. «Zusammenkunft» koSCher,adj.: nach den jüdischen religiösen
schon im 16. Jh. in der Zimm. Chi-on. 1, 14, l), Gesetzen recht; rein, echt, wie es sein soll.
aus mlat. correspondentia f. «Mitantwort». Da- Das Wort ist das späthebr. koscher «recht,
von Korrespondenzkarte, f um 1868 auf- tauglich»; nach der Aussprache der aschke-
,

gekommen, korrespondieren, v.: ent- nazischen Juden kauscher. (1781 bei Kind-
sprechen (kursächs. Schulordnung von 1580 leben.)
correspondieren); Briefe wechseln {1610 bei kosen, V.: Liebes schwatzen, anschmiegsam
Hainhofer Briefe an Phil. v. Pommern S. 4 zärtlich behandeln. Schon mhd. kosen, ahd.
korrespondieren), aus mlat. correspondere kösön «im traulichen Zwiegespräch plaudern»,
«mit-, wiederantworten», ital. corrispondere. im 15. Jh. «schmeicheln» Diefenbach gl. 14°;
Korridor, m. (s, PI. -e)-. abgeschloßner «verliebt tändeln» 1654 bei Logau 2, 2, 74. Im
Vorplatz zwischen Zimmern. 1791 bei Roth. 18. Jh. (1711 bei Rädlein und noch 1781 bei
Bei Goethe 30, 169 der PI. Corridors, aus ital. Kindleben) als veraltetes Wort verzeichnet, in
corridore m., eig. «Laufgang», den 70er Jahren d. 18. Jh. neu aufgekommen
korrigieren, v.: berichtigen, verbessern; (bei Mylius, Bürger usw.; Heynatz 1797 «unsre
verbessernd zurechtweisen. Mhd. corrigieren, Modeschi-iftsteller haben das Wort in Gunst
aus lat. corrigere «recht machen, verbessern». genommen»). Die urspr. Bed. ist älternhd.
korrupt, adj.: verderbt, verschroben, «reden, erzählen, schwätzen», 1664 beiDuez und
liederlich. 1478 bei Nicl. v. Wyle 349, 16 1678 bei Krämer), mhd. «sprechen, plaudern»,
corrupt, aus lat. corruptus, dem Part. Perf. auch von plätschernden Bächen, ahd. «reden,
Pass. von corrumpere «verderben, verfälschen», plaudern». Mit ahd. kösa f. «Rechtshandel,
daher korrumpieren, v., 1534 bei Franck Gespräch, Erzählung», entlehnt aus lat. causa f
Weltbuch 22^ corrupieren. Korruptel, f. «Rechtssache», causäri «einen Rechtshandel
(PI. -en): Verderbnis, 1562 bei Mathesius führen, vor Gericht sprechend verteidigen».
Sarepta 136^ Gorruptel, aus lat. corruptela f kosmisch, adj.: das Weltganze betreffend
cVerderben, Verführung». Korruption, f (Goethe Natw.Schr. 9, 234), aus gr.-lat. cosmicus,
(PL -en): Sittenverderbnis, Bestechlichkeit. gr. KocuiKÖc, von gr. köc|uoc m. «Welt». KOS-
Im 17. Jh. (bei Nehring). mographie, f: Weltbeschreibung, 1534 bei
Korsär, m. {-en, PI. -en): kreuzender See- Franck Weltbuch 225^ Cosmographie, aus gr.
räuber; Raubschiff. Im 17. Jh. Gorsar, aus Koc^ofpaqpia f., von KÖc^oc und einer Ableitung
71*
1127 Eossat kostspielig 1128

von gr. Ypdqpeiv «schreiben». Kosmopolit,! ^kosten, v.: im Preise zu stehen kommen.
m. {-en, PI. -en): Weltbürger (Lessing 1, 249 Urspr., wie noch bei Luther und im 17. Jh.,
vom J. 1747), aus gleichbed. gr. Koc|aoiro\iTric mit Akk. der Person, aber in der 2. Hälfte des
m., von KÖciuoc und iroX-irric m. «Bürger»; dazu 18. Jh., z. B. bei Lessing, Goethe, Schiller,
kosmopolitisch, adj.: weltbürgerlich, und Wieland usw., Schwanken zwischen Dat. und
Kosmopolitismus, m.-. Weltbürgersinn, Akk., der Dat. vielleicht durch Einfluß des
nach frz. cosmopolitisme m., beide 1801 Campe. lat. constat mihi («es kostet mir»). Mhd. kosten
Kossät, Kossäte, m. {-en, PI. -en): auf «(an Geld) aufwenden, aufwenden machen, zu
Wohnhütte, Gärtchen und Weideplatz be- stehen kommen», mit Akk. der Person und nur
schränkter Ansässiger. In ostmitteldeutschen einmal mit Dat. (Konrad v. Haslau Jüngling
Vokabularien des 15. Jh. kossat, kussat, kassate, 459); dazu mnd. kosten mit Akk. oder Dat.,
1604 bei Colerus Hausb. 1, 11 Kossete (Var. anord. -schwed. kosta, dän. koste. Aus mlat.
Cossäte), aus mnd. kotsete, kotsate, hochd. 1691 costare (daher afrz. coster, couster, nfrz. coüter),
bei Stieler Kotsaß, zgs. aus Kot n. «Hütte» lat. constäre «im Preise zu stehen kommen».
u. Sasse m. «Ansässiger». Auch vläm. kossaat, hosten, V. prüfend kennen lernen, unter-
:

ndl. 1598 kossate, ags. cotsceta, cotsetla m. suchen beschmecken. Mhd. kosten, ahd. kostön
;

Vgl. Gärtner, -Kot, Sasse. «prüfend untersuchen, versuchen», mhd. auch


Kost, f. (ohne PI.): Speise, Speisung; «schmeckend präfen, beschmecken»; dazu
Lebensunterhalt. Im 16. Jh. auch schwach- asächs. koston, ags.costian «prüfen, versuchen»,
flektiertes Masc, mhd. koste, kost f. Eins mit anord. kosta «versuchen, sich anstrengen». Ur-
dem folgenden Kosten, indem in der gastfreien verwandt mit (oder entlehnt aus) lat. gustäre
mhd. Zeit die Bed. Aufwand für Bewirtung «wovon genießen, beschmecken». Vgl. kiesen.
und Vei-pflegung in die Bed. Bewirtung, Spei- kostfrei, adj.: frei von Unkosten, auch
sung überging (vgl. DW. 5, 1849). Im Anord. mit Bezug auf Beköstigung, 1515 im Eulen-
dagegen hat Mischung des Fremdwortes kostr spiegel 133. Im 16. und 17. Jh. häufig in
m. (Speise, Lebensunterhalt, Aufwand) mit der Bed. «freigebig mit Aufwand» (1516 bei
einheimischem kostr m. (Wahl, Gelegenheit, Altenstaig kostfry), reichlich Kost gebend (bei
Bedingung, Lage) stattgefunden, das sich zu Luther Sir. 31, 28). Vgl. Kost.
got. kustus m. «Prüfung», mhd.-ahd.-asächs. Kostgänger, m.: wer wohin in die Kost
kust, ags. cyst f. «Wahl, Auserwählung» usw. zu gehen pflegt. 1505 in der Straßburger
stellt (s. kiesen). Gemma f2* kostgenger «Tischgenoß».
kostbar, adj.: Kosten verursachend, kost- köstlich, adj.: viel kostend, wertvoll,
spielig (nochl804 Schiller an Körner 4, 362); prächtig; durch Annehmlichkeithochgeschätzt,
I

viel kostend, wertvoll; (im 18. Jh.) sich kost- entzückend. In der 1. Bed. mhd. koste-, kost-,
!

bar machend, geziert sich benehmend, affektiert kostenlich, im 15. Jh. köstlich (Nürnb. Polizei-
(Lessing 7, 265, nach iraBz. precieux). In den Ordn. 75, Brant Narr. 71, 21), in der 2. Bed. bei
'

beiden ersten Bed. mhd. koste-, kosthcere, ge- Luther. ABL. Köstlichkeit, f., im 15. Jh.
kürzt kosper, zu Anfang des 15. Jh. kostpar. kostlichkait, köstlichait (Nürnb. Pol.-Ord. 75 f.),
S. Kost und -har. ABL. Kostbarkeit, f., im 14. Jh. kostelicheit (Karlmeinet 386, 38).
im 15. Jh. bei H. Folz (Fastnachtsp. 1315) kostspielig, adj.: sich allzuviel in Kosten
cosperkeit, im Vocab. predicantium s4^ kost- belaufend. 1775 bei Adelung, zuerst bei Haltaus
harlichkeit, Var. kostharkait (Diefenb.gl.452^). 1125 aus einem 1729 niedergeschriebnen Akten-
Kosten, wofür verausgabtes oder zu
PI. : stücke der Gegend von Frankfurt a. M. ange-
verausgabendes Geld. Bei Luther der jetzt führt. Eig. «an Aufwand verschwenderisch»,
veraltete Sg. Kost f. und (schwachbiegend) m., Zusammensetzung aus Kost und -spillig (1790
mhd. koste, kost f. und (stark- u. schwachflekt.) bei J. G. Müller Siegfr. v. Lindenberg 3, 42
m, «Wert, Preis einer Sache, Geldmittel zu kostenspillig), mit Lautangleichung hervorge-
einem bestimmten Zwecke, Geldausgabe wo- gangen aus -spildig, mhd. (12. Jh.) und ahd.
für, Aufwand», ahd. cJiosta f.; daneben älter- (10. Jh.) spildeg «verschwenderisch»; noch in
nhd. und noch mundartlich Koste f. Aus einer bayreuthischen Verordnimg von 1743
gleichbed. mlat. costa f. und costus m., woher kommt Kostenspilterung «Kostspieligkeit» vor,
span. costa f., ital. costo m., afranz. couste, coste, wie im 16. und 17. Jh. Geltspildung (Haltaus
nfranz, coüt m., abgeleitet von mlat. costare, 635, Zincgref 1, 159). Dieses spildeg aber
lat. constäre (s. ^kosten). stammt von ahd. spild «verschwenderisch»;
1129 Eostüm Kotze 1130

dazu ahd. spildan «vergeuden, verscliwenden», Ebenso ist abg. kotici m. «Kammer» entlehnt.
ags. spildan, spülan und anord.-schwed. spilla, ABL. Köter,
wie Sg.): Inhaber m. (-S, PI.
dän. spilde «verderben, zugrunde richten», oder Bewohner einer Kote. Kossat (s. d.),
asächs. spildian «töten», nd. und ndl. spülen Kleinbauer, mnd. koter und koterer, westfäl.
«verschwenden», verwandt mit spalten (%. d.). im 14. Jh. kotter, gegen 1500 kötter, md. 1455
Wahrscheinlich dachte man bei der Schreibung koder: Nebenform KÖtner, hess. 1560 kodener,
kostspielig an Kostenspiel (Menge der Kosten 1600 ködener, ditmarsisch 1546 kötener.
in ihrem Belaufe), vgl, Geldspiel n. in der Kotau, m. (-S, PI. wie Sg.): aus demChines.
Bed. «Geldmenge» bei Goethe, 8, 77. köu-tou «Verbeugung des Untergebnen vor dem
Kostuni, n. (-[e].s, PI. -e): Kleidertracht Höhergestellten». Jetzt beiuns«Demütiguncr,
nach Zeit und Brauch. Im 18. Jh. [Costume Unterwerfung». In der neusten Zeit Schlagwort.
bei Lessing 7, 190, Herder 1,279) aus gleichbed. ^KÖte, f. (PI. -n): unterstes Gelenk am
franz. costume m. und dies von ital. costume m. Pferdefuße. Mnd.Äofe, knie, 1501 im Leipziger
«Gewohnheit, Sitte» (daher auch mnd. kostfan Voc. opt. 4*^ kote «Knöchel», in den Fast-

m. «Gewohnheit», 1782 bei J. G. Müller Siegfr. nachtsp. des 15. Jh. 459, 16 koßte, 1562 bei
V. Lindenb. 3, 41 Kustühm), aus lat. consue- Mathesius Sar. 80^ Käthe: dazu mnd. kote, kute
tüdo f. «Gewohnheit». «Huf, Klaue, Knöchel, Würfel», ndl im 16. Jh.
''Kot, m. ([e].s) ekelhafte Unreinigkeit. In
: kote, ndl. koot f., afries. kate f. «Knöchel, Ge-
Luthers Bibel Kot statt des oberd., noch im lenkknochen». Weil man aus Knochen Würfel
17. Jh. vo'rkommenden Kat m., älternhd. auch schnitt,schon mhd, kcete f. «Würfel», 1582 im
n., mhd. quät, kät, quöt, im 15. Jh. köt n., ahd. Voc. theut. q7'' u. zl^ pickelkot «Würfel»
quät (in quätgag^a f. «Kotgasse», codex Laures- (auch bickel m. bedeutet «KJnöchel, Würfel»),
bam. 2, 346, 1976 vom dazu ndrhein,
J. 776); 1470 md. pickelkutte.
um 1200 quait n., mnd. quät
ags. cwead n.,
n., "KÖte, f. (PI. -n): Schrank. In Obersachsen,
vielleicht urverw. mit aind. güfha- m. n. «Ex- Bei Geliert Lustsp. 346 Köthe, schon 1501 im
kremente», aw.gütha- n. «Kot, Schmutz», und Leipziger Voc. opt. E e 1 ^ koete. Wohl das-
mit mnd. und ndrhein. Adj. qtiät, mndl. qiMet selbe Wort wie Kote f. «Häuschen», s. "Kot.

cböse, schlecht», nndl. kwaad «böse, häßlich», Kotelette, (PI -w): auf dem Roste ge-
f,

afries. quad, qwad «böse». Nach Bmgmann bratnes Rippenstückchen. 1715 bei Amaranthes,
5, 375 gehören diese zu lit. gida f.
Idg. Forsch. aus glbd. franz. cötelette f. «Rippchen», Dim,
«Schande, Unehre», apreuß. gldan "«Scham», von franz. cote f. «Rippe», aus glbd. lat. costa f.
poln. zadny «häßlich, garstig», russ. gadif «be- 'Köter, m. (-S, PI. wieSg.): kleiner bissiger
schmutzen», so daß man die Verbindung mit Hund, Dorfhund. In Norddeutschland. Mnd.
den arischen Wörtern aufgeben müßte. ABL. koterhunt, 1566 hess. kotter, bei Rollenhagen
kotig, adj., spätmhd. quätig, quötig, kotig, Froschm. (1598) 3, 3, 12, 30 haicrköter. Nieder-
md. quädig, im 15. — 17. Jh. obd. katig, bei deutsche Dialekte weisen auf altes *köt-, so daß
Luther Hiob 7, 5 kötticht, 1540 bei Alberus das Wort nichts mit ~Kot zu tun hat. Die
kötirht. ZUS. Kothahn, m.: Wiedehopf Wurzel kaut (vgl, rheinfrk, katizen, ganzen
(1510 in der Hagenauer Gemma i 1^ kathati), «bellen, kläffen», norw, kyte, dän.kyde «prah-
weil er nach dem Volksglauben sein Nest len») vielleicht zu gr. fodw «klagen». Vgl.
mit Kot verdichtet und sich von Kot nährt. Feist Btr. 40, 402.
^Kot, n. (-[e]s, PI. -e), Kote, f. (PI -n), ^Köter, KÖtner, s. -Kot.
auch Kotten, m. (-s): kleines schlechtes Kotze, f. (PI. -n): gi-obes Kleid, grobe
Haus; Wohnhütte, kleines Bauernhaus. Bei zottige Wolldecke, sehr grobes Oberkleid;
nordd. SchriftsteUem. Mnd. kote, kate m. f., Obd. Kotzen m. (-s und
I
grobes Wollentuch.
md. kote (schon im 12. Jh.), kot m., spätmd. wie Nom.), mit schwacher Flexion bei Bren-
1424 kot n., 1562 bei Mathesius Sar. 178* Köt n. tano Goldfaden 284. Mhd. kotze m., ahd. chozzo
(vgl. Salzkote): dazu ndl. kot n., ags. cot n. und und starkbiegend clioz m., chozza f. «grober
cote, cyte f., engl, cot, anord. kotn. und kytja f. wollner Mantel, grobes zottiges Wollenzeug,
(in hüskytja), norw. kot «kleines Haus», dän. grobe wollne Decke», asächs. cot m. «woUner
fco(Z «schlechte Hütte». Dazu mit Ablaut norw. Mantel, wollner Rock». Daneben mhd. kütze f.
(dial.) köyta «Waldhütte von Zweigen», nhd. «Oberkleid», ahd.chizit (in umhicMzi f. lOher-

Kötze (s. d.). Aus dem von kot abgeleiteten gewand als Umwurf»). Fick BezzBtr.6,211 hat
engl, cottage stammt franz. coffa^e «Landhaus». es zu gr. ßeüboc n. «kostbares Kleid» gestellt.
1131 Kötze Kraft 1132

Entlehnt afrz. cote f. «langes Oberkleid», nfrz, und nd. krak m. Davon entlehnt franz. crac

cotte «Kleid», prov. cota, auch in redingote


f. m. «Krach», craquer «krachen». Als Schlag-
(= engl, riding-coat «ßeitrock»), s. Kutte. wort erst seit dem großen Krach von Wien
Kötze, f. (PI. -w): geflochtner Eückentrag- 1873 durchgedrungen, krach! interj. erst im
korb, länglicher beiderseits vom Rücken eines 18. Jh. belegbar, aber schon bei Fischart Garg.
Tieres hangender Tragkorb. In Mitteldeutsch- 153 vom Schnarchen. Ygl. krack, krachen, v.:
land, Pranken. Md. im 15. Jh. kotze (Rothe erschütternd schallen, laut schallend brechen,
Dür. Chron. Cap. 437), rheiia. im 15. Jh. kötze mhd. krachen, ahd. chrachön; dazu mnd. und
(Diefenb. gloss. 127^), mrhein. im 16. Jh. kütz f. mndl.kraken, ags.cracian, cearcian, engl.crack.
(Weisth. 2, 528), vgl. Kieze. Mit ^Kot zu- Vielleicht urverwandt mit aind. gärjati «brüllt,
sammenhängend. brummt, rauscht», lit, girgzdeti «knaiTend»,
kotzen, hustend ausspeien, sich er- oder «lautnachahmend». Kracher, m.: alter
v.:
brechen. 1482 im Voc. theut. r 1 * kotzen, 1466 schwacher Mann, 1669 bei Grimmelsh. Simpl.
koczen (Diefenb. nov. gl. 385^, wo auch sich 481, auch Krachwedel m. Simpl. 383, Krach-
hekotzen aus dem Anf. des 15. Jh.), rhein. im wadel 46, bildlich wie grober Wedel (Lümmel)
15. Jh. kiitzen. Lautnachahmend wie das glbd. bei H. Sachs, nach Wedel (Tierschwanz) und
koken (s. d.). ABL. kotzeril, v. impers.: mhd. wadelen, wedeln «schwanken». ZUS.
zum Erbrechen reizen, 1537 bei Dasypodius. Krachmandel, f.: Mandel mit Schale. 1775
Kral)äte, m. (-n, gewöhnlich nur im PI. bei Adelung. Jetzt gewöhnlich Knackmandel.
-n), gekürzt Krabat: muntres, wildes Kind. krächzen, v.: heiser schreien (vom Raben
Im Scherze. Älternhd. und noch mundartlich. usw.); aus tiefer Brust schmerzvoll seufzen.
Krabate statt Kroat, abg, Chriihatinü. Im In der 1, Bed. 1537 bei Schaidenreißer Odyssee
30 jähr. Krieg aufgenommen. Vgl. Krawatte. 83^ krachitzen, im 15. Jh. grachkiczen (Diefen-
Kral)l)e, f. (PI. -n): kleiner runder See- bach nov. gl. 120»»), in der 2. Bed. 1582 bei
krebs; (bildlich) regsames muntres Kind, reg- Fischart Garg. 154 krächtzen, 1691 bei Stieler
sames muntres kleines Tier. Im 18. Jh. auch krechzen. Abgeleitet von krachen (stöhnen,
Mask. nnd Neutr., im 16. Jh. krähe, kr ab f., ächzen, bei H. Sachs), schon mhd. chrachen
1505 in der Straßburger Gemma t5^ krdbbe (hohes Lied 44, 21 Haupt), wie ags. cracetung,
und 1513 verhochdeutscht krappe f., aufge- cearcetung «Krächzen» von cracian, cearcian.
nommen aus mnd. krabbe f. (Diefenb. gl. 445^ Im Ablaut dazu steht das gleichbed. älter-
vom J. 1420); dazu ndl. krab f., ags. crdbba m., nhd. Ä;rocÄ2'e>i, kröchzen, mhd.krochzen, kratzen,
engl, crab, anord. krabbi m., schwed. krabba, ahd. croccezan, chrockezan, groccezan. Laut-
dän. krahbe, verwandt mit Krebs, krabbeln nachahmungen, wie lat. und cröcitare,
cröcire
(s. d.). Anklingend, aber nicht verwandt gr.- gr. KpmZeiv u, KpdSeiv «ki'ächzen» (vom Raben).
lat. cärabus, gr. Kotpaßoc m. «Meerkrebs». Vgl. aber das nach der Lautverschiebung
krabbelig, adj.: mit Händen und Füßen stimmende ahg.grajati «krächzen» und grakati.
ungemein regsam, 1691 bei Stieler krabelicht. krack! interj. wie krach! (s. Krach), aber
Von krabbeln, v.: woran viel tasten oder härtern Ton ausdrückend. Im 18. Jh., da-
regsam greifen; die Füße regend kriechen. gegen bei Fischart Garg. 385 von den Tönen
Im 15. und 16. Jh. (z. B. bei H. Sachs Fab. eines sich Erbrechenden, als Übersetzung der
330, 54) und selbst noch mitunter bei Goethe franz. Interj, crac bei Rabelais (von den Zügen
krabeln, mhd. krappein (Megenberg 193, 35), eines Trinkenden).
1482 im Voc. theut. m7* grappeln, um 1480 Kracke, f. (PI. -n): schlechtes abge-
im Voc. ine. teut. h 4^ graplen, in der Schrei- magertes Pferd. und
Verächtlich, in Mittel-
bung bb (1675 bei Weise klug. Leute) aus dem Niederdeutschland, 1691 bei Stieler, ndl. im
Nd. aufgenommen, mnd. krabbeln, nd. grab- 16. Jh. kraecke. Desselben Stammes wie anord.
beln; dazu ndl. grabbelen, engl, grabble, anord. kraki m. «dünne magre Person», krakligr
und schwed. Ära^a, norweg.kravla, dän.kravle, «schmächtig, schwächlich», engl. cracÄ; «Knirps».
norw. krabba «krabbeln, kriechen». S. kribbeln. Wohl zu der in krank vorliegenden Wurzel.
Ob Krabbe von dem Verb, oder dieses von Kraft, f. (PI. Kräfte): was wirkt, daß
jenem stammt, läßt sich nicht entscheiden. etwas ist oder geschieht; Rechtsgültigkeit
Krach, m. (-[e]s, PI. -e): erschütternder (schon mhd.,'Augsb. Stadtrecht von 1276
Schall, lauter Bruch, Zusammenbruch. Mhd. Art, 84). Mhd. kraft, ahd. kraft (PI. krefti)
krach, ahd. chrac m,; dazu mndl. crac, nndl. f. «Wirkungsfähigkeit, Wirkungstüchtigkeit,
1133 Kragen Krakelwerk 1134

Heeresmacht, Menge, Fülle», md. Tcraft und kreige, mndl. craie, nndl. kraai, ags. cräioe f.,
auch (nach dem Nd.) kracht, mit abgestoßnem engl, crow «Krähe» (dafür anord. kräka f.
t kraf: dazu asächs. craft m, f., ndl. kracht f., «Krähe», kräkr m. «Rabe»). Ableitung von
afries. krecht, ags. croRft m. in jenen beiden krähen. ZUS. Krähenauge, n.: Leichdom
ersten Bedeutungen und dann «Wissenschaft, (1537 bei Dasypodius Kreenaug); Fruchtkorn
Kunst» (dann engl, craft «Fertigkeit, Kunst, der Brechnuß (1618 bei Schönsleder das Dim.
Handwerk, List»), anord. kraptr, kröptr, krapti Kraineugl).Beides nach Ähnlichkeit mit
m. «Kraft», schwed.-dän. kraft. Dazu wohl einem Auge der Krähe. Krähenfuß, m.:
norw.-dial. kräv «tüchtig, stark», isl. krcefr (im Plur.) ki-akehge Schrift, im 16. Jh. bei
«stark, tapfer». Weitre Beziehungen fehlen. Schweinichen 1, 28 Krohnfüße. Krähen-
Vgl. aber KZ. 37, 389. Aus dem Dat. Sing. hütte, f.: Hütte zum Schießen der Krähen.
die Präp. kraft, als urspr. Subst. den Gen. 1763 bei Heppe Wohlred. Jäger.
regierend, durch den Kanzleistil im 16. Jh. krähen, v.: singen, vom Hahn oder wie
eingeführt (Augsb. Reichsabschied 1566 BI. 4^), Mrhein. 1469 krehen, mhd. kroRJen,
dieser.
aber bereits im 17. Jh. auch bei guten mit den Nebenformen kraigen, kreigen,
Schi'ift- krcen,
stellern gebraucht, gekürzt aus älterm in, aus, krewen, ahd. chräjan, kräican, kräen, krähen;
mit Kraft (15. Jh.), wie statt für anstatt, auch dazu and. kräen, mnd. kregen, kreigen, kreien,
im PI. 1385 in kreften (Städtechron. 1, 240, 25). ndl. kraaien, ags. cräwan (starkflekt. Prät.
ABL. kräftig, adj., mhd. kreftic, kreftec, creow), engl, croiv, dafür got. hrükjan. Ver-
ahd. kreftig; dazu mnd. kr achtig, ags. crceftig, wandt mit abg. grajati, lit. groti «krächzen»,
anord. kröptugr. Davon kräftigen, v.. mhd. Krähwinkel, Dorfname in Baden, Schwa-
kreftigen, a.hd. ehre ftigon, danehenmhä. kreften. ben und Westfalen, wegen des wunderlichen
ZUS. Kraftbrot, n., 1548 bei Ryff Apothek Klanges 1803 von Kotzebue als Schauplatz
258^. Kraftbrühe, f., bei Goethe 20, 405. seines Lustspiels „Die deutschen Kleinstädter"
Kraftgenie, n. Schlagwort des letzten gewählt und dadurch zum Musterbild klein-
Viertels des 18. Jh. Vgl. Ladendorf, kraft- städtischen Spießbürgertums geworden. Schon
los, adj., mhd. krefte-, kraftlös. Kraftmehl, ahd. Chräwinchil, eig, «abgelegne Waldstelle,
n., 1517 bei Trochus KA^ krafftmel. wo Krähen nisten».
Kragen, m. (-5, PI. wie Sg.): Hals [einen Krake(n), m. {-n[s], PI. -n): sagenhaftes
heim Kragen nehmen) Kleidungsstück od. -teil nordisches Seeungeheuer, zu dem wahrschein-
:

um den Hals. In beiden Bed. mhd. schwach- lich die gi'oße Tintenschnecke Sepia octopodia
biegend krage, um 1100 chrage (Schlund, Gen. Anlaß gegeben hat. 1775 bei Adelung, aus
15, 6); dazu mnd. krage, nndl. kraag m., engl. norweg. krakje m.
crag «Hals, Nacken». Urverwandt vielleicht Kraköel, m, (-[e]5, PI, -e)-. der Hader, das
gr. ßpö-fxoc, ßpöxöoc m. «Kehle, Gurgel», air. Händelsuchen. 1629 bei Diefenbach-Wülcker
hräge «Nacken», lit. gurklis m., serb. g^lo n. 714 crackel, 1663 bei Schottel Krakehl m,,
«Kehle». Der PI. obd. schon im 16, Jahrh. aufgenommen aus mnd. krakele, ndl. krakeel.
Kragen (Fischart Garg. 816). Im Mhd. auch Herkunft unklar. Vgl. Schröder Streckformen
Scheltwort, z. B. ein löser krage Renner 349, 126. Davon krakeel en, v. und Krakeeler,
noch nhd. Geizkragen m. «Geizhals», Neid- m., 1691 bei Stieler krackehlen, Krackehler.
kragen m. «neidischer Mensch». Die Dimi- krakelig, adj.: unsicher auf den Füßen.
nutiva Krägelchen, Kräglein, n., mhd. Auch von unsichrer Schrift gebraucht. Nd. und
kregelin «Hälschen», kragel «Halsbekleidung». nnd. Wohl zu Kracke, das urspr. «etwas Unan-
Kragstein, m. aus einer Mauer hervor- sehnliches, Schwaches» bedeutete, krakeln,
:

ragender Stein (dann auch Eisenstab) als Träger V.: krakelig schreiben, kritzeln. Md. und nd.
eines Balkens. Mhd. 1325 kragstein, thür. im krakeln, s. krickeln.
14. Jh. kraitistein (verkürzt aus kragenstein), Krakelwerk, n.: -wmnderlich wirres Bau-
wie 1427 im Frankf. Bauraeisterb. 30** kragen. werk, bei Goethe 33, 145. Zu Krakel f. «dürrer
Bildliche Anwendung von Kragen (Hals). Baum mit Zweigen» (1754 bei Döbel Jäger-
Krähe, f. (PI. -n): Name eines Vogels practica 2, 217 '^ Kracket), «sperriges Geäst»
vom Rabengeschlechte. Mhd. krä, älter kräe, (1561 bei Maaler die Graglen), s,c\i\e?,. grägel f.

kräwe, mit den Nebenformen krowe, krö, «dürrer gabelförmiger Zweig», grägelwerk
krceje, kreige, krege, kreie, ahd. kräja, kräwa, «Sperrwerk des Daches», oberd. grageln «die
kräa, krä f.; dazu and. krä(J)a, mnd. kreie, Beine spreizen».
1135 krall Kran 1136

krall, adj. : Herder krammen, v.: mit sich zusammenziehen-


grell (Lessing 6, 509,
z. Lit. u. K. Nd. von den Augen den Klauen empfindlich und verletzend fassen
11, 357).
das Adj. krall «lebhaft, durchdringend hell», (Goethe 17, 94. 50,164). Mhd. umliOO krammen,
groll «scharfsichtig». noch Schweiz. -elsäss. und nordfränkisch. Ln
Kralle, f. (PI. -w) hakenförmig gebogner Ablaut zu krimmen (s. d.).
:

scharfer Xagel der Tierzehe. Im 16. Jh. Krale Kram(me)tsTOgel, m. {-s, PI. -vögel):
(1576 bei Mathesius Luther 101*, 106^) und Wacholderdrossel. 1691 bei Stieler Krommets-
Ereile f., 1663 bei Schottel Kralle, 1691 bei vogel, im IQ..Jh. Kr ommet-, Kramat-, Kramats-
Stieler Grolle. Vgl. mhd. grelle f. «Stech-vogel, im 15. Jh. krambit-, kranbitvogel, 1482
gabel beim Fischfang und als Waffe». Nach im Voc. theut. r3* kranwidfogel, mhd. im
Detter ZfdA. 42, 56 aus *kradlo- zu kratzen. Von mhd. kranewite m.
13. Jh. kranwitvogel.
ABL. krallen, v. mit hakenförmigen Spitzen (spätmhd.cÄranbiY, chramhid, cramut, chromud),
:

kratzen. 1691 heiQüelergrellen, grollen, kralleii, ahd. kranowitu n. (auch chranpoum m.) «Wa-
im 18. Jh. bei Rädlein krellen, bei Ludwig, Aler, cholderstaude», noch bayr. kranewett, krane-
Steinbach und Adelung nur krallen, 1482 im wittn f., eig. «Kranichholz», zgs. aus der alter-
Voc. theut. r B^krellen, mhd. um 1100 chrellen tümlichen Form von Kranich (md. kröne,
(in Uchrellen). krallicht, krallig, adj.: krön, s. Kran) und ahd. loitu n. «Holz».
mit Krallen versehen, 1691 bei Stieler grallicht. Krampe, f. Türhaken, in den
(PI. -n):
Kram, m. {-[e]s, PI. Krame): Warenbude der Riegel des Schlosses einschnappt; Buch-
zum Feilhalten; Kleinhandel; Klein-, Kurz- haken, das Buch zuzuhalten (1775 bei Adelung
waren. Mhd. u. mnd. kram m. «ausgespannte «im gemeinen Leben»). Li der 1. Bed. 1647 bei
Zeltdecke,7 Bedachuncr
o eiaes Kramstandes, 7
01eariusl34 Krampe, aufgenommen aus gleich-
Kaufbude, Kaufmannsware, Handelsgeschäft, md. und mnd. krampe f., and. krampo
bed.
einzelnes erkauftes Stück», mhd. auch krame, (auch ndl. kram, kramme f., engl, cromp);
kram f. «Krambude, Ware»; dazu clevisch dafür mit hochd. ^/" 1517 bei Trochus R2*
1477 crame «ausgespannte Decke, Vor-, Um- kromphe, ahd. chramph m. «Haken», neben
hang, Kindbett», in letzter Bed. auch mnd. dem ahd. Adj. chramph «gekrümmt» (daher
kr am m., ndl. kraom f., eig. «die Gardine, entlehnt afranz. cran^«zusammengekiümmt»,
hinter der die Wöchnerin liegt». Abg. gramü franz. crampon m. «Klammer», ital. grampo f.
m. «Weinladen, Schenke», könnte verwandt «Kralle»). Zu ahd. chrimplian, mhd. krimpfen
sein. Daneben steht abg. cremü «Zelt», dessen «krurüm oder krampfhaft zusammenziehen».
Verhältnis zu unserm K. nicht klar ist. Wahr- Vielleicht urverw. mit lett. grumba «Runzel,
scheinlich ein altes Handelswort. Vgl. noch Falte; ausgefahmes Wagengeleise», grumht
Johansson Idg.Forsch.8, 171. Davon kramen, «Runzebi bekommen». ABL. krampen, v.:
v., urspr. kaufen (noch ia Süd Westdeutschland), festklammern, 1785 bei Voß Ged. 1, 171.

jetzt s. V. a. waren artig, dann suchend hin- und Krampf, m. (-[e]s, PL Krämpfe): krank-
herlegen. Mhd. kramen «Kramhandel treiben, haftes Zusammenziehen der Muskeln. Mhd.
einkaufen», bes. «ein Geschenk». Krämer, m. kramp f m., aber spätahd. schwachbiegend
(-S, PI. wie Sg.) Kleinhändler, früher Kramer chrampho m. wie noch 1469 mrhein. krampffe
:

(noch vielfach in Kromerinnung), mhd. krä- m. (Voc. ex quo); dazu and. crampo m.,
niCBre, krämer, kro&mer, ahd. kramari m. mnd. krampe m., ndl. kramp f., engl, cromp.
Krämeryolk, n., verächthche Bezeichnung Eins mit Krampe. Vgl. noch krumm. ABL.
der Engländer seit Ende des 18. Jh., zuiück- krampfen, v.: in Krampf zusammenziehen
gehend auf Ad. Smiths Ausdruck nation of (Goethe 19, 48 u. 15, 1, 18), spätmhd. krempfen.
shopkeepers. Vgl. Ladendorf. Kramerei, f., krampfhaft, adj.. Kramer 1787. krampfig,
mhd. krämerie, kroemerie f. Krämerin, f., adj.,1482 im Voc. theut, r3^ krampfig, um 1480
mhd. krämerinne. im Voc. theut. n 6^ krempfig «krampfsüchtig».
Krambämbuli, Danziger Wachol-
m.: ZUS. Krampfader, f., 1561 bei Maaler.
der- oder Kirschbranntwein (vgl, Lochs). Li Kran, m. (-[e]s, auch -en, PI. -e, -en,
der ersten Hälfte des 18. Jh.; dazu schwäb.- Kräne; die schwachflektierten Formen sind
westfäl. kromhamhel «Schnaps». Nach Schrö- im Veralten): Hebezug für Waren; Zapfröhre
der Streckformen 208 aus *krambel, das zu mit einer senkrecht durchgesteckten dreh-
krammet, s. Krammetsvogel, eig. «Wacholder» baren kleinem, zu Öffnung und Verschluß.
gehört, also «Wach holderschnaps». In der 1. Bed. spätmhd, im 15. Jh. kröne,
113- Kranewitt Kräpfel 1138

hran und kranch, krauche, mnd, im 14. Jh. .werden oder sein», kränken, v.: geistig
kran; in der 2. Bed. 1664 bei Duez Kran, empfindhch wehe tun, mhd. kranken «schwach,
!

aber bereits cleviscb 1477 craen. Benannt nach gering, leidend machen, schwächen, mindern,
dem Kranich (s. d.) wegen der Ähnlichkeit erniedrigen, herabsetzen, in Kummer ver-
mit dem Halse und Schnabel dieses Vogels. setzen»: dazu Kränknng, f., 1691 bei Stieler.
Schon gr. T^pavoc f. «Kranich» und «Kran». krankhaft, adj., 1691 bei Stieler, kranck-
Kranewitt, s. unter Krammetsvogel. hafftig 1664 bei Duez. Krankheit, f., mhd.
Kranich, m. (-[e]s, PI. -e): großer asch- krancheit, krankeit f. «Schwäche», aber dann
grauer Sumpfvogel mit langem spitzigen im 14. Jh. wie heute, kränklich, adj., mhd.
Schnabel. ^Ihd. kranech, kranich, kranch, krane-, Are« cZzcÄ «schwächlich, armselig», 1508
auch schwachbiegend kraneche, kranche, bis- in der Straßburger Gemma C 8 '^ krancklich
weilen mit Umlaut krench, PI. 'krenche, ahd. in der heutigen Bed. «dauernd leicht krank»;
chranuh, chranoh, chranih m., mittels der Ab- Kränklichkeit, f., 1734 bei Steinbach. ZUS.
leitungssilbe -uh (vgl. ahd. habuh m. «Habicht», Krankenhaus, n., 1678 bei Krämer, aber schon
got. ahaks «Taube») von spätmd. krane, um 1480 im Yoc. ine. teut. n6* kranckhuß.
f.

kröne, and. crani(^), mnd. krane, kr an, krön Kranz, m. {-es, VI. Kränze): reifförmiges
m., 1477 clevisch craen (vgl. Kran) dazu ags. Ziergeflecht umfangender Kreis. Mhd. kränz,
; ;

C7'an u. cornoch m., engl, crane, anord. trana f. ahd. im lO.Jh.kratizm. (zunächst schmückende
und trani m., schwed. trana, dän. träne. Ur- Binde des Hauptes, Lockenkranzj; eigentüm-
verwandt. mit glbd. gr. fepavoc f., kelt.-kymr. lich hochdeutsch, in andre german. Sprachen
garan, abg. zeravl m., f., arm. krunk,
lit. entlehnt. Entweder nach Liden Stud, 16 zu
gerve
lat. grus f. das sich mit ahd. ]it.grandis m., graiidele f. lArmh&nd^, apreuß,
(Gen. gruis), ,

ckreia, kfeia «Kranich» beiührt. Dazu auch grandis «Ring», lett.^öcfe «starkgedreht, drall»
lit. garnis m. «Storch, Reiher». oder aus *krangz- (vgl. Lenzi zu Kringel (Btr.
krank, adj.(Komp.kränker, ^nip. kränkest): 29, 502). Tgl. 'Krätze. ABL. Kränzchen,
leidend schwach. Mhd. krane «schwach (zu- Kränzlein, n., mhd. krenzelin, krenzel, md.
nächst körperhch, dann auch geistig), arm- im 15. Jh. krenzchen n.; in der Bed. «reihum-
selig, schlecht, schmal, schlank»; erst, nachdem gehende Gesellschaft» 1691 bei Stieler Kränz-
im 13. Jh. bei md. cranc die Bed. «gebrech- lein, 1616 bei Albertinus Lucifers Königreich
lich, leidend» (der sunden iciderstrit V. 1257, 199 L. Krantzmahl und Kräntzebnahl der
Gießener Hdschr. von 1278) auftauchte, ent- Weiber, kölnisch im 15. Jh. krentzgen (Diefen-
wickelte sich und tritt auf im 14. Jh. die Bed. bach-Wülcker 715) und 1513 krenzlin (Lilien-
«leidend schwach», die dann im 15. Jh. so cron 3, 110^) von geheimen politischen Ge-
geläufig wird, daß im 16. Jh. das in dieser sellschaften, urspr. benannt nach dem Königs-
Bed. übliche siech (s. d.) in eine engre Be- kränzchen, das bei Schützenfesten den Sieger
deutung verdrängt ist. Ahd. nui- in krankolon schmückte, aber dem Ort des Gewinners die
«schwach werden, straucheln» erhalten. Dazu Verpflichtung auferlegte, das nächste Schießen
rheinfränk. im 11. Jh. crank «gebrechlich, ge- zu halten (von ort zu ort ein kränz halten
lähmt», mnd. krank «schwach, ohnmächtig, ZfdA.3,243 vom J. 1602), auch bei den Mtisik-
schlecht, gering», mndl. cranc «schwach, kränzchen des 16. und 17. Jh. ging ein Kranz
schlecht», afries. kronk «zum Tode leidend reihum (Grimm DW. 5, 2058), ebenso bei den
schwach», ags. (selten) cranc «gebrechlich, Schmauskränzchen des 16. Jh. (Gargantua 74).
hinfällig»,anord. krangr «schwächlich» und kränzen, v., 1512 bei Murner Narrenbeschw.
(aus dem Deutschen entlehnt) krankr, schwed.- 94, 62 krentzen, ahd. Part, kachranzta^, ahd.
dän. krank «krank». Gleichen Stammes wie Glossen 2, 398, 37.
ags. cringan, Kräpfel, m. {-s, PI. wie Sg.): in Fett
crincgan, crincan (Prät. crang,
cranc, Part, crungen, cruncen) «hinsinken,im gebackne kleine Kuchenart. In der Wetterau
Kampfe fallen», engl. cra«Ä; «Krümmung», das Fem. (kräppel), in Thüringen Mask., bayr.-
za lit. grazil «wende, drehe» gehört. ABL. österr. krapft n., mhd. krepfelin n., im 15. Jh.
Kränke, f.: Krankheit, dann Krämpfe, be- krepfil, um 1480 im Voc. ine. teut. 1 ö^krapffel;
sonders aber die fallende Sucht, ein Fluch- dazu md. im 12. Jh. und mnd. kreppelen, jetzt
wort, mhd.ÄTeH/ce f. «Schwäche», kränkeln, Kreppel, obersächs. Kreppelchen n., Dim. zu
V., 1639 bei Zincgref Apophth. 310 krünckelen. ^Krapfen, m. (-s, PI. wie Sg.): eine Art
kranken, v., mhd. Äranfcen «schwach, leidend Kuchen in Fett gebacken. Nur noch obd.,

Weigand, Deutaches Wörterbuch. 5. Aufl. 72


1139 Krapp Eräuel 1140

mhd. krapfe, ahd. kräpfo m. Benannt nach ^Krätze, f. (PL -n): geflochtner Korb,
der urspr. hakenförmigen Gestalt, eins mit Korbgeflecht. Mhd. kretze f. und m. (auch
^Krapfen, m. {-s, PI. wie Sg.): Krüm- im frühesten Nhd. noch Kretze m.), mit Nasal
mung (umgebognes Ende) zum Fassen und krenze, krinze, ahd. crezzo m. Nebenform zu
Einhängen, Haken, Klammer. Älhd. krapfe, kratten. Dazu ags. erat, erat n. «Wagen».
md. kräpe, ahd. cräpho, chräpfo, cräpo m. Weder mit lat. crätes f. «Flechtwerk», noch
(auch in der Bed. «gebogne Klaue, Kralle»). mit gr. KdpTaXoc m. «unten spitz zulaufender
Ins Romanische entlehnt: ital. graffio m. Korb» verwandt, da die Lautverschiebung
«Haken, Kralle», grappat «Klammer», grappo fehlt. Vielleicht entlehnt. Vgl. Kratten.
m. «Traubenkamm», franz. agrafe f. «Klam- 'Krätze, f. (ohne PL): Kratzen verur-
mer», grappe f. (afranz. eraj?e) «Traube», ^rop^m sachende kleine Milbenblattern am Körper;
m. «kleiner Anker mit vier Haken», span. schuppichter Abfall vom Metalle beim Be-
grapa f. «Haken». Gleichen Stammes mit arbeiten. In der 1. Bed. mhd. kratz (voc.
Nasalierung ist Krampe (s. d.). opt. 40^, 6, bei Megenberg kratzen n.), im
Krapp, m. ohne PL): die Färber- 15. Jh. kretze, kretz; in der 2. Bed. im 15. Jh.
(-[e]s,

röte, Färberwurzel, das gemahlne Mark kretze (Frankf. Bürge rmeisterb. v. 1450), kretz
eig.

der Wurzel. 1712 bei Hübner Krapp, Grapp, (Nürnb. PoUzeiordn. 150, 14 vom J. 1488).
\

Grappe f., aus ndl. krap, im 16. Jh. krappe f., ABL. krätzig, adj.: die Krätze habend, im
woher auch franz. grappe f. Angeblich be- 15. Jh. kretzec, mhd. in ankretzig «räudig»,
nannt nach den hakenähnlichen Dornen der woneben 1347 krezoht «schäbig» (Pfeiflers
Pflanze und dann eins mit ^Krapfen. Übungsb. 154, 129).
;

Krapüle, f.: Völlerei; gemeines Gesindel. kratzen, v. mit Spitzem od. Scharfem ein-
:

Aus gleichbed. fi-anz. crapule f. von lat. cräpula dringend fassen oder reiben reibend scharren. ;

f. «heftiger Rausch». Im 19. Jh. Bei Campe Mhd. kratzen, kretzen, ahd. chrazzon; dazu
1813 crapulös «trunken, weinbegeistert». mnd. kratzen, krassen, mndl. cretten «kratzen»,
kraspelll, v.: wie hartes Reiben in wieder- anord.-nnorw. krota «ausschneiden», schwed.-
holten Tönen gehört werden. Bei Klamer dial. kräta. Aus dem Germanischen ent-
Schmidt kom. Dicht. 82. Mhd. kraspeln. lehnt ital. grattare, franz. gratter «kratzen».
Derselbe Stamm Eine nasalierte Wurzel könnte in lit. grändau
erscheint in anord. krespa
«krachen», engl. Crash, im Ablaut schott. «schabe» stecken. ABL. Krätzer, m.: im
crisp «knacken». Lautnachahmend. Halse kratzender Wein, 1691 bei Stieler, dafür
kraß, adj.: dick, grob; plump, roh. 1714 1600 (bei Melander 3 ocoseria) Kr atzeyibergerm.
bei Wächtler. Nach lat. crassus «dick», aus kratzig, adj.: rauh, unfreundlich, 1808 bei
der Studentensprache, aber vermengt mit Campe als nd. ZUS. Kratzbürste, f.:

graß, gräßlich. (bildlich) unfreundlicher Mensch, bereits im


Krätenwagen, s. Kräften. 17. Jh. (Bechstein Museum 2, 252). Kratz-
Krater, m. (-s, PI. wie Sg.): Becher- fuß, m.: höfliche Verbeugung, wobei man
schlund eines Vulkans. Im 18. Jh. (Goethe 30, mit dem linken Fuße ein wenig nach hinten
m. «Misch-
59) aus gr.-lat. cräter, gr. Kpaxrip aufkratzte. 1775 bei Adelung, nd. Kratz foot
kessel», auch «Öffnung eines feuerspeienden 1767 im Brem. Wb., dafür 1734 bei Steinbach
Berges», von gr. Kepdwu.ui «mische». Scharrfuß. Die Sitte selber bestand bereits
Kratten, m. (-s, PL wie Sg.): tiefer am Anfang des 17. Jh.
Handkorb, Wagenkorb, (in den bayr.-tirol. Krätzgarten, m.: Gemüsegarten. Im
Alpen) zweirädriger Karren. Daher Kräten-, östlichen Mitteldeutschland, 1580 im kursächs,
Krattenwagen, m. «Korbwagen». Ober- General- Articul § 22. Benannt nach der Be-
deutsch. Mhd. kratte, gratte, ahd. cratto, m. ;
arbeitung mit der Kratze d, i, «Krauthacke,
«Korb»; dazu ags. cradel, cradol m., engl. Karst» (md. 1517 bei Trochus Q 5^ kratze).
er adle «Wiege». Daneben Formen, die auf krauchen, v., ostmd. Nebenform von
t weisen, vgl. ^Krätze. kriechen (s. d.), 1586 bei Ringwaldt Warb. 21.
Kratz, m. {-es, PL -e): einmaliges Kratzen: Kräuel, m. (-s, PL wie Sg.): Gabel mit
Schramme davon. Mhd. kraz m., Gen. kratzes. Haken zum Fassen. Bei Luther kreuel und
Kratze, f. (Pl.-w): Werkzeug zum Zrafeew; krewel, mhd. kröuwel, krewel, kröul, kriul,
Scharre. Erst im 15. Jb. (Tucher Baumeisterb. kreul, ahd. chrawil, crewil, chrowil, crouwil m,
256, 28), aber im Bergbau schon mhd. kratze f. «dreizinkige Gabel, Dreizack, Hakengabel,
I
1141 kraus £rant 1142

Klaue, Kralle»; dazu and. krauwü m. «drei- Da Gefäßnamen häufig entlehnt werden, hat
zackige Gabel» afries. kraivel, mndl. kramvel, man auch hier an Entlehnung gedacht etwa :

nndl. kraauwel m. «Hakengabel, Kralle». aus gl". Kpujccöc m. «Wasser-, Ol-, Aschen-
Ton krauen, v. (Prät. kraute, Fart. gekraut): krug» (so wieder Falk-Toi-p); nach Weigand
kratzen; zu Wohlgefuhl gelinde kratzen. Mhd. aus mlat. cruci-, crusibulus m. «Becher» (urspr.
krouK'en. kraiven, kreincen, im 15. Jh. krauen^ in Kreuzesform), lat. crucihuhim n. «Nacht-
ahd. chrouicon: mnd. kraiven, afries. lateme in Kreuzesform), Lampentiegel», dar-
dazu
kraica, ndl. krauwen «kratzen». Wohl wurzel- auf weisen auch die ältemhd. Formen und
verwandt mit kratzen oder mit lit. gräuziu Bed. (krusel, krüsel, krausei, kreusel, m. f.
«nage». ABL. krauelu, v.: sanft streicheln. «breitbauchiger Krug, Xapf, Tiegel», noch
Im"l5. Jh. Schweiz, chrüsel m. f. «Henkelknig mit brei-
kraus, adj.: viel ins Runde gekrümmt oder tem Bauch, starkbauchige Kasserole, gedeckte
geringelt. Mhd. (nicht häufig) und mnd. krüs, tiefe Schüssel mit Handhaben», nd. krüsel m.
ndl. 1599 bei Kilian kruys, mndl. kroes, ahd. «hangende Lampe geringer Leute, worin
noch nicht nachzuweisen. Dazu mit Ablaut meistenteils Tran gebrannt wird» (bi-em. Wb.
Gekröse und auch wohl Krolle (s. d.), also 2, 888), mnd. krusel, krnc^el, o-usele, andfrk.
aus *krütto-. Davon Krause, f. (PI. -»): ge- crüsul «crucibulum», md. Kreusel m., «han-
fältelter Halski-agen, 1673 bei Weise Erzn.32 gende tragbare Arbeitslampe der Bäcker» usw.
Krause f., aber 1644 bei Moscherosch Philan- Doch könnte das Wort auch echt deutsch sein
der 1, 263 f. Krause, Kräuß n., gegen Ende und mit kraus in der Bedeutung «drehend»
des 16. Jh. Kraus n., mit Anlehnung an das zusammenhängen. Vgl. Kreisel.
Adj. kraus umgedeutet aus dem im 16. und Kraut, n. (-[e]s, PI. Kräuter): Blattge-
17. Jh. Kraß n., bei Fisch- wächs, das keinen Holzstengel hat; Häupter-
üblichen gleichbed.
Kalhskröß, nach der Ähnlichkeit kohl; das grüne Blattwerk einer nicht über
art Garg. 172
mit einem Kalbsgekröse benannt, wie noch Winter dauernden Pflanze (im 16. Jh. bei
ditmars. kahverkrüsen «gefalteter Kragen», Paracelsus); (nordwestdeutsch) eingekochter
dän. kalvekrös «Busenstreif», franz. fraise f. Fnichtsaft; (heute veraltet) Schießpulver.
«Kalbsgeki'öse» und Hemdkragen». ^Ihd. krfd, ahd. chrüt n. «kleinere Blätter-
«gefalteter
Kräusel, m.: fortlaufender Kingel (bei Goethe pflanze, Gemüse, Kohl»; dazu asächs. crüd
an Fr. v. Stein 1, 260); Halskrause (Goethe «Unkraut» mnd. krüt, krüd (auch Gewüi*z)
[Werther] 19,40). kräuseln, v.: fcmwsmachen, ndl. kruid n. In der Bed. Schießpulver schon
fälteln, 1572 bei Fischart Garg. 171 gekräuselet, im 14. Jh. am NiedeiThein kmyt n., nhd. auch
1562 bei Mathesius Sar. 79^ sich derkreuseln, Büchsenkraut, Zündkraxit (Grimmeishausen
mndl. im 15. Jh. cruselen. krausen, v.: kraus Simpl. 229), dann in Kraut und Lot «Pulver
werden (Goethe6,61). krausen, krausen, v.: und Blei» (Liliencron Volksl. 2, 324, 12 vom
kraus machen, 1628 bei Münster Cosmogr. J. 1493), mnd. krüt unde löt. Vielleicht zu
S. 1731 kraussen, 1510 in der Hagenauer gr.ßpOo) ithervoi'sprossen», ßpüov n. «Moos, See-
Gemma c8* gekrußt, md. im 15. Jh. crusen moos, Kätzchen, Blüte». RA. Das geht mit
(Diefenbach gl. 158''), im 17. Jh. krausen Kräutern zu: mit unrechten Dingen, Zauber-
(Schupp 712); dazu mnd. und mnld. krusen. kräutern (Wickram Rollwagen 17, 22). ABL.
ZUS. Krauseminze, f zusammengeschoben kräuteln, v.: Kräuter sammeln, 1691 bei
,

aus krause Minze, Anf. des 15. Jh. crusemyntze Stieler kreutelen (1556beiFrisius 483* kreütlen,
(Diefenbach gl. v2^ «ausjäten»): daher Kräutler, m.: Kräuter-
66^), 1482 in Yoc. theut.
krawsmintz. kraushaarig, adj., 1 664 bei Duez sammler, fiühnhd. krüteler (Anf. d. 15. Jh.),
kraußhaarigt, 1477 clevisch cruysshayrich, wie kreutler und krüdener, kretvtener (Diefenbach
wie auch das Subst. kruushaer n, KrauS- gl. 275% nov. gl. 202^); Gemüsehändler, 1582
kopf, m., bei Luther W. 8, 23 Kraußkopff. bei Golius 355, noch heute in Wien, krau-
^Krause, f., s. kraus. ten, V.: Unkraut jäten (Fastnachtsp. d. 15. Jh.
-Krause, f (PI. -n): eine Art (Deckel-) 610, 2), mhd. krüten «Kraut holen», mnd.
Krug. Oberdeutsch, hessisch, Alternhd. kreiden (auch wüi-zen). kräutern, v.: Kraut
auch Krause m. {-n, PI. -n) und Kraus m. holen oder jäten (in der ersten Hälfte des
(PI. Krause). Mhd. krüse f. mit dem schon 15. Jh. kreytren), Kräuter suchen. Kräu-
im 12. Jh. erscheinenden Dim. crüselin n.: ticht, n.: Kräuterblätter, Unkraut, md. im
dazu mnd. krüs und krös m. n., ndl. kroes m. 15. Jh. crüdech, crüdecht, crewtecht, im 14. Jh.
72*
;

1143 Krawall Kreide 1144

crüteht n. ZTJS. Krailtfeauer, m. Häuptei-- visse f. «Krebs» und crevette f. «kleiner Krebs»,
:

kohl Bauender, mit Häupterkohl handelnder gleichen Stammes wie Krabbe (s. d.). ABL.
Bauersmann (bei Kramer 1787). Kraut- krebsen, v.: Krebse fangen, mhd. krebegen,
haupt, n. und Krautkopf, m.: Kohlkopf, krebsen. ZTJS. Krebsauge, m., im 15. Jh.
im 17. Jh. Krautehauht, Krauthaupt, mhd. krebyß-, kreffißauge (Diefenbach gl. 490°), so
krütes Jwuhet: 1581 beiFischartBienenkorb84'' heißen zwei im August zur neuen Schalen-
Krautkopff. Krautjunker, m.: (spöttisch) bildunof im Magen des Krebses befindliche
unwissender Landedelmann, im 17. Jh. bei halbkugelige Steinchen. Krebsgang, m.;
Moscherosch Patientia 26. Gang mckwärts wie der eines Krebses, bei
Krawall, m. {-s, PI. -e) vorübergehender Luther 3, 332 Jen. Krebsschaden, m.:
:
*>

Aufi'uhr ohne Ausdehnung. Von den großen- Krebsgeschwür, 1678 bei Krämer. Krebs-
teils rat- und tatlosen Aufständen des Herb- schere, f., früh im 15. Jh. md. krebe§schere.

stes 1830 aus rasch im westKchen Mittel- Krebssuppe, f., im 15. 16. Jh. krebssuppe —
deutschland verbreitet. Doch vereinzelt schon (Germ. 9, 206).
vom J. 1557 aus dem Archiv zu Rotweil kredenzen, v. vorkosten, vorkostend dar- :

«Cratvallen halben uff wasser und land be- reichen. Spätmhd. credenzen, von ital. cre-
treten oder angreiffen würde» (Herrigs Archiv denza f. «Glaube, das Vorkosten» zu «Treu
38, 343). Aus und Glauben» d. h. zum Zeichen der Un-
franz. charivalli (14. Jh., ralat.
charavalliuni), der Nebenfonn von charivari schädlichkeit, der Giftlosigkeit, mlat. cre-
«Straßenlärm, Katzenmusik», prov. caravil dentia f., zu lat. credere «glauben». ABL.
(s. Davon 1830 krawällen
Charivari). v. Kredenzer, m., spätmhd. credenzer. ZUS.
und Krawäller, m. Kredenztisch, m.: Schenktisch, 1540 bei
Krawatte, f. (PI. -n)-. steife Halsbinde. Alberus dict. r2% 1586 in den Script, rer.
Fräh im. 18. Jh. aus franz. cravate f., in Siles. 4, 290 Credentz m. Jetzt Kredenz, f.

der ersten Hälfte des 17. Jh. gebildet aus Kredit, m. {-[e]s, PI. -e): Treue und
dem Volksnamen Cravate «Kroate» (s. Kra- Glauben zu Borg, Leihvertrauen. Zu Anfang
Nachahmung der leinenen Halstücher des 17. Jh. (1601 bei Albertinus Kriegsleut
bate), als
der Kroaten, daher ita\. croatta neben cravattaf. Weckuhr 118^ Credit m., als Neutr. 1663 bei
Kraxe, f. (PI. -n): Traggestell. Bayr.- A. Gryphius Horrib. 11) entlehnt aus gleichbed,
schwäbisch. Mhd. (österr.) chrechse f., 1421 franz. credit, ital. credito m., von lat. creditum n.

kräxen (Diefenbach nov. gl. 97*). Vielleicht «Darlehn», dem Neutrum von creditus, Part.
mit ^Krätze zusammenhängend. Perf. Pass. von credere «glauben, borgen».
kraxeln, v.: klettern, mühsamDafür kaufmännisch im 16. Jh. Glauben (1548
gehen.
Bayi-.-östr., eine Weiterbildung des schon im bei Agricola Sprichw. Nr. 733). kreditieren,
17. Jh.bezeugten österr. krägeln «strampeln, V. auf Borg geben, im 17. Jh. creditiren, aus
:

klettern». In der neuem Zeit dui'ch den franz. crediter. Kreditor, m. (-5, PI. Kredi-
Bergsport bekannt gewoi'den. toren): Gläubiger, 1510 im Cod. dipl. Siles. 20,
Kreatur, f. (PL -en): Geschöpf. Mhd. 178 Creditor, aus gleichbed. lat.creditor m.
creatiure, md. creatüre f., aus gleichb. lat. Kreditiv, n. {-s, PI. -e): Beglaubigungs-
creätUra f., von creäre «erschaffen». ABL. schreiben. 1607 bei Sattler Orthogi'. 32 Creditiff-
kreaturlich, adj., mhd. creatiurlich. schreiben. Vom mlat. Adj. creditivus «Glauben
Krebs, m. (Gen. -es, PI. -e): hartschaliges zu schenkend», zu lat. credere «glauben».
Wassertier mit zwei Scheren; (von* der Ähn- Dafür im 15. und 16. Jh. credenz f. n., mnd.
lichkeit der Krebsschale, im 15. und 16. Jh.) credencie f., aus ital. credenza f. (s. kredenzen).
blecherner Brustharnisch; um sich fressendes kregel, adj.: munter, lebhaft (Tieck Nov.
Geschwür (schon im 14. Jh. aus dem Alter- 7, 130). Nd.und md., aber mnd. kregel «immer
tum übernommen, lat. Cancer m.). In urspr. fertig zum Kampfe, hartnäckig», ndl. kregel
Bed. mhd. krebeg, krebg, im 14. Jh. auch krebs, «störrisch», 1599 bei Kilian krijghel, ent-
spätahd. crebi^, md. im 12. Jh. criug, später sprechend ahd. widarcregilin «hartnäckig».
kreug, kreuze, krou^, mit schwacher Flexion Verwandt mit Krieg (s. d.).
mhd. krebege, krebse, ahd. chrepap m; dazu Kreide, f. (PI. -n): weiße Kalkerde zum
mnd. krevet, kreft, mndl. krevet, krevitse, Schreiben usw. Mhd. kride, spätahd. crtda, f. ,

krevisse, nndl. kreeft m. Entlehnt afranz. dazu and. crtda, mnd. krite f. Aus gleichbed.
escrevisse (auch Brustharnisch), nfranz. ecre- unerklärtem lat. creta f. «Kreide». ABL.
1145 Kreis Krempel 1146

kreiden, v., spätmlid. knden


krei- nov. gl. 372*), md. im 13. Jh. krüsel m.
(15. Jh.).
dicht, adj., 1691 bei Stieler.
kreidig, adj., (hl. Elisabeth 3610); dazu mnd. 1424 crusel
1618 bei Schönsleder. Kreidlinsr, m.. von (Hör. belg. 7, 29^), bei Chyträus krüsel, nnd.
Campe 1801 für Kretin (s. d.j vorgeschlagen, krüselding, in Anlehnung an nd. küsel «Wirbel,
jedoch mit falscher Ableitung. ZUS. kreide- Stnidel-^ (brem. Wb.), mnd. cusel Diefenbach
weiß, adj., 1575 bei Fischart Garg. 113 nov. gl. 372^.
kreidemveiß. kreisen, v., s. Kreis.
Kreis, m. (Gen. -es, PI. -e): um einen kreisten, v.: stöhnend ächzende Töne aus-
Punkt laufende, überall gleicbweit von diesem stoßen. Mhd. kristen. Noch bayr.-östr., dafür
entfernte Linie; Landbezirk; Verkebrskreis. in der Wetterau und in Nassau kresten.
Mhd.Ä:re?5 m. «Ki-eislinie, L^mkreis, eingehegter Vgl. kreißen und kreischen.
Kampfplatz, Landeski-eis», spätahd. crei^ m. kreißen, v.: in Gebui-tswehen schi-eien
(noch im 18. Jh. Kreiß, Kraiß); dazu ndrhein. (und stöhnen); Wehen haben. Schwachbiegend
im 14. Jh. kreytz und krijt, mnd. kret, krete, Prät. kreißte, Part, gekreißt, aber mit starker
kreit, krU m., mndl. crlt n. Xebst mhd. (md.) Flexion mhd. kri^en (Prät. kreiß) «scharf rufen,
kri^en «eine Kreislinie machen», hekrigen «mit scharf schreien, stöhnen», im 15. Jh. kreysen
einer Kreislinie umziehen», hekrei^en «den (Hätzlerin 1, 25, 68 u. 30, 9), in der heutigen
Grundi'iß, die Umrisse zeichnen», entweder zu ßed. zuerst 1691 bei Stieler (kreußen). Dazu
kritzen «kritzen, ritzen» (s. Kritz) oder zu alb. mnd. kriten «schi-eien, heulen» (Prät, kret)
fep m. «Reif eines Fasses, Rades, Ringest. ABL. kreten, kriten «streiten, zanken», 1477 elevisch
kreisen, v.: sich kreisförmig bewegen, mhd. crijten, mndl. criten «grell aufschreien», nndl.
kreiden. ZUS. Kreislauf, m., 1741 bei Frisch. krijten [Prsit. kreet, Fart. gekreten) «schreien».
'kreischen, v.: laut, grell aufschreien. Vgl. kreischen und kreisten.
Mit schwacher Biegung Pi'ät. kreischte, Part. Krematorium, n. (s, PI. -rien) : Anstalt
gekreischt, aber in der Volkssprache und zur Leichenverbrennung. Von lat. cremäre
ältemhd. starkflekt. Prät. krisch, Part, ge- «verbrennen» in neurer Zeit gebUdet.
krischen, um 1200 ndrhein. und md. krischen Kremortärtari, m.: gereinigter Wein-
(Prät. kreisch, PI. krischen, Part, gekrischen), stein. Von lat. cremor m. «dicker Saft, Brei»,
spätmhd. im 15. Jh. kreischen (deutsch Passion, und dem Gen. von nlat. tartarus «Weinstein».
Frankf. Hds. Bl. 61^); dazu mnd. krischen, 1801 bei Campe.
krisken, mndl. arischen, crijschen (Prät. cresc), Krempe, f (PI. -en)-. aufwärts gebogner
nndl. krijschen (Prät. kreesch, Fart. gekreschen, (geschlagner) Hutrand usw., 1673 bei Weise
aber auch schwachflekt. krijschte, gekrijscht). Erzn. 26 Krempe. Aus dem Nd., Nebenform
Nebenformen: kröschen (oberd, und nd.), von Krampe (s. d.), 1691 bei Stieler Krampe,
kreuschen fFischart Garg. 169, Stieler 1691, Krempe «übula» und Krempe auf dem Hut
Musäus Volksm. 3, 278), mit Dental obersächs. «spinther» (die Agraffe an der Hutkrempe),
krietschen, vgl. kreißen und kreisten. a\i(}L.chramphm.<iRan(i,l\vaTnj>,xcidirgichrampht
^kreischen, v.: kochendes Öl, Schmalz usw. «zurückgebogen», krempen, V.: den Rand
durch ein hineingelegtes Brotstück oder ein- wovon aufwärts biegen, 1741 bei Frisch gi-em-
gespritztes Wasser reinigen, bratend auslassen. pen (aus dem Niedersächsischen).
Im 17. Jh. (bei KirchhoflF) kreuschen, bei ^Krempel, f (PI. -n): Wollkamm. Zu-
Adelung 1775 kröschen. Schwachbiegendes fällig erst 1734 belegt bei Steinbach G-rampel f.;

Faktitiv zu kreischen, urspr. «aufschreien md. im 15. Jh. krempel m. n. «gekrümmter


machen», wie mhd. erkreischen; im 16. und Zacken, Häkchen (1404 bei Cersne Minne Regel
17. Jh. kreischen «quälen, peinigen». 2713), KraUe», mit hd. pf ältei-nhd. krempfei
Kreisel, m. wie Sg.): kleines
(-s, PI. «Hakengabel,Fleischgabel»(Schmeller- 1, 1370).
trichterförmiges Spielgerät, das auf dem Abltg. V. a\idi.chramph m. «Haken» (s. Krampe).
spitzen Ende sich drehend läuft. Angelehnt Davon krempeln, V.: um 1480 im Voc. ine. teut.
an Kreis und kreisen 1691 bei Stieler Kreisel, 1 1 ^ kemmen, vulgariter grempeln. Krempler,
aber urspr. «Topf, Krug» (s. "^Krause, wie m., ebenda kemmer, grempler. Kreniplerin,
mhd. tind noch oberd. topfm. «Kreisel»), daher f , 1429 bei Diefenbach nov. gl. 283^ kemmer in,
noch bei Voß, Goethe, Lichtenberg usw. gramplerin.
Krauset, bei Freyer 1722, Duez 1664 und ^Krempel, m. (-s): geringwertige Sachen,
Soranus 1587 Kreusel, 1421 crußel (Diefenb. eig. Trödelware. Zu älternh^.greiyipel m.«Kauf-
;

1147 Kremser Kreuz 1148

handel im Kleinen, Trödelhandel» (16. Jh.), -Kresse, f. (PI. -n) der Gründling, cy- -.

grempelmarkt m. « Platz zum Feilhalten alter prinus gobio. Das Fem. scheint in Mittel-
gebrauchter Sachen, Trödelmarkt» (Voc. von deutschland aufgekommen, mhd. kresse m.,
1429 bei Schmeller, 1537 bei Dasypodius), ahd.-and. cresso m., (noch bayr. Kressen m.);
grempelwerk n. «Trödelware» (1594 bei Frisch- dazu rhein. im 11. und 12. Jh. grasse, 1477
lin Noni. c. 155). krempeln, v.: Kleinhandel clevisch crasse. Vielleicht zu ahd. chresan
treiben, trödeln. Grimmeishausen «kriechen»; der Fisch, auch Kreßling, m.
1669 bei
Simpi. 317 krämpeln, mhd. grempeln, grempen, (-S, PI. -e) genannt (1429 kressUng), hat näm-
vielleicht von ital. comprare (im Volksmund Hch in seinem Bewegen auf dem Grunde des
crompare) «kaufen», das dem gleichbed. lat. Wassers etwas Schleichendes, Kriechendes.
cornpäräre entstammt. Krempler, m. Tröd- Krethl und Plethi: Hack und Mack,
:

ler, Höke. Mhd. im 1 3. Jh. grempler, gremper (um Gesindel, eig. Scharfrichter und Läufer (nach

1500 kremper Straß b. Verordn. 256 Brucker), andren Erklärern Kreter und Philister), der
1413 grempner, im 14. Jh. grempe, grenip hebräische Name dei Leibwache Davids
(Straßb. Verordn. 249). (2. Sam. 8, 18 usw.)

Kremser, m. (-es, PI. wie Sg.): leichter Kretin (spr. kret{), m. (-s, PI. -s): Stumpf-
Omnibus, benannt nach dem Berliner Hof- und Blödsinniger mit mißgestaltetem Körper,
agenten Kremser, der 1825 die ersten der- bes. in Alpentälern. Am Anfang des 19. Jh.
artigen Wagen in Berlin aufstellte, (1801 bei Campe) aus franz. cretin m., und
Kren, m. (-s, PI. unüblich): Meerrettich. zwar aus Wallis (woher auch ital. cretino m.),
In Bayern, Osterreich, Nordfranken, Schlesien. von lat. christiänus «Christ, Christenmensch,
Mhd. kreti, krene m., im auch krien armer Mensch, der mit andern Menschen eben
15. Jh.

(1482 im Voc. theut. r 4^), schles. Krien (bei nur die Taufe gemeinsam hat». Vgl. Kreidling.
Günther 974 und Steinbach). Aus dem Slawi- Kretscham, m. (-s, PI. -e) Dorfschenke. -.

schen, abg. russ. chrenü, tschech. kfen. In Posen, Schlesien, der Lausitz. Md. 1340
Krengel, s. Kringel. kreczym, im 14. Jh. kretschem m., aus sorb.
Kreole, m. (-»., PI. -?i): von einem Weißen korcma, tschech. krcma, poln. karczma f.
mit einer Mestize erzeugter (bräunlicher) Ame- «Schenke». ABL. Kretschmer, m. (-S, PI.
rikaner; aber auch in den Kolonien Geborner wie Sg.): Schenkwirt. Md. 1340 krecimer,
von rein europäischem Blut. 1728beiSperander 1421 creczemer, aus gleichbed. sorb. korcmar,
Criole, nach franz. creole m. aus gleichbed, tschech. krcmär, poln. karczmarz m. Im 15.
span. criollo m., von span, criar «erzeugen, bis 17. Jh. kretzschmar auch die «Dorfschenke».
ernähi'en», lat, creäre «erschaflfen». Kreuz, n. (-es, PI. -e): Balken mit Quer-
krepieren, v,: verrecken; bersten (von holz alsMartei-- und Todespfahl für Verbrecher,
Granaten). 1617 im teutschen Michel crepiren, dann überhaupt eine solche Figur; (bildlich,

aus ital. crepare «bersten, verrecken», von biblischen Ursprungs nach Marc. 34 usw.)
8,

lat. crepäre «krachen, platzen». bittres Leid,beschwerendes Übel (schon mhd.


Krepp, m. (-es, PI. -e): Krausflor. Im Mühsal, Not); Ordenskreuz (Anfang des 15. Jh.,
16. Jh. bei Kiechel 161 Crepp, 1650 bei Mosche- ausgehend von dem Abzeichen der Kreuzfahrer
rosch Philander 1, 44 Kreppe (in den altern und der Ritterorden während der Kreuzzüge)
Ausgaben Crespe), ndl. 1599 bei Kilian crespe, das Rückgrat zwischen den Schultern (1664 bei
kerspe, aus gleichbed. franz. crepe m., früher Duez) oder am untern Ende (1682 bei Chr.
crespe, von lat. crispus «kraus». Weise Opf. Isaacs 3, 11); in der Spielkarte
Kreppel, m. (-s, PI. -n und wie
das franz. trefle m. «Kleeblatt» (daher Kreuzas,
Sg.):
Krapfen, s. Kräpfel. -buhe, -dame). Mhd. kriuze, kriuce, kriuz, ahd.
^Kresse, f. (PI. -n): die bitterliche Salat- krüzi n. (bei der Christianisierung im 8. und
pflanze an und in süßen Wassern, auch ver- 9. Jh. zunächst vom Kreuze Christi); dazu
wandte Pflanzen ähnlichen Geschmacks. Mhd. asächs. crüci f. n., mnd. und mndl. crüce, nnd.
kresse m. f., ahd. cresso m. und cressa f. (vgl. krüze, krüz, nndl. kruis, afries. crioce, kriose,
ZfdW. 2, 229); dazu andfrk. cressa f. (rhein. im krüs n. Aus dem Akk. crücefn von gleichbed.
11. u. 12. Jh. crasse), mnd. kerse, karse f., lat. crux f., mit regelrechtem Umlaut. Ebenso
nndl. kers, kors f., ags. coerse, cerse f., engl. entlehnt anord. kross m., schwed.-dän. kors,
cress. Unerklärt. Aus dem Germanischen aber aus andrer Quelle (dafür got. galga m.
entlehnt franz. cresson, ital. crescione m. «Galgen», ags. röd f. «Rute»). Die ältre
:

1149 kribbeln kriechen 1150

unverkürzte Form das Kreutze, Kreuze noch Gedehnt kriebeln (im 16. Jh. Weim. Jahrb. 5,
bei Opitz, Fleming, Günther, Lessing 1, 186, 224). In der 1. Bed. 1540 bei Alberus dict.
Rückert 1, 111. RA. zu Kreuze kriechen y 1 ^ kribeln, in der Reimformel kribbeln und
(urspr. zum Crucifix bei der Kirchenbuße) tvibbeln 1455 bei Lüiencron Volksl. 1, 483^
«sich demütigen» (bei Luther zum Creiitze in der 2. Bed. md. im 13. Jh. kribeln; dazu
kriechen). ABL. kreuzen, v.: das Zeichen nd. kribeln und kribbeln, ndl. 1599 bei Kilian

des Kreuzes machen (schon mhd.) kreuzweise krevelen und kribbelen. Im Ablaut stehend
;

herumfahrend und aufpassend auf der See zw krabbeln {?,. di) ABL. kribb(e)lig, adj.:
sich bewegen (von Schiffen, 1678 bei Krämer unruhig. Niederd. Im 16. Jh. kryblecht.
kreutzen, creutzen) kreuzweise durchschneiden ZUS. Kribbelkopf, m.: reizbarer Mensch,
;

oder sich schneiden (18. Jh.). Mhd. kriuzen norddeutsch, 1748 im westfäl. Robinson 265.
«ans Kreuz schlagen, mit dem Zeichen des Kribbel-, Kriebelkrankheit, f.: unauf-
Kreuzes versehen», ahd. krüzön «kreuzigen», hörliches Jucken, vom Genuß mutterkornhalti-
lat. crüciäre «kreuzigen, peinigen». Kreuzer, gen Brotes stammend, bei Musäus Volksm. 2, 1 92

m. (-S, PI. wie Sg.) kleine Silber- oder Kupfer-


: Kribelkrankheit, 1741 bei Frisch Griebelsucht.
münze, urspr. mit aufgeprägtem Zeichen des Kribskrabs, m. n. : ein Durcheinander von
Kreuzes (X, deshalb die Kürzung xr., dann Zügen im Ritzen, Schreiben usw. sinnlosen oder
auch kr.), mhd. kriuzer, mlat. denarius cru- zauberhaften Charakters; wunderliches Durch-
datus oder cruciger (zuerst als Silberpfennige einander (Goethe Faust 3268). Bei Schuppius
im 13. u. 14. Jh. in Verona und Merau geprägt); 502 Kribbes Krahbes, 1573 kribiß kr abaß, ein
kreuzendes Schiff, Kaper 1716 bei Ludwig Ablautgebilde wie Schnickschnack, Krikel-
Greutzer). kreuzigen, v.: ans Kreuz schla- krakel, ripsraps usw., von ndl. krabben «krat-
gen, mhd. kriuzigen, md. crüzigen, ahd. crü- zen», kribben «kritzeln» (1599 bei Kilian).
cigon: dazu Kreuzigung, f., mhd. kriuzi- krick(e)lig, adj.: mit allem unzufrieden
gunge, ahd. chrücigunga f. ZUS. Kreuz- und tadelsüchtig wie zänkisch (Goethe 22, 249,
band, n. kreuzweis umgelegtes Band, bes. 1. H.) leicht zu Zank und Streit führend. Von
: ;

für Postsendungen. In diesem Sinne erst im krickeln, v.: zanken, streiten. Mundartlich
19. Jh. kreuzbray, adj. durchaus brav, 1756 kreckeln, nd. krakeln «rechthaberisch wider-
:

im Leipz. Avanturier 1, 109 creutzprav, wie sprechen, unzeitig und mürrisch tadeln». Da-
schon bei Fischart Garg. 231 u. 240 kreutzgut, von Krickelei, f., Goethe Briefe 3, 247.
eine Verstärkung nach dem Vorbilde vonKraft- Krieche, f. (PI. -n)-. die Pflaumenschlehe.
wöi'tern wie Kreuzdonnerivetter usw. Kreuz- Mhd. krieche f., ahd. chriehboum, krichboum
fahrt, f.: Kreuzzug, mhd. kriuzevart f. Kreuz- m.; dazu 1477 clevisch criecke, mnd. kreke,
gang, m.: Umzug mit dem Kreuze, Wallfahrt; krike f. «Schlehenpflaume», ndl. kriek f. «Vogel-
für diesen Umzug
Säulengang oder Halle an kirsche», ins Französische entlehnt creque f.

Kirchen und Klöstern; Leidensweg im mensch- «Krieche», ins Skandinavische schwed. krikon,
lichen Leben (nach Christi Leidensgang, 1578 dän. krcege.Wahrscheinlich zu mhd. Krieche
bei Spangenberg Ehespiegel 84^). In den bei- m, «Grieche», vgl. 1517 bei Trochus Kl**
den ersten Bed. mhd. kriuze-, kriuzganc m. prunum grecum, greculum, krichen. Vgl. E.
Kreuzschnabel, m.: der Christvogel mit ge- Schröder Anz. fdA. 23, 158.
kreuztem Schnabel, 1557 h. Reußlin 168^ Krütz- kriechen, V. (Prät.Ä;roc/t,Konj./i;röc/te, Part.
vogel oder Krumhschnahel. Kreuzspinne, f. gekrochen): niedorliegend sich fortbewegen.
Spinne mit einem weißpunktierten Kreuz auf Mhd. kriechen (Prät. krouch, PI. kruchen), ahd.
dem Rücken, 1691 bei Stieler, Kreuzweg, chriocJian, engl, crouch «sich niederbücken»,
m., 1640 bei Comenius, bei Spe Trutzn. 34 norw. kruka «sich niederhocken», sonst mit
(Balke), 1598 bei Kilian kruysweg. kreuz- labialem Auslaut anfrk. criepan, mnd. krupen
weise, adv., mbd. kriuzewise, -wis. Kreuz- (auch md. krüfen neben krichen), ndrhein.
WOChe, f.: die zweite Woche vor Pfingsten, krüfen, kruifen, mndl. arufen, nndl. kruipen,
in der die kathoUsche Kirche Bittgänge mit ags. creopan, engl, creep, afries. kriapa, anord.
vorgetragnem Kreuz hält, mhd. kriuze-, kriuz- krjüpa, schwed. krijpa, dän. krybe. Man ver-
woche f., and. krüzewika f. Kreuzzug, m., gleicht (mitÄ-Auslaut)air. grrMC {nM'n'^grunko-)
am Anfang des 18. Jh. bei Günther 132. «Runzel» und (mit j?- Auslaut) gr. TPÜ^röc
kribbeln, V.: vielfüßig,vielfingerig sich be- «krumm». Vgl. Btr. 26, 301. Älternhd. im Präs.
wegen, wimmeln; wimmelnd jucken, prickeln. kreuchst, kreucht, Imp. kreuch, nach mhd.
;

1151 Krieg Krimskrams 1152

kriuchest, kriuchet, kriuch. Vgl. krauchen. kriegen,nehen schwachflekt. Prät. kriegte, Part.
ABL. Kriecher, m.: Schleicher, 1691 bei Geht auf die urspr. Bedeutung von
krieget.
Stiel er.Kriecherei, f., im 18. Jh. Krieg zurück.
Krieg, m. {-{e)s, PI. -e): tätliche Feind- Kriekente, f., die zwei kleinsten Arten
seligkeit; Kampf zwischen Staaten. Mhd. kriec der wilden Enten, anas crecca und anas quer-
(Gen.krieges) m. «eifrige Anstrengung, Streben quedula. 1557 bei Heußlin 34^ Kriche^itlin,
wogegen, Feindseligkeit, Widerstreit, Rechts- Krigente, Kruckentle, nd. krikente, krikant und
streit, fortgesetzter Kampf zwischen Parteien krikke, kreke f., schwed. (westerbottnisch)
und Staaten», md. kr^c, krlg m.; dazu mnd. kräcka. Kriek- bedeutet im Nd. «klein», vgl.
krich (Gen. krighes) m. «Zank, Zwist, Recht- Kriek-, Krukälster (d. h. «kleine Elster, der
haberei, Eigenwille, Watfenstreit (für letztres Neuntöter» Nemnich, 2, 323), mecklenb. kriek-
meist orloch), mndl. crijch, nndl. krijg m. Im ar/ife»« niedrige Erbsen», mnd. (1383) krickef.
Ahd, kreg «Hartnäckigkeit, Trotz», einchrigi- «kleine Erbse», krickelmore f. «kleine Rübe».
Itcho adv. «eigenwillig», mhd. einkriege adj. krieschen, v.: norddeutsch vulgär für
«eigensinnig, zänkisch»; für «Krieg» sagte man kreischen (s. d.).
ahd. ivic m. n. und urliugi n. (vgl. Orlogschiff). kriminal, kriminell, adj.: peinlich d.h.
Wohl urverwandt mit air. hrlg «Kraft, Macht», Leib und Leben angehend. 1711 bei Rädlein
gr. ßpiapöc «stark, heftig», gr. ö-ßpic f. «Über- criminal, im 18. Jh. auch criminel, aus franz.
mut». Vgl. Boisacq Dict. Dazu kriegeil, v.: criminel, lat. crlminälis «ein Verbrechen be-
Krieg führen, mhd. kriegen, md. krtgen «sich treffend», von lat. crimen- n. «Verbrechen».
anstrengend streben, ringend streben, kämpfen, Kriminal, n. {-s, PI. -e): Zuchthaus. In
streiten, mit Worten streiten, Krieg führen, Österreich. Kriminälrichter, m.: Richter
bekämpfen»; dazu mnd. krigen «streiten, einen des peinlichen Gerichts, 1711 bei Rädlein;
Rechtsstreit führen, Krieg führen», im Grimde Kriminalist, m. [-en, PI. -en): Kenner oder
eins mit dem folgenden kriegen (s. d.) davon Lehrer des Strafrechts, 1714 bei Wächtler,
;

Krieger, m., mhd. krieger m. «Kämpfer», krimm ein, v., md. Nebenfoi-m von kribbeln
Kriegeriu,f. (bei Luther) und kriegerisch, (s. d.), bes. in krimmein und loimmeln, bei
adj., 1538 bei Frank Germaniae chron. 291% Luther 3, 239% Rückert W. 2, 216.

kriegisch bei Luther, mhd. kriegisch «wider- krimmen, v. mit Krallen, kratzend, knei-
:

setzlich, trotzig, streitsüchtig». ZUS. Kriegs- pend fassen. Jetzt mit schwacher Biegung, aber

fuß, m.: völlige Kriegsbereitschaft. 1808 bei mhd.starkflekt.Ärmmen, grimmen (Prät./craw,


Campe. Kriegsherr, m., nicht bei Adelung PI. krummen, Vartgekruinmen), ahd. krimman.
und Campe, aber schon mhd. kriegesherre, Dazu ags. crimman «zerbröckeln», mit schwa^
Schlagwort seit 1851. Vgl. Ladendorf. KriegS- eher Flexion anord. kremja «drücken, quet
knecht, m., bei Luther. Kriegskunst, f., sehen». Dazu vielleicht lat. gremium n. «Schoß,
1561 bei Maaler. Kriegsmann, m., im 15. Jh. Armvoll». Vgl. krammen und Bauchgrimmen
Kriegspfad, m., nach engl, warpath bes. in ABL. Krimmer, Krümmer, m. (-s, PI
der RA. denK. betreten «den Krieg beginnen» wie Sg.): Habicht; Pflugart (beide ostmd.)
aus der Sprache der Indianer Nordamerikas. Erst im 19. Jh., aber sicher älter.
In neurer Zeit. Vgl. Hirt Indogermanen 699. Krimmer, m. (-s, PI. wie Sg.) das zarte :

Kriegsschiff, n., 1507 bei Wilwolt V. Schaum- FeU ungeborner Lämmer (im Pelzhandel).
burgii. Kriegsschule,f.Imi8.Jh. Kriegs- Eig. «Lammfelle aus der Krim», wie Per-
spiel, n.: der Krieg selbst; Nachahmung des sianer «Felle aus Persien».
Krieges, jetzt im Heere sehr üblich. Im 18. Jh. krimpen, v.: intr. Zusammenschrumpeln
kriegen, v.: strebend fassen; in die Ge- (1716 bei Ludwig); tr. einschi'umpfen lassen,
walt bekommen, erhalten. Mit schwacher bes. Tuch durch Wasser (1755 bei Richey).
Flexion wie das vorhergehende kriegen (s. d.) Aus dem Nd.
mit starker Flexion Urspr.
in md. Mundarten kreien, kreigen. Aber urspr. mnd. krimpen, clevisch 1477 crympen in beiden
starkbiegend md. krigen (Prät. kreic, Part, ge- Bed.; dafür mhd. krimpfen «sich krumm zu-
krigen), mnd. krigen (Prät. krech, Part, ge- sammenziehen» (s. Krampf).
kregen) «erlangen, erwerben», nnd. krigen Krimskrams, m.: Gerumpel, Geschwätz,
(Prät. kreg, Part, kregen), mndl. crijen (crech, nordd. Nebenform von Kribskrabs (s. d.), an-
gecreghen),iind\.krijgen (kreeg, gekregen). Auch gelehnt an krimmein (s. d.) und Kram. 1795
ältemhd., z. B. bei Luther, Prät. kreig, Part. bei Hupel.
:

1153 Krimstecher Kritik 1154

Krimstecher, m. (s, PI. wie Sg.)-. kleines kribbe, krib. Auch mit ablautendem u in der
Doppeltaschenfernrohr. Im Krimkrieg be- Stammsilbe : Krupf (Franck Weltb.
ältenihd.
nutzt und daher benannt. 174 '^), 1469 mrhein. kruppe im Voc. ex quo,
Kringel, Krengel, m. {-s, PI. wie Sg. ) nd. krühbe, mnd. krubbe, rmdl.h-ub, ags. cryb f.,

Kreis, Kreisgewinde; einen großen Ring schwed. krubba, dän. krybbe. Urspr. wohl aus
bil-

dendes plattes Gebäck, besonders zu Festlich- Holz geflochten, da K. zu mhd. krebe m. f.


keiten. 1462 md. cringel fMone Anz. 7, 299, «Korb» gehört {?>.Korb\ Aus dem Germanisch,
118), mnd. kringel m, «Brezel», von md. und entlehnt ital. greppia, prov. crepia, crepcha und
nd. kring m. «Kreis» (s. Kringen). Krengel crupia, franz. er ecke f. «Krippe» (daher engl.
ist nur mundartlich. Daher die Schreibung cratcli neben crip). Der got. Ausdruck war
Kringel vorzuziehen. Dazu anord. kringla f., uzeta m. (eig. «woraus gefressen wird»). ABL.
schwed. kringla, dän. kringle «Kreisring, Zirkeb. krippen, v.: ein Ufer, eine Deichstelle durch
Kringen, m. (s, PI. wie Sg.) Kreis Ring-
: ; einen Flechtzaun festigen. 1741 bei Frisch.
artiges, z. B. gepolsterter Tragring Goethe ZUS. Krippenheißer, m.: Pferd, das beim
(d. j.

3, 239, Briefe 4, 54). An dem Fressen und Atemholen die Vorderzähne aiif
der Lahn, auf
Westerwalde usw. Im 15. Jh. schwachbiegend die Krippe aufsetzt und bei jedem Schlucke
kringe m. neben starkflekt. krinc m. (Gen. grolzt (1691 bei Stieler); zänkischer Mensch,
kringes) «Kreis» u. mä.kranc m. (Gen.kranges) mürrischer Tadler (bei Aler 1727 Krippen-
«Kreis, Umkreis»; dazu mnd. krink, kring, bisser). Krippenreiter, m.-. armer Land-
nndl. kring, anord. kringr m. (s. Kringel). junker, der bei wohlhabenden Edelleuten
Dazu lit. grazil «drehe, wende», apreuß. gleichsam von Krippe zu Krippe reitet, im
granstis «Bohrer», air. do gres «beständig» östlichen Mitteldeutschland seit dem 30jähr.
eig. «im Kreis». Kriege (bei Logau 3. Zugabe 47). Krippen-
Krinitz, m. (-es, Pl.-e): der Kreuzschnabel, setzer, m., dasselbe wie Krippenbeißer.
loxia curvirostra: auch Ginster. Im östlichen Krips, s. Gn-iebs.
Mitteldeutschland. Im 18. Jh. bei Ludwig, Krise, f. (PI. -n): Entscheidungspunkt in
Kirsch und Steinbach ^nnz'fe, 1763 bei Heppe einer Sache. Im 18. Jh. (bei Goethe Br. 4, 11,
Jäger Crinitz, Grinitz, 1664 bei Duez G-rienitz, Bürger), aus franz. crise f., von gr. Kpicic f.
G-rünitz, angelehnt an grün, bei Adelung auch «Entscheidung», zu xpiveiv «scheiden, ent-
Krünitz, im 15. Jh. crinis (Germania 6, 99), scheiden». ABL. kriseln, V. In neui-er Zeit.
schlesisch im 14. Jh. grinis. Lehnwort aus Kristall, m. {-[e]s, PI. -e): ein von ebnen
dem Slawischen, oberlaus. - wendisch skrjene regelmäßig liegenden Flächen begrenztes ^Mine-
«Kreuzschnabel», vgl. auch poln. krzywonos ral; wasserheUe glasartige Masse, Bergglas.
«Krinitz», eig. «Krummnase». Die amtliche Nhd. seit dem 17. Jh. auch Xeutr. (Lessing 8,
Schreibung ist Grünitz. 156, jetzt stets in der Bed. «Glaswaren»), im
Krinoline, f. (PI. -n): Frauenunterrock 15. u. 16. Jh. auch Fem., mhd. kristalle, kristal
mit Stahlreifen. Aus franz. crinoline f., auf- m. f., ahd. im 11. Jh. christalla f., aus gr.-lat.
gekommen in den 50 er Jahren des 19. Jh., eig. crystallus, gr. KpücraWoc m. f. «Eis, Berg-
«ein Zeugstoff von Garn imd Pferdehaar», von kristall, durchsichtiger Edelstein», neben
lat. crmis m. «Haar» rmd linum n. «Flachs, Kpucxaiveiv «durch Kälte, Frost (kpuoc n.) ge-

Lein». Die französischen Damen trugen schon rinnen machen». ABL. kristallen, adj.: von
im 16. Jh. Reifröcke nach spanischer Mode Kristall, im 15. Jh. und mrhein. schon im
{vertugalles od. vertugadins ^Tugeudwardeine»). 13. Jh. cristallen, mhd. kristallin, aus gr.-lat.
Krippe, (PI. -n): erhöhter Futtertrog crystallinus, gr. KpucxdWivoc. kristallinisch,
f.

für Pferde,Rindvieh usw.; Flechtzaun an kristallisch, adj.: Kristall gehalt habend,


Ufern (spätmhd. im 15. Jh. krippe, kreppe, kristallhell, erstre Form im 18. Jh., letztre im
kruppe, kroppe f.); Kleinkinderbewahranstalt 14. Jh. bei Megenberg kristallisch, kristalli-
(in neurer Zeit, nach der Krippe Christi, diese sieren, V. in Kristall verwandeln, aus franz.
:

Bedeutung zuerst in Frankreich entwickelt. In cristalliser, dafür mhd. sich cristallen. ZUS.
der 1. Bed. mhd. krippe, alemannisch kripfe Kriställöl, n.: geläutertes Öl, wegen seiner
(schweiz. jetzt krüpfli), ahd. crippa, im 8. Jh. Helle und Durchsichtigkeit, im 19. Jh.
cripia (ZfdA. 3, 462^), bei Tatian 5, 13 crippea Kritik, f. (PI. -en): Beurteilung; Beur-
u. beialemannischen SchriftsteUem krippha f.; teilungskunst. Im 17. Jh. Gritique, im 18.
dazu asächs. crihbia, cribba, afries. krihbe, nndl. Critic, Critik, aus franz. critique f., von gr.
Weigand, Deutsches Wörterbach. 5. Aufl. 73
1155 kritteln £rone 1156

KpiTiKri (x^xvri) f- «Beurteilungskunst». Kri- Fab. 3, 3). Mhd. kokodräle, kocatrille m.,
tiker, m. (-S, PI. wie Sg.) : Kunstrichter, im aus mlat, cocodrillus, gr.-lat. crocodilus, gr.
17. u.lS.Jh. noch Criticus, aus dem gr.-lat. Adj. KpoKÖbiXoc m. (vgl. Idg. Forsch, 15, IfiF.). Im
criticus, gr. kpitiköc «zum Beurteilen gehörig», Ahd, übersetzt durch nihhus n, «der Nix»
zu Kpiveiv «entscheiden», kritisch, adj.: (s. d,). ZUS. Krokodilsträne, f. (gew. im
entscheidend, bedenklich, gefährlich; kunst- PI,): heuchlerische Träne, 1628 bei Münster
richterheh. Im (1664 bei Duez 1, 219*' Cosmogr. S. 1726 Crocodil-Trähnen, 1574 bei
17. Jh.
critisch) gebildet nach dem gleichbed. franz. Horscht Geheimnisse der Natur 4, 6 * Gro-
Adj. critique, lat.-gi'. criticus. RA. kritischer codilszeeren, nach dem Glauben, daß das Kro-
Tag, 1885 von Rudolf Falb gebraucht und seit- kodil die Stimme eines weinenden Kindes nach-
dem Schlagwort. Vgl. Ladendorf, kritisie- ahme, um Menschen anzulocken (vgl. Fischart
ren, V.: beurteilen; musternd besprechen, Flöh. 163 Kz.).
musternd durchnehmen. 1650 bei Moscherosch Krokns, m, (Gen. wie Sg., PI. -sse): die
Phil. 1, 154 critisiren, aus älterfranz. critiser Safranpflanze. 1628 bei Opitz 1, 265 Grocus.
(1664 bei Duez dict, fran^.-allemand). Aus gleichbed. crocus, gr. KpÖKoc m,, woher
kritteln, v.: sich verdrießlich kleinlich schon ahd. cruogo, m. «Safran», an or d. Ä;rogr n.

tadelnd äußern. Im 17. u. 18. Jh. noch grittelen Krolle, f. (PI. -»): Haarlocke. Im west-
(Stieler 1691), gritteln (Frisch 1741) «zanken, lichen Mittel- u. Norddeutschland. Md. krolle
kleinlich tadeln», nd. kriddeln eig. «zanken». f. und Dim. crullil n,, spätmhd. krülle f,, 1477
An Kritik usw. angelehnt. Davon Krittel, clevisch crolle und crulle, nd. krulle, nndl,
m.: das kleinliche Mäkeln, 1808 bei Goethe kruli.; aber md. auch /broZ, fer^Z m. «das ganze
(Faust 1559). Krittelei, f., in der 2. Hälfte Lockenhaar». Zum Adj. spätmhd. krol, mndl,-
des 18. Jh. (bei Herder, Lessing usw.), nd. mengl. crul «kraus, lockig». Vielleicht aus
kriddelijet Kritt(e)ler, m., 1727 bei AI er *kruäla u, mit Arratts verwandt. ^-BL. krollen,
Gritteler «kleinlicher Tadler», 1575 bei Fischart V.: (Haar) ringeln, in der Kölner Gemma von
Garg. 253 Tagkritler, 1691 bei Stieler Gritteler 1495 ghecrult «gekräuselt», von 1507 gecrolt,
«Zänker», nd, kriddeler «Zänker», kritt(e)lig, nd. und ndl. krullen «kräuseln», mhd. krüllen
adj., 1691 bei Stieler grittelicht und kritlich, (auch an den Haaren reißen). kroUicht,
1681 bei EHs. Charl. v, Orleans 2, 15 gritlich, krollig, adj,: lockig, gekräuselt, 1742 bei
2, 5 kritlich, 2, 279 gridlich, anders 1510 bei Lindenborn Diogenes 2, 454 krollicht, ndl,
Keisersberg irrig Schaf G2 '^
grüdlig (Var. grüd- krullig. ZUS. Krollhecht, m.: (beim Auf-
lecht)«grübelnd» von grüdeln «giübeln, sto- tragen) ringförmig biegbarer oder gebogner
chern» (Keisersb. Eschengrüdel aS**). kleinrer Hecht, 1775 bei Adelung aus nd,
Kritz, m.: eingeritzter Strich, 1343 md. krullheked. Krolltabak, m.: Kraustabak,
kritz m. kritzeln, v.: kratzend fein schrei- geschnittner krauser Rauchtabak, bei Hölty
ben, 1420 kritzeln «durchritzend streichen, um- 136 H, Krolltoback, nndl. krultabak.
ritzen»(Diefenbach gl. 94**), Dim. von älternhd. Krone, f. (PI. -n): Kranz ums Haupt;
kritzen, mhd. kritzen, ahd. krizon «einritzen». Hauptschmuck als Zeichen des Herrschers;
Vielleicht mit Kreis verwandt, aber schwerlich Baumgipfel mit seinen umgebenden Ästen
zu kratzen, kritzlich, adj., im 15. Jh. cricz- (Goethe 8, 281, Schiller Spazierg. 20); Kopf
licht (Diefenbach nov. gl. 368*^), im 14. Jh. (in den RA. etwas in der K. haben, es ist ihm
bei Megenberg 853, 32 kritzlot. etwas in die K. gefahren) Kronleuchter (schon
;

kröchsen, kröchzen, s. krächzen. mhd. und mnd,); Goldmünze mit eingeprägter


Krocket, österreichisch Kroquct (spr. Krone (zu Anfang des 16, Jh, bei Keisersberg
kröket) n, (-s): Kugelspiel, Aus gleichbed. und Gengenbach, seit 1873 im Werte von
engl, croquet um 1864 übernommen. 10 M,); in Österreich seit 1892 Silbermünze
Kroki, n. (-S, PI. -s), österreichisch Kro- im Werte von 85 Pfg., abgeküi'zt K. In den
<|llis: Skizze, Aufnahme einer Gegend nach zwei ersten Bed. mhd. kröne, ältermhd, coröne,
dem Augenmaß. 1813 bei Campe. Aus gleich- ahd. Corona f.; dazu mnd.-mndl, cröne, crüne,
bed. franz. croquis m. ABL. krokieren, mittelengl. corüne, croune, engl, crown, anord.
v.: eine Skizze entwerfen. köröna, körön, krüna f., schwed. kruna, dän.
Krokodil, n. ([e]s, PI. -e); die größte Art kröne. Entlehnt aus gr.-lat. coröna, gr. KopiOvri
der Rieseneidechsen. Älternhd. Mask. (wie f. «Kranz, Schmuck des Hauptes», urspr. ring-
noch bei Herder zerstr. Bl. 4, 103, Lichtwer förmig Gebognes. ABL. Krönchen, Krön-
,

1157 Kronfleisch Krng 1158

lein, n., 1437 md. krönechin (Anz. 18, 44), ! crop «Spitze, Kornähre, Ernte», anord. kroppr
mhd. kroenlm n, krönen, mh. kroenen, m. «aufgeschnittnes Schlachtvieh, Körper»,
v.,

vom Subst. kröne gebildet, während ahd. coro- krof m. «aufgeschnittner Köi-per, Körper»,
nön, chrmön, aus lat corönäre «bekränzen, auch mnd. krop m, «Rumpf». Auf m-spr.
umkränzen» entlehnt ist: dazu Krönung, f., Bed. «geballte runde Masse, hervorstehende
mhd. kroenunge, kronunge f. ZUS. Kron- Rundung» weisen die roman. Lehnwörter:
leuchter, m., 1775 bei Adelung, dafür mhd. ital. groppo m. «Klumpen, Knoten, Haufen»,
und mnd. kröne f. Kronprinz, m., 1716 bei groppa f. «Hinterkreuz des Pferdes», franz.
Ludwig. Kron(en)taler, m.: Taler mit groupe m. «Klumpen, Gruppe», Croupe f.
einer Krone. Im 18. Jh. Kronzeuge, m.: «Kreuz des Pferdes. Bergkuppe, Gipfel»; doch
jetzt soviel als Hauptzeuge, eig. aber ein ist es zweifelhaft, ob aUe diese Wörter zu-
Verlyecher, den die Krone (der Staatsanwalt) sammengehören. Vgl. Zupitza 77,82, Schroeder
als Zeugen benutzt. Aus England im 19. Jh. Btr. 29, 493. 531. Vielleicht ui-verwandt mit
I

überkommen. gr. -fpuTTÖc «geki-ümmt». ABL. kröpfen, v.:


Kronfleisch, n.: Zwerchfell beim Rind- den^rop/" füllen (mhd. krüpfen); krumm biegen,
vieh, Fleisch davon. Bayrisch-österreichisch. bei Handwerkern (ältemhd.Ä;r«j;/ew, noch bayr.
Nicht zu Krone gehörig. sich krüpfen «sich krümmen», vgl. Krüppel).
:

Kronsbeere, f.: Preißelbeere. Nordd. kröpfig, kropfig, adj., mhd. /froj?/bÄ^, kropfot,
1691 bei Stieler. Von nd. krön m. «Kranich». md. kropfecht, dagegen 1537 bei Dasypodius
Die ähnliche Moosbeere heißt nach dem Kra- kropffig, 1541 bei Frisius 81 7 kröpfig. '^

nich, der sie gern frißt, auch Kranich-, Kran- Kroppzeug, s. Krop.
heere, im 15. Jh. chranichper, engl, cranherry. Kroquet, s. Kroket. Kroquis, s. Kroki.
Krop, n. (-s): geringes Volk, Pack (bei Kröte, f. (PI. -n): dem Frosch ähnliches
1

Friedrich d. Gr. Oeuvi-es 27, 147 Teufelskrop, Tier mit Wärzchen. Bei Luther Kröte, mhd,
'

bei Tieck in Musäus Straußfedern 4, 4 Bilrger- krote, krotte, krot (noch obd. Krot f.), auch
kroop n.). Aufgenommen aus nd. krüj), kröp n., kröte, alem. krate, md. krade und krede, krete,
womit verächtlich zunächst kleine Kinder und clevisch 1477 crade, ahd. chrota und chreta f.
unansehnliche Menschen bezeichnet werden, Vielleicht stammverwandt mit gr.ßdTpaxoc,ion,
eig. «Vieh einer Bauernhofstätte», besonders ßpöraxoc, ßäGpoKoc m. «Frosch». Als Schelte
«das kleine, das Federvieh, kurzbeiniges Feder- für einen kleinen bösartigen (giftigen) Men-
vieh», vandi.krrq), kröp n. «Vieh», bes. «Rind- schen schon mhd. krot f. ZUS. Kröten-
vieh», auch «kleines kriechendes Tier», vom balsam, m. die Bachminze, lat. mentha :

starkflekt. ndi.krupen (Prät. kröp, Fart.krapen), aquatica, rheinisch (1794 bei Nemnich 2, 550);
mnd. krupen, asächs. criopan, mndl. crupen, der bitter-aromatische Saft der Pflanze gilt
nndl. kruipen, ags. creopan, afries. kriopa «ki-ie- als heilsam sowohl gegen Bienen- und Wespen-
chen». ZTJS. Kroppzeug, n.: Pack, Ge- stich als gegen das (vermeinte) Gift der Kröte,
sindel, zur Zeit des siebenjähr. Krieges im Krücke, f. (PI. -n): Stab mit Querholz
preuß. Heere aufgenommen aus nd. kröptüg, zum Stützen usw. Mhd. krücke, krucke, ahd,
krüptüg n., das ebenfalls zunächst als ver- chruckia,kruckai.; dazu. and. krucka f. «Kiücke,
ächtliche Bezeichnung kleiner Kinder, unan- Krummstab», mnd. krucke,krocke (auch Werk-
sehnlicher Menschen gebraucht wird. 1781 zeug zum Zusammenscharren oder Umwenden),
bei Kindleben Krobzeug; mit falscher Be- ndl. kruk, bei Kilian krucke, ags. cricc, crycc f.,

ziehung auf groh auch Grohzeug geschrieben. I engl, ertlich «Kiücke», wohl verwandt mit
Ähnliche Zusammensetz, sind nd. krüphön n. anord. krökr m. «Biegung, Bucht, Ecke,
«Zwerghuhn», krüpbone f. «Buschbohne». Haken», schwed. krok, dän. krog und mit
Kröpel, m.: Niederdeutsch für Krüppel Ablaut ahd. kräko m. «hakenförmiges Werk-
(s. d.). ZUS. Kröpelstuhl, m.: niedriger zeug». Entlehnung aus lat. crMc(ewi) «Kreuz»
Armsessel, 1775 bei Adelung, aus dem Nd. wäre nur unter sehr verwickelten Voraus-
Kropf, m. {-[e]s, Kröpfe):
PI. häutiger setzungen möglich. In das Romanische ent-
Halssack körnerfressender Vögel, ähnliche lehnt ital. crocaa f. «Krücke», crotco m, «Haken»,
Halsdrüsengeschwulst. Mhd.kropf, ahd. chroph, franz, Crosse f, (afranz. croce) «Krummstab»,
chropf m.; dazu clevisch 1477 crop, nd. und croc m, «Haken».
ndl. krop, ags. crop, cropp m. «Kropf» (auch ^Krug, m. {-[e]s, PI. Krüge): steinernes,
Kuppe, Wipfel, Traubenbüschel, Ähre), engl. irdenes, hölzernes Gefäß zum Aufbewahren
73*
1159 Krug Krumpel 1160

und Versenden von Flüssigkeiten.Mhd. kruoc clevisch croeme, im 13. Jh. mrhein. der PI.
(Gen. kruoges, md. krüg (Pl.krüge), crumene (gl. Jun. 308 Nyerup); dazu ndl.
PI. krüege),

ahd. kruog, kruag (PI. kruaga und kruagi); kruim f., bei Kilian kruyme, ags. cruma m.,
dazu clevisch 1477 croych, croeghe, ndrhein. im engl, crumb, crum, isl. krumr, kraumr, schwed.
15. Jh. kroch (Diefenbacb gl. 630*), ags. croc, kram, inkräm «das Innre, Weiche von etwas,
crog m. Vgl. Kruke. Eingeweide von Vögeln und Fischen, Krumen».
^Krug, m. (-[e]s, PI. Krüge): Bierschenke, Wohl verwandt mit lat. grümus m. «Erdhaufe,
DorfWirtshaus, in dem die Gemeindeversamm- Hügel», gr. jpv}iia «Gerumpel, Tischüber-
lungen stattzufinden pflegen. Norddeutsch, reste». Vgl. Walde. ABL. Krümchen, n.,
nur hier und da nach Mitteldeutschland vor- md. 1590 Krömichen, 1616 bei Henisch Zro-
geiückt. Aus nd. krög, kroch m., latinisiert michen, 1620 Krümigen (engl. Comedien Cc 5**),
1260 crogo; im 16. Jh. ndl. kroegh m. «Bier- nd. krömken n. Krümel, f., 1740 bei Lessing
und Wein Wirtshaus». Gegen die Annahme, 1, 330 Brodgrümel, 1691 bei Stieler Krümel,
die Benennung stamme daher, daß ehedem 1664 bei Duez Krümel und Krümmel f., um
ein wirkUcher oder geschnitzter Krug als 1480 im Voc. ine. teut. n 7*' kromel, nd. krömel,
Zeichen des Bierschanks ausgehangen war ndl. kruimel f. davon krümeln, v. in Krü-
; :

(vgl. Frisch 1, 551^), bleibt das starke Be- meln (Krumen) zerreiben, 1505 in der Straß-
denken, daß man in Norddeutschland das Ge- burger Gemma z7*' krumelen, 1495 in der
fäß nicht Krug, sondern Kruke (s. d.) nennt, Kölner Gemma W
3^ crumelen, 1414 grum-
doch liegt die Möglichkeit nahe, daß das Wort meln (Diefenb. gl. 537*', auch 1551 bei Scheidt
vom Niederrhein ausgegangen ist (vgl. ^Krug). Grob. 3300 zergrümeln), nd. krömeln, ndl.
ABL. Krüger, m. (-s, PI. wie Sg.): Wirt kruimelen, und das Adj. krüm(e)lig, 1691
oder Pächter eines Kruges. Nd. kröger, mnd. bei Stieler krümelicht adv.
kroger, kruger, 1316 als Zuname Krüeger, krumm, adj. (Komp. krümmer, Superl.
1358 in einer obersächsischen Urkunde crüger krümmst, auch krummer, krummst) von einer :

(Germania 20, 47), ndl. im 16. Jh. kroeger. und derselben Richtung abweichend. Ältemhd.
Kruke, f. (PI. -n)-. großer Ki-ug; irdne krumh, krum, mhd. krump (Gen. krumhes), aber
Flasche. Im 18. Jh. aufgenommen aus nd. auch schon krumm, krum, spätmhd. vereinzelt
krüke, and. crUka f.; dazu ndl. kruik, bei krumpf, ahd. chrump, crumb, einmal chrumph
Kilian 1599 kruycke, clevisch 1^17 cruyke, md. «gebogen, gewunden, verdreht»; dazu and.
und im 14. Jh. auch am Oberrhein krfiche krumh, 1477 cleväsch crum, crom, ags. u. afries.
(daher schles. Krauche f. «Tonkrug»), afries. crumb, engl, crump. Dazu ablautend ahd.
krocha f., ags. cruce f. und crocca m., engl. chramph «gekrümmt» u. md. krimp «krumm»,
crock, anord. krukka f. Desselben Stammes vgl. Krampf. ABL. Krümme, f., mhd.
wie ^Krug (s. d.). Aus dem Germanischen knimbe, krümbe, krumme, krümme, ahd. krumbi,
entlehnt franz. cruche f. (afranz. auch crue, chrumpi; dazu and. krumbi f. krümmen,
cruie) «KJrug», kymr. crwc «Eimer», crochan V.: krumm machen, mhd. krümben, krümmen,
«Topf». Wahrscheinlich alte Entlehnung aus ahd. chrumben, and. crumben, dagegen mhd.
unbekannter Quelle. Vgl. gr. Kpuuccöc m. krumben «krumm sein oder werden»; davon
«Kruke», abg. krugla f. «Becher», alb. karoUe f. Krümmung, f., 1482 im Voc. theut. r5^
«Krug». Vgl. noch Krause. krumung, ags. crymbing f. Krummheit, f.,
krüUen, v.: aus den (dürren) Schoten 1482 im Voc. theut. r 5^ krumheit f. Krümm-
lösen, z. B. Erbsen, Bohnen usw. Nd., von ling, m.: gekrümmt gewachsnes Holz zu
waldeck. XruWe f. «Erbsenschote». Wohl ver- Mühlradfelgen (Moser patr. Phant. 3, 249),
wandt mit Krolle (s. d.). 1419 im Frankfurter Baumeisterb. 36^ krume-
Krume, f. fPl. -n): weicher inwendiger ling, später im 15. Jahrh. krumlhig. ZUS.
Teil des Brotes; die obre weiche, lockre Erde Krummholz, n.: krummes Holz, bes. beim
des Ackers (1775 bei Adelung). In der l.Bed. Fleischer, um geschlachtetes Vieh aufzuhängen.
1616 bei Henisch 516 Grumen, einmal mhd. Bei Goethe 50, 9; die Krummholzkiefer. Daher
krume (in tischkrume f.). Ins Hochdeutsche, Krummholzöl, n. Bei Geliert. Krumm-
wo Brosame das eigentliche Wort ist, auf- stab, m.: Bischofsstab, 1697 bei Besold The-
genommen aus md. im 14. Jh. krume f. (ZfdA. saurus 1, 480, 'dafür mhd. krumber stap.
9, 275), mnd. krame, 1420 auch krume (Diefen- Krumpel, m. (PI. -w): knitterige Falte. Im
bach gl. 360^), nnd. kröm, kröme f., 1477 westlichen Mitteldeutschland. Auch Krümpel,
:

1161 Krümper Küche 1162

engl, crumple «Runzel, fehlerhafte Falte». Home inseinem Trait^ du croup verbreitet
Gleichen Stammes wie krimpen, Krampe, wurde, der das Wort dem volkstümlichen
Krampf (s. d.). krumpeln, krumpeln, v. schottischen croup «Bräune, Häutchen» ent-
faltig machen, zerknittern, bei Wagner Kinds- nahm, vgl. engl. Croup «krächzen».
mördei-in 12 (lOj verkrumpeln, engl, crumple Kruste, f. (PI. -n)-. harte trockne Rinde
«ninzelig werden, zerknittern», kmmpe- worüber. 1462 kruste, ahd. knista, mrhein.
licht, krumpelig, adj., 1741 bei Frisch im 13. Jh. croste f. (gl. Jun. 285), aus lat.
krumplig, engl, crumply «ninzelig». crusta f. «harte Rinde oder Schale eines
Krümper, m. (-5, PI. wie Sg.): ausgebildeter Körpers». ABL. krustig, adj., 1691 bei
Ersatzresei-yist im preußischen Heere 1808 —
12. Stieler krusticht. ZTJS. Krusteutier, n.:
Anfangs eine volkstümlich wohl spöttische Schalentier, bes. Krebs. Im 19. Jh.
Bezeichnung. Schon 1478 bayr. krümper m. Kruzifix, n. {-es, PI. -e): das Bild Christi
«Kiüppel» (Liliencron 2,145*^). schles. kremper am Kreuze. Mhd. crüzifix n., aus mlat. cru-
m, «alter wackliger Kerl», zu mhd. krump, cifixum n., eig. «ans Kreuz Geheftetes».
krümpel, krumpeleht «krumm», obd. im 15. Jh. Kryställ, in Österreich und Bayern noch
krümpel «Krüppel» (Diefenbach nov. gl. 111^). neben Kristall (s. d.).
ZTJS. Krümperpferd, n.: Resei-vepferd, das Kuhhe, f. : Möwe. Nordfries, kuh, helgol,
eine berittne Truppe über ihren Etat hält. koih, engl. cob. Zu gr. 'fv^v, '^vnöc m. «Geier»?
Krünitz, s. Krinitz. Kuböbe, f. (PI. -n): pfefferähnliche in-
krunken, V.: stöhnen, ächzen. Bei Luther dische Gewürzbeerenfrucht, mhd. im 13. Jh.
7,224% im östl. Mittel- u. Niederdeutschland; kubebe f., clevisch 1477 cohebe, aus ital. cubebe
engl, cronk «krächzen». Davon krunksen, m.,von gleichbed. arab. kabäbat.
V.: ächzen, 1680 bei Riemer polit. Colica 154. Kübel, m. (-S, PI. wie Sg.): hölzernes
Krupp, m. (-s): Krupp- Gefäß, das gewöhnlich oben weiter als unten
häutige Bräune, s.

husten. ist. Mhd. kiibel, md. kubel, auch kubbel, kübbel

Kruppe, f. (PI. -n): Hinterkreuz, Rücken- m., ahd. nur im Dim. chubili n., aus mlat.
erhöhung von den Nieren bis zum Schweife cupellus m., dem Dim. von lat. cüpa f. «Kufe»
des Pferdes usw. 1678 bei Krämer Kruppe, (s. d. und Kopf). Aus dem Germanischen ent-
1664 bei Duez Kruppe f. Aus gleichbed. lehnt abg. küblü m. «Gefäß als Getreidemaß»,
franz. Croupe, ital. groppa f. (s. unter Kropf). lit. kübilas m. «Kübel». ABL. Kubier, m.
Krüppel, m. (-S, PI. wie Sg.)r Glieder- (-5, PI. wie Sg.) Böttcher. In Südwestdeutsch- :

gebrechlicher: Verstümmelter; Verwachsner. land. 1561 bei Maaler Kubier, mhd. kübeler m.
Bei Luther Krüpel und Kräpel, mhd, krüpel, Kubfk- in Kubikmeter. Kubikumrzel usw.,
krüppel, md. krüpel, kruppel, kropil, kropel m.; entlehnt aus franz. cubique adj. «viereckig
dazu mndl. cruepel, cropel, crepel, nndl. kreupel, wie ein Würfel», lat. cubicus, gr. KußiKÖc, von
krepel, afries. kreppel, ags. crypel, cryppel, lat. albus, gr. Kußoc m. «Würfel». 1712 bei
mengl. crepel, engl, tripple, anord. kryppill, Hübner Cubic-Zahl, Cubic- Wurtzel. kubisch,
krypplingr, neben schwed. krympling, aschwed. adj., 1558 bei Rivius Büxenmeisterey 3, 1, 41*
krymplinger m. Derselbe Stamm erscheint in cubisch «wm-fflicht gevierdt».
Schwab, kröpf, kruft, Schweiz, grupf, grüpf, Küche, f. (PI. -n): zum Kochen bestimmter
grüpft und chruft, bayr. krapf, kröpf m.. «kleine Teil des Hauses. Mhd. küchen, kuclien, auch
schwächliche oder verwachsne Person», älter- kuchtn, kuchi. küche, kuche, ahd. cuchina,
nhd. krüpfen «krümmen, biegen» (vgl. Kropf chuhhina f dazu and. koke, mnd. kokene, koke,
;

und kröpfen), femer mit Nasal in mhd. krump nnd. koke, koken, ndl. keuken, 1599 bei Kilian
«krumm» (s. d.), obd. im 15. Jh. krümpel kokene, keiikene, ags. cycene, cicen f., engl.
«Krüppel» (s. Krümper). Urverwandt mit kitchen, überkommen aus glbd. volksmäßig-
gr. TPÜiTÖc «gekrümmt». ABL. krüppelig, lat. coquina f. (statt culina), dem Fem. des
adj., 1741 bei Frisch krüpplig, 1734 bei Stein- lat. Adj. coquinus «zum Kochen gehörig», von

bach krüplicht, bei Lessing 7, 19 krieplicht. lat. coquere «kochen» (s. d.). ZTJS. Küchen-
krüppelhaft, adj., 1774 bei Klopstock Ge- garten, m.: Gemüsegarten. 1678 bei Krämer.
lehrtem-epublik 106. Küchenjunge, m.: Küchenknecht, 1455 in
Krupphusten, m.: die der kursächs. Hofküche, dafür mhd. küchen-
häutige Bräune.
Entlehnt aus gleichbed. franz. croup m., das knabe, küchenkneht, um 1480 im Voc. ine.
1765 durch den Edinburger Arzt Francis teut. nS* kuchenbube. Küchenlatein, n.:
1163 Kuchen Enddelmuddel 1164

schlechtes Latein, Mönchslatein, 1523 bei Küchlein, n. (-s, PI. vde Sg.): Junges
|

Luther Kuchenlatiii. Küchenmeister, m.: der Hühnerbrut. Bei Luther Matth. 23, 37
1

Oberkoch, Küchenvorstand, mhd. küchen-, Küchlin, 1605 bei Hulsius Küchlein, im 15. Jh.
\

kuchenmeister. Küchenschelle, f.: die kuchelin, küchlein, md. 1340 kuchil n. (Fund-
|

Pflanze anemone pulsatilla, 1538 bei Rößlin gruben 1, 380^), bei Waldis Esop. 4, 53, 13
[

Kuchenschell, Kuschellen, 1546 im Dios- Keuchel, mit Diminutivendung von md. kuchin
corides72^ Küchenschell; der ani Küche oder (Junges der Tauben), kuchen (jung. Hühnchen),
Kuh umgedeutete erste Bestandteil liegt in mnd. küken, kuken n. dazu mndl. cuken, nndl.
i
;

andrer Gestalt vor in den gleichbed. Namen kuiken, kieken, 1477 clevisch cuycken, ags.cycen
j

Schweiz. Guggelblume Guggüche f. (auf den n., engl, chicken, anord. kjüklingr m., schwed.
Kuckuck als Frühlingsboten anspielend), nieder- kyckling, dän. kylling, noch urspr. nd. im 15. .Jh.
österr. Arst- (d. h. Erst-) oder Zarschtgucken kuke (Diefenbach gl. 393^), ags. coce «Küch-
\

f. und Chigersscheckerl (Höfer Dialektnamen lein», engl. wesfcocA; «Nestküchlein». Zugrunde


i

S. 10 u. 21), und entspricht dem franz. coque- liegt eine wie franz. coq m. lautmalende ger-
1

hur de f. «Küchenschelle» (schon 1567 bei manische Benennung des Hahns, ags. cocc m.,
Junius 133^, vgl. 1546 bei Bock 156^ m
engl, cock, anord. kokr m., wonach also Küch-
fremhd kraut, das die Weiber Kuchen- oder lein, eig. «Junges vom Hahn». Vgl. Gockel.
'

Kuschellen deuten, darum das seine hlumen kucken, s. gucken, |

den schellen oder Cymhalen gleich sind, Kücken, Küken, n. (-s, PI. wie Sg.):
• • •
|

zu tvelsch Codes). Junges vom Huhn. Nordd. für Küchlein.


I

Kuchen, m. (-s, PI. wie Sg.): feinres Kuckuck, m. {-[e]s, PI. -e): der nach
I

Gebäck aus Mehlteig. Bei Luther Küche seinem Ruf benannte Waldvogel lat. cuculus;
j

und Kuchen (Werke 6, 48 ^ J.), mhd, kuoche, seit dem 16. Jh. auch verhüllender Name
ahd. kuocho m.; dazu mnd. koke, ndl. koek des Teufels (zum K, des K.s sein, hol ihn
und im Ablaut ags. cecil, cicel m., engl, (seit der K). In eig. Bed. bei Luther Kuckuc,
13. Jh.) cake, anord.-schwed. käka f., dän. mhd. kukuk, gugguc m. (meist jedoch gouch,
kage, auch ndl. kaek, kaakje. Dieses Ab- ahd. gouh, kouch, s. Gauch); dazu mnd. kukuk,
lautsverhältnis deutet auf einheimischen Ur- 1477 clevisch cuyckcuyck, ndl. koekoek. Das
spnmg (man hat in K. ein Wort der Ammen- Wort stimmt zwar nicht der Lautverschiebung
sprache *kökö gesehen, oder man stellt es gemäß, aber doch im Klange überein mit
zu ^Kufe (s. d.), das wohl «Krummholz» be- gleichbed. lat. cuculus, bei Horaz cncülus,
deutet hat. Das Gebäck wäre nach der Form gr. KÖKKuE, laus.-wend. kokula, poln. kokulka,
des Gefäßes, in dem
gebacken wurde, be-
es russ. kukuska, kelt.-bret. kuku, pers. kökäh,
nannt) andrerseits legen die auf lat. coquere,
; aind. kökilas und ist lautnachahraend. Des
cocere «kochen, backen» zurückgehenden roma- Kuckucks Küster Norddeutschland Name
in
nischen Wörter (picard. couque, in der Langue- des Wiedehopfs, weil er im Frühling mit
doc coco, churwelsch cocca, catalanisch coca dem Kuckuck kommt und im Herbst mit ihm
«Kuchen», ital. cucca «Naschwerk», eig. «Ge- wieder weggeht, 1645 bei Colerus Calend. 57
backnes») die Vermutung nahe, daß, wie bei des Giickgucks Küster, nd. kukuks -koster.
Koch, kochen, Küche (s. d.), auch bei Kuchen ZUS. Kuckucksblume, f.: die Pechnelke,
Entlehnung aus der römischen Kultur vor- lychnis flos auch Kuckucksnelke,
cuculi,
liegt, wobei aber cake n. unerklärt bleibt. Kuckucksspeichel, benannt nach dem weißen
Yon diesem cucca, coca usw. kommt durch Ab- Schaum auf den Stengeln, der für Speichel
leitung ital. Cuccagna, franz. Cocagne, afranz. des Kuckucks gehalten wurde. Im 16. Jh.
Coqiiaigne f. «Schlaraffenland», weil dort die bei Chyträus Cap. 115 der PI. kuckushlömen,
Häuser mit Kuchen gedeckt sind. ABL. 1546 bei Bock 152^ Gauchhlum. Kuckucks-
Küchlein, n., obd. Küchel, m. n.: kleiner uhr, f.: hölzerne Wanduhr mit einem die
Kuchen, mhd. kuochlin, chüchel n.; davon Stundenzahl abrufenden Kuckuck, 1730 im
kücheln, v.: Küchel backen, im 16. Jahrh. Schwarzwald erfunden (SchedelWarenlex.376).
küchlen, und Küchler, m.: Küchel-, Kuchen- Kuddelmuddel, m. (-s): Mischmasch.
bäcker, im 16. Jh. kucheler, kuechler (Diefen- Der erste Teil wohl zu kudeln «xsudeln», nd.
bach gl. 589'', nov. gl. 282 a), süddeutsch. ZUS.koddeln «Sudelwäsche halten», schles. kudeln,
Kuchenbäcker, m., im 15. Jh. kuchenhecker kotteln «wirren, zausen», der zweite vielleicht
(Diefenbach gl. 248 »). zu Moder, nd. Modder. Erst im 19. Jh.
: '

1165 Kufe küU 1166


*Knfe, f. (PL -n): oben offnes tiefres -Kugel, f.: Kapuze, s. Kogel u. (higelhopf
Daubengefäß. Mbd. kuofe f. «Faß, Bade- Kuh, f. (PL Kühe): weibliches Rind, so-
wanne», ahd. chuopha, chuofa, ch&pha f. «Faß»; bald es einmal trächtig
geworden. Bei Luther
dazu and. cöpa, mnd. köpe, mndl. cüpe f. Kue (PL Küe), mhd.
kiio (PI. küeje, küeioe),
Entlehnt aus mlat. cöpa, lat. cüpa f. «Faß, ahd. chuo, cho (PL
chuoe, chiioge, cuawi, chöi),
Tonne». Vgl. Kopf, Küpe. ABL. Küfer, m. noch im 15. Jh.
kuow kuowe (Diefenbach ,

(-S, PI. wie Sg.): Böttcher, der Fässer, bes. gL


604^1, md. kü (PL kmce): dazu and. kö
Weinfässer fertigt, Faßbinder: Fässerund Wein (PL köji), mnd. kö,
kü (PL köie, köge), ndL
besorgenderKelleraufseher eines Weinhändlers. koe, afries. kü, ags. cU
(PL cy), engl, cow,
In l.Bed. mhd. kiiefer, straßburgisch im 13. Jh. anord. kyr f.,
schwed.-dän. ko. Urverwandt
küfere, kuofere, 1263 kueffer f Germ. 20, 47 f. mit aind.-aw. gäus m. «Ochs», f. «Kuh», abg.
)

dazu clevisch 1477 cuper, ndl. kuiper, mengl. govedo n. «Rindvieh»,


lett. guoivs, arm. kov
couper, engl, cooper^ aus mlat. aiparius m. «Kuh», gr. ßoöc m.
f. «Rind» (Stamm ßoF-),
'Kufe, f. (PI. -«): der vom aufwärtsge- lat. hos m. f. (Gen. bovis) «Rind», air,

krümmte Schlittenbalken. 1517 österr. Klmeffe «Kuh». ABL. Küher, m.
(-S, PL wie Sg.):
f. (Fontes rer. austr.
1,1, 113), tirol. Chiefe f., Kuhhirt. Schweizerisch. Im 18. Jh. ZUS.
bayr. Kuefen m., bei Hebel Kife m. Daneben Kuhfuß, m. eiserne Brechstange mit klauen-
:

in ältrer Zeit Formen mit ch, ältemhd. Kueche förmig gespaltnem Ende (bei Ludwig 1716
f., 1480 im voc. ine. teut. cc4* schlitkuchen, Kühefuß); wie Kuhbein scherzhafte Bezeich-
ahd. chcrlia f. (im Akk. PI. slitochöho), noch nung des Gewehrs (1792 bei Ditfurth bist.
bayr. Kuechen f., tirol. Gueche f., Schweiz. Volksl. von 1756—1871 S. 85j. Kuhhandel,
Ckueclien m.f., selten Euechen m., dazu götting. m., seit den 90 er Jahren des 19. -Jh. Hohn wort
kauke, mnd.ÄroÄref. (Schambach 98»). Vielleicht für politische Abmachungen. Vgl. Ladendorf.
verwandt mit lit.

«dürrer Ast», zaginai


zägre
PI.,
f. «Pflug», zagaras m.
«Pallisaden, Pfosten».
Kuhhaut, f. RA. Das geht auf keine K
«das läßt sich gar nicht alles sagen». 1808
Vielleicht gehören auch die unter Kak be- ähnlich bei Campe das läßt sich auf keine
handelten Worte mit Ablaut dazu.
Küfer, s. 'Kufe.
K. K.
Pergament. Kuh- schreiben, also =
horn,
Blashorn der Hirten oder Wächter, n.:
^
Kugel, f. (PI. -n): allseitig ki-eisrunder 1545 bei Uhland Volksl. 639 kähorn, ältermd.
Köiper. Mhd. kugele, kugel f., mnd. und ndl. kühorn, mnd. köhorn.
Kuhreigen, Kuh-
kogel, ältermd. zsgez. küle f., heute Kaule reihen, m.:
Melodie der Schweizer Hirten
(s. d.). Wenn g aus to entstanden wäre, vgl. beim Beziehen der Berge mit der Herde im>

Jugend, könnte man aind. gölas «Kugel» ver- Frühling, eig. die
sich lang hinziehende Kette
gleichen, das aber auch ganz anders erklärt der Senner
und der Rinder (im 18. Jh. bei
werden kann. Man könnte auch *klugel als Stolberg, Claudius, aber
Schweiz, bei Stalder
Grundform ansetzen mit Schwund des l durch Kühreihen m.).
Kuhschluck, m., studen-
Dissimilation, und es dann zu knäuel stellen. tisch für «tüchtiger
Schluck». Kuhstall, m.,
!

Das Schweiz. Chrugelm. f. «Kugel, Zusammen- mhd. kuostal.


geballtes, Knäuel» (selten Chlugele f.) hat wie kühl, adj.: mehr als warm.
kalt Mhd.
chroglen «kolleni, rollen» sein r wohl von küele, küel, ahd. chuoli, md. küle; dazu mnd,
rugelen «rollen», Bügele, Rugel f. «Kugel». köl, ndL koel, ags. cöl,
engl. cool. Desselben
ABL. kug(e)licht, kug(e)lig, adj., mhd. Stammes wie kalt (s. d.). ABL. '

Kühle, f.,
kugeleht, Anfang des 15. Jh. higlig (Diefenb. mhd. küele, ahd.
chtioli, md. küle f. dazu a?s. :

gl. 265 bj. kugeln, V.: eine Kugel werfen cele, cyle f. «Frost». Daneben Kühlde, f.,
j

(1482 im Voc. theut. r 7*'), eine Kugel machen bei Luther Spr. SaL
25, 13 külde, ältermd.
i

(ebd. r6b), wie eine Kugel rollen (Fischart AM We (Herbort


7890), andfrk.a/oZiY/Mzf.«Küble»,
I

Garg. 147); davon Kugeluug, f.: BaUung nd. kadde, koelte, im


Seewesen «frischer Segel-
j

(1541 bei Frisius 393'*), Abstimmung mit wind», verhochdeutscht Kühlte f. (1793 bei
Kugeln, Ballotage, 1797 bei Heynatz als ziem- Röding) verschieden
von nd. külde, külle (mit :

lich neu erwähnt. ZUS. Kugelblitz, m.: kurzem Vokal), mnd. und md. im 15. Jh. hilde
besondre Form des Blitzes, kugelfest, adj.: f. «Kälte», die sich
zu glbd. ags. cyldu, anord.
'

fest wider die abgeschoßne Kugel, 1716 bei kuldi


m. stellen, kühlen, v. kühl werden
I :

Ludwig (1648 bei Chemnitz 1, 213* fest). oder sein (mhd. kü.elen und kuolen, ahd.chuolen,
'

kugelrund, adj., 1691 bei Stieler. chuolön, asächs. cölon, ndl. koelen, ags. cölian
» :

1167 kühn Knmme 1168

und Celan, engl, cool, anord. kölna); kühl Im 18. Jh. entlehnt aus franz. coulant «flie-

machen (mhd. küelen, md. Mlen, ahd. chuolan ßend», von couler «durchseihen, rennen, lau-
und mit II füi- Ij chuollan, mnd. kölen, ndl. fen» aus gleichbed. lat. cöläre. Davon im
koelen). Dazu Kühlschiff, n. in Brauereien : Deutschen neurer Zeit gebildet Kulanz, f.
in

länglich viereckiges Gefäß zum Abkühlen des Entgegenkommen, besonders im Geschäfts-


gesottnen Bieres, 1775 bei Adelung, in gleicher verkehr.
Bed., um 1480 im Voc. theut. n8* kulscha/f. Kule, niederdeutsche Form für Kaule (s. d.).
kühn, adj.: furchtlos trotz Gefahr und Kuli, m. (-S, PI. -s): chinesischer Aus-
Widerstand. Bei Luther küne, mhd. küene, wandrer, Taglöhner. Eig. Name eines indi-
küen, auch koene, md. küne, ahd. kuoni, choni; schen Volkes. In der neuern Zeit Schlagwort.
dazu mnd. köne, küne, mndl. coene, nndl. koen Kulisse, f. (PI. -w): Schiebewand der
«unerschrocken, verwegen», ags. eine, cyne Schaubühne. Aus franz. coulisse f., afranz. co-
«kühn, scharf», engl, keen «schai-f, eifrig», Ze*ce «Fallgatter», von fram. couleur, s. kulant.
anord. köenn «erfahren, kundig, umsichtig, Im 18. Jh. entlehnt (Lessing 7, 206).

verständig, geschickt». Nach dem Nordischen kullern, s. kollern.


zu ui'teilen, vielleicht gleichen Stammes wie Kulm, m. (-[e]s, PL -e): oberste Berg-
got.-ahd, kunnan «wissen, können» (s. d.), kuppe. In den Schweiz, und kärntn. Alpen,
aber bei den Westgermanen auf die Kriegs- Schweiz. Gulm, Kuhn f. m. (schon 1661 be-
tüchtigkeit konzentriert. Vgl. auch die Be- legt), kämt. Kolm m. (PI. Köhn). Aus ital.
deutungsentwicklung von lat. ignävus. ABL. colmo m. «Gipfel», churwelsch culm «Vor-
Kühnheit, f., mhd. kuonheit, ahd. chuon- berg», von lat. culmen n. «Gipfel, Kuppe».
heit f. kühnlich, adj., mhd. küenlich. Als Bergkuppenname im östlichen Mittel-
KnjÖn, m. (-S, PI. -e): Schurke. Anfang deutschland, im Fichtelgebirge bereits 1469
des 16. Jh. in der Zimm. Chron."^ 2, 531, 35 Chulm und 1282 Kulme m. (Schmeller- 1,
u. ö. Gujon, 1588 bei Jobs. Nas von der 1241), entlehnt aus abg. chlümü, cholmü m.,
grossen Gloggen zu Erfurdt S. 31 Cuian, tschech. chlum «Hügel», die vom deutschen
im 17. Jh. Gojon (Lauremberg 3, 333) und Holm stammen.
Coujon (Simpl. 228), über franz. coi'on, aus Kult, m. {-[e]s, PI. -e), gekürzt aus
ital. coglione m. «Memme, Schuft», urspr. Kultus, m. (Gen. ebenso, PI. Kulte) öflFent- :

aber (wie afranz. coillon, mundartlich-ital. liche Gottesverehrung. In der zweiten Hälfte
coglione, span. cojon m.) «Hode», abgeleitet des 18. Jh. Cult, im 16. Jh. in der Augsb.
von lat, cöleus Konfession Cultus, aus lat. cultus m. «Pflege,
m. «Hode». kujonieren, v.:

jem. fortgesetzt empfindlich plagen, hudeln, Anbau, Bebauung, Ausbildung, Verehrung


1642 bei Armatus-Rist Rettung der edlen einer Gottheit», zu lat. colere «bearbeiten,
teutschen Hauptsprache A 2^ cujoniren, aus pflegen, verehren», kultivieren, v.: an-
frsLiiz. ( oionner, itsii. coglionare «als Schuft be- bauen, pflegen, höher ausbilden, 1714 bei
handeln, einen Hundsfott heißen». Wächtler cultiviren, aus franz. cultiver, mlat.
Küken, s. Küchlein. cultivare, von lat. cultus m. Kultur, f.
Kukümer, f. (PI. -n)-. Gurke. Im west- (Pl.-en): Anbau, angebaute Fläche, (Geistes-)
lichen Deutschland. 1541 bei Frisius 232 Büdung, im 18. Jh. Gultur, aus lat. cultüra f.

Cuconhern PI. (1556 Cucuniren), 1546 bei «Landbau, Ausbildung»; dazu Kulturge-
Bock Cucumer, aber in Vokab. des 15. Jh. schichte, f., hervorgerufen durch Adelungs
cucumer «kleiner Kürbis», schon im 13. Jh. Geschichte der Cultur 1782. Kulturkampf,
bei Wolfram Parz. 145, 29 Kukumerlant Aus m., schon 1840 nachgewiesen, aber erst 1873
lat. cucumis m. «Gurke» (Gen. cucumeris), durch Virchow politisches Schlagwort.

woher ital. cocomero m. «Wassermelone», Kumme, f. (PI. -n): tiefe Schale, tiefer
franz. concombre m. «Gurke». Durch Kür- Tischnapf (bei Claudius, Voß). Aus dem nd.
zung mrhein. Kummer f., schwäb. Gomnier f., kumm f., daneben kump, kumpen f. «Schale,
fränk. Kümmerling m. «Gurke». Napf, Trog», kummen, kumme f. «Kasten»
Kukuruz, m. (-[e]s) der türkische Wei-: (daher kumpwagen m. «Kastenwagen», kumm-
zen, Mais (s. d.). In Slavonien, Dalmatien, karre f. «Schiebkarre mit Kasten»), ndl. 1599
Rumänien usw. Auch tschech. kukuruc m. bei Kilian koni f. «tiefe Schüssel», mnd. kumme
kulant, adj.: entgegenkommend. 1813 und Schweiz, chumme f. «Zisterne». Verwandt
bei Campe noch in der Bedeutung fließend. mit Kumpf (s. d.).
1169 Kümmel Enmpf 1170

Enmmel, m, (s, PI. wie Sg.): die in '

gombrare «den Weg sperren», portug. combro


Dolden blühende Pflanze lat. cuminum und m. «Erderhöhung», comoro m. «Deich». ABL.
ihi-e als Gewürz benutzten Samenkörner. Mhd. kümmerlich, adj., mhd. kumberlich «schwer
kümel m., md. im 1.5. Jh. komel, ahd. kumil bedrängt, kummervoll», Schweiz. 1420 kumber-
aus kumin (vgl. ZfdW. 6, 185), noch ahd.- : lieh «verhaftet» (Weist. 4, 390). kümmern,
mhd. kumin m.: dazu and. kumin, ags.cynien '
V.,mhd. kumbern «belästigen, in Not bringen,
m. n., engl, cunimin. Entlehnt aus gleichbed. bedrängen», md. im 15. Jh. kummern, kommern
«mit Arrest belegen», sich kümmern «sich um
lat. cuminum, gr. kuuivov n. Name und Pflanze
:

aber stammen aus dem kammön, etwas bemühen». Kümmernis, f., mhd.
Orient, hebr.
arab. kammün. Ahd. Nebenformen sind kumi kumber-, kümbernis, chumernusse, kümmernüss
und kumich, mhd. kume, küme, kumich, kü- f. n. «Bedrängnis». ZTJS. kummerTOU, adj.,
mich m., noch oberd. kümi, küm, kumich m. im 17. Jh. bei A. Gryphius Leo Armenius 5, 51.
KÜmmelblättclien, n.: gaunerisches -Kummer, f. (PI. -n), bayrische Schrei-
Hasardspiel mit di'ei Karten. Kümmel- statt bung füi- Kuktiyner (s. d.).

Kimm^l-, aus gimmel, in der Gaunersprache Kümmerling, s. Kukum^.


«drei», von hebr. gim£l, Name des dritten Knm(me)t, n. (-[e]s, Pl.-e): den Hals um-
Buchstaben (g) und zugleich Zahlzeichen für 3. schließendes Geschirr des Zugpferdes. Mhd.
Kümmeltürke, m. (-n, PL-w): Student ko)nat m. n., später kommot, kummot, kommet,
aus der Nähe der Universitätsstadt, besonders kumet, im Vl.Sh.chomat, entlehnt aus slaw.-abg.
bis etwa zwei Meilen von dieser. In der chomqtü m., poln. chomM m. und chomc^to n.,
Studentensprache, urspr. in Halle a. S., «aus russ. chomutü m., tschech. rhomout m., die
der Umgegend, dem Saalkreise (wo starker wiederum dem Altgermanischen entstammen:
Kümmelbau betrieben wird) gebürtiger Stu- ahd. Äawio m. «Kappzaum für wilde Pferde»,
dent». 1781 bei Kindleben. 1537 bei Dasypodius kühamvie, küicham, kam-
I

^Kummer, m. {-s, ohne PI.): Schutt, tvide «hölzernes Halsband der Kühe zum An-
[

Bau-, Steinschutt (im westlichen Mittel-und binden an die Krippe», ndl. 1599 bei Kilian
:

Norddeutschland); angreifende, zehrende Be- koehamme und koekamme, auf der Eifel harnen
trübnis worüber; gerichtliche Haft, Arrest m., nd. ham, engl, hame «Kummet». Vgl.
(hessisch). Mhd. kumher, md. kummer, kumer, Lagercrantz KZ. 34, 399.
kommer, mnd. kummer m. «Aufschüttung, Knmp, s. Eumpf.
Schutt», auch als«Hemmung» oder «Hinder- Knmpän, m. (s, PI. -e): Genosse. Schon
nis»,daher in übertragner Bed. im Rechts- mhd. kompän. kumpän, mnd. kumpän, kumpen,
leben «Beschlagnahme, Arrest», und daraus anord. kumpänn m.: im 16. 18. Jh. gekürzt —
bildlich in allgemeiner Bed. «Beschädisungr, Kumpe, Kontpe, Kump m., im 18. Jh. (Bürger,
Wunde, Belastung, Bedrängnis, Mühsal, Not, Voß, Kindleben) erneuert Kumpan. Aus prov.
bedrückende Sorge, Gram». Im westlichen und afranz. compaing, ital. compagno m. «Ge-
Deutschland hervorgegangen aus der Ver- fährte, Gesellschafter», von mlat. companio m.
mischung eines germanischen mit einem eig. «Brotgenosse», zu lat. pänis m. «Brot»
romanischen Wortstamme: einerseits anord. (s. Compagnie). Ähnlich im Ahd. gimaggo m.
kuml. kumbl n. «aufgeschütteter Grabhügel, «Tischgenosse» (von ahd. tnag n. «Speise») und
Grabmal», auch «Denkmal, Denkstein, Marke, galeibo, got. gahlaiba m. «Genosse» (von ahd.
Zeichen überhaupt», schwed. ÄumbeZ, kummel leip, got. hlaifs m. «Brotlaib»),
n. «Steinhaufen als Wahrzeichen für Schifi"er», Kumpell, m. (-S, PI. wie Sg.), s. Kump.
asächs. kumhal n. «Himmelszeichen», ags. Kumpf, m. (-[e]s, PI. -e und Kümpfe):
cumbol, cutnbl, cuml n. «Zeichen», bes. «kriege- tiefe Schale, tiefer Napf; Trockenmaß, fiiiher
risches Feldzeichen», auch «Wundzeichen, •^/jg Malter. Auch Kump und Kumpen m., aus
Wunde»; andrerseits das unerklärte früh- deraNiederd. ins Hochd. eingedrungen, daneben
mlat. cumbrus, combrus m. «Haufe abgehau- Kumpe f. Mhd. kumpf, komph, md. und mnd.
ner Äste, Verhau, hemmende Aufschüttung, kump, komp m. «Gefäß als Fruchtmaß, Trink-
dämmend Eingerammtes im Flusse zu Fisch- schale» (davon mnd. kumpere m, «Faßbinder,
hegung und Fischfang», woher franz. combre Küfer»), im Mhd. auch «tiefes hölzernes Ge-
in encombre m. «Schutt, Bauschutt, Hinder- fäßchen des Mähers zum Mitführen des Wetz-
nis», encombrer «versperren, beschweren, be- steins», im 16, Jh. bergm. Kumpjf m. «Poch-
trüben», ital. ingombro m. «Hindernis», in- .
trog für Erze» (1562 Mathesius Sarepta 141*),
Weigand, Deutsches Wörterbuch. 5. Aufl. 74
:

1171 Kumt Kunkel 1172

noch Walkmühlen Kump m. «Stampf- Kunden eines Kaufmanns. Mhd. kuntschaft f.


jetzt in
trog», Schweiz. Chmnpfm. «Mörser zum Stam- Kenntnis, Nachricht, Erforschung, Aussage,
pfen», ebenso nd. im 15. Jh. kump (Diefen- Auskunft, Beglaubigung, Zeugnis, Bekannt-
bach gl. 368"); dazu ags. ciimh m. «Getreide- schaft, mnd. kuntschapt: davon kundschaf-
maß», engl. comb,coomh. Verwandt mit Kumme ten, V.: spionieren, spätmhd. kuntschaften.
(s. d.). Dieselben Laute zeigen aind. kiimhhäs Kundschafter, m.: Spion, spätmhd. kunt-

«Topf, Krug», awest. xumbö m. «Topf», npers. schafter m. ZUS. Kundmachung, f.: Be-
Xumb, gr. KÜiaßoc m. «Gefäß, Becher», KÜiußri kanntmachung, 1691 bei Stieler, amtlich in
«Boot, Nachen». Ob und wo hier Entlehnung der Schweiz und Österreich.
stattgefunden, läßt sich nicht entscheiden. Kunft, f. (PI. Künfte) : das Kommen. Mhd.
Vgl. Humpen. kunft, kumft, ahd. quumft (in üfquumft),
Kumt, s. Kummet chumft (V\. chumfti), chunftt «Zu-, Ankunft»,
kund, nur in prädikativer Stel- got. gaqumps f. «Zusammenkunft, Versamm-
adj. (aber
lung und gehobner Rede) zur Wissenschaft lung». Verbalabstraktum zu kommen (s. d.),
in :

wovon kommend oder gekommen. Mhd. kunt, mit eingeschobnem f wie in Brunft, Ver-
auch künde, künde, ahd. kund: daza asächs. nunft, Zunft. Daneben mit ableitendem -st
cüd, mndl. cont, ags. cüß, engl, couth in uncouth mnd. kumst, kamst, kompst f., im 14. Jh.
«unbekannt», anord. kunnr, kUdr, got. kunps bayr. kunst f. ABL. künftig, adj., mhd.
«bekannt». Urspr. Part. Prät. von got.-ahd. künftic, kümftic, md. kunftic, kunfiec, kumftec,
kunnan «kennen, wissen» (s. können und vgl. auch kumstic, ahd. kumftig, künftig «was
kalt, traut, tot), aber schon im Ahd. mit völlig kommen, sich ereignen wird».
adj ektiv. Geltung. ABL. kündbar, adj.: be- kungeln, s. kunkeln.
kannt, 1541 bei Frisius 21 2 ^ kuntbar. Kunde, Kunigunde, Frauenname, mhd. Küni-,
m. (-n, PI. -n): der in einem Geschäft Be- Künegunt, ahd. Chunigund, -gunt, von ahd.
kannte, der dort kauft oder arbeiten läßt (1570 kunni, got. kuni n. «Geschlecht, Stamm», und
bei Fischart Nachtr. 1277; auch f., 1716 bei ahd. gunt f. «Kampf, Krieg». Latinisiert
Ludwig) ; Kerl, Kumpan (spöttisch tadelnd im Chunigunda, Chunigundis, auch Cunegondis,
16. Jh. beiH. Sachs Fab. 273, 9, oft bei Fischart, woraus franz. Cunegonde, woher bei Schiller
Scheidt Grob. 705). Mhd. künde, ahd. kundo m. (Gang nach dem Eisenhammer) Kunigonde.
«Bekannter», ags. cüpa m. «Bekannter, Freund, Kunkel, f. (PI. -n)-. Spinnrocken, Spinn-
Verwandter», die schwache Form des Adj. rockenstock; Spinnstube (1612 bei Albertinus
kund. Kunde, f. Kenntnis wovon, Bekannt-
: Schauplatz 300, kunkelstube Zimm. Chron.^
schaft womit, mhd. künde, md. u. mnd. künde, 4, 9, 22 von 1547); Weibsbild (schwäb. bei
ahd. chundi in unchundi f. künden, v. kund- : Schmid 333). Schwäb.-alem.-rhein., auch ndl.
tun, von den Dichtern des ausgehenden 18. Jh. In l.Bed. mhd. kunkel, 1468 gunckel (Dietenh.
wieder aufgebracht, mhd. künden, künden, ahd. nov. gl. 102*', auch bei Keisersberg), im 15. Jh.
kundan; dazu asächs. cüäian, mnd. künden, ags, an der Saar konkel, ahd. chonacla, chuncula
cydan, anord. kynna. kundig, adj.: kennend, (ZfdA. 8, 470'', 9^), kuncliela, chunchla f.; dazu
wissend, mhd. kündec, kündic, kündig «be- ndl. konkel, kunkel f. Aus gleichbed, älter-
kannt, erfahren, klug, geschickt, listig», im mlat. conucula f. statt *colucula, dem Dim. von
15. Jh. chundig, kundig «kennend», ahd. chun- lat. colus m. f. «Spinnrocken», woher auch das
dig «bekannt, klug, schlau»; dazu mnd. kun- gleichbed. ital. conocchia f., afranz. conoille,
dich «kennend, bekannt», ags. cydig «bekannt», nfranz. quenouille f., altir. cuicel. Selten Kunkel
anord. kunnigr «bekannt», kyndugr «klug, als Mask. (Grillparzer [^Sauer] 6, 171, schon
schlau», kündigen, v.: kundtun, von den bei Rädlein, Schottel und 1534 bei Franck
Dichtern um 1800 wieder aufgenommen, mhd. Weltb. 15b). ABL. kuukelu, kungeln, v.:
kündigen; die Auflösung eines Vertrags an- heimUch zusammenschwatzend Pläne oder
sagen, statt aufkündigen, 1808 bei Campe. Ränke schmieden (bei Bürger Macbeth) heim- ;

kündlich, adj.: offenkundig, im 18. Jh. alter- lichen Kauf- und Tauschhandel machen oder
tümelnd bei Bürger, Claudius usw., mhd. kunt- vermitteln (daher Kinkelweib n. «heimlichen
lich, im Handel besorgendes oder vermittelndes Weib»).
15. Jh. küntlich, ahd. adv. chundlihho.

Kundsame, f.: Kundschaft. Mhd.kuntsame f, Mrhein. und nd., von der Kunkelstube her-
«beeidigte Sachverständige, Schiedsrichter, ihr genommen, zuä. Kunkellehen, n.: Lehen,
Ausspruch». Schweizerisch. Kundschaft, f. das auch den weiblichen Nachkommen einer
:

1173 Kirnst Kuppe 1174

Familie übertragen werden kann (die Kunkel wer-ck der kunst. Kuustwort, n., 1644 bei
als Sinnbild des Weibes, wie das Schwert als Harsdörffer Gespr. 1, 215 u. 1641 bei Schottel 366.
Zeichen Mannes), 1575 bei Fischart Garg.434.
d. kunterbunt, adj.: bunt durcheinander,
Knnst, f. (PI. Künste) das Wissen worin verworren. 1645 bei Zesen Ibrahim 4 kunter-
-.

mit ausgebildeter Geschicklichkeit: Wissen- bunt, bei Wieland Schach Lolo 65 konterbunt,
schaft (mhd. die siben frien künste Renner aber 1499 bei Lenz Schwabenkrieg 1^ conter-
10036); die Darstellung des Schönen (1727 bei bunt und Acta germ.
1, 262, Xr. 27 in einem

König zu Canitz Ged. 233 die schönen Künste Liedchen von der Altenburger Bauernkii-ms
nach franz. les heaux arts, bei Luther 2 Chron. Spelmon, spon du deine Saita, daß es klingt
3, 10 der Bildener Kunst, 1482 im Voc. theut. fein contrabund, 15. Jh.) noch deutlich von dem
r 7 * kunst des gesangs, als Begriff vollendeter Stimmendurcheinander eines kontrapunktisch
Schönheit schon mhd. diu gotes kunst Parz. geführten Musiksatzes (s. Kontrapunkt).
123, 13): im Bei'gbau die zum Fördern aus Kunz, urspr. Kosename für Konrad (s. d.).
der Tiefe verwendete Maschine, bes. zum RA. Hinz oder Kunz «der oder jener», 1501 im
Heben des Wassers (im 15. Jh. Weisth, 2, 797), Alsfelder Passionsspiel 1 12 Heincz adder Concz.
auch bei Wasserleitungen (1517 bei Trochus Küpe, f. (PI. -n): großer kupferner von
4*). Mhd. kunst (Gen. und PI. künste), alem. innen überzinnter Kessel zum Indigofärben:
konst, ahd. chunst (Gen. und PI. chunsti) f. dann die aufgelöste Farbe. 1775 bei Adelung,
«das Wissen, Kenntnis, Weisheit, Geschick- aus nd. küpe, kupe
f. «Kufe, Bottich», älter

lichkeü»; dazu mnd.-ndl. cunst, afries. konst auch kope, im 15. Jh. cupe, ndl. kuip f «Bütte,
f.

(abweichend gebildet anord. kunnasta f. «Ver- Faß», wie Kufe (s.d.), entlehnt aus lat. cUpa f.
mögen, Fähigkeit»). Verbalabstraktum zu ZUS. küpenblau, adj.: indigoblau.
können (s. d.) mit s wie in Brunst, Gunst. Kupee, deutsche Schreibung für Coupe, s.d.
Gleiche Büdung in lit. pa-zintis f. «Kennen, Küper, m. (-S, PI. wie Sg.): Küfer (s. d.),
Kenntnis». ABL. künsteln, v.: im 16. Jh. aus nd. küper m.
bei S. Franck Lob der Thorheit 105^ künstlen. Kupfer, n. (-S, PI. wie Sg.) das bekannte :

Künstler, m., im 16. Jh. bei Aventin MetaU: Kupferstich (1691 bei Stieler):
4, 1181, rötliche
15 und Seb. Franck Chron. (1531) 243% dafür roter finniger Fleck im Gesicht (im 17. Jh. bei
im 15. und 16. Jh. künstner, künster, kunster, Abr. a S. Clara). In urspr. Bed. mhd. knpfer,
mnd. kunstener, kunster, noch ndl. hmstenaar kopfer, Österreich, im 11./12. Jh. chofer, ahd.

m. (entlehnt schweä. konstnär, däp. kunstner): kuphar n.: dazu mnd. kopper, ndl. koper n.,
dazu Künstlerin, f 1595 im 24, Buche des
, ags. copor n., engl, copper, anord. koparr m.,
Amadis 540, und künstlerisch, adj., 1786 schwed. koppar, dän. kobber. Aus spätlat.
bei Haas teutsch-franz. Wb. 1, 1863. künst- cuprum, älterlat. cyprium n. (eig. cgprium aes
lich, adj., mhd. künstlich, knnstlos, adj., «cyprisches Erz»). ABL. kupf(e)richt,
mhd. künste-, kunstelos, Anfang des 15. Jh. kupf(e)rig, adj., 1664 bei Duez kupfferigt
bei Vintler kunstlos. ZUS. kunstfertig, adj. (auch von bleibender Gesichtsröte), 1562 bei
kunstgeübt, 1575 bei Fisch. Garg. 278. Knnst- Mathesius Sar. 105* kupfferig, 98^ küpfferig.
form, f., 1663 bei Schottel 842. adj., im 16.— 18. .Ih. auch küpfern,
kunst- kupfern,
gerecht, adj., 1808 bei Campe als neues mhd. kupferin, ältermhd. chuphirin, mnd. kop-
Wort. Kunstgriff, m., 1641 bei Schottel 366 pern. ZUS. kupferrot, adj., mhd. kopher-
aus Luther. Kuustliebhaher, m., 1558 bei röt. Kupferschmied, m., mhd. kupfersmit.
Rivius Büxenmeisterey 3, 2, 17^. Kunst- Kupferstechen, n., 1575 bei Fischart Garg.
pfeifer, m., 1673 bei Weise Hauptverderber 294. Kupferstecher, n., bei Fischart Pract,
34. kunstreich, adj., mhd. künsterich, 1495 Großm. (1607) 2*^. Kupferstich, m.: das
bei Reuchlin Demosthenes 1. olynth. Rede in Kupfer gestochne Bild (1644 bei Hars-
Widm. konstreich. Kunstreiter, m., 1691 bei dörffer Gespr. 1, 82).
Stieler. Kuustricllter, ra., 1740 bei Bodmer. kupieren, v.: abtrennen, durchlochen.
Kunstsprache, f.: kunstvolle Sprache (1691 In diesem Sinne erst im 19. Jh. nach franz.
bei Stieler); technische Sprache (1775 bei couper, s. Coupe. Das kupiert, adj.:
Partizip
Adelung). Kunststück, n., 1576 bei Fischart zerschnitten. 1813 bei Campe. KupÖU, s.
(Kloster 10, 973). Kunstwerk, n., 1578 bei Coupon (so noch amtlich geschrieben).
Fischart Ehz. Q4^ und in Scheibles Kloster Kuppe, f., (PI. -n): Spitze, insbesondre
10, 973, dafür um 1480 bei Melber b5* ein Bergspitze. In das Schriftdeutsch im letzten
74*
;

1175 Kuppel Küraß 1176

Viertel des 18. Jh. aus der md. Volkssprache erhalten. ABL. küren, v. (Prät. kürte,
aufgenommen, 1687 bei Zesen (des helikon. Part, gekürt): wählen, 1616 bei Henisch 603,
Näglein -Tahles dritter Vorbericht 5) Kubhe t 62, in urspiünglicherer Bed. aber 1595 bei
«Kopf der Gewürznäglein», md. im Rollenhagen Froschm. 1, 2, 3, 42 nach Hasen
14. Jh.

kwppei. «Berggipfel, Gipfel», welche Bed. aus küren «auf Hasen lauern, ihnen nachstellen»,
i

mhd. kuppe, ahd. chuppa f. «Kopfbedeckung ostfries. küren «scharf hinsehen», mndl. coren
j

unter dem Helm, Haube» hei-vorging, dies «wartend blicken», kürisch, adj.: wählerisch,
I

wohl entlehnt aus cuppa f. «Tonne, Becher» bes. in leckeren Speisen, 1786 bei Bode Thomas
lat.

(neben cupa, s. Kopf, Kufe) und nach der Jones 2, 241 kührisch, aus md. und nd. Mund-
Ähnlichkeit auf die rund anschließende Kopf- arten. ZUS. Kurfürst, m. (-en, PI. -en):
bedeckimg übertragen. Daneben mithochd.jp/" Wahlfüi'st des deutschen Reiches, mhd. Anf.
mhd. kupfe, kuffe, gupfe, ahd. chuppha f. «Kopf- des 14. Jh. kurfurste (Ottokars Reimchr. 12529
bedeckung unter dem Helme», und mhd. gupfe, neben kurherre 12087), 1338 kürfürste (Höfer
gupf m., «Gipfel des Berges, Spitze des Urk. S. 327), md. korforste (Ködiz Ludw. 6)
'

Turmes». ABL. kuppen, v.: die Kuppe davon kurfürstlich, adj., mhd. im 14. Jh.
]

abhauen oder abschneiden, 1691 bei Stieler. kurvürstlich, und Kurfürstentum, n., mhd.
^Kuppel, f. (PI. -n): halbkugelai-tig ge- 1340 kurfürstentuom. Kurhut, m.: roter
wölbtes Dach. 1678 bei mit Hermelin ausgeschlagner Hut als Zeichen
Krämer Cupel, 1711 j

bei Rädlein Cupel, Koppel f. der Kurfürstenwüx'de, 1631 das Dim. Chur-
Aus glbd. ital. 1

cupola f. (daher franz. coupole), mlat. cupula, \hütlin bei Opel und Cohn 30 j. Kr. 320, 8.
cuppula f. «Becher», Dim. von lat. cüpa f. Kurprinz, m. Erbprinz in einem kur- :

«Tonne, Faß», cuppa f. «Tonne», ital. coppa f. fürstlichen Hause, 1678 bei Krämer Chur-
j

«Becher» (s. Kopf). Dies Dach wm*de nach der printz. Kurschwert, n., die zwei kreuzweis
Gestalt eines, umgestürzten Bechers benannt, gelegten Schwerter im kurfürstlich sächsischen
'^Kuppel, f.: Koppel (s. d.). Wappen als Zeichen des Reichs-Erzmarschall-
^Kuppel, m. (-S, PI. wie Sg.): Kuppelei, amts, 1740 bei Frisch der PI. Chur schw erder.
bei Lessing 2, 445. kuppeln, v.: zu einem Kurstaat, m.: Kurfürstentum, 1808 beiCampe.
Liebesverhältnisse, zu außerehelicher Zusam- ^Kur, f. (PI. -en): ärztliche Behandlung,
1

menkunft zusammenführen. 1353 kuppeln Heilung. 1557 bei Heußlin Vogelb. 122^ und
(Städtechron. 9, 1021, 3). Eine besondre 1616 bei Henisch Cur, aus glbd. lat. cUra f.,
!

Bed. aus mhd. kuppeln «an ein Band legen, zunächst* «Sorge». Vgl. kurieren. ZUS. Kur-
verbinden», von lat. cöpuläre «zusammen- pfuscher, m.: wer ohne staatliche Appro-
binden» (s. koppeln). ABL. Kuppelei, f., 1678 bation Kranke heilt. Erst in neurer Zeit.
bei Krämer. Kuppler, m., mhd. im 14. Jh. Kurschmied, m. Hufschmied, der zugleich
[
:

kuppeler, kuppler m.; davon Kupplerin, f., die Kur des Pferdefußes usw. versteht, Tier-
mhd. im 14. Jh. kupplerin, Kupplerei, f., im arzt, 1775 bei Adelung Curschmid.
15. Jh. kupplerei (ZfdA. 8, 540, 109), kupp- kuränt, adj. : geläufig, gangbar (als Münze).
lerisch, adj., 1605 bei Albertinus Lustg. 228 Das franz. courant «laufend, gang und gäbe»,
kuplerisch. ZUS. Kuppelpelz, m.: Ehrenlohn Part. Präs. von cownV (aus lat. CMrr^re) «laufen».
für- Stiftung einer Heirat, 1711 bei Rädlein. I
Im 17. Jh. entlehnt (1703 im Zeit.-Lex.).
^Kur, f. (PL -en): Wahl, Erwählung. kuränzen, v.: züchtigen, runtermachen,
Mhd. kür, küre, im 12. Jh. auch chure, chur, hart anfahren; auch umherrennen. In den
md. kur, kure, ahd. churi f. «Prüfung, prüfende Mundarten weitverbreitet. Daneben koranzen
'

Wahl, insbesondre Königswahl» (mhd. auch (1785 bei Voß. Ged. 1, 294), karanzen (thürin-
i

schon «die Kurfürstenwürde», die siben kür gisch), kurrenzen 1673 bei Weise Erzn. 146
I

Lohengrin 1962); dazu mndl. eure, core f. Nach Schröders einleuchtender Auseinander-
j

und als Mask. ndrhein. im 13. Jh. kure, mnd. Setzung (Streckformen 106) Streckform zu
'

köre, auch md. kure, kur, köre, mndl. core, kränzen, eig. im Kranz (Kreise) herumtreiben.
!

ags. cyre «Wahl». Substantiv zu kiesen (s. d.). Küraß, m. (Gen. -sses, PI. -sse): Panzer,
Die umgelautete Form noch in Willkür (s. d.). Brustharnisch. Im 15. Jh. küraß (Sachsen-
:

Das anlautende oberd. ch, das in den letzten heim Mörin), kicrisz (Janssen Reichscorr. 1,
'

Jahrzehnten des 15. Jh. aufs neue geltend 474 von 1439), mpist küriß, mnd. kuresser,
wurde, hat sich von der Kaiserwahl in der koritz, koritzer m., urspr. wohl «Lederpanzer»,
'•

altertümlichen Schreibung Chur bis ins 19. Jh. aus fi-anz. cuirasse f. «(Leder-)Panzer», prov.
i
1177 Knrat Snrs 1178

coirassa, ital. carazza f., vom lat. Adj. coriaceus lien, PI. Förmhchkeiten des Kanzleistils bei
:

«ledern», zu lat. corium n., franz. cuir m. einem Gerichtshofe, 1714 bei Wächtler, aus
«Leder». ABL. Kürassier, m., {-s, PI. -e): ;
cüriälia, dem Neutr. PI. das lat. Adj. cüriälis.
mit Kiiraß bekleideter Reiter. Xach glbd. Kurier, m. {-s, PI. -e)-. Eübote. Mhd.
franz. cuir assier m. 1740 bei Frisch Küraßier, kurrier, kurier m. «Läufer», aus franz. courrier
im 17. Jh. Kürassirer und Kürissirer, 1664 m.., von franz. courir, lat. currere «laufen,
bei Duez 1, 223^ Kürissier, 1654 bei Logau eilen». ZUS. Kurierzug, m., im 19. Jh.
2, 4, 82 Curassirer, im 15. u. 16. Jh. Kürisser kurieren, v.: ärztlich behandeln, heilen.
(Liliencron 2, 93 von 1476), kuresser (Städte- 1557 bei Waldis Esopus 4, 23, 84 curiern, aus
chron. 5, 195, A. 1 vom J. 1450), md. 1517 bei glbd. lat. curare, eig. «Fürsorge haben für
Trochus F 2* koritzer m. jem.». Vgl. ^Kur.
Kurät, m. (-en, PI. -en); katholischer kurios, adj.: seltsam, verwunderlich. Im
Geistlicher. Neulateinische Bildung von lat. 17. Jh.curiöß «begierig, neugierig, geschäftig»
curare «sorgen», entsprechend dem glbd. franz. (Nehring 1694), aus franz. curieux «neugierig,
eure m. In Tü-ol. Kuratel, f. (PI. -en) : sonderbar», von lat. cüriösus «sorgfältig, allzu
Schutzpflege eines Kurators. Im 18. Jh. aus sorgsam, wißbegierig, neugierig», zu lat. cüra f.
mlat. curatela f. «Vormundschaft». Kurator, «Sorge, Sorgfalt», während am Ende des 18. Jh.
m. (-5, PI. -en) : und Ver-
amtlicher Vorstand curios (Goethe 1773 [im Götz] 8, 23) wieder auf
treter einer Körperschaft
Verwaltungs- in lat. cüriösus zurückging. Kuriosität, f.,

sachen^ Rechtsvorstand, Vorsteher eines zur (PI. Neugier, Wißbegierde (1620 bei
-en):
eigenen Vermögensverwaltung Unfähigen. Im Albertinus Lustg. 195 Curiositet); Seltenheit,
16. Jh. Curator (Reichsordn. 197* von 1521), die Neugier anregendes Ding (1673 bei Weise
aus lat. cürätor m. «Besorger, Vormund». Hauptverderber 17). Aus lat. cüriösitas f.
Klirbe,f. (Pl.-n): Kurbel. 1768 bei Moer- «Wißbegierde, Neugierde».
beek Kurhe, 1687 bei Hohberg 1, 101 ^ Eürhe f., kürmeln, v.: lallend sprechen (Opitz2,93);
rhein. im 15. Jh. korbe (Diefenb. gl. 263^), mit verliebtem Tun leise reden, freundlich
in den Fastnachtspielen des 15. Jh. 748, 14 verliebt murren (bei Lohenstein Arm. 1, 92
der Dat. kurm d. i. kurbe «gebogner Hand- kirmeln): miteinander schön tun, kosen (bei
griff am Schleifstein», mhd. kurbe, ahd. curba f. Sperontes singende Muse
1, 74 kümieln). Noch
«Winde am Ziehbrunnen», 1541 Schweiz, der schles. kirmeln, Schweiz, chirmen «lallen».
PI. Garben «Schiffsrippen» FrisiUs 227* und kurren, v.: in tiefem Ton laut werden,
noch heute Grürbe m. f. «Schiffsrippe, krummer wie kirren (s. d.) in feinerm. Vom wohl-
Handgriff an der Sense, Kurbel am Rad». behaglichen Schnurren der Katze 1788 bei
Entlehnt aus franz. courbe f., von lat. curvus Bode Thom. Jones 4, 325, 1562 bei Mathesius
«gekrümmt». Davon Kurbel, f. (PI. -n): Sar. 309'' murren und kurren, mhd. kurren
krumm gebogne Handhabe zum Drehen eines «grunzen», mndl. curren (von der Turteltaube).
Dinges, 1775 bei Adelung Kurbel, 1748 bei ABL. kurrig, adj. zu neckischem Mutwillen :

Geßner Buchdruckerkunst 436 Gorbel, 451 aufgelegt, leicht reizbar, leicht zoniig. Von
Gorbel «Handgriff», 1562 bei Mathesius Sar. Bürger etwa 1773 aus nd. Mundarten in die
schon im 15. Jh. kwhel, Schriftsprache eingeführt.
207'' körbel, vielleicht

körbel (Diefenbach gl. 273*). Kurrende, f das Singen armer Schüler :

Kürbis, m. (Gen. -sses, PI. -sse) Ranken- von Haus zu Haus um milde Gaben. Zu
:

gewächs und Frucht, lat. Cucurbita. Bei lat. currere «laufen». Current f. in der kur-
Luther Kürbis, Körbis, bei Dasypodius 1537 sächsischen Schulordnung von 1580, Currente
Kürbiß, Kürps, mhd. kürbig, kürbeg, kürbg m. f. 1740 bei Frisch, Gurrende 1775 bei Adelung.
(selten n.), ahd. churbi^, curbi^ m. (selten f.); Kurrentschrift, f die gangbare (lau- :

dazu and. (entlehnt) kurbiz, mndl. im 14. Jh. fendej, gewöhnHehe deutsche Schreibschiift
curvete, ags. cyrfcBt, cyrfet m. Aus glbd. lat. 1562 bei Mathesius Sar. 79* Current f., 1582
Cucurbita f. i
bei Fischart Garg. 277 Current- Schrifft. Aus
küren, Kurfürst usw., s. Kur, lat. currens (Gen. currentis), dem Part. Präs.
Kuriälstil, m. (-s): die gerichtliche, Kanz- von currere «laufen».
leischreibart. dem lat. Adj. cMriäZis
Kurial- aus kurrig, s. kurren.
(spätlat. «zum kaiserl. Hof gehörig») von lat. Kurs, m. (Gen. -es, PI. -e): Lauf, Weg
curia f. «Senatsversammlung» usw. Kuriä- ;
(des Schiffes, 1557 bei Waldis Esopus 2, 30, 87
1

1179 Kurschmied kurz 1180

Curs); Gang einer Münzsorte; laufender Geld- span. corto.RA. kurze fünfzehn machen «eine
j

wert, Wechselhöhe (bei Nehrmg 1694 Cours); Tätigkeit kurz endigen», hergenommen von
Lehrgang, Zeit eines abgeschloßnen Lehr- dem ehedem beliebten «der lange Puff» ge-
ganges (bei Krämer 1678 Curs). Aus lat. I
nannten Spiele, wovon mhd. der fünfzehen
curms, franz. cours m. «Lauf». Davon kur- spiln (Erec 869) gesagt wurde. Wer hier einen
sieren, V. im Umlaufe, gang und gäbe sein, Glückswurf (mit Würfeln) tut, daß er alle
: j

bei Lessing 8, 31 cursiren. Kursivschrift, f.: seine 15 Steine auf einmal herausnehmen kann,
schräge lateinische Schrift. 1714 bei Wächtler der endet das Spiel kurz. Auch 1540 des
Gursivschrift, 1694 bei Nehring cursiv «ge- kurtzen spieln «etwas kurz zu Ende bringen»
schobne Schrift», aus glbd. mlat. cursiva f. (Alberus dict. KK2^). über kurz oder lang,
Kurschmied, s. -Eur. mhd. über kurz ade üher lanc (Erec 6296),
Kürschner, m. (-5, PI. wie Sg.): Hand- ahd. (mit der Negation noh) noh über lang
werker in Pelzwerk. Statt urspr. s mit un- noh über churz, wie auch nhd. über lang oder
organischen seh, das erst im 17. Jh. durch- kurz bei Lessing 12, 195. Den kürzern ziehen
drang, 1516 bei Pinicianus prompt. K 3*^ «im Kampf oder Wettstreit verlieren, gegen
kirschner, mhd. kürsencere, kursener, kürsner, jem. zu kurz kommen, im Nachteil sein» (1599
mnd. korsener m. Abgeleitet von mhd. kürsen, bei Schütze Preußen 175), erklärt sich aus
kursen f., 1382 auch schon kürsehen, ahd. der alten Sitte des Losens mit Stäbchen oder
chursinna, crusina f. «Pelzmantel, Pelzrock»; Halmen, wobei der, welcher das kürzeste
dazu ags. crusene, crusne f., mlat. (937) cru- Stäbchen oder den kürzesten Halm zog, ver-
sina, erosina, crosna, erusna f. Ins Slawische lor, kurzer Hand «ohne Förmlichkeit, ohne
entlehnt aruss. krüzno, korozno, korzno n. Umstände», eine Nachbildung des Ausdrucks
«Pelzkleid». Urverwandtschaft mit gr. ßüpca f. der lat. Rechtssprache brevi manu. ABL.
«abgezogne Haut, Fell» ist möglich. Kürze, f., mhd. kürze, ahd. churzl und kurti,

Kurt, s. Konrad. mnd. körte f.; RA. in der Kürze, in Kürze


Kurtine, f. (PI. -n): die Fläche der Fe- «in kurzer Zeit», bei Luther Offenb. Job. 1,
stungsmauer zwischen zwei Bollwerken, Mit- in der kürtz, im 15. Jh. in ainer kurz, mhd.
tel-, Zwischenwall. 1678 bei Krämer Cortin f. in kürze, kürzen, v.: kurz machen, mhd.
Aus glbd. franz. courtine, ital. cortina f., von kürzen, md. kurzen und kürten, ahd. kurzen,
lat, cortina f. «kesseiförmige Rundung», (spät- mnd. körten; davon Kürzung, f., mhd. kur-

lat.) «Vorhang». zunge. kürzlich, adj., mhd. kurzlich, ahd.


Kurtisane, f. (PI. -w): Buhlerin. 1616 kurzi-, kurz- und churtlich, mnd. körte-, kort-
bei Henisch Curtisan, Cortisan f., 1615 bei lik, das Adv. mhd. kurzliche «in kurzer Zeit»,
Albertinus Landstörzer 399 Cortisanin f. Aus ahd. churzlicho «gar kurz», ZUS. Kurz-
glbd. franz. courtisane, ital. cortigiana, span. schluß, m.: fehlerhafter Nebenschluß für den
cortesana f., eig. «Hofdame», Fem. zu franz. elektrischen Strom. In der neuern Zeit. Kurz-
courtisan, ital. cortigiano, span. cortesano m. schrift, f., Verdeutschung von Stenographie,
«Hofmann, Höfling» (daher Curtisan «Höf- Im 19. Jh. kurzsichtig, adj., im körper-
ling» bei Luther, 1571 bei Rot Curtisan «ein lichen Sinne 1775 bei Adelung, ndl. 1599 bei
1738'
lauffer gen Rom nach pfmnten»), von franz. Küian kortsichtig, in geistiger Hinsicht
cour, ital. corte f. «Hof», zu lat. cohors, ge- bei Haller an Bodmer 123. kurzum, adv.,
kürzt cörs (Gen. cörtis) f. «Hofraum». bei Luther kurzumb. Kurzware, f.: kleine
Kurve, f. (PI. -n): krumme Linie. Aus Eisenware, Spielgerät usw., 1808 bei Campe,
lat.curva, dem Fem. des Adj. curvus «krumm», früher kurze Ware (bei G. Freytag 20, 167 vom
1813 bei Campe. J. 1622). kurzweg, adv., 1775 bei Adelung.
kurz, adj. (Komp. kürzer, Sup. kürzest): Kurzweil, f., mhd. kurz-, kurzewile, auch
an Ausdehnung in die Länge gering. Mhd. kürzwile f. (noch im 15. und 16. Jh. oft kürz-
kwz (im Adv. kurze, kurz), ahd. churz und weil) «vergnügliche Unterhaltung zur Zeit-
kurt, churt; dazu andfrk. kurt, mnd. und afries. verkürzung», als Neutr. bei Goethe 16, 53,
kort, kurt, mndl. cort, Island, kortr «kurz», Mask. bei Claudius 8, 176.
Schiller Teil 3, 3, als
ferner ags. cyrtel m., engl, kirtle «Mieder,v.: Kurzweil treiben,
Davon kurzweilcu,
Jacke, Mantel», eig. «Kurzkleid». Entlehnt mhd. kurze-, kurzwüen, noch im 18. Jh. (1781
aus dem lat. Adj. curtus «verstümmelt, ge- bei Kindleben), dann erlöschend, und kurz-
kürzt, kurz», woher auch franz. court, ital.- wellig, adj., mhd. kurzwilec, nhd.kurzweiliger
1181 kusch Kuvert 1182

Eat, als Titel des Hofnarren 1659 bei Butschky coach. ABL. Kutscher, m., im 16. und
Kanzl. 498, schon im 15. Jh. kurziveilrat, kurz- 17. Jh. Ghitscher (Kiechel 6 von 1585, Henisch,
weilerrat. Schönsleder). 1589 bei Mathesius das 1. Kap.
kusch! Imperativ vonkuschen, v.: sich des Evang. Job. 92 » Kutzscher, 1664 bei Duez
legen (von Hunden, zunächst von dressierten Kutscher. Auch gewöhnlicher, aber unver-
Jagdhunden;, beides 1741 bei Frisch. Aus fälschter, eig.«Kutschen>- Wein, kutschieren,
franz. coucher «niederlegen» von lat. collocäre. V., 1678 bei Krämer, im
16. Jh. kutschen, 1590
Euß, m. (Gen. -sses, PI. Küsse): Berührung bei Fischart Garg. 15 das Subst. Gutschirer m.
mit gespitzten Lippen als Zeichen der Liebe ZTjS. Kutschbock, m.: erhöhter Kutscher-
und Achtung. Mhd. kus m. (Gen. kusses), sitz, 1808 bei Campe. Kutschkasten, m.,
im 12. Jh. auch kos n., ahd. aus m. (Gen. 1691 bei Stieler.
cusses); dazu asächs.-mnd. kus, afries. kos, Kutte, f. (PI. -n): weites verhüllendes
ags. cos, coss m., engl, kiss, anord. koss m., (Mönchs-)Gewand. Mhd. hitte, kotte f., aus
schwed.-dän. kyss. Zu lat. läsium n. «Kuß», afranz. cote «langes Oberkleid», nfranz. cotte f.
f.

falls Lehnwort aus dem Sabinischen.


dieses «Kleid», provenz. cota, und diese aus ahd.
Tgl. Walde und Johansson KZ. 36, 355. chozza f. und chozzo, kozzo m. «grobes zottiges
ABL. küssen, V., mhd. küsseyi, ahd. kussan; Wollenzeug und Kleid davon» (s. Kotze).
dazu asächs. kussian, mnd. küssen, afries. kessa, Kuttel, f. (fast nur im PI. Kutteln): die
ags. cyssan, engl, kiss, anord. kyssa, dän. kysse. Gedärme samt Wanst und Magen,
insbes. eines
Got. dafür kukjan, ostfries. kükken «küssen» eßbaren Tieres. 1537 bei Dasypodius der
mit andrer Wurzelableitung. KÜßcheu, n., Sg. Kutle, 1561 bei Maaler Kuttel f., spät-
1691 bei Küßgen, mndl. cusken n. mhd. der PI. kutlen, kutlan, md. 1308 der
Stieler
kußlich, von Höltj und Voß um 1770 PI. kotelen, schles. 1422 kottü und 1340 der
adj.,
aus den Liedern der Minnesänger wieder auf- PI. kutiln; 1716 bei Ludwig Kuttel m. Dazu
genommen, mhd. kuslich, küslich bei Wieland wohl got. qißus m. «Bauch, Magen, Mutter-
;

21, 15 küsserlich. ZUS. Kußhand, f., 1716 leib», ahd. quiti «Gebärmutter», ags. ctviß m.,
bei Ludwig. Küßmouat, m.: der erste anord. kvidr m. «Bauch»; nd. Küt «Eingeweide»
Monat in der Ehe {Kußmonat Basl. Chr. 1, ist nicht verwandt. ZUS. Kuttelfleck, m.:
463, 33 von 1529). zerschnittnes Gedärme mit Magen usw. zum
Küste, f. (PI. -n): Meeresrand. Bei Duez Essen, 1482 im Voc. theut. r 8^ kuttelfleck,
1664, Krämer 1678, aber ndl. schon 1599 kuste, bei Schmeller- 1, 1312 schon 1429 vom
koste f., aus afranz. coste f. «Rippe,
Stück eines zerteilten Rindsmagens (s. ^Fleck).
(jetzt cöte)
Seite», dann «Seeufer, Küste», ital.-port. costa, Kuttelhof, m.: Schlachthof,
md. 1340 kutel-
Span, cuesta f., von lat. costa f. «Rippe, Seite». hof. Kuttelwurst, f.: in den Dickdarm
Küster, m. (-S, PI. wie Sg.): Kirchendiener. gefüllte Wurst, in Thüringen.
Mhd. kuster, guster, ahd. kustor, gustor m., Kutter, m. (-S, PI. wie Sg.): Kriegsboot
aus mlat. custor, lat. custos m. «Wächter, Auf- zum SchneUsegeln, einmastiges Fahrzeug zum
seher, Hüter» (hier der Kirchenkleinodien, Schnellsegeln. 1791 bei Roth,
1792 bei Krünitz
heiUgen Gefäße). ABL. Küsterei, f., mhd. Kutter, Cutter, aus gleichbed. engl, cutter.
1328 kusterte, 1242 custrey. Küsteriu, f., Kutz, m.: in den Kutzen streichen
mhd. kusterin, küsterin, gustrinne f. «schmeicheln», eig. «den zum Vogelfang ab-
Kute, f.: Loch, Grube. Niederd. Form gerichteten Kauz (s. d.) streicheln» dann
für Kaute. Bei Fontane Mathilde Möhring, durch Schöntun sich beliebt machen. Im
Kutsche, f. (PI. -n): überdeckter Pracht- 15. bis 17. Jh. vielgebraucht (1494 bei Brant
wagen. Im 16. und im 17. Jh. Kotsche, Cotschy, NaiT. 100, 13), noch bei Wieland.
Gotschi, Gutschi,
Gotschiwagen Kutzsche, Kuvert, n. (-[e]s, PI. -e): Gedeck; Brief-
,

Gutsche, Kutze f., schlesisch damals Kutsche m. umschlag. Das franz. couvert n., aus einem
wie poln. kocz und tschech. koc m. Entlehnt mlat. coopertum n., dem Neutr. des Part. Perf,
um 1500 aus gleichbed. ungar. kotsi (im 15. Jh. Pass. von rolaX. cooperire «bedecken» (woraus
kocsi, sprich kotschi), ans dem Dorfe Kocs franz. couvrir), das
aktivische Bedeutung er-
bei Raab stammend, wo solche urspr. zwei- halten hat. Zunächst nach dem lat. Copert,
rädrige Wagen nach Zeugnissen des 15. und schon 1482 Ä;oper^ «Decke» im Voc. theut. aa 2%
16. Jh. gebaut wurden. Daher auch ndl. im 17. Jh. auch in der Bed. «Briefumschlag»
koets f., ital. coccio m., franz. cocJie m., engl. (Grimmeishausen Simpl.293), verzeichnet 1678
1183 Kux Kyrie eleison 1184

als Copert «Überzug» bei Krämer und noch bed. tschech. kukus m., dazu verhält, ist

1711 als Copert «Umschlag» bei Rädlein; das unklar.

franz. couvert dringt gegen Ende des 17, Jh. Kyrie eleison, «Herr, erbarme dich».
ein (bei Nehring 1710), 1716 als Covert eines Mhd. und md. kirjeleison,kyrj eleison, aus
Briefes bei Ludwig. gr.-Mrchenlat. kyrie eleison, kyrieleison, kjrch-

Kux, m. {-es, PI. -e): ^las ^^^^^ Zeche lich-gr. KÜpie ^Xericov, das, schon im Ahd. der
im Bergbau. 1562 bei Mathesius Sarepta 35*' Anfang der Litanei, bald Kirchen- und reli-

Kiix, 1595 bei Rollenhagen Froschm. 1, 2, 14 giöser Volksgesang, selbst Schlachtruf und
Kuchs, m., zusammengezogen aus Kuckes Schlachtgesang geworden, später der Schluß-
(Luther Tischreden 226^), Kukus (sächs. vers (Refrain) der meisten geistl. Lieder wurde.
Urkunde von 1478 bei Veith 311, lat. cuccus, Daher mhd. kyrleise, kirleis m. «geistliches mit
in einer böhm. Urk. von 1327 ebd.), daneben kyrie eleison schließendes Lied»; auch gekürzt
Guckes (H. Sachs Fastn. 8, 309), Guckus leise, leis m.: «geistlicher Gesang», dann «Ge-
(Brant Narr. 102, 56). Wie sich das gleich- sang» überhaupt.
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