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Vorlesung 4
Das phonologische System der althochdeutschen Territorialdialekte
Plan:
1. Die Hauptcharakterzüge des althochdeutschen phonologischen
Systems
2. Der assimilatorische Vokalwandel
3. Querschnitt durch das System der Vokalphoneme des
Althochdeutschen im 9. Jahrhundert
4. Die althochdeutsche Lautverschiebung
5. Querschnitt durch das System der Konsonantenphoneme des
Althochdeutschen im 9. Jahrhundert
Literatur:
1. Grimm, Jacob (1785-1863). Geschichte der deutschen Sprache. Bd. 1-2 / von
Jacob Grimm. - 3. Aufl. - Leipzig : Hirzel, 1868. - XVI, 726 с.
2. Schildt, Joachim. Kurze Geschichte der deutschen Sprache / Joachim Schildt. -
Berlin : Volk u. Wissen, Cop. 1991. - 169 с.
3. Бах, Адольф. История немецкого языка [Текст] / Пер. с нем. Н. Н.
Семенюк ; Ред., предисл. и примеч. проф. М. М. Гухман. - Москва : Изд-
во иностр. лит., 1956. - 343 с.
4. Гришаева, Людмила Ивановна. История немецкого языка в вопросах и
ответах : Учеб. пособие для студентов-германистов / Л. И. Гришаева ;
Воронеж. гос. ун-т. - Воронеж : ВГУ, 2004. - 94 с.
5. Жирмунский, Виктор Максимович (1891-1971).
История немецкого языка [Текст] : учебник для студентов
государственных университетов, институтов и факультетов
иностранных языков / В. М. Жирмунский. - Изд. 6-е. - Москва : URSS,
2014. - 408 с.
6. Москальская, Ольга Ивановна. История немецкого языка : [Учеб. для ин-
тов и фак. иностр. яз.] / О. И. Москальская. - 2-е изд., испр. - М. : Высш.
шк., 1985. - 280 с.
die Herkunft und Veränderung aller Vokale und Diphthonge an dieser Stelle
einzugehen, soll auf einige Lautkorrespondenzen hingewiesen werden, deren
Berücksichtigung das Verstehen althochdeutscher Texte erleichtern kann.
1. Den ahd. Langvokalen i, ü, iu [y:] entsprechen heute ei [ae], au, eu (äu):
ahd. min — mein ahd. hüs — Haus ahd.
Hute — Leute ahd. hiuser — Häuser
2. Den ahd. Diphthongen ie, uo entsprechen heute die Langvokale ie [i:], u [u:]:
ahd. hier — hier [i:] ahd. fuor — fuhr
3. Den ahd. Diphthongen ei, ou entsprechen heute ei [ae], au: ahd. teil — Teil [tael]
ahd. ouge— Auge
4. Den ahd. Lautverbindungen sk (sc), sl, sn, sw, rs, st, sp entsprechen heute sch,
schl, schn, schw, rsch, st [St], sp [Sp]:
ahd. skriban — schreiben
ahd. fisc — Fisch
ahd. släfati — schlafen
ahd. snello — schnell
Vgl. ahd. min, din, sin, zit, ritan, kindilin — d. mein, dein, sein, Zeit, reiten, Kindlein
ahd. üf, hüs, lüt, brüt, trürig, brüchan — d. auf, Haus, laut, Braut, traurig, brauchen
ahd. liute, hiute, hiusir, diutsch — d. Leute, heute, Häuser, deutsch
ahd. guot, buoch, fuor, ruofati — d. gut, Buch, fuhr, rufen
ahd. skriban, scöni, sculd, skiöƷƷan — d. schreiben, schön, schuld, schießen u. a. m.
4. Die althochdeutsche Lautverschiebung
Die althochdeutsche Lautverschiebung (2. Lautverschiebung) betrifft zwei
Gruppen von Konsonanten: die germ. p, t, k und die germ. b, d, g.
Die Umwandlung im Konsonantensystem der hochdeutschen
Territorialdialekte begann im 5./6. Jh. u. Z. im Bairischen und Alemannischen und
erfaßte in der Folgezeit, zwischen 800 und 1200 auch das Fränkische. In ihrer
Ausbreitung nordwärts verlor sie allmählich an Intensität und machte schließlich vor
der Grenze des Niederdeutschen halt. Durch ihre Abstufungen schuf sie sehr
beträchtliche lautliche Unterschiede zwischen den einzelnen althochdeutschen
Dialekten, die auch heute zu den wesentlichsten differenzierenden Merkmalen
einzelner hochdeutscher Mundarten zählen. Zugleich stellte die 2. Lautverschiebung
die Gesamtheit der hochdeutschen Mundarten dem Niederdeutschen entgegen. Wie
oben gesagt wurde, prägt sie auch das Konsonantensystem der deutschen
Literatursprache.
Spirantisierung der germanischen p, t, k. Die germ. stimmlosen
Explosivlaute p, t, k wurden teilweise oder vollständig spirantisiert, d. h. in
Frikativlaute (Spiranten) oder in Affrikaten verschoben:
a) im In- und Auslaut des Wortes nach einem Vokal wurden die germ. p, t, k zu
ff, ƷƷ, hh verschoben:
as. opan — ahd. offan 'offen'
as. släpan — ahd. släfan 'schlafen'
as. etati — ahd. ejjan 'essen'
as. ik — ahd. ih 'ich';
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weiterleben. Nach Th. Frings vollzog sich die Ausbreitung der zweiten
Lautverschiebung im Mittelfränkischen von 800 bis 1200. Dabei sollte man in bezug
auf den fränkischen Sprachraum „nicht von Lautverschiebung, sondern von
lautverschobenen Wörtern sprechen".
Die Lautverschiebung drang in das Fränkische vom Süden herein, und zwar
aus dem Gebiet, wo die Franken im 5.—6. Jh. die Alemannen abgelöst und sich mit
ihnen vermischt hatten. Daher war die Intensität der Lautverschiebung im Süd- und
Ostfränkischen am größten, was einer der Hauptgründe für deren Eingliederung in
die oberdeutsche Dialektgruppe ist. Hier waren alle Verschiebungserscheinungen
außer k > kch(ch) (kind>kchint), b>p (bin>pin), g>k (ginuog>kinuok) vorhanden;
letztere Verschiebungen blieben dem Bairischen und Alemannischen als ihre
spezifischen Kennzeichen vorbehalten. Vgl. die verschobenen / unverschobenen
Formen pist— bist '(du) bist, piqueme — biqueme '(es) komme', kauuihit— giuuihit
'geheiligt' im: bair. und ostfr. Text des „Vaterunsers":
a) bair. Fater unser, du. pist in himilum, kauuihit si namo din, pi- qhueme rihhi
din 'Vater unser, du bist im Himmel, geheiligt sei dein Name, es komme dein Reich';
b) ostfr.: Fater unser, thü thär bist in himile, si giheilagöt tliin namo, queme
thin rihhi.
Je weiter die Verschiebung im fränkischen Sprachraum vordrang, desto
schwächer wurde sie. Im Rheinfränkischen fehlt die Verschiebung p>pf
(pund>pfund, appet>apfel). Nicht immer erfolgt hier auch die Verschiebung von d>t
(dohter>tohter). Das Nachlassen der Lautverschiebung macht sich noch mehr im
Mittelfränkischen bemerkbar; hier fehlt auch die Verschiebung von p> pf, d> t. Im
Ripuarischen fehlt zum Teil die Verschiebung von p > ff(f), so in den
Konsonantenverbindungen rp, tp (werpen > werfen, hetpen > helfen).
Kennzeichnend für das Mittelfränkische sind die unverschobenen Formen der
Pronomen dat, wat, et, allet. Gänzlich unberührt von der zweiten Lautverschiebung
bleibt das Niederfränkische, das aus diesem Grunde zur niederdeutschen
Dialektgruppe gezählt wird.
Das Niederdeutsche hat die zweite Lautverschiebung nicht durchgemacht und
bewahrte den alten gemeingermanischen Konsonantenbestand, was die lautliche
Verwandtschaft des Niederdeutschen mit dem Englischen, Niederländischen und den
anderen germanischen Sprachen erklärt.
Die Grenze zwischen dem Hochdeutschen und dem Niederdeutschen geht von
Düsseldorf am Rhein durch Magdeburg an der Elbe bis Frankfurt an der Oder. Es ist
die sog. Benrather Linie, benannt nach dem Ort Benrath, südöstlich von Düsseldorf,
wo diese Grenzlinie den Rhein schneidet.
Der Lautverschiebungsstand in der deutschen Literatursprache. Die
deutsche Literatursprache hat die zweite Lautverschiebung in folgendem Umfang
aufgenommen.
Die Verschiebung von p, t, k> ff, ƷƷ, hh (f, Ʒ, h) im In- und Auslaut des Wortes
nach einem Vokal ist völlig durchgeführt: das, essen; schlafen, helfen; Buch,
sprechen.
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