DER KOMPROMISS SCHIFFFAHRT

UM NEUE AUF FLÜSSEN UND

SCHUTZGEBIETE KANÄLEN: KÜNFTIG
FÜR DIE OSTSEE OHNE KAPITÄN?
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KUNDENSERVICE 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7 MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024 * D 2,70 E URO B Nr. 57

Munitionsnachschub Rechenpower
für die Ukraine Diese Produktpräsentation füllt eine Eishockey-Arena
mit 16.000 Teilnehmern im Silicon Valley: Jensen Huang,
Chef des US-Chipherstellers Nvidia, stellt den neuen

ist vorerst gesichert

Chip „Blackwell“ B200 vor. 208 Milliarden Transistoren
in zwei Chiplets haben die Entwickler zum größten Chip
der Welt fusioniert. Nvidia sieht das System als „Antrieb
einer neuen industriellen Revolution“ durch KI. Seite 9

Trotz wachsenden Drucks durch Russland: Weitere

S
Rückeroberungskampagne Kiews scheint machbar
eit der Eroberung der ostukraini-
schen Kleinstadt Awdijiwka durch
russische Truppen ist die Skepsis ge-
wachsen gegenüber Kiews Streit-
kräften und ihren Fähigkeiten, den
Krieg zugunsten der Ukraine entscheiden zu
können. Russland hat im Rahmen seiner Winter-
offensive die Initiative übernommen und die
Ukraine tut sich schwer, dagegenzuhalten – so
der einhellige Tenor von Beobachtern. Grund da-
für sei der Mangel an Munition und Ausrüstung,
sowie unzureichende Truppenstärke und eine
dürfte deshalb sein, dass einige Einheiten besser
versorgt sind als andere. Auch Logistikprobleme,
wie etwa im umkämpften Awdijiwka, können zu
Munitionsmangel führen. Zudem hängt es von
den vor Ort verwendeten Waffensystemen ab.
„50 Prozent aller ukrainischer Waffen stammen
noch aus der Sowjetunion und Russland“, erklär-
te Serhii Hrabovsky, ein ukrainischer Oberst, ge-
genüber WELT. Nato-Standard-Munition ist da-
für ungeeignet. Der benötigte Nachschub kommt
zum einen aus ehemaligen Ländern des Ost-
blocks, etwa Bulgarien, das Kiew bereits zu Be-
AFP/ JOSH EDELSON

sich ausbreitende Kriegsmüdigkeit unter den
Soldaten. Das Institute for the Study of War hält
„einen russischen Durchbruch in kurzer Zeit“ für
ein realistisches Szenario.
VON ALFRED HACKENSBERGER
ginn des Kriegs unbürokratisch und großzügig
beliefert hat. Aber auch die nationale Rüstungsin-
dustrie liefert. Im Februar wurden Tausende von
122-Millimeter-Granaten dem Militär übergeben.
Kiew hat den Verteidigungssektor 2023 bereits
um das Dreifache gesteigert, im laufenden Jahr
soll er um das Sechsfache wachsen.

Bundesbank: Zinspolitik hat

Dem zum Trotz plant Kiew offenbar eine
zweite großangelegte Kampagne zur Rückerobe-
rung. „Wir werden eine neue Gegenoffensive, ei-
ne neue Operation vorbereiten“, gab der ukraini-
sche Präsident Wolodymyr Selenskyj am 22. Fe-
Die Diskussion um den Munitionsmangel dürf-
te zumindest für den Moment nachrangig sein,
denn allein Tschechien hat insgesamt 1,5 Millio-
nen Artilleriegranaten für die Ukraine zugesagt.
Ein großer Teil davon soll bis Juni eintreffen. Da-

Wirtschaft träge gemacht

bruar, dem zweiten Jahrestag der russischen In-
vasion, bekannt. Ob es Zweckoptimismus, Pro-
paganda oder psychologische Kriegsführung ist,
die Kiew mit dieser Ankündigung verfolgt, ist
schwer zu sagen. Rückenwind bekam das Land
runter ist 155-Millimeter-Munition für westliche
Geschütze sowie die russische Variante des Kali-
bers 122 Millimeter. Deutschland hat noch einmal
120.000 des gleichen Typs zugesagt. Aus der EU
sollen bis März insgesamt 300.000 Stück vom

D
am Dienstag von US-Verteidigungsminister Kaliber 155 Millimeter hinzukommen. Zudem ha-

Lloyd Austin im Rahmen eines Treffens der so-
genannten Ramstein-Gruppe auf dem gleichna-
migen US-Luftwaffenstützpunkt in Rheinland-
Pfalz. Austin sagte weitere Unterstützung zu:
„Die USA werden die Ukraine nicht scheitern las-
sen.“ Bundesverteidigungsminister Boris Pistori-
us (SPD) sagte bei seiner Ankunft in Ramstein,
im Bemühen um mehr Munition für die Ukraine
gebe es Fortschritte. Der Minister kündigte ein
weiteres Hilfspaket Deutschlands im Volumen
von 500 Millionen Euro an. Darin enthalten sei-
en 10.000 Schuss Munition aus den Beständen
der Bundeswehr. Die Auslieferung beginne so-
fort, so Pistorius. Doch wie realistisch ist ein
neuerlicher Angriff der Ukraine aus der aktuellen
Lage heraus und welche Rolle spielen dabei west-
liche Waffenlieferungen?
LAGE AN DER FRONT
Russland hat die Angriffe auf vier Regionen ent-
lang der über 1000 Kilometer langen Front kon-
zentriert. Diese erfolgten an den Achsen bei Kup-
jansk, Bachmut, Awdijiwka und Robotyne. In den
vergangenen Monaten konnten die russischen
Truppen an zwei Abschnitten davon bis zu 2,5 Ki-
lometer vordringen. Bei Awdijiwka sollen es nach
der Eroberung der Kleinstadt bis zu vier Kilome-
ter gewesen sein. In Kupjansk konnte Russland
bisher keinerlei Geländegewinne verbuchen. Die
Lage mag an einigen Kontaktlinien angespannter
sein als an anderen. Aber die Front scheint sich
tatsächlich wieder stabilisiert zu haben, wie Kiew
schon vergangene Woche gemeldet hatte. Me-
dienberichten zufolge finden überwiegend Stel-
lungskämpfe statt und es gibt nur geringe bestä-
tigte Änderungen der Frontlinie. In Cherson
richteten sich russische Angriffe gegen die ukrai-
nischen Brückenköpfe auf dem Ostufer des Dni-
pros, blieben jedoch erfolglos und mit hohen
Verlusten verbunden. Würden Moskaus Truppen
ben die USA jüngst eine Munitionslieferung im
Wert von 300 Millionen Dollar bekannt gegeben.
Geliefert wird Munition für den Raketenwerfer
Himars, Streumunition, aber auch mindestens
100.000 Stück 155-Millimeter-Granaten. Es gibt
auch noch eine Reihe anderer EU-Länder und Ka-
nada, die eigenständig Munition liefern. Das
meiste davon soll bis Anfang Sommer in der
Ukraine eintreffen. Nach Plan sind das rund zwei
Millionen Stück Artilleriemunition – genau so
viele, wie die USA seit Kriegsbeginn geliefert ha-
ben. Kiew hat damit Planungssicherheit, zumal
für den Herbst neue Lieferungen angesetzt sind.
Eine „aktive Verteidigung“, für die ukrainische
Experten täglich 5000 Schuss veranschlagen,
sollte damit rund zehn Monate möglich sein. Man
kann aber davon ausgehen, dass die Ukraine La-
gerbestände für eine Offensive anlegt.
AUSRÜSTUNG
Die Ukraine verfügt immer noch über etwa 70 bis
80 Prozent der gelieferten westlichen Waffen-
systeme, wie auf der Website von Oryx zu verfol-
gen ist, eine niederländische Open-Source-Platt-
form, die visuell bestätigte ukrainische und rus-
sische Verluste dokumentiert. Allein seit Jahres-
beginn haben die EU, Kanada, Großbritannien
und die USA der Ukraine Unterstützung im Wert
von mindestens 65 Milliarden Euro zugesagt. Da-
rin enthaltene Militärhilfen umfassen gepanzer-
te Fahrzeuge, Haubitzen, Lenkraketen, Drohnen,
Minenräumer und vieles mehr. In wenigen Mo-
naten soll Kiew zudem erste F-16-Kampfjets von
einer Allianz mehrerer Länder erhalten – sobald
die Flugausbildung der ersten ukrainischen Pilo-
ten abgeschlossen ist. Mit Hilfe der F-16 könnte
Kiew die russische Luftwaffe zurückdrängen, die
seit Wochen mit Gleitbomben den ukrainischen
Streitkräften große Probleme bereitet. Die russi-
schen Bomben, die mit einem Lenksystem nach-
Produktivität legt kaum zu. Demografie ist zusätzliches Hindernis für Wachstum
urch Arbeit lässt sich Einkommen Spannbreite des Effizienzniveaus unter den Un-
erzielen. Doch damit daraus auch ternehmen gewachsen. Es gibt also gleichzeitig
Wohlstand erwachsen kann, hocheffiziente und wenig effiziente Firmen.
braucht es etwas Weiteres: stei- Das jedoch ist ein Problem, denn unter nor-
gende Produktivität. Nur wenn malen marktwirtschaftlichen Bedingungen
Arbeitnehmer, Unternehmen und Volkswirt- müssten die wenig effizienten durch neue, effi-
schaften immer effizienter werden, kann auch zientere aus dem Markt gedrängt werden. Die
der Lebensstandard steigen. Doch gerade bei Arbeitskräfte würden dann von den gescheiter-
der Produktivität gibt es seit nunmehr zwei ten zu den neuen Firmen wechseln und diese
Jahrzehnten in Deutschland und Europa kaum stärken. „Markteintritte und -austritte von Un-
noch Fortschritte. Die Bundesbank hat ihre ternehmen sind daher von großer Bedeutung
Ökonomen daher jetzt untersuchen lassen, wo- für den gesamtwirtschaftlichen Produktivitäts-
ran das liegt und wie der Trend umgekehrt wer- fortschritt“, so die Bundesbank-Ökonomen.
den könnte. Wie so oft, gibt es dabei nicht einen Doch seit Jahren gibt es immer weniger In-
Grund, sondern die Ursachen sind vielschichtig. solvenzen – in Deutschland ging ihre Zahl zwi-
schen 2004 und 2023 um 55 Prozent zurück,
VON FRANK STOCKER und auch die Zahl der Betriebsaufgaben sank in
diesem Zeitraum um 30 Prozent. Das wird in
So dürften die Finanz- und Schuldenkrise so- der Öffentlichkeit natürlich meist positiv gese-
wie die jahrelange Nullzinspolitik ihren Anteil hen, doch die Kehrseite davon ist, dass es auch
daran haben. Doch als weiterer Faktor wirkt of- immer weniger neue, produktivere Unterneh-
fenbar die Demografie – und dies droht den men gibt.
Stillstand auf viele Jahre festzuschreiben. Hel- Zwischen 2004 und 2014 sank die Zahl der
fen könnten nur schnelle und wirksame Struk- jährlichen Gewerbeanmeldungen von Betriebs-
turreformen, so die Bundesbank. Noch in den hauptniederlassungen um 30 Prozent auf rund
Siebzigerjahren wuchs die Produktivität in den 86.000 pro Jahr. Auf diesem Niveau stagniert
großen europäischen Ländern um zwei bis vier die Zahl seither, obwohl zwischen 2014 und 2019
Prozent pro Jahr. Doch seither ging es stetig ab- Hochkonjunktur herrschte. Die Wirtschaft ist
wärts, und seit nunmehr 20 Jahren legt sie fast also deutlich träger geworden, teilweise wie er-
durchgängig nur noch um weniger als ein Pro- starrt. Als Folge wächst die Produktivität kaum
zent zu. Gleichzeitig ist in dieser Zeit die noch, und der Wohlstand ebenso wenig. Doch
KOMMENTAR
warum ist das so? Es gibt dafür zum einen kon-
junkturelle Gründe, zum anderen strukturelle.
Zu den konjunkturellen zählen die Ökonomen
der Bundesbank die Verwerfungen aufgrund der
Finanzkrise und der anschließenden Staats-
schuldenkrise in Europa. Solche Krisen führen
zu Verunsicherung und somit zu weniger Unter-
nehmensneugründungen. Gleichzeitig verhin-
derten Stützungsmaßnahmen durch die Regie-
rungen vielfach Insolvenzen.
Bei den strukturellen Gründen gehen die
Ökonomen insbesondere auf die Niedrigzinspo-
litik ein. Verschiedene empirische Studien deu-
ten an, dass die lang anhaltende expansive Geld-
politik im Euroraum die Unternehmensdyna-
mik belastet haben könnte. „Mikrodaten für
zwölf EU-Länder, darunter Deutschland, Frank-
reich, Italien und Spanien, geben Hinweise da-
rauf, dass infolge der geldpolitischen Ausrich-
tung im Nachgang der globalen Finanz- und
Wirtschaftskrise der Anteil von unprofitablen
Unternehmen mit Zugang zu günstigen Finan-
zierungsbedingungen anstieg“, schreiben sie.
Zudem gebe es Hinweise, dass dies mit einer ge-
ringeren Rate von Unternehmenseintritten und
-austritten verbunden war. „Dieser Befund
könnte erklären, weshalb die Unternehmensdy-
namik im Euroraum – trotz der breit angelegten
konjunkturellen Aufwärtsbewegung – in der
Niedrigzinsphase kraftlos blieb“, heißt es.
FORTSETZUNG AUF SEITE 9

Vom Standstreifen auf die Überholspur

mit dem bisherigen Tempo der Winteroffensive gerüstet sind, sollen die ukrainischen Verteidiger
weiter vorstoßen, dann erreichten sie die anvi- in Awdijiwka maßgeblich zum Rückzug gezwun-

sierten ukrainischen Städte Pokrowsk und Kra-
matorsk in zwölf bis 15 Monaten.
DIE MUNITION
Vielfach berichteten ukrainische Truppen über
Munitionsmangel an der Front. WELT hat dage-
gen mit mehreren Soldaten gesprochen, die we-
der an den Frontlinien in Kupjansk, noch in Kre-
minna und selbst in Awdijiwka über unzureichen-
de Munition klagten. Am wahrscheinlichsten
gen haben. Die Flugzeuge aus amerikanischer
Produktion könnten in Zukunft zur Unterstüt-
zung der ukrainischen Offensivoperationen am
Boden Einsätze fliegen. Allen voran in Cherson.
Die bestehenden Brückenköpfe dort will die
Ukraine unter dem Schutz der F-16 ausweiten. So
soll der Bau einer Pontonbrücke möglich wer-
den, auf der Panzer und anderes schweres Gerät
über den Dnipro gebracht werden kann.
FORTSETZUNG AUF SEITE 6
D
ie Ökonomen der Bundesbank sind FRANK Grund für die Erschlaffung ist den Analysen der
nicht für marktschreierischen Alarmis- STOCKER Bundesbank zufolge die Demografie – und da-
mus bekannt. Ihre Analysen kommen ran lässt sich zunächst mal wenig ändern.
meist trocken und sachlich daher. Doch das Das können wir nur kompensieren, wenn wir
macht sie nicht weniger brisant – so wie die Rettungspakete. Beides führte dazu, dass umso drastischer an jenen Stellschrauben dre-
jetzt veröffentlichte Studie zu den Ursachen des marktwirtschaftliche Prozesse seit einiger Zeit hen, an denen wir es können, auch wenn das vie-
geringen Produktivitätswachstums. gelähmt und teilweise außer Kraft gesetzt sind. len wehtun dürfte: Turbo-Digitalisierung mit
Steigende Produktivität ist entscheidend da- Immer weniger Firmen gehen pleite, immer we- weniger Rücksicht auf die Bedenkenträger des
für, dass eine Volkswirtschaft mithalten kann in niger werden neu gegründet. Es fehlt die Datenschutzes, Vereinfachung von Genehmi-

S
einer Welt des schnellen Wandels, und dafür, „schöpferische Zerstörung“, die seit Joseph gungsprozessen mit weniger Klagerechten für
dass wir unseren Wohlstand halten und mehren Schumpeter als Basis für den langfristigen Er- individuell Betroffene. Oder ganz allgemein we-
obald die CDU wieder an der Macht ist, Hartz IV und Bürgergeld kommt nun die Neue können. Doch genau daran hapert es seit 20 Jah- folg einer Marktwirtschaft gilt. niger Konsenssuche, mehr Entscheidungen. Das
wird sie das größte Übel an der Wurzel Grundsicherung und danach wahrscheinlich das ren. Ein Grund dafür war die jahrelange Politik Mit den Nullzinsen ist es vorbei. Nun muss wird Proteste und Streit hervorrufen. Aber
packen, endlich das Bürgergeld abschaf- neue Bürgergeld oder Grundsicherung IV oder der Null- und Minuszinsen, zeigen nun die Bun- auch die Politik des Rettens aufhören. Vor allem Deutschland muss vom Standstreifen auf die
fen und durch die „Neue Grundsicherung“ er- Hartzgeld oder die neue Neue Grundsicherung, desbankökonomen einmal mehr. Aber das ist es aber braucht es grundlegende Reformen, um die Überholspur wechseln, und dafür braucht es ei-
setzen. Das Motto heißt dann for- und zwar als Bezahlkarte. Haupt- nicht allein. Mindestens ebenso entscheidend schöpferischen Kräfte in diesem Land wieder nige gewagte Manöver.
dern und fördern statt wie bisher sache, der Name ändert sich stän- war in den vergangenen Jahren die Politik der zur Entfaltung zu bringen. Denn ein weiterer forum@welt.de
fördern und fördern. Diese Initia- ZIPPERT ZAPPT dig, damit die Faulpelze auf Trab
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2 AUF EINEN BLICK * DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024

PLATZ DER REPUBLIK THEMA DES TAGES

CHRISTOPH KAPALSCHINSKI

Reinhold Würth Was auf die

hat den richtigen Ostsee-Segler
Ton getroffen
zukommt
M
it Wahlempfehlungen für ihre Mitarbeiter
halten sich die deutschen Unternehmer in

An der Küste Schleswig-Holsteins wird es

der Regel zurück – mit gutem Grund. Allzu
leicht wirkt solch ein Hinweis paternalistisch. Und

Einschränkungen für Touristen, Wassersportler und

allzu oft gehen die Interessen von Arbeitgebern und

G
Arbeitnehmern auseinander, nicht nur bei Mindest-
lohn und Erbschaftssteuer. Das hat in den vergange-
nen Jahren auch der Schrauben-Milliardär Reinhold Fischer geben. Es geht um neue Schutzgebiete
Würth erfahren.
Anders ist es im Fall des Wahl-Briefs, den der 88-
Jährige Anfang dieser Woche an seine Mitarbeiter und roßes schwarz-grünes Schul- 160.000 Hektar waren damals in den
verschiedene Medien schickte. Darin warnt er ein- terklopfen in Kiel. „Wir ha- Landkarten schraffiert worden, rund 50
dringlich davor, bei den anstehenden Wahlen leicht- ben gemeinsam viel er- Prozent der küstennahen Gewässer. Ein An-
fertig die AfD anzukreuzen. Die Partei strebe eine reicht“, lobt Schleswig-Hol- blick, der die versammelten Wassersportler
„Demokratur oder gleich eine Diktatur“ an, meint steins Ministerpräsident Da- der Region im vergangenen Sommer ebenso
Würth: „Bloß wegen ein bisschen Spaß an der Freude niel Günther (CDU) sich selbst und seinen in Rage versetzte wie die zuständigen Tou-
Rabatz zu machen und aus Unmut über die Ampel- grünen Koalitionspartner. „Ein echter Mei- rismus-Organisationen, die betroffenen
regierung die AfD zu wählen, ist einfach zu wenig.“ lenstein. Damit werden wir den Zustand der Kommunen samt den dort ansässigen CDU-
Das Schreiben dürfte an seinen Mitarbeitern nicht so Ostsee signifikant verbessern.“ Kreisverbänden. Zwei Vor-Ort-Besuche
einfach abperlen. Denn einerseits ist es die lange Le- Günthers und Goldschmidts gerieten im
benserfahrung des Baden-Württembergers, der seinem VON ULRICH EXNER vergangenen Sommer zu regelrechten Tri-
Brief Autorität verleiht. Würth ist einer der letzten bunalen gegen die schwarz-grünen Natio-
aktiven Unternehmer, die ihr Unternehmen als Teil „Wir haben mehr für den Ostseeschutz nalpark-Visionen. Ergebnis: Günther dis-
einer damals jungen und unbelasteten Generation erreicht als jede Landesregierung zuvor“, tanzierte sich von den Plänen des Kabi-
kurz nach dem Zweiten Weltkrieg groß gemacht ha- jubelt Tobias Goldschmidt (Grüne), der nettskollegen. Schleswig-Holsteins CDU
ben. Andererseits argumentiert Würth sehr persön- Umweltminister ist in der Kieler Koalition. fasste eigens einen einstimmigen Partei-
lich, fast naiv. Schleswig-Holstein übernehme mit diesem tagsbeschluss, nach dem es nie und nimmer
Fast jeder in Deutschland habe ein Auto, kurze Ar- Beschluss „auch international Verantwor- einen Nationalpark an der Ostsee geben
beitszeiten und dürfe ungestraft sagen, dass der Kanz- tung für diesen einzigartigen Naturraum“. dürfe. Die Grünen und ihr Umweltminister
ler ein Dummkopf sei, schreibt Würth. Echte Not, die Ein „großer Wurf“, ein „richtig gutes Bei- kämpften trotzdem noch ein Weilchen um
eine radikale Wahl rechtfertige, gebe es also nicht. Das spiel für Schwarz-Grün“, „ein guter Tag für ihr Maximalziel – sahen aber schließlich
unterscheide die Situation von jener Anfang der die Ostsee“. Soweit die politische Prosa im doch ein, dass sie der deutlich kleinere Part- Holsteins Ostküste drei neue Naturschutz- dürfen. Das gilt nicht nur für die – ohnehin
1930er-Jahre. Historiker dürften Würths Analyse als Kieler Landeshaus an diesem Dienstag. ner in der Kieler Koalition sind. Kleinere gebiete ausgewiesen werden: zwei größere nicht mehr besonders zahlreichen – Berufs-
unterkomplex und apologetisch abtun. Dennoch ge- Tatsächlich haben die beiden Koalitionä- Brötchen, Kompromisse. Landesvater Gün- westlich von Fehmarn und nördlich der fischer, sondern auch für die private Frei-
winnt Würths Schreiben durch die persönliche Note re in den vergangenen Wochen erhebliche ther, das immerhin, blieb zumindest bei Schleimündung sowie ein kleineres in der zeitfischerei. Lediglich das Strandangeln
und die Einordnung in seine eigene Lebensspanne an Abstriche von den ursprünglichen Schutz- dem von ihm selbst gesetzten Diktum, dass Hohwachter Bucht. Dazu kommen noch soll im bisherigen Umfang auch in diesen
Eindringlichkeit. Würth kann als einer der erfolgreich- plänen gemacht. Es wird nämlich keinen die Ostsee besser geschützt werden müsse. drei Gebiete nach der etwas durchlässige- Gebieten möglich sein. Auf diesem Wege
sten Unternehmer seiner Generation angstbefreit großen, zusammenhängenden Nationalpark „Der Zustand ist so, dass wir dringend mehr ren Natura-2000-Richtlinie, in denen die sollen laut Landesregierung „Rückzugs-
agieren und mischt sich entsprechend immer wieder geben vor der Ostseeküste Schleswig-Hol- machen müssen.“ bisher geltenden Umwelt-Regeln noch ein- und Ruheräume“ für Tiere und Pflanzen
in die Debatte ein. Das unterscheidet ihn von vielen steins, wie ihn sich vor allem die Grünen Herausgekommen sind bei den folgenden mal angeschärft werden sollen. entstehen.
jüngeren Unternehmern, die klare politische Worte zum Ziel gesetzt hatten. Auch Regierungs- wochenlangen, nach Angaben von Teilneh- Von den ursprünglich als „Potenzialkulis- In den drei neu zu errichtenden Natur-
scheuen – oft aus Furcht, etwas Falsches zu sagen chef Günther stand dieser Idee zunächst mern zuweilen ziemlich mühevollen Ver- se“ vorgestellten 160.000 Hektar sollen schutzgebieten wird zudem in den Monaten
oder sich Kritik auszusetzen. keinesfalls ablehnend gegenüber– bis Kabi- handlungen der „Aktionsplan Ostseeschutz demnach nur noch 39.000 Hektar Wasser- November bis März keinerlei Schifffahrt,
Noch schlimmer ist allerdings die Inflation an wohl- nettskollege Goldschmidt vor ziemlich ge- 2030“ sowie eine Karte, in der nur noch et- fläche unter Schutz gestellt werden. Das auch nicht unter Segeln, möglich sein. Ha-
feilen pseudo-politischen Statements, die Unterneh- nau einem Jahr eine ausgesprochen um- wa ein Viertel der ursprünglich als „Ge- entspricht 12,5 Prozent der küstennahen fenzufahrten sollen von dieser Regel ausge-
men erkennbar nicht aus Überzeugung abgeben, son- fangreich geratene „Gebietskulisse“ für die- bietskulisse“ vorgesehenen Fläche schraf- Ostseegewässer. In diesen Gewässern soll nommen werden. Auch andere Wasser-
dern aus Kalkül ihrer Marketing-Abteilungen. Solch sen geplanten Nationalpark veröffentlichte. fiert ist. Demnach sollen vor Schleswig- grundsätzlich nicht mehr gefischt werden sportler, zum Beispiel Kiter und Surfer,
opportunistische Bekenntnisse zu Nachhaltigkeit oder
Vielfalt, die Marken Tiefe und „Purpose“ verleihen
sollen, wirken in ihrer Flut inzwischen oft kontra-
produktiv: Sie lösen bei dem Teil der Adressaten, der
sich nicht angesprochen fühlt, zunehmend Trotz aus.
Das ist das Gegenteil von dem, was der Unternehmer

Würth mit seinem Brief erreicht, der erkennbar nicht
von einer Marketing-Abteilung bis zur Unkenntlich-
keit rundpoliert wurde. Deutschland und die Freiheit
bräuchten mehr Unternehmer, die sich solche unver-
fälschten Worte trauen.
INNENPOLITIK AUSSENPOLITIK
den Ausschusssitzungen teilnehmende Personenkreis nicht
in meinem Belieben steht“, schrieb Strack-Zimmermann in
Reaktion auf Äußerungen von Bas. Neben den Abgeordneten
und Vertretern der Ministerien seien auch „Vortragende der
POTSDAM Fachebene für detaillierte Antworten im Sitzungssaal anwe- HONGKONG

Einreiseverbot für Martin Sellner „Sicherheitsgesetz“ ausgeweitet

IMPRESSUM
Verleger AXEL SPRINGER (1985†)
Herausgeber: Stefan Aust
Chefredakteur: Dr. Ulf Poschardt
Stellvertreter des Chefredakteurs:
Oliver Michalsky
Chefredakteure in der Welt-Gruppe:
Verlag: Axel Springer Deutschland
GmbH: Geschäftsführung:
Claudius Senst, Christoph Eck-Schmidt,
Carolin Hulshoff Pol
COO WELT: Bettina Formen
send“. Die Bundestagspräsidentin hatte Verwunderung darü-
ber ausgedrückt, dass an der Sitzung 105 Leute teilgenom-
men hätten und Strack-Zimmermann dies zugelassen habe.
Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung Mehr über die Hintergründe zur Taurus-Debatte lesen Sie Hongkongs Legislativrat hat das umstrittene sogenannte
in Österreich, Martin Sellner, darf nicht mehr nach Deutsch- auf Seite 10, einen Kommentar auf Seite 7. Nationale Sicherheitsgesetz ausgeweitet. Das mit peking-
land einreisen. Die brandenburgische Landeshauptstadt treuen Abgeordneten besetzte Gremium verabschiedete die
Potsdam bestätigte, dass sie ein Einreiseverbot gegen „einen Aktualisierung einstimmig. Das als Artikel 23 bezeichnete
IN SCHULEN, HOCHSCHULEN UND BEHÖRDEN
EU-Bürger“ erwirkt habe. Nach dpa-Informationen handelt Paket tritt am 23. März in Kraft. Es ergänzt das bestehende

Bayern verbietet Gendersprache

Dr. Jan Philipp Burgard,
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es sich um Sellner. Er hatte bei einem Treffen in Potsdam Sicherheitsgesetz und führt neue Strafen ein. So drohen auf
unter Beteiligung von AfD-Vertretern im vergangenen Verrat, Sabotage, Aufruhr, Diebstahl von Staatsgeheimnissen
Herbst über Pläne zur Ausweisung von Menschen mit Mi- und Spionage nun bis zu lebenslange Gefängnisstrafen. Das
grationshintergrund gesprochen. Ein Bericht des Recher- In Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden ist die Ver- ursprüngliche „Sicherheitsgesetz“ für die Sonderverwal-
chenetzwerks „Correctiv“ darüber hatte zahlreiche große wendung von geschlechtersensibler Gendersprache aus- tungszone Hongkong war auf Druck der chinesischen Re-
Demonstrationen gegen Rechtsextremismus zur Folge. drücklich verboten. Das Kabinett beschloss die dafür not- gierung 2020 eingeführt worden.
wendige Änderung der Allgemeinen Geschäftsordnung für
die Behörden des Freistaates Bayern (AGO). Die AGO ver-
EUROPARAT pflichtete die staatlichen Behörden und damit auch die USA

Wiegelmann Investigation/Reportage:
Tim Röhn Außenpolitik: Klaus Geiger,
Caroline Turzer Wirtschaft und Geld:
Jan Dams, Olaf Gersemann, Thomas
Exner (Senior Editor) Feuilleton: Dr.
Mara Delius, Andreas Rosenfelder
Stil/Reise/Leben: Heiko Zwirner Sport:
Matthias Brügelmann Wissen: Sonja
Kastilan Nachrichten/Gesellschaft:
Thore Barfuss Community/Social:
Franziska Zimmerer CvD/Produktion:
Patricia Plate Foto: Stefan A. Runne
Infografik: Karin Sturm
Chefökonomin: Dr. Dorothea Siems
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Berlin muss mehr gegen Armut tun Trump und die jüdischen Wähler
Schulen zwar bereits jetzt, die amtliche Regelung der deut-
schen Rechtschreibung im dienstlichen Schriftverkehr an-
zuwenden, diese Regelung sei nun aber nochmals „klar-
Der Europarat hat Deutschland aufgefordert, gegen die stellend ergänzt“ worden. „Für uns ist die klare Botschaft, Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Donald
wachsende Ungleichheit im Land vorzugehen. „In diesem Sprache muss klar und verständlich sein“, sagte Staatskanz- Trump hat Juden in den USA über den Zusammenhang zwi-
Zusammenhang muss der Bekämpfung der hohen Armuts- leichef Florian Herrmann (CSU). Es gehe mit dem Verbot schen Glauben und Wahlentscheidung belehrt. „Jede jü-
quoten, insbesondere bei Kindern, älteren Menschen und auch darum, die „Diskursräume in einer liberalen Gesell- dische Person, die für die Demokraten stimmt, hasst ihre
Menschen mit Behinderungen, verstärkte Aufmerksamkeit schaft offenzuhalten“. Eine ideologisch geprägte Sprache Religion“, behauptete Trump, als er zur wachsenden Kritik
gewidmet werden“, erklärte die Menschenrechtskommis- etwa beim Gendern habe eine exkludierende Wirkung. In der Demokraten am Vorgehen der israelischen Regierung
sarin Dunja Mijatovic. Das hohe Maß an Armut und sozialer bestimmten gesellschaftlichen Milieus gebe es zudem viele von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Gazakrieg
Ausgrenzung stehe in keinem Verhältnis zum Reichtum des missionarische Nutzer bei der Verwendung der Sprache, was

DIE GUTE NACHRICHT

Auslandskorrespondenten: Athen:
Carolina Drüten Brüssel: Dr. Christoph
Schiltz Kapstadt: Christian Putsch
London: Mandoline Rutkowski Marra-
kesch: Alfred Hackensberger Moskau:
Pavel Lokshin New York: Hannes Stein
(einschließlich Text und Data Mining gem.
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Landes. Die Kommissarin begrüßte die von der Bundes- nicht mit einer offenen Gesellschaft vereinbar sei.
regierung ergriffenen Maßnahmen, um das Sozialsystem
zugänglicher zu machen und die Sozialversicherungsleis-
tungen zu erhöhen. In vielen anderen Bereichen stellte sie ANSCHLAGSPLAN IN SCHWEDEN
DEUTSCHE BAHN
Mutmaßliche Islamisten verhaftet
der Sozialpolitik kein gutes Zeugnis aus. So fordert sie die

Letzter ICE 4 übergeben

Paris: Martina Meister Tel Aviv: Christi-
ne Kensche Warschau: Philipp Fritz
Washington: Stefanie Bolzen Ständige
Mitarbeit: Prof. Michael Stürmer
Autoren: Henryk M. Broder,
Peter Huth, Alan Posener, Hans Zippert
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DIE WELT, USPS No. 0603-590. Es gilt
die WELT-Preisliste Nr. 102, gültig ab
Bundesregierung auf, mit „umfassenden Maßnahmen“ gegen
die Wohnungsnot vorzugehen. Es brauche eine auf Men-
schenrechten basierende Wohnungsstrategie. Auch müsse Die Bundesanwaltschaft hat zwei mutmaßliche Islamisten
die Regierung den nationalen Aktionsplan zur Beseitigung bei Gera in Thüringen wegen Terrorverdachts festnehmen Die ICE-4-Flotte der Deutschen Bahn ist komplett.
von Obdachlosigkeit unverzüglich verabschieden. lassen. Den beiden Afghanen werde vorgeworfen, einen Der letzte der 137 bei Siemens Mobility bestellten
Anschlag mit Schusswaffen nahe dem schwedischen Par- Züge wurde kürzlich ausgeliefert und erhielt den Na-
lament geplant zu haben, sagte eine Sprecherin in Karlsruhe. men „Spree“. „Mit ihm wird das bisher größte Pro-
TAURUS-SITZUNG IM VERTEIDIGUNGSAUSSCHUSS
Sie sollen demnach im Sommer 2023 Anweisungen von ei- gramm zur Modernisierung der Fahrzeugflotte der

Strack-Zimmermann kritisiert Bas

Genève“ (beide Schweiz)
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nem Ableger der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) Deutschen Bahn abgeschlossen“, sagte Bundesver-
erhalten haben. Der Anschlag hätte eine Reaktion auf die kehrsminister Volker Wissing (FDP) bei der Veranstal-
damals in Schweden und anderen skandinavischen Ländern tung am Berliner Hauptbahnhof. Der ICE 4 sei ein
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes stattfindenden Koranverbrennungen sein sollen, teilte die wichtiger Baustein für das Ziel der Bundesregierung,
Strack-Zimmermann, hat in der Debatte über die Weitergabe Behörde weiter mit. Ziel sollten demnach Polizisten und die Verkehrsleistung auf der Schiene bis 2030 im Ver-
vertraulicher Informationen aus dem Gremium Kritik der andere Menschen sein. Dazu hätten sie enge Absprachen mit gleich zu 2015 zu verdoppeln. Bahnchef Richard Lutz
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas scharf zurückgewiesen. Funktionären des Islamischen Staats Provinz Khorasan nannte den Zug das „Rückgrat des Fernverkehrs“ beim
Die Antwort von Bas auf ihre Anzeige eines möglichen Ge- (ISPK) getroffen, dem IS-Ableger in Afghanistan und Pakis- bundeseigenen Konzern. Keine andere ICE-Baureihe
heimnisverrats aus der letzten Sitzung habe sie „mit Irritati- tan. Sie sollen im Internet zu den örtlichen Verhältnissen kommt derzeit auf so viele Fahrzeuge wie die vierte
on zur Kenntnis genommen“, schrieb die FDP-Politikerin an recherchiert und mehrfach versucht haben, sich Waffen zu Generation des Hochgeschwindigkeitszugs.
Bas. „Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass der an beschaffen. Das sei erfolglos geblieben.

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DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024 *
Betroffene Region: müssen in diesen Schutzgebieten in den
die Hohwachter Bucht Wintermonaten erhebliche Einschränkun-
in Schleswig-Holstein gen hinnehmen. Badestrände werden von
den neuen Regeln dagegen laut Landesre-
gierung ganzjährig nicht betroffen sein.
Spätestens im Jahr 2026 sollen die zur
Ausweisung der Naturschutzgebiete nöti-
gen Verfahren abgeschlossen sein. Mit grö-
ßeren Widerständen rechnet zumindest die
schwarz-grüne Koalition nach dem Verzicht
auf ihre Nationalparkpläne nicht mehr. Ob
diese Erwartungen sich mit der Realität in
Einklang bringen lassen, werden die kom-
menden Wochen und Monate zeigen. Aller-
dings hatten auch die entschiedensten Kri-
tiker der Nationalpark-Pläne zuletzt immer
gefragt wurde. „Sie hassen alles an Israel und sie sollten sich
schämen, denn Israel wird zerstört werden.“ Auch die De-
mokratische Partei hasse Israel. Das Wahlkampfteam von
Präsident Joe Biden erklärte, der Einzige, der sich hier schä-
men sollte, sei Trump. Das Weiße Haus sprach von nieder-
trächtigem Antisemitismus, ohne Trumps Namen zu erwäh-
nen. Warum Joe Biden jetzt Milliarden in eine Minderheit
investiert, lesen Sie auf Seite 6.
NORDKOREA
Mehrfachraketenwerfer getestet
Nordkorea hat seine Waffentests mit der Erprobung eines
atomwaffenfähigen Mehrfachraketenwerfers fortgesetzt.
Machthaber Kim Jong-un habe den gleichzeitigen Start von
sechs Raketen verfolgt, berichtete die staatliche Nachrich-
tenagentur KCNA. Diese sollten die „Hauptstadt des Fein-
des“ zerstören können. Der südkoreanische Generalstab
erklärte, Nordkorea habe offenbar noch mehr als die sechs
von KCNA gezeigten Raketen getestet. Die getesteten Ge-
schosse haben laut KCNA ein Kaliber von 600 Millimetern
und sind laut Experten eine Mischung aus Artilleriegranaten
und ballistischen Raketen, weil sie einen eigenen Antrieb
haben und im Flug gesteuert werden können.
WISSEN
WELTWETTERORGANISATION
Düsteres Klimabild
Der Klimawandel ist im vergangenen Jahr mit alarmierenden
Negativ-Rekorden deutlicher denn je sichtbar geworden.
Celeste Saulo, die Chefin der Weltwetterorganisation
(WMO), sprach bei der Veröffentlichung des Berichts über
den Zustand des Weltklimas 2023 von „Alarmstufe Rot“:
„Beim Klimawandel geht es um viel mehr als um Temperatu-
ren. Was wir im Jahr 2023 erlebt haben, insbesondere die
beispiellose Erwärmung der Ozeane, den Rückzug der Glet-
scher und den Verlust des antarktischen Meereises, gibt
Anlass zu besonderer Sorge.“ Die WMO bestätigte ihre vor-
läufigen Schätzungen: Die global gemittelte Durchschnitts-
temperatur lag 2023 rund 1,45 Grad über dem Niveau vor der
Industrialisierung. Davor war 2016 das wärmste Jahr, mit
rund plus 1,3 Grad. Einen Kommentar lesen Sie auf Seite 7.
ERDZEITALTER
Der Mensch als geologischer Faktor
Leben die Menschen im Holozän oder doch im Anthropo-
zän? Über die Erdzeitalter ist eine Diskussion entbrannt.
AUF EINEN BLICK 3
wieder betont, dass sie zu Zugeständnissen können. In diesem Jahr sollen es 100 Standorte sein, nächs-
FREE THEM NOW
zugunsten des Ostseeschutzes bereit seien tes Jahr sollen 2000 Plätze hinzukommen. Die Ankündigung
– am besten auf freiwilliger Basis. Das al- ist spektakulär, denn seit Jahren haben die Zustelldienste
lein, so betonte Günther auch an diesem DHL, Hermes, DPD, GLS und auch Amazon ihr eigenes
Geisel der
Dienstag, werde nicht reichen. „Nur mit Süppchen gekocht – meistens vergeblich und immer zu ho-
Freiwilligkeit können wir die Probleme hen Kosten. Für viele Kunden ist das so unverständlich wie
nicht lösen.“ unsinnig, weil sie umständliche Wege zu unterschiedlichen Hamas
Der von der internationalen Helsinki- Zustelldiensten und deren Abholorten nehmen müssen. Eine
Kommission für den Schutz der Meeresum- Lösung für alle Paketkartons ist seit Langem die Forderung.
welt in der Ostsee herausgegebene Bericht Lesen Sie den Bericht auf Seite 10.
„State of the Baltic Sea 2023“ listet unter
anderem „übermäßige Fischerei und Nut-
zung anderer Ressourcen“, „Verschmut- TAG AN DER BÖRSE
Dax kaum verändert
zung“, erheblicher „Sauerstoffmangel“ so-
wie „Überdüngung“ und die durch den Kli-
mawandel erhöhten Wassertemperaturen
auf – und macht sie für den aktuell schlech- Einen Tag vor dem Zinsentscheid der US-Notenbank haben Omer Shem
ten, einen Großteil der in dem Meer leben- sich die Anleger an den europäischen Börsen zurückhaltend Tov, 31, entführt
den Arten gefährdenden Zustand der Ost- gezeigt. Im Verlauf des Dienstags pendelte der Index um den vom Nova-
see verantwortlich. So hat sich die Fläche Vortagesschluss. Zum Börsenschluss notierte der deutsche Musikfestival
der sogenannten „Todeszonen“ – Meeresge- Leitindex Dax 0,3 Prozent fester bei 17.988 Punkten. Mehr BRINGTHEMHOMENOW.NET
biete, in denen Lebewesen wegen der gerin- Kurse finden Sie auf Seite 9.
gen Sauerstoffkonzentration nicht existie-
ren können – nach einer Studie der Univer- sechsstelligen Bereich entstanden. „Die voraussichtlichen
sität Aarhus in den vergangenen 100 Jahren BAUBRANCHE Gesamtkosten für die Arbeit des Zukunftsrats belaufen sich
verzehnfacht. auf rund 200.000 Euro“, erklärte die rheinland-pfälzische
Neben der Ausweisung von Natur- Wie ist die Stimmung? Staatskanzlei. Die Schlussabrechnung liege noch nicht vor.
schutzgebieten sieht der „Aktionsplan Entwicklung des Geschäftsklimas (saisonbereinigt) Im März 2023 hatte die Rundfunkkommission den mit acht
Ostseeschutz 2030“ deshalb auch eine wei- im Bauhauptgewerbe in Deutschland, in Punkten
Experten besetzten Zukunftsrat eingesetzt, damit das Gre-
tere Verringerung des landwirtschaftsbe- mium langfristige Perspektiven für den öffentlich-recht-
0
dingten Eintrags von Düngemittel-Nähr- lichen Rundfunk vorlegt. Vereinbart wurde damals, dass die
stoffen vor. Bis 2030 sollen Schleswig-Hol- -10 –16,0 Länder die Kosten gemeinsam tragen. Mitte Januar hatte der
steins Landwirte zusätzlich zu den ohne- Tiefbau Zukunftsrat seinen Abschlussbericht vorgelegt.
hin geplanten Reduzierungen durch die -20
-35,4
Brüsseler Düngemittelverordnung weitere -30
TOD DER STUDENTIN HANNA
Bauhaupt-
zehn Prozent der in die Ostsee gelangen- gewerbe
Neun Jahre Haft wegen Mordes
den Einträge einsparen, bis 2035 dann -40
PICTURE ALLIANCE/ XIM.GS
noch einmal zehn Prozent. Eine entspre- –53,1
-50 Hochbau
chende Vereinbarung will die Landesregie-
rung mit dem schleswig-holsteinischen -60 –61,9 Im Indizienprozess um den Tod der Studentin Hanna hat
Bauernverband treffen. Dessen Präsidium Wohnungs- das Landgericht Traunstein den angeklagten jungen Mann
-70
hat nach Angaben Günthers bereits signali- bau zu neun Jahren Haft verurteilt. Nach Auffassung der Ju-
siert, dass die Landwirte bereit sind, diese Feb. Apr. Juni Aug. Okt. Dez. Feb. gendkammer hat der damals 20-Jährige die junge Frau am
2023 2024.
Herausforderung anzunehmen. Quelle: Statista/ifo Konjunkturperspektiven
3. Oktober 2022 auf ihrem Heimweg vom Club „Eiskeller“
Im Gegenzug ist Schwarz-Grün offenbar in Aschau im Chiemgau aus sexuellen Motiven verfolgt,
bereit, den Bauern wie auch den von den angegriffen und dann schwer verletzt in den nahen Bärbach
SPORT
Naturschutz-Einschränkungen betroffenen geworfen. Er wurde wegen gefährlicher Körperverletzung
Fischern Entschädigungsleistungen anzu- und Mordes verurteilt. Laut Obduktion ertrank die 23-
bieten. Entsprechende Gespräche, so die Jährige. Die Hintergründe lesen Sie auf Seite 4.
Ostsee-Schützer Günther und Gold-
schmidt, sollen im Rahmen der bevorste- FUSSBALL-NATIONALMANNSCHAFT
DROSTEN ÜBER BESCHIMPFUNGEN
Pavlovic fällt für Länderspiele aus
henden Ausweisung der neuen Schutzgebie-
„Redeschwall an Fäkalwörtern“
te geführt werden. Die beiden Politiker kün-
digten zudem an, dass das Land Schleswig-
Holstein „seinen fairen Anteil“ an den Kos- Debüt verschoben: Bayern Münchens Jungstar Aleksandar
ten der Beseitigung von Munitionsaltlasten Pavlovic fällt für die kommenden beiden Länderspiele der Der Virologe Christian Drosten hat vor dem Amtsgericht
aus der Ostsee beteiligen werde. Nach der- deutschen Fußball-Nationalmannschaft aus. Der 19 Jahre Waren in einem Verfahren als Zeuge gegen drei Angeklagte
zeitigem Kenntnisstand befänden sich noch alte Mittelfeldspieler, der von Bundestrainer Julian Nagels- ausgesagt, die den Wissenschaftler im Sommer 2022 massiv
immer rund 300.000 Tonnen konventionel- mann erstmals in den DFB-Kader berufen worden war, lei- beleidigt haben sollen. Die Beschimpfungen seien mit einem
le und circa 5000 Tonnen chemische Muni- det an einer Mandelentzündung und musste deshalb für die großen Hass gegen seine Person einhergegangen, sagte
tion aus den Weltkriegen auf dem Grund Testspiele am Samstag (21 Uhr/ZDF) in Lyon gegen Frank- Drosten. Er sei auf einem Campingplatz bei Wesenberg
der Ostsee. reich und drei Tage später gegen die Niederlande in Frank- (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) dreimal verbal
furt absagen. Stand jetzt plant Nagelsmann keine Nach- attackiert worden. Angeklagt sind zwei Frauen und ein
nominierung. Mehr zur Nationalmannschaft und zur Rolle Mann. In einem Fall sei Drosten mit seinem vierjährigen
des Rückkehrers Toni Kroos lesen Sie auf Seite 13. Sohn vom Zähneputzen auf dem Rückweg zum Zelt gewe-
sen. Dann habe sich ihnen ein Mann mit Bierflasche in den
Weg gestellt und ihn lautstark grölend als Massenmörder
SEXUELLE AGGRESSION beschimpft, der in den Knast gehöre. Eine der angeklagten
Alves beantragt Haftentlassung
Geologen wollen das Anthropozän als von Menschen beein- Frauen habe ihn mit einem ganzen „Redeschwall aus Fäkal-
flusstes Zeitalter festschreiben. Als Beleg dienen Ablagerun- wörtern“ übergossen, so Drosten. Der Virologe gelangte
gen in einem See in Kanada. „Entscheidend ist der deutliche während der Corona-Pandemie zu großer Bekanntheit.
Anstieg von Plutonium 239 und 240 zwischen 1948 und Knapp einen Monat nach seiner Verurteilung zu viereinhalb
1964“, sagt der Wissenschaftshistoriker Jürgen Renn. Eine Jahren Haft wegen sexueller Aggression hat Fußball-Profi
Kommission hat den Vorschlag abgelehnt, über den richti- Dani Alves eine vorläufige Entlassung aus dem Gefängnis BRITISCHE ROYALS
Video soll Kate beim Shoppen zeigen
gen Zeitpunkt wird gestritten. „Die Dinosaurier starben beantragt. Alves habe bei einer Anhörung in Barcelona ver-
auch nicht plötzlich aus. Trotzdem hat man die Zeitalter sichert, dass er nicht fliehen werde, sagte die Anwältin des
definiert“, sagt Renn. Wie die Festlegung weitergeht, lesen 40 Jahre alten Brasilianers. Er wolle bis zu einer Entschei-
Sie auf Seite 8. dung zum Einspruch gegen das Urteil auf freien Fuß gesetzt Die britische Boulevardzeitung „The Sun“ hat ein Video von
werden. Die Anwältin des Opfers sprach sich dagegen aus: Prinz William und seiner Frau Kate veröffentlicht. Schau-
WIRTSCHAFT UND GELD
„Es besteht ganz offensichtlich Fluchtgefahr.“ platz soll ein Bauernhof-Geschäft nahe dem Haus des
Thronfolgerpaars in Windsor gewesen sein. In den Auf-
nahmen ist zu sehen, wie das Paar beim Gehen lächelt und
OLYMPISCHE SPIELE IN BRISBANE 2032 Einkaufstüten trägt. Das Video sei am Samstag entstanden,
ZUM 1. JULI
Stadion-Neubau liegt auf Eis
berichtete die „Sun“. Der Kensington-Palast kommentierte
Renten steigen um 4,57 Prozent
das Video zunächst nicht. Es waren die ersten veröffent-
lichten Videoaufnahmen von Kate seit ihrer Bauch-OP vor
Acht Jahre vor den Olympischen Spielen 2032 in Brisbane zwei Monaten. Am 10. März hatte der Kensington-Palast ein
„Der starke Arbeitsmarkt und gute Lohnabschlüsse ma- wirft eine unabhängige Überprüfung der Infrastruktur vor Foto von Kate und ihren drei Kindern veröffentlicht. Als
chen das möglich“: Für die mehr als 21 Millionen Rentner Ort Fragen über Kosten und die Eignung von Stadien auf. allerdings Nachrichtenagenturen das Foto zurückzogen und
in Deutschland steigen die Bezüge zum 1. Juli um 4,57 Pro- Der geplante Neubau des legendären Cricket-Stadions „The sich Kate für eine Bearbeitung des Bildes entschuldigte,
zent – und zum ersten Mal gehen die Renten in Ost und Gabba“, das Herzstück der Spiele werden sollte, liegt in- führte dies zu weiteren Spekulationen.
West in gleichem Ausmaß in die Höhe. Die Rentenanpas- zwischen auf Eis. Das Prüfgremium empfiehlt unter ande-
sung liege deutlich über der Inflationsrate, sagte Arbeits- rem, das „Gabba“ abzureißen und stattdessen ein neues
minister Hubertus Heil (SPD). Tatsächlich hatte sich die Stadion im Norden der Stadt zu bauen. Der Premierminis- WETTER
Inflation in Deutschland zuletzt weiter abgeschwächt, im ter des Bundesstaates Queensland, Steven Miles, sprach 5 1
6 Kiel
Februar lagen die Verbraucherpreise noch um 2,5 Prozent sich allerdings dagegen aus: „Wenn die Einwohner von
1 14
über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im Herbst waren Queensland mit Wohnungs- und anderen Kosten zu kämp- 6 Rostock
Schätzer noch von einer Rentensteigerung um 3,5 Prozent fen haben, kann ich vor ihnen nicht rechtfertigen, 3,4 Milli- Hamburg 11
Bremen 7
im Juli ausgegangen. arden Dollar für ein neues Stadion auszugeben.“ Statt-
17 16
dessen plane die Regierung, zwei bereits bestehende Sta- 9 9
Hannover Berlin
16
dien zu sanieren.
18 7
UNBEFRISTETE STREIKS BEI LUFTHANSA? 7 Münster 18
9
Urabstimmung begonnen
19
KULTUR UND GESELLSCHAFT Düsseldorf
8 Kassel Leipzig
16
17 7
16 8 Dresden
Köln 19 6
Im Tarifkonflikt beim Lufthansa-Bodenpersonal hat die 6
Sonne
Gewerkschaft Ver.di mit der Urabstimmung über unbe- BILDUNG Frankfurt
21 2
Was Bismarck und Brandt sagten
fristete Streiks begonnen. Zwar sollen Thüringens Minister-
Saarbrücken 8
präsident Bodo Ramelow und der Ex-Chef der Bundesagen- Nürnberg 06:24 18:36
19
tur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, in der Auseinanderset- 8 19
Stuttgart 5 Mond
zung schlichten. Sollte dies jedoch kein für sie zufrieden- Bildungswortschatz – was ist das überhaupt? Wer benutzt
1 21
stellendes Ergebnis bringen, will die Gewerkschaft einen Wörter wie „abundant“, „Disruption“ oder „sardonisch“? 8
München
„Erzwingungsstreik“ ausrufen. Die Schlichtung soll am Mon- Und welche Gründe gibt es dafür? Diesen Fragen geht Friedrichshafen 13:10 05:15
19
tag beginnen und spätestens am Gründonnerstag enden. WELT-Redakteur Matthias Heine in seinem neuen Buch 19 8 Angaben für Kassel
Oft Sonne und Wolken, mild
Damit sollen Streiks an Ostern vermieden werden. Während „Kluge Wörter“ nach. Auch zwei deutsche Kanzler aus ganz 7
der Schlichtung soll eine Friedenspflicht gelten. unterschiedlichen Epochen haben zwei Wörter zur Bildungs-
sprache beigesteuert. Welche das sind, steht auf Seite 15.
Heute: Im äußersten Norden überwiegen triste Wolken- und zum
Teil auch Nebelfelder. Dabei fällt gebietsweise etwas Regen oder
PAKETZUSTELLUNG Nieselregen. Sonst wechselt sich die Sonne nach Auflösung teilweise
ÖFFENTLICH-RECHTLICHER RUNDFUNK zäher Nebel- oder Hochnebelfelder mit Wolken ab, und es bleibt
Post plant den Traum aller Kunden größtenteils trocken. Im Norden werden 10 bis 17 Grad erreicht,
Zukunftsrat kostet 200.000 Euro sonst steigen die Höchstwerte auf 14 bis 21 Grad.
Biowetter: Bei Personen mit niedrigen Blutdruckwerten kommt es
Die Deutsche Post und ihr Paketdienst DHL wollen Paket- vermehrt zu Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen. Neben einer
automaten aufstellen, die von allen Zustelldiensten oder Durch die Einsetzung des Zukunftsrats für den öffentlich- erhöhten Reizbarkeit und Nervosität kommt es heute auch zu einer
auch dem Einzelhandel für Lieferungen genutzt werden rechtlichen Rundfunk sind den Bundesländern Kosten im eingeschränkten Leistungsfähigkeit.
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4 POLITIK
FDP dringt auf
Aufarbeitung der
Corona-Politik
Brief an Koalitionspartner
SPD und Grüne
D
ie FDP-Fraktion fordert die Am-
pel-Koalitionäre erneut zur Bil-
dung einer Enquete-Kommissi-
on auf, um die Corona-Pandemie aufzu-
arbeiten. Dies geht aus einem Brief her-
vor, der am Montag an die Fraktionsspit-
zen von SPD und Grüne versandt wurde
und der WELT exklusiv vorliegt. Initiato-
ren des Briefs sind der gesundheitspoliti-
sche Sprecher der FDP-Fraktion Andrew
Ullmann und Bundestagsvize Wolfgang
Kubicki.
VON KAJA KLAPSA
„Wir haben drei Jahre in einem gesell-
schaftlichen Zustand gelebt, der drin-
gend aufgearbeitet werden muss“, heißt
es in dem Brief. Damit sei nicht gemeint,
einem Maßnahmenrevisionismus Vor-
schub zu leisten, das Gegenteil sei der
Fall. „Wenn wir nicht gründlich mit wis-
senschaftlicher Hilfe aufarbeiten, welche
Maßnahmen notwendig und sinnvoll wa-
ren, welche Entscheidungsprozesse legi-
tim und demokratisch angemessen wa-
ren, welche wirtschaftlichen Einschnitte
vertretbar und effizient waren, dann
kann es passieren, dass schnell das Ver-
gessen Einzug hält und eine gesellschaft-
liche Heilung nicht eintreten kann.“
Es müsse ein Modus Operandi gefun-
den werden, in dem das Parlament bei
künftigen Krisen weiterhin die maßgebli-
chen Entscheidungen trifft. „Es darf
nicht noch einmal vorkommen, dass wir
in einer möglichen kommenden Krisensi-
tuation unsere Rechte und Pflichten als
Parlament an die Exekutive abgeben,
dass Grundrechte auch wegen schwacher
Datenlage in Mitleidenschaft gezogen
werden, die Bildungschancen unserer
Kinder geschmälert werden und politi-
sche Entscheidungsträger selbst gesell-
schaftliche Spaltungstendenzen beför-
dern“, schreiben die Verfasser. Der Brief
endet mit der ausdrücklichen Bitte an die
Ampel-Fraktionen, zur Einsetzung einer
Enquete-Kommission in Gespräche ein-
zutreten, „damit wir uns nicht in ein,
zwei oder auch zehn Jahren vorwerfen
müssen, dass wir nichts getan haben, als
wir die Möglichkeit dazu hatten“.
Der gesundheitspolitische Sprecher
der FDP-Fraktion, Andrew Ullmann, sag-
te WELT: „Allen Verantwortlichen ist
klar, dass es eine Aufarbeitung geben
muss. Ohne Aufarbeitung kann die
nächste Pandemie uns als Gesellschaft ir-
reversibel und katastrophal schädigen.“
Dies dürfe man als Regierungsbündnis
nicht zulassen. „Die Koalitionspartner
sollten und müssen noch einmal intensiv
über eine Aufarbeitung nachdenken und
Farbe bekennen. Noch ist Zeit zum Han-
deln.“ Es sei eine Lernerfahrung heraus-
zufinden, warum Stimmen, die sich im
Nachhinein als richtig erwiesen haben,
nicht in der Entscheidungsfindung be-
rücksichtigt worden seien, sagte Bundes-
tagsvize Wolfgang Kubicki WELT. „Vie-
lerorts wird unterschätzt, wie tief die
Enttäuschung, wie groß die Frustration
und wie fortgeschritten die Abwen-
dungstendenzen von Teilen unserer Ge-
sellschaft sind“, so Kubicki. „Einige Maß-
nahmen, wie 2G, haben aus meiner Sicht
schwere gesellschaftliche Schäden verur-
sacht und Spaltungstendenzen vertieft.“
Nun sei die Aufgabe, mit einer sauberen
und vorbehaltlosen Aufklärung dazu bei-
zutragen, „dass Gräben wieder zuge-
schüttet werden können, damit Heilung
ermöglicht wird“.
Die FDP-Fraktion hat erstmals Ende
2022 die Einberufung einer Enquete-
Kommission zur Aufarbeitung der Coro-
na-Pandemie gefordert und vor einem
Jahr ein entsprechendes Positionspapier
beschlossen. Abgeordnete der Grünen
und der SPD zeigten sich eher skeptisch.
Um eine Enquete-Kommission einzu-
setzen, muss mindestens ein Viertel der
Abgeordneten des Deutschen Bundesta-
ges zustimmen. Die Kommission besteht
aus Abgeordneten aller Fraktionen und
Sachverständigen aus Wissenschaft und
Praxis. In der Regel wird am Ende dem
Bundestag ein Abschlussbericht mit
Handlungsempfehlungen vorgelegt.
PICTURE ALLIANCE/ DTS-AGENTUR
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Ku-
bicki (FDP)
A
uf Bundesebene schließen
die anderen Parteien im
Bundestag allesamt Koope-
rationen mit der AfD aus.
Die „Brandmauer“ müsse
stehen, so lautet das Credo. Anders
sieht es hingegen auf kommunaler Ebe-
ne aus, wo diese Abgrenzung dann doch
mitunter nicht so konsequent durchge-
zogen wird – wenn etwa gemeinsam ab-
gestimmt oder sogar eine gemeinsame
Fraktion gebildet wird.
VON TIM DALDRUP
Eine neue Erhebung der Linke-nahen
Rosa-Luxemburg-Stiftung hat jetzt
mehr als 100 konkrete Fälle in den ost-
deutschen Bundesländern aufgelistet,
in denen CDU, SPD, Grüne, FDP und
Linke zwischen Sommer 2019 und Ende
2023 mit der „extremen Rechten“ auf
Kommunalebene kooperiert haben. Un-
ter der „extremen Rechten“ fasst die
Studie neben der AfD eine Reihe von
kleineren Parteien aus dem Rechtsau-
ßen-Spektrum, wie die neonazistische
Gruppierung „Der Dritte Weg“ oder die
NPD. Aus Aufwandsgründen, wie es
heißt, wurden nur ostdeutsche Kommu-
nen untersucht – etwa das thüringische
Sonneberg, Stendal in Sachsen-Anhalt
und das sächsische Chemnitz. In West-
deutschland hat es aber auch schon Ko-
operationen gegeben, zum Beispiel im
baden-württembergischen Backnang.
Einen Anspruch auf Vollständigkeit er-
hebt die Studie für ihr Untersuchungs-
gebiet nicht – es handelt sich also um
Mindestwerte, um ein Schlaglicht.
Aus der Datenerhebung geht hervor,
dass alle Parteien, die auch im Bundes-
tag sitzen, mit der AfD kooperiert ha-
ben. Die Autoren griffen dafür auf öf-
fentlich zugängliche Informationssys-
teme der Kommunen zurück. Am häu-
figsten stimmten demnach Vertreter
der CDU, aber auch von FDP, SPD, Lin-
ker und Grünen gemeinsam mit „extre-
men Rechten“ ab oder brachten ge-
meinsam einen Antrag ein. Von 182 er-
fassten Fällen kooperierte die CDU 52
Mal mit solchen Rechtsaußen-Parteien,
es folgen die FDP mit 22, die SPD mit
13, die Linke mit zehn und die Grünen
mit fünf Kooperationen. In 52 Fällen
war nicht klar, welche der anderen Par-
teien mit etwa der AfD gestimmt hat,
weil detaillierte Abstimmungsdoku-
mentationen fehlten. Der Rest entfällt
auf sonstige Kleinparteien.
Was die absoluten Zahlen der Studie
nicht berücksichtigen, sind die Mehr-
heitsverhältnisse der Parteien in den lo-
kalpolitischen Gremien, wo etwa die
CDU häufiger und stärker vertreten ist
als die Grünen. Das könnte neben mög-
licher politischer Nähe in den konkre-
ten Fällen ebenfalls ein Grund dafür
sein, warum die CDU mit Abstand am
häufigsten Kooperationen mit Rechts-
außen einging. Die meisten Kooperatio-
nen gab es demnach in Sachsen und
Thüringen; also dort, wo die Landesver-
bände der AfD vom jeweiligen Landes-
verfassungsschutz als „gesichert rechts-
extrem“ eingestuft worden sind.
Die formal nachweisbaren Koopera-
tionen mit der „extremen Rechten“ auf
Kommunalebene teilt die Studie nach
verschiedenen Formen auf, die sich teil-
weise überlappen. Mit 74 Fällen am häu-
figsten wurde dabei die gemeinsame
Abstimmung für eine Initiative einer
„extrem rechten Partei“ erhoben. 19
Mal kam es zu einem gemeinsamen Ab-
Die grausamen Umstände des Mordes an Hanna W.
Bei der Urteilsverkündung im „Eiskeller“-Prozess wird klar: Der Täter begegnete der jungen Frau rein zufällig und griff sie sofort an
N
eun Jahre Jugendstrafe im „Eis-
keller“-Mordfall im oberbayeri-
schen Aschau – das Landgericht
Traunstein verurteilt am Dienstag den
23 Jahre alten Sebastian T. wegen Mor-
des an der Studentin Hanna W. Die Ver-
teidigung kündigt Revision beim Bun-
desgerichtshof an. Wie schon die Ver-
handlungstage zuvor ist auch die Ur-
teilsverkündung geprägt von feindseli-
ger Stimmung zwischen Gericht und
Verteidigung. Hanna W. war am 3. Okto-
ber 2022 nach dem Besuch der Disko-
thek „Eiskeller“ kurz nach 2.30 Uhr früh
in Aschau ums Leben gekommen. Der
Angeklagte habe sie vergewaltigen wol-
len, besinnungslos geschlagen und in ei-
nen Bach geworfen, so das Gericht.
VON CHRISTOPH LEMMER
Richterin Jacqueline Aßbichler be-
gründet den Urteilsspruch gegen Sebas-
tian T. damit, dass es weder Zweifel
über die Tatsache eines Mordes gebe
noch daran, dass T. der Täter sei. „Es
handelte sich nicht um einen Unfall“,
und Hanna W. sei „nicht beim Wasser-
lassen“ in den Bach gefallen. „Sie hat
keine Schwimmbewegungen vorgenom-
DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024
stimmungsverhalten bei einer Initiati- rationspartner aber nichts mehr. In elf Grünen Emily Büning sagte WELT, Grundüberzeugung, dass es eine Brand-
ve, die eine der anderen Parteien einge- Fällen stellten Vertreter der anderen man dürfe demokratische Entschei- mauer gegen Rechts geben muss. Wir
bracht hatte. 15 Mal verzeichnet die Stu-
die eine gemeinsame Personenwahl und
Parteien demnach einen gemeinsamen
Antrag mit den „extrem Rechten“, in
dungen nicht in Abhängigkeit von
Rechtsextremen fällen. „In vereinzel-
bekräftigen daher, dass wir grundsätz-
lich auf allen Ebenen ablehnen, mit der
Zählgemeinschaften. Eine Zählgemein- vier Fällen bildeten sie eine gemeinsa- ten Fällen, wo es auf kommunaler Ebe- AfD zusammenzuarbeiten oder eine Ab-
schaft beschreibt in der Kommunalpoli- me Fraktion. Zweimal konnten konkre- ne doch dazu gekommen ist, haben wir hängigkeit von der AfD in Kauf zu neh-
tik ein temporäres Zweckbündnis mit te Absprachen festgestellt werden, die Gespräche geführt, damit sie sich nicht men.“ Der Beschluss entstand als Reak-
dem Ziel der gemeinsamen Besetzung häufig nur informell und nur schwer wiederholen.“ tion auf die Wahl des FDP-Politikers
von Gremien, etwa für Ausschussman- nachweisbar sind. Im gleichen Duktus antworten FDP Thomas Kemmerich zum Ministerpräsi-
date. Dafür werden die Stimmen mehre- Die Spitzen der Bundesparteien in und SPD. Die Bundes-FDP verweist auf denten in Thüringen, die nur mit Stim-
rer Listen für eine Wahl zusammenge- Berlin betrachten diese Kooperationen den Beschluss ihres Bundesvorstands men der AfD zustande gekommen war.
führt, darüber hinaus bindet die Koope- kritisch. Für die Geschäftsführerin der von 2020. Darin heißt es: „Es ist unsere Kemmerich nahm die Wahl an, nach
massiver Kritik trat er dann aber kurz
darauf zurück.
Auch die SPD lehnt jegliche Koope-
ration mit der AfD grundsätzlich wei-
Kooperationen
terhin ab. Eine Sprecherin nimmt dazu
folgendermaßen Stellung: „Die AfD ist
eine in weiten Teilen rechtsextreme
und ÄRGER
und demokratiefeindliche Partei. Das
ist keine Grundlage für irgendeine Art
der Zusammenarbeit, egal auf welcher
politischen Ebene.“ Darüber herrsche
in der SPD ein breiter Konsens. „Diese
klare Haltung kommunizieren und ver-
treten wir öffentlich wie auch intern.“
In ostdeutschen Kommunen gib es dutzendfach Zusammenarbeit Zum Thema, wie die SPD mit den Ko-
operationsfällen in den Kommunen
von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linker mit Rechtsaußenparteien. umgehen möchte, machte die Spreche-
Manche Parteiführung droht Konsequenzen an
rin keine Angaben.
Die CDU will sich auf WELT-Anfrage
gar nicht äußern. Es sei alles zu dem
Thema gesagt worden. Im vergangenen
Juli zeigte sich CDU-Chef Friedrich
Merz in einem Interview mit dem ZDF
zunächst offen für eine Zusammenar-
beit mit der AfD auf kommunaler Ebe-
ne. Einen Tag später ruderte er zurück
und stellte auf Twitter klar: „Es wird
auch auf kommunaler Ebene keine Zu-
sammenarbeit der CDU mit der AfD
geben.“
Im Februar sprach sich der Thürin-
ger Landesvorsitzende Mario Voigt
hingegen für einen pragmatischeren
Umgang aus, selbst auf Landesebene.
Dem Nachrichtenportal „t-online“
sagte er: „Ich denke da nicht jeden Mil-
limeter strategisch, sondern stelle mir
die Frage, ob die Gesetze, die ich zur
Abstimmung bringe, für das Land Sinn
machen.“ Eine Koalition mit der AfD
und der Linkspartei schließt er aber
kategorisch aus.
Die Linke-Bundespartei zeigt sich in-
des erzürnt über die Zusammenarbeit
von Parteikollegen auf kommunaler
Ebene mit der AfD. Ihr Bundesge-
schäftsführer Ateş Gürpınar sagte
WELT: „Die Brandmauer gegen die AfD
ist ein Schutzschild für die Demokratie
und muss deshalb stabil stehen. Jedes
Bröckeln eröffnet den Rechten neue
Spielräume.“ Jedes Zustimmen eines
Antrages der AfD widerspreche der Be-
schlusslage der Partei. Zudem mache
die Studie deutlich, in welchen Kom-
munen die Brandmauer Risse bekom-
men habe. „Wir werden die wenigen
Fälle, in denen es gemeinsame Abstim-
mungen gab, genau anschauen und
Konsequenzen ziehen.“
Die Gründe, wie es zu solchen Koope-
rationen gekommen ist, liegen teils im
Wesen der Kommunalpolitik, wo es
PICTURE ALLIANCE/ DPA/ RONNY HARTMANN
häufiger um lokale, konkrete Fragen
geht und weniger um Parteipolitik. Die
Studienautoren Anika Taschke und Ste-
ven Hummel halten diese Rechtferti-
gung jedoch für problematisch. WELT
sagen sie dazu: „Einen Grund sehen wir
in dem Mythos der unpolitischen Kom-
munalpolitik, bei der es nur um Sachfra-
gen gehe.“ Dieser Irrtum führe zu ei-
nem fehlenden Verständnis für eine Ab-
Teilnehmer während einer Wahlkampfkundgebung der AfD Sachsen-Anhalt in Stendal auf dem Marktplatz grenzung nach Rechtsaußen.
men“ und „nicht die Kleidung ausgezo- Meter zum Ufer gehabt“. Sie klappt den und er sagt, dass ein Stein die Tatwaffe Den Hergang der Tat schildert das
gen.“ Ihre Verletzungen am Kopf seine Zollstock auf und zeigt: „Das ist jetzt sein kann, dann ist die Angabe des An- Gericht anders als die Staatsanwalt-
keine „Treibeverletzungen“. Hanna W. 1,20 Meter. Das ist der Abstand zum geklagten schon sehr konkret“, befindet schaft in ihrem Plädoyer. Er sei nachts
war im Bärbach in Aschau, der nach ta- Ufer“, und fragt: „Zieht sich jemand die Aßbichler. Außerdem habe er nicht die Joggen gegangen, „um den Kopf freizu-
gelangem Regen viel Wasser führte, in Lederjacke aus, um diese Strecke zum Hose zur Untersuchung bei der Polizei bekommen“. Anders als vom Staatsan-
den Fluss Prien getrieben worden und Ufer zu schwimmen?“ Das Ufer sei abgeliefert, die er beim Joggen getragen walt angenommen habe er nicht geplant,
in der Prien weiter bis zu einem entle- „zum Greifen nah gewesen“, Hanna W. habe, sondern eine andere. Das sei auf „leicht bekleidete Frauen“ zu beobach-
genen Ortsteil des Ortes Prien am überdies 1,86 Meter groß und der Bär- Videos von Überwachungskameras zu ten, die aus der Diskothek kommen. Er
Chiemsee, insgesamt über eine Strecke bach an diesem Tag 1,46 Meter tief. sehen. sei „rein zufällig“ auf Hanna W. getrof-
von zwölf Kilometern. Nach Überzeugung des Gerichts sei sie Der Angeklagte habe auch gegenüber fen. Dann sei alles ganz spontan abge-
Die Gutachten hätten allesamt erge- bewusstlos gewesen, weil der Täter sie Freunden die Tat gestanden und bereits laufen. Vielleicht habe der Anblick ihres
ben, dass die Verletzungen an der Lei- bewusstlos geschlagen habe. am Nachmittag des 3. Oktober von ei- Slips ihn angeregt, der durch den offen
che nicht von Steinen oder einem Wehr Dass der Angeklagte der Täter sei, nem Mord am „Eiskeller“ erzählt, als stehenden, wohl kaputten seitlichen
entlang der Wasserläufe gestammt hät- stehe deshalb fest, weil er gegenüber noch niemand davon habe wissen kön- Reißverschluss ihrer Hose zu sehen ge-
ten. Die Kleidung sei vollständig intakt Freunden Täterwissen offenbart habe nen. Die Leiche der jungen Frau sei erst wesen sei. Er habe sie sofort angegriffen,
gewesen. Die Hose hätte von der Strö- und sein Verhalten in den Tagen nach nach 16 Uhr entdeckt worden. Erst am zu Boden geworfen, sich auf ihren Rü-
mung über die Schuhe gestreift worden Hanna W.s Tod darauf hindeute. Zeugen Abend habe die Polizei nach der Lei- cken gekniet oder darauf gestellt und sie
sein müssen, was aus Sicht des Gerichts hätten in der Nacht einen Jogger gese- chenschau eine Gewalttat für möglich stark verletzt. Hanna W. habe ihr Handy
ausgeschlossen sei. Statt der Lederjacke hen. Die Polizei habe den als Zeugen ge- gehalten, und erst am späten Abend sei gezogen und die eingespeicherte Not-
oder der Hose hätte sich Hanna wohl sucht. Die Mutter von Sebastian T. habe Hanna W. anhand ihres Schmucks iden- rufnummer gewählt, wobei der Anruf
eher die Schuhe ausgezogen, aber die sich auf den Zeugenaufruf gemeldet und tifiziert worden. Niemand außerhalb nicht zustande kam. „Der Angeklagte
seien an den Füßen gewesen, als die Lei- mitgeteilt, ihr Sohn sei der Jogger. In ei- der Behörde habe davon gewusst. Dass sieht, dass das Display hell wird, wirft
che gefunden wurde. Der Bärbach sei ner der Zeugenvernehmungen habe er eine der Zeuginnen ihre Aussage vor das Handy ins Wasser und schlägt mit
dort, wo sie ins Wasser gefallen sei, 2,30 von sich aus einen Stein als mögliches Gericht nicht wiederholte, spiele insge- einem harten Gegenstand, wohl einem
Meter breit, sagt die Richterin. Dann Tatwerkzeug genannt – nämlich auf die samt keine Rolle. Außerdem habe der Stein, auf ihren Schädel“, so Richterin
nimmt sie einen Zollstock in die Hand, Frage, ob er sich vorstellen könne, was Angeklagte in der Untersuchungshaft Aßbichler. Er habe die Leiche in den
den sie vor der Verhandlung schon auf mit Hanna W. passiert sei. „Wenn man zwei Mithäftlingen die Tat ebenfalls Bach geworfen, um die versuchte Verge-
ihren Platz gelegt hatte. Wäre die 23- sich vorstellt, wie viele Möglichkeiten eingestanden. Einer von ihnen habe als waltigung zu verdecken. Verteidigerin
Jährige in der Mitte des Baches gewe- es gibt, jemanden mit Gewalt zu verlet- Zeuge Details berichtet, die er nicht aus Rick kündigt nach der Verhandlung an,
sen, „dann hätte sie nach jeder Seite 1,15 zen, wenn man sich das alles vorstellt der Presse haben könne. gegen das Urteil in Revision zu gehen.
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DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024
D Israel beharrt
ie Sache schien klar: Bloß
weil eine 16 Jahre alte
Schülerin in Mecklen-
burg-Vorpommern ein
AfD-freundliches
Schlümpfe-Video gepostet hatte, rief ihr
Schulleiter die Polizei. So erzählte es
die Mutter vergangene Woche der „Jun-
gen Freiheit“, und so wurde es von zahl-
reichen Medien unkritisch weiterver-
breitet. Die Empörung, sie war groß.
Dabei war alles womöglich ganz anders.
Wie WELT erfuhr, war das angebliche
Video der Schülerin mit der Aussage
„Die Schlümpfe und Deutschland haben
etwas gemeinsam: Die Schlümpfe sind
blau und Deutschland auch“ gar nicht
Inhalt der E-Mail, die der Schulleiter
von einer Hinweisgeberin erhalten hat-
te. Auch im besagten Gespräch der Poli-
zisten mit der Schülerin sollen
Schlümpfe kein Thema gewesen sein.
VON TIM RÖHN UND BENJAMIN STIBI
Stattdessen zeigten nach WELT-In-
formationen insgesamt acht Screens-
hots, die der Hinweis-Mail angehängt
waren, beispielsweise einen Post mit
dem Schriftzug „nix yallah yallah“ vor
einer vermummten Person, die mut-
maßlich die Schülerin ist. Die Polizei-
inspektion Stralsund teilte zudem auf
Anfrage dieser Zeitung mit, auf dem
Oberteil der jungen Frau seien die
Buchstaben „HH“ aufgestickt gewesen,
außerdem habe sie eine Mütze der
Marke „Pit Bull“ getragen. Unter ihrem
Nutzernamen habe die Zahl 1161 ge-
standen, die von Rechten im Internet
als Code für „Anti-Antifaschismus“
verwendet wird.
In weiteren Posts hieß es nach Poli-
zeiangaben, „in Deutschland wird
deutsch gesprochen“ oder „heimat frei-
heit tradition, multikulti endstation“
(sic!) – eine Parole, die mit der rechts-
extremistischen „Identitären Bewe-
gung“ assoziiert wird. Mehrere Bilder
nebeneinander hätten den Slogan
„Deutsche Jugend voran“ ergeben, der
auch von der neonazistischen Kleinpar-
tei „Der III. Weg“ verwendet wird. Zu
sehen gewesen seien neben Deutsch-
landfahnen auch Runenzeichen und alt-
deutsche Schrift mit Lorbeerkranz. Die
Polizei teilte WELT darüber hinaus mit:
„Der Anlass, zu dem die Polizei gerufen
wurde, war kein in sozialen Medien ver-
öffentlichtes ‚Schlumpf-Video‘. Diese
Ausführungen in den Medien beruhen
offenbar auf Hinweisen aus dem elterli-
chen Umfeld der Jugendlichen.“
Darüber, welche Posts zu dem Poli-
zeieinsatz geführt hatten, gab es zuvor
widersprüchliche Versionen. Mutter
und Tochter hatten wiederholt erklärt,
die Polizisten hätten die Schülerin auf
das Schlümpfe-Video und eine andere
Aussage, wonach Deutschland kein Ort,
sondern Heimat sei, angesprochen. Im
Interview mit der „Jungen Freiheit“
sagte das Mädchen auch: „Ich habe noch
andere Sachen auf Tiktok gepostet, et-
wa daß Alice Weidel mein Vorbild ist,
oder das Zitat Björn Höckes ‚Ihr erzieht
eure Kinder zu Schafen und laßt Wölfe
ins Land‘ [...]. Aber die wurden von den
Polizisten nicht genannt.“
Die SPD-Landtagsfraktion fasst die
Situation so zusammen: „Da mit Blick
Unbeirrt verfolgt Macron seinen Weg zum großen Staatsmann
Mit dem Empfang von Xi Jinping setzt Frankreichs Präsident erneut einen außenpolitischen Akzent. Kanzler Scholz gerät ins Hintertreffen
D
er ehemalige britische Premier-
minister Winston Churchill ant-
wortete auf die Frage, ob er den
französischen Präsidenten Charles de
Gaulle für einen großen Staatsmann hal-
te, mit britischem Humor: „Er ist egois-
tisch, er ist arrogant und er bildet sich
ein, er sei das Zentrum der Welt. Sie ha-
ben also recht“, ergänzte der Brite, „er
ist ein großer Mann.“ Nach sechseinhalb
Jahren Amtszeit ist die Frage berechtigt,
ob das auch auf den amtierenden franzö-
sischen Präsidenten Emmanuel Macron
zutrifft. Ist Macron dabei, ein großer
Player der Weltpolitik zu werden? Oder
lässt sich vor allem selbstverliebtes Ge-
fuchtel beobachten, das keine Ergebnis-
se bringt?
VON MARTINA MEISTER
AUS PARIS
Anfang Mai wird Macron den chinesi-
schen Präsidenten Xi Jinping in Paris
empfangen. Offiziell bestätigt hat der
Élysée-Palast diesen Besuch noch nicht,
aber die Vorbereitungen scheinen im
vollen Gang. Zwar würde Xis Besuch
kurz nach der Reise von Bundeskanzler
Olaf Scholz (SPD) nach China im April
stattfinden, aber für Xi wäre es die erste
Auslandsreise seit Ausbruch der Pande-
mie. Offizieller Anlass ist der 60. Jahres-
tag der chinesisch-französischen Bezie-
hungen, die besagter Charles de Gaulle
Das Gymnasium in Ribnitz-Damgarten. Wegen Online-Beiträgen einer Schülerin kam die Polizei
Der Schlumpf, der keiner war
auf die Wahrung des Schutzes der Per-
sönlichkeitsrechte der Heranwachsen-
den seitens der offiziellen Stellen auf
die Veröffentlichung von Details zu
den tatsächlichen Äußerungen und
Postings der Schülerin verzichtet wur-
de, ist kommunikativ eine Lücke ent-
standen, die die AfD, die Junge Freiheit
und weitere Medien mit der Erzählung
vermeintlich harmloser ‚Schlumpf‘-Vi-
deos füllen.“
Die Polizisten jedenfalls, die auf-
grund eines Anrufs des Schulleiters des
Richard-Wossidlo-Gymnasiums zu der
Schule gekommen waren und die
Screenshots in Augenschein genommen
hatten, kamen zu der Einschätzung,
dass die Posts die Grenze zum Strafba-
ren nicht überschritten hatten, sondern
zulässige Meinungsäußerungen waren.
Trotzdem baten sie den Schulleiter, die
Schülerin zu einem Gespräch aus dem
Unterricht zu bitten.
Aus Regierungskreisen hieß es gegen-
über WELT, mit dem Gespräch hätten
die Beamten der Teenagerin zum einen
klarmachen wollen, dass sie die Grenze
des Strafbaren überschreiten würde,
wenn sie noch rechtslastigere Dinge
veröffentlichen würde. Zum anderen
habe man sie warnen wollen, dass sie
sich mit ihren öffentlichen Posts wo-
möglich in Gefahr bringe – etwa weil es
persönliche Angriffe auf sie durch poli-
tisch Andersdenkende geben könne.
Der innenpolitische Sprecher der Links-
fraktion im Landtag, Michael Noetzel,
sagte: „Die orchestrierte Hetzkampagne
gegen einen Schulleiter aus Ribnitz-
1964 nach einer langen Eiszeit wiederbe-
lebt hatte. Doch die Feierlichkeiten mit
Xi werden anders ausfallen als der 50.
Geburtstag. Es werde angesichts dessen,
was geopolitisch und wirtschaftlich auf
dem Spiel stehe, „weniger festlich, dafür
arbeitsamer“ zugehen als vor zehn Jah-
ren, zitiert „Politico“ aus dem Umkreis
des Präsidenten.
Die seit Monaten vorbereitete Reise
wird in Washington wie auch in den eu-
ropäischen Hauptstädten genau beob-
achtet werden. Fest steht schon jetzt,
dass Macron mit einem zwar möglicher-
weise weniger illustren, aber sicherlich
dennoch spektakulären Empfang von Xi
die Bemühungen seines deutschen Kol-
legen Scholz in den Schatten stellen
wird. Macron greift damit auf, was er am
Anfang seiner ersten Amtszeit ins Zen-
trum gestellt hat: starke Präsenz auf dem
internationalen Parkett und der klare
Wille, Motor eines neuen, souveränen
Europas zu sein. „Es ist unsere Pflicht,
eine neue Weltordnung aufzubauen, die
stabil und gerecht ist“, mit diesen Wor-
ten definierte er 2017 die Pfeiler seine
Außenpolitik. Kurz darauf versuchte er,
in seiner Sorbonne-Rede eine öffentliche
Debatte über Europas Zukunft anzusto-
ßen. Macron dürfte das Ziel verfolgt ha-
ben, die Lücke zu füllen, die die damalige
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
eröffnet hatte, deren außenpolitischen
Visionen für Europa als limitiert galten.
POLITIK 5
auf Offensive in
der Stadt Rafah
Streit mit den USA über
Vorgehen im Gaza-Streifen
I
m Gaza-Krieg steigt der Druck auf Is-
rael, eine Bodenoffensive in der mit
Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah
zu unterlassen. Jeder Angriff auf die
Stadt im Süden des Gaza-Streifens wür-
de alle Bemühungen um eine Einigung
über eine Feuerpause und die Freilas-
sung weiterer Geiseln behindern, warn-
te der Sprecher des katarischen Außen-
ministeriums, Madschid al-Ansari, am
Dienstag. Kurz davor hatten die USA als
wichtigster Verbündeter den Druck auf
die Regierung von Ministerpräsident
Benjamin Netanjahu noch einmal er-
höht. Sie bezeichneten eine größere Bo-
denoffensive in Rafah als „Fehler“ und
GETTY IMAGES/FRANK SOELLNER
beorderten eine israelische Delegation
nach Washington. In einem Telefonat
habe US-Präsident Joe Biden Netanjahu
aufgefordert, in den nächsten Tagen ein
Team aus Vertretern von Militär, Ge-
heimdiensten und Spezialisten für hu-
manitäre Hilfe in die US-Hauptstadt zu
entsenden, sagte Bidens Nationaler Si-
cherheitsberater Jake Sullivan am Mon-
tag (Ortszeit). Es gehe darum, den Is-
raelis die Vorbehalte der USA darzule-
gen und mögliche Alternativen zu erör-
tern. Netanjahu habe zugestimmt. „Wir
gehen davon aus, dass sie mit der gro-
ßen Militäroperation in Rafah nicht vo-
Eine Schülerin fort die Polizei heranzuziehen, damit leidigt und bedroht werde. Die Schul- rangehen werden, bis wir dieses Ge-
wurde in
diese eine Prüfung auf strafrechtliche leitung verständigte daraufhin die Poli- spräch geführt haben“, sagte Sullivan
Relevanz durchführen könne. Gegen- zei, die die Tatverdächtigen mit auf die weiter. Ein Treffen sei für Ende dieser
Mecklenburg-
über WELT hatte das Bildungsministe- Wache nahm und ihre Handys zur Aus- Woche oder Anfang kommender Woche
rium zunächst auf eine Verwaltungsvor- wertung einkassierte. angepeilt.
Vorpommern von
schrift aus dem Jahr 2010 zum Umgang Derweil musste die Polizei auch am Der gesamte Gaza-Streifen ent-
mit Notfällen an öffentlichen Schulen vergangenen Montag erneut zum Ri- spricht in etwa der Größe Münchens. In
der Polizei aus dem verwiesen, die sich jedoch vor allem auf
Gewaltvorfälle und Vandalismus bezog.
chard-Wossidlo-Gymnasium ausrü-
cken. Unbekannte hatten dort ein riesi-
der Grenzstadt Rafah im Süden halten
sich nach intensiven israelischem Bom-
Unterricht geholt – Auf Nachfrage präzisierte das Minis- ges Banner mit einem freundlich la- bardierungen im Norden und Zentrum
wegen eines Videos,
terium nun, dass die Vorschrift einen chenden Papa Schlumpf neben dem des Küstengebiets Schätzungen zufolge
unveröffentlichten Notfallplan als Anla- Schriftzug „Heimatliebe ist kein Ver- 1,5 Millionen der insgesamt 2,2 Millio-
hieß es. War es
ge habe, der als Ergebnis des Amoklaufs brechen“ aufgehängt. Ermittlungen we- nen Bewohner des Gaza-Streifens auf.
von Winnenden erstellt worden sei und gen Hausfriedensbruchs wurden aufge- Rafah gilt als die letzte noch nicht stark
wirklich so?
auf den die Schulen immer wieder hin- nommen. Schon in den Tagen zuvor zerstörte größere Stadt in Gaza. Dort
gewiesen werden würden. Zuletzt seien waren an der Schule zahlreiche Droh- befindet sich der Grenzübergang zu
die Schulen mit Rundschreiben vom 22. schreiben eingegangen. Ägypten, über den Hilfslieferungen in
Februar über ein Kapitel in dem Notfall- Martin Sellner, ehemaliger Kopf der den Gaza-Streifen gelangen und unter
Damgarten ist brandgefährlich. Allein plan zum Umgang bei der Mediennut- rechtsextremen „Identitären Bewe- anderem Verwundete das Gebiet verlas-
mit dem gezielten Vorgehen gegen eine zung informiert worden, wonach „bei gung“ in Österreich, schrieb später auf sen können. Israel betont immer wie-
Person schüchtern die Initiatoren, ins- Besitz, Erstellung und/oder Verbreitung seinem Telegram-Kanal, es habe sich der, ohne eine Offensive in Rafah könne
besondere die AfD, nicht nur eine ganze von Textnachrichten, Fotos oder Videos dabei um Aktivisten der Bewegung ge- die Hamas nicht vollständig besiegt
Berufsgruppe ein.“ Im Schulterschluss mit ggf. verbotenem Inhalt“ eine Ab- handelt. werden. Es sei eine militärische Not-
mit rechten Medien würde der Schullei- stimmung mit der Polizei zum weiteren Auf Anfragen von WELT reagierte wendigkeit, die dort verbliebenen Ba-
ter, der lediglich „einen meldepflichti- Vorgehen erfolgen solle. In Ribnitz- die Familie selbst nicht. Der AfD-Land- taillone der Hamas zu zerschlagen. An-
gen Hinweis ordnungsgemäß weiterge- Damgarten geschah offenbar genau das. tagsabgeordnete Enrico Schult, der den dernfalls könne sich die Terrororganisa-
leitet hat“, „den Menschenfeinden vom Wie sollen Schulleiter am besten mit Vorfall im Bildungsausschuss themati- tion nach Kriegsende neu formieren
rechten Rand zum Fraß“ vorgeworfen. fragwürdigem Medienverhalten ihrer siert hatte, hatte WELT in Aussicht ge- und wieder die Kontrolle über den Küs-
Aller Voraussicht nach wird sich der Bil- Schüler umgehen? Ab wann ist es ver- stellt, den Kontakt zur Mutter herzu- tenstreifen übernehmen. Außerdem
dungsausschuss des Landtags in einer hältnismäßig, die Polizei zu rufen? Da- stellen. Später richtete Schult aus, die werden im Tunnelsystem die Hamas-
Sondersitzung am Donnerstag mit dem rüber wird in diesen Tagen heftig ge- Familie würde wegen Drohnachrichten Führungsspitze, deren Tötung Israel ge-
Fall beschäftigen – nicht zuletzt, weil stritten. Ende vergangener Woche gab keine Nachfragen beantworten wollen. lobt hat, sowie die am 7. Oktober ver-
bislang unklar ist, warum der Schullei- es einen weiteren Vorfall an einer ande- Am Wochenende erschienen dann un- schleppten Geiseln vermutet, von de-
ter überhaupt die Polizei alarmierte. ren Schule in Rostock: Ein 16 Jahre alter ter anderem ein Interview mit der nen noch etwa hundert am Leben sind.
Im Interview mit „Nius“ behauptete Schüler meldete sich mit seinem Vater Tochter bei der „Jungen Freiheit“ und „Wir haben einen Streit mit den Ame-
die Mutter, der Schulleiter habe ihr ge- bei der Schulleitung und informierte ein Doppelinterview mit Mutter und rikanern über die Notwendigkeit, nach
sagt, er habe vom Bildungsministerium sie darüber, dass er von vier Mitschü- Tochter bei „Nius“. Rafah reinzugehen“, sagte Netanjahu
die Anweisung bekommen, bei jedem lern über Handynachrichten seit länge- Das Thema auch hier: der vermeint- am Dienstag. Ein solcher Einsatz sei
rechtsextremistischen Verdachtsfall so- rer Zeit rassistisch und homophob be- lich anstößige Schlümpfe-Post. aber notwendig, um die Hamas zu zer-
stören, bekräftigte er. „Wir sind ent-
schlossen, dies zu tun.“ Israel will auch
den Grenzstreifen zwischen Gaza und
Ägypten wiedererobern. Netanjahu hat-
te gesagt, der rund 14 Kilometer lange,
sogenannte Philadelphi-Korridor müsse
auch nach dem Krieg wieder von Israel
kontrolliert werden. Nur so könne man
eine Entmilitarisierung des Gaza-Strei-
Macron folgt dabei dem Prinzip der ckeln“. Damit sei man zur Rolle des „Va- fens gewährleisten. Damit soll verhin-
PICTURE ALLIANCE / ABACA/TSCHAEN ERIC/POOL/ABACA
Disruption, ein Grundsatz, der auch in- sallen“ der USA verurteilt, obwohl man dert werden, dass wieder Waffen hi-
nenpolitisch oft zur Anwendung ein „dritter Pol“ sein könnte. Unter den neingeschmuggelt werden.
kommt. Er nimmt für sich in Anspruch, westlichen Partnern herrschte einhelli- Die USA haben ihre Einstellung zu ei-
Diskussionen in Bewegung zu bringen, ges Entsetzen über Macrons Ausführun- ner möglichen Offensive in Rafah klar
indem er Tabus bricht. Dass er damit zu- gen, weil sie als Signal Richtung China dargelegt. „Wir sind der Meinung, dass
weilen seine engsten Partner verärgert, gewertet wurden, dass es bei einer Anne- die Hamas weder in Rafah noch anders-
nimmt er in Kauf. Jüngstes Beispiel ist xion Taiwans nur mit einer Reaktion der wo einen sicheren Zufluchtsort haben
seine Äußerung zu Bodentruppen in der Amerikaner zu rechnen hätte. Die strate- sollte, aber eine größere Bodenoperati-
Ukraine, deren Einsatz er nicht aus- gische Ambiguität, die Macron gegen- on dort wäre ein Fehler“, sagte Sicher-
schloss – woraufhin aus Washington, über Moskau für geboten hält, scheint heitsberater Sullivan. „Sie würde zu
Berlin und anderen europäischen ihm gegenüber Peking offensichtlich we- weiteren unschuldigen zivilen Todesop-
Hauptstädten prompt vehementer Wi- niger wichtig. fern führen, die ohnehin schon düstere
derspruch folgte. Inzwischen haben ei- Dennoch ist Macron derjenige, der humanitäre Krise verschlimmern, die
nige Staatschefs aus Nord- und Osteuro- Präsident Emmanuel Macron China auf europäischer Ebene am stärks- Anarchie in Gaza verschärfen und Israel
pa Macrons Konzept der strategischen ten in die Schranken weist. Er war der international weiter isolieren.“ Israel
Ambiguität – also der Politik der ab- terschiedlich. „Deutschlands strategi- Erste, der sich für „De-Risking“ aus- habe weder den USA noch der Welt ei-
sichtlichen Mehrdeutigkeit – begrüßt. sche Kultur ist bestimmt durch große sprach, jenes Konzept, dem EU-Kom- nen Plan präsentiert, wie die nach Rafah
Es sei nun mal die Rolle Macrons, mutig Vorsicht, Nicht-Einmischung und gro- missionspräsidentin Ursula von der Ley- Geflohenen in Sicherheit gebracht und
zu sein, Vorschläge zu machen und ei- ßer Distanz zu allem Nuklearen“, so en zu Prominenz verhalf: Risikovermei- versorgt werden könnten. Außerdem sei
nen Raum für Diskussionen zu eröffnen, Macron. „Frankreich besitzt Atomwaf- dung durch weniger Abhängigkeit. Wäh- Rafah der wichtigste Zugangspunkt für
kommentierte der Élysée-Palast. fen und verfügt über eine Berufsarmee, rend Macron in Brüssel Kontrollmecha- humanitäre Hilfe aus Ägypten und Isra-
Doch regelmäßig erfordern Macrons die es in den vergangenen Jahren ge- nismen durchsetzte, um den Erwerb el nach Gaza.
Äußerungen Schadensbegrenzung, wie stärkt hat.“ strategisch wichtiger Unternehmen oder Militärisch sehen Experten eine Of-
2019, als er der Nato den „Hirntod“ at- Auch bei seinem vergangenen Besuch Infrastruktur durch Peking zu verhin- fensive in Rafah als weniger kompliziert
testiert hatte. Auch nach dem Treffen in China im April vergangenen Jahres, dern, stimmte Scholz wenige Monate als zuvor in der Stadt Chan Junis, wo
mit dem polnischen Premier Donald hatte Macron die Geduld seiner Partner nach dem Überfall Russlands auf die sich Elite-Einheiten der Hamas ver-
Tusk und Kanzler Scholz am vergange- auf die Probe gestellt, vor allem die der Ukraine der Beteiligung Chinas am Con- schanzt hatten. Zudem sei die Bevölke-
nen Freitag in Berlin, bemühte sich Ma- Amerikaner. Grob zusammengefasst sag- tainer-Terminal im Hamburger Hafen rung in Rafah eher mit Familienclans
cron, Einigkeit zu demonstrieren: „Es te Macron damals, die Rivalität zwischen zu. Im Kontrast zu Scholz zeigt sich be- verbunden und weniger mit extremisti-
hat zwischen dem Kanzler und mir zu China und den USA sei nicht Europas sonders deutlich: Mit Bescheidenheit schen Organisationen, heißt es in der
keinem Zeitpunkt ein Zerwürfnis gege- Problem. Käme es zu einem Konflikt und Vorsicht geht man nicht unbedingt Zeitung „Jediot Achronot“. Daher gebe
ben.“ Man sei sich in der Analyse und zwischen beiden Mächten, hätten Euro- als großer Staatsmann in die Geschichte es die Hoffnung, „dass eine Militärope-
den Zielen einig, nur seien die Kulturen päer weder „Zeit noch finanzielle Mittel, ein. Selbstverliebtheit dagegen stellt ration in Rafah auf weniger Widerstand
Deutschlands und Frankreichs sehr un- eine strategische Autonomie zu entwi- kein Hindernis dar. stößt“. dpa
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6 POLITIK
Munition
für die Ukraine
vorerst gesichert
FORTSETZUNG VON SEITE 1
Dies wäre der Beginn einer Offensive in
Richtung der besetzten Halbinsel Krim,
die nur etwa 70 Kilometer entfernt liegt.
Sollte die Ukraine sie erreichen, wäre die
Landverbindung zwischen Russland und
der Krim gekappt und ein wichtiges
Kriegsziel des Kremls zunichte.
ABNUTZUNGSKRIEG
Erklärtes Ziel der Ukraine ist es, russi-
sche Truppen und ihr Gerät an der
Front aufzureiben. Zugleich greift Kiew
hinter den Linien die russische Infra-
struktur an. So will man die russische
Armee genug schwächen, um sie besie-
gen zu können. Eine Strategie, die bis-
her bekanntlich nicht aufgegangen ist.
Die spektakulären Drohnenangriffe der
vergangenen Wochen auf russische Öl-
raffinerien haben nach Schätzungen
von Fachleuten die Gesamtkapazität
der Industrie um etwa zwölf Prozent re-
duziert. Die Benzinpreise mögen in
Russland leicht gestiegen sein, aber
Auswirkungen auf die Versorgung der
russischen Armee sind noch lange nicht
zu bemerken. Dafür sind zahllose weite-
re Drohnenangriffe nötig. Russland hat
allerdings etwa in der fünf Monate lan-
gen Schlacht um Awdijiwka überpropor-
tional viele Verluste hinnehmen müs-
sen: mehr als 600 Fahrzeuge und zwi-
schen 16.000 und 47.000 seiner Solda-
ten. Zehnmal mehr als die Ukraine, wie
zahlreiche Medien übereinstimmend
berichten. Moskau konnte Awdijiwka
trotzdem einnehmen.
Schon der ehemalige oberste Militär
der Ukraine Saluschnyj hatte einge-
räumt, die russischen Ressourcen unter-
schätzt zu haben. Awdijiwka scheint ein
neues Beispiel dafür zu sein, dass die
Ukraine gegenüber der Masse der russi-
schen Kriegsmaschinerie letztendlich
scheitern dürfte. „Doch dies ist kein
Grund zur Verzweiflung“, schreibt das
amerikanische Magazin Foreign Affairs.
Schließlich seien selbst die Ressourcen
Moskaus nicht endlos. Die russische Ar-
mee hat seit Beginn des Kriegs unter an-
derem 3000 Panzer und 5200 gepanzerte
Fahrzeuge verloren.
Moskaus Rüstungsindustrie hinkt den
hohen Verlusten weit hinterher und des-
halb plündert man alte Lagerbestände.
„Russland hat je nach Ausrüstung bereits
zwischen 25 und 40 Prozent seiner stra-
tegischen Reserven abgezogen“, so Fo-
reign Affairs und bezieht sich auf mehre-
re Studien. „Wenn Russland in diesem
Tempo weitermacht“, heißt es weiter,
„werden seine verbleibenden Bestände
in den nächsten Jahren schrumpfen, was
seine künftigen Optionen einschränken
wird.“ Wie schnell und vehement sich
die Einschränkungen manifestieren, ist
von der westlichen Unterstützung der
Ukraine abhängig. In Kiew scheint man
jedenfalls zuversichtlich zu sein, dass die
Waffen der Verbündeten für eine neue
Genoffensive ausreichen. Und die Trup-
pen für den Angriff soll ein neues Mobili-
sierungsgesetz liefern, das noch im März
zur Verabschiedung ansteht. Die Sen-
kung des Einzugsalters von 27 auf 25 Jah-
re bringt „mehrere Hunderttausende
von Soldaten“, wie der ukrainische Mili-
tärexperte Hrabovsky versichert.
Eine Minderheit hat Joe Biden verloren – jetzt kämpft er um die andere
Seine Unterstützung für Israel dürfte den US-Präsidenten viele Stimmen von Muslimen kosten. Jetzt sollen Milliardenprojekte schwarze Wähler zurückzugewinnen
M
it strahlendem Gesicht steht
Terrell Martin an der Ecke
Sixth Street und Cherry Street
in Milwaukee. Er erklärt, wie der US-
Präsident seinen Kiez, das historische
Bronzeville, modernisieren wird. „Vor
60 Jahren ist unsere afroamerikanische
Gemeinde aus diesen Straßen verdrängt
worden. Mit dem Geld, das der Präsi-
dent uns jetzt gibt, könnte unser Viertel
wiederauferstehen.“ Fast 20.000 Häu-
ser und Geschäfte waren damals für den
Bau einer innerstädtischen Autobahn
plattgemacht worden.
VON STEFANIE BOLZEN
AUS MILWAUKEE (WISCONSIN)
Der pensionierte städtische Ange-
stellte aus Milwaukee hat gerade in ei-
nem Jugendzentrum eine halbe Stunde
Biden zugehört und mitgejubelt. Der
Präsident hatte sich die größte Stadt
Wisconsins ausgesucht für seinen ers-
ten Wahlkampftauftritt, nachdem er die
Kandidatur für November in der Tasche
hat. Um afroamerikanische Wähler wie
Martin zu überzeugen, hat Biden außer-
dem umgerechnet 33 Millionen Euro für
die Umgestaltung von Milwaukees
PICTURE ALLIANCE/ ASSOCIATED PR/ OMAR HAVANA
F
ür den slowakischen Minis-
terpräsidenten Robert Fico
war der Schritt eine „Ohrfei-
ge“, wie es Ostmitteleuropa-
Experte Milan Nic von der
Deutschen Gesellschaft für Auswärtige
Politik (DGAP) ausdrückt. Anfang März
hat die tschechische Regierung verkün-
det, vorerst keine gemeinsamen Regie-
rungstreffen mit der Slowakei mehr ab-
zuhalten. Es sei „unmöglich, fundamen-
tale Meinungsdifferenzen in Kernthe-
men der Außenpolitik zu ignorieren“,
schrieb Tschechiens Ministerpräsident
Petr Fiala dazu auf X. Grund für die
Entscheidung waren die unterschiedli-
chen Sichtweisen der Nachbarländer
auf den Krieg in der Ukraine: Tsche-
chien unterstützt das angegriffene Land
mit Waffenlieferungen und hat sich klar
an die Seite Washingtons und Brüssels
gegen Russland stellt.
VON DOMINIK KALUS
AUS WARSCHAU
Fico dagegen setzt sich für einen
Waffenstillstand und damit Zugeständ-
nisse an Moskau ein und hat die militä-
rische Unterstützung für die Ukraine
eingestellt. Zwei Tage vor der Ausset-
zung der tschechisch-slowakischen Re-
gierungstreffen hatte sich der slowaki-
sche Außenminister Juraj Blanár mit
seinem russischen Pendant Sergej Law-
row getroffen – was wohl der finale Aus-
löser für den Schritt der tschechischen
Regierung war. Die Entscheidung mar-
kiert einen Tiefpunkt in der Beziehung
Sixth Street mitgebracht. Die „Black
Americans“ sind eine wichtige Zielgrup-
pe – ganz besonders in den sogenannten
Blue Wall-Staaten, in denen bei der
Wahl im November jede Stimme ent-
scheidend sein kann. Die „blaue Wand“
besteht aus Bundesstaaten, die traditio-
nell fest in der Hand der Demokraten
sind, wie Michigan, Pennsylvania und
eben Wisconsin. Doch seit 2016, als Do-
nald Trump Wisconsin zum Schock der
Demokraten gewann, ist das vorbei. In
der Wahl 2020 holte Biden den Staat zu-
rück. Beide Male machten nur rund
20.000 Stimmen den Unterschied. Auch
2024 könnte es wieder auf jede Stimme
ankommen – denn es wird Umfragen
zufolge denkbar knapp.
Warum das so ist, erklärt sich einen
Kilometer östlich auf der anderen Seite
des Milwaukee River. Dort heißt eine
weitere Minderheit Biden auf andere
Art willkommen. Khaled Abukhamireh
und rund 120 andere Demonstranten
haben sich an einer Straßenecke pos-
tiert und fordern lautstark eine Waffen-
ruhe für Gaza. Weder bekommen sie Bi-
den zu sehen, noch er den Protest. Der
Secret Service hat alles weiträumig ab-
gesperrt. Aber die mit Biden reisenden
* DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024
einzigen Querschläger hätten die ande-
ren Visegrad-Länder wohl umgehen
Die Premier-
minister Estlands
können, mit der Wahl Ficos in der Slo-
wakei bildete sich allerdings ein neuer
und Polens, Zweierblock. Analog zu Orbán bezeich-
Kaja Kallas und nete Fico den Krieg in der Ukraine als
Donald Tusk „nicht unser Krieg“ und stoppte staatli-
che Waffenlieferungen an Kiew. Dabei
ist Fico durchaus am Visegrad-Format
gelegen; zum Amtsantritt betonte er die
besonderen Beziehungen zum Nach-
barn Tschechien. Auf Ficos Initiative
kam es Ende Februar zum vorsichtigen
Versuch, das Visegrad-Formats wieder-
zubeleben. Dort wurden allerdings die
Unterschiede offenbar, nicht nur hinter
den Kulissen. Fico und Orbán wurden
von Demonstranten mit Pfiffen und
„Geh nach Hause nach Russland“-Schil-
dern begrüßt, und trafen nach der Vise-
grad-Runde die ehemaligen Präsidenten
Tschechiens Milos Zeman and Vaclav
Klaus, die als russlandnah gelten. Tusk
beriet sich dagegen mit Tschechiens ak-
tuellem Präsidenten Pavel und schrieb
auf X, wie gut es sei, „in Europa Verbün-
dete wie Tschechien“ zu haben.
Nach dem holprigen Gipfel war für
Tschechien das Maß voll, als wenige Ta-
ge später das Treffen zwischen dem slo-
wakischen und russischen Außenminis-
ter bekannt wurde. „Das ist ein Bruch,
der wahrscheinlich andauern wird“,
sagt Experte Nic. Es zeichnet sich ab,
dass das Visegrad-Format zunehmend
bedeutungslos geworden ist. Gleichzei-
tig bahnen sich im Osten der EU neue
Dynamiken an. Polen orientiert sich in
der Sicherheitspolitik zunehmend in
Richtung Baltikum und der neuen Nato-
Staaten Schweden und Finnland. Tusks
erster Antrittsbesuch nach Brüssel wäre
Tallinn gewesen, wäre nicht eine Coro-
na-Infektion der estnischen Premiermi-
nisterin Kaja Kallas dazwischengekom-
men. Zuletzt traf sich der polnische
In Osteuropa
Premier mit Litauens Präsident Gitanas
deckung, um EU-Sanktionen zu entge- Nauseda; beide lobten die Partnerschaft
hen. Warschau und Budapest waren auf und kündigten eine Rüstungskooperati-
einer Linie, wenn es um Eingriffe in die on an. Polen und die baltischen Staaten
Gewaltenteilung und Medienfreiheit grenzen unmittelbar an russisches
formt sich eine
oder die Ablehnung sexueller Minder- Staatsgebiet und sehen Russland als
heiten und Gender-Themen ging. existenzielle Bedrohung – was Abspra-
Dadurch kam es allerdings im Vise- chen und tiefere Zusammenarbeit un-
grad-Block erstmals zur Entfremdung, abdingbar macht.
neue Allianz
nachdem in Tschechien und der Slowa- Litauen und Lettland hatten einen
kei proeuropäische Regierungen ge- Einsatz eigener Bodentruppen in der
wählt wurden. Aus den „V4“ wurde erst- Ukraine nicht ausgeschlossen, so wie
mals ein „V2 plus V2“, Prag und Brati- zuletzt auch der polnische Außenminis-
slava arbeiteten eng zusammen. Mit ter Radoslaw Sikorski. Auch haben die
Russlands Angriffskrieg hat die den Wahlen in der Slowakei und Polen Beziehungen zwischen Warschau und
Visegrad-Staaten entzweit – aber auch
2023 haben sich Dynamik und Partner- Prag neues Potenzial, seit die Regierun-
schaften innerhalb des Visegrad-Blocks gen der beiden Länder wieder auf einer
neue Bündnisse entstehen lassen
grundlegend verändert. Nach dem Linie sind. „Tschechien und Polen
Machtverlust der PiS sieht Orbán in Fi- könnten ein neues interessantes Tan-
co einen neuen Verbündeten. Und die dem in Europa werden“, prognostiziert
von Donald Tusk geführte neue polni- Experte Nic. Für Kai-Olaf Lang von der
zwischen Tschechien und der Slowakei, mat regionaler Kooperation arbeitete sche Regierung versteht sich bestens Stiftung Wissenschaft und Politik
die über 70 Jahre lang einen Staat gebil- man gemeinsam an der Integration in mit der transatlantisch eingestellten (SWP) ist es allerdings zu früh, Visegrad
det hatten und bis heute eng verwoben den Westen. Nach der EU-Osterweite- tschechischen Führung, deren Präsi- ganz abzuschreiben. „Ein Grundinte-
sind. Gleichzeitig wirft sie ein Schlag- rung war dieses Ziel erreicht, doch die dent Petr Pavel ein ehemaliger Nato- resse aneinander wird bestehen blei-
licht auf die Dynamik im Osten der EU. Visegrad-Staaten blieben als informel- General ist. Allerdings hatten sich War- ben“, so der Experte. Es gebe genug ge-
Denn die Russlandfrage ist längst zum les Bündnis bestehen. Nach einer Phase schau und Budapest schon nach Beginn meinsame Themen, wie zum Beispiel
Prüfstein für den Visegrad-Block ge- der Erschlaffung entwickelten sie neue des russischen Angriffskriegs entzweit. Klima, Energie oder Migration. Tsche-
worden, in dem sich zwei Fraktionen Kraft im Zuge der Migrationskrise 2015. Auch für die PiS ist es nicht hinnehm- chien hat zwar die zwischenstaatlichen
gegenüberstehen: Polen und Tsche- Als einflussreicher Block stemmten sie bar, dass Orbán mehrfach EU-Hilfen an Konsultationen vorerst ausgesetzt, aber
chien als unerschütterliche Unterstüt- sich gegen eine gemeinsame EU-Migra- die Ukraine blockiert und Putins Krieg nicht alle diplomatischen Beziehungen
zer der Ukraine, und auf der anderen tionspolitik. Als in Polen die PiS-Partei eine „Spezialoperation“ genannt hat. aufgekündigt. Am Donnerstag werden
Seite die Slowakei und Viktor Orbáns an die Macht kam, war das der Beginn Ein im März 2022 geplantes Visegrad- die Außenminister der Visegrad-Staaten
Ungarn, deren Nähe zu Russland kon- des Zweckbündnisses zwischen der pol- Treffen war geplatzt, nachdem Polen aufeinandertreffen. Fico reagierte auf
struktive Gespräche im Visegrad-For- nischen Regierung und dem ungari- und Tschechien ihre Teilnahme abge- die „Ohrfeige“ Tschechiens mit einer
mat unmöglich gemacht hat. schen Ministerpräsidenten Orbán. Bei- sagt hatten. „Es tut mir leid, dass billi- Videobotschaft. Darin betonte er die
Dabei hat sich die Visegrad-Gruppe de Länder wurden von der EU für ihre ges russisches Öl für ungarische Politi- Besonderheit der tschechisch-slowaki-
eigentlich formiert, um sich nach der autokratischen Tendenzen und Eingrif- ker wichtiger ist als ukrainisches Blut“, schen Beziehungen und sagte, dass Fiala
Wende gemeinsam von Moskau weg fe ins Justizsystem kritisiert – und ga- sagte Tschechiens Verteidigungsminis- und seine Regierung in Bratislava stets
Richtung Europa zu bewegen. Als For- ben sich in Brüssel gegenseitig Rücken- terin Jana Cernochová dazu. Mit einem willkommen seien.
US-Reporter berichten später, die Pro- aktuell nur 17 Prozent von ihnen den stellen, der mit möglichst großem ville begrünte, verkehrsberuhigte Stra-
Palästinenser seien bis in die Wahlzen- Amtsinhaber wählen. Im Jahr 2020 wa- Schwung auf die Bühne zu kommen ver- ßen mit Fahrradwegen verlaufen statt
trale der Demokraten zu hören gewe- ren es 59 Prozent. Stimmen, die der De- sucht. Vergangenen Herbst hatte Biden des riesigen Asphaltkorridors.
sen, wo der 81-Jährige seine Anhänger mokrat Biden nun woanders sichern sein „Reconnecting Communities and Doch das wird dauern, für den Beginn
einschwor. Abukhamireh war noch vor muss. Angesichts der eskalierenden La- Neighborhoods“-Programm vorgestellt. der Bauarbeiten gibt es noch nicht ein-
vier Jahren einer von ihnen. „Ich habe ge in Gaza scheint sich der Präsident Mehr als drei Milliarden Euro ist der mal ein Datum. Und die Zeit läuft nicht
im Wahlkampf 2020 Schilder für die De- damit abgefunden zu haben, dass ihn Topf schwer, mit dem in 42 Bundesstaa- zugunsten des 81-jährigen Präsidenten.
mokraten aufgestellt, habe an Türen ge- Benjamin Netanjahus Vorgehen im Ga- ten vor allem verarmte Stadtteile entwi- Schnell hingegen ist das Tempo, mit
klopft für Biden“, erzählt der 52-Jährige, za-Streifen Zehntausende muslimische ckelt werden sollen. „Die Geschichte dem er auch diese Minderheit verliert.
der eine aufgerollte Palästinenser-Flag- Stimmen kosten wird. Bei seinen Wahl- von Bronzeville hier in Milwaukee ist ei- Afroamerikaner zählen eigentlich zu
ge in der Hand trägt. „So wie viele mei- kampfbesuchen im Mittleren Westen ne, die wir im ganzen Land sehen“, er- den treuesten Wählergruppen der De-
ner Freunde. Die so wie ich jetzt gegen meidet er Treffen mit Wählern, die Bin- klärt Biden. Innerstädtische Autobah- mokraten: Seit der Ära der Bürger-
Biden sind. Jemand, der Genozid be- dungen an das Kriegsgebiet haben. nen, die neue Adern werden sollten für rechtsbewegung stimmten unter ihnen
geht, kann kein Wächter der Demokra- Stattdessen konzentriert er sich seine Wachstum. „Aber sie haben Menschen stets mehr als 80 Prozent für den demo-
tie sein.“ Vor vier Jahren habe ihn die afroamerikanische Anhängerschaft. nicht zusammengebracht, sondern sie kratischen Präsidentschaftskandidaten.
Aussicht auf eine weitere Amtszeit von Strahlend tritt Raynetta „Ray” Hill getrennt.“ Künftig sollen durch Bronze- Das könnte sich bei den Wahlen in die-
Trump beängstigt, sagt Abukhamireh. auf die Bühne des Jugendzentrums. Die sem Jahr ändern. Wirtschaftliche Pro-
„Aber jetzt sage ich mir: Was soll’s? junge Frau leitet das Sanierungspro- bleme und Frustration über zu geringe
Dann verhängt Trump halt wieder ein gramm in Bronzeville. Ihr Großvater Fortschritte bei der Gleichberechtigung
Einreiseverbot für Muslime. Vier Jahre habe 1949 an dem Ort, an dem heute das lassen die Unterstützung für Biden
gehen auch vorbei.“ Zentrum steht, ein Restaurant eröffnet. schmelzen. Um ganze 19 Punkte ist sein
DIE GESCHICHTE
Amerikas Minderheiten, lange Zeit „Aber es fiel der rassistischen Städte- Vorsprung vor Trump unter den Afro-
eine Wählerbastion der Demokraten, planung der 60er-Jahre zum Opfer. Das amerikanern seit der letzten Wahl 2020
VON BRONZEVILLE
werden 2024 für Joe Biden zur Heraus- Restaurant wurde abgerissen, um die gesunken, wie jüngst eine Gallup-Um-
forderung. Zwar machen die Stimmen Sixth Street zu erweitern.“ Was blieb frage ergab. 77 Prozent sprachen sich
der rund 3,5 Millionen Arab Americans
nur einen kleinen Anteil aus. Aber sie
war eine Schneise, die bis heute den tra-
ditionellen Kiez der schwarzen Bürger
SEHEN WIR IM vor vier Jahren noch für Biden aus, nur
elf Prozent für Trump. Jetzt will fast je-
konzentrieren sich in Wahlbezirken der in Milwaukee von der Innenstadt ab- GANZEN LAND der fünfte schwarze Wähler Trump sei-
umkämpften „Blue Wall“. Nach Anga- schneidet. An diesem Märztag nun darf ne Stimme geben. Und nur noch zwei
ben des Arab American Institute wollen die Enkelin den US-Präsidenten vor- JOE BIDEN, US-Präsident Drittel sind für die Demokraten.
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DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024
LEITARTIKEL
Diese Revolution
frisst ihre Kinder
I
m Rettungswesen ist Zeit ein Faktor, der
über Leben und Tod entscheiden kann. Wie
schnell ist der Krankenwagen bei Patienten?
Wie lange dauert die Fahrt in die nächste
Klinik? Wie schnell wird der Patient ver-
sorgt? Nach Fragen wie diesen erfolgt die
Planung von Rettungsdiensten und Kranken-
häusern. Zumindest sollte sie das. Doch nicht nur
für Notfallpatienten ist Zeit entscheidend. Das ist
sie mittlerweile für den gesamten Krankenhaus-
bereich. Denn zahlreiche Kliniken kämpfen gerade
ums finanzielle Überleben. Andere haben diesen
Kampf bereits verloren. So sind seit Mitte des Jah-
res 2022 rund 60 Kliniken in die Insolvenz ge-
rutscht; allein im Januar dieses Jahres sind acht
Krankenhäuser pleitegegangen. Für das laufende
Jahr rechnet die Deutsche Krankenhausgesellschaft
(DKG) mit insgesamt rund 80 Klinikinsolvenzen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach
(SPD) hat den Not leidenden Kliniken eine Medizin
in Form seiner großen Krankenhausreform ver-
ordnet. Am Wochenende sickerte der Referenten-
entwurf dieses Gesetzesvorhabens durch. So soll
künftig klar geregelt werden, dass spezielle Krank-
heiten wie etwa Krebs nur von entsprechend spe-
zialisierten Kliniken behandelt werden sollen. Die
Krankenhausfinanzierung soll auf neue Beine ge-
stellt werden. Ab 2027 soll es zudem zusätzliche
finanzielle Mittel etwa für Kinder-, Geburtshilfe-
oder Intensivstationen geben. Auch „bedarfsnot-
wendige“ Krankenhäuser auf dem Land sollen mit
zusätzlichem Geld von bis zu einer Million Euro
pro Jahr und Krankenhaus bedacht werden.
Lauterbachs Vorhaben ist prinzipiell eine gute
Nachricht. Doch es gibt auch eine schlechte. Denn
die Wirkung von Lauterbachs Medizin werden
zahlreiche Kliniken nicht mehr erleben. Bis zur
Umsetzung der Reform frühestens im Jahr 2027
werden sie schlicht pleitegegangen sein. Ein Blick
auf die bloßen Zahlen könnte meinen lassen, dass
diese Entwicklung so schlecht gar nicht ist. Denn
mit rund 1900 Krankenhäusern leistet sich
Deutschland im internationalen Vergleich eine
extrem hohe Dichte an Krankenhäusern, deren
Effizienz durchaus hinterfragt werden darf. Da
erscheint es nur logisch, hier und dort ein paar
nicht versorgungsrelevante Kliniken vom Netz zu
nehmen, um damit Kosten einzusparen.
So richtig dieser Gedanke ist, so falsch ist seine
derzeitige Umsetzung. Denn welche Kliniken aus
der Versorgung verschwinden, wird von Lauterbach
in keiner Weise gesteuert. Bis heute hat die von
GASTKOMMENTAR
Europas Verteidigungsindustrie stärken
R
usslands Angriffskrieg gegen die Ukraine
gefährdet die Sicherheit der EU. Angesichts
des Krieges vor unserer Haustür, der tiefen
Spaltung der Vereinigten Staaten über die weitere
Unterstützung der Ukraine und der zunehmenden
gefährlichen Spannungen im Nahen Osten und in
vielen anderen Regionen ist es an der Zeit, dass
Europa seine Sicherheit selbst in die Hand nimmt.
Wir haben bereits damit begonnen, die Politik der
„Friedensdividende“, die nach dem Ende des Kal-
ten Krieges lange Zeit vorherrschte, umzukehren.
Seit 2022 hat sich dieses Umdenken mit dem Bei-
tritt Schwedens und Finnlands zur Nato, dem Ein-
tritt Dänemarks in die europäische Verteidigungs-
zusammenarbeit und den Entscheidungen der EU-
Mitgliedstaaten, massiv in die Verteidigung zu
investieren und die Ukraine militärisch zu unter-
stützen (28 Milliarden Euro seit Kriegsbeginn und
weitere 21 Milliarden Euro für 2024 angekündigt),
konkretisiert. Die EU setzt Instrumente wie die
Europäische Friedensfazilität auf innovative Weise
ein, um den Waffentransfer in die Ukraine zu fi-
nanzieren, und wir haben gerade vereinbart, diese
Fazilität um fünf Milliarden Euro aufzustocken.
Außerdem haben wir den EU-Haushalt in beispiel-
loser Weise mobilisiert, um gemeinsame Beschaf-
fungen und Investitionen in die Munitionspro-
duktion zu unterstützen.
Aber wir müssen noch viel mehr tun und von
einem Notfallmodus zu einem strukturellen, lang-
fristigen Ansatz übergehen. Wir müssen mehr pro-
duzieren und in die Verteidigung investieren,
schneller und gemeinsam als Europäer. Der Aufbau
einer glaubwürdigen Verteidigungsunion wird ein
wichtiges europäisches Projekt für das nächste
Jahrzehnt sein. Es geht nicht darum, eine europäi-
sche Armee zu schaffen. Was wir brauchen – und
was wir in den kommenden Jahren erreichen wol-
len – ist eine engere Zusammenarbeit zwischen
unseren nationalen Armeen und eine stärkere Ver-
teidigungsindustrie in Europa. Dies wird auch dazu
beitragen, einen wirksamen europäischen Pfeiler in
der Nato aufzubauen. Wir müssen ein Europa der
Verteidigung aufbauen, das es uns ermöglicht, ge-
meinsam mit unseren Verbündeten zu handeln,
wenn es möglich ist, aber auch unabhängig, wenn
FORUM 7
KOMMENTAR
Es wird der Tag kommen
Krankenhäuser adressiert und dafür sogar zum gro-
ßen Besteck greift. Bei der ersten Vorstellung seiner
Reform Ende des Jahres 2022 versprach der Mi-
nister nichts weniger als eine „Revolution“ im Kran- wird es Barley jedenfalls nicht schaf-
kenhausbereich. So kündigte Lauterbach etwa an, fen. Der Bundeskanzler mag mit beiden
das Gewinnstreben im Klinikbereich zurückdrängen Händen noch so verbissen an ihrer
zu wollen. Tatsächlich kann man sich nicht immer Temperamentlosigkeit rütteln, es fällt
sicher sein, ob eine OP wegen des Wohls des Patien- JACQUES SCHUSTER nichts Leidenschaftliches herunter.
R
ten oder jenem der Krankenhausfinanzen durch- Wahlkampfstrategie hin, ideologi-
geführt wird. Hier sorgt Lauterbach für Abhilfe. So sche Verbissenheit her – es ist ein Akt
sieht der Referentenentwurf vor, dass der Großteil olf Mützenich ist von solch der Wahrhaftigkeit, offen zu fragen, ob
der Vergütung von Kliniken durch das Vorhalten von einer Sanftmut, dass er sich mit Mützenich nicht recht hat. Glaubt
Leistungen erfolgen soll, nicht erst durch das tat- Fug und Recht Rotkäppchen hierzulande auch nur einer, der wachen
Dass Karl Lauterbach sächliche Erbringen dieser Leistungen. nennen darf. Doch man täusche sich Geistes und scharfen Blickes ist, dass
die Probleme der
Doch trotz dieser guten Ansätze scheint Lauter- nicht! Wenn es dem SPD-Fraktions- Kiew in dem Sinne siegen kann, wie
bachs Revolution mittlerweile ihre eigenen Kinder vorsitzenden im Bundestag nötig er- europäische Königreiche einander in
Krankenhäuser angeht,
– sprich Kliniken – zu fressen. Denn zu den bereits scheint, bleckt Rotkäppchen die Wolfs- der Vergangenheit besiegt haben: mit
bestehenden Problemen ist seit dem Überfall Russ- zähne. Knallhart kann Mützenich wer- einer Siegesparade in der Hauptstadt
ist nach Jahrzehnten
lands auf die Ukraine noch ein weiteres hinzuge- den, vor allem, wenn es um seine Über- des niedergerungenen Gegners? Mos-
kommen: Die Inflation macht sich in Kliniken in zeugungen geht. kau hat diesen Krieg im Glauben be-
der Vernachlässigung
Form massiv gestiegener Kosten für Energie, medi- Der promovierte Friedensforscher gonnen, die Ukraine in wenigen Tagen
zinischen Bedarf und höhere Löhne bemerkbar. Für ist ein Kind der Entspannungspolitik, zu überrennen. Dank der ukrainischen
überfällig. Doch für
zahlreiche Häuser war das der Tropfen, der das einer zudem, der bis zur „Zeitenwen- Entschlossenheit und der westlichen
Fass endgültig zum Überlaufen gebracht hat. Lau- de“ 2022 wenig auf das transatlanti- Waffenhilfe ist nichts davon gesche-
viele Kliniken dürften
terbach reagierte zwar mit mehreren Nothilfe- sche Bündnis gab und viel auf ein en- hen. Der Westen sollte alles tun, die
Programmen, um die Kliniken zu stützen. Die In- ges Verhältnis zu Russland. Moskaus Ukraine militärisch so zu ertüchtigen,
die Reformen des
solvenzzahlen sprechen jedoch für keinen über- Angriffskrieg gegen die Ukraine hat ihn dass es auch künftig nicht geschieht
ragenden Erfolg dieser Maßnahmen. zwar bis ins Mark erschüttert, aber nie und so viele verlorene Landesteile wie
Gesundheitsministers
Besonders betroffen von den aktuellen Klinik- dazu geführt, dass er die Bahrsche möglich befreit werden können. Indes:
schließungen ist der ländliche Raum. Wenn die Pla- Ostpolitik tiefgründig infrage stellte. Angesichts der russischen Übermacht
zu spät kommen
nung von Rettungsdiensten und Krankenhäusern Es ist deshalb alles andere als ver- werden nur Träumer ernsthaft glau-
nach der Frage erfolgt, wie schnell Patienten ge- wunderlich, wenn Mützenich laut darü- ben, Kiew werde auf alle Fälle in einen
holfen werden muss, dann muss auf dem Land zu- ber nachdenkt, dass Moskaus Krieg Zustand gelangen, in dem selbst die
nehmend von einem Planungsversagen gesprochen gegen Kiew beendet werden könnte, Krim von Russen befreit sein wird.
werden. Rettungsdienste beklagen bereits jetzt, dass indem man den Konflikt gleichsam Ob es gefällt oder nicht: Es wird der
die vorgeschriebenen Intervalle kaum eingehalten einfriert. Treuherzig wäre derjenige, Tag kommen, an dem ein Kompromiss
werden können. Lauterbachs Reform sieht zwar vor, der Mützenichs Ideen fern von jeg- geschlossen wird. Dieser Kompromiss
ANDREAS MACHO dass Notfallpatienten innerhalb von 30 Minuten in licher Wahlkampfstrategie deutet. wird zu Zugeständnissen führen –
einer Klinik sind. Wie das gelingen soll, hat der Natürlich hat dieser erfahrene Machia- hoffentlich auf beiden Seiten. Am Ende
Gesundheitsminister noch nicht verraten. Vertreter vellist im Gedächtnis, wie Gerhard wird sich dieser Ausgleich um eine
von Kliniken würden gerne darüber sprechen, wel- Schröder 2002 die Friedenssehnsucht de-facto-, nicht de-jure-Anerkennung
ihm einberufene Expertenkommission für die che Kliniken schließen und wie Rettungsdienste der Deutschen im Irakkrieg weckte, um drehen mit Verweis auf spätere Zeiten,
Krankenhausreform nicht festgelegt, welche Klini- künftig organisiert sein sollen. Doch diesen Dialog sich im Wahlkampf gegen Angela Mer- die eine endgültige Entscheidung brin-
ken versorgungsrelevant sind und deshalb erhalten verweigert Lauterbach. Statt mit den Beteiligten kel zu behaupten. gen werden. Aber zu dieser Erkenntnis
werden müssen. So überlässt ausgerechnet ein darüber zu sprechen, welche Kliniken konkret aus Könnte gleiches Unterfangen die müssen die Ukrainer selber kommen –
Minister der Sozialdemokratie die Zukunft der der Versorgung ausscheiden sollen, spricht Lauter- SPD aus dem Ungemach trübster Um- und nicht von Deutschen dahin ge-
Krankenhausversorgung den freien Kräften des bach lieber in Interviews ganz allgemein davon, dass fragewerte befreien? Möglich ist es und trieben werden. Freilich bleibt der
Marktes. Diese orientieren sich aber an Profitabili- Deutschland zu viele Kliniken hat. Ein Schelm, wer für Mützenich einen Versuch wert, im uralte Grundsatz: Das Gesetz des Krie-
tät – und nicht an einer lückenlosen Versorgung vermutet, dass Lauterbach seine Beliebtheitswerte kommenden Europawahlkampf die ges heißt Gewalt; Gewalt hat in sich
der Allgemeinheit. Zu Recht warnen Fachverbän- im Blick hat, wenn er nicht für konkrete Klinik- Aufmerksamkeit von der politisch keine Grenzen. Das Gesetz des Frie-
den vor einer Ausdünnung der medizinischen Ver- schließungen verantwortlich sein will. seltsam hohlen Spitzenkandidatin dens heißt Proportion, und Proportion
sorgung insbesondere im ländlichen Raum. Lauter- Lauterbachs Schlingerkurs in Sachen Kranken- Katarina Barley weg und dafür hin auf bedeutet Begrenzung.
bachs Vorgehen setzt dieser besorgniserregenden hausschließungen hat mittlerweile zu ernsthaften Krieg und Frieden zu lenken. Allein jacques.schuster@welt.de
Entwicklung nichts entgegen. Verwerfungen mit maßgeblichen Vertretern und
Dass es im Kliniksektor Spitz auf Knopf steht, Fachverbänden im Krankenhauswesen geführt.
dafür ist nicht Lauterbach verantwortlich zu ma- Aktuell liefert sich der Minister etwa einen Schlag- KOMMENTAR
chen. Die Nöte der Kliniken wachsen seit Jahrzehn- abtausch mit der Deutschen Krankenhausgesell-
ten: falsche Anreizsysteme in der Finanzierung, schaft, deren Plakataktion gegen Krankenhaus-
Vernebelter Blick
ausbleibende Zahlungen der Länder, überbordende schließungen er als „unseriöse Hetzkampagne“
Bürokratie. Ebenfalls über Jahrzehnte wurden diese bezeichnete. Dass jene, die die Reform planen, und
Probleme von den Verantwortlichen im Bundes- die, die sie letztlich umsetzen sollen, tief zerstrit-
gesundheitsministerium höchstens oberflächlich ten sind, spricht nicht dafür, dass Not leidenden
angegangen und nicht selten gleich ganz an die je- Kliniken rasch geholfen wird. Aber vielleicht ist das in einer wärmeren Welt mancherorts
weiligen Nachfolger weitergereicht. Lauterbach ist ja auch gar nicht das Ziel der Krankenhausreform. mehr Wasser als ohnehin schon. Beides
deshalb hoch anzurechnen, dass er die Probleme der andreas.macho@welt.de erhöht das Katastrophenrisiko, das
aber auch zuvor bestand. Diese Tatsa-
AXEL BOJANOWSKI che schmälert nicht die erheblichen
I
Herausforderungen, die der voran-
schreitende Klimawandel mit sich
nstitutionen streben danach, ihren bringt. Der Meeresspiegel dürfte Gene-
Einfluss zu vergrößern. Mit ihren rationen lang ansteigen, Eismassen
Berichten zum Klimawandel schaf- werden schmelzen; es drohen auch
fen es Institute, die Relevanz ihres unbekannte Risiken. Doch die meisten
Apparats zu verdeutlichen. Doch das Wetterphänomene lassen sich nicht
Dauerfeuer solcher Informationen beliebig auf den Klimawandel zurück-
überwachen und unsere Seegebiete besser schützen erweist der Dokumentation der globa- führen.
– also die Bereiche, die keiner unserer Mitglied- len Erwärmung keinen Dienst. Am Wärmere Meere können beispiels-
staaten allein sichern kann. All dies setzt jedoch Dienstag warnte die Welt-Meteorolo- weise Hurrikane regenreicher machen,
THIERRY BRETON voraus, dass europäische Verteidigungsgüter ver- gie-Organisation WMO vor dem fort- aber die Erwärmung verstärkt auch
UND JOSEP BORRELL fügbar sind. Europa braucht eine Politik für die schreitenden Klimawandel, indem es Schwerwinde, welche die Entstehung
Verteidigungsindustrie, die seine Sicherheitsstrate- extreme Wetterereignisse des ver- der Stürme erschweren. Die Erwär-
gie jetzt und in Zukunft untermauert – ohne dass gangenen Jahres aufzählte. Dramati- mung kann örtlich Dürre und Wald-
wir alle vier Jahre den Atem anhalten müssen, um sche Schlagzeilen großer Medien welt- brandwetter wahrscheinlicher machen,
es notwendig ist. Im aktuellen geopolitischen Kon- die Wahlergebnisse der Verbündeten abzuwarten. weit folgten. Dabei sagen die meisten dennoch ist die verbrannte Fläche der
text haben wir keine andere Wahl: Wir müssen Deshalb müssen wir den Zugang unserer eu- Wetter-Informationen der WMO wenig Brände weltweit rückläufig – weil das
„verteidigungsbereit“ werden. Nicht, weil die EU ropäischen Verteidigungsindustrie zu Finanzmit- aus über den Klimawandel. Rekord- Klima nicht der dominante Faktor ist.
Krieg führen sollte, sondern im Gegenteil, um un- teln aus privaten und öffentlichen Quellen verbes- temperaturen für Luft und Meere sind Bei meteorologischer Dürre gibt es
sere potenziellen Angreifer abzuschrecken, in der sern. Die Europäische Investitionsbank (EIB) kann zwar Folge der menschengemachten weltweit ebenfalls keinen nachweisba-
Gewissheit, dass unsere Industrie bereit ist, die in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle spielen, wenn Erwärmung, die Daten eines Jahres ren Trend. Trotz verstärkter Regenfälle
Anstrengungen langfristig zu unterstützen. sie ihre Kreditvergabepolitik entsprechend anpasst. aber sind klimatologisch bedeutungs- sind auch Fluss-Hochwasser global
Die rechtzeitige und mengenmäßige Verfügbar- Wir brauchen einen umfassenden kollektiven In- los: Nur ein Langzeit-Trend verrät die nicht schlimmer geworden – Wetterri-
keit von Verteidigungsgütern ist zu einer entschei- vestitionsplan. Wir waren in der Lage, als Europäer Klimaentwicklung. siken sind multikausal. Entscheidend
denden Sicherheitsfrage geworden. In den letzten schnell und entschlossen auf die existenzielle Co- Die Erwärmung kann manche Wet- für die Vorbereitung auf den Klima-
zwei Jahren wurden 78 Prozent der von den EU- vid-Krise zu reagieren, indem wir gemeinsam 750 terereignisse verschärfen, etwa Hitze wandel wäre die Analyse der Langzeit-
Mitgliedstaaten erworbenen Verteidigungsgüter Milliarden Euro für die Erholung und Widerstands- und Starkregen. Doch auch ohne den entwicklung in einzelnen Regionen.
außerhalb der EU beschafft. Wie in so vielen ande- fähigkeit Europas mobilisiert haben. In einer Zeit, Klimawandel gäbe es die Extreme. Die inflationären Meldungen über
ren Bereichen (Rohstoffe, saubere Technologien) in der unsere Sicherheit bedroht ist, brauchen wir Hitzewellen fallen mittlerweile mit- Extremwetter aber vernebeln den Blick
müssen wir in einer Welt zunehmender geopoliti- einen langfristigen, berechenbaren und glaubwürdi- unter zwei Grad heißer aus und dauern auf den Klimawandel.
scher Spannungen die übermäßigen Abhängigkeiten gen Finanzierungsplan für Investitionen in unsere länger, und Extrem-Regenfälle bringen axel.bojanowski@welt.de
Europas verringern. Verteidigungskapazitäten und unsere Verteidi-
Wir sollten nicht davon ausgehen, dass Ver- gungsindustrie – notfalls auch durch eine gemein-
teidigungshersteller im Ausland immer bereit sein same Kreditaufnahme, wie sie von mehreren LESERBRIEFE
werden, uns Ausrüstung zu dem Zeitpunkt, zu dem Staats- und Regierungschefs vorgeschlagen wurde.
Preis und in dem Tempo zu verkaufen, wie wir sie Eines ist sicher: Wie bei allen anderen großen
brauchen. Wir müssen die industriellen Produkti-
onskapazitäten in Europa erhöhen, die Lagerbe-
Herausforderungen – Klimawandel, Pandemien,
Migration, Energie – reicht es nicht aus, sich allein
Hirtenstab Gesicht von Johannes Paul II., der sich
an seinem Hirtenstab, mit dem Ge-
stände unserer Mitgliedstaaten auffüllen, ein wi- auf nationale Lösungen zu verlassen. Es ist an der Zu: „Die Papst-Kritiker hören nur, kreuzigten am oberen Ende, abstützt,
derstandsfähiges europäisches Ökosystem der Ver- Zeit, als Europäer zu denken, zu investieren und zu was sie wollen“ vom 18. März sagt mehr über die Menschenliebe
teidigungsindustrie aufbauen und ihre Lieferketten handeln. Wir sind zuversichtlich, dass die EU- Gottes als all die vielen Interviews des
überall in Europa sichern. Bei der Munition haben Mitgliedstaaten den politischen Willen zeigen und Auch mir liegt der Papst als Glaubens- heutigen Papstes. Der Frieden der Welt
wir dies bereits getan: Das europäische Produkti- sich bereit erklären werden, die notwendigen Mit- bruder am Herzen. Doch wenn die kommt nur aus dieser Liebe Gottes.
onssystem kann heute mehr als eine Million Artil- tel bereitzustellen, um den mutigen Sprung nach Verteidigung von Franz Alt etwas ver- Für diese Nachricht brauche ich und
leriemunition pro Jahr herstellen, und mit Unter- vorn zu machen, den wir brauchen, um unser deutlicht, dann dass der Papst seinen die Welt den Papst. Alles andere lassen
stützung des neuen Gesetzes zur Unterstützung Schicksal in Sachen Verteidigungsindustrie selbst Beitrag zur Geschwätzigkeit der heuti- sich die Menschen doch nicht aus der
der Munitionsproduktion (ASAP) werden wir im in die Hand zu nehmen. gen Zeit leistet. Das schmerzverzerrte Hand nehmen. FRED KLEMM, LADENBURG
Jahr 2025 eine Produktionskapazität von zwei Mil-
lionen erreichen. T Josep Borrell ist Hoher Vertreter der Europäi-
Wir müssen jedoch auch die breitere Landschaft schen Union für Außen- und Sicherheitspolitik. Ihre Post an: DIE WELT, Brieffach 2410, 10888 Berlin, E-Mail: forum@welt.de
der Verteidigungsfähigkeiten abdecken. Wir müs- Thierry Breton ist EU-Kommissar für den Binnen- Leserbriefe geben die Meinung unserer Leser wieder, nicht die der Redaktion. Wir freuen uns über jede
sen in europäische Cyber- und Flugabwehrkapazi- markt und zuständig für die europäische Verteidi- Zuschrift, müssen uns aber das Recht der Kürzung vorbehalten. Aufgrund der sehr großen Zahl von
täten investieren, Bedrohungen aus dem Weltraum gungsindustrie. Leserbriefen, die bei uns eingehen, sind wir leider nicht in der Lage, jede einzelne Zuschrift zu beantworten.
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8 WISSEN
EINE MINUTE PHYSIK
Leben entstand
am Meeresgrund
NORBERT LOSSAU
D
ie Theorie, dass das irdische
Leben in der Nähe von heißen
Quellen am Grund der Ozeane
entstand, ist nicht neu. Seit Jahren ver-
suchen Wissenschaftler die chemischen
Reaktionen nachzuvollziehen, die in
dunkler Tiefe zum Aufbau erster Bio-
moleküle geführt haben könnten. Diese
waren Voraussetzung für das Entstehen
zunächst primitiver Lebensformen.
Bislang gab es jedoch beim Indizien-
beweis für den evolutionären Urknall
an der Hydrothermalquelle eine Ver-
ständnislücke. Diese konnte jetzt von
Wissenschaftlern der Universität Düs-
seldorf und des Marburger Max-Planck-
Institut für terrestrische Mikrobiologie
geschlossen werden. Im Fachjournal
„PNAS“ erklären sie, wie die ersten
Zellen auf der Erde Wasserstoff (H2) als
Energiequelle erschließen konnten.
Die allerersten Zellen auf der Erde
nutzen die Reaktion von Wasserstoff
und Kohlenmonoxid, um die Moleküle
des Lebens herzustellen. Damit diese
Reaktion funktioniert, müssen Elektro-
nen aus dem H2-Molekül in einen höhe-
ren energetischen Zustand gebracht
werden. Ein solcher Prozess ist unter
Mitwirkung von Enzymen möglich. In
einer späteren Phase der Evolution
lässt sich das also auf diese Weise er-
klären. Doch anfangs gab es noch keine
Enzyme und irgendwie muss es doch
schon damals zu einer „energetischen
Aufwärtsreaktion“ gekommen sein. Die
Forscher haben nun das Rätsel gelöst,
wie dies in der Frühzeit der Evolution
funktioniert haben könnte.
„Das ist so, als würde man einen
Fluss bitten, bergauf statt bergab zu
fließen“, veranschaulicht einer der drei
Erstautoren der Studie, Max Braben-
der, die energetische Anregung der
Elektronen aus dem Wasserstoff. Bei
Mitwirkung von Enzymen, so weiß man
mittlerweile seit 15 Jahren, kann die
Zelle die beiden Elektronen des Was-
serstoffs auf zwei verschiedene Wege
schicken. Eines der Elektronen geht
energetisch bergab, und zwar so weit
bis es mit einem Flaschenzug das ande-
re Elektron in einen energetisch höhe-
ren Zustand befördern kann. Dieser
Prozess wird als „Elektronenbifurkati-
on“ bezeichnet. Damit er in Zellen
funktioniert, sind mehrere Enzyme er-
forderlich. Die neue Studie zeigt nun,
dass die Elektronenbifurkation unter
bestimmten Bedingungen auch ohne
Enzyme möglich ist. Benötigt werden
lediglich alkalische Bedingungen mit
einem pH-Wert von 8,5 sowie das Vor-
handensein von Eisenoberflächen und
natürlich Wasserstoff. Die H-H-Bin-
dung des Wasserstoffs kann an Eisen-
oberflächen katalytisch gespalten wer-
den, die freigesetzten Protonen werden
im alkalischen Wasser gebunden, die
Elektronen stehen direkt für die chemi-
schen Reaktionen zur Verfügung.
„Wir haben einen Prozess identifi-
ziert, der einfacher nicht sein könnte
und der unter den natürlichen Bedin-
gungen der Hydrothermalquellen funk-
tioniert“, sagt William F. Martin von
der Uni Düsseldorf. „Am Anfang des
Lebens können Metalle unter ur-
sprünglichen Umweltbedingungen die
Elektronen von H2 energetisch nach
oben schicken, und wir können Relikte
dieser uralten Chemie in der Biologie
moderner Zellen sehen“, ergänzt die
Marburger Chemikerin Martina Prei-
ner. Der erforderliche Wasserstoff wird
dabei selbst vor Ort produziert. In der
Umgebung von Hydrothermalquellen
entsteht Wasserstoff bei der Interakti-
on von Wasser mit eisenhaltigem Ge-
stein. „Mikroben leben noch heute von
diesem Wasserstoff als Energiequelle“,
sagt die Forscherin Delfina Pereira vom
Marburger Max-Planck-Institut.
Die entstehenden H2-Mengen sind
dabei so groß – heute wie im Urozean
–, dass der Wasserstoff eisenhaltige Mi-
neralien in metallisch glänzendes Eisen
verwandeln kann. „Viele Prozesse in
der chemischen Industrie nutzen H2,
um während der Reaktion Metalle aus
Mineralien zu machen“, sagt Co-Autor
Harun Tüysüz, vom Max-Planck-Insti-
tut für Kohlenforschung in Mülheim,
„überraschend ist aber, dass dies auch
in der Natur geschieht, vor allem an
Hydrothermalquellen, und dass dieses
natürlich abgelagerte Eisen eine ent-
scheidende Rolle bei der Entstehung
des Lebens gespielt haben könnte.“
AFP/BYAMBASUREN BYAMBA-OCHIR
„Dzud“ nennen die Mongolen die Schnee- und Eiskatastrophen, die das Land in den Wintermonaten
immer wieder heimsuchen. Das Wetterphänomen sorgt dafür, dass das Vieh kein Futter mehr findet,
weil die Böden gefroren oder die Weiden von Schneemassen bedeckt sind. Die Landwirte erleiden so
schwere wirtschaftliche Schäden. In diesem Winter sind mehr als 4,7 Millionen Tiere während der
W
„Dzud“ verendet, teilte die staatliche Notstandskommission mit, drastisch mehr als erwartet. Oft sind
ie sehr der Mensch
Jahr für Jahr in die
Umwelt eingreift,
lässt sich an den Ge-
steinsschichten ab-
lesen. Fachleute hatten im Sommer den
Beleg dafür gefunden – aus der Zeit der
überirdischen Atomwaffentests. Doch
jetzt kommen Zweifel auf.
VON VERENA MÜLLER
WELT: Kürzlich wurde ein Ort be-
nannt, der für den Anbruch des soge-
nannten Anthropozäns stehen soll.
Was bedeutet der Begriff?
JÜRGEN RENN: Es ist das Zeitalter, in
dem der Mensch unseren Planeten
maßgeblich verändert. Er beeinflusst
die Umwelt und ist für den Klimawan-
del, die Versauerung der Meere und den
Verlust der Biodiversität verantwort-
lich. Diese Änderungen spiegeln sich in
geologisch nachweisbaren Ablagerun-
gen wider. Populär gemacht hat den Be-
griff der Chemie-Nobelpreisträger Paul
Crutzen im Jahr 2002. Er machte klar:
Wir leben nicht mehr im Holozän, dem
Zeitalter nach der Eiszeit, sondern in
dem des anthropos, des Menschen. Die
Erdzeitalter werden offiziell beschlos-
sen von der internationalen Union für
geologische Wissenschaften.
Wie entscheidet sich das?
Voraussetzung für ein neues Erdzeital-
ter ist, dass sich die wesentlichen Merk-
male an geologischen Ablagerungen
festmachen lassen. Dafür braucht es ei-
nen Referenzpunkt, einen sogenannten
Golden Spike, an dem sich die Schicht,
die den Anfang der neuen Zeit markiert,
besonders deutlich und global ver-
gleichbar ablesen lässt. Für die Zeit als
die Dinosaurier ausstarben, beim Über-
gang von der Kreidezeit zum Paläogen,
liegt dieser Punkt zum Beispiel im
Nordwesten Tunesiens. Der große Me-
teoriteneinschlag, der wahrscheinlich
für das Aussterben verantwortlich war,
hat dort seine Spuren hinterlassen.
Und für das Anthropozän?
Eine internationale Forschungsgruppe
hat zwölf verschiedene Orte genauer un-
tersucht, darunter das Eis in der Antark-
tis und die Korallenriffe vor Australien.
Überall spiegelt sich das Anthropozän
wider. Im vergangenen Sommer ent-
schied sie sich dann für den Crawford
Lake, einen See nahe Toronto in Kanada.
Warum ausgerechnet dieser See?
Weil er viele geologische Vorteile hat.
Er ist relativ ungestört, die jährlichen
Schichten des Sediments sind beson-
ders gut unterscheidbar. Weil er da-
durch ein stabiles und gut datierbares
geologisches Archiv darstellt, sind die
Messergebnisse exzellent verwertbar.
Was zeigt sich dort?
Aus den Schichten kann man Jahr für
Jahr ablesen, was in der Umwelt pas-
DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024
Frost und Frust in der Mongolei
die Verluste besonders hoch, wenn ein trockener Sommer vorausgegangen ist, in dem sich die Tiere
kein ausreichendes Fettpolster anfressen konnten. Es ist bereits der zweite „Dzud“-Winter in Folge
mit deutlich mehr als minus 30 Grad Celsius. Derzeit liegen die Temperaturen in der Mongolei örtlich
noch bei bis zu Minus zehn Grad. Unser Foto zeigt Jurten im östlich gelegenen Bayanmunkh nahe der
chinesischen Grenze.
siert ist, sowohl lokal als auch global.
Durch Pigmente, die auf Veränderungen
maß. Extremwetter nehmen zu, das Ar-
tensterben schreitet voran, die Gletscher
saurier starben auch nicht plötzlich
aus. Trotzdem hat man die Zeitalter Das neue
der Wasserqualität hinweisen, kann
man auf Landwirtschaft schließen,
schmelzen immer schneller. Durch Bau-
ten und die Ausbeutung von Boden-
definiert. Es stimmt auch, dass Men-
schen den Planeten bereits durch die Herzpflaster bei
Herzschwäche
durch Flugasche auf die ersten Ölfelder schätzen verschieben wir inzwischen Einführung der Landwirtschaft und
und Raffinerien in der Gegend. Ent- mehr Sedimente als alle Flüsse zusam- später die industrielle Revolution
scheidend aber ist der deutliche Anstieg men in die Ozeane transportieren. nachhaltig verändert haben. Deren
von Plutonium 239 und 240 zwischen Spuren lassen sich aber nicht so ein- Deutsche Forscher
entwickeln Medikament
1948 und 1964. Trotzdem lehnte eine Expertenkom- deutig nachweisen. Der Begriff „An-
H
mission kürzlich den Beginn des neu- thropozän“ als Ganzes wird aber nicht
Was bedeutet dieser Anstieg? en Zeitalters ab. infrage gestellt und der Crawford Lake
Das war die Zeit der großen überirdi- Einige argumentieren, der Beginn las- als Referenzpunkt auch nicht erzschwäche ist ein sehr harm-
schen Atomwaffentests. Diese nuklea- se sich nicht auf ein einzelnes Datum loser Ausdruck für eine lebens-
Warum braucht es für diese Eingriffe bedrohliche Erkrankung: Das
überhaupt ein festes Datum? Herz pumpt nicht mehr richtig. Was mit
„Wir
Damit wir einen weiteren Beleg haben, Atemlosigkeit beginnt, endet für jeden
dass wir das gesamte Erdsystem verän- Zweiten innerhalb von fünf Jahren mit
dern und dafür verantwortlich sind, gu- dem Tod. 2021 starben mehr als 35.000
VERÄNDERN
te Lebensbedingungen zu erhalten. Um- Menschen hierzulande an der chroni-
weltschutz ist nicht mehr nur eine re- schen Überlastung ihres Herzens. Nun
gionale Frage, sondern eine planetare. haben Mediziner ein neues Medikament
Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, zur Behandlung von Herzmuskelschwä-
birgt das unweigerlich die Gefahr eines chen entwickelt. Erste Studienergebnis-
Kollapses. se des sogenannten Herzpflasters deu-
das gesamte
ten auf dessen Wirksamkeit hin, wie die
Was heißt das? Wissenschaftler sagten. „Das ist eine
Unser Planet ist ein endliches System. Therapie der Zukunft“, sagte der Direk-
Bei drei Grad globaler Erwärmung, auf tor der Herzklinik an der Universitäts-
die wir gerade zulaufen, werden Teile medizin Göttingen, Ingo Kutschka.
Erdsystem“
der Erde unbewohnbar durch Verstep- Entwickelt wird das Herzpflaster von
pung und Dürre. Geht die Biodiversität Medizinern an der Universitätsmedizin
verloren, verlieren wir die Substanz, auf Göttingen und dem Universitätsklini-
der unsere Ernährung und Gesundheit kum Schleswig-Holstein in Lübeck. Für
beruht. die Therapie werden in Göttingen aus
Seit Jahren ist von einem neuen Zeitalter
Stammzellen, die aus Nabelschnurblut-
Einige glauben, all dem ließe sich zellen gewonnen werden, Herzmuskel-
die Rede, dem Anthropozän. Bislang ist durch Technik entgegenwirken.
Der technologische Optimismus geht
zellen hergestellt. So entstehen kleine
Bauteile aus Herzmuskelgewebe, die
die Epoche aber nicht offiziell anerkannt. immer davon aus, dass sich die Proble- zum sogenannten Pflaster zusammen-
Ein Experte erklärt, was dahintersteckt
me durch einzelne Maßnahmen lösen genäht und anschließend auf das ge-
lassen – welche Schraube muss man schwächte Herz genäht werden.
festdrehen, welchen Stoff austauschen. Bei der im Fachjargon als Herzinsuf-
Das mag mal gut gegangen sein. Beim fizienz bezeichneten Krankheit gerät –
Ozonloch zum Beispiel, indem man die bedingt durch die permanente Über-
FCKW ersetzt hat. Heute sind wir aber lastung, etwa durch Bluthochdruck
Zur Person mit größeren Problemen konfrontiert, oder verengte Gefäße, das Regelsys-
die alle zusammenhängen, die Kreisläu- tem des Herzens durcheinander. Das
Jürgen Renn, 67, ist Wissenschaftshistoriker und fe der Erde, der Klimawandel, die Biodi- Herz wächst und überfordert sich da-
Direktor am Max-Planck-Institut für Geoanthropologie versität, unser Wohlstand. mit zunehmend selbst. Von dem Pflas-
in Jena, das die Wechselbeziehungen zwischen ter erhoffen sich die Mediziner, dass es
Menschen und Umwelt erforscht. Was lässt sich tun gegen die Auswir- diesen Teufelskreis durchbricht – die
HANS SELL, MPI-GEA
Einer seiner Forschungsschwerpunkte kungen des Anthropozäns? Regler des Herzens wieder auf normal
ist das Anthropozän. Das Anthropozän, der Klimawandel stellen. Es besteht aus 800 Millionen
und der Verlust der Biodiversität sind jungen Herzzellen, ist etwa 100 Qua-
unumkehrbar: Wir müssen mit den dratzentimeter groß und vier Millime-
langfristigen Veränderungen leben, sie ter dick.
so weit wie möglich bremsen und uns Das Pflaster wird in einer mehrstün-
ren Explosionen haben weltweit Spuren festlegen, in dem Falle die Explosion an die Folgen anpassen. Aber wir kön- digen Operation minimalinvasiv einge-
hinterlassen, auch im Crawford Lake. der Atombombe. Andere sagen, die nen unser Energiesystem, unsere Er- setzt. Einer der ersten Menschen, der
Die 1950er-Jahre waren aber auch die Eingriffe in die Geologie seien älter, nährung und Mobilität nachhaltiger ge- eines erhielt, war Frank Teege. Vor etwa
Zeit der Großen Beschleunigung. Bevöl- das Anthropozän reiche bis zur Indus- stalten. zwei Jahren wurde ihm das Herzpflaster
kerung, Energieverbrauch und Mobili- triellen Revolution zurück. Die Ent- eingesetzt. Seit der Operation habe sich
tät haben dramatisch zugelegt – und da- scheidung, die jetzt eine Unterkom- Kann der Einzelne etwas machen? seine Herzleistung von zehn Prozent
mit auch Partikel von Flugasche und an- mission der internationalen Union für Natürlich kann sich jeder, der es sich auf 35 Prozent verbessert, sagte er.
dere Spuren industrieller Tätigkeit. Das geologische Wissenschaften (IUGS) leisten kann, für einen nachhaltigen „Dass wir gleich einen Therapieeffekt in
sind mehrere Indizien, die die Mitte des getroffen hat, ist aber umstritten. Das Lebensstil entscheiden. Was aber dieser Größenordnung haben, konnte
letzten Jahrhunderts zu einem geolo- letzte Wort ist noch nicht gesprochen. ebenso wichtig ist: Sich informieren man nicht unbedingt direkt erwarten“,
gisch einmaligen Zeitpunkt machen. Am Ende entscheidet die IUGS. Das und einbringen in eine Diskussion da- sagte der Leiter der Pharmakologiekli-
Der Mensch ist zum geologischen Fak- steht noch aus. rüber, wo die größte Hebelwirkung zu nik an der Unimedizin Göttingen, Wol-
tor geworden. erzielen ist – ohne weiter zu polarisie- fram-Hubertus Zimmermann. Das Be-
Wie sehen Sie das? ren. Wir sollten die Transformation sondere an der seit 25 Jahren entwickel-
Was ist seither geschehen? Auch für die anderen geologischen unserer Infrastruktur begrüßen statt ten Behandlung sei, dass sie anders als
Wir erleben Klimawandel und Umwelt- Epochen gibt es keinen einzelnen Mo- sie mit Initiativen und Prozessen zu bisherige Medikamente tatsächlich
veränderungen in unvorstellbarem Aus- ment, an dem sie begannen. Die Dino- bekämpfen. neue Muskeln aufbaue. gra
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WIRTSCHAFT UND GELD
DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024 SEITE 9 *

BÖRSEN-WELT: INDIZES
DAX 17988,13 Dow Jones 39095,37 Euro in $ 1,0863 Gold $ / Feinunze 2153,91 Rohöl $ / Barrel 87,35 Bund-Future 131,71 Kanada Großbritannien Deutschland Japan
21909,72 +0,33 1560,70 +0,22 17988,13 +0,31 40003,60 +0,66

DAX
• ••••• Europa

19.03. Kurs Veränderung 12 Monate Marktk. Div. Div. KGV Kurs

in €
Veränderung
Vortag in % Tief
12 Monate
Vergleich
Marktk.
Hoch Mrd. €
Div.
in €
Div.
Rend.
KGV
2023
•
5006,40 +0,47
•
• •
in € Vortag in % Tief Vergleich Hoch Mrd. € in € Rend. 2023
Adidas NA 200,85 +0,4 WW 138,7 _________b _ 208,8 36,15 0,70 0,35 – Henkel Vz. 73,04 WWW –0,9 65,88 ______b ____ 78,84 13,01 1,85 2,53 21,17 Frankreich
Airbus 166,28 +1,8 WWWW 116,5 __________b 167,4 131,44 1,80 1,08 28,92 Infineon NA 31,32 WWWWW –2,1 27,07 ___b _______ 40,27 40,89 0,35 1,12 15,66 USA 8201,05 +0,65
Allianz vNA 271,05 +1,8 WWWW 198,6 __________b 271,3 106,18 11,40 4,21 11,39 Mercedes-Benz 74,15 +1,1 WWW 55,08 _________b _ 76,10 79,33 5,20 7,01 6,10 39095,37 +0,79
BASF NA 50,60 +3,3 WWWWWWW 40,25 __________b 50,92 45,16 3,40 6,72 12,34 Merck 157,20 +0,5 WW 134,3 _____b _____ 176,8 20,32 2,20 1,40 19,53 Australien
Bayer NA 25,87 WWW –1,3 24,96 b __________ 61,91 25,42 2,40 9,28 5,07 MTU Aero 227,80 +1,6 WWWW 158,2 ________b __ 245,1 12,26 3,20 1,40 23,13 Schweiz 7957,80 +0,41
Beiersdorf 133,50 0,0 113,4 _______b ___ 143,9 33,64 0,70 0,52 34,68 Münch. R. vNA 453,60 +1,7 WWWW 307,4 __________b 453,6 61,90 11,60 2,56 15,12 Brasilien 11577,80 –0,39
WWW +1,5 WWWW
•
________b __ ____b ______
BMW St. 107,12 +1,1 86,80 113,5 62,11 8,50 7,94 7,76 Porsche AG Vz. 93,18 72,12 120,8 42,44 1,01 1,08 15,93 127161,27 +0,54
WW +0,2 W

• •
Brenntag NA 78,84 +0,8 66,32 ______b ____ 87,12 11,63 2,00 2,54 14,74 Porsche Vz. 48,46 41,65 ____b ______ 58,86 7,42 2,56 5,28 2,73
Commerzbank 12,30 +3,5 WWWWWWW 8,41 __________b 12,41 15,25 0,20 1,63 8,48 Qiagen 40,72 +0,2 W 33,75 ______b ____ 44,81 9,29 – – 23,27
Continental 68,70 +2,3 WWWWW 58,20 _____b _____ 78,40 13,74 1,50 2,18 9,61 Rheinmetall 487,80 +2,2 WWWWW 226,5 __________b 489,4 21,25 4,30 0,88 34,84
Covestro
Daimler Truck
Dt. Bank NA
Dt. Börse NA
48,94
47,64
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WWW
WWWW
WWWW
WW
35,75
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_______b ___
__________b
__________b
________b __
54,70
47,64
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27,40
35,26
0,30
–
1,30

3,60
2,73
2,18
–

1,94
54,38
12,70
7,04
20,28
RWE St.
SAP
Sartorius Vz.
Siem.Energy
30,45
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WWWW –1,6
+0,6 WW
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+0,2 W
30,21
113,1
215,3
6,40
b __________
_________b _
________b __
_____b _____
43,03
178,5
411,4
24,81
22,65
212,83
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0,90
2,05
1,44
–
2,96
1,18
0,40
–
9,09
50,21
40,73
–
•
Dt. Post NA 38,82 +0,7 WW 36,04 ___b _______ 47,05 48,10 1,85 4,77 11,59 Siem.Health. 56,00 +0,9 WWW 44,39 ________b __ 58,14 63,17 0,95 1,70 31,11 Argentinien Südafrika Indien China
Dt. Telekom 21,91 +1,0 WWW 18,50 _______b ___ 23,40 109,23 0,70 3,20 14,13 Siemens NA 173,04 WWWWWWWWWWW –5,8 119,5 ________b __ 187,0 138,43 4,70 2,72 21,10 1124136,67* +5,16 3348,98 –1,05 72012,05 –1,01 16546,48 –1,16
E.ON NA 12,39 WWWW –1,5 10,43 ________b __ 13,03 32,73 0,51 4,12 13,77 Symrise 108,60 W –0,2 87,38 _________b _ 110,4 15,18 1,05 0,97 33,42

A
Fresenius 25,30 +0,6 WW 23,33 __b ________ 31,22 11,59 0,92 3,64 9,20 Vonovia NA 25,17 +1,7 WWWW 15,27 _______b ___ 29,30 20,50 0,85 3,38 –
Hann. Rück NA 255,70 +4,6 WWWWWWWWW 167,4 __________b 256,6 30,84 6,00 2,35 17,16 VW Vz. 117,28 +1,6 WWWW 97,83 _____b _____ 133,4 24,18 8,76 7,47 3,81 Stand: 19.3., 17:44 Uhr Veränderungen sind zum Vortag und in Prozent.
Heidelb. Mat. 93,60 +1,3 WWW 61,06 __________b 93,60 17,04 2,60 2,78 11,92 Zalando 23,07 +2,3 WWWWW 15,95 ___b _______ 39,22 6,09 – – 41,95 * = Preis vom Vortag oder letzt verfügbar. Alle Angaben ohne Gewähr. Quelle

Lindner will ls Nvidia im März 2022

erstmals seinen noch aktu-
beweist sich im direkten Wettlauf mit
Nvidias scheidender H100-Chipgenera-
well“ endgültig zum Supercomputer-
Hersteller geworden. Dazu passt, dass

Steuerrabatt ellen H100-„Hopper“-KI-

Chip zeigte, stand der Ak-
tion mehr als fähig. Laut dem KI-Start-
up StabilityAI schlägt der Intel-Chip
bestehende Rechenzentren auf Basis
der „Hopper“-Chips nahtlos mit „Black-

für Ausländer
tienkurs der Firma bei 200 Nvidia bereits relativ deutlich. well“-Chips aufgerüstet werden können
Euro, und Analysten hinterfragten, ob Auch AMD hat mit seinen neuesten – vorausgesetzt, die Kunden haben in
damit der Gipfel der KI-Kurs-Rallye er- „Instinct-MI300“-Chips bereits Ende der Vergangenheit bereits mit Nvidias
Deutschland nicht attraktiv reicht sein könnte. „Hopper“ wurde Dezember Beschleuniger vorgestellt, hauseigener Rackarchitektur gebaut.
genug für Fachkräfte
erstmals im Herbst 2022 vom KI-Start- die bei Anwendung der fertig trainier- Huang generiert also eine Art „Lock-

B
up OpenAI eingesetzt. Seitdem konnte ten KI-Algorithmen anderthalbmal effi- in“-Effekt – wer von Anfang an für seine
Nvidia seinen Kurs dank der Rekord- zienter als die bisherigen Nvidia-Chips KI-Hardware komplett Nvidias Techno-
undesfinanzminister Christian umsätze mit dem Chip noch einmal rechnen. Sollte „Blackwell“ tatsächlich logie genutzt hat, kann nun einfach auf-
Lindner (FDP) will Fachkräfte vervierfachen. „Hopper“ war damit der 30-mal effizienter als „Hopper“ rech- rüsten. Huang erklär-
aus dem Ausland mit einem wichtigste und wertvollste Chip der nen, würde er auch die neuen Chips von Der „Blackwell“- te, dass das Training
Steuerrabatt locken. „Warum nicht eine Welt. Intel und AMD bei den Inferenz-Be- Chip ist teilweise eines großen KI-Mo-
auf einige Jahre befristete reduzierte rechnungen deklassieren. Gerade diese 30-mal schneller dells mit 1,8 Billionen
Steuerlast für diejenigen, die einen Ar- VON BENEDIKT FUEST sogenannten Inferenz-Berechnungen als sein Vor- Parametern wie etwa
beitsplatz in Deutschland aufnehmen“, sind es, die für die großen Geschäfts- gänger „Hopper“ GPT4 auf den „Hop-
sagte Lindner auf einer Veranstaltung „Hopper hat die Welt verändert“, kunden der Chiphersteller wie Google, per“-Chips etwa 15 Me-
der Friedrich-August-von-Hayek-Stif- sagte Nvidia-CEO Jensen Huang am Microsoft oder Amazon relevanter sind gawattstunden Energie benötigte.
tung in Berlin. Deutschland sei bislang Montagabend zum Start der Nvidia- als die Trainings-Leistungen. Denn wie „Blackwell“ soll für dieselbe Rechenlei-
„vielleicht attraktiv für die Einwande- Entwickler-Konferenz GTC in Kalifor- effizient ein Chip einen einmal trainier- stung nun nur noch vier Megawattstun-
rung in den Sozialstaat, aber nicht in nien. Dann schwenkte er in der einen ten Algorithmus anschließend im Re- den verbrauchen. Sollte „Blackwell“ im
den Arbeitsmarkt“, sagte der FDP-Vor- Hand einen „Hopper“-Chip – und in der chenzentrum milliardenfach ausführt, Alltag tatsächlich die KI-Berechnungen
sitzende. Leider sei das Land bei Steu- anderen Hand den Nachfolger-Chip na- ist etwa für den Energieverbrauch und derart effizient und schnell ausführen
ern und Abgaben, beim Bildungssystem, mens „Blackwell“. „Du warst ein guter die Anwendungskosten der künstlichen wie angekündigt, dann führt in naher
der Infrastruktur und der Digitalisie- Junge“, sagte er mit Bezug auf „Hop- Intelligenz deutlich relevanter als der Zukunft kein Weg an ihm vorbei. Goo-
rung der Verwaltung weniger attraktiv per“. „Jetzt kommt Blackwell.“ Mit dem Aufwand für das einmalige Training. gle, Amazon und Oracle, so kündige Hu-
als viele glaubten. neuen „Blackwell“-Chip will Huang sei- AMD hatte mit Microsofts Cloudsparte ang an, haben bereits den Bau neuer KI-
ne Firma zu neuen Höhen führen – und Azure einen neuen wichtigen Kunden Supercomputer in ihren Rechenzentren
VON KARSTEN SEIBEL ändert damit erneut den Fokus im KI- gewonnen, der „MI300“ war bei seiner angekündigt.

Geschäft. Denn während „Hopper“ vor-
Ein Einkommensteuerrabatt sei ein wiegend für das Training der damals
konkreter Vorschlag, um dem zu begeg- neuen großen KI-Modelle entwickelt
nen. Den hätten viele europäische Staa- wurde, ist sein Nachfolger zusätzlich
ten, Deutschland bisher nicht. Inwie- für die sogenannte Inferenz-Rechnung,
Nvidias
Vorstellung im Dezember mit mehr als Die Vorstellung der neuen Chiparchi-
150 Milliarden Transistoren der komple- tektur ist für Huang nur der Startschuss
xeste Chip der Welt. für eine neue digitale Revolution, bei
Mit „Blackwell“, benannt nach dem der Nvidia die Schlüsselrolle spielen
US-Mathematiker David Blackwell, will soll. „Blackwell“, so erklärte Huang, soll

„Blackwell“-
weit ein solcher Rabatt bereits Teil des also das Ausführen von bereits trainier- sich Huang diese Krone nun zurücker- der Treiber dieser Revolution werden.
„Dynamisierungspakets“ für die Wirt- ten Modellen optimiert worden. Huang obern. 208 Milliarden Transistoren in Denn in den kommenden Jahren stehen
schaft sein könnte, dass die Ampel-Ko- konzentrierte sich in seiner Vorstellung zwei Chiplets fusionieren die Nvidia- laut Nvidia Rechenzentren im Wert von
alitionäre bis Sommer ausarbeiten wol- auf eine neue Metrik: Die Zahl von mög- Entwickler zum größten Chip der Welt. einer Billion Dollar zur Erneuerung an.

Revolution
len, ließ Lindner offen. Derzeit werde lichen FP4-Berechnungen sind der neue Der wird nach dem neuesten 3-Nano- Sie alle sollen auf die von Nvidia vor-
an den Details gearbeitet, hieß es aus Maßstab im KI-Geschäft; sie geben an, meter-Verfahren des Auftragsfertigers angetriebene Technologie des „genera-
dem Bundesfinanzministerium auf wie viele Berechnungen die Chips bei TSMC gebaut und stößt mit seiner Grö- tiven Computings“ umgestellt werden.
Nachfrage. Man prüfe die Übertragbar- deutlich reduzierter Genauigkeit in ße an die Grenzen der Belichtungstech- Sie sollen die Technologie-Basis für
keit von Modellen anderer Länder auf Gleitkomma-Rechnungen schaffen. nik. Mehr Transistoren pro Chip sind eine komplette Umstellung des produ-
Deutschland.
An Beispielen in Europa fehlt es
FP4-Berechnungen sind nicht genau
genug für das Training von KI-Model-
aktuell technisch nicht möglich. Um die
beiden Hälften der Super-GPU (GPU = Zuletzt hat die Konkurrenz des zierenden Gewerbes werden: Jede Fa-
brik soll einen digitalen Zwilling be-
nicht. In den Niederlanden beispiels- len, für deren anschließende Ausfüh- Graphics Processor Unit) zu vereinen, Chipkonzerns an Boden gewonnen. kommen, soll in der virtuellen Welt ab-

Doch das neueste Modell verspricht

weise gibt es die 30-Prozent-Regel. rung aber reicht die Genauigkeit dieser musste Nvidia zusammen mit TSMC gebildet und per KI optimiert werden.
Nach dem niederländischen „Expat- Berechnungen vollkommen aus. 30-mal erst eine neue Technik zum Zusammen- Auch die dazu notwendige Software soll
AFP/JOSH EDELSON

einen immensen Leistungssprung

Tax-Regime“ kann ein Arbeitgeber mit schneller als „Hopper“ sollen die neuen schalten der Chip-Hälften entwickeln, künftig per KI generiert werden, Robo-
einer steuerfreien Zulage in Höhe von B200-„Blackwell“-Chips diese Berech- erklärte Huang auf der GTC-Bühne. ter sollen die Ausführung von KI-Pro-
30 Prozent locken, um an Fachwissen nungen schaffen, dabei deutlich effi- Was mit „Hopper“ begann, setzt Hu- dukt-Designs in der realen Welt über-
zu kommen, das auf dem niederländi- zienter rechnen und deutlich weniger ang mit „Blackwell“ fort: Nvidia ver- nehmen. Zudem sollen künftig Webin-
schen Arbeitsmarkt so nicht oder zu- Strom verbrauchen. Stimmen die Stati- kauft die Chips nicht einzeln, sondern halte nicht mehr auf Servern vorgehal-
mindest kaum zu finden ist. Nach einer stiken, die Jensen Huang bei der Vor- liefert die für den Einsatz im Rechen- ten, sondern live von KI-Chips gene-
Änderung zum Jahreswechsel kommen stellung des neuen Chips zeigte, dann zentrum notwendigen Supercomputer- mens NVlink zusammen. Dafür stellte per“ – durch die Vernetzung gelingt der riert werden. Diese Vision, so führte der
hoch qualifizierte Arbeitnehmer aus hat „Blackwell“ das Potenzial, Nvidias Architektur gleich mit. „,Blackwell‘“ ist Huang am Montag einen speziellen neu- Sprung auf die dreißigfache Leistung. Nvidia-Chef nach der Vorstellung des
dem Ausland seit diesem Jahr nur noch Vorsprung in der Chipwelt wieder her- nicht bloß ein Chip, ,Blackwell‘ ist eine en Netzwerkchip vor, der mit 50 Milliar- Nvidia gibt dafür auch gleich das Design „Blackwell“-Chips in seiner insgesamt
für 20 Monate in den Genuss des Steu- zustellen. Denn in den vergangenen gesamte Plattform“, erklärte Huang. den Transistoren fast so komplex ist der hauseigenen Supercomputer- zweieinhalb Stunden langen Keynote
errabatts in Höhe von 30 Prozent, für Monaten hatte die Nvidia-Konkurrenz Nur dank dieser Plattformumgebung wie eine der älteren „Hopper“-GPUs. Schränke namens NVL72 und sogar das weiter aus, soll das weitere Umsatz-
die nächsten 20 Monate sinkt dieser auf deutlich an Boden gewonnen. AMD, In- gelingt Nvdia der Performance-Sprung. Dank des neuen Netzwerkstandards Design eines gesamten Supercomputer- Wachstum Nvidias in den kommenden
20 Prozent und für die letzten 20 Mona- tel, Arm – fast jede Firma, die Chips de- Zwei der „Blackwell“-GPU werden zu- sollen die „Blackwell“-Chips in einem Rechenzentrums für bis zu 32.000 Jahren antreiben. Wird sie Realität, so
te auf zehn Prozent. Anderes Beispiel signt, hat inzwischen auch Spezialchips sammen mit einem „Grace“-Steuerchip, Supercomputer deutlich effizienter GPU-Chips vor. Schon das resultieren- könnte Nvidia zur wichtigsten Firma
Österreich: Dort können ausländische für das Training und vor allem die spä- ebenfalls von Nvidia zusammen mit miteinander kommunizieren und weni- de Netzwerk in einem einzigen Schrank der Welt wachsen. Den Kurs der Aktie
Fachkräfte, die für eine begrenzte Zeit tere Anwendung der Algorithmen im ARM entwickelt, auf ein Motherboard ger Rechenzeit dafür verschwenden, auf hat laut Huang mehr Bandbreite zur bewegten die Ankündigungen eher we-
in das Land kommen, bis zu 10.000 Angebot. Dabei hat in den vergangenen gesetzt. Anschließend schaltet Nvidia Daten der Nachbarchips zu warten. Im Übertragung von Daten als aktuell die nig. Nachbörslich verlor Nvidia leicht.
Euro als Werbungskosten von der Steu- Monaten vor allem Intel massiv aufge- bis zu 576 der GPU-Chips über ein ei- bloßen Chipvergleich rechnet „Black- gesamte weltweite Internet-Infrastruk- Die Börse, so scheint es, hatte den neu-
er absetzen. Begründet wird dies mit holt. Bereits Intels KI-Chip „Gaudi2“ gens entwickeltes Netzwerk-System na- well“ nur fünf Mal schneller als „Hop- tur. Nvidia, so scheint es, ist mit „Black- en Superchip bereits eingepreist.
höheren Ausgaben für die doppelte
Haushaltsführung.
Mit Blick auf die anstehenden Ge-
spräche mit den Koalitionspartnern von
SPD und Grünen zur Erhöhung der
Wettbewerbskraft des deutschen Wirt-
Überbordende Bürokratie belastet das Wachstum zusätzlich
schaftsstandorts wiederholte Christian
Lindner zudem seine Forderung, den FORTSETZUNG VON SEITE 1 hier die schlechte Konjunktur ein we- nehmensgründungen gezeigt. Schließ- ger mit vielen anderen Ökonomen, aber auszubauen, die Verwaltung von analog
Solidaritätszuschlag vollständig abzu- Was die Bundesbank hier so zurück- sentlicher Grund sein. Aber es könnten lich sehen die Bundesbanker eine weite- auch mit den Unternehmen selbst. zu digital zu transformieren und dabei
schaffen. Der „Einstieg in den Ausstieg“ haltend formuliert, wird unter Ökono- auch noch weitere Ursachen im Spiel re Ursache für die geringen Fortschritte Denn eine Umfrage der WELT AM Verfahren deutlich zu beschleunigen.“
sei 34 Jahre nach der deutschen Einheit men seit Längerem unter dem Stich- sein, die hier eine Wende verhindern, bei der Produktivität. „Ausufernde Re- SONNTAG unter den 40 Dax-Konzer- Doch letztlich ist das eigentliche Pro-
eine Frage der politischen Glaubwür- wort „Zombifizierung“ diskutiert – Fir- und eine entscheidende liegt nach den gulierung und mangelnde institutionel- nen hat gerade gezeigt, dass diese vor blem, dass eigentlich allen klar ist, was
digkeit, sagte Lindner. Um den Zuschlag men, die unter normalen Umständen Erkenntnissen der Bundesbank in der le Qualität dürften sich ebenfalls nega- allem die überbordende Bürokratie für geschehen müsste, dass aber zu wenig
abzuschaffen, ist der Bund nicht auf die längst insolvent gewesen wären, wur- Demografie. „Mit der Alterung einer Be- tiv auf die Unternehmensdynamik im ein Wachstumshemmnis halten.„Muti- umgesetzt wird, und zwar nicht nur in
Zustimmung der Länder angewiesen, da den durch die Niedrigzinsen am Leben völkerung sinkt tendenziell das Arbeits- Euroraum auswirken“, schreiben sie – ge Entbürokratisierung wäre ein echtes Deutschland, sondern europaweit. So
die Einnahmen vollständig in den Bun- erhalten, geisterten also quasi als Unto- angebot“, schreiben die Ökonomen. und fordern genau hier Maßnahmen. Konjunkturprogramm“, sagte etwa macht die Europäische Kommission im-
deshaushalt fließen. te durch die Unternehmenslandschaft Auch lasse in einer alternden Gesell- Denn die demografische Entwicklung Hans Dieter Pötsch, Chef der Porsche mer wieder Vorschläge, was verändert
und verhinderten eine Bereinigung und schaft tendenziell Innovationstätigkeit lässt sich allenfalls sehr langfristig be- SE. „Beim Thema Genehmigungsver- und reformiert werden müsste. Doch
damit eine Produktivitätssteigerung. und Risikobereitschaft nach. „Diese einflussen. Das regulatorische Umfeld fahren hat Deutschland im Vergleich zu Analysen zeigen, dass rund um die Fi-
Inzwischen haben sich die Zinsbedin- Faktoren spielen aber eine Schlüsselrol- könnten die Regierungen dagegen anderen Ländern nach wie vor Nachhol- nanz- und Staatsschuldenkrise vieles
gungen komplett gedreht, und tatsäch- le bei der Gründung von Unterneh- schnell verbessern. bedarf“, hieß es von Siemens Energy. davon umgesetzt wurde. Doch in den
Qualitäts-
lich ist die Zahl der Insolvenzen zuletzt men“, so die Bundesbanker. In ökono- „Strukturreformen stellen ein Der Softwarekonzern SAP forderte, Di- vergangenen Jahren ist der Reformeifer
wieder gestiegen. Bei den Firmenneu- metrischen Simulationen haben sie zu- Schlüsselelement staatlicher Hand- gitalisierung wieder zu einer echten gedämpft und oft sogar komplett er-
test für gründungen gibt es dagegen bisher dem einen Zusammenhang zwischen lungsmöglichkeiten dar“, so die Ökono- Priorität zu machen. „Hierzu gehört, lahmt. Und Deutschland macht da keine
Druckereien ©2022 QUALITÄTSSTEUERUNG
noch keine Wende, allerdings dürfte der Demografie und der Zahl der Unter- men. Damit wissen sie sich in einem La- die digitale Infrastruktur konsequent Ausnahme.

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10 WIRTSCHAFT UND GELD
Unilever trennt sich
vom Eiscreme-Geschäft
Der Konzern möchte Langnese, Magnum & Co.
loswerden. Marken passen nicht mehr zur Strategie
K
aum eine Marke ist so sehr mit
Urlaubs- und Kindheitserinne-
rungen verknüpft wie Langnese
mit den Untermarken Cornetto und
Magnum. Ob nun Eis am Stiel oder im
Hörnchen – die Sorten werden indus-
triell hergestellt und mit viel Werbe-
Schmalz aufgeladen – eigentlich ein
Bombengeschäft. 7,9 Milliarden Euro
Umsatz und 9,6 Prozent Gewinnmarge
schrieb der britische Konsumgüterkon-
zern Unilever im vergangenen Jahr mit
seinen Eiscrememarken, zu denen auch
Ben & Jerry’s gehört. Und doch möchte
Konzernchef Hein Schumacher das Ge-
schäft jetzt loswerden.
VON CHRISTOPH KAPALSCHINSKI
„Der Unilever-Vorstand ist überzeugt
davon, dass das künftige Wachstumspo-
tenzial von Eiscreme besser unter einer
anderen Eigentümer-Struktur erreicht
wird“, teilte der Konzern am 19. März
mit und verlieh damit seiner Aktie ei-
nen kräftigen Stoß um über drei Pro-
zent nach oben. Für die Börsianer ist of-
fenbar klar: Es bringt Unilever einen
Vorteil, sich vom Eisgeschäft zu tren-
nen. Und das, obwohl der Konzern in
der Speiseeisbranche seit 1960 aktiv ist
und damit zum Weltmarktführer in
dem Bereich geworden ist.
Denn der Schritt passt zur Strategie,
die Unilever seit Jahren verfolgt: Der
Konzern zerlegt sich. Wie stark, ist bei-
spielsweise in Hamburg zu sehen, wo
Unilever seine Deutschlandzentrale
hat. 1964 bezog der Konzern dort ein 90
Meter hohes Gebäude, dessen Masse
seitdem die Innenstadt prägt. 2009 zo-
gen die Mitarbeiter weiter in ein kleine-
res, aber architektonisch bemerkens-
,,
werte Gebäude – eines der ersten in der
neuen Hafencity, direkt an der Elbe.
Doch seit 2020 residiert die Zentrale in
einem eher unscheinbaren Neubau, ver-
deckt von den Ruinen der im Krieg zer-
bombten Nikolaikirche.
ANLEGER WOLLTEN
DIESE MASSNAHMEN
SEHEN, UND DAS
MANAGEMENT HAT
GELIEFERT
HARGREAVES LANDSDOWN
Der schrumpfende Büroraum geht
einher mit schrumpfenden Geschäften.
Der einstige Konsumgüterriese verkauft
nach und nach sein Lebensmittelge-
schäft, um sich wie etwa Procter &
Gamble oder Henkel auf die Bereiche
Reinigungsmittel, Waschpulver und
Kosmetik zu konzentrieren. Schon
2006 verkaufte Unilever sein Tiefkühl-
Geschäft Iglo, das zuvor mit Langnese
zusammen geführt wurde. 2014 ging es
der Mini-Salami Bifi an den Kragen, die
an den US-Snackkonzern Jack Link’s
ging – auch weil Unilever Furcht hatte,
Lebensmittelskandale aus der Fleisch-
wirtschaft könnten irgendwann das
Win-win-Situation für Paketzusteller und Empfänger
Die Post plant die Aufstellung von neuen Paketautomaten, die alle Zustelldienste nutzen können. Nicht nur für Millionen Kunden könnte eine bessere Zeit anbrechen
E
s tut sich gerade eine Entwick-
lung auf, die das Leben für Mil-
lionen Menschen erleichtern
kann, die aber lange Jahre für unmög-
lich gehalten wurde. Die Rede ist von
Paketempfängern und ihrem ewigen Är-
ger darüber, dass die Zustellung ihrer
Sendung viel zu umständlich ist.
VON BIRGER NICOLAI
Grund dafür ist eine Ankündigung
der Deutschen Post und ihres Paket-
dienstes DHL, Paketautomaten im Land
aufzustellen, die von allen Zustelldien-
sten oder auch dem Einzelhandel für
Lieferungen genutzt werden können. In
diesem Jahr sollen es 100 Standorte
sein, nächstes Jahr sollen 2000 Plätze
hinzukommen. In den Automaten kön-
nen Empfänger ihre Sendungen abholen
oder auch Retouren aufgeben. Und dar-
um ist diese Ankündigung so spektaku-
Image des Konzerns beeinträchtigen.
2017 verkaufte der Konzern für 8,6 Mil-
liarden Euro sogar seine Wurzeln, näm-
lich das Geschäft mit Margarine, aus
dem der Konzern 1929 hervorgegangen
war. Zugleich vereinheitlichte Unilever
2020 nach längerem Zaudern seinen
Firmensitz, der jahrzehntelange zwi-
schen Rotterdam und London aufgeteilt
war, und residiert rechtlich seitdem nur
noch in London.
Die Logik ist immer ähnlich: Der
Konzern möchte sich das Leben verein-
fachen und auf klare Stärken fokussie-
ren. Und die sollen abseits des Lebens-
mittelgeschäfts liegen. Vertriebswege
für Waschpulver und Speiseeis sind un-
terschiedlich, Werbestrategien auch.
Daher ist die Abspaltung des Geschäfts
mit Eis in eine eigenständige Organisa-
tionseinheit der erste Schritt zum Ver-
kauf. „Anleger wollten diese Maßnah-
men sehen, und das Management hat
geliefert“, meinten etwa die Analysten
von Hargreaves Landsdown.
Die Verbraucher merken in der Regel
nicht viel davon. Iglos Fischstäbchen
und Rama-Margarine stehen auch nach
der Trennung von Unilever weiter in
den Supermärkten. Ähnlich dürfte es
mit Cornetto und Magnum sein.
Schwieriger ist die Sache für die Mitar-
beiter: Für sie wird es bei einer Abspal-
tung in der Regel anstrengend. Auch
diesmal verkündet Unilever zusammen
mit der Abspaltung eine Sparrunde –
schließlich errechnet sich der Firmen-
wert des Eisgeschäfts nach dem Ge-
winn. Über den gesamten Konzern will
Manager Schumacher in den kommen-
den drei Jahren 800 Millionen Euro
sparen und dabei 7500 Stellen strei-
chen, vor allem in den Büros.
Die Speiseeis-Strategie hatte Unile-
ver ohnehin schon nachgeschärft: Erst
kürzlich hat die Sparte neue Chefs be-
kommen. Sie wollen vor allem vegane
Eissorten ausbauen, die ohne Milch aus-
kommen. Bei Magnum und Ben & Jer-
ry’s treffen solche Angebote bereits den
Geschmack junger Zielgruppen. Cor-
netto-Eis im Hörnchen soll zudem neue
Käufer in Indien und China finden. Und
es sollen mehr Eisbecher dazukommen.
Nicht zuletzt sollen neue Magnum-In-
novationen den Kunden, die in der In-
flationszeit gespart haben, teurere Sor-
ten wieder schmackhaft machen. Durch
die neue Selbstständigkeit könne die
Sparte ab 2025 etwa Produktionsstand-
orte und Logistik einfacher verändern,
versprach jetzt der Konzern.
Solche Initiativen sollen bei Investo-
ren Wachstumsfantasien wecken. Denn
nach dem Muster von Iglo und der Mar-
garine-Sparte, die seit dem Verkauf an
KKR als Upfield firmiert, könnte das
Eisgeschäft demnächst an Finanzinves-
toren gehen. Diese versuchen nach ei-
nem Kauf, den Wert des Geschäfts zu
steigern – meist durch eine Mischung
aus Effizienzmaßnahmen und neuen
Produkten. Wie genau es mit dem Eis-
geschäft weitergeht, ist noch offen. Zu-
nächst geht es um die Abspaltung, die
bis 2025 abgeschlossen sein soll. Unile-
ver selbst steht auch nach der weiteren
Schrumpfung stabil da. Die Analysten
empfehlen im Schnitt, die Aktie zu hal-
ten. Denn das Eisgeschäft steht nur für
13 Prozent des Umsatzes. Nach der Ab-
spaltung bleibt der Konzern einer der
weltgrößten Konsumgüterkonzerne.
lär: Ein Jahrzehnt lang ist jeder der gro-
ßen Paketdienste DHL, Hermes, DPD,
GLS und auch Amazon beim Aufbau
und Nutzen von Paketboxen den eige-
nen Weg gegangen. Versuche von Her-
mes, DPD und GLS unter dem Namen
Unibox oder Parcel Lock wenigstens
unter diesen drei Post-Konkurrenten
gemeinsam genutzte Paketkästen auf-
zustellen, scheiterten am Ende an un-
terschiedlichen Interessen oder auch
am Geld. Die Deutsche Post hat über die
Jahre rund 13.000 eigene gelbe Paket-
schränke im Land verteilt und sie exklu-
siv den DHL-Paketen vorbehalten.
Für viele Kunden ist das so unver-
ständlich wie unsinnig, weil sie um-
ständliche Wege zu unterschiedlichen
Zustelldiensten und deren Abholorten
nehmen müssen. Eine Lösung für alle
Paketkartons ist seit Langem die Forde-
rung. So wie etwa in den Niederlanden,
in denen es bereits seit Jahren ein of-
DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024
DPA/ KARL-JOSEF HILDENBRAND
N
Der Taurus-Marschflugkörper wurde bereits 2005 in den Dienst gestellt
ach einer Sitzung im Ver- den, in ihren Spezifikationen keines- und Missionsplaner auf dem Flieger- Auch auf der Software-Seite hat sich
teidigungsausschuss wegs geheim. horst vor dem Start gemeinsam den Ab- seit der Indienststellung des Taurus
schlägt Ausschussvorsit- Bereits im Jahr 2008 beschrieben wurfpunkt und die Flugroute des sehr viel getan: Geodaten-Software, die
zende Marie-Agnes Timm Ohlhof, Projektleiter „Zentrale Marschflugkörpers bestimmen und die- aus Satellitenbildern und Kartendaten
Strack-Zimmermann Missionsplanung Taurus“ (ZMP) beim se vor der Montage am Jet auf den Com- 3D-Geländemodelle errechnen kann, ist
(FDP) Alarm: Sie hat wegen Verdacht für die Taurus-Technik zuständigen puter der Waffe hochladen. inzwischen Standard und etwa bei Lan-
auf Geheimnisverrat Anzeige erstattet, Software-Dienstleister ESG sowie Bemerkenswert an dem Artikel ist, wie desämtern seit Jahren im Einsatz. Zu-
nachdem Medien geheime Aussagen zur Christian Stätter, Systemingenieur oft die Autoren betonen, dass sie für all dem sind inzwischen Satellitendaten,
Missionsplanung für den umstrittenen Geoinformation bei der ESG, in einem das „handelsübliche Hardwarekompo- die Höheninformationen in meterge-
Marschflugkörper Taurus veröffentlicht Fachartikel die genaue Funktionsweise nenten“ und „handelsübliche Software“ nauer Auflösung weltweit anbieten,
hatten. Doch ein Blick in die Details des Systems. Über vier Din-A4-Seiten einsetzen. Nirgends ist die Rede von ei- kommerziell von diversen Satelliten-
zeigt: Die zitierten Angaben erscheinen beschreiben die beiden Experten in er- nem einmaligen Supercomputer, der gi- dienstleistern verfügbar. Nichts daran
vor allem technisch unwahrscheinlich. staunlicher Detailtiefe, wie Missionen gantische Petabytes an Datenmengen be- ist geheim. Selbst wenn sich mittlerwei-
Sie könnten aber auch schlicht unplau- le auch die Bundeswehr-Software für
Die falsche
sible Ausreden dafür sein, warum die die Missionsplanung weiterentwickelt
Bundesregierung den Taurus nicht an und die Datenmengen gewachsen sein
die Ukraine liefern möchte. sollten: 2008 gab es, das beweist der
Fachartikel, ein System, das mit han-
Taurus-Erzählung
VON BENEDIKT FUEST delsüblicher Hardware bestückt aus-
reichte, um die Waffen zu programmie-
In der Sitzung hatte Bundeswehr-Ge- ren. Dass dieses System nicht reprodu-
neralinspekteur Carsten Breuer den zierbar ist und die Bundeswehr mit der
Ausschussmitgliedern erklärt, warum Abgabe selbst nicht mehr in der Lage
Angeblich benötigt der Marschflugkörper
genau die Lieferung des Marschflugkör- wäre, Missionen für den Taurus zu pla-
pers Taurus mitsamt der technischen nen, erscheint unwahrscheinlich. Die
ein komplexes IT-System. Deshalb sei eine
Infrastruktur zur Wartung und Missi- Hardwarekomponenten sind für wenige
onsplanung aus seiner Sicht problema- Euro auf Ebay verfügbar. Und die Soft-
tisch ist. Das Online-Portal „T-Online“
hatte daraufhin Details aus der Sitzung Lieferung an die Ukraine unmöglich. Doch eine ware kann einfach kopiert werden.
Mehr noch, aus der Beschreibung der
berichtet. Angeblich, so wurden die Prüfung der vorliegenden Unterlagen zeigt, zweistufigen Missionsplanung ergibt
dass an diesem Narrativ nichts dran ist
Ausschussmitglieder demnach infor- sich ein weiteres Detail: Die ZMP-Pla-
miert, benötige man zum Einsatz der nung für ein Missionsgebiet kann von
Waffen ein IT-System, das gigantische überall aus erfolgen. Die Missionspla-
Datenmengen verarbeiten muss und ner erstellen einen Datensatz für ein
das nur einmal zur Verfügung stehe. für den Taurus geplant werden, welche wältigen müsste. Im Gegenteil: Für die geografisch bestimmtes Gebiet aus den
„Diese technischen Anlagen aller- Daten dafür benötigt werden und mit Verarbeitung der ZMP-Daten planen die beschriebenen Satellitendaten, Höhen-
dings gebe es nur in begrenztem Maße“
zitiert „T-Online“ eine „mit der Angele-
welcher Hard- und Software die
Marschflugkörper mit Zieldaten be-
Ingenieure mit zwei Servern mit Band-
laufwerken, und „2,5 Terabyte Platten-
angaben und Bildern. Erst die resultie-
rende „Missionsplanungsdatenbasis“
genheit vertraute Person“. „Würden stückt werden. Demnach navigiert der speicher“, mit zwei Switches und fünf muss dann in die Ukraine geschickt
diese Systeme bei einer Taurus-Liefe- Taurus-Marschflugkörper redundant Workstations für die Missionsplaner. Die werden . Diese wird dann auf die DMP-
rung ebenfalls an die Ukraine transfe- mittels GPS-Positionsdaten, einem Ra- Switches binden die Workstations mit Geräte am Fliegerhorst geladen und
riert“, schreibt das Portal mit Bezug auf dar-Höhenmesssystem zur Gelände- „100 Megabit pro Sekunde“ ein. Betrie- dort dafür genutzt, die Ziele und den
die ungenannte Quelle, „stünden sie der Konturerkennung sowie einem infrarot- ben wird all das mit dem Uralt-Betriebs- Flugplan in der Waffe einzuprogram-
Bundeswehr nicht mehr zur Verfü- basierten Kamera-System. Deswegen system Windows 2003 Server. 2005 war mieren. Das bedeutet im Umkehr-
gung“. Was „T-Online“ hier als den müssen vor jedem Einsatz passende Ge- der Stand der Technik. Heute ist selbst schluss, dass keine deutschen Soldaten
Grund darstellt, warum der Taurus- lände-Konturdaten, Satellitenbilder von der Geschirrspüler des Autors mit mehr für die Planung von Missionen in die
Marschflugkörper nicht an die Ukraine Wegmarken im Einsatzgebiet sowie 3D- Bandbreite ins Heimnetz eingebunden. Ukraine reisen müssten. Weiter ergibt
geliefert werden könne, erscheint bei Modelle gesammelt und zu einem Da- Die genauen Angaben aus dem Artikel sich aus der ZMP-Beschreibung, dass
genauerer Prüfung nicht plausibel. Da tensatz zusammen gefasst werden. entlarven das Narrativ aus der Aus- die deutsche Seite sehr genau bestim-
die Waffe bereits 2005 in den Dienst ge- Die Daten dafür stammen laut dem schusssitzung von den gigantischen Da- men könnte, welche Ziele die Ukrainer
stellt wurde, ist es extrem unwahr- Artikel vom Geoinformationsdienst der tenmengen, von der nicht reproduzier- in den Taurus einprogrammieren kön-
scheinlich, dass knapp 20 Jahre später Bundeswehr und aus Echtzeit-Satelli- baren ZMP-Hardware als unwahrschein- nen. „Ein Geofencing lässt sich pro-
die Missionsplanung derart datenhung- tendaten. Es können aber auch Bilder lich. Mit einer 100-Megabit-Verbindung blemlos umsetzen“, kommentiert ein
rig seien könnte, dass Standard-IT- aus alternativen Quellen wie etwa der lassen sich schlicht keine hypothetischen Industrie-Insider gegenüber WELT.
Komponenten aus dem Discounter-Re- geheimen Aufklärung im Feindesland Petabyte-Mengen an Geodaten bewälti- „Das könnten die Ukrainer auch nicht
gal damit überfordert wären. Selbst umformatiert und eingefügt werden. Ist gen. IT-Hardware hat seit der Indienst- ohne großen Aufwand wieder aushe-
leistungsfähige Workstations aus dem der Datensatz einmal erstellt, wird er stellung des Taurus einen derartigen beln.“ Mit anderen Worten: Wenn die
Jahr 2005 werden heute von jedem auf ein mobiles System, der sogenann- Entwicklungsschub hinter sich gelegt, ZMP-Daten nur für bestimmte Zielge-
Standard-PC an die Wand gespielt. Zu- ten „dezentralen Missionsplanung“, dass die beschriebene Aufgabe auf jedem biete geliefert werden, kann etwa ein
dem sind die IT-Anlagen, die zur Missi- übertragen. Mit dem einen Laptop ähn- besseren Office-Laptop in einer virtuel- Taurus-Angriff auf Moskau bereits vor-
onsplanung des Taurus benötigt wer- lichen Computer können dann Piloten len Maschine gerechnet werden könnte. ab ausgeschlossen werden.
fenes System an Paketautomaten gibt. ter. Postexperten sehen in den Automa- maten geradezu auf – wenn sie denn Experten der Unternehmensbera-
Nun startet der Postkonzern eine In- ten ein Zusatzgeschäft, das sich wegen prall gefüllt sind und vielfach aufge- tung Kearney sehen in neutralen Paket-
itiative und kündigt ein Paketnetz unter der geringen Auslastung von geschätz- sucht werden. automaten gar eine Notwendigkeit.
dem Namen One Stop Box an, das allen ten 50 Prozent wirtschaftlich noch Branchenkenner erwarten denn auch „Mit mehr als 50 Prozent der Lieferko-
Zustellern offenstehen soll. Wirklich nicht lohnt. Gleichzeitig steigt der viel von der Neuerung. „Packstationen sten ist die letzte Meile bis zur Haustür
überzeugend wäre es, wenn der Bonner Druck zu wirtschaftlichen Lösungen im lohnen sich nur, wenn alle Paketdienste des Kunden mit Abstand der teuerste
Konzern auch die bisherigen 13.000 ei- Zustellgeschäft. Denn die Zahl der Pa- mitmachen. Sie werden die Zustellung Teil. Die Hauszustellung ist die am we-
genen Paketautomaten für die Wettbe- kete an Privatempfänger nimmt mit an der Haustür nicht verdrängen, aber nigsten effiziente Zustellart“, sagt Kear-
werber öffnen würde. Zwei der größten jährlich mehr als zehn Prozent stetig sie sind ein wichtiges Element in einer ney-Projektleiter Robert Morwind. Das
Post-Konkurrenten, Hermes und DPD, zu. Und die Zustellung an die Haustür, digitalen Zeit“, sagt Rico Back, langjäh- Vorantreiben der Alternativen zur
sagten auf Anfrage, dass ihre Unterneh- die bei diesen Kunden weit verbreitet riger Chef des Paketdienstes GLS und Hauszustellung für Privatkunden sei für
men den neutralen Paketboxen von ist, kostet die Paketdienste wegen stei- danach der britischen Royal Mail. Es sei alle Wettbewerber überlebensnotwen-
DHL „prinzipiell aufgeschlossen“ ge- gender Löhne und Spritpreise immer von Anfang an falsch gewesen, mit den dig. Zudem gebe es positive Auswirkun-
genüberstünden und zunächst Details mehr Geld. Auch die Abgabe durch den Paketautomaten einen Wettbewerb un- gen auf die Umwelt.
dazu kennen müssten. Paketfahrer im örtlichen Paketshop ter den Zustelldiensten zu betreiben. „Wenn Verbraucher die Paketboxen
Der Grund für den Sinneswandel im führt zu Problemen. Oftmals verfügen Neutrale Automaten würden die Aus- bequem ohne Pkw und ohne Umwege
Postkonzern dürfte in den Geschäfts- diese Läden nur über einen geringen lastung erhöhen und das defizitäre Ge- erreichen können und das Fahrzeug,
zahlen zu suchen sein. Mit dem Zustel- Abstellplatz. Auch für etliche Kunden schäft verbessern helfen. „Allerdings mit dem ein Paketfach beliefert wird,
len von Briefen und Paketen verdient ist die Abholung im Paketladen keines- bin ich mir nicht ganz sicher, ob die umweltfreundlich ist, können die Ge-
der Konzern von Jahr zu Jahr weniger wegs eine bevorzugte Zustellvariante, Wirtschaftlichkeit die Eitelkeit in den samtemissionen“, sagt Berater Mor-
Geld. Zudem sind Investitionen in die weil sie zusätzliche Zeit und Strecke auf Unternehmen verdrängen wird“, sagt wind, „schätzungsweise 15-mal niedri-
Paketboxen ebenso teuer wie der Be- sich nehmen müssen. Als Ausweg aus Back, der heute als geschäftsführender ger sein als bei Zustellung desselben Pa-
trieb mitsamt der Datentechnik dahin- dem Dilemma drängen sich Paketauto- Partner der Beratung SKR arbeitet. ketes direkt an die Haustür“.
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DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024
G
unther Schnabl kommt
nicht aus dem Osten, er
lebt aber dort. Als Profes-
sor für Wirtschaftspolitik
an der Universität Leip-
zig erlebt er aus der Nähe, was die Men-
schen dort umtreibt. Die Lage sei aber
deutschlandweit bedenklich, warnt er.
Über die Frage, wie das Land in seine
jetzige Lage geraten konnte, schreibt
der Ökonom auch Bücher. WELT hat
mit ihm gesprochen.
VON MICHAEL HÖFLING
WELT: Herr Schnabl, würden die Um-
fragewerte für die AfD bis zu den
Wahlen dieses Jahr noch substanziell
sinken, wenn die Schuldenbremse ge-
lockert würde und die Regierung da-
durch all ihre geplanten Projekte oh-
ne Einschränkungen umsetzen könn-
te?
GUNTHER SCHNABL: Kurzfristig könn-
te es ein wirtschaftliches Strohfeuer ge-
ben, das einige bei der Stange halten
könnte. Aber mittel- und langfristig
würden die wirtschaftlichen Probleme
weiter wachsen. Gerade im Osten ist
das Wohlstandspolster nicht groß, weil
die Menschen in der Planwirtschaft
kein Vermögen bilden konnten. Zudem
haben die nach 2010 stark gestiegenen
Staatsausgaben vor allem viele zusätzli-
che Beschäftigungsverhältnisse im Wes-
ten und in Berlin geschaffen. Der Osten
scheint vergessen worden zu sein. Das
ist nun schwer nachzuholen.
Wenn mit Geld in dieser Frage gar
nicht viel auszurichten ist, wird der
Kampf gegen starke politische Ränder
dann nur als Argument vorgeschoben,
um sich haushaltspolitisch nicht ein-
schränken zu müssen?
In der Politik geht es immer auch um
Geld, weil für viele Wähler kostspielige
Versprechen attraktiv sind. Aber immer
mehr schuldenfinanzierte Staatsausga-
ben, die die wirtschaftliche Freiheit im-
mer weiter einschränken, sind nicht die
Lösung. Der Ökonom Friedrich August
von Hayek hat argumentiert, dass der
Verlust der wirtschaftlichen, politi-
schen und persönlichen Freiheiten eng
miteinander verbunden ist. Viele im Os-
ten wollen keine planwirtschaftlichen
Strukturen mehr.
Sind die Ostdeutschen „verände-
rungsmüde“, wie die ARD-Moderato-
rin Jessy Wellmer behauptet?
Zum einen suggeriert der Begriff, dass
die Veränderungen, die die Politik an-
stößt, die richtigen sind. In den Plan-
wirtschaften haben die von der Partei
gesetzten Ziele hingegen in die falsche
Richtung geführt. Heute will die Politik
eine Transformation zu einer „sozial-
ökologischen Marktwirtschaft“. Das
macht mir Angst, weil dies die Markt-
wirtschaft und damit den Wohlstand
unterwandert. Zum anderen sieht der
Begriff die Menschen als Blockierer. Das
Problem könnte aber auch bei verfehl-
ten Zielen oder falschen Instrumenten
der Politiker liegen.
Die „Wirtschaftswoche“ hat Robert
Habeck „König Planwirtschaft“ ge-
nannt. Trägt die Politik der aktuellen
Regierung tatsächlich planwirtschaft-
liche Züge?
Die „Wirtschaftswoche“ hat recht. Be-
sonders schädlich ist die immer weiter
um sich greifende Regulierung. Man soll
seine Heizung austauschen, man darf
keine Verbrenner mehr fahren und man
sollte kein Fleisch essen. Es folgen De-
batten um die Meinungsfreiheit. Wel-
che Äußerungen sind noch möglich, oh-
ne dafür einen Shitstorm zu riskieren?
Ihr neues Buch leitet Lösungsvor-
schläge her, was Deutschland verän-
dern müsste. Das setzt aber politische
Mehrheiten voraus.
Umverteilung schadet dem Wachstum,
was die Verteilungsspielräume ein-
schränkt. Deshalb fordere ich weniger
Umverteilung und weniger Lasten für
die Leistungsträger der Mittelschicht.
Man kann von Linken, SPD und Grünen
nicht erwarten, dass sie von ihrer Agen-
da abrücken. Für viele wird aber immer
deutlicher, dass die derzeitige Wirt-
schaftspolitik an Grenzen stößt. Des-
halb müssen die FDP und die Union die
Vorteile der Marktwirtschaft wieder
stärker in den Vordergrund rücken.
Sie nennen einen stabilen Euro als
Voraussetzung, um den Wohlstand in
Deutschland zu erhalten. Dafür müss-
te die EZB mit hohen Zinsen eine
schwere Rezession in Kauf nehmen
und die Mitgliedstaaten so wirtschaf-
OSTER
WIRTSCHAFT UND GELD 11
politisch nicht gewollt, weil Staatsanlei-
hekäufe der Europäischen Zentralbank
den Regierungen mehr Ausgabenspiel-
„Der Abstieg
räume eröffnen. Welcher Politiker for-
dert schon gerne Einschnitte?
Für den Fall, dass der Euro weiter
ist nicht
Richtung Weichwährung getrieben
wird, bringen Sie einen Nord-Euro
der stärkeren Volkswirtschaften ins
Spiel. Gilt diese Idee nicht längst als
alternativlos“
nicht umsetzbar und zudem schäd-
lich für das exportorientierte
Deutschland?
Die Deutsche Mark hat aufgrund der
stabilitätsorientierten Geldpolitik der
Ökonom Gunther Schnabl warnt,
Deutschen Bundesbank über viele Jahre
hinweg aufgewertet. Das war kurzfristig
Deutschland drohe
schädlich für den Export, weil es die
deutschen Güter im Ausland verteuert
langsam von der Markt- hat. Doch das hat die Exportunterneh-
men auch unter Druck gesetzt, immer
in die Planwirtschaft wieder die Effizienz zu erhöhen und gu-
zu rutschen. Das
te Produkte zu entwickeln. Die daraus
resultierenden Produktivitätsgewinne
gefährde Wohlstand
haben Lohnerhöhungen und den Aus-
bau des Sozialstaats ermöglicht. Den
und Freiheit. Er benennt
Ländern im Süden Europas konnte man
finanziell unter die Arme greifen. Der
aber auch einen zunehmend weiche Euro hat hingegen
die deutsche Industrie träge gemacht.
Ausweg Die Produktivitätsgewinne, die immer
noch innerhalb Europas verteilt werden
sollen, sind nicht mehr vorhanden. Das
LEIPZIG UNIVERSITY/ WIFA.UNI-LEIPZIG.DE
macht den Euro zum Spaltpilz. Die
Menschen im Norden könnten irgend-
wann die Frage stellen, warum sie dem
Süden helfen sollen, obwohl ihre Kauf-
kraft schwindet.
Ihr Buch trägt im Untertitel den Be-
griff vom „Wirtschaftswunder“. Ist
das eher eine Referenz an Ludwig Er-
hard oder ein Seitenhieb auf den ak-
tuellen Bundeskanzler, der genau die-
ten, wie es die Maastricht-Kriterien Kommen wir in der Debatte auch des- ses vor einem Jahr versprochen hat?
vorsehen. Beides eher unrealistisch, halb nicht voran, weil Argumente, die Es ist vor allem eine Hommage an Lud-
oder? schon mal von der AfD gebracht wur- wig Erhard, der nicht nur zur Schaf-
Ja, derzeit scheint es so. Doch wenn ein den, als kontaminiert gelten? Selbst fung des Wohlstands in Deutschland
stabiler Euro politisch unrealistisch ist, wer valide Kritik gegen den Euro oder maßgeblich beigetragen hat, sondern
dann müssen wir auch über die Konse- die EU vorbringt, ist ja schon per se diesen auch mit Vehemenz verteidigt
quenzen sprechen. Eine mit der Noten- verdächtig. hat. Aber ja: Es ist auch eine Anspie-
presse finanzierte Eurorettungspolitik Ich erinnere mich, dass früher in allen lung auf den Kanzler. Ich glaube nicht,
hat negative Wachstums- und Vertei- Medien sachlich über das Für und Wider dass die in Deutschland verfolgte grü-
lungseffekte, was zu einer fortschrei- des Euros diskutiert wurde. Heute ver- ne Transformation ein Wirtschafts-
tenden politischen Polarisierung in Eu- misse ich einen solchen Diskurs über die wunder schaffen kann. Sie ist vielmehr
ropa beigetragen hat. Vielleicht führt Frage, ob ein weicher Euro gut für Euro- eine wichtige Ursache für den wirt-
diese Einsicht zu einem Umdenken. pa ist. Vielleicht ist das bei einigen auch schaftlichen Abstieg, weil sie unsere
Nicht
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einst liberale Wirtschaftsordnung aus-
höhlt. Der Untertitel soll aber auch sig-
nalisieren, dass, wenn wir wollen und
dafür bereit sind, es auch wieder besser
werden kann. Der Abstieg ist nicht al-
ternativlos!
Sind wir denn bereit? Wollen wir?
Dass der Wohlstand nicht nur eine wirt-
schaftspolitische Manövriermasse ist,
sondern auch geschaffen werden muss,
scheint längst vergessen. Doch wir sind
keine Helden, wenn wir „Faul wie die
Waschbären“ auf dem Sofa sitzen und
darauf warten, dass wir in der nächsten
Krise von der Regierung wieder mit viel
Geld aus der Europäischen Zentralbank
gerettet werden. Wenn wir wieder er-
folgreich sein wollen, dann müssen wir
von der Idee der immer besseren
„Work-Life-Balance“ abrücken.
70 Jahre gibt es das Walter Eucken In-
stitut, vor 125 Jahren wurde Hayek ge-
boren, vor 80 Jahren erschien sein
Buch „Der Weg zur Knechtschaft“, –
es gibt dieser Tage viel zu feiern für
ordoliberale und marktwirtschaftli-
che Konzepte. Trotzdem schreiben
Sie, man hätte ihnen abgeraten, Mar-
garet Thatcher als große wirtschafts-
liberale Reformerin zu nennen, weil
Sie sonst keine Verlag finden würden.
Warum haben es marktwirtschaftli-
che Konzepte und Ideen so schwer?
Das Grundprinzip der Sozialen Markt-
wirtschaft, dass das Erwirtschaften vor
dem Verteilen kommt, haben viele ver-
gessen. Aber der deutsche Staat stößt
an seine Grenzen, weil das Steuer- und
Abgabenniveau bereits eines der höchs-
ten unter den Industrieländern ist. Im-
mer mehr Umverteilung über die No-
tenpresse zu finanzieren, ist gesell-
schaftlich äußerst riskant. Es wäre des-
halb an der Zeit, dass wir uns wieder in-
tensiver mit dem Wirken von Erhard,
Eucken, Hayek und Thatcher befassen.
Ich hoffe, dass mein Buch dazu einen
Beitrag leisten kann.
T In seinem Buch „Deutschlands fette
Jahre sind vorbei – wie es dazu kam
und wie wir ein neues Wirtschafts-
wunder schaffen können“ beschreibt
Schnabl in zwölf Kapiteln den Wandel
der resilienten deutschen Wirtschaft.
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12 WIRTSCHAFT UND GELD * DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024

B Ohne Kapitän
GASTBEITRAG ei Wesseling fährt der Che- sere Binnenschiffe im nächsten Jahr-
mietanker „Synthese 21“ zehnt noch betreiben und sie nicht still-
den Rhein hinauf. Das Bin- legen wollen, müssen wir heute etwas

Der Ethikrat blamiert sich nenschiff ist voll beladen tun“, sagt Steffen Bauer. Der 44-Jährige

auf dem Kanal

D
und kommt mit 20 km/h arbeitet im Vorstand der Kölner Logis-
gut voran. Ein Matrose geht sicheren tikgruppe HGK und ist dort für die
Schrittes draußen an der Reling in Rich- größte Schiffsflotte Deutschlands ver-
er Deutsche JAN SCHNELLENBACH könne man Einkommen tung Steuerhaus entlang, im Maschi- antwortlich. Aus dieser Flotte heraus

HGK Shipping aus Duisburg will durch

Ethikrat hat eine und Vermögen auf der nenraum rattert der Dieselmotor. Zu se- hat die Reederei von HGK mehrere Bin-
Stellungnahme Welt beliebig hin und her hen und zu hören ist das alles in einem nenschiffe jeweils für 200.000 Euro mit

die Fernsteuerung von Binnenfrachtern

zum Thema Klimagerech- schieben, ohne dass dies Kontrollzentrum in Duisburg Ruhrort, Kameras und Elektronik umgerüstet
tigkeit vorgelegt. Der er- Konsequenzen für die an Land in einem Bürohaus. Der Grund: und sie an das Duisburger Kontrollzen-
den Mangel an Schiffsführern ausgleichen
ste Teil widmet sich einer Größe des Kuchens hat, An Bord des Schiffes sind 20 Kameras trum angeschlossen.
Darstellung des Sachstan- der überhaupt verteilt installiert, die jede Sekunde der Fahrt Sind die Tests erfolgreich und geben
des, und ist weitgehend unstrittig: Die werden kann. hierher übertragen. die Schifffahrtsbehörden grünes Licht,
Erwärmung des Klimas wird Kosten Als Ökonomen wissen wir, dass ein transportieren in wenigen Jahren auch
verursachen, die Handlungsbedarfe mit nachholendes Wachstum in noch rela- VON BIRGER NICOLAI in Deutschland Binnenschiffe ohne Ka-
sich bringen. Man kann in diesem Zu- tiv armen Ländern vor allem von der pitän Fracht etwa auf dem Rhein. Dann
sammenhang über vieles diskutieren, Qualität der Institutionen abhängt. So- In dem Kontrollzentrum, das von sind zwar immer noch Matrosen an
etwa über den Stellenwert von Vermei- lange sichere Eigentumsrechte, Demo- dem belgischen Start-up-Unternehmen Bord, aber nicht die „knappen“ Kapitä-
dungs- und Anpassungsmaßnahmen, kratie und vor allem Rechtsstaatlich- Seafar betrieben wird, stehen drei Steu- ne. „Teilautonomes Fahren oder Fahren
über die Verwendung von Mitteln aus keit nicht glaubwürdig verankert sind, erstände. Sie sind genauso ausgestattet mit reduzierter Besatzung“, nennt das
der CO2-Bepreisung, über Details der wird es schwer. Auch der Ethikrat plä- wie auf einem Binnenschiff. Sechs Mo- die Reederei HGK. Die Vorteile liegen
politischen Begleitung einer Umstel- diert für nachholendes Wachstum, das nitore zeigen die Direktübertragung weniger im Einsparen von Personal,
lung des Energieverbrauchs auf CO2- muss er wegen seines Schwellenwert- vom Schiff – im Moment den Rhein in auch wenn das Bruttomonatsgehalt der
neutrale Energiequellen. All das hat Arguments. Aber er glaubt, dies durch hohen Wellen vor dem Bug oder das Schiffsführer zwischen 4000 Euro und
Verteilungswirkungen, und es wäre gut, Kompensationszahlungen aus reichen sprudelnde Heckwasser hinter der 7000 Euro liegt. Vielmehr geht es da-
sich über diese zu verständigen. Ländern sichern zu können. Dabei Schiffsschraube. Es ist ein Rundum- rum, mehr Schiffe von der gleichen Zahl
Das scheint der Ethikrat auch zu spricht alle Erfahrung dagegen. Aber blick per Kamera, so wie ihn der Kapi- an Kapitänen fahren zu lassen.

PICTURE ALLIANCE/DPA/CHRISTOPH REICHWEIN

wollen: Wo verteilt wird, geht es immer die Argumentation des Ethikrates wird tän in der Realität durch die Fenster Die Hälfte der Zeit verbringt ein Bin-
auch um Gerechtigkeit. Und da greift noch fahrlässiger. Während er armen seines Steuerhauses hat. Unterhalb der nenschiff im Hafen und nicht auf Fahrt.
der Ethikrat, so formuliert er es selbst, Ländern nachholendes Wachstum zu- Kamerabildschirme stehen auf einem Diese „toten“ Stunden gibt es für einen
„egalitaristische, suffizientaristische gesteht, verlangt er von reichen Län- Tisch Computermonitore für nautische Schiffsführer im Kontrollzentrum
und prioritaristische Überlegungen“ dern ein Ende des Wachstums und vor Karten oder das Radar. Daneben sind nicht. Stattdessen wird seine Acht-
auf. Was ist damit gemeint? Erstens: allem: eine Abkehr von der Marktwirt- kleine Schalthebel angebracht, die das Stunden-Schicht ausschließlich für das
Alle sollen gleichbehandelt werden. schaft. Über Degrowth ist schon viel Schiffsruder bewegen, den Bugstrahl Fahren genutzt. Abends ist er zu Hause
Zweitens: Alle sollen ein Mindestmaß geschrieben worden. Er geht nicht nur betätigen oder die Drehzahl der Diesel- bei der Familie und nicht mehr täglich
an Ressourcenausstattung erhalten. mit Verarmung einher, sondern wirft maschine ändern. an einem anderen Ort. Nach Berech-
Und drittens: Die am stärksten Benach- auch die Frage auf: Was will der Ethik- Vor alledem steht Bram van der Lin- nung der Reederei HGK wäre für den
teiligten sollten bevorzugt werden. Es rat eigentlich an arme Länder vertei- den, ein ausgebildeter Schiffsführer aus ganzjährigen Betrieb eines ferngesteu-
wird schwierig sein, alle drei Kriterien len? Der Ethikrat argumentiert mit Belgien. Er hat alle Details im Blick und Von diesem Kontrollzentrum aus sollen Binnenschiffe gesteuert werden erten Chemietankers nur die Hälfte des
gleichzeitig zu erfüllen. Der Ausweg, einem kindlich naiven Umverteilungs- kann das Frachtschiff der HGK Ship- heute eingesetzten Personals an
den der Ethikrat wählt, lautet: Wir denken, in dem man Geld und Ressour- ping, der größten deutschen Reederei Schiffsführern notwendig.
müssen Schwellenwerte für Ressourcen cen einfach von A nach B verschieben für Binnenschiffe, vom Kontrollraum tän an Bord werden diese Schiffe in ei- Das vom Bundesverkehrsministeri- Rund 8000 Binnenschiffe fahren in
definieren, die alle erreichen sollen, um kann, und versteht nicht, dass das Ein- aus steuern. Noch setzt das Duisburger nem Kontrollzentrum von Seafar in der um vorausgesagte jährliche Wachstum Europa auf Flüssen und Kanälen, rund
ein gutes Leben haben zu können. Und kommen immer neu erarbeitet werden Unternehmen zusätzlich einen Schiffs- Hafenstadt Antwerpen gesteuert. Das von fünf Prozent im Transport bis 2050 ein Viertel davon sind deutsche Fracht-
die Maßnahmen der Klimapolitik soll- muss. Man kann nicht durch globale führer an Bord der „Synthese 21“ ein, Start-up beschäftigt 35 Softwareinge- können Lkw-Flotten oder Güterzüge schiffe. Deutschland, die Niederlande
ten so gestaltet werden, dass „diejeni- Umverteilungspolitik bei gleichzeitiger als Notfalllösung, falls es einen Ausfall nieure und Kapitäne und verfügt über kaum mehr zusätzlich bewältigen. Stra- und Belgien dominieren das Geschäft.
gen, die am stärksten vom Klimawandel Abschaffung der Marktwirtschaft der Technik geben sollte. Ähnlich wie 30 Frachtschiffe mit derartiger Tech- ßen und Schienen sind schon heute aus- Zuletzt war die Binnenschifffahrt –
belastet sind, die einschlägigen Schwel- Wohlstand aus einem Winkel der Welt hier auf dem Rhein testet HGK die nikausstattung. gelastet. Flüsse und Kanäle dagegen sonst eher selten ein Topthema – ein
lenwerte erreichen können“. Damit in einen anderen transferieren. Fernsteuerung mit eigenen Schiffen auf Hier in Duisburg, der Stadt des größ- verfügen noch über Kapazitäten. Zudem wichtiger Teil der Energieversorgung.
wird die Sache bereits unscharf. Eine Der Ethikrat blamiert sich nicht nur, dem Mittellandkanal und dem Elbe- ten Binnenhafens in Europa, wird die ist die Binnenschifffahrt zum Erreichen In Zeiten des Angriffskrieges Russlands
Voraussetzung für ein gutes Leben ist indem er eine von jedem ökonomi- Seitenkanal. Zukunft der Schifffahrt zur Realität. der Klimaziele der Europäischen Union gegen die Ukraine und knapper Ener-
eine Grundausstattung mit Humanka- schen Sachverstand befreite Argumen- Schon in wenigen Jahren soll die teil- Ferngesteuerte Schiffe sollen das größte im Transportsektor unerlässlich. Rund gieversorgung wurden bereits abge-
pital. Trotzdem gibt es viele Regionen, tationslinie zeichnet. Indem man so ar- autonome Schifffahrt zum Alltag auf Problem der Binnenschifffahrt lösen: sechs Prozent des Transports in schaltete Kohlekraftwerke wieder in Be-
in denen Kinder keinen Zugang zu ein- gumentiert, wird man auch die Unter- Flüssen und Kanälen gehören. Voraus- den Mangel an Kapitänen. In den nächs- Deutschland findet auf Wasserstraßen trieb genommen. Die Kohlelieferungen
facher Schulbildung haben. Manche stützung für Klimapolitik gefährden. setzung sind abschließende Genehmi- ten zehn Jahren geht ein Drittel der statt, die Binnenschiffe sind aber nur brachten Binnenschiffe an die Kraft-
dieser Regionen sind stark vom Klima- Man macht sie zu einem Nischenthema gungen etwa durch die Wasserstraßen- Schiffsführer in Rente. Berufsnach- für zwei Prozent der CO2-Emissionen werksstandorte entlang des Rheins.
wandel betroffen, andere nicht. für wenige an den politischen Rändern, und Schifffahrtsverwaltung des Bun- wuchs ist kaum zu finden, weder in des Verkehrssektors verantwortlich. Die HGK Group, das Kürzel steht für
Sollten wir vorrangig den Menschen die mit Marktwirtschaft noch nie etwas des. In Belgien ist das schon der Fall: Deutschland noch in osteuropäischen Grund dafür ist, dass die Schifffahrt ef- Häfen und Güterverkehr Köln, ist ein
in stark vom Klimawandel betroffenen anfangen konnten. Das mag in Fakultä- Auf dem Plassendale-Nieuwpoort-Ka- Nachbarländern, wo dies früher noch fizient ist: Ein einziges Frachtschiff er- wesentlicher Teil der Logistik für deut-
Regionen Zugang zur Schulbildung ver- ten mancher Hochschulen ein Erfolgs- nal und dem Fluss Yzer transportiert möglich war. Dadurch könnten die Ree- setzt rein rechnerisch 150 Lkw-Touren. sche Binnenhäfen. Sie zählt rund 2500
schaffen, in anderen armen Regionen modell sein, gesellschaftlich und poli- ein kleiner Frachter Sand und Steine dereien in die absurde Lage geraten, ih- Und über den Einsatz von synthetisch Beschäftigte, davon sind 1000 Jobs in
aber nicht? Man sieht: Hier werden tisch ist es das aber sicher nicht. ganz ohne Personal an Bord. Zudem re Binnenschiffe trotz Aufträgen liegen hergestellten Kraftstoffen lässt sich der der Schifffahrt. Das Unternehmen ge-
Dinge vermischt, die eigentlich nicht sind zwischen Antwerpen und Lüttich lassen zu müssen, weil niemand da ist, Schadstoffausstoß der Schiffsmotoren hört den Stadtwerken Köln sowie der
zusammengehören. Es ist allgemein ein T Professor Jan Schnellenbach lehrt auf dem Albert-Kanal Frachtschiffe oh- sie zu steuern. Denn Arbeit wird es in binnen weniger Jahre deutlich verrin- Stadt Köln und hat seinen Ursprung in
wesentliches Problem der Stellungnah- Volkswirtschaft an der Technischen ne Schiffsführer und mit reduzierter den kommenden Jahren für die Binnen- gern. Doch die Pläne könnten am Fach- der Versorgung mehrerer Rheinhäfen
me, dass der Ethikrat argumentiert, als Universität Cottbus-Senftenberg Besatzung unterwegs. Statt vom Kapi- schifffahrt sehr wohl geben. kräftemangel scheitern. „Wenn wir un- mit Güterzügen.

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DBA konservativ € DE000DK2CFP1 101,80 +0,89 C&P Funds ClassiX* € LU0113798341 98,59 +46,42 cherte Fonds. Keine Anlageberatung und -empfehlung. UniDynamic Gl. A* € LU0089558679 120,64 +39,04
ERGO Vermög Robust* € DE000A2ARYR2 48,73 -3,75
DBA moderat € DE000DK2CFQ9 111,02 +2,96 C&P Funds QuantiX* € LU0357633683 165,63 +26,62 UniEMGlobal* € LU0115904467 81,68 -24,29
EuroBalance* € DE0009757450 66,39 +17,01
DBA offensiv € DE000DK2CFT3 233,89 +17,37 EuroErtrag* € DE0009782730 66,33 -1,96 UniEurKap Corp-A* € LU0168092178 34,84 -3,17
Deka-Nach.E.St CF A € LU2206794112 100,38 +4,56 Commerz Real EuroFlex* € DE0009757484 41,58 -0,46
Deka-Nachh ManSel € DE000DK1CJS9 111,82 +2,44 UmweltInvest TF € DE000DK0ECT0 172,24 -8,46 LBBW Bal. CR 75 € LU0097712474 70,50 +13,65 UniEurKap.Co.net A* € LU0168093226 35,28 -4,05
hausInvest € DE0009807016 43,83 +7,41 EuroInvest A* € DE0009754333 101,71 +16,54
Deka-NachhAkt CF € LU0703710904 275,21 +21,76 Weltzins-Invest P € DE000A1CXYM9 19,61 +3,50 Priv BaPrem Chance € DE0005320022 164,42 +21,51 UniEuropa* € LU0047060487 2958 +21,02
Deka-NachhRent CF A € LU0703711035 119,53 -5,40 EuroKapital* € DE0009757468 59,08 +23,25
Priv BaPrem Ertrag € DE0005320030 45,76 -6,27 UniGlobal Div A* € LU1570401114 131,68 +24,23
Deka-NachStrInv CF € DE000DK2EAD4 144,85 +19,23 DAVIS FUNDS SICAV EuroRent A* € DE0009757443 27,06 -11,86
Global A* $ LU0067889476 48,40 -13,18
Deka International (Lux) FairReturn A* € DE000A0RFJ25 53,44 -1,94
UniGlobal Div-netA* € LU1570401544 128,98 +22,90
Deka-NachStrInv TF € DE000DK2EAE2 139,30 +16,68
Nachh Dynamisch CF € DE000DK0V6U7 93,17 - Value Fund A* $ LU0067888072 82,81 +11,08 1822 Str.Cha.Pl. € LU0151488458 140,65 +5,90 DWS GlobalAktien* € DE000A2PPJZ8 61,82 - UniIndustrie 4.0A* € LU1772413420 83,31 +16,90
Nachh Mlt Asset CF € DE000DK0V5F0 101,99 +2,75 1822 Str.Chance € LU0151488029 93,25 +6,99 Offene Immobilienfonds GlobalBalance DF* € DE0009782763 71,97 +3,33 UniOpti4* € LU0262776809 96,83 +2,22
Nachh Mlt Asset TF € DE000DK0V5G8 100,23 +1,22 1822 Str.Ert.Pl. € LU0151486320 43,48 -5,10 grundb. europa IC: € DE000A0NDW81 38,47 +4,66 GlobalChance DF* € DE0009782789 81,98 +17,32 UniSec. BioPha.* € LU0101441086 175,04 +35,77
Nachhltg Gl Champ CF € DE000DK0V554 139,59 +25,15 1822 Str.Wachstum € LU0151487302 50,07 +0,06 grundb. europa RC € DE0009807008 38,44 +3,27 Nachhaltigkeit A* € DE0001619997 156,73 +32,31 UniSec. High Tech.* € LU0101441672 238,59 +53,90
NachSeAkREd CF € DE000DK0V7B5 82,82 - Berol.Ca.Chance € LU0096429435 67,89 +9,92 ProInvest* € DE0009754119 213,68 +9,97 UniStruktur* € LU1529950914 111,34 +6,62
grundb. Fok Deu RC € DE0009807081 53,65 +3,91
Naspa Na PS-Chance € LU0104457105 63,21 +11,32 Berol.Ca.Premium € LU0096429609 86,88 +9,90 VermAnlage Komfort* € DE000A1JJJP7 60,86 +6,93
Naspa Na PS-ChanceP € LU0202181771 128,67 +10,94 grundb. Fokus D IC: € DE0009807099 54,20 +5,45 UniVa. Global A* € LU0126315885 156,62 +26,26
Berol.Ca.Sicherh. € LU0096428973 40,61 -3,11 VermAnlage Ret A* € DE000A1JJJR3 73,64 +10,69
Naspa Na PS-Ertrag € LU0104455588 43,59 -2,95 Tel.: 069 / 7147-652 www.deka.de grundb. global IC: € DE000A0NCT95 49,99 +1,64
Berol.Ca.Wachst. € LU0096429351 39,21 +1,24
Naspa Na PS-Wachst € LU0104456800 42,89 -0,05 AriDeka CF € DE0008474511 88,03 +24,72 DekaEuAktSpezAV € LU1508335152 141,29 +19,27 grundb. global RC € DE0009807057 49,52 +0,24 Union Invest Real Estate
Naspa-Ak.Gb NachCF € DE0009771956 87,31 +27,63 Metzler Asset Management GmbH
BasisStrat Flex CF € DE000DK2EAR4 114,18 +1,61 DekaEuAktSpezCF(A) € LU0835598458 199,10 +20,38 UniImmo:Dt.* € DE0009805507 96,48 +8,14
Naspa-Ak.Gb NachTF € DE000DK0LNH7 129,15 +23,81 RWS-DYNAMIK A* € DE0009763334 36,59 +8,14
BerolinaRent Deka € DE0008480799 37,60 -3,18 Deka-FlexZins CF € LU0249486092 978,29 +3,45 UniImmo:Europa* € DE0009805515 54,16 +5,73
RWS-ERTRAG A* € DE0009763375 15,31 +0,92
BW Zielfonds 2025 € DE000DK0ECP8 40,26 -7,04 Deka-FlexZins PB € LU0475811682 985,07 +3,42 UniImmo:Global* € DE0009805556 49,03 +3,74
Metzler Asset Management GmbH BW Zielfonds 2030 € DE000DK0ECQ6 52,88 +2,20 Deka-FlexZins TF € LU0268059614 979,60 +3,35
RWS-Aktienf.Nachh* € DE0009763300 105,14 +12,58 DekaGlobAktLRCF(A) € LU0851806900 237,62 +30,87
Deka-Europ.Bal. CF € DE0005896872 53,36 -4,28 Universal Lux.
Deka-Europ.Bal. TF € DE000DK1CHH6 105,83 -4,72 Deka-Indust 4.0 CF € LU1508359509 216,00 +11,11 www.flossbachvonstorch.de +49 221 33 88 290
ODDO BHF Asset Management Deka-Europa Akt Str € DE0008479247 86,87 +17,98 Deka-Indust 4.0 TF € LU1508360002 205,16 +8,74 CondorBalance-UI* € LU0112268841 97,79 +5,12
Exk:PolarisBal DRw € LU0319574272 88,41 +12,21 Multiple Opp R € LU0323578657 298,21 +9,88 CondorChance-UI* € LU0112269146 103,81 +18,84
DekaFonds CF € DE0008474503 125,76 +10,16 HMI Chance € LU0194947726 82,63 +22,33
Exk:PolsDyn DRw € LU0319577374 111,19 +20,77 Deka-Global Bal CF € DE000DK2J8N2 101,83 -1,19 HMI Chance+ € LU0213544652 89,66 +33,89 LiLux Convert* € LU0069514817 248,18 +2,39 CondorTrends-UI* € LU0112269492 103,48 +1,90
Polaris Flexi DRw € LU0319572730 92,66 +11,07
Deka-Global Bal TF € DE000DK2J8P7 99,31 -2,22 HMI Ertrag+ € LU0194942768 37,87 +5,05 Gutmann Kapitalanlage LiLux-Rent* € LU0083353978 228,08 -1,24
Polaris Mod DRw* € DE000A0D95Q0 72,85 +4,42
Deka-MegaTrends CF € DE0005152706 141,54 +27,77 HMI Wachstum € LU0194946595 42,63 +4,77 PRIME VAL Growth A € AT0000803689 144,04 +4,62 W&W Int. Asset Mgmt. Dublin
Deka-Na.Div Str CF € DE000DK0V521 129,87 +21,25 Köln Str.Chance € LU0101437480 69,09 +6,88 PRIME VAL IncomeA € AT0000973029 128,53 -2,43 ODDO BHF Asset Management
SouthEast Asian Eq* € IE0002096034 131,39 -0,75
Deka-Nach Div RhEd € DE000DK0EF98 102,17 +10,40 Köln Str.Ertrag € LU0101436672 41,37 -4,74 Basis-Fonds I Nach* € DE0008478090 144,03 +4,15
Deka-Sachwer. CF € DE000DK0EC83 106,69 +7,06 Köln Str.Wachstum € LU0101437217 41,17 +0,24 DC Value One I(t)* € DE000A0YAX64 264,87 +20,77
KölnStr.Chance+ € LU0117172097 61,46 +6,15 DC Value One P(t)* € DE000A0YAX72 231,58 +20,44
Warburg Invest
Deka-Sachwer. TF € DE000DK0EC91 103,74 +5,94
DekaSpezial CF € DE0008474669 598,42 +34,84 UnterStrat Eu CF € LU1876154029 176,59 +0,79 Substanz-Fonds* € DE000A0NEBQ7 1297 +4,86 DMüller Prem Akt € € DE000A111ZF1 89,15 -0,32
ÖkoVision Classic € LU0061928585 224,04 -3,81 DekaTresor € DE0008474750 83,71 ±0,00 Vermögens-Fonds* € DE000A0MYEJ6 826,87 +1,15
Klima € LU0301152442 108,69 -10,86 Deka Immobilien Investment Sonstige
Div.Strateg.CF A € DE000DK2CDS0 199,72 +29,27 www.hal-privatbank.com
Water For Life C € LU0332822492 208,11 -7,19
Öko Rock‘n‘Roll € LU0380798750 157,46 -13,89 DivStrategieEur CF € DE000DK2J6T3 109,26 +24,53 Deka Immob Europa € DE0009809566 47,54 +8,65 Leading Cities € DE0006791825 93,68 -5,57
Euro Potential CF € DE0009786277 158,14 -14,35 Deka Immob Global € DE0007483612 54,80 +5,86 ERBA Invest OP € LU0327349527 27,78 -8,55
Growing Mkts 2.0 € LU0800346016 256,84 +2,78
EuropaBond CF € DE000DK091G0 92,99 -20,14 Deka-Immo Nordam $ DE000DK0LLA6 56,03 +6,75 HAL Europ SmCap Eq € LU0100177426 152,46 +1,60
EuropaBond TF € DE0009771980 33,71 -21,37 Deka-ImmoMetropol € DE000DK0TWX8 51,04 +5,17 HAL MultiAsset Con* € LU0456037844 107,55 -5,75
Frankf.Sparinrent € DE0008479981 50,73 -2,10 WestInv. InterSel. € DE0009801423 48,58 +7,75 HAL MultiAsset Dyn* € LU0090344473 136,04 +20,98 Tel.: 069 58998-6060
Frankf.Sparinvest € DE0008480732 161,72 +8,65 www.union-investment.de * Fondspreise etc. vom Vortag oder letzt verfügbar;
GlobalChampions CF € DE000DK0ECU8 320,50 +34,00 Deka-Vermögensmanagement GmbH Währung: € = Euro, $ = US-Dollar, ¥ = Yen, £ = Brit. Pfund,
PrivFd:Kontr.* € DE000A0RPAM5 130,29 -0,54 CH = Schweizer Franken,PL = Polnische Zloty.
GlobalChampions TF € DE000DK0ECV6 287,40 +31,16 Deka-BaAZSt off 25 € DE000DK0LPS9 109,19 - PrivFd:Kontr.pro* € DE000A0RPAN3 177,10 +11,34 Alle Angaben ohne Gewähr, keine Anlageberatung und -empfehlung.
Tel.: 069 58998-6060
www.union-investment.de Mainfr. Strategiekonz. € DE000DK2CE40 188,11 +14,02 Deka-PfSel ausgew € DE000A2N44B5 108,19 +1,98 Uni21.Jahrh.-net-* € DE0009757872 52,20 +30,55 Alle Fonds mit weiteren Informationen auf
Mainfr. Wertkonz. ausg. € DE000DK1CHU9 96,25 -0,81 Deka-PfSel dynam € DE000A2N44D1 123,38 +10,89 UniDeutschl. XS* € DE0009750497 166,79 -23,74 moneyspecial.de/fonds
PrivatFonds: Nachh* € LU1900195949 54,39 -1,23
Multi Asset In.CFA € DE000DK2J662 84,95 +0,54 Deka-PfSel moderat € DE000A2N44C3 98,16 -2,69 www.hwb-fonds.com | info@hwb-fonds.com UniEuroAktien* € DE0009757740 92,33 +21,43
UniNachh AkEu A* € LU0090707612 68,46 +19,84
Multirent-Invest € DE0008479213 30,97 +2,28 DekaStruk.5Chance € DE000DK1CJP5 194,84 +9,56 Tel +49 651 1704 301 | +352 48 30 48 30 UniEuropa-net-* € DE0009750232 97,85 +20,65
UniNachh AkEu netA* € LU0096427496 57,35 +18,63
UniNachh Akt Glob* € DE000A2N7V22 150,19 +28,91 Multizins-INVEST € DE0009786061 24,32 -4,88 DekaStruk.5Chance+ € DE000DK1CJQ3 315,10 +9,49 HWB Alex.Str.Ptf R* UniEuroRenta* € DE0008491069 58,22 -10,05
€ LU0322055855 83,26 +7,20
UniNachh AktDeu nA* € DE000A2QFXN4 93,04 - NachSeAkReEdTF € DE0009771907 41,91 -8,88 DekaStruk.5Ertrag+ € DE000DK1CJM2 94,29 -3,64 UniEuroRentaHigh Y* € DE0009757831 32,15 -2,14
HWB Alex.Str.Ptf V* € LU0322055426 83,28 +7,18
UniNachh AktDeut A* € DE0009750117 240,94 +4,37 Naspa-Fonds € DE0008480807 38,74 +2,24 DekaStruk.5Wachst. € DE000DK1CJN0 100,75 +1,55 UniFav.:Akt. -net-* € DE0008007519 153,86 +41,18
RenditDeka € DE0008474537 21,56 -11,64 HWB Europe Pf.* € LU0119626884 4,45 +0,22
UniNachhaltig A Gl* € DE000A0M80G4 167,02 +30,28 Hamb Stiftung D € DE000DK0LJ38 935,64 +0,42 Unifavorit: Aktien* € DE0008477076 245,24 +42,68
UniRak Na.Kon. A* € LU1572731245 108,42 -6,06 RenditDeka TF € DE000DK2D640 27,84 -12,05 HWB Inter.Pf.* € LU0119626454 4,73 +3,04
Hamb Stiftung I € DE000A0YCK34 847,70 +0,34 UniFonds* € DE0008491002 57,50 -7,25
UniRak Nach.K-net-* € LU1572731591 107,26 -7,04 RentenStratGl TF € DE000DK2J6Q9 77,35 -13,69 Hamb Stiftung P € DE000A0YCK42 83,14 -0,63 HWB Pf. Plus R* € LU0277940762 112,97 +14,44 UniFonds-net-* € DE0009750208 84,60 -8,02
UniRak Nachh.A net* € LU0718558728 94,49 +4,72 RentenStratGlob CF € DE000DK2J6P1 78,11 -12,71 Hamb Stiftung T € DE000A0YCK26 111,05 -0,67 HWB Pf. Plus V* € LU0173899633 112,98 +14,47 UniGlobal* € DE0008491051 405,19 +42,19
UniRak NachhaltigA* € LU0718558488 98,07 +5,82 RentenStratGlob PB € DE000DK2J6R7 78,15 -12,57 Haspa TrendKonz P € LU0382196771 86,24 -4,88 HWB Vict.Str.Pf. R* € LU0277941570 1356 +5,32 UniGlobal-net-* € DE0009750273 241,22 +38,77
UniZukunft Klima A* € DE000A2QFXR5 46,02 - +49 69 26095760 fundsservice@infrontfinance.com
Rntfds RheinEdit € DE0008480666 28,38 -3,39 Haspa TrendKonz V € LU1709333386 92,47 -3,73 HWB Vict.Str.Pf. V* € LU0141062942 1357 +5,32 UniNordamerika* € DE0009750075 614,32 +45,17
UniZukunft Kli-neA* € DE000A2QFXS3 46,79 -
Technologie CF € DE0005152623 83,94 +42,29 LBBW Bal. CR 20 € LU0097711666 44,57 +0,89 HWB Wdelan + R* € LU0277940929 50,10 +1,49 UnionGeldmarktfds* € DE0009750133 48,30 +2,86 Infront publiziert die Fondsdaten im Auftrag der
UmweltInvest CF € DE000DK0ECS2 194,50 -6,45 LBBW Bal. CR 40 € LU0097712045 52,42 +4,53 HWB Wdelan + V* € LU0254656522 50,44 +1,91 UniRak* € DE0008491044 150,68 +9,77 Fondsgesellschaften als besonderen Service für deren Anleger.

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DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024
Saudi-Arabien
nimmt jetzt
Tennis ins Visier
Milliardenschweres
Angebot sorgt für Wirbel
R D
oger Federer fordert es seit Jah-
ren, für Rafael Nadal wäre es
„großartig“, und laut Billie Jean
King eine „Vision für das Tennis“. Nicht
nur die prominenten Befürworter wür-
den einen Zusammenschluss der Profi-
tennis-Organisationen für Herren
(ATP) und Damen (WTA) lieber heute
als morgen umsetzen – doch zu wel-
chem Preis? Auch bei einem unmorali-
schen Angebot? Die zwei Milliarden
Euro, mit denen das von Menschen-
rechtsorganisationen stark kritisierte
Saudi-Arabien offenbar im ganz großen
Stil ins Profitennis investieren will, hat
die Szene in Aufruhr versetzt.
„So ein Angebot ist erst einmal eine
Chance“, sagte Präsident Dietloff von
Arnim vom Deutschen Tennis Bund
(DTB) der Deutschen Presse-Agentur.
Doch er betonte: „Was immer auch
kommt, es kommt etwas Neues – und da
können nicht nur Gewinner dabei sein.“
Der ohnehin längst schwelende Macht-
kampf der unterschiedlichen Tennis-
Organisatoren droht mit dem Mega-An-
gebot zu eskalieren.
Der saudische Staatsfonds Public In-
vestment Fund (PIF) bietet einem Be-
richt der britischen Zeitung „Tele-
graph“ zufolge zwei Milliarden US-Dol-
lar für die Masters-Turniere. Dabei han-
delt es sich um Events der zweithöch-
sten Kategorie hinter den vier Grand
Slams, die bislang von ATP und WTA
getrennt veranstaltet werden. Angeb-
lich ist dieses Angebot nur 90 Tage gül-
tig. Klar ist: Das Investment wäre eine
Konkurrenz für ein mögliches Premier-
Tour-Modell, über das die Verbände zu-
letzt diskutiert hatten.
Ein Zusammenschluss von ATP und
WTA war schon im Vorjahr ein Thema
gewesen – damals laut „Telegraph“
allerdings mit der Prämisse, eine mögli-
che eigene Turnierserie durch das Kö-
nigreich wie im Golfsport zu verhin-
dern. Dort hatte die milliardenschwere
Gründung der LIV Tour zu einer Spal-
tung geführt. Saudi-Arabien investiert
über seinen Staatsfonds seit Jahren
massiv in den Sport und ist unter ande-
rem auch bereits ins Fußball-, Box- und
Formel-1-Geschäft groß eingestiegen.
Offizielle Ziele des Staatsplans „Vision
2030“ sind die Diversifizierung der
Wirtschaft, weniger Abhängigkeit vom
Öl, eine Öffnung des Landes auch für
Touristen und attraktive Angebote für
die eigene Bevölkerung. Doch dem Kö-
nigreich wird auch vorgeworfen, mit
dem Engagement im Sport von seinen
Verstößen gegen Menschenrechte abzu-
lenken und schlicht sein Image verbes-
sern zu wollen.
Aktuell steigert Saudi-Arabien aber
eher seinen Einfluss in den bestehen-
den Tennis-Strukturen – und das erfolg-
reich. Spaniens Star Nadal wurde als
Tennis-Botschafter des Landes gewon-
nen. Seit Februar besteht zudem eine
mehrjährige strategische Partnerschaft
mit der ATP, der saudische Staatsfonds
taucht unter anderem als Namensspon-
sor der Weltrangliste auf. dpa
„Um Wertschätzung geht es mir nicht“
Bei der Nationalmannschaft richten sich dieser Tage alle Augen auf Toni Kroos und dessen Comeback kurz vor der Heim-EM
U
m kurz vor halb elf passierte der
Bus der Nationalmannschaft die
Einfahrt zum DFB-Campus in
Frankfurt. Er hat ein neues Design. Ne-
ben einem großen Bild des verstorbe-
nen Franz Beckenbauer steht dort in
großen Lettern: „Danke, Franz. 1945 –
2024. Und für immer“. Beckenbauer,
Weltmeister als Spieler und Trainer,
war eine Lichtgestalt des deutschen
Fußballs, der Kaiser.
Nun haben die aktuellen deutschen
Nationalspieler längst nicht den Status,
den Beckenbauer einst hatte. Aber gro-
ße Aufmerksamkeit zieht der eine oder
andere schon auf sich. Toni Kroos etwa,
Weltmeister von 2014, der nach seinem
Rücktritt 2021 nun wieder zur DFB-Aus-
wahl gehört – und bei der ersten Trai-
ningseinheit vor den Länderspielen ge-
gen Frankreich (23.3.) und die Nieder-
lande (26.3.) im Rampenlicht stand.
Der 34-Jährige ist das neue Zugpferd
einer zuletzt schwachen Nationalelf,
die nach den Niederlagen gegen die
Türkei (2:3) und Österreich (0:2) im
November vor dem Heim-EM auf Kurs
kommen möchte – und auch muss.
Kroos soll helfen, die Stimmung zu dre-
hen. Wie gut sich der Star von Real Ma-
SPORT 13
liefen sich im Geschäftsjahr 2023 auf 73
Millionen Euro, davon 64 Millionen Eu- Doping? Benfares
ro an Gehältern, was in Relation zu an-
deren Zweitligisten auffällig viel ist. In beendet mit 22
ihre Karriere
der Dritten Liga würden allerdings we-
sentliche Einnahmen wegfallen.
Allein die Zuwendungen aus der TV-
Vermarktung würden von aktuell gut Deutsche Läuferin war
positiv getestet worden
19,5 Millionen Euro auf 1,3 Millionen Eu-
ro schrumpfen. Nicht von ungefähr
schließt der Schalker Geschäftsbericht
mit folgender Feststellung: „Diese Er- ie unter Doping-Verdacht ste-
eignisse und Gegeben- hende Leichtathletin Sara Ben-
Schalkes Paul heiten zeigen (die Mög- fares hat ihre Karriere Angaben
Seguin (l., im lichkeit von Liquiditäts- ihres Anwalts zufolge beendet. Das be-
Duell mit Bjarke lücken im Falle eines Ab- richtete der Saarländische Rundfunk
Jacobsen) hat stiegs, d. Red.), dass ei- mit Verweis auf den Rechtsbeistand der
gemeinsam mit ne wesentliche Unsi- 22-Jährigen. Die EM- und WM-Teilneh-
seinen Kollegen cherheit besteht, die merin war positiv auf Testosteron und
einige Turbulenzen bedeutsame Zweifel an das Blutdopingmittel Epo getestet wor-
zu überstehen der Fähigkeit des Ver- den. Ihr Vater hatte dies in einem fran-
eins zur Fortführung zösischen Portal damit begründet, dass
der Unternehmenstätigkeit aufwerfen seine Tochter unter Knochenkrebs leide
kann.“ Die Rede ist von einem „be- und mit der Einnahme von Medikamen-
standsgefährdeten Risiko“. ten nicht habe warten sollen. Den
Diese Prognose erhöht den Druck auf Schritt zum Karriereende seiner Toch-
Team und Trainer, endlich eine Trend- ter hatte Samir Benfares angekündigt.
wende herbeizuführen. Sollte dies nicht Nach Sara Benfares war auch deren
gelingen – sämtliche Anstrengung im Schwester Sofia Benfares (19) positiv
Hinblick auf eine wirtschaftliche Konso- auf Epo getestet worden. Das hatte die
lidierung wären vergebens gewesen. Nationale Anti Doping Agentur (Nada)
Dann würde es nicht viel bringen, dass bestätigt. Beide Athletinnen waren in
DPA/ BERND THISSEN
2023 erstmals nach fünf Jahren wieder der Folge von ihrem Verein, der LC Reh-
schwarze Zahlen geschrieben werden lingen, ausgeschlossen worden. Auch
konnten. Schalke konnte immerhin ei- der älteren Schwester Selma war die
nen Gewinn von 6,9 Millionen Euro ver- Mitgliedschaft entzogen worden. Be-
buchen – und das trotz des Abstiegs aus reits einige Wochen zuvor hatte der
der Ersten Liga. Es sei gelungen, „wichti- Klub der bei Paris lebenden Familie
Die Schalker Angst vor
ge wirtschaftliche Parameter zu verbes- einen Fragenkatalog zugeschickt, nach-
sern“, so Rühl-Hamers. So konnten auch dem die Nada bestätigt hatte, dass bei
die Schulden um gut elf Millionen Euro Sara Benfares das verbotene Blutdo-
reduziert werden. Dennoch bleibt die pingmittel Epo und Testosteron gefun-
Lage angespannt – auch wenn der Klas- den worden waren. Der Vereinsvorsit-
dem Unaussprechlichen
senverbleib geschafft werden sollte. zende Thomas Klein sagte zuletzt, auf
Im Hinblick auf eine kommende Nachfrage und Fristsetzung habe Samir
Zweitligasaison rechnet Rühl-Hamers Benfares geantwortet, der Vater und
mit einer Lizenz ohne Auflagen und Be- Trainer der drei Schwestern. Allerdings
Das Damoklesschwert eines Abstiegs schwebt weiterhin bedrohlich über
dingungen. Dennoch könnten auch bei sei „kein Wille zur Transparenz und
D
diesem Szenario Einnahmeverluste dro- Aufklärung“ darin zu finden gewesen.
dem Verein. Niemand weiß, wie und ob es dann überhaupt weitergeht
hen. Aufgrund der aktuell schlechten Sara Benfares‘ Anwalt sprach beim
Tabellensituation dürfte mit weniger SR von einer Knochenerkrankun, daher
Fernsehgeld zu rechnen sein, zudem sei es kein Doping-Fall. Offen bleibe,
laufen mehrere Sponsorenverträge aus. unter welcher Krankheit Sara Benfares
ie Geschichte wiederholt Oktober die Nachfolge von Thomas noch acht ausstehenden Spielen gerade Schalke ist erneut auf der Suche nach leide. In dem Bericht heißt es: „Ihr Va-
sich. Und das macht es Reis angetreten hatte, für desaströse drei Zähler vor einem direkten Ab- einem neuen Trikotwerbepartner. ter Samir hatte nach Bekanntwerden
aus Sicht aller, die es mit Vorstellungen seiner Spieler öffentlich stiegsplatz. Was ein abermaliger Ab- Wenn das Mannschaftsbudget wie kal- der Vorwürfe behauptet, Benfares leide
dem FC Schalke 04 nach entschuldigt. Dies glaubte der 42-Jähri- stieg, dann in die Dritte Liga, bedeuten kuliert auch in der kommenden Zweitli- unter Knochenkrebs und habe behan-
wie vor gut meinen, so ge bereits nach der 1:2-Heimniederlage würde, vermag sich niemand auszuma- gasaison etwa 25 Millionen Euro betra- delt werden müssen, eine notwendige
niederschmetternd. Grob zusammenge- gegen Elversberg am 11. November tun len. Doch es hilft nichts. Schalke, mit gen soll, könnte es schwer werden, das medizinische Ausnahmegenehmigung
fasst geht sie so: Der Bundesliga-Abstei- zu müssen sowie eine Woche darauf der klaren Zielsetzung Aufstieg in die negative Eigenkapital (aktuell 103,3 Mil- existiert aber nicht.“ JB/DPA
ger reist, begleitet von tausenden Fans, nach dem 3:5 in Düsseldorf. Auch nach Saison gestartet, muss sich mit diesem lionen Euro), wie von der Deutschen
irgendwo hin. Die Mannschaft ist be- dem Jahreswechsel, nach dem doch al- Horrorszenario auseinandersetzen – Fußball Liga (DFL) vorgeschrieben, um
müht, verliert dann aber den Faden und les besser werden sollte, fiel Geraerts und tut dies auch, so gut es halt geht. fünf Prozent zu reduzieren.
verheddert sich schließlich in ihren eige- nicht viel anderes ein, als bei den An- In der vergangenen Woche wurden Es braucht also dringend sportliche
nen Unzulänglichkeiten. Von einem be- hängern um Nachsicht zu bitten: nach die Unterlagen für eine Lizenzerteilung Erfolge – und die müssen, möglicher- Sabalenka
stimmten Zeitpunkt an wirkt sie wie ge- dem 1:4 in Kaiserslautern, dem 0:3 in im Hinblick auf die kommende Spielzeit weise auch als Folge der wirtschaftli-
lähmt. Auf den Rängen macht sich Ent- Magdeburg und nun erneut nach der eingereicht, auch für die Dritte Liga. chen Probleme, mit Karel Geraerts ge- trauert um
Lebensgefährten
setzen breit. Dann ist das Spiel vorbei, Blamage gegen die Hertha – der bereits „Was die Drittliga-Planungen betrifft, lingen. Ein abermaliger Trainerwechsel
und die Profis bekommen die ungefilter- vierzehnten Saisonniederlage sowie der rechnen wir damit, dass die vorläufige würde weitere finanzielle Belastungen
te Wut ihrer Anhänger brutal zu spüren. vierten Auswärtsniederlage in Folge. Erteilung der Lizenz nur unter Bedin- mit sich bringen. „Es gibt überhaupt
Die Stimmung, die um den Traditi- gungen erfolgen wird“, sagte Finanzvor- keine Trainerdiskussion. Ich setze auf Im Alter von nur 42 Jahren
verstirbt Konstantin Kolzow
VON OLIVER MÜLLER onsverein herrscht, ist toxisch. Sie ist ständin Christina Rühl-Hamers. Das ist Kontinuität, das ist das Beste für den
S
von Häme und Spott geprägt. Von „Un- so optimistisch wie eben möglich for- Verein“, sagte der neue Sportdirektor
In Berlin, wo die Königsblauen am tergang“ ist die Rede. Das zieht zusätz- muliert. Tatsächlich kann nur gemut- Marc Wilmots. Der Trainer sei auch
Sonntag mit 2:5 (2:3) unter die Räder ge- lich runter und macht es nicht leichter, maßt werden, ob es dann überhaupt nicht für individuelle Fehler von Spie- chlimmer Schicksalsschlag für
kommen waren, flogen anschließend sich dem Abwärtstrend entgegenzu- noch eine Perspektive geben kann oder lern verantwortlich zu machen. Tatsa- Aryna Sabalenka: Wie die Verant-
Bierbecher in Richtung der Profis. Weit stemmen. Selbst erfahrene Spieler wie ob eine Insolvenz und möglicherweise che ist jedoch: Es ist Geraerts bislang wortlichen des belarussischen
über 10.000 Schalker Anhänger waren Simon Terodde (36) drohen mittlerwei- eine Zurückstufung in die viertklassige nicht gelungen, den Spielern die Angst Eishockey-Verbandes mitteilten, ist
mit in die Hauptstadt gereist – und wa- le fast zu verzweifeln. Man habe sich in Regionalliga unausweichlich wäre. vor Fehlern zu nehmen. Konstantin Kolzow im Alter von 42 Jah-
ren anschließend extrem wütend. „Ich Berlin gegen Ende „abschlachten las- Fakt ist: Schalke, mit 128,5 Millionen Am Ostersonntag geht es zu Hause ren gestorben. Kolzow und der 25 Jahre
muss mich bei allen Fans entschuldi- sen“, sagte der Stürmer. Ein „Debakel“ Euro Nettoverbindlichkeiten versehen, den Karlsruher SC. Die Badener sind in alte Tennis-Superstar waren seit drei
gen“, sagte Trainer Karel Geraerts: „Bei sei das. „Wir verteidigen im Mann- müsste auch weiterhin jährlich rund 16 der Zweiten Liga so etwas wie die Mann- Jahren ein Paar. Auch der KHL-Klub Sa-
all denen, die so weit gereist sind, um schaftsverbund ohne Körper“, erklärte Millionen Euro an Zinstilgung leisten. schaft der Stunde. Am vergangenen Wo- lawat Julajew Ufa, wo Kolzow als Co-
dann so eine Leistung zu sehen.“ er: „Wahnsinn.“ Gleichzeitig hätte der Klub weiterhin chenende fegten sie den 1.FC Magdeburg Trainer tätig gewesen war, teilte den
Auch dies war keine Premiere. Bereits Für Schalke geht es ums Überleben. einen erheblichen Kostenapparat zu be- mit 7:0 vom Platz. Der Druck auf Schalke frühen Tod mit. Die Todesursache ist
mehrfach hatte sich der Belgier, der im Der Tabellenvierzehnte liegt bei nur dienen. Die Personalaufwendungen be- ist gewaltig – wieder einmal. derzeit noch nicht bekannt.
Salawat schrieb auf Instagram: „Er
war ein starker und fröhlicher Mann,
der von Spielern, Kollegen und Fans ge-
liebt und respektiert wurde. Er hat sich
für immer in die Geschichte unseres
Vereins eingeschrieben. Koltsov ge-
wann zusammen mit Salawat Julajew
die russische Meisterschaft (2008, d.
Red.) und den Gagarin-Pokal (2011, d.
drid dabei außerhalb des Platzes eignet, Er freue sich, wieder da zu sein, ließ präsident des FC Bayern. Hoeneß hatte Entscheidungen nicht davon abhängig Red.) und leistete im Trainerstab des
zeigt sich dieser Tage. Die neuen Tri- Kroos später wissen. Und dass er guter sich Ende 2023 noch gegen ein Come- machen würde, wer sich wie und wann Teams großartige Arbeit. Möge er in
kots verkaufen sich mit seinem Namen Dinge mit Blick auf die kommenden Ta- back ausgesprochen und sprach von ei- äußern würde: „Natürlich freut einen es Frieden ruhen.“ Dazu zeigt der Verein
aktuell am besten. Als Ausrüster Adidas ge und auch Spiele sei. Es gelte, die In- nem „Titanic-Signal“. Kroos sei zwar tendenziell, wenn die Leute es begrü- ein schwarz-weißes Foto von Kolzow,
Montag in Frankfurt Trikots unter das tensität, die er schon in der ersten Trai- „ein überragender Fußballer, aber ich ßen und nicht ablehnen. Für mich war auf dem er die Arme verschränkt hat
Volk brachte, war es Kroos, der das wei- ningseinheit gespürt habe, mit ins Spiel glaube nicht, dass er den deutschen wichtig, wie die handelnden Personen und ganz zart lächelt. Der nationale
ße, aber vor allem auch das viel disku- zu nehmen. Daran habe es wohl, so Fußball retten kann“. denken. Ich hoffe, dass ich in diesem Verband teilte mit: „Der belarussische
tierte pink-lilane Dress verteilte. Kroos, in der jüngsten Vergangenheit Konfrontiert mit den neuen Aussagen Fall die Aussagen bestätigen kann.“ Oh- Eishockey-Verband drückt der Familie,
Als Kroos dann Dienstagmittag auf gefehlt. Angesprochen auf das EM-Ziel von Hoeneß meinte Kroos, dass er seine nehin habe er Frieden mit dem Gefühl den Freunden und allen, die Konstantin
dem Podium im ungewöhnlich gut ge- entgegnete Kroos, dass es vermessen geschlossen, in Deutschland nicht wert- kannten und mit ihm zusammengear-
füllten Medienraum Platz nahm, saß ne- sei zu sagen, nur der Titel sei wertvoll: geschätzt zu werden: „Ich glaube nicht, beitet haben, sein tiefstes Beileid aus.“
ben ihm nur Pressesprecherin Franzis- „Mein Selbstverständnis ist es, Erfolg dass ich noch einmal jemandem etwas Bereits bevor er mit Salawat Erfolge
ka Wülle. Ansonsten hatte er die Bühne haben zu wollen. Was am Ende ein Er- beweisen muss. Um Wertschätzung gefeiert hatte, spielte Kolzow von 2002
für sich. Ein weiterer Spieler war dies- folg ist, hängt dann aber vom Turnier geht es mir auch nicht. Ich glaube, dass bis 2006 in der NHL für die Pittsburgh
mal nicht anwesend. Auch das verdeut- ab. Ich möchte mit Sicherheit gern Spie- ich der Mannschaft helfen kann.“ Penguins. In 144 Spielen gelangen ihm
licht den Stellenwert des gut aufgeleg- le in der K.o.-Runde erleben.“ Ob er Davon sei mittlerweile auch sein 87 zwölf Tore und 26 Assists. Außerdem
ten 106-maligen Nationalspielers. auch über die EM hinaus für Deutsch- Jahre alter Opa überzeugt. Dieser ist so- war er mit Belarus‘ Nationalmannschaft
Zuvor hatte das Team trainiert. Vor land spielen wird, ist offen. Er habe sich wohl für ihn als auch für seinen Bruder bei der WM 2001, 2005, 2007, 2008 und
GETTY IMAGES/ CHRISTIAN KASPAR-BARTKE
den Augen zahlreicher Medienvertreter, keine Gedanken über eine zeitliche Be- Felix, Ex-Profi von Werder Bremen und 2009 dabei, dazu bei den Olympischen
aber auch einiger Fans. Nach der Auf- grenzung gemacht, als es um das Come- Union Berlin, eine große Bezugsperson. Spielen 2002 in Salt Lake City.
wärmung, die Kroos an der Seite des Le- back gegangen sei, sagte Kroos, dessen Das lassen die Brüder regelmäßig in ih- 2021 begann die Beziehung mit Saba-
verkuseners Robert Andrich absolvier- Rückkehr von vielen Experten begrüßt rem erfolgreich Podcast wissen. Auf lenka, ihre Liebe zeigten sie in den so-
te, der wohl auch im ersten Länderspiel wird. Mittlerweile auch von Uli Hoeneß. WELT-Nachfrage, wie Opa auf sein zialen Medien aber nur selten. Ob sie
gegen Frankreich als defensiver Partner „Im Moment begrüße ich, dass Toni Comeback reagiert habe, antwortete nun beim Masters-Turnier in Miami in
neben ihm agieren wird, gab es kleine Kroos zurückkommt, weil wir von den Kroos augenzwinkernd, dass dieser an- dieser Woche spielt, ist fraglich. Es ist
Übungen: Passspiel, Balleroberungen – Persönlichkeiten im Moment nicht so fangs nicht so begeistert war. Er hätte der zweite Schicksalsschlag für die Ten-
die Einheit war detailliert geplant. Und eine große Auswahl haben. Da ist die es lieber gehabt, dass erst mal Einigung nisspielerin binnen weniger Jahre: 2019
auch sehr intensiv, nachdem der Bun- Rückkehr eines sehr erfahrenen, sehr mit Real Madrid erzielt wird. „Ich muss- hatte sie ihren Vater verloren, der auch
destrainer zu Beginn mit Nachdruck erfolgreichen Spielers vielleicht eine Zurück im Nationalteam: Toni Kroos te Opa überzeugen“, so Kroos, „aber Eishockey-Spieler gewesen war. Er wur-
einmal um mehr Tempo bitten musste. gute Entscheidung“, sagte der Ehren- während des Trainings jetzt freut er sich sehr.“ LaGa de nur 43 Jahre alt. cb
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14 FEUILLETON DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024

I
m Zeitalter der Achtsamkeit liegt
Verletzlichkeit im Trend. Doch wie
wird der Konflikt zwischen Vulne-
rabilität und Freiheit ausgehandelt
– und wie wirkt sich das auf die
menschliche Eigenverantwortung aus?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich die
Jura-Professorin Frauke Rostalski in ih-
rem Buch „Die vulnerable Gesell-
schaft“. Ein Gespräch über unaufgear-
beitete Corona-Altlasten, die Lust, sich
in die rettenden Arme des Staates zu
gegenwärtig einen großen Wertewan-
del erleben, der sich mittlerweile in
sehr vielen Lebensbereichen wider-
spiegelt. Wir bewegen uns hin zu einer
größeren Verletzlichkeit. Das zeigt sich
auch in ganz verschiedenen Bereichen
des Rechts.
Als Beispiel führen Sie etwa den
Kampf gegen Hass im Netz an.
In diesem Bereich haben wir unter an-
derem neue Delikte, etwa den geänder-

„Es gibt keine

werfen, und darüber, ob Diskurse per se
demokratiegefährdend sein können.
VON ANNA SCHNEIDER
ten Paragrafen 188 StGB. Da geht es um
gegen Personen des politischen Lebens
gerichtete Beleidigung, üble Nachrede
und Verleumdung. Dieser Paragraf wur-
de jüngst auf Kommunalpolitiker ausge-

demokratiegefährdenden
WELT: Was verstehen Sie unter Vulne- dehnt, und das Interessante daran ist,
rabilität? dass das bislang ein absolutes Antrags-
FRAUKE ROSTALSKI: Unter Vulnerabi- delikt war. Das heißt, nur der Verletzte

lität verstehe ich eine besondere Ver-
letzlichkeit, eine Ausgesetztheit oder
auch ein Angewiesensein auf andere. In
der jüngeren Debatte vornehmlich ein
Angewiesensein auf den Staat.
Spätestens seit der Coronapandemie
hat der Begriff Vulnerabilität Kon-
junktur. Was macht diese Zuschrei-
bung so erstrebenswert?
Ich arbeite mit der Prämisse, dass wir
zunehmend in einer vulnerablen Gesell-
DISKURSE“
konnte den Strafantrag stellen. Das
wurde geändert, nun kann auch der
Staat bei öffentlichem Interesse die
Strafverfolgung einleiten, was eine Ver-
schiebung weg von Eigenverantwor-
tung, hin zu staatlicher Vorsorge bedeu-
tet. Im Zweifel weiß es nun also der
Staat möglicherweise besser als der Ver-
letzte, der die Strafverfolgung vielleicht
gar nicht möchte. Und hier kommt mei-
ner Ansicht nach starkes Vulnerabili-
tätsdenken zum Ausdruck, weil wir ja werden, um noch mehr zu schützen, Alle reden von Woher kommt der von Ihnen attes- genverantwortung abzugeben und sich

„Hass und Hetze“.

schaft leben. Also in einer Gesellschaft, eigentlich als Gesellschaft immer schon wobei die Meinungsfreiheit immer wei- tierte Vulnerabilitätsüberschuss und in die rettenden Hände des Staates zu
die sich durch diese Eigenschaft des wussten, dass Politiker in Debatten häu- ter eingegrenzt wird. auch der Glaube daran, dass der Staat werfen. Das ist eine Aufwärtsspirale,

Die Juristin Frauke

Menschen definiert, die sich selbst und
auch andere vornehmlich durch deren
Verletzlichkeit versteht. Und wenn man
das so sieht, dann ist die Zuschreibung
von Vulnerabilität ein Marker dafür,
dass bestimmte Interessen im Diskurs
eine besondere Bedeutung haben und
figer angegriffen werden, weil sie expo-
nierter sind.
Dagegen ließe sich einwenden, dass
digitaler Hass durchaus zugenommen
hat.
Ja, er hat durchaus zugenommen. Aller-
letztlich immer am besten schützt? die noch lange nicht an ihrem Schluss-
Durch den zunehmenden rechtlichen Dafür gibt es unterschiedliche Erklä- punkt angekommen ist.
Rostalski sieht das
Schutz vulnerabler Personen erleben rungsansätze, ich möchte mich auf
diese einen Freiheitsgewinn, könnte den von Ulrich Beck aus den 1980er- Wenn man sich nun ansieht, wie der
man argumentieren.
Es gibt dieses Narrativ, dass Freiheit
kritisch – und Jahren berufen, die Risikogesellschaft.
Er besagt, dass wir durch den techno-
Staat etwa in der Coronapandemie
mit Freiheitsrechten umgegangen ist,
nur umgeschichtet würde, von den Star- spricht von einer logischen Fortschritt immer mehr Ri- ist das nicht eben logisch.

neuen
auch besonderen staatlichen Schutz dings ist die Frage, ob er wirklich so ken zu den Schwachen, sodass am Ende siken ausgesetzt sind, die ein hohes Dazu muss zunächst gesagt werden,
verdienen. Die Kennzeichnung als vul- stark zugenommen hat, dass wir es dem rein rechnerisch dasselbe herauskom- Schadenspotenzial haben. Diese Risi- dass ein großer Teil der Bevölkerung die

nerabel kann also einen Vorteil bringen.
Sie schreiben, dass sich die aktuellen
Debatten über Vulnerabilität als Zei-
chen dafür deuten lassen, dass eine
Wertediskussion ansteht und ein
Wertewandel im Gang ist – das klingt
einzelnen Politiker nicht mehr zutrauen
können, selbst darauf zu reagieren. Dass
also tatsächlich der Staat dazwischen-
gehen muss. Ein weiteres Beispiel sind
die sogenannten gruppenbezogenen Be-
leidigungen, da geht es um den Schutz
von marginalisierten Gruppen. Hier
Verletzlichkeit,
men würde, wenn man eine Bilanz zie- ken sind für den Einzelnen schwer zu Pandemie-Schutzmaßnahmen nicht kri-
hen würde. Aber aus juristischer Per- kontrollieren und mit einer hohen tisch sah und sieht. Das liegt daran, dass
die Folgen für
spektive stimmt das eben nicht. Denn epistemischen Ungewissheit verbun- es bis heute keine ordentliche Aufarbei-
tatsächlich ist es so, dass den einen den. Beck dachte an die Atomenergie, tung der Pandemie gab. Es wird nicht
Freiheit genommen wird, um die Si-
cherheit der anderen ein bisschen zu
Gesetzgebung, wir denken heute an die künstliche In-
telligenz, an den Klimawandel, an Pan-
darüber gesprochen, wie viele Fehler ge-
macht worden sind, wie viele Fehlent-
stärken. Aber auch die, die begünstigt Strafverfolgung demien. Die Schwierigkeit, mit diesen scheidungen die Politik getroffen hat.

und Freiheitsrechte
groß. wurde eine ganz neue Vorschrift ge- sind, also die Vulnerablen, verlieren Risiken umzugehen, sorgt beim Ein- Auch die Leitmedien versagen da zu ei-
Vorab muss man sagen, dass das Recht schaffen, Paragraf 192a StGB, die ver- Freiheit. Und zwar ein Quantum Frei- zelnen für Unsicherheit. Dazu kommt nem großen Teil vollständig. Dement-

nicht statisch ist, es soll immer das
friedliche Miteinander gewährleisten,
und dafür ist es wichtig, dass man auf
relevante Änderungen in den Werte-
vorstellungen reagiert. Aber das Recht
hetzende Beleidigung. Da ist sogar in
der Gesetzesbegründung angelegt, dass
es um Vulnerabilität geht. Dabei gibt es
Straftatbestände wie zum Beispiel die
Beleidigung schon, man könnte also den
hat. Ein
heit, das ich für gar nicht irrelevant hal- die Art und Weise, wie unsere sprechend muss man sich nicht wun-
te, nämlich die Eigenverantwortung. Es Gesellschaft und unsere Me- dern, wenn viele Menschen nach wie
gibt eine Freiheit, sich mit Risiken oder
Konflikten privat auseinanderzusetzen. Gespräch dien sowie unsere Politik an-
gesichts solcher Risiken
vor denken, dass es eine gute Idee ist,
immer den Staat vorzuschicken und ihn
Das mag in den Ohren des ein oder an- über ihr Buch kommunizieren. Die man- alle Probleme lösen zu lassen.

„Die vulnerable
darf eben nicht auf einen flüchtigen Mitbürgern durchaus eine gewisse Resi- deren zynisch klingen, aber wenn ein gelnde Ausbildung der Bür-
Zeitgeist reagieren, das heißt, ein Wer- lienz zutrauen, eine gewisse Fähigkeit, neues Gesetz gemacht wird, das vor gerinnen und Bürger in Ri- Vulnerabilität zeigt sich aber nicht

tewandel muss schon eine gewisse
Substanz haben, weil sonst die Stabili-
tätsfunktion des Rechts verlorengeht.
Und ja, ich bin der Meinung, dass wir
mit Konflikten selbst umzugehen. Aber
nicht so in der vulnerablen Gesell-
schaft, in der wird darauf reagiert, in-
dem immer neue Gesetze geschaffen
Gesellschaft“
entsprechenden Beleidigungen oder sikokompetenz sorgt da- nur in Gesetzen, sondern auch im
Verleumdung schützt, dann ist damit für, dass sie mittlerwei- Diskurs. Stimmt es also gar nicht,
die Freiheit genommen, sich selbst da- le eine sehr große Be- dass der allgemeine Diskurs zuneh-
mit auseinanderzusetzen. reitschaft haben, Ei- mend verroht, wenn doch alle verletz-

PASCAL BUENNING

MITTWOCH
ARD ARD
5.30 ¥ g ZDF-MoMa 9.00 ¥ g Tages-
schau 9.05 ¥ g Hubert und Staller
9.55 ¥ g Tagesschau 10.00 ¥ g Meis-
ter des Alltags Show 10.30 ¥ g Wer
weiß denn sowas? Show 11.15 ¥ g
ARD-Buffet 12.00 ¥ g Tagesschau
12.10 ¥ g ARD-Mittagsmagazin
14.00 ¥ g Tagesschau Mit Wetter
14.10 ¥ g Rote Rosen Telenovela
15.00 ¥ g Tagesschau Mit Wetter
15.10 Sturm der Liebe Telenovela
16.00 ¥ g Tagesschau Mit Wetter
16.10 ¥ g Verrückt nach Meer
17.00 ¥ g Tagesschau Mit Wetter
17.15 ¥ Brisant Magazin
18.00 ¥ g Wer weiß denn sowas?
18.50 ¥ g Hubert ohne Staller
19.45 ¥ g Wissen vor acht – Erde
19.50 ¥ g Wetter vor acht
19.55 ¥ g Wirtschaft vor acht
20.00 ¥ g Tagesschau
20.15 ¥ g Wo ist die Liebe hin
Familiendrama (D 2020)
21.45 ¥ g Plusminus Magazin
U. a.: Senioren-WGs – Rettung
vor der Altersarmut?
22.15 ¥ Tagesthemen
22.50 ¥ g Maischberger Ist der
Sozialstaat in Gefahr? / Deutsch-
land im Krisenmodus? Gäste:
Kevin Kühnert, Jens Spahn u.a.
0.05 ¥ g Tagesschau
0.15 ¥ g Wo ist die Liebe hin
Familiendrama (D 2020) (Wh.)
1.45 g Tagesschau
1.50 ¥ Ein Hauptgewinn für
Papa Komödie (D 2006)
NDR
18.00 Ländermagazine 18.15 ¥ g Dick-
schädel, Dachschaden, Durchstarten
... und noch ein Jahr mit Marco Scheel
18.45 ¥ g DAS! 19.30 Ländermagazine
20.00 ¥ g Tagesschau 20.15 ¥ g
Deutschlands Wilder Norden – Schles-
wig-Holstein 21.00 ¥ Ostfriesland –
Sieben Inseln und ein Meer 21.45 ¥ g
NDR Info 22.00 ¥ g Nuhr im Ersten
22.45 ¥ g Das große Kleinkunstfesti-
val 2023 Show 23.30 ¥ g Charlotte
Link – Die Betrogene Kriminalfilm (D
2017) 1.00 ¥ g Die Natur-Docs (Wh.)
STREAMING-TIPP
Love Again (Romantikkomödie) Was
wäre, wenn eine zufällige Textnachricht
zur Liebe deines Lebens führen würde?
Mira Ray, die den Verlust ihres Verlobten
verkraften muss, schickt eine Reihe von
SMS voller Gefühle und Sehnsüchte an
sein altes Handy. Sie ahnt nicht, dass die
Nummer inzwischen dem neuen Arbeits-
telefon von Rob Burns zugewiesen wur-
de. Der Journalist Rob ist fasziniert von
der Ehrlichkeit dieser wunderbar be-
kenntnishaften Texte. – US-Remake der
Romantikkomödie „SMS für Dich.WOW
ZDF
5.30 ¥ g ZDF-Morgenmagazin 9.00 ¥
g heute Xpress 9.05 ¥ g Volle Kan-
ne – Service täglich Magazin. U. a.: Or-
ganspenderegister – Steigt dadurch die
Zahl der Spender? 10.30 ¥ g Notruf
Hafenkante 11.15 ¥ g SOKO Wismar
12.00 ¥ g heute 12.10 ¥ g ARD-Mit-
tagsmagazin 13.00 Heute im Parlament
14.15 g Die Küchenschlacht Show
15.00 ¥ g heute Xpress
15.05 ¥ g Bares für Rares Magazin
16.00 ¥ g heute – in Europa
16.10 ¥ g Die Rosenheim-Cops
17.00 ¥ g heute
17.10 ¥ g hallo deutschland
18.00 ¥ g SOKO Wismar
18.54 Lotto am Mittwoch
19.00 ¥ g heute
19.25 ¥ g Blutige Anfänger Krimi-
Serie. Tödliche Nachbarn
20.15 ¥ g Ghostbusters: Legacy
Actionkomödie (USA/CDN ’21)
22.05 ¥ g heute journal
22.35 ¥ g auslandsjournal
Magazin. U. a.: Wie die Briten
den Appetit verlieren: Fish
and Chips als Luxusgut
23.05 ¥ g Die Spur Glaube, Macht,
Ideologie – Das gefährliche
Netz der Abtreibungsgegner
23.35 ¥ g Markus Lanz Talkshow
0.45 g heute journal update
1.00 ¥ g Die Tricks mit Ferre-
ro – Nutella, Yogurette & Co.
im Check Dokumentation
1.45 ¥ g Hase, Nest und Scho-
ko-Ei – Ostern neu gefeiert
ZDF INFO
5.25 g Mysterien des Weltalls 6.55
Freude am Töten? – Streitfall Wehr-
macht 7.20 ¥ g Hitlers Macht 9.35 Die
Gesichter des Bösen Dokureihe 12.35
g Verlorene Kindheit – weggesperrt
in der DDR Dokumentation 13.25 ¥ g
Das war die DDR Dokumentationsreihe
15.40 g Prostitution in der DDR –
Sozialismus, Stasi, Sex Doku
16.25 ¥ g Erfolgsakte Ost – Was
die DDR überlebte Doku
17.10 g Spektakuläre Kriminal-
fälle der Nachkriegszeit
Dokureihe. Der Osten
18.00 ¥ g Am Todesstreifen:
DDR-Grenzer erzählen Doku
18.45 g Geheimes London – Der
Untergrund Dokumentation
19.30 g Geheimes Paris – Unterir-
dische Megabauten Doku
20.15 ¥ g Geheime Unterwelten
der DDR – Atombunker und
Schutzräume Dokumentation
21.00 ¥ g Geheime Unterwelten
der Krim Dokumentation
21.45 ¥ g Geheimes Russland
23.15 g Geheime Welten – Reise
in die Tiefe Dokureihe
0.45 ¥ g heute-journal
1.15 ¥ g Ermittler! Dokureihe
SAT.1
5.30 g SAT.1-Frühstücksfernsehen
Mag. Gäste: Daniel Engelbarts, Benedikt
Amara 10.00 g Auf Streife Ein hammer-
harter Ehestreit / Schmierige Angelegen-
heit / Auf dem Bauernhof ist der Teufel
los 13.00 g Auf Streife – Die Spezialis-
ten Doku-Soap. Second-Hand-Girl
14.00 g Auf Streife – Die
Spezialisten Wettlauf gegen
die Zeit / Turne bis zur Urne
16.00 g Unser Leben,
unser Geld Doku-Soap
17.00 g Die Urlaubs-Docs
17.30 g Die Urlaubs-Docs
18.00 ¥ g Lebensretter hautnah –
Wenn jede Sekunde zählt
Reportagereihe
19.00 ¥ g Das Küstenrevier Krimi-
Serie. Geisterstunde
19.45 g SAT.1 :newstime
20.15 ¥ g Das große Promiba-
cken Show. Jury: Bettina
Schliephake-Burchardt, Christi-
an Hümbs. Mitwirkende: Susan
Sideropoulos, Simon Gosejo-
hann, Madita van Hülsen, Raúl
Richter, Alexandra Rietz, Julian
F.M. Stoeckel, Panagiota Petri-
dou, Mathias Mester
23.00 g Promis backen privat
Doku-Soap
0.00 ¥ g Das große
Promibacken Show (Wh.)
2.25 g Auf Streife – Die
Spezialisten Doku-Soap
3.10 g Auf Streife – Die
Spezialisten Doku-Soap
MDR
19.00 ¥ g MDR Regional 19.30 ¥ g
MDR aktuell 19.50 ¥ g Tierisch, tie-
risch 20.15 ¥ g Exakt – Das Nachrich-
tenmagazin 20.45 ¥ g Vergifteter
Boden, verseuchtes Wasser – Wie
Chemiealtlasten Generationen belas-
ten 21.15 ¥ g Geraubt, erpresst oder
gekauft – Wie afrikanische Schätze
nach Sachsen kamen 21.45 ¥ g MDR
aktuell 22.10 ¥ g Tatort: Kalter Engel
TV-Krimi (D 2013) 23.40 ¥ g Nuhr im
Ersten 0.25 ¥ g Torsten Sträter –
Schnee, der auf Ceran fällt (1/2) Show
WDR
13.50 ¥ g Nashorn, Zebra & Co. 14.20
¥ g WaPo Bodensee 16.00 ¥ g
WDR aktuell 16.15 ¥ g Hier und heute
18.00 ¥ g WDR aktuell / Lokalzeit
18.15 ¥ g Servicezeit 18.45 ¥ g Aktu-
elle Stunde 19.30 g Lokalzeit 20.00 ¥
g Tagesschau 20.15 Markt extra 21.00
¥ g Der Haushalts-Check mit Yvonne
Willicks 21.45 ¥ g WDR aktuell 22.15
¥ g Hört Dein Arzt Dir zu? Keine Zeit
für Kranke 23.00 ¥ g Die Recyclinglü-
ge Dokumentarfilm (USA/D 2022) 0.15 ¥
g Tatort: Inferno TV-Krimi (D 2019)
RTL 3SAT ARTE PRO SIEBEN KABEL 1
5.20 g CSI: Den Tätern auf der Spur 12.45 ¥ g freizeit 13.15 ¥ g Umbri- 12.00 g Pazifische Austern erobern 5.20 g taff 6.05 g Galileo Magazin 7.10 5.50 ¥ õ g Navy CIS Krimi-Serie 10.20
6.00 g Punkt 6 Magazin 7.00 g Punkt en – Herz und Seele Italiens Doku das Wattenmeer (Wh.) 12.35 g Stadt õ g Fresh off the Boat Sitcom 8.00 ¥ ¥ õ g Navy CIS: New Orleans Eine
7 8.00 g Punkt 8 9.00 Gute Zeiten, 14.00 ¥ g Sizilien genießen Doku Land Kunst 13.20 g Stadt Land Kunst g The Big Bang Theory Sitcom 9.15 ¥ Stadt namens Bovis / Die Valor Brigade /
schlechte Zeiten 9.30 Unter uns 10.00 14.45 ¥ g An der Toskanischen 14.05 g Das Böse unter der g How I Met Your Mother Sitcom Der Clan / Jackpot / Vertrau mir!
g Ulrich Wetzel – Das Strafgericht Küste – Von Pisa bis zur Sonne Kriminalfilm (GB 1982) 11.30 ¥ õ g Brooklyn Nine-Nine Co- 14.50 ¥ õ g Castle Krimi-Serie
11.00 Barbara Salesch 12.00 Punkt 12 Insel Elba Dokumentation 16.00 g Harry vs. William – Der medy-Serie 13.50 ¥ õ g Modern Fa- Zeitreise in die Siebziger
15.00 g Barbara Salesch Soap 15.30 ¥ g Capri Dokumentation royale Bruderzwist mily Comedy-Serie. Alle sind ... gleich 15.50 g Kabel Eins :newstime
16.00 g Ulrich Wetzel – Das Straf- 16.15 ¥ g Cannoli, Couscous und 16.55 g Zugvögel – Ein Jahr ver- 14.15 ¥ õ g Modern Family 16.00 ¥ õ g Castle Serie. Der Tod
gericht Geldgier – Überfährt Pistazien – Genussvoll reisen geht im Flug Reportage Zeit allein / Absolventen mit kommt auf heißen Reifen
Tochter demenzkranken Vater? durch Sizilien Dokumentation 17.50 g Unter Krokodilen – Anhang / Sonnenfinsternis 16.55 g Abenteuer Leben täglich
17.00 g Verklag mich doch! 17.00 ¥ g Faszination Kroatien Westaustraliens National- 15.40 g The Big Bang Theory Smart einkaufen – das Quiz
Immobilienmaklerin wird von 17.45 ¥ g Montenegro erleben park Mitchell River Sitcom. Ehevollzug! / Feynmans 17.55 g Mein Lokal, Dein Lokal –
Assistent genötigt und erpresst 18.30 g nano Magazin 18.35 g Phänomenale Natur Van / Zurück nach 2003 Der Profi kommt Reportage-
17.30 Unter uns Soap 19.00 ¥ g heute 19.20 Arte Journal 17.00 taff Europa deine Docs (3) reihe. „Graubi Bar“, Bonn
18.00 g Explosiv – Das Magazin 19.20 g Kulturzeit Magazin 19.40 g Italien gegen Regenbo- 18.00 g ProSieben :newstime Moderation: Mike Süsser
18.30 g Exclusiv – Das Star- 20.00 ¥ g Tagesschau genfamilien Reportage 18.15 ¥ õ g Die Simpsons 18.55 g Achtung Kontrolle! Wir
Magazin Mod.: Frauke Ludowig 20.15 g Europas missbrauchte 20.15 g Barbara Drama (D 2012) Zeichentrick-Serie. Das kümmern uns drum Reihe. Im
18.45 g RTL Aktuell Kinder Dokumentation Mit Nina Hoss, Ronald Zehr- Institut / Bartman One Visier der Staatsanwaltschaft –
19.05 Alles was zählt Soap 21.05 ¥ g Die evangelikale Welt feld. Regie: Christian Petzold 19.05 g Galileo Magazin Alkohol- und Drogenkontrolle
19.40 Gute Zeiten, schlechte Zeiten der Läderachs Doku 21.55 g „Der Archipel Gulag“ – Raketenmann Kongo Offenbach am Main
20.15 g Die Bachelors Doku-Soap 22.00 ¥ g ZIB 2 Ein Buch mit Folgen 20.15 ¥ TV total Die Show mit Se- 20.15 ¥ õ g Knowing – Die
Das große Finale. Moderation: 22.25 ¥ õ g Sie hat es verdient 22.50 g Red Secrets – Im Faden- bastian Pufpaff ist zurück – mit Zukunft endet jetzt Thriller
Frauke Ludowig. Wer erhält Drama (D 2010) kreuz Stalins Biografie (PL/UA/ Nippelboard und Heavytones. (USA/GB/AUS 2009) Mit Nico-
die jeweils letzte Rose von 23.50 g 10vor10 GB 2019) Mit James Norton 21.25 g Bratwurst & Baklava – las Cage, Chandler Canterbury,
Sebastian und Dennis? 0.20 ¥ g Stöckl Gäste: Omar Khir 0.45 g I saw the Sign Peace Die Show Gast: Evelyn Burde- Rose Byrne. Regie: Alex Proyas
22.15 g RTL Direkt Alanam, Robert Palfrader u.a. 1.10 g I saw the Sign Regenbogen cki. Bastian Bielendorfer Ein Zettel, der aus einer 1959
22.35 stern TV U.a.: Braucht Deutsch- 1.20 ¥ Panorama Reportagereihe 1.35 g I saw the Sign Doku- und Özcan Cosar sind vergrabenen Zeitkapsel
land eine Asyl-Obergrenze? / 1.45 ¥ g Cannoli, Couscous und reihe. Black lives matter „Bratwurst & Baklava“. stammt, trägt ein Muster, das
48 Tage Geiselhaft: Wie die Pistazien – Genussvoll reisen 1.55 g I saw the Sign Red Ribbon 22.30 ¥ g Wer isses? Rateteam: Katastrophen exakt voraussagt.
Deutsche Margalit Moses den durch Sizilien Doku (Wh.) 2.20 g I saw the Sign Anonymous Ralf Schmitz, Chris Tall, Bettina 22.45 ¥ õ The Dark Knight Rises
Hamas-Terror überlebte Zimmermann, Frederick Lau Actionfilm (GB/USA 2012)
0.00 g RTL Nachtjournal 0.55 g Bratwurst & Baklava – 1.55 g Kabel Eins :newstime
0.35 g CSI: Miami Krimi-Serie Verschwindende Orte / Wind Die Show (Wh.) 2.00 ¥ õ g Knowing – Die
3.05 g CSI: Den Tätern auf 23.35 g Lost Places Dokumenta- 1.45 g Crash Games – Zukunft endet jetzt Thriller
der Spur Krimi-Serie (Wh.) 11.00 g WELT-Newsroom tionsreihe. Enemy at the Gates jeder Sturz zählt Show (USA/GB/AUS 2009)
3.50 g CSI: Den Tätern auf 11.50 g Börsenflash 0.05 g Die Macht der Natur Do- 2.15 g ProSieben :newstime Mit Lara Robinson (Wh.)
der Spur Krimi-Serie 12.00 g Die Welt am Mittag kureihe. Asteroiden / Vulkane 2.20 g Galileo Magazin 4.00 Kabel Eins :newstime (Wh.)
12.45 Börse am Mittag 1.45 g Strangest Things
RBB 13.00 g Die Welt am Mittag Dokumentationsreihe VOX PHOENIX
13.30 g WELT-Spezial 3.10 g Geheimnisvolle Erde
16.15 ¥ g In aller Fr. – Die jungen Ärz- 14.00 g WELT-Newsroom 5.10 g CSI: NY 5.55 g CSI: NY 6.40 g 9.30 phoenix plus 10.00 phoenix vor ort
te 17.05 ¥ g Panda, Gorilla & Co. 17.53 15.55 g Börsenflash CSI: NY 7.35 g CSI: Den Tätern auf der 10.30 phoenix plus 12.00 phoenix vor
¥ g Unser Sandmännchen 18.00 ¥ g 16.00 g WELT-Newsroom Spur (Wh.) 8.30 g CSI: Den Tätern auf ort 12.30 phoenix plus 13.00 phoenix
DER TAG in Berlin & Brandenburg – mit 16.55 g Börsenflash der Spur 9.25 g CSI: Den Tätern auf vor ort 14.45 phoenix vor ort 17.30
rbb24, Sport und Wetter 19.30 ¥ g 17.00 g WELT-Newsroom der Spur Krimi-Serie 11.10 g CSI: Mia- phoenix der tag 18.00 Leschs Kosmos
rbb24 Abendschau 20.00 ¥ g Tages- 17.15 g WELT-Spezial mi Krimi-Serie 13.55 g vox nachrichten 18.30 Wales – Der Wilde Westen
schau 20.15 ¥ g Der Grunewald – Ein 17.45 Börse am Abend 14.00 g Mein Kind, dein Kind – Großbritanniens 20.00 ¥ Tagesschau
Jahr unter Bäumen 21.45 ¥ g rbb24 18.00 g Die Welt am Abend Wie erziehst du denn? 20.15 ¥ Indonesien – ungezähmt Doku-
22.00 ¥ g Past Forward 22.30 ¥ g 20.05 g Strangest Things Doku- 20.05 Im mexikanischen National- 15.00 g Shopping Queen reihe 21.45 Rechts Russland und links
F@ck this job – Abenteuer im russi- reihe. The Standard of Ur / museum für Anthropologie steht 16.00 g Das Duell – Zwischen die Ostsee – Das Baltikum in der NA-
schen Journalismus Dokufilm (GB/D Der Jericho Schädel ein eindrucksvoller Monolith, der aus Tüll und Tränen Manuela TO 22.15 phoenix runde 23.00 phoenix
2021) 0.00 ¥ g Wie man einen toten 21.55 g Geheimnisvolle Erde vulkanischem Gestein geschlagen Kriewen vs. Carolin Amerling der tag 0.00 phoenix runde (Wh.) 0.45
Freund rettet Dokufilm (S/N/F/D 2022) Dokumentationsreihe wurde. Doch was war sein Nutzen? 17.00 g Zwischen Tüll und Tränen ¥ Indonesien – ungezähmt (Wh.)
U. a.: Würzburg, „Mi Amor“ /
München, „Sanna Lindström“
HR BR SWR 18.00 g First Dates – Ein Tisch EUROSPORT 1 / SPORT 1
für zwei Doku-Soap
14.30 ¥ Drei Väter sind besser als kei- 14.10 aktiv und gesund 14.40 Eisbär, 15.10 ¥ Elefant, Tiger & Co. 16.00 ¥ g 19.00 g Das perfekte Dinner Eurosport: 15.30 Radsport: Kataloni-
ner Komödie (D 2016) 16.00 hallo hes- Affe & Co. 15.30 Schnittgut. Alles aus Aktuell 16.05 ¥ g Kaffee oder Tee U. a.: Tag 3: Simon, Augsburg / en-Rundfahrt 16.35 Radsport: Classic
sen 16.45 hessenschau 17.00 hallo hes- dem Garten 16.00 BR24 16.15 Wir in 17.00 ¥ g Aktuell 17.05 ¥ g Kaffee Motto: Bayer kocht Südtirol Brugge-De Panne Eintagesrennen der
sen 17.45 hessenschau 17.55 hessen- Bayern 17.30 Regional 18.00 Abend- oder Tee 18.00 ¥ g Aktuell 18.15 ¥ g 20.15 g CSI: Vegas Serie. Fund des Herren 17.30 Eiskunstlauf: Weltmeis-
schau Sport 18.00 Maintower – News & schau – Das bewegt Bayern heute Landesschau BW Magazin 19.30 ¥ g Grauens / Aller bösen Dinge terschaften 20.45 Snooker: World
Boulevard 18.25 ¥ g Brisant 18.45 ¥ 18.30 BR24 19.00 Stationen Magazin. Aktuell Magazin 20.00 ¥ g Tagesschau sind drei. Mit Paula Newsome Open (Wh.) 22.00 Eiskunstlauf: Welt-
Die Ratgeber 19.15 g alle wetter 19.30 Talent: Mach was draus 19.30 Dahoam is 20.15 ¥ Doc Fischer Magazin 21.00 g 22.10 g Bones – Die Knochen- meisterschaften Damen Kurzprogramm
¥ g hessenschau 20.00 ¥ Tagesschau Dahoam 20.00 Tagesschau 20.15 Die Ernährungs-Docs 21.45 ¥ g Aktu- jägerin Krimi-Serie. Vom Ver- Sport1: 16.30 Die Drei vom Pfandhaus
20.15 ¥ mex. das marktmagazin 21.00 Münchner Runde Diskussion 21.15 Kon- ell 22.00 ¥ Tatort: Hetzjagd TV-Krimi (D gehen und Werden / Letzte Er- 18.30 American Pickers – Die Trödel-
¥ g Mittendrin – Flughafen Frankfurt trovers 21.45 BR24 22.00 ¥ Beckenbau- 2021) 23.30 ¥ Der Bozen-Krimi: Gegen innerungen in einem flachen sammler (Wh.) 19.30 Sport1 News
21.45 ¥ Auf den Spuren von Dr. Mord er (1/2) 22.45 ¥ Die Welt ist noch zu die Zeit TV-Krimi (D 2019) 1.00 ¥ Bro- Grab. Mit Emily Deschanel 20.15 Die PS-Profis – Mehr Power aus
22.20 hessenschau 22.35 ¥ g Charité retten?! Dokumentarfilm (FIN/D/RUS/ kenwood – Mord in Neuseeland: Bluti- 0.00 g vox nachrichten dem Pott Doku-Soap (Wh.) 0.00 Trieb-
3.20 ¥ g Fuchs und Gans (Wh.) LIT/N 2017) 0.20 kinokino Magazin ge Verlobung TV-Krimi (NZ 2016) 0.20 g Medical Detectives werk – Das Automagazin (Wh.)

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 DIE WELT MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024
GETTY IMAGES/ ADAM BERRY
Argumentiert
wird nur noch auf
Gefühlsebene: Szene von einer
Querdenkerdemonstration 2023
licher werden? Oder anders, wenn al-
le verletzlicher sind, wieso dann der
rohere Diskurs?
Ich würde schon sagen, dass der Diskurs
verroht ist. Doch das lässt sich gerade
auch mit Vulnerabilität begründen.
Zum Thema Diskursverrohung habe ich
in meinem Buch etwa den Ukraine-
Krieg herangezogen. Relativ früh zu Be-
ginn des Kriegs hatten einige Intellektu-
elle und Prominente vorgetragen, dass
man vielleicht darüber nachdenken soll-
te, keine schweren Waffen zu liefern.
Die Reaktion darauf war kein Einstieg in
eine sachliche Debatte, vielmehr folgten
direkte Angriffe ad personam. Und das
mitunter vonseiten der Politik und der
Leitmedien. Ein zweites Beispiel sind
die sogenannten Klimakleber, die Straf-
taten begehen, um einen Diskurs zu
führen. Die auf ihre Transparente
schreiben, es gäbe keine Zeit mehr zu
sprechen, die Gesellschaftsräte haben
wollen, die nichts anderes sind als eine
Verkümmerung von demokratischen
Prozessen. Auch das ist für mich eine
Form von Diskursverrohung.
Und was hat das mit Diskursvulnera-
bilität zu tun?
Eine ganze Menge. Viele Menschen nei-
gen mittlerweile dazu, dass sie ihren
VON STEFAN HEINE
RÄTSEL UND SUDOKU
moralischen Standpunkt, sei es zum
Krieg, sei es zum Klima, so sehr aufla-
den, dass sie ihn zu einem Teil ihrer Per-
sönlichkeit machen. Wenn dagegen
dann jemand argumentiert, wird es
nicht mehr als sachbezogen interpre-
tiert, sondern als direkter Angriff auf
die eigene Person. Sie sind also sofort
auf der Gefühlsebene und können auch
nur noch auf dieser Gefühlsebene ant-
worten. Und das ist ein Problem, weil
dadurch der Diskurs verweigert wird.
Die zentrale Rolle des offenen Diskur-
ses in einer Demokratie ist bisweilen
nicht ganz unumstritten, wenn es et-
wa um die AfD und das Sprechen mit
ihr geht. Wo verlaufen hier für Sie die
Grenzen? Wann wird der Diskurs per
se demokratiegefährdend?
Es gibt keine demokratiegefährdenden
Diskurse, solange wir uns im Rahmen
des Gesetzes bewegen. Ich empfinde es
als sehr problematisch, Diskurse, Perso-
nen oder Argumente abzuschneiden,
weil wir damit in die Herzkammer unse-
rer Demokratie eingreifen. Und das ist
der offene Diskurs. Die Idee dabei ist
schließlich die, dass eine ganze Menge
Menschen zusammenkommen, mit ganz
unterschiedlichen Vorstellungen davon,
was ein gutes Miteinander ist. Und dann
streiten wir, wir setzen uns miteinander
auseinander. Das ist auch eine Zumu-
tung, das tut auch weh, und das muss
auch manchmal wehtun. Es kann nicht
anders sein, weil man schließlich mit
Menschen aufeinandertrifft, die ganz
anders denken als man selbst. Wenn wir
das nicht tun, leiden irgendwann die Er-
gebnisse, die wir erzielen, weil mögli-
cherweise Perspektiven außer Blick ge-
raten, die wir berücksichtigen sollten.
Müsste man in diesem Sinne auch
Menschen eine Bühne bieten, die die
Demokratie abschaffen wollen?
Der Wille, die Demokratie abzuschaf-
fen, müsste ja erst einmal Anklang fin-
den bei denjenigen, die das zu hören be-
kommen. Und gerade dafür ist der Dis-
kurs gemacht, um zu entlarven, dass das
eine Position ist, die nicht überzeugt.
Ich habe eher Sorge hinsichtlich mögli-
cher Trotzreaktionen und auch hin-
sichtlich der Verbannung von Diskursen
ins Hinterzimmer, in denen sich dann
niemand mehr guten Argumenten stel-
len muss, die andere vielleicht hätten.
T Frauke Rostalski:
„Die vulnerable Gesellschaft“.
C.H. Beck, 189 Seiten, 16 Euro.
FEUILLETON 15
D
as Wort Canossagang spielt auf Mächtigeren, vor dem man sich demü- die Rehabilitationsbemühungen eines anderer Leser sprang Brandt jedoch
einen Machtkampf zwischen tigt“ gebraucht. berühmten Fußballspielers, der nach ei- bei: Ein Blick in das „Dictionnaire du
weltlicher und geistlicher Au- Zum Beispiel beschreibt 1884 der ner Niederlage in der französischen Li- français contemporain“ belege, dass
torität im Mittelalter an, aber geprägt SPD-Mitgründer Wilhelm Liebknecht ga seine berufliche Heimat als „Scheiß- Petitessen sehr wohl im Sinne von
wurde es erst bei einem ähnlichen im Reichstag polemisch die wahren land“ bezeichnet hatte: „Zlatan Ibrahi- „entnervenden Kleinigkeiten“ ge-
Konflikt 800 Jahre später. Um die Jah- Machtverhältnisse zwischen dem preu- movic hat nach seinem Ausraster den braucht werden könne.
reswende 1076/77 begab sich der rö- ßischen König und deutschen Kaiser ei- Canossagang angetreten.“ Willy Brandt, so kann vermutet wer-
misch-deutsche König Heinrich IV. zur nerseits und dem Großindustriellen Die allermeisten Deutschsprecher hat- den, hatte sich das Wort in der Korres-
italienischen Burg Canossa, in der sich Carl Ferdinand Stumm, dem Gründer ten das Wort Petitessen vergessen oder es pondenz eines Mannes angelesen, der –
gerade Papst Gregor VII. aufhielt. Dort der Stahlwerke von Neunkirchen und war ihnen immer unbekannt gewesen, wie jeder Gebildete im 19. Jahrhundert
flehte der Monarch drei Tage lang vor und wie sein Freund Karl Marx – gut
Ein Canossagang
den Toren darum, wieder in die Kirche Französisch konnte: Ferdinand Lasalle
aufgenommen zu werden, aus der ihn ermahnte Jenny Marx in einer Nach-
Gregor exkommuniziert hatte. Mit Er- richt vom 26. Juni 1853, sich nicht so
folg: Der Papst musste sich erweichen viele Gedanken über das Porto und die
lassen. Mühe mit Briefen zu machen, die er ihr
ist keine Petitesse
und ihrem Mann Karl zuvor geschickt
VON MATTHIAS HEINE hatte: „Solche Petitessen lohnen nicht
der Rede.“
Das Ereignis, das in mittelalterlichen Dass Brandt diesen Brief des SPD-
Quellen eher nebensächlich behandelt Mitbegründers Lasalle kannte, ist zu-
wird, gelangte zu spätem Ruhm, als es
in der Neuzeit Widersacher des Papst- Otto von Bismarck und Willy Brandt haben mindest nicht auszuschließen. Das
Wort Petitessen wurde Mitte des 18. Jahr-
die Sprache um zwei Begriffe bereichert.
tums als Symbol für kirchliche Macht- hunderts aus dem Französischen ent-
Doch woher kannten die Kanzler sie?
anmaßung interpretierten. So erklärt lehnt. Den ältesten Beleg konnte ich in
1868 der liberale Abgeordnete Anton den ab 1751 von Peter von Hohenthal he-
von Auersperg – bekannt unter seinem rausgegebenen „Oeconomisch- physica-
Dichterpseudonym Anastasius Grün – lischen Abhandlungen“ finden.
im österreichischen Reichstag, das Kon- Ein schönes Beispiel findet sich bei
kordat zwischen Kaiser Franz Joseph Moses Mendelssohn, der 1760 im Hun-
und dem Heiligen Stuhl, in dem der Kir- dertsten der „Briefe, die neueste Litera-
che maßgeblicher Einfluss auf Ehe- tur betreffend schreibt: Wir haben das
schließungen und Schulunterricht zuge- Glück gehabt, von Regenten beherrscht
PICTURE ALLIANCE / AKG-IMAGES //AKG-IMAGES / HUGUES VASSAL
sichert wurde, sei für ihn „wie ein ge- zu werden, denen das kleinste Detail ih-
drucktes Canossa, in welchem das Ös- res weitläuftigen Reichs nicht zu ,klein’
terreich des 19. Jahrhunderts für den Jo- geschienen hat, ihre väterliche Vorsorge
sephinismus des 18. Jahrhunderts in bis dahin zu erstrecken. Unsere ,Peti-
Sack und Asche zu büßen hatte“. tessen’ mochten noch so tief unter ihrer
Diese spektakuläre Rede war sehr Majestät seyn; sobald sie uns nur wich-
wahrscheinlich auch Otto von Bismarck tig waren, so sahen wir mit Bewunde-
bekannt, der im Mai 1872 im deutschen rung den Thron sich bis zu ihnen herab-
Reichstag versichert: „Seien Sie außer lassen und, wie einen liebreichen Haus-
Sorge, nach Kanossa gehen wir nicht, vater, sogar an dem Spiele feiner Kinder
weder körperlich noch geistig.“ Kurz mit Theil nehmen.“
zuvor hatte der Reichskanzler den soge- Das Wort blieb aber im 18. und 19.
nannten Kulturkampf gegen die katholi- Jahrhundert selten. Niemals wurde es
sche Kirche und die Zentrumspartei, die auch nur annähernd so häufig ge-
politische Organisation des deutschen braucht wie heute. Die Dudenredaktion
Katholizismus, eröffnet. Seit 1980 steht sein Wort im Duden: Willy Brandt definiert es im deutschen Universal-
Schon bald darauf taucht die Zusam- wörterbuch als „Geringfügigkeit, ne-
mensetzung Canossagang in einer „Er- bensächliche, unwichtige Sache, Klei-
zählung aus den jüngsten Tagen“ auf einer der reichsten Männer Deutsch- bis es der ehemalige Bundeskanzler und nigkeit“; aufgenommen wurde es in den
mit dem Titel „Nicht nach Canossa!“, lands, andererseits: „Das soziale König- damalige SPD-Vorsitzende Willy Brandt Rechtschreibduden erstmals 1980 – vier
deren Verfasser ein unbekannter Autor thum hat seinen Canossagang gemacht wieder ausgrub. Nach der Bundestags- Jahre, nachdem Willy Brandt es zu neu-
namens A. Franke war – der Vorname ist in den Schloßhof von Neunkirchen, es wahl im Oktober 1976 verkündete er: em und alles vorangegangene über-
nicht herauszufinden. Bis in den 1880er- hat sich gebeugt vor dem König Stumm; „Jetzt geht es nicht um Petitessen!“ strahlendem Ruhm gebracht hatte.
Jahren der Kulturkampf durch eine Ei- denn der kapitalistische ist mächtiger Ein oberschlauer „Spiegel“-Leser
nigung zwischen Bismarck und Papst als der soziale König.“ meinte, Brandt korrigieren zu müssen: T Der Artikel ist ein Auszug aus dem
Leo XIII. beendet wurde, nahm die Ge- In diesem erweiterten Sinn ist der Das französische Wort bezeichne bei Buch „Kluge Wörter. Wie wir den
brauchshäufigkeit von Canossagang im- Ausdruck bis heute üblich. Der engere Frauen Kleinheit des Wuchses und bei Bildungswortschatz nutzen können –
mer weiter zu. Schon bald wurde es oh- Kreis des Bildungswortschatzes ist al- Männern Bedeutungslosigkeit; die Ver- und wo seine Tücken liegen“
ne notwendigen Bezug zum Papst im lerdings längst überschritten: 2015 mel- wendung im Sinne von „Nichtigkeiten“ von Matthias Heine, das im Duden
allgemeineren Sinne „Gang zu einem det der Sportinformationsdienst SID sei „eine barbarische Fehlbildung“. Ein Verlag erschienen ist.
Jede Ziffer von eins bis neun wird in jeder Spalte, jeder Zeile und
in jedem 3x3-Feld genau einmal eingetragen. Das obere Sudoku
ist von mittlerer Schwierigkeit, das Rätsel darunter etwas leichter.
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16 FEUILLETON
ZU GUTER LETZT
Die Retter
von TikTok
D
ass manche Firmen,
Stiftungen, einige (we-
nige) Medien und
reichweitenstarke Einzelper-
sonen die Plattform X verlassen
haben, darüber ist vielfach
berichtet worden. Zu viel „Hass
und Hetze“, seit Elon Musk
übernommen hat. Gleiches ist
über TikTok bisher nicht zu
lesen. Obwohl die Vorwürfe
gegen TikTok – etwa ein nicht
ausreichender Jugend- und
Datenschutz – schwer wiegen.
Die EU-Kommission hat sowohl
gegen X wie gegen TikTok ein
Verfahren eröffnet.
Während die Lösung bei X
nach allgemeinem Dafürhalten
die Kündigung des Kontos zu
sein scheint („ist eh nicht mehr
wichtig“), scheint es bei TikTok
andersherum zu sein. Hier
drängen nun etliche bekannte
Personen und Organisationen
auf die Plattform, die im Besitz
eines chinesischen Unterneh-
mens ist, das wiederum von
sich sagt, die Mehrheit am
Unternehmen gehöre west-
lichen Investoren und der Fir-
mensitz befinde sich auf den
Cayman-Inseln.
#ReclaimTikTok heißt der
Hashtag, unter dem sich nun
etwa Luisa Neubauer, Karl
Lauterbach und demnächst
auch noch die Bundesregierung
auf der Plattform breitmachen
wollen. „Reclaim“ bedeutet so
viel wie „zurückfordern“. Was
insofern skurril ist, weil man
nicht genau weiß, was man da
eigentlich zurückfordert. Die
„Bewegung“ wolle sich daran
machen, „den demokratischen
Diskurs zurück auf die Platt-
form zu bringen“. War TikTok
jemals eine Plattform, auf der
die Demokratie Freudentänze
aufführte? Der Anlass für die
Initiative ist, dass die AfD Tik-
Tok von allen politischen Par-
teien am effektivsten bearbei-
tet, jedenfalls bei Weitem am
meisten Follower hat. Politiker
befürchten offenbar, die Jugend
lasse sich von der AfD breit-
flächig das antidemokratische
Virus aufschwatzen. Gegen-
halten (statt Abhauen wie bei
X) ist darum das Motto.
Das ist Lauterbach, Neubau-
er und Co. unbenommen. Aber
so zu tun, als wäre ihre Präsenz
eine quasi heroische Mission,
die Demokratie zu retten, wirkt
etwas peinlich. Sie sollen sich
gern am Wettstreit der Argu-
mente beteiligen. Wichtiger
wäre es, umfassend zu unter-
suchen, ob und wie die chinesi-
sche Regierung Einfluss auf die
Algorithmen von TikTok
nimmt, ob und wie Daten von
den Nutzern an wen weiterge-
leitet werden. Darum muss es
gehen. CHRISTIAN MEIER
ANZEIGE
«Anschaulich und atemlos.
Im Grunde gibt es kaum ein historisches
Thema, das für unsere Gegenwart so relevant
sein könnte wie ‹Marseille 1940›.»
Florian Illies, DIE ZEIT
Juni 1940: Die Gestapo fahndet nach Heinrich
Mann und Franz Werfel, nach Hannah Arendt,
Lion Feuchtwanger und unzähligen anderen,
die seit 1933 in Frankreich Asyl gefunden
haben. Uwe Wittstock erzählt die aufwühlen-
de Geschichte ihrer Flucht unter tödlichen
Gefahren.
Platz 1 auf beiden Sachbuch-Bestenlisten
(ZEIT/ZDF und WELT/WDR) im März 2024
D
ie DDR, Mitte der 1950er-
Jahre. Der vietnamesische
Student Hong bekommt
ein Zimmer bei einer net-
ten älteren Dame, die kein
Vietnamesisch beherrscht und er kein
Deutsch. Man kommuniziert mit Gesten.
Beim Abendessen versucht Hong gedul-
dig, seine erste Bratwurst und den ersten
Kartoffelsalat mit Messer und Gabel zu
essen, nimmt aber schließlich doch lieber
die Stäbchen.
VON BORIS POFALLA
Hong, der im Film nur einen Vorna-
men hat, war 1956 aus Hanoi in die DDR
gekommen, um Kamera in Ba-
belsberg zu studieren. Er lernt in
seinem Studium etwas über
Chemie des Films und über Bild-
komposition und wie man
Schwenks mit der Hand macht.
Er freundet sich mit anderen in-
ländischen und ausländischen
Studenten an und lernt von ih-
nen etwas über die Kämpfe, die
sie in Afrika, Südamerika und im
Nahen Osten gegen imperialisti-
sche Besatzer auszufechten ha-
ben, so wie er selbst zu Hause
gegen die Amerikaner. Hong hat
alles in allem eine gute Zeit.
In dem Schwarz-Weiß-Film
besucht er mit Kommilitonen
den Weihnachtsmarkt in Leipzig
und träumt davon, dass es in der
Hütte zu Hause einmal so schön
eingerichtet sein könnte wie in
seiner Stube bei der Zimmerwir-
tin. Als Hong nach fünf Jahren
vom Zentralflughafen Berlin-
Schönefeld über Moskau und Pe-
king zurück nach Vietnam fliegt,
ist er traurig. „Aber“, beruhigt
die schnarrend optimistische Er-
zählerstimme des Films, „das
gute Gefühl der Gemeinschaft
und der Freundschaft bleibt
nicht an der Grenze zurück“.
„Meine Erlebnisse“ ist der Ab-
schlussfilm von Nguyen Luong
Duc aus dem Jahr 1962. Er han-
delt von ihm selbst, der 1956 in
die DDR kam, um an der zwei
Jahre zuvor gegründeten Deut-
schen Hochschule für Filmkunst
zu studieren, der einzigen Film-
schule der DDR. Berichtet wird
in dem Film aber immer über
Hong, von einem deutschen
Sprecher aus dem Off und mit
einem überartikulierten Fern-
sehtonfall, den es so heute gar
nicht mehr gibt. Der Zwanzigmi-
nüter läuft jeden Tag im Kino
des Hauses der Kulturen der
Welt in Berlin, als Teil des Film-
programms zur Ausstellung
„Echos der Bruderländer“.
Thema der Schau ist das Ein-
wanderungsland DDR, das es nie geben
sollte. Sie möchte gegen das Vergessen
dieses Kapitels der Staatsgeschichte an-
gehen. „Was ist der Preis der Erinne-
rung“, fragt die Ausstellung im Unterti-
tel, „und wie hoch sind die Kosten der
Amnesie?“ Es ist klar, dass man es mit ei-
ner vergangenen Epoche zu tun hat, mit
„Visionen und Illusionen antiimperialis-
tischer Solidarität“. Die Agitationsro-
mantik der damaligen Zeit ist heute tat-
sächlich weit weg – auch wenn die Plaka-
te sehr apart aussehen.
Migration ist zurzeit das zentrale Auf-
regerthema im politischen Diskurs. Gibt
es Parallelen zu damals? So wie das
Deutschland der Gegenwart brauchte
die DDR ausländische Arbeitskräfte, zu „Karl Marx“ machte, das vor Angola
viele Einheimische waren abgehauen. Ab auf Grund lief.
1965 ließ man Gastarbeiter aus Polen In einer nun schon zur Tradition ge-
und Ungarn kommen, ab 1978 dann auch wordenen Verweigerungshaltung des
aus außereuropäischen Ländern wie
Mosambik, das erst 1975 unabhängig ge-
HKW gegenüber den Bedürfnissen sei-
nes Publikums wird man allerdings ge-
worden war, aus Kuba und ab 1980 aus zwungen, sich den Kontext und die
Vietnam. Übersetzungen der gezeigten Expona-
Gegen diese fernen, industriell weni- te mühsam zusammen zu puzzeln – so
ger entwickelten Bruderstaaten insze- sind viele der Filme in Originalsprache
nierte sich die DDR gern als Lehrmeister und müssen mit einer per QR-Code
und Wohltäter und machte wiederum vermittelten Übersetzung parallel auf
mit Export- und Gastarbeiter-Deals auch dem Handy verfolgt werden, was in sei-
ihren geopolitischen Einfluss geltend. ner kognitiven Überforderung in etwa
Das gelang ihr vor allem in Afrika, wo so viel Freude macht wie im Kino pa-
Deutschlands verheerende Kolonialver- rallel die Dialoge vom Smartphone ab-
gangenheit eher mit der westintegrierten zulesen.
Christoph Wetzels Gemälde „Das jüngste Gericht“ im Berliner Haus der Kulturen der Welt
Richtig ankommen
sollten sie NIE
War die DDR ein Apartheidsstaat? Die Migration aus
sozialistischen Bruderstaaten wurde präzise organisiert. Glaubt man Zeitzeugen,
so erfolgte auch die Ausweisung ohne Erbarmen
Bundesrepublik verknüpft wurde als mit Da es keine Wandtexte gibt, muss man
der 1949 gegründeten Deutschen Demo- immer wieder im Handbuch nachschla-
kratischen Republik. gen, was wegen dessen Unstrukturiert-
Sowohl die DDR als auch afrikani- heit schnell zu Verdruss führt. Mehr als
schen Nationen wie Mosambik oder von den Testimonials, Postern und weni-
Angola waren junge Staaten, sie stan- gen Kunstwerken lernt man tatsächlich
den auf derselben Seite des Eisernen aus den Filmen der Babelsberger Gast-
Vorhangs. Der Kampf gegen den Impe- studenten wie „Begegnung mit Berlin“
rialismus sollte ein gemeinsames Ziel (Charles Uwúsú, 1965) oder „Der Student
sein. Von dieser Verbindung von Ost- aus Accra“ (Donald M. Acquaje, 1966) –
block und „Globalem Süden“ zeugen bewegte Kranzniederlegungen vor dem
Kunstwerke wie die afrikanisierten Leipziger Denkmal für Patrice Lumumba
DDR-Flaggen von Olu Oguibe auf den eingeschlossen. Der erste Premierminis-
Masten vor dem Haus, Wandgemälde ter des von Belgien unabhängigen Kongo
des in Dresden lebenden César Olha- war 1961 ermordet worden.
garay oder Fotos, die Kiluanji Kia Hen- Doch auch diese oft elegant im Fahr-
da vom Wrack des sowjetischen Schiffs wasser der Ideologie kreuzenden Filme
351 Seiten | 28 Abbildungen | 2 Karten | Gebunden | € 26,– | ISBN 978-3-406-81490-7 Auch als Hörbuch (DAV)!
«Eine Chronik
unfassbarer Skandale.
Diese Erkenntnis derart unwiderlegbar
formuliert und dokumentiert zu haben,
ist ein großer Verdienst.»
Rainer Stephan, Süddeutsche Zeitung
«Böschs hochspannendes Buch ist eine
Studie zum kalten Pragmatismus der
Nachkriegsregierungen. Die Selbstbeherr-
schung des Autors beim Schildern zuweilen
empörender Umstände ist zu bewundern.»
Peter Carstens, Deutschlandfunk
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DIE WELT
täuschen nicht mehr darüber hinweg,
dass eine zu enge und dauerhafte Ver-
brüderung der Sozialistinnen und Sozia-
listen untereinander nie vorgesehen war.
Mit einer an den südafrikanischen In-
timfeind der Linken gemahnenden
Apartheid-Strategie hielt man die eige-
nen Leute von denen aus dem Rest der
Welt separiert.
Vertragsarbeiter lebten in eigenen
Unterkünften in der Nähe ihrer Arbeits-
stelle, Kontakte zu den Einheimischen
waren genehmigungspflichtig. Wer sich
als Vertragsarbeiter in eine Bürgerin der
DDR verliebte und heiraten wollte,
musste zurück, erzählen diejenigen, die
es erlebt haben: nach einer Schwanger-
schaft oder der zweiten Abtreibung war
Schluss.
Von Einwanderung auf Dauer in die
DDR konnte also keine Rede sein, schon
gar nicht ungesteuert. Die Grenzen des
Landes waren hermetisch verschlossen.
Es ging immer um gesteuerte, politisch
gewollte Aufenthalte auf Zeit. Dement-
sprechend überschaubar war das Phäno-
men: Im Jahr 1989 lebten 191.000 Auslän-
der in der DDR, das entsprach 1,2 Pro-
zent der Bevölkerung. Davon waren
94.000 Vertragsarbeiter.
Wie nun vertrugen sich die „Visionen
und Illusionen antiimperialistischer So-
lidarität“ mit den Empfindungen der Be-
völkerung? Die Perspektive der durch-
MITTWOCH, 20. MÄRZ 2024
schnittlichen DDR-Bewohner auf die we-
nigen Migranten in ihrer sonst so homo-
genen Gesellschaft findet man in der
Ausstellung nicht wieder, dabei wäre
dies gerade für die Debatten heute wich-
tig gewesen. Erst eine Performance-Auf-
führung mit Marzahner Senioren im
April 2024 soll diese Lücke schließen.
„Echos der Bruderländer“ will vor al-
lem den Stimmen der Betroffenen Gehör
verschaffen, ihre Erfahrungen und
Schicksale beleuchten und vor dem Ver-
gessen bewahren. Dafür breitet man in
der über das modernistische Haus ver-
streuten Schau persönlichen Zeugnisse
aus und stellt Interviews in Form von Au-
dioaufnahmen und Filmen bereit.
Was man da sieht und hört ist
manchmal bewegend, manchmal
erschütternd und insgesamt wi-
dersprüchlich. Rassistische An-
feindungen und Bedrohungen
gab es auch schon vor der Wen-
de, vor Rostock und Lichtenha-
gen, aber auch einen unbe-
schwerten Alltag für viele, wenn
man sich die Familienfotos so
ansieht.
Ist es das anhaltend schwieri-
ge Verhältnis der Ostdeutschen
zur Migration auch Schuld einer
DDR-Ideologie, die Einwande-
rung zu einem prinzipiell vorü-
MUSEUM UTOPIE UND ALLTAG (KUNSTARCHIV BEESKOW) © VG BILD-KUNST, BONN 2024
bergehendem Phänomen erklär-
te? Das sollen Soziologen beant-
worten. So richtig ankommen
sollte man als Ausländer in der
DDR jedenfalls nicht. Nach vier
bis fünf Jahren mussten Gastar-
beiter zurück in die Heimat,
neue rückten nach. Trotz der
deutlich schlechteren Bezahlung
(Teile des Lohns wurden einbe-
halten und zur Schuldentilgung
des Herkunftslandes verwendet)
und ihrer gesellschaftlichen Se-
parierung besaßen Ausländer in
der DDR auch ein Privileg – sie
konnten den eingemauerten
Staat wieder verlassen. Was aber
wurde aus ihnen?
Im Fall des Filmstudenten
Hong lässt sich das leicht be-
antworten. Es gibt einen viet-
namesischsprachigen Wikipe-
dia-Eintrag zu dem Regisseur
Nguyen Luong Duc. Das Ver-
sprechen, das die Qualität sei-
nes Leipziger Abschlussfilmes
von 1962 machte, hat er einge-
löst. Heute 84 Jahre alt, war er
der erste Vietnamese, der eine
Ausbildung an eine formelle
Ausbildung in Osteuropa er-
hielt. Er belebte das Genre des
wissenschaftlichen Lehrfilms
im sozialistischen Vietnam
und vermittelte seine Techni-
ken ins Nachbarland Laos.
Nguyen Luong Duc war an ei-
nem der erfolgreichsten viet-
namesischen Filme der 1990er-Jahre
beteiligt und wurde 1997 zum „Volks-
künstler Vietnams“ erklärt.
Im Jahr 2000 erschien seine Autobio-
grafie, auf Vietnamesisch. Darin soll es
auch um eine Liebesbeziehung zu einer
deutschen Funktionärstochter gehen, die
durch seine Rückkehr beendet wurde.
Gern würde man sie lesen, aber auch hier
bleibt eine unüberwindbare Grenze – die
Sprache. „Echos der Bruderländer“ hätte
mehr dafür tun können, diese Grenze
niederzureißen.
T „Echos der Bruderländer“, bis zum
20. Mai 2024 im Haus der Kulturen der
Welt in Berlin
622 Seiten | 10 Abbildungen | Gebunden | € 32,– | ISBN 978-3-406-81339-9 Auch als Hörbuch (John Verlag) !
Der C.H.
Beck News-
letter:
Die Welt
im Buch
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