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Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Akute und chronische Entzündungen sowie Tumore
Wir haben diese Broschüre auch im
Internet für Sie hinterlegt.
Vorwort
Die circa 100 g wiegende Bauchspeicheldrüse (Pankreas) produziert täglich zwei bis drei Liter an
Verdauungssaft, welcher zum Aufspalten unserer Nahrung erforderlich ist. Eine weitere Funktion ist
die Regulation des Blutzuckers durch die Produktion von Insulin und des Gegenspielers Glukagon.
Ein wesentlicher Grund für die Zunahme von Bauchspeicheldrüsenerkrankungen ist in der hohen
Stoffwechselaktivität des tief im Innern des Bauchraumes lokalisierten Organs zu suchen. In NRW wird
die Zahl von Neuerkrankungen an der Bauchspeicheldrüse jährlich mit 10.000 angegeben. Sie sind in
Entzündungen (akute und chronische Pankreatitis) sowie in gut- und bösartige Tumorerkrankungen
unterteilt. Der Konsum von Fast-Food-Produkten, Süßgetränken, Nikotin und Alkohol sowie steigen-
des Lebensalter sind für die zunehmende Anzahl von bösartigen Tumoren verantwortlich. Im Alter
von über 70 Jahren liegt die Wahrscheinlichkeit an einem Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken
bei 200 von 100.000 Einwohnern. Außerdem nimmt die Anzahl an zystenbildenden Pankreastumoren
zu. Neben sorgfältigen klinischen Untersuchungen helfen moderne bildgebende Verfahren (CT, Kern-
spintomographie, Endosonographie und PET-CT), Erkrankungen frühzeitiger und besser zu
diagnostizieren. Für die Behandlung ist ein interdisziplinäres Team mit klinischer und wissenschaft-
licher Expertise wichtig. Chirurgische Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse sind aufwändig und kom-
plex und brauchen eine große Erfahrung, damit diese sicher und bei bösartigen Erkrankungen onko-
logisch richtig operiert werden.
Im seit 2004 bestehenden interdisziplinären Pankreaszentrum am St. Josef-Hospital Bochum werden
jährlich ca. 1.000 Patienten mit unterschiedlichsten Bauchspeicheldrüsenerkrankungen behandelt,
mehr als 300 Patienten werden davon jährlich operiert. Die gemeinsame hohe Expertise erstreckt sich
somit auf über 12.000 Patienten seit seiner Gründung. Damit gehört das seit 2009 wiederholt erfolg-
reich zertifizierte Pankreaszentrum am St. Josef-Hospital Bochum bundesweit und international zu
den führenden Kliniken auf dem Gebiet der Bauchspeicheldrüsenerkrankungen.
Für uns ist eine ganzheitliche Behandlung der an Pankreaserkrankungen betroffenen Patienten be-
sonders wichtig, zumal diese einen langwierigen Verlauf nehmen können und Operationen an dieser
Drüse sich auf den ganzen Körper auswirken können. Eine enge Kooperation mit dem Arbeitskreis der
Pankreatektomierten (AdP e.V.) und der Selbsthilfegruppe Tumoren und Erkrankungen der Bauch-
speicheldrüse e.V. (TEB), die den Betroffenen und Angehörigen Hilfen im alltäglichen Leben anbie-
ten, stellt für uns eine wichtige Ergänzung dar.
Es ist für uns eine Herzensangelegenheit, dass Sie als Patient/-in mit Ihrer Pankreaserkrankung das
aktuell modernste und beste und somit erfolgversprechendste individuelle Behandlungskonzept
erhalten. Wir erstellen für Sie gemeinsam mit den jeweiligen Fachabteilungen das individuelle Kon-
zept. Diese Patienteninformation soll Ihnen und Ihren Angehörigen dabei helfen, die Erkrankung, die
geplante Behandlung und gegebenenfalls die komplexe Operation zu verstehen.
Im Namen des Teams wünsche ich Ihnen alles Gute, und dass Sie sich bei uns gut aufgehoben fühlen.
Ihr
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen 3
Die Bauchspeicheldrüse
Lage und Funktion
Die Bauchspeicheldrüse (das Pankreas) liegt hinter dem Magen und vor der Wirbelsäule. Die Drüse ist
ca. 15 cm lang, 5 cm breit, 2-3 cm dick und wiegt maximal 120 g. Sie wird in einen Kopf-, einen Kör-
per- und einen Schwanzbereich unterteilt. Die Bauchspeicheldrüse befindet sich zwischen dem
Zwölfingerdarm und reicht linksseitig bis zur Milz. Es befinden sich lebenswichtige große Gefäße des
Oberbauches in unmittelbarer Nähe. Sie reguliert die Verdauung (exokrine Funktion) und steuert u.a.
den Blutzucker (endokrine Funktion).
Die Verdauungsregulation
Die Bauchspeicheldrüse produziert täglich zwischen 1,5-3 l enzymhaltiges Sekret. Zunächst wird die
unwirksame Vorstufe zum Hauptgang des Organs geführt und dann in den Zwölffingerdarm
abgegeben. Hier wird auch die Galle eingeleitet. Dort werden die Enzyme (>20) aktiviert, um die
Nahrung zu verdauen. Die wichtigsten Enzyme sind: Amylase für die Kohlenhydrate, Trypsin für die
Eiweiße und Lipase für die Fette. Falls die Enzyme nicht angeboten werden können, kommt es zu
Bauchkrämpfen, Blähungen und Durchfall. Meistens ist die Fettverdauung betroffen, sodass die
Stühle voluminös sind. Es kommt auch zu Vitamin-Mangelzuständen (A, D, E, K) und zur Gewichts-
abnahme.
Blutzuckerregulation:
Insulin wird in spezialisierten, sogenannten Inselzellen produziert. Das Gesamtgewicht der
Inselzellen beträgt nur ca. 2,5 g (1.5 Mio. Zellen). Der Hauptanteil ist im Schwanzbereich lokalisiert.
Das Insulin wird sofort in das Blutgefäßsystem abgegeben. Damit kann Zucker in alle Körperzellen
eingeschleust werden. Ist zu wenig oder gar kein Insulin mehr vorhanden, werden die Körperzellen
ungenügend mit Zucker versorgt - damit steigt der Wert im Blut stark an (Diabetes). Ein weiteres
wichtiges Hormon ist das Glukagon (Gegenspieler- oder Sicherheitshormon): Es wird ebenfalls in den
Inselzellen gebildet. Beide Enzyme werden unabhängig voneinander reguliert.
Chronische Pankreatitis
Dies umschreibt eine wiederkehrende, unterschiedlich starke Entzündung/Schädigung des Organes
mit langsamer Zerstörung der Bauchspeicheldrüse. Es entsteht Narbengewebe, welches die Verdau-
ungsfunktion und die Insulinproduktion verschlechtert. Aufgrund von Enzym- und Insulinmangel
entstehen Verdauungsstörungen und die Blutzuckerkrankheit. Häufige Ursachen für eine andauernde
Entzündung sind übermäßiger Alkoholkonsum, angeborene Genmutationen, chronisches Gallen-
steinleiden und selten auch andere Ursachen.
Notwendige Untersuchungen
Nach einem ausführlichen Erstgespräch zur Eingrenzung des Beschwerdebildes folgen
körperliche Untersuchungen, Blut- und Zusatzuntersuchungen.
4 Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
OGTT (oraler Glukosetoleranztest)
Nach einer initialen Blutzuckerbestimmung trinken Sie zuckerhaltiges Wasser. Eine Blutzuckerbstim-
mung erfolgt anschließend eine und zwei Stunden danach. Dieser empfindliche Test kann klären, ob
es sich um eine fortgeschrittene Blutzuckerkrankheit oder um eine Vorstufe handelt.
Bildgebende Untersuchungen
Die Sonographie
Die Ultraschall-Untersuchung erlaubt einen Überblick über das Innere des Bauchraumes. Krankhafte
Veränderungen können meist gut erkannt und eingeschätzt werden. Die Bildqualität kann verbes-
sert werden, wenn einige Stunden vorher keine Nahrung zu sich genommen wird, da sonst die Luft
im Darm die Untersuchung erheblich einschränkt. Die nebenwirkungsfreie Untersuchung benötigt
meist ein Gel zwischen Schallkopf und Haut.
Sonderbereich Forschung
Auch unsere Klinik beteiligt sich durch Sammeln von Daten an der Verbesserung der Behandlung,
Versorgung und Betreuung unserer Patienten. Für Sie als Patient bedeutet das möglicherweise, dass
Sie gebeten werden, an klinischen Prüfungen teilzunehmen. Ihre optimale Versorgung steht dabei
immer im Vordergrund. Durch sorgfältig geplante und durchgeführte klinische Prüfungen könnten
Fortschritte in der Behandlung von Erkrankungen möglich werden. Dies bietet die Chance, dass Sie
eventuell mit neuesten - jedoch nicht gänzlich erprobten - Medikamenten oder Methoden behan-
delt werden könnten. Sie würden einen persönlichen Beitrag leisten, zukünftig eine neue Methode
zu etablieren. In der Grundlagenforschung sind wir bestrebt, Erkrankungen zeitig zu erkennen und
langfristig besser zu behandeln.
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen 5
Für diese Untersuchungen sind menschliche Gewebeproben notwendig, um dortige Veränderungen
besser beobachten zu können. Falls Sie zustimmen, würden wir kleine Proben für Forschungszwecke
verwenden. Es wird keine Untersuchung oder Probe bei Ihnen durchgeführt, wenn Sie nicht ausführ-
lich informiert wurden oder Ihr freies Zugeständnis schriftlich vorliegt. Für Fragen steht Ihnen Ihr be-
handelnder Arzt zur Verfügung.
Bösartige Veränderungen
Krebs allgemein
Er entsteht häufig bei angeborenen oder erworbenen Gendefekten. Manchmal werden Gewichts-
und Appetitverlust beobachtet. Der Krebs muss nach Möglichkeit vollständig chirurgisch entfernt
werden. Manchmal kann jedoch nur eine Symptomverringerung erreicht werden (palliative
Chirurgie). Einige Krebszellen sind zum Operationszeitpunkt noch nicht nachweisbar. In diesem Falle,
oder bei fortgeschrittenen Tumoren, wird häufig eine Chemo- oder Strahlentherapie empfohlen, um
eine ergänzende Nachbehandlung anzuschließen (adjuvante Therapie). Wenn der Tumor nicht
entfernt werden kann, wird ebenfalls oft eine Chemotherapie oder Strahlentherapie empfohlen
(palliative Therapie). Um die Nebenwirkungen für Patienten so gering wie möglich zu halten, werden
komplexe Untersuchungen durchgeführt, um die beste Behandlung anzubieten.
Entstehung
Bei einer Krebszelle ist die ursprüngliche Balance von Wachstumsfaktoren, Mutationen und
Geninformationen gestört. Damit findet kein geregelter Zelltod mehr statt. Die Zellen
dringen in das umliegende Gewebe ein (Metastasen) und regen zur Blutgefäßneubildung an - damit
wächst der Tumor.
Krankheitszeichen
Häufig wird Bauchspeicheldrüsenkrebs erst in einem späten Stadium erkannt, da es keine
verlässliche Vorsorgeuntersuchung gibt. Am häufigsten werden Gewichtsverlust und Appetitlosigkeit
beschrieben, die jedoch uncharakteristisch sind und später beobachtet werden. Manchmal werden
Schmerzen im Oberbauch und im Rücken angegeben. Häufig beobachtet man bei Tumoren des Kopf-
bereiches eine Störung des Galleabflusses, dunklen Urin, hellen Stuhl und Hautjucken. Eine Blut-
zuckerkrankheit kann sich ebenfalls einstellen.
Ursachen
Als einziger Risikofaktor ist bisher das Rauchen erkannt worden. Ob ein erhöhter Alkoholkonsum zu
einem erhöhten Krebsrisiko führt, wird an der Bauchspeicheldrüse widersprüchlich beschrieben. Eine
chronische Entzündung und insbesondere die angeborene Form gelten allerdings allgemein als Risi-
kofaktoren für einen Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Bauchspeicheldrüsenkrebs
Am häufigsten entsteht der Krebs im Pankreaskopf. Der Krebs verstopft oftmals den Gallengang, staut
die Galle in die Leber und den Pankreassaft in die Bauchspeicheldrüse zurück. Es kommt zu Gelb-
sucht, die man an dunklem Urin und hellem Stuhl erkennt. Häufig wird Juckreiz beschrieben. Verlegt
der Tumor den Bauchspeicheldrüsengang, führt dies zu Verdauungsstörungen, da die Enzyme nicht
mehr den Zwölffingerdarm erreichen. Die Symptome sind Gewichtsverlust und Durchfall. Hier müssen
Enzyme oft mit Kapseln ersetzt werden. Die Blutzuckerkrankheit (Diabetes mellitus) kann ebenfalls
zeitig beobachtet werden. Häufig beobachtet man sie jedoch erst nach der Operation - insbesondere
bei Patienten über 60 Jahren. Es gibt gutartige und bösartige Tumore, enzymproduzierende oder
hormonproduzierende Tumore sowie zystische Bauchspeicheldrüsentumore. Gutartige Tumore sind
relativ selten. Bösartige Tumore gehen zu ca. 90 % von den Gangzellen der Drüse aus (duktales
Pankreaskarzinom). Das Zystadenokarzinom oder das Azinuszellkarzinom sind selten.
6 Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Operationsmöglichkeiten
Die chirurgische Entfernung ist bisher die einzige Behand-
lungsmethode, die eine Chance auf Heilung verspricht. Sie
ist nur sinnvoll, wenn eine Metastasierung in die Leber
oder in die Lunge ausgeschlossen wurde. Außerdem darf
der Krebs nicht in die umliegenden Gefäße eingewachsen
sein, da eine Entfernung dann nicht mehr möglich ist.
Aufgrund dessen kann nur ca. jeder 5. Patient eine erfolg-
reiche chirurgische Behandlung erhalten. (anatomische
Lage der Organe, Abb. 1)
Abbildung 1
3 1 Pankreasanastomose
2 Gallengangsanastomose
3 Anastomose des Zwölffinger-
darmstumpfes
Abbildung 2b
(Anastomose = Verbindung)
Abbildung 3a 1 Pankreasanastomose
2
2 Gallengangsanastomose
3 Magenstumpfanastomose
1
3
Abbildung 3b
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen 7
Abbildung 4a und 4b: Ein anspruchsvoller Teil der Operation ist die Verbindung der Bauch-
speicheldrüse mit dem Dünndarm. Spezielle Nahttechniken sind in mehreren Reihen erforderlich, um
eine Nahtinsuffizienz (= Nahtundichtigkeit) zu verhindern.
Abbildung 4a Abbildung 4b
Die Pankreaslinksresektion
Tumore des linksseitigen Pankreas (im Körper oder Schwanz) sind deutlich seltener und werden meist
erst in fortgeschrittenem Stadium entdeckt. Hier ist eine Pankreaslinksresektion mit Entfernung der
umgebenden Lymphknoten und oftmals der Milz notwendig. Die Tumorausdehnung bestimmt die
Größe des Resektates. Manchmal muss nahezu die gesamte Bauchspeicheldrüse entfernt werden. An
dem verschlossenen Ende der Bauchspeicheldrüse ist gegebenenfalls eine neue Verbindung zum
Dünndarm erforderlich.
Abbildung 5a und 5b: Hier wird der linksseitige Anteil der Bauchspeicheldrüse entfernt (die Milz wird
bei bösartigen Tumoren ebenfalls entfernt). Eventuell wird eine Verbindung zu einer ausgeschalteten
Dünndarmschlinge notwendig.
Abbildung 5a Abbildung 5b
8 Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Pankreassegmentresektion: Es werden neue Verbin-
dungen zu dem Bauchspeicheldrüsenschwanz und
dem Bauchspeichelsdrüsenkopf hergestellt (Abb. 6a
und 6b).
1 Pankreasanastomose linksseitig
2 Pankreasanastomose kopfseitig
Abbildung 6a Abbildung 6b
Der Doppelbypass
1 Gallengangsanastomose
Abbildung 7
2 Gastroenterostomie (Magen/Dünndarm)
Andere Verfahren
Bei seltenen gutartigen Tumoren der Papille oder bei gutartigen Tumoren der Zwölf-
fingerdarmschleimhaut (Adenomen) kann unter Schonung des Großteils des Pankreaskopfes eine
pankreaskopferhaltene Zwölffingerdarmentfernung erfolgen. Hier gelingt es, organschonend zu
operieren.
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen 9
Die Operation ist jedoch anspruchsvoll, da komplizierte Nahttechniken erforderlich sind. Daher wird
sie meist nur an spezialisierten Zentren durchgeführt.
Strahlentherapie/Chemotherapie
Einheitlich besteht die Meinung, dass sowohl nach kompletter Entfernung des Tumors, aber auch
nach nur unvollständiger oder nicht durchführbarer Entfernung eine Chemotherapie helfen kann.
Eine Strahlentherapie kommt nur in Einzelfällen zur Anwendung.
Die Einsetzbarkeit der verschiedenen Therapien ist insbesondere bei der Chemotherapie sehr gut un-
tersucht. Drei wesentliche Therapieformen werden momentan außerhalb von klinischen Prüfungen
durchgeführt: FOLFIRINOX, Gemcitabine+Abraxane und Gemcitabine allein.
Der derzeitige Standard ist die Chemotherapie. Die Medikamente sind meist gut verträglich und zei-
gen zumindest bei einigen Patienten einen rückbildenden Effekt auf das Tumorwachstum. Sollte eine
Schmerzsymptomatik führend sein kann die Strahlentherapie helfen.
Heilungschancen
Insgesamt ist die durchschnittliche Lebenserwartung v.a. bei bösartigen Tumoren der Bauchspeichel-
drüse in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Häufig beobachtet man jedoch ein Wiederauftreten
der Erkrankung (Rezidiv) - dann ist die Lebenserwartung deutlich eingeschränkt. Ziel der Forschungs-
entwicklungen ist es, sowohl eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität als auch eine Verlänge-
rung der Lebenszeit zu erreichen. Stetige Forschung erweitert das Wissen und erlaubt hoffentlich ei-
nes Tages eine biologische Therapie mit neuen hoffnungsvollen Ansätzen. Ziel ist ebenfalls, das Ver-
ständnis für die Tumorentstehung in der Bauchspeicheldrüse zu erweitern und somit die Grundlage
für neue Therapieformen bei Bauchspeicheldrüsenkrebs zu bilden. Falls Sie Fragen haben, sind wir
gerne in unserer Spezialsprechstunde bereit, diese an Ihrem individuellen Fall detailliert zu beant-
worten und Sie ausführlich zu informieren.
10 Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Insulinsubstitution: Wenn Blutzuckerwerte infolge einer Bauchspeicheldrüsenerkrankung oder nach
einer Pankreasoperation ansteigen, sollte eine Blutzuckertherapie erfolgen. Zunächst beginnt man
mit einer Diabetes-Diät und/oder Tabletten. Ist die Insulinproduktion sehr stark erniedrigt, benötigt
der Patient eine direkte Insulin-Ersatz-Behandlung. Hierfür stehen verschiedenste Insulintypen zur
Verfügung. Damit kann jeder Patient individuell nach den entsprechenden Ernährungsgewohnheiten
behandelt werden. Ziel ist das persönliche Wohlbefinden und eine angepasste Einstellung des Blut-
zuckerwertes. Damit können Folgeschäden der Blutzuckerkrankheit vermieden oder verzögert wer-
den. Es ist eine Behandlung durch den Spezialisten (Diabetologe) erforderlich.
Falls die Milz entfernt werden muss: Die Milz ist kein lebensnotwendiges Organ. Der Milz kommt
jedoch eine wichtige Rolle der Immunabwehr zu - der Patient ist empfindlicher gegen sogenannte
bekapselte Bakterien. Sie sollten nach der Operation (oder vorher) eine Impfung gegen Pneumokok-
ken, Meningokokken und Haemophilus influenzae Typ B erhalten. Nach heutigen Richtlinien der
Ständigen Impfkommission (STIKO) müssen diese Impfungen in Deutschland nach drei bis fünf Jahren
wiederholt werden. Bei schweren Infektionskrankheiten sollten Sie zeitig den Hausarzt aufsuchen
und ihn darüber informieren, dass bei Ihnen die Milz entnommen wurde.
Nach einer Milzentfernung kann es darüber hinaus zum Anstieg der Blutplättchen kommen. Unmit-
telbar nach der Operation sollten die Blutwerte regelmäßig kontrolliert werden. Bei einem zu starken
Anstieg der Blutplättchen (> 1.000.000/µl) könnten jedoch Blutgerinnsel (Thrombosen) entstehen. Ab
diesem Wert wird eine Behandlung mit einem Thrombozytenaggregationshemmer (z.B. Aspirin) emp-
fohlen.
Endokrine Pankreastumore
Endokrine Drüsen stellen Botenstoffe (Hormone) her, die bei der Regulierung von wichtigen Körper-
funktionen beteiligt sind. So bewirkt z.B. Insulin den Übertritt von Glukose aus dem Blut in Körper-
zellen. Bei gesunden Menschen besteht eine angepasste Balance an Lebensgewohnheiten. Sollten
hormonbildende Zellen jedoch entarten, kann zuviel oder zu wenig Botenstoff gebildet werden. Da-
mit ist der entsprechende Regelmechanismus gestört. Meist sind die Tumore gut differenziert und
wachsen langsam. Die hormonbildenden Zellen können an einem Ort wuchern, ohne alle Kriterien
der Bösartigkeit aufzuweisen. Manchmal können sie sich jedoch bösartig verändern und Absiedlun-
gen (Metastasen) bilden. Andere wiederum verhalten sich bösartig und wachsen in umliegende Orga-
ne ein oder bilden Metastasen.
Etwa die Hälfte aller endokrinen Neubildungen der Bauchspeicheldrüse gehen von hormonproduzie-
renden Zellen aus. Einige bilden keine Hormone mehr und sind demnach hormon-inaktiv. Anderer-
seits gibt es auch hormon-bildende aktive Tumore. Die Ursprungszelle ist in diesem Fall identisch,
darauf weisen auch die entsprechenden Tumormarker hin. Da diese Raumforderungen ebenfalls in
Nervenzellen vorkommen können, werden sie auch neuroendokrine Tumore genannt.
Sollte ein vererblicher Gendefekt zugrunde liegen, beobachtet man endokrin-aktive Tumore manch-
mal auch in mehreren Organen gleichzeitig (sogenannte multiple endokrine Neoplasie), z.B. in der
Nebenschilddrüse oder in der Nebenniere. Da es sich um eine erbliche Erkrankung handelt, sind
häufig mehrere Generationen betroffen. Gerade in diesen Fällen wird eine genetische Untersuchung
empfohlen. Betroffene Familienmitglieder sollten sich engmaschig untersuchen lassen, um eventuell
entstehende Neubildungen frühzeitig zu erkennen.
Das Insulinom
Es ist der häufigste hormon - produzierende Tumor der Bauchspeicheldrüse. Das Insulin wird ohne
einen hemmenden Regelkreis gebildet. Die Patienten fallen durch eine bedrohliche Unterzuckerung
auf. Meist beobachtet man: Schwitzen, Zittern, Herzklopfen, Schwäche, Angst, Sehstörungen,
Aggressivität und im Extremfall auch Bewusstseinsverlust. Diese Unterzuckerungen stellt der Hausarzt
oft in Phasen ohne Nahrungsaufnahme fest.
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen 11
Die Patienten bemerken jedoch, dass die Symptome durch Nahrungsaufnahme vermieden werden
können. Da die Raumforderungen oft sehr klein sind, ist die genaue Lokalisation meist schwierig. Ziel
ist die chirurgische Entfernung des Tumors aus der Bauchspeicheldrüse. Falls bereits eine Streuung
beobachtet wird, ist eine Chemotherapie erforderlich.
Das Gastrinom
Der Tumor befindet sich zumeist in der Bauchspeicheldrüse, kann aber auch in anderen Organen vor-
kommen (Magen, Zwölffingerdarm). Das Gastrinom wächst aggressiv, ist oft bösartig und metastasiert
zeitig. Bei der Magenspiegelung zeigen sie sich als schwer behandelbare Magen-Darm-Geschwüre,
die durch das im Tumor gebildete Hormon Gastrin entstehen. Gastrin regt die Magensäurebildung
stark an. Auch hier ist eine chirurgische Therapie und Entfernung des Tumors zu favorisieren. Ist be-
reits eine Streuung eingetreten, so wird mit modernen säurehemmenden Medikamenten versucht,
die Symptome zu lindern.
Zystische Pankreastumore
Diese Tumore enthalten Hohlräume (sogenannte Zysten), sind relativ selten und bilden ca. 1-5 % al-
ler Pankreastumore. Sie werden in verschiedene Untergruppen eingeteilt:
Muzinös zystische Pankreastumore (intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie – IPMN), muzinös zys-
tische Neoplasie (MCN), serös zystische Tumore (SCN) und andere zystische Pankreastumore (solid-
pseudopapillärer Tumor (SPT).
Muzinös zystische Neoplasie: Es sind fast ausschließlich Frauen zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr
betroffen. Die Tumore finden sich meist im Bauchspeicheldrüsenschwanz. Selten werden sie an
mehreren Stellen gleichzeitig nachgewiesen. Das Gewebe ähnelt dem in Eierstöcken (muzinöses
Zystadenom), manchmal können Zellen auch entarten. Hier kann ein invasiver bösartiger Tumor
(muzinöses Zystadenokarzinom) entstehen. Die Therapie der Wahl ist die chirurgische Entfernung.
12 Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Serös zystische Neoplasie: Der Tumor sieht aus wie ein Schwamm mit kleinsten flüssigkeitsgefüllten
Hohlräumen. Sie werden meist im Pankreaskörper und im Pankreasschwanzbereich gefunden und
sind bei Frauen häufiger als bei Männern. Eine bösartige Umwandlung ist sehr selten, sodass bei ei-
ner sicheren Diagnose meist auf eine Operation vorerst verzichtet werden kann.
Solider-pseudopapillärer Tumor (Frantz-Tumor): Dieser Tumor ist selten und findet sich vorwiegend
bei jungen Frauen. Die Ursprungszelle ist bisher noch nicht identifiziert. Durch abgestorbene Tumor-
zellen werden die Hohlräume gebildet. Tumorabsiedlungen findet man selten. Die Therapie der Wahl
ist eine komplette chirurgische Entfernung.
Chronische Pankreatitis
Unter einer chronischen Pankreatitis versteht man eine lang-andauernde Entzündung der
Bauchspeicheldrüse. Es kommt zur langsamen, aber stetigen Zerstörung der funktionstüchtigen Zellen
und den Ersatz mit Narbengewebe.
Oft werden zu wenig Verdauungsenzyme produziert. Sie sind dafür verantwortlich, dass Nahrung
soweit aufgespalten wird, dass die einzelnen Bausteine im Darm in das Blut aufgenommen werden
können. Liegt eine Störung vor, so kommt es zu Blähungen, Völlegefühl, Vitaminmangel (E, D, K, A),
übelriechenden Durchfällen und zu Gewichtsverlust.
Außerdem ist die Produktion von Insulin eingeschränkt oder eingestellt: Spezialisierte Zellen in der
Bauchspeicheldrüse (Inselzellen) produzieren zu wenig oder gar kein Insulin mehr. Es entsteht die
Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus).
Oft werden bei der chronischen Pankreatitis Oberbauchschmerz oder Rückenschmerz beschrieben. Der
genaue Mechanismus, der zu Schmerzen führt, ist bis heute noch nicht verstanden. Möglicherweise
liegt der Ursprung in den Veränderungen des Nervengewebes in dem entzündlichen Organ oder in
einem Aufstau der verstopften Bauchspeicheldrüsengänge. Teilweise sind stärkste Schmerzmittel
(Opiate) nötig.
Ursachen
Des Weiteren werden Alkohol (80 %), chronisches Gallensteinleiden, Stoffwechselstörungen, Medika-
mente, Gendefekte und/oder anatomische Varianten (Pankreas divisum) als potentielle Ursachen be-
schrieben. Manchmal kann keine genaue Ursache identifiziert werden. Adipositas und Fettstoffwech-
selstörungen können zur Bildung eines cholesterinreichen Gallesaftes (Sludge) führen. Die Bildung
kleinster Kristalle in Kombination mit einer Papillenverengung kann ebenfalls eine Entzündung der
Bauchspeicheldrüse bewirken.
Behandlung
Sie richtet sich vor allem nach den Beschwerden. Stärkstes Symptom ist der Oberbauchschmerz. Der
Alkoholkonsum sollte sofort gestoppt werden. Pankreasenzympräparate stellen eine ausreichende
Verdauung der Nahrung wieder her und können schmerzhafte Symptome (Blähungen, Durchfall)
vermindern. Wird keine Schmerzreduktion beobachtet, kommen starke Schmerzmittel zum Einsatz.
Wenn dies nicht ausreicht muss eine Operation erwogen werden (in jedem 2. Fall). Zeichen ungenü-
gender Fettverdauung sind übelriechende und voluminöse Durchfälle. Deshalb müssen
Verdauungsenzyme regelmäßig zu den Mahlzeiten zugeführt werden. Diese variieren je nach
Fettgehalt der Nahrung und sind individuell zu dosieren. Damit die Enzyme ihre beste Wirkung
entfalten können, sollten Säureblocker zusätzlich eingenommen werden. Die fettlöslichen Vitamine
A, D, E und K sind eventuell gesondert zuzuführen. Stellt sich eine Blutzuckerkrankheit ein, muss
zuerst eine Diät versucht werden. Ist dies nicht erfolgreich, muss der Blutzucker durch Insulinspritzen
abgesenkt werden.
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen 13
Wann wird eine Operation notwendig?
Eine Operation in einem spezialisierten Zentrum muss sehr sorgfältig geplant und ausgeführt werden.
Im Wesentlichen sind drei Gründe relevant:
2. Aufstau des Gallenganges und/oder des Pankreasganges, des Zwölffingerdarms oder der großen
nahen Oberbauchgefäße
Manchmal bilden sich flüssigkeitsgefüllte Hohlräume – sog. Pseudozysten. Sie sind mit Pankreassaft
gefüllt. Die Zysten können sich zurückbilden, dies ist jedoch selten. In manchen Fällen kommt es zu
einer Größenzunahme, dann werden Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen und Gewichtsverlust angege-
ben. Die chirurgische Drainage der Pseudozyste über eine Dünndarmschlinge oder eine Drainage, in
der ein Röhrchen durch den Magen in die Zyste der Endoskopie eingelegt wird, sind erfolgverspre-
chend.
Der Operationszeitpunkt hängt vom Fortschritt der Erkrankung ab. Durch eine frühzeitige Operation
kann die Bauchspeicheldrüsenfunktion (Verdauung, Blutzuckerkontrolle) erhalten werden (siehe Abb.
8a und b).
Abbildung 8b
Abbildung 9b
14 Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Operationstechniken bei chronischer Pankreatitis
Bei Entzündungen der Bauchspeicheldrüse wird in „drainierende“ und „resezierende“ Verfahren
unterteilt. Die Entscheidung über das richtige Operationsprinzip fällt das erfahrene chirurgische
Team. Soll das Sekret abgeleitet werden, wird der Bauchspeicheldrüsenhauptgang längs eröffnet und
eine Dünndarmschlinge langstreckig mit der Bauchspeicheldrüse vernäht, sodass das Sekret direkt in
den Darm abfließen kann. Liegt eine „Pseudozyste“ vor, wird ein Teil des Dünndarms aufgenäht,
damit auch hier die Flüssigkeit über den Darm abgeleitet werden kann.
Bei einer chronischen Entzündung ist die Bauchspeicheldrüse in ihrer Strukutr jedoch häufig sehr
stark verändert. Drainage-Verfahren verbessern meist nur kurzzeitig die Beschwerden des Patienten.
Daher muss manchmal eine Entfernung des aufstauenden Anteils der Bauchspeicheldrüse erfolgen.
Häufig findet sich die Ursache im Pankreaskopf. Diese Operation kann heutzutage sehr schonend
durchgeführt werden, sodass viel Pankreasgewebe erhalten bleiben kann. Besondere Operationsver-
fahren gewährleisten, dass der Zwölffingerdarm, die Gallenwege und auch der Magen geschont wer-
den können (duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion, siehe auch Abb. 8a und b).
In anderen Fällen kann es notwendig werden, den gesamten Kopf der Bauchspeicheldrüse zu ent-
fernen (Whipple-Operation). Ist jedoch das Maximum der Entzündung der Bauchspeicheldrüse im
Schwanz lokalisiert, wird dieser möglichst ohne Milz entfernt. Da trotz verschließender Naht Verdau-
ungssäfte austreten können, wird manchmal eine Dünndarmschlinge auf den Schnittrand der Bauch-
speicheldrüse genäht. So kann das Sekret ungehindert abfließen.
Operationen an der Bauchspeicheldrüse sind höchst anspruchsvoll und werden nur an spezialisierten
großen Zentren von erfahrenen Chirurgen durchgeführt. Für eventuelle Fragen steht Ihnen Ihr Arzt
oder die entsprechende Informationsstelle zur Verfügung (im Anhang).
Autoimmunpankreatitis
Diese Sonderform unterscheidet sich von allen anderen Formen der Bauchspeicheldrüsenentzündung.
Auch das feingewebliche, mikroskopische Bild ist verschieden. Das Immunsystem bildet Antikörper
gegen körpereigenes Gewebe und leitet eine Abstoßungsreaktion ein. Die Entstehung ist bisher noch
nicht wissenschaftlich erklärt. Häufig kommt es zur Verengung des Bauchspeicheldrüsenganges mit
Schwellung des gesamten Organes, Gelbsucht, Verdauungsstörungen und der Blutzucker-Krankheit.
Es ähnelt manchmal auch dem Bild eines Pankreastumors. Laborchemisch finden sich
jedoch meist hohe IgG-4-Spiegel sowie manchmal auch Antikörper gegen andere Eiweißstoffe
(Autoantikörper). Unter dem Mikroskop finden sich Immunzellen (Lymphozyten, Plasmazellen),
welche in der Bauchspeicheldrüse eine Entzündungsreaktion bewirken. Häufig muss Cortison
verabreicht werden. Lässt sich die Erkrankung dadurch nicht kontrollieren oder kann ein Tumor nicht
ausgeschlossen werden ist eine Operation oftmals unumgänglich.
Akute Pankreatitis
Hierunter versteht man eine plötzlich auftretende Entzündung der Bauchspeicheldrüse mit
Schädigung der Zellen und Funktionseinschränkung des Organes. Manchmal können ganze Regionen
der Bauchspeicheldrüse absterben. Die abgebauten Stoffe gelangen dann in die Blutbahn und lassen
den Patienten lebensbedrohlich erkranken. In der Folge kann es zu Funktionseinschränkungen ande-
rer Organe (z.B. Lunge, Niere) kommen, die das Leben des Patienten gefährden. Am häufigsten be-
schreiben die Patienten einen plötzlichen Beginn, sehr starke und dumpfe Oberbauchschmerzen, die
gürtelförmig in den Rücken ausstrahlen, Übelkeit, Erbrechen und Fieber.
1. Die akute ödematöse Pankreatitis: Circa 85 % der Patienten erleiden diese häufigere, aber mildere
Form der akuten Entzündung. Das Organ ist nur vorübergehend geschädigt. Andere Organe haben
keinen Funktionsverlust. Die Patienten erholen sich in der Regel schnell. Es entsteht nur äußerst sel-
ten ein dauerhafter Schaden an der Bauchspeicheldrüse.
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen 15
2. Die akute nekrotisierende Pankreatitis: Diese schwere Erkrankungsform wird bei den anderen 15 %
beobachtet. Es kommt zu einer plötzlichen und großflächigen Zerstörung der Bauchspeicheldrüse mit
Absterben zahlreicher Zellen. Häufig wird ein Funktionsausfall anderer lebenswichtiger Organe
beobachtet. Der Allgemeinzustand verschlechtert sich sehr schnell. Die adäquate Behandlung kann
Wochen bis Monate auf einer Intensivstation in Anspruch nehmen. Auch wenn der Patient gesundet,
ist die Funktion der Bauchspeicheldrüse meist lebenslang erheblich eingeschränkt (Verdauung, Blut-
zucker-Krankheit).
Eine schwere Form der akuten Pankreatitis wird meist auf der Intensivstation behandelt, da andere
Organe (z.B. Lunge oder Nieren) ausfallen können. Eine Operation ist bei 20-25 % der Patienten im
akuten Fall erforderlich. Teilweise ist eine CT- oder ultraschallgesteuerte Punktion der Bauchspeichel-
drüse notwendig. Werden Bakterien oder Pilze diagnostiziert, kann eine Operation umso dringlicher
werden. Hierbei können infizierte oder abgestorbene Bauchspeicheldrüsenanteile entfernt werden.
Oft werden Drainageschläuche platziert, die den Bereich umspülen, um weitere
Infektionen zu reduzieren. Meist muss zur Darmentlastung ein vorübergehender künstlicher
Darmausgang angelegt werden. Nach 3 Monaten kann dieser in der Regel operativ zurückverlegt wer-
den. Die Behandlung kann mehrere Monate andauern.
Liegt der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung ein Gallengangsteinleiden zu Grunde wird mit Hil-
fe der endoskopischen retrograden Cholangiographie (ERC) versucht, diesen zu entfernen. Die Enzyme
können dann wieder ungehindert in den Zwölffingerdarm abfließen. Nach Ausheilen der Erkrankung
muss die Gallenblase entfernt werden. Meist geschieht dies laparoskopisch.
16 Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Spätfolgen einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung
Oft werden Verdauungsstörungen durch Unterproduktion von Enzymen sowie ein sich entwickelnder
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) auf Grund des fehlenden Insulins beobachtet.
Pseudozysten
Aufgrund des Absterbens von Teilen der Bauchspeicheldrüse kommt es zu Verletzungen des Gangsys-
tems. Der austretende Pankreassaft sammelt sich in oder in der Nähe der Bauchspeicheldrüse an und
führt zu Pseudozysten. Diese können oft im Verlauf kleiner werden und spontan abheilen. Es gibt je-
doch auch Pseudozysten, die sehr groß werden und zu Übelkeit, Erbrechen, dauerhaften Schmerzen
und Gewichtsverlust führen. Zusätzlich kann eine Behinderung des Galleabflusses
resultieren. Pseudozysten können auch einreißen. Dann entleert sich der Inhalt in den Bauchraum.
In diesen Fällen wird meist eine Operation erforderlich, in der eine direkte Verbindung der Zyste mit
dem Darm geschaffen wird. Durch Abfluss der Zystenflüssigkeit kann sich die Bauchspeicheldrüse er-
holen.
Pankreasabszesse
In seltenen Fällen kommt es zur Eiteransammlung in der Umgebung der Bauchspeicheldrüse. Eine
Behandlung mit Antibiotika ist zwingend erforderlich. Abszesse können die Ursache für wieder-
kehrende Fieberschübe sein. Daher wird versucht, eine Drainage durch Röntgenkontrolle oder
Ultraschall in lokaler Betäubung einzulegen, damit der Eiter abfließen kann. Gelingt dies nicht, ist
meist eine Operation erforderlich.
Exokriner Funktionsverlust
Durch wiederkehrende Entzündungen oder nach erfolgter Operation reicht die Enzymmenge, die für
die Verdauung der Nahrung erforderlich ist, unter Umständen nicht aus. Unverdaute Nahrungsbe-
standteile führen deshalb zu Blähungen und Durchfällen. In diesen Fällen kann ein Enzympräparat
helfen, welches von Tieren gewonnen, gereinigt und bearbeitet wird. Das Präparat muss während (!)
des Essens eingenommen werden, damit eine optimale Vermischung mit der Nahrung stattfinden
kann. Die Magensäuremenge sollte durch einen Magensäurehemmer gleichzeitig vermindert werden.
Nimmt der Patient diesen nicht ein, bleibt der Speisebrei im Darm zu sauer und die Kapseln wirken
schlecht. Die Größe der Pellets kann ebenfalls entscheidend sein. Die Menge der Enzyme wird dann
teilweise zu früh oder zu spät freigesetzt, sodass sie nicht gezielt am Speisebrei wirken kann. Sollten
die Durchfälle bei Enzymeinnahme weiterhin beobachtet werden, ist ein Medikamentenwechsel zu
empfehlen. Hierbei gilt es, die Dosis zunächst sehr großzügig zu wählen. Da einige Vitamine zu den
Fetten zählen, können die Blutspiegel der Vitamine A, D, E und K zu niedrig sein. Mangelzustände
wie Knochenschäden, Sehnerven- und Hautveränderungen können vermieden werden, wenn die
Vitamine gesondert zugeführt werden.
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen 17
Nachuntersuchungen und Patientenhilfe:
Alle Patienten sollten in regelmäßiger ärztlicher Kontrolle verbleiben, um den Gesundheitszustand
adäquat zu erfassen. Besondere Bedeutung erlangt die Einstellung des Blutzuckers. Hierbei werden
Ihnen vom Ihrem Arzt individuelle Nachuntersuchungszeiträume vorgeschlagen.
Selbsthilfeorganisationen sind gut organisiert und unterstützen Patienten bei persönlichen Proble-
men oder Fragen. Beispielgebend zu nennen sind der „Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V.“
sowie „Tumore und Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse e.V.“.
Haben Sie noch Fragen? Dann zögern Sie nicht, Ihren behandelnden Arzt in unserem Klinikum anzu-
sprechen.
18 Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Magenpförtner-erhaltende Pankreaskopfresektion - OP-Rekonstruktion
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen 19
Pankreaslinksresektion (milzerhaltend) - OP-Rekonstruktion
20 Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Notizen
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen 21
Notizen
22 Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Ernährung bei Pankreaserkrankungen
Die gesunde Ernährung spielt bei Pankreaserkrankungen eine bedeutende Rolle, zumal es heutzutage
keine bestimmte Bauchspeicheldrüsendiät mehr gibt. Wichtig ist, dass Sie täglich mehrere Mahlzeiten
zu sich nehmen und je nach dem Fettgehalt der Speisen die entsprechende Enzymmenge nach und
nach dazu einnehmen.
Dabei ist es unwesentlich, welche Krankheit vorliegt, abgesehen von akuten Krankheitsschüben oder
unmittelbar postoperativ – hier gelten besondere Grundsätze. Bedeutend ist zusätzlich, dass Ihrem
Körper ausreichend Kalorien angeboten werden, um einer ungewollten Gewichtsabnahme vorzu-
beugen. Das ist vor allem dann wichtig, wenn eine Operation und/oder anschließende Chemo- und
Strahlentherapie geplant sein sollten.
Bei guter Bekömmlichkeit steigern Sie darüber hinaus allmählich die Portionsgröße. 6 bis 8 kleine
Mahlzeiten werden Sie besser vertragen als 3 große Mahlzeiten, besonders dann, wenn Ihnen
zusätzlich ein Teil des Magens und Zwölffingerdarmes entfernt wurde.
Ernährungsberatung
Bei der ambulanten und stationären Behandlung von Pankreaserkrankungen nimmt die Ernährungs-
beratung einen hohen therapeutischen Stellenwert ein. Deshalb bieten zertifizierte Kliniken
individuelle Ernährungsberatungen und/oder Ernährungsschulungen an. Informieren Sie sich bitte
gern direkt bei uns oder über den unten abgebildeten QR-code.
Wurde Ihnen in der Pankreassprechstunde vom Arzt eine Ernährungsberatung empfohlen, werden
Ihnen in der Klinik die Sprechstundenkräfte gerne weiterhelfen und entsprechendes Informations-
material aushändigen.
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen 23
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