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Ursachen, Diagnostik und


Therapie häufiger Vergiftungen Punkte
3
Dieter Müller, Herbert Desel
cme
ZUSAMMENFASSUNG ergiftungen begleiten den Menschen seit Anbe- Teilnahme nur im

Hintergrund: In Deutschland wurden 2011 circa 205 000


V ginn. Im Zeitlauf verändern sich Ursachen, toxi-
kologische Erkenntnis und damit diagnostische und
Internet möglich:
aerzteblatt.de/cme
Krankenhausbehandlungen aufgrund akuter Vergiftungen
therapeutische Möglichkeiten.
durchgeführt. Das Vergiftungsgeschehen und die Indikati-
Die Einschätzung von Vergiftungen als Entität mit
onsstellung für vergiftungsspezifische Therapiemaßnah-
einer idealtypischen, umfassenden Vergiftungsprophy-
men verändern sich.
laxe und -therapie mit „Giftentfernungsmaßnahmen“
Methode: Selektive Recherche anhand der Gesundheitsbe- und historischen Panantidota, die vor allen Giftwir-
richterstattung des Bundes und der Jahresberichte des kungen schützen sollten (Mithridatium, Theriak), hat
Giftinformationszentrums-Nord. Berücksichtigung der sich gewandelt: Heute ermöglichen die schnelle Ver-
Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften. fügbarkeit von Noxeninformationen über Giftinforma-
Ergebnisse: Zwischen 1996 bis 2011 bezogen sich von den tionszentren und eine moderne toxikologische Analy-
über 450 000 Anfragen an die Giftinformationszentrale Nord tik eine differenzierte Risikobewertung. Noxe und Do-
die häufigsten auf Arzneimittel, chemische Produkte, Pflan- sis bilden eine verlässliche Grundlage für eine spezifi-
zen, Lebensmittel und Kosmetika. Nur ein Teil von Exposi- sche Therapie.
tionen mit Vergiftungsverdacht führt zu manifesten Vergif-
tungen. Für akute Vergiftungen und Suizide sind vor allem Klinische Epidemiologie
Ethanol und Arzneimittelüberdosierungen ursächlich. Häufi- Gesundheitsstörungen infolge langjährigen Konsums
ge Ursachen für tödliche Akutvergiftungen sind Rauchgas von Tabak und Ethanol können als chronische Vergif-
und illegale Drogen. Chemische Produkte, insbesondere tung gedeutet werden. In diesem Sinn stellen sie die
Wasch- und Reinigungsmittel, Kosmetika und Pflanzen füh- häufigsten Vergiftungen dar, sollen an dieser Stelle je-
ren nur in seltenen Einzelfällen zu schweren Vergiftungen. doch nur am Rand erwähnt werden (1, 2).
Die Indikation für medizinische Verfahren zur Absorptions- Die Ursachen von akuten Vergiftungen unterliegen
verminderung oder Eliminationsbeschleunigung wird nur einem zeitlichen Wandel. Produkte, die früher häufig
noch selten gestellt. Antidota (beispielsweise Atropin, zu Vergiftungen führten, wie zum Beispiel Barbiturate,
4-Dimethylaminophenol, Naloxon, Toluidinblau) stehen für ältere Rodentizide (Thalliumverbindungen) oder Al-
wenige Vergiftungen zur Verfügung. Randomisierte klini-
kylphosphat-Insektizide (zum Beispiel Parathion) ver-
sche Studien liegen nur für wenige Substanzen vor.
loren stark an Bedeutung (Grafik 1, Pestizide). Neue
Schlussfolgerungen: Ein großer Teil der Expositionen ist Arzneimittel, neue Drogen, neue technische Produkte
durch allgemeine Notfallversorgung und gegebenenfalls (Reinigungsmittel, Kosmetika), neue Konsumgewohn-
symptomatische intensivmedizinische Maßnahmen zu be- heiten (beabsichtigt und unabsichtlich) kommen hinzu.
handeln. Giftinformationszentren sind für ein effizientes Eine detaillierte Datenbasis zur Vergiftungshäufig-
Vergiftungsmanagement bedeutsam. Die erhobenen Daten keit ist derzeit nicht verfügbar, obwohl eine ärztliche
können die toxikologischen Bewertungen verbessern und Meldepflicht besteht (§ 16e Chemikaliengesetz).
Forschungsprojekte anstoßen. In der offiziellen Todesursachenstatistik werden
►Zitierweise im Jahr 2011 insgesamt 1 987 Todesfälle (0,23 %)
Müller D, Desel H: Common causes of poisoning— unter den ICD-10-Ziffern T36–50 (Arzneimittel,
etiology, diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2013; Drogen, biologisch aktive Substanzen) und 1 296
110(41): 690–700. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0690 (0,15 %) unter den ICD-Ziffern T51–65 (nicht medi-

Giftinformations-Zentrum-Nord, Zentrum Pharmakologie und Toxikologie,


Universitätsmedizin Göttingen: Dr. med. Müller, Dipl.-Chem. Dr. rer. nat. Desel
Chronische Vergiftungen
Gesundheitsstörungen infolge langjährigen
Konsums von Tabak und Ethanol können als
chronische Vergiftung gedeutet werden.

690 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 41 | 11. Oktober 2013


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zinisch verwendete Substanzen) eingruppiert (3). In GRAFIK 1


diesem Beitrag werden die häufigsten Vergiftungsfäl-
le dargestellt. 1 410 Todesfälle sind als vorsätzliche 14 000
Selbstvergiftung mit Arzneimitteln (X60–X64) klas-
12 000
sifiziert.
In der Krankenhaus-Diagnosestatistik 2011 sind 10 000
205 121 Behandlungsfälle aufgrund von akuten Intoxi-
8 000
kationen erfasst (4, 5):
● 43 675 der stationären Behandlungsfälle mit der 6 000
Hauptdiagnose „Vergiftungen mit Arzneimitteln,
4 000
Drogen und biologisch aktiven Substanzen“
(T36–50) 2 000
● 29 927 Behandlungsfälle aufgrund von „toxi-
0
schen Wirkungen von vorwiegend nicht medizi- Alkohole sonstige
Kohlen- Pestizide Pflanzen, giftige
nisch verwendeten Substanzen“ (T51–65). monoxid Gase Pilze Tiere
● 131 519 Behandlungen wurden aufgrund von
„psychischen und Verhaltensstörungen infolge Krankenhausbehandlungen, häufigste akute Vergiftungen mit vorwiegend nicht-medi-
von akuten Intoxikationen mit psychotropen Sub- zinisch verwendeten Substanzen 2011 (4, 5). Alkohole zusammengefasst : Ethanol (1 497),
stanzen“ (F10.0–19.0) durchgeführt. nicht näher bezeichnete Alkohole (1 201), Methanol (21), 2-Propanol (nach ICD-T51).
Akute Alkoholvergiftungen werden unter den ICD-
Schlüsseln T51 (Grafik 1) und die Mehrzahl unter
F10.0 (Grafik 2) erfasst (F10.0: 116 517, T51: 2 858)
(4, 5). GRAFIK 2
Bei den Arzneimittelvergiftungen stehen ZNS-wirk-
120 000
same Substanzen im Vordergrund (Grafik 2). 116 517
Von den vorwiegend nicht-medizinisch verwendeten
100 000
Substanzen waren von Bedeutung:
● Alkohole, vorwiegend Ethanol 80 000
● Kohlenmonoxid, andere Gase, Dämpfe sowie
sonstige Rauche und schädliche Substanzen 10 234
● Vergiftungen mit Substanzen, die mit der Nah- 10 000 9 184 9 016

rung aufgenommen werden (einschließlich Pflan- 6 558


zen, Pilze) 5 000
4 472
3 293
● Vergiftungen durch Kontakt mit giftigen Tieren 2 992
1 909 1 088
(nahezu ausschließlich Insektenstiche).
Als Vergleich: Vergiftungen mit Pestiziden (Grafik 0
T39 T42 T43 T40 T50 F10.0 F11.0 F13.0 F15.0 F19.0
1).
Differenzierte Aufschlüsselung erlauben die Statisti- Krankenhausbehandlungen, häufigste akute Vergiftungen durch Arzneimittel,
ken der Giftinformationszentren (GIZ). Die Falldoku- Drogen und biologisch aktive Substanzen 2011 (4, 5).
mente des Giftinformationszentrum-Nord beinhalten T39 = Analgetika (etwa 40 % 4-Aminophenol-Derivate)
jeweils zur Hälfte ärztliche Vergiftungsanfragen von T42 = Hypnotika (etwa 50 % Benzodiazepine), Antiepileptika
verschiedenen Stellen der ambulanten und stationären T43 = Antidepressiva, Neuroleptika, psychotrope Substanzen (nicht klassifiziert)
medizinischen Versorgung (Kliniken, Praxen, Ret- T40 = Betäubungsmittel, Methadon, Halluzinogene (insbesondere Morphin, Codein)
tungsdienst) und Anfragen von Bürgern, die einer ver- T50 = andere nicht näher bezeichnete Arzneimittel
Psychische und Verhaltensstörungen infolge von akuten Intoxikationen mit:
meintlich oder tatsächlich toxischen Substanz ausge-
F10.0 = Alkohol (Ethanol)
setzt waren. F11.0 = Opioide
Zwischen 1996 und 2011 bezogen sich von den circa F13.0 = Hypnotika, Sedativa
456 173 Anfragen die häufigsten auf Arzneimittel, che- F15.0 = Stimulanzien
mische Produkte, Pflanzen, Lebensmittel (insbesondere F19.0 = multipler Substanzgebrauch

ZNS-wirksame Substanzen Therapie


Bei den Arzneimittelvergiftungen stehen Die Mehrzahl der vergifteten Patienten wird
ZNS-wirksame Substanzen im Vordergrund. ausschließlich symptomorientiert behandelt.

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Anfragen an das GRAFIK 3


Giftinformations-
zentrum-Nord zu
600 60
Human-
expositionsfällen
mit Quetiapin 500 50

Mio. verordnete Tagesdosen


Quetiapin-Ingestionsfälle
im Vergleich zur
Verordnungs- 400 40
häufigkeit (8, 9)
300 30

200 20

100 10

0 0
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Alkoholika) und Kosmetika. Grundlage der Erfassung Allgemeines zum Management bei
bildet das europäische Recht (6). Die Schwere der Ver- Vergiftungen
giftung wird zunächst als „estimated risk“ unter Be- Die Durchführung klinischer Studien in der klinischen
rücksichtigung des „poisoning severity score“ (7) do- Toxikologie ist bei geringer Vergleichbarkeit der Rah-
kumentiert und bei schweren Vergiftungen nachver- menbedingungen und der daraus folgenden Probleme
folgt. bei der Bewertung der Intervention häufig nicht ein-
Manifeste Vergiftungen traten häufig nach Aufnah- fach. Vorhandene Daten sind in den Positionspapieren
me von Arzneimitteln, Drogen und chemischen Grund- der Fachgesellschaften zu den verschiedenen Therapie-
substanzen auf. Nach Ingestion von Kosmetika und verfahren berücksichtigt.
Pflanzen kam es im Vergleich zur Expositionshäufig- Die prästationären Maßnahmen bei Vergiftung ent-
keit relativ selten zu manifesten Vergiftungen. Für ver- sprechen den allgemeinen Notfallmaßnahmen zur Si-
einzelte schwere Vergiftungen mit heimischen Pflanzen cherung der Vitalfunktionen.
sind beispielsweise Knollenblätterpilze (Amanita phal- Besondere Bedeutung haben die sorgfältige Eigen-
loides) und Eisenhut (Aconitum napellus) verantwort- und Fremdanamnese sowie die Asservierung von Medi-
lich. kamenten, (-verpackungen), Lebensmittelresten, Erbro-
Giftinformationszentren können auftretende Vergif- chenem und Produkten, die vergiftungsursächlich sein
tungsfälle bei steigender Verordnungshäufigkeit neuer könnten. Die initial gewonnenen Proben haben nicht zu-
Medikamente registrieren (Pharmakovigilanz). Als ak- letzt bei forensischen Fragen besondere Bedeutung.
tuelles Beispiel kann Quetiapin gelten (8, 9) (Grafik 3). Bei Vergiftungen an Arbeitsplätzen können Sicher-
Im Rahmen des Informationsverbundes der Giftin- heitsdatenblätter Hinweise auf toxische Bestandteile in
formationszentren werden an verschiedenen Zentren den eingesetzten Produkten geben.
gemeldete Vergiftungsfälle gemeinsam ausgewertet. So Eine vitale Bedrohung ist bei fehlenden oder gerin-
kann bei neu auf den Markt erscheinenden Produkten gen Symptomen und unklarer Latenzzeit nicht auszu-
rasch eine Risikoeinschätzung erfolgen (10). schließen, so dass eine medizinische Überwachung er-
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sam- forderlich ist, bis anhand einer auf medizinische und
melt und analysiert Fallberichte und erarbeitet Stel- gegebenenfalls laborchemische Diagnostik gestützten,
lungnahmen für Entscheidungen zur Verbesserungen sicheren Risikobewertung eine Vergiftung ausgeschlos-
der Lebensmittel- und Chemikaliensicherheit. sen werden kann.

Manifeste Vergiftungen Prästationäre Maßnahmen


Manifeste Vergiftungen traten häufig nach Auf- Die prästationären Maßnahmen bei Vergiftung
nahme von Arzneimitteln, Drogen und chemischen entsprechen den allgemeinen Notfallmaßnahmen
Grundsubstanzen auf. zur Sicherung der Vitalfunktionen.

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Als Beispiele für lange Latenzen können Vergiftun- spiel anorganische Säuren), Tensiden oder flüssigen
gen mit Pilzen aus der Gattung Orellanus (zum Bei- Kohlenwasserstoffen und bei nicht durch Intubation ge-
spiel orangefuchsiger Raukopf/Schleierling, Cortinari- schützten Atemwegen (e1, e2).
us orellanus), Knollenblätterpilze oder Paracetamol Das wesentliche Risiko der Gabe von Aktivkohle-
gelten, die nach mehrtägigen beschwerdearmen Inter- suspension ist die Aspiration.
vallen lebensbedrohliche Symptome hervorrufen kön- Die Erfahrung der Giftberatung zeigt, dass die Ak-
nen. tivkohledosis häufig zu gering gewählt wird (empfoh-
Giftinformationszentren verfügen über umfangrei- len werden 0,5–1 g/kg Körpergewicht). Eine angemes-
che Wirkstoff- und Produktinformationen und ermögli- sene Suspendierung ist erforderlich, um einen Ileus zu
chen die Identifikation der Noxe und die Abschätzung vermeiden.
des Risikos und des Verlaufs. Besonders wichtig ist die Gabe einer ausreichenden
Sie unterstützen bei der Indikationsstellung für die Aktivkohledosis, wenn Medikamente mit retardieren-
Laboruntersuchungen, der Auswahl und Versendung der Galenik in Überdosis aufgenommen wurden (11,
der Untersuchungsmaterialien (frühzeitig gewonnene e2, e3). Einige Medikamente bilden nach Aufnahme
Urin- und Serumprobe) und eines dienstbereiten La- größerer Mengen Bezoare, die zu einer bedrohlichen
bors sowie der Bahnung eines raschen Ablaufs. Nachresorption führen können.
Nach Aufnahme von Stoffen in sicher untoxischer Magenspülung – Ein günstiger klinischer Effekt der
Dosis sind weitere diagnostische und therapeutische Magenspülung konnte bisher nicht sicher nachgewie-
Maßnahmen nicht erforderlich. In allen anderen Fällen sen werden – hingegen wurden in kontrollierten Studi-
wird zunächst eine symptomorientierte Behandlung en schwere Komplikationen wie Aspiration, Hypoxie,
durchgeführt. Pneumonie, Perforation und Laryngospasmus beschrie-
Maßnahmen zur Absorptionsminderung oder Elimi- ben (12). Die Indikation zur Absorptionsminderung mit
nationsbeschleunigung sowie prästationäre Antidot- Hilfe einer Magenspülung wurde daher nach langer
behandlungen (vor Ort) sind nur selten indiziert. Nach Diskussion in klinisch-toxikologischen Fachgesell-
Ingestionen von Säuren oder Laugen wird eine rasche schaften erheblich eingeschränkt (12, e4–e7). Grund-
Spülung der Schleimhäute angestrebt. Induziertes Er- sätzlich ist die Maßnahme nur bei lebensbedrohlicher
brechen und Kohlegabe sind kontraindiziert. Die häufig Vergiftung innerhalb von 60 Minuten post ingestionem
tradierte Gabe von Milch bei Vergiftungen ist nur in zu erwägen. Kontraindikationen für eine Magenspü-
sehr wenigen Fällen sinnvoll. lung bestehen bei Verätzungen mit Säuren und Laugen,
gering viskösen, flüssigen Kohlenwasserstoffen (zum
Therapieverfahren – spezifische Therapie Beispiel Benzin) sowie (bei ungeschützten Atemwe-
Absorptionsmindernde Maßnahmen gen) nach Verlust der Schutzreflexe. Es wird in der neu-
Frühe, einmalige Aktivkohlegabe – Die früher zur esten Version eines Positionspapiers vom Februar 2013
Absorptionsminderung eingesetzte Magenentleerung dazu geraten, dass diese Therapie nur von einem erfah-
mittels Spülung oder provozierten Erbrechens wurde renen Behandler durchgeführt werden sollte (12).
zugunsten einer Gabe einer wässrigen Suspension von Induziertes Erbrechen – Das provozierte Erbrechen,
Aktivkohle weitgehend verlassen. Diese bei richtiger das bei Kindern über lange Zeit mit Ipecac-Sirup aus-
Indikation sinnvolle Maßnahme zur Absorptionsmin- gelöst wurde, wird ebenfalls nicht mehr als Routine-
derung ist wesentlich weniger invasiv und deutlich ri- maßnahme angesehen (13, e8).
sikoärmer. Die Auslösung von Erbrechen durch Apomorphin in-
Die Indikation für eine Aktivkohlegabe sollte aller- tramuskulär ist historisch. Ebenso ist das provozierte
dings nicht ohne Kenntnis der Adsorptionseigenschaft Erbrechen mittels Gabe von Kochsalzlösung obsolet:
der aufgenommenen Substanz gestellt werden: Bei- Eine erhebliche Gefährdung ist, insbesondere bei Kin-
spielsweise adsorbiert Aktivkohle zahlreiche Medika- dern (14), durch Hypernatriämie bei ausbleibendem Er-
mente, Alkaloide oder Vitamin-K-Antagonisten gut, brechen zu befürchten (e9). Als letale Kochsalzdosis
andere Wirkstoffe hingegen nicht in relevantem Aus- werden 3 g/kg Körpergewicht angegeben (15).
maß. Anterograde Darmspülung – Die anterograde Darm-
Dementsprechend bestehen Kontraindikationen spülung wird nur bei wenigen Vergiftungen eingesetzt,
nach Aufnahme von ätzenden Substanzen (zum Bei- die eine rasche Ausscheidung des Darminhalts erfor-

Milch bei Vergiftungen Absorptionsminderung


Die häufig tradierte Gabe von Milch bei Die früher zur Resorptionsminderung eingesetzte
Vergiftungen ist nur in sehr wenigen Fällen Magenentleerung mittels Spülung oder
sinnvoll (zum Beispiel nach Aufnahme von provozierten Erbrechens wurde zugunsten einer
Eisenpräparaten). Gabe einer wässrigen Suspension von Aktivkohle
weitgehend verlassen.

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dern, um eine Resorption potenziell letaler Wirkstoff- Entsprechend einer Cochrane-Analyse kann eine Uri-
mengen zu vermeiden (zum Beispiel überdosierte Arz- nalkalisierung schließlich auch bei schweren Vergiftungen
neimittel-Retardzubereitungen und intestinal deponier- mit Dichlorphenoxyessigsäure-Herbiziden erwogen wer-
te Transportgefäße mit illegalen Drogen) (16). den (21, e10).
Laxanzien – Der Einsatz von Laxanzien in Form von
Sorbitol oder häufiger von Natriumsulfat wird heute Hämodialyse
nicht mehr empfohlen. Die gleichzeitige Gabe von Die Hämodialyse ist ein geeignetes Verfahren zur raschen
Laxanzien und Aktivkohle schwächt die Effekte beider Entfernung von kurzkettigen Alkoholen (zum Beispiel
Wirkstoffe (17). Methanol, Ethylenglycol), insbesondere wenn durch die
Vergiftung bereits eine Azidose eingetreten ist. Eine früh-
Eliminationsbeschleunigung zeitige Gabe des gut verträglichen und wirksamen Anti-
Verschiedene Verfahren können bei Vergiftungen mit dots Fomepizol kann die Dialyse heute häufig ersetzen
Substanzen, die eine lange Halbwertszeit haben und für (e11). Auch für einige andere Substanzen, zum Beispiel
das jeweilige Verfahren geeignet sind, die Elimination Salicylate, Valproat, Lithium, Carbamazepin, Phenytoin
beschleunigen. und Metformin, wird eine Hämodialysebehandlung emp-
fohlen. Bei Metformin-Vergiftungen kann die im Rahmen
Wiederholte Aktivkohlegabe der Vergiftung auftretende Lactazidose mitbehandelt wer-
Die Eliminationsbeschleunigung mit Aktivkohle unter- den (22).
bricht den enterohepatischen Kreislauf oder reduziert
die freie Konzentration des Giftstoffs im Darmlumen Hämoperfusion
im Vergleich zur Konzentration im intravasalen Kom- Die Hämoperfusion ist auch aufgrund der ausgeprägten
partiment. Die Darmwand wirkt anschließend gewis- unerwünschten Begleitwirkungen nur bei Vergiftungen
sermaßen als Dialysemembran. mit Substanzen indiziert, die mit anderen Verfahren (zum
Für die sinnvolle und effektive Anwendung von Ak- Beispiel Dialyseverfahren) nicht befriedigend therapierbar
tivkohle ist wie beim Einsatz zur Absorptionsminde- sind – und wird somit praktisch nicht mehr eingesetzt. Das
rung die Kenntnis der Adsorptionseigenschaft und des Einsatzspektrum deckt sich weitgehend mit dem der repe-
Ausscheidungswegs der zu bindenden Substanz erfor- titiven Kohlegabe.
derlich.
Repetitive Kohlegabe wird bei lebensbedrohlichen Antidota
Vergiftungen mit wenigen Medikamenten (Carbamaze- Die Behandlung mit einem Antidot gilt hinsichtlich ihrer
pin, Theophyllin, Dapson, Phenobarbital, Chinin) auf- Wirksamkeit unverändert als ideale Therapie von Vergif-
grund der Erfahrung aus klinischen Studien für sinnvoll tungen. Gut verträgliche Antidota sind einfach und sicher
erachtet (18). In einer der wenigen randomisierten kli- anzuwenden: Acetylcystein bei Paracetamol-Vergiftungen
nischen Studien konnte kein eindeutiger Therapievor- (üblicherweise als intravenös applizierbare Zubereitung in
teil zum Beispiel bei Vergiftungen mit Phenytoin belegt gewichtsbezogener Dosis), Dimeticon bei Ingestion von
werden (19). tensidhaltigen Produkten oder Fomepizol, das bei Vergif-
tungen mit Methanol oder Glykolen die Alkoholdehydro-
Urinalkalisierung genase hemmt (14) und das toxische Ethanol als Antidot
Die Alkalisierung des Urins mittels Natriumhydrogen- ersetzt hat.
carbonat intravenös auf pH > 7,5 wird vorwiegend für Mit verbesserten Möglichkeiten der symptomorientier-
Patienten mit Salicylatintoxikation empfohlen. Damit ten intensivmedizinischen Therapie müssen heute einige
sollen die Elimination beschleunigt und eine Azidose risikobehaftete Antidota aufgrund einer Nutzen-Risiko-
vermieden werden. Der Einsatz ist bei Barbituratvergif- Abwägung neu beurteilt werden.
tungen plausibel und einfach, wird aufgrund der Über- Diese Antidota erfordern vom behandelnden Arzt eine
legenheit von Aktivkohleanwendung jedoch nicht mehr detailliertere Kenntnis der eingesetzten Wirkstoffe (zum
empfohlen (20, e10). Ein früher diskutierter Einsatz bei Beispiel Antiseren, Chelatoren) und deren klinischer Wir-
Methotrexatintoxikationen gilt aufgrund heute mögli- kungen. Eine Liste mit historischen und aktuellen Antido-
cher Folinsäure- und gegebenenfalls Glucarpidase-Ga- ta sowie deren Einsatzbereichen findet sich zum Beispiel
be als überholt. auf der GIZ-Nord-Website (23).

Urinalkalisierung Provoziertes Erbrechen


Die Alkalisierung des Urins mittels Natrium- Das provozierte Erbrechen, das bei Kindern
hydrogencarbonat intravenös auf pH > 7,5 wird über lange Zeit mit Ipecac-Sirup ausgelöst wurde,
vorwiegend für Patienten mit Salicylatintoxikation wird ebenfalls nicht mehr als Routinemaßnahme
empfohlen. angesehen.

694 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 41 | 11. Oktober 2013


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Die „Bremer Liste“ beschreibt eine Minimalausstat- KASTEN


tung als Diskussionsgrundlage (Kasten) (24).
In jüngerer Zeit sind Glucarpidase zur Behandlung von
Methotrexat-Überdosierungen, Icatibant zur Behandlung Antidota-Minimalausstattung: „Bremer Liste“
von ACE-Hemmer-induziertem Angioödem, Uridintri- (Diskussionsgrundlage [24])
acetat zur Behandlung von Überdosierungen von Fluorou- ● Atropin 100 mg Ampulle, Indikation: Organophosphatintoxikation
racil und Deferasirox als neuer Chelator bei Eisenüberla- ● 4-DMAP (Dimethylaminophenol) 250 mg Ampulle Indikation: Cyanidintoxikation
dung verfügbar geworden. ● Naloxon 0,4 mg Ampulle, Indikation: Opioidintoxikation
● Toluidinblau 300 mg Ampulle, Indikation: Vergiftung mit Methämoglobinbildnern
Neue Therapieformen bei speziellen ● Carbo medicinalis 50 g, nur nach Rücksprache mit dem Vergiftungszentrum
Vergiftungen präklinisch
Noch nicht vollständig etabliert aufgrund begrenzter klini-
scher Erfahrung gelten heute die Insulintherapie bei Ver-
giftungen mit Betarezeptorenblockern und Kalziumanta-
gonisten (25).
Bei lebensbedrohlichen Vergiftungen mit Lokalanäs- chem Wirkprinzip zu einer Wirkungsverstärkung, im un-
thetika wurde die Gabe von Lipidemulsionen als günstigen Fall zum Serotoninsyndrom führen.
„Lipid-Rescue“-Therapie mit Erfolg eingesetzt (26). Eine weitere Wirkstoffgruppe, die ebenfalls häufig zu
Vergiftungen führt, beinhaltet Opium, Diamorphin (He-
Ausgewählte Vergiftungen im Einzelnen roin), sonstige Opioide, wie Methadon, andere syntheti-
Psychotrope Substanzen sche Betäubungsmittel, Kokain und andere (halluzinoge-
Trizyklische Antidepressiva und sedierende (zum Beispiel ne) Drogen. Bei Vergiftungen mit Substanzen, die am
Phenothiazin-) Neuroleptika werden häufig in suizidaler Opiatrezeptor wirken, ist die Behandlung mit Antagonis-
Absicht eingenommen. Bei akzidenteller Ingestion im ten (Naloxon) unverändert indiziert. Für andere Substan-
Kindesalter kann bereits eine therapeutische Erwachse- zen steht eine symptomatische Therapie im Vordergrund.
nen-Tagesdosis zu manifesten Vergiftungen führen (e12).
Das anticholinerge Syndrom charakterisiert die führenden „Designerdrogen“
klinischen Symptome. Nach Aufnahme einer potenziell In die Gruppe der „Psychodysleptika“ gehören auch die
letalen Dosis besteht die Behandlung in einer möglichst neuen Designerdrogen. Viele Substanzen dieser großen
frühzeitigen Magenspülung oder in der einmaligen Gabe und vielfältigen Gruppe sind bereits dem Betäubungsmit-
von Aktivkohle innerhalb der ersten Stunde. Bei bereits telgesetz unterstellt (28).
eintretender, sedierender Wirkung ist die Gabe aufgrund Neben den bereits seit den 1930er-Jahren bekannten
des Aspirationsrisikos kontraindiziert. Substanzen (zum Beispiel Methamphetamin) werden De-
Eine Eliminationsbeschleunigung ist aufgrund des gro- signer-Substanzen mit aktueller Relevanz (neuere Am-
ßen Verteilungsvolumens und hochgradiger Bindung an phetamin- und Cathinonderivate) als „Badesalz“, „Pflan-
Plasmaproteine nicht sinnvoll. Eine Anhebung des Blut- zennahrung“ oder „Research Chemical“ fehldeklariert in
pH-Werts mit Natriumhydrogencarbonat führt zu einer Internetshops angeboten. Abhängig von der Molekül-
Reduktion der freien Wirkstoffkonzentration bei gleich- struktur wirken sie mehr als Stimulans oder als Halluzino-
zeitiger Anhebung des Serum-Natrium-Spiegels, womit gen (28–30).
eine Reduktion von kardialen Arrhythmien erzielt wird „Spice“ wurde als Mischung hier wenig bekannter exo-
(27). tischer Pflanzen angeboten. Nach aufwändiger toxikologi-
Flumazenil und früher oft als Antidot empfohlenes scher Analytik zeigte sich, dass das Pflanzenmaterial mit
Physostigmin bei anticholinergen Symptomen gelten heu- synthetischen Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten dotiert
te bei Psychopharmaka-Vergiftung als kontraindiziert war. Diese Designer-Wirkstoffe (31) werden mit den bis-
(e12). her üblichen Drogen-Schnelltests auf traditionelle Dro-
Neuere Antidepressiva (selektive Serotonin-Wieder- genwirkstoffe nicht erfasst. Seit die analytische Identifi-
aufnahmehemmer [SSRI]) sind geringer kardiotoxisch, zierung auch für klinische Fälle verfügbar ist, konnten
können jedoch in Kombination mit anderen Substanzen, nach Konsum synthetischer Cannabinoide häufiger toxi-
wie zum Beispiel Anorektika (Appetitzüglern) mit ähnli- sche Begleitwirkungen nachgewiesen werden, als nach

Behandlung bei Vergiftungen mit trizyklischen Substanzen, die am Opiatrezeptor wirken


Antidepressiva Bei Vergiftungen mit Substanzen, die am
Nach Aufnahme einer potenziell letalen Dosis be- Opiatrezeptor wirken, ist die Behandlung mit
steht die Behandlung in einer möglichst frühzeiti- Antagonisten (Naloxon) unverändert indiziert.
gen Magenspülung oder in der einmaligen Gabe
von Aktivkohle innerhalb der ersten Stunde.

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 41 | 11. Oktober 2013 695


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Krankenhaus- GRAFIK 4
behandlungen
aufgrund von
Anzahl
Stimulanzien
F15.0 (4). 1 200

1 000

800

600

400

200

0
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Jahr

Einnahme von THC (32). Ebenso wurden Abhängigkeits- Analgetika


zeichen beschrieben (33). Von den nichtopioiden Schmerzmitteln wird Paracetamol
Aktuelle Zahlen der Drogenberichterstattung zeigen ei- mit abnehmender Häufigkeit in suizidaler Absicht überdo-
nen erheblichen Anstieg des Konsums von Designer-Dro- siert. Nach Cytochrom-P450-Isoenzym-2E1-Induktion
gen (34). Häufig steht (insbesondere bei Überdosierung) durch Alkohol oder selten auch durch Pharmaka steigt die
die sympathomimetische Wirkung im Vordergrund (Gra- toxische Wirkung des Paracetamols aufgrund der rasche-
fik 4). ren Bildung des toxischen Metaboliten.
Illegale Drogen können herstellungsbedingt neurotoxi- Mit Acetylcystein steht ein gut verträgliches Antidot
sche Beiprodukte enthalten, die ein Parkinson-Syndrom zur Verfügung, das hauptsächlich die Glutathion-Synthese
auslösen können. erhöht und die Entgiftung des toxischen Paracetamol-Me-
Eine Analyse des Internet-Angebots beschreibt legale taboliten N-Acetyl-p-benzochinonimin beschleunigt.
pflanzliche Drogen, die häufig auch als „legal highs“ an-
geboten werden und problemlos verfügbar sind: Vergiftungen mit vorwiegend nicht als
● Aztekensalbei (Salvia divinorum, Salvinorin A) Arzneimittel eingesetzten Stoffen
● halluzinogene Pilze (Ibutensäure, Muscimol) Alkohole
● Kratom (Mitragyna speciosa, Mitragynin), ist eine Durch methanolverunreinigte alkoholische Getränke kam
Pflanzendroge mit Opiatrezeptor-agonistischer Wir- es in den letzten Jahren mehrfach zu Massenvergiftungen
kung, die in einigen asiatischen und afrikanischen mit Todesfällen (e14).
Ländern trotz Verbots angebaut und konsumiert Ein später Beginn der spezifischen Therapie, fast im-
wird mer aufgrund der späten Diagnosestellung, stellte ein we-
● Hawaiian Baby Woodrose (Argyreia nervosa, syn. sentliches Problem dar: Infolge der fortgeschrittenen Me-
Argyreia speciosa [L. f.], Lysergsäureamid) (e13). tabolisierung mittels Alkoholdehydrogenase waren toxi-
Die Behandlung der halluzinogenen Wirkung, sofern sche Produkte entstanden. Frühzeitig mit Fomepizol be-
erforderlich, erfolgt ausschließlich symptomatisch. handelte oder dialysierte Patienten haben hingegen eine

Cave: Parkinson-Syndrom Acetylcystein


Illegale Drogen können herstellungsbedingt neu- Mit Acetylcystein steht ein gut verträgliches
rotoxische Beiprodukte enthalten, die Antidot zur Verfügung, das hauptsächlich die
ein Parkinson-Syndrom auslösen können. Glutathion-Synthese erhöht und die Entgiftung
des toxischen Paracetamol-Metaboliten
N-Acetyl-p-benzochinonimin beschleunigt.

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GRAFIK 5 Anfragen zu
Vergiftungen mit
Gamma-Hydroxy-
Anzahl
buttersäure (GHB)
80 (Daten des
Giftinformations-
70 zentrums-Nord).

60

50

40

30

20

10

0
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Jahr

gute Prognose. Eine sichere Diagnosestellung ist durch to- Der Verkehr von zwei toxikologisch verwandten Stoffen,
xikologische Analytik in kurzer Zeit möglich (e15). dem gebräuchlichen Lösemittel Gammabutyrolacton und
Insbesondere bei Kindern besteht häufig der Verdacht dem chemischen Zwischenprodukt 1,4-Butandiol, ist hin-
auf eine Vergiftung mit Ethylenglykol. Bereits ein Schluck gegen bisher wenig eingeschränkt. Beide Substanzen wer-
eines Kühlerfrostschutzmittels, das oft in Getränkefla- den im Körper zu GHB metabolisiert (e16) (Grafik 5).
schen aufbewahrt wird, kann zu manifester Vergiftung GHB wird mit kraftvollen Assoziationen (zum Beispiel
führen (14). Die Therapie besteht hier ebenfalls in der „Rinderbetäubungsmittel“) auf dem Schwarzmarkt ange-
frühzeitigen Gabe von Fomepizol und gegebenenfalls ei- boten und mit dem Ziel eingenommen, eine stimmungshe-
ner Hämodialyse bei spätem Therapiebeginn und ausge- bende Wirkung zu erfahren oder als geschmacksneutrale
prägter Azidose (e11). Substanz als „date-rape-drug“ beziehungsweise „k.o.-
In den letzten Jahren ist ein auffallender Anstieg von Tropfen“ eingesetzt (35). Es kommt zu einem plötzlichen
schweren Ethanol-Vergiftungen bei Jugendlichen zu ver- Bewusstseinsverlust mit Amnesie und kann, insbesondere
zeichnen (Drogensuchtbericht 2012, [34]). Auf die Vergif- bei Überdosierung oder bei Mischintoxikationen, zu be-
tung und Gesundheitsschäden durch Ethanol (Grafik 1, 2), drohlichen Symptomen führen. Die Möglichkeit eines
die etwa 60 % aller stationär behandelten Akutvergiftun- Nachweises einer GHB-Einnahme in Blut oder Urin ist
gen ausmacht, soll hier nicht weiter eingegangen werden. zeitlich auf etwa 6 beziehungsweise 12 Stunden begrenzt,
da GHB rasch metabolisiert wird und andererseits in ge-
Gamma-Hydroxybuttersäure (GHB), 1,4-Butandiol, ringen Konzentrationen auch endogen entsteht.
Gamma-butyrolacton (Liquid Ecstasy)
Der Konsum von Gamma-Hydroxybuttersäure (Liquid Kohlenmonoxid
Ecstasy) hat in den letzten Jahren zugenommen. Die Sub- Kohlenmonoxidvergiftungen durch Stadtgas sind histo-
stanz, als i.v.-Narkotikum und zur symptomatischen Be- risch. Aktuell kommt es im privaten Bereich zu Kohlen-
handlung der Narkolepsie mit Kataplexie als Natriumsalz monoxidvergiftungen durch unsachgemäße Verwen-
zugelassen, ist dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt. dung von Holzkohlegrills oder durch defekte Heizgeräte

Vergiftung mit Kühlerfrostschutzmittel Nachweis von Gamma-Hydroxybuttersäure


Die Therapie besteht hier ebenfalls in der Die Möglichkeit eines Nachweises einer GHB-
frühzeitigen Gabe von Fomepizol und gegebenen- Einnahme in Blut oder Urin ist zeitlich auf etwa 6
falls einer Hämodialyse bei spätem Therapie- beziehungsweise 12 Stunden begrenzt, weil GHB
beginn und ausgeprägter Azidose. rasch metabolisiert wird und andererseits in
geringen Konzentrationen auch endogen entsteht.

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 41 | 11. Oktober 2013 697


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(36), sowie durch Brandrauche. Auch in arbeitsmedizi- und bahnen erforderlichenfalls eine toxikologische
nischen Erhebungen ist die Kohlenmonoxid-Vergiftung Analytik (e20). Die erhobenen Daten führen laufend zu
bedeutsam (e17). Therapeutisch wird Sauerstoff normo- einer Fokussierung von Überwachungsmaßnahmen
bar oder hyperbar (bei schweren Vergiftungen, um zu- und Forschungsprojekten, die Anpassungen von Be-
sätzlich physikalisch gelösten Sauerstoff zu transportie- handlungsempfehlungen begründen können.
ren) appliziert. Die Indikation zur hyperbaren Oxyge-
nierung wird international unterschiedlich gestellt. Die Interessenkonflikt
AWMF-Leitlinie CO der Deutschen Gesellschaft für Ar- Dr. Desel erhielt Honorare für eine Beratertätigkeit vom Europäischen Kosme-
tik-Industrie-Verband. Für Gutachtertätigkeiten wurde er von der Firma Henkel
beitsmedizin und Umweltmedizin e.V. (DGAUM) wur- honoriert. Für ein von ihm initiiertes Forschungsvorhaben wurden ihm vom In-
de 2011 überarbeitet: Eine hyperbare Oxigenierung wird dustrieverband Körperpflege und Waschmittel Gelder zur Verfügung gestellt.
bei mittelschweren und schweren Symptomen und bei Dr. Müller erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
einer verfügbaren Druckkammer für sinnvoll erachtet,
Manuskriptdaten
um die neurologischen Spätkomplikationen zu reduzie- eingereicht: 2. 4. 2013, revidierte Fassung angenommen: 31. 7. 2013
ren. Im Cochrane-Review von 2011 wird die hyperbare
Oxigenierung nicht abschließend bewertet (37).
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Gase, Rauche
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ten im Sinne chronischer Vergiftungen assoziiert (Ta- datenfakten/alkohol.html (last accessed on 8 July 2013).
bakrauch, Abgase und Faserstäube) (e18). 3. Gesundheitsberichterstattung des Bundes: Sterbefälle, Sterbeziffern
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die neben Kohlenmonoxid auch andere toxische Inhalts- aw92/dboowasys921.xwdevkit/xwd_init?gbe.isgbetol/
stoffe wie Cyanwasserstoff enthalten können. Die beiden xs_start_neu/&p_aid=3&p_aid=38752000&nummer=6&p_
sprache=D&p_indsp=-&p_aid=15523324 (last accessed on 8 July
Gase wirken synergistisch einerseits durch die Ein- 2013).
schränkung der Sauerstofftransportkapazität des Hämo- 4. DIMDI – ICD-10-GM Version 2013. www.dimdi.de/static/de/
globins infolge der Carboxyhämoglobinbildung und an- klassi/icd-10-gm/kodesuche/onlinefassungen/
dererseits der Störung des Elektronentransports durch htmlgm2013/block-t36-t50.htm (last accessed on 8 July 2013).
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Cytochromoxidase. Bei gleichzeitiger Exposition gegen- matisch/Gesundheit/Krankenhaeuser/TiefgegliederteDiagnosedaten.
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JOHtml.do?uri=OJ:C:1990:329:SOM:EN:HTML (last accessed on
kontraindiziert: Die durch 4-DMAP induzierte Met- 8 July 2013).
hämoglobinbildung würde die Sauerstofftransportkapa- 7. Persson HE, Sjöberg GK, Haines JA, Pronczuk de Garbino J:
zität zusätzlich einschränken. Das Antidot Hydroxocoba- Poisoning severity score. Grading of acute poisoning. J Toxicol Clin
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Kreuzotterbisse sind selten und werden im Regelfall
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symptomatisch, das heißt ohne Antivenin, behandelt.
10. Ebbecke M, Schaper A, Kotseronis N, et al.: „Nano-Epidemie“ 2006
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Schlussfolgerungen Epidemie von Vergiftungen, verursacht durch zwei neuartige Versie-
Ein großer Teil der Vergiftungen ist symptomorientiert gelungssprays. In: Hentschel H, Klöcking HP (eds.): Vergiftungsge-
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Sie verfügen über umfangreiche Produktdaten, beraten (Phila) 2013; 51: 140–6.

Gase und Rauche


Feinstaubexpositionen sind mit zahlreichen
Krankheiten im Sinne chronischer Vergiftungen
assoziiert (Tabakrauch, Abgase und Faserstäube).

698 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 41 | 11. Oktober 2013


MEDIZIN

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The English version of this article is available online:
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Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und
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chemical overview for the toxicologist. Clin Toxicol (Phila) 2012; 50: Weiterbildung zertifiziert. Die erworbenen Fortbildungspunkte können mit Hilfe
15–24. der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden.
29. Carvalho M, Carmo H, Costa VM, et al.: Toxicity of amphetamines: Unter cme.aerzteblatt.de muss hierfür in der Rubrik „Persönliche Daten“ oder
an update. Arch Toxicol 2012; 86: 1167–231.
nach der Registrierung die EFN in das entsprechende Feld eingegeben werden
30. Coppola M, Mondola R: Synthetic cathinones: chemistry, pharmaco-
logy and toxicology of a new class of designer drugs of abuse mar- und durch Bestätigen der Einverständniserklärung aktiviert werden.
keted as “bath salts” or “plant food”. Toxicol Lett 2012; 211:
144–9.
Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.
31. Huffman JW, Szklennik PV, Almond A, et al.: 1-Pentyl-3-phenylace-
tylindoles, a new class of cannabimimetic indoles. Bioorg Med Wichtiger Hinweis
Chem Lett 2005; 15: 4110–3.
Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Inter-
32. Hermanns-Clausen M, Kneisel S, Szabo B, et al.: Acute toxicity due
to the confirmed consumption of synthetic cannabinoids: clinical
net möglich: cme.aerzteblatt.de. Einsendeschluss ist der 12. 1. 2014.
and laboratory findings. Addiction 2013; 108: 534–44. Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.
33. Zimmermann US, Winkelmann PR, Pilhatsch M, et al.: Withdrawal
phenomena and dependence syndrome after the consumption of Die Bearbeitungszeiten der folgenden cme -Einheiten sind:
“spice gold”. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(27): 464–7. – „Schwindel“ (Heft 29–30/2013)
34. BMG: Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung: Drogensuchtbe- bis zum 20. 10. 2013
richt 2012. http://drogenbeauftragte.de/fileadmin/dateien-dba/
Presse/Downloads/12–05–22_DrogensuchtBericht_2012.pdf (last – „Atemnot und Husten bei Palliativpatienten“ (Heft 33–34/2013)
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35. Madea B, Musshoff F: Knock-out drugs: their prevalence, modes of
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36. Bundesinstitut für Risikobewertung: Kohlenmonoxid. www.bfr.bund. Für Heft 45/2013 ist das Thema „Das fiebernde Kind“ vorgesehen.
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July 2013).

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 41 | 11. Oktober 2013 699


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Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage
ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.

Frage Nr. 1 Frage Nr. 6


Welches Antidot hemmt die Alkoholdehydrogenase In Kombination mit welchen Arzneimitteln können
bei Vergiftungen mit Methanol Ethylenglycol? Appetitzügler eine Wirkungsverstärkung erfahren?
a) Fomepizol a) Benzodiazepine
b) Thiamin b) Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
c) 4-Dimethylaminophenol (4-DMAP) c) Kalziumantagonisten
d) Toluidinblau d) Antazida
e) Hydroxocobalamin e) Cannabis

Frage Nr. 2 Frage Nr. 7


Wenn Sie einem Erwachsenen Aktivkohle zur Welche Substanzen aus der Gruppe der nicht-medizinisch
Absorptionsminderung verabreichen, wählen Sie in verwendeten Stoffe sind am häufigsten für schwere
der Regel welche Dosis? Vergiftungen verantwortlich?
a) 3 Tabletten a) Kohlenmonoxid und andere Gase/Rauche
b) 5 g b) Lebensmittel/ Trinkwasser
c) 10 g c) Pestizide/Reinigungsmittel
d) 0,5–1 g/kg Körpergewicht d) Methanol/Ammoniak
e) 2 g/kg Körpergewicht e) Knollenblätterpilz/Raukopf

Frage Nr. 3 Frage Nr. 8


Welche Substanzen werden nur wenig an Wie lange ist Gamma-Hydroxybuttersäure (GHB)
Aktivkohle adsorbiert? nach Aufnahme im Serum nachweisbar?
a) Alkaloide aus Pflanzen a) 1–2 Stunden
b) Vitamin-K-Antagonisten aus Rodentiziden b) 2–4 Stunden
c) anorganische Säuren c) 6–12 Stunden
d) trizyklische Antidepressiva d) 24–48 Stunden
e) Barbiturate e) 72–96 Stunden

Frage Nr. 4 Frage Nr. 9


Welche Medikamentengruppe wird häufig in Welche Maßnahme zur Absorptionsminderung
suizidaler Absicht eingenommen? ist am häufigsten indiziert?
a) Protease-Inhibitoren a) Magenspülung
b) trizyklische Antidepressiva b) anterograde Darmspülung
c) Antihelminthika c) Gabe von Laxanzien
d) Hormone (Glukokortikoide, Kontrazeptiva) d) Gabe von Aktivkohle
e) Antibiotika e) Gabe von Ipecac-Sirup

Frage Nr. 5 Frage Nr. 10


Bei welcher Vergiftung ist eine Absorptionsminderung Bei der Überdosierung welches Wirkstoffes ist das
mittels einmaliger Aktivkohlegabe innerhalb der ersten Antidot Glucarpidase indiziert?
Stunde post ingestionem zu erwägen? a) Methotrexat
a) bei einer übertherapeutischen Wirkstoff-Dosis bei b) Digitoxin
trizyklischen Antidepressiva c) Propofol
b) bei zwei verschluckten Samenmänteln der Eibe d) Azathioprin
c) bei einem kleinem Schluck eines handelsüblichen e) Fluorouracil
Handspülmittels
d) bei einer teelöffelgroßen Menge eines Haargels
e) bei einer Ameisenköderdose mit einem toxischen
Organophosphat als Inhaltsstoff

700 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 41 | 11. Oktober 2013


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Ursachen, Diagnostik und


Therapie häufiger Vergiftungen 3
Punkte
Dieter Müller, Herbert Desel
cme
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