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Sicherheitstechnik

kurz und bündig

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Matsushita

Matsushita
Sicherheitshandbuch Maschinensicherheit
Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlagen für die Maschinensicherheit


in Europa 3-5

Wie erreicht man die Anforderungen der


Maschinenrichtlinie 5-6

Bedeutung der Unfallverhütungsvorschriften 6

CE- Kennzeichnung 7

Bescheinigungsverfahren zur Erklärung der


Konformität 8

Was haben Betreiber von Maschinen


zu beachten? 9

Was gilt für Gebrauchtmaschinen? 10

Erreichen der Anforderungen der Arbeitsmittel-


Benutzungs-Richtlinie 10

Umbau von Maschinen 10-11

Produkthaftung 12-18

Vorgehensweise bei der Konstruktion einer


sicheren Maschine 19-20

Risikobeurteilung 21-23

Auswahl von Sicherheitsmaßnahmen 24-25

Wahl der Steuerungskategorie 26-33

NOT-AUS- Einrichtungen 34-39

Verriegelungseinrichtungen mit und


ohne Zuhaltung 40-45

Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen BWS 46-53

Liste harmonisierte europäische Normen 54

Kontaktadresse 55

2
Binnenmarkt-Richtlinien Arbeitsschutz- Richtlinien
(gem. Artikel 100a EG- Vertrag) (gem. Artikel 118a EG-Vertrag)

EG-
EG- evtl. weitere Maschine Rahmen-Richtlinie
Maschinen- Richtlinien
Richtlinie
Arbeitsmittel - evtl. weitere
Benutzungs-RL Einzel-Richtlinien

GrundlegendeSicherheits- und Beschaffungs- und Benutzungsvorschrift.


Gesundheitsanforderungen Mindestanforderungen

Gerätesicherheitsgesetz Arbeitsschutzgesetzmit
EMV-Gesetz Rechtsverordnungen

Benutzerinformation
Maschinenhersteller des Herstellers Maschinenbenutzer

In DIN-Normen umgesetzteharmo- Technische Betriebs- und Prüfbestimmungen in


nisierte europäische Normen oder Dokumentation •Unfallverhütungsvorschriften
gleiche Sicherheit auf andere Weise des Herstellers •Regeln der Sicherheitstechnik

Abb. 1

⇒ Gesetzliche Grundlage

Die rechtliche Grundlage der Maschinensicherheit in Europa bilden die Maschinen- und
die Arbeitsmittelbenutzungsrichtlinien. Die Maschinenrichtlinie 98/37/EWG (89/392/EWG
mit Änderungsrichtlinien) wendet sich rein an den Hersteller von Maschinen. Die
sogenannte Arbeitsmittel-Benutzungsrichtlinie 89/655/EWG hingegen an den Betreiber
von Maschinen.
Die Übergangsfrist der Maschinenrichtlinie ist am 1.01.1995 abgelaufen und somit ist diese
ab diesem Datum zwingend anzuwenden.
Bezüglich der Arbeitsmittelbenutzungsrichtlinie ist die Übergangsfrist am 1.01.1997
abgelaufen, da aber diese Richtlinie verspätet in nationales Recht umgesetzt wurde, gab
es bezüglich der Umsetzung eine Verlängerung der Übergangsfrist bis zum 30.06.1998.
D.h. alle sich in Betrieb befindlichen Maschinen in Deutschland mussten bis spätestens
zum 30.06.1998 den Mindestanforderungen der Arbeitsmittelbenutzungsrichtlinie oder der
nationalen Umsetzung (Arbeitsmittelbenutzungsverordnung) entsprechen.

3
Maschine/Ausrüstung Binnenmarkt-Richtlinie zwingend anzu-
wenden ab:
Maschinen und Anlagen Maschinenrichtlinie 1.1.1995
allgemein
Kraftbetriebene Maschinenrichtlinie 1.1.1996
Flurförderzeuge
Maschinen zum Heben/ Maschinenrichtlinie 1.1.1997
Fortbewegen von Personen
Sicherheitsbauteile Maschinenrichtlinie 1.1.1997

Elektrische/Elektronische EMV-Richtlinie 1.1.1996


Ausrüstung
Bauteile der elektrischen Niederspannungs- 1.1.1997
Ausrüstung Richtlinie betreffend CE-
Kennzeichnung

Abb.2 Anwendung von Binnenmarkt-Richtlinien für Maschinen/-ausrüstungen

Die neuen Rechtsgrundlagen gelten auch für diejenigen,

• die Maschinen nach Europa importieren (Importeure),


• die Maschinen oder Teile unterschiedlichen Ursprungs
zusammenfügen oder
• die Maschinen für den Eigengebrauch herstellen

Maschinen im Sinne der Richtlinie sind u.a.

• Einzelmaschinen,
• komplexe Anlagen (Verkettete Maschinen),
• auswechselbare Ausrüstungen zur Änderung der Funktion einer Maschine,
• bewegliche Maschinen (z.B. Flurförderzeuge)
• Maschinen zum Heben von Lasten (Krane, Hebezeuge),
• Maschinen zum Heben oder Fortbewegen von Personen (z.B. fahrbare
Hubarbeitsbühnen, Regalbediengeräte mit Fahrerplatz).

Hersteller im Sinne der Maschinenrichtlinie ist derjenige, der für die Entwicklung und
Herstellung einer Maschine die Verantwortung trägt. Dem Hersteller steht sein in der EG
niedergelassener Bevollmächtigter gleich.

4
Achtung!: Ein Maschinenbenutzer wird zum ”Hersteller”, wenn er im Sinne von
”Herstellen” tätig wird. Dies ist z.B. der Fall, wenn er:

• eine unvollständige Maschine (mit Herstellererklärung gem. Anhang II B der


Maschinenrichtlinie) selbst komplettiert (z.B. Anbringen eines Schutzzaunes oder
Lärmschutzkapselung) oder
• eine komplexe Anlage selbst zusammenstellt oder
• an einer Maschine Umbauten vornimmt, welche die Maschine wesentlich verändern.

Maschinen, die im EWR hergestellt und in ein Drittland exportiert werden, unterliegen
nicht den Beschaffenheitsanforderungen der Gemeinschaft, sondern denen des
Drittlandes.

Bei Messen, Austellungen und Vorführungen dürfen vorübergehend und unter bestimmten
Bedingungen nichtrichtlinienkonforme Maschinen oder Sicherheitsbauteile ausgestellt
werden.

⇒ Wie können die Anforderungen der Maschinen-Richtlinie erreicht werden?

Die in der Maschinenrichtlinie festgelegten grundlegenden und sehr allgemein gehaltenen


Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen werden nach und nach durch harmonisierte
Europäische Normen konkretisiert.
Man unterscheidet dabei zwischen Grund- und Gruppennormen sowie Produktnormen.
Diese Normen sind im Gegensatz zu den Richtlinien nicht verbindlich. Allerdings muß bei
Nichtanwenden nachgewiesen werden, wie die gleiche Sicherheit erreicht wurde. D.h. es
ist auf jeden Fall empfehlenswert die harmonisierten Europäischen Normen anzuwenden.

T y p A -N o r m e n EN 292: A l lg e m e in e G e s ta l tu n g s l e it s ä tz e
EN 1050: R i s i k o b e u r te ilu n g
S ic h e r h e its -
g ru nd no rm e n

T y p B -N o r m e n EN 294: S i c h e r h e it s a b s tä n d e g e g e n d a s
E r r e ic h e n v o n G e f a h r e n s te lle n
S ic h e r h e its - EN 349: M in d e s t a b s tä n d e z u r V e r m e id u n g
grup p en no rm en d e s Q u e ts c h e n s v o n K ö r p e r te ile n
EN 418: N o t- A u s - E in ric h t u n g e n
EN 1088: V e r r ie g e lu n g s e in ri c h tu n g e n
EN 60204: E l e k tri s c h e A u s r ü s tu n g

T y p C -N o r m e n EN 201: S p r i tz g ie ß m a s c h in e n
EN 422: B l a s fo r m m a s c h i n e n
S ic h e r h e its -
EN 692: M e c h a n is c h e P r e s s e n
pro d uktno r m e n
EN 775: In d u s t rie r o b o te r
EN 12417: B e a r b e it u n g s z e n tr e n
EN 12478: D r e h m a s c h i n e n u n d D r e h z e n tr e n

5
Nur harmonisierte europäische Normen bewirken bei ihrer Anwendung die Vermutung der
Konformität mit den grundlegenden Anforderungen von Richtlinien.
Die Anwendung des Vermutungsprinzips auf eine bestimmte Maschine setzt voraus, daß
dafür eine Norm existiert, die hinreichend konkret ist (Typ C-Norm). Die alleinige
Anwendung von Normen des Typs A und B rechtfertigen eine solche Vermutung nicht.
Sind für bestimmte Maschinen keine Typ C-Normen vorhanden (häufig der Fall) oder
werden Gefährdungen in einer vorhandenen Produktnorm nicht behandelt, so können die
Beschaffenheitsanforderungen nach den zur Verfügung stehenden Normen des Typs A
und B realisiert werden.
Ggf. sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich.

⇒ Unfallverhütungsvorschriften

Die in den Unfallverhütungsvorschriften enthaltenen Bau- und Ausrüstungsbestimungen


haben für Maschinen, die ab 1.01.93 erstmals in Betrieb genommen wurden, ihre
rechtliche Verbindlichkeit verloren. D.h. Bau- und Ausrüstungsbestimmungen sind
spätestens nach Ablauf der Übergangsfrist der Maschinenrichtlinie am 1.01.1995 in den
entsprechenden harmonisierten europäischen Normen geregelt.
Für Maschinen die am 31.12.1992 bereits in Betrieb waren (Altmaschinen), gelten
weiterhin Bestimmungen der Unfallverhütungsvorschriften.
Die in den Unfallverhütungsvorschriften enthaltenen Betriebs- und Prüfbestimmungen
gelten weiterhin für neue und alte Maschinen.

Inverkehrbringen von Maschinen und Sicherheitsbauteilen


gemäß EG-Maschinen-Richtlinie

Verwendungsfertige Nicht verwendungs-


Sicherheitsbauteile
Maschinen fertige Maschinen

Realisierung der grundlegenden Anforderungen

CE-Kennzeichnung Keine CE-Kennz., Keine CE-Kennz.,


Konformitätserklärung Herstellererklärung Konformitätserklärung
nach Anhang IIA nach Anhang IIB nach Anhang IIC

Benutzerinformation (Betriebsanleitung)

evtl. Nachweis der EG-Baumusterprüfung

Bereithalten einer Technischen Dokumentation

Abb. 3 Voraussetzung für das Inverkehrbringen von Maschinen und Sicherheitsbauteilen

6
⇒ CE- Kennzeichnung

An jeder Maschine, die die Anforderungen der Maschinen-Richtlinie erfüllt, muß spätestens
ab 1.01.1995 die CE-Kennzeichnung angebracht sein.
Jede Maschine im Sinne der Richtlinie darf nur eine CE-Kennzeichnung tragen.
Jeder Hersteller (Händler oder Importeur) ist verpflichtet, für Maschinen
EG-Konformitätserklärungen gemäß Anhang II A Maschinenrichtlinie in der Sprache des
jeweiligen Bestimmungslandes auszustellen und mitzuliefern.
Die CE-Kennzeichnung darf nur an verwendungsfertige Maschinen angebracht
werden. Entsprechendes gilt für das Ausstellen der Konformitätserklärung.
Die CE-Kennzeichnung und die Konformitätserklärung umfassen auch die Vorlage einer
Betriebsanleitung in der Sprache des Betreiberlandes, deren Inhalt und Gliederung in
Anhang I Maschinenrichtlinie und DIN EN 292-2 vorgegeben ist.
Hersteller und Importeure haben Technische Dokumentationen (in einer Amtssprache
der EU) bereitzuhalten, mit denen die Angaben in der Konformitätserklärung belegt werden
können.

Maschinen die für sich selber nicht verwendungsfähig sind, bzw. die nur im an- oder
eingebauten Zustand bestimmungsgemäß funktionieren und sicherheitstechnisch
unvollständig sind, erhalten keine CE- Kennzeichnung.
In diesem Fall hat der Hersteller eine Erklärung mitzuliefern, in der die
Inbetriebnahme bis zum Einbau in eine Maschine, die den Bestimmungen der
Maschinenrichtlinie entspricht, untersagt wird.
Der Inhalt einer solchen Herstellererklärung richtet sich nach Anhang II B der
Maschinenrichtlinie.

Sicherheitsbauteile im Sinne der Maschinenrichtlinie tragen keine CE- Kennzeichnung


(Konformitätserklärung ausreichend), es sei denn, sie fallen in den Geltungsbereich der
EMV- Richtlinie oder der Niederspannungs-Richtlinie.

Verfahren der Konformitätserklärung (Kapitel II, Artikel 8)

MASCHINEN Konfirmitätserklärung
eigenverantwortliche TECHNISCHE DOKUMENTATION zu den grundlegenden
geringer
CE-Zertifizierung Unterlagen gemäß Anhang V Anforderungen
Gefährdung

harmonisierte EG-BAUMUSTERPRÜFUNG
MASCHINEN Normen Unterlagen nach Anhang VI
hoher nicht vorhanden gem. Stelle bescheinigt
Gefährdung oder
(Anhang IV) nicht/teilweise
beachtet TECHNISCHE DOKUMENTATION
Unterlagen gemäß AnhangVI
gem. Stelle bestätigt und archiviert
harmonisierte nach Wahl
Normen des Herstellers
berücksichtigt TECHNISCHE DOKUMENTATION
Unterlagen gemäß AnhangVI Konformitätserklärungn
gem. Stelle prüft und archiviert Technische
ach Baumusterprüfung
und bescheinigt korrekte Dokumentation
Anwendung

Die EG-Baumusterprüfung kann auch für EG-BAUMUSTERPRÜFUNG


Unterlagen nach Anhang VI
die in Anhang IV MRL genannten gem. Stelle bescheinigt
Sicherheitsbauteile erforderlich sein (freiw. Prüfung)
(Sicherheitsbauteile komplexer Bauart)

Abb. 4

7
⇒ Bescheinigungsverfahren zur Erklärung der Konformität

Die Maschinenrichtlinie unterscheidet zwischen zwei Arten von Maschinen, Maschinen mit
geringem Gefährdungspotential und gefährliche Maschinen. Bei Maschinen mit geringem
Gefährdungspotential kann der Hersteller die Konformitätserkärung in eigener
Verantwortung ausstellen und die CE-Kennzeichnung anbringen.
Alle sogenannten gefährlichen Maschinen sind im Anhang IV der Maschinenrichtlinie
aufgelistet. Für diese Maschinen gilt es eine gemeldete Stelle mit in den Vorgang der
Konformitätserklärung einzubeziehen. Die Unterschiedlichen Verfahren sind in Abb. 4
dargestellt.

CE- Konformitäts- Hersteller- Baumuster-


Zeichen erklärung erklärung prüfung

Maschinen nicht Anhang IV X X - -


(Serienmasch., Sondermasch., Eigenbaumasch.)

Maschinen nach Anhang IV X X - X

Auswechselbare Ausrüstungen X X - -

Gesamtheit von Maschinen (Anlagen) X X - -

Teilmaschinen, Maschinenkomponenten, - - X -
Teilanlagen

Entwickler und Inverkehrbringer X X - ggf. X

Hersteller nach Zeichnung - - - -

Sicherheitsbauteile (einfache Bauart) - X - -


Sicherheitsbauteile (komplexe Bauart) - X - X

Abb. 5 Bescheinigungsverfahren für Maschinen ab 1.01.1995

8
⇒ Was müssen die Betreiber von Maschinen beachten

Die Maschinenrichtlinie bezieht sich lediglich auf das Herstellen von Maschinen.
Die Benutzung von Maschinen wir durch die Arbeitsmittel-Benutzungs-Richtlinie in Europa
geregelt. Die Übergangsfrist dieser ABMR ist am 1.01.1997 abgelaufen. Da aber die
nationale Umsetzung in Deutschland durch die Arbeitsmittel-Benutzungs-Verordnung erst
am 1.04.1997 erfolgte, gab es eine Verlängerung der Übergangsfrist bis zum 30.06.1998.
Bis dahin wird für alle Maschinen in Deutschland ein einheitliches Sicherheitsniveau
gefordert. D.h. entspricht eine Maschine nicht den im Anhang I der ABMR (ABMV)
geforderten Mindestanforderungen, so musste sie unverzüglich, spätestens aber bis
zum 30.06.1998 umgerüstet werden.
Grundsätzlich sind Maschinen dann nachzurüsten, wenn die nationalen Bau- und
Ausrüstungsbestimmungen hinter den Mindestanforderungen der ABMR (ABMV) und
ggf. deren nationalen Verschärfungen zurückbleiben und die Maschinen die höheren
Anforderungen nicht erfüllen.
Der Anhang der AMBV enthält die Bau- und Ausrüstungsbestimmungen die auch der
Anhang der Arbeitsmittel-Benutzungs-Richtlinie von 1989 enthält.

Maschine in Betrieb Maschine entspricht Maschine darf ohne Maschine muß


genommen Änderung weiter entsprechend
betrieben werden Anhang 1 EG-Richtlinie
89/655/EWG bzw. AMBV
nachgerüstet werden, falls
Abweichung vorhanden

Bis zum 31.12.1992 den bis 31.12.1992 geltenden bis 31.12.1996 gem. AMBR spätestens bis
Altmaschine Unfallverhütungsvorschriften und UVVen, 31.12.1996 bzw.
(z.B. GS-Zeichen) 30.06.1998 gem. AMBV 30.06.1998 gem. AMBV

nach dem 31.12.1992 der EG-Maschinenrichtlinie ohne zeitliche entfällt


bis spätestens 31.12.1994 EG-Konformitätserklärung liegt Begrenzung
vor; CE-Zeichen vorhanden

den bis 31.12.1992 geltenden längstens bis 31.12.1996 spätestens bis


Unfallverhütungsvorschriften, 31.12.1996 bzw.
jedoch nicht der Maschinen- 30.06.1998 gem. AMBV 30.06.1998 gem. AMBV
richtlinie

nach dem 31.12.1994 der EG-Maschinenrichtlinie; ohne zeitliche entfällt


Neumaschine EG-Konformitätserklärung liegt Begrenzung
vor; CE-Zeichen vorhanden

Abb. 6 Allgemeine Übergangsbestimmungen für Maschinen in Deutschland

9
Nach einem von den berufsgenossenschaftlichen Fachausschüssen durchgeführten
Vorschriftenvergleich wird in Deutschland eine Nachrüstung für überwiegend nicht
erforderlich gehalten.
Für einige Maschinen im Zuständigkeitsbereich der Fachausschüsse ”Eisen und
Metall II und III, ”Leder” sowie ”Steine und Erden” sind jedoch
Nachrüstungsmaßnahmen erforderlich. Bei älteren Werkzeugmaschinen richtet sich
die Nachrüstung nach einer Prüfung im Einzelfall.
Alt- oder Übergangsmaschinen, die an die Mindestanforderungen der AMBR bzw. der
AMBV angepaßt werden , erhalten keine CE-Kennzeichnung. Es wird auch keine
Konformitätserklärung ausgestellt.

⇒ Was gilt für Gebrauchtmaschinen?

Der Handel mit Gebrauchtmaschinen innerhalb des EWR wird nicht als erneutes
Inverkehrbringen betrachtet und somit fallen diese Maschinen nicht unter die 9.
Verordnung des GSG (nationale Umsetzung der Maschinen-Richtlinie). Es ist keine CE-
Kennzeichnung erforderlich. Allerdings gilt selbstverständlich auch für diese Maschinen
die AMBR bzw. AMBV.
Wer Gebrauchtmaschinen wesentlich verändert und erneut, anderen überläßt oder
wer Gebrauchtmaschinen in den EWR einführt, hat die neuen Rechtsgrundlagen für
das erstmalige Inverkehrbringen neuer Maschinen zu beachten (CE-Kennzeichnung).

Kauft ein Unternehmen eine unveränderte Gebrauchtmaschine (ohne CE-Kennzeichnung


und Konformitätserklärung), so darf diese nur benutzt werden, wenn sie sofort den
Mindestanforderungen der AMBR bzw. AMBV entspricht.
Der Käufer einer Gebrauchtmaschine ist gut beraten, wenn er sich vor dem Kauf über den
sicherheitstechnischen Zustand der Maschine informiert und ggf. notwendige Umrüstungen
vom Verkäufer durchführen läßt.

Im Zweifelsfall, sollte sich der Käufer einer Gebrauchtmaschine vom Verkäufer


bestätigen lassen, daß die Maschine den Mindestanforderungen der AMBR
entspricht.

⇒ Erreichen der Mindestanforderungen der Arbeitsmittel-Benutzungs-Richtlinie

Rechtsverbindlich für die Mindestanforderungen an Altmaschinen ist der jeweilige Anhang I


der AMBR bzw. der AMBV.
Da dieser Anhang allerdings sehr allgemein gehalten ist, läßt es sich kaum vermeiden auf
die entsprechenden harmonisierten europäischen Normen immer wieder zurückzugreifen.

⇒ Umbau von Maschinen

Bei Umbauten, die eine Maschine wesentlich verändern, sind die Bestimmungen des
Gerätesicherheitsgesetzes (9. GSGV), der Maschinen-Richtlinie zu beachten (CE-
Kennzeichnung erforderlich).
Eine wesentliche Veränderung einer Maschine, ist jede Veränderung, die zu einer
Risikoerhöhung führen kann und deshalb eine neue sicherheitstechnische Betrachtung der
Maschine erfordert.

10
Von einer wesentlichen Veränderung ist im allgemeinen auszugehen, wenn die
Funktion, der Anwendungsbereich, die Ausstattung oder die Leistungsdaten und
dadurch die bestimmungsgemäße Verwendung geändert und/oder das Schutzsystem
oder sicherheitsrelevante Bauteile wesentlich verändert werden (siehe Abb.7).

Funktions-
änderung
Änderung der nein Unwesentliche
bestimmungsgemäßen
Verwendung? Veränderung*
Änderung des
Anwendungs-
bereiches ja
Wesentliche
ja Veränderung*
Änderung der
Ausstattung Wesentliche
Änderung des Schutz- nein Unwesentliche
systems oder
Leistungs- sicherheitsrelevanter Veränderung*
Bauteile
änderung

*) Bewertung im Einzelfall erforderlich

Abb. 7 Wesentliche Veränderung einer Maschine

 Werkzeugmaschine: Ersatz einer Steuerung in Schütz-Relaistechnik durch


eine elektronische Steuerung (z.B. Standard-SPS), die
über keine sichere Technik zur Fehlererkennung- und
beherrschung verfügt (wesentliche Änderung eines
sicherheitsrelevanten Bauteils)

 Presse: Ausrüstung einer Presse, die bisher mit sicherem


Werkzeug betrieben werden durfte, mit beweglicher
Verdeckung als Handschutzeinrichtung (wesentliche
Änderung des Schutzsystems)

 Verkettete Maschinen: Bau einer Umzäunung mit stellungsüberwachten


Zugangstüren an einer bisher ungesicherten Anlage
(wesentliche Änderung der Ausstattung und des
Schutzsystems)

Abb. 8 Beispiele für eine wesentliche Veränderung an Maschinen

11
⇒ Produkthaftung

Die Gewährleistung und Haftung des Anlagen- und Maschinenbauers für sein Produkt wird
landläufig unter dem Begriff "Produkthaftung" zusammengefaßt. Der Begriff
"Produkthaftung" ist indes rechtlich nicht ganz zutreffend. Die Gewährleistung und Haftung
des Anlagen- und Maschinenbauers für sein Werk richtet sich nämlich zuvorderst nach
den mit seinem Auftraggeber getroffenen vertraglichen Regelungen. Die Juristen
sprechen demgegenüber nur dann von "Produkthaftung", wenn es um kraft Gesetzes
bestehende Ansprüche eines Geschädigten gegenüber dem Hersteller geht. Die
"Produkthaftung" im Rechtssinne schließt eine Schutzlücke. Sie gewährt nämlich - kraft
Gesetzes - auch demjenigen Geschädigten einen Schadensersatzanspruch, der mit dem
Hersteller keinen Vertrag abgeschlossen hat.

Nachfolgend wird zunächst die vertragliche "Produkthaftung" des Anlagen- und


Maschinenbauers betrachtet, ehe dann auf die Produkthaftung im Rechtssinne
eingegangen wird.

1. Die Gewährleistung und Haftung des Anlagen- und Maschinenbauers

Die "typischen" Fälle einer objektiv fehlerhaften Anlage/Maschine sollen an dieser Stelle
nicht näher betrachtet werden, da eine Haftung des Anlagen- und Maschinenbauers dem
Grunde nach hier keine besonderen Rechtsprobleme aufwirft. Statt dessen werden
nachfolgend die in der Praxis häufigen Fälle betrachtet, in denen der Anlagen- und
Maschinenbauer haftet, obwohl die von ihm gelieferte Anlage/Maschine möglicherweise
objektiv fehlerfrei ist (dazu a. und b.). Sodann werden Haftungsbesonderheiten abhängig
von der Art des entstandenen Schadens dargestellt, einschließlich der daraus
erwachsenden Haftungsrisiken für den Anlagen- und Maschinenbauer (dazu c.).

a. Vorvertragliche Aufklärungspflichten

Die Haftung des Anlagen- und Maschinenbauers gründet oftmals nicht in einer objektiven
Fehlerhaftigkeit des gelieferten Produkts selber, sondern bereits in unzureichender
vorvertraglicher Aufklärung über die Fähigkeiten und Qualitäten des später gelieferten
Produkts. Erfüllt das - objektiv durchaus fehlerfreie - Produkt nicht die Erwartung des
Kunden, wirft dieser dem Anlagen- oder Maschinenbauer häufig vor, dieser habe doch
genau gewußt, wofür die Anlage/Maschine bestimmt gewesen sei. Da der Anlagen-
/Maschinenbauer der Fachmann sei, habe er, der Auftraggeber, erwartet, so beraten zu
werden, daß die fertige Anlage/Maschine exakt die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt.

12
Diesem Einwand kann der Anlagen-/Maschinenbauer nur dann erfolgreich begegnen,
wenn er seine vorvertraglichen Aufklärungspflichten erfüllt hat. Nach der Rechtsprechung
hat ein Auftragnehmer den Kunden ungefragt über solche Umstände aufzuklären, deren
Mitteilung der Kunde nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte und deren Kenntnis für
die Beauftragung des Auftragnehmers von wesentlicher Bedeutung war. Dieses Kriterium
ist in der Praxis schwer zu handhaben. Ob im Einzelfall eine Aufklärungspflicht besteht,
kann anhand folgender Fragen näher geprüft werden:

 Ist der Kunde selber ebenfalls Fachmann oder nur technischer Laie?
 Hat der Kunde gezielt bestimmte Vorgaben für Konstruktion, eingesetzte
Komponenten usw. gemacht?
 Hat der Kunde erkennbar die Beratung des Anlagen-/Maschinenbauers in
Anspruch nehmen wollen, etwa indem er nur den Einsatzzweck der geplanten
Anlage/Maschine geschildert hat?
 Verursacht die vom Kunden gewünschte Anlage/Maschine bestimmte Gefahren,
die ihm offensichtlich unbekannt sind?

Ist der Kunde selber Fachmann oder verhält er sich zumindest so, sind die
Aufklärungspflichten weit geringer, als wenn der Kunde sich erkennbar der
Beratungskompetenz des Anlagen-/Maschinenbauers bedienen will.

Im Zweifelsfall sollte lieber zu viel als zu wenig aufgeklärt und beraten werden, und zwar
zu Beweiszwecken in schriftlicher Form: Die Nichtbeachtung einer Aufklärungspflicht steht
nämlich, so das Gesetz, dem "arglistigen Verschweigen" gleich. Und dies bedeutet beim
Werkvertrag nicht nur eine Haftung des Anlagen-/Maschinenbauers für die infolge der
Nichtaufklärung entstehenden Schäden. Darüber hinaus gilt auch statt der kurzen
vertraglichen Verjährungsfrist die regelmäßige 30-jährige Verjährungsfrist.

b. Sachmangel und zugesicherte Eigenschaft

Das Werkvertragsrecht verpflichtet den Anlagen- und Maschinenbauer zur Nachbesserung


der errichteten Anlage/Maschine, wenn dieser "zugesicherte Eigenschaften" fehlen oder
aber deren Wert oder Tauglichkeit "zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrage
vorausgesetzten Gebrauch" aufgehoben oder vermindert ist (§ 633 Absatz 1 BGB).

 Das Gesetz geht mit der vorgenannten Formulierung von einem "subjektiven
Fehlerbegriff" aus. Ein Sachmangel kann also auch dann vorliegen, wenn die
Anlage/Maschine objektiv fehlerfrei ist, subjektiv jedoch nicht das erfüllt, was die
beiden Vertragspartner vereinbart haben.

Beispiel: Wenn die Parteien einen bestimmten Durchsatz der Anlage vereinbart haben, haftet der
Auftragnehmer auch dann, wenn der von der fertigen Anlage erreichte Durchsatz - rein technisch betrachtet -
objektiv nicht zu beanstanden ist, subjektiv jedoch unter dem vereinbarten Durchsatz bleibt.

13
Bei den Vertragsverhandlungen mit dem Kunden und der späteren vertraglichen
Umschreibung der Merkmale der Anlage/Maschine ist daher stets genau zu beachten, daß
beim Kunden keine falschen Erwartungen geweckt werden. Diese könnten später als
Bestandteil des Vertrags gelten und sich zu einem subjektiven Fehler verdichten.

 Auch wenn weder ein subjektiver noch ein objektiver Mangel der errichteten
Anlage/Maschine vorliegt, kann der Anlagen-/Maschinenbauer auf Nachbesserung
in Anspruch genommen werden, wenn die Anlage/Maschine "zugesicherte
Eigenschaften" nicht aufweist.

Beispiel: Wenn der Auftragnehmer ausdrücklich zugesichert hat, daß eine bestimmte DIN-Norm eingehalten
wird, haftet er bei Unrichtigkeit dieser Angabe auch dann, wenn diese für das Funktionieren der Anlage ohne
jede Bedeutung ist.

Die Zusicherung von Eigenschaften ist deswegen riskant, weil eine Haftung alleine nur
wegen der Zusicherung begründet wird, auch wenn die Anlage/Maschine keinen
Sachmangel aufweist. Vor diesem Hintergrund sollte der Anlagen-/Maschinenbauer
insbesondere vermeiden, dem Kunden zuzusichern, daß die bestellte Anlage/Maschine für
einen bestimmten Einsatzzweck oder bestimmte Einsatzbedingungen geeignet ist. Falls
der Kunde derartige Pauschalaussagen wünscht, sollten diese durch objektivierte,
nachvollziehbare Einzelzusicherungen ersetzt werden (z.B. Verweis auf Einhaltung
bestimmter DIN-Normen, bestimmte Schutzklassen, Typprüfungen usw.), die in ihrer
Summe den abstrakten Wünschen des Kunden möglichst nahekommen.

c. Mangelschaden und Mangelfolgeschaden

Grundsätzlich liegt die Unterscheidung zwischen Mangelschaden und


Mangelfolgeschaden auf der Hand: Mangelschäden sind solche, die der gelieferten
Anlage/Maschine selber anhaften. Mangelfolgeschäden betreffen demgegenüber die
"Peripherie" der gelieferten Anlage/Maschine, namentlich andere Rechtsgüter des Kunden.
Im Werkvertragsrecht wird die Abgrenzung dadurch etwas erschwert, daß die
Rechtsprechung im Bereich der Mangelfolgeschäden nochmals unterscheidet, und zwar
zwischen "nächsten" Mangelfolgeschäden und "entfernteren" Mangelfolgeschäden.
Wie die Begriffe bereits nahelegen, zählen zu den "nächsten" Mangelfolgeschäden nur
solche Mangelfolgeschäden, die eng mit dem Mangelschaden zusammenhängen, während
die "entfernteren" Mangelfolgeschäden alle anderen Mangelfolgeschäden umfassen.

Beispiel: Beschädigt eine gelieferte CNC-Maschine infolge eines Programmierfehlers das zu bearbeitende
Werkstück, liegt ein nächster Mangelfolgeschaden vor. Setzt die defekte CNC-Maschine eine Unglückskette
in Gang, die zu einem Abbrennen der Fabrik des Kunden führt, zählen letztere Schäden zu den entfernteren
Mangelfolgeschäden.

14
Im Bereich der Mangelschäden und der Mangelfolgeschäden gilt es, auf zwei besondere
Haftungsrisiken für den Anlagen- und Maschinenbauer hinzuweisen:

• Die Haftung für Mangelschäden ist grundsätzlich verschuldensunabhängig. Sie


verjährt jedoch in den kurzen Fristen, die der Vertrag oder die hilfsweise geltende
gesetzliche Bestimmung vorsehen. In der Praxis tritt Verjährung daher üblicherweise
spätestens einige wenige Jahre nach Abnahme ein.

Die kurzen Verjährungsfristen gelten aber dann nicht, wenn der Auftragnehmer einen
Mangel "arglistig verschwiegen" hat. Die Rechtsprechung stellt dem arglistigen
Verschweigen das sogenannte "Organisationsversagen" gleich: Wenn der
Auftragnehmer bei der Herstellung des Werks nicht für eine nach den Umständen
angemessene Überwachung und Prüfung der Leistung sorgt und somit nicht sicherstellt,
daß er Mängel des Werkes vor der Abnahme erkennen kann, handelt er vertragswidrig.
Wie bei arglistigem Verschweigen gilt auch hier anstelle der kurzen vertraglichen
Verjährungsfrist die gesetzliche Regelverjährung von 30 Jahren.

Damit der Auftragnehmer sich im Falle eines Schadens erfolgreich auf die kurze
vertragliche Verjährungsfrist berufen kann, muß er somit während der Errichtung der
Anlage/Maschine dafür Sorge tragen - und dies fortwährend zu Beweiszwecken
dokumentieren -, daß er organisatorisch alle Vorrichtungen getroffen hat, um das
Entstehen von Fehlern zu verhindern oder entstandene Fehler rechtzeitig zu erkennen und
zu beheben.

• Treten Mangelschäden oder "nächste" Mangelfolgeschäden erst nach Ablauf der


Gewährleistungsfrist auf und liegt kein Organisationsversagen vor, liegt es für den
Anlagen- und Maschinenbauer nahe, sich auf Verjährung zu berufen. Lassen die
festgestellten Mangelschäden und "nächsten" Mangelfolgeschäden jedoch
befürchten, daß auch "entferntere" Mangelfolgeschäden entstehen könnten, geht
der Anlagen- und Maschinenbauer ein erhebliches Risiko ein, wenn er die
Verjährungseinrede erhebt und im übrigen untätig bleibt: Die Haftung für
"entferntere" Mangelfolgeschäden setzt zwar ein Verschulden des Auftragnehmers
voraus. Dafür verjährt diese Haftung als gesetzlicher Anspruch jedoch erst nach 30
Jahren. Die Folge ist: Kommt es infolge des Untätigbleibens des Anlagen- und
Maschinenbauers später zu "entfernteren" Mangelfolgeschäden, haftet der Anlagen-
und Maschinenbauer für diese Schäden auch dann noch, wenn die kurze
Verjährungsfrist für die vertraglichen Ansprüche bereits abgelaufen ist.

Müssen spätere "entferntere" Mangelfolgeschäden ernsthaft befürchtet werden, wird sich


der Anlagen- und Maschinenbauer häufig besser stehen, wenn er das Entstehen der
entfernteren Mangelfolgeschäden nicht abwartet, sondern höchstvorsorglich die
Anlage/Maschine auch noch nach Ablauf der kurzen Verjährungsfrist auf seine Kosten
nachbessert.

Dieses 30-jährige Haftungsrisiko läßt sich durch gezielten Einsatz moderner


Sicherheitstechnik erheblich entschärfen: Sicherheitsprodukte dienen ja gerade dem
Zweck, das Übergreifen eines eventuellen Mangelschadens auf andere Rechtsgüter zu
verhindern. Greift der Mangelschaden dank des Sicherheitsprodukts nicht über, entstehen
auch keine entfernteren Mangelfolgeschäden. Können keine entfernteren
Mangelfolgeschäden entstehen, bleibt es bei der kurzen vertraglichen
Gewährleistungsfrist. Die 30-jährige Verjährungsfrist gelangt somit nicht zur Anwendung.

15
2. Die Produkthaftung des Herstellers

Die vorstehenden Ausführungen haben sich mit der Haftung des Anlagen- und
Maschinenbauers für seine Produkte, im weitesten Sinne also mit "Produkthaftung"
beschäftigt. In diesem Abschnitt geht es nun um die Produkthaftung im eigentlichen Sinne.

Das Produkthaftungsgesetz von 1989 (ProdHaftG) und das Produktsicherheitsgesetz von


1997 (ProdSG) finden im gewerblichen Bereich grundsätzlich keine Anwendung. Lediglich
dann, wenn durch ein gewerblich eingesetztes Produkt auch Personenschäden entstehen,
gilt für diese Personenschäden das ProdHaftG.

Im gewerblichen Bereich wird die Produkthaftung des Herstellers aus der allgemeinen
Deliktsnorm des § 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) abgeleitet. Die zu
dieser Norm ergangene Rechtsprechung deckt sich in den wesentlichen Grundsätzen mit
den Regeln des ProdHaftG. Die Produkthaftung gemäß § 823 Absatz 1 BGB ist im übrigen
im Vergleich zum ProdHaftG ein "schärferes Schwert": Die Haftungshöchstgrenze für
Personenschäden (160 Mio. DM im ProdHaftG) und die Selbstbeteiligung des
Geschädigten bei Sachschäden (1.125,00 DM gemäß ProdHaftG) gelten nicht. Außerdem
werden, anders als im ProdHaftG, durch § 823 Absatz 1 BGB auch Schäden an der
fehlerhaften Sache selber erfaßt.

Wenn der Anlagen-/Maschinenbauer seine Anlage/Maschine unmittelbar an den


Endkunden verkauft, besteht bei Fehlern der gelieferten Anlage/Maschine regelmäßig kein
Bedarf für Ansprüche nach Produkthaftungsrecht: Der Auftraggeber hat die zuvor
skizzierten Ansprüche aus dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis.
Diese Ansprüche sind für den Auftraggeber regelmäßig günstiger als diejenigen aus
Produkthaftung und leichter durchzusetzen.

Die Produkthaftung kommt indes vor allem dann zum Zuge, wenn zwischen dem Anlagen-/
Maschinenbauer und dem Geschädigten keine vertraglichen Beziehungen bestehen. Dies
ist z.B. der Fall, wenn durch die Anlage/Maschine Personen verletzt werden. Gleiches gilt,
wenn der Kunde die Anlage/Maschine nicht vom Hersteller selber, sondern von einem
Dritten, z.B. einer Vertriebsgesellschaft, erworben hat. In dieser Konstellation muß sich der
Anlagen-/Maschinenbauer der Produkthaftung stellen. Eine Haftung des
Anlagen-/Maschinenbauers kommt vor allem in den nachfolgenden fünf Fallgruppen in
Betracht:

 Haftung für Herstellungsfehler

Die Haftung für Herstellungsfehler ähnelt der auf Vertrag beruhenden Sachmängelhaftung.
Eine Produkthaftung setzt jedoch im Gegensatz zur Vertragshaftung ein Verschulden des
Anlagen-/Maschinenbauers voraus.

Den Einwand, an der Entstehung des Fehlers keine Schuld zu tragen, kann der Anlagen-
/Maschinenbauer indes nur dann erfolgreich erheben, wenn er für einen ordnungs-
gemäßen Herstellungsprozeß Sorge getragen hat. Er muß also nachweisen können,
• den Fertigungsablauf angemessen organisiert und kontrolliert zu haben,
• Fehlerquellen durch geeignete Qualitätskontrollen minimiert zu haben und
• bei der Herstellung den "Stand der Technik" beachtet zu haben.

Zum "Stand der Technik" gehört auch der Einsatz moderner Sicherheitstechnik.

16
 Haftung für Konstruktionsfehler

Der Anlagen- und Maschinenbauer fügt verschiedene Komponenten zu einem Ganzen


zusammen. Auch wenn die verwandten Teile mangelfrei sind, kann ein Fehler des
Produkts alleine in der Auswahl der Komponenten, deren Zusammenstellung und der
Konstruktion der Anlage/Maschine liegen. Die Rechtsprechung gesteht dem Anlagen-
/Maschinenbauer eine gewisse Haftungserleichterung zu: Bei Produkten, die nur zur
Verwendung durch Fachleute bestimmt sind, kann der Hersteller eine größere
Sachkenntnis im Umgang mit dem Produkt voraussetzen und muß konstruktiv nicht jedes
denkbare Fehlbedienungsrisiko ausschließen. Im Bereich der Konstruktionsfehler verlangt
die Rechtsprechung vom Anlagen-/Maschinenbauer gleichwohl insbesondere,

• eine Betriebssicherheit nach dem "Stand der Technik" konstruktiv sicherzustellen und
• die vom Produkt ausgehenden Gefahren durch Sicherungseinrichtungen so weit wie
möglich einzuschränken.

Um die Gefahr einer Haftung für Konstruktionsfehler einzudämmen, ist der Einsatz
moderner Sicherheitstechnik folglich unverzichtbar.

 Haftung für Instruktionsfehler

Von einem an sich fehlerfreien Produkt können Gefahren alleine schon dadurch ausgehen,
daß das Produkt falsch bedient wird. Die Rechtsprechung verlangt daher vom Hersteller,
daß er den "durchschnittlichen Verbraucher" über die Bedienung und Handhabung des
Produkts informiert. Die Erwartung des "durchschnittlichen Verbrauchers" kann von Land
zu Land unterschiedlich sein. Für Deutschland ausreichende Bedienungshinweise können
daher z.B. für die U.S.A. unzureichend sein und umgekehrt.

Die Produkte der Anlagen- und Maschinenbauer sind typischerweise für die Bedienung
durch Fachpersonal vorgesehen. Dieser Umstand führt nach der Rechtsprechung zu
deutlich herabgesetzten Instruktionspflichten. Der Anlagen- und Maschinenbauer darf
daher bei seinen Instruktionen die Grundkenntnisse eines "durchschnittlichen"
Fachbedieners voraussetzen. Gleichwohl sollten Bedienung, Handhabung und
Besonderheiten der Anlage/Maschine eher zu umfangreich als zu kurz - und zu
Beweiszwecken stets schriftlich - dokumentiert werden.

Sollte der Anlagen-/Maschinenbauer den Anwender dennoch nur unzureichend instruiert


haben, werden beide durch den Einsatz moderner Sicherheitstechnik geschützt: Der
Anwender vor Schäden, der Anlagen-/Maschinenbauer vor einer Haftung.

 Pflicht zur Produktbeobachtung, Warnung und Rückruf

In den vorangegangenen drei Fallgruppen war ein Schaden infolge eines Produktfehlers
stets schon eingetreten. Wenn ein Schaden noch nicht entstanden, aber bereits absehbar
ist, kann es dem Verbraucher bzw. gewerblichen Kunden nicht zugemutet werden, das
Entstehen dieses Schadens abzuwarten, ehe Produkthaftungsansprüche geltend gemacht
werden können. Die Rechtsprechung hat diese Schutzlücke durch die Pflicht des
Herstellers zur Produktbeobachtung, Warnung und Rückruf geschlossen.

17
Wenn der Anlagen- und Maschinenbauer mehrere gleichartige Anlagen/Maschinen
fertiggestellt hat und an einer dieser Anlagen/Maschinen ein Fehler auftritt, muß er folglich
prüfen, ob dieser Fehler wegen seiner Eigenart auch an den anderen Anlagen/Maschinen
auftreten könnte. Bejaht er dies, sind die Kunden auf diesen Umstand aufmerksam zu
machen. Bei besonders schwerwiegenden Gefahren kann die Pflicht des Anlagen-
/Maschinenbauers im Einzelfall sogar bis zur Nachbesserung der fehlerhaften
Anlage/Maschine reichen. Diese Verpflichtungen sind der Hintergrund der häufigen
Rückrufaktionen von Automobilherstellern.

Die Pflicht zur Produktbeobachtung besteht grundsätzlich auch dann, wenn die gelieferten
Anlagen/Maschinen im Zeitpunkt der Lieferung dem "Stand der Technik" entsprachen und
erst im nachhinein durch technischen Fortschritt überholt wurden.

Produkthaftungsansprüche verjähren zwar grundsätzlich drei Jahre nach Schadenseintritt.


Eine Haftung ist jedoch erst dann endgültig ausgeschlossen, wenn auch noch nach 30
Jahren kein Schaden eingetreten ist. Einen gewissen Schutz vor einer Inanspruchnahme
genießt der Anlagen- und Maschinenbauer nur insoweit, als von ihm eine Nachbesserung
nur beim Verdacht besonders schwerwiegender Gefahren verlangt wird. Auch im Bereich
der Produktbeobachtungspflicht hat es der Anlagen- und Maschinenbauer in der Hand,
durch Einsatz moderner Sicherheitstechnik die Gefahr schwerer Sach- und
Personenschäden und somit einer eventuellen Nachbesserungspflicht zu bannen.

 Pflicht zur Überwachung der Zulieferer

Der Anlagen- und Maschinenbauer kann sich nicht ohne weiteres damit entschuldigen, das
fehlerhafte Teilprodukt sei nicht von ihm, sondern von einem Zulieferer gefertigt worden.
Dieser Entlastungsbeweis kann dem Anlagen- und Maschinenbauer allenfalls dann
gelingen, wenn er nachweisen kann, den Zulieferer sorgfältig ausgewählt und ihn und
seine Lieferungen ordnungsgemäß überwacht und kontrolliert zu haben. Am ehesten wird
der Anlagen- und Maschinenbauer mit dieser Argumentation Erfolg haben, wenn er sich
renommierter, erfahrener Zulieferer und deren bewährter Produkte bedient.

Die vorstehend skizzierten Grundsätze der Produkthaftung sind zwingend. Von ihnen kann
also nicht durch Vereinbarung von Haftungseinschränkungen abgewichen werden.

18
⇒ Konstruktion einer sicheren Maschine

Vorgehensweise:

1. Klärung, ob die geplante Maschinengattung in den Gültigkeitsbereich der Maschinen-


Richtlinie fällt.

2. Klärung, ob weitere Richtlinien, die eine CE- Kennzeichnung vorsehen, für dieses
Produkt anzuwenden sind; in diesem Fall gilt die Konformität für alle anzuwenden
Richtlinien und muß entspr. dokumentiert werden.

3. Einstufung des Produkts im Sinne der Maschinenrichtlinie (Maschine, Komponente,


auswechselbare Ausrüstung, Sicherheitsbauteil, ...).

4. Handelt es sich um eine ”gefährliche Maschine” (in Anhang IV der MRL aufgeführt); in
diesem Fall muß eine akkreditierte Stelle hinzugezogen werden.

5. Besteht eine Typ C-Norm für diesen Maschinentyp?


(Idealfall, Typ C-Normen sind leider für die wenigsten Maschinentypen bereits
vorhanden). Ist eine Typ C-Norm vorhanden und werden in dieser alle möglichen
Gefährdungen behandelt, so kann mit Punkt 7. fortgefahren werden.

6. Ist keine Typ C-Norm so muß eine Gefahrenanalyse


durchgeführt werden, wobei alle möglichen Gefährdungen aufgelistet und dokumentiert
werden müssen. Die entsprechenden harmonisierten Normen des Typs A und B sind
anzuwenden (z.B. EN 292 Allgemeine Gestaltungsleitsätze, EN 1050
Risikobeurteilung, EN 954-1 Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen usw.).

7. Erstellen einer ”Technischen Dokumentation”

8. Konstruktion und Bau der Maschine entsprechend der Gefahrenanalyse und der
”Technischen Dokumentation”

9. Ausstellen der Konformitätserklärung (Anhang II A MRL)

10. Anbringen des CE-Kennzeichens

19
Bestimmung der Grenzen der Maschine
Identifizierung der Gefährdung
im definierten System
1

2
Harmonisierte
Europa-Norm oder notifiz.
nationale Spezifikation
vorhanden?

3
Einschätzung und
Bewertung des Risikos

Sicher?
Sicherheitsmaßnahmen
aus harmonisierter
Europa-Norm oder aus
notifizierter nationaler
Sicherheits- 2 Spezifikation
4 maßnahmen

Sicher?

5 Überprüfung auf
Ziel erreicht
neue Gefährdung

Abb. 9 Vorgehensweise bei der Konstruktion einer sicheren Maschine

20
⇒ Risikobeurteilung nach EN 1050

START

Bestimmung der
Grenzen der Maschine
(Abschnitt 5)

Identifizierung der
Risiko- Risiko-
Gefährdungen
analyse beurteilung
(Abschnitt 6)

Risikoeinschätzung
(Abschnitt 7)

Risikobewertung
(Abschnitt 8)

Risikoverminderung
Ist die
Optionsanalyse
Maschine
(siehe Anmerkung und
sicher ?
Anhang A)

JA

ENDE

Abb. 10

Die Typ A-Norm EN 1050 schreibt für die Risikobeurteilung die in Abb. 10 dargestellte
Vorgehensweise vor. Der Konstrukteur der Maschine soll diesen iterativen Prozeß so oft
durchlaufen, bis er sich sicher ist, daß das Schutzziel erreicht und die Maschine sicher ist.

21
Bestimmung der Grenzen der Maschine

♦ Verwendungsgrenzen: Festlegung der bestimmungsmäßigen Verwendung


♦ räumliche Grenzen: Bewegungsräume, Platzbedarf für die Installation,
Wechselbeziehung
♦ Operator/Maschine und Maschine/Energiezufuhr
♦ zeitliche Grenzen: Festlegung der vorhersehbaren Lebensdauer und/oder ihrer Teile
unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung
(Werkzeuge, Verschleißteile, elektrische Teile)

zu berücksichtigen:

♦ alle Lebensphasen der Maschine


♦ Konsequenzen aus einer vernünftiger Weise vorhersehbaren Fehlanwendung
♦ Anwenderprofil
♦ weitere Personen
♦ Einsatzbereich: Industrie, Gewerbe, Haushalt

Identifizierung der Gefährdungen

Es müssen alle Gefährdungen, Gefährdungssituationen und Gefährdungsereignisse


systematisch untersucht werden.

zu berücksichtigen:
♦ Eingreifen von Personen in allen Lebensphasen der Maschine
♦ Betriebszustände der Maschine
(in Funktion/außer Funktion)
vorhersehbare Fälle von Mißbrauch der Maschine

Arten von Gefährdungen

♦ mechanische: Quetschen, Scheren, Schneiden, Einziehen, Stoß, Fangen, Aufwickeln


usw.
♦ elektrisch: elektrischer Schlag (direktes-/indirektes Berühren)
♦ Substanzen und Stoffe: Verbrennungen, Erfrierungen, Lärm, Vibration, Strahlung,
Chemie

22
Risikoeinschätzung

Risikoelemente sind:

Schwere des Schadens

♦ Art des zu schützenden Rechtsgutes


- Personen, Sachen, Umwelt
♦ Art der Verletzung (bei Personen)
- leicht, schwer, tödliche Verletzung
♦ Schadensumfang
- eine/mehrere Personen

Eintrittswarscheinlichkeit eines Schadens

♦ Häufigkeit und Dauer der Gefährdungsexposition


- Notwendigkeit eines Zuganges (Normalbetrieb, Wartung, Reparatur ...)
- Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich
- Häufigkeit des Zuganges Anzahl der Personen
♦ Eintrittswahrscheinlichkeit
- Statistiken, Unfallgeschichte, Risikovergleiche

Möglichkeiten der Vermeidung oder Begrenzung


eines Schadens

Risiko Ausmass Wahrscheinlichkeit des Eintritts


bezogen auf des dieses Schadens
die ist möglichen und
betrachtete eine Schadens, der Häufigkeit und oder Dauer der
Gefährdung durch die Gefährdungsexposition
Funktion
von betrachtete
Gefährdung Eintrittswahrscheinlichkeit eines
verursacht Gefährdungsereignisses
werden kann
Möglichkeit zur Vermeidung oder
Begrenzung des Schadens

Risikobewertung Abb. 11

• Festlegung der Erforderlichen Risikominderung


• Überprüfen des erwarteten Sicherheitsniveaus

Anhang B (EN 1050) informiert über diverse Verfahren zu Untersuchung von


Gefährdungen und zur Einschätzung von Risiken.

23
⇒ Strategie zur Auswahl von Sicherheitsmaßnahmen EN 292-1

Die EN 292-1 gibt folgende Strategie zur Auswahl von Sicherheitsmaßnahmen vor.

Bestimmung der Grenzen der Maschine


Verwendung, räumliche- und zeitliche Grenzen

Identifizierung der Gefährdungen und


Bewertung der Gefährdungssituation
- Aspekte der Beziehung Operator-Maschine
- Betriebszustände der Maschine
vorhersehbarer Mißbrauch

Jede Gefährdungssituation wie unten


dargestellt analysieren
Entstehen andere nein
Gefährdungen ?

Ist Gefährdung ja
vermeidbar ?

Kann Risiko ja Risikominderung durch


vermindert werden ? Konstruktion

nein Ist Sicherheit ja


ausreichend ?

Sind tech. ja
nein
Schutzmaßnahmen Technische Schutzmaßnahmen
möglich

Ist Sicherheit ja
ausreichend ?

nein
Benutzerinformation

nein Ist Sicherheit ja


ausreichend ?

Schutzziel erreicht !

Abb. 12 Strategie zur Auswahl von Sicherheitsmaßnahmen

Die Rangfolge der Sicherheitsmaßnahmen ist außerdem wie in Abb. 12 beschrieben. D.h
an erster Stelle steht die sichere Konstruktion (keine gefährlichen Stellen vorhanden),
dann kommen die ”Technischen Schutzmaßnahmen und erst danach wird die
Benutzerinformation als weitere Möglichkeit Unfälle zu vermeiden, angewendet.

24
SICHERHEITSMASSNAHMEN, DIE VOM KONTSRUKTEUR DURCHZUFÜHREN SIND
(Anwendungsbereich dieser Norm)

RISIKOMINDERUNG TECHNISCHE BENUTZER- ZUSÄTZLICHE


DURCH SCHUTZ- INFOMATION VORSICHTS-
KONSTRUKTION MASSNAHMEN MASSNAHMEN

AUSBILDUNG

SICHERE
VORSEHEN VON ARBEITSMETHODEN
PERSÖNLICHEN
SCHUTZ- ÜBERWACHUNG
AUSRÜSTUNGEN
BETRIEBS-
ERLAUBNIS

SICHERHEITSMASSNAHMEN, DIE VOM


BENUTZER DURCHZUFÜHREN SIND
(werden in dieser Norm nicht berücksichtigt)

Abb. 13

Außerdem fordert die EN 292-1 auch, daß der Benutzer der Maschine frühzeitig mit in das
Sicherheitskonzept der Maschine einbezogen werden soll, um dadurch zu vermeiden, daß
Schutzmaßnahmen leichtfertig entfernt werden, wenn sie den Arbeitsablauf stören.

Die hier kurz beschriebenen Normen EN 292 und EN 1050 sind wichtiger Bestandteil der
Risikobeurteilung und sollten in jedem Falle in jeder Konstruktionsabteilung vorhanden
sein.

Ausführlichere Informationen sind im

Leitfaden Maschinensicherheit in Europa


Beuth Verlag GmbH
Tel. (030)2601-0

nachzulesen.

25
⇒ Wahl der Steuerungskategorie

Die Vorgehensweise für die Auswahl der Steuerungskategorie ist in der EN 954-1
Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen geregelt. Diese Typ B1-Norm beschreibt die
Anforderungen von fünf möglichen Sicherheitskategorien an alle möglichen
Steuerungsarten (elektrisch, pneumatisch, hydraulisch, ...). Der Anhang B der EN 954-1
beschreibt ein vereinfachtes Verfahren (Hilfsmittel) zur Einteilung einer Gefahrenstelle in
eine entsprechende Sicherheitskategorie. Die einzelnen Kategorien stellen folgende
Anforderungen an die sicherheitsbezogenen Teile von Steuerungen:

Kategorie B:

Die sicherheitsbezogenen Teile von Maschinensteuerungen und/oder ihre


Schutzeinrichtungen sowie ihre Bauteile müssen in Übereinstimmung mit der zutreffenden
Normen so gestaltet, konstruiert, ausgewählt, zusammengestellt und kombiniert werden,
daß sie den zu erwartenden Einflüssen standhalten können.

Beispiele:

 Auswahl der Leiterfarben


 Auswahl der Farben für Befehls- und Meldegeräte
 Auswahl der Gebrauchskategorien von Antrieben
 Auswahl von Maßnahmen gegen Umgebungseinflüsse
 Dimensionierung der Schaltgeräte und Antriebe
 Steuerung ohne jegliche Sicherheitsmerkmale
 Auswahl der Schutzklassen
 Auswahl der Schutzarten
 Auswahl der Gehäusegrößen Auswahl der Schutzmaßnahmen
 Auswahl der Leiterart- und Isolierung
 Auswahl der Leiterquerschnitte

Kategorie 1

Die Anforderungen von B müssen erfüllt sein. Zusätzlich müssen bewährte Bauteile und
bewährte Sicherheitsprinzipen angewendet werden.

Sicherheitstechniken:

Bewährte Bauteile: Positionsschalter für


Sicherheitsanwendungen

Bewährte Prinzipien: Zwangsöffnung, -betätigung


und -führung,
Überdimensionierung

26
Beispiel für Kategorie 1:

zwangsbetätigt
offen

1
S1
geschlossen

2
K1

Sicherheitskreis

Bewegliche
K1
Trennende Schutzeinrichtung

Abb. 14

Kategorie 2

Die Anforderungen von B und die Verwendung bewährter Sicherheitsprinzipien


(Kategorie 1) müssen erfüllt sein. Die Sicherheitsfunktion muß in geeigneten
Zeitabständen durch die Maschinensteuerung geprüft werden. Spätestens aber muß die
Prüfung bei der nächsten Aufforderung erfolgen.

Sicherheitstechniken:

Bewährte Prinzipien: Zwangsöffnung, -betätigung


und -führung,
Überdimensionierung

Struktur der Steuerung: Zyklischer Test

(In Kategorie 2 dürfen elektronische Systeme für Überwachungsaufgaben verwendet


werden)

27
Beispiel Kategorie 2:

K2 K3 Gefahr
K1
zwangsbetätigt 5

offen K1 K01
AW
K1
1 3
S1

geschlossen

4 K1 K01

K2
K3

Sicherheitskreis
AW = Ausschalt-Wischrelais

Abb. 15

Beispiel für Kategorie 2 mit SPS:

zwangsbetätigt

1 K1 KM
offen

Eingangsebene
S1
SPS
geschlossen 2 3
Ausgangsebene

K1

K1
Bewegliche K1
Trennende Schutzeinrichtung
KM

Abb. 16

28
Kategorie 3

Die Anforderungen von B und die Verwendung bewährter Sicherheitsprinzipien (Kategorie


1) müssen erfüllt sein.

Sicherheitsbezogene Teile müssen so gestaltet sein, daß:

♦ ein einzelner Fehler in jedem dieser Teile nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion
führt, und
♦ wann immer in angemessener Weise durchführbar,
♦ ein Fehler erkannt wird.

Sicherheitstechniken:

Bewährte Prinzipien: Zwangsöffnung, -betätigung


und -führung,
Überdimensionierung

Struktur der Steuerung: Redundanz

Beispiel für Kategorie 3

zwangsbetätigt Sicherheitskreis
offen

1
S1
K1 K1
geschlossen

2
3

S2 K2 K2

Bewegliche K1 K2
Trennende Schutzeinrichtung

Abb. 17

29
Kategorie 4

Die Anforderungen von B und die Verwendung bewährter Sicherheitsprinzipien (Kategorie


1) müssen erfüllt sein.

Sicherheitsbezogene Teile müssen so gestaltet sein, daß:

♦ ein einzelner Fehler in jedem dieser Teile nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion
führt, und
♦ der einzelne Fehler bei oder vor der nächsten Anforderung an die Sicherheitsfunktion
erkannt wird, oder, wenn dies nicht möglich ist, darf eine Anhäufung von Fehlern dann
nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion führen.

Beispiel Kategorie 4:

zwangsbetätigt K2 Sicherheitskreis
S3
offen
Start
1
S1 K1 K1
5
geschlossen
K3 K2
2 K2 K2

K3 K1 K1
3 K3 K3
nicht
S2
zwangsbetätigt

K2 K3
Bewegliche 4
Trennende Schutzeinrichtung
K1 K3

Abb. 18

30
Nachdem jetzt alle Sicherheitskategorien bekannt sind, stellt sich die Frage, wie wird nun
eine solche einer Gefahrenstelle zugeordnet?
Hierfür ist im Anhang der EN 954-1 der sogenannte Risikograph vorgesehen. Er beschreibt
ein einfaches System zur Zuordnung der Sicherheitskategorien zu einzelnen
Gefahrenstellen. Jeder Risikoebene werden nur zwei Antwortmöglichkeiten zugeordnet, um
eine definierte, wiederholbare Verbindung zu den Steuerungskategorien zu erhalten
Folgende drei Risikoelemente sind für die Einschätzung von Gefahrenstellen relevant:

S Schwere der Verletzung

S1 : Leichte reversible Verletzung


S2 : Schwere irreversible Verletzung oder Tod einer Person

F Häufigkeit und/oder Aufenthaltsdauer im


Gefahrenbereich

F1 : Selten bis öfter und/oder kurze


Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich
F2 : Häufig bis dauernd und/oder lange
Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich

P Möglichkeit zur Vermeidung der Gefährdung

P1 : Möglich unter bestimmten Bedingungen


P2 : Kaum möglich

Die Möglichkeit zur Vermeidung einer Gefährdung ist


Abhängig von:

 Bewegungs-/Fluchtmöglichkeiten des Operators


 spontanen und unerwarteten Maschinenbewegungen
 Schnelligkeit und Dynamik der Maschinenbewegungen im Vergleich
zur Reaktionszeit des Menschen
 der Übersichtlichkeit der Maschine
 der mentalen Beanspruchung des Operators
 der Erfahrung des Operators/Kenntnis des Arbeitsprozeßes

Im Risikographen finden sich auf der nächsten Seite die Antwortmöglichkeiten der
einzelnen Risikoelemente wieder.

31
Risikograph

Kategorie
B 1 2 3 4
S1
P1
F1
P2
S2
P1
F2
P2

entspricht der auszuwählenden Kategorie

Abb. 19 Risikograph

Sind mehrere Kategorien möglich, so muß bei der Auswahl der niedrigeren Kategorie eine
entsprechende Begründung erfolgen.
Entscheidendes Kriterium für die Auswahl der niedrigeren
Kategorie, kann zum Beispiel eine langjährige vorfallfreie Unfallstatistik sein.

Beispiel einer Risikobeurteilung an einer hydraulischen Presse mit


Handeinlegearbeiten:

S: Schwere der Verletzung?


S2 schwer, irreversibel

F: Häufigkeit und/oder Dauer der


Gefährdungsexposition
F2 Dauernd

P: Möglichkeit zur Vermeidung


der Gefährdung?
P2 Kaum möglich

Ist der Bediener mit der Hand im Gefahrenbereich


während der Pressenstößel nach unten fährt, so kann es ihm die Hand abquetschen
(irreversibel, da diese Verletzung nicht wieder heilen kann).

32
Da es sich um Handeinlegearbeiten handelt, muß der Bediener ständig in den
Gefahrenbereich eingreifen. D.h. er ist der Gefahr dauernd ausgesetzt.
Aufgrund der hohen Taktzeiten von Pressen, ist es nicht möglich rechtzeitig zu erkennen,
daß der Stößel nach unten fährt. D.h. der Bediener hat nicht genügend Zeit die Gefahr zu
erkennen und seine Hände aus dem Gefahrenbereich zu entfernen.

Aufgrund dieser Erkenntnisse ergibt sich folgende Sicherheitskategorie:

Kategorie
B 1 2 3 4
S1
P1
F1
P2
S2
P1
F2
P2

Abb. 20

Für Handeinlegearbeiten an dieser Presse ergibt sich die Sicherheitskategorie 4

Ein wichtiger Punkt bei der Risikobetrachtung nach EN 954-1 ist, daß mögliche
Schutzeinrichtungen wie z.B. Zweihandschaltungen oder Unfallschutzlichtgitter usw. nicht in
die Betrachtung mit einbezogen werden. D.h. es wird die Gefahrenstelle mit ihren möglichen
Verletzungen ohne Schutzeinrichtungen bewertet.
Aufgrund des Ergebnisses wird dann eine ausgewählte Schutzeinrichtung nach der entspr.
Sicherheitskategorie ausgelegt.

33
⇒ NOT-AUS- Einrichtungen EN 418

Zweck:

Funktionelle Anforderungen an NOT-AUS- Einrichtungen


festlegen.

Zielgruppe:

Maschinenkonstrukteure und Typ "C"- Normensetzer.

Das Wichtigste in Kürze:

Die NOT-AUS- Funktion soll aufkommende oder bestehende Gefahren für Personen und
Schäden an der Maschine oder am Arbeitsgut abwenden oder mindern. Gefahren sind u.a.
funktionale Unregelmäßigkeiten, Fehlfunktionen der Maschine, nicht hinnehmbare
Eigenschaften des zu bearbeitenden Materials und menschliche Fehler.

NOT-AUS ist vorgeschrieben;

Die Maschinen-Richtlinie schreibt NOT- AUS-Einrichtungen für jede Maschine vor.

Ausnahmen bilden:

 Maschinen, an denen eine NOT-AUS- Einrichtung das Risiko nicht verringern würde.
 von Hand getragene und von Hand geführte Maschinen.
NOT-AUS ist eine unterstützende Maßnahme, kein Ersatz für fehlende Schutzmaßnahmen!
Nach EN 60204-1 / VDE 0113-1 müssen Sie NOT-AUS-Einrichtungen an allen
Bedienständen und anderen Arbeitsplätzen vorsehen.
Die NOT-AUS-Wirkweise:
Durch eine einzige Handlung einer Person wird die NOT-AUS-Funktion ausgelöst. Sie muß
zu jeder Zeit verfügbar und funktionsfähig sein (siehe prEN 954-1). Die Betriebsart bleibt
dabei unberücksichtigt.

Gestalten Sie NOT-AUS-Einrichtungen so, daß dem Anwender keine Überlegungen


abverlangt werden, wenn es um die Betätigung und die sich daraus ergebenden Wirkungen
geht. Damit werden
Verzögerungen bis zum Zeitpunkt Eine Person wird sich
der Notwendigkeit
des Auslösens - bis die Anlage eines NOT-AUS bewußt
Rückstellen (Entriegeln)
abgeschaltet wird - vermieden. Betätigen der
NOT-AUS-Einrichtung der NOT-AUS-Einrichtung
Die Wirksamkeit von Betrieb
Sicherheitseinrichtungen bzw.
Einrichtungen mit
sicherheitsbezogenen Funktionen
Durch NOT-AUS
darf dadurch nicht beeinträchtigt Halt
erreichter Zustand Zeit

werden. Dies schließt auch das EN 418


Maschine kann wieder
in Gang gesetzt werden

Befreien von Personen aus


Gefahrensituationen mit ein.

Abb. 21

34
Die Reaktion der Maschine auf den NOT- AUS- Befehl darf keine zusätzliche Gefährdung
hervorrufen.

Prüfen Sie, ob ein sofortiges Abschalten

= Stop-Kategorie 0

oder ein geregeltes Stillsetzen

= Stop- Kategorie 1

das geringere Risiko darstellt.

Stop-Kategorie 0:

Die Anlage wird durch unmittelbares Abtrennen der Energiezufuhr zu dem Antriebselement
oder mechanische Unterbrechung (auskuppeln) zwischen gefährlichen Elementen und ihren
Antriebselementen stillgesetzt.
Anwendungsbeispiel: Hauptschalter mit NOT-AUS-Funktion oder NOT-AUS-Schaltgerät in
Verbindung mit Unterspannungsauslöser.

M~

Abb. 22 Stop-Kategorie 0

35
Stop-Kategorie 1:

Hier erfolgt ein gesteuertes Stillsetzen mit Energiezufuhr zu dem Antriebselement, um den
Halt zu erreichen. Nach erfolgtem Stillstand ist die Energiezufuhr zu unterbrechen.
Anwendungsbeispiel: Motor mit Gleichstrombremse oder geregeltem Antrieb.

M~

Abb. 23 Stop-Kategorie 1

Bei Stop-Kategorie 2 bleibt die Energiezufuhr zu den Antrieben erhalten.


Stop-Kategorie 2 ist nicht zulässig für NOT-AUS- Anwendungen.

EN 60204 :1988

Der NOT-AUS- Befehl muß den Ausschalteinrichtungen (Schaltern) entweder durch ein
direktwirkendes mechanisches Glied oder durch das Unterbrechen eines betriebsmäßigen
an Spannung liegenden Steuerstromkreis gegeben werden. Der direkt wirkende Not-Aus ist
dargestellt in Abb. 25.

Fehlerrisiken: Überbrückung des Not-Aus-Tasters.


Betätigt der Bediener in diesem Fall den Not-Aus-Taster, wird der Befehl nicht ausgeführt.
Das Prinzipschaltbild entspricht der Steuerungskategorie B oder 1 .
In Abb. 26 wird gezeigt, wie eine Not-Aus Funktion auf keinen Fall realisiert werden darf.
Sollen bei einem Not-Aus-Befehl mehrere Stromkreise abgeschaltet werden, ist für die
Vervielfältigung des Befehls ein erhöhter Schaltungsaufwand zu betreiben.
(indirekt wirkender Not-Aus ).

36
Querschlußsicherheit, bei Not-Aus- Schaltgeräten ist nur bei entspr. zweikanaliger
Verdrahtung des Not-Aus- Kreises (siehe Abb. 26) erreichbar. In diesem Fall und mit
überwachtem Start ist die Sicherheitskategorie 4 erreichbar.

Abb. 24 Direkt wirkender Not-Aus

37
Abb. 25

Abb. 26

38
Die Schaltung wie in Abb. 25 gezeigt ist absolut unzulässig und darf so keinesfalls
angewendet werden.
Die in Abb. 26 abgebildete Schaltung zeigt den Einsatz eines Not-Aus- Schaltgerätes
XPS-AS in einer Applikation mit mehreren Steuerstromkreisen. Hier ist ein direkt wirkender
Not-Aus nicht zulässig, da mehrere Steuerstromkreise abgeschaltet werden müssen.
In der Praxis ist es heutzutage empfehlenswert für Not-Aus- Anwendungen entsprechende
Schaltgeräte einzusetzen, da hier der Hersteller die Einhaltung der europäischen Richtlinien
und Normen durch eine entsprechende Konformitätserklärung oder sogar eine
Baumusterprüfung garantiert (siehe Abb. 26).

39
⇒ Verriegelungseinrichtungen mit und ohne Zuhaltung EN 1088

Zweck:

Auf welche Weise sollen bewegliche Schutzeinrichtungen überwacht werden? Diese Norm
beschreibt Prinzipien für die Auswahl und Gestaltung von Verriegelungseinrichtungen und
deren Anbindung an die Schutztür (EN 953) bzw. an die Steuerung (EN 954-1).

Zielgruppe:

Maschinenkonstrukteure und Typ"C"- Normensetzer.

Das Wichtigste in Kürze:

Diese Norm beschreibt Grundbegriffe und allgemeine Gestaltungsleitsätze für


Verriegelungseinrichtungen und trennende Schutzeinrichtungen.
Wählen und gestalten Sie die Art der Verriegelungseinrichtung für Ihren Anwendungsfall so,
daß die grundlegenden EU-Sicherheitsanforderungen erfüllt werden.
Wichtige Auswahlkriterien für eine geeignete Verriegelungseinrichtung in speziellen
Anwendungsfällen sind:

• die Anwendungsbedingungen und die bestimmungsgemäße Verwendung


• die an der Maschine auftretenden Gefährdungen
• die Schwere der möglichen Verletzung
• die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls der Verriegelungseinrichtung
• die Anhaltezeit und Zugangs- bzw. Zugriffszeit
• die Dauer, für die eine Person der Gefährdung ausgesetzt ist.

Einige dieser Kriterien haben Sie mit Hilfe der EN 292, EN 1050 und EN 954-1 bereits
betrachtet.
Weiterhin wird zwischen Ausführungen mit und ohne Zuhaltung unterschieden.

Eine Verriegelungseinrichtung ohne Zuhaltung ist eine mechanische oder elektrische


Einrichtung, die den Betrieb einer Maschine nur zuläßt, wenn die Schutztür geschlossen ist
(z.B. Sicherheits-Positionsschalter mit getrenntem Betätigungselement).

Abb. 27 Sicherheits-
Positionsschalter mit getr.
Betätiger

40
Diese Schutzmaßnahme verhindert die gefahrbringenden Maschinenfunktionen, wenn die
Schutzeinrichtung nicht geschlossen ist. Ein Öffnen der Schutzeinrichtung während des
Betriebes löst einen Halt-Befehl aus. Seine Bedeutung ist analog zu einem Stop-Befehl (EN
418, NOT-AUS- Einrichtungen). Durch Schließen der trennenden Schutzeinrichtung wird die
Maschine betriebsbereit geschaltet. Das Einschaltsignal ("Start") hat jedoch separat zu
erfolgen.
Eine Verriegelungseinrichtung mit Zuhaltung ist eine mechanische oder elektrische
Einrichtung, die den Betrieb einer Maschine nur zuläßt, wenn die Schutztür
geschlossen und zugehalten ist (z.B. Sicherheits-Positionsschalter mit getrenntem
Betätigungselement und elektromagnetischer Zuhaltung).
Die gefahrbringenden Maschinenfunktionen werden durch eine geschlossene und
zugehaltene Schutzeinrichtung abgesichert. Die trennende Schutzeinrichtung bleibt solange
zugehalten, bis das Verletzungsrisiko, durch die gefahrbringende Maschinenfunktion bzw.
Bewegung, ausgeschlossen ist (die Überwachung erfolgt durch z.B. Drehzahl- bzw.
Stillstandswächter o.ä.).
Durch Schließen und Zuhalten der trennenden Schutzeinrichtung wird die Maschine
betriebsbereit geschaltet. Das Einschaltsignal ("Start") hat auch hier separat zu erfolgen.

Abb. 28 Sicherheits-Positionsschalter
mit getrenntem Betätiger und
elektromagnetischer Zuhaltung

Welche Ausführung muß wann verwendet werden?


Anhaltezeit > Zugriffs- bzw. Zugangszeit → Verriegelungseinrichtung mit Zuhaltung

Anhaltezeit < Zugriffs- bzw. Zugangszeit → Verriegelungseinrichtung ohne Zuhaltung

Beispiel:

Ein Bediener öffnet die Schutztür einer Drehmaschine und schaltet damit die
Antriebsenergie ab.
Nun greift er in den Gefahrenraum, um ein Werkstück zu entnehmen. Die gefahrbringende
Bewegung muß beendet sein, bevor der Bediener diese Maschinenteile erreicht.
Andernfalls muß eine Verriegelungseinrichtung mit Zuhaltung eingesetzt werden.
Die Anhaltezeit der Maschine läßt sich recht einfach ermitteln.
Die Zugriffs- bzw. Zugangszeit wird von den Parametern Abstand,
Annäherungsgeschwindigkeit und maschinenspezifischen Gegebenheiten wie Art der
Zugängigkeit bestimmt. Mit Hilfe der EN 999 "Anordnung von Schutzeinrichtungen im
Hinblick auf Annäherungsgeschwindigkeiten von Körperteilen" werden diese Zeiten
berechnet.

41
Anordnung und Befestigung von Positionsschaltern

Positionsschalter und Betätigungselemente müssen gegen Lageänderung gesichert sein:

• Zuverlässige, nur mit Werkzeug lesbare Befestigungselemente verwenden.


• Gegen Selbstlockerung gesichert.
• Langlöcher nur für Anfangseinstellung verwenden.
• Formschluß durch Bolzen, Stifte, Anschläge etc. sicherstellen.
• Schalter nicht als mechanischen Anschlag verwenden.
• Vom Schalter-Hersteller angegebene Wege einhalten.
• Schalter geschützt anbringen, damit äußere Einflüsse keine Schäden bewirken.
• Für Wartung und Funktionsprüfung zugänglich anbringen.
• Beim Öffnen der Schutztür muß abgeschaltet sein, bevor ein gefährlicher Zustand
auftritt.

Bei Schaltern mit getrenntem Betätiger (Sicherheits-Positionsschalter) soll das Umgehen


der Schutzfunktion erschwert werden.

• Schalter verdeckt einbauen.


• Betätiger "nicht lösbar" befestigen

Anforderungen an Positionsschalter für Personenschutzfunktion

• Öffnerkontakte müssen zwangsöffnend nach EN 60947-5-1, Kapitel 3, sein.


• Gekapselte Geräte müssen min. IP 54 aufweisen.

Zuhaltungseinrichtungen müssen:

• Durch Einrücken zweier starrer Teile formschlüssig wirken.


• Im Regelfall mit Federkraft in Sperrstellung gehen, mit Energie entsperrt werden.
• Eine manuelle, nur mit Werkzeug betätigbare Hilfsentriegelung besitzen (nur bei
Federkraftverriegelten Geräten).
• Vollständig in Sperrstellung sein, bevor die Maschinenbewegung freigegeben wird,
den zu erwartenden Kräften standhalten.

42
Beispiel für die Anordnung eines mechanischen Positionsschalters mit angebautem
Betätiger

keine Zwangsöffnung
und leicht umgehbar

Abb. 29 Falsche Anordnung eines mechanischen Positionsschalters


(wird nicht zwangsläufig betätigt)

Zwangsöffnung

Abb. 30 Richtige Anordnung des Positionsschalters

Abb. 31 Schutzdeckelüberwachung mit einem mech. Positionsschalter mit angebautem


Betätiger (Rollenhebel).
43
Werden Schaltelemente redundant gemacht, müssen Ausfälle gemeinsamer Ursache
vermieden werden:

a. ein Schalter mit Öffnerkontakt, der durch die Schutzeinrichtung zwangsläufig


betätigt wird.

b. ein Schalter mit Schließerkontakt, der durch die Schutzeinrichtung nicht


zwangsläufig betätigt wird.

Fehler : Verschleiß des Betätigers (nicht bei b.); Klemmen des Betätigers (nicht bei a.)

D.h. werden zur Überwachung einer Schutztüre z.B. zwei mechanische Positionsschalter
mit angebautem Betätiger verwendet, so ist ein Positionsschalter bei geschlossener
Schutztüre betätigt und der zweite wird beim öffnen der Schutztüre zwangsläufig betätigt.

Da bereits ab Sicherheitskategorie 2 ein Testen des Sicherheitssystems vorgeschrieben ist,


empfiehlt es sich auf jeden Fall für Kategorie 2 und höher einen entsprechenden
Überwachungsbaustein einzusetzen.

Abb. 32 Beispiel einer Schutztürüberwachung der Sicherheitskategorie 4, realisiert mit


einem Not-Aus- Schaltgerät.

44
Für Schutztüren die betriebsmäßig (also ständig) geöffnet und geschlossen werden
müssen, empfiehlt sich in Kategorie 4 der Einsatz eines speziellen
Schutztüüberwachungsbausteines XPS-FB. Der Baustein ist in der Lage alle möglichen
Fehler zu erkennen und überwacht zusätzlich die zwei angeschlossenen Positionsschalter
auf synchrone Betätigung (Zeitfenster 1,5 sec.). Der Schutztürüberwachungsbaustein XPS-
FB bietet somit einen optimalen Schutz.

Für Applikationen bei denen ein Nachlaufen der gefährlichen Bewegung zu erwarten ist,
kann über eine elktromagnetische Zuhaltung in Kombination mit einem Stillstandswächter
eine optimale Absicherung des Gefahrenbereiches realisiert werden. Der Stillstandswächter
ist an die Anschlußleitungen des Antriebes angeschlossen und überwacht die beim
Auslaufen vom Läufer in der Ständerwicklung induzierte Spannung. Sinkt diese z.B. auf
einen Wert < 50 mA, so kann mit Sicherheit angenommen werden, daß der Antrieb steht.
Die Kontakte des Stillstandswächters geben dann den Ausgangskreis (Klemme 13-14), der
die elektromagnetische Zuhaltung betätigt frei. Die Schutztüre kann geöffnet werden
(siehe Abb. 33).

Abb. 33 Schutzgitter mit Zuhaltung bei Zugang zum Gefahrenbereich

45
⇒ Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen BWS

Eine BWS ist ein Teil der elektrischen Ausrüstung, die an Maschinen angewendet werden
soll, welche Risiken der Körperverletzung bergen. Sie bieten Schutz, indem sie die
Maschinen veranlaßt, einen sicheren Zustand einzunehmen, bevor eine Person gefährdet
wird.

Begriffsdefinitionen:

AOPD
Active Optoelectronic Protective Device

Berührungslos wirkende Schutzeinrichtung (BWS)


Eine Zusammenstellung von Teilen und/oder Komponenten, die zusammenarbeiten, um für
einen Zugangsschutz oder eine Anwesenheitserkennung zu sorgen, und mindestens
folgendes beinhaltet:

 einen Sensorteil;
 Steuerungs-/Überwachungsteile;
 Ausgangsschaltelemente.

Ausgangsschaltelement (OSSD)
Der teil der BWS , der mit der Maschinensteuerung verbunden ist und der in den Aus-
Zustand übergeht, wenn der Sensorteil während des bestimmungsgemäßen Betriebes
anspricht.

Erstes der BWS nachgeschaltetes Steuerelement (FSD)


Das Bauteil des sicherheitsbezogenen Steuerungssystems der Maschine, das den
Stromkreis zu dem Hauptsteuerelment des Antriebes unterbricht, wenn das
Ausgangsschaltelement (OSSD) in den Aus-Zustand geht.

Anlaufsperre
Eine Einrichtung, die einen automatischen Maschinenanlauf verhindert, wenn die
Stromversorgung der BWS eingeschaltet oder unterbrochen und wieder eingeschaltet wird.

Anlauftestung
Ein manueller oder automatischer Test, der durchgeführt wird, nachdem die BWS
eingeschaltet wurde, um das komplette sicherheitsbezogene Steuerungssystem zu testen,
bevor die normale Maschinenfunktion eingeleitet wird.

Wiederanlaufsperre
Eine Einrichtung zur Verhinderung eines automatischen Wiederanlaufs einer Maschine
nach Ansprechen des Sensorteils während eines gefahrbringenden Teils des
Maschinenzykluses, nach einer Änderung der Betriebsart der Maschine und nach einem
Wechsel in der Betätigungsart der Maschine.
Betriebsarten schließen ein: Tippen, Einzelhub, Automatik.
Betätigungsarten schließen ein: Fußschaltung, Zweihandschaltung, Eintakt- oder
Zweitaktauslösung durch den Sensorteil der BWS.

46
Arten von BWS

BWS-T (Typ 2): Schutzeinrichtung für die eine konkrete Reaktion auf externe Tests nötig
ist, um ihre Sicherheitsintegrität zu wahren. Sie muß die Anforderungen
der Kategorie 2 erfüllen.

Normalbetrieb Betrieb mit Fehler

Schutzfeld frei
belegt

Externer
Testzyklus
T T T T T
Risiko

OSSD/FSD
Ein
Aus

Die Fehlererkennung erfolgt bei Prüfung durch externen Test. In dem Zeitraum zwischen
Fehlerfall und den nächsten Test besteht ein Risiko

BWS-S (Typ 4): Schutzeinrichtung, deren Wirkung nicht durch einen Fehler innerhalb
der BWS beeinträchtigt wird. Sie muß geeignet sein, die Anforderungen
der Steuerungskategorie 4 zu erfüllen.

Normalbetrieb Betrieb mit Fehler

Schutzfeld frei
belegt

Interner
Testzyklus T T T T T T T T T T T T T

1 Ein
Aus
OSSD/FSD
2
Ein
Aus

Trotz eines Fehlers bleibt die Schutzfunktion immer erhalten. Im Gegensatz zu Kat. 3
dürfen bei Nichtaufdecken des Erstfehlers Zweit- und Drittfehler nicht zum Verlust der
Schutzfunktion führen. Interne Tests müssen innerhalb der Ansprechzeit der Schutz-
einrichtung liegen.

47
Auswahl optoelektronischer Schutzeinrichtungen

Folgende Strategie ist anzuwenden (iterativer Prozeß):

1. Festlegen des Schutzbereiches


2. Festlegen der Schutzfunktion
- Finger oder Handschutz
- Zugangsschutz für Personen
- Anwesenheitserkennung
3. Festlegung der Steuerungskategorie
4. Berechnung des Sicherheitsabstandes

Festlegen des Schutzbereiches:

Beachtet werden muß durch Risikobeurteilung u.a.:


 die Größe des Schutzfeldes
 die Zugangspunkte
 die Gefahrenbereiche
 Umgehungsmöglichkeiten

Festlegung der Schutzfunktion:

Finger- und Handschutz: der Bediener befindet sich nahe am Gefahrenbereich


Zugangsschutz: der Zugang zum Gefahrenbereich wird abgesichert
Anwesenheitserkennung: ein Gefahrenbereich der komplett mit festen
Schutzeinrichtungen umgeben ist, wird auf Anwesenheit
überwacht oder Zugangssicherung und
Anwesenheitserkennung wird kombiniert.

48
Festlegung des Sicherheitsabstandes

Von der Unterbrechung der Sicherheits-Lichtschranken bis zum Stillstand der Maschine
verstreicht eine Verzögerungszeit. Die Lichtschranken müssen so montiert werden, daß der
gefährliche Bereich während dieser Verzögerungszeit nicht erreicht werden kann.

Abb. 34

Berechnung des Sicherheitsabstandes

Der Sicherheitsabstand S zwischen Lichtschranke und Gefahrenbereich wird gemäß


EN 999 folgender Formel berechnet:

S=KxT+C

S Sicherheitsabstand zwischen Lichtschranke und Gefahrenbereich


K Greif- und Annäherungsgeschwindigkeit
(für S<500mm = 2000mm/s, für S>500mm = 1600mm/s)
T Verzögerungszeit zwischen Unterbrechung des Lichtstrahls und Stillstand der
Maschine (Ansprechzeit der AOPD + Nachlaufzeit der gefährlichen Bewegung)
C Ein zusätzlicher Abstand in mm, der das Eindringen in den Gefahrenbereich vor
Auslösen der Schutzeinrichtung zu Grunde legt.

Hubauslösung
Auflösung mm Zuschlag mm
AOPD/Taktbetrieb

≤ 14 0 zulässig

>14 ≤ 20 80 zulässig

> 20 ≤ 30 130 zulässig

> 30 ≤ 40 240 nicht zulässig

> 40 850 nicht zulässig

Abb. 35 Übersicht über Sicherheitskonstante in Abhängigkeit von der Auflösung der BWS

49
Bei der Berechnung des Sicherheitsabstandes werden im Normalfall drei verschiedene
Annäherungsvarianten unterschieden:

Rechtwinklige Annäherung ß=90° (± 5°) Gefahrenbereich


S
d ≤ 40 mm
S = 2000T + 8 x (d-14) wobei S>100 mm
S = 1600T + 8 x (d-14) für S>500 mm

40 < d ≤ 70 mm
S = 1600T + 850 Richtung des
Eindringens
H
d > 70 mm

AOPD
S = 1600T + 850 mehrstrahlig
S = 1600T + 1200 einstrahlig

Unterster Strahl: ≤ 300 mm


Oberster Strahl: ≥ 900 mm

Abb. 36 Rechtwinklige Annäherung

Winkelförmige Annäherung 5° < ß < 85° Gefahrenbereich

Grenze des Schutzfeldes

Richtung des AO
Eindringens PD

ß > 30°, vgl. senkr. Annäherung ß


ß< 30° , vgl. parall. Annäherung

S wird auf den am weitest entfernten S


Strahl angewendet, dessen Höhe
≤ 1000 mm ist
H
d ≤ H/15 + 50 bezogen auf den
untersten Strahl

Abb. 37 Winkelförmige Annäherung

50
± 5°)
Parallele Annäherung ß= 0° (± Gefahrenbereich

Richtung des
Grenze des Schutzfeldes
Eindringens
S
S = 1600T + (1200 - 0,4 x H)
wobei 1200 - 0,4 x H > 850 mm

15 x (d-50) ≤ H ≤ 1000 mm AOPD

wenn H ≥ 300 mm besteht ein Risiko des unerkannten H


Zugangs unterhalb des Strahles, der für H in Betracht
gezogen werden muß, wobei d ≤ H/15 + 50

Abb. 38 Parallele Annäherung

Beispiel für die Berechnung eines Sicherheitsabstandes für eine Bereichsüberwachung

Angenommen wird eine Maschine mit einer Nachlaufzeit von 500 ms und einer Absicherung
mit dem Unfallschutzlichtgitter SF4-AH Series und dem Überwachungsbaustein SF-AC.
Die Ansprechzeit des Lichtgitters beträgt < 11ms und die Abfallzeit des
Überwachungsbausteins beträgt <10 ms.

Anwendung der Formel:

S = K x T + 8 x (d-14mm)

Dabei ist :

S der Mindestabstand des SF4-AH vom Gefahrenbereich


K Annäherungsgeschwindigkeit 1600 mm/s (EN 999)
T Summe aus Nachlaufzeit der Maschine und Ansprechzeit der BWS
(500 ms + 11ms + 10ms = 521 ms)
C Zuschlag [ 8 x (d-14mm)]

Daraus ergib sich:

S = (1600 mm/s x 521 ms) + 8 x (20mm – 14mm)

S = 881,60 mm

51
Mehrachsige Anordnung

Zur Absicherung von Gefahrenbereichen werden die Absicherungshöhen und die Anzahl
der Lichtstrahlen in der EN 999 oder durch eine Risikoanalyse nach EN 954-1 festgelegt.

Anzahl der Montagehöhe über der Zugangsebene in mm


Lichtschranken
1 750
2 400 900
3 300 700 1100
4 300 600 900 1200

Abhängig von der Anzahl der Lichtschrankenpaare sind die einzelnen Systeme gemäß
EN 999 in unterschiedlichen Höhen zu montieren (siehe Tabelle oben). Die Anzahl der
verwendeten Systeme ergibt sich aus der entsprechenden Typ-C-Norm oder der
Risikobeurteilung. Seit 1989 müssen beim Einsatz von Sicherheitslichtschranken als
Bereichsüberwachung immer mindestens zwei Geräte verwendet werden

Da Lichtschranken zur Bereichssicherung in der Regel hintertreten werden können, sind


entsprechende Vorkehrungen zu treffen (Vorort- Freigabeschalter).
Die Maschine läßt sich erst nach Betätigen wieder starten. Damit soll verhindert werden,
daß die Maschine von Stellen aus, die keinen Einblick in den Gefahrenbereich erlauben
gestartet werden kann.
Er muß so angebracht werden, daß er einen Einblick in den Gefahrenbereich erlaubt und
nicht aus diesem heraus betätigt werden kann.

⇒ Bestimmungsgemäße Überbrückung von Sicherheitsfunktionen

Sicherheits-Lichtschranken werden häufig anstatt Umzäunungen in Bereichen eingesetzt,


wo Gegenstände z.B. Palettenstapel aus dem gesicherten Bereich heraus- oder in diesen
hineingebracht werden müssen.
Sicherheits-Lichtschranken ermöglichen es, den
Zugang für Personen zu sperren, ihn aber für
zu transportierende Gegenstände
räumlich und zeitlich begrenzt zu gestalten.
Zu diesem Zweck muß die Schutzwirkung
bestimmungsgemäß aufgehoben werden,
was im Englischen als „Muting“ bezeichnet wird.

Abb. 39 Mutingaufbau

52
Muting (Bestimmungsgemäßes Überbrücken einer Sicherheitsfunktion)

Die BWS wird überbrückt von der Maschinensteurung oder sie hat eine eigene
Überbrückungsfunktion.

Die Überbrückung darf nicht zu einem gefährlichen Zustand führen.

Nach Beendigung müssen Sicherheitsfunktionen von sicherheitsbezogenen Teilen wieder


hergestellt werden.

Werden nur Teile des Schutzfeldes unwirksam gemacht, muß der der Teil, der nicht mehr
durch die BWS geschützt ist, durch andere Schutzeinrichtungen geschütz werden.

Die Kategorie der sicherheitsbezogenen Teile, die die Aufhebungsfunktion ausführen, muß
so ausgewählt werden, daß die Einbeziehung der Aufhebungsfunktion die für die relevante
Sicherheitsfunktion erforderliche Sicherheit nicht verringert.

Bei unterschiedlichen Bewegungsrichtungen (Gegenstände/Personen) kann durch


Unterscheiden der Bewegungsrichtung das Unterbrechen erlaubt oder verboten werden.
Bei gleicher Bewegungsrichtung kann durch den Einsatz mehrerer Sensoren und
entsprechender Anbringung eine Manipulation verhindert werden.
Außerdem muß durch eine Zeitfunktion oder weiteren Sensoren unmittelbar nach passieren
des Ggenstandes die Überbrückung wieder aufgehoben werden.

Anforderungen:

Ein oder mehrere Leuchtmelder zeigen den Überbrückungszustand an. Diese Leuchtmelder
sollen vom Bedienstand aus gut sichtbar sein.
Bei einem Fehler des Mutingleuchtmelders muß sichergestellt sein, daß die BWS nicht
überbrückt werden kann.
Eine BWS- Typ 4 muß zwei unabhängig verdrahtete Muting- Signalquellen haben, die das
gleiche Sicherheitsniveau besitzen, wie die BWS. Sie müssen vor dem einschalten und
Ingangsetzen getestet und zyklisch überwacht werden.

⇒ „Blanking“ und „Floating Blanking“

In Anlagen, in denen eine kontinuierliche Materialzufuhr erfolgt, werden z.B.


Sicherheitslichtvorhänge mit Blanking benötigt. Blanking ermöglicht, ausgewählte Bereiche
des Schutzfeldes auszublenden. Es wird immer dann eingesetzt, wenn eine permanente
Unterbrechung einzelner Lichtstrahlen im Schutzfeld des Lichtvorhanges durch zum
Beispiel eine feststehende mechanische Halterung oder ein sich im Schutzfeld bewegendes
Teil während des normalen Arbeitsvorganges gefordert wird. Mittels eines
Programmiergerätes kann Fixed Blanking, Floating Blanking oder eine Kombination
programmiert werden.

53
Liste einiger harmonisierter Normen:

Norm Ausgabe- Kurztitel erarbeitet


datum in CEN/TC
EN 292-1 1991-09 Sicherheit von Maschinen - Grundbegriffe - Allgemeine- 114/WG 1
Gestaltungsleitsätze - Grundsätzliche Terminolgie und Methodik
EN 292-2 1991-09 Technische Leitsätze und Spezifikationen 114/WG 1
EN 294 1992-06 Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefahrstellen 11 4/WG 2
mit den oberen Gliedmaßen
EN 349 1993-04 Mindestabstände zur Vermeidung des Quetschens von Körperteilen 11 4/WG 2
EN 418 1992-10 NOT-AUS-Einrichtung 114/JWG 9
EN 547-1 1996-12 Bestimmung von Abmessungen für Ganzkörper-Zugänge 122/WG 1
an Maschinenarbeitsplätzen
EN 547-2 1996-12 Bemessung von Zugangsöffnungen 122/WG 1
EN 547-3 1996-12 Körpermaßdaten 122/WG 1
EN 563 1994-06 Temperaturen berührbarer heißer Oberflächen 122/WG 3
EN 574 1996-11 Zweihandschaltung 114/JWG 7
EN 614-1 1995-02 Ergonomische Gestaltungsgrundsätze 122/WG 2
EN 626-1 1994-09 Reduzierung des Gesundheitsrisikos durch Gefahrstoffe 11 4/WG 15
Grundsätze
EN 626-2 1996-07 Reduzierung des Gesundheitsrisikos durch Gefahrstoffe 11 4/ WG 15
Überprüfungsverfahren
EN 811 1996-10 Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefahrstellen 11 4/WG 2
mit den unteren Gliedmaßen
prEN 894-3 1992-10 Gestaltung von Stellteilen 122/ WG 6
EN 953 1997-04 Gestaltung von trennenden Schutzeinrichtungen 11 4/WG 11
EN 954-1 1996-12 Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen - Gestaltungsleitsätze 114/JWG 6
EN 981 1996-12 Optische und akustische Gefahren- und Informations-signale 122/WG 8
EN 982 1996-04 Fluidtechnische Anlagen und Bauteile - Hydraulik 114/WG 12
EN 983 1996-04 Fluidtechnische Anlagen und Bauteile - Pneumatik 114/WG 12
EN 999 1997-05 Anordnung von Schutzeinrichtungen hinsichtlich 114/WG 5
Annäherungsgeschwindigkeiten
prEN 1005-3 1993-01 Empfohlene Kraftgrenzen für Maschinenbetätigung 122/WG 4
EN 1037 1995-12 Vermeidung von unerwartetem Anlauf 114/JWG 9
EN 1050 1996-11 Risikobeurteilung 114/WG 14
EN 1088 1995-12 Verriegelungseinrichtungen 114/WG 10
EN 1127-1 1993-06 Explosionsschutz 114/WG 16
EN 1760-1 1994-12 Schaltmatten und Schaltplatten 114/JWG 8
prEN 1760-2 1996-03 Schaltleisten und Schaltstangen 114/JWG 8
prEN 1921 1995-07 Integrierte Fertigungssysteme BTS 2/AH 8
prEN 12198-1 1995-11 Strahlung 114/WG 13
prEN 12437-1 1996-06 Wahl des Zugangs zwischen zwei Ebenen 114/WG 17
prEN 12437-2 1996-06 Arbeitsbühnen und Laufstege 114/WG 17
prEN 12437-3 1996-06 Treppen, Treppenleitern und Geländer 11 4/WG 17
prEN 12437-4 1996-06 Ortsfeste Leitern 11 4/WG 17
EN 12626 1997-02 Laserbearbeitungsmaschinen 123
EN 50081-2 1993-08 Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) - Fachgrundnorm CLC/TC 110
Störaussendung - Industriebereich
prEN 50082-2 1996-08 Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) CLC/TC 110
Fachgrundnorm Störfestigkeit - Industriebereich
EN 61496-1 Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen
Allgemeine Anforderungen
EN 61496-2 Besondere Anforderungen für Maschinen mit AOPD
EN 61496-3 Tastende Flächenscanner
EN 60204-1 1992-10 Elektrische Ausrüstung von Maschinen CLC/TC 44x
EN 61310-1 1995-03 Sichtbare, hörbare und tastbare Signale (früher prEN 50099-1) 114/JWG 4
EN 61310-2 1995-03 Kennzeichnungsgrundsätze-(früher prEN 50099-2) 114/JWG 4

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Matsushita Electric Works
Deutschland GmbH

Rudolf-Diesel-Ring 2
D-83607 Holzkirchen
Telefon +49 (0) 80 24 6 48 - 0
Telefax +49 (0) 80 24 6 48 – 5 53
E-Mail: sensoren@euro.de.mew.com
www.matsushita.de
www.sunx.de

 Uwe Binder
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