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Shiho-nage

Die folgenden Texte, Bilder und Beschreibungen sind dem Buch "Aikido und die dynamische
Sphäre" (Werner Kristkeitz Verlag) entnommen.

Wurf- und Haltetechnik Shiho-nage

Shiho-nage (wörtl. „Vier-Richtungs-Wurf“) ist eine Technik, die Japans legendärer


Fechtkunstvergangenheit entstammt. Darüber hinaus ist es eine Technik, die die zwei wichtigsten
Charakteristika des Aikido (die Drehung der Hüfte und die dynamische Umkehrung von Ukes
Bewegung zurück zu ihrem Ursprung) so klar und deutlich demonstriert, dass ihr (zusammen mit
Wurftechnik Kokyu-nage) eine ganz grundlegende Bedeutung zukommt und sie als einführende
Technik gelehrt wird, um den Schüler auf alle anderen Würfe und Haltetechniken vorzubereiten.

Shiho-nage können wir an einem oder an beiden Handgelenken Ukes anwenden, aber zu Anfang
fassen wir nur ein Handgelenk. Wir dehnen dieses Handgelenk (und den Arm) in eine Richtung
und führen den Arm anschließend kreisförmig von oben in die entgegengesetzte Richtung und
nach unten. Egal wie Uke angreift - sobald wir sein Handgelenk mit beiden Händen fixiert haben,
können wir Shiho-nage anwenden, indem wir ihn strecken, die Hüfte drehen und so die
Bewegung umkehren und abschließend das verdrehte Handgelenk kreisförmig zurück zu seiner
Schulter führen.

Wir dürfen Ukes Handgelenk weder zu weit hinter seine Schulter noch zu weit zur Seite führen,
denn dies könnte einen Bruch oder eine Verrenkung verursachen. In anderen
Selbstverteidigungstechniken mag dies das gewünschte Ziel sein, aber im Aikido beurteilt man so
etwas als brutal, primitiv und unnötig.

Ukes Körper wird durch die Drehung des Handgelenks im höchsten Punkt der Bewegung in eine
charakteristische Form des Ungleichgewichts gebracht. Dabei müssen wir darauf achten, dass
unsere Hände, die Arme, der Körper sowie Hüfte, Beine und Füße in der funktional korrekten
Position sind.

Nach der Ausweichbewegung, der Ausdehnung und der Zentrierung fassen wir mit beiden
Händen Ukes Handgelenk (im gezeigten Beispiel das rechte). Wir drehen uns mit gebeugten
Knien, wobei wir sein Ki mit der rechten Hand nach rechts leiten, über den Kopf und zurück zu
seiner Schulter. Die linke Hand folgt der Bewegung und erfasst schließlich ebenfalls das
Handgelenk, verstärkt den Griff und unterstützt uns so in der Ausführung dieser Technik.

Unsere beiden Arme bleiben intensiv gestreckt vor unserem Körper. Sie bewegen sich nur, wenn
der übrige Körper sich bewegt, nicht früher, und ihre Bewegung geht immer vom Zentrum aus.
Bei Shiho-nage kann die funktionale Bedeutung der Hüfte und des Zentrums gar nicht
überbetont werden. Diese Wurf- und Haltetechnik basiert letztlich auf der stabilen Zentrierung
im Einen Punkt im Unterbauch. Sie besteht aus einer einzigen, weichen, kreisförmigen
Bewegung, in der kein einzelnes Element eine vorherrschende Rolle spielt. Vielmehr hängt die
Effizienz dieser Technik von der Ganzheit der Bewegung ab, die durch das Zentrum stabilisiert
wird. Wir drehen die Hüfte, der Oberkörper ändert die Richtung und wir strecken die Arme nach
vorn und all dies geschieht als eine Einheit.

Nach der Drehung, wenn wir Ukes Arm hinter seine Schulter geführt und sein Ki umgelenkt
haben, sind unsere beiden Arme gestreckt und unser gesamter Körper, Arme, Oberkörper, Beine,
Füße und auch die Zehen stehen Uke diagonal gegenüber. Wir müssen dies so ausführlich
erläutern, denn allzu oft führt man die Drehung zu nah an Ukes Körper aus, wodurch die
eigenen Arme gebeugt sind, oder wir stehen zu weit hinter ihm, sodass unsere Hände hinter
unserem Körper sind.

Arme und Hände haben die wichtige Aufgabe, Ukes Körper zu dehnen, wenn wir uns in die
richtige Position zur Ausführung dieser Technik bringen. Die folgenden Illustrationen enthalten
dynamische Bewegungen und Techniken, die sowohl unmittelbar Ukes Bewegungslinie
durchschneiden (irimi), als auch solche, die außerhalb seiner Angriffslinie ausgeführt werden
(tenkan).

Das Herunterführen Ukes zum Boden erfordert ebenfalls ein paar vorsorgliche Hinweise.
Normalerweise führen wir dabei seine Hand in der Nähe seiner Schulter über unseren Kopf,
während wir seinen Körper drehen und in einer einzigen Bewegung vor uns zu Boden werfen.
Das Zentrum dieser Bewegung ist unser Drehzentrum im Unterbauch. Aber es gibt viele
Möglichkeiten, Shiho-nage zu variieren, von der Ausführung auf den Knien bis zum
kreisförmigen Fall Ukes fast zu unserer linken Seite. Sofern keine Gefahr eines Knochenbruchs
oder einer Verrenkung besteht und die ganze Bewegung sanft ausgeführt wird, sind alle diese
Varianten dem Aikido gemäß und akzeptabel.

Die Bewegung, mit der wir Uke zu Boden führen, kann in irimi oder tenkan erfolgen. In der
irimi-Form setzen wir den linken Fuß vor Uke, nachdem wir sein Handgelenk gefasst haben.
Sobald unser Gewicht auf diesem Fuß ruht, beugen wir die Knie und drehen die Hüfte auf
beiden Füßen, bis wir Uke wieder gegenüberstehen und seine Arme sich in der Shiho-nage-
Position befinden.

In der tenkan-Form drehen wir dagegen auf dem vorderen linken Fuß auf der Stelle, wobei wir
die Knie beugen und zusammen mit der Drehbewegung der Hüfte den rechten Fuß kreisförmig
nach hinten setzen. Nach dieser Drehung stehen wir Uke wieder gegenüber und führen die
Technik zu Ende.

Shiho-nage gegen Angriff Yokomen-uchi

Uke schlägt kreisförmig zur linken Seite unseres Kopfs. Wir machen einen Schritt mit dem
rechten Bein innerhalb der Bewegungslinie und strecken dabei den linken Arm oben und den
rechten weiter unten. Der obere nimmt Kontakt mit Ukes Arm auf und leitet ihn in den Griff des
unteren. Anschließend führen wir den Arm vor unserem Körper nach unten und machen Shiho-
nage in irimi oder tenkan.

Bei der irimi-Variante bewegen wir uns auf der kreisförmigen Angriffslinie, machen dabei einen
Schritt mit dem linken Fuß durch Ukes Bewegungslinie hindurch und führen seinen Arm erst
nach rechts außen, dann nach oben und anschließend über unsere sich drehende Schulter. Wir
drehen auf der Stelle nach außen, bis wir Uke wieder anschauen, führen seinen Arm nah an seiner
Schulter vorbei und Uke zu Boden.

Bei der tenkan-Variante machen wir mit dem linken Fuß einen Schritt an Ukes linke Seite, drehen
und setzen den rechten Fuß kreisförmig außen in die Nähe von Ukes Fuß. Wir führen den Arm
wie oben und werfen Uke zu Boden. Von diesen beiden Varianten ist die irimi-Form die
empfehlenswertere, weil sie sich dynamisch der Kreisform des Angriffs anpasst und Uke ohne
Unterbrechung um uns herumgewirbelt wird und spiralförmig zu Boden fällt.

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