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Die Geschichte der deutschen Sprache ist ein Teilgebiet der Germanistik. Sie erforscht und
beschreibt aus diachronischer Sicht das phonologische System, den grammatischen Bau, den
Wortschatz und das System der Stile der deutschen Sprache. Ihr Forschungsgebiet sind einerseits die
konstanten
Charakteristiken des Sprachsystems, andererseits die Dynamik und die Haupttendenzen der
Sprachveränderung. Gegenstand der Sprachgeschichte sind ausserdem die Existenzformen der
deutschen Sprache, ihr
sozialhistorisch bedingter Wandel und das Werden der modernen deutschen Nationalsprache.
Die Sprachgeschichte hat einen selbständigen Status als eine historische Disziplin im Rahmen der
Sprachwissenschaft und ist zugleich ein wichtiges Mittel zum tieferen Verständnis der Wesenszüge
eines jeweiligen modernen Sprachsystems und der gegenwärtigen Sprachsituation in einem
jeweiligen Lande.
2.Die deutsche Gegenwartssprache, ihre Existenzformen und die nationalen Varianten der
deutschen Sprache
Die deutsche Sprache ist die Staatssprache der Bundesrepublik Deutschland, Österreichs,
eine der Staatssprachen der Schweiz, Luxemburgs, und die Staatssprache des Fürstentums
Lichtenstein.
Die Zahl der Deutschsprechenden beläuft sich in diesen Ländern auf 100 Millionen
Menschen.
Die deutsche Gegenwartssprache hat einige historisch bedingte Existenzformen:
1) die gemeindeutsche nationale Literatursprache;
2) deutsche Territorialdialekte (Lokalmundarten);
3) städtische Halbmundarten und Umgangssprache.
Die wichtigste Existenzform der deutschen Gegenwartssprache ist die deutsche nationale
Literatursprache (Hochdeutsch, Hochsprache). Sie ist in den deutschsprachigen Staaten die Sprache
der Literatur und Kultur, der Wissenschaft, der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens, die
Amtssprache und Schulsprache, die Sprache des öffentlichen Verkehrs und auch die gepflegte
Sprache des privaten Umgangs (die literatursprachliche Alltagssprache).
Die deutsche Sprache, die von mehreren Nationen gesprochen wird, hat mehrere nationale
Varianten, und zwar mindestens drei. Es sind das Binnendeutsch in der BRD, die österreichische
Variante der deutschen Literatursprache und die schweizerische Variante der deutschen
Literatursprache im deutschsprachigen Teil der Schweiz.
Deutsche Territorialdialekte sind die älteste Existenzform der deutschen Sprache. Sie
haben sich im mittelalterlichen Deutschland gebildet.
Man teilt die deutschen Territorialdialekte in Niederdeutsch (Plattdeutsch) und Hochdeutsch
ein, Hochdeutsch gliedert sich in Mitteldeutsch und Oberdeutsch unter.
Dialekt oder reine Mundart wird heutzutage nur von den älteren Leuten in Dörfern und
gebirgigen Gegenden gesprochen.
Also der Terminus „Hochdeutsch“ hat zwei Bedeutungen:
1) hochdeutsche Dialekte (Mitteldeutsch und Oberdeutsch);
2) Hochsprache zum Unterschied von den Mundarten und von der Umgangssprache.
Deutsch gehört zur indoeuropäischen (von einigen früheren Forschern auch indogermanisch
genannt) Sprachfamilie. Die indoeuropäische Sprachfamilie besteht aus einer Menge von
verschiedenen Sprachen und Sprachgruppen. Die Bezeichnung indoeuropäisch weist darauf hin,
dass es sich hier um Sprachen handelt, die in einem weiträumigen Gebiet zwischen Indien und
Europa gesprochen wurden.
Das Deutsche gehört zur germanischen Sprachgruppe der indoeuropäischen Sprachfamilie.
Die Verwandtschaft der germanischen Sprachen beruht auf gemeinsamer Abstammung von den
Stammesdialekten der alten Germanen. Sie lebten um die Mitte des 1. Jahrtausends vor unserer
Zeitrechnung rund um die westliche Ostsee, zwischen der Oder und der Elbe, in Jütland und in
Skandinavien und waren in einige große Stammesverbände zusammengeschlossen.
Heutzutage werden zwei Gruppen der germanischen Sprachen unterschieden:
Nordgermanische (skandinavische) Sprachen:
1. Schwedisch.
2. Dänisch.
3. Norwegisch.
4. Isländisch.
5. Färöisch (die Sprache der Färöer, wird auf den Färöen - Inselgruppe im Nordatlantik gesprochen).
Westgermanische Sprachen:
1. Deutsch.
2. Englisch.
3. Niederländisch.
4. Friesisch (in den Niederlanden, Niedersachsen, auf den Friesischen Inseln).
5. Afrikaans (eine der Staatssprachen der Republik Südafrika, neben Englisch).
6. Jiddisch
Die Verwandtschaft der germanischen Sprachen kann man auch heute trotz jahrhundertelanger
eigenständiger Entwicklung feststellen. Sie kommt:
a) im gemeingermanischen Wortschatz;
b) in der Morphologie;
c) in der Wortbildung
zum Ausdruck.
c) Wortbildunssuffixe:
Beispiele
Verschiebung Germanisch
Indoeuropäisch
alt neu
L pes Gt fōtus D Fuß
p→f Ukr піна AE fām D Feim
L piscis, Gt fisks D Fisch
Ukr піскар
Gt þreis E three , D drei
t → þ [Ɵ] L tres, Ukr три Gt þu D du
L tu, Ukt ти
Gt hairto D Herz
L cordis Gt hunds D Hund
k→x L canis
b→p Ukr болото Ahd Pfuol, D Pfuhl, E pool
So unterwarf sich Chlodwig 496 die Alemannen. Seine Nachfolger eroberten 531 das Thüringische
Reich und 534 das Burgundenreich. Auch die Bayern erkannten um diese Zeit die politische
Obermacht des fränkischen Staates an, obwohl sie noch eine gewisse Selbständigkeit bewahrten;
788 wird Bayern dem Frankenreich endgültig angegliedert. Länger bewahren ihre Unabhängigkeit
die Sachsen. Sie leben abgesondert in den norddeutschen Wäldern. Nach den sächsischen Kriegen
Karls des Großen (742—814) werden sie dem Frankenreich angegliedert und christianisiert.
Die Zusammenfassung der Franken, Alemannen, Bayern, Thüringer, Hessen und Sachsen im
Frankenreich legte den Grundstein zu ihrem Zusammenwachsen zu einer Nationalität.
Doch konnte dieser Prozess im Rahmen des Frankenreiches nicht abgeschlossen werden, da das
Frankenreich ein mehrsprachiger, ethnisch bunter, lockerer Staat war, der keine einheitliche
ökonomische Basis besaß und schwach zentralisiert war.
Im Rahmen des fränkischen Großreiches begann die Entwicklung zweier europäischer Sprachen der
Neuzeit: des Französischen und des Deutschen.
Bis um 770 leben das Althochdeutsche und das Altfranzösische in vorliterarischer Form als
gesprochene Sprachen. Amts-, Kirchen- und Gelehrsamkeitssprache ist das Latein.
Die schriftliche Aufzeichnung der werdenden deutschen Sprache beginnt im Zusammenhang mit der
Einführung des Christentums und mit der Kulturpolitik Karls des Großen (768-814). Auf
Veranlassung Karls des Großen werden heimische Lieder aufgezeichnet, Gebete, Predigten und
biblische Stücke werden zur Erleichterung der christlichen Missionierung aus dem Latein in die
heimische Sprache übertragen.
Ein entscheidender Schritt zur endgültigen Herausbildung der deutschen Nationalität war die
Aufteilung des Karolingischen Großreiches unter den Enkeln Karls des Großen, die Trennung seines
westlichen (französischen) Teiles von dem östlichen (deutschen) und die Abgrenzung in
Sprachgruppen.
Durch den Vertrag von Verdun 843 entstanden drei Reiche:
1. Karl der Kahle erhielt das Westfränkische Reich, (das spätere Frankreich);
2. Ludwig der Deutsche erhielt das Ostfränkische Reich (das spätere Deutschland);
3. Lothar erhielt das Mittelreich (Italien und das Gebiet zwischen dem Rhein, der Scheide
und der Rhone, das später nach ihm Lotharingien benannt wurde).
Von der sprachlichen Teilung, die sich nach der Aufspaltung des fränkischen Großreiches vollzogen
hatte, gibt eine Vorstellung eines der frühesten Schriftdenkmäler der deutschen Sprache, die sog.
„Straßburger Eide".
Dieses Dokument wurde 842 in Straßburg abgefasst, als Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle
während des „Brüderkrieges", der der Aufteilung des fränkischen Großreiches vorausging, ein
Bündnis gegen Lothar schlossen.
Das Ostfränkische Reich wurde im 9. Jh. Teutonia, das Teutonische Reich genannt. In vielen
lateinischen Quellen finden sich auch die Bezeichnungen Germania, Germani, germanicus, die im
selben Sinne gebraucht werden. Das Wort deutsch tritt zuerst 786 in lateinischer Form theodiscus
als Bezeichnung der Sprache auf. Belegt ist um 800 auch der Ausdruck Teudisca lingua. Es heißt
zuerst 'volksmäßig', 'volksmäßige Sprache' vom got. piuda, ahd. diot 'Volk' und bezeichnet eine
beliebige germanische Sprache gegenüber dem Latein. Im Frankenreich bekommt es dann die
eigentliche Bedeutung 'deutsch', indem die zwei heimischen Sprachen des Reiches als Teudisca und
Romana lingua einander gegen übergestellt werden; es wird also zum Synonym von teutonicus
'Teutonisch'.' Um 1000 trifft man schon im deutschen Text die Bezeichnung diu diutisca zunga und
um l 100 auch die Bezeichnungen diutiskiu liute und diutiskiu lant, woraus im 15.—16. Jh. die
Zusammensetzung Teulschland, Deutschland entsteht.
Das Althochdeutsche ist eine eigenständige Epoche der deutschen Sprachgeschichte, die von etwa
750 bis etwa 1050 datiert wird. Der Beginn dieser Zeitspanne wird mit den ersten schriftlichen
Überlieferungen in Form von Inschriften (6./7. Jahrhundert) und Handschriften (seit dem 8.
Jahrhundert) angesetzt.
Das Althochdeutsche wird untergliedert in die Zeitabschnitte
Das deutsche Schrifttum diente in erster Linie den Bedürfnissen der christlichen Missionierung und
des Lateinunterrichts [vom lat. missio = schicken - die Missionierung ist eine Tätigkeit, die die
Verbreitung einer Religion, hier des Christentums dient ].
Glossen — Einzelne deutsche Wörter über den lateinischen Text oder am Rand geschrieben. Das
älteste deutsche Schriftdenkmal ist die Übersetzung eines lateinischen Wörterbuchs um 770 im
bairischen Kloster Freising, der Abrogans nach dem ersten Wort benannt. Es ist alemannisch
verfaßt.
Die Hauptdenkmäler des Alemannischen sind: die "Benediktiner Regel " (Anfang des 9. Jh.) , das
"Georgslied " (10. Jh.), die Werke von Notker (10. -11.Jh.).
Als Hauptdenkmal des Bairischen seien genannt : "Muspilli "(9 Jh.), "Merigato " (Ende des
11.Jh.).
Das Ostfränkische ist in erster Linie durch den "Tatian " vertreten (die erste Hälfte des 9. Jh.)
Das Rheinfränkische hat den "Isidor " (8.Jh.) und das Evangelienbuch von Otfrid (9 Jh.) als
wichtigste Denkmäler.
"Tatian " ist die Übersetzung (aus dem Lateinischen in das Osrfränkische) der
"Evangelienharmonie" (Bibeltext) des christlichen Schriftstellers Tatian aus Syrien (II.Jh.). Diese
Übersetzung wurde in Fulda um 830 von sechs unbekanten Mönchen angefertigt. Das ist eines der
bedeutenden ahd. Sprachdenkmäler. Die Übersetzung ist stark vom Latein beeinflußt.
"Isidor " ist die Übersetzung des theologischen Traktats des spanischen Erzbischofs von Sevilla
Isidor (560 - 636)." Über den katholischen Glauben ". Die Übersetzung entstand Ende des 8. Jh. Der
Verfasser ist unbekannt.
"Muspilli "(ca. 830) ist eines der wichtigsten und poetisch wertvollsten Denkmäler der ahd.
Literatur. Es berichtet vom Weltende und vom Jüngsten Tag. Das als Bruchstück (103 Verse)
erhaltene Poem ist im Stabreim (altgermanischer alliterirender Vers) gedichtet. Wurde im Kloster
Emmeran bei Regensburg enteckt.
„Otfried“ (südrheinfränkisch) ist eine selbständige Nachdichtung der Evangelien von gelehrtem
Mönch Otfried (um 865). Sein Werk hat sich unter den ahd. Sprachdenkmäler am besten erhalten.
Otfried ist der erste deutsche Dichter, dessen Name überliefert ist. Er hat als erster den Endreim in
die deutsche Dichtung eingeführt.
„Das Hildebrandslied“ (um 780) (eine Vermischung von ober- und niederdeutschen Elementen).
Das einzige überlieferte Denkmal der altgermanischen epischen Dichtung ist uns nur in einem
Fragment überliefert. Dieses einzige epische Denkmal entstand vermutlich im 7 Jh. und wurde fast
zwei Jahrhunderte später im Kloster Fulda aufgezeichnet. Es berichtet über den Kampf des Vaters
Hildebrand und seines Sohns Hadubrand, der den Vater nicht erkennt und ihn für einen lustigen
Hunnen hält. Das Ende des Streites ist nicht überliefert. Das Gedicht ist in alliterierendem Vers
gedichtet.
„Notker“ (alemannisch). Notker Labeo (10.-11), auch der Deutsche genannt, war der Mönch und
Klosterlehrer in St. Gallen. Er übersetzte für Unterrichtszwecke viele lehrhafte Texte und zahlreiche
Psalmen ins Deutsche. Von besonderem Wert sind seine Übersetztungen philosophischen Schriften
u.a. «Vom Trost der Philosophie» von Boethius und zwei Abhandlungen von Aristoteles. Notker
schuf eine große Anzahl philosophischer Termini.
„Ludwigslied“ (rheinfränkisch). Ein Lobgedicht eines unbekannten Dichters auf den Sieg Ludwig
des Deutschen über die Normannen. Obgleich das Lied ein weltliches Thema schildert, hat es doch
einen ausgeprägt religiösen Charakter, weil der Dichter im Sieger einen Gottesstreicher erblickt. Das
Gedicht ist in einer Handschrift des 9. Jhs. überliefert.
„Straßburger Eide“ (rheinfränkisch) stellt den feierlichen Schwur dar, den die Enkel Karl des
Großen — Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle — ablegten, als sie 842 zu Straßburg einen
Bundesvertrag gegen ihren älteren Bruder Lothar schlossen. Der erste Teil enthält den Eid, den die
Könige einander leisteten. Um beiden Heeren verständlich zu sein, legte ihn Karl in deutscher,
Ludwig in romanischen Sprache ab.
„Merigarto“ (bairisch) ist ein Bruchstück aus einer gereimter Weltbeschrei-bung, das in einer
Handschrift der 11./12. Jh. überliefert ist.
Kurze Vokale: a, ë, e, i, o, u :
a ahto 'acht', tag 'Tag';
ë (=germ. e) erda 'Erde', berg 'Berg';
e (umgelautetes a) alt - Komp. eltiro 'älter', gast - Pl.
gesti 'Gäste';
i ih 'ich', bintan 'binden';
o ofto 'oft', honag 'Honig';
u unsêr 'unser', turi 'Tür'.
In den althochdeutschen Handschriften werden die beiden e - Laute meistens nicht unterschieden, vgl. erda (e)
und gesti(e); doch ist anzunehmen, dass das e geschlossener gesprochen wurde als das ë, so dass man sie als zwei
verschiedene Phoneme betrachten soll. Neben der Schreibung e sind für beide Phoneme auch die Schreibung ae
anzutreffen, z.B. aerdha 'Erde', aerbio 'Erbe'.
Lange Vokale: â, ê, î, ô, û :
â âno 'ohne', slâfan 'schlafen';
ê êra 'Ehre', sêo 'See';
î îs 'Eis', mîn 'mein';
ô ôra 'Ohr', hôh 'hoch';
û ûf 'auf', tûba 'Taube'.
Die Länge der Vokalphoneme wurde manchmal durch Verdoppelung, z.B. gitaan 'getan', leeran 'lehren', durch
den Zirkumflex oder den Akut, z.B. gitân, lerân; gitán, lerán wiedergegeben. Meist werden sie aber in den
althochdeutschen Handschriften überhaupt nicht angegeben.
2. im Anlaut:
Konsonant/Konsonantendehnung + p, t, k → pf, z, kch
as. tunga → ahd. zunga 'Zunge';
as. appul → ahd. apful 'Apfel';
as. pund → ahd. pfunt 'Pfund';
as. korn → ahd. (bair.) (K)chorn 'Korn'.
p, t, k bleiben unverschoben:
-in den Verbindungen sp, st, sk:
z.B ahd. spil 'Spiel', fisk 'Fisch', stein 'Stein'
- in den Verbindungen ht, ft, tr.
z. B, naht 'Nacht', kraft 'Kraft', tretan 'treten';
nach n in wintar 'Winter'
3) b, d, g →p, t, k
as. drinkan → ahd. trinkan 'trinken';
as. burg, fr. burg → bair. pure 'Burg';
as. geban, frk. geban → bair. kepan 'geben'.
t→z
d. zehn — e. ten, nl, tien, schw. tio;
d. Herz — e. heart, nl. hart, schw. hjärta;
p → pf
d. Pfeife — e. pipe, nl. pijp, schw. pipa;
d. Apfel— e. apple, nl. appel, schw. äpple.
t→z
d. zehn — e. ten, nl, tien, schw. tio;
d. Herz — e. heart, nl. hart, schw. hjärta;
13. Althochdeutsche Monophthongierung und Diphthongierung.
Althochdeutsche Monophthongierung und Diphthongierung
Bei der Monophthongierung und der Diphthongierung handelt es sich ebenfalls
um qualitative Veränderungen der Stammsilbenvokale.
Bei der Monophthongierung handelt es sich ebenfalls um qualitative Veränderungen der Stammsilbenvokale.
sonst ai → ei
got. maiza → ahd. mêro 'mehr'
Germ. ô → ahd. uo
got. fôtus → ahd. fuoz (Fuß)
got. brôþar → ahd. bruoder (Bruder)
ide. *bhend- ahd. hintan 'binden' äs. wika → ahd. wehha ' Woche'
lat. ventus → ahd. wint 'Wind' lat. bicarium → ahd. behhâri 'Becher'
erda – irdisk 'Erde, irdisch' ide. *jugom → ahd. joch 'Joch'
ide. *sedhus → ahd. situ 'Sitte' ide. teuta → ahd. deot (Volk)
lat. securus → ahd. sichûr 'sicher'
Sg. N. A. — -a —
G. -es
D. -e -a (-u, -o) -i
I. -u (-o) -u -i
— —
– ein enger Zusammenhang zwischen den Wortbildungsmodellen der Substantive und
ihrem grammatischen Geschlecht (was auch in der deutschen Gegenwartssprache der
Fall ist).
1. die Abstrakta auf -î (nhd. -e) – Feminina, z. B. hôhî 'Höhe', reinî 'Reinheit', tiufî
'Tiefe';
2. die nomina agentis auf -âri (nhd. -er) – Maskulina, z. B. fiscâri 'Fischer', lerâri
'Lehrer', helfâri 'Helfer' u. a.;
3. die Sammelnamen mit dem Präfix gi- (nhd. ge-) waren alle ja-Stämme – Neutra, z.
B. gibirgi 'Gebirge', gifideri 'Gefieder' u. a.
Das grammatische Geschlecht des Substantivs war auch deutlich an der Form der mit
ihm kongruierenden Attribute und am werdenden Artikel zu erkennen, z. B. ther
mahtigo kuning 'der mächtige König',
haz himilisca horn 'das himmlische Hörn', theser thîn bruoder 'dieser dein Bruder'.
Der bestimmte Artikel entwickelte sich im Deutschen aus dem Demonstrativpronomen der; der
unbestimmte Artikel aus dem Numerale ein.
1) wenn es sich um Gegenstände oder Personen handelt, die schon früher genannt wurden, z. B.: Sum man
habêta zuuône suni. Quad thô der iungôro fön then themo fater ... 'Ein Mann hatte zwei Söhne. Da
sagte der Jüngere von ihnen dem Vater...'
2) wenn bei der ersten Nennung des Gegenstandes oder der Person seine Kennzeichen angegeben werden,
z. B.: Sliumo bringet thaz êrira ginuuâti. 'Bringt schneller das beste Gewand.'
3) wenn der Gegenstand durch den Textzusammenhang und die Situation bestimmt wird, z. B.:
Uuas sîn sun altero in achre, inti mittiu thô quam inti nâlîchôta themo hûse, gihôrta gistimmi sang inti chor.
'Sein älterer Sohn war auf dem Felde, und als er heimkehrte und sich dem Haus näherte, hörte er Gesang
und Jubel.'
Ohne Artikel:
1) Wenn es sich um einen unbekannten, unbestimmten Gegenstand oder eine unbekannte Person handelt,
z. B.: Furfarenli gisah man blintan. 'Im Vorbeigehen sah er (einen) blinden Mann.'
Der bestimmte Artikel ist im AHD erst im Werden. Er wird nur mit konkreten Substantiven gebraucht, um
einen einzelnen bestimmten Gegenstand zu kennzeichnen.
2) Die Abstrakta haben in dieser Periode der Sprachentwicklung noch keinen Artikel,
5) beim generalisierenden Gebrauch des Substantivs, fehlt meist noch der Artikel, z. B.:
Dass der Artikel noch keine entwickelte grammatische Kategorie ist, geht daraus hervor, dass es keine
regelmäßige Opposition des bestimmten Artikels dem unbestimmten gibt.
21. Die Deklination der ahd. Substantive. Der Gebrauch der Kasus.
Die Kategorie des Kasus.
Das Kasussystem und die Bedeutung der einzelnen Kasus im Althochdeutschen und in der
deutschen Gegenwartssprache haben viel Gemeinsames. Jedoch weist das Althochdeutsche auch
Besonderheiten auf. Sie bestehen in folgendem:
a) einige Deklinationstypen besitzen noch den Instrumentalis, der im Verlaufe des
althochdeutschen Zeitalters allmählich schwindet;
b) die Gebrauchssphäre des Genitivs ist viel größer als in der Gegenwartssprache;
c) größer als in der Gegenwartssprache ist auch die Gebrauchssphäre der präpositionslosen obliquen
Kasus in adverbialer Funktion.
Der Nominativ ist der Kasus des Subjekts, des Prädikativs und der Anrede. z. B. Thîn bruoder
quam. 'Dein Bruder ist gekommen.'
In jugundi ward sie wituwa. '(Noch) in der Jugend wurde sie Witwe.' Hluduîg, kuning mîn, hilph
mînan liutin! 'Ludwig, mein König, hilf meinen Leuten!'
Der Genitiv wird im Althochdeutschen nicht nur als Kasus des Attributs in Verbindung mit einem
anderen Substantiv gebraucht, sondern häufig auch als abhängiger Kasus in Verbindung mit den
Verben, Adjektiven, Numeralien, Pronomen, Adverbien verwendet.
Gebräuchlich ist auch der absolute Genitiv in adverbialer Funktion.
1. Der Gegenwartssprache am nächsten steht der Gebrauch des Genitivs als Kasus des Attributs in
Verbindung mit einem Substantiv, z. B.: Hiltibrantes sunu 'der Sohn Hildebrands', Frankôno lant
'das Land der Franken', himiles fugala 'des Himmels Vögel' u. a.
2. Sehr verbreitet ist der Gebrauch des Genitivus partitivus:
a) in Verbindung mit Substantiven, die die Menge, das Maß bezeichnen, z. B.: ein hûfo steino
'ein Haufen von Steinen', lîdes zwei tnez 'zwei Maß Obstwein', manno mihil menigî 'eine große
Menge (Schar) von Menschen';
b) in Verbindung mit Numeralien, z. B.: ein sînero iungiro 'einer von 'seinen Jüngern', sumaro
enti wintro sehszug 'sechzig Sommer und Winter';
c) in Verbindung mit Pronomen, z. B.: andero thioto sum 'irgendein anderes Volk', giwelîh
manno 'jeder von den Menschen', nioman thero friunto 'keiner von den Freunden';
d) in Verbindung mit Adverbien, die Zahl, Maß, Quantität ausdrücken, z. B.: alles guates ginuog
'genug von allem Guten';
e) in Verbindung mit Adjektiven im Superlativ, z. B.: herio meista 'das größte der Heere";
3. Viel häufiger als in der Gegenwartssprache wird das Genitivobjekt nach Verben gebraucht:
a) sehr gebräuchlich ist der Genitivus partitivus nach Verben (vgl. укр. випити води, купити
хліба). Er steht nach den Verben ezzan 'essen', trinkan 'trinken', imbîzan 'zu sich nehmen', geban
'geben', bringan, giholôn 'bringen', scenken 'einschenken', z. B.:
thes wazzares giholôn 'Wasser holen', thero fisko bringan 'Fische bringen', lîdes scenken 'Obstwein
einschenken', hewes lebên '(von Heu leben) Heu essen'. Nach den Verben sîn, wesan 'sein': ih bin
thesses thiotes 'ich bin aus diesem Volk', hwelîches cnuosles du sîs 'aus welchem Geschlecht du
seist';
b) der Genitivus partitivus wird auch in Verbindung mit der Negation gebraucht (vgl. укр. немає
води,не маю часу), z. B.: tû ni habes gescirres 'du hast kein Geschirr', thâr nist miotôno wiht 'es
gibt dort keinen Lohn';
c) außerdem regieren im Althochdeutschen viele Verben den Genitiv, z. B.: gerôn 'etw.
begehren', folgên 'folgen', âhten 'verfolgen', râmên 'streben', , tharbên 'etw. entbehren', bittan
(Akk. und Gen.) 'um etw. bitten', lôsen (Akk. und Gen.) 'von etw. befreien', reinen (Akk. und
Gen.)'reinigen', u. a. z. B.: âhten thero fîanto 'Feinde verfolgen', folgen râtes 'dem Rat folgen', bittan
brôtes 'um Brot bitten";
4. Viele Adjektive regieren auch das Genitivobjekt: wirdig 'würdig', sculdig 'schuld', gelîh
'ähnlich', fol 'voll', mahtîg, unmahtîg '(un)fähig', gero 'begehrend', giwis 'gewiß', frô 'froh',
scamec 'beschämt';
z. B.: wirdig tôdes 'würdig des Todes', fol wîsduomes 'voll Weisheit', unmahtîg des ubiles
'nicht fähig zu einer Übeltat'.
Der Dativ wird als Kasus des Objekts und des Adverbiales gebraucht:
1. Am häufigsten wird der Dativ als Kasus des Objekts gebraucht:
a) in Verbindung mit Verben, z. B.: quid mînemo bruoder 'sag meinem Bruder', hilph mînan liutin
'hilf meinen Leuten';
b) in Verbindung mit Adjektiven, z. B.: wis mir milti 'sei mir gnädig'; auch mit den Adjektiven
näh 'nah', hold 'hold', liub 'lieb', kund 'bekannt', gilîh 'ähnlich' u. a.
Der Akkusativ ist der Kasus des Objekts und des Adverbiales.
1. Es ist der Kasus des direkten Objekts, z. B.: huob her gundfanon ûf 'hob er die Kriegsfahne',
want her dô ar arme wuntane bauga 'streifte er von der Hand gewundene Ringe' u. a.
Viele Verben verlangen neben dem Akkusativobjekt ein zweites Objekt im Dativ oder im Genitiv, z.
B.: geban 'geben' (Akk. und Dativ): gib mir teil dero hehti 'gib mir (meinen) Teil, des Vermögens';
Einige Verben verlangen den sog. doppelten Akkusativ, z. B.: forhta imo uuizzenti inan rehtan man
inti heilagan. 'Er fürchtete ihn, da er ihn (als) einen gerechten und heiligen Menschen kannte.'
2. Der Akkusativ der Person wird auch in Verbindung mit einigen unpersönlichen Verben
gebraucht, z. B.: mih durstit 'mich durstet es', mih hungirit 'mich hungert es' u. a.
3. Der absolute Akkusativ wird als Adverbiale gebraucht:
a) der lokale Akkusativ bezeichnet die Richtung, z. B.: gang thesan weg 'geh diesen Weg';
b) der temporale Akkusativ bezeichnet die Dauer, z. B.: Er fiar jâr thâr wâri. 'Er war dort vier
Jahre.'
22. Die Bereicherung des Wortschatzes in der ahd. Zeit. Wortbildung der
Substantive, Adjektive und Verben im AHD.
Geschichte
Neben den Wörtern des alltäglichen Verkehrs besaß das Althochdeutsche einen
reichen Schatz von Wörtern aus dem Bereich des Geisteslebens, der Dichtung. der
Viehzucht und des Ackerbaus, des Bau-, Rechts- und Heereswesens.
Den Grundstock des althochdeutschen Wortschatzes bildet das von den
westgermanischen Großstämmen aus der gemeingermanischen Zeit ererbte Wortgut.
In der althochdeut schen Zeit vollzieht sich die weitere Entwicklung und
Bereicherung des deutschen Wortschatzes im engen Zusammenhang mit der
Entwicklung des deutschen Schrifttums.
Die Übertragung theologischer und philosophischer Schriften ins Deutsche, die freie
Nachdichtung des Evangeliums und die weitere Entwicklung der dichterischen Kuns
erforderten nicht nur die Verwertung des gesamten vorhandenen Wortschatzes,
sondern auch die Schaffung neuer Ausdrucksmittel.
Hauptquelle bei der Bereicherung des Wortschatzes diente natürlich das bereits
vorhandene heimische Wortgut, das durch Ableitung, Zusammensetzung und
Bedeutungswandel den neuen Bedürfnissen angepasst wurde.
Entlehnungen
Ausder voralthochdeutschen Zeit stammt die erste bedeutende Schicht von lateini-
schen Entlehnungen, die den Verkehr westgermanischer Stamme mit den Römern m
den ersten Jahrhunderten u. Z. widerspiegeln. Es sind Benennungen neuer
Ackerbaugerate: lat. secula - ahd. sihhila ‘Sichel', lat. flageltum - ahd. flegil 'Flegel';
Wörter aus dem Bereich von Wein-, Garten- und Gemüsebau: lat. vinum - ahd. win
Wein', lat. vtnitor - ahd. wlnzurä ‘Winzer',
Aus dem Latein sind auch die Monatsbezeichnungen entlehnt Durch Lehnübersetzung
entstanden die Namen der Wochentage (die Siebentagewoche wurde von den
Germanen im 3.-5. Jh. unter griechischem und römischem Einfluss eingeführt): lat
Martium - ahd. marzeo, merzo ‘März’.
Unmittelbare Entlehnung von Wörtern findet auch in dieser Epoche statt Die neue
Schicht lateinischer Wörter kommt durch Vermittlung der Kirche und Klosterschulen
in die deutsche Sprache. Es sind entsprechende Wörter aus dem Bereich des Kirchen-
und des Schulwesens. Aus dem Bereich des Kirchenlebens stammen die Wörter lat.
claustnim - ahd klöstur Kloster’, lat. templum - ahd. lenipul 'Tempel', lat.
monastenum - ahd. munistri ‘Münster', lat. momchus - ahd. munih ‘Mönch’, lat.
nonna - ahd. numui ‘Nonne’, lat. abltas, abbatem - ahd. abbat ‘Abt’, lat. perrgrtnus -
ahd. piligrim 'Pilger', lat. crucem - ahd. krüzi ‘Kreuz*, lat. presbyter—ahd. priestar
‘Priester’. Aus dem Bereich des Schulwesens stammen die Entlehnungen lat. scola
ahd. scuola 'Schule', lat. sertbere - ahd. scri- ban ‘schreiben’, lat. tincta - ahd. tincta
’Tinte*, lat. tabula - ahd. nnala ‘Tafel*, lat. breve - ahd. briaf' Brief, lat. pergamenum
- ahd pergamin Pergament’
Die Besonderheiten der Bildung von Substantiven, Adjektiven, Verben
In der Wortbildung der Substantive spielen sowohl die Ableitung als auch die
Zusammensetzung eine große Rolle.
Suffigierung. Eines der wichtigsten Wortbildungsmittel ist die Ableitung der
Substantive mit Hilfe von Ableitungssuffixen:
a) von Verbalstammen: ahd. trag-an 'tragen' - treg-il ‘Träger’; ahd. säen ‘säen' - .w-t
'Saat'
b) von den Stämmen der Adjektive: ahd. höh ‘hoch' - höh-i 'Hohe': rein 'rein' - rem-
ida 'Reinheit': ahd. ann ‘arm' -arm-ing 'Armer';
c) von den Stämmen der Substantive: ahd kunni ‘Geschlecht’ - kun-ing König'; ahd.
friunt ‘Freund - friunt- m ’Freundin'.
Eine beträchtliche Anzahl von Suffixen sind aus dem Urgcrmanischen ererbt: -ing
(kun-ing, arm-ing), -in (friunt-in), -t(sä-i), -f (höh-i), -ida (rrin- idä), -niss, -nass, -nuss
(ein-nissi) u. a.
Konversion. Aus dem Urgermanischen übernahm das Althochdeutsche auch einen
anderen Wortbildungstyp. Ein neues Substantiv konnte von einem Verbalstamm,
einem adjektivischen oder substantivischen Stamm dadurch gebildet werden, dass es
ein stammbildendcs Suffix der Substantive bekam (vgl. S. 43 f.) und in die
entsprechende Deklinatiunsklusse eingereiht wurde. So ist got. skula ‘Schuldner’ vom
Verbalstamm skul• (skulan ‘schul den’) mit dem stammbildenden Suffix der
Substantive -n gebildet und wie ein n- Stamm dekliniert:
Der Lautwechsel ist im Althochdeutschen kein selbständiges Wortbildungsmittel.
doch begleitet er oft andere Wortbildungsprozesse.
Sehr verbreitet ist der Ablaut bei der Wortbildung, da viele Substantive von den
Stammen starker Verben abgeleitet sind ahd. fliohan ‘fliehen’ - flucht ‘Flucht’; ahd.
scioytn ‘schießen’ - scu5 ‘Schuss’ u. a. m.
Auch der Konsonantenwechsel, der im Althochdeutschen vielen starken Verben eigen
ist, ist oft anzutreffen: ahd. snidan ‘schneiden’ - snit ‘Schnitt’; ahd. ziohan ‘ziehen’ -
zug ‘Zug*.
Der Umlaut und die Vokalharmonie sind bei der Wortbildung der Substantive
ebenfalls oft.
Präfigierung. Die Präfigierung spielt bei der Wortbildung der Substantive eine
geringere Rolle als die Suffigierung. Präfixe der Substantive sind vor allem: gi-: gi-
birgi ‘Gebirge’ zu berg ‘Berg’;Zusammensetzung. Ein beliebtes Wortbildungsmittel
ist in allen altgermanischen Sprachen auch die Zusammensetzung.
Besonders verbreitet sind die Bestimmungskomposita. z. B. erd-biba ‘Erdbeben’.
Das Althochdeutsche erbte vom Urgermanischen die Ableitungssuffixe der Adjektive
-ag (bluot-ag 'blutig'), -ig (kreft-ig ‘kräftig’), -isc (liimil-i.se himmlisch’, ird-isc
‘irdisch’), -in (guld-in 'golden', isam-in ’eisern’).Von den Präfixen der Adjektive ist
vor allem un- zu nennen: kund ‘bekannt’ - un-kund ‘unbekannt’.
Die Zusammensetzung spielt in der Wortbildung der Adjektive eine geringere Rolle
als die Ableitung. Im Althochdeutschen überwiegen eigentliche Zusammensetzungen.
Als erste Komponenten erscheinen meistens:
a) substantivische Stämme, z. B.fart-muodi ‘müde von der Wanderung', got-forht
gottesfurchtig';
b) adjektivische Stämme, z. B. wit-müri ‘weitbekannt’, halbtöt ‘halbtot’.
23. Wortbildung der ahd. Substantive.
In der Wortbildung der Substantive spielen sowohl die Ableitung als auch die
Zusammensetzung eine große Rolle.
Suffigierung. Eines der wichtigsten Wortbildungsmittel ist die Ableitung der
Substantive mit Hilfe von Ableitungssuffixen:
a) von Verbalstammen: ahd. trag-an 'tragen' - treg-il ‘Träger’; ahd. säen ‘säen' - .w-t
'Saat'
b) von den Stämmen der Adjektive: ahd. höh ‘hoch' - höh-i 'Hohe': rein 'rein' - rem-
ida 'Reinheit': ahd. ann ‘arm' -arm-ing 'Armer';
c) von den Stämmen der Substantive: ahd kunni ‘Geschlecht’ - kun-ing König'; ahd.
friunt ‘Freund - friunt- m ’Freundin'.
Eine beträchtliche Anzahl von Suffixen sind aus dem Urgcrmanischen ererbt: -ing
(kun-ing, arm-ing), -in (friunt-in), -t(sä-i), -f (höh-i), -ida (rrin- idä), -niss, -nass, -nuss
(ein-nissi) u. a.
Konversion. Aus dem Urgermanischen übernahm das Althochdeutsche auch einen
anderen Wortbildungstyp. Ein neues Substantiv konnte von einem Verbalstamm,
einem adjektivischen oder substantivischen Stamm dadurch gebildet werden, dass es
ein stammbildendcs Suffix der Substantive bekam (vgl. S. 43 f.) und in die
entsprechende Deklinatiunsklusse eingereiht wurde. So ist got. skula ‘Schuldner’ vom
Verbalstamm skul• (skulan ‘schul den’) mit dem stammbildenden Suffix der
Substantive -n gebildet und wie ein n- Stamm dekliniert:
2. Modell:
Wurzelmorphem + t (Suffix des Präteritums) + Flexion (Personalendung)
1. -a - um
2. - ôs (t) - ut
3. -a - un
I II
III IV
Wurzelmorphem+stammbildendes
+t + Flexion
Suffix (Personalendung
(Suffix des Präteritums)
Präteritum
Singular Plural
1. teta tâtum (-un)
2. tâti tâtut
3. teta tâtun
Partizip II gitan
Präterito-Präsentien
In dieser Gruppe von Verben wird die präsentische Bedeutung durch die starke präteritale Form
ausgedrückt. Für die neue Präteritform wird das Suffix -t- nach dem Vorbild der schwachen Verben
angewendet, dabei aber der Stammvokal des alten Präteritums Plural beibehalten. Auf solche Weise
entstand eine Mischform zwischen den starken und den schwachen Verben. Von den 11 im Ahd.
belegten Präterito-Präsentien fuhren wir nur die wichtigsten an.
Präterito-Präsentien
Infinitiv Präsens Präterit
wizzan «wissen» weiz/wizzum wista/westa
durfan «dürfen» darf/durfum dorfta
kunnan «können» kan/kannum konda
scal/sculum
sculan «sollen» scolta
mag/mugum
mugan «mögen» muoz/muozum mohta
muozzan «müssen» muoza > muosta
wollen
Präsens Indikativ
1. willu wellemes
2 wili wellet
3. will wellent
2. Modell:
Wurzelmorphem + t (Suffix des Präteritums) + Flexion (Personalendung)
1. -a - um
2. - ôs (t) - ut
3. -a - un
I II
Wurzelmorphem+stammbildendes III
Suffix + Flexion (Personalendung)
II Klasse III Klasse
offanôn “öffnen” folgên 'folgen':
Präsens Präsens
Singular Plural Singular Plural
1. offan-ô-m offan-ô-mês 1. folg-ê-m folg-ê-mês
2. offan-ô-s(t) offan-ô-t 2 folg-ê-s(t) folg-ê-t
3. offan-ô-t offan-ô-nt 3. folg-ê-t folg-ê-nt
I II
Wurzelmorphem+stammbildendes III IV
Suffix +t + Flexion
(Personalendung)
(Suffix des Präteritums)
I II
Wurzelmorphem Suffix des Präsens
(Themavokal)
Person Sg Pl
1. -u - mês
2. -s(t) - et
3. -t - nt
bintan “binden” faran 'fahren': a>e geban 'geben': e>i biogan 'biegen' io>iu
Präsens Präsens Präsens Präsens
Singular Plural Singular Singular Plural Singular Plural
Plural
1. bint-u bint-a-mês 1. gib-u geb-a- biug-u biog-a-
1. far-u far-a- mes mês
2. bint-i-s(t) bint-et
mês
2. gib-i-s(t) geb-et biug-i-s(t) biog-
3. bint-i-t bint-a-nt
2. fer-i-s(t) far-et et
3. gib-i-t geb-a-
3. fer-i-t far-a- nt biug-i-t biog-
nt a-nt
1. - -um
2. -i -ut
3. - -un
Verb bintan 'binden':
Singular Plural
1. bant- 1. bunt-um
2. bunt-i 2. bunt-ut
3. bant - 3. bunt-un
Grundformen
der AHD starken Verben
I II III IV
Der Infinitiv 1. und 3. P. Sg. 1. P. PL Präteritum das Partizip II
helf-an Präteritum lndikativ Indikativ
biog-an gi-holf-an
half- hulf-um gi-bog-an
buog- bug-um
Die mittelhochdeutsche Periode umfasst den Zeitraum von 1050 bis etwa 1350.
Wir gebrauchen hier die herkömmliche Bezeichnung Mittelhochdeutsch wegen ihrer
Verbreitung in der Fachliteratur; es ist aber zu betonen, dass sie das Objekt der auf
dieses Zeitalter bezüglichen Sprachforschung nur unvollständig erfasst, da uns in
dieser Zeit das Mittelhochdeutsche, Mittelniederdeutsche und Mittelniederländische
in ihrer gleichzeitigen Entwicklung und Wechselwirkung entgegentreten.
Kennzeichen der neuen Epoche deutscher Sprachgeschichte sind:
1.Beträchtliche Wandlungen im Sprachkörper, die die vorausgehenden Jahrhunderte
vorbereitet haben.
2. Wandlungen im Geltungsbereich und in den Existenzformen der deutschen
Sprache.
Die wichtigsten Neuerungen im Sprachkörper betreffen das phonologische
System und den grammatischen Bau der deutschen Sprache, über die die Rede später
ist.
Die Anzeichen dieser Neuerungen im Sprachkörper machen sich schon seit
dem Ende des 10. Jhs. und besonders stark im 11. Jh. bemerkbar, so dass das gesamte
11. Jh. einigermaßen als Übergangszeit betrachtet werden kann. So tritt die
Abschwächung der Vokalphoneme in unbetonter Stellung, die zum wichtigsten
phonologischen Merkmal des Mittelhochdeutschen wird, schon seit Ende des 10. Jhs.
auf. Hand in Hand mit ihr geht die Vereinfachung der Wortstruktur und der Flexion.
Auch die Entwicklung der analytischen Formen des Verbs und des Artikels
intensivieren sich bereits seit Ende des 10. Jhs.
Entscheidende Bedeutung für die zeitliche Abgrenzung des
Mittelhochdeutschen haben die Wandlungen in den Existenzformen der deutschen
Sprache: es geht in dieser Zeit eine ununterbrochene Erweiterung der deutschen
Sprache als Schriftsprache und die Vermehrung ihrer funktionalen Gattungen vor
sich. Obwohl die Lokalmundarten auch in diesem Zeitalter die beherrschende
Existenzform der deutschen Sprache bleiben, machen sich die Integrationsprozesse
bemerkbar, d. h. die Prozesse der sprachlichen Vereinheitlichung, der gegenseitigen
Beeinflussung und Annäherung der Großdialekte; neben den Lokalmundarten als
alleinige Sprachform des Althochdeutschen entwickelt sich um 1250 zum ersten Mal
eine Literatursprache, die die primären Merkmale der Lokalmundarten abstreift und
sich somit über die engen Rahmen der Lokalmundarten hinwegsetzt (das sog.
klassische Mittelhochdeutsch).
Kurze Vokale: a, ё, e, ä, i, o, ö, u, ü;
2. lange Vokale:
æ – Umlaut des â:
mhd. mære 'Erzählung', 'Sage' < ahd. mâri, nhd. Mâr, Märchen;
mhd. kæse 'Käse' < ahd. châsi, câse;
œ – Umlaut des ȏ:
mhd. schœne 'schön' < ahd. skȏni;
mhd. hœhe 'Höhe' < ahd. hȏhȋ;
3. Diphthonge:
öu, eu – Umlaut des Diphthongs ou:
mhd. tröumen 'träumen' < ahd. träumen < troumjan zu troum 'Traum'),
vröude 'Freude' < ahd. frawida, frewida, frowida);
üe – Umlaut des Diphthongs uo:
mhd. güete 'Güte' < ahd. guotȋ,
mhd. süeze 'süß' < ahd. s
Die Weiterentwicklung der Kategorie der Bestimmtheit und Unbestimmtheit (der Artikel).
Ez wuohs in Bürgenden ein viel edel rnagedȋn ... si wart ein schœne wȋp. 'Es wuchs in Burgunden eine edle
Jungfrau auf ... sie wurde zu einer schönen Frau."
In disen hȏhen êren träumte Kriemhilde wie si züge einen walken. 'Kriemhild sah im Traum, dass sie einen
Falken aufgezogen hatte.'
Auf diese Weise entsteht seit Beginn der mittelhochdeutschen Zeit die Opposition zwischen dem
bestimmten und dem unbestimmten Artikel, und der Gebrauch beider Formen des Artikels wird
regelmäßig.
– der Genitivus partitivus nach Substantiven und Verben: ein stücke 'brȏtes 'ein Stück Brot';
– der Genitiv auch bei der Negation: hâstu niht gotelȋcher kraft 'du besitzest keine göttliche Kraft'.
– der Genitiv als Objekt in Verbindung mit Verben,: er vorhte sȋner manne 'er fürchtete sich vor seinen
Leuten'; der bischof wartete der drȋer kunige 'der Bischof wartete auf die drei Könige' u. a.
– der Genitiv als Prädikativ: du muost des tȏdes wesen 'du musst des Todes sein', ir sȋt hȏher mære 'ihr seid
von hohem Ruf.'
Genitiv: brȏtes leben 'von Brot leben', des næhsten morgens 'am nächsten Morgen', der selben wȋle 'in
dieser Weile';
Akkusativ: swelchen ende ich kêre 'nach welcher Richtung ich gehe';
41. Formenbildung der Substantive im MHD und das Werden des heutigen Deklinationssystems.
In der mittelhochdeutschen Zeit herrscht dieselbe Tendenz zur Angleichung und Unifizierung der
einzelnen Deklinationstypen der Substantive, die bereits das althochdeutsche Deklinationssystem aufwies.
In Verbindung mit der Abschwächung послаблення der unbetonten Vokale zu e [ə] vereinfacht
sich die Kasusflexion der Substantive. Sie wird zu Beginn der mittelhochdeutschen Periode auf vier
Endungen reduziert, die in allen Kasusformen und in allen Deklinationstypen in verschiedenen
Kombinationen vorkommen. Das sind: -e, -es, -en, -er (vgl. ahd. tagâ,-a> mhd. tage, ahd. gesti > mhd.
geste).
Zweisilbige Flexionsmorpheme werden einsilbig (vgl. ahd. zungȏno > mhd. zungen, ahd. lembiro >
mhd. lember).
Bei der Angleichung der einzelnen Deklinationstypen, die durch die Vereinfachung der Flexion
gefördert wird, erfolgt die Umgruppierung der Deklinationstypen nach dem grammatischen Geschlecht
der Substantive.
So entwickelt sich bei den Maskulina und Neutra bereits zu Beginn der mittelhochdeutschen Periode
eine im Wesentlichen einheitliche Deklination aller ehemaligen vokalischen Stämme. In ihr treten bereits
deutlich die Kennzeichen der heutigen starken Deklination hervor. Den Gegensatz bildet die Deklination
der ehemaligen n-Stämme — die schwache Deklination, die im Mittelhochdeutschen ebenso wie im
Althochdeutschen Maskulina, Feminina und Neutra umfasst.
Maskulina
a-Stämme ja-Stämme wa-Stämme i-Stämme n-Stämme
Sg. N. tag hirse snê gast name
G. tages hirses snêwes gastes namen
D. tage hirse snêwe gaste namen
A. tag hirse snê gast namen
Neutra
a-Stämme ja-Stämme wa-Stämme ir-Stämme n-Stämme
Sg. N. wort künne knie lamp herze
G.wortes künnes kniewes lambes herzen
D. wort künne kniewe lambe herzen
A. wort künne knie lamp herze
Feminina
i -Stämme ȏ-Stämme n -Stämme
Sg. N. kraft zal gebe zunge
G. krefte, kraft zal gebe zungen
D. krefte, kraft zal gebe zungen
A. kraft zal gebe zungen
b) die Endung des N. Sg. der ehemaligen ja-Stämme wurde allmählich apokopiert, z. B.:
N. Sg. m. ahd. skȏni > mhd. schœne > nhd. schön;
N. Sg. m. ahd. snelli 'tapfer', 'schnell' > mhd.snelle >nhd.' schnell;
d) die Suffixe des Komparativs und des Superlativs bekamen die heutige Klangform: ahd. -ir, -or
> mhd. -er
ahd. -ist, -ȏst > mhd. -est
Der Umlaut, den die Suffixe ahd. -ir, -ist bewirkten, dehnte sich auf die meisten umlautsfähigen
einsilbigen Adjektive aus und wurde zum Kennzeichen
der Steigerungsformen, z. B.:
ahd. alt — eltiro — eltisto;
mhd. alt — elter — eltest;
nhd. alt — älter — ältest;
II. Ablautreihe
1. ahd. biogan — boug — bugum — gibogan
mhd. biegen — bouc — bugen — gebogen
2. ahd. giozan — gȏz — guzzum — gigozzan
mhd. giezen — gȏz — guzzen— gegozzen
III. Ablautreihe
1. ahd. helfan — half — hulfum — giholfan
mhd. helfen — half — hulfen —geholfen
2. ahd. bintan — bant — buntum — gibuntan
mhd. binden — band — bunden — gebunden
IV. Ablautreihe
ahd. neman — nam — nâmum — ginoman
mhd. nemen — nam — nâmen — genomen
V. Ablautreihe
ahd. geban — gab — gâbum — gigeban
mhd. geben — gap — gâben — gegeben
VI. Ablautreihe
ahd. faran — fuor — fuorum — gifaran
mhd. faren — fuor — fuoren — gefaren
VII. Ablautreihe
1. ahd. heizten — hiaz — hiazzum — giheizzan
mhd. heizzen — hiez — hiezzen — geheizzen
2. ahd. loufan — liof — liofum — giloufan
mhd. loufen — lief — liefen — geloufen
45. Die Entwicklung der grammatischen Kategorien des mhd. Verbs. Die Kategorie der Zeit.
– Mit der Vereinfachung der Formenbildung des Verbs entwickelten sich im Mittelhochdeutschen und im
Frühneuhochdeutschen eine Reihe neuer grammatischer Formen des Verbs.
Zu Beginn der mittelhochdeutschen Zeit – vollkommen entwickelte Zeitformen. Nach ihrem Vorbild
entwickeln sich auch das Perfekt und das Plusquamperfekt des Passivs und des Konjunktivs.
Mit der Herausbildung neuer Zeitformen im MHD und FNHD – die Bereicherung des Sinngehaltes der
Kategorie der Zeit; ihre Ausdrucksmöglichkeiten wachsen:
b) neben der Kategorie der absoluten Zeit entsteht auch die Kategorie der relativen Zeit;
c) die teilweise Synonymie des Präsens mit dem Futurum, des Perfekts mit dem Präteritum schafft die
Voraussetzungen für die Entwicklung einer stilistischen Differenzierung beim Gebrauch der Zeitformen.
– Die Verbreitung der analytischen Zeitformen der Vergangenheit, die im AHD erst im Werden waren.
Die anfängliche perfektive und resultative Bedeutung des Perfekts und des Plusquamperfekts ist
auch im MHD noch vorhanden, tritt aber bereits sichtlich in den Hintergrund. Sie läst sich nur noch bei
Verben mit ausgesprochen terminativer Bedeutung verfolgen, wie kommen, fallen, geschehen
lr boten komen wâren in Guntheres lant. 'Ihre Boten waren in das Land Günters gekommen.'
Der stein der was gevallen wol zwelf klafter dan. 'Der Stein war zwölf Fuß weit gefallen.'
Die perfektive Bedeutung des Perfekts tritt uns auch in folgendem auf die Zukunft bezogenem Satz
entgegen:
Ich swuor dich eime recken: und wirdet er dȋn man, so hâstu mȋnen willen mit grȏzen triuwen getân. 'Ich
habe deine Hand einem Recken versprochen, und wird er dein Mann, so hast du meinen größten Wunsch
erfüllt.'
– in den Schriftdenkmälern des 12. — 13. Jhs. bereits die Hauptcharakterzüge des heutigen Zeitgebrauchs:
1. Das Perfekt und das Präteritum unterscheiden sich schon in erster Linie als Gesprächs- und Erzählform.
– Auf der Grundlage der anfänglichen perfektiven Bedeutung des Perfekts und des Plusquamperfekts
entwickelt sich der relative Gebrauch dieser Formen für den Ausdruck der Vorzeitigkeit.
Das Plusquamperfekt wird häufig zusammen mit dem Präteritum gebraucht und drückt die
Vorzeitigkeit in der Vergangenheit aus.
Das Perfekt erscheint oft zusammen mit dem Präsens und berichtet von dem vorausgegangenen
Geschehen.
Solcher Gebrauch zeigt, dass sich im Rahmen der Kategorie der Zeit eine neue grammatische
Bedeutung entwickelt — die Bedeutung der Vorzeitigkeit (d. h. der relativen Zeit) und dass das
Plusquamperfekt und zum Teil das Perfekt allmählich zu Spezialformen der Vorzeitigkeit werden.
46. Die Entwicklung der Kategorie der Modi im MHD.Die Entwicklung der Kategorie der Modi.
Im MHD und FNHD bereicherte sich auch das System der Zeitformen des Konjunktivs:
Im AHD – gleichzeitig mit dem Perfekt und dem Plusquamperfekt des Indikativs erscheinen die
entsprechenden Formen des Konjunktivs.
In den Schriftdenkmälern des 12.—13. Jhs. sind das Perfekt und das Plusquamperfekt des
Konjunktivs schon häufig; es sind gut entwickelte Verbalformen, z. B.:
a) das Perfekt:
Wer iuch habe her gesant, des enhân ich niht vernomen. 'Wer euch hierher geschickt habe, davon habe ich
nichts vernommen.'
b) das Plusquamperfekt:
Owê, wan hete ich diz, verswigen. 'O weh! Wenn ich das verschwiegen hätte.'
Die Entwicklung neuer analytischer Zeitformen des Konjunktivs führte zur Herausbildung einer
neuen differenzierten Gebrauchsnorm.
Im AHD hatte das Präsens des Konjunktivs seinen eigenen Anwendungsbereich, der Ausdruck der
optativischen und der imperativischen Modalität.
Zum Ausdruck anderer modaler Bedeutungen wurden das Präsens und das Präteritum des
Konjunktivs undifferenziert gebraucht. Es gab auch keinen zeitlichen Unterschied zwischen diesen Formen.
Die Entwicklung neuer analytischer Zeitformen des Konjunktivs führte zur Herausbildung einer
neuen differenzierten Gebrauchsnorm.
Die Entwicklung des Plusquamperfekts rief die zeitliche Differenzierung beim Gebrauch verschiedener
Formen des Konjunktivs hervor: das Plusquamperfekt des Konjunktivs wurde regelmäßig auf die
Vergangenheit bezogen,
– das Plusquamperfekt des Konjunktivs wurde zur Ausdrucksform der Nichtwirklichkeit in der
Vergangenheit,
das Präteritum des Konjunktivs dagegen zur Ausdrucksform der Nichtwirklichkeit in der Gegenwart und in
der Zukunft. Vgl.:
a) das Präteritum:
b) das Plusquamperfekt:
Im 16. Jh. nimmt die zeitliche Differenzierung zwischen Plusquamperfekt und Präteritum des Konjunktivs
regelmäßigen Charakter an:
– das Präsens des Konjunktivs wurde zum Ausdrucksmittel eines Wunsches oder einer Aufforderung, deren
Erfüllung als möglich betrachtet wird;
a) das Präsens:
) das Präteritum:
Gerne sliefe ich iemer dâ. 'Gern schliefe ich dort ewig.'
– Die Hauptsphäre des relativen Gebrauchs der Zeitformen des Konjunktivs ist im MHD ebenso wie in der
Gegenwartssprache die indirekte Rede.
a) Die Gleichzeitigkeit des Geschehens mit der Zeit der Aussage wird durch das Präsens oder durch das
Präteritum ausgedrückt, z. B.:
Sȋ jehent er lebe noch hiute. 'Sie sagen, er lebe auch jetzt noch.'
Man sagete mȋnem hêrren, Kriemhilt sȋ âne man. 'Man sagte meinem Herrn, Kriemhild habe keinen Mann.'
b) die Vorzeitigkeit des Geschehens gegenüber der Aussage wird durch das Perfekt oder das
Plusquamperfekt ausgedrückt, z. B.:
EZ giht mȋn neve Gâwein, daz er den sige verlorn habe. 'Mein Neffe Gawein sagt, er habe den Sieg
verscherzt.'
Sie vragent mich, waz ich habe gesehn. 'Sie fragen mich, was ich gesehen habe.'
Im AHD bezeichnete der Konjunktiv in der indirekten Rede den Zweifel, die Unsicherheit, die
Unwirklichkeit u. ä.
Unkund ist mir drâto, ob er sȋ ubilidâto. 'Es ist mir unbekannt, ob er der Übeltäter sei.'
Im MHD wird der Gebrauch des Konjunktivs in der indirekten Rede häufiger. Der Konjunktiv wird in
der indirekten Rede zum Ausdrucksmittel des Subjektiven, des Persönlichen, oft auch zum Prägemittel der
indirekten Rede als einer besonderen Art der Aussage. Es handelt sich oft in der durch den Konjunktiv
geprägten indirekten Aussage um ein wirkliches Geschehen:
Im Mittelhochdeutschen blieben viele Züge des althochdeutschen Satzbaus erhalten, und zugleich
verstärkten sich auch viele neue Entwicklungstendenzen.
1) In der ritterlichen Dichtung kann man dieselbe Freiheit in der Stellung der Attribute sehen.
Und noch häufiger als im Ahd. werden im mhd. auch flexionslose Formen des Adjektivs gebraucht.
“ein vil edet magedîn” “ein sehr edles Mädchen
Auch der Kasusgebrauch stimmt im wesentlichen mit dem ahd. Kasusgebrauch überein.
– der Genitivus partitivus nach Substantiven und Verben: ein stücke 'brȏtes 'ein Stück Brot'; wȋnes
ein becher 'ein Becher Wein'; sie hete noch des geldes 'sie hatte noch (etwas) Geld';
2) Die Stellung des Prädikats im einfachen und im komplexen Satz blieb, besonders in der ritterlichen
Dichtung, trotz verstärkter Tendenz zur Regelung noch immer verhältnismäßig ungebunden
Nur die Anfangsstellung des Prädikats im Aussagesatz war aus dem Gebrauch gekommen. Das Prädikat
konnte aber noch immer nicht nur die zweite Stelle, sondern auch die dritte und manchmal auch die
Schlußstellung einnehmen.
1) Es verstärkt sich die Tendenz zum zweigliedrigen Satzbau, die bereits das Ahd. kennzeichnete. Die
subjektlose Satzform, die im Ahd. noch vorkam, wurde jetzt Ausnahme. Sie ist nur noch im Briefstil
anzutreffen, dem sie auch in der deutschen Gegenwartssprache nicht fremd ist.
2) Auch die Tendenz zur unterschiedlichen Entwicklung der Wortstellung im einfachen und im komplexen
Satz kommt im Mhd. stärker zur Geltung.
Was die Wortstellung im einfachen Satz anbetrifft, so waren bereits im Ahd. Ansätze zur Differenzierung der
Wortstellung im einfachen Aussagesatz, einerseits, und im Frage- und Aufforderungssatz, andererseits,
vorhanden. Obwohl die Anfangsstellung des Prädikats im Aussagesatz im Ahd. ziemlich verbreitet war,
bestand noch in jener Zeit die Tendenz zur “gedeckten Anfangsstellung” mittels der Adverbien thô 'da' und
thâr 'dort' (z.B. Thô nam her skild indi sper “Da nahm er Schild und Lanze”).
Auf diese Weise wurde das Prädikat auch bei der Inversion des Subjekts auf die zweite Stelle verschoben,
und es wurden die Voraussetzungen geschaffen für die Spezialisierung der Anfangsstellung des Prädikats als
Prägemittel von Aufforderungs- und Fragesätzen ohne Fragewort.
Im komplexen Satz ist die Endstellung des Prädikats im Gliedsatz noch nicht allgemein, obwohl eine solche
Tendenz unverkennbar ist. Häufig steht das Prädikat in der Mitte des Satzes.
Das Mittelhochdeutsch der Zeit um 1200 ist eine überregionale Literatur - Kunstsprache, die
verhältnismäßig einheitlich ist
Zuerst möchte ich über die Gründe für die Bereicherung des Wortschatzes sprechen :
Ein Teil des alten Wortgutes verschwindet aus dem Gebrauch. Die veraltenden Wörter werden durch
jüngere verdrängt.
o ahd. fîra,= mhd. vîre ‘Feier’ und durch das mhd. vest ‚Fest ;
– Im Laufe des MHD. veralten und werden durch andere Wörter ersetzt:
Viele Wörter ändern ihre Bedeutung. Durch Ausstrahlung aus den einzelnen Sprachlandschaften verbreitet
eine Reihe von Wörtern aus dem Norden nach dem Süden und umgekehrt.
Dort sind Veraltende Wörter aus dem Bereich der altgermanischen epischen Dichtung.
Turniere und ritterliche Bewaffnung: turnei ‚Turnier‚ ( afr. Tornei)‚, ‘banier ‚Banner‚ turnieren ‚am
Turnier teilnehmen.
Höflichkeitsformeln: adê ‚adieu‚, lebe wohl‚ (afr. adieu), merzi ‚danke‚ (< afr. merci), granmerzi
‚vielen Dank
Die Entwicklung der Rechts- und Kanzleisprache ruft zum Beispiel folgende Wörter ins Leben.
brief ‚Dokument‚, juriste ‚Rechtsgelehrter‚ (< mlat. jurista), advocat, advocatus ‚Rechtsanwalf ‘
Die gelehrte Prosa verwendet solche Bezeichnungen der Wissenschaften und Künste wie:
hospitâl ‚Spital‚ (<mlat. hospitale), körper ‚Körper‚ (<mlat. corpus, corporis), apoteke ‚Apotheke‚,
baldriân ‚Baldrian‚.
Mystiker im 12.– 14. Jh.: Schilderung seelischer Erlebnisse, des unmittelbaren persönlichen Verkehrs des
inneren Ich mit der Gottheit => eine reiche Wortschöpfung.
Ihnen verdankt die deutsche Sprache die Wörter begreifen, Eigenschaft, Verständnis, Eindruck, Einfluß,
Einkehr, Zufall, einleuchten, einsehen, eigentlich, gelassen, bildlich, Einbildung, unaussprechlich. Neue
Wörter
Die mundartliche und landschaftliche Scheidung der Lexik spiegelt sich auch in den Schriftdenkmälern
wider. Kennzeichnend für den Süden sind zum Beispiel die Wörter samstag ‚Sonnabend‚, zistag
‚Donnerstag‚, lugen ‚schauen‚.
Das frühneuhochdeutsche Zeitalter (von 1350 bis um 1650) ist die Übergangszeit vom
mittelalterlichen Deutsch zum eigentlichen neuzeitlichen Deutsch.
Im Gegensatz zu den Territorialmundarten, auf deren Grundlage sich die gemeindeutsche nationale
Literatursprache entwickelt, ist sie eine übermundartliche Sprachform. Sie fällt mit keiner einzelnen
Mundart der deutschen Sprache zusammen, sondern ist allen Mundarten gegenüber eine höhere
Sprachform, die der gesamten Nation als Mittel der Verständigung dient.
Der gemeindeutsche Charakter der nationalen Literatursprache wird durch das Vorhandensein
einer übermundartlichen, einheitlichen, im Rahmen der Literatursprache verbindlichen phonetischen,
grammatischen, orthographischen und lexischen Sprachnorm gesichert. Diese Sprachnorm beruht auf der
bewussten Wahl einer bestimmten grammatischen oder orthographischen Variante, einer
Aussprachevariante, bestimmter Wörter und Wendungen und ihrer Bevorzugung gegenüber allen anderen
Varianten derselben Sprache.
Mit der Herausbildung der gemeindeutschen nationalen Literatursprache ändern sich von Grund
auf die Existenzbedingungen der Territorialmundarten. Sie verlieren ihre vorherrschende Stellung im
sprachlichen Verkehr. Sie werden der Literatursprache untergeordnet und erscheinen nunmehr gegenüber
der Literatursprache als eine untergeordnete, im Rückgang begriffene Sprachform.
Auch die Wandlungen im Sprachkörper stehen in dieser Zeit in engem Zusammenhang mit dem
Emporkommen der gemeindeutschen nationalen Literatursprache. Während in den vorausgehenden
Zeitaltern alle Wandlungen des Sprachkörpers in den Mundarten (als vorherrschende Sprachform) vor sich
gingen, wird nun die Literatursprache zum Mittelpunkt weiterer Sprachentwicklung.
Nationale Literatursprachen oder Nationalsprachen entwickelten sich zusammen mit den Nationen
in der Zeit des Frühkapitalismus.
Die frühneuhochdeutsche Periode ist die Anfangsstufe der Herausbildung der deutschen nationalen
Literatursprache. Diese Voraussetzungen und zugleich Hauptkennzeichen des frühneuhochdeutschen
Zeitalters sind: a) die Herausbildung der regionalen (landschaftlichen) übermundartlichen
Literatursprachen in verschiedenen Teilen des deutschsprachigen Sprachraums, die nicht nur die
schöngeistige Literatur wie das sog. „klassische Mittelhochdeutsch", sondern alle Gattungen des Schrifttums
erfassen;
b) das wachsende Streben nach einer gemeindeutschen Sprache als Widerspiegelung des
wachsenden Nationalgefühls und der Wettkampf zwischen den landschaftlichen Varianten der
Literatursprache für die gemeindeutsche Geltung.
50. Der deutsche Bauernkrieg und die Reformation. Die sprachliche Leistung
Luthers.
Luthers Rolle in der Entwicklungsgeschichte der deutschen Sprache ist nicht zu
unterschätzen. Zwar ist er nicht der Schöpfer des „Neuhochdeutschen“, wie
einst behauptet wurde. Er hat jedoch, ausgehend von der ostmitteldeutschen
Schreibtradition, sich bemüht, lebendig und für alle verständlich zu schreiben,
und hat durch seine Tätigkeit als Reformator seine Sprache zum Gemeingut
und zum Vorbild machen können. Luthers Übersetzung des Neuen Testaments
1522 hatte einen außerordentlichen Erfolg und wurde ins Niederländische,
Niederdeutsche, Dänische und 1524 ins Schwedische übersetzt. Das Alte
Testament erschien seit 1523 in fortlaufenden Teilen, und 1534 wurde in
Wittenberg die ganze Bibel herausgegeben.
Luther hatte eine seltene Sprachbegabung. Seine Sprache ist neu in dem Sinne,
dass sie verschiedene Traditionen und Tendenzen vereinigt. Einerseits schließt
er sich einer überlandschaftlichen Sprachform an und folgt, wie er selbst sagt,
der Sprache der sächsischen Kanzlei, so dass ihn sowohl Ober- als auch
Niederdeutsche verstehen können. Andererseits betrifft dies jedoch nur
Rechtschreibung, Lautstand, Formen und teilweise Wortwahl. Er übernimmt
aber nicht den vom Latein abhängigen Satzbau und die Wortbildung der
Kanzleisprache, sondern bemüht sich um einen klaren, versländlichen Stil.
Hierbei lernte er viel von der gesprochenen Volkssprache: den einfachen Stil,
den Gebrauch von einfühlenden Modalpartikeln (allein, ja. doch. denn, schon
usw.) und die Vorliebe für eine bildhafte Ausdrucksweise mit Metaphern,
Redensarten und Sprichwörtern, die man auch in der polemischen Literatur
jener Zeit wiederfindet
Luther legte selbst eine Sammlung von Sprichwörtern an, und manche seiner
Formulierungen sind auch zu Sprichwörtern geworden. (Der Geist ist willig,
aber das Fleisch ist schwach.) • Luthers Stil ist aber auch durchdacht: er
verwendete geschickt die Stilmittel der Rhetorik wie Hervorhebung durch
synonyme Ausdrücke, Steigerung, rhetorische Fragen usw. • Luthers
Wortschatz war außergewöhnlich groß. Von seinem umfassenden Studium her
kannte er u.a. die Rechtssprache und die Sprache der Mystiker, die ihn zu
vielen neuen Wortbildungen inspirierte: Feuereifer, friedfertig, gastfrei,
gottselig, Herzenslust, kleingläubig, lichterloh, Sündenangst.
Manche mitteldeutsche und niederdeutsche Wörter sind durch Luther in den
nhd. Wortschatz aufgenommen worden. Anfangs mussten im alemannischen
Raum noch Wortlisten zu seiner Bibelübersetzung herausgegeben werden, bald
aber wurden Luthers Wörter auch auf obd. Gebiet verstanden: - fett (Luther) –
feist (Oberdeutsch) freien – werben - heucheln- gleisen Hügel – Bühel - Lippe
– Lefze tauchen – tunken - Topf – Hafen Träne – Zäher.
Obwohl Luther keine sprachlichen Regeln aufstellte, hatte seine Sprache eine
normative Kraft. Seine Werke könnten mit einem heutigen Massenmedium
verglichen werden: Die Bibelübersetzung (1534 – 1547, wohl 100.000
Exemplare gedruckt), seine Kirchenlieder, der Katechismus und die Postille
(Auslegung von biblischen Texten) sind mehr als andere Bücher gelesen,
vorgelesen und auswendig gelernt worden, und ihre Sprache erlangte außerdem
durch den religiösen Inhalt eine besondere Geltung.
Schwache Deklination
Die Substantive dieser Deklination verloren ihre eigentliche Kasusendungen noch im
Ahd. Aber sie bewahren ihre stammbildendes Suffix –n. Es hatte zusammen mit dem
begleitenden Vokal die Funktion der Kasusflexion übernommen.
Zu dieser Deklination gehören Substantive des männlichen Geschlechts, die
Lebewesen bezeichneten.
z-B. ahd. knabo, mhd. knabe > Knabe
falcho valke > Falke
boto bote > Bote
(Die Feminina, die im Mhd. noch zur n-Deklination gehörten, gehen in die feminine
Deklination über.
Die Neutra ouge, or gehen aus der schwachen Deklination über, das herz weist die
Merkmale sowohl der schwachen als auch der starken Flexion auf.
Feminine Deklination.
Das ist der 2. Deklinationstyp der Substantive in der deutschen Gegenwartssprache.
Ihr Kennzeichen ist die Nullflexion in allen Kasus im Singular.
Aber im Fnhd. gab es noch ein paar Substantive, die nicht immer diese Nullflexion
hatten.
z.B. N. zunge aber wange
G. zungen wange
D. zungen wange
Ak. zunge wange
Diese Parallelformen existierten bis zum 18. Jh.
53. Pluralbildung der fnhd. Substantive.
Pluralbildung der Substantive
Im Ahd. und Mhd. bezeichnete eine Flexion des Substantivs sowohl den Kasus als
auch den Numerus.
z.B. ahd. Sg. PL:
N. tag tag-â
G. tag-es tag-o
D. tag-e tag-um
Ak. tag tag-â
I. tag-u
55. Die Entwicklung der grammatischen Kategorien des fnhd. Verbs. Die
Entwicklung des Futurums des Indikativs und Futurums des Konjunktivs und
Konditionalis.
Das frühneuhochdeutsche Verbalsystem
Die frühneuhochdeutschen Verben sind starke, schwache oder besondere Verben. Die
Verbalkategorien bleiben dieselben, es findet bloß eine Verlagerung auf analytische
(zusammengesetzte) Zeitformen statt (vgl. Ebert u.a., Frnhd. Gr. S. 229):
- Person: erste, zweite und dritte Person
- Numerus: Singular und Plural
- Tempus: Präsens, Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I, Futur II
- Modus: Indikativ, Konjunktiv, Imperativ
- Diathese: Aktiv und Passiv
- Infinite Formen: Infinitiv, Gerundium, Partizip Präsens, Partizip Präteritum
- Aspekt und Aktionsart: ingressiv, inchoativ, durativ
Die Kategorie Tempus tritt gegenüber Numerus und Person deutlicher hervor. Das
bewährte Inventar an synthetischen und analytischen Verbformen der
neuhochdeutschen
Sprache bildet sich heraus, andere Umschreibungen kommen im Neuhochdeutschen
später nicht mehr vor (vgl. Schmidt, S. 389). Die Stellung des finiten Verbs im
Aussagesatz ist meistens an zweiter Stelle, aber es kann an die dritte Stelle und weiter
nach
hinten versetzt werden (vgl. Schmidt, S. 437; Ernst, Dt. Sprachgeschichte S. 153 ff.).
Deutsch ist eine Klammersprache. Der Satzrahmen kann Distanzstellung,
Kontaktstellung, Nachstellung oder Schlussstellung aufweisen. Eine
Hauptsatzklammer ist etwa der Satz „Ich habe ihn gestern gesehen“, oder der Satz „Er
lässt ein Pfand zurück“
Die frühneuhochdeutschen Verben. Die Klammer besteht aus finitem Verb und
Infinitiv, Partizip Präteritum oder trennbarem
Präfix und kann im Hauptsatz oder im Nebensatz vorkommen. Ausklammerung
bedeutet, etwas aus dem Mittelfeld herauszunehmen und ins Nachfeld zu rücken.
Grammatiker wie Clajus (1578), Schottel (1663) und Stieler (1691) empfehlen die
Einklammerung, auch Gottsched (1700-1766) lehrt die vollständige Einklammerung.
Die
Ausklammerung führt zur Nachfeldbesetzung, und die Möglichkeit zu komplexen
Satzgefügen, aus mehreren ineinander verschachtelten Nebensätzen, ist kaum
beschränkt.
Die Verbstellung ist ein konstitutives Kriterium für die Definition der Satzarten:
Aussagesatz, Fragesatz, Wunschsatz, Befehlssatz, Ausrufesatz. Bei
Entscheidungsfragen etwa, die nach ja oder nein heischen, steht das finite Verb in
Erststellung (vgl. Ebert u.a.,Frnhd. Gr. S. 431)
Das Futur hat keine synthetischen Formen und wird umschrieben. Die neueren
Futurperiphrasen sind aus sollen / wollen (müssen) + Infinitiv oder werden + Partizip
Präsens / Infinitiv zusammengesetzt. Die Periphrase werden + Infinitiv setzt sich
durch und bezeichnet im Präsens die Zukunft, im Präteritum ist sie ingressiv, doch
auch die Umschreibung werden + Modalverb + Infinitiv ist üblich. Als Futur II
kommt werden + Infinitiv Perfekt auf (vgl. Schmidt, S. 405).
Bahnbrechend für die einheitliche Regelung der Rechtschreibung der deutschen Sprache wirkte KONRAD DUDEN mit seinem 1880
erschienenen Wörterbuch.
Einen vorläufigen Abschluss der Regelung der Rechtschreibung bildet die Rechtschreibreform, die am 1. Juli 1996 in Wien von den
Vertretern der deutschsprachigen Staaten und von den Ländern mit deutschsprachiger Minderheit als Absichtserklärung zur
Neuregelung der deutschen Rechtschreibung unterzeichnet wurde. Am 1. August 1998 trat die Reform in Kraft und wurde am
1. August 2006 in allen Schulen eingeführt.