Sie sind auf Seite 1von 67

Notfall-Manual 8th Edition Rainer Schua

Visit to download the full and correct content document:


https://ebookmass.com/product/notfall-manual-8th-edition-rainer-schua/
Peter Sefrin, Rainer Schuà

Notfall-Manual
8. Auflage
Vorwort
Die Notfallmedizin befindet sich in einem steten Wandel, was sich
nicht nur an den neuen Leitlinien 2015 zur Reanimation zeigt, sondern
auch an den verschiedenen Empfehlungen und Leitlinien der Fachge-
sellschaften. Dies berechtigt, eine Überarbeitung und Adaptation der
Informationen zur Notfallversorgung vorzunehmen, und war Anlass
zur Herausgabe einer 8. Auflage.
Gleichgeblieben in der Konzeption des Buches ist die einheitliche Gliede-
rung für die einzelnen Notfälle, um in Kürze einen Überblick zu gewin-
nen und entsprechend therapeutische Konsequenzen ziehen zu können.
Verzichtet wurde auf Ausführungen zur Pathophysiologie zugunsten ei-
ner schnellen Information. Das Buch soll damit auch nicht ein Lehrbuch
zum Thema Notfallmedizin ersetzen, sondern eine Nachschlagemöglich-
keit für die Praxis sein. Es erhebt auch nicht den Anspruch auf allgemei-
ne Verbindlichkeit trotz der Orientierung an den Leitlinien, sondern
stellt eine praxisbezogene Unterstützung dar. Dies gilt vor allem auch für
die in Kapitel 3 aufgeführten Notfallmedikamente, wobei den Autoren
bewusst war, dass es auch hier die ein oder andere gleichwertige Alterna-
tive geben kann. Auch im Kapitel über die rechtlichen Aspekte wurden
diese nicht allumfassend dargestellt, sondern nur beispielhaft drei we-
sentliche Probleme der Präklinik herausgegriffen.
Das Notfall-Manual wendet sich an alle Ärzte, die in welcher Funktion
auch immer mit medizinischen Notfällen konfrontiert werden können,
um ihnen den Symptomen entsprechend Hinweise auf das weitere
Vorgehen zu geben. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf dem
Bereich der Präklinik, was sich auch an den Hinweisen zu einer nach-
folgenden stationären Einweisung und der dafür geeigneten Form ei-
nes Transports zeigt.
Die Autoren hoffen, mit der neuen Auflage den Lesern eine praktische
Stütze offerieren und damit zur Sicherheit der Notfallversorgung bei-
tragen zu können.

Würzburg, Mai 2016


Prof. Dr. med. Peter Sefrin
Hackerbrücke 6, 80335 München, Deutschland
Wir freuen uns über Ihr Feedback und Ihre Anregungen an books.cs.muc@elsevier.com

Print 978-3-437-21995-5
eISBN 978-3-437-17249-6

Alle Rechte vorbehalten


8. Auflage 2017
© Elsevier GmbH, Deutschland

Wichtiger Hinweis für den Benutzer


Die Erkenntnisse in der Medizin unterliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfah-
rungen. Herausgeber und Autoren dieses Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in
diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben (insbesondere hinsichtlich Indikation, Dosierung
und unerwünschter Wirkungen) dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das entbindet den Nut-
zer dieses Werkes aber nicht von der Verpflichtung, anhand weiterer schriftlicher Informationsquellen
zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in diesem Werk abweichen und seine Ver-
ordnung in eigener Verantwortung zu treffen.

Für die Vollständigkeit und Auswahl der aufgeführten Medikamente übernimmt der Ver-
lag keine Gewähr.
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden in der Regel besonders kenntlich gemacht (®). Aus
dem Fehlen eines solchen Hinweises kann jedoch nicht automatisch geschlossen werden, dass es sich
um einen freien Warennamen handelt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek


Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de/ abrufbar.

17 18 19 20 21 5 4 3 2 1

Für Copyright in Bezug auf das verwendete Bildmaterial siehe Abbildungsnachweis

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb
der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und
strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Um den Textfluss nicht zu stören, wurde bei Patienten und Berufsbezeichnungen die grammatikalisch
maskuline Form gewählt. Selbstverständlich sind in diesen Fällen immer Frauen und Männer gemeint.

Planung: Uta Lux


Projektmanagement: Cornelia von Saint Paul
Redaktion: Susanne C. Bogner, Dachau
Herstellung: Dietmar Radünz, Leipzig
Satz: abavo GmbH, Buchloe/Deutschland; TnQ, Chennai/Indien
Druck und Bindung: Dimograf, Polen
Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm
Titelfotografie: © AdobeStock

Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.elsevier.de und www.elsevier.com


Adressen
Prof. Dr. med. Peter Sefrin
Ehem. Leiter der Sektion für präklinische Notfallmedizin
bei der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie
der Universität Würzburg
agbn – Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte e. V.
Vorsitzender
Sandweg 11
97078 Würzburg

Dr. med. Rainer Schuà


Ltd. Medizinaldirektor
Maurmeierstr. 7
97074 Würzburg
Abbildungsnachweis
Der Verweis auf die jeweilige Abbildungsquelle befindet sich bei allen
Abbildungen im Werk am Ende des Legendentextes in eckigen Klammern.
Alle nicht besonders gekennzeichneten Grafiken und Abbildungen © Elsevier
GmbH, München.
Alle Lagerungsskizzen stammen von Henriette Rintelen, Velbert.
F781–009 M
 onsieurs, K., Nolan, J., Bossaert, L. et al.: Kurzdarstellung, In:
Notfall & Rettungsmedizin, Springer, Dec 2015, Vol. 18, Issue 8,
pp 655–747.
J747 Thomas Engbert, Design & Kommunikation, Kroonsgard.
L106 Henriette Rintelen, Velbert.
L157 Susanne Adler, Lübeck.
L190 Gerda Raichle, Ulm.
L231 Stefan Dangl, München.
L261 Inmedialo, Plankstadt
W978 Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).
Abkürzungen
ACS akutes Koronarsyndrom
CO Kohlenmonoxid
CO2 Kohlendioxid
CT Computertomografie, Computertomogramm
/d pro Tag
DMAP Dimethylaminophenol
FiO2 fraction of inspired oxygen
/h pro Stunde
HAES Hydroxyäthylstärke
HBO hyperbare Sauerstofftherapie (Oxygenation)
HNO Hals-Nasen-Ohren
HWS Halswirbelsäule
ICR Interkostalraum
i. v. intravenös
/kg KG pro Kilogramm Körpergewicht
KOF Körperoberfläche
Kps. Kapsel
/min pro Minute
m/s Meter pro Sekunde
MetHb Methämoglobin
NO Stickstoffmonoxid
PaCO2 arterieller Kohlendioxidpartialdruck
PEEP positive end-expiratory pressure, positiverendexspiratorischer Druck
/s pro Sekunde
SaO2 arterielle Sauerstoffsättigung
Notfalltabelle Kind
Alter [Jahre] 2 4 6 8 10 12
Größe [cm] 90 105 115 130 140 150
Gewicht [kg] 12 16 20 25 34 40
Herzfrequenz [/Min.] 80–130 80–110 70–100 70–100 70–90 70–90
Herz/Kreislauf

RR systolisch [mm Hg] 80–120 80–120 80–120 85–120 90–130 90–130


RR diastolisch [mm Hg] 55–80 55–80 50–65 50–70 50–70 50–70
Defibrillation initial 25 30 40 50 60 80
[J = Ws]
Atemfrequenz 15–25 15–20 15–20 15–20 15–20 15–20
[spontan/Min.]
Beatmung: AMV [I/min.] 3 3,2 4 4,5 5 5,5
AZV [ml]/Frequenz 120/25 160/20 200/20 250/18 350/14 400/14
Atmung/Beatmung

Maskengröße 2 3 3 3 Erw.- Erw.-


(Rendell ­Baker) Maske 1 Maske 1
Tubus ohne Cuff ID [mm] 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0
Tubus ohne Cuff AD [Ch.] 20 22 24 26 28 30
Tubus mit Cuff: Sheridan 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0
Tubus mit Cuff: 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5
Microcuff PET
Intubationstiefe 14 15 17 19 20 21
ab Zahnreihe [cm]
Thoraxdrainage [Ch.] 20 20 24 26 26 28
BZ-Stix [mg/dl] 60–100 60–100 60–100 60–100 60–100 60–100
Glukose 10 % [ml] 30 40 50 60 85 100
Labor/Medikamente

Flüssigkeitsbolus initial 125 150 200 250 300 400


[ml]
Adrenalin 1 : 10 000 [ml] 1,25 1,5 2,0 2,5 3,0 4,0
Atropin [ml] 0,5 0,6 0,8 1,0 1,0 1,0
(1 ml = 0,5 mg)
Amiodaron [ml]* 12 16 20 25 34 40
Diazepam rektal [mg] 5 10 10 10 10 10
Paracetamol Supp. [mg] 250 500 500 1000 1000 1000
Alle Dosierungen für intravenöse und intraossäre Medikamente sind als
Volumina (ml) angegeben, Diazepam und Para­cet­amol rektal in mg
* 3 ml/Amp. = 150 mg. Immer mit Glukose 5 %, z.B. 27 ml verdünnen → 1 ml =
5 mg

Modifiziert nach Hintzenstern, Notarzt-Leitfaden, 5. Aufl. 2007, Elsevier GmbH/Urban & Fischer
Verlag, Tab. 12.13
Notfalltabelle Säugling
Alter [Jahre] Neugeb. 3 Mon. 6 Mon. 1
Größe [cm] 52 62 66 80
Gewicht [kg] 3 5,5 7 10
Herzfrequenz [/Min.] 110–180 100–160 100–140 100–140
Herz/Kreislauf

RR systolisch [mm Hg] 65–75 60–90 60–120 65–120


RR diastolisch [mm Hg] 35–55 50–65 50–70 50–80
Defibrillation initial 10 10 15 20
[J = Ws]
Atemfrequenz 40–60 25–30 25–30 20–25
[spontan/Min.]
Beatmung: AMV [I/min.] 1 1,5 1,75 2,5
AZV [ml]/Frequenz 30/35 50/30 70/25 100/25
Atmung/Beatmung

Maskengröße 0 1 1 2
(Rendell ­Baker)
Tubus ohne Cuff ID [mm] 3,0 3,0 3,5 4,0
Tubus ohne Cuff AD [Ch.] 14 14 16 18
Tubus mit Cuff: Sheridan 3,0 3,0 3,0 3,0/3,5
Tubus mit Cuff: 3,0 3,0 3,0 3,0/3,5
Microcuff PET
Intubationstiefe 10 10 11 12
ab Zahnreihe [cm]
Thoraxdrainage [Ch.] 16 16 16 16
BZ-Stix [mg/dl] 40–60 60–100 60–100 60–100
Glukose 10 % [ml] 7,5 15 20 25
Labor/Medikamente

Flüssigkeitsbolus initial 20 50 75 100


[ml]
Adrenalin 1 : 10 000 [ml] 0,3 0,5 0,75 1,0
Atropin [ml] 0,1 0,2 0,3 0,4
(1 ml = 0,5 mg)
Amiodaron [ml]* – 5,5 7 10
Diazepam rektal [mg] – 2,5 5 5
Paracetamol Supp. [mg] 62,5–125 125 125 250
Alle Dosierungen für intravenöse und intraossäre Medikamente sind als
Volumina (ml) angegeben, Diazepam und Paracetamol rektal in mg
* 3 ml/Amp. = 150 mg. Immer mit Glukose 5 %, z.B. 27 ml verdünnen → 1 ml =
5 mg

Modifiziert nach Hintzenstern, Notarzt-Leitfaden, 5. Aufl. 2007, Elsevier GmbH/Urban & Fischer
Verlag, Tab. 12.13
1 Notfallmaßnahmen

1.1 Notfalluntersuchung 2
1.2 Reanimation bei Kreislaufstillstand 12
1.3 Lagerung 30
1.4 Oxygenierung 31
1.5 Narkose im Rettungsdienst 39
2  Notfallmaßnahmen

1.1 Notfalluntersuchung

1 1.1.1 Erwachsene
Die Notfalldiagnostik hat das Ziel, zunächst die Akutbedrohung der
Vitalfunktionen zu erfassen und erst nach deren Beseitigung evtl. zu-
grunde liegende weitere Krankheiten zu erkennen. Die Notfalluntersu-
chung im präklinischen Bereich muss sich auf wenige innerhalb kür-
zester Zeit erhobene Befunde stützen und ist dadurch mit erheblichen
Unsicherheiten verbunden. Eine Ganzkörperuntersuchung wäre im
Hinblick auf den zugrunde liegenden Notfall zu zeitaufwendig.
Trotz des Zeitdrucks muss der Patient systematisch untersucht werden.
Die Vitalfunktionen können ohne Hilfsmittel mit den Sinnen Sehen,
Fühlen, Hören sowie durch Ansprache des Patienten primär ausrei-
chend geprüft werden.
Für die Einleitung einer Ersttherapie ist es nicht entscheidend, dass alle
Symptome einer Störung der Vitalfunktion gleichzeitig vorhanden
sind. Die Erstmaßnahmen orientieren sich vielmehr an den jeweiligen
Leitsymptomen.

Symptome
Man unterscheidet
•  Leitsymptome, v. a.
– Atemnot (Dyspnoe),
– Bewusstseinsstörung,
– Schmerzen (z. B. Thoraxschmerzen),
– Kreislaufstörung (z. B. Schock)
– Verletzungen.
Kombinationen mehrerer Leitsymptome sind möglich. Nachdem die
Ursachen dieser Symptome verschiedener Genese sein können und da-
mit verschiedene therapeutische Konsequenzen nach sich ziehen, kann
lediglich bei ihrem Auftreten auf die Dringlichkeit einer weiteren Ab-
klärung geschlossen werden.
•  Warnsymptome: Hinweise auf eine drohende Störung der Vital-
funktionen.
•  Begleitsymptome: Unspezifische Hinweiszeichen, die eine weitere
Zuordnung zu bestimmten Schädigungstypen erlauben, werden
meist nicht spontan angegeben und müssen erfragt werden.
1.1 Notfalluntersuchung  3

Ziel
• Feststellen von Zeichen einer vitalen Bedrohung,
• Deuten von Befunden im Sinne einer vorläufigen Notfalldiagnose, 1
• Einleiten ärztlicher Sofortmaßnahmen,
• Überlegungen zum logistischen Ablauf der Versorgung (Rettung,
Geräte, Einsatz usw.).

Untersuchung
Basis der speziellen körperlichen Untersuchung sind Inspektion, Aus-
kultation und Palpation.
• Bei der Inspektion sollte sich der Untersucher einen möglichst um-
fassenden Überblick über das Ausmaß der Schädigung verschaffen,
wozu der Notfallpatient (in geschützter Umgebung/im Rettungs-
wagen) entkleidet werden sollte. Bei der Inspektion sind nicht nur
Verletzungen und Wunden zu erkennen, sondern auch Bewe-
gungseinschränkungen nicht nur im Bereich der Extremitäten, son-
dern z. B. auch im Bereich des Thorax. Spezielle Positionen des Not-
fallpatienten geben Hinweise auf eine möglicherweise zugrunde
liegende Erkrankung (z. B. Asthma bronchiale). Zur Inspektion ge-
hört im weiteren Sinne auch die Beurteilung von Begleitumständen,
die nicht den Patienten, sondern seine Umgebung betreffen. Hierzu
gehören Auffindesituation, Hergang und Umgebungsbedingungen
mit dem Schädigungsmuster, aber auch spezielle Hinweise wie Not-
fallausweise oder Medikamentenvorhaltung. In zunehmendem Ma-
ße spielt auch das soziale Umfeld eine wesentliche Rolle.
• Die Auskultation sollte zumindest Herz und Lunge einbeziehen,
entsprechend der Symptomatik auch das Abdomen und die Karoti-
den. Über der Lunge sind Veränderungen der Atemgeräusche fest-
stellbar (Seitengleichheit, Dämpfung, Nebengeräusche), über dem
Herzen Frequenz- und Rhythmusänderungen sowie spezifische Ge-
räusche, über den Karotiden Strömungsgeräusche (bei Stenosen),
über dem Abdomen werden die Darmgeräusche beurteilt.
• Die Perkussion hat in der Notfallmedizin – trotz den unter den Um-
gebungsbedingungen ebenso wie bei der Auskultation erheblichen
Einschränkungen – ihre besondere Bedeutung bei der Beurteilung
der Lunge (Seitengleichheit, Dämpfung, hypersonorer ­Klopfschall).
• Die Palpation sollte im kranial-kaudalen Untersuchungsgang
­erfolgen:
– Kopf: Druckschmerz, Beweglichkeiten.
– Wirbelsäule: Dislokationen, Schmerzen.
4  Notfallmaßnahmen

– Thorax: Druckschmerz (Kompression, Klopfen), Beweglichkeit


(Krepitation).
– Abdomen: Abwehrspannung, Druckschmerz.
1 – Extremitäten: Druckschmerz, Beweglichkeit, Sensibilitätsstö-
rungen, Pulsdifferenzen.
– Becken: Druckschmerz, Kompression.

Anamnese
Um umfassende Informationen zu erhalten, ist trotz der bestehenden
Zeitnot eine geduldige Fragestellung angebracht. Der direkte Kontakt
(Patient ansehen, mit seinem Namen ansprechen) ist dabei von beson-
derer Bedeutung. Dabei sollten gezielte Fragen im Hinblick auf die
Leitsymptome gestellt werden, die kurz beantwortet werden können,
d. h., es sollten vordergründig geschlossene Fragen gestellt werden. Ein
wesentlicher Punkt dabei ist auch die Frage nach Befundberichten und
Ausweisen medizinischen Inhalts sowie Medikamentenplänen. Bei der
Notfallanamnese ist besonders die zeitliche Dynamik wichtig. Sie kann
sowohl vom Patienten als auch von Angehörigen oder Zeugen in Er-
fahrung gebracht werden.

Hilfsmittel zur Elementardiagnostik


Für die Diagnosesicherung steht in der Präklinik ein nur sehr begrenz-
tes Instrumentarium zur Verfügung.
•  EKG: Mit dem abgeleiteten Notfall-EKG ist vordergründig eine
Frequenz- und Rhythmusanalyse möglich. Mit den Extremitäten­
ableitungen ist jedoch meist keine exakte Diagnose verifizierbar.
Mit den Paddles des Notfall-EKGs kann nur eine Grundaussage,
z. B. bei Kreislaufstillstand, erfolgen. Neuere Geräte ermöglichen
die Ableitung eines vollständigen EKGs einschließlich der Brust-
wandableitungen. Somit ist z. B. eine exakte Diagnosestellung bei
Verdacht auf Myokardinfarkt möglich, allerdings mit deutlich hö-
herem Zeitaufwand.
•  Blutdruckmessung: Manuell und auskultatorisch besteht bei spezi-
ellen Umgebungsbedingungen eine erheblich erschwerte Beurtei-
lungsmöglichkeit. Automatische oszillometrische Blutdruckmess-
geräte sind aufgrund von Bewegungsartefakten nur beschränkt
einsatzfähig. Vor allem bei den automatischen Geräten kann durch
eine programmierbare Intervallmessung eine Aussage über den
Blutdruck auch im Verlauf, z. B. während eines Transports, ge-
macht werden. Für eine exakte Messung ist die Auswahl der richti-
1.1 Notfalluntersuchung  5

gen Manschettengröße wichtig, da zu große Manschetten zu hohe,


zu kleine zu niedrige Blutdruckwerte erbringen.
• 
Pulsoxymetrie: speziell zur Beurteilung der Intensität der respira-
torischen Störung. Allerdings ist durch Bewegungsartefakte, peri- 1
phere Zirkulationsstörung, CO-Vergiftungen, Hypothermie nur
eine beschränkte Aussage möglich. Eine transkutane O2-Sätti-
gungsmessung stimmt mit relativ guter Genauigkeit, ist jedoch im
Rahmen einer Notfalldiagnostik nicht verfügbar. Mit zunehmender
Hypoxie werden allerdings die Abweichungen der O2-Sättigung
immer größer.
• 
Blutzuckerbestimmung: semiquantitative Messung mittels Test-
streifen (Haltbarkeit der Teststreifen und differente Einwirkzeiten
beachten) oder quantitative Messung mit modernen digitalen BZ-
Messgeräten.
• 
Kapnometrie/Kapnografie: Mit einem speziellen Sensor kann bei
intubierten und beatmeten Patienten (im Rettungsdienst) der CO2-
Gehalt der Exspirationsluft gemessen und dargestellt werden.

Ablauf der Notfalldiagnostik


1. Überblick verschaffen, Eigensicherung beachten:
– Notfallart, Umgebungsbedingungen, Zugangsmöglichkeiten,
Zusatz-/Eigengefährdung.
2. Beurteilung der Vitalfunktionen:
– Bewusstsein (getrübt, bewusstlos),
– Atmung (insuffizient, Stillstand),
– Kreislauf (insuffizient, Stillstand).
3. Anamnese:
– Beschwerden, zeitliche Entwicklung, Vorerkrankung, Allergien,
– Schmerzen, Lokalisation, Ausstrahlung, Verlauf, Qualität,
– Medikation,
– Unfallmechanismus.
4. Beurteilung des Gesamtzustands:
– Verletzungen, Nebenbefunde, spezielle Erkrankungen.

Leitsymptom Atemstörung
1. Haut:
– Zyanose, Hautemphysem.
2. Atemgeräusche:
– Spastik, Rasselgeräusche, Stridor, Giemen, Pfeifen.
6  Notfallmaßnahmen

3. Atemfrequenz:
– Tachypnoe (Hyperventilation), Bradypnoe, unregelmäßige At-
mung, Schnappatmung.
1 4. Ventilation:
– Dyspnoe,
– einseitige Atmung (Dämpfung, aufgehobenes Atemgeräusch),
– paradoxe Atembewegungen.
5. Atemarbeit:
– nicht adaptiert, dekompensiert.
6. Perkussion:
– hypersonor,
– gedämpft.
7. Begleitsymptome:
– Bewusstseinsstörung,
– Halsvenenstauung,
– Kreislaufstörungen,
– Schmerzäußerung,
– Hautknistern.

Leitsymptom Bewusstseinsstörung
1. Ansprechbarkeit:
– Bewusstseinstrübung, Bewusstlosigkeit.
2. Schmerzreaktion:
– nicht vorhanden, ungezielt.
3. Augen:
– Pupillendifferenz, Pupillenzustand (Miosis, Mydriasis),
– Blickdeviation,
– Öffnung.
4. Motorik:
– gezielt, unkoordiniert,
– Tonusveränderung, Krämpfe, Lähmungen.
5. Orientierung:
– teilorientiert, verwirrt, retrograde Amnesie.
6. Begleitsymptome:
– Atem- und/oder Kreislaufstörungen,
– Stoffwechselerkrankungen,
– Verletzungen,
– Medikamente, Drogeneinnahme,
– Hypothermie,
– Geruch.
1.1 Notfalluntersuchung  7

Zur Quantifizierung und Reproduktion des Initialbefunds hat sich in


der Notfallmedizin die Glasgow Coma Scale (GCS) etabliert
(▶ Tab. 1.1). Ein GCS <  8 bedeutet eine schwere Bewusstseinsstörung
mit Verlust der Schutzreflexe. 1
Tab. 1.1 Glasgow Coma Scale
Befund Punkte Ergebnis

Augen öffnen

Spontan 4 ☐

Auf Aufforderung 3

Auf Schmerzen 2

Keine Reaktion 1

Beste verbale Reaktion

Konversationsfähig ☐

• Orientiert 5

• Desorientiert 4

Indadäquate Äußerung (Wortsalat) 3

Unverständliche Laute 2

Keine Reaktion 1

Beste motorische Reaktion

Auf Aufforderung 6 re li
Arm ☐ ☐
Auf Schmerzen Bein ☐ ☐
• Gezielt 5

• Normale Beugeabwehr 4

• Beugesynergismen 3

• Strecksynergismen 2

Keine Reaktion 1

Summe
8  Notfallmaßnahmen

Leitsymptom Kreislaufstörung
1. Haut:
1 – Blässe, Zyanose, Schweiß (Venenstauung), Rötung, Quaddeln,
Temperatur.
2. Hautturgor:
– Ödeme,
– Hautfalten stehend,
– Kapillardurchblutung (Fingernagelprobe).
3. Schmerz:
– Lokalisation, Schmerzcharakter, Ausstrahlung.
4. Befindlichkeit:
– Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Nykturie.
5. Blutdruck:
– Hypo-, Hypertonie.
6. EKG/Puls:
– Brady-, Tachykardie, Arrhythmie,
– Pulsqualität (Pulsdefizit).
7. Begleitsymptome:
– Bewusstseinsstörung,
– Atemstörung (Dyspnoe),
– neurologische Störungen,
– Stoffwechselstörung.

1.1.2 Kinder
Auch bei Kindern steht im Mittelpunkt der Notfalluntersuchung die
rasche Beurteilung der Vitalfunktionen (Atmung, Bewusstsein, Kreis-
lauf). Anschließend ist eine systematische körperliche Untersuchung,
gegliedert nach einzelnen Organsystemen, zur Klärung der Notfalldia-
gnose erforderlich.

Atmung
Kinder haben im Vergleich zu Erwachsenen einen höheren Sauerstoff-
verbrauch, weshalb sich bei Störungen der Atmung schneller eine be-
drohliche Hypoxie entwickeln kann.
• Leitsymptome einer respiratorischen Insuffizienz sind Dys-, Tachy-
und Bradypnoe, Nasenflügeln sowie aufgrund der hohen Elastizität
des kindlichen Thorax interkostale und substernale Einziehungen.
1.1 Notfalluntersuchung  9

• Als Zeichen einer intrapleuralen Raumforderung können auftreten:


Hautemphysem, einseitig abgeschwächtes oder fehlendes Atemge-
räusch, verminderte oder aufgehobene Atemexkursion.
• Der Auskultationsbefund ist aufgrund der Fortleitung von Ge- 1
räuschphänomenen auf die kontralaterale Seite nicht mit gleicher
Sicherheit zu verwerten wie beim Erwachsenen.
• Alarmzeichen für einen Spannungspneumothorax sind zusätzlich
Halsvenenstauung und Zyanose.
• Eine inverse Atmung tritt bei schwerer Atemwegsobstruktion, z. B.
durch Fremdkörperaspiration, auf.
• Zyanose in Verbindung mit Bradykardie ist das Alarmzeichen für
einen unmittelbar bevorstehenden Kreislaufstillstand.

Zentrales Nervensystem
Die Glasgow Coma Scale (GCS) als Basis der Beurteilung des zentralen
Nervensystems ist bei Kindern nur in modifizierter Form anwendbar
(▶ Tab. 1.2). Simplifiziert besteht eine Interventionsnotwendigkeit
(=  GCS  ≤  8), wenn das Kind auf Ansprache nicht die Augen öffnet
oder reagiert bzw. auf Schmerz nur ungezielt reagiert.
Von Bedeutung sind auch die Beurteilungen von Pupillenweite und
-reaktion wiederholt im Seitenvergleich. Bei Säuglingen ist eine promi-
nente Fontanelle als Hinweis auf einen intrakraniellen Druckanstieg zu
werten und eine eingefallene Fontanelle als Zeichen eines unzureichen-
den Flüssigkeitsstatus.
10  Notfallmaßnahmen

Tab. 1.2 Modifizierte Glasgow Coma Scale für Kinder


Befund Punkte
1 Augen öffnen

Spontan 4

Auf Anruf 3

Auf Schmerzen 2

Keine Reaktion 1

Verbale Antwort

Jede Antwort: Lachen, Weinen, Fixieren, evtl. verständliche 5


Laute

Unsicheres Erkennen von Angehörigen, keine Fixierung 4

Zeitweise erweckbar 3

Motorische Unruhe, nicht erweckbar 2

Keine Reaktion auf Schmerzreize 1

Motorische Antwort

Gezieltes Greifen 6

Auf Schmerzen gezielte Abwehr 5

Normale Beugeabwehr 4

Atypische Beugeabwehr 3

Strecksynergismen 2

Keine Reaktion 3

Summe

Kreislauf
Kinder sind in der Lage, einen Volumenverlust bis zu 25 % des zirkulie-
renden Volumens durch einen erhöhten Sympathikotonus auszuglei-
chen. Allerdings kann es bei einer weiteren Steigerung des Blutverlusts
akut zur Dekompensation kommen.
1.1 Notfalluntersuchung  11

• Die Hypotonie ist ein spätes und schwerwiegendes, vital bedrohli-


ches Zeichen einer Kreislaufdekompensation. Normale Blutdruck-
werte sind damit kein Zeichen eines suffizienten Kreislaufs.
• Ursachen für eine Bradykardie sind Hypoxie, schwere Hypovol­ 1
ämie oder zerebrale Einklemmung.
• Zur groben Einschätzung eines Volumenverlusts lässt sich auch die
Beurteilung des Pulses heranziehen. Eine Abschwächung des Radi-
alispulses deutet auf einen Volumenverlust von unter 10 % hin. Bei
abgeschwächtem Femoralispuls beträgt der Blutverlust etwa 15 %.
• Die kapilläre Füllungszeit (Nagelbettprobe) bietet wichtige Hinwei-
se auf den intravasalen Volumenstatus. Sie beträgt normalerweise
weniger als 2  Sekunden, bei einer verzögerten Füllung (>  3  Sekun-
den) liegt bereits ein Verlust von 15–30 % des Blutvolumens vor.
Bei nicht feststellbarer Füllungszeit beträgt der Volumenverlust
über 40 %.
12  Notfallmaßnahmen

1.2 Reanimation bei Kreislaufstillstand

1 1.2.1 Kreislaufstillstand
Akute Erkrankungen und Verletzungen können die Vitalfunktionen
innerhalb kurzer Zeit so tiefgreifend verändern, dass die Funktionsfä-
higkeit der lebenswichtigen Organsysteme und damit das Leben ge-
fährdet sind. Bei Ausfall der Vitalfunktionen Bewusstsein, Atmung und
Kreislauf kommt es ohne unverzüglichen Beginn der Therapie inner-
halb weniger Minuten zum Tod.
Einem Kreislaufstillstand (Sistieren der Sauerstoffversorgung lebens-
wichtiger Organe oder Organsysteme) kann ein Stillstand der Herzak-
tivität, eine Verminderung der Herzauswurfleistung, ein peripheres
Kreislaufversagen oder eine akute Verminderung des Sauerstoffange-
bots (Atemstillstand, Asphyxie) zugrunde liegen.

Symptome
• Bewusstlosigkeit (fehlende Reaktion auf Ansprache und Schütteln),
• Atemstillstand oder Schnappatmung (fehlende oder maximale
Atembewegungen, fehlende Atemgeräusche, fehlender Luftstrom),
• Zirkulationsstillstand (fehlende Pulsationen).
Diagnostik
▶ Abb. 1.1
• Bewusstsein: Ansprechen, Schütteln an der Schulter.
• Atmung: Atemwege freimachen durch Überstrecken des Halses
und Anheben des Kinns; Beobachten der Bewegungen von Thorax
(Sehen und Fühlen), Überprüfen des Luftstroms aus Mund und/
oder Nase (Hören und Fühlen), nicht länger als 10  Sekunden.
  Bis zu 40 % der Patienten mit plötzlichem Kreislaufstillstand haben
in den ersten Minuten noch Atembewegungen im Sinne einer
Schnappatmung (=  agonale Zwerchfellkontraktionen), die nicht als
„normale Atmung“ eingeordnet werden.
•  Kreislauf (Karotispulskontrolle): Der Karotispuls wird an einer
­Seite getastet (▶ Abb. 1.2). Es kann schwierig sein, den Puls sicher
festzustellen. Falls keine Lebenszeichen vorhanden sind, wird auch
ohne sichere Identifikation des Pulses mit der Reanimation
­begonnen.
1.2 Reanimation bei Kreislaufstillstand   13

Ansprechen

Ursachen erfragen, Positiv (Augen öffnen) keine Reaktion


1
Überwachen, Hilfe holen

Anfassen (Schütteln
an der Schulter)

Atemwege freimachen keine Reaktion

Atemkontrolle

Positiv negativ
Keine normale
Atmung
Stabile Seitenlage,
Überwachen ohne EKG mit EKG

Beginn der bis EKG einsatzbereit


Reanimation Basismaßnahmen

30-mal Herzdruckmassage spezifische


und Algorithmen
2-mal Atemspende

Abb. 1.1 „Basisalgorithmus“ [L261]

Abb. 1.2 Tasten des Karotispulses [J747]


14  Notfallmaßnahmen

1.2.2 Reanimationsmaßnahmen
Basismaßnahmen der kardiopulmonalen Reanimation (CPR)
1 Indikation zur Reanimation:
Atem- und Kreislaufstillstand
treten als akutes, nicht vorher-
sehbares Ereignis auf. Nachdem
im präklinischen Bereich bei
unbekannten Patienten zur
Klärung der Vorhersehbarkeit
und Sinnhaftigkeit häufig keine
Zeit bleibt, muss im Zweifelsfall
Handballen der anderen
grundsätzlich mit der Reanima- Hand aufsetzen, Finger verschränken
tion begonnen werden. Eine si-
chere Identifikation der Pulslo-
sigkeit ist für den Beginn der
CPR nicht zwingend erforder-
lich.
•  Herzdruckmassage (HDM;
▶ Abb. 1.3):
– Druckpunkt: Thorax-
Arme
mitte untere Hälfte des gestreckt
Brustbeins.
–  Handballen der einen
Hand auf den Druck-
punkt setzen, Handbal-
len der zweiten Hand
auf die Mittelhand der
ersten aufsetzen, Finger
nach oben strecken. Abb. 1.3 Herzdruckmassage [L157]
   Alternative: Mit den
Fingern der einen Hand
zwischen die Fingergrundgelenke der anderen Hand greifen
und damit die Finger nach oben ziehen.
– Gewichtsverlagerung des Oberkörpers über die durchgestreck-
ten Arme. Durch Druck Sternum 5 bis max.  6 cm eindrücken.
– Frequenz: mindestens 100/min bis 120/min.
– Komplette Entlastung des Thorax am Ende der Kompression,
ohne den Kontakt zum Thorax aufzugeben.
– Verhältnis Kompression:Entlastung = 1:1.
1.2 Reanimation bei Kreislaufstillstand   15

• 
Atemspende: Zur Beat-
mung bei Atemstillstand ist
nach Freimachen der Atem-
wege durch Überstrecken
1
des Kopfs (▶ Abb. 1.4) die
Mund-zu-Mund-Beatmung
(=  Atemspende) sowie die
Mund-zu-Nase-Beatmung
(▶ Abb. 1.5) als Alternative
geeignet. Dauer der Insuf-
flation: 1  Sekunde.
Abb. 1.4 Richtige Kopfposition bei
Kombination von Atemspende
und Herzmassage (▶ Abb. 1.6,
Beatmung [L190]

▶ Abb. 1.7).
Eine Erfolgskontrolle im Rah-
men der Basismaßnahmen er-
folgt nicht, sondern diese wer-
den durchgehend fortgesetzt, so
lange, bis der Patient selbst zu
atmen beginnt oder sich be-
wegt. Ein Erfolg ist anzuneh-
men, wenn es unter den Basis-
maßnahmen zu einer Verbesse-
rung der Hautfarbe durch Ab-
nahme der Zyanose kommt.
Da selbst bei korrekter Durch- Abb. 1.5 Mund-zu-Nase-Beatmung
führung der äußeren Herzmas- [L190]
sage nach neueren Untersu-
chungen nur etwa ein Drittel der üblichen Auswurfleistung des Her-
zens erreicht wird, ist zur Gewährleistung eines Minimalkreislaufs jede
Unterbrechung so kurz wie möglich zu halten.
Die Basismaßnahmen müssen so früh wie möglich durch erweiterte
Maßnahmen der Reanimation ergänzt werden. Sie umfassen alle Akti-
vitäten, die der Sicherung einer ausreichenden Ventilation und der
Schaffung eines spontanen Kreislaufs dienen.
16  Notfallmaßnahmen

Bewusstseinskontrolle
1

Notruf (veranlassen)

Atemwege freimachen
Atemkontrolle

Basisreanimation

30-mal Herzdruckmassage
2-mal Beatmung (Atemspende, Maskenbeatmung)
30-mal Herzdruckmassage
2-mal Beatmung (Atemspende, Maskenbeatmung)
bis zum Erfolg oder Übernahme durch den Rettungsdienst

Abb. 1.6 Handlungsablauf bei Reanimation mit einem Helfer [L261]


1.2 Reanimation bei Kreislaufstillstand   17

Helfer 1 Helfer 2

1
Basisdiagnostik Notruf (veranlassen)
Herzdruckmassage (30-mal) Beatmen (2-mal)
Herzdruckmassage (30-mal) Beatmen (2-mal)
bis zum Erfolg oder Übernahme durch den Rettungsdienst

Abb. 1.7 Handlungsablauf bei Reanimation mit zwei Helfern (ohne


Hilfsmittel) [L261]

Präkordialer Faustschlag
Die Bedeutung des präkordialen Faustschlags ist gering. Er kann ledig-
lich bei einem beobachteten Stillstand nur in den ersten 10  Sekunden
sinnvoll sein, wenn kein Defibrillator zur Hand ist.

Beatmung
▶ Abb. 1.8.

Anschluss eines
Sauerstoff-
Reservoirs mit
Sauerstoff-Flow
> 12 l/min

Abb. 1.8 Korrekte Handhabung von Atembeutel und Maske [L106]


18  Notfallmaßnahmen

EKG-Diagnostik
▶ Abb. 1.9.
1 • EKG-Ableitung:
– Viele Notfall-EKG-Geräte ermöglichen eine Sofortableitung
über die beiden Paddles oder selbstklebende Pads.
  Positionen:
  1. Paddle/Pad – rechts, parasternal unterhalb der Klavikula.
  2. Paddle/Pad – links, oberhalb des unteren Rippenbogenrands
in Höhe der Herzspitze.
– Ableitung mit Einmalklebeelektroden (Pads): Selbstklebende
Defibrillationselektroden sind sicher, effektiv und sollten den
Paddles vorgezogen werden. Ihre Verwendung erlaubt es, aus
sicherer Entfernung zu defibrillieren und nach der Analyse
schneller den Schock zu applizieren.
  Für eine Dauerüberwachung ist die Ableitung mit Paddles nicht
geeignet. Deswegen werden zusätzlich Patientenkabel mit Ein-
malelektroden angeboten. Im Gegensatz zu Pads ist für den Ein-
satz von Paddles ein spezielles Elektrodengel notwendig.
– Position der Klebeelektroden bei 3-poliger Standardableitung
(nicht zur Defibrillation):
  Roter Anschluss: rechte Thoraxseite unterhalb der Klavikula.
  Gelber Anschluss: linke Thoraxseite unterhalb der Klavikula.
  Grüner Anschluss: linker unterer Rippenbogenrand.
– Bei 4-poliger Ableitung:
  Zusätzlich zu den Anschlüssen bei 3-poliger Standardableitung
  schwarzer Anschluss: rechter unterer Rippenbogenrand.

Asystolie

PEA

Kammer-
flimmern

Abb. 1.9 Die drei Grundformen des Kreislaufstillstands im EKG (PEA =


pulslose elektrische Aktivität) [L261]
1.2 Reanimation bei Kreislaufstillstand   19

Defibrillation (mit Notfall-EKG-Gerät)


Regeln für eine erfolgreiche Defibrillation bei Kammerflimmern oder
pulsloser ventrikulärer Tachykardie: 1
• So früh wie möglich defibrillieren.
• Dosiertes Auftragen des Elektrodengels bei der Paddles-Auflage.
Gel-Brücken unbedingt vermeiden. Bei Verwendung von Pads
nicht erforderlich.
• Elektroden richtig platzieren (▶ Abb. 1.10),
• Auf möglichst geringen transthorakalen Widerstand achten (kräfti-
ges Aufdrücken der Paddles mit ca.  8 kg).
• Guten Kontakt zwischen den Elektroden und der Brustwand her-
stellen. Pads aufkleben ohne Luftblasen.
• Defibrillation nur bei vollständiger Exspiration.
• Die Energie wird einheitlich bei monophasischen Defibrillatoren
auf 360  J und bei biphasischen – wenn keine Herstellerangaben
vorliegen – auf 200  J eingestellt.

Abb. 1.10 Platzierung der Elektroden bei Defibrillation [J747]


20  Notfallmaßnahmen

Medikamentöse Reanimation
• Ziel der Medikation bei Reanimation ist eine Verbesserung
1 – der koronaren Perfusion,
– der Blutzirkulation (Steigerung der Auswurfleistung und der
Reizleitung des Herzens),
– des alveolären Gasaustauschs.
• Zugangswege: Zur medikamentösen Reanimation ist ein venöser
Zugang erforderlich. Gerade bei einem Kreislaufstillstand kann es
in der frühen Phase noch möglich sein, einen peripher-venösen Zu-
gang zu legen. Nach der peripheren Injektion sollte mit 20 ml Flüs-
sigkeit (z. B. 0,9 % NaCl, Ampuwa) oder durch Druck auf die
Plastik­ infusionslösung nachgespült werden. Wenn kein venöser
Zugang gelegt werden kann, kommt als alternativer Zugangsweg
die intraossäre Punktion im Bereich der Tibia infrage. Neuerdings
sind im Rettungsdienst mechanische i. o.-Geräte verfügbar, die die
Applikation wesentlich vereinfachen.
• Intraossäre Applikation: gleiche Dosierung und Wirkung wie bei
i. v.-Injektion.

1.2.3 Kammerflimmern
Reanimation ▶ Abb. 1.11, ▶ Abb. 1.12.
Neben der frühzeitigen Defibrillation ist bei Kammerflimmern das
Standardmedikament Adrenalin, da es das hypoxisch ischämische Herz
während der Reanimation mit ausreichend oxygeniertem Blut perfun-
dieren kann. Außerdem kann ein feines Flimmern in ein grobes, kräfti-
ges und hochfrequentes Flimmern mit höherer elektrischer Amplitude
umgewandelt werden, das einer Defibrillation besser zugänglich ist.
Dosierung: Adrenalin 1 mg (=  1  Amp. Suprarenin®) i. v. als Bolus mit
9 ml 0,9 % NaCl expandiert.
• Nach drei erfolglosen Defibrillationsversuchen neben Adrenalin
zusätzlich Amiodaron (Cordarex®) 300 mg als Bolus.
• Im Rahmen der präklinischen Reanimation besteht keine Empfeh-
lung, Natriumbikarbonat (NaHCO3) einzusetzen.
1.2 Reanimation bei Kreislaufstillstand   21

Basisreanimation bis EKG verfügbar


Diagnose Kammerflimmern
1
1. Defibrillation mit 200 J (biphasisch)

Basisreanimation 2 Minuten (= 5 Zyklen: HDM 30× + 2× Beatmen)

Rhythmuskontrolle
Basisreanimation 2 Minunten,
danach
Abbruch der Reanimation nur, wenn Defibrillation erfolgreich
und ein Puls tastbar ist,
ansonsten

2. Defibrillation mit 200 J (biphasisch)

Basisreanimation 2 Minuten (= 5 Zyklen: HDM 30× + 2× Beatmen)

Rhythmuskontrolle
Abbruch der Reanimation nur, wenn Defibrillation erfolgreich
und Puls tastbar ist.

3. Defibrillation 200 J (biphasisch)

Basisreanimation 2 Minuten (= 5 Zyklen: HDM 30× + 2× Beatmen)

Rhythmuskontrolle
Abbruch der Reanimation nur, wenn Defibrillation erfolgreich
und Puls tastbar ist.

i.v./i.o. Zugang + 1 mg Adrenalin i.v./i.o.und 300 mg Amiodaron i.v./i.o.

4. Defibrillation mit 200 J (biphasisch)


Basisreanimation 2 Minuten (= 5 Zyklen: HDM 30× + 2× Beatmen)

Rhythmuskontrolle
Abbruch der Reanimation nur, wenn Defibrillation erfolgreich
und Puls tastbar ist,
ansonsten

5. Defibrillation mit 200 J (biphasisch)


Adrenalin i.v./i.o.

Defibrillation und Medikation im Wechsel mit Basisreanimation


Adrenalin 1 mg i.v./i.o. nach jeder 2. Defibrillation

Abb. 1.11 Reanimation bei Kammerflimmern [L261]


22  Notfallmaßnahmen

Helfer 11 Arzt Helfer 2

1 EKG/Defibrillator
Basisdiagnostik
Notfallkoffer in
Position bringen
in Position bringen

Lagerung des Notfallpatienten auf dem Boden

Basisreanimation
Paddles anreichen EKG ableiten Beatmungsbeutel
alternativ Pads aufkleben mit O2 vorbereiten

Kammerflimmern

1. Defibrillation
i.v.-Zugang für
200 J biphasisch
Applikation vorbereiten
HDM 5 Zyklen CPR² Beatmen
EKG-Kontrolle
Assistenz
2. Defibrillation
Beatmen Zugang, Infusion und
HDM 5 Zyklen CPR² i.v./i.o. Zugang legen Adrenalin bzw. Amidaron
EKG-Kontrolle vorbereiten

3. Defibrillation
bzw. 200 J
HDM 5 Zyklen CPR² Beatmen
EKG-Kontrolle
Adrenalin 1 mg und
Amiodaron 300 mg i.v
HDM 5 Zyklen CPR² 4. Defibrillation
Beatmen
EKG/Kontrolle

Gesicherter Atemweg (Intubation, alternativ Larynxtubus) und Kapnograpie erwägen.


Intubation nur, wenn HDM nicht mehr als 5 sec unterbrochen wird.
¹ Aufgabenwechsel der beiden Helfer rechtzeitig erwägen, um die Effektivität der HDM
zu sichern
² 1 Zyklus CPR = 30× HDM und 2× Beatmen, 5 Zyklen = 2 Minuten

Abb. 1.12 Handlungsablauf bei Reanimation bei Kammerflimmern


mit drei Helfern und Ausrüstung [L261]
1.2 Reanimation bei Kreislaufstillstand   23

1.2.4 Asystolie – elektromechanische Dissoziation – pulslose


elektrische Aktivität
•  Reanimation, ▶ Abb. 1.13, ▶ Abb. 1.14. 1
• Medikament der Wahl ist Adrenalin so früh wie möglich.
  Dosierung: 1 mg (=  1  Amp. Suprarenin®) mit 9 ml 0,9 % NaCl als
Bolus i. v. oder intraossäre Applikation, Dosierung wie oben.
• Die Repetition der Dosis 1 mg Adrenalin erfolgt alle 3–5  Minuten
(=  nach 2  Zyklen – 1  Zyklus = 2  Minuten CPR = 5  ×  30  HDM +
2  ×  Beatmen).
24  Notfallmaßnahmen

Basisreanimation bis EKG verfügbar


Diagnose Asystolie/EMD/PEA¹
1 Ursachen abklären (bei EMD/PEA)
Hypovolämie – Volumensubstitution
Spannungspneumothorax – Entlastung
Hypothermie – Kälteschutz
Hypoxie – Oxygenierung

Basisreanimation 5 Zyklen: HDM 30× + Beatmen 2×), 2 Minuten


Rhythmuskontrolle²

Basisreanimation 2 Minuten
Rhythmuskontrolle²

i.v./i.o.-Zugang + Adrenalin 1 mg
Infusion i.v.

Basisreanimation 2 Minuten
Rhythmuskontrolle²

Basisreanimation 2 Minuten
Rhythmuskontrolle²

Adrenalin 1 mg i.v./i.o.

Basisreanimation 2 Minuten

Adrenalin 1 mg i.v.
evtl. wiederholen alle 3–5 Minuten
¹ elektromechanische Dissoziation, pulslose elektrische Aktivität
² Abbruch der Reanimation nur, wenn normaler Herzrhythmus auf EKG
erkennbar und Puls tastbar

Abb. 1.13 Reanimation bei Asystolie/EMD/PEA [L261]


1.2 Reanimation bei Kreislaufstillstand   25

Helfer 11 Arzt Helfer 2

EKG/Defibrillator
Basisdiagnostik
Notfallkoffer in
Position bringen
1
in Position bringen

Lagerung des Notfallpatienten auf dem Boden

Basisreanimation
Paddles anreichen EKG ableiten Beatmungsbeutel
alternativ Pads aufkleben mit O2 vorbereiten

Asystolie/PEA

HDM 5 Zyklen CPR² Beatmen


Zugang Adrenalin und
EKG Kontrolle
Infusion vorbereiten

Beatmen
HDM 5 Zyklen CPR² EKG Kontrolle Assistenz
(Zugang befestigen)
Zugang und Adrenalin
1 mg i.v./i.o.
HDM 5 Zyklen CPR² Beatmen
EKG-Kontrolle

Beatmen
HDM 5 Zyklen CPR² EKG Kontrolle

Beatmen Adrenalin vorbereiten


Adrenalin 1 mg i.v./i.o.
HDM 5 Zyklen CPR² EKG-Kontrolle

Beatmen
HDM 5 Zyklen CPR² Adrenalin vorbereiten

Adrenalin 1 mg i.v./i.o. alle 3–5 Minuten, CPR fortführen bis zum Erfolg
oder Abbruch
Gesicherter Atemweg (Intubation, alternativ Larynxtubus)
und Kapnographie erwägen.
¹ Aufgabenwechsel der beiden Helfer rechtzeitig erwägen, um die Effektivität der HDM
zu sichern
² 1 Zyklus CPR = 30× HDM und 2× Beatmen, 5 Zyklen = 2 Minuten

Abb. 1.14 Handlungsablauf bei Reanimation bei Asystolie/PEA mit


drei Helfern und Ausrüstung [L261]
26  Notfallmaßnahmen

Keine Reaktion?
1 Hilfe rufen

Atemwege freimachen
Keine normale Atmung?

AED holen (lassen)


Notruf 112

Kardiopulmonale
Reanimation (30:2)
bis AED angeschlossen ist

Beurteilung des Rhythmus


durch AED

Schock empfohlen kein Schock empfohlen

1 Schock
200 J biphasisch

Kardiopulmonale Kardiopulmonale
Reanimation (30:2) Reanimation (30:2)
sofort für 2 Minuten sofort für 2 Minuten
weiterführen weiterführen

Fortfahren, bis der Patient normal zu atmen beginnt

Abb. 1.15 AED-Algorithmus [L261]


1.2 Reanimation bei Kreislaufstillstand   27

1.2.5 Einsatz eines AED


Bei Verwendung eines automatisierten externen Defibrillators (AED),
der computergestützt mit einer Sensitivität von 92–100 % und einer 1
Spezifität von 94–100 % über großflächige Klebelektroden das EKG
analysiert und bei Erkennen eines defibrillationswürdigen Rhythmus
per Sprachanweisung zur Defibrillation auffordert, ist der nachfolgen-
de Algorithmus zu verwenden (▶ Abb. 1.15).
Der integrierte Computer analysiert 2–3  EKG-Segmente im Hinblick
auf Amplitude, Frequenz und Flankensteilheit über 3  Sekunden. Darü-
ber hinaus wird die Thoraximpedanz gemessen zur Überprüfung des
Elektrodenkontakts. Somit können eine Analyse und eine Defibrillati-
on innerhalb von 9–15  Sekunden erfolgen.

1.2.6 Erfolg der Reanimation


Ein Erfolg einer Reanimation bei Erwachsenen ist dann eher zu erwar-
ten, wenn
• der Stillstand beobachtet war und sofort von Notfallzeugen mit den
Basismaßnahmen begonnen wurde,
• primär ein Kammerflimmern vorliegt, das kurzfristig defibrilliert
werden kann,
• innerhalb der ersten 10  Minuten eine Remission eintritt.
Bei Herzinfarktpatienten mit Kammerflimmern sollte die Reanimation
nicht beendet werden, bis eine Nulllinie im EKG erkennbar ist, da oft
über längere Zeit eine elektrische Instabilität des Herzens besteht.

1.2.7 Abbruch der Reanimation


Als zuverlässiges Kriterium für den Abbruch einer korrekt durchgeführ-
ten, aber erfolglosen Reanimation gilt aus medizinischer und juristischer
Sicht nur das endgültige Scheitern der Wiederbelebung des Herzens. So
wird man im Allgemeinen die Herz-Lungen-Wiederbelebung abbrechen,
wenn bei normothermen Erwachsenen bei korrekt durchgeführter Tech-
nik nach 30  Minuten kein Erfolg der Maßnahmen erkennbar ist bzw. die
Reanimierbarkeit des kardiovaskulären Systems als unwahrscheinlich
angesehen werden muss. Dazu zählen folgende Kriterien:
• keine elektrische Spontanaktivität (Nulllinien-EKG) über einen
Zeitraum von mehr als 30  Minuten,
• Zeichen elektromechanischer Entkoppelung (deformierte Kam-
merkomplexe im EKG, ohne dass an den großen Arterien ein Puls
tastbar ist).
28  Notfallmaßnahmen

Bei Vorliegen dieser Zeichen kann von einem definitiven und irreversi-
blen Hirntod ausgegangen werden, sofern der Patient normotherm ist
und keine besonderen Umstände vorliegen.
1 Bei Kindern, unterkühlten Patienten und bei Fällen von Zustand nach
Ertrinken oder Intoxikation müssen Reanimationsmaßnahmen dage-
gen über die angegebene Zeitspanne hinaus bis zur Wiedererwärmung
bzw. Detoxikation fortgeführt werden. Erst danach ist eine Entschei-
dung über das Beenden der Bemühungen medizinisch sinnvoll.
Bei Patienten mit Schrittmacher ist daran zu denken, dass durch das noch
funktionierende Aggregat ein Rhythmus vorgetäuscht werden kann.
Bei Patienten mit Verdacht auf ein thromboembolisches Geschehen als
Stillstandsursache sollte besonders in Verbindung mit einer Lysethera-
pie auch deutlich länger als 30  Minuten reanimiert werden, ebenso wie
bei hypothermen Patienten.
Eine kardiopulmonale Reanimation kann beendet werden, wenn wäh-
rend der Maßnahmen eine glaubwürdige Willensäußerung des Patien-
ten bekannt wird, z. B. durch Aussagen von nahen Verwandten wie
Kindern, Eltern oder Geschwister oder bei Vorliegen eines entspre-
chenden Schriftstücks („DNAR“), dessen Gültigkeit verifiziert werden
konnte. Auch das Bekanntwerden entsprechender anamnestischer An-
gaben (z. B. Terminalstadium einer unheilbaren Krankheit, terminales
Organversagen mit nicht behebbarer Ursache) rechtfertigt den frühzei-
tigen Abbruch der Maßnahmen. In der Regel muss sich der behandeln-
de Arzt jedoch an der vorliegenden Anamnese und der mutmaßlichen
Diagnose orientieren. Das Alter kann bei der Entscheidung eine Rolle
spielen, ist aber nur ein ungenauer Prädiktor. Die Festlegung des biolo-
gischen und damit definitiven Todes bzw. des sicheren Hirntodes ist
unter Reanimationsbedingungen nicht sicher möglich. Bewusstlosig-
keit und Reaktionslosigkeit auf Schmerzreiz, anhaltend weite und reak-
tionslose Pupillen sowie das Fehlen von Spontanatmung und Hirn-
stammreflexen geben zwar Hinweise auf eine wahrscheinlich schlechte
zerebrale Prognose, dürfen aber nicht allein zur Aufgabe der Reanima-
tionsbemühungen führen. So können z. B. eine Barbituratintoxikation
oder eine Unterkühlung die Fehleinschätzung der neurologischen
Symptomatik begünstigen. Durch Stoffwechseldepression und vermin-
derten Sauerstoffverbrauch kann bei diesen Patienten die Zeit, die für
eine effektive kardiale und zerebrale Wiederbelebung benötigt wird,
deutlich verlängert sein.
In die Entscheidung über einen Reanimationsabbruch fließen auch
Fakten wie Dauer des Kreislaufstillstands und Zeitpunkt des Beginns
der Reanimation, Intervall bis zur 1.  Defibrillation und die Phase der
1.2 Reanimation bei Kreislaufstillstand   29

erweiterten Reanimationsmaßnahmen bei anhaltender Asystolie und


nicht behebbarer Ursache mit ein. Die grundsätzliche Entscheidung
des Arztes ist eine individuelle Entscheidung, für die es keine harten
Orientierungspunkte geben kann. 1
30  Notfallmaßnahmen

1.3 Lagerung
Stabile Seitenlage:
1 • Indikation: bewusstseinsgetrübter oder bewusstloser Patient, der
nicht intubiert ist.
• Durchführung ▶ Abb. 1.16.
• Besonderheiten:
–  Bei V. a. HWS-Verletzung evtl. vorherige Stabilisierung mit
Stifneck®.
– Kopf in Seitenlage strecken, sonst Verlegung der Atemwege
möglich.
– Thoraxtrauma: Lagerung auf der verletzten Seite.
– Kombination mit Kopftieflage möglich.

Abb. 1.16 Stabile Seitenlage [L157]


1.4 Oxygenierung  31

1.4 Oxygenierung
1.4.1 Freihalten der Atemwege 1
Pharyngealtuben
Größen ▶ Tab. 1.3.

Tab. 1.3 Pharyngealtuben: Größen


Patientengruppe Oropharyngealtuben Nasopharyngealtuben
(Guedel-Tuben) (Wendl-Tuben)

Frühgeboren Größe 000

Neugeborene Größe 00

Kleinkinder Größe 0

Kinder Größe 1 Größe 20–24  Ch

Jugendliche Größe 2 Größe 26  Ch

Frauen Größe 3 Größe 28  Ch

Männer Größe 4–5 Größe 30–32  Ch

CAVE
Auslösung von Erbrechen und Regurgitation beim nicht tief Be-
wusstlosen, insbesondere durch (zu große) Guedel-Tuben.

Endotracheale Intubation
Indikation:
• Atemstillstand, kardiopulmonale Reanimation,
• Aspirationsgefahr, z. B. erloschene Schutzreflexe, Gesichtsschädel-
trauma,
• schweres Schädel-Hirn-Trauma mit GCS <  7,
• Polytrauma,
• hämorrhagischer Schock,
• Zustand nach Ertrinken,
• Unmöglichkeit der suffizienten Maskenbeatmung,
• schwere Ateminsuffizienz unterschiedlicher Genese, z. B. Lungen-
ödem, Inhalationstrauma.
32  Notfallmaßnahmen

Vorgehen:
• Instrumentarium (Funktionskontrolle) und Medikamente vorbe-
reiten.
1 • Sicherer venöser Zugang, Infusion.
• Ausreichende Präoxygenierung (Sauerstoffinhalation über 60–
90  Sekunden), wenn Atmung noch vorhanden.
• Lagerung (Schnüffelstellung).
Endotrachealtuben: Richtwerte ▶ Tab. 1.4.

Tab. 1.4 Endotrachealtuben


Patientenalter Endotrachealtubus1 Intubationstiefe2

Frühgeborene 2,5 mm – ungeblockt

Neugeborene 3,0 mm – ungeblockt 12 cm

6  Monate 3,5 mm – ungeblockt 13 cm

18  Monate 4,0 mm – ungeblockt 14 cm

3  Jahre 4,5 mm – ungeblockt 15 cm

5  Jahre 5,0 mm – ungeblockt 16 cm

6  Jahre 5,5 mm – ungeblockt 17 cm

8  Jahre 6,0 mm – ungeblockt 19 cm


(Cuff)

12  Jahre 6,5 mm – ungeblockt 20 cm


(Cuff)

Frauen 7,0–7,5 mm

Männer 7,5–8,5 mm
1 Die angegebene Größe ist als Richtwert anzusehen. Individuell unter-
schiedlich kann ein größerer oder kleinerer Tubus Verwendung fin-
den.
2 Intubationstiefe: Zahnreihe bis Tubusspitze.

Merke: Langsam – nach Gehör – blocken: Minimalen Manschetten-


druck verwenden; richtige Tubuslage kontrollieren, ggf. Bestätigung
der Tubenlage durch Kapnografie oder besser Kapnometrie.
1.4 Oxygenierung  33

CAVE
Gefahren: Fehlintubation, einseitige (rechts-)endobronchiale Plat-
zierung. 1

Larynxtubus
Indikationen: Alternative zur Intubation zum Freihalten der Atemwege.
Vorteile: schnelle, einfache Platzierbarkeit. Sichere Beatmung möglich.
Nachteile: kein 100-prozentiger Aspirationsschutz, keine endotracheale
Absaugbarkeit.
Lage des Tubus und Bezeichnungen ▶ Abb. 1.17, ▶ Abb. 1.18.

farbkodierter
Konnektor

Belüftungs-
Drainage- zuleitung
kanal

Zahn-
markierungen

proximaler
Cuff

Absaugung Tubus-
öffnungen

distaler
Cuff

Abb. 1.17 Larynxtubus – 2 Varianten [L231]


34  Notfallmaßnahmen

farbkodierter
Konnektor
1 Zahn-
markierungen
Belüftungs-
zuleitung

proximaler
Cuff
Tubus-
öffnungen

Trachea
Ösophagus distaler Cuff

Abb. 1.18 Larynxtubus: Lage [L231]

Im Rahmen der Reanimation hat sich der Larynxtubus mit einem Suk-
tionslumen (LTS) bewährt, mit dem eine Magensonde zur Entlastung
des Magens gelegt werden kann.
Technik: Kopf des Patienten mit der Hand anheben und Hals überstre-
cken. Öffnen des Munds mit dem Kreuz- oder Daumengriff. Blindes Ein-
führen mittig mit Kontakt zum harten Gaumen bis zu einem federnden
Widerstand. Kontrolle der (Zahn-)Markierung am Tubus, die im Be-
reich der Schneidezähne liegen soll. Blocken mit der farbkodierten Sprit-
ze. Bei korrekter Lage blockt der distale Cuff den Ösophagus. Fixierung.
Größen ▶ Tab. 1.5.
1.4 Oxygenierung  35

Tab. 1.5 Larynxtuben: Größen


Größe Patient Farbe des Konnektors

0 Neugeborenes (<  5 kg) Transparent


1
1 Säugling (5–12 kg) Weiß

2 Kinder (12–15 kg) Grün

3 Erwachsene (<  155 cm) Gelb

4 Erwachsene (Frau, 155–180 cm) Rot

5 Erwachsene (Mann, >  180 cm) Violett

1.4.2 Beatmung
Beatmungsmöglichkeiten
• Atemspende: Mund-zu-Nase, Mund-zu-Mund, bei Säuglingen
Mund-zu-Mund-und-Nase,
• 
Beatmung mit Beutel-Masken-System (unter Verwendung eines
Reservoirs mit Sauerstoff).

CAVE
Gefahren: Hoher Beatmungsdruck → Blähung des Magens → Auslö-
sen von Erbrechen → Atemwegsverlegung, Aspiration.

Richtwerte ▶ Tab. 1.6, ▶ Tab. 1.7, ▶ Tab. 1.8.

Tab. 1.6 Richtwerte zur Maskenbeatmung


Patientengruppe Maske [Größe] Frequenz [l/min]

Früh- und Neugeborene 0 40–50

Kleinkinder 1 20

Frauen 2–3 10–15

Männer 3–5 10–15


36  Notfallmaßnahmen

Tab. 1.7 Anhaltswerte wichtiger Parameter


Alter Atmung RRsyst. Puls [/min] Gewicht Tubusgröße
1 [min] [mmHg] [kg] [mm ID1]

Frühgebo- 50 40 140 1 2,5/12


rene

Neugebo- 50 80 140 2–4 3,0/14


rene

1 Mon. 35–40 80 120 4 3,5/16

6 Mon. 20–30 90 130 6 3,5/16

1 Jahr 20–30 95 130 10 4,0/18

2 Jahre 20–30 100 120 10–15 4,5/20

4 Jahre 20–30 100 100 15 5,0/22

6 Jahre 15–20 105 100 20–25 5,5/24

8 Jahre 12 110 90 25–30 6,0/26

10 Jahre 12 120 80 30–40 6,5/28


1 ID: Innendurchmesser
Die Tubusgröße 2,5/12 bis 5,0/22 ungeblockt.

Tab. 1.8 Richtgrößen für Absaugkatheter bei Kindern


Alter Absaugkatheter

Neugeborene 6F

6 Monate 8F

18 Monate 8F

3 Jahre 8F

5 Jahre 10 F

6 Jahre 10 F

8 Jahre 10 F

12 Jahre 10 F
Another random document with
no related content on Scribd:
parte,
no me espantara á mí
serme enemigo
el cielo, tierra, Amor y la
Fortuna.

Después de haber la pastora


suavemente cantado, soltando la
rienda al amargo y doloroso
llanto, derramó tanta abundancia
de lágrimas y dió tan tristes
gemidos, que por ellos y por las
palabras que dijo, conoscíeron
ser la causa de su dolor un
engaño cruel de su sospechoso
marido. Pero por certificarse
mejor de quién era y de la causa
de su passión, entraron donde
ella estaba y la hallaron metida en
un sombrío que la espessura de
los ramos había compuesto,
assentada sobre la menuda
hierba junto á una alegre
fuentecilla, que de entre unas
matas graciosamente saliendo
por gran parte del bosquecillo, por
diversos caminos iba corriendo.
Saludáronla con mucha cortesía,
y ella aunque tuvo pesar que
impidiessen su llanto, pero
juzgando por la vista ser pastores
de merescimiento, no recibió
mucha pena, esperando con ellos
tener agradable compañía, y ansí
les dijo: Después que de mi cruel
esposo fuí sin razón
desamparada, no me acuerdo,
pastores, haber recebido contento
que de gran parte iguale con el
que tuve de veros. Tanto que,
aunque el continuo dolor me
obliga á hacer perpetuo llanto, lo
dejaré por agora un rato, para
gozar de vuestra apacible y
discreta conversación. A esto
respondió Marcelio: Nunca yo
vea consolado mi tormento, si no
me pesa tanto del tuyo, como se
puede encarescer, y lo mesmo
puedes creer de la hermosa
Diana, que ves en mi compañía.
Oyendo entonces la pastora el
nombre de Diana, corriendo con
grande alegría la abrazó,
haciéndole mil caricias y fiestas,
porque mucho tiempo había que
deseaba conoscella, por la
relación que tenía de su
hermosura y discreción. Diana
estuvo espantada de verse
acariciada de una pastora no
conoscida; mas todavía le
respondía con iguales cortesías, y
deseando saber quién era, le dijo:
Los aventajados favores que me
heciste, juntamente con la lástima
que tengo de tu mal, hacen que
desee conoscerte; por esso
decláranos, pastora, tu nombre, y
cuéntanos tu pena, que después
de contada verás nuestros
corazones ayudarte á pasalla y
nuestros ojos á lamentar por ella.
La pastora entonces se escusó
con sus graciosas palabras de
emprender el cuento de su
desdicha; pero en fin,
importunada se volvió á sentar
sobre la hierba, y comenzó assí:
Por relación de la pastora
Selvagia, que era natural de mi
aldea, y en la tuya, hermosa
Diana, está casada con el pastor
Sylvano, creo que serás
informada del nombre de la
desdichada Ismenia, que su
desventura te está contando. Yo
tengo por cierto que ella en tu
aldea contó largamente cómo yo
en el templo de Minerva, en el
reyno de Lusitanos, arrebozada la
engañé, y cómo con mi proprio
engaño quedé burlada. Habrá
contado también cómo por
vengarme del traydor Alanio, que
enamorado della á mí me había
puesto en olvido, fingí querer bien
á Montano, su mortal enemigo, y
cómo este fingido amor, con el
conoscimiento que tuve de su
perfección, salió tan verdadero,
que á causa dél estoy en las
fatigas de que me quejo. Pues
passando adelante en la historia
de mi vida, sabréis que como el
padre de Montano, nombrado
Fileno, viniesse algunas veces á
casa de mi padre, á causa de
ciertos negocios que tenía con él
sobre una compañía de ganados,
y me viesse allí, aunque era algo
viejo, se enamoró de mí de tal
suerte, que andaba hecho loco.
Mil veces me importunaba, cada
día sus dolores me decía; mas
nada le aprovechó para que le
quisiesse escuchar, ni tener
cuenta con sus palabras. Porque
aunque tuviera más perfección y
menos años de los que tenía, no
olvidara yo por él á su hijo
Montano, cuyo amor me tenía
captiva. No sabía el viejo el amor
que Montano me tenía, porque le
era hijo tan obediente y temeroso,
que escusó todo lo possible que
no tuviesse noticia dello,
temiendo ser por él con ásperas
palabras castigado. Ni tampoco
sabía Montano la locura de su
padre, porque él por mejor
castigar y reprender los errores
del hijo se guardaba mucho de
mostrar que tenía semejantes y
aun mayores faltas. Pero nunca
dejaba el enamorado viejo de
fatigarme con sus
importunaciones que le quisiesse
tomar por marido. Decíame dos
mil requiebros, hacíame grandes
ofrescimientos, prometíame
muchos vestidos y joyas y
enviábame muchas cartas,
pretendiendo con ello vencer mi
propósito y ablandar mi condición.
Era pastor que en su tiempo
había sido señalado en todas las
habilidades pastoriles, muy bien
hablado, avisado y entendido. Y
porque mejor lo creáis, quiero
deciros una carta que una vez me
escribió, la cual, aunque no mudó
mi intención, me contentó en
estremo, y decía ansí:

CARTA DE FILENO Á
ISMENIA
Pastora, el amor fué parte
que por su pena decirte,
tenga culpa en escrebirte
quien no la tiene en amarte.
Mas si á ti fuere molesta
mi carta, ten por muy cierto
que á mí me tiene ya muerto
el temor de la respuesta.

Mil veces cuenta te di


del tormento que me das,
y no me pagas con más
de con burlarte de mí.
Te ríes á boca llena
de verme amando morir,
yo alegre en verte reir,
aunque ríes de mi pena.

Y ansí el mal, en que me hallo,


pienso, quando miro en ello,
que porque huelgas de
vello,
no has querido remediallo.
Pero mal remedio veo,
y esperarle será en vano,
pues mi vida está en tu
mano
y mi muerte en tu deseo.

Vite estar, pastora, un día


cabe el Duero caudaloso,
dando con el gesto hermoso
á todo el campo alegría.
Sobre el cayado inclinada
en la campaña desierta,
con la cerviz descubierta
y hasta el codo remangada.

Pues decir que un corazón,


puesto que de mármol
fuera,
no te amara, si te viera,
es simpleza y sinrazón.
Por esso en ver tu valor,
sin tener descanso un poco,
vine á ser de amores loco
y á ser muerto de dolor.

Si dices que ando perdido,


siendo enamorado y viejo,
deja de darme consejo,
que yo remedio te pido.
Porque tanto en bien quererte
no pretendo haber errado,
como en haberme tardado
tanto tiempo á conoscerte.
Muy bien sé que viejo estó,
pero á más mal me condena
ver que no tenga mi pena
tantos años como yo.
Porque quisiera quererte
dende el día que nascí,
como después que te vi
he de amarte hasta la
muerte.

No te espante verme cano,


que á nadie es justo quitar
el merescido lugar,
por ser venido temprano.
Y aunque mi valor excedes,
no paresce buen consejo
que por ser soldado viejo
pierda un hombre las
mercedes.

Los edificios humanos,


cuantos más modernos son,
no tienen comparación
con los antiguos Romanos.
Y en las cosas de primor,
gala, asseo y valentía,
suelen decir cada día:
lo passado es lo mejor.

No me dió amor su tristeza


hasta agora, porque vió
que en un viejo, como yo,
suele haber mayor firmeza.
Firme estoy, desconocida,
para siempre te querer,
y viejo para no ser
querido en toda mi vida.

Los mancebos que más


quieren,
falsos y doblados van,
porque más vivos están,
cuando más dicen que
mueren.
Y su mudable afición,
es segura libertad,
es gala, y no voluntad,
es costumbre, y no passión.

No hayas miedo que yo sea


como el mancebo amador,
que en recebir un favor
lo sabe toda la aldea.
Que aunque reciba trescientos
he de ser en los amores
tan piedra en callar favores
como en padescer
tormentos.

Mas según te veo estar


puesta en hacerme morir,
mucho habrá para sufrir
y poco para callar.
Que el mayor favor que aquí,
pastora, pretendo hacer,
es morir por no tener
mayores quejas de ti.

Tiempo, amigo de dolores,


sólo á ti quiero inculparte,
pues quien tiene en ti más
parte
menos vale en los amores.
Tarde amé cosa tan bella,
y es muy justo que pues yo
no nascí, cuando nasció,
en dolor muera por ella.

Si yo en tu tiempo viniera,
pastora, no me faltara
conque á ti te contentara
y aun favores recibiera.
Que en apacible tañer,
y en el gracioso bailar
los mejores del lugar
tomaban mi parescer.

Pues en cantar no me espanto


de Amphion el escogido,
pues mejores que él han
sido
confundidos con mi canto.
Aro muy grande comarca,
y en montes proprios y
extraños
pascen muy grandes
rebaños
almagrados de mi marca.

¿Mas qué vale, ¡ay, cruda


suerte!
lo que es, ni lo que ha sido
al sepultado en olvido
y entregado á dura muerte?
Pero valga para hacer
más blanda tu condición,
viendo que tu perfección
al fin dejará de ser.

Dura estás como las peñas,


mas quizá en la vieja edad
no tendrás la libertad
conque agora me desdeñas.
Porque, toma tal venganza
de vosotras el Amor,
que entonces os da dolor
cuando os falta la
esperanza.
Estas y otras muchas cartas y
canciones me envió, las cuales, si
tanto me movieran como me
contentaban, él se tuuiera por
dichoso y yo quedara mal casada.
Mas ninguna cosa era bastante á
borrar de mi corazón la imagen
del amado Montano, el cual,
según mostraba, respondió á mi
voluntad con iguales obras y
palabras. En esta alegre vida
passamos algunos años, hasta
que nos paresció dar
cumplimiento á nuestro descanso
con honesto y casto matrimonio.
Y aunque quiso Montano antes de
casar conmigo dar razón dello á
su padre, por lo que como buen
hijo tenía obligación de hacer;
pero como yo le dije que su padre
no venía bien en ello, á causa de
la locura que tenía de casarse
conmigo, por esso, teniendo más
cuenta con el contento de su vida
que con la obediencia de su
padre, sin dalle razón, cerró mi
desdichado matrimonio. Esto se
hizo con voluntad de mi padre, en
cuya casa se hicieron por ello
grandes fiestas, bailes, juegos y
tan grandes regocijos, que fueron
nombrados por todas las aldeas
vecinas y apartadas. Cuando el
enamorado viejo supo que su
propio hijo le había salteado sus
amores, se volvió tan frenético
contra él y contra mí, que á
entrambos aborresció como la
misma muerte, y nunca más nos
quiso ver. Por otra parte, una
pastora de aquella aldea,
nombrada Felisarda, que moría
de amores de Montano, la cual él,
por quererme bien á mí, y por ser
ella no muy joven ni bien
acondicionada, la había
desechado, cuando vido á
Montano casado conmigo, vino á
perderse de dolor. De manera que
con nuestro casamiento nos
ganamos dos mortales enemigos.
El maldito viejo, por tener ocasión
de desheredar el hijo, determinó
casarse con mujer hermosa y
joven á fin de haber hijos en ella.
Mas aunque era muy rico, de
todas las pastoras de mi lugar fué
desdeñado, si no fué de
Felisarda, que por tener
oportunidad y manera de gozar
deshonestamente de mi Montano,
cuyos amores tenía frescos en la
memoria, se casó con el viejo
Fileno. Casada ya con él,
entendió luego por muchas
formas en requerir mi esposo
Montano por medio de una criada
nombrada Silveria, enviándole á
decir que si condescendía á su
voluntad le alcanzaría perdón de
su padre, y haciéndole otros
muchos y muy grandes
ofrescimientos. Mas nada pudo
bastar á corromper su ánimo ni á
pervertir su intención. Pues como
Felisarda se viese tan
menospreciada, vino á tenerle á
Montano una ira mortal, y trabajó
luego en indignar más á su padre
contra él, y no contenta con esto,
imaginó una traición muy grande.
Con promessas, fiestas, dádivas y
grandes caricias, pervirtió de tal
manera el ánimo de Silveria, que
fué contenta de hacer cuanto ella
le mandasse, aunque fuesse
contra Montano, con quien ella
tenía mucha cuenta, por el tiempo
que había servido en casa de su
padre. Las dos secretamente
concertaron lo que se había de
hacer y el punto que había de
ejecutarse; y luego salió un día
Silveria de la aldea, y viniendo á
una floresta orilla de Duero,
donde Montano apascentaba sus
ovejas, le habló muy
secretamente, y muy turbada,
como quien trata un caso muy
importante, le dijo: ¡Ay, Montano
amigo! cuán sabio fuiste en
despreciar los amores de tu
maligna madrastra, que aunque
yo á ellos te movía, era por pura
importunación. Mas agora que sé
lo que passa, no será ella
bastante para hacerme mensajera
de sus deshonestidades. Yo he
sabido della algunas cosas que
tocan en lo vivo, y tales que si tú
las supiesses, aunque tu padre es
contigo tan cruel, no dejarías de
poner la vida por su honra. No te
digo más en esto, porque sé que
eres tan discreto y avisado, que
no son menester contigo muchas
palabras ni razones. Montano á
esto quedó atónito y tuvo
sospecha de alguna
deshonestidad de su madrastra.
Pero por ser claramente
informado, rogó á Silveria le
contasse abiertamente lo que
sabía. Ella se hizo de rogar,
mostrando no querer descubrir
cosa tan secreta, pero al fin,
declarando lo que Montano le
preguntaba, y lo que ella mesma
decirle quería, le explicó una
fabricada y bien compuesta
mentira, diciendo deste modo: Por
ser cosa que tanto importa á tu
honra y á la de Fileno, mi amo,
saber lo que yo sé, te lo diré muy
claramente, confiando que á
nadie dirás que yo he descubierto
este secreto. Has de saber que
Felisarda tu madrastra hace
traición á tu padre con un pastor,
cuyo nombre no te diré, pues está
en tu mano conoscerle. Porque si
quisieres venir esta noche, y
entrar por donde yo te guiare,
hallarás la traidora con el adúltero
en casa del mesmo Fileno. Ansí
lo tienen concertado, porque
Fileno ha de ir esta tarde á dormir
en su majada por negocios que
allí se le ofrescen, y no ha de
volver hasta mañana á medio día.
Por esso apercíbete muy bien, y
ven á las once de la noche
conmigo, que yo te entraré en
parte donde podrás fácilmente
hacer lo que conviene á la honra
de tu padre, y aun por medio
desto alcanzar que te perdone.
Esto dijo Silveria tan
encarescidamente y con tanta
dissimulación, que Montano
determinó de ponerse en
cualquier peligro, por tomar
venganza de quien tal deshonra
hacía á Fileno, su padre. Y ansí la
traidora Silveria contenta del
engaño que de consejo de
Felisarda había urdido, se volvió á
su casa, donde dió razón á
Felisarda, su señora, de lo que
dejaba concertado. Ya la escura
noche había extendido su
tenebroso velo, cuando venido
Montano á la aldea tomó un
puñal, que heredó del pastor
Palemón, su tío, y al punto de las
once se fué á casa de Fileno, su
padre, donde Silveria ya le
estaba esperando, como estaba
ordenado. ¡Oh, traición nunca
vista! ¡Oh, maldad nunca
pensada! Tomóle ella por la
mano, y subiendo muy queda una
escalera, le llevó á una puerta de
una cámara, donde Fileno, su
padre, y su madrastra Felisarda
estaban acostados, y cuando le
tuvo allí, le dijo: Agora estás,
Montano, en el lugar donde has
de señalar el ánimo y esfuerzo
que semejante caso requiere;
entra en essa cámara, que en ella
hallarás tu madrastra acostada
con el adúltero. Dicho esto, se fue
de allí huyendo á más andar.
Montano engañado de la alevosia
de Silveria, dando crédito á sus
palabras, esforzando el ánimo y
sacando el puñal de la vaina, con
un empujón abriendo la puerta de
la cámara, mostrando una furia
extraña, entró en ella diciendo á
grandes voces: ¡Aquí has de
morir, traidor, á mis manos, aquí
te han de hacer mal provecho los
amores de Felisarda! Y diciendo
esto furioso y turbado, sin
conoscer quién era el hombre que
estaba en la cama, pensando
herir al adúltero, alzó el brazo
para dar de puñaladas á su
padre. Mas quiso la ventura que
el viejo con la lumbre que allí
tenía, conosciendo su hijo, y
pensando que por habelle con
palabra y obras tan mal tratado, le
quería matar, alzándose presto de
la cama, con las manos plegadas
le dijo: ¡Oh, hijo mío! ¿qué
crueldad te mueve á ser verdugo
de tu padre? vuelve en tu seso,
por Dios, y no derrames agora mi
sangre, ni des fin á mi vida; que si
yo contigo usé de algunas
asperezas, aquí de rodillas te pido
perdón por todas ellas, con
propósito de ser para contigo de
hoy adelante el más blando y
benigno padre de todo el mundo.
Montano entonces, cuando
conosció el engaño que se le
había hecho y el peligro en que
había venido de dar muerte á su
mesmo padre, se quedó allí tan
pasmado, que el ánimo y los
brazos se le cayeron y el puñal se
le salió de las manos sin sentirlo.
De atónito no pudo ni supo hablar
palabra, sino que corrido y
confuso se salió de la cámara;
íbase también de la casa aterrado
de la traición que Silveria le había
hecho y de la que él hiciera, si no
fuera tan venturoso. Felisarda,
como estaba advertida de lo que
había de suceder, en ver entrar á
Montano, saltó de la cama y se
metió en otra cámara que estaba
más adentro, y cerrando tras sí la
puerta, se asseguró de la furia de
su alnado. Mas cuando se vió
fuera del peligro, por estar
Montano fuera de la casa,
volviendo donde Fileno temblando
aún del pasado peligro estaba,
incitando el padre contra el hijo, y
levantándome á mí falso
testimonio, á grandes voces decía
ansí: Bien conoscerás agora,
Fileno, el hijo que tienes, y sabrás
si es verdad lo que yo de sus
malas inclinaciones muchas
veces te dije. ¡Oh, cruel, oh
traidor Montano! ¿cómo el cielo
no te confunde? ¿cómo la tierra
no te traga? ¿cómo las fieras no
te despedazan? ¿cómo los
hombres no te persiguen? Maldito
sea tu casamiento, maldita tu
desobediencia, malditos tus
amores, maldita tu Ismenia, pues
te ha traido á usar de tan bestial
crueza y á cometer tan horrendo
pecado. ¿No castigaste, traidor, al
pastor Alanio, que con tu mujer
Ismenia á pesar y deshonra tuya
deshonestamente trata, y á quien
ella quiere más que á ti, y has
querido dar muerte á tu padre,
que con tu vida y honra ha tenido
tanta cuenta? ¿Por haberte
aconsejado le has querido matar?
¡Ay, triste padre! ¡ay, desdichadas
canas! ¡ay, angustiada senectud!
¿qué yerro tan grande cometiste,
para que quisiesse matarte tu
proprio hijo? ¿aquel que tú
engendraste, aquel que tú
regalaste, aquel por quien mil
trabajos padesciste? Esfuerza
agora tu corazón, cesse agora el
amor paternal, dése lugar á la
justicia, hágase el debido castigo;
que si quien hizo tan nefanda
crueldad no recibe la merescida
pena, los desobedientes hijos no
quedarán atemorizados, y el tuyo,
con efecto, vendrá después de
pocos días á darte de su mano
cumplida muerte. El congojado
Fileno, con el pecho
sobresaltado y temeroso, oyendo
las voces de su mujer y
considerando la traición del hijo,
rescibió tan grande enojo, que,
tomando el puñal que á Montano,
como dije, se le había caído,
luego en la mañana saliendo á la
plaza, convocó la justicia y los
principales hombres de la aldea, y
cuando fueron todos juntos, con
muchas lágrimas y sollozos les
dijo desta manera: A Dios pongo
por testigo, señalados pastores,
que me lastima y aflige tanto lo
que quiero deciros, que tengo
miedo que el alma no se me salga
tras habello dicho. No me tenga
nadie por cruel, porque saco á la
plaza las maldades de mi hijo;
que por ser ellas tan extrañas y
no tener remedio para castigarlas,
os quiero dar razón dellas, porque
veáis lo que conviene hacer para
darle á él la justa pena y á los
otros hijos provechoso ejemplo.
Muy bien sabéis con qué regalos
le crié, con qué amor le traté, qué
habilidades le enseñé, qué
trabajos por él padescí, qué
consejos le di, con cuánta
blandura le castigué. Casóse á mi
pesar con la pastora Ismenia, y
porque dello le reprendí, en lugar
de vengarse del pastor Alanio,
que con la dicha Ismenia, su
mujer, como toda la aldea sabe,
trata deshonestamente, volvió su
furia contra mí y me ha querido
dar la muerte. La noche passada
tuvo maneras para entrar en la
cámara, donde yo con mi
Felisarda dormía, y con este
puñal desnudo quiso matarme, y
lo hiciera, sino que Dios le cortó
las fuerzas y le atajó el poder de
tal manera, que medio tonto y
pasmado se fué de allí sin
efectuar su dañado intento,
dejando el puñal en mi cámara.
Esto es lo que verdaderamente
passa, como mejor de mi querida
mujer podréis ser informados.
Mas porque tengo por muy cierto
que Montano, mi hijo, no hubiera
cometido tal traición contra su
padre, si de su mujer Ismenia no
fuera aconsejado, os ruego que
miréis lo que en esto so debe
hacer, para que mi hijo de su
atrevimiento quede castigado, y la
falsa Ismenia, ansí por el consejo
que dió á su marido, como por la
deshonestidad y amores que
tiene con Alanio, resciba digna
pena. Aún no había Fileno
acabado su razón, cuando se
movió entre la gente tan gran
alboroto, que paresció hundirse
toda la aldea. Alteráronse los
ánimos de todos los pastores y
pastoras, y concibieron ira mortal
contra Montano. Unos decían que
fuesse apedreado, otros que en la
mayor profundidad de Duero
fuesse echado, otros que á las
hambrientas fieras fuesse
entregado, y en fin, no hubo allí
persona que contra él no se
embravesciesse. Moviólos
también mucho á todos lo que
Fileno de mi vida falsamente les
había dicho; pero tanta ira tenían
por el negocio de Montano, que
no pensaron mucho en el mío.
Cuando Montano supo la relación
que su padre públicamente había
hecho y el alboroto y conjuración
que contra él había movido, cayó
en grande desesperación. Y
allende desto sabiendo lo que su
padre delante de todos contra mí
había dicho, rescibió tanto dolor,
que más grave no se puede
imaginar. De aquí nasció todo mi
mal, esta fué la causa de mi
perdición y aquí tuvieron principio
mis dolores. Porque mi querido
Montano, como sabía que yo en
otro tienpo había amado y sido
querida de Alanio, sabiendo que
muchas veces reviven y se
renuevan los muertos y olvidados
amores, y viendo que Alanio, á
quien yo por él había aborrescido,
andaba siempre enamorado de
mí, haciéndome importunas
fiestas, sospechó por todo esto

Das könnte Ihnen auch gefallen